UNIVERSITY OF CALIFORNIA
MEDICAL CENTER LIBRARY
SAN FRANCISCO
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\Biochemische Zeitschrift
Unter Mitwirkung von
B.Aseell-Catania, L. Asher-Bern, A. Bach-Moskau, И. Bergmann-Dresden, Q. Bertrand-
Риз, A. Bickel- Berlin, F. Blamentbhal-Berlin, Fr. Boas- Weihenstephan, A. Bonanni-Rom,
F. Bottazzi - Neapel, ©. Bredig- Karlsruhe i. B., WI. Butkewitsch - Moskau, М. Cremer-
Bertin, В. Doerr - Basel, A. Durig- Wien, F. Ehrlich- Breslau, Н.т. Euler-Stookholm, 8. Flexner-
Bee York, J. Forssman-Lund, 8. Fränkel-Wien, Е. Freund- Wien, H. Freundlich-Berlin,
І. Frieberger - Greitswald, Е. Friedmann - Berlin, E. Fromm - Wien, 0. Fürth - Wien,
P. Haber - Berlin, И. Hahn- Berlin, Р. Нёгі - Budapest, Р. Hayduck - Berlin, E. Hägg-
land - Abo, V. Henri- Paris, V. Henriques- Kopenhagen, К. 0. Herzog- Berlin, К. Hess-
Berlin, W. Houbner - Göttingen, R. Höber- Kiel, M. Jacoby - Berlin, Р. Karrer - Zürich,
E. Kochmann - Halle a 8., R. Krimberg - Riga, F. Landolf- Buenos Aires, L. Langstein-
Bertin, E. Laquear - Amsterdam, 0. Lemmermann - Berlin, E. J. Lesser - Mannheim,
P. A. Levene-New York, L. v. Liebermann - Budapest, 8. Loewe - Dorpat, A. Loewy - Davos.
E. Lüers - München, Th. Madsen - Kopenhagen, A. Magnus- Lvey-Berlin, J. A. Mandel-
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beimer-Tübingen, 0. Moyerhof-Berlin, L. Michaelis-Nagoya. Н. Molisch - Wien, Н. Mursch-
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Moskau, А. Scheggert- Leipzig, A. Schiossmann - Düsseldorf, E. Schmitz - Breslau,
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W. Straub - München, K. Suto- Kanazawa, U. Suzuki- Токіо, H. т. Tappeiner - München,
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truburg i. Br, 0. Warbarg- Berlin, б. v. Wendt- Helsingfors, E. Widmark - Lund,
W. Wisehowski - Prag, A. Wohl - Danzig, J. Wohlgemuth - Berlin, N. Zelinsky -Moskau
herausgegeben von
C. Neuberg-Berlin
Hundertsiebenzigster Band
Berlin
Verlag von Julius Springer
1926
Druck von Friedr Vieweg & Sohn Akt seg, Braunschweig.
Inhalt.
Seite
Starlinser, Wilhelm. Über das Verhalten neutraler Natriumcaseinate `
bei Membranhydrolyse . . . . . па @ ПЕ ЛУМ 1
Fajita, АКП. Untersuchungen über elektrische Erscheinungen und
Ionendurchlässigkeit von Membranen. VIII. Mitteilung: Die
Permeabilität der nn Kollodiummembran für Nicht-
elektrolyte . . . . dE E . 18
Akterberg, Gustaf. Die wi nklersche Bestimmungsmethode für in
Wasser gelösten, elementaren Sauerstoff sowie ihre Anwendung
bei Anwesenheit oxydierbarer Substanzen .......... 30
Fuchs, Hans J. Über proteolytische Fermente im Serum. І. . . . . . 76
Härziund, Erik und Anne Marie Augustsson. Über die Abhängigkeit
deralkoholischen Gärung vonder Wasserstoffionenkonzentration.IV. 102
Spiegel- Adolf, Mona. Hıtzeveränderungen des Albumins . . . . . . 126
Leberg, Karl. Eine klinische Methode zur quantitativen Bestimmung
von Salicylsäure in Blutserum und Liquor cerebrospinalis . . . . 173
Szilárd, Antonie. Über die Abhängigkeit der Lage der Absorptions-
streifen eines gelösten Farbstoffes in verschiedenen farblosen
Lösungsmitteln ..............,..... . . 185
Кајёі, Ladislaus. Tierische Kalorimetrie. VII. Mitteilung: Über den
Einfluß des Hämatoporphyrins auf кше ur und Energie-
EE 5 Б о er ee # хей, Tea der 201
Fazekas, Emerich v. Über die Ketonkörper йде Blutes o.. e 224
Kochmann, M. Über die Wirkung der Kationen der Ringerlösung auf
die glatte Muskulatur des Meerschweinchenuterus . . . . . . . 280
Fritz, С. Beiträge zur Physiologie des Höhenklimas. I. Mitteilung:
Wirkung des verminderten Luftdrucks auf ру und CO,-Bindungs-
vermögen des Blutes. . . s. 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 0200. 236
Simon, Alexander. Über die Wirkung der verschieden konzentrierten
Kationenlösungen auf die osmotische Resistenz der roten Blut-
Körperchen. u... u. жи won Ban te ОЕ ДЫ Ж 244
Neuberg, Carl und Martin Behrens. Über die ЕЕРЕЕ Abspaltung
von Rohrzucker aus Salzen der Saccharose-phosphorsäure . . . . 254
Berichtigung. ...... ei Ж re ; gn . 264
Biever, В. Zur Kenntnis des Jods als biogenes Element ue e e 266
Niklas, H.. А. Strobel und К. Scharrer. Zur Kenntnis des Jods als
biogenes Element. JI. Mitteilung: Fütterungsversuch mit steigen-
den Jodgaben zu Milchziegen. (Berichterstatter: A. Strobel.) 277
Niklas, H., J. Schwaibold und K. Scharrer. Zur Kenntnis des Jods
als biogenes Element. TII. Mitteilung: Über den Chemismus
des tierischen Jodstoffwechsels. 4090
140036
IV Inhalt,
Ziganow, S. W. Das Meerwasser als Durchströmungsflüssigkeit für
das isolierte Froschherz. . . . . . ..
Di-Foutsin. Untersuchungen über den Caleiumgehalt des menschlichen
БОКИН g e беле.
Leontjew, Hans. "Über das spezifische Gewicht des Protoplasmas. І.
Tómasson, Helgi. Chemische Veränderungen im Blut durch Narkose.
Ruft die Äthernarkose eine Alkalose hervor ? (Zugleich ein Beitrag
zur Anisoionie des Blutes.) . . . . 2 2 2 2 2 2 2 20.
Karczag, L. Über Elektropie. IX. Zugleich Richtigstellung der
Bälintschen Mitteilung „Über Wasserstoffionenkonzentration und
Elektropie“ . .
Rosenblatt, M. und A. ( J. d March. “Über die Wirkung dos. Mangans
auf die alkoholische Gärung . . . . . . ..
Stuber, Bernhard. Untersuchungen zur Lehre von der Blutgerinnung.
XIV. Über den Einfluß der Plasmaeiweißkörper auf die Ge-
rinnungszeit. Von Wilhelm Ehrich. ;
Port, Jaan. Über die Wirkung der Neutralsalze auf das Durehdringen
der OH’-Ionen durch das Pflanzenplasma. П. . .
Csapó, Josef und Samuel Henszelmann. Über die Alkalibindung des
Blutserums im Kindesalter . . . . . . . ..
Schmitt, Willy. Eine neue Wasserstoffelektrode zur Messung kohlen-
säurehaltiger Körperflüssigkeiten, insbesondere des Liquors.
Popoviciu, Georg. Über Bedingungen der a ари Ammoniak-
bildung in den Geweben .
Kanamori, Torao. Über das Verhalten des Harnquotienten С: К
beim Phlorrhizindiabetes des Hundes .....
Watanabe, Makoto. Experimentelle Untersuchungen über die, Beein-
£lussung des Harnquotienten C.: N durch die perorale Gabe von
Säuren, Alkalion und dem alkalischen Mineralwasser von Neuenahr
Bernhardt, H. und H. Ucko. Über den Bromgehalt des Organismus.
II. Mitteilung: Der physiologische Bromgehalt der Organe. .
Boresch, Karl. Zur Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warm-
bades. І. . ;
Autorenverzeichnis .
Über das Verhalten
neutraler Natriumcaseinate bei Membranhydrolyse.
Von
Wilhelm Starlinger.
‘Aus dem LUniversitätslaboratorium für physikalisch-chemische Biologie
in Wien).
(Eingegangen am 13. Januar 1926.)
I. Einleitung und Fragestellung.
Nachdem die ersten physiko-chemischen Messungen!) mit exakter
Methodik an neutralen Alkalicaseinatlösungen mit Hilfe der Basenbindungs-
bestimmung ein Äquivalentgewicht des Caseins von 1135, mit Hilfe der
Bestimmung des Äquivalentleitvermögens im Rahmen der Ostwald- Walden-
schen Wertigkeitsregel ein Molekulargewicht уоп 4 — 6 х 1135 ergeben
hatten, wurde in Fortführung dieser Untersuchungen ?) aus dem äquivalenten
Leitvermögen einerseits mit Hilfe der graphischen Extrapolation von Że
die Beweglichkeit des Caseinations im neutralen Caseinat mit rund 30
bestimmt, andererseits mittels der Basenbindungsbestimmung und bei
Annahme der Gültigkeit der Ostwaldschen Regel das Äquivalentgewicht mit
1000, das Molekulargewicht mit rund 3 x 1000 festgesetzt. Daraus formu-
lierte sich die physikalisch-chemische Konstitution neutraler Alkalicaseinate
nach dem Typus Na,(Caseinat)’” bei fehlendem Caseinatüberschuß bzw.
nach dem Typus Na,(Caseinat)’”’”’(Casein) bei Caseinüberschuß im Sinne
der Bildung eines Komplexsalzes ohne Wertigkeiteänderung.
In Anbetracht der ausschlaggebenden Rolle der Leitfähigkeite-
messung für die Gewinnung der vorangestellten grundlegenden Ergeb-
nisse und deren Bedeutung für die allgemeine Kolloidchemie der Eiweiß-
körper mußte jede Erkenntnis, die den Wert der Leitfähigkeitsmessung
in Caseinatlösungen in Frage zu stellen schien, besondere Beachtung
gewinnen. Da nun in solche Richtung zielende Mitteilungen von Seiten
Polanyıs und seiner Mitarbeiter?) vorliegen, wurde es im folgenden
1) Laqueur und Sackur, Beitr. z. chem. Phys. u. Path. 8, 1903.
2) Pauli, diese Zeitschr. 70, 1915; Pauli und Matula, ebendaselbst
99, 1919; ferner Pauli, Kolloidchemie der Fiweißkörper 1, 81ff. Dresden,
Steinkopf, 1920.
з) Mandoki und Polanyi, diese Zeitschr. 104, 1920; Fischenich und
Polanyi, Kolloid-Zeitschr. 86, 1925.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 1
2 W. Starlinger:
auf Veranlassung und unter Leitung von Herrn Prof. Pauli unter-
nommen, die zu dieser Fragestellung vorgebrachten Befunde und
Folgerungen einer neuerlichen theoretischen und experimentellen
Prüfung zu unterziehen.
In der nun folgenden Literaturübersicht konnte wegen des vollen
Verständnisses der Fragestellung eine gewisse Ausführlichkeit der Dar-
stellung nicht vermieden werden.
Mandoki und Polanyi stellten fest:
1. daß bei Fischblasendialyse neutraler Alkalicaseinatlösungen
„massenhaft leitende Bestandteile austreten‘“‘, die keine Eiweißreaktion
geben und einen , fast völlig‘ fermoltitrierbaren Stickstoffgehalt aufweisen,
2. daß das Leitvermögen der Lösung dieser ‚fraglichen Stoffe“ beim
Stehen spontan anwächst.
Sie zogen daraus den Schluß, daß beim „Auflösungs- bzw. Neutrali-
sationsprozeß‘‘ des Caseins ‚„Zersetzungsprodukte‘‘ entstehen, die sich
spontan weiter zersetzen, und lehnten daher die eingangs formulierte
Auffassung Paulis ab, daß der Rest des Leitvermögens neutraler Alkali-
caseinate, der durch das Natrium nicht gedeckt wird, auf den negativen
Jlektrizitätsträger, das Caseination entfällt: „Die Leitfähigkeit der neu-
tralen Caseinlösungen beweist nicht, daß das in Lösung befindliche Eiweiß
ein guter Leiter ist, es steht vielmehr fest, daß die Leitfähigkeit dieser
Lösungen durch Zersetzungsprodukte des Caseins verursacht wird.‘
Demgegenüber machte F. Plaitner!) in einer unter Paulis Leitung
ausgeführten Untersuchung geltend, daß weder über die primäre Reinheit
des verwendeten Ausgangspräparats (leichte Zersetzlichkeit des Caseins!)
und die Art des Lösungsvorganges (Zusatz zu hochkonzentrierter Lauge!),
noch über die Abwehr sekundärer bakterieller Zersetzung von Mandoki
und Polanyi Angaben gemacht wurden und stellte fest:
1. daß die Leitfähigkeit von mit käuflichem Merckschen Casein ge-
schütteltem Wasser erheblich ansteigen kann,
2. daß die Leitfähigkeit entsprechend aus elektrodialysiertem Casein
hergestellter und unter Toluol aufbewahrter Caseinatlösungen innerhalb
kürzerer Beobachtungsdauer keine Zunahme erfährt,
3. daß bei Gleichgewichtsdialysen in Kollodiumsäckchen und bei
Campheranwesenheit die Leitfähigkeit der Außenflüssigkeit die der Innen-
flüssigkeit bei Reduktion auf gleiches Volumen um ein Mehrfaches über-
schreitet,
4. daß ein geringer Stickstoffübertritt in die Außenflüssigkeit nach-
weisbar wird, der 1 Proz. des Stickstoffgehalts des verwendeten Gesamt-
caseinats nicht übersteigt und immer schwach positiven Eiweißreaktionen
entspricht.
Plattner zog daraus den Schluß, daß in entsprechend bereiteten und
behandelten Caseinlösungen nur sehr geringe Mengen von Abbauprodukten
auftreten, die als Ursache für die Leitfähigkeit reiner Caseinatlösungen
nicht in Frage kommen können, während «das hohe Leitvermögen der
Außenflüssigkeit auf den durch Membranhydrolyse bedingten Durchtritt
von Natrium durch die Membran bei gleichzeitiger Ausfällung der ent-
sprechenden Caseinmengen innen bezogen werden muß.
1) Plattner, Kolloid-Zeitschr. 88, 1923.
Natriumcaseinate. 3
| Darauf berichteten Fischenich und Polanyi (1. с.), unter Ablehnung
' dieser Auffassung Plattners als der experimentellen Begründung entbehrend,
iber neue Versuche, in deren Verlauf sie beobachteten:
1. daß im Verlaufe der Dialyse in der Dialysierzelle kein Caseinat
ausfällt und der Stickstoffgehalt der Innenflüssigkeit keine Änderung
erfährt,
2. daß nach Abschluß von Dauer- und Gleichgewichtsdialysen das
Leitvermögen der Innenflüssigkeit, verglichen mit dem Leitvermögen einer
irisch hergestellten Caseinatlösung gleicher Stickstoffkonzentration nur
etwa das halbe Ausmaß der letzteren erreicht,
3. daß der Trockenrückstand der Außenflüssigkeit zu drei Viertel
bis zweı Drittel aus organischer Substanz besteht, die keine Eiweißreaktion
gibt,
4. daß das Leitvermögen des Caseinats in Gelatine-Sol und Gelatine-Gel
gleichbleibt.
Aus diesen Feststellungen zogen die Autoren folgende Schlüsse:
Aus 1. und 2. Die Tatsache, daß Caseinlösungen einen beträchtlichen
Teil ihres Leitvermögens einbüßen können, ohne daß dabei Casein ausfällt,
genügt, um den Anteil, den das Casein an der „elektrischen Leitung hat,
ganz unsicher erscheinen zu lassen‘‘.
Aus 3. „Nichts spricht also gegen die Annahme, daß das Leitvermögen
des Außenwassers durch organische Salze bedingt ist, welche aus der Casein-
lösung heraus diffundieren.‘
Aus 4. Wenn der Anteil des auf Kolloidionen entfallenden Leitver-
mögens in Gallerten fortfallen muß, ändert sich die Leitfähigkeit nicht, es
nehmen also Caseinionen an der Leitung keinen Anteil.
Die grundsätzliche Kritik dieser im vorstehenden wichtigsten
wiederholten Literaturangaben muß vor allem betonen, daß die
tatsächlich erhobenen Befunde zu den weitgehenden Schlüssen, die
Polanyi und seine Mitarbeiter ziehen, nicht berechtigen; denn die
Feststellung, daß in Caseinatlösungen bei Membrandialyse leitende
Zerfallsstoffe austreten, erlaubt an sich verständlicherweise keinesfalls
den Schluß, daß diese Elektrolyte in den Caseinatlösungen bereits
ursprünglich als solche anwesend waren. Im Gegenteil erscheint schon
a priori die Möglichkeit membranhydrolytischer Vorgänge und dadurch
bedingter, erst durch die Dialyse ausgelöster Entstehung dieser Stoffe
viel naheliegender. Die allgemeine Stellungnahme zu den Arbeiten
Polanyis und seiner Mitarbeiter darf daher in folgender Weise gekenn-
zeichnet werden: Wenn der experimentelle Nachweis erbracht werden
kann, daß neutrale Alkalicaseinatlösungen bei langer Beobachtungs-
dauer einerseits keine Änderung ihres Leitvermögens erleiden, anderer-
seits keinen Zersetzungsvorgängen unterliegen, so können die Befunde
der erwähnten Autoren lediglich als Beitrag zur Frage der membran-
hydrolytischen Beeinflussung neutraler Alkalicaseinate Beachtung
finden, keinesfalls aber für die Beurteilung der Ursachen ihres auto-
chthonen Leitvermögens Bedeutung gewinnen.
1*
4 W. Starlinger:
Der erste Abschnitt des experimentellen Teiles dieser Arbeit wird
also zu untersuchen haben, ob aus reinstem (elektrodialysiertem)
Casein in verdünnter Lauge hergestellte Caseinatlösungen bei sicherer
Vermeidung bakterieller Zersetzung (Toluol) während mindestens mehr-
monatiger Beobachtung ein konstantes Leitvermögen bewahren und
keinen autolytischen Zerfall erleiden; die Grundlage des Nachweises
fehlender Autolyse darf aber als gegeben angenommen werden, wenn
im Verlauf dieses Zeitabschnitts keine inkoagulablen Stickstoffkörper
auftreten.
П. Das Verhalten neutraler Alkalicaseinate bei langer Beobachtungszeit.
1. Die Reinheit des Merckschen Caseinpräparats „nach Наттатвіеп“.
Platiner fand nach 24stündigem Schütteln des Präparats mit Wasser
unter Toluol ene spezifische Leitfähigkeit des überstehenden Wassers von
k = 4,3.10-3, Fischenich und Polanyi stellten bei Aufschwemmung von
2 g Casein in 100 ccm Wasser eine solche von k = 1,1. 10-5 fest.
In eigenen Versuchen stieg die spezifische Leitfähigkeit des Schüttel-
wassers nach Eintragung von 10,0g Casein in 100ccm Wasser in
Versuch A nach achtstündigem Schütteln unter Toluol auf k = 1,31
. 10-4 bzw. nach weiterem 24stündigen Stehenlassen auf k = 1,47 . 1074,
in Versuch B nach viertelstündigem Schütteln auf 1,30 . 1074 an; die
ursprüngliche Wasserleitungsfähigkeit betrug k = 3,46 . 10—61).
Nach Elektrodialyse der vereinigten Proben von 150stündiger
Dauer zwischen Graphitelektroden im Paulischen Apparat?) bei
220 Volt unter Toluol wurde eine spezifische Leitfähigkeit des über-
stehenden Wassers von k = 5,61 . 10° erreicht, die auch bei weiterer
Fortführung der Elektrodialyse nicht mehr herabgedrückt werden
konnte).
Diese Befunde erlauben also die Feststellung, daß das Mercksche
Caseinpräparat quantitativ schwankende, unter Umständen jedenfalls
beträchtliche Mengen leitfähiger wasserlöslicher Stoffe enthalten
kann und daher für Untersuchungen vorliegender Art erst nach voraus-
gehender entsprechender Reinigung oder unter Berücksichtigung seines
Reinheitsgrades Verwendung finden darf. Diese Forderung Platiners,
die auch in der Mitteilung Polanyts und Fischenichs anscheinend keine
Berücksichtigung fand, darf daher als neuerdings experimentell be-
gründet angesehen werden. |
1) Die spezifische Leitfähigkeit in gleicher Weise unter. Toluol ge-
schüttelten und aufbewahrten Wassers stieg von k = 4,08 auf 4,21. 10-6.
2) Von F. Köhler, Leipzig.
3) In einem zweiten Versuch wurde bei Anwendung eines kleineren
Apparats und bei Verarbeitung von etwa 5,0g Casein eine spezifische
Leitfähigkeit von k = 4,44 . 10-6 erzielt.
Natriumcaseinate. 5
2. Die Herstellung und Charakteristik der eigenen Caseinatlösungen.
Das elektrodialytisch gereinigte Casein wurde abgefiltert, mit Wasser,
Alkohol, Äther gewaschen, 12 Stunden bei 40° getrocknet und ergab ein
grobkörnigee, gelbliches Pulver.
Zur Bereitung der Lösung wurden je 4,0 g Casein nach vorheriger Auf-
»chwemmung in etwa 150 ccm Wasser mit 20 ccm п/10 NaOH versetzt,
darnach auf 200 ccm Gesamtmenge aufgefüllt und unter Toluol bis zur
optimalen Lösung des Caseins mehrstündig geschüttelt; eine völlige Lösung
dee zugesetzten Caseins gelang jedoch niemals, da immer ein Bodensatz
aus größeren, zusammengeballten Bröckeln zurückblieb und sedimentierte.
Die fertige, von nicht gelöstem Casein und Toluol abfiltrierte Lösung war
fast völlig klar und zeigte nur im durchfallenden Licht geringe Opaleszenz ;
die weitere Aufbewahrung erfolgte unter Toluol.
Die in den Hauptversuchsreihen verwendeten Caseinatlösungen
hatten folgende Eigenschaften:
Tabelle I.
Би Aus Stick» nn T Е
Trockene Gesamt. Nicht stoff be» Na Kurs
Coseinat gehalt stickstoff | koagulabler | rechneter 2.4 1022 Юн
Stickstoff | Eiweiß»
g-Proz. g-Proz. | | gehalt g-Proz. | |
А 1,61 0,248 в 155 00228 498 | 7,05
в — 0,266 ө 1,66 — , 515 6,89
— 0,273 Ө 1,71 — 5,84 —
Das Casein der Caseinatlösungen A und B wurde in der ersten, das
Casein der Lösung C in der zweiten Elektrodialyse gereinigt.
Angewandte Methodik: Der Natriumgehalt wurde nach Pregi!),
der Stickstoffgehalt nach Kjeldahl in der Modifikation von Pregl, der
Trockengehalt in der üblichen Weise bestimmt; als inkoagulabler Stickstoff
sx) Stickstoffkörper, die durch Trichloressigsäure in 10proz. Endkonzen-
tration nicht gefällt werden, zu verstehen; die H-Ionenkonzentration wurde
elektrometrisch gemessen.
Das beobachtete spezifische Leitvermögen steht im Einklang mit
den Angaben der früheren Autoren, die H-Ionenkonzentration entspricht
dem Neutralpunkt (während Polanyi eine leicht saure Reaktion, ent-
sprechend pu = 6, beobachtete), gravimetrisch und mit Hilfe der
1) Zur Kritik der Natriumbestimmung in der vorliegenden Versuchs-
anordnung muß bemerkt werden, daß in Anbetracht des nicht unbeträcht-
Leben Phosphorgehalts des Caseins (= 0,83 Proz. nach Hammarsten) der durch
Phosphor gedeckte Teil des Aschennatriums als Pyrophosphat (Na,P,O,)
und nur der restliche Teil als Sulfat (Na,SO,) zur Bestimmung gelangt;
trotzdem wurde in den vorliegenden Bestimmungen das Natrium als Sulfat
berechnet, da sein prozentischer Anteil im Sulfat (= 32,4 Proz.) und Pyro-
phosphat (= 34,5 Proz.) zu wenig differiert, um wesentliche Fehler nach
sëch zu ziehen. Im übrigen darf schon hier auf die gute Übereinstimmung
zwischen den (in der Innen- und Außenflüssigkeit der Dialysierversuche)
gefundenen und den berechneten Natriumwerten hingewiesen werden.
6 W. Starlinger:
Stickstoffbestimmung (Multiplikationsfaktor = 6,25) gefundener Eiweiß-
gehalt, sowie gefundener und berechneter (0,0230 g-Proz.) Na-Gehalt
zeigen gute Übereinstimmung; nicht koagulabler Stickstoff wurde
nicht gefunden.
3. Das Verhalten der Caseinatlösungen.
Plattner fand innerhalb elftägiger Beobachtungszeit keine Änderung
des Leitvermögens seiner Caseinatlösung.
In eigener Prüfung bei um vieles verlängerter Beobachtungszeit
betrug die spezifische Leitfähigkeit von Caseinat A nach der Her-
stellung k = 4,98. 10, nach 99 Tagen k = 5,20..10-?. Der gleich-
zeitige Versuch der Feststellung nicht koagulablen Stickstoffs hatte
immer ein völlig negatives Ergebnis.
Diese Befunde erlauben also die Aussage, daß entsprechend her-
gestellte und aufbewahrte neutrale Alkalicaseinatlösungen keine zeit-
liche Änderung des Leitvermögens und keinen Eiweißzerfall erfahren.
Die von Mandoki und Polanyi übernommene Angabe Robertsons, daß
genauestens neutralisierte Caseinlösungen sich beim Stehen bereits in
kurzer Zeit zersetzen und leitfähige Substanzen abspalten, darf also
für das hier eingeschlagene Verfahren der Caseinatbereitung berechtigte
Ablehnung finden, während die Beobachtung Plattners volle Bestätigung
und Erweiterung erfährt. Die erste Fragestellung vorliegender Arbeit
darf mithin in dem Sinne entschieden werden, daß neutralen Natrium-
caseinatlösungen eine konstante und reproduzierbare Leitfähigkeit
zukommt.
In der Tat scheint auch Polanyi in der neueren Arbeit mit Fischenich
sich dieser Auffassung zu nähern, nur wird der Standpunkt vertreten,
daß es nicht die Leitfähigkeit des Caseinations sei, die darin mit zum
Ausdruck komme, sondern die von anderen im Caseinat entstandenen
Ionen.
Nach dieser Feststellung kann also in die Besprechung der zweiten
Hauptfrage nach Ergebnis und Deutung der Dialysenversuche ein-
gegangen werden.
III. Das Verhalten neutraler Alkalicaseinatlösungen bei membrandialytischer
Beeinflussung.
Die Betrachtung der zu dieser (durchaus selbständigen und von
der ersten streng zu trennenden zweiten) Fragestellung bereits vor-
liegenden Befunde Platiners sowie Polanyis und seiner Mitarbeiter
erlaubt zunächst folgende Angaben:
1. Die Berechnung des im Verlauf der Dialyse entstandenen
Gesamtleitungsvermögens durch Reduktion auf das Ausgangsvolumen
der Caseinatlösung, welche in den Mitteilungen der erwähnten Autoren
nicht durchgeführt wurde, ergibt ausnahmslos eine deutliche Erhöhung
Natriumcaseinate. 7
gegenüber dem Ausgangsleitvermögen; die aus den Tabellen Plattners
und Fischenich- Polanyıs (die Mitteilung Mandoki- Роіапуіз darf über-
gangen werden) in dieser Weise berechneten Werte sind in folgender
Tabelle II zusammengestellt.
Tabelle II.
| | К der ~ Gesamt-Ä
Же. Dauer Gesamt-kA | Ausgangs» in Proz. der А
10-4 | lösung der Ausgangs»
Stunden innen außen ' 10-4 osung
I 48 4,03 | 22.00 боз | 590 | 41
II 48 2,91 16,95 19,86 | 5,70 ` 348
III 24 2,66 8,33 | 1099 ‚ 6,90 185
IV 24 3,40 14,40 14,80 5,70 259
19 67 407 i 3,53 | 760 · 5,59 136
20 23 3,78 3,05 683 5,63 121
21 23 4,04 300 | 704 1 5,63 125
29 „ 4098 | 217 | 695 5,74 121
23 25 | 501 | 201 702: 574 _ 122
27 23 5,04 178 |" 782 530 128
28 46 4,30 301 | 731 ! 5,30 138
29 46 4,29 269 | 698 5,41 129
30 57 3,62 387 | 749 5,41 139
Die Dialysen І bis IV beziehen sich auf die Tabelle Plattners, die
Dialvsen 19 bis 30 auf die Tabelle Ша Fischenich- Polanyıs.
Die Erhöhung beträgt also bei den Campherdialysen Plattners das
Zwei- bis Vierfache, bei den Toluoldialysen Fischenich- Polanyis 1 [„ bis ?/,
des Ausgangsleitvermögens und steht bei beiden in deutlicher Ab-
hängigkeit von der Dialysendauer; die außerordentliche Erhöhung in
den Versuchen Platiners legt die Vermutung nahe, daß die Campher-
anwesenheit keinen sicheren Schutz gegen bakterielle Zersetzungs-
хограпре gewährt.
2. Die methodische Beurteilungsgrundlage, die bei den Versuchen
Fischenich- Polanyıss angewendet wurde, kann nicht angenommen
werden, denn sie vergleicht das Leitvermögen der Dialysate mit dem
Leitvermögen einer frisch hergestellten Caseinatverdünnung gleichen
Stickstoffgehalts, wobei das Vergleichsprinzip also nur den Stickstoff,
nicht aber das Natrium berücksichtigt, welches im Dialysat auf Grund
teilweisen Übertritts in die Außenflüssigkeit verständlicherweise ge-
ringere Konzentration besitzen muß. Daß aber Alkali in die Außen-
flüssigkeit übertritt, wird schon aus den angegebenen Trockenrück-
standsanalysen Fischenich- Polanyıs in der Außenflüssigkeit wahrschein-
lich, welche den anorganischen Anteil mit rund 40 Proz. bestimmten.
3. Die Angaben Fischenich- Polanyis erscheinen weiterer Auf-
klarung bedürftig, da einerseits der Stickstoffgehalt der Ionenflüssigkeit
keine Änderung erleiden soll, andererseits der Trockenrückstand der
8 W. Starlinger:
Außenflüssigkeit zu %, bis ?/, aus „organischer Substanz“ besteht,
über deren Natur zwar nur angegeben wird, daß sie keine Eiweiß-
reaktion gibt, die aber im Rahmen der Versuchsbedingungen wohl aus
Stickstoffkörpern bestehen muß. |
4. „Die Tatsache, daß Caseinlösungen einen beträchtlichen Teil
ihres Leitvermögens einbüßen können, ohne daß Casein ausfällt“,
genügt — unter Annahme der Tatsächlichkeit dieser Angaben —
keinesfalls, „um den Anteil des Caseins an der elektrischen Leitung
ganz unsicher erscheinen zu lassen‘, denn bei teilweiser Entfernung
des Natriums können die entsprechenden Caseinmengen durch Bildung
der bei Caseinüberschuß entstehenden Caseincaseinate in Lösung ge-
halten werden; dieses ist eine ganz allgemeine Erscheinung, welche sich
bei allen wasserunlöslichen Eiweißkörpern findet.
5. Was schließlich die letzte Beweisführung Fischenich- Polanyis
anlangt, daß die Leitfähigkeit eines kolloiden Ions durch Aufnahme
in eine Gallerte und dadurch bedingte Aufhebung des Ionentransports
Null werden müßte, während eine Änderung der Caseinatleitfähigkeit
durch Einbringung in Gallerten tatsächlich nicht beobachtet werden
konnte, so kann ihr auf Grund von Untersuchungen am Institut keine
Beweiskraft zugemessen werden, denn in diesen Fällen wird die Leit-
fähigkeit wohl durch Wassertransport und Überführung der Außen-
ionen übernommen, da am Institute bei Ceroxydsolen und an Seifen-
solen von Mc Bain und M. Е. Laiing!) quantitativ festgestellt wurde,
daß eine Änderung der Leitfähigkeit durch die Erstarrung nicht
stattfindet.
Die eigene experimentelle Prüfung gestaltete sich folgendermaßen:
Allgemeine Methodik.
L Als Membranen fanden Verwendung Fischblasen, Kollodium-
säckchen, Pergamentschläuche verschiedener Herkunft und Pergament-
hülsen von Schleicher & Schüll; alle benutzten Membranen wurden mit
Hämoglobin geprüft und erwiesen sich bei mehrtägiger Dialyse als voll-
kommen dicht.
2. Die Dialysen liefen ausnahmslos als Gleichgewichtsdialysen ; die Dauer
schwankte je nach der Dichte der verwendeten Membran zwischen 24 und
140 Stunden. Die Schläuche wurden möglichst luftdicht durch ein einge-
bundenes, zugekorktes Glasrohr abgeschlossen, um das Ausmaß Jer Flüssig-
keitsverschiebung zu beschränken; die Außenflüssigkeit wurde abgedeckt.
Die Menge der Ausgangsinnenflüssigkeit schwankte zwischen 10 und
30 ccm, die des Außenwassers zwischen 50 und 100 ccm. Die Wasserver-
schiebung wurde durch Wägung der Außenflüssigkeit nach Abschluß der
Dialyse bestimmt.
Als Antiseptikum kam teils Campher, teils Toluol zur Verwendung.
3. In einer Reihe von Versuchen wurden die quantitativen Stickstoff-
und Natriumanalysen sowohl in der Innen- wie Außenflüssigkeit zum Zwecke
1) Transact. Chem. Soc. London 117, 1506, 1920.
Natriumcaseinate. 9
der Kontrolle durchgeführt; in den restlichen Versuchen, in denen nur eine
Fimssigkeit analysiert wurde, ergab sich die Konzentration der anderen
durch Differenzrechnung. Diese Werte sind in Tabelle III, welche die
Messungsergebnisse aller durchgeführten Dialysen enthält, durch Sterne
gekennzeichnet.
Spezielle Methodik.
1. Verwendete Caseinatlösungen.
(aseinat А in Dialyse I bis VI; Alter am Tage des Abschlusses von
Diahse V 18 Tage, von Dialyse VI 127 Tage (inkoagulabler Stickstoff = Ө
і = 5,33 . 10— 4).
Caseinat В in Dialyse VII bis X; Alter am Tage des Abschlusses von
Dialyse X 19 Tage; Caseinat С in Dialyse XI bis XII; Alter 4 Tage.
2. Verwendete Membranen.
Fischblasen in Dialyse I bis II; Kollodiumsäckchen in Dialyse ПІ:
Pergamentschläuche in Dialyse IV, V, VII bis X; Pergamenthülsen von
Schleicher-Schüll in Dialyse VI, XI, XII.
3. Verwendete Antiseptica.
Campher in Dialyse I bis V; Toluol in Dialyse VI bis XII.
Tabelle 111.
E 7 Nicht Е
Енев. 26запи | GEI Na | к
Е |trübung| TTT (Lade 10-4 | Рн
| e _ i _# di e | |
А en ef == = l
т эз i | 20 | 34* 34+ 0,0449 о | 2,37 | 645
а | 100 |86 · | 0,0017 | o, 0,65 | 7,86
I 47 i h 20 !52* 24 0,0369 ` 0,0281 2,53 | 6,70
a 10 | 68 ` “ли | 0,0102 | 1,62 ! 7,20
i 20 |27» ` + |0,0456* \ 5,60 |7,10
m 120 „ wiem ` 0,0037 1,27 | 8,12
ют oe ї' 20 |42* 34 0,0368* 0,0040 2,78 | 7,08
a 100 ` 0,0124 | 0,0047 | 2,48 |7,72
vo Í 2|31* | + :00145 ` 0,0127 | 394 |732
a 100 |89 | ‚00338 ` 00340 | ı 3,33 | 7,58
sı 72 Í | 30 |30,5*: 3 + `0,0700*\ 0,0012 ' 0,0052 | 3,96 |
ә, 60 |595 | 00026 | 0,0010 | 0,0017* | 0,87
п 48 i | 10 | 18* | 3+ i0,0173 0,0011 | 0,0013 1,36 6,51
a | 50 |42 + 0,0092 ' 0,0017 ‚ 0,0010% | 0,65 | 6,91
em ag `i; 18 |18* | 34 [0,0256 0,0004 ' 0,0016 | 1,79 |6,65
a 50 ' 50 + ' 0,0240 | 0,0040 | 0,0026 1,20 | 6,65
x oe і 20 |15* 124 . 0,0156 0,0011 ! 0,0015 ' 1,75 |6,62
a , 50 | 55 + | 0,0374 | 0,0044 ‚0,0031 | 1,44 | 6,77
x әв і 20 |155* 24 ‘0,0183 0,0012 | 0,0016 1,75 | 6,57
А „ 50 | 545° -+ ' 0,0338 ' 0,0027 | 0,0031 1,28 |6,88
xı s52 і 30 |32,5* 3+ 0,0811*, 0,0014 0,0060 · 3,83 |
- a , 100 | 97,5 | 0,0008 ' 0,0008 | 0,0019* : 0,64,
xm вә i |! 30 |30 | 3+ |0,0807*! 0,0008 | 0,0048 3,78 |
a | 100 [100 0.0012 ` 0,0012 | 0,0021* | 0,58 '
3+ bedeutet milchige Trübung, 2+ deutliche Trübung. + schwache Trübung, + deutliche
Opaleszenz.
10 W. Starlinger:
Vor der kritischen Bewertung der verzeichneten Befunde darf darauf
hingewiesen werden, daß die gute Übereinstimmung zwischen den gefundenen -
Additionsmengen des jeweils maßanalytisch in der Innen- und Außenflüssigg -
keit ermittelten Stickstoffs und Natriums mit den bekannten Ausgangs-
mengen die im vorigen erwähnte Differenzrechnung, sowie die vernach -
lässigte Ungenauigkeit der Natriumbestimmung rechtfertigt. Die Belege
ergeben sich aus Tabelle IIIa.
Tabelle IIIa.
Е | ` Gesemt-N in у — u Gesamt-Na ing
| berechnet gefunden berechnet | gefunden
т | 00492 0
II | 0,0492 0,0483 == | Е
у ı 0,0492 0,0483 — =
ҮП 0,0266 0,0265 `, — —
VIII | 0,0481 0,0496 0,0042 , 0,0042
IX 0,0532 0,0530 0,0046 ' 0,0046
X 0,0532 0,0521 0,0046 0,0047
Die Durchsicht der Haupttabelle III erlaubt zunächst folgende
unmittelbar ersichtlichen Feststellungen:
1. Es kam ausnahmslos zu mehr oder weniger ausgeprägter Eiweiß-
trübung der Innenflüssigkeit.
Hinsichtlich des Charakters dieser Trübung sei bemerkt, daß sie
sowohl während als auch in der Regel nach der Dialyse stabil blieb,
also keine Neigung zur spontanen Ausflockung und Sedimentierung
zeigte; selbst mehrstündiges Zentrifugieren ergab nur geringe Mengen
Bodensatz; nur in den Fällen besonders starker Trübung (+++)
konnte mehrere Tage nach Abschluß der Dialyse der Beginn einer
Spontansedimentierung mit teilweiser Klärung der überstehenden
Flüssigkeit beobachtet werden.
In der Außenflüssigkeit wurde öfters eine deutliche Opaleszenz (+)
beobachtet, zu Trübungen jedoch kam es auch in Fällen ausgeprägten
Durchtritts koagulabler Stickstoffkörper niemals.
Auf die Begleitumstände dieser aufgetretenen Eiweißtrübungen und
die Bedingungen ihres Auftretens wird nach Besprechung der chemischen
Analysenergebnisse zurückzukommen sein.
2. Die chemische Analyse der Stickstoffkörper ergab: 1. daß fast
ausnahmlos im Verlauf der Dialysen wechselnde Mengen nichtkoagu-
lablen Stickstoffs auftraten, die namentlich bei Campheranwesenheit
ein ungewöhnliches Ausmaß erreichten und eine deutliche Abhängigkeit
von der Zeitdauer der Dialysen erkennen ließen; 2. daß regelmäßig
durch die Membran in die Außenflüssigkeit inkoagulable, öfters auch
koagulable Stickstoffkörper übertraten, deren Mengen in proportionalem
Verhältnis zur Membrandurchlässigkeit und Dialysendauer standen
(Tabelle IIIb).
Natriumcaseinate. 11
Tabelle IIIb.
Nr. ‚ Entstandener Diffundierter Diffundierter
inkoagulabler N Gesamt-N koagulabler N
І ' = 3,5 3,5
п! 778 23,2 2,4
II | — 7,5 —
ІУ | 17,6 25,2 15,6
V | 94,5 68,7 Ө
VI | 3,0 3,7 22
VII | 10,5 34,5 28,6
VIII 9,2 49,9 41,6
IX 10,3 665 | 58,3
X, 7,3 63,5 i 58,5
XI | 2,9 1,0 Ө
XI ı 2,4 1,6 Ө
Die angegebenen Werte sind in Prozenten des Gesamtstickstoffs der
„weils verwendeten ÄAusgangscaseinatmenge ausgedrückt.
Zum Verständnis der Nebentabellen (IIIa bis IIIg) müssen jeweils
die entsprechenden Stäbe in der Haupttabelle III eingesehen werden.
3. Die chemische Analyse des Natrsums konnte regelmäßig Membran-
passage desselben feststellen, wobei ebenfalls Dialysendauer und
Membrandurchlässigkeit ausschlaggebenden Einfluß nahmen; die Ver-
teilung des Natriums auf Innen- und Außenflüssigkeit erfolgte bei
genügender Membrandurchlässigkeit so, daß die absoluten Innen-
mengen hinter den Außenmengen zurückblieben (Tabelle IIc).
Tabelle ІІІ с.
Dien м. VE м | va | x; x | x| Хп
Diffundiertes Natrium in | | | |
Proz.d.Gesamtnatriums | |
der verwendeten Aus- | | | | |
zangs-Caseinatmenge . | 246 435 643 674 674 27,5 | 30,4
Die geringe Durchlässigkeit der Pergamentmembranen von
Schlescher & Schüll ist auch in Tabelle IIIb aus den außergewöhnlich
geringen diffundierten Stickstoffmengen ersichtlich.
4. Die Hydroxylıonen zeigten ein gesetzmäßiges Verhalten im
Ninne einer geringeren Konzentration in der Innenzelle.
5. Die Feststellung des Leitvermögens ergab ausnahmslos einen
Übertritt leitender Stoffe in die Außenflüssigkeit, dessen Ausmaß in
Proportion zur Dialysendauer und Mempbrandurchlässigkeit sowie
zum Umfang des Auftretens inkoagulablen Stickstoffs stand.
Die wechselseitige Gegenüberstellung dieser Befunde erlaubt
weiterhin folgende Feststellungen und Schlüsse:
12 W. Starlinger:
1. Das Auftreten von sichtbaren Eiweißfällungen im Dialysat ist
abhängig von dem Ausmaß des Eiweißzerfalls überhaupt, indem bei
Bildung größerer Mengen inkoagulablen Stickstoffs (Dialyse II und V)
verständlicherweise schon aus diesem Grunde keine oder nur geringe
Eiweißtrübung entstehen kann (in Dialyse III wurde die Bestimmung
des nicht koagulablen Stickstoffs leider nicht durchgeführt, in Dialyse I
und IV wurde bei starker Trübung kein oder ein verhältnismäßig
geringer Eiweißzerfall beobachtet, in Dialyse VI bis XI schließlich
braucht die Möglichkeit einer Verhinderung der Eiweißtrübung durch
zu großen Eiweißzerfall auf Grund seines geringen Ausmaßes nicht
in Erwägung gezogen werden); vor allem aber ist die Trübung der
Innenflüssigkeit bestimmt von dem Ausmaß des Natriumübertritts
in die Außenflüssigkeit, indem das Dialysat bei genügendem Natrium-
verlust regelmäßig mehr oder weniger starke Trübungen erfährt
(Dialyse VI bis XII).
In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, daß der
ausgeprägte Durchtritt koagulabler Eiweißkörper durch absolut hämo-
globindichte Membranen (Dialyse VII bis X) bzw. die Verhinderung eines
stärkeren Caseineiweißdurchtritts nur durch solche Membranen, welche
auch die inkoagulablen N-Körper und das Natrium nur schwer durch-
treten lassen (Dialyse VI, XI bis XII), auf ein sehr kleines Molekulargewicht
des Caseins hinweisen, wie ja auch die Untersuchungen Paulis auf ein solches
von 3000 im neutralem Caseinat hindeuten, welcher Wert um ein Vielfaches
hinter dem der anderen Eiweißkörper zurücksteht. Auch E.J. Kohn und
J. L. Hendry (Journ. of gen. phys. 5, 1923) bestimmten ein kleineres
Molekulargewicht bei Casein als bei Hämoglobin.
2. Das ungewöhnlich hohe Ausmaß des Eiweißzerfalls im Rahmen
der ersten Dialysenserie (Campher), welches das der zweiten Serie
(Toluol) bedeutend übertrifft, scheint in Abhängigkeit von der Art
des verwendeten Antiseptikums zu stehen, worauf schon einleitend
bei der Beurteilung der Versuche Plattners und Fischenich- Polanyis
hingewiesen wurde. Zerfallserscheinungen dürfen daher nur im Rahmen
der zweiten Dialysenserie mit genügender Sicherheit auf (nicht
bakterielle) autolytische Zersetzung bezogen werden.
3. Die Feststellung eines ausgeprägten Natriumübertritts bei
fehlendem oder geringem Stickstoffdurchtritt und gleichzeitiger Eiweiß-
trübung im Dialysat erbringt den sicheren experimentellen Nachweis
membranhydrolytischer Vorgänge. Das übergetretene Natrium kann
sich jedoch nicht in seiner Gesamtheit als Hydroxyd in der Außen-
flüssigkeit befinden, da die Größenordnung seiner Konzentration in
keinem Verhältnis zu der um vieles geringeren Hydroxylionenkonzen-
tration der Außenflüssigkeit steht; es muß also ein Teil des Natriums
ein anderes Gegenion besitzen als welches vor allem Stickstoffkörper
und НСО,, möglicherweise aber auch PO,’ (bzw. H,PO,, HPO,) (aus
Natriumcaseinate. 13
sbgespaltenem Caseinphosphor) in Betracht gezogen werden können.
Eine Entscheidung dieser Frage soll nach Erörterung des Verhaltens
der Leitfahigkeiten versucht werden.
4 Die Beurteilung des Verhältnisses der Leitfähigkeiten wurde
in gleicher Weise wie in Tabelle II durch Reduktion auf das Ausgangs-
volumen durchgeführt.
Tabelle 1114.
Reduzierte А = 10-4 | Ў
Nr. | en; in Proz der
| innen | außen | A Ausgangs. К
| |
I| 4055 280 6,85 138
пу 658 5,51 12,09 243
III 7,56 5,91 13,47 271
IV ` 5,84 9,67 1551 ' Зи
Уу 5,02 14,81 19,83 , 398
УІ ; 03 1,79 ` 5,75 108
vU o 245 2,73 5,18 101
VIII 1,79 3,33 5,12 99
IX | 131 3,96 5,97 | 102
х 1,36 3,49 4,85 94
ХІ. 45 1 208 ` 6,23 107
XII ` 3,78 2,10 ` 5,88 99
?
Als Ergebnis dieser Betrachtung darf also verzeichnet werden,
daß in den Campherdialysen der ersten Serie, in deren Verlauf mehr
oder weniger ausgeprägter Stickstoffzerfall offenkundig wurde, wie in
den Versuchen Platiners, eine sehr bedeutende Zunahme des Gesamt-
leitvrermögens auftrat, die in der Dialyse V, bei welcher fast alles Eiweiß
in nicht koagulable Stickstoffkörper übergeführt wurde, das Vierfache
des Ausgangsleitvermögens erreichte. In den Toluoldialysen der zweiten
Serie hingegen blieb eine Zunahme des Gesamtleitvermögens aus oder
erreichte nur eine geringe Größe von maximal 108 Proz.
Dieser Befund muß insofern besondere Beachtung erfahren, als
bei einfacher Verdünnung neutraler Alkalicaseinate eine relative Zu-
nahme des Leitvermögens beobachtet wurde.
Pauli und Matula (l. c.) bestimmten ihr Ausmaß in Bestätigung und
Erweiterung einer ursprünglich von Laqueur und Sackur (l. с.) durch-
zeführten Messungsreihe mit 10 Proz. bei zweifacher, 23 Proz. bei vier-
facher, 36 Proz. bei achtfacher Verdünnung!), Fischenich und Polanyi (1. с.)
zaben sogar eine Erhöhung von 65 Proz. bei zehnfacher Verdünnung an.
— — — —
3) Es wurde ein 0,025 п Natriumcaseinat bei einem Caseingehalt
von 2,84 g-Proz. (also V = 40) bis V = 640 verdünnt; für die obige Be-
rechnung wurde als Ausgangslösung die erste Verdünnung (V = 80) in
Betracht gezogen, deren Normalität з = 0,0125, Caseinkonzentration
= 1,42 g-Proz. und spezifische Leitfähigkeit k = 6,41. 10-4 am ehesten
mit den hier verwendeten Caseinatlösungen verglichen werden konnte;
das reduzierte Leitvermögen stieg bei zwei-, vier-, achtfacher Verdünnung
auf E = 7,02 — 7,88 — 8,72. 10-4 ап.
14 W. Starlinger:
Da in den eigenen Dialysen die Caseinatmenge zum Außenwasser
in einem Verhältnis
von 122: а а р in Dialyse VI
Е © Er у» e VII
ж. EZB es un ee р УШ
ed ЖЕП у е у ъз с-з 57 d IX, X
er. WEST a re en e së e XI, ХП
stand, die Verdünnung also bei Annahme völligen Ausgleichs ein rund
sechsfaches (VII), viereinhalbfaches (ХІ, XII), vierfaches (VIII), drei-
einhalbfaches (IX, X) und dreifaches (VI) Ausmaß erreichte, wäre eine
relative Erhöhung des reduzierten Leitvermögens von rund 30 Proz.
(VII), 26 Proz. (XI, ХП), 23 Proz. (VIII), 19 Proz. (IX, X) und 16 Proz.
(VI) zu erwarten gewesen.
Daß diese Leitfähigkeitszunahme im Rahmen der Dialysen, also
bei Anwesenheit einer trennenden Membran, ausblieb, muß offenbar
auf deren Einflußnahme im Sinne einer Verhinderung des bei gewöhn-
licher Verdünnung eintretenden völligen Ausgleichs bezogen werden.
5. Die Entscheidung der unter 4. aufgeworfenen Frage über die
Art des Gegenions des diffundierten Natriums, soweit die Leitfähigkeit
nicht durch OH’ gedeckt wird, darf auf Grund folgender experimenteller
Betrachtung versucht werden.
РО; (bzw. H,PO, und HPO,) darf ausgeschlossen werden, da
die qualitative Prüfung auf dieses Anion in der Außenflüssigkeit von
drei Dialysen, in denen wenig Stickstoffkörper die Membran passierten
(VI, XI, XII), ein negatives Ergebnis aufwies.
Die Prüfung erfolgte in den (eiweißfreien und gekochten) Außenflüssig-
keiten mittels der Chlorbarium- und Molybdänreaktion in der üblichen
Weise; es trat weder ein weißer noch ein gelber Niederschlag auf.
Um über das quantitative Ausmaß einer Wechselwirkung zwischen
dem Natrium der Außenflüssigkeit und der Luftkohlensäure Aufschluß
zu erhalten, wurden folgende orientierende Untersuchungen durch-
geführt:
Es wurden in drei Versuchen je 20 ccm n/100 NaOH durch Fisch-
blasen sowie Pergamentmembranen gegen je 100 ccm Wasser in
gleicher Weise wie in den Caseinatversuchen dialysiert. Bei Reduktion
der innen und außen bestimmten Leitfähigkeitswerte auf das Ausgangs-
volumen ergaben sich Abfälle des reduzierten Leitvermögens um
53,2, 52,9 und 52,7 Proz., entsprechend der geringeren Wanderungs-
geschwindigkeit des НСО; (v = 46,1)1) gegenüber der des OH’.
Auf Grund dieser Versuchsergebnisse scheint die Wahrscheinlichkeit
einer Wechselwirkung zwischen Na und HCO, auch in den Caseinat-
1) Kendall, Journ. of Amer. Chem. Soc. 1921.
Natriumcaseinate. 15
wrsıchen gegeben, in welchen das diffundierte Na der Außenflüssigkeit
durch die vorhandenen OH’ und Stickstoffkörper nicht gedeckt werden
können.
Der zur Beurteilung dieser Verhältnisse durchgeführte Vergleich
der Natrium-Stickstoffrelation in der jeweiligen Caseinatausgangs-
lösung einerseits, der Innen- und Außenflüssigkeit nach Abbruch der
Diale andererseits ergibt folgende Mengen Stickstoffkörper auf
1 Gammäquivalent Natrium (Neel
in CaseinatA . 2. 2. 2 22220. 248,0 g
5 Военни 266,0 g
ae a BE up re Ер ët Dei Е 273,08
während in den Dialysenflüssigkeiten folgende Beziehungen herrschen.
Tabelle IIIe
Auf 1 Grammaäquivalent Natrium entfallende Stickstoffmenge (іп g):
in der ee = No in der ze = М№а).
| He Na
Nr. М, | N с Лак.
| Si | (a) М(Саз) N(Cas)
VI 309060 353 15% | ом
VII 306,0 211.6 115 ' 080
VIII 367,9 2124 | 139 0,80
IX 28697 | 29626 1.01 0,99
X 263,0 250,8 0,99 0,94
XI 373,1 9,7 1,37 0,035
хи . 386'7 131 | 142 0,048
Die Betrachtung der Tabelle zeigt, daß in der Innenzelle aller
Dialysen außer IX und X, in welchen extreme Membrandurchlässigkeit
und Dialysendauer zu völligem Ausgleich zwischen Innen- und Außen-
flüssigkeit führten, eine ausgesprochene relative Zunahme des stickstoff-
haltigen Anteils gegenüber dem Natriumanteil, in der Außenzelle
hmgegen in den gleichen Versuchen ein korrespondierendes relatives
Absinken der Stickstoffkörper, bezogen auf das Äquivalent Natrium,
in Erscheinung tritt. Während also das Natrium der Innenflüssigkeit
emem Stickstoffkörperüberschuß gegenübersteht, bleibt ein mehr oder
weniger großer Anteil des Natriums der Außenflüssigkeit ungedeckt
und muß demgemäß einem anderen Gegenion zugeordnet werden.
Das Ausmaß dieses ungedeckten Natriumanteils, ausgedrückt
m Prozenten des Gesamtnatriums der Außenflüssigkeit ergibt sich aus
folgender Tabelle IIIf.
Tabelle ITI f.
| н Dialyse Nr vi vi УШ | x | x | ХІ | au
аыл S — — — — Sé * 7 Ke — — =; ee ER
Ungedecktes Natrium (a) 86 | 2 | 2 | 1 | 6 | өт | a
16 W. Starlinger:
Auf Grund dieser Befunde darf also die Berechnung des spezifischen
Leitvermögens der Innen- und Außenflüssigkeit in folgender Weise
zur Durchführung kommen:
Als Gegenion wird in der Innenzelle der Dialysen VI, VII, VIII,
XI, ХП, in welchen die Lösung des Natriums im Stickstoffkörper-
überschuß erfolgt (Caseinat)’’’ (Casein), mit der Wanderungsgeschwindig -
keit v = 28 (dem entsprechenden, von Pauli angegebenen Wert), in den
Dialysen IX, X, in welchen die gleiche Natrium-Stickstoffkörperrelation
wie im Ausgangscaseinat aufrechterhalten bleibt (Caseinat)’”, mit der
Wanderungsgeschwindigkeit v = 30 (Pauli) eingesetzt; in der Außen-
zelle hingegen wird HCO, mit der Wanderungsgeschwindigkeit v = 46,1
in jenem Ausmaß in Rechnung gestellt, welches aus dem Defizit der
Stickstoffkörper sich ergibt. Die Wanderungsgeschwindigkeit der
N-Körper wird mit v = 30 eingesetzt, da angenommen werden darf,
daß die entsprechenden Werte des Caseinats und seiner hochmoleku-
laren Spaltprodukte wenig voneinander abweichen. Die Berück-
sichtigung der OH’ darf entfallen, da die Größenordnung ihrer Ron.
zentration zu klein ist, um das Rechnungsergebnis zu beeinflussen.
Die solcherweise berechneten spezifischen Leitfähigkeiten der
Innen- (kiber) und Außenflüssigkeit (E. ver) und ihr Verhalten zu den
gefundenen Leitfähigkeiten (Ed, Жл) sind in folgender Tabelle
zusammengestellt.
Tabelle IIIg.
Normalität | Kı: Ke f E Normalität | K | TK ) —
Nr. d (i) ber. 20) gef. d | (а) ber. (a gef.
"| Natriums m | 10 | KG) ber. | Natrium (a) | 10% ` Kou ber.
VI| 0,0074 | 5,77 0,69 | 0,0013 : 12 | om
VII | 0,0031 2,42 056 " 00010 | 083 0,78
VIII! 00039 304 | 059 0,0023 | 192 0,63
IX | 00043 34 051 | 0.0024 192 0,75
x! 00045 360 | 049 | 00025 | 202 | 063
XI} 0.0067 5.21 074 < 000083 | 080 0,80
ST) 0.0069 538 | 070 | 000093 0.90 0.70
Das Verhältnis Ka Jr Kann als mittlerer Leitfähigkeitskoeffizient
(im Sinne der klassischen Dissoziationstheorie als mittlerer Dissoziations-
grad) der Natriumsalze der Innen- bzw. Außenflüssigkeit bezeichnet
werden. Es ist nun ersichtlich, daß diese mittleren Leitfähigkeits-
koeffizienten in der Innenflüssigkeit kleinere Größen (0,49 bis 0,74)
darstellen, wie in der Außenflüssigkeit (0,63 bis 0,80), daß also der
Caseinüberschuß in der Innenzelle eine stärkere Inaktivierung von
Na nach sich zieht. Wohl sind auch in der Außenflüssigkeit die mittleren
Leitfähigkeitskoeffizienten nicht so groß, wie man bei Natriumsalz-
lösungen solcher Konzentration im allgemeinen beobachtet, doch
Natriumcaseinate. 17
können sie in Anbetracht der unvermeidbaren Unsicherheit, die der
zagrundeliegenden Berechnungsweise anhaftet, als durchaus plausibel
für eine einfache Auffassung des physiko-chemischen Verhaltens von
Alkalicaseinaten angesehen werden.
Zusammenfassend darf also gesagt werden:
l. Entsprechend hergestellte und unter Toluol bei Zimmer-
""mperatur aufbewahrte neutrale Natriumcaseinate erfahren innerhalb
mehrmonatiger Beobachtungszeit keine Änderung ihres Leitvermögens
md keine autolytische Zersetzung, wie sich am Ausbleiben inkoagulabler
süickstoffkörper erkennen läßt. Die Beurteilung des autochthonen
‚2itvermögens neutraler Alkalicaseinate und der Ergebnisse aller
Jarauf beruhender Folgeuntersuchungen wird durch das Vorkommen
»kundärer, durch verschiedene (2. B. membrandialytische) Einfluß-
nahme bewirkter Zerfallsvorgänge nicht berührt.
2. Bei Membrandialyse neutraler Natriumcaseinate kommt es
hmgegen trotz sicherer Vermeidung bakterieller Zersetzung zu ge-
ringem, autolytischem Zerfall des Caseins, kenntlich am Auftreten
nichtkoagulabler Stickstoffkörper. Eine Erhöhung des Gesamtleit-
vermögens tritt dabei nicht oder nur in geringem Ausmaß in Er-
<cheinung. Der Vorgang kommt in der Weise zur Beobachtung, daß
neben mehr oder weniger bedeutendem Übertritt inkoagulabler (und
auch koagulabler) N-Körper, deren Ausmaß von Membrandichte und
Dialysendauer bestimmt wird, bei geringer Vermehrung der OH’.
Konzentration in der Außenflüssigkeit bedeutende Natriummengen
nachgewiesen werden können, während in der Innenzelle unter Ver-
aunderung der OH’-Konzentration Eiweißtrübungen (zumeist) stabiler
Natur auftreten. Da das Natrium der Außenflüssigkeit durch OH’ nur
zu verschwindendem Anteil kompensiert wird, müssen als Gegenionen
zunächst diffundierte N-Körper, im Falle nicht genügender Anwesenheit
derselben aber НСО; in Betracht gezogen werden; phosphorhaltige
Gegenionen können ausgeschlossen werden. Die auf solcher Grundlage
berechnete Inaktivierung des Natriums der Außenflüssigkeit beträgt
ım Mittel 28,6 Proz.
Bei nicht sicherer Vermeidung bakterieller Zersetzung erreicht
der Caseinzerfall ein sehr großes Ausmaß unter gleichzeitiger Ver-
nehrung des Leitvermögens auf ein Vielfaches des Ausgangswertes.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 2
Untersuchungen über elektrische Erscheinungen und Ionen-
durchlässigkeit von Membranen.
VIII. Mitteilung:
Die Permeabilität der getrockneten Kollodiummembran für Nichtelektrolyte.
Von
Akiji Fujita.
(Aus dem biochemischen Institut der Aichi-Medizinischen Universität
zu Nagoya, Japan.)
(Eingegangen am 12. November 1925.)
In der Membran aus völlig ausgetrocknetem Kollodium hatten
wir ein Objekt kennengelernt, welches wegen der Analogie seiner Per-
meabilität mit gewissen physiologischen Membranen besonders inter-
essant ist. Die Permeabilität an dieser Membran wurde bisher syste-
matisch nur für Elektrolyte untersucht!). Es zeigte sich, daß die
Membran für beliebige Anionen impermeabel, aber für eine Reihe
von Kationen, nämlich für einwertige Kationen permeabel ist, daß die
Reihenfolge der Permeabilität der verschiedenen einwertigen Kationen
qualitativ zwar dieselbe ist wie die Reihenfolge der Beweglichkeit im
Wasser, aber die Unterschiede außerordentlich viel größer als im Wasser
sind. In der jetzigen Arbeit soll untersucht werden, wie die aus-
getrocknete Kollodiumhülse sich gegen Nichtelektrolyte verhält.
Die Methode bestand in der Messung der Diffusionsgeschwindigkeit
einer ш/10 Lösung der verschiedenen Stoffe gegen reines Wasser,
welches durch eine solche Membran von der Lösung getrennt war.
Zunächst wurden qualitative Versuche angestellt, indem von Tag zu
Tag an einer Probe des Wassers der Durchtritt der Substanz geprüft
wurde. Bei der Untersuchung flüchtiger Substanzen wurde die Kollo-
diumhülse durch einen mit Paraffin getränkten Korkpfropfen ver-
schlossen, der mit einem Baumwollfaden befestigt wurde, der Verschluß
1) L. Michaelis und А. Рија, diese Zeitschr. 161, 47, 1925 und
164, 23, 1925.
A.Fujita; Permeabilität getrockneter Kollodiummembranen usw. 19
nochmals mit Paraffin gedichtet und das Ganze in ein luftdicht ver-
shlossenes Gefäß, welches die andere Lösung enthielt, eingesetzt. Die
Dicke der Hülsen kann durchschnittlich auf etwa 0,1 mm oder etwas
kleiner veranschlagt werden. Auf diese Weise ergab sich, daß schon nach
emem Tage der Durchtritt deutlich nachweisbar war bei Aceton, Methyl-
alkohol, Äthylalkohol, Propylalkohol, Butylalkohol, Allylalkohol, Form-
aldeayd, Formamid, Anilin, Chloroform, erst nach mehreren Tagen bei
Chkralhydrat, Methylurethan, Äthylurethan, Acetamid, Äthylenglykol,
Wsochlorhydrin, Amylalkohol, Octylalkohol, Heptylalkohol, Phenol,
Trbutyrin, Glykokoll, Glycerin, Monoacetin, gar kein Durchtritt wurde
beobachtet bei Mannit, Traubenzucker, Fruchtzucker, Rohrzucker.
Diese Substanzen bilden eine Auswahl genügend verschiedener Typen
md sind zum großen Teil dieselben, welche Collander!) bei seinen
Diffusionsversuchen mit der Ferrocyankupfermembran angewendet hat.
Alle diese Substanzen wurden, soweit sie genügend löslich waren, in
ш/10 Lösung, anderenfalls in gesättigter Lösung angewendet. Der
Nachweis der verschiedenen Alkohole, Säureamide, Äthylenglykol,
Monoacetin, Monochlorhydrin, Chloroform, Chloralhydrat, Mannit,
Formaldehyd geschah durch Reduktion von Chromsäure, bei den
höheren schwer löslichen Alkoholen und Tributyrin stalagmometrisch,
bei Phenol durch Bromwasser, bei Anilin durch die Isonitrilreaktion,
bei Glykokoll durch Stickstoffbestimmung, bei den Zuckern mit den
üblichen Reagenzien. Um diese Versuche einigermaßen quantitativ
zu gestalten, wurde folgendes Verfahren angewendet. In das äußere
Wasser wurde eine der leicht durchgängigen Substanzen, 0,1 Mol pro
Liter, als Vergleichssubstanz, und gleichzeitig eine zweite Substanz,
ebenfalls ungefähr 0,1 Mol pro Liter, gebracht und nach geeigneter
Zeit in der Innenflüssigkeit die Vergleichssubstanz und die andere
quantitativ bestimmt. Während der Diffusion ist die Kollodiumhülse,
wie erwähnt, mit paraffiniertem Korkpropfen gut verschlossen und
das Ganze in luftdicht verschlossenem Gefäß aufbewahrt. In den
meisten Fällen waren nach Beendigung des Versuchs weniger als 10 Proz.
der Substanz herausdiffundiert. Daher war die treibende Kraft der
Diffusion, der Unterschied des osmotischen Partialdrucks der Substanz
in beiden Flüssigkeiten, praktisch während der Versuchsdauer konstant,
und das Verhältnis der durchgetretenen Mengen der beiden Stoffe
konnte daher als das Verhältnis der Diffusionskoeffizienten innerhalb
der Membran betrachtet werden. Als Vergleichssubstanz wurde in
alen Versuchen Harnstoff verwendet. Dabei wurden folgende Be-
simmungsmethoden verwendet. Harnstoff wurde bestimmt durch
das Mikrokjeldahlverfahren nach Bang, Aceton jodometrisch, und die
— ⸗
1) R. Collander, Kolloidchem. Beihefte 19, 72, 1924.
20 | A. Fujita:
anderen Substanzen wurden durch die Chromsäuremethode bestimmt,
welche von Bang?) zur Mikrofettbestimmung ausgearbeitet worden ist.
Die Methode wurde für jede Substanzart vorher empirisch geeicht.
Es ergab sich, daß innerhalb der für unsere Analyse in Betracht kommen-
den Mengenverhältnisse die verbrauchte Menge der Chromsäure der
Substanzmenge ziemlich genau proportional war und die Gegenwart
von Harnstoff nicht störend wirkte, so daß die Methode für unsere
Zwecke hinreichend genau ist. Die Tabelle I zeigt Beispiele der
Eichungsanalysenzahlen. Zur Berechnung der diffundierten Substanz-
menge wurde folgendermaßen verfahren. Nach Beendigung des Versuchs
wurde zunächst eine andere Probe derjenigen Lösung, welche als Außen-
lösung benutzt worden war, nach zehnfacher Verdünnung mit Wasser.
in zwei bis drei Parallelversuchen, in der Regel in einer Menge von
l bzw. 2 bzw. 5ccm, analysiert, sodann entsprechende Analysen mit
Tabelle I.
m/100 Harnstoff + ungefähr m/100 X.
| Verbrauchte Pro ccm X
Gebrauchte n/10 Chrom» verbrauchte
x XsMenge säuremenge Chromsäure, | Mittel
| (korrigiert) menge
ccm
e
l 1 0 0 |
Harnstoff ohne Zusatz |. 2 | 0 | 0 | 0
|. 1 | 0,544 0,544 |
Methylalkohol - - +}! 2 1,036 0,518 | 0,535
l 5 2710 0,542 | |
х | 2 0,658 0,329 |
| 1 0,544 0,544 Т
Propylalkohol - · · d 2 1,110 0,555 | 0,539
| 5 2,600 0520)
| 1 0,920 0,920 |
Butylalkohol - » . . | 2 | 1,852 0,926 | 0,911
| 5 4,430 0886 |
| 1 | 0179 | 0179 |
Когтата..... | 2 0,400 | 0,200 A 0.186
5 0,906 oui JI
| 1 1,122 | 1,122 |
Monoaeetin- » + . . | | 2 2,053 10224 | 1,050
| 5 | 5,022 | 1,004
, — 1 1,043 1,043 |
Äthylenglykol d 9 1'970 оо 10
| 1 0,179 0,179 !
Chloralhydret - . . | 2 0,395 0,197 | 0,184
| 5 0,880 0176 |
1) I. Bang, Mikromethoden zur Blutuntersuchung, 5. Aufl., 8. 38.
München und Wiesbaden, Bergmann, 1922.
Permeabilität getrockneter Kollodiummembranen f. Nichtelektrolyte. 21
der Innenlösung im unverdünnten Zustande gemacht. Durch Vergleich
der Analysenzahlen wurde der Grad der Diffusion beider Substanzen
relativ zueinander berechnet.
Bei der Bestimmung von Formamid wurde zunächst die gesamte
Stickstoffmenge bestimmt, dann die Formamidmenge durch Chromsäure
bestimmt und durch Subtraktion hieraus die Harnstoffkonzentration
berechnet. Die Versuche ergaben folgendes (Tabelle II).
Tabelle II.
Ikfusionsversuch mit getrockneter Kollodiumhülse. Außenlösung: m/10
Harnstoff — m/10 X. In den Eisschrank gelegt. Die einzelnen Zahlen
sind die Resultate mit verschiedenen Hülsen.
ee ——————
Diffusions- | Konzentration | Konzentration
Diffusions».
X dauer in | a non in Die ol verhältnis Mittel
Tagen | pro Liter pro Liter SES
| M |
| 4,08 37,20 910 ;
Methylalkohol 16 } 481 46,60 9,70 | 9,243
i Aa 38.40 8.93
| 2,84 20,70 730 |
Асеюп.... 7, 1,69 12,20 722 |! 7,080
234 15,70 672 |
| | | 7,15 35,20 4,92 |
Formamid `. 16 u 1290 1 42,30 3,28 | 4,111
\ 950 3920 A1
| 5,31 1550 am !
| 312 _ 8 270. |
Äthylalkohel - 16 5,04 13,38 265 | 2,982
| 6,85 23,60 34 © |
5,38 18,30 340 |
3,13 401 1,28 |
Proprlalkohol 7 | 561 . 5,26 0,94 | 1,033
| 324 2,87 0,88 |
| | ' ` 485 4,02 083 '
Butylalkohol » 13 | ү 746 | 0% | 0,825
| | 5,27 185. 035 |
Äthylengliykol ag 8,27 2,22 0,27 * 0,270
| 55 | э og |
— | 1 : 298 027
(Чуеөпп... 9 | 19,40 3,33 0,17 | 0,220
( 10/78 2,37 02 i
|1 _ 8,98 0,43 ou à `
Chbralhydrat - 27 | 10,30 | 1 14 0,11 | 0,107
| 10,00 | 0,97 i 0,10
| | 3,02 0,23 0,076 `|
Monoacetin. - | 26 1 306 0,23 : 0075 | 0,078
L 44 032 . 0088 >
:-МопосЬог- | 2,39 0,16 ‚ 0068 ©
hydrin о... И 1960 ` 1,26 0.064 | 0,067
| 1940 1,35 0,068 |
22 A. Fujita:
An dieser Tabelle ist auffällig, in wie weitem Maße die Diffusions-
koeffizienten der verschiedenen Substanzen sich unterscheiden. Man
gewinnt sofort den Eindruck, daß dieselbe Erscheinung vorliegt, wie
für die durchgängigen Kationen nach unseren früheren Mitteilungen!).
Die Reihenfolge der Durchgängigkeit war dieselbe wie die Reihenfolge
der Diffusion im Wasser, aber die Unterschiede waren außerordentlich
verstärkt. Ähnlich scheint es jetzt bei den Nichtelektrolyten zu sein.
Um dies mit Sicherheit aussagen zu können, wäre es wünschenswert,
die Diffusionskoeffizienten dieser Substanzen für wässerige Lösungen
zu kennen. In der Literatur liegt nur für einen ziemlich kleinen Teil
dieser Substanzen eine Angabe des Diffusionskoeffizienten vor. Wir
mußten deshalb diese Zahlen selbst bestimmen. Die exakte Bestimmung
eines Diffusionskoeffizienten gehört zu den schwierigsten Aufgaben.
aber für unsere Zwecke genügen Näherungswerte. Außerdem brauchen
wir nur den relativen Wert im Verhältnis zu irgend einer Vergleichs-
substanz. Wir wendeten zur Bestimmung der relativen Diffusions-
koeffizienten folgendes Verfahren an: Wenn man die Diffusion durch
eine auf gewöhnliche Weise, also nicht ausgetrocknete Kollodium-
membran stattfinden läßt, so ist zu erwarten, daß die relativen Diffu-
sionskoeffizienten in der Membran kaum anders sind als in reinem
Wasser. Für die Diffusion von Elektrolyten können wir das leicht
beweisen. Wir hatten früher beschrieben!), daß bei der Diffusion
z. В. von п/10 KCI und n/100 KCI in durchaus getrocknetem Kollodium
eine P.D. von beinahe 57 Millivolt entsteht, und daß in direkten
Diffusionsversuchen eine Diffusion von KCl überhaupt nicht nach-
weisbar ist. Dies war das Zeichen dafür, daß der Diffusionskoeffizient
des Cl-Ions und des K-Ions, welche im Wasser einander praktisch
gleich sind, sich in der Hülse bis zu einem Verhältnis von beinahe 1: oe
verschoben hatte. Bei Anwendung einer Pergamentmembran verschob
sich das Verhältnis?) nur etwa auf 1: 1,6, und bei einer gewöhnlichen,
nicht getrockneten Kollodiummembran war, wie wir früher berichteten,
die P. D. noch sehr viel geringer als beim Pergament, meist nur 2 bus
5 Millivolt, woraus eine nur sehr unbedeutende Änderung des relativen
Diffusionsvermögens des K’ und des Cl’ durch die Membran folgt.
Daraus ergibt sich, daß die Diffusionskoeffizienten der verschiedenen
Substanzen in der leicht durchlässigen, offenbar sehr grobporigen Mem-
bran so gut wie gar nicht geändert werden, wenn die Substanzen nicht
geradezu kolloid sind. Wir können daher den mit einer durchlässigen
Kollodiummembran bestimmten Diffusionskoeffizienten als praktisch
1) L. Michaelis und A. Fujita, Le f
2) А. Fujüa, l.c. Über die Berechnung siehe L. Michaelis, Journ. ©
gen. Physiol. 8, 33, 1925.
Permeabilität getrockneter Kollodiummembranen f. Nichtelektrolyte. 23
gleich dem für Wasser gültigen Koeffizienten betrachten, und in der
Tat zeigte sich in unseren Versuchen, daß für diejenigen Substanzen,
von denen in der Literatur ein Diffusionskoeffizient angegeben ist, die
mit der durchlässigen Kollodiummembran bestimmten relativen
Diffusmskoeffizienten praktisch mit den anderen übereinstimmen,
«wet die nicht sehr gut übereinstimmenden Zahlen aus der
Literatur dies auszusagen gestatten. Danach gestaltet sich die
Weide folgendermaßen:
Eine Lösung, welche 0,1 Mol KCl pro Liter als Vergleichssubstanz
zi die zu untersuchende Substanz in angenähert derselben Kon-
zutration enthielt, wurde in ein Becherglas eingefüllt und in dieses
ae gewöhnliche, leicht durchlässige Kollodiummembran mit reinem
Wasser eingetaucht, eine geeignete Zeit lang, in der Regel 3 Minuten,
unter leichter schüttelnder Bewegung gehalten, dann herausgenommen
und der Inhalt der Hülse quantitativ auf Chlor und die zweite Substanz
antersucht. Die Diffusionszeit wurde immer nur so lange ausgedehnt,
daß höchstens 10 Proz. (gelegentlich bis 12 Proz.) der Substanzen
durchgetreten waren, das osmotische Diffusionsgefälle konnte also
während der Versuchszeit als annähernd konstant angesehen werden,
und das Verhältnis der gefundenen Menge Chlor und der anderen
Substanz kann als Annäherungsmaß für die relativen Diffusions-
koeffizienten der beiden Substanzen betrachtet werden, wobei der
Koeffizient des KCl als Einheit dient. Auf diese Weise ergaben sich
folgende Zahlen (Tabelle III).
Betrachten wir die Diffusionskoeffizienten für die leicht durch-
läsge Kollodiummembran, die wir praktisch wohl gleich denen der
freien Diffusionskoeffizienten setzen können, so spiegelt sich darin
ungefähr das aus der Literatur!) bekannte Tatsachenmaterial wieder.
Die Übereinstimmung dieser Koeffizienten bei den verschiedenen
Autoren und verschiedenen Methoden ist meist nicht gut, und meist
zeigt sich auch ziemlich bedeutende Abhängigkeit des Koeffizienten
von der Konzentration, aber das allgemeine Bild wird doch richtig
wiedergegeben. Der Umstand, daß der Diffusionskoeffizient der einen
Substanz durch die Gegenwart der Vergleichssubstanz etwas verändert
werden könnte, dürfte keinen größeren Fehler verursachen als die
übrigen Unsicherheiten der Methode.
Die Größe der Koeffizienten schwankt zwischen dem am leichtesten
und dem am schwersten diffusiblen Stoff unserer Versuchsreihe (Methyl-
alkohol und Traubenzucker) nur zwischen 1 und 0,44. Vergleichen wir
1) Landolt-Börnstein, Physikalisch-chemische Tabellen, 5. Aufl., 1, 68.
Berlin 1923.
24 A. Fujita:
Tabelle III.
Diffusionsversuch mit gewöhnlicher Kollodiumhülse.
Außenlösung: m/10 KO + m/10 X, Temperatur 21 bis 23°C.
Diffusionsdauer 3 bis 4 Minuten.
А kongen | Кора: Рів, |
tration а. tration Р
; ‚ | sionsver« | Aus der Literatur bekannte
A ' Слоге da тора дайда. Mittel Diffusionskoeffizienten °)
| pro Liter , pro Liter
= — | _
—
— ^ - — an u — — — —— * = — — — — ~
ee 935 | 972 | 10
Methylalkoh | ' ' , 1,000
ethylalkohol | 8,85 8,50 0.96 | | ‚000
190 | 737 ` 0,93
Aceton - - - - | 840 | 750 > 089 | 0,910
‚ 11,00 | 960 0,87 '
Formamid - · | 10,00 860 : 086 | 0,866
ү . 7,15 656 0,92 ' (0,25 Proz., 180 С) 1,11 (Thorert)
Äthylalkohol . d 003 | 860 | 095 | 0,935
[Lactose]
(0.25 Proz.. 180 C) 0,41 (Thorert)
altose] М
(0,25 Proz., 19,60 С) 0,343 (Олот)
| (0,25 Proz., 180 d 0,41 (Thorert)
K
(0,9 Proz., 17,50 C) 1,52 (Thovert)
| (1.0 Proz., 6° C) 0.955 (Ölholm)
е) Entnommen aus den Tabellen von Landolt- Börnstein; die Zahlen sind die Absolutwerte
der Diffusionskoeffizienten. Mit Hılfe der ganz unten in dieser Spalte angegebenen Absolutwerte
für KCI kann der Relativwert für jede Substanz berechnet werden, wenn man die Zahlen des
gleichen Autors benutzt.
Propylalkohol | ҮК Cer | ais 10815 02 pen, 1806) 0.88 (Thorert
Harnstoff . | an | @ aan 108150 "0926 (айтыш),
Butylalkohol . | oe D | 070 10,690
Äthylenglykol Í; gas 061 | 065 | 0,655
| F
Giyoorin ` ` | jigo | 770 066 |0660, „az ihm
Chloralhydrat [ ip 70 | du | 0,665 HEES
e [| AB ФЕ om
Traubenzucker f 1055 Nk | 046 | 0,440. (0,5 Proz, als (Öholm)
|
die Glieder einer homologen Reihe, so fällt z. B. der Koeffizient bei
den einwertigen Alkoholen mit der Verlängerung der Kohlenstoffkette.
Es ergibt sich:
Methylalkohol . . . . . . . . 1,000
Äthylalkohol . . . . . . . . 0,935
Propylalkohol . . . . . . . . 0,815
Butylalkohol . . . . . . . . 0,690
Permeabilität getrockneter Kollodiummembranen f. Nichtelektrolyte. 25
Eine Anlagerung von Hydroxylgruppen verkleinert den Diffusions-
кюе лепі bedeutend, z. B.
Propylalkohol . . . . . . .. 0,815
Glycerin . . . .. a a Мз, 0,660
E it nun nicht die Aufgabe dieser Arbeit, sich mit der Theorie
der Бетеп Diffusionskoeffizienten genauer zu beschäftigen, sondern nur
seine Veränderung durch die getrocknete Kollodiummembran zu
gaer Hierbei sind nun zwei Tatsachen ganz auffällig. 1. Die Reihen-
fære, in der sich die verschiedenen Stoffe nach ihrem Diffusions-
koeffizienten für die getrocknete Kollodiummembran ordnen, ist bei-
zabe dieselbe wie für die freie Diffusion. Einige kleine Abweichungen
von dieser Regel liegen vielleicht innerhalb der Fehlergrenze der Be-
simmung des freien Diffusionskoeffizienten, 2. В. das Verhalten von
Formamid zu Äthylalkohol. Auffällige Unstimmigkeiten sind nirgends
vorhanden. 2. Dagegen sind die Unterschiede der einzelnen Diffusions-
koeffizienien bei der getrockneten Kollodiummembran bedeutend
vergrößert. Wo der freie Diffusionskoeffizient (bezogen auf KCI
als Einheit) kleiner als 0,5 wird, findet eine Diffusion durch
zetrocknetes Kollodium überhaupt nicht mehr statt. Unter den-
jenigen Stoffen, bei denen der Koeffizient für getrocknetes
Kollodium überhaupt noch gut meßbar ist (von Methylalkohol
ws Monochlorhydrin), verhält sich der Koeffizient der freien Diffusion
im höchsten Falle wie 1:0,575, für das getrocknete Kollodium wie
924 : 0,067 = 1:0,00725. Sehr kleine Unterschiede des freien Diffu-
sonskoeffizienten entsprechen großen Unterschieden für die getrock-
nte Kollodiummembran, z. B. bei den in der obigen Tabelle auf-
gezählten Alkoholen:
Methyl» Athyl⸗ | Propyl» | Butyl»
| alkohol alkohol alkohol alkoho!
Freie Diffusion (relativ zu Methyl- |
alkohol) ........... | 1 0,935 , 0,815 0,690
Diffusion in getrocknetem Kollo- · | | |
dum (relativ zu Methylalkohol) 1 0323 | 0,112 0,0894
|
Dies ist derselbe Befund wie in den früheren Mitteilungen
für die Beweglichkeit der Kationen. Die Reihenfolge ist die-
же in beiden Fällen, aber die Unterschiede sind bedeutend
verstärkt. Die ganzen Resultate der Diffusion bei der getrock-
neten und gewöhnlichen Kollodiummembran sind in Tabelle IV
zusammengestellt.
26 A. Fujita:
Tabelle IV.
Relative Diffusionsgeschwindigkeit.
— —
Art Mol. Gew. | gewöhnlichem Kollodium getrockneten
um.
| |. | KCI = 1 — "ec:
Methylalkohol . . . . . ' 32 ` 1000 1,22 9,24
Aceton ........ hb 58 0,910 1,11 7,08
Formamid. . . 2... 4. 0,865 1,06 4,11
Äthylalkohol. . . . . . “46 0,935 1,15 2,98
Propylalkohol . . . .. | 60 0,815 1,00 1,03
Harnstoff ....... Т 60 " 0,815 1,00 1,00
Butylalkobol. . . . . . | 74 0,690 0,85 0,82
Äthylenglykol . . . . . 62 0,655 0,80 0,27
Glycerin. ....... | 92 ` 0,660 0,81 0,290
Chloralhydrat ..... 1665, 0,665 0,81 0,107
Monoacetin . ..... | 134 — — 0,08
a-Monochlorhydrin. . . ! 110 0,575 0,70 0,07
Traubenzucker. . . . . | 180 0,440 0,54 0
Fruchtzucker ..... ı 180 - — — 0
Mamit . ....... | 182 — — 0
Rohrzucker . . . . . . | 342 — — 0
Von besonderem Interesse wäre noch die Untersuchung der Durc}
lässigkeit für die schwachen Elektrolyte. Einige Stichproben auf dese
Gebiet ergaben, daß die Behandlung dieses Problems besonders schwieri
ist. Indem ich die ausführliche Untersuchung hierüber vorläufig уе!
schiebe, möchte ich nur einige Anhaltspunkte geben. Essigsäure un
Ammoniak erwiesen sich als so durchlässig, daß sie auf dieselbe Weis
untersucht werden konnten, wie Nichtelektrolyte. Die Versuche е!
gaben folgendes (Tabelle V):
Tabelle V.
Diffusionsversuch mit schwachen Elektrolyten
mit getrockneter Kollodiumhülse.
Außenlösung: m/10 Aceton + m/10 X, Temperatur 24 bis 26°C.
— —— — — —— —— — — vm — — — —— ——— -—— —— m —
| =
e | Рів засав, Ee ien —— | EE ,
| Tagen | Ааа SC nad | X: Aceton | — |
ыз er dee = un de ee ее E —— — — — Ж — —
— [| 65 ! 399 | 582 | 5
Ammoniak | 3 \ 9.28 | 43,3 к 4,61 37,1
| ‚ im Mittel | 5,945 |
| | 3,68 16 р 0435 ||
Essigsäure ` 5 3, 312 0,7 | 0,224 2,31
1 408 13 | oa |
im Mittel: 0,326
Frrmeabilität getrockneter Kollodiummembranen f. Nichtelektrolyte. 27 `
Essigsäure zeigt also ein ganz normales Verhalten, sie hat einen
ungefähr ebenso großen Diffusionskoeffizienten wie Äthylalkohol. In
der früheren Mitteilung hatten wir dagegen nachgewiesen, daß das
Aretation wie alle Anionen undurchgängig ist. Ammoniak zeigt nach
dieser Methode einen ganz abnorm hohen Diffusionskoeffizienten. Es
diffundert bei weitem schneller als irgend eine andere Substanz. Im
беріг dazu ist nach der früheren Mitteilung der Diffusionskoeffizient
des AR, Jong im Kollodium fast genau gleich dem des K-Ions, wie
зае auch bekanntlich für die freie Diffusion gilt. Man könnte
ta Verdacht aussprechen, daß Ammoniak das Kollodium korrodiert,
e Poren der Membran erweitert und so im allgemeinen die Durch-
Aegket der Hülsen erhöht. Dieser Einwand wird dadurch widerlegt,
ab die Diffusionsgeschwindigkeit des als Vergleichssubstanz dem
Ammoniak beigemischten Aceton durchaus von derselben Größen-
„dnmg ist, wie in den anderen Fällen. Wir können somit die leichte
Durchgängigkeit des NH, nur vorläufig als Tatsache registrieren und
in Gegensatz zum NH,-Ion als besonders auffällig hervorheben.
Die Amine, Monomethylamin und Monoäthylamin, gehen ebenfalls
hr leicht durch die Membran, aber bei ihnen ist die korrodierende
Wirkung ganz auffällig, m/10 Lösung dieser Substanzen erzeugen іп
rnem Tage schon sichtbare Defekte in den Hülsen. Sie greifen die
Hülsen viel stärker an als Ammoniak. Ferner soll erwähnt werden,
ib im Gegensatz zu Essigsäure die Durchgängigkeit für Milchsäure,
| "alsäure, Maleinsäure so gering ist, daß quantitative Bestimmungen
tisber nicht geglückt sind, und bei Citronensäure, Weinsäure bisher
iberhaupt eine Durchlässigkeit nicht nachgewiesen werden konnte.
Zum Schluß muß auch noch die Durchlässigkeit des getrockneten
Aollodiums für Wasser erörtert werden. Der Nachweis dieser Durch-
ägkeit ist nicht leicht. In Diffusionsversuchen, wo etwa eine
m 10 Lösung eines undiffundiblen Stoffes wie KCl oder Zucker durch
йе Membran von reinem Wasser getrennt ist, kann man den Durch-
mitt des Wassers unter der Wirkung des osmotischen Druckes nicht
ine weiteres erkennen. Offenbar ist die Durchlässigkeit für Wasser
"ur von derselben Größenordnung wie für andere kleinere Molekül-
vien, und um sie gut zu demonstrieren, bedarf man eines hohen osmo-
{schen Druckes und eines Steigrohres, welches in bezug auf luftdichten
Verschluß die höchsten Ansprüche stellt. Der Nachweis gelang in
“gender Weise. An dem unteren Ende eines Glaszylinders mit ver-
"sitertem und plangeschliffenem Rande wurde eine frisch hergestellte,
CH oberflächlich getrocknete, aber nicht mit Wasser in Berührung ge-
"ahte, ziemlich dicke Kollodiumhaut mit Baumwollfaden angebunden
al dann über einen Tag lang vollkommen ausgetrocknet. So ent-
wht eine stark gespannte, wohl kaum 0,1 mm dicke ausgetrocknete
28 A. Fujite:
Kollodiummembran. Die umbundene Stelle wurde mit heißem Paraffin
abgedichtet. Die obere Öffnung des Zylinders wurde mit einem Gummi:
pfropfen verschlossen, durch welchen vier Bohrungen gingen, zwei für
gebogene Glasrohre, mit deren Hilfe später die Lösung eingefüllt wurde:
eine dritte für ein fast kapillares Steigrohr und eine vierte für ein
Thermometer. Alle Bohrungen und der Gummipfropfen wurden in ganz
getrocknetem Zustande mit heißem Paraffin sorgfältig abgedichtet.
Dann wurde eine 2,5 mol. Rohrzuckerlösung eingefüllt, die Einführungs-
rohre verschlossen und das Ganze in ein Gefäß mit destilliertem Wasser
gestellt. In der ersten Zeit, etwa 1 bis 2 Tage lang, bemerkt man nur
ein leichtes Fallen des Meniscus des Steigrohres infolge der elastischen
Ausdehnung des Kollodiums, dann endlich steigt das Niveau langsam,
und 1 bis 2 Tage später hat es das obere Niveau des etwa 20 cm langen
Steigrohres überschritten, die Flüssigkeit beginnt überzuquellen. So
langsam erfolgt der Durchtritt des Wassers unter der Wirkung dieses
etwa 56 Atm. betragenden osmotischen Druckes. Jedenfalls ist damit
prinzipiell die Durchlässigkeit für Wasser erwiesen. Eine ähnliche
Membran, aber in Dicke einer Zellmembran von < 1 и, würde schon
ganz leicht durchlässig für Wasser erscheinen. In anderen Versuchen
wurde die Kollodiumhülse etwa zur Hälfte mit der Zuckerlösung gefüllt,
luftdicht mit paraffiniertem Korkpfropfen und durch Umbinden mit
Baumwollfaden und Paraffindichtung verschlossen und in destilliertes
Wasser getaucht. In der Tabelle V ist die Gewichtszunahme des
Tabelle VI.
Diffusionsversuch vom Wasser (bei Zimmertemperatur).
Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die durchschnittliche Gewichts-
zunahme pro Tag.
2, 5mol. нича (33 Proz. у: 2,5 mol. Rohrzucker
т Снн Е | н. |
г esonders besonders
Hülse C `" dünne | Hülse E | ( dünne
_Membran | : Membran!)
|
| Hülse А | Hülse B
—
Gewicht in g vor | | |
dem Eintauchen 17,0167 | 28,1734 | 26,9178! 32,2562 | 20,9602 | 17,3275
Gewichtszunahme | | | | |
in g nach 1 Tag — | — o o = — —
Weitere | | | | | |
Gewichtszunahme | | | |
nach 2 Tagen . | 0,8585 | 0,7842 | 1,0869 | 4,5738 | 0,9660 | 3,0841
\ (0,4292) | (0,3921) | (0,5434)! (2,2869) | (0,4830) | (1,5420)
|
|
„ 3 Tagen. | geplatzt | 0,1897 | 0,3123 | 1,2255 0,2874 0,8484
4 n е SE t — |
"5, || | 05206 | 08505, 3,3384 | 0,7148 | 1,9055
i (0,2647) | (0, 4252) | (1,6692) (0, 3514) | (0,9627)
я. 507 255 км 0,2541 | 0,3474 | 24894 | 0,3178 0,8288
7 ef — Д: 00, "9933 | geplatzt \ geplatzt 0, ‚3398 · 0, 8099
э
Permesbilität getrockneter Kollodiummembranen f. Nichtelektrolyte. 29
Aollodiumsackes mit Inhalt notiert, dieselbe beträgt bei einer 33 proz.
Traubenzuckerlösung pro Tag etwa 0,3g, und bei einer besonders dünnen
Hülse konnte bei 2,5 mol. Rohrzuckerlösung die Gewichtszunahme pro
Tag bis auf 1,2 g gesteigert werden. Hiermit ist jedenfalls der Nachweis
erbracht. daß die Hülse für Wasser durchlässig ist, der Größenordnung
nach a keinem höheren Grade als für die anderen durchgängigen
Substeren. Es konnte keine Methode ausfindig gemacht werden, um `
das Waxer in bezug auf seine Durchgängigkeit mit irgend einer anderen
dur&ängigen Substanz wirklich quantitativ zu vergleichen.
Zusammenfassung.
Für die Durchlässigkeit des getrockneten Kollodiums für Nicht-
iektrolyte ergibt sich dieselbe Regel wie für die Durchlässigkeit der
Anwertigen Kationen: Ordnet man die Substanzen in eine Reihe
nach absteigenden Diffusionskoeffizienten, so ist die Reihenfolge für
бе getrocknete Kollodiummembran die gleiche, wie für die freie Diffusion,
aber die Unterschiede sind in hohem Grade verstärkt. Stoffe, deren
freier Diffusionskoeffizient kleiner als die Hälfte des von KCl ist,
Hffundieren durch das getrocknete Kollodium überhaupt nicht mehr.
Ammoniak hat im Gegensatz zum NH,-Ion ein bisher unerklärlich
zrußes Diffusionsvermögen durch die Membran. Die Durchgängigkeit
der Membran für Wasser läßt sich qualitativ nachweisen, aber es gibt
keine Methode, um sie quantitativ mit der Durchlässigkeit für andere
Wolekülarten zu vergleichen. Jedenfalls dürfte sie nicht von höherer
Größenordnung sein als für andere, relativ leicht durchgängige Sub-
tanzen.
Die Winklersche Bestimmungsmethode für in Wasser gelöster
elementaren Sauerstoff sowie ihre Anwendung bei Anwesenhei
oxydierbarer Substanzen.
|
Von
Gustal Alsterberg.
(Aus dem zoologischen Institut der Universität Lund.)
(Eingegangen am 21. November 1925.)
Einleitung.
Bei meinen Untersuchungen über den respiratorischen Mechanismus :
und die Sinnesphysiologie der Tubifiziden (Alsterberg, 1922, 1924a) ·
stieß ich öfters auf die Frage, in welchem Maße elementarer Sauerstoff
bei gleichzeitigem Vorhandensein reduzierender Substanzen (besonders
H,S) in wässeriger Lösung existieren könnte. Daraus geht hervor, daß |
eine genaue O,-Analyse unter den erwähnten komplizierten Bedin-
gungen sehr schwierig ist. Es kann nämlich leicht vorkommen, daß
man bei Anwendung der üblichen Bestimmungsmethoden in Gegen- `
wart reduzierender Stoffe einen niedrigeren als den wirklichen Wert
erhält. Überdies gibt es Substanzen, die in wässeriger Lösung häufig
in bezug auf Oxydation und Reduktion ein labiles System darstellen,
infolgedessen als Katalysatoren fungieren und somit bei Sauerstoff- `
analysen störend einwirken können. Ein derartiger Stoff ist die salpetrige
Säure, deren Bedeutung in sauerstoffanalytischer Beziehung ich in `
einer früheren Abhandlung recht eingehend erörtert habe (Alsterberg, |
1925). Zu dieser Gruppe gehören auch die Eisenverbindungen, deren
Einwirkung im folgenden besprochen werden soll. |
Es ist klar ersichtlich, daß die oben angedeuteten Fragen höchst
bedeutungsvolle Tatsachen tangieren. Vom physiologischen und hydro-
graphischen Gesichtspunkt aus spielt das Studium des im Wasser
gelösten Sauerstoffs eine sehr wichtige Rolle. Auch in hygienischen `
Untersuchungen stellt es einen sehr wichtigen Faktor dar, wobei nicht ·
nur die direkte Bestimmung, sondern auch das Studium der Sauerstoff-
zehrung von Bedeutung ist (Spiita, 1900; Kisskalt, 1906; Brezina, 1906,
1908; Korschun, 1907; Pleissner, 1910; Purvis und Black, 1914;
A. Müller, 1920).
G. Alsterberg: Bestimmungsmethode für in H,O gelösten О, usw. 31
L Die im allgemeinen angewandten sauerstoffanalytischen Methoden.
Ehe ich auf die speziellen Resultate meiner Untersuchungen näher
‚ingehe. möchte ich eine allgemeine Darstellung der verschiedenen
Bestimmmgsmethoden vorausschicken, die eine größere Rolle spielen
oder gelten.
A. Gasometrische Methoden.
Da älteste Verfahren zur Bestimmung des in Wasser gelösten Sauer-
асу х die von Bunsen (1857) ausgearbeitete gasometrische Methode,
de Sech heute bis zu einem gewissen Grade die Rolle einer Standardmethode
æ+, wenn es sich darum handelt, den Geltungsbereich anderer einfacher
Жедеп zu bestimmen. Doch ist dieses Bunsensche Verfahren zu kom-
Auer und zeitraubend und stellt auch zu große Anforderungen an die
ipparatur, als daß ев z. B. bei hydrobiologischen Untersuchungen angewandt
verden könnte, bei denen die Ausführung der Analyse öfters direkt am
"atersuchungsort erfolgen muß.
Man versuchte, diese Methode allerdings zu vereinfachen. So sollte
Zeg von С.С. Müller (1899) konstruierte ,,Төепах“-Аррагаё allen denjenigen
Ansprüchen genügen, welche die ursprüngliche Bunsensche Methode nicht
«Пеп. Spätere Untersuchungen (Korschun, 1907; Birge und Juday, 1911)
ergaben indessen wieder die Unbrauchbarkeit dieser modifizierten Methode.
Birge und Juday arbeiteten, von der Bunsenschen Bestimmung aus-
zehend], eine Modifikation aus, die sich besser für die Untersuchung an Ort
md Stelle eignen sollte, erklären aber gleichzeitig, daß diese abgeänderte
Methodik doch noch zu viel Zeit erfordere, um die Ausführung einer großen
Anzahl von Analysen pro Tag zu gestatten.
В. Bestimmungsmethoden nach Schützenberger, Gerardin und Risler.
Das Prinzip des von Schützenberger, Gerardin und Risler (1872, 1873)
ssgearbeiteten Verfahrens besteht darin, daß dem Wasser, dessen Sauer-
sofigehalt bestimmt werden soll, Indigoweiß zugesetzt wird, das vom vor-
sandenen Sauerstoff zu Indigoblau oxydiert wird. Dieses wird vermittelst
aner Hydrosulfitlösung von bekanntem Gehalt zu Indigoweiß zurück-
"nert. ` Die Grundlage dieser Methode ist also die Anwendung stark
‘xydierbarer und infolgedessen sehr empfindlicher Substanzen. Bei der
Itration muß der atmosphärische Sauerstoff in der Weise entfernt werden,
laß man durch die Apparatur sauerstofffreies Leuchtgas durchleitet. Die
Methode ist also äußerst umständlich und die erreichten Resultate höchst
“rittig. Während einige Forscher gute Resultate erzielten, gelangten
ariere zu vollständig negativen Ergebnissen. Chlopin (1898) sucht, auf
shr eingehende Kontrolluntersuchungen sich stützend, diese Unsicherheit
jałurch zu erklären, daß man nur bei mittelhohen O,-Gehalten Werte,
De sich mit den mit Hilfe anderer Methoden erreichten Ergebnissen ver-
Seieben lassen, erhält, bei niedrigem O,-Gehalt dagegen zu hohe und bei
chem zu niedrige Werte. Da besonders der Titer der Hydrosulfitlösung
~ ınbeständig ist, daß der Titer sich schon in der Bürette während des
Innierens ändert“, glaubt Chlopin — und sicherlich mit vollem Recht —,
Isigendes sagen zukönnen: „Die Beobachtung aller angeführten Bedingungen,
Ze Notwendigkeit besonderer Aufmerksamkeit und Geübtheit, alles
iss macht die Methode Schützenberger- Risler umständlich und zeitraubend
змі setzt sie ungeachtet aller zufriedenstellenden Genauigkeit Zufälligkeiten
ans“,
32 С. Alsterherg:
С. Die Methode von Thresh.
Eine äußerst selten erwähnte Arbeit ist eine von Thresh (188 |
ausgearbeitete Methode, deren grundlegendes Prinzip darin bestel) `
daf dem Wasser, dessen Sauerstoffgehalt bestimmt werden soll, Јо 7
kalium und Nitrit nebst einer gewissen Quantität einer Säure zugeset
wird. In diesem Falle fungiert die salpetrige Säure als Katalysate
dabei wird der im Wasser vorhandene Sauerstoff in eine äquivalen
Menge freies Jod umgesetzt. Diese Methode erfordert gleich der vorhe
gehenden den Ausschluß des atmosphärischen Sauerstoffs bei d
Titration des frei gewordenen Jods, was auch hier dadurch еггеіс}
`
wird, daß man durch die erforderliche Apparatur einen Strom vo.
Leuchtgas schickt. Das Verfahren wird also recht kompliziert un
schwerfällig. Übrigens schließt diese Manipulation keineswegs ein
O,-Zufuhr aus, da auch das bei der Titration hinzugefügte Reagené
besonders das Hyposulfit, freien Sauerstoff enthält. Gleichfalls wir `
durch das Nitrit der in dieser Substanz lose gebundene Sauer
stoff zugeführt; es ist daher notwendig, um den Wert des im Wasse `
vorhandenen Sauerstoffs zu ermitteln, den ursprünglichen Wert ebe
im Hinblick auf diese Fehlerquellen zu korrigieren. Thresh arbeitet
auch ein derartiges detailliertes Korrektionsverfahren aus. Natürlich `
treffen die Einwände, die gegen die vorhergenannten Methoden erhober
wurden, in hohem Grade auch auf diese zu. Besonders Letts und Blake
(1900), welche die Methode kontrollierten, hoben hervor, daß die er:
reichten Resultate mit großer Unsicherheit behaftet sind.
Tatsächlich liegt die Unsicherheit der Methode außer in der um- |
ständlichen Apparatur auch im Korrektionsverfahren. Ich habe selbst
ein Bestimmungsverfahren ausgearbeitet, das gleich T'hreshs Methode
von der katalytischen Fähigkeit der salpetrigen Säure, den elementaren
O in Ją umzusetzen, ausgeht. Ich suche aber den atmosphärischen
Sauerstoff bei der Titration nicht durch Apparaturanordnungen aus-
zuschalten, sondern füge unmittelbar vor der Titration eine erforderliche
Menge Natriumazid hinzu, welches die durch den hinzukommenden О,
regenerierte salpetrige Säure augenblicklich zerstört. In den vielen
Analysen, die ich bei der Prüfung dieses Verfahrens ausführte, erhielt
ich sehr befriedigende Werte, doch war mit Rücksicht auf die hinzu- `
gefügte Nitritquantität eine Korrektur notwendig. Diese ist aber viel
komplizierter als Thresh annahm, denn während der katalytischen `
Einwirkung der salpetrigen Säure verwandelt sich diese auf Kosten
des im Wasser vorhandenen elementaren Sauerstoffs zum größeren
oder geringeren Teil in Salpetersäure. Die Korrektur ist daher nicht `
immer dieselbe, wie Thresh glaubte, sondern ihr Wert ändert sich im `
Verhältnis zur Menge des umgesetzten Sauerstoffs und kann bei ge-
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 33
sögend hoher Sauerstoffkonzentration einen Wert ergeben, der zu
dem durch die Titration erhaltenen Wert hinzu zu addieren ist.
Dies Verfahren, das ich in einer späteren Abhandlung näher
beschreiben werde, steht insofern unter der Winklerschen Methode, als
es zum 161 auf Bedingungen basiert, deren Variabilität sich nur auf
empirixbem Wege feststellen läßt. Sie ist ihr aber nicht nur im Hinblick
auf eanfache Ausführung überlegen, sondern sie gestattet auch ein
Багт Gieres Korrektionsverfahren in Gegenwart störender Substanzen,
dam gegenüber die Winklersche Methode sehr empfindlich ist.
D. Die Bestimmungsmethode Mohrs und ihr nahestehende Verfahren.
Im Gegensatz zum eben erwähnten Verfahren spielte die von
Жой (1862) veröffentlichte Analysenmethodik eine recht bedeutende
Rolle; von manchen Forschern wird sie noch jetzt als anderen analyti-
schen Verfahren überlegen angesehen. Bei dieser Bestimmung sowie
bei der damit eng verknüpften Levyschen Modifikation (ref.: C'hlopin,
1898) wird dem Wasser Alkali (nach Mohr Kalilauge; nach Levy
sohlensaures Kali) und darauf eine bestimmte Menge Mohrsches Salz
‘Ammoniumferrosulfat) zugesetzt, wobei der im Wasser gelöste elemen-
tare Sauerstoff das entstandene Ferrohydrat zu Ferrihydrat oxydiert.
Hat die Probe eine längere Zeit hindurch gestanden, so wird sie mit
Schwefelsäure angesäuert und der Überschuß an Ferrosalz mit Kalium-
srmanganat zurücktitriertt. Auch hinsichtlich dieser Methode sind
те Ansichten sehr geteilt. Nach den Untersuchungen C'hlopins (1898)
seht es jedoch fest, daß die zur Absorption des gesamten im Wasser
zlösten Sauerstoffs erforderliche Zeit sowie die Temperatur für
das Resultat dieser Methodik bedeutungsvolle Faktoren darstellen und
daß das Ergebnis keineswegs immer einwandfrei ist. Chopin erhielt
bei der Analyse von Trinkwasser und destillierttem Wasser Werte, die
durchschnittlich um 26,9 Proz. niedriger sind als die gleichzeitig nach
der Winklerschen Methode erhaltenen Resultate. Er zieht daraus
igenden Schluß: „Die Methode Mohr-Levy gibt ungenaue Resultate
und stets niedrigere Werte, so daß ihre Anwendung, ungeachtet ihrer
Einfachheit und der Schnelligkeit ihrer Ausführung, in der sanitären
Praxis nicht zu empfehlen ist“. Natürlich besteht keine Veranlassung,
bei Untersuchung von verunreinigtem Wasser bessere Werte als nach
der Winklerschen Methode zu erwarten, denn da das Verfahren im
zroßen und ganzen dieselben Prinzipien verfolgt, so muß es denselben
Störungen unterworfen sein. Hinzu kommt noch die Schwierigkeit
der Rücktitration mit Kaliumpermanganat, das als starkes Oxydations-
mittel außer auf die Ferrosalze auch auf die übrigen vorhandenen
“sydierbaren Stoffe oxydierend wirkt.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 3
34 G. Alsterberg:
Eine der besten Modifikationen wurde von Letts und Blake (190
ausgearbeitet. Diese Forscher geben zu der mit Ferrosalz versetzte
Probe anstatt Kalilauge oder Kaliumcarbonat eine starke Ammoniak
lösung, worauf man die Probe 15 Minuten stehen läßt, dann ansäueı
und den Ferroüberschuß durch Titration mit Permanganat oder Bi
chromat bestimmt. Gleichzeitig titriert man eine Doppelprobe desselbe .
Wassers, dem die gleiche Menge Ferrosalz wie der eigentlichen Analysen
probe zugesetzt worden ist, aber ohne Beigabe von Alkali, ebenfall
mit Permanganat oder Bichromat. Von dem so erhaltenen Wer
subtrahiert man bei der Berechnung des Sauerstoffgehalts den Wer:
der mit Ammoniak behandelten Probe. Natürlich erreicht man аш
diese Weise auch eine Korrektion hinsichtlich der verunreinigenden
reduzierenden Stoffe.
Bei einigen wenigen Analysen, die ich nach dieser Methode mit
reinem Wasser ausführte, konnte ich mich davon überzeugen, daß sie
in diesem Falle wirklich korrekte Werte gibt. Gleichzeitig fand ich
aber, daß die Methode, wenn man sie mit der weiter unten zu be-
sprechenden vergleicht, äußerst schwerfällig ist. Das beruht auf folgenden
Umständen. Die Analyse muß mit doppelten Proben ausgeführt
werden; man muß darauf achten, daß die Menge des hinzugefügten
Ferrosulfats in beiden Proben genau gleich ist, und endlich besteht
die Analyse in einer Resttitration, weshalb die Fehler besonders bei
der Analyse geringer Sauerstoffmengen groß werden müssen. Besonders
umständlich ist das Verfahren, wenn es sich um die Sauerstoffzehrung
in Wasser handelt, da hier mindestens vier Proben notwendig sind.
Ferner ist die Methodik der weiter unten beschriebenen Winklerschen
Methode auch deshalb nicht gewachsen, weil eine Titration mit Per-
manganat erforderlich ist. Diese gestattet keine so genaue Analyse
wie die jodometrischen Methoden, bei denen man viel schwächere
Lösungen anwenden kann. Besteht die Probe aus Meerwasser oder
ziemlich verunreinigtem Wasser, so ergibt die Rücktitration auf Grund
der Untersuchung der Verfasser schlechte Werte!), und man benutzt
in diesem Falle die Titration mit Bichromat. Letzteres Verfahren
gehört aber keinesfalls zu denjenigen „which a person of ordinary
intelligence, and without any special chemical training, could be
easily taught to perform‘, wenigstens, wenn man den gebräuchlichen
Handbüchern glauben darf (siehe Treadwell, 1923, S. 545), denn hier
wird der Umschlag durch Tropfenindikation mit Ferrieyankalium als
1) Einer der hier mitgeteilten Werte (siehe Leite und Blake, 1. c., S. 466)
wäre bei richtiger Berechnung tatsächlich negativ, d. h. der Permanganat- ·
verbrauch war in der alkalischen Probe größer als in der Parallelprobe.
Das deutet auf eine interessante Tatsache hin, die ich später sehr eingehend
behandeln werde.
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 35
Indikator ermittelt. Ich untersuchte das Verfahren nicht direkt, muß
aber doch darauf hinweisen, daß es zweifelhaft sein muß, da die vor-
handenen störenden Substanzen im allgemeinen so beschaffen sind,
daß se enen scharf fixierten Umschlag unmöglich machen.
Wan es sich darum handelt, die Menge organischer, reduzierender
Substanz durch Permanganatoxydation zu bestimmen (und natürlich
liegt kin prinzipieller Unterschied vor, wenn man anstatt dessen Bi-
emast benutzt), so läßt sich das nicht in Form einer direkten Titration
deriführen, sondern es sind recht komplizierte Verfahren notwendig,
є enen deutlichen Umschlag zu erzielen. 2. В. reagieren schwefel-
йе reduzierende Stoffe auf diese Oxydationsmittel durchaus nicht
mmer in derselben Weise, vielmehr verlaufen die Reaktionen hier
zhr schlecht. Sind sie vorhanden, so ist der O,-Gehalt im allgemeinen
aedrig und das Resultat der Resttitration wird hier besonders deshalb
sehr unsicher, weil die störenden reduzierenden Substanzen die Fehler-
grenze noch weiter vergrößern und den Umschlagspunkt unsicher
matchen. Dazu tritt noch ein Umstand, auf den ich noch zurückkommen
werde.
Übrigens gibt es störende Substanzen (die Nitrite), die nach der
Methode Letts und Blakes nicht eliminiert werden, was die beiden
Forscher auch selbst fanden.
Buswell und Gallaher (1923) betonten sehr scharf die Überlegenheit
der eben referierten Methoden gegenüber der Winklerschen Methodik
m gewissen Fällen, berücksichtigten aber dabei nicht die komplettieren-
den Korrektionsmethoden, die man unter solchen Umständen an-
zuwenden pflegt.
Dagegen gehe ich hier nicht auf die verschiedenen kolorimetrischen
Methoden ein, die mit Rücksicht auf die O,-Absorptionsfähigkeit der °
Ferroverbindungen ausgearbeitet wurden.
E. Winklers Bestimmungsmethode.
1. Prinzipien der Winklerschen O,-Bestimmungsmethode. Die
neben der gasometrischen Methode unbedingt wichtigste aller sauer-
stoffanalytischen Methoden ist das von Winkler (1888) ausgearbeitete
Verfahren, das auch am gebräuchlichsten ist. Es besteht ursprünglich
darin, daß man die Probe mit Manganchlorür und jodkaliumhaltiger
Natronlauge versetzt. Dabei entsteht eine Fällung, die stark O,-absor-
bierend wirkt, indem sie zu höheren Oxydhydraten, wahrscheinlich
Manganomanganit oder entsprechenden Hydraten oxydiert wird
Winkler, 1914).
MnCl, + 2 NaOH = 2 NaCl + Mn(OH), (1)
4 Mn (ОН), + O, + 2 Н,О = 4 Mn (O H); (2)
3%
36 С. Alsterberg:
Die Fällung wird in einer Säure aufgelöst, und durch das vorheı
hinzugefügte Jodkalium gestaltet sich diese Reaktion folgendermaßen
Mn (OH), + З HCI = MnCl, + 3H,0, (3
2MnC, +2KJ =2MnC, +2 KCl + J}. (4
Das ausgeschiedene Jod wird in der gewöhnlichen Weise ver
mittelst einer quantitativ eingestellten Hyposulfitlösung und Stärke
als Indikator analysiert.
2N2,8,0,+J,=2NaJ + Na, 85,0,. (5)
2. Die Probeflaschen zur Winklerschen Analysenmethodik. Die
Probeflaschen, welche ich bei meinen Untersuchungen verwendete,
enthalten ungefähr 125 ccm. Größere Probeflaschen sind vollkommen
unnötig, denn die Analysenwerte werden dadurch keineswegs besser,
worauf z. B. Bruhns (1915) hinwies. Im Gegenteil sind größere
Proben sogar von Nachteil, da sie unnötig viel Reagens verbrauchen
und eine überflüssige Belastung bilden, wenn es sich um Untersuchungen
außerhalb des Laboratoriums handelt. Bei experimentellen Bedin-
gungen ist es manchmal nicht einmal notwendig, Proben von 125 cem
zu verwenden; man kann sich mit einem geringeren Volumen, z. B. 25
bis 30 ccm (Allison und Shive, 1923) oder sogar 5 bis 10 сст (Lund, 1921)
begnügen, aber damit wird natürlich auch der Reagenzzusatz anders.
Am besten ist es, wenn die Pfropfen schräg oder konisch geschliffen
sind; nach Winklers eigener Angabe (1914) ist das aber keineswegs
notwendig, nur dürfen sie auf keinen Fall exkaviert sein.
3. Die Pipetten. Die Pipetten müssen „Vollpipetten‘‘ oder noch
besser „Meßpipetten‘ sein, die untere Markierung muß 2 bis З cem
von der Ausflußöffnung entfernt sein.
4. Das Manganchlorürreagens. Bezüglich der verschiedenen
Reagenzien sind mit Rücksicht auf Konzentration und Beschaffenheit
mehrere Forderungen aufzustellen. Die Manganchlorürlösung wird
so hergestellt, daß man 40g kristallisiertes Salz (MnC1,,4 H0; pro
analysi-Präparat Merck) in 80 ccm Wasser auflöst. Die Lösung nimmt
ein Volumen von ungefähr 100 ccm ein. Das Präparat enthält meist
Eisen als Verunreinigung (so auch mein pro analysi-Präparat), ein
Umstand, der auf die Anwendbarkeit des Präparats äußerst nachteilig
einwirkt. „Man achte darauf, daß das Manganchlorid nicht mit Eisen
verunreinigt sei. Aus einer angesäuerten Jodkaliumlösung scheide ез
höchstens Spuren von Jod aus‘ (Winkler, 1888). Im allgemeinen dürfte
aber das Eisen in den Manganchlorürpräparaten in zweiwertiger Form
vorhanden sein, und dann kommt natürlich keine Jodausscheidung
zustande. Da Eisen in dieser Form auch in minimalen Quantitäten
ganz außerordentlich störend wirkt, wenigstens wenn man Schwefel-
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 37
sure oder Phosphorsäure zum Ansäuern verwendet, so darf die Prüfung
des Praparats nie unterlassen werden. Man nimmt 1 сст der nach
dem mitgeteilten Rezept zubereiteten Lösung, verdünnt sie mit etwa
20 сет H,O, versetzt sie mit 1 bis 2ccm starker HCl und einigen
Tropfen Bromwasser und fügt dann 1 bis 2ccm 10proz. Rhodan-
kalumisung hinzu, ohne einen eventuellen Bromüberschuß vorher
zu ess&men ; tritt Rotfärbung ein, во ist das Präparat eisenhaltig. In
deen Falle kann das Reagens nicht ohne weiteres verwendet werden,
wam die Verunreinigung ist zuerst zu entfernen. Man gibt 0,5g
pererisiertes Natriumbicarbonat zum Reagens hinzu, wodurch die
Lang, die zumeist sauer reagiert, neutralisiert wird. Dann muß man
že Lösung 24 Stunden lang stehenlassen, worauf man die Fällung,
welehe das vorhandene Eisen enthält, abfiltriert; nunmehr ist das
Reagens gereinigt. Von diesem Reagens, das man am besten in einer
Flasche mit Glasstöpsel aufbewahrt, nimmt man 1 сеш für jede Probe.
Wenn man das Reagens hinzugibt, wird die Spitze der Pipette in die
Flüssigkeit eingetaucht.
3. Die jodkaliumhaltige Natronlauge. Die jodkaliumhaltige Natron-
lauge wurde bereitet, indem man 40g Natronhydrat und 20g Jod-
kalum zu 80 ccm Aqua dest. mischte. Die Lösung nimmt ungefähr
еп Volumen von 100ccm ein. Bezüglich des Natronhydrats schrieb
Winkler (1888) vor, man versetze am besten Na,CO, mit CaO, da
gewöhnliches Natronhydrat durch Nitrit verunreinigt ist. Ich ver-
wendete nach Vorschrift das als „єх natr. met.“ bezeichnete Präparat
топ Merck und de Наёп, fand aber nach zahlreichen Proben, daß weder
Mercks Präparat „Natr. hydr. purus in bacillis‘‘ noch ‚„Natriumhydrat
purum ; Elektrokemiska Aktiebolaget, Sweden‘‘ Stoffe enthalten, die
das Präparat für die Analyse unbrauchbar machen. Dagegen ist das
Präparat ‚‚Nair. hydr. depuratus in bacillis‘‘ von Merck durch Nitrit
verunreinigt und unbrauchbar. Ich untersuchte auf Nitrit, indem ich
einen kleinen Teil des Präparats (0,4 g) mit Salzsäure und alkoholischem
Indol oder mit Salzsäure, Jodkalium und Stärkelösung versetzte. Bei
працуеш Ausfall der letzten Probe gab ich zu derselben Lösung einen
Tropfen einer ungefähr n/100 Jodlösung, worauf Blaufärbung auftrat;
es konnten folglich keine reduzierenden Stoffe mehr vorhanden sein.
Außerdem machte ich direkte Sauerstoffanalysen, parallel mit Analysen,
ħi welchen Natronhydrat ‚ex natr. тё.“ verwendet wurde und die
dasselbe Resultat ergaben.
Betreffs der Größe des für jede Probe notwendigen Jodkalium-
zusatzes bestehen sehr verschiedene Vorschriften, denn teils sind die
empfohlenen Probevolumina sehr ungleich, teils schreiben verschiedene
Verfasser verschiedene Volumina der für die Behandlung der Probe
mtwendigen jodkaliumhaltigen Natronlauge vor, und endlich variieren
38 G. Alsterberg:
die verschiedenen Rezepte mit Rücksicht auf die Zusammensetzung
des Reagens auch mit Rücksicht auf die Jodkaliumkonzentration
Ich fand es am besten, für jede Probe 1 ccm Reagens zu ver
wenden, also 0,2g Jodkalium, was im Hinblick auf das relativ ge
ringe Volumen der Probe einen recht großen Prozentsatz ausmacht
Im allgemeinen wurde die wichtige analytische Rolle, welche ein
Variation in der KJ-Konzentration spielt, nur wenig beachtet. $
wird bei der Ansäuerung der Probe, die von stark O,-haltigem Wasse:
herrührt, eine besondere Vergrößerung der hinzugefügten Säuremeng:
vorgeschrieben, falls sich die Fällung nur schwer löst. Teatsächlicl
beruht aber diese Schwierigkeit gerade darauf, daß der Jodkalium.
zusatz zu klein ist; durch einen weiteren Zusatz von KJ lösen вісі
solche schwer lösliche Proben sehr leicht. Ein Mangel an KJ Каш
aber außerdem auch bedeutende Störungen im analytischen Resultat
verursachen, falls in der Probe organische Stoffe vorhanden sind. Wie
wir sehen werden, besitzen diese in saurer Lösung gegenüber de
oxydierenden Wirkung der höher oxydierten Manganverbindungen
eine recht starke Resistenz, doch tritt bei Mangel an К Ј, auf das die
Manganverbindungen sonst einwirken können, eine nicht geringe
Beeinflussung ein. Wiewohl ich Reagenzien und Verlauf der Analyse
noch nicht ganz beschrieben habe, will ich hier zur Verdeutlichung
dieses Umstandes eine Versuchsreihe vorausschicken.
Zu allen Proben der Serie wurde das gleiche Wasser unmittelbar nach-
einander genommen und danach mit dem Reagens versetzt. Anfangs-
und Schlußprobe der Reihe wurden nach der gebräuchlichen Winkler-
methodik behandelt, wobei ich den Proben Manganchlorürlösung und
jodkaliumhaltige Natronlauge in den vorher genannten Mengenverhältnissen
zusetzte, aber keine störende Substanz. Zu den eingeschobenen Proben
(sechs Stück; die wiedergegebenen stellen Mittelwerte dar von je zwei
Proben) gab ich је 1 cem 10рго2. Oxalsäure sowie verschiedene Mengen
Jodkalium, sonst aber dieselben Reagenzmengen wie gewöhnlich.
In der Tabelle I sind die den eingeschobenen Proben zugefügten KJ-
Mengen angegeben. Nodem sie 15 Minuten gestanden hatten, wurden
sie mit 50proz. Schwefelsäure behandelt und nach der üblichen Methode
titriert. Bei der Berechnung der absoluten und prozentualen Fehlergröße
ging ich hier sowie später in dieser Abhandlung vom Mittelwert des Sauer-
stoffgehalts aus. Dieser wurde aus den Anfangs- und Schlußproben be-
stimmt, denen keine störenden Substanzen beigegeben wurden.
Tabelle 1.
Jodkaliumzusatz, Oxalsäurezusatz O,-Menge Abweichung | "Abweichung
g pro Probe ; g pro Probe | ccm pro Liter! ccm pro Liter | Proz.
Eesen N ` dei o 28Е, — eege Se? age чыш "Se T = — әз, —— Fre == - =
- 1.90 35 | ыш 22
0,05 0,1 3,28 | — 0,28 — 7,9
0,10 0,1 | 3,49 po == 0,07 — 20
0,20 0,1 3,55 — 0,01 — 0,3
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 39
Wir können hier ohne weiteres die Bedeutung des Jodkalium-
matzes konstatieren, und ich fand dieselbe Tatsache bei Analysen
von mit verschiedenen organischen Stoffen versetzten Proben sehr
ой. Brans (1915) übersah diesen Umstand ganz. Er betont den
Vortal eines geringen Jodkaliumzusatzes, die Verschwendung einer
teuren Substanz zu vermeiden.
Übrigens möchte ich bezüglich des zu dieser Analyse notwendigen
Jedsiums darauf hinweisen, daß ich bei meinen Analysen oft KJ
wenden konnte, das nicht als pro analysi bezeichnet war. Ich fand
Мет auch, daß solche Präparate durchaus nicht immer so frei von
aydierenden oder reduzierenden Stoffen sind, daß sie eine solche An-
sendung gestatten. Darum halte ich die Vorschrift für am sichersten,
тЬейпрї immer kontrollierte pro analysi-Präparate von sicheren
firmen zu benutzen. Als Kontrollmethode verdient die Vorschrift
Winklers (1915) hier mitgeteilt zu werden: „Es empfiehlt sich dringend,
bevor man das Kaliumjodid zu den Untersuchungen benutzt, mit
emer sicher nitritfreien Wasserprobe (Winkler empfiehlt Wasserleitungs-
wasser) einen blinden Versuch auszuführen, indem man in 100 ccm
02g Kaliumjodid löst, 1 ccm Stärkelösung und 5 ccm 25proz. Phosphor-
saure [oder 10 ccm 10рго2. Schwefelsäure!)] hinzufügt und darauf die
Flasche ins Dunkle stellt. Nach Verlauf von 3 Stunden muß die Flüssig-
keit noch völlig farblos sein. Wird nun zu derselben ein Tropfen
һ/100 Jodlösung gegeben, so muß sie sich bläuen. Anderenfalls sind
m Jodkalium oder in den Säuren reduzierende Stoffe vorhanden“.
Man gibt zu jeder Probe 1 ccm jodkaliumhaltige Natronlauge, und
esist hier am besten, wie beim Manganchlorürzusatz, eine „Meßpipette“‘
zu verwenden, deren Ausflußöffnung mit Rücksicht auf die große
Viskosität der Flüssigkeit nicht zu klein sein darf. Beim Reagenz-
zusatz wird die Pipette in die Flüssigkeit eingetaucht.
Man braucht das Reagens nicht in dunklen oder mit dunklem
Papier umwickelten Gläsern aufzubewahren, denn KJ hält sich in
alkalischer Lösung auch bei Licht. Im Gegenteil ist es von Vorteil,
weißes Glas zu verwenden. Man riskiert dann nicht so sehr, die alkalische
Flüssigkeit in den Mund zu saugen, da es sich kontrollieren läßt, ob
sch die Pipettenspitze während des Aufsaugens unter der Oberfläche
der Flüssigkeit befindet. Die Aufbewahrungsflasche muß mit einem
Glasstopfen verschlossen sein. Man muß so weit als möglich darauf
achten, daß er von der Flüssigkeit nicht befeuchtet wird, weil er dann
leicht festgekittet wird. In diesem Falle trocknet man Stopfen und
Flaschenhals innen mit Filtrierpapier aus.
1) Anmerkung des Verfassers.
40 G. Alsterberg:
6. Die Säure zum Lösen der Fällung. Beim Ansäuern der Pra
kommen mehrere Säuren in Betracht. Winkler schrieb (1888) zue:
rauchende Salzsäure vor, empfahl aber später, wegen der Unannehmli«<
keiten bei der Verwendung dieser Säure, Schwefelsäure oder uni
gewissen Bedingungen Phosphorsäure. Meiner Meinung nach ist 1
der nicht modifizierten Winkler-Analyse Schwefelsäure anzuwende
Phosphorsäure dagegen in solchen Fällen, wo die Proben weg
vorhandener Verunreinigungen einer Vorbehandlung bedürfen, wiewo
die Anwendung dieser Säure auch in anderen Fällen gestattet, ab
nicht notwendig ist. Ich will später eine nähere Begründung gebe
Wenn die Probe unmittelbar nach dem Säurezusatz titriert werde
во], muß die Schwefelsäure 50proz. sein, denn bei Verwendung ein
stärkeren Säure kann möglicherweise gerade dann eine Oxydatic
des in der Probe vorhandenen KJ stattfinden, wenn die Säure die:
Substanz erreicht. Wurde die Titration dagegen einige Zeit nach dei
Ansäuern vorgenommen, so verwendete ich jedoch konzentrierte Säur
denn man riskiert sonst eine Zufuhr überflüssiger Sauerstoffmenge:
die nach und nach mit dem vorhandenen KJ eine Umwandlung e
leiden. Um die Fällung zu lösen, verwendete ich entweder 2 ccm 50 pro:
Säure oder l ccm konzentrierte. Diese Menge genügt immer. Ve
wendung und Zweck der Phosphorsäure werde ich später behandelt
7. Die Verwahrung der Proben bis nach der Analyse. Was di
Behandlung der Probe nach der Entnahme anlangt, so verwendet:
man in der analytischen Praxis sehr verschiedene Methoden, ohn
daß das eine oder andere Verfahren in der Literatur eine bestimmt:
Begründung erhalten hätte. So ließen einige Analytiker die mi
Manganchlorür und Natronlauge versetzten Proben bis zur titri
metrischen Behandlung stehen und säuerten sie erst unmittelbar vorhe:
an. Nach diesem Prinzip arbeiteten 2. В. СМоріп (1898, S. 296) unc
in neuerer Zeit Sonden (1912, S. 20), und diese Methode wird oft be
Meerwasseruntersuchungen benutzt. In amerikanischen Vorschrifter
(Standard methods of water analysis, S. 60) wird aber ausdrücklich
vorgeschrieben, daß die Ansäuerung nach einer bestimmten kurzen Zei
zu erfolgen hat, worauf die Probe aufbewahrt wird, bis sich eine
Möglichkeit zur Titration bietet. Endlich verfuhren andere Autoren,
z. B. Birge und Juday (1911), so, daß sie die gewonnene Probe ohne
Reagenzzusatz aufbewahrten, bis eine Analyse ermöglicht werden
konnte. Beim zuletzt erwähnten Verfahren riskiert man aber, daß
der Sauerstoffgehalt der Probe wegen der stets vorhandenen Sauerstoff-
zehrung eine Verminderung erfährt, was nur in reinem Wasser (und
auch hier nur bis zu einem gewissen Grade) vernachlässigt werden darf.
Von den beiden zuerst genannten Verfahren will ich zwei Versuchs-
reihen wiedergeben.
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 41
De erste (Tabelle II) bestand aus 15 Proben, die unmittelbar nach-
ander demselben Wasser (Wasserleitungswasser) entnommen wurden.
De Anfangs- sowie die Schlußprobe der Serie bildete je eine gewöhnliche
Probe, nach der Winklermethode ohne weitere Zusätze analysiert. Jeder
der Seen Proben der Serie wurden 1 ccm frische Milch und darauf die
ип Wakeranalyse notwendigen Reagenzien zugesetzt. Während ich zwei
dieser ax Milch versetzten Proben 10 Minuten nach der Probeentnahme
snahsee (der Mittelwert der beiden Analysen wurde in die Einzelserie A
agnen), ließ ich die anderen Proben vor der Analyse einige Zeit hin-
Gei geben. Die eine Hälfte dieser letzteren Proben, deren Analyse erst
ad aer gewissen, für die verschiedenen Proben wechselnden längeren
Zssstfand (vgl. die Einzelserie В, C und D), wurde 10 Minuten nach
ж Manganchlorür- und Natronlaugezusatz mit Leem konzentrierter
330, angesäuert, während die andere Hälfte der Proben erst unmittelbar
xdr Titration angesäuert wurde. Die in den Einzelserien A, В, C und D
rdergefundenen Werte unterscheiden sich voneinander hinsichtlich des
xdenlasens; sie sind alle Mittelwerte je zweier Analysen, die im übrigen
a Hinblick auf das Resultat untereinander nur wenig differierten.
Ba der Berechnung der Standzeit subtrahierte ich die ersten 10 Minuten,
de zur Absorption des im Wasser vorhandenen Sauerstoffs durch die
werststfabsorbierende Fällung in der Probe notwendig waren.
Tabelle II.
Калда et Re | Oꝛ⸗Menge Abweichung | Aweichung
Stunden | ‚Stunden ccm pro Liter | ccm pro Liter Proz.
0 0 0 | 3,56 = | =
Ai) 0 0 | 3,34 — 0,25 — 70
ві! 0 19 3,23 — 0,36 — 10,0
(1 19 19 2,20 — 1,39 — 38,7
ci 0 24,5 3,19 — 0,40 — 11,1
(1 24,5 24,5 1,91 — 1,68 — 46,8
pl? 0 36,5 3,12 — 0,47 — 13,1
l 36,5 36,5 1,00 — 2,59 — 72,1
0 0 0 3,62 _ | —
| Wie aus der Tabelle ohne weiteres zu ersehen ist, übt selbst ein
animaler Zusatz einer anscheinend recht harmlosen Substanz einen
xir ungünstigen Einfluß auf das Analysenresultat aus. Noch
üleressanter ist es aber, den Einfluß des Stehenlassens kennenzulernen.
Nan würde natürlich erwarten, daß eine lange Standzeit einen un-
(gen Einfluß auf den Analysenwert ausübt, aber diese Einwirkung
“erchieden und beruht darauf, ob die Probe angesäuert oder ohne
Эше gestanden hat. Während die angesäuerten Proben an Stärke
Matiy wenig verlieren, geht der Sauerstoff in den alkalischen Proben
sr und mehr verloren. Es ist infolgedessen am besten, als kleineres
“ЭЧ das amerikanische Standardverfahren anzunehmen, während
"ы Stehenlassen der Proben ohne Säure zu verwerfen ist, da es unter
"тве Umständen zu vollkommen unrichtigen Resultaten führen
42 G. Alsterberg:
kann. Soweit ich die Literatur verfolgte, betonte nur Bruhns (19
olıne jedoch eingehendere analytische Daten anzuführen, daß es schäd
sei, die Proben mit Lauge längere Zeit hindurch stehenzulassen,
Hinweis, der viel zu wenig beachtet wurde.
Um diesen wichtigen Umstand zu veranschaulichen, den
immer bestätigt fand, will ich noch eine Analysenreihe anführen,
Proben aus einem ziemlich verunreinigten Teiche umfaßt. |
Die Serie ist nach denselben Prinzipien angeordnet wie die frü
angeführte, doch wurden Anfangs- und Schlußprobe dem verunreinig
Teichwasser entnommen, da Proben ohne die vorhandenen Verunreinigun
aber mit gleichzeitiger Beibehaltung des Sauerstoffgehalts natürlich ni
erhältlich waren. Den Proben, die sofort angesäuert wurden, misc
ich 1 ccm konzentrierter H,SO, bei.
Tabelle III.
эма о деш о Oꝛ⸗⸗Menge Abweichung Abweichun
Stunden Stunden ccm pro Liter . ccm pro Liter | Proz.
Anfangsprobe 0 0 3,16 | e =
A | 0 | 5,5 3,10 — 0,05 — 1,6
2 5,5 ; 5,5 3,03 i — 0,12 , — 3,8
в ! 0 24,5 3,01 — 0,14 — 44
\ 24,5 | 24,5 2,98 — 0,17 | — 5,4
С 0 28,5 | 3,06 — 0,09 — 2,9
| 285 | 28,5 2,97 — 0,18 — 5,7
Schlußprobe 0 | 0 3,13 — —
Auch hier finden wir die gleichen Verhältnisse, wenn auch
bedeutend verringertem Maße. Zieht man diese Umstände nicht
Betracht, so können O,-Analysen nahezu wertlos werden, besondi
wenn es sich um stärker verunreinigtes Wasser handelt, und v
allem dann, wenn die Sauerstoffzehrungsfähigkeit eines solchen vı
unreinigten Wassers bestimmt werden soll.
8. Die Titration der Probe. Um die Quantität des ausgeschieden
Jods zu bestimmen, verwendet man eine n/100 Hyposulfitlösur
Man erhält eine solche Lösung, wenn man ungefähr 2,5 g kristallisiert
Hyposulfit (Na,S,0,,5H,0) in 1 Liter Wasser auflöst. Theoretis
braucht man 2,4812 g Salz für 1 Liter, da aber die Lösung mit Hil
einer Urtitersubstanz eingestellt werden muß, ist ein genaueres A
wägen des Hyposulfits nicht notwendig. Hinsichtlich der Konsta
der Hyposulfitlösung sind verschiedene Ansichten ausgesprochen. !
hielten 2. В. Treadwell (1923) und Banco (1917) die Lösung für vo
kommen haltbar, während Bruhns (1917) und Abel (1923) energis
darauf hinwiesen, daß die Lösung nicht haltbar sei. Auf Grund mein
mehrjährigen analytischen Arbeit, bei der ich täglich solche Lösung!
verwendete, muß ich der Behauptung der letzterwähnten Verfasser oh!
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten О», usw. 43
reteres beistimmen. Obgleich die Lösung gegen С O,-Zufuhr geschützt
rar (ndem sie in Büretten aufbewahrt wurde und durch ein Natron-
ialkröhrcheen von der Luft abgesperrt war), konstatierte ich stets
eine mehr und mehr abnehmende Stärke der Lösung. Kolihoff (1919)
gab miere Vorschriften betreffe der Herstellung der Lösung, die
байт haltbar werden sollte, doch konnte ich das Verfahren bis jetzt
niet ahprüfem. Als Indikator verwendet man am besten Stärke-
em Sie wird hergestellt, indem man in Wasser gut aufgeschlemmte
Nat portionsweise in siedendes Wasser gibt. Durch dieses Verfahren
endet man Klumpenbildung. Etwa lg Stärke reicht für 200 ccm
zug, zu jeder Probe gibt man 2 ccm dieser Lösung. Mit der Zeit
584 sch auf der Lösung Schimmel und sie zersetzt sich, so daß sie
zrauchbar wird. Zur Konservierung kann man 20 g reines Kochsalz
samfügen; solche Lösungen hielten sich nach meiner Erfahrung
æhrere Monate hindurch. Andere Forscher (Birge und Juday, 1911)
npfahlen zu demselben Zwecke einen Zusatz von Chloroform, ein
oben, das ich nicht untersuchte. Um den Umschlag zum farb-
w scharf beobachten zu können, stellt man während des Titrierens
in die Probe enthaltenden Erlenmeyerkolben auf einen weißen
Teler, auf den man etwas Wasser gegossen hat. `
9. Titereinstellung des Hyposulfits. Im allgemeinen empfehlen die
irdrochemischen Handbücher zur Einstellung des Hyposulfits die Ver-
sendung von Bichromat in Form einer n/100 Lösung. In späterer
Zeit gelangte man aber bei den Kontrolluntersuchungen über die Zu-
väsigkeit dieser Einstellungsmethode zu sehr verschiedenen
Resultaten, und die von mir selbst ausgeführten Untersuchungen
felen keineswegs immer zugunsten dieser Methode aus. Bei meiner
Arbeit über verschiedene Titereinstellungsmethoden gelang es mir,
tuneues Verfahren aufzufinden, das ich gerade für den hydrobiologischen
brauch empfehlen will (Alsterberg, 1926). Bezüglich näherer Einzel-
“ten im Verfahren verweise ich auf meine eben erwähnte Unter-
hung.
l Modifikationen der Winklerschen Analysenmethode und verschiedene
Korrektionsverfahren bei der Anwendung.
Die Winklersche Methode läßt sich ohne weiteres als solche an-
‘enden, doch kommen ab und zu Komplikationen vor, die sie nicht
Ше weiteres als geeignet erscheinen lassen. Übrigens dürften die
Ң ile, wo sich die Winklermethode wegen der im Wasser vorhandenen
mreinigungen nicht direkt anwenden läßt, noch häufiger sein, als
un annimmt. Gewöhnlich wird durch diese Komplikationen ein zu
Yedriges Analysenresultat erhalten, manchmal aber auch ein zu großes.
44 G. Alsterberg:
Für eine genauere Bestimmung hat man verschiedene Korrektion:
verfahren ausgearbeitet. Ich will im folgenden die wichtigsten Methode
behandeln.
Ferner versuchte man die Winklersche Methode in verschiedene
Weise zu modifizieren, um sie zu vereinfachen, doch existiert bis jetz
kein besonders empfehlenswertes Verfahren.
А. Korrektionsmethoden, wobei die Parallelproben mit Manganichlorid
behandelt werden.
1. Manganichloridverfahren nach Winkler. Winkler arbeitete (1888
Methoden für die O,-Analyse von mit Nitriten, organische:
Stoffen usw. verunreinigtem Wasser aus, die er auch mit verschiedene:
Abänderungen in einer bedeutend später publizierten Abhandlun;
(Winkler, 1914) zur Kenntnis brachte. Die Methode besteht im großer
und ganzen in folgendem Verfahren: man versetzt die Analysenprob«
mit Manganchlorür und Natronlauge ohne Jodkalium; die Fällun;
wird durch einen Zusatz von Salzsäure aufgelöst und erst dann gib!
man Jodkalium hinzu. Es ist klar ersichtlich, daß im Апа1уѕепгеѕшіќа!
ein bedeutendes Defizit entstehen muß, da die vorhandenen oxydier:
baren Stoffe durch das entstandene Manganichlorid oxydiert werden.
Winkler suchte nun dieses Defizit dadurch zu vermeiden, daß er zu
einer Parallelprobe desselben Wassers eine bekannte Quantität Man-
ganichlorid gab, welches die vorhandene verunreinigende Substanz
oxydierte, worauf der Überschuß an zugefügtem Oxydationsmittel
jodometrisch bestimmt wurde. Durch eine Subtraktion des Über-
schusses von der Totalmenge zugeführten Manganichlorids wurde
das Defizit erhalten, das nun zu dem zuerst erhaltenen O,-Analysenwert
zugezählt werden sollte. Die Methode ist umständlich und vor allem
ganz falsch. Die Theorie geht davon aus, daß der O,-Verlust erst
bei der Auflösung der Fëllung eintritt, d. h. wenn die Probe angesäuert
wird. Doch geben uns die hier mitgeteilten Analysenserien wichtige
Aufklärungen darüber. Das Defizitentsteht bereits im alkalischen Stadium,
und zwar durch einen Prozeß, der um so mehr störend einwirkt,
je länger man die Probe ohne Säurezusatz stehen läßt. Die Korrektions-
methode arbeitet in saurer Lösung, und die erhaltenen Resultate müssen
notwendigerweise ganz anders werden, da die meisten Oxydations-
und Reduktionsprozesse in alkalischem und saurem Milieu in völlig
verschiedener Weise verlaufen. Der Wert der Methode war auch sehr
umstritten, ohne daß man den Fehler finden konnte.
2. Das Manganichloridverfahren nach Noll. Diese Kritik der
Winklermethode trifft auch das Verfahren von Noll (1905). Hierbei
erhält man die Korrektur dadurch, daß man die Parallelprobe zuerst
mit Jodkalium und nachher mit Manganichlorid versetzt.
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 45
В. Vorozxydierungsmethoden mit Permanganat.
Eine Methode, die in England und Amerika allgemeines Ansehen
zemeßt, ist die von Rideal und Stewart (1901) ausgearbeitete Vor-
behandimgsmethode der Probe durch einen Zusatz von Permanganat
und Schwefelsäure. Hat dieser Zusatz eingewirkt, so reduziert man
den Überschuß durch einen Zusatz von Oxalsäure. Bezüglich der An-
wendag dieser Methode will ich zuerst Standard Methods of Water
Anares, 1923, 8. 59#. anführen, wo die Methode zum allgemeinen
Gerssch bei Sauerstoffanalysen empfohlen wird. Die Reagenzien
SS Vorbehandlung sind: konzentrierte Schwefelsäure, Kalium-
msanganat (6,32 g pro Liter) und Kaliumoxalat (20g pro Liter).
‚Remove the stopper from the bottle (250 bis 270 cm) and add first
1 ест of the concentrated sulfuric acid, and then lccm of the po-
‘ssaum permanganate solution. These and all other reagents should
е introduced by pipet under the surface of the liquid. Insert the
<оррет and mix by inverting the bottle several times. If a noticeable
excess of potassium permanganate is not present after 20 minutes
again add 1 ccm of the permanganate solution; is this still insufficient,
use а stronger permanganate solution. After 20 minutes have elapsed
destroy the excess of permanganate by adding 1 сст of potassium
oxalate solution, re-stopper the bottle at once and mix its contents.“
Da die Menge der Verunreinigungen im Wasser die oben bzw. in
allgemeinen Fällen bestimmte Dosierung oft weit übertrifft, beschloß
th, die Reagenzmenge dadurch zu erhöhen, daß ich zu jeder Probe
L5 cem) 0,5ccm einer etwa n/l Kaliumpermanganatlösung (= 3,2g
жо 100 ccm Lösung) und zur Reduktion des Überschusses 1 сст
a;l Oxalsäureldsung (7 g pro 100 ccm Lösung) hinzugab; diese Menge
xu genügen, um selbst die ganze hinzugefügte Permanganatmenge
m reduzieren. Doch traten anscheinend sehr sonderbare Störungen
af. Um dies zu demonstrieren, will ich eine Versuchsreihe wiedergeben,
хо ich die eben genannten Reagenzmengen verwendete.
Die acht Proben wurden unmittelbar nacheinander demselben durch-
teten Aqua dest. entnommen. Anfangs- und Schlußprobe waren regel-
Ste Winklerproben, die zeigen sollten, daß während des Verlaufs der
Probeserie keine Veränderung im Sauerstoffgehalt erfolgt war. Ferner
vurden zwei Blindproben genommen, deren Analysenmittelwert in Tabelle IV
Einzelserie А zu ersehen ist, und zu welchen ich Leem n/l Oxalsäure,
"35 eem konzentrierte Schwefelsäure und nach 20 Minuten die Winkler-
schen Reagenzien sowie weitere Zoom 40proz. NaOH gab. Die vier
Segen Proben wurden mit 0,5 ccm Permanganatlösung und mit denselben
Mengen Oxalsäure und Schwefelsäure versetzt wie die Blindproben. Zwei
Proben (Mittelwerte in der Einzelserie B) wurden unmittelbar nach der
wäständigen Klärung (20 Minuten) mit den Winklerschen Reagenzien
ad mit 2ccm 40proz. NaOH versetzt, während die beiden anderen
Analysenmittelwert in der Einzelserie C) 20 Stunden stehenblieben,
46 G. Alsterberg:
ehe die Winklerbehandlung erfolgte. Unmittelbar nachdem sich die Fälluı
sedimentiert hatte, wurde die Analyse in der üblichen Weise vorgenomme
Tabelle IV
| , Oxalsäure- | Permanganat. ES M — кеа | Si — ich
zusatz | zusatz 2-Menge weichung | weichun
ЭШ ТИЙ ccm ccm pro Liter ccm pro Liter ' Proz.
| —
Anfangsprobe ' 0 | 0 4,85 — =
A | 1 0 4,87 -- 0,03 + 0,6
B 1 0,5 4,26 — 0,56 — 11,6*
С 1 | 0,5 3,85 — 0,99 — 20,5 *
Schlußprobe | 0 | 0 4,82 — —
si Unmittelbare Winkler-Analyse. — Sei Winkler-Analyse nach 20 Stunden.
Eigentümlicherweise ergeben die voroxydierten Proben einen vi
niedrigeren Wert als die ursprünglichen Winkleranalysen. Noch mer!
würdiger erscheint diese Tatsache bei einem Vergleich mit den R«
sultaten der Blindproben. Die Oxalsäure kann nicht dafür verantwor!
lich gemacht werden, was auch nach den Resultaten in Tabelle І, S. 3
zu erwarten war. Offenbar nimmt während des Reaktionsverlauf
zwischen Permanganat und Oxalsäure das im Wasser gelöste О, а
der Reaktion teil. Der Oxydationsverlauf ist keineswegs mit de
Klärung der Probe nach der Permanganatreduktion abgeschlossen
denn in den Proben existieren noch lange nachher oxydierende Stoffe
die das Jod aus dem hinzugefügten Jodkalium frei machen. Deshall
ergeben Proben, die man längere Zeit stehen läßt, noch negativen
Werte. So wurde der elementare Sauerstoff sichtlich aktiviert, und e
entstand im späteren Verlauf der Analyse keine neue, reduktiv wirk
same Substanz.
In einer anderen Untersuchung (Alsterberg, 1926) konstatiert
ich, daß diese Sauerstoffaktivierung der Mangansuperoxydreduktiot
eigentümlich ist, die ein Glied in der Permanganatreduktion bildet
ferner, daß sie nicht nur bei Reduktionen mit Oxalsäure vorkommt
sondern auch in anderen Fällen, z. B. bei der Reduktion mit Rhodan
kalium oder salpetriger Säure. Auch fand ich Werte, die es wahrschein
lich erscheinen lassen, daß sie bei Reduktion mit schwefliger Säure
erfolgt. Die hierher gehörigen Experimente sind jedoch recht um
ständlich, auch noch nicht beendigt, weshalb ich sie hier nicht wieder:
gebe.
Ausgehend von den oben gefundenen Tatsachen, muß ich zu eine!
Prüfung der Rideal-Stewart-Methode als solcher übergehen. Ich will
das Resultat einer Analysenserie mit durchlüftetem Aqua dest. wieder-
geben (Tabelle V).
Bei der Anwendung der Methode ging ich nur von den halben Quan-
titäten der für diese Methode vorgeschlagenen Reagenzmengen aus, da
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 47
me Probeflaschen nur etwa das halbe Volumen aufnahmen. So gab ich
wS5eem konzentrierte Schwefelsäure, 0,5 ccm п/б Permanganat, 0,5 ccm
Kalumoxalst (2g auf 100 ccm Lösung) und nachher 0,5 сот Mangan-
"hlorunisung und 1,5 ccm K J-Lauge (40 proz. im Verhältnis zu konzentrierter
NaOH) dzu. Anfangs- und Schlußproben wurden regelrecht nach Winkler
analysiert.
|
Tabelle V.
lau "` Og-Menge | Abweichung : Abweichung
o Мешоче | ` eem pro Liter | cem pro Liter | Proz.
Winkler ........ 463 | — | =
Bideal-Stewart ..... ' 4,58 — 0,04 — 0,9
пеел ` 4,569 —003 —06
Winkler . -» 2 2 220. | 4,61 Ä — | —
Die Abweichungen sind bei den modifizierten Proben im Hinblick
ші den Winkler-Mittelwert gering, liegen aber leider in derselben
| Achtung, so daß man annehmen kann, sie seien tatsächlich noch
| mòler: man muß nämlich annehmen, daß den Proben durch die
Reagenzien ein gewisses Quantum Sauerstoff zugeführt wurde, und
mech sind die erhaltenen Werte zu klein. Sichtlich besteht hier
те Ändeutung desselben Phänomens, das eben nachgewiesen wurde.
Ap sollte man glauben, so kleine Fehler seien praktisch bedeutungslos,.
È: tritt aber ein Umstand hinzu. Ich erwähnte soeben, daß die Sauer-
flaktivierung bei jeder Mangansuperoxydreduktion, im allgemeinen
| zabhängig von der Beschaffenheit des Reduktionsmittels, eintritt.
| Daher läßt sich mit gutem Grund annehmen, daß die Sauerstoffakti-
sag mit nachfolgendem Sauerstoffverlust auch bei der Oxydation der
"duktionsfähigen Produkte in der Probe eintrifft. Das ist gleichbedeutend
mt der Unanwendbarkeit der Methode, denn es ist natürlich gleich-
rtig, ob die durch die reduktionsfähigen Produkte bedingten Ver.
ate auf die eine oder andere Weise entstehen. Tatsächlich erhielt
© bei Analysenproben, die mit frischer Milch usw. versetzt und
поет oxydiert worden waren, Werte, die weit unter dem wirklichen
Werte lagen. Jedenfalls ist es ausgeschlossen, daß sich die Methode
п einer größeren Kapazität ausarbeiten läßt.
С. Voroxydierungsmethode mit Hypochlorit.
Diese von Winkler (1915) ausprobierte Methode leidet an ver-
diedenen Mängeln; diese treten besonders dann hervor, wenn man
ете Quantitäten der Reagenzien anwendet, als Winkler vorschrieb,
" im allgemeinen notwendig ist, wenn es sich um effektive Oxydation
“т Verunreinigungen im allgemeinen handelt. Bezüglich dieser Methode
“l ich auf meine frühere Abhandlung (Alsterberg, 1925) hinweisen.
eh will ich in dieser Abhandlung hinzufügen, daß man meiner Er-
48 G. Alsterberg:
fahrung nach genügend kräftige Lösungen erhalten kann, wenn maı
Chlorkalk mit Wasser digeriert. Auch bei Reduktion des Überschusse
mittels Rhodankaliumzusatz unter besonderen Umständen treteı
keine Störungen auf. Doch muß der Chlorkalk in diesem Falle gar
frei von Chlorit sein, wovon man sich nur durch mit reinem Wasse
genau ausgeführte Serienexperimente mit gewöhnlichen Winklerprobe:
und voroxydierten Proben überzeugen kann, da keine einfachen quali
tativen Proben auf Chlorit beim Vorhandensein von НуросШоп
existieren. Da Chlorit außerdem in Hypochloritlösungen sehr leich
nach einiger Zeit entsteht, kann ich diese Methode nur ausnahmsweis
empfehlen.
D. Parallelbehandlung mit Hypochlorit.
Auch diese Methode wurde von Winkler (1916) ausgearbeitet
Sie besteht darin, daß man eine Hauptprobe und eine Parallelprob:
mit einer gleich großen Menge Hypochlorit sowie mit Säure versetzt
außerdem aber zur Hauptprobe die bei der Winklerschen Sauerstoff
analyse üblichen Reagenzien hinzugibt. Die Parallelprobe wird dam
nur mit KJ versetzt und sofort titriertt. Der dabei erhaltene Weri
entspricht dem Hypochloritüberschuß und wird vom Wert der Haupt:
probe subtrahiert. Ich untersuchte das Verfahren nicht näher, abeı
es ist wahrscheinlich besser als das Manganichloridverfahren. Doch ist
die Behandlung paralleler Proben immer umständlich, besonders wenn
man geringe Quantitäten konzentrierter Hypochloritlösungen ver-
wenden will, da selbst unbedeutende Meßfehler das Analysenresultst
in sehr störender Weise beeinflussen. Das Reagens muß immer in
konzentrierter Form dazugegeben werden, da eine gleiche Menge von
Oxydationsiittel in verdünnter Form zugleich eine mit freiem elemen-
taren Sauerstoff gesättigte oder sogar übersättigte Lösung darstellt,
indem Hypochlorit bei Licht unter Entwicklung von freiem Sauerstoff
zerfällt. Außerdem treten noch andere Umstände hinzu, die bei der
Anwendung der parallelen Chloroxydationstechnik Schwierigkeiten
verursachen, worauf ich hier nicht näher einzugehen brauche.
E. Methode mit Auswaschen der Fällung.
Diese allgemein empfohlene Methode stammt ebenfalls von Winkler
(1914). Sie besteht darin, daß man die Fällung, welche in der nach
der Winklerschen Methode behandelten Probe entsteht, entweder mit
Kohlensäure (Winkler, 1. с.) oder mit Bicarbonat (Bruhns, 1915) be:
handelt. Die Fällung wird sandig und verliert die Fähigkeit, weiterhin
Sauerstoff zu absorbieren, worauf man sie durch Waschen von den die
Analyse störenden Verunreinigungen befreien kann. Die Methode,
welche ich nicht direkt prüfte, ist mit Rücksicht auf vorkommende
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 49
Мше und ähnliche Verunreinigungen ausgezeichnet, aber in vielen
aken Fällen nützt sie nichts. Wir erwähnten schon früher, daß
‚| de genden Reaktionen schon im alkalischen Stadium zustande
kene Einige dieser Reaktionen verlaufen sehr rasch. Beim gleich-
жуа Vorhandensein von Sauerstoff und Schwefelwasserstoff bildet
sche Fallung, die durch ihre dunkle Farbe das Vorhandensein von
See anzeigt; infolge der reduzierenden Fähigkeit der Sulfide
тх ёе diese Farbe oft innerhalb weniger Minuten gebleicht. Ebenso
rien sich schweflige Säure und gewisse Polythionsäuren usw.,
æ und diese zuletzt erwähnten Stoffe insofern von geringerer Be-
жш, als sie künstliche Verunreinigungen darstellen, während
“veelwasserstoff unter rein ökologischen Umständen sehr oft vor-
San Wir sahen außerdem, daß organische Verunreinigungen auf
ähnliche Weise stören, wenn auch nicht so energisch wie Schwefel-
wersioff oder schweflige Säure. Deshalb dürfte uns diese Aus-
| rachmethode in den meisten Fällen im Stich lassen.
F. Spezielle Methoden bei Anwesenheit von Eisen.
Eisensalze kommen im natürlichen Wasser sehr oft vor und stören
te Wiakleranalyse sehr, was später durch Ziffern veranschaulicht
werden soll. Im allgemeinen berücksichtigt man dreiwertiges Eisen
sehe 2. В. Buswell und Gallaher, 1. с.). Dieses wirkt im allgemeinen
“rderend auf gleichzeitig vorhandene Jodide, und als Folge davon
"ЫҢ man einen zu hohen Wert bei der Sauerstoffanalyse. Dem ist
de leicht abzuhelfen, wenn man bei der Lösung der Fällung anstatt
“sure Phosphorsäure verwendet, denn Ferriphosphat wirkt sehr
sivsch oxydierend. Doch stören die zweiwertigen Eisensalze nicht
"tiger, denn sie wirken als Reduktionsmittel. Teils absorbiert das
feworydhydrat gleich dem Manganooxydhydrat elementaren Sauer-
gl teils wird bei der Lösung der Fällung ein weiteres Quantum noch
'tierenden zweiwertigen Eisens zu dreiwertigem oxydiert. Die
kmpensierende Reaktion, wodurch das dreiwertige Eisen durch
оп des vorhandenen Jodkaliums in zweiwertige Form über-
führt wird, geht recht langsam vor sich. Kommen zwei- und drei-
ge Eisen gleichzeitig vor, so besteht nur die Möglichkeit, das
“ue Eisen durch Oxydation in Ferrieisen zu verwandeln.
Darum berücksichtigen die vorher genannten Oxydationsvor-
*andlungsmethoden, besonders die Chlorierungsmethoden Winklers,
a Vorkommen von Eisen. Bei Anwesenheit von Eisen in solchen
Plen empfiehlt Winkler (1915) die Anwendung von Phosphorsäure.
\ ud zu wird in der Literatur beim Vorkommen von Eisen Phosphor-
Че oder auch Schwefelsäure als Lösungsmittel empfohlen, ohne
besche Zeitschrift Band 170. 4
50 G. Alsterberg:
daß man auf die notwendige Voroxydation der Probe hinweist. ]
muß zu Fehlern führen, da wenigstens unter natürlichen Verhältnis
damit zu rechnen ist, daß zweiwertiges Eisen in der Probe vorkom
Jedenfalls muß die Probe beim Vorhandensein von Eisen in ji
Form voroxydiert werden, wenn der Analysenwert sicher sein =
G. Spezielle Analysenmethoden bei Anwesenheit von Niütriten.
Auf dem sauerstoffanalytischen Gebiet hat keine verunreinigeı
Substanz so viel Arbeit veranlaßt wie die Nitrite, und die meisten frü
erwähnten Korrektionsmethoden befassen sich mit dieser Form vx
Verunreinigung. Außerdem gibt es spezielle Methoden, die ich h
behandeln will. Im übrigen verweise ich auf meine frühere Arb
(Alsterberg, 1925).
1. Harnstoffmethode nach Lehmann und Noll. Lehmann (1901) u
Noll (1917) probierten eine Methode aus, die darin besteht, дав ‹
nitrithaltige Probe mit Harnstoff versetzt wird. Die beiden Sto
reagieren nach der Formel
CO(NH,), + N,0,=C0,+2H,0+2N,,
oder bei gewöhnlicher Temperatur und Überschuß an Harnstoff, w
vom vorliegenden Falle gilt,
2CO(NH,), + №0, = (Н,№),СО, + CO, + 2N,.
Doch geht diese Reaktion sehr langsam vor sich, weshalb größe
Möglichkeit für das Vorkommen von Nebenreaktionen vorhanden 1
Zur Verdeutlichung führe ich eine Serie von Experimenten an.
Sie umfaßt fünf Partikularserien. Sie wurden demselben Wass
entnommen und mit einer regelrechten Winkleranalyse ohne fremde Zusät
begonnen und abgeschlossen. Die anderen auf diese Weise gewonnen
Proben der Partikularserie wurden mit Natriumnitritlösung in bestimmt«
Quantitäten, 0,öccm 50 proz. Harnstofflösung und 0,5 ccm 25 proz. Schweit
säure, versetzt. Einige dieser Proben, die in der Tabelle VI nicht dire!
angeführt sind, fungierten als Parallelproben, wenn es sich darum handelt
den Abschluß der Reaktion zu konstatieren (durch Zusatz von KJ ш
Stärkelösung) sowie für die Untersuchung der eingetroffenen Veränderungt
im Salpetergehalt. Diesen untersuchte ich durch einen qualitativen Ve
gleich zwischen dem Salpetersäuregehalt der ursprünglichen Nitritlösur.
in der Verdünnung, die zustande kam, wenn man Nitritlösung zur Prot
gab, und einer Probe, die man mit Harnstoff die nötige Zeit stehen ließ. B
diesen Analysen wurde das Diphenylaminreagens von Tillmans (1910) ve
wendet. In denVergleichsproben, die die ursprüngliche Nitritlösung enthielteı
mußte der Nitritgehalt zuerst entfernt werden, um die Salpetersäureanaly®
zu ermöglichen. Diese geschah durch Zusatz von Natriumazid im Überschu
und Schwefelsäure. Der Überschuß an Stickstoffwasserstoffsäure wurd
seinerseits durch Kochen entfernt, bis die Probe ungefähr ein Viertel ode
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten о, usw. 51
an Drittel ihres Volumens verloren hatte!), worauf die Probe zu ihrem
zspränglichen Volumen verdünnt wurde und jetzt zur Analyse fertig war.
[та der mit Nitrit, Harnstoff und Schwefelsäure versetzten Proben wurden
wch abgelaufener Reaktionszeit mit den Winklerschen Reagenzien versetzt
md sd 0, analysiert (in der Tabelle VI ‚Nitrit-Winkler‘‘). Alle in der
Takt] angegebenen Werte sind das Mittel zweier Analysen. Mit
Bag versetzte Proben wurden nach 20 Stunden analysiert.
Tabelle VI.
| M | d 7
Е Natrium. O2 Menge Ab | Ab `
Methode ~ nitrit weichung weichung Anmerkungen
o | Probe Titer ` — Proz.
‚Wakler...... 0 433 — —
Nitrit- Winkler . Aë 007 | — 4,26 | — 98,4
Шер... ı © 491 — = Deutlich er»
net. Winkler . | 21 279 | —2,12 | — 43,2 |j Pöhter Salpeter,
(Fiaker... 0 4,79 = Se, A
Nitrit-Winkler . . . . 10,5 363 |—116 | — 24,2 |
р ЖаШ... ... 0 АЛ eege ды
Уг. Winkler. . . | 5,25 462 i —0,11 — 23 | Salpetersäure.
Dale... . 0 465 | — | — (| ае erhöht
Nitrit- Winkler 263 | 463 !—002 — 04}
Die Zusammenfassung der Resultate ergibt, daß sich die Destruktion
uch geringer Nitritquantitäten durch Harnstoff nicht leicht durch-
Akten läßt, ohne daß gleichzeitig der im Wasser gelöste elementare
Моего verschwindet und damit der Zweck der Behandlung verfehlt
А. Im Partialexperiment A wurde nur ein Bruchteil des anfangs
"лијепе Sauerstoffs in der Analyse konstatiert. Noch im Partial-
periment D war die Differenz größer als 2 Proz. Wohin kommt nun
ет verschwindende Sauerstoff ? Diese Frage läßt sich leicht beant-
Wien, denn der Sauerstoff verursacht eine Erhöhung des Nitraigehalts.
ler hinzugefügte Harnstoff spielt keine Rolle, denn ich konstatierte,
) Die Stickstoffwasserstoffsäure ist sehr flüchtig. Nichtsdestoweniger
man die Probe bei größerem Flüssigkeitsvolumen kochen, um sie zu
Hamen, was unbedingt notwendig ist, weil sie durch ihre Gegenwart
> Salpetersäurereaktion schwächt oder verhindert. Handelt es sich um
mng Flüssigkeitsmmengen, so untersucht man am besten auf Stickstoff-
"erstoffsäure, indem man beim Kochen der Probe einen mit neutralem
ææehlorid getränkten Filtrierpapierstreifen vor die Mündung des Probe-
cken hält: momentan auftretende Rotfärbung bezeichnet das Vorkommen
Stickstoffwasserstoffsäure (Alsterberg, 1924b). Doch muß ich darauf
“weisen, daß eine Dunkelfärbung nach der Erwärmung des Papiers nur
ч ner bei höherer Temperatur stärker auftretenden Hydrolyse des
„üchlorids beruht, während die Stickstoffwasserstoffsäure in diesem
‘le verdunstet, ohne das Papier zu färben.
4*
52 С. Alsterberg:
daß diese Substanz auch in großen Mengen auf die Resultate
Winkleranalyse keinen Einfluß ausübt. Das geht auch aus den Re
taten der späteren Partialserien in dem eben referierten Experim
hervor. Auch über den näheren Verlauf kann man sich mit einer
wissen Bestimmtheit aussprechen. Beim Destruktionsprozeß zwisc|
Nitrit und Harnstoff bildet sich eine Menge sehr kleiner aufsteigen
Gasblasen, sie bilden eine große Oberfläche, durch welche die salpetı
Säure und Sauerstoff aus dem Wasser diffundieren. Diese reagie
aufeinander nach der Formel
2 №,0, + О, = 27,0,
worauf die so gebildete Untersalpetersäure im Wasser in salpetr
Säure und Salpetersäure zerfällt.
N,0,+H,0=HNO, + HNO,
Dieser Kreislauf kann weitergehen, bis das ganze Nitrit zu Salpet
säure verarbeitet oder bis der ganze Sauerstoff verschwunden i
Hier ist die Zeit ein wichtiges Moment, und da der Zerfallsproz
zwischen salpetriger Säure und Harnstoff so außerordentlich langss
vor sich geht, können diese Umstände eine bedeutende Rolle spiele
Der Versuch zeigt im Hinblick auf die O,-analytische Techn!
daß das Lehmannsche Verfahren gänzlich ungeeignet ist, wenn es si
um die Entfernung größerer Nitritmengen handelt. Erst bei niedrigere
Nitritgehalt sind bessere Resultate zu erzielen.
Noll (1. с.) experimentierte mit derselben Methode, und sei
Resultate sind durchweg gute, aber die von ihm angewendeten Nitr
mengen sind im allgemeinen geringer als meine. Allerdings versetz
er jede Probe mit 1 ccm 50proz. Harnstoff und 1 ccm 25proz. Schwef
säure, während ich nur 0,5ccm von jedem Reagens dazu gab, wi
meine Probeflaschen viel kleiner waren.
Hier mag erwähnt werden, daß die konstatierten Tatsachen nic!
ohne Bedeutung sind, wenn es sich um die Analyse der Nitrite handel
Wir sahen, daß der Nitritgehalt in den Proben bei der Harnstof
behandlung stieg, was in offenen Proben in noch höherem Grade stat
fand. Daher ist Harnstoff nicht als Destruktionsmittel für Nitri
geeignet, wenn es sich um die separate Analyse von Nitraten bei А!
wesenheit von Nitriten handelt. Hierfür erwies sich die Stickstof
wasserstoffsäure und ihre Salze als weitaus besser (Sommer und Pinca
1915; Alsterberg, 1924b).
2. Neutralisationsmethoden nach Clarke, Hale und Melia. Bezüglic
_ dieser Methoden verweise ich auf meine Abhandlung (Alsterberg, 1925,
Die Methode Clarkes hat Noll (1917) recht scharf und wahrscheinlie
richtig kritisiert. Die Methode Hales und Melias (1913) kontrolliert
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 58
ich durch eigene Experimente und fand sie sehr gut, wenn es sich darum
handelt, die Nitrite als katalysatorisch störende Substanzen auszuschließen.
Doch besteht eine Fehlerquelle im Analysenresultat darin, daß es durch
den Sauerstoff erhöht wird, den die Nitrite bei ihrem Übergang in
Stiekstoffoxyd abgeben.
3. Die Azidmethoden. Bezüglich dieser von mir ausgearbeiteten
Methoden verweise ich auf meine Abhandlung (Alsterberg, 1925).
Durch diese Methoden lassen sich vorhandene Nitrite leicht entfernen.
Doch können nur geringe Nitritmengen auf diese Weise entfernt werden.
№ fand, daß man jede Probe (125ccm) mit 10 mg Na №, versetzen
шп, ohne dem Analysenresultat im geringsten zu schaden. Diese
[kesis genügt, um Störungen einer Nitritkonzentration von etwa 25 mg
ро Liter (berechnet als NaNO,) zu entfernen. Handelt es sich um
de Entfernung größerer Nitritmengen, so muß man zu anderen
Nethoden greifen.
H. Romijns Methode.
Romijns Methode (1896) ist eigentlich nur eine Modifizierung der nicht
modifizierten Winklerschen Analysenmethode mit besonderer Berück-
Schtigung eines von Romijn konstruierten Probeentnahmegefäßes, das die
Form einer Pipette hat und oben und unten durch Hähne verschlossen ist.
Die bei der gewöhnlichen Winklermethodik entstehende Fällung bildet ein
Hindernis für die Anwendung des Apparats. Die Entstehung einer solchen
Fällung wird dadurch verhindert, daß man nach der Manganchlorürdosis
Signettesalz zur Probe gibt; beim Laugenzusatz entsteht keine Fällung
m der Probe, sondern die ganze Flüssigkeit wirkt O,-absorbierend. Doch
erhält man (Jorissen und Ringer, 1905; van Eck, 1913; Schoorl, 1913)
tei dieser Methode leicht fehlerhafte Werte, z. B. wenn Kalk oder Magnesia
vorhanden ist, weshalb die Methode unbrauchbar ist.
Ш, Eine neue Korrektionsmethode mittels Voroxydierung durch Brom.
Wenn es sich darum handelt, die Störungen reduzierender Stoffe
amtlich auszuschalten, so erfüllen die referierten Korrektionsmethoden
tese Forderung nicht. Die Parallelbehandlungen sind immer mehr
oler weniger kompliziert und doch durchaus nicht sicher; das Mangani-
äleridverfahren ist ganz unbrauchbar, die Parallelbehandlung mit
Chlor ist besser, doch riskiert man hier Fehler, die mit Rücksicht
"das Analysenresultat recht hoch sind. Eine Vorbehandlungsmethodik
З absolut vorzuziehen, aber die dafür ausprobierten Methoden sind
Dächer. Das Verfahren von Rideal und Stewart (1901) muß ganz
"afach immer mehr oder weniger fehlerhafte Resultate erzielen, wie
Reine Experimente nachweisen, und Winklers Chlor-Rhodanmethode
1915) hat den Nachteil, daß sich der Reinheitsgrad des Chlorkalks
ШМ! durch einfache Experimente bestimmen läßt. Die Auswasch-
Моје erzielt in gewissen Fällen gute Resultate, ist aber in anderen
54 G. Alsterberg:
nutzlos. Die Methoden, welche besonders die Nitrite berücksichtigen
spielen nur eine spezielle Rolle. Darum war es notwendig, eine Kor
rektionsmethode auszuprobieren, die sich zum allgemeinen Gebrauc]
еірпеќе. Die O,-Analysenmethode Winklers ist wegen des Wechsel
neutrale — alkalische — saure Reaktion höchst empfindlich und läß
sich nicht in allen Fällen anwenden. Doch läßt sich ihre allgemein:
Brauchbarkeit erhöhen, wenn man sie mit ausgearbeiteten Korrektions
verfahren kombiniert. Ich will jetzt eine neue Voroxydierungsmethod!
darlegen, deren Brauchbarkeit ich außerdem in einer Reihe von Fälle:
untersuchte.
А. Voroxydierungstechnik mit freiem Brom.
1. Die allgemeinen Prinzipien der Voroxydierungstechnik mi
Brom. Meine Methode besteht hauptsächlich darin, daß die Wasser
probe, welche einer O,-Analyse unterworfen werden soll, zuerst mi
freiem Brom oxydiert wird. Brom ist ein recht starkes Oxydations
mittel, das die meisten reduzierenden Stoffe, welche die Winklerschi
Analyse stören, angreift. Ferner kann freies Brom quantitativ salpetrig:
Säure zu Salpetersäure oxydieren; seiner Wirkung nach gleicht e
am meisten freiem Chlor. Der Bromüberschuß wird durch einen Zusat!
von Salicylsäure reduziert. Dieser gegenüber sowie gegenüber deı
Phenolen und Phenolderivaten wirkt das Brom substituierend, inden
es z.B. mit Salicylsäure, wenn diese im Überschuß vorhanden ist
Tribromsalicylsäure bildet:
C;H,(OH)COOH + 3 Br, = C,H Br,(OH)COOH + 3 HBr.
Tribromsalicylsäure wirkt auf Jodkalium nicht oxydierend, weshall
eine so behandelte Probe nachher nach der Winklermethode auf Sauer
stoff analysiert werden kann. Ich versuchte, andere Phenolderivatı
zu verwenden, besonders Phenol, das sich leichter als Salicylsäur
hinzugeben läßt, konstatierte aber in den darauffolgenden Analyseı
große O,-Verluste.
Auch die Salicylsäure ist nicht ganz ohne Einfluß auf die folgende!
Stadien der O,-Analyse, aber diese Einwirkung ist durch einen ge
nügenden Zusatz уор К J leicht zu eliminieren. Auf freies Jod in saure:
Lösung ist reine Salicylsäure ohne Wirkung, wogegen diese Substan
in alkalischer Lösung stark substituierend wirkt.
2. Die zur Voroxydation nötigen Reagenzien. Die zur Bromvor
oxydierung notwendigen Reagenzien sind: Bromlösung und eine Lösung
von Natriumsalicylat. Ferner benutzte ich bei Verwendung diese!
Technik immer Phosphorsäure zum Ansäuern der Probe.
Die Bromlösung kann auf verschiedene Weise zubereitet werden
Meistens gab ich etwa 9g freies Brom (= 3 сот, mit Rohrpipett
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 55
ewn), 6g KBr, in ein wenig Wasser gelöst und 10 ccm 25proz.
НП m einen 100-ccm-Meßkolben, worauf die Zusätze geschüttelt
тибеп, bis das Brom aufgelöst war. Daraufhin gab ich Aqua dest.
dazu, » daß 100 ccm Lösung entstanden. Die ungefähr n/1 Lösung ist
М altbar, wenn man sie in einer braunen Flasche mit Glasstöpsel
йеп (geschützt vor Licht), nimmt jedoch nach und nach an
баъ а. Das Brom oxydiert das Wasser, wobei sich freier Sauerstoff
wi kımwasserstoff bilden, weshalb man nach einer gewissen Zeit
æ xwe Lösung zubereiten muß, је nach den Forderungen, die man
Gs Stärke der Lösung stellt. Man stellt sie am leichtesten fest, indem
ы nch einem genügenden KJ-Zusatz zu einer abgemessenen
haztität Lösung in etwa 50 bis 100 ccm Wasser mit einer bekannten
irposulfitlösung titriert. Die Pipettierung des freien Broms bei der
Itereitung der Lösung ist recht unangenehm; diese Schwierigkeit
wmeidet man aber, wenn man von Kaliumbromat ausgeht. Man
кя är Na Вг in 20 ccm kaltem Wasser in einem 100-ccm-Meßkolben,
теш die Lösung mit 3g KBrO, und, ohne dessen Auflösung ab-
птайеп, nach und nach mit 25ccm 25proz. HCl, wobei man die
Lösung unter der Wasserleitung abkühlt, um ihre Erwärmung während
бт Reaktion zu verhindern. Jetzt entsteht eine Lösung von freiem
Кош, sobald sich das Bromat löst; um das frei gemachte Brom zur
Auflösung zu bringen, muß man die Flüssigkeit schütteln. Ist die ganze
Sure zugeführt und hat sich das Bromat gelöst, so verdünnt man
art Aqua dest. zu 100 ccm-Lösung, worauf das Reagens fertig ist. Ich
дае, daB sich Natriumbromat leichter verwenden läßt als das ent-
sprechende Kaliumsalz, weil das Natriumsalz leicht löslich ist. Doch
tante ich dies nicht prüfen.
Salicylsäure wurde in Form von Natriumsalicylat verwendet, weil
Ges Verbindung leicht löslich ist; die Säure als solche ist dagegen
cht schwer löslich. Dieses Reagens wird bereitet, indem man 10g
Sleylsäure in einem Becherglas abwägt und 10 bis 20 ccm Wasser
wi ccm 15рго2. Natronlauge (aus ganz reiner Substanz bereitet)
ibt, worauf sich die Säure recht rasch löst. Nachdem sie sich
Big oder fast ganz gelöst hat, gibt man Aqua dest. dazu, so daß 100 ccm
lõng entstehen. Das Reagens hält sich bei dieser Konzentration
e Zeit, nimmt aber nach und nach eine gelbe bis schwach braungelbe
Fire an, was gar nichts bedeutet. Wird das Präparat aber sepiabraun,
“u nur in konzentrierten Lösungen gewöhnlich sehr rasch eintritt, so
u$ es erneuert werden. Die Lösung ist in einer mit Glasstöpsel ver-
Seen Flasche aufzubewahren.
Als Lösungsmittel für die Fällung verwendete ich konsequent
Tree Phosphorsäure (85proz.). In den meisten Fällen läßt sich
ùk- oder Schwefelsäure verwenden. Wenn aber Eisensalze in der
56 G. Alsterberg:
Probe vorhanden sind, muß man aus mehreren Gründen Phosphorsäı
verwenden.
3. Behandlung der Analysenprobe bei Anwendung der Voroa
dierungsmelhode mittels Brom. Man muß die Probe in gleich
Weise und mit denselben Flaschen entnehmen, wie ich es früh
empfohlen habe. Danach gibt man unmittelbar 0,5 ccm mit der Me
pipette entnommene Bromlösung hinzu, worauf man den Stöp:
einsetzt und die Probe schüttelt, die man dann etwa 24 Stunden steh:
läßt. Unmittelbar vor der Analyse erfolgt die weitere Behandluı
der Probe. Nachdem man die eventuell vorhandene Flüssigkeit zwisch«
Stöpsel und Hals der Flasche entfernt hat, nimmt man den Stöps
heraus und gibt sofort 0,5 ccm Natriumsalicylatlösung hinzu. Hernac
setzt man den Stöpsel wieder ein, ohne daß irgend eine Luftblase vo
handen sein darf, worauf die Probe alsdann geschüttelt wird. D
Probe muß sich nun sogleich vollständig klären oder durch die au:
geschiedene bromierte Salicylsäure höchstens etwas trübe sein. Wichti
ist, daß man die Probe unmittelbar nach dem Salicylsäurezusat
schüttelt, denn sonst wird die bromierte Salicylsäure in großen Flocke
ausgeschieden; in diesem Falle wird der oxydierende Bromzusatz nich
ganz reduziert, sondern es bleiben Spuren davon zurück, möglicher
weise deshalb, weil іп der großflockigen Fällung der bromierten Salicyl
säure Tribromsalicylsäurebromid eingeschlossen ist, das bei der Reaktio:
des überschüssigen Broms auf Salicylsäure entsteht. Diese Verbindun;
wirkt oxydierend auf Jodkalium.
Durch das sofortige Schütteln der Probe nach dem Salicylsäure
zusatz wird die immer unmittelbar entstehende Trübung aufgelöst unc
die Salicylsäure wirkt überall im Überschuß. Ich überzeugte mich auct
durch Experimente, daß nicht bromierte Salicylsäure Tetrabrom
derivate reduzieren kann.
Hat die Probe 15 Minuten gestanden, so öffnet man die Flasche
wieder, worauf die Winklerschen Reagenzien (1 ccm Manganchlorü:
und 1 ccm KJ-haltige Natronlauge) dazugegeben werden, woraul
man die Probe schüttelt. Die entstehende Fällung ist sehr voluminös
und sinkt nie so vollständig in sich zusammen, wie dies sonst der
Fall ist. Das beruht sichtlich auf der vorhandenen Salicylsäure;
diese bedingt auch eine stärkere Braunfärbung. Doch ist die Lösung
oberhalb der Fällung immer ganz klar, während sie bei der ge-
wöhnlichen Winkleranalyse oft recht trübe ist.
Nach dem Zusatz der Winklerreagenzien wartet man 10 bis
15 Minuten (die Fällung nimmt da die Hälfte der Flasche ein) und gibt
dann die Säure dazu. Auf Grund der voluminösen Beschaffenheit
der Fällung muß man hier vorsichtig vorgehen, da die Fällung sonst
leicht aufgewirbelt wird; hat man den Stöpsel herausgenommen, 80
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 57
tacht man die Pipette іп die Flasche und läßt erst dann die Säure
sufließen, wenn die Pipettenspitze den Boden der Flasche erreicht hat.
Ist der größte Teil der Säure ausgeflossen, so zieht man die Pipette
langsam heraus, wobei die restliche Säure ausfließt, ohne die Fällung
im mindesten aufzuwirbeln. Dann verschließt und schüttelt man die
Flasche, bis sich die Fällung aufgelöst hat, worauf die Lösung klar
oder, тереп der ausgeschiedenen Salicylsäureverbindungen, trübe ist.
Am ken ist es, 1 ccm sirupöse Phosphorsäure zur Probe zu geben;
sach muß die Pipettenmündung weit und die Pipette im übrigen nicht
mag sein, da Phosphorsäure in dieser Konzentration schwer-
Пу ist. Zieht man Schwefelsäure vor, so genügen 2 сст 50proz.
Ktwefelsäure. Bezüglich der Säure kann man sich schon während der
Vorbehandlung entscheiden; die Entscheidung hängt davon ab, ob
Leen vorhanden ist oder nicht. Existiert Eisen, so färbt sich die Probe
bim Salieylzusatz mehr oder weniger deutlich lila, beim Vorkommen
emer größeren Menge von Eisen so stark, daß die Phosphorsäure schon
deshalb bei der Lösung der Fällung notwendig ist, weil man den Um-
shlag bei der Titration sonst nicht wahrnehmen könnte. Phosphor-
sure besitzt nämlich die Eigenschaft, die Farbe vieler Eisenverbin-
dugen zu bleichen. So verschwindet z. B. bei Monokaliumphosphat-
matz die braune Farbe des Eisenchlorids und die rote Farbe der
Ferrirhodanide, und dasselbe gilt von den stark gefärbten Ferriver-
bindangen mit verschiedenen Phenolderivaten.
Danach ist die Probe zur gewöhnlichen Titration fertig.
Doch muß ich noch einiges hinzufügen. Der Verschluß der Probe-
schen nach kleineren Reagenzzusätzen, wobei die Flüssigkeit nicht
den ganzen Hals der Flasche ausfüllt, erfordert eine gewisse Geschicklich-
keit, da sonst leicht eine Luftblase zurückbleiben kann. Dem entgeht
man leicht, wenn man den Stöpsel beim Verschließen der Flasche rasch
hmeinschiebt. Steht die Probe länger als 24 Stunden, so muß man
mmer einige Vorsichtsmaßnahmen treffen, um zu verhindern, daß
luft in die Flasche gesaugt wird; das geschieht nämlich sehr leicht
taz guter Stöpsel, weil die Flüssigkeit auf Grund einer Kapillar-
ulsaugung der Flüssigkeit zwischen Stöpsel und Flaschenhals einer
rugen Verdunstung ausgesetzt ist. Um das zu verhindern, muß man
шкет darauf achten, daß der Zwischenraum zwischen dem Stöpselkopf
wd dem oberen Rand des Flaschenhalses mit Wasser gefüllt ist. Das
wicht man am besten dadurch, daß man die Flasche gleich nach dem
меп unter einen Wasserstrahl hält, der den Stöpselkopf trifft;
м Wasser fließt daran herunter und pflegt den Zwischenraum voll-
“йр auszufüllen.
4. Experimentelle Resultate, die zeigen, daß die zur Bromoxydation
кейеп Reagenzien nicht störend auf die Analyse einwirken. Natürlich
58 G. Alsterberg::
mußte ich mich durch blinde Proben von der Verwendbarkeit de
Methode überzeugen. Ich gebe hier eine Serie wieder, die diesen Vorgan;
illustriert.
Sie bestand aus sechs Proben, die alle demselben Wasser (durchlüftete
destilliertes Wasser) entnommen waren. Die eine Hälfte wurde nach de
gewöhnlichen Winklermethode behandelt, wobei Schwefelsäure als Lösungs
mittel zur Verwendung gelangte. Die andere Hälfte wurde nach der Brom
oxydationstechnik behandelt.
Tabelle VII.
' OgWert Abweichung Abweichung.
Өт Е | cem pro Liter сет pro Liter | Proz.
Bromoxydation .... | 5,30 + 0,01 +02
Winkler... 220.0. 5,30 — —
Bromoxydation ., . . . 5,30 + 0,01 + 0,2
Winkler ........ | _ 5,28 = =
Bromoxydation .... | 5,30 + 0,01 + 0,2
Winkl... 2.2... 5,29 — —
Die hier wiedergegebene Serie bestätigt die Brauchbarkeit de
neuen Vorbehandlungsmethode zur Genüge. Ich muß aber auf da
schärfste betonen, wie wichtig das Vorhandensein einer genügendeı
К J-Menge in der Probe ist, da sonst die hinzugefügte Salicylsäur
bei der Lösung der Fällung leicht von der oxydierten Manganfälluns
angegriffen wird.
Nun könnte man allerdings fürchten, daß die neue Methode bein
Vorhandensein höherer O,-Gehalte versagen sollte. Mit Rücksicht au
die Salicylsäure ließe sich vermuten, daß eine größere Mangansuper
oxydquantität, die ja aus einem hohen O,-Gehalt resultiert, auf di
Salicylsäure irgendwie oxydierend wirken könnte. Daß dies nicht de
Fall ist, geht aus den Zahlen eines Experiments hervor, das nach den
selben Prinzipien wie das eben besprochene angeordnet war, docl
bestand der Unterschied darin, daß das Probewasser infolge Durch
lüftung mit freiem Sauerstoff sehr O,-reich war. |
Tabelle VIII.
Oꝛ⸗Wert Abweichung Abweichung
en р sem pro Liter | ccm pro Liter Proz.
Winkler .. 2... .. | 19,80
Bromoxydation . . . | 19,75
етер... 19,76
Bromoxydation . . . | 19,73
Winkler . ...... | 19,70
Bromoxydation 19,73
Aus den Werten geht mit aller Deutlichkeit hervor, daß das be
höheren O,-Konzentrationen befürchtete Defizit nicht zustande kommt
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 59
H Anwendung der Bromoxydationstechnik beim Vorhandensein von Eisen.
l. Vorhandensein von Ferroverbindungen. Zweiwertiges Eisen
kamt, wiewohl in geringen Mengen, im Wasser sehr oft vor. Im
ılyemenen legte man ihm als störende Substanz nur wenig Bedeutung
bei wdberücksichtigte von diesem Gesichtspunkt aus nur dreiwertiges
Pa Bruhns betonte (1916) als einziger die Bedeutung der Ferro-
телеп als störender Substanzen, erklärte aber gleichzeitig für
waith, eine einfache Sauerstoffanalysenmethode für Wasser, das
GC che Weise verunreinigt ist, zu finden.
[m die Bedeutung der Ferroverbindungen zu demonstrieren, will
Kam Versuchsreihe anführen. Sie bestand aus 12 Proben, unmittelbar
atrnander demselben Wasser (durchlüftetes destilliertes Wasser) ent-
kamen, Drei Proben waren gewöhnliche Winkleranalysen, und bei der
`“№елајуве wurde 50proz. H,SO, verwendet; drei Proben wurden in
reiben Weise behandelt, aber außerdem mit je 1 ccm Ferrosalzlösung
em, die aus 3,5g Mohrs Salz (Ferroammoniumsulfat) auf 100 ccm
Шеш (Leem = 5 mg Ferroeisen) bestand; ferner wurden drei Proben
Gene behandelt, aber in Phosphorsäure aufgelöst. Die letzten drei Proben,
Чез mit Eisen versetzt, wurden nach meiner Bromoxydationsmethode
seländelt. Das Resultat der Analysen veranschaulicht Tabelle IX.
Tabelle IX.
— Ferroeisenzusatz ў z | O ·Wert Abweichung | Abweichung
l mg pro Probe Saure | ccm pro — ccm m pro Liter EE
Tater... | 0 н,80, | 583 | —
e.l e | — 3,74 — 715
а 5 H,Po, 42 | —381 | — 728
Bremoxydation || 5 — 5,94 | +001 + 02
Bei der Ausrechnung der Resultate korrigierte ich die Flüssigkeits-
“lumina, indem ich das Volumen der hinzugefügten Ferroeisenlösung
abtrahierte, da sich nicht annehmen läßt, daß sie freien Sauerstoff
tthalten kann, weil die Lösung sehr bald durch eine bräunliche Fällung
~ sichtlich O,-absorbierendes Ferrooxydhydrat — getrübt wurde.
Die Ziffern enthüllen mehrere überraschende Tatsachen. Das
divertige Eisen verwandelt sich während der Analyse auf Kosten
% vorhandenen elementaren Sauerstoffs in dreiwertiges und deshalb
елед die Analysenresultate nach der nicht modifizierten Winkler- `
thode zu niedrig. Allerdings wirkt das so entstandene dreiwertige
oxydierend auf das vorhandene Jodkalium, aber dieser Prozeß
Bt e langsam vor sich, daß das einzige Resultat ein schlechter Um-
tilag bei der Titrierung ist. Dieser rückläufige Prozeß ist bei mit
horsäure behandelten Proben ganz ausgeschlossen, und deshalb
еее der O,- Verlust in Analysen nach derauf dieseWeise modifizierten
60 G. Alsterberg:
Winklermethode beim Vorhandensein von Ferroeisen am meister
ausgeprägt. In den Proben nach der Bromoxydationsmethode stimmer
die Werte nahezu vollständig mit den Winkler-O,-Werten der Prober
ohne Eisen überein, und damit ist der Beweis für die Anwendbarkei!
der Methode in diesem Falle erbracht.
Tatsächlich ist man erstaunt darüber, daß eine so geringe Ferro
menge die Analyse so zu stören vermag, denn wiewohl der absolut«
O,-Gehalt des Wassers keineswegs niedrig war, gingen doch ungefäh!
72 Proz. des Totalwertes (= 3,8 cem pro Liter) verloren. Bei eine
Berechnung stellt sich der Ferrogehalt in diesem Falle sehr hoch (5 mg
pro Probe = etwa 40 mg pro Liter), weshalb man unter natürlicher
Verhältnissen nicht mit solchen Störungen rechnen kann. Die Ferro.
eisenmenge beläuft sich pro Liter höchstens auf ungefähr 5 mg (vgl
z. B. Schreiber, 1906; Knauthe, 1907, S. 25, 35; Sonden, 1914, S.9, 11.
31, 35 usw.); verschwindet aber der freie Sauerstoff oder wird da:
Wasser stark sauer, so kann die Ferrokonzentration natürlich bedeutenc
sein. Nun greift auch eine Konzentration von 5 mg Ferroeisen ech
störend in die Analyse ein, was durch eine einfache Berechnung ver.
anschaulicht werden kann: im oben angeführten Experiment ab.
sorbierten 40 mg Ferroeisen ungefähr 3,8 cem Ош, folglich müssen 5 mg
pro Liter, bei der oben erwähnten O,-Konzentration 0,4 bis 0,5 ccm
(= 8 — 10 Proz.) absorbieren, ein sehr bedeutender Fehler.
2. Vorhandensein von Ferriverbindungen. Aus dem vorhergehenden
Analysenresultat läßt sich leicht antizipieren, welches Resultat mit
Rücksicht auf etwa vorhandenes dreiwertiges Eisen zustande kommt,
Doch möchte ich hier besonders mit Rücksicht auf den störenden
Einfluß, den die Ferrisalze auf die nicht modifizierte Winklermethode
ausüben, eine tabellarisch geordnete Serie anführen.
Sie wurde nach denselben Prinzipien wie die vorhergehende Serie aus.
geführt. Nur wurde dort, wo ich früher Ferrosalze dazugegeben hatte
Ferrisalz in Form einer Ferriammoniumsulfatlösung (4,3 g Ferriammonium-
sulfat pro analysi Merck auf 100 ccm Lösung) hinzugefügt. Von diese
Lösung gab ich zu jeder Probe 1 ccm (= 5 mg Ferrieisen).
Tabelle X
— Ferrieisenzusatz с. OzWert Abweichung | Abweichung
| ee mg pro Probe | Saure: "d cem pro Liter | ccm pro Liter | Proz.
Winkler... . | 0 'H,SO, | 516 | — —
EE | 5 я 5,16 | + 0,0 + 0,0
Р РО 5 ı HPO, 5,11 — 0,05 — 1,0
Bromoxydierung | 5 $ 5,16 | + 0,0 + 0,0
Bei der Ausrechnung der Resultate verfuhr ich bei der Korrigierung
des Flüssigkeitsvolumens in der Weise, daß ich das Volumen der zu-
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 61
sien Ferrieisenlösung nicht subtrahierte.e In diesem Falle muß
de Sauerstoff zurückgeblieben sein, da die Salzkonzentration nicht
xunders hoch war; auch eine chemische Veränderung kann der Sauer-
а n desem Falle kaum erleiden. Vergleichen wir die verschiedenen
Werte, v finden wir die überraschende Tatsache, daß die Werte nach
der net modifizierten Winkleranalyse hier bei Verwendung von
9,50, acht viel höher werden, obwohl Ferrieisen Jodwasserstoff
am kann; sichtlich verläuft diese Oxydierung so langsam, daß
midst einen schlecht markierten Umschlag bei den Titrierungen
ш kge hat. Die Werte der nach Winkler mit Phosphorsäure als
мше] behandelten Proben sind fast ganz richtig, doch etwas zu
a, was auf einer geringen Verunreinigung des Ferrosalzes beim
Impräparat beruht.. Dagegen ergeben die nach der Voroxydierungs-
amk behandelten Proben ganz korrekte Werte.
48 allgemeines Resultat der angeführten Serien mag bezüglich
м (‚Analyse eisenhaltigen Wassers gesagt werden, daß die Winkler-
wie, sowohl in nicht modifizierter Form als auch in den Fällen,
w Piosphorsäure zur Lösung der Fällung verwendet wird, zu sehr
zacheren Resultaten führt. Dagegen ergibt die Bromoxydierungs-
іе immer zuverlässige Werte. Bei natürlichen Verhältnissen
ifte der Eisengehalt oft ein so bedeutender Faktor sein, daß eine
wmorydierung dazu beiträgt, das Resultat sicherer zu machen. Da
% mit Rücksicht auf den elementaren Sauerstoff und auf die Eisen-
"bindungen vom physiologischen Gesichtspunkt aus mit sehr be-
gelen Faktoren zu tun hat, dürften auch oft experimentelle Ver-
Mie vorkommen, wo die mitgeteilte Bromoxydierungstechnik als
wlstische Methode von hohem Wert sein muß.
С. Vorkommen von oxydierbaren organischen Schwefelverbindungen.
l. Vorkommen von H,S. Schwefelwasserstoff kommt in der Natur
ы häufig vor, öfter als man gewöhnlich annimmt. Er tritt besonders
künstlicher Verunreinigung auf, kommt aber regelmäßig in Seen vor,
teens aber nur in der Nähe des Grundes; tatsächlich ist die H,S-
ton in bestimmtem Süßwasser zu gewissen Zeiten eine ebenso
"mäßige Erscheinung wie die von Sauerstoff zu anderen Zeiten (siehe
эби und Henningssons Tabellen, 1912). Diese Substanz ist direkt und
б von größter Bedeutung, denn teils ist sie ein starkes Fischgift
Jg und Haselhoff, 1897; Weigelt, 1900; Knauthe, 1907), teils bildet
*m starkes Reduktionsmittel, das die gleichzeitige Anwesenheit
™ feiem Sauerstoff unter bestimmten ökologischen Umständen
ëch machen dürfte, was darauf beruht, daß die H, S-oxydierenden
anismen ein Hindernis bilden (Alsterberg, 1922, S. 18). Dagegen
62 G. Alsterberg:
hält sich H,S auch in ÖO,-reichem Wasser lange, wenn das hinzu
gefügte H,S im Laboratorium hergestellt ist, denn dann ist das Vo
kommen von H,S-destruierenden Organismen ausgeschlossen.
Doch gibt es einige sehr interessante Mitteilungen über gleich
zeitiges Vorkommen von Sauerstoff und Schwefelwasserstoff im Wasse
unter ganz natürlichen Verhältnissen. Lebedinzew (1905) bringt Ziffer
die hier von Interesse sind, weshalb ich eine tabellarische Zusammer
stellung seiner Untersuchungen über О„- und H,S-Gehalt im Mofjor
bei Bergen teilweise геѓегіеге. Er bestimmte hier den Schwefelwasseı
stoffgehalt kolorimetrisch mit Nitroprussidnatrium.
Tabelle XI.
Tiefe Sauerstoff | Schwefelwasserstoff Tiefe ' Sauerstoff | Schwefelwasserstol
m ccm pro Liter mg pro Liter m | ccm pro Liter mg pro Liter |
| ыы ЫЗ с © гү ы ы me меру Ер Пу.
0 1,90 = 50 0,86 —
10 7,40 ва 60 1,40 0,02
20 5,10 = 100 0,24 0,52
30 4,00 = 200 | 0,22—0,17 1,36
40 2,43 =
Ich will noch eine Serie aus Sond&ns Untersuchungen (1912, 8. 75
über die chemischen Verhältnisse in verschiedenem Wasser in der Näh
von Stockholm anführen. Sondens Sauerstoffwerte wurden nach der nich
modifizierten Winklermethode bestimmt, die H,S-Werte mittels Jod
titrierung.
Tabelle XII.
— _——————
Tiefe | Sauerstoff | Schwefelwasserstoff Tiefe Sauerstoff Schwefelwasserstol
ш | ccm Pro Liter mg pro Liter |...» ccm pro Liter mg pro Liter
o" 85 ` = 11 0,1 0,8
5 8,6 = 12 2 1,6
10 : 06 = 13 = 90
Diese Angabe kann jedoch insofern zweifelhaft sein, als ез viel
andere Substanzen außer H,S gibt, die auf Jod reduzierend wirke
(vgl. Birge und Juday, 1911, S. 103).
Sehr interessant sind die von Jonsson mitgeteilten Angaben (1921
der darauf hinweist, daß er manchmal sehr deutliche Schwefelwasse!
stoffreaktionen erhielt (bei Verwendung von Amidodimethylanilinsulfs
= Сатов Reagens), obwohl gleichzeitig Sauerstoff vorhanden wa]
Auch gab es in den von ihm mitgeteilten Tabellen mehrere Fälle, w
H,S, bestimmt durch Jod, gleichzeitig mit Sauerstoff vorkam.
Sonden fügt aber (1912, S. 12, Anm.) hinzu, daß er nicht gut versteht
wie in derselben Wasserprobe meßbare Quantitäten Sauerstoff Wn
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 63
Schwefelwasserstoff vorkommen können. Tatsächlich stört ein gleich-
zatiges Vorkommen von H,S die O,-Analyse derart, daß sie beinahe
unmöglich ist; man erhält als Analysenwert ungefähr den Unterschied
zwischen dem O,-Gehalt und dem H,S-Gehalt. Damit lassen sich die
Zeen in den früher mitgeteilten Tabellen sehr leicht erklären, denn
der Sauerstoff war im Überschuß vorhanden ; der vorhandene Sauerstoff
stört dagegen eine H,S-Analyse an und für sich nicht.
48 ich die Verwendbarkeit der Bromoxydierungstechnik zur
Bitfemung von vorhandenem Schwefelwasserstoff untersuchte, machte
ah ahlreiche Experimente nach der neuen Methode, von denen ich
ker eme Serie anführen will.
Ale hierher gehörigen Proben wurden unmittelbar nacheinander
#meelben Wasser (durchlüftetem, destilliertem Wasser) entnommen.
Drei Proben wurden nach Winkler ohne fremde Zusätze behandelt. Drei
кете Proben wurden nach der Winklermethode analysiert, aber vor
Zusatz der übrigen Reagenzien mit 0,5ccm H,S-Wasser (= 1,4 mg H,S
zach durchgeführter Jodtitrierung) versetzt. Endlich wurden drei ebenfalls
ші H,S versetzte Proben nach der Bromoxydierungstechnik analysiert.
Berüglich der Einwirkungszeit ist darauf hinzuweisen, daß das Brom den
Schwefelwasserstoff nicht unmittelbar zu Schwefelsäure oxydiert, sondern daß
sch zuerst Polythionsäuren bilden, die, wie in einem anderen Zusammenhang
nachgewiesen wurde (Alsterberg, 1925), die Sauerstoffanalyse sehr störend
t«einflussen. Wenn die vorhandenen H,S-Mengen 10 bis 12 mg pro Liter
ueht überschreiten, so genügt die mit Rücksicht auf die Schwefelverbin-
dungen bestimmte Standzeit von 24 Stunden; bei höherem H,S-Gehalt
-irite eine sichere Analyse nach der Winklermethode ganz einfach un-
ëch sein, doch kann man hier andere Methoden anwenden, worüber ich
tmnen kurzem in einer anderen Abhandlung berichten werde.
Tabelle XIII.
р он; S-Zusatz Säure Geen | Abweichung ı Abweichung
К | mg pro Liter ccm pro Liter | | ccm pro Liter ' u Proz. —
fals... 0 2850| 56 0 — —
CEREN 1,4 д, 17 | — 3,50 | — 61,7
Brumoxydierung · 1,4 H,Po, 5.64 —08 | — 05
Beim Korrigieren des Volumens subtrahierte ich nicht nur die
Hagenzmenge, sondern auch das Volumen des zugeführten H, S-Wassers,
i dieser als annähernd sauerstoffrei zu betrachten ist. Ein Vergleich
Ж von den mit H,S versetzten Proben erhaltenen Sauerstoffwerte,
> nach unveränderter Winklertechnik analysiert worden waren, mit
a nach der Bromoxydierungstechnik analysierten Proben beweist die
Sıtwendigkeit letzterer Methode. Die Hauptsache beim Experiment
7, daß die Resultate die Richtigkeit der Werte ergaben, die von den
29 der Bromoxydierungstechnik behandelten H,S-haltigen Proben
“unten. Das ergibt ein Vergleich der Werte, die von den nach Brom-
64 G. Alsterberg:
oxydierung behandelten Proben stammen, mit den Werten gleichzei
Winklerproben ohne H,S-Zusatz.
2. Vorkommen von SO,. Unter natürlichen Umständen di
schweflige Säure als im Wasser gelöste Substanz nur in Thermalqu«
und in Wasser in vulkanischen Gegenden vorkommen. Als künst|
Verunreinigung dürfte sie dagegen durchaus nicht selten sein ; beson
kommt sie als Verunreinigung von Sulfitfabriken (Sonden, 1914, S
41, 43, 87) vor. Auch bei schwefliger Säure ist ein gewisser Übersc
an zugeführtem Brom ebenso wie eine lange Einwirkungszeit notwen
da auch hier bei der Reaktion von Brom auf schweflige Säure eine gew
Quantität Polythionsäure entsteht. Dieser Umstand ist interess:
da die jodometrische Bestimmung der schwefligen Säure, wie Бека
ein umstrittenes Kapitel bildet und die Annahme berechtigt ersche
daß schweflige Säure von Jod nicht ohne weiteres zu Schwefelsä
oxydiert wird.
Die Serie, deren Wört jetzt angeführt werden soll, war nach densel
Prinzipien wie die Serie auf Tabelle XIII angeordnet. Die Proben wur
zuerst mit schwefliger Säure und nachher mit 0,5 ccm Natriumbisulfitlösı
(= 6 mg SO,) versetzt. Das Resultat ist in Tabelle XIV wiedergeget
Tabelle XIV.
EE
| SOzZustz г. | O2-Wert | Abweichung | Abwei
Methode | mg pro Probe | Saure | cem pro Liter | Com pro Liter | Proz,
Winkler .... 0 H. SO, 5,59
ает 6 — 0.00
Bromoxydierung 6 | H,PO, 6,56
Bei der Volumenberechnung wurde auch das Volumen der 2
geführten schwefligen Säurelösung subtrahiert.
Wir finden, daß die Werte der Proben, die nach der Вготох
dierungstechnik behandelt wurden, und die Resultate der Winklerprob
ohne Zusatz von schwefliger Säure den gleichen Sauerstoffgehalt ат
weisen. Dagegen weisen die Proben, welche gleichzeitig mit SO, verset
und nach Winkler behandelt wurden, keinen Sauerstoff auf. Esi
leicht einzusehen, daß man hier ohne die Bromoxydierungstechn!
nichts erreicht. Die O,-Analysen bei der Erforschung 2. В. einer ind:
striellen Verunreinigung können vollkommen unrichtig werden.
3. Vorkommen von Hyposulfit. Was über die schweflige баш
gesagt wurde, läßt sich auch von den Hyposulfiten sagen.
Auch hier will ich eine Serie von Experimenten anführen, die пае
denselben Prinzipien angeordnet ist. Ich gab zu den mit dieser Substan
versetzten Proben 0,5 ccm einer Lösung, die auf 100ccm lg Natrium
hyposulfit enthielt, also pro Probe 5 mg Hyposulfit.
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 65
Tabelle XV.
ба ' Hyposulfitzusatz | så ı OWert | Abweichung | Abweichung
| mg pro Probe · e Leem pro Liter | ccm pro Liter Proz.
= GE ee ee NE gg a — Be en — =
Tr ._ 0 |H,SO, | 542 = =
ах 5 | 4,69 — 0,83 — 15,3
Bremsmiierung 5 ' BPO 545 +003 | + 06
kider Volumenberechnung wurde das Volumen der hinzugefügten
Emeifitlösung nicht subtrahiert. Diese wurde unmittelbar vorher
et und war schwach konzentriert; Hyposulfit reagiert auf
#antaren Sauerstoff sehr langsam. Das Resultat der Serie stimmt mit
% früheren Experimenten überein.
D. Vorkommen von salpetriger Säure.
Wir erwähnten früher, von welcher Bedeutung das Vorkommen
по alpetriger Säure ist, wenn es sich um die Sauerstoffanalyse handelt,
та ich hier nicht näher darauf einzugehen brauche. Bei natürlichen
Verhältnissen dürfte salpetrige Säure wohl immer höchstens in Kon-
zütrationen von einigen wenigen Milligrammen pro Liter vorkommen,
mW im allgemeinen genügen die speziellen Methoden, besonders die
Andverbehandlung, zur Eliminierung der Substanz. Schwieriger ist
ч, wenn sie mit einer der anderen störenden Substanzen kombiniert
wftritt oder wenn sie in größeren Mengen vorkommt, was sich bei
permentellen Verhältnissen denken läßt. In diesem Falle kann
ier nur die Bromoxydierungstechnik helfen, denn Brom oxydiert
Nrt quantitativ zu Nitrat, eine Reaktion, die man analytisch
wendet. Ich führe hier eine Serie von Experimenten an, die gleich
a vorhergehenden angeordnet ist.
‚ Jede Probe wurde mit Brom behandelt und dann mit 0,5 ccm (= 15 mg
\trumnitrit) einer Lösung versetzt, die 3g Natriumnitrit auf 100 ccm
od, Die Ziffern der Analysen von nicht brombehandelten, mit Nitrit
setzten Proben wurden ausgelassen, da hier kein bestimmter Wert
ü erreichen war.
Tabelle XVI.
Method | Nitritzusatz | Т О,.Мей | Abweichung | Abweichung
| | mg pro Probe | SES ccm pro Liter сеш pro Liter | Proz. _ |
Je... 1 o 480, | 51 | — Ce
moxydierung | 15 Н,РО, , 5,36 4 0,05 + 0,9
Bei der Volumenberechnung wurde das Volumen der hinzugefügten,
anittelbar vorher bereiteten Nitritlösung nicht subtrahiert, die ebenso
verstoffhaltig wie das übrige Wasser gewesen sein dürfte. Die Serien-
“ne zeigen, daß man durch Bromoxydierung ohne weiteres zu kor-
"iten Werten gelangt.
Iocemische Zeitschrift Band 170. 5
66 G. Alsterberg:
E. Vorkommen von einfachen und zusammengesetzten Cyaniden.
1. Vorkommen von C'yaniden und Rhodaniden. Kaum eine einzig:
Methode läßt sich allgemein anwenden. So gibt das von mir ausprobiert
Bromoxydierungsverfahren bei Anwesenheit von Cyaniden oder Stoffen
die zur Bildung von Cyaniden führen (2. В. Rhodanide) unrichtig«
Werte. Das beruht darauf, daß freies Brom mit Cyanwasserstoff Brom
cyan bildet, das auf Salicylsäure nicht wirkt. Da es aber auf К.) oxy
dierend wirkt, werden die Werte zu hoch. Nun dürften diese Stoffi
hauptsächlich in künstlich erzeugten Lösungen vorkommen. ос}
dürfte es nicht schwer sein, eine solche Fehlerquelle durch speziel
ausgearbeitete Methoden zu entfernen. Wie bekannt, werden die
Halogencyanide in alkalischer Lösung hydrolysiert und als Endresultat
der Reaktion ergeben sich in diesem Falle Cyanat und Bromid. Doch
habe ich diesen Umstand nicht näher untersucht.
2. Anwesenheit von Ferro- und Ferricyaniden. Die komplexer
Cyanide sind anders beschaffen, denn hier ist das Cyanradikal so fesi
gebunden, daß das Brom nicht oxydierend wirken kann. Ferro- und
Ferricyanide, um die wichtigsten komplexen Cyanide zu nennen, störer
aber auf andere Weise und erinnern hier an die entsprechenden ein
fachen Ferro- und Ferriverbindungen, indem z. B. das Ferrocyankaliun
reduzierend wirkt, während das Ferricyankalium oxydierend wirkt
Da die genannten komplexen Cyanide und die entsprechenden ein:
fachen Eisenverbindungen sich sonst in jeder Hinsicht voneinandeı
unterscheiden, muß die Frage hier von neuem behandelt werden. Ei
wurde untersucht, inwieweit das Vorkommen der einen oder andere!
Substanz störend wirkt und wie man dem vorbeugen kann. Auch
minimale Zuschüsse von Ferrocyankalium verursachen große Verlust
im Analysenresultat; Ferricyankalium verursacht dagegen eine Er
höhung des Wertes, welche durch die Verwendung von Phosphorsäurt
nicht ganz eliminiert wird, wiewohl sie den Wert in der gewünschter
Richtung zu verschieben scheint.
Zur Orientierung in dieser Frage will ich die Resultate zweie!
Versuchsreihen anführen. die nach den gleichen Prinzipien wie die
vorhergehenden angeordnet waren.
Beide Serien umfassen je zwei Teilexperimente, die sich voneinande!
mit Rücksicht auf die hinzugefügte Ferro- oder Ferricyankaliummengt
unterscheiden. Sonst bewegten sich beide Serien in ungefähr äquivalenter
Mengen der beiden Stoffe. In einigen Analysen nach nicht modifizierte!
Winklermethode verwendete ich Phosphorsäure als Lösungsmittel, um Zt
zeigen, daß ihre Verwendung wesentlich bedeutungslos ist. Das geht auch
aus den nach der Bromoxydierungstechnik behandelten Proben hervor
wo 50proz. Schwefelsäure verwendet wurde.
Die erste der angeführten Serien umfaßt Analysen zur Erforschung der Be
deutung der Ferrocyanide. Der Ferrocyanidzusatz bestand in der PartialserieA
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 67
æ 05 ccm eines Reagens, das 1,3 g Ferrocyankalium auf 100 cem Lösung
«hiat, während in der Partialserie B das gleiche Volumen einer halb
к starken Lösung dazugegeben wurde.
Tabelle XVII.
Ferrocyanidzusatz SES | OyWert Abweichung Abweichung
mu eo Probe | Pr" | com pro Liter | com pro Liter | Fe.
| 0 | HSO, | 443 = =
6,5 | 3,89 —0,4 | —122
6,5 HPO, | 4,20 023 | — 52
65 | HSO, | 450 +007 | + 18
6,5 HPO, | 4,82 +009 | + 20
3,3 H,SO, | 4,08 | —035 | — 79
3,3 H,PO, | 426 | —017 | — 38
33 B80. 441 + 0,04 | + 09
d | BPO | 44 +001 | + 02
0 ‚4,80, | 443 Е | =
Bi der Berechnung der Volumina wurde das Volumen der hinzu-
gligten Ferrocyanidlösung nicht subtrahiert. Als Standardwert bei
dr Berechnung der Abweichungen ging ich vom Mittelwert der Initial-
ad Schlußprobe aus.
Die nächste Serie in Tabelle XVIII umfaßt Analysen, welche die Be-
itung der Ferricyanide als störende Substanzen bei der Sauerstoffanalyse
waschaulichen sollen. Der Ferricyanidzusatz bestand in der Partikular-
wre A aus 0,5 ccm eines Reagens, das 1 g Ferricyankalium auf 100 ccm
Leung enthielt, während in der Partikularserie B dasselbe Volumen einer
lung mit halber Stärke hinzugefügt wurde.
Tabelle XVIII.
Method | Ferricyanidzusatz | Д ) О, «Wert Abweichung | Abweichung
| mg pro Probe | u ' ccm SEH Liter | cem pro Liter | Proz.
Faker . | 0 | H,SO, | 5,17 Gas i шы
ber... . | 5 R 5,24 + 0,06 | + 1,2
dh P HPO, 5.28 +010 | +19
Bumoxydier. | 5 H, SO, 5,27 -+ 0,09 +1,7
К 5 H,PO, 5,20 + 0,02 + 0,4
Nee oc 2,5 ı H,SO, 5,20 + 0,02 + 0,4
ИСТ 2,5 | H,PO, 5,18 + 0,0 + 0,0
|Bromoxydier. 2,5 | HSO, 5,22 +004 , +08
\ я | 2,5 | НУР O, | 5,15 | =т= 0,08 | — 0,6
ў; | |
inkler e ee o| 0 H,SO, | 5,18 — | TE
Bei der Berechnung der Probenvolumina wurden die Volumina
= Ferricyankaliumlösungen nicht subtrabiert.
| Es handelt sich nun einfach darum, welcher der beiden störenden
Wir den Analysenwert am meisten verschiebt. Bei der Prüfung der
te finden wir, daß ein Ferricyanidzusatz einen relativ un-
huldigen Fehler verursacht, während ein Zusatz von Ferrocyanid
ba
68 G. Alsterberg:
den Wert einer Analyse nach der nicht modifizierten Winklermeth
sehr bedeutend verschiebt. Damit ist erwiesen, welche Bedeutı
die Anwendung der Bromoxydierungstechnik hat: durch den Zu.
von Brom zum Ferrocyanid wird dieses zu Ferricyanid, das der dar
folgenden Sauerstoffanalyse weniger schadet; die mitgeteilten Werte
stätigen dies. Hier ist noch hinzuzufügen, daß man die Titrierı
unmittelbar nach dem Ansäuern der Probe ausführen muß, . wobei ‹
Fehler am kleinsten wird. Ich will jedoch darauf hinweisen, daß gre
Zusätze der störenden Stoffe nicht nach der Bromoxydierungstechı
immobilisiert werden können, sondern daß man sich in diesem Fa
einer besonderen Technik bedienen muß, ein noch nicht gelöstes Proble
F. Vorkommen von organischen Verunreinigungen.
Die organischen Verunreinigungen sind am schwersten von all
unschädlich zu machen. Auch Winkler selbst wies (1914) dara
hin. Diese Sache wurde bereits früher in dieser Abhandlung berüh
(S. 38ff.) und wir gelangten dabei zu Resultaten, die für die Lösu
der Frage von großer Bedeutung sind. Wir fanden, daß man d
Proben nach dem Laugenzusatz so rasch wie möglich ansäuern mul
denn dann wird der Fehler am kleinsten. Die Anwendung der Bron
oxydationstechnik ist auch in diesem Falle nützlich, aber man erreich
trotz der Anwendung dieser Methodik keinen absolut sicheren Wer!
Ich will zuerst eine Reihe von Experimenten anführen.
Tabelle XIX.
Das Resultat von Experimenten, die die Wirkungen dee Wiite-Pepton
erforschen sollten, wovon 0,5 ccm einer Lösung (enthaltend 6,0 g Substan
auf 10 ccm Lösung) zu den Proben gegeben wurden. Jeder Methode eni
sprachen drei Proben.
Og-Wert Abweichung | Abweichung
— | Peptonzusatz d
F Methode е | mg pro Probe Sabre сет pro Liter ' cum pro Liter Pros. Е
Winkler ....!| 0 H,SO, 528 e ОН ше
am ° es ө è ` 30 n 5,00 — 0,28 — 5,3
Bromoxydierung 30 H,PO, , 5,18 — 0,10 — 1,9
Tabelle ХХ.
Die in dieser Tabelle angeführten Proben wurden mit 1 ccm einer Lösung
versetzt, die aus dem Weißen eines Eies auf 100 ccm bestand. Jeder Methode
entsprachen zwei Proben.
— Eiweißzusstz ` sun Озен | Abweichung | Abweichung
ccm pro Probe ' |! ccm pro Liter | ccm pro Liter Proz. Е
Winkler o | Н,50, | 4,95 — =
А e 1 4 04 — 0,21 — 4,9
Bromoxydierung l | H, Р O, 4, 11 — 0,14 — 3,3
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 69
Tabelle ХХІ.
Zu den Proben dieser Tabelle wurde Leem frische Milch gegeben. Jeder
Methode entsprechen zwei Proben.
| Milchzusatz Ki Re es zen
Methode | cem pro Probe Saute 5 п pro Liter | Liter | ccm pro Liter Proz
Wikier . | —
D ео о e | 1 EE 0, 12 — 3,0
Brossiydierung | 1 m, ÈO, | | 1 Gë +0 GC? + 0,8
Tabelle XX II.
№ Proben dieser Tabelle wurden mit 1 ccm Urin versetzt, der eine Zeitlang
gestanden hatte. Jeder Methode entsprachen zwei Proben.
| Urinzusatz Oꝛ⸗Wert Abweichung | Abweichung
Metbode | ccm pro P SR Е — | com pro Liter ccm pro Liter | Proz.
Fabler . | 0 H,SO, | am з м,
a e 1 2,75 — 0,28 — 9,2
Bromoxydierung ` 1 | HPO, | 3,07 + 0,04 | + 1,3
Bei der Volumenberechnung der Proben wurden in allen Fällen
sıch die Volumina der hinzugefügten störenden Substanzen subtrahiert.
\sch den angeführten Resultaten zu urteilen, trägt eine Bromierung
shr zur Verbesserung des Resultats bei, wiewohl es auch dann keines-
тез immer korrekt ist (siehe Tabelle XX). In dieser Verbesserung
ks Resultats existiert aber ein Fehler, den ich bei genauerer Analyse
atdeckte: in mit organischer Substanz verunreinigten Proben läßt sich
ёз Brom mit Salicylsäure nicht ganz reduzieren, nicht einmal dann,
хеш man die Probe mehrere Tage stehen läßt. Das zeigt sich in der
Weise, daß die salicylsäurereduzierende Probe blau wurde, wenn man
аит und Stärkelösung dazu gab. Ich untersuchte die Sache
niher, da ich konstatieren wollte, inwiefern hier eine Aktivierung von
тоћапјепет elementaren Sauerstoff vorlag; dann hätte man die Sache
wmachlässigen können. Es verhielt sich aber ganz anders. Das Brom
“reinigt sich mit der organischen Substanz und wird für jede Reduktion
wzygänglich. Es nimmt vermutlich die Form bromierter Amine oder
неве an, vielleicht auch in geringen Mengen von Bromeyanid oder
deren Verbindungen. So konnte ich konstatieren, daß Salicylsäure
wht imstande ist, z. В. Pentabromaceton zu reduzieren, das doch auf
ашп stark oxydierend wirkt. Daß keine Sauerstoffaktivierung
“ttfand, ging daraus hervor, daß sich die Menge ausgeschiedenen Jods
rgrößerte, wenn ich zu den Wasserproben, welche wegen eines ge-
"sen Gehalts an organischer Substanz durch O,-Zehrung O,-frei
"worden waren, nach dem Bromzusatz noch weitere Quantitäten
"nischer Substanz gab: die Jodmenge in der mit Salicylsäure
Wendelien Probe vergrößerte sich proportional der hinzugefügten
70 С. Alsterberg:
organischen Substanz. So beruht der verbesserte sauerstoffanalytische
Wert in nicht geringem Maße gerade auf diesem Umstand. Doch
ist die Bromierungstechnik vom praktischen Gesichtspunkt au:
auch mit Rücksicht auf organische Verunreinigungen zu empfehlen.
denn im allgemeinen erhält dieser Zuschuß eine kompensierende Ве.
deutung, da Störung und Kompensation in bestimmten Proportionen
zueinander zu stehen scheinen. Ist also die Menge der lose bromabsor:
bierenden (darum später KJ-oxydierenden) Substanzen groß, so ет
sich gleichzeitig ein großes Sauerstoffdefizit, das sich bei sauerstoffreien
Wasser doch auf Kosten des zugeführten absorbierten Broms aus.
gleich. Übrigens werden ganz sicher diese bromierten organischer
Komplexe beim Laugenzusatz auf Kosten der eigenen reduzierenden
Fähigkeit der organischen Substanz gesprengt, was möglicherweise da:
gleichzeitig entstehende Manganohydrat nicht berührt. Lange Serien
von in der verschiedensten Weise ausgeführten Experimenten ergaben
die Richtigkeit der oben angeführten praktischen Regel. Die große
Bedeutung des Broms liegt ferner in seiner Funktion als Kon
servierungsmittel. Wir sahen, daß das Analysenresultat schlechter
wurde, wenn die Probe nach der Winklermethode — auch angesäuert
— gestanden hatte, und in der Praxis ist es oft schwierig, die Probe
unmittelbar zu analysieren. Die Brombehandlungstechnik gestattet
die Ausführung der Analyse bei passenden Gelegenheiten.
Zusammenfassung.
1. Von allen Analysenmethoden für in Wasser gelösten elementaren
Sauerstoff ist das von Winkler (1888) ausgearbeitete Verfahren am
sichersten und einfachsten. Die anderen Methoden sind entweder zy
kompliziert für den allgemeinen Gebrauch oder ergeben weniger genaut
Werte.
2. Betreffs der dabei notwendigen Reagenzien ist darauf zu achten
daß die Manganchlorürlösung nicht durch Eisen in zweiwertiger ode
dreiwertiger Form verunreinigt веј. Nachweis und weitere Maßnahmer
wurden in der Abhandlung besprochen.
3. Bezüglich der jodkaliumhaltigen Natronlauge ist darauf hin
zuweisen, daß der Jodkaliumgehalt genügend hoch sein muß. Direkt
Experimente beweisen, daß ein zu niedriger Jodkaliumgehalt in
Analysenresultat große Verluste hervorrufen kann, falls das Wasse!
verunreinigt ist.
4. Die Probe darf nach Zusatz der Winklerschen Reagenziet
höchstens 15 Minuten stehen bleiben. Längere Zeit schadet der Probe
wesentlich, besonders wenn organische Verunreinigungen уогһапдеї
sind. Kann man die Probe nicht unmittelbar analysieren, so muß mal
sie wenigstens ansäuern.
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 71
5. Веі der Titrierung verwendet man wie gewöhnlich eine etwa
2'100 Hyposulfitlösung. Sie muß nach der Jodkaliummethode
iäiserberg, 1925), nicht nach der bisher allgemein gebräuchlichen
Bichromatmethode, eingestellt werden.
6. Die nicht modifizierte Winklersche Analysenmethode dürfte
sch wegen vorhandener Verunreinigungen oft nicht anwenden lassen.
Hier muß man sich korrigierender Methoden bedienen.
7. Die von Winkler (1888, 1914) zu diesem Zwecke auf verschiedene
Weise ausgearbeiteten Manganchloridmethoden sind vollständig un-
uglich, weil sie voraussetzen, daß die zu kompensierenden O,-Verluste
kider Ansäuerung der Probe erfolgen, wogegen die meisten störenden
\übstanzen im alkalischen Stadium auf die oxydierte Manganoxyd-
hydratfällung reduzierend einwirken.
8. Die Chlorierungsmethode Winklers (1915) mit darauffolgender
Rhodankaliumbehandlung ergab, wenigstens mit Rücksicht auf die
meistens notwendigen größeren Reagenszusätze, sehr unzuverlässige
Werte, da die Chlorlaugen oft durch Chlorite verunreinigt sind, wobei
der Rhodanzusatz die Bildung der äußerst störenden Polythionsäuren
verursacht.
9. Die Methode Rideals und Stewarts (1907) mit Voroxydation
der Probe mittels Permanganatlösung verursacht bedeutende Fehler,
wel dabei eine Aktivierung des vorhandenen, im Wasser gelösten
Sauerstoffs entsteht, der jetzt mehr als sonst gegenüber organischen
Substanzen direkt oxydierend auftritt. Schon die Reduktion des
Permanganatüberschusses mittels Oxalsäure veranlaßt eine solche
törende Sauerstoffaktivierung.
10. Die Auswaschungsmethode der Fällung von Winkler (1914)
ші Bruhns (1915) zum Zwecke der Entfernung störender Substanzen
kann nur in besonderen Fällen nützen, vor allem dann, wenn Nitrit
vorhanden ist. H,S, SO,, Fe in verschiedenen Formen und organische
Verbindungen als störende Substanzen werden z. B. nicht immobilisiert.
ll. Die Parallelchlorierungsmethode Winklers (1914) — was ich
darunter verstehe siehe 8.48 — läßt sich in der Praxis schwer
durchführen. |
12. Die Eisenverbindungen in verschiedenen Formen lassen sich
Фе Anwendung bestimmter Vorbehandlungsmethoden der Probe nur
шї großer Schwierigkeit immobilisieren.
13. Auch wenn Nitrite vorhanden sind, bedarf die Probe einer
tesonderen Behandlung. Außer Methoden von allgemeiner Bedeutung
vieitete man auch spezielle aus. Hier möchte ich besonders bei An-
wesenheit kleinerer Nitritmengen die Azidmethode empfehlen.
12 G. Alsterberg:
14. Eine neue Vorbehandlungsmethode, die in dieser Abhandlun;
dargelegt wird, besteht darin, daß man die Probe vor der Analyse mi
freiem Brom behandelt, dessen Überschuß mit Salicylsäure reduzier
wird.
15. Das Brom wird in einer etwa n/l Lösung verwendet und jede
Probe (ungefähr 125 ccm) werden 0,5 ccm beigemischt. Die Lösung win
hergestellt, indem man 3 cem freies Brom, 6g KBr und 10 ccm proz
HCl mit Wasser mischt, so daß 100 сет Lösung entstehen. Oder ma
kann 3 g KBrO,, 20 g Na Br und 25 ccm 25proz. HClzu Wasser mischen
so daß 100 ccm Lösung entstehen.
16. Das Salicylsäurereagens besteht aus 10g Salicylsäure, 20 сеп
15proz. NaOH und Wasser zu 100 ccm Lösung, wovon 0,5 ccm zui
Probe gegeben werden, nachdem diese 24 Stunden mit freiem Brom
gestanden hat.
17. Wenn 15 Minuten nach dem Salicylsäurezusatz verflossen
sind, ist die Probe zur Behandlung nach der Winklerschen Analysen-
methode fertig, wobei man am besten die gleichen Reagensmengen wie
bei der unveränderten Winklerschen Methodik verwendet. Um aber
der ausgearbeiteten Methode eine fixierte Form zu geben, möge man
als Säure immer Phosphorsäure verwenden, wiewohl diese eigentlich
nur den etwa vorhandenen Eisenverbindungen gilt.
18. Durch die neue Methode erreicht man vollkommen sichere
O,-analytische Werte beim Vorhandensein von zwei- und dreiwertigem
Eisen. Kontrollanalysen wiesen nach, daß das zweiwertige Eisen die
bedeutendsten Störungen hervorruft, da es Verluste im Analysen-
resultat verursacht; dreiwertiges Eisen verursacht dagegen ein etwas
zu hohes Resultat, eine Störung, die bei der Verwendung von Phosphor-
säure ganz unterdrückt wird.
19. Besonders störend wirken die oxydierbaren Schwefelverbin-
dungen, vor allem Schwefelwasserstoff, eine auch unter natürlichen
Umständen sehr häufig vorkommende Substanz. Es wird durch das
hinzugefügte Brom sehr energisch oxydiert, doch muß man hier sicher-
heitshalber besonders genau sein und die Probe längere Zeit hindurch
stehen lassen (z. B. 24 Stunden), denn zu Beginn entstehen Polythion-
säuren, die zu ihrer Oxydierung zu Schwefelsäure einer langen Stand-
zeit bedürfen. Beachtet man diesen Umstand, so erzielt man gute
Resultate.
20. Die Nitrite werden ohne jede störende Nebenreaktion durch
das Brom fast momentan zu Salpetersäure oxydiert, und folglich erzielt
die ausgearbeitete Methode auch in diesem Falle ausgezeichnete
Resultate.
21. Die ursprüngliche Winklersche Methode erfährt durch etw&
vorkommende Ferro- und Ferricyanide Störungen, da die ersteren
Bestimmungsmethode für in H,O gelösten O, usw. 73
ш niedrige, die letzteren zu hohe Resultate verursachen. Doch ist
der störende Einfluß der Ferricyanide bei kleinen Mengen von geringer
Bedeutung, wenn mean ihn mit den Störungen vergleicht, welche die
Ferroeyanide in gleichen Mengen ausüben; folglich ist auch in diesem
Falle die Anwendung der Bromoxydation mit Rücksicht auf das Resultat
hr vorteilhaft.
9 Wenn organische Verbindungen vorhanden sind, trägt eine
Bruxorydierung zur Verbesserung der Werte bei, wiewohl sich diese
Substansen schwer immobilisieren lassen, was nicht nur mit Rücksicht
af dee Methode, sondern auch mit Rücksicht auf früher verwendete
Bien gilt. Wenn es sich um die Voroxydierung einer organischen
кап mittels Zusatz von Halogenen (Chlor, Brom oder Jod) handelt,
v vereinigen sich diese oft іп der Weise mit den organischen Ver-
ween, daß diese dann oxydierend auf KJ wirken. Doch wird
$ dadurch hervorgerufene Werterhöhung durch eine entsprechende,
da (Mert vermindernde Störung der Substanz kompensiert, wodurch
ds Resultat dem tatsächlichen Wert im allgemeinen sehr nahe kommt.
‚ Übrigens spielt das Brom hier die bedeutsame Rolle eines Konser-
rerungsmittels. "
3. Der Bromzusatz übt nur dann einen störenden Einfluß aus,
тш einfache Cyanide oder Rhodanide іп der Probe vorkommen, indem
das Brom in einer für die Salicylsäurereduktion unzugänglichen Form —
amlich als Bromeyan — gebunden wird, was eine Werterhöhung zur
Folge hat. Möglicherweise läßt sich der entstandene Fehler durch be-
| iere Methoden leicht korrigieren, eine Sache, die ich nicht unter-
Ме,
Nachschrift.
In diesem Zusammenhang kann ich es nicht unterlassen, mein
Damen über eine kritische Beurteilung einer meiner Arbeiten, 1925,
asudrücken, die in einem Referat im Zentralblatt für die gesamte
Hrgiene 11, 230, 1925 erschien. „Verfasser . lehnt ferner die
Korrektionsmethoden von Winkler und Noll ab; er übersieht dabei,
a) diese gar nicht für nitrithaltiges Wasser vorgeschlagen worden
ad, sondern für Wässer mit viel organischen Stoffen, welche einen
14 des durch den Sauerstoff frei gemachten Jods binden.“ Winklers
Xmaxichloridverfahren ist aber vor allem dazu bestimmt, die Störungen
be gleichzeitig vorhandene Nitrite zu entfernen (siehe Winkler, 1888,
n 252 und 1915, S. 125; Chlopin, 1898, S. 296; Kunz, 1911, S. 11 bis 12;
Amiller.Spitta, 1921, 8. 45ff.)! Dagegen ist das Verfahren Nolls (1905)
a für organische Verunreinigungen und nicht für Nitrite bestimmt.
bh aber seine Methode eine Verbesserung der von ihm kritisierten und
ü besonderer Rücksicht auf die Nitrite ausgearbeiteten Winklerschen
Jethode beabsichtigt, kam in der Literatur die Ansicht zur Geltung,
14 G. Alsterberg:
auch Nolls Methode sei für dieselben störenden Stoffe bestimmt (;
Kunz, 1. с., S. 12; Ohlmüller-Spitta, 1. c., 8. 46). Daß ich die Met
Nols zusammen mit den speziellen Methoden zur Eliminierung
Nitrite erwähnte, beruhte also darauf, daß ich diese referierei
Darstellungen für richtig hielt (ich erwähnte auch bezüglich des
gegriffenen Punktes, daß ich mich an die Darstellung Ohlmüller-S;
hielte!)
Doch muß ich hier auf etwas hinweisen, das mir früher
gangen ist. Kunz (1. с.) hat nämlich die Manganichloridmetl
Winklers offenbar gründlich mißverstanden; nach dieser soll ja
eigentliche Probe mit Manganchlorür und Natronlauge, nicht aber
Jodkalium versetzt werden. Kunz (vgl. S. 12 und 26) scheint das ç
unbeachtet gelassen und nur den Wert der mit Manganichlorid
handelten Parallelprobe berücksichtigt zu haben; dieser Irrtum
dazu beigetragen, die ganze Sache in Unordnung zu bringen.
Der Referent macht auch Reservationen betreffs meines Bedenk
gegen die Anwendung der Harnstoffmethode von Lehmann und „
(1. с.). Es ist nun aus meinen in vorliegender Abhandlung angeführ
Versuchsserien leicht zu ersehen, daß meine Kritik gegen die Harnst
methode, die jedoch ein sehr allgemeines Ansehen nicht nur in
O,-Analyse, sondern auch in der Nitrit- und Nitratanalyse genie
leider nur zu berechtigt ist. Sehr kleine Nitritquantitäten können zı
ohne Schaden für die folgende O,-Analyse durch Anwendung
betreffenden Technik eliminiert werden, aber in diesem Falle si
statt dessen die Azidmethoden (Alsterberg, 1925) mit Rücksi
auf ihre leichtere Anwendung zu empfehlen. Betreffs der Nitrit- t
Nitratanalyse muß ich mit Rücksicht auf meine bisherigen Ехрегіте
die Harnstoffmethode ganz ablehnen. In Zukunft werde ich letzte
Thema in einer besonderen Untersuchung behandeln.
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Über proteolytische Fermente im Serum. I.
Von
Hans J. Fuchs.
(Aus der chemischen Abteilung des physiologischen Instituts
der Universität Breslau.)
(Eingegangen am 19. Dezember 1925.)
Mit 17 Abbildungen im Text.
Die eiweißspaltende Wirkung des Blutserums steht seit geraur
Zeit im Mittelpunkt einer lebhaften Diskussion. Es ist sicher, d
unter bestimmten Umständen im Serum allein oder in mit gekocht:
Organeiweiß versetztem Serum eine Eiweißspaltung auftreten kar
Ebenso sicher ist es aber, daß unter anderen Verhältnissen das Ger
eine sonst stattfindende Eiweißspaltung stark einschränken Ка:
(Antitrypsin).
Am schärfsten finden diese widerstreitenden Verhältnisse Ausdru
in den Arbeiten von Abderhalden!), nach denen normales Serum ke
eiweißspaltendes Ferment enthält und solches nur bei gewissen Orga
veränderungen führt, und in der von R. Stephan?), nach der Seru
stets ein Ferment tryptischer Natur enthält, dessen Menge der d
Gerinnungsferments etwa parallel geht und das nach Stephans Ansic
auch in Beziehung zur Gerinnung steht.
Nach Stephan wird im Normalserum die Tätigkeit dieser Protea
nur durch die kolloide Struktur des Serums verhindert und tritt sofo
hervor, wenn man diese Struktur durch gewisse Eingriffe, wie hal
stündiges Erhitzen auf 560 С oder Schütteln mit Chloroform veränder
Nun verhindert ein Umstand, daß man die Arbeiten der Abderhalde:
schen Schule und diejenigen Stephans miteinander vergleichen kanı
und das ist der, daß bei der Abderhaldenschen Schwangerschaftsreaktic
Menschenserum und menschliches Plazentaeiweiß miteinander in Bi
1) Emil Abderhalden, Abwehrfermente. Berlin, Verlag J. Springer, 191:
2) R. Stephan und Erna Wohl, Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 2:
5 bis 6, 1921.
H. J. Fuchs: Proteolytische Fermente im Serum. I. 11
палач gebracht wurden, während Stephan die eiweißspaltende Kraft
ege Menschensera mit Hilfe von Grüblerschem Carminfibrin, also,
xr einem tierischen Eiweiß!), feststellte.
Е eschent mir deshalb von Interesse, zu sehen, ob nicht von
umbra ein Unterschied im Verhalten von Serum gegenüber art-
емет md artfremdem Fibrin besteht.
Methodik.
№ Nethodik der Untersuchungen besteht grundsätzlich in dem von
Jemen angegebenen Verfahren der Prüfung im Dialysierschlauch,
(Ké
|
H A,
| Өх
| А X
592
së
| Abb. 1.
Саак оЊњеп g Gummischlauch» a Reservoir g Zulaufhahnstellg.:
| wescht verbindung bb Stativklammern geschlossen
Außenschliff h Kühlmantel c Große Bürette Л Zulaufbahnstellg.:
"ааһа í Kondensationsrohr d Kleine Bürette Verbindung zwi»
"Ublegegefiß k Vorlagekolben e Zulaufhahn schen Reservoir
mëcht f Auslaufhahn u. großer Bürette
* Фаіна der Abbauprodukte wurde mittels Biuretprobe, die Quantität
зн Modifikation der Mikrokjeldahlmethode nach Bang be-
! Briefliche Mitteilung von Dr. Grübler & Co., Leipzig.
i Hergestellt von Glasbläserei Alois Schmidt, Breslau.
18 H. J. Fuchs:
Die neue Anordnung, die ein bequemeres, rascheres und sic.
Arbeiten bei der Bestimmung des Gesamtstickstoffs des zu untersuche
Materials als die von Bang angegebene Apparatur ermöglicht, setzt
aus folgenden Teilen zusammen:
1. Verbrennungskolben aus Jenser Glas mit Normalschliff.
2. Steigrohr aus Jenaer Glas. Dieses beginnt unten mit dem G«
stück zum Normalschliff aller Kolben und geht darauf in die Tropfl
über, an die ein dem Tropfrohr entgegengesetzt liegendes zylindriis
Gefäß mit Hahn zur Aufnahme von Kalilauge angeschmolzen ist.
Kugel setzt sich nach oben in das erweiterte, senkrecht emporsteig
Steigrohr fort, das im obersten Drittel stumpfwinklig nach vorn abb
Im vorderen Stück liegt zwischen zwei Einengungen Glaswolle zum
halten des Wassers. Das Ende des Rohres ist schwach verjüngt.
3. Das ein kurzes Stück ansteigende, dann spitzwinklig nach u
abgebogene, senkrechte Kondensationsrohr, das vom Knick abwärtı
zwei Drittel seiner Länge von einem Kühlwassermantel umgeben ist.
der Mitte des Rohres befindet sich ein Kugelrückschlagventil aus Jenaer (
4. Die Vorlage. Zu dieser eignet sich am besten ein Erlenmeyerko
aus Jenaer Glas.
Steigrohr und Kondensationsrohr sind durch ein fingerlanges Si
dickwandigen, engen Gummischlauches miteinander verbunden.
Gesamtapparatur wird von einem besonders dazu geeigneten Stativ
halten, durch das — je nach Konstruktion — beliebig viele Armatı
nebeneinander in einfachster Anordnung getragen werden können.
Die zur Titration der vorgelegten Flüssigkeit verwendete Bür
besteht aus einem Reservoir, mit dem durch einen entsprechenden Zı
wegehahn von den zwei Bürettenrohren jedes einzelne nach Belieben
Kommunikation gebracht werden kann. Beide kalibrierten Rohre s
mit Milchglas hinterlegt, in dessen Mitte sich ein schmaler, blauer Strei
zwecks genauester Ablesung befindet. Das linke Rohr enthält 20,0:
und ist in Fünfzigstel Kubikzentimeter geteilt, das rechte enthält Leen
Zweihundertstel Kubikzentimeter geteilt. Beide Rohre Kommuni
wiederum mit dem Auslaufhahn, so daß nach Belieben durch Rechts- с
Linksdrehen des Наһпев dem rechten oder linken Rohre Flüssigkeit ı
nommen werden kann. Die Titrationsweite umfaßt also 21 ccm, w
bei exaktem Arbeiten bis auf !/,„ ccm genau titriert werden kann.
Beschreibung der Untersuchung auf Gesamtstickstoff.
Leem der zu untersuchenden Flüssigkeit wird zusammen mit 1,5 ‹
konzentrierter stickstofffreier Schwefelsäure und 5 Tropfen 10proz. Kup
sulfatlösung + einer Messerspitze Kaliumsulfat im Verbrennungskol
unter dem Abzug erhitzt, bis die Substanz völlig zerstört ist, was an
Farblosigkeit der Flüssigkeit erkannt werden kann.
Nach vollständigem Abkühlen des Kolbens werden dazu etwa 30 ‹
Aqua dest. vorsichtig zugesetzt.
Darauf wird der Kolben mit seinem Halsschliff an den Schliff
Steigrohres angeschlossen, nachdem vorher ein mit entsprechender Meı
Schwefelsäure von bekanntem Titer versehener Vorlagekolben an d
Kondensationsrohr so vorgelegt worden ist, daß das Rohrende 1n
Flüssigkeit eintaucht.
Darauf wird zunächst der Strom des Kühlwassers geregelt, ш !
ап die Kugel angeschmolzene zylindrische, mit Hahn versehene Се!
Proteolytische Fermente im Serum. I. 79
ёро Kalilauge eingefüllt (nachdem vorher der Hahn geschlossen wurde!)
ai de Flamme entzündet. Sodann wird der Hahn des zylindrischen
шк geöffnet, man läßt bis zum nächsten eingeritzten Strich — das
эй Вет — Kalilauge in den Kolben einfließen, wobei die verdrängte
Lt dech die vorgelegte Flüssigkeit getrieben wird, und schließt sodann
ion Han.
ре еп wird nun rasch und stark erhitzt, bis sich im Konden-
‚молел Flüssigkeit in größerer Menge zeigt, was ungefähr 5 Minuten
n dam pilegt. Dann wird die Vorlage gesenkt, во daß sich das Konden-
wary außerhalb der vorgelegten Flüssigkeit befindet, das Ende des
Imistionsrohres in die Vorlage abgespült und etwa 5 Minuten weiter-
Ж. Tritt dabei Stoßen im Kolben ein, was auch durch das von
Je apiohlene Talkum nicht vollständig verhindert werden kann, so
Sen das kleine Rückschlagventil sicher das Zurückfließen der Flüssig-
Mee dm Kondensationsrohr in den Verbrennungskolben.
Is бе Destillation beendigt, so wird mit etwas Aqua dest. das Ende
= Äondensationsrohres in das vorgelegte Gefäß abgespült und dieses
| был fortgenommen. Darauf wird die Flamme abgedreht, der Ver-
| эшо реп durch vorsichtige Drehbewegung von dem Steigrohr
| bebe und mit kaltem Wasser vollgefüllt abgesetzt.
Zar Titration der in der Vorlage befindlichen Flüssigkeit läßt man beide
Beetienrohre nacheinander bis zum obersten Striche vollaufen, schließt
жа beiden die Verbindung mit dem Reservoir, das zu dreimaliger Füllung
wacht, ab und läßt langsam aus dem breiten Rohre Titrationsflüssigkeit
24%» Vorlage tropfen, bis sich das Herannahen der Neutralisation bemerkbar
act. Man geht sodann genau bis zum nächsten Teilstrich weiter —
% man mit der Lupe kontrolliert — und setzt die Titration mit dem
«т, en kalibrierten Bürettenrohr bis zur völligen Neutralisation
wer It.
‚ Diese Apparatur läßt sich sowohl für Mikro- als auch für Makrokjeldahl
Szen, Zum Makrokjeldahl werden entsprechend größere Verbrennungs-
Kan mit gleichem Normalschliff und größere Vorlagekolben benutzt.
Die Vorzüge dieser Apparatur gegenüber der von Bang und ähnlichen
«ern äußern sich darin, daß einmal beim Zusatz der Kalilauge und
| Sunlsation der Schwefelsäure kein Ammoniak entweichen kann, zweitens,
‚% durch das starke und rasche Erhitzen der Flüssigkeit das Ammoniak
Tee ausgetrieben wird als durch Durchleiten von Wasserdampf, drittens,
© der Schliff größere Sicherheit bietet als ein Gummistopfen, viertens,
є бе Beweglichkeit des Verbrennungskolbens und Steigrohres vor Bruch
“tz und leichteres Arbeiten ermöglicht, fünftens, daß das Rückschlag-
"ОШ mvorhergesehenes Zurückfließen der vorgelegten Flüssigkeit in den
"ranungskolben selbsttätig verhütet und damit das dauernde Beob-
Da der Apparatur während seiner Tätigkeit überflüssig macht.
_ Die Bürette erspart ein mehrmaliges Wiederauffüllen des leergelaufenen
— bei der Bangschen Bürette, wobei durch adhärierende Flüssigkeit
“er entstehen, gestattet also ein schnelleres und dabei exakteres Titrieren.
Ом Wesentlichste aber ist, daß die Fehlergrenze gegenüber der Bang-
Apparatur bis 0,0007 mg Stickstoff herabgedrückt ist, wie eine große
‚von Kontrollversuchen ergeben hat.
| Diese Apparatur wurde bei allen später beschriebenen Versuchen
| ibig verwendet.
80 H. J. Fuchs:
Zur Dialyse wurden Dialysierschläuche von Schleicher und г<
Düren, verwendet. Sämtliche Schläuche, große wie kleine, wurde
Gebrauch geeicht.
Zu diesem Zwecke wurden sie zunächst in fließendem Wasser ra
Stunden eingeweicht, sodann einen Tag lang in Chloroformwasser gelh
Darauf wurden sie 30 Sekunden in Aqua dest. gekocht um
sterilisioerte Gefäße, die weiter unten beschrieben werden, gebbı
Sodann wurden sie bis fingerbreit unterhalb des Randes mit steı
aus frischen Hühnereiern unter Beobachtung aller Kautelen gewon
Hühnereiweiß gefüllt und mit sterilem Aqua dest. bis zu gleicher
umgeben. Die Luft über dem Wasser wurde — wie weiter unte:
schrieben — mit Chloroformdampf gesättigt gehalten und das geschlo
Gefäß 24 Stunden bei 37°C aufbewahrt. Nach Ablauf dieser Zeit м
die Außenflüssigkeit auf Eiweiß geprüft: Konnte darin solches auc}
in den geringsten Spuren nachgewiesen werden, so wurden die Schlä
vernichtet. Schläuche, die kein Hühnereiweiß durchgelassen hatten, wu
24 Stunden in fließendem Wasser gespült und der gleichen Prüfung
lOproz. Witte-Peptonlösung in Aqua dest. unterzogen. Solche Schläı
die gleichmäßiges Diffundieren von Pepton innerhalb 24 Stunden тезү
wurden mit chinesischer Tusche am oberen Rande numeriert und in ster
Aqua dest.. dem etwas Chloroform zugesetzt war, in verschlossener Fla
aufbewahrt.
Dialysiergeläße.
Es wurden zweierlei Dialysiergefäße verwendet: solche für die grx
und andere für die kleinen Dialysierschläuche.
Abb. 2.
a Kappenverschluß d Quecksilberverschluß
b Chloroformbehälter e Einfülltrichter
c Außenflüssigkeit f Hülseninhalt
Die großen bestanden aus länglichen Gefäßen aus Jenaer Glas, de
Hals etwas verengt war. Gleichzeitig mit dem Schlauch wurde ein glei
langes, unten erweitertes Röhrchen aus Jenaer Glas hineingebracht, ‹
Chloroform enthielt. Um quantitativ genau arbeiten zu können, wur
die Gefäße mit Stopfen verschlossen, die mit einem S-förmig durchbohr
Rohre versehen waren, in dem sich ein paar Tropfen Quecksilber befand
Proteolytische Fermente im Serum. I. 81
4: diese Art konnte einerseits kein Wasser verdunsten, andererseits war
еа Patzen des Gefäßes bei Erwärmung auf 37° verhütet.
De kleinen tragen innen einen ringförmigen Behälter für Chloroform,
ve Gen ап einer Stelle ein U-förmiges Rohr nach außen geführt ist. Dieses
adt mt einer trichterförmigen Erweiterung, um die Beschickung mit
(leegen zu erleichtern. Als Verschluß dient eine Überfangkappe aus
Zeche (Јаве mit Innenschliff, der luftdicht zu dem Außenschliff des
iis paßt. Drei am Boden angeschmolzene Glasfüße machen das
Кт standfest. Zum Gebrauch wurde das Kölbchen in strömendem
Пар serilisiert, sofort nach Herausnahme aus dem Sterilisiergefäß und
Мето zum Versuch Chloroform durch das seitliche Rohr in den ring-
imm Behälter gebracht, die Kappe aufgesetzt und nach Abkühlung
эг mit einigen Tropfen Quecksilber verschlossen. Sodann wurde
ir serlisierte Dialysierschlauch nach raschem Öffnen des Gefäßes ein-
ext, die zu dialysierende Flüssigkeit mit steriler Pipette sorgfältig in
& Schlauch gebracht und ebenso die Außenflüssigkeit steril um den
thauen eingefüllt, worauf die Kappe wieder aufgesetzt und das Gefäß
a in Brutschrank gebracht wurde.
Am Entnahme wurde entweder aus der Außenflüssigkeit mit steriler
"Zeite die gewünschte Menge vorsichtig entnommen, oder es wurde fast
x гиге Außenflüssigkeit entfernt, mehrmals mit der gleichen Lösung
з und mit sterilem Glasröhrchen unter Zuhilfenahme der Wasser-
“ahlpumpe abgesaugt.
Versuchsmaterlal.
Ла allen Versuchen wurden frische, sterile Sera verwendet. Die ver-
“isdenen Standardfibrine wurden aus frischen Seris in größerer Menge
irh Schlagen gewonnen. Sie wurden 24 Stunden in fließendem Wasser
"schen und so lange gegen Aqua dest. dialysiert, bis die Biuretprobe
ж Außenflüssigkeit negativ ausfiel. Darauf wurden sie nach vollständiger
шш im Exsikkator über Chlorcalcium bei 45° C im Mörser pulverisiert.
Der Gesamtstickstoffgehalt der Fibrine ergab für
0,1g Pferdefibrin ... . . . .. 17,3275 mg N
0,1 g Rinderfibrin. . . . . . . 17,241 mg N
0,1 g Hammelfibrin . . . . . . 17,623 mg N
Ergebnisse.
Versuch I.
190 ccm fassende sterilisierte Erlenmeyerkölbchen aus Jenaer Glas
rien unter Beobachtung aller Kautelen mit је 100 ccm Serum
-Olg Fibrin beschickt. Als Verschluß diente ein sterilisierter Gummi-
“den, der mit einem S-förmig gebogenen Rohre durchbohrt war.
2 diesem befand sich Chloroform, das durch Quecksilber gegen die
Мең abgeschlossen war. Dadurch war der Luftraum im Kolben
ta mit Chloroformdampf gesättigt und konnte Wasser aus dem Serum
“№ verdampfen. Bei dieser Anordnung wird die sonst übliche Über-
| mit Toluol nach Abderhaldens Vorschrift umgangen, die
Че erakte Bestimmung des N-Gehalts des Serums infolge Bildung
"a koaguliertem Eiweiß an der Serum-Toluolgrenze unmöglich macht.
Кассе Zeitschrift Band 170. 6
82 H. J. Fuchs:
Chloroform bewirkt — wie Parallelversuche ohne solches erge
haben — weder Lähmung noch Steigerung der fermentativen Vorgär
Die Kolben wurden bei 37°C im Brutschrank gehalten. N:
je 12 Stunden wurden aus den mehrfach vorsichtig geschüttel
Gefäßen је 3ccm entnommen und durch ein doppeltes Filterc]
filtriert. Von je 1 ccm der Filtrate wurde der Gesamtstickstoff mit:
der beschriebenen Mikrokjeldahlmethode bestimmt. Die Result
sind aus folgenden Tabellen zu ersehen.
a) 100 ccm Pferdeserum + 0,2g Fibrin.
Stdn. 1. соо Differenz i ne: Differenz A E Differenz
| e mn | mw | mi mg | en
0 | 13,4680 13,4680 | 0,0000 | 13468 | 0,000
12 ЕЕ 14,8470 | 1,3790 14,501 1,033
24 | 134680! 0,0000 | 151970 1,7290 14,826 | 1,418
36 = = 15,5860 | 2,1180 15,320 1,852
48 || 13,4715 | 0,0035 15,7570 | 2,2890 15,484 2,016
60 i — = 16,0530 | 2,5850 15,660 2,192
72 | 13,4680 | 0,0000 | 16,2885 | 2,8205 15,939 2,571
84 | — — | 16,4160 | 2,9480 15,970 2,502
96 i 13,4722 | 00042 | 16,4580 | 2,9900 16,046 2,578
Gesamtabbau: | 0,0042 ii 2,9900 ` 2,578
— 0,01 Proz. = 8,2 Proz. = 7,5 Pro
b) 100 ccm Rinderserum + 0,2g Fibrin.
Stan. L. E Differenz үе 2. nen Differenz | 3. ee Differenz
mg my N а 085 Е mg N mg mg N
0 | 13,139 0,000 1 13,13% 13,1390 13,1390 | 0,0000
12 | — = | 14,4980 14,2210 | 1,0820
24 | 13,140 0,001, 15,0860 14,8970 | 1,7580
36 = u 15,3710) 2,2320 15,1155 | 1,9765
48 | 13,139 0,000 | 15,5335; 2,3945 15,3140 2,1750
60 | — er 15,9890 | 28500 | 15,6460 | 2,5070
72 | 13,140 0,001 16,1440 | 3,0050 15,8710 | 2,7320
84 — — | 16,3830 | 3,2440 16,0130 2,9740
96 | 13,140 0,001 16,4000 | 3,2610 16,1410 | 3,0020
108 | = = | 16,4400 | 3260 | 16 мо 3,0210
Gesamtabbau: | 0,001 г | 32650 | 3,0210
=0,003 Proz. | — 9,5 Proz. | — 8,7 Proz
Proteolytische Fermente im Serum. 1.
c) 100ccm Hammelserum + 0,2g Fibrin.
н} 820680 |
Pe
BER
ït —
б 132680
е,
сй, чш
mg N
0,0000
0,0005
0,0000
0,0015
0,0010
—
Differenz | 2. —
— ————
15,8460
|3. SCH Differenz
Differenz
mg N
mg mg |
13,2680
14,6260
15,1480
15,5330
16,1310
16,3145
16,4840
16,4910
6*
84 H. J. Fuchs:
Wiederholung.
а) 100 ccm Pferdeserum + 0,2 g Fibrin.
Stdn. || ne | Differenz ig Wl Differenz | * hmm | Differenz
| mg | mg N | mg | mg N mg mg N
о | 14,124 0,000 14,124 0,000 14,124 0,000
KA er ШШ | 14,989 0,875 14,623 | 0,499
24 | 14,124 | 0000 15,062 | 0,983 14.921 0,797
36 ый * 15,434 1,310 | 15,169 1,044
48 | 14,132 0,008 15,617 1,493 15,532 1,408
б — — 16134 | 2010 | 15944 | 1820
72 | 14,132 | 0,008 16,384 2 260 16,242 2118
84 = D 16,543 2,419 16,387 2,263
96 | 14,136 | 0,012 16,621 | 2,497 16,408 | 9974
Gesamtabbau: 0,012 | 2497 2,274
— 0,03 Proz. — 7,08 Proz. || — 6,6 Proz.
e) 100 ccm Rinderserum + 0,2 g Fibrin.
| i | e | * | | |
1. Rinder» Differenz |2. Hammel Dinis Jä Pferdes Different
Stdn. | fibrin fibrin |
== на mg _ та N m | mN mg тв №
0 13,454) 0,000 13,454) 0000 | 13,454) 0,000
DECH ës = 14,523 1,069 14336 0,992
24 | 13,454 | 0,000 | 15,186 1,732 | 14,933 1,479
Dër H. — == ae | 15,393 1,939 15,346 1,892 |
48 | 13,454 0,000 15,646 2,102 15,532 2,078
65 | — 20 16,044 2,590 15,846 2,392 |
72 | 13,460 0,006 | 16,122 | 2668 | 15,932 | 2,478
84 | Es а | 16282 2898 16,114 2,660
96 | 13,454 0,000 16,310 2856 | 16,141 2,687
108| — de | 16,383 | 2929 | 16,152 | 2,698
Gesamtabbau: 0,000 | 2,929 | | 2,698
— 0,00 Proz. = RA Proz: | = 7,9 Proz
f) 100 ccm Hammelserum + 0,2 g Fibrin.
Stdn. It. — Differenz 2. eng Differenz |
| ж j лен. „ш оу ам.
0 | 13,276 | 0,000 | 13,276 | 0009 |
12 Lé же | 14,734 1,458 |
24 | 13,276 | 0000 15.222 1946 |
36 — | — 15,548 2,272
{8 13,276 | 0,000 | 15,853 | 3577 |
* gg 16,131 2,855
72 | 13,280 | 0,004 | 16,320 | 3,044 |
84 | — = | 1641 | 316 |
96 13,280 0,004 16,469 3,186
108 e ИЩ» | 16,483 | 3,207 |
Gesamtabbau: | 0,004 ` ` | 3,207 |
= 0,01 Proz. — 9,2 Proz. |
Proteg)ytische Fermente im Serum. I. 85
Ein Vergleich der Stäbe zeigt, daß die Sera arteigenes Fibrin
überkaupt nicht, artfremdes Fibrin dagegen merklich abbauen. Der
Abbau ist allerdings im Verhältnis zu den großen Mengen von Versuchs-
Abb. 4.
material, die verwendet wurden, recht gering (etwa 10 Proz... Er
«folgt am stärksten innerhalb der ersten 20 Stunden, nimmt allmählich
b md hört in der 108. Stunde fast gänzlich auf.
Versuch II.
Es lag nahe, für die abnehmende Geschwindigkeit der Reaktion
= ëch bildenden Spaltprodukte verantwortlich zu machen und durch
утеп Fortschaffung eine Verstärkung des Abbaues zu erstreben.
Zu diesem Zwecke wurden die Versuche in Dialysierhülsen wieder-
sit, die — wie unter Methodik angegeben — geeicht worden waren.
а jede Hülse kam unter Heranziehung aller Kautelen 5,0 ccm Pferde-
ктп + 0,1g Fibrin; die Außenflüssigkeit — sterilisiertes, destilliertes
Wer — betrug 30,0 ccm, wobei die Flüssigkeitsspiegel der Innen-
®d Außenflüssigkeit ungefähr gleich hoch standen.
86 H. J. Fuchs:
Alle 12 Stunden wurden 2ccm der Außenflüssigkeit steril eni
nommen und von је 1 ccm der Gesamtstickstoffgehalt ermittelt. Юа
wurden jedesmal wieder 2ccm Aqua dest. steril. der Außenflüssigke;
zugesetzt und in die Gesamtstickstoffmenge mit einberechnet.
5,0 сот Pferdeserum + 0,1g Fibrin in der Hülse, 30 com Aqua dest. a
Außenflüssigkeit.
Sen | 1. Pferdefibrin 2. Hammelfibrin 3. Rinderfibrin
9 mg N pro Wem | mg N pro 30 ccm mg N pro 30 ccm
o | 0000 ` 0,000 | 0,000
2 | 3,780 3,225
4 | 0,0216 ‚620 4,515
36 | 5,250 4,536
48 | 0, 0280 5,460 4,935
60
4 |
8 |
108 L
Gesamtabbau: |
0 72 269 36 a e 72 84 96 708
Stunden
Abb. 5.
Vergleicht man die Ergebnisse dieses Versuchs mit dem vorhe
angegebenen, so ersieht man, daß der Abbau der Fibrine in der Di
alysierhülse in gleicher Weise, aber in viel höherem Maße stattfinde
als im Glasgefäß, in dem die Abbauprodukte dauernd in Berührun
mit dem reagierenden System bleiben. Auch hier noch sıstiert de
anfangs höher ansteigende und länger anhaltende Abbau der artfremdei
Fibrine nach etwa 108 Stunden. Diese Feststellung wurde in mehrere!
Versuchen gleichmäßig gefunden.
Proteolytische Fermente im Serum. I. 87
Wiederholung.
ivem Pferdeserum + 0,1 g Fibrin in der Hülse, 30 ccm Aqua dest. als
Außenflüssigkeit.
ы | 1. Pferdefibrin | 2. Hammelfibin |, 3. Rinderfibrin
S оо E N po Men | mN po cam. -Tog рео W orm
| 0,000 0,000 | 0,000
Rp | = 3,360 3,150
N | 0,000 4,340 | 3,934
3 | — 5,340 4,536
в 0,014 5,544 4,920
й = | 5,796 5,348
H 0,014 | 5,824 5,586
H = | 5,894 5,670
* 0,028 5,950 5,740
в — 5,992 5,182 |
wantabbau : 0,028 mg N | 5,992 mg N 5,782 mg N
— 0,11 Proz — 3,01 Proz. — 33,41 Proz.
о 12 29 36 Y% 60 72 84 96 708
Stunden
Abb. 6.
En Vergleich der Versuche lehrt, daß die dialysierbaren Abbau-
dukte der kolloiden Substanzen in der Tat auf den Abbau hemmend
"ia: durch ihre Entfernung aus dem Serum geht der Abbau be-
*uend weiter, kommt allerdings schließlich durch die Anreicherung
br dalen- und damit der Innenflüssigkeit auch hier zum Stehen.
Es wurde nunmehr auch diese Anreicherung durch mehrfachen,
"ständigen Wechsel der Außenflüssigkeit verhindert.
Versuch III.
| в wurde eine neue Versuchsreihe mit entsprechend veränderter
"achsanordnung angesetzt. In dieser wurde alle 12 Stunden die
Уаз реј mittels steriler Vollpipette entfernt, mehrmals mit
“rem Aqua dest. nachgespült und sodann das vorher im Gefäß ent-
gewesene Quantum steriles Aqua dest. hineingebracht.
88 H. J. Fuchs:
5,0 cem Pferdeserum + 0,1 g Fibrin in der Hülse, 30 cem Aqua dest.
Außenflüssigkeit.
SE Эр Pferdefibrin | 2. Hammelfbrin | 3. Rinderfibrim
ў | mg N pro 30 ccm mg N pro 30 ccm mg N pro 30 cen
0 | 0,000 0.000 0,000
12 — 3,465 3,192
24 | 0,014 3,416 3,094
36 — 0,308 0,3892
48 0,007 0,252 0,168
60 — 0,056 0,056
12 | 0,000 0,014 0,014
84 | — 0,000 | 0,028
96 | 0,000 Д 0,000 | 0,000 — |
Gesamtabbau : | 0,021 mg N 75llmgN ` 6,9241 my
| — 0,12 Proz. — 42,63 Proz. — 40,16 Proz
Wiederholung.
5,0 ccm Pferdeserum + 0,1 g Fibrin in der Hülse, 30 ccm Aqua dest. :
Außenflüssigkeit.
e d 1. Pferdefibrin 2. Hammelfibrin 3. Rinderfibrin
ғ IE А. mg N pro 30 ccm mg N pro 30 ccm mg N pro 30 cem
0 0,000 | 0,000 0,000
12 | — 3,094 2,926
24 | 0,028 2,856 2,779
36 — 0,364 0,371
48 | 0,000 | 0,324 0,201
60 | — 0,147 0,042
72 | 0,000 0,028 0,000
a | — 000 000
‚esamtabbau : | 0,028mgN | 6,813 mg N | 6,319 mg N
— 0,16 Proz. — 38.66 Proz. | = 36,6 Proz.
Proteolytische Fermente im Serum. I. 89
Ех ist aus diesem Versuch, ebenso wie aus anderen, parallel dazu
ogstellten ersichtlich, daß der Abbau artfremden Fibrins zu Anfang
ges einsetzt, um sich kurze Zeit auf der fast gleichen Intensität zu
bis ша dann sehr rasch abzufallen.
Die ndr Außenflüssigkeit des Ge-
_ Sie a dem sich Pferdeserum mit
Menin zusammen befand, ge- {5
_ tæ Gesamtstickstoffmenge stellt 40
da Batstickstoffgehalt des Pferde- 130
ees dar. 12,
180
Ee r-- 4-4 = 700
— - = E eg) dee EE E og
— — — — 4—
In # 36 #8 e 72 %4 O ZS 36 vg 60 72 20 ge
Stunden Stunden
Abb. 8. Abb. 9.
Versuch IV.
Die gleichen Versuche wurden nochmals mit größeren Mengen an-
lt. Zu diesem Zwecke wurden entsprechend größere Hülsen und
Zich konstruierte größere Glasgefäße verwendet.
"em Pferdeserum + 0,1g Fibrin in der Hülse, 30 ccm Aqua dest. als -
Außenflüssigkeit.
Stunden | 3, Pferdefibrin i | 2. Hammelfibrin 3. Rinderfibrin
—— mg N pro 30 ccm | mg N pro 30 cem | mg N pro 30 ccm
— — анана nn De u med bes ена ЕЛ e EE en ni m u rg
0 | 0,000 | 0,000 0,000
12 — | 3,3952 3,392
4 0,028 3,328 3,336
% = 3,458 3,208
48 0,0216 3,430 3,038
0 — 3,416 3,052
Fibrin verschwunden!
12 | 0,028 0,560 | 0,890
М — 0,014 | 0,224
ые, Qol Е 0,000 oui
"antabbau : 0,0916mg N 17,6012 mg N 17,154 mg N
= 0,68 Рго2, | == 99,89 Proz. — 99,50 Proz.
90 H. J. Fuchs:
Wiederholung.
100 ccm Pferdeserum + 0,1g Fibrin in der Hülse, 30 ccm Aqua dest.
EE
— 1. Pferdefibrin 2. Hammeläbrin | 3. Rinderfibrin
эше | 8 mg Np N pro 30. 30‹ ccm mg N pro ro 30 ccm "` | mg N pro‘ 30: cca
0 0,000 0,000 | 0,000
12 | | 3.234 3,122
24 0,028 | 2,996 2,842
36 | — | 2,870 | 2,772
48 | 0,0216 | 2,604 2,
60 | = | 2,100 | 1,998
72 | 0,028 | 1,708 1,596
84 | = | 1,228 | 1,022
= | Fibrin verschwunden !
96 | 0,014 ‚ 0,462
108 — | 0,014 0,014
= 0000 „ll 20, |
Gesamtabbau : | 0,0916 mg N 17,178 ор № | 16,266 mg `
| = 0,52 Proz. |! = — 9744 Proz. _ 9487 Proz.
0 Land
. Stunden
Abb. 10.
Proteolytische Fermente im Serum. I. 91
Bei dieser Anordnung hält sich der Abbau des artfremden Fibrins
w Барт ziemlich konstant, bis das Fibrin vollständig abgebaut
wia it. Die geringfügigen Ergebnisse nach Verschwinden des
Diop rühren wohl daher, daß der letzte Rest der dialysablen Abbau-
podate ans der Hülse nach außen wandert.
Ji diese Versuchsanordnung wurde mit übereinstimmendem
Eee: mehrmals wiederholt.
іж февеп beiden Versuchsreihen ist zu ersehen, daß das Abbau-
mim des Serums artfremden Substanzen gegenüber vom Quantum
Ф wms abhängig ist, woraus der Schluß zu ziehen ist, daß das
bat entweder ebenfalls in die Außenflüssigkeit dialysiert oder im
ше des Versuchs unwirksam wird.
e allem mußte daran gedacht werden, daß mit den hemmenden
| maten vielleicht Stoffe wegdialysiert wurden — Salze, Proferment —,
* fir das Fortschreiten des Abbaues von Bedeutung sind. In einer
anderen Versuchsreihe (V) wurde deshalb der Einfluß von Salz-
ragen auf Eiweiß untersucht. Zu diesem Zwecke wurden aus ge-
| tinetem, löslichem Hühnereiweiß (Kahlbaum) — 01 р enthält
Иш N —, Lösungen mit sterilem Aqua dest., mit steriler physio-
Sache Kochsalzlösung, steriler Ringerlösung und mit steriler Nor-
walieıng (Sächsisches Serumwerk, Dresden) in Stärke von 5 Proz.
кеңе.
In diesem Zwecke wurden je 5g Hühnereiweiß, das 4 Stunden
к 110PC im Trockenschrank sterilisiert worden war — die Löslichkeit
"ге dadurch nicht beeinträchtigt —, mit der betreffenden Flüssigkeit
8 10 сот aufgefüllt und 1 Stunde im Schüttelapparat geschüttelt.
| Ergebnis waren schwach opalisierende Lösungen. Diese Flüssig- -
kt wurden dialysiert, alle 24 Stunden wurde die Außenflüssigkeit
mimt und durch 30 ccm frische Flüssigkeit ersetzt.
Versuch V.
` stem 5proz. Hühnereiweißlösung in Aqua dest. in der Hülse, 30 ccm
Aqua dest. als Außenflüssigkeit.
Stunden | mg N pro 30 ccm
0 0,000
48 0,000
96 0,0014
Gesamtabbau : 0,0014 mg — 0,004 Proz.
92 H. J. Fuchs:
2. Beem бргох. Hühnereiweißlösung mit 0,85proz. NaCl-Lösung i
Hülse, 30 ccm 0,85proz. NaCl-Lösung als Außenflüssigkeit.
Stunden mg N pro 30 ccm
0 0,000
24 0,168
48 0.336
96 0,504
Gesamtabban: | 0,908 mg N — 2,39 Proz.
3. Beem брго2. Hühnereiweißlösung mit Aqua dest. in der Hülse, 3
Ringerlösung als Außenflüssigkeit.
Stunden | — dicm.
0 | 0,000
24 0,224
48 0,532
96 0.8064
Gesamtabbau: | 1,5624 mg М = 4,05 Proz.
4. бест 5proz. Hühnereiweißlösung in Ringerlösung in der Hülse, 30
Ringerlösung als Außenflüssigkeit.
Stunden | mg N pro 30 ccm
0 | 0,000 |
24 | 0,504
48 1,026
в | 1,393 |
Gesamtabbau : ' 2,923 mg N — 7,58 Proz.
5. 5ocm proz. Hühnereiweißlösung in Normosallösung in der Hü
30 ccm Normosallösung als Außenflüssigkeit.
Stunden |. mg N pro 30 ccm
Proteolytische Fermente im Serum. І. 93
Daraus ergibt sich, daß der Elektrolytgehalt der Flüssigkeit beim
\bbau von Eiweiß von Wichtigkeit ist. Ein kleiner Teil des kolloiden
Eweißstickstoffs wird durch die Salze ohne Fermenteinwirkung
beabel Ringer- und Normosallösung sind dabei gleichwertig.
m Höchstfalle wurden etwa 7,5 Proz. des vorhandenen Eiweiß-N
kalysabel.
Die gewonnenen Erkenntnisse wurden auf
üe hrinolyse übertragen.
Га den Einfluß des Elektrolytgehalts
ні фп fermentativen Abbau der Fibrine im
Perdeserum zu untersuchen, wurden die gleichen
Tosch (Pferdeserum + Fibrin in Hülse gegen
Auenflüssigkeit dialysiert) nochmals vorge-
samen, nur wurden als Außenflüssigkeit
Einger- oder Normosallösung verwendet. Die
iudenflüssigkeit wurde alle 12 Stunden entfernt
ed durch frische ersetzt.
Versuch VI.
0 ст Pferdeserum + 0,2g Fibrin in der Hülse,
%ocm Ringerlösung als Außenflüssigkeit.
Se, ea, | Ges
0 0,000 | 0,000
12 3,102 | 3,388
4 3,346 Ä 3,759
a 3,633 4,144
8 3,976 4,544
e 4,410 4,956
? 4,794 | 5,530
и 5,180 5,670
% 5,628 | 2,891
Fibrin verschwunden!
kengen 34,07 mg N | 3488 mg N
EEE ER
“ЕГП
Ө ЖЕ ШЕ! ШЇ BEE
Stunden
Abb. 12.
Biszum Verschwinden des Fibrins sind 85 bis 87 Proz. des Eiweiß-N
üalyaabel geworden gegen 7,5 Proz. bei der bloßen Salzdialyse.
Die Versuche zeigen, daß der Abbautiter konstant ansteigt, bis
ба gesamte Fibrin abgebaut ist. Da Normosallösung nach Angaben
% Sächsischen Serumwerkes außer den Bestandteilen der Ringer-
94 H. J. Fuchs:
lösung noch Mono- und Diphosphate enthält, sich also dem Geha
Serums an anorganischen Bestandteilen besser anpaßt, wurden Pa
versuche mit Normosallösung gemacht.
100 cem Pferdeserum + 0,1 g Fibri
, in der Hülse,
fr 30 ccm Ringerlösung als Außenflüssigk
RAR — | 1. REESEN Е 2. Hammelfi
н | mg N pro 30 ccm S mg N pro 30
0 | 0,000 | 0,000
| 12 | 2,856 | 2,996
, о 2,968 | 3,388
“з ры Е ВЕ ' '
у) #{ wë эю
E р 48 3,948 4,468
| Fibrin verschwu
60 | 3,824 2,014
verschwunden !
12 0,146 0,770
84 | 0,000 0,014
6 0,000 0,000
A ne Se SE Gesamtabbau: u 17,144 mg N 17,612 my
Abb. 13. ı = 99,44 Proz. | = 99,95 Рк
100 ccm Pferdeserum + 0,2 g Fibrin in der Hülse, 30 ccm Normosallös
als Außenflüssigkeit.
— | 1. Rinderfibrin | 2. Hammelfibrin
БОД | mg N pro 30 ccm mg N pro 30 ccm Еа
| 0,000 0,000
3,498 3,752
3,500 3,920
3,720 | 4,364
4,270 | 4,8104
4,438 5,208
4,788 5,866
5,800 6,384
Fibrin verschwunden!
4,936 | 0,350
Gesamtabbau: 34,450 mg N 34,658 mg N
= 99,83 Proz. = 98,35 Proz.
Proteolytische Fermente im Serum. 1. 95
Deer Versuch ` 100 eem Pferdeserum + 0,1g Fibrin in der Hülse,
pb bei mehrmali- 30 ост Normosallösung ale .Außenflüssigkeit.
tWederholung die nr TTT
. 1. Rinderfibrin 2. Hammelfibrin
Se Resultate. — mg N pro 30 ccm mg N pro 30 ccm
стаі von Nor- 0 | 0,000 0,000
12 | | 3,064 3,920
24 | 3,477 4,396
38 ` 4,102 5,054
48 | 4,914 3,632
| Fibrin verschwunden!
60 1,484 0,140
72 0,014 0,014
84 0,000 0,000
Gesamtabbau: | 17,055 mg N 17,156 mg N
| = 98,97 Proz. = 97,37 Proz.
—
„||| |
Шанин
= ЕКЕ ШИ
GARE
г |р 1
gp иши
ВЕКЕ a
! NEE — о 12 28 SE 60 72 d
Abb. 14 Abb. 15.
96 H. J. Fuchs:
Aus diesen gesamten Abbauversuchen ist zu schließen, daß
l. Serum artfremdes Fibrin abbaut,
2. die Schnelligkeit des Abbaues davon abhängt, ob
a) die Abbauprodukte rasch fortgeschafft werden,
b) der Elektrolytgehalt des Serums konstant bleibt.
Aus Versuch VI geht hervor, daß mit dem Fortschreiten der Rea
der Abbau ein immer schnelleres Tempo annimmt. Es kann da:
weder an einer Auflockerung des Fibrins oder an einer Konzentra!
steigerung des Ferments liegen. Zwischen diesen Möglichkeiten n
sich entscheiden lassen, wenn in einem bestimmten Stadium des
suchs das angedaute Fibrin entfernt und durch frisches ersetzt w
Mit der gleichen Versuchsanordnung mußte sich die Frage р!
lassen, ob für jedes artfremde Fibrin ein besonderes Ferment
zunehmen ist, oder ob immer dasselbe alle Fibrine abbaut. War när
die obengenannte Vermutung unzutreffend, d. h. wird frisch zugefi
Fibrin mit der gleichen Geschwindigkeit abgebaut wie angebaute
konnte ein Wechsel der artfremden Fibrine vorgenommen wer
Erfuhr dabei das Abbautempo keine Veränderung, so war Einheit
keit des Ferments anzunehmen.
Versuch VII.
Wie sich der hemmende Einfluß der Abbauprodukte durch Dia
verringern läßt, so läßt er sich verstärken. Es wurden 10 ccm
Außenflüssigkeit, die laut Mikrokjeldahl 3,64 mg N in 30 ccm enthi
zur Innenflüssigkeit zugesetzt, wonach die Abbautätigkeit des бег
sofort fast gänzlich aufhörte.
a) 100 ccm Pferdeserum + 0,2g Hammelfibrin in der Hülse, 30 ccı
Normosallösung als Außenflüssigkeit.
Stunden | mg N pro 30 ccm
o ` 0,000
12 | 3,640
Zusatz von 10 ccm Außenflüssigkeit!
24 | 0,112
36 | 0,028
48 | 0,000
д
30
ZS 20
È
20
0 72 2# 36 м 60
Stunden
Abb. 16.
Proteolytische Fermente im Serum. I. 97
b) 100 cem Rinderserum + 0,2g Pferdefibrin in der Hülse, 30 ccm
Normosallösung als Außenflüssigkeit.
Stunden | mg N pro % ccm
— — — — I — —
0 0,000
12 3,252
24 3,752
Zusatz von 10 ccm Außenflüssigkeit
mit 1,25 mg N
Stunden
Abb. 17.
Versuch VIII.
Pferdeserum wurde zunächst mit Hammelfibrin in den Dialysier-
xhlauch gebracht und gegen Normosallösung dialysiert, wobei alle
0 Stunden die Außenflüssigkeit sorgfältig entfernt wurde. Nach
Erreichung einer bestimmten „Abbauhöhe“ wurde das Hammelfibrin
durch scharfes Zentrifugieren von dem Pferdeserum getrennt und
егп, das Serum weiter dialysiert, bis die darin enthaltenen Abbau-
ptodukte des Hammelfibrins auf ein Minimum gesunken waren, sodann
Rinderfibrin zugesetzt und gleichfalls gegen Normosallösung dialysiert,
fe alle 12 Stunden entfernt wurde. Nach Erreichung einer bestimmten
Abbaustärke wurde dieses Rinderfibrin auf gleiche Art wie vorher das
Hammelfibrin aus dem Pferdeserum entfernt und dieses weiter dialysiert,
bs der N-Gehalt der l2stündig ausgewechselten Außenflüssigkeit
еп Minimum erreichte. Sodann wurde dem Pferdeserum zum zweiten
Ше frisches Hammelfibrin zugesetzt und wiederum gegen 12stündig
uugewechselte Normosallösung dialysiert.
Nschemische Zeitschrift Band 170.
98 H. J. Fuchs:
100 ccm Pferdeserum + 0,2g Hammelfibrin in der Hülse, 30 ccm
Normosallösung als Außenflüssigkeit.
Stunden | mg N pro 30 ccm Stunden mg N pro 30 ccm
m EE er EEE а щш
0 | 0,000 6 | 3,640
2 | 3,360 108 3,710
24 Т 3,846 120 4,440
36 4,220 Entfernung des Rinderfibrins!
48 | 4,780 132 | 1,200
Entfernung des Hammelfibrins! 144 | 0,145
60 | 0,460 Zusatzv.0,2g frischen Hammaelfibriı
72 0,140 1566 | 5.160
Zusatz уоп 0,2 g Rinderfibrin! 168 | 5,830
s4 | 3,420 180 6,640
100 ccm Rinderserum + 0,2 g Pferdefibrin in der Hülse, 30 cem
Normosallösung als Außenflüssigkeit.
Stunden | mg N pro 30 ccm Stunden ` mg N pro 30 сот
0 | 0,000 96 | 3,136
12 | 3,108 108 | 3,514
24 3,976 120 { 4,172
36 | 4,564 Entfernung des Hammelfibrins'
48 l 4,942 132 | 1,228
Entfernung des Pferdefibrins! 144 | 0,280
60 | 1,176 | Zusatz von 0,2 g frischen Pferdefibrins
12 0,364 156 | 5,460
Zusatz von 0,2 g Hammelfibrin! 168 | 6,174
84 | 2,842 180 6,888
Der Abbau des Hammelfibrins beginnt mit einer Geschwindigkei'
die 3,360 mg N in 12 Stunden liefert, und steigt bis 4,780 mg N vo
der 36. bis 48. Stunde. Das Fibrin wird nun entfernt. Nach im ganze.
144 Stunden wird frisches Hammelfibrin zugesetzt und mit einer пос
etwas größeren, sich sogar noch weiter steigernden Geschwindigkei
angegriffen. Das Fibrin erfährt also wahrscheinlich im Verlauf de
Abbaues keine vorläufige Veränderung, die es für dessen spätere Stadieı
zugänglicher macht. Zwischen diese beiden Etappen wurde ein Versucl
mit Rinderfibrin geschoben. Hier findet der Abbau nicht mit de
beim Hammelfibrin bereits erreichten, sodern mit einer kleinere!
Geschwindigkeit statt, mit der auch der des Hammelfibrins begonnel
hatte. In Berührung mit Hammelfibrin ist also im Serum ein Fermen!
angereichert, das spezifisch auf Hammelfibrin eingestellt ist und аш
Rinderfibrin keinerlei Einfluß hat.
Um die Deutung des Abbaues als Fermentvorgang zu чаш
wurde steriles Pferdeserum eine halbe Stunde im Wasserbad auf 58 С
Proteolytische Fermente im Serum. I. 99
ztalten und darauf mit Hammelfibrin im Dialysierschlauch gegen
\umosallösung dialysiert.
Versuch IX.
5cem Pferdeserum + 0,1g Hammelfibrin in der Hülse, 30 ccm
Normosallösung als Außenflüssigkeit.
| l
Stunden | mg N pro 30 ccm
48 | 0,0014
96 0.002
Die Reaktion ist zweifellos an einen thermolabilen Körper gebunden.
Zur Prüfung, welcher Bestandteil des Ferments thermolabil ist,
тибе Serum mit Hammelfibrin gegen Normosallösung dialysiert,
ach Erreichung einer bestimmten Abbauhöhe das Serumfibringemisch
хе halbe Stunde im Wasserbad auf 58°C gehalten, nach Konstatierung
ss Aufhörens des Abbaues frisches Serum zugesetzt.
Versuch X.
100 eem Pferdeserum + 0,2 g Hammelfibrin in der Hülse, 30 cem
Normosallösung als Außenflüssigkeit.
FT | -_—
Stunden mg N pro 30 ccm Stunden mg N pro 30 ccm
о 0,000 48 1,040
8 ` 3.358 60 | 0,140
24 3,826 Zusatz уоп 50 ccm frischen Serums!
36 | ` 4,243 72 | 4,114
Inaktivierung des Gemisches! 84 | 4,125
Auf Grund der beschriebenen, sämtlich durch Parallelversuche
md mehrfache Kontrollen auf Exaktheit und Sterilität geprüften
Ergebnisse lassen sich folgende Schlüsse zu den fermentativen Vor-
augen im Blute ziehen: Das Serum von Pferd, Hammel und Rind
"АК ein Ferment, das die Fibrine der anderen Blutarten, nicht aber
gtägenes Fibrin abbaut. An sich kommt der Abbau bald zum Stehen,
argen wird er in seinem Tempo beschleunigt, wenn man Sorge trägt,
œ entstehenden Spaltstücke dauernd durch Dialyse zu entfernen.
Poet man im Laufe des Versuchs neues Substrat hinzu, so wird
а sogar nicht nur mit der geringen Anfangsgeschwindigkeit, sondern
Hi der im Gange des Versuchs erreichten abgebaut. Da man sich kaum
“stellen kann, daß sich im Laufe des Versuchs die äußeren Bedin-
"een so durchgreifend verbessern, ist es wohl das Ungezwungenste,
Ч eme Zunahme der aktiven Fermentmenge zu denken.
7%
100 H. J. Fuchs:
Wir kennen eine ganze Reihe von Beispielen, in denen Ferme
erst am Orte ihrer Tätigkeit oder im Augenblick, in dem sie diese a
nehmen müssen, aus einer unwirksamen Vorstufe frei gemacht werd
Diesen Mechanismus treffen wir auch bei dem besterforschten Ferm
des Plasmas, dem Thrombin, das erst im Augenblick der Gerinnı
aus dem Thrombogen gebildet wird.
Es liegt nahe, diesen Mechanismus auch für das fibrinabbaueı
Ferment anzunehmen, wobei es einstweilen unentschieden bleil
muß, ob schon die Vorstufe des fibrinabbauenden Ferments spezifi
differenziert oder allen Fibrinasen gemeinsam ist.
Die Ähnlichkeit des fibrinabbauenden Ferments mit dem Throm!
geht noch weiter. Zur Überführung von Prothrombin in Thrombin
die Gegenwart von Ca-Salzen unerläßlich, während allerdings ‹
fertige Thrombin seine Gerinnung veranlassende Wirkung auch ob
Gegenwart von Ca-Salzen ausüben kann. Веі dem fibrinabbauend
Ferment ist die Gegenwart der Plasmasalze — es ist noch nicht gepr
worden, ob nur ein einzelnes der Plasmaionen oder ihre Gesamth
erforderlich ist — ebenfalls von ausschlaggebender Bedeutung.
Versuch IV, in dem zum Unterschied von Versuch III 100 ccm беп
statt 5 ccm gegen die gleiche Menge Außenflüssigkeit dialysiert wurd:
ist die Wirkung des vorhandenen Ferments geraume Zeit weiter ;
gangen, wenn sie auch nicht die gleiche Intensität erreichte wie t
Dialyse gegen Ringerlösung. Beide Versuche zusammen liefern al
das Ergebnis, daß die Fermentwirkung bei allmählicher Herabsetzu
der Salzkonzentration sich abschwächt und bei gänzlichem Verli
der Salze aufhört.
Zusammenfassung.
Fasse ich alle diese Ergebnisse nochmals zusammen, so ergibt si
folgendes:
1. Serum baut arteigenes Fibrin weder in vitro noch im Dialysi
schlauch ab.
2. Serum baut artfremdes Fibrin ab.
a) In vitro, wo die Spaltprodukte nicht entfernt werden, ste
der Abbau zunächst langsam an und kommt in dem Auge
blick zum Stehen, wo durch Anreicherung der Abbauprodul
ein Reaktionsgleichgewicht erreicht ist.
b) Schafft man durch Dialyse gegen destilliertes Wasser ‹
Abbauprodukte fort, so steigt die Abbaugeschwindigk
rascher an, schließlich hört aber der Abbau lange vor I
schöpfung der Substratmenge auf.
Proteolytische Fermente im Serum. I. 101
c) Dialysiert man nicht gegen Aqua dest., sondern gegen eine
Lösung, die die Salzkonzentration des Serums möglichst
unverändert hält, so erreicht der Abbau ein noch höheres
Niveau und geht bis zum gänzlichen Verbrauch des Substrats
weiter.
1 Keep gibt in Berührung mit Neutralsalzlösungen von der
жебеп Konzentration des Plasmas langsam dialysable N-haltige
bss ab. Die dabei frei werdenden Mengen sind viel geringer als
> ki fermentativem Abbau entstehenden.
i Den einzelnen Fibrinarten werden vom Serum spezifische
Fraen entgegengestellt. Es ist möglich, aber nicht sicher, daß diese
п ает gemeinsamen unspezifischen Vorstufe ausgehen. `
3. Serum, das eine halbe Stunde bei 56°C gehalten wird, hat sein
ütaurermögen verloren.
Zum Schluß erfülle ich die mir durchaus angenehme Pflicht,
Zen Prof. Dr. Schmitz für die weitgehende Unterstützung und Mit-
rung bei meiner Arbeit meinen ergebensten Dank auszusprechen.
Über die Abhängigkeit der alkoholischen Gärung
von der Wasserstoffionenkonzentration. IV.
Von
Erik Hägglund und Anne Marie Augustsson.
(Aus dem chemischen Institut der Akademie zu Åbo, Finnlana.)
(Eingegangen am 28. Dezember 1925.)
Mit 10 Abbildungen im Text.
In der vorhergehenden dritten Mitteilung wurde die Frage de
Geschwindigkeit des Zuckerzerfalls in saurer und alkalischer Lösun;
behandelt. Aus dieser Untersuchung geht hervor, daß das Enzyn
oder die Enzyme, welche die Gärung einleiten, ein außerordentlich
breites Optimum Ge haben. In der Tat zerfällt der Zucker eben
schnell bei einer Wasserstoffionenkonzentration entsprechend pe = 4
wie bei einer solchen entsprechend pe = 8. Gewisse Enzyme aber
die eventuell in den Zuckerabbau eingreifen, zeigen mehr oder wenige!
scharfe Optima. Erwähnung verdient in erster Linie die Phosphatese
die nach Euler bei рн = 6,4 ihre größte Wirksamkeit zeigt. Sofern
nun der Zuckerabbau unbedingt mit einer Phosphorylierung als Vor
stufe verknüpft ist, führt das, wie der eine von uns früher hervor
gehoben hat, zu eigenartigen Konsequenzen, die wir aber einstweiler
nicht ablehnen möchten.
Untersuchungen von Neuberg und Mitarbeitern!) und solch
von Josephson und Euler?) haben ergeben, daß die sogenannte Aldehyd
mutase schneller in alkalischer Lösung als in saurer wirkt. Die Reak
tionsgeschwindigkeit war allerdings so klein, daß nach Ansicht de
letztgenannten Verfasser wenigstens bei solchen Aldehyden wie Acet
aldehyd die Reaktion für den Verlauf der normalen Gärung wahr
scheinlich nur von untergeordneter Bedeutung sein muß. Möglicl
wäre jedoch, daß die Aldehydmutase, wie früher auch angenommer
worden ist, im Methylglyoxal, und zwar in der Form, wie es be
der Gärung auftritt, ihr wichtigstes Substrat besitzt.
!) Diese Zeitschr. 96, 192, 1919.
2) Н. 185, 49, 1924.
E Bägglund u. A. M. Augustsson : Abhängigk. d. alkohol. Саг. usw. IV. 103
(ber die Abhängigkeit der Brenztraubensäuregärung von der
Aerstoffionenkonzentration liegen, soweit bekannt, nur einige
та Versuche von Euler und Karlsson!) vor. Daraus geht hervor,
al фе Kohlensäureentwicklung unter Einwirkung einer coenzym-
ma Unterhefe (Trockenhefe) bei pe = 4,5 bis 5,5 am stärksten war.
È migte sich ferner, daß die enzymatische Tätigkeit bei dem Neutral-
wit sehr stark abgeschwächt war, so daß die Geschwindigkeit der
iensäureentwicklung hier nur etwa ein Zehntel von derjenigen bei
waler Wasserstoffionenkonzentration war. Sicherlich wird aber,
mier man sich dem neutralen bzw. alkalischen Gebiet nähert,
жш mehr Kohlensäure von der Lösung zurückgehalten. Groß
wa aber die betreffende Kohlensäureentwicklung in dem Eulerschen
ich nicht gewesen sein, da die Wasserstoffionenkonzentration
eh 6 Stunden Gärung bei einem Anfangswert entsprechend рн = 7,1
swändert geblieben war.
Aus älteren Versuchen von Zerner?) geht hervor, daß bei längerer
nngsdauer mit anfänglich neutraler Kaliumpyruvinatlösung zum
AM eine relativ starke Gärung eintrat. Bei Anwesenheit von Sulfit
‚ter wurde diese Gärung unterdrückt. Messungen der Wasserstoffionen-
iezentration wurden aber nicht vorgenommen, so daß man nicht
rad, bei welcher Acidität die Gärung letzten Endes erfolgte. Aus
imuchen von Neuberg und Reinfurth®), die sich als erste mit der
Шт von Brenztraubensäure in Gegenwart von Sulfit befaßt
; “ben, geht nicht hervor, bei welcher Wasserstoffionenkonzentration die
трагу der Brenztraubensäure geschah. Aus diesen Versuchen geht
| mernicht hervor, mit welcher Geschwindigkeit die Brenztraubensäure
Vergleich mit Zucker vergoren wurde. Offenbar war die Geschwindig-
Ja nicht groß, denn bei verhältnismäßig großen Hefemengen waren in
"en Fällen nach einer Zeit von mehreren Tagen noch beträchtliche
fügen Brenztraubensäure unvergoren. Andererseits ist behauptet
"rden, daß die Brenztraubensäure wesentlich schneller als Zucker ver-
| Era wird. Über die Wirkung der Carboxylase besteht also trotz vieler
| Untersuchungen noch große Unklarheit. Aus diesem Grunde haben
| "1 ene große Anzahl von Gärversuchen von Brenztraubensäure unter
| "schiedenen Bedingungen ausgeführt. Aus den Versuchsprotokollen
nehmen wir folgende Versuchsreihen. |
Wir benutzten zunächst dieselbe Versuchsanordnung wie bei
axen früheren Arbeiten. Die entwickelte Kohlensäure wurde
“metrisch gemessen ; in vielen Fällen wurde zur völligen Austreibung
) Diese Zeitschr. 180, 553, 1922.
|) Ber. 58, 330, 1920.
„| Diese Zeitschr. 89, 413, 1918; Ber. 52, 1689, 1919; Ber. 68,
“u. 1039, 1921.
104 E. Hägglund u. А. M. Augustsson:
der Kohlensäure 10proz. Schwefelsäure zugesetzt. Die Tempera
der Gärung betrug durchweg genau 30°. Die Messung der Wasserst«
ionenkonzentration von Brenztraubensäurelösungen mit der üblicl
elektrometrischen Methode ist schwierig. Wir benutzten deshalb :
Kontrolle die Indikatorenmethode, wobei die H-Kenzentration ‹
Vergleichslösungen gegebenenfalls elektrometrisch bestimmt wurde
A. Lebende Hefe. Oberhefe.
I. (Abb. 1).
0,23 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösungen 1).
lg Hefe R. 20 ccm Lösung in jedem der Versuche I—VI.
Versuchsreihe 1.
Zeit Та Та [ари [у [м
| І Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Nach 11, Std. ......... | 0 | 45 | 76 ' 109} 11,6 | 13,
a nee о | 24 |53 | 72| 83 | 9,
le Bene | 0 | 15]35 | 50| 62 | 6,
i en E | о | 10 | 26 | 37| 45 | 4,
Relative Geschwindigkeit.
Nach !/, Std. ......... | 0 | 35 | 58 | 84 | 89 | 100
se A п а ie ssy 0 26 57 77 89 100
el да | о | 22 | 52 | 75 | 93 | 100
а a Чр о | 20 | 53 | 76 | 92 | 100
Рн
Acidität nach 2 Std. Сагипа. . | 74 | 39 | 32 | 27 | 22 | 17
Versuchsreihe 2.
Zeit | т | un ш | IV | у | у!
ee == — —————— =з TH са ee — 2
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Nach 4, Std. ......... O | 44 | 75 | 10,0 |12,0 | 13,
GE GENEE 0 |26 51 | 10| 83 | 91
E ent 0 |18 | 36 | 54| 61 | 6
Ў с шей; о |10 | 26! 38| 47 | A
Relative Geschwindigkeit.
Nach Y, 84. ..... .... O | 32 | 55 | 73 | 88 | 100
BZ Pr E 0 | 29 | 56 | 77 91 | 100
SR oe кешт кезе эч 0 26 | 52 | 78 | 88 | 100
GK ` ж о жш ж Жи du 19 | 50 | 73 | 90 | 10
Рн
Acidität nach 2 Std. Gärung.. . || 74 | 3,9 | 32 | 27 | 22 | 17
1) Die Brenztraubensäure in der Konzentration von 0,23 mol. wurd.
mit Natronlauge so weit abgestumpft, daß die angegebenen Wasserstoff
ionenkonzentrationen erhalten wurden. `
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 105
"Metz —
HS
Relative Gdrungsgeschwindigkei?
& вза Г з 8 E S
II. (Abb. 2.)
0,3 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösungen.
2g Hefe К. 20 ccm Lösung.
Versuchsreihe 3.
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Ye. | 04 | 75 [195 | 25,0 | 182 | 13,8
т e М 0 40 | 10,1 ' 120 | 51 | 20
is оде 0 23 | 64 | 80| 27| 06
ӨЕР з AN ae еза о 17! 32) 58| 16| 08
Relative Geschwindigkeit.
Ма вд... 2 | 30 | 78 | 100 | 73 | 55
СР ТОНИС Що о | 34 | 84 | 100 43 | 17
ln сш шы 0 29 80 | 100 | 34 8
KÉ o, o. | 30 | 55 | 100 | 28 9
PH '
“йш nach 2 Std. Gärung. . | 7,4 | 4,1 : 36 | 30 | 20 | 16
106
E. Hägglund u. A. M. Augustsson :
Versuchsreihe 4.
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Nach !/, Std RE Же | 06-151 20]
0 38 | 10,1
Е ee |
n (NO э * * э э э ә ә e ә ' 0 24 5,4 |
0 . 1,5 3,3
n 2 9: SS сө. 9 Ss. 9 | І 2 Е
Relative Geschwindigkeit.
Nach !/, Std. . 2... 22... | 3 | 30 83
SH TEE , 9 30 80
la юу е бск з 0 28 63
„ 2 e = у р 0 28 61 |
Pu
Acidität nach 2 Std. Gärung l 74 41 | 36 |
60
ERBE ET Er ИШ
DENETAN
TAONE
\ halbe Stunde
IM
BF NENNE
~ 20
i
Relative Görungsgeschwindigkei
з e з è
25,0
12,6
8,6
5,4
19,2 `
5,0
2,8 |
1,8
— ырен мар Эйе
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 107
III. (Abb. 3.)
0,15 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösung.
lg Hefe R. 20 ccm Lösung.
Versuchsreihe 5.
Zeit Ir П | ш d v | у Im
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
be", Std. ......... "10151 | 78, 102 12,3 | 145
EE | 0 2,7 4,8 72| 83 9,6
a San ge t o |20 | 361 50| 63, 66
EEE ‚0 |08 | 25| 33! 45 4,8
Relative Geschwindigkeit.
N 7 35 54 71 85 | 100
ЖГ. ы загнан 0 28 48 15 87 100
е ЛТ ТТТ 0 31 54 76 | 97 | 100
Р ЕЕЕ 0 | 17 52 69 94 | 100
G PH
dp nach 2 Std. Gärung . . | 79 | 48 | 37 | 28 | 25 | Lë
80
2
АШ
ag
E:
60
Le
SI Ki
5 a
dä =
& —— чаш
GK? А nholbe Stunde CZ
IT" IN
ARRATEN
ЕС
7 ? 8
ер 2 3 4 5 6
Abb. 3.
108
E. Hägglund u. А. M. Augustsson:
Versuchsreihe 6.
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Nach !/, Std. . 2... 22... | 14 | 41 | 6,5 9,3 ; 11,2 12,
„1 тае ‚0 24 | 42 6,3 7,7 8,
e EE н e EN з | 0 1,5 | 3,3 45 | 5,4 5,
Ee E ge | o | 10| 24 | 34, 38 | 3
Relative Geschwindigkeit.
Nach !/, Std. .. 2... 0... | 12 34 53 76 91 100
„ 1 жоо Жалы л шо а 1 0 29 | 5l 16 93 | 100
ы ПД у. ' 0 27 59 81 97 | 100
Dé GEES | 0 | 27 63 | 90 | 100 | 100
Pu
Acidität nach 2 Std. Gärung. . | 79 | 48 | 37 | 28 | 25 | Lë
IV.
0,144 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösung mit 0,1 mol. Na-Phospha
puffer.
2g Hefe К. 20 сот Lösung.
Versuchsreihe 7.
-_-————— EE EE
295 | 315 | 345 | o
—————
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
110 0 0 0 10 0 38 | 55 8,8 | 15,
I |0 0 0 0 0 11| 72 | 87 ,11,5 | Di
III | 10 | 10 | 12 | 12, 17 | 30| 65 | 78 |100 | 14,
VI | 39 | 41| 46 | 50 | 60 | 92 |127 |13,5 | — —
у |13,0 |17,8 21,0 | 216 | 93,5 | 252 | 272 | — | — —
VI || 294 | 424 499 | 53,6 610 | 66,5 | 692 | — | — —
Рн
ЕЗИ и.
— — — — —-- — — —
П
УІ
у У
20 | 12
48 | 36
| боп | |
Acidität vor der Gärung . . . . | 83 | 70 | 61 | 51
"wech у суо. | 68 | 64 | 59
У.
Um festzustellen, ob überhaupt eine Kohlensäureentwicklung |
schwach saurem, neutralem oder alkalischem Gebiet eintritt, wurd:
folgende Versuche ausgeführt. Lösung: 0,2 mol. Brenztraubensäun
Na-pyruvinat mit 0,15 mol. Phosphat.
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 109
Versuchsreihe 8.
50 ccm Lösung, 4 g frische Oberhefe H. 3 Stdn. Сагипа.
| Kohlensäure
_ | vor — | nach Ён Gärung ccm
Versuch а | 8,1 1,8 4,5
е b 7,8 7,7 4,5
„ © 5,5 5,6 | 55
Versuchsreihe 9.
95 сот Lösung, 2 g frische Oberhefe Н. 3 Stdn. Gärung.
Versuch a | 8,1 1,8 | 3,0
= Ь | 1,8 7,7 3.0
„el 55 56 3,5
Es ergibt sich aus diesen Versuchen mit aller Deutlichkeit, daß
kbende Oberhefe bei neutraler und alkalischer Reaktion Brenztrauben-
sure nicht oder ganz unwesentlich zerlegt. In verdünnter Lösung
e Säure ist die optimale Wirkung stark nach der sauren Seite ver-
hoben. In konzentrierteren Lösungen, wie 0,3 mol., ist die Wasser-
toffionenkonzentration der Lösung mit der größten Gärtätigkeit
ringe. Das zeigt, daß die Reaktionsgeschwindigkeit des Brenz-
raubensäurezerfalls bei der Gärung mit lebender Hefe außer von der
Kasserstoffionenkonzentration auch von der absoluten Menge der
мше abhängig ist. Da die Säure innerhalb der Hefezelle vergoren
nrd, ist die Gärungsgeschwindigkeit gegebenenfalls von der Diffusions-
xschwindigkeit der Säure abhängig. Mit anderen Worten: Die Wasser-
«#fionenkonzentration richtet sich innerhalb der Zelle, die letzten
indes maßgebend ist, nach der Säurekonzentration außerhalb der-
hen. Fraglich ist, ob das Salz die Zellenwand der lebenden Zelle
iuchdringt. Auf Grund unserer weiter unten mitgeteilten Unter-
chungen über die Vergärung mit Trockenhefe erscheint es sehr wahr-
xbeinlich, daß die Vergärung der neutralen oder schwach alkalischen
Erwvinatlösungen mit lebender Hefe zum großen Teile deshalb nicht
tritt, weil die Zellenwand für das Salz nicht oder ungenügend
теа ist. Bei sehr langer Versuchsdauer, wie in der Versuchs-
mhe 7, tritt bei alkalischer oder neutraler Reaktion eine geringe
Äöhlensäureentwicklung ein.
Die oben erwähnten Ergebnisse werden von den folgenden Ver-
Nchen mit Unterhefe A bestätigt. Die Unterhefe zeigt deutlich eine
Пее Empfindlichkeit für Brenztraubensäure als die Oberhefe R.
In neutralen oder schwach alkalischen Gebiet tritt eine, wenn auch
dr schwache Kohlensäureentwicklung ein.
110
0,3 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösungen.
H n
” (NO n
Acidität nach 2 Std. Gärung. . !
S
Relative Gärungsgeschwindigkeit
8 з а Ёё
Е. Hägglund u. А. М. Augustsson:
В. Lebende Hefe. Unterhefe.
I. (Abb. 4.)
2g Hefe.
Versuchsreihe 1.
20 ccm Lösung.
Kohlensäure in Kubikvenlimetern:
ТОРИ | 48 | 18,2 | 11,5
ЕИ i д) 1 D 1 1 3
Ge e , 3 3, ‚0 0, 6
SE EEN , 12 | 20 | 03
Relative Geschwindigkeit.
EEE 6 | 83 | 100 87 '
РЕЧЕ 41 100 26
ENEE 43 100 20
оа ие он | 60 100 | 15
i |
Рн
7,95 | 48 | 2,9
BEE LEE
ташка
ТАД
$ 1.halbe Stuno
Abb. 4.
ааа
Sal JENE
IV
<
~ m n O
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 111
Versuchsreihe 2.
DEE
II
А ЫЕ BN К
к= Жы ы ш ER EB
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
bi Sd ......... | 41 | 134 ` 113| 54 38 29
ааа. 1281045 11 | 05108 03
RN 141 28 05| on 0
СОН | 1 | 171 02 о о о
Relative Geschwindigkeit.
. 31 | 100 чө a 22
| 36 | 100 | 25 и Т |1
` 60 | 100 | 18 4 0 0
65 | 100 | 12 о о 0
Рн
it nach 2 Std. Gärung. . 80 | 48 29 : 19 | 18 | 17
II. (Abb. 5.)
0,15 mol. Brenziraubensäure-Na-pyruvinatlösung.
2g Hefe. 20 ccm Lösung,
Versuchsreihe 3.
Zeit | | u | m |
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
E
<
<
Sid EE | 28 | 7,1 | 14,0 | 15,6 | 13,3 94
ee .- | 08 | 23 40| 70 25| 08
ee we ef .\07| 18 | 20| 37 | 05 02
ЕР |96 | 06) 12| 23| 0 | 0
Relative Geschwindigkeit.
ta Std. .....,... |18 | 46 | 0 | 100 | 86 | 861
ER 12 | 33 | 57 | 100 | 36 12
EE 19 | 49 | 54 | 100 14 6
E EC ' 26 | 26 | 52 | 100 | 0 0
Pu
“nach 2 Std. Gärung. . | 82 | 52 | 39 | 26 | 21 | 1,7
Versuchsreihe 4.
lg Hefe. 20 ccm Lösung.
C = — —— — — —
Zeit | ı | um | ш | м у м
T a =) — — — 7 : Д —
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
EA a ee | 14 | 63 | 88 88| 70: 54
E еа: 05 | 28 | 3, 11 | 04 | 03
EE ee a | 02 15 | 22 | 04| ол | 0
СУЛЕ: 02 | 09| 16| 0 | 0 0
112 E. Hägglund u. A. М. Augustsson :
Zeit [їп шуру | у
Relative Geschwindigkeit.
Nach ү, Std... . 2 2 2 202. 16 72 100 | 100 80 6
TG э. жїр узыш 14 | 78 | 100 | 31| 11 (
ШЕ у ушыш уым 9 | 68 | 100 | 18 5 (
SE SNE ‚1з | 56 | 100 o) o
PH
Acidität nach 2 Stdn. Gārung . | 8,2 | 52 | 39 | 26 | 21 | 1,
100
lee
E Ss
e
Relative Görungsgeschwindigkeit
Ss а 3
HAS
9
Abb. 5.
Die in den folgenden Versuchsreihen verwendeten Trock:
hefen bereiteten wir aus den in den oben erwähnten Versuch
benutzten Hefen, OberhefeR und Unterhefe A, durch Trockr
bei gewöhnlicher Temperatur. Die Trockenhefe wurde nachher ї
zerrieben.
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV.
С. Trockenhefe aus Oberhefe.
I. (Abb. 6.)
113
wi. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösungen mit 0,15 mol. Phosphat-
pufferlösung.
Lg Hefe aus Oberhefe R. 20 eem Lösung.
Versuchsreihe |.
| Zeit три
m nn
Kohlensäure in Kubikzentimetern
| 1,8 4,2 | 17,0
28
, 2 $ е 9,0
а жо е с 0 14. 6,6
e NEE ЕРУУ | 0 1,4 1,8
Relative Geschwindigkeit.
A 1, Bd 2:22... > 11 23 100
P ea een 10 98 90
ш Ж.к РИ 0 | 19 90
РЕЧ РНЫ о 2 31
Рн |
ёш | mittelbar nach Hefezusatz . | 7,9 7,8 6,2
к {nach 2 Stunden Gärung ... 171 7,8 7,6
"| Mittelzahl während der Gärung ` 7,5 7,3 6,9
=<
_\
WW
ССС
Se |
tee A ч
ашараи
Ход Жый EE ЕР RR
ae | AN
JEMEN,
de
I.
<
60
e
CITT
0 р ? 2 3 4 5 6 7
Abb. 6.
Sxkenische Zeitschrift Band 170.
—
Q
114 E. Hägglund u. А. М. Augustsson:
II. (Abb. 7.)
0,2 mol. Brenziraubensäure-Na-pyruvinatlösungen mit 0,15 mol. Phosphatpuffea
Le Glucose. 15 Hefe aus Oberhefe R. 20 ccm Lösung.
Versuchsreihe 2
Zt ЩЕ: m om] Уу Rb vu
` Kohlensäure ; in Карон
1
1
Nach 1, Std...» 2. 22.20. | | 75 211 173 47 36
; en ee ac 60,145 158 23 16
нея н E 42 101 138 26 18
a sen. 26 | 50.120 37 22
Relative Geschwindigkeit,
Nach у, Std. . . . 2 2 2 2.02. 22 36 ' 100 82 2 1
Oe GENEE 20 | 38 o 100 15 10
a ш. еа ета 1 30 | 73 100 19 B
з en . 22 | 2 а 10 з 18
Рн
Acidität [ unmittelbar nach Hefezusatz . | 7,9 | 7,4 62 ! 4,3 26 22
der | nach 2 Stunden Gärung 7,6 7,6 73 | 65 3,1 | 23
Lösungen | Mittelzahl während der Gärung | 7,8 | 7,5 | 68 | 54 | 29 | 23
Relative Gorungsgeschwindigkeit
Abhängigkeit. der alkoholischen Gärung usw. IV. 115
Vergleichen wir die Resultate der beiden oben erwähnten Ver-
abe mit den entsprechenden, bei welchen frische Oberhefe benutzt
‘surde, so ergibt sich, daß die optimale Wasserstoffionenkonzentration
ёт Gärung hier bei wesentlich geringerer Wasserstoffionenkonzen-
ішік vor sich geht. In der Tat ist diese Konzentration genau dieselbe
зе die, welche als die günstigste für die Vergärung von Zucker mit
Тебепһеѓе gilt. Auch bei neutraler bzw. schwach alkalischer Reaktion
it ie allerdings relativ schwache Kohlensäureentwicklung bemerkbar.
Adöe Mengen kann man sich in diesem Gebiet, wie früher mehrfach
Мат wurde, nicht ganz verlassen, da Kohlensäure sicherlich zum
її nrückgehalten wird.
Ton großem Interesse war in diesem Zusammenhang zu erforschen,
ne die Brenztraubensäuregärung in Anwesenheit von Sulfit vor sich
ER. Es stellt sich aus der folgenden Versuchsreihe auffallenderweise
knus, daB das Sulfit in neutraler und alkalischer Lösung die Gärung
wlktändig zum Stillstand bringt. Wir kommen auf diese Sache in
беш anderen Zusammenhang nochmals zurück.
ш.
#15 моі. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösungen mit 0,15 mol. Phosphat-
pufferlösung und 0,15 mol. Na,SO,.
ig Hefe aus Oberhefe R. 20 ccm Lösung.
Versuchsreihe 3.
Zeit "nm Im у оңо
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Sah 1 Std... 222220 .. 0 0 ; 13! 68 163 | 08
E ER | 0 о ' 07; 46 | 66 | 10
e NEEN 0 о! 06! 24 | 28 | 05
he ee er 0 о | 05' 22| 28] 03
BO E a ene er | 0 oO | 02| 14' 15| 0
и аа E e 86 | 65 | 14| — | — | 170
Рн
маңа) unmittelbar nsch Hefezusatz . | 8,0 7,2 60 4,9 4,0 —
„ба inach 5 Std. Gärung . - . . . . — — — | 54 5,2 | —
ek BE „у. 6,0 53 | 56 56 | 54 | 63
Hier trat nach 24 Stunden Gärung eine so erhebliche Selbstgärung
er Hefe ein, daß die Werte unbrauchbar wurden. Die Werte für die ersten
!Stunden sind aber anwendbar.
Um zu sehen, wie groß die wahre Kohlensäureentwicklung bei
Wulischer Reaktion im Vergleich mit derjenigen bei optimaler Wasser-
“limenkonzentration ist, wurden die Versuche 4 bis 6 ausgeführt.
8 *
116 E. Hägglund u. А. M. Augustsson :
IV.
Versuchsreihe 4.
0,25 mol. Brenztraubensäure-Natriumpyruvinatlösung
mit 0,15 mol. Phosphatpuffer.
Le Hefe. 25ccm Lösung.
Nach 3 Stunden wurde die Kohlensäure mit 10proz. Schwefelsä
ausgetrieben,
Kohlensäure in Kubikzentimetern,
I. (Ppa = 8,2) nach 3 Stunden Gärung ...... . 36,3
II. (рь = 6,2) „» 3 „ er ae . 86,5
Es stellt sich also heraus, daß die Brenztraubensäure zu ein:
nicht unwesentlichen Teile auch bei alkalischer Reaktion vergo
wird. Allerdings ist die Geschwindigkeit der Kohlensäureentwicklu
nach 3 Stunden nur etwa 40 Proz. von der Geschwindigkeit bei eir
Acidität entsprechend pe = 6,8 (im Anfang der Gärung gemessei
Die folgenden Versuche wurden zur Kontrolle ausgeführt.
Versuchsreihe 5.
0,2 mol. Brenziraubensäure-Natriumpyruvinatlösung. 0,15 mol. Phosphatpuff:
I.
2 g Trockenhefe aus Oberhefe Н. 50 ccm Lösung.
Nach 2 Stunden Gärung wurde die Kohlensäure mit 10proz. Schwefe
säure ausgetrieben. H'-Konzentration nach 2 Stunden. Gärung gemessel
а) рн = LB, з. 23,7 ccm
BD, pa = 62a 2,006 в ж Ser 72,3 „
Ohne Hefezusatz entstand aus den Lösungen keine Kohlensäure.
II.
2 g Trockenhefe aus Oberhefe R. 50 ccm Lösung.
2 Stunden Gärung. Die Kohlensäure wie oben mit Schwefelsäu
ausgetrieben.
| Koblensäure
К Е Ж der Баты пасһ der Gärung ccm
Versuch a | 7,9 7,9 | —
b | 1,4 1,1 57,7
„ се! Bé ` 7,1 | 836
ПІ.
1 g Trockenhefe aus Oberhefe R, 25 ccm Lösung. 2 Stunden Gärung
Sonst wie oben.
— — — — — — — — ——————
| Kohlensäure
| vor — nach del Gärung ccm |
Versuch а | 1,9 | 1,9 26,3
5 b 7,4 | 1,6 36,4
» c | 5,4 | 7,1 51,7
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 117
Um zu sehen, wie sich die Geschwindigkeit der Kohlensäure-
eıtwicklung von Stunde zu Stunde änderte, wurde folgender Versuch
wter gleichzeitiger Messung der Wasserstoffionenkenzentration aus-
geführt :
Versuchsreihe 6.
0,25 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösung
mit 0,15 mol. Phosphatpuffer.
l g Hefe. 25 eem Lösung. pe = 8,2.
Aach 1, 2 und 3 Stunden wurden іп den folgenden drei Gärversuchen
ach beendeter Gärung 10рго2. Schwefelsäure zugesetzt und die Kohlensäure
гампећђер.
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Nach 1Stunde Gärung. . ....... 20,0
„ 2 Stunden „ 2.2.2 а... 25,1
TE 3 éi ккал Ne . 29,2
Py vor der Сагипу. ...@..@...@..@.... 8,2
Рн nach 1 Stunde Gärung ....... 8,1
De » 2Stundan „ ....... 7,8
Pu » 3 ep 2 СЧ А 7,6
Das Ergebnis dieses Versuchs ist sehr interessant, denn daraus geht
vor, daB die Glärungsgeschwindigkeit gleich im Anfang mehrfach so
той ist wie später!). Wir werden diese Frage im Zusammenhang mit
uken Ergebnissen später diskutieren.
Folgender Versuch mit Trockenhefe aus Unterhefe A bestätigt
mächst, daß die Carboxylase die optimale Wirkung bei einer Acidität.
atsprechend py = ~ 6, ausübt.
D. Trockenhefe aus Unterhefe.
I. (Abb. 8.)
0,2 mol. Brenztraubensäure- Na-pyruvinatlösungen
mit 0,15 mol. Phosphatpuffer.
1% g Hefe aus Unterhefe А. 20 ccm Lösung.
| Zeit тра (шім у м
ohlensäure in Kubikzentimetern.
Nach 1 Std.......... ‚ 72 | 25,6 ; 321 | 261 | 21,6 | 34
И ЖОЕ ЗК АСЕ | 42 | 76| 163 | 21,8 | 18,6 | 0,2
е le wre ела © | 20 | 25| 50| 75| 106, 0
er Сым ı2 | 17| 22| 19| 80| 0
ij Vgl. hierzu Neuberg u. Reinfurth, Ber. 58. 1047 u. 1051, 1920.
118 E. Hägglund u. A. M. Augustsson:
Zeit | I П m | 1 У Vu
|
— Bm nern — — — — — — — — —— Sa — — — SEIFE RE — — —
Nach 1/, Std... -. 2.2... l 22 11 100 ' 79 66 10
А а Жобс а ^а 20 35 75 100 85 1
ge. EE бас жүз се шла лн 19 23 47 71 | 100 0
„ 2 я оаа ЖС Ж 28 20 | 36 32 | 100 0
Рн
Acidität [ unmittelbar nach Hefezusatz . | 76 | 64 5,7 5,2 44 | 3,1
„der | ш 2 Stunden Сагипа ,9 1 73 7,1 6,8 6,7 3,3
Lösungen | Mittelzahl während der Gärung ү 77 | 68 64 60 55 | 3
00
8&0
60
S 00
N
4
L 60
Zon
е '
init
N ‚ 2.halbe Stunde
$ 60
&
Um die Geschwindigkeit der Gärung von Brenztraubensäure- ши
von Zucker (Glucose) zu vergleichen, wurde die Gärungsmischung, di
im vorhergehenden Versuch angewandt wurde, mit 0,5 Glucose ver
setzt. Die Gärungsgeschwindigkeit ist, wie wir sehen, bei Anwesenhei
von Zucker wesentlich größer. Die Brenztraubensäure vergärt unte
diesen Umständen zweifellos langsamer als Glucose, eine Tatsache
die allerdings nicht als Beweis gegen die Brenztraubensäuretheori
der Gärung angeführt werden kann, da, wie wir annehmen, дї
gärungshemmende Wirkung des Acetaldehyds wegen der momenta:
erfolgenden ‚gemischten Dismutation‘‘ bei dem Zuckerabbau nich
erfolgen kann. Es steht aber fest, daß Brenztraubensäure unter deı
angeführten Bedingungen bei weitem nicht so schnell wie Glucos
vergoren wird.
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 119
II. (Abb. 9.)
Ze Brenziraubensäure-Na-pyruvinatlösungen mi 0,15 mol. Phosphat-
pufferlösung und 0,5 g Glucose.
15 g Hefe aus Unterhefe А. 20 ccm Lösung.
атата раи [ум
Kohlensäure іп Kubikzentimetern.
San S ra te te | 89 | 455 430 33,7 180, 3,5
M EEE и щч ‚ 42 | 56,5 | 67,2 54,3 | 2560: 05
Relative Geschwindigkeit.
Mez L, Std. ee о ar 20 100 95 74 40 | 8
T E E T E 100 80 | 38 1
Рн
der unmittelbar nach Hefezusatz . 7,6 6,4 5,7 52 44 3,1
nach 1 Stunde Gärung ....' 79 | 72 | 65 | 63 | 62 | 31
— Mittelzahl während der Gärung | 7,7 6,8 6,1 58 ı 5, 3 3,1
Sp
паде
e ә R
FEAS
XX
IBEZZZARN
|| 77 1
Гаа IT
Түү
Die Kohlensäurebildung wurde durch Austreibung mit 10proz.
xawefelsäure nach 2 Stunden Gärung festgestellt. 25ccm Lösung, 1g
Isckenhefe aus Unterhefe S.
Vergäarung von 0,2 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinat
mit 0,15 mol. Phosphat.
Рн. Рн | Kohlensäure
vor der Gärung | nach der Н Gärung | ccm
Versuch & 1,9 8,0 66,5
А b 7,7 7,9 72,2
а с 4,8 7,1 |! 928
120 E. Hägglund u. А. М. Augustsson :
IV.
Vergärung von Brenztraubensäure in Anwesenheit von Sulfit.
Wir haben bereits oben festgestellt, daß die Brenztraubensä
gärung in neutraler und schwach alkalischer Lösung in Anwesen
von Sulfit bei Anwendung von Trockenhefe aus Oberhefe stark
schwächt oder unterdrückt wird. Die Kohlensäureentwicklung
bei diesen Versuchen schwer ganz exakt festzustellen. In Anlehn
an Versuche von Neuberg und Reinfurth haben wir deshalb in die
Zusammenhang die Aldehydbildung festgestellt. Für diesen Zw
benutzten wir die Methode von Neuberg, um den Aldehyd aus
Sulfitverbindung freizulegen und abzudestillieren. Die Bestimm
des Aldehyds geschah im übrigen nach Ripper. Wir führen folge:
beiden Versuche an:
A.
0,2 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinstlösung, enthaltend 0,15 п
Phosphat und 0,2 mol. Na,SO,. Temperatur 30°.
500 ccm маш, 25 g Trockenhefe aus Unterhefe S. 6 Stunden Саги
p — - —— — — ——
| Е Е Aldehyd in
| Pa. Ki | wë com Gd
S | Lëns ` | _ Gärung g
Versuch ч \ | 0837
0,02
Wie der vorhergehende Versuch mit dem Unterschied, daß die Gäru
hier 26 Stunden dauerte.
ET тт ee
| Aldehyd in
| — BE der | 100 ccm Lösung
_ _ _ | бшш | Gum 8
Versuch a | 6,1 72 | 040
7 b I 8,4 | 7,8 | 0,02
Es ist also ganz deutlich, daß die Vergärung von Brenztraube!
säure im neutralen und alkalischen Gebiet in Anwesenheit von Sulf
vollständig zum Stillstand kommt. Bei schwach saurer Reaktion ist i
Anfang die Brenztraubensäuregärung recht kräftig, aber in dem Maf
wie dadurch die Wasserstoffionenkonzentration abnimmt, hört die Gë
auf, wie aus einem Vergleich zwischen den beiden Versuchen A шпа.
hervorgeht.
Wir führen auch einige Versuche an, bei welchen wir nach be
kannter Vorschrift aus der Oberhefe R Acetonhefe herstellten und di
Brenztraubensäuregärung dieser Hefe untersuchten.
Folgender Versuch bestätigt die früher erhaltenen Resultate mi
Trockenhefe.
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV.
E. Acetonhefe aus Oberhefe R.
I. (Abb. 10.)
121
mi. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösungen mit 0,15 mol. Phosphat-
puffer.
1% g Hefe. 20 ccm Lösung.
ENEE
Zeit
Gi, Bed... on, 197 | 277
Е ‚ 17 | 103 | 120
Шы ж жшлш кч | 141! 50] 61
НОИ 203 | 20| 15
hi
Relative Geschwindigkeit.
STE KEEN 22 | 11 100
# Lë юе жле ду ж ж.ж. Ё ‚13 Ä 79 91
Ur шо шыу зы е ае» 13 51 62
бо очы Меш Мс T е 4 27 21
Рн
ён | unmittelbar nach Hefezusatz . 7,4 6,4 | 6,0
т \nach 2 Stunden Gärung. . . . 7,4 1,2 1,0
Ма Mittelzabl während der Gärung 74 | 6,8 | 65
ёз а BR а
Aelatıre Gärungsgeschwindigkeil
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
ala ош [у | у
VI
122 E. Hägglund u. А. M. Augustason:
Wir untersuchten auch die Brenztraubensäuregärung mit Acet
hefe in Anwesenheit von Sulfit bei verschiedener Wasserstoffior
konzentration des Substrats. Das Resultat ist, wie aus folgen
Tabelle hervorgeht, dasselbe wie bei unseren obenerwähnten Versuch
In neutraler bzw. schwach alkalischer Reaktion ist keine Kchlensät
entwicklung bemerkbar. |
II.
0,15 mol. Brenztraubensäure-Na-pyruvinatlösung mit 0,15 mol. Phosphatpu
und 0,15 mol. Na,SO,.
lg Hefe. 20 ccm Lösung.
Kohlensäure in Kubikzentimetern.
Zeit таш отму н,
Nach 184........... о о ` 28 115! 212! €
ж б ооо 0 0 05 | 38, 52 €
ee о о 05 22| 24! 0
ЖАМ шу л уызды шыг» 44 79 98 176. 184 18
Pa |
— unmittelbar nach Hefezusatz . ` 8,0 72 ! 60 | 4,9 40| —
Lösungen | nach der Gärung · . . . - - - 58 56, 56 57| 58, 6
Bei einer Gärdauer von 16 Stunden ist die Selbstgärung so (
heblich, daß die Werte unbrauchbar werden. Ein Vergleich ist ab
in den ersten 3 Stunden erlaubt, weil während dieser Zeit keine Selbs
gärung eintritt.
F. Hefeextrakt aus Unterhefe S.
Die hier mitgeteilten Ergebnisse bilden den Anfang einer umfan
reicheren Untersuchung über die Gärungsgeschwindigkeit bei A
wendung von Hefeextrakt. Die Resultate dieser Untersuchung werd
wir in einer folgenden Mitteilung bekanntmachen. Hier werden zwei V
suchsreihen über die Vergärung von Brenztraubensäure in mit Phosph
gepufferten Lösungen angeführt.
Den Hefeextrakt bereiteten wir nach der Vorschrift von Lebedeu
aus unserer Unterhefe S.
Versuchsreihe 1.
25 ccm einer Lösung von 0,2 mol. Brenztraubensäure-Natriumpyruvin
mit 0,15 mol. Phosphat, 20 ccm Hefeextrakt, 0,2 cem Toluol. Gärungszt
2 Stunden. Temperatur 30,0°.
PH Kohlensäure mit
| — nach der Н›$О, ausgetrieben
‚Сагипа Gärung ccm
1) Literatur bei Zuler-Lindner, Chemie der Hefe usw., S. 88. Leipzig 191
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 123
Versuchsreihe 2.
Die Gärmischung hatte dieselbe Zusammensetzung wie in der
erhergehenden Versuchsreihe. Die Lösungen waren in zwei Fällen
wich im Anfang der Gärung alkalisch. In dem Falle konnte auch
ine Kohlensäureentwicklung nachgewiesen werden. Zeit der Gärung
Sonden. Temperatur 30,0.
i | | ! : Koblensäure mit
а Н, Ha SO, ausgetrieben
— Е Gärung Сагаф ı eem `
Versuch a" 7,6 | 1,6 0
” b | 1,4 | 7,4 0
„n c| 65 | 70 8,7
Versuchsreihe 3.
Die Gärmischung wie in der Versuchsreihe 1, die Aciditäten aber etwas
iers gewählt. Gärungszeit 3 Stunden. Temperatur 30,0°.
pa Kohlensäure mit
nach der ' Н2 5 Ов ausgetrieben
чог дег
ННН Т Gärung _ Gärung | _ gem
Versuch a 7,6 | 7,4 3,8
n b | 6,7 7,0 6,2
P с 5,5 | 6,8 | 60.7
Aus diesen Versuchsreihen ergibt sich deutlich, daß die Brenz-
wubersäuregärung bei neutraler und schwach alkalischer Reaktion
raktisch vollkommen zum Stillstand gebracht wird. Die Carboxylase
wi offenbar in ihrer Wirkung bei neutraler bzw. schwach alkalischer
aktion inaktiviert.
Diskussion der Versuchsergebnisse.
Daß, wie wir festgestellt haben, lebende Hefe, insbesondere Ober-
te, Brenztraubensäure nur bei sehr hoher Wasserstoffionenkonzen-
mtion des Gärungssubstrats vergärt, beruht offenbar darauf, daß die
effende Säure relativ langsam in die Zellen eindringt. Die Zellen-
zinde der Unterhefe sind, wie es scheint, leichter zu durchdringen.
imh das Trocknen der Hefe werden die Permeabilitätsverhältnisse
radert. Die günstigste Wasserstoffionenkonzentration für die Wirkung
эт Carboxylase ist hier dieselbe wie die Optimumkonzentration der
Wazerstoffionen bei der Zuckervergärung. Auch in neutraler und
Walischer Lösung wird Brenztraubensäure von Trockenhefe, wenn
124 E. Hägglund u. A. M. Augustsson:
auch mit wesentlich geringerer Geschwindigkeit als bei dem Optimum -,
zerlegt.
Bei der Vergärung von Brenztraubensäure in Pufferlösungen n
Hefeextrakt nach Lebedew zeigte sich auffallenderweise, daß die багш
im alkalischen Gebiet vom Neutralpunkt ab praktisch aufhört, währe:
bei рн = 6 die Gärung sehr stark ist. Daraus geht zunächst bere
daß die Wirkung der Trockenhefe eine andere ist, als freigeleg
„Zymase“. Wir nehmen einstweilen an, daß die Мазвегвіо опе
konzentration im Innern der Zellen eine andere, und zwar größere :
in der umgebenden Lösung ist.
Es steht auf alle Fälle fest, daß die Carboxylase bei рн = 6 еп
scharf ausgeprägte Optimumwirkung zeigt. Wenn man sich von diese
Punkt dem alkalischen Gebiet nähert, fällt die 9,-Aktivitätskurve P
Carboxylase sehr steil.
Merkwürdig ist, daß die Brenztraubensäuresulfitverbindung b
Фи > 7 nicht zerlegt wird. Wir können nicht umhin, hervorzuhebe
daß diese Sache sowie unsere sonstigen Ergebnisse über die Zucke
und Brenztraubensäuregärung schwer mit der herrschenden Апвісі
über den Mechanismus des Zuckerzerfalls bei der Gärung in Einklan
zu bringen ist. Wir wollen aber in diesem Stadium der Untersuchunge
keine endgültigen Behauptungen aufstellen. Auf diese Frage werde:
wir aber gelegentlich zurückkommen. Wir möchten aber hervotı
heben, daß die Vergärbarkeit der Brenztraubensäure eventuell davo
abhängig ist — ob die Säure in Keto- oder Enol-Form vorlieg
Henri und Fromageot!) haben auch kürzlich nachgewiesen, daß d
Verhältnis zwischen den beiden Formen von der Wasserstoffione:
konzentration stark abhängig ist.
Wir haben ferner gesehen, daß die Gärung der Brenztraubensäu:
gleich im ersten Moment wesentlich schneller verläuft als kurz darau
Offenbar ist der gebildete Acetaldehyd für die Carboxylasewirkur
schädlich. Die Geschwindigkeit der Zuckervergärung aber ist, wie w
nachgewiesen haben, wenigstens für den größten Teil des Verlauf
konstant. Daß Acetaldehyd eine zentrale Stellung in dem enzymatische
Zuckerabbau einnimmt, bezweifeln wir keineswegs. Bei der Gärun
von Zucker, auch im alkalischen Gebiet, häuft sich bekanntlich kei
Aldehyd in wesentlichen Mengen an. Das läßt sich nach der Theor
von Neuberg einleuchtend erklären, wenn man annimmt, daß di
Aldehydmutase auf eine „gemischte Dismutation ‘ eingestellt is
eine Reaktion, die mit großer Geschwindigkeit verläuft.
1) Bull. Soc. Chim. (4) 88, 845 (1925).
Abhängigkeit der alkoholischen Gärung usw. IV. 125
Brenztraubensäure wird nicht so schnell wie Zucker vergoren,
eh bei optimaler Wasserstoffionenkonzentration nicht. Sofern
kaztraubensäure wirklich ein Zwischenprodukt der Gärung ist,
tes nahe, zu folgern, daß bei der Zuckervergärung eine Anreicherung
a Brenztraubensäure eintreten müßte. Das ist aber bis jetzt nicht
mbachtet worden. Daraus zu schließen, daß Brenztraubensäure
b Zvischenprodukt der Gärung nicht auftritt, wäre verfrüht. Daß
kiienztraubensäure so langsam vergoren wird, kann auf die Bildung
üszftigen Acetaldehyds, wie wir bereits hervorgehoben haben, zurück-
St werden.
Die Untersuchungen werden fortgesetzt.
Hitzeveränderungen des Albumins').
Von
Mona Spiegel-Adolf.
(Aus dem Laboratorium für physikalisch-chemische Biologie der
Universität Wien.)
(Eingegangen am 19. Januar 1926.)
Von den mannigfachen Problemen chemischer und physikalisch
chemischer Natur, welche die Erscheinung der Hitzeveränderung de
Proteine der Untersuchung bietet, sollen hier nur, wie in einer frühere:
Mitteilung?), zwei Fragekomplexe Berücksichtigung finden: Di
physikalisch-chemischen Veränderungen, welche das Eiweißmolekü
unter dem Einfluß der erhöhten Temperatur erfährt und die Wirksam
keit, die Säuren-, Laugen- und Salzzusätze auf diesen Vorgang ausüben
Die Art der Veränderung, welche Proteine unter der Einwirkung
von hohen Temperaturen erleiden, war sowohl Gegenstand theoretische
Betrachtungen als auch experimenteller Forschung. Doch haben dii
meisten der mit diesem Gegenstand sich beschäftigenden Autoren vo
den zahlreichen Erklärungsmöglichkeiten abgesehen und das Problen
der Hitzeveränderung in die Entscheidung der Alternativfrage verlegt
ob das Wesentliche des Prozesses in einem Ringschluß mit Kondensatiot
oder in einer Hydrolyse besteht.
So haben Hofmeister, Pauli und Robertson?) die Meinung vertreten
daß die Hitzedenaturierung, als deren wichtigstes Kriterium die ver
minderte Löslichkeit der erhaltenen Produkte anzusprechen ist, auf einem
Ringschluß der endständigen Gruppen beruhe, während andere Autoror
der gegenteiligen Ansicht zuneigen, die Hitzeveränderung bedinge eine
Hydrolyse innerer Bindungen des Eiweißmoleküls. Während nun Chich
—
1) Vorläufig mitgeteilt auf der IV. Hauptversammlung der Kolloid-
Gesellschaft in Nürnberg, 5. bis 7. September 1925. Kolloid-Zeitschr. 88,
127, 1926.
2) Mona Adolf, Kolloidehem. Beih. 20, 288, 1924; Kolloid-Zeitschr:
85, 342, 1924.
з) Т. В. Robertson, Die physikalische Chemie der Proteine. Dresden,
Steinkopff, 1912.
| M. Spiegel-Adolf: Hitzeveränderung des Albumins. 127
I Martin!) eine hydrolytische Spaltung des Eiweißes bei der Einwirkung
га heißem Wasser mit Hilfe der Sörensenschen Formoltitration der Carb-
:rigruppen nicht nachweisen konnten, schließt Lepeschkin?) aus der
Beschleunigung, die die Hitzedenaturierung am Eialbumin durch Säure-
atz, der zur Bildung von Acidalbumin nicht hinreicht, erfährt, daß die
Dssturierung eine Hydrolyse sei. Verfasserin®) hat nun in einer physi-
| alschchemischen Untersuchung am Globulin wahrscheinlich gemacht,
| a Hitzeveränderung nur möglich sei, wenn die endständigen Amino-
ли (arboxylgruppen nicht mit Säure oder Lauge verbunden sind, und
кі die Übereinstimmung dieses Verhaltens mit der Annahme der Hitze-
"inderung, als wesentlich durch einen Ringschluß der endständigen
zgn bedingt, verwiesen. Ferner hat Sörensen*) den Nachweis erbracht,
® die Hitzedenaturierung des Eialbumins ohne Stickstoffverlust, wohl
we mit Wasserabgabe verbunden sei. Schließlich fassen Asien und
-T.Wu®) die Hitzeveränderung als gleichen Vorgang auf wie die De-
sunerung unter schwachem Säure- und Laugeneinfluß, beide auf Hydro-
= berubend.
Die vorliegende Untersuchung bediente sich zur Feststellung der
‘sch Hitzeeinwirkung am Albumin hervorgebrachten Veränderungen
и geichen, bereits am Globulin verwendeten Methodik. Es wurde
dat zunächst auf eine direkte Analyse des Denaturierungsvorganges
richtet und versucht, durch physikalisch-chemische Untersuchung
#+ hitzedenaturierten Albumins und Vergleich der so gewonnenen
[Меп mit den am genuinen Albumin anderweitig festgestellten Tat-
achen indirekt die durch Temperatureinwirkung hervorgebrachten
'eänderungen zu beleuchten®).
Über den Einfluß, den Säure-, Laugen- oder Neutralsalzgegenwart
| sf das Zustandekommen von Hitzeveränderungen des Albumins
"ben, gelten im allgemeinen die Ansichten, daß der Vorgang der
Bitzereränderung sich aus einer unter allen Umständen stattfindenden
Ienaturierung und einer fakultativ erfolgenden, vom Milieu abhängigen
koagulation zusammensetzt, so daß die betreffenden Zusätze wohl
папе seien, ein Zusammentreten, i.e. Koagulieren, der durch die
Imperaturerhöhung denaturierten Eiweißteilchen zu verhindern,
“eht aber den Prozeß der Denaturierung aufzuhalten. Die eingangs
sähnten Untersuchungen konnten diese Ergebnisse am Globulin
"ht wiederfinden ; ein direkter Vergleich der eigenen und der Angaben
1) B. Chick und C. J. Martin, Kolloidchem. Beih. 5, 49, 1913; Journ.
7 Physiol. 40, 404, 1910; 48, 1, 1911; 45, 61 und 261, 1912.
CN W. Lepeschkin, Kolloid-Zeitschr. 81, 342, 1922; 82, 42, 44 und 106,
le
) М. und S. Р. L. Sörensen, С. r. d. trav. d. Lab. Carlsberg 15, 1, 1925.
’) Hsien und D. Y. Wu, Journ. of biol. Chem. 64, 369, 1925.
) Die vorliegende Untersuchung wurde auf Anregung von Herrn
М. Wo. Pauli ausgeführt.
128 M. Spiegel-Adolf:
der Literatur war aus dem Grunde nicht möglich, weil die letzter
ausschließlich an wasserlöslichem Eiweißmaterial, Ser-, Ovalbum
Hämoglobin usw. gewonnen worden waren. Um nun vergleichba
Daten zu erhalten, wurden die hier mitgeteilten Versuche an Ser- ш
Ovalbumin ausgeführt. Schließlich wurden, um ein möglichst reic
haltiges Untersuchungsmaterial zu gewinnen, die Versuche noch a
einen weiteren physikalisch-chemisch genau analysierten Eiwei
körper, das Casein, ausgedehnt.
Entsprechend der angegebenen Beschränkung der hier zu b
handelnden Fragestellung wurde neben der bereits erwähnten phy!
kalisch-chemischen Methodik zur feineren Identifizierung der zu unte
suchenden Eiweißprodukte auch Methoden der Immunbiologie hera
gezogen.
І.
Веі der Herstellung des Untersuchungsmaterials an hitzegefällte:
Albumin mußten einige wesentliche Punkte berücksichtigt werdeı
Die Versuchsanordnung sollte zunächst möglichst vollständige Ha
fällung bewirken, damit die Notwendigkeit vermieden wird, auf ein
eventuelle Hitzefraktionierung des Albumins [vgl. Halliburton!)] nähe
einzugehen, und das genuine und das hitzeveränderte Produkt al
vergleichbare Einheiten gegenübergestellt werden können. Da nu
das Eintreten der Hitzefällung bekanntlich weitgehend von der Gegen
wart von Elektrolyten abhängig erscheint und die letzteren лас!
eigenen Erfahrungen auch die Zusammensetzung des auftretende:
Koagulums beeinflussen, so erschien die Cohnheimsche?) Forderun
zur Herbeiführung der Koagulation in löslichen Proteinen, dieselbe
nur in nach gründlicher Dialyse salz- und alkalifrei gemachtem Zustand
zu erhitzen, als durchaus berechtigt. Obwohl nun das Serumalbumi
als in elektrolytfreier Lösung hitzefällbar bezeichnet wird, existiel
dennoch eine ganze Anzahl von Angaben in der Literatur, welche di
Hitzekoagulationsfähigkeit von vollkommen reinen Albuminlösunge
in Abrede stellen und die in den letzten Jahren besonders von Lepesch
kin?) vertreten worden sind. Schließlich mußten auch die diesbezüg
lichen Daten über die Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentratie!
für die Koagulation des Albumins berücksichtigt werden.
Nachdem bei der Herstellung von reinen Albuminlösungen i!
jedem Falle Dialyse, sei es nun zur Salzentziehung des ursprüngliche
Mediums oder zur Beseitigung von zur Fällung dienenden Salzmenge!
1) W. D. Halliburton, Journ. of Physiol. д, 155; 8, 133, 1887.
2) O.Cohnheim, Chemie der Eiweißkörper. Braunschweig 1911.
3) Le,
Hitzeveränderung des Albumins. 129
rerwendet wird, so erschienen die Angaben von Schmidt!) und seinen
Schülern Aronsteın®), Heynsius®), W. Kieseritzky*) und Al. Rosenberg®),
maach dialysiertes Albumin beim Erhitzen nicht mehr koaguliere,
feichbedeutend mit der Aussage, daß möglichst salzfreie Lösungen
ra Seralbumin beim Kochen nicht gerinnen. Diese letztere Aussage
indet sich z.B. im Lehrbuch von О. Hammarsten (1922).
Nun hat Pauli®) gezeigt, daß gut dialysiertes Serum zwischen
Ў Ыз 60°C koaguliere, und ebenso durch Halbsättigung mit Ammon-
alt vom G!obulin befreites.
Die obigen Angaben’) seien nur darauf zurückzuführen, daß infolge
wschieden raschen Abwanderns von Anionen und Kationen es zu einem
bsimmten Zeitpunkte im Verlauf einer jeden Dialyse von salzhaltigem
Dee zu einer alkalischen Reaktion kommt, bei welcher die Proteine nicht
uekoagulabel sind. Nach weiterer Fortführung des Prozesses werden die
һмеше wieder beim Erhitzen fällbar. Die Befunde der obigen Autoren
т analoge von Michaelis und Mostynski®), die Koagulation erst nahe
km Siedepunkt feststellen konnten, werden durch frühzeitiges Abbrechen
kr Dialyse bei alkalischer Reaktion erklärt. Während nun Sörensen und
Jürgensen®) diese Erklärung Paulis akzeptieren, glaubt Lepeschkin!) auf
nmd eigener Versuche zu anderen Ergebnissen zu kommen. Dieser Autor,
reicher angibt, daß die Hitzekoagulation der Albuminlösungen, die durch
Dalyse von Salzen befreit sind, nicht gelingt, konnte zwar die Resultate
wa Pauli und Wagner reproduzieren. Er versucht jedoch, ihnen eine
wiere Deutung zu geben. Zunächst zieht dieser Autor die Berechtigung
n Frage, Serum, dessen Leitfähigkeit derjenigen des destillierten Wassers
atspricht, als praktisch salzfrei anzusprechen, da doch Salz ап das Protein
ıisorbiert sein könne. Dabei übersieht Lepeschkin vollständig, daß in
alzhaltigen Eiweißlösungen ein Gleichgewicht zwischen gebundenem und
icht gebundenem Salze besteht, und daß bei fortdauernder Wegschaffung
ir letzteren durch Dialyse auch die Menge der gebundenen Salze stetig
nimmt. Nachdem also Lepeschkin die Paulischen Sera trotz ihrer ge-
mgn Leitfähigkeit als salzhaltig anspricht und diesen hypothetischen
ùkgehalt als Ursache der Koagulationsfähigkeit derselben angibt, muß er
iuberdem, um die Wirksamkeit so kleiner Salzmengen zu erklären, zu der
Amahme einer durch nichts bewiesenen, angeblich durch die zu lange
dauernde Dialyse bewirkten Modifikation der Paulischen Proteine greifen.
Diese Hypothese schien einer Nachprüfung bedürftig zu sein.
') Al. Schmidt, Pflügers Arch. 8, 75, 1874.
"RB Aronstein, ebendaselbst 8, 75, 1874.
') E.Heynsius, ebendaselbst 9, 514, 1874.
) W. Kieseritzky, Die Gerinnung usw. Dissertation Dorpat 1882.
) Al. Rosenberg, Vergl. Unters. betr. а. Alkalialbuminat usw. Dieser.
iton Dorpat 1883.
') Wo. Pauli, Beitr. z. chem. Physiol. 10, 53, 1907.
ЭҮ. Wo. Pauli und R. Wagner, diese Zeitschr. 27, 296, 1910.
') L. Michaelis und B. Mostynski, ebendaselbst 24, 79, 1910.
N у P. L. Sörensen und Е. Jürgensen, diese Zeitschr. 81, 397, 1911.
.е.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 9
130 M. Spiegel-Adolf:
Für die vollständige Globulinbefreiung und Salzentziehung ‹
zur Gewinnung von Albumin verwendeten Pferdeserums und Eierkl:
wurde in der vorliegenden Untersuchung früheren Erfahrungen eı
sprechend die anfängliche Dialyse im Faltendialysator mit der Elekt:
dialyse kombiniert. Es gelingt auf diese Weise, die von manch
Autoren als mögliche Fehlerquelle beanstandete lange Dauer «
Dialyse beträchtlich zu verringern. Die verwendete Methodik u
die Eigenschaften der durch dieselben gewonnenen löslichen Protei
sind in einer früheren Arbeit!) beschrieben worden. Leitfähigke
H-Aktivität und Hitzekoagulationspunkt solcher Albuminlösung
sind in Tabelle I enthalten.
Trotzdem nach dem oben Vorgebrachten die gemessene gerin
Leitfähigkeit im Sinne einer weitgehenden Salzfreiheit der Album
aufzufassen ist, wurde dennoch der Aschengehalt des Serumalbumi:
bestimmt. In gleicher Weise wie Lepeschkin seinen entsprechend:
Versuch ausführte und wie schon früher der Aschengehalt des Globuli:
festgestellt worden war, wurde das bei 100°C getrocknete Album!
ohne jeglichen Zusatz verascht und schwach geglüht. Der dabei e
mittelte Rückstand betrug nur etwa 0,04 Proz. der Ausgangssubstan:
während das Albumin von Lepeschkin einen Aschengehalt von 3 Pro
aufwies. Das auf die geschilderte Weise dargestellte Albumin dürft
dem Ideal des salzfreien Eiweißes bereits recht nahe kommen. Di
Berechtigung der Leitfähigkeitsbestimmung zum Nachweis der Salz
freiheit von Eiweißlösungen erfährt damit eine experimentelle Be
stätigung. Es dürfte somit durch die vorliegende Aschenbestimmun
die Grundlage der Lepeschkinschen Annahme einer bei langdauernde
Dialyse stattfindenden Modifikation des Eiweißes hinfällig geworde
sein. Dem entspricht es auch, daß bei strikter Befolgung der vo
Pauli?) gegebenen Richtlinien für eine einwandfreie Elektrolyse ei
Albumin dargestellt werden konnte, dessen Identität mit dem u!
sprünglich im Serum vorhandenen, wie weiter unten berichtet werde
wird, durch immunbiologische Methodik wahrscheinlich gemach
werden konnte. Die vorliegenden Befunde sind danach, insofern di
übrigen Versuchsbedingungen übereinstimmen, mit den Daten de
Literatur über auf andere Weise dargestellte Albuminlösungen, dere!
Artspezifität erhalten blieb, vergleichbar.
Die meisten Hitzekoagulationsversuche sind jedoch, wie z. B. di
eingehenden Experimente von Chick und Martin, an ammonsulfat
haltigem Material gemacht worden, außerdem enthielt das Eialbumit
nach den Angaben dieser Autoren freie Säure, so daß ganz beträchtlich‘
1) М. Adolf und Wo. Pauli, diese Zeitschr. 152, 360, 1924.
2) Wo. Pauli, ebendaselbst 127, 150, 1922.
Hitzeveränderung des Albumins. 131
kengen von Alkali nötig waren, um die H-Konzentration des destillierten
Wassers zu erreichen. Auch Lepeschkin arbeitete in Ammonsulfat-
xgenwart, während Sörensen!) in seiner letzten Mitteilung bei der
Beschreibung eines Säureflockungsversuchs die Notwendigkeit betont,
ab die zu untersuchende Eialbuminlösung so weitgehend als möglich
m Salzen befreit sei. Die Versuchsresultate, die nicht nach diesem
шр gewonnen sind, wären mit den vorliegenden nur nach durch-
rährtem Beweis vergleichbar, daß die anwesenden Elektrolyte weder
æ Eigenschaften des entstehenden Koagulats beeinflussen, noch in
“selbe chemisch gebunden eingehen. Darüber vergleiche die eingangs
üähnten früheren Mitteilungen.
Endlich muß noch die Reaktion der hier verwendeten Protein-
mgen besprochen werden, nachdem von Michaelis, Rona?),
Xodyaski?) und H. Davidsohn*) die Bedeutung der Wasserstoffionen-
suzentration der zu koagulierenden Proteine betont worden war.
Die meisten dieser Autoren geben übereinstimmend an, daß Protein
ständig nur bei saurer Reaktion koaguliere. Diese Angabe wurde von
Midaelis und seinen Mitarbeitern dahin präzisiert, daß in nicht elektrolyt-
теш Zustande hitzedenaturiertes Albumin nur bei nachheriger Pufferung
fi woelektrische Reaktion Коаршіеге Nachdem Pauli und Wagner in
хл oben wiedergegebenen Ausführungen die Befunde von Michaelis und
Жула im wesentlichen als durch Verwendung alkalisch reagierender
Eweißlösungen erklären, haben Sörensen und Jürgensen die Frage der
Lperkung der Wasserstoffionenkonzentration auf die Koagulation von
Salbumin eingehend studiert. Sie deuten die auch von ihnen und später
a Chick und Martin festgestellte Erscheinung, daß relativ große Salzsäure-
меп zur Herbeiführung der Hitzefällung von Eialbumin erforderlich
ші, in Übereinstimmung mit Pauli und Wagner, als notwendige Neutrali-
stion der im Albumin enthaltenen alkalischen Salze. Die saure Reaktion
‘t Eiweißlösungen, die am günstigsten für die Koagulation einer reinen
eme erscheine, rühre hauptsächlich von der sauren Reaktion der Eiweiß-
‘ungen selbst her. Die ebenso von Chick und Martin bestätigte Abnahme
я Wasserstoffionenkonzentration bei der Koagulation wird durch die
a der letzteren bewirkte Verminderung des löslichen Proteins erklärt.
Nachdem nun in einer Untersuchung mit Wo. Pauli5) gezeigt
wrden konnte, daß elektrodialytisch gereinigtes Ei- und Seralbumin
sichlich eine geringe Wasserstoffionenkonzentration aufweist, so
de solches Eiweiß ohne jeglichen Zusatz der Hitzeeinwirkung
aterworfen.
Als Temperatur wurde, da ja nicht der Vorgang der Hitzedena-
Wem untersucht, sondern möglichst vollständige Fällung des
m
— — —
le.
) L. Michaelis und Р. Rona, diese Zeitschr. 27, 38, 1910.
Ile
9 І. Michaelis und H. Davidsohn, diese Zeitschr. 80, 142, 1910.
) M. Adolf und Wo. Pauli, ebendaselbst 152, 360, 1924.
О *
132 M. Spiegel-Adolf:
Albumins angestrebt wurde, wegen ihrer physikalischen und biologischen
Bedeutsamkeit und leichter Reproduzierbarkeit diejenige des siedenden
Wassers gewählt, wie es schon unter anderen Sörensen und Jürgensen
getan haben. Entsprechend den Angaben dieser Autoren, die durch
fortlaufende Stickstoffbestimmungen im Koagulationsfiltrat die
optimale Dauer des Erhitzens feststellen konnten, bei welcher das
ganze Eiweiß gefällt wird, ohne daß es noch zu einem Abbau des Proteins
durch die Einwirkung des siedenden Wassers kommt, wurde die Dauer
der Einwirkung der Siedetemperatur in allen Fällen auf 15 Minuten
festgesetzt. Nach den Untersuchungen von Sörensen und Jürgensen
genügt diese Zeit nicht, um Eialbumin vollständig zur Gerinnung,
d.h. auf Stickstoffkonstanz, zu bringen. Jedoch haben eben diese
Forscher gezeigt, daß dem Prozeß der Hitzegerinnung beim Eialbumin
sekundäre Prozesse hydrolytischer Natur parallel laufen. Es wurde
daher auch beim Eialbumin keine längere Siededauer verwendet.
Auf diese Weise wird auch der von Michaelis und Rona!) angegebenen
Erscheinung (s. weiter unten), nach welcher je nach der Erhitzungs-
dauer eine primäre reversible und sekundäre irreversible Denaturierung
zu unterscheiden ist, Rechnung getragen, da erstere bei der hier ver-
wendeten Kochdauer restlos in die zweite übergehen müßte. Um die
Entstehung allzu kompakter Koagula zu vermeiden und eine gleich-
mäßige Einwirkung der Temperatur auf das gesamte Protein zu gewähr-
leisten, wurden P.S.-Albuminlösungen von relativ geringer Kon-
zentration, i.e. 0,4 Proz., verwendet. Und da nach Angaben von
Lepeschkin Eialbumin in verdünnteren Lösungen nicht mehr koaguliert,
so wurde der Hitzegerinnungsversuch gleich in 2,4, 1,2, 0,6, 0,3 und
0,15 Proz. Eialbuminlösungen durchgeführt. Während der ganzen
Versuchsdauer wurde die Flüssigkeit stark gerührt. SH,-Ent-
wicklung konnte in keinem Falle während des Erhitzens nach-
gewiesen werden. |
Die entstehende dichte Trübung bildet in allen Fällen teilweise
makroskopisch wahrnehmbare Niederschläge; die nach der Abkühlung
erhaltenen Filtrate waren in allen Fällen mit Ausnahme der ver-
dünntesten Eialbuminlösung, die schwache Opaleszenz zeigte, wasser-
klar und ließen keine Trübung auf Sulfosalicylsäurezusatz, noch bei
weiterem Erhitzen erkennen. Die Biuretreaktion war jedoch nur im
Filtrat des gekochten Seralbumins negativ. Dies schließt natürlich
nicht aus, daß bei Verfeinerung der Methode die Anstellung der oben
erwähnten Reaktionen im weitgehend eingedampften Filtrat oder
bei Verwendung von immunspezifischen Reaktionen, z. B. der Prä-
zipitinmethode, sich in vorliegendem Falle ebenso wie bei den ent-
1) L. Michaelis und P. Rona, diese Zeitschr. 29, 294, 1910.
Hitzeveränderung des Albumins. 133
sprechenden Versuchen Zinssers!) noch Spuren unkoagulierten Eiweißes
nach dem Erhitzen nachweisen lassen. Für unseren Zweck konnte der
erreichte Grad der Koagulation des Serumalbumins als vollständig
aufgefaßt werden. Hingegen wies das wasserklare Filtrat der hitze-
gefällten Eialbuminlösung noch deutliche Biuretreaktion auf. Dieser
Befund ist in Übereinstimmung mit den eben erwähnten von Sörensen
und Jürgensen, die namhafte Differenzen bei der Hitzegerinnung von
Sr- und Ovalbumin konstatieren konnten, die sie jedoch nur auf
Unterschiede der Geschwindigkeit beziehen, mit welchen die Hitze-
veränderungen im Eiweißmolekül erfolgen.
Tabelle I.
| Kunkorr. Im малшы
)4ргог. Pferde- | УОТ d. Erhitzen 5,46 . 10-6 АУ а з 0,04
xrumalbumin \nachd. „ 7,33 . 10-6 | SCH —
2,4proz. хог d. Erhitzen || 1,097.10°5 | 1,70.10-5
Ä 2.93 . 10-6
Eialbumin ec йй >» | 1,85. 10-5 3,57 SC
In den nach der Hitzegerinnung der Proteine gewonnenen Filtraten
wurde ferner die Leitfähigkeit und die Oş bestimmt (vgl. Tabelle I).
Durch Vergleich dieser Daten mit denjenigen der genuinen Albumin-
lisungen lassen sich folgende Tatsachen feststellen:
Die Leitfähigkeit des Filtrats erscheint in beiden Fällen gegenüber
derjenigen der genuinen Eiweißlösungen erhöht, während, falls die
Leitfähigkeit der ursprünglichen Lösung allein durch das Protein
bedingt wäre und dasselbe bei der Koagulation, ohne weitere Ver-
änderungen zu erleiden, ganz oder teilweise ausfallen würde, das ent-
gegengesetzte Verhalten zu erwarten wäre. Es besteht jedoch ein
quantitativer Unterschied zwischen der Leitfähigkeitszunahme der
hitzegefällten Ser- und der entsprechenden Eialbuminlösung.
Ohne Mutmaßungen über den Ursprung der Leitfähigkeitszunahmen
anstellen zu wollen, kann jedoch festgestellt werden, daß, falls diese
im Sinne von Lepeschkin auf ein Freiwerden von ursprünglich adsor-
bierten Salzmengen zu beziehen sind, die Menge der letzteren beim
seralbumin 2.10-° nicht übersteigen kann. Hingegen würde die
größere Leitfähigkeitszunahme beim Eialbumin mit der vorhandenen
Biuretreaktion im Filtrat und den von Sörensen und Jürgensen an-
genommenen sekundären hydrolytischen Veränderungen der erhitzten
en zu vereinbaren sein. In gleichem Sinne scheinen auch die
Ergebnisse der C’„-Messungen zu sprechen.
— —
1) H. Zinsser, Journ. of Immunology 9, 227, 1924.
134 M. Spiegel-Adolf:
In Übereinstimmung mit den oben angeführten Ansichten von
Sörensen über den Ursprung der für die Hitzegerinnung optimalen Съ
und den eigenen bereits erwähnten Befunden am Serumalbumin ver-
schwinden die in Lösungen des letzteren nachweisbaren H-Ionen bei
der Hitzegerinnung nahezu vollständig. Beim Eialbumin ist die Or
zwar vermindert, jedoch sind noch immer freie H-Ionen in merkbarer
Menge vorhanden. Diese letzteren Messungen stehen auch quantitativ
in guter Übereinstimmung mit den entsprechenden Sörensenschen
Werten.
Da somit an eine Verunreinigung des Niederschlages durch lösliche
Beimengungen gedacht werden mußte, so wurde der Niederschlag auf
dem Filter mit destilliertem Wasser gewaschen, bis letzteres keinen Leit-
fähigkeitsanstieg mehr aufwies, in warmer Luft auf paraffinierten, flachen
Glasschalen getrocknet und in der Reibschale pulverisiert. Um etwaige,
bei diesem Vorgang auftretende Veränderungen des Proteins eliminieren zu
können, wurden die entsprechenden Versuche stets auch an nicht ge-
trocknetem Material ausgeführt.
Es konnten keinerlei Verschiedenheiten im Verhalten solcher
Proteine festgestellt werden. Da nun die weiteren Untersuchungen
der hitzegefällten Proteine weitgehende Differenzen derselben ergaben,
so werden im folgenden die an den verschiedenen Proteinen gewonnenen
Ergebnisse zunächst getrennt besprochen werden.
П.
4 5 eines solchen Pulvers von hitzedenaturiertem Albumin in 100 em
Aqua dest. 10 Stunden hindurch geschüttelt, erhöhen die Leitfähigkeit deg
letzteren von 3. 10-6 auf 2. 10-5. Dabei zeigt die klare, filtrierte Flüssigkeit
mit Sulfosalicylsäure und beim Erhitzen deutlich sichtbare Opaleszenz.
Auf die Bedeutung dieser Erscheinung wird weiter unten eingegangen
werden. Die wässerige Suspension hitzedenaturierten Albumins wird durch
Natronlaugenzusatz auf n/100 NaOH-Endkonzentration gebracht. Nach
zweimal je zehnstündigem Schütteln unter Toluolzusatz wird die Lösung,
deren gelbliche Färbung dem Farbstoff des nicht hämoglobinhaltigen
Serums entspricht, filtriert. Dieselbe ist vollkommen klar, die Leitfähigkeit,
H-Aktivität und der Eiweißgehalt werden bestimmt (Tabelle II).
Tabelle II.
a u е = — D tee
"Er ` к | сон | Bee "e
— сш ШЕ =: — =
і -b — Deutlich е Ора, —
Aqua destillate . . . | 1,98. 10 Deutlich е Ора
hitzen und |
‚ Sulfosalizylsäure E
100 сет п/100 NaOH | 5,25.10-* | 535.10-5 | 1,7 stabil
100 ccm 0,85 proz. NaCl | — — ı œ0,01 | —
LUm nun festzustellen, ob bei Vermeidung einer etwaigen, im
Verlauf der Fällung oder bei Behandlung mit Wasser auftretenden
Hitzeveränderung des Albumins. 135
weitergehenden Dehydration das hitzekoagulierte Albumin in Neutral-
alzlösungen löslich sei, wurde versucht, ähnlich wie beim Globulin,
diejenige kleinste Salzmenge zu bestimmen, in deren Gegenwart
das hitzedenaturiertte Albumin beim Neutralisieren seines NaOH-
Gehalts nicht ausfällt. Es zeigte sich nun die nach früheren eigenen
Erfahrungen überraschende Tatsache, daß diese Salzmenge der bei
\eutralisation entstehenden entsprach, da die Lösung beim bloßen
Neutralisieren mit Salzsäure unverändert erschien. Dieses bemerkens-
werte Verhalten kann eine doppelte Deutung erfahren. Entweder
würden 100 ccm 0,005 n Na Cl-Lösung 0,73 g hitzedenaturierten Albumins
a Lösung halten, das Lösungsvermögen der Neutralsalze für hitze-
xnaturiertes Albumin dasjenige für Globulin bei weitem übertreffen.
iamit wäre auch die Tatsache in Übereinstimmung, daß die neutralen,
‚azhaltigen, hitzedenaturierten Albuminlösungen bei Verdünnung
tabil und klar bleiben. Die in Globulin III!) bei Verdünnung der
\eutralsalzlösung auftretende H-Ionenvermehrung wird beim hitze-
ienaturierten Albumin bei ähnlichen Versuchsbedingungen vermißt
Tabelle III).
Tabelle III.
EE
n/10 KCI | Verdünnt mit n/10 Na Cl Verdünnt mit
| ки сара | Wasser 1:3 Globulin | Wasser 1:3
\їн......... [| 524.106 | 146.106 ` 5,76.10-6 | 9,39. 10-8
Verhalten beim Ver- | Beginnende
dünnen. ..... — | Aufhelluug . — Fällung
Das Verhalten des hitzedenaturierten Albumins scheint darnach
recht auffällig im Widerspruch zu den übrigen Erfahrungen bezüglich
der Neutralsalzlöslichkeit lyophober Proteine zu stehen, so daß die
vorliegenden Befunde dringend einer Ergänzung bedürftig erscheinen.
Wie beim Salzglobulin, sollte untersucht werden, wieweit die Über-
“nstimmung zwischen der durch Neutralisation der alkalischen Lösung
m Salzüberschuß hergestellten und der durch direktes Auflösen in
\eutralsalzlösung gewonnenen Verbindung reiche. Zu diesem Zwecke
wurde das oben beschriebene, hitzedenaturierte Albumin in physiolo-
axher NaCl-Lösung (0,85proz.) suspendiert und geschüttelt. Im
Gegensatz zu den entsprechenden Ergebnissen am Salzglobulin
е sich, daß die direkte Salzlöslichkeit des hitzedenaturierten
Abumins nur ganz geringfügig sei, sie beträgt nicht mehr als
iPro. der am Globulin festgestellten Werte. Bevor nun diese
Diskrepanz zum Gegenstand einer weiteren Untersuchung gemacht
теп konnte, mußte zunächst ausgeschlossen werden, daß
) M. Adolf, Kolloidchem. Beih. 18, 276, 1923.
136 М. Spiegel-Adolf:
das hitzedenaturierte Albumin durch die Behandlung mit NaO
eine tiefere Veränderung erfahre. Diese Deutung erscheint u
so naheliegender, als im vorliegenden Falle das in NaOH gelös
hitzegefällte Albumin, das besonders von Michaelis!) zur Charakter
sierung desselben herangezogene Moment des Ausfallens bei neutral
sierender Lösung vermissen läßt. Um die Eigenschaften des hitzi
denaturierten Albumins nach Lösung desselben in NaOH beurteile
zu können, mußte zunächst die letztere entfernt werden. Zu dieser
Zwecke wurde die betreffende Lösung hitzeveränderten Albumins i
NaOH unter Vermeidung jeglicher Erwärmung der Elektrodialys
unterworfen, welche bis zur Erreichung der ursprünglichen Leitfähigkei
der Albuminlösung durchgeführt wurde. Während dieser Behandlun;
zeigte die Flüssigkeit keine wie immer geartete Veränderung, kein
Trübung, keine Niederschlagsbildung. Es kam nur während der Elektro
dialsye das in Elektrolytgegenwart bekannte Schichtungsphänomeı
des löslichen Eiweißes zur Beobachtung. Die Flüssigkeit selbst is!
vollkommen klar, gelblich wie das ursprüngliche Albumin. Auf Halb.
sättigung mit (МН,), 80, zeigt dieselbe keine Trübung. Auch nach
einer Beobachtungsdauer von etwa einem halben Jahre bleibt die
Reaktionsweise des Eiweißkörpers, der in dieser Arbeit als Protein 7
bezeichnet werden soll, gegenüber Am,SO, unverändert. Die
Reaktion der Flüssigkeit ist entsprechend derjenigen des ursprüng-
lichen Albumins schwach sauer (vgl. Tabelle IV).
Tabelle IV.
| HKP für Hitzekoagu
| Kunkorr. | CH [«]90 0,4 Proz. der lations.
| | Lösung | temperatur
1 proz. Protein у. . || 8,26, 1076 | 5,3.10-* | 66,5 48° 39°
RES . . || 7,8.10- | 5,7.10-6 | 664 48° =
Das Ergebnis der Bestimmung der Оң läßt sich leicht mit dem
der Leitfähigkeit vereinbaren. Der niedrige Wert der letzteren, welche
der Leitfähigkeit des genuinen Albumins entspricht, läßt es ebenso wie
die schwach saure Reaktion als wahrscheinlich erscheinen, daß die zur
Lösung des hitzegefällten Albumins verwendete Lauge praktisch
quantitativ entfernt worden ist. Dementsprechend zeigt auch der
fragliche Eiweißkörper vollständige Koagulation beim Erhitzen. Im
Paulischen Laboratorium konnte in früheren Untersuchungen?) gezeigt
1) L. Michaelis und P. Rona, 1. с.
з) Wo. Pauli, Pflügers Arch. 78, 315, 1899; Hofmeisters Beitr. 10,
53, 1907; Wo. Pauli und H. Handovsky, diese Zeitschr. 24, 239, 1910.
Hitzeveränderung des Albumins. 137
| werden, daß bei Einhaltung bestimmter Kautelen, vor allem eines
geichmäßigen zeitlichen Wärmezuwachses, entgegen der Auffassung
son Chick und Martin genügend scharfe vergleichende Bestimmungen
der Gerinnungstemperatur ausführbar sind. Nachdem nun diese
kieren, unter anderen von Fernau und Pauli!) zum Nachweis
der durch Radiumbestrahlung hervorgerufenen Veränderung des
Abuminversuchs verwendet worden sind, wurde hier die Bestimmung
ж Gerinnungstemperatur zur näheren Untersuchung des fraglichen
Bweißkörpers und zum Vergleich desselben mit genuinem Albumin
angezogen. Wie in Tabelle IV verzeichnet, zeigen beide Proteine
ч gleicher Konzentration und Versuchsbedingungen die gleiche
, ®rinnungstemperatur. Ebenso wie beim genuinen Albumin [vgl.
: уга}! und Duggan?)] entsprechen auch beim fraglichen Eiweiß-
| tper höheren Konzentrationen desselben niedrigere Gerinnungs-
_ #mperaturen. Die elektrodialysierte Lösung hitzeveränderten Albumins
ıNa0H zeigt somit alle Eigenschaften eines wasserlöslichen Proteins.
ш größeren Sicherheit wurden die vorliegenden Befunde an drei ver-
| shedenen Präparaten von hitzegefälltem Serumalbumin mit stets
deichem Ergebnis nachgeprüft. Da Kontrollversuche an erhitztem
\triumalbuminat (s. weiter unten) ergaben, daß die Elektrodialyse
is Eiweiß restlos fällte, во kann die Möglichkeit ausgeschlossen werden,
ab der Übergang des hitzegefällten Produkts in ein wasserlösliches
Protein bei der Elektrodialyse des ersteren infolge NaOH-Gegenwart
mogt. Desgleichen waren durch Fäulnis bewirkte Veränderungen
um anzunehmen, da die Flüssigkeit stets reichlich toluolisiert war
М еіп bakterieller oder fermentativer Abbau wenigstens teilweise zu
@уаЫеп und nicht hitzekoagulierbaren Produkten geführt hätte,
ken Vorhandensein aber durch die nachweisbare quantitative Über-
We der alkalischen Lösung von hitzedenaturiertem Albumin in
“erlösliches koagulables Eiweiß ausgeschlossen werden kann. So
bm nur die Behandlung des hitzedenaturierten Albumins mit Lauge
ik Ursache für dessen Veränderung angenommen werden. Die schein-
hr unbegrenzte Salzlöslichkeit, die bei der Neutralisierung des in
lauge gelösten hitzedenaturierten Albumins beobachtet wurde, erklärt
sch dadurch, daß dieses Protein eben bereits wasserlöslich war. Aber
ich der eingangs erwähnten, nach mehrstündigem Schütteln mit
Niger beobachteten erhöhten Leitfähigkeit und dem nachweisbaren
Kiwißgehalt des letzteren kann eine ähnliche Deutung gegeben werden
“e der Laugenwirkung.
— —
!) 4. Ғеғпам und Wo. Pauli, diese Zeitschr. 70, 426, 1915.
| 9). B.Haycraft and T. R. Duggan, Journ. of Anat. and Phys. 24,
№; Brit. Med. Journ. 167, 1890.
138 M. Spiegel-Adolf:
Bevor nun auf diese Frage näher eingegangen werden soll,
welchem Sinne die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung:
näher gedeutet werden können, soll noch über Experimente bericht
werden, die der Prüfung des Einflusses dienten, den eine Verschiebt:
des Verhältnisses zwischen NaOH und hitzedenaturiertem Albuni
auf die Eigenschaften des gelösten Produkte. ausübt. Frühere Ve
suchel), welcher in einer Anmerkung im Globulin III gedacht worde
sind, führten nämlich zu einem von dem vorliegenden ganz abweichende
Resultat, indem das in NaOH gelöste hitzedenaturierte Albumin I»
Neutralisation in Salzgegenwart ausfiel. Differenzen der Versuch!
anordnung bestanden insofern, als im letzteren Falle nicht im Eiweil
überschuß gearbeitet worden war.
Tabelle V.
— — —— — === — — -z
Eiweiß auf Lösl. Protein Lösl. Protein cutralsalz.
3 Trockengehalt in Proz. des | ; it (0.
Nr. oh der Lösung еко уве Trockengehaltes | Be at Кан
der Ausgangs» Beer Ai
8 Proz. Proz. lösung
1 | 40 1,470 ° 147 о |
2 | 20 1.120 0,80 72 +
3 1.0 : 100 ' 042 о °) +
4 0,5 ' 0465 1 Ө ө | —
1 Е eiß f ! | ' N
5 | # тараша 0,640 0,28 37 +
6 Rückstand von 0,760 0,54 71 +
Versuch 1 in NaOH
elöst. so daß Als |
umin. u. Laugen» '
verh. 2 entspricht |
Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, daß wechselnde
Mengen des gleichen hitzedenaturierten Albumins wie oben in је
100 сет n/100 NaOH in ganz gleicher Weise zur Auflösung
gebracht wurden (vgl. Tabelle V). Da zeigte sich zunächst, daß mit
abnehmender Menge des verwendeten Proteins wohl der absolute
Eiweißgehalt der entstandenen Lösungen abnahm, wobei jedoch ein
immer kleinerer Eiweißrest ungelöst blieb. Elektrodialysierte man
nun diese Flüssigkeiten, so nahm die Menge des dabei in Lösung
bleibenden Eiweißes mit der Menge des ursprünglich verwendeten
hitzedenaturierten Albumins ab und verschwand schließlich völlig, 50
daß bei der Lösung von 2 р hitzedenaturierten Albumins іп 100 ccm
n/100 NaOH eine Eiweißlösung entsteht, die durch Elektrodialyse
quantitativ niedergeschlagen wird. Es existieren somit zwei Grenzfälle,
innerhalb deren es stetige Übergänge gibt. Bei genügendem Eiweiß-
überschuß entsteht nur wasserlösliches Protein, bei entsprechendem
1) Vgl. M. Adolf, Kolloidehem. Beih. 18, 276, 1923.
Hitzeveränderung des Albumins. 139
laugenüberschuß nur wasserunlösliches. Im ersteren Falle war noch
istzustellen, ob das ungelöst übrig gebliebene hitzedenaturierte Albumin
are Veränderung erlitten habe oder ob die verwendete Lauge nur zur
Losung eines Teiles hinreichte. Stellte man nun durch Laugenzusatz
udem ungelöst gebliebenen, von dem löslichen möglichst getrennten
е] das gleiche Verhältnis zwischen hitzedenaturiertem Albumin
aw Lauge her, wie in Versuch 2, so zeigte sich, daß in der nun
attandenen Lösung die Relation des wasserlöslichen zu dem
isamteiweißgehalt wiederum innerhalb der Versuchsfehlergrenzen
kiriedigend übereinstimmte. Dieses Ergebnis dürfte in dem Sinne
Б verwerten sein, daß der ungelöste Bodenkörper in Versuch 1
xh den ersten Laugenzusatz keine merkbare Veränderung er-
Шеп hat.
Nur ein einzelner Versuch wurde gemacht, um die Löslichkeit des
xædenaturierten Albumins in Säuren festzustellen und die Natur der
stehenden Lösung zu bestimmen. Dieser Versuch zeigt, daß Säure
si anscheinend nur quantitativ verschieden von Lauge im Sinne einer
Augeren Lösungsfähigkeit verhält, hingegen die Zusammensetzung einer
den Lösung aus löslichem und unlöslichem Protein derjenigen der
aprechenden alkalischen recht nahe kommt. (Versuche, die NaOH
aeh NH, zu ersetzen, führen wohl zu qualitativ übereinstimmenden
ksıltaten mit den obigen, insofern die bei Eiweißüberschuß in Lösung
®angene Proteinmenge sich nach der Elektrodialyse als wasserlöslich
"ie. Wegen des geringeren „Lösungsvermögens‘“‘ des NH, wurden
Sieh diese Versuche zunächst nicht fortgesetzt.)
Schließlich zeigte sich (vgl. Tabelle V), daß die Salzlöslichkeit
з durch Elektrolyse fällbaren Proteinanteils eine Änderung mit der
Vrchiebung des hitzedenaturierten Verhältnisses zwischen hitze-
'randertem Albumin und Lauge aufweist, so daß dieselbe mit der
wahme des letzteren sich vermindert. Wird das gesamte Protein
mh Elektrodialyse gefällt, so ist auch dessen Salzlöslichkeit ver-
Фер.
Versuchen wir die hier gegebenen Versuchsresultate näher zu
“teilen, so entsteht zunächst die Frage nach der Natur des löslichen
ев, ob dasselbe als ein durch Laugenbehandlung rückverwandeltes
kuturierungsprodukt mit dem genuinen Albumin als identisch auf-
wwen oder ob es von dem letzteren verschieden ist. In diesem
Ше würde es sich dann um einen bislang unbekannten wasserlöslichen
wißkörper handeln.
Aach physikalisch-chemischen Kriterien läßt sich, wie bereits
iegeben worden ist, das fragliche Produkt nicht vom genuinen
Abumin unterscheiden. Michaelis und Rona stehen z.B. nicht an,
NM der Lösung von rasch koaguliertem Albumin in HCl ent-
“ende, bei Neutralisation erneut hitzekoagulables Protein als
140 M. Spiegel-Adolf:
durch reversible Veränderung wieder hergestelltes Albumin zu deute
Als nächste Möglichkeit wäre wohl an durch Hydrolyse des Hita
denaturierungsprodukts durch NaOH oder HCl gebildete löslic
Albumosen zu denken. Allein primäre Albumosen werden nach Æ..
Pick!) durch Halbsättigung mittels Ammonsulfat vollständig gefäl
während allen Abbaustoffen des Eiweißes das fehlende Koagulatior
vermögen beim Erhitztwerden gemeinsam ist. Versuche, Differenz
zwischen genuinem und denaturiertem Albumin auf chemisch-analyi
schem Wege festzustellen, scheinen nach dem negativen Ausfall d
Sulfid-Schwefelnachweises, der geringfügigen Leitfähigkeitssteigerui
bei der Koagulation und nach den letzten, eingangs bereits erwähnte
Arbeiten von Sörensen, welcher nach seinen Befunden annimmt, da
beim Eialbumin die Hitzekoagulation ebenso wie die Alkoholfällur
ohne Stickstoffabgabe abläuft, nicht sehr aussichtsreich zu sein.
Anhaltspunkte für die Feststellung etwaiger stattgefundener Ve
änderungen lassen sich hingegen von der Untersuchung des optische
Drehungsvermögens der fraglichen Eiweißlösung erwarten.
So konnte z. В. Alerander?) zeigen, daß das Drehungsvermögen eine
gelösten Proteins eine erhebliche Beeinflussung erfährt, wenn man di
Lösung vor dem Messen während einer bestimmten Zeit bei einer hohe
Temperatur erhält. Hoppe-Seyler®) gibt an, daß Alkalialbuminate di
Ebene des polarisierten Lichtes stärker nach links drehen als die Eiweiß:
stoffe, aus denen sie entstanden sind. Danach zeigt Serumalbumin be
Behandlung mit starker KOH eine Steigerung von [a]p — 60,01 auf — 86°
Schließlich konnten Pauli und Samec*) den Nachweis erbringen, dal
bei Säure- und Laugenzusatz zu Albumin durch einfache Proteinsalz
bildung bei Zimmertemperatur eine Steigerung der optischen Drehung auf
tritt, die nach Entfernung der genannten Zusätze wieder verschwindet
Die Bestimmung der optischen Drehung geschah mit Hilfe eine
Apparates von Schmidt-Hänsch.
Das in Tabelle IV gebrachte Ergebnis zeigt nach Reduktion au
den gleichen Eiweißgehalt eine recht befriedigende Übereinstimmung
mit den seinerzeit von Pauli, Frisch und Valkó) angegebenen Dater
für ein nach dem gleichen Verfahren dargestelltes globulinfreies Albumin
Somit scheint aus diesen Beobachtungen hervorzugehen, daß jene
Gruppen im Eiweißmolekül, deren Modifikation in einer Änderung
der optischen Drehung zum Ausdruck kommen würde, trotz der be
Gewinnung des Eiweißkörpers erfolgten Eingriffe unversehrt geblieben
1) E. P. Pick, Zeitschr. f. physiol. Chem. 24.
2) А. С. Alexander, Journ. of exper. Med. 1, 304, 1896.
з) Hoppe-Seyler-Tierfelder. Handb. d. phys. u. path.-chem. Analyse,
8. Aufl., 1909.
4) Wo. Pauli, M. Samec und E. Strauss, diese Zeitschr. 59, 470, 1914.
5) J. Frisch, Wo. Pauli und E. Valkó, diese Zeitschr. 164, 401, 1925.
Hitzeveränderung des Albumins. 141
wd. Die Unterschiede unseres Proteins gegenüber einem typischen
Akslialbuminat liegen klar zutage.
Ferner erschien es nach den Untersuchungen von Zsigmondy!)
sssichtsvoll, die von diesem Verfasser zum ersten Male systematisch
serwendeten Beziehungen von Kolloiden zu hochmolekularen Stoffen
rı einer Charakterisierung der letzteren auch im vorliegenden Falle
n verwenden. Jedoch wurden, im Gegensatz zu Zsigmondy, nicht
& Schutzzahlen der zu untersuchenden Verbindungen, sondern ent-
grechend Untersuchungen von Pauli und Flecker?) die dialysiertes
molgoldsol fällenden Mengen der zu charakterisierenden Proteine
»timmt.
Gegenüber dem Goldsol zeigt der fragliche Eiweißkörper qualitativ
а gleiche Verhalten wie genuines Albumin, das jedoch nach Zunz
ich bei einigen primären Albumosen beobachtet wird. Diese Über-
stimmung erstreckt sich auch auf die Kombination mit Salzen.
(mantitativ jedoch erweist sich der fragliche Eiweißkörper in seinem
ildsolverhalten von genuinem Albumin insofern verschieden, als
pößere Mengen desselben zur Erzielung des Goldumschlags notwendig
ad (vgl. Tabelle VI und VII).
Tabelle VI.
0,5
2,0 3,0 4,0
| у паса? у
ausgefl. | ausgefl. | ausgefl.
Gegen die Möglichkeit, daß diese Verschiedenheiten auf chemischen
| en der hier verglichenen Proteine beruhen können, dürften
бе Ergebnisse der übrigen Untersuchungen sprechen. Hingegen
Dieren Angaben in der Literatur, aus welchen hervorgeht, daß
Aysikalisch-chemische Veränderungen eines Proteins hinreichen, um
leen Verhalten als Schutzkolloid quantitativ zu modifizieren.
— — —
') R. Zsigmondy, Zeitschr. f. analyt. Chem. 40, 697, 1901.
" Wo. Pauli und L. Flecker, diese Zeitschr. 41, 461, 1912.
142 M. Spiegel-Adolf:
So beobachten Heubner und Jakobs!) irreversible Änderungen ‹
Goldzahl von in getrocknetem Zustande gealtertem Albumin. Foda
weist darauf hin, daß schon die üblichen Herstellungsverfahren des Albumi
wie Neutralsalzfällung und Elektrodialyse, dessen Solvatation und ı
davon abhängigen Phänomene, so die Schutzwirkung, verändern. Endl:
geht aus den Versuchen von Menz?), die von Elliott und Sheppard‘) sox
von Verfasserin®) bestätigt werden konnten, hervor, daß zeitlich reversi!
Zustandsänderungen der Gelatine hinreichen, um das Fällungsvermög
derselben für Goldsol zu verändern.
Somit werden Verschiedenheiten des Dispersitätsgrades und d
Hydration als hinreichende Ursachen der Änderung der Schutzwirku
von Proteinen aufgefaßt.
In diesem Zusammenhang mögen Versuche von Interesse sei
deren Gegenstand die Alkoholfällbarkeit des zu untersuchenden Eiwei.
körpers bildet.
Schorr®), der eine Darstellung der verschiedenen Deutungen di
Mechanismus der Alkoholeiweißfällung versuchte, folgert, daß aus dei
Gesetz der Massenwirkung die Fällungswirkung einer bestimmten Alkoho
konzentration um so geringer sein muß, je größer die an das Eiweiß a
Sol gebundene Wassermenge und je inniger diese Bindung ist.
Vergleichende Untersuchungen des fraglichen Eiweißkörpers un
des genuinen Albumins bezüglich ihrer Fällbarkeit durch Alkoho
haben eine vollständige quantitative Übereinstimmung dargetan
welche sich auch auf das Verhalten in gepufferten Lösungen und au
die (vgl. Tabelle VIII bis X) durch Neutralsalzzusatz bewirkte Fällungs
hemmung erstreckt. Jedoch ist die durch die gleiche Menge Alkoho
in der Lösung des Proteins X hervorgerufene Trübung bedeutend inten
siver als in der des genuinen Albumins, so daß auch in diesem Fall
ein, wenn auch nur geringfügiger Unterschied im Verhalten der beideı
Proteine nachgewiesen werden konnte.
Tabelle VIII.
0,Aproz. genuines Seralbumin bzw bzw. 04 proz. ZE E —
Protein X, ccm . » » 2 2 0 ee. 200% | 1 | 1 1 1 | 1 1
95proz. Alkohol 0...6... | оп | Otin | 0128 | 0.13n | 0142 "0.150
ВОГО a u ен р ed Kb FETTE Era een ee
1) Ӯ. Heubner und Fr. Jakobs, diese Zeitschr. 58, 352, 1913.
2) A. Fodor, Die Grundlagen der Dispersoidchemie. Steinkopff, 1925.
з) W. Menz, Zeitschr. f. physik. Chem. 66, 129, 1909.
4) Elliott und Sheppard, Journ. Ind. Eng. Chem. 18, 699, 1921.
5) Noch unveröffentlicht.
6) C. Schorr, diese Zeitschr. 87, 424, 1911.
Hitzeveränderung des Albumins. 143
Tabelle IX.
Bei Zusatz von je 15 корер Alkohol.
йы a als lu lem
\епшпев Albumin 9 Ө | + + | хх! жх x
Sen X ....... Ө ө ++ ++ |ххх x x
Tabelle X.
Wen genuines Seralbumin bzw. 0,4ргог. Protein X, com . | |
SE EE — — E а аа аа ж М І 0,0 ЕСЕ 0,001 = 0,01
чч Alkobol, oem ................... ыз | 015 15 ap: F 015
ten, den gemuinen ........... +4 SES | ө | ө
. „ Proteins x *) | | |
*°) Die Reaktionen des Proteins y sind intensiver als die des genuinen.
Eine analoge Deutung wie den Versuchen am Goldsol dürfte auch
xt Verhalten des Proteins у im Vergleich zum genuinen Albumin
већег Mastixsol zukommen, obwohl nach den Untersuchungen
ш Zunz!) die am Goldsol gewonnenen Ergebnisse nicht ohne
witeres auf das Mastixsol übertragbar sind. Aus den Resultaten
ма Tabelle XI bis XIV ist zu entnehmen, daß ebenso wie das
muine Albumin das Protein y imstande ist, Mastixsol zur Aus-
кто zu bringen, wobei ebenso wie beim genuinen die Unterschiede
з беп Reaktionen mit frischen und alten Mastixsolen in Erscheinung
wten, daß aber hierzu größere Mengen des Proteins у notwendig sind.
Tabelle XI.
Tuch Mastixsol, ees | d NEES SE рта [Г d 5
bm X. mgjecm . . 00 | 03 — WE Е 307 45 6р | 75.
мой und nach ` Do | N KREE
Cd EEN элк» ler ee
Tabelle XII.
Seier Mastixsol, ccm ... ee ER 1 1 1
ains Sealbamin, mgjecm .......! 042 м | оз | 126
аһ 1 Stunde ........ e e Te | в "xxx
. 4 Stunden. . . . 2. .... | Ө Ө Ө ххх
Tabelle XIII.
Ма Mustizsol, em 1 | 1 1 | 1 Е ЖӨИ у л. EZ
Bere oe 09 12 | 1,5 30 | 45 Sa 75
“ort und nach d det, | | |
f Stunden .. 0 Ө i XX |XXX|XXX|XXXIXXXİXXXİXXX XXX
) Е. 7а Zunz, Arch. internat. de Physiol. 5, IIT, 425, 1907.
144 M. Spiegel-Adolf:
Tabelle XIV.
Altes Mastixsol, ccm . . . . - | 1 | 1 | 1 1 1
Genuines Seralbumin, mgjccm . 0,14 02 | 07 0,98 E
Nach 1 Stunde Er xx ххх | ххх ххх | xx
„ 24 Stunden. .. . | xxx ххх | XXX ххх xx
Aus dem hier Vorgebrachten geht demnach hervor, с
quantitative Unterschiede zwischen dem Protein y und genuin
Albumin bezüglich ihres Fällungsvermögens für Gold- und Mastix
und ihrer Alkoholreaktion existieren. Diese Differenzen lassen в
als der Ausdruck verschiedener Hydratation deuten, ohne daß ei
Erklärung dieser Erscheinung etwa durch die Annahme verschieder
Dispersitätsgrade versucht würde.
Um aber im vorliegenden Falle ein weiteres Kriterium zu vi
suchen, wurden zur Charakterisierung des Proteins X die weit em
findlicheren immunbiologischen Untersuchungsmethoden herangezoge
Zum Zwecke der Identifizierung von Eiweißkörpern lagen in d
Literatur der Serologie im wesentlichen Angaben über Verwendu
der Präzipitinmethode!), des Anaphylaxieversuchs?) und der Kot
plementbindung®) vor. Aus weiter unten näher ausgeführten Gründ
wurde im vorliegenden Falle die Präzipitinmethode herangezogen.
Nachdem R. Kraust) nach Einverleibung von Bakterien das А!
treten von Stoffen in den Seren der betreffenden Tiere beobachten konnt
welche mit keimfreien Kulturfiltraten der homologen Mikroorganism(
spezifische Fällungen gaben, wurden von Bordet®) und Tetistowüsch
diesen sogenannten Bakterienpräzipitinen, dieauf Einverleibung von Eiweil
körpern entstehenden Abwehrkörper als Eiweißpräzipitine entgegengestell
Es konnte nun gezeigt werden, daß diese Eiweißpräzipitine weitgehen
spezifisch sind, d. h. nur mit dem zur Vorbehandlung verwendeten Protei
reagieren. Während nun die Artspezifität der Proteine in großzügig!
Weise für forensische Zwecke ausgebaut worden ist, konnten Obermayer un
Pick den Nachweis erbringen, daß auch chemische und physikochemische Ен
griffe am Eiweißmolekül imstande sind, dessen sichtbare Reaktion m
nativem Immunserum zu verhindern und andererseits den antigene
1) F. Obermeyer und E. Р. Pick, Wien. klin. Rundsch. 1902, Nr. 1!
Wien. klin. Wochenschr. 1903, S. 659; 1906, Nr. 12; W. A. Schmidt, die
Zeitschr. 14, 294, 1908 (Literatur).
2) Е. Р. Pick und Yamanouchi, Wien. klin. Wochenschr. 1908, Nr. 44
Zeitschr. f. Immunitätsforsch. 1, 676, 1909; R. Doerr und Russ, ebendaselbs
8, H.7, 1909; Wells, Journ. of infect. diseases 5, Nr. 4, 1908; Besredk«
Ann. de l’Institut Pasteur 21, 950, 1907.
3) Wells und Lewis, Proc. of the Amer. Soc. of Biol. Chemists
18th meeting, 27, ir., 2, 3, Dezember 1923.
4) R. Kraus, Wien. klin. Wochenschr. 1897, Nr. 32.
5) Bordet, Ann. Pasteur 1899, S. 173.
6) Tetistowitsch, ebendaselbst 1899, S. 406.
Hitzeveränderung des Albumins. 145
r des betreffenden Eiweißkörpers so weit zu verändern, daß das
h dasselbe hergestellte Immunserum ausschließlich oder vorwiegend
=: dem veränderten Protein reagiert.
Bezüglich einiger älterer Angaben der Literatur, betreffend das Un-
mögen von erhitztem Eiweiß, mit nativem Immunserum Präzipitation
з geben, sei auf eine Zusammenstellung von Nuttall!) und Versuche von
Gsiam-Smith?) verwiesen. Obermayer und Pick geben nun an, daß das
fanpitin vollständig versage, wenn es mit einem gekochten, aber nicht
kanlierten Serum zusammengebracht wird. Diese Beobachtungen
kanten weiterhin unter anderem von Schmidt, Landsteiner und Prasek?)
каці werden.
Entsprechend diesen Ergebnissen wurde nun versucht, das Ver-
Wen des wasserlöslichen, aus Pferdeserumalbumin stammenden,
тт Temperatur von 100°C durch 15 Minuten hindurch ausgesetzt
ereenen Protein X gegenüber einem nativen Pferdeserumpräzipitin
Yrotherapeutisches Institut, Wien) festzustellen.
Bevor mit der Beschreibung der Versuche begonnen werden kann,
d noch auf einige durch die besondere Art des vorliegenden Materials
Эшле Komplikationen hingewiesen werden.
Das zur Verfügung stehende präzipitierende Serum war durch Vor-
andlung mit Serum und nicht mit Albumin allein hergestellt worden.
| Xach der von E. P. Pick*) herrührenden Angabe, daß ein Normalpräzipitin-
'Gmunserum mit der Pseudoglobulinfraktion den stärksten Niederschlag,
ш der Euglobulinfraktion einen geringeren und mit der Albuminfrsktion
ztweder kein oder nur ein spärliches Präzipitat liefert, schienen die hier
т Betracht kommenden Versuche im vorhinein nicht sehr aussichtsreich
х еп. Außerdem gaben Michaelis und Oppenheimer) an, durch Vor-
bandung mit Vollserum ein Antiserum gewonnen zu haben, welches
zit Vollserum und Globulin, nicht aber mit Albumin reagiert®). Demgegen-
‚ter sei nur eine gegenteilige, der neuesten Literatur entstammende An-
ae von Hektoen und Welker?) erwähnt, wonach bei Injektion von Voll-
rım bei Tieren die Bildung von Antikörpern gegen die einzelnen Serum-
teine ausgelöst würde. |
. Ferner muß hier hervorgehoben werden, daß das Albumin einer lang-
“uernden Elektrodialyse mit wiederholten Salzzusätzen zwecks voll-
adiger Globulinbefreiung unterzogen worden war. Nun wurde bis jetzt
“ch nicht der Nachweis erbracht, daß diese Behandlung das Albumin
“ilständig unverändert lasse. Eine diesbezügliche Angabe erschien um
У notwendiger, als Handovsky®) über die erhöhte Empfindlichkeit von
а шы
) Nutall, Blood Immunity and Relationship. Cambridge 1904.
') Graham-Smith, Journ. of Hygiene 8, 356, 1903.
n = Landsteiner und E. Prasek, Zeitschr. f. Immunitätsforsch. 20,
‘) E. P. Pick, Handb. v. Kolle-Wassermann 1, 703, 1912.
') L. Michaelis und Oppenheimer, Arch. f. Anat. u. Phys. 1902, Supple-
“апа; Deutsch. med. Wochenschr. 1902, Nr. 32.
| ') Vgl. P. Uhlenhuth und K. Steffenhagen. Handb. v. Kolle-Wasser-
таш, 2. Aufl., 8, 270 (Literatur).
| ') L. Hektoen und W. Welker, Journ. of infect. dis. 35, 295, 1924.
') H. Handovsky, diese Zeitschr. 25, 510, 1910.
biochemische Zeitschrift Band 170. 10
146 M. Spiegel-Adolf:
salzfreien, allerdings globulinhaltigen Albuminlösungen gegenüber denai
rierenden Temperatureinflüssen berichtet hat und Lepeschkin, wie bere
erwähnt wurde, schon die lange Dauer der bloßen Dialyse in den Pawlisch
Versuchen als Ursache angeblicher Modifikationen des so erzielten Album!
betrachtet. Es mußten daher zuerst Präzipitationsversuche mit dem vı
liegenden Albumin, bevor es der Hitzeveränderung unterzogen worden w:
angestellt werden. Der Titer des verwendeten Pferdeserumpräzipitins і
das genuine Albumin wurde in der von Uhlenhuth!) angegebenen Wei
bestimmt, indem diejenige stärkste Albuminverdünnung mit 0,85prı
NaCl festgestellt wurde, die mit dem unverdünnten Präzipitinserum no
eine sichtbare Trübung an der Berührungsfläche gibt. Zur Kontro
wurden Proben уоп elektrodialysiertem Hundeserumalbumin und Na
mit Präzipitinserum versetzt.
Bei der Beurteilung der im folgenden zu besprechenden serologisch«
Probleme stand mir Herr Professor Ё. P. Pick mit seinem wertvolle
Rate zur Seite. Hierfür und für die freundliche Erlaubnis, die zı
Analyse dieser Fragen nötigen Tierversuche іп dem von ihm geleitete
Pharmakologischen Institute der Wiener Universität auszuführen, s
mir gestattet, Herrn Professor Pick auch an dieser Stelle meinen e
gebensten Dank auszusprechen.
Tabelle XV.
0,lcem Präzipitin auf Leem Albumin-NaCl-Mischung.
| | | Mia
Verdü Apr, (у Tab. IV)| Hundes räparat ТҮ 57S | 5:53 Pierde
mit 0.85 proz. Ше: тек nach i a Na С! esch EF Ss Е Kokto:
Na Ibumin Elektros albumin | dialyse 27 S GE 5 A
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1:100 +++ +++ | 0 Ө | + +++ 6 | =
1: 1000 +++| +++ Ө + +++ Ө =
1:10000 | ++ | ++ + | ++| ө |-
1: 100 000 + dë | ө Se =
1:1000000 | ө ө | | ө | —
Die in Tabelle XV wiedergegebenen Versuchsresultate zeigen, dal
das elektrodialysierte Pferdeserumalbumin noch bei weitgehende:
(1:100000) Verdünnung durch präzipitierendes Pferdeserum gefäll
wird. Der negative Ausfall der Kontrollproben zeigt die Spezifizitä!
der Reaktion an. Somit erscheinen die Angaben von Hekioen und
Welker bestätigt, wonach das Vollserumpräzipitin auch Antikörpt!
gegen die Albuminfraktion des Serums enthält. (Versuchsergebnisst
über das Verhalten der anderen elektrodialytisch dargestellten Serum:
proteine werden an anderer Stelle gebracht werden.) Andererseits gebt
aus dem hier Gegebenen hervor, daß die zur Salz- und Globulin-
1) P. Uhlenhuth und О. Weidanz, Handb. у. Kraus-Levaditi 2, 790, 1909.
Hitzeveränderung des Albumins. 147
кепте des Albumins verwendete Elektrodialyse keine Veränderung
ın Albumin hervorbringt, die zum Verlust von dessen Spezifizität
firen würde. Genau dieselbe Anordnung wie für die vorstehenden
frsuche wurde nun bei der Untersuchung des nach Hitzefällung in
МОН gelösten und elektrodialysierten wasserlöslichen Proteins `
befolgt. Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, zeigte das Protein X im
izpitationsversuch vollkommen das gleiche Verhalten wie das
mune Albumin. Es konnte somit das von den eingangs erwähnten
Jaren beschriebene charakteristische Nichtreagieren des Kokto-
“ms, das eigene Versuche (vgl. Tabelle XV) bestätigen konnten,
senüber dem Normalserumpräzipitin an dem hier untersuchten
wißkörper nicht nachgewiesen werden, obwohl derselbe 15 Minuten
durch auf 1000 gehalten worden war.
Bevor auf die sich aus diesen Tatsachen ergebenden Schluß-
springen näher eingegangen werden soll, mögen hier noch einige
Igebnisse einschlägiger Versuche gebracht werden. So wurde versucht,
häzipitationsversuche mit gekochtem Albumin auszuführen, um statt
“ram Serum gewonnenen Angaben der Literatur eigene Versuchs-
ksultate zu erlangen. Die Grundbedingung für eine erfolgreiche Durch-
ührung dieser Absicht bestand aber in der Herstellung von klaren
треп hitzeveränderten Albumins. Während jedoch Serum durch
mache Verdünnung vor dem Koagulieren beim Erhitzen bewahrt
den kann, waren nach dem oben über die Hitzefällung des Albumins
ſesagten zur Erreichung des gleichen Zweckes Verwendung von Zu-
zen erforderlich. Von diesen kommen Säure, Laugen und eventuell
enige Neutralsalze [Jodide und Rhodanide!)] in Betracht. In den
fliegenden Versuchen werden nur die ersteren Verbindungen heran-
zogen. Trotzdem nun in der Literatur zahlreiche Angaben über die
екеж von hitzegefälltem Albumin in Säuren und Laugen
“stieren, haben die Versuche aus Tabelle V und die eben mitgeteilten
hizipitationsdaten gezeigt, daß die Lösung von hitzegefälltem Albumin
‚ a NaOH zu einer weitergehenden Änderung des koagulierten Eiweiß-
krpers führt. Falls nun bei vermehrtem Laugengehalt wieder ein bei
Bektrodialyse ausfällbares Eiweiß auftritt, so erscheint es gar nicht
rrscheinlich, daB dieses letztere mit dem ursprünglichen Koagulat
identisch sei. Aber auch die Lösungen des koagulierten Albumins in
20 waren nach dem Obigen nicht brauchbar, vielmehr ergaben Prä-
Opitationsversuche, daß der nach Elektrodialyse wasserlöslich ge-
№ееде Anteil mit Pferdeserumpräzipitin ebenso reagiert wie genuines
Abumin. Es blieb also nur die Möglichkeit offen, das Albumin їп
fegmwart eines die Fällung verhindernden Säure- oder Laugenzusatzes
\) Wo. Pauli und Н. Handovsky, Beitr. z. chem. Physiol. 11, 415. 1908.
10*
148 M. Spiegel-Adolf:
zu erhitzen. Trotzdem in weiter unten mitzuteilenden Versuch:
gezeigt worden ist, daß in beiden Fällen ein Produkt entsteht, welch
von dem durch bloße Hitzefällung entstandenen verschieden ist, `
wurde doch ein Präzipitationsversuch mit in Laugengegenwart e
hitztem Albumin gemacht. Derselbe war negativ, wiewohl im Kontro.
versuch gezeigt werden konnte, daß der verwendete Laugenzusa
allein nicht imstande ist, die Präzipitation vom genuinen Album
zu verhindern.
Pick hat die Hitzeeinwirkung auf Eiweiß dahin gedeutet, daß ai
dabei ‚größere Kolloidkomplexe bilden, welche unter Umständen zı
sichtbaren Koagulation führen können“, und hat gezeigt, „daß bei Hitz
einwirkung derartig reagierende Antigene ihre ursprüngliche antiger
Fähigkeit nach dem Erhitzen ändern. Sie erlangen nämlich die Fähigkei
Immunkörper zu erzeugen, welche auf die durch das Erhitzen herbe
geführte Zustandsphase der Antigene abgestimmt sind.“ Obermayer un
Pick haben mit Hilfe der Präzipitinreaktion nachgewiesen, daß, falls a
Antigen ein erhitztes, vor Koagulation durch Verdünnen mit Wasser gi
schütztes Serum verwendet wird, ein Immunserum gewonnen wird, da
nunmehr im Gegensatz zu einem mit nativem Eiweiß erhaltenen auch mi
erhitztem Serumeiweiß die Präzipitationsreaktion gibt.
Entsprechend diesen Feststellungen wurden zwei Versuchsreihei
durchgeführt. Erstens wurde das Protein X, das sich als präzipitsble
Substanz wie genuines Albumin verhält, auf seine antigenen Fähig-
keiten geprüft, um festzustellen, ob demselben noch in dieser Beziehung
die Eigenschaften eines hitzeveränderten Proteins zukommen.
Nach den Angaben von P. Uhlenhuth und O. Weidanz zur Erzeugung
präzipitierender Sera wurden zwei Kaninchen dreimal 3 ccm einer 1proz
Lösung des Proteins X in sechstägigen Abständen injiziert. 6 Tage пасі
der letzten Injektion erfolgte die erste Blutentnahme.
Das auf diese Weise gewonnene Immunserum beider Tiere prä
zipitierte den als Antigen verwendeten Eiweißkörper noch in Ver
dünnungen 1:50000 des letzteren, erwies sich damit als brauchbar
Den gleichen Titer zeigte das Immunserum gegenüber genuinen
Albumin und Normalpferdeserum. Hingegen versagte es in seinel
Wirkung vollständig gegenüber Koktoserum, i.e. nach Obermayer und
Pick verdünntes und gekochtes Pferdeserum, und bezüglich genuinem
Albumin, welches in Gegenwart von Normosal (Sächs. Serumwerke)
mit geringem Sodazusatz, ohne zu koagulieren, erhitzt werden konnte
(vgl. Tabelle XVI). Somit ist aus den mitgeteilten Versuchsresultaten
zu entnehmen, daß auch bezüglich seiner antigenen Eigenschaften
das zu untersuchende lösliche Protein das charakteristische Ver-
halten hitzeveränderten Albumins vermissen läßt und auch‘ in dieser
Beziehung eine vollständige Übereinstimmung mit dem genuinen
Albumin aufweist.
Hitzeveränderung des Albumins. 149
Tabelle XVI.
0,lccm Immunpräzipitin auf Leem Eiweiß-NaCl-Lösung.
Genuines Genuines | Коко, _
усети l e Alb А |Genuines б
хбрт, Protein X DC. Normale Koktor e Normosal Zi, Albumin ; serum
| E үз cht 3| serum | tein X | tein X
| esta ARE EEE ERR
Bi We e | u
. 100 ++ | ++ +++! ө | в | + ++ | +
„1000 ++ ү эе ЕЕ Өз. 20 | 6 |++ | 0
0000 + + РЕНЕ. 8 Ө | ө + Ө
000 + 4 +; Ø Ө , 0 + Ө
0000 ә ө Ө Ө н | Ø Ө Ө
Gegenüber dem immerhin möglichen Einwand, die geschilderten
| zügenen Eigenschaften des Proteins X könnten auf Beimengungen
, mıgenuinem Albumin beruhen, welches der Hitzedenaturierung ent-
angen sei, möge hier auf das eingangs geschilderte Versuchsverfahren
| gewiesen werden, durch welches besonders das Entstehen größerer
‚Маша vermieden und damit die Gefahr von unveränderten Ein-
shlüssen herabgesetzt wurde, und das zu einer gemäß den Ergebnissen
s chemischen Nachweises vollständigen Koagulation des Proteins
Siet, hat. Jedenfalls waren die in der Hitzedenaturierung etwa
tgangenen Eiweißmengen so gering, daß die in relativ kurzer Zeit
at normalen Flüssigkeiten erzielte antigene Wirkung des Proteins X
taum darauf zu beziehen sein dürfte.
Die Übereinstimmung der vorliegenden Resultate mit denjenigen
ип Obermayer und Pick konnte noch weiter verfolgt werden. So
' aben diese Autoren gezeigt, daß das Koktoserum, welchem also die
Eigenschaft abgeht, mit präzipitierendem Serum eine Reaktion zu
Жеп, genuinem Serum beigemengt, auch dieses am Präzipitiertwerden
dch Normalpräzipitin verhindert. Dementsprechend wurden Ver-
whe mit Gemengen von Koktoserum + genuinem Albumin, Kokto-
“rum + Protein X und genuinem Albumin + Protein X angestellt.
In den in Tabelle XVI wiedergegebenen Versuchsresultaten konnte
llt werden, daß das Koktoserum das von Obermayer und Pick
: Rkennzeichnete Verhalten aufweist, das Protein X sich aber auch in
teser Beziehung nicht vom genuinen Albumin unterscheidet.
Zweitens wurde versucht, durch Vorbehandeln von Kaninchen
Mt hitzeverändertem Albumin (mit. gekochtem Serum) ein prä-
üpitierendes Serum zu gewinnen, das auf diese Modifikation des
Kiweißes spezifisch eingestellt ist, um das Verhalten desselben zu dem
Protein X festzustellen. Gemäß der bereits erwähnten Schwierigkeiten,
“werseits hitzeverändertes Albumin ohne sekundäre Veränderungen
ù löliche Form zu bringen, andererseits die erfolgte Bildung von
150 M. Spiegel-Adolf:
Alkali- oder Acidalbumin bei Lauge- oder Säurezusatz auszuschließe
wurde zur Vorbehandlung das bereits erwähnte Koktoserum verwende
Es kann dabei nicht ausgeschlossen werden, daß die in Gegenwart d
` Serumbestandteile erfolgende Hitzeveränderung des Albumins ve
der im elektrolyt- und globulinfreien Medium stattfindenden ve
schieden ist.
Zwei Kaninchen erhielten in Abständen von je 6 Tagen je 3 cc
Koktoserum. 6 Tage nach der letzten Injektion ergibt die Bluten
nahme ein Serum, dessen Titer gegenüber dem Antigen 1: 100
beträgt (vgl. Tabelle XVII). Da nach Obermayer und Pick diese pri
zipitierenden Sera nach längerer Behandlungsdauer stets auch m
genuinem Serum reagieren, so wurden keine weiteren Versuche zı
Erlangung eines höheren Titers angestellt. Bei Prüfung des Verhalter
des Koktoimmunserums gegenüber genuinem und Protein X zeigt sic
nun (vgl. Tabelle XVII), daß beide Proteine in gleicher Weise kein
Präzipitinreaktion mit demselben geben. Somit weist das Protein 1
auch in seinen Beziehungen zum Koktoimmunserum übereinstimmende
Verhalten mit dem genuinen und differentes vom Koktoserum auf.
Tabelle XVII.
0,1 ccm Koktoimmunserum auf Leem Eiweiß-NaCl-Mischung.
N: Sal? Protein X — Koktonerum | аа
1.100 ххх | Ө
1.1000 Н j x x Ө
1.10000 Ө i x X | Ө
1.50000 | Ө Ө | Ө
Es scheint demnach nicht möglich, mit Hilfe der hier angewendeten
physikalisch-chemischen und immunbiolsgischen Methodik wesentliche
Unterschiede zwischen dem Protein X und seinem Ausgangsmaterial.
dem genuinen Serumalbumin, aufzudecken. Die Übereinstimmung
ist vielmehr eine so weitgehende, daß, so lange keine neuen dagegen
sprechenden Versuchsresultate vorliegen, an eine bestehende Gleichheit
der beiden Proteine gedacht werden muß. Eine solche Gleichsetzung
würde aber besagen, daß durch die vorgenommene Behandlung des
hitzekoagulierten Albumins der Prozeß der Hitzeveränderung auf
chemischem Wege reversibel gemacht worden ist, und zwar handelt
es sich, da die Rückbildung auf einem anderen Wege zum Ausgangs-
punkt zurückgeführt hat, nach Pauli!) um einen Fall von heterodromer
Reversibilität.
1) Wo. Pauli, Kolloidchemie der Eiweißkörper. Dresden, Steinkopff,
1920.
{
Hitzeveränderung des Albumins. 151
Die Hitzedenaturierung der Eiweißkörper gilt nach der allgemeinen
Ае für irreversibel. (vgl. Pauli), aber auch eine durch die Ein-
kung chemischer Agenzien bewirkte, allgemein ausführbare Rück-
"sandlung ist nicht bekannt.
So gibt Cohnheim an, daß koaguliertes Eiweiß nicht ohne weiter-
ende Spaltung und nicht ohne Änderung seiner ursprünglichen Eigen-
eisfien gelöst werden kann, sondern dauernd denaturiert bleibt. Die
wagen gegenteiligen Angaben, wie die von Corin und Ansiaur!), die
üerdies von Pauli?) widerlegt worden sind, und diejenigen von Michaelis
w Rona?) beziehen sich meist auf das Anfangsstadium der Koagulation.
х гереп die letzteren Autoren an, daß nur kurz gekochtes Albumin, in
0 gelöst, die Eigenschaft von genuinem Albumin besitze, d. h. bei iso-
еспасһег Reaktion koaguliere, daß aber ein Kochen von mehreren
Exen genüge, um das Albumin irreversibel zu verändern. Hingegen
=) nochmals darauf verwiesen werden, daß das hier verwendete Albumin
Minuten hindurch bei Siedehitze gehalten worden ist. Ebenso enthält
че diesbezügliche Angabe von Hoppe-Seyler nebst einer Einschränkung
Er Denaturierungstemperatur eine solche über die Dauer ihrer
Im Gegensatz zu den oben vorgebrachten chemischen Ansichten
їе die Möglichkeit einer allgemein durchführbaren Rückverwandlung
з hitzedenaturierten Albumins in sein Ausgangsmaterial ist es
Deressant, festzustellen, daß immunbiologische Erfahrungen bereits
e Deutung erfahren haben.
Schmidt begnügt sich mit der Feststellung, daß ‚der Tierorganismus
ibig ist, die durch Hitze, Alkalien, Enzyme veränderten, augenscheinlich
w zur völligen Inaktivierung denaturierten Eiweißstoffe derartig zu ver-
zeiten, daß der Charakter der nativen Eiweißkörper wieder zum Aus-
Tock kommt“, und möchte fast annehmen, daß im Tierkörper eine Art
Regeneration der dem nativen Eiweiß eigenen Gruppen stattfindet. So
kanten Wells und Lewis?) zeigen, daß durch Hitze koaguliertes und ge-
wschenes, also von anhaftenden, der Denaturierung entgangenen löslichen
Ensißteilen befreites Pferdeserum und ebensolches Eiereiweiß, in die
Buchhöhle von Meerschweinchen gebracht, sich in genügender Menge
n, um die Tiere auch gegen homologes, nicht koaguliertes Eiweiß zu
“sibilisieren. Die beiden Autoren schließen daraus, daß die Hitze-
Nagulation wahrscheinlich reversibel sei, und daß ein so gelöstes Eiweiß
жі von seinem charakteristischen immunbiologischen Antigencharakter
“roren habe.
In Zusammenhang mit den vorliegenden Befunden sei auf die
Xiglichkeit verwiesen, daß das nach länger dauernder Immunisierung
ut gekochtem Eiweiß auftretende Fällungsvermögen des Immun-
“nms gegenüber dem genuinen homologen Protein (Pick und Ober-
We), das als durch kumulative Wirkung von kleinen, der Hitze-
— —
Corin und Ansiauz, Bull. de l'Acad. гоу. de Belg. 21.
l.c.
152 M. Spiegel-Adolf:
denaturierung entgangenen Eiweißmengen bedingt gedeutet wur
vielleicht ebenfalls auf einer im Tierorganismus stattfinden«
teilweisen Rückverwandlung des denaturierten Proteins Беги!
könnte.
Versuchen wir nun, das hier über das Verhalten von denaturiert:
Albumin Festgestellte für eine Beurteilung der bei der Hitzedeı
turierung am Eiweißmolekül hervorgebrachten Veränderung hera
zuziehen, so ist es klar, daß die physikalisch-chemische Analyse wec
direkte noch eindeutige Beweise für die Existenz einer bestimmt
chemischen Veränderung geben kann. Auch soll das hier Vorgebrach
nur in Beziehung zu der in den einleitenden Worten dieser Arb
gegebenen Alternative, ob der Vorgang der Hitzedenaturierung a
Ringschluß oder Hydrolyse am Eiweißmolekül beruhe, herangezogı«
werden. Nachdem nun hier gezeigt worden ist, daß die durch Hit:
gesetzten Veränderungen durch kleine Laugen- oder Säuremenge
rückbildbar sind, scheint der Annahme eines bei Hitzeveränderun
erfolgenden Ringschlusses mehr Wahrscheinlichkeit zuzukomme:
Denn da die Wirkung dieser Zusätze, welche auch nach elektrodialyt
scher Beseitigung derselben bestehen bleibt, im Sinne einer Hydrolys
gedacht werden kann, so wäre es immerhin möglich, wenn ein be
stehender Ringschluß durch dieselbe wieder gelöst wird. Hingegeı
ist es nicht einzusehen, wie eine stattfindende Hydrolyse durch gewisse
‘ein Fortschreiten derselben begünstigende Zusätze zum ursprünglichen
Ausgangszustand zurückgeführt werden kann. Die vorliegenden Befunde
scheinen demnach für die Auffassung zu sprechen, daß die bei de
Hitzedenaturierung des Proteins auftretende Veränderung auf einen
Ringschluß der endständigen Gruppen beruhe. Ob nun die nach
gewiesene Empfindlichkeit des hitzegefällten Albumins gegenübe:
denaturierenden Einflüssen relativ größerer Alkalimengen — analog:
Versuche mit genuinem Albumin zeigen nach Elektrodialyse keine
Veränderung desselben — auf den besonderen, durch den hypothetischer
Ringschluß allein bedingten Eigenschaften des hitzedenaturierter
Albumins beruht oder durch andere, ebenfalls bei geringfügiger Hydro:
lyse rückgängig zu machenden Veränderungen bedingt sind, kann
hier nicht entschieden werden.
Nicht uninteressant erscheinen die vorstehenden Betrachtungen
über die wahrscheinliche Art der Veränderungen am Eiweißmolekül
durch Hitzeeinwirkung und die Rückverwandelbarkeit unter Laugen-
eventuell Säurezusatz für die Beurteilung des Albumins als präzipitable
Substanz.
Aus dem hier vorgebrachten Material ist jedenfalls hervorgegangen:
daß die spezifische Präzipitierbarkeit des Serumalbumins Veränderungen
durchmacht. Diese verlaufen zu den Modifikationen parallel, welche
Hitzeveränderung des Albumins. 153
s Protein unter dem Einfluß der Hitzeeinwirkung und der
wesse. die zum Verschwinden derselben führen, durchmacht. Obwohl
ыл nicht mit voller Sicherheit zu entscheiden vermag, ob die Ver-
»lermgen der spezifischen Präzipitierbarkeit und die Löslichkeit
н hitzegefällten Albumins durch dieselbe Modifikation am Eıweiß-
кей hervorgerufen werden, so lassen die vorliegenden Erfahrungen
whl die Auslegung zu, daß beim Erhitzen des Albumins die sonst mit
im Präzipitin unter Fällung reagierenden Gruppen nicht zerstört,
«Мет auch für das letztere unangreifbar gemacht worden sind!).
Diese die Inaktivierung der präzipitablen Substanz bedingende
winderung wäre demnach auf chemischem Wege rückgängig zu
when. Aus diesen Betrachtungen dürfte hervorgehen, daß die Ver-
te, die Stelle der einsetzenden Hitzeveränderung am Eiweißmolekül
zhbkalisieren, gleichzeitig imstande wären, uns über diejenigen Gruppen
»ælben aufzuklären, welche sich an der spezifischen Präzipitation
Schließlich sei hier noch auf die im Zusammenhang mit der Dar-
lung „künstlichen Globulins‘‘ aus Albumin interessierende Tatsache
gewiesen, daß bei der Denaturierung des hitzekoagulierten Albumins
ш Lauge oder Säure, bei Verwendung relativ geringer Mengen der
teren salzlösliche Produkte erhalten werden können, während das
“ erhöhtem Alkalizusatz erzielte salzunlösliche Produkt als Alkali-
kuminat aufgefaßt wird. Starke?) und Moll?) haben unter gewissen
'erhältnissen, nämlich bei kombinierter Alkali- und Wärmeeinwirkung,
ая Entstehen salzlöslicher Produkte beschrieben und dieselben als
tobuline angesprochen. Ohne nun auf die Frage der Globulinbildung
ser näher einzugehen zu wollen (welche an anderer Stelle ausführlich
rücksichtigt werden soll), sei nur das Phänomen selbst erwähnt. Die
wrhegenden Versuche haben die Mollschen Resultate am Ser-
ibumin insofern bestätigt, als dieser Autor zum Entstehen des von
Ìm beschriebenen Produkts sowohl Hitze- als Alkalieinwirkung für
zerderlich hält. Sie zeigen aber, daß die Hitze von der Alkaliwirkung
“tenmt werden kann und daß durch Reaktion des hitzegefällten
Podukts mit wechselnden Alkalimengen alle Stadien von einem wasser-
Sichen, von dem ursprünglich genuinen Ausgangsmaterial nicht
üterscheidbaren Protein über salzlösliches Material zu salzunlöslichen
Produkten führt. Da die in letzterem Falle verwendeten Laugen-
engen genuines Albumin bei Zimmertemperatur vollständig un-
') Inwiefern dieselben den labilen Gruppen Eisenbergs, Zentralbl. f.
akt. 81, 1902, entsprechen, kann hier weiter nicht entschieden werden.
') Joh. Starke, Zeitschr. f. Biol. 40, 494, 1900.
) Г. Mol, Hofmeisters Beitr. 7, 311, 1905.
154 i М. Spiegel Adolf:
verändert lassen, so ist es fraglich, ob das bei Behandlung von hi
verändertem Albumin entstandene salzunlösliche Produkt als Alk
albuminat im gewöhnlichen Sinne anzusprechen ist und ob п
außsrdem berechtigt ist, die salzlösliche Fraktion, wie es z.B. Л
getan hat, als selbständigen Eiweißkörper herauszugreifen. W
erscheint derselbe in dem vorliegenden besonderen Falle als Zwisch
stufe zwischen wasserlöslichem und unlöslichem Protein. Doch
statten die vorliegenden, im Rahmen der Globulinuntersuchungen
ergänzenden Befunde vor der Hand nur die Feststellung, daß au
den Globulinen unter quantitativ bestimmbaren Voraussetzung
auch Derivaten des hitzekoagulierten Seralbumins Salzlöslichk
zukommt.
ш. |
Zu ähnlichen Ergebnissen haben auch die Untersuchungen ғ
hitzegefällten Zialbumin geführt.
Es war naheliegend, die vorgebrachten Versuche an hitzegefällte
Seralbumin durch entsprechende am Eialbumin zu ergänzen. Unt
Beobachtung des gleichen Laugen-Eiweißverhältnisses wurde hitz
gefälltes Eialbumin ohne vorheriges Trocknen desselben unter zweim
zehnstündigem Schütteln teilweise gelöst. Der Trockerigehalt dies
Lösung betrug 1,7 Proz., dieselbe war wohl im Gegensatz zum en
sprechenden Seralbuminpräparat trübe und nur in dünnen Schichte
durchscheinend, aber vollkommen stabil. Elektrodialysiert fiel da
Eiweiß jedoch quantitativ aus, desgleichen bei Neutralisation. Da
Entstehen einer wasserlöslichen Modifikation des hitzegefällten E
albumins bei der Behandlung mit Lauge konnte somit im Gagensal
zum Seralbumin unter den gleichen Versuchsbedingungen пісі
beobachtet werden. Hingegen zeigte das hitzegefällte Eialbumin i
alkalischer Lösung nach Neutralisation desselben in Gegenwart vo
Salzüberschuß das typische Verhalten von Globulinlösungen unte
gleichen Verhältnissen. So werden die Salzlösungen von hitzevei
ändertem Eialbumin durch Verdünnung mit Wasser ebenso gefäl
wie die entsprechenden Globulinlösungen, desgleichen durch Einleite
von CO,, durch Zusätze von НО, die zur Wiederlösung nicht ausreichen
Drittelsättigung mit (NH,),SO, ruft weitgehende, Halbsättigung vol
ständige Fällung hervor.
Die Übereinstimmung im Verhalten des Globulins und des hitze
gefällten Eialbumins erstreckt sich auch auf die Veränderung de
potentiometrisch gemessenen H-Ionenkonzentration in Salzlösung®!
bei steigender Verdünnung. Während bereits in dieser Arbeit gezeig
werden konnte, daß Seralbumin unter entsprechenden Versuchs
bedingungen eine Verminderung der H-Ionen aufweist, nimmt Y
п/10 KCl-Lösungen des hitzeveränderten Eialbumins die Aciditäl
Hitzeveränderung des Albumins. 155
мо zu, wie in den bezüglich ihres Salzgehalts vergleichbaren Globulin-
шеп. In Tabelle XVIII sind zur leichteren Vergleichbarkeit zwei
ke Verdünnungsreihen nebeneinander gestellt, außerdem werden
№ Versuche gebracht, in welchen die Eiweißkonzentration konstant
ten wurde. Schließlich geht aus der letzten Versuchsreihe, der
ähnliche in Globulin VII!) entspricht, hervor, daß die beobachtete
heinung nicht allein durch die relativ hohe Salzkonzentration
ngt ist, sondern von der exakten Neutralisation des Na-Proteins
ener Neutralsalzverbindung abhängig ist.
Tabelle XVIII.
0,2n KCleh- | 0,0008n Na-h--Ei-
Eislbumin 20 mal mit albumin + KCI, Salz»
0,2 KCI verdünnt | endkonz. 0,102n
|
® мет m
оле КС), | 0,1 n KCl-Globulin
1 | Сн=7,28.10-6 | Съ=7,79.10-6 Сн=9,65.10-?
1:3 1Оң?-8,88.10—%| Оң 5)-9,39.10-‹
1: | | C p=4,92.10-7
719 Ca”)=1,17.10-5|
') Beginnende Fällung — *) In der überstehenden klaren Flüssigkeit. — **°*) h = hitze»
‚Cy=5,3.10-% | 04=5,76.10-° | Cp=2,13.10-6 Ca=1,18.10-8
Schließlich konnte noch gezeigt werden, daß hitzeverändertes
шип in KCl-Lösungen ein ganz ähnliches Verhalten bei Über-
inngsversuchen im elektrischen Strome aufweist wie Globulin
“rt vergleichbaren. Verhältnissen. Wie dieses wandert das hitze-
randerte Eialbumin kathodisch (vgl. Tabelle XIX). Aus dem hier
brachten würde danach hervorgehen, daß die Übereinstimmung
№ Verhalten von Globulin und hitzegefälltem Albumin sich recht
"hend auf das physikalisch-chemische Verhalten derselben bei
wesenheit von Neutralsalz erstreckt. Auf die Bedeutung dieser und
micher Erscheinungen ist bereits an anderer Stelle dieser Arbeit
aegangen worden, auf welche hier verwiesen wird.
Tabelle XIX.
Eiweißtrockengehalt in allen Versuchen 0,85 Proz.
цад S Versuchsanordnung | Wanderungesin | Anmerkung
DEn. КС. . Überschichtet mit dën КС, K+A— I a Я
Un кс. | 1 , | | durch
T d Wie oben 38 K + A— Sulfosalic 1-
КС. Uberschichtet mit 01а кс, deeg | осу
50—30' |
)M. Spiegel-Adolj, Kolioidchem. Beih. 21, 241, 1926.
156 M. Spiegel-Adolf:
Starke hat, wie oben bereits erwähnt worden ist, gezeigt, daß Erhi
von Hühnereiweiß unter Beobachtung gewisser Bedingungen, als da s
sehr geringe Salzkonzentration, leicht alkalische Reaktion und Erwarır
auf 56° zum Entstehen eines globulinähnlichen Produktes führt. Von die
hebt nun Starke besonders hervor, daß es noch kein koaguliertes Eiweif
(nach der Löslichkeit), wohl aber durch Erhitzung auf 95° mit Neu
salzen seine Löslichkeit in Säuren oder Alkalien verliert. Es konnte
gezeigt werden, daß die gleiche Erscheinung zu beobachten ist, wenn
Eialbumin mit geringen Mengen von (NH,).SO, erhitzt wird. Dann =
ein Produkt gebildet, das in n/100 NaOH unlöslich ist.
Aus dem hier Vorgebrachten geht einerseits die Ähnlichkeit
Verhaltens der Lösungen des hitzegefällten Albumins mit den Sta:
schen Körpern hervor, andererseits scheint Neutralsalzgegenwart ni
nur für das Zusammentreten von denaturierten Eiweißteilchen, sond
auch für die Beschaffenheit des bei der Hitzeeinwirkung entstehen«
Koagulats von Bedeutung zu sein, was in guter Übereinstimmung
den diesbezüglichen Untersuchungsergebnissen am Globulin steht.
IV.
Im folgenden seien einige Versuche wiedergegeben, die zu de
Zwecke angestellt worden waren, um die Frage der Hitzeveränderu
von Serum- und Ovalbumin in Laugen- oder Säuregegenwart mit u
ohne Salzzusatz zu untersuchen. Schon in der Mitteilung über d
Hitzeveränderung des Globulins war auf die Diskrepanz zwischen dt
diesbezüglichen Resultaten am Globulin und den in der Literat
niedergelegten Erfahrungen am Säure- und Laugenalbumin hingewies«
worden. Während neutrale Lösungen von Säure- oder Laugenglobul
nach dem Erhitzen und Neutralisieren keine physikalisch-chemis
faßbaren Veränderungen aufwiesen, faßt Cohnheim die Ergebnisse ve
Starke, Pauls und besonders Erb!) dahin zusammen, daß ‚„Denaturierw
der Eiweißkörper durch Erhitzen bei jeder Reaktion mit und ohı
Salze eintritt, daß aber die Schicksale des entstandenen denaturiert«
Eiweißes verschieden seien“. Nachdem nun die Frage nach der Hitz
veränderung der Proteinsalze, wie aus der erwähnten früheren Mitteilur
hervorgegangen ist, von Bedeutung für die Auffassung der Hitz
veränderung am Eiweißmolekül geworden ist, mußten entsprechenc
Versuche auch am Albumin ausgeführt werden.
Da bekanntlich die Reaktionsprodukte zwischen Albumin un
Säuren und Alkalien unter vergleichbaren Verhältnissen verschiede
sind, soll im folgenden das Verhalten von Albumin beim Erhitzen bt
saurer und alkalischer Reaktion zunächst getrennt behandelt werder
Es erfolgt zunächst die Besprechung der Experimente am Dei
albumin.
1) Erb, Zeitechr. f. Biol. 41, 309, 1901.
Hitzeveränderung des Albumins. 157
In allen Versuchen wurde das Albumin mit dem betreffenden Elektro-
паш dem Drahtnetz 10 Minuten hindurch zum Kochen erhitzt, als
later für eine etwa stattgehabte Veränderung des Proteins wird die
serlöslichkeit desselben nach elektrodialytischer Entfernung des ur-
jäxiichen Elektrolytzusatzes verwendet. Nachdem in Kontrollversuchen
st werden konnte, daß genuines Albumin bei der gleichen Behandlung
rrändert bleibt, erscheint diese Methode der von Michaelis verwendeten
fralisation und Herbeiführung isoelektrischer Reaktion überlegen.
ı dieser Autor weist selbst auf die Möglichkeit einer Beeinflussung
nach seinem Verfahren erzielten Resultate durch die Gegenwart von
mlsalzen hin. Und der oben erbrachte Nachweis von der Existenz
isicher Eiweißkörper bei der Behandlung von hitzekoaguliertem
Bin mit Lauge scheint diesen Verdacht zu bekräftigen.
Bei konstantem Albumingehalt wurde zunächst jene Salzsäure-
ме bestimmt, welche imstande ist, sichtbare Veränderungen des
Brißes beim Kochen zu verhindern. Für die eigentlichen Versuche
win jedoch außer diesen Minimalquantitäten Säuremengen ver-
ме, die nach früheren Erfahrungen am Laboratorium noch gerade
Pa der anwesenden Eiweißmenge gebunden werden. Es geschah dies,
ù enen etwaigen Eiweißüberschuß zu vermeiden und Verhältnisse
stellen, die mit denjenigen der Globulinsalze vergleichbar scheinen.
în aber auch den möglichen Einfluß von im Säureüberschuß ge-
dener Säure und freier H-Ionen festzustellen, wurde die Säure-
kezentration variiert. Nebst HCl wurden, um für Säuren allgemein
Sp Resultate zu gewinnen [vgl. Globulin 111)], auch H,SO, und
(HCOOH herangezogen. ` Die so gewonnenen Resultate sind in
Melle XX zusammengestellt. Aus denselben ist zu entnehmen, daß
à keinem der untersuchten Fälle das in Säuregegenwart gekochte
шїп vollständig in eine wasserunlösliche Modifikation übergeführt
"rd. Mit zunehmender Säurekonzentration nimmt die Menge der-
then ab, um bei weiterem Säurezusatz wieder zuzunehmen. Im
“perimentell bestimmten Minimum des wasserunlöslichen Proteins
ùd mehr als 90 Proz. des Ausgangsmaterials wasserlöslich und hitze-
kagulabel2). Versuche mit H,SO, und CH,COOH zeigen ein ähn-
Ke Verhalten. Bei Neutralisation der erhitzten sauren Lösung nach
"ltändiger Abkühlung tritt erst nach einigen Stunden eine wahr-
&tmbare Trübung auf, welche jedoch in der höchsten verwendeten
Nurkonzentration ausbleibt. Vielleicht genügt die bei der Neu-
Rlistion gebildete Salzmenge, um das wasserunlösliche Produkt
2 Lösung zu erhalten; dies ist um so leichter annehmbar, da die ver-
') M. Adolf, Kolloidehem. Beih. 18, 223, 1923.
') In der nach Abschluß dieser Untersuchung mir bekannt gewordenen
Че, von Wu, Hsien und D. Y. Wu findet sich die Angabe, daß 0,5proz.
"eserum, mit 0,05n НСІ erhitzt, der Denaturierung entgehe, indem
"wieder hitzekoagulabel gemacht werden kann.
158 M. Spiegel-Adolf:
wendete Eiweißkonzentration eine niedrige ist. Diese bereits
Michaelis und Rona gemachte Annahme wird noch durch die Tats:
unterstützt, daß Neutralsalzzusätze die Fällung in den niederen Sä
konzentrationen bei Neutralisation zu verhindern vermag. D
Ergebnisse zeigen einerseits eine gewisse Übereinstimmung mit
Befunden von Michaelis und Rona, wonach Albumin, in Gegenv
stärkerer Säuremengen erhitzt, kein Neutralisationspräzipitat g
Andererseits sind sie vereinbar mit den Erfahrungen über die F
stellung von Acidalbumin!). In einer früheren Mitteilung wurde
gegeben, daß bei Verwendung einer Salzsäure von 0,04 п Endkonz
tration und einem Eiweißgehalt von über 1 Proz. nach Erhitz
Neutralisieren und Abfiltrieren des Niederschlags, bei neuerlich
entsprechenden HCl-Zusatz der Prozeß zwei- bis dreimal wiederl
werden konnte, bis das gesamte lösliche Eiweiß in Acidalbumin v
wandelt war.
Tabelle XX.
Ursprüngliche Albuminkonzentration überall 0,53 Proz.
| 0013n | 00026а | 0005n | 00а | ора
| e | | e SI e a — е
EECH 85133 35133
22 | SE =2 nE|232 51223
(б< РЁ бш ЁЁ бе |ЁЁ б
Е се а ав — Ba a o< 3 Ek
E 28 ||0,44| 83 |0,49 2 ов 0,4 15
H,SO, о |
CH,COOH 04175"
Dennoch dürfte im Hinblick auf die oben registrierten Erfahrung
dib hier angegebene Fällung des Acidalbumins mittels Elektrodialy
dem üblichen Neutralisationsverfahren vorzuziehen sein. Gleichzei
bietet diese Übereinstimmung zwischen den vorliegenden, an reinste
Albumin gewonnenen Resultaten mit den früheren, zu welchen we
gehend dialysiertes, durch Jahre abgelagertes Rinderserum verwend
worden ist, eine gewisse Gewähr dafür, daß die Erscheinung der Aci
albuminbildung nicht etwa ausschließlich durch Globulinreste in d
Lösung vorgetäuscht wird.
Versuchen wir nun, die vorliegenden Resultate mit den еп
sprechenden am Globulin zu vergleichen, so zeigt sich, daß dieselb
eine gewisse Übereinstimmung aufweisen. Bei einem Verhältnis zwisch‘
Albumin und HCl, welches nach den Ergebnissen von Manabe ш
Matula?) der Zusammensetzung eines neutralen Salzes insofern en
1) М. Adolf und E. Spiegel, diese Zeitschr. 104, 175, 1920.
3) K. Manabe und J. Matula, ebendaselbet 52, 369, 1913.
Hitzeveränderung des Albumins. 159
richt, als praktisch die gesamte HCl gebunden erscheint, bei welchem
k kein Eiweißüberschuß anzunehmen ist, da weiterer HCl-Zusatz
(елет Anstieg der H-Ionen führt, weisen 90 Proz. des Eiweißes
am Gekochtwerden keine nachweisbaren Veränderungen auf. Die
ageringeren und höheren Säurekonzentrationen beobachtete Zunahme
s bei der Denaturierung auftretenden wasserunlöslichen Produkts
sit in keinem Gegensatz zu den am Globulin gemachten Befunden,
e mter anderen, zum Teil durch die Verwendung wasserunlöslichen
kens gegebenen Bedingungen ausgeführt worden sind. So kann
k Entstehen größerer Mengen unlöslichen Proteins bei Verwendung
Binger Saurekonzentrationen dadurch erklärt werden, daß noch nicht
&endständigen NH,-Gruppen mit Säure verbunden und daher der
kreenwirkung zugänglich sind, während das wasserunlösliche Globulin
к а: Säuresalz der Hitzeeinwirkung unterworfen werden konnte.
k Zunahme des wasserunlöslichen Anteils bei Verwendung höherer
irekonzentrationen, welche beim Globulin nicht herangezogen
men sind, müßte als Folge der Einwirkung hoher Temperatur bei
wreüberschuß auf das Albuminsalz gedeutet werden.
Es dürfte nach dem Gesagten nichts im Wege stehen, die dem
aalten des neutralen Globulinchlorids beim Erhitzen gegebene
'їшр auch auf das Albumin unter vergleichbaren Umständen zu
ertragen und anzunehmen, daß auch beim Albumin das Auftreten
gner endständiger Gruppen durch Säurebindung nicht nur das
khtbarwerden, sondern den Eintritt von Veränderungen überhaupt
п Erhitztwerden verhindert.
Erhitzen wir nun Albumin in Na OH-Gegenwart bei mit der obigen
mau vergleichbarer Versuchsanordnung, so zeigt sich insofern eine
ätgehende Übereinstimmung mit den Säurealbuminversuchen, als
xh bei einem bestimmten Verhältnis zwischen Lauge und Albumin
u letztere beim Erhitzen wenigstens teilweise der Denaturierung
ght. Während jedoch beim Säurealbumin das Konzentrations-
rich der Säure, innerhalb welcher noch wasserlösliches Albumin
ah dem Erhitzen erhalten wird, relativ breit ist, es erstreckt sich
“etwa 0,001 n bis über 0,04 n hinaus, ist die entsprechende Zone beim
atgenalbumin beträchtlich enger. Bei gleicher Eiweißkonzentration
атар 0,001 п NaOH die Hitzeveränderung des Albumins beim
“den nicht gänzlich aufzuhalten, und schon bei 0,003 n Endkonzen-
Mim ist der größte Teil des Albumins wasserunlöslich geworden.
М einer Laugenkonzentration, die von der anwesenden Eiweißmenge
“ständig gebunden wird, erfährt das gesamte Albumin beim Erhitzt-
erden derartige Veränderungen, daß dasselbe bei der nachfolgenden
rodialyse vollständig ausfällt. Steigende Laugenmengen ändern
vhts an diesem Verhalten (vgl. Tabelle ХХІ).
160 M. Spiegel-Adolf:
Tabelle XXI.
0,53proz. Albuminendkonzentration.
Na OH»Endkonzentration A ө | 0,001 n al 0,002n | 0,003n — 0,02n |0,
= — —— — —— р =
Verhalten beim Sieden ' d xx! + de Ө | ВЕР (
Gekocht und elektro- ` | |
dialysiertt . ..... | 0,36 Proz. |>0,01Proz.; vollst. Fāllu
| REN ба. wasseriäal. |
Die Schmalheit des die Albumindenaturierung teilweise ve
hindernden Laugenkonzentrationsbereichs erklärt z.B. die Angal
von Michaelis und Rona, daß nur Säure-, nicht aber Laugenzusa
bei nachträglicher Neutralisation unter gewissen Verhältnissen :
einem wasserlöslichen Produkt führen kann. Bezüglich des Umstand
daß Wasserunlöslichwerden des Albumins schon bei Laugenkonze
trationen auftritt, die noch praktisch vom Albumin vollständig g
bunden werden, sei darauf hingewiesen, daß Pauli!) zum Teil na
Versuchen über Methylierung von Eiweißkörpern außer den freie
Carboxylgruppen, besonders die Peptidbindung als Stellen der Lauge!
fixierung annimmt. Die obigen Versuchsergebnisse würden dann d
Deutung erfahren, daß auch beim Laugenglobulin die ionogene Bindun
der endständigen Gruppen die Hitzeveränderung verhindern kann, da
aber Zusatz weiterer Laugenmengen, trotzdem dieselben vom Albumi
weitgehend gebunden werden, beim Erhitzen ein Unlöslichwerde
desselben bewirken. Es wurde versucht, diese Überlegungen dure
weitere Versuchsergebnisse zu stützen.
Den zu diesem Zwecke ausgeführten Experimenten lagen folgend
Überlegungen zugrunde: Bedeutet das Unlöslichwerden des in Laugen
gegenwart erhitzten Albumins, daß ionogene Bindung der endständige
Carboxylgruppen nicht imstande sei, die Hitzeveränderung des Albumin
zu verhindern, so müßte das so entstandene Produkt identisch sei
mit demjenigen, welches unter quantitativ genau vergleichbaren Ve!
hältnissen bei der Behandlung von hitzekoaguliertem Albumin mi
NaOH entsteht. Der entsprechende Versuch — Erhitzen zum Siede
von Albumin mit Laugenzusatz, Abkühlen, Neutralisieren mit HC
Abfiltrieren des Niederschlags, Waschen und Auflösen desselben i
NaOH — zeigte nun, daß das so entstandene Produkt bei nachfolgende
Elektrodialyse quantitativ ausfiel, während die Lösung eine ent
sprechende Menge von hitzekoaguliertem Albumin іп Lauge zu 72 Pror
wasserlösliches Protein enthielt. Es muß somit angenommen werden, da!
selbst in Abwesenheit freier Hydroxylionen es beim Erhitzen *0
1) lL. с.
Hitzeveränderung des Albumins. 161
шип mit Lauge zu einer von einfacher Hitzedenaturierung ver-
едете Veränderung des ersteren, etwa im Sinne einer Alkali-
iminatbildung kommt. Bis zu einem gewissen Grade bleiben jedoch
Versuche am Laugenalbumin mit den entsprechenden am Säure-
hum und mit den Globulinversuchen vergleichbar. Sie dürften
kt auch nicht geeignet sein, einen Einwand gegen den hier als möglich
ssenommenen Mechanismus der Hitzeveränderung am Eiweiß zu
den.
Hingegen zeigten entsprechende Versuche am Eialbumin, deren
Rebnisse in Tabelle XXII zusammengestellt worden sind, daß dieser
Харет ein vom Seralbumin verschiedenes Verhalten aufweist.
Кып in jenen Säuren- und Laugenkonzentrationen, bei welchen,
sprechend früheren Erfahrungen in den betreffenden Eialbumin-
wsungen die Menge der freien H- bzw. OH-Ionen noch gering ist,
seist sich das gesamte Albumin nach Erhitzen und Elektrodialyse
= wasserunlöslich.
Tabelle XXII.
1,2proz. Eialbuminendkonzentration.
MO-Eudkonzentration.. . . . . . .. 0,0025 п 0,005 n 0,01 n
Verhalten beim Sieden. . . . . . . х х Ө Ө
бекоеһё und elektrodialysiert . . . vollständige Fällung
MOH-Endkonzentration. . . . . . ‚ 0,003 п 0.004 п 0,005 п
‘erhalten beim Sieden. . . . . . . хх Ө Ө
kacht und elektrodialysiert . . . vollständige Fällung
Zum Vergleich wurden die entsprechenden Untersuchungen auch
am Eialbumin mit den gleichen Säuren- und Laugenzusätzen aus-
gführt. Nachdem bei dieser Versuchsanordnung das Eialbumin wasser-
ch blieb, erscheint es nicht berechtigt, die obigen Versuchsergebnisse
etwa als Wirkung der Elektrodialyse aufzufassen.
Die bereits bei der Hitzefällung im elektrolytfreien Medium in
der Verschiedenheit des Koagulats zutage getretenen Differenzen im
Verhalten des Ser- und Ovalbumins kommen ebenfalls bei dem
Vorgang der Hitzeveränderung in Säure- und Laugengegenwart zur
Beobachtung.
Dabei muß aber festgestellt werden, daß das in Gegenwart von
Sure und Lauge erhitzte Eialbumin sich durch seine mangelnde Salz-
\elichkeit bei Neutralisation von dem im elektrolytfreien Medium
ktzegefälten Albumin merklich unterscheidet (Tabelle XXIII
wi XXIV).
Bochemische Zeitschrift Band 170. 11
162 M. Spiegel-Adolf:
Tabelle XXIII.
l proz. Eialbumin-Endkonzentration, mit Säure gekocht und neutralisi
HCl-Endnormalität 00а | ` бо2п 0,03n
! Pe
| | |
KClsEndkonzentr. 0 0,1п 0 0,1п
ххх | ххх | ххх ххх | xxx x.
Tabelle XXIV.
lproz. Eialbumin-Endkonzentration, mit Lauge gekocht und neutralen
Na OH-Endnormal. боп С 00 o ооа 7
K Cl»Endkonzentr. 0 | oin _. 0 0,16n ! 0 0,33n
| XXX I XXX | ххх | ххх | ххх | xx:
Ergänzend zu den bereits an mehreren Stellen erwähnten V
suchen über die Salzlöslichkeit verschiedener Produkte der Hit:
fällung an Proteinen wurde auch das entsprechende Verhalten v
Pferdeserumalbumin nach dem Kochen mit steigenden Säure- ш
Laugenkonzentrationen untersucht.
Tabelle XXV.
0,2proz. Serumalbumin-Endkonzentration, mit Säure gekocht und
neutralisiert.
HCl-Endnormalität ' 0,01һ i 0,02 | 0,05n
KCl-Endkonzentr. ` Ө | 0,1п ' g | (in | Ө 0.10
и Б к зон: | шык Иш ко; 2
| Ө | Ө | ++ | Ө ' ххх ı H
Aus Tabelle XXV geht hervor, daß in den niedrigsten Meng
der HCI-Konzentration bei Neutralisation die Lösung äußerlich u
verändert bleibt. Im Zusammenhang mit den obigen Untersuchung!
und der geringen, durch Säurekonzentration entstandenen Salzmen|
wird diese Erscheinung darauf zurückgeführt, daß bei den gewählte
Versuchsbedingungen der größere Teil des Albumins der Denaturieruw
entgangen ist. Веі steigendem Säuregehalt hingegen verhindert л!
Zusatz von Neutralsalz das Ausfällen des bei der Elektrodialyse si‘
als wasserunlöslich erweisenden Acidalbumins, das sich somit а
neutralsalzlöslich herausstellt.
Tabelle XXVI.
0,2proz. Serumalbumin-Endkonzentration, mit Lauge gekocht und
neutralisiert.
Na OH ‚Endnormalität. |
— ома | 00.
KCl-Endkonzentration | ©. | orn > [m
х+++ ххх ++ ххх! +l хх | ++ IR
Hitzeveränderung des Albumins. 163
Ein gänzlich verschiedenes Verhalten charakterisiert dagegen das
ssgenalbumin. Aus den in Tabelle XXVI zusammengestellten Ver-
хеп wird ersichtlich, daß bei Verwendung steigender Mengen Lauge
чет Entwicklung von H,S beim Kochen Alkalialbuminate entstehen,
ı deren In-Lösunghalten schließlich die bei der Neutralisation der
auge entstehenden Salzkonzentrationen genügen. Erhitzt koagulieren
ке Lö n erst wieder bei Salzzusatz und fallen erst bei Elektro-
aye quantitativ aus. Erfolgt jedoch die Neutralisation in Gegenwart
а 0,1 n Eindkonzentration KCl, so wird das Alkalialbuminat im
zensatz zu den übrigen salzlöslichen Proteinen gefällt. Diese Fällung
аш reinem Wasser nicht wieder löslich.
Die betreffenden Untersuchungen sollen seinerzeit fortgesetzt
у.
Da somit die Feststellung der fehlenden Veränderung des in seinen
mähernd neutralen Verbindungen mit Säure oder Laugen erhitzten
ernmalbumins trotz komplizierender Reaktionen erkennbar erscheint,
i mußte auch der Einfluß untersucht werden, den Neutralsalzzusatz
tzeblich auf das Manifestwerden von stattgehabten Denaturierungen
ми. Zum Vergleich wurden die entsprechenden Versuche auch
m Eialbumin ausgeführt.
Bezüglich des Albumins gilt die Anschauung, daß beim Erhitzen
selben mit Säure oder Alkali es in jedem Falle zu einer Veränderung
es Proteins kommt, ein Ausfallen desselben durch die Säure- oder
augengegenwart gehemmt wird, diese Hemmung durch die Anwesen-
et von Neutralsalzen mehr oder weniger aufgehoben wird. Einer
üglichen Verallgemeinerung dieser Ansichten auf den Mechanismus
er Hitzeveränderungen bei den übrigen Eiweißkörpern wurde auf
md der Versuche am Globulin entgegengetreten. Nachdem mit
knselben der Nachweis erbracht worden war, daß Globulin, in seinen
augen- und Säureverbindungen erhitzt, keine physikalisch-chemisch
achweisbaren Veränderungen erfährt, konnte gezeigt werden, daß
%lszusatz nur dann wirksam im Sinne einer Niederschlagsbildung
sim Kochen ist, wenn derselbe vor dem Erhitzen der Lösung erfolgt.
Diese Erscheinung wurde dahin gedeutet, daß im Gegensatz zu den
mischen Globulinsalzen in wässeriger Lösung Neutralsalzgegenwart
п dem Zustand des Globulinsalzes solche Veränderungen hervorrufe,
lab Hitzelabilität entsteht, jedoch keine Anhaltspunkte biete, um beim
Gobulin eine Unterteilung der Hitzeveränderung in Denaturierung
md Koagulation vorzunehmen.
Entsprechend den komplizierten Verhältnissen, welche Säure- und
laugenalbumin beim Erhitzen bieten, indem dieselben wasserlösliches
11*
164 M. Spiegel-Adolf:
Albumin nebst Acid- oder Alkalialbumin, je nach den verwendet
Konzentrationen in wechselnden Verhältnissen nebeneinander er
halten, dürfte auch die Wirkung der Neutralsalze eine mehrfache sei
Es handelt sich erstens, festzustellen, ob das wasserlösliche Album
nicht doch gegenüber Neutralsalz Reaktionen aufweist, die von de
jenigen des genuinen verschieden sind, und zweitens zu ermitteln, ı
das Acid- und Alkalialbumin, welches durch Säure oder Alkali in Lösu
gehalten wird, durch Salzzusatz allein oder erst bei neuerlichem Ё
hitzen in dessen Gegenwart gefällt wird. Um nun möglichst übersicl
liche Verhältnisse zu gewinnen, wurden sowohl beim Säure- als au
beim Alkalialbumin Konzentrationen gewählt, bei welchen entwed
die wasserlösliche Albuminmenge oder die unlösliche Modifikati
maximal war. Da entsprechende Salzbindungsversuche nur für K
zur Verfügung standen!) und eigene Untersuchungen auf diesem Gebie
außerhalb des Rahmens dieser Arbeit fielen, so wurde im Gegensa
zu den Globulinuntersuchungen nur dieses Salz herangezogen. D
so erhaltenen Versuchsresultate sind in Tabelle XXVII und XXVI
enthalten.
Aus denselben geht zunächst hervor, daß in keinem Falle ei
Fällung eintritt, falls der Salzzusatz nach erfolgtem Erhitzen un
Abkühlen erfolgt. Diese Ergebnisse sind einerseits in voller Übe!
einstimmung mit der in diesen Untersuchungen gemachten Annahn
daß das nach dem Erhitzen wasserlöslich gebliebene Albumin mit de
genuinen identisch sei, da auch dieses bei den verwendeten Salzkonze:
trationen keine Veränderungen aufweist. Andererseits zeigen die
Versuche, daß Acid- und Alkaliseralbumin sich Neutralsalz gege
über ähnlich wie Globulin verhalten. Erfolgt jedoch der KCL Zusa
vor dem Erhitzen der Lösung, so tritt Fällung derselben unter b
stimmten Versuchsbedingungen ein, die entsprechend den Paulischen
Befunden an Säurealbumin bei konstantem Eiweißgehalt von de
Salz: Säure- bzw. Salz: Laugenverhältnis abhängig sind. Dana
lassen sich die vorliegenden Versuchsergebnisse dahin zusammenfasse
daß der bei Salzzusatz beim Erhitzen erfolgende Fällungsmechanism!
nicht auf dem Manifestwerden einer stattgehabten Denaturieru
beruht, nachdem das Albumin überhaupt nicht verändert worden і
oder das veränderte Produkt nicht durch Salzzusatz gefällt wird. D
fällende Wirkung von Salzgegenwart kann auch nicht allein auf d
durch Salzgegenwart bedingten Änderung der H-Ionenaktivität b
ruhen, da dieselbe in gleicher Weise beeinflußt werden muß, ob nun d
Salzzusatz vor oder nach dem Erhitzen erfolgt. Aus den gleiche
1) К. Manabe und Joh. Matula, 1. с.
2) 1. с.
Hitzeveränderung des Albumins. 165
inden muß auch eine Er-
Häng der Erscheinung durch
de Entstehung einer unlös- E
ben doppelsalzartigen Ver. | |
iming zwischen dem Salze = — ЕЕ
ёв denaturierten Albumins =
wi dem Neutralsalz!) ab- al [x
| Eat werden. Die Versuchs- NES | А
` egwse scheinen vielmehr e =т= = ®
dan hinzudeuten, daß in
оле zum Globulin zum
Aischen der Hitzefällung
i Neutralsalzgegenwart in
Be: und Alkalialbumin-
die erst durch den
&keinfluß _hervorgerufene
bilität der Albumin-
abe notwendig ist. Nach
Р éen hier beschriebenen Be-
fanden ist es daher auch beim
баше- und Laugenalbumin
шені möglich, in dem bis
tzt verwendeten Sinne von
елет unter allen Umständen
a Saure- und Laugengegen-
wrt stattfindenden Denatu-
Berung des Albumins und
«nem Manifestwerden der-
ает bei Salzzusatz zu spre-
then. Vielmehr konnte gezeigt
wrden, daß bei geeigneter
Beef. und Säure- oder
laugenkonzentration Ver-
derungen beim Erhitzt-
жебеп entweder gänzlich
wsbleiben oder die entstehen-
è Denaturierungsprodukte
"a denjenigen der reinen
Riirekoagulation verschieden
ùd. Da Salzzusatz nur vor
èt Erwärmung hinzugefügt
—
— —
Ө
Ө
Ө
р
Ө
Ө
Ө
Ө
Tabelle XXVII. 0,53proz. Albumin-Endkonzentration in allen Versuchen
Tabelle XXVIII. 0,53proz. Albumin-Endkonzentration in allen Versuchen.
+
ө.
Ө
Ө
—
|
0,04 п
|
) a :- vor dem Erhitzen. — *) р >= nach dem Erhitzen.
n
К Cl»Konzentr. |
э
n
”
К Cl»Endkonzentration '
0,002n NaOH .
0,0024n HCI
0,003n
0,005n
0,01n
0,04n
1 Ро. Pauli, 1. с.
166 M. Spiegel-Adolf:
fällend wirkt, so kann dessen Wirksamkeit nur als die Reaktion e
dabei modifizierten Verbindung, nicht aber als Beweis einer st
gefundenen Denaturierung gelten. Aber selbst das anderweitig ns
weislich veränderte Albumin wird bei der beobachteten Versu«
anordnung durch Salzzusatz allein nicht gefällt, sondern koagul
erst bei nochmaligem Erhitzen. Dieses letztere Verhalten schi
sogar für das Denaturierungsprodukt des Seralbumins charakteristi
zu sein.
Tabelle XXIX.
l proz. Eialbumin-Endkonzentration in jedem Versuch.
KChEndkonsenmton.. | ` Ole | On —
ү у р НГЕН
0,003n NaOH ..
0,006n 5 F
0,01n М
Tabelle XXX.
l proz. Eialbumin-Endkonzentration in jedem Versuch.
KClEndkonzentration © з | 00258 | oe | in
Цц.
1
a
0,0025n НСІ. . mi | | |
Dën , .. | өө +++ ө GI +++: |
Däin „ | e | ø (+++ on ++++#
•) Jeder einfallende Salztropfen verursacht eine vorübergehende Trübung.
Vergleichen wir nun mit den obigen Befunden diejenigen a
Eialbumin (Tabelle XXIX und XXX), so zeigt sich zwar bei d
Versuchen mit Laugen eine befriedigende Übereinstimmung mit d
entsprechenden Experimenten am Seralbumin. Salzzusatz erzeu
Fällung, falls er vor dem Erhitzen der Flüssigkeit erfolgt. Die Grö!
seiner wirksamen Menge hängt von der vorhandenen Laugenkonze
tration ab. Doch selbst in geringen, gerade zur Verhütung einer sich
baren Veränderung beim Erhitzen hinreichenden NaOH-Konze!
trationen reichen К Cl-Endnormen bis 0,5, nach Erhitzen und Abkühle
der Flüssigkeit zugesetzt, nicht aus, um eine Trübung derselben hervo
zurufen. Hingegen geht aus den an salzsauren Lösungen von Ovalbum!
gemachten Versuchen hervor, daß bei diesem Eiweißsalz der Unte:
schied der Wirksamkeit der vor und nach dem Erhitzen erfolgende
Salzzusätze nur ein quantitativer ist. Während bei Verwendung relati
niedriger Salzmengen in vorher erhitzten Säurealbuminlösungen dt
einfallende Salztropfen eine sich in der übrigen Flüssigkeit rasch lösend
Hitzeveränderung des Albumins. 167
bung hervorruft, verursachen höhere Salzkonzentrationen bei
imtanz des Säuregehalts Fällung, gleichgültig, ob sie nun vor oder
wh dem Erhitzen zugesetzt werden.
Vergleichen wir nun die Ergebnisse, welche die Untersuchung der
kteeveranderungen am Globulin und am Seralbumin gezeitigt
Ven, во zeigt sich trotz gewisser Differenzen eine weitgehende Über-
stimmung und gegenseitige Ergänzung der Befunde; so konnte den
muchsergebnissen beim Globulin zwanglos die Deutung gegeben
men, daB nur eine ionogene Bindung der endständigen Gruppen
nicht etwa eine durch nur im Überschuß existenzfähige Salzbindung
mittelte elektrische Ladung die bei Hitzeeinwirkung entstehenden
irinderungen verhindert. Beim Albumin konnten zwar unter be-
zieren Versuchsverhältnissen ähnliche Befunde erhoben werden, im
шешеп waren dieselben durch sekundäre Reaktionen teilweise über-
кїї. In der Globulinmitteilung wurde schließlich darauf hingewiesen,
t dieerzielten Versuchsresultate am ehesten mit der Ansicht derjenigen
Woren vereinbar waren, die die der Hitzeveränderung zugrunde-
tzende Modifikation am Eiweißmolekül als einen Ringschluß der
itändigen Gruppen auffassen. Diese Annahmen erfuhren nun
ah die Ergebnisse am Seralbumin, wonach durch chemische
ше die Hitzeveränderungen rückgängig gemacht werden können,
пе erwünschte Unterstützung, da nur ein Ringschluß der endständigen
Auppen, nicht etwa eine hydrolytische Veränderung am Eiweiß-
xiekül diese Tatsache erklären kann. Der beim Globulin erbrachte
kchweis, daß kein Anlaß besteht, bei den durch Hitzeeinwirkung
errorgerufenen Veränderungen Denaturierungsvorgänge von nach-
‘gender Koagulation zu unterscheiden, gilt auch für das in Alkali
der Säuregegenwart erhitzte Seralbumin, das entweder einer Ver-
werıng entgeht oder ein von einem Hitzekoagulat verschiedenes
'odukt liefert. Dementsprechend kommt der fällenden Salzwirkung
a biden Fällen die gleiche Deutung zu, indem der Nachweis erbracht
rd, daß dieselbe nicht als Folgen einer sekundär bewirkten Koagulation
"mår veränderten Proteins anzusehen ist, sondern daß erst der
vhrusatz das Entstehen einer hitzeveränderlichen Verbindung
erbeiführt.
Bei dieser weitgehenden Übereinstimmung im Verhalten von
ші und Seralbumin bei Hitzeeinwirkung erschien es jedenfalls ver-
епі, zu untersuchen, wieweit die hier vorgebrachten Annahmen
uf das Verhalten anderer Eiweißkörper übertragbar sind. Wir haben
writs gesehen, daß das Eialbumin unter den gleichen Versuchs-
fast durchweg ein verschiedenes Verhalten aufweist.
Ih zeigte sich nun, daß Casein, trotz 15 Minuten langen Kochens in
*tilliertem Wasser suspendiert, von seiner Löslichkeit in NaOH
168 M. Spiegel-Adolf:
nichts einbüßt und daß eine Lösung von neutralem Caseinnatriui
caseinat nach gleich langem Erhitzen und nachfolgender Elektrodialy
ebenfalls bezüglich seiner Laugenlöslichkeit unverändert geblieben `
(vgl. Tabelle ХХХІ). Alkalisalzzusatz bis 0,5 п Endkonzentrati:
führt keine sichtbare Veränderung herbei, BaCl, fällt schon in d
Kälte (vgl. Tabelle XXXII). Caseinchlorid, hergestellt durch Übe
neutralisierung von Natriumcaseinat mit НС1!), also in Gegenwa
kleiner Neutralsalzmengen, ist beim Kochen stabil und wird dur
KClI-Zusatz von 0,1п und 0,01 n K,SO, schon іп der Kälte gefäl
Trotz der scheinbaren Übereinstimmung im Bindungsmechanism
von Säuren?) und Laugen?) zeigt dennoch Casein gegenüber Hitz
einwirkung ein von Globulin gänzlich verschiedenes Verhalten.
Tabelle XXXI.
һи оа |» a
Casein: іп 0,01п NaOH |in Weeer ve Suspension gekocht, a gekocht, e, d, in 00!
| gelöst in 0,01п NaOH gelöst NaOH gelöst
Trockengehalt | 1,95 Proz. 1,97 Proz. | 1,94 Proz.
Tabelle XXXII.
l proz. Casein-Endkonzentration in allen Versuchen.
0,005 п NaOH-Endkonzentration in allen Versuchen.
SEET, Ate | 0,02n | 0,03n | 0,05n | ола
— e EE EE ee
a Ө Ө Ө ө ө
es |р ө gon | ө
KNO, [5 | e
|
9 | x x |
ne Ip | ох x |
Ebenso läßt auch bekanntlich Gelatine bei Hitzeeinwirkung (unte
Vermeidung eines Abbaues) eineVeränderung im Sinne einer Löslichkeit*
verminderung vermissen, während sein Säure- und Laugenbindung:
vermögen) sich von demjenigen des Albumins nur quantitativ unter
scheidet. Es scheinen diese Tatsachen sogar in gewissem Widersprucl
zu stehen zu den bezüglich der Hitzeveränderung von Globulin unc
1) Vgl. T. B. Robertson, Physikalische Chemie der Proteine. Dresden
Steinkopff, 1912.
2) Eigene unveröffentlichte Befunde.
з) Wo. Pauli und J. Matula, diese Zeitschr. 99, 219, 1919; M. Adolf. l. с
*) Vgl. Wo. Pauli, Kolloidchemie der Eiweißkörper, 1. с.
Hitzeveränderung des Albumins. 169
hmin gemachten Annahmen über die chemischen Grundlagen dieses
messes. Denn wir lernen hier Eiweißkörper kennen, bei denen auf
гий eines ähnlichen physikalisch-chemischen Verhaltens auch auf
æn ähnlichen chemischen Aufbau geschlossen werden muß und bei
теп aber nachweisbare Veränderungen beim Erhitzen ausbleiben.
Wei muß aber auch berücksichtigt werden, daß nach den Ansichten
т Greenberg und Schmidt!) als Laugenbindungsstellen von Proteinen
t feien Carboxylgruppen von Glutamin-, Asparagin-, ß-Hydroxo-
saminsäure und die Hydroxylgruppe des Tyrosins in Betracht
Sat und unsere Kenntnis über den Aminosäuregehalt der einzelnen
kmßkörper recht mangelhaft ist. Ferner geht aus den neuesten
kımmenstellungen von Hoffmann und Gortner?) hervor, daß kein
wmmenhang besteht zwischen der bei einer bestimmten Py ge-
zdenen Laugenmenge und dem Gehalt an zweiwertigen Amino-
ven, Es scheint daher auch nicht möglich zu sein, das Verhältnis
eendständigen Säure- und Laugenbindungsstellen, die etwa unter
ıgschluß miteinander reagieren können, bei den einzelnen Proteinen
stzustelen. Somit lassen sich die durch die Hitzeeinwirkung am
slin und Seralbumin hervorgebrachten Veränderungen aller-
ig durch die Annahme eines Ringschlusses der endständigen Gruppen
m Verständnisse näherbringen, ohne daß deswegen andere durch
x differente Methodik nachweisbare Modifikationen auszuschließen
М. Jedoch vermag diese Deutung der stattgehabten Hitzever-
Хеге nicht zu erklären, warum die letztere bei einzelnen Proteinen
mißt wird. Ferneren Untersuchungen muß es vorbehalten bleiben,
zustellen, ob die besondere chemische Konstitution solcher nicht
ttereränderlicher Eiweißkörper Anhaltspunkte bietet für die An-
Фе, daB ein Ringschluß endständiger Gruppen beim Erhitzen
bleibt, oder in verringertem Maße stattfindet.
Zusammenfassung.
l. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bildet das Verhalten
ж Ser. und Ovalbumin im reinsten Zustande und mit wechselnden
Эше. und Laugenzusätzen beim Erhitztwerden, die Beeinflussung
xer Reaktion durch Neutralsalzzusatz, die Eigenschaften der so
“standenen Produkte bezüglich ihrer Wasserlöslichkeit und ihrer
“aktionen mit Laugen, Säuren und Neutralsalzen.
— —
КЕ M. Greenberg und С. S. A. Schmidt, Proc. Soc. Exper. Biol. Med.
~ col, 1924.
)W.F.Hojfmann und R.A.Goriner, Kolloid Symposium. Mono-
рые, 1925.
170 M. Spiegel-Adolf:
2. Durch Elektrodialyse dargestelltes und gereinigtes Album
von einem Aschengehalt von weniger als 0,04 Proz. koaguliert bei
Sieden vollständig, desgleichen ein entsprechend gereinigtes Ovalbumi
In beiden Fällen erscheint gegenüber den ursprünglichen Lösung
die C„ vermindert und die Leitfähigkeit erhöht zu sein.
3. Das so entstandene Produkt von Seralbumin, in Lau
gelöst, zeigt je nach dem beobachteten Verhältnis Protein : Lauge а!
rgänge von der vollständig wasserlöslichen, bei elektrodialytisch
Entfernung des Elektrolyten lösungsstabilen Form über Gemenge vı
wasserlöslichem und -unlöslichem Protein bis zum totalen Überwiegı
des letzteren. |
4. Es konnte gezeigt werden, daß, solange beim Lösen von hitz
koagulierttem Albumin in Lauge wasserlösliches Protein neben -w
löslichem entsteht, das letztere in Neutralsalzen löslich ist.
5. Das bei Elektrodialyse der im Überschuß des hitzegefällte
Albumins in NaOH hergestellten Lösung entstandene wasserlöslich
Protein (Protein X) zeigt die gleiche Leitfähigkeit, Ca und optisch
Drehung wie das genuine Seralbumin. Das Protein X koagulieı
beim Erhitzen, seine Gerinnungstemperatur stimmt bei gleicher Kor
zentration mit derjenigen seines Ausgangsmaterials überein, mi
welchem ihm auch das Verhalten bei Salzzusätzen gemein ist. Hingegei
vermochte die Prüfung mittels Goldsol- und Mastixsolreaktion un
Alkoholfällung bei qualitativer Übereinstimmung des Verhalten
quantitative Unterschiede festzustellen.
6. Nachdem gezeigt werden konnte, daß elektrodialysiertes, au
Pferdeserum dargestelltes Albumin mit Pferdeserumpräzipitin noc
bei Verdünnung von 1:100000 eine deutliche Reaktion gibt, wurd
der Nachweis erbracht, daß hitzekoaguliertes Albumin, das лас
Na O H-Behandlung seine volle Wasserlöslichkeit wieder erlangt hatte
im Präzipitationsversuch sich qualitativ und quantitativ verhielt wi
genuines Albumin. Ähnlich verhält sich das nach Behandlung de
hitzekoagulierten Albumins mit Salzsäure entstandene wasserlöslich
Eiweiß, während das zur Verhinderung der Koagulation in NaOH
Gegenwart erhitzte Albumin ebenso wie Koktoserum seine Reaktion:
fähigkeit mit dem Präzipitin nahezu eingebüßt hatte.
7. Präzipitierendes Serum, welches durch Vorbehandlung vo
Kaninchen mit dem Protein X erhalten wurde, präzipitiert dieses
ebenso genuines Albumin und genuines Serum, nicht aber Koktoserum
Ebenso geben Mischungen des Proteins X mit Albumin, nicht abe:
solche des ersteren und des letzteren mit Koktoserum die Präzipitin
reaktion.
Hitzeveränderung des Albumins. 171
$. Präzipitierendes Serum, welches durch Vorbehandlung von
isinchen mit Koktoserum erhalten wurde, gab Fällung mit diesem
meren, nicht aber mit dem Protein X, noch mit genuinem
9. Hitzegefälltes Eialbumin löst sich in NaOH zu einer trüben
Грке und fällt aus derselben bei Neutralisation oder Elektro-
ёле wieder aus. Веі Neutralisation in Salzgegenwart bleibt die
' „ung stabil, der Eiweißkomplex erweist sich beim Wanderungsversuch
ıdektrischen Strom als positiv geladen und wird aus der Lösung durch
"jünnung mit Wasser unter Vermehrung der potentiometrisch
ressenen H-Ionen, Ansäuerung und durch Eindrittel- bis Halb-
eme mit (NH,),SO, gefällt.
10. Erhitzt man Seralbumin in Gegenwart von steigenden
hgn НС] und unterwirft die klaren Lösungen hierauf der Elektro-
сте, so zeigt sich, daB bei einem bestimmten Albuminsäureverhältnis
та 9 Proz. der ursprünglichen Proteinmenge wasserunlöslich ge-
| еп ist. Bei höherer Säurekonzentration nimmt der wasserunlös-
| Же Teil, der jedoch gegenüber Neutralsalzen seine Löslichkeit bewahrt,
ші Kosten des wasserlöslichen Teiles zu.
ll. Wird jedoch Seralbumin mit steigendem Laugenzusatz
шщ, so ist nur eine schmale Zone innerhalb des Albumin-Laugen-
wrhältnisses nachweisbar, innerhalb welcher ein Teil des Albumins
sh Elektrodialyse sich als wasserlöslich erweist. Bereits in Laugen-
| Wuzentrationen, die vom Albumin noch vollständig gebunden werden,
Set beim Erhitzen ein bei nachheriger Elektrodialyse nachweisbares
ständiges Unlöslichwerden des Proteins statt. Es wird gezeigt,
üb das so erzielte Produkt von demjenigen, welches unter quantitativ
"geichbaren Verhältnissen bei Behandlung von hitzekoaguliertem
Abumin mit Lauge entsteht, sich durch seine Löslichkeitsverhältnisse
witgehend unterscheidet.
12. Aus Serumalbumin hergestelltes Acidalbumin erweist sich
| ksungsstabil bei Neutralisation in Salzgegenwart. Alkalialbumin
Череп kann wohl nur bei Neutralisation lösungsbeständig sein und
“id durch relativ geringe Salzmengen gefällt.
_ 13. Eialbumin mit steigenden Mengen Säure oder Lauge erhitzt,
rt in allen untersuchten Fällen zur Entstehung wasserunlöslicher
Produkte ‚ de sich nach KNeutralisation auch als salzunlöslich
| Tweisen.
14. Neutralsalzee zu Säure- oder Laugenseralbuminlösungen
_ Шей, wirken nur fällend, falls der Zusatz vor dem Erhitztwerden
"de, unabhängig von dem Verhältnis des wasserlöslichen und -un-
“lichen Eiweißes in der Lösung.
172 M. Spiegel-Adolf: Hitzeveränderung des Albumins.
15. Lösungen von Eialbumin mit Laugenzusätzen verhalten в
bezüglich ihrer Reaktion zu Neutralsalzen beim Erhitzen wie die е
sprechenden Seralbumine, hingegen ist beim Säureovalbumin d
vom Zeitpunkt des Neutralsalzzusatzes abhängige Unterschied |
Verhalten beim Erhitzen nur ein quantitativer.
16. Casein in Wasser suspendiert oder in einer Lösung зеш
neutralen Alkaliverbindung zum Sieden erhitzt, zeigt bei nachträglich
Elektrodialyse keine Veränderung seiner Laugenlöslichkeit. Alka
chloridzusatz auch vor dem Erhitzen zugesetzt, vermag eine Alka
caseinlösung nicht zur Fällung zu bringen.
Eine klinische Methode zur quantitativen Bestimmung
a Salieylsäure in Blutserum und Liquor cerebrospinalis.
Von
Karl Loberg.
Aus dem medizinisch-chemischen Institut der Universität Lund.)
(Eingegangen am 21. Januar 1926.)
Auf Anregung meines Klinikchefs, Prof. V. Wigert, führte ich im
ember 1925 einige Untersuchungen über die Permeabilitätsquote
"2 Brom (nach Hauptmann) an mehreren Gsisteskranken aus. Da es
mm mteressierte, dieses Verhältnis auch hinsichtlich anderer Stoffe
п prüfen, die in genügend großen Dosen verabreicht werden können,
aene quantitative Bestimmung in Serum und Liquor zu ermöglichen,
ab ich einem Patienten (Dem. praecox) probeweise täglich während
‘Tagen 6g Natrium salicylic. (= ungefähr Hauptmanns Bromdosen)
id lumbalpunktierte am sechsten Morgen. Bei der Untersuchung der
[umbalflüssigkeit, wobei ich auf die gleiche Weise vorging, wie bei der
ethode von Hauptmann zur Brombestimmung, zeigte es sich, daß sie
mit Eisenchlorid eine deutliche Salicylsäurereaktion gab. Nach der
ur zugänglichen Literatur haben bisherige Untersucher im Liquor
еш Menschen Selicylsäure überhaupt nicht nachweisen können
"9а, Sicard, Rotky, Castaigne, Redlich, Pötzl und Hess u.a.m.).
Worauf dies beruht, läßt sich nicht leicht sagen. Vielleicht ist die
[sche die, daß das Mittel in zu kleinen Dosen und während zu kurzer
Lit verabreicht worden ist. Nach der Einnahme von Natrium salicyl.
рт os hört die Ausscheidung mit dem Harne nach etwa 48 Stunden
vd (nach Hanzlik) und von der zugeführten Menge werden nur ungefähr
0 Proz. wiedergefunden. Der Rest sollte nach dem gleichen Verfasser
| A Organismus zerstört werden. Dies ist indessen, soweit ich finden
За, nur eine Annahme, und es ist wohl auch denkbar, daß die übrigen
Proz. auf die eine oder andere Weise im Organismus zurückgehalten
“едеп, und daß bei einer länger andauernden Verabreichung des
_ Nittels eine Anhäufung möglich ist. Sei dem nun wie immer. Kurz,
| % Salicylsäure geht auch beim Menschen, bei hinreichend großen
und während genügend langer Zeit vor der Punktion verabreicht,
174 K. Loberg:
in den Liquor über, was ich bei einigen weiteren Geisteskranken }
feststellen können. (Diese Untersuchungen werden fortgesetzt
später Gegenstand einer Veröffentlichung werden.) Sie erscheint ‹
auch in ganügender Menge, um quantitativ bestimmt werden zu könı
Zu diesem Zwecke zeigte sich indessen die Brombestimmungsmeth
von Hauptmann unverwendbar, vor allem deshalb, weil die Sali
säure vom Koagulum in zu großer Ausdehnung gebunden wird. `
den bisher publizierten quantitativen Methoden zur Bestimmung
Salicylsäure im Serum schien keine für den klinischen Gebrauch ricl
geeignet zu sein, besonders wegen der umfangreichen Laboratoriu:
ausrüstung, die hierzu erforderlich ist. Außerdem dürfte sich ke
mit Vorteil zur Bestimmung von Salicylsäure im Liquor verwen«
lassen.
Ich bin deshalb mit Dankbarkeit auf den Vorschlag von Pı
Widmark eingegangen, in seinem Institut und unter seiner Leitı
eine neue und für die in Frage stehenden Untersuchungen geeign
Methode auszuarbeiten. Ich erlaube mir daher, hier für die von il
erhaltenen Ratschläge und Hilfe während der Ausarbeitung der Metho
meinen tiefempfundenen Dank auszusprechen. Gleichzeitig möcl
ich auch meinem Klinikchef, Prof. Wigert, für Rat und Beistand, (
mir im Verlauf der Arbeit von seiner Seite zuteil wurden, mein
Dank aussprechen.
Geschichtliches.
Die frühesten Versuche,Salicylsäure in Körperflüssigkeiten quantitat
zu bestimmen, dürften dem Harn gegolten haben. Das Präparat wun
1874 in die Therapie eingeführt, und 1875 veröffentlichten Feser und Fri
berger eine Ätherextraktionsmethode. Das Prinzip derselben ist Ansäueru
mit verdünnter Salzsäure und Extraktion mit Äther. Hanzlik!) und М
arbeiter, die sich während der letzteren Jahre eigehend mit Salicylsäu!
bestimmungen beschäftigten, verwerfen indessen die Methode wegen ihr
Unsicherheit.
1890 machte Mosso auf den Umstand aufmerksam, daß die Unte
sucher bis dahin den Teil der Salicylsäure übersehen haben, der in d
Form von Salicylursäure ausgeschieden wird. Er gab auch eine eigeil
Methode zur Bestimmung der Salicylsäure im Harn an. Diese besteht in d
Fällung des Harns mit neutralem Bleiacetat, Zusatz von Ammoniak Ш
Bleiacetat zum Filtrat sowie Erwärmen. Der hierbei entstandene Niede
schlag wird mit Ammoniumcarbonat zerlegt und abfiltriert. Das Filtr
wird mit einer Mischung von Äther und Essigsäureäthylester extrahier
Der Äther wird verdunsten gelassen und der Rückstand gewogen. Напги
und Thoburn haben die Methode überprüft und sie mit sehr groben Fehler
behaftet gefunden.
Die Methode von Sauerland, die auch von den eben genannten Ve!
fassern geprüft und ziemlich unsicher befunden worden ist, besteht Ш
1) Hinsichtlich der früheren Historik folge ich in der Hauptsach
Hanzlik und T’hoburn (The journal of biol. chem. 28, 1915).
Quantitative Bestimmung von Salicylsäure usw. 175
iwem des Harns, Sättigung mit Ammoniumsulfat und Extraktion mit
me Mischung von 3 Teilen Petroläther und 2 Teilen Chloroform. Der
kakt wird mit Eisenalaun versetzt, worauf die violette Lösung durch
lieich mit einem Natriumsalicylatstandard beurteilt wird. Devrient,
kr später (1922) mit dieser Methode gearbeitet hat, erachtet sie als zu-
кі. Er fand, daß von per os verabreichtem Natriumsalicylat höchstens
Ka Proz. mit dem Harn ausgeschieden werden, während Hanzlik mit
ar Methode, worüber unten mehr, 79,9 Proz. wiedergefunden hat.
| Janzlik und T’hoburn, die ihre Methode zur Bestimmung von Salicyl-
m Harn, Blut und Fäzes 1915 veröffentlichten, machen geltend, daß
itative Bestimmungen sich auf der Darstellung der Säure in reiner
be oder wässeriger Lösung ohne störende Beimengungen gründen
Se Das Prinzip für ihre Methode ist folgendes: 1. Hydrolyse der be-
леп Flüssigkeit, 2. Destillation und 3. kolorimetrische Bestimmung
© Destillats. Die Hydrolyse bezweckt, die der Ätherextraktion unzu-
f#diche Salicylursäure in Salicylsäure überzuführen. Als hydrolysierendes
же hat sich Phosphorsäure als vorteilhaft erwiesen, da sie nicht: gleich-
| и die Salicylsäure zerlegt. Hydrolyse und Destillation können gleich-
e ausgeführt werden. Bei der kolorimetrischen Bestimmung werden
ider 10 ccm des Destillats, das mit einer bestimmten Menge Eisenalaun-
eng versetzt und in einem Nesslerrohr auf 50 ccm verdünnt worden ist,
xt einem bestimmten Quantum auf das gleiche Volumen verdünnter
%dardlösung verglichen. Die erste Ablesung ist präliminar. Dann
ten zwei definitive Bestimmungen ausgeführt. Die Verfasser geben an,
а ge mit dieser Methode zwischen 5 und 0,02 mg liegende Mengen be-
ammen können.
Der erste, der eine quantitative Bestimmung von Salicylsäure im Serum
"sucht zu haben scheint, ist Levin (1913). Seine Methode besteht іп
Se Extraktion des Serums mit Äther nach Zusatz von Schwefelsäure
Ser Ablesung im Kolorimeter von Authenrieth.
2 Jahre später kam die oben skizzierte Methode von Hanzlik und
een, die auch für Blut verwendet worden ist. Der Gang derselben ist
kender: 15 ccm Blut werden mit 98 proz. Alkohol auf 150 ccm verdünnt,
Wie geschüttelt und 1 Stunde stehengelassen, worauf die Mischung
wird. 100 ccm des Filtrats werden mit 5 bis 6 Tropfen gesättigter
änkchloridlösung versetzt, um restierendes Eiweiß zu fällen. Das Gefäß
ni dann im elektrischen Ofen bis zur fast vollständigen Verdunstung des
Alkohols stehengelassen, worauf man 25ccm Aqua dest. zusetzt, den
Ш auf ein Drittel des Volumens konzentriert und, wenn nötig, mehrmals
ütriert sowie das Filter drei- bis viermal mit heißem Wasser wäscht. Das
wird nun mit wenig Wasser sowie 20 ccm 85proz. Phosphorsäure
“мігі, worauf man destilliert, bis alle Salicylsäure übergegangen ist.
Destillat wird auf ein bestimmtes Volumen verdünnt und auf die oben
Yxhriebene Weise kolorimetrisch bestimmt.
‚ Mit der Methode, die an Ochsen- und Hundeblut geprüft wurde,
ten bei Quantitäten von б und 6 mg 93 bzw. 95 Proz. wiedergefunden
ren; bei 7,5 und 10 mg 95 Proz. Die Verfasser fanden auch, daß Venen-
" von Patienten, die volle medizinische Dosen von Natrium salicyl.
"юшпеп hatten, in 10 ccm 3 bis 6 mg (= 0,3 bis 0,6 Prom.) Salicylsäure
hielt, Diese Werte stimmen mit den von mir bisher gefundenen überein
Ven bis 0,545 Prom.). Die Dosen sind hierbei etwas größer gewesen als
"dem in der Einleitung erwähnten Falle, nämlich dreimal 2 g während
176 К. Loberg:
3 Tagen, viermal 2g an 2 Tagen und zweimal 2 g am sechsten Tage bzw.
und 1 Stunde vor der Lumbalpunktion.
1917 veröffentlichte Friderichsen eine auf dem Prinzip von B
Mikroanalyse aufgebaute quantitative Methode zur Bestimmung
Salicylsäure im Blute. Nach dieser verfährt man so, daß eine geeig
Menge Blut von einem hierzu besonders zubereiteten Löschpapier
gesogen und gewogen wird. Das Papier wird in ein Reagenzrohr gı
und 10 ccm kochende Chlorkaliumlösung (die pro Liter 1,5 ccm 25]
HCl enthält) zugesetzt, worauf das Rohr 3 Stunden stehengelassen x
Die Chlorkaliumlösung wird dann in einem Scheidetrichter viermal
Äther ausgeschüttelt. Der salicylsäurehaltige Ätherextrakt wird in ei
Erlenmeyerkolben am Wasserbad bei einer Temperatur eingedunstet,
l bis 2° niedriger ist als der Kochpunkt des Äthers. In dem Augenb
wo der Äther verdunstet ist, wird der Kolben vom Wasserbad entfernt
die letzten Äthertropfen mittels Durchleiten eines Luftstromes entf:
Darauf wird die Salicylsäure in Wasser gelöst und in einem Meßko
verdünnt. Веі der kolorimetrischen Bestimmung wird zuerst
orientierende und dann eine endgültige Ablesung vorgenommen. Веі
endgültigen wird eine bestimmte Menge der Probelösung, die mit e
bestimmten Anzahl Tropfen einer 1рго2. Eisenalaunlösung versetzt wu
mit sieben Standardrohren steigender Konzentration und mit einer Diffe
von 0,005 mg Natriumsalicylat verglichen. Die Konzentration des mitt!
Rohres wird durch die orientierende Ablesung bestimmt. Nach
Kontrollproben von Friderichsen wurden die Bestimmungen mit e
Sicherheit von 0,01 bis 0,02 mg ausgeführt. Sämtliche erhaltenen W
waren niedriger als die berechneten. Die verwendeten Blutmengen betr
200 bis 600 mg.
Die neueste Methode zur quantitativen Bestimmung von Salicylsi
in Körperflüssigkeiten ist von Herissey (1922) angegeben. Bei der '
wendung derselben für Blut werden 10 ccm Serum, Beem H,O, 5
20proz. H,SO, und 40ccm offizineller Äther in einen 125-ccm-Kol
gebracht und dieser mit einem Pfropfen versehen. Der Kolben wird unge!
1 Minute kräftig geschüttelt und dann einige Augenblicke stehengelas
Darauf werden weitere 4,5ccm 20рго2. H,SO, zugesetzt und der Kol
einige Male vorsichtig auf den Kopf gestellt. Nach ungefähr 5 Min
hat sich der Niederschlag als relativ festes Gelee abgesetzt und der Аі
extrakt kann dekantiert werden. 30 ccm desselben werden nun mit 2 bis
wasserfreiem Natriumsulfat geschüttelt, von dem dann abfiltriert w
Das Filtrat wird nun mit 3 ccm Wasser und 1 Tropfen 1ргоғ. Eisenchlo
lösung versetzt (= 1 cem offizineller Eisenchloridlösung auf 10 ccm '
dünnt), wonach die Mischung geschüttelt wird. Bei Anwesenheit
Salicylsäure entsteht Violettfärbung. Der Extrakt wird darauf in ‹
Kristallisationsschale überführt und der Äther bei Zimmertemperes
verdunsten gelassen. Der Rückstand wird abfiltriert und das Filtrat
3ccm verdünnt, worauf man gegen eine auf die gleiche Weise zubereii
Farbenskala abliest. Der Verfasser gibt an, daß er mit dieser Meth
Salicylsäure in einer Konzentration von 0,010 Prom. bestimmen К
und daß sie sich auch für andere Körperflüssigkeiten, wie Harn und Liq
cerebrospinalis, verwenden läßt.
Fissinger und Debray, die mit der Methode gearbeitet haben, fand
daß das Serum nach einer Dosis уоп l д Natrium salicyl. in 100g Wa
per os nach 10 Minuten Salicylsäurereaktion gibt und seine maxim
Quantitative Bestimmung von Salicylsäure usw. 177
tion (0,1 Prom.) zwischen 1 und 11, Stunden nach der Einnahme
t.
Ich habe diese Methode selbst zu verwenden versucht, sie ist mir jedoch
“Шеһ wegen der Schwierigkeit, die Fällung zum Absetzen zu bringen,
п.
Eigene Methodik.
Beim Ausexperimentieren der Methodik bin ich von der Brom-
immungsmethode von Hauptmann ausgegangen, die sich zum
tstiven Nachweis von Salicylsäure in Serum und Liquor ver-
bar erwiesen hat. Hierbei fällte ich also ein mit zwei Teilen Wasser
=imntes Serum bzw. Liquor mit 20 proz. Trichloressigsäure und
кеше das Filtrat mit Eisenchlorid, wobei eine deutlich violette
Бишр auftrat. Als ich diese Methode für quantitative Bestimmungen
srerwenden versuchte, erwies sie sich jedoch als unverwendbar, und
ishauptsächlich aus zwei Gründen. Teils wird eine bedeutende Menge
ё in vitro zugesetzten Salicylsäure bei der Eiweißfällung gebunden
ù teils tritt beim Zusatz von Eisenchloridlösung zum Filtrat eine
wungegelbe Farbenkomponente auf, die die kolorimetrische Be-
genee erschwert. Um die erste Schwierigkeit zu umgehen, wurden
erst andere Fäällungsmittel versucht. So wurde Natriumwolframat
al Schwefelsäure nach Folin, sowie Uranacetat geprüft, jedoch mit
атеш Resultat. Ferner versuchte ich mit Äther und Chloroform
u extrahieren, jedoch mit ebensowenig Erfolg. Ich benutzte daher
derum 20 proz. Trichloressigsäure und versetzte auf den Vorschlag
m Prof. Widmark mit 92proz. Alkohol, um die Bindung von Salicyl-
Sure bei der Eiweißfällung zu verhindern. Dies ergab bei wiederholten
Imtrollversuchen ziemlich günstige Resultate. Bei Prüfung mit
"ierten Mengen Alkohol im Verhältnis zur Trichloressigsäure
xgte es sich, daß die optimale Relation doppelt soviel Alkohol als
Tichloresssigäure beträgt. Веі größeren Alkoholmengen wird die
ag unvollständig und eine kolorimetrische Bestimmung aus diesem
Wat unmöglich. Schon bevor wir mit der eben erwähnten Schwierig-
t ins reine gekommen sind, was sozusagen den Schlußstein der
imente bildete, war die andere wenigstens präliminar beseitigt.
№ orangegelbe Komponente trat bei sämtlichen Fällungs- und
ktraktionsversuchen im Filtrat nach Zusatz von Eisenchlorid auf
E bei Blindtitration ohne Salicylsäure im Serum). Da diese
imponente, die sowohl im Serum- wie Liquorfiltrat regelmäßig
nitrat, möglicherweise auf der Anwesenheit von Milchsäure beruhen
nte, wurden Versuche mit Zusatz von Calciumlactat zur Standard-
Б vorgenommen. Die hierbei bei Gegenwart von Eisenchlorid
| nitretende Gelbfärbung ist jedoch blaßgelb. Versuche mit drei- ver-
| “üedenen Sorten von Tropaeolin als kompensierenden Farbenzusatz
Biochemische Zeitschrift Band 170, 12
178 K. Loberg:
fielen auch ungünstig aus. Schließlich fanden wir im Vesuvin (Bismare
braun) einen Farbstoff, der bei Zusatz einer geeigneten Menge zu
Standard den störenden orangegelben Farbeneinschlag im Serum- ur
Liquorfiltrat vollständig kompensiert. Bei den Experimenten in vip
mit Pferdeserum variierten die hierfür erforderlichen Mengen zwische
0,05 und 0,16 ccm einer 0,2prom. wässerigen Lösung. Bei Versuche
in vivo habe ich immer 0,05ccm, sowohl bei Serum- wie Liquo
bestimmungen, zugesetzt.
Eine andere wichtige Einzelheit der Methode ist, daß die Prob
und Standardlösungen durch Neutralisation mit normaler Natronlaug
und nachherigem schwachen Ansäuern mit der gleichen Menge 2pro:
Trichloressigsäure (1 ccm zu 6ccm Standardlösung) auf die gleich
Wasserstoffionenkonzentration gebracht werden. In stark saur
Lösung wird nämlich die violette Farbe schwächer, und dies würd
bei den geringen, hier in Frage stehenden Salicylsäurequantitäten di
Bestimmung im Kolorimeter erschweren oder unmöglich machen. E
hat sich nämlich bei den Experimenten herausgestellt, daß bei der
von mir benutzten Kolorimeter (Klett) die totale Menge Salicylsäur
nicht weniger als 0,5 mg in 8 bis 11 ccm definitiver Lösungsmeng
betragen solliy. Mit neutraler Lösung zu arbeiten ist andererseit:
unmöglich, weil hierbei Eisenoxydhydrat іп zu großer Menge ашп
und die Bestimmung unmöglich macht.
Es ist auch erforderlich, mit konstanter Eisenchloridmenge zu
arbeiten, was aus untenstehender Tabelle hervorgeht, wo die Proben 2
3 und 4 gegen 1 als Standard mit 20 mm Flüssigkeitshöhe abgeleser
wurden.
Nr ——
1 0 бесш 8аНсуйвйтгө 1] lprom. + 0 Обе ccm FeCl, 5 proz. + 7,5 BA. 20,0
05, „ 1 OO, „°5 +7, | 17
3/05 „ S 1 „ +015, „5 „ +740, 1%
4 0,5 H n 1 d + 0,20 n n 5 ” + 7,85 kad 17, Е
(gelber)
Nach dem Standardisieren der Methode und bei den schließlichen
Bontrollproben habe ich 0,30 ccm Eisenchloridlösung benutzt, um bei
1) Als Beweis hierfür können folgende Versuche dienen:
— | — — Fehler
Konzentration | Konzentration
| Prom. Prom. Pros. ·
— — Пг е — — ee RSR GEES —
6ccm Liquor + 0,15 mg Salicylsäuro 0,025 0018 | 94
в, „ +015, . " 0,025 0,017 32
Der Standard, gegen den die Proben abgelesen wurden, enthielt 0,2m8
Salicylsäure.
Quantitative Bestimmung von Salicylsäure usw. 179
чеше] höherem Salicylsäuregehalt der Probelösung sicher zu sein,
i8 sie immer im Überschuß vorhanden ist. Die Salicylsäuremenge in
ir Standardlösung (= 0,5 mg) ist nämlich geringer als die Menge,
xinöccm dreimal verdünntem Serum, nach oben genannten per os
genommenen Mengen von Natrium salicylic., wiedergefunden wird.
Die im Liquor auftretende Salicylsäuremenge, die bei den bisher
ısgeführten Untersuchungen zwischen 0,004 Prom. und 0,045 Prom.
„niert hat, ist viel zu gering, um eine kolorimetrische Bestimmung
5 oben beschriebene Weise zu ermöglichen. Orientierende Experimente
tt reinen Salicylsäurelösungen zeigten indessen, daß man eine für
"Empfindlichkeit des Kolorimeters zu schwache Lösung gegen einen
weichend starken Standard ablesen kann, indem man zu der
“wscheren Lösung eine bekannte Menge Salicylsäure zusetzt (und
za Standard eine entsprechende Menge Wasser), worauf man bei der
>rechnung mit der zugesetzten Menge nach folgender Formel reduziert,
20.58 D
К 7
$ = die Konzentration der Standardlösung in Promillen,
K = der abgelesene Kolorimeterwert in Millimetern,
F = das Volumen der Standardlösung bzw. der Probelösung in
Kubikzentimetern,
D = die zugesetzte Menge Salicylsäure in Milligrammen,
X = die Konzentration der Probelösung in Promillen.
rm der Standard auf 20 mm eingestellt ist: X =
Hinsichtlich des Standards scheint es a priori von Bedeutung zu
m, daß er eine so weit als möglich mit der Probelösung überein-
immende Salzkonzentration erhält. Zu diesem Zwecke wurde die
Menge Trichloressigsäure austitriert, die bei der Fällung gebunden
rd; sie betrug für Serum ungefährt 20 Proz. Dies haben sowohl die
geführten Kontrollproben іп vitro wie die bisher vorgenommenen
Untersuchungen in vivo bestätigt. Wenn ich also bei der Herstellung
* Standards 80 Proz. der bei der Fällung verwendeten Trichloressig-
“urmenge zugesetzt habe, sind die Mengen n Natronlauge, die zur
\utralisation der Probe- und Standardlösungen erforderlich waren,
amer annähernd gleich gewesen (höchste Differenz 0,05 ccm). Der
Eiweißgehalt im Liquor ist dagegen so unbedeutend, daß er keine
Share Menge Trichloressigsäure bindet. Ich will hier die Bedeutung
“rvorheben, daß die genannte Neutralisation äußerst genau vor-
ommen wird, denn bei dem geringen Säuregrad, den die definitiven
Vengen durch Zusatz von Leem 2proz. Trichloressigsäure erhalten,
иш ein einziger Tropfen Natronlauge zuviel die Ablesung vereiteln.
Die Lösung wird hierbei nämlich fast neutral und die durch das Eisen-
"ydhydrat verursachte gelbe Farbe macht sich sofort stark geltend.
12 *
180 K. Loberg:
In bezug auf die Ablesung im Kolorimeter, das genau für d
Ableser eingestellt sein muß, sind für jede Bestimmung fünf Ablesung
auf die Weise gemacht worden, daß ich mich dem Farbengleichhei
punkt abwechselnd von oben und von unten näherte.
Die Ausführung der Bestimmungen in ihren Einzelheiten.
Erforderliche Geräte :
L Eine Zentrifuge.
2. Reagenzröhren, Trichter, Bechergläser und Filtriergestell.
3. Büretten.
4. Pipetten, in Lie und 1/10 ccm geteilt (mindestens zwei letzte:
Art).
. Ein Kolorimeter.
Erforderliche Lösungen:
с
. Alkohol, 92proz.
. FeCl,-Lösung, 5proz.
. Salicylsäurelösung, 0,2prom. (Standard).
. n Natronlauge.
. Phenolphthalein, 0,5proz.
. Vesuvinlösung, 0,2prom.
очо сњ EE
Bestimmung der Salicylsäurekonzentralion іт Serum.
Bei der Venenpunktion wird das Blut direkt in Zentrifugenröhre:
(zwei oder vier) von 12 cem Volumen abgezapft. Wenn das Bh
koaguliert ist, wird das Koagulum von den Wänden des Rohres m
einem reinen Glasstab losgelöst, worauf zentrifugiert wird, bis ma
in jedem Rohre eine klare etwa 3 cm hohe Serumschicht erhalten ha
In ein Reagenzrohr von 25 bis 30 ccm Volumen werden 5 ссі
Serum, 4 ccm destilliertes Wasser und 6 ccm 92proz. Alkohol gebrach
Hierbei wird eine mäßige Menge Eiweiß niedergeschlagen. Der Inhalt de
Reagenzrohres wird nun in ein anderes, gleiches, umgegossen und darat
wieder zurück, bis die Mischung homogen geworden ist. Dann werde
3 ccm 20 proz. Trichloressigsäure zugesetzt und auf die eben beschrieben
Weise gemischt, bis die Fällung homogen geworden ist, worauf ma
das Reagenzrohr zukorkt und wenigstens 11, Stunden beiseite stelli
Nach dieser Zeit hat sich im Rohre am Boden oder weiter oben gg
wöhnlich eine klare Flüssigkeitsschicht angesammelt. Der Nieder
schlag wird filtriert, wenn nötig zweimal. Das Filtrat muß vollständii
wasserklar sein. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, sich eines gute!
Filtrierpapiers zu bedienen (ich verwende Munktells, Grycksbo, Nr. OB
9 cm Diam.). Vom Filtrat werden nun 6 ccm (= ein Drittel der ursprüng
lichen Menge der Mischung) in ein Reagenzrohr gebracht und mi
normaler Natronlauge und Phenolphthalein (1 Tropfen einer 0,5pr02
Quantitative Bestimmung von Salicylsäure usw. 181
ing) als Indikator neutralisiert (genau!). Hierauf werden 1 ccm
хи. Trichloressigsäure und 0,30ccm proz. Eisenchloridlösung
Set, und geschüttelt, bis die violette Färbung homogen ge-
wdn ist. Nach etwa 10 Minuten wird im Kolorimeter abgelesen.
\ürend dieser Zeit wird der Standard hergestellt, der folgende Zu-
amensetzung hat: 0,05ccm 0,2prom. Vesuvinlösung + 2,5 ccm
Salicylsäurelösung + 2 ccm 92proz. Alkohol + 0,8 ccm 20proz.
Ielloressigsäure -+ 0,65 ccm destilliertes Wasser (=6ccm). Diese
' &swardlösung wird darauf mit normaler Natronlauge neutralisiert
змі 1 ccm 2proz. Trichloressigsäure auf die gleiche Weise wie das
Mnt angesäuert, sowie mit 0,30ccm öproz. Eisenchloridlösung
wztzt und bis zur Homogenität der Farbe gemischt. Sollte die zur
; Waralisation erforderliche Menge Natronlauge für die beiden Lösungen
zit genau gleich groß sein, so wird mit entsprechenden Mengen
Faser auf gleiches Volumen gebracht. Ablesung im Kolorimeter,
wobei die Standardlösung auf 20 mm eingestellt wird.
Aus dem bei der Ablesung erhaltenen Werte (K) wird dann die
20
3.01 K
berechnet. Die Konzentration des Standards, berechnet auf бесш
{=en Drittel der mit Wasser + Alkohol auf l5ccm verdünnten
ßeummenge), wird nämlich im gegebenen Falle 0,1 ргот., welche Zahl
яй 3 multipliziert werden muß, wenn X die Konzentration im
‚weedünnten Serum darstellen soll!).
Beispiel (aus einem meiner Laboratoriumsprotokolle bei Versuchen
*s Natrium salicyl. in vivo):
Zem Serum + 4ccm H,O + 6 ccm 92proz. Alkohol + 3 ccm 20 proz.
Bure, 11 Uhr 40 Minuten vormittags; filtriert 2 Uhr nach-
&icylsaurekonzentration des Serums nach der Formel `
Mittags -
Weem Filtrat . . . | wird gegen (0,05 ссш 0,2 prom. Vesuvinlösung
10 , n NaOH.. neben- [250 „ 02 Salicylsäurelősung
10 „ 2proz. stehenden, |2,00 „ 92 proz. Alkohol
Trichlor- auf 20mm |0,80 „ 20 „ _Trichloressigsäure
essigsäure eingestellten! 0,65 „ H,O
00 „ брго2. ЕеС1,- | Standard |115 „ п NaOH
lösung . . j abgelesen [1,00 „ 2 proz. Trichloressigsäure
030 „ 5 FeCl,-Lösung
005 > H,O
N) Übersteigt die Konzentration der Probelösung die der Standard-
kung bedeutend (z. В. um das Doppelte oder mehr), so wirkt die freie
Inge Eisenchlorid in der letzteren störend auf die Ablesung. In einem
wichen Falle wird die Bestimmung erst ausgeführt, nachdem man den
z. В. mit weiteren 2,5 ccm 0,2prom. Salicylsäurelösung und die
mit der gleichen Menge Wasser versetzt hat. Die Formel
wi dan: _I_— 2.
182 K. Loberg:
Bei der Ablesung wurden folgende Werte erhalten: 12,5, 12,4, 1
12,3, 12,5.
Das arithmetische Mittel dieser Zahlen ist 12,44.
X 20
3.01 = 19,4 ’ X = 0,482 Prom.
Zu den vorläufigen Experimenten wurde Pferdeserum verwen!
Dann ging ich jedoch zu menschlichem Serum über und habe bei
schließlichen Kontrollproben ausschließlich solches von gesun
Personen verwendet, die während wenigstens 8 Tagen vor der Ver
punktion keine Salicylsäure in irgend einer Form eingenommen hal
Diese Kontrollproben haben folgende Resultate ergeben:
| Berechnete | Gefundene | e
' Konzentration | Konzentration |
'| Prom. | Prom. | Рг
mg Salicylsãure 0,300 | 0988 4
„ б | 030 : 0297 1
и i | 0300 | 0291 3
й i = 030 , 0272 9
" " с 0,300 0,282 6
6 & 0,300 09892 6
Der Mittelwert dieser Kontrollproben liegt ungefähr um SD
niedriger als der berechnete Wert. Von in vitro zugesetzter Salicylsä
können also mit dieser Methode 95 Proz. wiedergefunden werden.
Bestimmung der Salicylsäurekonzentration im Liquor.
In ein Reagenzrohr der oben erwähnten Größe werden 6c
Liquor und 4ccm 92proz. Alkohol gebracht, wobei eine schwa
Opaleszenz auftritt. Die Mischung wird geschüttelt bis sie Һото;
ist, worauf 2ccm 20рго2. Trichloressigsäure zugesetzt werden. |]
Inhalt des Reagenzrohres wird durch wiederholtes Umgießen ір `
anderes gründlich gemischt, worauf das Rohr zugekorkt und wenigst
11, Stunden beiseite gestellt wird (am besten 2 bis 3 Stunden). Währe
dieser Zeit hat sich der Niederschlag zusammengeballt, und das Filt:
wird nach zweimaligem Passieren des gleichen Filters wasserkl
Dem Filtrat werden 6ccm entnommen, in ein Reagenzrohr gebrac
mit normaler Natronlauge neutralisiert sowie mit 1 ccm 2proz. 1
chloressigsäure auf die bei der Bestimmung im Serum angegebe
Weise angesäuert. Hierauf wird zuerst eine qualitative Probe o
genommen, indem man 0,05ccm proz. Eisenchloridlösung zuse
und umschüttelt. Entsteht hierbei eine Violettfärbung, werden weit«
0,25ccm Eisenchloridlösung sowie 2,50 ccm 0,2prom. Salicylsäu
lösung zugesetzt. Die Mischung wird geschüttelt, bis die Farbe homog
Quantitative Bestimmung von Salicylsäure usw. 183
Ablesung im Kolorimeter nach etwa 10 Minuten. Unterdessen
id der Standard hergestellt. Dieser hat folgende Zusammensetzung:
æm 0,2prom. Vesuvinlösung + 2,50 ccm 0,2prom. Salicylsäure-
ing + 2ccm 92proz. Alkohol + 1 ccm 20proz. Trichloressigsäure
0.45 ccm H,O (= 6ccm). Diese Lösung wird dann mit normaler
топа осе neutralisiert und wieobenmit lccm 2proz.Trichloressigsäure
Besäuert sowie mit 0,30 ccm 5proz. Eisenchloridlösung und 2,50 ccm
Ai versetzt. Sollte die für die Neutralisation erforderliche Menge
Läd laoge für die Probe- und Standardlösung nicht genau gleich
рё іп, wird zu einem der Rohre eine kompensierende Menge Wasser
mesetzt (vgl. das bei der Ausführung der Bestimmung im Serum
seführte Beispiel!). Das Reagenzrohr wird geschüttelt, bis die Farbe
bewegen ist, worauf die beiden Lösungen im Kolorimeter verglichen
wien. Der Standard wird auf 20 mm eingestellt. Aus dem bei der
ево erhaltenen Werte (K) wird dann die Salicylsäurekonzentration
& Liquors nach der oben angegebenen Formel in Promille berechnet;
20.05 0,5
ine wird i li den Falle: X = - ла
im vorliegenden Falle a E А
> ist hier, wie ersichtlich,
Die Konzentration des Standards (=
í 3ccm berechnet, was der іп der Probelösung enthaltenen Liquor-
uge entspricht.
Beispiel (angeführt aus einem meiner Laboratoriumsprotokolle bei
\euchen in vivo):
$ccem Liquor + 4ccm 92proz. Alkohol + 2ccm 20proz. Trichlor-
@gsäure, 11 Uhr 35 Minuten vormittags; filtriert 2 Uhr 30 Minuten
атпа
gs.
rii Filtrat. ..... e 5 (0,05ccm 0,2 prom. Vesuvinlösung
5 „ n Natronlauge . . | 2 Ф 250 „ 02 „ Salicylsäurelösung
it . 2proz. Trichlor- сяо | 2,00 92 proz. Alkohol
essigsãure . . . 38 2 | 1,00 и D o” Trichloressigsäure
e De EIDET] ” n NaOH
VIO e e el ©
05 &proz.FeCl,-Lösung 52: Е 1,00 2 рго2. Trichloressigsäure
250 — Salicyl- E Е 0,80 „5 „ FeCl,Lösung
säurelösung . .) Б æ (2,50 „ H,O
Bei der Ablesung wurden folgende Werte erhalten: 15,9, 15,6, 16,7,
15,6, 15,8.
Das arithmetische Mittel dieser Zahlen ist 15,72.
20.08 0,5
3.186,72 — 3*
Nach dem Standardisieren der Methode wurden folgende Kontroll-
mben ausgeführt, wobei Liquor von Paralytikern verwendet wurde.
Х = X = 0,045 Prom.
184 K.Loberg: Quantitative Bestimmung von Saliceylsäure usw.
Berechnete T _ Gefunde йе: |
Nr. Konzentration Konzentration
| Prom. | Prom. Pr
1 | боста Liquor + 1 mg Salicylsäure | 0200 | 0,201 0,
25, „ +05, ў 0,100 , 0,100 0,
35 7? ? +02, й 0.040 Ä 0,039 · 2,
4\05 „ М +02, ei | 0,040 0,039 2,
Nach diesen Kontrollproben können also von in vitro zugesetz
Salicylsäure 97,5 bis 100 Proz. wiedergefunden werden.
Literatur.
Brahme, Arsen in Blut und Cerebrospinalflüssigkeit. Stockholm 1923.
Devrient, Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm. 90, 242. — Fiessinger et Debro
Comptes rendus hebdomadaires des s6ances et mem. de la вос. de biol.
336, 1922. — Folin, Laboratory manual of biol. chemistry 1923. — Е
derichsen, Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm. 80, 235. — Hanzlik und Wetz
Jahresber.d. Tierchem. 49, 615, 1919 ( Ref.). — Hauptmann, Klin.Wochensch
1925, 8. 1629. — Herissey, С. r. etc. 2, 333, 1922. — Redlich, Pötzl und He:
Zeitschr. f. d. ges. Neurolog. u. Psychiatr. 2, 715. — Thoburn and Натан
Journ. of biol. Chem. 28, 163, 1915.
Über die Abhängigkeit der Lage
der Absorptionsstreifen eines gelösten Farbstoffes
iin verschiedenen farblosen Lösungsmitteln.
Von
Antonie Szilärd.
dem physiologisch-chemischen Institut der königl. ungar. Universität
Budapest.)
(Eingegangen am 21. Januar 1926.)
Mit 1 Abbildung im Text.
Zwischen dem Brechungsvermögen organischer Verbindungen und
ker Konstitution wurden wichtige Beziehungen nachgewiesen. So
Ж man gefunden, daß Isomere, die eine verwandte Struktur aufweisen,
бее, Isomere, die verschiedenartig aufgebaut sind, ein sehr ver-
stiedenes molekulares Brechungsvermögen haben können. Auf Grund
™ vergleichenden Untersuchungen an homologen Reihen ist es auch
шдеп, den Anteil der Refraktion zu berechnen, der innerhalb
"anischer Moleküle einzelnen Atomgruppen, z. B. der Gruppe СН»,
set den einzelnen Atomen wie O oder H oder C zukommt; ја sogar
astellen. daß es diesbezüglich Unterschiede zwischen gesättigten
Соте und solchen gibt, die doppelt oder dreifach gebunden sind.
Bee hochinteressanten Befunde, die bis etwa zum Jahre 1913 bei
%а001) zusammengestellt sind, haben bereits des öfteren eine wichtige
тегш gefunden, und zwar in Fällen, wo die Konstitution einer
Verbindung auf anderem Wege nicht zu ermitteln war, bzw. zwischen
mi oder mehreren möglichen Konstitutionsformeln auf andere Weise
Bt entschieden werden konnte.
Andererseits wurden ebenso wichtige Beziehungen zwischen der
Konstitution organischer Verbindungen und ihrer Lichtabsorption,
“mentlich im ultravioletten (teils auch im ultraroten) Gebiete, auf-
Мен, die in manchen strittigen Fragen den Entscheid gebracht haben.
‚ Die beiden oben erwähnten Gesichtspunkte, Brechungsvermögen
writs und Lichtabsorption andererseits, wurden im Jahre 1878
—
') Samuel Smiles, Chemische Konstitution und physikalische Eigen-
‚aus dem Englischen übersetzt уоп P. Krassa, bearbeitet und heraus-
| "ben von R.O. Herzog, 8. 263. Theodor Steinkopff, 1914.
|
186 А. Szilärd:
einer experimentellen zusammenfassenden Betrachtung von A. Kund
unterzogen, der die Ergebnisse seiner Untersuchungen wie folgt darstel
„Hat ein farbloses Lösungsmittel ein beträchtlich größeres Brechun;
und Dispersionsvermögen als ein anderes, so liegen die Absorptior
streifen einer in den Medien gelösten Substanz bei Anwendung des erst
Mittels dem roten Ende des Spektrums näher als bei Benutzung d
zweiten. Ein Medium, welches ein beträchtlich größeres Brechung
vermögen hat als ein anderes, besitzt in den meisten Fällen auch e
größeres Dispersionsvermögen, es wird sich experimentell daher se
schwer entscheiden lassen, ob das Brechungs- oder Dispersionsvermög:
einer Substanz das Maßgebende für die Verschiebung des Absorption
streifens ist.‘
Nachstehend soll über Versuche berichtet werden, in denen d
Verschiebung der Absorptionsstreifen eines Farbstoffes im sichtbare
Spektrum bei Anwendung verschiedener farbloser Lösungsmitt
beobachtet wurde, und zwar teils von Lösungsmitteln, die zu ve
schiedenen homologen Reihen gehören, teils solche, an denen der Einflu
der Isomerie oder anderer Umstände geprüft werden sollte.
Vorbesprechung.
Der zu den Versuchen verwendete Farbstoff. Anstatt verschieden
Farbstoffe zu untersuchen, wie Kundt ев tat, habe ich es vorgezogen
meine Untersuchungen an einer einzigen Substanz, an dem Dimethyl
ester des Hämatoporphyrins auszuführen, und zwar aus folgender
Grunde: Hämatoporphyrin in neutraler alkoholischer (oder i
alkalischer) Lösung, mit seinen vier schönen, über das ganze Spektrul
verteilten Absorptionsstreifen wäre zu diesen Untersuchungen um 8
eher geeignet, da gerade die Vielstreifigkeit seines Spektrums fes
zustellen erlaubt, ob von der Verschiebung in gewissen Lösungsmittel
die rot- bzw. blauwärts gelegenen Streifen in gleichem Grade betroffe
sind, oder nicht. Noch weit geeigneter als Hämatoporphyrin ist fü
solche Zwecke sein Dimethylester, der ebenfalls vier Absorption:
streifen, und zwar nahezu an denselben Stellen hat, jedoch den Vorte
bietet, sich in Solvenzien zu lösen, in denen Hämatoporphyrin selb:
unlöslich ist.
Zunächst habe ich Hämatoporphyrin nach der Vorschrift von Wil
stätter und Fischer ?) wie folgt hergestellt. Defibriniertes Pferde- oder Rinde!
blut wurde zentrifugiert, die Blutkörperchen gewaschen, mit dem halbe
Volumen destillierten Wassers und mit Äther versetzt und hierdure!
1) A. Kundt, Über den Einfluß des Lösungsmittels auf die Absorption!
spektra gelöster absorbierender Medien. Ann. d. Phys. u. Chem., N.F
4, 53, 1878.
2) Zeitschr. f. physiol. Chem. 87, 423, 1913.
Abhängigkeit der Lage der Absorptionsstreifen usw. 187
imiyaertt. Nach entsprechend langem Stehen im Scheidetrichter wurde
# йв Oxybämoglobin enthaltende wässerige Schicht abgelassen und durch
Brehleiten von Luft vom Äther befreit. Inzwischen wurde ein Liter Eis-
рис. dem 4,5 g Kochsalz zugesetzt waren, zum Sieden erhitzt, obige
Binoglobinlösung mit einer Geschwindigkeit von 300 ccm pro einer halben
mde hinzufließen gelassen und nach weiteren 10 Minuten langem Sieden
ы 500 ccm destillierten Wassers verdünnt, und zwar so, daß der Zufluß
ё Wassers 14 Stunde lang dauerte. Nach 24stündigem Stehen war die
ksscheidung des Hämins beendet. Die darüber stehende Flüssigkeit wurde
kantiert, der Kristallbrei am Filter gesammelt, dort mit Wasser, Alkohol
и Äther gewaschen und getrocknet. lg des so gewonnenen Hämins
wde in 30 ccm Kahlbaumschen Bromwasserstoff-Eisessigs (spezifisches
wicht bei 0°C 1,40) im Wasserbad von 40 bis 42°C durch 3⁄4 Stunden
shüttelt, wobei Lösung eintrat, und über Nacht im Finstern stehengelassen.
е wurde die ganze Flüssigkeit auf das Fünffache mit Wasser verdünnt,
kh sechsstündigem Stehen mit essigsaurem Natrium gefällt, der Nieder-
Шар am Filter chlor- und bromfrei gewaschen, endlich, um ihn auch
snfrei zu bekommen, in ein wenig п/10 KOH gelöst, filtriert, aus der
klischen Lösung mit einigen Tropfen konzentrierter Essigsäure wieder
ЕШ, am Filter säurofrei gewaschen und getrocknet.
Aus dem so gewonnenen Hämatoporphyrin habe ich den Dimethylester
xh drei aus der Literatur bekannten Methoden dargestellt.
a) Präparat I. Verfahren von Nencki und Zaleski!). In die Lösung
ч 0,30 g Hämatoporphyrin in 50 ccm absoluten Methylalkohols (Methanol
ech) wurde am Wasserbad bei aufgelegtem Rückflußkühler während
ur halben Stunde trockenes Salzsäuregas eingeführt, die so erhaltene
sung in Wasser, das essigsaures Natrium gelöst enthielt, eingegossen,
к rote flockige Niederschlag am Filter gesammelt, chlorfrei gewaschen
Wm Vakuum über Schwefelsäure getrocknet.
b) Präparat II. Verfahren von Е. Fischer und А. Speer?) 0,5g
toporpbyrin wurde mit einem Gemisch von 5g absoluten Methyl-
is und 0,5g konzentrierter Schwefelsäure durch 4 Stunden am
Isserbad bei aufgesetztem Rückflußkühler im Sieden erhalten und die
tarhaltene schön rotviolette Lösung unter fortwährendem Umrühren in
Шсспа destilliertes Wasser einfließen gelassen, worauf sich alsbald ein
mer Niederschlag bildete. Dieser wurde am nächsten Vormittag auf einem
Närteten Filter gesammelt, schwefelsäurefrei gewaschen und im Vakuum
kr Schwefelsäure getrocknet.
c) Präparate III bis VII wurden nach der Vorschrift von Küster und
biet) dargestellt; 0,40g Hämatoporphyrin wurden in absolutem
kchylalkohol, der l proz. Salzsäure enthielt, durch М, Stunde am Wasserbad
н aufgesetztem Rückflußkühler erhitzt, das Reaktionsprodukt in 300 ccm
Кавег, in dem essigsaures Natrium gelöst war, eingegossen, der Niederschlag
а Filter gesammelt und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet.
Der Dimethylester stellte, nach welcher immer der drei erwähnten
kthoden bereitet, ein dunkelrotbraunes, amorphes Pulver dar; der Versuch,
ù nach H. Fischer durch Eingießen der Chloroformlösung in siedenden
Ithylalkohol zur Kristallisation zu bringen, war stets mißlungen. Die
1) Zeitschr. f. phys. Chem. 80, 384, 1900.
D Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 28, 3252.
H Zeitschr. f. phys. Chem. 86, 51, 1913.
188 A. Szilárd:
verschiedenen Präparate zeigten identische Eigenschaften. Sie waren |
Wasser und auch іп kalten Alkalien gänzlich unlöslich ; lösten sich ein wen
in siedenden Alkalien. In Methyl-, Äthylalkohol, in Äther, Essigäthe
Benzol und in Mineralsäuren waren sie gut löslich. Der Schmelzpunl
betrug, am Präparat III bestimmt, 140 bis 142°C, an Präparat V 141°\
also eine gute Übereinstimmung mit dem von Küster und Deihle angegeben
Schmelzpunkt von 142°C. (Das Hämatoporphyrin, aus dem der Dimethy
ester dargestellt wurde, war bei 275° C noch nicht geschmolzen.)
Davon, daß ich den reinen Dimethylester und nicht etwa mit unve
ändertem Hämatoporphyrin oder mit dem Tetramethylester verunreinig
Präparate in Händen hatte, habe ich mich auch durch die Methoxylbestin
mung nach Zeisel überzeugt. Es lieferten
0,1813 g des Präparats V. . . . 0,1308g AgJ (ber.: 0,1360 g)
0,1865 5 ,, a VI . . . 0,1379g AgJ ( „ 0,1399 g)
0,2168 р ,, 5 VI... 0,1603 AgJ ( „ 0,16266)
Über das gleiche spektrale Verhalten der verschiedenen Präpara!
habe ich mich durch spektrophotometrische Bestimmung der Lich
absorption im Gebiet der vier Absorptionsstreifen überzeugt. Vo
den betreffenden Präparaten habe ich Lösungen in Chloroform һе
gestellt und dieselben in einem Köntgschen Spektrophotometer geprüf
Als Lichtquelle diente Gasglühlicht. Wie aus nachstehender Tabelle
hervorgeht, in die ich die Maxima der Extinktionskoeffiziente
kursiv eingetragen habe, wurden jene an den drei in dieser Hinsich
untersuchten Präparaten (mit Ausnahme des ersten rotwärts gelegene
Streifens an Präparat III) stets an derselben Stelle gefunden.
Tabelle I.
ср | Präparat П Präparat II | Präparat IV
— | e € | 8
628,0 | 0,560 | 0503 | 08%
625,3 0,631 | 054 0679
622,6 | 0,615 0,545 0,659
621,3 0,504 0,504 1, 0,616
618,9 0,533 044 0,558
578,5 0,704 0,697 0,776
576,2 0,751 0,756 0,853
575,3 0,817 0,807 0,860
574,4 " 0,829 0,812 0,861
573,4 0,818 0,777 0,830
537,6 1, 0501 | 0,5398 | 0593
536,0 | 0,582 | 0,556 0,605
535,1 0,630 0,564 0,615
534,3 — 0,613 0,549 0,596
533,6 ‚ 0611 0,542 0,544
531,5 | 0584 0,514 0,528
504.8 0,432 0,478 0,505
503,5 ' 0,502 0,499 0,516
502,9 ` 0,539 0,508 0,525
502,3 ` | 0,507 | 0,499 0,519
5016 | 0508 | 0487 0,506
Abhängigkeit der Lage der Absorptionsstreifen usw. 189
Diese Maxima stimmen, namentlich die gegen Rot gelegenen, nicht
л mit den von Schumm?) erhaltenen überein. Doch ist zu bedenken,
ib gerade in diesem Spektralgebiet die Ablesungen in Intervallen von
ehreren zus erfolgten, daher die wirklichen Maxima irgend dazwischen
kgen sein konnten. Durch die von mir angezeichneten Maxima soll
rauf die gute Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Prä-
waten hingewiesen sein.
Die verwendeten Lösungsmittel. Dem Erfordernis, daß die Prüfung der
berptionsstreifen in einer möglichst großen Zahl garantiert absolut
ше, wasserfreier und gänzlich unzersetzter Lösungsmittel erfolge,
wte ich infolge der Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Materials,
sondere aber aus pekuniären Gründen nur teilweise nachkommen.
kzerkungen, die sich auf die Herkunft der von mir verwendeten Lösungs-
xl beziehen, sind jeweils bei der Besprechung der betreffenden Lösung
gebracht.
In den meine Ergebnisse enthaltenden Tabellen ist bezüglich jedes
“ungsmittels sowohl der auf Luft bezogene Brechungsindex n, wie
wh das molekulare Brechungsvermögen MR nach Lorentz und Lorenz
n?— lm
п +2 d
Wh bezogene Brechungsindex, mit m das Molekulargewicht und mit d
ы spezifische Gewicht bezeichnet sind. Bezüglich der meisten von mir
tersuchten Lösungsmittel konnten die für М R(bei 20°C und bei der
шше) fertig berechneten Daten den Landoltschen Tabellen entnommen
tden; an den übrigen habe ich die auf Luft bezogenen Brechungsexponenten
zttels eines Zeissschen Refraktometers, das mir von Herrn Prof. Rybár,
йог des II. physikalischen Instituts der hierortigen Universität, in
zteuswürdigster Weise zur Verfügung gestellt: wurde, bestimmt und hieraus
Sp Wert М nach der oben angeführten Formel berechnet. Soweit solche
ka mir bestimmte Werte in den nachfolgenden Tabellen vorkommen, ist
s stets am betreffenden Orte vermerkt.
Apparatur und Ausführung der Ablesungen. Die Untersuchungen
nen mittels eines Zeissschen Gitterspektrometers vorgenommen unter
Bautzung einer Nitralampe als Lichtquelle; als Flüssigkeitsbehälter diente
me Küvette mit planparallelen Wänden, deren Breitseiten auf den mittleren
hfeisenförmigen Teil nicht aufgeklebt, sondern bloß durch den Druck eines
'siernden Rahmens festgehalten waren. Dadurch, daß die Küvette auf diese
Weise bei jedem Flüssigkeitswechsel in drei Teile auseinander genommen
“Чеп konnte, war die Möglichkeit einer sehr genauen Reinigung gegeben.
Berglich des Gitterspektrometers sei noch erwähnt, daß es mit Rücksicht
* die Leichtverschieblichkeit der Wellenlängentrommel geboten erschien,
" Lage der D-Linie möglichst oft, zuweilen sogar Tag für Tag zu kon-
"haten: denn in дег Tat war oft Wochen hindurch keinerlei Verschiebung,
Teilen aber — offenbar infolge eines gelinden Stoßes, der den Apparat
"offen hatte — eine solche von mehreren upu zu konstatieren. Die Unter-
"chungen wurden stets so ausgeführt, daß die beiden Ränder der vier
\bsorptionsstreifen der Reihe nach bestimmt wurden. Aus der Lage der
Rinder habe ich die Mitten der Absorptionsstreifen berechnet, die jedoch,
Schuet, angegeben. Letzteres ist gleich ‚ wo mit n der auf
') Hoppe-Seylers Zeitschr. f. physiol. Chem. 182, 56, 1923.
190 A. Szilárd :
da die Streifen mehr oder minder asymmetrisch sind, nicht genau mit de
Absorptionsmaxima zusammenfallen, worüber Näheres aus den diesbezü
lichen Ausführungen bei Kajdi!) zu ersehen ist. Die Ablesungen wurde
an jeder Lösung mindestens dreimal, meistens öfter wiederholt, aus diese
Ergebnissen der Mittelwert berechnet und dieserin die nachstehenden Tabelle
eingetragen.
Die Ergebnisse meiner Versuche.
Ehe ich an die Einzelbeschreibung meiner Versuchsergebnis:
gehe, sei vor allem festgestellt, daß sich diese mit den Kundische
insofern decken, als die Reihenfolge der Lösungsmittel, in denen ic
eine zunehmende Verschiebung der Absorptionsstreifen nach dem rote
Spektralende konstatieren konnte, dieselbe war, die Kundt gefunde
hatte. In nachstehende Zusammenstellung konnten natürlich nu
diejenigen Lösungsmittel Aufnahme finden, die sowohl bei Kundt al
auch bei mir vorkamen.
Bezüglich der Kundtschen Befunde habe ich einfach die Lösung:
mittel in der Reihenfolge angeführt, wie die Absorptionsstreifen in ihne
zunehmend nach dem roten Spektralende verschoben werden, уо
meinen Befunden aber der Einfachheit halber bloß die Lage der ersteı
Absorptionsstreifen in denselben Lösungsmitteln angegeben.
Kundt —
Methylalkohol . . . . . . 2.2... 621,6
Äthylalkohol . .. 2.2.2... 623,0
Amylalkohol `... 622,9
Chloroform . . . : 2 2 2 2 2.2. 623,6
Benzol . . : . 2 2 2 2 2 2 2 2. 625,8
Toluol ............. 626,2
Schwefelkohlenstoff . . . .... 629,7
Auch muß bemerkt werden, daß bezüglich einzelner der уоп Kund
untersuchten Farbstoffe in obiger Reihenfolge die Stellung von Amyl
alkohol und Chloroform bzw. von Benzol und Toluol vertauscht ist
Endlich muß betont werden, daß alle in den nachstehenden Tabelleı
angeführten Daten an Lösungen von Präparat V erhalten wurden.
A. Homologe Reihe normaler Alkohole. Zur Verwendung kameı
Methyl- und Äthylalkohol, die beide nach allen Kautelen gereinigt un
von Wasser befreit waren (ich erhielt sie von Herrn Prof. Gróh а
der hiesigen tierärztlichen Hochschule und spreche ihm auch an diese
Stelle meinen wärmsten Dank aus); ferner n Propylalkohol (Merei
und Kahlbaum), n Butylalkohol (Kahlbaum), п Heptylalkohol (Kah
baum) und n Oktylalkohol (Kahlbaum und Schuchardt). Die letzt
genannten vier Präparate hatten jahrelang in der Originalverpackung
im Finstern gestanden. Bezüglich des п Oktylalkohols sei erwähnt, dal
1) L. Kajdi, diese Zeitschr. 165, 475, 1925.
Abhängigkeit der Lage der Absorptionsstreifen usw. 191
Ablesung der Absorptionsstreifen an dem Kahlbaumschen, die Be-
kumung der Refraktion aber an einem frisch bezogenen Schuchardt-
wen Präparat erfolgt war.
Tabelle II.
| | Mitte der Absorptionsstreifen
m | м
О Л ee Е И Е А ОС.
IIsplalkohol . . . . '1,3306 | 8,23 | 621,6 | 570,7 | 5321 | 498,0
‚Atylalkohol . . . . . 1,3623 | 12,63 | 623,0 | 571,8 | 5324 | 498,4
‚ılpylalkokol. . . . 1,3854 | 17,52 | 622,7 | 572,2 | 533,1 | 498,9
ıkaylalkohol | | | | 1,3991 | 2213 | 6231 | 5728 | 5331 | 4999
ıptylalkohol . . . "1,4253 | 36,09 | 624,7 | 574,7 | 533,7 | 500,2
'ıktplalkohol . . . . 1431490] 40,64 | 625,2 | 574,8 | 5338 4995
7 Von mir selbst bestimmt.
|
|
| Innerhalb der homologen Reihe sieht man mit steigendem Mole-
‚sargewicht den Brechungsexponenten und die molekulare Refraktion
едеп, gleichzeitig aber auch, daß die Absorptionsstreifen nach dem
“a Spektralende verschoben werden, wobei insgesamt bloß zwei
[Меп aus der Reihe der übrigen springen. Von der Verschiebung sind
sit alle Streifen gleichmäßig betroffen; an den beiden nach dem
меп Spektralende zu gelegenen ist die Verschiebung etwa doppelt
е пов wie an den beiden anderen.
B. Homologe Reihe von Äthylestern. Äthylacetat stand mir in
bm eines Kahlbaumschen Präparats zur Verfügung; Äthylformiat,
®pionat, -butyrat, -valerat und -capronat verdanke ich der Liebens-
virdigkeit des Herrn Prof. G. Buchböck, Vorstand des dritten chemi-
en Instituts der hiesigen Universität. Die Herkunft dieser Ester
D nicht mehr zu ermitteln; sie standen, seit Jahren in Flaschen mit
Tastopfen eingefüllt, in dem auch sonst vor Licht gut geschützten
Wien Präparatenraum, dessen Fenster zudem noch mit aktinischen
Wierm versehen sind.
Tabelle III.
u © | Mitte der Absorptionsstreifen
| Leungamittel ee ж. op m | цу
|. І i | и" ми | uu `
2 EE: Dees
kaylformiat `... . . Läpp т | 601,9 | 5624 | 5318 | 4982
hylacetat . . . .. . 1,3727 | 22,25 | 693,7 | 574,1 | 531,5 | 497,6
Lytpropionat 1.3848 | 26.00 | 6241 | 5748 | 5323 | 497.9
—— ee 11,3931 | 31,47 | 624,2 | 574,8 | 532,5 | 498,4
` yivalerat ..... ‚1,3976%)| 36,10 || 625,1 ; 575,1 | 532,0 | 498,8
hylespronst . . . . 140799] 40.02 || 6943 | 5751 5327 | 498,8
") Von mir selbst bestimmt.
192 | A. Szilärd:
Wie aus Tabelle ПІ ersichtlich, war, wie in der Alkoholreihe, :
Äthylacetat angefangen (über das Äthylformiat siehe weiter unteı
neben dem parallelen Anstieg des Brechungsexponenten und `
molekularen Refraktion auch eine Verschiebung der Absorptio
streifen gegen das rote Spektralende zu konstatieren, und waren
zufälligerweise auch hier bloß zwei Werte, die aus der Re
der übrigen sprangen. Im Gegensatz zu den Alkoholen 1
aber die Verschiebung eine weit geringere, indem hier der Unt
schied zwischen dem höchsten und geringsten Wert auch
dem rotwärts gelegenen ersten Streifen bloß 1,4, an den übrig
Streifen aber 1,0, 1,2 und 1,2 џи betrug, während die Unterschie
in der Alkoholreihe an den beiden rotwärts gelegenen Streifen 3,6 u
4,1 uu ausmachen.
Nun ergibt eine weitere Berechnung folgendes: Die molekul:
Refraktion nimmt in der Alkoholreihe vom Ein- bis zum Achtkohlenst«
alkohol um 32,4 zu, in der Esterreihe vom Ester mit der Zwei- bis zı
Ester mit der Sechskohlenstoff-Alkoholkomponente um 17,8, wora
sich in der Alkoholreihe als Unterschied zwischen je zwei benachbart
Gliedern der Wert 4,6, in der Esterreihe nahezu wieder dasselbe, nämli
4,5 ergibt. Hingegen betragen die betreffenden Spannungen bezügli
des Brechungsexponenten in der Alkoholreihe 0,1009, in der Esterreil
0,0352 ; so daß sich als mittlerer Unterschied zwischen zwei benachbart
Gliedern der Alkoholreihe 0,0147, in der Esterreihe aber bloß 0,00
errechnen läßt. (Der tatsächliche Unterschied zwischen der mo
kularen Refraktion zweier benachbarter Glieder ist längs der ganz
Reihe weit konstanter, als der zwischen ihren Brechungsexponente!
Es scheint also bezüglich der Verschiebung der Absorptionsstreif
eher ein Zusammenhang mit dem Brechungsexponenten als п
der molekularen Refraktion zu bestehen. Wie dem immer s
innerhalb jeder der beiden homologen Reihen besteht ein unverker
barer konsequenter Parallelismuszwischen Molekulargewicht, Brechun;
exponent und molekularer Refraktion des Lösungsmittels einerse
und der Lage der vier Absorptionsstreifen in den betreffenden Lösung
andererseits. |
Daß das abweichende Verhalten des Äthylformiats nicht dur
_ Ablesungsfehler verursacht oder etwa durch Unreinheit des Präpars
verschuldet war, geht daraus hervor, daß sich auch das Meth;
formiat ebenso verhielt. Man hat den Eindruck, daß in dies
beiden Lösungen bereits eine Annäherung an das sau
Spektrum stattfindet, das am Hämatoporphyrin - Dimethylest
ähnlich wie am Hämatoporphyrin beschaffen ist. Ganz au
gesprochen ist dies der Fall am Äthyloxalat, wie aus nachstehend
Tabelle IV hervorgeht.
Abhängigkeit der Lage der Absorptionsstreifen usw. 193
Tabelle IV.
НЫ | Mitte der Absorptionsstrefen =
Lösungsmittel о» Е бооп ш IV
| | | uu | ии и Мр. uu
һуНогтіаё ..... ‚ 1,3506) 6028 | 5627 | 5301 | 5011
äylformiat. .. |.. с 13645*)|| 6019 | 5624 | 5318 | 4972
vloxalat | | | | | . `, 1410 595,7 "5610 "sai
*) Моп mir selbst bestimmt.
С. Vergleich zwischen normalen Alkoholen und den Estern mit der
іса C-Zahl. Zu diesem Vergleich standen mir drei Paare zur Ver-
xng, deren Daten in nachfolgender Tabelle V zusammengestellt sind.
Tabelle V.
nn J | Mitte der Absorptionsstreifen u
Lösungsmittel КА г nm | цу
РО | _ ү "и J mm | un | uu
Batylalkohol 22.2.1 2913 1 623,1 | 5728 | 5331 | 4989
зе . ..... | 2225 | 6237 | 5741 531,5 497,6
‚Heptylalkohol . . . .| 3609 | 624,7 | 574,7 | 5337 | 500,2
ümlvalerat . . . . . . | 36,10 | 6251 | 5751 5390 | 498,8
:Oktylalkohol . . . . . | 4064*)| 625,2 | 5748 | 5338 | 499,5
ühylapronat . . . . . ‚ 4002 , 6243 5751 | 5327 | 4988
* Von mir selbst bestimmt.
In dieser Tabelle ist je ein Alkohol mit dem Ester von derselben
ichlenstoffzahl vergesellschaftet; ihre molekulare Refraktion ist
ahezu identisch, hingegen die Lage der Absorptionsstreifen eine
erschiedene: Die beiden violettwärts gelegenen Streifen sind in der
Eterlösung gegenüber der alkoholischen violettwärts, die beiden
“wärts gelegenen rotwärts verschoben. Nur in der dritten Gruppe
"leidet diese regelmäßige Verschiebung eine Störung, und zwar
Моје der offenbar unrichtig bestimmten Lage des ersten rotwärts
Eegenen Streifens am Äthylcapronat, welcher Wert auch in Tabelle III
w der Reihe springt. Wenn hiervon abgesehen werden darf, so kann
тап füglich sagen, daß es sich hier um eine ziemlich sichergestellte
(esetzmäßigkeit handelt, um so eher, da die betreffenden Unterschiede
ed größer sind, als den zulässigen Fehlerquellen entspricht.
lie Unterschiede betragen am
| L Streifen | П. Streifen | Ш. Streifen | IV. Streifen
— un ' ни | uu uu
àn dem je 4 4С enthaltenden Paare 0,6 13 : 16 1,3
— TC А , 0,4 0,4 1,7 1,4
386 Lä | 141 0,7
Biochemische Zeitschrift Band 170 13
194 A. Szilärd:
D. Primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole. Wäre der Parallelism
zwischen molekularer Refraktion eines Lösungsmittels und Lage ‹
Absorptionsstreifen des in ihm gelösten Farbstoffes eine Gesetzmäßigk
von allgemeiner Gültigkeit, so hätte ich, da „Isomere mit ähnlicl
chemischer Natur und Struktur fast das gleiche ... molekule
Brechungsvermögen besitzen‘ (Smiles), bei Verwendung obiger Isomer
die Absorptionsstreifen stets an derselben Stelle finden müssen. D
war aber durchaus nicht der Fall. Es standen mir der normale, с
sekundäre und tertiäre Butylalkohol (Kahlbaumsches Präparate) z
Verfügung, deren molekulare Refraktion, wie auch aus nachstehend
Tabelle VI ersichtlich, nahezu identisch ist. Ordnet man с
für die Lage der Absorptionsstreifen erhaltenen Daten nach d
Brechungsindizes, so ergibt sich laut Tabelle VI, daß die beid
rotwärts gelegenen Streifen gegen das violette Spektralende ve
schoben sind (ein aus der Reihe springender Wert an sekundäre
Alkohol!), die beiden violettwärts gelegenen aber gegen das ro
Spektralende.
Tabelle VI.
| | | Mitte der Absorptionsstreifen
б зз te re ae er ne
Lösungsmittel | Wd MR | S = S
| "оми | uu pu J AN.
= U SIR . |
tert. Butylalkohol . . . | 1,3878 | 22,22 | 624,1 | 573,5 | 532,6 | 4978
век. S . . . | 1,3974 | 22,12 | 623,7 | 574,2 | 532,7
; . . . 13991 | 22,13 | 6231 | 572,8 | 533,1 | 409
n
Diese Verschiebungen sind nicht sehr bedeutend, auch nicht gan
regelmäßig, doch jedenfalls größer, als es den unvermeidlichen Versuch:
bzw. Ablesungsfehlern entspricht.
Beobachtungen am Isomerenpaar normaler und sekundärer Okty.
alkohol (Kahlbaum) ergaben kein klar zu deutendes Ergebnis (Ta
belle VII).
Tabelle VII.
| | Mitte der Absorptionsstreifen
SOOO O O —
Lõsungamittel | nn M рЁ | i | а
| m IV
ИНИНИ m m Im Le.
> — Г
sek. Oktylalkohol . . . ||1,4244 | 40,56 | 625,0 | 573,7 | 533,8 | 49,0
n : ‚.. |14814*)| 4064 | 625,2 | отав | 5338 | 495
*) Von mir selbst bestimmt.
Abhängigkeit der Lage der Absorptionsstreifen usw. 195
Durch die Isomerie von der Art, wie sie bezüglich der normalen,
sindären und tertiären Butylalkohole besteht, wird also kaum ein
Interschied im molekularen Brechungsvermögen, wohl aber bezüg-
kh der Lage der Absorptionsstreifen des gelösten Farbstoffes ver-
vacht.
E. Isomere mit verzweigten Kohlenstoffketten. Von Alkoholen mit
wseigter Kohlenstoffkette stand mir leider nur ein einziger zur
t Teligung, Isoamylalkohol mit dem Siedepunkt 1319 С (Mercksches
` Riprat), daher sich die an ihm erhobenen Daten nur im Vergleich
Hier unter A. besprochenen Reihe der normalen Alkohole verwerten
; keen.
Leider fehlt in dieser Reihe gerade auch der normale Amylalkohol,
ғ daß sich ein Vergleich nur auf folgende Weise anstellen läßt: An
ёп normalen Alkoholen war vom Methyl- bis zum Butylalkohol mit
f ir Zunahme des molekularen Brechungsvermögens eine zunehmende
' Trchiebung aller Absorptionsstreifen gegen das rote Spektralende
ührzunehmen. Vom Butyl- bis zum Isoamylalkohol nimmt das mole-
i hlare Brechungsvermögen um 4,6 zu, genau wie zwischen den jeweilig
' knachbarten normalen Alkoholen. Hingegen findet vom Butyl- bis
пт Isoamylalkohol die erwartete Verschiebung nach dem roten
$ektralende nur an einem einzigen Streifen statt; an zwei anderen
' КеНеп erfolgt die Verschiebung nach dem blauen Spektralende
: belle VIII).
Tabelle VIII.
u | Mitte der Absorptionsstreifen
Lösungsmittel "p | %ь# 1 п Im |w
\ L uu uu г um | ци
| = = — — =
ıButylalkahol .... 7 22,13 | 623,1 572,8 533,1 | 499,9
ie-Amylalkohol . . . || 1.4084 2614 | 6229 | 5721 | 5339 | 4995
Also kann das molekulare Brechungsvermögen eines primären
Alkohols mit verzweigter Kohlenstoffkette den Wert haben, der seiner
Kohlenstoffzahl entspricht, während die von ihm ausgeübte Beein-
itung der Lage der Absorptionsstreifen nicht seiner Kohlenstoffzahl
atspricht.
F. Isomere Ester. Ich hatte Gelegenheit, einerseits die Isomeren
Yethyipropionat, Äthylacetat und Propylformiat (Kahlbaumsche
hiperate), andererseits Isoamylpropionat (Kahlbaum) und Äthyl-
“prmat (von Herrn Prof. Buchböck) zu vergleichen. Das Ergebnis
13*
196 A. Szilärd:
war, wie aus nachstehender Tabelle IX zu ersehen ist, an den zv
Isomerengruppen ein teilweise verschiedenes.
Tabelle IX.
Mitte der Absorptionsstreifen
Lösungsmittel D D 1 i П | Ш ру
uu | mu | un | чи
Methylpropionat . . . [1,3770 | 2241 || 6241 | 574,0 | 531,5 ı 497,
Äthylacetat. . . . . . 1,3797 | 29,25 | 623,7 | 574,1 | 531,5 497,
Propylformiet. . . . . 1,3784*)| 22,13 | 623,3 | 573,9 | 532,4 498,
Isoamylpropionat .-. . ;1,4067*). 39,97 | 624,6 | 575,0 | 532,9 49,
Äthylcapronat /1,4079*)! 40,02 | 624,3 5751 | 532,7 | 498.
») Von mir selbst bestimmt.
Brechungsindex und molekulares Brechungsvermögen sind £
den drei erstgenannten Isomeren sehr ähnlich ; dem entspricht bezügli
der Lage der Absorptionsstreifen der sehr geringe Unterschied von 0,
0,1, 0 und 0,1 vu zwischen Methylpropionat und Äthylacetat, währen
hingegen der Unterschied zwischen Äthylacetat und Propylformiat 0,
0,2, 0,9 und 0,8 uu beträgt. Die Ursache des geringen Unterschiede
im ersten, des größeren im zweiten Falle dürfte davon herrühren, da!
in der Lagerung der Alkylgruppen zwischen Methylpropionat ш
Äthylacetat ein weit geringerer Unterschied besteht als zwischen dies
beiden Estern und dem Propylformiat, in welch letzterem Alkylgruppe
nur an einem Ende des Moleküls sich finden. Diese Verhältnisse werde
durch nachstehende Darstellungsart am besten charakterisiert.
Ä н,
|
CH, H,
Methylpropionat Äthylacetat Propylformiat
Ist diese Erklärungsart richtig, so müssen am anderen Isomerenpaa
(Isoamylpropionat und Äthylcapronat) die Unterschiede bezüglich de
Lage der Absorptionsstreifen nur gering sein, da ja im Aufbau diese
beiden Ester — abgesehen von der verzweigten C-Kette im ersteren -
dieselbe Analogie besteht, wie zwischen Methylpropionat und Äthylacetat
Abhängigkeit der Lage der Absorptionsstreifen usw. 197
Bes ist laut Tabelle IX in der Tat der Fall, indem die Unterschiede bloß
03 0,1, 0,2 und 0,2 up betragen.
сн, CH. CH,
N? |
(CHA (СН,),
? C=0
CO d
Ä H, CH,
CH, H,
Isoamylpropionat Äthylcapronat
G. Unglesche Beeinflussung der Lage der Absorptionsstreifen bei
«иси sdentischem molekularen Brechungsvermögen nicht isomerer Ver-
wenden, Hierzu lieferte mir Chloroform und Schwefelkohlenstoff
wn Herrn Prof. Gröh gereinigte Präparate) ein geradezu klassisches
Šipiel, wobei allerdings bemerkt werden muß, daß nur das molekulare
&echungsvermögen an beiden Verbindungen nahezu identisch, der
Brechungsindex aber gänzlich verschieden ist. Wie aus nachstehender
Тее X hervorgeht, ist mit dem größeren Brechungsindex des
\hwefelkohlenstoffs eine starke Verschiebung der Absorptionsstreifen
ich dem roten Spektralende verbunden.
Tabelle X.
i Mitte der Absorptionsstreifen
Lösungsmittel пр | Zu R | 1 1 Ш IV
| uu uu ин un
— BREIT ИУ б -— Йй Ä
"oroform `... 1,4467 | 21,40 ` 623,6 572,8 535,1 ' 501,0
3 ее 1,4607 | 26,51 628.0 576,7 535,9 | 5024
Khwefelkohlenstoff . 1,6276. 21,36 629,7 679,3 541,9 | 507,5
Merkwürdigerweise ist diese Verschiebung an allen Streifen nahezu’
kich groß; sie schwankt zwischen 6,1 und 6,8 ши.
Einen Übergang zwischen Chloroform und Schwefelkohlenstoff
vheint das Tetrachlormethan zu bilden, indem hier gegenüber dem
"Waarm die beiden rotwärts gelegenen Streifen stärker, die beiden
"lettwärts gelegenen weit schwächer rotwärts verschoben sind.
H. Homologe Reihe aromatischer Verbindungen. Benzol, Toluol
ad Xylol standen mir nur in dem Grade von Reinheit zur Verfügung,
"е diese Präparate zu den üblichen Laboratoriumszwecken verwendet
"werden pflegen. Wie aus nachstehender Tabelle XI ersichtlich, ist
at zunehmendem molekularem Brechungsvermögen am ersten rotwärts
198 A. Szilärd:
gelegenen Absorptionsstreifen eine regelmäßige, deutliche, am zweite
und dritten Streifen eine weniger regelmäßige Verschiebung nach de
roten Spektralende, am vierten keine zu konstatieren.
Tabelle XI.
|
Mitte der Absorptionsstreifen
|
Lösungsmittel к "nn | "pn
|
ин Lol
Benzol ........ = 1,5014 26,18 am | 625,8 | 5755
Toluol ........ ‚14992 | 31.06 | 6262 | 5754
Xylol . 2.2.2.2... | 1,4996 | 35,90 | 6267 | 576,4
Die oben ausführlich besprochenen Ergebnisse, die auch in nach
stehender Abbildung wiedergegeben sind, lassen sich kurz wie folg
‚zusammenfassen :
1. Die Kundische Regel, wonach mit zunehmendem molekulare
Brechungsvermögen jarbloser Lösungsmittel die Absorplionsstreijen de
gelösten Farbstoffe rotwärts verschoben werden, wird im allgemeinen be
stätigt.
2. Innerhalb der homologen Reihe normaler Alkohole erleiden mit
zunehmendem molekularen Brechungsvermögen der Lösungsmittel die
Absorptionsstreifen des gelösten Farbstoffes eine zunehmende rolwärts
gerichtete Verschiebung, die an den rotwärts gelegenen Streifen stärker ist
als an den violettwärts gelegenen.
3. Auch innerhalb der homologen Reihe der Äthylester findet eine
analoge Verschiebung statt, nur ist sie geringer als an den normalen
Alkoholen.
4. n Alkohole und Äthylester mit derselben C-Zahl haben zwar an-
nähernd dasselbe Brechungsvermögen, doch unterscheiden sie sich bezüglich
der Lage des Absorptionsstreilen des in ihnen gelösten Farbstoffes. Von
der Verschiebung in der Esterlösung im Vergleich mit der alkoholischen
‚Lösung werden die rot- bzw. violettwärts gelegenen Absorptionsstreifen
ungleichsinnig betroffen.
5. Eine ungleichsinnige Verschiebung der Absorptionsstreifen ist
auch innerhalb der Reihe isomerer Alkohole (normal, sekundär, tertiür)
anzutreffen.
6. Ein Alkohol mit verzweigter C-Kette hat sehr angenähert dasselbe
molekulare Brechungsvermögen wie der normale Alkohol mit derselben
C-Zahl;, hingegen ist die Lage der Absorptionsstreifen des in beiden gelösten
Farbstoffes eine verschiedene. |
7. Die Lage der Absorptionsstreifen des in isomeren Estern (т
nahezu identischem molekularen Brechungsvermögen) gelösten Farbstojles
zeigt geringe Unterschiede, wenn die Ester auch strukturell möglichst
Abhängigkeit der Lage der Absorptionsstreifen usw. 199
islich sind; bei struktureller Verschiedenheit sind die Unterschiede in
т Lage der Absorptionsstreifen größer.
8. Nichtssomere Verbindungen mit nahezu tidentischem molekularen
rechungsvermögen können sich bezüglich der Lage der Absorptions-
safen des in ihnen gelösten Farbstoffes sehr verschieden verhalten.
9. Innerhalb der homologen Reihe der Benzole findet mit zunehmendem
lekularen Brechungsvermögen eine Verschiebung der Absorptions-
wien des gelösten Farbstoffes nach dem roten Spektralende statt, nur
(ac weit geringer als innerhalb der homologen Reihe der normalen
Lokale.
м
En
— —— — — — —
“у
en mem,
La ép GNS UNN QU AU Мм kën tee Eu za
©
”
— — ——
Abb. 1.
А) 1. Metbylalkohol, В) 1. Athylacetat, С) 1. neButylalkohol,
2. Athylalikohol, 2. Atbylpropionat, 2. Äthylacetat,
3. n-Propylalkobol, 3. Athylbutyrat, 3. nHeptylalkohol,
4. n-Butylalkohol, 4. Athylvalerat, 4. Athylvalerat,
5. nHeptylalkohol, 5. Athylcapronat. 5. n⸗Octylalkohol.
6. n-Octylaikohol. 6. Athylcapronat.
D) 1. tertiärer Butylalkohol, F) 1. Methylpropionat,
2. sekundärer Butylalkohol, 2. Äthylacetat,
3. normaler Butylalkohol, 3. Propylformiat,
4. Isoamylpropionat,
5. Athylcapronat.
Ohne auf die möglichen Ursachen der beschriebenen vielfältigen
nd nicht so ohne weiteres deutbaren Erscheinungen eingehen zu
sollen, seien hier die Befunde von Spring!) erwähnt, denen auch solche
— —
!) Ж. Spring, Receuil des travaux Chimiques des Pays-Bas et de la
Belgique 16, (N. F. 1), 17, 1897.
200 A. Szilárd: Abhängigkeit d. Lage d. Absorptionsstreifen usw.
von Russel und Lapraik!) vorangingen. Spring hat eine Reihe v
sogenannten farblosen organischen Lösungsmitteln in meterlan;
Schichtdicke der spektroskopischen Prüfung unterworfen und /
sorptionsstreifen nachgewiesen, die innerhalb einer homologen Rei
um so näher dem roten Ende des Spektrums gelegen sind, je größer ‹
C-Zahl der betreffenden Verbindung ist. In nachfolgender Reihe ist
so ziemlich nur der Methylalkohol, der diesbezüglich aus der Rei
springt. Spring fand die Absorptionsstreifen am
Methylalkohol . . . . . . . bei 639.5 uu
Äthylalkohol . . . . . .. „ 633,7 ,,
Propylalkohol . . . . . .. vn 635,7 „
Isopropylalkohol . . . . . . „ 634,5 ,,
Isobutylalkohol . . . . . . „ 636,1 ,,
Amylalkohol ....... vn 638,1 ,,
Benzol .......... vn 606,5 und 553,0 uu
Toluol . . . 2.2. 2 2 202. „ 613,0 ,„ 563,0 „
Aylol.s.2 eer жб я жой „ 636,9 ,, 611,0 „
Die уоп Kundt und nun auch von mir konstatierte Verschiebun
der Absorptionsstreifen eines Farbstoffes, wenn dieser in der homologe
Reihe von Alkoholen gelöst untersucht wird, ist mit dem Springsche:
Befund nicht identisch, bzw. Kundts und meine Befunde können аш
dem Verhalten des reinen Lösungsmittels allein nicht erklärt werden:
bedenke man doch die hundert- und mehrfach größeren Schichtdicke,
die Spring anwenden mußte, um seine Absorptionsstreifen wahrnehmer
zu können. Verwandt bzw. auf eine gemeinsame Ursache zurück
zuführen dürften die beiderseitigen Erscheinungen — die mit zu
nehmender Molekulargröße erfolgende Verschiebung der eigenen Ab
sorptionsstreifen einerseits, und die Verschiebung der Absorptions
streifen des gelösten Farbstoffes andererseits — allerdings sein. Ж
kann man sich z. B. vorstellen, daß vielleicht in den Alkoholen, went
sie als Lösungsmittel mit dem gelösten Farbstoff in nähere Beziehung
treten (Solvatation), die Tendenz, mit zunehmender Molekulargröße
die Absorptionsstreifen rotwärts zu verschieben, so enorm gesteigert
wird, daß schon in lcm dicker Schicht dieselbe Wirkung zustande
kommt, wie in reinem Zustande erst in einer Schichtdicke von
mehreren Metera.
Diese Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung des Herrn
Prof. Paul Hári ausgeführt.
1) J. W. Russel ot W. Lapraik, Journ. of the chem. Soc. 89, 168, 188];
zitiert bei Spring.
Tierische Kalorimetrie.
VII. Mitteilung:
Über den Einfluß des Hämatoporphyrins auf Körpertemperatur
und Energieumsatz.
Von
Ladislaus Kajdi.
iss dem physiologisch-chemischen Institut der Universität Budapest.)
(Eingegangen am 21. Januar 1926.)
Über das Vorkommen von Porphyrinen in Harn und Kot sowie
ich in gewissen tierischen und pflanzlichen Gebilden haben die neuesten `
ıtersuchungen mehr Klarheit geschaffen als noch vor einigen Jahren
ı erhoffen war, desgleichen teilweise auch über die Provenienz so
Bücher dieser Stoffe. Die merkwürdigen Sensibilisierungs-
rcheinungen, die nach Einbringung von Hämatoporphyrin an den
rsuchstieren zu beobachten sind, wenn man sie dem Lichte aussetzt,
ad ebenfalls allgemein bekannt. Unbeantwortet ist aber bis auf den
gen Tag die Frage geblieben, ob den Porphyrinen eine Wirkung
w den Stoff- bzw. Energieumsatz zukommt, und wenn dies der Fall
“.in welcher Weise sich diese Wirkung äußert ?
Denn es ist von vornherein durchaus nicht unmöglich, daß die
torphyrine als intermediäre Produkte in weit größeren Mengen gebildet
werden als sie aus Harn und Kot erhalten werden können, indem sie
1 nach ihrem Entstehen tiefer abgebaut werden. Während der noch
kurzen Dauer ihres Bestehens könnten sie aber den Stoff- und Energie-
watz in erheblichem Maße beeinflussen.
In den nachstehend zu beschreibenden Versuchen habe ich es
mternommen, dieser Frage näherzutreten.
202 L. Kajdi:
Einrichtung der Versuche.
Als Versuchstiere habe ich mit Ausnahme eines Tieres, das noch |
Wachstum begriffen war, erwachsene weiße Ratten verwendet. Nachde
ihr Grundumsatz in einer Anzahl von Vorversuchen nach der sofort
beschreibenden Methode festgestellt war, habe ich ihnen selbstbereitet
Hämatoporphyrin (fürderhin abgekürzt als Hph bezeichnet) in 1рг‹
Na,CO, gelöst, subkutan beigebracht, wobei das Volumen der eingespritzt
Lösung meistens 11%, ccm, seltener bloß 1 bzw. 2% cem betrug, und wied
ihren Energieumsatz bestimmt.
Da es immerhin möglich war, daß durch die Injektion dieses Lösung
mittels allein schon eine Änderung im Energieumsatz eintritt, habe ich «
einigen Tieren erst die Wirkung der lproz. Lösung von Na,CO, alle
geprüft und den Tieren erst später Hph injiziert.
Der Energieumsatz wurde in allen Versuchen indirekt durch B
rechnung aus dem Sauerstoffverbrauch und demrespirsatorischen Quotient«
ermittelt. Auch der O,-Verbrauch wurde nicht direkt bestimmt, sondeı
aus der Änderung des Körpergewichts und den Ausgaben des Tieres währen
der Versuchsdauer berechnet. Daß die so ermittelten Werte gut verwendb:
sind, geht aus der Übereinstimmung der direkt bestimmten und des bi
rechneten O,-Verbrauchs in vielen aus diesem Institut mitgeteilten Ve
suchen hervor.
Die Dauer je eines Respirationsversuchs betrug in der Regel 7 bi
8 Stunden, ausnahmsweise auch bloß 6 bzw. auch bis zu 11 Stunden
Es muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß sich die Tiere währen:
der ganzen Versuchsdauer äußerst ruhig, beinahe unbeweglich verhielten
nur ab und zu änderten die bei der kritischen Temperaturgrenze in den
ziemlich engen Käfig (siehe weiter unten) gehaltenen Tiere ihre Lage, un
dann sofort wieder in die beinahe starre Ruhe zu verfallen.
Einige Versuchstiere wurden Monate hindurch eiweißarm, bloß mi
Küchenabfällen gefüttert, aus denen ich die größeren Fleischstücke ent
fernte, andere erhielten täglich је 3g Käse und Brot nach Belieben. Di
ganze Beobachtungsdauer betrug 1 bis 11 Monate. Während dieser lange!
Zeit wurden die Respirationsversuche natürlich nicht täglich, sondern blo!
in Intervallen von mehreren Tagen bzw. Wochen ausgeführt. Dies hatt
unter anderem auch folgenden Grund: Nach den langjährigen Erfahrungen
die in unserem Institut gesammelt wurden, lassen sich an diesen kleineı
Versuchstieren gut vergleichbare Ergebnisse nur erhalten, wenn sie пас!
einer angemessenen Hungerperiode von 15 bis 24 Stunden untersuch
werden. Da aber die Tiere schon während dieses kurzen Hungers stark al
Gewicht abnehmen, demzufolge auch ihr Energieumsatz bei öfter wieder
holtem, wenn auch kurzem Hungern fortlaufend abnimmt, wie dies УО!
Aszódi!) gezeigt wurde, habe ich einen nächsten Respirationsversuch ers
dann ausgeführt, nachdem das Tier durch längere normale Fütterung
wieder auf den ursprünglichen Stand gebracht wurde.
Zu den Respirationsversuchen habe ich die Apparatur verwendet, die
von Aszódi?) beschrieben, und auch von Goto?) benutzt wurde. Bezüglich-
1) Z. Aszódi, diese Zeitschr. 152, 472, 1924.
2) Derselbe, ebendaselbst 118, 70, 1920.
2) K. Goto, ebendaselbst 185, 107, 1922.
Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 203
к Einzelheiten dieser Apparatur sei auf die genannten Mitteilungen
wesen und hier nur in aller Kürze folgendes mitgeteilt: Ein etwa
Liter haltender Exsikkator diente als Respirationskasten, in dem sich das
¥r auf einem in halber Höhe angebrachten Drahtnetz aufhielt, jedoch
кі frei, sondern in einem kleinen Käfig eingeschlossen, mit dem zusammen
ivor und nach dem Versuche gewogen wurde. Durch die obere Öffnung
» Exsikkators traten ein Thermometer, ein Quecksilbermanometer
si zwei Glasröhren für die ein- bzw. austretende, durch eine Wasserstrahl-
itpımpe beförderte Ventilationsluft. Die eintretende Luft wurde mit
zzatrierter H,SO, von Wasserdampf, mit angefeuchtetem Natronkalk
ш СО, befreit. Auch der vom Tiere produzierte Wasserdampf wurde in
knentrierter H, SO, bzw. das produzierte CO, in Natronkalk aufgefangen.
Ievom Natronkalk abgegebene Wasserdampf wurde durch konzentrierte
10, zurückgehalten.) Um zu kontrollieren, ob alles CO, aus der
eetenden Außenluft entfernt war bzw. alles vom Tier gebildete
i aufgefangen ward, habe ich in beide Absorptionssysteme je eine
бее Waschflasche mit Barytwasser eingeschaltet, bei der eintretenden
x zwischen H,SO, und Маігопкаік, bei der austretenden an-
vend an die Weasserstrahlluftpumpe.. Versuche, in denen das
äntwasser vor oder hinter dem Exsikkator sich getrübt hatte, wurden
t mißlungen verworfen.
Alle Versuche wurden bei oder in der Nähe der für Ratten kritischen
mperaturgrenze ausgeführt, die Goto?) für diese Tiere bei 28° С gefunden
* Für konstante Versuchstemperatur war dadurch gesorgt, daß der
sıkkstor mit dem Tiere ganz unter Wasser in einem großen Topf ver-
akt werden konnte. Die Anwärmung erfolgte vom Boden des Topfes her
х einer kleinen Gasflamme.
Da die durch Hph gegen Licht sensibilisierten Ratten sich äußerst
ће gebärden, was zu einer wesentlichen Steigerung des Energieumsatzes
ai dadurch zu einer Entstellung der Versuchsergebnisse führen müßte,
nde nicht nur der Behälter, in dem sich das Tier in den Zwischenpausen
schen je zwei Versuchen aufhielt, sondern auch der Topf mit dem
sikkstor und dem darin befindlichen Tier während der Versuche selbst
1 Finstern gehalten. Letzteres konnte durch Zudecken des Topfes erreicht
nmen, .
Die Ventilation, etwa 50 bis 60 Liter pro Stunde, war so bemessen,
А) die Bildung von Kondenswasser — außer etwaigen Undichtigkeiten,
e gefährlichste Quelle für Fehler in der Berechnung des Sauerstoff-
"much — stets ausgeschlossen war. Trotzdem wurde vorsichtshalber
"hend der letzten halben Versuchsstunde die Ventilation auf etwa
“Liter pro Stunde gesteigert.
Auf die Gefahr hin, unvollständige Daten über das Verhalten der
"rpertemperatur zu erhalten, habe ich diese nur an den Tagen bestimmt,
x. denen auch ein Respirationsversuch stattgefunden hat. Denn es war
“5 zu befürchten, daß die Tiere, da sie gegen Licht sensibilisiert sind,
“a auch für kurze Zeit, doch öfter der Lichtwirkung ausgesetzt, in die
"kannte Unruhe verfallen, die dann die Brauchbarkeit sämtlicher nach-
"gender Versuche beeinflussen könnte.
01. е.
204. L. Kajdi Н
Berechnung des Energieumsatzes.
Die Berechnung der Versuchsergebnisse war eine sehr einfache. Dadu
daß sich die Tiere im Exsikkator nicht frei, sondern in den genanı
Käfig eingeschlossen befanden und am Beginn des Versuchs samt diei
Käfig, am Ende des Versuchs aber auch samt den allfälligen Dejeli
gewogen wurden, fielen alle Fehlerquellen weg, die sonst mit der gesonder
Gewichtsbestimmung des Harns und des Kotes einherzugehen рПе
Der kalorische Wert des verbrauchten Sauerstoffs wurde den Tabel
von Magnus-Levy!) entnommen.
Beschreibung der Versuche.
An einigen Tieren war das Ergebnis, nachdem die Respiratio
versuche begonnen hatten, ein von Versuch zu Versuch sehr v
всһіедепев; an anderen Tieren mußten die Versuche, nachdem
seit einiger Zeit bereits im Gange waren, aus äußeren Gründen !
längere Zeit unterbrochen werden. In ersterem Falle konnten ‹
Versuche nur von dem Tage an verwendet werden, an dem der Energ
umsatz eine gewisse Konstanz aufwies; im zweiten Falle aber nur ‹
Versuche, die nach der Pause angeführt wurden. |
Ferner konnten aus den S. 202 angeführten Gründen die Versuc.
nicht an einem jeden beliebigen Tage ausgeführt werden. Unliebsan
Mängel ergaben sich auch daraus, daß ich in mehreren Versuchsreihe
den entscheidenden Versuch aus äußeren Gründen (mißlungene Ve
suche infolge von Fehlern in der Apparatur usw.) erst am zweiten Tag
in anderen erst am dritten, fünften usw. Tage in einer Versuch
reihe sogar erst am 17. Tage ausführen konnte. Diese Umstände hatti
zur Folge, daß eine etwaige Einwirkung des Hph, sei es а
die Körpertemperatur, sei es auf den Energieumsatz, sofern sie sit
bald nach erfolgter Einspritzung eingestellt hat und von kurzer Dau
(wenige Stunden) war, dem Nachweis entgehen mußte. |
Zu den Versuchen habe ich insgesamt 11 Tiere verwendet. А
sieben Tieren habe ich je eine Versuchsreihe ausgeführt, an drei Tiere
je zwei und an einem Tiere drei Versuchsreihen.
Ratte A (Weibchen).
Am 18. Februar 1923 zu den Versuchen eingestellt; Beobachtungsdaue
11 Monate; während dieser Zeit mit Küchenabfällen, bloß gegen Ende de
ganzen Periode 2 Wochen lang mit Käse ernährt. Energieumsatz von Anfan
an recht konstant: im Durchschnitt von 11 Vorversuchen 827 be
pro 1 qm Körperoberfläche. Nach erfolgter Hph-Injektion konnten infolg
— — — — —
1) Adolf Magnus -Levy in Noordens Handb. d. Pathol. d. Stoffwechsel:
II. Aufl., 1, 207.
Einfluß des Hämstoporphyrins auf den Energieumsatz. 205
pi Gebrechens am Apparat (Aufdeckung und Behebung des Fehlers,
feiversuche\) die Respirationsversuche erst 17 Tage später wieder auf-
mmen werden. Sie ergaben eine Zunahme des Energieumsatzes, die
mg 26, und während der nachfolgenden Monate 14 bis 25 Proz. betrug.
№ an einem einzigen Versuchstage war der Energieumsatz infolge
tigen Durchfalls unter den normalen Wert abgefallen.) Eine wesentliche
brang der Körpertemperatur war weder in den ersten 24 Stunden,
haber an den späteren Versuchstagen vorhanden. Das Tier blieb noch
a 2? Monate nach Abschluß der Versuche bei bester Gesundheit, bis es,
е апре andere meiner Versuchstiere, einer Leuchtgasvergiftung zum
І Ratte В (Weibchen).
Am 4. März 1923 zu den Versuchen eingestellt; während der ganzen
Sllonate langen Beobachtungsdauer mit Küchenabfällen ernährt. Während
ersten Monats waren die Versuche hauptsächlich dadurch gestört, daß
Tier einige Junge zur Welt gebracht hatte, daher diese Versuche nicht
ücksichtigt werden konnten. Auch während der nun folgenden 3 Monate
für den Energieumsatz einigermaßen schwankende Werte erhalten,
' aber trotzdem den plausiblen Mittelwert von 800 kg/cal pro 1 qm
: berfläche ergaben. Nach erfolgter Hph-Injektion konnte, da das
4 Tage später zugrunde ging, bloß ein Versuch ausgeführt werden,
er weder eine Änderung im Energieumsatz, noch aber in der Körpertempe-
stur ergab.
Ratte C (junges Weibchen mit dem Anfangsgewicht von 80g).
Am 28. März 1923 zu den Versuchen eingestellt. Beobachtungsdauer
BMonate. Während der ersten 4 Monate mit Küchenabfällen, von da
miangend mit Käse ernährt. Eine Reihe von Vorversuchen konnte nicht
| wendet werden, weil sie durch eine 3 Monate währende Versuchspause
"sserbrochen wurden; desgleichen auch drei Versuche nach einer ersten
Hrh-Injektion, da zwei ihr vorangehende Normalversuche so hohe Werte
eet über 900 cal) lieferten, wie sie an normalen nüchternen Tieren bei
ter kritischen Temperaturgrenze nicht vorzukommen pflegen. Während
ter dieser ersten Injektion folgenden 3 Wochen blieb der Energieumsatz
"ht konstant auf der durchschnittlichen Höhe von 870 kg/cal pro 1 qm
Körperoberfläche und hat sich bloß unwesentlich geändert, nachdem dem
Tiere ein zweites Mal Hph injiziert wurde. Auch die Körpertemperatur
'zigte weder nach der ersten, noch nach der zweiten Injektion eine wesent-
te Änderung. Das Tier ging etwa 21, Monate nach Abschluß der Versuche
` "Joie der erwähnten Leuchtgasausströmung zugrunde.
Ratte D (Weibchen).
Am 7. März 1923 zu den Versuchen eingestellt, blieb 9 Monate lang
wter Beobachtung; nur in den letzten 7 Wochen mit Käse, sonst stets mit
küchenabfällen ernährt. Der Energieumsatz war in den ersten 2 Monaten
| „twankend, blieb während der nun folgenden 4 Monate konstant, trotzdem
‚ iu Tiere inzwischen eine rasch wachsende Mammageschwulst auftrat, die
“«rativ entfernt werden mußte. Im Durchschnitt von sieben Vorversuchen
"rg der Energieumsatz 762kgjcal pro 1 qm Körperoberfläche; war
206 L. Kajdi:
in den ersten 24 Stunden nach der Hph-Injektion kaum verändert, «
aber nach Ablauf von 6 Tagen um 35 Proz., nach weiteren 6 Tagen
22 Proz. an, um während der nun folgenden 7 Wochen wieder wesent)
wenn auch nicht bis zu dem ursprünglichen Stand abzunehmen. Die Kör]
temperatur zeigte weder am Tage der 35proz. Steigerung des Ener
umsatzes, noch auch später eine nennenswerte Änderung. Einer wiec
holten Hph-Injektion erlag das Tier in 3 Tagen.
Ratte E (Weibchen).
Am 25. April 1923 zu den Versuchen eingestellt, während der 9 Mon
langen Beobachtungsdauer stets mit Küchenabfällen ernährt. Eine Re
von Vorversuchen, in denen sich der Energieumsatz während einer dazwiscl
liegenden Versuchspause von 2 Monaten wesentlich verändert hatte, konn
eben aus diesem Grunde nicht als Normalversuche verwendet werden; w
aber zwei Versuche, zwischen denen zwar ebenfalls 2 Monate gelegen war
deren Ergebnisse aber recht gut übereingestimmt hatten und für d
Energieumsatz den Mittelwert von 853 kg/cal pro 1 qm Körperoberflä«
ergaben. 4 Tage nach der Hph-Injektion hatte der Energieumsatz ı
11 Proz. zugenommen. Nach einer zweiten Hph-Injektion war im Verla:
des nächsten Monats eine Steigerung des Energieumsatzes bis zu 17 Pr
zu konstatieren. Eine Änderung der Körpertemperatur war nach kein
der beiden Injektionen wahrzunehmen. Das Tier verendete 5 Woch
nach der zweiten Injektion.
Ratte F (Männchen).
Am 21. Juni 1924 zu den Versuchen eingestellt, 1 Jahr lang beol
achtet, während der ersten 3 Wochen mit Küchenabfällen, nachher m
Käse ernährt. Der Energieumsatz war von Anfang an konstant, betr
durchschnittlich 834 kg/cal pro 1 qm Körperoberfläche. Am Таре па
der ersten Hph-Injektion nahm er um 19 Proz., nach einer zweiten um 4ш
5 Proz., nach einer dritten um 9 Proz. zu. Die Körpertemperatur zeig
in allen drei Versuchsreihen an dem der Injektion folgenden Tage ei:
mehr oder minder ausgesprochene Steigerung, die allerdings im nächst«
Respirationsversuch nicht mehr zu beobachten war. Das Tier verende
5 Monate nach der dritten Injektion.
Ratte G (Männchen).
Am 25. Juni 1924 zu den Versuchen eingestellt und während de
ersten 2 Wochen der 51, Monate langen Beobachtungsdauer mit Kücher
abfällen, später stets mit Käse ernährt. Der Energieumsatz hatte sich 1
fünf Vorversuchen auf den leidlich konstanten Wert von 820 kg/cal рї
1 qm Körperoberfläche eingestellt. 2 Tage nach erfolgter Hph-Einspritzun
war der Energieumsatz um 10 Proz. angestiegen, in den nächsten Versuche
aber bereits unter die Norm abgefallen. Am Tage nach einer zweiten Hp!
Einspritzung war eine Zunahme des Energieumsatzes um 18 Proz., 81
drittnächsten Tage aber der Tod eingetreten. Die Körpertemperatur wie
sowohl nach der ersten, wie auch nach der zweiten Einspritzung eine
deutliche Zunahme auf.
Raite H (Männchen).
Am 19. November 1924 zu den Versuchen eingestellt und während de
bloß 1 Monat langen Beobachtungsdauer stets mit Küchenabfällen ernährt
Einfluß des Haämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 207
т Versuche ergaben einen relativ hohen Grundumsatz уоп durch-
ас 880 kg /cal pro 1 qm Körperoberfläche und war auch die Körper-
tur auffallend hoch. 24 Stunden nach erfolgter Hph-Injektion
der Energieumsatz bei weiterhin unveränderter Körpertemperatur um
Proz. (!) erhöht, 48 Stunden später aber unter den Ausgangswert herab-
gefunden. An diesem Tage war an der Injektionsstelle eine
de Geschwulst sichtbar, die, nach Abschluß dieses Versuchs
t, einen serösen, von Hph gefärbten Inhalt ergoß. Weitere 24 Stunden
т war das Tier verendet.
Raite J (Männchen).
_ Am 18. März 1925 zu den Versuchen eingestellt und während der
langen Beobachtungsdaüer stets mit Küchenabfällen ernährt.
e tz während der ersten Monate (infolge einer Cu-Vergiftung
: das schlecht verzinkte Drahtgitter?) sehr schwankend; während
nächsten 2 Monate leicht abnehmend, mit dem brauchbaren Mittelwert
En kg’cal pro 1 qm Körperoberfläche. (Wenn man einen ganz aus der
springenden Wert vernachlässigt, erhält man 829 kg/cal.)
Nach Einspritzung von 11% ccm einer Na,CO,-Lösung allein nahm der
kerzieumsatz eher ein wenig ab, nach Hph-Einspritzung um 9 Proz. zu.
k Körpertemperatur zeigte nach der Einspritzung des Alkalis eine geringe,
et der Hph-Einspritzung eine deutliche Steigerung. Das Tier verendete
Monate nach der Hph-Injektion.
Ratte K (Männchen).
Am 22. Oktober 1925 zu den Versuchen eingestellt; während der mehr
i? Monate langen Beobachtungsdauer stets mit Küchenabfällen gefüttert.
sh ene Reihe aus technischen Gründen mißlungener Versuche
pben vier gelungene Versuche einen Mittelwert von 793 kg/cal pro
sa Körperoberfläche. Nach der Einspritzung von 1,5 есш einer lproz.
von Na,CO, blieb der Energieumsatz unverändert, nach der Hph-
ion nahm er um 4% Proz. zu. Die Körpertemperatur blieb nach der
er unverändert und stieg nach der Hph-Injektion ein wenig
L Am dritten Tage nach erfolgter Hph-Injektion war das Tier verendet.
Ratte L (Männchen).
Am 3. November 1925 zu den Versuchen eingestellt und während der
Monate währenden Versuchsdauer mit Küchenabfällen ernährt. Nach
ser Reihe aus technischen Gründen mißlungener Versuche ergaben vier
“versuche einen durchschnittlichen Energieumsatz von 774 kg/cal
ю 1 qm Körperoberfläche. Nach der Injektion von 14, ccm einer lproz.
“ung von Na,CO, war der Energieumsatz 1 Tag hindurch um etwa
Proz., nach der Hph-Einspritzung am nächsten Tage um 13 Proz. erhöht,
Kiche Erhöhung noch 6 Tage später bestanden hatte. Die Körpertemperatur
sr nur am ersten der Hph-Injektion folgenden Tage etwas erhöht. Das
er ist zur Zeit der Abfassung dieser Zeilen am Leben und gesund.
Besprechung der Versuchsergebnisse.
Alle auf die Versuchsergebnisse bezüglichen Daten sind in der
Geseraltabelle am Ende der Texte enthalten; nachfolgend sind die
Ergebnisse kurz zusammengefaßt.
208 L. Kajdi:
Bei der großen Zahl von Versuchen, die ich ausführen mußte,
es nicht zu verwundern, daß einige derselben aus technischen Grün
mißlungen sind; sie wurden, falls die Fehlerquelle sicher nachgewie:
werden konnte, einfach verworfen. Andere Versuche waren, na
dem respiratorischen Quotienten beurteilt, sicher mit kleineren Mängi
behaftet, ohne jedoch, daß die Ursache dieser Mängel erkannt word
wäre ; diese Versuche durften nicht weggelassen werden. Den respirato
schen Quotienten konnte ich als Maßstab zur Beurteilung eines Versuc
aus dem Grunde heranziehen, weil es sich ja stets um Нипрегііє
gehandelt hat, an denen sich der Quotient in engen Grenzen etw
über 0,7 hält; Werte, die wesentlich höher sind, werden entweder dur
versuchstechnische Fehler oder aber durch pathologische Verhältnis
des Tieres verursacht. Natürlich soll damit nicht gesagt sein, d:
umgekehrt jeder Versuch, in dem der Quotient plausible Werte au
weist, eo ipso richtig sei; denn, falls, wie in meinen Versuchen, d
O,-Verbrauch nicht direkt bestimmt, sondern bloß berechnet wir:
verschiebt sich der O,-Wert im großen und ganzen parallel dem fi
die CO,-Ausgabe ermittelten Wert, und zwar auch in dem Falle, wen
letzterer mit einem größeren Fehler behaftet ist. Nun unterlaufen abe
erfahrungsgemäß Fehler, wenn überhaupt, meist nicht bei der Be
stimmung der CO,-Produktion, sondern bei der der Wasserdampf
abgabe und des Anfangs- und Endgewichts des Tieres (das samt den
Käfig gewogen wird). Diese Fehler ziehen aber, abweichend von der
Fehlern in der Bestimmung der CO,-Produktion, eine ausgesprochet
starke Veränderung des Quotienten nach sich; daher darf nach
stehender Statistik über das Verhalten dieses Quotienten in
sofern ein realer Wert zugesprochen werden, als aus ih
hervorgeht, daß nur in einer geringen Anzahl von insgesam
147 Versuchen der respiratorische Quotient bzw. vielleicht апе}
der O,-Verbrauch bzw. der aus diesen beiden berechnete Energie
umsatz um einen gewissen, meist nur geringen Betrag. fehlerhaft ist
Der Quotient betrug an
Ratte A in 22 Versuchen einmal über 0,770 und einmal über 0,800.
„ B, 8 D einmal unter 0,700.
„ С, 9 j5 keinmal über 0,770.
„ D,15 se einmal über 0,770.
e. Ball gi zweimal über 0,770.
„ Е „ 33 N viermal über 0,770, zweimal über 0,800.
„ Q’, 14 d je einmal unter 0,700 und über 0,800.
„ H, 4 an je einmal über 0,770 und über 0,800.
dr J je dreimal über 0,770 und über 0,800.
P К, 7 an einmal über 0,770.
‚„.L„10 D dreimal über 0,770.
Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 209
Aus obiger Zusammenstellung ist ersichtlich, daß es verhältnis-
wenige Versuche sind, in denen der respiratorische Quotient
dem Hungerquotienten abweicht; andererseits zeigen die in der
tabelle zusammengestellten Daten, daß die Hph-Injektion durch
ei Veränderung des Quotienten gefolgt war.
Das Verhalten der Körpertemperatur.
Die Körpertemperatur des Tieres habe ich an den Tagen, an denen
«а Bespirationsversuch stattfand, unmittelbar vor Beginn und nach
MAechlub des Versuchs bestimmt!). Bei den vielfachen Fehlerquellen,
einer genauen Bestimmung der Körpertemperatur der kleinen
те hinderlich im Wege stehen [Unruhe des Tieres, Unmöglichkeit,
: Thermometer stets genau gleich tief in den Mastdarm einzuführen,
стаг das Thermometer einen Gummiring trug, besonders aber die
h von Goto?) betonte Labilität der Körpertemperatur der Ratte],
es selbstredend, daß Unterschiede von mehreren Zehntelgraden
ıl meistens auf Rechnung obiger Unzukömmlichkeiten zu setzen,
м nur größere Abweichungen im Sinne einer wirklichen Änderung
gzuschätzen sind.
In der weiter unten folgenden Tabelle habe ich in jeder Versuchs-
Ње die mittlere Körpertemperatur in den Vorversuchen berechnet
d mit diesem Mittelwert die mittlere Körpertemperatur am Таре
Respirationsversuchs nach der Hph-Injektion verglichen. Auf
Ser Weise ergab sich das zunächst wenig verständliche Ergebnis,
$ an einer Reihe von Tieren die Injektion zu einer Erhöhung der
1) Es wäre unrichtig, zu verschweigen, daß bei diesen Bestimmungen
in systematischer, allerdings leicht richtigzustellender Fehler unterlaufen
и. Nachdem die Versuche bereits seit mehr als 1, Jahren im Gange
saren, fiel es auf, daß meine Ratten weit höhere Körpertemperaturen
latten, als eine ganze Reihe von anderen Tieren, an denen zur selben Zeit
е anderer Experimentator unter Verwendung eines anderen Thermo-
&ters Temperaturmessungen vornahm. Da dieses zweite Instrument sich
к der Prüfung als richtig erwiesen hatte, mußte der Verdacht aufkommen,
a8 mein Thermometer, das bereits länger als 10 Jahre im Institut vorhanden
хаг, infolge der bekannten Altersänderungen unrichtig zeigte. Dieser
Verdacht hat sich als richtig erwiesen, indem sich aus 19 im Meßbereich
ёт Körpertemperatur ausgeführten vergleichenden Bestimmungen mit
ten beiden Thermometern ergeben hat, daß das von mir benutzte im Durch-
къп der genannten Versuche um 1,9% С zu hohe Werte ergab. Sämtliche
ter unten bzw. in der Generaltabelle angegebenen Körpertemperaturen
Ed um diesen Betrag korrigiert.
1. е.
ВофешізсЬе Zeitschrift Band 170. 14
210 L. Kajdi:
Körpertemperatur führte, während sie an anderen Tieren unveränd
blieb. Sieht man aber näher zu, so wird dieses Ergebnis leicht
klärlich. Hph wurde in sechzehn Fällen injiziert; in acht Fällen fa
eine Erhöhung der Körpertemperatur statt, und gerade diese a
gehören zu den zehn Fällen, in denen die Temperaturmessung glei:
zeitig mit den Respirationsversuchen innerhalb der ersten 2 Tage ns
erfolgter Injektion vorgenommen wurde; während in allen Versuc.
reihen, die später ausgeführt wurden, die Temperaturerhöhung dun
weg fehlte. Es läßt sich aus alledem schließen, daß die Hph-Injekti
von einer Erhöhung der Körpertemperatur gefolgt wird, die jedo
nicht allzulange dauert, so daß sie der Beobachtung entgehen mı
wenn man die Messungen später als an den beiden ersten Tag
vornimmt.
Daß aber die Temperaturerhöhung als allgemeine Wirkung d
injizierten Hämatoporphyrins aufzufassen und nicht etwa einem lokal
Prozeß an der Injektionsstelle zuzuschreiben ist, geht ausdem Umstan
hervor, daß mit alleiniger Ausnahme der Ratte H an keinem Tiere am
nur die geringste Spur einer lokalen Reaktion (Infiltratbildung, Schmer
haftigkeit usw.) nachzuweisen war.
Änderungen im Energieumsatze.
Ich habe in allen Versuchsreihen den auf 1 qm Oberfläche un
24 Stunden reduzierten Energieumsatz von den der ersten Injektic
vorangehenden Versuchstagen berechnet und diese Daten in de
zweiten Stab nachfolgender Tabelle eingetragen. Da, wie erwähnt, al
Respirationsversuche im Hungerzustand und bei oder in der Näl
der kritischen Temperaturgrenze ausgeführt wurden, stellten jer
Werte den Grundumsatz der Tiere dar.
Er ist an Ratte D, J und K niedriger als an den übrigen Tieren, &
denen er durchschnittlich 837 kg/cal beträgt, welcher Wert aber auc
in dem Falle nicht wesentlich, auf 820 kg/cal, herabgedrückt wird, wen
man jene niedrigen Werte mit in Rechnung bringt. Im fünften Stat
derselben Tabelle ist die prozentuale Änderung berechnet, die de
Energieumsatz der Tiere nach den Injektionen im Vergleich mit deı
Grundumsatz erfährt.
Vor allem ist es wichtig, festzustellen, daß durch die Injektio
дег lproz. Lösung von Na,CO, allein der Energieumsatz an Ratte ·
und K überhaupt unverändert geblieben ist und an Ratte L eine blo
geringe Steigerung um 5 Proz. erfahren hat, denn auf dieser Grund
lage läßt sich sicher sagen, daß die meistens namhafte Steigerung
Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 211
м der Hph-Injektion in 14 von insgesamt 16 Versuchsreihen
nt, nicht vom Carbonate, sondern vom gelösten Hph herrührt.
ı Ratte H, bei der diese Steigerung am Tage nach der Injektion
roz. betrug, will ich absehen, da ihre Körpertemperatur bereits
den Vorversuchen (siehe Generaltabelle) erhöht war, daher das
г nicht als völlig normal angesehen werden kann. An den übrigen
men ist die Steigerung des Energieumsatzes von der allfälligen Er-
Bang der Körpertemperatur unabhängig, denn letztere fehlte durch-
p an Ratte A, С, D und E, an denen Körpertemperatur und
zpeumsatz nicht innerhalb der ersten 2 Tage nach erfolgter Hph-
роп, sondern erst später bestimmt wurden; während der Energie-
atz an Ratte A, D und E besonders stark gesteigert war (von
te H mit der von Anfang an gesteigerten Körpertemperatur sei
$ hier abgesehen). Die Steigerung des Energieumsatzes war bald
з bloß kurzer Dauer (1 bis 2 Tage); in anderen Fällen dauerte віс
it langer an. So war sie am Tiere D noch 12 Tage, am Tiere А sogar
Tage später und auch noch weiterhin wahrzunehmen. Alles in allem
zen es bloß zwei Tiere, die sich dem Hph gegenüber sowohl be-
Sich ihrer Körpertemperatur als auch bezüglich ihres Energie-
nsatzes refraktär verhielten; es waren dies Ratte Bund C. Zwischen
r Menge des pro 1 kg Körpergewicht injizierten Hph und der
Änderung des Energieumsatzes war kein sicherer Zusammenhang
<hzuweisen.
Gegen die Annahme eines kausalen Zusammenhangs zwischen
Hph-Injektion und der Steigerung des Energieumsatzes könnte
в Ratte А ein scheinbar gewichtiger Einwand erhoben werden,
in bestehend, daß, da das Körpergewicht dieses Tieres im letzten
pirationsversuch vor der Injektion gegen 190 g und im ersten Ver-
ù nach erfolgter Injektion nur mehr 158 g betragen hatte (welcher
робе Gewichtsverlust offenbar hauptsächlich vom Fettgewebe mit
ып bekannt trägen Stoffwechsel getragen wird), die Steigerung des
Kduzierten Energieumsatzes bloß von der relativen Anreicherung des
Aörpers am höherwertigen, durch einen regeren Umsatz charakter.
teren Eiweiß herrührt. Ähnliches ließe sich auch bezüglich Ratte Е
tnwenden. Würden es nur diese beiden Tiere sein, die eine Steigerung
a Energieumsatzes aufweisen, so hätte jener Einwand auch seine
Se Berechtigung. Indessen ist an den übrigen Tieren, deren Energie-
watz nach der Hph-Injektion eine Steigerung erfahren hat, eine
ünliche Abnahme des Körpergewichts entweder überhaupt nicht,
We aber in weit geringerem Grade eingetreten, so daß füglich
pagt werden kann, daß die Steigerung des auf die Einheit der
Iirperoberfläche bezogenen Energieumsaltzes in der Tat durch das Hph
achi wurde.
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Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 213
Endlich muß noch der Umstand geklärt werden, ob nicht der an
ugen Tieren bald nach der Injektion erfolgte Tod die Beweiskraft
mmer Versuche bzw. der aus ihnen gezogenen Schlüsse insoweit beein-
ichtigt, als man geneigt wäre, etwa anzunehmen, daß alle Tiere schwer
qiftet waren. Demgegenüber sei angeführt, daß, wie aus der Tabelle
schtlich ist, a) bloß drei Tiere, B, H und K, innerhalb 4 Tagen nach
к ersten Injektion zugrunde gingen; b) daß gerade an den rasch
wndeten Ratten B und K der Energieumsatz gar nicht bzw. weit
niger als an den übrigen Tieren erhöht war; с) daß von den Tieren
r. dem stark gesteigerten Energieumsatz Ratte A die Hph-Injektion
e Monate überlebte, Ratte D, E und G erst einer zweiten Hph-
Шоп zum Opfer fielen, Ratte F sogar eine dritte Hph-Injektion
е 5 Monate überlebte; d) daß die Ratten gerade in den soeben
ranten Versuchsreihen mit der starken Steigerung des Energie-
Faite an den Tagen nach der Hph-Injektion stets munter waren,
œit sie nicht zu Zwecken eines bevorstehenden Respirations-
"һе hungern mußten, mit gewohnter Gier die ihnen vorgelegte
khrung verzehrten und erst Wochen und Monate später teils aus
atekannten Gründen (offenbar Altersschwäche), teils infolge einer
diligen Leuchtgasausströmung eingingen.
‚_ Die Ergebnisse meiner Versuche lassen sich wie folgt zusammen-
sen:
l. Durch Hämatoporphyrin, das man weißen Ratten in einer 1 proz.
lung von NaCO, gelöst unter die Haut spritzt, wird ihre Körper-
mperaltur und ihr Energieumsalz gesteigert.
2. Die Steigerung der Körpertemperatur ist von kurzer Dauer und
ord von der des Energieumsatzes oft vielfach überdauert.
3. Hieraus folgt, daß der gesteigerte Energieumsatz nicht ein Folge-
"Wand der erhöhten Körpertemperatur ist, sondern daß beide durch das
елеше Hämatoporphyrin verursacht werden.
_ 4. In der Art des gesteigerten Stoffumsatzes findet keinerlei Ver-
тил statt, soweit dies aus dem unveränderten respiratorischen
емел gefolgert werden kann.
5. Das als Lösungsmittel für das Hämatoporphyrin verwendete
Tut, hat keinen Anteil an der Steigerung der Körpertemperatur und
o Energieumsatzes.
Diese Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung des Herrn
Р. Paul Нн ausgeführt.
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1923
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4 | 3 IV. | 928 ' 282 18 | 176,36 | 352 | 35,0 635
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8 | 11. VI. | 8,00 | 28,0 18. | 180,531 353 | 35,2 | 630,
9 | 25. VI. | 8,22 | ово | 15 [| 17601 353 | 354 59%,
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Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsetz. 215
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м 2292 | 0,756 53,50 | 37,53 | 36,08 | 119 | 766 |
06 2422 | 0,744 50,09 | 37,40 | 36,59 | 120 770
Ж 2525 | 0,745 | 59,01 | 39,75 | 38,81 || 128 819
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Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 217
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26 | 23.11. | 718 . 280 | 16 | 20538 | 354, 358 660,
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31 at | 828 | 283 | 14 | 23036! 359 | 357 | 6874
32 | 25. УІ. | 760 ' 277 ! 16? | 228 2 36,1 | 35,9 | 682;
33 | 9 VI | 72 | 272 | 15 |227 = 35,7 36,3 | 674,
*) Diese Unsicherheit wurde dadurch verursacht, daß, wie sich erst nachträglich herauss
Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 219
r}
Pro 24 Stunden und 1 kg Energieumsatz
H 2418 | 0,761 | 39,57 | 37,27
|
|
35,61 118 | 797
Bi 2,479 | 0,788 36,84 | 43,00
|
| |
з Versuchs | Körpergewicht pro 24 Stdn. und
\ Respira- |
| б £ i
zu „ver 2 — ausgegeben | N — а kg el am | Bemerkungen
2; Оз | | H,O со, ı О,» gewicht Ä oberfl. `
e g Е g ' kgCal ` kgCal ”
ж 2701 0,742 | 51,47 | 39,03 | 38,25 196 | 823
Ба 2568 | 0,724 | 42,63 | 39,22 | 39,38 |; 129 | 822
уз 2,867 · 0,726 | 40,97 | 36,96 | 37,01 | 121 | 826
Ыз 3,165 0,746 | 41,14 | 38,06 37,09 | 122 | 850
Шу 3,005 | 0,740 | 42,39 | 37,19 | 36,64 | 120 | 850
W 3,487 0,740 | 48,94 | 43,83 | 43,09 | 142 | 995 | 22 ХІ. 0,0768
эз 2,780 | 0,761 | 44,39 | 39,70 | 37,95 | 125 | ват | ph bie
ш! 2,393 0,748 36,91 | 35,60 | 34,61 : 114 | 794 `
жн 2862 0,787 | 33,79 | 36,67 | 3388 © 113 | 773 |
уә 2,861 | 0,752 | 42,12 | 36,31 | 35,11 116 | 7% |
ез 2311 | 0,762 | 34,72 | 34,08 | 32,00 105 | 734 ·
м 2737 0,740 38,96 | 37,11 | 3648 120 | 823 |
юэ 3,365 | 0,754 | 42,49 | 39,43 | 38,80 | 125 | 858 (10, 1. «ерй,
ш 2,768 0,747 i 55,43 | 39,87 | 38,80 || 128 | 866 | Нрћ subkutan
Mo 2597 0,795 || 38,76 | 39,03 | 35,61 | 119 | 809
Пт 2496 | 0,814 | 37,87 | 38,70 3455 116 | 791 |
El 2934 0,756 32,25 | 36,94 | 3653. 117 me
ю 2369 | 0,770 | 35,66 | 37,59 | 3549 117 | 805
5 2396 | 0,737 | 32,42 | 33,09 | 32,66 · 107 | 720
| 39.67 | 132 | 905 |13 I; abends
4 2683 0,744 | 37,71, 37,23 | 36,40 , 120 | 807 | kutan
He 2,771 | 0,765 | 38,98 | 37,45 | 35,59 118 | 787
185 2,374 | 0,727 | 39,15 | 39,08 | 38,90 121 | 824
419 2251 | 0,781 | 41,17 | 44,03 | 40,97 | 136 | 893 |
Wi 2319 | 0,736 || 34,85 | 89,16 | 38,70 | 127 | 823 `
зи 2233 0,766 ' 46,88 | 4150 39,37 130 | 807 `
% 2557 0,849 | 45,38 45,12 | 38,65 130 | 826
90 3,290 0,747 | 36,00 | 39,64 | 38,59 ` 127 | 815
1099 2.909
u 2,949 0,755 | 46,24
LG 9440 0,733 | 34,04
2 2514 0,730 || 34,37
0,757 | 41,58 , 39,98 | 38,39 127 | 815
38,53 37,09 123 | 824
33,99 | 33,94 | 11 | 743
36,70 | 36,59 | 120 | 803
|
|
|
|
klit æblieben war, daher in die Spritze nicht hineingesaugt werden konnte.
220 L. Kajdi:
Ge
REIWEN ZK бем
№. | Dan | Dauer — | Dauer | Mittleres Pe SE
Se ` des | — a = кор zu Beginn ` am Ende zu Ве
SE | Versuchs | Versuchs | шш | Hunger | gewicht i к-н | Versuchs Ver
| ' Stunden | 0С Stunden g | ос! оС g
1924
1 "125. VI. i 7,500 | 280 | 17 | 190,35 |, 355 | 35,9 644,
з | 6 vIr. | 7,000 ; 277 | 17 | 183,82 | 363 | 36,2 648,
3 | 3. VIII.: 7,716 28,3 | 17 20440 | 361 | 35,9 668;
4 |14.VIIT.| 9,266 | 280 | 14 | 204,70, 346 | 35,7 | 689;
5 Se IX. | 6,883 | 27,6 16 123097 | 365 ı ? N 713,4
6 | 24. IX. i 7,666 | 27,6 | 16 | 21746 | 36,9 | 36,4 | 660,8
7 |29.1Х. | 7,550 | 280 | 17 | 210,48 | 35,9 | 36,2 | 6542
8 | Б.Х. | 7,433 | 282 16 | 21021 | 353 | 35,4 652,6
9 | 13. Х. 7,666 | 28,0 16 De 359 | 35,8 | 671,7
10 , 19. X. 6,333 | 283 , 16 212,01 35,4 | 35,3 | 663,1
11 | 24. X. 7,733 ` 28,0 | 15 211,49 | 34,7 35,9 || 6628
12 |29. X. | 8,033 28,0 15 | 209,06 | 35,3 35,7 | 681,3
Із | 5. XL | 7783| 279 | 15 ; 21234 355 | 354 ! вл
l4 12. XI. | 6,833 | 282 15 216,28 | 361 | 37,4 | 683/5
1 | 3. XII. | 7,883 | 284 15 ү 223,62 || 374 ` 36,8 Kur
2 Van | 8083 | 275 | 15 |221,00|| 37,1 | 37,1 | 684,1(
3 II. XII. | 8,283 | 27,8 13,5 | 218,67 | 374 | 36,5 | 683,4!
4 |1з.хп. | 6633 | 277 | 16 | 21999) 353 | 354 695,1
1925 | | |
1 | 18. III. | 7483 | 272 | 15 | 232,00 | 363 | 35,9 | 688,0
2 | 24, III. | 8500 | 280 ! 15 |23154! 354 | 35,9 | 686,5
з || 30. III. | 7100 | 274 15 |21353 354 | 35,5 | 666,8
4 4.1У. 1,166 | 280 | 15 | 213,99 | 35,9 35,7 : 686,84
5 || 24. IV. | 8,333 | 27,5 14 | 232,92 | 36,0 35,7 || 682,09
6 || Ly. 8216 | 280 | 15 | 228,22 357 | 35,4 | 675,68
7 | 6v. 8,100 | 27,3 15 | 2269 36,4 | 36,3 | 673,20
8 DI у. 8,883 | 28,2 14 | 223,78 364 | 35,7 | 690,05
9 ,17.V. 6,800 | 283 | 14 | 23601, 364 | 37,7 699,84
10 || 22. V. 10,363 | 28,0 13 | 207,35 | 34,9 | 36,4 | 667,20
п | 6. VI. |11,000 | 28,0 | 14 | 210,96 36,6 | 36,9 | 668,48
12 |24 VI. | 7,685 | 278 | 16 | 214,29, 36,7 | 360 | 668,74
13 |10.УП. | 8133 | 97,7 | 15 | 213,70 347 | 35,3 || 660,05
14 |18. VII. | 8000 | 286 | 16 | 211,62 354 | 36,3 | 663,05
*) Siehe die Fußnote bei Ratte F.
Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz. 221
des Versuchs
„= -
S SSSze
SERS
= — — — --
Ki © ` d >
ver»
braucht
о;
|
|
Respira»
torischer
Quotient
Pro 24 Stunden und 1 kg Energieumsatz |
Körpergewicht Dro 24 Stdn. und
ausgegeben | ver | Ee Sé
| 1 кұ | Tom
3 braucht Körper: | Körpers
H20 со; O2 gewicht | oberfl
g g g kg-Cal | kg-Cal
40,63 | 38,71 | 37,99 | 125 | 789
| 42,07 | 37,18 | 39,77 || 130 | 842
' 47,41 | 40,58 | 3848 | 127 | 857
| 46,60 | 42,50 | 41,88 | 137 ` 909
t 46,56 | 39,46 | 37,39 | 124 | 809
38,20 36,60 | 36,40 | 119 | 779
39,40 | 36,84 | 36,37 | 119 | 782
38,73 | 35,82 | 35,05 | 115 | 755
37,16 | 36,58 | 36,03 | 118 ; 775
34,94 | 37,83 | 36,90 | 121 | 792
38,38 | 37,73 | 36,90 | 121 795
| 49,87 | 46,87 | 44,12 | 146 963
44,56 40,06 | 37,79 | 125 | 845
36,28 3704 | 3248 | 109 | 717
4741 | 44,34 | 38,31 | 129 | 846
37,37 35,85 | 35,82 | 118 | 792
32,77 34,53 | 33,88 111 | 746
43,57 38,19 36,97 | 122 | 813
41,75 | 40,87 39,25 129 880
| 32,93 | 38,56 | 36,29 1% | 782
42,88 | 37,29 | 33,85 | 113 | 739
37,67 | 35,94 | 35,15 | 116 | 760
36,23 3531 | 3426 ' 112 | 738
38,20 35,10 ' 34,56. 113 | 743
Bemerkungen
|
22. IX. 0,0768
Hph subkutan
|
|
‚ 11.X1.0,05-0,06 g*
| Hph subkutan
10. XII. nachm.
0,05g Hph subk.
5. V. abends
| 1,5 cem Nas C O3
subk. injiziert
16. V. abends
' 0,08g Hph subs
kutan
222 L. Kajdi
Ge
| | Mittlere | | Körpertemperatur | (ein
Nr. Datum Dauer Tempe, Dauer | Mittleres |
des des des ratur im des | Körpers |, |
Маш Versuchs | — Hungers | gewicht > gr deg un Ende ‚zu —
| | Versuchs Versuchs | vn
Е | SE Stunden oC S Stunden | g Й 0 С о C | g
1925
1 GL | 927 | 280 | 15 |21858| 358 | 35,9 "oe,
2 17.ХІ. | 6,37 | 280 18 | 219,08 | 353 | 35,4 664,
3 | 21l. XI. 7,12 | 278 17 | 219,60, 355 | 35,7 | 679,
4 | 3. XII. | 652 | 275 17 | 223/84 | | 358 | 36,3 | 676,
5 | $. ХП. | 648 | 277 16 | 22061 | 35,3 | 35,3 || 672,
6 1 ХП. | 718 | 280 | 17 — 353 | 35.6 | 6703
7 | 24. XII. | 730 | 280 | 17 | 232,77 364 | 36,4 | 683,6
| | Ä |
1 |11.Х]. | 855 | 275 15 ! 150,88 1 36,3 | 36,8 |i 603,6
2 | 16. XI. | 723 | 278 | 17 | 14860 | 362 | 361 |5945
3 | 20. ХІ. | 708 | 27,8 16 | 150,58 | 361 | 36,4 | 610,%
4 | 25. XI. | 670 | 273 16 | 164,90 | 35,8 | 35,9 | 616,5
5 1.X1I. 6,92 | 278 17 | 17294 | 357 | 363 | 6242]
6 | 5.XII. | 683 | 276 17 |17719. 362 | 35,9 · 629,51
7 |12 XII. | 733 | 278 | 16 | 18881 | 358 | 360 6017
8 |99. XII. | 803 | 279 17 | 191,36 | 37,0 | 36,9 Ке
9 |28. ХП. | 670 | 284 15 | 165.30 | 362 | 359 || 61600
196 | | |
10 | 3.1. | 657 | 280 ; 16 |17164 |. 354 | 35,9 —
Einfluß des Hämatoporphyrins auf den Energieumsatz.
223
— Respira- |
torischer |
SIS
z a 1
H 3101 0,737
б 2001 | 0,742 |
9 2391 0,769 |
п 2,948 | 0, ‚169
H 2,104 0,795
Ч 2,369 | 0,749
5 2,630 | 0,759 `
4 | 2,168 0,779
8 1,788 1 0,703
18 i 1,720 ` 0,769
15 1,869 | 0, 745
5.1.994 ` 0,764 Ä
© 1919 | 0.784 |
55 2079 | 0,789 |
12736 О ‚138
Кы 2.061 ` ' 0, 752
ы 1811 |
Pro “ Stunden und 1 kg
Ene
Körpergewicht
ausgegeben e
| braucht Kä,
H20 | CO, Os | gewicht
g e _ g 2 kg-Cal
35,20 | 37,21 | 36,75 || 121
36,12 | 35,14 | 34,41 113
38,27 | 38,84 | 36,72 122
35.93 | 39,16 | 37.04 || 123
38.64 38:61 35,31 ! 118
34 55 37,19 36,09 | 119
|
33,54 | 38,79 | 37,16 | 123
| |
t i
_ 49,56 | 43,24 | 40,33 || 134
44,43 | 38,59 | 39,92 || 131
39,87 | 40,91 | 38,70 | 128
‚ 36,80 | 41,60 | 40,60 | 134
' 37,05 | 4221 | 4017 | 133
38,06 | 41 Ol 38,04 | 126
34,89 | 39.07 | 36,02 | 120
‚ 46,70 43,32 49, 79 | 140
48,30 | 46,20 | 44.66 | 147
37,63 | 39,27 | 38,57 | 127
ieumsatz
pro 24 Stdn. und |
|
1 qm Bemerkungen
Kö e
Ga
kg-Cal d DEEN
798
750
806
818
781 7. el 1,5 ccm
788 | №:С0, sub»
t
829 23. ХП. vors
; mittags 11 Uhr
| 0,06 g Hph sub»
‚| kutan
781
760
749
805 |
812 30. XI. abends
780 1,5 cm3
156 bës ` subs
887 ` куна ach
ji tta
888 Е Subkutan
774
Über die Ketonkörper des Blutes.
Von
Emerich v. Fazekas.
(Aus der II. internen Klinik der Budapester königl. ungar. Universiti
(Eingegangen am 22. Januar 1926.)
Es ist merkwürdig, daß, solange das verschiedene Verhalten с
Blutzuckers unter gesunden und pathologischen Verhältnissen v
recht zahlreichen Autoren geprüft wurde, die systematische Unt
suchung des Ketonkörpergehalts im Blute vollständig vernachlässi
blieb. Die Ursache mag auch der Mangel eines genügend genaue
verläßlichen, leicht und rasch durchführbaren Verfahrens gewesi
sein, mittels welchen die Acetonkörper des Blutes bestimmt werde
konnten. Nur in der jüngsten Zeit wurden annehmbar gute Mikr
methoden von Engfeld und später von Lublin veröffentlicht. Die Ve
fahren sind aber noch in keinem ihrer Verwendbarkeit entsprechende
Grade verbreitet.
Es entspricht nicht meinem Vorhaben, über diese zweierlei Methode
ein Urteil zu fällen, obzwar ich mit beiden vergleichende Ехрегтеп
unternommen habe, es sei mir allerdings erlaubt, zu bemerken, daß beit
nebst den Vorteilen ihre gewissen Nachteile besitzen, diese letzteren sir
aber keinesfalls so beträchtlich, daß die Methode dabei unbrauchbar wär
Wir bestimmen nach Engfeld in dem venösen, nach Lublin in dem d
Fingerspitze entnommenen Blute die Ketonkörper. Nach vergleichend:
Ausführung der beiden Verfahren hatte ich keinen wesentlichen Unterschie
zwischen den Ergebnissen der beiden gefunden. Ich habe auch (mit gewiss
Änderung) die ß-Oxybuttersäure und das Aceton nach Engfelds Verfahre
aus dem Kapillar-, nach Lublins Methode aus dem venösen Blute bestimm
Tabelle 1.
| Асеїоп | ß-Oxybuttersäure
Nr. | Blut r -
| | nach Engfeld | nach Lublin | nach Engfeld nach Lublin
EE === Еа ————— к=з ee =
| | kapilar ` 17,5 | 16,3 | 32,4 | 32,6
| venös 180 , 172 | 320 ı 322
| kapillar 23,0 23,5 | 34,3 | 340
| venös 220 | 233 | 34,4 34,2
a "` kapilar | 51 15,5 | — —
venös | 15,2 | 15,5 | — | =
E.v. Fazekas: Ketonkörper des Blutes. 225
Wie aus Tabelle I ersichtlich, bestehen zwischen den Ergebnissen
r beiden Methoden bloß so minimale Unterschiede, wie in den Grenzen
r Versuchsfehler aufgefaßt werden können. Die Prüfungen beweisen
ю йе Brauchbarkeit der beiden Bestimmungsmethoden, lassen auch
Sien, daß zwischen dem Aceton- und ß-Oxybuttersäuregehalt des
plaren und venösen Blutes kein Unterschied besteht, die Keton-
rer verhalten sich dem Blutzucker vollständig analog.
Die Untersuchungen ließen aber zwischen Blutaceton und Blut-
rier noch mehr Analogien merken. Wir wissen, daß der Grad der
Мише nicht mit dem Grade der Hyperglykämie in Beziehung
KR es kann neben hohen Blutzuckerwerten eine verhältnismäßig
Rage Glykosurie bestehen und umgekehrt. Wenn wir die Keton-
inerwerte des Blutes und Harns vergleichen, sehen wir, daß zwischen
Шеп kein gesetzmäßiger Zusammenhang aufgestellt werden kann,
k Veränderung des einen wird nicht von entsprechender Veränderung
k anderen gefolgt. Es kann eine recht beträchtliche Acetonämie
Een geringer Acetonurie bestehen, es ist durchaus nicht unmöglich,
Mier Harn überhaupt kein Aceton enthält, richtiger, daß sich kein
tdem jetzigen Verfahren nachweisbares Quantum darin befindet.
ichstehende, im Wege von Versuchen gewonnene Daten scheinen
ж та bestätigen. Blutentnahme bei nüchternem Magen.
Tabelle II.
Aceton Е 3.Oxybuttersäure
Nr. Blut | Urin Blut | Urin
mg-Proz. g-Proz. mg-Proz. i g-Proz.
1 125 048 | 440 2,04
2 114 | 0,55 204 1,32
3 15 0,33 | —
4 18 05 | — |
5 3 | 0,16 125 0,42
6 20 | 0,28
Der Gegenstand meiner weiteren Untersuchungen war: Wie die
\мопкдгрет sich zwischen Blutkörper und Plasma aufteilen und ob
anus eine Schlußfolgerung gezogen werden kann, das betreffend, ob
ie Ketonkörper im freien Zustande oder gebunden im Kreislauf
0 die Blutkörper Zucker enthalten, ist bereits Gegenstand vieler
Vortstreite und wurde bis heute noch nicht entschieden. Ein Teil der
Forscher fand es nicht, dem anderen Teil gelang es, in den Blutkörperchen
«er nachzuweisen, unter letzteren gab es wieder solche, die nur bei
Diabetes und andere, die auch bei gesunden Menschen Glykose in den
В körperchen gefunden hatten. Csáki wollte unter diesen einander
| henden Ansichten Ordnung schaffen, indem er bewies, daß die
Biochemische Zeitschrift Band 170. 15
226 Е. у. Fazekas:
auf verschiedene Weise ausgeführten Untersuchungen die im Grunde x
schiedenen Ergebnisse verursachen. Wenn wir gerinnungshemmende St
dem Blute beifügen, werden die Blutkörperchen vielleicht in solcher Richt:
beeinflußt, daß sie für den Zucker durchgängiger werden. Wahrhaf:
` jene Gruppe der Forscher, die Zucker іп den Blutkörperchen vorfand
bedienten sich solcher Methoden, die eine Zugabe von gerinnungshemmen«
Stoffen erforderten. Csáki hat das Plasma durch promptes und гавс!
Zentrifugieren gewonnen und іп diesem den Zucker bestimmt, auf diese We
kam er zu jenem Ergebnis, daß die Blutkörperchen nur bei Diabetes melli
Zucker enthalten.
Seine Methode habe ich auch in jenen Fällen verwendet, als ich
meinen Prüfungen feststellen wollte, ob die Blutkörperchen auch Kets
körper enthalten. Die Ergebnisse hingen davon ab, ob ich entweder na
Csáki oder mit Zugabe von gerinnungshemmenden Materialien das Plası
erhalten hatte.
Tabelle III.
MN Cena, | Frese. sentrifuyiert Oxalat-Plasına Verbä va
Aceto hen:
H. M 145 | 34 | г и | sw
У. Ј 96 19 e Gë
B-Oxybutters
säure
V. J. | |
Wir sehen, daß bei Ausführung der Bestimmung in dem Plasm
des Kaliumoxalatblutes ein recht beträchtlicher Teil des Acetons і
den Blutkörperchen vorfindbar ist, demgegenüber gelangen wir nac
Sedimentierung mittels Zentrifugation der Blutkörperchen zu eine
vollständig entgegengesetzten Ergebnis. Die Blutkörperchen enthalte
überhaupt keine oder nur in minimaler Quantität Aceton und ß-Ox;
buttersäure, dieses geringe Quantum kann nur im Falle von Com
diabeticum erhöht sein.
Meiner Ansicht nach ist jenes Ergebnis, das wir mit solche:
Plasma gewonnen haben, wo kein gerinnungsverhinderndes Mittel ang
wendet wurde, eher annehmbar und besser, da mit diesem Verfahre
annähernd jener Zustand erreichbar ist, in dem sich das Blut in de
Gefäßen befindet, nach Zugabe von verschiedenen Chemikalien i:
es nicht unmöglich, daß wir die Permeabilität der Blutkörperche
veränderten, dies wieder kann zu verschiedenen Ergebnissen führer
Es ist wahrscheinlicher, daß die Blutkörperchen in minimalem Маб
Ketonkörper enthalten, dieser Gehalt würde durch die Acetonämi
erhöht werden. Wie die ungleiche Verteilung der Ketonkörpe
zwischen Plasma und Blutkörperchen begründet werden kann, о
1. die Ketonkörper in gebundenem und (bei Coma) in freiem Zustand
Ketonkörper des Blutes. 227
a Blute vorkommen, oder ob 2. die Blutkörperchen nur in kleinem
һе für die Ketonkörper durchgängig sind — diese Durchgängigkeit
sich aber bei Coma und unter dem Einfluß verschiedener chemischer
itel verstärken — konnte bisher noch nicht entschieden werden. Es
к ınsere Erfahrung interessant, daß nach Einspritzen von Insulin
Leger Reihe das Blutaceton verschwindet bzw. abnimmt, dies wurde
wh den Blutzucker betreffend festgestellt. Die Wirkung des Insulins
cheint die erste Annahme zu bestätigen, es kann angenommen werden,
& das Hormon des Pankreas in erster Reihe das in den Blutkörper
eirngende Aceton und den Zucker angreift.
Es war noch unsere Wahrnehmung interessant, daf be Сота
Mee nach der Injektion des Insulins ein recht beträchtlicher Abfall
ё f Oxzybustersäure erfolgte, und zwar schon dann, als wir weder im
Baker noch im Blutaceton eine Änderung wahrnehmen konnten.
be Coma nach der Insulininjektion wurde kein so großer Abfall der
Hrybuttersäure beobachtet, sie veränderte sich hier im großen ganzen
її dem Aceton proportional.
Nach der Injektion
Bet ge
Vor der Injektion
В buttersäure RE
. | | 115 204 0,41
| 23 200 0,52
| | 0 59 104 0,36
T | |
м, 3 125 | oas f оу 45 15 | 021
Das beträchtliche Sinken der B-Oxybuttersäure — auch schon dann,
is der Blutzuckerwert noch unverändert blieb — kann in jedem Falle
Ш charakteristisch erachtet werden, mit Ausnahme des letzten Falles,
w der Patientin 30 Einheiten Insulin auch intravenös verabreicht
nren, das Fallen des Blutzuckers in diesem Falle kann auch diesem
Umstand zugeschrieben werden.
Im ersten und dritten Falle erhielt der Kranke zwischen der ersten
SW zweiten Blutentnahme bloß das Insulin, im zweiten und vierten Falle
Die auch inzwischen Na HCO, und Zuckerlösung intravenös verabreicht.
Diese hatten aber, wie wir sahen, nichts an dem Resultate geändert. —
fer Blutzucker wurde halbstündlich mit der von mir modifizierten Hagedorn-
Ken Methode bestimmt.
_ Ха trat in den Fällen 1 und 2 — ohne Darreichung von Zucker oder
la — Besserung ein, das Coma wurde von Schläfrigkeit und Mattigkeit
gelöst, das Kußmaulatmen hörte auf. Im Blute läßt sich eine Änderung
"hrmehmen, nämlich die der ß-Oxybuttersäure, dieser beträchtliche
el steht aber im Gegensatz zu dem kaum oder nur in geringem Maße
“едеп Blutzucker. Es ist auffallend, daß das Aufhören des Comas
15*
228 E. v. Fazekas:
nur von großem Sinken des ß-Oxybuttersäurewertes gefolgt wird. ]
weitere Verlauf ist dann den schweren Acidosen ähnlich, Blutzucl
Aceton. und ß-Oxybuttersäure nehmen nach erneuten Insuline
spritzungen proportional ab.
Jene Erfahrungen, daß die Symptome der Säurevergiftung ol
Zufuhr von Alkali, allein nach der Insulininjektion, also nach star!
Abnahme der ß-Oxybuttersäure verschwanden, scheinen Noord
Theorie zu unterstützen. Das Insulin verhalf zur Verbrennung ‹
ß-Oxybuttersäure, aus der die minder giftige Acetessigsäure u
Aceton entstanden.
Wir sehen also in den ersten Stunden deshalb kein beträchtlicl
Sinken des Acetonwertes, weil dieses, wenn es auch verbrannte, info
der Wirkung des Insulins entstand, noch mehr aus der ‘B-Oxybutt
säure, und demzufolge kann sogar der Acetonwert steigen, wie d
unser Fall 4 beobachten ließ.
Das Insulin beeinflußt also nach diesem nicht nur den Blutzuck
spezifisch, sondern auch die Ketonkörper, was auch schon Noord
wahrgenommen hatte: „Öfters schien uns das Insulin .. . relativ stärk
auf die Acetonurie als auf die Glykosurie einzuwirken“.
Die Untersuchungen haben aber noch sonstige Wirkungen d
Insulins aufgeklärt. Wir wissen, daß das Hormon des Pankreas d
Alkalität des Blutes steigert, auf die No. und Са -Ionenkonzentratio
des Blutes einwirkt. Auf Grund dieses können wir annehmen: „D:
Insulin beeinflußt die allgemeinsten biologischen, chemisch-physik:
lischen Vorgänge“ (Ville).
Die Wirkung des Insulins auf die Ketonkörper kann eine direk
oder indirekte sein, d.h. durch Steigerung der Zuckerverbrennun
„im Feuer der Kohlehydrate können die Ketonkörper bzw. Fet
vcllkommener verbrennen“. Es ist aber auch nicht unmöglich, daß
neben der Einwirkung auf die Kohlehydrate auch direkt zur Oxydatic
der Ketonkörper verhilft. Neben dieser Anschauung würde jener Ёз
sprechen, daß bei bestehendem hypophysären Diabetes mellitus na«
der Insulininjektion sich der Blutzucker überhaupt nicht verändert
die Ketonkörper aber nahmen folgendermaßen ab:
I. Blutzucker . . . . 2. 2 2 2.02. 0,52 Proz.
Blutaceton . . 2... 2.2.2.0. 48 mg-Proz.
Blut-ß-oxybuttersäure . . . . . 156 „
Von früh 8 Uhr bis abends 7 Uhr wurden 200 Einheiten Insulin „Lilly
verabreicht.
Nun fanden wir:
II. Blutzucker . . . a 2 2 2.02. 0,47 Proz.
Blutaceton . . 2... 2.220. 96 mg-Proz.
Blut-ß-oxybuttersäure . . . . . 25 e
Ketonkörper des Blutes. 229
Das Ergebnis stimmte also auch hier mit den Ergebnissen bei
ukreatogenem Coma diab. überein. In erster Reihe nimmt die B-Oxy-
ıtersdure ab, später auch das Aceton, der Blutzucker aber blieb sozusagen
weändert, das für die direkt auf die Keionkörper ausgeübte Wirkung
e Insulins zu sprechen scheint. Bei der Sektion wurden in diesem
Ше die Pankreas- und Langerhans-Inseln. für gesund befunden, es
stand aber bei dem Patienten ein nußgroßes Hypophysisadenom.
skonnte also angenommen werden, daß wir einem Diabetes hypophy- `
ka Ursprungs gegenüberstanden. Das Insulin hat aber doch die Keton-
йет des Blutes, ähnlich wie bei dem Pankreasdiabetes, herabgesetzt.
im wir diese Ergebnisse in Betracht ziehen, kann die direkt auf
è Ketonkörper ausgeübte Wirkung des Insulins angenommen werden.
Literatur.
Lublin, diese Zeitechr. 188, 633, 1925. — Csáki, Wiener Arch. f. inn.
bi $, 459. — Pinoussen, Mikromethodik. Leipzig.
Über die Wirkung der Kationen der Ringerlösung
auf die glatte Muskulatur des Meerschweinchenuterus').
Von
M. Kochmann.
(Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Halle-Wittenber;
(Eingegangen am 28. Januar 1926.)
Mit 2 Abbildungen im Text.
Unter dem gleichen Titel habe ich in dieser Zeitschrift, 161, 39
1925, Versuche von Friedrich Holub mitgeteilt, die durch weitere Unte
suchungen ergänzt worden waren. In dieser Arbeit war als wesen!
lichstes Ergebnis betont worden, daß man durch Änderung eines Kation
der Ringerlösung notwendigerweise auch den Gehalt an den beide
anderen Kationen ändere, so daß man, wie es immer noch oft behaupte
worden ist, nicht ein Kation vermindern kann, ohne auch die Wirksan
keit der anderen zu beeinflussen. Und weiterhin wurde betont, daß ‹
nicht allein auf den Gehalt an Kalium- und Calciumionen und ihı
absolute Menge ankomme, sondern daß auch das Natriumion eine sel
wesentliche Rolle spielt. Diese Beobachtungen wurden zum größte
Teile in isotonischen Lösungen angestellt, und wo von der Isotoni
abgewichen wurde, war das mit Absicht geschehen.
Diese Versuchsergebnisse stellte ich Herrn Kollegen Loewe i
Dorpat schon vor der Drucklegung auf seine Bitte hin zur Verfügun
nachdem er mir mitgeteilt hatte, daß er ein besonderes Schema fi
derartige Versuche ausgearbeitet habe, das ihm sehr gute Dienst
geleistet hätte. Er übersandte mir auch gleichzeitig dieses Schemi
das er dann in dieser Zeitschrift 167, 92, 1926 veröffentlicht һа!
Dieses Schema erscheint mir in der Tat als ein außerordentlich große
Fortschritt bei der Lösung des Problems der Ionenwirkung, und ®
1) Die Versuche, die schon vor geraumer Zeit begonnen wurder
konnten dank der Unterstützung der Notgemeinschaft der Deutsche
Wissenschaft zum Abschluß gebracht werden. Es sei an dieser Stelle de
Dank für die Hilfe und Förderung ausgesprochen.
M. Kochmann: Wirkung der Kationen usw. 231
sich Herr Loewe auf meine Arbeiten stützte, so habe ich meinerseits
dreiachsige Koordinatensystem übernommen, um meine Versuche
h weiter zu vervollständigen.
In diesem dreiachsigen Koordinatensystem werden in den drei
in 4, B und С die Mengen an Natrium-, Kalium- und Calcium-
oid eingetragen, die sich ergeben würden, wenn jedes der drei Salze
lsotonie allein zu bestreiten hätte, und zwar wird die absolute
age = 100 gesetzt. Die Seiten des gleichschenkligen Dreiecks sind
'\bszissen des Koordinatensystems. АС ist die Abszisse des Natriums,
фе des Kaliums und BC die des Calciums. Die in А, B und С
Dchteten Senkrechten sind die Ordinaten, und zwar ist die in A
mchtete die Natrium-, die in B die Kalium- und die in С die Calcium-
inate. Der normale Gehalt der Kationen ist durch die Natrium-,
alum- und Calciumlinie bezeichnet, die sich in einem Punkte schneiden,
en Loewe sehr glücklich mit Eukrasiepunkt bezeichnet hat. Es ist
io derjenige, in dem die Mischungsverhältnisse der drei Kationen der
malen Ringerlösung entsprechen. Nun kann man mit Hilfe dieses
hemas die drei Kationen beliebig miteinander mischen, ohne die
Woie zu verletzen, indem man sich irgend einen Punkt heraussucht
w in dem dreiachsigen Koordinatensystem die Konzentrationen
Alle diese Punkte bezeichnen Mischungen der drei Kationen, die
n dem normalen Gehalt abweichen und die Loewe als Dyskrasie-
232 M. Kochmann:
punkte bezeichnet. Die Verbindungslinie der Ecken mit dem Eukra
punkt und ihre Verlängerung über den Eukrasiepunkt hinaus umfe
diejenigen Punkte, bei denen das Verhältnis zweier Ionen ebenso gı
ist wie in der Ringerlösung. Loewe bezeichnet die Verbindung die
Punkte als Eukrasielinien und hält ihre besondere Bedeutung 1
möglich. Wir werden sehen, daß diese Vermutung, die, natürlich
anderer Form, auch von anderern Autoren ausgesprochen worden i
nicht zutrifft.
In der vorliegenden Mitteilung sind die Versuche meiner erst
Veröffentlichung verwertet und noch wesentlich ergänzt. Esist zunäch
die Änderung der Tätigkeit!) der Uterusmuskulatur des Meerschwei
chens berücksichtigt worden. Eine Steigerung ist in dem System m
einem +, eine Mittellage mit einem +, eine Senkung mit einem -
keine Veränderung mit 0 bezeichnet worden. Sind die Einzelko:
traktionen erhalten, so tragen die Zeichen eine knopfartige Verdickung -
+, —e. Ез lassen sich aus diesem Schema mit einem Blick die Ve
suchsergebnisse ablesen.
Man erkennt folgendes:
Sind sämtliche Kationen der Ringerlösung durch Natriumchlori:
ersetzt, so steigt die Tätigkeit der Uterusmuskulatur an. Sind sämtlich
Kationen durch Kaliumchlorid ersetzt, so fällt die Tätigkeit ab. Be
alleiniger Anwesenheit von Calciumchlorid sinkt der Tonus gleichfalls
Befindet sich in der Lösung nur Natrium und Kalium und fehl:
das Calciumion, so ist, wie die Zeichen auf der Linie BC zeigen, de
Kontraktionszustand immer vermindert oder aufgehoben, dabei is
es gleichgültig, in welchem Mischungsverhältnis Kalium und Natriun
vorhanden sind.
Bei weiteren Betrachtungen empfiehlt es sich, die Linie de
normalen Kalium- und Calciumionengehalts zu verfolgen. Steigen
wir von dem Fußpunkt der Calciumlinie empor, so haben wir im unteren
Teile bei hohem Kalium- und geringem Natriumgehalt Mittellage oder
1) Die Tätigkeit des Uterus umfaßt selbstverständlich eine Reihe von
Faktoren, Tonus, Kontraktilität der Muskulatur, Rhythmus, Kontraktions-
größe, Frequenz der Bewegungen. Es ist hier hauptsächlich der Kontrak-
tionszustand berücksichtigt worden, gleichgültig, ob Bewegungen oder
keine Einzelkontraktionen vorhanden sind. Ich verstehe unter diesem
Kontraktionszustand letzten Endes ein Mittel aus beinahe allen Faktoren,
etwa dem mittleren Blutdruck vergleichbar, den man bei der Blut
messung dadurch aufschreiben lassen kann, daß man die Verbindung
zwischen Manometer und Arterie möglichst weit abdrosselt. Ich bin шг
wohl bewußt, daß bei dieser Betrachtungsweise ein gewisser subjektiver
Faktor eingeschaltet wird, der aber doch wohl in Kauf genommen werden
kann, wenn die nötige Erfahrung und die hinreichende Zahl von Versuchen
vorliegt.
Wirkung der Kationen usw. 233
hme der Tätigkeit, weiter oben bis zum Eukrasiepunkt starke
Xeigerung oder sogar Kontraktur.
Denken wir uns eine Linie, die die Hälfte des normalen Calcium-
ghalts bezeichnet und in der Mitte zwischen Linie ВС und der Calcium-
iie liegt, so ist auch hier der Kontraktionszustand im unteren Teile
— bei 50 Proz. des KCl-Gehalts zeigt der Uterus eine Mittel-
siung und darüber hinaus bis nahe an die NaCl-Linie ist der Kon-
nktionszustand vermehrt.
Bei weiterer Steigerung des Calciumgehalts über die Norm hinaus,
wN der Kontraktionszustand immer erhöht, wobei es fast gleichgültig
$, д welchen Mischungsverhältnissen die drei Ionen vorhanden sind,
ém nur mehr als normale Kaliummengen in der Mischung ent-
alten sind.
In der Nähe und unterhalb des normalen Kaliumgehalts ändern
ah die Verhältnisse noch сһагакфегівііѕвсһег. Am Fußpunkt der
daise AB und der normalen Kaliumlinie ist der Kontraktions-
пай stark erniedrigt. Wenn man auf dieser letzteren Linie in die
е steigt, so liegt bei 95 Proz. NaCl ein Umschlagspunkt für die
Cterustätigkeit, die jenseits davon eine Steigerung erfährt. Auf der
iise А В, also bei Kaliumfreiheit der Lösungen, befindet sich ein
änlicher Umschlagspunkt schon bei etwa 25 Proz. des normalen
№0.беһа№ѕ. Auf der Linie, die der Hälfte des normalen Kalium-
айа entsprechen würde und in der Mitte zwischen AB und der
‚XQ-Linie liegt, findet sich der Umschlagspunkt bei etwa 60 bis
| Proz. NaCl.
Wenn der Kaliumgehalt nur ganz wenig über das normale Maß
steigert ist, so bleiben die Verhältnisse ähnlich denen auf der normalen
Kaliumlinie ; jenseits der K Cl-Linie ist Tonussteigerung und Kontraktur
п beobachten.
Man erkennt aus diesen Ergebnissen auffällig deutlich den Einfluß
ks Natrium-, Kalium- und Calciumions, von denen man nicht sagen
Dm, ob das eine oder andere in negativem oder positivem Sinne
“kt. Sie wirken alle drei zusammen und miteinander.
_ Die Einzelkontraktionen des Uterus sind im allgemeinen nur in gewisser
Ме des Eukrasiepunktes erhalten. Dem Anschein nach sind die Einzel-
ionen der glatten Muskulatur an einen hohen Gehalt an NaCl
| en.
Bemerkenswert ist auch eine Verfolgung der verschiedenen Natrium-
We beispielsweise der Linie, welche 10 Proz. NaCl anzeigt. Die
(itigkeit des Uterus steigt von einem Nullpunkt, der bei Kalium-
het legt, bis zur Kontraktur, um an der normalen Calciumlinie
meder abzusinken und den tiefsten Stand bei Calciumfreiheit zu er-
"chen. Bei 25 Proz. NaCl-Gehalt ist bei Kaliumfreiheit eine Mittel-
234 M. Kochmann:
lage vorhanden, bei Zunahme des Kaliumgehalts bis etwa zur Norn
wird der Kontraktionszustand vermindert und geht dann schließlicl
über eine Mittellage zur Steigerung und Kontraktur über, die in de
Nähe des normalen Calciumgehalts wieder absinkt und bei Calcium
freiheit wiederum einen Nullpunkt erreicht.
Bei der Linie von 70 Proz. NaCl beobachtet man bei Kalium
freiheit zunächst Steigerung, dann Mittellage, dann Absinken unc
wiederum Ansteigen bis zu einer starken Steigerung, die bei Calcium.
freiheit wiederum einem Abfall Platz macht.
Eine besondere Besprechung erfordern die Mischungen, die in deı
Nähe des Eukrasiepunktes gelegen sind und für die die zweite Ab,
bildung als Anhalt dienen mag. Sie zeigen recht verschiedene Wirkungs-
erfolge, die schon zum Teil durch frühere Untersuchungen hinreichend
A
VE
EE
bekannt sind. Die Mischungspunkte in einem Trapez, das von AB,
BC und den normalen NaCl- und CaCl,-Linien umgrenzt ist, zeigen
die Tätigkeit des Uterus vermindert, indem die Einzelkontraktionen
weniger hoch sind als bei normaler Ringerlösung. Außerhalb dieses
Trapezes ist entweder keine Veränderung oder meistens eine Steigerung
des Kontraktionszustandes festzustellen.
Die neuen Tatsachen, die sich aus diesen Versuchen ergeben,
finden sich vor allem auf dem Teile des Diagramms, der zwischen
Kaliabszisse — und Linie gelegen ist, und in dem sich beim Anstieg des
Natriumchlorids der Einfluß der Na -Ionen im positiven Sinne offenbar
stark geltend macht. Ähnliches zeigt sich, wenn auch in etwas ge-
ringerem Maße, in dem Abschnitt zwischen Calciumabszisse und Calcium-
linie. Dabei ist bemerkenswert, daß im ersten Falle der Kaliumgehalt,
im zweiten der Calciumgehalt gleich bleiben.
Wirkung der Kationen usw. 235
Ferner ist es außerordentlich bemerkenswert, wie gering die Kon-
aıtrationsunterschiede sind, die unter Umständen die Wirkung in
к Gegenteil umschlagen lassen. Man betrachte zu diesem Zwecke die
striumlinie bei 25, 50 und 70 Proz.
Aus dem Diagramm ist weiterhin ersichtlich, daß die Linien, die
im normalen Ionengehalt bezeichnen, also die Natrium-, Kalium-
m Calciumlinie, von der größten Bedeutung sind. Diesseits und
enseits sind Umschlagspunkte vorhanden. Dagegen zeigt sich, daß
ze Eukrasielinien, von denen Loewe größere Bedeutung vermutete,
kme Besonderheiten erkennen lassen.
Es sind in den vorliegenden Versuchsergebnissen durch so zahl-
sche Stichproben die Wirkungen einzelner Mischungsverhältnisse
и Natrium-, Kalium- und Calciumionen festgestellt, daß die Be-
kuptung berechtigt ist, daß alle nur irgend möglichen Mischungs-
whältnisse dieser drei Ionen bei Isotonie der Salzkonzentration für
in Meerschweinchenuterus nunmehr bekannt sind.
Weitere Untersuchungen, einige von meinen Assistenten Dr. Wagner
ad Dr. Hessel, mit anderen Organen, manche auch unter Arznei-
attelwirkung, sind bereits im Gange und teilweise schon ab-
eschlossen. Sie sollen in Kürze veröffentlicht werden.
Beiträge zur Physiologie des Höhenklimas.
I. Mitteilung:
Wirkung des verminderten Luftdrucks auf рн und C O,-Bindungsvermögen
des Blutes.
Von
G. Fritz (Budapest).
(Aus dem Schweizerischen Institut für Hochgebirgsphysiologie
und Tuberkuloseforschung in Davos.)
(Eingegangen am 29. Januar 1926.)
(Mit 3 Abbildungen im Text.)
Die Wirkungen des Klimawechsels auf die lebenden Organismen
und hauptsächlich die des Höhenklimas sind allbekannt. Es ist schon
eine alte Beobachtung, daß der Aufenthalt in großen Höhen besondere,
individuell geringere oder stärkere, bei etlichen Personen aber sehr
ernste Symptome hervorruft, welche man zusammenfassend als Berg-
krankheit bezeichnet. Es ist demnach selbstverständlich, daß diese
auffallenden Erscheinungen, nachdem sie das allgemeine Interess®
auf sich richteten, die wissenschaftliche Forschung veranlaßten, die
jene Symptome verursachenden klimatischen Faktoren und Фе
durch das Klima bedingten physiologischen Veränderungen zu klären.
Ohne Zweifel ist unter den klimatischen Faktoren der verminderte
Luftdruck der wichtigste. Das auf 760 mm eingestellte physiologische
Gleichgewicht muß in jedem Falle gestört werden, wenn der Organismus
während eines Aufstiegs unter einen um 100 bis 200 oder noch mehr Milli-
meter Hg verminderten Luftdruck gelangt. Unter den Faktoren des
physiologischen Gleichgewichts wird an denen am leichtesten eine Ver-
änderung zu konstatieren sein, welche von Luftverdünnungen am meisten
abhängig sind, diese sind: Gaswechsel, Blutchemie und Stoffwechsel.
Nach den grundlegenden Arbeiten von P. Bert, Mosso, Korányi, Abder-
halden und Zuntz, aber hauptsächlich nach den Untersuchungen von
A. Loewy sind schon die meisten aufgetauchten Fragen beleuchtet.
Am bedeutendsten unter den Faktoren der Wirkungen des Höhen-
klimas ist jedenfalls die Luftverminderung bzw. der durch die Ver-
minderung der O,-Tension verursachte Mangel der Organe an Sauer-
G. Fritz: Wirk. d. vermind. Luftdrucks auf d. рн usw. des Blutes. 237
stoff. Jene Folgen, die aus dem Sauerstoffmangel der Zellen sich ent-
wickeln, können wir uns auf zweierlei Weise vorstellen. Die erste, und
das wäre die handgreiflichere: daß die Zellen wegen der verminderten
Sanerstoffzufuhr an ihrer oxydativen Energie verlieren, womit ein
erhöhter Zerfall von Eiweiß und ein abnormes Steigen der Produktion
топ organischen Säuren verbunden wäre. In diesem Falle muß also
der intermediäre Stoffwechsel gegen eine acidotische Richtung hin sich
verschieben. Die anderen vorstellbaren Folgen des Sauerstoffmangels
der Organe wären, daß der Organismus diesen Mangel zu kompensieren
strebt ist, was er mit einer Erhöhung der Atmung versucht. In
sem Falle wäre keine Veränderung in dem intermediären Stoff-
wchsel zu beobachten, ja bei einer Überkompensation, denn auch `
a könnte man sich vorstellen, müßte infolge der gesteigerten Aus-
theidung von CO, der intermediäre Stoffwechsel, besser gesagt die
% des Blutes, gegen eine alkalische Richtung hin sich verschieben.
№8 dieser Vorgang im Blute infolge Hyperventilation gut beweisbar
st, haben wir in einer gemeinsamen Arbeit mit Duzär gezeigt (1).
In der jetzigen Arbeit habe ich mir als Ziel das Klarlegen dieser
frage vorgelegt, da darüber weder pro noch contra eine abgeschlossene
Meinung besteht.
Zur Entscheidung der Frage habe ich die Veränderungen des рн
und das CO,- Bindungsvermögen des Blutes unter vermindertem Luftdruck
beobachtet. Bei der Untersuchung des CO,-Bindungsvermögens des
Blutes bin ich der durch van Slyke angegebenen Methode gefolgt,
doch mit einigen Veränderungen. Von der ursprünglichen Vorschrift,
welche die Sättigung des Plasmas mit CO, durch dessen Schütteln mit
Exspirationsluft vorschlägt, bin ich insofern abgewichen, daß ich das
Plasma immer mit einem 6 Proz. Kohlensäure enthaltenden, nach
Sittigung des Plasmas genau analysierten Gasgemisch geschüttelt
habe. Um die py des Blutes zu bestimmen, besitzen wir zwei Möglich-
keiten: eine bei der man auf direkte Weise, und die andere, bei der man
durch Berechnung der aktuellen Reaktion nach der Formel von Hasse-
talch das Py bestimmt. Ich habe bei meinen Untersuchungen die direkte
Messung gebraucht und meine Bestimmungen mit Hilfe der Hollo-
Wessschen Methode (2) ausgeführt. An diesem Orte kann ich mich
mit jener kolorimetrischen Methode nicht länger befassen, doch muß
ih erwähnen, daß ich sie sehr exakt gefunden habe.
Meine Untersuchungen habe ich in dem Davoser Forschungs-
ustitut für Hochgebirgsphysiologie durchgeführt mit Anweisungen des
Herm Prof. A. Loewy, für dessen liebenswürdige Hilfe ich auch hier
weinen besten Dank aussprechen möchte.
Meine Experimente habe ich hauptsächlich an Kaninchen aus-
geführt, doch auch aus gewissen Gründen an Katzen. Die Blutentnahme
238 G. Fritz:
geschah stets aus der V. jugularis mit gewissenhaftester Vermeidun
jeder Stauung. Bei der Blutentnahme zum рн habe ich stets strengsten
auf die luftdichte Entnahme geachtet.
1. Verminderung des Luftdrucks auf natürlichem Wege.
Diesen Teil meiner Versuche habe ich teils in Budapest, teils in Davo
vollbracht. Ich wünschte jene etwaigen Veränderungen zu beobachter
welche sich an den Experimentierobjekten infolge dieser nicht große
Luftveränderung entwickeln. Nachdem die Daten der zehn Tiere in Buda
pest ermittelt waren, sandte ich sie als Eilgut nach Davos, wo sie 3 Tag
nach ihrer Ankunft unter einen Kontrollversuch kamen. Die Tiere habeı
den ziemlich langen Weg binnen 24 Stunden zurückgelegt und sind i
voller Gesundheit eingetroffen. Die ganze Zeit lang wurden sie auf ge
mischter grüner Kost gehalten, um die durch Haferfütterung verursacht
und zweifellos eintretende Änderung des Blutes zu vermeiden. Die Höhen
differenz zwischen den zwei Orten ist 1500 m, welcher Wert durchschnittlicl
120 mm Luftdruckverminderung entspricht. In dem Benehmen und Чеп
Appetit der Tiere war kein Unterschied zu beobachten. Die Unterschiede
in der py des Blutes und im Sauerstoffbindungsvermögen sind in dei
folgenden Tabelle angegeben.
Budapest | Davos
Nr. | Du СО,,Тепз. ооа: Greg Nr. | Pa CO,.Tens. | no. Go
1 | 756 | 456 37,1 1 | 740 | 372 32,3
2 | 7,60 | 45,3 38,1 2 7,56 | 372 | e
3 || 7,46 455 | 43,9 3 7,32 37,7 36,1
4 757 | 48 | 352 4 7,29 36,8 28,4
5 | 758 45,2 34,2 5 7,38 | 365 | 323
6 7,50 44,7 43,9 6 796 3773 | 3
1 7,45 45,3 33,2 7 7,26 371 | 349
8 7,52 455 35,9 8 1,30 36,6 34,2
d 7,57 45,5 37,1 9 7,46 37,5 32,1
10 7.45 43,2 38,1 | 10 7,28 3765 | 324 `
Mittel | 7,52 | 45,06 37,6 | міна) 7,40 37,1 | 336
Aus diesen in der Tabelle angegebenen Werten ist zu entnehmen,
daß nur das py des Blutes eine bedeutende Veränderung erfährt, und zwar
verschiebt es sich gegen eine acidotische Richtung hin. Aus der Veränderung
des CO,-Bindungsvermögens des Blutes kann man in diesem Falle, da
auch die Kohlensäuretension sich proportional verminderte, für die
Niveaudifferenz уоп 1500 m keinen Schluß ziehen, weil die gewonnenen
Unterschiede denen der verminderten CO,-Tensionen beiläufig entsprechen.
Um die Unterschiede leichter zu überblicken, sind sie graphisch dar-
gestellt. Unten auf der Tafel ist die Kohlensäuretension in Millimetern,
links das CO,-Bindungsvermögen des Blutes in Kubikzentimetern, rechts
aber die Werte des py aufgezeichnet. Im Innern der Vierecke befinden
sich die Werte des Kohlensäurebindungsvermögens des Blutes. Die die
Vierecke durchschneidenden Linien ergeben den durchschnittlichen Wert
des CO,-Bindungsvermögens und des Py-
Wrrkung d. verminderten Luftdrucks auf d. рн usw: des Blutes. 239
Gut zu beobachten ist auf der Abb. 1, daß die Veränderung des СО, -
indungsvermögens mit der Senkung der CO,-Tension zusammenhängt,
b die zwei Vierecke in einem Ausstrahlungspunkt kulminieren. Die Ver-
diebung des рд des Blutes zeigt aber auch hier schon eine Abnahme
wen die acidotische Richtung, wenn wir die Resultate auf Kaninchen
— CO; Tension
Abb. 1.
when. Bei Kaninchen liegt nämlich das pe des Blutes bei 7,50. Der
nd dafür, daß die Ergebnisse des CO,-Bindungsvermögens der zwei
techtungsdaten einander nahe stehen, glauben wir darin zu finden,
ù zwischen der Ankunft und Aufarbeitung der Tiere 3 Tage lagen, während
Мег Zeit die Tiere sich schon einigermaßen akkomodieren konnten.
k Verschiebung in den Werten des py, welche eine ausgesprochene ist,
chte mich darauf, daß ich meine Untersuchungen mittels artifizieller
ätdruckverminderung mit Zuhilfenahme einer pneumatischen Kammer
Metzte.
П. Artifizielle Luftdruckveränderung.
Diese Versuche habe ich mit einer dem Davoser Institut angehörigen,
п Tierversuchen eingerichteten pneumatischen Kammer durchgeführt,
der die Tiere auf die gewünschte Luftdruckverminderung zu bringen
тел. Die Zusammenstellung und das Prinzip des Apparates finden wir
wh Laubender (3) beschrieben, so daß ich an diesem Orte auf eine Be-
&reibung verzichte. Die Luftverdünnungen entsprachen, gemäß den an
kn Tieren gefundenen schweren Symptomen, 250 bis 320 mm, bezogen auf
meer Luftdruck. Der absolute Druck unter dem die Tiere sich be-
Wie, entsprach demnach 380 bis 310 mm, welcher 5500 bis 7000 m
he entspricht, auf eine solche Weise erzielten wir nun ziemlich
mse Niveaudifferenzen.
Die Tiere hielten sich wenigstens 12 Stunden in der verdünnten Luft
ы. Die Kaninchen ertrugen die Luftverdünnung durchschnittlich gut,
Sp wir die Luftverdünnung langsam vollbrachten. Bei einer Verdün-
"e von über 200 mm konnten wir an jedem Tiere Müdigkeit, Schlafsucht,
2 eine sich langsam einstellende Dyspnoe beobachten. Nach dem 12-
240 G. Fritz:
bis 24stündigen Aufenthalt in verdünnter Luft haben wir die Tiere na
einer langsamen Druckerhöhung aus der Kammer befreit und von ihr
schon vorher herauspräparierten V. jugularis sofort Blutproben genomme
Bei diesen Versuchen benutzte ich auch ebenso wie bei den vorige
die Methode von van Slyke bzw. von Polo. Heen. Das Sättigen des Plasmı
geschah mit einem kontrollierten 6proz. CO,-Gemisch. Auf eine solcl
Weise hoffte ich auch außer dem Wechsel des рд noch das Wechseln di
CO,-Bindungsvermögens messen zu können, da ich fast ausschließlich m
gleicher CO,-Tension arbeitete. Die Resultate sind die folgenden:
Ä Artifizielle Luftverdünnung
CO» | | Grad der
к | CO»
Bindungs» Nr. PH Verdünnung CO,-Tens. | Bindungs
| vermögen mm v
15,9
CO;:Tens.
|
|
|
|
|
40
— (03 Tension
Abb. 2.
Aus der Tabelle ersieht man, daß bei den experimentell erzielten Luft-
verdünnungen die Wirkungen, welche bei der geringen natürlichen Ver-
dünnung der Luft nur in geringem Maße zu beobachten waren, hier in
gesteigertem Grade vorzufinden waren. Der py-Wert des Blutes zeigt eine
ausgesprochene Acidosis, und damit vereint sinkt auch das CO,-Bindungs-
vermögen des Blutes, trotz der fast konstanten Tension des CO,. Für
meine Resultate sprechen ebenfalls die in dem Davoser Institut durch
Laubender (3) durchgeführten Versuche, der die Veränderung des Stoff-
wechsels bei vermindertem Luftdruck untersuchte.
Nach seinen Ergebnissen steigt die CO,-Produktion in der ersten Stunde
der Luftverdünnung um 30 bis 40 Proz. trotz unveränderten Sauerstoff-
verbrauchs. Er fand den Gesamtstickstoff in jedem Falle um 14 bis
59 Proz. im Urin erhöht. Interessanterweise steigt der Ammoniakkoeffizient
trotz der erhöhten Stickstoffabgabe nur am zweiten Tage an.
Wirkung des verminderten Luftdrucks auf das рн usw. des Blutes. 241
' Alle diese Erscheinungen kann man mit der entstandenen Acidosis
m erklären. Als Resultat der verminderten oxydativen Energie der
klen entwickelt sich ein erhöhter Zerfall der Eiweißkörper, welcher als
реп einerseits die Erzeugung von abnormen Säuren, andererseits eine
wrminderte Produktion an CO, nach sich ziehen wird. Um die entetandenen
“шеп zu neutralisieren, mobilisiert der Organismus teilweise Ammoniak,
lweise aber Alkalimetallionen. Aus den Beobachtungen von Salkowski
теп wir, daß der Organismus, um die Acidität zu kompensieren, bei
n Carnivoren hauptsächlich Ammoniak, bei den Herbivoren eher Alkali-
теіаПе (Na, K) gebraucht. Die Säuren binden nun auf eine solche Weise
be zur Bindung der Kohlensäure gebrauchten Komponenten, sie spülen
Ge CO, quasi aus dem Blute heraus. Damit kann man die Überproduktion
akohlensäure und die Verminderung des Kohlensäurebindungsvermögens
diren. Die Vermehrung des Stickstoffs ist eine Folge des gesteigerten
Kalls der Eiweißstoffe. Dagegen könnte man die Tatsache, daß der
Inmoniakkoeffizient sich erst später erhöht, nach meiner Auffassung
злі erklären, daß Herbivoren (Laubender arbeitete auch mit diesen)
з erster Reihe Alkalimetalle zur Kompensierung gebrauchen, und erst
еш sie diese Reserve aufgebraucht haben, beginnen sie die Ammoniak-
ömpensation.
Wir hielten es für interessant zu sehen, ob die Kompensation der
wwrmen Säurebildung bei Fleischfressern nicht vollkommener wäre,
а diese Tiere ihren großen Ammoniakvorrat dazu aufbrauchen können.
Ih dehnte nun meine Versuche auf Katzen aus, bei denen ich in der obigen
Weise die gleichen Werte bestimmte.
Als Vorbemerkung sei hinzugefügt, daß Katzen die Luftverdünnung
el schlechter ertragen als Kaninchen. Oberhalb einer gewissen Höhe,
mgefähr 2000 m, bekommen diese Tiere Krämpfe, welche sich wiederholen
zd unter denen sie dann zugrunde gehen. Eben dasselbe konnte ich auch
bei meinen Versuchen konstatieren, denn bei einer Verminderung des
Druckes um 150 bis 200 mm wurden die Tiere nach 5 bis 10 Minuten ohne
ene ausgesprochene Dyspnoe unruhig, und nach einigen weiteren Minuten,
зеп wir den Druck nicht erhöhten, von starken tonischen Krämpfen
befallen. Bei einem Falle ging das Tier nach 14 Anfällen ein, trotzdem
| keine Spuren von Erstickung zu konstatieren waren.
| Die beobachteten Veränderungen seitens des Blutes waren gegen
| were Erwartung. Wir dachten nämlich an eine vollkommenere Kom-
pensation. an eine viel ausgeprägtere als bei den Kaninchen. Die Resultate
and die hier beigefügten:
—— EE nn —
Artifiziele Luftverdünnung
| |
|
ан; || Bemerkungen
Nr. | рн Kin — verdünnung
| |
1 2314 314] 22,0 | 150 Ruhig
2 ı735| 380 | 322 ` 170 Krämpfe
з 1727! $ 30,3 | 150 | Ruhig
4 (131) 37,7 | 277 | 200 | Unrahig
5 Sec 375 | 330 170 А
Mittel 7,25 | 375° 290 168 |
Biochemische Zeitschrift Band 170. 16
242 G. Fritz:
Wie wir sehen, sind die Verschiebungen bei den Katzen trotz unser
Erwartung viel größer als bei den untersuchten Herbivoren. Wir schließe
zur Erklärung dieser eigentümlichen Erscheinung darauf, daß diese Tie:
zur Kompensierung der Acidosis in erster Reihe ihr Ammoniak verbrauche
und danach ihre Alkalimetallreserve nicht mobilisieren können bzw., d
sie nur eine sehr kleine Ionenreserve besitzen, müssen sie, um die Komper
sation aufrecht zu erhalten, ihre Zellen angreifen und Alkaliionen fr
70 20 50 40 50
— (0 2 Tension
Abb. 3.
machen. Daß diese Auffassung die richtige ist, darauf deuten jene Kränpfe,
welche nach dem Auftreten der Acidosis bei diesen Tieren sich einstellen.
Es scheint, daß die Produktion von Ammoniak nicht parallel mit dem
Verlauf der Acidosis ist. Diese meine Beobachtungen, daß die Katzen
viel weniger Resistenz gegen eine Acidosis besitzen, bestärken die vor
Jahren gemachten ähnlichen Beobachtungen von Szili (4), wonach gegen
eine intravenöse Säurezufuhr die Carnivoren viel weniger resistent waren
als die Herbivoren.
Der Grund jener Erscheinungen ist bisher noch nicht aufgeklärt,
und es sind im Davoser Forschungsinstitut diesbezügliche Arbeiten im
Gange. Durch meine Arbeiten ist bewiesen, daß sowohl bei den herbivoren
Tieren wie bei den carnivoren Katzen durch die Verminderung der
O,-Tension eine primäre Acidosis entsteht. |
Zusammenfassung.
1. Sowohl die natürlichen wie die artifiziellen Luftverdünnungen
führen infolge Mangel an O, zur Acidosis der Organe.
Wirkung dee verminderten Luftdrucks auf das pn usw. des Blutes. 243
2. Die Größe dieser Acidosis ist mit der Verschiebung der py des
ste und mit der Verminderung des CO,-Bindungsvermögens zu
— |
3. Die carnivoren Katzen kompensieren diese Acidosis schwerer
de herbivoren Kaninchen.
Literatur.
1) Duzär-Fritz, Klin. Wochenschr. 7, 51. — 2) Pollo. Heen, diese
xschr. 144, Heft 1. -— 3) Laubender, ebendaselbst 162, 316. — 4) Szili,
м Art Arch. 1907.
Über die Wirkung der verschieden konzentrierten Kationen
lösungen auf die osmotische Resistenz der roten Blutkörperchen
Von
Alexander Simon.
(Aus dem pharmakologischen Institut der Päzmäny-P6ter-Universität zı
Budapest.)
(Eingegangen am 29. Januar 1926.)
Die Wirkung der verschiedenen Konzentrationen desselben Kation:
auf die osmotische Resistenz der roten Blutkörperchen fand bei den
Forschern bisher nur wenig Beachtung. Es ist schon lange bekannt,
daß CaCl, in niedriger Konzentration resistenzerhöhend wirkt und in
höherer die Resistenz herabsetzt, auch kennen wir die Veränderungen,
die das Blutkörperchen durch verschieden konzentrierte Sublimat-
lösungen erleidet [Bechhold (UL Weiter ist von Аз (2) und Pb (3)
bewiesen, daß sie, in minimalen Mengen der Blutkörperchenemukior
zugefügt, diese gegen Hämolyse schützen. Endlich fand Watermann (4)
daß Cd und Cu in gewissen Mengen die Ätherhämolyse verhindern.
Er glaubt, daß diese Erscheinung auch bei der Hypotoniehämolyse
gültig sei, scheint aber in dieser Hinsicht keine ausführlichen Versuche
vorgenommen zu haben.
Als es mir voriges Jahr zu beweisen gelungen war, daß das Wismut
in der Form ‚„Bismoluol‘“ (Dikaliumwismuttartrat) in sehr großer
Verdünnung (1 : 2500 bis 1: 20000) resistenzerhöhend wirkt, in kleineren
Verdünnungen die Resistenz herabsetzt und sogar Hämolyse hervor-
ruft (5), ebenso wie dies bei CaCl, der Fall ist, faßte ich den Entschluß,
eine bisher fehlende systematische Untersuchung der Wirkung der
verschieden konzentrierten Kationenlösungen vorzunehmen, in der
Hoffnung, einer Gesetzmäßigkeit zu begegnen.
Die Methode, welcher wir uns in diesen Versuchen bedienten, war
kurz die folgende.
Um der Anionenwirkung vorzubeugen, gebrauchten wir zu den Ver-
suchen immer nur Chloride. Das Salz wurde in physiologischer NaCl-
A. Simon: Wirkung verschieden konz. Kationenlösungen usw. 245
ер gelöst, die verschiedenen Konzentrationen wurden durch Ver-
‚dinnung mit physiologischer NaCl-Lösung hergestellt. Gleich große
Beagenzröhrchen wurden mit 2 ccm der Lösung beschickt, dann wurde
m einem jeden 0,35 ccm defibriniertes Menschenblut gegeben und ein
parmal gelinde geschüttelt. Ein Röhrchen diente zur Kontrolle;
deses wurde nur mit 2ccm physiologischer NaCl-Lösung und 0,35 ccm
But versetzt. Nach Ablauf der Inkubationszeit, welche bei den Alkali-
ad Erdalkalisalzen gewöhnlich eine halbe Stunde, bei den Schwer-
wtallsalzen meistens nur 12 Stunden betrug, wurden die Röhrchen
“rk abzentrifugiert und die oben stehende Lösung möglichst ganz
iuipettiertt. Die Prüfung der Resistenz der so behandelten Blut-
imerchen geschah folgendermaßen: Aus jedem Reagenzröhrchen
тшЧе je ein Bluttropfen mit Hilfe einer Mikropipette in je vier kleine,
fich große Reagenzröhrchen gesetzt (bei den sehr hypertonischen
lungen geht dies zuweilen schwer, aber doch genügend genau),
am sich 1 ccm hypotonischer NaCl-Lösung befand. Das erste enthielt
Lem 0,50 proz., das zweite 1 ccm 0,45proz., das dritte 1 ccm 0,40 proz.
mi das letzte 1 ccm 0,35proz. NaCl-Lösung. Es wurde kurz geschüttelt.
Ach ungefähr 15 Minuten wurde abzentrifugiert und der so hervor-
&rufene Grad der Hämolyse kolorimetrisch in Prozenten bestimmt. Die
stimmung geschah nach Arrhenius und Madsen. Drei Blutstropfen aus
ет Kontrollröhrchen wurden in 3ccm destillierten Wassers gelöst
mi so eine 100proz. Hämolyse hervorgerufen. Aus dieser Lösung
тшдеп dann durch Verdünnung auf је Leem, Lösungen in gleich
mben Reagenzröhrchen hergestellt, in welchen во 80-, 70-, 50-, 40-,
$, 20- und 10proz. Hämolyse entstand. Mit diesen Röhrchen wurden
ёе hypotonische NaCl-Lösung enthaltenden Eprouvetten verglichen
wd so der Grad der Hämolyse bestimmt. Unterschiede bis zu 5 Proz.
tnte man sehr gut interpolierend schätzen.
Als prinzipiellen Fehler dieser Methode könnte man uns vielleicht
'orwerfen, daß, da wir die Salze in physiologischer NaCl-Lösung gelöst
taben, es sich hier in der Tat immer um die Wirkung zweier Kationen
tadelt. Wir mußten dies aber tun, denn wir gebrauchten zuweilen
ehr geringe Konzentrationen der betreffenden Salze, so daß mit
Lösungen dieser Salze allein überhaupt nicht gearbeitet werden könnte;
Zweitens ist die physiologische NaCl-Lösung noch immer jene, die die
kleinste Veränderung in den Blutkörperchen verursacht. [Hamburger (6)
npfiehlt statt NaCl-Lösung isotonische Na,SO,-Lösung, da diese
Мег mit den Erdalkalisalzen eine Fällung gibt, war sie für unsere
Zwecke unbrauchbar.) Rohrzucker und andere Nichtleiter, woran
man noch denken könnte, sind mehr schädlich für die Blut-
körperchen [Höber, Memmesheimer (OU als NaCl, was auch wir
bestätigen können.
246 . A. Simon:
Eine antagonistische Wirkung zwischen Na und RK. dann zwische
Na und Ca”, war bei diesen Versuchen nicht auffallend.
Wir untersuchten zunächst die Wirkung der Alkali- und Erdalkal
chloride. Es wurde mit LiCl, KCl, NaCl, (NH,)Cl und mit Ca
MgCl, gearbeitet. Als Ergebnis dieser Versuche konnten wir fes
stellen, daß die genannten Salze, mit Ausnahme von (NH,)Cl, eben:
auf die roten Blutkörperchen wirken, wie wir dies damals von Wiem
erfuhren (5). Nämlich: sie rufen in gewissen Konzentrationen Hämoly:
hervor, dann zeigt sich bei stufenweise geminderter Konzentratio
keine Hämolyse, sondern Resistenzerniedrigung, welche plötzlich i
eine Resistenzerhöhung übergeht, und am Ende, bei ganz geringe
Konzentration, üben die genannten Salze keine Wirkung auf di
Resistenz aus.
Wie erwähnt, konnten wir die genannten Veränderungen mi
(NH,)Cl nicht hervorrufen ; hier zeigte sich nur Hämolyse und Resistenz
erniedrigung. Da aber dieses Salz, wie vielfach angenommen, leicht i
das Innere der Blutkörperchen eindringt, wie die anderen es nich
tun können, ist diese Abweichung nicht überraschend, sondern ehe
erwartet.
Zur näheren Illustrierung unserer Ergebnisse sollen aus den vielen
Versuchen die folgenden Tabellen dienen.
Tabelle I.
LiCl.
Inkubationszeit: у, Stunde. Es zeigt sich Hämolyse in den 3, 1,5, 0,75 mol
Lösungen enthaltenden Röhrchen. Die Resistenz dieser Röhrchen bezieht
sich auf die ehe Blutkörperchen.
| 1; А Laag Uugs
5. 0,75 1 be? Lee
ке [rom [smo | älS A. An
050 | о јо жою o ol ol o] 0
0,45 10 100 o| 5) 10| 10 | 10
0,40 | 100 | 100 | 100 0 30 | 70 8 | 80 a
0,35 100 1 100 75 | 100 | 100 ' 100 ! 100 | 10
Tabelle II.
Kcı.
Inkubationszeit: 4 Stunde. Es zeigt sich Hämolyse in den 3, 1,5, 0,75 mol.
Lösungen enthaltenden Röhrchen. Die Resistenz dieser Röhrchen bezieht
sich auf die шр ee
Ма С!
| Lier
Proz. Kontrolle ft mol. | Ser | er | „far A SE mo Е | A
оо ! о Гоо | oo 0 20| ə ol o io
045 | 20 . 100 ; 100 ı 50 | 25 | 10 |5ѕршеп 10 | Ж
0,40 | 85 | 100 | 100 , 80 во 3| 7| al 8
0,35 | 100 100 100 ' 100 100 | 100 | 100 | 100 | 100
Wirkung verschieden konzentrierter Kationenlösungen usw. 247
Tabelle III. NaCl.
mbsetionszeit: 1, Stunde. Es zeigt sich Hämolyse in den 3, 1,5, 0,75 mol.
шеп enthaltenden Röhrchen. Die Resistenz dieser Röhrchen bezieht
sich auf die übriggebliebenen Blutkörperchen.
“а ' 1,5, 0,75. | La бар. ias EC АЕ
чш Kon зш дщ | o ый шї ш AECH
am i о | 100 | 100 | 80! 25 ol ol o| 0
045 20 | 100 100 80 | 35 5 | ny | 15 | 25
We 85 | 100 | 100 | 85 40 | ml 30 | 85 | 85
135 100 | 100 | 100 | 100 | 35 | 100 | 100 | 100 | 100
Tabelle IV. (NH,)C.
Inkubationszeit: Le Stunde. Hämolyse 0.
TE HEEN EC арыл ишы а í
ме. esch ч | mel | mel | di | éi | dëi | iur
a0 ' о | 100 | 10 | 80 | зо | spurn 0 0
up | 5 100 | 100 | 10 | 70 10 5 б
0.00 | 85 100 ' 100 ! 100 85 85 85 80
035 100 100 1 100 100 | 100 100 ! 100 | 100
Tabelle V. CaCl, + 6 H,O.
Iskubstionszeit: % Stunde. Um mit den bei den vorherigen Salzen ge-
brauchten Konzentrationen annäherungsweise isotonische Lösungen zu
taben, gebrauchten wir 2,25 mol., 1,12 mol. usw. CaCl, + 6 H,O-Konzen-
&tionen. Es zeigt sich Hämolyse in den 2,25, 1,125, 0,56 mol. Lösungen
athaltenden Röhrchen. Die Resistenz dieser Röhrchen bezieht sich auf
die übriggebliebenen Blutkörperchen.
| 0,56» ү 1[8• 1/16» 1/32° lleg”
| mol. | mol. mol. mol. mol. mol.
70 | 1 d
30. 10
30 15 ' 10
5 50 70 70
Tabelle VI. MgCl, + 6 H,O.
Ikubstionszeit: Lé Stunde. Ebenso wie früher: 2,25, 1,17 mol. usw.
. Es zeigt sich Hämolyse in den 2,25, 1,12, 0,56 mol. Lösungen
aithaltenden Röhrchen. Die Resistenz dieser Röhrchen bezieht sich auf
die übriggebliebenen Blutkörperchen.
— E
Proz. Kontrolle ы mol. mol | аф. | | et SE R ap Ki
К e ol о | o!l o
0 0 51 5
248 A. Simon:
Wenn wir die Wirkung von (NH,)Cl vernachlässigen, ergibt sich ал
den Tabellen und unseren anderen Versuchen, daß die resistenzsteigern«
Wirkung der Salze ungefähr bei !/,, bis !/, mol. beginnt und in verschieden:
Konzentrationsbreite andauert, weiter daß, wenn die Konzentration noc
weiter gesteigert wird, wir bei manchen Salzen Resistenzerhöhung und -e
niedrigung zugleich bekommen, was zweifelsohne auf der verschiedene
„Sensibilität‘‘ der einzelnen Erythrocyten beruht. Endlich bei пос
größeren Konzentrationen gelangen wir zur allgemeinen Resistenz
erniedrigung allein oder mit Hämolyse kombiniert, welch letztere imme
mehr zunimmt.
Unser zweites Augenmerk richtete sich darauf, ob sich in der Wirkung:
stärke der einzelnen Kationen eine Regelmäßigkeit kundgibt; näher be
stimmt, ob es bei dieser Wirkung der Kationen, ebenso wie bei der Нурс
toniehämolyse und für die Anionen auch bei der Hypertoniehämolyse
schon bewiesen ist (8) (9), daß die Hofmeistersche Reihe gültig ist.
Für diesen Zweck geben wir die nachstehende Zusammenstellung au
unseren Versuchen, welche jene Konzentrationen angibt, wo die Resistenz
erniedrigung der verschiedenen Menschenblutproben in 0,50proz. Na(l
Lösung aufhört.
Tabelle VII.
uo | кс NaCl | MgCh | Сас
mol. | mol. | mol. | mo mol
| ` We 5 E а
из K | Ile le Ha
'3 '6 lie ls Ta
Je Je | e | Je le
в le le | [в “188
Us 1/6 i
"iaa | в, |
Nach der Tabelle VII hört die Resistenzerniedrigung in den größten
Konzentrationen bei LiCl auf. Bei KOL NaCl und MgCl, sind diese Kon-
zentrationen kleiner, aber untereinander ungefähr gleich, und noch geringere
Konzentrationen fanden wir im Falle der Ca-Wirkung.
Die gleiche Reihenfolge beobachteten wir auch für die Resistenz-
steigerung. Es zeigt sich also eine Resistenzerhöhung in den kleinsten
Konzentrationen erst bei CaCl,, in den größten bei LiCl. Bei КС], NaCl
und MgCl, beginnt diese Wirkung zwischen diesen zwei Extremen.
Über den Einfluß der Kationen bei der Fällung hydrophiler Kolloide
sagt Höber in seinem bekannten Werke (10) folgendes: ‚Die einzelnen
Kationen unterschieden sich in ihrer Fällungskraft nicht sehr erheblich
voneinander (Hofmeister, Pauli). Nach meinen Untersuchungen werden
Hühnereiweiß, Serumalbumin und Lecithin durch Chloride etwa in der
Reihenfolge Li, Cs, Na, Rb, K beeinflußt. Die Erdalkalikationen wirken
im allgemeinen stärker als die Alkalikationen; nur Mg kommt ungefähr
den Alkalien an Wirkung gleich.“
Diese Beobachtungen berücksichtigend, glauben wir feststellen zu
können, daß unsere Ergebnisse betreffend die Wirkung der genannten
Salze auf die Blutkörperchenresistenz im großen und ganzen mit den
Höberschen Versuchen gut im Einklang stehen.
Die letzte Reihe unserer Untersuchungen bildete die Erforschung der
Wirkung einzelner Schwermetallsalze. Wie am Anfang der Arbeit erwähnt.
ist von As und Pb die resistenzsteigernde Wirkung bewiesen worden, auch
(kung verschieden konzentrierter Kationenlösungen usw. 249
bekannt, daß CuCl, und CdCl, die Blutkörperchen in den Konzen-
n iisen bis 1/190% gegen Ätherhämolyse schützen. Endlich bildete
Ausgangspunkt der ganzen Untersuchung die von mir festgestellte
von der Konzentration abhängende interessante Wirkung des
в (5).
[ив diesen Versuchen untersuchten wir zunächst das von Cu und Cd fest-
We erwähnte Ergebnis. Wie aus der Tabelle VIII zu ersehen ist,
ы CuCl, und CdCl, in gewissen sehr kleinen Konzentrationen die
eperchen auch gegen die Hypotoniehämolyse. In größeren Mengen
ı sie ebenso wie Wismut und die Alkali- und Erdalkalikationen
ızerniedrigend, zuletzt fällen sie die Blutkörperchen als eine ge-
» deformierte Masse ab.
Tabelle VIII.
CdCl, + 2H,0.
jonszeit: 13 Stunden. In den Lia: bis Lis mol. Lösungen ənt-
haltenden Röhrchen E deformierte Masse.
1!
ei | Kontrolle | Ja EA Wf | "ag o⸗ H Тоодо, Wl ge
мо | о | се. | се! 40 ! 5 | o 0 0
wei i = , dun- | dun- | 40 40 10 20 20
|, ‚ вепе | sene 85 85 50 | 85 85
|925 ' Masse | Masse | 85 35 85 95 100
, Die resistenzsteigernde Wirkung des CuCl, sieht man sehr schön
b der
Tabelle IX.
CuCl, + 2 H,O.
Inkubationszeit: 12 Stunden.
„с | Kontrolle | 1 [зоо mol. Е | 1/1200 шо]. ЗЕ „1/14 воо mol.
hoz — ESTER BC = — — — | i — Е ze un
en | о o o >| o | 0 o
мз | 25 > 10 | 10 ; 2 25
Kan 85 80 60 | 85 85 85
935 | 100 85 s0 | 9 | 100 100
Endlich haben wir mit FeCl, + 6 H,O Versuche angestellt und, wie
htlich, auch hier das früher Mitgeteilte gefunden.
Tabelle X.
FeCl, + 6 H,O.
Inkubationszeit: 13 Stunden.
ас Kontrolle ЕС mol 1/3534 тої. ` 1/768 mol. 1/1536 mol 1/3073 mol
me] E е E ENEE — — — — —
ою | о 40 30 | 90 0 | 2
| 045 25 50 | 50 | 50 10 30
AA 85. 90 | 100 | 100 3 100
035 100 ` 90 100 | 100 35 100
250 A. Simon:
Interessant sind die kleinen Konzentrationen, in welchen sich і
Gegensatz zu den Alkali- und Erdalkalisalzen die Resistenzsteigerung zeig
Zusammenfassend können wir sagen, daß diese Wirkung bei den erwähnte
Schwermetallsalzen in 1/6 bis }/100 mol. Konzentration zu finden ist.
In den letztgenannten Versuchen gebrauchten wir meistens eine |:
bis 14stündige Inkubationszeit. Der Grund hierfür war, daß, da eine Ri
sistenzerhöhung durch FeCl,, CuCl,, CdCl, in einer halben und in ein
Stunde nicht in jedem Falle zum Vorschein kam, wir annahmen, daß d
einstündige Inkubationszeit zu kurz sei. Dies war aber nicht der Fal
denn auch bei l4stündiger Inkubation fanden wir nicht immer Resisten:
steigerung. Die Ursache dieser Erscheinung können wir nicht sicher aı
geben; es kann aber möglich sein, daß, da die Resistenzsteigerung durc
die Schwermetallsalze vielmals nur in einer kleinen Konzentrationsbreit
zum Vorschein kam und da zwischen jenen Konzentrationen, dere
Wirkung wir untersuchten, ziemlich große Intervalle waren, die resisten:
steigernde Wirkung in dieses nicht versuchte, überspringende Konzern
trationsgebiet fiel.
Die resistenzsteigernde Wirkung der Schwermetallsalze ist also trot
der minimalen Konzentrationen auch nach 12 bis 14 Stunden kräftig
Wir veranstalteten Versuche, zu prüfen, wie es mit den Alkali- und Erd
alkalisalzen nach so langer Inkubationszeit steht.
Tabelle XI.
кс.
Inkubationszeit: 12 Stunden.
— — д 7 =
Мес! | Kontrolle 1/; mol. | 116 mol. | 11,9 mol. | 1/54 mol. Lan mal
Proz. | | КР р Р u КРОИ |
е. at : J CS |
0o50 | 0 20 , 15 | Spuren 0 0
0,45 | 25 45 45 | 3 2 ; ж
040 | 100 90 100 35 35 | 35
035 10 100) 10 | 100 100 100
Tabelle XII.
CaCl, + 6 H,O.
Inkubationszeit: 12 Stunden.
e ПИКИ en Ne Ge
NaCl Kontrolle | 1. mol. Le mol. | (ue mol. | Las mol
Е Proz DEEN | _ 65 8 J
0,50 ` Spuren am ' о | э» | æ
0,45 | 20 70 | 55 30 | 20
040 80 80 0 | m 70
0,35 100 | 80 85 | 85 95
Bei den Alkalikationen fanden wir, daß die Resistenzsteigerung nach
12 Stunden aufhört und in eine mit der Konzentration abnehmende Re-
sistenzerniedrigung umschlägt; die resistenzsteigernde Wirkung des Call,
ist noch in der zwölften Stunde vorhanden, aber nicht so stark wie nach
einer halben Stunde, und bei vielen Blutkörperchen zeigt sich schon Re-
sistenzerniedrigung.
Wirkung verschieden konzentrierter Kationenlösungen usw. 251
Unsere ganze Arbeit zusammenfassend. glauben wir annehmen zu
sen, daß wir be der Wirkung der verschieden konzentrierten Kat-
menlösungen auf die Resistenz der roten Blutkörperchen einer allgemeinen
Bogelmäßigkeit gegenüber stehen. Es gibt ja Ausnahmen von dieser Regel,
те dies bei (NH,)Cl und vielleicht bei HgCl, (nach Bechhold) der
РА] ist, aber im großen und ganzen üben die anorganischen Kationen
ane resistenzsteigernde bzw. eine resisienzerniedrigende Wirkung aus,
ud zwar nur von der Konzentration abhängend. Schwermetallsalze
moben die Resistenz in Tase bis 1/10000 mol. Konzentration, Alkali-
ai Erdalkalisalze in 1/,- bis 1/, mol. Konzentration.
Die Gültigkeit einer Reihe, die von der Hofmeisterschen nicht sehr
weicht, ferner die Wirksamkeit der sehr geringen Schwermetallsalz-
kmentrationen gegenüber der viel größeren der Alkali- und Erdalkali-
ske beweisen, daß unsere Ergebnisse die Folgen der Änderungen der
Sutkörperchenkolloide sind.
Wollen wir aber näher diese Änderungen erkennen, so müssen wir
mert Näheres von unserer Auffassung über die Blutkörperchen be-
‚Деп.
Auch nach unserer Meinung haben die Blutkörperchen eine Mem-
wan. Den exakten Beweis dafür lieferte Еде (11) [s. auch R. Mond (15)),
dem in sehr schönen Untersuchungen unter anderem die Bestätigung
des van Г? Hoff- Boyle-Mariotteschen Gesetzes für die Volumenände-
rungen der Blutkörperchen infolge des osmotischen Druckes gelungen
t. Auch in morphologischer Hinsicht spricht die Arbeit Lepeschins-
bas (12) dafür, daß die Annahme eines Blutkörperchenhäutchens
doch nicht eine den Tatsachen widersprechende war. Sie konnte zeigen,
daß die Membran sich anders färbt als das Plasma des Blutkörperchens.
[adda sie, mit verschiedenen Fixatoren arbeitend, immer eindeutige
_ gebnisse erreichte, glauben wir, daß ihre Membran kein Artefaktum ist.
Den Verteidigern der reinen Adsorptionstheorie bleibt noch die
Tatsache der reversiblen Hämolyse (13) als große Stütze übrig. Nach
erer Meinung aber kann auch diese Erscheinung mit der Annahme
mer Membran erklärt werden.
Der Einfachheit halber beschäftigen wir uns hier mit der reversiblen
Hämolyse, verursacht durch Hypotonie. (Für die anderen Fälle der
tersiblen Hämolyse ist die Erklärung auch nicht schwer.) Unsere
Erklärung beruht auf der Annahme, daß 1. im Innern des Blutkörper-
dens das Hämoglobin nicht gelöst, sondern in adsorbiertem Zustande
ach befindet, welche Auffassung unter anderem von Liebermann (14)
wd in der neuesten Zeit von R. Mond (15) behauptet worden ist,
2. die Blutkörperchenmembran für gelöster Hämoglobin in gewissen
Zuständen durchgängig ist.
252 A. Simon:
Ruft man nun langsam Hypotonie hervor, dann wäscht das
das Innere des Blutkörperchens hineingedrungene H,O das Häm
globin aus seiner Adsorption, und da die Membran infolge der Нуроќоп
Veränderungen erleidet, wozu unter anderen die Untersuchungen e
Kenzo Hattori (16) und Neuschloss (17) sprechen, kann das gelös
Hämoglobin die Membran passieren und so die geringe osmotiscl
Kraft der äußeren Flüssigkeit vermehren. Nach dieser Auffassur
sprengt es also die Membran bei langsamer Hypotoniehämolyse nich
sondern er erfolgt eine Diffusion des Hämoglobins.
Gibt man nun NaCl zu der äußeren Flüssigkeit, dann diffundier
da NaCl nicht іп das Innere dringen kann und so osmotisches Übe:
gewicht in der äußeren Flüssigkeit herrscht, um das Gleichgewicl
herzustellen, H,O aus dem Blutkörperchen heraus, das Hämoglobi
diffundiert hinein, und es wird wieder adsorbiert, und letztens wird auc
der normale Zustand der Membran so weit wie möglich hergestellt
Die einzige Achillesferse dieses Erklärungsversuchs ist die Be
rechtigung der Vorstellung, daß das Blutkörperchenhäutchen durch
lässig ist, wenn auch nicht immer für das große Hämoglobinmolekül
da selbst Kristalloide nicht in das Blutkörperchen dringen können
Aber die Membran verhält sich auch gegen Kristalloide nicht in einfach
erklärlicher Weise. Nach R. Ege (16) ist die Diffusionsgeschwindigkeit
der permeierenden Anionen nicht immer proportional mit der Ionenzahl
der betreffenden Anionen, hat Br (80. Ionenzahl) eine größere Per-
meabilitätsgeschwindigkeit als NO, (62. Ionenzahl), und Li (4. Ionen-
zahl) vermag überhaupt nicht das Blutkörperchenhäutchen zu durch-
‚dringen, während Anionen, wie Cl, SO,, HPO,, die eine viel größere
Ionenzahl besitzen, dazu imstande sind.
Angenommen, die Existenz einer Membran übe ihre Wirkung der
verschieden konzentrierten Kationlösungen aller Wahrscheinlichkeit
nach auf die Membrankolloide aus. Die Resistenzsteigerung und Er-
niedrigung sind daher Folgen der Änderungen der Membransubstanzen.
Die Resistenzsteigerung durch Salzlösungen wäre also so zu deuten,
daß infolge der Änderung der Membrunkolloide das gelöste Hämoglobin
schwerer die Membran durchdringen kann ; bei der Resistenzerniedrigung
würden natürlich die entgegengesetzten Verhältnisse ihre Geltung haben.
Da nach Neuschloss (17) KCl, NaCl, CaCl}, MgCl, bei steigender
Konzentration bis zu 1/,, bis 1/, mol. — wo es seine Maximalwirkung
erreicht — die Oberflächenspannung des Lecithinsols erhöhen, ent-
spricht wahrscheinlich die Resistenzsteigerung der Blutkörperchen
dieser maximalen Oberflächenspannungserhöhung. In größeren Kon-
zentrationen vermindert sich nach Neuschloss die erreichte Oberflächen-
spannung, ohne zur normalen wieder zurückzukehren, so daß die
Resistenzerniedrigung nicht einfach mit der einfachen Rückkehr dieser
Wirkung verschieden konzentrierter Kationenlösungen usw. 253
bscheinung erklärt werden kann; es müssen auch weitgehendere
hierungen der Membransubstanzen entstehen als eine Vermehrung des
Ipersitätsgrades des Membranlecithins, wie Neuschloss behauptet.
Zusammenfassung.
l. Da nach meinen Ergebnissen KCl, NaCl, LiCl, MgCl, CaCl,
а, CuCl,, FeCl, und Bismoluol (Dikaliumwismuttartrat) von der
imzentration abhängend auf die osmotische Resistenz der roten Blut-
\merchen in vitro erhöhend bzw. vermindernd wirken, glaube ich
adeser Wirkung einer auf die Mehrheit der Alkali-, Erdalkali- und
&wermetallkationlösungen gültigen Gesetzmäßigkeit gegenüber-
miehen.
2. Die Wirkung der Alkali- und Erdalkalikationen auf die Resistenz
итеп Blutkörperchen entspricht der folgenden Reihe: Li < Na,
u < Mg” < Ca”.
3. Auf Grund der Existenz einer Blutkörperchenmembran ist
m Erklärungsversuch der reversiblen Hämolyse und der experimen-
elen Ergebnisse der Abhandlung gegeben.
Literatur.
l) Bechhold und Kraus, diese Zeitschr. 109. — 2) Gunn, British Med.
lum., Juli 1908. — 3) Aub, Reznikoff, Smith, Ref. Ber. über а. ges. Phys.
9,488. — 4) Waterman, diese Zeitschr. 116. — 5. A. Simon, ebendaselbst
18. — 6) Hamburger, ebendaselbst 129. — 7) Höber und Memmesheimer,
Mügers Archiv 1918. — 8) Höber, diese Zeitschr. 14. — 9) Acél und Lorber,
tendaselbet 147, 557, 1924. — 10) Höber, Physikalische Chemie der Zellen
ші Gewebe 1924, S. 269. — 11) R. Ege, diese Zeitschr. 180. — 12. Lepe-
inskoja, Folia Haemat., Januar 1925. — 13) Bogendörfer und Halle,
tese Zeitschr. 160, 199, 1925 (s. weitere Literatur dort). — 14) Liebermann,
Ach. Е. Hyg. 62. -— 15. R. Mond, Pflügers Arch. 208. — 16) Kenzo Hattori,
ke Zeitschr. 119. — 17) S. М. Neuschloss, Pflügers Arch. 1920.
Über die enzymatische Abspaltung von Rohrzucker aus Salze
der Saccharose-phosphorsäure.
Von
Carl Neuberg und Martin Behrens.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Biochemie in Berlin-Dahlem.)
Zwischen der Konstruktion der Saccharose-phosphorsäure (I), dere
Synthese!) vor 16 Jahren beschrieben worden ist, und dem Bau de
Raffinose (II) sind gewisse Analogien vorhanden:
I. Fructose-Glucose-Galaktose.
II. Fructose-Glucose-Phosphorsäure.
Damit im Einklange steht, daß in bezug auf beide Verbindunge!
bestimmte Ähnlichkeiten auch in der Angreifbarkeit durch hydro.
lysierende Agenzien — von rein chemischer Wirkungsweise wie vor
biologischer Natur — zutage treten. Durch starke Mineralsäurer
werden beide Substanzen in ihre drei Komponenten zerlegt. Schwache
insbesondere organische Säuren ermöglichen eine partielle Hydrolyse
bei der aus der Raffinose Fruchtzucker nebst Glucose-Galaktose, das is
Melibiose, hervorgehen?) und bei der aus den Saccharo-phosphate!
Fructose sowie Glucose-phosphorsäure entstehen?).
Eigenartig gestaltet sich der Einfluß der Enzyme. Seit langem is
bekannt, daß ein wässeriger Auszug von obergärigen Hefen die Raffinos
teilweise spaltet und zur Bildung von Fructose und Melibiose Anlaf
gibt. Diese Reaktion ist schon von С. Scheibler und H. Mittelmeier
auf das Invertin bezogen und in neuerer Zeit von R. Willstätier und
1) C. Neuberg und H. Pollak, diese Zeitschr. 28, 515; 26, 521, 1910.
2) C. Scheibler und Н. Mittelmeier, Ber. 22, 1678, 1889; A. Bau,
Chem. Zeitung 26, 69, 1902.
з) J. Hatano, diese Zeitschr. 159, 175; S. Sabetay und L. Rosenfeld,
ebendaselbst 162, 469, 1925.
4) C. Scheibler und Н. Mittelmeier, Ber. 22, 3118, 1889; D. Loiseath
Chem. Centralbl. 1897, II, 520; 1908, II, 1243; H. E. Armstrong und W.H.
Glover, ebendaselbst 1908, II, 1254; Е. Bourquelot und M. Bridel, eben-
daselbst 1911, I, 1816; C. S. Hudson und T. S. Harding, ebendaselbst 1916,
I, 608.
C. Neuberg u. M. Behrens: Enzymatische Abspaltung usw. 255
| Kuhn!) sowie R. Kuhn?) in physikalisch-chemischer, namentlich
ıkinetischer Hinsicht näher erforscht mit dem Resultat, daß die
пове durch das gleiche Invertin wie Rohrzucker angegriffen wird.
Während die Säure-hydrolyse keinen Anhaltspunkt dafür ge-
nhen konnte, wie die Fructose sich dem Melibioserest einfügt, ergab
е rein chemisch bisher nicht erreichte, aber enzymatisch durch-
führte Spaltung der Raffinose in Rohrzucker und Ghalaktose die
iundlage für die Auffassung der Raffinose als Galaktose-äther der
wcharose. Diese von С. Neuberg?) aufgefundene fermentative Hydro-
ів der Raffinose zu Rohrzucker und Galaktose wurde von H. Prings-
на ооа G. Zemplén) bestätigt für die Auswirkung einiger Invertase
ut führender Schimmelpilze und außerdem von R. Willstätter und
їСаву 5); sie haben die Beziehungen und Abweichungen zwischen
&äkto-raffinase und den gewöhnlichen B-Glucosidasen des „Emulsins“
wtisch festgelegt und für weitgehend gereinigte Präparate die
weits von Neuberg (1. с.) beobachtete langsame Ablösung des Galaktose-
ee dargetan.
Analog zur erwähnten invertatischen Spaltung der Raffinose läßt
Sch nmn nach С. Neuberg und S. Sabetay $) die invertatische Hydrolyse
er Rohrzucker-phosphorsäure mittels Hefen-invertase bewerkstelligen,
ё den beiden genannten Autoren Fructose und Glucose-phosphor-
sure lieferte. Dieses Ergebnis haben jüngst R. Kuhn und Н. Münch”)
tatätigt, indem auch sie durch Fructo-saccharase der Hefe eine
Abspaltung der Lävulose aus Saccharo-phosphat ohne Ablösung von
fosphorsäure erzielen konnten; denn wie bereits Neuberg und
%eay (1. с.) nachgewiesen haben, schließt das nach R. Willstätter und
l. Racke8) aus Hefe bereitete Invertin im Gegensatz zur saccharase-
altigen®) „Takadiastase“ 10) keine aktive Phosphatase ein.
Die Analogie in der Angreifbarkeit durch Enzyme offenbart sich,
te wir zeigen werden, nun noch schärfer durch den fermentativen
Wau der Rohrzucker-phosphorsäure zu Saccharose und anorganischem
) R.Willstätter und R. Kuhn, H. 115, 183, 1921.
"ER Kuhn, Н. 125, 71, 1923. _
"IO. Neuberg, diese Zeitschr. 8, 519, 1907.
"P. Pringsheim und G. Zemplén, Н. 62, 374, 1909; vgl. Ch. Lefebvre,
еп. Centralbl. 1908, I, 396; Е. Bourquelot und M. Bridel, ebendaselbst
19, П, 1497; H. J. Waterman, ebendaselbst 1914, I, 485.
) R.Willstätter und W.Csäny, Н. 117, 174 u. 196, 1921.
% С. Neuberg und S. Sabetay, diese Zeitschr. 162, 479, 1925.
) R. Kuhn und Н. Münch, Н. 150, 232, 1925.
') R.Willstätter und F. Racke, Ann. 425, 53, 1921.
') G. Bertrand und Rosenblatt, С. т. 156, 261, 1913.
М) S. Akamatsu, diese Zeitschr. 142, 184 u. 187, 1923; J. Noguchi,
*tendaselbst 148. 190, 1923; 147, 255, 1924.
256 C. Neuberg u. M. Behrens:
Phosphat. Um diese bisher unbekannte Reaktion durchführen
können, bedurften wir eines Agens, das gewissermaßen dem ‚Emulsi
gleichen mußte. Wie dieses frei von Invertase ist, aber die in Äth
bindung festgehaltene dritte Komponente Galactose aus Raffin
abzulösen vermag, so mußte das anzuwendende Fermentmaterial kei
Invertase, sondern nur eine auf rohrzucker-phosphorsaure Salze е
gestellte Phosphatase enthalten. Vor Jahren haben K. Djenab u
C. Neuberg gefunden, daß bei Einwirkung der rohen Hefenphosphata
die beträchtliche Abspaltung von Phosphorsäure aus Saccharo-phospl
zuwege bringt, der Übergriff auf die Rohrzuckerkomponente nic
zu vermeiden ist, indem Rohrzuckerspaltung zusammen mit der Est
hydrolyse vor sich geht).
Das geeignete Fermentmaterial bezogen wir aus dem Tierreich
М. Tomita?) hat im hiesigen Institut gezeigt, daß die verschieden!
animalischen Gewebe, vornehmlich Niere und Muskel, Sacchar
phosphate unter Absprengung von Phosphorsäure zerlegen. Da b
kanntlich normalerweise — außer im Darm“) — Invertin nicht i
Körper der höheren Tiere®) auftritt (Claude Bernard, E. Fischer ur
W. Niebel, Н. o Euler, O. Svanberg und К. Myrbäck), so konnten w
mit Hilfe der Nieren-phosphatase die Lösung der gestellten Aufgal
erreichen. Wir verwendeten für die Versuche sowohl Brei als auc
Saft von Pferdenieren, in dem genügend Phosphatase gelöst ist. В
längerer Digestion von rohrzucker-phosphorsaurem Natrium ode
rohrzucker-phosphorsaurem Calcium mit Nierenferment wird in erhel
lichem Ausmaße Phosphorsäure in Freiheit gesetzt, ohne daß der Zucka
anteil zerfällt®). Wohl macht ach ein minimales Reduktionsvermöge
geltend, jedoch ist dasselbe auf die Verzuckerung von Gewebsbestant
teilen (wie Glykogen) zurückzuführen. Die Dephosphorylierung vollziel
1) K. Djenab und C. Neuberg, diese Zeitschr. 82, 393. 1917.
2) Man darf erwarten, daß Rohrzucker nicht angreifende invertas
freie Pilze und Hefen (Тур. S. apiculatus) sowie auch manche höher
Vegetabilien sich analog verhalten werden, da die Phosphatasen weit ve
breitet sind. Auch andere Kohlehydrat-phosphorsäuren dürfte man i
entsprechender Weise zu den phosphorsäurefreien Zuckern abbauen könne!
3) M. Tomita, diese Zeitschr. 131, 161, 1922.
4) Literatur s. bei C. Oppenheimer, Fermente, 5. Aufl., І, 568—570, 192
5) Über das andersartige Verhalten der Verdauungssäfte nieden
Tiere s. H. Bierry, diese Zeitschr. 44, 445, 1912.
в) Für diese phosphatatische Hydrolyse ist die schon von J. Hatano (1. ©
angeschnittene Frage nach der vollen Einheitlichkeit der Saccharophosphat
ohne Bedeutung; es ist an sich belanglos, ob das Phosphorsäure-radikt
allein am Glucoserest haftet, oder ob auch ein Fructoseanteil mon‘
phosphoryliert ist, sofern die Phosphatase beide Hexosephosphorsäur
komponenten anzugreifen vermag, oder, wie es zutrifft, die Trennun
frei gewordenen Rohrzuckers vom Saccharophosphat durchführbar 18
шуша. Abspaltung у. Rohrzucker aus Saccharose-phosphorsäure. 257
hei der natürlichen Reaktion des Organmaterials. Um aber einer
zeifischen Säurespaltung von Rohrzucker durch die bei der Organ-
изе entstehenden Säuren vorzubeugen, haben wir in der Mehrzahl
ге entweder bei einem рн von 7,3 gearbeitet!) oder durch Hinzu-
mg von kohlensaurem Calcium als Bodenkörper dauernd neutrale
sitionen aufrecht erhalten. Durch Beigabe von reichlich Toluol
re stets für Sterilität gesorgt. Als Substrat können sowohl das
tnle Natriumsalz, Ca Ha O10 - 0. PO,Na,, als das neutrale Calcium-
«09,0, - О. РО, Са, dienen; beide sind in Wasser leicht löslich.
lum Nachweise des Rohrzuckers, der bei der enzymatischen Hydro-
katsteht, haben wir uns nicht auf indirekte Verfahren zur Prüfung:
rleaktionsflüssigkeit beschränkt, sondern mehrfach das Disaccharid
бап? isoliert. Das gelingt auf folgende Weise. Durch Erwärmen
(em siedenden Wasserbad bei neutraler Reaktion wurde zunächst
wulables Eiweiß entfernt. Die vom Gerinnsel sowie vom Toluol ab-
репе Flüssigkeit wurde — unter Zusatz von etwas Bariumcarbonat —
Vakuum oder in der Faust-Heimschen Verdunstungsapparatur zu
iem Sirup eingeengt. Diesem konnte durch Extraktion mit sie-
кеш Äthylalkohol oder auch mit einem größeren Quantum Weingeist
ı Zimmertemperatur der Rohrzucker entzogen werden, während
Randteile des Fermentmaterials sowie abgespaltenes anorganisches
œphat nebst unangegriffenem Ausgangsprodukt (Natrium- oder
kumsalz) zurückblieben.
Kleinere Mengen von Verunreinigungen traten natürlich in den
bhol über, so daß die Abscheidung des Rohrzuckers eine weiter
бепе Reinigung erforderte. Zu diesem Zwecke wurde der erste
tolische Auszug wiederum im Vakuum verdampft und der Rück-
ad von neuem in heißem Äthylalkohol aufgenommen, der auf 100 ccm
«шеп Alkohol 1 ccm Wasser enthielt. Diese Behandlung mit
п proz. Alkohol wurde so lange fortgesetzt, als noch nennenswerte
Чеп Disaccharid in Lösung gingen, was daran zu erkennen war,
beine Probe nach hydrolytischer Spaltung durch Salzsäure deutliches
duktionsvermögen aufwies. Die vereinigten alkoholischen Extrakte
Nen darauf im Vakuum erneut zu Sirup konzentriert und
жт nunmehr mit heißem, absolutem Methylalkohol ausgezogen,
Ié sich alles oder nahezu alles lösen muß. Die klare methyl-
Шюйзеһе Flüssigkeit blieb über Nacht stehen; dann schieden sich
i Zimmertemperatur noch kleine Mengen flockiger Beimischungen
e Die abermals filtrierte Flüssigkeit wurde darauf mit einer ge-
“йеп Lösung von festem Bariumhydroxyd in reinem Methyl-
WW ausgefällt, solange noch ein Niederschlag entstand. Diese
— —
' Vgl. F. Demuth, diese Zeitschr. 159, 415, 1925.
Жешке Zeitschrift Band 170. 17
258 C. Neuberg u. M. Behrens:
Fällung des in wasserfreiem Holzgeist gelösten Rohrzuckers dur
absolut methylalkoholisches Bariumhydroxyd ist unseres Wisse
bisher nicht benutzt worden; beschrieben ist nur!) die Fällung vı
wässerigen Rohrzuckerlösungen durch wässerig-alkoholischen Bar
(Weingeistgehalt der Mischung = 60 Proz.). Die beträchtliche Löslic
keit des Bariumhydroxyds in wasserfreiem Methylalkohol im Vere
mit dem Lösungsvermögen des Holzgeistes für Saccharose mach
unser Vorgehen sehr bequem. Der Rohrzucker wird dabei vollständ
als Barytverbindung und diese in gut filtrierbarer Form gefällt?). №
Auswaschen der Bariumverbindung mit Methylalkohol und ihr
Übertragung in Wasser kann durch Einleiten von Kohlendioxyd -
anfangs in der Kälte, später in der Wärme (Wasserbad) — der Roh
zucker leicht regeneriert werden.
In den nach diesem Verfahren durch methylalkoholischen Вагу
erzeugten Niederschlag geht der aus dem Saccharophosphat in Freihe
gesetzte Rohrzucker ein; ein Teil noch anhaftender Verunreinigunge
bleibt bei der Zerlegung mit Kohlensäure unlöslich zurück. Die vo
Bariumcarbonat getrennte und mit etwas Knochenkohle geschüttelt
sowie filtrierte Flüssigkeit ist schon eine recht reine Rohrzuckerlösun;
aber immerhin noch nicht rein genug, um direkt zu kristallisieren. Un
die Saccharose in einwandfreien Kristallen zu erhalten, dampften wi
die wässerige Lösung wiederum im Vakuum ein. In diesem Rückstan
waren nach Zerstörung der organischen Substanz höchstens пос!
Spuren Phosphor nachzuweisen. Durch abermaliges Auskochen mi
Holzgeist, der als Residuum im wesentlichen Bariumcarbonat hinterlief
gewannen wir eine methylalkoholische Rohrzuckerlösung, die vorsichti
mit absolutem Äther bis zum Auftreten einer Trübung versetzt und i
einer verschlossenen Glasstöpselflasche aufbewahrt wurde®). Es schiede
sich beim Stehen in großer Kälte zumeist direkt Kristalle ab, die dan:
nach mehrtägiger Aufbewahrung abgesaugt wurden und durch Um
kristallisation aus heißem Wasser reinen Rohrzucker lieferten. І
anderen Fällen versagte das Verfahren der Anwendung einer Rohr
zucker ausfällenden organischen Flüssigkeit, indem sich nur flockig
1) R. Stutzer, Zeitschr. d. Ver. d. deutsch. Zuckerind. 84, 87, 1884
2) Nach Versuchen von С. Neuberg und M. Kobel ergibt sich folgendes
Eine gesättigte methylalkoholische Barytlösung ist etwa Lin: 1Mol
Baryt fällt 1 Mol. Rohrzucker augenblicklich und quantitativ aus. Da
Verfahren läßt sich auch auf andere einfache und zusammengesetzte Zucke
anwenden und ist deshalb der Beachtung wert, da es bei bestimmter Hand
habung mit Pyridinlösungen von Kohlenhydraten ebenfalls durchführbar 15
Man kann zudem durch Behandlung der rein wässrigen Lösungen m!
Barytwasser zuvor manche Beimengungen beseitigen. Über diese Ver
hältnisse wird noch zu berichten sein.
з) Vgl. E.Winterstein, H. 104, 217, 1919.
Enzymat. Abspaltung v. Rohrzucker aus Saccharose-phosphorsäure. 259
Bestandteile in mäßiger Ausbeute abschieden. Hier aber gelangten wir
tigendermaßen zum Ziele. Die 9 Tage stehen’ gebliebene alkoholisch-
kherische Lösung wurde von den amorphen Abscheidungen abfiltriert;;
kim Verdunsten der organischen Lösungsmittel restierte ein ganz
xtwach gelb gefärbter Sirup, der innerhalb eines Tages von selbst
installisierte. Durch Waschen und Verreiben mit kaltem Methylalkohol
тобе etwas klebrige Substanz entfernt, während Rohrzuckerkristalle in
richlicher Menge zurückblieben. Beim Umkristallisieren aus wässerigem
khylalkohol erhielten wir nunmehr leicht reinen Rohrzucker.
Dies letzgenannte Vorgehen lieferte annehmbare Ausbeuten; bei
я direkten Kristallisation von Rohrzucker aus der alkoholisch-
irischen Lösung blieb dagegen sehr viel Saccharose in Lösung.
Daß übrigens in dem nach der Barytbehandlung gewonnenen,
wh sirupförmigen Zucker (siehe б. 258) praktisch reine Saccharose
reet, beweist das weiter unten angegebeneVerhalten bei der Inversion,
& mit Salzsäure oder auch mit gereinigter Invertaselösung durch-
rührt werden kann ; zwischen den Konstanten des Drehungsvermögens
w und nach der Hydrolyse bestand Übereinstimmung.
Im besten Falle erzielten wir einen Ertrag von 8,5g kristallisiertem
fitrzucker bei polarimetrischer Feststellung von 10,64 g Rohrzucker
w 58,5g enzymatisch hydrolysiertem Natrium-saccharophosphat,
п: eine Ausbeute von 24,8 Proz. bedeutet.
Diese und ähnliche Versuche lehren, daß durch tierisches Organ-
‘ment eine Dephosphorylierung der Saccharo-phosphate unter Er-
altung des Rohrzuckerskeletts möglich ist und daß somit dieser Abbau
a Phosphatase in Analogie tritt zum Abbau der Raffinose durch
ulsin.
290g frische, fein gehackte Pferdeniere, 580 ccm 0,85proz. NaCl-
“sung sowie 9 ccm Toluol wurden nach wiederholtem Umschütteln über
Хем im Eisschrank aufbewahrt; am nächsten Morgen wurde scharf zentri-
рег, Die erhaltene Enzymlösung (570 com) wurde so lange mit n/10 NaOH
md n/10 НСІ versetzt, bis еіп ру von 7,3 erreicht war. (Das рд wurde an
deinen Proben nach Koagulieren in siedendem Wasserbade kolorimetrisch
mesen. Zur Erreichung der gewünschten H-Ionenkonzentration war
ein Überechuß von 36 cem п/10 NaOH erforderlich.) Das Gesamtvolumen
Wong zum Schluß 640 eem,
Mit dieser Fermentlösung wurden folgende zwei Ansätze gemacht:
а) 570 ccm Fermentlösung,
13g Natrium-saccharophosphat!),
6ccm Toluol.
') Hier ist, wie in allen Fällen, lufttrockenes Salz verwendet, das
Ю Proz. wasserfreie Substanz enthielt. Das Molekulargewicht des Natrium-
uze (Co Ha Ca Na, P) ist 466, das des Calciumsalzes (C, H,101,Ca P)
Ж 46) (beide wasserfrei).
260 C. Neuberg u. M. Behrens:
Die Flüssigkeit enthielt also 2,05 Proz. rohrzucker-phosphorsa
Natrium.
b) 50,0 ccm Fermentlösung,
0,5 ,„ Toluol.
Beide in Glasstöpselflaschen befindlichen Gemische wurden in e
Brutschrank von 37° gebracht; an den folgenden Tagen wurden die
gespaltenen Phosphorsäuremengen in beiden Proben ermittelt. In је
Falle wurden 5,0 ccm entnommen, mit 5,0 ccm dest. Wasser verdünnt
5 Minuten in siedendem Woasserbade koaguliert. Nach Filtration wu
zu je 5,0 ccm Filtrat 5,0 ccm Magnesiamischung gegeben. Es zeigte
schon nach einem Tage ein deutlicher Unterschied im Gehalt an fre
Phosphat, der in der folgenden Zeit noch ausgeprägter wurde. N
einer Woche wurde eine quantitative Phosphorsäurebestimmung du
geführt. Zu diesem Zwecke wurden von den Ansätzen je 25,0 ccm 10 Minı
lang im siedenden Wasserbade erwärmt, filtriert und je 10,0 ccm des Filt
mit gleichen Mengen Magnesiamixtur gefällt. Die Niederschläge wu
schließlich als Mg,P,O, zur Wägung gebracht. |
0,0850 g Mg,P,O, wurden іп 10,0ccm Filtrat des Hauptansa
gefunden. Für 100 ccm macht das 0,3500 g aus.
0,0101 g Мр,Р,О, wurden aus 10,0 ccm entsprechendem Filtrat ı
Kontrollansatz erhalten, für 100 ccm also 0,1010g.
Der Überschuß des im Hauptansatz vorhandenen Mg,P,O, gegeni
der Kontrolle betrug somit 0,2490 g Me, Path, Der Gesamt-P,O,-Ge)
von 100 ccm einer 2,05proz. Natrium-saccharophosphat-lösung bezif
sich, in Mg,P,O, ausgedrückt, auf 0,4896 д. Der Überschuß von 0,24
im Hauptansatz zeigt an, daß 50,9 Proz. des Saccharophosphats dephosf
ryliert waren. Nach einer Woche wurde die P-Bestimmung wieder!
und eine Spaltung von 59,3 Proz. des Ausgangsmaterials konstatiert.
Die Produkte der enzymatischen Hydrolyse wurden nun auf R«
zucker verarbeitet. 500 ccm des schwach alkalisch reagierenden Gemis
kamen für 10 Minuten in ein siedendes Wasserbad. Nach Filtration wı
der Filterrückstand einmal mit Wasser ausgekocht. Die vereinigten Filt
wurden im Faust-Heimschen Verdunstungskasten zur Trockne eingedam
Die Masse wurde dann siebenmal mit absolutem Alkohol durch Verrei
unter Hinzufügen von jedesmal 1 ccm Wasser extrahiert. Die alkoholise
Auszüge wurden filtriert und die Filtrate im Vakuum bei 40° zum Si
eingeengt. Dieser wurde darauf viermal unter Hinzufügen von jew
1 ccm Wasser mit je 100 ccm siedendem absolutem Äthylalkohol ausgezoj
wobei kein nennenswerter Rückstand blieb. Die vereinigten Titre
Lösungen ließen wir nach Zugabe von 150 ccm Äther über Nacht stel
Nachdem am nächsten Morgen von einem flockigen Niederschlage abfiltr
worden war, wurde wiederum im Vakuum bei 40° eingeengt. Die eingedic
Masse wurde nunmehr mit siedendem Methylalkohol aufgenommen 1!
die Lösung nach dem Erkalten so lange mit gesättigtem methylalko
lischem Baryt versetzt, bis auf weitere Zugabe keine Fällung mehr entsta
Das Gemenge wurde über Nacht im Eisschrank aufgehoben. Am ande
Morgen wurde abgenutscht und der mit Methylalkohol gewaschene fe
Rückstand in Wasser suspendiert. Nach Einleiten von Kohlendioxyd
zum Verschwinden der alkalischen Reaktion wurde aufgekocht, filtri
mit H,O ausgewaschen und das Filtrat auf dem Wasserbade zu Bu
konzentriert. Die Lösung dieses Sirups in rund 300 ccm heißem Metl
Enzymat. Abspaltung v. Rohrzucker aus Saccharose-phosphorsäure. 261
bohol wurde nach dem Abkühlen mit absolutem Äther versetzt, bis
æ leichte Trübung auftrat. Daraufhin wurde die in einem Glas-
itelgefäßB befindliche Mischung in den Eisschrank gestellt. Da sich am
ihsten Tage nur ein geringer kristallinischer weißer Niederschlag
öildet hatte, so wurde noch etwas reiner Äther hinzugefügt. Während
swöchiger Aufbewahrung bei Winterkälte nahm der Niederschlag noch
; ег wurde abfiltriert und in wenig Wasser gelöst. Diese Lösung wurde
wichtig auf dem Woasserbade eingedampft und in einen Exsikkator
stelt. Beim Umrühren trat bald Kristallisation ein. Die Kristalle wurden
t wenig Methylalkohol angerieben, abgenutscht und mit Holzgeist aus-
mischen. Die Probe mit Fehlingscher Mischung fiel erst nach dem
ken mit НСІ positiv aus; die Resorcinreaktion war stark, Phosphor
irmimalster Spur nachweisbar. Ausbeute: 1,035 р.
Polarisation: 0,2442g Substanz wurden in 5,0ccm Wasser gelöst
xim 79,5-mm-Rohr polarisiert.
In einem Prozente Traubenzucker anzeigenden Apparat wurden
-35 Proz. abgelesen; das entspricht bei einer Rohrlänge von 79,5 mm
Lü Proz. Rohrzucker, während die Lösung der Einwage nach 4,88 proz. war.
Inversion: 4,0 cem der nicht reduzierenden Flüssigkeit wurden durch
^em gereinigter Invertaselösung fast augenblicklich gespalten.
In analoger Weise wurde ein anderer Versuch vorgenommen.
65g Natrium-saccharophosphat (= 58,5g wasserfreies Salz),
1300 cem Fermentsaft aus Pferdenieren,
13 ,, Toluol.
Ри = 7,3.
Gleichzeitig wurde eine Lösung von 2,5 g rohrzucker-phosphorsaurem
trium in 50 ccm 0,85proz. NaCl-Lösung, die durch n/10 NaOH auf
= 7,3 gebracht war, unter Zugabe von 0,5ccm Toluol in den Brut-
drank gestellt, um zu sehen, ob bei dieser Reaktion eine unspezifische
itspeltung von Ма, НРО, einträte. Proben mit Magnesiamischung zu ver-
EH Zeiten und auch am Tage der Aufarbeitung des Hauptansatzes
wien stets negativ aus.
Nachdem dieser Ansatz 2 Wochen im Thermostaten gestanden hatte,
wde eine Bestimmung der noch in organischer Bindung vorhandenen
orsäure ausgeführt. 20,0 ccm des Gemisches plus 20,0 cem destillierten
Wassers wurden 10 Minuten im siedenden Wasserbade koaguliert und dann
get, Zweimal je 15,0 ccm des Filtrats wurden mit je 20,0 ccm Magnesia-
urtur versetzt, um anorganisches Phosphat zu entfernen; die Mischungen
тиіп auf ein Volumen von 50,0ccm gebracht und nach 2 Stunden
пеге, Је 25,0 ccm (= 3,75 ccm der Urlösung) wurden mit Soda-Salpeter
nemer Platinschale verascht, zweimal mit Salpetersäure abgeraucht und
кеша] als Molybdat niedergeschlagen; dann wurde über die Magnesia-
Mg,P,O, erzeugt. Dabei wurden 0,0190 bzw. 0,0192g Mg, P,O,
У . Wenn 0,0191 р Mg,P,O, aus 3,75 ccm entstehen, so entspricht
"e 0,5093 їп 100,0 сет Urlösung. Da der Ansatz 4,5 Proz. saccharose-
rsaures Natrium enthielt, kommen auf 100ccm an organisch
tbundenem Phosphor, in Mg,P,O, ausgedrückt, 1,0747g. Weil wir
262 ` C. Neuberg u. M. Behrens:
0,5093 g Mg, P,O, für organisch gebundenen Phosphor ermittelt habe
so sind 47,4 Proz. des Saccharophosphats noch nicht abgebaut (unt
der Annahme, daß organisch gebundener Phosphor lediglich in Gesta
von Saccharophosphat vorhanden ist).
Nach einem Monat wurde der Ansatz verarbeitet. Das Gemisch wur
20 Minuten in siedendem Wasserbade koaguliert und abgenutscht, d
Rückstand zweimal mit je 300 cem Wasser ausgekocht. Die vereinigte!
im Vakuum zu Sirup eingeengten Filtrate wurden dreimal mit je 500 сс
heißen Alkohols extrahiert; dabei wurde beim zweiten- und drittenm
der Rückstand zunächst mit je 10 ccm Wasser durchfeuchtet.
Alle drei neutral reagierenden Alkoholauszüge wurden sodann vereinij
und bei 40° im Vakuum eingeengt; der entstandene Sirup wurde siebenm
mit је 250 ccm heißen Alkohols ausgezogen, nachdem das Unlösliche vor jedi
Extraktion mit 2,5 cem Wasser versetzt worden war. Es hinterblieb dann e
nach Kochen mit Salzsäure Fehlingsche Mischung kaum reduzierender Rücl
stand. Die vereinigten Alkoholextrakte wurden über Nacht im Eisschran
aufbewahrt. Vom Ausgefallenen wurde abgenutscht. (Die hygroskopisch
Ausscheidung reduzierte Fehlingsche Lösung direkt nur schwach, nac
Behandlung mit HCl kräftiger und ergab dann mit stark salpetersaun
Molybdän-mischung einen mäßigen Niederschlag.) Der aus dem Filtra
durch nengen im Vakuum erhaltene Rückstand löste sich in 250 e
siedenden Methylalkohols und kam unter Zusatz von weiteren 100 ccr
absoluten Methylalkohols in den Eisschrank. Nach zwei Tagen fandeı
sich am Boden des Glasstöpselgefäßes einige größere Kristalle vor, währen!
die überstehende Lösung klar war.
Der Rückstand, der bei der dreimaligen Extraktion mit Alkohol ge
blieben war, wurde noch fünfmal nach Anfeuchten mit je 10 cem Wasse
mit je einem halben Liter siedenden Methylalkohols extrahiert. (De
letzte Auszug enthielt nach Kochen mit HCl immer noch ein wenig Fehling
sche Lösung reduzierende Substanz.) Diese fünf heiß filtrierten Auszüg
wurden im Vakuum eingeengt. Das Residuum wurde fünfmal mit 250 et
reinen heißen Holzgeistes extrahiert. Diese Methylalkoholauszüge wurde
wieder zu Sirup eingedampft und abermals mit je 250 ccm Methylalkoht
ausgekocht. Nachdem vom über Nacht Ausgefallenen abfiltriert wa
wurde diese Fraktion mit dem im Eisschrank aufbewahrt gewesenen methy!
alkoholischen Extrakt vermengt. Die vereinigten Flüssigkeiten wurden пш
mehr mit etwa 400ccm gesättigter methylalkoholischer Barytlösun
‚versetzt, wobei eine dicke weiße Fällung erfolgte. Nach 24stündigel
Verbleiben im Eisschrank wurde der Niederschlag abgesaugt, 2woime
mit Methylalkohol ausgewaschen, in 250 cem Wasser suspendiert und mi
CO, anfangs in der Kälte, später in der Wärme behandelt. Dann wurd
filtriert, ausgewaschen und die klare Lösung auf dem Wasserbade zu Siruj
eingeengt.
Als dieser nach längerem Stehen im Fxsikkator glasig erstarrt w%
wurde er in 200,0 сот Wasser gelöst. Im l-dm-Rohr betrug 1m einer
Apparat, der für 2-dm-Röhren direkt Prozente Traubenzucker en
die Drehung + 3,35 Proz. Daraus berechnet sich der Rohrzuckergeh#
SKS = 5,32 Proz.
Somit lag eine 5,32proz. Rohrzuckerlösung vor; in den
waren demnach 10,64g Saccharose vorhanden.
nach der Formel:
200,0 ссп
zymat. Abspaltung у. Rohrzucker aus Saccharose-phosphorsäure. 263
Zur Inversion wurden 20,0ccm mit 1,5ccm rauchender Salzsäure
ı Cierget-Herzfeld invertiert und aufgefüllt auf 25,0 ccm. Die Drehung
dm-Rohr entsprach dann — 0,95 Proz. Glucose bei 0°. Daraus ergibt
‚ unter Berücksichtigung der Verdünnung, der Gehalt an Invertzucker
prechend — 0,95.2.5/4 = — 2,37 Proz. Glucose.
Da nun die spezifischen Drehungen von Rohrzucker und Invertzucker im
hältnis von 100 : 42 bei 0° stehen, so berechnet sich aus der polarimetrisch
ndenen Zahl von 5,32 Proz. Rohrzucker das Invertzuckeräquivalent
ù dem Ansatz: Ze = = zu 2,23, während 2,37 nach der Inversion
sichlich gefunden worden sind.
Die Flüssigkeit, in der also eine schon ziemlich reine Rohrzuckerlösung
ùg, wurde erneut im Vakuum eingeengt und der hinterbliebene Sirup
50) cem heißen Methylalkohols unter Zusatz von 10 ccm Wasser gelöst.
r Methylalkoholauszug wurde nach dem Filtrieren mit Äther bis zur
nenden Trübung versetzt und in den Eisschrank gestellt. Im Verlauf `
19 Tagen bildeten sich einige wenige größere Kristalle. Weil aber die
stallisation nicht fortschritt, so wurde das Holzgeist-Äther- Gemisch im
wum abgedunstet. Nach wenigen Tagen hatte sich dann aus dem Sirup
Kristellbrei gebildet, der mit etwas Methylalkohol angerieben, ab-
utscht und zweimal mit Methylalkohol nachgewaschen wurde. Aus-
te 8,5g kristallinische Substanz. Eine Lösung derselben reduzierte
lische Kupfermischung direkt nicht, wohl aber stark nach Hydrolyse
ch heiße Salzsäure; ein Phosphorgehalt war nicht mehr zu erkennen.
weiteren Reınigung wurden 4g der Kristalle іп 4ccm heißem Wasser
st und mit 28ccm siedendem Alkohol versetzt. Die warm filtrierte
ung schied innerhalb eines Tages reichlich Kristalle aus, die abgenutscht
i zweimal mit Alkohol gewaschen wurden. Diese Umkristallisation
Se nochmals wiederholt und die so gewonnene Substanz im Hoch-
wm bei 98° getrocknet.
Polarisation: 0,6271 g, gelöst mit Wasser zu 10,0 ccm, wiesen im 2-dm-
kr im Prozente Traubenzucker anzeigenden Apparat eine Ablenkung ent-
schend + 7,87 Proz. Glucose auf. Daraus berechnen sich (durch Division
1,26) 6,25 Proz. Rohrzucker, während der Einwage nach eine 6,27 proz.
wharoselösung vorlag.
Die spezifische Drehung ergibt sich aus dem gefundenen Werte zu
66,52% nach der Formel [а]р,, = De 2
bnungsfaktor 1,06 ist.
‚ wobei a = + 7,87 xdem Um.
Drei weitere Versuche wurden mit Calcium-saccharophosphat als
k:trat angestellt. Als Enzymmaterial diente einmal Nierensaft vom
| = 7,3, dann Nierenbrei unter Zusatz уоп CaCO, und schließlich solcher
ре Calciumcarbonat. Bei dem Saftversuch war bemerkenswert!), daß
r gesamte Ansatz nach eintägigem Verweilen im Thermostaten infolge
»paltung von gallertigem Calciumphosphat gelatinös erstarrt war. Er
mie nach 3 Wochen, innerhalb deren aus der Gallerte wieder Wasser
kgepreßt war, aufgearbeitet, während die beiden anderen Versuche
1) Vgl. C. Neuberg und К. Djenab sowie М. Tomita, 1. с.
264 С. Neuberg u. M. Behrens: Enzymatische Abspaltung usw.
erst nach 2 Monaten abgeschlossen wurden. Die Aufarbeitung untersch
sich im wesentlichen nicht von der oben ausführlich geschilderten. _
dem Saftversuch wurden Kristalle erhalten, die einwandfrei als Rohrzuc
identifiziert werden konnten. Bei diesen Versuchen mit Organbrei durf
wir uns mit der Aufarbeitung bis zu weitgehend gereinigten Rohrzuch
sirupen begnügen; wir führten den Nachweis für das Vorliegen von Ro
zucker durch Inversion mit Saccharase (bei Abwesenheit jeder Spur ı
Ausgangsmaterials, d. h. bei Fehlen von Phosphor) sowie polarimetris
indem wir den Rohrzuckergehalt aus den Drehwerten vor und nach ı
Inversion mit Salzsäure bestimmten und innerhalb der zulässigen i
weichungen einander entsprechend fanden.
Berichtigung.
In der Arbeit von W. Sauer, diese Zeitschr. 168, 336, 1926, m
es heißen:
б, = 6, (1 — у!)
у = + 0,003
statt
gr = 6 (l — уй) у = + 0,003.
Zar Kenntnis des Jods als biogenes Element.
Von
B. Bleyer.
ап chemischen Institut der Hochschule für Landwirtschaft und
Brauerei in Weihenstephan.)
ementell mitbearbeitet von Beatr. Osborne und Jul. Schwaibold.)
(Eingegangen am 30. Januar 1926.)
ierorts ergeben sich aus der durch die Ionenlehre angebahnten
wderten Betrachtung der Wirkungsweise anorganischer Stoffe
kenntnisse, die über die lange Zeit hindurch übliche biochemische
hmg organischer Stoffe hinausführen. Man erkennt immer
ав neben den durch ihre Menge imponierenden Verbindungen
striums, Kaliums, Magnesiums, Calciums, Chlors, Phosphors, ·
‘auch noch andere Elemente dazu beitragen, regelmäßige und
àt auch wichtige Bausteine der lebenden Substanz zu liefern:
Auminium, Zinn, Kupfer, Silicium, Arsen, Schwefel, Quecksilber,
а. Fluor, Brom, Jod, vermutlich auch noch Vanadium, Strontium,
een u.a. Es ist zu erwarten, daß in Bälde, sowie es mit der
ang des allgemeinen Begriffes ‚Eiweiß‘ in ernährungsphysio-
: differenzierte Bausteine gegangen ist, der allgemeine Begriff
meralischen Stoffwechsels eine weitergehende Differenzierung
daer es jetzt schon aufweist, wenn man es nur einmal gelernt
ееп und kleinsten Mengen von analytisch jetzt zum Teil noch
zugänglichen anorganischen Stoffen nachzugehen.
Un wird vielleicht eine derartige Mehrung der Erkenntnisse fürs
ar nicht so sehr wünschen wollen, weil die Übersichtlichkeit
eschwert wird. Eine derartige Befürchtung ist durchaus an-
kht, denn jeder, der sich mit der Auffindung und Bestimmung
к md kleinster Mengen anorganischer Bestandteile in biogenem
Tal befaßt hat, weiß, wie schwer es ist, bei der Fülle der Lebens-
enungen, bei der Fülle der in wünschenswerter Weise der Unter-
че zuzuführenden Stoffe die schwache Spur nicht zu verlieren
ü Bemühungen der an sich zeitraubenden Beobachtungen nicht
"тецеп.
юзе Zeitschrift Band 170. 18
266 B. Bleyer:
Man ist also gezwungen, sich vorerst künstliche Grenzen zu ziehe
die ein Gebiet umschließen, in dem man dann wenigstens zu eine
einigermaßen abschließenden Teilergebnis zu gelangen hofft.
In den letzten Jahren hat man mancherorts das Jod als biogen
Element studiert.
Dies wurde in erster Linie verursacht durch die Aufdeckung der Ro
des Jods bei der Pathogenese des Kropfes und seiner Folgeerscheinunge
Ohne zu einem abschließenden Urteil kommen zu wollen, daß Jodman;
in der Nahrung und Umwelt die alleinige Ursache der Vergrößerung d
Schilddrüse sei, hat man doch wohl nach jetzt allgemein geltender A
schauung die Überzeugung gewonnen, daß Jodmangel wenigstens zu d
nicht nebensächlichen Gründen des Kropfes gehört, und daß es desha
notwendig sei, festzustellen, was Jodmangel‘‘ sei, wie das Jod, element
und in Verbindungen, in der Natur verbreitet sei und dergleichen. Hunzikı
Eiggenberger, v. Fellenberg sind in der Schweiz vorgegangen, andere вп
nachgefolgt. Es liegt also schon jetzt eine stattliche Reihe von Veröffen
lichungen vor, die sich mit dem Vorkommen des Jods im allgemeinen ur
im besonderen befassen.
Für den einzelnen ist es sehr schwer, vorwärts zu kommen, wenn mé
sich nicht eine ganz bestimmte Fragestellung zurecht legt. Erwünsel
wäre es aber, in größerem Zusammenhang über das Schicksal des Jods ı
natürlichen Kreislauf etwas zu erfahren, da ja doch, wenn man von mensel
lichen Verhältnissen absieht, der Jodumlauf im Menschen in engster Al
hängigkeit steht zu den Ereignissen des Jodumlaufs im Boden, im Wasse!
in der Luft, in der Nahrung.
Eine derartig erweiterte Fragestellung, die sich aber immer noch eng
Begrenzung gefallen lassen muß, mit einiger Aussicht auf Erfolg zu be
arbeiten, erscheint nur durch Zusammenarbeiten mehrerer in enger D
rührung stehender Stellen möglich. Es war deshalb zu begrüßen, daß sic
ein derartiger Versuchsring bilden ließ, in dem nach einheitlichen Gesicht:
punkten mit der „Jodfrage‘‘ zusammenhängende Einzelgebiete der Boder
kunde, Pflanzen- und Tierernährung durch das agrikulturchemische It
stitut Weihenstephan (Vorstand Prof. Dr. Niklas), die Milchproduktio
und Milchbewertung durch die Süddeutsche Forschungsanstalt für Mill
wirtschaft in Weihenstephan (Vorstand Landwirtschaftsminister Prof. Fehr
beide unter Mitwirkung des Chemischen Instituts in Weihenstephan (Уо
stand Prof. Dr. Bleyer) zur Bearbeitung kommen sollen. Eine wesentlich
Ergänzung werden diese Arbeiten durch die Weiterführung in der Klim
haben: Ernährung mit ‚„jodreichen‘‘ und ,jodarmen“ Nahrungsstoffer
mit Milch von „jodfreien‘‘ und „jodreichen‘“ Tieren und dergleichen; dies
Beobachtungen werden in der Universitäts-Kinderpoliklinik Münche
(Vorstand Geh. Med Rat Prof. Dr. С. Seitz) durchgeführt werden.
Derartige Untersuchungen können vielleicht eine besondere Ergänzun
zu den Arbeiten der Schweizerischen Autoren bilden. In Wer Schwel
liegen die Verhältnisse des natürlichen Jodumlaufs und seiner Rück
wirkungen auf Mensch und Tier sicher wieder anders als bei uns in Süd
bayern, und andere Verhältnisse sind wahrscheinlich wieder in den Niede
rungsgebieten zu erwarten. Zwischen der Schweiz, dem Gebirgsland m!
starker Auslaugung der Böschungen durch ablaufendes Wasser und de
Niederung, in der sich die allmählich mit Jodiden anreichernden Gewäss®
Stauen, liegt unser bayerisches Gebiet; zwischen den mutmaßlich relatii
Jod als biogenes Element. | 267
n дев Tieflandes liegt unser Übergangsgebiet. Infolge der wechseln-
den Faktoren ist die Beobachtung sicher nicht erleichtert, um so weniger
и Verallgemeinerung einzelner Beobachtungen am Platze, die unter
hederen Bedingungen zustande kamen. |
| Das Programm, das in Angriff genommen wurde, läßt sich in
тобеп Zügen folgendermaßen umschreiben.
A. Übersicht und Kritik der bisher im Schrifttum vorgeschlagenen
Fatahren zur Bestimmung kleinster Jodmengen.
В. Zur vorläufigen Orientierung aus praklischem Interesse.
| a) Serie von ständig in der menschlichen Ernährung benutzten
Ä Bodenprodukten aus einem ‚„Kropfbezirk‘ Bayerns; Jodgehalt.
| b) Serie von ständig in der menschlichen Ernährung benutzten
Bodenprodukten aus einem relativ kropffreien Bezirk Bayerns; Jod-
gehalt.
c) Serie aus einem relativ kropffreien Bezirk Außerbayerns mit
бегеп klimatischen und bodenartlichen Bedingungen wie b); Jod-
gehalt.
` а) Gelegentlich aufgefallene zur Ernährung dienende Boden-
:produkte, dem freien Markt mit verschiedener Beschickung und ohne
'Herkunftamerkmale entnommen; Jodgehalt.
e) Einige Bodenuntersuchungen; Auswahl typischer Bodenarten
ssschiedener geologischer Zugehörigkeit, verschiedener Struktur.
f) Einige Trinkwasseruntersuchungen.
C. Weitergehende Untersuchungen.
a) Boden. Untersuchung verschiedener Böden nach den gewöhn-
icken Methoden, Bestimmung des Fe- und Mn-Gehalts, der Wasserstoff-
imenkonzentration, des Gehalts an organischen Stoffen, des Jod-
ıbspaltungsvermögens. Zusammenhang des Jodgehalts der Böden
mit dem Katalasegehalt.
Was geht in diesen Böden mit dem zugesetzten anorganischen Jod
vor sich ? Wieviel davon entweicht in die Luft, wieviel geht in organische
‚ Bindung über, wird also an Düng- und Humusstoffe gebunden ? Wieviel
тгд durch den Regen (oder bei Versuchen in geschützter Lage durch
Bewässerung) herausgewaschen. Wie schnell erfolgt die Abnahme des
zugesetzten anorganischen Jods ?
Wasserlösliches und wasserunlösliches (K,CO,-lösliches) Jod.
i Die Art der Bindung des Jods im Boden.
, Die Wirkung von Düngemitteln auf das ,Jodschicksal“ der Böden.
b) Kulturversuche. Wieviel Jod nimmt die eine oder andere Pflanze
wter wechselnden, natürlichen Bedingungen aus dem Boden auf?
18*
Petersen des Lebewesen des Hochlandes und den ‚„jodgesättigten‘“
268 B. Bleyer:
Welche Rolle spielt dabei die Düngung mit natürlichem oder küns
lichem Dünger ?
c) Untersuchung des Pflanzenmaterials. In welchen Formen komn
das Jod in den Pflanzen vor (anorganisch, an Fett gebunden, an andeı
Stoffe gebunden, an Eiweiß, Chlorophyll usw.) ?
d) Abtransport des Jods aus dem festen Lande. Jodgehalt vo
Flüssen zu verschiedenen Jahreszeiten am Oberlauf, Mittellauf, Unte
lauf; Schätzung auf Grund der Wasserführung.
е) Erweiterte Trink- und Nutzwasseruntersuchungen. Auswahl nac
geologischen Gesichtspunkten.
f) Luft und Niederschlagswasser unter verschiedenen meteorol
gischen Bedingungen.
g) Verwertung im Tierkörpee. Nicht nach pharmakologische
Gesichtspunkten, sondern vom Standpunkt der Tierzüchter und Tier
halter aus. Einfluß auf Milchsekretion, Geschlechtstätigkeit, Wachstun
Habitus, Haarkleid und andere äußere Merkmale; sind für den Tier
züchter erkennbare Nebenwirkungen vorhanden? Weshalb nimm
der Jodgehalt der Schilddrüse der Haustiere im Laufe des Winters ab
Wird das dadurch mitveranlaßt, daß die Futterstoffe (Heu usw.
beim Lagern durch Vergröberung des kolloiden Zustandes bei an вісі
gleichbleibendem Gesamtjodgehalt ihr Jod schwerer abgeben ? Oe
bleibt die Jodabgabe gleich und nimmt ein anderer Faktor ab (z.B
Besonnung, Belichtung).
Lassen sich an kropffreien Inseln innerhalb von Kropfgebieteı
besondere Merkmale hinsichtlich Jodbewirtschaftung an Mensch, Tie
und Pflanze erkennen (Ausscheidung, relative Trockenheit der Luft
Besonnung usw.).
Die einzelnen Veröffentlichungen werden in zwangloser Reihen
folge und ohne Anhalt an die Programmfolge erscheinen.
Zur anderweitigen Orientierung sei auch noch besonders auf die Baby
der Veröffentlichungen von Fellenberg!), Mac Clendon?), D. Marine unc
auf die neuerlichen Arbeiten von О. Stiner?), Schröder*), W.Ost®) hin
1) Fellenberg, zum Teil mit Mitarbeitern, diese Zeitschr., Jahrg. 192!
bis 1925; auch erschienen in Mitteilungen aus dem Gebiete der Lebens
mittsluntersuchung und Hygiene. Bern 1923 bis 1925.
2) Мас Clendon, Journ. of Amer. Med. Anoc. 80, 600, 1923; 82, 1668,
1924.
з) O. Stiner, Schweiz. med. Wochenschr. 1925, Nr. 29; Münch. med.
Wochenschr. 1925, S. 1537.
4) Schröder, Zeitschr. f. angew. Bot. 7, 9, 1925.
5) Ost, Zentralbl. f. Kunstdüngerindustrie 81, 1, 1926.
Jod als biogenes Element. 269
. Diese Publikationen behandeln grundsätzliche allgemeine Fragen.
die Auswirkung der „Jodfrage‘‘ auf das medizinische Gebiet sind in
беп letzten Jahren zahlreiche Arbeiten erschienen (Eggenberger, Hunziker,
Benz, Bayard, Klinger, Bischer, Veil, Sturm und Maurer u.a.), von denen
sonders auf die von Eggenberger und Hunziker!) hingewiesen werden möge,
be weitergs Schrifttum nachweisen. Die Aufführung der vorgenannten
Arbeiten kann bei der Fülle der vielen Publikationen nicht erschöpfend sein.
| А. Übersicht und Kritik der im Schrifttum vorgeschlagenen
| Verfahren zur Bestimmung kleinster Jodmengen.
. Die meisten der bekannt gewordenen Methoden gehen auf die Angaben
| m Rabourdin?) zurück (Veraschung der organischen Substanz, Über-
_ Soong des Jodids der Asche in elementares Jod und Nachweis dieses
ст Ausschütteln). An diesen grundsätzlichen Methoden wurde von
zteren Autoren wenig geändert; durch Verfeinerung konnte die Ge-
wugkeit allmählich erheblich verbessert werden. Die größte Steigerung
‚ є Genauigkeit wurde schließlich durch L. Winkler und Th. v. Fellenberg?)
тек. Andere Wege, wie die maßanalytische Methode von Blum und
ümer*t), die gravimetrischen Methoden von Pregl-Licb®), Baubigny-
Üsrenue®), fußend auf der Methode von Carius, müßten noch fort-
Siet werden, um an die Ergebnisse der Fellenbergschen Methodik
kranzukommen.
Besondere Wege haben einige amerikanische Autoren eingeschlagen:
Krauss?) extrahiert das Jodid der Asche mit Alkohol und sucht es
алп durch Überführung mit Palladiumchlorür in schwarzbraunes Palladium-
Sr kolorimetrisch zu bestimmen. Diese Methode hätte einige grund-
Siche Vorzüge; leider ist sie vom Autor nicht so weit ausgebildet worden,
m ohne allzu große Schwierigkeiten auch für notwendige minimetrische
Bestimmungen herangezogen zu werden. Da wir die vom Autor in Aussicht
isstellten weiteren Veröffentlichungen, die wahrscheinlich diese Voraus-
*tzungen schaffen sollten, nicht ausfindig machen konnten, haben wir ев
xlbst unternommen, zu untersuchen, ob bei der Wahrung der Vorzüge
Eıtraktion des Aschenjodids = Zeitersparnis) die Genauigkeit ent-
, prechend weit getrieben werden kann.
Die Schwierigkeit liegt in der Schwerlöslichkeit des Palladiumjodürs,
"shalb nephelometrische Endbestimmung notwendig ist. Die Versuche
wd noch im Gange, es wird gesondert darüber berichtet.
Vorläufig kann aber mit Sicherheit gesagt werden, daß die nephelo-
vetrische Bestimmung gegenüber der kolorimetrischen Mikrobestimmung
— ——
') Hunziker und Eggenberger, Die Prophylaxis der großen Schilddrüse.
Ben und Leipzig 1924.
?) Rabourdin, Liebigs Ann. 76, 375, 1850.
) Fellenberg, diese Zeitschr. 189, 371, 1923.
* Blum und Grützner, Zeitschr. f. physiol. Chem. 85, 427, 1913; 91,
‚ 1914.
5) Lieb, Abderhaldens Handbuch, 2. Aufl., Abt. I, Teil 3, S. 476.
‹) Baubigny-Chavanue, C. r. 186, 1197, 1903; 188, 85, 1904.
) Krauss, Journ. of biol. Chem. 22, 151, 1925.
270 B. Bleyer:
nach Fellenberg keine Vorteile bringen wird, selbst bei gleicher Genauigke
beider Methoden fällt die umständliche Handhabung eines teuren Mikr
nephelometers sehr ins Gewicht.
Das Kendalische Verfahren!) bietet nach unserer Erfahrung keir
methodischen Vorteile; wir haben es wieder verlassen.
Das gleiche gilt auch von dem Verfahren von Mac Clendon ?), d
den Vorteil bietet, der peniblen, zeitraubenden und Geschicklichkeit e
fordernden Veraschung aus dem Wege zu gehen: In besonderen Quar:
rohren wird aus der Substanz im Sauerstoffstrom elementares Jod аш
getrieben und in einer Vorlage aufgefangen. Abgesehen von den teure
Quarzrohren, gelang es nur selten bei eigenen Versuchen, die Oxydatio
so zu leiten, daß die Vorlage frei blieb von teerigen Schwefelprodukteı
die dann doch eine erneute umständliche Weiterverarbeitung des Inhali
der Vorlage notwendig machten. Wir haben uns nach den gemachten Eı
fahrungen ganz auf die Fellenbergsche Methode gestützt, die wir eine
sehr genauen Kritik unterwarfen. Wir versetzten beispielsweise Blutkohl
von vorher bestimmtem Jodgehalt mit wechselnden Mikromengen уо
Jodiden, wir behandelten ganz besonders schwierig zu veraschende Stoffe
wie fettreiche, zuckerreiche Kondensmilch in ähnlicher Weise; wir fandeı
die notwendige besondere Vorübung und Erfahrung, die notwendige Vor
bereitung der Reagenzien und Geräte und des Arbeitsraumes vorausgesetzt
immer die gesuchten Jodmengen. Das erschien uns überraschend, dent
wir erwarteten nicht, daß in verhältnismäßig großen Mengen organische
Substanz, die sorgfältig vernichtet werden muß, noch Mengen von
1 Millionstel Gramm Jod gefunden und einwandfrei bestimmt werden
können. Wir können die Fellenbergsche Methode in allen Einzelheiten
bestätigen. Einzelheiten darüber sind in angegebenen Veröffentlichungen
des Autors und bei Veil und Sturm?) nachzulesen.
Ва, Bb, Bc, Bd.
Ba: Serie von Dietmannsried im Bayerischen Allgäu, subalpine Gegend
mit viel Niederschlägen, Diluvium, zum Teil moorig; Kropfgegend. Boden-
erzeugnisse eines Produzenten, größtenteils durch Herrn Dr. Streng, prak-
tischer Arzt in Dietmannsried, zu gleicher Zeit entnommen, Sommer 1924.
Bb: Serie von Oggersheim in der Pfalz. Niederungsgegend mit wenig
Niederschlägen, Alluvium. Bodenerzeugnisse eines Produzenten; zu gleicher
Zeit entnommen, Sommer 1924.
Ве: Serie von Eddelack in Holstein. Marine Gegend mit viel Nieder-
schlägen, Marschboden. Bodenerzeugnisse eines Produzenten; zu gleicher
Zeit entnommen, Sommer 1924.
Bd: Serie vom Münchener Markt und dem Münchener Handel ent-
nommen zu verschiedenen Zeiten 1924 und 1925; Herkunft sehr wechselnd,
zum Teil nicht festzustellen.
1) Kendal, Journ. of biol. Chem. 48, 161, 1920.
2) Мас Clendon, Journ. of Amer. Med. Anoc. 80, 600, 1923; 82, 1668,
1924.
з) Veil und Sturm, Deutsch. Arch. f. klin. Med. 147, 166. 1925.
Jod als biogenes Element.
271
Bd: Е
München
y Jod in 1 kg
sehr weochseind,
108 і. Кд, 175 і. Ка,
404 i. Ет ,330 і. kg
220
34, 38, 30
(v.einem Nieder»
bayer. Tier)
35, 40, 32
12, 22, 18
4, 8, 6
(у. Ismanning)
44
(aus d. Handel)
83
(aus d. Handel)
115
(aus d. Handel) | (aus d. Handel)
33, 38
(bayer. Siede-
sa
1,2*)
38
92, 116
(aus d. Handel)
60, 74
(aus d. Handel)
62
(aus d. Handel)
H 7—7 H
(versch. Münchn.
Brauereien)
(Pfalz. u. Tiroler)
48
Tabelle I.
у = die jetzt übliche Bezeichnung für 1 Millionstel Gramm.
` Ва: Bb: Вс:
Bezeichnung Dittmannsried Oggersheim Eddelack
С kaft у Јо 1ке
т, frisch gelegt | Zu 6 | mo
| |
| 85 120 130
93 | 95 142
с жа | 76 102 —
SEL | 70 115 —
giel `... 20 34 32
er 5 50 49
Bi icht icht
(Armen) nachweisbar — 20
№ gemähtes Gras
ш 1924) . . | 72 => =>
aus dem gleichen |
— | зо 2
| ! (Heu d. —
iches Fleisch — | Ä
Halbfleisch . ap | шы“ —
(aus dem Ort) |
emfleisch . . . . - | —
| (aus dem Ort)
n 12, 16, 10 | 18, 21, 24 ! =
dem Ort gem Ort
мзш ..... Митт ee _
| nachweisbar
шетте] ЧИ" | — —
(aus d Handel)
bone... | 65 10 —
(aus d. Handel) | (aus d. Handel)
khweinefott 110 “120 115
d. Handel d. Handel
Kochsalz .. 22. = 35 ee 25 e kein Jod
(bayer. Siede- (Steinsalz (Steinsalz)
salz) —
erxun
XREX 1,2 — —
(Trinkwasser
des Hotes
» Ortsleitung ' 1,5 — —
Ortabrunnen 2,3 — SE
a as > e ew e е . | 30 — —
Reife Hartkäse | — —
(aus ven Ort)
Magerkäse | — —
(aus den Ort) .
Bitter `. 63 —
(aus dE Ort) | (aus dem Ort)
Bier . 4 vn zei
(auswärts)
Wein (Traubenwein) 15 18, 16, 19 =
p (Pfälzer) (Pfälzer)
melle (im ganzen) . — — —
Shellfisch (i. ganzen) | — — Ss
|
) Über das Münchener Trinkwasser siehe später.
(Markt)
18
(Markt)
272 B. Bleyer:
Zum Vergleich.
Getrockneter Seetang aus Japan (in Japan als
täglichege Gemüse gegessen). . . . . . . . 650000 y/kg
Getrockneter Seetang aus der Nordsee . . . 480000 ,,
Badeschwamm neu . . . ... 2700000 bis 3200000 ,,
Bemerkung zu Tabelle I.
Ohne daß derartige Serien durch mehrere Jahre hindurch möglic
vollständig untersucht werden, läßt sich natürlich nichts Endgültiges sag
Man müßte aber die Untersuchungen möglichst jeweils an Ort und St
machen: Probeentnahme, Versand, Konservierung usw. sind sonst
schwierig, abgesehen davon, daß der Versand mancher Dinge gar ni
so ohne weiteres möglich ist.
Es läßt sich aber schon aus den vorstehenden Angaben ohne Zwi
erkennen, daß wahrscheinlich ein deutlicher Unterschied in dem dur
schnittlichen Gesamtjodgehalt gleicher Nahrungsmittel aus verschieder
Gegenden besteht, die sich auch medizinalstatistisch hinsichtlich Kro
häufigkeit unterscheiden.
Hier könnte noch bemerkt werden, daß die gewöhnlichen Sorten у
Siedesalz (Kochsalz aus Sole gewonnen) an sich geringe Jodimengen, dun
schnittlich 30 y/kg, enthalten; die üblichen norddeutschen Steinsalzsort
sind praktisch jodfrei. Unter anderem: i
Bayerisches Siedesalz (Reichenhall) . . .. . . . . . 30 bis 37 y/kg
Berchtesgadener Sole (August 1924). . . . . 2... . 445 „
Reichenhaller Quellsole (Edelsole, August 1924) . . . . 334 „
Steinsalz Bartensleben . . . . . 2 2 2 22 2 e e .. 5 „
Badesalz I Bad Nauheim . . . . . 2 2 2 2 2 2 a 1200 „
Badesalz П Bad Майеш............. . 300 ,
Be. Bodenuntersuchungen.
Methode nach Fellenberg!).
Boden durch Haarsieb von 0,75 mm Maschenweite sieben und n
das feine Material verwenden. 5, 10, 15, 20 bis 30 р des so vorbereitet!
Materials mit verdünnter HCl (1: 1) übergießen und mehrere Stunden lar
stehenlassen unter öfterem Umrühren ; dann mit reichlich Wasser verdünne
zentrifugieren, filtrieren. Rückstand trocknen, lufttrocken wägen = sal
säureunlöslicher Anteil; darin Jodbestimmung; im salzsäurelöslichen Ante
ebenfalls Jodbestimmung. |
Weitergehende eigene Versuche, den Jodanteil der Böden auf е
„schonende‘‘ Weise zu mobilisieren, etwa durch Citratlösungen odı
schwache Citronensäurelösungen, wie sie bei den P-Bestimmungen üblic
ist, führten vorläufig zu keinem brauchbaren Ergebnis. Von einer Angab
wird deshalb abgesehen. Es besteht ein Bedürfnis, zu einer Vereinbarung!
methode zu gelangen, um einheitlich zu einer Anschauung über den Gesamt
jodgehalt und das für die Pflanzen zugängliche Jod im Boden zu gelangel
1) Th. v. Fellenberg, Mitt. a. d. Geb. d. Lebensmittelunters. u. Hyg. 15
239, 1924.
Jod als biogenes Element.
273
Die Aufschmelzmethoden und Aufschließmethoden mit HCl lassen noch
kenen Schluß für das „Nahrungsjod“ zu. Derartige Arbeiten sind im
Der Jodgehalt ist in y-Prozenten angegeben.
Tabelle II.
Landw.»Stelle
assau
SSL Landw.»Stelle
Passau
sSL Lande Stelle
Passau
Landw.»Stelle
Kemnath
Lendw Stelle
Altdorf bei Nbg.
Landw Stelle
Uffenheim
sT Landw ‚Stelle
Ansbach
$ 788 | Muschelkalk
3 103 | Gipskeuper
В 910 | Albüber- sL | HofgutKatharied
deckung Beratzhausen
l — | Niederungs- | — | Hofgut Vötting
moor
2 — | Nieder- HLS Hollern II
| terrassen-
| | schotter
D 2246 , Hochmoor H Landw.»Stelle
ufbeuren
l; 248 ` Hochmoor H | Landw.:Stelle
Kaufbeuren
15: 4178 н Landw..Stelle
| Moor» Nördlingen
boden
Bemerkungen. Bodenartbezeichnung: Н = Humus, L = Lehm, S = gröbere Sande,
+ = feinere Sande, z. В. HSL = humoser grobsandiger Lehm.
6,55
7,15
Bemerkung zu Tabelle II.
Pa handelt sich durchweg um landwirtschaftlich benutzte Böden.
№ Ergebnisse zeigen deutlich, daß es bei derartigen Untersuchungen
ucht ohne weiteres angängig ist, aus einer Gegend einen beliebigen Boden
u mtersuchen; das würde zu keinen brauchbaren Überblicken führen,
415
Spuren
10
105
Spuren
95
13
210
933
276
W lediglich zu dem, daß es eben nicht möglich ist, vom einzelnen auf das
274 B. Bleyer:
Ganze zu schließen. Düngungsart (jodreicher Stallmist im Gegensatz
jodfreien künstlichen Düngemitteln), Frucht, Jahreszeit, troekene ос
nasse Vegetationszeit und viele andere äußere Umstände spielen allzuse
herein.
Besser ist es schon, aus einer Gegend verschiedene Proben zu er
nehmen und diese Serien miteinander zu vergleichen. Z. B. wurden i
Zusammenhang mit der Entnahme von Bodenprodukten aus dem Kror
gebiet Dietmannsried im Allgäu und den kropffreien Gegenden von Oggeı
heim in der Pfalz und Eddelack in Holstein auch Bodenproben aus de
Betrieb der Erzeuger der fraglichen Bodenprodukte entnommen und d
Untersuchung zugeführt. Hier zeigt sich besser der Unterschied in de
„Jodstendard‘“.
Bezeichnend ist der relativ hohe Jodgehalt mooriger Böden, die e
fahrungsgemäß stark adsorptiv wirken und auch im allgemeinen wen!
erschöpft werden.
Tabelle III,
Dietmannsrieder Böden.
Ackerboden (Getreideboden) HSL, mittelschwer, Stallmistdüngung:
HClJöslih . . . . 2. 2 2 2 202. 22 y-Proz.
HCl-unlöslich. . . . . o 2 2 e- 54 ,,
76 y-Proz.
Wiesenboden HSL, Gülledüngung. 112 y-Proz.
Moorboden, nicht gedüngt. . . . 589 „,
(in Moorböden erfahrungsgemäß starke Adsorption).
Oggersheimer Böden.
Ackerboden (Getreideboden), schwer, Stallmistdüngung und
Kalidüngung, abgeerntet:
HCl-lölich. . . . . 2 2 22.0. 0 y-Proz.
HCl-unlöslich. . . . . 2.2... 64 „
64 y-Proz.
Ackerboden (Zuckerrüben), leicht, Stallmist- + Ammonsulfat-
+ Ammonsuperphosphatdüngung:
HCl-löslich . . . . 2220. . 38 y-Proz.
HCl-unlöslich. . . . ». 2 2 2... 70 „
108 y-Proz.
Ackerboden (Kartoffel), mittelschwer, Stallmistdüngung:
HCl-löllich . . e.. 2 2 2202. 30 y-Proz.
HCl-unlöslich. . . . . 2 22. . 185 ,„
165 y-Proz.
Wiesenboden, nicht gedüngt:
HCl-löllich. . . s. 2 2.2 22.0 30 y-Proz.
HCl-unlöslich. . . . . 2 2.2 .. 153 „
Jod als biogenes Element. 275
Wiesenboden, sauer, schwer, Stallmistdüngung :
HCl-lölich . . . 2. 2 2 2 2 2% 28 »-Proz.
HCl-unlöslich. . . . 2. 2 2 2.2. 252 p
280 y-Proz
Wiesenboden, sauer, schwer, vorjāhrige Stallmistdüngung :
HCl-löslich . . . . . 2 2 2 2.02. 40 y-Proz.
H Cl-unlöslich. . . . . 2... 197 ,„
287 y-Proz
Eddelacker Böden.
Wiesenboden, schwer, ungedüngt:
HCl-löslich . . . . . 2 2 2 2.0... 65 au Dros,
HCl-unlöslich. . `, 415 „
480 y-Proz
Wiesenboden, schwer, ungedüngt:
HCl-löslich. . . . 2 2 2 2.2. 60 y-Proz.
HCl-unlöslih. . . . 2. 2 2 2.2. 393 .,
458 y-Proz
Wiesenboden, schwer, ungedüngt:
HCl-löslich `, . . . 2. 2 22 2.. 93 y-Proz.
HCl-unlöslih. . . . . 2.2... 356 ,,
449 y-Proz
Ackerboden, ungedüngt:
HCl-Iöslih . . . . . . 2 2 2.0. 45 y-Proz
HCl-unlöelich. . . . . 2 2... 425 p»
470 y-Proz.
Ackerboden, ungedüngt:
HCl-löslih `, . . . 2. 2 2 22.0. 20 y-Proz
HCl-unlöslich. . . . . 2.2... 658 „
678 y-Proz.
Ackerboden, Kalkstickstoffdüngung :
HCl-löslich . . . 2. 2 2 2 2 202.0 27 y-Proz
HCl-unlöslich. . . . . 22.2... 201 „,
228 »-Proz
Böden aus der Münchener Umgebung.
Gartenboden Berg a. Laim:
HCl-löslich . . . . » 2 2 2 202.0 40 y-Proz
HCl-unlöslich. . . . . . 2... 583 ,„
| 98 y-Proz.
Wiesenboden Perlach:
HCl-löslich . `, . . 2 2 2 2200. 29 y-Proz
HCl-unlöslich. . . . . 2.2... 130 „
159 y-Proz.
276 B. Bleyer: Jod als biogenes Element.
Bf. Einige Trinkwasseruntersuchungen.
Entnahme an den Quellen oder Brunnen, Versand in Ballons unter `
gabe von reinstem jodfreien (geprüft bzw. besonders gereinigt) Rain
carbonat zur Erzeugung einer stark alkalischen Reaktion.
Tabelle IV.
| Datum der
Herkunft | Entnahme
München, Städtische Wasserleitung . . . . . | |
a) in München . .... 2.2.2.2... Lk г 1,1121,
b) am Quellschacht 4 in Gotzing | 2
|
с) am Quellenhaus Mühltal . ...... 0,5
а) am Hauptsammelschacht Reisach . . . 2
München, Grundwasserquellen im Stadtgebiet
Pettenkofer Brunnhaus . . ....... 1,4
München, Quelle der Bogenhauser Hofbrau- Frühjahr
leitung + 2 2. ыу жаш аш ж к йз | 1095 | 1,4
München, Quelle der Auer Freileitung Kloster-
brunnenstube Mariahilfsplatz . ..... 3
München, Grundwasserbrunnen der Spaten-
brauerei (sehr tief liegend) . . . . . .. 1,6
München, Grundwasserbrunnen der Löwen- |
brauerei (sehr tief liegend bis zu den
marinen Schichten) . . . . . 2.2.2... 44
Еа Ви е 2. 522 Жж шз ‚6
Dietmannsried/Allgäu . . . . . 222220. 1924/1925 | 1,2 1,5 23
Anhang: Einige Mineralwasser.
Wiessee, bei Tegernsee, Oberbayern „Jodquelle“ . . 38700 bis 40000 y/k
Heilbrunn, Oberbayern, ‚„Adelheidsquelle“. . . . 23700 ,, 24300 „
Krankenheil-Tölz, Oberbayern, ‚„Jodtrinkquelle“ . 996 „
Meerwasser aus der Nordsee (von der Küste Helgo-
landai о a оо e 17 »
Die Untersuchungen werden in systematischer Weise (Auswa
nach geologischen Beziehungen) weitergeführt. Im allgemeinen kat
gesagt werden, daß der Jodgehalt der gewöhnlichen Trinkwässer sel
geringfügig ist und zu dem täglichen Jodbedarf der Menschen (etv
150 bis 200 y pro Tag, bezogen auf die ‚„jodempfindliche‘ Bevölkerur
gebirgiger Gegenden) und der Tiere nur wenig beiträgt. Die im Publiku:
verbreitete Anschauung, daß „harte“ Wässer Kropfwässer seien, ht
wahrscheinlich nur indirekt eine gewisse Berechtigung, indem hari
Wässer vielfach aus Schichten treten, die an sich jodarm sein könne
und es auch vielfach sind und damit anzeigen, daß die dortige Umwe
auch relativ jodarm ist. Eine bessere Kenntnis kann erst durch wiede!
holte und umfassende (Härte, Abdampfrückstand usw.) Wasserunte!
suchungen gewonnen werden; diese sind, wie erwähnt, im Gange.
Zur Kenntnis des Jods als biogenes Element.
II. Mitteilung!):
Fütterungsversuch mit steigenden Jodgaben zu Milchziegen.
Von
H. Niklas, A. Strobel und K. Scharrer.
Berichterstatter: A. Strobel.
da dem agrikulturchemischen Institut der Hochschule für Landwirtschaft
und Brauerei Weihenstephan bei München.)
(Eingegangen am 30. Januar 1926.)
Mit 7 Abbildungen im Text.
Die pharmakologische Stellung des Jods und seiner Verbindungen
x noch nicht abschließend untersucht worden. Besonders durch die
zzweifelhafte Wirkung schon sehr kleiner Jodmengen sind ganz neue
xäichtspunkte zutage getreten.
Vorläufig ist man, ohne damit einer besseren Aufklärung in der
umen Angelegenheit vorzugreifen, im allgemeinen mit der Darreichung
"т Jod und Jodverbindungen vorsichtig geworden und das ganz mit
facht, besonders wenn man auf die Anwendung für die Menschen
тр nimmt, die unter Umständen ganz erheblichen Gefährdungen bei
vorsichtiger Jodbehandlung ausgesetzt sind.
Die Frage, ob die Darreichung von Jod und Jodverbindungen an
Хеге in gleicher Weise vorsichtig zu handhaben ist, ist noch kaum
üwgeschnitten worden. Man sollte meinen, daß auch bei den Tieren,
kuptsächlich bei den häuslichen Nutztieren, grundsätzlich gleiche
Voraussetzungen vorliegen. Es liegen in dieser Richtung in der Haupt-
whe Beobachtungen vor, ob die winzigen Jodgaben, die mit Hilfe
der sogenannten ,Vollsalze“‘ normalerweise den Haustieren verabreicht
wrden, schädliche oder nützliche Wirkungen z.B. auf die Milch-
eirstion haben. Über derartige Versuche wird an dieser Stelle später
tügehend berichtet werden.
Im allgemeinen aber herrscht noch der Gedanke vor, Jod und
‘sdverbindungen an Haustiere in relativ „massiven“ Dosen zu geben,
“m diese nur besonders günstige Wirkungen, wie z. B. Regelung der
(eschlechtstätigkeit, Verbesserung des Habitus, der Haarkleider, der
— —
ij Vgl. B. Bleyer, diese Zeitschr. 1926.
278 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
Anfälligkeit gegen verschiedene verbreitete Krankheiten und d
gleichen ausüben. Allenfallsige Nebenwirkungen scheint man in К:
nehmen zu wollen, falls sie nur nicht zu stark hervortreten.
Daß diese Anschauung auf die Dauer nicht haltbar ist und en
Kritik nicht standhält, ist klar und es ist in erster Linie von ‹
pharmakologischen Erforschung der Wirkung des Jods und sei
Verbindungen — in kleinsten bis zu großen Darreichungsmengen
zu erhoffen, daß wir einen festen Boden in der ganzen Angelegenh
erhalten.
Als Beitrag zu einer solchen pharmakologischen Studie, die nati
lich nur im Zusammenhang von berufener Seite durchgeführt werd
kann, möchten wir über Ergebnisse berichten, die bei der Verfütteru
von „massıven‘‘ Jodidmengen an milchenden Ziegen zutage trate
Der Begrift ‚massiv‘ ist auch hier nur ein relativer, von dem Stan
punkt der Erkenntnis der beachtlichen Wirkung kleinster Jodmeng
beim Menschen aus gesehen. ‚Massiv‘ sind die Dosen nicht, weı
man die Versuchsanstellung an anderen Stellen dagegen hält. Es ms
sein, daß bei der durchschoittlichen Kürze der Lebensdauer der häu
lichen Haustiere, vorab der Schlachttiere, und bei der Ernährungswei:
Schädigungen durch Jod weniger zu befürchten sind, daß überhauj
die „nervöse‘“ Komponente der Jodwirkung, die beim Menschen $
sehr ins Gewicht fällt, bei Tieren weniger berücksichtigt zu werde
braucht, und kann sich vorläufig nur darum handeln, Beobachtunge
zu sammeln. Berufenere, als dies der praktische Tierzüchter und Tie
halter sein kann, die vorerst nur praktische Ziele im Auge haben müsse!
mögen dann entscheiden, ob die „Vorsicht“ in der Jodverabreichur
ganz oder teilweise auf die praktische Tierzucht und Tierhaltung 2
übertragen ist.
A. Einführung in die Grundlagen der Versuchsanstellung'!).
I. Fragestellung und Versuchsplan.
Die gesamte Anordnung der Versuche und die jeweils notwendige
Maßnahmen bauten sich auf der Fragestellung auf:
Welchen Einfluß haben steigende Jodgaben
. auf das Verhalten und den Gesundheitszustand der Tiere,
. auf den Milchertrag,
. auf den Fettgehalt der Milch,
. auf das Gewicht der Tiere,
auf die Geschlechtstätigkeit der Tiere.
mW м м
1) Bezüglich der einschlägigen Literatur wird später an anderer Stell
gesondert berichtet werden.
Jod als biogenes Element. II. 279
Aus dieser Fragestellung ergab sich folgender, während der ganzen
kuer des Versuchs als zweckmäßig empfundener Versuchsplan.
Gruppe A , ,.. „ . . „fGrundfutter ohne Jod während
Gruppe B: der ganzen Versuchsdauer.
Vorperiode . . . . . . .. Grundfutter ohne Jod
Übergangszeit zur I. Periode e + 60mg Jod
I. Periode . ........ d + 60, „
Übergangszeit zur II. Periode i +120, „
П.Реподе......... e +120 „ „
Übergangszeit zur III. Period 2 +180 „ „
ПІ. Period . . . . .... ns +180 „ ,,
Der Versuch wurde demnach gleichzeitig nach dem Gruppen- und
fridensystem in der Weise angesetzt, daß von zwei Gruppen zu je
= Tieren die eine Gruppe nur Grundfutter erhielt, während der
witen Gruppe neben der gleichen Menge Grundfutter als Beigabe
М in steigender Menge innerhalb gleich langer Perioden verabreicht
varde.
Jede Periode setzte sich aus einer zehntägigen Übergangszeit und einer
“ägigen eigentlichen Versuchsperiode zusammen. Auf eine Periode
fielen somit im ganzen 24 Versuchstage. Dem Versuche selbst ging eine
xzintägige Vorfütterung voraus, außerdem wurden die Tiere vor dieser
Торе lang zusammengehalten, um sich aneinander zu gewöhnen.
Die Daten der einzelnen Versuchsabschnitte waren wie folgt festgesetzt:
Vorperiode . . . 2 2. 2 2 2 2 2 2020. 4. IV. bis 13. IV.
Übergangszeit zur І. Periode . . . . .. 14. IV. „ 23.IV.
.Реподе............... 24. IV. „ HN.
Übergangszeit zur П. Periode. . . . .. 8.V. „ 17. V.
II. Periode. .............. 18. У. „ 31. V.
5682016 zur ПІ. Periode. . . . . . 1. УІ. „ 10. VI.
П. Periode . .......@....... 11. УІ. ,, 24. VI.
II. Vorbereitung und Durchführung des Versuchs selbst).
1. Die Art der Tiere.
Die Tiere wurden im Monat März käuflich erworben und im Lehrstall
dr Süddeutschen Forschungsanstalt für Milchwirtschaft untergebracht.
Hinsichtlich der Rassenzugehörigkeit ist zu bemerken, daß sämtliche Tiere
rodukte der verschiedensten Rassen darstellten. Die Einteilung
der Tiere in die beiden Gruppen mit und ohne Jod wurde am 7. April in der
Weise vorgenommen, daß sich am gleichen Platz jeder Gruppe ein Tier mit
annähernd gleichem Milchertrag gegenüberstand. Eine gleichzeitige Über-
stimmung des Gewichtes der Tiere in dieser Reihenfolge konnte nicht
ter werden. Das Ergebnis dieser Gruppierung vom 7. April 1925 zeigt
abello I.
. 1) An der Durchführung des Versuchs hat H. Schropp-Weihenstephan
u dankenswerter Weise mitgearbeitet. |
280 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
Tabelle I.
Einteilung der Tiere in die beiden Versuchsgruppen am 7. April 1925.
Nr Tier Milchertrag am 7.IV. Gewicht am A IV.
Nr. g g
Gruppe A ohne Jod.
1 I
2 V
3 IV
4 III
5 IX ·
Durchschnitt
Gruppe B mit Jod.
1 VII 2350 30,0
2 VI 1950 41.0
3 X 1650 30,0
A | хп 1400 30,0
Б IX 1150 32,0
Durchschnitt | 1700 32,6
Die Angaben über das Alter, die Lammzeit, die Anzahl der атп
sowie eine kurze Beschreibung der Tiere sind, soweit ermittelbar, in Tabelle]
zusammengestellt.
Tabelle II.
N Tier Alter Gelammt Stück. — > | Beschreibung
Т. i| we || des Tieres am zahl | am m | des Tieres
Gruppe A ohne Jod.
1 I|| 2 Jahre 22. III. 2 3. IV. | 25. III. | Weiß,kurzhaarig,gebör
2 Vi4 „ 13. III. 2 2. IV. |18. ІІ. Weiß, langhasrig, gehör
3| IV!3 „ Ende Febr.| 2 — 31. III. u —
411192 „ |AnfangMārz| 1 | — |2. ш. a ;
| геп
51х12 „ 14. III. 1 2.IV. |18. IL Braun, weiß gefleckt, u
gehörnt, sehr klein
Gruppe B mit Jod.
1 | VII|| 2 Jahre 19. ПІ. 2 2. IV. |25. III. Grau, — |
2 VI 5 „ Ende Febr.| 2 — 20. III. keete ee —
Durchtritt
3 х2 „ e 5 1 — 18. III. |Rehfarbig. langhsarig, u
4\хпіз , 19.11. | 2 | 4.IV. |20. IIl. | Weiß, ungehömt
6i IX|2 , 21. III. 1 3. IV. |25. III. |Schwarz, ungebömt
2. Das Versuchsfutter.
Das Grundfutter wurde sämtlichen Tieren gleichmäßig verabreich
und betrug pro Kopf und Tag 1% kg Heu, 0,75g Kleie, 0,5 kg Kartoffe
und 0,25kg Erdnußkuchen. Ferner erhielt jedes Tier pro Tag 10р Sal
und 5 g phosphorsauren Kalk іп Form von Dicalciumphosphat mit 34,45 pro:
Р,О;.
Jod als biogenes Element. П. 281
Trankwasser wurde den Tieren nach jeder Mahlzeit ohne Beschränkung
r Menge gereicht.
An Heu stand solches von mittelmäßiger bis geringer Qualität, legu-
nsenarm, an Kleie gute Weizenkleie und Kartoffel von kleiner Größe
d geringer Qualität zur Verfügung. Der von der Bayerischen Waren-
mittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften A.-G., München, ge-
irte Erdnußkuchen hatte eine hellgraue Farbe, typischen Erdnußgeruch
geschmack und einen sehr hohen Fettgehalt. Kleie und Erdnußkuchen
rien von der Abteilung für Futtermittelkontrolle der Bayerischen
wiesanstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz auf Reinheit und Frische
ersucht. Die Untersuchung der Kleie ergab: „Reine Spelzweizenkleie,
ker Frische“, die des Erdnußkuchens: „Reiner Erdnußkuchen (nicht
w 2 Proz. gemahlener Hülsen), vorzüglicher Frische‘‘ (rohfaserarm).
Kartoffel, Kleie und Erdnußkuchen wurden jeweils für eine Mahlzeit
rsmtliche Tiere zusammen abgewogen und die Gesamtmenge auf die
when Tiere gleichmäßig verteilt. Das Heu wurde in Bündel von je
izabgewogen und jede Mahlzeit den Tieren ein Bündel lang verabreicht.
rüttert wurde täglich dreimal, und zwar 7 Uhr morgens, 12 Uhr mittags
b.5 Uhr nachmittags. Für die Morgen- und Abendfütterung wurden die
De und der 12 Stunden vorher eingeweichte Erdnußkuchen mit warmem
Jeer zu einem dicken Brei angemacht, mittags wurden Kartoffeln und
be trocken gefüttert.
Die Futtermenge war so bemessen, daß die Tiere über die Sättigung
каш noch Futter aufnehmen konnten. Im allgemeinen nahmen die Tiere
t Futter gut an. Daß die Futterration tatsächlich höher war, als zur
"ktändigen Sättigung nötig gewesen wäre, mag der Umstand beweisen,
i die Tiere nie vollständig auffraßen.
Das Jod wurde den Tieren als Natriumjodid, Na J, in Tabletten-
m gegeben. Die Tabletten hatten nachstehende Zusammensetzung:
l. Gabe (60 mg Jod): 70mg NaJ = 60 mg Jod, 6mg Natrium-
копає, 33 mg Kochsalz fein zerrieben, Milchzucker und Maisstärke
w. Talkum bis zum Gesamtgewicht einer Tablette von 0,7g.
II. Gabe (120 mg Jod): 140 mg NaJ = 120 mg Jod, 12 mg Natrium-
rarbonat, 33 mg Kochsalz fein zerrieben, Milchzucker und Maisstärke
х. Talkum bis zum Tablettengewicht von 0,7 д.
Ш. Gabe (180 mg Jod): 212 mg NaJ = 180 mg J, 18 mg Natrium-
varbonat, 33 mg Kochsalz fein zerrieben, Milchzucker und Maisstärke
Se, Talkum bis zum Tablettengewicht von 0,7 g.
_ Die Tabletten wurden den Tieren der Gruppe B jeweils morgens
'Ur nach der Fütterung mittels eines sogenannten „Einschütts“ ver-
eicht, d. h. in eine Saugflasche wurde etwas Wasser, vermischt mit Milch,
"те die Jodtablette gegeben und diese den Tieren eingeschüttet. Dadurch
Die erreicht, daß die Tabletten möglichst ungekaut in den Magen der
Гев gelangten. Die Beigabe des Kochsalzes zu der Tablettenmasse hatte
е Zweck, die große Vorliebe der Ziegen für Salz zur besseren Annahme
x Tabletten zu benutzen. In einigen Fällen, bei denen das Einschütten
“ht völlig gelang, bewährte sich diese Maßnahme. Bei Beginn der Jod-
ae leisteten die Tiere beim Einschütten etwas Widerstand, gewöhnten
ы aber nach einigen Tagen so daran, daß sie die Flasche von selbst an-
Siochemische Zeitschrift Bend 170. 19
282 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
3. Untersuchungen und Wägungen.
Von den Futtermitteln wurden nur Klee und Erdnußkuchen ı
Reinheit und Frische untersucht. Der Milchertrag jeden Tieres ww
bei jedem Morgen- und Abendgemelk gewichtsemäßig festgestellt. Die Fe
gehaltebestimmung der Milch konnte aus technischen Gründen erst ab 8. M
dem Beginn d en zur zweiten Periode, erfolgen. Sie ww
durch das Milchwirtechaftliche Institut von Morgen- und Abendgem«
jedes Tieres gesondert vorgenommen. Die Wägungen der Tiere wurden
Abständen von 10 bis 12 Tagen, jeweils zwischen 10 bis 11 Uhr vormittej
die Messung der Körpertemperatur der Tiere jeden Tag in der Zeit v
15 bis %6 Uhr nachmittags, also zur Zeit des Temperaturmaximun
im Mastdarm vorgenommen. Ab 27. Mai wurden von den einzelnen Tier
Milchproben (Morgen- und Abendmilch gemischt) genommen und z
chemischen Untersuchung (Bestimmung des Jodgehalts) weitergeleit
B. Die Versuchsergebnisse.
I. Der Einfluß der jeweiligen Jodgabe auf das Verhalten und den Gesundheü
zustand der Tiere.
Seit Beginn der Jodgaben zeigte sich bei den Tieren der Gruppe
keinerlei Unterschied hinsichtlich Verhalten und Gesundheitszustaı
gegenüber dem in der Zeit ohne Jodgabe. Die jeweiligen Jodgabt
wurden von den Tieren ohne Schwierigkeiten aufgenommen.
Die seit 22. April (Ende der Übergangszeit zur ersten Period
täglich vorgenommenen Messungen der Körpertemperatur jedes ei
zelnen Tieres hatten folgendes Ergebnis:
1. Vergleich der Durchschnitte von Gruppe A und B innerhal
der einzelnen Versuchsabschnitte.
Von der Vorperiode liegen keine Messungen vor, von der Übergang
zeit zur ersten Periode sind nur zwei Tagesmessungen vorhande
sie wurden mit denen der ersten Periode verrechnet.
I. Periode:
Gruppe А . . . 2.2.22... 39,34° С
D Ba. u шы EE 39,46°C + 0,12°C
Übergangszeit zur II. Periode
Gruppe А . . . 2222.02. 39,54? С
F EE 8с чё ee 39,71°C + 0,17°C
II. Periode
Gruppe A. . 2 2.22 2.0. 39,35° C
* De a d A жузе % 39,63°C + 0,28°C
Übergangszeit zur III. Periode
Gruppe А. . . 2.2.2 2.0. 39,550 С
ar Ву als een 39,63° С + 0,08° С
III. Periode
Gruppe А. . . . ..... 39,309 С
55 Во а бз 39,539 С + 0,23° С
Jod als biogenes Element. II. 283
L Die Einzeldurchschnitte der Tiere während der jeweiligen
Versuchsperioden sind aus nachstehender Tabelle III
ersichtlich.
Tabelle III.
| Lu | Т Uber» Uber, —
| т. ог» angszeit gszeit an t
D 1 ша неги "ar |1. Periode | BMBF n. рогіоде| 88020" III. Periode
G І. Periode II. Periode П. Periode
Gruppe A ohne Jod.
ba "EN = — | 39,45 | 39,47 | 39,21 | 39,37 | 39,33
2 v|i- — | 39,52 | 39,58 | 39,83 | 39,64 | 39,41
3 | IV — — | 39,26 | 39,91 | 39,18 | 39,35 | 39,30
t | Im | — = 39,19 | 39,18 | 39,21 | 39,73 | 39,09
[ХІ — — | 39,28 | 39,59 | 39,52 | 39,69 | 39,40
Gruppe В mit Jod.
1 VII == — | 3944 | 39,64 | 39,66 | 39,65 | 39,41
#1 VI = — | 3943 | 39,71 | 39,68 | 39,46 | 39,52
з x == — | 3967 | 39,95 | 39,95 | 39,93 | 39,71
t | XO = — 39,48 | 39,63 | 39,60 | 39,70 | 39,56
5 IX | — — | 39,30 | 39,66 | 39,47 | 3944 | 39,45
Wie aus den beiden vorliegenden Aufstellungen zu entnehmen ist,
überschreiten die Durchschnitte der Temperaturen sowohl der beiden
Gruppen als auch der einzelnen Tiere in keinem Falle die Normal-
temperatur, die bei Ziegen 39,0 bis 40,50 C beträgt. Die Durchschnitte
der Temperaturen von Gruppe B sind in allen Versuchsabschnitten,
т denen Messungen vorliegen, um ein Geringes höher als die von
Gruppe A.
II. Der Einfluß der jeweiligen Jodgaben auf den Milchertrag.
1. Feststellungen während der einzelnen Perioden.
Der tägliche Durchschnitt der 10 Tage jedes einzelnen Tieres, die
höchste und niedrigste tägliche Milchmenge sowie die gesamte und
de durchschnittliche Schwankung sind jeweils für Gruppe A in den
Tabellen IVa bis Xa, für Gruppe B in den Tabellen IVb bis Xb zu-
ammengestellt.
a) Vorfütterung.
Die Vorfütterung begann bei beiden Gruppen am 4. April 1925
vormittags und endigte nach zehntägiger Dauer am 13. April 1925
abends. Der Gesamtmilchertrag in der Vorfütterung betrug bei
Gruppe A 76,10 kg, der Durchschnitt der 10 Tage 7,61 kg, bei Gruppe B
11,85 bzw. 7,78 kg.
19%
284 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
= 0208 IVa. огирре А.
| | Taglicher g Höchste tägliche | Niedrigste tägliche Schwankung der
Ti Durch» | Milchmenge ' Milchmenge Michmenge
Nr. ‚er schnitt von І е ' Durchschn
Nr. 10 Kg MB am g am g Gesamt von 10 Tage
g __8__
SC = — ER a a НН „ыыы се
DER E | 2500 | 10. IV. 18000 700| 70
1725 INN.
гу
1
2 1900 :10.IV..13.1V.. 1500 || 400 40
3 1275 .7.1V.8. IV. |
4
5
1700 10,IV. | 700 1000 100
Ш 1245 7.IV. ! 1500 ТУ. |
1180 4.1У.,7.1У. | 1300 | 11. IV. | 1050 |; 250 25
"Рог | bnitt i | |
der * | 1509 — | 1780 — | 1210| 5701 57
13. IV. | 1000 | 500 50
а а Р. SIE SIE 101X. 710. 1210, TIE.
Abb. 1. Gruppe A: (ohne Jod), Gruppe В: ————- (mit Jod).
In den Kurven sind die Milcherträge je Тар, in den Linien die Durch»
schnitte der Versuchszeit zum Ausdruck gebracht. Zahlen hierzu
siehe Anhang.
Тере IVb. Gruppe В.
| Täglicher | Höchste tägliche | Niedrigste tägliche || Schwankung der –
|
rchs ` Milchmenge ` Milcbmenge | "Jeng `
3 Du
Nr. | Tier schnitt von
| Nr. 10 Tagen am | e | = je Gesamt ae ea Ti 10 Tagen
N 8. | _ ор. И
1 | УП | 2115 || 8.IV. | 2500 | IL Iv. 1700 | 800 | 80
2 | VI | 1675 || 8.IV. | 2100 Wi ЮУ. 1400 ' eg 70
3 x | 1565 || 4.IV. | 1700 d — 1400
4
30
6. TV.,
хп || 1280 | 7.1v. | 1400 HIN. 61, ЯҢ 200 | 2%
ІХ | 1160 | в.ту. | 1400 41061-01 40
5 )
Durchschnitt | | |
der 5 Tiere || 1557 | — | 1820 | — | 1840 | 480 | 48
Der Milchertrag von Gruppe B hatte somit im Durchschnitt der
10 Tage eine Erhöhung um 0,17 kg oder 2,18 Proz. gegenüber der von
Gruppe A erfahren.
b) Übergangszeit zur ersten Periode.
Sie wurde am 14. April 1925 mit der Morgenfütterung begonnen
und am 23. April 1925 mit der Abendfütterung beendet. Das Grund-
futter war bei beiden Gruppen gleich, Gruppe B erhielt außerdem
60 mg Jod je Tier und Tag.
Jod als biogenes Element. II. 285
Der gesamte Milchertrag während der Übergangszeit zur ersten
| Periode war 74,75 kg, der tägliche Durchschnitt 7,48 kg bei Gruppe A
md 81,20 kg oder 8,12 kg Durchschnitt bei Gruppe В.
Tabelle Va. Gruppe A.
| d Täglicher Höchste tägliche || Niedrigste tägliche Schwankung der
| Т; | Durch» Milchmenge | ——— Milchmenge
М. ier | schnitt von — Durchschn.
| Nr. ‚ 10 Tagen am g | am | g Gesamt | on 10 Tagen
|. N ee ER RT —— IR
І | J 2335 , 19.1У. | 2600 | 14. IV. |1950-
be | | 1.1517.
2 у 1670 19. IV. | 1900 | 16 6 IV. 1500 || 400 40
з | ту || 1245 Vë) 1400 | 14.IV. | 1000 | 400 | 40
4, IO 1030 18. IV. 1200 | 15. IV. 900 | 300 30
5 15.1У.,16.ГУ. 40
43
— 18IE. "SIE 22Ү. 271E. 22E. 231Ё:
Abb. 2.
Tabelle Vb. Gruppe B.
Täglicher | Höchste tägliche Niedrigste tägliche Schwankung der
Durch» Milchmenge Milchmenge Milchbmenge
| w Tier sahmitt von Ste | | ee чы Durchschn.
| Nr. 10 Tagen | am Lg am g Gesamt ien 10 Tagen
| =- O у 6 | | — = g |
f | || T ege 7 Е — Te ENGE — rt = —
ГҮ УП | 1930 || 18.1V. | 2200 (am. — 1700 | 500. 5
2 VI | 2110 |ı18.1V.20.IV.| 2400 141У.,157У. 1700 || 700 70
D— ` ës Mel 1700 || 10. IV. | 1300 | 400 40
+ хп 1280 || 18.1V. | 1500 | 20.IV. | 1000 || 500 50
a IX | 1225 || 18.1V. | 1400 15. IV. | 900 | 500 50
Ss | Le" ге ——
der 5 Tiere | 1624 — |1840 — |1320 || 520 52
Der Milchertrag der Gruppe B war im Durchschnitt dieser 10 Tage
ш 0,04 ко oder 7,88 Proz. höher als der von Gruppe А.
c) Erste Periode.
Beginn am 24. April 1925 mit der Morgenfütterung, Ende am
iMai 1925 mit der Abendfütterung. Die Grundfutterration war bei
286 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
beiden Gruppen gleich, in Gruppe B erhielt jedes Tier außerdem m
60 mg Jod pro Tag.
Der Gesamtmilchertrag während der ersten Periode belief sich
Gruppe A auf 106,35 kg, der tägliche Durchschnitt dieser 14 Tage |
7,60 kg, bei Gruppe B auf 107,95 bzw. 7,71 kg.
Tabelle VIa. Gruppe A.
Höchs lich iedri ägli , Schwankung di
тысе | geg Ё | Milchmenge і i —
Nr. | Tier || schnitt von — I Durchse
| №. | 14 Tagen | | аш | g бее уш
— | ETEO — заара 0 — |) £,
1! I | 25.1v. | 2600; av |210' 500 36
2 | у Se 25.V. | 2000 Ee 6. У. | 1500 | 500 36
3 | IV | 1282 ee le 1400 |z7.1v.6.v.| 1300 || 100 7
29
27 — | SW
5 XI 1400 I20.10.1.V
er EE 7 У. AS 6. У. |
773 1519 — (von. — | узво | зао |
720
е
=== шоке йек ену
— —
К Ыы ТТ
60241 35IE 3&1E ЗЕ ТАЕ E 30E 1E ZE ЗЕ ЧЕ SE GE ТЕ
Abb. 3.
Tabelle VIb. Gruppe B.
| э” [9 EM 25.1V., |
|
4 | Ш | 896 ||24.1У.,27.1У. 1100 | 5.у. 6. V. wé ug |
|
|
Е
| | Taucher
Tier | Durch.
|
Höchste tägliche Niedrigste tägliche "` Schwankung der
Milchmenge Milchmenge Milchmenge
schnitt von
14 Tagen
|
24. IV. 25 ТУ,
|
1
2 | 26. IV. | 2200 | 400 | 29
3 i 1510 | 27.IV. | 1700 400 99
4 | д9
5! IX | 1953 ' 24.IV. | 1300|| ev.
Durchschnitt N
der 5 Tiere | 1542 | — | 1720 | = Fees 370 | 26
Der Milchertrag von Gruppe B war im Durchschnitt der 14 Tage
um 0,11 kg oder 1,42 Proz. höher als der von Gruppe A.
d) Übergangszeit zur zweiten Periode.
Sie fing an am 8. Mai 1925 mit der Morgenfütterung und endigt®
am 17. Mai 1925 mit der Abendfütterung. Das Grundfutter war bei
Jod als biogenes Element. II. 287
Gruppen gleich, in Gruppe B bekam außerdem jedes Tier pro
Iw 120 mg Jod.
Die Gesamtmilchmenge in diesem Untersuchungsabschnitt betrug
ki Gruppe A 73,00 kg, welcher ein Durchschnittswert pro Tag von
Akg gleichkommt, bei Gruppe В 78,05 bzw. 7,81 kg.
Tabelle VIIa. Gruppe A.
Höchste tägliche
Milchmenge
Schwankung der
Milchmenge
Durchschn.
von 14 Tagen
' Niedrigste tägliche
Milchmenge
10.V. Jaen |
wv. IN
10.V. | 1900
9.v. | 1650
8. V.
9. V.
10. vV. | 900 | 12. V.
17. V.
13. V. | 1500 /9Ү.,11.У. 1300 | 20
52
OOF AE WE НҮ A ЖЕ ЖЕ ЖЕ ҮКЕ ШЕ
Abb. 4.
Tabelle VIIb. Gruppe В.
| 1 А
Täglich Höchste tägliche Niedrigste we. — der
| | а weg ' Milchmenge Moes d Te
Durchschn.
t von 14 Tagen
LS
Der Milchertrag von Gruppe B war in diesem Versuchsabschnitt
im durchschnittlich 0,51 g oder 6,52 Proz. größer als der von Gruppe A.
288 Н. Niklas, A. Strobel u. К. Scharrer:
e) Zweüe Periode.
Mit dieser wurde am 18. Mai 1925 morgens begonnen. Das Grun
futter war bei allen Tieren gleich, in Gruppe B bekam jedes Tier auße
dem noch 120 mg Jod pro Tag.
Der Milchertrag belief sich insgesamt bei Gruppe A auf 108,50 k
bei Gruppe В auf 102,65 kg, der tägliche Durchschnitt dieser 14 Ta;
auf 7,33 bzw. 7,75 kg.
Tabelle VIIIa. Gruppe А.
d Täglicher Höchste tägliche | Niedrigste tägliche |; "Schwankung der
| Tier urch» Milchmenge Milchmenge —
NE | Gesamt | Durchsch
Nr. am К t von 14Tag
e) e
— it.
1 I 21.V 2000 | 500 35
21. V
2 ұу 31у 1400 | 400 28
29. V
3 IV 31 V 800 57
28. V |
ш 29. V 650 | 350 | 25
ЗІ. V
VI 21. V 1000 | 600 | 43
an | 1170 || 530 |
“u
vu — —
SE SE
505ү МЕ 20% НЕ 22E 23E 24E 25E КЫ ZZK ЗАР HK
Abb. 5.
Tabelle VIIIb. Gruppe B.
| Täglicher | Höchste tägliche Niedrigste tägliche | Schwankung der
| Ti Durchs | Milchmenge .. Milchmenge Milchmenge
Nr. | e ‚| schnitt von! Durchschn.
| Nr. | 14 Tagen ` Gesamt von 14 Tagen
RS E
1 ` | 550 39
2 700 | 50
3 500 | 36
4 хп ek |1400 00| 21
5 | IX 22, V. | 1000 | 400 | 8 _
es Tee | — |1270] 4% |
Jod als biogenes Element. 11. 289
Der Milchertrag der Gruppe B war im Durchschnitt der
l Таре um 0,42 kg oder 5,41 Proz. größer als der уоп
ruppe A.
f) Übergangszeit zur dritten Periode.
Anfang am 1. Juni 1925, Ende am 10. Juni 1925. Das
rmdfutter war bei beiden Gruppen wiederum gleich, die
кте der Gruppe В erhielten außerdem 180 mg Jod pro Kopf
м Tag.
Die gesamte Milchmenge ergab 76,85 kg, der tägliche Durch-
ditt der 10 Tage 7,69 kg bei Gruppe A, bei Gruppe B 85,95
w. 8,60 kg.
Tabelle IXa.
Gruppe A.
Schwankung der
Milchmenge
Höchste tägliche
Milchmenge
Niedrigste tägliche
Milchmenge
| 1. УІ. |
|
2 у 1710 9. VI. т. S E 1600 | 300 30
7 Т 6. УІ. |
5 тү 1525 9. VI. | 1700 || 8. УІ. | 1300 | 400 40
| 9. VI. 5. VI.
4
* 855 | 10. VI. |тооо{ 6. УТ. | 700 EN 0
VI
5 xI | 1955 7. VI. |1400 | 5. VI. 1100 300, 30
—ã 1537 — (1680; — SS 300 | 30
5 ze ФИ. «И. БИ. 6XL 7EL &И. SE 108.
Abb. 6.
290 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
Tabelle IX b. Ge B.
Höchste tägliche
te tägliche
Milchmenge
enge
Milchm
XII
г поо | „УТ.
1719 es | 1910 | — |182% | 390 | 39
Der Milchertrag von Gruppe В war іп der Übergangszeit zur
dritten Periode um 0,91 kg oder 10,58 Proz. größer als der von Gruppe A.
Durchschnitt
der 5 Tiere |
g) Dritte Periode.
Diese Periode begann am 11. Juni 1925 vormittags und endigte
am 24. Juni 1925 abends. Beide Gruppen erhielten das gleiche Grund-
futter, in Gruppe B bekam dazu jedes Tier pro Tag 180 mg Jod.
Tabelle Xa. Gruppe A.
Höchste tägliche меши te tägliche Schwankung der
Milchmenge chmenge Mil
ү || Täglicher || Höchste tägliche || Niedrigste tägliche Schwankung der
| de LE —
У
i Nr. 1 Tagen“ Gesamt von 14 Tagen
ae А 8 g
| 42
| 13. VI. | 1700 м 300 2
1900 || 12. VI.
1400 || 13. VI.
| XI 1428 || 24. VI. | 1600 || 12. VT. | 1200 | 400 28
Durchschnitt | |
Шера | wees | _ | 1920 | | 1400 | во | 37
E
5
Ай ША; — —
Фо м ep Ee Dem ИЕ
TEE
HERRES SASANN
DÉI GE 7ЗИ. 7ЧИ. 15И. e "ZE GE 1981. 30E 21T. 220. 23И. 20И.
Abb. 7.
Jod als biogenes Element. II. 291
Die Gesamterzeugung an Milch belief sich bei Gruppe A auf
8.20 kg, was einem täglichen Durchschnitt von 8,44 kg gleichkommt.
i Gruppe В betrug der Gesamtmilchertrag 133,30 kg, der Durch-
initt 9,52 kg.
Tabelle Xb.
Gruppe B.
!
Täglich Höchste tägliche Niedrigste tägliche | Schwankung der
—— Milchmenge Milchmenge Milchmenge
Ier Milchertrag von Gruppe В war im Durchschnitt dieser 14 Tage
al08kg oder 11,34 Proz. höher als der von Gruppe А.
‚Vergleich der einzelnen Versuchsabschnitte untereinander
nach Gruppe A und Gruppe B getrennt.
Betrachtet man an Hand der in den nachstehenden Tabellen XIa
wi XIb aufgezeichneten Zusammenstellung der Milcherträge der
een Gruppen in den einzelnen Versuchsabschnitten zunächst jede
mpe für sich, so ergibt sich folgendes.
Der durchschnittliche Milchertrag der Gruppe A ging in der Über-
Rnet zur ersten Periode gegenüber der Vorfütterung etwas zurück
u erreichte in der ersten Periode wieder die gleiche Höhe wie in der
егип. Der Rückgang in der Übergangszeit zur zweiten Periode
2m Vergleich mit der ersten Periode etwas größer als der der Über-
Dësen, zur ersten Periode, nämlich 0,30 kg oder 4,10 Proz. und
ы auch bei der zweiten Periode bestehen. In der Übergangszeit zur
ites Periode ist — verglichen mit der zweiten Periode — eine Zu-
utue um 0,36 kg oder 4,68 Proz. zu verzeichnen. Die größte Steigerung
à Milchertrags dieser Gruppe wird in der dritten Periode erreicht:
d oder 8,88 Proz. gegenüber der Übergangszeit zu dieser, ver-
Bichen mit der zweiten Periode 1,11 kg oder 13,15 Proz. Gegenüber
eng Periode ist eine Erhöhung um 0,84 kg oder 9,95 Proz. fest-
H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
292
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зәдпаәйәй (—) Випзәраүшзәдл зәро (+) Ӱип2э?1әс̧ | = D |
'voddnıgn ‘DIX MPPI
Jod als biogenes Element. II. | 298
Der durchschnittliche Milchertrag der Gruppe В erfuhr in der
gece zur ersten Periode bei einer Jodgabe von 60 mg eine
gerung um 0,34 kg oder 4,18 Proz. gegenüber der Vorfütterung.
| фт eigentlichen ersten Periode selbst (60 mg Jod) senkte sich der
ng, verglichen mit der Übergangszeit zu dieser Periode, um 0,41 kg
531 Proz. Beim Vergleich mit der Vorfütterung ist der festzu-
nde Unterschied sehr gering, nämlich 0,07 kg oder 0,90 Proz.
In der zweiten Periode und deren Übergangszeit war die Jodgabe
kihppelt worden (120 mg Jod pro Tier und Tag). Der Vergleich des
kerschnittlichen Milchertrags der Übergangszeit zur zweiten Periode
Kim der ersten Periode weist eine geringe Steigerung um 0,10 kg
#128 Proz. auf. Gegenüber der Übergangszeit zur ersten Periode
Ko Rückgang um 0,31 kg oder 3,97 Proz. zu verzeichnen. Sehr
bm ist die Erhöhung des Milchertrags dieses Versuchsabschnitts
kin Vergleich mit der Vorfütterung: 0,03 kg oder 0,38 Proz.. In der
Boken zweiten Periode ging der Milchertrag wieder etwas zurück.
№ Abnahme beträgt, verglichen mit der Übergangszeit zur zweiten
һе, 0,06 kg oder 0,80 Proz., mit der Übergangszeit zur ersten
ke 0,37 kg oder 4,90 Proz., verglichen mit der Vorfütterung:
Шу oder 0,40 Proz. Gegenüber der ersten Periode ist eine geringe
ktöhung um 0,04 kg oder 0,52 Proz. festzustellen.
In der dritten Periode, sowie deren Übergangszeit wurde die Jod-
pt auf 180 mg pro Tier und Tag erhöht. Die Steigerung der Milch-
кте der Übergangszeit dieser Periode ist sehr beträchtlich, sie beläuft
kh beim Vergleich mit der zweiten Periode auf 0,85 kg oder 9,88 Proz.,
ki einem solchen mit der Übergangszeit auf 0,79 kg oder 9,18 Proz.
De Gegenüberstellung des Ertrags mit dem der ersten Periode zeigt
Че durchschnittliche Zunahme um 0,89 kg oder 10,34 Proz., die mit
т Übergangszeit zu dieser Periode eine solche уоп 0,48kg oder
i Proz. Die Steigerung im Vergleich mit der Vorfütterung beträgt
(84 oder 9,53 Proz. Die Zunahme, die der Milchertrag der Über-
Dëse zur dritten Periode im Vergleich mit den übrigen Versuchs-
übschnitten erfuhr, ist bei der eigentlichen dritten Periode noch größer.
Vergleicht man den Milchertrag dieser Periode mit dem ihrer Über-
Ёз, so beträgt die Zunahme im Durchschnitt 0,92kg oder
dé Proz., setzt man ihn dem der zweiten Periode gegenüber, ergibt
Dh ein Mehr von 1,77 kg oder 18,59 Proz. Gegenüber der Übergangs-
“it zur zweiten Periode ist eine Erhöhung um durchschnittlich 1,71 kg
er 17,96 Proz. vorhanden. Noch weiter bleibt der Milchertrag der
sen Periode hinter dem der dritten Periode zurück, der Unterschied
“нец der letzteren beträgt 1,81 kg oder 19,01 Proz. Etwas ge-
"ger ist die Zunahme, die sich beim Vergleich mit der Übergangszeit
"ersten Periode errechnet: 1,40 kg oder 11,97 Proz. Die Gegenüber-
294 H. Niklas, A. Strobel u K. Scharrer:
stellung mit der Vorfütterung läßt eine Steigerung um 1,74 kg od
18,27 Proz. erkennen.
3. Vergleich jedes einzelnen Versuchsabschnittes der ein
Gruppe mit dem dazugehörigen der anderen Gruppe.
Der Vergleich der beiden Gruppen miteinander liefert bei d
einzelnen Versuchsperioden nachstehende Ergebnisse:
| Rein „Eahlenmäßiger | Mebrertrag dei
ee unte
| Be
А d Gn
Fütterung Gruppe | Ertrag | er Gruppo B й -t KE = "Меен
kg Proz. kg Pro:
| А Ian, |
Vorperiode . . . 2.2.2... 778 +0,17 | + J — —
А А 7,48
Übergangszeit zur I. Periode | 812 | + 0,64 | + 7,88 | + 0,47 1+ 0,
; 7,60 !
I. Periode e e ө ess è o o | 7,71 + 0,11 + 1,42, — 0,06 — 0/1
Übergangszeit zur П. Periode | 7,81 || + 0,51] + 6,53||+ 0,34 |+ 42
7.76 |+042|+ 5,41 |4 0,25 |+ 32
Übergangszeit zur III. Periode |
ПІ. Periode ........ |
8,60 || 4- 0,91 | + 10,58 || + 0,74 |+ 84
9,52 || + 1,08 | + 11,34 || + 0,91 |+ 9,1
ААВАА
N
©
In der Vorfütterung ist der Milchertrag der Gruppe В um 0,17k
oder 2,18 Proz. größer als bei Gruppe A. Bei der ersten Jodgabe vo
60 mg Jod beträgt der Unterschied des Ertrags von Gruppe B — de
Unterschied іп der Vorfütterung ist dabei angerechnet — gegenüber !
+ 0,47 kg oder 5,70 Proz. In der ersten Periode mit gleicher Jodgab
geht der Milchertrag von Gruppe B zurück, der Unterschied gegenübe
der Gruppe A verschwindet praktisch. Zieht man in Betracht, da!
Gruppe B in der Vorfütterung (beide Gruppen ohne Jod) schon eine!
etwas höheren Milchertrag aufzuweisen hatte, so ergibt sich hinsichtlicl
der Wirkung der Jodgabe von 60 mg, daß am Anfang des Versuchs
abschnitts eine Erhöhung des Ertrags stattfand, diese Erhöhung jedoel
nicht während des ganzen Verlaufs des Versuchsabschnitts konstan
blieb.
Im zweiten Versuchsabschnitt (Jodgabe 120 mg) beträgt di
Erhöhung des Milchertrags der Gruppe B gegenüber Gruppe A be
Berücksichtigung des Unterschieds der Vorfütterung in der Übergangs
zeit 0,34 kg oder 4,35 Proz., in der eigentlichen zweiten Periode 0,25 kę
oder 3,23 Proz. Die Steigerung des Milchertrags von Gruppe В in de
Jod als biogenes Element. II. 295
eigentlichen zweiten Periode tritt, wie aus der graphischen Darstellung
der täglichen Milcherträge ersichtlich ist, erst am fünften Tage in
deutlich erkennbarer Weise auf, um dann im übrigen Verlauf dieser
Periode dauernd anzuhalten.
Die Steigerung der Milchmenge von Gruppe B gegenüber Gruppe A
durch die Jodgabe von 180 mg ist sehr beträchtlich, sie beträgt in der
Übergangszeit zur dritten Periode 0,74 kg oder 8,40 Proz. und in der
eigentlichen dritten Periode selbst 0,91 kg oder 9,16 Proz., wobei der
Unterschied beider Gruppen in der Vorfütterung schon berücksichtigt
it. Bei diesem Versuchsabschnitt war also die Jodwirkung nicht nur
wdauernd, sondern erhöhte sich in dessen Verlauf.
t Die Wirkung der einzelnen Jodgaben auf den Milchertrag.
Bei der Auswertung des Versuchs kann auf eine Wirkung oder
\ichtwirkung der Jodgaben durch zweierlei Schlüsse gefolgert werden.
Entweder man behandelt Gruppe B gesondert für sich als Perioden-
euch und erhält für die erste und zweite Periode einen nur geringen,
mnerhalb der Fehlergrenzen liegenden Milchzuwachs durch die Jod-
зец von 60 und 120 mg, für die dritte Periode dagegen eine ganz
anwandfreie Steigerung der Milchmenge von 0,820 kg (9,53 Proz.)
иж. von 1,740 kg (18,27 Proz.), oder man betrachtet beide Gruppen
ш gegenseitigen Vergleich der einzelnen gleichzeitigen Perioden und
kommt zu demselben Ergebnis, daß nämlich — unter Berücksichtigung
des von Anfang an vorhandenen Übergewichts der Gruppe B — die
Ertragserhöhung der ersten und zweiten Periode nicht ganz als gesichert
gelten kann, daß aber in der dritten Periode der Mehrgewinn der
Gruppe B an Milch gegenüber Gruppe A mit 0,740 kg (8,40 Proz.)
bzw. 0,910 kg (9,16 Proz.) wohl geringer ist bei der Behandlung des
Versuchs als Periodenversuch, ein ziemlicher Zuwachs an Milch aber
auch nach dieser Feststellung vorhanden ist.
Beide Schlüsse sind an Hand der Anordnung des gesamten Ver-
suchs vollkommen berechtigt und stimmen gut überein. Um aber bei
der an sich neuen Frage ganz sicher zu gehen, sei auf die zeitlich nicht
auseinanderliegenden Gruppenunterschiede, welche ja auch niedriger
ind als die Periodenunterschiede der Gruppe В, der größere Wert
gelegt.
Es kann demnach die Wirkung der einzelnen Jodgaben auf den
Milchertrag dahingehend zusammengefaßt werden, daß:
а) die Gaben von 60 und 120 mg Jod pro Tier und Tag keine
ücheren Steigerungen des Milchertrags hervorrufen konnten. Die
Steigerung der Milchmenge durch die Gabe von 60 mg Jod war von
її kurzer Dauer;
296 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
b) die Gabe von 180 mg Jod eine beträchtliche Steigerung de
Milchmenge zur Folge hatte, die nicht nur anhielt, sondern innerhall
des gleichen Versuchsabschnittse noch weiter zunahm.
III. Wirkung der jeweiligen Jodgabe auf den Fetigehalt der Milch.
Die Bestimmung des Fettgehalts der Ziegenmilch konnte au
technischen Gründen erst ab 8. Mai, dem Beginn der Übergangszeit zu:
zweiten Periode erfolgen. Die Untersuchung (nach Gerber) wurde durcl
das milchwirtschaftliche Institut vom Morgen- und Abendgemell
jedes einzelnen Tieres vorgenommen. Als Grundlage der Berechnungen
diente der tägliche Durchschnittsfettgehalt jeden Tieres, berechnet au:
dem Fettgehalt von Morgen- und Abendgemelk. An Hand der unter
angeführten Durchschnittsfettgehalte der Milch beider Gruppen ist
zu ersehen, daß der prozentische Fettgehalt der Milch von Gruppe A
in den einzelnen Versuchsabschnitten ständig zunahm, während bei
der Gruppe B diese Steigerung nur bis zur Übergangszeit zur dritten
Periode anhielt. In der dritten Periode ist ein Sinken des Fettgehalts
der Milch von Gruppe B gegenüber den übrigen Versuchsabschnitten
zu verzeichnen. Die Unterschiede in den prozentischen Fettgehalten
der Milch von Gruppe A und B belaufen sich zuungunsten der Jod-
gruppe in der Übergangszeit zur zweiten Periode auf 0,16 Proz., in der
zweiten Periode sowie in der Übergangszeit zur dritten Periode auf je
0,06 Proz., in der dritten Periode ist der Unterschied am größten,
Gruppe B bleibt hier mit 0,28 Proz. gegenüber Gruppe A zurück.
Tabelle XII.
Durchschnitt»
liche absolute | Unter
Fettmenge schied
. | Durchschnitts»
Versuchsabschnitt fettgehalt
Übergangszeit z. II. Periode]
A
B 189,78 + 171
А А 196 44
= Periode . ...... | В 203,05 + 6,61
Übergangszeit z. III. Periode] 2 | ee 4-19,59
А 3
А 64
III. Periode. . . . ... | В 240,85 —-15,79
Zieht man zum Vergleich der beiden Gruppen noch die durch-
schnittliche absolute Fettmenge heran, so zeigt sich, daß die absolute
Fettmenge in der Übergangszeit zur zweiten Periode bei beiden Gruppen
praktisch gleich ist, in der zweiten Periode ist die Fettausbeute bei
Gruppe B um ein geringes größer. Das gleiche, jedoch in ungleich
Jod als biogenes Element II. 297
tärkerem Maße ist in der Übergangszeit zur dritten Periode der Fall,
rahrend in der dritten Periode ein bedeutendes Sinken der absoluten
'ettmenge von Gruppe В zu verzeichnen ist.
Aus den vorliegenden Ergebnissen läßt sich das Urteil über die
firkung des Jods auf den Fettgehalt der Milch dahingehend zusammen-
asen, daß bei einer Gabe von 120 mg pro Kopf und Tag die in der
dich enthaltene absolute Fettmenge höher sein kann, der prozentische
fttgehalt aber, bedingt durch die Steigerung der Milchmenge, niedriger
scheint. Hinsichtlich der Wirkung der Jodgabe von 180 mg pro Kopf
md Tag weisen die Ergebnisse dieses Versuchs nach einer anfänglichen
Erhöhung eine Verminderung des absoluten, wie auch des prozentischen
Fettgehalts auf.
IV. Der Einfluß der jeweiligen Jodgabe auf das Gewicht der Tiere.
Ergebnisse der Wägungen der Tiere:
Die Wägungen der Tiere erfolgten in Anlehnung an den Versuchs-
plan jeweils in Abständen von 10 bis 12 Tagen, vormittags 10 bis 11 Uhr,
тт dem Füttern. Nach diesen Wägungen betrug das durchschnittliche
lebendgewicht einer Ziege:
Am 3. April 1925
bei Gruppe А. . . . . 33,90 kg, Beginn der Vorperiode.
Re S Ве 5 жез 34,60 ,,
Am 14. April 1925
bei Gruppe A. , . . . 37,20 kg, Beginn der Übergangszeit zur
ersten Periode.
5 a Бе 35,20 ,, mit einer Jodgabe von 60mg.
Am 23. April 1925
bei Gruppe А. . . . . 36,80 kg, Ende der Übergangszeit zur
ersten Periode.
ГИ КА В ж wa 35,40 ,, mit einer Jodgabe von 60mg.
Am 5. Mai 1925
bei Gruppe А . . . . . 38,40 kg, Erste Periode mit einer Jod-
gabe von 60 mg.
D > B. .. . +. 36,50 ,,
Am 14. Mai 1925
bei Gruppe А. . . . . 39,50 kg, Übergangszeit zur zweiten
Periode.
55 T Б: эё E AN 36,90 ,, mit einer Jodgabe von 120mg.
Am 25. Mai 1925
bei Gruppe А. . . . . 36,70 kg, Zweite Periode mit einer Jod-
gabe von 120 mg.
vn А BEE. 4% 35,60 „,
Biochemische Zeitschrift Band 170. 20
298 H. Niklas, A. Strobel u. K. Scharrer:
Am 3. Juni 1925
bei Gruppe А. . . . . 38,50 kg, Übergangszeit zur dritten
Periode.
“ Se Ваа 36,20 „„ mit einer Jodgabe von 180 mg
Am 12. Juni 1925
bei Gruppe А. . . . . 39,70 kg, Beginn der dritten Periode mi
einer Jodgabe von 180 mg.
j F В.а 5 37,80 „
Am 24. Juni 1925
bei Gruppe А. . . .. 40,20 kg, Ende der dritten Periode mi
einer Jodgabe von 180 mg.
e gë J 38,80 „
Eine Beeinflussung des Gewichts der Tiere von Gruppe B durch
die Jodgaben ist demnach nicht zu verzeichnen.
V. Einfluß der Jodgaben auf die Geschlechtstätigkeit.
Im Verlauf dieses Versuchs konnten keine Anzeichen des Auf.
tretens der Brunst beobachtet werden. Erfahrungsgemäß werden
Ziegen, die im Frühjahr lammten, erst im Frühherbst wieder brünstig.
C. Zusammenfassung der Versuchsergebnisse.
1. Die jeweiligen Jodgaben, welche als mit Absicht forcierte Dosen
angesehen und auch als solche verstanden werden wollen, blieben ohne
Einfluß auf das Verhalten und den Gesundheitszustand der Tiere.
2. Die Jodgaben von 60 und 120 mg pro Tier und Tag vermochten
keine sicheren Stesgerungen des Milchertrags hervorzurufen. Die Zunahme
der Mulchmenge durch die Gabe von 60 mg war zudem nur von kurzer
Dauer.
3. Im Gegensatz hierzu verursachte die Jodgabe von 180 mg pro Tier
und Tag eine beträchtliche Steigerung des Milchertrags.
4. Die Untersuchung des Feitgehalts der Milch zeigte, daß be einer
` Jodgabe von 120 mg pro Tier und Tag die absolute Feitmenge höher war.
der prozentische Feiigehalt, bedingt durch die Steigerung der Milchmenge,
niedriger erschien.
5. Bei einer Gabe von 180 mg Jod pro Tier und Tag stieg anfangs
die absolute Fettmenge und fiel dann wieder, während der prozentische
Fettgehalt ständig niedriger war.
6. Irgendwelche Beeinflussung des Gewichts durch die Jodgaben hat
nicht stattgefunden.
7. Eine Einwirkung des Jods auf die Geschlechtstätigkeit konnte
nicht festgestellt werden.
Jod als biogenes Element II. 299
Anhang.
Gesamtmilcherträge je Gruppe und Tag in den einzelnen Versuchsabschnitten.
Vorfütterung.
JHAR BHHHHE Dusch»
e éi e ep © Е с < ЕЕ
л. . |255 |7,60 | 7,80 | 8,85 | 8,50 | GIE 6,85 | 7,90 | 6,75 | 76,10 | 7,61
B. . 17,90 | 7.90 | 7,40 | 8,50 | 8,90 796 7.% | 7.00 | 7.70 | 7.40 || 7785 | 718
Übergangszeit zur I. Periode.
ZTETE]2 je еерее оъ
ОКА ЕЗ ЕКЗ ИИ И ЕЕ: Е
A. . (6,55 | 6,55 | 6,85 | 7,35 | 8,15 ы А КУ: 1,80 | 74,75 | тав
B.. 1735 |710 | 8.40 | 8.60 | 9,20 825 | 8'10 810 8.00 | 8.10 | 8120 | 812
I. Periode
ie ЕСЕ ЕЕЕ КЕ E Kä?
ale alla 330302 30512 EAE
— от 7of7 son ol. as, 0007 4017 2517, 7,70 || 106,35 | 7,60
‚10 7.007,45 7.40 7.007,30 107.95 7,71
Übergangszeit zur II. Periode.
ls ls SIS ЗЕ > |. | Durch
ү” | S E E > umme | schnitt
bh. |7,70 8,05 | 7,60 5,15 | 6,10 | Ger Ga 7,60 1,30 7,90 || 73,06 | 7,30
WB.. 8,10 7,85 8.00 6.90 7,60 8,30 | 7,50 | 8,10 7,90 7,80 78.05 781
II. Periode.
а
х |5 |5 |5 ра Bons;
q g x |s|s|ıs x |gl|s ZU намі Kan
1101007 т,0016,80/7 — [8,10 102,60 7,33
1,50 7.25 7.35 8,308,05 000 20 | 102,85 7.75
EEE zur III. Periode.
ei ei з кэе {| e | e і | Б: | | М5 chi
3HHBBBHBH BREI
A... | 7,60 7,60 140 | 7,70
7,3 | 825 | 76,85 | 7,69
В.. |870 | 8,10 | 8,25 800 8,25 | 9,2
9,20 85,95 | 8,60
21. VI.
23. УІ.
У
5 Е ДЕ |
* umme | schnitt
Ж) ИЖ. ВИ > EA —
5000 Aale 9.00 sa] 118,20 | 844
10.10.9.75 10.05. 10.20 | 133.30 | 9.52
20 *
Zur Kenntnis des Jods als biogenes Element.
ПІ. Mitteilung?):
Über den Chemismus des tierischen Jodstoffwechsels.
Von
H. Niklas, J. Schwaibold und K. Scharrer.
(Aus dem agrikulturchemischen Institut der Hochschule für Landwirtschaft
und Brauerei Weihenstephan bei München.)
(Eingegangen am 30. Januar 1926.)
Mit 3 Abbildungen im Text.
Im folgenden soll in Ergänzung der zweiten Mitteilung (Fütterungs-
versuch mit steigenden Jodgaben an Milchziegen)?) von Untersuchungen
berichtet werden, welche über den Jodgehalt des Blutes und der Milch
von Ziegen und dessen Schwankungen während eines größeren Zeit-
abschnittes bei gleichbleibender normaler Fütterung, sowie über die
ändernden Einflüsse von peroral zugeführtem Jod anorganischer
Bindung durchgeführt wurden.
Über Einzelheiten betreffs Charakterisierung der Tiere, Fütterung,
Entwicklung, Gesundheitszustand, Menge und Qualität der erzeugten
Milch wurde bereits an anderer Stelle berichtet?). Soweit Angaben dort
in engem Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen der hier geschilderten
Untersuchungen, werden sie hier wieder erwähnt werden. Da die Versuchs-
tiere und die Versuchsanordnung — vor allem auch die Höhe und zeitliche
Einteilung der Jodgaben — identisch waren mit denen der oben erwähnten
Mitteilung, erübrigte sich eine andere Zielsetzung und Fragestellung als
die eingangs angeführte.
Von im ganzen zehn Versuchstieren wurden vier einer eingehenden
Beobachtung unterworfen, wovon zwei, unter normaler Fütterung stehend,
als Normaltiere anzusprechen sind, während die beiden anderen außer der
Normalfütterung bestimmte Jodgaben erhielten. Die Auswahl wurde
1) Siehe auch I. Mitteilung: В. Bleyer, diese Zeitschr. 170, 265, 1926;
П. Mitteilung: H. Niklas, A. Strobel und K. Scharrer, Fütterungsversuch
mit steigenden Jodgaben zu Milchziegen, ebendaselbst 170, 277, 1926.
3) Siehe H. Niklas, А. Strobel und K. Scharrer, 1. с.
H. Niklas, J. Schwaibold u. K. Scharrer: Jod als biogenes Element. III. 301
unter Berücksichtigung guter und möglichst gleichmäßiger Lactationen
getroffen. Auf Grund der analytischen Schwierigkeiten war eine Ein-
белеш sämtlicher Versuchstiere in die Beobachtung nicht möglich.
% wurde in diesem Falle eine vertikale Beobachtungsart gewählt, also die
Beobachtung einiger Tiere möglichst häufig während eines längeren Zeit-
sbschnittes. In einer demnächst erscheinenden Arbeit wurde daher als
atsprechende Ergänzung eine horizontale Untersuchungsweise angewandt.
(Beobachtung einer größeren Anzahl von Versuchstieren in gewissen Zeit-
sbschnitten.)
1. Normaler Milch- und Biutjodspiegel.
Die Untersuchungen begannen am 28. Mai 1925, nachdem der
Fütterungsversuch schon längere Zeit im Gange war!). Für die Normal-
ете war dies nicht von Belang, und deren Beobachtung erstreckte sich
if etwa 3 Monate. Abb.1 zeigt das Bild, das diese Untersuchungen
Abb. 1.
ergaben. Kurve III und IVa bringen den Milchjodspiegel der beiden
Normaltiere, Kurve ГУ b gibt einen Anhaltspunkt für den Blutjod-
piegel von Tier IVa festgestellt zum Vergleich mit demjenigen des
Tieres II mit Jodfütterung in Abb. 2a und b2).
le.
D Die Zahlenangaben finden sich in Tabelle І.
302
H. Niklas, J. Schwaibold u. K. Scharrer:
уп.
УП.
УП.
Eingeklammerte Zahlen bedeuten Kontrollbestimmungen.
3,06
2,85
3,15
1400
2,0 (1,8)
2,0
10
1,0 (1,0)
1,5
1,0
1,0 (1,0)
1,0 (1,0)
1,0
1,2 (1,0)
12 (1,1)
1,5 (1,6)
1,0
1,4
1,6 (1,5)
10
0,8
3,6
Tabelle II.
Datum | Fett | Milchmenge | Jodgehalt
1925 Proz. сет у.Ртоз.
Tier І.
28. У. 0995 | 1500 681
9. VI 245 1950 943
17. VI 2,40 2300 129
24. VI. 2,30 2100 1525
30. VI. 2,50 2050 1000
2. VIL 2,20 1900 788
6. VII. 2,25 1950 488
14. VII 2,60 1200 | 897
20. VII 2,40 1350 1240
24. VII. | 2,50 1400 1167
зо. УП. | 210 | 1500 333
4. VIIL 2,30 1500 12
6. VIII 2,70 1550 4,0
10. VIII. 2,45 1400 24
13. VIII. 285 ` 1500 1,0
15. VIII. 2,05 1500 1,4
17. VIII. 2,40 1400 21
19. VIII. 2,15 1550 2,5
24. УШ. | 240 1750 | 1,4
Tier II.
27. V. "2,50 900 330
8. VI. 2,90 1450 920
23. VI. 2770 1650 146
25. VI. 260 1700 668
26. УТ. 250 | 1700 643
27. УІ. 255 | 1750 607
30. VI. 2,25 1300 46,7
2, VII. 2,50 1400 6,9
6. VII. | 235 1350 6,0
9. VI. 2,05 1100 23
14. VII. | 3,50 1300 7,7
24. VII. "2,86 1150 10,0
28. VII. | 278 1150 1,3
30. VII. | 2,80 1200 1,7
4. VIII. 2,65 1200 1,0
Jod als biogenes Element. ТЇЇ.
303
304 H. Niklas, J. Schwaibold u. K. Scharrer:
Die natürliche Jodierung der Milch dieser beiden Tiere ergibt eine:
weitgehend ähnlichen Verlauf in derselben Größenordnung. Die Über
jodierung bei Tier IV vom 12. bis 16. Juni ist nicht ohne weiteres zı
erklären. Ein durch Fieber angezeigter intensiverer Stoffwechsel fanı
nicht statt. Es bleibt die Möglichkeit einer vorübergehenden physiolo
gischen Produktionssteigerung der Schilddrüse oder — was sehr un
wahrscheinlich ist — eines zufällig höheren Jodgehalts der Futterratioı
in diesen Tagen. Bemerkenswert ist das kontinuierliche Absinken de:
Milchjodspiegels gegen Ende des Versuchs, also gegen Herbst. Е
besteht hier möglicherweise eine Parallele mit dem neuerdings fest
gestellten, im Winter verminderten Blutjodspiegel beim Menschen!)
Wenn bis jetzt noch keine Norm für einen physiologischen Blut- odeı
Milchjodgehalt gegeben werden kann, so muß doch der Gehalt de
Milch gegen Ende dieses Versuchs als sehr niedrig angesprochen werden.
Nach allenfalls möglichen quantitativen Zusammenhängen zwischen
Milch-, Fett- und Jodproduktion zu suchen, war nicht das Ziel dieser Beob-
achtungen. Dafür wäre eine ununterbrochene tägliche Beobachtung kaum
zu umgehen. Die diesbezüglichen Zahlen sind jedoch in Tabelle I gegeben.
Irgendwelche gleichgerichtete oder umgekehrte Proportionalität zwischen
Fettgehalt einerseits, Milchmenge und Jodierung andererseits läßt sich
nicht feststellen. Jedoch erkennt man, daß im allgemeinen keine erheb-
lichere Steigerung oder Minderung in der Milchabsonderung eintritt, ohne
eine gleichgerichtete Erscheinung bezüglich des Jodgehalts zu zeigen.
2. Milch- und Blutjodspiegel bei Resorptionsversuchen.
Das Bild dieser Untersuchungen zeigen die Kurven in Abb.2a undb.
Die Beobachtungen setzten ein am 27. Mai 1925, bei einer täglichen per-
oralen Jodzufuhr (außer dem Jodgehalt des Futters) von 120 mg Jod
(in Form von Tabletten als 140 mg NaJ, 12 mg NaHCO, und 33 mg
Na Cl mit Milchzucker und Maisstärke), nachdem die Tiere vom 14. April
bis 7. Mai 1925 60 mg Jod und ab 8. Mai 120 mg täglich erhalten hatten.
Die Kurvenbilder wurden wegen der enormen Unterschiede in der
Größenordnung getrennt und das unter dem Einfluß der Jodgaben
stehende Ergebnis in 100fach kleinerem Maßstab gezeichnet.
Es tritt hier eine Vervielfachung des natürlichen Jodgehalts zutage,
verbunden mit bedeutenden Schwankungen sowohl beim Vergleich der
Jodspiegel verschiedener Tiere, als auch innerhalb des Verlaufs der
Kurve eines einzelnen Individuums. Bei Tier II wurde die außer-
ordentliche Jodzufuhr, die ab 1. Juni 180 mg täglich betragen hatte,
am 27. Juni unterbrochen. Dies hatte ein plötzliches Absinken der
1) Siehe unter anderen Veil und Sturm, Deutsch. Arch. f. klin. Med.
147, 166ff., 1925.
Jod als biogenes Element. III.
Abb. 2b.
305
306 H. Niklas, J. Schwaibold u. K. Scharrer:
Jodkomponente der Milch zur Folge, so daß nach 12 Tagen der Milcl
jodgehalt der Normaltiere annähernd erreicht war. Nach vorübe:
gehender, gegenüber dem erreichten Stand erheblicher Steigerun
war nach 4 Wochen der Jodgehalt der Milch in der Größenordnun
identisch mit dem der Vergleichstiere. Das nämliche war bei Tier
der Fall, jedoch mit dem Unterschied, daß ев den ‚„Normalstand‘“ scho
nach 16 Tagen wieder erreicht hatte. Dieses Tier hatte nach Beendigun
der Jodgabe von 180 mg täglich am 28. Juni (begonnen am 1. Jun
bis zum 28. Juli eine tägliche Jodgabe von 120 mg erhalten.
Der Blutjodspiegel des Versuchstieres П in der Kurve Abb. 2b zeig
nicht einen mit der zugehörigen Milch parallelen Verlauf, sofern de
prozentische Jodgehalt verglichen wird. Ist einerseits die Jodierun
bei außerordentlicher Jodzufuhr niedriger als die der Milch, so erfolg
andererseits nach Beendigung der Jodgaben die Abnahme allmählicheı
Ein paralleler Verlauf von Milchmenge und Jodgehalt kann i
diesem Falle natürlich nicht erwartet werden. Es scheinen jedoch aucl
hier stärkere Schwankungen in der Milchproduktion mit ebensolchei
des Milchjodgehalts Hand in Hand zu gehen, womit jedoch nicht gleich
zeitig gesagt ist, daß hohe Jodgaben starke Sekretion zur Folge hätten
da offensichtlich die Menge des abgesonderten Jods auch bei gleich
mäßiger Zufuhr in weiten Grenzen schwankt.
Die genauen Zahlen sind in Tabelle II wiedergegeben.
Die Ergebnisse der Blutuntersuchungen finden sich in Tabelle III
Tabelle III.
VL | 27. VI. | 30. VI. 6. VIL |9. VIL |24. VIL | 30, УП.
Jodgehalt ysProz. am: CT 1925 ge 1925 z 1925 E 1925 A 1925 | 1925 RW Ki
Normaltier . . 11,4| — |142| —
Versuchstier. . 224 129 149 4 7 75
Am 26. VI. 1925 letzte Jodgabe 180 mg.
Tabelle IV bringt die Ergebnisse einer einmaligen Untersuchung
der Milch der übrigen Versuchstiere.
Tabelle IV.
| Normaltiere, | Vers
Datum Tier Milchjod» i
gehalt jodgehal
1925 Nr. y»Proz. Я
Jod als biogenes Element. III. 307
8. Jodbindung in der Milch.
Es seien hier noch die Ergebnisse einiger in dieser Hinsicht orien-
üerender Vorversuche angeführt. Es wurden Milchproben aus den
Reihen des oben beschriebenen Versuchs untersucht. Bei zwei Milch-
proben (s. Tabelle I, Tier III, 24. Juli und Tabelle II, Tier I, 24. Juli)
wurden die Eiweißbestandteile aus der Milch entfernt und für sich
ntersucht; ebenso das Serum mit Fett, Zucker und Mineralstoffen
ohne weitere Trennung. Die Milchproben der Tabelle I, Tier IV,
4. August und Tabelle I, Tier III, 7. August, wurden in Fetteiweiß und
Serum zerlegt und die beiden Bestandteile für sich zur Untersuchung
bracht. |
Nach den Ergebnissen, die nachstehende Tabelle У bringt, liegt
km Grund vor, anzunehmen, daß das Jod anders als in anorganischer
tferbindung vorlag!). Die nötigen Eingriffe wurden so schonend vor-
xnommen, daß eine Zersetzung nicht zu befürchten war.
Tabelle V.
e Jod in | А | Я
Tier Milchmenge | E ' Jod in Jod in Gesamtjod
Eiwei߻Fett | Reagenzien
Nr. сет y«Proz. | y»Proz,
en III 30 = = = 1,
М Үп. I 30 02 = = 1167
£ VIIL IV 40 — Spuren*) 0,1 2,1
3. VIIL. | TII 50 — Spuren*) 0,1 LI
wl Weniger als 0,17.
1. Einfluß von hohen, innerhalb eines kurzen Zeitabschnittes verabreichten
Jodgaben auf den Jodgehalt von Blut und Stoffwechselprodukten.
Die eigentliche Grundlage des Versuchs, der den folgenden An-
gaben zugrunde lag, bildete die Beobachtung der Einwirkung von
Jodgaben auf die Genitalfunktionen des weiblichen Schweines. Da die
Versuche noch nicht abgeschlossen sind, die durchgeführten physio-
kgisch-chemischen Untersuchungen jedoch eine Ergänzung für den
übrigen Bericht bilden, werden sie hier noch beigefügt.
Das in dieser Weise beobachtete Tier war ein 1 јаһгірев Mutter-
schwein, dessen Haltung sich in keiner Weise von der normalen unter-
schied. Am 20. Mai 1925 und den beiden folgenden Tagen erhielt das
Tier eine perorale Jodgabe (als Na J in Tablettenform) von је 450 mg.
Dieser Versuchsanordnung liegen nun die folgenden Beobachtungen
zugrunde. Tabelle V gibt die genauen Zahlen der Jodgehalte von Blut,
Ham und Kot vor, während und nach der Behandlung, und die Kurven
1) Eine Beurteilung, ob Bindung an Aminosäuren vorlag, ließ die Art
der hier angewandten Methoden nicht zu.
308 H. Niklas, J. Schwaibold u. K. Scharrer:
Abb.3a und b sollen dieselben veranschaulichen. Die letzten sin
im Maßstab 1:10 mit Rücksicht auf die Verhältnisse vor und nac
bzw. während der Behandlung gezeichnet.
Abb. 3b.
Die Zahlen der Jodmengen im Kot zeigen, daß das peroral ein-
geführte Jod praktisch vollkommen resorbiert wurde.
Interessant wäre die Klärung der Frage nach der Ursache des
auffallend langsamen Absinkens des Jodgehalts der Ausscheidungen
von der gegenüber der ursprünglichen erheblich gesteigerten Höhe:
Es kämen in Frage gesteigerte Jodzufuhr durch das Futter (jedoch
unwahrscheinlich) oder vielleicht abgestoßene Darmepithelien, die
Jod als biogenes Element. III. 309
sährend ihrer Lebenstätigkeit die hohe Jodzufuhr benutzt hatten,
»lches zu absorbieren.
Ganz ähnlich wie es bei den Ziegen der Fall war, bewegt sich die
Kurve des Blutjodspiegels: Eine plötzliche starke Überschwemmung
des Blutes mit Jod, ein noch rascheres Absinken als dort — wohl infolge
der kurzen Periode der Jodzufuhr — und eine nochmalige Erhebung,
um dann sogar unter den ursprünglichen Wert zu sinken. Die be-
deutendste Steigerung zeigt der Harn. Dazu kommt, daß die ab-
gesonderte Menge in dieser Zeit sehr hoch war. Am 21. Mai 1925 (Tag
der zweiten Jodgabe) wurden in 12 Stunden 10,7 kg abgesondert.
Wenn auch Salzdiurese infolge geringer absoluter Salzmenge unwahr-
xheinlich erscheint, könnte eine spezifische Wirkung des Jods möglich
em.
Es geben diese Befunde ein ungefähres Bild der Geschwindigkeit,
mt welcher dieses überschüssige Jod durch die Niere entfernt wird,
&rart, daß nach 5 Tagen nur mehr eine sehr mäßige Erhöhung über
den Stand vor der Behandlung sich vorfindet!).
Tabelle V.
1) Unter der in dieser Arbeit gebrauchten Bezeichnung für Jodmengen
mit y ist, wie allgemeiner üblich, 0,000001 g Jod zu verstehen. Über die
Art der Methodik der Behandlung der Substanzen für die Mikrojodbestim-
mung und die Ausführung der letzteren, sowie über dabei gemachte Er-
fahrungen und vorgenommene Modifikationen ist eine besondere Mitteilung
beabsichtigt.
310 H. Niklas, J. Schwaibold u. K. Scharrer: Jod als biogenes Element. Ill
5. Zusammenfassung.
Die Versuche lassen erkennen:
1. Peroral zugeführtes anorganisch gebundenes Jod wird un
beschadet gleichzeitiger Fütterung vom Darm quantitativ resorbiert
2. Eine durch längere Zeit erfolgte außerordentliche Jodzufuh
hat bei Ziege und Schwein nicht eine nachträglich anhaltende höher
Jodierung der Körperflüssigkeit zur Folge.
3. Eine tägliche perorale Jodzufuhr von über 100 mg bei Ziege
führt zu einer Jodierung der Körperflüssigkeiten, besonders der Milch
von einer Höhe, die nicht mehr als physiologisch angesprochen werdeı
kann, wenn auch sonst eine ungünstige Einwirkung auf den Gesundheits
zustand der Tiere nicht festgestellt wurde.
Das Meerwasser als Durchströmungsflüssigkeit
für das isolierte Froschherz.
Von
8. ҮҮ. Ziganow.
lis dem pharmakologischen Laboratorium des medizinischen Instituts іп
Odessa.)
( Eingegangen am 18. Januar 1926.)
Mit 4 Abbildungen im Text.
Sowohl für den experimentierenden Biologen als auch für den
Kliniker ist die Frage nach einer Flüssigkeit, die unter gewissen Be-
dingungen das Blut zu ersetzen imstande wäre, von großem Interesse.
E kommt in der Tat vor, daß der Biologe an einzelnen isolierten
Organen und Geweben experimentiert, die eventuell längere Zeit in
überlebendem Zustande erhalten werden müssen. Der Kliniker hat
nit Fällen zu tum, wo der Verlust an Blut durch irgend etwas ersetzt
oder der Organismus mittels Durchspülen von diesem oder jenem
tüschen Stoffe befreit sein muß. Die Versuche in dieser Richtung
hatten zur Folge die Herstellung von verschiedenen künstlichen
Medien, deren Zusammensetzung bis heute eine erhebliche Evolution
erlitten hat.
Anfänglich, als zur Erhaltung der Lebenstätigkeit des Protoplasmas
nur die Isotonie der Flüssigkeit als unumgänglich galt, wurde eine der
lsstonie des gegebenen Tieres entsprechende NaCl-Lösung mit zugesetztem
NaHCO, zur Neutralisierung der Stoffwechselprodukte mit dem Namen
„physiologische‘‘ Lösung bezeichnet [Gaule (1).] Späterhin hat S. Ringer (2)
Jeer Lösung K und Ca zugegeben in Verhältnissen, in denen diese im Blute
vorkommen. Weiterhin wurde durch eine ganze Reihe von Arbeiten ver-
schiedener Autoren [J. Loeb (3), Wo. Ostwald (4), W. Osterhout (5), Herbst (6),
W.Bennecke (7) u.a.] die Bedeutung einzelner Bestandteile der Ringer-
312 S. W. Ziganow:
lösung eingehend aufgeklärt, wobei es sich erwies, daß ein Medium, d
irgend ein einzelnes Kation enthält, für das lebendige Protoplasma vi
jeglicher Art in gewissen Grenzen giftig ist. Das Leben des Protoplasm
ist nur bei gewissem, ganz bestimmtem gegenseitigen Verhältnis der ei
zelnen Kationen möglich, wobei die einen als Antagonisten gegen die ander
im Sinne eines Unschädlichmachens auftreten. Lösungen, die nicht п
der Isotonie, sondern auch der Isoionie des Blutes entsprechen und vc
lebendigen Geweben und Zellen am besten vertragen werden, bezeichn
man als „physiologisch äquilibrierte‘‘ LI. Loeb (8)].
Für die normale Lebenstätigkeit des Protoplasmas ist noch eine b
stimmte Reaktion des Mediums notwendig, d. h. ein gewisses gegenseitig:
Verhältnis der H- und OH-Ionen in der Flüssigkeit.
Um das Zustandekommen einer entsprechenden Reaktion des Mediun
herbeizuführen, werden diese oder jene sogenannten Puffersubstanzen de
Salzlösungen zugesetzt.
Bei näherer Untersuchung der einzelnen Komponenten der Ringe
lösung ergab sich, daß das Verhältnis zwischen einzelnen Kationen i
derselben einem solchen im Blute gleich ist und dem gegenseitigen Verhältn:
dieser Kationen im Meerwasser, das auch noch Mg enthält, entsprich
Das gegenüber einigen Organen (27. B. dem Darme) wahrscheinlich bı
weitem nicht indifferente Mg ist auch in dem künstlichen, von Tyrode уо!
geschlagenen Gemisch enthalten.
Salzgemische, die zum Erhalten der Lebenstätigkeit von Organe
höherer Tiere künstlich hergestellt werden, sind folglich bloß mehr ode
weniger annähernd dem Meerwasser gleich, das als das beste Milieu zun
Konservieren genannter Organe anzusehen ist [Höber (9)].
Die direkte chemische Analyse bestätigt in der Tat die Identität de
Mineralgehaltes des vitalen Mediums und des Meerwassers [ R. Quinton (10);
„Die Organe der Wirbeltiere sind während des Lebens stets von einer Ar
Meerwasser bespült‘‘ [Нобе (9)].
Über die Ursachen dieser auffälligen Übereinstimmung machen sicl
mehr oder weniger wahrscheinliche Hypothesen geltend. So stellen di
einen Autoren die Annahme auf, daß alle Lebewesen aus dem Meere ent
standen sind [Qvinton (10)] und die Organismen den Salzkomplex des Meer
wassers als eine Art von biogenetischem Überbleibsel behalten haber
[Loeb (11)]. Andere Forscher neigen zu der Ansicht, daß im Gegenteil de
Salzkomplex des Meerwassers selbst tierischen Ursprungs sei und aus Über
bleibseln lebendiger Wesen, die jahrtausendelang in die Meere und Ozean:
geschwemmt wurden, entstehe [P. Carton (12)).
Es ist freilich nicht leicht zu entscheiden, ob diese Frage sich so ойе
anders verhält, allein schon der Umstand, daß die Salzzusammensetzung
der Körpersäfte und des Meerwassers gleich sind, was durch zahlreiche
vergleichende, chemisch-analytische Befunde bestätigt wird, dürfte heute
wohl kaum bezweifelt werden.
Das Einfachste wäre selbstverständlich, als Medium für überlebende
Organe an Stelle von künstlichen, empirisch hergestellten Salzgemischen
natürliches Meerwasser zu verwenden.
Dieser Gedanke drängt sich uns unwillkürlich auf. Bei Durchsicht
der zu unserer Verfügung stehenden Literatur gelang es uns jedoch, nur eine
Arbeit von T.C. Burnett (13) zu finden, wo die uns interessierende Frage
Meerwasser als Durchströmungsflüssigkeit. 313
behandelt wird. Burnett, der am Herzen der Schildkröte experimentierte,
bat festgestellt, daß dieses verdünnte, mit dem Blute isotonische Meer-
saser anscheinend gut vom Herzen vertragen wird. Die Vorhöfe und
&reifen des Ventrikels kontrahieren sich im Meerwasser ebensolange wie
m der Ringerschen Lösung. Der durch NaCl hervorgerufene Stillstand des
Herzens verschwindet bei Durchspülung mit Meerwasser.
Außerdem weist Qvinton (10) darauf hin, daß weiße Blutkörperchen
{von Menschen, Fröschen und anderen) im Meerwasser 21 bis 25 Stunden am
Leben bleiben, wobei sie ihre amöbenartigen Bewegungen nicht einbüßen.
Auf Anregung von Prof. D. M. Lawrow hin haben wir Versuche
über die Anwendbarkeit des Meerwassers als Flüssigkeit (Medium)
fur das isolierte Froschherz unternommen.
Die lokalen Verhältnisse (Odessa — eine Seestadt) waren unseren
Versuchen günstig.
Wasser nahmen wir im Odessaer Meerbusen, in der Entfernung von
lkm vom Lande und desgleichen in offener See.
Zu unseren Versuchen verwandten wir Esculenten, Männchen und
Weibchen, Körpergewicht 40 bis 120 g, sowohl frische, eben eingefangene,
as such solche, die schon mehrere Wintermonate im Laboratoriumbassin
rugebracht hatten.
Die Versuche wurden ein ganzes Jahr hindurch ausgeführt bei einer
Temperatur уоп 10 bis 23°C. Mittels eines von uns [S. Ziganow (14))
konstruierten Apparates, der eine Modifikation von К. Junkmanns (15)
Modell darstellt, waren wir imstande, die Zahl der Herzkontraktionen und
das Volumen der vom Herzen ausgeworfenen Flüssigkeit zu ermitteln und
ane Kurve der Herzkontraktionen am Kymographion aufzuzeichnen.
Der arterielle Druck war 11 bis 12cm H,O, der Venendruck 1 bis
2cm H,O, wobei beide sich im Anfang des Versuchs einstellten und dann
schon keinerlei Veränderungen erlitten.
Jede 10 Minuten wurde die Menge der vom Herzen uusgeworfenen
Flüssigkeit und die Zahl der Kontraktionen während derselben Zeitdauer
gemessen. Aus der Größe des arteriellen Druckes (der Hubhöhe der aus-
geworfenen Flüssigkeit) und der Menge der vom Herzen ausgeschleuderten
Flüssigkeit wurde die Leistung des Herzens berechnet. Die Kurve der
Herzkontraktionen wurde also jede 10 Minuten an der Trommel auf-
gezeichnet.
Alle Befunde wurden protokolliert und dann die Versuchskurve ent-
worfen.
In der Regel wurde im Verlauf des Versuchs ein und dieselbe mit
Sauerstoff gesättigte Flüssigkeit [nach Junkmann (15)] in der Menge von
% ccm durch das Herz gelassen.
Ausnahmsweise wurden Versuche angestellt zur Aufklärung des Um-
standes, wie Durchspülen mit beständig zu erneuernder Flüssigkeit das
Herz beeinflußt.
Der Salzgehalt des Wassers im Odessaer Meerbusen entspricht dem
gegenseitigen Verhältnis der für die Lebensfunktionen wichtigen Haupt-
kationen nach annähernd dem ÖOzeanwasser.
Zum Vergleich werden nachstehend Analysen von Schwarzmeer-
wasser und von solchem des Atlantischen Ozeans angeführt.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 21
314 S. W. Ziganow:
Analyse von Schwarzmeerwasser.
Nach A. Lebedintzew (16) (Langeron 1894).
Auf 1000 ccm Wasser.
NaCl: A 2% А 2.808 уж % 13,049
RC: жож жб wen a 0,3521
МЕС «зз жеш ж Ee 1,492
Mg Br... 8 0 2 жом 0,034
М@5О шиж жюз жа 1,194
CaS Orr ж-ы ж ж жож ыз» 0,434
CaCO ж, жле ж эзе жа 0,268
Analyse von Atlantisch-Ozean-Woasser.
Nach Makin (10) (1898).
Auf 1000 cem Wasser.
NaCl v a жеш жж» 27,059
КО u er са 0,766
Mo Cli ч жое A те о 3,666
Mo Bie 4.0 о а Ne 0,029
MESO, 2% 3:00 22-88 2.00 2,296
RER 2-0 1,406
CECO,E ap 0,033
Ein solches für die großen Weltmeere typisches [.R. Qvinzon (10),
van ’t Hoff (17)]) Verhältnis von einzelnen Salzen ist der vorhandenen
Literatur gemäß mehr oder weniger stationär und verändert sich wenig
im Laufe der Zeit.
Demgegenüber ist die Gesamtsalzmenge (deren Konzentration) ver-
schieden für die Ozeane und Binnenmeere einerseits, andererseits aber
schwankt sie in ein und demselben Meere ebenfalls und ist abhängig von
der herrschenden Jahreszeit und wohl auch von manchen anderen Um-
ständen.
Das spezifische Gewicht des Wassers im Schwarzen Meere wechselt
bekanntlich zu verschiedenen Jahreszeiten mit einer mittleren Schwingungs-
weite von 1,007 bis 1,013 [Aktmowitsch (18)).
Nach unseren Beobachtungen ist das Wasser des Odessaer Busens
konzentrierter zur Winter- und Herbstzeit (spezifisches Gewicht bis 1,014)
und am wenigsten konzentriert im Anfang des Sommers, im Mai (spezi-
fisches Gewicht bis 1,006). Daher mußten wir Meerwasser bis auf eine
bestimmte Konzentration verdünnen, um es dem Froschblut isotonisch zu
gestalten.
Es wurde durchaus praktisch befunden, zu diesem Zwecke die Her-
stellung einer gewissen Größe von spezifischem Gewicht (aräometrisch)
anzuwenden.
Die Erfahrung hat nämlich gezeigt, daß für den Frosch eine Meerwasser-
lösung von 1,0065 spezifischem Gewicht als isotonisch anzusehen ist.
Die theoretische Berechnung nach Karstens (19), von Torne berichtigter
Formel: | Р = (S — 1). 1319,
wo S = spezifisches Gewicht, auf 17,59 С bezogen, und Р der gesamte
Salzgehalt ist, ergibt die Gesamtsalzmenge in 1 Liter dieses Wassers 8,573 8.
Die von uns bestimmte Gesamtsalzmenge des Meerwassers vom spez-
fischen Gewicht 1,0065 war 8,6 pro Liter gleich, was mit dem nach der Formel
Meerwasser als Durchströmungsflüssigkeit. 315
rmittelten Werte übereinstimmt. Der NaCl-Gehalt ist in diesem verdünnten
Meerwasser gleich 6,6 pro Liter.
Einmal (Mai 1924) hatte die Meerwasserprobe genau 1,0065 spezifisches
‘«wicht und wurde bei den Versuchen nach vorhergehendem Durchseihen
durch ein Wattefilter ohne jegliche Verdünnung per se verwendet.
In der Regel gebrauchten wir zur Verdünnung destilliertes, häufiger
aber Leitungs-(Fluß-)Wasser, das für unsere Frösche ein normales
Lebensmilieu ist.
Was die Reaktion des Meerwassers anlangt, so schwankt diese nach
bn genauen Messungen von W. E. Ringer, Bethe, Sörensen, Palitsch (20)
ш sehr engen Grenzen, und zwar von рн = 7,82 bis 8,3. Speziell für das
Tiefenwasser des Schwarzen Meeres gibt Palitsch рь = 7,26.
Das pp unseres verdünnten Meerwassers war gleich 7,95 bis 8,11).
De Schwankungen des py des Meerwassers in so engen Grenzen sind
unter anderem auf den Gehalt des Meerwassers an Puffern in Gestalt von
iohlensauren Salzen zurückzuführen [Höber (20)].
Das pe der Ringerschen Lösung, die nach Höbers Meinung für die
Ürgane der höheren Tiere ein zu saures Medium abgibt, ist gleich 6,7
‚Michaelis (21). Die Tyrodelösung hat pu = 7,7 [Höber (20)].
Folglich war unser verdünntes Meerwasser seiner Reaktion nach mehr
„Ikalisch als die Ringerlösung und hatte größere Ähnlichkeit mit der Tyrode-
RUN.
Nach Dale und Thacker (22) liegen die ertragbaren py-Grenzen für
-nzelne Teile des Froschherzens zwischen:
für Sinus.. .. ... . ри = 4 bis 95
» Vorhof. . . . . . . рн = 5,5 „ 10,5
» Ventrikel. . . . . . рн = 6,5 „ 11,0
Eine Erniedrigung «der Wasserstoffexponenten von 7,7 bis zu 6,7
emiedrigt die Hubhöhe der Froschherzkontraktionen in beträchtlicher
Weise [A. J. Clarck (29)].
Es ist also schon auf Grund dieser Daten a priori zu erwarten, daß
verdünntes Meerwasser auch seiner Reaktion nach vom Froschherzen
genügend ertragen werden kann.
Wir haben an dem isolierten Froschherz über 120 Versuche angestellt.
Die Versuchsdauer war 5 bis 72 Stunden.
Das erste Ergebnis unserer Versuche war: Das Froschherz, durch
das man isotonisch gestaltetes Meerwasser durchströmen läßt, kon-
trahiert sich normal, rhythmisch und behält längere Zeit seine Lebens-
tätigkeit. In der Regel bleibt das Herz 48 bis 72 Stunden arbeitsfähig,
wobei die ungünstigen Bedingungen zur Nachtzeit, wo das Herz nicht
beobachtet wird (also nicht mit Sauerstoff versorgt wird und etwas
eintrocknet) in Betracht zu nehmen sind. Nach 48 bis 72 Stunden ist
das Herz in Ruhestellung, antwortet aber noch lange mit einzelnen
Schlägen auf mechanische Reize. Als Beispiel wollen wir hier einen
kurzen Auszug aus einem Versuchsprotokoll (Versuch 15) und eine
Kurve (Abb. 1) der normalen Herztätigkeit geben.
1) Für die ausgeführten Messungen sagen wir dem Privatdozenten
D. L. Rubinstein unseren innigsten Dank.
21*
316 S. W. Ziganow:
Versuch 15.
31. Dezember 1924. Rana esculenta. Gewicht 71,0 g.
| | „БЕ E с
= Чо о 8858| „8 |s2
| BO Er Urn ЯЛЕ ЕВ 55 | 4
Zeit ёе eg 56162 р SÉ 22 SE Bemerkungen
Ва ае Бо 2-395 < фо
* >S Es 8258 S =
31. XII. 12h40' 12,5 15 11,5 20 25 28,75 1,4 | Das Herz kontrahiert sich
| normal, gut.
2 10 12,5 1,5 11,5116 17 19,55 | 1,22 Dasselbe.
2 40 12,5 1,5 11,516 1,8 20,7 1,29 Dasselbe.
З 10 12,5 1,5 11,5/15| 1,7 | 19,55 1,30 Dasselbe.
3 40 12,0 1,5 11,5 14 | 1,6 | 18,40 | 1,31 | Dasselbe.
4 10 120 1,5 11,5 15 1,6 | 18,40 1,23 | Dasselbe.
4 40 12,0 15 11,5 15 | 1,3 | 14,95 1,00 Dasselbe.
5 10 120 1,5 11,5 14 1,3 14,95 | 1,07 | Dasselbe. Veränderungen de
Herztätigkeit feblen.
LE 10 10 90 1,5 11,5 10 1,1 12,65 1,26 Das Herz kontrahiert sich gut
11 30 12,5 1,5 111,5 14 1,2 | 13,8 0,99 Dasselbe.
12 30 13,5 1,5 11,517 | 1,2 | 13,8 0,81 Dasselbe.
1 30 15,0 1,5 11,5 17 11 12,65 0,74 | Dasselbe.
2 30 15,0 1,5 10,5 18 13 14.65 0.81. Die diastolischen Erweiterunger
| | | sind etwas stärker.
900 125115 105 17 08 84 0,49 Dasselbe.
2.1 10 30 90115 8511| 07 5,95 0,54 age! Das Herz kontrahiert
sich gut.
12 30 110115 85 12| 0.3 255 0,21 Dasselbe. Das Herz verliert die
i | Flüssigkeit infolge eines De
| | fektes in der Herzwand,
12 40 11,0 | Einstellung des Versuchs infolge Flüssigkeitsverlustes des Herzens.
Aus Junkmanns (15) Arbeiten ist zu ersehen, daß bei Durchspülung
des Herzens mit Ringerlösung nach 4 bis 8 Stunden regelmäßig ein Still-
stand eintrat, was bei uns nie vorkam.
Die Zusammenstellung von Junk-
manns Versuchen mit unseren, die mit
Anwendung einer analogen Methodik
und bei gleicher Temperatur aus-
geführt waren, berechtigt zu der
Annahme, daß die um einigemal
längere Dauer der Lebenstätigkeit des
Herzens in unseren Versuchen aus-
schließlich von der Zusammensetzung
der Durchströmungsflüssigkeit be-
dingt war.
Abb. 1. Normale Herztätigkeit Die Pulsfrequenz war von der
bei Durchspülung mit Meerwasser. Versuchsdauer wenig abhängig, wohin-
gegen sie auf die Temperaturver-
änderungen der Umwelt oderderdurch-
strömenden Flüssigkeit stark reagierte. Bei einer Temperatur von 9 bis
13° С war die Zahl der Herzschläge 12 bis 15, bei 15 bis 16° C 24 bis 30 und
bei 20 bis 25°C 70 bis 80 in 1 Minute. Mit der Veränderung der Zimmer-
temperatur (Zentralheizung) erlitt auch die Zahl der Herzkontraktionen
jedesmal eine entsprechende Veränderung.
Meerwasser als Durchströmungsflüssigkeit. 317
Zuerst, wenn man begann, Meerwasser durch das Herz passieren
lassen, verminderte sich gewöhnlich die Kontraktionszahl um vier bis
acht Schläge im Vergleich zu der Zahl der Herzschläge im Organismus
т vollzogener Präparierung.
Nachher, wenn die Zimmertemperatur unverändert blieb, nahm die
Kontraktionszahl allmählich ab, indem sie sich im Mittel um zwei bis
drei Pulsschläge pro Minute in 6 bis 8 Stunden Arbeit verminderte. Die
Temperatur beeinflußte außer dem Puls noch die Lebensdauer des
Herzens.
Bei niederer Temperatur (10 bis 14° С) war die gesamte Lebensdauer
bedeutend länger als bei höherer. Hier spielen offensichtlich einige Momente
еве Rolle:
l. Bei erniedrigter Temperatur ist das Herz mehr tonisiert und die
isstolische Herzerweiterung, die gewöhnlich gegen das Lebensende auftritt,
юп bedeutend später ein als bei höherer Temperatur, wenn das Herz
Weniger tonisiert. ist.
2. Infolge verlangsamter Kon-
traktionen bei niederer Temperatur
A war die allgemeine Summe der inner-
|0 | halb eines gewissen Zeitabschnittes
II ү 0 geleisteten Arbeit des Herzens ge-
ringer, weshalb auch die Erschöpfung
ү solcher, bloß mit anorganischen Stoffen
Wa gespeisten Herzen sich bedeutend
| (| o langsamer einstellte.
SET EECH 3. Bei höherer Temperatur treten
A septische, das Herz dem Zugrunde-
| ->Q | I gehen nähernde Prozesse anscheinend
y us schneller ein.
Cat: Е
Zeg 0 ST ai 71577057 2157 au
Abb. 2. Versuch 12. Abb. 3. Versuch 15.
Das Herz wird immer von neuer
} , Flüssigkeit
Flüssigkeit durchströ.nt. Das Herz wird von ein und derselben Flüssigkei
— Arbeit pro 1 Kontraktion durchströmt.
(g<m). —— Arbeit pro 1 Kontraktion (gcm).
--- Volumen der ausgewor: Sg
fenen Flüssigkeit pro 1 Mu — – — Volumen der ausgeworfenen Flüssigkeit pro
nute (vcm). 1 Minute (ccm).
318 S. W. Ziganow:
Unsere Versuche haben gezeigt, daß es dem Herzen bei weitem nicht
gleich ist, ob wir es die ganze Versuchsdauer hindurch mit fortwährend zu
erneuernder oder mit ein und derselben Flüssigkeit durchspülen.
Im ersten Falle tritt die Abschwächung des Herzens sehr schnell ein,
und im zweiten nimmt die Arbeitsfähigkeit nur allmählich und im Ver-
laufe von mehreren Stunden ab [vgl. K. Junkmann (15)].
Vermutlich wirken die Lebenstätigkeitsprodukte des Herzens auf
dasselbe bis zu einer gewissen Grenze stimulierend. Die Tatsache, auf die
noch Langendorff hinwies: „Das Lebensprodukt der Zelle ist ihr Erreger“,
wird auch bezüglich des isolierten Herzens bestätigt, indem sie eine be-
sondere Bedeutung im Lichte der modernen Lehre von den Hormonen
gewinnt. Die angeführten Kurven (Abb. 2 und 3) veranschaulichen das
Gesagte.
Nach einer gewissen anfänglichen Abnahme der Arbeitsfähigkeit
(vermutlich infolge des vor sich gehenden Anpassungsprozesses des Herzens
an die neuen Lebensbedingungen), die etwa eine halbe Stunde dauert, tritt
bei Durchströmen des Herzens mit ein und derselben Flüssigkeit eine Periode
von mehr oder weniger gleichmäßiger Herztätigkeit ein, die 4 bis 6 Stunden
anhält.
Diese stationäre Tätigkeitsperiode ist höchst geeignet für die Aus-
führung verschiedener pharmakologischer Untersuchungen.
Ferner vermindert sich die Leistungsfähigkert des Herzens allmählich,
die Diastolen werden größer, die Systolen kleiner.
Letzten Endes steht «las Herz gewöhnlich in der Diastole nach vorher-
gehenden langdauernden diastolischen Pausen still (Abb. 4).
Abb. 4. Diastolische Herzpausen gegen Ende des Versuches.
Wird der Druck, unter dem die Flüssigkeit in das Herz strömt (Venen-
druck) bis zu einem gewissen Grade gesteigert, so hebt das Herz die Leistungs-
fähigkeit, seine vorrätigen Kräfte benutzend; die Herzkontraktionen er-
fahren auch eine leichte Beschleunigung [vgl. Dreser, Frank, Weizsäcker (23)].
Nachträglich erweist sich jedoch das Herz in solchen Fällen weniger
lebensfähig.
Veränderungen des arteriellen Druckes nach der einen oder anderen
Seite hin übten keinen großen Einfluß auf das Herz aus [vgl. Frank,
Weizsäcker (23)]. Die Herzen der Weibchen sind schwächer tonisiert als
die der Männchen, infolgedessen die Lebenstätigkeit der ersteren УОП
kürzerer Dauer ist.
Meerwasser als Durchströmungsflüssigkeit. 319
Die Menge der von dem Herzen auszuwerfenden Flüssigkeit ist, wie
oben erwähnt, von dem venösen Druck abhängig, eine Drucksteigerung
bewirkt eine Flüssigkeitsezunahme. Ferner wird die Menge der aus-
geworfenen Flüssigkeit noch von dem Mündungsdurchmesser der arteriellen
Kanüle und desgleichen von der Individualität des Herzens beeinflußt.
Bei einem Lumen der Kanüle von % mm betrug das in 1 Minute in der
Mitte des Versuchs (stationäre Periode) ausgeworfene Flüssigkeitsquantum
23 сеш. Wurde aber das Kanülenlumen bis zu 1 bis 1% mm größer gə-
nommen, was selbstverständlich nur bei großen Fröschen anwendbar war,
so wuchs das Volumen der ausströmenden Flüssigkeit bis zu Beem an.
Außer den Versuchen an normalen Herzen haben wir noch solche
bei Vergiftung des Herzens mit verschiedenen dynamisch aktiven
Noffen angestellt. Angewandt wurden Adrenalin, Muscarin, Stoffe
dr Digitoxingruppe, KCN, Chloroform, Glucose und andere. Es
warden jedoch keinerlei qualitative Abweichungen von ihrer gewöhn-
ichen, bekannten Ve bei Speisung des Herzens mit Meer-
passer beobachtet.
Interessant ist die Tatsache, daß die Empfindlichkeit eines solchen
Herzpräparats gegen Adrenalin (Firma Parke und Davis) bis zu einer Ver-
dmnung des letzteren 1:1 Milliarde in der Durchströmungsflüssigkeit
bsstehen blieb (в. 2. B. Versuch 44).
Versuch 44. 4. August 1925.
der ашы | |
er aus» ; Arbeit |
Zeit a worfen an pro | Bemerkungen
| zhi üssigkeit ie | 1 Kontraktion |
| 1Min.
‚ + Adrenalin (1:1 Milliard.)
0,51 ‚ Dasselbe.
0,8 ‚ Das Herz kontrabiert sich gut.
Bei K. Junkmann (15) war nur die Adrenalinkonzentration 1:25 Mil-
lonen wirksam. Die höhere Empfindlichkeit des Herzens gegenüber
Adrenalin in unseren Versuchen wurde wohl dadurch veranlaßt, daß Meer-
wasser mehr alkalischer ist als die Ringerlösung (s. oben). Die Alkalien
steigern aber bekanntlich die Empfindlichkeit gegen Adrenalin (W. Hülse (24).
Folglich ist bis zur Isotonie verdünntes Meerwasser ein, in physio-
Igischem Sinne, vollkommen äquilibriertes und vom Herzen der
Kıltblüter ausgezeichnet zu ertragendes Medium [s. oben 7. Burnetts (13)
Versuche an Schildkröten], das der zu besagtem Zwecke gewöhnlich
gebrauchten Ringerlösung nicht nachsteht, sondern dieselbe sogar
übertrifft.
Die Anwendung von Meerwasser zu physiologischen und pharma-
kologischen Versuchen am Herzen von Kaltblütern, die durchaus
möglich und wünschenswert ist, bestätigt nochmals J. Loebs und
Qrintons Ausführungen.
320 S. W. Ziganow: Meerwasser als Durchströmungsflüssigkeit.
Weitere Beobachtungen müssen zeigen, ob Meerwasser auch f
die Organe der Warmblüter ein ebenso geeignetes Medium ist. Die
Frage ist nicht nur prinzipiell, sondern auch rein praktisch von В
deutung.
Gegenwärtig macht sich nämlich in Frankreich eine ganze Schu
mit Qvinton bemerkbar, die, Meerwasser als ein für die Warmblüter ш
den Menschen physiologisch äquilibriertes Medium ansehend, dasselbe :
subkutanen und intraevenösen Einspritzungen auf einem weiten А
wendungsgebiet in die Therapie eingeführt hat [Qvinton (25), Lachere (26
Außerhalb Frankreichs wird dieser Standpunkt bestimmt abgeleh:
und die Anwendung des Meerwassers in der Therapie als unzweckmäß
anerkannt LI Loeb (27). Die eine Ansicht beruht auf sehr lückenhafte
Angaben von Qvinton selbst und auf klinischen Beobachtungen, die andeı
auf indirekten Nachweisen von Burnett, der nach erfolgter Einverleibur
von Meerwasser bei Kaninchen Glykosurie feststellen konnte.
Exakte experimentelle Daten über Versuche an isolierten Organe
der Warmblüter liegen bis heute noch nicht vor, wenigstens nicht in der ur
zugänglichen Literatur, und die Entscheidung dieser Frage bleibt wol
der Zukunft vorbehalten.
Literatur.
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Paris 1905. — 27) J. Loeb, Oppenheimers Handb. d. Biochem. 2, Н. !.
S. 140, 1910.
Untersuchungen über den Calciumgehalt
des menschlichen Serums.
Von
Di-Foutsin (Shanghai).
(Aus der medizinischen Klinik der Universität Würzburg.)
(Eingegangen am 28. Januar 1926.)
Bekanntlich stellt der Ca-Gehalt des Serums für das Individuum
че ziemlich konstante Größe dar; so ergeben — wenn auch die von
in einzelnen Forschern angegebenen Normalzahlen voneinander ab-
chen — Bestimmungen, die unter denselben Bedingungen und mit
knelben Methodik am einzelnen Menschen ausgeführt werden, mit
mbe Genauigkeit immer den gleichen Wert.
Man weiß, daß der Ca-Spiegel im Serum nur wenig oder, vielleicht
ichtiger gesagt, nur sehr langsam auf Veränderungen in der Kalk-
uhr durch die Nahrung reagiert. So führen Steigerungen der Kalk-
nahme per os keineswegs immer zu einer Vermehrung der Kalk-
ge im Serum, ja unter gewissen Umständen hat man sogar eine
'erminderung des Kalkgehalts im Serum beobachtet. Offenbar wird
gültig das Kalkniveau von verschiedenen Faktoren beherrscht,
'm denen die Geschwindigkeit der Kalkmobilisierung, der Umfang
kr Kalkspeicherung und die Größe der Kalkausscheidung von Be-
lutung sind.
Aus den Untersuchungen des letzten Jahrzehnts geht hervor, daß
die an der Einstellung des Kalkgleichgewichts beteiligten Prozesse
erster Linie Schwankungen der Acidität, ferner Veränderungen in
H qualitativen und quantitativen Zusammensetzung der Salze und
“lich endokrine Wirkungen einen besonders starken Einfluß aus-
Шеп vermögen.
322 Di-Foutein:
So eindeutig nun die Veränderungen des Kalkspiegel sind, die maı
z. B. bei gewissen hormonalen Störungen beobachten konnte — ев se
erinnert an die bekannte Kalkverminderung bei Ausfall der Nebenschild
drüsenfunktion, an das erhebliche Ansteigen des Kalkspiegels
Injektion des neuerdings von Collip!) dargestellten wirksamen Prinzipı
der Epithelkörperchen, an die regelmäßige Verminderung bei Rachitis —
во wenig ließen sich für eine große Anzahl von Krankheiten, die mit ge
wissen Veränderungen des Serumkalkwertes einhergehen, mit Sicherheii
Gesetzmäßigkeiten in der einen oder anderen Richtung aufstellen.
Die Vorstellung, daß mancherlei Faktoren, die im einzelnen Falk
nicht ohne weiteres übersehbar sind, auf diese Verhältnisse Einfluf
haben, ist bei dem Bestreben für gewisse Krankheitsbilder ein charak.
teristisches Verhalten des Blutkalks aufzufinden, wohl zu wenig Бе.
achtet worden. So verdient z.B. der Einfluß des Alters, von dem
Leicher?) und Jansen?) feststellen konnten, daß dem zunehmenden
Alter regelmäßig eine Senkung der Blutkalkkurve parallel geht, oder
der Einfluß der jeweiligen Konstitution, von der wir durch Steehmann‘)
wissen, daß gerade die asthenische durch einen besonders niedrigen Kalk-
spiegel gekennzeichnet ist, in jedem einzelnen Falle besondere Berück-
sichtigung bei der Beurteilung der Höhe des Serumkalkes. In diesem
Zusammenhang scheint mir ferner eine Beobachtung nicht unwichtig
zu sein, die ich unlängst bei wiederholten Kalkbestimmungen bei einem
Patienten machen konnte: Beim Übergang von längere Zeit hindurch
gepflegter Bettruhe zu körperlicher Bewegung sank der Serumkalk-
wert beträchtlich ab. Auf Anregung von Herm Prof. Morawitz habe
ich daraufhin das Verhalten des Kalkspiegels im Blutserum bei einer
Reihe von ganz verschiedenen Krankheiten von diesem Gesichtspunkt
aus untersucht. |
Methodik.
Zur Ca-Bestimmung wurde das von de Waard angegebene Mikrover-
fahren benutzt. Die Blutentnahme erfolgte morgens vor der ersten Nahrungs-
aufnahme des Patienten. Das aus der Armvene entnommene, in kleinen
Zentrifugengläschen aufgefangene Blut blieb bis zum Eintritt der voll-
ständigen Gerinnung bei Zimmertemperatur stehen. Unmittelbar danach
wurde scharf abzentrifugiert und es gelangten je 2 ccm des frisch gewonnenen
klaren Serums für die einzelne Bestimmung zur Verwendung. In jedem
Falle wurden Doppelbestimmungen ausgeführt.
Die Untersuchung wurde in der Weise geführt, daß bei einer Reihe
von Patienten, welche seit längerer Zeit völlige Bettruhe beobachteten, der
1) J. B. Coliip, Journ. of. biol. Chem. 68, Nr. 2, S. 395, 1925.
2) H. Leicher, Deutsch. Arch. f. klin. Med. 145, 85, 1923.
3) Jansen, ebendaselbst 125, 168, 1918.
4) Steehmann, Jahrb. f. Kinderheilk. 94, 21, 1921.
Ca-Gehalt des menschlichen Serums. 323
"a-Gehalt des Blutserums ermittelt wurde. Soweit. sich Gelegenheit dazu
wt, wurde bei den untersuchten Fällen dann auch nach Unterbrechung der
Bettruhe und Übergang zu körperlicher Bewegung die zweite Untersuchung
angestellt. Die Ernährung wurde während des Zeitraums der verschiedenen
Erhebungen nicht geändert.
Ergebnisse.
In einer Voruntersuchung wurde zunächst der Ca-Gehalt im
serum des gesunden Menschen ermittelt; hierbei wurde ein Durch-
<hnittswert von 11,7 mg-Proz. gefunden. Diese Zahl liegt in der Nähe
kr von Leicher angegebenen, an einem größeren Durchschnitt er-
„„benen von 11,6.
In der beigefügten Tabelle wird das Resultat der Ca-Bestimmung
a 14 Fällen verschiedener Krankheiten mitgeteilt. Die für die Be-
teilung des Ca-Wertes wichtigen Angaben sind in den Stäben 3 bis 5
thalten ; in Stab 3 ist das Alter der Patientin, in Stab 4 die Diagnose
ud іп Stab 5 die Zeit angegeben, seit welcher körperliche Ruhe ein-
&balten wurde; Stab 6 enthält den auf Grund gut übereinstimmender
Isppelbestimmungen gefundenen Ca-Wert.
Tabelle.
І 2 3 ` 4 | 5 6
a жрд аша дш ч ^ = = — =
Geng Name | Alter Diagnose | Bemerkungen —
1 2L V. K. , 24 | Postencephalitis | nach 5 Tagen Bettruhe | 14,4
эү. D. : 18 в 7 Tage x | 14,8
3 26 ҮІ В. 23 . Spondylitis 6 Mon. г | 13,5
+ 3. VI. K. | 25 | Nephritis nach 10 Tagen 2 13,6
> 3. VI. W. 25 Phtisis pulm. mäßige Ruhe seit 11/2 J. | 14,6
â WVE В ml, , а. 2Мов. 131
б WVL А. ' 39 | Nephrose ‚ nach 1 Mon. Bettruhe ' 13,0
5 ЗҮП. Sch. ` 42 Phtisis pulm. „э, а 15,7
әү] Р. 5l | Vitium „тв. . |138
W 6&6 VI. Kr. 25 Nephritis „ 7 Tagen . 14,2
l бур W. 49 | Postencephalitis . 3 Mon. . 15,0
Rat Н. ' 41 И гоа 14.4
B ет К. ' 80 Phtisis pulm. Е ja e 16,7
И av Sch. | 35 Thrombose Er BER В 13,2
Wie man sieht, ist in allen untersuchten Fällen der Ca-Gehalt
«hr deutlich erhöht. Der aus der Tabelle berechnete Durchschnitts-
wrt beträgt 14,3 mg-Proz., was gegenüber dem Normalwert von
ll? eine Erhöhung von etwa 22 Proz. bedeutet. Einzelne Fälle der
Tabelle haben einen außerordentlich hohen Ca-Gehalt; z.B. Fall 8
324 Di-Foutsin:
15,7, Fall 11 15,0, Fall 13 16,7. Eine Beziehung zwischen der Dauc
der Bettruhe und der Höhe des Ca-Spiegels läßt sich nicht ableiten
dafür müßte die Untersuchung wohl auf ein großes Material ausgedehr
werden. Es ist bemerkenswert, daß auch schon nach kürzerer Bettruh
ein hoher Ca-Wert beobachtet werden konnte. (Fall 1 nach 5 Tage
14,4, Fall 2 nach 7 Tagen 14,8, Fall 4 nach 10 Tagen 13,6, Fall 10 nac
7 Tagen 14,2).
Ist nun der Übergang von körperlicher Ruhe zur Bewegung mi
einer Abnahme des Ca-Gehalts verbunden? Diese Frage konnte bi
dem begrenzten Material nicht entschieden werden; immerhin bot sic
bei fünf der im Versuch befindlichen Patienten Gelegenheit, die Wirkun
der Wiederaufnahme körperlicher Bewegungen zu beobachten. Ir
ersten Falle sank der Ca-Wert nach fünftägigem Aufsein von 14,
auf 12,0, im zweiten Falle nach achttägigem Aufsein von 16,6 auf 12,1
im dritten Falle nach viertägigem Aufsein von 13,2 auf 11,7. In de
weiteren zwei Fällen, die nur vorübergehend aufstehen konnten, wurd
der Ca-Gehalt unmittelbar vor dem Aufstehen und nach zweistündigen
Aufsein ermittelt; nach so kurzer Zeit ließ sich keine Veränderun;
des Ca-Spiegel feststellen. Nach den mitgeteilten Befunden hat es deı
Anschein, als ob länger durchgeführte körperliche Ruhe — diese
Moment ist den untersuchten Fällen gemeinsam — zu einer beträcht
lichen Erhöhung des Ca-Spiegels im Serum führt. Unter den in de
Tabelle aufgeführten befinden sich vier Fälle von Postencephalitis
diese Krankheitszustände sind bekanntlich durch die Bewegungsarmu
und Langsamkeit der einzelnen Muskelbewegungen ausgezeichnet
Es ist gewiß auffallend, daß auch in drei weiteren Fällen dieser Art
die sich außer Bett befanden, der Ca-Gehalt eine, wenn auch nich
so hochgradige, so doch immerhin recht deutliche Erhöhung aufwie:
Sollte es sich in weiteren Untersuchungen bestätigen, daß Zuständ:
von Parkinsonismus regelmäßig mit einer Steigerung des Ca-Werte
einhergehen, so wäre diese Erscheinung in mehrfacher Beziehung
interessant; einstweilen ist jedoch die Zahl der Untersuchungen 7!
gering, um mehr als eine Vermutung zu rechtfertigen.
Wie ist nun die Erscheinung des Anstiegs des Ca-Gehalts nacl
intensiver körperlicher Ruhe zu erklären ? Hier kommen zwei Möglich
keiten in Betracht: 1. Zustände von längere Zeit hindurch gepflegte
körperlicher Ruhe gehen natürlich mit einer gewissen Atrophie
d.h. Einschmelzung des kalkreichen Knochengewebes einher. Die
Erhöhung wäre dann als eine Folge der gesteigerten Mobilisation an:
zusehen. 2. Die Muskeltätigkeit ist, wie aus verschiedenen experi
mentellen Arbeiten hervorgeht, mit einer vermehrten Aufnahme vor
Ca-Ionen durch das Muskelgewebe verbunden; es wäre denkbar, dal
bei völliger Muskelruhe infolge verminderter Aufnahme von zur Ver-
Ca-Gehalt des menschlichen Serums. 325
igung stehendem Ca ebenfalls ein Anstieg im Blute bewirkt würde.
felches der beiden Momente für die beobachtete Erscheinung überhaupt
zw. mehr oder weniger von Bedeutung ist, läßt sich nicht von vorn-
rein sagen.
Zusammenfassung.
Zustände von längere Zeit durchgeführter körperlicher Ruhe
Bettruhe) scheinen regelmäßig zu einer Erhöhung des Ca-Gehalts im
emm zu führen.
Bei Bestimmungen des Ca-Gehalts im Serum muß dieser Faktor
vrücksichtigt werden.
Über das spezifische Gewicht des Protoplasmas. I.
Von
Hans Leontjew.
(Aus der biochemischen Abteilung des Instituts für Infektionskrankheite
Elias Metschnikow in Moskau.)
(Fingegangen am 28. Januar 1926.)
Eines der interessantesten und schwierigsten Probleme de
Biophysik stellt die physikalische Struktur des Protoplasmas dar.
Bei diesem Gegenstand unterliegt einzig und allein die Tatsach
keinem Zweifel, daß sich das Protoplasma als ‚Flüssigkeit‘ verhält (1)
Dies läßt sich an einer Reihe von Beispielen leicht nachweisen (2) (3) (4)
Dennoch ist es nicht möglich, das Protoplasma als ‚homogene‘ Flüssig
keit, wie cs das Wasser oder eine Lösung von Natriumchlorid ist, ғ
betrachten. Das Protoplasma ist heterogen" (5) (6) und ist disper
soidologisch als hydratisierendes Emulsoid zu interpretieren. Zu de
physikochemischen Grundeigenschaften der flüssigen Körper gehör
bekanntlich ihre Dichte. Untersuchungen, die speziell die Dichte de
Protoplasmas behandelt hätten, fehlen aber fast gänzlich.
In allen biologischen und physiologischen Abhandlungen — soga
in denjenigen, die in neuester Zeit (7) abgefaßt worden sind — win
darauf hingewiesen, daß das spezifische Gewicht des Protoplasma
gleich 1,25 ist. Diese Zahl wurde vom Physiologen Jensen (8) im Jahn
1893 für das Plasma eines holotrischen Infusoriums angegeben.
Eine Reihe von Autoren (9) (10) (11) (12) hält die Angaben Jensen
für irrtümlich, da seine Experimente bei einer Nachprüfung das gewünscht:
Resultat nicht ergaben (10) (12).
Außerdem ist die Zahl 1,25 theoretisch zu hoch. Es ist anzunehmen
daß das spezifische Gewicht des Protoplasmas bei seiner Viskosität, di
23 mal so stark ist als die Viskosität des Wassers (13) (14) (15), nur um ен
geringes 1 übersteigt.
Die analytischen Ergebnisse stimmen mit dieser Voraussetzung gu
überein. Der Wassergehalt im Körper einiger Myxamöben schwank'
nach den Angaben Lepeschkins (16) zwischen 79,3 und 86 Proz. und erreich!
manchmal 94 Proz.
Н. Leontjew: Spezifisches Gewicht des Protoplasmas. І. 327
Die Angsben Jensens wurden auch durch spätere, namentlich von
enigen amerikanischen Forschern unternommene Versuche, die Dichte
des gleichen Infusoriums festzustellen, widerlegt.
So gibt Platt (17) die etwas zu niedrigen Zahlenwerte 1,018 an, während
Lyon (9) den mittleren Wert 1,048 bis 1,049, der theoretisch der annehm-
brste ist, gefunden hat.
Mit diesen Zahlen stehen die Werte von Kanda (19) 1,038 bis 1,039
a gutem Einklang.
Mit Hilfe eines vollkommneren Verfahrens — pyknometrisch —
bestimmte Bresslau (10) das spezifische Gewicht des Protoplasmas.
Er arbeitete mit Süßwasserturbellarien und erhielt Werte von 1,020
bis 1,055. Allein auch die Untersuchungen von Bresslau sind nicht als
Шр einwandfrei anzusehen.
Zur Lösung der Frage nach der Dichte des ‚lebenden‘ Proto-
pasmas kann ohne jeden Zweifel die Methode der ‚fallendea Kugeln“ (19)
wertet werden, die den Physikern für die Bestimmung des Ko-
denten der inneren Reibung von zähen Flüssigkeiten dient.
Bekanntlich hat Perrin (20) diese Methode mit erheblichem Erfolge
ar Bestimmung des Radius mikroskopischer Teilchen von Gummigutt
wgewendet. Vermittelst ebenderselben Methode gelang es auch vor kurzem,
iss spezifische Gewicht eines Mikroorganismus festzustellen (12).
Diese Methode beruht auf der Feststellung, daß in einer Flüssigkeit
tie Bewegung des unter dem Einfluß einer bestimmten Kraft stehenden
Körpers von der inneren Reibung der Flüssigkeit abhängig ist. Das
algemeine Gesetz, nach dem die Bewegung erfolgt, wurde von
овез (21) aufgestellt und lautet in seiner speziellen Form folgender-
maben :
2 r(D—d)g
Per, (1)
то
V = die Geschwindigkeit іп cm/sec,
д = die Schwerkraftbeschleunigung,
r = den Radius der Kugel,
D = die Dichte der Kugel,
7 = die Viskosität der Flüssigkeit,
d = die Dichte der Flüssigkeit
bedeutet.
Wenn V gegeben ist, d.h. wenn diese Größe unmittelbar durch
das Experiment festgestellt worden ist, so kann der D-Wert bestimmt
verden, da die ren Größen (in Einheiten des CGS-Systems) bekannt
and.
Als Objekt wurde aus begreiflichen ТТЕ 8 und theoretischen
Gründen die Amöbe gewählt, da sie ohne weiteres als kleines Proto-
Humaklümpchen betrachtet werden kann.
328 H. Leontjew:
Die Beobachtung der Fallgeschwindigkeit der Amöbe wurde in eine
Küvette von enteprechender Größe vorgenommen, die mittels Kanada
balsam aus optischem Glas zusammengeklebt und mit Klemmen am Objekt
tisch eines horizontalen, mit Messungsokular versehenen Mikroskops be
befestigt war. Zwischen der Lichtquelle und dem Spiegel des Mikroskop
befand sich ein Gefäß (10 cm breit) mit parallelen Wandflächen, das, un
die Erwärmung der in der Küvette befindlichen Flüssigkeit zu verhindern
mit einer Alaunlösung gefüllt war. Aus denselben Gründen wurden di
Lampe und das Wärmefilter mit dickem Asbestkarton verhüllt und de
Strom erst bei Beginn des Experiments eingeschaltet. Die Passagezei
wurde durch ein Sekundometer registriert. In die Küvette gelangten dii
Amöben aus einer speziellen Pipette, die es ermöglichte, ein kleines ‚‚Nebel
wölkchen‘‘ zu gewinnen. Dabei wurde die Fallzeit der einzelnen Exempları
in Betracht gezogen (12).
Die Amöbe (Naegleria sp.), die aus der Topferde von Zimmer
pflanzen gewonnen worden war, wurde auf Agar nach Froch (22
kultiviert.
Am dritten und vierten Tage wurden auf dem Nährboden die Amöben,
von den durch Strichkulturen B. coli gebildeten Sektoren, im Überfluf
gefunden. Am vierten Tage wurden die Amöben mittels einer Öse (0,5 cm
im Durchmesser) aus Platindraht (0,1 mm), der vorher in destilliertes Wasser
getaucht worden war, damit sich an der Öse ein Tropfen bilde, vorsichtig
von der Oberfläche des Agars abgehoben und in ein kleines Zentrifugenglas
gebracht. In dieses war zuvor 1 ccm destillierten Wassers eingegossen
worden, nach Einsammlung der Amöben wurden weitere 4 ccm hinzugetan.
Das Einsammeln dauerte so lange, bis fünf bis acht Amöben im Giesichtefeld
sichtbar wurden (Leitz Objekt. 7, Okul. 2). Darauf wurden die Amöben
mittels Handzentrifuge sedimentiert, das Wasser bis zu 0,5 ccm dekantiert
und wieder bis zu Beem hinzugegossen.
Die mechanischen Manipulationen der Übertragung und des Zentri-
fugierens riefen die „Verkugelung‘‘ der Amöben hervor, was einen günstigen
Umstand zur Ausführung des Experiments ergab.
Als Suspensionsmittel wurde für die Amöben überall destilliertes
Wasser (doppelte Destillation im Glasgefäß) angewendet, da
dasselbe keinerlei wahrnehmbare schädliche Wirkung auf die
Amöben ausübte.
Sogleich nach der Einsammlung bzw. vor dem Versuch wurde ein
mikroskopisches Kontrollpräparat bereitet, an dem nach Beendigung
des Experiments die typische Entstehung der Pseudopodien und Be-
wegung beobachtet werden konnte.
Die Tatsache, daß destilliertes Wassers für die sogenannten Protozoen
unschädlich ist, ist nicht neu. Die Infusorien leben darin einige Tage
lang (23) (24) (25). Destilliertes Wasser mit der spezifischen Leit-
fähigkeit 2.10-6 verhält sich ihnen gegenüber sogar als ,physio-
logische‘‘ Lösung (26).
Die durchschnittliche Fallgeschwindigkeit von Amöben (r = 8 p)
beträgt 5,71 и pro Sekunde bei £? = 15,0 bis 15,70 С.
Spezifisches Gewicht des Protoplasmas. I. 329
In der Gleichung (1) ergab sich also folgendes:
r3 = 0,000000 64 cm
7 = 981,5
d = 0,999 (27)
= 0,011 (28)
V = 0,000571 cm/sec
Daher
D = 1,043
Der erhaltene Index ist natürlich nicht von absolutem Wert. Eine
Reihe von Faktoren kann Schwankungen verursachen, jedoch ergibt
deær Index, der theoretisch der annehmbarste ist, zweifellos einen der
seen Zahlenwerte für das spezifische Gewicht des Protoplasmas
m allgemeinen.
Die Arbeiten werden fortgesetzt.
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Biochemische Zeitschrift Band 170. 22
Chemische Veränderungen im Blut durch Narkose.
Ruft die Äthernarkose eine Alkalose hervor?
(Zugleich ein Beitrag zur Anisoionie des Blutes.)
Von
Helgi Tomasson.
(Aus der Staats-Irrenanstalt bei Vordingborg, Dänemark.)
(Eingegangen am 30. Januar 1926.)
Die Forscher, welche sich in den letzten Jahren mit der Wirkung
der Äthernarkose auf das Säure-Basengleichgewicht beschäftigt haben,
scheinen darüber einig zu sein, daß die Äthernarkose im Tierversuch
eine Acidose hervorruft.
Van Slyke, Austin und Cullen (1) sahen 1922 bei sechs Hunden „a true
acidosis, with increase of hydrogen ion concentration and fall of tlıe
alkaline reserve“. Gleichzeitig fanden Stehle, Bourne und Barbour (2)
dasselbe; wenn sie vorher den Hunden Morphin injizierten, blieb die Alkali-
reserve durch die Narkose praktisch unbeeinflußt (Morphin allein hob die
Alkalireserve empor), und auch die Abnahme der py war bedeutend kleiner,
als wenn Äther allein gegeben wurde [was merkwürdig scheinen kann, denn
Morphin allein sollte auch eine Abnahme der рд hervorrufen (3)]. Auch
die Na—K-Ausscheidung durch die Nieren wurde untersucht und während
der einfachen Äthernarkose stark herabgesetzt, in der Nachperiode dagegen
stark gesteigert befunden; bei der Morphin-Äthernarkose wuchs die Na— K-
Ausscheidung sowohl während der Narkose als in der Nachperiode. Im
Jahre 1924 haben Ronzoni, Koechig und Eaton (4) sowie Austin, Cullen,
Gram und Robinson (5) die Acidose bei Äthernarkose von Hunden bestätigt.
Beim Menschen haben im Jahre 1917 Caldwell und Cleveland (6) herab-
gesetztes Plasmabicarbonat während der Äthernarkose gefunden.
Direkte ?a-Bestimmungen im Menschenblut während einer Narkose
scheinen nicht früher veröffentlicht zu sein.
Im Laufe anderweitiger Untersuchungen habe ich Gelegenheit
gehabt, рн im Blute von zwei körperlich gesunden Menschen zu be-
stimmen; und weil ich ganz andere Verhältnisse finde als die Unter-
sucher, die sich nur im Tierversuch mit der Frage beschäftigten, können
meine Befunde vielleicht ein gewisses Interesse beansprechen.
H. Tómasson: Chemische Veränderungen im Blut durch Narkose. 331
Zur pa-Bestimmung habe ich die kolorimetrische Methode von
Cullen (7) angewandt, in einer mir von Herrn Prof. Henriques (physiol.
Institut Kopenhagen) freundlichst überlassenen Modifikation, wofür ich
hier meinen besten Dank bringe. Man läßt das Blut hiernach durch
ane weite Kanüle direkt in eine genau kalibrierte 2-ccm-Pipette hinein-
bufen, indem die Verbindung zwischen der Kanüle und der Pipette
durch ein kurzes Gummiröhrchen hergestellt wird. 1% ccm Blut wird
sm der Pipette sofort in zwei speziell konstruierte Zentrifugier-
màrehen abpipettiert, die 9,5ccm 0,9proz. — CO,-freie — NaCl-
Lösung von etwa 20°C und 0,4 ccm Phenolrotindikator unter Paraffin
enthalten; in zwei andere Zentrifugiergläser mit 9,5 сс 0,9proz.
NaCl ohne Paraffin und ohne Indikator werden die zurückgebliebenen
е 1% ccm abpipettiert. Sämtliche Zentrifugierröhrchen werden
ım schnellstens etwa 3 Minuten lang in einer elektrischen Zentrifuge
zit der Tourenzahl 5000 zentrifugiert und im Kolorimeter bei etwa
ЗЭ С abgelesen. Die Kolorimeterskala wird aus Sörensens Phosphat-
emischen, die nicht mehr als etwa 3 Wochen alt sein dürfen, vor dem
«brauch täglich hergestellt. Die Ablesungen sind von zwei bis drei
Personen vorgenommen, in der Regel 25 bis 30 Minuten nach der Venen-
mamktion. Sofort nach Ablesung wurde die Temperatur des Plasma-
misches durch ein kleines Eintauchthermometer gemessen.
Als Korrektionsfaktor, zur Umrechnung des рн bei etwa 200, zur
Pa bei 38° habe ich die von Cullen, Cullen und Drucker (8) angegebenen
-23 angewandt. Die Größe dieses Faktors wird von anderen Seiten
testritten, ich teile daher auch die unkorrigierten Zahlen mit.
Meine Normalruhewerte (21 Personen) sind 7,26 bis 7,41, die
misten sind zwischen 7,28 und 7,36.
Versuchsprotokol I. Patient Мг. 6840, weiblich, 46 Jahre, am
15. Oktober 1915 aufgenommen. Diagnose: Parafrenia. Somatisch gesund.
Prknische Konstitution. Menses vor 11 Tagen. Im regio frontalis ein tauben-
&großes Atherom, das auf Wunsch der Patientin am 23. April 1925 entfernt
vird.
Um 15 Uhr 5 Minuten. Letzte Mahlzeit 8 Uhr 30 Minuten vormittags.
It etwa 20 Minuten ruhig sitzen geblieben, gefaßt, zusammengebissen,
dne scheinbaren Affekt. Man punktiert V. med. cubit. dext. sehr leicht
Яше Stase; 12 ccm Blut werden in ein Zentrifugierröhrchen aufgenommen,
ud dann 2ccm in die 7y-Pipette.
Die pp-Bestimmung ergab:
15 Uhr 20 Minuten 15 Uhr 40 Minuten
durch „К“ abgelesen durch „Т“ abgelesen
ere 2, = 7,52 bei 20°С
А >*= = 7,29 bei 38° С
Um 15 Uhr 10 Minuten. Die Äthernarkose mit Sudecks Maske fängt an.
Man merkt kein Excitationsstadium. Atheromexstirpation.
22%
332 Н. Tómasson:
Um 15 Uhr 30 Minuten. Puls und Respiration regelmäßig, gute С
sichtsfarbe. Das Toleranzstadium wird fortgesetzt. Man punktiert V. me
cubit. sin. sehr leicht ohne Stase; 12 ccm Blut werden aufgenomme
und dann 2ccm in die рн-Рірефе.
Die pp-Bestimmung ergab 15 Uhr 50 Minuten:
durch „К“ durch „Т“ durch Hr
abgelesen abgelesen abgelesen
7,76 7,76 7,75 bei 22°C А
é : | | = 7,72 bei 20°С
7,72 7,73 7,72 bei 20,5°C _ 749 bei 38°C
py ist nicht gegen die saure Seite hin verschoben, sondern ausgesproche
nach der alkalischen Seite. Eine Acidose kann nicht während der Narkos
im Organismus bestanden haben.
Versuchsprotokoll II. Patient Nr. 7239, weiblich, 55 Jahre, am 24. Me
1919 eingeliefert. Diagnose: Inferioritas mentalis. Psychosis manic
depressiva ? zurzeit ruhig, weder manisch noch deprimiert. Stimmun
grob-gemütlich. Somatisch gesund; pyknische Konstitutionstype. Au
Wunsch werden am 9. Mai 1925 zwei kleine Atherome entfernt.
Um 14 Uhr 50 Minuten. Letzte Mahlzeit um 9 Uhr morgens. Große
Affekt, sobald sie die Kanüle und Apparate zur Venenpunktion sieht
springt vom Stuhl, schreit auf, schlägt mit dem rechten Arm um sicl
herum, stampft und schimpft. Erst nach ein Paar Minuten gelingt es, si
zu überreden und ihre Aufmerksamkeit abzulenken. Nachdem sie 10 Mi
nuten ruhig sitzen geblieben ist, Venenpunktion, von V. med. cub. sin
unter nur ganz leichter, vorübergehender Stase, die sofort behoben wird
als die ersten Bluttropfen heraustreten; 12ccm Blut werden in eir
Zentrifugierröhrchen aufgenommen und dann 2ccm in die рн-Ріреќе
Puls vor der Venenpunktion 74 regelmäßig, nachher 76.
Respiration vor der Venenpunktion 15 regelmäßig, nachher 15.
Die pn-Bestimmung, 15 Uhr 15 Minuten, ergab:
durch „K“ durch „Г“
abgelesen abgelesen
7,52 7,53 bei 21,5°C ` g á
7,53 1,54 bei 29°С = ВВ bei 20 C
= 7,28 bei 38°C
Um 15 Uhr. Die Äthernarkose mit Sudecks Maske fängt an; Exci-
tationsstadium nur angedeutet. Atheromenexstirpation. Das Toleranz-
stadium wird fortgesetzt, Respiration und Puls regelmäßig, gute Gesichts-
farbe.
Um 15 Uhr 30 Minuten. Punktion von V. med. cubit. dext. unter
nur ganz leichter, vorübergehender Stase, gleich der bei der Venenpunktion
vor der Narkose; 12ccm Blut werden іп ein Zentrifugierröhrchen aufge-
nommen und dann 2ccm in die рһ-Ріреёќе.
Die ppn-Bestimmung, 15 Uhr 50 Minuten, ergab:
durch „К“ durch „Т“
abgelesen abgelesen
7,69 7,68 bei 22,5°C _ ge
7,68 7,67 bei 22° Z 7,66 bei 20° С
7,43 bei 38°C
Bei der Bestimmung vor der Narkose können in diesem zweiten Falle
zwei Fehlerquellen, die рд nach der sauren Seite verschieben, wirksam sein,
nämlich die leichte Stase und die motorische Unruhe des Pt.
Chemische Veränderungen im Blut durch Narkose. 333
„Die leichte Stase‘‘ ist daher auch bei der Bestimmung während der
Narkose mitgenommen, damit der dadurch denkbar acidotisch wirkende
fehler auch bei der zweiten Bestimmung wirksam wäre; übrigens habe
xh in zahlreichen Versuchen nie einen merkbaren Fehler durch diese leichte,
swrübergehende Stase finden können.
Die durch die plötzliche motorische Unruhe des Patienten eventuell
'avorgerufene, acidotisch gerichtete Verschiebung der рд dürfte in den
wchfolgenden ruhigen 10 Minuten aufgehoben sein; in zwei Versuchen
Фе die Wirkung einer „gleichen“, plötzlichen, ein Paar Minuten dauernden
»tonschen Unruhe habe ich die рн 0,05 und 0,11 nach der acidotischen
ste verschoben gesehen; in einem dritten Versuch, wo die „Unruhe“
iwa 4 Minuten dauerte, war die рн 0,04 nach der alkalischen Seite ver-
hoben. Jedenfalls kann der eventuelle Fehler durch die ‚‚motorische
Unruhe" in diesem Falle nur gering sein.
Ein dritter, vielleicht schwach acidotisch wirkender Faktor ist der
Umstand, daß die beiden Patientinnen vor der Narkose etwa 7 Stunden
af waren, und umhergehende Personen scheinen eine etwas niedrigere
10 bis 0,06) pe zu haben, als wenn sie sitzend ausgeruht sind.
Jedenfalls kann man bei meiner zweiten Patientin nicht behaupten,
% Ge habe abgenommen, eine Acidose ist nicht während der Narkose ent-
anden; wenn pg verschoben ist, so ist dies іп der Richtung einer Alkalose.
In bezug auf die bei Hunden während einer Äthernarkose entstandene
dadose nahmen van Slyke, Austin und Cullen (1) an, diese sei durch das
Auftreten saurer Substanzen im Blute oder durch die Entfernung von Basen
w dem Blute bedingt; sie können nicht Henderson und Haggard (9) zu-
mmen, die Acidose sei kompensatorisch gegen eine Akapnie, auf die
Henderson und Haggard aus anderen Versuchen schließen.
C.D. und E. W. Leake und Koehler (10) (1923) glauben nachgewiesen
nu haben, die Äthernarkosenacidose beruhe eher auf Entfernung von Basen
їз auf Entstehung von Säuren im Blute; das gleiche scheint aus Austin,
“еп, Gram und Robinsons (5) drei Hundeversuchen hervorzugehen (1924).
Ronzoni, Koechig und Eaton (4) fanden bei ihren Hunden vermehrte
Miichsäure im Blute, und Stehle und Bourne (11) gaben einen vermehrten
Piosphorsäureaustritt aus den Muskeln an.
Cullen, Austin, Kornblum und Robinson (12) (1923) führen an: „the
ае that the fall in рд precedes the fall in total (CO,) indicates that the
al in alkalinereserve is primary and not a withdrawal of base to com-
peusste for excessive loss of CO, from hyperventilation‘“, und sie schließen
auf eine „‚unkompensierte Асійове“ und nicht eine ‚„kompensierte
Alkalose‘‘.
Gegen diese Tierversuche und die aus ihnen gezogenen Schluß-
iolgerungen muß eingewandt werden, daß sie sich nicht ohne weiteres
af die Verhältnisse beim Menschen übertragen lassen; denn beim
Becken braucht man nicht während der Äthernarkose eine Acidose
ж finden, sondern man kann eine Alkalose finden, was nach Henderson
wd Haggard (13) zu erwarten ist.
In bezug auf die Befunde Caldwell und Clevelands (6) — herab-
&xeætztes Plasmabicarbonat bei äthernarkotisierten Menschen, die
ton Slyke, Austin und Cullen (1) als Stütze für die Äthernarkosen-
334 H. Tómasson:
acidose anzunehmen scheinen — kann vielleicht daran erinnert werd
daß Herabsetzung von Bicarbonat im Blute nicht ein Zeichen ‹
Acidose zu sein braucht (14).
Wie angegeben ist, fanden im Jalıre 1922 Stehle, Bourne und Barbour
die Na—K-Ausscheidung durch die Nieren stark herabgesetzt; sie їй
diese Tatsache auf die von Mac Nider (15) während der Äthernarkose |
fundene Anurie.
Austin, Cullen, Gram und Robinson (5) fanden eine Verminderung ‹
Gesamtbasengehalts des Blutes, Cloétta und Thomann (16) eine деги
Herabsetzung der Oberflächenspannung, eine Steigerung des K in Plas
und Verminderung des Calciums um 8 bis 15 Proz. während der Narko
Diese Versuche sind sämtlich an Hunden ausgeführt.
Norn (17) hat bei einem Manne während zweistündiger Äthernark:
eine Herabsetzung der K-, Na-, Cl-, N- und Wasserausscheidung gefund
Bei den zwei angeführten Patientinnen habe ich Serum-Ca, -
-Na und -Eiweiß vor und während der Narkose untersucht. Dabei ha
ich Serumcalcium nach de Waard (18), Kalium nach Kramer-Tisdall (1
Natrium nach Zebermann (20) und Protein nach Holm und Tómasson (i
bestimmt. Die detaillierte Beschreibung der Methodik wird am ander
Orte folgen.
Einen tabellarischen Auszug der Versuchsprotokolle gi
Tabelle I.
|
Leider sind die Versuchsergebnisse nicht so vollständig, wie d
wünschenswert wäre, weil man nicht immer Serum genug hatte, u
Doppelanalysen in allen Fällen auszuführen.
Aus der Tabelle scheint mir jedoch hervorzugehen, daß man ei
Störung der Isoionie während der Äthernarkose beim Menschen find
kann.
Da die Ма —K-Ausscheidung während der Narkose herabgesetzt i!
konnte man vielleicht eine Vermehrung dieser Elemente im Blute t
warten. Eine solche habe ich nicht gefunden. Die absoluten Zahl
der ersten Patientin weisen freilich eine Erhöhung auf; diese liegt ab
den Fehlergrenzen der Methoden sehr nahe und ist daher unsiche
Bei der zweiten Patientin war das Natrium wahrscheinlich berei
vor der Narkose ein wenig herabgesetzt — ohne daß dafür ein Gru
zu finden ist —; die Narkose ruft in diesem Falle eine Verminderu
des Kaliums hervor. In beiden Fällen findet sich eine sehr bedeuten!
Zunahme des Calciums im Serum, im Gegensatz zu den Befunden ví
Cloétta und Thomann (14) an Hunden; im Gegensatz zu ihnen fin
ich auch eine deutliche Verschiebung im K—Ca-Quotienten.
Auch diese Resultate lehren, daß die im Hundeversuch gefundene
Verhältnisse in bezug auf die Elektrolytveränderungen sich nicht ом
weiteres auf die Verhältnisse beim Menschen übertragen lassen.
335
Blut durch Narkose.
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che Veränderungen
Chemis
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336 Н. T6masson: Chemische Veränderungen im Blut durch Narkose.
Zusammenfassung.
Bei zwei körperlich gesunden Menschen sind рд ım Plasma, С
K und Na im Serum vor und während einer Äthernarkose bestimn
worden.
De weist während der Narkose eine Verschiebung nach der alkal
schen Seite hin auf; dies steht im Widerspruch zu früheren, in Tie:
versuchen gewonnenen Resultaten, die alle ¿ür eine acidotische Ve
schiebung sprechen.
Die bei den Elektrolyten beobachteten Abweichungen stehen tei
weise auch im Gegensatz zu den früher an Tieren ermittelten Date
Die Versuche zeigen, daß man während der Narkose eine nachwei:
bare Störung der Isoionie des Blutes finden kann.
Literatur.
1) D. D. van Slyke, J. Н. Austin, G. E. Cullen, Journ. of biol. Chen:
58, 277, 1922. — 2) R. L. Stehle, W. Bourne, H. G. Barbour, ebendaselbs
58, 341, 1922. — 3) E. J. Bigwood, Journ. de Physiol. et de Pathol. General
22, 72, 1924. — 4) E. Ronzoni, I. Koechig, E. P. Eaton, Journ. of biol. Chem
61, 465, 1924. — 5) J. H. Austin, G. E. Cullen, H. C. Gram, H. W. Robinson
ebendaselbst 61, 829, 1924. — 6) C. A. Caldwell, M. Cleveland, Surgery
Gynecology und Obstetrics 25, 23, 1917; zitiert bei (1). — С. E. Cullen
Journ. of biol. Chem. 52, 523, 1922. — 8) G. E. Cullen, P. Drucker, eben
daselbst 64, 221, 1925. — 9) Y. Henderson, Н. W. Haggard, ebendaselbst 88
345, 355, 1918. — 10) С. D. Leake, E. W. Leake, А. E. Kohler, ebendaselbst
56, 319, 1923. — 11) R. L. Stehle, W. Bourne, Journ. am. med. ass. 88,
117, 1924. — 12) G. E. Cullen, J. H. Austin, K. Kornblum, K. W. Robinson,
Journ. of biol. Chem. 56, 625, 1923. — 13) Y. Henderson, H. W. Haggard,
ebendaselbst 48, 1, 1920. — 14) Medical Research Council, The Acid-Base
Equilibrium of the Blood, His Majestys Stationery Office, London 1928, 22.
— 15) W. de B. Mac Nider, Journ. of Pharm. u. exper. Therap. 15, 249,
1920. — 16) M. Cloétta und Thomann, Arch. f. exper. Path. u. Pharm. 108,
260, 1924. — 17) M. Norn, Kaliums Forhold i Organismen: Aarhus 1925;
Dissertation, S. 82 bis 83. — 18) D. J. de Waard, diese Zeitschr. 91,
166, 1919. — 19) B. Kramer und F. F. Tisdall, Jorn. of biol. Chem. 46,
339, 1921. — 20) F. Lebermann, diese Zeitschr. 152, 345, 1924. — 21) Holm
und Tomasson, ebendaselbst 159, 492, 1925.
Über Elektropie. IX.
Zugleich Richtigstellung der Bälintschen Mitteilung
„Über Wasserstoffionenkonzentration und Elektropie®.
Von
L. Karezag.
(Aus der III. medizinischen Klinik der kgl. ung. Päzmäny-Pöter-Universität
in Budapest.)
(Eingegangen am 4. Februar 1926.)
Unter dem Titel ‚Wasserstoffionenkonzentration und Elektropie“
erschien unlängst eine Mitteilung von M. Balint!).
Die dort angegebenen Versuche enthalten für mich prinzipiell nichts
Neues, da sie größtenteils auf meine Veranlassung und unter meiner Leitung
auf meinem Arbeitstische ausgeführt wurden. Die Rolle der Wasserstoff-
tonenkonzentration bei den elektropen Umlagerungs- und manchen anderen
elektropen Vorgängen war mir ja von Anfang an bekannt und habe ich dies-
bezüglich seit Jahren sowohl allein wie mit meinen Mitarbeitern Vorversuche
awgeführt ?). Meine Amerikareise (21. Dezember 1924 bis 20. März 1925)
verhinderte mich, diese Frage einer systematischen Untersuchung zu unter-
werfen. Nach meiner Rückkehr, als auch Wankells?) Versuche vorlagen,
ließ ich durch Herrn Bálint in gewisser Richtung systematische Versuche
anstellen, um die komplexen Erscheinungen der elektropen Grundvorgänge
näher kennenzulernen. Die Untersuchungen wurden in zwei Hauptgruppen
gegliedert. In den ersten untersuchten wir den Einfluß der pe auf die Farb-
änderung der elektropen Farbstoffe, іп der zweiten den Einfluß der рь
auf die Adsorptionserscheinungen, welche in den elektropen Farbstoff-
lisungen in Gegenwart von adsorbierenden Ladungskörpern ablaufen.
Diese Studien sollten uns nicht nur Aufklärung über den Umlagerungs-
und Adsorptionsmechanismus geben, sondern zugleich als Anhaltspunkte
zur Analyse derjenigen vitalfärberischen bzw. vitalchemoskopischen
Vorgänge dienen, welche -von uns bereits in ausgedehnten Versuchen
auf dem Gebiete der Biologie und Pathologie studiert wurden $). Es war
1) Diese Zeitschr. 165, Н. 4/6, S. 455.
2) L. Karczag und R. Bodó, ebendaselbst 189, 343, 1923.
з) Wankell, Pflügers Arch. 207, 104, 1925.
t) L. Karczag, Methoden der Elektropie. Abderhaldens Handb. а.
biol. Arbeitsmethoden Abt. 5, T.2, H. 8.
338 L. Karczag:
uns vom Anfang an klar, daß die elektropen Grundvorgänge sich nicht aus
einseitigen Gesichtspunkten erklären lassen und daß insbesondere unter
vitalen Verhältnissen auch andere physikalisch-c-hemische Faktoren mit
im Spiele sind. Die vorzeitige Publikation gewisser Versuchsergebnisse
durch Bálint stellte jedoch die ganze Frage in eine ganz einseitige Beleuchtung
der elektropen Vorgänge, obzwar ich persönlich den Einfluß der Dielektri-
zitätskonstanten (Keller) der Ionenladungen, der Membranpotentiale, der
Dispersitäts- und Ladungsverhältnisse der Farbstoffe usw. stets betont
habe und auch die Höber-Wankellschen Modellversuche sowie die meinigen
mit Zilahy!) über die Rolle der Zellpermeebilität und schließlich die wich-
tigen Arbeiten von Keller und Gickelhorn ?), in denen der Einfluß des Lösungs-
zustandes der Teilchengröße und des Ladungssinnes auf die Histotropie
der Farbstoffe festgestellt wurde, vor Augen hielt. Infolgedessen betrachte
. ich durch diese Versuche nur gewisse Fragmente aus dem Problemkreise
der Elektropie als einigermaßen bearbeitet und durch die Ergebnisse nur
bestimmte, in vitro ablaufende elektrope Vorgänge, nicht aber das ganze
zusammenhängende System der experimentellen Tatsachen auf biologischem
und pathologischem Gebiete geklärt. Ich ließ zwar dem genannten Autor
freie Hand, die experimentellen Befunde sowie die Ergebnisse unserer
Besprechungen nach seinem Geschmack in jeder beliebigen Form zu ver-
werten, jedoch bedarf diese in vieler Hinsicht einer Richtigstellung.
I.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß bei den elektropen Vorgängen der
Wasserstoffionenkonzentration eine Bedeutung zukommt, insbesondere
dort, wo eine Verschiebung derselben in Gegenwart von Ladungs-
stoffen zustande kommt. Es ist aber nicht außer acht zu lassen, daß
die Bedingungen der elektropen Umwandlungen eben durch diese
Verschiebungen geboten werden und zustande kommen.
Die Angaben über die Entfärbungsdauer der Farbstoffe in Bálints
Mitteilung sind so zu verstehen, daß die praktische Farblosigkeit oft
erst nach mehreren Stunden und mehr erfolgt. Leider kann ich die
Entfärbungsdauer der Farbstoffe nicht ergänzend mitteilen, weil sich
die Versuchsprotokolle nicht in meinem Besitz befinden. Die Farbstoffe
sind keine echten Indikatoren und nur die Carbinole weisen — іш
Gegensatz zu den Farbstoffen — eine Indikatornatur auf, wie ich dies
mit Bodo eingehend beschrieben habe. Die Versuche mit Methylrot
gehören selbstverständlich nicht hierher, da das Methylrot die Er-
fordernisse eines elektropen Farbstoffes nicht erfüllt und keine vital-
färberischen Fähigkeiten, wie die elektropen Farbstoffe, aufweist. Das
Methylrot ist nur ein Indikator und kein elektroper Farbstoff, wie
dies übrigens allgemein bekannt ist.
Bevor ich nun diejenigen Ergebnisse kurz zusammenfasse, welche
aus der Bälintschen Mitteilung zu verwerten sind, möchte ich noch
1) L. Karczag und N. Zilahy, diese Zeitschr. 162, Н. 1/2, 1925.
2) J.Gicklhorn und R. Keller, ebendaselbst 158, H. 1/2, 1924.
Elektropie. IX. 339
bemerken, daß die Versuche über die elektrope Adsorption dürftig
und unvollständig sind und sie keinesfalls als publikationsreif be-
zeichnet werden können. Aus den Versuchen dieses Themas sind nur
folgende Feststellungen verwertbar, und sie berechtigen uns nur zur
Aufstellung gewisser Schlüsse:
1. Verwertbar ist die Bestimmung des Entfärbungsgebiets der
elektropen Farbstoffe durch Bálint: (0,2 Proz. Farbstofflösung; die
eingeklammerten Zahlen bedeuten die praktische Farblosigkeit).
Rotviolett . . . . . Рң %1 bis 8,3
Waserblau . . . . 4,6 his (7,2) bis 8,7
Beumwollblau . . . 4,8 „ (7,2) „ 88
Fuchsin S . . . . . 4,8 „ (88) „ 93
Anilinblau 4,8 „ (93) „ 10,0
Lichtgrüun . . . . . 6,8 „ (9,7) „ 10,4
Pyrrholblau . . . . 8,5 „ (11,3) „ 12,4
Säureviolett . . . . 9,9 bis 12,0
Methylviolett . . . 1.3: ;, — —
” (12,6 rein gelb, verblaßt weiter,
2. Die Feststellung, daß die Empfindlichkeitsreihenfolge der
elektropen Farbstoffe gegenüber der Wasserstoffionenkonzentration
mit der von mir bereits festgestellten Ladungsreihenfolge des negativ
geladenen Farbstoffsystems übereinstimmt.
3. Die Feststellung, daß sich die Wasserstoffionenkonzentration
der Farbstofflösungen durch Kochen, Kohlestäbchen, Wasserstoff-
superoxyd gegen die alkalische Seite verschiebt.
4. Die Feststellung, daß die umlagernde Wirkung einer weiteren
großen Anzahl von Ladungsstoffen sowohl in Richtung des Farbstoffs,
wie auch in Richtung des Carbinols mit einer Änderung der рн im
Zusammenhang steht.
5. Und schließlich: Daß im allgemeinen Umlagerungsgesch windig-
keit, elektrostatische Ladung, Dispersität der elektropen Farbstoffe und
die Empfindlichkeit gegen Wasserstoffionenkonzentration zusammen-
hängende Eigenschaften sind.
П. Versuche über Wasserblau.
Tropft man eine konzentrierte Natronlauge zu einer 0,lproz.
Wasserblaulösung, so schlägt zunächst die blaue Farbe ins schillerrote
um und erst dann entfärbt sich langsam die Flüssigkeit. Tropft man
aber eine verdünnte л/10 Natronlauge zur Farbstofflösung, so wird
diese ohne anders gefärbte Zwischenstufen entfärbt.
Das Studium dieses äußerst wichtigen Phänomens, an dem sich
bereits vor Jahren Dr. Bodó und später Dr. Bálint beteiligten, ergab
340 L. Karczag:
folgende interesssante, sowohl physikalisch-chemisch, wie biologisch
wichtige Tatsachen.
Wasserblau ist im Gebiete py etwa 4 bis 7,4 blau,
PH » 7,4 „ 9,9 farblos,
Pau » 10 „ 12 schilerrot.
Wird also zur Wasserblaulösung verdünnte Natronlauge oder
Wasserstoffsuperoxyd gegeben, welche die рн der Lösung höchstens
bis 9 verschieben, so entsteht die farblose Carbinolbase. Dasselbe triftt
zu, falls man die Farbstofflösung aufkocht oder verschiedene Sus-
pensoide oder Kolloide zusetzt, welche die pg der Farbstofflösung bis
höchstens 9,5 zu verschieben imstande sind. Gibt man aber konzen-
trierte Natronlauge hinein, welche in der Farbstofflösung eine Ver-
schiebung дег pg über. 9,0 bewirkt, so wird die Farbe direkt schillerrot.
Wir können daher eine vorher bei etwa 7,4 bis 9,9 farblos gewordene
originale Wasserblaulösung durch Zutropfen einer konzentrierten
Natronlauge, welche die pg auf 10 bis 12 erhöht, ins schillerrote um-
wandeln. Das Wasserblau besitzt also einen doppelten Umschlagspunkt.
Die schillerrote Farbe springt auf Säurezusatz ins Blaue zurück, sobald
die рн zwischen 4 bis 7 gehalten wird. Ebenso schlägt die farblose Form
auf Säurezusatz ins Blaue um.
Anders gestalten sich jedoch die Verhältnisse, sobald man die
farblose Carbinolbase nicht direkt aus der Originallösung des Wasser-
blaus, z. B. durch Kochen, sondern durch Kohlestäbchen herstellt. In
diesem Falle ist ein Zusatz von konzentrierter Natronlauge bzw. Er-
höhung der Py bis auf 10 bis 12 erfolglos, ein Farbumschlag ins schiller-
rote findet nicht statt. Regeneriert man aber aus der Carbinollösung
die blaue Farbe des Wasserblaus durch Zusatz von Säuren (рд 4 bis 7,4)
und setzen wir nun zu diesem System konzentrierte Natronlauge, so
schlägt die Farbe sofort ins schillerrote um.
Tiefer in den Umwandlungsmechanismus der Farbenänderungen
einzudringen, lag nicht in unserer Absicht, die gewonnenen Erkennt-
nisse genügten für uns, um für eine Reihe der beobachteten elektropen
Erscheinungen eine Erklärung zu geben. Den Wasserblauversuchen
könnte aus folgenden Gesichtspunkten eine Wichtigkeit zugemessen
werden; sie lehren, daß infolge elektrostatischer Einflüsse weder
in vitro noch in vivo ein рн über 10 vorkommt, da in diesem Falle nicht
das Auftreten der farblosen Carbinolform, sondern der schillerroten
(echten Carbinolbase) Modifikation beobachtet werden müßte, wie es
jedoch nie der Fall war.
Das farblose Carbinol, welches nach Verabfolgen des Wasserblaus
entsteht und im Blute und in Zellsäften vorhanden ist, entspricht der-
jenigen Carbinollösung, welche aus Wasserblau durch Kochen her-
gestellt wird, und nicht derjenigen, welche durch Kohlestäbchen dar-
Elektropie. IX. 34l
gestellt wird. Versetzt man das farblose Blutserum der mit Wasserblau
behandelten Tiere mit starker Natronlauge, so entsteht die schillerrote
Farbe, welche wir bei durch Kohlestäbchen dargestellten Carbinolen nie
erreichen konnten. Behandelt man einen farblosen Gefrierschnitt
irgend eines Organs, welches in den Zellen und den Bindegeweben
Wasserblaucarbinol in gebundener, adsorbierter Form enthält, mit
konzentrierter Natronlauge, so beobachtet man eine leichte schwindende
Rotfärbung. Damit ist die Möglichkeit erwiesen, daß das Carbinol
innerhalb des Organismus ebenfalls mit roter Farbe regeneriert werden
könnte, falls irgendwo ein pg 10 bis 12 vorhanden wäre. Untersucht
man einen solchen mit konzentrierter Natronlauge behandelten carbinol-
haltigen Gefrierschnitt, so ist unter dem Mikroskop im Gegensatz zu
den mit Säure behandelten blauregenerierten Gefrierschnitten nichts
sichtbar, weil durch den Zusatz von Natronlauge das vitale Adsorptions-
optimum der Carbinole überschritten wurde.
Ш. Versuche über die elektrope Regenerationsadsorption.
Damit eine farbige elektrope Regenerationsadsorption des Farb-
stoffs durch Casein erzielt werde, muß ein рн zwischen 5 bis 5,5 vorhanden
sin. Wir begegnen aber im Tierkörper physikalisch nie einer farbigen
Regeneration der Carbinole. Eine solche ist von uns nur in den Makro-
phagen (Kupfersche Sternzellen), in den Epitheloidzellen Goldmanns
der Tuberkel, in gewissen nekrotischen Teilen des Mäusecarcinoms und
des Meerschweinchentuberkels, sowie in den Nierenepithelnekrosen der
Meerschweinchen beobachtet worden!). Diese Tatsachen bewiesen, daß
im lebenden Organismus physiologisch nie, pathologisch nur unter be-
stimmten Bedingungen ein рн unter 5 bis 5,5 vorhanden ist, denn in
diesem Falle sollten die Carbinolbasen unter Adsorption eine vitale
Regeneration zum betreffenden Farbstoff erfahren. Wir folgerten
bereits aus unseren chemoskopischen Versuchen (nur die elektro-
statischen Ladungen vor Augen haltend), daß im lebenden Organismus
keine Kolloide vorhanden sind, deren elektrostatische Ladung sich in
der Höhe des Caseins bewegen würde. Alle diese Tatsachen, welche
äch gegenseitig erklären und ergänzen, weisen darauf hin, daß sich die
dektive Adsorption der farblosen Carbinole (Typus der elektropen
1) L. Karczag und L. Paunz, Zeitschr. f. klin. Med. 98, H. 5/6, 1924;
L. Karczag und L. Barok, Beitr. z. Klin. d. Tuberk. 60, H. 2, 1924; L. Karczag,
L. Teschler und L. Barok, Zeitschr. f. Krebef. 21, Н. 4, 1924; L. Karczag
und L. Németh, ebendaselbst 22, Н. 5, 1924; L. Karczag, L. Paunz und
L. Németh, Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 41, H. 1/3, 1924; L. Karczag,
L. Paunz und N. Zilahy, ebendaselbst 41, H. 1/3, 1924; L. Karczag, L. Paunz
ud G. Barok, obendaselbst 41, H. 1/3, 1924; L. Karczag, L. Paunz und
P. Roboz, ebendaselbst 41, H. 1/3, 1924.
342 L. Karczag:
Adsorption) im Tierkörper nach aller Wahrscheinlichkeit bei pe 5,5
bis 9,4 abspielt, und daß das Adsorptionsoptimum des regenerierten
Farbstoffs (Typus der elektropen Regenerationsadsorption) bei einer
anderen Py liegt als dasjenige der Carbinole, daß jenes von dem Neutral-
punkt mehr entfernt, dieses dagegen näher liegt.
Je höher das Entfärbungsbereich, desto schlechter, je niedriger,
desto besser die vitale Adsorption der Carbinole. Da die Blutkolloide
selbst bei einer рд 7,4 die Carbinole nicht adsorbieren, so dürfte die
Wasserstoffionenkonzentration der nicht carbinolotropen parenchy-
matösen Organe, Blutzellen und Gewebe usw. höher gelegen sein, als
die Wasserstoffionenkonzentration des Blutserums.. Daraus geht
jedoch die wichtige Tatsache hervor, daß das vitale Adsorptions-
optimum der Carbinole nicht zwischen рд 5,5 bis 9,4, sondern zwischen
Рн 5,5 und 7,4 liegen muß. Wir können jedoch in unserer Analyse
weitergehen. Da nämlich die Carbinole als farblose Verbindungen
abgefangen und gespeichert werden, so ist es klar, daß die рн der
carbinolophilen Elemente bei dem Umschlagspunkt des Lichtgrün-
carbinols рн 6,8 als Minimum gelegen ist. Das vitale Adsorptionsoptimum
der elektropen Carbinole dürfte also zwischen 5,5 bis 6,8 liegen.
Was nun das Optimum der vitalen Regenerationsadsorption betrifft
(Makrophagen, Epitheloidzellen, Nekrosen), so kann als niedrigster
Punkt der рн der betreffenden Elemente tiefer als der Umschlagspunkt
des Wasserblaucarbinols рн 4,6 geschätzt werden. Zwischen pa 4,6
bis 5,5 ist also das Optimum der vitalen Regenerationsadsorption.
Es soll ausdrücklich hervorgehoben werden, daß diese indirekten
Folgerungen auf vitale Wasserstoffionenkonzentrationen der Zellen
und Gewebsflüssigkeiten nur unter der Voraussetzung gültig sind, daß
die Entfärbungs- und Regenerationserscheinungen sowie die übrigen
elektropen Adsorptionen im Blute und in den Gewebssäften das gleiche
Verhalten zeigen, wie in vitro im Falle des Wassers als Dispersions-
mittel. Nur unter dieser Voraussetzung geben uns die obigen Folge-
rungen Richtlinien für die Beurteilung der Wasserstoffionenkonzen-
tration bzw. ihrer Verteilung im Organismus. Der heuristische Wert
solcher Folgerungen liegt auf der Hand, da sie für den Biologen trotz
der relativen Zahlenverhältnisse Anhaltspunkte für das Verständnis
zahlreicher biologischer Vorgänge bieten.
Wir müssen auch bedenken, daß das vitale Umschlagsbereich der
Farbstoffe ein anderes ist als diejenigen, welche in vitro beobachtet
werden. Man könnte sagen, daß die elektropen Farbstoffe ohne Rück-
sicht auf ihre in vitro festgestellten Umschlagsbereiche zu denselben
Maximum- und Minimumwerten gebracht werden und ihnen somit im
Tierkörper gewisse Konstanten aufgezwungen werden. Es ist also
einerlei, ob der Farbstoff sein Umschlagsbereich in vitro, wie z.B.
Elektropie. IX. 343
Fuchsin S, рн 4,9 bis 8,3 beträgt, sein physiologischer Umschlags-
bereich wird im Organismus auf 5,5 und 7,4 gebracht. In gleicher
Weise werden zu denselben Werten die verschiedensten Umschlags-
bereiche der verschiedensten elektropen Farbstoffe nivelliert. Trotz
dieser Nivellierung kommen aber die verborgenen Eigenschaften der
Materie, die „spezifische“ z. B., in dem Ablauf von Elektivitätsprozessen
zum Vorschein. Kreisen z. B. die Carbinole des Fuchsin S und Licht-
grins im Blute, so nimmt die kollagene Faser vielmehr das Fuchsin S-
Carbinol und die elastische Faser das Lichtgrüncarbinol auf. Da das
lichtgrün eine geringere negative Ladung als das Fuchsin S besitzt,
ю liegt auch das Optimum der elektropen Adsorption beim Lichtgrün
n dem weniger sauren Gebiet als bei Fuchsin S, weshalb auch die
elastische Faser weniger sauer sein dürfte als die kollagene.
Wir können also aus den experimentellen Ergebnissen unter der
Voraussetzung, daß bei den elektropen Umwandlungen nur die Wasser-
toffionenkonzentration die primäre Rolle spielt, folgende Schlüsse
nehen:
1. Die vitale Carbinolotropie (als Typus der elektropen Adsorption)
pielt sich unter physiologischen Verhältnissen zwischen рн 5,5
und 6,8 ab.
2. Die Py der elastischen Faser ist eine niedrigere als die der
kollagenen sowie auch derjenigen Elemente, welche zu Lichtgrün eine
geringere Affinität aufweisen, wie zum Fuchsin S und Wasserblau
(Nierenepithelien, Ovarienfollikel usw.).
3. Die pathologische Carbinolregeneration (als Typus der elektropen
Regenerationsadsorption) spielt sich zwischen рн 4,6 und 6,5 ab. In
der Höhe vom рн 4,6 bewegt sich die рд der Makrophagen, der
Epitheloidzellen Goldmanns, der nekrotischen carbinolotropen Elemente
der Tuberkel, der Carcinome, der Nierenepithelien, Nekrosen usw.
4. Die рһ der nicht carbinolotropen Elemente liegt physiologisch
md pathologisch über рн 6,8.
Für diese Folgerungen sind bereits die gemachten Voraussetzungen
mitgeteilt worden. Inwieweit andere Faktoren, wie z. B. die Dielektri-
zitätekonstante, die Ionenladungen usw., eine Rolle spielen, muß
sitens der physikalischen Chemie gründlich bearbeitet werden. Alle
diese Gedanken mußte ich trotz Mangel von exakten, unanfechtbaren
Experimenten niederlegen, um die Bearbeitung der Probleme der
Elektropie in die richtige Bahn zu lenken.
Über die Wirkung des Mangans auf die alkoholische Gärung.
Von
M. Rosenblatt und А. (J.) March.
(Aus dem wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Chemie und dem
biochemischen Laboratorium des Technikums für angewandte Chemie
| in Odessa.) !
(Eingegangen am 4. Februar 1926.)
‚Vor etwa 20 Jahren hat Gabriel Bertrand auf die bedeutende Rolle
hingewiesen, welche außerordentlich geringe Mengen mancher Elemente
(Metalle und Metalloide) in der organischen Natur spielen.
Viele Arbeiten analytischen Charakters erwiesen das unbedingte
Vorhandensein mancher Elemente (Mn, Zn, B, As u. a.) in Organismen
des Pflanzen- und Tierreichs.
Eine andere Reihe von Arbeiten hat Licht in die Bedeutung dieser
Elemente für normales Funktionieren der Organismen gebracht, wobei
sie augenscheinlich die Rolle von Katalysatoren physiologischer Prozesse
spielen. Manche dieser katalytischen Elemente bilden einen integrierenden
Bestandteil der Fermente, ohne welchen die Wirkung derselben gar nicht
hervortritt.
Aus dieser Gruppe von Elementen ist das Mangan, was seine Verbreitung
in der Natur anlangt, sowie auch vom Standpunkte seiner Rolle in physio-
logischen Prozessen aus am gründlichsten studiert worden.
Die ersten Arbeiten in dieser Hinsicht zeigten, daß das Mangan em
unentbehrlicher Bestandteil des oxydierenden Ferments der Laktase ist (]).
Weitere Untersuchungen betrafen die wohltätige Wirkung des Mn
auf das Wachstum mancher Mikroorganismen (2) und höherer Pflanzen (3),
sowie auf manche biochemische Prozesse (Essig- und Alkoholgärung,
Hydrolyse der Fette) (4). Der Einfluß des Mangans auf das Wachstum der
Hefe und auf die Alkoholgärung diente als Objekt für eine Reihe von
Untersuchungen (Kayser und Marchand, Bokorny, March).
Die Resultate dieser Untersuchungen erwiesen eine allgemeine akti-
vierende Wirkung des Mn im Prozeß der Alkoholgärung, was aber die
quantitativen Angaben betrifft, besonders Hinweise auf Optimalkonzen-
trationen, so unterscheiden sich dieselben bei Kayser und Marchand (5)
etwas von denjenigen des einen von uns (6).
Da die genannten Autoren verschiedene Arbeitsmethoden an-
wandten, was auch der Grund einer gewissen Nichtübereinstimmung
M. Rosenblatt u. A. (J.) March: Wirkung des Mangans usw. 345
der Resultate sein dürfte, unternahmen wir vorliegende Untersuchung
zu folgendem Zwecke: Erstens Beobachtung des Einflusses von Mn
auf die Alkoholgärung in Anwesenheit von verschiedenen Heferassen
(Васкеге!-, Bier-, Wein- und Cidrehefen), sowie auch ohne lebendige
Hefe (Mazerationssaft nach Lebedew) und zweitens Bestimmung des
Einflusses verschiedener Konzentration von zuckerigem Substrat auf
die Wirkung des gegebenen katalytischen Metalls.
Der erste Teil unserer Arbeit ergab Resultate, welche dem Grundsatz
von der allgemein aktivierenden Wirkung des Mn entgegengesetzt sind.
In vielen Fällen war die Wirkung dieses Metalls auf die Alkoholgärung
richt stimulierend, sondern im Gegenteil hemmend. Wir haben folgende
Heferassen untersucht: Die Weinheferasse ‚Schloß Johannisberg"?
(Nr. 59), die Weinheferasse ‚‚Bessarabische‘“ (Nr. 50), die ‚„Apfelwein-
heferasse‘‘ (Nr. 36) (erhalten von der Odessaer Weinbaustation W. Е.
Tairoff), die Rasse gepreßter ,,Вёскегеіһеѓе“ und die Rasse der Bier-
hefe „Frohberg‘“ (erhalten von der Fabrik des Odessaer ‚Nahrungs-
mitteltrust‘‘). Außerdem ist von uns der Hefesaft untersucht worden,
welcher durch Trocknen und Mazeration der Bierhefe ‚Frohberg‘‘ be-
reitet wurde.
Die Methodik der Arbeit für jede Versuchsreihe war folgende:
Man nahm eine Reihe Kolbenflaschen von 60 ccm Inhalt aus Jenaer
Glas, in welchen sich gleiche Zuckermengen befanden (Saccharose oder
Glucose), gelöst entweder in zweimal destilliertem Wasser oder in
Nährflüssigkeit (Hefebouillon oder Weintraubensaft), dann wurden in
dieselben Gefäße verschiedene Mengen Mangan hinzugefügt in Form
von Sulfat oder Nitrat. Dabei hatte jede Versuchsreihe ihre Kontrollen
ohne Hinzufügung von Mn. Die gefüllten Kolben wurden sterilisiert,
dann wurden sie mit der betreffenden Hefekultur beimpft (mit Hilfe
einer Pasteurpipette, wenn das Substrat aus zuckerigem Nährmedium
bestand; wenn aber die Versuche in einer Zuckerlösung in reinem
destillierten Wasser ausgeführt wurden, waren die Mengen der hinzu-
gefügten Hefe bedeutend größer; in solchen Fällen nahm man ab-
gewogene Hefemengen und fügte dieselben zur Flüssigkeit hinzu), mit
Gärungsventilen versehen und gewogen.
Die gewogenen Kolben wurden in einem Thermostaten unter-
gebracht bei [© = +26° und nach dem Entweichen von Kohlensäure,
was mittels periodischer Gewichtsbestimmung der Kolben fest-
gestellt wurde, wurden die Angaben über das Gärungstempo zusammen-
gestellt. Nachdem in den meisten Versuchen etwa 60 Proz. Zucker
zersetzt waren, unterbrach man die Gärung gleichzeitig in allen Kolben
dieser Versuchsreihe, indem man HgCl,-Lösung hinzufügte. Dann,
nch Fällung des Quecksilbers durch Zinkstaub unter Zusatz von
Exigsäure, wurden die Flüssigkeiten filtriert, zu einem gewiesen
Biochemische Zeitschrift Band 170. е 93
346 sn M. Rosenblatt u. А. (J.) March:
Volumen gebracht und der rückständige Zucker nach der Bertrandschen
Methode bestimmt (bei Versuchen mit Saccharose nach der Inversion).
Die Resultate der Versuche des ersten Teiles unserer Arbeit sind in
folgenden Tabellen zusammengestellt.
Tabelle I.
Weinheferassen.
nn | „Johannisberg“ Nr. 59 ] | „Bessarabische“ Nr. 50
| Dauer der Versuche | Dauer der Versuche
| Tage 2 Tage
Konzentration des Mn ö— Vergorener | mmm — — —
in — (алиде | Medium | Ve EE) | ——
in | Vergorener | jn Beziehung | — in Beziehung
Zucker zum Kon» Zucker zum Kon»
| trollversuch trollversuch
I g Proz. | к. ‚Proz _
Kontrolle (ohne Mn) | e 5 2,10 1000 | 244 100,0
0,0010 | 2 ом Е 2,67 127,1 | 2,27 | 93,0
0.0030 Egu = = 226 | 926
0.0060 2205] 248 | 118, 2'28 93.4
0.0100 | BETT | 2,48 118.1 2.29 93,8
0.0200 3555) 245 116,7 2,32 95,0
0,0500 275 235 | 1119 2,19 89,8
0,1000 | d 213 | 1014 | 18 | 811
| || |
Tabelle II.
роо Ча» (Nr. 36).
| Dauer der Versuche 3 Tage
Konzentration des in
Prozenten © | Medium 28 ——
(hinzugefügt als MnSO,) BK Kontrollversuch
расе. 6 Proz.
Kontrolle — Mn) am _ ] 100,0
0,0005 | 298 | 98,0
0,0010 25ccm pasteuri- | 2,95 97,0
0,0030 sierten Weinmostes, ' 2,90 95,4
0,0060 enthaltend | 2,91 95,7
0,0100 3,73 g Zucker, d. h. 2,82 92,8
0,0200 14,93 Proz. | 2,80 92,1
0,0500 2,61 85,9
0,1000 | 2,32 76,3
Die angeführten Angaben (Tabelle I bis VI) zeigen, daß
die aktivierende Wirkung des Mn auf die Alkoholgärung keinen all-
gemeinen Charakter trägt; in vielen Fällen ist Mn ein die Alkohol-
gärung hemmendes Element (Rasse der Weinhefe ‚Bessarabische“,
Wirkung des Mangans auf die alkoholische Gärung. 347
„apfelweinhefe“, Bierhefe ‚Frohberg“, ‚‚Bäckereihefe‘‘, gepreßte).
Seine Wirkung machte sich dann in folgender Weise geltend: Bis zu
einer gewissen Konzentration übt das Vorhandensein dieses Metalls
keine bemerkbare Wirkung auf Charakter und Tempo der Gärung
aus, sodann tritt seine hemmende Eigenschaft hervor, welche bei Zu-
nahme der Mn-Konzentration sich immer mehr verstärkt.
Die von uns gefundenen Tatsachen über verschiedenes Verhalten
der Erreger alkoholischer Gärung zu Mn hängen augenscheinlich von
der verschiedenen Herkunft der Hefe ab, welche diese Fermente enthält.
So hat sich für zwei Weinheferassen, ‚Schloß Johannisberg“ (nach
dem Katalog der Odessaer Weinbaustation, Nr. 59) und ‚„Bessarabische“
(nach dem Katalog der Odessaer Weinbaustation Nr. 50), im ersten
Falle die Anwesenheit von Mn als ein die Gärung stimulierender Faktor
erwiesen (Tabelle I), was in Untersuchungen von March im Jahre 1924
gefunden war; für die zweite Rasse (,‚Bessarabische‘‘) erzeugte im
Gegenteil die Anwesenheit von Mn eine die Fermente der Gärung
hemmende Wirkung (Tabelle I). Auf die von uns untersuchte ‚Apfel-
weinhefe“ (Katalog der Odessaer Weinbaustation Nr. 36) übte das
Mn eine lähmende Wirkung aus (Tabelle II), während bei den Ver-
suchen von Kayser und Marchand (7) dasselbe die Gärung aktivierte.
Besonders interessant ist die Tatsache der verschiedenen Wirkung
des Mn auf die Gärung, hervorgerufen durch Hefesaft, bereitet durch
Mazeration nach der Methode von Lebedew bei unseren Versuchen
(Tabelle VI) und bei den Versuchen von Kayser (8); diejenigen Kon-
zentrationen von Mn, welche bei den Versuchen von Kayser besonders
günstig für die Gärung waren, hemmten dieselbe stark bei unseren
Versuchen.
Tabelle III.
Bierhefe ‚‚Frohberg‘‘ (untere).
—. — — = —
Dauer der Versuche 3 Tage
Konzentration | |
| Dauer der Versuche 4 Tage
des Mn in Е | | Vergorener = Vergorener
Prozenten 3 Vergorener | Zucker іп Ве, 35 | Vergorener | Zucker in Be»
(hinzugefügt ur" Zucker ziehung um | © | Zucker ziehung zum
Ыз MnSO,) z. Kontrollversuch| = Kontrollversuch
g | Proz. | E СИ Proz. >",
Kontrolle | „ | 2,54 100,0 * 3,03 100,0
(obne Mn) | 2723 |
, 58.) 245 96,5 ЕА 2,70 89,1
00010 || 53% | 2,54 100,0 42 3,01 99,3
0,0030 BEN 2,47 | 97,2 23 2,95 97,3
0,0060 | 2 сх 2,389 | 94,1 О 2,94 97,0
00100 || 255 2,43 95,7 AR 2,94 97,0
0.0200 Zë 2.43 95,7 Б 2,93 96,7
0,0500 | 5 216 | 862 і. 2,95 74,3
0,1000 | 149 | 58,7 ч. 126 | 41,6
23*
M. Rosenblatt u. A. (J.) March:
348
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2000
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(OS Чу; 819 Jdnjadnzury)
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uw səp цоӊзыуцәтпоу
(чөдо) „өјәцтөзәҳәвя“ gordon
"AI PWL
Wirkung des Mangans auf die alkoholische Gärung. 349
Tabelle V.
Gepreßte ‚„‚Bäckerreihefe‘‘ (ober).
Dauer der Versuche 11 Tage | Dauer der Versuche 33/, Tage
чарары | = | Vergorener | В | | Vergorener
Prosenten 5 || Vergorener Zucker in | 5 Vergorener Zucker in
hinzugefügt als a | Zucker | Beziehung zum | 2 Zucker Beziehung zum
Ma (N Oz)al | Е | | Kontrollversuch E Kontrollversuch
| g Proz. g Proz.
ge bs" de =, = © раа а риа
Kontrolle | =, | 3,66 1000 |. 5) 2/1 100,0
(оле Mn) а= КЕДЕ
0,001 22T 3,60 98,4 2 ам 2,70 99,6
0,003 EES 3,58 97,8 EK, 2,57 94,8
0,006 332 | 3,50 95,6 358 2,40 88,6
0,010 255. 344 94,0 Язы | 238 87,8
0,025 Е 3,34 91,3 TE 2,37 87,5
0.050 EW 3,17 86,7 255 235 | 86,7
0,100 55е 261 | 71,3 а? Е 230 | 84,8
0,500 4 St | 60,4 á 0,33 12,2
Tabelle VI.
Hefesaft, bereitet aus Bierhefe (Mazeration nach Lebedew).
Dauer der Versuche 6 Tage
Menge der auss
geschiedenen СО»
in Beziehung zum
Kontrollversuch
Proz.
Konzentration des Mn
in Prozenten Medium
(hinzugefügt als MnSO,)
Menge der aus»
geschiedenen
co
Kontrolle (ohne Mn) |
Da 12 ccm Hefesaft 1000
6'010 nach Lebedew, dazu 102.1
0'020 5 g Saccharose 915
0'060 + Toluol 78.9
0,100 ' "e
Eine derartig verschiedene Wirkung des Mn auf die Alkoholgärung
it der Säurewirkung auf dieselbe analog (Mr. und Mme. М. Rosenblatt) (9),
(Johannesson) (10) und ebenfalls der Säurewirkung auf Invertasen ver-
schiedener Herkunft (G. Bertrand und Mr. und Mme. M. Rosenblatt) (11).
Aus unseren Versuchen geht hervor, daß auf den allgemeinen
Gang der lähmenden Wirkung des Mn weder verschiedene Medien
inährende und einfache Wasserlösungen von Zucker), noch die Form,
m welcher das Mn hinzugefügt wurde [Mn SO, und Mn (NO,),] eine
besondere Wirkung ausübten.
Unsere Angaben über die verschiedene Wirkung des Mn auf die
Alkoholgärung je nach der Heferasse bestätigen die Ansicht eines von
uns in gemeinsamer Arbeit mit Mme. M. Rosenblatt, daß die Sensibilität
der von Hefe erzeugten Fermente je nach der Herkunft der Hefe und
der Zusammensetzung des Mediums sich ändern kann.
Die Analogie zwischen der lähmenden Wirkung des Mn und der
Wirkung von Säuren auf die Alkoholgärung bewog uns, unsere Versuche
M. Rosenblatt u. А. (J.) March:
199 | 90 | — | — iLer | eti - I - I — | — leze Iso
— — — | — | — | — | сте | 004 || — | - | – | —
118 | О! — | — || 82 |18% || eso | /0% | ост sgr | tor | 200
116 | #70 |69 | 290 || 2:81 |18 | өө | тіс | ср | et | сор | 9/0
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usJuazol] U!
| UW вәр поцвцпәтцоу
(COSUW ig zdnjadnzury)
Wirkung des Mangans auf die alkoholische Gärung. 351
zur Aufklärung der Abhängigkeit zwischen der Wirkung des Mn und
der Zuckerkonzentration im gärenden Medium forzusetzen.
Mr. und Mme. M. Rosenblatt (12) haben in ihrer Arbeit über die
Abhängigkeit zwischen der Konzentration und der lähmenden Wirkung
der Säuren gefunden, daß der Zucker die Hefezymase gegen die Wirkung
der Säuren schützt: Die Steigerung der Zuckerkonzentration schwächt
фе ähmende Wirkung der Säuren. Eine ähnliche Abhängigkeit wurde
ron uns zwischen der lähmenden Wirkung des Mn und der Zucker-
kmzentration beobachtet: Bei Erhöhung der Zuckerkonzentration
steigern sich dementsprechend die Mengen des Mn, welche eine gleich
große lähmende Wirkung auf die Gärung ausüben; andererseits, bei
Anwesenheit von gleichen Mn-Mengen, steigern bedeutend die Mengen
vergorenen Zuckers (Prozente in Beziehung zu Kontrollversuchen),
bei Erhöhung der Zuckerkonzentration im gärenden Medium. Das ist
aus folgender Tabelle zu ersehen.
Aus der Tabelle VII sieht man z. B., daß, wenn die Zuckerkonzen-
tation um das Sechsfache erhöht wird (von 10 bis 60 Proz.), zur
Erhaltung des gleichen lähmenden Effekts die Mn-Konzentration
#0 та] erhöht werden muß (von 0,025 bis 2,0 Proz... Ein anderes
Beispiel zeigt, daß in einer 1Oproz. Zuckerlösung die Menge des aus-
gegorenen Zuckers in Gegenwart von 0,1 Proz. Mn um 54,5 Proz. ver-
mindert worden ist (in Beziehung zum Kontrollversuch), während in
амт 30proz. Zuckerlösung unter denselben Bedingungen die Ver-
minderung des Gärungstempos etwa 35,4 Proz. beträgt, in einer 40 proz.
Zuckerlösung 21,8 Proz. und in einer 60 proz. Zuckerlösung nur 8,3 Proz.
Weiterhin interessierten wir uns für die Abhängigkeit zwischen
der Zuckerkonzentration und der aktivierenden Wirkung des Mn
(Rasse „Schloß Johannisberg‘‘).
Die Resultate dieser Versuche sind ebenfalls durch eine Tabelle
illustriert.
Tabelle VTII.
Weinheferasse „Schloß Johannisberg" Nr. 59.
| 15 Proz. Zucker | 20 Proz. Zucker | 4 Proz. Zucker
. des Ma Die Mengen vergorenen Zuckers in Grammen
е Prozenten Medium und in Prozenten in Beziehung zum
(kinzugetügt | Kontrollversuch
als Ma SC)
= | 2, 100,0 || 3,53 | 100,0 | 4,67 | 100,0
(obne Mn) Pasteurisierter |
0,001 Weintraubensaft, | 2,67 | 127,1 412 | 116,7 || 5,28 | 113,1
0,006 enthaltend 248 | 1181| 410 | 1101 || 517 | 110,7
0,010 15 Proz. Zucker | 2.48 | 1181 || 4.06 | 115.0 | 476 | 101.9
0,020 + entsprechende | 2,45 | 116,7 || 3,99 | 113,1 | 5,12 | 109,6
0,050 Glucose-Menge 2,35 | 111,9 || 4,09 | 115,8 | 4,47 | 95,7
0100 | 13 |1014 307 | Sol 435; 931
352 M. Rosenblatt u. А. (J.) March:
Die angeführten Versuche lehren, daß anwachsende Zucker-
konzentrationen nur einen schwachen Einfluß auf die aktivierende
Wirkung des Mn ausüben, eher läßt sich eine Schwächung dieses Ein-
flusses feststellen. So schwächt der Zucker augenscheinlich die lähmende
sowie die aktivierende Wirkung des Mn auf die Alkoholgärung, er tritt
als Regulator dieser Wirkungen auf und übt seine Schutzwirkung auf
die Fermente gegen dieses Metall aus.
Auf eine solche Schutzrolle des Zuckers gegen die Wirkung des Kalium-
arsenits auf die Zymase wiesen Æ. Buchner, H. Buchner und М. Hahn in
ihrer Monographie „Die Zymasegärung“‘ hin (13). Diese Autoren nehmen
an, daß Zucker der Veränderung des Kolloidalzustandes der Zymase unter
der Wirkung des Arsenits entgegenwirkt.
Nachdem wir bemerkt hatten, daß die lähmenden Mn-Konzen-
trationen in Hefemazerationssaft die Fällung eines Niederschlags
hervorrufen, stellten wir eine Reihe von Versuchen an, um die Wirkung
verschiedener Zuckerkonzentrationen auf die Bildung dieses Nieder-
schlags aufzuklären. Es wurden drei Reagenzgläschen genommen,
welche je 5ccm Hefesaft enthielten; in das erste Reagenzgläschen (В)
fügte man 2,5 g Saccharose, in das zweite (С) 6g hinzu, das dritte (А)
blieb für die Kontrolle (ohne Saccharose). Dann wurde in alle Reagenz-
gläschen zu 0,1 Proz. Mn (als MnSO,) hinzugefügt. Dabei wurde
folgendes festgestellt: Im Reagenzgläschen A bildete sich ein reich-
licher, dicker Niederschlag (welcher dem Umfang nach ein Drittel des
Volumens der Flüssigkeit betrug), im Reagenzgläschen B bildete sich
auch ein Niederschlag, aber weniger dick und reichlich (ein Fünftel der
ganzen Flüssigkeit), im Reagenzgläschen C rief die Hinzufügung von
Mn die Bildung unbedeutender einzelner Flocken hervor. Nach Ver-
dünnung mit Wasser gingen die Niederschläge nicht wieder in einen
löslichen Zustand über.
Der angegebene Versuch zeigt, daß es bei Anwachsen der Zucker-
mengen gelingt, die im Hefesaft befindlichen Eiweißsubstanzen vor
der Ausflockung bei Zusatz von Mn-Salz zu schützen. Augen-
scheinlich muß man annehmen, daß der Zucker auch innerhalb
der Hefezelle die Eiweißsubstanzen und mit ihnen zugleich auch die
Gärungsfermente, welche sich dort befinden, vor der Veränderung
ihres physiko-chemischen Zustandes bei Anwesenheit des in die Zelle
eingedrungenen Mn-Salzes schützt.
Somit haben unsere Untersuchungen die verschiedene Rolle des
Mn in der Alkoholgärung klargelegt. In manchen Fällen erscheint dieses
Metall als Aktivator; es stimuliert die Zersetzung des Zuckers durch
Gärungsfermente; in anderen Fällen ist seine Wirkung bis zu einer
gewissen Konzentration gleich Null, während es in größeren Quantitäten
anfängt, die Gärung zu unterdrücken. Die verschiedene physiologische
Wirkung des Mangans auf die alkoholische Gärung. 353
Bedeutung des Mn sowie anderer katalytischer Elemente war bei
Erforschung der Wirkung dieser Substanzen auf das Wachstum und
die Entwicklung von Mikroorganismen und höherer Pflanzen und auf
das Funktionieren der Enzyme festgestellt (14). Augenscheinlich kann
ein und dieselbe Substanz unter verschiedenen Bedingungen der
Herkunft und Entwicklung lebendiger Zellen verschiedene Wirkung
(stimulierende, inaktive und hemmende) auf die lebendige Zelle oder
die von ihr ausgeschiedenen Fermente ausüben. Diese aktive Wirkung
in bezug auf eine gewisse Funktion der lebendigen Zelle und ihre Sekrete
erscheint nicht als Prärogative eines bestimmten Katalysators; zahl-
reiche experimentelle Arbeiten weisen darauf hin, daß die verschieden-
sten Substanzen Katalysatoren bestimmter biochemischer Erscheinungen
sein können.
Inden klassischen Arbeiten von Carl Neuberg und seiner Schule auf
dem Gebiet der Alkoholgärung ist die stimulierende Wirkung einer
ganzen Reihe der verschiedensten mineralischen und organischen Ver-
bindungen sowie ebenfalls von Tier- und Pflanzen-Extraktivstoffen auf
die Zymase festgestellt worden. Die meisten dieser Substanzen sind
äkzeptoren für den ‚„Gärungswasserstoff‘“, und mit ihrer Fähigkeit zur
„Phytochemischen Reduzierbarkeit“ ist nach Neuberg (15) ihre akti-
rierende Wirkung auf die Zuckerzersetzung durch Gärungeng verbunden.
Zu gleicher Zeit wurde eine Reihe Substanzen gefunden, welche die
Gärung aktivieren, aber der phytochemischen Einwirkung nicht unter-
worfen sind (16). Interessant ist die Tatsache, daß ein und dieselben
Substanzen (z. B. Digitonin und Digitalin) die Gärung mit lebendiger
Hefe unterdrücken und andererseits Hefesaftzymase aktivieren (16).
Die Verbindungen von Mn, Fe (17) und einiger anderer Elemente zeigen
ihrerseits eine aktive Wirkung, positive oder negative, je nach den
verschiedensten Bedingungen.
Was ist nun ihre wahre Rolle bei der Alkoholgärung ? Fungieren
sie als Objekte der „phytochemischen Reduktion‘ durch den ‚„Gärungs-
wasserstoff‘‘ unmittelbar, oder aber, worauf Neuberg ebenfalls hinwies,
virken sie in gewissen Fällen als Sensibilisatoren für die Bildung von
Substanzen, welche die Gärung aktivieren und sich aus Hefe unter
dem Einfluß der strahlenden Energie entwickeln können (18).
Wirken sie auf die physiko-chemischen Eigenschaften der Gärungs-
fermente und bei lebendiger Hefe auf die Veränderung physiko-chemi-
scher Prozesse in der Zellengrenzschicht der Hefe! Womit kann man
die verschiedene Wirkung dieser Elemente, je nach der verschiedenen
Herkunft der Hefe erklären? In welchem Stadium des komplizierten
Prozesses der Alkoholgärung tritt die aktive Wirkung des gegebenen
katalytischen Elements hervor? Wenn sich die Erforschung des
Gärungsproblems weiter entwickelt, wird ohne Zweifel die befriedigende
354 М. Rosenblatt u. A. (J.) March: Wirkung des Mangans usw.
Lösung aller dieser Fragen gefunden werden; nicht nur derjenigen,
welche durch die Sphäre der Gärungsprozesse begrenzt sind, sondern
auch derjenigen, die mit den verschiedensten biochemischen Er-
scheinungen in Zusammenhang stehen.
Literatur.
1) G. Bertrand, С. r. de l’ Acad. des Sciences 124; Bull. de la Soc. Chim.
1907. — 2) G. Bertrand et M. Javillier, Bull. Soc. Chim. 11, 213, 347, 400,
494 1912; Olaru, Bull. Soc. Chim. 17/18, Nr. 5, S. 130, 1915. — 3) С. Bertrand,
Vorträge auf dem internationalen Kongreß für angewandte Chemie in Berlin
1903, in Rom 1906, in London 1909 und New York 1912. Revue Scientif 1913;
Th. Bokorny, diese Zeitschr. 50, 1913. — 4) @. Bertrand et R. Sazerac,
С. r. 157, 149, 1913; Е. Kayser et H. Marchand, С. r. 144, 145, 151, 152;
С. Neuberg und C. Reicher, diese Zeitschr. 4, 1907; 11, 1908. — 5) 1. с. —
6) J. March, „Über die Wirkung der Mangansalze auf die alkoholische
Gärung‘. Berichte d. wiss. Forschungsinstitute in Odessa 1, 1924, Nr. 10
bis 11 (russisch). — 7) 1. с. — 8) Е. Kayser, С. т. 152. — 9) Мг. et Mme.
М. Rosenblatt, Ann. de !’Inst. Past. 1910 et 1914. — 10) M. Johanessohn,
diese Zeitschr. 1912. — 11) G. Bertrand, Mr. et Mme. M. Rosenblatt, Ann. de
l'Institut Pasteur 1912 et 1913; Bull. Soc. Chim. 1912. — 12) Mr. et Mme.
M. Rosenblatt, Bull. Soc. Chim. 7, 861, 1910. — 13) „Die Zymasegärung‘“
1903, S. 203. — 14) A. Bach, Ber. 48, 1910; Issaew, Zeitschr. f. phys. Chem.
1904 bis 1905; Sarthou, Journ. de pharm. et Chim. 1907. — 15) C. Neuberg
und E. Kerb, diese Zeitschr. 92; C. Neuberg und A. Levite, ebendaselbst 91;
С. Neuberg und Е. Е. Nord, ebendaselbst 67; С. Neuberg, Е. Reinfurth
und M. Sandberg, ebendaselbst 120; С. Neuberg und M. Ringer, ebendaselbst
90; C. Neuberg und E. Schwenk, ebendaselbst 71; C. Neuberg und E. Welde,
ebendaselbst 62 und 67. Übersichtsartikel: Carl Neuberg und J. Hirsch,
„Über Fragen der Gärungschemie“. Ergebn.d. Physiol. 21, 1923; C. Neuberg
und М. Sandberg, diese Zeitschr. 109. — 16) Carl Neuberg und Julius Hirsch,
Ergebn. а. Physiol. 21, 1923. — 17) Р. Hodel und N. Neuenschwander,
diese Zeitschr. 156, 1925. — 18) С. Neuberg, Zuckerumsatz d. pflanzl. Zelle.
in Oppenheimers Handb. d. Biochem. 2, 442, 1924. — 19) Derselbe, Monogr.
„Beziehungen des Lebens zum Licht“. Berlin 1913.
Untersuehungen zur Lehre von der Blutgerinnung. XIV.
Von
Bernhard Stuber.
Über den
Einfluß der Plasmaeiweißkörper auf die Gerinnungszeit.
Von
Wilhelm Ehrich.
(Aus dem Laboratorium der medizinischen Klinik zu Freiburg i. Br.)
(Eingegangen ат 5. Februar 1926.)
Schon lange hat man sich bemüht, Faktoren zu finden, welche die
Blutgerinnungszeit in vitro bedingen; teils durch Aufsuchen von Be-
üehungen zwischen Gerinnungszeit und Stoffen, die beim Gerinnungs-
vorgang eine Rolle spielen, teils dadurch, daß man auch den Einfluß
aderer Blutbestandteile auf die Gerinnungszeit untersuchte.
Busse (1) fand bei innersekretorischen Störungen keine Beziehungen
mischen Fibrinogen und Blutgerinnungszeit. Nach Hiruma (2) bewirkt
| ngunterbindung bei Kaninchen eine Fibrinogensteigerung und
ene damit parallel gehende Verzögerung der Blutgerinnung. Bei Cholämie
bei Leberinsuffizienz soll die Schwergerinnbarkeit des Blutes auf Mangel
ш Fibrinogen beruhen [Nägeli (3). Pawloff und Schazillo (4) fanden,
ай intravenöse Injektionen von Kaninchenschilddrüsenextrakt in physio-
kgischer Kochsalzlösung bei Kaninchen Beschleunigung der Gerinnung
ші Vermehrung des Fibrinogens und Fibrinferments bewirken. Nach
boebam (5) sind Plättchenzahl und Blutgerinnungszeit unabhängig von-
_ ander. Roskott(6) findet bei Malaria keine Beziehungen zwischen
Thrombocytenzahl und Blutgerinnungszeit. Nach Semerau-Siemianowski,
Misiewiez und Puljanoweki (7) läßt sich bei geeigneter Röntgendosis eine
Ehoôhung der Gerinnungsfähigkeit nachweisen, die parallel mit der
binmenge geht. Thrombokinase beschleunigt die Gerinnung [Rosin (8),
Gunzeri (9)].
Von weiteren Arbeiten, die sich mit Beziehungen zwischen Extrakten
Мв endokrinen Drüsen und anderen Organen, Eiweißkörpern, Cholesterin,
Galle, Zucker, Seifen, Salze, Säuren, Alkalien, Hofmeisterscher Ionenreihe,
utgasen einerseits und Bilutgerinnungszeit andererseits beschäftigen,
356 B. Stuber u. W. Ehrich:
führe ich hier wegen Raumbeschränkung nur an, daß Schilddrüsensekrei
nach Rosin (8) und Takasaki (10) die Gerinnung hemmen soll.
Schließlich erwähne ich noch C’zubalski (11), der durch Scheinfütterung
eine Verminderung der Blutgerinnung erreichte. Ferner fanden Murakami
und Jamagucht (12) bei beschleunigter Senkungsreaktion regelmäßig ver-
längerte Gerinnungszeit, während Starlinger (13) eine Förderung der
Agglutination und Senkung der Erythrocyten durch Fibrinogen beschreibt.
Rhodin (14) sah bei Scharlach eine Parallele zwischen Globulin, Senkungs-
geschwindigkeit und Gerinnungszeit.
Wir haben uns hier die Aufgabe gestellt, Beziehungen zwischen
Blutgerinnungszeit und den Plasmaeiweißkörpen, dem Albumin,
Globulin und Fibrinogen, zu finden.
Diese drei Eiweißkörper sind durch ihr chemisches und physikalisches
Verhalten (Löslichkeit, Fällbarkeit, Refraktion und Viskosität) gut charak-
terisiert [Hammarsten (15) u. а.]. Der stabilste Körper ist das Albumin.
Es ist ein Gemenge von mindestens zwei Albuminen. Es enthält nach
Fankont (16) kein Glykokoll, aber doppelt soviel Schwefel als das Globulin.
Albumin ist in Wasser bei neutraler Reaktion löslich, wird durch Zusatz
von wenig Säure oder Alkali nicht gefällt, dagegen von größeren Mengen
Mineralsäuren und Metallsalzen (Hammarsten), z. B. bei Sättigung mit.
Ammoniumsulfat. Es ist vorhanden in Blutplasma, Serum, Lymphe,
Ex- und Transsudaten und wahrscheinlich auch in anderen Geweben.
Das Globulin ist ein Gemenge verschiedener Proteine. Pick, Fuld
und Spiro konnten durch Salzfällung zwei verschiedene Globuline dar-
stellen, Porges und Spiro drei und Freund und Joachim sogar vier Globuline.
Reiss (17) teilt in Euglobulin und Pseudoglobulin I und II. Globulin enthält
Glykokoll und Phosphor und in geringen Mengen Schwefel. Es ist in der
Regel unlöslich in reinem Wasser, dagegen löslich in verdünnten Neutral-
salzlösungen. Es wird von NaCl bis zur Sättigung nur unvollständig, vom
gleichen Volumen gesättigter NaCl-Lösung im Gegensatz zu Fibrinogen
garnicht gefällt (Hammarsten). Hingegen wird es von Ammoniumsulfat-
halbsättigung gefällt. Man findet es im Plasma, Serum, Lymphe, Trans-
und Exsudaten, weißen und roten Blutkörperchen und wahrscheinlich in
verschiedenen tierischen Geweben. Das aus Blutserum dargestellte Globulin
ist stets von Phosphatiden und Thrombin verunreinigt. Durch Dialyse
wird es nur teilweise gefällt. Mehrere Globuline gehen äußerst leicht durch
Einwirken von sehr wenig Säure, wie auch beim Stehenlassen unter Wasser
in ausgefälltem Zustand, in Albuminate über und werden dabei unlöslich
in Neutralsalzlösung.
Der labilste Eiweißkörper ist das Fibrinogen. Es fällt beim Gerinnungs-
vorgang mit aus und hat die Eigenschaften eines Globulins. Nach Stuber
und Funk (18) folgt es genau den Gesetzen, welche Pauli und seine Schüler
für das Albumin und Globulin aufgestellt haben. Es ist unlöslich in reinem
Wasser, löslich in verdünnten Salzlösungen, durch Sättigung mit NaCl.
Es findet sich nach Hammarsten und Abderhalden (19) im Bilutplasma,
Chylus, Lymphe, einigen Ex- und Transsudaten, im Knochenmark und
vielleicht auch in anderen Ilymphoiden Geweben. Bildungsorte sind wahr-
scheinlich Leber, Darmwand und hämopgetischer Apparat [Rosin (8)].
Nach Hammarsten verhalten sich die Fibrinogene verschiedener Tierarten
etwas verschieden.
Blutgerinnung. XIV. 357
Blutentnahme und Serumgewinnung.
Wir entnahmen das Blut mit Rees (17) u. a. morgens nüchtern.
In der Literatur werden deutliche Tagesschwankungen des Eiweiß-
spiegels, der Einfluß von Flüssigkeitszufuhr, Eiweißmast, spezifischer
Tätigkeit der Organe und anderes beschrieben.
Da nun Petschacher (20) bei der Verdauungslipämie eine Steigerung
der Viskosität und des Gesamteiweißes fand, stellten wir einige Versuche
herüber an. Wir untersuchten Blut vor und nach Eingabe von 125g
Butter und fanden die gleichen Ergebnisse wie Petschacher (s. Tabelle I).
Tabelle 1.
dei ts e : ins
Fälle Eiweiß Albumin | Globulin созар; н
Ё| __ _|Рго:. | grProz. | geProz [verhältnis | i
|. Dr. E., 26. V., normal 7,90 | 480 ' 31 ! 61:39 1,740
D Stdn. nach 1259| 7,90 | 5,20 27 | 66:34 |1,710|
2, \ Butter | 8,30, 5,30 | 3,0 | 64:36 | 1,765
2 Dr. D., 28. V., normal 7,85 | 4,95 2,9 | 63:37 | 1,720 | Methode
1 Sta 8,50 | 540 | 31 |63:37|1,796 1 Reiss
3 Stdn.\nsch 1258| 840 | 5,20 | 32 |62:38|1,798'| Rohrer
ul 8,70 | 550 | 32 | 63:37 |1820
3. Dr. D.,8. VII., normal 8,00 | 430 | 37 |54:46 | 1,780|
1 Std.späterlipäm.|| 8,20 | 460 | 36 |56:44 | 1,798
Vor der Blutentnahme ließen wir die Kranken nach Nägeli (3)
% Minuten ruhen.
Einige Autoren berichten über den Einfluß von Muskelarbeit und
Ermüdung auf Bluteiweiß und Gerinnungszeit. Tabelle II zeigt
Schwankungen bei Blutentnahmen an verschiedenen Tagen, bei verschiedenen
Tageszeiten und ohne vorherige Ruhe bei sonst gleichen Bedingungen.
Tabelle II. ;
Gesamt- en з
Fälle Eiweiß Albumin Globulin Globulin»
g-Proz. | g-Proz. g-Proz. verhältnis
l. Dr. E., 6. IV., 20ccm 8,4
14. V. 20 „ 78
WV. 20 ” 77
18. V, 50 , 1\9
ву, 2, | 79
1. VII, 20 > 7.9
7. VIL, 50 7 8,6
2 Dr. D., 15. V, 50 , 8,0
20. у, 50 ” 77
07. у, 15 > 82
28. V. 95,
8. VII., 50 ”
358 B. Stuber u. W. Ehrich:
Wir achteten ferner darauf, daß die Kranken vor der Blutentnahme
nicht gedurstet oder geschwitzt hatten und daß kein Aderlaß vorausging,
da dadurch die chemischen und physikalischen Eigenschaften des
Blutes geändert werden sollen. Auch wurden therapeutische Einflüsse
vermieden, wie sie nach Medikamenten und Bestrahlungen beschrieben
werden.
Bei Eiweißinjektionen fanden Berger (21) u. a. nach einem Latenz-
stadium eine initiale Verminderung und dann Vermehrung des Gesamt-
eiweißes, ferner nach einem Latenzstadium initiale Verminderung des
Globulins, dann Vermehrung mit nachfolgenden subnormalen Werten.
Löhr (22) und Antonio (23) beschreiben Zunahme der Serumviskosität,
Löhr, Frisch und Starlinger eine Steigerung des Fibrinogens, Binet (24)
fand bei Serotherapie eine Phase erhöhter Gerinnbarkeit, die 24 bis 48 Stun-
den anhielt. Thyreoidin soll eine Globulinvermehrung hervorrufen
[Deusch (25) u.a.]. Nach Abelin und Sato (26) führen Schilddrüsentabletten
bei Kaninchen und Hammel nach anfänglichem Anstieg zu Abnahme der
Viskosität und des Gesamteiweißes. Thyreoglandol soll bei malignen
Tumoren der Schilddrüse, die eine Globulinvermehrung zeigten, eine
Fibrinogen- und Globulinverminderung und Zunahme der Albuminfraktion
bewirken [Starlinger (27). Roskam (28) gelang es, durch intravenöse
Injektionen von Gelatinelösung das Blut von Hunden globulinarm zu
machen, wobei sich nach Rosin (8) die Gerinnungszeit verkürzt.
Ferner beschreiben eine große Anzahl von Autoren den durch thera-
peutische Maßnahmen bedingten Einfluß von Immunisierung, Eiweiß-
stoffen, Diuretika, Herzmittel, Morphium, Salvarsan, Jod, Adrenalin,
Bestrahlungen, Bäder u. a. auf die chemischen und physikalischen Eigen-
schaften des Blutes.
Wir entnahmen das Blut aus der Vena cubitalis, um Blut
ohne Beimengungen von Gewebssaft zu bekommen. Gewebssaft
beschleunigt die Gerinnung außerordentlich. Bekamen wir beim
Ansaugen der Spritze nicht gleich nach dem ersten Einstich
Blut, so wurde die Venae punctio mit frischer Nadel wieder-
holt. Bei Tieren gewannen wir das Blut aus den Karotiden mit
paraffinierter Kanüle.
Blut aus ungestauter Vene einerseits und Arterien- und Kapillarblut
andererseits verhalten sich nach mehreren Autoren verschieden. Hingegen
sollen keine Unterschiede zwischen Venenblut und arterialisiertem Kapillar-
blut bestehen.
Wir entnahmen das Blut ohne die übliche Stauung.
Stauung erhöht den Eiweißwert (Reiss u. а.), in gleichem Maße die
Viskosität (Alder) und beschleunigt die Gerinnung [Heubner-Rona (29) u. а.].
Kurzes Anstauen soll nach Frisch (30) keine Fehler bedingen. Юа auch
wir durch kurzes Anstauen (Anstauen, bis die Vene gut sichtbar ist, ein-
stechen, Staubinde entfernen und etwas warten) keine Abweichung von
ungestautem Blut finden konnten, entnahmen wir bei den in Tabelle IX
angeführten Kranken das Blut nach kurzem Anstauen, weil sie zum Teil
recht kleine und dünne Venen hatten.
Blutgerinnung. XIV. 359
Es wurde zu allen Versuchen und Bestimmungen immer nur Blut
aus ein und derselben Punktion verwandt.
Hueck (31) fand in keiner Blutprobe mit der nächsten einen gleichen
Eweißwert, fand in Reihen verschiedener Proben hintereinander langsames
Ansteigen der Konzentration.
Ferner wurde darauf geachtet, daß die Spritze sauber und trocken
md die Kanüle glatt war, damit keine mechanische Gerinnungs-
beschleunigung eintrat. Die Spritze und Glasgefäße wurden möglichst
ruhig gehalten und nur Blut verwandt, das leicht aus der Spritze ging.
Spritze und Gläser wurden vor Gebrauch nicht mit wollenem Lappen
abgerieben, da hierdurch eine Störung des isoelektrischen Gleichgewichts
ша damit Gerinnungsbeschleunigung auftrat (Stuber). Glasgefäße und
Pipetten wurden paraffiniert, um mechanische Gerinnungsbeschleu-
nigung und Hämolyse zu vermeiden.
Frisch (30) u. a. betonen, daß Blut zu exakten Untersuchungen nicht
kämolytisch sein darf. Meier (32) fand bei hämolytischem Serum, das er
durch Gefrieren und Wiederauftauen des Blutes gewonnen hatte, Erhöhung
der Viskosität.
Wir stellten Untersuchungen über die Hämolyse an. Das Blut wurde
durch Gefrieren und Wiederauftauen hämolytisch gemacht, nachdem wir
ш Gegensatz zu Botazzi festgestellt hatten, daß die Konzentration des
Serums durch das Gefrieren allein nicht geändert wird (в. Tabelle III).
Tabelle III.
2.Normales Serum . .| 7,65 | 41 | 36 | 53:47 | 1,748 In
Gefrornes „ ..| 76 | 40 | 36 |52:48 11,750 zae
ohrer
3. Dr. D., 15. V.,
Normales Serum . .! 8,0 5,1 29 | 64:36 | 1,735
Gefrorenes ,, | 8,0 5, 3,0 | 63:37 | 1,745
Wir untersuchten nicht nur das hämolytische Serum und das aus
gleicher Probe gewonnene normale Serum, sondern stellten auch verschiedene
Mischungen der beiden her. Nr. 6 (Tabelle IV) war Zufallsbefund bei Unter-
suchungen an zwei Blutproben, die wir bei ein und derselben Venae punctio
eatnommen und dann auf zwei Gefäße verteilt hatten, wobei die eine Probe
hämolytisch wurde. Wir fanden bei Hämolyse eine Erhöhung des Gesamt-
eiweißes, des Albumins und der Viskosität, Verminderung des Globulins,
starke Verschiebung des Albumin-Globulinverhältnisses zugunsten des
Albumins und Beschleunigung der Gerinnung (s. Tabelle IV).
360 B. Stuber u. W. Ehrich:
Tabelle IV.
‚Gesamt. be i Albumin» |
Fälle | Eiweiß | Albumin | Globulin Globulin, |
| g-Proz. | g»Proz. verhältnis
1. Hund, 2. V.: Normalserum.. . || 9,1 . 4,0 5,1 44 : 56 2,050 Ä
1,0 Normals. : 0,1 hämolyt. Ser. 9,35 4,9 4,45 52:48 2,020:
10 . :02 . g 10,0 6,0-1,0 | 4,0-3,0 | 60- 70 : 40-30 | 2,060
10 „ :04 . e 10,8 7,6-8.6 | 3,2-2,2 | 70- 80 : 30-20 | 2,110
Hämolyt.Serum . . . . .. . | 15,4 13, ‚9—15,4 |1 5-0 90-100 : 10-0 | 2,825
2. Hund, 8.V.:Normalserum . . | 73 2,5 4,8 34 : 66 1,8065 :
1,0 Normals. : 1 hämolyt. Ser. 8,0 3,4 4,6 43:57 1,850
Hämolyt.Serum ....... 8,7 4,35 4,35 50 : 50 1,905
3. Dr. Е. 14. У. : Normalserum . 7,7 41 3,6 53:47 1,748
1,0 Normals. : 1 hämolyt. Ser. | 9,4 6,9 2,5 13:21 1,850
Hämolyt. Serum . . ..... 10,8 9,7 1,1 90:10 1,965
4. Dr. E. 18. V. : Normalserum . | 7,9 5,1 2,8 65 : 35 1,710,
Methode Reiss- Rohrer
| 85 | бв | Эт 68:32 |1165
e S a oe, 561 3,0 67:33 |1895
1,0 Normals. :0,5 hämolyt. Ser. | 9,8 7,0 2,8 71:29 1,900 `
0 „ .:10 „ „ || 10,6 85 | 21 80:20 1,965
Hämolyt.Serum ....... | 13,4 | 10,7-13,4 | 2,7-0 | 80-100 : 20-0 | 2,295
5. Dr. D., 20. V : Normalserum . \ 7,7 52 | 25 68 : 32 1,675
р em E |. Бф res 69:31 |1110
1,0 Normals. :0,1 hämolyt.Ser. ! 8,6 6,2 2,4 72: 28 1,750
10. „ 205. = . | 104 8,3- 8,8| 2,1-1,6 | 80- 85: 20-15 | 1,940 `
Hämolyt.Serum . . . .... ' 15,2 |14,4-15,2| 0,8-0 | 95-100: 5-0 2,650,
"Masse 7 7. ur ов Бо | 39 60:70 |9080
Hämolyt.Serum . . .. ... ' 12,8 | A V — 2,625
Das Blut wurde ferner vor Staubfäden und anderen Verunreini-
gungen geschützt.
In der Literatur wird Gerinnungsbeschleunigung durch Staubfäden,
Änderung der Brechung durch Salzkristalle u. a. beschrieben.
Größere Temperaturschwankungen wurden vermieden, da Kälte
die Gerinnung verlangsamt und Wärme beschleunigt.
Das so gewonnene Blut wurde etwa 1 Stunde stehen gelassen,
abgestochen, das Serum nach 11, weiteren Stunden abgegossen und
10 Minuten zentrifugiert [Reiss (17). Zurückbleibende Spuren von
Blut sollen Viskosität und Brechung nicht beeinflussen [Nägeli (3)].
Wir legten Wert darauf, genau 10 Minuten zu zentrifugieren, da
Abderhalden bei wiederholtem Zentrifugieren und Hueck (31) beim
spontanen Auspressen in den verschiedenen Schichten der Blut-
körperchensäule und des Serums ein verschiedenes Verhalten fanden.
Wir gebrauchten somit Vollblutserum.
Blutgerinnung. XIV. 361
Der Streit, ob sich Plasma- und Vollblutserum verschieden verhalten,
ist vor kurzem durch Hueck (31) in verneinendem Sinne entschieden.
Wir schützten Blut und Serum nach Berger (21) u. a. möglichst
vor Verdunstung.
Wir stellten Versuche über die Verdunstung an und fanden in einigen
Versuchsreihen, die wir im Freien und im Eisschrank bei verschiedenen
Temperaturen verkorkt oder offen aufbewahrten, Erhöhung des Gesamt-
eweißes, der Viskosität und des Globulins, Erniedrigung des Albumins
und somit eine deutliche Verschiebung des Albumin-Globulinverhältnisses
zugunsten des Globulins (s. Tabelle V). Bei längerem Aufbewahren von
48 Stunden fanden wir eine Verschiebung zugunsten des Albumins.
Zur Verhütung der Verdunstung bedeckten wir die Glasgefäße
im allgemeinen mit Stanniol, da wir fanden, daß dieses bei festem Auf-
drücken vollkommen vor Verdunstung schützt. Nur bei den Versuchen
in Tabelle VI überschichteten wir mit Paraff. liquidum.
Blut und Serum wurden immer möglichst bald untersucht, da
Stehenlassen auch unter Luftabschluß die Werte ändert.
Hueck (31) fand bei luftdichtem Stehenlassen des Serums (schon vom
Morgen bis zum Abend) Vermehrung des Gesamteiweißes bis 0,3 Proz.
und Viskositätserhöhung. Wenn es auf dem Blutkuchen stehen blieb,
Veränderungen bis 0,7 Proz. Nach Überschichten mit Paraff. liquid. wurden
die Differenzen geringer, aber oft noch nachweisbar. Wir dagegen fanden
bei Stehenlassen unter Luftabschluß in verschiedenen Versuchsreihen im
Freien und im Eisschrank bei verschiedenen Temperaturen regelmäßig eine
Erhöhung des Gesamteiweißes und des Albumins, eine Erniedrigung der
Viskosität und des Globulins und somit eine Verschiebung zugunsten des
Albumins (s. Tabelle VI). Nach Fertigstellung unserer Arbeit erschienen
zwei Arbeiten von Pe£tschacher (33, 34), in denen er darauf hinweist, daß
das Serum sich nur bei bakteriellem Einfluß in seinem physikalischen
Verhalten ändert. Bei sterilem Arbeiten fand er bei luftdichtem Stehen-
been erst nach längerer Zeit eine Steigerung der Viskosität und der
Ammoniumsulfatfällbaerkeit, während der Eiweißgehalt sich nicht änderte.
Vor jeder Untersuchung wurde schließlich das Serum vorsichtig
umgeschüttelt, da es sich beim Stehen in Schichten mit verschiedener
Konzentration sondert [Hueck (31)].
Bestimmung der Blutgerinnungszeit.
Um die Blutgerinnungszeit in vitro zu bestimmen, bedienten wir
uns der Methode Heubner- Rona (29).
Spencker (35) stellt für eine brauchbare Methode folgende Forde-
nungen auf:
1. Man darf nur Venenblut verwenden. Denn bei Blut, das durch
Bautstich gewonnen wird, ist immer Gewebessaft beigemengt, der die Werte
2. Die verwendete Blutmenge muß immer gleich groß sein, da eine
gößere Menge Blut eine längere Gerinnungszeit aufweist.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 24
B. Stuber u. W. Ehrich
362
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Blutgerinnung. XIV. 363
3. Die Oberfläche des Blutes muß möglichst klein und immer gleich
groß sein, da die Oberfläche die Gerinnungszeit beeinflußt. Kapillaren
sind zu verwerfen, weil ihre Innenfläche unübersehbaren Bedingungen unter-
worfen ist.
4. Die Gerinnungszeit muß bei konstanter Temperatur gemessen
werden, da Kälte die Gerinnung verlangsamt und Wärme sie beschleunigt.
5. Das Blut muß möglichst wenig bewegt werden, da Bewegung ge-
rinnungsbeschleunigend wirkt.
6. Der Gerinnungsvorgang muß in einem abgeschlossenen Gefäß vor
sich gehen, welches das Blut vor Verunreinigungen und Austrocknen
schützt.
1. Die Methode muß einen scharfen Endpunkt haben.
Die Methode Heubner-Rona erfüllt die Forderungen Spenckers.
Sie ist eine Tropfmethode, bei welcher der Augenblick des letzten
Tropfenfalls den Endpunkt der Gerinnungszeit scharf markiert.
Von dem auf oben beschriebene Weise gewonnenen Blute wurden
möglichst schnell nach der Entnahme 5 ccm mit der Tropfpipette auf-
gesogen, diese mit Einsatzgefäß und Aufsatzkapillare versehen und
das Ganze senkrecht in ein Wasserbad von 38°C mit durchsichtigen
Wänden gesetzt. Dann wurde der Hahn so geöffnet, daß das Blut in
regelmäßigen Intervallen von 7 bis 8 Sekunden tropfte. Bei länger
dauernder Gerinnung wurde der Hahn auch vorübergehend wieder
geschlossen. Als Gerinnungszeit wurde die Zeit vermerkt, welche von
der Mitte des Beginns und des Endes des Übertritts des Blutes in dıe
Spritze bis zum Augenblick des letzten Tropfenfalls verstrich.
Vom Vorwärmen der Spritzen, Bechergläser und Apparate wurde mit
Heubner-Rona (29) abgesehen.
Als normale Gerinnungszeit fanden wir auf diese Weise im Mittel
114 Minuten [Heubner-Rona (29) im Mittel 5 Minuten, Spencker (35)
91, bis 101% Minuten).
Ob das Alter Einfluß auf die Gerinnungszeit hat. ist umstritten. fAuch
scheinen Unterschiede zwischen verschiedenen Tieren zu bestehen.
Bestimmung der Serumeiweißkörper und der Viskosität des Serums.
Auch hier gibt es eine Reihe von Methoden. sStarlinger und
Bed (36) haben kürzlich ihre wichtigsten (die gravimetrischen,
kjeldahlometrischen und auf optischen Eigenschaften beruhenden)
einer eingehenden Prüfung unterzogen. Wir entschlossen uns aus
weiter unten angeführten Gründen zu den Methoden von Robertson
md Reiss- Rohrer.
Die Robertson-Methode beruht auf Feststellung der Brechung
des Serums, desselben nach Ammoniumsulfathalbfällung und der Rest-
refraktion, und auf Errechnung der Eiweißwerte aus diesen Brechungs-
werten.
24 *
364 B. Stuber u. W. Ehrich:
Die technischen Fehler beim Ablesen der Brechungswerte betragen
nach Reiss, Starlinger und Нату 0,05 Skalenteile = 0,01 g-Proz. Eiweiß,
nach Berger und Petschacher (37) 0,1 Skalenteile, sind also zu ver-
nachlässigen.
Auch Bedenken, daß bei Essigsäurekochfällung Nichteiweißkörper
mitgerissen werden, oder die Ausfällung der Eiweißkörper nur unvollständig
erfolgt, oder daß bei der Ammoniumsulfatfällung Albumine mitgerissen
werden und daß das Präzipitatvolumen und etwaige Unterschiede in der
Salzverteilung zwischen Niederschlag und Lösung keine Berücksichtigung
fänden, sind widerlegt worden (Starlinger und На u. a.).
Anders verhält es sich aber mit den grundsätzlichen Annahmen der
Methode. Die erste, daß die Gesamtrefraktion gleich der Summe der Teil-
refrektionen ist (Robertson, Reiss, Berger und Petschacher) wird von
Starlinger und Hartl bestätigt. Die zweite Annahme aber, daß Gesamteiweiß
und die einzelnen Eiweißgruppen eine einheitliche konstante spezifische
Refraktion besitzen, wird von ihnen abgelehnt [desgleichen von Berger
und Petschacher (37)].
Die Größe der Gesamteiweißkonzentration hatte nach Sitarlinger und
Hartl bei 77 Seren eine Ausschlagsbreite von 0,00439 = !/,„ des Mittel-
wertes, die Größe der spezifischen Refraktion des Gesamteiweißes bei
69 Seren eine solche von 0,00079 = ?/, des Mittelwertes.. Die Ausschlags-
breite der spezifischen Refraktion der Ammoniumganzfällung betrug in
isolierten Lösungen bei sechs Seren 0,00067 == ?/„ des Mittelwertes, in
mischen (in Anwesenheit von Ammoniumsulfat) bei 23 Seren
0,00183 = fast die Größe des Mittelwertes, der Ammoniumhalbfällung
in isolierten Lösungen bei sieben Seren 0,00098 = Zi, in Lösungsgemischen
0,00267 = größer als der Mittelwert. Hingegen waren die Abweichungen
der Bestimmung zu vernachlässigen.
Auch der Vergleich zwischen Robertson und maßanalytischen Werten
war unbefriedigend. Starlinger und Hartl fanden bei 66 Seren in drei Fällen
keine Differenzen, 19mal Robertson größer und viermal die gravimetrischen
Werte höher. Desgleichen bei Vergleich der einzelnen Eiweißfraktionen:
und zwar bei Ammoniumsulfathalbfällung bei 25 Seren einmal diese gleich
dem gravimetrischen Wert, l4mal die gravimetrischen Werte höher und
zehnmal niedriger, und bei Ammoniumsulfatganzfällung einmal keine
Differenzen, zehnmal die Robertson-Werte niedriger und l4mal höher.
Die Kritik Starlinger uad Hartls lautet also recht ungünstig.
Die zweite von uns verwendete Methode, die kombinierte Viskosi-
refraktometrie von Reiss-Rohrer, beruht auf der Bestimmung des
Gesamteiweißes mittels des Pulfrichschen Instruments und der Feet,
schen Tabelle und der einzelnen Eiweißkörper mittels Feststellung
der Viskosität mit dem Apparat von Hess und der Rohrerschen Tabelle.
Die erste Voraussetzung der Gesamteiweißbestimmung nach Reiss,
daß die Gesamtrefraktion gleich der Summe der Teilrefraktionen ist, wurde
oben bestätigt. Die zweite, daß das Gesamteiweiß eine einheitliche konstante
spezifische Refraktion besitzt, wurde oben als unrichtig bezeichnet. Die
dritte schließlich, daß die Refraktion, d. h. die Brechung der Nichteiweiß-
körper als konstant anzusehen ist, wurde von Starlinger und Hartl ebenfalls
als unrichtig erkannt.
Blutgerinnung. XIV. 365
Sie fanden bei 77 Seren eine Ausschlagbreite der Restrefraktion von
0,00168 = %, des Mittelwertes, während die mittleren Abweichung ihrer
Bestimmung zu vernachlässigen war. Ganz ungenau soll sie bei Urämie,
Ikterus, Coma diabeticum, Lipämie u. a. sein [Hueck (31) u. а.).
Im Vergleich von Reiss und maßanalytischen Werten fanden sie bei
79 Seren Unterschiede von 0,1 bis 2,5 Proz. Gesamteiweiß, zwischen Reiss
und Robertson bei 28 Seren die Reiss-Werte größer als die Robertson-Werte.
Die erste Voraussetzung der Bestimmung der einzelnen Eiweißkörper
sach Rohrer, daß die beiden Eiweißgruppen eine konstante, einheitliche,
untereinander verschiedene Viskosität besitzen, ist unbewiesen. Die
spezifische Viskosität scheint zu schwanken [Berger und Petschacher (37) u.e.].
Nach Starlinger und Hartl sagt die Viskosität eines isolierten Eiweißkörpers
nichts über die Viskosität eines nativen Serums aus.
Die zweite Voraussetzung, daß der auf die Nichteiweißkörper entfallende
Anteil der Gesamtviskosität konstant ist, scheint richtig zu sein (Sitarlinger
und Hartl u. a.).
Die dritte schließlich, daß die Viskosität der Eiweißkörper keiner
Beeinflussung durch die Nichteiweißkörper. unterliegt, muß als unwahr-
scheinlich angesehen werden (Starlinger und Hartl u. ol
Starlinger und Нати fanden bei 25 Seren im Vergleich zwischen Gravi-
шене und oke Methode 18mal Globulin-Rohrer kleiner, sechsmal
erößer als die gravimetrisch ermittelten Werte und einmal keine Differenz.
Im Vergleich zwischen Rohrer- und Robertson-Methode fanden sie bei 27 Seren
sehnmal Globulin- Rohrer größer und 17mal kleiner als die Robertson-Werte.
Starlinger und Hartl lehnen somit die kombinierte Viskosirefrakto-
metrie von Reiss-Rohrer vollkommen ab. Die Methoden arbeiten also
mit erheblichen Fehlerquellen. Für unsere Fragestellung fielen die-
selben weniger ins Gewicht, da es sich für uns nur um Vergleichswerte
handelte.
Die Reiss-Rohrer-Methode verwandten wir nur bei Untersuchung
von Veränderungen ein und desselben Blutes oder Serums oder als
Vergleichsmethode oder bei Erwartung größerer Ausschläge und zu
orientierenden Zwecken.
Die Robertson-Methode hingegen gebrauchten wir auch zu Ver-
gleichsbestimmungen an verschiedenen Seren. Unsere Resultate in
Tabelle IX sprechen dafür, daß sie mindestens in den Globulinwerten
bei Umrechnung in Grammprozente für unsere Untersuchung aus-
reichend war.
Schon Starlinger und Hartl (36) geben zu, daß die Robertson-Methode
zu orientierenden Zwecken oder bei Erwartung größerer Ausschläge bei
Umrechnung in Grammprozente eventuell brauchbar sei. Rohrer (38)
ҺИ seine Methode bei normalen Seren für brauchbar, desgleichen
Wanner (39). Nach Schindera (40) liefert Robertson relativ genaue Werte.
Nach e Frey (41) mag die Rohrer-Methode an ein und demselben Serum
geeignet sein, desgleichen nach Neuschloss und Trelles (42). Hueck (31)
findet im allgemeinen Bestätigung der Reissschen Werte bei normalen Seren,
wihrend er die Albumin-Globulinbestimmung mit größter Vorsicht auf-
fsßt. Nach Petschacher (20) ist Robertson hinreichend genau. Nach Berger
366 B. Stuber u. W. Ehrich:
und Petschacher geben beide Methoden dem Sinne nach richtige Werte,
und zwar Robertson besser als Rohrer. Die reinen Refraktionswerte und
Werte der Viskosität hingegen werden nirgends geschmälert.
Methodische Ausführung der Reiss- Rohrer-Methode.
Zunächst wurde das Serum umgeschüttelt und ein großer Tropfen
desselben in das Pulfrichsche Eintauchrefraktometer gebracht und
dieses in ein Wasserbad von 17,50 С getan.
Schwankungen der Temperatur von 0,5° bedingen nach Kupel-
wieser (43) u. a. Schwankungen von 0,04 Skalenteilen, sind zu vernach-
lässigen.
Es wurde immer auf möglichst gleiche Spiegelstellung geachtet,
da diese von Einfluß sein soll. 10 bis 15 Minuten nach Einstellung
wurden die Skalenteile abgelesen. Bei Doppelbestimmungen erhielten
wir so stets übereinstimmende Werte. Die so gefundenen Werte wurden
dann mittels der Reissschen Tabelle in Eiweißprozente umgerechnet
und diese auf eine Stelle nach dem Komma abgerundet. Von Zeit
zu Zeit wurde das Refraktometer mit Aqua dest. justiert.
Das gleiche Serum wurde zu gleicher Zeit mit dem Zessschen
Viskosimeter untersucht. Mit dem in die absolut sauberen und trockenen
Ersatzröhrchen aufgesogenen Serum wurde zunächst der Apparat vor-
gespült. Dann wurden mit frischen Ersatzröhrchen mindestens zwei
Messungsserien von mindestens fünf Messungen ausgeführt, die ver-
worfen wurden, wenn Differenzen von über 0,01 Skalenteilen auftraten.
Es wurde darauf geachtet, daß keinerlei Störungen auftraten, wie
Luftbiäschen, ungenügendes Auswaschen des Ammoniaks, körperliche
Teilchen, Flüssigkeit im Verbindungsrohr, verschiedene Länge der
Flüssigkeitssäule. Die Messungen wurden bei Temperaturen von
17 bis 280 ausgeführt.
Schwierig war die exakte Ablesung der zweiten Dezimale, be-
sonders deswegen, weil ja vier Ablesungen bei jeder Bestimmung nötig
sind [Hueck (31)]. Man muß darauf achten, daß man das Auge, mit
dem man abliest, immer genau senkrecht über den betreffenden Teil-
strich hält. Schwierig ist auch das Ansaugen, das möglichst immer
unter gleichem Druck erfolgen muß.
Die so gefundenen Werte wurden dann mittels der Rohrerschen
Kurven in das Albumin-Globulinverhältnis umgerechnet und hieraus
und aus dem nach Reiss bestimmten Gesamteiweiß Albumin und
Globulin in Grammprozenten errechnet.
Von Zeit zu Zeit wurde der Hesssche Apparat mit Aqua dest.
auf seinen Nullpunkt geprüft.
Blutgerinnung. XIV. 367
Methodische Ausführung der Robertson-Methode.
Zu gleicher Zeit wurde gleiches Serum und n/25 Essigsäure zu
gkichen Teilen zusammengetan und über der Flamme unter Luft-
abschlußB aufgekocht.
Bei allen Abmessungen mit Pipetten wurde auf peinlichste Sauberkeit
gschtet. Den Pipetten darf kein Fett anhaften, da sonst Flüssigkeit
зл ihr haften bleibt und dadurch die Abmessung vollkommen ungenau
vid. Nach gründlicher Säuberung unter der Wasserstrahlpumpe wurden
se mit Aqua dest. durchgespült und gründlich getrocknet. Rei
mit Alkohol und Äther ist zu verwerfen, da leicht Äther zurückbleibt. Man
darf auch stets nur ein und dieselbe Pipette bei solchen Abmessungen
benutzen und muß stets genau ablesen. Auch sind beim Abmessen der hoch
lchtbrechenden Flüssigkeitamengen Temperaturdifferenzen zu vermeiden
(Berger und Petschacher).
Nach Ausfällung der Eiweißkörper wurde die überstehende Flüssig-
keit abgegossen, 10 Minuten zentrifugiert und die Restrefraktion
bestimmt. Größere einzelne Fällungsteilchen sollen die Brechung
nicht beeinflussen.
Ferner wurden gleiche Teile kalt gesättigter Ammoniumsulfat-
lösung und Serum zusammengetan und unter Stanniolverschluß
mindestens 1 Stunde stehengelassen. Nach 20 Minuten Zentrifu-
gerens wurde die überstehende Flüssigkeit abgehebert, mit gleicher
Menge Aqua dest. versetzt und die Brechung bestimmt. Es wurden
tets Doppelbestimmungen ausgeführt und Schwankungen von mehr
als 0,5 Skalenteilen verworfen. Gleichzeitig wurde immer die Brechung
der Vergleichsflüssigkeiten bestimmt.
Die so gefundenen Werte wurden dann nach Berger und Pe-
schacher (37) in Gesamteiweiß, Albumin, Globulin und das Albumin-
!obulinverhältnis umgerechnet. Zum Schluß errechneten wir die
„spezifische Viskositätserhöhung“ nach Peschacher, eine Zahl,
die die Viskosität von 1 g-Proz. Gesamteiweiß des jeweiligen Serums
angibt.
Als normale Werte fanden wir auf diese Weise mit der Reiss-
Rohrer-Methode für Gesamteiweiß bei 15 männlichen Seren im Mittel
7.9 Proz., für Albumin 4,7 Proz., Globulin 3,1 Proz., für das Albumin-
G'obulinverhältnis 60:40 und für die Viskosität 1,734, bei drei weib-
lichen Seren im Mittel 8 Proz. Gesamteiweiß, 4,1 Proz. Albumin,
39 Proz. Globulin, 53:47 Albumin-Globulinverhältnis und 1,801
Viskosität. Mit der Robertson-Methode fanden wir als Normalwerte
bei sechs männlichen Seren 6,9 Proz. Gesamteiweiß, 4,7 Proz. Albumin,
23 Proz. Globulin und 67 : 33 Albumin-Globulinverhältnis. Als Normal-
wert für die „spezifische Viskositätserhöhung‘‘ fanden wir bei sechs
Rännlichen Seren 0,104 im Mittel.
368 В. Stuber u. W. Ehrich:
In der Literatur finden wir als Normalwerte für die Methode: Beiss-
Rohrer: GesamteiweißB 6,2 bis 9,4 Proz., Albumin-Globulinverhältnis
80 bis 53: 20 bis 47, Viskosität 1,51 bis 2,1, für die Robertson-Methode:
Gesamteiweiß 5,8 bis 8,6 Proz., Albumin 4 bis 6,8 Proz., Globulin 1,3 bis
8,5 Proz., Albumin-Globulinverhältnis 95 bis 60:5 bis 40. Die Werte
scheinen nach Literaturangaben dem Alter nach verschieden zu sein. Auch
zwischen den verschiedenen Tierarten scheinen beträchtliche Unterschiede
zu bestehen. Schließlich erwähne ich noch, daß Handowesky (44) im Sommer
mehr Albumin, im Winter mehr Globulin fand, daß hingegen die Höhenlage
ohne Einfluß sein soll.
Fibrinogenbestimmung.
Zur Fibrinogenbestimmung benutzten wir die Methode von Winter-
ж. Sie scheint uns von den vielen beschriebenen Methoden die ge-
eignetste zu sein. Mit dem Pulfrichschen Eintauchrefraktometer wird
der Brechungsindex von Hirudinplasma und dem dazu gehörigen
Serum bestimmt und aus der Differenz das Fibrinogen in Gramm-
prozenten errechnet.
Ihre methodisch-technische Grundlage ist nach Starlinger (45) hin-
reichend genau. Die Fehlerquelle beträgt 0,02 g-Proz. Fibrinogen.
Auch der Einwand, daß das in Substanz zugesetzte Hirudin das
Brechungsvermögen des Plasmas ändern könnte, ist widerlegt (Starlinger).
Ferner beseitigte Hueck (31) die Hauptbedenken Starlingers (46), der
annahm, daß Vollblutserum und Nativserum in ihren Eiweißverhältnissen
nicht übereinstimmten. Hueck (в. oben) zeigte sehr schön, daß zwischen
с = Seren hinsichtlich ihre.‘ Eiweißverhältnisse keine Unterschiede
en.
Die theoretische Grundlage der Methode von Winternitz beruht auf
der einheitlichen, konstanten und spezifischen Refraktion des Fibrinogens.
Starlinger und Hartl (47) fanden nun, daß diese bei 15 hierüber angestellten
Versuchen mit einer Ausschlagsbreite von 0,00078 um den Mittelwert von
0,001 69 schwankte, daß also von einer einheitlichen spezifischen Refraktion
nicht gesprochen werden kann. Im allgemeinen scheint uns die Methode
hinreichend zu sein.
2ccm des nach obigen Grundsätzen gewonnenen Blutes (von
der gleichen Probe, mit der die übrigen Versuche angestellt wurden)
wurden in ein mit Hirudin in Substanz beschicktes Zentrifugierglas
getan, umgeschüttelt und 5 Minuten zentrifugiert. Von dem ab-
geheberten Hirudinplasma wurde dann sofort ein Tropfen im Pulfrich-
schen Instrument untersucht. Die Anwesenheit von Plättchen im
Plasma soll dessen Brechung nicht beeinflussen (Starlinger und Hartl).
Aus der Differenz der Brechungsindizes dieses Plasmas und des dazu-
gehörigen Serums wurde das Fibrinogen in Grammprozenten durch
Division durch 0,00172 errechnet.
Als Normalwerte werden in der Literatur 0,25 bis 0,6 Proz. Fibrinogen
angegeben. Auch scheinen bei den verschiedenen Tieren Unterschiede zu
bestehen. |
Blutgerinnung. XIV. 369
Versuche.
Um die Rolle des Albumins, Globulins und Fibrinogens bei der
Blutgerinnungszeit zu erforschen, bedienten wir uns zunächst des
Experiments, indem wir diese drei Eiweißkörper darzustellen und Blut
durch ihren Zusatz hinsichtlich der Gerinnungszeit zu beeinflussen
suchten.
Albumin und Globulin gewannen wir durch die Dialyse. Reines,
hämoglobinfreies Serum wurde in Dialysierhülsen getan und in Aqua
dest. gestellt, das Ganze durch Überschichten von Toluol gegen Luft-
zutritt geschützt. Das Wasser wurde zweimal täglich erneuert, bis die
Probe mit Argentum nitr. keine Trübung mehr erkennen ließ, was
etwa in 8 bis 14 Tagen erreicht war. Die überstehende Flüssigkeit
wurde dann filtriert und mit reinem NaCl bis zu einer 0,9proz. Lösung
versetzt.
Bei Zusatz der reinen dialysierten Eiweißfraktionen trat beim Ge-
rnnungsversuch infolge der dadurch bedingten Hypertonie Hämolyse
ud so starke Beschleunigung der Gerinnung auf, daß die Versuche nicht
verwertbar waren.
Als Vergleichsflüssigkeit verwandten wir physiologische Kochsalz-
бешп.
Leider war es auf diese Weise nicht möglich, eine reine Albumin-
sung zu erhalten. Es zeigte sich, daß neben dem Albumin stets
Globulin zurückblieb. Ob bei der Dialyse nicht alles Globulin ausfiel
[Hammarsten (15)] oder ob Teile des Albumins Eigenschaften des
Gobulins annahmen, ist schwer zu entscheiden. Für letzteres spricht,
daß bei der Dialyse sich die absolute Menge des Albumins verminderte,
trotz ausfallenden Globulins das Globulin in der Lösung nicht sehr
stark abnahm und daß schließlich viele Autoren, allerdings nicht un-
widersprochen, vom Übergang des Albumins in Globulin berichten.
Jedenfalls erhielten wir somit eine Lösung, in der die Körper mit
Eigenschaften eines Albumins über die mit den Eigenschaften eines
Globulins mehr überwogen als gewöhnlich, so daß wir bei Zusatz der-
ælben zum Blute eine Verschiebung des Albumin-Globulinverhält-
nisses zugunsten des Albumins erzielten.
Der in der Dialysierhülse zurückgebliebene Niederschlag wurde
mit einer Normalserummenge ausgespült, die gerade ausreichte, um
das Globulin zu lösen.
Wir verwandten Serum zur Auflösung, weil ев uns nur damit glückte,
den Niederschlag wieder in Lösung zu bringen. Physiologische Kochsalz-
sung erwies sich als ungeeignet, weil das Globulin auch nach vielfachem
Filtrieren so lange wieder ausfiel, bis es restlos verschwunden war.
In der Globulin-Serumlösung fand sich dann mit der Robertson-
md Resiss-Rohrer-Methode eine starke Zunahme des Globulins im
370 B. Stuber u. W. Ehrich:
Gegensatz zu dem gleichen Serum ohne Globulinzusatz, das wir als
Vergleichsflüssigkeit benutzten, während das Albumin konstant blieb.
Es glückte zwar auch mit Serum nicht immer, das Globulin wieder
ganz in Lösung zu bringen, besonders nicht nach langer Dialyse. Nach
Hammarsten (s. oben) gehen mehrere Globuline bei Stehen unter Wasser
leicht in Albuminate über, die in Neutralsalzlösungen unlöslich sind.
Die so gewonnenen Lösungen mußten möglichst bald zu Versuchen
verwandt werden, da sich beim Stehenlassen das Globulin nicht in
Lösung hielt. Es wurden nur Lösungen verwandt, in denen das Globulin
gut gelöst war, wegen der Möglichkeit der mechanischen Gerinnungs-
beschleunigung. Vor jedem Versuch wurden die Lösungen doppelt
filtriert.
Das Fibrinogen gewannen wir nach Hammarsten (15). Die so dar-
gestellte Fibrinogenlösung wurde dann filtriert, auf ihren Kochsalz-
gehalt geprüft und bis zur physiologischen Kochsalzkonzentration
verdünnt. Als Vergleichsflüssigkeit verwendeten wir physiologische
Kochsalzlösung.
Beim Zusetzen der Lösungen zum Blute wurde mit peinlichster
Sauberkeit und Genauigkeit gearbeitet. Vor jedem Versuch wurden
die drei Lösungen filtriert. Die Pipetten und Bechergläser wurden
paraffiniert. Zu den Vergleichsbestimmungen benutzten wir immer
ein und dieselbe Pipette.
Zunächst wurden die Lösungen abgemessen und ins Becherglas
getan, dann erst das Blut entnommen und dazugetan, wodurch wir
eine gute Mischung der Lösungen erhielten.
Auf 10 Teile Blut nahmen wir etwa 1 bis 2 Teile ssotonischer
Albuminlösung, zum Vergleich gleiche Teile physiologischer Kochsalz-
lösung. Bei größeren Mengen der Lösung machte eine gute Durch-
mischung mit dem Blute Schwierigkeiten infolge rascher Sedimentierung
der Körperchen.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren nicht eindeutig.
Zum Teil erhielten wir eine Verzögerung der Gerinnung, die ungefähr
der Globulinvermehrung durch die in der Albuminlösung zurück-
gebliebenen Globuline entsprach. Zum Teil erhielten wir eine starke
Gerinnungsbeschleunigung, deren Ursache in der Albuminfraktion
gelegen sein mußte, wobei unentschieden blieb, ob Änderungen des
Dispersitätsgrades der Albuminlösung infolge der Dialyse oder solche
chemischer Art dafür verantwortlich zu machen seien.
Von dem in Serum gelösten Globulin nahmen wir etwa 0,5 bis
1,0 Teile auf 10 Teile Blut. Веі größeren Mengen Globulinlösung
wirkte das in ihr enthaltene Serum so sehr gerinnungsbeschleunigend,
daß die Werte unmeßbar wurden. Die Ergebnisse siehe in Tabelle VII.
Blutgerinnung. XIV. 371
e Tabelle VII.
Reiss-Rohrer
Gesamts |
Eiweiß Albumin | Globulin | Albumin
Globulin- | 7
g-Proz. А ‚ |verhältnis
Gerinnungs»
zeit
1. 11. VII. (Globulin ve 652 Soru vom Hund)
IS Blut G : 2 Serum G .. EN
18 „ „:2 Globulinlösung G ||3 5”
8,9
9,0
4,3
4,1
4,6 | 48:52 | 1,950
4,9 | 45:54 | 1,990
Bei den methodisch einwandfreien Versuchen fanden wir eine
deutliche Globulinvermehrung mit einer entsprechenden (s. Tabelle IX)
Gzrinnungsverzögerung. Bei einem Versuch (mit Kontrollversuch) mit
einer anderen Globulinlösung fanden wir eine Gerinnungsbeschleunigung
von 50 Proz. ohne eine wesentliche Änderung des Globulins, die vielleicht
durch die an die Globuline adsorbierten Phosphatide erklärt werden
kann (s. Hammarsten, S.2), da die Gerinnungsbeschleunigung in gar
keinem Verhältnis zu den Veränderungen der Eiweißkörper stand.
Von der Fibrinogenlösung schließlich nahmen wir 1 bis 3 Teile auf
10 Teile Blut. Größere Mengen ließen sich nicht mit dem Blute mischen.
Die Ergebnisse siehe in Tabelle VIII.
Tabelle VIII.
Gesamt»
‚ Се, Eiweiß | Fibrinogen
Fälle rinnungs-| (Reiss)
| zeit
g-Proz.
1. 28. VII. (Rinderfibrinogen Т) |
10 Blut L : 1 physiologische Kochsalzlösung EN
10 „ :Fibrinogenlösung ......... 3 15”
2. 26. IX. (Rinderfibrinogen II) |
8 Blut G : physiologische Kochsalzlösung . . . | 12 6,6 0,44
8 „ „:Fibrinogenlösung ......... ‚12 15”| 6,6 0,54
Wir sehen also bei methodisch einwandfreien Versuchen eine deutliche
Gerinnungsverzögerung bei Fibrinogenzusalz. Die kurzen Gerinnungs-
zeiten im ersten Falle wurden durch Gewebssaft hervorgerufen, der
bei der Blutentnahme mit in die Spritze geriet.
Wir verwandten hier Albumin, Globulin und Fibrinogen von
Kaninchen, Hunden und Rindern. Da die Ergebnisse mit denen beim
Menschen parallel gehen (s. Tabelle VII bis X), scheint uns gegen die
Verwendung nichts im Wege zu stehen.
Untersuchungen an Gesunden und Kranken.
Bei einem Falle von genuiner Pneumonie fanden wir am Ende
des Fieberstadiums verlängerte Gerinnungszeit, Fibrinogen und Globulin
372 B. Stuber u. W. Ehrich:
vermehrt, Gesamteiweiß erniedrigt, das Albumin-Globulinverhältnis
stark zugunsten des Globulins verschoben.
Guter Übereinklang mit den hierüber vorliegenden Literaturangaben.
Bei einer leichten Bronchopneumonie mit Myodegeneratio fanden
wir normale Werte. Bei einem Typhus in der ersten Krankheitswoche
war das Fibrinogen relativ hoch, das Gesamteiweiß vermindert, Albumin
stark vermindert, Globulin normal und das Albumin-Globulin-Ver-
hältnis zugunsten des Globulins verschoben, bei einem Paratyphus-
rekonvaleszenten sahen wir normale Werte.
Nägeli (3) fand bei Typhus normalen Fibrinogengehalt, Lester, James,
Davidson und Frazier (48) Verminderung.
Bei einem Fall von Meningitis mit hohem Fieber sahen wir ver-
längerte Gerinnungszeit, Gesamteiweiß niedrig normal, Fibrinogen
normal, Albumin stark vermindert und Globulin vermehrt, also eine
Verschiebung des Albumin-Globulinverhältnisses zugunsten des
Globulins. |
Ein Mann mit einer Endokarditis lenta, der gleichzeitig eine Lues
hatte, zeigte normale Eiweißverhältnisse.
Bei einem leichteren Fall von Phthise fanden wir normale Eiweiß-
werte, bei einer exsud. progred. Phthise einer Seite mit Pneumothorax
eine geringe Vermehrung des Fibrinogens und geringe Verschiebung
des Albumin-Globulinverhältnisses zugunsten des Globulins. Eine
exsud. progres. Form mit Knochentuberkulose zeigte Fibrinogen-
vermehrung, Globulingehalt an der oberen Grenze des normalen, Albumin
vermindert, eine starke Verschiebung zur Seite des Globulins und eine
Gerinnungszeit, die an der oberen Grenze des Normalen lag. Eine
Phthise im Endstadium zeigte eine Verminderung des Gesamteiweißes
und Albumins bei normalem Fibrinogen und Globulin, also eine starke
Verschiebung zur Globulinseite. Bei einem Fall von tuberkulöser
Nephritis mit Abszessen und Amyloidose fanden wir Eiweißverminderung
auf Kosten des Albumins und eine starke Vermehrung des Fibrinogens.
Unsere Werte stehen somit in gutem Übereinklang mit der hierüber
vorliegenden Literatur.
Bei Infektionskrankheiten scheint im allgemeinen das Globulin
und die Gerinnungszeit im Inkubationsstadium normal zu sein. Im
Fieberstadium scheint eine Globulinvermehrung mit verlängerter Ge-
rinnungszeit und vermehrtem oder normalem Fibrincgen zu bestehen.
In der Rekonvaleszenz scheinen Globuline und Gerinnungszeit zu
subnormalen Werten zu sinken.
Bei einer tubulären Nephritis sahen wir eine verlängerte Gerin-
nungszeit.
Blutgerinnung. XIV. 373
Globulin und Fibrinogen sollen bei Nephritis normal oder vermehrt
sein, bei verringertem Albumin und Gesamteiweiß. Takasaki (10) fand
normale und verlängerte Gerinnungszeit.
Bei einer beginnenden Schrumpfniere sahen wir niedrig normalen
Globulingehalt und eine niedrig normale Gerinnungszeit, bei einer
fortgeschrittenen sahen wir normale Werte. Beide hatten einen Fibri-
nogengehalt an der oberen Grenze des Normalen. Ein Fall von Schrumpf-
niere mit Herzinsuffizienz und Ödemen zeigte alle Werte erniedrigt bei
normalem Albumin-Globulinverhältnis und Fibrinogen. Веі einem
Fall von perniziöser Anämie, der gleichzeitig eine Lues und Cystitis
aufwies, fanden wir Gesamteiweiß und Albumin erniedrigt bei niedrig
normalem Globulingehalt und Gerinnungszeit.
(Gram (49), (50) und Holzer und Schilling (51) fanden eine verlängerte
innungzseit.]
Bei einem Fall von Polycythaemia vera fanden wir sämtliche
Werte hoch normal.
Vermehrten Globulingehalt und verlängerte Gerinnungszeit fanden
Epstein (52), Laubry und Donner (53), (54), Herrenheiser und Luedin (52).
Hingegen fand Nägeli einen nur geringen Eiweißgehalt und Nägeli, Högler
und Gaisböck (52) beschleunigte Gerinnungszeit.
Hierher gehört ferner ein Befund von Leschke (55) und Rosin (8),
die bei Morbus Werlhof eine normale Gerinnungszeit bei normalem Fibrinogen
Bei einem Fall von Carcinom mit Ikterus fanden wir normale Werte.
Die Angaben in der Literatur berichten von normalem oder vermehrtem
Globulingehalt und vermehrtem Fibrinogen.
Wir sahen in einem Fall von Gravidität niedrig normalen Globulin-
gehalt und eine niedrig normale Gerinnungszeit bei sonst normalen
Verhältnissen.
Hafner (56) fand erhöhtes, Bergmann (57) erniedrigtes Gesamteiweiß.
Nach ersterem ist das Globulin relativ vermehrt, nach Nägel: (3) das
Fibrinogen inkonstan vermehrt.
Zu diesem Abschnitt gehören noch einige Literaturangaben, die von
Parallelen zwischen Gerinnungszeit einerseits und Globulin und Fibrinogen
andererseits berichten. Bei M. Basedow soll nach vielen Autoren das
Globulin vermehrt und die Gerinnungszeit verlangsamt, bei Myxödem das
Fibrinogen vermindert und die Gerinnung beschleunigt sein.
Gegen eine Parallele zwischen Globulin und Fibrinogen einerseits,
Gerinnungszeit andererseits spricht keine von uns gefundene Literatur-
angabe.
Bei der Zusammenstellung unserer Befunde an Kranken und
Gesunden finden wir eine weitgehende Parallele zwischen Gerinnungszeit
einerseits und den Plasmaglobulinen (Globulin + Fibrinogen) anderer-
seite (s. Tabelle IX).
ich
B. Stuber u. W.
374
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Blutgerinnung. XIV. 375
Die mit — versehenen Rubriken wurden wegen Materialmangels
nicht untersucht. Aus der Reihe der Werte fallen nur Fall 15 und 16
heraus. Scheinbar war durch den Ikterus und durch die starke Lipämie
die Brechung so verändert, daß die Eiweißwerte von der refrakto-
metrischen Methode nicht richtig erfaßt wurden.
Tabelle X.
` Ge Gesamt i in | Albumin»
Kaninchen — li Eiweiß Aburn о Globulin» (n) |
_ | zeit xv geProz. | geProz. | g-Proz. | verhältnis
1. Am |13'00°| 69 | 54 |
2. 25. V. 11315 6,0 4,1
3. 29. VI. |15 00 7,0 4,2 : Reiss» Rohrer
4 25. VI. |16 30 6,0 2,7 |
Tabelle X zeigt die gleichen Ergebnisse bei vier von uns unter-
suchten Kaninchen (Karotidenblut), wie wir sie beim Menschen fanden.
Zusammenfassung.
Wir sahen schon in der Literatur Parallelen zwischen der Ge-
rinnungszeit und den Plasmaglobulinen, dem Globulin und Fibrinogen.
Zwischen Globulin und Gerinnungszeit bei der Wirkung von Schild-
drüsensubstanz (S. 355 und 358), bei Eiweißinjektionen (8. 358), bei Gelatine-
injektionen (S. 358), zwischen Gerinnungszeit und Fibrinogen bei Pankreas-
gangunterbindung (S. 355), zwischen Senkungsgeschwindigkeit, Globulin
und Gerinnungszeit bei Scharlach (S. 356) und schließlich bei der großen Fülle
der Angaben über die Werte bei den verschiedenen Krankheiten.
Unsere experimentellen Untersuchungen zeigen, daß man durch
Globulin- und Fibrinogenzusatz zum Blute in vitro eine deutliche
Gerinnungsverzögerung erzielen kann. Damit übereinstimmend er-
gaben die Blutuntersuchungen am Kaninchen und gesunden und
kranken Menschen eindeutig eine Parallele zwischen Gerinnungszeit
und Globulin, besser noch zwischen Gerinnungszeit und den Plasma-
globulinen (dem Serumglobulin + dem Fibrinogen).
Die Versuche und Untersuchungen sprechen dafür, daß die Ge-
rinnungszeit in vitro im allgemeinen sich bei Verschiebung das Albumin-
Globulinverhältnis zugunsten des Globulins erhöht und umgekehrt,
daß sie aber im besonderen von der Menge der Plasmaglobuline
abhängt.
Serumglobulin und Fibrinogen scheinen dabei in gleichem Maße
beteiligt zu sein. Wieweit auch andere Blutbestandteile daran be-
teiligt sind, lassen wir dahingestellt.
376 B. Stuber u. W. Ehrich: Blutgerinnung. XIV.
Literatur.
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Zeitschr. 148, 1924. — 42) Klin. Wochenschr. 2, 1923. — 43) Diese Zeitschr.
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1920. — 51) Deutsch. Arch. f. klin. Med. 189, 1922. — 52) Erwähnt bei
Dehner, Inaug.-Dissertat. Freiburg i. Br. 1925. — 53) Bull. et mém. de la
вос. méd. des höp. de Paris 87, 1921. — 54) Апп. de med.’10, 1921. —
55) Deutsch. med. Wochenschr. 51, 1925. — 56) Arch. f. exper. Pathol. u.
Pharm. 101, 1924. — 57) Zentralbl. f. Gynäk. 48, 1924.
Über die Wirkung der Neutralsalze auf das Durchdringen
der OH’-lonen durch das Pflanzenplasma. II.
Von
Jaan Port.
[Aus dem pflanzenphysiologischen Laboratorium des botanischen Instituts
zu Tartu (Dorpat)].
(Eingegangen am 5. Februar 1926.)
Mit 4 Abbildungen im Text.
Über die Permeabilitätsverhältnisse des Pflanzenplasmas für die
OH’-Ionen sind einige Bemerkungen in den Arbeiten von Pfeffer und
Overton, etwas erweiterte von N. Harvey und Brenner, zu finden. Nach
diesen Angaben können die OH’-Ionen der stark dissoziierten Basen
sehr schwer (ob überhaupt?) in das lebende Plasma eindringen, die
Ionen der schwach dissoziierten aber verhältnismäßig leicht, wobei die
Zellen bei letzteren nicht getötet werden. Nach Lepeschkin wirken die
OH’-Ionen in schwachen Konzentrationen auf das Plasma deshalb
nicht schädigend, weil sie die Denaturation des Plasmas und dessen
Zersetzung verhindern.
Über die Wirkung der Neutralsalze auf das Durchdringen der
OH’-Ionen durch das Pflanzenplasma sind mir die Literaturangaben
nicht zugänglich gewesen. Deswegen wollte ich diese Frage näher
wtersuchen. Die Versuche wurden nach denselben Methoden und
mit demselben Objekt (dunkelvioletten Kronblättern von Viola tricolor
f Dr. Faust) ausgeführt, über welche schon in der ersten Mitteilung
„Über die Wirkung der Neutralsalze usw.“ in dieser Zeitschr. 166,
H. 1/3, berichtet worden ist.
Untersucht ist bisher die Wirkung der Neutralsalze bei NH,OH,
CH,NH,OH und KOH.
1. Die Versuche mit МН, ОН + Neutralsalzen.
Die Versuche wurden mit den niedrigsten Konzentrationen des
NH,OH durchgeführt, und zwar solchen, bei denen die OH’-Ionen noch
nach 1 Stunde in die Zelle hineindrangen : 0,0005 n und 0,001 n. Bei höheren
Konzentrationen dringen die OH’-Ionen so rasch in die Zellen ein, daß man
Biochemische Zeitschrift Band 170. 95
378 J. Port:
das Eindringen nicht mehr genau zeitlich verfolgen kann, ebenso ist es auch
bei diesen Konzentrationen schwerer, die Wirkung der Salze auf die Per-
meabilität des Plasmas für OH’-Ionen zu bestimmen. Die Konzentration
der Salze war 0,1 n, und bei den Versuchen mit gleichem рд 0,1 mol. Nach.
dem das Anthocyan des Zellsaftes von OH’-Ionen in erwähnten Kon-
zentrationen aus dem violetten Ton in blauen umgeschlagen wurde, blieben
die Zellen bei allen Versuchen [außer Mg(NO,),] noch vollständig am Leben
und zeigten sogar dann noch eine gute Plasmolyse, nachdem sie 10 bis
15 Stunden in den Untersuchungslösungen gelegen hatten.
Tabelle 1.
NH,OH + Salze (0,001 bis 0,0005 n NH,ÄOH + 0,1 п Salze).
CNS Br NO, Cı J SO, |CH,COO
TD
ER
ЕЕЕ"
III I I+
iT
In der Tabelle I sind die Versuchsresultate mit N H,O H + Neutralsalzen
zusammengefaßt. |
Hier deuten +-+ und +, daß das Eindringen der OH’-Ionen mit
angegebenem Salze stark bzw. schwach gefördert, — und = schwach
bzw. stark gehemmt wird.
Daraus sieht man 1. daß N H,-Salze das Durchdringen der OH’-Ionen
fördern. Aus den Protokollen ist ersichtlich, daß das Durchdringen der
NH,-Salze in der folgenden Reihenfolge der Anionen zustande kommt:
CNS NO, Oz SO, so daß bei der Anwesenheit des NH,CNS
der Farbenumschlag des Antho-
cyans in blau fast momentan
erfolgt.
2. Die K-, Na-, Li-Salze und
Ca(CNS), hemmen das Durch-
dringen der OH’-Ionen. Die
Hemmung folgt im ganzen nach der
Anionenreihe: CNS < Br < NO,
< С1< J <CH,COO < BU,
3. Die Mg- und Ca- Salze
[ausgenommen Ca(CNS) und
Mg (N O,),.] hemmen stark das Durch-
. dringen der OH’-Ionen.
лал к... Wie die Nitrate auf das Durch-
Abb. 1. dringen der OH’-Ionen wirken,
kann man in Abb. 1 verfolgen,
wo auf der Ordinatenachse die Prozente der Zellen, deren Anthocyan
durch OH’-Ionen umgeschlagen, auf der Abszissenachse die Zeit des Um-
schlags angegeben ist!).
1) Ebenso sind gezeichnet die folgenden Abb. 2, 3 u. 4.
Pflanzenplasma. П. 379
Mg(NO,), wirkt nach 10 bis 15 Stunden auf das Plasma schwach
giftig, die Zellen fangen an zu sterben und die Anthocyanfarbe geht dabei
in grün über. Nach den Angaben von Brenner ist Mg(NO,), auch in neu-
traler Lösung für das Pflanzenplasma giftig. Mit H -Ionen zusammen bzw.
ш saurer Lösung, konnte ich aber keine Giftwirkung des Mg(NO,), kon-
statieren !).
Da die Ba- und Sr-Salze mit NH,OH einen Niederschlag geben, so
and die Angaben dieser Salze mit anderen nicht gut vergleichbar und
deshalb in Tabelle I nicht angedeutet. Die Sr-Salze hemmen sehr stark
das Eindringen der OH’-Ionen in die Zelle, Ba-Salze aber üben eine sehr
schwache Hemmung aus, bedeutend schwächer als die K- und Na-Salze.
Nach 10 bis 15 Stunden kann man bei den Ba-Salzen noch keine Giftwirkung
wahrnehmen, nach 24 Stunden sind aber die Zellen in NH,OH + Ba-
Selzlösungen zugrunde gegangen, während sie in der Kontrollösung noch
vollkommen gesund blieben.
Um festzustellen, wie weit die Neutralsalze die ?y-Konzentrationen
herabsetzen und ob die Permeabilitätsverhältnisse des Plasmas nicht von
OH’-Ionenkonzentrationsveränderungen abhängig sind, wurden bei allen
Versuchslösungen die py-Werte bestimmt.
Tabelle 11.
pu-Tabelle (NH,OH, рд = 7,95), 17,5°C.
In der Tabelle II sind diese рн-Мегіе der 0,001n NH,OH + Salze
(0,1 n) angegeben. рн des 0,001 п МН,ОН ist 7,95. Man sieht aus diesen
Angaben, daß die NH,-Salze, die das Durchdringen der OH’-Ionen fördern,
die OH’-Ionenkonzentration stark herabsetzen. Bei anderen Salzen ist
die Herabsetzung der OH’-Ionenkonzentration geringer und mehr oder
weniger gleichmäßig. Da in reinem NH,OH, bei рн 7,8, die Anthocyan-
farbe verhältnismäßig langsam und schwach ins Blaue übergeht, ist es sehr
eigenartig, daß sie in NH,OH + NH,-Salzlösungen bei py 7,4 jedoch
sehr rasch und stark umgeschlagen wird.
Die anderen Salze, die das Durchdringen der OH’-Ionen hemmen,
Szen die ?p-Werte schwächer herab, als die NH,-Salze, und dabei die
Alkalisalze — die schwach hemmen — auch schwächer (pe etwa 7,8), als
die Mg- und Ca-Salze und Sulfate der Alkalisalze. (рн 7,75—7,7).
So kann man im ganzen den großen Unterschied in den Permeabilitäts-
verhältnissen des Plasmas bei NH,-Salzen (fördern D und Mg- und Ca-Salzen
(hemmen stark!) nicht einfach durch Veränderungen der OH’-Ionen-
konzentrationen erklären.
') J. Port, diese Zeitschr. 166, 105, 1925.
25 *
380 J. Port:
Um die Abhängigkeit der erwähnten Permeebilitätsverhältnisse von
den OH’-Ionenkonzentrationen noch näher zu verfolgen, wurden einige
Serien von Versuchen bei gleichem py angestellt.
Tabelle III.
NH,OH + Salze, рн = 8,0.
CNS Br NO3 С! J so, |CH,C00
NH... ++ FE (eb + |
СЕ (—) | (—) | (—)
Ма...... 1 1 о | | oO
| ЖЕШ Б (—) (—) (—) ı
M...... = = =
Ca See Koran тё. СӘ == ==
In der Tabelle III sind die Resultate der Versuche bei gleichem рр 8,0
angegeben (Konzentration der Salze 0,1 m). Daraus sieht man nämlich,
daß die Ergebnisse im ganzen gleichmäßiger sind, die Verhältnisse bei den
fördernden (NH,-Salzen) und hemmenden Salzen bleiben aber dieselben.
So fördern NH,-Salze verhältnismäßig gleich stark das Eindringen der ОН”.
Ionen in das Plasma. Die anderen Alkalisalze hemmen fast gleich schwach,
während Mg- und Ca-Salze aber eine bedeutend stärkere Hemmung aus-
üben.
Bei dem gleichen py 8,0 ist die Hemmung der Alkalisalze (K-, Ne-, Li-)
bedeutend schwächer geworden (die pp-Werte sind gestiegen !), während man
bei den Mg- und Ca-Salzen fast keine Verminderung in der Hemmungs-
wirkung konstatieren konnte.
Bemerkenswert ist, daß die Wirkungsverhältnisse der Salze in den
erwähnten drei Gruppen bei gleichem рн in jeder Gruppe fast gleich sind,
wie aus der Abb. 2 zu sehen ist.
%
200
0 20 20 40 50 60 Ю Mr.
Abb. 2.
2. Versuche mit CH,NH,OH + Neutralsalzen.
In CH,NH,OH-Lösungen dringen die OH’-Ionen auch leicht in
die Zellen ein, das Plasma wird dabei bei niedrigen Konzentrationen nicht
Pflanzenplasma. П. 38l
beschädigt, ebenso wie in den entsprechenden NH,OH-Lösungen. Da
aber die Amine sehr leicht sich verflüchtigen, so konnten nur verhältnis-
mäßig kurzdauernde Versuche (bis 1 Stunde) durchgeführt werden, ohne
daB die Konzentration der Lösungen — bei zwei- bis dreimaligem Aus-
nehmen der Schnitte — sich nicht bedeutend vermindert hätte.
Tabelle IV.
CH,NH,OH + Salze (0,01рго2. CH,NH,OH + 0,1 n Salze).
С! J Acet. H3 PO, SO: |
ХН,. | + +
K.. | — (-) — 7 —
Na. | — | —
Li . | — | —
ВЬ. — |
Сз . — |
Mg 2 | == == | ==
Ca . | —
In der Tabelle IV sind die Resultate der Versuche mit 0,01ргоз.
CH,NH,OH + Salze 0,1 п zusammengefaßt, aus denen ersichtlich ist:
1. daß wieder, wie bei NH,OH, die NH,-Salze das Eindringen der
OH’-Ionen in das Plasma fördern.
2. Die RK. Na-, Li-, Rb- und Cs-Salze (außer ihren Sulfaten und
Phosphaten) hemmen das Durchdringen der OH’-Ionen durch das Plasma
verhältnismäßig schwach. Auch die Ca-Salze hemmen fast ebenso schwach
(außer СаС1,), so daß man sie auch dieser schwach hemmenden Gruppe
anschließen kann.
3. Stark hemmen Mg-Salze, CaCl, und die Sulfate der Alkalimetalle
(в. Abb. 3).
Die Monophosphate — als saure Salze — neutralisieren die OH’-Ionen,
und deshalb kann man ihnen nicht eine Hemmung durch Veränderung
des Permeabilitätszustandes des Plasmas zusprechen. In bezug auf
382 | J. Port:
Mg(NO,), muß man hier noch erwähnen, daß es nach 15 bis 20 Stunden
eine schwach giftige Wirkung auf das Plasma ausübt.
Tabelle V.
-Tabelle (CH,NH,OH, py = 8,2), 21°C.
WEE 8,0
Ма...... 8,0 8,00 8,1 7,1 7,7
J |
Rb. ..... |
NC WEEN |
Mg...... 70 ` |
OE ызы жуз | 750. 80 | |
Wie die 0,1 mol. Salze die p?n-Werte der CH,NH,OH-Lösungen
(pe 8,2) herabsetzen, kann man in der Tabelle V verfolgen. Hier sind einige
Angaben über die ?y-Bestimmungen angegeben. Die ?y-Bestimmungen
sind hier folgendermaßen ausgeführt: in je 50 ccm CH,NH,OH von pe 8,2
sind entsprechend 0,1 mol. von jedem Salze in Substanz eingeführt, auf-
gelöst und nach 14- bis l5stündigem Stehenlassen рд bestimmt. Da hier
die Salzkonzentration 0,1 mol. ist, so stimmen die Angaben mit den Salzen
der alkalischen Erden nicht ganz mit denen in der Tabelle IV überein,
wo alle Salze 0,1 n sind. Man sieht aus dieser Tabelle, daß die рр-Ұегіе
besonders stark von NH,-Salzen, CH,COONa, Na,SO, und Са (№0,),
herabgesetzt werden, von den anderen Salzen aber verhältnismäßig weniger.
Mit Verminderung der py-Werte durch NH,-Salze kann das schnelle Ein-
dringen der OH’-Ionen bei erwähnten Salzen nicht erklärt werden. wohl
kann man aber auch einige Beziehungen zwischen ?y-Werten und der
Stärke der Herabsetzung des Eindringens der OH’-Ionen feststellen, во
bei NACNS, NaNO, (рн 8,0) schwach, Na,SO, (рн 7,7) stark, ebenso bei
Na NO, und LiNO, (рн 8,0) schwach und Mg(NO,), (рн 7,8) stark. Gewiß
ist hier die Wirkung der Salze auf das Durchdringen der OH’-Ionen nicht
bloß allein durch die Herabsetzung der py-Werte zu erklären, vielmehr
muß man auch durch diese Salze bewirkte kolloidchemische Zustands-
änderungen des Plasmas in Betracht ziehen.
Viel genauere Angaben über die Wirkung der Neutralsalze auf das
Durchdringen der OH’-Ionen bekommt man aus den Versuchen, wo die
Pp-Werte der zu untersuchenden Salz- + CH,NH,OH-Lösungen gleich groß
sind.
Tabelle VI.
CH, NH,OH + Salze bei gleichem pu 8,4.
| CNS | No | a | в |сн,соо] sos
NH... .. ee |
K
о 2 чоо E —)
Na...... (—) (—) (—) (—) (—) (—)
Mg...... == |
Pflanzenplasma. П. _ 383
Tabelle VI gibt einige Resultate von CH,NH,OH + Salze (0 1 mol.)
bei gleichem pe 8,4, die mit den NHOH + Salzen bei gleichem pe 8,0
(Tabelle ПП) ganz übereinstimmend
smd. Man kann auch hier, wie in
der Tabelle III, drei Gruppen von
Salzen unterscheiden:
1. NH,-Salze, die stark fördern,
2. Alkalsalzee hemmen sehr
schwach,
3. Mg- und Ca-Salze hemmen
stark das Durchdringen der OH’-Ionen
durch das Plasma (s. Abb. 4). Esmuß
nur darauf hingedeutet werden, daß
Ca(NO,), hier fast ebenso stark
bemmend wirkt wie Col, 0 20 аи н 0 30Min.
8. Die Versuche mit KOH und Neutralsalzen.
Nach den Angaben von N. Harvey und Brenner dringen die OH’-Ionen,
wie gesagt, sehr schwer in die lebenden Zellen ein. In den von Brenner
ausgeführten Versuchen wurden die Epidermiszellen von Brassica in der
0,02 mol. KOH-Lösung von den OH’-Ionen getötet, unter der 0,01 mol.
Konzentration der Lösung drangen sie aber während der 4 Stunden nicht
mehr in die Zelle ein, so daß Brenner die Konzentration der KOH von
0,01 mol. für das erwähnte Objekt als „kritische“ annahm.
In den von mir ausgeführten Versuchen drangen die OH’-Ionen in
0,05 bis 0,01 n KOH-Lösungen während 1 bis 2 Stunden in die Zellen ein,
wobei die Zellen auch dabei getötet wurden (Anthocyanfarben-Umschlag
ingrün!). Inden 0,005 bis 0,001 n Lösungen aber wurde der Farbenumschlag
des Anthocyans nur nach 8 bis 12 Stunden bemerkbar und die Zellen blieben
nach dem Farbenumschlag noch 1 bis 2 Stunden lang am Leben. Die
Versuche mit 0,1 п Neutralsalzen wurden daher bei 0,00125, 0,0025 und
0,005 n Konzentrationen des KOH ausgeführt. Die Versuche dauerten
bis 24 Stunden.
Tabelle VII.
КОН + Salze.
SN I CNS | мо, | o | Br | 50,
ne Er ee nn ern — 000 — —- — = ne
NH: э жуы a а | 0—1 | 1—5 | 1—5 EN 1—5
gr a BE о В 5 300 1-5 10 100
Кош Жоош. и 60 20 | 90 | 200 120
Ма ж сй ыл ала \ 015 100 300 | 130 130
BO e Жолу. Ый йыз | 200 300 25?
Са we A 300 ı 300
Ман) — 1440 | 1680
Сёз жшж EE 90 220 300
In der Tabelle VII sind die Mittelwerte der Zeit in Minuten angegeben.
in welcher bei 0,005 п KOH 50 Proz. der Zellen ihre Anthocyanfarbe aus
Violett in Blau veränderten bzw. OH’-Ionen durch das Plasma in den Zell-
384 ` J. Port:
saft gelangten. In der reinen 0,005 n KOH-Lösung (Kontrolle) kam in
50 Proz. von den Zellen der Farbenumschlag des Anthocyans aus Violett
in Blau nach 12 Stunden = 720 Minuten zustande.
Aus den in Tabelle VII angegebenen Zahlen sieht man, daß die
Verhältnisse hier viel verwickelter sind, als bei den vorher angeführten
schwachen Basen.
Nur Mg-Salze hemmen bei KOH das Eindringen der OH’-Ionen
durch das Plasma, alle anderen Salze fördern aber. Bei Me (ON О»), drangen
die OH’-Ionen nach 24 Stunden überhaupt nicht in die Zellen ein. Nach
der Stärke der Förderung kann man die Salze in mehrere Gruppen ein-
teilen, nur ist es aber schwer, diese Gruppierungen nach Kationen oder
Anionen durchzuführen.
Man sieht, а) daß sehr stark fördern NH,-Salze, LiCl und LiBr, auch
KNO, und Св, 80,.
b) Stark fördern K-, Na- und Ca-Rhodanide, KCl, NaBr und Li-,
K- und Na-Sulfate.
с) Schwächer fördern LiNO, NaCl, RbCl, CsNO,, CsCl, CaNO, und
auch CaCl,. In den letzterwähnten Salz + KOH-Lösungen sterben die
Zellen in mehr oder weniger kurzer Zeit nach dem Anthocyanfarbenumschlag.
Ba- und Sr-Salze geben mit KOH einen Niederschlag. Von Ba-Salzen
werden die Zellen zuerst getötet, und dann erst findet der Anthocyan-
farbenumschlag von OH’-Ionen in den Zellen statt.
Bei den Permeabilitätsveränderungen des Plasmas für OH’-Ionen
bei KOH kann man die Kationen nach ihren fördernden Wirkungen im
ganzen in folgender Reihe anordnen: МН, > Li > K, Na > Rb>Cs > Ca.
Es ist sehr bemerkenswert, daß nur Mg-Salze hemmend wirken, dabei am
stärksten Mg(NO,),, das auch hier nicht giftig für das Plasma ist (bei
NH,OH und CH,NH,OH ist es schwach giftig !).
KH,PO, das auch hemmend wirkt, neutralisiert nur die OH’-Ionen
(KOH + KH,PO, — K,HPO, + Н,О).
Tabelle VIII.
?u-Iabelle (KOH, рн = 8,15).
ШШ CNS | мо, | с | в | SO, | HPO, |СньСОО
мн... .. | 74 | 740 | 7,0 | 75 | |
Dee. s05 810 | Su `
CSS 805 815, 81 | 80 2 1} 82
Na. ..... 8,10 | 8,15 |
Мұ... ... 805 810 7,7
Са... | sı | 800 810 81
Ва...... \ 8,0 7,30 7,50 7,7 | | |
In der Tabelle VIII sind die рһ-Уегіе des КОН bei Neutralsalzen
angegeben. Aus technischen Gründen (mit erwähntem Komparator konnte
nur pp bis 8,4 bestimmt werden; aus demselben Grunde konnten auch die
Versuche mit gleichem рн nicht ausgeführt werden) sind sie bei bedeutend
niedrigeren Konzentrationen des KOH bestimmt, als sie in den Versuchs-
lösungen waren.
Die angegebenen pg-Werte können nur sehr wenig zu der Erklärung
der Permeeabilitätsverhältnissses bei KOH und Neutralsalzen beitragen,
denn die Verhältnisse sind hier ganz anders als bei NH, OH und CH,NH,OH.
Pflanzenplasma. 11. 385
Es ist besonders eigentümlich, daß hier die Ca-Salze (auch Sr-Salze) das
Durchdringen der OH’-Ionen nicht hemmen. Ob die Verschiedenheiten
bei KOH + Neutralsalzlösungen als etwas besonderes, was die Li-, Sr-
und Ca-Salze anbetrifft, auf die Wirkung der angegebenen K’-Ionen zu
deuten sind, die hier antagonistisch wirken können, oder ob hier noch
andere Gründe zu suchen sind, muß einstweilen offen bleiben.
Zusammenfassung.
l. Die Wirkung der Neutralsalze auf das Durchdringen der ОН”.
Ionen durch das Plasma der Kronblätterzellen von Viola tricolor ist
bei N HOH und CH,NH,OH im großen und ganzen ganz ähnlich, bei
gleichem рн sogar ganz identisch.
a) Die N H,-Salze fördern bei den erwähnten schwachen Basen das
Eindringen der OH’-Ionen in das Plasma nach der Anionenreihe:
CNS > NO, Cl > SO, obwohl sie die pp-Werte stark herabsetzen.
b) Die Alkalisalze (K, Na, Li, Rb, Cs) hemmen das Eindringen der
OH’-Ionen nach der Anionenreihe: CNS NO,, Cl, Вг < SO,
с) Die Mg- und Ca-Salze hemmen stark das Eindringen der OH.
Ionen in die lebenden Zellen.
d) Bei gleichem pa-Werte sind die fördernden und hemmenden
Wirkungen der Neutralsalze in jeder erwähnten Gruppe untereinander
fast gleich groß, so daß hier die spezifische Wirkung der Anionen aus-
bleibt und nur die der Kationen zum Ausdruck kommt.
2. Bei KOH ist die Wirkung der Neutralsalze in oben erwähntem
Sinne viel komplizierter.
a) Nur Mg-Salze hemmen hier das Eindringen der OH’-Ionen in
die Zellen; alle anderen Salze fördern.
b) Am stärksten fördern N H,-Salze, LiCl und Li Вт, am schwächsten
Li NO, NaCl, RbCl, CsCl, Св,80, und Сасі,.
Zum Schluß möchte ich Herrn Prof. Dr. H. Kaho für sein all-
seitiges Entgegenkommen und insbesondere für die Literaturbeschaf-
fung hiermit meinen verbindlichsten Dank aussprechen.
Über die Alkalibindung des Blutserums im Kindesalter.
Von
Josef Csapo und Samuel Henszelmann.
(Aus der mit dem Stefanie-Kinderhospital in Verbindung stehenden
Universitäts-Kinderklinik in Budapest.)
(Eingegangen am 6. Februar 1926.)
Heutzutage ist es allgemein bekannt, daß die Reaktion des Blut-
serums schwach alkalisch ist, und es scheint auf den ersten Blick paradox
zu sein, von der Alkalibindung des Blutserums zu sprechen. Den Haupt-
bestandteil des Blutserums bilden außer den anorganischen Salzen
die Eiweißkörper. Von der Laugenbindung der Eiweißkörper wissen
wir, daß diese von der Reaktion des Mediums stark abhängt. Mit der
Alkalinität des Mediums steigt die Menge des durch die Eiweißkörper
gebundenen Alkalis, um sich schließlich einem Grenzwert zu nähem.
Bei der schwach alkalischen Reaktion des Blutserums haben die Serum-
proteine die maximale Laugenbindung bei weitem nicht erreicht, bei
Steigerung der Alkalinität werden von den Serumeiweißkörpern weitere
Laugenmengen als Eiweißnatrium gebunden, die maximale Laugen-
bindung erfolgt bei einem Hydroxylexponenten von 1,8 bis 1,9. Es haben
sich schon mehrere Forscher [Liebermann, Bugarszky, Manabe- Matula')]
mit ähnlichen Eiweißuntersuchungen beschäftigt, die Laugenbindung
des Blutserums wurde jedoch bisher nicht untersucht. Wir haben uns
also die Frage gestellt: 1. Wie groß ist die Laugenbindung des Blut-
serums, 2. ist eine Abweichung in der Laugenbindung des Blutserums bei
gesunden und kranken Kindern feststellbar ?
Die Bestimmung der Laugenbindung des Blutserums ist viel
komplizierter als die Säurebindung, da wir bisher über kein Reagens
verfügen, welches die Serumproteine mit der an sie gebundenen Lauge
quantitativ ausfällt. Adolf und Spiegel?) beschäftigten sich mit der
Laugenbindung der Albumosen, aus diesen Untersuchungen ist ersicht-
1) Manabe und Matula, diese Zeitschrift 52, 369, 1913.
2) Adolf und Spiegel, ebendaselbst 104, 175, 1920.
J. Csap6 u. S. Henszelmann: Alkalibindung des Blutserums usw. 387
lich, daß die maximale Laugenbindung bei einem Hydroxylexponenten
von 1,8 bis 1,9 erfolgt. Zu unseren Untersuchungen wählten wir eine
ähnliche Laugenkonzentration. Das Prinzip der Methode besteht darin,
daß man aus einer п/10 Lauge durch entsprechende Verdünnung eine
etwa 0,03 п Lösung bereitet. Parallel hiermit wird in einem anderen
Gefäß eine Lauge von gleicher Konzentration hergestellt, bei der Ver-
dünnung wird hier aber 2,5ccm Wasser durch 2,5 ccm Serum ersetzt.
Nun mißt man die Wasserstoffionenkonzentration beider Lösungen.
Aus der Wasserstoffionenkonzentration wird die Hydroxylionen-
konzentration berechnet, welche in der serumhaltigen Lauge geringer
ist als in der serumfreien. Die Differenz zwischen beiden ergibt die
Menge der durch die Serumeiweißkörper gebundenen Lauge.
Methodik.
Aus der Armvene wurden б bis 6 cem Blut genommen und nach Beginn
der Retraktion zenirifugiert. Nach Abpipettierung des Serums bestimmten
wir den Eiweißgehalt mit dem Refraktometer nach Pulfrich und schüttelten
das übriggebliebene Serum 10 Minuten lang, um es mit der Luft zu mischen,
nachher ließen wir das Serum eine halbe Stunde stehen. Während des
Sehüttelns zersetzt sich ein Teil des Na H С Оу, die freie und aus dem Na HCO,
Drei gewordene CO, wird durch das Schütteln entfernt und zwischen der CO,-
Tension des Serums und der Luft stellt sich langsam ein Gleichgewicht ein.
Die CO, stört also bei den Bestimmungen nicht. Hätten wir die Unter-
suchung bei der ursprünglichen CO,-Tension des Serums durchgeführt, so
hätten wir bei der Laugenbindung auch die CO,-Tension in Betracht ziehen
müssen. Wir wollten zunächst den Zusammenhang zwischen der Laugen-
bindung und dem Eiweißgehalt feststellen, deshalb wurde die störende
Wirkung der CO, eliminiert und der Eiweißgehalt in jedem Falle bestimmt.
Von dem auf diese Weise vorbereiteten Serum haben wir 2,5 ccm in einen
Scheidetrichter von 25 ccm Inhalt mit eingeschliffenem Glasstöpsel über-
pipettiert, 7,5 ccm n/10 Lauge hinzugesetzt und mit CO,-freiem destillierten
Wasser auf 25ccm aufgefüllt. Parallel damit wurde in einen zweiten
gleich großen Trichter 7,5 ccm п/10 Lauge pipettiert und mit CO,-freiem
destillierten Wasser auf 25 ccm ergänzt. Wir bestimmten dann die Wasser-
stoffionenkonzentration beider Lösungen auf elektrometrischem Wege,
aus dem erhaltenen Werte berechneten wir die Hydroxylionenkonzentration.
Die Differenz zwischen der Hydroxylionenkonzentration der serumhaltigen
und serumfreien Lösung entsprach der durch 2,5 сст Serum gebundenen
Lauge, welche dann auf 100 ccm umgerechnet wurde. Die durch 100 ccm
Serum gebundene Laugenmenge, ausgedrückt in n/100 Lauge, dividierten
wir durch die Eiweißprozente. Auf diese Weise erhielten wir einen
Quotienten, welcher uns angibt: wieviel Kubikzentimeter n/100 Lauge fällt
auf 1 Proz. Eiweiß, wenn wir das Maximum der Laugenbindung erreichen.
Der Gang der Rechnung. Nehmen wir an, daß 2,5 ccm 7,55 Proz. eiweiß-
haltiges Serum die Hydroxylionenkonzentration von 25ccm Lauge mit
7,9. 10-3 Grammäquivalent verringert hat, 100 ccm Serum würde die
Hydroxylionenkonzentration von 1 Liter Lauge um ebensoviel vermindern.
l Liter Normallauge ergibt im Falle vollständiger Dissoziation 1 Gramm-
äquivalent OH-Ion, folglich entspricht 7,9. 10-3 = 0,0079 Gramm-
388 J. Csapó u. S. Henszelmann:
äquivalent OH-Ion 7,9 ccm Normallauge bzw. 790 ссп n/100 Lauge,
wovon auf 1 Proz. Eiweiß 104,6 ccm n/100 Lauge fällt. Bei den Berech.
nungen müssen wir voraussetzen, daß der Grad der Laugendisoziation.
während die Hydroxylionenkonzentration derselben sich um 7,9.10-3
Grammäquivalent vermindert hat, sich gar nicht oder nur wenig geändert
hatte. Die Genauigkeit der Untersuchungen ist, wenn wir alle Fehlerquellen
in Betracht ziehen, höchstens 6 bis 8 Proz.
Wir haben insgesamt bei 35 Kindern die Untersuchung durch-
geführt, es waren 13 gesunde und 22 kranke Kinder darunter.
1. Gesunde Kinder:
— Gebundene "va | Gebundene |
Nr. Eiweiß Lauge Quotient Nr. | Eiweiß Lauge | Quotient
| Proz ccm | Proz. , cem |
1 | 198 | 880 | 1103 8 " 815 900 110,4
2 | 755 | 790 ' 1046 9 | 7,81 880 112,6
d г 830 ı 80 | 100 10 . 8,60 910 105,8
4 ji 7,70 730 | 94,8 11 781 850 108,8
5 | 7,85 790 100,6 12 7,33 160 103,7
6 | 8,28 820 99,1 13 7,42 760 103,4
7 727 ' 810 : 1072 |
2. Kranke Kinder:
| Gebundene
Nr. | Diagnose | Eiweiß Lauge Quotient
D | Proz. ccm i
T 7 e
1 | Tuberculosis a di 8,82 780 | 88,4
2 | Р Е e" ët 8,28 | 120 | 86,9
3 | а Е \ 8,58 790 | 92,1
d ` S А е. 8,71 | 790 | 90,7
5 | Peritonitis tuberculosa . .| 9,44 | 900 95,3
6 8,49 | 750 | 88,3
7 | Meningitis tuberculosa . . 1010 | 930 | 93,0
8 ' Pleuritis exaudativa . . . 8,56 800 | 93,4
9 | ў Ж TP 8,13 720 88,5
10 М К d) 9,68 900 91,9
11 Е б — 9,85 | 850 86,3
12 | Lues congenita . . .. .: 7,18 680 90,1
3 | „ 5 © 806 760 ' 932
14 5 йб REA | 7,55 | 700 92,7
Юи а L a N 8,35 880 ' 103,5
16 Osteomyelitis acuta .., 8,94 | 810 90,6
17 | Pneumonia crouposa . . .| 7,89 720 | 91,3
18 || Malaria . ........ | 7,11 | 690 98,4
E ` сш у ТЕОРЕ 8,46 782 | 92,4
20 Morbus mac. Werlhofii . . 6,79 720 106,0
21 Purpura simplex . | 8,86 840 94 8
22 Status post encephalitidem | 8,64 820 94,9
Die in der Rubrik gebundene Lauge befindlichen Zahlen bedeuten
die durch 100 ccm Serum gebundene Laugenmenge und diejenigen in
Alkalibindung des Blutserums im Kindesalter. 389
der Rubrik Quotient die auf 1 Proz. Eiweiß entfallende Laugenmenge
ш n/100 Lauge ausgedrückt.
Bei gesunden Kindern binden 100 ccm Serum 730 bis 910 ccm
n/100 Lauge, von welcher auf 1 Proz. Eiweiß 95 bis 110 ccm fallen. Die
Laugenbindung steigt bzw. fällt nach dem Eiweißgehalt. Daß wir
mischen Eiweißgehalt und der Laugenbindung des Blutserums keinen
0 festen Zusammenhang gefunden haben, wie es bezüglich der Säure-
bindung besteht, schreiben wir größtenteils einem methodischen Fehler
га. Wir haben oben erwähnt, daß die Genauigkeit der Methode höchstens
auf 6 bis 8 Proz. zu setzen ist. Es sind zwei Komponenten, welche bei
der Laugenbindung des Blutserums eine Rolle spielen: 1. die Proteine,
2. das NaHCO,. Die zugesetzte Lauge wird im größten Teile durch
die Proteine, im geringeren Maße durch das NaHCO, gebunden. Die
Untersuchungen von Rohonys!), welche bei der CO,-Tension der Luft
ausgeführt worden sind, haben ergeben, daß 100 ccm Serum im Mittel
142 ccm n/100 Na HCO, enthält. Das NaHCO, tritt mit einer chemisch
aquivalenten Menge der Natronlauge in Reaktion nach der chemischen
Geichung: Na HCO, + NaOH = Na,C0O, + Н,О. Um in die Lauge-
bindung der Proteine Einsicht zu gewinnen, muß der oben genannte
\aHCO,-Wert (142 ccm) von den von uns erhaltenen Werten (730 bis
910 ccm) in Abzug gebracht werden. Dann erhält man Werte bloß für
die Laugenbindung der Proteine 588 bis 768 ccm und einen Quotienten
von 77 bis 90. Dieser reduzierte Quotient gibt noch immer keinen Auf-
shluß über die totale Laugenbindungsfähigkeit der Proteine. Die
laugenbindung der Eiweißkörper beginnt, sobald der Wasserstoff-
exponent des Mediums den isoelektrischen Punkt der Serumeiweiß-
körper übertrifft. Der isoelektrische Punkt der Serumeiweißkörper
legt zwischen pg = 4,8 bis 5,6, während der Wasserstoffexponent
des mit der Luft ins Gleichgewicht gesetzten Serums etwa 8,1 bis 8,2
beträgt. Sowohl im nativen als in der genannten Weise vorbereiteten
Serum sind schon zahlreiche Eiweiß-Natriummoleküle vorhanden, es ist
schon eine beträchtliche Menge von Lauge an die Eiweißkörper ge-
binden. Diese Laugenmenge sollte man zu unseren reduzierten Werten
(588 bis 768) addieren, um die totale Laugenbindungsfähigkeit der
Proteine klar zu sehen. Wir werden bei zukünftigen Untersuchungen
auch diese Laugenmenge bestimmen.
Aus den bisherigen Untersuchungen können wir folgendes kon-
statieren: 1. 100 ccm des mit der СО,-Тепвіоп der Luft ins Gleich-
gewicht gesetzten Serums können noch 730 bis 910 ccm n/100 Lauge
binden, bevor das Maximum der Laugenbindung erreicht wird.
2. Der größte Teil der gebundenen Lauge tritt mit den Eiweißkörpern,
!) Rohonyi, Münch. med. Wochenschr. 1920, S. 1466.
390 J. Csapó u. S. Henszelmann: Alkalibindung des Blutserums usw.
der geringere — wenigstens nach den Berechnungen — mit den
NaHCO, in Verbindung, wobei einerseits Protein-Natrium, anderer
seits NaCO, entsteht.
Von den Krankheiten zeigt noch am meisten die Tuberkulose
Pleuritis, eine abfallende Tendenz bei dem Quotienten, auch die Wert
bei Lues sind etwas unterhalb dem Normalwert. Bei Tuberkulose
Pleuritis schwankt der Quotient zwischen 85 bis 95, bei Lues zwischen
90 bis 95. Die Laugenbindung des Blutserums wird außer von dem
Eiweißgehalt noch von dem NaHCO,-Gehalt, eventuell von dem
schon im nativen Serum an die Eiweißkörper gebundenen Alkaligehali
beeinflußt. Von diesen Faktoren bestimmten wir bloß den Eiweiß:
gehalt, die anderen Faktoren ließen wir außer acht, deshalb können
wir uns bezüglich der Ursache der Quotienterniedrigung kein end-
gültiges Urteil bilden.
Durch die Laugen- und Säurebindung der Proteine können wir in
die Menge und das gegenseitige Verhältnis der reaktionsfähigen Amido-
und Carboxylgruppen Einsicht gewinnen. Wir wissen heute über die
Eiweißchemie der Tuberkulose, Lues usw., daß sie einen Globulin-
zuwachs verursachen. Es ist die Aufgabe zukünftiger Untersuchungen,
zu ergründen, ob bei diesen Krankheiten außer den Dispersionsver-
änderungen mit entsprechendem Verfahren strukturchemische Ver-
änderungen nachweisbar sind.
Eine neue Wasserstoffelektrode zur Messung kohlensäure-
haltiger Körperflüssigkeiten, insbesondere des Liquors.
Von
Willy Schmitt.
(Aus der medizinischen Universitätspoliklinik, Leipzig.)
(Eingegangen am 8. Februar 1926.)
Mit 1 Abbildung im Text.
Die Methode Hasselbalchs, nach welcher die wahre Reaktion einer
kohlensäurehaltigen Flüssigkeit in einer Atmosphäre gemessen wird,
die mit der zu messenden Flüssigkeit im Kohlensäuregleichgewicht
steht, erscheint zwar als die idealste, zugleich aber zweifellos als sehr
kompliziert. Einfacher ist die Methode von Michaelis und Rona, wonach
die Messung in einer stehenden Wasserstoffblase geschieht. Aber auch
diese Methode erscheint für häufige und rasche Messungen immer noch
zu umständlich. Daher konstruierte ich eine Wasserstoffelektrode
unter Beibehaltung des Prinzips der stehenden
Wasserstoffblase, mit der ich in zufriedenstellender
Weise arbeiten konnte, so daß ich diese Elektrode
hier beschreiben will.
Als Elektrode dient ein röhrenförmiger Glasbehälter
mit etwa 5cm langem Hohlraum bei aufgesetztem
Glasstopfen, der Durchmesser dieser röhrenförmigen
Glaselektrode beträgt etwa 0,9 cm, ihr Gesamtinhalt
faßt etwa 2,5 bis 3,5 ccm, gleichfalls bei aufgesetztem
Glasstopfen. Die Beschickung der Elektrode kann
nach Abheben des Glasstopfens von oben her geschehen,
während der untere Glashahn geschlossen ist und
durch den oberen geöffneten Glashahn und das gebogene
Röhrchen Wasserstoff in die Gilaselektrode einströmt.
Die Zufuhr des letzteren wird in dem Moment durch —
Schließen des oberen Hähnchens gesperrt, in welchem der Flüssigkeits-
spiegel die Einmündung des gebogenen Röhrchens in die röhrenförmige
Elektrode überschreitet.
Erreicht schließlich der Flüssigkeitsspiegel den freien oberen Rand des
Gefäßee, во wird der Glasstopfen, welcher oben die Klemmschraube, unten
die Platinelektrode trägt, fest in den Schliff des Elektrodengefäßchens
us
208 LIETZE LE'PZIG
392 W. Schmitt:
eingesetzt, wobei keinerlei Luftbläschen sich zwischen Flüssigkeiteinhalt
und Glasstopfen einschieben dürfen; hierzu ist es nötig, daß die Flüssigkeit
möglichst mit einem konvexen Spiegel den oberen Rand des Gefäßes überragt,
so daß beim Einsetzen des Glasstopfens stets etwas Flüssigkeit an der
Außenwand des Elektrodengefäßes herablaufen muß, woselbst man sie mit
Fließpapier abtupfen kann. Nunmehr wird das obere Hähnchen zuerst
und danach vorsichtig und langsam das untere Hähnchen geöffnet, in diesem
Augenblick steigen langsam kleine Wasserstoffbläschen aus dem gebogenen
Röhrchen in das Elektrodengefäß empor, und zwar so lange, bis die Platin-
elektrode nur noch spurweise in die Flüssigkeit eintaucht; währenddem
läuft das entsprechende Flüssigkeitsvolumen durch das untere Hähnchen
ab. Ist der Augenblick des spurweisen Eintauchens der Platinelektrode in
die zu messende Flüssigkeit erreicht, so schließt man umgekehrt zuerst rasch
den unteren, dann den oberen Hahn, schiebt den H-zuführenden Gummi-
schlauch vom Endstück des oberen Hähnchens ab und schüttelt die ganze
Elektrode, worauf dieselbe messungsfertig ist. Sie wird vorteilhafterweise
zu diesem Zweck in eine geeignete, an einem eisernen Stativ befestigte
federnde Metallklemme eingeklemmt, aus der sie infolge ihres geringen
Gewichts bequem ebenso rasch wieder herausgehoben werden kann. Als
Verbindung mit der Kalomelelektrode dient das U-förmige Röhrchen mit
konzentrierter KClI-Lösung, wie es bei der Messung mit der Birnenelektrode
und im strömenden Wasserstoff gebräuchlich ist, indem die vorliegende
Wasserstoffelektrode mit dem vom unteren Glashahne abwärts verlaufenden
und leicht zugespitzten gläsernen Endstück іп den einen Schenkel des
U-Röhrchens eintaucht.
Wie bei den Elektroden nach Michaelis und Rona mit stehender Gas-
blase können auch hier beliebig viel Wasserstoffelektroden nebeneinander
aufgestellt und durch eine kleine Glaswanne mit konzentrierter KCl-Lösung
mit der Kalomelelektrode in Verbindung gebracht werden. Auch die
Reinigung der Elektrode ist nach Abheben des Glasstopfens und Öffnen
beider Hähne denkbar einfach. Die Wasserstoffzuführung geschieht durch
das obere Hähnchen vermittelst eines Gummiverbindungsstückes vom
Kippschen Apparat her, dasselbe kann, wie gesagt, noch vor Beginn der
Messung wieder entfernt werden. Sehr zu beachten ist ein absolut dicht
schließender Schliff am Glasstopfen, auch nur im geringsten wackeinde Stopfen
beweisen die Undichtheit des Schliffes und damü die Kommunikation der
Gasblase mit der Außenlufl. Man kann allenfalls den Stopfen am Schliff
ein wenig mit guter Vaseline versehen. Auch der untere Hahn bleibt wie
der obere während der Messung geschlossen, da die zwischen den Hahn-
schliffen befindlichen Flüssigkeitsreste ebenso wie an der Birnenelektrode
vollauf zur Stromfortleitung genügen. Auf Anraten des Herrn Prof. Drucker
vom chemisch-physikalischen Institut der Universität Leipzig verwende
ich bei der stehenden Gasblase nicht die sonst im strömenden Gase in der
Birnenelektrode so sehr bewährte und dauerhafte Drucker sche iridinisierte
Goldelektrode, sondern die Platinmohrelektrode, um die richtigen pg-Werte
zu erreichen.
Ganz besonders ist nun diese Form der Wasserstoffelektrode zur Messung
nativen Liquors sowie anderer kohlensäurehaltiger Flüssigkeiten geeignet, sofern
dieselben nicht zu schnell gerinnen. Zur Liquormessung wird das Elektroden-
gefäß bei entferntem Glasstopfen und offenen Hähnen vermiltelst des zu-
gespitzten gläsernen Endstückes am unteren Hahn durch ein kurzes Gummi-
verbindungsstück mit der im Duralsack sitzenden Lumbalpunktionskanüle
Neue Wasserstoffelektrode. 393
verbunden, und zwar am einfachsten gleich mit demselben Gummiver-
bindungsstück, mit dem bei der vorangegangenen Druckmessung das Steig-
rohr verbunden war; durch seinen Eigendruck, wobei man durch -leichtes
Senken der Elektrode nötigenfalls nachhelfen kann, steigt nun der Liquor
im Elektrodengefäß bis zum freien Rand empor, gleichzeitig aber auch durch
das ganze gebogene Röhrchen und das daran anschließende, gleichfalls
offene Hähnchen hindurch bis an dessen freie Öffnung, woselbst der Liquor
hervortritt und abzutropfen beginnt. Jetzt wird das untere Hähnchen
geschlossen, der Glasstopfen fest in den Schliff des Elektrodengefäßes ein-
gesetzt und zuletzt das obere Hähnchen verschlossen; es ist also hierbei
darauf zu achten, daß die zu messende Flüssigkeit auch das gebogene
Röhrchen vollständig ausfüllen muß. Hat man nun die Elektrode in ihre
Metallklemme am Gestell verbracht, so wird bei sehr reichlich strömendem
Waserstoff das Gummiverbindungsstück des Kippschen Apparats an
das freie Ende des U-förmigen Röhrchens angesteckt und nunmehr das
Gas in der oben bereits beschriebenen Weise eingeleitet, wobei aber in diesem
Falle der Liquor aus dem gebogenen Röhrchen zunächst in das Elektroden-
eefäß durch den Wasserstoff hineingedrückt wird. Dadurch, daß hierbei
einerseits das gebogene Röhrchen mit dem Hähnchen liquorhaltig ist und
andererseits dem Gummiverbindungsstück im Augenblick des Anschaltens
an das freie Ende des gebogenen Röhrchens sehr reichlicher Wasserstoff
atströmt, wird vermieden, daß sich im Moment des Schlauchanschlusses
Luft beimischt.
Ein nennenswerter CO,-Verlust ist während des Aufsteigens des Liquors
m Elektrodengefäß in den wenigen in Frage kommenden Augenblicken
ucht zu erwarten, da ja der Stopfen sofort dicht aufgesetzt wird. Allenfalls
kann man vor dem Einlassen des Liquors in das Elektrodengefäß von oben
ber einige Tropfen Paraffinum liquidum einpipettieren, durch welche der
aufsteigende Liquor von der Berührung mit der Luft abgehalten wird,
man muß dann darauf achten, daß der Stopfen erst dann in das Elektroden-
gefäß eingesetzt wird, nachdem das Paraffinum liquidum durch die empor-
steigende Liquorsäule aus dem Elektrodengefäß herausgedrängt worden ist.
Im übrigen kommt eine vorübergehende Berührung mit der Außenluft
nur noch am freien Ende des gebogenen und ziemlich englumigen Glas-
führchens in Frage, die man jedoch auf ein Minimum reduzieren kann, wenn
man sofort an die Liquorentnahme die Wasserstoffeinleitung anschließt.
Die Handhabung ist also praktisch sehr einfach und sauber und zeichnet
sich vor allem auch dadurch aus, daß die kleine handliche, bequem transportable
Elektrode unmittelbar am Krankenbett an die im Duralsack steckende Kanüle
angeschlossen werden kann. Willman Gummi als Verbindungsstück zwischen
Punktionskanüle und Elektrode vermeiden, so wird sich zweifellos mittels
ener Zweiwegekanüle auch ein Glasverbindungsstück mit dicht
en Schliffen an Punktionskanüle und Elektrode konstruieren
n.
Meine mit dieser Elektrode gemessenen Werte des nativen Liquors
ergaben Pa-Werte, welche zwischen 7,4 und 7,8 lagen. Im Eisschrank
ın mit Wattebausch in üblicher Weise verschlossenen Röhrchen aufbewahrt,
ergaben dieselben Liquors bereits am nächsten Tage einen um etwa 0,3
größeren Exponenten und am übernächsten Tage fast regelmäßig einen
De von 8,0 bis 8,5. Meine Werte, die ich an Liquors verschiedener nosologi-
scher Provenienz sowohl wie an Normalliquor gewonnen habe und die
in dieser Mitteilung nur als summarische Durchschnittswerte aufzufassen
Biochemische Zeitschrift Band 170. 26
394 W. Schmitt: Neue Wasserstoffelektrode.
sind, decken sich annähernd mit denen von Eng, Bisgaard, Sahlgren
‘kolorimetrisch), Brock (kolorimetrisch), Waliner, Behrendt, Meier, Pearson,
Shearer. Alle höheren Werte, wie z. В. die von Polany (Py 10,0), Presser
und Weintraub (рь 8,7 als Normalwert) sind wohl zweifellos ohne genügende
Berücksichtigung des CO,-Verlustes des Liquors vor oder während der
Messung gewonnen worden.
Zum Schluß sei noch bemerkt, daß es sich empfiehlt, die Platinelektrode
nicht länger als 3 bis 4 mm zu halten, damit die Wasserstoffblase nicht zu
groß wird im Verhältnis zur Flüssigkeitemenge der Elektrode. Denn je
höher die Flüssigkeitssäule und je kleiner die Gasblase, um so geringer der
Messungsfehler, welcher dadurch entsteht, daß bei dem Eintreten des Kohlen-
säuregleichgewichts ein minimaler Teil der in der Flüssigkeit enthaltenen
Kohlensäure in die Gasblase übergeht.
Die Elektrode wird geliefert von der Firma Robert Götze, Leipzig,
Glasinstrumente, Nürnbergerstraße 56.
Literatur.
1) Behrendt, diese Zeitschr. 144, H. 1/2, 1924. — 2) Bisgaard.
ebendaselbst 58, 1, 1914. — 3) Brock, ebendaselbst 140, 591, 1923. —
4) Hasselbalch, ebendaselbst 80, 1910/11; 78, 112, 1917. — 5) Meier, eben-
daselbst 124, 137, 1921. — 6) Michaelis und Rona, ebendaselbst 18, 317,
1909. — 7) Pearsons und Shearer, Journ. of physiol. 54, 62, 1920. —
8) Presser und Weintraub, Zeitschr. f. Immun. u. exper. Therap. 88, 317.
1922; 86, 34, 1923. — 9) Sahlgren, Münch. med. Wochenschr. 69, 618, 1922.
— 10) Waliner, diese Zeitschr. 149, 145, 1924.
Über Bedingungen der autolytischen Ammoniakbildung
in den Geweben.
Von
Georg Popoviciu (Cluj).
(Aus der Heidelberger Kinderklinik.)
(Eingegangen am 8. Februar 1926.)
Mit 5 Abbildungen im Text.
Die Ammoniakbildung ist ein Gewebsprozeß, der nach früherer
Auffassung lediglich in der Leber stattfinden sollte [Nencki- Pawlow!)].
Die Versuche Nash und Benedicts?) wiesen aber schon auf die Niere hin
und nach neueren Untersuchungen Warburgs 3), Meyerhofs*) und Grafes®)
atsteht Ammoniak in allen Organen. Diese Befunde sind für die weitere
Forschung über die Bedingungen, unter denen Ammoniak im Organismus
геі bzw. ausgeschieden werden kann, von grundlegender Bedeutung.
die im Organismus entstandene Ammoniakmenge und dessen
Rolle im Stoffwechsel werden aus der Gesamtsäureausscheidung im Urin
Schlüsse gezogen [Оубғду %)]. Die Gesamtsäureausscheidung wird durch
das Verhältnis von zwei Faktoren bestimmt: das im Urin ausgeschiedene
Ammoniak und die titrierbare Acidität, die hauptsächlich durch die
Phosphatsalze getragen wird. Nun haben sich für die Entstehung der Phos-
phate durch die jüngsten Versuche @yörgys”), der ihre Bildung in den
\ierenzellen [vgl. auch Eichholz®)] sowie in allen anderen Organen bewies,
ñt faßbare Bedingungen feststellen lassen.
!) Siehe einschlägige Literatur bei Nash und Benedict und bei Parnas
und Heller.
!) Nash und Benedict, Journ. of biol. Chem. 48, 463, 1921.
) Warburg, Posener und Negelein, diese Zeitschr. 152, 309, 1924.
© Meyerhof, Lohmann und Meier, ebendaselbst 157, 459, 1925;
Meyerhof, Klin. Wochenschr. 1925, 8. 341.
H Grafe, Deutsch. med. Wochenschr. 1925, Nr. 16, S. 640.
© György, Jahrb. f. Kinderheilk. 99, 109, 1922; Zeitschr. f. d. ges.
"рег. Med. 48, 605, 1924.
) Derselbe, diese Zeitschr. 161, 157, 1925.
') Eichholz, Klin. Wochenschr. 1925, Nr. 41, S. 1919.
26*
396 G. Popoviciu:
Es war anzunehmen, daß ähnliche Bedingungen auch bei de
Entstehung des Ammoniaks eine Rolle spielen würden, und es waı
ferner zu erwarten, daß die bei der autolytischen Phosphatbildun;
angewandte (oder eine analoge) Versuchsanordnung Einblicke aucl
in die Bedingungen der Ammoniakbildung gestatten würde. Da die
Entstehung des Ammoniaks als omnicellulär betrachtet werden muß
kann man schon aus der Einbeziehung eines Gewebes in die Versuche
zu Resultaten kommen, die nicht nur für die Bildung des Ammoniak:
in diesem einen Gewebe, sondern auch für die Entstehung in sämtlicher
anderen Organen wichtig sind.
Methodik.
Wir prüften hauptsächlich die Ammoniakbildung in einem Gewebsbrei,
den wir aus lebenswarm bezogener Schweineleber jeweils frisch herstellten.
Dem Breie (je 1 д) wurden je 3 bis 5 ccm Lösungen derjenigen Substanzen,
deren Wirkung auf die Ammoniakbildung untersucht werden sollte, zugesetzt.
Es wurde auf möglichste Verhütung von Bakterienbeimengung und Wachstum
während des Aufbewahrens der Proben, auf Sterilität geachtet, zu welchem
Zwecke die Proben auch mit einigen Tropfen Chloroform versetzt wurden.
Der Ammoniakgehalt wurde aus je 1 ccm der Flüssigkeit bestimmt und auf
100 g Gewebe umgerechnet. Die erste Bestimmung erfolgte gleich nach
Zusatz der fraglichen Salz- oder Zuckerlösung zum Gewebsbrei und nach
Zentrifugieren der Mischung. Die nächsten Proben waren vor der Bestim-
mung auf 1, bis 24 Stunden, oder sogar länger im Brutschrank (bei 37° С)
aufbewahrt. Außer Schweineleber wurden in vereinzelten Versuchen auch
Kalbsleber, Schweine- und Kalbsmilz sowie Rattenmuskel geprüft.
Zur Bestimmung des Ammoniakgehalts der Gewebsflüssigkeit be-
nutzten wir die Parnas-Wagnersche Methode!),. Um die Werte zweier,
mit verschiedenen Lösungen (Salze, Zucker) versetzten Proben genauer
vergleichen zu können, wurden Bestimmungen gleichzeitig an zwei Apparaten
ausgeführt. Die zwei Apparate waren an dieselbe Wasserstrahlpumpe als
Vakuumsystem angeschlossen. Dabei schien das Einklammern der Apparate
(am Destillierkolben, Stelle der Silberdrahtspirale, am Vorlagerohr und
am Rückflußrohr) sicheres Arbeiten besser zu ermöglichen und zugleich
auch die Vermeidung von Brüchen zu gewährleisten.
Allerdings ist das gleichzeitige Arbeiten mit zwei Apparaten nicht
leicht und verlangt ein gutes Vakuum und entsprechende Dampfbildung.
Dazu kommen die Schwierigkeiten, die das Schäumen, besonders der mit
Phosphatlösungen versetzten Gewebsflüssigkeit verursacht. In solchen
Fällen und auch bei Proben, die viel Ammoniak enthalten, kann man auch
nur 0,5 ccm der zu bestimmenden Flüssigkeit verarbeiten.
Die über 24 Stunden im Brutschrank gelassenen Proben zeigen be-
sonders in sauren Phosphatlösungen einen meist sehr hohen Ammoniak-
gehalt, wie es unten noch auseinandergesetzt werden wird. Die Austreibung
1) In ihrer neuesten Modifikation. Siehe Parnas und Wagner, diese
Zeitschr. 125, 253, 1921; Parnas und Heller, ebendaselbst 152, 1, 1924;
Parnas, ebendaselbst 155, 247, 1924; Parnas und Taubenhaus, ebendaselbst
159, 298, 1925.
Autolytische NH,-Bildung in den Geweben. 397
und das Auffangen solcher Ammoniakmengen benötigt eine längere, auch
seit mehr als 10 Minuten dauernde und vier- bis sechsmal zu wiederholende
Destillation, wobei bis auf 100 ccm Flüssigkeit gewonnen werden. Deshalb
benutzten wir größere Vorlageröhren, als es Parnas für die Blutbestimmungen
angibt, wo man mit höchstens drei Destillationen und mit 4 bis Beem
Flüssigkeit pro Destillat auskommt.
Zu solchen größeren Mengen Ammoniak werden bis 3 ccm (oder sogar
mehr) Nesslerreagens verbraucht. Nur ist da auf eine entsprechende Ver-
dünnung vor Zusatz des Reagens zu achten, sonst entsteht ein Präzipitat,
das eine Trübung der Flüssigkeit verursacht. Eine Trübung kann man auch
bei kleinen Mengen Ammoniak erhalten, wenn die Lösung vor dem Zusetzen
des Reagens nicht genügend abgekühlt war. Solche Farben sind selbst-
verständlich zu den kolorimetrischen Bestimmungen nicht zu verwenden.
Zwecks Alkalisierung der Gewebsflüssigkeit gebrauchten wir die von
Parnas angegebene stärkere Boratlösung, die man durch das Auflösen von
124g Borsäure (Kahlbaum) in 110 ccm п/1 NaOH erhält und die ein рн
von 9,2 besitzt!). Bei sauren Lösungen mußte man zuweilen größere
Mengen (3ccm) Boratlösung gebrauchen. Wir kontrollierten die Alkalinität
sicher Proben mit Phenolphthalein, dessen Entfärbung im Destillierkolben
ie Abnahme der notwendigen Alkalinität angibt. Solche Entfärbungen
kommen öfters auch während der Destillation vor, als Folge der durch die
Entfernung des Ammoniaks auftretenden Alkalinitätsabnahme. Da sich durch
schmalige Destillation solcher, während der Verarbeitung entfärbter
sungen nach Zusatz neuer Boratlösungen kein weiteres Ammoniak mehr
schweisen ließ, glauben wir, daß die Entfärbung der Lösung während des
Destillationsprozesses in diesen Fällen keine Fehlerquelle bedeutet.
Ammoniumsulfatzusätze nach Parnas!), als Kontrollprüfungen angewandt,
wgten immer eine vollständige Austreibung des Ammoniaks an.
Versuche’).
In unseren Versuchen prüften wir die Ammoniakbildung bei Gegenwart
von Phosphaten und Lactaten und bei wechselnden py-Werten sowie bei
Dextrose-, Ca-, K-, Na-Ionenzusatz und bei Hypotonie (Verdünnung mit
destilliertem Wasser).
Einen Zusammenhang zwischen Wasserstoffionenkonzentration und
Ammoniakbildung stellten Parnas und Heller (1. с.) bei Boratpuffern
ш Blute fest und fanden, daß mit Zunahme der Alkalinität geringere
Mengen von Ammoniak entstehen. Doch legen diese Resultate vorläufig
die Abhängigkeit der Ammoniakbildung von dem py nur annähernd fest.
Auch nimmt im Blute die Ammoniakentstehung bei Verschiebung der
Reaktion gegen die alkalische Seite anfangs vorübergehend noch zu.
Im Hinblick auf die schon erwähnten, wichtigen Beziehungen zwischen
Hamphosphaten und Harnammoniak lag es nahe, vor allem einerseits
den Einfluß der Phosphate überhaupt, andererseits ihre Wirkung bei ver-
shiedenen H-Ionenkonzentrationen auf die autolytische Ammoniakbildung
dr Gewebe zu prüfen.
ө
1) 1. c., S. 2.
!) Die Versuche wurden auf Veranlassung von Herrn Priv.-Doz.
Dr. György ausgeführt und durch die reichliche Hilfe der Rockefeller-
Foundation ermöglicht.
398 G. Popoviciu:
Unsere in diesem Sinne ausgeführten Analysen stellten eine Zunahm«
der Ammoniakbildung mit steigender H-Ionenkonzentration fest. Be
De 8,4 kann die Ammoniakbildung, nach einer vorherigen kurzen Zunahme
fast vollständig aufgehoben werden (Abb. 1). Diese vorherige Zunahme
700
50
10
0
Stunden
Abb. 1. Ammoniakbildung im Schweineleberbrei
bei -- --- Phospbatgemisch pg 6.1 (n/2),
— Py 69 (n/2),
wesen PR Рн 8,4 (п/2).
ist auch bei weniger alkalischen, neutralen oder sauren Phosphatlösungen
wahrnehmbar und scheint mit der Verschiebung der Weasserstoffionen-
konzentration gegen die saure Seite hin abzunehmen. Ob dieses in den
ersten Stunden wahrnehmbare Verhalten der Ammoniakbildung, das
— im Falle der alkalischen Lösungen — gewissermaßen konträr dem End-
resultat verläuft, eine besondere Phase bedeutet, ist aus unseren Versuchen
mit Sicherheit nicht festzustellen. Es fehlt nicht an Reihen, wo es voll-
ständig ausblieb. Noch weniger genau präzisierbar sind die anfänglichen
Ammoniakwertunterschiede, die wieder mehr den Endresultaten ähnlich
zu verlaufen scheinen. Es sind dies Punkte, die noch genauerer Prüfung
bedürfen.
In den Analysen, wo wir die Ammoniakbildung über 24 Stunden
prüften, fanden wir keine bemerkenswerten weiteren Abweichungen.
Die primären und sekundären Phosphatstammlösungen, die wir zur
Herstellung unserer Pufferlösungen gebrauchten, waren n/lbisn/2 Lösungen.
Ob ein Unterschied bei diesen zwei Konzentrationen, die Ammoniakbildung
betreffend, vorhanden sein kann, entscheiden unsere nur wenig zahlreichen
Versuche nicht mit Sicherheit, trotzdem eher eine Abnahme der Ammoniak-
werte bei Verdünnung der Lösungen feststellbar ist. Gleichfalls konnte —
mangels genügender Versuchszahl — kein sicher charakteristischer Unter-
schied zwischen Schweine-, Kalbsleber und Milz bestimmt werden, jedoch
scheint die Ammoniakbildung in den letzteren wieder geringer zu sein, was
ja durch die von Parnas!) beobachteten Unterschiede dieser Tiersorten
und vielleicht mit dem Blutkörperchenreichtum der Milz zu erklären wäre.
1) J]. ce., S. 2.
Autolytische NH,-Bildung in dan Geweben. ` 399
Um nun die Bildungsweise des Ammoniaks unter Einfluß der Phosphate
md der verschiedenen H-Ionenkonzentrationen klären zu können, wurde
de autolytische Ammoniakbildung in n/l bis n/2 Lactatpufferlösungen
bei einer рһ-Вгөібө von 4,3 bis über 8,4 geprüft. Da ergab sich der merk-
wirdige Befund, daß mit Zunahme der Alkalinität die Ammoniakbildung
Abb. 2. Ammoniakbildung im Schweineleberbrei
bei --- -- Phospbatgemisch Du 5,8 (n/1),
— j Рн 7.5 (а),
„ ver Lactatgemisch Py 5,9 (0/1),
— А Py 1.6 (0/1).
o 2 ` EZ P 20 22 ep
Stunden
Abb.3. Ammoniakbildung im Schweineleberbrei
bei ----- Phospbatgemisch De 5,8 (п/1),
A — » Рн 7,5 (9/1),
TER EN Lactatgemisch Pg 52 (0/1).
Т Е Рн 7.5 (9/1).
rößer wurde. Dabei ist hier die Ammoniakbildung im Vergleich mit der
bei den Phosphaten im allgemeinen, auch beim neutralen Punkte, verringert
ud erreicht auch bei starker Alkalinität des Lactatpuffers die Höhe des
bei sauren Phosphaten beobachteten Ammoniakquantums nicht (Abb. 2
und 3). Was die Anfangsphasen betrifft, so gilt auch da das bei den Phosphaten
400 ‚ G. Popoviciu:
Beobachtete. Der Verlauf scheint sich, wie dort, öfters wellenartig zu
gestalten, bis zum Erreichen der Endresultate, die besonders nach
24 Stunden markante und dann konstant bleibende Unterschiede aufweisen.
Es ist zu betonen, daß die Reaktion der Lactatpufferlösungen viel geringer
stabil ist und besonders im Kontakt mit dem Gewebsbrei sich rasch gegen
die saure Seite verschiebt (in 24 Stunden von р, 7,6 auf 5,8, von 6,8 auf
5,5). Dagegen sind die Phosphatpuffer viel beständiger. Der Einfluß der
Verdünnung und die Variationen nach Tierarten sind wegen geringer Zahl
der Analysen auch hier nur mit Reserve feststellbar, scheinen aber das bei
den Phosphaten wahrscheinlich Gemachte ebenfalls zu bestätigen.
740
0 246 8 1 20 22 24
Stunden
Abb. A Ammoniakbildung im Schweineleberbrei
bei ----- Phospbatgemisch pg 5,8 (0/1),
„ D ” Рн 7,5
echter А Dep 5,8 + 2 Proz. Dextrose,
——— А Pu Ss +2 . e
Das paradoxe Verhalten der Lactatpuffer ergab die Notwendigkeit
einer Weiterprüfung der Ammoniakbildung unter Wirkung von milch-
säurebildenden Substanzen. Es kam vor allem Dextrose in Betracht.
Den Phosphatpuffern in 1- bis 2proz. Lösung zugesetzt, verhindert sie die
Ammoniakbildung, besonders im Beisein der sauren Phosphate (Abb. 4
und 5). Dabei nimmt die Alkalinität der mit dem Gewebsbrei in Kontakt
stehenden Phosphatpufferlösungen im Gegensatz zu den zuckerfreien stark
ab (nach 24 Stunden von рі 7,5 auf 6,3, bei den sauren Lösungen von 6,1
auf 4,3), was für Milchsäurebildung spricht. Die Vorphasen in den ersten
Stunden scheinen ähnlich wie bei den Phosphatpufferversuchen zu ver-
laufen, zunächst eine Abnahme der Ammoniakbildung bei Zuckerzusatz,
wie es Warburg (l.c.) angibt, dann ein Umkehren der Wirkung vor der
endgültigen starken Verringerung.
Das Bild wird durch Versuche, die in Ca-, K- oder Na-reichem Milieu
ausgeführt wurden (1proz. CaCl,, RO oder 0,9proz. NaCl), sowie diejenigen,
die durch Zufügung von destilliertem Wasser die Wirkung (der physiologisch
wichtigsten Kationen und die) der Verdünnung zu erörtern bezweckten,
Autolytische NH,-Bildung in den Geweben. 401
zgänzt. Auch hier scheint die Ammoniakbildung öfters mehrphasig zu
mwiaufen und kommt es schließlich — aber auch ohne Vorphasen — zu
mdgültigen Unterschieden, wobei das Ca eine Verhinderung der Ammoniak-
Wong, im Vergleich zum К, oder manchmal besonders zum Na bewirkt.
Die Unterschiede bei den Kationen sind wenig ausgesprochen. Unsere
Versuche, die Unterschiede besser durch Phosphatpuffer + Ca bzw. K und
\s erscheinen zu lassen, haben zu keinen nennenswerten Erfolgen geführt.
Zusatz von Aqua dest. zum Gewebsbrei verhindert aber deutlich die
Ammoniakentstehung.
Abb. 5. Ammoniakbildung im Schweineleberbrei
bei ----- Phosphatgemisch рн 5,8 (0/1),
„ — e Рн 75
——— Dep 58 + 2 Proz. Dextrose,
— —— Рин Zä +2 . Ф
Besprechung der Ergebnisse.
Unsere Ergebnisse sind in gutem Einklang mit einem großen Teile
früherer Untersuchungen, die das Entstehen des Ammoniaks im
Organismus und die bei dieser Bildung wirksamen Faktoren prüften.
Vor allem scheinen die Befunde, welche die Abhängigkeit der
Ammoniakbildung von den Phosphaten deutlich machen, von grund-
stzlicher Bedeutung zu sein. Die Phosphate würden danach die
Ammopiakbildung beschleunigen. Dazu gehört allerdings auch eine
ginstige Wasserstoffionenkonzentration. Die Abnahme derselben
drückt die Ammoniakbildung herunter. Der Rückgang bei alkalischen
Phosphaten könnte, wenigstens teilweise, auch als ein scheinbarer
aufgefaßt werden, wobei die Ammoniakbildung durch sofortige Bindung
desselben in Form von Magnesiumammoniumphosphat verdeckt werden
vürde. Doch konnten wir durch Zufügung von п/10 HCl kein wesent-
licħes Freiwerden von Ammoniak nachweisen.
Gegen eine alleinige Bedeutung der H-Ionenkonzentration für
das Entstehen des Ammoniaks, die übrigens auch aus den Parnasschen
Versuchen nicht ohne weiteres hervorgeht, spricht das Verhalten in
402 G. Popoviciu:
Lactatpuffern. Die von uns beobachtete Förderung durch alkalische
Lactatpufferlösungen und Verhinderung in den sauren, macht eine
indirekte Wirkung des Lactations wahrscheinlich. Dasselbe verhindert
die autolytische Bildung der anorganischen Phosphate [@yörgy!)] und
dadurch erst sekundär das Entstehen des Ammoniaks. Die Phosphat-
hemmung tritt nach Versuchen @'yörgys erst in konzentrierteren Lactat-
lösungen ein, infolgedessen muß auch die Ammoniakbildung in sauren
Lactatlösungen geringer sein, als in den alkalischen wie wir es auch
gefunden haben.
Nach solcher Auffassung würden bei der Ammoniakbildung die
Phosphate die Hauptrolle spielen. Andere Ionen usw. wirken indirekt
durch die Phosphate, indem sie die Entstehung der letzteren verhindern
oder fördern. So könnte auch die Wirkung der Dextrose — wenigstens
teilweise — eine indirekte sein. Zwei Momente kommen für den Dextrose-
einfluß in Betracht: Erstens bindet Dextrose die Phosphate [György?),
Harrop und Benedict?)]. Andererseits sprechen die Veränderungen der
H-Ionenkonzentration des mit Phosphatpuffer + Dextrose versetzten
Gewebebreies für eine Milchsäureentstehung aus der Dextrose, wie es
übrigens erwartet werden kann, und Milchsäure hemmt die Ammoniak-
bildung, wie wir oben nachweisen konnten. Bei Dextrose wird also
die Wirkung der Phosphate auf die Entstehung des Ammoniaks auf
zwei Wegen im hindernden Sinne beeinflußt. Diese Erklärung könnte
die schon von Warburg gegebene noch ergänzen.
Die bei Verdünnung, d.h. bei einer Erniedrigung des osmotischen
Druckes beobachtete Hemmung der Ammoniakbildung ist mit den
Parnasschen Befunden in Einklang. In den Versuchen Györgys be-
günstigt Hyperosmose die Phosphatentstehung und umgekehrt, woraus
sich wieder ein indirekter Einfluß der Phosphate auf die Ammoniak-
bildung ergeben könnte. Infolge ihrer geringeren Entstehung im
hyposmotischen Milieu mußte weniger Ammoniak gebildet werden,
was auch bei uns der Fall ist. In Analogie zu der von @yörgy*) beob-
achteten ersten erniedrigten Phase bei Hyperosmose, konnten wir bei
der Verdünnung öfters eine anfängliche Zunahme der Ammoniak-
bildung beobachten.
Aus unseren Versuchen, betreffend den Zusammenhang der
Ammoniakbildung mit dem Phosphat- oder Lactatmilieu ergeben sich
Schlußfolgerungen, die völlig mit den von Warburg und Meyerhof
erzielten Resultaten übereinstimmen. So findet ати?) die
1) l.c., 8.1 (7).
2) György, Jahrb. f. Kinderheilk. 98, 245, 1922.
3) Harrop und Benedict, Journ. of biol. Chem. 59, 683, 1924.
4) 1. с., 8.1 (7).
5) l.c.
Autolytische NH,-Bildung in den Geweben. 403
Ammoniakbildung unter aeroben Bedingungen erhöht, bei anaeroben
(Milchsäurebildung) dagegen erniedrigt. Die Wirkung der Phosphate
muß als eine oxydationsfördernde aufgefaßt werden [Meyerhof!) Thun-
berg?), György?)], dementsprechend fanden auch wir die stärkste
Ammoniakbildung in Phosphatlösungen. Ganz unseren Resultaten
entsprechend, sieht auch Meyerhof die Ammoniakbildung bei Milch-
äurezusatz vermindert &).
Die Ca-, K- und Na-Wirkung auf die Entstehung des Ammoniaks
könnte wiederum als eine indirekte, bedingt durch Verhinderung oder
Förderung der Phosphatbildung aufgefaßt werden [@György®)]. Diese
Erklarung ist auch mit dem Einfluß dieser Ionen auf die Atmung
[Worburg®), Moro-Klocmann’), György®), Ellinger®), Lange!°)] in Ein-
klang und berücksichtigt die oben angeführten Bedingungen der
Ammoniakbildung völlig.
Andererseits sprechen unsere Versuche, da sie ähnliche Bedin-
gungen für die Entstehung des Ammoniaks in Leber, Muskel und Milz
beweisen, für die omnicelluläre Ammoniakbildung. Unter dieser Voraus-
stzung und bei Berücksichtigung von den durch unsere Versuche fest-
gestellten Bedingungen erscheint es erlaubt, die Ammoniakausscheidung
ım Beispiel der Überventilationstetanie einer näheren Analyse zu
wterziehen. So konnten Brehme und Verfasser in Überventilations-
ersuchen während des Krampfstadiums, und zwar sowohl bei sehr
ausgeprägten Krämpfen (nach Adrenalin), wie in den kaum angedeuteten
(nach Ergotamin), eine Erhöhung der Milchsäurewerte im Blute nach-
weisen. Diese Zunahme des Milchsäuregehalts müßte nach den Ver-
suchen von György!) eine Verminderung der Phosphorabspaltung ver-
шзасһеп. In der Tat ist ein niedriger Serum-P-Gehalt und eine ver-
minderte Phosphatausscheidung im Urin bei der Überventilations-
tetanie nachgewiesen worden [György und Vollmer!2), Haldane'?), Goll-
we Meter äi), Die Abnahme der Phosphate muß wiederum eine
1) Meyerhof, Zeitschr. f. physiol. Chem. 102, 1 und 185, 1918.
') Thunberg, Skand. Arch. f. Physiol. 25, 37, 1911.
3) György, Klin. Wochenschr. 1922, Nr. 4, S. 172; siehe auch 1. c., S. 9 (2).
"Le, 8.1 (4). |
t) I. c., S. 1 (7).
t) Warburg, Ergebn. d. Physiol. 14, 253.
1) Moro-Klocmann, Jahrb. f. Kinderheilk. 79, 676, 1914.
nie, S. 10 (5).
*) Ellinger, Zeitschr. f. d. ges. physiol. Chem. 116, 266, 1921.
1%) Lange, ebendaselbst 187, 105, 1924.
п) 1. c., 8.1 (7).
12) György und Vollmer, diese Zeitschr. 140, 391, 1923.
з) Haldane, Wigglesworth und Woodrow, Proc. Roy. Soc. London,
Ùr. B., 96, 1, 1924.
4) Gollwitzer-Meier, diese Zeitschr. 160, 433, 1925.
G. Popoviciu:
404
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1) 1. c., 8.1 (6).
405
Autolytische NH,-Bildung in den Geweben.
Tabelle V
(Versuch 17).
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2001 оза
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Tabelle VI.
(Versuch 14).
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(Versuch 27).
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(Versuch: 27).
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(Versuch 25).
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Tabelle X
(Versuch 21).
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(Versuch 24).
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Tabelle XII
(Versuch 23).
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407
(Versuch 28).
Autolytische NH,-Bildung іп den Geweben.
Tabelle XIII
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G. Popoviciu:
Tabelle XVII (Versuch 39).
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Tabelle XVIII (Versuch 3).
Tabelle XIX (Versuch 9).
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Tabelle XX (Versuch 13).
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Tabelle XXI (Versuch 31).
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NaCl-Lösung
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Ce Cl-Lös.
Je 1 g Schweineleber + 4 ccm
1,0 proz.
1,0
1 proz. K CI» Lös.
Autolytische NH, Bildung in den Geweben. 409
Tabelle XXII (Versuch 29171.
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0, KO," 220 24 | 21 50 |3586| 39 20 | 800
09 | NaCl-Lösung 205 | 32 | 2050 |275 4120 | 862
09, н„О.... 205 | 206. 2050 |156 41 20 | 510
Zusammenfassung.
1. Es wird die Wichtigkeit der anorganischen Phosphate für die
sutolytische Ammoniakbildung nachgewiesen. Bei dem Einfluß der
Phosphate ist die Wasserstoffionenkonzentration gleichfalls von hervor-
ragender Bedeutung. Die Entstehung des Ammoniaks nimmt mit der
Alkalinität der Phosphatlösungen ab.
2. Lactate verhindern die Ammoniakbildung auf indirektem
Wege, durch Hemmung der Phosphatabspaltung. Dadurch entsteht
д alkalischen Lactatpuffern mehr Ammoniak als in den sauren.
3. Der Zusammenhang der Ca-, Na-, K-Ionen und der Verdünnung
mit der Ammoniakbildung kann in ähnlicher Weise durch Einfluß auf
die Phosphatabspaltung und Bildung erklärt werden.
4. Der Einfluß des Zuckers wird teilweise auch als Lactatwirkung
aufgefaßt, teilweise im Sinne der Kohlenhydratphosphatbildung ge-
deutet.
1) Auf die Veröffentlichung einer größeren Anzahl von Versuchen,
die dasselbe Resultat zeigen, wird verzichtet.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 97
Über das Verhalten
des Harnqguotienten C:N beim Phlorrhizindiabetes des Hundes.
Von
Torao Kanamori (Tokio).
(Aus der experimentell-biologischen Abteilung des pathologischen Instituts
der Universität Berlin.)
(Eingegangen am 9. Februar 1926.)
Beim menschlichen Diabetes ist häufig, wie aus den Beobachtungen
von Bickel und Kauffmann-Cosla (1) und von Wada (2) aus dem hiesigen
Laboratorium hervorgeht, der Harnquotient C:N auch noch nach
Abzug des gesamten Zucker- und Ketonkörperkohlenstoffs vom Gesamt-
kohlenstoff des Harns in abnormer Weise erhöht. Ja man findet auch
gelegentlich dann eine Erhöhung des Quotienten C:N, wenn beim
Diabetiker der Zucker und die Ketonkörper völlig aus dem Harn zeit-
weilig verschwunden sind.
Aus allen diesen Beobachtungen ergibt sich, daß beim menschlichen
Diabetes vielfach, abgesehen vom Zucker- und Ketonkörper-C, ncch andere
C-reiche Verbindungen in pathologisch erhöhter Menge durch den Ham
zur Ausscheidung gelangen. Hierin findet ebenfalls die beim mensch-
lichen Diabetes vorliegende dysoxydative Störung ihren Ausdruck, de
dysoxydative Störung, die hier vor allem ihren Sitz am Kohlehydrat hat.
Daß neben dieser Herabsetzung der Oxydation beim menschlichen Diabetes
an einer oder einzelnen Stoffquoten auch Oxydationssteigerungen hinsicht-
lich der Größe des Materialverbrauchs bei qualitativ normaler Durch-
führung der Oxydation an anderen Stoffquoten (Fett, Eiweiß) möglicı
sind, sei nur nebenbei bemerkt. Dadurch sinkt der respiratorische Quotient,
und dadurch kann auch die Gesamtoxydation, gemessen am Gaswechsel.
vergrößert werden.
Nach diesen Feststellungen beim menschlichen Diabetes erhob sich
die Frage, wie sich der Harnquotient С: N beim Phlorrhizindiabetes verhält.
ob sich aus der Gestaltung des Harnquotienten auch für den Phlorrbizin-
diabetes dysoxydative Störungen nachweisen lassen.
Beim Phlorrhizindiabetes walten folgende Verhältnisse ob. Wir folgen
dabei der zusammenfassenden Darstellung, die Grafe (3) über die patho-
logische Physiologie des Phlorrhizindiabetes gibt, und verweisen auch
hinsichtlich der Literatur zu diesem Gegenstande auf die Grafesche Arbeit.
Im Vordergrunde des gesamten Erscheinungskomplexes beim Phlorrhizin-
diabetes steht die enorme Zuckermobilisation, die durch die gewaltigen
Т. Kanamori: Harnquotient С: N beim Phlorrhizindiabetes. 411
Zuckerverluste hervorgerufen wird, die der Körper infolge des Durch-
lässigwerdens des Nierenfilters erleidet. Nur durch die Steigerung des
Zuckernachströmens aus allen verfügbaren Quellen kann der Körper un-
wfähr den normalen Blutzuckerspiegel aufrecht erhalten; und der Blut-
zuckerspiegel bleibt bei der Phlorrhizinvergiftung auf ungefähr normaler
Höhe. Beim Phlcrrhizindiabetes besteht aber neben der Zuckermobili-
stion auch eine Oxydationshemmung in bezug auf den Zucker. Dieselbe
st zwar nicht vollständig, aber doch sehr weitgehend vorhanden. Darum
ankt der respiratorische Quotient auf den Fettwert von etwa 0,7, und
darum wird zum Körper zugeführter Zucker, wenn es sich nicht um ex-
zsiv große Mengen handelt, fast quantitativ wieder durch den Harn
ausgeschieden, ohne den respiratorischen Quotienten zu erhöhen. Auch
die Versuche in vitro, die Gottschalk (4) mitgeteilt hat, zeigen, daß Phlor-
rhizin die Zuckeroxydation hemmt. Beim Phlorrhizindiabetes ist aber
die Gesamtoxydation gesteigert trotz der Oxydationshemmung am Kohle-
hydrat. Es wird vor allem Fett, aber auch im Hinblick auf die erhöhte
X-Ausfuhr durch den Harn Eiweiß in vermehrter Menge umgesetzt. Der
respiratorische Quotient sinkt deshalb. Diese quantitativ vermehrte Fett-
md Eiweißverbrennung wird aber qualitativ in ungefähr normaler Weise
durchgeführt. Dafür spricht die Erfahrung, daß die Acetonkörperaus-
xheidung durch den Harn auch beim maximalen Phlorrhizindiabetes in
der Regel nur gering ist. Man kann die beim Phlorrhizindiabetes auf Grund
ет bisherigen Untersuchungen vorhandenen Störungen nach alledem
wa folgendermaßen zusammenfassen: Ozxydationshemmung am Kohle-
iydrat, Oxydationssteigerung am Fett und Eiweiß neben der durch den Ab-
WB des Zuckers durch die Nieren bedingten Zuckermobilisation.
Nun ist aber, wie oben schon erwähnt wurde, die Oxydationshemmung
am Kohlehydrat keine absolute. Die in der Grafeschen Arbeit (3) mit-
өеп Versuche von Gessler über die teilweise Oxydation größerer,
intravenös injizierter Zuckermengen beim Phlorrhizindisbetes des Hundes
beweisen das besonders eindringlich.
So wäre es auch immerhin möglich, daß im Verlauf eines Phlorrhizin-
diabetes oder im Anschluß an einen solchen іп der Nachperiode neben
der Zuckerausscheidung durch den Harn oder nach abgeklungener
Zuckerausscheidung noch mangelhaft oxydierte Abbauprodukte des
Zuckers zur Ausscheidung durch den Harn gelangen, daß also unter
gewissen Umständen Zucker noch abgebaut wird, aber nicht mehr in
normaler, vollständiger Weise oxydiert wird, sondern bei seinem Abbau
auf einer C-reichen Zwischenstufe stehen bleibt. Die gelegentlich auf-
tretenden geringen Mengen von Acetonkörpern im Harn deuten vielleicht
darauf hin, daß auch am Fett oder Eiweiß trotz der quantitativen
Steigerung und bei im allgemeinen qualitativ gut durchgeführter
Oxydation sich doch auch gewisse leichte dysoxydative Störungen
bemerklich machen können. Auch auf diesem Wege könnte es zur
Ausscheidung vermehrter Mengen von dysoxydablem C im Harn
während eines oder im Anschluß an einen Phlorrhizindiabetes kommen.
Man darf ja nicht vergessen, daß das Phlorrhizin neben seiner
ägentümlichen renalen Wirkung einen allgemeinen Zellreiz darstellt,
27*
412 T. Kanamori:
der zunächst die Zuckeroxydation schädigt und die Fett- und Eiweiß:
oxydation anfacht. Bei dieser Erschütterung des gesamten Zellchemis.
mus könnten natürlich auch am Eiweiß- und Fettumsatz dysoxydative
Störungen unterlaufen. Ferner braucht die Phlorrhizinschädigung deı
Zelle mit dem Aufhören der Zuckerausscheidung durch den Harr
keineswegs abgeklungen zu sein; Nachwirkungen liegen durchaus ini
Bereich der Möglichkeit; ja wir sehen, daß die vermehrte N-Aus-
scheidung durch den Harn und die Körpergewichtsabnahme die Zucker.
ausscheidung nach einer mehrtägigen Phlorrhizinbehandlung е
Tiere überdauern kann. Erst allmählich renkt sich der Stoffwechse
wieder in die normalen Geleise ein. So könnte insbesondere auch der fasi
vollständigen Hemmung der Zuckeroxydation während der Phlorrhizin-
vergiftung eine partielle Oxydationshemmung als Nachwirkung folgen.
Dann würde gerade in dieser Nachperiode eine Vermehrung des dys-
oxydablen Harnkohlenstoffs zu erwarten sein. Alle diese Fragen sind
Gegenstand meiner vorliegenden Studien.
Besprechung der Versuche.
Die Versuchsanordnung war folgende. Der Hund 1 mit einem Körper-
gewicht von 7,3kg bekam als tägliche Nahrung 40 р Weizeneiweiß, 60g
Reis, 18g Butter, 2g Salzgemisch und später auch noch 60 ccm frischen
Citronensaft. Der Hund 2 mit einem Körpergewicht von 6,1kg erhielt
25g Weizeneiweiß, 40g Reis, 25g Butter, 2g Salzgemisch und 60 ccm
frischen Citronensaft. Der Hund 3 erhielt bei einem Körpergewicht von
8,8 kg die ersten 5 Таре 40 р Weizeneiweiß, 70g Reis, 30 g Butter, 2g
Salzgemisch und 60 ccm frischen Citronensaft, und als er dann diese
Nahrung verweigerte, bekam er 250g frisches Pferdefleisch, 40g Reis.
20 g Schmalz, 2 g Salzgemisch. Bei diesem Hunde 3 gab ich bei einem zweiten
Phlorrhizinversuch, den ich mit ihm anstellte, zu der letzgenannten Nahrung
noch täglich anfangs 30, später 50 g Traubenzucker іп der Absicht, eine
möglichst gleichmäßige Versorgung des Körpers mit Kohlehydrat angesichts
der Zuckerverluste durch den Harn zu sichern. Diese Zuckerzulage in
dem zweiten Phlorrhizinversuch änderte aber nichts an dem Ergebnis.
Das Resultat war in beiden Phlorrhizinversuchen bei diesem Tiere dasselbe.
Zu bemerken ist noch, daß die Hunde 1 und 2 während des Versuchs
ein wenig an Körpergewicht abnahmen, während der Hund 3 dauernd an
Körpergewicht leicht zunahm.
Zum Verständnis der folgenden Ausführung ist es erforderlich, noch
einige technische Bemerkungen hier einzufügen. Die Quotientzahlen
stellen die Durchschnittswerte in den einzelnen Versuchsperioden dar.
Wenn keine Glykosurie in einer Periode bestand, dann wurde der Quotient
aus der gesamten faktisch gefundenen C-Menge des Harns berechnet.
Wenn während der ganzen Periode Glykosurie bestand, so wurde der
Quotientberechnung derjenige C-Wert zugrunde gelegt, der nach Abzug
des im Traubenzucker enthaltenen C vom Gesamt-C des Harns erhalten
wurde. Den Zucker bestimmte ich immer polarimetrisch und titrimetrisch
nach Bertrand. Bei der Titration findet man gewöhnlich ein wenig mehr
Zucker als bei der Polarisation. Die Differenz ist aber meistens so gering.
Harnquotient C: N beim Phlorrhizindiabetes. | 413
daß der Quotientwert nur wenig, höchstens in der zweiten Dezimale um
aime Kleinigkeit differiert. Ausnahmsweise können aber die Differenzen
such größer sein. Ich führe folgende beliebige Beispiele aus meinen Ver-
schen an. Der Zucker-C wurde aus dem Zuckerwert durch Multiplikation
dieses letzteren mit 0,4 gewonnen. 1 Grammolekül Traubenzucker C,H,O,
wiegt 180g und enthält 72g Kohlenstoff. 1g Traubenzucker enthält
dementsprechend 72: 180 = 0,4g С.
Tabelle I.
| Zucker — Zucker | ZuckerC Rest C Rest С Br | Rest
Ham N TotalC| Titr. Titr. Titr.
сш @ | s | e æ | р
800 | 668 12,08 DH 8,61 GH 848 |347 3,60 0,52 054
60 | 495 727, 11.73 an 4.416 2'518 Sin 061 | 0,67
2330 322 614 1069 428 | 959 384 |186 |230 058 |071
De nun der Titrationszuckerwert für den Zucker größere Zucker-C-
Mengen gibt als der Polarisationswert und demnach auch bei Benutzung
des Titrationswertes der Rest-C geringer ist als der Rest-C bei Benutzung
iss Polarisationswertes, und da deshalb auch der Restquotient С: N bei
Benutzung des Titrationswertes niedriger ist als bei Benutzung des Polari-
stionswertes, habe ich allen Restquotientberechnungen in meiner Arbeit
ien Türationswert des Zuckers zugrunde gelegt, damit man mir bei der
warteten Erhöhung dieses Quotienten infolge einer dysoxydativen Störung
ım Stoffwechsel nicht den Vorwurf machen kann, eine solche Erhöhung
еї nur durch die Verwendung des Polarisationswertes zustande gekommen.
Wenn man diesen Wert benutzt, dann sind die bereits mit dem Titrations-
wert gefundenen Restquotienterhöhungen natürlich noch größer. Nur in
den Fällen, in denen wir mit Hilfe des Titrationswertes eine Senkung des .
Restquotienten fanden, könnte man einwenden, daß diese Senkung nur
durch die Rechnung mit dem Titrationswert herbeigeführt sei, und daß
ae mit Hilfe des Polarisationswertes nicht gefunden würde. Das ist auch
nder Tat der Fall. Während also in der Fällen, in denen unter Benutzung
des Titrationswertes eine Erhöhung des Restquotienten gefunden wurde,
diese Erhöhung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Darstellung der
Stoffwechsellage als zweifellos gesichert gelten darf, muß in den Fällen,
in denen unter Benutzung des Titrationswertes eine Senkung des Rest-
quotienten sich herausstellte, dieser Befund als nicht ganz so sicher hin-
sichtlich seiner Bedeutung für die Erkenntnis der Oxydationsprozesse im
intermediären Stoffwechsel bezeichnet werden.
In den Versuchsperioden nun (Zwischenperioden und Nachperioden),
in denen kein Phlorrhizin mehr injiziert wurde, aber in denen in den ersten
Tagen noch Glykosurie bestand, später aber der Harn zuckerfrei war,
habe ich die Mittelwerte für den Quotienten berechnet unter Zugrunde-
legung der Rest-C-Werte in den zuckerhaltigen und der Gesamt-C-Werte
m den zuckerfreien Harnen.
Methodisch ist noch zu bemerken, daß ich die C-Bestimmungen nach
der in der Arbeit von Gomez (5) aus dem hiesigen Laboratorium genauer
beschriebenen Methode machte mittels Verbrennung des Harns im flüssigen
Medium und Wägung der Kohlensäure. Der N wurde nach Kjeldahl be-
stimmt, der Harnstoff nach der Ureasemethode und das Ammoniak nach
414 T. Kanamori:
der in der Mikromethodik von Pincussen (6) angegebenen Methode. Unte!
Rest-N des Harns ist in dieser Arbeit verstanden der N-Rest, der nach
Abzug des im Harnstoff und Ammoniak enthaltenen N vom Gesamt-N
übrigbleibt, alles berechnet unter Zugrundelegung der 24stündigen Harn.
menge. Der Zucker wurde nach Bertrand bestimmt oder polarisiert. Alle
Analysen wurden mindestens doppelt ausgeführt, und es wurden nur die
Resultate gut übereinstimmender Doppelanalysen verwertet. Jeder ana-
lysierte Harn wurde auf Eiweiß, Aceton nach Legal und Acetessigsäure
nach Gerhardt untersucht, in allen Harnen waren diese Reaktionen negativ.
In Stichproben wurde auch noch besonders auf ß-Oxybuttersäure mittels
Vergärung des Harns und Polarisation der Harn geprüft. ß-Oxybutter-
säure ließ sich niemals nachweisen.
Ich habe mich aus folgenden Gründen nicht nur auf die Ermittlung
des N, C und Zuckers im Harn beschränkt, sondern auch den Harnstoff
und das Ammoniak bestimmt. Es ist noch immer eine Streitfrage, inwieweit
der gesamte C im Harn mit dem Eiweißstoffwechsel zusammenhängt und
im Harn an N gekoppelt ist. Darum wollte ich nachsehen, ob gesetzmäßige
Beziehungen zwischen dem Gehalt des Harns an Harnstoff, Ammoniak
und der Summe der N-haltigen Substanzen, die außer den beiden eben
genannten noch im Harn vorkommen, und der Größe des Quotienten С: №
bestehen. Man konnte sich vorstellen, daß dieser Quotient um so höher
sein würde, je ärmer der Harn an Ammoniak und je reicher er an Harnstoff
und besonders an noch C-reicheren N-Verbindungen sein würde, die in
der N-Quote des Harns versammelt sind, die man nach Abzug des Ammo-
niak- und Harnstoff-N vom Gesamt-N erhält. Um nun möglichst genaue
Vergleichswerte zu bekommen, habe ich den totalen C-Gehalt des Hams
" immer mit 100 g angenommen und aus meinen Analysen berechnet, wieviel
Ammoniak-N, Harnstoff-N, Rest-N und Gesamt-N auf 100g C in der
einzelnen Harntagesmenge bzw. in den ganzen einzelnen Perioden im
Tagesmengendurchschnitt kommen. Diese Untersuchung hat also mit
dem eigentlichen Gegenstand meiner Arbeit nur lockere Beziehung. Sie
dient vielmehr dem Studium der Frage, aus welchen Quellen im Körper
die den Harnquotienten C:N entscheidend bestimmenden C-Mengen
stammen, wieweit die Veränderung in dem C-Gehalt des Harns und die
Quotientveränderungen mit Veränderungen in der Zusammensetzung des
N-haltigen Substanzgemisches des Harns zusammenhängen.
Ich bespreche nun zunächst die an den verschiedenen Hunden an-
gestellten Versuche der Reihe nach.
In den Tabellen bedeutet V = Vorperiode, Ру, P, = erste bzw. zweite
Phlorrhizinperiode, Z = Zwischenperiode zwischen den beiden Phlorrhizin-
perioden, N = Nachperiode, d. h. Periode im Anschluß an die letzte
Phlorrhizinperiode bei dem betreffenden Hunde. Der Quotient С: N
ist, wie früher schon gesagt wurde, in den Perioden, in denen der Ham
zuckerfrei war, aus dem Durchschnittswert des gesamten C-Gehaltes des
Harns berechnet, in den glykosurischen Perioden aus dem Durchschnitts-
wert des Rest-C unter Zugrundelegung des Titrationswertes, in den Zwischen-
und Nachperioden, in denen an den ersten Tagen noch Glykosurie, an den
späteren Tagen aber keine Glykosurie mehr bestand, unter Zugrunde-
legung des Durchschnittswertes für den Rest-C der glykosurischen und für
den Gesamt-C der aglykosurischen Tage, im ersteren Falle unter Benutzung
des Titrationswertes für den Zucker. Alle Werte sind Durchschnittswert®
einer Periode, auf einen Tag berechnet.
Harnquotient C: N beim Phlorrhizindiabetes. 415
Tabelle II.
Hund 1.
Periode N in ⸗ Cing C:N Wu U+ in #[N-NH; ing Rest:N in g
F WW 5,50 ‚3,13 (C) н, 0,57 e | = 0,71 ws
P, 6,37 |4,74(R)*) 0,75 | — 0,50 =
2 688 |391(ЕЁ+С)| 05 28 0,81 =
Р, | 714 |2'88(Р) 0, з? sei бя 0,71 =
N | 565 |282(Е-С) ЕЕ 0,44 —
i
°) C = Сеѕаші,С, R = Rest:C, В + C= — aus Rest-C und Gesamt-C
SE) Bei Benutzung des Polarisstionswertes für den Zucker hatte hier der Quotient 0,56
Ergebnis.
In den beiden Phlorrhizinperioden und in der Zwischenperiode Ver-
mehrung der N-Ausscheidung. In der ersten Phlorrhizinperiode und der
Zwischenperiode Vermehrung der C-Ausscheidung, natürlich nach Abzug
des Zucker-C, in der zweiten Phlorrhizinperiode ungefähr normaler C-Wert.
In der ersten Phlorrhizinperiode Steigerung des Quotienten, in der zweiten
Phlorrhizinperiode fragliche Senkung, wahrscheinlich normales Verhalten
des Quotienten. In der Zwischen- und Nachperiode ungefähr normales
Verhalten des Quotienten. Abgesehen von der Glykosurie, ist also eine dys-
ozydative Störung am О durch die Phlorrhizinbehandlung nur in der ersten
Phlorrhizinperiode nachweisbar.
Tabelle III.
Hund 2.
Periode | Ning | Cing C:N м—и+ їп Е ZN Hh ing Rest N in g
F | 4,24 2,54 (С) 0,60 | 187. 0,24 213
Р, ‚4,64 3,50 (А) 0,75 2,83 0,20 2,15
2 | 3,99 245(R+C) 0,61 175 | 0,12 2,12
P, 483 |3,06(R) ‚63 1,78 0,15 2,90
N | 4,42 | 3,02(R+C) 0,68 | 1,70 0,17 2,54
Ergebnis.
In den Phlorrhizinperioden leichte Vermehrung der N-Ausfuhr. In
der ersten Phlorrhizinperiode stärkere, in der zweiten Phlorrhizinperiode
und in der Nachperiode schwächere Vermehrung der C-Ausfuhr. In der
ersten Phlorrhizinperiode starke Erhöhung, in der zweiten Phlorrhizin-
periode und in der Nachperiode schwache Erhöhung des Quotienten.
Trotz starker Steigerung des Quotienten von V zu Р, Gleichbleiben der
Ausfuhr von NH, und Rest-N, mäßige Steigerung der U*-Ausfuhr. Веі
geringer Steigerung des Quotienten von P, zu N aber leichteste Senkung,
isst gleichbleibende U*-Ausfuhr und ebenfalls fast Gleichbleiben der
NH,- und Rest-N-Ausfuhr. Bei starker Senkung des Quotienten von Р,
т Z Senkung der U*-Ausfuhr, bei mäßiger Senkung der NH,-Ausfuhr
und Gleichbleiben der Rest-N-Ausfuhr. Eine gesetzmäßige Beziehung
zwischen den Änderungen im Quotienten und den Änderungen in der
Mischung der N-haltigen Harnsubstanzen läßt sich nach alledem nicht
416 | T. Kanamori:
nachweisen, und besonders ist dabei bemerkenswert, daß große Schwan-
kungen im Quotienten vorhanden sein können, ohne daß sich die Menge
der sehr C-reichen N-Verbindungen, die im Rest-N versammelt sind,
wesentlich ändert. Es kann so z. В. der Gesamt-C stark ansteigen (У zu Р,)
bei Steigerung der 0+. und Gleichbleiben der NH,-Ausscheidung, aber
auch bei Gleichbleiben der Rest-N-Ausscheidung.
Eine dysoxydative Störung am С ist, abgesehen von der Glykosurie, nur
in der ersten Phlorrhizinperiode nachweisbar.
Tabelle IV.
Hund 3.
Der zweite Phlorrhizinversuch an diesem Hunde wurde etwa 2 Wochen
nach dem ersten Phlorrhizinversuch angestellt.
Periode | Ning | Cira | CN м№-0+ in g |N-NH;in g| Rest-N ing!
= —
V, | 4,98 | 3,35 (С) 0,67 295 : 015 1,87
P, " 637 | 388(R) 0,58 *) 3,30 | 0,16 | 291
N, | 6,40 | 3,93 (R) | 0,62 2,34 | 014 | 3,90
(éi 7,16 443(R) 0,82 ' 346 ` 019 3,51
Р, 1 54 2,91 (R) | 0,54 *) 34 | 0,12 2,26
Ns . 7,79 4,88 ( R) 0,63 3,04 0,20 4,55
*) Bei Benutzung des Polarisationswertes für die Dextrose zur Berechnung des Rest-C bitte
der Quotient im ersteren Falle 0,66 und im zweiten Falle 0,64 betragen.
Anmerkung: Es sei hier daran erinnert, daß bei diesem Hunde im
Anschluß an die erste Phlorrhizinperiode mit Ausnahme der ersten beiden
Tage der ersten Nachperiode (N,) dauernd eine linksdrehende, reduzierende
Substanz in geringer Menge durch den Harn ausgeschieden wurde. Da
es sich wahrscheinlich um Glykuronsäure handelte und diese denselben
Reduktionswert wie Traubenzucker hat, glaubte ich keinen in Betracht
kommenden Fehler zu machen, wenn ich den Reduktionswert auf Trauben-
zucker umrechnete und aus dem so erhaltenen Traubenzucker den C-Gehalt
ermittelte und diesen C-Wert von dem Gesamt-C-Wert des Harns zur
Feststellung des Rest-C-Wertes abzog.
Ergebnis.
In der ersten Phlorrhizinperiode und der ersten Nachperiode Er-
höhung, in der zweiten Phlorrhizinperiode Senkung der N-Ausscheidung.
In der ersten Phlorrhizin- und Nachperiode leichte Erhöhung der C-Aus-
scheidung. In der zweiten Phlorrhizinperiode C-Ausscheidung nur wenig
höher als in V,. In beiden Phlorrhizinperioden Senkung des Quotienten,
in den beiden Nachperioden im ersten Falle leichte Erhöhung, aber immer
noch Senkung des Quotienten im Vergleich zur ersten Vorperiode, im
zweiten Falle Höhe des Quotienten wie in der zweiten Vorperiode. Jeden-
falls in keiner Nachperiode Steigerung des Quotienten über den Normal-
wert der Vorperiode.
Mit der Senkung des Quotienten von V, zu P, Vermehrung der U*-
und Rest-N-Ausscheidung, Gleichbleiben der NH,-Ausscheidung. Mit
der Senkung des Quotienten von V, zu P, geringe Senkung der U*- und
Senkung der NH,- und Rest-N-Ausscheidung. Bei Steigerung des Quotienten
von P, zu N, und P, zu N, einmal Abnahme, einmal Gleichbleiben der
Harnquotient C: N beim Phlorrhizindiabetes. 417
T-Ausscheidung, einmal Gleichbleiben, einmal Zunahme der NH, Aus.
xheidung, beidemal Zunahme der Rest-N-Ausscheidung.
Eine dysoxydative Störung während oder nach der Phlorrhizininjektion
leß sich bei diesem Hunde, abgesehen von der Zucker- und der Glykuron-
ve (?T)-Ausscheidung in keinem Versuch nachweisen.
Wenn wir alle Versuche bei den drei Hunden zusammenfassend be-
trachten, dann stellen wir folgendes fest.
Abgesehen von der Zuckerausscheidung und der Glykuronsäure-
susscheidung (?), wurde in sechs Phlorrhizinversuchen nur zweimal eine
noch anderweitig vorhandene dysoxydative Störung am Kohlenstoff
während der Phlorrhizininjektionen gesehen. Daraus ergibt sich, daß das
Pilorrhizin in der Regel zu einer vollständigen Hemmung des Zucker-
sbbaues, abgesehen von seinen anderen Wirkungen, führt, und daß nur
ausnahmsweise auch noch andere dysoxydative Störungen am Kohlenstoff
mit unterlaufen, die dann zu einer im Vergleich zum N vermehrten Aus-
scheidung von dysoxydablem C im Harn führen, wobei dieser С aber nicht
noptisch aktiven und die Fehlingsche Lösung reduzierenden Verbindungen
ші auch nicht іп der Form von Ketonkörpern im Harn erscheint.
Konstante Beziehungen zwischen der Komposition der Mischung der
Nkaltigen Harnsubstanz und der Lage des Quotienten С : N ließen sich nicht
sachweisen. Diese Erfahrung bestätigt auch eine Berechnung, bei der
žr in einzelnen Perioden als U+- oder NH,- oder Rest-N zur Ausscheidung
»langende N auf 100g C bzw. Rest-C des Harns ermittelt wurde. Die
Tabelle V enthält diese Berechnung.
Tabelle V.
GEN ' Auf 1008 C bzw. Auf 100g C bzw. Auf 100g C bzw. | Auf 100g С bzw.
Best" : N Bar — — SIDD | Rest-C kommen | Rest-C kommen
о. N ` ais Ammoniak | als Harnstoff |?g N als Restchl | ?gN als Total«N
— SR We
0,57 V 25,26 (C) | 176,15 (C)
SH | Р, 9,65(R) | 165,23 ( R)
25.057 | Z 1973(R+C) ‚179,22 (R+C)
251039. P, 2582 (R) 259,08 ( R)
0,50 | N 1597 (R+C) 21642(R+C)
‚ (080, V 998(C) 74,03 (0) 84,00 (C) 168,01 (C)
3:|075 Р, 590(R) 6847 (R) 16408(R) 13844 (R)
25.061 Z 502(R+C) | 71,50 (R+0)| 91,42(R+C) 168,09 (R +0)
$Ш|063 Р, 4,94(R) 59,29(R) . 94,12(R) | 158,35 (R)
068 N 573(R) · 60,84(R) :84,25(R) 150,83 (R)
Za Ing V, 4,69(С) 90,99 (C) ` Sau 14830 (0)
124,058 P, 422(R) 90.74 (R) '7611(8) |17L06(R)
2SN 062 N, 343(R) 69,89 ( R) 9707 ( Б) 16340 ( R)
!z_[062 У, 435(R) 76,44 (Е) |7968 (2) 160,47 ( R)
1321084, Р, 4,12(R) 10496(R) | 76,84 (R) 185.91 ( R)
22 |0,63 | N, 4,18(R) 62,62 (Р) | 92,19 (R) 158,99 ( R)
= Zugrundelegung des Gesamt. (К) = Zugrundelegung des Кезї,С. (R + С) = Zugrunde-
d. Mittelwertes v. Gesamt-C u. Rest»C in aglycosurischen bzw. den glycosurischen Zeiten.
418 T. Kanamori:
\
Tı
Datum | Баа и men | N:Ham | N-Ammoniak | Nttamstott | Rest-N |
| тыру == — —
5. VIII. | 7350 355 6,04 SS | | 3
6. VIII. |1450 205 3.82 et | | 2
7. VIII. |7450 7330| 510402 6,71, 5,50 0,278| 1 | 3
8. VIII. Kee 480 5,91 0,960 3
9. VIII. | 7200 460 5,01 0,950 | | 2
10. VIII. 7250 570 = ET | _
11. УШ. |7250 285 4,79 0,197 |
12. VIII. ! 6800 340 Sé ‚ 0,262 13
13. VIII. ||6800\ 6836! 460 480 | 6,95] 4.37 0,301 0,50 14,
14. VIII. 6700 555 6,92(' | 0,513 | 13,
15. VIII be 435 | 0202| | 14,
16. VIII. 6450 715 | 8,21 | 0,656 | 16,
|
17. VIII. "6350 738) |920) | 1,736 17,
18. VIII. 16200 500 8,34 1,254 5,
19. VIII. 6100 567 6,35 aam 4,
20. VIII. | 6100. 6081| 3607 520 | 4,84. 6,88 0,250, 0,81 9,
21. VIII. |6000 570 | 7,74 0,849 4,
22. VIII. |5950 375 ı 4,25 | 9,
23. VIII. |5850 ‚ 530 | 7,42 ; 0,434 | 4)
24. VIII. ' 5800 575 = 0,740 | Е
25. VIII ra 400 1,57 | o
26. VIII. | 5600[ 13] 630 (22. потам оз ie 13,
27. VIII. |5700 | 490 7,48 0,576 | 9,
28. VIII. | 5600 445 5,86 0,726 3,
29. VIII. | 5600 400 5,04 0,398 d
30. VIII. | — 12 — —
31. VIII. 6600 550 ' 6,16 | 0,368 | 3,
1. IX. |5550 555 6,37 0,559 | d
2. IX. |5510 — 585 (203 5,90 565 0.352 m 31
3. IX. |5350 | 665 5,54 0,364 d
4. IX. |5500 810 5,54 0,385 | 8
5. IX. |5310 525 | 5,81 0,427 1,
6. IX. |5350 180 4,69) , 0,339 19
7. IX. |5400 535 6,82 - 0,452 100
s o = | 440 3,33 0,402 | | 13
In den Tabellen bedeuten die Analysenzahlen g. — Die Quotientzahlen in ( ) bedeuten di
Harnquotient С: N beim Phlorrhizindiabetes. 419
C:N роон Rest-C:N | Ammoniak Harnstoff Zucker
| 0,63 — |
б éi 0,779 |
| 0,57 | 0,337 |
1 166 0,86 |
1,154 | |
= a 1,550) | =
4,738 0,99 0,239 | | 12,256
cl Gs BE 0,318 | 23,460
3,524 0,51 0,3665 0,61 27,140
N 4,74 1075 | TT 23,28
1,998 0,29 " 0,623 28,305[ °
5,396 | S S 1,08 0,355 22,185
8,868 | 2,02 1,07 0,797 | 26,305
|
6,117 1,92 0,66 | 2,108 | 28,782
г LOOL oe 0,67 0,48 0,39 1,523 = 3,900 8.42
4,19 А E 0,66 0,886 | 0,964
2,653 0,55 | 0,3031 0,99 . | 0,043
| 1,031
(3,91) 0 (0,57) : 0,542
| 0,527
|
en SS | 0,899 | =
‚2,160 _ 128 0,29 0,571 TA 18,800
в! 2512 288 1,93\ 1,48 оз 0,39 | 1257[,' ллю) 20,08
3972) 1,26 0,53 0,700 | 13,720
| |
013 0,53 0,51 0,88 | 0,267
Л 2.98 ` › | 0,55 |” | 0,14
| á GN 0,59 0,58) " 0,483 | 0,080
0,56 0,449 |
|
| 0,57 0,679 0,53
(2,82) 0,52 (0,50) | 0,428
0,51 | 0,442 |
` a 0,468
| 0,518 |
0,412 Ä
3,640 1,4 | 0,528 |
|а Las | 148 dës |
4036| `? 2,22 ' 0,488
ka der einzelnen Perioden aus den Gesamt» und Restquotienten der jeweiligen Periodentage.
420
Т. Kanamori:
в210( 0,62, 630
6200] ; 580
6050 | 815
ı 6130 | 510
из oo|
"5900| 6030| 655
өю |
| 6000 | 575
15930) | 680
|6000 | 490
6000 | 600
15850 | 725
5840 | 535
| 5810
5900
15900
|5880
5820 | 415
5750 375
575045790, —
5750 | |
5750 | 418
5600 550
5650 | 610
5600 | 480
5650 | 570
5621!
| 530
| 560
‚ 405
‚ 580
5650
! 5550
\ 5650
705
4,20
|
4,24
4,64
3
3,99
4,83
4,42
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bt
©
| 0,092
| 0,091
Р
0,063
ол
оо
0,091
0,170
0,183
0,147
0,079
| 0,180
| 0,121
| 0,271
0,178
| 0,212
0, 153
‚ 0,195
F і
0,111
(о, 0,124
0,15
0,17
1,977
] paR
А Er
3 228)
0,988
|
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1,75 |
2,101;
| 0,597
bg
ee
8
Kéi tO m BD еа Ma
©» бз
Harnquotient C: N beim Phlorrhizindiabetes. 421
r Rest-C C:N | Rest-C : № | Ammoniak ' Harnstoff Zucker
|
oe | 0,352 | 3,946
e 0,239 2 =.
0,58 0,338 6,082
0,8 9 | 0331| 27 ı 2537
| | 0,256 4,518
0,62 . 0,346 4,538
2,356 2,07 0,73 | 0,147 4,237 10,710
2,578 | 1,71 i 0,61 0,176 dë Rop
€ 52721350 260,223 1,07, 0,75 0,233\ 0,24 ; ës 4,92 | 18,995\ 17,16
3,585 2,53 0,69 ` 0,313 23 |
3,680 2,12 0,65 0,352 Ge 20 el
3,8 1,14 . 0,76 0,181 6,917 4,83
8 1861^249 0,53 ва 0,56 | 0,133 | 2,117 on! 1,70
1.712 0,44 ‚0,42 0,112 4,094 | 0,12
0,61 0,220 3,977 |
0,62 0,110 | 3,270 |
0.62! 0,66 0,201 0,15 Ä 4,503} 3,75 |
0,62 | (0,61) | 0,135 1,279 |
(2,45) 0,73 0,150 | 5,572
0,59 0,077 2,177
0,59 | 0,162 4,212
0,62 | ul 3,140
3,388 1,57 0,66 олп | 2,774 =
3,206 2,05 el wel | 4,335 17, |
069 — 1306 — {201 0,63 1 — low — 3,82 | — \16,55
лы] 2,05 cl 0,222 | 4,735 А sa|
2,883 2,41 0,67 0,178 | 3,429 18, ed
2,612 | 0,89 0,57 0,096 3,658 ' 3,795
2,829 0,66 ` 0,62 0,218] | 3637 0,427
2,606 0,73 | 0,69 0,148 3,124 | 0,336
033 4,3831 3,02 | овз[ a ; 081 0320| 55) | зев, 0,3420 0,82
2,853 ' 072| 0,68 0,2160” 3,112(°° > 0,318
= | 063 ep 0,257 | = | 0,280
3,025 0,75 0,72)(0,68) 0,186 4,332 0,263
| 0,74 0,237 2,958
499 Т. Kanamori:
Se ——— —
Datum = | Körpergewicht м |ншшеце| м. N;Harn = ! NsAmmoniak | N:Harnstoff | Rest N ` С
|
1. xt. See аи
2. DER 9 030 410 3,079 0,092 ‚1,868 1,127 2 04
3. ХІ.' 9250 410 4,190 0,181 2,966 1,063 2,88
4. XI. 9130 580 5,684 0,195 3, 2'241 | 3.48
5. XI. 9020) 9021| — = = = p= ==
6 XI 8600 460 (498 — (0,16) _ ‚295 — ‚187
7. XI. 9010 350 4,704 0,099 2,920 | 1,685 3,54
8. XI. 9200 400 4,144 0,134 | 3,024 0,986 2,81
9. XI: 9100 610 8.028 0.222 3.672 Ke 5,34
| | i |
10. ХІ. 8850 800 6,686 0,156 4,368 : 2,162 12,08
11. XI. 8950 320| 4.405 0076| ‚2106| ‚1,223 8,27
12. XI. 9225, 9069 560\ 574 | 7'526\ 6,37. 0,204\ 0,16 3,763\ 3,30: 3,5595 2,91 12,60
13. XI. 9220 530 SG 0,186 A 13224) ` 9,38
14. XI. 9100 @ 1,023 | 0,170 2,495 4,358 14,24
15. XI. 9200 ı 390 4,532 0,120) 2,839 | 1,573 6,2%
16. XI. 9200 560 8,938 0,273| ' 3,606 ' 5,059 6,054
17. ХІ.. 9270 400 6,272 | 0,106 | 1,904 ' 4,262 4,4%
18. XI.| 9370 240 3,578 0,068 1,142 ' 2'368 2,568
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Aus einer Betrachtung der Tabelle V geht hervor, daß auch bei dieser
Berechnung mit einer Steigerung dee Quotienten Vermehrung oder Ver-
minderung oder Gleichbleiben des als NH, oder U* oder Rest-N ausge-
schiedenen N, aber in der Regel Verminderung des Total-N verbunden ist,
daß mit einer Senkung des Quotienten der N im NH, unverändert, im
U* und Rest-N vermehrt, vermindert oder unverändert, aber der
Total-N in der Regel vermehrt ausgeschieden wird, und daß bei
gleichen Quotienten zu verschiedenen Zeiten bei demselben Tiere
verschiedene N-Mengen als NH,, U* oder Rest-N, ja sogar als Total-N
eliminiert werden.
Der gesamte N-Gehalt des Harns beeinflußt natürlich in ent-
scheidender Weise den Quotientien, aber ein höherer oder niederer
Quotient ist nicht un bedingt an einen höheren oder niederen Gehalt
des Harns, an eine bestimmte N-Quote und die an sie eventuell gekoppelte
C-Masse geknüpft.
Diese Berechnung, wie auch die früher mitgeteilten Werte für NH,
U* und Rest-N machen es also im höchsten Grade wahrscheinlich, daß bei
der Gestaltung des Quotienten С: М noch andere Ü-Verbindungen einen
maßgebenden Einfluß ausüben, die im Harn nicht an N gekoppelt sind.
Ich begnüge mich mit diesem Hinweis. Ich wüßte nicht, wie man
anders meine analytischen Befunde deuten soll. Welche C-haltigen,
aber N-freien Substanzen hier im einzelnen in Frage kommen, muß
späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, soweit uns nicht jetzt
schon die Physiologie des Harns dafür gewisse Anhaltspunkte gibt
(dextrinartige Körper usw.).
Ergebnisse.
1. Bei der Phlorrhizinvergiftung kommt es, abgesehen von der
Ausscheidung reduzierender Substanzen nur ausnahmsweise noch zu
einer pathologisch vermehrten Ausscheidung von dysoxydablem
Kohlenstoff durch den Harn im Vergleich zur N-Ausscheidung,
denn der Quotient C:N ist nach Abzug des in der reduzierenden
Substanz enthaltenen С vom Gesamt-C des Harns nur ausnahms-
weise erhöht. Веі dieser relativen Erhöhung des dysoxydablen
Kohlenstoffs brauchen bei der Phlorrhizinvergiftung Ketonkörper
kene Rolle zu spielen.
2. Abgesehen vom Gesamt-C bzw. dem Rest-C und dem Gesamt-N
wird die Lage des Harnquotienten C: N bzw. Rest-C zu N nicht in
gesetzmäßiger Weise beeinflußt durch den an einzelne Quoten des
Harn-N gebundenen Kohlenstoff.
3. Es ist wahrscheinlich, daß bei der Gestaltung des Harnquotienten
C:N durch den C-Gehalt des Harns auch C-haltige Harnsubstanzen
eine Rolle spielen, die nicht an N gekoppelt sind.
4. Die Beweiskraft meiner zweiten und dritten Schlußfolgerung
wird zwar dadurch eingeschränkt, daß ich mit dem Restquotienten
im glycosurischen Harn operierte und diesen vielfach in Beziehung
Harnquotient C:N beim Phlorrhizindiabetes. _ 431
m den Gesamtquobtienten des aglykosurischen Harns setzte. Aber aus
ler Arbeit von Woatanabe (7) geht hervor, daß man zu prinzipiell den
leichen Schlußfolgerungen kommt, wenn man nur aglykosurische Harne
nter sich vergleicht.
Literatur.
1) Bickel und KXauffmann-Cosla, Klin. Wochenschr. 1924, Nr. 28.
) Wada, Medizinische Klinik 1926. — 3) Grafe, Die pathol. Phys.
as-, Kraft- u. Stoffw. 1923. — 4) Gottschalk, diese Zeitschr. 155, 1925. —
‚Gomez, ebendaselbst 167, 1926. — 6) Pincussen, Mikromethodik. —
) Watanabe, diese Zeitschr. 170, 432, 1926.
a |
Experimentelle Untersuchungen über die Beeinflussung
des Harnyuotienten C:N durch die perorale Gabe von Säuren,
Alkalien und dem alkalischen Mineralwasser von Neuenahr.
Von
Makoto Watanabe (Osaka).
(Aus der experimentell-biologischen Abteilung des pathologischen Instituts
der Universität Berlin.)
(Eingegangen ат 9. Februar 1926.)
Mit 9 Abbildungen im Text.
Es ist schon lange bekannt, daß durch die perorale Säure- und
Alkalizufuhr der respiratorische Gaswechsel beeinflußt werden kann.
Nachdem von Walter (1) eingehend das Bild der Säureintoxikation
beschrieben worden war, hat Chvostek (2) bei Kaninchen gefunden, daß
bei Darreichung von Salzsäure in 0,2 bie 0,3proz. Lösung und bei Gaben
bis zu 0,9g pro Kilogramm die Oxydation und mit ihr die Wärmebildung
abnahm. Etwa 6 Stunden nach der Vergiftung waren die Tiere bei diesen
Versuchen gestorben. Bei der Zufuhr kleiner Säuremengen zum Körper,
sei es auf peroralem, sei es auf intravenösem Wege, wurden dagegen
Steigerungen der Oxydationen gesehen, nämlich von Leimdörfer (3) bei
Kaninchen nach intravenöser Zufuhr von verdünnter saurer Nat, DO
Lösung, ebenso wie auch Raeder (4) dasselbe bei gleicher Applikation saurer
Salze fand. Auch Atkinson und Lusk (5) sahen bei Salzsäuregaben Gas-
wechselsteigerungen und Waldboti (6) fand in Versuchen am Menschen bei
peroraler Salzsäuregabe das nämliche. Aus allen diesen Beobachtungen
muß man schließen, daß bei Säurezufuhr zum Körper es bei kleinen Dosen
zu einer Gaswechselerhöhung, bei größeren Dosen aber zu einer Gaswechsel-
senkung kommt. Die Alkaliwirkung auf den respiratorischen Gaswechsel
wurde ebenfalls von verschiedenen Autoren studiert. Warburg (7) zeigte
am befruchteten Strongylocentrotusei, daß die Oxydationsgeschwindigkeit
in einer weiten Konzentrationsbreite langsam mit der OH-Ionenkonzen-
tration anstieg. Grafe (8) fand bei Vogelblutzellen unter der Wirkung von
Ammoniak und Ammoniakderivaten mit zunehmender Basenkonzentration
zunächst eine Steigerung, bei größeren Konzentrationen eine Hemmung
der Oxydationen. Am höheren Tiere und am Menschen arbeiteten
Lehmann (9), A. Löwy (10), Leimdörfer (3), Raeder (4), Mäder (11), Bing (12),
Waldbott (6) u. а. Auch wurde der Einfluß von Alkaligaben auf den Gas-
М. Watanabe: Harnquotient С: N. 433
wechsel bei Diabetikern untersucht. Eine kritische Übersicht über diese
Literatur findet sich bei Grafe (8). Zusammenfassend läßt sich sagen, daß
Alkalizufuhr zum Körper in kleinen Dosen eine Steigerung des Gaswechsels,
in sehr großen Dosen aber eine Senkung desselben macht, und daß der
Mensch bei richtiger Dosierung ebenfalls mit einer Steigerung der Oxyda-
tionen reagiert. Nur beim Diabetiker waren die Resultate der Versuche,
wie aus der Arbeit von Livierato (13) hervorgeht, nicht eindeutig. Be-
schtenswert ist in diesem Zusammenhang noch, daß Zuntz, Mäder, Misch
und Bing (14) in Versuchen am Menschen feststellten, daß die Anionen
eine Vermehrung des O,-Verbrauchs und eine Steigerung des respiratorischen
Quotienten bewirken, während bei Kationen ein solcher Einfluß nicht
nachweisbar war. Ferner sei hier darauf hingewiesen, daß Staehelin und
Maase (15) fanden, ein Einfluß von 10g Natriumbicarbonicum auf den
Gaswechsel und Energieverbrauch beim Menschen erscheine während
einer längeren Periode ausgeschlossen, und daß A. Löwy (10) nach der
Gabe von 5g Soda beim Menschen ebenfalls keinen Einfluß auf den Gas-
wechsel gesehen hat.
In dieses ganze Kapitel über die Beeinflussung der Oxydationen durch
Säure oder Alkalizufuhr gehört auch die Frage über die Abhängigkeit der
Oxydationen von einem mehr sauren oder mehr alkalischen Charakter der
Nahrung. Hierzu hat neuerdings Dürr (16) eine Arbeit veröffentlicht.
Dieser Autor fand, daß dann, wenn man den Menschen mehrere Tage lang
аш eine an sauren Valenzen überreiche Kost setzt, die Oxydationsgröße,
gemessen am Lungengaswechsel, bis maximal 14 Proz. ansteigt. Daß die
sure Kost wirklich zu Verschiebungen des Säurebasengleichgewichts in
diesen Versuchen geführt hatte, wurde an einem Absinken des Urin-pg
md der alveolaren Kohlensäurespannung, sowie an einer Zunahme der
Ventilationsgröße der Lungen erkannt. Zulage von Ammonchlorid zu
dieser Kost ließ die Oxydationen wieder absinken. In diesen Versuchen
wurde die saure Kost nach den Vorschriften von Beckmann (17) gegeben.
Zusammenfassend läßt sich wohl sagen, daß den negativen Befunden
bei Untersuchungen über die Beeinflußbarkeit des respiratorischen Gas-
wechsels durch Alkalizufuhr so viel positive Beobachtungen über die Be-
einflussungsmöglichkeit dieses Gaswechsels durch Alkalizufuhr gegen-
überstehen, daß wir wohl damit rechnen dürfen, es führe die Alkalizufuhr
zum Körper bei geeigneter Dosierung, d.h. bei mittleren Gaben eine
Steigerung der Oxydationen, gemessen am Lungengaswechsel, herbei, und
ев ziehe die Säurezufuhr je nach der Dosierung eine Steigerung oder eine
Herabsetzung des O„-Verbrauchs nach sich. Nun hat aber Grofe (18) fest-
gestellt, daß bei Gewebsschnitten nach der Barcroft-Warburgschen Methode
bei wachsender H-Ionenkonzentration von De 6,5 bis py 9,5 keine Änderung
der Oxydationsgröße eintrat. Daraus folgt, wie Dürr (16) meint, daß bei
den Versuchen am ganzen Menschen und ganzen Tier die beobachteten
Oxydationsänderungen nach der Säuregabe entweder vom Nervensystem
ausgelöst werden, oder daß die Inkretstoffe innersekretorischer Drüsen im
sauren Milieu anders wirken als im neutralen und alkalischen und dadurch
Veränderungen des Gaswechsels hervorrufen.
Wie auch im einzelnen der Mechanismus der Gaswechselbeeinflussung
im lebenden Körper durch Säure- oder Alkaligabe sein mag, ob es sich um
direkte Wirkungen auf die Zellen oder um indirekte Wirkungen über das
Nervensystem und die Inkretstoffe hin handeln mag, wir haben es jeden-
falls in der Hand, durch die perorale Zufuhr größerer Säuregaben die Oxy-
434 M. Watanabe:
dationen herabzusetzen, durch die perorale Zufuhr mittlerer Alkaligaben
aber die Oxydationen anzufachen.
Nun haben Bickel und Kauffmann-Cosla (19) in ihrer Arbeit zur patho-
logischen Physiologie und Klinik der dysoxydativen Carbonurie, wie auch
Arnoldi (20) kürzlich eingehend die Beziehungen des Lungengaswechsels
zum Harnquotienten C:N auseinandergesetzt und gezeigt, daß vielfach
eine Steigerung dieses Quotienten mit einer Herabsetzung des Sauerstoff-
verbrauchs,, gemessen am Lungengaswechsel, konform geht und eine
Senkung des Quotienten mit einer Steigerung dieses Sauerstoffverbrauchs,
daß aber Änderungen in dem Quotienten auch ohne entsprechende Ände-
rungen in dem Luftsauerstoffverbrauch erfolgen können. Dann zeigen
aber häufig Veränderungen im respiratorischen Quotienten eine Oxy-
dationsstörung an, die an dem Verhalten des Harnquotienten C: N einen
noch feineren Ausdruck findet. Gerade im Hinblick auf diese Unter-
suchungen von Bickel und Kauffmann-Cosla wie von Arnoldi war es von
Interesse, das Verhalten des Harnquotienten C:N unter dem Eindruck
der Säure und Alkaliwirkung zu studieren. Bestand hier jene eben ge-
schilderte Relation, war bei der Säurevergiftung mit ihrer am Lungen-
gaswechsel gefundenen Herabsetzung der Oxydation der Harnquotient С : N
erhöht, und war er bei der Alkaligabe mit ihrer am Lungengaswechsel ge-
fundenen Steigerung der Oxydation herabgesetzt, so war ein weiterer
Beweis für die Bedeutung des Harnquotienten С: N als Indikator für die
intermediären Oxydationsprozesse erbracht. Wenn ich bei meinen Ver-
suchen keine Gaswechseluntersuchungen an den Tieren vornahm, son-
dern nur den Harnquötienten С: N bestimmte, so geschah das deshalb,
weil es mir darauf ankam, zu ermitteln, ob überhaupt die vermuteten
Quotientänderungen auftreten würden, und weil die Quotientänderungen
auch allein schon des Studiums wert erschienen. Ferner wollte ich die
Tiere — ев handelte sich um Kaninchen —, um keine Störungen in der
Quotientbildung herbeizuführen, auch nicht hungern lassen, wie das für
Gaswechseluntersuchungen doch erforderlich ist.
Mit der Alkaliwirkung aber ist eng verknüpft die Wirkung von Trink-
kuren mit alkalischen Mineralwässern, soweit diese zu der Behandlung von
Stoffwechselkrankheiten, besonders des Diabetes herangezogen werden.
Gerade hier war die klinische Empirie weit der exakten wissenschaftlichen
Begründung der günstigen Wirkung dieser Trinkkuren beim Diabetes
vorausgeeilt. Hatte doch Külz diese von Segen auf Grund seiner Erfahrungen
in der Karlsbader Kurpraxis behauptete Wirkung im exakten klinischen
Versuch nicht bestätigen können, und waren doch ähnliche klinische
Experimentaluntersuchungen von Kratschmer, Kretschy, Riess, Senator,
Mering u. a. — die Literatur findet sich in dem Lehrbuch der Balneo-
therapie von Сах (21) zusammengestellt — ebenfalls mit negativem
Resultat verlaufen.
Paul Mayer (22) hatte indessen bei Kaninchen nach der Tränkung mit
Karlsbader Wasser eine Senkung des Blutzuckers und eine Hemmung der
alimentär erzeugten Hyperglykämie beobachten können und Arnoldi und
Roubitscheck (23) (24) hatten auch beim Menschen einen gewissen, den
Blutzucker herabsetzenden Einfluß nach der Gabe von Karlsbader Wasser
in Fällen von Diabetes gesehen.
Die erste große klinische Experimentaluntersuchung über den Einfluß
der Trinkkur mit einem alkalischen Mineralwasser auf den Verlauf des
Diabetes beim Menschen, die einen positiven Erfolg hatte, wurde im Jahre 1913
Harngquotient C: N. 435
von Maase und Salecker (25) mit dem Neuenahrer Sprudel im Auftrage der
Zentralstelle für Balneologie ausgeführt. Als Maß für die Wirkung wurde die
Größe der Zuckerausscheidung durch den Harn angenommen. Das Er-
gebnis dieser Arbeit war folgendes: „Die Neuenahrer Brunnenkur scheint
auf die schwersten mit Acidose komplizierten Formen des Diabetes keinen
wesentlichen Einfluß auszuüben. Auf schwere juvenile Diabetesformen
kann sie sogar direkt ungünstig einwirken. Dagegen bildet die Kur ein
wirksames Unterstützungsmittel in der Behandlung der mittelschweren
und leichten Fälle. Wir glauben behaupten zu dürfen, daß selbst unter
den günstigen Verhältnissen einer klinischen Behandlung gleiche Erfolge,
namentlich in so kurzer Zeit nicht zu erzielen sind. Von besonderer Be-
deutung erscheint uns die Tatsache, daß die Wirkung der Kur nicht mit
ihrer Beendigung aufhört, sondern auch unter äußeren ungünstigen Ver-
hältnissen sich über eine längere Zeit erstreckt.“
Das war geschrieben vor der Entdeckung des Insulins. Aber зо wie heute
durch die Insulinbehandlung die diätetische Therapie beim Diabetes nicht
überflüssig geworden ist, so wird auch die Balneotherapie gerade bet den
leichten Diabetesfällen ihr Recht weiter behaupten.
Nun führt aber beim Diabetes die Stoffwechselstörung nicht nur zu
einer Zuckerausscheidung, sondern auch nach Alfthan, Bickel und Kauff-
mann-Cosla (19) zu einer vermehrten Ausscheidung von anderem dys-
oxydablen Kohlenstoff im Harn, so daß selbst nach Abzug des im Zucker
enthaltenen Kohlenstoffs noch der Quotient C: N, d. h. der Restquotient,
wie er genannt wird, höher liegt als der Quotient C: N im normalen Harn.
Auch die Ketonkörper sind an dieser Restquotientsteigerung im diabetischen
Harn nicht schuld.
Gerade im Hinblick auf diese Verhältnisse beim Diabetes habe
ich bei Kaninchen den Einfluß der Trinkkuren mit Neuenahrer Wasser
auf den Quotienten C: N untersucht. Das Kaninchen schien deshalb
besonders geeignet für diese Experimente, weil es unter physiologischen
Verhältnissen bereits einen hohen Quotienten besitzt, weil es also in
der Norm schon außerordentlich viel dysoxydablen Kohlenstoff im
Verhältnis zum Stickstoff ausscheidet. Wenn eine Beeinflussung dieses
Harnquotienten im Sinne einer Erniedrigung durch eine Trinkkur mit
dem Neuenahrer Sprudel herbeigeführt werden konnte, dann war damit
die oxydationssteigernde Wirkung dieses Wassers am Kohlenstoff im
intermediären Stoffwechsel dargelan, was für die theoretische Erklärung
seiner günstigen Wirkung auf die diabetische Glycosurie von größter
Bedeutung schien. Außer mit dem Wasser wurden dann auch noch
Versuche mit dem durch Abdampfen des Wassers erhaltenem Neuahrer
Sprudelsalz vorgenommen.
Bei allen meinen Versuchen über die Einwirkung von Säure,
Alkali und dem alkalischen Neuenahrer Mineralwasser bzw. Mineral-
wassersalz war die Versuchsanordnung prinzipiell die gleiche. Das
betreffende Kaninchen wurde in einen Stoffwechselkäfig gesetzt und
mit frischen Futterrüben ernährt. Es war dafür gesorgt worden, daß
der Harn sich nicht mit Kot vermischen konnte. Der Harn wurde
436 М. Watanabe: |
von 24 zu 24 Stunden gesammelt, gemessen, und in der 24stündigen
Harnmenge wurde der Stickstoff nach Kjeldahl und der Kohlenstoff
nach der Methode der Verbrennung im flüssigen Medium bestimmt,
wie sie ausführlich in der Arbeit von Gomez (26) beschrieben ist. Man
muß bei der Sammlung des Harns, wie schon gesagt, Vorsorge treffen,
daß der Harn keine Kotbeimengung erhält. Das wird erreicht, wenn
man den Boden des Stoffwechselkäfigs mit einem engmaschigen Draht-
netz überzieht. Man muß natürlich für tägliche sorgfältige Reinigung
des Käfigs und des Harnsammelgefäßes sorgen, damit nicht gröbere
Zersetzungen in dem alkalischen Kaninchenharn während der 24stün-
digen Sammelzeit auftreten. Ins Gewicht fallende Änderungen im
Kohlenstoffgehalt des zuckerfreien Kaninchenharns treten dann nicht
auf. Selbst ein gewisses Bakterienwachstum in dem Harn während
dieser Zeit ändert nichts Wesentliches an dem Kohlenstoffgehalt, weil
wohl der aus dem Harn zum Bakterienwachstum entnommene Kohlen-
stoff wahrscheinlich in den Bakterienleibern deponiert wird. Folgender
Versuch beweist das. Ich bestimmte in einem frisch gelassenen
Kaninchenharn N und C sofort und ließ dann den Harn 24 Stunden
bei Zimmertemperatur von etwa 180 С stehen und bestimmte darauf
abermals den N- und C-Gehalt. Es zeigte sich, daß die Werte fast
unverändert waren.
N im frischen Ham . . ....... 0,056 Proz.
O э; уз имена 0,265 ,,
C:N „ AR FE ж жуя «рЫ 4 4,732 ,,
N 24 Stunden später im gleichen Harn 0,056 ,,
С 24 э an „э „› э 0,261 „э
C:N 24 IT „ э „э „ 4,661 sn
Es wurde nun zunächst gewöhnlich 1 Woche lang täglich bei
dem jeweiligen Versuchskaninchen N und C im Harn bestimmt, und
der Quotient C: N berechnet. Dann erhielt das Tier etwa ebensolange
täglich die perorale Gabe der Säure oder des Alkalıs oder des Mineral-
wassers bzw. des Mineralwassersalzes. Mitunter wurde noch eine Nach-
periode angeschlossen, in der die jeweilige Säure-, Alkali-, Mineral-
wasser- oder Salzzulage wieder in Wegfall kam, und die Ernährung
wie in der Vorperiode gehandhabt ward. In anderen Fällen wurden
auch an ein und demselben Kaninchen hintereinander mehrere Ver-
suche mit verschiedenen Substanzen gemacht. |
Die Analysenwerte in den Tabellen stellen die Durchschnittswerte
von mindestens zwei gut übereinstimmenden Kontrollanalysen dar.
Zwei gut übereinstimmende C-Analysen sind solche, bei denen die
faktisch gewogene CO,-Menge, die aus zwei 5 ccm-Portionen desselben
Harns stammt, entweder überhaupt nicht differiert oder bis höchstens
2 Proz. differiert. Nur ganz ausnahmsweise ließen wir einmal bei
Harnquotient С : N. 437
Doppelanalysen auch 4 Proz. Fehler gelten. Meiner Arbeit liegen etwa
500 Elementaranalysen des Kohlenstoffs und ebensoviel Stickstoff-
analysen zugrunde.
a) Versuche mit Säure.
Bei den Säureversuchen erhielten die Kaninchen in Form einer
n’10 Salzsäurelösung pro Kilogramm Körpergewicht 0,00473 Ыз 0,01160g
Salzsäure entweder bei gleichbleibender oder im Verlauf des Versuchs bei
allmählich ansteigender Dosis täglich mit der Schlundsonde in den Magen
eingegossen. Diese Mengen sind im Vergleich zu denjenigen, die C'hvostek (2)
bei seinen Versuchen gab, sehr gering; die Tiere von C'hvostek starben aber
auch sämtlich innerhalb von 6 Stunden nach der Säuregabe. Mir kam es
darauf an, die Tiere möglichst lange und bei guter Nahrungsaufnahme am
Leben zu erhalten und gröbere Störungen im Körpergewicht zu vermeiden,
was auch gelang.
| 110 N.HcCI | —
kinim Кӧгоег не pro kg | Ham.C 1 Im Durchschnitt im Ver
chen — Bb | und Ke ı im Mittel : im Mittel ` gleich zur Vorperiode
Nr.
g ccm iM 8 | d | Harn-N пае
I 2570 3,333. 0,00473 | 0,9100 1,546 + 0,219 + 0,539
П1 2120 3666 | 0,00632 | 03620 | 0668 || —0,l4l | — 0.112
II2 2000 5000 | 0,00913 | 0.2725 | 0,515 || — 0:230 | — 0,265
13 1887 6000 001160 | 0,4617 | 0,985 | 0,041 | + 0,205
Aus der vorstehenden Zusammenstellung ergibt sich, daß unabhängig
von der Größe der Säuregabe bei den beiden Kaninchen in dem einen
Falle (Kaninchen II) eine leichte Verminderung, in dem anderen Falle
(Kaninchen I) eine leichte Vermehrung des Harnstickstoffs auftrat. Da
wir keine genaue Kenntnis über die Größe der N-Einfuhr mit der Nahrung
haben, so kann man auch nicht sagen, ob unter dem Eindruck der Säure-
zufuhr etwa weniger Nahrung in dem einen Falle aufgenommen wurde,
wodurch die Verminderung des Harn-N zu erklären wäre. In dem anderen
Falle aber mit vermehrter N-Ausfuhr durch den Harn müßte dann, wenn
man die gleiche Erklärung für die N-Differenz nähme, das Kaninchen in
der Säureperiode mehr gefressen haben. So scheint es doch wahrschein-
licher zu sein, daß die Änderungen im Harn-N auf einer verschiedenen
Größe des N-Umsatzes im Körper beruhen und mit Änderungen in der
N-Aufnahme nichts zu tun haben. Die C-Ausscheidung unter der Salz-
säuregabe verhielt sich nach der Tabelle derart, daß sie in ihren absoluten
Werten ebensooft vermehrt wie vermindert wurde.
Mit einer Vermehrung oder Verminderung der C-Ausscheidung ging
auch gewöhnlich eine entsprechende Änderung in der N-Ausscheidung
einher, aber in einem Falle war bei Vermehrung der C-Ausscheidung die
N-Ausscheidung vermindert.
In allen Fällen aber wurde in den Säureperioden im Vergleich zur Vor-
relativ zum N mehr С ausgeschieden, und darum ging der Quotient
C:N in die Höhe.
Diese Beobachtungen zeigen zugleich, daß die C-Ausscheidung gegen-
über der N-Ausscheidung bei aller Abhängigkeit doch auch auf der anderen
Seite eine große Selbständigkeit hat, daß die Produktion des dysoxydablen
Harn-C nicht unbedingt von der Harn-N-Produktion abhängig ist.
438 М. Watanabe:
b) Versuche mit Alkalien.
Bei den Alkaliversuchen erhielten die Kaninchen durchschnittlich
entweder іп Form einer 0/10 Natronlaugelösung pro Tag und pro Kilo-
gramm 0,008g NaOH oder 0,01g Na,CO, oder Kalkwasser, bei dem die
gewählte tägliche Dosis 0,0068 g Ca(OH), pro Kilogramm Körpergewicht
entsprach.
Bei den Alkaliversuchen blieb, wie bei den Säureversuchen, das Körper-
gewicht der Tiere ungefähr auf gleicher Höhe wie in der Vorperiode, manch-
mal zeigte sich eine leichte Verminderung desselben.
Körper:
gewicht
Sg | BES
Alksligabe pro kg `, Ham-N Ham-CIm Durchschnitt im Ver.
und Tag ‚ im Mittel | im Mittel | gleich zur Vorperiode
TI || 1900 001115 Na,CO,
III || 1758 |0,00835 NaOH
IV | 1833 |0,00801 NaOH
IV | 1900 | 0,00681 Ca(OH),
Die Stickstoffausscheidung zeigte während der Alkaligabe im Vergleich
zur Vorperiode in der Mehrzahl der Fälle eine Vermehrung, die aber nicht
mit der Größe der Alkaligabe parallel ging. In einem Falle war sogar eine
Verminderung des Harn-N vorhanden.
Der Harn-C zeigte in drei Fällen eine Vermehrung, in einem Falle eine
Verminderung in seinen absoluten Werten.
Im allgemeinen ging bei den Alkaliversuchen die Verminderung oder Ver-
mehrung des Harn-N mit entsprechenden Änderungen im Harn-C konform.
In allen Fällen war unter dem Eiufluß der Alkaligabe der Harn-C im
Vergleich zum Harn-N vermindert, so daß der Quotient С: N erniedrigt war.
Hinsichtlich der N-Ausfuhr ergab sich bei meinen Versuchen dasselbe,
was Löwi (27) zusammenfassend zu dieser Frage im v. Noordenschen Hand-
buch geschrieben hat, nämlich daß bei kleinen und mittleren Gaben von
Säuren, Alkalien und Salzen Einwirkungen auf den N-Umsatz fehlen oder
gering sind.
c) Versuche mit dem Neuenahrer Sprudel und Sprudelsalz.
Bei den Mineralwasserversuchen erhielten die Kaninchen an ver-
schiedenen Tagen pro Kilogramm und pro Tag etwa 5 bis 10 ccm Neuen,
ahrer Wasser, durchschnittlich in den ganzen Perioden aber 6 bis 26 ccm.
Vom Mineralwassersalz bekamen sie 0,03 bis 0,07 g pro Kilogramm und Tag.
Das Körpergewicht der Tiere, mit Ausnahme des an einer Lungentuber-
kulose, wie die spätere Sektion ergab, erkrankten Tieres Nr. VI, das pro-
gressiv an Gewicht abgenommen hatte, blieb ziemlich konstant.
—— = nn
; Körpers | Wasser bzw. Salzs | U Ham-N |. Ham-C | Im Durchschnitt im Ver-
ENER gewicht gabe pro kg u. Tag | im Mittel | im Mittel | gleich zur Vorperiode
À in ccm bzw. g RECT —
| 8 g Ham-N | Ham
— Se che, —
40,0 ccm | 1,080 | 1,118 + 0,940 | + 0,135
11,0 сет 0,537 | 0,798 | — 0,377 | — 0,841
26,5 ccm 1409 | 1,757 | +0466 | + 0,282
0651 0,746 +0092 | — 0,018
0:068 g 0,571 0978 . +0118 — 0,982
Hamguotient С : №. 439
Bei diesen Mineralwasserversuchen bzw. Mineralwassersalzversuchen
nahm in der Regel die Stickstoffausscheidung im Harn zu, nur einmal war
sie vermindert, dagegen nahmen die absoluten Werte für den Harn-C in
der Mehrzahl der Fälle ab, nur zweimal zu. Ferner wurde in zwei Fällen
bei Zunahme der N-Ausfuhr eine Abnahme der C-Ausfuhr durch den Harn
beobachtet.
Die Zunahme der N-Ausfuhr als gewöhnliche Folge haben wir sowohl
beiden Alkaliversuchen, wie auch bei den Mineralwasser- bzw. Salzversuchen
geeehen. Dagegen war das Überwiegen in der Abnahme der C-Ausfuhr nur
bei den Mineralwasser- bzw. Salzversuchen vorhanden.
Bei den Säureversuchen war im Gegensatz zu alledem gewöhnlich die
N-Ausfuhr herabgesetzt, und die C-Ausfuhr verhielt sich stark schwankend.
So sehen wir, daß gerade durch die Gabe des Neuenahrer Mineralwassers bzw.
des Neuenahrer Mineralwassersalzes in den gewählten und auch beim diabeti-
schen Menschen üblichen Dosen von etwa 15 bis 20 com Mineralwasser pro
Kilogramm und Tag in ganz besonders sinnfälliger Weise, trotz Vermehrung
der N-Ausscheidung die Ausscheidung des dysoxydablen C durch den Harn
schon in ihren absoluten Werten herabgeseizt wird. In allen Fällen aber
wird der Quotient С: N im Harn unter der Mineralwasser- bzw. Salzwirkung
vermindert, also in allen Fällen relativ zum N weniger С ausgeschieden.
Prinzipiell gehen also die Versuche mit dem Neuenahrer Mineralwasser
bzw. Mineralwassersalz konform mit den Alkaliversuchen.
Diskussion der Versuchsergebnisse.
Die bisher mitgeteilten Versuche lehrten, daß trotz aller inneren ab-
hängigen Beziehungen zwischen der Größe der N-Oxydation und derjenigen
der C-Oxydation dennoch beide auch im gewissen Umfang ihre selbständigen
Wege gehen. Ein namhafter Teil des dysoxydablen C hat demnach, worauf
such schon von anderer Seite früher in der Literatur hingewiesen wurde,
wahrscheinlich auch andere Quellen als das Eiweiß; da wird man vor allen
Dingen an das Kohlehydrat denken müssen. Die Gründe, die dafür sprechen,
haben erst neuerdings Bickel und Kauffmann-Cosla (19) in ihrer Arbeit zur
dysoxydativen Carbonnorie auseinandergesetzt.
Die Steigerung des Quotienten bei meinen Säureversuchen muß also
auf eine im Vergleich zum N mangelhafte Oxydation des Kohlenstoffs zu
beziehen sein, und da wird man wieder vor allem an den Kohlehydrat-C
denken müssen. Bei den Säureversuchen wurde sogar im allgemeinen der
N-Umsatz eingeschränkt. Die Ausscheidung von dysoxydablem Kohlen-
stoff aber erfuhr keine entsprechende Einschränkung, manchmal sogar
eine absolute Steigerung, jedenfalls immer eine relative Steigerung zur
N-Ausfuhr. Die Säuremengen, die ich bei meinen Versuchen gab, haben also
einmal in den meisten Fällen zu einer Hemmung in der Stickstoffoxydation
geführt, weil die N-Ausscheidung abnahm, aber auch zu einer Hemmung
der Kohlenstoffoxydation, weil die Ausscheidung des dysoxydablen
Kohlenstoffs in manchen Fällen absolut zunahm, immer aber im Vergleich
zum Harn-N gesteigert war, so daß also regelmäßig C im Vergleich zum
N weniger als in der Norm zu CO, oxydiert und exhaliert wurde, sondern
mehr in der Form komplizierterer C-Verbindungen durch den Harn zur
Ausscheidung gelangte. Diese Feststellung über die Einschränkung der
Oxydation am Kohlenstoff im Hinblick auf eine restlose Durchführung der
Oxydation an der jeweiligen Substanzmasse könnte aber von einer ver-
440 M. Watanabe:
mehrten Heranziehung von Substanz zur Oxydation überhaupt gefolgt
sein. Es könnte der Körper das Bestreben haben, die qualitativ schlechte
Oxydation am einzelnen Molekül auszugleichen durch die Heranziehung
von mehr Molekülen zu dieser schlechten Oxydation. Dann könnte der
Luftsauerstoffverbrauch wegen einer überkompensatorischen Heran-
ziehung einer größeren Menge von Molekülen vergrößert sein bei qualitativ
` schlechter Durchführung der Oxydation am einzelnen Molekül. Am Gas-
wechsel könnte sich also bei den doch zweifellos kleinen Säuregaben, die
ich bei meinen Versuchen wählte, sehr wohl eine Steigerung des Luft-
O,-Verbrauchs zeigen trotz Vorhandenseins der dysoxydativen Störung,
wie sie die Harnuntersuchung aufweist. Eine Steigerung der Oxydatien
bei kleinen und mittleren, nicht toxischen Säuregaben ist ja auch am Gas-
wechsel von den verschiedensten Autoren gefunden worden. Daß bei einer
so schweren Säurevergiftung, die schon zu einer am Lungengaswechsel
erkennbaren Herabsetzung im O,-Verbrauch führt, erst recht eine dys-
oxydative Störung am Harn nachweisbar sein wird mit Erhöhung des
Quotienten С: N, das ist wohl sicher anzunehmen.
Bei meinen Alkaliversuchen liegt die Sache einfacher. Steigerung
des Lungengaswechsels als Folge der Alkalizufuhr zum Körper, und zwar
bei therapeutisch überhaupt in Frage kommenden Dosen ist mehrfach, wie
aus meiner, einleitenden Literaturübersicht hervorgeht, beobachtet worden.
Manchmal aber wurde auch kein Einfluß des Alkalis auf den Lungengas-
wechsel gesehen. Aus meinen Versuchen, die die Senkung des Harn-
quotienten C:N während der Alkaligabe und bei bestimmten Dosierungen
zeigen, ergibt sich, daß im Vergleich zum Stickstoff unter der Alkali-
wirkung größere Mengen von Kohlenstoff eine gründlichere Durchoxydation
erfahren als in der Norm. Diese vollständigere Oxydation an einzelnen
Molekülen könnte aber in manchen Fällen gefolgt sein von einer kom-
pensatorischen oder überkompensatorischen Einschränkung in der der
Oxydation anheimfallenden Molekülzahl überhaupt. Dann könnten ent-
weder die Veränderungen am Gaswechsel nur unbedeutend sein oder auch
ganz ausbleiben, und es ließe sich so vielleicht erklären, warum in manchen
Versuchen nach der Alkalizufuhr eine Steigerung des Gaswechsels ge-
funden, in anderen sie vermißt wurde.
Die Quotientsenkung bei der Alkaliwirkung kommt vor allem durch
die größere Stickstoffausscheidung, also durch die gesteigerte Eiweiß-
oxydation zustande. Hand in Hand damit geht auch offenbar eine Steigerung
im Umsatz der N-freien Kohlenstoffverbindungen, so daß auch die Harn-
schlacken dieser Verbindungen, d. h. der dysoxydable C in der Regel
absolut vermehrt ist. Aber bei dieser Steigerung des Gesamtumsatzes
fällt doch relativ weniger dysoxydabler C bei der Alkaligabe ab, als ohne
dieselbe.
Jedenfalls ist das Wesentliche der Alkaliwirkung die Verbesserung der
Oxydation, d.h. die vollständigere Durchoxydierung einzelner Moleküle
bei einem quantitativ vermehrten Umsatz an Material. Hierin steht die
Alkaliwirkung in schroffem Gegensatz zur Säurewirkung. Die Alkali-
wirkung führt im Vergleich zum N zu einer geringeren Ausscheidung an
dysoxydablem C, die Säurewirkung aber zu einer vermehrten Ausscheidung
dieses C im Verhältnis zum N.
Prinzipiell in der gleichen Weise wie die Alkaliversuche verliefen die
mit dem Neuenahrer Sprudel und dem Neuenahrer Sprudelsalz.
Harnquotient C:N. 441
Anhang І.
Einige Beobachtungen über die Beeinflussung der Ausscheidung reduzierender
und optisch aktiver Substanzen durch den Harn bei einer Trinkkur mü dem
Neuenahrer Sprudel.
Die erste Beobachtung betrifft einen 9 kg schweren Hund, der einige
Zeit täglich Phlorrhizininjektionen erhalten hatte, und bei dem nach Auf-
hören mit diesen Injektionen der Harn noch weiter hin die Fehlingsche
Lösung reduzierte und bei der polarimetrischen Untersuchung links drehte.
Um die Ausscheidung welcher reduzierenden und linksdrehenden Substanz
es sich handelte — die Substanz war überhaupt nur in geringen Mengen
ın dem Harn vorhanden —, konnte bei den kleinen zur Verfügung stehenden
Mengen nicht genau bestimmt werden. Dieses 9kg schwere Tier erhielt
während der ganzen Versuchsdauer täglich das gleiche Nahrungsquantum:
250 g Pferdefleisch, 40 g Reis, 20g Schmalz, 2g Salzgemisch.
Nachdem bei diesem Tiere der eben geschilderte Harnbefund in der
24stündigen Harnmenge nach dem Aussetzen der Phlorrhizinbehandlung
mit großer Regelmäßigkeit und Gleichförmigkeit 8 Tage lang beobachtet
worden war, bekam es während 2 Tage je 500 ccm Neuenahrer Wasser durch
die Schlundsonde in den Magen eingegossen.
In der 24stündigen Harnmenge war an diesen Tagen die Reduktions-
probe negativ und der Harn verhielt sich optisch inaktiv. Der Harn-
quotient C: N, der auch in der Periode vor der Wassergabe schon normal
gewesen war trotz der Anwesenheit der geringfügigen Menge reduzierender
und linksdrehender Substanz wurde in seinem Werte nicht verändert.
Als nun an den folgenden 2 Tagen das Tier kein Mineralwasser mehr bekam,
trat sofort wieder die linksdrehende und reduzierende Substanz im Harn
auf. Der Quotient änderte sich nicht wesentlich. Als jetzt wieder 3 Tage
lang je 500 ccm Neuenahrer Wasser dem Tiere gegeben wurden, verschwand
bei einem gleichbleibenden Quotienten C: N die reduzierende und links-
drehende Substanz abermals prompt aus dem Harn.
Als mit der Mineralwasserbehandlung wieder aufgehört wurde, zeigte
der Harn auch wieder sein altes pathologisches Verhalten.
Dieser Versuch zeigt, daß durch das Neuenahrer Mineralwasser eine,
wenn auch nicht genauer in dem voliegenden Falle definierte, doch zweifellos
vorhandene dysoxydative Störung prompt beseitigt werden kann.
Die zweite hierher gehörige Beobachtung betrifft eine fettleibige
Patientin im Alter von 48 Jahren, die seit etwa 2 Jahren an einem leichten
Diabetes erkrankt war. Sie stand seit etwa einem Jahre unter einem anti-
diabetischen Diätregime (Fetteiweißkost).. Anfang September 1925 war
der Zucker verschwunden, d. h. der Harn war optisch inaktiv und reduzierte
nicht mehr die Fehlingsche Lösung. Die Aceton- und Acetessigsäure-
reaktion im Harn war negativ. Der Harnquotient C:N betrug Anfang
September 1925: 0,93, wohlgemerkt ohne gleichzeitige Zuckerausscheidung
im Harn und bei vornehmlicher Fetteiweißkost.
Dieser Quotient von 0,93 bei der genannten Kost ist ganz zweifellos
pathologisch erhöht. In der Norm wird ein solcher Quotient im all-
gemeinen bekanntlich nur bei einer sehr N-armen und kohlehydratreichen
Kost erzielt. Wir haben es also bei dieser Patientin mit einer Diabetikerin
zu tun, bei der sich die diabetische Stoffwechselstörung am Harn nur
noch in einem erhöhten Quotienten ohne gleichzeitige Glykosurie und
Ketonurie offenbarte. Dieser Fall ist zugleich auch ein Beweis für die
Richtigkeit der Behauptung von Bickel und Kauffmann-Cosla (19), daß
Biochemische Zeitschrift Band 170. 29
442 M. Watanabe:
die diabetische Stoffwechselstörung auch, abgesehen von der Glykosurie und
Ketonurie, noch zu einer anderweitig bedingten dysoxydativen Carbonurie
führe. In reiner Form sehen wir diese Störung bei unserer Patientin.
Am 27. November 1925 hatte sich bei der Patientin wieder eine
Glykosurie eingestellt. Sie schied etwa 6,0g Zucker pro Tag aus. Der
Gesamtquotient C:N im Harn betrug am 27. und 30. November 1,12
bzw. 1,36. Wenn man von dem Gesamt-C den aus dem Polarisationswert
für den Zucker berechneten Zucker-C abzog und mit diesem Rest-C und
dem Gesamt-N den Restquotienten С: N ermittelte, ergaben sich die Werte
0,91 bzw. 1,18. Man sieht, daß dieser Restquotient mit dem Gesamt-
quotienten von 0,93 konform geht, den die Patientin im September zu einer
Zeit hatte, als keine Glykosurie bestand. Weder damals noch jetzt war
Ketonurie vorhanden.
Vom 2. bis 9. November 1925 bekam nun die Patientin bei im übrigen
gleicher Diät 250 ccm Neuenahrer Sprudel zu trinken. Die Rechtsdrehung
des Urins verschwand prompt schon am ersten Mineralwassertage und
machte einer schwachen Linksdrehung Platz. Die genauere Untersuchung
ergab die Möglichkeit der Anwesenheit geringer Glykuronsäuremengen.
Der Harnquotient С: N bei Berechnung mit dem gesamten C-Wert: des
Harns, also auch einschließlich des in der linksdrehenden Substanz ent-
haltenen C ging während der Mineralwassergabe langsam zurück. Er sank
von 1,08 am ersten Mineralwassertage auf 0,89 am vierten Tage und stieg
wieder auf 1,06 am sechsten Mineralwassertage. Der Quotient hatte also
nach dem Verschwinden des rechtsdrehenden Zuckers durchschnittlich
den Wert von 1,00, während er in der Vorperiode mit dem Zucker den
Quotienten 1,24 und nach Abzug des Zucker-C den Wert von 1,04 gezeigt
hatte. Der Gesamtquotient in der Mineralwasserperiode entsprach also in
seiner Größe dem Restquotienten in der Vorperiode.
Nach dem Aussetzen der Mineralwassergabe trat sofort wieder, und
zwar schon am ersten Tage der rechtsdrehende Zucker im Harn auf, der
Gesamtquotient aber blieb an den beiden Tagen mit 0,99 und 1,02 trotzdem
auf der gleichen Höhe.
Aus dieser Beobachtung an der diabetischen Patientin ergibt sich,
daß unter dem Einfluß einer Trinkkur mit dem Neuenahrer Sprudel bei
leichtem Diabetes und bei im übrigen gleicher Diät der rechtsdrehende
Zucker prompt aus dem Harn verschwinden kann, was auch schon Maase
und Salecker gefunden hatten.
Anhang II.
Einige Beobachtungen über den Gehalt des Harns an Ammoniak und Harnstoff
bei verschiedener Lage des Quotienten С: N an demselben Tiere.
Wie aus meinen Versuchsprotokollen sich ergibt, habe ich in einigen
Fällen, nämlich bei den Kaninchen II und IV, außer dem N und C auch
das Ammoniak und den Harnstoff im Harn bestimmt. Ich wollte nachsehen,
ob mit Erhöhungen oder Senkungen des Quotienten oder auch bei gleichen
Quotienten in verschiedenen Perioden іп den Periodendurchschnitten, die
den jeweiligen Quotientberechnungen zugrunde liegen, die Ammoniak- und
Harnstoffwerte in irgend einer gesetzmäßigen Beziehung zu der Lage der
Quotienten stehen. Es hat sich herausgestellt, daß das nicht der Fall ist.
Bei dem Kaninchen II z. В. ging mit einer Senkung des Quotienten bald
eine Verminderung, bald eine Vermehrung der Ammoniak- und Harnstoff-
ausscheidung einher. Auch bei einer Steigerung des Quotienten verhielt sich
Harnguotient C: N. 443
ds Ammoniak verschieden, der Harnstoffgehalt war zweimal vermehrt. Ja
мірі bei gleichbleibenden Quotienten kann zu verschiedenen Zeiten eine ver-
schiedene Harnstoffmenge ausgeschieden werden. Alle diese Beobachtungen
beweisen, daß die Verteilung der einzelnen, von mir untersuchten N-haltigen
Substanzen im Harn keinen bestimmenden Einfluß auf die Lage des
Quotienten hat.
Anhang III.
Methodik.
Der Stickstoff wurde nach Kjeldahl bestimmt. Der Kohlenstoff wurde
nach der Methode der Verbrennung im flüssigen Medium bestimmt, wie
sie in der Arbeit von Gomez (26) ausführlich beschrieben ist. Der Harnstoff
wurde nach der Ureasemethode und das Ammoniak wurde in der üblichen
Weise nach der Destillationsmethode bestimmt. Ich hielt mich an die
Vorschriften von Pincussen (Mikromethodik 1923, S. 21 und 24).
Ergebnisse.
1. Bei 24stündigem Stehen des alkalischen zuckerfreien Kaninchen-
hams bei Zimmertemperatur von etwa 18°C ändert sich der N- und
C-Gehalt des Harns und damit auch der HarnquotientC:N praktisch nicht.
2. Bei mehrtägiger peroraler Zufuhr von 0,004 bis 0,01g Salz-
sure pro Kilogramm Körpergewicht und pro Tag erhöht sich der
Hamguotient С: N bei Kaninchen.
3. Bei mehrtägiger peroraler Zufuhr von 0,01g NaCO, oder
008g NaOH oder 0,007 g Ca(OH), pro Kilogramm Körpergewicht
ud pro Tag senkt sich der Harnquotient bei Kaninchen.
4. Bei mehrtägiger peroraler Zufuhr von 11 bis 40 ccm Neuenahrer
$prudel oder von 0,3 bis 0,7 р Neuenahrer Sprudelsalz pro Kilogramm
Körpergewicht und pro Tag senkt sich der Harnquotient bei Kaninchen.
5. Bei mehrtägiger peroraler Zufuhr von Neuenahrer Sprudel ver-
schwand aus dem Harn eines kranken Hundes eine linksdrehende, reduzie-
rende Substanz, und in einem Falle eines leichten Diabetes beim Menschen
wurde die Rechtsdrehung des Harns in eine Linksdrehung verwandelt.
6. Bei einem leichten Falle von Diabetes ließ sich nachweisen, daß
such zu Zeiten, in denen keine Glykosurie und keine Ketonurie bestand,
totz einer vornehmlichen Fett-Eiweißkost der Harnquotient C:N
pathologisch erhöht war.
7. Da die Erhöhung des Harnquotienten С : N eine Verschlechterung
der Kohlenstoffoxydation im Körper im Vergleich zur Stickstoff-
oıydation anzeigt, und da die Senkung dieses Quotienten das Um-
gekehrte, nämlich die Verbesserung der Kohlenstoffoxydation im
intermediären Stoffwechsel beweist, so zeigen alle diese Versuche an:
a) daß schon durch kleine Säuregaben die Oxydation am Kohlen-
SÉ beeinträchtigt wird, wenn auch diese Störung am Lungengaswechsel
au den früher dargelegten Gründen nicht zur Beobachtung kommt;
b) daß durch kleine Alkaligaben die Oxydation am Kohlenstoff
begünstigt wird, wie es auch die Lungengaswechseluntersuchung zeigt;
29*
444 M. Watanabe:
c) daß durch die Gabe des Neuenahrer Sprudels in den thera
peutisch in Frage kommenden Mengen, wie auch durch die Gabe de
Neuenahrer Sprudelsalzes die Oxydation am Kohlenstoff eine Förderun;
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Abb. 3 Kaninchen Nr. 3.
Harnquotient C:N.
Die durchgezogene Querlinie bezeichnet die durchschnittliche
In den Kurven werden die Versuchsergebnisse graphisch veranschau-
erfährt, wodurch sich die therapeutisch günstige Wirkung dieses Mineral-
licht. Auf allen Kurven bezeichnet die Höhe der einzelnen Säulen die
wassers beim Diabetes mellitus erklärt.
Höhe des Harnquotienten C:N an den einzelnen Versuchstagen einer
Periode.
Lage des Quotienten in der betreffenden Versuchsperiode.
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Abb.6. Kaninchen Nr. 7.
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Biochemische Zeitschrift Band 170.
458 М. Watanabe: Harnquotient С: N.
Literatur.
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18) Grafe, Zentralbl. f. innere Med. 1925. Nr. 17, S. 16. — 19) Bickel und
Kauffmann-Cosla, Virchows Arch. 259, 1926. — 20) Arnoldi, Med. Klinik
1925. — 21) (Пах, Lehrb. d. Balneotherapie. — 22) Paul Mayer, Deutsch.
Med. Wochenschr. 1922, Nr. 25. — 23) Arnoldi und Rubitschek, Ebendaselbst
1922, Nr. 8. — 24. Arnoldi und Ettinger, Klin. Wochenschr. 1922, Nr. 42. —
25) Maase und Salecker, Veröffentl. d. Zentralst. f. Balneol. — 26) Gomez
diese Zeitschr. 167, 1926. — 27) Loewi und v. Noordens Handb. d. Path.
d. Stoffw., 2. Aufl., 2, 662, 1907. — 28) Abderhalden, Med. Klinik 1924.
Über den Bromgehalt des Organismus.
II. Mitteilung:
Der physiologische Bromgehalt der Organe!).
Von
H. Bernhardt und H. Ucko.
(Aus der I. medizinischen Universitätsklinik der Charite, Berlin.)
(Eingegangen am 11. Februar 1926.)
In unserer ersten Arbeit konnten wir zeigen, daß das Brom ein
normaler Bestandteil des menschlichen Blutes ist. Dieser Nachweis
wurde zunächst qualitativ im Aschenauszug des Blutes mit Hilfe der
Guareschischen Reaktion unter ganz bestimmten Bedingungen aus-
geführt. An der Hand großer Blutanalysen sowie mittels einer von uns
ausgearbeiteten quantitativen Methodik nach dem Prinzip von
Guareschi, die in klinisch zur Verfügung stehenden Blutmengen vor-
genommen werden kann, stellten wir als normalen Bromgehalt 10
bis 1,5 mg-Proz. Brom fest. Betreffs näherer Einzelheiten verweisen
wir auf unsere erste Mitteilung.
Wir schlossen seinerzeit aus diesen Befunden, daß das Brom kein
für den Organismus bedeutungsloser Bestandteil sein dürfte, und daß
der relativ hohe Bromgehalt des normalen Blutes den Ausdruck eines
bisher unbekannten, bestimmt regulierten Bromstoffwechsels dar-
stellen könnte.
Um die Verhältnisse dieses etwaigen Bromstoffwechsels näher zu
erfassen, beschäftigten wir uns zunächst mit dem Bromgehalt der
Organe. Es kam uns darauf an, festzustellen, ob auch die menschlichen
und tierischen Organe einen nennenswerten Gehalt an Brom aufweisen,
ob dieser Gehalt an Brom innerhalb bestimmter Grenzen ein konstanter
ist, und es schien uns wesentlich, weiterhin die Frage zu klären, ob
es bestimmte Organe gibt, in denen sich besonders hohe physiologische
Brommengen nachweisen ließen. Speziell diese letzte Möglichkeit
schien uns für die Klärung eines etwa vorhandenen Bromstoffwechsels
1) I. Mitteilung siehe Bernhardt und Ucko, Über den physiologischen
Bromgehalt des Blutes. Diese Zeitschr. 155, 174, 1925.
30*
460 Н. Bernhardt u. H. Ucko:
von besonderer Bedeutung zu sein, denn in Analogie zur Stellung der
Schilddrüse zum Jodstoffwechsel wäre auch hier die Auffindung eines
Organs mit besonders erheblichem Bromgehalt als Zentralorgan zur
Bromregulation im Organismus ein wichtiges Ergebnis.
Wir gingen deshalb an die Untersuchung sämtlicher Organe,
wobei wir von vornherein die endokrinen Drüsen besonders berück-
sichtigen zu müssen glaubten. Die bisher in der Literatur aufzufindenden
Untersuchungen seien hier noch einmal kurz zusammengestellt. Betreffs
der Kritik der von den einzelnen Autoren verwandten verschiedenen
Methoden verweisen wir aufden ausführlichen Literaturbericht unserer
ersten Mitteilung.
Von älteren Arbeiten über einen Bromgehalt normaler mensch-
licher und tierischer Organe sind, abgesehen von den mit chemisch
falscher Methodik ausgeführten Untersuchungen von Justus, die Ergeb-
nisse von Daro-Baldi zu erwähnen, der in normalen Schilddrüsen
Brom gefunden hat. Mit einem verfeinerten Verfahren gleichen Prinzips
konnte Labat späterhin von 24 Schilddrüsen achtmal kein Brom nach-
weisen. Seine anderen positiven Befunde führt der Autor auf thera-
peutisch zugeführtes, in der Schilddrüse retiniertes Brom zurück. Mit
einer ähnlichen Methode untersuchte in neuerer Zeit Pilat eine Reihe
von Organen auf Brom, nämlich Leber, Niere, Milz, Gehirn und Schild-
drüse. Er konnte in den genannten Organen kein Brom finden und hält
das Brom infolgedessen für keinen normalen Bestandteil des Organismus.
Ebenso untersuchte mit einem wenig empfindlichen Verfahren
Pribram den Bromgehalt von Gehirn, Leber, Milz und Schilddrüse,
ohne Brom nachweisen zu können.
Aus neuester Zeit liegen ferner die Untersuchungen von Damiens
an Hundeblut und Organen vor. Damiens arbeitete mit einer von ver-
schiedenen französischen Autoren modifizierten Methode, die ebenfalls
wie die unserige auf der Guareschischen Reaktion beruht. Damiens fand
bei seinem Hunde sowohl im Vollblut und Serum als auch in sämtlichen
Organen bestimmte Brommengen. Seine Resultate seien in Tabelle I
zusammengestellt.
Um Irrtümer zu vermeiden, untersuchten auch wir zunächst die
Organe von Hunden, da man bei den menschlichen Leichen nicht
immer ganz mit Sicherheit ausschließen konnte, ob vor dem Tode eine
Brommedikation stattgefunden hatte. Später gingen wir stets so vor,
daß wir gleichzeitig das Blut der betreffenden Individuen untersuchten,
und daß wir das Organmaterial von Leichen aus dem Schauhaus be-
nutzten, bei denen therapeutische Bromzufuhr von vornherein weniger
in Frage kam!). Auf diese Weise gelang es uns, eine Reihe von völlig
1) Für die liebenswürdige Überlassung des Materials möchten wir auch
an dieser Stelle dem Institut für gerichtliche Medizin, insbesondere Herrn
Dr. Weimann, unseren besten Dank aussprechen.
Bromgehalt des Organismus. II. 461
Tabelle I.
Tabelle aus der Arbeit von Damiens (С. г. des séances de ГАсаа. des
sc. 171, 1920).
| mg auf 100 8 frischen Organs |
Nr. Tier | Organ — — — Verhältnis ВСІ
NEE Н | Br С! — |
l Ochse . . defibrin. Blut 0,52 396 0,001 32
2 Lunge 0,42 348 0,001 20
3 Nebenniere 0,13 | 106 0,001 22
І Hund, 28 ко Lunge 0,40 | 210 0,0019
2 Luftröhre 0,20 80 0,0025
A ` Leber 0,25 110 0,002 27
4 Niere | 0,40 210 0,0019
5 Milz 0,41 200 0,00205
6 Herz 0,16 160 ' 0,001
7 Muskel 0,10 55 0,001 81
8 ‘ Kleinhirn |! 0,20 130 0,001 54
l| Augapfel nicht meßbar | 100 —
10 ' Schilddrüse nicht meßbar | — —
11 Nebenniere nicht meßbar ` 210 | —
12 Hoden 0,53 220 0,0024
13 ‚ Gesamtblut 0,42 Ä 270 : 0,00155
14 Blutserum ` ` 0,60 390 0,001 53
15 Blutkörperchen 0,50 250 0,002
16 Urin 0,05 36 0,001 4
7 Galle 0,08 40 ‚0,0020
einwandfreien Fällen zusammenzustellen, die für die vorliegenden
Feststellungen nur berücksichtigt wurden.
Zur Methodik sind wesentliche Änderungen nicht zu verzeichnen.
Die von uns in unserer ersten Arbeit genau beschriebene Anordnung
kann für die Organmuntersuchung unverändert beibehalten werden und liefert
auch hier durchaus brauchbare Resultate. Bei größeren Organmengen mit
юану hoher Trockensubstanz verwandten wir zur Schmelze entsprechend
mehr Ätzkali; fermer gaben wir der Bestimmungsflüssigkeit nach dem Neu-
tralisieren nicht 0,7 ccm 25proz. H,SO,, sondern 1,5ccm H,SO, hinzu,
da wir feststellen konnten, daß bei 0,7 cem H,SO, der Indikatorzusatz die
Flüssigkeit häufig rot färbte. Besondere Sorgfalt ist auf die Austreibung
der Kohlensäure durch Zufügen der Schwefelsäure zu legen. Das Austreiben
wird erheblich beschleunigt, wenn das Gefäß nach dem Säurezusatz stark
geschüttelt wird. Es hat sich im Laufe unserer vielen Analysen gezeigt,
daß bei ungenügender Kohlensäureaustreibung die positive Bromreaktion
viel schwächer, ja unter Umständen völlig negativ ausfallen kann. Eine
leerbestimmung im Wasser ist täglich zur Indikatorprüfung auszuführen;
außerdem empfiehlt es sich, zum besseren Farbenvergleich neben jeder
Bestimmung gleichzeitig eine Wasserbestimmung mitlaufen zu lassen.
Es ließ sich zunächst feststellen, daß sowohl die menschlichen wie
die tierischen Organe nachweisbare Mengen von Brom enthielten, wie
aus folgenden Protokollen zu entnehmen ist:
462 H. Bernhardt u. H. Ucko:
Tabelle II.
I. Einzeltabellen der Ge
| | Verarbeitete | LEE Bromgebsit auf We
Sr а Organ (Frischgewicht)
Nr Organ | ett icht) | ccm bzw. g Organ Viren
Hund 1, Ce 14 ‚0 kg, getötet Mitte Juli 1925 wegen Räude.
1 | Blutserum .. ` 25,0 cem | 6,5— 7,0 cem ` 0,71—0,77
2 || Blutkuchen. . | 20, ‚О сест 95—105 сет 0,48—0,53
3 | Vollblut . .. | 25.0 ccm 80— 90 cem, 055—063
4 !Herz..... 22,08 | 8.0— 90g | 0,55—0,63
5 | Leber .... | 18,0 g über 9,08 — —
6 Milz ..... 2008 | 10— 8,0g ‚630,71
7 | Niere .... | 192g 60— 70g ` 071-088
8 \ Lunge оа 20,08 6,0— 70g ` 0,71—0,83
9 | Pankreas... 194g 8.0— 90g 055—063
10 | Magen .... . 215g 6,5— 85g | 0,60—0,77
11 | Darm аси 188g | 90— 958 | 0,50—0,55
12 | Muskel . nr 20,48 über 10,2g nicht ermittelt, sicher
weniger als 0,49
13 | Fettgewebe . . 19,0 g 7,0— 8,0g 0,63—0,71
14 | Knorpel ... . 130g 6,5g 0,77
15 . Aorta .... | 75g 3,08 | 1,66
16 | Haut... .. 2708 | 11,5—13,5g | 0,37—043
17 || Kleinhirn. . . . 18,0g | 8 0— 90g 0,55—0,63
18 . Großhirn . . 2008 9.010,08 0,50—0,53
19 | Epiphyse +
| Gehirn . . . | 1,0g епосі negativ
20 | Hoden .... ` 9,2g 4,6g noch negativ nicht ermittelt.
| sicher unter 11
= — Se i | | Analysen nicht einwandfrei
| 22 22 | icht ermittelt,
Ё | ишег g ' sicher ырган? 27
Hund П, 4,75 kg, getötet durch Überfahren am 3. August 1925.
23 | Nebenniere . .
1 Меге .... 18,0 g 6,0—0,7 | 0,71—0,83
2 ‚Milz ..... | 15,0g | 75g 0,67
3 | КІеіпһігп . . . 19,0 g | 558 0,90
4 Schilddrüse . . 3,5g 3,5g 1,45
5 | Aorta .... 6,08 | 2,0—3,0 1,67—2,5
6 | Nebenniere . . | 14р | unter 14g Я — —
7 Ерїрһузе — |
безип... 1,0g | 1,0 g noch negativ —
8 Leber ...., 180g | 8,0—9,0 g 0,55—0,63
Hund ПІ, 25 kg, getötet am 26. August 1925.
1 Blutserum .. 25,0 cem 6,0—6,5 cem 0,77—0,83
2 Vollblut ... 25, ‚О сет 7,0—8,0 cem 0,63—0,71
3 Niere .... ` 190g | 7,5—8,5g 0,59—0,67
4 | Großhimnm ... 190g 4,0—5,0 р 10 —1 95
5 | Aorta .. | 15,0g 2,0—3,0 g 1 67—25 5
6 Rippenknorpel 17 ‚0 g 3,0—5,0 g 1,0 —1 67
7 „Hoden +
: Nebenhoden ` ` 20,0 g | 7,0—8,0 g | 0,63—0,71
8 © Schilddrüse . . 6,5g 3,255 1,54
H i Hypophyse . . ема 04р | stark positiv Dit E oer?
10 | Nebenniere . . 05g | 1,0—1,5g 3,0
Bromgehalt des Organismus. II. 463
Tabelle III.
II. Übersichtstabelle aller Untersuchungsresultate.
mg auf 100g
mg auf 100 g
frisches Organ .
frisches Organ
Mensch
1 0,71—0,83|1 0—1,6 Muskel weniger als
2 0,48—0,53
3 0,55—0,7110,8—1,4 |13 | Fettgewebe 10,63—0,1
4 0,55—0,63 )
5. 0,40—0,63/0,6—0,75 | 15 . . 166—295 | 2,0— 2,5
6 0,63—0,71(0,9—1,5 |10
d 0,59—0,83 ei
d 0,71—0,83 0 x
1. ee mehr als 12,5 15,0 80,0
1) 0,50—0,55 21 0,84—1,45| 0,9— 1,4
88 —50 | 14-18
Die an den menschlichen Organen gewonnenen Werte stammen
aus einem Material von zwölf Fällen. Wir haben uns hierbei auf
besonders wichtig erscheinende Organe beschränkt, nachdem wir aus
dn Analysen an Hunden einen Überblick über die Bromverteilung in
den Organen gewonnen hatten. Für die Beurteilung unserer in obigen
Tabellen angeführten Ergebnisse ist folgendes zu berücksichtigen.
1. Eine gewisse Beeinträchtigung des normalen Bromgehaltes der
untersuchten Organe stellt die Tatsache dar, daß im allgemeinen von der
Entnahme der frischen Organe bis zum Analysenbeginn eine Abnahme des
Wassergehalts nicht zu vermeiden war. Infolgedessen stimmt das Gewicht
der verarbeiteten Mengen nicht völlig mit dem Frischgewicht der betreffen-
den Organteile überein. Kontrolluntersuchungen ergaben, daß der dadurch
bedingte Fehler im Höchstfalle bis zu 0,08 mg-Proz. Brom betragen kann.
Andererseits muß man ebenfalls bedenken, daß auf das Frischgewicht
von Organen bezogene Zahlen untereinander nicht ohne weiteres verglichen
werden können, da der normalerweise verschiedene Wassergehalt der Organe
dabei nicht berücksichtigt wird.
2. Weiterhin ist zu erwähnen, daß, wie schon in unserer ersten Mit-
teilung genauer ausgeführt wurde, bei der von uns angewendeten Methode
die Fehlergrenze von der Einengungsmöglichkeit des Schwellenwertes
abhängig ist. Die dadurch sich ergebenden Differenzen haben wir in obigen
Tabellen durch die Angabe der beiden Grenzwerte berücksichtigt Bei der
Berechnung des Bromgehalts der Organe, von denen lediglich ein geringes
Material zur Verfügung steht (Hypophyse usw.), erweitert sich naturgemäß
diese Differenz bei der Berechnung des prozentualen Bromgehalts. Unter
Berücksichtigung der hier angegebenen beeinträchtigenden Momente läßt
Sch ein genügend genauer Überblick über die Verteilung des Broms im
normalen Organismus gewinnen, zumal die Resultate aus einem einwand-
freien größeren Material hervorgegangen sind.
Die von uns gefundenen Bromzahlen in den Organen der Hunde
(Tabelle II) sind im Vergleich zu den von Damiens angegebenen Werten
sämtlich höher, zeigen aber eine gewisse Parallelität. Wir haben schon
464 © E. Bernhardt u. Н. Ucko:
in unserer ersten Mitteilung über die von uns bei der Nachprüfung der
Damiensschen Methodik gemachte Beobachtung berichtet, daß die
von uns gefundenen Bromwerte in Br-Lösungen stets zu niedrig waren.
Wir hatten auch nachweisen können, daß diese Erscheinung offenbar
durch den Zusatz von konzentrierter Salzsäure bedingt wurde, die das
Auftreten der charakteristischen Bromfarbe bei ganz kleinen Br-Mengen
verhinderte. Bei Anwendung von verdünntem Chlorwasser an Stelle
der Salzsäure erhielten wir normale Bromwerte. Auf diese Weise könnte
man die Unterschiede zwischen den von uns gefundenen Zahlen und
denen von Damiens erklären.
Bei der Durchsicht der gefundenen Bromwerte fällt auf, daß unter
allen Organen die Hypophyse, die Nebenniere und die Aortenwand die
höchsten prozentualen Br-Mengen enthalten. Unter diesen drei Organen
scheint die Hypophyse den größten prozentualen Gehalt aufzuweisen.
Wie weit diesen Befunden eine Bedeutung zukommt, vermögen wir
zunächst nicht zu sagen. Einmal muß man in Betracht ziehen, daß
besonders bei Hypophyse und Nebenniere infolge der Kleinheit dieser
Organe ein nur geringer absoluter Bromgehalt tatsächlich vorhanden
ist. Andererseits ist es fraglich, ob wir es z. B. in der Hypophyse etwa
mit einem Organ zu tun haben könnten, das eine besondere Bedeutung
für den in Frage kommenden Bromstoffwechsel hat. Es würde dann
jede Erklärung dafür fehlen, wie der immerhin hohe Bromgehalt von
Nebenniere und Aortenwand zustande käme. Man muß allerdings
daran denken, daß zwischen der spezifischen Funktion von Hypophyse
und Nebenniere und der arteriellen Gefäßwand bekannte, physiologisch
wohl definierte Beziehungen bestehen, nämlich die Ausregulierung des
Blutdruckes und des Gefäßtonus. Wir kennen die Wirkung der aus
diesen Drüsen hergestellten Extrakte auf die Gefäßwand und wissen
andererseits aus der Pathologie der beiden Drüsen, daß Symptome
am Gefäßsystem dabeı eine besondere Rolle spielen. Es ist ferner aus
der Pharmakologie des Broms als wahrscheinlich anzusehen, daß dieses
Element gewisse Wirkungen auf den Blutdruck auszuüben imstande
ist. Aus allen diesen Tatsachen ließe sich eine Beziehung des Brom-
gehalts der drei genannten Organe hinsichtlich ihres physiologischen
Konnexes herleiten, ohne daß sich dieselbe zunächst beweisen läßt, und
ohne daß wir uns über die Art derselben und die damit zusammen-
hängende Bedeutung des Broms nähere Vorstellungen machen können.
Hierüber sind weitere Untersuchungen im Gange.
Es scheint uns jedoch wichtig, bei dieser Gelegenheit ganz kurz
ein prinzipielles Bedenken anzuführen, das sich bezüglich der Bedeutung
eines besonderen Bromstoffwechsels, etwa im Sinne des Chlor- oder
Jodstoffwechsels, überhaupt erheben muß. Aus zahlreichen, zum Teil
schon sehr alten Untersuchungen ist die eigenartige Tatsache bekannt,
Bromgehalt des Organismus. II. 465
daß sich bei länger dauernder Bromzufuhr nicht nur der Bromgehalt
der Organe, sondern auch derjenige des Blutes in erheblicher Weise
ändert, und zwar so, daß Chlor und Brom sich in äquimolekularen
Mengen vertreten. Auf die theoretische Erklärung dieser Tatsache soll
hier nicht näher eingegangen werden. In jedem Falle gibt diese
Erscheinung zu denken. Es ist zwer bei Fütterung mit bestimmten
Elementen im allgemeinen immer möglich, den Gehalt der Organe
an diesen Elementen in gewissem Ausmaß zu verändern, aber der
physiologische Blutspiegel bleibt stets mit größter Konstanz bestehen.
Die Tatsache, daß dies beim Brom nicht deı Fall ist, stellt die Existenz
eines bestimmt regulierten Bromstoffwechsels immerhin in Frage,
wenn man dabei auch erwägen muß, daß der Gehalt des Blutes an
Chlor plus Brom stets eine erhebliche Konstanz aufweist.
Wegen der Literatur verweisen wir auf unsere erste Mitteilung
(diese Zeitschr. 155, H.1/2, 1925).
Zur Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II.
Von
Karl Boresch.
(Aus dem Laboratorium für Pflanzenernährung der landwirtschaftlichen
Abteilung der Prager deutschen technischen Hochschule in Tetschen-
Liebwerd.)
(Eingegangen am 15. Februar 1926.)
(Mit 9 Abbildungen im Text.)
In der ersten Mitteilung über diesen Gegenstand!) wurde gezeigt,
daß sich das in der gärtnerischen Frühtreiberei an Flieder, Maiblumen
und anderen Pflanzen bewährte Warmbadverfahren in seiner die Ruhe
abkürzenden und entwicklungsbeschleunigenden Wirkung auf ruhende
Winterknospen verschiedener einheimischer Holzgewächse durch ein
temperiertes Vakuum ersetzen läßt. Als die wesentlichen Wirkungs-
komponenten des Warmbades sind daher die höhere Temperatur und
die Sauerstoffarmut des lauwarmen Wassers anzusehen. Unter den
durch das Warmbad oder temperierte Vakuum gesetzten Bedingungen
der Sauerstoffnot ist das Auftreten unvollständig oxydierter Stoffe zu
erwarten, so daß Produkte des anaeroben Stoffwechsels als die chemisch
wirksamen Agenzien beim Frühtreiben warm gebadeter Winterknospen
in Frage kommen. | |
Von diesem Gesichtspunkte aus wurden verschiedene, mit der
intramolekularen Atmung zusammenhängende Stoffe?) und zum
Vergleich mit ihnen chemisch verwandte Körper auf ihre frühtreibende
Wirkung an ruhenden Knospen einheimischer Holzpflanzen untersucht.
Jede der innerhalb der folgenden Versuche mit römischen Ziffern
kenntlich gemachten Gruppen eines Versuchs umfaßte, wo nicht anderes
bemerkt, vier Zweige eines Holzgewächses. Das hinter der Nummer
jedes Versuchs stehende Datum gibt den Versuchsbeginn an. Die
Versuche wurden in den Wintermonaten 1924/25 und 1925/26 angestellt.
1) Diese Zeitschr. 158, 313, 1924.
2) Einzelne dieser Stoffe stellte dem Verf. Herr C. Neuberg in ent-
gegenkommender Weise zur Verfügung, wofür ihm auch an dieser Stelle
bestens gedankt sei.
К. Boresch: Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 467
Frühtreibversuche mit organischen Säuren.
1. Versuch. 25. November 1924. Injektionen der Knospen I. mit
Wasser, mit n/10 Lösungen von II. Propionsäure, III. Milchsäure, IV. Brenz-
traubensäure, V. Oxalsäure und mit n/100 Lösungen von VI. Propionsäure,
VII. Milchsäure, VIII. Brenztraubensäure, IX. Oxalsäure.
Aesculus Hippocastanum wies keine deutlichen Unterschiede im Aus-
treiben auf.
Та parvifolia. Die wasserinjizierten Knospen I blieben bis zum
4. Januar 1925 in Ruhe. An diesem Tage waren die anderen Zweige im
folgenden Entwicklungszustand: II zwei Endknospen entfaltet, drei in
Entfaltung (Beginn des Treibens am 27. Dezember). III zwei Endknospen
voll entfaltet, eine in Entfaltung, eine treibt (Beginn des Treibens am
24. Dezember). IV zwei Endknospen und eine obere treiben (Beginn des
Treibens am 30. Dezember. V zwei Endknospen in Entfaltung, zwei
obere Knospen treiben (Beginn des Treibens am 30. Dezember). VI zwei
Endknospen und eine obere treiben (Beginn des Treibens am 30. Dezember).
ҮП eine Endknospe voll entfaltet, zwei Endknospen beginnen sich zu ent-
falten, eine Endknospe und eine obere treiben (Beginn des Treibens am
7. Dezember). УПІ eine Endknospe beginnt mit der Entfaltung, eine
Endknospe beginnt zu treiben (Beginn des Treibens am 30. Dezember).
IX drei Endknospen im ersten Treiben (Beginn des Treibens am 2. Januar).
п/10 Milchsäure verkürzte die Ruhe um 11 Таре, п/10 Propionsäure
um 8 Tage, die übrigen, ausgenommen Oxalsäure, um 5 Tage. Die günstige
Wirkung der Milchsäure macht sich auch noch in n/100 Lösung bemerkbar,
anscheinend auch die von n/100 Brenztraubensäure.
2. Versuch. 26. November 1924. Injektionen der Knospen mit
L Wasser, II. n-Buttersäure 0,25 Proz., III. Isobutylessigsäure, kalt ge-
sättigt, IV. Caprylsäure 0,25 Proz., V. Caprinsäure, kalt gesättigt.
Aesculus Hippocastanum. 21. Dezember Beginn des Treibens in П,
UI, und V. Am weitenstens ist II. 27. Dezember. Auch in I und IV beginnt
das Treiben. 30. Dezember. In I treibt eine obere Knospe, zwei beginnen.
In III treibt eine Knospe, drei beginnen zu treiben. Ebenso in IV. In У
treiben zwei Knospen, vier beginnen.
n-Buttersäure kürzt die Ruhe um 6 Tage ab und behauptet auch ihren
Vorsprung vor den anderen Säuren.
Tilia parvifolia. 21. Dezember. Nur in II treibt eine Endknospe.
24. Dezember beginnt auch in IV eine Knospe zu treiben, am 27. Dezember
auch in I, III und V. 2. Januar. In I treibt eine Knospe, in II treiben vier
Knospen und eine beginnt zu treiben, in III treiben zwei Knospen und eine
beginnt, in IV treiben fünf Knospen und zwei beginnen, in V treiben zwei
Knospen und vier beginnen.
n-Buttersäure schafft. also auch hier einen kleinen Vorsprung in der
Entwicklung.
Weil die im ersten Versuch angewendeten Säuren in vielleicht zu hohen
Verdünnungen verabfolgt wurden, wurde die dort als besonders wirksam
erkannte Milchsäure und Brenztraubensäure im folgenden Versuch in
0,5 mol. Konzentration injiziert.
3. Versuch. 1. Dezember 1925. I unbehandelt. Knospen in П mit
Wasser, in III mit 0,5 mol. Milchsäure (= 4,50 Proz.), in IV mit 0,5 mol.
Brenztraubensäure (= 4,40 Proz.) injiziert.
desculus Hippocastanum. 26. Dezember. In III und IV beginnt je
eine Endknospe zu treiben. 1. Januar. In III und IV treiben je zwei End-
468 K. Boresch:
knospen. 7. Januar. In I und II Ruhe, in III ist eine Endknospe entfaltet,
die andere desselben Zweiges treibt. In IV steht die eine der beiden End-
knospen eines Zweiges in Entfaltung, die andere hat die Knospenbrechung
en Bis zum Versuchsende (Mitte Februar) verharrten I und II
in e.
Injektionen mit 0,5 mol. Milchsäure und Brenztraubensäure kürzen
die Ruhe einzelner Roßkastanienknospen beträchtlich ab.
Tilia grandifolia. 19. Dezember. In IV beginnen die injizierten Knospen
zu treiben. 26. Dezember. In III Beginn des Treibens. 5. Januar. In
I Ruhe. In II beginnen zwei Endknospen zu treiben. In III sind zwei
Endknospen und eine obere Knospe in Entfaltung, eine Endknospe treibt.
In IV ist eine Endknospe voll entfaltet, zwei Endknospen und eine obere
treiben. Photographiert (siehe АЪЬ. 1).
y
Abb. 1. 3. Versuch. Tilia grandifolia.
Von links nach rechts: I unbehandelt, II mit Wasser ЇП mit 0,5 n Milchsäure, IV mit
0,5 n Brenztraubensäure injizierte Knospen, nach 36 Tagen.
Im Vergleich zur Wasserinjektion kürzt injizierte 0,5 mol. Milchsäure
die Ruhe der Lindenknospen um 10 Tage, 0,5 mol. Brenztraubensäure um
17 Tage ab; letztere wirkt auf die spätere Entwicklung etwas schädlich ein.
Die Injektionsversuche mit verschiedenen organischen Säuren, auf
deren eventuelle Bedeutung für die Abkürzung der Knospenruhe in
der ersten Mitteilung ein besonderes Augenmerk gelenkt wurde, lassen
deutliche Frühtreibeffekte erkennen. Zwar sind Unterschiede in den
Wirkungen der verwendeten Säuren vorhanden, doch reichen die
wenigen Tastversuche bei der Unkenntnis ihrer chemischen Wirkungen
und Umsetzungen im Stoffwechsel der Knospen nicht aus, um ein
endgültiges Urteil darüber zu fällen. Auffallen muß die bedeutende
Abkürzung der Ruheperiode durch Milchsäure und Brenztraubensäure,
die als Lieferantin des Acetaldehyds in Frage kommen könnte, ähnlich
wie das in den folgenden Versuchen geprüfte Methylglyoxal.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 469
Frühtreibversuche mit Methylglyoxal.
4. Versuch. 12. November 1925. I unbehandelt. Knospen in II mit
Wasser, in ПІ mit 1 proz. Methylglyoxal (= 0,14 mol.), in IV mit 5proz.
Methylelyoxal (= 0,69 mol.) injiziert.
Tilia grandifolia. (Je zwei Zweige.) 2. Dezember. Nur in IV treibt
eine Endknospe. 7. Dezember. In III beginnt eine Endknospe zu treiben,
n IV ist eine Endknospe entfaltet, eine treibt. 9. Dezember. In III treibt
еше Endknospe, in IV ist eine Endknospe voll entfaltet, eine in Entfaltung.
l4. Dezember. Photographiert (siehe Abb. 2). In II begann das Austreiben
erst am 17. Januar, in I Ruhe.
Abb.2. 4. Versuch. Tilia grandifolia.
Links mit Wasser, rechts mit 1 proz. Methylglyoxal injizierte Knospen,
nach 32 Tagen.
Injektionen mit Methylglyoxal wirkten an Tilia in ganz hervor-
ragendem Maße frühtreibend. Weil die mit Wasser injizierten Linden-
knospen erst am 17. Januar zu treiben begannen, beträgt hier die
Abkürzung der Ruheperiode 11, Monate. Ein so günstiges Ergebnis
konnte bei keinem der zu Injektionsversuchen herangezogenen Stoffe
wahrgenommen werden (vgl. z. В. Dioxyaceton an Tilia im sechsten
Versuch).
S5. Versuch. 1. Dezember 1925. I unbehandelt. Knospen in II mit
Wasser, in III mit 5 ргох. Methylglyoxal (= 0,69 mol.) injiziert.
desculus Hippocastanum. 26. Dezember. In III beginnen zwei End-
Sieten zu treiben. 1. Januar. In III steht eine Endknospe in Entfaltung,
drei Knospen treiben. 7. Januar. In I und II Ruhe. In III haben die vier
Zweige dieser Gruppe folgenden Entwicklungszustand erreicht: 1. Eine
Endknospe voll entfaltet, die andere treibt. 2. Die einzige Endknospe in
470 | К. Вогезеһ:
Entfaltung, die darunter stehende treibt. 3. Die einzige Endknospe in Ent
faltung. 4. Eine der beiden Endknospen beginnt zu treiben. 17. Januar.
Photographiert (siehe Abb. 3). 15. Februar. I und II noch in Ruhe.
Abb. 3. 5. Versuch. Aesculus Hippocastanum.
Links mit Wasser, rechts mit 5 proz. Methylglyoxal injizierte Knospen,
nach 48 Tagen.
Injiziertes Methylglyoxal brachte sechs Knospen an vier Zweigen
der Roßkastanie zur raschen Entwicklung und kürzte die Ruhe um
mehr als 11, Monate ab. Ез ist wirksamer als andere gleichzeitig
injizierte Stoffe (vgl. die Versuche 3, 7).
Frühtreibversuche mit Dioxyaceton und Aceton.
6. Versuch. 6. November 1925. I unbehandelt. Knospen in II mit
Wasser, in III mit 0,5 mol. Aceton, in IV mit 0,5 mol. Dioxyaceton injiziert.
Syringa vulgaris. Die injizierten Knospen trieben nicht aus.
Tilia grandifolia. Am 20. Dezember treibt lediglich in IV eine End-
knospe aus. Sonst überall Ruhe. 17. Januar. In I und III Ruhe, in П
beginnen drei injizierte Knospen zu treiben, in IV ist eine Endknospe
entfaltet.
0,5 mol. Dioxyaceton entfaltet eine schwache frühtreibende Wirkung.
Verdünntere Lösungen des injizierten Dioxyacetons blieben unwirksam.
Mit LG und 1⁄ mol. Aceton injizierte Knospen trieben nicht aus und auch
!/, mol. schwächte das Austreiben gegenüber den mit Wasser injizierten
Lindenknospen. Weil hier in sonst gleichen Konzentrationen das Aceton
bereits schädliche Wirkungen ausübte und Acetondämpfe in weiter unten
mitzuteilenden Versuchen in geeigneten Dosen die Ruhe wesentlich ab-
zukürzen imstande sind, ist das Dioxyaceton von viel schwächerer Wirkung
als das Aceton.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 471
7. Versuch. 1. Dezember 1925. Sonst dieselben Versuchsdaten wie
im 6. Versuch.
Aesculus Hippocastanum. 26. Dezember. In III und IV beginnt je
eine Endknospe zu treiben. 7. Januar. In I und II Ruhe. In III und IV
je eine Endknospe in Entfaltung. I und II verblieb auch weiterhin in Ruhe,
Die frühtreibende Wirkung injizierten 0,5 mol. Acetons und Dioxy-
acetons kommt in gleicher Weise im Austreiben einer einzigen Endknospe
(von vier Zweigen) zum Ausdruck. Verdünntere Lösungen dieser Stoffe
wurden hier nicht untersucht.
Frühtreibversuche mit Acetaldehyd, Formaldehyd, Äthylalkohol, Äthyläther
und Aceton.
Die Stoffe wurden in Form von Lösungen durch Injektion oder
Bad oder in Dampfform den Knospen appliziert.
Im letztgenannten Falle gelangten die Zweige in trockene Glaszylinder
mit abgeschliffenem Rande von 3 Liter Inhalt; hinein wurde ein Schälchen
gestellt, in dar ein bestimmtes Gewicht (Volumen) des flüchtigen Stoffes
sus einer Pipette rasch gefüllt wurde, worauf die Zylinder sofort mit einer
Gummiplatte und darüber mit einer entsprechend beschwerten Glas-
platte zugedeckt wurden. Unter diesen Bedingungen waren die Verluste
auf ein Minimum eingeschränkt.
a) Injektionen.
8. Versuch. 21. November 1924. Injektionen der Knospen I. mit
Wasser, in den folgenden Gruppen mit 1 Vol.-Proz. Lösungen von II. Äthyl-
alkohol, III. Formaldehyd, IV. Acetaldehyd, V. Aceton.
Syringa vulgaris. Die injizierten Stoffe gaben nur einen geringen
Vorsprung im Austreiben im Vergleich zur Wasserinjektion.
Tilia parvifolia. 2. Januar. In III beginnt eine Endknospe zu treiben.
1. Januar. In III beginnen drei Endknospen mit der Entfaltung, sonst
Ruhe. 12. Januar. In I Ruhe, in II treiben eine Endknospe und eine obere,
m III sind drei Endknospen und eine obere entfaltet, eine Endknospe
beginnt mit der Entfaltung. In IV treibt eine, in V zwei Endknospen.
21. Januar. Auch in I beginnt eine Endknospe zu treiben.
Formaldehyd gibt den Lindenknospen einen 19tägigen, Acetaldehyd,
Aceton und Äthylalkohol einen 9tägigen Vorsprung im Austreiben.
9. Versuch. 23. November 1924. Sonst dieselben Versuchsdaten wie
im 8. Versuch.
Aesculus Hippocastanum. 11. Dezember. In V beginnt eine Endknospe
zu treiben, dazu kommt am 16. und 18. Dezember je eine weitere. Am
18. Dezember in II und IV erster Beginn des Treibens, am 21. Dezember
auch in I und III, zu welcher Zeit die drei Endknospen in V bereits in
voller Entfaltung stehen.
Aceton gab den besten Treiberfolg.
_Frazinus excelsior. Erst am 14. Februar 1925 treibt je eine Endknospe
ш IT und V. 18. Februar. In I beginnt eine mittlere Knospe zu treiben,
n II und V je eine Endknospe in Entfaltung. 26. Februar. In I treibt
eine obere Кповре, eine mittlere in Entfaltung. In II stehen drei End-
knospen in Entfaltung. In III und IV keine Entwicklung infolge Schädigung
der Knospen, in V eine Endknospe entfaltet.
Die Eschenknospen treiben erst spät aus. Die Alkoholinjektionen
wırkten noch am besten, dann folgt Aceton. Die Aldehyde schädigten. `
472 K. Boresch:
10. Versuch. 24. November 1924. Sonst dieselben Versuchscaten wie
im 8. Versuch.
Ulmus effusa. 18. Dezember. In IV treibt eine injizierte Knospe, am
27. Dezember eine weitere. 2. Januar. In I und ПІ beginnt je eine injizierte
Knospe zu treiben, in IV steht eine Knospe in Entfaltung, zwei treiben.
Acetaldehyd allein vermochte die Ruhe einzelner Ulmenknospen
wesentlich abzukürzen.
b) Bäder.
11. Versuch. 20. November 1924. Einstündiges Bad der Zweige bei
12°C in I. Wasser, weiter in 1 Vol.-Proz. Lösungen von II. Äthylalkohol,
III. Formaldehyd, IV. Acetaldehyd, V. Aceton.
Corylus Avellana. 4. Dezember. In III und V beginnt die Streckung
der Kätzchen, in I, II und IV noch Ruhe. 7. Dezember. In III und V die
meisten Kätzchen gestreckt oder gelockert. In IV beginnt die Streckung
einzelner Kätzchen. І und П in Ruhe. 11. Dezember. In I und II beginnende
Streckung der Kätzchen. 14. Dezember. Kätzchen überall gestreckt.
Vorsprung im Austreiben der Haselnußkätzchen: Bei Formaldehyd
und Aceton 7 Tage, bei Acetaldehyd 4 Tage, bei Äthylalkohol kein Vorsprung.
Prunus avium. 2. Dezember. In II bis V beginnen einzelne Knospen
zu treiben. Iin Ruhe. 7. Dezember. In I beginnt das Treiben, in II bis V
fortgeschritten. 9. Dezember. In II bis V beginnen einzelne Knospen sich
zu entfalten. 18. Dezember. In I noch keine Blüten, in II sind drei, in П
sind sechs, in IV sind fünf, in V sind drei Blüten entfaltet.
Alle Bäder wirksam. Form- und Acetaldehyd wirken etwas stärker
als Alkohol und Aceton.
12. Versuch. 21. November 1924. Sonst. dieselben Versuchsdaten wie
im 11. Versuch.
Forsythia suspensa [Blütenknospen!)]. 7. Dezember. In IV treiben
einige Blütenknospen, in V beginnt das Treiben. 11. Dezember. In III eine
unterste Blüte entfaltet, in IV treiben fünf Blütenknospen, davon zwei
schon entfaltet. In V bleibt das Treiben auf die unteren Knospen be-
schränkt. 14. Dezember. In I und II ruhen die Blütenknospen, in II
und V sind je zwei unterste Blüten erblüht, in IV sind sieben Blüten ent-
faltet.
Bei Forsythia steht die frühtreibende Wirkung des Acetaldehyds
obenan, dann folgen Formaldehyd und Aceton.
Bei Tilia, Robinia, Betula, Acer, Fraxinus brachten die kurzen Bäder
keine oder nur sehr geringe Vorsprünge im Austreiben.
c) Dämpfe.
13. Versuch. 21. November 1924. Durch 24 Stunden bei Zimmer-
temperatur I. in Luft. In Dämpfen von је 1g folgender Stoffe auf 3 Liter
Luftraum: II. Äthylalkohol, III. Äther, IV. Acetaldehyd, V. Aceton.
Corylus Avellana. 27. November. In II beginnen die Kätzchen sich
zu lockern. 29. November. In II Lockerung fortgeschritten, in V beginnt
sie. In IV Kätzchen geschädigt. 2. Dezember. In II fast vollendete, in V
beginnende Streckung der Kätzchen, in I und III Ruhe. 7. Dezember.
Auch in I und III beginnen die Kätzchen mit der Lockerung, Kätzchen
in П verstäubt.
1) Die terminalen Blattknospen trieben auch in I schon nach kurzer
Zeit aus und wurden daher nicht weiter berücksichtigt. |
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. 1I. 473
Am günstigsten schnitt der Äthylalkohol ab (Vorsprung 10 Tage), dann
Aceton (Vorsprung 8 Tage). Äther wirkte nicht, Acetaldehyd schädigte.
Syringa vulgaris. 24. November. Beginn des Treibens in II, IV, V.
3. November. Knospen in II sind im Treiben den Knospen іп IV und V
etwas voraus. 2. Dezember. Knospen in П, IV, V in Entfaltung. In I
und III Ruhe. 7. Dezember. In I und III beginnt das Treiben.
Äthylalkohol, Acetaldehyd und Aceton kürzten in annähernd gleicher
Weise die Ruhe um 13 Tage ab. Äther wirkte nicht.
Prunus avium. 27. November. In II, IV und V spitzen die Knospen,
am 28. November auch in III. Am weitesten sind sie in II. 7. Dezember.
In П und V beginnen die Blütenknospen sich zu entfalten, dann folgen in
der Entwicklung ПТ und IV. In I noch Ruhe bis auf die unteren Knospen,
die eben zu treiben anfangen. 14. Dezember. Die meisten Blüten in II,
Ш, V, in IV wenige, in I wenige und noch nicht voll erblüht.
Äthylalkohol, Äther und Aceton wirken ungefähr gleich gut, kürzen
die Ruhe um 10 Tage ab, Acetaldehyd schädigt schon etwas.
Tiia parvifolia. 21. Dezember. In II treibt eine Endknospe, sonst
Ruhe. 30. Dezember. In II tritt die Knospe in Entfaltung, in IV treiben drei
Anospen. 2. Januar. In IV treiben fünf Knospen, in II nur eine in Ent-
altung. 7. Januar. In III treibt eine, in V beginnen zwei obere Knospen
ш treiben. 12. Januar. In I beginnt eine Endknospe zu treiben. In П
md ПІ steht je eine Endknospe in Entfaltung. In IV beginnen vier End-
aspen mit der Entfaltung, eine obere Knospe treibt. In V treiben zwei
Indknospen. Die untersten nahe der Schnittfläche inserierten Knospen.
ie zum Austreiben neigen und teilweise auch austrieben, wurden nicht
berücksichtigt.
Aoetaldehyd hat bei vier Lindenknospen die Ruhe um 13 Tage ver-
kürzt, Alkohol nur bei einer Knospe, wenn auch noch mehr.
14. Versuch. 22. November 1924. Sonst dieselben Versuchsdaten wie
im 13. Versuch.
Aesculus Hippocastanum. 16. Dezember. In IV treibt eine Seiten-
knospe, in V treiben drei obere Knospen. Sonst Ruhe. 21. Dezember.
la I Ruhe, in II und III beginnen je zwei Endknospen zu treiben, in IV
‘stehen vier obere Knospen in Entfaltung, zwei treiben. In У sind drei
Endknospen in voller Entfaltung, zwei andere Knospen treiben. Am 24. De-
zember beginnt auch in I das Treiben.
Acetaldehyd und Aceton gibt den Roßkastanienknospen einen acht-
tägigen, Alkohol und Äther einen dreitägigen Vorsprung im Austreiben.
Acer Pseudoplatanus. 21. Dezember beginnt in II und V, am 24. De-
z«mber іп IV das Treiben der oberen Knospen. Am 7. Januar bieten die
Zweige folgendes Bild: In I Ruhe. In II stehen zwei mittlere Knospen
in Entfaltung. In III Ruhe. In IV stehen vier obere Knospen in Ent-
ialtung, eine mittlere beginnt sich zu entfalten. In V treiben drei End-
кповреп. Am 12. Januar begann auch in I und III das Treiben.
Acetaldehyd gab bei den Ahornknospen den besten Treiberfolg, dann
folgen Äthylalkohol und Aceton, Äther war wirkungslos.
Robinia Pseudacacia. 5. Dezember. Beginn des Treibens in II, am
1. Dezember in V, am 9. Dezember in III, am 14. Dezember auch in I. Zu
dieser Zeit begannen II und V mit der Knospenentfaltung. In IV Knospen
Mit Alkohol und Aceton der beste Treiberfolg, dann folgt Äther. Acet-
aldehyd schädigte.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 31
474 K. Boresch: :
15. Versuch. 24. November 1924. Sonst dieselben Versuchsdaten wie
im 13. Versuch.
Larix decidua. 18. Dezember. In IV treiben die mittleren Knospen.
21. Dezember. In IV beginnt die Entfaltung. Sonst Ruhe. 30. Dezember.
In ПТ und V beginnt das Treiben, in IV sind die Knospen entfaltet, in
I und II noch Ruhe. 2. Januar. Auch in I und II beginnt das Treiben.
Acetaldehyd verkürzte die Ruhe der Lärchenknospen um 15 Tage,
Äther und Aceton nur um 3 Tage, Alkohol gar nicht.
Alnus glutinosa. 18. Dezember. In IV treibt eine Blattknospe, am
21. Dezember ist sie entfaltet und eine andere treibt. Am 24. Dezember
beginnt auch in V eine obere Knospe zu treiben, am 27. Dezember eine
zweite. 2. Januar. In IV Entfaltung der Blattknospen. 7. Januar. In V
treiben drei Blattknospen, am 12. Januar eine davon in Entfaltung und drei
Knospen treiben. In I, U, III Ruhe, die auch bis zum Schluß des Versuchs
ат 21. Januar anhielt.
Acetaldehyd verkürzte die Ruhe der Erlenknospen um mehr als
3 Wochen, auch Aceton erzielte einen guten Treiberfolg.
Weil in den Versuchen 13 bis 15 die Dosis von 1р Acetaldehyd
auf 3 Liter Luftraum oft schon verzögernd oder gar schädlich gewirkt
hat, wurde in den folgenden Versuchen die Konzentration der Acet-
aldehyddämpfe nach unten abgestuft, um seinen Wirkungsbereich
zu erfassen.
16. Versuch. 28. Oktober 1925. Durch 24 Stunden bei Zimmer-
temperatur I. in Luft, in Dämpfen von II. 1 g Äther, III. 1 g Acetaldehyd,
IV. 0,5g Acetaldehyd, V. 0,25g Acetaldehyd, VI. 0,125g Acetaldehyd
auf 3 Liter Luftraum.
Corylus Avellana. Die Kätzchen starben in III und IV ab. Bis zum
3. Dezember hatten sie nirgends ausgetrieben. Vermutlich befanden sie
sich zu Versuchsbeginn noch in tiefer Ruhe.
Syringa vulgaris. 2. November. Nur in III und IV beginnt das Treiben.
10. November. In І, П, V, VI Ruhe. In III treiben 16 Knospen, davon drei
in Entfaltung. In IV treiben fünf Knospen, davon eine in Entfaltung.
28. November beginnt das Treiben auch an den übrigen Zweigen.
Acetaldehyd (lg und 0,5g auf 3 Liter Luftraum) kürzt die Ruhe um
26 Tage ab, während Äther (1 р) wirkungslos war.
17. Versuch. 4. November 1925. Sonst die gleichen Versuchsdaten wie
im 16. Versuch.
Forsythia suspensa. Am 15. November beginnen die Blütenknospen
in V, am 18. November auch in VI zu treiben. III ist geschädigt. 22. No-
vember. In IV sind die Blütenknospen geschädigt, während die mittleren
Blattknospen sich entfalten. In V drei Blüten entfaltet, in VI drei Blüten
aufgeblüht und drei treiben. Selbst am 2. Dezember (Versuchsende) gab
es in I und II noch keine Blüte, nur Blattknospen hatten sich entfaltet.
Die Blütenknospen der Forsythia sind gegen Acetaldehyd sehr emp-
findlich, am günstigsten wirkte die schwächste Konzentration, die zur
Anwendung gelangte, 0,125g in 3 Liter Luft. Die Blattknospen sind
resistenter, am besten entfalteten sie sich in IV. 1g schädigte beide. Auch
die Ätherkonzentration dürfte zu hoch gewesen sein.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 475
18. Versuch. 13. November 1925. Sonst dieselben Versuchsdaten wie
im 16. Versuch.
Prunus avium. 18. November. Beginn des Treibens in II, IV, V, am
19. November auch in III, am 22. November auch in VI. In I Ruhe. Es
waren aufgeblüht an Blüten in:
Datum 1 Пп шо о о об цу У УІ
9х | ө 1 ө 2 5 ө
30. ХІ Ө 4 3 6 13 2
1. XII Ө 9 2 11 16 5
Am 3. Dezember Beginn des Treibens auch in I. Die Entwicklung der
Blattknospen war am weitesten in II und III fortgeschritten (Entfaltung),
während sie in den übrigen Gruppen erst begann.
Für Kirschblütenknospen liegt der beste Frühtreiberfolg mit Acet-
allehyd bei 0,25 g auf З Liter Luftraum. Acetaldehyd ist hier also deutlich
sirksamer als der Äther (lg). Die Blattknospen sind resistenter, selbst
n lg Acetaldehyd oder Äther scheint noch nicht das Optimum erreicht
гт sein. Acetaldehyd und Äther kürzten die Ruhe um 15 Таре ab. Die
ш gleicher Zeit warm gebadeten Prunuszweige des 22. Versuchs begannen
“һоп am 15. November zu treiben, das Warmbad kürzte somit die Ruhe
ler Kirschknospen um 18 Tage gegenüber den unbehandelten Zweigen ab,
wirkte also nur wenig besser als der Acetaldehyd. Was die Zahl der ent-
falteten Blüten anbelangt, zeitigte umgekehrt der Acetaldehyd eine bessere
Wirkung als das Warmbad; denn am 30. November waren nur vier, am
l.Dezember elf Blüten an den warm gebadeten Zweigen aufgeblüht, während
zu dieser Zeit die mit Acetaldehyddampf (0,25g) behandelten Kirschen-
zweige 13 bzw. 16 Blüten trugen. Alles in allem kommt also der Acet-
allehyddampf in seiner Wirkung dem Warmbad gleich.
Robinia Psewlacacia. 28. November beginnt das Treiben in II, am
l. Dezember in VI, am 3. Dezember in V, am 7. Dezember in IV, am
16. Dezember auch in I. ПІ trieb überhaupt nicht aus. Am 16. Dezember
boten die oberen Knospen folgendes Bild: In I erster Beginn des Treibens,
ш П beginnen vier obere Knospen mit der Entfaltung. In III Ruhe. In
IV treiben vier obere Knospen, in V Ruhe bis auf eine treibende Knospe,
in VI stehen vier Knospen in Entfaltung.
Die Robinie ist für die angewendeten Aldehyedkonzentrationen viel
empfindlicher als Prunus. Die niedrigste Konzentration wirkte ungefähr
wie der Äther, dürfte aber trotzdem noch nicht. die optimale sein, denn an
den gleichzeitig warm gebadeten Robiniazweigen des 22. Versuchs trieben
etwas früher und rascher mehr Knospen aus als an den mit Acetaldehyd
behandelten Zweigen.
19. Versuch. 29. November 1925. Sonst die gleichen Versuchsdaten wie
ım 16. Versueh.
Quercus Robur. 11. Dezember. In V beginnen einzelne obere Knospen
zu treiben. 16. Dezember. In П beginnen einige Endknospen zu treiben.
In V treiben die unter den Endknospen stehenden Knospen, stehen zum
Alz
476 K. Boresch:
Teil schon vor der Entfaltung. In VI treibt eine mittlere Knospe. Am
22. Dezember wurde I, II, V photographiert (siehe Abb. 4). 26. Dezember.
2
Abb. 4. 19. Versuch. Quercus Robur.
Links unbehandelt, Mitte nach 24stündigem Verweilen in Athers
dampf (1 g auf 3 Liter), rechts in Acetaldehyddampf (0,25g auf
3 Liter), nach 23 Tagen.
Abb. 5. 19. Versuch. Fraxinus excelsior.
Links unbehandelt, Mitte nach 24 stündigem Aufenthalt in Ather»
dampf (1р auf 3 Liter), rechts in Acetaldehyddampf (0,25 g
auf 3 Liter), nach 35 Tagen.
In I Beginn des Treibens. In II sind vier Endknospen in Entfaltung. ITI und
IV in Ruhe, weil geschädigt. In V sind drei obere Knospen in Entfaltung,
in VI treibt eine mittlere Knospe.
Acetaldehyd (0,25 g auf 3 Liter Luft) verkürzte die Ruhe der Eichen-
knospen um 15 Tage, Äther (lg auf 3 Liter) um 10 Tage. Während an
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 477
den ätherbehandelten Zweigen die Endknospen austrieben, entwickelten
sich an den mit Acetaldehyd behandelten Zweigen die darunter stehenden.
Fraxinus excelsior. 11. Dezember. In V beginnt eine Endknospe zu
treiben. 16. Dezember. In V ist die Endknospe bereits 1,5 cm lang, noch
nicht entfältet. In IV beginnt eine obere Knospe zu treiben. Alle übrigen
Knospen verharrten in Ruhe. 3. Januar. Alle Knospen in Ruhe, nur in V
hatte sich die ausgetriebene Endknospe voll entfaltet, in IV war die aus-
getrioebene Knospe eingegangen. І, П, V wurde photographiert (siehe Abb. 5).
Acetaldehyddampf bewirkte, wenn auch nur an zwei Knospen, ein
überraschend frühes Austreiben, das um so bemerkenswerter ist, als ein
zu gleicher Zeit (29. November) vorgenommenes siebenstündiges Warmbad
bei 33°C keinen Erfolg hatte und die Esche überhaupt spät austreibt.
Überblickt man die in diesem Abschnitt mitgeteilten Ergebnisse,
so lassen schon die Injektions- und Badeversuche die gute, frühtreibende
Wirkung der angewandten Stoffe erkennen; der lediglich in diesen Ver-
suchen zur Anwendung gelangte Formaldehyd ist gleichfalls ein sehr
wirksames Frühtreibmittel. Die in Dampfform und in geeigneter
Konzentration dargebotenen Stoffe entfalten durchweg sehr ansehnliche
Frühtreibeffekte. Daß der Äther in dieser Hinsicht nicht das leistete,
was auf Grund sonstiger Erfahrungen erwartet werden konnte, beruht
offenbar darauf, daß die allein verwandte Dosis (l g auf 3 Liter oder
0,0044 mol.) bei 24stündiger Einwirkung meist zu schwach war. Jeden-
falls wirkte er in dieser Konzentration nicht so stark frühtreibend wie
Aceton (lg auf 3 Liter Luft oder 0,0057 mol.) oder Äthylalkohol (1 g
auf 3 Liter oder 0,0072 mol.), geschweige denn wie Acetaldehyd (1 g auf
3Liter oder 0,0075 mol.), und daran ist kaum die geringere molare
Konzentration des Ätherdampfes schuld, eher seine geringere Wasser-
löslichkeit. Unerwartet!) gut schnitt der Äthylalkohol ab aus Gründen,
die weiter unten mitgeteilt werden (siehe S. 492). Die unterschiedliche
Wirksamkeit der genannten Stoffe findet ihren Ausdruck auch in der
Häufigkeit, in der sie Schädigungen an den geprüften Knospen an-
richteten. Während 1 g Äther-, Aceton- oder Alkoholdampf fast niemals
schädigten, wurden einige der zu den Versuchen herangezogenen Holz-
gewächse durch 1 g Acetaldehyd in 3 Liter Luft sehr schwer geschädigt,
% Tilia, Robinia, Forsythia, Kirschblüten, Haselnußkätzchen und
andere. Blütenknospen von Prunus und Forsythia sind gegen Acet-
aldehyd weniger widerstandsfähig als die Blattknospen dieser Pflanzen.
Sehr empfindlich sind die Haselnußkätzchen. Diese verschiedene
Resistenz wird zum Teil mit der Durchlässigkeit der Knospenhülle für
die Acetaldehyddämpfe zusammenhängen. Der Konzentrationsbereich
1) O. Warburg, Zeitschr. f. physiol. Chem. 71, 479, verglich Äthyl-
alkohol und Acetaldehyd im Hinblick auf die Hemmung der Atmung roter
Blutkörperchen und fand, daß Acetaldehyd schon in 123fach so kleiner
Konzentration als Alkohol die Oxydationsgröße roter Blutzellen um 30 bis
10 Proz. herabsetzt.
*
478 | К. Boresch:
derAcetaldehyddämpfe, an den die frühtreibenden, etwa der Wirksamkeit
des Warmbades entsprechenden Wirkungen gebunden sind, liegt dem-
gemäß meist tiefer als bei den übrigen hier angeführten Stoffen und ist
außerdem ziemlich eng. So scheint für Eichenknospen die geeignetste
Konzentration 0,25g Acetaldehyd zu sein, während 0,125g schon
schwächer wirkte und 0,5 g bereits schädigte. Auch für Eschenknospen
dürfte die optimale Konzentration bei 0,25 g Acetaldehyd liegen, des-
gleichen für Kirschblüten, während die Blattknospen der Kirsche in
l g Acetaldehyd noch nicht geschädigt wurden.
Nachweis der Bildung von Acetaldehyd in warm gebadeten Haselnußkätzchen.
Im vorangegangenen Abschnitt wurde das Vermögen des Acet-
aldehyds, die Knospenruhe verschiedener Holzgewächse in einem dem
Warmbad entsprechenden Ausmaß abzukürzen, beschrieben. Anderer-
seits ist die Bildung von Acetaldehyd in Pflanzen unter anaeroben
Bedingungen bekannt.
Maz£}) führt das leichte Absterben stärkehaltiger Samen unter Wasser
auf ein in ihnen infolge der Sauerstoffnot gebildetes flüchtiges Gift zurück,
wofür er aus Alkohol entstehenden Acetaldehyd hält. Derselbe Autor?)
fand in unreifen Mais- und Erbsensamen Acetaldehyd und wies auch die
Bildung von Acetaldehyd aus Alkohol durch den aus den Keimlingen
erhaltenen Saft im Vakuum von 100 mm Hg bei Zimmertemperatur nach.
Stoklasa und Ernest beobachteten das Auftreten von Acetaldehyd in Wurzeln
bei Luftabschluß 3). Den hier am meisten interessierenden Fall teilt
Kostytschew*) mit; in weiblichen und männlichen Blüten der Pappel
(Populus balsamifera) wird bei Zimmertemperatur im Weasserstoffstrom
Alkohol und Acetaldehyd unter Verbrauch des vorhandenen Zuckers ge-
bildet. Den bei der anaeroben Atmung bisweilen entstehenden Acetaldehyd
hält er für eine Vorstufe des Alkohols. Daß tatsächlich die Alkoholbildung
in Erbsensamen und Puffbohnen bei Sauerstoffausschluß ganz nach Art
der alkoholischen Vergärung des Zuckers durch Hefe ihren Weg über die
Zwischenstufe des Acetaldehyds nimmt, der sich durch Abfangen anreichern
läßt, haben kürzlich Neuberg und Gottschalk’) bewiesen. Weil Alkohol
als das gewöhnlichste Stoffwechselprodukt bei der intramolekularen Atmung
auftritt, ist zu erwarten, daß auch seine Vorstufe noch öfter als bisher nach-
zuweisen sein wird. Auch die verschiedenen Vergärungsformen des Zuckers
nach Neuberg‘) dürften bei der anaeroben Atmung der höheren Pflanzen
auffindbar sein, sei es, daß Zellstoffe als Abfangsmittel für den Acetäldehyd
fungieren oder daß die Reaktion des Protoplasmas darüber entscheidet.
1) P. Mazé, Ann. Inst. Pasteur 1900, Nr. 14, S. 350.
2) Derselbe, C. r. 151, 1383, 1910.
3) Stoklasa, und Ernest Jahrb. f. wiss. Bot. 46, 55, 1908.
4) S. Kostytschew, E. Hübbenet und A. Scheloumoff, Zeitschr. f. physiol.
Chem. 88, 105, 1913; 5. Kostytschew, Pflanzenatmung, Berlin 1924, 5. 76.
5) C. Neuberg und A. Gottschalk, diese Zeitschr. 160, 256, 1925.
6) C. Neuberg und Mitarbeiter, ebendaselbst 89, 365, 1918; 106, 307,
1920: 110, 193, 1920; Chem.-Ztg. 44, 18, 1920.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 479
Bei dieser Sachlage war es nicht unwahrscheinlich, daß auch in
den Knospen unter dem Einfluß der durch das Warmbad geschaffenen
Sauerstoffnot Acetaldehyd entsteht, der bei seiner hohen Wirksamkeit
auf das Austreiben ruhender Knospen als das chemische Agens des
Frühtreibens durch das Warmbad in Frage käme.
Die Versuche zum Nachweis der Acetaldehydbildung unter den Be-
dingungen des Warmbades wurden in der zweiten Novemberhälfte und
Anfang Dezember 1925 vorderhand ausschließlich an Haselnußkätzchen,
such an solchen der Bluthasel ausgeführt. Die abgepflückten Haselnuß-
kätzchen gelangten in Portionen zu 50g Frischgewicht in die Kolben der
in der ersten Mitteilung (diese Zeitschr. 158, 315, 1924) beschriebenen
Apparatur, die den beim Warmbad wirksamen Faktorenkomplex auf-
zulösen gestattete.. Hinsichtlich der Vorbehandlung der Kätzchen sind
аво auch hier dieselben Gruppen wie dort zu unterschieden:
I. Unbehandelt (Kontrolle).
II. Wasserbad von 30° С.
III. Luftbad von 30°C bei gewöhnlichem Luftdruck.
IV. Vakuum von 30°C und 50 mm Hg.
V. Vakuum von 20°C und 50 mm Hg.
Auf die möglichst wirksame Abdichtung des Vakuums wurde besonders
geachtet, um die mit der wiederholten Evakuierung sicherlich verbundenen
Verluste an Acetaldehyd möglichst einzuschränken. Nach mehrstündiger
Versuchsdauer gelangten die Kätzchen — in II auch mit dem Badewasser —
ш einen mit kaltem Wasser gefüllten Destillationskolben, aus dem etwa
vorhandener Acetaldehyd, unter Einleitung von Wasserdampf, durch
einen Ziebigschen Kühler und eine eisgekühlte Kühlschlange in eine in
Eis stehende Vorlage destilliert wurde, bis das Destillat 60 ccm betrug.
Im Destillat wurde sodann nach Neuberg mit Nitroprussidnatrium und
Piperidin auf Acetaldehyd geprüft. Quantitative Bestimmungen sollen
im nächsten Winter ausgeführt werden. Vorläufig wurde nur auf die
Intensität der Blaufärbung geachtet, die in der folgenden Übersicht der
Versuchsergebnisse durch die Zahl der Kreuze (+) veranschaulicht wird,
während das Ausbleiben dieser Reaktion durch — ausgedrückt ist.
e Aldehyd.
Ы — | Gruppen: Vorbehandlung der Gruppe — tion
Destillates
14 XI a al — -| Unbehandelt, 7 Stunden bei Zimmertemmp. | =
= | | IV Im Vakuum ‚320, 50 mm Hg durch 7 Stdn. : +++
4 | 1 Unbehandelt, 6 Stunden bei Zimmertemp. | —
“| 2] хт. IV |Im Vakuum 30°, 50 mm Hg durch 6 Stdn. | ++
£ | у » 7 200, 50 n n n 6 D +
E I Unbehandelt, 8 Stunden bei Zimmertemp. —
—2 sn III Im Luftbad 30°, 760 mm Hg durch Oil, Stdn. I. Zb
| п „ Wasserbad '30° durch 11 Stunden ..!++++
т I Unbehandelt, BU, Stdn. bei Zimmertemp. —
å || III |Im Luftbad 30°, 760 mm Hg durch 11 Stdn. | +++
51 2. ХП1.\| IV „ Vakuum 30°, 50 „ „ „ 10 „ ++++
dl | y n n 20°, 50 ” 7 э 10:5 n TFT
ell П „ Wasserbad 30° durch 11 Stunden . . |++++
480 K. Boresch:
Die Versuche zeigen, daß die Haselnußkätzchen unter den Be-
dingungen des Warmbades (temperiertes Vakuum) und im Warmbad
selbst die größten Acetaldehydmengen gebildet haben, bei höherer
Temperatur allein!) und im Vakuum von 50mm Hg bei Zimmer-
temperatur war die gebildete Acetaldehydmenge viel geringer. Die
Unterschiede der unter den verschiedenen Bedingungen entstandenen
Acetaldehydmengen entsprechen den Frühtreibeffekten, die sich unter
diesen Verhältnissen erzielen lassen; im Warmbad, das am stärksten
die Ruheperiode abzukürzen vermag, bildet sich auch der meiste Acet-
aldehyd. Ein langes oder allzu warmes Warmbad schädigt die Knospen,
weil der in ihnen gebildete Acetaldehyd eine bereits giftige Konzentration
erreicht hat. Haselnußkätzchen sind gegen Acetaldehyddämpfe wenig
resistent, ebenso werden sie durch ein zu hoch bemessenes Warmbad
leicht geschädigt. Wie aus obiger Tabelle zu ersehen ist, häuft sich
der Acetaldehyd in den Kätzchen der Bluthasel vermutlich infolge
ihres höheren Zuckergehalts in größerer Menge als in den grünen
Kätzchen an, was unter Umständen zu einer Verzögerung im Aus-
treiben der roten Kätzchen gegenüber den grünen führen kann (siehe
die erste Mitteilung, 1. c., S. 318).
Die Wirkung des Warmbades auf Knospen, die mit Sulfit oder Dimedon
injiziert wurden.
Die folgenden Versuche hatten den Zweck, zu erkennen, wie
Abfangmittel für den im Warmbad gebildeten Acetaldehyd das Früh-
treiben der Knospen beeinflussen. Das zu den Injektionen verwendete
Sulfit wurde nach Neuberg?) aus Natriumsulfit und Calciumchlorid
bereitet.
20. Versuch. 29. November 1924.
D чем Waren a injizierte Knospen bei Zimmertemperatur.
ПІ. Mit Маззег | injizierte und dann 10 Stunden bei 35°C warm-
IV. Mit Sulfit gebadete Knospen.
Bei Syringa vulgaris und Aesculus Hippocastanum waren die Unter-
schiede im Austreiben nicht deutlich.
Tilia parvifolia. 30. Dezember. Nur in IV beginnen einige obere
Knospen zu treiben. 2. Januar. In III beginnen zwei injizierte Knospen
zu treiben, in IV treiben fünf Knospen. 4. Januar. In IV beginnen zwei
Endknospen bereits mit der Entfaltung. 7. Januar. In III treiben zwei
Endknospen, in IV stehen zwei Endknospen in Entfaltung, sechs obere
Knospen treiben. 12. Januar. In III sind zwei Endknospen in Entfaltung,
drei obere treiben, in IV stehen vier Endknospen in Entfaltung, vier obere
treiben. I und II verharrten bis zum Versuchsende (29. Januar) in Ruhe.
1) Es ist möglich, daß an der Acetaldehydbildung der Gruppe Ш die
im Kolben sich anreichernde Kohlensäure mitbeteiligt war.
2) C. Neuberg, Zeitschr. f. Bot. 11, 180, 1918.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 481
Bei Tilia hat die Injektion der Knospen mit Sulfit die Wirkung
des Warmbades deutlich verstärkt, wie zu erwarten war; das aldehyd-
abfangende Sulfit muß zu einer vermehrten Bildung des Acetaldehyds
im Warmbad geführt haben und der entstandene Aldehyd-Sulfit-
komplex behindert nicht die Wirkung des Acetaldehyds, wie auch
Neuberg!) für die Aktivierung der Gärung durch Acetaldehyd und sein
Bisulfitadditionsprodukt festgestellt hat. Demgemäß verstärkte die
Sulfitinjektion der Knospen auch die Wirkung des Acetaldehyddampfes,
sowohl die frühtreibende als auch die schädigende.
In den folgenden Versuchen (21 und 22) wurden die ganzen Zweige
in bei Zimmertemperatur gesättigten und verdünnteren Lösungen des
lipoidlöslichen Dimedons gebadet.
21. Versuch. 4. November 1925. Durch 6 Stunden gebadet I. in
Wasser, II. in Lie gesättigter, III. in 4, gesättigter, IV. in gesättigter
Dimedonlösung. Badetemperatur überall 33°C. Eine parallele Versuchs-
reihe wurde 6 Stunden in Wasser und Dimedonlösungen bei Zimmer-
temperatur (20°C) gehalten.
Corylus Avellana. 9. November. I іп Ruhe. In П, ПІ, IV beginnen
sch die Kätzchen zu lockern. 10. November. Streckung der Kätzchen,
am weitesten in IV vorgeschritten, dann folgt III, dann II. In I noch
Ruhe. 11. November. In I erster Beginn des Treibens. In II beginnen
sch einige Kätzchen zu strecken, in III sind zahlreiche Kätzchen in
Streckung, in IV sind alle Kätzchen gestreckt und stäuben. Die kalt
gebadete Reihe verblieb auch weiterhin in Ruhe.
Die in Dimedon warm gebadeten Kätzchen haben gegenüber den in
Wasser gleicher Temperatur gebadeten einen kleinen, aber ausgeprägten
Vorsprung, der um so deutlicher ist, je konzentrierter die Dimedonlösung
war. Bei Zimmertemperatur keine frühtreibende Wirkung des Dimedons.
22. Versuch. 13. November 1925. Durch 6 Stunden gebadet I. in
Wasser, II. in kalt gesättigter Dimedonlösung bei 32 bis 33° С, III. in Wasser,
IV. in kalt gesättigter Dimedonlösung bei 20°C.
Syringa vulgaris. 18. November. In I und II Beginn des Treibens.
22. November. In I treiben 13 Knospen, in II treiben 20 Knospen. 25. No-
vember. In I beginnende Entfaltung, in II Entfaltung weiter fortgeschritten
als in I. In III und IV Beginn des Treibens. 3. Dezember. In I und П
volle Entfaltung, in III und IV Beginn der Entfaltung.
Das Dimedonwarmbad gibt den Fliederknospen einen kleinen, aber
deutlichen Vorsprung im Austreiben, ein kaltes Dimedonbad nicht.
Prunus avium. 15. November. In I und II Beginn des Treibens.
19. November. In I spitzen die meisten Knospen, in II alle. 25. November.
I im Treiben etwas weiter als I. In III und IV Beginn des Treibens.
28. November. In I treiben fast alle Blüten- und Blattknospen, aber noch
keine Entfaltung. Ebenso in II, wo jedoch die obersten Blattknospen
schon entfaltet sind. In III zeigen einige Knospen ein verstärktes Spitzen,
in IV ruhen noch fast alle Knospen, deutlich zurück gegen HI. 30. November.
In I vier Blüten aufgeblüht, die Blattknospen noch nicht entfaltet. In П
amd neun Blüten aufgeblüht, die Blattknospen voll entfaltet. In ПІ treiben
1) C. Neuberg, diese Zeitschr. 88, 145, 1918.
482 . . К. Boresch:
zwölf Knospen, davon zwei in Brechung. In IV spitzen erst einige Knospen,
deutlich zurück gegen III. 7. Dezember. In III sind einige Blüten erblüht,
einige Blattknospen treiben. In IV beginnen nur sehr vereinzelte Knospen
zu treiben. In I und II Blüten abgeblüht.
Das Dimedonwarmbad gibt den Kirschenknospen einen kleinen, aber
deutlichen Vorsprung im Austreiben, in der Kälte aber hemmt es deutlich
die Entwicklung.
Robinia Pseudacacia. 28. November. In I beginnt eine Endknospe
zu treiben. In II treiben zehn obere und mittlere Knospen. In III Ruhe,
in IV beginnen zwei Endknospen zu treiben. 1. Dezember. In I treiben
drei Knospen, in II 13 Knospen, von denen einige sich schon entfalten.
In III treibt eine, in IV fünf Knospen. 7. Dezember. In I stehen drei,
in II sind acht obere Knospen in Entfaltung. In III treiben vier, in IV
sieben Knospen, beide ungefähr gleich weit, aber sehr zurück gegen I und II.
Das Dimedonwarmbad gibt den Robinienknospen einen kleinen, doch
sehr deutlichen Vorsprung im Vergleich zum Warmwasserbad, in der Kälte
aber keinen prägnanten.
Das Warmbad der Zweige in Dimedonlösungen hat bei Haselnuß-
kätzchen, Knospen des Flieders, der Kirsche und Robinie zu einem
früheren Austreiben und einer rascheren Entwicklung im Vergleich
zu den in Wasser derselben Temperatur warm gebadeten Knospen
geführt. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß die an diesen Objekten
beobachtete Entwicklungsbeschleunigung durch das warme Dimedonbad
auf einer Anreicherung wirksamen Acetaldehyds in den Knospen beruht.
Denn der Acetaldehyd geht mit dem Dimethylhydroresorcin in eine
feste Kondensationsbindung ein, so daß eher eine Herabsetzung der
frühtreibenden Wirkung des Warmbades zu erwarten gewesen wäre.
Nun gehören alle im 21. und 22. Versuch herangezogenen Pflanzen zu
den relativ leicht treibbaren; durch ein zu hoch temperiertes oder zu
langes Warmbad, mit anderen Worten durch zu hohe Aldehydkonzen-
trationen werden sie schon leicht geschädigt; so hatte in einem unserer
Versuche ein am 28. Oktober 1925 verabreichtes sechsstündiges Warm-
bad von 35°C Haselnußkätzchen bereits letal geschädigt. Weil auch
das Dimedon selbst, wenn es in kaltem Wasser (20°C) gelöst den
Knospen dargeboten wird, keine frühtreibende, eher eine verzögernde
Wirkung auf das Austreiben der Knospen ausübt, muß die Erklärung
für den Vorsprung der in Dimedon warm gebadeten Knospen vor den
in Wasser warm gebadeten darin zu suchen sein, daß der Gehalt der
Knospen an freiem und daher wirksamem Acetaldehyd durch seine
teilweise Bindung an Dimedon eine für die Knospenentwicklung günstige
Herabsetzung erfahren hat. Gestützt wird diese Auffassung des ferneren
durch das verzögerte Austreiben der Kirschblüten, die in kalter Dimedon-
lösung gebadet worden sind; denn im Wasserbad von 200 С, das etwa
einem Vakuum dieser Temperatur verglichen werden kann, können
sicherlich nur sehr geringe Acetaldehydmengen gebildet werden ; werden
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 483
sie nun noch durch vorhandenes Dimedon gebunden, dann kann die
für das frühe Austreiben der Knospen geeignete Fe ED
leicht unterschritten werden.
Im folgenden wurde der Versuch gemacht, die frühtreibende Wirkung
des Warmbades durch Sauerstoffanreicherung des Badewassers (Durch-
leiten eines Sauerstoffstroms) aufzuheben, was aus naheliegenden Gründen
nur teilweise gelang. Geeigneter dürften für solche Versuche abgeschlossene
Gefäße sein, in denen sich der Sauerstoffgehalt der über dem Wasser be-
findlichen Luft und damit die Sauerstoffkonzentration im Wasser beliebig
erhöhen läßt.
23. Versuch. 27. November 1924. I. unbehandelt. II. 9 Stunden bei
32°C warm gebadet, III. 9 Stunden bei 32° warm gebadet bei Durchleitung
von Sauerstoff (120 Blasen in 1 Minute).
Ulmus campestris. 21. Dezember. In II treibt eine Endknospe. In I
und III Ruhe. 4. Januar. In II eine Endknospe entfaltet, eine treibt. In
I und ПІ Ruhe. 12. Januar. In II sind zwei Endknospen in Entfaltung.
In I und III noch Ruhe.
Tilia parvifolia. 21. Dezember. In II treibt eine Endknospe. 30. De-
zmber. Auch in I und III beginnen vereinzelte Knospen zu treiben.
4. Januar. In I treiben drei Endknospen. In II sind vier Endknospen
bereits in Entfaltung. In III treiben zwei Endknospen und eine obere
Knospe. 7. Januar. In I beginnt eine Endknospe mit der Entfaltung, drei
Endknospen treiben. In II stehen drei Endknospen in Entfaltung, zwei
beginnen mit der Entfaltung, eine treibt. In III beginnen erst drei End-
knospen mit der Entfaltung, eine obere Knospe treibt.
An der Ulme und Linde hat die Sauerstoffdurchleitung während des
Warmbades den Frühtreibeffekt des lauen Bades etwas herabgesetzt.
Kombination des Warmbades mit einem erhöhten Zuckergehalt der Knospen.
Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß der unter den Be-
dingungen des Warmbades in den Knospen auftretende Acetaldehyd
auf Kosten ihres Zuckers entsteht!). Der Zuckergehalt der K'nospen
kann daher für den Erfolg des Warmbades nicht bedeutungslos sein,
und weil er sich während des Ruhestadiums ändert, etwa im Oktober
sein Minimum aufweist und vom November ab wieder zunimmt, parallel
mit dem Ausklingen der Ruhe, könnte die Meinung entstehen, daß die
Erfolglosigkeit des Warmbades im Stadium der tiefsten Ruhe der
Knospen auf einem Mangel an Zucker als Bildungsstoff des Acetaldehyds
beruht. Dann sollten aber Acetaldehyddämpfe jederzeit die Winter-
ruhe aufheben können. Dem ist aber nicht so. Möglich, daß für das
1) Müller-Thurgau und Schneider-Orelli, Flora N. F. 4, 387, 1912,
beobachteten Anfang Dezember an 8 Stunden bei 35° gebadeten Flieder-
knospen schon am ersten Tage eine beträchtliche Abnahme ihres Zucker-
gehalts, die zum größeren Teile wohl auf Kosten der nach dem Warmbad
einsetzenden Atmungssteigerung zu setzen ist. In Maiblumenkeimen trat
eine starke Zuckerabnahme auch während des Warmbades selbst ein.
484 K. Boresch:
Frühtreiben durch das Warmbad außer diesem Aktivator noch ein
entsprechender Zuckergehalt der Knospen notwendig ist; das sollen
künftige Versuche klären!).
Im folgenden aber soll gezeigt werden, daß künstliche Änderungen
des Zuckergehalts ruhender Knospen von namhafter Bedeutung für
den Frühtreiberfolg des sich anschließenden Warmbades sind.
24. Versuch. 14. November 1925. Durch 7 Stunden gebadet I. in
Wasser, II. in 2proz. Glucoselösung, III. in 4proz. Glucoselösung, alle
drei Gruppen bei 31 bis 33°C, IV. in Wasser, V. in 2proz. Glucoselösung,
VI. in 4proz. Glucoselösung, diese drei Gruppen bei 20°C. Die Glucose-
lösungen waren frisch bereitet.
Corylus Avellana. 20. November. In I sind vier Kätzchen, in II sieben,
in III zehn Kätzchen gelockert, in II und III stärker als in І. Am 22. No-
vember keine deutlichen Unterschiede mehr, fast alle Kätzchen gestreckt.
25. November. In IV Ruhe, in V beginnt an elf, in VI an sieben Kätzchen
die Streckung, meist am terminalen Ende. 28. November. In IV Ruhe,
in V und VI stehen je 16 Kätzchen in Streckung, in V weiter als in VI.
29. November. In IV ist an drei Kätzchen eine schwache Lockerung zu
beobachten, die übrigen Kätzchen bleiben in Ruhe. In V macht die
Streckung weiterhin raschere Fortrchritte als in VI. Am 14. Dezember
photographiert (siehe Abb. 6).
Das Baden der Haselnußkätzchen in Glucoselösungen kürzt die Ruhe
gegenüber einem bloßen Wasserbad ab, deutlich bei niederer Temperatur,
eben noch erkennbar bei höherer Temperatur des Bades. Bei niederer
Temperatur wirkte 2proz. Glucose etwas besser als 4рго2. Ob dabei
Acetaldehyd entsteht, wurde noch nicht untersucht, ist aber wahrscheinlich.
25. Versuch. 1. Dezember 1925. I. Unbehandelt. II. Mit Wasser,
III. mit 4proz. Glucoselösung injizierte Knospen, die dann durch 8 Stunden
im Vakuum hei 33° (50 mm Hg) gehalten wurden.
Tilia grandifolia. 19. Dezember. In III Beginn des Treibens. 26. De-
zember. In II beginnen zwei obere Knospen zu treiben. In III treiben vier
Endknospen. 3. Januar. I in Ruhe. In II beginnt eine Endknospe mit
der Entfaltung eine obere Knospe treibt. In III stehen drei Endknospen
in Entfaltung, eine beginnt sich zu entfalten. 7. Januar photographiert
(siehe Abb. 7).
Die mit Zuckerlösung injizierten und dann den Bedingungen des
Warmbades ausgesetzten Lindenknospen begannen um 7 Tage früher zu
treiben als die mit Wasser injizierten und sonst gleich behandelten Knospen
und blieben diesen auch in der weiteren Entwicklung voraus.
Acer Pseudoplatanus. 3. Januar. Nur in UI beginnt eine Endknospe
zu treiben. 11. Januar. In III treiben eine Endknospe und zwei obere
1) Die Erkenntnis, daß eine gewisse Zuckerkonzentration der Knospen
Vorbedingung für das Frühtreiben mit Warmbad ist, beinhaltet selbst-
verständlich noch keine Stellungnahme zu der schon 1885 von Müller-
Thurgau [Landw. Jahrb. (Thiel) 14, 1885] ausgesprochene Hypothese, die
Ruheperiode beruhe auf einem Mangel an reduzierendem Zucker. Gerade
die während der Winterruhe vor sich gehenden Änderungen im Zucker-
gehalt scheinen auf dahinter stehende, heute noch verborgene Vorgänge
hinzudeuten.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. Il. 485
Knospen, eine obere Knospe beginnt zu treiben. In Т und II Ruhe. Das
Austreiben in III schreitet bis Mitte Februar (Versuchsende) langsam vor.
I und II verharrte in Ruhe.
Abb.6. 24. Versuch. Corylus Avellana.
Links in Wasser, rechts in 2 proz. Glucose bei Zimmertemperatur 7 Stunden gebadet,
nach 30 Tagen.
Abb.7. 25. Versuch. Tilia grandifolia.
Links unbehandelt. Mitte mit Wasser, rechts mit 4 proz. Glucose injizierte und dann
einem Vakuum 320/50 mm Hg ausgesetzte Knospen, nach 34 Tagen.
Die mit 4proz. Glucose injizierten Ahornknospen konnten unter den
Bedingungen des Warmbades zu einem früheren Austreiben (mindestens
486 K. Boresch:
1%% Monate früher) veranlaßt werden, nicht dagegen die mit Wasser
injizierten. |
Die Versuche 24 und 25 zeigen, daß eine offenbar schon gering-
fügige, durch Bad oder Injektion bewerkstelligte Erhöhung des Zucker-
gehalts der Knospen ausreicht, um die frühtreibende Wirkung des
Warmbades bestimmter Intensität zu verstärken. Bei Anwendung
eines höher temperierten oder längeren Warmbades ist zu erwarten,
daß durch Einführung von Zucker in die Knospen wohl auch seine
schädigende Wirkung verstärkt werden könnte, ebenso wie auch für
die Konzentration des dargebotenen Zuckers bei sonst gleicher Intensität
des Bades ein Optimum zu bestehen scheint.
Einfluß des vorherigen Aufenthalts der Zweige im Warmhaus auf den Erfolg
des Warmbades.
Seit den Untersuchungen Müller-Thurgaus!) und Overtons?) über
das Stärke-Zuckergleichgewicht in der Pflanze wird allgemein an-
genommen, daß die Bildung des Zuckers aus Stärke durch піейеге
Temperaturen gefördert wird, während höhere Temperaturen auf ein
Verschwinden des Zuckers hinarbeiten. Auch bei Holzgewächsen
dürften ähnliche Verhältnisse obwalten®). Im Einklang damit steht
der weiter unten mitgeteilte Befund an ruhenden Winterknospen der
Eiche. Es besteht daher die in den folgenden Versuchen auch ver-
wirklichte Möglichkeit, den Zuckergehalt der ruhenden Knospen durch
Übertragung der Zweige aus der winterlichen Kälte in das Warmhaus
(etwa 20°C) herabzusetzen und dan Erfolg des Warmbades an solchen
Zweigen mit jenen an dauernd in der Kälte gestandenen zu vergleichen.
Insofern also stehen die folgenden Versuche mit den vorangegangenen
in innigem Zusammenhang.
Zur Bestimmung (des Gehaltes der Eichenknospen an reduzierendem
Zucker nach viertägigem Aufenthalt im Warmhaus (W) und in den während
dieser Zeit im Freien bei Frost gestandenen Kontrollknospen (K) dienten
Knospen, die von 18 bzw. 21 Zweigen mit Hilfe eines Skalpells gleichmäßig
abgeschnitten wurden. Das Knospenfrischgewicht jeder Gruppe betrug
2,4g. Jede Portion wurde іп 100 ccm Wasser nach Zusatz von etwas
Calciumcarbonat 1, Stunde gekocht, die filtrierten Extrakte wurden nach
dem Erkalten auf 100 ccm aufgefüllt und in aliquoten Teilen der nicht
gereinigten, wie auch der mit Bleiacetat gefällten Extrakte die Menge
reduzierender Stoffe gravimetrisch nach Pflüger*) bestimmt.
1) Müller-Thurgau, Landw. Jahrb. 11, 744, 1882; 14, 909, 1885.
2) Overton, Jahrb. f. wiss. Bot. 38, 171, 1899.
з) B. Niklewski. Beih. z. Bot. Centraibl. 19, Abt. 1, 5. 90, 1906;
S. Simon, Jahrb. f. wiss. Bot. 48, 1, 1906.
4) V.@rafe, Ernährungsphysiologisches Praktikum höherer Pflanzen,
Berlin 1914, S. 156.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 487
Је 2,4g frische Eichenknospen lieferten Kupferoxydul in Grammen:
K W
Vor der Fällung mit Bleiacetat . . ...... 0,2590 0,1963
Nach der Fällung mit Bleiacetat und Entbleiung 0,0849 0,0602
Die warmgestellten Eichenknospen enthalten also weniger Zucker
als die in der Kälte gestandenen Kontrollen. Am selben Tage (11. De-
zember 1925) wurde der zugehörige Treibversuch 26 mit den in gleicher
Weise vorbehandelten Eichenzweigen angesetzt.
26. Versuch. 11. Dezember 1925.
I. Unbehandelt, | seit 7. Dezember bei Frost
П. Am 11. Dezember warm gebadet, im Freien gestanden.
III. Unbehandelt, seit 7. Dezemb, im Warmhaus
IV. Am 11. Dezember warm gebadet, | bei etwa 20°C gestanden.
Das Warmbad der Gruppe II und IV währte 8 Stunden bei 32°C.
Quercus Robur. 29. Dezember. In IV Beginn des Treibens. 1. Januar.
In Iund II Ruhe. In III beginnt eine Knospe zu treiben, in IV beginnen
sechs Knospen zu treiben. 5. Januar. In I Ruhe. In II beginnen zwei
Knospen mit der Entfaltung, fünf Knospen treiben. In III beginnen fünf
Knospen mit der Entfaltung, sieben Knospen treiben. In IV stehen sieben
Knospen in Entfaltung, sechs Knospen treiben. 8. Januar. In I treiben
drei Knospen. In JI treiben fünf obere und fünf mittlere Knospen, von
diesen sind zwei entfaltet. In III sind sechs obere und mittlere Knospen
entialtet oder in Entfaltung, drei treiben. In IV sind sieben obere und
drei mittlere entfaltet oder in Entfaltung. Mit zunehmender Entwicklung
ergibt sich daher die Reihe: I < II < III < IV.
Die Eiche steht nahe dem Ende ihrer freiwilligen Ruhe. Die 5 Tage
irüher ins Warmhaus eingestellten Zweige (III) beginnen auch um etwa
5 Таре früher als die im Freien gestandenen Zweige (I) zu treiben. Das
Warmbad übte in diesem Versuch auf die vorher ins Warmhaus gestellten
Zweige (IV) einen günstigeren Einfluß aus als auf die zuckerreicheren
vorher in der Kälte gestandenen Knospen aus; ein auf den ersten Blick
unerwartetes Resultat. Es ergibt sich aber hierfür eine leichte Erklärung,
wenn man die wahrscheinliche Annahme macht, daß in den kalt gestandenen
Knospen infolge ihres höheren Zuckergehalts unter dem Einfluß des Warm-
bades eine Acetaldehydmenge entstanden ist, die das Austreiben der
Knospen bereits etwas verzögert hat. Ein ähnliches Ergebnis zeitigte auch
der folgende, dem eben mitgeteilten vorangegangene Versuch, wo die
Zweige vor dem Warmbad nur für 24 Stunden in das Warmhaus eingestellt
worden waren.
27. Versuch. 18. November 1925.
L Unbehandelt vorher bei frostfreier Tem-
П. Am 19. November warm gebadet |} peratur im Freien gestanden.
III. Nach 24stündigem Aufenthalt im Warmhaus bei etwa 20°C am
19. November warm gebadet.
Das Warmbad von II und III währte 9 Stunden bei 34° С.
Quercus Robur. 1. Dezember. In I und II Ruhe, in ПІ treiben sechs
Knospen an den unteren Zweighälften, die am 3. Dezember bereits in
488 K. Boresch:
Entfaltung stehen. 7. Dezember. In I und II Ruhe, in III sind 13 Knospen
an den unteren Hälften der Zweige in Entfaltung. 9. Dezember. In I und II
beginnt je eine Knospe zu treiben, ein deutlicher Unterschied bildete sich
hier (zwischen I und П) nicht heraus. Photographiert (siehe Abb. 8).
Abb. 8. 27. Versuch. Quercus Robur.
Links vor dem Warmbad im Freien bei tiefer Temperatur,
rechts vor dem Warmbad 24 Stunden im Warmhaus,
nach 21 Tagen.
Ein 24stündiger Aufenthalt der Eichenzweige im Warmhaus vor dem
Warmbad genügte, um die Ruhe der Knospen um 9 Tage zu verkürzen,
während das Warmbad von gleicher Temperatur und Dauer an den vorher
im Freien gestandenen Zweigen keinen Frühtreibeffekt zu erzielen ver-
mochte. Die Erklärung für diesen so auffälligen Unterschied muß auch hier
darin gesucht werden, daß die kalt gestandenen Zweige infolge ihres höheren
Zuckergehalts im Warmbad Aldehydmengen gebildet haben, die das frühere
Austreiben der Knospen aufheben. Aber auch in den warm gestandenen
Zweigen kommt es trotz des geringeren Zuckergehalts der Knospen zu
einer partiellen Schädigung; es haben hier nur die Knospen der unteren
Zweighälften ausgetrieben; die oberen, nicht ausgetriebenen Knospen
waren, weil die Zweige beim Warmbad ,,рег Корё“ in hohe und schmale
Badegefäße getaucht worden sind, in Wassertiefen gelangt, wo infolge
des größeren Sauerstoffmangels der Acetaldehyd in schon giftig wirkenden
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 489
Mengen gebildet worden sein mag!). Wenn aber solche partielle Schädi-
gungen schon an den warm gestandenen Zweigen trotz ihres geringeren
Zuckergehalts im Gefolge des Warmbades auftraten, muß dasselbe Warm-
bad an den vorher der Kälte ausgesetzt gewesenen und daher zuckerreicheren
Zweigen eine noch größere Schädigung angerichtet haben, die sich eben
darin ausdrückt, daß an diesen Zweigen ein früheres Austreiben nicht eintrat.
Salix spec. 2. Dezember. In II und III Beginn des Treibens. 3. De-
zember. In II vier Endknospen in Entfaltung, sechs Knospen treiben.
In III sind vier Endknospen und drei obere Knospen in Entfaltung, zwei
treiben. 7. Dezember. In II sind vier Endknospen voll entfaltet, eine obere
ist in Entfaltung, fünf obere Knospen treiben. In III sind vier Endknospen
und zwei obere Knospen voll entfaltet, eine obere in Entfaltung und eine
treibt. In I herrscht Ruhe. 14. Dezember. In I beginnt ein Endknospe
zu treiben. In II sind vier Endknospen zu stattlichen Zweigen heran-
gewachsen, zwei obere Knospen in Entfaltung, vier treiben, In III sind
sechs oberste Knospen zu stattlichen Zweigen herangewachsen, drei End-
knospen in Entfaltung und drei treiben.
Auch hier ist ein günstiger Einfluß des vorherigen Aufenthalts im
Warmhaus auf den Erfolg des Warmbades zu bemerken, der sich jedoch
nicht in einer stärkeren Abkürzung der Ruhe (12 Tage), wohl aber in einer
besseren Entwicklung der Knospen kundgibt.
Tilia grandifolia. 16. Dezember. In III beginnen zwei mittlere Knospen
zu treiben. 19. Dezember. In II beginnen die drei obersten Knospen eines
Zweiges zu treiben. In III ist eine mittlere Knospe entfaltet, eine mittlere
treibt. 22. Dezember. In I Ruhe. In II stehen vier obere Knospen in
vollem Treiben. In IV ist eine mittlere Knospe entfaltet, eine andere in
Entfaltung, so daß die Entwicklung der Knospen am weitesten in III
gediehen ist. 1. Januar. I in Ruhe. In П stehen sechs obere Knospen in
Entfaltung, eine beginnt zu treiben. In III sind zwei mittlere Knospen in
Entfaltung, eine treibt. 5. Januar. In II sind drei Endknospen und drei
obere Knospen entfaltet. In III sind drei mittlere Knospen und eine obere
entfaltet, keine der Endknospen hat ausgetrieben, so daß nunmehr П in
der Knospenentwicklung an der Spitze steht. In I begann das Treiben
einzelner Knospen erst am 22. Januar.
Die vor dem Warmbad im Warmhaus gestandenen Lindenknospen
zeigen ein ähnliches Verhalten wie die ebenso behandelten Eichenknospen.
Sie treiben drei Tage früher aus als die kaltgestandenen, und zwar nur die
in der Mitte der Zweige inserierten Knospen, so daß auch hier angenommen
werden darf, daß in den Endknospen der per Kopf gebadeten Zweige eine
infolge der größeren Sauerstoffnot erhöhte Acetaldehydbildung ihr Aus-
treiben verzögert hat. Die vor dem Warmbad kalt gestandenen Linden-
zweige entwickeln aber gerade umgekehrt die Endknospen und überholen
schließlich in ihrer Entwicklung die warmgestellten. Womit das zusammen-
hängt, läßt sich vorderhand nicht sagen. Ist die Eiche ein „Stärkebaum“
im Sinne Æ. Fischers?), so ist die Linde ein ,,Fettbaum“. Nach allerdings
1) Der Unterschied der Wassertemperatur in den Badegefäßen zwischen
oben und unten kann nicht die Ursache für das verschiedene Verhalten
der Knospen sein, denn er betrug nur 0,3°C.
2) E. Fischer, Bot. Ztg. 1888, S. 405; Ber. d. deutsch. Bot. Ges. 1886, 4;
Jahrb. f. wiss. Bot. 22, 73, 1890.
Biochemische Zeitschrift Band 170. 32
490 К. Boresch:
nur entfernt vergleichbaren Versuchen Niklewskis (l. с.) könnte auch in den
Lindenknospen der anfängliche Zuckergehalt unter dem Einfluß höherer Tem-
peratur abgenommen haben, ganz so wie in den Eichenknospen im Warm-
haus. Hoffentlich werden auch hier Zuckerbestimmungen Klarheit bringen.
Jedenfalls ist auch in diesem Versuch zu erkennen, daß außer dem Zucker-
gehalt der Knospen auch die Wassertiefe, in der die Knospen gebarlet
werden (Sauerstoffnot), für den Erfolg des Warmbades mitbestimmend ist.
Der nächste Frühtreibversuch betrifft wieder einen ‚„Stärkebaum‘“,
die Ulme. Hier brachte die gewählte Badetemperatur und Badedauer
den erwarteten Erfolg. Die Knospen der kalt gestandenen Zweige
trieben früher aus als die vorher warmgestellten, offenbar deshalb,
weil bei diesem Baume die zufällig gewählte Temperatur und Dauer
des Bades der Bildung einer frühtreibend wirkenden und nicht schädigen-
den Acetaldehydmenge günstig war. Der verringerte Zuckergehalt der
warmgestellten Knospen hat hingegen bei der gleichen Intensität des
Warmbades für die Bildung optimaler Acetaldehydmengen nicht mehr
ganz ausgereicht. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der von
Portheim und Kühn!) beobachteten günstigen Wirkung der Kombination
vorgängigen Kühlens und nachfolgenden Warmbades?).
28. Versuch. 29. November 1925.
I. Unbehandelt vorher bei Frost im Freien ge-
II. Am 2. Dezember warm gebadet) standen.
III. Nach dreitägigem Aufenthalt im Warmhaus am 2. Dezember
warm gebadet.
Das Warmbad von II und III währte 7 Stunden bei 33°C.
Ulmus effusa. 11. Dezember. In II Beginn des Treibens. 16. Dezember.
In III Beginn des Treibens. 19. Dezember. In II sind zwei Endknospen
und eine obere Knospe voll entfaltet, fünf treiben. In III sind eine
Endknospe und eine obere Knospe in Entfaltung. 21. Dezember. In I
Beginn des Treibens. In II sind fünf Knospen entfaltet, drei treiben.
In III sind zwei Knospen entfaltet. Photographiert (siehe Abb. 9).
Im folgenden Versuch gelangte noch ein Fettbaum, die Birke, zur
Untersuchung.
29. Versuch. 2. Dezember 1925.
I. Unbehandelt vorher bei Frost im Freien ge-
II. Am 7. Dezember warm Su] standen.
III. Nach fünftägigem Aufenthalt im Warmhaus am 7. Dezember
warm gebadet.
Das Warmbad von П und ПІ währte 9 Stunden bei 33° С.
1) L. v. Portheim und O. Kühn, Österr. bot. Zeitschr. 64, 410, 1914.
2) Auch für das Frühtreiben mit Äther scheint der Zuckergehalt der
Knospen von Bedeutung zu sein. Denn W. L. Howard, Untersuchungen
über die Winterruheperiode der Pflanzen, Diss. Halle 1906; Missouri Ste.
Research Ви]. 15—17, 21, 1910, 1915, fand eine besonders starke Wirkung
des Ätherisierens nach vorausgegangener Einwirkung des Frostes auf die
Knospen, doch vertrugen viele Pflanzen diese Behandlungsweise nicht.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II. 491
Betula verrucosa. 16. Dezember. In I spitzen einzelne Knospen. In
II beginnen die Endknospen mit der Entfaltung. In III ebenso, aber etwas
zurück gegen II. 21. Dezember. Die meisten Knospen treiben in I und II,
in II bereits teilweise Entfaltung. Die wenigsten Knospen treiben in III.
3. Januar. I und П erscheint belaubt, in III treiben nur einige obere
Knospen.
Der Birkenversuch zeigt noch deutlicher als die Linde die Schädigung
der vor dem Warmbad in die Wärme gestellten Zweige durch das
Warmbad, während es an den vorher kalt gestandenen Zweigen fast
wirkungslos war.
Abb. 9. 28. Versuch. Ulmus effusa.
Links unbehandelt, Mitte vor dem Warmbad im Freien bei tiefer Temperatur,
rechts vor dem Warmbad 3 Tage im Warmhaus, nach 22 Tagen.
Ausblick
auf andere Frühtreihmethoden und die Verhältnisse in der Natur.
Die Ergebnisse aller bisher geschilderten Versuche deuten darauf
hin, daß der im Warmbad aus dem Zucker gebildete Acetaldehyd das
chemisch wirksame Agens bei diesem praktisch so wichtigen Frühtreib-
verfahren ist. Je höher der Zuckergehalt der Knospen, je stärker die
durch das Warmbad geschaffene Sauerstoffnot der Knospen ist und
je länger sie anhält, desto größere Acetaldehydmengen müssen in ihnen
gebildet werden, die entweder ein früheres Austreiben oder bei allzu
hoher Konzentration des Aldehyds eine Schädigung derselben herbei-
führen. Die verschiedenen Pflanzen erweisen sich für Acetaldehyd-
dämpfe ebenso wie für das Warmbad bestimmter Stärke verschieden
empfänglich.
32*
492 K. Boresch:
Bei der Wesensverwandtschaft der intramolekularen Atmung mit
der alkoholischen Gärung wird man sich die Entstehung des Acet-
aldehyds aus dem in den Knospen enthaltenen Zucker ebenso vor-
zustellen haben, wie bei der zymatischen Vergärung des Zuckere. Der
Acetaldehyd wäre als die Vorstufe des Alkohols anzusehen. Alkohol
wurde zwar in den aus warm gebadeten Haselnußkätzchen erhaltenen
Destillaten nicht aufgefunden, das könnte aber mit der relativ kurzen
Destillationsdauer zusammenhängen. Die Bildung kleiner Alkohol-
mengen bei Sauerstoffmangel ist ja sehr wahrscheinlich). Unter
aeroben Verhältnissen vermögen, wie weiter unten mitgeteilt wird,
Haselnußkätzchen ihnen in Dampfform dargebotenen Äthylalkohol
teilweise zu Acetaldehyd zu dehydrieren. Während des Warmbades in
den Knospen etwa gebildeter Alkohol müßte daher unter den sich
anschließenden aeroben Bedingungen dieselbe Umwandlung erfahren.
Für die vorübergehende Bildung größerer Aldehydmengen unter an-
aeroben Bedingungen könnte sehr wohl die Alkalinität des
plasmatischen Milieus, in dem sich die intramolekulare Atmung
vollzieht, in Frage kommen. Diese Vorstellung wird vielleicht
durch den Befund gestützt, daß die Haselnußkätzchen auch unter
normalem Luftdruck in schwachen Ammoniakdämpfen Acetaldehyd
bilden (siehe unten).
Auf Grund der Erkenntnis, daß die Wirkung des Warmbades auf die
Entstehung von Acetaldehyd in den Knospen zurückzuführen ist, reiht
sich das Warmbad jener Gruppe von Frühtreibmethoden an, die auf der
Anwendung narkotisch wirkender Mittel beruhen, also auch dem Ätheri-
sieren. Doch ist damit für das Verständnis des eigentlichen Wesens der
Entwicklungsbeschleunigung der Knospen durch den Acetaldehyd noch
nichts gewonnen. Neuberg?) hat gezeigt, daß der Acetaldehyd wie Aldehyde
überhaupt ein mächtiger Aktivator der Gärung und intramolekularen
Atmung ist. In der Tat kürzen nach unseren hier nur teilweise mitgeteilten
Versuchen auch andere Aldehyde, wie Form-, Glycerin- und Benzaldehyd, die
Knospenruhe zum Teil beträchtlich ab. Nach Neuberg und Ehrlich?) kommt
die für Aldehyde aufgefundene stimulierende Wirkung den aus ihnen
durch Disproportionierung entstandenen Alkoholen und Säuren nicht zu,
doch üben auch andere hydrierbare Verbindungen, wie z. B. Ketone, eine
wenn auch geringere Stimulationswirkung auf die alkoholische Gärung
aus; besonders bei den einfachen Ketonen, wie z. B. dem Aceton, konnte eine
solche kaum festgestellt werden. Nach unseren Versuchen aber ist Aceton
ein sehr gutes Frühtreibmittel. Andererseits hemmen Aldehyde die Sauer-
stoffatmung (Warburg, 1. с.). Man könnte auch daran denken, daß der in
1) Die Überführung des Acetaldehyds in Alkohol durch verschiedene
Pflanzensamen zeigten Zaleski und Marx, diese Zeitschr. 47, 184, 1912;
48, 175, 1912, was schon früher für tierische Gewebe nachgewiesen
worden war.
2) C. Neuberg, diese Zeitschr. 88, 145, 1918.
3) Neuberg und Ehrlich, ebendaselbst 101, 239 und 276, 1920.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. П. 493
den warm gebadeten Knospen gebildete Acetaldehyd durch Umlagerung
oder Oxydation Essigsäure liefert, die zu einer Erhöhung der Wasserstoff-
ionenkonzentration im Plasma führen könnte, wodurch der Anschluß an
die in der ersten Mitteilung!) ausgesprochene Hypothese über die Be-
deutung der organischen Säuren für das Austreiben hergestellt wäre. Der
Organismus hätte so in der Einschaltung anaerober Atmung ein einfaches
Mittel, den pp-Wert des Plasmas zu erniedrigen. In dieses noch rätselvolle
Gebiet werden künftige Forschungen einzudringen haben, die auf die
Untersuchung der Umwandlungen der applizierten Stoffe in der Pflanze
und ihrer Auswirkungen auf die Teilprozesse des Lebens zu richten wären.
Jedenfalls besteht durchaus die schon 1909 von Molisch®) hervorgehobene
Möglichkeit, „daß die Veränderungen, welche das ruhende Plasma durch
Äther oder das Warmbad erfährt, analoge sind“.
Die Feststellung, daß in warm gebadeten Haselnußkätzchen der
so intensiv frühteibend wirkende Acetaldehyd als anaerobes Stoff-
wechselprodukt entsteht, gestattet es, eine ganze Reihe anderer Früh-
treibmittel dem Warmbad anzureihen, einmal die hier mitgeteilte
Frühtreibwirkung injizierten Methylglyoxals und der Brenztrauben-
säure, die zur Bildung von Acetaldehyd prädestiniert sind. Zaleski und
Marz (1. с.) haben die Verarbeitung der Brenztraubensäure und ihres
Natriumsalzes zu Kohlensäure und Acetaldehyd auch im Vakuum
durch pflanzliche Samen nachgewiesen. Die so überaus günstige Wirkung
des Methylglyoxals auf die Brechung der Knospenruhe könnte gerade
damit zusammenhängen, daß es eine langsam, aber länger fließende
Quelle für die Acetaldehydbildung vorstellt. Die schon von Howard?)
beobachtete frühtreibende Wirkung eines Vakuums, einer Stickstoff-,
Wasserstoff- und Kohlensäureatmosphäre (Weber) gehören sicherlich
hierher, wahrscheinlich auch das Frühtreiben durch Wasserinjizierung
der Knospen (Weber und Jesenko), die in Kombination mit dem Warm-
bad nach eigenen Untersuchungen an Aesculus entschieden stärker
frühtreibend wirkt als Wasserinjektion oder höhere Temperatur allein.
Unter Umständen wird schon bei Zimmertemperatur ein Bad der
Zweige, besonders in Zuckerlösungen zur Bildung von Acetaldehyd-
mengen führen, die für das frühere Austreiben empfindlicher Knospen
(Haselnußkätzchen) ausreichen. Zuckerinjektionen der Knospen nahm
schon Howard‘) mit Erfolg vor. Die frühtreibende Wirkung eines
Bades in gärender Zuckerlösung nach Weber’), die Verfasser auf Grund
unabhängig im Jahre 1924 angestellter Versuche bestätigen kann,
dürfte nach allem gleichfalls hierher gehören.
1) Boresch, Le, S. 326 ff.
2) H. Molisch, Sitzungsber. а. Wien. Akad. 118, 637, 1909.
3) W. L. Howard, Le, laut einer freundlichen Zuschrift des Herrn
Kollegen Prof. Dr. F. Weber, Graz, wofür ihm bestens gedankt sei.
4) Derselbe, Dissertation Halle 1906.
8) F. Weber, Die Umschau 28, 40, 1924.
494 K. Boresch:
Über das Wesen der Wirkung anderer Frühtreibmittel, deren
Verwandtschaft mit dem Warmbad nicht von vorherein zu ersehen ist,
wurden erst einige orientierende Versuche an grünen Haselnußkätzchen
angestellt, wobei zunächst auf eine eventuelle Entstehung von Acet-
aldehyd geachtet wurde.
Die Kätzchen gelangten in Portionen zu 50 g Frischgewicht in trockene,
luftdicht verschließbare Gläser von 3 Liter Inhalt, in denen sie unter
normalem Luftdruck der Einwirkung verschiedener . Dämpfe durch
24 Stunden bei Zimmertemperatur ausgesetzt wurden. Die aus den
Kätzchen dann gewonnenen Destillate wurden wie früher auf das Vor-
handensein von Acetaldehyd geprüft. Die Ergebnisse sind in der folgenden
Tabelle zusammengestellt.
Versuchs Aldehyd.
tag Vorbehandlung der Kätzchen —
„21925 et 2 Si М5 а Destillates
|
| In:Luft 2.4 2.32: 2 о Sr Se ш е —
17. XI. н » Рётрѓеп von 1g Äthyläther а de E —
n э 1 n Aceton © e е а о ө e òo è a e —
— Athylallcohol сс ла +++
ТЕЛЕ ee ee ee d
| „ Dämpfen уоп 2g Äthyläter .......... ı =
24 XI э n 4 2 g Aceton e e è о а e e e e e e —
on n „ 0,5g Formaldehyd... ..... —
я я „ Acetylen (aus 1,5g Carbid) . . . | —
I» » „ Ammoniak (eem 25proz. Lösung) `, +
lo Lut, о EENEG | —
l. XII | „ Dämpfen von Ammoniak (1 eem 25proz. Lösung) +
| 2% М 2 5 (0,5 cem 25proz. „ ) —
| Zerschnittene Kätzchen in Luft. a. a e —
Die durch Alkohol- und Ammoniakdämpfe in Haselnußkätzchen
hervorgerufene Bildung von Acetaldehyd wurde bereits erwähnt und
ist um so bemerkenswerter, als sie sich unter aeroben Verhältnissen
vollzieht, sofern man die Ansammlung von Atmungskohlensäure in
den abgeschlossenen Gefäßen außer Betracht zieht. Es kann nicht
zweifelhaft sein, daß auf der hier beobachteten Acetaldehydbildung die
frühtreibende Wirkung des Ammoniaks [Weber!)] und die überraschend
starke Frühtreibwirkung des Äthylalkohols beruht.
t) F. Weber, Sitzungsber. а. Wien. Akad. 125, 189, 1916.
Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. TI. 495
Der in den mit Alkoholdampf vorbehandelten Kätzchen aufgefundene
Acetaldehyd stammt sicherlich aus dem in die Kätzchen eingedrungenen
Alkohol; denn wäre sein Auftreten einfach die Folge der Narkotisierung
(Ferworns Erstickungshypothese), müßte er füglich auch in den mit Äther
oder Aceton behandelten Kätzchen anzutreffen sein. Der Fall der De-
hydrierung des Alkohols zu Acetaldehyd durch pflanzliche Gewebe, den
Kostyischew!) für den chemisch wahrscheinlichen Weg seiner Verarbeitung
halt, ist hier verwirklicht; gewisse Pflanzen, wie Weizenkörner und Weizen-
keime, sind nach ihm gar nicht imstande, Alkohol zu oxydieren. Beim
Auftreten von Acetaldehyd in Haselnußkätzchen unter der Einwirkung
einer Ammoniakatmosphäre könnte an die Bildung von Acetaldehyd-
ammoniak gedacht werden.
Die übrigen untersuchten und als frühtreibend bekannten Mittel
ließen unter den Bedingungen dieser Versuche eine Acetaldehydbildung
in den Kätzchen nicht erkennen. Es wird die Aufgabe weiterer Unter-
suchungen sein, ob und wie diese Stoffe in der Pflanze verarbeitet werden.
Die Versuche mit starker Dauerbeleuchtung der Kätzchen, die gleichfalls
frühtreibend wirkt, haben noch zu keinen eindeutigen Ergebnissen geführt,
doch sei an die von Neuberg?) beschriebene Entstehung von Aldehyden
aus Eiweißbausteinen, Kohlenhydraten und Pflanzensäuren bei photo-
katalytischen Prozessen erinnert. Acetaldehyddämpfe allein ohne künst-
liche Beleuchtung vermochten in meinen Versuchen die tiefe Ruhe der
durch Licht treibbaren Buchenknospen nicht zu brechen.
Nur in aller Kürze seien die Verhältnisse der Winterknospen in
der Natur gestreift. Schon in der ersten Mitteilung (1. c., 8. 332) wurde
auf die Bedeutung der Knospenhülle für das Zustandekommen eines
Sauerstoffmangels im Falle einer Atmungssteigerung hingewiesen.
Wiederholt wurden auch in verhältnismäßig gut durchlüfteten Pflanzen-
organen kleine Alkoholmengen nachgewiesen?); um so leichter kommt
es hierzu in massigen Organen mit schlechter Durchlüftung. So
produzierten nach Kostytschew*) ungeschälte Erbsensamen im Luft-
strom geringe Alkoholmengen, während geschälte Erbsensamen unter
den gleichen Bedingungen nicht nur keinen Alkohol gebildet, sondern
sogar einen Teil davon verbraucht hatten. Auch das Auftreten kleiner
Mengen von Acetaldehyd in schlecht durchlüfteten Pflanzengeweben
ist wahrscheinlich nicht selten®), so daß auch das Vorkommen von
Acetaldehyd in Winterknospen im chemischen Sinne nichts Außer-
gewöhnliches wäre. Wohl aber könnten dem Acetaldehyd bei seinem
ausgeprägten Charakter eines im natürlichen Stoffwechsel der Pflanze
erzeugten ‚‚Reizstoffes‘‘ oder ‚Giftstoffes““ wichtige physiologische
1) S. Kostytschew, Zeitschr. f. physiol. Chem. 67, 116, 1910; diese
Zeitschr. 15, 164, 1909.
2) С. Neuberg, diese Zeitschr. 18, 305, 1908; 29, 279, 1910; 61, 315, 1914.
3) Literatur bei А. R. Minenkow, ebendaselbst 66, 467, 1914.
+) S. Kostytschew, ebendaselbst 15, 164, 1909.
5) Literatur bei C. Neuberg, ebendaselbst 160, 260, 1925.
496 K. Boresch: Analyse der frühtreibenden Wirkung des Warmbades. II.
Funktionen zufallen. Insbesonders wären die Verhältnisse bei
Samen ins Auge zu fassen, die in ihrem Verhalten vielfach an
Knospen erinnern.
Zusammenfassung.
Die frühtreibende Wirkung des Warmbades (und einiger anderer
Frühtreibmittel) auf ruhende Winterknospen verschiedener Holz-
gewächse wird auf den während des Warmbades in den Knospen aus
Zucker entstehenden Acetaldehyd zurückgeführt, dem selbst eine dem
Warmbad gleichkommende Frühtreibwirkung eigen ist.
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Paris, А. Bickel- Berlin, Р. Bilamentbal-Berlin, Fr. Воаз- Weihenstephan, A. Bonanni-Rom,
F. Bottazzi- Neapel, G. Bredig - Karlsruhe i. B., УЙ. Butkewitsch - Moskau, М. Cromer-
Berlin, R. Doerr- Basel, A. Durig- Wien, F. Ehrlich- Breslau, Н.т. Euler-Stookholm, 8. Flexner-
New York, J. Forssman-Lund, S. Fränkel- Wien, E. Freund- Wien, Н. Freundlich-Berlin,
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W.Wiechowski- Prag, A. Wohl - Danzig, J. Wohlgemuth - Berlin, N. Zelinsky- Moskau.
herausgegeben von
C. Neuberg-Berlin
Hunderteinundsiebzigster Band
Berlin
Verlag von Julius Springer
1926
Druck von Friedr. Vieweg & Sohn Akt.»-Ges., Braunschweig.
Inhalt.
Seite
Pineussen, Ludwig. Fermente und Licht. IX. Diastase. IV... . 1
— — Analytische Mitteilungen. IV. Mikrobestimmung von Ionen i in
Organen und ähnlichem Material. Von Georg Cronheim .. 7
Arinstein, Bernhard. Über eiweißspaltende Fermente der Placenta . . 16
Belák, Alexander und Eugen Szép. Der Ionenantagonismus als rein
chemisches Problem. (Zugleich ein Beitrag zur Frage der Ca-
JTomisation:) s s ва жозё ae a Лю, e et a 22
— H. und E. Heymann. Konzentrierung und Reinigung von
п hydrophiler Kolloide . . . . 2 2 2 2 2 2200. 33
— L. , Über die Bildung von Acetaldehyd und Acetylmethylcarbinol
bei der Gärung und der Atmung der Hefe. . . . . 2.2... 40
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schen Gesetzes. . : 2: 2 2 20 mr rn . 45
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und beschleunigter Metamorphose von Rana temporaria . . . 79
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Materio you; шы] жоош 126
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Schweines und Нипдев................... 156
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Adrenalinglykosurie .................... 204
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Autorenverzeichnis .
. 403
421
. 436
508
Fermente und Licht. IX.
Diastase. IV. |
Von
Ludwig Pincussen.
(Aus der biochemischen Abteilung des städtischen Krankenhauses am
Urben, Berlin.)
(Eingegangen am 11. Februar 1926.)
Nach der Theorie, welcher die größte Wahrscheinlichkeit zukommt,
bestehen die Fermente aus einer spezifischen Komponente und einem
kolloidalen Körper mit großer Oberflächenentwicklung. Es scheint
nun, daß die Wirkung der Strahlung auf ein Ferment zum wesentlichen
Teile davon abhängig ist, wieviel einer kolloiden Substanz in dem
Fermentpräparat enthalten ist. Je mehr ein Ferment gereinigt ist,
d.h. um so mehr ihm seine Begleitstoffe entzogen werden, desto emp-
findlicher ist es gegen Licht. Das konnte an Präparaten der Pankreas-
diastase (1) gezeigt werden, welche nach dem Verfahren von Willstätter
einer fortschreitenden Reinigung unterzogen worden waren. Daß die
Lichtwirkung sich speziell gegen den einen Teil des Fermentpräparates
richtet, während der andere unbeeinflußt bleibt, kann aus Versuchen
erschlossen werden, welche in Gemeinschaft mit Kato (2) an der Soja-
urease angestellt wurden; durch nachträgliches Zufügen des einen
Teiles gelang es, die Fermentwirkung belichteter Urease zum Teil
wieder herzustellen. Aus alledem scheint sich zu ergeben, daß die
Lichtwirkung besonders gegen gewisse kolloide Begleitstoffe bzw. Teil-
stoffe des Ferments gerichtet ist ; sie tritt am intensivsten bei gereinigten
Fermenten in die Erscheinung, indem hier das Fermentkolloid wahr-
scheinlich dem Einfluß der Strahlen in noch höherem Maße freiliegt als
bei solchen Lösungen, die durch Begleitstoffe in höherem Grade ver-
unreinigt sind.
In dieser Mitteilung soll über Versuche berichtet werden, in welchen
die Reaktivierung eines belichteten Diastasepräparats durch nach-
trägliche Zugabe des frischen Präparats geprüft wurde.
Biochemische Zeitschrift Band 171. И 1
2 L. Pincussen:
Die zum Versuch benutzte Diastase war ein Präparat des Handels,
Malzdiastase puriss. von Merck. Sie enthält also ein verhältnismäßig
wenig gereinigtes Ferment und eine Reihe von Beimengungen, die
wohl das Ferment in gewissem Sinne gegen Licht schützen, für den in
Frage stehenden Versuch jedoch irrevelant sein dürften. Die Versuche
sind ausschließlich mit einer 0,l proz. Lösung dieses Diastasepräparats
in Wasser angestellt. Die Bestrahlung der Lösungen erfolgte mit einer
Quarzlampe von Heraeus mit Amalgamfüllung nach Arons, 220 Volt.
Die zu belichtenden Lösungen befanden sich in Quarzkölbchen 20 cm
von der Lampe entfernt, die unbelichteten Lösungen gegen Strahlung
geschützt im gleichen Raume. Als Substrat diente lösliche Stärke in
lproz. Lösung, der durch Zusatz von m/3 Phosphat das erforderliche
De erteilt wurde. Die Stärkespaltung wurde an der Maltosebildung
gemessen ; es wurde ebenso wie in den früheren Arbeiten das Titrations-
verfahren von Willstätter und Schudel benutzt.
Es wurde zunächst geprüft, ob eine Mischung belichteter und un-
belichteter Diastase besser wirkt als die Summe der verwandten, für
sich geprüften Diastasemengen. |
Versuch 1. 1öccm lproz. Lösung löslicher Stärke + 2ccm mä `
Phosphat, рд 6,24, + 1 bzw. 2ccm 0,1рго2. Diastaselösung: 1. unbelichtet,
2. 30 Minuten ohne Puffer in 20 ccm Entfernung mit Quecksilberamalgam-
lampe bestrahlt. |
—
Nr. |... Sue + bm Stärke + Pbosphat ИШИНЕ ni
1 1 17 oem Brenn unbe + ша Diastaselösung, unbelichtet . . . . . . 54,0
2 Å т belichtet . . . . . . . 45,5
3 T3 S А unbelichtet . . . . .. 78,5
4 | Е 9» belichtet ....... 59,5
5 2 ” Mischung, belichtet und unbelichtet . . 69,5
20 Minuten Wasserbad bei 40°.
Die Mischung aus lccm unbelichteter und lccm belichteter
Diastase wirkt also in gleicher Weise wie 2ccm belichteter Diastase
und schwächer als man es aus der Summe der Wirkung von је lem
belichteter und unbelichteter annehmen sollte. |
Hier tritt also die Wirkung des Zusatzes von unbelichteter zu
belichteter Diastaselösung nicht deutlich hervor; im Gegenteil ist bei
der verhältnismäßig geringen Schädigung eine Besserung durch Zusatz
unbelichteter Diastase nicht festzustellen.
Die Verhältnisse werden deutlicher, wenn die Schädigung der
Diastase eine größere ist.
Fermente und Licht. IX. 3
Versuch 2. Diastaselösung, 0,1 рго2., Belichtung in gleicher Weise
40 Minuten, sonstige Anordnung wie oben.
SR, u e ee EE Ee EE
Ne ` 20 ccm Stärkelösung + 2 ccm Phosphat | en
li e = ale m Be — — —
1 "+ Leem Diastase, unbelichtet ......... 51,1
2 +1, Е belichtet .......... 12,0
3 .+1 „ Mischung gleicher Teile. ....... 38,5
Wasserbad 20 Minuten bei 40°
Die Wirkung der Mischung ist also stärker als die Wirkung der
Komponenten, die im arithmetischen Mittel 31,5 mg Maltose betragen
würde.
Bei anderen Mischungsverhältnissen ergibt sich das gleiche.
Versuch 3. Diastaselösung, 0,lproz., 1 Stunde belichtet, sonstige
Versuchsbedingungen wie bei Versuch 1, Wasserbad 15 Minuten bei 40°.
| Gebildete
Nr. | Stärke + Phosphat Maltose
зс a re ee SECH ШИ ды
1 | + Leem Diastaselösung, unbelichtet . . . . . ...... 50,8
2 +1_ Е belichtet. . а... 2.» 22220. 6,25
Зі + 1 „ Mischung, belichtet und unbelichtet ...... 36,8
4 +] , А 2 Teile unbelichtet + 1 Teil belichtet 40,5
5, +1, б 1 Teil > + 2 Teile 5 29,7
Das eben skizzierte Verhalten zeigt sich hier noch deutlicher,
indem die Mischung gleicher Teile belichteter und unbelichteter Diastase
um ungefähr 30Proz. stärker wirkt als die Komponenten allein, die
Mischung von 1 Teil unbelichteter und 2 Teilen belichteter Diastase
die der Einzelteile sogar um 45 Proz. übertrifft, während eine Mischung
aus einer größeren Menge unbelichteter und einer kleineren belichteter
nur eine verhältnismäßig geringere Mehrwirkung zeigt. Es ergibt sich
also aus diesen Versuchen, daß einmal die „Reaktivierung‘‘ um so
intensiver ist, je größer die Lichtschädigung war — sie war bei der
geringen Schädigung bei Versuch 1 gar nicht vorhanden — und zweitens,
daB die Besserung der Wirkung um so eklatanter wird, je größere
Mengen belichteter Diastase in der Mischung vorhanden waren.
Im folgenden Versuch (4) wurde geprüft, ob die nachträgliche
Mischung der durch belichtete bzw. unbelichtete Diastaselösungen
abgebauten Stärkelösungen zu anderen Ergebnissen führt als die
sofortige Mischung der Diastaselösungen und der Zusatz der Mischung
zur Stärkelösung. Es wurde darum geprüft: die Wirkung der belichteten
und unbelichteten Diastaselösungen und der verschiedenen Mischungen
gegenüber dem Zustand, daß die der Menge der Diastase entsprechenden
Quantitäten Stärkelösung zunächst, und zwar die halbe Zeit der
1*
4 L. Pincussen:
Gesamtwirkung durch die einzelnen Komponenten im Wasserbad
verdaut und dann zusammengegossen wurden, so daß in der zweiten
Hälfte der Zeit die Mischungen wirkten. Es wurde eine 1рго2. Stärke-
lösung unter Zusatz von 10рго2. m/3 Phosphat hergestellt und von
dieser Mischung l5ccm für lccm Diastaselösung angewandt. Die
Proben 1 bis 4, 6 bis 8, 10 wurden 20 Minuten im Wasserbad bei 40°
verdaut, die Proben 5a und b, 9a und b bleiben zuerst 10 Minuten
gesondert im Wasserbad, wurden dann schnell zusammengegossen, um
weitere 10 Minuten im Wasserbad zu verbleiben.
Versuch 4 Diastaselösung, O,lproz., Belichtung 40 Minuten durch
Quarzamalgamlampe. Py 6,24.
Fermentlösung | Gebildete
Stärkelösung
Nr. || unbelichtet belichtet —
Cem ccm ccm | mg
1 1,0 БА 15
2 0,66 033 " 2
3 0,66 = | 10
4 a 033 | 5
ба| 0,66 Z | 0
5b — 0,33 б
6 0,33 0.66 15
1 0,33 a 5
8 — 066 | 10
& 0,33 — 5
9b = об | о] Gë
10 = 0 1 5 112
Die Analyse dieses Versuchs ergibt, daß das nachherige Zusammen-
bringen der anfangs allein verdauten Mischungen zwar eine leichte
Minderbildung der Maltose ergibt, was sich ja ohne weiteres aus der
schlechten Wirkung der belichteten Diastaselösung in der ersten Hälfte
der Zeit ergibt. Immerhin wird diese Minderbildung in der zweiten
Hälfte, in welcher auch unbelichtete Diastase zugegen ist, zum größten
Teile wieder eingeholt. Des weiteren ergibt sich auch aus diesem Versuch,
daß die Reaktivierung belichteter Diastase bedeutend stärker aus-
gesprochen ist in dem Falle, in welchem die Mengen der belichteten
Diastase verhältnismäßig größer waren. Es genügt also von dem an-
gewandten Handelspräparat ein verhältnismäßig geringer Teil, um die
Wirksamkeit selbst größerer Mengen durch Licht inaktivierter Diastase
wieder beträchtlich zu erhöhen.
Ein in gleicher Weise angestellter Versuch, nur mit dem Unter-
schied, daß als pe nicht 6,24, sondern 7 gewählt wurde, verlief in ganz
gleicher Weise. In diesem Versuch sind ferner noch die Wirkung von
Teilquanten einerseits unbelichteter und andererseits belichteter Diastase
bei anfänglicher Einzeldigestion und späterem Zusammenfügen ein-
gereiht.
Fermente und Licht. IX. 5
Versuch 5. Anordnung wie Versuch 4, ру = 7, 0,7proz. Diastaselösung
40 Minuten belichtet, Wasserbad 24 bzw. zweimal 12 Minuten bei 40°.
Fermentlösung | ее Gebildete
— — | — Stärkelösung Maltose
cc .
ааа
1 | 1,0 — | 15 59,6
2 0,66 0,33 15 | 58,0
3 0,66 == 10 46,4
Se 0.66 — 10 2
8 | 5 — |
Bb = 0,33 6 | |
6 | 0,83 0,66 15 | 49,8
7 | 0,33 — 5 11,4
8 Ke — 0,66 10 11,4
a — 5 43,7
= 06 | 10
Па 0,66 10 |
llb 0.33 = 5 | Рол
128 — 66 10
12b =. 0:33 5 | Ee
Auch hier ergibt sich also die leichte Verringerung der später
zusammengegossenen Proben gegenüber den sofort mit aktivem und
inaktivem Ferment beschickten. Daß diese Verringerung auf die
schwächere Wirkung des allein vorhandenen belichteten Ferments
zurückzuführen ist, ergibt sich einerseits aus der größeren Differenz
bei dem getrennten Versuch, in welchem das belichtete Ferment in
größerer Menge angewandt wurde, ferner auch daraus, daß die Einzel-
digestion von Teilen unbelichteten Ferments (11) und belichteten
Ferments (12) innerhalb der Fehlergrenzen dieselbe Maltosemenge
ergibt, als wenn die Digestion sogleich im ganzen vorgenommen wird
(1 bzw. 10).
Der Versuch 6 zeigt die Verhältnisse in noch klarerer Weise. Er
wurde genau in der gleichen Art wie Versuch 5 angestellt, jedoch mit
noch größeren Differenzen belichteter und unbelichteter Diastase.
Es geht aus dieser Tabelle ebenfalls hervor, daß die Aktivierungs-
fähigkeit unbelichteter Diastase um so intensiver sich zeigt, je größere
Mengen belichteter Diastase angewandt wurden und je größer die
Lichtschädigung im allgemeinen war. Es genügen also verhältnismäßig
kleine Mengen, um die Spaltungsfähigkeit der belichteten Diastase
erheblich heraufzusetzen. So wird bei Mischung уоп 0,1 ccm un-
belichteter und 0,9 ccm belichteter Diastase die Maltosebildung auf
das Doppelte der durch die Komponenten bewirkten heraufgesetzt.
Die übrigen Erscheinungen entsprechen denen, die schon bei den früheren
Versuchen hervorgehoben wurden. Es läßt sich vor der Hand nicht
sagen, auf welche Begleitstoffe dieses Reaktivierungsvermögen zurück-
6 L. Pincussen: Fermente und Licht. IX.
Versuch 6. Anordnung wie bei Versuch 4, рд = 7, 0,l proz. Diastase-
lösung 70 Minuten belichtet, Wasserbad 24 bzw. zweimal 12 Minuten bei 40°.
Fermentlösung
unbelichtet belichtet
Gebildete
Maltose
Nr. Stärkelösung
1 1,0 = 20 57,0
2 0б | ол | 20 59,5
3 0,6 = 2 | 476
4 = 0,4 8 17
5a 0,6 — | 1
5b| —-— л | в | Ze
6 0,3 0,7 20 40,5
7 0,3 — 6 | 19,4
8 a от © y 70
9а 0, — 6
9b — | л | м | | 42,0
10 л op a 25,5
11 Le o —- 2 de
12 = on | 18 96
18а 0,1 — 2
1351 — 09 18 | 1 7296
14 — ° 10 | 9 ; 132
zuführen ist; im Gang befindliche Versuche mit gereinigten Ferment-
präparaten werden hier wenigstens zum Teil Aufklärung bringen.
Anhangsweise sei noch erwähnt, daß versucht wurde, die hier
geschilderte Erscheinung durch Zugabe anderer Kolloide wie kolloidale
Metalle, Wittepepton, ferner durch Kohle zu erreichen. Die Versuche
führten zu keinem einsinnigen Resultat, so daß zunächst angenommen
werden muß, daß auch die zugesetzten Stoffe eine gewisse Spezifität
aufweisen müssen.
Literatur.
1) L. Pincussen, Fermentforsch. 8, 181, 1925. — 2) L. Pincussen und
N.Kato, diese Zeitschr. 142, 228, 1923.
Analytische Mitteilungen. IV.
Von
Ludwig Pincussen.
Mikrobestimmung von Ionen in Organen und ähnlichem Material.
Von
Georg Cronheim.
(Aus der biochemischen Abteilung des städtischen Krankenhauses am Urban,
Berlin.)
(Eingegangen am 11. Februar 1926.)
Während die Mikromethoden für Blut und zum Teil auch für Harn
schon eine weitgehende Anwendung gefunden haben, ist bisher die
Möglichkeit, Mikrobestimmungen in organischen festen Substanzen
wie Tier- und Pflanzengewebe, Fäzes und dergleichen auszuführen,
kaum berücksichtigt worden. Es steht außer Zweifel, daß auch für solche
Materialien Mikrobestimmungen von höchstem Werte sind, weil bei
ihnen die Vorteile zum Teil in noch höherem Maße wie beim Harn zur
Geltung kommen. Die Mikromethodik erlaubt uns, mit außerordentlich
kleinen Mengen der Organe usw. auszukommen, was besonders beim
Arbeiten mit kleinen Tieren von unschätzbarem Vorteil ist. Ferner
wird die Arbeitszeit, welche bei Organanalysen besonders lang ist,
erheblich abgekürzt.
Die Bestimmung der Ionen selbst entspricht naturgemäß der,
welche bei den übrigen Mikromethoden eingeschlagen wird. Daher .
ist bei der Beschreibung der Bestimmung der Komponenten in der
Asche davon abgesehen worden, die einzelnen Reagenzien nochmals
genau zu beschreiben, da sie in der Mikromethodik von Pincussen!)
genau aufgeführt sind.
Die Schwierigkeit und das einzige grundsätzlich Neue, über welches
in dieser Arbeit berichtet wird, ist die Veraschung. Wir haben zunächst
nur die feuchte Veraschung angewandt, weil sie in bezug auf die
Apparatur verhältnismäßig einfach ist, auch die Ausführung nur wenig
Schwierigkeit darbietet, wenn man dem ausgearbeiteten Verfahren
genau folgt. Über trockene Veraschung, die freilich Platinschalen und
elektrischen Ofen voraussetzt, soll später berichtet werden.
1) 3. Auflage, Leipzig 1925, Georg Thieme.
8 G. Cronheim:
І. Veraschung.
Eine genau gewogene Menge der Untersuchungssubstanz, die 50 bis
100 mg Mineralbestandteile enthalten soll, wird in einem Mikrokjeldahl-
kolben mit so viel rauchender Salpetersäure übergossen, daß die Substanz
davon vollständig bedeckt ist, und mindestens 1 bis 2 Stunden so be-
lassen: darauf werden 3 ccm 30 proz. Wasserstoffsuperoxyd (Perhydrol
Merck) zugesetzt. Nachdem die zuerst auftretende starke Gasentwick-
lung (Kohlenoxyd, Kohlendioxyd, Sauerstoff usw.) aufgehört hat, wird
der Kolben auf einem Kjeldahlgestell vorsichtig erhitzt und die Lösung
zur Trockne eingedampft; etwaige dabei auftretende Entzündungen
schaden nichts. Man läßt abkühlen, gibt dann von neuem cem Per-
hydrol und 1 bis 2ccm Salpetersäure dazu und dampft wieder ein.
Dies wird so oft wiederholt, bis der Rückstand fast weiß bzw. die
Lösung fast farblos ist. Man läßt abkühlen, verdünnt mit etwa 25 ccm
Wasser und dampft auf etwa 5ccm ein. Ist die Lösung dann noch immer
etwas gefärbt, so versetzt man sie mit etwas Perhydrol und kocht nochmals
auf. Die Färbung verschwindet dann sicher, falls die Verbrennung voll-
ständig war, farbgebende Ionen, z. В. Fe”, natürlich ausgeschlossen.
Andernfalls muß die Lösung weiter mit Wasserstoffsuperoxyd und Salpeter-
säure behandelt werden. Sollte in der Lösung eine Trübung vorhanden
sein, die auch beim Ansäuern mit Salzsäure nicht verschwindet, so
rührt dies von unlöslichen Mineralstoffen her (Kieselsäure, Calcium-
sulfat usw.), die für sich verarbeitet werden müssen. Man filtriert dann
die Lösung in ein Meßkölbehen von 50 ccm und füllt mit Wasser bis zur
Marke auf. Mit dieser verdünnten Lösung führt man nun die Einzel-
bestimmungen aus.
Über die Mengen, die man dazu in den einzelnen Fällen nehmen muß,
läßt sich allgemein nichts angeben. Erhält man sehr niedrige Resultate,
so sind die Fehlergrenzen naturgemäß höher als bei hohen Resultaten.
Andererseits besteht bei sehr hohem Gehalt immer die Möglichkeit, daß die
zugesetzten Reagenzien nicht ausreichend und die Ausfällung infolgedessen
nicht quantitativ war. In beiden Fällen empfiehlt es sich, die Bestimmung
zu wiederholen.
Im einzelnen ist noch folgendes zu beachten: Gibt man das erste Mal
Salpetersäure und Woasserstoffsuperoxyd zu, so ist es zweckmäßig, zuerst.
die Salpetersäure hineinzutun. Man erhält dann eine lebhafte, kurze Gas-
entwicklung. Macht man es jedoch umgekehrt, so wird die Substanz mit
Wasserstoffsuperoxyd durchtränkt und die Salpetersäure kann nur all-
mählich die Masse angreifen. Da außerdem die Gasentwicklung auf und
in der festen Substanz stattfindet, entstehen Aufschwemmungen und
kolloidale Lösungen. Dies alles bewirkt, daß man eine sehr träge, schaumige
Masse erhält, mit der es sich außerordentlich schlecht arbeiten läßt. Auf
alle Fälle muß man so lange warten, bis die Gasentwicklung beendet ist,
und auch dann noch zuerst sehr vorsichtig erwärmen, weil es sonst leicht
vorkommen kann, daß die Flüssigkeit aus dem Glase herausschäumt.
Anders ist es, wenn man die Flüssigkeit schon einmal abgedampft hat.
Es ist dann besser, zuerst Wasserstoffsuperoxyd und danach Salpetersäure
zuzugeben. In diesem Falle durchsetzt nämlich der nascierende Sauerstoff
die ganze Flüssigkeit viel stärker als in dem anderen, wo die Gasentwicklung
zum größten Teil an der Oberfläche stattfindet, und die Oxydation geht
deshalb viel schneller vor sich.
Mikrobestimmung von Ionen in Organen und ähnlichem Material. 9
П. Bestimmung der einzelnen Bestandteile.
a) Natrium.
Natrium wird mit dem Bellschen Reagens (Kalium-Caesium-Wismut-
Nitrit) als Komplexsalz der Formel 9CsNO,.6NaNO,.5Bi(NO,)
ausgefällt und das Wismut kolorimetrisch als Wismutsulfid bestimmt.
Man nimmt eine bestimmte Menge der Lösung, die höchstens 11, mg
Natrium enthalten darf, und dampft in einem großen Jenaer Zentrifugenglas
auf etwa lccm ein. Zu der abgekühlten Lösung gibt man etwa 6ccm
Bellsches Reagens (für 1 mg Natrium braucht man etwa 3 ccm), verdrängt
die noch im Glase vorhandene Luft durch Einfüllen von Leuchtgas, das
man durch eine vorgeschaltete, mit Wasser gefüllte Waschflasche von
Schwefelwasserstoff befreit hat, und verschließt schnell mit einem Gummi-
stopfen. Sodann stellt man das Glas in einen Eisschrank, wo es bei einer
Temperatur von 0 bis 2° mindestens 24 Stunden stehen muß. Ist ein Eis-
schrank nicht vorhanden oder sind die Natriummengen sehr gering, so
lasse man das Glas wenigstens 2 Tage stehen. Die Füllung mit Leuchtgas
ist notwendig, um eine Oxydation des Nitrits durch den in der Luft vor-
handenen Sauerstoff zu verhindern. Sollte sich infolge Hydrolyse bei der
Zugabe des Reagens ein weißer Niederschlag von basischem Wismutsalz
bilden, so gebe man noch weiter so lange Reagens dazu, bis sich der Nieder-
schlag wieder gelöst hat.
Der gebildete Niederschlag des Natriumkomplexsalzes wird abzentri-
fugiert und mehrmals ausgewaschen. Als Waschflüssigkeit dient zuerst
zweimal eine eisgekühlte, mit dem Bellschen Reagens gesättigte 50 proz.
Acetonlösung, sodann zweimal eisgekühltes reines Aceton und zum Schluß
einmal reines Wasser. Der auf diese Weise gereinigte Niederschlag wird
in lOcem 2n Salpetersäure gelöst und unter mehrmaligem Nachspülen
mit Wasser in einen Meßkolben von 100 ccm überführt. 5 bzw. 10 ccm
dieser Lösung werden zur kolorimetrischen Bestimmung in einen Meß-
kolben von 25ccm gebracht, während in einen zweiten gleichen Meßkolben
10 ccm einer Wismutstandardlösung mit einem Wismutgehalt von 0,114 mg,
entsprechend 0,03 mg Natrium, gefüllt werden. Sodann kommen in jeden
Meßkolben 5 ccm einer etwa 1рго2. Gummiarabikumlösung und schließlich
frisch bereitetes Schwefelwasserstoffwasser. Dadurch wird das in der Lösung
vorhandene Wismut als braunes Wismutsulfid ausgefällt, das durch das
Gummiarabikum in kolloidaler Lösung gehalten wird. Die Braunfärbungen
werden dann im Kolorimeter verglichen und daraus der Natriumgehalt
der Versuchslösung unter Berücksichtigung der vorgenommenen Ver-
dünnung berechnet!).
b) Kalium.
Kalium wird mit Natrium-Kobalt-Nitrit als schwer lösliche Kalium-
verbindung ausgefällt. Da aber Ammonsalze dieselbe Reaktion zeigen
und die entsprechenden Ammoniumsalze genau so schwer löslich sind
wie die des Kaliums, muß das Ammoniak, das sich bei der Veraschung
stickstoffhaltiger organischer Substanzen in größerer Menge bildet, zuerst
entfernt werden. Zu diesem Zwecke gibt man zu 2ccm der verdünnten
Aschenlösung in einem Zentrifugenglas so lange Natronlauge, bis die Lösung
gegen Lackmus deutlich alkalisch reagiert. Braucht man hierzu eine größere
1) Bezüglich Hersteliung der Reagenzien und weiteres Verfahren vgl.
Pincussen, Mikromethodik, 3. Auflage.
10 G. Cronheim:
Menge Natronlauge, so ist diese auf ihren häufig vorhandenen Kaliumgehalt
zu prüfen und der gefundene Wert in die spätere Berechnung einzusetzen.
Die alkalisch gemachte Lösung stellt man 2 bis 3 Minuten in siedendes
Wasser, nimmt sie dann heraus und läßt abkühlen. Nach dem Abkühlen
gibt man einen Tropfen m-Nitrophenol als Indikator zu und titriert so
lange mit п /10 Schwefelsäure, bis die Gelbfärbung verschwindet. Aus dieser
Lösung kann jetzt das Kalium ausgefällt werden. Man versetzt die Lösung
mit 2ccm Natriumkobaltnitritlösung, mischt gut durch und läßt etwa
2 Stunden stehen. Während dieser Zeit fällt das Kalium als Kaliumkobalt-
nitrit (Kaliumhexanitrokobaltiat) aus.
ЗКО + Na,[Co(NO,)e] = K,[Co(NO,)e] + 3 NaCl.
Nach Zugabe von etwas Wasser zentrifugiert man den Niederschlag
scharf ab, gießt die überstehende Flüssigkeit vorsichtig fort, mischt mit
wenig Wasser und zentrifugiert wieder. Dies wird so oft wiederholt, bis
die überstehende Flüssigkeit nach dem Zentrifugieren farblos ist, was meist
nach drei Malen erreicht ist. Das Waschwasser wird wieder abgegossen
und Beem n/50 Kaliumpermanganat und Leem 20proz. Schwefelsäure
zugesetzt. Das Glas wird dann 2 Minuten in siedendes Wasser gestellt.
Sollte die Rotfärbung danach verschwunden sein, so gibt man unter Um-
rühren nochmals eine gemessene Menge n/50 Kaliumpermanganat zu, bis
die Rotfärbung, auch nach Eintauchen in kochendes Wasser, bestehen
bleibt. Man achte darauf, daß sich der gelbe Niederschlag vollkommen
löst und daß das Glas nicht zu lange in dem Woasserbade bleibt. Man
entfärbt dann die Lösung durch Zusatz einer gemessenen Menge n/50 Oxal-
säure und titriert aus einer Mikrobürette mit n/50 Kaliumpermanganat,
bis eine Rotfärbung auftritt, die mindestens eine Minute lang bestehen bleibt.
Die im ganzen zur Oxydation zugesetzte Menge n/50 Kaliumpermanganat
(die NO,-Gruppe wird zu NO, oxydiert) minus der zugesetzten Menge
n/50 Oxalsäure ergibt, multipliziert mit 0,142, den Kaliumgebalt der ver-
wandten 2ccm Lösung in Milligrammen.
c) Calcium.
Calcium wird in essigsaurer Lösung als Calciumoxalat gefällt und die
Oxalsäure mit Permanganat titrimetrisch bestimmt. Um, wie es für die
quantitative Fällung erforderlich ist, das gesamte Calcium in Acetat um-
zuwandeln, versetzt man in einem Zentrifugenglas eine bestimmte Menge
der Lösung mit Ammoniak, bis kein weiterer Niederschlag entsteht, und
säuert danach mit verdünnter Essigsäure wieder an, wobei sich der Nieder-
schlag wieder völlig lösen muß. Zu der essigsauren Lösung gibt man 2 bis
3 ccm gesättigte Ammoniumoxalatlösung und läßt 1 bis 2 Stunden stehen.
Danach wird der gebildete Niederschlag von Calciumoxalat abzentrifugiert
und die überstehende Flüssigkeit für die Magnesiumbestimmung in ein
anderes Zentrifugenglas überführt. Der Niederschlag selbst wird durch
Aufwirbeln mit Wasser und darauf folgendes Zentrifugieren gewaschen
und das Waschwasser zur Magnesiumfraktion gefügt. Nachdem man dies
zweimal wiederholt hat, löst man den Niederschlag in etwa cem ver-
dünnter Schwefelsäure, erwärmt im Wasserbade auf 70 bis 80° und titriert
aus einer Mikrobürette mit n/100 Kaliumpermanganat bis zur Rotfärbung.
Den Calciumgehalt kann man daraus ermitteln, daß 1 cem n/100 Kalium-
permanganat 0,2 mg Calcium entspricht.
Mikrobestimmung von Ionen in Organen und ähnlichem Material. 11
4) Magnesium.
Aus der von Calcium befreiten Lösung wird das Magnesium als Марпе-
sumammoniumphosphat (MgNH,PO, 6Н,О) ausgefällt und der Phosphor
kolorimetrisch bestimmt. Die bei der Calciumausfällung überstehende
Lösung + erstes Waschwasser überführt man in ein anderes großes, unten
konisches Zentrifugenglas und versetzt mit 2ccm einer 10рго2. Lösung
von Ammoniumphosphat und 3 cem 25proz. Ammoniaks. Man überzeuge
sich davon, daß die Lösung deutlich ammoniakalisch riecht, vermeide
aber auch einen zu großen Überschuß von Ammoniak, weil sonst Ammonium-
phosphat und Magnesiumhydroxyd mit ausfällt. Man reibt nun die Glas-
wände mit einem Glasstab, um die Ausfällung zu begünstigen, verschließt
mit einem Kork und läßt 12 Stunden stehen. Ist sehr wenig Magnesium
vorhanden, so empfiehlt es sich, die Lösung 24 Stunden stehenzulassen.
Man zentrifugiert nun den gebildeten Niederschlag von Magnesiumammo-
niumphosphat ab und wäscht ihn durch mehrmaliges Zentrifugieren mit
2proz. Ammoniak. Als letzte Waschflüssigkeit nimmt man eine Mischung
von 20 Teilen 25proz. Ammoniak und 80 Teilen 96proz. Alkohol und
stellt das Zentrifugenglas danach in siedendes Wasser, bis die noch vorhan-
dene Flüssigkeit vollständig verdampft ist. Den trockenen Niederschlag
löst man іп Leem n/l0 Salzsäure und überführt die Lösung unter mehr-
maligem Nachspülen in einen Meßkolben von 50 ccm. Sollte sich der Nieder-
schlag in der Salzsäure schwer lösen, so erwärme man das Glas etwas,
gebe aber nicht mehr Salzsäure zu, weil die Acidität für die kolorimetrische
Bestimmung eine sehr wichtige Rolle spielt. Spuren bleiben fast immer
zurück. (Es wird sich um Verunreinigungen handeln, vielleicht Glasstaub
vom Reiben der Glaswände. Jedenfalls spielt dies weiter keine Rolle.)
Von der auf 50 ccm aufgefüllten Lösung füllt man 10 bzw. 20 ccm (die
Menge richtet sich nach dem Magnesiumgehalt) in einen Meßkolben von
25 ccm, gibt је 1 ccm Molybdänsäure- und Hydrochinonlösung und nach
einigen Minuten Leem Carbonatsulfitlössung zu und füllt mit Wasser
bis zur Marke auf. Die entstandene Blaufärbung wird im Kolorimeter
mit der Blaufärbung einer Phosphatlösung bekannter Konzentration
verglichen, die man sich auf folgende Weise herstellt: Von der auf das
Zehnfache verdünnten Phosphatstandardlösung!) bringt man in einen
25-ccm-Meßkolben 10 ccm mit einem Phosphorgehalt von 0,1 mg und be-
handelt die Lösung genau so wie die Magnesiumsalzlösung. Aus der kolori-
metrischen Bestimmung ergibt sich direkt der Phosphorgehalt der Magne-
stumammoniumphosphatlösung, woraus sich unter Zugrundelegung der
Formel Mg N H, P O, . 6 H,O, nach der 0,1 mg Phosphor 0,0784 mg Magne-
sium entspricht, der Magnesiumgehalt der Versuchslösung berechnen läßt.
e) Phosphorsäure.
Der Gesamtphosphor, der nach der Veraschung als Phosphat vorliegt,
wird nach Zugabe einer Molybdänsäure-Strychninlösung, die mit dem
Phosphat eine Trübung hervorruft, nephelometrisch bestimmt. Eine be-
stimmte Menge der stark verdünnten Aschelösung wird in einem 25-cem-
Meßkolben nach Zugabe von einigen Tropfen p-Nitrophenol bis zur gerade
eintretenden Gelbfärbung neutralisiert und 5ccm verdünnte Salpetersäure
zugegeben. In einen zweiten Meßkolben derselben Größe gibt man 5 ccm
1) Vgl. Mikromethodik, S. 22.
12 G. Cronheim:
der auf das Zehnfache verdünnten Phosphatstandardlösung und ebenfalls
5 сст verdünnte Salpetersäure. Beide Kolben werden mit Wasser bis
etwa 45 ccm gefüllt. Nun gibt man in jeden Kolben 2 cem Molybdänsäure-
Strychninreagens, schüttelt gut um, füllt mit Wasser bis zur Marke auf
und läßt eine halbe Stunde stehen. Nach dieser Zeit werden die entstan-
denen Trübungen im Nephelometer verglichen und aus den gefundenen
Werten der Phosphatgehalt der Versuchslösung berechnet (5 ccm der ver-
dünnten Phosphatlösung enthalten 0,03 mg Phosphat).
Die Menge der Lösung, die man zu dieser Bestimmung nehmen soll,
kann allgemein gar nicht angegeben werden. Auf jeden Fall richte man
es so ein, daß der Phosphatgehalt der angewandten Versuchslösung 0,06 mg,
d. h. das Doppelte wie in der Vergleichslösung, nicht übersteigt. Findet
man bei der nephelometrischen Ablesung größere Differenzen, so ist die
Bestimmung mit der halben Menge zu wiederholen. Übersteigt nämlich
der Phosphatgehalt 0,06 mg, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen,
daß der his dahin kolloidal vorhandene Niederschlag ausflockt, wodurch
ein nephelometrischer Vergleich unmöglich gemacht wird.
Will man den anorganischen Phosphor getrennt von dem Lipoid-
phosphor bestimmen, so muß man eine genau abgewogene Menge der
Ursubstanz im Soxhlet-Extraktionsapparat 8 bis 10 Stunden mit Äther
extrahieren. In dem Extrakt hat man dann den Lipoidphosphor und in
dem Rückstand den anorganischen Phosphor, der in der beschriebenen
Weise nach vorheriger Veraschung bestimmt wird.
f) Halogene.
In der Lösung, die man bei der oben beschriebenen Veraschung er-
halten hat, kann man eine Halogenbestimmung nicht vornehmen. In den
meisten Fällen wird man darin gar keine Halogene finden, weil diese durch
die Behandlung, der die Substanz beim Veraschen unterworfen wird,
vollständig verjagt werden. Man muß deshalb für die Halogenbestimmung
eine Sonderveraschung vornehmen. In einen Mikrokjeldahlkolben bringt
man eine genau gewogene Menge Untersuchungssubstanz. Dazu gibt man
etwas Salpetersäure und 5 сот n/50 Silbernitratlösung. Nun wird die
Veraschung in derselben Weise ausgeführt wie sonst. Das Halogen setzt
sich sofort, wenn es von den organischen Bindungen gelöst wird, mit dem
Silbernitrat um und bildet das unlösliche und nicht flüchtige Silberhalogenid.
Nach Beendigung der Veraschung wird der mineralische Rückstand in
verdünnter Salpetersäure gelöst und unter Nachspülen quantitativ in eine
glasierte Porzellanschale überführt. In dieser Lösung bestimmt man,
nachdem man etwas Eisenalaun [FeNH,(SO,), . 12 H,O] zugegeben hat,
das unverbrauchte Silbernitrat, indem man aus einer Mikrobürette mit
n/50 Ammoniumrhodanid bis zur Rotfärbung titriert. Die zur Bildung
von Halogensilber verbrauchte Menge Silbernitrat ergibt, multipliziert mit
0,71, die Menge Halogen, die die Probe enthielt.
Der Faktor 0,71 stimmt genau nur für die Bestimmung von Chlor.
Hat man bedeutende Mengen von Brom oder Jod, so muß man den dafür
in Betracht kommenden Faktor anwenden und unter Umständen eine
Trennung der verschiedenen Silberhalogenide vornehmen.
Sollte bei der Titration schon durch den ersten Tropfen Ammonium-
rhodanid eine Rotfärbung entstehen, die nicht sofort wieder verschwindet,
so ist dies ein Zeichen, daß die zugesetzte Menge Silbernitrat nicht aus-
reichend war, und die ganze Veraschung muß mit einer größeren Menge
Silbernitrat wiederholt werden.
Mikrobestimmung von Ionen in Organen und ähnlichem Material. 13
д) Beleganalysen.
Je 2ccm Salzlösung werden mit 0,5g reinster Glucose gemischt und die
Veraschung wie oben vorgenommen.
Gehalt
|
Wasser =
gelöstes Chlorid | 8efügt
Gesuchter Stoff berechnet Fehler
mg Proz.
| | о, 2 4,80 4,95 —3
Каа 0,0536 2 0.546 0.562 —3
Calcium | 0.0814 2 0.594 0,589 +1
Magnesium 0,1088 2 0,606 0,628 — 3
Chlorid . . | | | | 06290 2 7.56 7.63 1
h) Beispiele.
Als Zahlenbeispiel soll die Analyse von gekochten Kartoffeln genommen
werden. Zuerst bestimmt man den Wassergehalt als den Gewichtsverlust,
den eine genau abgewogene Menge bei mehrstündigem Stehen in dem auf
100° erhitzten Trockenschrank erfährt.
Kartoffeln, feucht + Wägegläschen . . . . . . 15,0998 g
Se trocken + ва Ri 5 12,8000 g
Gewichtsverlust = Wassergehalt. . . . . . . . . 2,2998 g
Wägegläschen + Kartoffeln, feucht . . . . . . . 15,0998 g
А їбёөөс............... 12,1144 g
Kartoffeln, feucht . . . . 2 2 2 2 2 2 2 2 020.0 2,9854 g
Gewichtsverlust beim Trocknen . . . . . . .. 2,2998 5
Wassergehalt der gekochten Kartoffeln . . . . . 77,04 Proz.
Man trocknet nun ungefähr 15g in derselben Weise, pulvert fein und
wiegt davon auf der analytischen Wage 2g ab, die man dann nach der
angegebenen Methode verascht. Die wässerige, schwach angesäuerte
Lösung wird dann, unter Umständen durch ein Filter, in einen Meßkolben
von 50 ccm überführt, der dann mit Wasser bis zur Marke aufgefüllt wird.
Der Natriumgehalt wurde in einer Flüssigkeitsmenge уоп бест be-
stimmt. Das ausgefällte und gereinigte Natrium-Wismut-Komplexsalz
wurde aufgelöst und die Lösung auf 100 ccm aufgefüllt. Mit 10 cem dieser
Lösung, d. h. 0,5ccm der Untersuchungsflüssigkeit, wurde der kolori-
metrische Vergleich vorgenommen. Dabei ergab sich Farbengleichheit,
wenn die Schichtdicke der Versuchslösung 32 cm und die der Vergleichs-
lösung 30cm war. Der Natriumgehalt: ist dann x = 0,03. * == 0,032 mg
Natrium in 0,5 ccm. In der Gesamtmenge von 50 ccm ist dann 0,032 . 100
= 3,2 mg Natrium = 0,16 Proz.
Zur Bestimmung des Kaliums, das in Kartoffeln in großer Menge
vorhanden ist, wurde 1 сст der Lösung, entsprechend 0,04 g Trocken-
substanz, genommen. Zu dem gereinigten Niederschlag wurden dann 5 сс
n/50 Kaliumpermanganat, darauf Leem n/50 Oxalsäure und bei der Ti-
tration 0,69 ccm n/50 Permanganat zugesetzt. Es wurden also im ganzen
469ccm n/50 Kaliumpermanganat verbraucht, d. h. 0,04g Trocken-
substanz enthielten 4,69 . 0,142 = 0,666 mg Kalium. Der Kaliumgehalt
der trockenen Kartoffeln ergibt sich daraus zu 1,67 Proz.
14 G. Cronheim: Mikrobestimmung von Ionen in Organen usw.
Der Calciumgehalt der Kartoffeln ist wesentlich kleiner; deshalb
wurde das Calcium aus 5 ccm Lösung ausgefällt. Bei der Titration wurden
0,81 ccm n/100 Kaliumpermanganat zugesetzt, 0,2g Trockensubstanz
enthalten also 0,16 mg oder 0,08 Proz. Calcium.
Die von Calcium befreite Lösung wurde dann gleich weiter auf Magne-
sium untersucht. Das ausgefallene Magnesiumammoniumphosphat wurde
in n/10 Salzsäure gelöst und auf 50 ccm aufgefüllt. Davon wurden zur
kolorimetrischen Bestimmung 20ccm, die 0,08g Trockensubstanz ent-
sprechen, verwandt. Aus den gefundenen Werten ergab sich dann die
- 2 = 0,0797 mg Phosphor. Durch Multiplikation
mit 0,784 erhielt man den Magnesiumgehalt von 0,08g Trockensubstanz,
nämlich 0,0624 mg = 0,08 Proz.
Der Phosphorgehalt der Kartoffeln ist ein sehr großer, und man muß
deshalb den nephelometrischen Vergleich in sehr großer Verdünnung vor-
nehmen. Beem, entsprechend 0,2 g Trockensubstanz, werden auf 100 ccm
aufgefüllt und davon 10 ccm weiter genau nach der Vorschrift verarbeitet.
Der nephelometrische Vergleich führte dann zu der Formel x = 0,03 - —
== 0,174 mg Phosphat. In der Gesamtmenge sind dann 100. 0,174 = 17,4mg
Phosphat, das sind 0,87 Proz.
Für die Chlorbestimmung wurden 0,5g getrocknete Kartoffeln nach
Zusatz von 5 ccm п /50 Silbernitrat verascht. Es wurde dann mit 1,42 ccm
n/50 Ammoniumrhodanid bis zur Rotfärbung zurücktitriert, es waren also
3,58 ccm п /50 Silbernitrat verbraucht. Der Chlorgehalt ist danach 3,58 . 0.71
= 2,54 mg Chlor іп 0,5g Trockensubstanz oder 0,51 Proz.
Gleichung x = 0,1.
Über eiweißspaltende Fermente der Placenta.
Von
Bernhard Arinstein.
(Aus der biochemischen Abteilung des städtischen Krankenhauses am Urban
in Berlin.)
(Eingegangen am 11. Februar 1926.)
Mit 1 Abbildung im Text.
Nach der von Pincussen (1) ausgesprochenen Anschauung, die auf
der von Jacoby (2) gefundenen Heterolyse basiert, beruht die spaltende
Wirkung des Blutes gegenüber Eiweißkörpern und deren Abbau-
produkten auf dem Freiwerden von Fermenten aus zugrunde gegangenen
Zellen.
Wie besonders von Pincussen ausgeführt worden ist, ist diese Tatsache
zugleich ein Grund dafür, daß eine Spezifität, wie sie von Abderhalden
postuliert und in vielen Untersuchungen auch gefunden worden ist, nicht
immer erkennbar wird, weil in vielen Fällen nicht nur Zellen einer Art zu-
grunde gehen. Sehr häufig gehen, abgesehen von der stets stattfindenden
Mauserung, die sich ja ebenfalls nachweisen läßt — vgl. die Untersuchungen
von Pincussen und Mitarbeitern über den Abbau von Hundepepton durch
Hundeserum —, Zellen verschiedener Art in größerem Maße zugrunde.
Während es wahrscheinlich ist, daß aus manchen Zellen Fermente ber,
stammen, welche ganz spezifisch eingestellt sind, ist es sicher, daß z. B. die
aus den Leucocyten freigesetzten Fermente ganz unspezifisch eingestellt
and.
Die Lehre der von Abderhalden zunächst als Abwehrfermente be-
zeichneten Blutfermente hat ihren Ausgang genommen von der Gravidität,
bei welcher Abderhalden, Freund und Pincussen das Bestehen ganz spezifi-
scher, gegen Placentapepton eingestellter Peptidasen erweisen konnten. Die
Entstehung dieser Fermente beruht wahrscheinlich auf dem oben skizzierten
Mechanismus. Wenn also auch die Theorie dieser Schwangerschaftsreaktion
wohl gegründet erscheint — es handelt sich um Fermente, die aus den
zugrunde gegangenen Zellen der Placenta stammen —, so haben doch
\schuntersuchungen gezeigt, daß durchaus nicht alle Autoren imstande
waren, die Erscheinung in gleicher Weise wie Abderhalden und seine Schule
zu reproduzieren. In einer zu gleicher Zeit erscheinenden Arbeit aus dem
hiesigen Institut wird auf solche Fälle einzugehen sein.
Der Plan dieser Arbeit war der folgende. Da anzunehmen ist, daß
die Blut-Fermente bei der Gravidität aus zugrunde gehenden Placenta-
"ellen stammen, so sollte versucht werden, den Vorgang dieser Ferment-
16 B. Arinstein:
bildung künstlich zu reproduzieren, und zwar durch Autolyse der
Placenta. Die im Autolysensaft vorhandenen Fermente sollten nun
auf ihr Abbauvermögen, speziell ihre Spezifität geprüft werden,
und zwar sollte einerseits die tryptische Wirkung, andererseits
die peptidasische Wirkung einer Prüfung unterzogen werden. Gegen
diese Versuchsanordnung könnte eigentlich nur ein Einwand gemacht
werden, nämlich der, daß im letzten Monat die Abderhaldensche
Reaktion im Serum sehr gering ist bzw. ganz fehlt, daß also eine
ausgewachsene Placenta vielleicht die Fermente nicht in genügender
Menge enthalten könnte. Es wird gelegentlich zu prüfen sein, ob
jüngere Placenten, deren Beschaffung naturgemäß immer etwas
schwierig ist, sich ebenso verhalten wie ausgewachsene. Es ist aber bis
auf weiteres anzunehmen, daß die fehlende Abderhaldensche Reaktion im
zehnten Monat nicht auf das Fehlen von Fermenten in der Placenta zurück-
zuführen ist, sondern wohl darauf, daß in der allerletzten Zeit der Stoff-
wechsel der Placenta weniger lebhaft, der Abbau also in geringerem
Maße erfolgt. Unklar ist auch der Einfluß von Hemmungsstoffen.
Die Versuchsanordnung war durch diese Erwägungen gegeben:
Es war zu prüfen: Autolysensaft gegenüber spezifischem Placenta-
pepton und gegenüber unspezifischem Wittepepton, gegenüber un-
spezifischem Eiweiß (Casein) und gegenüber spezifischem Placentaeiweiß.
Was die Herstellung der Substrate betrifft, so erfolgt die Darstellung
des Placentaeiweißes nach der von Pregl und de Crinis angegebenen Methode,
nach der ein von Pepton freies, feines, fast farbloses Placentapulver erhalten
wird. Die Darstellung des Placentapeptons folgte im wesentlichen nach
den Angaben des Abderhaldenschen Instituts; es sei nur eine Vorrichtung
erwähnt, welche beim Eindampfen der Peptonlösung vermeidet, die Appa-
ratur auseinanderzunehmen, sobald der Vorlagekolben gefüllt ist. Diese
Vorrichtung bestand (з. Abb. 1) darin, daß ein gewöhnlicher 1-Liter-Steh-
Eiweißspaltende Fermente der Placenta. 17
kolben mit einem doppelt durchbohrten Gummistopfen versehen wurde,
durch dessen eine Bohrung ein kurzes, durch einen Glashahn verschließ-
bares Glasrohr durchgeführt wurde. Durch die zweite Bohrung war ein
kurzes Glasrohr b geführt, welches durch einen Vakuumschlauch mit Klemm-
schraube mit einem Glasrohr c in Verbindung stand, welches durch eine
zweite Bohrung im Gummistopfen des Vorlagekolbens bis fast auf dessen
tiefsten Punkt durchgeführt war. Beim Anstellen des Vakuums war die
Klemmschraube geöffnet und der durch den Schlauch mit dem Inneren des
Destillationsapparats in Verbindung stehende Stehkolben gleichfalls
evakuiert. War nur die Vorlage genügend weit mit Wasser gefüllt, so wurde
das Vakuum stark vermindert, und der höhere Druck im Innern des Vorlage-
kolbens drückte nun durch das Glasrohr die Flüssigkeit in den Stehkolben
herein. Um weiteren Druckverlust zu vermeiden, wurde nun die Klemm-
schraube geschlossen und durch den Glashahn in dem Stehkolben Atmo-
sphärendruck hergestellt. Der Kolben konnte nun abgenommen, entleert
und wieder angesetzt werden.
Wie bekannt, ist die Ausbeute bei der üblichen Peptondarstellung
außerordentlich gering, vor allem infolge der starken Absorption durch den
Bariumsulfatniederschlag. Bei der Schwierigkeit des Eindampfens großer
Mengen lohnt es kaum, die Niederschläge weiter auszuwaschen, so daß
man sich eben mit den geringen Ausbeuten zufrieden geben muß.
Zur Herstellung des Placentaautolysats wurde so verfahren, daß die
ganz frischen Placenten von der Nabelvene aus blutfrei gewaschen wurden
und die fast weiße Placenta durch den Fleischwolf geschickt wurde. Der
so erhaltene Gewebebrei wurde durch Aufschwemmen mit Wasser und
Dekantieren noch zweimal ausgewaschen und dann mit 750 ccm Wasser
pro Placenta im Erlenmeyerkolben unter Überschichtung mit einer dicken
Toluolschicht in den Brutschrank bei 37° gestellt. Er blieb dort 48 Stunden
und länger, wobei darauf geachtet wurde, eventuell verdampftes Toluol
durch neues zu ersetzen. Darauf wurde eine gewisse Menge entnommen,
durch Dekantieren von den gröhsten Teilen getrennt und die mäßig getrübte
Lösung gut zentrifugiert. Es wurde so eine klare oder fast klare Lösung
gewonnen, die sowohl für die optischen wie auch für die rein chemischen
Versuche angewendet wurde.
Für die Bestimmung der Peptidasen diente die optische Methode, die
von Abderhalden, Pincussen u. a. wiederholt beschrieben worden ist. Benutzt
wurde ein dreiteiliger Polarisationsapparat von Landolt-Lippich mit mono-
chromatischem Licht. Leider stehen im hiesigen Institut nicht genügend
Polarisationsröhren mit Doppelmantel, ebensowenig die von Abderhalden
angegebene Heizvorrichtung zur Verfügung, so daß der Ansatz der
Mischungen in Kölbchen erfolgte, denen zu bestimmten Zeiten gewisse
Mengen entnommen wurden. Die für die Fermentwirkung erforderlichen
Reaktionen wurden hergestellt mit Hilfe der bekannten Puffergemische von
Phosphat, Citrat, Borat. Neben den aktiven Versuchen liefen regelmäßig
Kontrollen mit durch halbstündiges Erhitzen auf 60° inaktivierter Lösung,
in einzelnen Fällen auch Kontrollen mit Pepton allein.
Die Gegenwart von Peptidasen gegenüber Placentapepton ergibt sich
aus folgendem orientierenden Versuch. Angesetzt 6ccm 5proz. Peptonlösung,
Weem m/15 Phosphatgemisch, 10 ccm 0,85proz. NaCl-Lösung, 4ccm
Autolysensaft, so daß die ganze Lösung 1 Proz. Pepton enthielt. Gläser 2
und 4 waren inaktive Kontrollen, Ablesung im 189,4-mm-Rohr bei 20°,
Biocbemische Zeitschrift Band 171. 9
2
18 B. Arinstein:
| 1 2 | 3. 4.
= рн 59 | рн59 | рн?7 pi
— 0,76 | —0,76 | —0,76
—0,70 | —0,76 — 0,72
— 0,67 | — 077. — 0,67 | — 0,76
+0,09 | —001 | +0,09 | F 0,0
Da die Beobachtung ergab, daß Phosphatgemische von einem
De von etwa 6 bis 7,6 sowohl in der reinen Peptonlösung als auch im
Autolysensaft, wenn auch hier schwächer, eine Ausflockung bewirkten,
wurde die Wirkung der Salzkonzentrationen und der [H] auf die Aus-
flockung und die optische Drehung untersucht. m/3 Lösungen von
primärem und sekundärem Phosphat wurden in verschiedenem Ver-
hältnis gemischt und in Reihen auf die halbe, viertel usw. Konzen-
tration gebracht. Je 2 ccm einer 2proz. Peptonlösung in destilliertem
Wasser und 2 ccm Phosphatmischung bzw. 2 ccm Placentaautolysensaft
und 2ccm Phosphatmischung wurden zusammengebracht, die Flockung
geschätzt und nach dem Abzentrifugieren der Flockung die Drehung
im 189,4-mm-Rohr gemessen.
а) Рөрёоп.
Differenz
Verhältnis | Konzentration des Phosphats
prim. : sek. || шз O0 2 | A | ep `
0:10 +++ — 0,75! +++ —0,75| +++ —0,76| ++ —0,76| ++ — 0,16
2:8 |+++ —078| +++ —076| ++ —074| ++ —076| ++ —07
4:6 | ++ —016| ++ —076 ++ —0%6 + —076| + — 0
6: 4 | ++ —0| ++ —076| ++ —076 + —0,76| kaum —0,%
8: |
| ++ —0,75| ++ —076| ++ —0,76| + —0,76| kaum — 0,16
| b) Autolysat.
Verhältnis Konzentration des Phosphats
prim. : sek.
Die optische Drehung ist fast unmerklich, etwa — 0,02°, also inner-
halb der Fehlergrenzen der Ablesung. Es kam nun darauf an, das
Optimum der Fermentwirkung festzustellen. Sie wurde daher bei
wechselndem рн von 3,0 bis 9,0 geprüft. Die Ansätze waren die folgenden.
A. 4 eem 5proz. Peptonlösung, 4ccm Puffer (m/10 Citrat, ш/15
Phosphat, 11/10 Borat), 10 ccm 0,85proz. Kochsalzlösung, 2 ccm
Autolysesaft.
Eiweißspaltende Fermente der Placenta. 19
B. 4 ccm Peptonlösung, wie oben, 4ccm Puffer, wie oben, 10 ccm
0,85proz. Kochsalzlösung, 2 ccm Wasser.
С. 4ccm Pufferlösung, 4 ccm Wasser, 10 ccm Kochsalzlösung,
2ccm Autolysesaft.
Alle Lösungen wurden sofort abgelesen und blieben dann 24 Stunden
im Brutschrank stehen, worauf eine zweite Ablesung erfolgte. Die Resultate
er — Tabelle:
— a
SS _082 - 0,81 - 0,82 | - 0,82 ee - 0,81 | - 0,08
Schuß . . 10,40 074|-0 - 0,70 | - 0,76 ga -082 -o1 | -008 | - 0,78 | - 0,04
Differenz . 5 + 0,12 |+ 0,06 |+ 0,08 |+ 0,10 |+ 0,03 |+ 0,04
sr — [с Ste B [с d
Anfang ||- 1,04 | - 1,04 |- 0,0 - 1,04 |- 1,04|0,0 - 1,04 |- 1,0410,0| - 1,04 | - 1,04 100
Schluß ||- 0,88 |- 1,02 | 0,01 - 0,82 |- 1,060,0| - 0,81 |- 1,04|0,0] - 0,84 | - 1,02 |00
Differ. ||+0,16|+0,02| 0 +0,22 |- 0,01] 0 |+0,23| 0,0 |0 ||+0,20 |+0,02 |0
Nach Maßgabe dieser Tabelle liegt für die hier in Frage kommende
Peptidase das Maximum bei рд 7 bis 8. Es sei noch darauf hingewiesen,
daß die in der Reihe A bei den hohen Aciditäten auftretenden Drehungs-
änderungen im wesentlichen oder wahrscheinlich sogar vollständig
durch hydrolytische Säurespaltung bedingt sind, wie auch die Ergeb-
nisse der Stäbe B und C zeigen.
Es fragt sich nun, ob diese Drehung einem spezifischen Ferment
zuzuschreiben ist oder ob es sich’ um eine allgemeine peptidasische
Wirkung handelt. Zu diesem Zwecke wurde unter sonst gleichen Be-
dingungen das Verhalten des Autolysats gegenüber einer Lösung von
Wittepepton geprüft.
Die angewandte Lösung war lproz., die Ansätze genau wie in dem
vorigen Versuch; infolge der schwereren Löslichkeit des Wittepeptons
konnte nur von einer 2proz. Lösung ausgegangen werden, so daß die
Mischung A bestand aus 10 ccm 2proz. Peptonlösung, 4 cem Puffer-
lösung, 4 cem 0,85proz. Kochsalzlösung, 2 ccm Autolysesaft.
Die Lösungen B sind entsprechend. Der Peptongehalt entsprach
also mit 1 Proz. dem beim Placentapeptonversuch.
Die Resultate dieses Versuchs werden durch folgende Tabelle gegeben,
aus der sich deutlich ein erhöhter Abbau zwischen py 5 und 7 ergibt. mit
starkem Abfall nach beiden Seiten. Die Abnahme bei рд 6 dürfte auf einem
Versuchsfehler beruhen; leider war es aus äußeren Gründen nicht möglich,
diesen Versuch zu wiederholen.
ож
Mi — nel % Seege
Versuch: `
— | -
Ken ee 085, — 0,85 x 85 — 0,85) 0 — 0,85 08)
nach dei ‚— 074 — 0,85 о |—076|—0885| 0 —0,85| 0 — 0,50 — 0,80 |
Diore "
+011! 0 | 0 )-+0,09| о л N
Së E B |c 6 ap een Te C a l СЕ
IH 0,85] 0 || — 0,85|— 0,85 | би 0,85 o | — 0,85! — Er
— — 0.65. — 0.80] 0 | — 0,55\—0,80| 0° — 0,78|— 0,85
re | 0 [+ 030/+ 0.0510" 2007]
— 0,80|— 0,85] 0
+ 0,20|+ 0,05 d +005 0 |0
Aus dem verschiedenen Optimum für die Wirkung des Autolysats
gegenüber dem spezifischen Placentapepton (Optimum Pp 7 bis 8) und
dem unspezifischen Wittepepton (Optimum pe 5 bis 7) darf auf das
Vorhandensein eines spezifischen Ferments im Autolysensaft der
Placenta geschlossen werden, was wohl als Stütze der anfangs skizzierten
Theorie gelten dürfte.
Während sich also bei der Wirkung der Peptidase des Autolysen-
saftes ein ziemlich klares Bild ergibt, liegen die Verhältnisse er-
heblich schwieriger bei den Versuchen, die bezwecken sollten, den
Nachweis einer spezifischen Tryptase zu erbringen.
0
d
|0
Die Versuche waren so angesetzt, daß eine gewisse Menge Р1асепїа-
eiweiß durch Zusatz der Pufferlösung in der Wärme aufgequollen wurde
und nach Abkühlung im Hauptversuch zur Mischung 2 cem Autolysensaft,
im Kontrollversuch B2ccm Wasser zugefügt wurden, während die KontrolleC
kein Placentaeiweiß, sondern nur Puffer und Autolysensaft enthielt. Die
Lösungen blieben dann 2 Tage im Brutschrank unter einer dicken Toluol-
schicht stehen, worauf nach der von Pincussen angegebenen Methode
verfahren wurde: nach Filtration durch ein angefeuchtetes Filter und reich-
lichem Nachwaschen wurde enteiweißt und in einem aliquoten Teil des
Filtrats der inkoagulable Stickstoff bestimmt. Sämtliche Versuche, welche
mit Placenta ausgeführt wurden, ergaben, daß der inkoagulable Stickstoff
im Vollversuch A geringer war als in der Summe der Kontrollversuche B
und С. Vor allem wurde beobachtet, daß der Autolysensaft, wie ja voraus-
zusehen, erhebliche Mengen von nichtkoagulablem Stickstoff enthielt.
Zur Orientierung füge ich eine Tabelle bei, bei welcher im Vollversuch
100 mg Placentaeiweiß, 2ccm Puffer und 2 cem Autolysensaft angewandt
waren, während die B-Kontrolle ohne Autolysat, die C-Kontrolle ohne
Eiweiß angesetzt war. Naturgemäß lassen sich bei Lage der Dinge keinerlei
Schlüsse bezüglich einer optimalen Fermentwirkung ziehen.
рн: 3 | 4 | 5
Versuch: | A B | ГА [в [ел [в [с
— a — — —F— = — — —
mg N . pE 1,0 | 0,55 | = 045 | 11 | 1,05 | 0,55] У
— —— — — — — — — — —
Eiweißspaltende Fermente der Placenta. 21
pH: 6 | 7 Шз в
ЕЕ сии tele 9а в|е.
me М. ul 0,45 | io loas spe 0,90 Ga BA 06| LI, оь) 1,15
Der Grund für dieses Verhalten liegt zweifellos in Absorptions-
verhältnissen, die bekanntlich besonders bei der großen Oberflächen-
entwicklung eine erhebliche Rolle spielen, wie Ancises kürzlich im
hiesigen Institut gezeigt hat. Diese Adsorption kommt vor allem für
die hochmolekularen Abbauprodukte in Frage. Ferner wäre noch zu
berücksichtigen, ob nicht durch gegensätzliche Ladungen von Autolysat
und Eiweiß Ausflockungen eintreten können.
Die Verhältnisse liegen etwas günstiger beim Casein, bei welchem
die Oberflächenentwicklung erheblich geringer ist. Dementsprechend
sind die gewonnenen Ergebnisse auch günstiger, wie die nachfolgende
Tabelle zeigt.
— {ol ————.——————
TER
mg М . ча б 50. та 025 50/1 sılo,
Die Versuchsbedingungen waren die gleichen wie іп dem vorhergehenden
Versuch, mit der einzigen Ausnahme, daß statt 100 mg Placentaeiweiß
100 mg reinsten Caseins nach Hammarsten verwendet wurden. Es ist hier
bei pe 7 und 8 der inkoagulable Stickstoff des Vollversuchs größer als die
Summe der beiden Kontrollen, bei рн 7 0,6 mg. bei рн 8 1,35 mg. Wir
dürfen also hieraus das Vorhandensein einer gewöhnlichen Tryptase
schließen.
Ob sich eine spezifische, auf Placentaeiweiß eingestellte Tryptase
findet, läßt sich, wie gesagt, mit unseren Versuchen nicht ent-
scheiden. Die Frage muß also vorläufig offen bleiben; die Versuche
sagen weder für noch gegen diese Annahme etwas aus.
Literatur.
1) L. Pincussen, Deutsch. med. Wochenschr. 1914, 5. 425. —
2) M. Jacoby, Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. 8, 446, 1903. — 3) L. Pin-
сизеп, diese Zeitschr. 51, 107, 1913; Pincussen und Peow, ebendaselbst
56, 319, 1913. — 4) Abderhalden, Freund und Pincussohn, Prakt. Ergebn.
d. Geburtsh. u. Gyn. 2 (II), 367, 1909. — 5) L. Pincussen, diese Zeitschr. 182,
242, 1922. — 6) J. H. Cascão de Anciäes, ebendaselbst 144, 179, 1924.
Der Ionenantagonismus als rein chemisches Problem.
(Zugleich ein Beitrag zur Frage der Ca-Ionisation.)
Von
Alexander Belák und Eugen Szép.
(Aus dem pharmakologischen Institut der k. ung. Stefan-Tisza-Universität
in Debrecen.)
(Eingegangen am 2. Januar 1926.)
In der Entwicklung des vorliegenden Problems lassen sich zwei
Phasen unterscheiden.
Die erste wird durch das biologische Tatsachenmalerial dargestellt: die
allbekannten!) Befunde von Ringer, Locke, Osterhout, Loeb, Lillie Bethe u. a.
gehören hierher. Es wurde durch genannte Forscher eine lange Reihe von
Tatsachen erhoben, nach welchen verschiedene tierische und pflanzliche
Lebewesen und deren Organe nur eine biologisch ausgeglichene, äquili-
brierte Salzlösung auf die Dauer vertragen. Sie, vor allem aber J. Loeb,
konnten auch feststellen, daß der springende Punkt dieser Äquilibrierung
in der Anwesenheit von verschiedenen Kationen, neben einwertigen (Na, K)
auch von zweiwertigen (Ca), zu suchen sei. Dabei kommt ев nicht
- 80 sehr auf die absolute Menge als auf das Verhältnis derselben an.
Die Forschung nach dem Warum dieser Erscheinungen führt uns in
die zweite Phase der Fragestellung, welche als Deutung als Kolloidphänomen
bezeichnet werden kann. Um nicht in Wiederholung der ausführlichen
Darstellung verschiedener Lehr- und Handbücher zu geraten, wollen wir auf
nähere Literaturangaben verzichten und die allgemeine Auffassung dieser
Vorgänge mit den Worten Tschermaks*) schildern: „Zur Frage nach der
Grundlage des Ionenantagonismus sei bemerkt, daß dieser kein direkt chemi-
scher ist, sondern in einer gegensätzlichen physikalisch-chemischen Wirkung
auf gewisse kolloide Bestandteile der lebenden Substanz besteht.‘ Im
speziellen soll diese Kolloidwirkung nach den früheren Forschungen je
nach den beteiligten Ionen eine zweisinnige und gegensätzliche sein. Ge-
wisse Kationen — Na, K, Rb — haben eine lyophile, die Kolloide (Zellhaut)
auflockernde, permeabilitätssteigernde Wirkung, während anderen —
Са, Mg — dementgegen Iyophobe, die Kolloiddispersität zurückdrängende,
gerbende, permeabilitätsvermindernde Wirkung zukommt. Demgegenüber
1) Zusammenfassende Darstellung und Literatur u. a. bei Höber,
Physik. Chem. d. Zelle u. Gewebe, 4. Aufl., S. 521; Tschermak, Allgemeine
Physiologie, S. 121. Berlin, Springer, 1924.
з) ]. e, S. 128.
A. Belák u. E. Szép: Ionenantagonismus. 23
konnte nun S. М. Neuschloss!) an Lecithin- und Fermentlösungen neuer-
dings feststellen, daß ein prinzipieller Gegensatz zwischen der Wirkungs-
weise der verschiedenen Kationen nicht besteht, indem die Oberflächen-
spannung von Lecitbinlösungen durch sämtliche untersuchten Salze
(NaCl, КСІ, CaCl,, MgCl, АІСІ,) gleichsinnig verändert wird. Die Ober-
flächenspannung wächst bei alleiniger Einwirkung eines Ions in jedem Falle
an und durchläuft ein gewisses Maximum. Werden aber verschiedene
Salze in bestimmten Verhältnissen miteinander kombiniert, so kommt
es bei gewissen geeigneten relativen Konzentrationen zu einer Verminderung,
ja sogar zu einer Vernichtung der erwähnten einseitigen Salzwirkungen.
Wichtig für uns ist nun die Beantwortung der Frage, auf Grund
welches Mechanismus diese gegenseitigen Wirkungen zustande kommen ?
In den Mittelpunkt dieser Fragestellung wird selbstverständlich
die Adsorbierbarkeit seitens der Kolloidoberfläche gestellt: Um
Kolloidwirkungen zu entfalten, müssen die betreffenden Ionen adsorbiert
werden. Es ist weiterhin begreiflich, wenn auch die Stärke dieser
Adsorption Gegenstand verschiedener Betrachtungen gewesen ist, und
man stellte Beziehungen zwischen dem Antagonismus und Lösungs-
druck, Haftdruck usw. auf?2). All diese Wege konnten aber in bezug
auf den Grundvorgang keinen befriedigenden Aufschluß erteilen, denn
das erste und wichtigste, was wir bei dieser Angelegenheit kennen
sollen, ist das Schicksal der adsorbierten Ionen in dem Moment einer
antagonistischen Beeinflussung. Die Kolloidchemie kennt wohl das
Phänomen der Ionenverdrängung, worunter verstanden wird, daß
adsorbierte Ionen durch andere ausgetauscht werden, d.h. ein Ion
einem anderen den Platz räumt und ersteres an dem Adsorbens haften
bleibt. Nach diesem Vorgang bleibt somit eine gewisse Ionenzahl oder
Ionenvalenz an der adsorbierenden Oberfläche sitzen. Ein ähnlicher
Vorgang kann nun in unserem Falle des Ionenantagonismus unmöglich
obwalten, denn aus den erwähnten Untersuchungen von Neuschlose
geht ganz deutlich hervor, daß die Grundwirkung, die Einzelwirkung
sämtlicher in Betracht kommenden Ionen dieselbe ist und in einer
Vergrößerung der Oberflächenspannung besteht. Würde nun z.B. ein
Na-Ion durch das antagonistische Ca-Ion im Sinne der Ionenver-
drängung einfach ausgetauscht, so würde daraus unmöglich eine Herab-
setzung — zufolge der stärkeren Wirkung des zweiwertigen Ca-Ions —,
eher eine Verstärkung der gleichsinnigen Ionenwirkung hervortreten.
Auch der zweite mögliche Fall, daß nämlich das zweite, antagonistische
Ion, beim Sitzenbleiben des ersteren adsorbiert werden sollte, kann
aus dem erwähnten Grunde ausgeschlossen werden, denn jetzt würde
anstatt der antagonistischen Gegenwirkung bestimmt eine gleich-
sinnige Mehrwirkung, eine additive Steigerung zustande kommen.
1) Kolloid-Zeitschr. 27, 292, 1920.
1) Siehe bei Tschermak, 1. с.
24 A. Belák u. E. Szép:
Es bleibt nach den obigen Ausführungen keine andere Möglichkeit
für das Verhalten der antagonistischen Ionen in bezug auf eine Kolloid-
. oberfläche übrig, als daß ein bereits adsorbiertes — aktives — Ion im
Moment einer antagonistischen Ionwirkung durch letzteres von der
Oberfläche vertrieben wird, ohne seinen Platz einzunehmen, also ohne
es zu verdrängen. Die Menge der adsorbierten Ionen wird dadurch
überhaupt vermindert, und da nur adsorbierte Ionen einen Kolloid-
effekt auszuüben imstande sind, verhält sich somit eine Kolloidober-
fläche in einem durch Antagonismus äquilibrierten Benetzungsmilieu,
als wenn sie in destilliertem Wasser liegen würde. Neuschloss!\ vertritt
denselben Standpunkt, allerdings mit dem Unterschied, daß er von
Ionenverdrängung spricht, während wir, um Mißverständnissen vor-
zubeugen, den dieser Auffassung mehr entsprechenden Ausdruck ‚‚/onen-
vertresbung‘‘ für geeigneter halten und gebrauchen wollen.
Diese Auffassung hat bereits einen direkten experimentellen
Beweis in der allerdings kurz und unvollständig gefaßten Arbeit von
Oijen?) gefunden, welche wir als grundlegend für die Beurteilung
unseres Problems betrachten wollen.
Oijen untersuchte die Cl-Adsorption an verschiedenen, nicht näher
angegebenen Adsorbenzien aus reiner NaCl-Lösung, ferner aus Gemischen
von NaCl + CaCl, und NaCl + KCl + CaCl, und fand die Cl-Adsorption
in Anwesenheit von CaCl, bzw. KCl wesentlich vermindert. Es handelt
sich also hier zwar nicht um die Adsorption der in Frage stehenden Kationen,
sondern nur um deren gemeinsames Anion, wir können jedoch vermuten,
daß mit dem Rückgang der Anionenadsorption auch die der Kationen eine
Verminderung erfährt.
Mit der Feststellung, daß die bereits adsorbierten Ionen durch
ihre Antagonisten aus der Oberfläche vertrieben werden, bzw. daß
bei gleichzeitiger Einwirkung beider Ionenarten eine Adsorption über-
haupt nicht oder nur in weit geringerem Maße zustande kommt, sind
die dazu bewegenden Kräfte noch nicht aufgeschlossen. Es ist ein-
leuchtend, daß der Angriffspunkt dieser Kräfte nicht in der Oberfläche
selbst liegen kann, denn die antagonistischen Ionen gelangen im idealen
Grenzfalle (günstiges Mengenverhältnis der Ionen) überhaupt nicht
bis zur Oberfläche des Kolloids, sie werden ja gar nicht adsorbiert.
Somit muß sich der ganze Kampf zwischen den beiden Ionenarten
außerhalb der Oberfläche, d.h. im Salzmilieu selbst abspielen, und
zwar in dem Sinne, daß durch das Zusammentreffen der antagonistischen
Ionen ihre Ionisation gegenseitig zurückgedrängt wird. In dem Falle
einer bereits erfolgten einseitigen Ionenadsorption entsteht dadurch
ein von der Oberfläche gegen das Benetzungsmilieu gerichtetes Ionen-
1) 1. c.. S. 297.
з) Diese Zeitschr. 87, 1918.
Jonenantagonismus. | 25
druckgefälle, wodurch die bereits adsorbierten Ionen die Oberfläche
räumen und dieselbe in einem ionenfreien bzw. ionenarmen Zustande
zurücklassen. Die Kolloidionenwirkung wird somit ganz oder teilweise
ausgeschaltet.
Unsere Auffassung sagt somit aus, daß eine Kolloidwirkung nur
durch freie Ionen auszulösen ist und daß der Wegfall einer solchen als
die Folge des primären Rückganges der Ionisation zu betrachten ist.
Das Problem des Ionenantagonismus hört damit auf, ein kolloid-
chemisches Phänomen darzustellen und geht in das Gebiet der reinen
Chemie bzw. physikalischen Chemie der Lösungen über.
In diesem Zusammenhange sei auch erwähnt, daß auch Н. Wastl!)
einen Ionenantagonismus beschrieben hat, welcher in einer kolloidfreien
Lösung vor sich geht. Die Landoltsche Reaktion, welche zwischen Jodsäure
und schwefliger Säure in der Weise abläuft, daß nach dem Verschwinden
der gesamten schwefligen Säure plötzlich freies Jod abgeschieden wird,
wird durch Cl-, Br-, J-Anionen beschleunigt und durch SO, NO,-Anionen
gehemmt. Die beiden Ionenarten heben ihre Wirkungen gegenseitig auf.
Eine Beweisführung des Gesagten hat somit festzustellen, daß
die Ionisation eines Salzes durch die Anwesenheit eines anderen zurück-
gedrängt wird, im speziellen — da es sich hier vor allem um Kationen
handelt —, daß die Kationenkonzentration durch die Anwesenheit
eines anderen Kations vermindert wird. Wir faßten vorläufig nur
eine Ionenart, das Ca-Ion, ins Auge und glauben durch nachstehende
Untersuchungen die obige Folgerung experimentell bewiesen zu haben.
Die eingeschlagene Methode war die von Brinkman und van Dam?)
in der Ausführung von H. Behrendt?). Auf absolut gültige Zahlenwerte
kann diese modifizierte Methode keinen Anspruch erheben, da Übersätti-
gungen in der titrierten Flüssigkeit vorfallen können (s. weiter unten),
zur Gewinnung von Verhältniszahlen ist sie aber recht geeignet. Da es beim
Ionenantagonismus hauptsächlich auf das Verhältnis ankommt, so haben
wir kein großes Gewicht auf die ganz genau bekannte Konzentration unserer
Lösungen gelegt; es ist nur darauf angekommen, daß innerhalb der einzelnen
Versuchsreihen mit derselben Lösung gearbeitet werde. Die Methode war
kurz folgende: kleine, saubere, serologische Versuchsröhrchen beschickten
wir mit einer bestimmten Menge (1 ccm) einer 0,012proz. Lösung von Са С1,;
dazu kamen steigende Mengen einer anderen zu untersuchenden Salzlösung
und soviel destilliertes Wasser, daß das Volumen der Salzlösung auf 2ccm
ergänzt wird. Der ganze Inhalt des Röhrchens betrug somit 3 cem. Diese
Mischung wurde nun mit einer immer frisch filtrierten 0,0899proz. Am-
moniumoxalatlösung titriert. Die Titration geschieht in einem Kästchen,
welches aus zwei Abteilungen besteht; die erstere, größere enthielt eine
kräftige elektrische Birne, die andere ein kleines Gestell für zwei Versuchs-
röhrchen. Beide Abteilungen sind durch eine Zwischenwand aus Holz,
1) Diese Zeitschr. 184, 131, 1922.
3) Proceedings 22, Мг. 7, 1920.
3) Diese Zeitschr. 144, 72, 1924.
26 A. Belák u. E. Szép:
welche einen mit Milchglas versehenen Spalt besitzt, getrennt. Das Ganze
ist inwendig schwarz gestrichen und die erste Abteilung auch von oben
zugedeckt. Das eine Röhrchen enthielt die erwähnte, zu titrierende Mischung,
während die zweite — mit Wasser anstatt CaCl,-Lösung beschickt — als
Kontrollröhrchen diente. Es wird der Tyndalleffekt von obenher beobachtet
und als Grenzwert diejenige Menge den Röhrchen tropfenweise zugegebene
Oxalatlösung betrachtet, welche in dem CaCl,-haltigen Röhrchen eine
faßbare Trübung verursacht. Wir möchten noch darauf aufmerksam
machen, daß die Trübung nicht sofort nach Zugabe der Oxalatlösung ent-
steht, und daß der ganze Vorgang auch einen Zeitfaktor besitzt, wahr-
scheinlich zufolge der Übersättigung der Lösung mit gelöstem Calcium-
oxalat (в. weiter unten). Wir haben uns deshalb bei der Ablesung der
Werte immer an eine in den Tabellen näher angegebene Frist gehelten.
Wir kommen nun zur Besprechung unserer in den nachstehenden
Tabellen zusammengestellten Versuchsergebnisse.. Zu den Tabellen
sei im allgemeinen folgendes bemerkt: Spalte 4 stellt die bis zur Trübung
zugesetzte Ammoniumoxalatmenge in Kubikzentimetern dar; die Be-
wertung dieser Zahlen folgt aus der Theorie der Methode. Das Löslich-
keitsprodukt des Calciumoxalats stellt eine konstante Größe dar:
Ca . Oxalat = k = 0,055 für Millimole pro Liter. Je größer die ge-
fundene Oxalatmenge, desto kleiner die vorhandene Ca-Ionenkonzen-
tration. Ein Ansteigen der zur Titrierung verbrauchten Oxalatmenge
bedeutet somit eine geringere Ca-Ionenkonzentration.
Aus Tabelle I ist ersichtlich, daß eine reine CaCl,-Lösung mit
0,3 ccm der angewandten Oxalatlösung eine Trübung gibt. Wird nun
NaCl in steigender Menge hinzugefügt, so muß dementsprechend mehr
und mehr Oxalatlösung zugesetzt werden, um eine Trübung zu erreichen,
d.h. durch NaCl wird die Ca-Ionisation zurückgedrängt. Dieses Er-
gebnis sagt noch nichts Neues aus; es folgt aus dem Massenwirkungs-
gesetz, da nach ihm die gemeinsamen Cl-Ionen auch die Ca-Ionisation
Tabelle I.
CaCl, (0,012proz.) — NaCl (0,564proz.). Ablesung innerhalb 10 Minuten.
с. Ch Naci КИЕ ЖОШ (HH, C2 O4
ccm
1,0 1 d 2,0 0,30
10 0,2 18 0:37
1.0 | 0:4 1,6 0,438
1.0 0.6 14 0,503
10 | 08 12 0,563
1,0 10 1 10 0:633
1,0 Lë | 08 0,710
10 14 0:6 0,767
10 1.6 04 0,893
1.0 1.8 02 0:897
10 20 = 0,980
ч
Ionenantagonismus. 27
Tabelle II. SC
CaCl, (0,012proz.) — Na N O, (0,564proz.). Ablesung innerhalb 10 Minuten.
Ca СІ, Na N O3 | H,O | (N H.)⸗ Ca О,
ccm ccm | cem ccm
1,0 — 2,0 0,30
1,0 0,2 1,8 0,383
1,0 04 | 16 0,428
1,0 0,6 1,4 0,480
1,0 0,8 1,2 0,540
1,0 1,0 1,0 0,663
1,0 1,2 0,8 0,60
1,0 1,4 0,6 0,660
1,0 1,6 0,4 0,707
1,0 1,8 0,2 0,763
1,0 2,0 — 0,823
zurückdrängen müssen. Brinkmann und van Dam!) haben sogar an
disem Beispiel ihre Methode zahlenmäßig geprüft, indem sie nach-
weisen konnten, daß die aus dem Massenwirkungsgesetz berechnete
Ca-Ionenkonzentration mit der auf diese Weise gefundenen sehr gut
übereinstimmt.
Der Versuch in Tabelle II wurde nun mit einer NaNO,-Lösung
ausgeführt, und es war auch hier ein Anwachsen der zur Trübung er-
forderlichen Oxalatmengen mit steigendem NaNO,-Gehalt zu ver-
zeichnen. Die Ca-Ionisation wird demzufolge auch hier zurückgedrängt:,
obwohl kein gemeinsames Ion anwesend.
Tabelle III.
CaCl, (0,012proz.) — KNO, (n/10). Ablesung innerhalb 5 Minuten.
Cath KNO, H20 (NH4)2 C204
ccm ccm ccm ccm Sp
1,0 = 20 0,23
1.0 02 1.8 0.27
1.0 04 16 0393
10 06 14 | 0363
1.0 08 12 0.437
1.0 1.0 1.0 0.477
1,0 12 o ` 0517
1,0 4 | 06 0,567
1.0 1\6 04 0,597
1.0 1,8 02 | 0650
1,0 20 030
<
Tabelle III enthält eine ähnliche Versuchsreihe mit CaCl, und
KNO, mit demselben Ergebnis.
1) l с.
28 A. Belák u. E. Szép:
Tabelle IV.
Versuch mit NaCl und NaNO,-Lösungen gleicher Normalität.
Ablesung innerhalb 5 Minuten.
Са Сі, Ma | N ммо: | но | © (МН), С, О,
0,012 proz. n/l0 | Ge Ges SES
ccm ccm
1,0 Ä
1,0
1,0
3
Er
Tabelle V.
Versuch mit KCl- und KNO,-Lösungen gleicher Normalität.
Ablesung innerhalb 5 Minuten.
СаС!› KCI KNO, (NH kat,
0,012 proz.| п/10 п/10 H30 proz.
ccm ccm ccm ccm | ccm
1,0 1,0 SE 1,0 0,475
1.0 = 1,0 1.0 0.473
10 = Së 20 | 023
Weitere Versuche (Tabelle IV und V), in welchen Salze mit gemein-
samen (Cl) und verschiedenen (NO,) Anionen in bezug ihrer Wirkung
auf die Ca-Ionisation parallel untersucht wurden, zeigen sowohl bei
Anwendung der Na- als auch der K-Salze, daß die Ionisation vom
Anion durchaus unabhängig ist.
Es gibt aber auch Elektrolyte, z. B. Mg(NO,),, welche die Ca-Ioni-
sation nicht beeinflussen können. Ebensowenig wird dieselbe durch
Nichtelektrolyte, so durch Traubenzucker (Tabelle VII), Milchzucker
(Tabelle VIII), Rohrzucker (Tabelle IX) verändert.
Tabelle VI.
CaCl, (0,012proz.) — Mg(NO,), (n/10). Ablesung innerhalb 10 Minuten.
САС, Mg (N Оз)» H,O (МН): Сз o,
ccm ccm ccm . ccm
Tabelle VII.
CaCl, (0,012proz.) — Traubenzucker (0,564 proz.).
Ablesung innerhalb 10 Minuten.
—
H20 (МН) C2 О,
CaCl | | Traubenzucker
o cem ү ccm cm | cm č
1,0 | = 2,0 0,30
10.20 = 0,30
Ionenantagonismus. 29
Tabelle VIII.
CaCl, (0,012proz.) — Milchzucker (0,564 proz.).
Ablesung innerhalb 2 Minuten.
Ca nn — = О (М Н); C: O,
ccm
«ГЕТ
10 20 0,26
10 | 0.26
Tabelle IX.
CaCl, (0,012proz.) — Rohrzucker (0,564 proz.).
Ablesung innerhalb 3 Minuten.
H,O ON H4)2 C2 O4
Са Cla Rohrzucker
ccm ccm ccm ccm
1,0 = 2,0 | 0,26
1,0 2,0 *
7
All diesen Befunden kann nun die bereits erwähnte Fehlerquelle
der angewandten Methode entgegengehalten werden, daß sich nament-
lich Übersättigungen mit löslichen Calciumoxalat bilden können, durch
welche der Oxalatverbrauch größer, als dem tatsächlichen Löslichkeits-
produkt entsprechend, befunden wird. Obwohl Brinkman und van Dam
solche Übersättigungen nur bei Titrierung einer reinen CaCl,-Lösung
vorfinden konnten, haben wir, um diese Möglichkeit gänzlich aus-
zuschalten, einige Versuchsreihen nach dem ursprünglichen Vorschlag
der genannten Autoren ausgeführt; nach diesem werden steigende
abgemessene Mengen der Oxalatlösung zuerst im Wasserbad ein-
gedampft und nachher mit der CaCl,-Lösung zusammengebracht. Wir
haben nun die in TabelleX, Spalte 1 verzeichneten Mengen der Oxalat-
lösung (es wurde hier eine 0,0899 proz. Natriumoxalatlösung verwendet)
in kleine Reagenzgläser abgefüllt, im Wasserbad eingetrocknet, sodann
mit Leem unserer CaCl,-Lösung und 2ccm destillierten Wassers
versetzt und nach Auflösung des Trockenrückstands in unserem
Kästchen geprüft.
Tabelle X.
Ablesung innerhalb 3 Minuten.
JEM Nach Eindampfen Zugabe Na G О, Е Nach Eindam fen Zugabe
proz. von 1 cem CaCl; 0, 012 proz.) 0,0899 proz. von 1 cem Са ch, : (091 ‚012 proz.)
ccm + 2ccm H ccm Be 2 ccm
0,05 | Sc 0,25 | ++
од = 0,30 +++
0,15 — 0,35 +++
0,20 | F 0,40 +++
+ = Trübung.
30 А. Belák u. E. Szep:
Tabelle XI.
Ablesung innerhalb 3 Minuten.
Nao СзО, Nach Eindampfen Zugabe №, C3 O4 Nach Ein en Zugabe
0,0899 proz. von 1 cem Ca C © (0,012 proz.) 0,0899 proz. von 1 = Са e 012 proz.)
ccm + 2c HaO ccm 2 ccm H20
0,18 = 0,24 +
0,20 = 0,26 ++
0,22 + 0,28 +++
== Trübung.
Mit dieser Methode tritt die erste Trübung in einer CaCl,-Lösung
nach Tabelle X und XI bei 0,20 bzw. 0,22 ccm Oxalatlösung auf. Веі
direkter Titrierung nach der Behrendtschen Modifikation tritt die
erste Trübung bei 0,26 ccm derselben Oxalatlösung auf. Wird nun mit
CaCl, gleichzeitig auch NaNO, zum Trockenrückstand der Oxalat-
lösung gegeben (Tabelle XII und XIII), so wird der Grenzwert der
ersten Trübung weit höher, bei 0,5 ccm gefunden. Die direkte Titrierung
mit den genannten Lösungen ergab 0,6 ccm Trübungsgrenzwert. Obwohl
nun die direkte Titrierung — vermutlich zufolge Übersättigung —
immer höhere Oxalatmengen erfordert, ist der Einfluß des Na-Salzes
auch durch die originelle, Brinkman-van Damsche Methode ganz
deutlich nachzuweisen.
Tabelle XII.
Ablesung innerhalb 3 Minuten.
№, C3 O4 | Nach Eindampfen Zugabe Na Cat) | Nach Eindampfen
0 proz. von 1 ccm CaCh 2 (0, ‚012 proz.) 0,0899 proz. von 1 cem Ca Cl, (0,012 proz.)
ccm | + 2ccm Na N O; (0,564 proz.) ccm тою NaN Da (020 рв)
ана m ачыр =
0,1 — 0,5 | +
02 an 06 | —
03 = 0,7 | —
0:4 — 08. tpg
+ = Trübung.
Tabelle XIII.
Ablesung innerhalb 3 Minuten.
Na С.О, Nach Eindampfen Zugabe Naz C2 О, Nach Eindampfen Zugabe
0,0899 proz. von 1 ccm Са Cl, (0,012 proz.) 0, proz. von Leem Ca 0,012 E
ccm + Zem Na NO; pr) ccm | тор ы NaNO? (0064
0,44
0,46
0,48
0,50
+ = Trübung.
Lem —
Ionenantagonismus. 31
In einer CaCl,-Lösung wird somit die Ca-Ionisation durch die An-
wesenheit anderer (Na, K) Salze auch dann zurückgedrängt, wenn sich
keine gleichartigen Anionen vorfinden.
Mit dieser Feststellung wird die weiter oben abgeleitete Forderung,
daß der Ionenantagonismus їп einer Zurückdrängung der Ionisation
besteht, in bezug auf die Ca-Ionen bestätigt. Zum vollständigen Ausbau
des Problems wird noch der Nachweis gehören, daß auch das andere
antagonistische Kation (Na, K) in seiner Ionisation zurückgedrängt
wird, ferner die Beantwortung der Frage, auf welche Weise diese
Ionisationsverminderung zustande kommt. Wir vermuten, daß es
sich hier um die Bildung komplexer, nicht dissoziabler Verbindungen
handelt, ohne genaueres darüber aussprechen zu können. In der
Literatur haben wir gar nichts über komplexe Verbindungen dieser
Kationen oder über entsprechendes physikalisch-chemisches Verhalten
binärer Salzgemische vorgefunden, so daß diese Fragen ebenfalls einer
weiteren Untersuchung harren. Als Wegweiser derartiger Arbeiten
kann uns folgende Vorstellung dienen: Treten zwei geeignete Kationen,
z.B. Ca und Na zusammen, so entsteht eine komplexe Verbindung.
Diese Verbindung enthält eine bestimmte Menge beider Kationen.
Befinden sich dieselben in der Lösung in einem Verhältnis, welches der
Zusammensetzung dieser komplexen Verbindung entspricht, so treten
wahrscheinlich sämtliche Ionen in dieselbe ein, so daß die Lösung keine
freien Ionen enthält; ist dagegen das eine oder das andere Ion im Über-
schuß vorhanden, so wird ein Minimumgesetz bezüglich der Komplex-
verbindung obwalten, und es bleibt ein Teil des betreffenden, über-
schüssigen Ions frei; dann ist die Lösung mehr oder weniger ionenaktiv.
Es ist klar, daß je nach dem günstigeren oder ungünstigeren Verhältnis
der betreffenden Ionen eine schwächere oder stärkere Ionenwirkung
zu erwarten sein wird, bei welcher auch individuelle Eigenschaften der
Ionen nicht außer acht gelassen werden können. Es schließt sich an
diese Probleme als eine besondere Fragestellung an, ob die physiologische
ÄAquilibrierung einen ionenfreien Zustand bedeutet oder aber einer
bestimmten lonenkonzentration gewisser Kationen und Anionen
gleichkommt. Die neueren Untersuchungen über Ca-Ionenkonzen-
trationen der Ringerlösung und der Körpersäfte sprechen für den
letzteren Fall.
Im Anschluß an unsere Erörterungen soll noch darauf hin-
gewiesen werden, daB unsere Befunde in die ganze aktuelle Frage der
Ca-Ionisation mit einbezogen werden müssen. Die Verschiedenheit
der Ergebnisse, welche von den einzelnen Autoren auf Grund ihrer
Berechnungen und Beobachtungen zutage gefördert werden, weist
ebenfalls darauf hin, daß das Problem zurzeit durch manche klar-
zustellende Unkenntnisse getrübt wird.
32 A. Beläk u. E. Szep: Ionenantagonismus.
Zusammenfassung.
Der Sitz des Ionenantagonismus ist nicht auf der Kolloidober-
fläche, sondern in der Salzlösung selbst zu suchen. Der Vorgang soll
sich in der Ionisation von Salzgemischen kundgeben, und es wird dem-
entsprechend mit der Brinkman-van Damschen Methode untersucht,
ob die Ca-Ionisation in CaCl,-Lösungen durch die Anwesenheit anderer
Kationen beeinflußt wird. Es stellt sich tatsächlich heraus, daß die
Ca-Ionisation durch andere (Na, K) Salze auch in dem Falle zurück-
gedrängt wird, wenn keine gemeinsame Anionen vorhanden sind.
Dagegen beeinflussen Mg-Salze und Nichtelektrolyte (Traubenzucker,
Milchzucker, Rohrzucker) die Ca-Ionisation nicht.
Somit besteht der Ionenantagonismus in einer primären gegen-
seitigen Zurückdrängung der Ionisation, und die Kolloideffekte sind
nur als sekundäre Folgen derselben anzusehen.
Nachwort.
Wir hatten unseren Aufsatz der Redaktion bereits zugesandt, als
uns die soeben erschienene Arbeit von H. Schulten!) bekannt wurde.
Dieser Autor unterzieht die Brinkman-van Damsche Methode einer
scharfen Kritik und spricht ihr jede Zuverlässigkeit ab. Unsere mit
dieser Methode gewonnene Beweisführung würde somit entkräftet
werden. Wir können zum methodologischen Teile zurzeit keine Stellung
nehmen, es bleiben aber sodann die festgestellten Tatsachen als offene
Fragen übrig: Warum verhält sich eine reine CaCl,-Lösung doch anders
als eine solche, welche auch andere Kationen enthält? Warum ver-
halten sich manche Kationen (Mg) nicht in demselben Sinne ? und
warum werden diese Verhältnisse durch Nichtelektrolyte gar nicht
beeinflußt? Um unsere theoretischen Erwägungen, welche Ableitungen
aus anderen Befunden darstellen, zu unterstützen, haben wir nach
der Schultenschen Kritik jedenfalls auch andere Wege einzuschlagen.
1) Diese Zeitschrift 164, 47.
Konzentrierung und Reinigung von Lösungen
hydrophiler Kolloide.
Von
Н. Bechhold und E. Heymann.
(Aus dem Institut für Kolloidforschung, Frankfurt a. M.)
(Eingegangen am 11. Februar 1926.)
Mit 1 Abbildung im Text.
Die Reinigung kolloider Lösungen geschieht seit Grahams Zeiten
mit Hilfe der Dialyse. Ihre Mängel: Langsamkeit der Reinigung und
Verdünnung des Sols durch Dialysierwasser sind bekannt. Die Dialyse
kann vorteilhaft durch die Ultrafiltration!) ersetzt werden, indem man
das Sol einengt, hierauf mit reinem Wasser verdünnt und diese Operation
mehrmals wiederholt; hierbei werden die kristalloiden Verunreinigungen
ausgewaschen. Wie E. Heymann?) zeigen konnte, geht die Reinigung
durch Auswaschen auf dem Uitrafilter etwa 4- bis l4mal so schnell
von statten, wie durch Dialyse. Gleichzeitig kann man bei der Ultra-
filtration das Sol beliebig konzentrieren.
A. Konzentrierung der Sole.
| Bei Solen hydrophober Kolloide geht das Konzentrieren recht
schnell vor sich, da die Durchlaufsgeschwindigkeit für Wasser bei An-
wendung der Bechhold-Königschen Ultrafiltergeräte®) und einer 5proz.
Eisessigkollodiummembran sehr groß ist (etwa 600 ccm in der Stunde
bei 100 ccm filtrierender Fläche). Aber auch die Sole vieler hydrophiler
Kolloide (Albumin, Globulin, Casein) lassen sich in verhältnismäßig
1) H. Bechhold, Zeitschr. f. phys. Chem. 60, 257, 1907; 64, 328, 1908;
Kolloid-Zeitschr. 1, 107, 1906; 2, 3, 1907.
2) Zeitschr. f. phys. Chem. 118, 65, 1925.
з) H. Bechhold und L. Gutlohn, Zeitschr. f. angew. Chem. 1924, S. 494.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 3
34 H. Bechhold u. E. Heymann:
kurzer Zeit konzentrieren; eine etwa 2- bis 5proz. Albuminlösung
läßt sich bei Anwendung von 100 ccm filtrierender Fläche und einer
Tproz. Eisessigkollodiummembran in etwa 1 Stunde auf die Hälfte
ihres Volumens einengen. Bei Solen von höherer Viskosität, insbesondere
solchen, die bei Zimmertemperatur schon in geringer Konzentration
erstarren (Gelatine), macht das Konzentrieren gewisse Schwierig-
keiten; diese lassen sich aber leicht überwinden, wenn man die
Temperatur erhöht. Eine Angabe von Reitstötter und Газсћі), „die
praktische Unmöglichkeit, Gelatinelösungen durch Ultrafiltration zu
konzentrieren, sei bekannt‘, ist daher durchaus irrig, soweit sich diese
Angabe auf die Bechholdschen Ultrafilter bezieht.
a) Fraktionierung von Gelatinelösungen.
Die Ultrafiltration leistete sogar bei der Untersuchung des
Gehalts von Leimen und Gelatinen an Glutin, Proteosen, Peptonen
und Aminosäuren sehr wertvolle Dienste. Mit Glutin bezeichnet man
diejenigen Bestandteile der Gelatine, die aus einer 2proz. Gelatine-
lösung bei Halbsättigung mit Magnesiumsulfat ausfallen ; mit Proteosen
diejenige Fraktion, welche erst bei Ganzsättigung mit Magnesium-
sulfat ausfällt; der Rest sind Peptone und Aminosäuren. Eine
quantitative Bestimmung wird nach @. Bogue?) ausgeführt, indem
man von einer Gelatine den Gesamtstickstoffgehalt (Mikrokjeldahl)
bestimmt, sie ferner mit Magnesiumsulfat in eine Glutinfraktion (1)
und eine Glutin + Proteosenfraktion (II) zerlegt und in diesen den Stick-
stoffgehalt bestimmt; die Differenz zwischen Fraktion II und dem
Gesamtstickstoff entfällt auf die Peptone und Aminosäuren. Die
Fällbarkeit dieser Proteine durch anorganische Salze erst in hoher
Konzentration ließ die Vermutung aufkommen, daß diese fraktionierte
Fällung mit Lösungen ein und desselben Salzes in verschiedener Kon-
zentration mit Dispersitätsverschiedenheiten des gelösten Stoffes zu-
sammenhänge, daß also eine Fraktionierung nach der Teilchengröße
stattfindet; die Versuche 8. Odens an Schwefelhydrosolen®) sprechen
für diese Vermutung. War diese Annahme richtig, so mußte es gelingen,
die Gelatine durch Filtration durch Ultrafilter verschiedener Durch-
lässigkeit in die gleichen Fraktionen zu zerlegen,’ wie durch Fällen
mit Magnesiumsulfat. Zu diesem Zwecke wurde 2. В. eine Gelatine-
lösung durch Ultrafiltration bei 40 bis 60° auf die Hälfte eingeengt und
sowohl im Filtrat als auch im Rückstand nach der oben beschriebenen
1) Diese Zeitschr. 165, 90, 1925.
2) Chem. Met. Eng. 28, 6, 1920.
3) Zeitschr. f. phys. Chem. 77, 682.
Konzentrierung und Reinigung von Lösungen hydrophiler КоПоіае. 35
Methode Glutin, Proteosen, Peptone und Aminosäuren bestimmt
[Versuchsanordnung siehe Abb. 11)].
— | 27T No
Abb. 1.
1. Wasserbad, 4. Thermometer,
2. Becherglas mit Sol, 5. Küblbad,
3. Ultrafilterballon, a. d. Außenseite
mit Ultrafltermembran versehen,
6. Saugflasche als Vorlage.
Bei den Versuchen zeigte sich nun, daß Glutin im allgemeinen von
einer 4proz. Membran zurückgehalten wird; bei den Proteosen ergaben
sich gewisse Schwierigkeiten. Ein 7proz. Filter hielt bei Gelatine und
bei manchen der untersuchten Leime die Proteosen zurück, bei anderen
Leimen erwies es sich als für Proteosen durchlässig, bei anderen Leimen
hingegen konnten die Proteosen schon durch ein 4proz. Ultrafilter (mit
dem Glutin zusammen) zurückgehalten werden. Hieraus ergibt sich
also, daß die Fraktion, die man mittels Salzfällung als „Proteosen“
identifiziert, nicht isodispers ist, daß also bes verschiedenen Leimen die
Proteosen einen verschiedenen Dispersüätsgrad besitzen. Bei der Unter-
suchung auf Peptone bei der Ultrafiltration durch 7- und 10ргох.
Filter ergaben sich ähnliche Verhältnisse.
Die Fraktionierung von Solen mit Hilfe der Ultrafiltration ist ein
einfaches Problem bei Gemischen von großem Dispersitätsunterschied,
1) Die Versuche wurden von Herrn Dr. W. Sorger im „Institut für
Kolloidforschung‘“‘ ausgeführt (Dissertation Frankfurt a. M. 1925: „Die
Trennung von Glutin und seinen Abbauprodukten durch Ultrafiltration
und Salzfällung‘“‘).
3%
36 H. Bechhold u. E. Heymann:
bei feineren Unterschieden in der Teilchengröße sind angesichts der
Ungleichporigkeit der Membranen die Versuchsergebnisse mit einer
gewissen Vorsicht auszuwerten. Jedenfalls läßt sich aus den oben
angegebenen Versuchen folgern, daß die Fraktionen, in die sich das
Gemisch von Glutin und Abbauprodukten einerseits durch Salzfällung.
andererseits durch Ultrafiltration durch Membranen von verschiedener
Durchlässigkeit zerlegen läßt, nicht vollkommen identisch sind, d.h. bei
der Fällung des Glutin-Abbauproduktegemisches durch Salzlösungen
verschiedener Konzentration wird nicht ausschließlich eine Trennung
in Fraktionen gleichen Dispersitätsgrades bewirkt; vielleicht spielen
dabei doch noch andere Einwirkungen des Metallsalzes auf das Protein
eine Rolle.
b) Untersuchungen an technischen Leimen.
An dieser Stelle seien auch einige Versuche erwähnt, die
Herr Dr. S. Neumann im „Institut für Kolloidforschung‘“ ausgeführt
hat. Es wurden mehrere Leimsorten (je 500 ccm von 5proz. Lösungen)
der Ultrafiltration durch ein mit 4proz. Eisessigkollodiummembran
imprägniertes Bechhold-Königsches Ballonfilter unterworfen; · die
Lösung wurde auf 250 ccm eingeengt, wieder auf 500 ccm aufgefüllt
und abermals auf die Hälfte eingeengt. Wir greifen willkürlich einen
Versuch heraus. Bei Leim B war die Trockensubstanz im Rückstand
von 5 auf 12,5 Proz. gestiegen, der Trockengehalt des Ultrafiltrats
betrug 1,65 Proz. Der Aschengehalt des Leimes war durch die ge-
schilderte Prozedur von 1,21 auf 0,66 Proz. gesunken und hätte sich
bei nochmaliger Wiederholung des geschilderten Verfahrens noch sehr
viel weiter vermindern lassen. Es wurden mit den so behandelten
Leimen Zerreißfestigkeitsbestimmungen mit der Papierstreifenmethode
[Bechhold und Neumann!)] gemacht und mit den Zerreißwerten der
nicht behandelten Leime verglichen. Die Zerreißfestigkeiten der Leime
pro Quadratzentimeter, bezogen auf die gleiche Leimmenge waren bei
dreien der verarbeiteten Leime um 12 bis 25 Proz. gestiegen und nur
bei einem um 4 Proz. gesunken. Ferner wurde gezeigt, daß eine Leim-
lösung durch Ultrafiltration von 5 Proz. bis auf 28 Proz. Trocken-
substanz konzentriert werden kann; die Trockenbestimmung im Ultra-
fütrat ergab 1,67 Proz. Weiterhin wurden bei einem größeren Versuch
4 kg einer 5proz. Leimlösung bei 60° ultrafiltriert. Die Ultrafiltration
kam nach 12 bis 13 Stunden infolge Verstopfung der Poren langsam
zum Stillstand. Der Rückstand wog 800 g, die Lösung war also auf
etwa das Fünffache konzentriert worden.
1) Zeitschr. f. angew. Chem. 1924, Nr. 30.
Konzentrierung und Reinigung von Lösungen hydrophiler КоПоіае 37
В. Reinigungsmethoden für Lösungen hydrophiler Kolloide.
Bezüglich der Befreiung eines Sols von tonisierten Kristalloiden
haben die beiden oben genannten Reinigungsmethoden (Dialyse und
Ultrafiltration) durch die Elektrodialyse [Morse und Pierce und
insbesondere Pauli u. а.1)] und der Elektro-Ultrafiltration [Bech-
hold und Rosenberg?)] eine Vervollkommnung erfahren; wegen der
Versuchsanordnung muß auf die Originalarbeiten verwiesen werden.
Mit Hilfe dieser Methoden gelingt es, wie Е. Heymann (l.c.)
berechnet hat, ein Sol 10- bis 100mal so schnell von Elektrolyten zu
reinigen als durch reine Dialyse oder Ultrafiltration. Gegenüber der
Elektrodialyse hat die Elektro-Ultrafiltration den Nachteil, daß man
temperaturempfindliche Sole unter-Umständen kühlen muß, während
bei der Elektrodialyse die Kühlung durch das Spülwasser erfolgen
kann; gegenüber der Elektrodialyse hat die Elektro-Ultrafiltration den
Fortel, daß durch sie auch die nichtionisierten Kristalloide schneller
entfernt werden als durch erstere. Ferner erlaubt die Elektro-Ultra-
filtration in einem Sol gleichzeitig die feiner dispersen Anteile von den
gröberen zu trennen, also z. B. Albumin gleichzeitig mit der Reinigung
von Elektrolyten von seinen kolloiden Abbauprodukten (Albumosen)
zu befreien, was mit Hilfe der Elektrodialyse infolge der Kleinheit des
Diffusionskoeffizienten dieser Stoffe nicht möglich ist. Ferner gestattet
die Elektrodialyse, im Gegensatz zur Elektro-Ultrafiltration, keine Kon-
zentrierung des Sols. Wesentlich ist weiterhin, daß bei der Elektro-
dialyse die angelegte Spannung schlechter ausgenutzt wird als bei der
Elektro-Ultrafiltration, da bei der ersteren zwischen Elektrode und
Membran reines Wasser zirkulieren muß; in diesen :Spülwasserräumen
fällt ein großer Teil der angelegten Spannung unwirksam ab?).
Eine gewisse Konzentrierung ihrer Lösung bei der Elektrodialyse
konnten F. Reitstötter und G. Lasch (1. с.) durch eine originelle Versuchs-
anordnung erzielen, die anderen Nachteile bleiben auch bei ihrer
Methode bestehen. Die genannten Autoren verwenden, wie bei der
Elektrodialyse üblich, einen Dreizellenapparat; doch kommt nur etwa
ein Sechstel des zu verarbeitenden Sols in den Mittelraum, der größte
Teil befindet sich zunächst in einem (höherstehenden) Rezipienten, der
mit dem Mittelraum in Verbindung steht. In dem Maße, wie das Wasser
m — — —
1) Kolloid-Zeitschr. 81, 252, 1922.
2?) Diese Zeitschr. 157, 85, 1925.
2) Die Angabe Reitstötters und Laschs, die Elektro-Ultrafiltration
sei ein „Verfahren zur Konzentration von Gelatine und Leimlösungen“,
erweckt falsche Vorstellungen; wie aus dem oben Gesagten und auch
aus der Publikation von Bechhold und Rosenberg (l.c.) hervorgeht, ist
ihre Hauptaufgabe die Reinigung des Sols; außerdem kann dabei die
Lösung auch konzentriert werden. |
38 H. Bechhold u. E. Heymann:
unter der Einwirkung des elektrischen Stromes aus der Mittelzelle
іп den Kathodenraum auswandert, läßt man das Sol aus dem Rezipienten
in den Mittelraum fließen; eine Einwanderung des Wassers aus dem
Anodenraum in die Mittelzelle wird durch geeignete Membranen,
z. В. chromierte Gelatine, vermieden!). Hierdurch wird eine Kon-
zentrierung des Sols bewirkt.
So brauchbar diese Anordnung in vielen Fällen sein mag, so
bleibt trotzdem die Überlegenheit der Elektro-Ultrafiltration auch über
diese Form der Elektrodialyse aus den oben angegebenen Gründen
bestehen. Bei der Elektro-Ultrafiltration wird die Konzentrierung des
Sols durch eine Kombination von Ultrafiltration und Elektroosmose
bewirkt, bei Reitstötter und Lasch durch Elektroosmose allein. Nach
Versuchen von Bechhold und Rosenberg ist der durch Ultrafiltration
(Unterdruck : 1 Atm.) bewirkte Wassertransport bei Anwendung einer
7proz. (albumindichten) Eisessigkollodiummembran etwa fünf- bis
sechsmal so groß, wie der durch Elektroosmose (Spannungsgefälle
etwa 50 Volt/cm) bewirkte, und es wird wohl nur selten möglich sein,
durch starke Erhöhung der Elektrodenspannung und durch Wahl
geeigneter Membranen den elektroosmotischen Wassertransport so
zu steigern, daß er dem Ultrafiltrationseffekt, wie BReitstötter und Lasch
meinen, gleichkommt oder gar diesen überflüssig macht.
Auch die Versuche von Prausnitz?) geben keinen Anhalt dafür, daß
der Elektroosmoseeffekt den Ultrafiltrationseffekt überflüssig machen
könnte. Der Wassertransport durch eine 7proz. eiweißdichte Bechhold-
membran unter der Wirkung der Ultrafiltration beträgt etwa 400
bis 500 ccm pro Stunde bei 100 qem filtrierender Fläche. Dieser Effekt
sei verglichen mit dem Elektroosmoseeffekt an Zsigmondymembranen,
die nach Remy?) von allen untersuchten Materialien die stärkste Elektro-
osmose zeigen. Ein Membranfilter mittlerer Dichtigkeit (vermutlich
nicht eiweißdicht), das — entgegen den Forderungen der Helmholtzschen
Theorie — in bezug auf Elektroosmose optimal ist, zeigte nach Pruusnit
bei einem Spannungsabfall von etwa 100 Volt pro Zentimeter eine
Wasserüberführung von 1 bis 2 Liter in der Stunde. Da man aber
bei elektrodialytischen Arbeiten infolge des größeren Abstandes der
Elektroden auch bei hoher Netzspannung wohl kaum mehr als einen
Spannungsabfall von 50 Volt pro Zentimeter wird erzielen können,
und da der Ultrafiltrationseffekt sowohl an der Kathoden- als auch an
1) Hierbei wäre allerdings zu beachten, daß die Membran aus chro-
mierter Gelatine sich beim Gebrauch in chemischer und wohl auch ın
kapillarelektrischer Hinsicht verändert (vgl. Ettisch und Beck. Deutsch.
med. Wochenschr. 47, 1, 1925).
3) Kolloid-Zeitschr. 29, 291, 1921.
3) Zeitschr. f. phys. Chem. 118, 161, 1925.
Konzentrierung und Reinigung von Lösungen hydrophiler Kolloide. 39
der Anodenseite, der Elektroosmoseeffekt aber nur an der Anodenseite
stattfindet, so ist selbst bei diesem für die Elektroosmose so günstigen
Beispiel von einem Zurücktreten des Ultrafiltrationseffekts hinter den
Elektroosmoseeffekt keine Rede. Eine Steigerung des Elektroosmose-
effekts durch Zugabe von Elektrolyten zum Sol ist bei allen Arbeiten,
die auf eine Reinigung des Sols hinzielen, unzweckmäßig. Während
beider Methode von Reitstötter und Lasch die Größe des Konzentrations-
effekts von der Reaktion im Sol abhängig ist, ist die Elektro-Ultra-
filtration in bezug auf die Konzentrierung des Sols vom рн der Lösung
weitgehend unabhängig, da bei dieser die pn-empfindliche Elektro-
osmose keine große Rolle spielt.
Gegenüber der reinen Dialyse und Ultrafiltration hat die Elektro-
Ultrafiltration nicht nur den Vorteil der stark abgekürzten Versuchs-
dauer, sondern es gelingt auch, einen höheren Reinheitsgrad zu erzielen;
so ist z. В. das durch 5- bis 6stündige Elektro-Ultrafiltration gereinigte
Bieralbumin (in 5proz. Lösung) absolut aschefrs. Wie noch zu ver-
öffentlichende Versuche aus unserem Institut zeigen, sind die Fällungs-
reaktionen des Eiweißes mit Schwermetallsalzen, insbesondere die
sogenannten „unregelmäßigen Reihen‘ bei einem absolut aschefreien
Albumin ganz verschieden von denen, die mit einem nicht völlig ge-
reinigten Eiweiß ausgeführt werden.
Zusammenfassung.
1. Es wurde gezeigt, daß im Gegensatz zu den Angaben von Rett-
stötter und Lasch eine Konzentrierung von Gelatinelösungen (und anderen
hydrophilen Solen) mit Hilfe der Ultrafiltration nicht nur möglich,
sondern auch einfach ist.
2. Eine Fraktionierung von Gelatine- und Leimlösungen wurde
mittels Ultrafiltration durchgeführt; die erhaltenen Fraktionen sind
nicht vollkommen identisch mit denen, die nach der Bogueschen
Methode (durch fraktioniertes Fällen mit Magnesiumsulfat) erhalten
werden. |
3. Durch Auswaschen auf dem Ultrafilter wurden Leime von
Abbauprodukten und von Asche teilweise befreit. Der Grad der
Reinigung ist abhängig von der Häufigkeit des Auswaschens. Die so
behandelten Leime zeigten erhöhte Festigkeitseigenschaften.
4. Die elektrischen Methoden (Zlektrodialyse und Elektro-Ultra-
filtration) werden diskutiert und miteinander verglichen. Es ergibt
sich, daß allein die Elektro-Ultrafiltration eine Entfernung der Elektro-
lyte und nichtionisierten Kristalloide, sowie gleichzeitig eine Frak-
tionierung und Konzentrierung der kolloiden Lösung gestattet.
Über die Bildung von Acetaldehyd und Acetylmethylearbinol
bei der Gärung und der Atmung der Hefe.
Von
L. Elion.
(Aus dem organisch-chemischen Institut der Universität Utrecht.)
(Eingegangen am 11. Februar 1926.)
І.
Man nimmt jetzt allgemein mit Neuberg ап, daB der bei der Ver-
gärung von Zucker durch Hefe entstehende Äthylalkohol aus inter-
mediär auftretendem Acetaldehyd gebildet wird. Bekanntlich ist man
imstande, diesen Aldehyd, der unter normalen Verhältnissen quantitativ
reduziert wird, während der Gärung anzuhäufen, sei es mit Hilfe eines
Abfangmittels, das den Aldehyd in statu nascendi festlegt, oder durch
die Einwirkung einer anderen reduzierbaren Substanz, welche ihn zum
Teil als Wasserstoffakzeptor verdrängen kann. Indessen ist es auch
möglich, daß ein Auftreten von Acetaldehyd als Endprodukt der
alkoholischen Zuckerspaltung von einer sekundären Oxydation des
Gärungsäthylalkohols herrührt, während schließlich unter bestimmten
Bedingungen beide Ursachen im Spiele sein können.
Eine solche Kombination einer primären und einer sekundären
Acetaldehydbildung hat man bei der alkoholischen Gärung in Gegen-
wart von Kohle. Vor mehreren Jahren hat Söhngen!) beobachtet, daB
die Zugabe von Kohle eine bedeutende Förderung der Gärung zur
Folge hat, die er der niedrigeren Kohlensäurekonzentration der Flüssig-
keit zuschrieb, denn infolge eines schnellen Entweichens dieses Gases
durch Bläschenbildung wird das Kulturmedium nicht mit Kohlensäure
übersättigt. Neuberg und Sandberg?) haben bei ihren Studien über
Stimulatoren der alkoholischen Zuckerspaltung gezeigt, daß verschiedene
Kohlensorten imstande sind, auch die zellfreie Gärung mittels Hefesäften
zu beschleunigen. Hinsichtlich der Deutung dieser Aktivierung wurde
1) N. L. Söhngen, Folia Microb. 2, 95, 1913.
2) C. Neuberg und M. Sandberg, diese Zeitschr. 126, 153, 1921.
L. Elion: Bildung von Acetaldehyd und Acetylmethylcarbinol usw. 41
von ihnen auch die Möglichkeit einer Bildung von Acetaldehyd mit in
Betracht gezogen, dessen gärungsfördernde Wirkung sie schon früher!)
festgestellt hatten. Auf diese Weise könnte die Leistung der Kohle in
letzter Linie eine solche des Acetaldehyds sein.
Eine experimentelle Unterstützung dieser letztgenannten An-
nahme ergab sich nun aus den Untersuchungen von Abderhalden und
seinen Mitarbeitern?), aus welchen hervorgeht, daß bei der Zucker-
vergärung in Anwesenheit von Kohle tatsächlich beträchtliche Mengen
Acetaldehyds erzeugt werden). Es gelang den genannten Autoren
festzustellen, daß einerseits diese Acetaldehydbildung dadurch herbei-
geführt wird, daß die Verbindung während der Gärung durch die Kohle
adsorbiert und auf diese Weise einer Reduktion zum Äthylalkohol
entzogen wird. Durchaus im Einklange mit den Ergebnissen der übrigen
Abfangverfahren konnte in diesem Falle ebenfalls eine Zunahme der
normalen Glycerinausbeute nachgewiesen werden.
Andererseits wurde jedoch gefunden, daß ein Teil des Acetaldehyds
von einer sekundären Oxydation des Alkohols herrührt. Es ergab sich
nämlich, daß, wenn man Äthylalkohol, Hefe und Tierkohle in wässeriger
Lösung zusammengibt, nach einiger Zeit Geruch nach Acetaldehyd
auftritt. Zwar zeigte es sich, daß auch bei Anwendung von Äthylalkohol
ohne Hefe, mit Tierkohle Acetaldehyd erzeugt wird, aber in den
Parallelvrersuchen mit lebenden Hefen fielen die Reaktionen auf Acet-
aldehyd immer bedeutend stärker aus als mit Tierkohle allein. Es
unterlag keinem Zweifel, daß Äthylalkohol + Tierkohle + Hefe regel-
mäßig zu einer ganz beträchtlichen Acetaldehydbildung führen.
Ein zweites Beispiel einer kombinierten primären und sekundären
Acetaldehydbildung bietet die alkoholische Gärung unter kräftiger
Lüftung, wie dieselbe bekanntlich bei der Lufthefenfabrikation statt-
findet. Bei der Anwendung dieser Methode ist nämlich der Aldehyd-
gehalt der ausgegorenen Maischen bedeutend größer als bei der
Darstellung von Hefe nach dem Wiener Verfahren. ‚Der Lufthefen-
rohspiritus ist so ziemlich der minderwertigste seiner Genossen. Durch
die starke Lüftung ist er reich an Aldehyd‘ 4).
1) C. Neuberg, diese Zeitschr. 88, 145, 1918; C. Neuberg und M. Ehrlich,
ebendaselbst 101, 239, 1920.
3) E. Abderhalden, Fermentforschung 5, 89, 110, 255, 1921; Е. Abder-
halden und S.Glaubach, ebendaselbst 6, 143, 1922; Е. Abderhalden und
W. Stiz, ebendaselbst 6, 345, 1922.
3) Es ist bemerkenswert, daß Abderhalden, obgleich seine Versuche
mit lebenden Hefen eine ganz bedeutende Gärungsaktivierung erwiesen,
konstatierte, daß die Gärung mittels Hefepreßsaft und -mazerationssaft
durch Kohle gehemmt bis unterbrochen werden kann.
t) W. Kiby, Handbuch der Preßhefenfabrikation, S. 617.
42 L. Elion:
Das Verständnis, daß es sich hier in erster Linie um eine primäre"
Acetaldehydbildung handelt, verdankt man Kluyver, Donker und
Visser ’t Hooft!), die vor kurzem dargetan haben, daß das Eingreifen
des Sauerstoffs darin besteht, daß derselbe den normalerweise als
Wasserstoffakzeptor auftretenden Acetaldehyd verdrängt. Dieser
Vorgang muß also notwendig eine Anhäufung des bei der carboxylatischen
Spaltung der Brenztraubensäure erzeugten Aldehyds herbeiführen. Wie
die Autoren schließen, unterscheidet sich die Wirkung des Sauerstoffs
in erster Instanz durchaus nicht von dem Einfluß, den andere geeignete
Wasserstoffakzeptoren in dieser Hinsicht ausüben.
In zweiter Linie darf man, wie gesagt, den Acetaldehyd auch als
ein sekundäres Oxydationsprodukt betrachten. Dies geht ohne weiteres
aus den Beobachtungen von Теа und Sauton?) hervor, daß bei Be-
rührung von Äthylalkohol mit Hefe, und namentlich bei kräftiger
Aeration, Acetaldehydbildung stattfindet, welche die Oxydation durch
Kontakt mit porösen Substanzen bei weitem übertrifft). Die er-
wähnten beiden Autoren haben ihre Versuche mit verschiedenen Hefe-
varietäten (Bäckerhefe und Bierhefe) ausgeführt und die besten Resultate
mit Bäckerhefe erhalten, ein Befund, welchem im Lichte der jüngsten
Erfahrungen Meyerhofs®), daß der Äthylalkohol imstande ist, die
Atmung der Preßhefe, nicht aber die der Bierhefe, in hohem Maße zu
steigern, neue Bedeutung zukommt).
Im Zusammenhang mit anderen Untersuchungen habe ich auch
die von Trillat und Sauton beschriebenen Versuche unter etwas ab-
änderten Bedingungen wiederholt, und dabei ihre Angaben über die
Acetaldehydbildung auch mit der von mir benutzten Preßhefe der
1) A. J. Kluyver, H. J. L. Donker und F. Visser ’t Hooft, diese Zeitschr.
161, 375, 1925.
2) A. Trillat, С. r. de l’Acad. des Sciences 146, 645, 1908; A. Trillat
und B. Sauton, ebendaselbst 146, 996, 1908; 147, 77, 1908; Ann. de l'Inst.
Pasteur 24, 310, 1910; Bull. Soc. Chim. (4) 7, 244, 1910.
з) С. Neuberg und J. Kerb (diese Zeitschr. 48, 497, 1912; 58, 166, 1913;
64, 252, 1914; Ber. 47, 2730, 1914) haben gefunden, daß eine verdünnte
wässerige Lösung von Äthylalkohol mit gärfähigem Hefanol reichlich
Aldehyd liefert.
4) О. Meyerhof, Naturwissenschaften 18, 980, 1924; diese Zeitschr. 162,
43, 1925.
5) H. Lundin (diese Zeitschr. 142, 454, 1923), der Preßhefe mit ver-
dünntem Alkohol im Sauerstoffstrom geschüttelt hat, berichtet nicht
über eine Acetaldehydbildung. Er verweist betreffs der Reaktionsprodukte
auf frühere Versuche, bei welchen statt Alkohols Zucker vorhanden war.
Daß aber die Reaktion auf Acetaldehyd bei den Zuckerproben negativ
ausfiel, wird vielleicht hierauf zurückzuführen sein, daß dieselbe in alka-
lischer Lösung vorgenommen wurde, in welcher der Aldehyd leicht Um-
wandlungen erfährt.
Bildung von Acetaldehyd und Acetylmethylcarbinol usw. 43
„Nederlandsche Gist- en Spiritusfabriek‘“ zu Delft durchaus bestätigen
können. Die Oxydation ist schon nach kurzer Zeit wahrnehmbar. So
waren z. B., bei Lüftung einer anfänglich aldehydfreien Mischung von
10g Preßhefe und 200 ccm 10proz. wässerigen Alkohollösung, nach
l Stunde die Acetaldehydreaktionen schon ganz intensiv. Die be-
treffenden Versuche wurden so ausgeführt, daß ein kräftiger Luftstrom
durch die Suspension und sodann durch einige mit Wasser gefüllte,
eisgekühlte Waschflaschen geleitet wurde. Die Prüfung auf Acet-
aldehyd geschah mittels Nitroprussidnatrium-Piperidin und nach
Tollens. Sie wurde sowohl mit der ursprünglichen, filtrierten und
дев егеп Flüssigkeit als mit derjenigen der Waschflaschen vor-
genommen.
Anläßlich der bekannten Theorie Warburgs!) über die Rolle des Eisens
als sauerstoffübertragender Bestandteil des Atmungsferments, welche
Wirkung ich früher?) auch bei einer von bestimmten, obligat anaeroben
Bakterien herbeigeführten Übertragung von Sulfatsauerstoff auf or-
ganische Substanzen beobachtet hatte, schien es mir von Bedeutung, die
obengenannten Versuche auch in Gegenwart einer Eisenverbindung vor-
zunehmen. Dabei stellte es sich nun heraus, daß die erwähnte Acet-
aldehydbildung durch Zugabe einer Ferrichloridlösung sehr kräftig
gefördert wird. Dies ging nicht nur aus Parallelversuchen mit und ohne
Eisenchlorid hervor, sondern auch daraus, daß die Aldehydreaktionen
der gelüfteten Preßhefe-Alkohol-mischung nach Beigabe von Eisen-
chlorid (2. B. 2,5 ccm 75proz. Ferrichlorid pro 100 ccm) bei weitem
stärker ausfielen. Die Kontrollversuche ergaben, daß bei Aeration einer
mıt Eisenchlorid versetzten wässerigen Alkohollösung höchstens Spuren
Acetaldehyd auftreten.
П.
In letzter Zeit ist wiederholt über die von Neuberg und Mitarbeitern
entdeckte Bildung von Acetylmethylcarbinol bei der Gärung der Hefe
berichtet worden, welche bekanntlich unter besonderen Umständen
erzwungen werden kann. Man hat ihre Erzeugung nachgewiesen bei
der Vergärung von Brenztraubensäure®?) sowie von Oxalessigsäure 4),
und beider Vergärung von Zucker unter Hinzufügung von Acetaldehyd 5)
oder anderen Wasserstoffakzeptoren®). Daraus ist zu schließen, daß
die Hefe imstande ist, den auf dem Gärungswege gebildeten Acet-
1) O. Warburg, diese Zeitschr. 152, 479, 1924; Ber. 58, 1001, 1925.
2) L. Elion, Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., 68, 62, 1924.
з) J. Brach, diese Zeitschr. 181, 178, 1922; C. Neuberg und A. von
May, ebendaselbst 140, 299, 1923.
t) C. Neuberg und G. Gorr, Ergebn. d. Physiol. 24, 191, 1925.
DO Neuberg und E. Reinfurth, diese Zeitschr. 148, 553, 1923.
t) A. J. Kluyver, H.J. L. Donker und F. Visser ’t Hooft, 1. с., S. 363.
44 L. Elion: Bildung von Acetaldehyd und Acetylmethylcarbinol usw .
aldehyd mit solchem Acetaldehyd, der aus irgend einem Grunde in
Übermaß anwesend ist, zum Acetoin zu vereinigen.
Es schien mir nun erwünscht, festzustellen, wie es sich mit der
Atmung der Hefe verhält, d.h., ob auch bei der ebengenannten oxy-
dativen Bildung von Acetaldehyd aus Äthylalkohol, also ohne jede
Gärung, Acetylmethylcarbinol erzeugt wird.
Meine Versuche in dieser Richtung, welche ich mehrfach wieder-
holte, hatten ein positives Ergebnis. Sie lehrten nämlich, daß bei
kräftiger Aeration einer. zuerst acetoin- und butylenglykolfreien
Suspension von 10 Proz. Preßhefe in 5- bis 10proz. wässeriger Alkohol-
lösung, nach mehreren (z. B. 10) Stunden die Anwesenheit von
Acetylmethylcarbinol durch Überführung in Nickel-dimethylglyoxim!)
nachzuweisen ist. In den zu gleicher Zeit angestellten Kontrollversuchen,
welche keinen Alkohol enthielten, war die Acetoinreaktion immer
negativ, was außerdem darauf hinweist, daß es sich hier nicht, oder
wenigstens nicht ausschließlich, um eine etwaige Wirkung von Kohlen-
hydraten der Hefe handelt.
Dieser Befund ist nun zunächst interessant, weil daraus hervor-
zugehen scheint, daß die so merkwürdigen carboligatischen Eigen-
schaften der Hefe nicht immer an irgend einen Gärungsvorgang ge-
bunden sind, sondern auch ohne denselben zutage treten können?).
Nebenher scheint der Schluß berechtigt, daß die zum ersten Male von
Kluyver, Donker und Visser ’t Hooft?) bei der Lufthefefabrikation beob-
achtete Acetoinsynthese, ganz abgesehen von der stattfindenden Gärung,
auch lediglich infolge der oxydativen Acetaldehydbildung auftreten kann.
Man könnte schließlich die Frage stellen, ob für die Aneinander-
reihung der Aldehydmoleküle immer ein Teil derselben in statu nascendi
vorhanden sein muß, wie dies sowohl bei der auf dem Gärungswege,
als jetzt auch auf dem Atmungswege beobachteten Acyloinbildung der
Fallist. Dies ist allem Anschein nach jedoch nicht notwendig. Es zeigte
sich nämlich außerdem, daß auch eine 3proz. wässerige Acetaldehyd-
lösung, nach Zugabe von 10 Proz. Preßhefe, schon im Verlauf von
z. B. 3 Stunden, im Gegensatz zu den Parallelversuchen ohne Aldehyd,
eine kräftige Acetylmethylcarbinolreaktion lieferte.
1) M. Lemoigne, Ann. de l’Inst. Pasteur 27, 856, 1913; С. г. de l'Acad.
des Sciences 170, 131, 1920; А. J. Kluyver, H. J. L. Donker und F. Visser
’t Hooft, 1. c., S. 364.
2) Eine andere Erklärung wäre es, daß das Acetylmethylcarbinol auch
bei den genannten Versuchen wieder aus Zucker stammt, weil doch die
Hefe imstande sein soll, aus Äthylalkohol wieder Zucker zurückzubilden.
Mir kommt aber eine solche, etwas gezwungene Vorstellung, auch auf
Grund der nachfolgenden Beobachtung weniger wahrscheinlich vor.
з) A. J. Kluyver, Н. J. L. Donker und F. Visser ’t Hooft, 1. с.. S. 376.
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe.
I. Mitteilung:
Versuche über die Grundlage des Arndt-Schulzschen Gesetzes.
Von
Heinrich Zeller.
(Aus der medizinischen Universitätsklinik Königsberg.)
(Eingegangen am 15. Februar 1926.)
Hugo Schulz hat bekanntlich Versuche angestellt, die sich mit
der Wirkung verschiedener Gifte auf die Gärtätigkeit der Hefe be-
schäftigen. Er fand, daß schwache Dosen Gifte die Tätigkeit anfachen,
mittlere sie fördern und starke sie hemmen oder vernichten. Schulz
glaubte damit die experimentelle Grundlage für das von Arndt ent-
deckte, später Arndi-Schulzsche Gesetz genannte Verhalten beigebracht
zu haben.
Ich halte es für notwendig, zunächst die Technik genau zu schildern,
nach der Schulz verfahren hat.
Eine 10 proz. Traubenzuckerlösung wurde mit Giften verschiedener
Konzentration versetzt. Diese Mischungen wurden in Gärgefäße gebracht
und am anderen Tage dazu gleiche Teile Hefebrei gegeben. Ein solches
Gärgefäß bestand in einem mittels Deckel verschließbaren Zylinder; darin
stand ein kleinerer zweiter Zylinder, der mit Quecksilber gefüllt war und
dessen oberer Rand die Gärflüssigkeit überragte.. In das Quecksilber
tauchte ein Steigrohr, das durch den Deckel des Gärungsgefäßes luftdicht
nach oben geführt war und frei endigte. Entwickelte nun die Hefe Kohlen-
säure, so mußte sie das Quecksilber in dem Steigrohr in die Höhe treiben.
Die Höhe der Quecksilbersäule konnte erst abgelesen werden, sobald sie
über das Niveau des Deckels hinausgestiegen war.
Die Versuchsanordnung läßt folgende Einwände zu:
46 H. Zeller:
1. konnte die Hefe nicht durch Schütteln-in der Versuchsflüssigkeit
gleichmäßig verteilt werden,
2. stand die Gärflüssigkeit unter dem Druck der Quecksilbersäule,
3. wurde der sich bildende Alkohol nicht entfernt. Dieser letztere
Einwand ist bedeutungslos, weil im Rahmen des Versuchs nicht derartig
große Mengen gebildet werden, daß sie die Gärtätigkeit hemmen würden.
Endlich läßt sich noch der Einwand erheben, daß es fraglich ist, ob ein
zu gleichen Teilen abgemessener Hefebrei auch wirklich genau gleiche
Mengen Hefezellen enthält.
Es ist deswegen nicht verwunderlich, wenn Schulz keine miteinander
vergleichbaren Resultate erhielt. Schon in einem Leerversuch ohne
Giftzusatz differieren die Druckwerte bei gleichen Zeiten erheblich
untereinander, wie folgende Zahlen ergeben. Die sechs Leer-
versuche zeigten nach 41% Stunden folgende Werte als Differenz
des Anfangs- und Enddruckes in Millimeter Quecksilber bei Y,stün-
diger Ablesung:
10,50, 7,95, 9,75, 11,90, 13,85, 10,45
0,25, 0,20, 0,10, 0,20, 0,40, 0,40
0,55, 0,35, 0,80, 0,70, 0,90, 0,40
wobei die zweite Reihe mehr aus dem Anfang des Versuchs, die dritte
mehr aus dem Ende genommen wurde. Die Zahlen, die einen Unter-
schied von höchstens 10 Proz. zeigen sollten, zeigen Unterschiede bis
100 Proz.
Ich verfuhr bei meinen Versuchen anders: Es kommt nicht darauf
an, wieviel Kohlensäure absolut entsteht, sondern auf die verschiedenen
Mengen, die die einzelnen Gärflaschen in der Zeiteinheit gleichzeitig
bilden. Die in der Gärflüssigkeit entstehende Kohlensäure wird unter
konzentrierter Kochsalzlösung in einem graduierten Zylinder von
100 ccm aufgefangen. Der umgestülpte Zylinder wird von Zeit zu Zeit
nach Füllung durch Kohlensäure entleert und von neuem mit Kochsalz-
lösung gefüllt. Wasser wurde nicht benutzt, um einen Verlust an
Kohlensäure durch Absorption zu vermeiden. Am Fuße des Zylinders
befand sich eine Drahtöse zum Aufhängen und Wenden, durch den
Zylinder ging eine Glasröhre, die mit dem einen Ende dessen Boden
berührte, mit dem anderen Ende durch einen Gummischlauch mit dem
Gärgefäß verbunden war. Gleichzeitig wurde mit sieben Gärflaschen
gearbeitet, die nebeneinander im Wasserbad standen, vor ihnen waren
die sieben Zylinder in einer Kochsalzlösung aufgehängt. Um die Ab-
lesungsresultate direkt verwenden zu können, wurde ein Inhalt des
Steigrohres von 4ccm gewählt. Abgelesen konnte infolgedessen erst
werden, wenn diese 4ccm aus dem Steigrohr verdrängt waren. Dann
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 47
wirkt aber der negative Druck der Kochsalzsäule im Zylinder auf die
im Gärungsgefäß eingeschlossene Gasmenge, deren Volumen 200 ccm
betrug, und dehnt sie um 4 ccm aus, so daß sich der Verlust ausgleicht.
Hat die Kohlensäure die Flüssigkeit im Zylinder bis zur Marke 100, die
auf der Höhe des Spiegels der Außenflüssigkeit sich befindet, verdrängt,
so ist der Druck innen und außen gleich, es findet keine Ausdehnung
des Gases mehr statt, aber auch der Lumeninhalt des Steigrohres wird
voll mit abgelesen. Ist dagegen die Kohlensäureentwicklung nur bis
Marke 50 vorgedrungen, so wird die Saugwirkung auf die Hälfte
reduziert sein, aber das Gasvolumen ist von 200 auf 250 ccm gestiegen.
Dieses Gas wird durch den negativen Druck auf 252,5 ccm ausgedehnt;
man erhält also 2,5 ccm zuviel; das im Steigrohr befindliche Gas wird
aber schon zur Hälfte mit abgelesen, so daß der wirkliche Fehler nur
lo cem beträgt. Es wurden meist Gärflaschen von 1000 ccm Inhalt
benutzt, sie wurden dann mit 800 ccm gefüllt, um einen Luftraum von
200 ccm zu haben. Bei Versuchen mit 1000 ccm Gärflüssigkeit blieben
noch 25 ccm toter Raum, dann wurde ein Steigrohr mit einem Lumen
von l ccm gewählt, und es war möglich, damit ebenfalls direkte Ab-
lsungen zu machen.
Der eigentliche Versuch wurde in folgender Weise ausgeführt:
Zum Leerversuch wurden 125g Hefe, 350 g Zucker, 5600 g Wasser von
W genommen, die Hefe ganz fein mit der Hand in der Lösung zer-
neben, häufig umgerührt, so daß keine fühlbaren Teilchen mehr vor-
handen waren. Nach 2 Stunden waren alle Hefezellen einzeln bis auf
wenige Häufchen zu ungefähr zehn Zellen. Inzwischen hatte sich die
Flüssigkeit bis auf 22 bis 250 abgekühlt. Nach längerem Umrühren
wurde sie zu gleichen Teilen auf die sieben Flaschen verteilt. Die
Flüssigkeitsmengen der zugefügten Giftlösungen waren meist zu ver-
nachlässigen; waren sie aber größer, so wurden sie gleich groß ge-
nommen, und eine entsprechende Menge Gärflüssigkeit weniger ge-
nommen. Zur Kontrolle wurde selbstverständlich die entsprechende
Wassermenge ohne Gift gegeben. Nach Zusatz der Gifte wurde einige
Male leicht umgeschüttelt, auch die Kontrolle, da durch das Um-
schütteln stets Kohlensäure abgegeben wurde. Dann wurden sie ins
Wasserbad von bestimmter Temperatur gestellt. Um Ungleich-
mäßigkeiten zu vermeiden, wurde einige Zeit mit der Ablesung ge-
wartet. Dann wurden die Zylinder der Reihe nach im Abstand von
l0 Sekunden gefüllt und wieder aufgehängt. Es mußten im gleichen
Abstand die Ablesungen vorgenommen werden, d.h. jeder Zylinder
l0 Sekunden später. Der Ausgangspunkt für die Ablesung war der
Zeitpunkt, in dem bei der Kontrolle die Kohlensäure die Marke 90
erreicht hatte. Ein Auszug aus dem Leerversuch gibt folgende
Resultate:
48 H. Zeller:
KEE
Zeit | Fiasche 1 | Flasche 2 | Flasche 3 | Flasche 4 | Flasche 5 | Flasche 6 | Flasche 7
Län 18 bis 27’ |
12 37’
12 47 |
8888888888
8888888888
Der weitere Verlauf des Versuchs zeigt keine größeren Differenzen
als die beiden letzten Reihen aufweisen. Der Leerversuch ergibt also
gleichmäßige Resultate im Gegensatz zu dem von Schulz. Die erste
senkrechte Spalte bedeutet die Zeit, die gebraucht wird, um 90 ccm
Kohlensäure zu erzeugen. Die Doppelzahlen stehen bei Beginn oder
Wiederaufnahme der Ablesung. Sie weisen scheinbar eine Minute Zeit
weniger zur Erzeugung von 90 ccm Kohlensäure auf als die fortlaufend
abgelesenen; diese Minute geht bei der Ablesung bzw. Wiederfüllung
der Flaschen zu Verlust, sie muß von den fortlaufend abgelesenen
Zeiten in Abzug gebracht werden. |
Durch diese Versuchsanordnung wurde nun tatsächlich erreicht,
daß bei Leerversuchen mehrere Flaschen stets in gleichen Zeiten
gleiche Mengen Kohlensäure lieferten. Die äußerste Fehlergrenze
betrug bei dem im Gange befindlichen Versuch zwischen den einzelnen
Kontrollflaschen + 2 Proz. Je nach der gewählten Menge Hefe und
der Temperatur wurden in den Leerversuchen 90 ccm Kohlensäure in
4 bis 24 Minuten erzeugt. Die Versuche dauerten den Tag über, doch
wurden die Ablesungen, wenn der Versuch längere Zeit im Gange war,
stundenlang ausgesetzt. Bei diesem Leerversuch werden zu Beginn
90 ccm Kohlensäure in etwa 9 Minuten erzeugt, später in 8, eine Ge-
schwindigkeit, die die Hefe einige Stunden beibehielt, um dann am
Schlusse des Versuchs für die Erzeugung derselben Menge eine längere
Zeit zu brauchen.
Die Hefe wurde von einer Stelle täglich frisch bezogen, sie stammte
aus der Tilsiter Preßhefefabrik. Wohl habe ich Unterschiede in der
Leistung der Hefen gefunden, doch in den hier angeführten Versuchen
zeigen sie alle das gleiche Verhalten. Zu den Versuchen wurde Leitungs-
wasser benutzt, da eine Schädigung durch destilliertes Wasser sich
feststellen ließ, die besonders beim Zusatz der Gifte zum Vorschein
kam. Bei den vielen ausgeführten Versuchen kam als Zucker nur
Rübenzucker in Betracht. Ein Wachstum der Hefezellen war beim
Auszählen vor und nach dem Versuch kaum festzustellen. Es scheint
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 49
bei dieser Versuchsanordnung sich um eine reine Gärwirkung zu handeln.
Daher wurden auch Stoffe, die eine Vermehrung begünstigen, wie
Phosphorsäure und Ammoniak, vom Versuch ausgeschlossen. Die Vor-
bereitungen wurden stets mit den am Tage vorher benutzten Gefäßen
ausgeführt, die nur diesem Zwecke dienten. Die Hefe hatte
immer eine gute Triebkraft, schon 1 Stunde nach Beginn des An-
setzens war sie auf voller Höhe ihrer Leistung und behielt sie einige
Stunden bei.
Die nun folgenden Giftversuche verliefen alle in gleicher Weise,
wie die Tabellen zeigen, und es war möglich, die gefundenen Werte
eines Versuchs mit denen eines anderen zu vergleichen.
Versuch mit Sublimat.
70 g Hefe, 350 g Zucker, 5600 g Wasser werden nach 11%stündiger Gärung
auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle; Flasche 2 erhält
0,8 mg Sublimat; Flasche З 1,6 mg; Flasche 4 3,2 mg; Flasche 5 6,4 mg;
Flasche 6 9,6 mg; Flasche 7 16,0 mg Sublimat. Temperatur des Wasser-
bades 20 bis 22°.
7 0 0
9 57 | 9 0 0
3 08 | 12 вт 0
3 35 4 208
3 57 | 90 91 83
4 20 90 99 90
4 41 90 | 96 90
5 01 90 96 94
5 A4 bie 52 | 90 98 94
614 90 ! 9 90
6 34 90 от | 86
6 54 | 90 o | 86
7 34 bis 54 | 90 93 87
8 10 , 30 | 90 91 88
930,501 90 88 87
mu | 90 88 89
10 32 90 90 88
10 56 | 90 90 88
Ш 20 bis 45 | 90 0 ! 88
Der Versuch mit Sublimat wurde absichtlich bei niederer Temperatur
(22%) vorgenommen, um die Kohlensäureentwicklung möglichst langsam
vor sich gehen zu lassen, weil es wichtig war, die Leistung im Anfang des
Versuchs genau beobachten zu können. So sehen wir denn, Сай in diesem
Versuch die Erzeugung von 90 ccm Kohlensäure durch cie Gärung beinahe
% Minuten in Anspruch nahm. Wir können daher sehen, wie cie Kontrolle
zuerst zu arbeiten beginnt, dann beginnen die mit Sublimat versetzten
Flaschen, und zwar in Höhe und Beginn ihrer Leisturg u gcefähr in um-
rekehrtem Verhältnis zu der Konzentration des Giftes. № сі! einiger Zeit
Biochemische Zeitschrift Band 171. 4
50 H. Zeller:
erholen sich alle und erreichen nicht nur die Höhe der Kontrollzahlen, sie
gehen sogar noch darüber hinaus, und zwar zuerst die geringste und erst am
Schluß die stärkeren Konzentrationen; später sinken sie alle langsam wieder
zur Norm zurück. Flasche 0,001 Prom. erreicht mit 10 Proz. gegenüber der
Kontrolle die höchste Mehrleistung, aber nur auf kurze Zeit. Zieht man
aber den Durchschnitt durch die Gesamtmehrleistung, so beträgt er im
Höchstfalle nur 2,7 Proz. mehr gegenüber der Kontrolle. Die anderen
weisen ähnliche Verhältnisse auf, wenn der Vorsprung mit Beginn der
Erreichung der Normalen gerechnet wird. Wird aber von Beginn des
Zusatzes an gerechnet, so bleiben alle trotz der späteren Steigerung im
Vergleich zur anfänglichen Hemmung gegen die Norm zurück. Im Höchst-
falle werden 60 ccm Kohlensäure bei Zusatz von Sublimat mehr gebildet,
wenn von der vorausgehenden Hemmung abgesehen wird. Es ist also
möglich, daß Sublimat scheinbar bei bestimmten Konzentrationen vor-
übergehend eine Steigerung bewirkt, die aber ohne Effekt auf die Gesamt-
leistung ist.
Versuch mit Kupfersuljat.
100 g Hefe, 350 g Zucker, 5600 e Wasser werden nach 11%stündiger Сагипа
auf sieben Flaschen gefüllt. Flasche 1 wird Kontrolle; Flasche 2 erhält
0,8 mg Kupfersulfat; Flasche 3 1,6 mg; Flasche 4 3,2 mg; Flasche 5 6,4 mg;
Flasche 6 9,6 mg; Flasche 7 16,0 mg Kupfersulfat. Temperatur des Wasser-
bades 20 bis 22°,
30 bis 52 |
08° 10
«© бо -з Ссл ©л н 02 00 ©2 КО |
©
p=
ESETETEETSEEERTETESES
10 20 bis 45 |
Das Kupfersulfat zeigt ähnliches Verhalten wie das Sublimat, nur
ist die Hemmung bei den geringeren Konzentrationen eine größere, dafür
ist auch der spätere Anstieg ein höherer. Die einmalige Mehrleistung geht
bis 27 Proz. bei der stärksten Verdünnung, der Durchschnitt der Mehr-
leistung vom Überschreiten der Norm an gerechnet beträgt 4,9 Proz. Wird
aber der Verlust während der Hemmung mitgerechnet, so ergibt sich nur
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. Т. öl
' ein Überschuß von 2,5 Proz., genau wie beim Sublimat. Die nächsten
Konzentrationen ergeben ebenfalls Steigerungen, aber keine so hohe, eben-
falls dauert die Hemmung länger an. Schon eine Verdünnung von 1 : 1000000
kann also eine Steigerung verursachen, die einige Zeit anhält und ungefähr
eine Mehrleistung von 80 ccm ergibt. Es ist noch auf die bei den stärkeren
Konzentrationen eintretenden Schädigungen aufmerksam zu machen,
Flasche 0,004 Prom. läßt die Leistungen nach einigen Stunden zurück-
gehen, kehrt aber gegen Schluß zur Norm zurück.
Versuch mit Acid. arsen.
100g Hefe, 350 g Zucker, 7000 ccm Wasser werden der zweistündigen
Gärung überlassen und auf sieben Flaschen gefüllt. 200 mg Arsen werden
mit 200 ccm Wasser auf 100 ccm eingekocht, von dieser Lösung kommen:
zu Flasche 1 Occm; zu Flasche 2 % ccm = 1 mg; zu Flasche 3 11 ccm
=3mg; zu Flasche 4 3 сот = 6mg; zu Flasche 5 6 ссг = 12 mg; zu
Flasche 6 121, ccm = 25 mg; zu Flasche 7 25ccm = 50 mg Arsenik.
Temperatur 25 bis 30°.
Zeit li Kontrolle [0,001 Prom. 0,003 Prom. 0,006 Proın. 0,012 Ргош |0025 Pro. 0,05 Prom.
350’ bis 4h02’ 1 90 88 , 99 84 72 61 | 35
415 90 92 100 88 | 80 63 | 39
48 90 92 98 86 80 63 | 39
441 90 ` 100 98 90 83 2 а"
453 | 90 9 95 88 | 83 60 | 42
505 90 . 98 97 88 83 62 A8
517 90 92 92 88 | 80 62 42
520 80 92 | 92 87 | 80 62 42
| E 90 97 93 85 78 6 | 45
f 607 ı 90 96 93 87 76 61 42
[6% 9 95 92 85 77 64 45
633 ` 0900 | 94 92 85 11 60 46
6 46 90 9] 87 81 75 60 45
| 10 bis 53, 90 90 90 80 75 60 45
' 835 „48 90 90 89 82 74 611 45
| am anderen Tage:
| 8 10638 | 90 88 88 90 5 | 64 | 50
9 10 | 8б, 90 90 84 65 50
| 9 50 | 90 87 89 90 85 64 | 50
Schulz gibt an, daß das Optimum der Arsenikwirkung bei 1: 40000
liegt. Bei allen meinen Versuchen wird die Hefe bei einer Konzentration
von 1: 80000 schon geschädigt. Nur bei einer Konzentration von 1: 1000000
bis 300000 wird durch Arsenik eine kurzdauernde Steigerung erreicht
mit einem Optimum von 11 Proz. Die Ablesung dieses Versuchs wurde
nicht von Anfang an gemacht, doch weisen andere Versuche stets zu Beginn
Hemmung durch Arsenik auf. Die Erholung beginnt mit der kleinsten
Konzentration. Beim Durchrechnen der vollständigen Versuche ergibt
sich, daß der Verlust durch Hemmung durch spätere Steigerung nicht
ausgeglichen wird. Ohne Zurechnung der Hemmung entsteht ein Über-
schuß von ungefähr 60 ccm Kohlensäure.
4*
52 H. Zeller:
Versuch mit Phosphor.
100 g Hefe, 350 g Zucker, 7000 g Wasser werden der zweistündigen Gärung
überlassen. Dann in sieben Flaschen verteilt. Von einer ?ргош.
spirituösen Lösung erhält Flasche 1 0 сот; Flasche2 Leem = 2 mg;
Flasche 3 2 ccm = 4 mg; Flasche4 3ccm = 6mg; Flasche 5 4сстю = 8mg;
Flasche 6 5 сет = 10 mg; Flasche 7 6ccm = 12 mg. Ferner erhält jede
Flasche die zu 6ccm fehlende Spiritusmenge. Temperatur des Wasser-
bades 25 bis 28°. 200 mg Phosphor werden іп 100g Spirit. absol. gelöst.
Zeit | Kontrolle han Prom. 0,004 Prom.|0.006 Prom. 0,008 Prom.|0,010 Prom. 0.012 Prom.
12h 24 bis 38’ | 86 89 90 100 | o | 4 41
12 59' ` 84 84 9 | 104 97 | 80 57
1 06 | 83 85 92 100 98 90 65
1 36 bis 46 | 85 92 96 97 100 95 83
1 57 | 85 92 | 96 Ä 97 | 100 95 82
2 08 88 92 | 96 o 96 93 82
2 19 85 o | об | o 96 92 85
2 30 85 90 97 o 96 92 85
3 49 bie dh | 88 92 100 99 102 96 89
3 13 Sp 89 | 95 | 95 96 95 87
3 26 90 95 99 99 102 96 92
3 39 85 90 95 96 100 94 88
5 Пы» 25 | 90 94 100 101 102 98 92
5 39 86 92 97 97 100 95 90
5 53 85 90 95 97 99 93 86
6 07 85 89 94 96 97 | 92 86
8 00 bis 17 90 92 98 100 100 | 97 92
8 36 90 95 97 100 101 : 9 92
am anderen Tage:
| 10 | 98 | 98 |} %8 ; 97 o шю
Beim Phosphorversuch geschah die Ablesung zwischen Marke 85 und 90
der Kontrolle. Zuerst tritt Hemmung auf, was aber hier nicht verzeichnet
ist. Es ist beim Versuch zu berücksichtigen, daß die Konzentrationswerte
ziemlich nahe beieinander liegen, da es nicht möglich war, größere Mengen
von Phosphor zuzusetzen, ohne die Hefe durch den Alkohol zu schädigen.
Trotzdem tritt bei der letzten Reihe längere Zeit Hemmung auf. Die
mittleren Reihen zeigen ungefähr gleiches Verhalten. Sie halten sehr
lange in ihrer Steigerung an und erreichen ein Optimum von 20 Proz. Der
Phosphor weicht deutlich in seinem Verhalten von den anderen Giften ab.
Er zeigt eine spezifischen Wirkung. Am Schluß war noch Phosphor zu
riechen. Er erzeugt ungefähr einen Überschuß von 300 ccm Kohlensäure.
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 53
Versuch mit Jodtnktur.
125g Hefe, 350g Zucker, 7000 g Wasser gären 2 Stunden, werden dann
in sieben Flaschen gefüllt und ins Wasserbad bei 22° gestellt. Flasche 1
wird Kontrolle; Flasche 2 erhält Img Jod; Flasche 3 4mg; Flasche 4
8mg; Flasche 5 16 mg; Flasche 6 24 mg; Flasche 7 40 mg in Form von
l0proz. Jodtinktur. Alle Flaschen werden auf den gleichen Spiritusgehalt
gebracht.
к u |Kontrotejo.001 Prom. [0,004 Prom. (0,008 Prom.|0,016 Prom. 0,024 Prom. ом 4Prom.
(gw 12103") 10 | 10 10 16 16 | 8 0
1 | | 6 3 4 4
12 07 40 4 34 42 | 35 25 4
12 10 50 | 57 54 62 55 42 16
19 17 30 j 38 40 42 40 32 4
12 2 60 68 | 68 70 66 55 32
19 95 ' 90 88 92 95 90 70 45
12 A 90 9 90 90 90 74 55
12 55 90 | 90 90 88 88 16 62
110 | 00 ! 90 86 85 86 76 66
1 38 bis 51’ 90 | oo 81 89 90 80 16
ә 05 90 90 91 89 90 82 18
2 19 | 90 90 89 88 о | 82 79
2 33 9 90 89 87 91 | 84 80
3 30 bis 45 90 90 90 86 87 | 86 84
Im Versuch mit Jod werden zu Anfang Zwischenwerte abgelesen,
um die rasch verlaufende Jodwirkung besser zu übersehen. Jod bedingt
in niederen Konzentrationen eine sofortige Steigerung, die aber schnell
wirkungslos wird (Glykogenreaktion, Oxydation ?), schon nach einer halben
Stunde des richtig im Gange befindlichen Versuchs sind sämtliche Werte
auf 90, abgesehen von den beiden letzten. Von da ab verlaufen die ersten
fünf Kolonnen ganz gleich, die beiden letzten überschreiten erst nach
einiger Zeit die Norm, aber nicht über 8 Proz. Jod verursacht in kleinen
Dosen eine sofortige Steigerung, die ebenso schnell wieder vergeht, nur
ılie stärker vergifteten zeigen nach starker Hemmung eine länger an-
dauernde Steigerung; dabei verschwindet die Jodfärbung.
Versuch mit Methylviolett.
125g Hefe, 350g Zucker, 7000 g Wasser gären 2 Stunden, werden dann
in sieben Flaschen gefüllt und ins Wasserbad bei 22° gestellt. Flasche 1
wird Kontrolle; Flasche 2 erhält von einer konzentrierten Methylviolett-
lösung 0,05 ccm; Flasche 3 0,2 ccm; Flasche 4 0,5 сет; Flasche 5 1,0 ccm;
Flasche 6 2 cem; Flasche 7 5 ccm.
— eæ— —— — — m —ї —————— ——— —
Zeit Kontrolle | 0,05 ccm | 0,2 ccm | 0,5 ccm | 1,0 ccm | 2,0 ccm | 5,0 ccm
mn le ee = — L
11557’ bis 12h03’ 10 10 20 | 20 12 10 0
12 05 2 | 10 20 20 | 25 20 0
18 07 40 25 25 385 40 28 4
12 10 dl | 45 40 | 60 65 50 6
12 17 30 ' 45 | 45 45 42 32 6
14
12 22 60 70 · 70 1, 7% | 57
54 H. Zeller:
Versuch mit Methylviolett (Fortsetzung).
Zeit | Kontrolle | 0,05 ccm | 02cm | 0,5 cem | 1,0 ccm | 2.0 cem | 5,0 eem
91
Н
—
bi
>
х
&
1 38 bis 51’
2 05
2 19
2 33
3 30 bis 45
8=35555
888888888
Methylviolett steigert wie Jod sofort bei nicht zu starken Dosen, doch
beginnt die richtige Steigerung später, erreicht ein Optimum von 10 Proz.,
fällt schnell wieder ab, nur eine Konzentration hält einige Zeit eine vermehrte
Kohlensäureproduktion bei. Die stärkeren Konzentrationen lassen bald
eine eigentliche Giftwirkung hervortreten, nach anfänglicher Erholung
geht die Leistung wieder zurück. Die Farbe der Lösung verändert sich
nicht, die Hefezellen färben sich etwas. Methylviolett steht zu Beginn in
seiner Wirkung dem Jod nahe, später wirkt es ähnlich wie Kupfersulfat.
Die Mehrleistung ist eine sehr kleine, beträgt ohne Zurechnung der Hemmung
ungefähr 80 cem Kohlensäure.
Versuch mit Kochsalz.
100g Hefe, 350 g Zucker, 7000 ccm Wasser werden wie sonst behandelt;
dazu Kochsalz zu Flasche 1 0g; zu Flasche 2 2,5g; zu Flasche3 5,0g;
zu Flasche 4 7,5g; zu Flasche 5 10,0g; zu Flasche 6 15,0g; zu Flasche 7
20,0 g. Temperatur 26 bis 30°.
o 2 Zeit ` [|Козшое]025 Kontrolle atrolle | 0. 0,25 Proz. Proz. | 05 Proz. | 0,5 Proz. 05 Proz. | 04 0, 75 Proz. о. | 1 Proz. |15 1 Proz. тот. 11,51 1,5 Proz. el 2, 0 Proz.
12h48’ bis Ih06’ | 90 58 | 31 21 18
1 04 90 71 7 | Se 38 14 8
207 ыз 15' | 90 95 97 98 85 89 88
2 23 90 97 102 97 88 85 85
9 33 90 100 100 94 93 87 90
9 49 90 105 102 97 97 88 87
2 52 l 90 105 101 05 | 9 85 84
3 09 | 90 104 100 6 | 9% 83 89
3 12 90, 100 96 94 95 84 83
3 22 | 90 102 99 96 | 95 85 | 83
3 32 | 90 | 102 99 98 90 87 80
3 42 90 101 oo 96 | 87 84 | 80
3 53 | 90 101 99 | 99 | 95 84 80
4 04 90 101 97 97 95 85 | 78
415 90 102 98 | 102 | 100 88 75
4 26 90 100 95 93 | 98 83 | 7
4 37 90 101 94 94 | 96 85 15
4 48 90 99 93 99 94 87 |! 19
5 33 bis 45 90 99 93 92 | 88 9 | 16
5 57 90 96 88 90 ' 87 89. 7%
6 09 90 95 88 om | 8б 85 | 74
6 58 bis 7h10'|| 90 96 90 93 . 99 90 80
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 55
Der Zusatz des Kochsalzes erfolgte 1 Stunde vor Ablesung der hier
aufgezeichneten Resultate. Alle Flaschen wurden gehemmt und erholten
sich nur langsam der Reihe nach, wie der Beginn der Kolonnen zeigt. Die
Kontrolle erzeugt in der Zeit der Hemmung gegen Flasche 0,25 Proz.
300 cem Kohlensäure mehr.
Diese Zahl läßt sich nicht genau bestimmen, da beim Zusatz des Koch-
salzes und Mischen eine größere Menge verloren geht. Diesen Verlust holt
die Flasche 0,25 Proz. gerade auf im Laufe des Versuchs, so daß die vorüber-
gehende Steigerung von 300 ccm nur scheinbar ist. Die übrigen Flaschen
weisen höhere Grade von Hemmungen auf, so daß sie diesen Verlust durch
spätere Mehrarbeit nicht mehr einholen. Alle erreichen nach längerer
oder kürzerer Zeit die Norm, doch sinken die beiden letzten bald zurück,
um später wieder etwas zu steigen. Die anderen gehen über die Norm,
das Optimum erreicht Flasche 0,25 Proz. mit 16 Proz., Flasche 1 Proz.
kommt noch bis 10 Proz. Sie bleiben längere Zeit über der Norm, wie sie
such längere Zeit gehemmt waren. Kleinere Konzentrationen als 0,25 Proz.
bedingen noch Steigerung bis 8 Proz., aber nur bis zu einer Konzentration
bis 0,05 Proz. Die Hefe ist bei einer Konzentration bis 10 Proz. noch
gärungsfähig, bei 20 Proz. wird sie abgetötet.
Es ist beim Kochsalz möglich, mit geeigneten Konzentrationen eine
längere Zeit anhaltende Steigerung hervorzurufen, die aber die vorher
enntretende Hemmung nicht übersteigt.
Versuch mit Jodkali.
l25g Hefe, 250g Zucker, 5600 g Wasser werden der Gärung überlassen
und dann in sieben Flaschen gefüllt. Wasserbad 25°. Flasche l bleibt
Kontrolle; Flasche 2 erhält 0,8mg Jodkali; Flasche 3 8mg; Flasche 4
50mg; Flasche 5 200 mg; Flasche 6 400 mg; Flasche 7 800 mg. Tempe-
ratur 26°.
Zeit | Kontrolle 10,001 Prom.! 0,01 Prom. | 0,06 Prom. | 0,25 Prom. | 0,5Prom. 1 Prom.
155’ bis 209° 90 | 85 19 ! 80 80 | 77 | 70
235 „ 47 90 | 87 94 | 100 90 78 71
2 59 0 ! 86 94 10 ` 9з 80 | 78
3 10 90 ! 84 90 110 95 | 80 78
391 90 85 92 105 a 82, 72
3 39 90 | 85 93 108 о | 82 16
413 bis 21 90 87 89 105 118 | 81
4 30 90 90 97 105. 92 | 84 85
4 39 90 89 94 105 103 90 9]
4 48 90 91 93 105 — 103 96 | 93
457 90 93 93 | 104 103 100 9!
5 06 90 90 96 105 100 92 92
515 | 90 92 100 | 106 100 98 91
625 bis 33 1 9% | 94 | 10 wm % op
649 "o © 90 98 96 % | 88 oa
6 51 о э % 96 o ` 98 о ` 90
736 bis 44 '" 90 | 88 90 а | 96 83 88
752 90 89 89 96 | 93 8&6 87
am anderen Morgen:
16 т | 7 | 6° 26 | 16 | 25
Jodkali übt eine ähnliche Wirkung wie das Kochsalz aus. Zu Beginn
eine längere Hemmung, dann Ansteigen der mittleren Flaschen über
56 | Н. Zeller:
die Norm, längeres Verweilen auf Marke 100 mit langsamem Absinken zur
Norm. Eine spezifische Wirkung läßt sich nicht nachweisen, nur fängt die
Wirkung schon bei kleineren Konzentrationen an und erreicht keine so
hohe mögliche Konzentration wie das Kochsalz. Die Mehrausscheidung
von Kohlensäure nach Überwindung der Hemmung beträgt ungefähr
300 ccm.
Versuch mit Magnesiumsulfat.
70g Hefe, 350g Zucker, 7000g Wasser werden 2 Stunden der Gärung
überlassen, dann auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle;
Flasche 2 erhält 2g; Flasche 3 4 g; Flasche 4 10 g; Flasche 5 20 g; Flasche 6
40 g; Flasche 7 100g Magnesiumsulfat. Temperatur 30°.
Zeit Kontrolle | 0,2 Proz. | 0,4 Proz. | 1,0 Proz. 2 Proz. | 4 Proz. | 10 Proz.
12b25 bis 28’ 24 7 2
12 327 „ 43 90 67 9 34
12 53 90 76 79 | 55
1 04 90 86 76 80
1 14 90 98 89 | 90
1 30 bis 40 90 96 99 90
1 51 90 97 95 | 100
2 02 90 95 96 97
9 14 90 94 94 85
2 26 90 95 95 | 88
2 38 90 94 93 90
9 Б] 90 93 з | 91
3 03 90 92 92 90
4 30 bis 42 90 90 92 91
4 53 90 90 93 88
6 12 bis 25 90 91 92 90
39 90 90 | 92 92
Magnesiumsulfat wie auch Kaliumchlorid wurden genommen, um noch
einmal die Salzwirkung zu prüfen. Magnesiumsulfat ist in 0,2proz. Lösung
noch unwirksam. Die nächsten Konzentrationen zeigen zu Beginn alle
Hemmung. Sie erholen sich und gehen alle über die Norm. Flasche 10 Proz.
erreicht mit 11 Proz. Überschuß das Optimum, aber nur vorübergehend.
Am längsten arbeiten über die Norm Konzentrationen mit Flaschen 0,4
bis 2 Proz. Sonst ist der Verlauf wie beim Kochsalz.
Versuch mit Kaliumchlorid.
70g Hefe, 350 g Zucker, 7000 g Wasser werden 2 Stunden der Gärung über-
lassen, dann auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle ; Flasche 2
erhält 2g; Flasche 3 4g; Flasche 4 10g; Flasche 5 20g; Flasche 6 40g;
Flasche 7 100g Kaliumchloridd. Temperatur 30°.
Zeit | Kontrolle | 0.2 Proz. | 0,4 Proz. | 1,0 Proz. | 2,0 Proz. | 4 Pros. | 10 Pros.
| |
12h25 bis 28° | 10 | 7 | 4 | 2 4 3 4
12 32 , 43 | 90 67 | 60 40 40 12 0
12 53' | 90 | 70 7 58 55 29 10
1 04 io | 88 | 92 84 80 55 8
1 14 | © | 89 ` 90 89 d 77 10
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 57
Versuch mit Kaliumchlorid (Fortsetzung).
Zeit | Kontrolle | 02 Proz. | 0,4 Proz. | 1,0 Proz. | 2.0 Proz. | 4 Proz. | 10 Proz.
1 30м» 40 |! 90 | 90 | 95 93 82- | 82 44
1 51 90 93 i 9 93 85 86 60
2 02 о | 9з | 95 94 86 82 72
9 14 90 93 ‚ 95 94 86 89 80
9 96 90 | 92 98 95 86 82 80
2 38 ют 97 we 93 86 82 82
9 51 90 96 ` 100 95 85 82 82
3 03 о | oe 100 95 85 82 82
4 30 bis 42 | 90 9 100 94 88 85 86
4 53 | 90 95 98 95 90 87 | 88
6 12 bis 25 | 90 94 98 95 91 90 88
6 39 | 9 9з 9% | 93 | 90 99 89
Beim Kaliumchlorid wirkt schon die 2proz. Lösung schädigend. Die
Hemmung zu Beginn dauert länger an. Aber alle erholen sich und die
niederen Konzentrationen überschreiten die Norm, Konzentration 0,4 Proz.
um 11 Proz. Sie bleiben längere Zeit darüber. Bei der dritten Kolonne
ist eine sichere Gesamtmehrleistung über die Norm festzustellen unter
Hinzurechnung der Hemmung von ungefähr 50 сот Kohlensäure, ohne
Zurechnung der Hemmung von 90 ccm.
Versuch mit Kaliumdichromat.
70g Hefe, 350g Zucker, 7000 g Wasser werden der Gärung überlassen.
Nach 2 Stunden werden sie auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird
Kontrolle, Flasche 2 erhält бтр, Flasche 3 20 mg, Flasche 4 60 mg,
Flasche 5 200 mg, Flasche 6 1000 mg, Flasche 7 5000 mg Kaliumdichromat.
Temperatur des Wasserbades 25°.
Zeit | Kontrolle 0.006 Prom. 0,02 Prom. | 0,06 Prom. 0,02 Prom. | 1,0 Prom. | 5,0 Prom.
GEET EN ЖОР | GES Nez р р SE Er Te
11400 bis I | 54 | 45 35 28 60 | т | 6
1 20 о ww 7 | 102 16 | 12
11 36 90 100 104 9% 100 | 66 | 25
11 50 90 98 105 6 | 98 59 25
12 04 90 96 100 103 90 | 5 28
12 17 90 96 100 | 92 | 90 464 ; 25
12 30 о 985 98 88 0 ә и. 25
12 43 90 90 96 85 86 43 ' 18
12 55 90 90 96 85 | 86 | 38 20
1 07 0, 90 ю 83 o 3 ү 16
1 32 bis 42 X ' 90 D 883 ' 57 20 15
E 90 90 89 78 54 20 12
205 90 90 90 76 54 9 | 8
58 | Н. Zeller:
Schulz hat zu seinen Versuchen reine Chromsäure verwandt, sie gibt
aber sehr wechselnde Resultate, so daß Kaliumdichromat genommen
werden mußte. Zu Beginn wirkt das Salz hemmend, dann arbeitet sich
eigenartigerweise Flasche 0,2 Proz. am schnellsten herauf, fällt aber rasch
zurück, um am Schluß bis auf 54 zu sinken. Ein ähnliches Verhalten zeigen
die beiden letzten Flaschen: nach anfänglicher Erholung sinken die
weiteren Werte fortgesetzt. Sogar die Konzentration 0,006 Proz. sinkt
von 103 allmählich bis auf 76. Flasche 0,02 Proz. entwickelt ein Optimum
von 17 Proz. Wird der Gesamtüberschuß zusammengerechnet, so ergibt
sich ein Mehr уоп 70 ccm Kohlensäure in bezug auf die Norm. Die ein-
tretende Verminderung im Laufe des Versuchs ist sicher auf eine Zell-
vergiftung zurückzuführen.
Versuch mit Eisenchlorid.
70g Hefe, 350g Zucker, 7000 g Wasser werden 2 Stunden der Gärung
üborlassen und auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle;
Flasche 2 erhält 0,6 mg, Flasche 3 2,0 mg, Flasche 4 6,0 mg, Flasche 5
20 mg, Flasche 6 100 mg, Flasche 7 500 mg Eisenchlorid. Temperatur
des Wasserbades 25°.
Kontrolle |0.0006 Prom |0.002 Prom.!0,006 Prom | 0.02 Prom. | 0,1 Prom. | 0,5 Prom.
|
11h00 bis 11° | 55 оо
11 20 | 90 | 0,0
11 36 80 в о
11 50 | 90 | 4 j 1
12 04 | 90 7,0
12 17 | 90 16 0
12 30 т З
12 43 l 90 27 0
12 55 | 90 | л 10
1 07 90 41 4
1 32 bis 42 90 | 46 WW
1 54 90 | % 4
2 05 | 90 50 3
Eisenchlorid steigert in schwachen Konzentrationen sofort nach ganz
kurzer Hemmung, wobei Flasche 0,006 Prom. ein Optimum von 15 Proz.
erreicht, auch die Konzentrationen 0,0006 und 0,002 Prom. kommen über
die 100, doch sinken sie wieder rasch ab. Sie leisten dabei einen Überschuß
von 50cem Kohlensäure. Die Konzentration 0,02 Prom. kommt nicht
mehr ganz zur Norm, und nur nach 3 Stunden erreicht Flasche 0,1 Prom.
die 50. Die höchste Doris wirkt letal. Eisenchlorid wirkt schon in Dosen
von 1: 1600000 steigernd, erzeugt aber nur einen mäßigen Überschuß an
Kohlensäure.
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. 1. 59
Versuch mit Bariumchlorid.
10g Hefe, 350g Zucker, 5600 g Wasser werden 2 Stunden der Gärung
überlassen, dann in sieben Flaschen gefüllt, ins Wasserbad bei 27° gestellt.
Flasche 1 ist Kontrolle; Flasche 2 erhält 2,7 mg, Flasche З 8 mg, Flasche 4
24 mg, Flasche 5 80 mg, Flasche 6 240 mg, Flasche 7 800 mg Bariumchlorid.
| Kontrolle 10,003 Prom. 0,01 Prom | 0,03 Prom. | 0,1 Prom. | 0,3 Prom. | 1 Prom.
Zeit
5h15 bis 18’ 8 4 4 2 3 0 0
5 23' 30 24 22 20 0 0 0
5 27 50 45 45 40 20 12 10
5 30 63 60 68 63 42 19 18
5 34 90 87 85 82 10 48 48
5 45 90 89 90 87 81 70 62
5 57 90 88 93 94 93 84 83
6 09 90 90 92 91 88 83 85
6 20 90 90 92 91 88 86 86
6 32 90 90 90 90 88 80 90
645 ыз 57 90 88 90 88 85 86 85
8 10 90 89 91 89 87 89 89
am anderen Tage:
52 44 50 52 40 41 46
| 102 | 84 | 96 104 | 80 | 88 | 100
Bariumchlorid hemmt zuerst, doch nach kurzer Zeit erholen sich alle, aber
nur bei Zeitpunkt 5,57 übersteigen einige Flaschen die Norm, im Optimum
um 4 Proz. Die Tabelle zeigt aber, daß eine Steigerung im eigentlichen Sinne
nicht vorhanden ist. Es ergibt sich ein maximaler Überschuß von 8 ccm
Kohlensäure.
Versuch mit Kaliumpermanganat.
65g Hefe, 350g Zucker, 7000 g Wasser werden 2 Stunden der Gärung
überlassen, in sieben Flaschen gefüllt und ins Wasserbad bei 30° gestellt.
Flasche 1 wird Kontrolle; Flasche 2 erhält 0,6 mg, Flasche 3 3,0 mg,
Flasche 4 10 mg, Flasche 5 30 mg, Flasche 6 100 mg, Flasche 7 500 mg
Kaliumpermanganat.
Zeit || Kontrolle [0.0006 Prom. 0,003 Prom. 0.01 Prom. | 0.03 Prom. | 0,1 Prom. | 0,5 Prom.
8h00 bis 04’ 18 8 4 3 3 2
8 06' , 36 8 6 4 2
8 10 55 28 4
8 17 90 16 0
8 3] | 90 66 10
8 45 l 90 58 4
8 59 ' 00 | 60 0
913 | 80 | 58 0
9 27 90 | 95 98 92 Sp ` 56 0
9 41 | 80 98 98 90 80 | 53 0
am anderen Tage:
| 80 75 72 77 62 0 | 0
80 | 75 | 80 70 80 0
Zu Beginn hemmt das Kaliumpermanganat. Die stärkste hier ge-
brauchte Dosis wirkt letal. Von den übrigen Konzentrationen erholen sich
merkwürdigerweise zuerst die höheren Konzentrationen, die aber bald
einen Rückgang aufweisen, der mit 80 und 53 meıklich unter die Norm sinkt.
Flasche 0,01 Prom. erlangt ein Optimum von 13 Proz., die ersten drei
60 H. Zeller:
Flaschen gehen über die Norm, sinken aber bald wieder ab. Eine nennens-
werte Mehrleistung wird dabei nicht vollbracht. Die Gärflüssigkeit entfärbt
sich nach kurzer Zeit. Es wird ein maximaler Kohlensäureüberschuß von etwa
80 ccm gebildet.
Versuch mit Kalium chloricum.
70g Hefe, 350g Zucker, 5600 g Wasser werden 2 Stunden der Gärung
überlassen, dann in sieben Flaschen gefüllt und ins Wasserbad bei 27°
gestellt. Flasche 1 wird Kontrolle; Flasche 2 erhält 2,7 mg, Flasche 3
8 mg, Flasche 4 24 mg, Flasche 5 80 mg, Flasche 6 240 mg, Flasche 7
800 mg Kaliumchlorat.
Zeit | Kontrolle |0003 Prom.| 001 P Prom. |0,03 Prom. | 0,1 Prom. | 0,3 Prom. | 1.0 Prom.
5һ15 bis 18' | 15 5 3
5 з 33 20 10 10
5 27 50 34 20 12 ·
5 30 70 60 52 37 30
5 34 _ 90 79 70 53 44
5 45 | 90 91 86 80 70
5 57 ' 90 94 92 90 82
6 09 С 90 95 94 95 90
6 20 | 90 95 94 95 90
6 32 90 94 94 97 95
6 45 bis 57 | 90 95 92 92 92
8 10 90 92 89 92 92
am anderen Tage:
| 52 50 52 50 36 38 38
| 102 | 98 | 92 | 104 | 100 | 76 | 80
Kalium chloricum wurde gewählt, um festzustellen, ob es eine besondere
Giftigkeitauf die Hefe ausübt. Aber nach anfänglicher Hemmung erholen sich
alle Flaschen, ohne eine besondere Wirkung zu zeigen. Sie überschreiten
nur für kurze Zeit die Norm, erreichen ein Optimum von 9 Proz. und gehen
denn zur Norm zurück. Es ergibt sich ein maximaler Überschuß von 70 cem
Kohlensäure.
Versuch mit salicylsaurem Natron.
65g Hefe, 350g Zucker, 7000 р Wasser werden 2 Stunden der Gärung
überlassen, in sieben Flaschen abgefüllt und ins Wasserbad bei 30° gestellt.
Flasche 1 wird Kontrolle; Flasche 2 erhält 6 mg, Flasche 3 40 mg, Flasche 4
100 mg, Flasche 5 300 mg, Flasche 6 1,0g, Flasche 7 5,0g Natr. salicyl.
Zeit Kontrolle olle 0006 Prom. ‚| 03 Prom. | 1 0 Prom. 30 Prom.
8600 bis 04° 30 8 19 e | e 14 4 2 o
8.06’ 42 45 18, 18 20 5,0
8 10 60 ! 40 38 | 35 32 г 5 о
3 17 | оп. е | 60 51 8 | 4
3 31 | 90 98 96 105 66 | 8 4
S 45 ' 90 | 98 96 | 104 B | 8 | 4
8 59 ж 100 100 106 6. 8 | 0
9 13 | 90 | 100 102 | 107 76 8 4
9 27 o ов 99 | 106 | 15 | 8 4
9 41 | 90 | 100 98 | 108 8 | 8 0
am anderen Tage:
| 7 76 75 | 8 | 80 5 0
| 75 | 80 78 юв | 7 0
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 61
Des salicylsaure Natron hemmt anfänglich, bei den beiden letzten
Konzentrationen ist die Wirkung eine letale. Die ersten drei Flaschen
erholen sich ziemlich rasch und übersteigen die Norm. Flasche 0,1 Proz.
erreicht mit 20 Proz. das Optimum. Alle drei arbeiten fortgesetzt mit
einer Steigerung von 10 bis 15 Proz., sogar die Nacht über. Es ist hier
eine fortdauernde Steigerung festzustellen, die bei den anderen Unter-
suchungen sich bisher nicht zeigte. Der maximale Kohlensäureüberschuß
beträgt 16 Proz. der Kontrolle. Die Salicylsäure weist ein derartiges
Verhalten nicht auf, sie erzeugt nur eine rasch vorübergehende Steigerung.
Versuch mit Röntgenbestrahlung.
100 g Hefe, 250 g Zucker, 7000 g Wasser werden der zweistündigen Gärung
überlassen, dann in sieben Flaschen verteilt und zur Bestrahlung gebracht,
die mit einem Symmetrieapparat geschieht. Der Abstand beträgt 23 cm
vom Fokus der Coolidgeröhre. Bestrahlt wird ohne Filter bei 2,5 Milliamp.,
110 Spannungshärtemesser, 153,75 Kilovolt und 0,08 A E — Flasche 1
bleibt unbestrahlt, Flasche 2 wird 2 Minuten, Flasche 3 5 Minuten, Flasche 4
10 Minuten, Flasche 5 20 Minuten, Flasche 6 30 Minuten, Flasche 7
40 Minuten bestrahlt.
Zeit | Kontrolle | 2 Min. | 5 Min. | 10 Min. | 20 М.а. | 30 Міп. | 40 Min.
11039 bis 40°! 90 104 103 87 40
11 Aë op 100 95 85 60
11 56 " 90 103 101 92 70
12 04 ou | 100 | 100 94 15
12 12 "90 98 100 98 82
12 90 "99 100 98 97 85
12 28 90 106 97 93 85
12 36 | 90 99 98 101 88
12 50 bis 57 | 90 93 90 87 94
1 05 90 98 93 90 93
113 | 90 94 90 90 94
2 00 bis 07 | 90 97 95 96 94
234 "9 95 94 90 100
221 90 96 94 93 106
9 98 90 92 89 88 96
235 | 90 87 84 84 92
9 49 | 90 86 83 82 90
404 bis 12 © 90 92 93 94 90
4 20 | 90 92 93 89 88
4 98 | 90 89 89 90 90
6 20 bis 30 " 90 93 96 93 89
6 41 90 99 90 90 87
8 00 bis 12 | 90 92 91 94 99
8 95 | 90 90 90 92 90
Dieser Versuch zeigt eine deutliche Wirkung der Röntgenstrahlen.
Flasche 7 ist zu Beginn ziemlich gehemmt, die Flaschen 2 bis 5 haben sich
schon erholt oder erholen sich noch wie Flasche 6. Alle überschreiten die
Norm, das Optimum erreicht die 10 Minuten bestrahlte Flasche mit 17 Proz.
Bie gehen dann langsam zu 90 zurück. Auffallend sind die plötzlichen
62 H. Zeller:
Sprünge der Zahlenwerte, die ein ungleiches Arbeiten der Hefezelle ver-
raten. Von 100 geht es auf 86, von 93 auf 101; bei allen anderen Versuchen,
ausgenommen denen mit Röntgenstrahlen, zeigte sich kein solches Verhalten.
so daß anzunehmen ist, daß hier eine besondere Wirkung vorliegt. Die
Hemmung zu Beginn ist nur bei den letzten Flaschen sichtbar, der Grund
liegt in der zurückliegenden Bestrahlung, die mit der Flasche 2 begonnen
wurde und mit der siebten aufhörte. In dieser Zwischenzeit haben sich
die ersten schon erholt. Zur genauen Feststellung wurde während der
Bestrahlung die Kohlensäureentwicklung verfolgt. Zwei vor Wärme-
strahlung geschützte Flaschen wurden ins Röntgenzimmer gebracht, die
eine wurde bestrahlt, die andere diente als Kontrolle. Schon nach 5 Minuten
Bestrahlungsdauer konnte eine Verringerung der Kohlensäurebildung fest-
gestellt werden.
Versuch mit Höhensonnenbestrahlung.
Je 15g Hefe werden mit 50ccm 5proz. Zuckerlösung in flacher Schale
von 30 cm Durchmesser zu einem Brei zerrührt, so daß die Schichtdicke
höchstens 1 mm beträgt Im Abstand уоп 50 cm werden die Schalen nach
1 Stunde mit einer Hanauer Quarzlampe bestrahlt. Eine Schale bleibt
unbestrahlt, die zweite wird 5 Minuten, die dritte 10 Minuten, die vierte
20 Minuten, die fünfte 30 Minuten, die sechste 40 Minuten, die siebte
60 Minuten bestrahlt. Nach der Bestrahlung werden die Schalen mit der
nötigen Zuckermenge in die Versuchsflaschen ausgespült, so daß 15g
Hefe, 50g Zucker, 1000g Wasser auf jede Flasche kommen.
Е Zeit 1 Kontrolle | 5 Min. | 10Min. | 20 Min | 3% Min. | 40 Min. | 60 Min.
5h03 bis 08’ 90 102
5 13’ 90 97 81
5 18 90 100 89
5 21 90 95 85
5 30 90 97 85
5 35 90 95 85
5 40 90 96 90
6 00 ыз 05 90 96 85
610 90 96 85
6 15 90 96 80
6 35 ыз 40 90 96 82
6 45 90 93 82
8 02 bis 07 90 90 82
813 90 91 85
am anderen Morgen:
| 70 ' 70 | 66 | 10 | 66 | 6 | o
Die Bestrahlung gibt ein ähnliches Resultat wie die Gifte. Die sicher
am Anfang auch hier eintretende Hemmung läßt sich technich unmöglich
nachweisen. Steigerung tritt bei den kürzer bestrahlten auf, geht aber
nachher zurück. Bei den länger bestrahlten ist eine kleine Schädigung
bemerkbar, die eigenartigerweise später zunimmt.
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. · 63
Bei der Durchsicht der bisherigen Versuche ergibt sich, daß alle
Stoffe zu Beginn des Versuchs auf die in Gärung befindliche Hefe
hemmend wirken. Nach verschieden langer Zeit erholt sich die Hefe
meist bis zur alten Höhe ihrer Tätigkeit, bei bestimmten Konzentrationen
kann sie sogar eine Steigerung zeigen, die aber schließlich wieder zur
Norm zurückgeht. Ausnahmen machen Jod, Bariumchlorid und das
salicylsaure Natron. Letzteres liefert nach anfänglicher Hemmung bei
bestimmten Konzentrationen dauernd einen größeren Überschuß von
Kohlensäure, der nur nach starker Reduktion des Zuckers der Gärungs-
flüssigkeit zurückgeht, aber bei Zusatz neuen Zuckers die alte Höhe
wieder erreicht. Jod weist eine sofortige einmalige Steigerung auf,
bleibt aber dann unwirksam, genau wie das Bariumchlorid, das nur
Hemmung, aber keine Steigerung zeigt. Außer den hier angeführten
Substanzen wurden noch viele andere untersucht, die alle ein ähnliches
Verhalten aufweiser, besonders möchte ich hier die Ameisensäure und
Salicylsäure erwähnen, die beide nach vorangehender Hemmung nur
eine kurzdauernde Beschleunigung erzeugen, also gänzlich von der
Wirkung ihrer Salze abweichen.
Bei der Durchsicht der Literatur fand ich: Euler und Cassel haben
wie Schulz bemerkt, daß verschiedene Substanzen einen Einfluß auf
die Gärtätigkeit ausüben können. Sie haben salicylsaures Natron,
Phenol, Borsäure untersucht, finden aber im Höchstfall eine Steigerung
von 20 Proz. Sie finden die Wirkung von Ammoniumformiat in bezug
auf die Steigerung optimal. Doch lassen sich die verschiedenen Kon-
zentrationen der Versuche schwer miteinander vergleichen, da sie nicht
gleichzeitig ausgeführt wurden. Als Grund vermutet Euler, daß durch
die Gftwirkung eine Veränderung der äußeren Zellschichten stattfindet.
Warum aber die eine Konzentration steigernd wirkt, die andere
schädigend, oder warum ein Stoff fortdauernd steigernd wirkt, läßt
er dahingestellt.
Neuberg, Oppenheimer, Fränkel, Abderhalden haben gefunden, daß
noch viele andere organische Säuren und Aldehyde, außerdem Vitamine
und pflanzliche und tierische Extrakte steigernde Eigenschaften auf
die Gärtätigkeit der Hefe besitzen. Sie werden Aktivatoren, Stimulatoren
genannt und unterscheiden sich in ihrer Wirksamkeit. Die einen be-
schleunigen dauernd, die anderen nur für kurze Zeit. Neuberg fand, daß
der Stimulationseffekt mancher Acceleratoren auf die Hefegärung, auch
mit lebenden Hefezellen den Effekt einer Temperaturerhöhung ersetzt.
Er stellte auch fest, daß die Entfaltung des Stimulationseffekts in einer
sehr variablen Konzentrationsbreite geschieht, bis zur tausendfachen
Verdünnung in manchen Fällen.
Joachimoglu ist der einzige, der Schulzes Versuche, nachdem schon
Euler auf die Notwendigkeit dazu hingewiesen hatte, nachprüfte. Er
64 H. Zeller:
verwandte eine andere Methode zür Bestimmung der Kohlensäure. Er
ließ die bei der Gärung entstehende Kohlensäure durch ein Ventil ent-
weichen und bestimmte durch Wägung den Verlust, was nur im Intervall
von Stunden geschah. Er untersuchte die Wirkung von Sublimat,
Phenol und Chinin. Er stellte dabei nie eine Steigerung fest, obgleich
er dieselben Konzentrationen wie Schulz verwandte, aber auch die-
selbe Art des Hefezusatzes, er benutzte eine 50proz. Hefeaufschwem-
mung, die er mit der Pipette abmaß. Das Endresultat wird bei
mehr oder weniger Hefe dasselbe, aber die Zwischenwerte zeigen Ab-
weichungen, was auch seine Kontrollversuche aufweisen: Beim ersten
Versuch 10 Proz., beim zweiten 30 Proz. Unterschied.
Über die Wirkung der Röntgenstrahlen hat soeben Schneider be-
richtet, ebenfalls Klövekorn. Eine sichere Wirkung auf Hefe ist bisher
nicht nachgewiesen. Der einzige Versuch, der hier mitgeteilt wurde,
sollte zeigen, daß eine Wirkung doch vorhanden ist; ausführlich werden
die Ergebnisse später besprochen.
Süpfle hat Versuche mit ähnlichen Substanzen, aber statt bei
Hefe an Bakterien gemacht; er hat dabei den Einfluß auf das Wachstum
geprüft, während hier ein einzelner Vorgang untersucht wird.
Versuche mit kleinsten Dosen auf die Empfindlichkeit des Proto-
plasmas gehören hierher. Krawkow glaubt von manchen Giften Wirksam-
keit noch in Dosen von 10—32 nachgewiesen zu haben. Ebenfalls hat
Kolisko an Pflanzenkeimlingen mit Kupfersulfat, Eisensulfat, Antimon-
trioxydlösungen Versuche gemacht und kommt zu dem Ergebnis, daß
diese Substanzen noch in Dosen von 10 2 wirksam seien. Meine Ver-
suche an Hefe mit Lösungen, die weiter als 10-7 verdünnt waren, hatten
auf den Gärungsprozeß keine Einwirkung.
Die Untersuchungen der oben genannten Forscher ergeben in
bezug auf die Wirkung der von Schulz angewandten Gifte keine Klarheit,
auch über die Art und Weise des Zustandekommens einer möglichen
Steigerung gibt es keine Erklärung. Bei meinen Versuchen fand ich,
daß die Steigerung bei gleichen Versuchsmengen nicht immer dieselben
Resultate ergibt, sondern daß sie Schwankungen zeigt, die abhängig
sind von der Temperatur und der Art der vorausgehenden Behandlung
der Hefe; je höher die Temperatur über 300 war, je kürzer die Hefe
vor Einbringen der Gifte gärte, um so geringer war die Steigerung.
Diese Beobachtung führte zu einer systematischen Untersuchung
bei höherer Temperatur. Die beiden Versuche mit Sublimat
und Kupfersulfat sind als Beispiele gewählt und zeigen, daß bei
tlieser Temperatur keine Steigerung auftritt. Alle anderen, nur
vorübergehende Steigerung verursachenden Substanzen ergaben das
gleiche Resultat.
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. 1. 65
Versuch mit Sublimat bei 44°.
100g Hefe, 350 g Zucker, 5600 g Wasser werden auf sieben Flaschen ver-
teilt, nach vorheriger l14%stündiger Gärung. Flasche 1 ist Kontrolle;
Flasche 2 erhält 0,8 mg, Flasche 3 1,6 mg, Flasche 4 3,2 mg, Flasche 5
6,2 mg, Flasche 6 9,6 mg, Flasche 7 16,0 mg Sublimat.
Zeit | Kontrolle om Prom. 0,002 Prom. 0,004 Prom.|0,008 Prom. 0,012 Prom.| 0,02 Prom.
10h29 bis 32° | 16 0 0 0 0 0 0
10 35 | 32 0 0 | 0 0 0 0
10 38 50 0 o | 8 0 0 0
10 45 90 23 18 21 13 7 0
10 52 | 50 25 | 295 10 10 4
10 57 | 90 51 43 47 25 15 8
11 08 ' 90 73 66 67 50 36 13
11 19 | 90 | 85 76 81 65 42 14
11 30 "o 9 83 85 76 46 16
11 39 90 | 87 85 85 80 52 15
11 49 | 90 92 87 85 80 55 22
11 59 90 | 92 86 87 82 58 24
12 45 bis 54 | o | 89 85 84 84 78 40
1 04 К: | 88 87 85 86 81 42
1 35 bis 44 | 90 87 86 87 89 90 50
1 54 | © ж | ва | о | в | wels
9 04 90 | 89 88 89 90 90 51
214 90 ` o 89 90 89 88 53
24 o, 89 90 90 88 88 | 58
Der Versuch mit Sublimat bei höherer Temperatur zeigt einen ganz
anderen Verlauf als bei niederer Temperatur (siehe dort). Da bei dem einen
die Kohlensäureentwicklung viel langsamer verläuft als bei dem anderen, kann
die Zeit nicht als Maßstab herangezogen werden, sondern nur die entwickelte
Kohlensäure. Die Versuche wurden mit derselben Hefe unter den genau
gleichen Umständen bis auf die Temperatur angestellt. Nach Entwicklung
der ersten 90 ccm Kohlensäure hat die Flasche 0,001 Prom. bei 22° 97 ccm,
bei 34° nur 23 ccm, bei 180 ccm hat dieselbe Konzentration bei 22° 196 ccm,
bei 34° 74ccm erzeugt, bei 450 ccm sind die betreffenden Zahlen 486 und
326 ccm. Hier erst fängt die Flasche 0,001 Prom. bei 34° an, so viel Kubik-
zentimeter wie die Normalflasche zu erzeugen. Die nächsten Kolonnen
geben ähnliche Resultate. Am auffallendsten sind die Zahlen der letzten
Kolonne. Dort erholt sich bei 34° die Hefe sehr langsam und kommt nur
auf etwas mehr als die Hälfte der Kohlensäureentwicklung der entsprechen-
den Kolonne bei 22°.
Es ist zu sagen, daß bei dieser Temperatur keine Steigerung über die
Norm vorkommt, und daß die Giftwirkung eine viel stärkere ist, als es die
langsame Erholung zeigt.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 5
66 H. Zeller:
Versuch mit Kupfersuljfat bei 34°.
100 e Hefe, 350 g Zucker, 5600 g Wasser werden nach 14, stündiger Gärung
in sieben Flaschen gefüllt. Flasche 1 wird Kontrolle; Flasche 2 erhält
0,8 mg, Flasche 3 1,6 mg, Flasche 4 3,2 mg, Flasche 5 6,4 mg, Flasche 6
9,6 mg, Flasche 7 16,0 mg Kupfersulfat.
&
8888888888888888885
©@®®®&® Юй ро anoo
Kupfersulfat zeigt bei 34° dieselbe Wirkung wie Sublimat. Sämtliche
Verdünnungen bleiben ohne Steigerung über die Norm. Die größere Gift-
wirkung der letzten Kolonnen bei 34° im Vergleich mit dem Kupfersulfat
bei 22° ist ebenfalls vorhanden, wenn auch nicht so stark. Vergleicht
man hier die 90 ccm der Norm mit der erzeugten Kohlensäure der Kon-
zentration 0,001 Prom., so ergibt sich, daß den ersten 90 cem bei 22° 70 ccm,
bei 34° 8 ccm entsprechen; den ersten 180 ccm entsprechen 175 bzw. 40 cem;
den ersten 270 ccm: 290 bzw. 98ccm. Nach sehr langer Zeit erreicht das
Kupfersulfat bei 34° die Norm. Die nächsten Kolonnen verhalten sich in
gleicher Weise. Es fällt auf, daß das Kupfersulfat bei den niederen Kon-
zentrationen schon giftig wirkt, während bei den stärkeren die Wirkung
relativ abnimmt. Also auch hier wird bei höherer Temperatur keine Stei-
gerung erzeugt und die hemmende Wirkung nimmt zu.
Versuch mit Natrium formicicum bei 25 bis 30°.
65 g Hefe, 350 g Zucker, 7000 д Wasser werden der zweistündigen Gärung
überlassen, dann auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle;
Flasche 2 erhält 10 mg, Flasche 3 40 mg, Flasche 4 200 mg, Flasche 5
800 mg, Flasche 6 2,0 g, Flasche 7 5,0 g Natrium formicicum. Die Tempe-
ratur wird langsam von 25 auf 30° gebracht.
Zeit || Kontrolle |0011 Prom. | 0.04 Prom. | 0,2 Prom. | 0,8 Prom. 20 Prom. 50 Prom.
11148% bis 12h07'|| 90 85 90 72
12 24 90 87 92 112
12 37 90 85 96 125
12 50 90 89 90 125
2 03 bis15' | 90 87 93 140
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 67
Versuche mit Natrium formicicum bei 25 bis 30°
(Fortsetzung).
| Kontrolle | 001 Prom. Zem Prom. == 0,2 Prom. | 0,8 Prom. men 5,0 Prom.
ET zu 90 87
4 10 bis 50’ w | 90 90
439 „50 90 90
602 „14 | 90 92
644 „56 90 96
8 09 „3 | 90 96
a 49 | 90 100
Aus diesem Versuch bei niederer Temperatur ist die hohe Steigerung
durch Natriumformiat zu ersehen, am Schluß wird eine Mehrleistung bis
100 Proz. erreicht. Durchschnittlich bringt die letzte Flasche eine Stei-
gerung um 50 Proz. zustande. Bei Beginn tritt eine geringe Hemmung auf,
die aber sehr rasch verschwindet. Im Vergleich mit der Sublimattabelle
ist ein großer Unterschied in der Wirkung festzustellen. Sublimat bringt
eine kurzdauernde, die Norm nicht viel übersteigende Steigerung hervor,
hier zeigt sich eine dauernde, hohe Vermehrung der Kohlensäureausschei-
dung, die eher eine Tendenz zur Erhöhung hat. Schulz hat zu seinen Ver-
suchen freie Ameisensäure verwandt, ich habe verschiedene Versuche
damit angestellt, dabei stets nur eine vorübergehende, nicht 10 Proz.
übersteigende Vermehrung gefunden, die also mit der hier vollbrachten
Leistung nicht in Vergleich zu stellen ist. Freie Ameisensäure, ebenso
Salicylsäure bringen ähnliche Resultate bei der Einwirkung auf die Hefe
hervor wie die bisher besprochenen Mittel.
Versuch mit Natriumformiat bei 34 bis 42°.
65р Hefe, 350 g Zucker, 7000 g Wasser werden der zweistündigen Gärung
überlassen, dann auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle;
Flasche 2 erhält 10 mg, Flasche 3 40 mg, Flasche 4 200 mg, Flasche 5
800 mg, Flasche 6 2,0 р, Flasche 7 5,0g Natriumformist. Die Temperatur
wird von 34° langsam auf 42° erhöht bis zur Mitte des Versuchs, so daß
sie viertelstündlich um 2° stieg. Dann wurde die Flamme entfernt, wonach
die Temperatur viertelstündlich um 1° fiel.
аа
Zeit Zeit || Kontrolle [00 [001 Pron Prom. Jam 0,04 Prom. 0,2 Prom. | 0,8 Prom. | 2,0 Prom. | 20 Prom. | 50 Prom. 5.0 Prom.
11h19 bis 28° 90 99 105
П 37 90 96 105 100
11 46 90 90 103 102
11 55 90 87 98 95
12 10 90 90 98 93
12 23 90 89 100 96
12 36 90 89 ` 98 98
12 50 90 90 100 96
103 90 95 102 100
1 39 bis 52 90 92 103 105
335 „ 48 90 87 100 104
550 „ 605] 90 90 100 100
68 H. Zeller:
Der Beginn dieses Versuchs setzt ungefähr an derselben Stelle ein
wie der Versuch bei niederer Temperatur. Die Temperatur wurde langsam
auf 42° erhöht, was beim Zeitpunkt 12h23 erreicht ist. Dann sinkt die
Temperatur auf 35°, was bei Zeitpunkt 3035 stattfindet. Zu Beginn zeigt
sich dasselbe Bild wie bei der vorigen Tabelle. Bei 34° sind noch Stei-
gerungen bis 28 Proz. möglich. Bei höheren Temperaturen gehen diese
zurück, da die Hefe selbst geschädigt wird, trotzdem kommen noch Werte
bis 100 vor. Bei absinkender Temperatur erhöht sich die Steigerung nicht
mehr auf das frühere Niveau, da die Hefe endgültigen Schaden erlitten
hat, was an einer eintretenden Sedimentierung zu sehen ist.
Versuch mit Tihyreoidin bei 25 bis 30°.
65g Hefe, 350g Zucker, 7000g Wasser werden 2 Stunden der Сагипа
überlassen, dann auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle;
Flasche 2 erhält 0,3g іп 20ccm Wasser aufgeschwemmte Glandula
thyreoidea sicca; Flasche 3 0,6g derselben Glandula thyreoidea Merck;
Flasche 4 erhält eine Tablette Thyreoiddispert Krause; Flasche 5 zwei
Tabletten; Flasche 6 sechs Tabletten; Flasche 7 zehn Tabletten Thyreoidin-
dispert. Die Tabletten wurden fein zerrieben, in 20 ccm Wasser aufge-
schwemmt und nach einiger Zeit der Hefe zugesetzt. Die Temperatur
stieg während des Versuchs langsam von 25 auf 30°.
Zeit | — 038 | 068 | 1Tab 1 Tabl. Е 2 Tabl. "pt. | 6Tabi. | 10 Tabl 6 Tabl. Im 10 Tabl.
11h30 bis 48’ 90 160 170 66 | 82 10 75
12 07' 90 140 145 80 99 76 80
12 24 90 122 129 e 86 2 90 84
12 37 90 102 108 92 54 88
12 50 I 90 102 106 92 100 100 90
2 03 bis 15 90 103 108 96 103 104 90
2 28 90 102 110 95 103 104 90
4 10 bis 22 90 108 120 98 103 103 90
4 35 90 118 125 96 96 96 95
6 12 bis 14 90 110 115 98 98 98 93
6 44 „ 56 90 117 118 108 109 | 109 | 102
809 „ 23 90 126 194 116 190 | 190 | 114
9 27 „ 42 90 135 132 129 135 140 126
9 57 „ 10h15’ 90 135 132 138 | 146 150 | 136
Es wurden zweierlei Thyreoidinpräparate verwandt: Glandula thyreo-
idea sicca Merck und Thyreoiddispert Krause. Das Mercksche Präparat
steigert sofort bis um 90 Proz., nach kurzer Zeit läßt die Wirkung bis auf
17 Proz. nach, um dann wieder auf 45 Proz. zu steigen. Die einzelnen
Präparate verhalten sich aber verschieden, manche zeigen die Steigerung
am Anfang und am Ende, andere entweder nur am Anfang oder nur am Ende.
Thyreoiddispert zeigt nur die später auftretende Steigerung, außerdem
wirken davon größere Dosen weniger als mittlere. Auffallend ist auch
die starke anfängliche Hemmung zu Beginn des Versuchs, die das Mercksche
Präparat auch bei Unwirksamkeit in der Steigerung zu Beginn nie aufweist.
Gegenüber der Kontrolle leistet Thyreoidin im Durchschnitt optimal
45 his 50 Proz. mehr als die Norm.
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 69
Versuch mit Thyreoidin bei 34 bis 42°.
65g Hefe, 350g Zucker, 7000g Wasser werden 2 Stunden der Gärung
überlassen, dann auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird Kontrolle;
Flasche 2 erhält 0,3g Glandula thyreoidea sicca, Flasche 3 0,6 g derselben
Glandula thyreoidea Merck, Flasche 4 erhält eine Tablette Thyreoid-
dispert Krause, Flasche 5 zwei Tablette, Flasche 6 sechs Tabletten, Flasche 7
zehn Tabletten Thyreoiddispert. Die Substanzen wurden fein zerrieben,
іп 20 ccm Wasser aufgeschwemmt und nach einiger Zeit der Hefe zugesetzt.
Die Temperatur stieg von 34° viertelstündlich um 2°, bis sie 12h 23’ 42°
erreichte. Dann fiel sie viertelstündlich um 1°.
Zeit Kontrolle | 038 068 1 Tabl. | 2 Tabl. | 6 Tabl. | 10 Tabl.
1196 28° | во | 105 | 106 | ив | 102 92 | 120
11 37 00 | 108 | 120 | 120 | 10 98 | 108
11 46 90 95 | 110 95 90 95 | 100
11 55 90 94 | 100 95 90 op | 100
12 10 | 90 100 100 95 90 95 100
12 23 90 94 98 90 90 96 98
12 38 ж 99 | 102 89 on | 100 | 10
12 50 00 | 100 | 103 86 00 | 100 | 100
1 03 00 | 101 | 108 87 92 | 102 ! 100
1 39652 | 90 | 103 | 102 91 oe | 102 | 103
335,48 90 | 100 ' 108 91 95 | 102 | 103
550° 605 90 | 105 | 93 95 94 | 100 | 101
Der Versuch mit höherer Temperatur setzt umgefähr an der Stelle
ein, die der Spalte 644 bis 56’ des ersten Thyreoidinversuchs entspricht.
An dem Zeitpunkt 11h19 bis 56’ ist eine Temperatur von 34 bis 35°, wird
sie nun höher, so sinken die Werte der Kohlensäureproduktion, doch bleibt
auch bei ganz hoher Temperatur (42%) immer noch ein Mehr von 10 Proz.
bei Zeitpunkt 12h23’. Wird die Temperatur wieder niedriger, bei 3h 34 bis 40’
herrschen 35%, dann werden die Steigerungswerte wieder erhöht, doch
erreichen sie nicht wieder die Anfangshöhe, da durch die hohe Tempe-
ratur die Zellen geschädigt wurden.
Es ist sicher, daß Thyreoidin ganz anders wirkt als die bisherigen Gifte.
Die Steigerung kann eine Höhe erreichen, die bisher nicht beobachtet
wurde. Dazu hält die Steigerung, wenn auch nicht auf gleicher Höhe,
doch fortwährend an und kann je nach der Dosis durchschnittlich 20 bis
% Proz. betragen. Bei solcher Mehrarbeit muß bei längeren Versuchen
selbstverständlich von neuem Zucker zugesetzt werden, um dadurch keine
Fehlerquellen zu bedingen. Es ist dieses besser, als wenn von Anfang an
größere Zuckermengen zugesetzt werden. Dann wirkt Thyreoidin auch
noch bei 34° ebensogut wie bei niederer Temperatur, nur bei Erhöhung
nimmt die Leistung ab wegen der eintretenden Zellschädigung. Auf die
eigentliche Wirkungsweise des Thyreoidins werde ich später zurückkommen,
hier wurde es nur wegen der gegensätzlichen Wirkung angeführt.
Zur Vergleichsuntersuchung wurden Substanzen gewählt, die sicher
eine dauernde Steigerung bewirkten, Thyreoidin und Natrium formicicum.
Thyreoidin war bisher nur in Form des Thyroxins von Tomita im Neuberg-
schen Institut untersucht, der eine gewisse Beschleunigung der Hefegärung
feststellte, Fränkel benutzte einen alkoholischen Extrakt von zahlreichen
tierischen Organen, darunter auch der Schilddrüse, als Vitamin, um zu
70 H. Zeller:
zeigen, daß diese Extrakte auf die Hefegärung beschleunigend wirken.
Euler benutzte meist das Ammoniumformiat bei seinen Versuchen, ich
wollte der Sicherheit wegen jede Stickstoffquelle ausschließen und nahm
das Natriumsalz. Die Versuche wurden bei mittlerer und höherer Tem-
peratur angestellt, um einen Vergleich mit den früheren Resultaten zu
bekommen.
Bei 34° haben beide Substanzen noch ihre volle Wirksamkeit, bei
derselben Temperatur steigern die anderen Gifte nicht mehr. Es besteht
zwischen den vorübergehend steigernden und den dauernd steigernden
nicht nur ein gradueller Unterschied, sondern der Angriffspunkt auf die
Zelle muß ein anderer sein. Es ist möglich zu sagen, wie es Neuberg tut:
Der Effekt der Acceleratoren bei der ersten Gruppe ersetzt eine Tempe-
raturerhöhung. Leistet schon die Temperatur das Optimum, dann sind
diese Steigerer ohne Wirkung.
Wurde die Vorbehandlung der Hefe verschiedenen Änderungen unter-
worfen, so stellte sich dabei heraus, daß die später eintretende Steigerung
davon abhängig ist, ob die Hefe mehr oder weniger lang mit dem Zucker
in Berührung war, ehe das Gift zugesetzt wurde. Ein verkürzter Versuch
zeigt das am deutlichsten.
125g Hefe werden mit 5600 Waaser von 30° gemischt, häufig um-
gerührt und nach 1 Stunde auf sieben Flaschen verteilt. Flasche 1 wird
Kontrolle; Flasche 2 erhält 2,5g Natrium formicum, Flasche 3 0,5g
Glandula thyreoidea, Flasche 4 125 mg Jod, Flasche 5 5 mg Phosphor,
Flasche 6 1 mg Kupfersulfat, Flasche 7 1 mg Sublimat. Nach 15 Minuten
erhalten alle je 50 g Zucker und werden auf 1000 ccm aufgefüllt. Tempe-
ratur des Wasserbades 25°.
Zeit "` Formiat |Thyreoidin| Jodkali Phosphor | Kupfersulfat| Sublimat | Normal
1105 bis 11 | 82 95 | 88 90 89 90
11 16° 105 96 93 96 90 90
11 21 110 98 94 96 91 90
11 95 116 | 100 90 93 89 90
11 30 123 99 86 91 86 90
11 35 120 98 т | 90 88 90
11 40 118 99 89 | 89 89 90
11 45 116 | 11 ' 9 | o 92 90
Dieser Versuch und andere ähnliche ergaben, daß die dauernd steigern-
den Stoffe auch bei dieser Vorbehandlung der Hefe ebenso wie sonst arbeiten,
daß dagegen die nur vorübergehend steigernden nur die Norm erreichen.
Eine kurzdauernde Mehrleistung geben Jodkali, Natriumchlorid, Phosphor,
die aber nur einige Kubikzentimeter Kohlensäure ergibt. Es ist ein großer
Unterschied im Verhalten der Schulzschen Gifte in bezug auf den Zustand
der Hefe zu konstatieren. Es ist folgendes festzuhalten: Die Gruppe der
vorübergehend steigernden (Schidzsche) Gifte sind in ihrer Wirkung
abhängig von Temperatur und Vorbehandlung der Hefe, während die
dauernd Steigerungen hervorrufenden ihre Wirkung nur einbüßen, wenn
die Zelle mit geschädigt wird.
Betrachtet man die Schulzsche Gruppe näher, so läßt sich aus den
Tabellen ungefähr die Überproduktion an Kohlensäure errechnen, sie
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 11
beträgt 7 bis 300 ccm, wobei von jedem Gifte die maximal arbeitende
Kolonne genommen wurde. Die Frage über die Ursache dieser Mehrproduk-
tion war nicht leicht zu beantworten. Zuerst dachte ich an eine Änderung
der Bakterienflora, die mit der Hefe zusammenlebt, besonders bei den
Sublimat- und Kupfersulfatversuchen. Aber die Zahl der Bakterien ver-
ändert eich nicht, überdies hat Schiller festgestellt, daß diese Bakterien
für die Hefe dringend nötig sind zum Aufbau höherer Stickstoffverbindungen.
Eine Wirkung von Nekrotinen im Sinne von Haberlandt und Handovsky
kommt wohl nicht in Betracht, da sie gerade zu Beginn der Gärung am
besten wirken müßten, dort ist aber gar keine Erhöhung zu konstatieren.
Eine Vergiftung des Zellinnern ist wohl ebenfalls abzulehnen, da die Er-
holung rasch eintritt und die Zelle dauernd mit dem Gifte in Kontakt bleibt.
Wie eine Vergiftung wirkt, ist in der Tabelle von Kaliumbichromat und
Arsen zu sehen. Beim Einbringen der Gifte entstehen Änderungen der
Konzentration, die die Löslichkeit der Kohlensäure meist vermindern, aber
dies hat für das Bestimmen der fortgesetzt abfließenden Kohlensäure keine Be-
deutung. So kommt nur noch eine Änderung der Zelloberfläche in Betracht.
Die durch die Gifte verursachte Hemmung zeigt, daß der Austausch
zwischen Zelle und Gärflüssigkeit gestört ist. Diese Störung wird langsam
beseitigt, und es wird vermehrt Kohlensäure ausgeschieden. Es besteht
immerhin die Möglichkeit, daß diese Kohlenräure in der Zeit der Hemmung
nicht abgegeben wurde und nun zum Vorschein kommt. Ез ist möglich,
damit einige Resultate zu erklären, doch kommt sofort die Frage, warum
kommt bei Temperaturerhöhung und anderer Vorbehandlung der Hefe
ein nachträgliches Ausstoßen der durch die Hemmung zurückgehaltenen
Kohlensäure nicht vor.
Die 7 bis 300 cem Kohlensäure, die mehr gebildet werden, zeigen keine
fließenden Übergänge unter den einzelnen Giften, sondern es bilden sich
Gruppen: unter 10 cem bilden Jod und Bariumchlorıd; zwischen 55 und
130 ccm haben in aufsteigender Reihe Sublimat, Kaliumchlorat, Arsenik,
Magnesiumsulfat, Eisenchlorid, Kaliumpermanganat, Kupfersulfat, Kalium-
dichromat, Methylviolett, Höhensonne, Kaliumchlorid, Röntgenstrahlen ;
zwischen 280 bis 300 ccm haben Kochsalz, Phosphor, Jodkali. Weit
darüber stehen Natriumsalicylat, Thyreoidin, Natriumformiat.
Bei der Glykogenreaktion mit Jod stellte sich folgendes heraus: Frisch
gekaufte Hefe zeigt wechselnde, aber geringe Reaktion; Hefe nach ge-
wöhnlicher zweistündiger Gärung zeigt sehr starke und Hefe bei 34° Tempe-
ratur oder am Ende der normalen Gärung geringe Reaktion. Um sicher
die gärungsfähige Menge in der Hefe zu bestimmen, habe ich Hefe aus
verschiedenen Stadien der Gärung nach vorherigem zweimaligen Aus-
schleudern 3 Stunden bei 34° gehalten, die in der Hefeflüssigkeit noch
vorhandene Kohlensäure durch Wärme in den vorliegenden Auffang-
zylinder getrieben und nach Abkühlung die entstandene Gasmenge ab-
gelesen. Es ergab sich folgende Menge Kohlensäure auf 1 g Hefe berechnet:
Hefe frisch gekauft entwickelt 0,5 bis 1,5ccm; Hefe nach 2 Stunden
Gärung 7 bis 10 ccm; Hefe am Ende der Gärung 1 bis 2 cem; Hefe nach
zweistündiger Aufschwemmung in warmem Wasser ergibt keine Kohlen-
зше. Daraus folgt, daß die von mir vor Beginn des eigentlichen Versuchs
verwandte Hefe ziemlich viel Glykogen enthielt. Hatte die Hefe Glykogen,
% gab sie einen Überschuß an Kohlensäure ab, war nur wenig Glykogen
vorhanden, so bildete sich nur die normale Menge. Wird die durch Um-
wendlung des Glykogens mögliche Kohlensäure entsprechend der Hefe-
19 Н. Zeller:
menge eingesetzt, so ergibt sich, daß ein Überschuß bis 130 ccm auf das Gly-
kogen zurückgeführt werden kann. Darunter fallen die meisten der oben
erwähnten Substanzen, ausgenommen Natriumchlorid, Phosphor, Jodkali,
sie bilden einen Überschuß, der wahrscheinlich nicht mehr auf das Glykogen
zurückgeführt werden kann. Eigenartigerweise sind diese drei Substanzen
an anderer Stelle als Ausnahmen aufgetreten: Sie bewirken eine kleine
Steigerung auch bei der nicht glykogenhaltigen Hefe, die aber nur sehr
gering ist. Es wird wahrscheinlich sich so verhalten: sie üben einen ge-
ringen spezifischen Einfluß auf die Hefe aus, der sich bei Anwesenheit
von Glykogen potenziert.
Höhere Temperatur, die Schulzschen Gifte, Zuckermangel der Gärungs-
flüssigkeit wirken auf das Glykogen vermindernd. Es ist nun klar, warum
diese Gifte im Sinne einer Temperatursteigerung wirkend betrachtet werden
können, aber es ist ebenso einleuchtend, warum eine Hemmung der Zucker-
aufnahme im Sinne eines Zuckermangels der Gärungsflüssigkeit wirken
kann. Bei beiden Vorgängen greift die Zelle auf das naheliegende Glykogen
zurück, Natürlich ist es möglich, von einer Wirkung und Gegenwirkung
zu sprechen, aber wir sehen, daß die Gegenwirkung eng beschränkt ist.
Bei Betrachtung dieser Ergebnisse sieht es aus, als ob Schulz wenigstens
theoretisch Recht hat und manche seiner Versuchsergebnisse doch in
diesem Sinne verwandt werden können. Er bekommt bei seinen Versuchen
starke Ausschläge, die er auf die Wirkung kleiner Dosen zurückführt.
Bei meinen Versuchen kommen nur kurzdauernde Steigerungen bis 20 Proz.
vor (Schulzsche Gruppe), aber ganz vereinzelt, meist geht das Optimum
nur bis 10 Proz. Und diese Überproduktion kann in einem Zeitraum von
4 bis 12 Minuten sich abspielen, um dann zurückzugehen. Schulz beobachtet
nur alle 15 Minuten und erhält dabei Ausschläge im Durchschnitt von
4mm Quecksilber. Er kann schätzungsweise noch % mm bestimmen,
10 Proz. Mehrleistung geben aber nur 0,4mm Ausschlag. was auf seiner
Skala nicht abzulesen ist. Es ist praktisch unmöglich, mit seiner Apparatur
die hier gefundenen Resultate zu gewinnen, die im Durchschnitt nur einige
Prozente Mehrleistung betragen. Auch seine theoretische Betrachtung
ergibt andere Ergebnisse, als das hier gefundene. Schulz meint, bei jedem
Versuch gibt eine Konzentration ein Optimum, die daneben liegenden
Konzentrationen sind aber unwirksam, sie bewegen sich auf dem In-
differenzpunkt. Meine Versuche zeigen eine mögliche Steigerung durch eine
größere Anzahl von Konzentrationen, von denen natürlich nicht alle die-
selbe Höhe erreichen. Die einzelnen Gifte wirken aber auch nicht gleich-
artig; bei den einen tritt die Reaktion schnell ein, bei den anderen fällt sie
schnell ab. Außerdem ist auch eine spezifische Giftwirkung zu konstatieren,
die den Eintritt der Steigerung gar nicht oder nur wenig aufkommen 186,
wie beim Bariumchlorid und Jod.
Von einer Besprechung der dauernd steigernd Wirkenden wird Мег
abgesehen, da sie nicht in den Schulzschen Gedankenkreis gehören und
einen ganz anderen Angriffspunkt haben, sie wurden nur herangezogen,
um den Gegensatz zu zeigen.
Zusammenfassend ist zu sagen: Es ist möglich, durch die von
Schulz untersuchten Gifte und andere dazugehörige unter bestimmten
Umständen eine vorübergehende Steigerung zu bekommen. Sie ist aber
sehr mäßig und abhängig vom Glykogenvorrat der Hefe. Eine größere
Steigerung, die nur teilweise mit dem Glykogenvorrat in Zusammen-
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 73
hang steht, bewirkt das Natriumchlorid, Jodkali und der Phosphor.
Eine vergiftende Wirkung zeigen Bariumchlorid und Kaliumdichromat.
Die dauernd Steigernden werden erst später besprochen, da sie ganz
anders wirken. Es würde nicht nötig sein, auf diese Versuchsergebnisse
80 einzugehen, wenn nicht Schulz weittragende Schlüsse gezogen hätte
und auf dieses wissenschaftliche Ergebnis ein ganzes therapeutisches
Gebäude aufbaute; sogar die Homöopathie, ein Teil der „Biochemiker“
zieht zum Beweis das Arndi-Schulzsche Gesetz heran, aber auch Ver-
treter der Schulmedizin haben eine Vorliebe dafür, nur mit der Be-
zeichnung Regel anstatt Gesetz. Es ist auch bestechend einfach und
überzeugend. Hätte ich in der praktischen Anwendung nicht die MiB-
erfolge gesehen, so wäre ich nie darauf gekommen, die Grundlagen
nachzuprüfen. Was mit der Schulzschen Methode nicht möglich war,
habe ich hier mit einer feineren Methode untersucht, habe auch Steigerung
gefunden, im Gegensatz zu Schulz in einer- ziemlichen Konzentrations-
breite, aber diese Steigerung ist so gering ‚ daß sie für einen biologischen
Prozeß gar nichts sagt. Außerdem tritt sie nur unter ganz günstigen
Bedingungen auf. Schulz sagt: „Jeder Umstand, der das physiologische
Gleichgewicht einer Zelle oder eines Gemeinwesens von Zellen stört,
wirkt als Reiz. Die Zellen antworten auf jeden Reiz, der sie trifft und
dabei ein gewisses Maß von Intensität besitzt, durch Veränderung
ihrer Tätigkeit.“ Der Ausgangspunkt dieser Überlegungen waren die
hier nachgeprüften Hefeversuche, durch die er das biologische Grund-
gesetz erwiesen glaubt. Aber sie erweisen gerade das Gegenteil. Die
Gifte hemmen stets, was sicher eine Störung des physiologischen Gleich-
gewichts der Zelle bedeutet ; also müßten alle, unabhängig vom Glykogen-
gehalt, eine auf die Hemmung folgende, dieser adäquate Steigerung
aufweisen. Das ist aber nicht der Fall.
In der jetzigen Literatur tauchen immer wieder die Schulzschen
Zahlen auf, es werden immer die Sublimatversuche angeführt und
gesagt, daß Sublimat in kleinen Dosen 1: 700000 die Kohlensäure-
bildung der Hefe vermehrt. In einem eben erschienenen Büchlein von
Gutkerz habe ich das wieder gefunden. Er versucht außerdem, das
Arndt-Schulzsche Gesetz mit der Weigertschen Lehre von der primären
Gewebsschädigung zu verbinden, und meint, bei beiden ist der Grund-
gedanke, daß durch eine minimale Schädigung der Zelle eine Reizung
stattfindet, hier durch Nekrotine, dort durch Gifte. Diese löst eine
Superregulation aus und führt so zu einer Hyperbiose. Eine ähnliche
Anschauung vertritt Czapek, der in dem stimulierenden Effekt von
dünnen Giftlösungen einen autoregulatorischen Vorgang erblickt.
Diese Anschauung könnte insofern richtig sein, als die Hemmung bei
den glykogenhaltigen Zellen schneller überwunden wird, außerdem
ertragen sie eine stärkere Giftkonzentration: Hefe mit Glykogen erholt
14 Н. Zeller:
sich noch bei einer Konzentration von 1: 50000 Sublimat und 1: 25000
Kupfersulfat, für Hefe ohne Glykogen sind die entsprechenden Zahlen
1: 83000 und 1: 50000.
So muß die von Schulz іп bezug auf die Hefe vertretene Anschaung,
daß schwache Reize anfachen, mittlere steigern und starke hemmen,
als allgemeingültig abgelehnt werden. Es gibt bestimmte Substanzen
seiner Gruppe, die vorübergehend steigernd wirken können, andere
können unter bestimmten Umständen Steigerung vortäuschen, aber
nie konnte ein Versuchsergebnis als Reizwirkung ausgedeutet werden.
Das Arndt-Schulzsche Gesetz hat, wie Handovsky sagt, eine Art Ве.
rechtigung, nur in der Zone der eben reizenden und tötenden Kon-
zentrationen, da sagt es nichts Neues; sonst ist es nicht anwendbar.
Joachimoglu meint, wenn es gelänge nachzuweisen, daß kleine
Konzentrationen steigern können, dann hätte das Gesetz seine Be-
reehtigung. Hier ist nachgewiesen, daß unter bestimmten Umständen
das möglich ist, aber gleichzeitig wurde auch die eigentliche
Ursache der Steigerung nachgewiesen. Ein biologischer Effekt, der
nur einige Prozent im Höchstfall erreicht, kann nicht als Reiz an-
gesprochen werden.
Die folgende Betrachtung faßt am besten die Ergebnisse zusammen:
Durch den Zusatz der Gifte wird der Stoffwechselaustausch der
Hefe gehemmt; die Größe der Hemmung wird durch die Konzer-
tration der Gifte bestimmt. Durch Vergärung der in der Zelle
noch vorhandenen Substanzen gelingt es ihr, allmählich die
Hemmung zu überwinden. Ist viel Glykogen vorhanden, so wird
viel Kohlensäure gebildet und die Hemmung um so schneller über-
wunden. Је schneller das geschieht, um so mehr tritt die Glykogen-
kohlensäure in Erscheinung. Je größer die im Innern der Zelle
gebildete Kohlensäuremenge ist, eine desto größere Hemmung kann
sie überwinden. |
Ergebnis: Die Versuche von Schulz sind fehlerhaft, die Resultate
sind nicht verwertbar.
Die von Schulz verwandten Gifte bewirken erst eine Verminderung
der Kohlensäurebildung, die sich nach einiger Zeit auf die frühere
Höhe erhebt. Bei Beginn der Gärung, am Schluß derselben und bei
höherer Temperatur enthält die Hefe wenig Glykogen. Wird die Hefe
mit Glykogen angereichert, so wird diese bei einer Hemmung der Zucker-
zufuhr vergoren und kann eine Steigerung der Kohlensäurewerte
bedingen.
Natriumchlorid, Jodkali, Phosphor bewirken eine kleine eigent-
liche Steigerung, die bei Gegenwart von reichlich Glykogen
potenziert wird.
Wirkung von Arzneimitteln und Strahlen auf Hefe. I. 75
Literatur.
Abderhalden, Handb. d. biol. Arbeitsmeth., Abt. ХП, Heft 1: Pringe-
heim, Bau, Linder. — Abderhalden und Schaumann, Pflügers Arch. f. ges.
Physiol. 172, 1. — Euler, Zeitschr. f. physiol. Chem. 87, 142. — Euler und
Cassel, ebendaselbst 86, 122. — Fränkel und Schwarz, diese Zeitschr. 112,
203. — Fränkel und Hager, ebendaslebst 126, 189. — S. Gutherz, Der Partial-
tod. Jena 1926. — Haberlandt, Biol. Zentralbl. 42. — Handovsky, Münch.
Med. Wochenschr. 1925, S. 652; Klin. Wochenschr. 1925, S. 1650. —
Joachimoglu, diese Zeitschr. 180, 238. — Neuberg, ebendaselbst 88, 145. —
Neuberg und Ehrlich, ebendaselbst 101, 239. — Oppenheimer, ebendaselbst
98, 125. — Klövekorn, Strahlentherapie 20, Heft 2. — Krawkow, Zeitschr.
f. ges. exper. Med. 84, 279. — Kolisko, Nachweis der Wirksamkeit kleinster
Eintitäten. Stuttgart 1923. — Sandberg, diese Zeitschr. 128, 76. — Schiller,
Zentralbl. f. Bakt. u. Parasitenk., Abt. I, Orig., 92, 124. — Schneider,
Strahlentherapie 20, Heft 4. — Schulz, Pflügers Arch. f. Physiol. 42, 517.
Süpfle, Zentralbl. f. Вак. u. Parasitenk., Abt. I, Orig., 89, 112. — Tomita,
diese Zeitschr. 181, 175. — Czapek, Biochemie der Pflanzen 1, 1913. —
Schulz, Unorganische Arzneistoffe, 1907.
Der Mechanismus der Insulinwirkung.
Von
Artturi I. Virtanen.
(Aus dem Laboratorium der Butterexportgesellschaft Valio m.b. H.,
| Helsinki.) |
(Eingegangen am 15. Februar 1926.)
Aus dem Befund!), daß Insulin die Cozymase bei den Milchsäure
bakterien ersetzen kann und folglich als Cozymase wirksam ist, habe ich
die Schlußfolgerung gezogen, daß das Insulin den Zuckerabbau im
Organismus fördert, indem es dieZymophosphatbsldung aktiviert. Durch die
Zymophosphatbildung wird die Milchsäuregärung wie auch die Mich,
säurebildung im Organismus und die alkoholische Gärung eingeleitet, und
das Insulin ist darum bei diesem ersten Gärungsstadium tätig. Meine
Auffassung von der Insulinwirkung im Organismus geht aus folgendem
Schema deutlich hervor:
Hydrolytische Spaltung РС Нехове
х
Cozymasewirkung | Insulinwirkung
Glykogen Hexosediphosphat
Unbekannte 3- Kohlenstoffverbindungen
Oxydative Synthese `
Reaktionschemismus unbekannt
Die direkte Einwirkung des Insulins ist auf die Aktivierung der
Synthese von Hexosediphosphat beschränkt. Welche Bedeutung dies
Verbindung bei den Gärungen hat, ist noch nicht klar. So viel scheint
festzustehen, daß die Milchsäuregärung — wie auch die alkoholische
Gärung — ohne Bildung von Hexosediphosphat nicht abläuft und дав
der Zuckerphosphorsäureester als Zwischenprodukt der Milchsäure-
gärung zu betrachten ist. Wird nun aber die Bildung eines Zwischen-
produkts aktiviert, so ist zu erwarten, daß die Bildung des Endprodukts,
Milchsäure, auch gefördert wird.
Der Insulininjektion sollte also die Verminderung des freien
Phosphats und eine Erhöhung der Milchsäure folgen. In der Tat wird
Milchsäure
1) Virtanen, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 58, 696, 1925.
A.I. Virtanen: Mechanismus der Insulinwirkung. 77
nach der Insulininjektion — mindestens bei größeren Dosen, durch -
welche die Insulinwirkung am deutlichsten zum Vorschein kommt —
stets eine deutliche Milchsäuresteigerung im Blute beobachtet, wie aus
den Bestimmungen von Kuhn und Baur!) u. a. deutlich hervorgeht.
Das freie Phosphat sinkt normal auch durch Insulin unter Bildung
von Hexosediphosphorsäure?), wie unsere Hypothese voraussetzt. Daß
die Zunahme von Zymophosphat gewöhnlich nicht stark ist, läßt sich
leicht durch die Annahme erklären, daß die Spaltung des Hexose-
diphosphats etwa in dem Maße wie die Synthese beschleunigt wird. Bei
den Gärungen kommt auch häufig die Cozymasewirkung nur als Gärungs-
beschleunigung zum Vorschein.
Nach dem obigen Schema steht die Insulinwirkung in keinem
direkten Zusammenhang mit Glykogen-auf- oder -abbau. Als Folge der
Biutzuckersenkung ist jedoch zu erwarten, daß die hydrolytische
Spaltung des Glykogens gesteigert und die Glykogenmenge dadurch ver-
mindert wird. Eine Glykogensteigerung ist aber auch nicht ausge-
schlossen. Bei kleineren Insulindosen kann die Blutzuckerverminderung
in einem langsameren Tempo als der oxydative Aufbau des Glykogens
aus Milchsäure vor sich gehen, wodurch eine Glykogensteigerung möglich
wird. Die widersprechenden Resultate mehrerer Forscher betreffend
den Glykogengehalt der Leber wären dadurch erklärlich.
Etwa zur selben Zeit, als ich die obige Annahme von der Insulin-
wirkung dargelegt hatte, kamen Brugsch und Horsters®) auch zu dem
Schluß, daß Insulin ein Aktivator der Phosphatese ist. Sie fassen die
Insulinwirkung jedoch ganz anders als ich auf, wie aus ihrem Schema)
deutlich hervorgeht:
Glukose
Glykolyse
Milchsäure + Phosphorsäure + О, - Atmung
hosphatese : Kinase
= Insulin
-Fruktosediphosphorsäure + CO,
Phosphatase |
-Fruktose + Phosphorsäure
Giykogenese
Polysaccharese E wischenzucker (bei der Spaltung haupt-
N sächlich linksdrehende Zucker ergebend)
lykogen
1) Kuhn und Baur, Н. 141, 68, 1924.
2?) Audowa und Wagner, Soc. Biol. 90, 308, 1924; EN Klin.
Wochenschr. 4, 1858, 1925; Maikoff, Macleod, Markowitz und Simpson,
Amer. Journ. Physiol. 74, 36—48, 1925 u. a.
3) Brugsch und Horsters, diese Zeitschr. 155, 459, 1925.
t) Brugsch, Horsters und Vorschütz, ebendaselbst 158, 166, 1925.
78 A. I. Virtanen: Mechanismus der Insulinwirkung.
Das Insulin fördert nach diesen Forschern den Glykogenaufbau,
indem es die Hexosediphosphatbildung aus Milchsäure aktiviert. Wenn
Brugsch und Horsters in einer späteren Mitteilung!) schreiben: ‚,Virtanen
kommt daher seinerseits zu dem gleichen Schluß, den wir mit Evidenz aus
unserer achten Mitteilung gezogen hatten, daß das Insulin den Zucker-
abbau im Organismus fördert, indem es die Zymophosphatbildung
aktiviert“, so kann ich ihren Satz nicht billigen, weil sie nicht zu dem
gleichen Schluß wie ich gekommen sind.
Was dann den Zusammenhang zwischen Insulin und Cozymase
betrifft, so kann man konstatieren, daß Insulin und Cozymase im all-
gemeinen sich gegenseitig nicht ersetzen können. Das geht aus den
Untersuchungen von Euler und Mitarbeitern?) schon deutlich hervor.
Insulin und Cozymase sind also miteinander nicht vollständig identisch.
Ob die Unterschiede zwischen den beiden Stoffen auf die Begleitstoffe
zurückzuführen sind, ist noch unklar. Aus der Tatsache, daß die Co-
zymase dialysiert, das Insulin dagegen nicht, könnte man vielleicht den
Schluß ziehen, daß Insulin mit einem Begleitstoff durch Adsorption eng
verbunden ist und deshalb als Cozymase bei den Gärungen im allge-
meinen nicht funktionieren kann. Weil das Blut gewaschene Trockenhefe
nicht aktiviert und folglich die Cozymase der Hefe nicht enthält, ist es
anzunehmen, daß ein anderes, Phosphatase aktivierendes Coenzym im
Blute vorkommt. Hexosediphosphatbildung im Blute wäre ohne solchen
Aktivator nicht erklärlich. Nach meiner Auffassung ist das Insulin als
eine für Blut geeichte Cozymase zu betrachten?).
1) Brugsch und Horsters, diese Zeitschr. 164, 191, 1925.
2?) v. Euler und Myrbäck, Chemie d. Zelle u. Gewebe 12, 57, 1925;
v. Euler, Jorpes und Myrbäck, Н. 149, 60, 1925.
3) Virtanen und Karström, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 59, 45, 1925.
Die aktuelle Reaktion des Gewehssaftes bei normaler
und beschleunigter Metamorphose von Rana temporaria.
Von
B. W. Aleschin.
(Aus dem Laboratorium der Hydro-Physiologischen Station Zwenigorod.)
(Eingegangen am 16. Februar 1926.)
Es läßt sich schon a priori erwarten, daß bei der Metamorphose,
wenn sich die Struktur und die funktionelle Tätigkeit der Larve der
Kaulquappe beim Übergang in die definitive Form von Grund aus
verändert, große Veränderungen des physikalisch-chemischen Zu-
standes des ganzen Organismus eintreten müssen, die einen Ausdruck
der Veränderung der Plasmakolloide bilden.
Um die physikalisch-chemische Analyse der Erscheinungen der
Metamorphose in Angriff zu nehmen, sind wir bei der Aufklärung des
Verhaltens der aktuellen Reaktion des Gewebssaftes stehengeblieben,
da die Konzentration der Wasserstoffionen einer der wichtigsten
Faktoren ist, welche die Lebenstätigkeit der Zelle regulieren. Da das
Thyreoidin eine schroffe und stürmische Beschleunigung der Meta-
morphose hervorruft, wurden gleichzeitig Untersuchungen sowohl über
die normale Metamorphose, als auch über eine durch Thyreoidin be-
schleunigte angestellt, um festzustellen, inwiefern die erwarteten
Veränderungen der aktuellen Reaktion des Gewebssaftes sich als für
die Metamorphose charakteristisch erweisen.
Die aktuelle Reaktion des Gewebssaftes wurde nach der Methode
von Gräff kolorimetrisch festgestellt, vermittelst der Indikatoren von
Clark (Brom-Thymol-Blue, Phenol-Red und Brom-Cresol-Purple),
unter Zuhilfenahme von Sørensens Pufferlösungen. Die zur Fest-
stellung der Reaktion bestimmte Kaulquappe wurde mit destilliertem
Wasser gewaschen und mit Filtrierpapier abgetrocknet. Dann wurde
schnell ein Längsschnitt an der Ventralseite vorgenommen und alle
Eingeweide entfernt, da der Inhalt des Darms zu einer starken Ver-
änderung der Reaktion führen könnte. Dabei wurde unumgänglich
80 B. W. Aleschin:
das Herz entfernt, wodurch die Entblutung erreicht wurde, da die
Hauptmasse des Blutes im Herzen enthalten ist.
Das Körperchen der Kaulquappe wurde dann in einer Porzellan-
schale untergebracht, mit einer scharfen Schere angeschnitten, um den
Gewebssaft herausfließen zu lassen, und sofort mit einer Lösung des
Indikators begossen. Die ganze Bestimmung dauerte 2 bis 3 Minuten,
und während eines so geringen Zeitraumes konnten keinerlei be-
deutende Veränderungen der Reaktion vor sich gehen.
Im ganzen wurden über 800 Messungen vorgenommen, von denen
keine einzige einen Widerspruch zutage treten ließ.
Die Untersuchung wurde von dem Stadium des Erscheinens der
Anlagen der hinteren Extremitäten an begonnen, da wir in unserer
früheren Arbeit (В. Aleschin, Some Observations on the Accelerated
Metamorphosis by Капа temporaria, Journ. de Biol. expér., Bd. I,
S. 52) die Möglichkeit hatten, nachweisen zu können, daß gerade seit
diesem Moment die Kaulquappe eine besondere Empfindlichkeit der
Wirkung des Inkretes der Thyreoidea gegenüber äußert; die Meta-
morphose tritt in 2 bis 3 Tagen nach einmaliger Verabreichung des
Präparats ein.
In jeder Serie wurden parallele Messungen von thyreoidierten
und Kontroll-Individuen vorgenommen (täglich und in vielen Fällen
auch zweimal am Tage).
Ferner sind Untersuchungen an Kaulquappen, die ihre Meta-
morphose normal vollziehen, vorgenommen worden. Da die Ergebnisse
dieser Messungen grundlegende Bedeutung haben, so müssen wir zuerst
bei diesen stehenbleiben.
Man konnte mit völliger Deutlichkeit feststellen, daß die normale
Metamorphose durch einen jähen Sprung der aktuellen Reaktion des
Gewebssaftes nach der aciden Richtung hin gekennzeichnet ist. Vor
der Metamorphose war die py des Gewebssaftes der Kaulquappe gleich
7,1 bis 7,2, d.h. die Reaktion war schwach alkalisch. Diese Höhe
des рн bleibt im Laufe der ganzen Untersuchung vom Beginn des
Experiments bis zum Eintritt der Metamorphose erhalten. Sobald
nur die letztere beginnt, fällt die pe sofort bis zu 6,6 bis 6,7.
Dabei ist es von Wichtigkeit, zwei charakteristische Momente zu ver-
‘merken. Erstens ist die Zunahme der Acidität des Gewebssaftes das
erste genau feststellbare Kennzeichen der Metamorphose. Überhaupt
meint man gewöhnlich, daß die Metamorphose mit dem Moment des
Abfallens der Hornkiefer beginnt. Es erweist sich, daß das Sinken
von рн einige Stunden früher und im äußersten Falle gleichzeitig mit
dieser Erscheinung beginnt. Auf diese Weise können wir, falls eine
Zunahme der Acidität des Gewebssaftes festgestellt ist, behaupten,
daß die gegebene Kaulquappe schon ihre Metamorphose begonnen
Aktuelle Reaktion des Gewebssaftes usw. уоп Rana temporaria. 81
hat, obgleich an ihr noch keine äußeren morphologischen Kennzeichen
dafür zu bemerken sind.
Zweitens vollzieht sich dieser Zuwachs von Acidität auf einmal,
ohne irgendwelche Übergangsstadien. Der gesamte Zyklus der Meta-
morphose war in 8 Stadien eingeteilt (je nach dem Grade des äußeren
Hervortretens des Prozesses) und die aktuelle Reaktion jedes Stadiums
wurde nach einer genügend großen Anzahl von einzelnen Vermessungen
festgestellt (alle Vermessungen haben sich als identisch erwiesen). Man
konnte keinerlei Unterschied in der aktuellen Reaktion der ver-
schiedenen Stadien feststellen, pg war für alle 6,6 bis 6,7 gleich. Eine
derartige Reaktion tritt sofort bei Beginn der Metamorphose ein und
hält sich während der ganzen Zeit. Die aktuelle Reaktion des Gewebs-
saftes des Frosches, der eben die Metamorphose durchgemacht hat,
ergibt рн = 6,6.
So verläuft der Prozeß bei normaler Metamorphose. Nach Fest-
stellung dieser Tatsachen entsprang natürlich sofort die Frage, in
welchem Maße der beobachtete Zuwachs der Acidität des Gewebs-
saftes für die Metamorphose typisch ist, d. h. ob derselbe eine zufällige,
пг dem Zeitpunkt nach mit der Metamorphöse zusammenfallende
Erscheinung ist, oder ob er mit letzterer eng verbunden ist. Eine Ant-
wort darauf kann bei Beobachtung einer experimentell zu einer von
der Norm abweichenden Zeit hervorgerufenen Metamorphose gegeben
werden. Da das sicherste Mittel zur Beschleunigung ein Inkret von
Thyreoidea ist, so haben wir die Bearbeitung mit diesem Agens an-
gewandt. |
Ohne hier auf die Einzelheiten der Experimente einzugehen (die in
meiner vollständigen Arbeit, welche zurzeit zur Drucklegung vorbereitet
wird, ausführlich dargestellt sind), will ich nur angeben, daß als Präparat
von Thyreoidea das Thyreoidin von Poel angewandt worden ist, wobei
die gewöhnliche Dosierung für das Individuum 0,002g gleich war. Die
Metamorphose begann am dritten Tage nach Verabreichung des Präparats
und hatte einen vollkommen typischen Verlauf.
Die Bestimmung von pg des Gewebssaftes hat auch in diesem Falle
eine jähe Steigerung seiner Acidität bis рд = 6,7 bis 7,8 aufgedeckt;
wobei ebenso wie bei normaler Metamorphose die Veränderung von De
sofort, ohne Übergangsstadien, vor sich geht.
Die Messungen wurden (bei Beginn der Metamorphose) zwei- bis dreimal
täglich vorgenommen, bei einigen Experimenten auch öfters nach Ablauf
von 1 bis 2 Stunden, jedoch konnte man keinmal Übergänge beobachten —
= — von рд vollzieht sich plötzlich und sofort bis zur endgültigen
töbe.
Bei Variation des Quantums von Thyreoidin sind wir zu folgenden
Ergebnissen gelangt. Bei starker Hyperdosierung, wenn die Metamorphose
stürmisch eintritt, aber schnell aufhört (vgl. Romeis, Arch. f. mikr. Anat.
u. Entwicklungsmech. 98, 1923), hat sich der Umfang der Verschiebung
der Reaktion als ein geringerer erwiesen, nämlich bis рд = 6,9. Im Gegenteil,
m Falle einer Hypodosierung, wenn die Metamorphose bis ungefähr zu
Biochemische Zeitschrift Band 171. 6
82 B. W. Aleschin: Aktuelle Reaktion des Gewebssaftes usw.
ihrem Mittelpunkt verläuft und dabei stehenbleibt, ist der Umfang der
Verschiebung derselbe wie bei der gewöhnlichen Dosierung, d. h. er geht
bis Pg = 6,7 bis 6,8.
Ebenso wie bei normaler Metamorphose ist das Fallen der aktuellen
Reaktion das erste Kennzeichen des Eintritte der Metamorphose.
Alle Experimente (und es sind ihrer acht Serien veranstaltet worden),
haben vollständig übereinstimmende Resultate ergeben.
Auf Grund dieser sind wir zu folgenden Schlüssen gelangt:
1. Den Daten von V. Ružička (Arch. f. mikr. Anat. u. Entwicklungs-
mech. 101, 1924) zuwider, ist die Metamorphose von einer plötzlichen
Verschiebung der aktuellen Reaktion nach der Seite der Acidität hin
begleitet (von Pa = 7,1 bis Pa = 6,6).
2. Diese Veränderung der Reaktion ist ein vollständig sicheres
Kennzeichen der Metamorphose und dabei das erste dem Eintritt nach
gerechnet.
3. Das Steigen der Acidität des Gewebssaftes ist, wie man an-
nehmen muß, nicht Ursache, sondern Folge der Metamorphose, da:
a) Bei Beschleunigung der Metamorphose durch Thyreoidin der
Umfang der Reaktionsverschiebung trotz stürmischen Verlaufs des
Prozesses der frühere ist. Falls die Steigerung der Acidität die Meta-
morphose hervorriefe, würde für deren schnelleren und früheren Eintritt
eine größere Aciditätszunahme erforderlich sein, in Wirklichkeit ist
diese der normalen gleich oder sogar geringer.
b) Besonders scharf tritt das bei Hyperdosierung zutage, wo
trotz sehr stürmischen Verlaufs des Prozesses die Veränderung der
Konzentration der Wasserstoffionen bedeutend geringer als die
normale ist.
Selbstverständlich kann man letztere Schlüsse nur als Vermutungen
aussprechen, da sie eine experimentelle Behandlung erfordern. Wir
hoffen, daß diese Fragen das Thema unserer künftigen Arbeit sein
werden, die wir in diesem Jahre wegen Mangels an Material nicht durch-
führen können.
Die Beeinflussung der Zuckerbildung der Froschleber
durch homologe Alkohole. III.
Von
E. J. Lesser.
(Aus dem Laboratorium der städtischen Krankenanstalten in Mannheim.)
(Eingegangen am 17. Februar 1926.)
Mit 5 Abbildungen im Text.
І.
In einer kurzen Mitteilung in Pflügers Archiv 211, 336, 1926, in
der Artur Linksz zu der Kritik, die ich an seiner ersten Arbeit üben
mußte, Stellung zu nehmen versucht, schreibt er: ‚Als Durchströmungs-
flüseigkeit verwendete ich nicht, wie Lesser, „physiologische“ Kochsalz-
lösung, nicht einmal Ringerlösung, sondern die von Barkan, Broemser und
Hahn angegebene Kohlensäure - Bicarbonat -gepufferte modifizierte
Ringerlösung mit einem py von 7,25“1). Daß ich eine reine Kochsalz-
lösung statt Ringerlösung benutzte, geschah natürlich nicht ohne vor-
herige Prüfung, ob diss experimentell erlaubt war. Ich hatte früher ge-
zeigt ?), „daß es für die Zuckerabgabe der Leber gleichgültig ist, ob man
sie mit Chlornatrium- oder Ringerlösung durchströmt‘“, woraus ein un-
voreingenommener Leser sofort bemerken mußte, daß die Permeabilität
der Leberzellmembran für die von mir untersuchten Beeinflussungen
der Zuckerabgabe keine Bedeutung hat. Die Barkan-Hahn- Broemser-
sche Durchströmungsflüssigkeit, welche sich von den von mir benutzten
erstens durch ihren Phosphatgehalt, zweitens aber dadurch unter-
scheidet, daß sie erheblich alkalischer ist, hatte ich noch nicht geprüft.
Deshalb schien es mir gut, auch einige Versuche mit dieser Durch-
1) Der Satz von Linksz enthält zwei Unrichtigkeiten. Ich habe niemals
von „physiologischer‘‘ Kochsalzlösung gesprochen, sondern stets nur von
0,7рго2. Ferner verlangen Barkan, Hahn und Broemser für die von ihnen
angegebene Lösung zur Durchströmung der Froschniere ein py von 7,60,
während Linksz 7,25, also erheblich weniger alkalisch angibt. Barkan,
Broemser und Hahn, Zeitschr. f. Biol. 74, 1, 1921.
2) Diese Zeitschr. 119, 116, 1921.
dh
84 E. J. Lesser:
strömungsflüssigkeit anzustellen, deren pg meist durch die Gaskette
nach Michaelis, gelegentlich auch nach der Sörensen schen Indikatoren:
methode vor und nach dem Versuch bestimmt wurde.
Da die Herstellung des Kohlensäure-Sauerstoffgemisches mit
den von Barkan und Mitarbeitern angegebenen sehr einfachen und
bequemen Mitteln nicht sehr genau sein kann, habe ich die Zusammen-
setzung des Gases, das rund 3 Proz. Kohlensäure enthalten soll, stets
durch Gasanalyse im Haldane-Apparat vor Beginn des Versuchs geprüft.
Abgesehen von der Veränderung, welche die Durchströmungsflüssigkeit
betraf, war die Versuchsmethodik genau die gleiche wie in den in der
zweiten Mitteilung!) beschriebenen Versuchen. Es wurden zwei Ver-
suchsreihen angestellt, die eine bei рд 7,60 (Original-Barkanlösung).
die andere bei рн 7,4 (erhöhte CO,-Spannung). Letzteres geschah.
weil eine рн von 7,6 schon recht weit vom Optimum der Diastase ent-
fernt liegt und ich früher die pg der Froschleber als zwischen 6,92 und
7,08 liegend geschätzt hatte. Als oberflächenaktiver Stoff wurde dieses
Mal nur Propylalkohol gewählt; die Verdünnung wurde in folgender
Weise hergestellt: In einem 400-ccm-Meßkolben wurden etwa 370 cem
der noch nicht mit dem CO, O,-Gemisch gesättigten Barkanlösung
gegeben. Hierzu wurden urter starkem Schütteln tropfenweise
19,6 ccm Propylalkohol zugesetzt, dann mit Barkanlösung auf 400 ccm
aufgefüllt und nunmehr in der Durchströmungsflasche mit dem CO,, Oy-
Gemisch gesättigt. Wenn man so verfährt, bekommt die Lösung
höchstens eine Opaleszenz, aber es kommt nicht zu einem Ausfallen
von Calciumsalzen.
Die Versuche wurden sämtlich in den ersten beiden Februar-
wochen angestellt. Dies war dadurch möglich, daß die als Versuchstiere
dienenden Frösche, welche im Oktober vorigen Jahres gefangen waren,
im Freien in einer tiefen mit Moos gefüllten Grube gehalten wurden,
in der sie einen natürlichen Winterschlaf durchmachten. Etwa 3 bis
4 Tage vor dem Versuch wurden die Tiere aus der Grube genommen
und kamen in einen ungeheizten Raum bei etwa 10° Außentemperatur
in Gefäße mit Wasser. Ihre Lebern waren sehr glykogenreich, ent-
hielten zwischen 10 und 20 Proz. Glykogen. Zu bemerken ist noch,
daß die Durchströmungsgeschwindigkeit etwas erhöht: wurde, so daß
in allen Versuchen etwa 1 ccm pro Minute durch die Leber lief.
П.
Die Ergebnisse der beiden Versuchsreihen sind in Tabelle I und
den Abb. 1 und 2 wiedergegeben.
1) Diese Zeitschr. 156, 161, 1925.
Beeinfl. d. Zuckerbildung а. Froschleber durch homologe Alkohole. ПІ. 85
Tabelle I.
Ver Zuckerabgabe in mg pro 100 g Leber in Periode IH
d ei Bemerk
such ERC ME (aa KE Barkan» BIDBIKUNGEN
| TF 4 | 5 6 7 | 8 lösung |
А |126| 80 |470 | 540 | 320 250 — | — | | Zu Beginn der Periode 3 läuft
| | | 20’ lang Propylalkohol»Barkan»
| lösung durch die Leber.
B | 141 | 54 | 116 192 | 95 108 — | — Il a a Zu Beginn der Periode 3 läuft
| | | 17,60 | 10 lang Propylalkohol»-Barkan»
Aa | | lösung durch die Leber.
С | 75| 47114/1127 | 39| 62 — | — | Wie bei Versuch В.
D 120 100 81| 54 | 50| 69 96 — | Normalversuch.
Е \133 133 | 320 | 315 | 199 | 152 — — || Zu Beginn der Periode 3 läuft
| | | 15’ lang Een
| lösung durch die Leber.
| |
|
|
|
Е |186 145 470 435 205 | 136 | 114 |
| |
e Zu Beginn der Periode 3 läuft
1,40 20’ lang Ba rg Fr
lösung durch die Leber.
| |
G | 136 —*) 88 133 154 146 130 110
Н jop 162 170 104 111 107 107 96
*) Bestimmung verloren.
| Normalversuche.
Abb. 1.
—— Versuch A zu Beginn der 3. Periode läuft 20 Minuten
lang Propylalkohol»Barkanlösung durch die Leber.
—“* Versuch B | Zu Beginn der 3. Periode läuft 10 Minuten lang
----- Versuch a Propylalkohol»Barkanlösung durch die Leber.
- - Versuch D. Es läuft während des ganzen Versuches
unveränderte Barkanlösung durch die Leber.
Ри sämtlicher Versuche 7.60.
86 E. J. Lesser:
Die Tabelle und die Abbildungen zeigen, daß die Durchströmung
der Froschleber mit der Barkan-Hahn-Broemserschen Lösung bei
Zusatz von Propylalkohol in einer Menge von 4,9ccm auf 100 cem
Lösung genau dieselbe Wirkung auf die Froschleber hat, wie die Durch-
strömung mit reiner 0,7proz. Kochsalzlösung und Propylalkohol. Man
erhält in beiden Fällen mit absoluter Regelmäßigkeit eine Steigerung
V
/ \
ANL
чы
. Abb. 2.
----- Versuch E. Zu Beginn der 3. Periode läuft 15 Minuten
lang Propylalkohol-Barkan durch die Leber.
nenne Versuch F. Zu Beginn der 3. Periode läuft 20 Minuten lang
Propylalkohol-Barkan durch die Leber.
—— Versuch G und Н. Kontrollversuche mit reiner Barkanlösung.
Py sämtlicher Versuche 7,40.
700
der Zuckerabgabe auf das Dreifache und mehr, und nach kürzerer oder
längerer Zeit kehrt die Zuckerabgabe wieder zur Norm zurück, d. h. die
Beeinflussung ist reversibel. Nun besteht aber immer noch eine
- Differenz zwischen der Versuchsanordnung von Linksz und der meinigen.
Linksz bestimmt die Zuckerabgabe in noch kürzeren Perioden als 30Mi-
nuten, nämlich in 8 Minuten und in 12,5 Minuten. Es wäre ja möglich,
daß die erste Wirkung des Propylalkohols darin bestände, die Zucker-
abgabe der Leber zu senken, daß dieser Vorgang aber durch eine nach-
folgende stärkere Abgabe überkompensiert würde, so daß er bei 30 Minu-
ten dauernden Perioden nicht zum Vorschein käme. Warum ich 50
Beeinfl.d. Zuckerbildung d. Froschleber durch homologe Alkohole. ПІ. 87
kurze Durchspülungsperioden wie 8 Minuten nicht für zweckmäßig
halte, habe ich in der zweiten Mitteilung S. 165 angedeutet. Es ist
außerdem, je kürzer die Periode dauert, um so schwieriger, die Durch-
strömungsgeschwindigkeit gleichmäßig zu gestalten. Die Leber reagiert
auf den Propylalkohol regelmäßig mit einer Gefäßkontraktion, so daß
man den Druck, unter dem durchströmt wird, erst erhöhen und dann
wieder herabsetzen muß. Um aber jede Möglichkeit, daß an den Lakes.
schen Angaben doch etwasRichtiges sein könne, zu prüfen, habe ich die
halbstündigen Perioden in einigen Versuchen noch weiter unterteilt,
und zwar in Perioden von 10 Minuten. Dabei wurde die Grenze, bis
zu der die Mikrozuckerbestimmung nach Michaelis geht, zweimal
gestreift. Das Ergebnis dieser Versuche zeigt die Tabelle II und die
Abb. 3, 4 und 5. Ich habe die Tabelle II absichtlich in genau der Form
wiedergegeben, wie sie von Linksz benutzt worden ist. Man erkennt,
daß in allen drei Fällen, auch bei Abkürzung der Versuchsperioden auf
10 Minuten, stets bereits in den ersten 10 Minuten, in denen Propyl-
alkohol durch die Leber läuft, eine deutliche Steigerung der Zucker-
abgabe erfolgt. Sie beträgt einmal das Dreifache, einmal das Doppelte,
einmal die Hälfte der Vorperiode, wie das durch die Abb. 3 bis 5 noch
besonders klargestellt wird. Ich habe nunmehr alles, was möglich war,
versucht, um das Linkszsche Resultat zu reproduzieren. Es ist mir auf
keine Weise gelungen.
Tabelle 11.
Dauer Durch» a T pa J —
Periode Durchströmungsflüssigkeit БОР — a Bemerkungen
Min. en mg 5 EEE
30 Barkansche Lösung
0 | no ,
10 D H
10 | Propylalkohol-Barkan
10 Barkansche Lösung |
20 ` К ў
20 ` 8 и
30 _ 4 i 23
30 ' К А 32 3,4
20 е н 22 1,0 |
10 ! А А | 11 0,30 Abbildung 4.
10 Propylalkohol-Barkan 9 0,96
30, Barkansche Lösung 32 3,0
30 | Ё | 305 |30
10 | Propylalkohol-Barkan 95 14 |
we? K а a: cn Abbildung 5
10 | Barkansche Lösung | 10,0 3,6 HE
30 2 с 300 71
30 л ” 30,5 ' 4,5
30 300 34
<
88 Е. Ј. Lesser: Beeinflussung der Zuckerbildung der Froschleber usw.
At mgr Zucker
Abb. 3, Abb. 4
| { d
Abb. 5.
Die Flächen der Rechtecke stellen in Abb. 3, 4 und 5 die jeweils im ganzen bestimmten Zucker
mengen dar. Die Höhen der Rechtecke stellen die in 10 Minuten abgegebenen Zuckermengen dar.
Die geschwärzten Rechtecke bedeuten Perioden mit Propylalkohol-Barkanlösung.
З mgr Zucker
E
Die Zusammenfassung der Ergebnisse dieser neuen Versuche kann
daher nur ebenso lauten, wie dlie meiner zweiten Abhandlung:
l. Durch 10 bis 20 Minuten dauernde Durchströmung der heraus-
geschnittenen Froschleber in den Wintermonaten mit der von Barkan,
Broemser und Hahn angegebenen Lösung, welche Propylalkohol in
der von Warburg angegebenen Konzentration enthält, steigt die Zucker-
abgabe — und zwar bereits in den ersten 10 Minuten — auf das Zwei-
bis Sechsfache.
2. Diese Beeinflussung der Zuckerabgabe ist reversibel.
3. Sämtliche diesbezüglichen Angaben von Artur Linkszl) sind falsch.
1) Pflügers Arch. f. а. ges. Physiol. 204, 572, 1924; 211, 335, 1926.
Untersuchungen über Cholesterin- und Leecithinsuspensionen.
Von
P. Rona und W. Deutsch.
(Aus der chemischen Abteilung des Pathologischen Instituts der Universität,
Berlin.)
(Eingegangen am 17. Februar 1926.)
Bei der großen Bedeutung, die das Cholesterin und Lecithin im
Organismus einnehmen, erscheint es nicht überflüssig, trotz der großen
Zahl vorliegender Untersuchungen das Thema über Lecithin- und
Cholesterinsuspensionen erneut in Angriff zu nehmen.
Methodik.
Herstellung der Cholesterinsuspensionen in Anlehnungan Porges und Neubauer.
Porges und Neubauer trugen in Aceton gelöstes Cholesterin in kleinen
Portionen in Wasser ein, nachdem jedesmal vor dem Zulassen einer neuen
Portion das Aceton im Becherglas auf dem Wasserbad bei gelinder Wärme
vertrieben war.
Wir verfuhren folgendermaßen: Cholesterin (Kahlbaum), etwa 0,4g
in 40ccm Aceton (aus der Bisulfitverbindung) gelöst, befanden sich in
einem Scheidetrichter. In eine Saugflasche mit 200 ccm Leitfähigkeits-
wasser, die in einem Wasserbad von etwa 60 bis 70°C hing, führten
durch einen Gummistopfen das Rohr des Scheidetrichters, das so hoch über
der Flüssigkeitsoberfläche endete, daß es durch heftiges Aufwirbeln der-
selben nicht benetzt wurde, und gleichzeitig ein Glasrohr bis zum Boden
der Saugflasche. Mit der Wasserstrahlpumpe wurde nun dauernd Luft
durch das Wasser gesogen, die es so heftig aufwirbelte, daß sich die in Ab-
ständen von etwa 5 Minuten zugelassenen Mengen der Cholesterinlösung
(jedesmal etwa Leem) sofort verteilten. Die angesogene Luft passierte
ein Blättchen angefeuchtetes Filtrierpepier, das sich gegen die äußere
Mündung des Luftrohres preßte. Nachdem die Cholesterinsuspension die
gewünschte Dichtigkeit erreicht hatte und das Aceton vollständig ver-
trieben war, wurde sie filtriert. Da sich während der Herstellung der Sus-
pension ein Teil des Cholesterins nicht kolloidal verteilt, sondern in gröberen
Flocken abscheidet, wurde eine quantitative Bestimmung des in den Ver-
suchen als Endkonzentration vorhandenen Cholesterins nach Autenrieth
vorgenommen. Er betrug nach der Verdünnung der jeweiligen Stamm-
suspension von 1 bis 2 ccm auf 10 ccm 0,008 bis 0,01 g-Proz. Die Einstellung
auf die gleiche Konzentration innerhalb verschiedener Versuche geschah
90 Р. Rona u. W. Deutsch:
durch Vergleich des Trübungsgrades der verschiedenen Suspensionen in
Reagenzgläsern gleichen Durchmessers. Die Cholesterinstammlösung
wurde nicht länger als 6 Tage benutzt, obwohl sie nach 4 Wochen äußerlich
keine Veränderung zeigte, bis auf einen feinsten Anflug von Bodensatz.
der immerhin auf eine gewisse, ganz allmähliche Dispersitätsvergröberung
schließen läßt.
Herstellung der Lecithinsuspensionen.
Im Prinzip war es das gleiche Verfahren wie beim Cholesterin. Etwa
4g reinsten Lecithins ex ovo (Merck) wurden in etwa 40ccm reinsten
redestillierten Äthers gelöst. Langsames Zugeben zum Wasser (200 ccm)
erübrigt sich. Unter starkem Umschwenken der Saugflasche wurde in
drei Portionen die ätherische Lecithinlösung zugegossen und dann ohne
Erwärmung mit der Saugpumpe Luft durchgesogen, bis der Äther voll-
ständig verdunstet war. Die endgültige Lecithinkonzentration nach Ver-
dünnung der Stammlösung (1 bis 2 ccm) auf 10 ccm wurde einmal quantitativ
nephelometrisch als P,O, nach Veraschung bestimmt und in den übrigen
Versuchen durch Vergleich des Trübungsgrades in gleichen Reagenzgläsern
wieder eingestellt. Sie betrug immer 0,4 g-Proz., wenn nicht anders an-
gegeben ist. Die Lecithinstammlösung wurde nicht länger als 3 bis 4 Tage
benutzt, weil sich dann zuweilen Flocken abscheiden. Ihre Haltbarkeit
ist geringer als die der Cholesterinsuspension.
Versuchsmethodik.
Bei allen Versuchen kamen reinste Chemikalien (Kahlbaum) und für
sämtliche Vorratslösungen sowie für Verdünnung Leitfähigkeitswasser zur
Verwendung. Überhaupt mußte bei der Empfindlichkeit der reinen
Cholesterinsuspensionen auf peinlichste Sauberkeit geachtet werden,
z. B. wurde streng vermieden, die gereinigten Reagenzgläser an ihrem
Rande zu berühren.
Um beim Ansetzen der Versuchsreihen eine gleichmäßige Art der
Durchmischung und Zusatzgeschwindigkeit zu erzielen, wurden in eine Reihe
von Reagenzgläsern die Salzlösungen bzw. Puffergemische + Salzlösungen
pipettiert, in eine zweite Reihe korrespondierend die Suspension + dem
dazugehörigen Verdünnungswasser. Dann wurde die Salzlösung durch
schnelles Zusammengießen mit der Suspension und zweimaliges Hin- und
Hergießen gründlich vermischt. (Endvolumen in jedem Röhrchen bei
allen Versuchen 10 ccm.)
Sämtliche Puffergemische kamen іп Lie Normalität zur Anwendung.
Die Abstufung des übrigen Salzgehalts erfolgte im allgemeinen als geo-
metrische Reihe mit dem Quotienten 2.
Pn-Messung. Alle ?pn-Messungen wurden elektrometrisch ausgeführt.
An Cholesterinlösungen in U-Elektroden, weil Chinhydronmessung un-
genaue Werte ergibt, bei Lecithin zuweilen auch mit Chinhydron. Das
endgültige Potential bei Benutzung der U-Elektroden für Cholesterin stellt
sich zuweilen erst nach 1 bis 11, Stunden ein und schwankt häufig um
+ 2Millivolt. Den Chinhydronmessungen wurde der erste Wert direkt
nach dem Vermischen zugrunde gelegt. Die Messungen einiger Versuchsreihen
mit ungepufferten Lösungen und sehr geringem Salzgehalt wurden zur
Erhöhung der Leitfähigkeit unter Zugabe von geringen Mengen NaCl
ausgeführt.
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 91
Registrierung der Flockung.
In allen Fällen, in denen die Flockung langsam einsetzte, wurde die
Ablesung bei Tageslicht gegen ein helles Fenster, bei Lampenlicht gegen
zwischengeschaltete Mattglasscheibe mit Lupe (12 mal. Vergrößerung) vor-
genommen, um den Beginn der Flockung zu erfassen, weil sich mit ihrem
Fortschreiten zuweilen die feineren Unterschiede verwischen. Je nach der
Geschwindigkeit der Flockung erfolgte ihre Ablesung in kürzeren (5 bis
10 Minuten) oder längeren (1 bis 1 Stunde) Abständen und wurde über
mehrere Stunden verfolgt. Außerdem wurde das Endergebnis am nächsten
Tage registriert, wobei eich die Grenzkonzentrationen oft schärfer abheben.
In den folgenden Tabellen bedeuten:
Sp == Spur
vst = vollständig
vst- = vollständig minus
d.h. die Flockung hatte sich großenteile abgesetzt. Je nach dem Grade
des Absetzens sind Minuszeichen angefügt.
I. H-Ionenflockung bei Cholesterin.
Zur Feststellung der Flockung durch H-Ionen wurden einerseits
Reihen mit Na-Lactat- und Na-Tartratpuffern von abgestuftem рн
(Differenz etwa 0,3 pel, andererseits Reihen mit abgestuftem HCI-
Gehalt ohne Puffer angesetzt. Dabei zeigte sich eine geringe Schwan-
kungsbreite zwischen verschiedenen sonst praktisch gleichartig her-
gestellten Cholesterinsuspensionen. Die Flockungsgrenze zwischen
stabil bleibender und flockender Suspension war unabhängig von der
Art des zugesetzten Puffers und lag zwischen рн 2,4 und 3,2, während
sie für die HC1-Flockung um рн 2,4 liegt, wegen der fehlenden additiven
Wirkung der Na-Ionen. Einer kürzlich erschienenen Angabe von
R. Stern!) zufolge soll der Grenzwert bei рн = 5,0 liegen. Ob diese
Differenz gegen unsere Ergebnisse durch seine andere Herstellungsart
der Suspension oder durch höheren Elektrolytgehalt der verwandten
Pufferlösung (Molarität ist nicht angegeben). veranlaßt ist, bleibt
dahingestellt.
Tabelle 1.
deed Reihe angesetzt um 11 Uhr 25 Minuten.
— ш10.... 1 1 1 |1 |1 1 1
Milchsäure, m/l ...... 1,6 | 0,8 0,4 |0,2 |
т/10...... 1 |0,5. 0,95
Cholesterinsuspension e 2 | 2 2 |2 2 |2 2
Aqua dest. ........ | 54 | 62 66 |6,8 | 6,0 6,5 6,75
Floeekungsgrad um 1200. . | xxx ` 0 | о о шо |0 0
А 45.. XXXXX хх о |0 jO |0 |0
„lb. vst |ххххх 0 |0 0 JO jO
12. ХІІ, 1925 um 930.. | vst | vst ххо |0 |0 |0
Pa gemessen . . 2 22.2.» р авт 8300355 | —
1) R. Stern, Klin. Wochenschr., 4. Jahrg., 1925, S. 1650.
92 Р. Rona u. W. Deutsch:
Tabelle II. EE Reihe angesetzt um 2 Uhr 10 Minuten.
НСІ, ®Л0........... | 82 | 64 | 46 Гов!
Cholesterinsuspension . . . . . . | 2,0 20 , 20 2,0 2.0
Aqua dest. ........... | 0 16 | 34 52 70
Flockungsgrad 20. XII. um 430°. xx xxx | xx | Sp о 0
5 21. ХП. um 9h30’. vst vst ` vt j; O ' 0
Pu gemessen .......... — 221, 2,47 | 254 —
П. Flockung durch Salze bei Cholesterin.
Nachdem die Flockungsgrenze für H-Ionen festgestellt war, wurde
zunächst der Einfluß von Salzen mit verschiedenem Kation aber
gleichem Anion (Cl) bei einem рн untersucht, der sich zwar möglichst
nahe an der Flockungsgrenze aber mehr im alkalischen Gebiet befand.
Pa wurde variiert. Die große Abhängigkeit vom рн zeigen folgende
Versuchsergebnisse.
Tabelle III. Versuch 15. 31. Juli 1925. ‚Soll‘ рн 2,4. „NaCl“.
| 1 2 3 | 4 | 5 6 | 7.8.9
Endkonzentr. an Sc) m/2 | m/4 mg | m/16 | m/32 m!64 [m1128 о 0
— — — III nn —— == ш — — — —— — — — — — — — — е
Na-Tartrat, m/10 1 | 1 1 1 1 | Oon 1 0
Weinsäure, m/l 0,4 04 | 0,4 |04 | 04 04 0,4 10,410
NaCl, mi... 5 | 2,5 | 1,25 | 0,625 |
NaCl, min, . 313 | 1,56 |0780 0
Cholesterinsusp. 2 |2 |2 |2 2 2 |z |2 |2
Leitf.- Wasser 1,6 | 4,1 | 5,35 | 5,98 | 3,47 | 5,04 |5,82 6,6| 8
Reihe angesetzt um 12h,
m. |
CH xx xx| x ul Sp | 0 | о 0
„ 1 30 ххх |ххх| xx х х x х [+ |0
» 430 . . іххххх|ххх|ххх|хххіххх| хх хх! + |0
1. VII. um 9h30’ vst vst | vet | vst | vst- |vst--|xx.|x |0
po gemessen . . — 223 | — |240, — | 257 | — 259 -
Das Kontrollröhrchen 8 zeigt nur ganz geringe Flockung. Die
Grenzkonzentration liegt bei m/64 bis m/128.
Tabelle IV. Versuch 14. „NaCl“. Anordnung wie Versuch 15, nur bei
„Soll рн‘ 3,0. Reihe angesetzt um 3 Uhr 25 Minuten mit der gleichen
EEN wie Versuch 15.
| 1 2 з | 4 ЕЕЕ ГИ
Endkonzentr. ‚ап NaCl H ml А m/4 m/8 m/16 ec? m’64 228128 | 0 _
Flockungsgrad _ С) | | | |
30.VII. um 455 | ххх ххх m х | 0 1 ot о! 0
5 10 | Ххх | xxx x хх! x 010 | о |0
5 30 ar ee 0 0 о 0
31. VII. um 930° | vst ver узе Ivst-| 0 | 0 | 00
pn gemessen . . | — 247] —- |= — | 3,02 — —
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 93
Das Kontrollröhrchen 8 hat nicht geflockt.
An diesen Beispielen zeigt sich, daß die Flockungsgrenzkonzen-
tration des Neutralsalzes beim Übergang vom etwa Py 2,5 auf etwa
Pu 3,0 ansteigt von 11/128 auf 1/16 bis m/32. Da aber bei der an-
gewandten Konzentration des Puffers von 1 Molarität die höheren
Konzentrationen an Neutralsalz von etwa m/l6 bis m/2 eine zu-
nehmende Verschiebung des Ge ins Saure bewirken infolge der Ver-
größerung der Dissoziationskonstante der Puffersäure, fanden diese
Versuche bei nicht ganz streng konstantem ру statt, so daß ein Teil
der Wirkung bei den höheren Konzentrationen auf Rechnung der
H-Ionen kommt. Eine diesen Umstand berücksichtigende Anwendung
von Puffern mit abgestuftem рн ändert an dem Ergebnis der fest-
gestellten Grenzkonzentration von m/64 bis m/128 für Py 2,5 nichts,
da bei ihr die Verschiebung nach der sauren Seite zu gering ist.
Versuchsbeispiel für Konstanthaltung des py durch abgestufte Pufjergemische.
Tabelle V.
Versuch 20. 5. August 1925.
Durchschnitts-,,Soll oe" 2,4. „NaCl“.
1,4
— 0
DÉI 3,1 0
Cholesterinsuspens.
Aqua dest. . . . . 6,6
Reihe angesetzt um 3 Uhr 5 Minuten.
| 1 | 2 рз | 4 | 5 |6 | je
| Endkonzentrstion an NaCl
___ | m j ap | ap | sie | юз (am aime
Prinzipiell gleich verhalten sich die übrigen untersuchten Alkalien
KO (mit Lactatpuffer untersucht), NH,Cl, LiCl, CsCl und RbCl.
Wenn sich eine Suspension etwas empfindlicher zeigte, so daß also
schon die nur Puffer enthaltende Kontrolle stärker flockte, dann wurde
mit dem „Soll рд“ etwas mehr ins Alkalische gerückt.
94 P. Rona u. W. Deutsch:
Für die Erdalkalien BaCl, und CaCl, ergab sich eine wesentlich
tiefer liegende Grenzkonzentration von etwa m/2048 bis m/4096, ent-
sprechend der höheren Wertigkeit des Kations.
Wenden wir uns nun der Untersuchung dreiwertiger Kationen,
wie Al- und Cero-Ionen, zu, so ergibt sich wiederum eine noch tiefer
liegende Grenzkonzentration als bei den Erdalkalien bis herunter zu
etwa m/150000.
Aber der absolute Wert ist wegen des Auftretens der Erscheinung
der unregelmäßigen Reihen und der hierbei stärker ins Gewicht fallenden,
etwas differenten Stabilität verschiedener Cholesterinsuspensionen
schwieriger anzugeben. Fällt nämlich ein Flockungsminimum gerade
zwischen zwei Glieder der Reihe, so ist man sich im Unklaren, ob die
Zone der Anionen- oder Kationenflockung vorliegt. Stuft man aber
die Reihen mit einem feineren Quotienten, etwa 1,5, ab, so gestalten
sich die Versuche dadurch schwieriger, daß die an sich feineren Diffe-
renzen zwischen den einzelnen Gliedern schneller durch das Fort-
schreiten der Flockung verwischt werden.
Als Beispiel sei der zeitliche Verlauf des Flockungsgrades eines
Versuchs mit AlCl, bei рн 3,2 wiedergegeben. Quotient der Reihe 1,5.
Tabelle VI.
Reihe — um 2 Uhr. „AICI,“. „Soll pp 3,2“.
| ` m2592 m/3888 | m/5822 | m/8748 | m/13122
Um 3500’ хххх | хххх . xx x Sp
„ 50 vst et |XXXXX| XXXX Sp
Рн gem. | 2,90
u | m/19683 | m/29525 | m/44287 mi19683 | mi29525 | mj44287 | miss mi6640 | 199645 430 | 10199645 | eine
Um 3000 | + o
„ 50 | Sp | Sp | Sp 8р
рн gem, | ` |
Prinzipiell gleich verhält sich Cerochlorid.
Dieselbe Art von Versuchen wurde nun für pe 5,0 und ohne Puffer-
zusatz durchgeführt.
Tabelle VII.
Versuch 39. Beispiel: „NaCl“. ‚Soll pg“‘ 5,0.
Reihe angesetzt um 1 Uhr 45 Minuten.
7.X.um 930 . vet SCH
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 95
Bei dieser Abstufung der Reihe (Quotient 2) verhielten sich die
Alkalien völlig gleich, erst bei kleiner gewähltem Quotienten (1,2)
kamen geringe Unterschiede zwischen Na, К’, NH; und Li’ zum Vor-
schein, die aber fast in der Fehlerbreite der Versuche liegen.
Tabelle ҮІІІ.
8. Oktober 1925. Reiben angesetzt um 1 Uhr. „Soll ри“ 5,0.
Flockung um 4 Uhr 45 Minuten.
| m/8 u | m/96 m/11,5 | m/13,81 | m/16,6
NaCl. . | Sp 0 | 0
ик S 0
0 0
КС1 р 0 0 0
NH,C x Sp + Sp 0 0
Li С} | Sp р 0 0 0
9. Oktober 1925.
Flockung um 9 Uhr 30 Minuten.
EEE EUER EE
Na . хххх 0
К C1 ххх+х 0.
N H4 Сі vst – +
Lici A ув - - 0
NH, und Li waren also um ein Geringes wirksamer.
pg-Messung: m/9,6 NaCl ..... Рн 4,8
т/11,5 КС... ... Рн 4,86
m/13,81 NH,CI . . . . ры 4,86
m/13,81 LiCl. ..... Py 4,83
Gegenüber den Versuchen mit den Alkalien bei etwa Py 3,4 ist
ein Hinaufrücken der flockenden Salzkonzentration von m/64 bis m/128
auf etwa m/8 bis m/l16 festzustellen. Derselben Erscheinung begegnet
man auch bei den folgenden Versuchen mit dreiwertigem Kation
und eine weitere Verschiebung um ein Geringes bei den Versuchen
ohne Puffer.
Für BaCl, und CaCl, ist die Grenzkonzentration bei po 5,0 m/256
bis m/512, ohne Puffer py etwa 6,7 m/128 bis m/256.
Der Verlauf der Versuche mit dreiwertigem Kation sei am Beispiel
des AlCl} wiedergegeben, wegen des differenten Verhaltens der un-
regelmäßigen Reihe.
96 P. Rona u. W. Deutsch:
„Soll py“ 5,0. „AlCl,“. (Versuch |
— 10/512 0768 m/1152) m | n m/3888 еј
Flockun а | =
18. XII 2h00’ хх x Sp xxt x
2 30 ххх xx x ххххх. хх)
3 10 | хххх+ | XXXX | хх+ vst— | 9
19. ХП. 9h30’ vst | vst vst vst |
Рн gemessen 4,8 | — — | — 4
| | ,
Derselbe Versuch ohne Puffer zeigt folgenden '
Flockungsgrad | |
4h10’ xt х 8р 0 0 0
19. XII. XXXXTIı XXXX |Sp+ 0 0 0
Рн gemessen 3,60 | — — — 3,98 | —
Zunächst fällt beim Vergleich beider Versuche auf, daß der Versuch
mit Puffer wesentlich schneller flockt als der ohne Puffer. Ferner zeigt
die Erscheinung der unregelmäßigen Reihe Besonderheiten. Die untere
Flockungsgrenze ist auch hier, wie schon oben allgemein erwähnt, mit
m/29525 bis m/44287 im Versuch ohne Puffer gegenüber m/44287
bis m/66450 im Versuch mit Puffer hinaufgerückt. Die Zone geringster
Stabilität, d.h. stärkster Erniedrigung des kritischen Potentials, liegt
beim Pufferversuch von m/8748 bis m/13122, im anderen von m/19683
bis m/29525, also tiefer. Zu beiden Seiten des oben erwähnten Gebietes
der maximalen Flockung erstreckt sich die Zone des kritischen Potentials.
Während nun im Pufferversuch die Um- und Aufladung des Sols durch
die Aluminiumionen nicht mehr zu vollständiger Stabilisierung desselben
führt, sondern die Flockung über ein Minimum bei m/1152 fließend
in die Cl-Ionen-Flockung übergeht, finden wir im Versuch ohne Puffer
eine breite Zone völliger Stabilität (m/1728 bis m/6748) auf Kosten
der hier stark verschmälerten Zone zwischen den kritischen Potentialen
(m/13122 bis m/29525). Der Übergang in die Cl-Ionenflockung findet
an derselben Stelle (m/1152) statt wie im Pufferversuch. Die Flockung
ist aber viel schwächer als dort.
Überblicken wir noch einmal zusammengefaßt die Versuchs-
resultate, so ergibt sich:
1. Eine große Empfindlichkeit des hydrophilen Cholesterinsols
gegen Н-Іопеп. Flockungsgrenze рн 2,4 bis 3,2 bei m/100 Puffer-
gemisch. Nach der alkalischen Seite der angegebenen Grenze besteht
Stabilität, nach der sauren Seite zunehmende Flockung.
2. Je höher die Wertigkeit des flockenden Kations ist, eine um
so geringere Konzentration genügt zur Flockung.
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 97
angesetzt um 12 Uhr 30 Minuten. Quotient der Reihe = 1,5.
B | 9 10 | 11
048 | m/13122 m/19683 m/29 525
кх ххх ` XXt xt
ххххххххххххх| XXt
st | vst ivst---IXXXXX
Bt vst vst vst
- — 501 =
angesesetzt um 12 Uhr 40 Minuten.
|
0 х Ж |хххх| XXXX
0 vst--- ı vs vst
7 | 6,00 | — | Eg
© ©
оо
оо
J
Oo
3. Н -Ionen und die jeweilig angewandten Kationen addieren sich
in ihrer Wirkung.
Tabelle X.
Flockungsgrenzkonzentrationen für Salze verschiedener Wertigkeit.
| 1 wertiges Kation | 2wertiges Kation
|. 3wertiges Kation
m
m
Mit үры 2,7—3,2 | m/16—m/32 | m,2048-m/4086 50 000
Puffer |р 5,0 m/8 —m/16 m/256 —m;512 44 28°—m!66 450
Ohne Puffer рн 6,5 | m/8 —m/l6 | 02/128 —m/256 |mj29 525—m/44 287
ПІ. Versuche an Leeithinsuspensionen.
Allgemeine Bemerkungen zur Lecithinflockung. In weit höherem
Maße als bei Cholesterin machen sich beim Ansetzen der Reiben mit
Lecithin die Zonen späterer Flockung bzw. Dispersitätsveränderungen,
die auch nach langer Zeit noch nicht zur Flockung führen, durch starke
Trübung kenntlich. Wenn im folgenden von Flockungsgrenzkonzen-
tration gesprochen wird, sind nur solche Röhrchen gemeint, in denen
wirklich Flockenbildung eintrat.
Flockung durch H-Ionen.
Die Versuchsmethodik schließt sich in allen Einzelheiten an die
beim Cholesterin befolgte an, so daß die Angabe der Resultate genügt.
Es ergeben sich keine Unterschiede, wenn die Flockung durch HCl
oder Tartratpuffer hervorgerufen wird. Dieses Resultat ist bei dem
viel hydrophileren Verhalten des Lecithins nicht verwunderlich. Der
geringe Gehalt an Na-Tartrat (m/100) fällt nicht ins Gewicht. Das
von uns benutzte Lecithinpräparat zeigte eine Flockungsgrenze bei
Pa 1,78 bis 1,75.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 7
98 P. Rona u. W. Deutsch:
Flockung durch Salze bei Lecithin.
Auf Grund der Versuche über H-Ionenflockung wurde zunächst
ein рһ gewählt, das in der Nähe der Flockungsgrenze, aber etwas mehr
im Alkalischen lag, und zwar Pg 2,0 bis 2,2.
Die Flockung verläuft bei den Alkalien völlig gleich, aber viel
langsamer als beim Cholesterin. Sie setzt erst etwa 20 Stunden nach
dem Ansetzen des Versuchs ein.
Tabelle ХІ.
Beispiel: „NaCl“. Reihe angesetzt um 2 Uhr 30 Minuten.
„Soll рд“ = 2,0 durch Tartratpuffer.
Jı |2 |з 4 7 в
Endkonzentration an NaCl || m 25m | 2m | mn | m ap | ap mie | o
Flockungsgrad e ү |
23, Х. um 500 . | 0 | 0 dE | 0
24.X. „ 930. о о | | хх 0 | 0 ' 0
М 1 35 . 0 0 = ERST x X 0.0
рн gem. (Chinhydr.) || 1,85 | 1,92 f 2,01 223 | 229 2,31 | 2,30
Das Flockungsoptimum liegt also bei m/2 bis m/4.
Für BaCl, und CaCl, ergibt sich folgendes Bild:
Tabelle XII.
Reihen angesetzt um 3 Uhr. ‚Soll pe" 2,0 (Tartratpuffer).
„Ba Cl,‘ und Ee
d | 5
Endkonz.an Salz || m/2 | m/4 mi16 | wm E = m 256 se
Flockun sgrad E | —
SZ o 0 0 о: x 0 0
0 0 0 хх |ххх| Sp 0
27.X.9 30 0 |ххх|ххх|ххх|ххх| хх 0
‚4
0
Pa gemessen
(Chinhydr.) \1,83| 1,97 | 212 | 222 | 229 | 237 |2
Flockungsgrad
26.X. 330| 0| o | о | о | х | х
3
500 | 0 0 0 SP xxxIixxx| 0
27. X. 9 30 | 0 |хххіххх|хххіхххіххх| XX
Рн gemessen
(Chinhydr.)| — | 188 | 203 | 218 | 232 | 242 | 251 | 2,55
Gegenüber den Alkalien sind die Hauptunterschiede die bedeutend
schnellere Flockung (Beginn 30 Minuten nach dem Ansetzen) und das
tiefer liegende Optimum, das bei Ba Cl, bei m/32, bei Ca Clp etwas breiter,
bei m/32 bis m/64 liegt, wie überhaupt CaCl, an Wirksamkeit BaCl,
etwas übertrifft, denn am nächsten Tage reicht die CaCl,-Flockung
bis m/128, BaCl, aber nur bis m/64.
99
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen.
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100 Р. Bong u. W. Deutsch:
Aluminium und Cer verhalten sich prinzipiell gleich. Cer ist etwas
schwächer wirksam. Die Flockung geht in der optimalen Zone noch
viel schneller als bei den Erdalkalien (5 Minuten nach dem Ansetzen).
Außerdem haben sie zwei Zonen, 1) von m/2 bis m/8 und 2) bei Aluminium
m/1024 bis m/4096, bei Cer m/256 bis m/1024. Der Charakter der
Flockung ist in diesen beiden Zonen verschieden. Während sich die
Suspension in der weniger konzentrierten Zone schnell absetzt und die
überstehende Flüssigkeit fast wasserklar ist, geht die Flockung im
konzentrierteren Gebiet viel langsamer vor sich und hinterläßt eine
trübere, überstehende Flüssigkeit.
Die ?u-Messungen zeigen, daß die Pufferung bei höheren Salz-
konzentrationen nach der saueren Seite durchbrochen ist, so daß die
Wasserstoffzahl schon oberhalb der Flockungsgrenzkonzentration für
H-Ionen liegt. Daß die Flockung diesem Umstand allein aber nicht
zuzuschreiben ist, beweisen die späteren Versuche bei alkalischerem рн,
die ebenfalls in der Zone m/2 bis m/8 Flockung zeigen.
——
Salzflockung an Lecithin bei рь 6,0.
Die untersuchten Alkalien NaCl, RbCl, NH,CI und LiCl flocken
sämtlich auch nach 5 Tagen nicht.
Bei den Erdalkalien BaCl,und Ca Cl, begegnen wir fast dem gleichen
Verhalten wie bei Ge 2,0. (Tabelle XV.)
Auch AlCl, und CeCl, zeigen nur geringe Verschiebungen.
(Tabelle XVI und ХУП.)
Salzjlockung an Lecithin ohne . Pufferzusatz.
Außer LiCl, das nach 4 Tagen geringe Flockung (m/l Sp., m/2 х)
zeigte, flockten die übrigen Alkalien gar nicht.
Die Erdalkalien zeigen wieder das gleiche Verhalten, wie bei р, 5,0
(mit Puffer). (Tabelle XVIII.)
Bei А1С1„ und CeCl, ist außer geringer Verschiebung des Optimums
nach rechts nur hervorzuheben, daß die Flockung erheblich schneller
verläuft. Im Optimum setzt sie momentan ein, während sie bei den
Versuchen mit Puffer erst nach 5 Minuten begann. (Tabelle ХГХ.)
Der Versuch mit CeCl, verläuft völlig gleich.
Zusammengestellt ergeben die Versuche mit Salzen an Lecithin
Tabelle XX.
Im ganzen betrachtet, erweisen sich also die Alkalien als recht
unwirksam. Nur bei р. 2,0 wirkten sie fällend. Bedeutend stärker
flockten BaCl und CaCl, was sich sowohl in der geringeren optimalen
Konzentration wie in der Zeit bis zum Flockungsbeginn ausspricht
101
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen.
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Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 103
опа noch stärker AlCl, und CeCl,, bei denen zwei Zonen auftreten.
Pu-Unterschiede sind von wesentlich geringerer Bedgıtung als beim
Cholesterin.
IV. Versuche mit Salzgemischen an Cholesterin bei „Soll рн“ 8,0 und 5,0.
Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daß zu einer ab-
gestuften NaCl-Reihe zunächst wieder bei рн 3,0 eine etwas unterhalb
der Girenzkonzentration bleibende konstante CaCl,-Menge gegeben
wurde. Nebenbei-liefen Kontrollen 1. mit NaCl ohne CaCl,, 2. mit
Ca Cl, ohne NaCl], 3. ohne Salz, nur mit Puffer. Dabei zeigte sich ein
Synergismus. (Tabelle XXI.)
Ein Vergleich der Röhrchen 6 und 6a zeigt die Wirksamkeit der
Anwesenheit des CaCl, Noch deutlicher wurde der Synergiemus
als wir mit der CaCl,-Konzentration noch um ein Geringes hinaufgingen.
(Tabelle XXII.)
Die Flockung ist nicht nur stark nach rechts verbreitert (siehe
Kontrollen und Tabelle III), sondern die Beschleunigung der Flockung
ist eine so erhebliche (siehe Röhrchen 1 und 2: die Flockung beginnt
stark nach einer Minute), daß man fast von Potenzierung der Wirkung
des Salzgemisches sprechen kann.
Daß es nicht etwa an der Erhöhung des Gesamtelektrolytgehalts
durch Zufügung von CaCl, liegt, beweist folgendes Versuchsprotokoll,
bei dem die Molarität (und somit die Kationenkonzentration) in jedem’
Röhrchen sich in der üblichen Weise mit dem Quotienten 2 abstuft,
der entsprechende Teil an NaCl für das zugefügte CaCl, aber fort-
gelassen wurde.
Tabelle XXIII.
Versuch 119. CaCl, konstant m/2048. NaCl variiert. ‚Soll рң“ 3,0.
Reihe E um 2 Uhr 19 Minuten.
_ Gesamtelektrolytgehalt | ei m/256 m/512 ! m/1024
~ Endkonzentration an NaCl | 1136,5 ш/2926 | 116827 | m/2048
Endkonzentration an CaCl; | т|20)048 m/2048 m/2048 | m/2048
Flockungsrad 11. ХІ. 242 .| x | + о о
3 A0 || хххх | х Sp 0
12. XI. 9 30 .| уз | vst- vst- - Sp
Auch hier ist die Flockung nach rechts erweitert und beschleunigt.
Dieser Synergismus wurde nun auch für pp 5 und für die Kombination
NaCl + AlCl, bei pe 3,0 und 5 gefunden.
Der Veränderung des py entsprechend, mußten auch die Zusatz-
konzentrationen an CaCl, bzw. AlCl, passend ausgewählt werden.
(Tabelle XXIV, XXV und XXVI.)
W. Deutsch:
Р. Rona u.
104
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106 P. Rona u. W. Deutsch:
V. Versuche mit Salzgemischen an Lecithin bei „Soll pg“ 2,0 und 5,0.
Zunächst wurde CaCl, in an sich noch nicht flockender Konzen-
tration (m/256) zu abgestufter NaCl-Reihe zugegeben und gleichzeitig
eine NaCl-Reihe ohne CaCl, angesetzt. Der Versuch verlief folgender-
maßen:
Tabelle XXVII.
Versuch 104. 3. Nov. 1925. ‚Soll pp“ 2,0 (Tartratpuffer). Reihen angesetzt
um 2 Uhr 15 Minuten.
A. NaCl variiert ohne СаС!],.
Endkonzentration an Na CI | т/16 | m;32 | ш |64 m/128
Flockungsgrad 4. XI. TE | 0 | 0
5. ХІ. 9Ь30'. | x y x | x x 0 0
В. NaCl] variiert mit Са С] (017250) konstant.
Endkonzentration an NaC A "о mi6 | га/32 m;64 m:128
— an ш Сас ‚|| m/256 | m;256 m; 256 т.256
Flockungsgrad 4 XI. ...| o | o | o | o
Ss XI. 90307. | o i o 0 0
Sp ! 0 0 0
6. XI. e 30: | ххх ххх 0 0
Die Flockung war also durch die Anwesenheit des CaCl, gehemmt.
Viel deutlicher trat dieser Antagonismus aber hervor, wenn CaCl, in
zwar nicht optimaler, aber doch schon flockender Konzentration zu-
gesetzt wurde. Es zeigte sich dann eine abgestufte Hemmung der
durch CaCl, an sich hervorgerufenen Flockung.
Tabelle ХХ VIII.
Versuch 106. NaCl variiert + CaCl, konstant 11/128. „Soll рн“ 2,0
(Tartratpuffer). Reihe angesetzt um 11 Uhr 5 Minuten.
Endkonzentr. an NaCl | m/4 | m/8 | ml [16 | 5 1 wäi D 0/64 mj128 | 0
На ER e e EE EE DEE Ee Т,
Endkonzentr. ап CaCl, . m/128 m/128 | m/128 | mj128 | 0128 | 80/128 | mil
Flockungsgradl | | | | |
4. ХІ. 2h30' 0 0 0 0 | Sp | 8р x
24, 0 0 | о1о х | x | хх
З 10 . 0 0 0 0 хх | хх | X x
5 10 0 0 0 | хх XXXX|XXXX:XXXX
5. XI. 9 30 vst- | vst- | vst- vst- уз ' vst vst
pygem. (Chinhydr.)| — | — — 124 | 222| — | —
Hier ergibt sich also das bisher ungewohnie Bild, daß die Flockum
mit abnehmender Konzentration des Salzgemisches zunimmt.
Ein mit KO und CaCl, vorgenommener Versuch zeigt das gleiche
Verhalten wie bei NaCl + CaCl,.
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 107
Bei Vermehrung des Уегѕисһв-рң auf 5,0 mußte wieder die Zusatz-
konzentration von CaCl, den neuen Verhältnissen angepaßt werden,
entsprechend der dann etwas geringeren Wirksamkeit des CaCl, (siehe
Tabelle XX). Es wurde m/64 gewählt.
Tabelle XXIX.
Versuch 107a. „Soll рц‘ 5,0. NaCl variiert + CaCl, (m/64) konstant.
Reihe angesetzt 4 Uhr 50 Minuten.
Endkonzentration an NaCl | m/2
m4 ` m8 | 2316 m32 | 0
m64 | m64 | m64 | 0064 | ein
Endkonzentration an Call, ' m/64
|
mi | an.
Flockungsgrad ` | |
4. XI. 5һ05/ 0 0 | 0 | 0 0 8р
5 30 0 | 0 0 0 25 x
5.Х1.930| 0 0 0 хх | ххх | ххх
рн gem. (Chinhydron) . | — | _ — 4,74 4,76 —
Prinzipiell gleich verlaufen die Versuche mit NaCl + AlCl, bei
Pu 7,0 und pe 5,0, nur noch schneller, entsprechend der höheren Wirk-
samkeit des AlCl,.
Tabelle XXX.
Versuch 108. „Soll рң“ 2,0 (Tartratpuffer). NaCl variiert + AlCl, konstant
m/4096. Reihe angesetzt um 1 Uhr 10 Minuten.
Endkonzentration an NaCl |
_ mia | m;4 m'8 m;16 | т/32 | 0
` 2/4096 | m/4096 m’4096 | m/4006 _mj4096 | 0/4006
Endkonzentration an AICi,
Flockungsgred _.
4. XI. 2h07’ 0. 0 0 0 Зр Sp
213 0 0 0 Sp Sp Spt
23 0 о | 0 Sp Sp* ххх
30 оо 0 x хх |ххххх
3 15 | 0 0 0 x xxt vst -
50| 0 0 Sp |xxx|xxxxx| vst
5. XI. 9 30 be --| vst- | vst- | vst- vst vst
Рн gem. (Chinhydron) . — | — — | 221 2,24 | —
Analog ist das Verhalten bei Py 5,0.
Um den Antagonismus auch noch auf andere Weise zu prüfen,
wurden vier Versuche mit abgestuftem CaC],-Gehalt von m/16 bis
m/128 angesetzt, während die NaCl-Konzentration innerhalb eines
Versuchs konstant gehalten und won Versuch zu Versuch von m/4
bis m/32 abgestuft war. Dabei zeigte sich stärkste Hemmung bei m/4,
die kontinuierlich abnahm bei m/32.
108 P. Rona u. W. Deutsch:
Tabelle XXXI.
Versuch 110. „Soll рц“ 5,0. (Acetatpuffer).
A. NaCl konstant m/4 + CaCl, variiert (m/16 bis m/128)) Reihe angesetzt
B. NaCl konstant m/8 + CaCl, variiert (m/16 bis m/128)j um 12 Uhr 50 Min.
С. NaCl konstant m/16 + CaCl, variiert (m/16 bis m/128)\ Reihe angesetzt
D. NaCl konstantm/32 + ClaCl, variiert (m/16 bis m/128)j um 12 Uhr 52Min.
Endkonzentration an an СаСіз | m/16 з _ш/32 Е | m/64 |. 12/128 | H
Flockungsgrad 5. ХІ. um 1108 | 0 0 о Го !0
119 | 0 0 0 о jola
„214 х 0 о о |0
„530 | ук xxx | 0 0 |0
„10 | SS | 0 о ' о F
„ 119 + 0 о "ole
„214 SC xx 0 о 0
„ 5 30 | vst- Kai o 0 |0
„10 | Sp | Sp о, о 0
„ 120 | xx | 0 | о ol,
„216, — хххх 0 0 OI"
„53 | vst- vst - ото |o
107 | Sp x 0 00
„ 120 xx | ххх 0 | 0 olp
„ 216 | ххххх-|ххххх| + о 0
„ 5 32 | vet – vst – xx. 0 07
Al — | 474 |47, ——
А В — | 4,78 4,83 — —
Pa gemessen (Chinhydron) С | =: | 483 4'85 ЕБЕ
р! — т 487 |487 | — , —
Schließlich seien noch zwei Versuche angeführt, die beweisen,
daß derselbe Antagonsimus auch für CaCl, + AlCl, sowohl bei рн 2,0
wie bei рн 5,0 besteht. (Tabelle XXXII.)
So zeigen die Versuche an Lecithin mit Salzgemischen durch-
gehend einen Antagonismus.
VI. Versuche mit Cholesterin-Leeithingemischen.
Um die Flockung in einem Cholesterin-Lecithingemisch, in dem
' die Cholesterinendkonzentration wie immer 0,01 Proz. betrug, beob-
achten zu können, wurde mit der Lecithinendkonzentration auf den
zwanzigsten Teil der sonst benutzten heruntergegangen. Diese Lecithin-
verdünnung allein ohne Cholesterin hat ein fast wasserklares Aussehen.
Zunächst wurde nun ein Vorversuch mit Ca Cl, und dem angegebenen
Cholesterin-Lecithingemisch gemacht bei Se 2,0, bei dem Cholesterin
allein sonst schnelle Flockung zeigt, Lecithin dagegen nicht.
(Tabelle XXXIII.)
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen.
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110 | P. Rona u. W. Deutsch:
Während also die Cholesterinkontrolle ohne Lecithin nach
25 Minuten starke Flockung zeigt, nach 55 Minuten nahezu ganz ge-
flockt hat, ist die andere Cholesterinkontrolle mit Lecithin nach
20 Stunden + geflockt. Die CaCl,-Flockung reicht herunter bis 11/128,
also bis zu der bei Py 2,0 früher festgestellten Lecithingrenzkonzen-
tration.
Das Lecithin übt also einen äußerst stark hemmenden Einfluß
auf die Cholesterinflockung aus, ja prägt ihm überhaupt seinen Flockungs-
charakter auf. Dabei ist zu beachten, daß die Anwesenheit des
Lecithins für das bloße Auge gegenüber der viel stärkeren Cholesterin-
trübung (Vergleich der angegebenen Verdünnungen ohne Salzzusatz)
kaum bemerkbar ist.
Dieses Verhalten zeigt sich nun auch in den folgenden syste-
matisch angestellten Versuchen.
Bevor wir zu diesen übergehen, ist aber noch ein Versuch zu er-
wähnen, der Aufschluß über das Verhalten der Schutzwirkung des
Lecithins auf das Cholesterin bei variierter Lecithinkonzentration
geben soll. Der Versuch wurde wieder bei Pp 2,0 gemacht, bei
dem Cholesterin allein stark flockt.
Tabelle XXXIV.
Versuch 127. Cholesterin-Lecithingemisch. „Soll pe" 2,0 (Tartratpuffer).
Cholesterinkonzentration konstant 0,01 Proz., Lecithinkonzentration variiert.
Reihe angesetzt um 5 Uhr.
Endkonz. an Cholesterin, Proz. 001 | 001 0,01 T. 001 00159 `
Endkonzentr. an Lecithin, Proz. | 0,015 0,01 J 0,005 0,0025 0
— — zo. — — | EE Е = —
lockungsgrad |
17. XI. um 525° .. 0 0 0 0 xXXXX
18. XI. „ 100 | + Sp х x+ vst
Рн gemessen ..... ' 224 — 2,23 —
*) Kontrolle.
Mit abnehmender Lecithinkonzentiration nimmt auch die Schutz-
wirkung ab, bleibt jedoch bei 0,0025 Proz. Lecithin immer noch be-
trächtlich gegenüber der Kontrolle. Diese Lecithinkonzentration
(0,0025 Proz.) erscheint ohne Vorhandensein von Cholesterin wie
Wasser. |
Für die folgenden Versuche wurde nun nicht mehr ein рд zugrunde
gelegt, bei dem Cholesterin noch flockt, sondern трн 3,0, bei dem ез
stabil bleibt. |
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 111
Tabelle ХХХҮ.
Versuch 128. „Soll pyu“ 3,0 (Lactatpuffer). ‚NaCl‘. Cholesterin-Lecithin-
gemisch. Cholesterinendkonzentration 0,01 Proz. Lecithinendkonzentration
0,02 Proz. Reihe angesetzt um 2 Uhr 40 Minuten.
A. Mit Lecithin. B. Kontrolle ohne Lecithin.
Flockungsgrad | |
19. XI. 4Ь06' | | 0
5 05 | ol
20. ХІ. 9 30 | A v.
4h02' | XXXXX | XXXX | XXX | хх | x | Sp |i
5 05 'хххххх|ххххххххх XXX хх | х+ Sp зів
20. ХІ 9 3 | vst | vst | vst | vst-| vst-- xxxx| Sp |Sp
ar, у SR 28 — ce ao va
RE {в |! | 2,84 2,96 — | — | — | — | ec?
In diesem Versuch zeigt sich wieder die deutliche Hemmung.
Kontrolle B ist zu gleicher Zeit angesetzt wie Reihe A und flockt in
gleichen Ablesungszeiten stärker und weiter nach rechts reichend. Im
ganzen war diese Cholesterinsuspension etwas empfindlicher als frühere,
denn die salzfreie Cholesterinkontrolle bleibt nicht ganz stabil.
Ganz analog, nur mit geringen Unterschieden, verlaufen die Ver-
suche mit den übrigen Alkalien.
Tabelle XXX VI.
Zum Vergleich mit der Kontrolle siehe Flockungsgrad vorige Tabelle
Nr. XXXV bei В. Reihe mit КС] und NH,CI angesetzt um 2 Uhr
47 Minuten. Reihe mit LiCl angesetzt um 4 Uhr 35 Minuten.
EE Ir mj2 | mid RR m/8 m/16 шз
um 415... p xt | x | + 0 d
„510 Ier, xX Sp о ока
20. ХІ. „ 930 © vst | vst | Sp Sp '0)
ри gemessen . . . . . | — | 303 3100: 2. u Je
um 500°... | р Sp : о 10
эш езш сс ш рш A Вр
Ра gemessen . . . . . — | 2,96 2,98 — | —
20. ХІ. um %30 ЖЕСЕ Е vst | xxt | Sp Sp wa
Pu gemessen . . .. . ı — | 294 | 2,98 | — | =
Am deutlichsten wird das Verhalten des Cholesterin-Lecithin-
gemisches klar bei den dreiwertigen Salzen. (Tabelle XXXVIII.)
Wie schon aus den Versuchen mit den Alkalien und Erdalkalien
zu sehen war, flockte das Gemisch immer in der bei Lecithin allein
gefundenen Zone, so daß die Flockungsgrenze gegenüber dem reinen
Cholesterinversuch nach links verschoben war. Hier findet sich nun
dieselbe Flockungszone wie beim Lecithinversuch (siehe Tabelle XIII),
nur um ein Glied nach links verschoben, wegen des um 1,0 saureren рн,
P. Rona u. W. Deutsch:
112
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Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 113
während rechts und links davon die Flockung völlig, auch nach
1 „Tagen, ausbleibt. Die reine Cholesterinkontrolle flockt binnen
4 Stunden fast völlig. Der Flockungscharakter des Lecithins prägt sich
also dem Lecithin-Chholesteringemisch auf. Es findet aber insofern eine
gegenseitige Hemmung statt, als die Flockung beim Lecithin-Cholesterin-
gemisch in der flockenden Zone langsamer verläuft als beim reinen
Lecithinversuch.
Zu erwähnen ist, daß sich auch hier wieder, wie beim Lecithin
allein, die Dispersitätsveränderung sofort nach dem Zusammengießen
der Röhrchen kenntlich macht. Beim Cholesterin-Lecithingemisch
ist die Zone von m/572 bis m/2048 stärker getrübt als die der be-
nachbarten Röhrchen, während die Kontrolle ohne Lecithin gleich-
mäßig ohne Zonenbildung ist.
Der Versuch mit Cerochlorid verläuft ganz analog.
Diese Versuche wurden nun für pg 5 und ohne, Pufferzusatz aus-
geführt, ohne daß an den Gesamtverhalten sich etwas ändert. Auch die
obere Zone von m/286 bis m/8, die in Tabelle XXX VIII nicht enthalten
ist, ist vorhanden.
Zusammengefaßt ergibt sich also:
1. Beimengung von Lecithinsuspension zu Cholesterinsuspension,
in einer Menge, die destilliertem Wasser ohne Cholesterin kaum einen
Hauch von Trübung verleiht, hemmt die Cholesterinflockung sehr stark.
2. Geht man mit der Lecithinverdünnung in abgestufter Reihe
so weit herunter, daß sich die Lösung für das bloße Auge überhaupt
nicht mehr von Wasser unterscheidet (0,0025 Proz.), so nimmt die
Hemmung allmählich ab, bleibt aber immer noch beträchtlich (Flockung
nach 20 Stunden x*, Kontrolle: vst).
3. Das Lecithin prägt dem Cholesterin seinen Flockungscharakter
auf — die Flockungszonen bleiben dieselben wie beim Lecithin allein —,
wird aber seinerseits wiederum von Cholesterin gehemmt, was sich in
geringerer Flockungsgeschwindigkeit gegenüber dem reinen Lecithin-
versuch zeigt. Es liegt also eine Schutzwirkung des Lecithins auf das
Cholesterin vor.
ҮП. Versuche über den Einfluß kapillaraktiver Stoffe auf die Flockung
von Cholesterin und Lecithin.
Es wurde zunächst sowohl für Cholesterin wie für Lecithin eine
CaCl,-Reihe bei рн 5,0 angesetzt, bei der in jedem Röhrchen 3 ccm
Wasser durch 3 ccm einer gesättigten Isobutylurethanlösung ersetzt
waren. Beim Lecithin wie beim Cholesterin wurde keinerlei Einfluß
des Isobutylurethans beobachtet. Die Flockung verlief, sowohl was
die Lage der Grenzkonzentration als auch den zeitlichen Verlauf an-
belangt, völlig normal.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 8
114 P. Rona u. W. Deutsch:
Dann wurden dieselben Versuche angesetzt, nur wurde das Ver-
dünnungswasser durch mit Thymol gesättigtes Wasser ersetzt. Für
Cholesterin zeigte sich wiederum völlige Indifferenz. Dagegen be-
gegnet man beim Lecithin einem besonderen Verhalten.
Tabelle XXXIX.
Versuch 164. Lecithinsuspension. Salz: CaC],. „Soll pe" 5,0 (Acetatpuffer).
Mit Thymol gesättigtes Verdünnungswasser. Reihe angesetzt um 11 Uhr.
Endkonz. an СаСі, | mi? | m/4 ш/8 | 18/16 | m/32 | 10/64 |mj128 | m/256...m/2048
Flockungsgrad |
13. XII. 11500’ | 0
11 05 | 0 |хххх|хххххххх|хххх|хххх| 0
11 15 | 0 | vst-
11 40 | x | vst
1 00 xxx] vst
m/256 bis m/2048 sind sehr stark getrübt, bleiben aber auch am
nächsten Tage noch stabil.
Vergleicht man den entsprechenden Lecithinversuch ohne Thymol
(siehe Tabelle XV) mit dem Thymolversuch, so ist in letzterem außer
einer geringen Verbreiterung der Flockung um ein Glied nach rechts
und links vor allem die sehr starke Beschleunigung der Flockung auf-
fallend. Alle Röhrchen beginnen fast momentan mit der Flockung,
die im Versuch ohne Thymol teilweise erst am nächsten Tage ge-
flockt sind.
200090
ҮШ. Versuche mit den Systemen: Lecithin— Serum, Cholesterin— Serum,
und Cholesterin—Lecithin— Serum.
Zum Schluß wurden Versuche angestellt über den Einfluß von Serum-
beimengung zu Lecithin, Cholesterin und Lecithin-Cholesterinsuspensionen.
Es war unmöglich, auf diese Versuche die bis hierher befolgte syste-
matische Weise anzuwenden wegen der Komplikationen, die sofort er-
scheinen, wenn eine so komplexe Komponente wie Serumeiweiß hinzutritt.
Es werden also im folgenden die Versuche nacheinander so beschrieben,
wie sie sich organisch auseinander entwickelten.
Zunächst wurde von einem menschlichen elektrodialysierten Serum
(Leitfähigkeit 1,8. 10-5; рд 5,05) eine 20fache Verdünnung mit Lecithin
(4 Proz.) hergestellt und je 1 cem dieses Gemisches zu einer Reihe mit ab-
gestuftem Puffergemisch zugesetzt. Dabei trat eine momentane massige
Flockung bei ру 4,0 auf, also eine Verschiebung der Lecithinflockung ins
Alkalische, wie sie auch Michaelis!) beschreibt. Die Röhrchen mit py 3,0
und рн 5,0 blieben stabil.
Derselbe Versuch wurde nun mit demselben Eiweiß und auch sonst
ganz analog nur mit Cholesterin statt Lecithin angestellt. Die
1) Michaelis Praktikum а. phys. Chem. 71, 1912.
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 115
Anwesenheit des Eiweißes änderte nichts an dem gewohnten Verhalten des
Cholesterins.
Bei pe 2,0 nach 15 Minuten vollständige Flockung.
» Рн 3,0 vollkommene Stabilität.
„э Ри 4,0 „э „э
» Фн 5,0 » »
Bei Wiederholung dieses Versuches mit einem anderen elektrodialy-
sierten Serum [рн 5,8!)] ergab sich plötzlich ein ganz anderes Verhalten.
Schon bei der Herstellung der 20maligen Verdünnung mit Lecithin erfolgte
momentane Flockung; ebenso wurde die Cholesterinsuspension innerhalb
weniger Minuten vollständig geflockt, und zwar bei völliger Abwesenheit
von Salzen. Die Lecithinflockung war durch Zusatz von Acetatpuffer (рн 5,0)
nicht reversibel. Durch Phosphatpuffer (рн 7,0) aber wurde das Gemisch
so weit stabilisiert, daß die Flockung erst sehr langsam eintrat (erzieltes
Рн 6,69). Der isoelektrische Punkt des Gemisches liegt also weiter im
Alkalischen. Am Neutralpunkt etwa wird esstabil. Es wurde nun folgender
Versuch mit dem zuletzt besprochenen Serum gemacht:
Tabelle XL.
22. Dezember 1925.
Reihe angesetzt um 12 Uhr 30 Minuten.
Serum . Se . 7 а а
Phosphat-Puffergemisch, рн 7,1,
mj100 Na .......... 0,3 0,3
Cholesterinsuspension ..... 1,0 1,0
Lecithinsuspension . . . . . .. | 0,04 0,0
d. h. also einmal mit Lecithin, einmai ohne Lecithin.
Flockungsgrad 22. XII. 8 30 . . 0 Sp
4 00 .. 0 x
5 30 0 x+
23. XII. 9 30 ..| + vst--
рн gemessen . . . .. 2.2.2.0. | 6,62 | 6,69
Die Pufferung war also etwas nach der sauren Seite durchbrochen,
so daß die Tendenz zur Flockung bestehen blieb. Röhrchen 1 mit Lecithin
zeigt wieder eine erhebliche Schutzwirkung der Flockung.
Als nun beider sonst gleichen Versuchsanordnung wie eben der Phosphat-
puffer fortgelassen wurde, die Reaktion also etwas sauer war, trat, wie zu
erwarten, in beiden. Röhrchen Flockung ein. Diese Flockung war aber
4 Stunden nach dem Ansetzen merkwürdigerweise im Röhrchen mit
Lecithin durch 2 Tropfen 4n NaOH momentan reversibel, im Röhrchen
ohne Lecithin dagegen nicht. py war sicher über 8,0 in beiden Röhrchen,
wie durch Phenolphthalein festgestellt wurde.
Diese Versuche mit Serum sind weiter ausbaufähig. Vor allem
müssen sie mit möglichst definierten Eiweißkörpern, etwa kristallisiertem
Eieralbumin angestellt werden. Wir haben uns aber zunächst auf (diese
1) Leitfähigkeit 2,7. 10-5.
8 ж
116 P. Rona u. W. Deutsch:
mitgeteilten Versuche beschränkt, aus denen schon hervorgeht, daß sich
Regeln wie Sensibilisierung des Cholesterins durch Serum so allgemein
nicht aufstellen lassen, wie es zuweilen geschieht. |
Schließlich haben wir durch Zufall die Erfahrung gemacht, daß
nicht einmal alle Cholesterinpräparate sich einheitlich erweisen. Denn
ein Probeversuch mit Cholesterin (Merck), einem äußerlich voll
kommen dem Kahlbaumschen gleichenden Präparat, das sich aber im
Gegensatz zu diesem in Aceton nur mit einer leichten Trübung löste,
zeigte eine erheblich größere Labilität [Flockung bei р. 6,0 (m/100 Na )}.
Der Ursache dieser Verschiedenheit sind wir nicht nachgegangen. Ein
uns von der Firma C. H. Boehringer Sohn in Niederingelheim liebens-
würdigerweise zur Verfügung gestellte Speziallecithinpräparat, das
sich bei serologischen Versuchen von H.Sachs und A. Klopstock!)
gegenüber dem Merckschen als different erwiesen hatte, ergab in einigen
Probeversuchen außer etwas schnellerer Flockung keine Unterschiede.
Das verschiedene Verhalten der beiden Cholesterinpräparste
kann den Wert des Mitgeteilten nicht beeinträchtigen. Denn die Ver-
suche wurden alle an dem gleichen Präparat angestellt und auf Grund
der an diesem gefundenen Eigenschaften kombiniert. Außerdem wir
es sich bei der Differenz der Präparate weniger um Wesensverschieden-
heiten als um quantitative Unterschiede, also um Unterschiede der
absoluten Werte handeln.
Mit einer relativ groben Methodik — denn als solche muß die
Flockungsbeobachtung gelten — wurden Cholesterin und Lecithin
jedes für sich und kombiniert untersucht, mit Beachtung des бар.
gehalts und der Wasserstoffionenkonzentration. Dabei zeigten sich
hemmende und fördernde Einflüsse, die teils von seiten des Cholesterins
und Lecithins, teils von dem Milieu ausgehen.
Man gewinnt aus den Versuchen die Vorstellung, daß der Organis-
mus, der als feinerer Indikator schon auf weit geringere Veränderungen
reagiert als es unsere Methodik vermag, neben dem artspezifischen
Aufbau des Eiweißes in den Faktoren des Lecithins und Cholesterins.
den Schwankungen der H-Ionenkonzentration und der Relation der
einzelnen Elektrolyte zueinander, ein fein äquilibriertes System besitzt,
das in sich schon reiche Möglichkeit birgt, auf Störungen durch Zustands-
änderung desselben zu antworten.
Zusammenfassung.
Die Flockung durch H-Ionen für das von uns verwandte Cholesterin
ergibt als Grenze zwischen flockender und nichtflockender Suspension
bei einem Puffergehalt von Leg Molarität unabhängig von der Art des
1) Diese Zeitschr. 159, 491, 1925.
Cholesterin- und Lecithinsuspensionen. 117
gewählten Puffers рд 2,4 bis pe 3,2, während sie für die HCl-Flockung
ohne Puffer wegen der fehlenden additiven Wirkung der Na-Ionen
um рн 2,4 liegt. Es zeigte sich eine geringe Schwankungsbreite zwischen
verschiedenen sonst praktisch gleichartig hergestellten Suspensionen.
Flockung durch die Chloride ein-, zwei- und dreiwertiger Salze. Die
Versuche wurden 1. bei einem py nahe an der flockenden Grenz-
konzentration für H-Ionen (Py 3,0), 2. bei рь 5,0, 3. ohne Puffer an-
gestellt.
Dabei ergibt sich: Je höher die Wertigkeit der flockenden Kationen
ist, eine um so geringere Konzentration genügt zur Flockung.
Веі den dreiwertigen Kationen treten die sogenannten ‚unregel-
mäßigen Reihen“ auf, die im Versuch mit Puffer und ohne Puffer
Verschiedenheiten zeigen. Die H-Ionen und die jeweilig angewandten
Kationen addieren sich in ihrer Wirkung.
Die Flockung durch H-Ionen für das von uns angewandte Lecithin
ergibt als Grenze zwischen flockender und nichtflockender Suspension,
unabhängig von der Wahl des Puffers, auch bei einer HCl-Flockung
ein De von 1,73 bis 1,75.
Flockung durch die Chloride ein-, zwei- und dreiwertiger Salze
bei 252,0 bis 2,2, bei рь 5,0 und ohne Puffer ergibt: Die Alkalien
flocken nur bei рь 2,1 und relativ hohen Konzentrationen (Optimum
m/2 bis m/4). Bedeutend stärker wirken die zweiwertigen Salze, was
sich sowohl in der geringen optimalen Konzentration wie in der kurzen
Zeit bis zum Flockungsbeginn ausspricht, CaCl, ist etwas wirksamer
als BaCl,. Bei den dreiwertigen Salzen treten zwei Flockungszonen
auf — eine noch weit tiefer als bei den zweiwertigen gelegene und eine
im Gebiet der Flockung der Alkalien. p,-Unterschiede sind von geringer
Bedeutung.
Flockung durch Salzgemische bei Cholesterin.
Die Kombinationen Na mit Ca und Na mit Al” ergeben bei
Pu 3,0 und De 5,0 einen Synergismus, der sich in der Verschiebung
der Flockungsgrenze nach der Seite der geringeren Konzentrationen
und in so starker Beschleunigung der Flockung zeigt, daß man fast
von einer Potenzierung der Wirkung des Salzgemisches sprechen kann.
Flockung durch Salzgemische bei Lecithin.
Dieselben Versuche bei Lecithin ergeben einen Antagonismus, der
auf verschiedene Weise nachgeprüft wurde.
Versuche mit Cholesterin-Lecithingemischen.
Das Lecithin übt einen sehr stark hemmenden Einfluß auf die
Cholesterinflockung aus. Abnehmende Lecithinkonzentration bewirkt
118 P. Rona u. W. Deutsch: Cholesterin- und Lecithinsuspensionen.
abnehmende Hemmung. Dabei wirken noch Lecithinverdünnungen
hemmend, die allein ohne Cholesterin und Salze wie reines Wasser
erscheinen.
- Das Lecithin prägt der Cholesterin-Lecithinflockung seinen
Flockungscharakter auf, der aber wiederum durch das Cholesterin
insofern verändert wird, als die Flockung langsamer verläuft als beim
reinen Lecithinversuch. Es liegt also eine gegenseitige Beeinflussung
vor. P,-Unterschiede sind von unwesentlicher Bedeutung.
Der Einfluß kapillaraktiver Stoffe
а) auf die Flockung von Cholesterin: Isobutylurethan und Thymol
üben keine Wirkung aus.
b) auf die Flockung von Lecithin: Isobutylurethan ist ohne Einfluß.
Dagegen bewirkt Thymol eine sehr starke Flockungsbeschleunigung
und eine geringe Verbreiterung der Flockungszone.
Cholesterin, Lecithin und Serum.
Die Versuche zeigen bei verschiedenen menschlichen Sera ein
verschiedenes Verhalten. Während Beimengung von elektrodialysiertem
Serum in einem Falle Cholesterin binnen kurzem zu vollständiger Aus-
flockung brachte, war es in einem anderen Falle wirkungslos. Es konnte
durch Alkalisierung des Systems (bei einem flockenden Serum) eine
größere Stabilität erzeugt werden. Beimengung von Lecithin wirkte
auch hier hemmend auf die Flockung.
Ein Cholesterinpräparat anderer Herkunft (Merck) als das der
Arbeit zugrunde liegende (Kahlbaum), das sich im Gegensatz zu letzterem
in Aceton nicht klar löste, zeigte weit größere Labilität.
Die Untersuchung ist mit Unterstützung der Japan-Stiftung
(Hoshi-Stiftung) der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft
ausgeführt worden. Fräulein Wunder hat uns bei der Arbeit wertvolle
Hilfe geleistet.
Eine neue gebrauchsfertige Apparatur zur elektrometrischen
Messung der Wasserstoffionenkonzentration.
Von
H. Lüers.
(Laboratorium für angewandte Chemie der Technischen Hochschule
in München).
(Eingegangen am 18. Februar 1926.)
Mit 3 Abbildungen im Text.
Seit den klassischen Arbeiten von S. P. L. Sörensen und L. Michaelis
über die Messung und Bedeutung der (H`) ist das Bedürfnis nach ein-
fachen, gebrauchsfertigen Apparaturen für derartige Messungen von
Jahr zu Jahr gestiegen, denn es gibt heute wohl kein Laboratorium,
welches sich auf biologischem oder biochemischem Gebiet betätigt,
das nicht schon in die Lage gekommen wäre, Wasserstoffionen-
konzentrationen messen zu müssen. Eine diesbezügliche Apparatur
gehört heute ohne Frage zum unentbehrlichen Rüstzeug eines modernen
Laboratoriumsbetriebs.
Nachdem wir uns schon frühzeitig mit Studien auf diesem Gebiet
befaßten, waren wir vor die Aufgabe gestellt, die Apparatur nach den
Angaben von Sörensen und Michaelis sowie der einschlägigen Literatur
aus einzelnen Teilen, die für sich beschafft werden mußten, zusammen-
zustellen, und dies jedesmal zu wiederholen, wenn man die Arbeits-
stätte wechselte.
Der damit verknüpfte Zeitaufwand, ferner zahlreiche Anfragen
von Fachkollegen oder Interessenten nach solchen Apparaturen waren
die Veranlassung, daß wir einen vollständig gebrauchsfertigen Apparat
zu konstruieren versuchten. Nach einer Reihe von Versuchen gemeinsam
mit der Firma F. und M. Lautenschläger, München, ist es unserer
Ansicht nach gelungen, dieses Ziel in sehr befriedigender Weise zu
erreichen. Da das Interesse der Fachkreise an dieser Apparatur ein
sehr reges ist, soll im folgenden das Wesentliche darüber mitgeteilt
werden, wobei die allgemeinen Kenntnisse über die Theorie der Messung
von Gasketten vorausgesetzt werden.
120 H. Lüers:
Abb.1 gibt ein allgemeines Bild über den Apparat. Auf einer
gemeinsamen, gut isolierenden und verziehungsfreien Grundplatte sind
die einzelnen Teile fest montiert, so daß der Apparat bequem von
einem Raum in den anderen transportiert werden kann und stets
gebrauchsfertig ist. Nichtsdestoweniger lassen sich aber doch die
einzelnen Aggregate, wie Akkumulatoren, Normalelement, Meß-
instrument, leicht von der Platte zum Zwecke der Reinigung, Prüfung,
Aufladung usw. entfernen. Sämtliche Leitungen sind aus bestisoliertem
Draht hergestellt und liegen an der Unterseite der Platte. Auf die
Abb. 1.
Ausführung der Klemmen ist besondere Sorgfalt verwendet worden,
um Kontaktfehler möglichst zu vermeiden. Die wesentlichen Teile
der Apparatur sind folgende:
In der Mitte befindet sich der Meßakkumulator (MA), eine Varta-
Accomet-Type, der gegenüber den gewöhnlichen Akkumulatoren den
Vorteil hat, daß bei Entladung mit sehr geringen Stromstärken, wie
es bei diesen Messungen der Fall ist, die Kapazitätsentnahme sich
über 6 Monate ohne neuerliche Aufladung erstrecken kann.
Links neben diesem Meßakkumulator ist ein gewöhnliches transport-
fähig gefülltes Cadmium-Normalelement von der Spannung 1,0187 Volt
untergebracht.
Neue Apparatur z. elektrometr.: Meesung d. H-Ionenkonzentration. 121
Wie das Schaltungsschema
in Abb. 2 zeigt, arbeitet der
Akkumulator MA über die rechte
und linke Klemme der Meß-
brücke M auf den Meßdraht,
wobei die vom positiven Pol
ausgehende Stromzuleitung über
den Ausschalter S führt. Der
Stromkreis des Normalelements
führt vom negativen Pol aus
zum Wechselschalter W und dann
entweder über das Kontakt-
` blech 5 zum Schleifkontakt Schl,
oder bei der Schaltung zur
direkten Ablesung der Millivolt,
an den Kontakthebel k. Der posi-
tive Pol des Normalelements NE
ist über den Schalter 8 und
den Wechselschalter W, mit
dem Kurzschlußtaster T und
dem Kapillarelektrometer Æ ver-
bunden.
Dieses Meßinstrument be-
findet sich auf einem auf der
Grundplatte montierten Stativ St,
an welchem es durch Klemmen,
leicht abnehmbar, gehalten wird.
Ein Ablesemikroskop AM ge-
stattet eine scharfe, stark
vergrößerte Beobachtung des
Menikus vor einer Okularskala,
die ihren Nullpunkt in der.Mitte
hat, um den Ausschlag nach
oben oder unten schnell über-
sehen zu können. Das Mikroskop
ist nach drei Richtungen im
Raume beweglich und feststellbar
und gestattet so sehr rasch und
leicht das Auffinden und Ein-
stellen des Quecksilbermeniskus. gi A
Hinter der Kapillare ist ein elek- 0—9—0—
trisches Lämpchen zur Beleuch- +
tung des Quecksilberfadens an-
1000 10187
Sch
u
Abb. 2. Schaltungsschema.
AR ЛХ KREKAR RAS \
ИЛИИ.
4.0: фадо
© Licht o Klemmen о Kontakte
122 | . H. Lüers:.
gebracht, das vom Lichtakkumulator LA, ebenfalls ein Accomettyp,
der über den Schalter S arbeitet, versorgt wird. Dadurch ist man
vom Tageslicht unabhängig und kann den Apparat an jedem beliebigen
Orte (trocken und frei von Säuredämpfen) aufstellen.
Auf der rechten Seite der Grundplatte ist die Gasketten-
apparatur ӨК (Abb.1) untergebracht. Sie besteht aus einer oder
mehreren Bezugselektroden und den Meßelektroden, die an handlichen
Elektrodenhaltern an einem Rahmen, der die Wanne umgibt, unter-
gebracht sind. Die Schaltung der Gaskette entspricht genau der-
jenigen des Cadmium-Normalelements, so daß also lediglich durch Ver-
schieben des Wechselschalters nach rechts oder links, einmal das Normal-
element oder die Gaskette gegen den Akkumulator geschaltet werden
kann. An Stelle der oft zu Störungen Anlaß gebenden Quecksilber-
wippen ist der Apparat mit sechspoligen Schubschaltern ausgerüstet,
bei denen jeder einzelne Kontaktstift durch eine Spiralfeder an die
Kontaktfläche gedrückt wird. Jeder Schalter ist schnell durch Lösen
einer Rändelschraube f (Abb.1) auseinandernehmbar und dadurch
jederzeit leicht zu reinigen. Die Anordnung der Schalter ist so getroffen,
daß der Schalter S beim Ausschalten stets den Wechselschalter W
zwangsläufig auf seine Anfangsstellung (Normal-Element-Akkumulator)
schiebt. Dies vereinfacht die Bedienung des Apparats.
Eine besondere Einrichtung am Apparat gestattet das Ablegen
der EMK der Gaskette unmittelbar in Millivolt an der Meßbrücke,
wie es bereits von anderer Seite (Michaelis, Emslander u. a.) geschah.
Doch kann diese Einrichtung nach Belieben ausgeschaltet und mit der
bislang üblichen Anordnung gemessen werden. Sollin der bisher üblichen
Anordnung mit der Meßbrücke = 1000 mm gearbeitet werden, wird
zunächst der Hebel A (Abb. 3) am rechten Ende der Meßbrücke hoch-
gestellt, also dieser Kontakt aufgehoben. Dann wird der Kontakt-
winkel a am rechten Ende der Brücke mit der dort seitlich angebrachten
Schraube so befestigt, daß er den 1020 mm langen Meßdraht auf 1000 mm
verkürzt. Weiter wird der Kontaktstreifen Ё von der Klemme vnachm `
gedreht, so daß er parallel der rechten Kante der Grundplatte steht,
und schließlich werden durch das dreikantige Winkelblech b die beiden
Klemmen с des Wechselschalters W (Abb. 3) miteinander verbunden.
Nun ist die Apparatur zur Messung in üblicher Weise bereit. Man
verfährt, kurz geschildert, bei einer Messung folgendermaßen:
Zuerst schiebt man den Schalter 8 (Abb. 1) nach links und schaltet
dadurch den Apparat und gleichzeitig die Beleuchtung des Kapillar-
elektrometers ein. Das Aufleuchten des Lämpchens L am Æ bildet
also gleichzeitig ein selbsttätiges Signal für die Einschaltung des
Apparats. Der Wechselschalter W steht auf seiner Anfangsstellung —> f
Neue Apparatur z. elektrometr. Messung. d. H-Ionenkonzentration. 128
(Abb. 3) und schaltet das Normalelement NE gegen den Akku-
mulator MA über das Elektrometer und die Meßbrücke.
Durch Verschieben des Schleifkontakts (Schl) sucht man unter
gleichzeitigem kurzen kräftigen Tasten des Kurzschlußtasters Т den
Abb. 3,
Punkt der Stromlosigkeit, der z. B. bei der Brückenablesung 51,20 cm
liegen soll. Nun schiebt man den Wechselschalter W nach links (1 <),
schaltet damit an Stelle des Normalelements die Gaskette ein und
sucht wieder den Punkt der Stromlosigkeit, der nach einer Reihe von
124 Н. Lüers:
im Abstand von 5 Minuten wiederholter Messungen schließlich konstant
bei 24,86 cm liegen mag. Nach jeder Messung schiebt man den Schalter 8
kräftig nach rechts, wobei gleichzeitig immer auch der Wechselschalter
auf die Stellung Cadmium - Normalelement - Akkumulator geschoben
wird, und das Lämpchen erlischt.
Die Berechnung der EMK der Gaskette erfolgt nach der Gleichung:
Ables. Akk.-Gaskette
EMKE Gaskette = 1,0187. Ables. Akk.-Normalelement
24,86
also = 1,0187 5190 = 0,4855 Volt.
Diese Berechnung hat man nicht nötig, wenn man sich der vorher
erwähnten Vorrichtung zum direkten Ablesen der Millivolt bedient.
Will man mit dieser arbeiten, so verfährt man folgendermaßen: Der
Kontaktwinkel a wird von der Meßbrücke entfernt und der auf 1018 mm
eingestellte Kontakthebel A heruntergeklappt. Der Kontaktstreifen Ё
wird von der Klemme m auf die Klemme v herübergedreht, ferner
wird das Kontaktblech b so gedreht, daß die Verbindung zwischen der
Klemme c gelöst ist (Abb. 3).
Durch diese Umschaltungen hat man die Meßbrücke durch einen
auf der Trommel A liegenden Meßdraht (Abgleichwiderstand) ver-
längert, ferner für dierechte Stellung des Wechselschalters (Akkumulator-
Normalelement) den Schleifkontakt Schl automatisch ausgeschaltet.
Beim Einschalten des Stromes durch Linksvorschiebung des Schalters 8
hat man unter Tasten des Kurzschlußtasters nunmehr nur die Trommel 4
so lange zu decken, bis Stromlosigkeit eingetreten ist. Da der Kontakt-
hebel % dabei auf dem Teilstrich 1018 m (entsprechend der Spannung
des Normalelements = 1018 Millivolt) steht, entspricht bei der zweiten
Messung der Gaskette gegen Akkumulator jetzt jeder abgelesens Milli-
meter einem Millivolt. Für das vorherige Beispiel finden wir also jetzt
bei der Ablesung Gaskette—Akkumulator (Linksverschiebung des
Wechselschalters W) Stromlosigkeit bei Teilstrich 485,5, somit ist
die EMK der Gaskette = 485,5 Millivolt.
Aus der Millivoltzahl gelangt man zum Pp, indem man unter
Berücksichtigung der Temperatur das Potential der Kalomelelektrode
gegen die N-Wasserstoffelektrode subtrahiert und diese Differenz durch
den aus der Nernstschen Gleichung resultierenden Faktor dividiert. Die
Werte sowie eine eventuelle Berücksichtigung des Barometerstandes
mögen aus Tabellen ersehen werden.
Mißt man anstatt mit der Wasserstoffelektrode mit der Chinhydron-
elektrode, so muß man beachten, daß die Chinhydronelektrode als
positiver Pol an Stelle der Kalomelelektrode, diese aber als negativer
Pol an Stelle der Wasserstoffelektrode geschaltet werden muß, sonst
Neue Apparatur z. elektrometr. Messung d. H-Ionenkonzentration. 125
wird genau wie vorher bei der Messung verfahren. Ergibt sich eine
EMK der Kette Chinhydronelektrode—gesättigtes К Cl—gesättigte
Kalomelelektrode ғ = 0,1154 Volt, во ist
€
= zei
wobei d der Nernstsche Faktor (0,0577 bei 18°) und у ein von der
Temperatur abhängiger Wert (bei 18°) = 7,80), der die Reduktion
auf die Normalwasserstoffelektrode enthält, ist. Es ist also in dem
Beispiel:
0,1154
Pa = — уоруу + 78= — 2,00 + 7,80 = 5,80.
Die Herstellung des Apparats wurde der Firma F. und M. Lauten-
schläger, G. m. b. H., München, übertragen. Nach Abstellung der sich
am Anfang ergebenden Mängel arbeitet der Apparat seit einer Reihe
von Monaten einwandfrei. Der Vorteil einer stets gebrauchsfertigen
Apparatur und die schnelle, einfache Handhabung verkürzen die zur
Messung notwendige Zeit sehr erheblich, so daß die Bestimmung der
(Н) nun auch in solchen Fällen ertolgen kann, wo man sich bisher
mit anderen, weniger genauen Untersuchungsmethoden begnügte.
Über die chemische Zusammensetzung der lebenden Materie.
Von
W. W. Lepeschkin.
(Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Universität Prag.)
(Eingegangen ат 18. Februar 1926.) -
Einleitung.
Die stoffliche Grundlage der lebenden: Organismusteile bezeichnete
man bis jetzt gewöhnlich als lebende Substanz. In dem vorliegenden
Aufsatz habe ich diesen Ausdruck vermieden, weil die lebenden Orga-
nismusteile nicht aus einer einheitlichen, sondern aus mehreren oder
vielen chemisch individualisierten Substanzen bestehen. Andererseits
müssen diese Substanzen sich in einer bestimmten Anordnung befinden,
um das Leben zu ermöglichen. Es ist also gerechtfertigt, von der
chemischen Zusammensetzung einzelner lebender Zellbestandteile zu
sprechen, die ich im allgemeinen als „lebende Materie‘“ bezeichnete').
Von den verschiedenen Arten dieser Materie sind das Protoplasma,
der Zellkern und die Chromatophoren der Pflanzen diejenigen, deren
lebende Natur zurzeit allgemein anerkannt ist, während die anderen
Arten dem morphologischen Studium gewöhnlich wenig zugänglich
sind und keine allgemeine Anerkennung als lebende Zellgebilde er-
worben haben?). Unsere chemischen Betrachtungen beziehen sich also
nur auf das Protoplasma, den Zellkern und die Chromatophoren der
Pflanzen. |
Wie ich vor kurzem gezeigt habe (1. ei, haben diese Zellbestandteile
eine kolloidale Struktur und verhalten sich so gegen mikrochemische
1) Vgl. meine Kolloidchemie des Protoplasmas 1924, 8.3.
2) Manche Forscher, wie z. B. Haidenhain (Plasma und Zelle), halten
nicht nur die Zellbestandteile, sondern auch die Interzellularsubstanz der
Tiere für lebend, weilsieeinen Stoffwechsel, Wachstum und sogar Vermehrung
zeigen. Es sei jedoch darauf aufmerksam gemacht, daß leblose Substanzen,
z. B. die aus Cellulose bestehenden Zellwände der Pflanzen, wenn sie sich
unter stetigem Einfluß der lebenden Materie befinden, Lebenserscheinungen
zeigen können (vgl Kolloidchemie des Protoplasmas, S. 1 und 2).
W. W. Lepeschkin : Chemische Zusammensetzung d. lebenden Materie. 127
Reagenzien, daß man vermuten darf, daß an ihrem Aufbau lockere
chemische Verbindungen der Eiweißkörper mit Lipoiden beteiligt sind.
Die chemische Zusammensetzung der lebenden Materie interessierte
mich aber damals nur insofern, als sie mir die kolloidale Struktur der-
selben erklärte. In diesem Aufsatz möchte ich aber die genannten Arten
der lebenden Materie von einem rein chemischen Standpunkt aus be-
trachten und versuchen, gemeinsame Eigentümlichkeiten ihrer
chemischen Konstitution aufzudecken.
1. Produkte der chemischen Zersetzung des lebenden Protoplasmas.
Bekanntlich sterben alle lebenden Bestandteile der Zelle bei der
Einwirkung chemischer Reagenzien ab, die bei der chemischen Analyse
verwendet werden und chemische Veränderungen der lebenden Materie
hervorrufen. Nach den üblichen chemischen Methoden können wir
also nur leblose Zellbestandteile untersuchen. Es ist aber klar, daß
leblose Substanzen, die das tote Protoplasma usw. zusammensetzen,
von den Substanzen des lebenden Protoplasmas usw. herstammen und
also als Produkte seiner chemischen Zersetzung betrachtet werden
können. Diese Produkte möchten wir jetzt näher betrachten.
Das Protoplasma ist bis jetzt nur wenig untersucht worden, und
eine vollständige chemische Analyse wurde nur von Reinke!) an Plas-
modien der Myxomyceten und von Lilienfeld?) an Leucocyten gemacht.
Neuerdings habe auch ich über die chemische Analyse des Plasmodiums
von Fuligo varians kurz berichtet?). Außerdem ist die chemische
Zusammensetzung der kernlosen Erythrocyten bekannt, die aus-
schließlich aus dem Protoplasma bestehen, weil ihre Pellicula nur
außerordentlich dünn ist und als verdichtetes Protoplasma betrachtet
werden kann <).
Als Reinke eine chemische Analyse des Plasmodiums unternahm (1881),
kannte man nur wenig von der chemischen Konstitution der Eiweißkörper,
die erst später als aus Aminosäuren zusammengesetzte Verbindungen
angesehen wurden. Die Konstitution von Nucleinen und Nucleoproteiden,
die bekanntlich erst von Kossel (1894) gründlich untersucht wurden, war
zur Zeit Reinkes ebenfalls unbekannt. Es ist also vollkommen begreiflich,
daß Reinke sich mit der Elementaranalyse eines durch verdünnte Kalilauge,
Salzsäure, Äther und Alkohol erschöpften Preßrückstandes des Plasmodiums
und mit der Bestimmung der Lipoide (Cholesterin, Harze, Fette) und der
wichtigsten in den Preßsaft übergegangenen kristallinischen Substanzen
1) Reinke, Unters. aus d. bot. Laboratorium Göttingen 1881 bis 1883.
Einleitung in die theoretische Biologie. Berlin 1911.
2) Lilienfeld, Zeitschr. f. physiol. Chem. 18, 473, 1894.
3) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 41, 179, 1923.
1) Vgl. meinen Aufsatz in „Biologia generalis“ 1, Н. 7, 1925 (Wien,
Verlag Emil Haim): ‚Rote Blutkörperchen im Lichte der Kolloidchemie“.
128 W. W. Lepeschkin:
(Xanthinbasen, Aminosäuren u. a.) begnügte. Außerdem stellte er die
Menge von Wasser und Mineralstoffen im Plasmodium fest.
Die Elementaranalyse des erwähnten Preßrückstandes, der von
Reinke als Plastin bezeichnet wurde, ergab einen zu kleinen Stickstoff-
gehalt (ungefähr 12 Proz.) im Vergleich mit dem der Eiweißkörper
(16 bis 18 Proz.). Infolgedessen schloß Reinke, daß das Plastin, „diese
unter den Bestandteilen des Protoplasmas vielleicht wichtigste Ver-
bindung, entweder den Eiweißstoffen sehr nahe“ zu stehen oder
„eine Annäherung ап das relativ stickstoffarme Nuclein‘“ zu zeigen
scheine.
Da aber das Plastin auch ziemlich viel (2,15 Proz.) Phosphor enthielt,
vermutete Reinke, daß es vielleicht eine Verbindung eines typischen Eiweiß-
stoffes mit einer organischen Phosphorverbindung sei. Das calcium-
carbonatfreie, lufttrockne Plasmodium enthielt ungefähr 40 Proz. Plastin,
obwohl seine Menge nur sehr annähernd nach dem Stickstoffgehalt berechnet
wurde.
Außer dem Plastin enthält das Plasmodium, nach Reinke, eine un-
bedeutende Menge in Wasser löslicher Eiweiße. Nach dem Verreiben des
Plasmodiums mit einer 10proz. Lösung von NaCl geht aber eine bedeutende
Menge von ‚„Vitellin‘ in Lösung.
Die Analyse, welche Lilienfeld an Leucocyten gemacht hat, wurde
unter einer ständigen Aufsicht von Kossel und nach den Methoden
desselben ausgeführt und gibt ein vollständiges Bild der chemischen
Zusammensetzung der Leucocyten. Diese enthalten, nach Lilienfeld,
68,78 Proz. trockener Substanz an Nuclein und 8,67 Proz. an Histon,
die in den Zellen zu Nucleohiston und Nucleoproteid verbunden sind.
Da Nucleohiston, nach moderner Terminologie ebenfalls als Nucleo-
proteid bezeichnet werden muß, so sind also in der trockenen Substanz
der Leucocyten 77,45 Proz. Nucleoproteide vorhanden.
Der Rest besteht, nach Lilienfeld, aus Lipoiden (Cholesterin 4,4 Proz.,
Lecithin 7,51 Proz., Fette 4,02 Proz.), Eiweiß und Glykogen (1,76 und
0,8 Proz.). Da die Leucocyten, nach demselben Verfasser, meist einkörnige
Zellen sind, in denen die Masse des Kernes diejenige des Cytoplasmas
übertrifft, so ist vielleicht der Gehalt von Nucleoproteiden im Protoplasma
selbst nicht so bedeutend, wie der der ganzen Zelle. Jedenfalls kann aber
dieser Gehalt nicht unter 65 bis 70 Proz. sein.
Was nun kernlose Erythrocyten anbelangt, so enthält ihre trockene
Substanz ungefähr 95 Proz. Hämoglobin, d.h. ein Proteid; der Rest
besteht aus Lipoiden (Lecithin, Cholesterin) und Eiweiß.
Sosnowski!), der eine teilweise Analyse des Protoplasmas von Para-
maecium caudatum unternahm, gıbt ebenfalls an, daß dasselbe keine genuinen
1) Sosnowski, Beitr. z. Chemie d. Zelle, Zentralbl. f. Physiol. 18,
267, 1900.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. 129
Eiweißkörper (also Proteine) enthält. Es sollen dagegen ungefähr 50 Proz.
Protoplasmasubstanz in Lösung gehen, wenn ihre Masse der Behandlung
von 0,2 proz. kaustischem Alkali oder einer 0,3рго2. Sodalösung unter-
worfen wird. Beim Ansäuern mit Essigsäure fiel, im Versuche des genannten
Autors, das Gelöste vollständig aus, gab Biuretreaktion, war phosphor-
haltig und zeigte beim Kochen mit Phloroglucin und Salzsäure den für
Pentosen charakteristischen Streifen. Es ist also sehr wahrscheinlich,
daß auch das Protoplasma von Paramaecium hauptsächlich aus Proteiden
zusammengesetzt ist.
Beachten wir die zuerst von Hartig und Sachs betonte Tatsache,
daß das Protoplasma der Pflanzen bei mikrochemischen Unter-
suchungen sehr oft nicht direkt gewöhnliche Eiweißreaktionen gibt,
und daß, nach Loew!), das in Kalilauge gelöste Plastin Reinkes nach
Ausfällung mit Essigsäure gewöhnliche Eiweißreaktionen gibt, so
kommen wir zu dem Schluß, daß in allen untersuchten Fällen freie
Eiweiße (Proteine) am Aufbau des Protoplasmas nicht beteiligt sind;
das letztere enthält dagegen Eiweißverbindungen (Proteide) stets in
großer Menge, und oft besteht es aus diesen Verbindungen beinahe
vollkommen.
Im Falle der Leucocyten sind diese Verbindungen Nucleoproteide,
d.h. Verbindungen von Proteinen (gewöhnliche Histonen und Prot-
aminen) mit Nucleinsäuren. Bei Erythrocyten sind sie Hämoglobine,
d.h. Verbindungen von Proteinen (Globinen) mit Hämatin.
Außerdem enthält das Protoplasma in allen untersuchten Fällen
eine bedeutende Menge Lipoide (d.h. KEES Phosphatide,
Sterine, Fette).
In diesem Aufsatz möchte ich einige Resultate der chemischen
Analyse des Plasmodiums von Fuligo varians besprechen, die ich vor
kurzem in der oben zitierten Arbeit zum Teil mitgeteilt habe.
2. Produkte der chemischen Zersetzung des Protoplasmas von Fuligo varians.
Zur chemischen Analyse gebrauchte ich die Plasmodien von Fuligo
- varians, die sich auf Kieferstümpfen entwickelt hatten und sich in
junge Fruchtkörper zu verwandeln im Begriff waren. Unter dem
Mikroskop zeigte sich das innere Protoplasma des Plasmodiums als
ein zähflüssiger Körper, der in. Wasser und schwachen Zuckerlösungen
sich zu Kugeln abrundete. Das peripherisch gelagerte Protoplasma
hatte die Konsistenz einer Emulsionsgallerte?), die bei der Ab-
fertigung des mikroskopischen Präparats zähflüssig wurde. Überall
waren im Protoplasma Vakuolen zerstreut.
1) O.. Loew, Bot. Ztg. 1884, S. 113.
2) Vgl. meine „Kolloidchemiedes Protoplasmas‘‘, S.28bis29. Berlin 1924.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 9
130 W. W. Lepeschkin:
Die Anzahl und das Volumen der Kerne (an den gefärbten Prā-
paraten) ließen voraussetzen, daß das Volumen der Kernmasse nicht
mehr als 10 Proz. der Gesamtmasse des Plasmodiums ausmachte.
Das Austrocknen (bei 130° C) der zur Analyse verwendeten Plasmodium-
proben zeigte, daß das Plasmodium eine sehr große Wassermenge enthālt.
Diese Menge wurde, je nach der Feuchtigkeit der Luft, der Niederschlāge usw.
zu 79,3 bis 80,0 Proz. ermittelt. Nach Reinke ist der Wassergehalt des
Plasmodiums 71,6 Proz. Den von ihm erhaltenen kleineren Wert kann man
dadurch erklären, daß das Versuchsmaterial Reinkes sich auf dem Lohe-
haufen einer Gerberei entwickelt hatte und deshalb eine sehr große Kalk-
menge enthielt (ungefähr 27 bis 41 Proz. CaCO, im luftrockenen
Plasmodium, 1. с., S. 14), während meine Plasmodien sich auf dem Holze
der Kieferstümpfe entwickelt haben und kalkarm waren. Die trockene
Substanz des Plasmodiums Reinkes war also bedeutender.
Das Wasser des Plasmodiums ist zum Teil im Protoplasma gelöst,
zum Teil bildet es aber Vakuolen, die nach der Sättigung des letzteren
mit Wasser entstehen!). Alle wasserlöslichen Substanzen des lebenden
Plasmodiums sind also offenbar entweder in dem das Protoplasma durch-
tränkenden Wasser gelöst oder in den Vakuolen gespeichert. Das
Protoplasma stellt aber keine Lösung verschiedener Substanzen in
Wasser dar, die von Außen- und Innenflüssigkeit durch eine ‚„Plasma-
baut" abgetrennt ist, sondern es ist als eine organische Flüssigkeit, in
der Wasser gelöst ist, aufzufassen. Infolgedessen spielen wasserlösliche
Stoffe am Aufbau des Protoplasmas wahrscheinlich eine untergeordnete
Rolle und sind meist Abbauprodukte.
Obwohl nicht ausgeschlossen ist, daß in gewissen Fällen die Haupt-
masse der Protoplasmastoffe beim Absterben zu wasserlöslichen Stoffen
zersetzt wird (so 2. В. bei Erythrocyten), sind diese Stoffe jedenfalls
kompliziert gebaute Körper mit großen Molekülen (z. B. Hämoglobin).
Im Gegensatz dazu besteht der wasserlösliche Anteil des Plasmodiums
von Ешіро varians fast ausschließlich aus einfacheren organischen
Stoffen (14,5 Proz. Glykose, 20 Proz. Aminosäuren, Purinbasen usw.)
und organischen Salzen (2,2 Proz.), während er nur 2,2 Proz. Eiweiß-
körper entbält?). Im Falle des Plasmodiums besteht also der wasser-
lösliche Teil sicher nur aus Abbau- und Stoffwechselstoffen. Der Sitz
der Lebensfähigkeit befindet sich aber offenbar nur im in Wasser un-
löslichen Anteil des Plasmodiums.
Da die Menge der wasserlöslichen organischen Stoffwechselprodukte
offenbar variieren kann, ist auch die Menge des in Wasser unlöslichen
Anteils des Plasmodiums bei verschiedenen Individuen ungleich. Sie
1) Vgl. meine Aufsätze in ‚Biologia generalis‘‘ 1, Wien, Е. Haim, 1925;
in Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1926 und auch Kolloidchemie des Proto-
plasmas, 8. 143. Berlin 1924.
2) Meine Aufsätze in Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1923, 8. 181.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. : 131
war in meinen Versuchen 52 bis 65 Proz. des Trockengewichts des
Plasmodiums. Als Ausnahme wurden sogar in einem Plasmodium nur
49,5 Proz. des Trockengewichts in Wasser unlöslicher Stoffe gefunden.
In diesem Falle enthielt aber das Plasmodium besonders viel Wasser
(89,5 Proz.).
Bei der chemischen Untersuchung des in Wasser unlöslichen Anteils
des Plasmodiums muß man beachten, daß dasselbe aus kolloidalen
Stoffen besteht, welche ihre kolloidalen Eigenschaften bei der Ein-
wirkung der gebräuchlichen Reagenzien verändern können. Es ist
z. B. bekannt, daß in reinem Wasser unlösliches Globulin nach Be-
handlung mit Alkohol auch in Salzlösungen unlöslich wird. Nach
Behandlung mit Alkohol und Austrocknen büßen manche Eiweißkörper
sogar ihre Löslichkeit in schwachen Alkalien ein usw. Zur chemischen
Untersuchung des Plasmodiums eignet sich also das Alkoholmaterial
nicht. Deswegen habe ich ausschließlich entweder lebende oder durch
solche abtötend wirkende Stoffe konservierte Plasmodien verwendet,
фе kolloidale Eigenschaften der Plasmodiumsubstanzen nicht ver-
ändern. Da in meinen Versuchen der Stammort der Plasmodien vom
Untersuchungsort entfernt war und da die Behandlung mit Wasser
oder Salzlösungen mehrere Stunden verlangte, setzte ich zum Wasser,
in dem das Plasmodium aufgeschwemmt war, 0,02 Proz. Thymol und
in einigen Fällen 6 Proz. Alkohol oder 4 Proz. Äther zu. Diese Kon-
zentration bewirkt keine merkliche Denaturation der Eiweißkörper
bei Zimmertemperatur, genügte aber vollkommen, um die Fäulnis zu
hemmen und das Protoplasma abzutöten.
Am Stammort der Plasmodien hatte ich außerdem ein kleines Labo-
ratorium, das mir gestattete, die entnommenen Plasmodiumproben genau
abzuwägen und den Wassergehalt der Proben zu bestimmen. Um die Oxy-
dation der Plasmodiumstoffe zu vermeiden, wurden die in Wasser auf-
geschwemmten Plasmodiumproben in kleinen Fläschchen mit geschliffenen
Propfen aufbewahrt.
Nach der Behandlung der Plasmodiumproben mit Wasser wurden
diese, immer in feuchtem Zustande, der weiteren Behandlung der
Reagenzien unterworfen; der wasserlösliche Teil des Plasmodiums
wurde durch Abdampfen des Filtrats und durch Abwägen des un-
gelösten Restes (nach Abtrocknen im Vakuum) bestimmt.
Ich führe hier die in einem meiner Versuche erhaltenen Zahlen an.
Das Gewicht der Plasmodiumprobe war 7,1960g. Wassergehalt des be-
treffenden Plasmodiums 88,2 Proz. Wasserlösliche Stoffe (ausgetrocknet
ш Exsikkator) 0,2956 g, d. h. 34,76 Proz. des Trockengewichts des Plas-
modiums. Der in Wasser unlösliche Teil macht also 65,24 Proz. des Trocken-
gewichts.
Der in Wasser unlösliche Anteil des Plasmodiums entsprach in
meinen Versuchen dem Plastin Reinkes + Lipoide (Fette, Fettsäuren,
dE
132 W. W. Lepeschkin:
Phytosterin, Phosphatide). Um die Menge von Plastin festzustellen,
habe ich den in Wasser unlöslichen Anteil des Plasmodiums dem Aus-
trocknen und der Extraktion mit Alkohol-Äther unterworfen. Die
Menge der erhaltenen Lipoide variierte (im Trockengewicht des Plas-
modiums) zwischen 7 und 14 Proz. [Fette + Fettsäuren 3 bis 10 Proz.,
Phytosterin 2,4 bis 5,5 Proz. und Phosphatide 0,7 bis 2 Proz.!)]; die
Menge des Plastins war in vier Versuchen folgerecht: 57,6, 49,7, 44,7
und 39,8 Proz. des Trockengewichts des Plasmodiums. Dieses Plastin
enthielt jedenfalls noch Mineralsalze, die durch Verbrennen festgestellt
waren und deren Menge zwischen 2,1 und 2,5 Proz. des Trocken-
gewichts des Plasmodiums variierte. Wenden wir uns nun zur näheren
chemischen Untersuchung des Plastins.
8. Chemische Zusammensetzung des „Plastins“.
Die Elementaranalyse von Plastin wurde, wie erwähnt, von Reinke
gemacht. Der von ihm gefundene zu niedrige Stickstoffgehalt dieser
Substanz wurde neuerdings von Iwanoff bestätigt?). Daß sie aber eine
Eiweißverbindung darstellt, folgt schon aus den oben erwähnten An-
gaben von Loew. Die Proteidnatur von Plastin wird auch durch die
Einwirkung von Trypsin auf durch Alkohol-Äther extrahierte Plas-
modien bestätigt. Nach Walter?) sollen solche Plasmodien von Trypein
vollkommen verdaut, werden. Mit Pepsin-HCl bleibe aber die Ver-
dauung unvollständig. Die Verdauung dauerte in den Versuchen
Walters 24 bis 48 Stunden; das Verhalten des Plasmodiums erinnert
also an das der Nucleoproteide, die ebenfalls bei einer verhältnismäßig
kurzen Dauer der Verdauung nur teilweise gelöst werden, während
sie von Trypsin vollkommen verdaut werden.
Meine Versuche zeigten, daß Plastin aus zwei Stoffgruppen besteht,
die sich voneinander durch ihre verschiedene Beständigkeit gegen
Reagenzeinwirkungen unterscheiden. Die eine, größere Stoffgruppe
(ungefähr 36 bis 52 Proz. des Trockengewichts des Plasmodiums), löst
sich in lproz. Kalilauge (nach der Extraktion mit Alkohol-Äther), in
брго2. H,SO, beim Kochen und in Pepsin-Salzsäure bei einer lange
dauernden Verdauung (Pepsin, 1 Proz., НСІ, 0,4 Proz., Temperatur 280 С,
keine vorherige Behandlung mit Alkohol-Äther). Die zweite, kleinere
Stoffgruppe (3,1 bis 7,5 Proz. des Trockengewichts des Plasmodiums)
löst sich dagegen nicht in den angeführten Reagenzien. Um die chemische
Zusammensetzung des größeren Anteils des Plastins zu erforschen,
1) Vgl. meinen oben zitierten Aufsatz in Ber. d. Deutsch. Bot. Сев. 1923,
8 186.
2) N. Iwanoff. diese Zeitschr. 162, 444, 1925.
3) Н. Walter, ebendaselbst 122, 90, 1921.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. 133
habe ich seine Hydrolyse mit брго2. H,SO, bei 1000 С am Rückfluß-
kühler unternommen.
17,720 g des durch Thymol abgetöteten Plasmodiums wurden mit
Wasser extrahiert, auf einem abgewogenen Filter gesammelt und im
Exsikkator ausgetrocknet. Der trockene Rückstand, der 1,4110 g wog,
wurde mit Alkohol-Äther extrahiert, wobei sich 0,3488 g Lipoide (d. h. Fette,
Phytosterin, Phosphatide) in Lösung gingen. Da das Plasmodium 85,7 Proz.
Wasser enthielt, betrug das Plastin 1,0622 g oder 41,9 Proz. des Trocken-
gewichts des Plasmodiums. Dieses Plastin wurde 48 Stunden mit 5proz.
Schwefelsäure am Rückflußkühler gekocht, die Flüssigkeit heiß filtriert
und auf dem Wasserbad abgedampft (um die Hydrolyse zu vervollkommnen),
dann wieder mit heißem Wasser verdünnt und mit heißer Barytlösung
versetzt, bis Schwefelsäure entfernt war. Die Flüssigkeit wurde durch heiße
Filtration vom entstandenen Ba SO, befreit und abgekühlt!),. Nach dem
Erkalten setzten sich sternförmig gruppierte kleine Blättehen von Kristallen
ab, die, auf einem abgewogenen Filter gesammelt, 0,0482g ausmachten und
sich als T’hyminkriställchen erwiesen. Ihre Lösung gab nach Versetzen mit
AgNO, beim vorsichtigen Zusatz von Ammoniak einen in überschüssigem
Ammoniak löslichen voluminösen Niederschlag ; sie gab keinen Niederschlag
mit Phosphorwolframsäure. Der Schmelzpunkt der Kristalle war 318 bis
322° (unter Gasentwicklung). Die etwas saure Lösung der Hydrolyse-
produkte, die mit Bleiessig keine Trübung gab, wurde mit Phosphorwolfram-
säure versetzt, bis der Niederschlag noch entstand. Der Niederschlag
wurde abfiltriert und das Filtrat mit Baryt etwas alkalisch gemacht. Der
Überschuß von Baryt wurde von H,SO, entfernt und die Flüssigkeit
(nach Filtration) eingeengt und abgekühlt!): reichliche Kristallbildung.
Außer Thymin sind zwischen den Kristallen auch Nadeln von Uracı
gefunden worden. Die Menge der kristallinischen Masse (auf der Nutsche
abgesaugt und getrocknet) wurde zu 0,1334g bestimmt. Die Anwesen-
heit von Uracil wurde durch Weidels Reaktion festgestellt. Die Gesamt-
menge von Thymin und Uracil war also 0,1816 д.
Der Wolframsäureniederschlag wurde durch Baryt zersetzt, der Über-
schuß desselben durch Schwefelsäure entfernt und die Flüssigkeit klar
filtriert. Zum schwach sauren Filtrat wurde Silbernitratlösung zugesetzt,
der Niederschlag der Purinbasen abfiltriert, durch НСІ zerlegt, das neue
Filtrat bis zur Trockne abgedampft (HCl entfernt) und der Rückstand in
heißem Wasser gelöst. Da die erhaltene Lösung kein Guanin (keine
Trübung mit NH,) und kein Adenin (mit Natriumpikrat geprüft) enthielt,
wurde sie mit Silbernitrat vermischt und aus den abgesetzten Silber-
verbindungen Xanthin und Hypozanthin erhalten. Die Gesamtmenge dieser
Basen war 0,0376g. Das Filtrat von den Silberverbindungen der Purin-
basen wurde nach Kossel und Kutscher mit Silbernitrat und Barytwasser
behandelt, der Niederschlag (mit Barytwasser angerieben, an einer Nutsche
abgesogen und gewaschen) wurde mit HCl zersetzt, die abfiltrierte Flüssig-
keit bis zur Trockne abgedampft und die auskristallisierten Basen ab-
gewogen. Ihre Menge war 0,2062g. Sie wurden in heißem Wasser gelöst
1) Um den Verlust der Hydrolyseprodukte durch Adsorption zu ver-
meiden, wurden in allen meinen Versuchen die Niederschläge von Barium-
sulfat (bzw. Bariumwolframat) stets in angesäuertem Wasser ausgekocht
und das Waschwasser abgedampft und mit dem Filtrat vereinigt.
134 W. W. Lepeschkin:
und Cytosin durch Natriumpikrat niedergeschlagen. Cytosinpikrat wurde
durch НСІ zerlegt und nach Entfernung von Pikrinsäure durch Benzol
wurde Cytosinchlorid in kristallinischer Form abgewogen. Seine Menge war
0,0487 g, was 0,0368 g freier Base entspricht. Die Menge der Chloride von
Arginin und Histidin war also 0,1294 g, was ungefähr 0,064 g freier Basen
entepricht. Die Basen wurden im weiteren qualitativ geprüft. Im
Filtrat von Silberverbindungen von Histidin, Arginin und Cytosin wurden
0,0530 g Lysin, abgewogen als Pikrat, gefunden, was 0,029 g freier Base
entspricht.
Das Abwägen des Rückstandes des Plastins nach der Hydrolyse mit
Schwefelsäure (48 Stunden, vgl. 8. 133) zeigte, daß 0,5950 g des Plastins
dabei gelöst waren. Wir sahen, daß der gelöste Teil 0,1816g Uracil und
Thymin, 0,0376g Xanthin und Hypoxanthin, 0,0368 р Cytosin, 0,064р
Arginin und Histidin und 0,029 g Lysin, also 0,349 g Purin-, Pyrimidin- und
Hexonbasen enthielt. Der Rest (ungefähr 0,28 р) bestand zum Teil aus
Phosphorsäure und Kohlehydraten, zum Teil war er aber offenbar von
Niederschlägen adsorbiert. Bezeichnen wir alle Verbindungen von Proteinen
(Eiweißen) mit Nucleinsäuren als Nucleoproteide!), nehmen wir mit Kossel’)
an, daß die Abspaltung von Xanthinbasen eine charakteristische Eigen-
schaft derselben ist, und erinnern wir uns daran, daß am Aufbau der Nucleo-
'proteide Histone oder Protamine teilnehmen, von denen die letzteren fast
nur aus den Hexonbasen (Arginin, Histidin, Lysin) bestehen, so kommen
wir zu dem Schluß, daß der durch die erste Hydrolyse gelöste Teil des
Plastins aus Nucleoproteiden besteht.
Weitere Hydrolyse des ungelösten Rückstandes des Plastins mit 5proz.
H,SO, (48 Stunden) führte in meinen Versuchen zu einer neuen Auflösung
seiner Substanz, wobei 0,229g Stoffe in Lösung gingen. Die Lösung, die nach
Entfernung von H,SO, keine Trübung mit Bleiessig gab, wurde mit
Phosphorwolframsäure versetzt (saure Flüssigkeit). Der entstandene
Niederschlag war so unbedeutend, daß er nicht weiter untersucht werden
konnte. Dagegen wurde im Filtrat 0,040 g Thymin gefunden (sternförmig
angeordnete Kristalle, die sich nach Abdampfen und Erkühlen der Lösung
absetzten und die, gelöst, mit AgNO, Niederschlag nach Zusatz von
Barytwasser gaben). Die durch Abfiltrieren der Thymin-Kristalle er-
haltene Lösung gab Weidelsche Reaktion nicht, so daß Uracil fehlte. De
die Lösung auch einen Niederschlag mit HgNO, gab, konnte man voraus-
setzen, daß sie Asparagin- oder Glutaminsäure enthielt. Phosphorsäure
war ebenfalls reichlich vorhanden. Die Produkte der zweiten Hydrolyse
bestanden also hauptsächlich aus Thymin. Weitere Hydrolyse mit 5proz.
H, BO, (48 Stunden) löste noch 0,022 g Plastin. Die Produkte der Hydro-
lyse konnten aber diesmal nur qualitativ untersucht werden. Sie ent-
hielten Cytosin, Arginin, Histidin, Lysin (?), Monosaccharide und Phos-
phorsäure. Andere Aminosäuren und Basen konnten nicht entdeckt
werden (keine Trübung mit AgNO, oder, nach Entfernung von H,SO,
mit Bleiessig, dagegen war Weidelsche Reaktion positiv).
Somit enthielten die Produkte der zweiten und dritten Hydro-
lyse nur Abbauprodukte der Nucleoproteide, die sich offenbar am
schwierigsten zersetzten.
1) Abderhalden, Lehrb. d. physiol. Chem., 4. Aufl., І. T., 1920, S. 69.
2) Kossel, Verhandl. d. phys. Ges. Berlin 1891.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. 135
Der durch 5proz. H,SO, hydrolysierbare Anteil von Plastin besteht
nicht ausschließlich aus Nucleoproteiden, sondern er enthält eine
verhältnismäßig kleine Menge von freien Nucleinsäuren, die im Gegen-
satz zu Nucleoproteiden des Plastins in 10рго2. NaCl nicht löslich sind,
und eine sehr kleine Menge Globulin.
Behandelt man das Plasmodium mit Wasser, 10proz. NaCl und unter-
wirft man den durch Alkohol-Äther extrahierten Rückstand der Einwirkung
von Iproz. Kalilauge, so geht eine Substanz in Lösung, welche keine Biuret-,
МШопв- und Xanthoproteinreaktion, sondern mit a-Naphthol und H,SO,
einen violetten Ring und mit Bleiessig (nach Ansäuern mit Essigsäure)
einen Niederschlag ergibt. Nach Abdampfen der angesäuerten Lösung
bis zu einem kleinen Volumen scheidet sich ein Niederschlag aus, der keine
Millon-, Xanthoprotein- und Biuretreaktion, dagegen a-Naphtholreaktion
gibt. Dieser Niederschlag, im Vakuum ausgetrocknet, beträgt ungefähr
2% Proz. des Trockengewichts des Plasmodiums (also ungefähr 5 Proz.
des Plastins).. Seine Menge variiert aber bei verschiedenen Plasmodien.
Globulin scheidet sich als ein unwägbarer Niederschlag beim Ansäuern der
durch die Behandlung des Plasmodiums (das vorher mit Wasser extrahiert
war) mit 1Oproz. NaCl erhaltenen Lösung mit Essigsäure aus. Seine Menge
wurde zu etwa 1 Proz. des Plastins bestimmt.
Resumieren wir die Resultate der drei nacheinander folgenden
Hydrolysen von Plastin mit 5proz. H,SO,, so kommen wir zu dem
Schluß, daß der größte Teil dieser Substanz (0,846g von 1,0622 р
Plastin) hauptsächlich aus Nucleoproteiden besteht. Unter den Basen,
die die letzteren aufbauen, spielt Thymin die Hauptrolle; weiter sind
Uracil, Cytosin, Arginin, Histidin, Lysin, Asparagin- oder Glutamin-
säure, Kohlehydrate und Phosphorsäure am Aufbau der Plastin-
Nucleoproteide beteiligt. Arginin, Histidin und Lysin entstammen
offenbar den Protaminen, die gemeinsam mit Nucleinsäuren die Nucleo-
proteide des Plastins bilden.
In Übereinstimmung damit fand N. Iwanoff (1. с.) bei der Hydrolyse
des „Eiweißes‘“‘, das er durch Extraktion des getrockneten und entfetteten
Plasmodiums durch Salzsäure erhalten hatte, nur drei genannte Aminosäuren.
Dieses „Eiweiß“ wurde von Iwanoff aus dem Extrakte mit Phosphorwolfram-
säure niedergeschlagen (l. с., S. 445). Somit enthielt es nicht nur das von
den Nucleoproteiden abgespaltene Protamin, sondern auch Cytosin und
Purinbasen. Es ist also verständlich, daß Iwanoff aus 10g „Eiweiß“ nur
1,3827 g Hexonbasen erhalten konnte.
Was nun den durch брго2. HSO, nicht hydrolysierbaren Teil
des Plastins anbetrifft, der, wie oben erwähnt, auch іп 1рго2. КОН
und Pepsin-Salzsäure nicht löslich ist, so wurde er in meinen Versuchen
durch 30proz. H,SO, hydrolysiert. Ich unterlasse hier die Beschreibung
meiner diesbezüglichen Versuche, weil ich sie in meiner oben zitierten
Arbeit ausführlich beschrieben habel). Ich erlaube mir hier nur, daran
1) Vgl. Ber. а. Deutsch. Bot. Ges. 1923, 8. 185.
136 W. W. Lepeschkin:
zu erinnern, daß dieser Teil des'Plastins (,,Plasmatin‘“‘) aus Lipoproteiden
zu bestehen scheint. Diese ließen sich in Phytosterin, Fettsäuren,
Asparaginsäure (oder Glutaminsäure) und ein Kohlehydrat zerlegen.
Reinkes Plastin besteht also hauptsächlich aus Nucleoproteiden
und Lipoproteiden, von denen die ersteren zum Teil (etwa 10 Proz.
ihrer Gesamtmasse) von den Zellkernen herstammen. Seinen verhältnis-
mäßig niedrigen Stickstoffgehalt kann man durch Anwesenheit der
Lipoproteide, von viel Phosphorsäure (nach Reinke enthält das Plastin
2,15 Proz. P oder 4,8 Proz. Р,О,), Kohlehydraten und stickstoffarmer
Glutaminsäure (bzw. Asparaginsäure) erklären. Manche pflanzliche
Nucleine, wie 2. В. Gerstennuclein, enthalten ebenfalls wenig Stickstoff),
vermutlich dank der Anwesenheit von Asparagin- bzw. Glutaminsäure,
die in den Pflanzen weit verbreitet sind. Nehmen wiran, daß Lipoproteide
des Plastins (,‚Plasmatins‘‘) von gleichen Mengen Asparaginsäure und
stickstofflosen Substanzen (Phytosterin, Fettsäuren, Kohlehydrat) zu-
sammengesetzt sind, und daß der in den oben beschriebenen Versuchen
nicht quantitativ bestimmte Rest desjenigen Plastinteils, der durch
5proz. HSO, hydrolysiert wurde, ebenfalls aus gleichen Mengen
Asparaginsäure und stickstofffreier Substanzen (Phosphorsäure, Kohle-
hydraten) besteht, so müssen wir den Stickstoffgehalt des Plastins
gleich 12,3 Proz. setzen 2). Dieser Gehalt wurde aber von Reinke zu
12 Proz. bestimmt.
Iwanoff nimmt den Stickstoffgehalt des Platins zu 10 Proz. an (l. c.,
S. 444); man muß aber betonen, daß sein Plastin eine größere Menge von
Kohlehydraten enthielt (13,16 Proz. Monosaccharide wurden nach einer
Hydrolyse gefunden, 1. c., S. 447). Es ist möglich, daß diese Kohlehydrate
nur zum Teil den Nucleoproteiden entstammen. Ihr anderer Teil dürfte
im Plasmodium (bzw. Plastin) in Form von leicht hydrolysierbaren Poly-
sacchariden (Gummi, Glykogen, Hemicellulose) anwesend sein, die als
Stoffwechselprodukt aufzufassen wären und die für die Bildung der aus
Cellulose bestehenden Zellwände der Sporen verwendet werden.
Im Plasmodium, das in meinen Versuchen analysiert wurde, waren
die Kohlehydrate zum Teil in Zuckerform (bis 14,2 Proz., vgl. meinen
oben zitierten Aufsatz) vorhanden, zum Teil aber mit Basen zu Nucleo-
proteiden verbunden, wei) sie durch Pepsin bei einer langen Wirkungs-
1) Petit, C. r. 8, 995, 1893.
2) Thymin und Uracil enthalten im Mittel 21,5 Proz. N. Ihre Menge
war 0,2216g. Cytosin (0,0368 g) enthält 36 Proz. N; Xanthin und Hypo-
xanthin (0,0876 g) 35 Proz.; Arginin und Histidin (0,064g) 28 Proz. N;
Lysin (0,029 g) 17 Proz. N.; Asparaginsäure 10 Proz. N. Der nicht quanti-
tativ bestimmte Rest der Hydrolyseprodukte wog 0,846 — 0,379 = 0,467 8,
die Lipoproteide 0,216g. Der mittlere Stickstoffgehalt des Plastins ist also
(0,2216 . 21,5 + 0,0368. 36 + 0,0376 . 35 + 0,064. 28 + 0,029. 17 + 0.467
. 5 + 0,216. 5): 1,062 = 12,3 Proz.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. 137
dauer, gemeinsam mit Pyrimidin- und Purinbasen, in Form von Mono-
sacchariden (oder ihrer Aminoabkömmlige) in Lösung gingen!). Wären
sie auch in meinem Plasmodium als Polysaccharide vorhanden, so
konnten sie durch Pepsin nicht gelöst werden.
Der verhältnismäßig niedrige Stickstoffgehalt des Plastins spricht
also nicht gegen seine Proteidnatur. Sowohl Nucleoproteide als auch
Lipoproteide, die dieses Plastin zusammensetzen, enthalten eine große
Menge stickstofffreier Substanzen (Phosphorsäure, Kohlehydrate,
Phytosterin), welche bekanntlich auch in anderen Nucleoproteiden und
Proteinen nie fehlen.
Wie früher erwähnt, werden mit Wasser extrahierte Plasmodien
(in feuchtem Zustande) durch Pepsin-Salzsäure bei einer l4tägigen
Einwirkungsdauer zum großen Teil verdaut, so daß nur Lipoide und
Lipoproteide (,Plasmatin‘‘) zurückbleiben. Diese Tatsache widerspricht
nicht der Voraussetzung, daß Plastin hauptsächlich aus Nucleoproteiden
besteht, weil, wie ich schon in meiner oben zitierten Arbeit betont
habe, seit Hammarsten bekannt ist, daß bei einer lange dauernden
Verdauung das zunächst entstehende Nuclein gespalten und gelöst
werden kann. |
Bekanntlich werden Nucleoproteide zu Eiweiß und Nuclein schon
unter Einwirkung von Kalilauge gespalten. Auf diese Weise habe ich
aus Nucleoproteiden des Plastins ein Nuclein erhalten, das bei der
Hydrolyse ein Histon (oder Protamin), Purin- und Pyrimidinbasen
und Phosphorsäure lieferte (vgl. meine oben zitierte Arbeit, $. 183).
Auf Grund der mitgeteilten Tatsachen denke ich berechtigt zu
sein, anzunehmen, daß der in Wasser unlösliche Anteil des Plasmodiums
von Fuligo varians, wie der der Leucocyten, hautsächlich aus Nucleo-
proteiden besteht, an welche sich Lipoide, Lipoproteide, anorganische
Salze und manchmal Polysaccharide anschließen. Der wasserlösliche
Teil des Plasmodiums besteht hauptsächlich aus einfacheren organischen
Verbindungen, die als Abbauprodukte der Nucleoproteide und Proteine
aufzufassen sind. Wasserlösliche Eiweißkörper machen im, Plasmodium
nur einen sehr geringen Teil aus.
4. Gemeinsames in der Zusammensetzung des Protoplasmas und anderer
Arten der lebenden Materie.
Wie aus den, vorhergehenden Paragraphen hervorgeht, ist die
chemische Zusammensetzung der drei untersuchten Arten des Proto-
plasmas, also die des Protoplasmas der Leucocyten, der roten Blut-
körperchen und des Plasmodiums, insofern ähnlich, als in allen Fällen
1) Vgl. Le, S. 183.
138 W. W. Lepeschkin:
der größte Teil des Protoplasmas aus Proteiden, Lipoiden und Wasser
besteht. Andererseits sind sowohl Proteide als auch Lipoide bei ver-
schiedenen Protoplasmaarten aus verschiedenen Bausteinen gebaut.
Man muß außerdem betonen, daß Nucleoproteide, die nach früheren
Ansichten ausschließlich in den Zellkernen vorkommen, wie wir
sahen, Hauptbestandteile des farblosen Protoplasmas darstellen,
während Proteine, die in demselben nur in kleinen Mengen vorkommen,
als Abbau- und Stoffwechselprodukte angesehen werden können.
Die Proteide, die den Zellkern zusammensetzen, dürfen aber im all-
gemeinen den Proteiden des Protoplasmas auch in ein und derselben
Zelle nicht gleich sein. So enthalten z. B. die Zellkerne der roten Blut-
körperchen farblose Proteide. Lilienfeld (l. c.), der nicht nur das Proto-
plasma, sondern auch die Bestandteile der Zellkerne der Leucocyten
untersuchte, fand in den Kernen Nucleoproteide, die denjenigen des
Protoplasmas nicht gleich waren und daher von ihm mit einem be-
sonderen Namen benannt wurden (,,Nucleohiston‘‘).
Ich unterlasse hier eine ausführliche Besprechung der vorhandenen
Literaturangaben betreffend die chemischen Bausteine der Zellkerne.
Man findet solche Besprechung im Referat von Zacharias!) und im
Buche von A. Meyer?). Ich möchte aber betonen, daß die in den Kernen
gefundenen Nucleine, Nucleohistone, Nucleinsäurehistone usw., die
als Hauptbestandteile der Kerne bezeichnet werden können, im all-
gemeinen zu den Nucleoproteiden gerechnet werden müssen, weil die
letzteren Verbindungen der Proteine mit Nucleinsäuren darstellen.
Außer Nucleoproteiden sind in den Kernen auch stets Lipoide an-
wesend, obwohl ihr Gehalt geringer als im Protoplasma zu sein scheint.
Was nun die chemische Zusammensetzung der Chromatophoren
der Pflanzen anbelangt, so gab schon Sachs an, daß nach Extraktion
der Chloroplasten mit Alkohol das zurückbleibende Gerüst Farben-
reaktion von Eiweißkörpern gibt. Nach Molisch können Eiweißkörper
in Chloroplasten ebenfalls mit den üblichen Reagenzien entdeckt
werden®). Dasselbe geben auch Lakon und Gertz an“). A. Meyer (1. с.)
bestätigte die Angaben von Molisch, so daß der Eiweißgehalt der
Chloroplasten sichergestellt ist. Andererseits lassen sich in den letzteren
auch Lipoide nachweisen.
1) Progressus rei botanicae 8, Н. 1, S. 67, 1909. .
3) Morpholog. und physiol. Analyse der Zelle 1, 510, 1920. Vgl. auch
Ref. von A. Pratje in Biolog. Centralbi. 4, 88, 1920.
2) Molisch, Mikrochemie der Pflanzen 1913, 8. 340; Zeitschr. f. Bot.
8, 131, 1916.
4) Lakon, diese Zeitschr. 18, 145, 1916; Gertz, Botanisk Notiser Lund
1917.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. 139
So konnte z. B. Biedermann!) diese Stoffe in Chromatophoren durch
Schwärzung mit Osmiumsäure und auf anderem Wege nachweisen. Meine
Versuche an Spirogyra zeigten, daß nach der Abtötung der Alge ihre
Chloroplasten sehr gut mit Sudanfarbstoff gefärbt werden. Eine bedeutende
Menge der Lipoide in den Chloroplasten kann auch durch den folgenden
Versuch nachgewiesen werden.
Wasser eines Präparats von Spirogyra wird durch gesättigte Lösung
von Äther in Wasser ersetzt, und nach dem Auflegen eines Deckgläschens
wird das letztere an den Rändern mit Paraffin gedichtet. Nach einigen
Stunden treten aus den Chloroplasten des abgetöteten Spirogyra kugelige
Tropfen einer öligen Flüssigkeit, die durch Chlorophyll grün gefärbt ist.
Äther löst sich offenbar in Lipoiden der Chloroplasten, sammelt sich in
ihnen und vergrößert das Volumen der Lipoidphase, die zusammenfließt
und aus den Chloroplasten heraustritt. Chlorophyll löst sich dabei in ihr,
weil er nicht nur in Lipoiden, sondern auch in Äther gut löslich ist.
Lipoide werden, nach Czapek, in Chloroplasten am besten auch durch
Sudan III, gemischt mit Amylenhydrat und Pyridin, nachgewiesen ?).
Man kann also annehmen, daß die Hauptbestandteile der Chloro-
plasten aus Eiweißkörpern und Lipoiden besteht. Ob aber diese Eiweiß-
körper Proteide sind, kann selbstverständlich nur durch chemische
Analyse der Chloroplasten entschieden werden.
Wir kommen also zu dem Schluß, daß die organischen Produkte
der chemischen Zersetzung der lebenden Materie durch schwach an-
greifende Reagenzien im allgemeinen ausschließlich oder wenigstens
hauptsächlich aus Eiweißkörpern und Lipoiden bestehen. Unter Eiweiß-
körpern verstehen wir Proteide oder Proteine, unter Lipoiden Fette,
Phosphatide und Sterine.
5. Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie.
Da die lebende Materie unter Einwirkung der zur chemischen
Analyse verwendeten Reagenzien abstirbt, so kann ihr chemischer Bau
nur durch mildere physikalische Methoden erforscht werden. In meinen
vor mehr als 10 Jahren publizierten Arbeiten?) habe ich schon darauf
hingewiesen, daß diese Methoden uns den Unterschied zwischen der
chemischen Zusammensetzung des lebenden und toten Protoplasmas
auf das deutlichste zeigen. |
Diese Methoden sind: Bestimmung der Permeabilitätsänderungen
des Protoplasmas unter Einwirkung verschiedener Reagenzien, Vital-
färbung, Studium der Giftwirkung, Aggregatsänderung und Ver-
änderung des mikroskopischen Aussehens des Protoplasmas beim
Absterben.
1) Biedermann, Flora 11/12, 1918 N.F.; 18, H. 1/2, 1919.
2) F. Czapek, Ber. d Deutsch. Bot. Ges. 27, 212, 1920.
3) Ebendaselbst 28, 91 und 383, 1910; 29, 255. 349, 1911; 80, 528,
1912; Kolloid-Zeitschr. 1913.
140 W. W. Lepeschkin:
Bekanntlich verliert das Protoplasma nach dem Absterben seine
selektive Permeabilität. Besonders demonstrativ ist diese Erscheinung
an den Pflanzenzellen zu sehen, in denen nach dem Tode keine Plas-
molyse möglich ist. Wasserlösliche Substanzen, deren Diffusion vom
lebenden Protoplasma in hohem Grade gehemmt wird, diffundieren
durch das tote Protoplasma rasch hindurch.
Das Absterben kann bekanntlich auch durch die Reagenzien
hervorgerufen werden, die unter den Bausteinen des Protoplasmas
nur Eiweißkörper chemisch verändern können, so z. B. durch schwache
Sublimatlösungen, die auf Lipoide gar nicht einwirken. Außerdem
wird das wasserhaltige Protoplasma schon durch eine verhältnismäßig
schwache Temperaturerhöhung getötet, die Lipoide unverändert laßt
und doch für die chemische Veränderung der Eiweißkörper (Denatun-
tion) ausreicht!).
Andererseits sind Eiweißkörper nicht imstande, die Diffusion von
Zucker und Salzen zu verhindern, weil sie diese Substanzen lösen und
Salze sogar so festhalten, daß die Reste derselben durch Dialyse nicht
entfernt werden können. Man hat also anzunehmen, daß die selektive
Permeabilität des lebenden Protoplasmas durch Lipoide bedingt wird.
Diese Annahme wird bekanntlich dadurch bekräftigt, daß in
Lipoiden gut lösliche Stoffe (Narkotica) durch das Protoplasma un-
vergleichbar schneller als Salze diffundieren. Da aber die selektive
Permeabilität bei der chemischen Veränderung der Eiweißkörper ver-
nichtet wird, müssen wir schließen, daß Lipoide sich im lebenden
Protoplasma in einer so engen Vereinigung mit Eiweißkörpern be-
finden, daß eine schwache chemische Veränderung der letzteren die
ersteren in einen Zustand versetzt, in dem sie nicht mehr die Diffusion
der Salze und Zucker hindern können. |
Daß Lipoide mit Eiweißkörpern im Protoplasma innig vereinigt
sind, wird auch dadurch bewiesen, daß die Konzentrationen der
Narkotica, welche ausreichen, um die Koagulation einerseits der Proto-
plasmaeiweißstoffe und andererseits der toten Eiweißkörper hervor-
zurufen, verschieden sind?). Je größer die Löslichkeit des Narkoticum:
1) Darüber, daß die Denaturation der Eiweißkörper eine chemische
Veränderung derselben unter Einwirkung von Wasser ist, vgl. meine Aufsätze
in Biochem. Journ. 1922 und in Kolloid-Zeitschr. 81, 4, 6, 1922; 82, 4
und 100, 1923. Über die Einwirkung der hohen Temperatur auf das Proto-
plasma vgl. meinen Aufsatz: The constancy of the living Substance in
Studies from the Laboratory of Plant Physiology of Charles university in
Prague 1, 1, 1923.
2) W. Lepeschkin, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 29, 259, 1911. Vgl. auch
Kolloidchemie des Protoplasmas, 8. 151. |
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. 141
in Lipoiden ist, desto kleiner ist seine Konzentration, die bereits eine
Koagulation der Protoplasmaeiweißkörper bewirkt, im Vergleich mit
der Konzentration desselben Narkoticums, die die Koagulation einer
Albuminlösung hervorruft.
Der dritte Beweis der innigen Vereinigung der Eiweißkörper mit
Lipoiden im lebenden Protoplasma ist die Vitalfärbung der Zellen.
Im allgemeinen kann man annehmen, daß die Grundmasse des lebenden
Protoplasmas nur ausnahmsweise bei der Vitalfärbung und nur sehr
schwach gefärbt wird. Gewöhnlich bleibt sie aber farblos, obwohl sich
einzelne in ihm befindliche Körnchen intensiv färben. Nach dem
Absterben färbt sich dagegen die Grundmasse des Protoplasmas nicht
schwächer als die Körnchen. Der Versuch, solches Verhalten des Proto-
plasmas in der Weise zu deuten, daß die Farbstoffe im lebenden Proto-
plasma zu Leucokörpern reduziert, an bestimmten Orten desselben
aber wieder reoxydiert werden, gelang nicht. Diese Erklärung läßt
vollkommen unbegreiflich, weshalb tote Körper, die ins Protoplasma
gelangen, sich gut färben. Die Versuche an Leucocyten zeigten z. B.,
daß tote Bakterien, die ins Protoplasma aufgenommen werden, Farb-
stoffe speichern. Lebende Bakterien aber, die sicher über ein Reduktions-
vermögen verfügen, sich zunächst färben, um sich alsdann teilweise
zu entfärben?).
Andererseits ist bekannt, daß alle Eiweißkörper (sowohl Proteine
als auch Proteide) Farbstoffe speichern?). Eiweißkörper vermögen
auch in Lösungen Farbstoffe festzuhalten (adsorbieren oder chemisch
binden), wie die Versuche von Bechhold zeigten, der eine durch Methylen-
blau gefärbte Eiweißlösung durch Gelatinefilter filtrierte und im Filtrat
kein Methylenblau fand, obwohl es durch das Filter durchdrang, wenn
es allein war.
Wenn die Grundmasse des Protoplasmas bei Vitalfärbung farblos
bleibt (und das ist fast immer der Fall), müssen wir annehmen, daß
ihre Eiweißkörper nicht frei sind. Da aber die bei Vitalfärbung färb-
baren Körnchen nur einen geringen Teil des Protoplasmas ausmachen,
haben wir zu schließen, daß das letztere im allgemeinen gewöhnlich
keine freie Proteide enthält, die nur Stoffwechselprodukte sind.
Aber auch einige Lipoide, wie z. B. Lecithin, Rohcerebrosin, Wollpech
und andere, speichern nach Loewe Methylenblau?). Andererseits zeigt das
1) Haidenhain, Plasma und Zelle 1, 462 bis 463.
2) Vgl. z. B. A. Fischer, Fixierung, Färbung und Bau des Protoplasmas
1899.
3) S. Loewe, Zur physikailschen Chemie der Lipoide. Diese Zeitschr.
127, 231 bis 240, 1922.
142 W. W. Lepeschkin:
Protoplasma im Ultramikroskop keine Ultramikronen, wāhrend diese in
Lösungen von Lipoiden, die eine mittlere Stellung zwischen hydrophoben
und hydrophilen Kolloiden einnehmen, gut sichtbar sind!).
Wir haben also zu schließen, daß nicht nur Proteide, sondern auch
z. B. Lecithin im lebenden Protoplasma nur in irgend einer gebundenen
Form vorkommt.
Ausdiesem Grunde nahm ich in den oben zitierten Arbeiten an, daß
Proteide (Eiweißkörper) und Lipoide im lebenden Protoplasma mit-
einander chemisch verbunden sind. Die Verbindungen der genannten
Substanzen sind aber offenbar unbeständig. Sie müssen unter dem
Einfluß der chemischen Agenzien, die ihre Bestandteile chemisch an-
greifen, zerfallen. Aber auch unter dem Einfluß mechanischer Ein-
wirkungen, die das Protoplasma abtöten, müssen sie dem Zerfall
anheimfallen?). In dieser Beziehung erinnern sie offenbar an manche
Sprengstoffe. Manche organischen Molekularbindungen, so z. B. die,
welche neuerdings von Staudinger beschrieben sind’), sind ebenfalls
sehr unbeständig und zerfallen unter Einwirkung eines Stoßes zu
Bestandteilen. Gerade diese Empfindlichkeit für mechanische Ein-
wirkungen veranlaßte mich zu schließen, daß Proteide und Lipoide
im lebenden Protoplasma chemisch verbunden sind und nicht etwa
Adsorptionsverbindungen bilden, wie man zunächst voraussetzen
konnte. Obwohl auch Adsorptionsverbindungen sicher eine Art
chemischer Verbindungen darstellen, zerfallen sie nie unter Einwirkung
mechanischer Einflüsse.
In dem Falle, wo einer der chemisch reagierenden Körper unvergleichbar
größere Moleküle im Verhältnis zu den Molekülen des anderen Körpers
hat, kann offenbar die Molekularverbindung beider Körper kaum aus einer
bestimmten Anzahl der Moleküle beider Art bestehen. Da die Moleküle der
Proteide unvergleichbar größer sein können, als die Moleküle der Lipoide,
könnte man ebenfalls nicht verlangen, daß ihre chemischen Verbindungen
aus einer bestimmten Anzahl der Moleküle beider Körper zusammengesetzt
wären. Die Anzahl der Lipoidmoleküle kann offenbar bei der Sättigung
chemischer Kräfte hundertmal so groß sein, als die der Proteidmoleküle;
sie kann aber beim Mangel an Lipoiden so klein werden, daß Lipoid durch
chemische Analyse würde nicht nachgewiesen werden können.
Es liegt nichts Unwahrscheinliches in der Annahme, daß Eiweiß-
körper mit Lipoiden im Protoplasma chemisch verbunden sind, weil
ähnliche, aber viel beständigere Verbindungen von Eiweißkörpern mit
Phosphatiden überall in den Organismen verbreitet sind. Anders kann
1) Zusatz von Eiweißkörpern zu Lösungen von Lipoiden in Wasser
beeinflußt diese Erscheinung nicht.
2) Vgl. meine „Kolloidchemie des Protoplasmas‘‘ 8. 164 ff.
3) Н. Staudinger, Zeitschr. f. angew. Chem. 1924, Nr. 26, S. 578.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. 143
man die Tatsache nicht erklären, daß Äther nur einen Teil der Lipoide
aus protoplasmahaltigen Tier- oder Pflanzenobjekten extrahieren
kann. Erst nach der Behandlung mit Alkohol und sogar noch einer
Hydrolyse mit Säuren läßt sich die ganze- ЕТЕ mit Äther
extrahieren!).
Wie früher auseinandergesetzt wurde, enthält auch das Plasmodium
von Fuligo varians eine sehr beständige Verbindung von Eiweiß mit
Phytosterin (,‚Plasmatin‘). Eine Reihe von chemischen Verbindungen von
Leeithin und Eiweißkörpern wurde von Liebermann?) aus verschiedenen
Organen der Tiere isoliert und von Mayer und Terroine?) auch künstlich
erhalten. Weitere Untersuchung der sogenannten Lecithinalbumine wurde
von Galeotti und Giampalmo gemacht). Daß die Verbindungen von Lecithin
und Eiweißkörper als Niederschläge in ihren Gemischen (in sauren Lösungen)
entstehen, spricht noch nichts darüber, daß sie Adsorptionsverbindungen,
aber nicht Molekularverbindungen sind.
Schon Hoppe-Seyler®) behauptete, daß Ovovitellin und Hämoglobin
in roten Blutkörperchen mit Lecithin verbunden sind. Auch Fett im Blute
soll zum Teil in einer Form vorhanden sein, in der es durch Äther nicht
extrahiert werden kann®).
Neuerdings zeigte Biedermann", daß das Protoplasma der höheren
Pflanzen bei künstlicher Verdauung sich nicht angreifen läßt, wenn es
vorher nicht mit Alkohol, Äther und Chloroform extrahiert worden war.
Auch Walter®), der die Verdauung des Plasmodiumprotoplasmas mit Pepsin
und Trypsin untersuchte, kam zu dem Schluß, daß das Protoplasma vor
der Extraktion mit Alkohol, Äther und Chloroform durch Pepsin und
Trypsin nicht angegriffen wird.
Alkohol zerstört die Verbindung von Eiweißkörpern mit Lecithin
schon deshalb, weil er Eiweißkörper chemisch verändert?).
Bei meinen chemischen Untersuchungen des Plasmodiums habe ich es
ohne eine vorherige Extraktion mit Alkohol und Äther einer lange dauernden
(3Wochen) Verdauung durch Pepsin-Salzsäure (1 Proz. Pepsin, 0,4Proz. HCl)
1) Kossel, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 84, 3240, 1901; O. Histand,
Entwicklung unserer Kenntnisse über die Phosphatide. Zürich 1906;
Bang, Chemie der Lipoide 1910.
2) Liebermann, Pflügers Arch. 50, 25, 1890; 54, 585, 1893.
3) Mayer und Terroine, С. т. Acad. de Sc. 148, 515, 1906; С. r. d. Biol.
61, 353, 397, 431 und 531, 1906; 62, 42, 1907.
t) Galeotti und Giampalmo, Kolloid-Zeitschr. 8, 118, 1908; Arch. di
fisiol. 6, 503, 1908.
5) Zitiert nach Bottazzi, Handb. d. vgl. Physiol., S. 88.
6) Cohnstein und Michaelis, Pflügers Arch. 65, 473, 1896; 69, 76, 1897;
Mansfeld, ebendaselbst 129, 46, 63, 1909.
?) Biedermann, Beiträge zur vergleichenden Physiologie der Verdauung.
ҮШ. Ebendaselbst 174.
8) Н. Walter, diese Zeitschr. 122, 86, 1921.
D Vgl. meinen Aufsatz in Kolloid-Zeitschr. 22, 100, 1923.
144 ' W. W. Lepeschkin:
im frischen Zustande bei 28°C unterworfen, wobei von 7,1960g Plas-
modium, das 88,2 Proz. Wasser enthielt, 0,0799g unverdauten Rests
zurückblieb (getrocknet im Vakuumexsikkator), d. h. 9,4 Proz. des Trocken-
gewichts des Plaamodiums. Dieser Rest bestand aus 0,0442g Lipoiden
und 0,0357 g ‚‚Plasmatin‘, d. h. Lipoproteiden. Bei einer lange dauernden
Einwirkung von Pepsin-Salzsäure werden also die meisten Verbindungen
von Proteiden und Lipoiden zerlegt, während der Rest (Plasmatin) sich
nur durch starke Säuren zerlegen läßt.
Da der größte Teil der Lipoide des toten Plasmodiums direkt durch
Äther extrahierbar ist, schloß ich in meinem oben zitierten Aufsatz, daß
die meisten Lipoide des toten Plasmodiums frei sind. Nur ein Teil dieser
Substanzen außer derjenigen, welche das Plasmatin bilden, schien mir
mit Eiweißkörpern verbunden zu sein, weil nach der Hydrolyse mit 5proz.
H, SO, während 48 Stunden aus dem Reste nur noch 1,9 Proz. des Trocken-
gewichts des Plasmodiums Lipoide extrahiert werden konnten (oe, 8. 186).
Die Angaben von Biedermann und Walter beziehen sich leider nur auf eine
sichtbare Veränderung des Protoplasmas unter der Einwirkung von Enzymen.
Eine quantitative Schätzung der Enzymwirkung fehlt in beiden Arbeiten.
Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß in meinen Versuchen ein Teil der
Verbindungen von Lipoiden und Eiweißkörpern schon durch Einwirkung von
Äther zerlegt wurde, weil Äther, wenn auch bei weitem nicht so stark, wie
Alkohol, aber doch auf Eiweißkörper denaturierend wirkt.
Wir müssen uns also die Sache so vorstellen, daß der größte Teil
der Verbindungen von Eiweißkörpern und Lipoiden, welche die Grund-
masse des Protoplasmas gemeinsam mit Wasser bilden, schon beim
Absterben sich zersetzen und das ganze physikalische System
des Protoplasmas zerstören. Ein Teil dieser Verbindungen wird
aber möglicherweise erst durch Einwirkung von Äther, Alkohol und
Säuren zerlegt.
Wir möchten uns noch eine Weile mit der chemischen Zusammen-
setzung des lebenden Zellkerns und der lebenden pflanzlichen Chromato-
phoren beschäftigen. Die beiden genannten Arten der lebenden Materie
färben sich bei der Vitalfärbung gewöhnlich nicht. Nach Fischel!) sollen
sich die Kerne überhaupt nur im geschädigten Zustande bei der Vital- `
fällung färben. Nach meinen Untersuchungen können sich in den
Kernen und pflanzlichen Chromatophoren nur einzelne Körnchen bei der
Vitalfärbung färben, vorausgesetzt, daß die Kerne vollkommen lebend
sind. Die Kerne sind empfindlicher als das Protoplasma, und deshalb
kann es vorkommen, daß z. B. Vortizellen ihre Bewegungen in Methylen-
blaulösungen noch fortsetzen, während der Kern schon gefärbt ist.
Ähnlich verhalten sich nach meinen Untersuchungen lebende Chloro-
plasten. Erst nach dem Absterben lassen sie sich bei der Vital-
färbung färben.
1) A. Fischel, Anatom. Hefte 11, 1899; 16, 1901. Artikel in der
Enzyklopädie der mikroskopischen Technik 1, 1903.
Chemische Zusammensetzung der lebenden Materie. - 145
Wir können also schließen, daß auch in den lebenden Kernen und
pflanzlichen Chromatophoren Eiweißkörper und Lipoide chemisch
verbunden sind. Ähnlich wie im Protoplasma sind die Ver-
bindungen der genannten Substanzen sehr unbeständig. Alle
Reagenzien, die Eiweißkörper oder Lipoide in irgend einer Weise
chemisch verändern, rufen auch diesmal den Zerfall dieser Ver-
bindungen und das Absterben hervor. Auch mechanische Ein-
wirkungen rufen diesen Zerfall hervor, und sowohl die Kerne als
auch pflanzliche Chromatophoren erlangen die Fähigkeit, gefärbt
zu werden.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 10
Über die Ausscheidung von intravenös eingeführtem Calcium.
Von
J. Dadlez.
(Aus dem medizinisch-chemischen Institut der Universität Lwów.)
(Eingegangen am 18. Februar 1926.)
Calciumsalze sind in der Therapie schon sehr lange im Gebrauch,
und seitdem dieses Mittel zum ersten Male versucht wurde, verbreitete
sich seine Anwendung bei verschiedenen Krankheiten als Prophylacticum
oder Therapeuticum ungemein, und zwar in mannigfacher Gestalt;
innerlich verabreicht als Chlorid, Carbonat, Lactat, Bromid, Phosphat,
äußerlich in Verbindung mit anderen Präparaten, schließlich auch als
Calciumchlorid in Form von intravenösen Injektionen. Tatsächlich ist
es gelungen, an einer ganzen Reihe pathologischer Zustände die günstige
Wirkung des Calciums zu beobachten, sogar in Fällen von Lungen-
tuberkulose, wo große Dosen von Calciumchlorid serienweise injiziert
wurden, bis vor kurzem von der Vorstellung getragen, daß man auf
diese Weise den Prozeß der Calcifizierung der Krankheitsherde werde
beschleunigen können, um so mehr, als die selbständige Ausheilung
der Tuberkulose öfters von einer Verkalkung der Krankheitsherde
begleitet wird. Es ist also nicht verwunderlich, daß die Wirkungsweise
von Calcium zahlreichen Untersuchungen unterworfen wurde. In
letzter Zeit beschäftigte man sich mit der Frage der Zurückhaltung
künstlich eingeführter Kalksalze, und zwar, ob eine reichliche Kalk-
zufuhr eine Zurückhaltung desselben im Organismus hervorrufen
kann und ob das außerhalb der Nahrung in großen Mengen eingeführte
Calcium — innerlich als Lactat oder intravenös als Chlorid — aus-
geschieden wird oder nicht, eventuell wie lange? Man bemühte sich,
die behandelte Frage auf verschiedene Art zu lösen, indem man bei
Menschen und Tieren Calcium innerlich verabreichte oder subkutan
und intravenös injizierte. Da nun die intravenöse Einführung sicherlich
in kürzester Zeit eine Kalksättigung des Organismus hervorruft, weil
doch das Calcium in diesem Falle unmittelbar іп den Blutkreislauf
gelangt, so werde ich mich bemühen, hauptsächlich die Frage nach
J. Dadlez: Ausscheidung von intravenös eingeführtem Са. 147
dem Schicksal der intravenösen Injektionen von CaCl, zu behandeln,
um so mehr, als eben diese Art heute in der Therapie weit verbreitet ist.
Was geschieht mit dem in das Venenblut gebrachten Calcium,
wohin gelangt es? Wird es vollkommen im Harn und Kote ausgeschieden
oder wird es teilweise in den Organen, eventuell in den Knochen, ab-
gelagert.
Eine Reihe von Autoren gelangte durch Blutanalysen bei den Tieren
(Heubner und Rona, Clark, Fenyvesse und Freund) und Menschen (Billig-
heimer, Sieburg und Kessler, Те, Hetényi) zu dem Beweis, daß der
Blutkalkspiegel in ungefähr 2 bis 3 Stunden nach intravenöser
Injektion von Kalksalzen zur Norm zurückkehrt. Andererseits wurden
schon früher ÖOrgananalysen angestellt (Kost), sowie in neuerer Zeit
von Heubner und Rona, Hecht, Jungmann und Samter. KHeubner und
Rona gelangten nach Untersuchungen, die eine besondere Beachtung
verdienen, zu der Überzeugung, daß der normale Kalkgehalt inner-
halb weiter Grenzen variiert, und konnten trotz intravenöser Ein-
führung großer Calciumdosen irgendwelche Änderungen in den Organen
nicht bemerken, mit Ausnahme der Niere, wo es möglich ist, bei akuter
Vergiftung einen Überschuß an Calcium festzustellen. In späteren Arbeiten
zeigte Heubner bei akuter Vergiftung eine Zunahme des Kalkgehaltse im
Klein- und Mittelhirn, wobei er der analogen Resultate gedachte, zu denen
Jungmann und Samter gelangten. Es muß bemerkt werden, daß die Organe
in 3 bis 6 Stunden nach der Injektion untersucht wurden, und daß diese
Erscheinung bei großen, toxischen Dosen beobachtet wurde. Da nun der
Kalk in Niere und Hirn bei akuter Vergiftung nur in kleinen Mengen ab-
gelagert wird, während andere Organe ein Abweichen von der Norm nicht
zeigen, so dachten Heubner und Rona an die Möglichkeit der Zurückhaltung
des Calciums in den Knochen, mit dem Vorbehalte einer eventuellen Kot-
analyse, um die Ausscheidung auf diesem Wege auszuschließen. Da die
bisherigen Arbeiten kein zweifelloses Bild über das Schicksal des intravenös
eingeführten Kalkes lieferten, versuchte Hetényi, indem er zwei Kaninchen
Caleiumchlorid in das Blut einführte, die in Rede stehende Frage zu lösen;
nach 3 Stunden tötete er eines der Tiere, entnahm aus der Blase den Harn,
aus dem Rectum den Kot, und prüfte beide. Durch Vergleiche mit dem
Kontrollkaninchen gelangte er zu dem Schluß, daß im Mittel 15,6 Proz.
Calcium im Verhältnis zur ursprünglichen Dosis ausgeschieden wurden. Der-
selbe Autor nahm intravenöse Kalkinjektionen an 20 Personen vor und
zeigte, auf Blut- und Harnanalysen gestützt, daß der Kalkgehalt des Blutes
nach 3 Stunden normal ist, und daß in derselben Zeit von 260 mg injizierten
Calciums durch die Nieren 35 mg ausgeschieden wurden. Durch Vergleich
mit dem Tierversuch glaubt er eine Ausscheidung im Kote auf höchstens
90 mg anschlagen zu dürfen; im ganzen blieben also von der injizierten
Dosis 50 Proz. oder 130 mg im Organismus zurück. Nach Verlauf von
3 Stunden wird demnach ein Zustand erreicht, in dem der Blutkalk normal
ist, die Weichteile nicht kalkreicher sind als sonst (bei Dosen, die eine
Vergiftung noch nicht hervorgerufen), während im Harn und Kote bloß
50 Proz. zur Ausscheidung gelangten. Um sich davon zu überzeugen,
wa mit dem restlichen Calcium geschieht, amputiert Hetényi zwei
Kaninchen vor der Injektion die linke hintere Extremität, nach der intra-
venösen Injektion. einer tödlichen Dosis die rechte hintere Extremität, prüft
den Kalkgehalt in den Knochen und gelangt, nachdem es ihm gelungen war, -
10 *
148 J. Dadlez:
auf diese Weise einen kleinen Kalküberschuß in der amputierten Extremität
nach der Injektion festzustellen zu der Folgerung, daß die Knochen eine
bedeutende Rolle in der Calciumzurückhaltung im Organismus spielen.
Es erhebt sich aber die Frage, ob die Zurückhaltung des Calciums
eine beständige ist oder nur eine temporäre, weil die Möglichkeit vor-
handen ist, daß in weiteren Stunden der zurückgehaltene Rest im
Harn und Kote ausgeschieden wird. Deshalb bemühte ich mich, eine
Calciumbilanz nach Calciumchloridinjektionen bei Kaninchen und
Menschen aufzustellen. Zu diesem Zwecke wählte ich einen tuberkulösen
Kranken, erstens weil bei solchen Kranken ohnehin Calcium appliziert
wird, und zweitens, um sich zu überzeugen, ob bei der Tuberkulose von
einer Ablagerung des künstlich eingeführten Calciums die Rede sein
kann und ob wir in ihr die Ursache einer mehrmals beobachteten
Besserung erblicken dürfen.
Es soll noch erwähnt werden, daß analog den von Heubner und
Rona in großem Maßstab durchgeführten Arbeiten bei Katzen, auch
von Mary Maver und Gideon Wells Organe von Meerschweinchen und
Mäusen analysiert wurden mit dem Ergebnis, daß auf dem Wege einer
Kalkzufuhr eine Vergrößerung des Kalkgehalts in den Organen nicht
zu erreichen ist, mit Ausnahme vielleicht der Niere als ausscheidendem
Organ. Die Anhäufung des Calciums im tuberkulösen Gewebe des
Scrotum von Mereschweinchen ist dagegen unabhängig von der
Calciumdarreichung; daher gelangen die Autoren zu dem Schluß, daß
das bei Tuberkulose eingeführte Calcium in den Geweben nicht auf-
genommen wird.
Den Calciumstoffwechsel bestimmte ich beim Kaninchen auf die
Weise, daß das Tier zuerst 7 Tage bei derselben Diät blieb, nach 7 Tagen
sammelte ich seinen Harn und Kot, während gleichzeitig eine Analyse
der gebotenen Nahrung angestellt wurde; nach weiteren 6 Tagen
injizierte ich Calcium intravenös. Zur Aufstellung der Calciumbilanz
beim Menschen wählte ich einen intelligenten tuberkulösen Kranken,
welcher gern in die Durchführung des Versuchs einwilligte und, wie
ich mich mehrmals überzeugen konnte, die Menge der täglichen Nahrung
genau abmaß und abwog, die Exkremente dagegen in den überlassenen
Gefäßen peinlich sammelte.
Methodik.
A. Kotanalysen wurden auf die Weise ausgeführt, daß der während
3 Tagen gesammelte Kot mit Alkohol verrieben wurde, auf einem Wasserbad
bis zur Trockne abgedampft, genau gepulvert und abgewogen wurde. Von
den abgewogenen Mengen wurden 2g im Platintiegel verbrannt und die
Asche in Salzsäure gelöst. Nach Befreiung der Lösung von Phosphaten
mit Eisenchlorid wurde das Calcium bei schwach saurer Reaktion durch
Ammoniumoxalat gefällt. Nachher wurde der Niederschlag durch ein
Ausscheidung von intravenös eingeführtem Ca. 149
gehärtetes Filter filtriert und der Calciumgehalt entweder durch Abwägen
oder öfters durch hypermangansaures Kalium bestimmt, wobei das Filter
mehrere Male mit Wasser bespült wurde, um eine vollkommene Ent-
fernung der Oxalsäurereste zu erreichen. Ähnlich bin ich mit der Bestimmung
des Caleciums in der Nahrung verfahren, indem ich in einem Platintiegel
2g frischer Substanz verbrannte, Phosphate, wenn sie in größerer Zahl
auftraten, mittels Eisen entfernte, während dort, wo geringere Mengen
vermutet wurden, das Calcium unmittelbar in gelöster Asche in Anwesenheit
von Essigsäure gefällt wurde, nach vorheriger Neutralisation der Salzsäure
mit Ammoniak.
B. Die tägliche Harnmenge wurde bis zu einem bestimmten Volumen
verdünnt, 100 ccm durch Ammoniak stark alkalisiert und nach 24 Stunden
der Niederschlag auf einem Filter nach vorheriger Auswaschung mit
Ammoniak in Salzsäure im Warmen gelöst. In der so erhaltenen Flüssigkeit
wurde das Calcium bestimmt, im Menschenharn unmittelbar, im Kaninchen-
harn dagegen nachdem erst die Phosphate durch Eisen entfernt worden
waren. Manchmal habe ich denselben Harn mit und ohne Phosphate ge-
prüft, um sicher zu sein, daß die längere Prozedur, welche durch die An-
wendung von Eisenchlorid verursacht wird, auf das Ergebnis der Analyse
ohne Einfluß bleibt. Es wurden wenigstens zwei Kontrollanalysen des
Kotes und des Harns angestellt.
C. Das Blut prüfte ich nach der von de Waard angegebenen Methode
mit dem Unterschied, daß ich mich der Zentrifuge meistens nicht bediente,
sondern den Niederschlag auf einem gehärteten Filter von 4cm Durch-
messer sammelte und nach peinlicher Abspülung mit n/100 KMnO,
titrierte, wobei ich von dem Ratschlag des Autors Gebrauch machte,
welcher empfiehlt, von dem Kontrollwasser eine solche Menge übermangan-
saures Kalium abzuziehen, wie notwendig ist, um eine Färbung hervor-
zurufen.
D. Das zu intravenösen Injektionen verwendete Calciumchlorid war
aus 15рго2. CaCl, . 6 H,O-Lösung angefertigt; die Analyse ergab in 1 ccm
dieser Lösung 0,03 g Calcium.
I.
Die zum Versuch verwendete Nahrung wurde auf Calcium
analysiert. Das in den Tabellen ersichtliche Ergebnis der Analysen
gestattet zu ersehen, wieviel Gramm Calcium die aufgenommene
Tabelle I.
? жамы Die Са,Мепде — P "nr Die Ca-Menge
іп 100 g in 100 g
frischer Substanz frischer Substanz
Nahrung bzw. in 100 ccm Nahrung bzw. in 100 ccm
Flüssigkeit | Flüssigkeit
4 R | =
Rindfleisch . . . .. 0,010 ВОВЕ: эж. ена 0,017
Schweinefleisch . . . 0.038 WEBER 6 0,0065
Kalbfleisch . . . . . 0,0096 АЙЛ 0,130
Roggenbrot . . . . . 0,027 Bier, Porter (Lwöw) 0,0074
Weizenmehl. . . . . 0.031 Saure Gurke. . . . 0,041
Kartoffien . . ... 0.005 Weichsel-Konfitüre . 0,013
ИАС лаа. 0.060 Baies? Aug e 0,230
lEi (Gewicht 43g) . 0,026 Rote Rüben . . . . 0,039
150 J. Dadlez:
Nahrung auf 100 g frischer Substanz oder 100 ccm Wasser, Bier, Milch
enthält; die Zahlen stellen ein Mittel von zwei bis vier Analysen dar.
Was die Calciummenge in hier nicht angeführter Nahrung betrifft,
so bediente ich mich der im Werke Königs angeführten Analysen.
IL
Ein Kaninchen, männlich, Gewicht 2600 g, das in einem Stoff-
wechselkäfig gehalten wurde, erhielt als Nahrung Hafer und rote Rüben;
nach einigen Tagen wurde der Harn und der Kot gesammelt und gleich-
zeitig die Menge der verzehrten Nahrung gemessen. Am vierten Tage
erhielt das Tier eine intravenöse Injektion von 5cem l5proz. CaCl,
=0,15g Ca, am achten Tage 4ccm l5proz. CaCl, = 0,12 g Ca.
Tabelle II.
Kaninchen o Gewicht 2,6 kg.
| Lë sS g Yo 1294 д
Die intravenös 555 о 8 Е | 5 E Zei,
:5,% 2 А. о s
Tag | injizierte к 950 а= = | ВЕ a: Bilanz
Ca» Menge el gë dS | d: | А Ё 5$
© |
Ё g & Е
„IV. | 0,242 |
21. IV. | 0,285 0,781 | 0,172 || озтв | олет + один
22, IV. | 0,254 9 | ,
23. IV. | 0,139 | 5ccm — Ci; | А
— == 0158 Са | 0,382 0,280 | |
о 10,962 . | 0,972 A
26. IV. | 0,262 | | 0,100 | 0,210 |
27.1V. 0,278 | 4ссш оро сас | | |
28. w. 0294] Z7 Im | 0,360 | 0,632 0,982 | — 0,019
29. ГУ. | 0,281 ES | | |
Summe | | | 2,706 | | | 2,731 || — 0,025
In Summa wurden 0,27 g Calcium injiziert; zusammen mit der
Nahrung wurden 2,706g Calcium eingeführt. Wenn nun 50 Proz.
des intravenös eingebrachten Calciums im Organismus verbleiben
würden, so müßte die Menge des ausgeschiedenen Calciums ungefähr
2,601 g betragen; wenn nur 30 Proz. irgendwo zur Ablagerung gelangen
würden, dann könnte man dies auch bemerken, denn die aus-
geschiedene Calciummenge stünde in diesem Falle um 2,650 g herum,
was in der Totalbilanz z. В. durch die Zahlen + 60 mg, + 70 mg
angedeutet wäre. Analog würde sich die Sache mit den Tages-
bilanzen verhalten. Wir sehen aber, daß die Bilanzen in folgenden
Grenzen variieren: + l4 mg, — 20 mg, — 19 mg, was in Summa
— 25 mg ergibt. In diesem Falle kam also die ganze Menge des
injizierten Calciums zur Ausscheidung.
Ausscheidung von intravenös eingeführtem Ca. ‘181
ш. '
Bei einem Kranken, an welchem der Versuch angestellt wurde,
wurde eine Lungenspitzenaffektion festgestellt (verschärftes alveolares
Atmen und einige Rasselgeräusche), im Sputum Kochsche Bazillen.
Der Kranke wußte, daß es sich um eine genaue Zusammenstellung des
aufgenommenen und ausgeschiedenen Calciums handelt, und erklärte
selbst, daß ihm das Sammeln des Kotes keine Schwierigkeiten bereiten
werde, da er bloß einmal am Morgen Stuhl hätte. Anfänglich nahm er
es mit der Aufzeichnung der verzehrten Nahrung nicht so genau, nach
einigen Tagen gewöhnte er sich aber daran, seine Aufmerksamkeit
sogar auf die geringste Menge Nahrung, was Quantum und Qualität
betrifft, zu lenken. Nach einer Woche konnte ich mit dem Versuch
beginnen und stelle nun das Ergebnis in beigefügter Tabelle zusammen.
Аш 7. Tage wurden intravenös 8,5ccm löproz. CaCl; = 0,255 g
Calcium, am 10. Tage 10 ccm l5proz. CaCl, = 0,3 g Calcium injiziert.
Tabelle III.
ee ee — 17 м7. ach
ЕХ: ent EI & So EE
SE, SR 5 8 58 = "5
м А Dën Д Séi | Eé [ÈR g| ма
a Ee ө 4 | К+ f
l d 2. Ca s Menge EE KE | KE FER |
BEE E Bi e Ing
E E EE ЕБ — Е PET ЫШЫ АСЫ АША ЫК —
11. XI., 1,324 \ | |
12. XI. ' 1345 3,800
bat 1131 | | | |
4. AT | |
1б. XI. | 2,196 | 3.983 |
16. XI. 1787, |
17. XI. | 1.525 8.5 ссп 15рго=.СаСі,.
А. | == 0,255 g Ca |
18. XI. 1,483 | (%
19. ХІ. | 1,371 J
20. XI. | 0,928 10 ccm 15ргов. CaCl
| == g Ca
21. XI. | 1067 2,846
22. XI. || 0,551 | Е u SE LEE
Summe | | 15,263 |
Vor allem möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Bilanz der
ersten 6 Tage richten. Die ersten 3 Tage weisen + 295 mg Calcium
auf, die folgenden 3 Tage — 286 mg Calcium, in Summa + 9 mg
Calcium, was höchstwahrscheinlich auf ein Zurückbleiben der Nahrungs-
reste aus den ersten 3 Tagen im Kote zurückzuführen ist, welche Reste
ihren Einfluß in der negativen Bilanz der letzten 3 Tage ihren Ausdruck
finden. In Summa wurden intravenös 0,555 g Calcium eingeführt.
Wenn nun 50 Proz. dieser Menge im Organismus zurückbleiben würden,
152 | J. Dadlez:
dann hätten wir eine allgemeine Bilanz von ungefähr + 274 mg Calcium;
wenn auch nur 20 Proz. aufgehalten wären, dann könnte man die
feststellen, denn in diesem Falle müßte die Bilanz + 130 mg Calcium
aufweisen. Nun bewegt sich aber das Ergebnis in folgenden Grenzen:
+9mg, +4mg, + 11 mg, in Summa + 24 mg. Wenn wir дата
noch den Harn berücksichtigen und die Zahlen der täglichen Calcium-
ausscheidung zusammenstellen, dann bemerken wir, daß sich am Tage
der Injektion immer ein kleiner Überschuß von 0,1 bis 0,08 g Calcium
bemerkbar macht, was dafür spricht, daß im Harn ein Drittel des
intravenös eingeführten Calciums ausgeschieden wurde, während der
Rest (zwei Drittel) im Kote zur Ausscheidung gelangte. Dieses Aus-
scheidungsverhältnis des intravenös eingeführten Calciums auf dem,
Wege der Nieren und des Darmes gibt auch Hetényi an, auf Grund.
von Experimenten bei Kaninchen und Harnanalysen bei Menschen.
Tabelle IV.
Harn.
иг: иг.
Tag im Нага Tag | im Ke?
= g E Р.
17. XI. 0,263 20. XI. | 0,255
18. XI. 0,163 21. XI. 0,195
19. XI. 0,164 22. XI. | 0,195
Die Zahlen vom 21. und 22., vom 18. und 19., vom 11., 12. und
13. November stellen ein in diesen Tagen gewonnenes Mittel dar. Auch
füge ich eine Tabelle bei, welche die Nahrung am 20., 21. und 22. No-
vember angibt, als Beispiel für die Ernährungsweise des Kranken, dem
in dieser Hinsicht vollkommene Freiheit überlassen wurde (Tab. V).
IV.
Die Versuche ergänzend, wollte ich mich noch überzeugen, ob
das Blut bei tuberkulösen Individuen nach einer Reihe von intravenösen
Calciuminjektionen einen Calciumüberschuß aufweisen wird, und wie
schnell das Blutbild zur Norm zurückkehren wird. Den Calciumgehalt `
des Blutserums stellte ich vor der Injektion, in verschiedener Zeit
nach der Injektion und nach mehreren Injektionen fest.
Der Kranke A:
a) vor der Injektion `, . . ». . 2 2.2.2... 10,2 mg Са,
b) 20 Minuten nach der Injektion, 10 ccm
l5proz. CaCl,.6H,0 . . . . . ... 14,4 „ Са,
с) 180 Minuten nach der Injektion (Menge
und Lösung wie bei b) ....... 10,6 „ Са
auf 100 ccm Blut.
153
Ausscheidung von intravenös eingeführtem Са.
1990 | — swung 860 | — ouramg
980°0 ` ` oan emeg
wo | Зер: op) 1000 | 8 [| 8900 3005 ` ` [yeuruozioq
0800 А Ҷовтөрешөмцә e ew JN e а се 3 001 ++ + gJoyanz
900°0 e e эө а ө 194mg e e e о œ 9000 3 09 >. e è è о sıoyy
— | Se 1: aoyanz I кереш сун L00°0 | 3081 ` uppyone‘N
CSO 0 ' * с'үчөшиәләдү | 9000 | Зор | `` `` 9100 809 rr зол
8000 er БӘЗ e бә аа 8 Stout Be E Аё 800°0 30° Hia е Jayg
9100 ` " "` yosregpurg щәроџеу #01°0 3611 | лә
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юр ш i зәр ut »sdunsysn гәр o »sdunsysN Zongen 214
əBu Wao au KA gëoaweg3 au а
өйёчәуүгу ad
154 J. Dadlez:
Derselbe Kranke erhielt nachher in zweitägigen Zwischenräumen
à 10ccm Calciumchlorid intravenös, worauf die elfte Injektion berück-
sichtigt wurde:
a) vor der elften Injektion . . ..... 8,5 mg Ca,
b) 20 Minuten nach der Injektion. . . . . 11,05 „ Са,
с) 120 Minuten nach der Injektion. . . . . 8,35 „ Ca
auf 100 ccm Blut.
Der Kranke В bekam vor dem Versuch 15 intravenöse Calcıumchlorid-
injektionen. Die 16. Injektion wurde berücksichtigt:
a) vor der 16. Injektion . . .. 2.2... 9,2 mg Ca,
b) 20 Minuten nach der Injektion. . . . . 13,7 „ Са,
с) 120 e eg, аз ee er 8,5 „ Ca
auf 100 ccm Blut.
Der Kranke C:
a) vor der Injektion . . . ...... .. 6,9 mg Ca,
b) 20 Minuten nach der Injektion. . . . . 10,2 ,, Ca,
c) 120 = с 5 ИГРИТЕ 7,1 „ Са
auf 100 ccm Blut.
Es wurden immer à 10 ccm löproz. CaCl, .6 H,O injiziert.
Aus obiger Zusammenstellung geht hervor, daß das intravenös
injizierte Calcium bei den Tuberkulösen ebenso rasch aus dem Blute
schwindet wie bei Gesunden, ohne Rücksicht auf die Anzahl der vorher-
gehenden Injektionen. Ein ähnlicher Effekt stellt sich nach der ersten
und zweiten Injektion ein, und wie aus der oben beigefügten Calcium-
bilanz des Tuberkulösen ersichtlich, wird das injizierte Calcium voll-
ständig ausgeschieden. Da nun nach der zehnten Injektion das Blutbild
ebenso rasch zur Norm zurückkehrt wie nach der ersten, so könnte
man annehmen, daß die nach der zehnten Injektion aufgestellte Bilanz
zeigen würde, daß das künstlich eingeführte Calcium vollkommen
ausgeschieden wird, oder daß es nicht möglich ist, trotz einer langen
Reihe von Injektionen eine Calciumablagerung im tuberkulösen
Organismus zu erreichen.
ү.
Zum Schluß möchte ich noch die Aufmerksamkeit auf den Versuch
Hei&nyis lenken, welcher zeigt, daß das Calcium bloß in einer Menge
von 50 Proz. binnen 3 Stunden nach intravenöser Darreichung aus-
geschieden wird. Von der Richtigkeit dieser Anschauung überzeugte
ich mich durch Harnanalysen bei einigen Kranken; das Calcium
schwindet aus dem Blute, wird im Organismus, vielleicht in den Knochen
und im Kleinhirn deponiert, jedoch nur zeitweilig, weil noch nach
6 Stunden eine übernormale Menge Calcium im Harn nachweisbar ist.
Ausscheidung von intravenös eingeführtem Ca. 155
Das alles spricht für ein fortwährendes Schwinden der Calcium-
reste aus dem Organismus auf dem Wege der Nieren und des Darmes,
bis eine vollkommene, nach 24 Stunden feststellbare Ausscheidung
des intravenös eingeführten Calciums erreicht ist.
Literatur.
1) Heubner und Rona, diese Zeitschr. 185, 248, 1923. — 2) Hecht,
ebendaselbst 144, 270, 1924. — 3) Jungmann und Samter, ebendaselbst
144, 265, 1924. — 4) Hetényi, Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 48, 131, 1924.
— 5) Mary Maver and Gideon Welis, Amer. rev. of tubercul. 7, Nr. 1, 8. 1,
1923, zitiert nach Ber. f. d. ges. Physiol. u. exp. Pharm. 21, 309. —
6) de Waard, diese Zeitschr. 97, 176, 1919. — 7) J. König, Chemie der
menschlichen Nahrungs- u. Genußmittel (4. Aufl., Berlin, Julius Springer).
Stadium der Eiweißkörperkoagulation in Tropfen.
VIII. Mitteilung:
Unterschiede in der Koagulation des reinen und Hb-Serums des Pferdes,
Rindes, Schweines und Hundes.
Von
St. Reiner, F. Pluhar und B. Hänys.
(Aus dem chemischen Institut der tierärztlichen Hochschule in Brno,
Tschechoslowakei.)
(Eingegangen am 18. Februar 1926.)
Aus den Resultaten der bisher veröffentlichten Arbeiten auf dem
Gebiet der Eiweißkoagulation mittels der Beckaschen Tropfenmethode
sind gewisse Regelmäßigkeiten ersichtlich. In vorliegender Arbeit
wurde das reine und das Hämoglobin-Blutserum (Hb-Serum) von
Pferd, Rind, Schwein und Hund untersucht. Um die Resultate möglichst
gleichartig (eindeutig) zusammenzustellen und den Vergleich der
Versuchsergebnisse zu ermöglichen, wurden im Gegensatz zu den
früheren Arbeiten (Untersuchung des Normalserums mit vollem Eiweiß-
körpergehalt) die einzelnen Seren immer auf 1 Proz. Eiweiß verdünnt;
die Fällungsmittel hatten eine Konzentration von m/l0.
Die Aufgaben dieser Arbeit sind also:
Untersuchung der Seren von einzelnen Tiergattungen bei derselben
Eiweißkonzentration, wodurch die Eiweißunterschiede zum Ausdruck
kommen sollen.
Die Sicherstellung der Fällungsunterschiede von reinem und
Hämoglobinserum (Hb-Serum); bei letzterem konnte der Einfluß
des Hämoglobins mit seinen Derivaten, welche beim Verdünnen des
Blutes durch destilliertes Wasser in die Lösung kommen, studiert
werden. |
Zuletzt wurden auch noch einige bisher nicht benutzte Fällungs-
mittel ausprobiert, um ihre spezifischen Fällungseigenschaften zu
konstatieren.
St. Reiner, Е. Pluhät u. B. Hänys : Eiweißkörperkoagulation usw. 157
Experimenteller Teil.
Die Prozente der gesamten Eiweißkörper wurden durch die Formolzahl
(Steineggers Methode) bestimmt; es ergaben sich beim Serum überein-
stimmende Resultate mit der refraktometrischen Methode.
Als Fällungsmittel wurden m/10 Lösungen folgender 23 Chemikalien
benutzt: CuSO, Ее,(80,), FeSO, KAI(SO,), KCr(SO,), НЕС»,
FeCl, CA(NO,),, HNO, H,P(W,0,), С,Н,ОН, С,Н,(ОН),, С,Н,(ОН)„,
Tannin m/2,9, HOC,H,(NO,), C,H, SO,HOH.COOH, CH,CICO,H,
CC1,C0,H, CH,CH.OH.COOH, CH,COH, CCL,CH(OH), C,H,OH
und das bei dieser Methode noch nicht angewandte AgNO,. |
Als Verdünnungsmittel wurde immer destilliertes Wasser gebraucht.
Um die Resultate leichter vergleichen zu können, nahmen wir als
Grundkosgulationszahl die Ergebnisse beim Fällen des 1рго2. Serums durch
Fällungsmittel in der 102/10 Lösung. Reiner studierte die Unterschiede
zwischen dem reinen und Hämoglobinserum beim Pferde, Pluhař beim
Schweine- und Hunde- und Hänys beim Rinderserum. In den folgenden
Kapiteln und Tabellen geben wir die Resultate unserer Versuche wieder.
Von den anorganischen Fällungsmitteln bewirkt HgCl, sowohl bei
reinem als auch bei Hämoglobinserum konstant eine proportionale
Erhöhung der Fällungskraft mit dem steigenden Alter der Tiere; eine
Ausnahme bildet das Hundeserum. Die Fällungsbilder weisen einen kon-
stanten Typus auf. Bei Seren von alten Pferden bemerkte man eine schwache
Variabilität. Die niedrigste Koagulationszahl fand man beim Hunde-
hämoglobinserum, während bei den anderen Tierarten die Koagulation
des Hämoglobinserums im Verhältnis zum reinen viel größer war.
Cd(NO,), zeigt einen ähnlichen Typus des Fällungsbildes; auffallend
ist die Vergrößerung des gefällten Feldes beim Rinde und die typische
Form der Fällungsbilder beim Hunde, welche sich von den Fällungsbildern
anderer Tierarten sehr markant unterscheiden. Der Einfluß des Alters
auf die Koagulationsfähigkeit prägt sich beim Schweineserum bis zum
Alter von 3 Jahren ganz gut aus. Beim Hämoglobinserum vorn Pferde,
Rinde und Schweine steigt die Fällungsfähigkeit, besonders stark beim
Schweine, wo die Koagulationszahl 56 beträgt; beim Hunde bemerkt man
dagegen eine auffallende Senkung (Koagulationszahl 36).
Ähnliche Bilder, wie НЕСІ, und Cd(NO,), zeigt auch CuSO,. Überaus
typisch sind die Bilder beim reinen Rinderserum gegenüber dem Schweine-
hämoglobinserum. Die größte Fällung weist das reine Schweineserum auf,
das dieselbe Koagulationszahl besitzt wie Cd(NO,),, und bei welchem auch
der Alterseinfluß deutlich ausgeprägt wird. Weiter bemerkt man hier auch
eine Erniedrigung der Fällungsfähigkeit des Hämoglobinserums des Hundes
gegenüber dem von anderen Tierarten.
Sehr deutlich werden die Serumeiweiße durch die Phosphorwolfram-
säure koaguliert. Die Fällungsbildertypen sind bei allen Tierarten konstant
und übereinstimmend; die größten Unterschiede weist das reine und hämo-
Iytische Hundeserum auf. Der Alterseinfluß ist bei diesem Fällungsmittel
nicht festzustellen.
Alaune fällen erst in schwächeren Konzentrationen als m/10. Die
Fällungstypen sind nicht bedeutend verschieden. Aluminiumalaun besitzt
eine stärkere Fällungskraft als Chromalaun. Die Koagulationszahlen beim
Hämoglobinserum sind gegen die beim reinen sehr erniedrigt, einige Rinder-
seren sogar fällte Chromalaun überhaupt nicht. Die Intensität der Trübungen
bei beiden Fällungsmitteln ist minimal.
158 St. Reiner, F. Pluhär u. B. Hänys:
| E | | |
| ар ag | d Є
| | 2 DR 5 jr 64 |
Nr. | Art | Alter | üs pol BR iy ais S FE 25
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| &.8 м.а е О № $
— | — а Ра
Gesund 6,1632 | 5,6 К. S. vnm 54| VIJ11 59| 1Х/8 43
1 || Wallach | 8Monate|| Gut gefüttert 4.828 46 | Hbs. || У1/12 66| VI/12 64 vite 33
| Gesund | 7,6968 | 54 R.S. | vi 55| у 42| УШ8 27
2 || Stute | l1Jabr || Gut gefüttert 5,794152 | His, || V1I/12 74| УП12 70| 1Х/8 43
| Gesund ! 6,336 | 5,4 К. 5. || УІІ 57| VII/10 54 ушв 40
3 || Wallach | 11/2 Jabel Gut gefüttert 4,335 422 | Hbs. | УП11 66| УП12 63| 1Х{7
si Gesund |774 |60) R. S. || yn 67| VII/12 65| УП/11 44
3 been ? = | Gut gefüttert 4,345 614 не | VII/12 80| VIN/12 73 |VIN/11 47
| | | Gesund |8064 |64 уши 63| vg 47 vis 30 УП 5
5 || Wallach | 14 Lat gefüttert 7,725 536 hie, 111/12 84 УШ/12 80 | IX/8 46 dën S$
| _„ Gesund 8,28 5,4 уп [12 83 VI1/11 55 УШ/10 43
| Mittel getütt. 5,311 306 Gre VII/12 56| УП/12 69 |ҮШ/12 49
7 1 Stute | „etwa | Gesund |8404 | 54 R. S. | 1X/10 86 УП/10 62
8691 228 | Hbs. || IX/12 90 |V111/12 80
6 | Wallach 15 -g
20 Jahre | Schl. gefüttert
l Stute | „etwa | Gesund |8815 62 R.S. | VI/10 55| VI/11 52 vun з
| 20 Jahre | Sehr schl. gef. | 6,27699 | Hbs. |УШ/12 77| УП/12 73 |УШ/9 36
etwa Gesund 8,172 5.6 R. S. || VII/12 71 | УП/12 68 Mile VII 63
9 | Wallach | 20 Jahre | Schl.gefüttert | | 627699 | Hbs. VII/12 71, VII 56 |Vm/7 32| VOM 9
| Gesund |8494 |62 |R .S. || DEI 2 ушп 64| VII/4 17 | VW ól
wl Stute | 20 Jahre | Mittel gefütt. | © 15,54272 | Hbs. | УП12 72|УШ12 80 |VIN/6 35) Im
Tabel
2 | | |! | | e |
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| Gesund | 7,934 | 64 R. S. МШ/12 83| УПП12 65 УПО 31 | VINN 6
l | Kalbin | 1 Jabr | Schi gefüttert | | | 6,75984 | Hbs. | Dm УЛ2 49 УШТ 3 у D
; Gesund 7,5456 | 61 | R. S. | VII/11 65| У1/11 60| V1/10 43 | УП9 49
2 || Kalbin | 1 . | Mittel gefütt. 820838 | Hbs. уц 12 DN УШЛО 0 УШТ 33 X06
al geit | ı | Gesund | 6,876 R.S. "VII 65, У1/10 47 |УШ[10 53| vie 5i
` Cut gefüttert 7,800432 | Hbs. |VII/12 79 У112 64 VII/12 54 |УШ12 75
‚ Сезипа 6,336 | 6,0 R. S. | VII/10 58| VAN 55 50 49| VIR 4
4 | Kalbin 19/2 Jahre |Schi.getüttert 8,691 22 | Hbs. |VIN/12 66| vg 45| 1Х/8 37| 1Х/10 74
5 || Kalbin | 2 ' Gesund 8,494 | 5,6 R. S. | VII/11 66| V1/11 54 У/10 49 hi
Gut gefüttert | | 5,95865 | Hbs. |VIII/12 83 УП12 69 | УП12 51| DU
| Gesund |8454 | 56 R.S. | VI/9 48| V/10 46| УЦ8 32 м
PI Kuh 205. берг gut gef. | |5312 | Hbs. УШ/12 72| VIj12 64 KU 96 075
|| Gesund 7,848 | 5,4 | R.S. | УІ/11 58) У/9 40 /УТІ/6 29| уп? a
1 Ochse 3. ||Schl.gefüttert 6,27699 | Hbs. | ХП/12 м ушло @ ҮШІ? 36| УШЗ 4
| Gesund | 7,632 | 6,2 R. S. УП/12 72 УП/12 63 1/10 36 | IX/12 6
КЕ || Schl. gefüttert 4,091 Hbs. МШ/12 65 VI/11 46| As 55| X1/12110
k | Gesund |8708 | 54 R. S. | VII/11 61 ул2 ®
Tu Kuh | 7 „ Си gefüttert 5,3093 | Hbs. У/12 45 Ave 33 33
5 Gesund | 7,4808 | 5,4 R. 5. | VII/10 60 Se х | ув 25
10 || Ochse 7 . || Sehr gut gef. 627598 | НЬз. | УП/12 71| vg 37| уП6 27
Eiweißkörperkoagulation in Tropfen. УШ.
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vu? 37 | ТУ/10 18 | vie 33 УЈ10 25 | vis 29 |ТУу10 13 | mn ging 15 ШЕ 8 | 119 8| vn 14
vu 41) П8 11 | IV/J10 25, Ш/9 10 | ТУ/7 20|1V/1011| I7 6| Vjz 14 n19 7; УПЗ 14
8 39 Шо 12 | V111 39 | TV/11 22| Уо 38 | IV/11 17 | TV/10 18 | IV/9 10 14 10 |TV/10 11 |УШЗ 19
8 43 mg 9|\у11237| vj12 29 | vz e vjı2 21 у[ї1 19| vi 20| 115 14 | 11/10 11 |УПІ5 33
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166 St. Reiner, Е. Pluhář u. В. Hänys:
Die Fällungsbilder mit Fe,(SO,), und FeCl, sind beim reinen Schweine-
serum von jungen und alten Individuen übereinstimmend; auch das
Hämoglobinserum zeigt in dieser Richtung keine Unterschiede. Die
Fällungsbildertypen des Pferdeserums von FeCl, gleichen den von organischen
Säuren (Milch-, Chloressig- und Trichloressigszäure).. Beim Rinderserum
sind einige Unterschiede der Bilder von diesen zweı Fällungrmitteln in
beiden Richtungen der Verdünnung zu sehen. FeSO, fällt aus allen Fe-
Salzen das reine Serum aller Tierarten am meisten. Die Koagulationskraft
des Ferrosulfats, Ferrisulfats und Ferrichlorids ist beim Hämoglobin-,
Pferde- und Rinderserum gegenüber der bei reinem Serum sehr erniedrigt;
dasselbe gilt für das Schweineserum, wo nur das Ferrichlorid eine Ausnahme
bildet. Das Hundeserum hat konstante Typen.
Durch m/10 Salpetersäure wurde weder das reine noch das Hb-Serum
aller Tierarten ausgefällt.
Tannin verhält sich zu einzelnen Blutseren verschieden. Beim reinen
Pferdeserum wird die Koagulationsfähigkeit mit dem steigenden Alter
des Tieres größer, im höchsten Alter aber schwindet diese Regelmäßig-
keit. Beim Rinderserum sinkt sie mit dem steigenden Alter und es läßt
sich da ein gewisser Zusammenhang zwischen der Serumsacidität und der
Koagulationszahl wahrnehmen. (Bei der Acidität von рн 6 ist die Koagu-
lationszahl 64, bei der Acidität von рн 5,4 ist sie 54.) Die Fällungsbilder
vom reinen Schweineserum sind zwar typisch für dieses hier, aber irgend ein
Einfluß des Alters oder Geschlechts auf die Koagulation läßt sich nicht
nachweisen. Beim Hundeserum steigt die Fällung mit dem steigenden
Tieralter; dieselben Verhältnisse kommen auch beim Hb-Serum, nur ist
die Koagulationszahl immer noch größer als bei reinem.
Typisch stufenförmige Fällungsbilder hat die Sulfosalicylsäure sowohl
beim reinen als auch beim Hb-Sorum aller vier Tierarten. Auffallende Unter-
schiede übt das Rinderserum aus: das Hb-Serum junger Individuen koaguliert
weniger als das reine, während es bei älteren Tieren umgekehrt ist. Die
Koagulationszahl des Hb-Serums aller vier Tierarten ist hier größer als
die des reinen Serums.
Die Pikrinsäure zeigt bei reinen Seren aller vier Tierarten einen un-
veränderten Typ. Der Einfluß des steigenden Alters äußert sich beim
Schweine bis zu 3 Jahren durch eine Vergrößerung der Koagulation des
reinen Serums, beim Pferde auch durch eine Steigerung beim Hb-Serum,
beim Rind durch eine Senkung; beim Hunde ist es nicht so markant aus-
geprägt. Die Koagulationszahl des Hb-Serums ist beim Pferde und Rinde
größer als die des reinen Serums, beim Schweine um sechs Felder kleiner,
und beim Hunde ist kein Unterschied.
Die Koagulationskraft der Milch-, Chloressig- und Trichloressigsäure
ist bei reinem Serum nicht an dessen größte Konzentration gebunden
(mit seltenen Ausnahmen beim Rinderserum). Die Koagulationskraft
der Milchsäure steigt regelmäßig mit dem zunehmenden Alter des Schweines.
Die Fällungsbilder der Chloressig- und Trichloressigsäure beim Hunde
sind durch ihre hintere Grenze in der Richtung der Fällungsmittelverdünnung
typisch. Beim Hb-Serum bleibt der Fällungstypus derselbe, nur die
Koagulationszahl ist mäßig herabgesetzt (gesunken). Beim Rinde ist die
Fällungskraft der Chloressig- und Trichloressigsäure bis zum Alter von
21, Jahren am besten, dann sinkt sie allmählich und bei noch älteren
ist sie überhaupt gleich Null. Die Milchsäure fällt das Hb-Serum weniger
Eiweißkörperkoagulation in Tropfen. VIII. 167
als das reine, bei Tieren bis zu 3 Jahren sogar überhaupt nicht, trotzdem
das reine Serum in diesem Alter die größten Koagulationszahlen aufweist.
Die Carbolsäure fällt weder das reine noch das Hb-Serum vom Pferde,
Rinde und Hunde, das Schweineserum nur in einem Falle (Versuch 7,
Sau, 3 Jahre alt).
Die Fällungskraft des Pyrogallols ist sehr unregelmäßig, obwohl die
Fällungsbilder ihren Typus bewahren. Beim reinen und Hb-Serum des Pferdes
steigt die Fällung mit zunehmendem Alter. Das reine Serum von jungen
Rindern sowie auch das Hb-Serum alter Rinder werden überhaupt nicht
gefällt. Beim Schweineserum bestehen gewisse Schwankungen im mittleren
Alter der Tiere. Die Koagulationszahl des Hb-Serums ist durchaus größer
als die des reinen.
Der Acetaldehyd kann in allgemeinen als ein schwaches Fällungsmittel
angesehen werden; er besitzt eine niedrige, beträchtlich schwankende
Koagulationszahl. In einigen Fällen koaguliert weder das reine noch das
Hb-Serum. Die Koagulationszahl des Hb-Serums ist kleiner als die des
reinen.
Die Versuche mit Resorcin und Chloralhydrat sind ebenfalls von
diversen Erfolgen. Resorcin fällt das reine Rinderserum nur im Versuche 8,
9 und 10; Chloralhydrat nur im Versuch 7, 8 und 9; alle übrigen Fällungs-
versuche sind überhaupt ohne Erfolg geblieben.
m/10 Äthylalkohol fällte die Seren aller vier Tierarten nicht; das
Studium seiner Fällungskraft ist erst in höheren Konzentrationen möglich.
Weiter verfolgte Reiner, inwiefern die Anwesenheit der Chloride im
Blute die Serumfällungsfähigkeit beeinflußt. Die Chloridmenge in reinem
und auch Hb-Serum wurde durch die Titrationsmethode Votockas fest-
gestellt. Sonst wurde mit 1рго2. Serum und einer m/10 Lösung von
AgNO, gearbeitet. Der Kontrolle wegen benutzte Reiner physiologische
Lösung von 0,85proz. NaCl; diese Kontrolle sowie das betreffende geo-
metrisch verdünnte Serum wurden von dem mit AgNO, gefällten Felde
subtrahiert, und so konnte die Fällungskraft von Ag N O, beurteilt werden.
Die Blutchloride nehmen an der Fällung nur einen sehr geringen Anteil.
Die Fällungsbilder des reinen und des Hb-Serums mit AgNO, sind dem
Tannintypus ähnlich. Eine Erhöhung der Fällung durch das Alter wurde nur
beim Pferde festgestellt; ein Einfluß des Geschlechts, der Serumacidität
und des Ernährungszustandes des Tieres konnte bei Versuchen mit AgNO,
nicht bestätigt werden. Beim Hb-Serum bemerkte man ein auffallend
kleineres Quantum der Chloride als beim reinen Serum und ein Steigen der
Fällungsfähigkeit gegen das reine Serum.
Weiter arbeitete Hdnys mit konzentriertem Äthylalkohol, Methyl-
alkohol, Aceton, 8,5 mol. Aceton und m/10 Furfurollösung in 3 mol. Äthyl-
alkohol, welcher schon normales, unverdünntes Blutserum nicht mehr
fällt. Er arbeitete mit konzentriertem, reinem Blutserum des Pferdes,
Rindes, Schweines und Hundes auf hohlgeschliffenen Gläsern, die man in
der Bakteriologie für Untersuchung in hängenden Tropfen verwendet.
Die Fällungsbilder mit konzentriertem Äthylalkohol sind sehr unregel-
mäßig; die größte Koagulationszahl ist beim Rinderserum 19.
Methylalkohol ist das schwächste Fällungsmittel der Seren aller vier
Tierarten. Die Koagulationszahl sinkt deutlich mit der steigenden Serum-
acidität.
Größere Koagulationszahlen weist der Methylalkohol auf. Der
Fällungsbildertypus des Rinder-, Schweine- und Hundeserums bleibt ähnlich,
168 St. Reiner, Е. Pluhär u. B. Hányš : Eiweißkörperkoagulation usw.
aber der beim Pferde sticht so ab, daß man Methylalkohol deswegen und
auch wegen seiner starken Fällungskraft als Spezifikum für die Pferde-
serumkoagulation empfehlen kann. Die Koagulationszahl aller Tierarten
sinkt mit der steigenden Acidität der Seren.
Das konzentrierte und 8,5 mol. Aceton bewahren bei allen Tierarten
einen konstanten Typus; das 8,5 mol. Aceton hat aber noch meistenteils
eine stärkere Fällungskraft als das konzentrierte, indem das erstere noch in
einer Konzentration von 0,0166, dieses nur bis 0,0625 fällt.
Das 0,5 mol. Furfurol gibt gleichfalls große Fällungsbilder.
Irgend ein Einfluß der Serumacidität auf die Koagulationszahl ließ
sich bei diesen drei Fällungsmitteln nicht nachweisen.
Literatur.
Die vorigen Mitteilungen in dieser Zeitschr.: 1. Mitt. 187, 456; II. Mitt.
138, 326; III. Mitt. 188, 335; IV. Mitt. 145, 98.. Biologické spisy ууз.
skoly zverolekarske 1922 bis 1925.
Weitere Untersuchungen über den Einfluß
der sogenannten Carnosinfraktion des Fleischextraktes
auf die Sekretion der Magendrüsen.
Von
R. Krimberg und S A. Komarow.
(Aus dem physiologischen Institut der Universität Riga.)
(Eingegangen am 18. Februar 1926.)
Schon vor mehr als 10 Jahren hat der eine von uns die Meinung
ausgesprochen, daß die damals vor kurzem neu entdeckten stickstoff-
haltigen Basen des Fleischextrakts, nämlich das Carnosin, Carnitin
und Methylguanidin, welche mittlerweile auch aus dem Muskelgewebe
als dessen präformierte Bestandteile isoliert worden waren!), gleich
dem schon früher als physiologisch aktiv erkannten Cholin, eventuell
die Rolle dynamischer Erreger bzw. Hormone im Organismus spielen
könnten. Folglich war das gesamte Muskelsystem des Organismus
als ein weit verbreitetes Organ der inneren Sekretion, in welchem unter
anderen sehr wichtige und zum Teil sehr aktive Hormone für die Tätig-
keit der Verdauungsdrüsen produziert werden, anzusehen. In Anbetracht
ihrer Menge schien es sogar nicht ausgeschlossen zu sein, daß die soge-
nannte „psychische“ Sekretion in letzter Linie ebenfalls durch die
Einwirkung dieser sowie auch anderer im Blute zirkulierender Hormone
hervorgerufen wird. Die ersten diesbezüglichen experimentellen Ver-
suche waren schon im Jahre 1910 (in Charkow) unter Beteiligung des
Herrn Dr. Borodenko an Hunden mit dem ‚‚kleinen‘‘ Magen nach
Heidenhain-Pawlow angestellt worden und hatten nämlich gezeigt,
daß das Carnitinchlorid, subkutan appliziert, ohne Zweifel auf die
Magendrüsen excitosekretorisch einzuwirken imstande ist?).
In den zitierten Arbeiten vertritt der eine von uns die zuerst von
A. Bickel geäußerte Ansicht, nämlich, daß die Extraktivstoffe der
— —— — —j —
1) R. Krimberg, Zeitschr. f. physiol. Chem. 48, 412, 1906.
2) Derselbe, a) Über das Carnitin und seine physiologische Rolle.
Festschrift für Prof. Dr. S. A. Popoff. Charkow 1913. b) Zur Frage über den
Mechanismus der Magensekretion. Charkow 1915. c) Die Hormone usw.
Charkow 1918.
170 R. Krimberg u. S. A. Komarow:
Fleischnahrung ihre excitosekretorischen Fähigkeiten hauptsächlich
erst nach deren Resorption, also auf humoralem Wege zur Entfaltung
bringen könnten. In diesen Arbeiten, in welchen die Hauptelemente
zu einer neuen Theorie der Drüsentätigkeit zum ersten Male angegeben
sind!), werden unter anderem auch die möglichen Gründe besprochen,
welche dazu haben führen können, daß von manchen sogar sehr nam-
haften Laboratorien aus der Fleischextrakt und speziell der Liebigsche
Fleischextrakt für unfähig erklärt worden ist, auf humoralem Wege
Sekretionen der Verdauungsdrüsen hervorzurufen. Es ist in denselben
eingehend darauf hingewiesen worden, daß bei subkutaner und ganz
besonders intravenöser Applikation des Fleischextraktes der sekretions-
erregende Effekt in hohem Grade von der Darstellungsweise des
Extraktes abhängig ist, und daß speziell in jedem käuflichen Fleisch-
extrakt, wie z.B. im Lsebigschen, stets in bedeutender Menge Stoffe
vorkommen müssen, welche unter normalen Verhältnissen im Blute
des Versuchstieres niemals enthalten sind, welche aber nach deren Ein-
führung ins Blut die excitosekretorische Wirkung der intravitalen
Muskelhormone stören und unter Umständen dieselbe sogar voll-
ständig hemmen können. Es dürfte sich dabei in erster Linie wohl
um einige hochmolekulare Stoffe von kolloidalem Charakter handeln,
deren Eliminierung vor dem Gebrauch des Extraktes durchaus not-
wendig ist. Um dies zu erreichen, sowie um eine weitere Reinigung
der Muskelextrakte von Salzen und eventuell auch noch von einigen
anderen Stoffen durchzuführen, hat der eine von uns den Vorschlag
gemacht, die excitosekretorischen Hormone unter Anwendung irgend
einer bekannten Fraktionierungsmethode aus dem Коһехігак!
herauszulösen und dieselben in gewissen Fraktionen zu konzentrieren?).
Da es sich bereits schon damals erwiesen hatte, daß die excitosekretorisch
aktiven Muskelhormone wenigstens zum großen Teil den Charakter
organischer Basen besitzen, von welchen zurzeit das Carnosin, Methyl-
guanidin und Carnitin, sowie das Cholin als die bestbekannten Re-
präsentanten gelten, so schien es natürlich am zweckmäßigsten, vor
allem den Phosphorwolframsäureniederschlag des Fleischextraktes zu
benutzen, aus demselben die entsprechenden Carnosin-, Methylguanidin-
und Carnitinfraktionen, z.B. nach der von @ulewitsch und Krimberg
ausgearbeiteten Methode, darzustellen und zwecks Einverleibung
bei Versuchstieren anzuwenden?).
1) In ihrer neuesten Form ist diese Theorie vor kurzem in dieser Zeitschr.
157, 187, 1925 (R. Krimberg) veröffentlicht worden.
2) Р. Krimberg, Die Hormone usw., S. 16ff. Charkow 1918.
з) Derselbe, Über die stickstoffhaltigen Extraktivstoffe der Muskeln.
Inaugural-Diss., S. 115ff. Moskau 1907. Hoppe-Seyler-Thierfelders Handb.
d. physiol-chem. Analyse 1909, S. 758.
Einfluß der Carnosinfraktion auf die Sekretion der Magendrüsen. 171
Wir erlauben uns hier, die im hiesigen Laboratorium bis jetzt
angewandte Darstellungsmethode der Carnosinfraktion an der Hand
eines konkreten Beispiels kurz zu schildern. Es handelt sich nämlich
um die Isolierung dieser Fraktion aus ganz frischem Muskelfleisch,
sowie aus Liebigschem Fleischextrakt zwecks Einverleibung bei Hunden
in den weiter anzuführenden Versuchen.
Darstellung der Carnosinfraktionen.
314 kg Ochsenfleisch, sorgfältigst von Sehnen und Fett befreit, wurden
zweimal durch eine Kotelettenmaschine gelassen und in 10 Liter bis zum
Sieden erwärmtes Wasser gebracht. Vom Schlachten des Tieres bis zum
Hineinbringen der zerkleinerten Muskelmasse ins kochende Wasser waren
134 Stunden vergangen; das ins Laboratorium gebrachte Muskelfleisch war
noch warm, zuckte mit dem Messer geschlagen und ließ durchaus noch
keine Erstarrungszeichen wahrnehmen. Die erste Extraktion mit der an-
gegebenen Menge destillierten Wassers wurde unter Erwärmung bis zu 70 bis
85°C vollzogen und dauerte 30 Minuten; der Auszug wurde unter Benutzung
einer Handpresse sorgfältig abgepreßt. Der Rückstand wurde sofort mit
6 Litern Wasser unter denselben Bedingungen weiter extrahiert und eben-
falls scharf abgepreßt!). Die erhaltenen ersten zwei Auszüge wurden zu-
sammen eingeengt, die schwach alkalisch reagierende Flüssigkeit wurde bis
90° С erwärmt und mit Essigsäure bis zum Erscheinen eines flockigen
Niederschlags, was bei einer deutlich sauren Reaktion auf Lackmus erfolgte,
versetzt. Der Niederschlag wurde abfiltriert, mit heißem Wasser gewaschen
und das eingeengte Filtrat genau bis zu 1 Liter aufgefüllt. Dasselbe enthielt
13,43 g Stickstoff.
Die Flüssigkeit wurde mit 20proz. Bleiacetat unter Vermeidung eines
Überschusses ausgefällt, der ziemlich große Niederschlag abgesaugt und
sorgfältig gewaschen, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff vom Blei befreit,
bis zu etwa 1 Liter eingeengt, mit Schwefelsäure bis zu etwa 5 Proz. an-
gesäuert und mit konzentrierter Phosphorwolframsäure unter Vermeidung
eines Überschusses ausgefällt, der Niederschlag abgesaugt, sorgfältig mit
3proz. Schwefelsäure, welche etwa 1 Proz. Phosphorwolframsäure enthielt,
gewaschen und mit kristallinischem Bariumhydroxyd auf die übliche
Weise zerrieben. Das Filtrat wurde mittels Schwefelsäure und Kohlensäure
vom Baryt befreit, abermals filtriert, eingeengt und bis 500 ccm genau
aufgefüllt. Dasselbe enthielt 7,3 g Stickstoff.
Die zuerst mit Salpetersäure (spezifisches Gewicht 1,4) bis zur ampho-
teren Reaktion versetzte Fliissigkeit wurde nachher mit 20proz. Silber-
nitratlösung ausgefällt und im Eisschrank über Nacht stehengelassen. Der
ziemlich bedeutende Niederschlag der Purinbasen wurde abgesaugt und
ein wenig gewaschen, zum Filtrat aber wurde noch mehr Silbernitratlösung,
nämlich bis zum bekannten Kosselschen Punkt hinzugefügt. Das Glas
wurde in Eis gestellt und die Flüssigkeit mit warmgesättigtem Barytwasser
1) An demselben Tage wurde auf die angegebene Weise noch ein dritter
Auszug erhalten. Eingeengt, gelatinierte derselbe beim Erkalten und enthielt
nur 0,55g Stickstoff (im Verhältnis zu der in den ersten zwei Auszügen
enthaltenen. Stickstoffmenge nur etwa 3,78 Proz... Dieser letzte Auszug
wurde weiter nicht bearbeitet.
172 R. Krimberg u. S. A. Komarow:
ausgefällt, so daß nach Beendigung dieser Manipulation die auszufällende
Flüssigkeit höchstens die Zimmertemperatur erreicht haben konnte. Der
bedeutende Niederschlag wurde abgesaugt und bis zum Verschwinden des
Baryts im Waschwasser gewaschen, sorgfältig mit Sand zerrieben, mit ein
paar Tropfen 50proz. Schwefelsäure versetzt und mit Schwefelwasserstoff
zerlegt; nach dem Abfiltrieren wurde die Bearbeitung des Niederschlags mit
Schwefelwasserstoff nochmals wiederholt.
Die erhaltene stark alkalische Flüssigkeit!) wurde eingeengt, bis
500 ccm genau aufgefüllt und darin der Stickstoff nach Kjeldahl sowie
der Carnosingehalt nach der in v. Fürthe Laboratorium ausgearbeiteten
kolorimetrischen Methode bestimmt. Es wurden 2,6g Stickstoff und 9g
Carnosin gefunden, in welch letzteren 2,23 g Stickstoff, d. h. 85,8 Proz.
der gesamten Stickstoffmenge der Fraktion enthalten sein mußten. Endlich
wurde die Flüssigkeit mit Salzsäure neutralisiert und zwecks Einverleibung
eingeengt.
Genau auf dieselbe soeben beschriebene Weise wurde die Carnosin-
fraktion auch aus dem Liebigschen Fleischextrakt dargestellt. Zur Ver-
arbeitung gelangte eine direkt vom ‚‚Generaldepot der Liebigsprodukte“
(in Antwerpen) bezogene, etwa 225 g wiegende Portion des Extraktes. welche
22,4 g Stickstoff enthielt. Die Verteilung dieses Stickstoffs in den einzelnen
Fraktionen wies jedoch einen wesentlichen Unterschied im Vergleich mit
der Stickstoffverteilung in dem Extrakt aus frischem Fleisch auf, wie aus
Tabelle I zu ersehen ist.
Tabelle 1.
Verteilung des Stickstoffs
1 im Extrakt aus im Liebigschen
_ | frischem Fleisch ` Fleischextrakt
Gesamtstickstoff der Extrakte .... | 14,43 g 22,40 g
Stickstoffgehalt in den PWS-Niederschl. 7,30 g 11,43 g
Dasselbe in Proz. des Gesamtstickstoffs ' 50,59 | 5103
Stickstoffgehalt der Carnosinfraktionen 2,608 | 1,942
Dasselbe in Proz. des Gesamtstickstoffs | 17,61 | 8,66
Carnosingehalt in den Carnosinfraktionen 9,00 g | 3,50 8
Stickstoff des Carmosins . . . . . .., | 2,03 р 0,87 g
Dasselbe in Proz. des Gesamtstickstoffs 15,45 3,87
Dasselbe in Proz. des Stickstoffs der |
Carnosinfraktionen . . . . . . ... | 85,77 44,70
Während also durch die Phosphorwolframsäure aus den beiden
Extrakten ungefähr die gleiche Menge Stickstoff (etwa 50 Proz. des
Gesamtstickstoffs) niedergeschlagen worden war, erwies sich die аш
frischem Fleisch erhaltene Carnosinfraktion viel reicher an Stickstoff,
als dieselbe Fraktion aus dem Liebigschen Fleischextrakt (17,61 Proz.
und 8,66 Proz. des Gesamtstickstoffs der Extrakte). Es ist dazu noch
1) Die so erhaltene flüssige Carnosinfraktion war nur schwach gelb
gefärbt, zum Unterschiede von der auf ebensolche Weise dargestellten
Fraktion aus dem Liebigschen Fleischextrekt, welche bei ungefähr derselben
Flüssigkeitsmenge eine unvergleichlich intensivere Färbung besaß, jedoch
weniger Stickstoff enthielt.
Einfluß der Carnosinfraktion auf die Sekretion der Magendrüsen. 173
sehr auffallend, daß die Carnosinfraktion aus frischem Fleisch sich als
viel „reiner“ erwies in dem Sinne, daß sie mit 85,77 Proz. aus Imidazol-
körpern, auf Carnosin berechnet, bestand, während dieselbe Fraktion
aus dem Liebigschen Extrakt nur 44,7 Proz. Imidazolkörper enthielt;
mit anderen Worten, es war die Menge der „Verunreinigungen“ bzw.
andersartiger Substanzen in der Carnosinfraktion aus frischem Fleisch
55,3:14,3 = 3,86 mal kleiner als in der gleichen Fraktion des Liebig-
schen Fleischextraktes.
Tierversuche mit den Carnosinfraktionen,
Die dargestellten Carnosinfraktionen wurden zwei Hunden von je etwa
9kg Körpergewicht, welchen viele Monate vorher Magen- und Oesophagus-
fisteln angelegt worden waren, einverleibt, und nur einmal ist ein dritter,
auf ebensolche Weise operierter, aber nur etwa 7 kg wiegender Hund benutzt
worden. Alle Versuche wurden in der Art ausgeführt, daß die Lösungen
in die V. jug. ext. injiziert wurden, während die Tiere sich schon im Gestell
befanden. Die Prozedur der Injektionen war für dieselben vollständig
harmlos, weil sie daran bereits gewöhnt waren. Die Resultate der Versuche
sind in Tabelle II zusammengestellt.
Auf Grund der angeführten Versuche halten wir uns für berechtigt,
in bezug auf die excitosekretorischen Fähigkeiten der von uns an-
gewandten Carnosinfraktionen folgendes auszusprechen.
Qualitativ ist die Einwirkung der Carnosinfraktion auf die Magen-
drüsen des Hundes die gleiche, ob dieselbe aus dem Liebigschen Fleisch-
extrakt oder aus ganz frischem Muskelfleisch stammt. Schon wenige
Sekunden nach der Injektion trat eine Beschleunigung des Pulses ein
(von 90—110 bis 180—250), unter Verminderung seiner Spannung;
etwa 5 bis 20 Minuten nach der Einverleibung gewann der Puls jedoch
seinen gewöhnlichen Charakter wieder. Zuweilen wurden auch kurz
andauernde Dyspnoe und Erbrechensbewegungen bemerkbar. Etwa
1 bis 2 Minuten nach der Injektion beginnt als die erste die Speichel-
absonderung. Nach einer in den meisten Fällen etwa 5 Minuten
währenden latenten Periode zeigte sich dann der erste Tropfen eines
sauren Magensaftes, dessen Absonderung je nach der Größe der ein-
verleibten Dosis von 11, bis 3 Stunden dauert. In einigen zeitlich
voneinander nicht weit abgegrenzten Versuchen läßt sich eine geradezu
vollständige Übereinstimmung der Resultate in bezug auf den Verlauf
der Magensekretion, sowie auf die Eigenschaften des Sekrets kon-
statieren (vgl. Versuche 5 und 6). Im allgemeinen aber ist das resul-
tierende Wirkungsbild sogar bei ein und denselben verabgabten Dosen,
obwohl qualitativ stets das gleiche, in quantitativer Hinsicht jedoch
in den verschiedenen Versuchen sehr oft stark verschieden.
Besonders auffallend ist aber die aus unseren Versuchen hervor-
gehende Tatsache, nämlich daß dieaus frischem Fleisch erhaltene Carnosin-
174 R. Krimberg u. S. A. Komarow:
—
| E —— Einverleibte Camosinfraktion Menge des ausgesi
D = e enthält | entspricht | —
3 2 E | Га с In.»
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10| 2 | 9 |26. X. 10 0,1880 0,350 | 225 | — | — 10 Е i
11 || 2 | 9 |13. ХІ. 7,5|0,1410| 0,264 || 16,9 | — | 0 0 | 14
12||2 | 9 |17. tin |01880) 0380| 25 | — | — | 10 ||, H
13| 2 | ə |10. ХІ. 10 [0,1880 0,350 225 | — | — | 20 | , D
14 | 3 | 7 |17. XI.|10 |0,1880| 0,350 | 225 | — | — |10 | » D
Abkürzungen in der Tabelle II.: б: = = alkalisch, b. = bis, Dsp. SC,
beschleunigung, Spfl. == Speichelfluß, у. — von, w. = — "weiterer, wh =
fraktion eine verhältnismäßig viel stärkere excitosekretorische Wirkung
auf die Magendrüsen ausübt, als die auf genau dieselbe Art aus dem
Liebig schen Fleischextrakt gewonnene. Rechnet man die nach der
Injektion der Carnosinfraktion erhaltene Menge des Magensaftes auf
l g des eingeführten Stickstoffs um, so erweist es sich nämlich, wie
unten aus Tabelle III zu ersehen ist, daß die Aktivität der Carnosin-
Tabelle III.
ES | So. | 9:5 | Se
532 Б ә 9 Magensekretion,
„| Aut | EES SÉ | „же
Versuche Б || 2. Darstellung EK RES Bas
* — 2 837 832 GER | Stickstoffs | Imidazolkörper
Ce | ccm cem
— Lo ln TEN ё Zeen (8 |
1 be A 11| Frisches | | 0,8084 2,106 | 280 | 460 133
8 u. 9 |2 Fleisch 0.416 1.44 58 139,4 40,3
ӧ, 61.7 |1 Liebigs 0,6016 1 12 165 274,3 147,3
’ | - Й | ’
10, 12 u. 13 | 2 ||] Fleischextr. | 0,564 1,05 98,5. 50,5 27,14
| Einfluß der Carnosinfraktion auf die Sekretion der Magendrüsen. - 175
wihrend Р g
2 JS o |o8 - E
1 © з Ee S | = =
125, 3 822% 2 Ы
t Q | 5 В $ е я e
© 5 $ 8 * 5 g = Nebenerscheinungen
Ele
A8 | 6 7 jé $ | |
l Min. | Min. | cem | ccm |n/10Lös. [
| 10 | 20 о | 5 170 |122,0| 107 | e |Erbr. Spf.. Pbschl. b. 150 wh. 2
110 wh. w. 10’ n. Inj
) 0 — — 12 | 105 23,0 | 58 39 || Pbschl.
010:0 — Bi 12|500| 94| 70 Dap, Spfl, Pbsch!. b. 240 wb. Inj.
Y- — — 5 120 | 85,0| 98 76 za, Pbschl. b, 250 wh. 5’, 120
15 05 0 | — 5 | 150 62,0 106 89 аз — ck Inj., 180
0 0 — | > 5 | 130 | 62,0 | 104 Ѕрӣ., Pbschl. v. 110 b. 240 wh.
Inj., 130 wh. E п. Їп}.
20| 0 — — 5 | 120 | 41,0| 98 84 | Spi, Poschl.
10:0 — — || 2 | 118 | 200! 87 | 74 ||Spfl. Pbschl. v. 80 b. 180 wh. 2,
| | | 140 wh. w. A n. Inj
60 0 , — — || 5 |120| 380. 68| 36 || Spf., Pbschl. v. "110 d 180 wh.
| Inj, 130 wh. 5’ n. Inj
РЕ Еи 5 ' 90| 65! 41 O !|5рЯ., Pbschl. у. 90 b. 170 wh. Inj.
— == — — | — 0 0 0 Keine
o — — |_ | 5, 901 100; 20 Sof, Pbschl. v, 90 b. 190 wh. 2.
, W
d аы ә | — 5 90 | 120| 82 70 | орӣ Pbschl. v. 110 Ь.240 wh. 5',
150—120 wb. w. 5' n. Inj.
d — — = Б 85 | 190 82 54 Se. Pbschl. у. 90 b. 180—150
| ' | | wh. 5' n. Inj.
' Erbrechen, Inj. = Injektion, п. = nach, neutr. = neutral, Pbschl. — Puls-
fraktion aus frischem Fleisch für den Hund 1 durch die Zahl 460 und
für den Hund 2 durch die Zahl 139 ausgedrückt wird, während für
dieselbe Fraktion aus dem Liebigschen Extrakt die entsprechenden
Zahlen nur 274 und 50 sind. Es hat sich somit erwiesen, daß die
Aktivität der Carnosinfraktion aus frischem Fleisch in den Versuchen
mit dem ersten Hunde 1,7 und in den Versuchen mit dem zweiten
Hunde sogar 2,8mal größer ist als die Aktivität derselben Fraktion
aus dem Liedigschen Fleischextrakt.
Es ergibt sich aus unseren Versuchen unter anderem also die sehr
wichtige Schlußfolgerung, daß nämlich in bezug auf seine physiologische
Wirksamkeit der käufliche Liebigsche Extrakt dem aus ganz frischem
Muskelfleisch dargestellten durchaus nicht gleichzustellen ist, und daß
zu dem Versuche, den etwaigen Einfluß auf die Tätigkeit der Ver-
dauungsdrüsen zu ermitteln, sowie zur Prüfung der physiologischen
Aktivität überhaupt, womöglich nur frisch dargestellte Muskelexirakte
Verwendung finden sollten. Wie schon oben erwähnt, ist aber bis
jetzt die Mehrzahl dieser Versuche gerade mit dem Liebigschen Extrakt
176 R. Krimberg u. 8. A. Komarow: Einfluß der Carnosinfraktion usw.
ausgeführt worden, welcher Umstand, unserer Meinung nach, auch
als einer der Gründe in Betracht gezogen werden müßte, weshalb die
Resultate zuweilen nur sehr schwach positiv und nicht selten sogar
vollständig negativ ausgefallen sind. .
Wenn man sich dessen erinnert, daß vom Gesamtstickstoff der
Carnosinfraktion auf die Imidazolbasen in unserem Extrakt aus
frischem Fleisch 85,77 Proz., im Liebigschen Extrakt dagegen nur
44,70 Proz. fallen (Tabelle I), so liegt die Vermutung nahe, daß die
größere Aktivität der Carnosinfraktion aus frischem Fleisch in erster
Linie wohl durch deren höheren Gehalt an diesen Basen zu erklären
wäre. Бесһпеё man die in den entsprechenden Versuchen erhaltenen
Mengen des Magensekrets auf die Einheit der mit den Carnosin-
fraktionen einverleibten Imidazolbasen um, so sieht man tatsächlich,
daß die excitosekretorische Wirkung dieser Fraktionen in den Ver-
suchen mit dem Hunde 1 praktisch vollständig die gleiche ist (133
und 147) (Tabelle III), in den Versuchen mit dem Hunde 2 aber ist
der Unterschied, wenn man die Bedingungen eines Tierexperiments
in Betracht zieht, so unbedeutend, daß die Wirkung ebenfalls als un-
gefähr die gleiche angesehen werden kann (40 und 27).
Zum Schluß möchten wir noch darauf hinweisen, daß schon solche
Gaben der Carnosinfraktion, welche nur 200 bis 400 g frischen Fleisches,
d.h. weniger als einer gewöhnlichen Hundemahlzeit entsprechen und
nur (200 bis 400) .100 : 3000 = 7 bis 13 Proz. vom Gewicht des Muskel, `
gewebes des Versuchstieres (bei 9 kg Körpergewicht und 3 kg Muskel-
gewebe) ausmachen, sich als in hohem Grade aktiv erwiesen haben.
Interessanterweise hat sich schon sogar eine Gabe, welche nur 112g
feuchten Muskelgewebes entspricht oder 112 . 100 : 3000 = 3,7 Proz.
vom Gewicht des Muskelgewebes des Versuchstieres ausmacht, als
fähig erwiesen, eine bedeutende Sekretion des Magensaftes hervor-
zurufen (23ccm, Gesamtacidität = 58).
Über die Veränderung der Blutbeschaffenheit
schwerer Diabetiker nach länger dauernder Insulineinwirkung.
Von
0. Klein.
(Aus der deutschen medizinischen Universitätsklinik in Prag.)
(Eingegangen am 19. Februar 1926.)
In früheren Untersuchungen!), welche das Verhalten des Wasser-
und Salzwechsels, insbesondere die Änderungen des intermediären
Wasser- und Salzwechsels bei Diabetikern unter der Einwirkung von
Insulin zum Gegenstand hatten, wurde das eigenartige Verhalten des
Blutwasser- und Blutkochsalzgehalts beschrieben, welches nach länger
dauernder Insulinbehandlung namentlich bei schweren Fällen beob-
achtet werden kann.
Die Ergebnisse jener Studien waren kurz folgende: Nach den ersten
Insulininjektionen beobachtet man bei schweren Fällen 3 bis 4 Stunden
post injectionem einen Salz- und Wasserverlust des Blutes, d. h. also eine
Zunahme der Blutkonzentration. Dauert bei schweren, namentlich bei
acidotischen Fällen die Insulinbehandlung einige Tage lang an, so kommt
es zu einem starken Ansinken der Blutkonzentration und einer deutlichen
Zunahme des Bilutkochsalzgehalts gegenüber der Zeit vor der Insulin-
behandlung. Diese unter Insulinbildung auftretende Wasser- und Salz-
anreicherung des Blutes zeigt sich am deutlichsten in den Nüchternwerten
bzw. in den mittleren Tageswerten, also, wenn der Kranke ohne exogene
alimentäre Beeinflussung ist und auch keine kurz vorher erfolgte Insulin-
injektion die Blutzusarnmensetzung unmittelbar beeinflußt. In den ge-
nannten Untersuchungen bildete den Maßstab für die Beurteilung des
Blutwassergehalts die Trockensubstanz des Gesamtblutes, der Serum-
eiweißgehalt und die Erythrocytenzahl, welche alle drei in jedem Falle
stets bestimmt wurden. Alle drei Blutbestandteile zeigten Änderungen
in gleichem Sinne; so sank die Erythrocytenzahl (= Е. Z.) in einem Falle
von 6200000 auf 3900000, die Trockensubstanz (= T. S.) von 24 Proz.,
in einem anderen Falle von 28 auf 16 Proz. und tiefer, der Serumeiweißgehalt
von 10 auf 5,8 Proz. Diese Änderung der Blutbeschaffenheit tritt dabei
schon nach einer Insulinbehandlung von sehr wenigen Tagen ein und besteht,
wie aus den Zahlen zu ersehen ist, in einer enormen Blutverwässerung ?).
1) Zeitschr. f. klin. Med. 100, 458, 1924; Zeitschr. f. d. ges. exper. Med.
48, 665 u. 47, 309, 1924/25; hier auch Literatur.
2) Später haben Widal und Mitarbeiter (Presse médicale 1924) die
gleichen Befunde erhoben.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 12
178 i О. Klein:
Bei allen solchen Fällen, bei denen innerhalb kurzer Zeit eine so bedeutende
Zunahme des Wassergehalts im Blute erfolgte, zeigte ein rapider Körper-
gewichtsanstieg (z. В. 12 kg in 7 Tagen), daß auch die übrigen Körper-
gewebe eine rapide Wasserzunahme erfahren haben. Die Körpergewichts-
zunahme und der Grad der Wasseranreicherung des Blutes gehen annähernd
der Höhe der Insulindosis parallel. Die nachfolgenden Beobachtungen
bilden eine Ergänzung jener früheren Studien.
Es wurde in einer größeren Anzahl von schweren Diabetesfällen
die Änderung der Blutbeschaffenheit unter Insulinwirkung beobachtet.
Es handelte sich vor allem um die Untersuchung des Nüchternblutes.
Außer Blutzucker und wie bereits früher Erythrocytenzahl, Serum-
eiweißgehalt, Trockensubstanz und Blutkochsalzgehalt wurden noch
andere Eigenschaften des Blutes, und zwar die Molekularkonzentration
des Serums bzw. die Konzentration der gesamten gelösten Teile (Mole-
küle + Ionen), Bestimmung durch Gefrierpunktserniedrigung (= 2),
die Oberflächenspannung des Serums und die Serumviskosität (= 1)
bestimmt. Die Untersuchungen bezogen sich überwiegend auf schwere
Diabetesfälle, einige mittelschwere und leichte, ferner auch auf einige
Nichtdiabetiker, bei denen auf Grund des bestehenden Leidens die
Durchführung einer Insulinmastkur indiziert erschien.
In der tabellarischen Zusammenstellung findet sich nur ein Teil
der Untersuchungsergebnisse (12 Fälle) mitgeteilt. Davon betreffen
zehn Fälle Diabetiker, und zwar sieben schwere Fälle, drei mittelschwere
bzw. leichte Fälle; bei den zwei Nichtdiabetikern handelt es sich
um Fälle von leichter Lungentuberkulose, bei welchen eine Insulin-
· mastkur durchgeführt wurde.
Methodisches.
Die Blutzuckerbestimmung wurde nach Bang durchgeführt (drei
Kontrollbestimmungen), die Bilutkochsalzbestimmung gleichfalls nach
Bang!); bei Bestimmung der E. Z. wurden Doppelzählungen vorgenommen
(Thoma-Zeisssche Kammer), die T. S.-Bestimmung erfolgte nach Bang
(drei Kontrollbestimmungen). Die Viskosität wurde mit dem Determann-
schen Viskosimeter bestimmt (mindestens zwei Kontrollbestimmungen).
In einzelnen Fällen wurde neben der Viskosität des Serums auch die Viskosität
des Gesamtblutes und Plasmas bestimmt. Zur Verhinderung der Gerinnung
(bei Bestimmung der Plasmaviskosität) wurde Novirudin verwendet.
In den Tabellen findet sich nur die Serumviskosität angeführt, da dieselbe
stets in der ganzen Serie vorgenommen wurde. Der Serumeiweißgehalt
wurde refraktometrisch (Eintauchrefraktometer von Pulfrich) bestimmt.
Die Bestimmung erfolgte sowohl im Kapillarblut als auch im Venenblut,
angeführt finden sich nur die Werte des Kapillarblutes. Die Oberflächen-
spannung des Serums wurde durch Ermittlung der Tropfenzahl mit Hilfe
des Stalagmometers von Traube bestimmt?). Die Zahlen in den Tabellen
beziehen sich auf die Tropfenzahl des Wassers ; dieselbe wurde mit 100 Normal-
1) Kontrollbestimmungen !
2) Also die „dynamische“ Oberflächenspannung !
Veränderung der Blutbeschaffenheit nach längerer Insulineinwirkung. 179
tropfen angenommen. Die auf Wasser bezogene Tropfenzahl des betreffenden
Serums Z wurde nach der Formel Z = Z,/Zu (Zn = die ermittelte absolute
Tropfenzahl des Serums, Z, = die Tropfenzahl des Wassers in dem be-
treffenden Stalagmometer). Die Gefrierpunktserniedrigung des Serums
(= 4) wurde mit Hilfe des Beckmannschen Apparets (mindestens zwei
Kontrollbestimmungen) ermittelt. Das Blut wurde mit Ausnahme eines
Falles, bei welchem zwei Blutuntersuchungen an einem Tage vorgenommen
wurden (Fall 2), stets nüchtern aus der Fingerbeere, zur Kryoskopie und
Stalagmometrie aus der Vene durch Venaepunction entnommen. Bei allen
Fällen wurde das Blut ein oder mehrere Male vor der Insulinbehandlung,
fener in bestimmten Zeitabständen während der Insulinbehandlung
mehrere Male untersucht. Das Körpergewicht wurde immer zur selben
Tageszeit, morgens im Nüchternzustand bestimmt. Dieses sowie die Insulin-
dosis findet sich in den Tabellen vermerkt. Die Diät bestand bei den meisten
Fällen je nach Körpergewicht in 50 bis 70g Eiweiß, 40 bis 60g Kohle-
hydraten, 150 bis 180 g Fett. Der Kochsalzgehalt war ein mittlerer, 10 bis
15 д. In zwei Fällen wurde mit Absicht, um den Einfluß dieser Maßnahme
auf die Blutbeschaffenheit zu studieren, der Kochsalzgehalt der Kost
vorübergehend stark (auf 2 bis 4g NaCl) reduziert, hernach wurden wieder
einige Tage mit sehr kochsalzreicher Diät, 20g NaCl, eingeschoben. Ein
Fall erhielt durch längere Zeit hindurch überwiegend Kohlehydratkost
(Mehlfrüchtetage). Die entsprechenden Daten sind in den Tabellen ver-
merkt.
Wie die Zahlen in den Tabellen zeigen, bilden die hier mitgeteilten
Untersuchungsergebnisse, soweit es sich um schwere Diabetiker handelt,
eine Bestätigung der früher mitgeteilten, oben angeführten Befunde. Im
einzelnen verhielten sich die verschiedenen Blutbestandteile unter Insulin-
behandlung folgendermaßen :
Die Erythrocytenzahl und die Trockensubstanz (Nüchternwerte) sinken
in fast allen schweren Fällen (Fall 1, 2, 3, б, 7, 10) während der Insulin-
behandlung gegenüber der Zeit vor der Insulineinwirkung ganz bedeutend ab!).
Am deutlichsten findet sich diese Erscheinung bei den schweren Fällen
(l und 7), die im präkomatösen Zustand eingeliefert wurden und in Be-
handlung kamen. Der Serumeiweißgehalt zeigte in allen diesen Fällen unter
der Insulineinwirkung gleichfalls eine Abnahme, doch ist in quantitativer
Hinsicht der Ausschlag weniger deutlich. Bei den mittelschweren und
leichten Fällen findet sich in bezug auf die Änderungen der E. Z., der Т. S.
und des Serumeiweißgehalts ein ähnliches Verhalten, doch sind die Ände-
rungen nicht so regelmäßig, und die einzelnen Blutbestandteile ändern sich
nicht immer in gleichem Sinne. Das nämliche gilt auch für die Nicht-
diabetiker, die mit Insulin behandelt wurden. So sinkt bei Fall 4 in den
ersten Tagen der Insulinbehandlung die E.Z., während die T.S. sich
kaum ändert, der Serumeiweißgehalt sogar ansteigt. Es bildet in diesem
Falle die Höhe der Т. S. sozusagen einen Interferenzwert zwischen den
beiden anderen Blutbestandteilen (Е. 2. und Serumeiweißgehalt). Веі
Fall 8 sinken allerdings alle drei Blutbestandteile in gleichem Sinne, wie bei
den schwereren Fällen. Bei Fall 6, einem leichten Diabetiker, zeigen E. Z.,
1) Das Absinken der Nüchternwerte der Blutkonzentration nach
länger dauernder Insulineinwirkung ist das viel deutlichere und augen-
fälligere Phaenokular als der kurz dauernde Anstieg derselben unmittelbar
nach der Insulininjektion. Typische Beobachtungen siehe in den früheren
Arbeiten: Zeitschr. f. kl. Med. 100, 467; Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 48, 691.
12*
180 O. Klein:
der Serumeiweißgehalt und T. 8. in den ersten Tagen der Behandlung
sogar einen Anstieg. Das hängt wohl zum Teil damit zusammen, daß dieeer
leichte Fall in der Zeit vor der Insulinbehandlung, als die erste Blutentnahme
erfolgte, unter Kohlehydrat und eiweißarmer Diät (Gemüsetage) stand,
in welcher Diätperiode, wie bereits früher gezeigt werden konnte, der
Nüchternwert der Blutkonzentration bei Diabetikern relativ niedriger ist,
ип Gegensatz zu Perioden von kohlehydrat- und eiweißreicher Kost!).
Die zuerst von Jaksch beobachtete Bluteindickung bei schweren Diabetes-
fällen findet sich also nur in Perioden gemischter Kost IO. Klein!)]. Bei Nicht-
dliabetikern (Fall 11 und 12) auch bei den hier nicht mitgeteilten Fällen —
zeigen die genannten Blutbestandteile unter Insulinbehandlung gleichfalls
meist eine Tendenz zur Abnahme, jedoch bewegen sich die einzelnen Blut-
bestandteile keineswegs immer gleichsinnig, und ihr diesbezügliches Ver.
halten zeigt nicht die Gesetzmäßigkeit, wie bei schweren mit Insulin be-
handelten Diabetesfällen.
Die Nüchternwerte des Blutkochsalzgehalts zeigen unter Insulinbehandlung
bei schweren Fällen gegenüber der Zeit vor der Behandlung einen deutlichen
Anstieg. Dieses Verhalten konnten wir fast ausnahmslos bei allen schweren
mit Insulin behandelten Fällen beobachten, auch in den hier angeführten
schweren Fällen (Falll, 2, 3, 5, 7, 10) zeigt der Blutkochsalzwert diesen
Anstieg. Auf das Verhalten des zweiten Wertes bei Fall 2, der im Blute
4 Stunden nach der ersten Injektion am 17. Dezember gefunden wurde,
wird noch später eingegangen werden. Es handelt sich hier um die erste
Phase der Insulinwirkung. Bei den leichteren Fällen und bei den Nicht-
diabetikern ist auch die Bewegung des Blutkochsalzspiegels (ähnlich wie
das Verhalten der T. S., E. Z. usw.) nicht einheitlich und das Verhalten
kein gesetzmäßiges.
Bei Fall 2 wurde das Blut am Tage der ersten Insulininjektion zweimal,
das erste Mal nüchtern und das zweite Mal 4 Stunden nach der Insulin-
injektion — also auf der Höhe der Insulinwirkung — untersucht. Der
Blutzucker (= В. 2.) fiel von 0,307 auf 0,08 Proz. ab, die Blutkonzentration
zeigt eine Zunahme, die sowohl in einem Anstieg der E. Z., des Serumeiweiß-
gehalts, als auch der T. S. — besonders der beiden letzteren Werte — ihren
Ausdruck fand. Gleichzeitig mit der Wasserabnahme des Blutes erfolgte
auch eine Abnahme des Blutkochsalzgehalts (Abstrom von H,O und No
aus der Blutbahn nach der ersten Insulininjektion). Der Anstieg des Gefrier-
punkts des Serums um drei Zehntelgra«de deutet auf eine Abnahme der
gesamten Molekularkonzentration (Moleküle + Ionen) hin: Vielleicht erfolgt
außer dem Austritt von Kochsalz auch ein Austritt anderer osmotisch
aktiver Blutbestandteile (Elektrolyte!) aus dem Blute. Es soll hier nur
auf die von Harrop und Benedikt, Briggs, Doisy und Weber, Staub?) u. a.
gefundene Abnahme des anorganischen Phosphors und des Kaliums unter
Einwirkung von Insulin hingewiesen werden. Schließlich mag auch das
starke Absinken des B.Z. zum Teil als Ursache für das Kleinerwerden
von A eine Rolle spielen.
Es sei hier noch das Verhalten des schweren Falles К. (Fall 3) und des
mittelschweren Falles V. (Fall4) des näheren besprochen. Bei diesen
Kranken wurde, nachdem sie bereits unter länger dauernder Insulin-
behandlung standen, das Diätregime in dem Sinne geändert, daß nach einer
1) Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 48, 665.
2) Ausführliche Literaturangabe siehe bei Staub, Insulin, 2. Aufl.
Berlin, J. Springer, 1925.
Veränderung der Blutbeschaffenheit nach längerer Insulineinwirkung. 181
Kostperiode mittleren Kochsalzgehalts ein plötzlicher Übergang zu koch-
salzarmer Diät stattfand (betreffs der näheren Daten siehe Tabelle). Die
Zahlen zeigen sehr deutlich, daß bei dem schweren Fall, bei dem in kurzer
Zeit unter Insulinbehandlung ein rapider Körpergewichtsanstieg zu ver-
zeichnen war, ein wesentlicher Teil der Gewichtszunahme nach Entzug des
Kochsalzes aus der Nahrung verloren geht. Offenbar hatte es sich hier
großenteils um retiniertes Wasser gehandelt. Geht man hernach wieder
zu kochsalzreicher Kost über, so wird der Körpergewichtsverlust, wie aus
der Tabelle deutlich ersichtlich ist, wieder eingebracht. Im Gegensatz
dazu zeigt bei Fall V. (mittelschwer) der unter Insulinbehandlung auch
weniger an Körpergewicht zugenommen hatte wie der eben genannte Fall,
und bei welchem vor allem der Körpergewichtsanstieg viel allmählicher
erfolgt war, das Körpergewicht kaum nennenswerte und die Blutkonzen-
tration geringere Schwankungen beim Wechsel des Diätregimes als beim
schweren Fall К. In beiden Fällen sind die Schwankungen beim Übergang
von salzreicher zu salzarmer Diät und umgekehrt sehr charakteristisch.
Beim Übergang von salzreicher zu salzarmer Kost kommt es besonders
bei Fall 3 zu einem sprunghaften Anstieg der unter der Insulinbehandlung
bereits stark abgesunkenen Blutkonzentration, also zu einem starken
Wasserverlust des Blutes. Es zeigen hier fast gleichzeitig mit dem Ab-
sinken des Blutkochsalzspiegels und bei Fall К. gleichzeitig mit der Ab-
nahme des Körpergewichts sowahl E.Z. als auch der Serumeiweißgehalt
und die Т. 8. einen ganz beträchtlichen Anstieg, dabei ist der Ausschlag
im Verhalten der E. Z. und Т. S. deutlicher als der im Verhalten des Serum-
eiweißgehalts. Beim Übergang von salzarmer zu salzreicher Kost kommt
ев zu einer Wiederherstellung der früheren Verhältnisse: Das Blut nimmt
an Wasser und Kochsalz zu, die T. S., Е. 2. und der Serumeiweißgehalt
sinken annähernd zu ihrem früheren Werte ab. Dieses Verhalten ist be-
sonders bei Fall K., dem schweren Diabetiker, sehr deutlich, weniger bei dem
mittelschweren Fall V. Es verhält sich also der mit Insulin behandelte
schwere Fall К. sowohl in bezug auf das Körpergewicht als auch in bezug
auf die Blutkonzentration wie ein wasser- und salzreich ernährtes Indi-
viduum, ja fast wie ein Kranker im Stadium des latenten Ödems (Präödems).
Die Gewebe und das Blut verfügen hier über relativ sehr viel leicht mobili-
sierbares Wasser und Kochsalz. Bei Reduktion der Kochsalzzufuhr in
der Nahrung geht diese Reserve der Gewebe und des Blutes an Wasser
und Salz (das zirkulierende Kochsalz und «die Kochsalzplethora von V. H.
Ve) zum Teil verloren. Es kommt durch den Verlust des durch die Koch-
salzverarmung frei werdenden Wassers (Reduktionswasser von Tobler)
zum Gewichtsverlust und zur Abnahme von Wasser und Salz im Blute.
Der Umstand, daß beim schweren mit Insulin behandelten Diabetiker die
Ausschläge viel größer, die Wasser- und Salzanreicherung des Organismus
bedeutender ist, als beim mittelschweren mit Insulin behandelten Fall, weist
darauf hin, daß bei ersterem unter der Insulinwirkung viel mehr Wasser und
Salz retiniert worden ist als bei letzterem. Bei beiden Fällen nimmt trotz
Absinken des Blutkochsalzgehalts die Molekularkonzentration (Summe der
gelösten Teilchen: Moleküle + Ionen) des Serums beim Übergang von salz-
reicher zu salzarmer Diät zu, d. h. wird größer. Offenbar ist der Einfluß
der sehr bedeutenden Wasserabnahme des Blutes auf die gesamte Mole-
kularkonzentration, den osmotischen Druck des Blutserums größer als die
Abnahme des Blutkochsalzgehalts.
Vom rein methodischen Gesichtspunkt — für das Studium des inter-
mediären Wasserwechsels — scheint es von Interesse, daß hier auf (die
182 O. Klein;
Änderungen des Wasserbestandes des Blutes aus den Bewegungen der drei
Blutbestandteile: E. Z., Serumeiweißgehalt und Т. 8. geschlossen wurde.
Auch in den früheren Untersuchungen!), die das Verhalten des inter-
mediären Wasserwechsels zum Gegenstand hatten, wurden diese drei
Blutbestandteile bestimmt. Zu mindest aber das Verhalten zweier Blut-
bestandteile (z. B. Serumeiweißgehalt + E.Z.) berücksichtigt. Dort wie
hier konnte festgestellt werden, daß bei größeren Schwankungen des Blut-
wassergehaltse sowohl Е. 2. als auch Т. 5. und Serumeiweißgehalt Be-
wegungen in gleicher Richtung zeigen. Den geringsten Ausschlag zeigen
dabei die Schwankungen des Serumeiweißgehalte. Bei geringen quanti-
tativen Änderungen im Bilutwassergehalt kann der Serumeiweißgehalt,
wenn z. В. T. S. und E. Z. sinken — worauf ja bereits Nonnenbruch,
Berger u. a. hingewiesen haben —, unverändert bleiben, ja sogar etwas
ansteigen, offenbar infolge Einschwemmung von Eiweiß mit dem aus dem
Gewebe in die Blutbahn einströmenden Transsudat bei eintretender Biut-
verdünnung (Wasserzunahme des Blutes). Auf die hier bestehenden Zu-
sammenhänge wurde bereits von früheren Untersuchern [Nonnenbruch,
Уей u. а. ?)] genügend hingewiesen. Was speziell das diesbezügliche Ver-
halten der einzelnen Blutbestandteile beim intermediären Wasserwechsel
des Diabetikers betrifft, so wurde dasselbe in früheren Untersuchungen
eingehend erörtert. Es sei hier nur dahin verwiesen. In bezug auf die
Streitfrage, ob es methodisch richtiger ist, aus den Bewegungen der Е. Z.
(bzw. des Hämoglobingehalts) oder denen des Serumeiweißgehalts auf
Änderungen des Wassergehalts des Blutes zu schließen (V. H. Veil, Nonnen-
bruch) muß auf Grund früherer und vorliegender Untersuchungen ein
mittlerer Standpunkt eingenommen werden. Denn alle größeren Schwan-
kungen des Wassergehalts des Blutes spiegeln sich in gleichsinnigen quan-
titativen Veränderungen beider Blutbestandteile wieder. Bei geringeren
Schwankungen des Wassergehalts werden die Bewegungen weniger einheit-
lich, es bleibt hier besonders der Serumeiweißgehalt selten zurück, zeigt
gar keine Änderung oder eine solche in entgegengesetztem Sinne. Die
Werte der T. S. bewegen sich meist in der Mitte zwischen denen der E.Z.
und des Serumeiweißgehalts?).
Über das Verhalten der Gefrierpunktserniedrigung (4) beim Diabetes
mellitus finden sich bereits in früheren Arbeiten reichlich Angaben (v. Ko-
тапу u. &.). In letzter Zeit hat Lippmann ¢) diesbezügliche Beobachtungen
veröffentlicht. Er fand in mehreren Fällen von Diabetes mel. den Gefrier-
punkt des Serums herabgesetzt. Diese Zunahme der Molekularkonzentration
des Diabetikerserums läßt sich, wie aus den Berechnungen dieses Autors
mit Sicherheit hervorgeht, nicht allein auf die Erhöhung des B. Z. zurück-
führen. Da der Gehalt des Diabetikerserums an Elektrolyten kaum erhöht
ist, ja vielleicht im Gegenteil, wie auch wir bei den meisten schweren Fällen
1) Zeitschr. f. klin. Med. 100; Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 48.
2) W. H. Veil, Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderheilk. 28, 648, 1923;
Nonnenbruch, ebendaselbst 26, 119, 1925.
з) Wir haben deshalb beim Studium des intermediären Wasserwechsels
in den früheren Untersuchungen und auch hier stete mindestens das Ver-
halten zweier Werte, z. B. der E. Z. und der Serumrefraktion, und wenn
es aus technischen Gründen möglich war, d. h. die Serie der Blutentnahme
nicht zu dicht war, auch noch das Verhalten der T. S. des Gesamtblutes
berücksichtigt.
t) Zentralbl. f. inn. Med., 41. Jahrg., S. 41, 1920.
Veränderung der Blutbeschaffenheit nach längerer Insulineinwirkung. 183
finden konnten, der Kochsalzgehalt des Diabetikerblutes oft deutlich
erniedrigt ist [Hypochlorämie des Diabetikerblutes (siehe die früheren
Befunde von E. Reis, V. Н. Vel, Meyer-Bisch u. а.)], so müssen für die
Erhöhung der Gesamtmolekularkonzentration andere Stoffe außer Zucker
und Elektrolyten verantwortlich gemacht werden. Mit Recht weist Lipp-
mann diesbezüglich auf die Substanzen des Restkohlenstoffs (Ketonkörper,
Fettsäuren u. a. zum Teil noch unbekannte Stoffe), die im Blute des
Diabetikers von Stepp, Gigon stark vermehrt gefunden wurden, als für die
Erhöhung der Molekularkonzentration in Betracht kommend, hin. Die
eigenen Messungen ergaben, wie die vorliegenden Zahlen zeigen, bei einzelnen
Fällen, aber keineswegs bei allen, pathologisch große Werte für 4. Derart
abnorm große Werte für A (A tiefer als — 0,58) wurden bei Fall 2, 4, 7, 9
vor der Insulinbehandlung gefunden. Bei letzterem Falle, der nur einmal
untersucht wurde (es handelt sich um ein Coma diabeticum), wurde bei
bestehender Bluteindickung (hohe Werte der E. Z., des Serumeiweißgehalts)
bei hohem В. Z. (über 0,5 Proz.) bei fehlender Erniedrigung des Blutkoch-
salzgehalts, niedriger Alkalireserve, hochgradiger Ketonurie für A der Wert
von — 0,68 gemessen. Auch bei Fall 7 bestand eine Bluteindickung (E. Z.
und T. S. sehr hoch!) bei fast normalem Blutkochsalzgehalt. Der Fall
war präkomatös, Kussmaulsche Atmung schon angedeutet; der Blutzucker
war sehr hoch über 0,4 Proz., die Alkalireserve sehr niedrig. A wurde hier
mit — 0,625 gemessen. Mit Ausnahme von Fall 4, der mittelschwer war,
betrafen die pathologisch erhöhten Werte von 4 stets unbehandelte schwere
Fälle. Es wurde bereits in der genannten früheren Arbeit über das Verhalten
von J bei mit Insulin behandelten schweren Diabetesfällen berichtet und
Resultate von Messungen mitgeteilt!). Es stellte sich dabei heraus, daß
die Gefrierpunktserniedrigung, die ja von der Konzentration der gesamten
in Lösung befindlichen Teile (Moleküle + Ionen) abhängt, einen Interferenz-
wert darstellt, der die Resultierende der verschiedenen unter Insulin-
einwirkung im Blute einhergehenden Vorgänge wie Änderungen im
quantitativen Verhalten der verschiedenen Elektrolyte, in molekular-
disperser Lösung befindlichen Stoffe (Zucker, Harnstoff usw.), des Wasser-
gehalts usw. darstellt. Es ist daher verständlich, daß 4 bei starken Schwan-
kungen der Blutkonzentration (z. B. bei Eintreten starker Blutverdünnung
unter Insulineinwirkung) nur geringe oder gar keine Änderungen zu zeigen
braucht, wenn sich gewisse osmotisch im hohen Grade aktive Elektrolyte
in entgegengesetzter Richtung wie die anderen Blutbestandteile bewegen.
Es wurde in der früheren Mitteilung darauf hingewiesen und Beispiele
dafür angeführt, daß A als Ausdruck der gesamten Molekularkonzentration
unverändert bleiben kann oder eine nur geringe Änderung zeigt, wenn
beispielsweise unter Insulineinwirkung bei Abnahme der Blutkonzentration,
also Zunahme des Wassergehalts des Blutes der Blutkochsalzgehalt gleich-
zeitig ansteigt. H,O und NaCl bewegen sich ja bei solchen Änderungen
meist gleichsinnig; es wird dann die durch die Blutverdünnung bewirkte
Abnahme der Konzentration der gelösten Teile durch die Zunahme des
Kochsalzgehalts kompensiert, so daß der osmotische Druck des Serums
annähernd unverändert bleibt. Das NaCl gibt ja diesbezüglich im Blute
den größten Ausschlag, da es der quantitativ in größter Menge im Blute
vorkommende Elektrolyt ist. Die Kolloide beeinflussen ja den osmotischen
Druck in unverhältnismäßig geringerem Grade und auch die in molekular-
disperser Lösung befindlichen Stoffe Zucker, Harnstoff stehen diesbezüglich
1) Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 47, 320, 1925.
184 O. Klein:
hinter dem Kochsalz zurück. Die anderen Elektrolyte Ca-, K-Salze usw.
sind in vielgeringerer Quantität im Serum enthalten als NaCl. Der osmotische
Druck bleibt also leicht unverändert, wenn bei eintretender Wasserzunahme
des Blutes auch das Kochsalz zunimmt und sich so quantitativ entgegen-
gesetzt verhält, wie die Kolloide und die übrigen Kristalloide. Beobachtungen,
die als Beispiele für dieses Verhalten gelten müssen, wurden bereits früher
mitgeteilt. Ähnliches zeigen auch die vorliegenden Beobachtungen. Im
allgemeinen wird A im Blute der schweren Diabetiker unter Insulin-
behandlung kleiner, gegenüber den Werten, die vor der Insulinbehandlung
gefunden werden, doch ist das Kleinerwerden von 4 im Verhältnis zu der
starken Abnahme der Blutkonzentration unbedeutend. So ändert sich Ј
bei Fall 1 auf der Höhe der Insulineinwirkung bei stärkster Wasseranreiche-
rung des Blutes nur um 2 bis 3 Zentigrade gegenüber dem Wert, der vor
der Insulinbehandlung gefunden wurde, während die Т. S. um 44, Proz..
die E. 2. um 21, Millionen abgenommen haben. Bei Fall 7 ist das Verhältnis
ähnlich: Der Gefrierpunkt steigt um 4 Zentigrade, während die Егуёһго-
cyten um 24, Millionen, die T. S. um 7 Proz. abgenommen hat! Ein ähnliches.
Verhalten von A bzw. seine Änderung unter Insulinbehandlung findet
sich auch bei anderen schweren Fällen.
Bei Fall 2, hei welchem, wie bereits erwähnt, am gleichen Tage einmal
nüchtern, ein zweites Mal 4 Stunden nach der ersten Insulininjektion —
also auf der Höhe der Insulinwirkung — eine vollständige Blutuntersuchung
vorgenommen worden war, zeigte A eine Änderung um 3 Zentigrade, der
Gefrierpunkt stieg von — 0,59 auf — 0,56, trotz eintretender Bluteindickung,
welch letztere wir bei allen schweren Fällen nach der ersten Insulininjektion
eintreten sahen. Diese Verringerung der Molekularkonzentration nach der
ersten Insulininjektion — eine solche Beobachtung wurde bereits früher
mitgeteilt — erklärt sich wohl zum Teil aus dem starken Absinken des
В. Z., teilweise trug auch die allerdings geringe Abnahme des Bilutkoch-
salzgehalte, vielleicht auch noch die anderer Elektrolyte (Salze der Phosphor-
säure ?) dazu bei, vielleicht auch eine Abnahme der Substanzen des Rest-
kohlenstoffs. Die Bluteindickung, die wohl vor allem in einer Zunahme des
prozentuellen Gehalts an Kolloiden besteht, wird hier durch die gleich-
zeitige Abnahme der genannten gelösten, zum Teil osmotisch wirksamen
Stoffe!) überkompensiert.
Unter länger dauernder Insulinbehandlung kann dann, wie die Zahlen
in den Tabellen zeigen, die Gefrierpunktserniedrigung wieder größer werden.
Bei den mittelschweren Diabetikern und Nichtdiabetikern ist die Änderung
von A unter dem Einfluß der Insulineinwirkung keine typische, doch tritt
. auch hier die Tendenz zum Anstieg des Gefrierpunktes gegenüber der Zeit
vor der Insulinbehandlung hervor, so z. B. bei Fall 4 und bei Fall 8.
Im allgemeinen kann man also sagen, daß wir bet schweren Diaabetesfällen
häufig eine stärkere Gefrierpunktserniedrigung beobachten können: In vier
Fällen wurden Werte von unter — 0,6%, in einem Falle (Fall 9) wurde
— 0,68° gemessen. Diese pathologischen Werte für A sind wohl bedingt durch
die Bluteindickung. Dort, wo eine Hypochlorämie besteht, führen offenbar
die Wasserverarmung des Blutes einerseits, die Anhäufung anderer zum Teil
in molekulardisperser Lösung befindliche Stoffe, wie Blutzucker, Harnstofi,
Abbauprodukte von Fett und Eiweiß, die Blutfette, die Substanzen des Rest-
1) Von diesen findet sich ein Teil, wie die anorganischen Salze,
zum größten Teil in Ionen gespalten, die anderen Substanzen zumindest
іп molekulardisperser Lösung im Blute.
Veränderung der Blutbeschaffenheit nach längerer Insulineinwirkung. 185
kohlenstoffs, die um ein Vielfaches enorm erhöht gefunden werden, andererseits
zu einer Zunahme der gesamten Molekularkonzentration (Konzentration von
Molekülen + Ionen). Unter Insulinbehandlung findet dann eine mäßig-
gradige Abnahme von A (Ansteigen des Gefrierpunkts — der Nüchternwerte!)
statt. Diese geringe Änderung von A wird bedingt durch teilweise Abnahme
jener beim schweren Diabetiker im Віше angehäujten Stoffe, wie sie unter
Insulinwirkung eintritt. Es kommt dabei weniger der B. Z. in Betracht,
der auch bei mit Insulin behandelten Diabetesfällen im Nüchternzustand,
wie ein Blick auf die Zahlen in der Tabeile zeigt, oft noch recht hoch ist,
als vielmehr jene genannten Abbauprodukte der Fette, Kohlehydrate
(Substanzen des Restkohlenstoffs, Fettsäuren, Ketonkörper u. a.), vielleicht
auch Abbauprodukte des Eiweißes, die unter Insulinbehandlung im Blute
stark abnehmen bzw. verschwinden. Die mit der Blutverdünnung oft gleich-
zeitig eintreiende Anreicherung des Blutes mit Kochsalz wirkt in bezug auf
die Erhaltung der Gesamtmolekularkonzentration bzw. des osmotischen Druckes
der Annahme jener genannten Substanzen enigegen, so daß die Änderung
von A sich innerhalb mäßiger Grenzen hält. Bei weiterer Insulinbehandlung
sinkt der Gefrierpunkt des Serums häufig wieder etwas ab.
Die Viskosität des Serums und die Oberflächenspannung desselben
bzw. deren reziproker Wert, die stalagmometrisch ermittelte Tropfenzahl
zeigen bei schweren Diabetesfällen unter Insulineinwirkung ganz charak-
teristische Änderungen. Die Viskosität zeigt in fast allen Fällen unter
Insulinbehandlung eine Abnahme gegenüber der Zeit vor der Behandlung,
die Oberflächenspannung fast ausnahmslos eine Zunahme (Abnahme der
Tropfenzahl). Da sowohl Viskosität als auch Oberflächenspannung mit
den Eigenschaften der Kolloide: Dispersitätsgrad, Hydratation usw., in
inniger Beziehung stehen und da solche Eigenschaften bei den Emulsions-
kolloiden weitgehend abhängig sind von der physikalisch-chemischen
Beschaffenheit ihres Milieus, wie vom H—OH-Ionengehalt, vom Gehalt
des Lösungsmittels an Kationen und Anionen — im schwach alkalisch
reagierenden Blute von den Kationen mehr als von den Anionen —, so
liegt die Annahme nahe, daß die unter Insulinbehandlung eintretende
Abnahme der Viskosität und die gleichzeitige Zunahme der Oberflächen-
spannung die gleiche Ursache haben, welche eben in einer unter der Insulin-
einwirkung vor sich gehenden Änderung der physikalisch-chemischen
Eigenschaften des Blutes zu suchen ist. Auch sonst bewegen sich ja Viskosität
und Oberflächenspannung kolloidaler Lösungen in entgegengesetzter Richtung
(siehe bei Höber und bei Schade!). Die Emulsionskolloide beeinflussen ja
in weitgehendem Grade je nach ihrer ‚‚Kolloidität‘‘ (wie Hydratations-
grad usw.) die Viskosität und die Oberflächenspannung ihrer Lösungen.
Die Zahlen in den Tabellen zeigen, daß die Viskosität des Serums bei den
schweren unbehandelten Diabetesfällen relativ hoch ist, die Oberflächen-
spannung aber oft ganz bedeutend herabgesetzt ist. So finden wir stalag-
mometrische Werte, z. B. bei Fall 1 von 120, bei Fall 7 von 114! Als normal
gelten für das Serum die Werte 109 bis 112 Normaltropfen (Traube). Bei
Falll, 3, bei Fall8 und 9 zeigt die Serumviskosität recht hohe Werte.
Offenbar bewirken gewisse im Serum des unbehandelten Diabetikers an-
gehäufte Stoffe durch ihren Einfluß auf den Kolloidzustand der Serum-
eiweißkörper gleichzeitig eine Herabsetzung der Oberflächenspannung und
eine Erhöhung der Viskosität. Es kommen hier in Betracht eine Änderung
1) R. Höber, Physik. Chem. d. Zelle u. Gewebe 1922, S. 246; H. Schade
Physik. Chem. іп d. inn. Med. 1923, S. 198.
186 O. Klein:
im Kationengehalt des Serums, eine Vermehrung oberflächenaktiver
Substanzen, von Abbauprodukten der Fette und des Eiweißes; vielleicht
sind diese Substanzen zum Teil identisch mit den Stoffen des Restkohlen-
stoffs. Es soll hier auch darauf hingewiesen werden, daß auch von anderer
Seite, H. Pribram und Mitarbeitern, die Oberflächenspannung herab-
setzende Stoffe (Eiweißabbauprodukte?) im Harn und Serum schwerer
Diabetiker nachgewiesen wurden. : Eine Parallele zu Änderung der Alkali-
reserve besteht nur im allgemeinen, wie wir in zwei Fällen beobachten
konnten!). Unter Insulinbehandlung verschwinden offenbar jene genannten,
den Kolloidzustand der Serumeiweißkörper beeinflussenden Substanzen
mehr oder weniger aus dem Blute oder werden auf ihre normale Menge
reduziert, womit die Änderung von Oberflächenspannung und Viskosität
herbeigeführt wird. Die oft sehr niedrige Viskosität des Serums, die relativ .
hohe Oberflächenspannung (geringe Tropfenzahl) desselben, wie sie bei
unter länger dauernder Insulinbehandlung stehenden Diabetikern beob-
achtet wird, sind vielleicht zum Teil auf die starke Wasseranreicherung
des Blutes zurückzuführen. So findet sich bei Falll auf der Höhe der
Insulinbehandlung bei starker Woasseranreicherung des Blutes (Т. 8.
= 15,9 Proz.!) eine Viskosität von nur 1,43; einige Zeit vorher bei einer
Т. S. von etwa 16 Proz. eine Tropfenzahl von nur 106,5. Bei Fall 5 beträgt
nach viertägiger Insulinbehandlung bei einem T. S.-Gehalt des Blutes von
18 Proz. die Tropfenzahl des Serums 106,8, die Serumviskosität nur 1,3.
Ähnlich niedrige Werte für die Viskosität und hohe Werte für die `
Oberflächenspannung im Zeitpunkt größter Wasseranreicherung des Bhut- .
serums wurden bei den anderen schweren mit Insulin behandelten Diabetes- .
fällen beobachtet. Dauert die Insulinbehandlung länger an, so kann, wie die .
Zahlen in den Tabellen zeigen, die Viskosität wieder etwas zu, die Oberflächen: .
spannung wieder etwas abnehmen; doch werden die Werte, die vor der Insulin-
behandlung beobachtet wurden, nicht erreicht. Bei leichten Diabetesfällen |
und bei Nichtdiabetikern zeigen Viskosität und Oberflächenspannung de
Serums unter Insulinbehandlung keine derartig charakteristische Änderung.
Wie aus den früheren und den vorliegenden Untersuchungen hervor-
geht, läßt die unter Insulinwirkung eintretende Änderung der Blutbe-
schaffenheit schwerer Diabetesfälle ganz deutlich drei Phasen erkennen.
Die erste Phase, die die unmittelbare Wirkung der ersten Injektionen
betrifft, ist charakterisiert durch den Eintritt einer Bluteindickung
und durch Abnahme des Blutkochsalzgehalts, durch Abstrom von
Wasser und Salz aus dem Blute ins Gewebe (Anstieg von Erythrocyten,
Trockensubstanz und Serumeiweißgehalt). Es ist wahrscheinlich, daß
auch später bei länger dauernder Insulinbehandlung unmittelbar nach
jeder Insulininjektion diese Wirkung des Insulins auf den intermediären
Wasser- und Salzwechsel eintritt [Staub?)]. Doch ist diese erste Phas
1) Fall 2 und 7.
2) Staub, der unseren Befund des Eintritts einer Bluteindickung nach
Insulininjektion beim Diabetes mel. bestātigt, fand diese Erscheinung
auch spăterhin unmittelbar nach jeder neuerlichen Insulininjektion. Auch
wir sahen das Gleiche. Nur wird diese vorübergehende Bluteindickung
mit der nach längerdauernder Insulinbehandlung eintretenden Wasser-
anreicherung der Gewebe und des Blutes immer weniger deutlich.
Veränderung der Blutbeschaffenheit nach längerer Insulineinwirkung. 187
der Insulinwirkung, wie wir uns überzeugen konnten, meist nur nach
den ersten Injektionen so deutlich ausgesprochen.
Die zweite Phase der Insulinwirkung betrifft das Absinken der
Nüchternwerte und Tagesmittelwerte der Blutkonzentration (Absinken
der Erythrocyten, des Serumeiweißgehalts und der Trockensubstanz)
nach länger andauernder Insulinbehandlung gegenüber den Nüchtern-
werten vor der Behandlung. Gleichzeitig erfolgt fast stets ein Anstieg
des Blutkochsalzgehalts. Die Gefrierpunktserniedrigung wird meist
etwas kleiner. Die NaCl-Zunahme im Blute kompensiert diesbezüglich
zum größten Teile die Abnahme der übrigen gelösten Substanzen. Die
Serumviskosität nimmt in dieser Phase ab, die Oberflächenspannung
des Serums zu. Die Änderung der Blutbeschaffenheit ist in dieser
Phase um so größer, je größer die Insulindosis, je schwerer der Diabetes,
je größer die Polyurie und die Wasserverarmung des Organismus in .
der Periode vor der Insulinbehandlung ist. Sie ist besonders groß bei
Fällen, die im Stadium der Acidämie, des Koma oder Präkoma in
Behandlung kommen. Doch besteht kein strenger Parallelismus zwischen
der geschilderten Änderung der Blutbeschaffenheit und dem Grade
der Änderung der Alkalireserve des Blutes. Das Verhalten von Trocken-
substanz, Erythrocyten, Serumeiweißgehalt und zum Teil auch das
der Gefrierpunktserniedrigung zeigen direkt die Blutverwässerung an.
Die Änderung von Viskosität und Oberflächenspannung des Serums
hängen aber wohl auch zum Teil mit der unter Insulinwirkung ein-
tretenden Änderung im Kolloidzustand der Serumeiweißkörper zu-
sammen.
In der dritten Phase der Insulineinwirkung nach noch weiter
anhaltender Insulinbehandlung geht die Wasseranreicherung des Blutes
wieder zurück. Auch die Viskosität des Serums nimmt wieder zu und
die Oberflächenspannung ab. Die Eigenschaften des Blutes nähern
sich der Norm. Vielleicht entspricht diese Phase der Änderung der
Blutbeschaffenheit der Phase der Insulinwirkung, in welcher die elektive
Wasserretention geringer wird und mehr der Ansatz von Körpersubstanz
(Eiweiß und Fett) überwiegt.
Diese geschilderte, in einzelnen Phasen unter Insulineinwirkung
fast gesetzmäßig erfolgende Änderung der Blutbeschaffenheit ist nur
bei schweren Fällen und hoher Dosierung des Insulins deutlich aus-
gesprochen. Bei leichten Fällen und Nichtdiabetikern, sowie bei ge-
ringer Dosierung des ersten sind die Änderungen viel weniger deutlich
und lassen oft jede Gesetzmäßigkeit vermissen. |
Frl. cand. теа. V.Grömer danke ich an dieser Stelle bestens für
ihre freundliche Mithilfe bei dieser Arbeit.
O. Klein:
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Refraktometrische
Studien über den Abbau fötaler Organproteine.
Von
Oskar Kanner!).
(Eingegangen am 19. Februar 1926.)
Nachdem der Einfluß des Serums auf Carcinomzellen ursprünglich
durch Freund und Kaminer mikroskopisch und durch Neuberg mittels
N-Bestimmung der Eiweißabbauprodukte erwiesen war, hat das Studium
der Serumeinwirkung auf Zellenmaterial durch Abderhalden als ‚‚Abder-
haldensche Abbaureaktion‘ allgemeine Bedeutung gewonnen.
Die Abderhaldensche Reaktion hat im Laufe der Zeit eine größere Reihe
von Veränderungen durchgemacht; an die Stelle der Dialyse wurde die
Enteiweißung gestellt (Freund-Kaminer, Gynäk. Kongreß 1913), an Stelle
des feuchten Zellmaterials nach Pregl entfettetes Material und statt der
Ninhydrinreaktion die refraktometrische Ablesung.
Die Nachuntersuchung des Serums bei Carcinom nach der Freund-
Kaminer und der Abderhaldenschen Reaktion hat nun in Bestätigung
der ursprünglichen Angaben doch scheinbar widersprechende Verhältnisse
festgestellt. .
Nach Freund-Kaminer fehlt im Carcinomserum die im Normalserum
vorhandene Carcinomzellen zerstörende Substanz, und es ist sogar eine
Carcinomzellen erhaltende vorhanden, nach Abderhalden baut aber das
Carcinomserum Carcinomzellen ab.
Den Schlüssel zur Aufklärung dieses scheinbaren Paradoxon hat
Freund geliefert, indem er darauf hinwies, daß bei der Freund-Kaminer-
Probe natives Zellmaterial, bei der Abderhalden-Probe aber gekochtes Zell-
material verwendet wird, und nachweisen konnte, daß Carcinomserum
native Carcinomzellen schützte, aber gekochte Carcinomzellen löste.
Die Substanz, die bei der Abderhaldenschen Reaktion abbaut, ist dieselbe,
die native Carcinomzellen vor Zerstörung durch Normalserum schützt.
Für die Identität der Substanz spricht auch, daß beide Wirkungen an das
Nucleoglobulin des Carcinomserums gebunden sind.
Daraus ergibt sich, daß nur die cytolytische Reaktion ein Bild der
wirklichen Vorzüge im Körper gibt.
1) Diese Arbeit wurde auf der Prosektur der Krankenanstalt Rudolfs«
stiftung (Vorstand weiland Hofrat Paltauf) ausgeführt.
192 O. Kanner:
Das Fehlen der Noımalsubstanz ist nicht das Charakteristische des
Carcinomserums, sondern nur ein Teilfaktor, eine Vorbedingung; nach
Untersuchungen von Kaminer nimmt die zerstörende Fähigkeit des
Normalserums mit zunehmendem Alter konstant ab, um im Greisenalter
sogar unter die Norm des Erwachsenen abzusinken, was mit der Alters-
disposition für Carcinom in gutem Einklang steht. Das für das Carcinom
Wesentliche, das Charakteristische ist aber erst das Auftreten der die
Carcinomzellen schützenden Substanz, die zugleich die Abderhaldensche
Reaktion gibt!).
Es schien von Interesse, nachzusehen, ob es außer dem Carcinonm-
protein noch andere Eiweißarten gibt, die gegenüber dem Serum Krebs-
kranker die gleiche spezifische Abbaufähigkeit besitzen. Vielfach
wurden Parallelen gezogen zwischen Tumorkranken und Graviden,
das selbständige, in sich abgeschlossene Wachstum des Embryo könnte
mit dem Wachstum einer Geschwulst verglichen werden, ja sogar mit
dem einer bösartigen Geschwulst, wenn man an das infiltrierende
Wachstum des Chorions in die Uterusschleimhaut denkt. Dazu kommen
noch die Analogien im Stoffwechsel Schwangerer und Carcinomkranker,
wie das Verhalten bei der Kobragifthämolyse, der vermehrte Anti-
trypsingehalt des Blutes, die Lipämie und gewisse morphologische
Veränderungen an Nebennieren, Schilddrüse und Hypophyse. In
diesem Sinne haben Kraus und Ishiwara das Verhalten von Embryonal-
zellen und Carcinomzellen in bezug auf das Serum Normaler und
Carcinomkranker untersucht. Sie verwendeten dazu die Methode von
Freund und Kaminer und fanden bei dieser Arbeitsweise Analogien
und eine Verschiedenheit: 1. Embryonalzellen (Leber) werden vom
Serum Nichtcarcinomatöser ebenso gelöst wie Carcinomzellen. In
Gegensatz dazu stehen die Zellen Erwachsener. 2. Embryonalzellen
werden vom fötalen Serum ebensowenig gelöst wie Carcinomzellen.
3. Das Serum Carcinomkranker, das nicht imstande ist, Carcinon-
zellen aufzulösen, löst embryonale Zellen sowie das Serum eines Nicht-
carcinomatösen.
Da nun das Verhalten embryonaler Gewebe im Vergleich zum
Krebsgewebe bisher nur mit Anwendung der cytolytischen Reaktion
untersucht worden ist, bei der ја das eigentlich für das Careinon
charakteristische Agens nicht mitwirkt, war es von Interesse, die
Abderhaldensche Reaktion dafür in Anwendung zu bringen. Di
1) Bei diesem Sachverhalt erscheint es unberechtigt, wenn Sellhem
die Hoffnung ausspricht, mit Hilfe der bei der Abderhaldenschen Reaktion
tätigen Stoffe auch therapeutisch wirken zu wollen. Es erschiene aussicht*-
reicher mit dem zellzerstörenden Agens des Normalserums zu arbeiten.
könnte diese Substanz ja die Ursache einer therapeutischen Wirkung зеш.
die nicht nur in alter Zeit von Transfusionen behauptet wurden, sondem
auch in neuerer Zeit von Bier und Beebe angegeben wurden.
Retraktometrische Studien über den Abbau fötaler Organproteine. 193
folgenden Untersuchungen sind nach der Mikro-Abderhaldenmethode
von Pregl und de Стіпіз mit Hilfe des Pulfrichschen Eintauchrefrakto-
meters ausgeführt worden. Das embryonale Material wurde aus der
Leber eines sechsmonatlichen Fötus gewonnen. Zur Untersuchung ge-
langten Sera Carcinomatöser, Nichtcarcinomatöser (insbesondere
Kachektischer), Gravider und Neugeborener.
Es wurde darauf verzichtet, aus den abgelesenen Werten der Re-
traktometerskala den wirklichen Brechungsexponenten mit Hilfe der
Tabellen zu bestimmen, da es ja nur auf eine Differenz der Refraktion
ankam, die sich ebensogut in Skalenteilen ausdrücken ließ. Somit konnte
auch darauf verzichtet werden, die Ablesungen stets bei einer Temperatur
von 17,5°C vorzunehmen. Es genügte, die bei der ersten Ablesung herr-
schende Temperatur festzustellen und bei der zweiten Ablesung dieselbe
Temperatur wieder herzustellen.
Das Blut wurde nüchternen Patienten durch Venenpunktion ent-
nommen, hierauf zwecks Vermeidung von Nachgerinnung 24 Stunden
ип Eisschrank aufbewahrt. Im übrigen wurden die Originalvorschriften
von Pregl und de Crinis genau befolgt.
I. Nichtkachektische Nichteareinomatöse.
Tabelle I.
Nichtkachektische Nichtcarcinomatöse.
| Differenz
Nach 24 Stdn. ': in Hundertstel
| ` Skalenteilen
1 | Gonorrhoe ...... | 60,10 60,10 | 0
2 ge силе Ce Ze | 57,45 57,50 ‚+ 0,05
3 И 58,15 58,15 0
4 | Sec. lues... | 56,20 66.30 | + 0,10
> zg neess se e | 54,90 | 54,90 | 0
б, a Уе м. 56,80 | 56,75 | — 0,05
Tin АЕ КӨ 60,20 60,10 | — 0,10
8 | Myxödem. ...... 56,30 | 56,30 0
9 | Ulcus ventric. ; 52,50 52,50 | 0
10 А = 64,65 5460, — 0,05
Aus Tabelle I geht hervor, daß die Sera nichtcarcinomatöser Nicht-
kachektischer nicht imstande waren, das embryonale Leberprotein ab-
zubauen. Die kleinen Differenzen entsprechen wohl der Fehlerbreite.
Zehntel-Skalenteile können beim Pulfrichschen Eintauchrefrekto-
meter mit Hilfe des Nonius noch abgelesen werden. Die Hundertstel werden
geschätzt. Zeigte nun die Bestimmung einen Wert an, der sich zwischen
zwei Teilstrichen des Nonius, etwa gleich weit von jedem befand, so schien
es praktisch, dies als fünf Hundertstel in Rechnung zu setzen; war dies
nicht der Fall, so mußte man den dem wahren Wert näherliegenden Teil-
strich zur Messung heranzuziehen. So erklären sich die kleinen Differenzen
in Tabelle I.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 13
194 O. Kanner:
П. Kachektische Carcinomkranke.
Mit Ausnahme der in der Tabelle I angeführten Untersuchungen
habe ich stets Doppelbestimmungen vorgenommen, um auf diese Weise
akzidentelle Fehler zu vermeiden. Nur in zwei Fällen erbielt ich wider-
sprechende Resultate, die das eine Mal auf bakterieller Verunreinigung
beruhten, während für das zweite Mal die Verursachung nicht gefunden
werden konnte. Diese beiden Fälle wurden ausgeschieden. Die Richtigkeit
der Diagnose Carcinom ist in jedem einzelnen Falle durch Probeexzision,
Operation oder Obduktion festgestellt worden.
Tabelle II.
Kachektische Carcinomkranke.
| Differenz
Nr. Anfangswert | Nach 24 Stdn. in Hundertstel |
Skalenteilen Ä
Peer —— ЕЕ; | * Tuer
+ 0,30
+0,35
+ 045
+ 045
+ 0,35
+ 0,40
+ 0,35
+ 0,35
+08
+ 0,40
+ 0,30
+030
| +050
| + 0,35
|
|
+ 0,30
8 || Lupuscarzinom b) 4 030
52,55 52,90 + 0,35
52,80 53,10 | +0%
49,00 49,70 + 0,70
500 ` +080
9 Intestini crassi | р)
10 Peritonei · - - - - b)
Tabelle II zeigt, daß alle zur Untersuchung gelangten Sera kachektische
Carcinomkranker das angebotene fötale Leberprotein abgebaut haben.
Die beim gleichen Fall vorhandenen Differenzen bei der ersten Ablesung
beruhen auf Fehlern der Technik und haben für den Ausfall der Reaktion
keine Bedeutung. Das Organprotein wird nämlich mit physiologischer Koch-
salzlösung zum Quellen gebracht. Nach einer Stunde wird die Kochsalzlösung
abgeraugt und das Serum hinzugefügt. Von der Gleichmäßigkeit, mit der
die Entfernung der Kochsalzlösung gelingt, hängt der refraktometrische
Ausgangswert ab. Für die Beurteilung der Reaktion ist nur die Differenz
gegen die zweite Ablesung nach 24 Stunden von Belang.
'Refraktometrische Studien über den Abbau fötaler Organproteine. 195
ПІ. Nichtkachektische Careinomkranke.
Tabelle III.
Nichtkachektische Carcinomkranke.
Д | | Differenz
EN. Anfangswert | Nach 24 Stdn. in Hundertstel
| | | Skalenteilen
Н =
| : а) 57,20 57,20 0
К а) | 62,25 62,25 0
“ Bronchi ve b) 6120 | 6120 ` 0
| | |
— a) | 53,20 53,20 0
3 Ventriculi - - - - - b) | 63.70 53.70 | 0
— — m
Tabelle III zeigt, daß in drei Fällen von Carcinom, bei denen
— Kachexie vorhanden war, der Abbau im Gegensatz zu den zehn Fällen
der Tabelle II, wo jedesmal Kachexie vorhanden war, ausblieb.
IV. Niehtearcinomatöse Kachektische.
Tabelle IV.
Nichtcarcinomatöse Kachektische.
| Differenz
Anfangswert | Nach 24 Stdn. in Hundertstel
| Skalenteilen
н СЭ |
1 Pericarditis - - - - | b
: 2 Tuberculosis pul- | а) |
| mon. b) |
In der Tabelle IV figurieren bloß zwei Fälle. Während bei den Carcinom-
% die Diagnose autoptisch sichergestellt war, wurde in diesen zwei
Fällen die Abwesenheit eines Carcinoms nur klinisch erschlossen.
De Crinis und Mahnert haben die Abbaufähigkeit von Lebergewebe
Erwachsener refraktometrisch untersucht. Dabei kamen sie zu folgenden
Ergebnissen: „In allen Fällen von Carcinom mit gleichzeitiger Kachexie
fand sich Abbau von Lebereiweiß. In jenen Fällen, in welchen klinisch eine
Kachexie nicht vorhanden war, fehlte auch der Abbau von Lebereiweiß.
Abbau von Lebereiweiß fand sich auch in den untersuchten Kontrollfällen
von Kachexie auf andersartiger, auch nicht tumoröser Grundlage.“
Somit kann ich zusammenfassend sagen: Embryonales Lebergewebe
werhält sich bei der Abderhaldenschen Reaktion genau so wie das Lebergewebe
Brwachsener. Es zeigt die gleiche Abbaufähigkeit gegenüber dem Serum
Kachektischer wie das gereifte, ohne im mindesten eine für das Krebseiweiß
darakteristische Eigenschaft zu besitzen.
Diese Feststellungen haben vielleicht noch auf einem anderen Gebiet
ein gewisses Interesse. Man spricht vielfach von einer physiologischen
Unreife der Leber des Neugeborenen und hat auch versucht, diese Annahme
zur Erklärung des Ikterus neonatorum heranzuziehen. Meine Untersuchungen
13*
196 O. Kanner:
sprechen nicht für diese Unreife, da sich ja das embryonale Lebereiweiß
von dem ‚,‚reifen‘“ in nichts unterschieden hat und das gleiche eigentümliche
Verhalten gegenüber dem Serum Kachektischer gezeigt hat. Man muß
jedoch zugeben, daß ein Unterschied vorhanden ist, der ja in der erwähnten
Arbeit von Kraus und .Ishiwara zutage getreten ist, indem Normalserum
embryonale native Leberzellen löst, während die Zellen Erwachsener nicht
gelöst werden.
Ich habe auch andere fötale Gewebe in den Rahmen der Untersuchung
einbezogen, nämlich Niere, Mamma und Magen. Dabei hat sich in keinem
Falle, mit keinem Serum ein Abbau gezeigt. Die Sera Schwangerer (Mitte
und Ende der Schwangerschaft) zeigten gegen embryonales Gewebe, sei
es Leber, Niere, Mamma oder Magen keine Abbaufähigkeit. Ebensowenig
Nabelschnurblut.
Zum Schluß sei es gestattet, einige Details technischer Natur hervor-
zuheben. Bei der Reaktion kommt es nicht allein auf steriles Arbeiten an
(bakterielle Verunreinigungen können die Beurteilung der Reaktion ver-
hindern), sondern auch auf chemische Reinlichkeit. Die Röhrchen, in denen
sich die Reaktion zwischen Serum und Organpulver abspielt, wurden
nach dem gewöhnlichen Waschen mit Schwefelsäure-Kaliumbichromat
gereinigt, dann gründlich mit Leitungswasser und destilliertem Wasser
gespült und staubgeschützt getrocknet. Das gewöhnliche Kochsalz ist nicht
hinlänglich rein. Es empfiehlt sich, Analysenkochsalz zu verwenden. Die
Außerachtlassung dieser Regeln führt zu Fehlresultaten. So fanden
Koritschoner und Morgenstern, daß Serum allein beim Stehen seinen
Brechungsexponenten ändern könne; manche Sera erniedrigten ihren Wert,
manche erhöhten ihn, bei anderen wieder blieb er unverändert. Deshalb
müsse man eine Änderung des Serums gesondert bestimmen und beim
Gesamtresultat ins Kalkül ziehen. Im Gegensatz dazu geben Pregl und
de Crinis an, daß eine solche Veränderung nicht stattfinde. Es ist mir
gelungen, die Befunde von Korischoner und Morgenstern zu reproduzieren,
wenn ich auf eine gründliche Reinigung der Röhrchen verzichtete; tat
ich das nicht, stimmten meine Ergebnisse in mehr als 30 Fällen mit den `
Angaben von Pregl und de Стив überein. Koritschoner und Morgenstern
haben mit nativen Zellen gearbeitet und den Ausfall der Freund-Kaminer-
schen Reaktion refraktometrisch zu bestimmen versucht. Dabei fanden
sie, daß sich der Brechungsexponent des Systems Zellen + physiologische
Kochsalzlösung (ohne Serum) häufig spontan ändere, manchmal in positivem.
manchmal in negativem Sinne, zuweilen gar nicht. Dabei gelangten stets
dasselbe Zellmaterial und dieselbe Kochsalzlösung zur Verwendung. Auch ich
konnte mit dem denaturierten Eiweiß solche Resultate erhalten, selbst
nach gründlicher Reinigung der Röhrchen. Wenn ich aber das gewöhnliche
Kochsalz durch Analysenkochsalz ersetzte, hörten diese Sonderbarkeiten
auf. Herr Dr. Koritschoner hatte die Liebenswürdigkeit, mir auf meine
Anfrage mitzuteilen, daß er bei seiner Arbeit die Röhrchen nur durch
Spülung mit Leitungswasser zu reinigen pflegte und Speisesalz in Anwendung
brachte.
Zusammenfassung.
1. Denaturiertes embryonales Organeiweiß wird a) weder vom
Serum Carcinomatöser, b) noch vom Serum Nichtcarcinomatöser
abgebaut.
Refraktometrische Studien über den Abbau fötaler Organproteine. 197
2. Eine Ausnahme hiervon zeigt jedoch das fötale Lebergewebe
insofern, als es regelmäßig vom Serum Kachektischer abgebaut wird,
gleichgültig, ob das Serum von einem Carcinomatösen dder Nicht-
carcinomatösen stammt, so wie nach de Crinis und Mahnert das Leber-
eiweiß Erwachsener sich verhält. |
Literatur.
de Crinis und Mahnert, Pregl und de Crinis, Zeitschr. f. Fermentforsch.
LI. — G. Kaminer, Wien. klin. Wochenschr. 1916, Nr. 13. — Korttschoner
und Morgenstern, diese Zeitschr. 104, 1920. — Korttschoner, ebendaselbst
129, 1922.
Über feinporige Filter und neue Ultrafilter.
Von
R. Zsigmondy.
(Aus dem Institut für anorganische Chemie der Universität Göttingen.)
(Eingegangen am 20. Februar 1926.)
Von Malfitano und Duclaux wurden Kollodiumhäutchen als Filter
bei der Untersuchung kolloidaler Lösungen angewandt. Die Festigkeit
derartiger Filme war jedoch ziemlich gering, ebensowenig waren sie
hinsichtlich ihrer Porengrößen definiert. Einen Fortschritt stellte
demgegenüber ein Verfahren von Bechhold dar. Dieser imprägnierte
Papierfilter mit Kollodium, das in Eisessig gelöst war. Die so behandelten
Filter können, da sie auf einer Unterlage zur Verwendung kommen,
stärker beansprucht werden und sind auch durch verschiedenartige
Behandlung bei der Herstellung mit verschiedener Porenweite zu
erhalten.
Beide Arten von Filtern ließen jedoch bei den ursprünglich vor-
handenen Einrichtungen nur geringe Filtrationsgeschwindigkeit zu.
Diesem Nachteil suchte ich zunächst durch die Konstruktion eines
Filtrationsapparats (1) mit großer Filtrierfläche zu begegnen.
Die immer noch langsame Filtration veranlaßte mich in Gemein-
schaft mit W. Bachmann (2) sehr schnell filtrierende Filter (die Membran-
filter) herzustellen (3), deren Porengröße zwischen denen der Porzellan-
filter und der Kollodiumhäutchen liegt. Je nach den Bedingungen
bei der Darstellung können sie mit verschieden weiten Poren hergestellt
werden. Da es möglich ist, schnell filtrierende Membranen sehr ver-
schiedener Porenweiten mit glatter Oberfläche zu erhalten, sind se
auch für analytische und präparative Zwecke sehr geeignet.
Je nach der gewünschten Verwendung werden Filter mit feineren
oder gröberen Poren angewandt (3). Die durchlässigsten Membran-
filter sind imstande, frisch gefälltes Bariumsulfat zurückzuhalten; des-
gleichen kann man gallertige, flockige Niederschläge (z. B. Hydrogele
von Aluminium, Eisen, Chrom) schnell abfiltrieren und waschen und
die Rückstände mühelos quantitativ entfernen. Selbst schleimige
(andere Filter verstopfende) Niederschläge, wie Zinksulfid, können
R. Zsigmondy: Feinporige Filter und neue Ultrafilter. 199
leicht abfitriert werden (4a). Dafür verwendet man zweckmäßig die
etwas dichteren Membranfilter. Von diesen Möglichkeiten machen eine
Reihe neuartiger analytischer Verfahren Gebrauch, die besonders von
G. Jander (4с bis g) und seinen Schülern (40 bis q) ausgearbeitet wurden.
Diese führten vielfach zu sehr einfachen, schnell auszuführenden Be-
stimmungsmethoden bei Körpern, bei deren Analyse vorher erst lang-
wierige Verfahren nötig waren.
Membranfilter sind auch bakteriendicht herzustellen, was be-
sonders für biologische, klinische und toxikologische Zwecke vorteilhaft
ist. Zu derartigen Untersuchungen wurden Membranfilter in der Tat
vielfach mit Erfolg angewandt (5a bis i; Referate s. 4b und 4h
bis m und 12b bis c).
Später gelang es mir, Ultrafilter mit sehr feinen Poren für besondere
Zwecke herzustellen. Derartige Filter werden als Ulitrafeinfilter be-
zeichnet und sind vielfach im Institut für anorganische Chemie ver-
wendet worden. Die Herstellung erfolgt im wesentlichen nach dem
Verfahren von Zsigmondy und Bachmann, allerdings von anderen
Rohmaterialien ausgehend. Variationen des Darstellungsvorganges
bedingen auch hier die Gewinnung von Filtern verschiedener Eigen-
schaften und Porenweiten. Wie bei allen Filtern, sind auch bei den
Ultrafeinfiltern nicht alle Poren gleich weit, sondern liegen teilweise
oberhalb und unterhalb eines gewissen Mittelwertes; die mittleren
Porenweiten derartiger Filter hängen, wie gesagt, von Variationen des
Herstellungsverfahrens ab, die im allgemeinen nach Wunsch reguliert
werden können.
Zur Prüfung der Porenweiten stehen uns, ebenso wie bei den
Membranfiltern, verschiedene Mittel zur Verfügung (7). Die Durch-
lässigkeiten der Ultrafeinfilter sind am besten charakterisiert durch ihr
Verhalten gegen Farbstoffe. Die Ultrafeinfilter mit den relativ gröbsten
Poren lassen aus wässerigen Lösungen von Benzopurpurin 4B den
Farbstoff hindurchtreten und färben sich dabei an. Dichtere Ultrafein-
filter halten aus diesen Lösungen den Farbstoff vollkommen zurück,
wobei sie sich entweder überhaupt nicht oder nur stellenweise anfärben.
Die feinstporigen Ultrafeinfilter halten nicht nur Benzopurpurin 4B
vollkommen zurück, sondern sind sogar imstande, im Wasser gelöstes
Kongorot derart abzufiltrieren, daß der Farbstoff auf dem Filter als
Paste zurückbleibt. Das Filtrat und das Filter bleiben dabei farb-
los (6) (7).
Weniger feine Filter derselben Art färben sich aber mit den Farb-
stoffen an und werden intensiv gefärbt. Welche Schlüsse man daraus
für die Theorie der Semipermeabilität und der Färberei ziehen kann,
ist in der fünften Auflage meines Lehrbuchs der Kolloidchemie 1925,
Kap. 25, gezeigt.
200 R. Zsigmondy:
Die Dichtigkeit derartiger Filter macht sie auch geeignet zu Mem-
branen für Osmometer, wenn sehr feinteilige kolloide Lösungen zu
untersuchen sind, z. B. wurden Ultrafeinfilter in Verbindung mit dem
von Donnan und Harris angegebenen Osmometer mehrfach mit Vorteil
benutzt (6).
Es sei hier besonders hervorgehoben, daß sogar der die elektrische
Leitfähigkeit bedingende Farbstoff so weit zurückgehalten wird, daß
das Filtrat nicht viel besser leitet als das zur Lösung benutzte Wasser
selbst, vorausgesetzt, daß der Farbstoff nicht Verunreinigungen enthält.
Solche gefärbten Ionen, die das Filter nicht durchdringen, sind in der
Regel Mizellionen, also nicht einfache Elektrolytionen gewöhnlicher
Art, sondern häufig aus einer Anzahl von Molekülresten zusammen-
gesetzt und mehrwertig. Die Anwendbarkeit der Filter zur Unter-
suchung des Lösungszustands der Farbstoffe in wässerigen Lösungen
ist in einer besonderen Abhandlung besprochen (6).
Ultrafeinfilter, die sich Lösungen von Kongorot gegenüber als
dicht erweisen, sind in der Regel auch dicht gegen Eiweiß. Z. В. kann
mit derartigen Filtern das Eiweiß aus dem Blutserum derart weit-
gehend abfiltriert werden, daß sehr empfindliche Eiweißproben negativ
ausfallen. Da die Eiweißzerteilungen dabei keinerlei chemischen Ein-
griffen ausgesetzt sind, stellt diese Möglichkeit einen einfachen Weg
dar, unter weitgehender Schonung des Untersuchungsmaterials, Körper-
flüssigkeiten das Eiweiß zu entziehen (5i und 10).
Aus Lösungen hoher molekularer Stoffe (z. B. Na-Heptylat und
Na-Nonylat), die zur Kolloidbildung neigen, läßt sich mit Hilfe der
Ultrafeinfilter der kolloid gelöste Anteil von dem kristalloid gelösten
teilweise trennen. Eine derartige Anwendung fanden die Filter unter
anderem bei einer Untersuchung von Leeten (8c), der zeigte, daß kei
der Ultrafiltration einer wässerigen Lösung von ölsaurem Natrium
der größte Teil des Salzes auf dem Filter blieb, also kolloid gelöst war.
Die Natriumsalze der mittleren Fettsäuren lassen sich durch Filtration
konzentrieren (8a u. 8b). Weitere Anwendungen s. 8d.
Mit Hilfe derartiger Filter gelang Wintgen und Löwenthal (9) bei
der Untersuchung sehr feinteiliger Hydrosole von Chromoxyd die für
die Aufklärung der Mizelladung sehr wichtige Trennung der Mizelle
von der intermizellaren Flüssigkeit. Kollodiumhäutchen erwiesen sich
in diesem Falle als unzureichend.
Kristalloid gelöste Körper (z.B. Kochsalz, Harnstoff, Zucker)
durchdringen selbst die dichtesten Ultrafeinfilter. Jedoch gelang e
Brukner, in Lösungen von Rohrzucker mit Hilfe eines besonders dichten
Ultrafeinfilters, durch Filtration die Konzentration der auf dem Filter
verbleibenden Lösungen etwas zu erhöhen, d. h. den Rohrzucker durch
Filtration in einer Lösung anzureichern (11).
Feinporige Filter und neue DUltrafilter. 201
Die relativ geringe Filtrationsgeschwindigkeit der feinstporigen
Filter selbst bei Anwendung eines Vakuums machte es wünschenswert,
die Filtrationsdauer abzukürzen. Dieses führte zunächst zur Kon-
struktion von Filtrationsapparaten für hohe Drucke bis über 100 Atm.
Weiterhin wurde durch Anwendung elektromagnetischer Rührvor-
richtungen die Filtration wesentlich beschleunigt. Die Anwendung und
Konstruktion derartiger Einrichtungen geht zurück auf Arbeiten
meiner Schüler B. Brukner und W. Overbeck (12).
Die sehr wechselnde Filtrationsgeschwindigkeit der Fette gegenüber
Wasser sagt aber über die Brauchbarkeit derselben wenig aus. Manch-
mal halten Filter, die Wasser schneller durchtreten lassen als andere,
Kongorot besser zurück als diese (langsameren). Öfter geht aber die
Dichtigkeit gegen Wasser der gegen Ultramikronen parallel.
Sind die Filter noch gallertig, stark porös, so genügt oft schon
Filtration von Wasser unter Druck, um sie etwas zu dichten und lang-
samer filtrierend zu machen (10). Sehr dichte Filter ändern nur wenig
ihre Filtrationsgeschwindigkeit gegen Wasser durch erhöhten Druck.
Weit wichtiger ist die Verlangsamung durch Bildung zäher Massen
auf dem Filter, die die lyophilen Kolloide häufig bei der Filtration
hinterlassen. Serum kann z. B. durch Druckfiltration zu einer mehrere
Millimeter dicken, zähen, elastischen Platte eingedickt werden (Versuch
des Verfassers). Ähnliches fanden Brukner und Uhlenbruck (10), die
den Filterrückstand ohne Verlust von dem Filter abziehen konnten.
Hier wirkt die Druckfiltration unter Anwendung von Rührvorrichtungen
sehr beschleunigend (10).
Während sich wässerige Lösungen (falls sie nicht stark sauer oder
alkalisch sind) durch Membran- und Ultrafeinfilter einwandfrei filtrieren
lassen, vertragen diese häufig nicht die Benutzung von organischen
Lösungsmitteln. Es gelang indes dem Verfasser zusammen mit
Dr. E. Kratz, Filter herzustellen, durch die man Lösungen in organischen
Lösungsmitteln, z.B. in Alkohol, Äther, Aceton und Essigsäure
filtrieren kann, ohne daß die Membranen Schaden leiden. Diese
sogenannten ‚Zellafilter‘‘ sind auch gegen Alkalien und starke Säuren
erheblich widerstandsfähiger als die Membran- und Ultrafeinfilter.
Da auch die Zellafilter in verschiedenen Porenweiten hergestellt werden
können, sind sie sehr geeignet zur Untersuchung kolloider Lösungen in
organischen Lösungsmitteln. So hielt z.B. ein sehr dichtes Filter
dieser Art aus einer Lösung von Nitrocellulose in Aceton den gelösten
Anteil weitgehend zurück, so daß das Filtrat nahezu frei davon war.
Es ist dies ein Beweis für die kolloide Natur derartiger Systeme.
Auch für Osmometer lassen sich Membranen und Säckchen her-
stellen, die durch organische Lösungsmittel nicht angegriffen werden.
Damit ist die Dialyse und Bestimmung des osmotischen Druckes
202 R. Zsigmondy:
kolloider Lösungen in organischen Solvenzien bequem zugänglich ge-
macht worden, was besonders für die Untersuchung von Kautschuk-
lösungen von Bedeutung sein dürfte (14). Früher schon haben
Duclanz und Wollmann (13) den osmotischen Druck von Nitrocellulose-
lösungen bestimmt.
Literatur.
1) Zeitschr. f. angew. Chem. 26, 447, 1913. — 2) R. Zsigmondy und
W. Bachmann, Zeitschr. f. anorgan. Chem. 108, 119 bis 128, 1918; zitiert im
Chem. Centralbl. 1918, II, 430. — 3) Die Herstellung (D. R.-P. Nr. 329 117)
geschah ursprünglich durch die Firma E.de Haen (Seelze); alle Filter werden
jetzt von Dr. E. Kratz, Göttingen, Hospitalstraße 12, hergestellt, der auch
Auskunft über Filter und Apparate gibt. — 4a) R. Zsigmondy und G. Jander,
Zeitschr. f. analyt. Chem. 58, 241 bis 280, 1919; zitiert im Chem. Centralbl.
1919, IV, 889. — 4b) W. Bachmann, Vortrag auf d. Tagung d. Ver. D.
Chemiker zu Würzburg (1919); Chem.-Ztg. 110, 595, 1919; Zeitschr. f.
angew. Chem. 82, 616, 1919. — 4с) G. Jander und Н. С. Stuhlmann, Zeitschr.
f. analyt. Chem. 60, 289 bis 321, 1921; zitiert im Chem. Centralbl. 1921, IV,
1255 bis 1256. Dissertation von H. C. Stuhlmann, Göttingen 1921. —
4d) G. Jander, Zeitschr. f. angew. Chem. 85, 269, 1922; zitiert im Chem.
Centralbl. 1922, IV, 297. — 4e) Derselbe, Habilitationsschrift, Göttingen 1921.
Zeitschr. f. analyt. Chem. 61, 145 bis 171, 1922; zitiert im Chem. Centralbl.
1922, IV, 1. — 4f) Derselbe, Zeitschr. f. angew. Chem. 85, Nr. 103 vom
26. Dezember 1922, S. 721.— 4g) Н. С. Stuhlmann, Jahrb. d. philosophischen
Fakultät in Göttingen; Nr. 17, S. 70 bis 72. — 4h) W. Bachmann, Kolloid-
chem. Untersuchungsmethoden Lunge-Berl, ‚Chem.-techn. Untersuchungs-
methoden‘ 8, 1292 (Berlin bei Springer 1923); vgl. auch 1, 38, 1921.
— 41) Houben -Weyl, Die Methoden d. organ. Chem. 1, 451 bis 455,
1921. — 4k) K. Schorlemmer, Kollegium Nr. 586, 1. Februar 1919,
S.46 bis 51; zitiert im Chem. Centralbl. 1919, IV, 1; Mitt. aus d.
Lab. d. Firma Jucker & Co. Chem. Fabrik, Haltingen in Baden. —
41) E. Jänicke, 2. Aufl, Sammlung Ferd. Fischer, Chem. Technol.
(Spamer). — 4m) Dr. Harry Schmidt, Altona a. d. Elbe, Techn. Rund-
schau (Berliner Tagebl.) 26, 101 bis 102 (Nr. 15 vom 7. Juli 1920). —
40) G. Jander, Die chemische Analyse unter Verwendung von Membran-
filtern. Handb. а. Arbeitsmethod. in а. anorgan. Chem. von Stähler, 2,
2. Hälfte, S. 923, 1925. — 4р) G. Jander und Wilh. Jander, IV. Mitt.
Zeitschr. f. analyt. Chem. 68, 273 bis 288, 1923. — 4q) Н. Maas, Beiträge
zur Kenntnis der Membranfilter und ihrer Verwendbarkeit in der analyt.
Chemie. Inaug.-Diss., Göttingen 1922. — ба) Ficker, Med. Klin. 1917,
Nr.45, S.5. — 5b) H. Citron, Deutsch. med. Wochenschr. 1919, Nr. 12,
S. 322 bis 323; zitiert im Chem. Centralbl. 1918, II, 654. — бс) Е. Eichhofl,
Centralbl. f. Bakt., Parasitenkunde und Infektionskrankh., I. Abt., 86,
Heft 7/3, 8. 599 bis 606; zitiert im Chem. Centralbl. 1921, IV, 850. —
5d) P. H. Prausnitz (Jena), Kolloid-Zeitschr. 29, 293 bis 309, 1921; zitiert
im Chem. Centralbl. 1922, I, 843. — 5e) Н. Meyeringh, Zeitschr. f. Нур.
u. Infektionskrankh. 97, 116 bis 136, 1922; zitiert in der Klin. Wochenschr.
— 5f) E. Mellin, Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 40, 21, 1922. — 5g) С. Wiegner,
Mitt. f. Lebensmittelunters. u. Hyg. 12, 263 bis 288, 1921. Ein kurzes
Referat über den Artikel befindet sich im Chem. Centralbl. 1922, II, 297. —
5h) E. W. Schmidt, Centralbl. f. Bakt., Parasitenk. u. Infektionskrankh.,
Feinporige Filter und neue Ultrafilter. 203
L. Abt., 58, 464, 1923. — 51) Handovsky und Uhlenbruck, Klin. Wochenschr.,
4. Jahrg., Nr. 29. — ба) R. Zsigmondy (mit Daten von Frl. Beger und
Dr. Joë), Zeitschr. f. phys. Chem. 111, Н. 3/4, S. 222. — 6b) E. Beger,
Inaug.-Diss. Göttingen 1923. — 7) R. Zsigmondy, Kolloidchem., 5. Aufl.,
1925, Kap. 11, 24, 25. — 8a) Müller von Blumencron, Inaug.-Diss. Göttingen
1921. Zeitschr. d. Deutsch. Öl- u. Fettind. 1922, Nr. 10, S. 171. —
8b) W. Prosch, Inaug.-Diss. Göttingen 1922. Zeitschr. d. Deutsch. Öl- u.
Fettind. 1922, Nr. 29, S. 450. — 8c) W. Leeten, Inaug.-Diss. Göttingen 1922.
Zeitschr. d. Deutsch. Öl- u. Fettind. 1923, Nr. 4, S. 83. — 8d) Е. Kratz,
Inaug.-Diss. Göttingen 1923. Zeitschr. d. Deutsch. Öl- u. Fettind. 1924,
Nr. 5, S. 50. — 9) Wintgen und Löwenthal, Kolloides Chromoxyd, Zeitschr. f.
physik. Chem. 109, 380. — 10) B. Brukner und P. Uhlenbruck, Zeitschr. f.
Biol. 88, 586 bis 592, 1925. — 11) Brukner, Inaug.-Diss. Göttingen 1925;
noch ungedruckt. — 12a) Brukner und Overbeck, Zsigmondy- Festschrift,
Ergänzungsband d. Kolloid-Zeitschr. 86, 192, 1925. — 12b) Thiessen,
diese Zeitschr. 140, Heft 4/6, S. 457, 1923. — 12c) Overbeck, Chem. Appe-
ratur 1926. Alle Apparate sind bei der V. G. W. (Vereinigte Göttinger
Werke) Göttingen vorrätig. — 13) Duclanz u. Wollmann, C. rend. de
Acad. des sciences 152, 1580—1583, 1911. — 14) Unveröffentlichte
Untersuchungen meiner Schüler Dr. Kratz, Dr. Carius und Kuhmichel und
H. Behre (von den Hannov. Gummiwerken ‚Excelsior‘; vorläufige un-
veröffentlichte Mitteilung.)
Über das
Verhalten des Harnquotienten C:N bei дег Adrenalingliykosurie.
Von
Hideo Wada.
(Aus der experimentell-biologischen Abteilung des Pathologischen Instituts
der Universität Berlin.)
(Eingegangen am 20. Februar 1926.)
Mit 2 Abbildungen im Text.
Aus Grafes (1) kritischer Zusammenstellung der Literatur geht
hervor, daß sowohl im Tierversuch (Kaninchen und Hund), wie auch
im Versuch am gesunden und kranken Menschen Adrenalininjektionen,
die gewöhnlich subkutan vorgenommen wurden, eine Steigerung des
‚ Gesamtumsatzes, also eine Vermehrung des O¿-Verbrauchs herbei-
führen. Das gilt sowohl für den Versuch am nüchternen Tiere, wie für
den Versuch am Tiere nach vorangegangener Zuckerfütterung. Arnolds
und Leschke (2) zeigten dazu beim Menschen, daß oft eine lange Nach-
wirkung der Adrenalinwirkung besteht, und daß je nach dem Er-
nährungszustand die Wirkung verschieden ausfällt. Der respiratorische
Quotient ist von den verschiedenen Autoren bald mehr, bald weniger
erhöht oder unbeeinflußt gefunden worden, meist aber war wohl eine
Erhöhung vorhanden. Gerade bei chronischer Adrenalinvergiftung
sah Juschtschenko (3), daß die Zunahme beim respiratorischen Gas-
wechsel vor allem die CO,-Produktion, weniger den O,-Verbrauch
betraf, so daß der respiratorische Quotient erheblich anstieg. Allgemein
gilt aber, daß bei der Adrenalininjektion die besprochene Gaswechel-
wirkung, nämlich die Erhöhung der CO,-Produktion, die viel geringere
Steigerung des O,-Verbrauchs und vor allem die Steigerung des
respiratorischen Quotienten CO, : О sofort nach der Injektion einsetzt,
rasch abklingt und dann sogar erniedrigten Werten mitunter Platz
machen kann. Bei allem sind die Steigerungen der zirkulatorischen,
respiratorischen (Steigerungen des Atemvolumens) und nervösen
Faktoren zu berücksichtigen.
Н. Wada: Harnquotient С: N bei der Adrenalinglykosurie. 205
Die erhöhte Zuckermobilisation bzw. der erhöhte Blutzucker ist
wohl ohne wesentliche Bedeutung für die Oxydationssteigerung. Da-
gegen ist eine vermehrte Kohlehydratverbrennung an der Erhöhung des
respiratorischen Quotienten schuld, wenn man auch mit Bornstein (4) an
eine vermehrte Abdunstung präformierter CO, in den Lungen denken muß.
Die N-Ausscheidung wurde beim Hunde, Kaninchen, und zwar
gerade beim gesättigten Kaninchen vermehrt gefunden, aber es wurde
auch von manchen Autoren eine Steigerung des Eiweißumsatzes vermißt.
Je besser die Tiere aber im allgemeinen ernährt waren, so folgert Grafe (1)
aus den vorliegenden Beobachtungen, um so deutlicher war die Steige-
rung des respiratorischen Quotienten, und um so geringer die Änderung
am Eiweißstoffwechsel, je schlechter sie ernährt waren, und um so mehr
sie hungerten, um so geringer war die Steigerung des respiratorischen
Quotienten, und um so deutlicher die Steigerung des Eiweißumsatzes.
Im Hinblick auf meine Versuche, die sämtlich an gut genährten
Kaninchen ausgeführt wurden, kann man also aus dem in der Literatur
vorliegenden Beobachtungsmaterial folgern, daß als direkte und
akute Wirkung bei der Adrenalininjektion eine Steigerung der Ver-
brennung (O,-Verbrauch) eintritt, wobei wohl vor allem das Kohle-
hydrat im Hinblick auf die Erhöhung des respiratorischen Quotienten
das Brennmaterial liefert.
Bei dieser Steigerung der Kohlehydratoxydation unter dem Einfluß
des Adrenalins war die Frage berechtigt, ob bei dem größeren Umsatz
von Kohlehydrat eine entsprechend vollständige Oxydation der ge-
samten umgesetzten Masse vorhanden wäre, oder ob dabei dysoxydative
Störungen am Kohlehydrat in dem Sinne mit unterliefen, daß ein Teil
des Kohlehydrats etwa einem partiellen Abbau anheimfiele, der dann
als dysoxydabler Kohlenstoff im Harn neben dem Zucker aufträte.
Schien doch die Adrenalinglykosurie darauf hinzudeuten, daß der
Körper trotz gleichzeitiger Steigerung der Zuckeroxydation der
stürmisch mobilisierten und ins Blut abströmenden Zuckermasse. nicht
Herr wird, und daß deshalb der Schwellenwert für die Zuckerzurück-
haltung in der Niere überschritten wird, und der Zucker im Harn
erscheint. So war es auch denkbar, daß Kohlenstoffverbindungen, die
partiell abgebauten Zucker darstellten, neben der Glykose im Harn
auftreten könnten, und zwar in einer pathologisch gesteigerten Menge,
wie es von Bickel und Kauffmann-C'osla (5) und später von mir selbst (7)
beim menschlichen Diabetes nachgewiesen ist, und wie Kanamori (6)
ев auch gelegentlich beim Phlorrhizindiabetes des Hundes gefunden
hat. Beim Phlorrhizindiabetes liegen die Oxydationsverhältnisse in-
sofern anders als bei der Adrenalinglykosurie, als dort das Zucker-
verbrennungsvermögen in höchstem Grade eingeschränkt ist, während
bei der Adrenalinvergiftung der Zucker in gesteigertem Umfange ver-
206 H. Wada:
brannt wird. Ob nun beider Adrenalinglykosurie dysoxydative Störungen
am Zucker trotzdem mit unterlaufen oder nicht, konnte nur durch den
Versuch entschieden werden.
Ich habe diese Frage am Kaninchen geprüft.
Die Tiere wurden bei gleichem Futter (Futterrüben) gehalten, und
es wurde in einer Vorperiode der N- und C-Gehalt in der 24stündigen
Harnmenge täglich ermittelt, und auf diese Weise wurden Durchschnitts-
werte hierfür wie auch für den Quotienten C:N in der Norm erhalten.
Alsdann bekamen die Tiere mehrere Tage hindurch subkutane Adrenalin-
injektionen. Nunmehr wurden in der 24stündigen Harnmenge der gesamte
C und N und außerdem der Zucker titrimetrisch bestimmt. Der Zucker-
kohlenstoff wurde berechnet und von dem Gesamt-C des Harns abgezogen,
und dann wurde mit diesem Rest-C und dem Gesamt-N der Quotient C:N
(Restquotient) ermittelt. In der Nachperiode, die mit dem Aufhören der
Adrenalinglykosurie begann und in der keine Adrenalininjektionen gemacht
wurden, wurde wie in der Vorperiode der Quotient С: N aus dem totalen С
des Harns festgestellt.
Auf das Verhalten dieses Restquotienten kommt es an. Dieser
ist beim menschlichen Diabetes vielfach pathologisch erhöht; beim
Phlorrhizindiabetes ist er nur ausnahmsweise erhöht. Es kommt auf
die Höhe dieses Restquotienten an im Vergleich zu der Höhe des Gesamt-
quotienten in der Vorperiode, und es kommt auf das Verhalten des Gesami-
quotienten in der Nachperiode im Vergleich zu demjenigen des Gesamt-
quotienten in der Vorperiode an.
Da nun der Kaninchenharn deutlich alkalische Reaktion hat und
eine bakterielle Zerstörung von Zucker beim Sammeln des Harns
während 24 Stunden möglich ist, wie ich (8) in einer anderen Mitteilung
nachwies, wurde bei meinen Versuchen der Harn in einem Gefäß auf-
gefangen, das in einer Kältemischung stand, so daß der Harn nach seinem
Eintritt in das Gefäß rasch zu Eisklumpen gefror. Dieser Harneis-
klumpen wurde dann am Ende der 24stündigen Periode aufgetaut
und zur Analyse verwandt.
Aus meinen Versuchen teile ich zwei mit, die in jeder Beziehung
tadellos durchgeführt sind. Ich stelle in der folgenden Tabelle I die
Tabelle 1.
| Е Kaninchen 3 nn Kaninchen 4
|| C pro Tag | N pro Tag | = I { C pro Tag | N pro Tag С: бы
|, | 3 o ege | æ g
Vorperiode . . | 1,0882 | 0,7662 | 1429 1,1156 | 0,7872 1402
Hauptperiode. | 1,1734 | 0,9078 1992 |: 09389 | 0,7187 | 1,306
Nachperiode . | 11105 | 08372 | 1322 | 10709 | 08008 | 1373
Die C- bzw. С: N-Werte in der en bedeuten immer Rest-C
bzw. Rest-C : N-Werte.
-207
Harnquotient C: N bei der Adrenalinglykosurie.
KA
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(US Së
| ПХ 714
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09# | 0914 E] IIX oi
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— — Feet 00/0'1
9E987 1 7616$ SOU €
Z80993 | 208999 | eg / 98:9
968950 | 66611 6698 [
967165 | 66/8980 90?6`&
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| = =. С — — oer | soten | sure | осу | oer luet
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— — — — — — — — —— —
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POST 08650 | 60001 | 95 | 081 | ИХ e
LLII | gemet | 826610 | 38670 EET | PLEZI liggt | 00Р | 0581 LS 1
аләти „ [80:1 | оо 61990 96 Т ‚ | 7197 | mut | PISI | 08 | 0981 | ПХ TI
yong} enz | 56511971 | #1581, 88700 6181 ere, 0910 | 22060 | 80261 098 | 0981 | ПХ ot
е ©8Р1 | 90911 98860 | бӨР8О 6161 | 21820 | 16691 OIE | dest | IIX 6
| 1991 | 916'0 11980 | 96160 81: | 21890 | 66801 666 | OSLI (LS
E = = соот | 891,50 | SPILI | 995 | 008I | ISL
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208 H. Wada:
|
Versuchsergebnisse zusammen. Aus dieser Tabelle geht hervor, daß
unter Nichtberücksichtigung des im Traubenzucker enthaltenen С
in den glykosurischen Perioden bei dem Versuch 3 unter der Adrenalin.
wirkung im Tagesdurchschnitt die C- und N-Ausscheidung im Ham
in der Hauptperiode etwas zunahmen, während sie im Versuch 4 etwas
abnahmen; das stimmt mit den Resultaten der Versuche anderet
Beobachter überein, soweit die N-Ausscheidung in Frage kommt, wie,
АТЦ ЕЕЕ ШИ
С
25
АБЬ.1. Kaninchen 3. |
BEN 2 Rest-C (Titr.)
— Gesamt-N
Gesamt-C. — — — Gesamt:N.
ich in der Einleitung auseinander-
gesetzt habe. Die C-Ausscheidung
war bisher nicht untersucht wor-
den. In beiden Versuchen aber
hatte sich unter der Adrenalin-
wirkung der nicht im Zucker ent-
haltene dysoxydable Kohlenstoff
des Harns im Vergleich zum Stick-
stoff etwas vermindert, und in-
folgedessen war in beiden Fällen
\ SE |
ПАРМЕ der Quotient C:N oder, besser
gesagt, der Restquotient unter
Jä / "Au: der Adrenalineinwirkung herab-
gegangen. Die Senkung de
Quotienten beträgt etwa 0,1. Da:
ist nicht viel, aber es beweist doch
jedenfalls, daß durch das Adrenalin
dysoxydative Störungen nicht er-
Abb. 2. Kaninchen 4. zeugt werden, sondern daß eher
Gesamt-C. — — — Gesamt-N. die Verbrennung des Kohlenstoff:
— — C:N Bett (Tei llständi ird
En Gesamt:N vollständiger wird.
Harnquotient C: N bei der Adrenalinglykosurie. 209
Ergebnis.
Aus meinen Versuchen geht hervor, daß es bei der Adrenalin-
glucosurie im Gegensatz zum menschlichen Diabetes und auch zu
manchen Fällen von Phlorrhizinglykosurie nicht zu einer gesteigerten
Ausscheidung von dysoxydablem Kohlenstoff im Vergleich zum Stick-
stoff durch den Harn neben dem Traubenzucker kommt.
Experimenteller Teil.
Der Stickstoff wurde nach Kjeldahl, der Kohlenstoff nach der in der
Arbeit von Gomez (9) beschriebenen Methode, der Zucker nach Bertrand
bestimmt.
Literatur.
1) Grafe, Die pathologische Physiologie des Gesamt-Kraft- und -Stoff-
wechsels bei der Ernährung des Menschen. Verlag Bergmann 1923. —
2) Arnoldy und Leschke, Zeitschr. f. klin. Med. 92, 1921. — 3) Juschtschenko,
diese Zeitschr. 15, 1909. — 4) Bornstein, ebendaselbst 114, 157, 1921. —
5) Bickel und Kauffmann-Cosla, Klin. Wochenschr. 1924, Nr. 28; Virchows
Arch. 259, 1926. — 6) Kanamori, diese Zeitschr. 170, 410, 1926. — 7) Wada,
Nach dem Manuskript zitiert. — 8) Derselbe, ebendaselbst. — 9) Gomez,
diese Zeitschr. 167, 1926.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 14
Über Veränderungen des Restquotienten C:N im zuckerhaltigen
alkalischen Harn infolge von Zersetzungsvorgängen.
Von
Hideo Wada.
(Aus der experimentell-biologischen Abteilung des Pathologischen Instituts
der Universität Berlin.)
(Eingegangen am 20. Februar 1926.)
Mit 2 Abbildungen im Text.
Bei den Untersuchungen über das Verhalten des Harnquotienten
C: N unter verschiedenen pathologischen Bedingungen, die im hiesigen
Laboratorium in den letzten Monaten ausgeführt wurden, stießen wir
auf folgende methodisch wichtige Frage. Es war bei den Arbeiten mit
zuckerhaltigen Harnen oft erforderlich gewesen, den Harnquotienten
C:N nach Abzug des nach der polarimetrischen oder titrimetrischen
Methode ermittelten Zuckers und des daraus durch Rechnung gefundenen
Zucker-C-Gehalts zu bestimmen. Wir bezeichnen diesen Quotienten
als den Restquotienten. Diese Analysen mußten in der während
24 Stunden gesammelten Harnmenge gemacht werden. Wenn dies
Analysen Wert haben sollten, dann mußte man sicher sein, daß in den
24 Stunden, während der Sammlung des Harns, der Zucker nicht zer-
setzt würde. Denn bei der Zersetzung des Zuckers — besonders kam
hier eine Zersetzung unter der Mitwirkung von Bakterien in Frage —
konnten aus dem Zucker C-haltige Substanzen gebildet werden, die
nicht mehr reduzierten oder optisch aktiv waren, die aber den Rest-
quotienten beeinflußten; es konnte auch ein Teil des Kohlenstoffs des
zersetzten Zuckers in Substanz der Bakterienleiber bei der Vermehrung
der Bakterien umgewandelt werden. Auch die aus zersetztem Zucker
gebildete und in dem Harn abgorbierte oder anderweitig gebundene
Kohlensäure konnte den Restquotienten beeinflussen. Nur die aus dem
Н. Wada: Veränderungen des Restquotienten C:N usw. 211
Harn entwichene Kohlensäure des zersetzten Zuckers wäre auf den
Restquotienten ohne Einfluß geblieben.
Während nun der Harn des Menschen und auch derjenige des
Hundes auch nach 24stündiger Sammlung gewöhnlich eine saure oder
doch mindestens eine schwach saure Reaktion zeigen und hier eine
bakterielle Zersetzung des Zuckers kaum in Frage kommt — Watanabe
fand im hiesigen Laboratorium bei ad hoc angestellten Versuchen
überdies die Richtigkeit dieser Annahme bestätigt —, war bei dem
alkalischen Kaninchenharn die Möglichkeit gegeben, daß hier Zer-
setzungen des Zuckers und damit Beeinflussungen des Restquotienten
vorkommen könnten. Daher habe ich diese Frage einer genauen
experimentellen Prüfung unterzogen.
In meiner Arbeit über das Verhalten des Harnquotienten C: N
bei der Adrenalinglykosurie habe ich gezeigt, daß der Restquotient
des Harns in den glykosurischen Perioden nicht erhöht ist. Bei diesen
Versuchen wurde der während 24 Stunden sich absondernde Harn in
einem Gefäß aufgefangen, das in einer Kältemischung stand, so daß
der jeweils abfließende Harn sofort gefror und eine bakterielle Zer-
setzung unmöglich wurde. Ich habe nun bei meiner vorliegenden
Arbeit ebenfalls durch Adrenalinvergiftung glykosurischen Harn bei
Kaninchen erzeugt und die Versuche ganz in derselben Weise angestellt
wie die Versuche in meiner oben zitierten Arbeit, nur mit dem Unter-
schied, daß der Harn in einem Gefäß aufgefangen wurde, das
nicht in einer Kältemischung stand, so daß also der Harn während
24 Stunden bei Zimmertemperatur von etwa 18°C gesammelt wurde.
In der 24stündigen Harnmenge wurde der Zucker titrimetrisch nach
Bertrand bestimmt und der Zucker-C-Wert daraus theoretisch be-
rechnet. Gleichzeitig wurde der gesamte C-Gehalt des Harns nach der
in der Arbeit von @omez beschriebenen Methode ermittelt und der
Stickstoff nach Kjeldahl bestimmt. Von diesem Gesamt-C-Wert wurde
der Zucker-C-Wert abgezogen und der Rest-C’durch den Gesamt-N
dividiert, und so der Restquotient С: N bestimmt. In den aglykosuri-
schen Perioden wurde der Quotient aus dem gesamten C- und N-Gehalt
des Harns ermittelt. |
Ich fand nun, daß der Restquotient im glykosurischen Harn im
Vergleich zu dem Gesamtquotienten der Vorperiode und Nachperiode
stärker erhöht war. Das war ebensowohl der Fall bei der An-
wendung des Titrationswertes wie auch des Polarisationswertes für
den Zucker.
Wenn ich aber die 24stündige Harnmenge bei Kaninchen oder
auch bei demselben Kaninchen einige Wochen später in dem in der `
Kältemischung befindlichen Gefäß sammelte, dann war der Rest-
S 14*
212 H. Wada:
quotient in den Adrenalinperioden niemals erhöht, sondern, wie ich in
meiner früheren Arbeit mitteilte, eher etwas erniedrigt.
Versuch Versuch
mit Eiskasten ohne Eiskasten
Kaninchen Nr. 1.
Quotient in Уогрепойде........ | 1,429 1 442
Restquotient in Adrenalinperiode . . . 1,292 1,940
Quotient іп Nachperiode . . . . . . . li 1,322 1,316
Kaninchen Nr. 2
Quotient in Vorperiode . . . . . . .. | 1,402 1,546
Restquotient in Adrenalinperiode ... . 1,306 2,490
Quotient in Nachperiode ....... | 1,373 1,620
Aus diesen Versuchen sieht man, eine wie starke Zuckerzersetzung
und, damit Hand in Hand gehend, eine wie starke Erhöhung des Rest-
quotienten auftritt, wenn man den zuckerhaltigen alkalischen Kaninchen-
harn nicht unter Eis sammelt. Ferner zeigt die gute Übereinstimmung
der Werte in den Vor- und Nachperioden der beiden Versuche bei
jedem Kaninchen, daß im nicht zuckerhaltigen Kaninchenharn durch
das Sammeln des Harns bei Zimmertemperatur keine Veränderung in
dem Quotienten zustande kommt. Ich bemerke noch, daß bei den
Restquotientbestimmungen in der vorstehenden Tabelle die titri-
metrische Methode der Zuckeranalyse benutzt wurde.
Ferner habe ich noch folgenden Versuch angestellt. Ich habe in
einem Kaninchenharn, der keinen Zucker enthielt, den Quotienten
ermittelt, darauf habe ich diesem Harn eine bestimmte Menge Trauben-
zucker zugesetzt und den Harn 24 Stunden bei Zimmertemperatur
stehengelassen. Darauf habe ich den Zucker in dem Harn titrimetrisch
bestimmt, abermals den Gesamt-C-Gehalt des Harns analysiert und
den theoretisch berechneten Zucker-C von dem Gesamt-C abgezogen
und diesen Rest-C zur Quotientbestimmung benutzt. Auch in diesem
Falle war der Restquotient in dem zuckerhaltigen Harn nach dem
Stehen des Harns bei Zimmertemperatur erhöht. Das Versuchsprotokoll
findet sich in folgender Tabelle.
Kaninchen. Quotient des Harns vor dem Zuckerzusatz: 1,35.
Р Гау Gesamt: RestC| __
Harn C |N N [cin N | Zucker Zucker 14 Rec | Ges N Bemerkungen
Zum Ham In
320 |1 з6г6|о,взв| 2,16 2,14 | 0,15 0,48 0,192 |1,1776 =
! eet und gek
| i " 24 Stunden —
Zimmertemperatur
Veränderungen des Restquotienten C:N usw.
S
40 d
HAI
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А-АА
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BBSS RRE GR
Dato 1 2 3 у 5 10 11 72 13 WS
Abb.1. Kaninchen 1.
— Gesamt T ;. — = = Gesamt-⸗-N.
А BEEN Rest:C (Titr.)
с: Gesamt-N
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_ | | | ОД
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ЖЕНЕ ЖЫШ EDATEN
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Abb. 2. Keninchen 2.
Сезаті,С. — — — GesamtsN.
Rest:C (Titr.)
N Gesamt-N
213
Н. Wada:
214
Datum |
Körpers
gewicht
Ham
Gesamt-C
Gesamt-N
Gesamt-C
Gesamt:N
Gesamt
Zucker
Pol.
Datum [Kör EFC) Нат Gesam t⸗C Gesamt⸗N semt,C Sea |
s | gewicht —— Pol.
— —
a
ECH bd pd pd ре pd pd р pd
HARI =
2150
2180
2100
2050
2100
2130
2100
=
385
310
250
289
380
350
330
320
400
270
350
` 360
0,916
0,772
0,907
0,585
0,857
0,862
0,998
0,783
0,835
2,2427
1,8021
0,784
0,546
0,755
0,434
0,525{
0,566
0,532
0,490
0,579
0,554
0,448
0,560
0,462 | ©
0,672
Veränderungen des Restquotienten С: N usw.
- 215
ee
* zen Rest, | Rest-C (Pol.) Rest-C (Titr.)
Titr. Titr. | Gesamt-N Gesamt-N
|
|
|
о Ен T GE н 33
| 1,2600 — 1,3899 — 3,3930 SC
il 0,6233 1,3727 1,2955 1,9920 1,8808 же
© see
D 0,5727 | 1,4894 1,3567 3,0223 2,7530) + Er
— | — а= — — <
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| — | — — — — |
Se Gesamt» Best? Rest-C Rest-C (Pol.) | Rest-C (Titr.)
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| 28
B ` 1148 1,1207 1,1094 2,02 1,98 SÉ
М 0,659 1,1881 1,1431 2,65 2,55 ER
H | 0540 0,9000 0,8600 1,60 15,8 DO
{3 0,495 1,1170 0,9650 2,50 2,09 <
zb 2,240 1,1380 11540 | 169 1.71
216 Н. Wada: Veränderungen des Restquotienten С: N usw.
Ergebnis.
Aus meinen Versuchen ergibt sich, daß im zuckerhaltigen, alkali-
schen Harn beim Stehenlassen des Harns bzw. beim Sammeln des
Harns bei 24stündiger Zimmertemperatur ein Teil des reduzie-
renden Zuckers in nicht reduzierende Kohlenstoffverbindungen über-
geführt wird. Dadurch wird der Restquotient des Harns erhöht. Diese
Fehlerquelle, an die man bei derartigen Untersuchungen beim alkalischen
Harn stets denken muß, kann durch sofortiges Gefrierenlassen des
Harns ausgeschaltet werden. Beim sauren Harn findet auch beim
Aufbewahren des Harns bei Zimmertemperatur keine Zuckerzersetzung |
statt, wie Kanamors nachgewiesen hat.
‘Zum Nachweis des Bilirubins. `
Von
Maximilian Sternberg.
(Aus der I. medizinischen Abteilung des Krankenhauses Wieden in Wien.)
(Eingegangen am 22. Februar 1926.)
Der Zufall stellte mich vor die Notwendigkeit, einen Ham
ohne die üblichen Reagenzien auf Bilirubin zu untersuchen.
Die folgende Überlegung führte zur Lösung dieser Aufgabe: Das
Bilirubin ist in Wasser unlöslich, im Harn als Bilirubinalkali gelöst.
Zerlegt man diese Verbindung durch Zusatz einer schwachen Säure,
so muß das unlösliche Bilirubin ausfallen. Setzt man aber gleichzeitig
noch ein Oxydationsmittel und Alkohol zu, so entsteht Biliverdin, das
sich in dem verdünnten Alkohol mit grüner Farbe lösen muß, da es in
Alkohol ziemlich leicht löslich ist. Zufällig war Phosphorsäure, Alkohol
und altes, verharztes Oleum juniperi vorhanden, das letztgenannte hatte
einmal als Inhalationsmittel gedient. Mit diesen Reagenzien gelang in
der Tat eine deutliche und überzeugende Probe beim Erwärmen.
Eine weit schönere und empfindlichere Reaktion erhält man,
wenn man das als Notbehelf verwendete oxydierte ätherische Öl durch
die käufliche Lösung von Маввегвіойвирегохуа ersetzt.
Die Reaktion wird am zweckmäßigsten folgendermaßen angestellt:
Man füllt die Kuppe der Eprouvette mit Phosphorsäure in offizineller
Lösung, fügt 2cm hoch Harn hinzu und die gleiche Menge von 96proz.
Alkohol, dann ungefähr so viel H,O,-Lösung wie Phosphorsäure. Die
Mischung wird über der Flamme vorsichtig erwärmt, ohne zu kochen.
Bei Gegenwart von Bilirubin tritt eine schöne grasgrüne Färbung auf,
die beim Stehen und Abkühlen noch an Intensität zunimmt. Bei längerem
Kochen schreitet die Oxydation weiter und es entsteht bräunliche Ent-
färbung.
Die Empfindlichkeit dieser Reaktion ist ungefähr gleich der Emp-
findlichkeit der Jodtinkturprobe, wenn sie mit Überschichtung aus-
geführt wird.
Die neue Reaktion hat ein gewisses theoretisches Interesse, indem
sie die Richtigkeit der gebräuchlichen Annahmen über das Verhalten
der Gallenfarbstoffe direkt bestätigt. Sie kann an Stelle der @melinschen
Probe und ihrer Modifikationen verwendet werden und dürfte insofern
auch Vorteile haben, als sie sehr einfach auszuführen ist und das Ar-
beiten mit Salpetersäure vermeidet, das im klinischen Laboratorium
und noch mehr für den praktischen Arzt nicht eben bequem ist.
Über die Beeinflussung des Harnquotienten C:N
durch Insulin beim normalen Kaninchen.
Von
Hideo Wada.
(Aus der experimentell-biologischen Abteilung des Pathologischen Institute
der Universität Berlin.)
(Eingegangen am 22. Februar 1926.)
Mit 1 Abbildung im Text.
Bei der Avitaminose, bei der der Kohlehydratstoffwechsel im
Sinne einer Herabsetzung der Oxydation gestört ist, und zwar ge-
wöhnlich, ohne daß es dabei zu einer Glykosurie kommt, kann nach
den Beobachtungen von Bickel und Collazo (1) die Störung des Kohle-
hydratstoffwechsels durch Insulin unter anderem so weit reguliert
werden, daß es wieder zu einem Glykogenansatz in der Leber kommt.
Die Leber ist bei der Avitaminose fast glykogenfrei.
Ferner haben Bickel und Kauffmann-Cosla (2) bei der Avitaminose ge-
funden, daß durch Insulininjektion die bei dieser Krankheit vermehrte
Ausscheidung von dysoxydablem Kohlenstoff zurückgeht, und zwar von
Kohlenstoff, der nicht im Traubenzucker enthalten ist, und daß der bei
dieser Krankheit erhöhte Quotient С: N durch Insulin gesenkt wird. Viel-
fach sank auch unter der Insulinwirkung bei diesen Versuchen die Stickstoff-
ausscheidung, aber die wesentliche Wirkung durch Insulin zeigte sich doch
an der Verminderung des dysoxydablen Koblenstoffs. Ferner hat Isi
Rosenwald (3) im hiesigen Laboratorium gefunden, daß auch die von ihr
und gleichzeitig auch von Collazo im Institut für experimentelle Pathologie
in Paris gefundene Steigerung der Milchsäureausscheidung durch den Нат
bei der Avitaminose durch die Insulininjektion herabgedrückt. werden kann.
Allerdings tritt diese Verminderung der Milchsäureausscheidung erst am
folgenden oder übernächsten Tage nach der Insulininjektion deutlich
zutage.
Kauffmann-Cosla (2) hatte nun weiter gesehen, daß bei einem normalen
Hunde, der mit Fleisch ernährt wurde, kein Einfluß des Insulins auf den
Harnquotienten C:N nachweisbar war, wenn dem Tiere, das 6kg wog,
sechs Einheiten Insulin injiziert wurden.
Aus allen diesen Beobachtungen geht hervor, daß die Insulin-
injektion nicht nur den in der Form der Dextrose durch den Harn zu
Н. Wada: Beeinflussung des Harnquotienten C : N durch Insulin. 219
Ausscheidung gelangenden dysoxydablen Kohlenstoff, sondern auch
andere Quoten dieses Kohlenstoffs zu vermindern vermag, wenn unter
pathologischen Verhältnissen dieser Kohlenstoff vermehrt ist. Beim
normalen Organismus aber scheint die Insulinwirkung auf den dys-
oxydablen Harnkohlenstoff anders zu sein. Der Versuch von Kauffmann-
Cosla an einem normalen Tiere wurde am Hunde ausgeführt, der bei
Fleischfütterung einen verhältnismäßig niedrigen Quotienten von 0,54
hatte. Man konnte denken, daß bei einem derartig niedrigen Quotienten
eine Insulinzulage zum Körper deshalb ohne Wirkung war, weil der
Körper intermediär bereits eine optimale Oxydation zeigte. Es war
möglich, daß ein Körper, der in der Norm einen höheren Quotienten
aufwies, bei dem also größere Mengen von dysoxydablem Kohlenstoff
ausgeschieden wurden, sich anders verhielt bei der Insulininjektion.
Das Kaninchen ist nun ein Tier, das in der Norm im Gegensatz zum
Hunde einen sehr hohen Quotienten besitzt. Er liegt beim Kaninchen
gewöhnlich zwischen 1,5 und 2,5.
Meine Versuchsanordnung war nun derart, daß ich bei Kaninchen,
die unter täglich gleicher Fütterung mit Futterrüben gehalten wurden,
den Quotienten bestimmte, den Stickstoff nach Kjeldahl, den Kohlen-
stoff nach der in der Arbeit von Gomez (4) angegebenen Methode. Es
wurde zunächst in einer l bis 11, Wochen dauernden Vorperiode im
Harn täglich der Quotient bestimmt und der Mittelwert des Quotienten
in dieser Vorperiode berechnet. In einer ebenso lange währenden oder
auch länger dauernden Hauptperiode, in der die Tiere täglich Insulin-
injektionen bekamen, wurde ebenso verfahren, desgleichen in einer
Nachperiode von ungefähr derselben Dauer, in der aber das Insulin
wieder fortgelassen wurde. Bei einem Kaninchen habe ich die Versuchs-
anordnung noch etwas modifiziert. Ich habe dem Kaninchen neben
dem Rübenfutter täglich eine bestimmte Menge Traubenzucker gegeben.
Durch diese Traubenzuckergabe wird die Gesamtausscheidung des
dysoxydablen Kohlenstoffs nicht verändert, es trat auch keine Glyko-
surie auf, aber die Gesamtstickstoffausscheidung sank infolge der
eiweißsparenden Wirkung der Traubenzuckergabe auf ungefähr die
Hälfte, so daß sich der Quotient verdoppelte. Nachdem dies erreicht
war, wurden bei dauernder Traubenzuckerzufuhr nunmehr die Insulin-
injektionen gemacht und der Quotient ‚weiter untersucht.
Ich teile zunächst das Ergebnis meiner Versuche mit. In einem
Versuch, bei dem einem Kaninchen von 1800 g Körpergewicht täglich
zwei Einheiten Insulin, und zwar eine vormittags und eine abends
subkutan injiziert wurden, stieg der Quotient während der Insulin-
injektion von 1,79 in der Vorperiode auf 2,13 an und erhob sich in der
insulinfreien Nachperiode weiter bis auf 3,43. Bei einem anderen
Versuch, bei dem etwas größere Insulinmengen, zunächst täglich
220 Н. Wada:
zweimal eine Einheit, später täglich zweimal zwei Einheiten injiziert
wurden, sank der Quotient von 2,12 in der Vorperiode auf 1,80 in der
Insulinperiode, um nachher wieder in der insulinfreien Nachperiode
auf 2,36 anzusteigen.
Bei diesen Versuchen war also bei der kleineren Dose der Quotient
etwas gesteigert worden, bei der größeren Dosis Insulin aber leicht
gesenkt worden. Der Effekt der Insulininjektion auf den Quotienten
beim normalen Kaninchen ist also sicherlich nicht einheitlich, aber en
Einfluß ізі schon vorhanden.
Bei dem Kaninchen mit der Traubenzuckerzulage stieg unter der
Wirkung von vier Einheiten Insulin pro Tag der Quotient an, sank
dann unter der Wirkung von sechs Einheiten täglich etwas unter den
Wert der Vorperiode, in der Traubenzucker, aber kein Insulin gegeben
wurde, und er erhob sich wieder über diesen Vorperiodenwert ein wenig,
als acht Einheiten Insulin täglich gegeben wurden.
In der Nachperiode sank dann der Quotient wieder, erreichte aber
auch, als mit der Traubenzuckerzufuhr aufgehört wurde, nicht mehr
den Wert des ersten Teiles der Vorperiode, in dem noch kein Trauben-
zucker gegeben wurde, sondern blieb zwischen den Werten der beiden
Abschnitte der Vorperiode. Es ist immerhin auffällig, daß bei allen
diesen Versuchen nach dem Aussetzen des Insulins der Quotient erhöht
war, während bei der Insulininjektion ohne Rücksicht auf die Dosis der
Quotient bald erhöht, bald erniedrigt war. Gerade die Beobachtungen
an dem Kaninchen mit Zuckerzulage zur Nahrung zeigen, daß die
Quotientänderungen, sowohl die durch die Zuckerzulage allein hervor-
gerufenen, wie auch die durch das Insulin bewirkten in erster Linie durch
die Änderungen in der Stickstoffausscheidung herbeigeführt werden.
Bei der Gabe von vier Einheiten Insulin wurde eine stärkere Stickstoff-
ersparung erzielt, bei der Gabe von sechs und acht Einheiten Insulin
aber war die Stickstoffausscheidung gesteigert und ließ auch in der
Nachperiode, solange Zucker gegeben wurde, eine Steigerung erkennen
im Vergleich zu dem Abschnitt in der Vorperiode, in dem das Tier
Zucker bekam.
Bei dem Kaninchen 1 war ebenfalls die Kohlenstoffausscheidung
in allen Perioden durchschnittlich die gleiche, und die Quotientänderungen
kamen vor allem durch Veränderungen in der Stickstoffausfuhr zustande,
die sich unter der Insulinwirkung hob. Bei dem Kaninchen 2 war die
Kohlenstoffausscheidung in der Vorperiode und in der Insulinperiode
ungefähr dieselbe, aber die Stickstoffausscheidung war in der Insulin-
periode vermindert. In der Nachperiode erhöhte sich aber die Kohlen-
stoffausscheidung beträchtlich, während die Stickstoffausscheidung
nur den Wert der Vorperiode wieder erreichte.
Beeinflussung des Harnquotienten C: N durch Insulin. 221
Tabelle I. Kaninchen Nr. 1.
Datum erh || en | ке Bemerkungen
8. ҮШ. e em. 1960 1,800) 10,840) |2140 |
9. VIII., 1920 ` 200 0:364] |0,336 1,080
0. VII. ; — 400 1,136] „, |0,560| „, | 2,030 |
'1. VIII. 1980 | 260 |(0,726{е2 |0,364| & |1,990[ 2
1. IX. 1985 300 0,006 10,284 © |3,190( =
Ek Сш == | ер |
3, DX ` 2000 229 [1,025] 10,449] |2280] |
4 IX. — >= — — —
5. IX., 2000 385 | 0,457 0,539 0,847 1 Einheit Insulin
6. IX." 2000 : 350 1|0,757| |0396 1,911 täglich zweimal
1. IX. | 2000 ` 310 0,827| t> | 0,356| 5 | 2,323 8
8. IX. | 1960 — 590 | — ә | — 2 Einheite
9 IX.) 2000 | 520 |1239[ 2 0728| 1701| | 12 Insulin `
0. IX. 2050 360 |о,о42 0,605 1,557 täglich zweimal
П. IX.) 2100 | 350 |1710 0,686 2,492) |
2. IX. || 2100 525 |1487) [0,500] | 2,972
D IX. | 2150 290 10,951 0,399] [2383| |
ч. IX. || 2200 650 |1,998| © |0,930| с |2,148| io
5. IX. | 2150 | 160 |0561(® [026805 |20938
16. IX. || 2250 ' 209 [0,554] < |05011 5 |1,105| =
17. IX. || 2300, 260 |0,503| 10,291 1,728
18. IX. р 2300 | 216 0,999) |0,242) |4198
|анын ааа Аааа E
Datum
19. IX,
сога Ф бл иь pe te
ee HERE МЫЯНЫН
ı Kö
Ts
gewicht
Tabelle II. Kaninchen Nr. 2.
Harnmenge | Gesamt-C | Gesamt-N
ccm H @
' 105 0,299 0,560
120 0,282 0,268
130 0,570 0,249
140 0,574 | © | 0,352 =
475 1,6592) 12 | 0,5324 ©
270 |0,321[ S |0,504[ 5
496 1,427 0,577
400 1,178 0,524
470 1,422 0,656
371 0,491 0,189
422 0,450 0,177
310 0,882 з 0,434 SS
274 0,847. 2 0,537 =
315 0,893 С 0,529 o
310 1,414 0,547
268 1,081 0,575
349 1,290 0,583
409 1,508 0,458
280 0,934 х 0,313 =
410 1,655 5 | 0,574 ©
420 1,722] ~ 0471| e
441 1,878 0,446
287 1,546 0,321
| 0,534
|1 ‚052
2, 'о89
1 ‚630
2.992
0,637
2,473
2,248
2,167
2,597
2,542
2,032
1,577
C:N | Bemerkungen
1,791
|
1 Einheit Insulin
täglich zweimal
l
2,128
ж
SE чы ж а эшта аз ты ыы Жы ЫЙ у айла аы ыы ы а ы ыа ш
Н. Wade:
Tabelle III. Kaninchen Nr. 3.
Gesamt -C | Gesamt N C:N поа
Е 4 И
d — — —
1,38434, |1,00 1,37
1,065 30] 1,0388] |1,0255| |
1,229 00| & | 1,1214 = 1,0959 | 5
1,060 00/5 | 0,6720, 8 | 1,6803) 2
1,004 87 | = | 0,8440| < | 1,5603 | S.
0,981 59| ~ [0,7192] |1,3648
1,025 98 |09632 |1044 |
1,111 49 0,4620 2,4058 Traubenzucker 30;
0.786 90| B 0,4144 5 11,8513 | Ж |} Boom datitieran
1,447 96 8 0,4452, | 3,2523; g Wasser (per os)
1,016 60| 5. | 0,4872| 5 | 2,0886 @_
1,140 00 Ne 2,0357 | 4 Einheiten ke
1,272 18ү @ | 0,3976, = | 3,1906 raubenzu
1,16085) g 0/4578) È SE —
1,118 95) =. | 0,3738] с | 2,9934) сг
1,06515) |0,5040) |2,1133
1,209 50] |[0,77001 | 1,5707 |
0,951 77| ез |0,5006| „, |1,8676| _ || mit Traubenzucker
0,957 ol < | 0,6860 & | 1,3064 & wie oben
1.091 77( & | 0,5418{ B | 2,0132 &
0:837 53| — 0,4144| © | 2,0210] ~
0:978 18] 0,6468] | 1,5123
111792) |04704) |2;3765
1,144 09} сз |0,5152 o |2,2205) _
1,418 82| 7 0,5712 S 2,4838 | = || в Einheiten Insulin
15317 36| 2 | 0,4928[ 5 | 2,6305[ 9 |, mit Traubenzucker
1,186 68) — | 0,4312) © | 2,7520) °ї wie oben
1,092 15) 8 | 0,7560) сз | 1,4446) = |
1,131 а 2 (o 8 (en 8
1,133 52) = | 0,6355) & | 2,1167) 5
1,162 80, м | 0,5040, „, | 2,3071) o
1,131 60| © | 0,51521 ёз | 2,1964 | © | Obne Traubenzucker
1,110 40( © | 0,5460( © | 2,0337 (& |
1,285 81) = | 0,7644) © | 1.6859) © .
Es ist bemerkenswert, daß das Insulin beim normalen Organismus
die Ausscheidung des dysoxydablen Kohlenstoffs in seinen absoluten
Mengen durch den Harn praktisch fast gar nicht beeinflußt. Bei den
drei Kaninchen war nur in einem Falle, und zwar bei dem Kaninchen 2
auch nur in der Nachperiode die Ausscheidung des dysoxydablen
Kohlenstoffs deutlich vermehrt. Eine Verminderung des dysoxy-
dablen Kohlenstoffs wurde in keinem Falle unter der Insulinwirkung
beobachtet.
zuständen mit Oxydationsstörungen am Kohlenstoff, bei denen also
der dysoxydable Harnkohlenstoff vermehrt ist, eine Senkung des-
selben hervor, indem es die Oxydation am intermediären Kohlehydrat-
Im Gegensatz dazu ruft .das Insulin bei Krankheits-
Beeinflussung des Harnquotienten C: N durch Insulin. 223
stoffwechsel verbessert. Das gilt sowohl für den Zucker, wie auch für
andere Quoten des vermehrten dysoxydablen Harnkohlenstoffs. Beim
normalen Körper beeinflußt das Insulin im Gegensatz zu dem oben
geschilderten kranken Körper in erster Linie den Stickstoffumsatz.
Dieser kann bald erhöht, bald gesenkt werden. Auch bei dem
kranken Körper wird der Stickstoffumsatz durch Insulin beeinflußt,
aber im Mittelpunkt der Erscheinung steht hier doch jedenfalls die
Wirkung auf den Kohlehydratumsatz.
|
0123#5 678 9 gn GO 1915 677 wg 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 Jage
Abb. 1.
Aus meinen Versuchen geht also nun hervor, daß der dysoxydable
Kohlenstoff in bezug auf seine absoluten Mengen im Harn in der Norm
durch Insulin nicht verändert wird. Außer den hier besprochenen
Versuchen habe ich noch einige andere Versuche an Kaninchen und
Hunden in derselben Richtung unternommen, die aber kein anderes
Resultat hatten als die hier mitgeteilten.
Aus der Zusammenstellung der Literatur über die Insulinwirkung von
Grevenstuk und Laqueur (5) geht hervor, daß beim gesunden Kaninchen
die Insulininjektion zunächst etwa in der ersten halben Stunde den Gas-
wechsel unverändert läßt, daß dann aber bei gleichbleibendem Sauerstoff-
verbrauch der respiratorische Quotient etwas ansteigt. Beim gesunden
Menschen wird der Grundsatz durch Insulin überhaupt nicht, der respi-
ratorische Quotient nur ausnahmsweise im Sinne einer Erhöhung verändert.
Es ist schwer, heute schon ein endgültiges Urteil über die Wirkung des
Insulins auf den Gaswechsel beim normalen Körper abzugeben. Denn die
vorliegenden Versuche haben nicht immer eindeutige Resultate gegeben.
Es scheint aber doch nach den besten der vorliegenden Versuche die Sache
so zu sein, daß durch die Insulininjektion beim normalen Tier der Grund-
umsatz nicht verändert wird und der respiratorische Quotient entweder
224 Н. Wada: Beeinflussung des Harnquotienten C : N durch Insulin.
unverändert bleibt oder eine geringe Steigerung erkennen läßt. Das alles
gilt natürlich nur für den Fall, daß durch die Insulinwirkung nur die Blut-
zuckersenkung, aber nicht die übrigen toxischen Wirkungen, die sogenannten
hypoglykämischen Krämpfe hervorgerufen werden.
Da nun auch bei meinen Versuchen sich keine Veränderungen in
einer ganz bestimmten Richtung, insbesondere keine Herabsetzung in `
der Menge des dysoxydablen Harnkohlenstoffs іп der Norm ergeben
haben, folgt auch daraus in Übereinstimmung mit den Ergebnissen
der Gaswechseluntersuchung, daß gröbere Veränderungen in der
Oxydation beim normalen Körper durch die Insulininjektion nicht
hervorgerufen werden. @Grevenstuk und Laqueur haben ganz recht,
wenn sie das Verschwinden des Blutzuckers unter dem Einfluß der
Insulininjektion beim normalen Tiere in erster Linie in der Weis
deuten, daß durch eine Bindung des freien Zuckers in irgend einer
Form der Reduktionswert des Blutes herabgesetzt wird.
Literatur.
1) Bickel und Collazo, Deutsch. med. Wochenschr. 1923, Nr. 45. —
2) Bickel und Kauffmann-Cosla, diese Zeitschr. 166, 1925. — 3) L. Rosen-
wald, ebendaselbst 168, 324, 1926. — 4) Gomez, ebendaselbst 167, 1926. —
5) Grevenstuk und Laqueur, Insulin, Verlag Bergmann, 1925.
Über Fettspaltvermögen und Cholesteringehalt
im Bilutserum bei Luetikern.
Von
Н. v. Weiss und M. Dörle.
(Aus der medizinischen Universitäts-Poliklinik, Freiburg i. Br.)
(Eingegangen am 27. Februar 1926.)
In unseren Untersuchungen über das Fettspaltvermögen im Blut-
serum von Hypertonikern und Arteriosklerotikern (Dörle und v. Weiss,
1926) konnten wir einen Zusammenhang zwischen herabgesetztem
Fettspaltvermögen und Hypercholesterinämie feststellen. Herab-
gesetztes Fettspaltvermögen ergab sich bei einigen unter unserem
damaligen Material befindlichen Fällen von Lues und Metalues. Eine
Nachprüfung dieser letzteren Beobachtung an größerem Material ist
Gegenstand vorliegender Untersuchungen.
Über herabgesetztes Fettspaltvermögen bei zwei Fällen von Lues
berichtete erstmalig Bauer 1912. Über erhöhten Chbolesteringehalt im
Serum Luetischer finden sich mehrfach Angaben in der Literatur. So
fanden Klein und Dinkin 1914 bei zwei Dritteln ihrer Fälle eine deutliche
Cholesterinvermehrung im Durchschnitt auf 239 mg in 100ccm Serum.
Ähnliche Befunde erhoben Stein 1914, Pribram 1914 und Jakobi 1915
insbesondere bei Metalues. Der Einfluß des Cholesterinspiegels auf den
Ausfall der Wassermannreaktion im Blutserum wurde von verschiedenen
Autoren geprüft, so von Carbone und Nizzi 1913 und 1914, die durch Zusatz
von Cholesterinlösungen den Ausfall der Wassermannreaktion von negativ
in positiv verwandeln konnten. Sie hielten die bei der Wassermannreaktion
wirksame Substanz für Cholesterin und fanden dieses bei der Ausfällung
zu vier Fünfteln an die Globulinfraktion gebunden. Auch Berczeiler und
Schillinger fanden 1918, daß zum Zustandekommen der Wassermann-
reaktion Lipoide und eiweißartige Bestandteile nötig sind.
Unsere Methodik war die auch bei den bisherigen Untersuchungen
benutzte. Das Fettspaltvermögen wurde mit dem Traubeschen Stalag-
mometer bestimmt; der auch beim Gesunden ziemlich wechselnde Wert
ist im Durchschnitt auf 5 bis 10 Tropfen anzunehmen. Der Cholesterin-
gehalt wurde kolorimetrisch nach Autenrieth bestimmt. Der Durch-
schnittswert beim Gesunden beträgt hier etwa 120 bis 160 mg in
100 ccm Serum.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 15
226 H.v. Weiss u. M. Dörle:
Für die Überlassung des größten Teils der von uns untersuchten Seren
aus der serologischen Abteilung der Freiburger Hautklinik sind wir Herm
Professor Dr. Rost sehr zu Dank verpflichtet.
Unsere Untersuchungen umfaßten insgesamt 95 Patienten. Bei
56 bestand eine seropositive Lues, bei 23 eine klinisch sichere, jedoch
seronegative Lues. Bei 16 Kontrollfällen bestand keine luetische Er-
krankung.
Die Ergebnisse sind im einzelnen folgende:
I. Seronegative Lues (28 Fälle).
Tabelle I.
Cholesterin
in 100 cem
rum
Fettspalt.
Geschlecht vermögen
8 с
30 | с" i {
4 С 4 128 Lu II, Ende 7. Salv.-Kur
5 | с 9 120 Lu IT, Beginn 2. Kur
13 | o 21, 210 Tuũ, lat.
26 © 0 342 Lu lat., in 5 Jahren 4 Kuren
28 06 | 0 290 |Іл lat., 2. Kur
33 | 31 | 2 0 334 |Lu lat.
34 30 с Io | 266 Lu lat., Ende 3, Kur
41 | 28 с | 0 ` 316 (att, 3 kombinierte Kuren
42 | 30 æ | 4 166 |І
45 | 22 | о ı 0 306 Lu, Frühgeburt M 2
84 27° Q 2 202 Lu, lat., 4 Kuren
85 | 42 Q a 278 || Lu III, Infekt.1919, seitdem 3 Kuren
86 | 50 | С 0 218 Lu lat., 6 Kuren seit 1914
8/30 с | 0 994 |La lat.
90 = | © | 315 | a Lu lat., 2 Kuren
91 | 4 Lu lat.
94 | 35 Ä | 1 | + Ye | 2 Lu lat., m
102 | 35 | ch Lu II, 5. Kur
101 37 . е | 3 Ä 162 Lu lat.
103 | 8. с 3, ; 222 Lu lat.
Wir finden also in 21 Fällen ein vermindertes oder aufgehoben®
Fettspaltvermögen, in zwei Fällen ist es in normalen Grenzen. Der Durch,
schnitt aller Fälle, 1,97, ist also stark herabgesetzt.
Der Cholesterinwert ist in 18 Fällen stark erhöht (180 bis 342 mg),
in fünf Fällen normal (128 bis 170 mg). Der Durchschnitt aller Fälle ist
stark erhöht, 245 mg in 100 ccm Serum.
Es erscheint uns bemerkenswert, daß die drei am Anfang stehenden
Fälle von sicherem Primäraffekt und noch negativer Seroreaktion ein fast
aufgehobenes Fettspaltvermögen und stark erhöhten Cholesterinspiegel
zeigen. Auf Fall 5, der ein entgegengesetztes Verhalten zeigt, wird später
eingegangen werden. |
Fettspaltvermögen und Cholesteringehalt im Blutserum bei Luetikern. 227
П. Seropositive Lues (56 Fälle).
Zusammenhänge zwischen den Abstufungen und Arten der positiven
Serumreaktion (Wassermann, Sachs-Georgi, Dold, Stern) einerseits und
Fettspaltvermögen und Cholesterinspiegel andererseits waren nicht fest-
zustellen. Wir haben deshalb die feineren serologischen Differenzen der
nun folgenden positiven Fälle nicht angeführt.
Tabelle 11.
| | | Cholesterin
Nr. . — ı Geschlecht — * = j Bemerkungen
|| Jahre | ng
8138| о 2 40 Lu lat.
16 | 20 | Q 2 240 ||Chorioiditis luetica
19 56 с 1 388 Frische Lu 2
18 | 20 | ch 3 168 Lu congenit? Vater hat Tabes.
20 23 Q 2 288 ||Frühgeburt im 7. Monat, Lu Il
21 | 50 | е) 5 166 |Уог 20 Jahren Lu, jetzt Са uteri
2 24 e 0 24 LuII + Go.
381341 о 0 340 Пап + Go.
4\95. o 0 346 ||Lull in Kuren
25! 50 | с 1 236 LuIII, vitium cordis
31 || 21 с" 0 210 || Ulcus mixt.
35 33 9 3 166 |; In 12 Jahren 3 Kuren
mol с 0 318 |та, 5 Kuren
37 23 | с 1 310 Ende 3. Kur
9 25" g d 348 ||Lu II, früher 2 Kuren
404 29. с 2 222 Lu II, Beginn 2. Kur
4 1 41 CH 0 166 Lu lat.
51 40 CH 0 340 Lu II
52 | 27 Q 0 984 |Lu lat.
D 20 с 0 342 |І
5.21 o 0 310 |Lull
94. 55 с 1 289 Lu П + Skabies.
56 ' 35 с 2 240 |Lull
57 | 36 Q 11, 165 Luft, 5. Kur
58 | 43 с 1 184 ||Lu Dermatidis
59. 58 с 24, 222 |Lulll |
60 | 25 oh 0 150 ||Lu lat
61 |, 30 о 0 176 Lu lat
63 | 25 Q 0 243 Lull
66 | 26 С 1 256 "Lu lat
68 | 28 ch 0 158 |Lull
69, 23 Ch 5, 240 LuII, Beginn 5. Kur
70 | 32 с 21, 270 |LullI, Ende 2. Kur
71, 24 Q 3 282 [Іл lat., 2. Kur
12 | 25 Ф 4 188 Lu II, Anfang 2. Kur
з\9 $ 4 228 |Т, 3. Kur
74 30 Q ı 1 150 \Lull
15 21] $ | Ha 216 Іп
76, 60 2 11), 276 | Lu lat
80. 47 ° 0 140 Lull
81, 32 Q 0 206 | Dementia paralytica
82" oe 8 0 212 Lu lat.
16 *
228 H.v. Weiss u M. Dörle:
Tabelle II (Fortsetzung).
Cholesterin
in > ccm
gen |
Geschlecht тше
Q 0
Q 0
с 2
с 0 П, 1. К
о 6 140 |Lu IL, Ende 5. Kur
Q 0 180 |Lult
с 3 168 Paralyse
Q 0 165 "Lu conegnit.
9 0 210 Та congenit., Ende 7. Kur
Q 0 260 Lu congenit.
Q 3 180 [pr congenit.
Ch 8 98 Lu cerebri? Neuere Lues?
Wir finden also normales Fettspaltvermögen (Fall 5 bis 8) in nur drei
Fällen, in den 53 anderen Fällen ist es vermindert oder aufgehoben, der
Durchschnitswert sämtlicher Fälle ist 1,43. Der Cholesterinwert ist in
14 Fällen nicht vermehrt (unter 180 mg), in 42 Fällen stark vermehrt
(bis 388 mg). Der Durchschnütswert sämtlicher Fälle beträgt 233 mg.
Besonders hinzuweisen ist auf die am Ende der Tabelle stehenden
Fälle von kongenitaler Lues (Fall 77, 79, 97, 100). Trotz der Jugend dr:
Patientinnen ist das Fettspaltungsvermögen іп drei Fällen aufgehobeı.
im vierten stark herabgesetzt. Der Cholesterinspiegel ist im Fall 100 an
der oberen Grenze der Norm, bei den Fällen 77, 79, 97 erhöht.
Als letzten Fall haben wir 62 angeführt, der ebenso wie Fall5 der
Tabelle I ein hohes Fettspaltvermögen bei niederem Cholesteringehalt
zeigt, somit unseren sonstigen Ergebnissen widerspricht. Eine Erklärunz
dafür vermögen wir nicht zu geben; sie wäre vielleicht zu finden in der
Auffassung Bergels!), der ein mit der Steigerung des Immunitätsgrade
parallel gehendes Fettepaltvermögen annimmt. Im Gegensatz dazu ergeber
unsere Untersuchungen bei 74 von 79 Luesfällen ein herabgesetztes oder
aufgehobenes Fettspaltvermögen.
Einen Einblick in den Zusammenhang der verschiedenen von un:
registrierten Reaktionen könnte wohl nur eine häufig wiederholte Unter-
suchung an einer größeren Zahl von Fällen geben. Wir hatten nur be
drei Fällen Gelegenheit zu wiederholter Untersuchung, deren Ergebu-
Tabelle III gibt.
Eine eindeutige J von Fettspaltvermögen und Cholestert-
spiegel mit der Änderung der serologischen Reaktionen ist hier nicht fet-
zustellen, jedoch scheint bei Fall M. und F., sowie bei den Fällen 69, 71.
12, 73, 90, 93, 102 unter dem Einfluß energischer Behandlung ein rolati
hohes Fettspaltvermögen sich eingestellt zu haben. Bei der Komplikstio
der Verhältnisse durch die Beeinflußbarkeit von Fettspaltvermögen un
Cholesterinspiegel durch anderweitige, vor allem Hautinfektionen ш»!
alimentäre Zustände läßt sich jedoch nur von großen und oft wiederholte
Reihenuntersuchungen eine Klärung des Zusammenhangs erwarten.
1) Bergel, Münch. med. Wochenschr. 1926, S. 140.
Fettspaltvermögen und Cholesteringehalt im Blutserum bei Luetikern. 229
Tabelle III.
Fett» Cholesterin
1 ы в
Dold dei т — —
| эже E
A o 3 Latz — (К.о — | 0 | 348 ап, vor
| | | Т Sale Kur.
4.ХП.|++|++!|„ » |++| 0 240 || salv. + Bi
A ++ ъъ ++ #ё| 282 d'r"
8 Tage ++ ++ + |++ 2 240 .|Inzw.Beg. mit
| später | | Salv..Kur.
Н! oe ` 22 | ? ++i + + + 1 5 208 „ul Bl vor
"1 Monat EFF иЕе Tr 0 310 | Salv. + Bis
später | ++ | ++| ++ | ++ 0 278 j Kur
Die starken Schwankungen der von uns beobachteten Seroveränderungen
gehen auch aus unseren nicht luetischen Kontrollfällen hervor.
Ä Tabelle IV.
| Kontrollfälle.
| | R | | |
Ti. | = "Geschlecht | оаа | m” Diagnose
з Jahre | | mg
2 45 2,6 138 ||?
3 36 2 6 124
6 25 o | 8 . 132 '?
т 5% o ` Di ! 188 |Skabies
паї o 6 | 178 Sexual-Neurasthenie
9 14 Q 3 ı 218 Skabies
12 35 е 5 | 163 Ое 2. В. Lu
4 17 о | 8 150 р
29 59 2 511, | 128 | Hysterie — Neurasthenie
3 31 © 31. : 256 Leichte Grippe, vor !;, Jahr in
| ı mehrmaliger Unters. FSV — 10
49, 22 ch 6 150 | Schizophrenie
55 52 ch 5 210 |Ikterus
67 28 Q 10 ' 140 Nourasthenie
5 652 2 3 210 Klimax
05 36 Q 3/3 | 125 | Geistesstörung
% 22 Q ‚ аӊ 1 160 'z.B. Lu
Wir finden somit bei den Kontrollfällen trotz der Beeinflussung durch
andere Erkrankungen einen wesentlichen höheren Durchschnittswert für
das Fettspaltvermögen (von 11, bis 10); der niedrigste Wert 11 findet
sich bei einem 56jährigen Skabiespatienten; auch der andere, nur 14jährige
Skabiespatient zeigt herabgesetztes Fettspaltungsvermögen und erhöhten
Cholesterinspiegel. Die anderen Fälle mit stärkeren Abweichungen von der
Norm betreffen einen leichten Grippefall (43), einen Fall von Ikterus und
einen Fall von klimakterischen Störungen (15), wo diese Veränderungen, wie
230 Н. v. Weiss u. М. Dörle: Fettspaltvermögen und Cholesteringehalt usw. |
andererorts erwähnt, außerordentlich häufig sind. Ebenso ist bei Ikteru:
die Erhöhung des Cholesterinspiegels schon beschrieben. Durch diese letzt-
genannten Fälle ist der durchschnittliche Cholesterinwert, 166 mg, etwa: .
über die sonst beschriebene Norm erhöht.
Der Unterschied der bei den Kontrollfällen gefundenen Durchschnitt:
werte von den Durchschnittswerten bei Lues ist jedoch so augenfällir.
daß uns trotz Schwankens der Befunde bei einzelnen Fällen die Tenden:
zur Erhöhung des Cholesterinspiegels und noch ausgesprochener zu starke:
Verminderung des Fettepaltvermögens bei Lues bewiesen erscheint. Der
Zusammenhang zwischen Herabsetzung des Fettspaltvermögens und Е.
höhung des Cholesterinspiegels ist jedoch nicht so ausgeprägt, wie be.
arteriosklerotischer und essentieller Hypertonie. Wir finden bei Lus
relativ häufig stark herabgesetztes Fettspaltvermögen bei annähemi
normalem Cholesterinspiegel.
Zusammenfassung.
1. Веі seronegativer, klinisch sicherer Lues (23 Fälle) ist da:
Fettspaltvermögen in 2 Fällen normal, in 21 Fällen vermindert oder
aufgehoben. Der Cholesteringehalt des Serums ist in 5 Fällen normal.
in 18 erhöht. Bei drei Primäraffekten sind die Veränderungen besonders
ausgeprägt. Der Durchschnittswert aller Fälle beträgt für Cholesterin
245 mg in 100 ccm Serum, für Fettspaltvermögen 1,97 mg.
2. Bei seropositiver Lues (56 Fälle) finden wir das Fettspalt-
vermögen in 3 Fällen normal, in 53 Fällen vermindert oder aufgehoben.
Der Cholesterinspiegel ist in 14 Fällen normal, in 42 stark erhöht. Die
Durchschnittswerte betragen für a a 1,43 mg, für
Cholesterin 233 mg in 100 ccm Serum.
3. Bei einigen unserer zum Teil wiederholt untersuchten Fälle
finden wir bei hohem Cholesterinspiegel ein relativ hohes Fettspalt-
vermögen, das wahrscheinlich auf den Einfluß energischer Behandlung `
zurückzuführen ist.
4. Als Kontrolle untersuchte Fälle anderer Erkrankungen ergaben
für Cholesterin 166 mg, für Fettspaltvermögen 5,25 mg als Durch-
schnittswert.
5. Bei Lues aller Stadien ist eine deutliche Tendenz zur Ver-
minderung des Fettspaltvermögens festzustellen. Die schon früher
beschriebene Erhöhung des Cholesterinspiegels ist bei drei Vierteln
unserer Fälle vorhanden, jedoch nicht so häufig und weniger aus-
gesprochen als die Verminderung des Fettspaltvermögens.
Literatur.
J. Bauer, Wien. klin. Wochenschr. 1912, S. 1376. — Carbone und Xizzi.
Biochemica 1913 und 1914. — L. Berczeller, A. Schillinger, diese Zeitschr.
90, 1918. — М. Dörle und H. o Weiss, ebendaselbst 167, 1926. — Е. Fränkel,.
Münch. med. Wochenschr. 1919. — J. Jakobi, Festschr. f. Prof. Lechner
Kolozwar 1915. — W. Klein, L. Dinkin, Zeitschr. f. phys. Chem. 1914.
Über die Oxydation der Oxalsäure durch Jodsäure
in wässeriger Lösung.
Von
Shigeru Toda.
(Aus dem Kaiser Wilhelm -Institut für Biologie, Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 2. März 1926.)
Mit 9 Abbildungen im Text.
I. Historisches.
Im Jahre 1844 beobachtete Е. Millon!), daß die oxydierende
Wirkung der Jodsäure auf organische Substanzen ausbleibt, wenn
man dem Reaktionsgemisch eine kleine Menge Blausäure hinzufügt.
Zucker, Ameisensäure oder Oxalsäure, die іп wässeriger Lösung von
Jodsäure angegriffen werden, bleiben bei Gegenwart ‚fast homöo-
pathischer‘‘ Mengen an Blausäure unverändert.
Weder Millon noch spätere Autoren, die sich mit der Erschei-
nung beschäftigten, haben eine Erklärung gefunden. In seiner be-
kannten Arbeit über die Wirkung der Blausäure auf die lebendige
Substanz führt Geppert?) die Millonschen Systeme als Analoga an
und meint, man würde die Wirkung der Blausäure auf die lebendige
Substanz wohl verstehen, wenn man erst Millons Beobachtung er-
klären könnte. Ä
П. Fragestellung.
Wir beschäftigen uns im folgenden mit dem übersichtlichsten
der Millonschen Systeme, mit dem System Jodsäure—Oxalsäure,
das in wässeriger Lösung bei Zimmertemperatur nach der Bilanz-
gleichung reagiert:
2HJO,+5H,C,0, = 6 HO + 10 СО, + Ja
Da dieser Vorgang durch Blausäuremengen gehemmt wird, die
gegen die Mengen an Jodsäure oder Oxalsäure zu vernachlässigen sind,
so ist von vornherein klar, daß der Blausäurewirkung weder eine
Reaktion mit Jodsäure noch eine Reaktion mit Oxalsäure zugrunde
liegt. Vielmehr muß in Jodsäure—Oxalsäurelösungen eine Substanz
1) С. r. 19, 270, 1844.
2) Über das Wesen der Blausäurevergiftung. Berlin, A. Hirschwald,,
1889.
232 S. Toda:
vorhanden sein, die in einem stöchiometrischen Verhältnis zu der
hemmenden Blausäuremenge steht. Die Substanz muß die Eigenschaft
haben, Jodsäure—Oxalsäurelösungen zum Umsatz zu bringen, und muß
diese Eigenschaft verlieren, wenn sie sich mit Blausäure verbindet.
Ich habe auf Vorschlag von Herrn Otto Warburg nach dieser Substanz
gesucht und berichte im folgenden über das Ergebnis meiner Versuche.
III. Meßmethoden.
Da bei der Oxydation der Oxalsäure durch Jodsäure als End-
produkt Kohlensäure entsteht, so kann die Geschwindigkeit der Oxy-
dation manometrisch, durch Beobachtung des entwickelten Kohlen-
säuredrucks, gemessen werden.
| Zum Versuch wurden gleiche Volumina n Jodsäure (176 g : 1000
und n Oxalsäure (126/2 g : 1000) gemischt. Је 4ccm dieses Säure-
gemisches, das in bezug auf jede Säure n/2 war, wurden in Gefäße
von der Form der Abb. 1 eingefüllt. Das
Gesamtvolumen der Gefäße, die aus Jenaer
Glas hergestellt waren, betrug etwa 30 cem.
Der Einsatz der Gefäße blieb leer, der Ges-
raum wurde mit Luft gefüllt.
Die Gefäße wurden, mit Manometern
verbunden, in einen auf 18 bis 19 ein-
stehenden Wasserthermostaten eingehängt
und zunächst 10 Minuten geschüttelt, bis
Temperatur und Druckgleichgewicht ein-
getreten war. Dann wurden die auftretenden
positiven Drucke beobachtet, die von der
Entwicklung der Kohlensäure herrührten. Die Gefäßkonstanten!) für
Kohlensäure (kco,) waren etwa 2,7, was bedeutet, daß 1 mm Druck-
zunahme die Entwicklung von 2,7 cmm Kohlensäure anzeigte.
IV. Vorversuche.
Vorversuche stellte ich an, indem ich gleiche Mengen des
n/2 Jodsäure— Oxalsäuregemisches in Reagenzgläser einfüllte und
den Fortschritt der Reaktion an der zunehmenden Braunfärbung `
beobachtete, die von dem ausgeschiedenen Jod herrührte. Es si `
bemerkt, daß diese einfache Anordnung für Blausäureversuche nicht
geeignet ist, da Blausäure und Jod unter Bildung farblosen Jodceyans
reagieren.
Es zeigte sich bei den Vorversuchen, daß die Reaktion zwischen
Oxalsäure und Jodsäure durch Metallsalze beschleunigt wird. Am
273 |
Do "o + ch
Oxydation der Oxalsäure durch Jodsäure. 233
wirksamsten erwiesen sich Eisen- und Kobaltsalze, die in einer Kon-
zentration von п/10000 deutlich beschleunigten. Weniger wirksam
waren Mangan- und Kupfersalze.
V. Quantitative Versuche mit ungereinigter Jodsäure und Oxalsäurec.
Unter ‚„ungereinigter‘‘ Jodsäure und Oxalsäure verstehe ich die
reinsten Kahlbaumschen Präparate. Tabelle І und Abb. 2 zeigen den
Verlauf eines manometrischen Versuchs. Die Geschwindigkeit der
Reaktion nimmt im Laufe von 3 Stunden langsam zu, 4 ccm des Säure-
gemisches haben nach 3 Stunden etwa 450 cmm Kohlensäure entwickelt,
der Manometerausschlag in dieser Zeit beträgt etwa 170 mm.
Tabelle I.
4 ccm n/2 Jodsäure—Oxalsäure (ungereinigt), Temperatur 18,0° С.
| 5proz. KOH 5рго2. КОН
{ со» im cmm im Einsatz t СО; in cmm m Einsatz
Minuten cmm Minuten . cmm
ССИ
EES А
1
EE
\
N
D 250
20 Wi 60 80 10 120 1⁄0 160 180 0 20 28 — 80 * 120 140 160 180
Zeit in Min. Zeit in Min.
Abb. 2. Abb. 3.
Der Versuch der Tabelle I war mit einer Kontrolle verbunden,
die entscheiden sollte, ob das entwickelte Gas ausschließlich Kohlen-
säure sei. Zu dem Zwecke enthielt der Einsatz des Kontrollgefäßes
234 S. Toda:
5proz. Kalilauge. Die Druckänderung in diesem Gefäß war und blieb
Null, was beweist, daß sich neben Kohlensäure ein anderes Gas nicht
entwickelt.
Tabelle П und Abb. 3 zeigen den Einfluß der Blausäure. n/10000
Blausäure hemmt die Reaktion stark, п/1000 Blausäure hemmt sie
fast vollständig.
| Tabelle II.
4ccm n/2 Jodsäure— Oxalsäure (ungereinigt), Temperatur 19,00 C.
| 1 3
t | Ohne KCN | 2/1000 KCN|n/10000 KCN] £
Min. CO; in cmm| CO; іп cmm| CO, in cmm | Min.
0 0,0 0,0 0,0 100 |
20 10,8 00:00 120 .
40 473 | 05 12,4 140
60 | 1007 ' 27 22,4 160 |
80 || 158,0 3,0 31,1 180 |
Die Frage, ob die Wirkung der Blausäure reversibel sei, wurde
durch folgende Anordnung entschieden: Ein Säuregemisch, das in
bezug auf Blausäure n/1000 war,
ШО ЖЖ een
— у
des Gemisches blieb in geschlossener
Flasche stehen, durch den anderen
Teil wurde 1 Stunde lang ein
schneller Luftstrom geblasen. Dann
wurde die Reaktionsgeschwindig-
keit in beiden Gemischen mano-
metrisch gemessen. Wie man aus
Tabelle III und Abb. 4 sieht, ist
die Blausäurehemmung vollkommen
reversibel, denn nach der Durch-
lüftung finden wir eine normale
Reaktionsgeschwindigkeit (Kurve П
der Abb. 4), während die Reak-
tionsgeschwindigkeit in dem nicht
0 20 #0 60 © 700 120 140 160 180
Zeit in Min. durchlüfteten Anteil Null ist?)
Abb. 4. (Kurve I der Abb. 4).
1) Gegner der Schwermetalltheorie der Atmung führen oft ап, daß
die Wirkung der Blausäure auf die lebendige Substanz reversibel sei, während
die Bindung des Eisens in den Eisencyanwasserstoffsäuren praktisch irre-
versibel sei. Sie vergessen dabei, daß es neben H,Fe(CN), und H,Fe(CN),
noch andere komplexe Blausäuremetallverbindungen gibt.
Oxydation der Oxalsäure durch Jodsäure. 235
Tabelle III.
4 cem n/2 Jodsäure—Oxalsäure (ungereinigt), Temperatur 19,0° С.
n/1000 HCN n/1000 HCN | n/1000 HCN n/1000 HCN
£ |1156. durchlüftet |1 Std. stebengelassen t£ |i1 Std. durchlüftet | 1Std. stehengelassen
Min. CO, in cmm СО; in cmm Min, СО» іп emm СО» in emm
REES gr ar —— ——— | ee >
0 op 0,0 100 | 234,9 0,0
20 28,4 0,0 120 | 307,8 0,0
A0 68,3 | 0,0 140 | 391,5 0,0
60 | 121 0,0 160 | 4887 0,0
80 | 161 ` 0,0 180 | 5886 0,0
VI. Reinigung der Jodsäure und Oxalsäure.
Nach dem bisherigen beschleunigt Eisensalz die Reaktion in
etwa n/10000 und hemmt Blausäure die Reaktion in etwa п/10000.
Weil Blausäure die Reaktion in kleiner Konzentration hemmt, muß
eine katalytisch beschleunigte Reaktion vorliegen. Weil Eisen in
Konzentrationen von derselben Größenordnung beschleunigt und weil
Eisen in allen Laboratoriumspräparaten als Verunreinigung vorkommt,
lag die Vermutung nahe, daß der Katalysator der
ungereinigten Lösungen Eisen sei.
Zur Prüfung dieser Annahme habe ich die
Oxalsäure und die Jodsäure so weit frei von Eisen
hergestellt, als dies möglich war. Die Oxalsäure
wurde sechsmal aus ‚eisenfreiem‘‘ Wasser umkristal-
lisiert und hinterließ dann nach dem Veraschen
keine nachweisbare Menge Eisen mehr. Schwieriger
war die Reinigung der Jodsäure, die beim Um-
kristallisieren immer Eisen mitriß. Nach längeren
erfolglosen Reinigungsversuchen gingich dazu über, die
Stoffe, aus denen die Jodsäure hergestellt wird —
Jod und Salpetersäure —, zu reinigen und aus den
gereinigten Ausgangsstoffen Jodsäure herzustellen.
Das Jod wurde, wie aus Abb. 5 ersichtlich,
sublimiert, und zwar sehr langsam, um ein Mit-
reißen von Verunreinigungen zu vermeiden. Von
den Jodkristallen, die sich an dem mit Wasser ge-
füllten Kolben ansetzten, wurden nur solche aus-
gewählt, die die Wand des Kolbens nicht berührten.
Die Salpetersäure wurde langsam aus einem Glas- Abb. 5.
kolben in eine glasurfehlerfreie Porzellanschale destil-
liert, wobei, wie Abb. 6 veranschaulicht, nur solche Säure aufgefangen
wurde, die sich in dem Fraktionierrohr nicht kondensiert hatte. Nur
236 S. Toda:
gasförmige, nicht flüssige Säure gelangte in die vorgelegte Porzellan-
schale.
Zur Herstellung der Jodsäure wurde das sublimierte Jod mit
der zehnfachen Menge der destillierten Salpetersäure in einer glasur.
fehlerfreien Porzellanschale übergossen, auf dem Wasserbade zur
Trockne verdampft, der
bräunliche Rückstand in
wenig Wasser gelöst, wieder
auf dem Wasserbade zur
Trockne verdampft und bei
110° getrocknet. Dann wurde
Aufnehmen mit Wasser und
Verdampfen auf dem Wasser-
bade wiederholt und schließ-
lich im Vakuum über Schwe-
felsäure getrocknet.
Auf diese Weise wurde
rein weiße Jodsäure in Mengen
von 4 bis lg gewonnen. Zur
k Prüfung auf Eisen wurde im
N Ä Porzellantiegel geglüht, wobei
| die Jodsäure sich unter Zer-
setzung verflüchtigte. Im
Rückstand ließ sich kein
Eisen nachweisen, was bei der Empfindlichkeitsgrenze der Rhodan-
reaktion besagt, daß 1 g Jodsäure weniger als 10—4 mg Eisen enthielt,
während sich in Le der ungereinigten Säure immer Eisenmengen von
etwa 10—3 mg fanden.
Abb. 6.
ҮП. Versuche mit gereinigter Jodsäure und Oxalsäure.
Durch die Reinigung sank die Reaktionsgeschwindigkeit des
Jodsäure— Oxalsäuregemisches auf rund 1/,,. Zusatz von 10”? mg Eisen
(in Form von Eisensulfat) zu 4ccm des Säuregemisches hatte einen
eben meßbaren, Zusatz von 10”? mg Eisen einen deutlich beschleunigen-
den Einfluß auf die Reaktion. 10-3 mg Eisen, zu 4ccm des Säure-
gemisches zugesetzt, stellte etwa die Reaktionsgeschwindigkeit der
ungereinigten Lösungen her. Das Gesagte wird belegt durch Tabelle IV
und Abb. 7 sowie Tabelle V und Abb. 8.
Blausäure brachte die Wirkung des zugesetzten Eisens zum Ver-
schwinden. Wurde beispielsweise der Umsatz durch Zugabe von Eisen
versiebenfacht, so sank er in п/1000 Blausäure auf Null (Tabelle VI
und Abb. 9).
Oxydation der Oxalsäure durch Jodsäure. 237
Tabelle IV.
то n/2 Jodsäure—Oxalsäure (gereinigt), Temperatur 18,09 С (vgl. Abb. 7).
Kurve ЇЇ Kurve UI Kurve IV Kurve V
inuten Obne Ре 10-5 mg Fe
CO, in cmm
40 | 7 9,5
6 | 126 | 162
80 | 19,6 23,0
100 '" 266 311
120 | 336 | 419
140 `, 420 50,0
160 50,4 62/1
180 | 66 м3
450
400
350
r
E 250
N
©
0. 20 40 60 80 700720 140 160 180
Zeit in Min.
Abb. 7.
Tabelle V.
4ccm n/2 Jodsäure— Oxalsäure, Temperatur 18,0°C (vgl. Abb. 8).
; Unrein Gereinigt Unrein | Gereinigt
Minuten CO; in emm | CO; in emm Minuten СО» іп cmm | CO; in cmm
| | -3
0 un ` оо | а
20 23,8 dl 140 351,4 | 77,0
40 56,0 10,8 160 435,4 118,8
60 98.0 16.2 180 522.2 | 1674
80 147,0 24,3 200 618,8 228,2
100 204,4 31,1 220 721,0 | 294,3
120 271,6 39,2 240 | 845,6 | 379,4
238 S. Toda:
C 02 in cmm
0 20 #40 60 80 100 120 140 160 МО 200 220 240
Zeit ın Min.
Abb. 8.
400
350
Е 300
$ 250
S
200
N
8
O 20 40 60 40 100 120 140 160 180 200 220
Zeit in Min.
Abb. 9.
Oxydation der Oxalsäure durch Jodsäure. 239
Tabelle VT.
deem nj2 Jodsäure— Oxalsäure (gereinigt), Temperatur 18,0° С (vgl. Abb. 9).
+0,5.10- 3 тұ Ре + 0,5.10-3 mg Fe +0,5.10-3mgFe + 0,5.10-3 mg Fe
Minuten | m/1000 KCN Minuten n/1000 KC
| COz in emm СО» in cmm CO, in cmm CO, in emm
o | 0,0 0,0 140 j| 1596 | 0,0
20 12,6 0,0 160 197,4 0,0
40 28,0 0,0 180 | 236,6 0,0
60 46,2 0,0 200 ` 284,2 0,0
8&8 ` 714 0,0 220 | 331,8 0,0
100 | 96,6 0,0 240 379,4 0,0
12 | 1874 ` 0,0
Zusammenfassung.
1. Mindestens 90 Proz. des Umsatzes, den ich in ungereinigten
Jodsäure—Oxalsäurelösungen fand, war durch katalytische Wirkung
von Eisen hervorgerufen. _
2. Mindestens 90 Proz. der Blausäurewirkung, die ich bei Zu-
gabe von Blausäure zu ungereinigten Jodsäure—Oxalsäuregemischen
beobachtete, beruhte auf einer Reaktion der Blausäure mit Eisen.
3. Eisenmengen von 10— 5 р, gelöst іп 4ccm, können durch ihre
katalytische Wirkung auf gereinigte Jodsäure—Oxalsäurelösungen noch
nachgewiesen werden, das sind Mengen, die mit den Eisenreagenzien
der analytischen Chemie nicht mehr auffindbar sind.
4. Es ist wahrscheinlich, wenn auch nicht zu beweisen, daß schwer-
metallfreie Lösungen von Jodsäure und Oxalsäure bei Zimmertemperatur
nicht reagieren. Der Schluß ist unbeweisbar, weil Eisenmengen, die
nicht mehr analytisch nachweisbar sind, einem gereinigten Säure-
gemisch zugesetzt, den Umsatz beschleunigen. Der Schluß ist wahr:
scheinlich, weil Blausäure nicht nur die Wirkung des zugesetzten
Eisens, sondern den ganzen Umsatz zum Verschwinden bringt. Schwer-
lich wird man die Annahme in Erwägung ziehen, daß es in Jodsäure—
Oxalsäurelösungen zwei Arten von antikatalytischer Blausäurewirkung
gibt, eine erste, die 90 Proz. des Umsatzes hemmt und auf einer Reaktion
mit Eisen beruht, und eine zweite, die 10 Proz. des Umsatzes hemmt
und unbekannter Art ist.
5. Die Wirkung der Blausäure in den Jodsäure-Oxalsäurelösungen
ist reversibel.
6. Hinsichtlich der Form, in der das Eisen in den Jodsäure— Оха]-
säurelösungen katalytisch wirksam ist, möchte ich die Vermutung
äußern, daß es sich um komplexe Eisenverbindungen handelt, an deren
Aufbau neben der Jodsäure vielleicht auch die Oxalsäure beteiligt ist.
Eine katalytische Wirkung der freien Eisenionen kommt aus vielen
Gründen nicht in Frage.
Zur Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen
durch die Röntgenstrahlen.
Von
Adolf Liechti (Bern).
(Aus dem physiologischen Institut der Universität Bern und dem thera-
peutischen Röntgeninstitut des Inselspitals Bern.)
(Eingegangen am 2. März 1926.)
Mit 8 Abbildungen im Text.
Alle die mannigfaltigen Wirkungen, die wir bei Bestrahlungen
des menschlichen und tierischen Organismus beobachten, sind bedingt
und sicher auch in einer bestimmten graduellen Abhängigkeit von
den Primärvorgängen, die sich an der Zelle und deren Milieu am Orte
der Strahlenabsorption abspielen.
Der in der Literatur allgemein begangene Weg, aus den sekundären
Erscheinungen zurück auf die primären Vorgänge zu schließen, scheint
für die Aufklärung des feineren Wirkungsmechanismus der Röntgen-
strahlen wenig geeignet zu sein. Er hat auf unzähligen Seitengassen
zu Irrtümern geführt. Ich glaube deshalb, daß man mit Vorteil um-
gekehrt vorgeht, nämlich von dem gesicherten Boden der Physik
fortschreitend nach und nach über möglichst einfache und eindeutige
physiko-chemische Versuchsanordnungen, die als partielle Phantome
für die lebende Zelle gelten dürfen, auf das biologische Gebiet vorstößt.
Ein Strahl kann im Gewebe nur wirken, wenn er absorbiert wird. Die
Absorption, der physikalische Primärvorgang, ist der erste Akt der Röntgen-
strahlenwirkung. Das Wesen der Absorption elektromagnetischer Schwin-
gungen besteht ganz allgemein in einer Veränderung des physikalischen
Gefüges der Atome und Moleküle der Materie, in unserem Falle des lebenden
Gewebes. Dieser neue Zustand sei vorläufig nur durch die Anwesenheit
von energiereicheren Atomen gekennzeichnet. Dieselben sind von vom-
herein, entsprechend der großen Zahl der einzelnen Absorptionsereignisse.
diffus und wohl regelmäßig in dem Gewebe verteilt. Eine Wirkungs-
möglichkeit ist also in jedem Punkte der Zelle — gleiche Strahlen und gleiche
Substanz vorausgesetzt — in gleicher Weise gegeben. Die energiereicheren
Atome können aber an bestimmten Stellen, z. В. an bestimmten Teilen der
Zelle oder des Zellverbandes, eine ganz besondere Wirkung, рык
chemischer Art ausüben. Der physikalische Primärvorgang führt also
A. Liechti : Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 241
wahrscheinlich zu einer in bezug auf die Zelle inhomogenen Wirkung.
Diese neue Veränderung stellt den zweiten wichtigen, noch nicht aufgeklärten
Akt der Strahlenwirkung dar. Ich möchte ihn den biologischen Primär-
vorgang nennen. Er ist die Folge des vorigen und ist charakterisiert und
gegeben durch Gestalt und Zusammensetzung der Zelle, ähnlich wie die
Absorption gegeben ist durch die Zusammensetzung der Materie. Der
Effekt, den der biologische Primärvorgang bewirkt, kann zeitlich mit der
Bestrahlung identisch sein, d. h. er kann mit der Bestrahlung beginnen
und mit der Unterbrechung derselben enden. Er kann dieselbe aber auch
überdauern. Die Vergrößerung des Energieinhalts, die durch diese Zustands-
änderung zustande kommt, kann ganz durch die durch den physikalischen
Primärvorgang gelieferte Energie gedeckt werden, oder die Strahlung
kann nur dazu verwendet werden, um in der Zelle selbst ablaufende
thermodynamische Kreisprozesse zu steuern. Die Bestrahlung würde sich
dann zum Bestrahlungseffekt, wie Reiz zu Reizerfolg, verhalten.
Alle diese Vorgänge ihrerseits haben, wenn die Intensität der Bestrahlung
groB genug war, Veränderungen zur Folge, die den Gesamtstoffwechsel
und somit auch den des Zellverbandes stören. Sie sind zellphysiologisch und
vielleicht schon morphologisch erfaßbar. Sie überdauern jedenfalls die
Bestrahlung oder treten sogar erst nach Unterbrechung derselben auf.
Die betroffene Zelle kann sich nach kürzerer oder längerer Zeit wieder
restituieren, oder es kann der Tod derselben eintreten. Alle diese Folgen
sind sekundäre Wirkungen am Orte der Strahlenabsorption. Sie sind besser
erforscht als der biologische Primärvorgang, aber schlechter als der physi-
kalische Primärvorgang.
Diese drei ersten Akte, physikalischer und biologischer Primärvorgang,
sowie Sekundärwirkung am Orte der Strahlenabsorption, spielen sich
lediglich in den primär bestrahlten Gebieten ab.
Durch die veränderte Zellfunktion, die in einem veränderten Stoff-
wechsel zum Ausdruck kommen muß, muß auch das Milieu verändert
werden, der Gewebssaft, weiterhin das Blut.
Diese letzten Veränderungen sind zusammengefaßt unter den Begriff
der sekundären humoralen Strahlenwirkungen.
Diese ihrerseits können bewirken: 1. Reaktionen im bestrahlten
Gebiet (regulatorische, morphologische); 2. Rückwirkungen auf andere
Organe (funktionell-regulatorische, morphologische).
Was die Frage des physikalischen Primärvorganges anbelangt,
ist derselbe durch die Atom- und Quantentheorie sowie durch die
elektromagnetische Lichttheorie weitgehend geklärt. Sein Endeffekt
ist für die biologischen Wirkungen in der Emission von ß-Strahlen
gegeben. Ich (1) habe mit anderen schon früher aus der äußerst geringen
Härte der wirksamen Sekundärstrahlung von Metallen auf den Prodi-
giosus geschlossen, daß die sekundäre ß-Strahlung das letzten Endes
wirksame Agens darstellen dürfte.
Ein weiterer Beweis, daß diese Überlegung stimmt, liegt in folgendem:
Holthusen (2) gibt aus theoretischen Gründen für die Abhängigkeit der
ktronenemission von der Ordnungszahl Z der diese emittierenden
Elemente eine charakteristische Kurve, die ein Maximum und ein darauf-
folgendes Minimum zeigt. Dieses Maximum wird bei Änderung der Härte
Biochemische Zeitschrift Band 171. 16
242 A. Liechti:
der Primärstrahlung verschoben, und zwar in dem Sinne, daß bei weicher
Primärstrahlung dasselbe nach der Seite des kleineren Z rückt. Bei meinen
Versuchen am Prodigiosus habe ich gleich verlaufende Verstärkskurve
erhalten. Die experimentell erhaltenen Kurven der Wirkungssteigerun
decken sich, hinsichtlich ihrer Abhängigkeit sowohl von der Ordnungszahl
als auch von der Härte der Primärstrahlung mit den von Holihusen für d
Elektronenemission geforderten Kurven.
Ähnliche Resultate wie bei Bakterien erhielt ich auch am Säugetier-
gewebe (3).
Man könnte einwenden, daß durch alle diese Versuche doch nur de
Wirkungssteigerung als ß-Strahlenwirkung bewiesen ізі. Und daß dabei
gar nicht gesagt ist, daß auch die Wirkung der Primärstrahlung auf Korpus-
kularstrahlen zurückgeführt werden muß. Ich muß dies zugeben. Aber
ев ist bewiesen, daß jene äußerst weiche Strahlung, die wir als ß-Strahlun
erkannt haben, jedenfalls eine gewaltige Schädigung herbeiführen kann.
Wenn von Metallen emittierte sekundäre ß-Strahlen wirken können, dann
können es auch die im Gewebe selbst ausgelösten. Wir wissen aber, dab-
durch harte Strahlen in jedem Körper, also auch im lebenden Gewebe
solche frei gemacht werden. Es steht also der Annahme, daß die ß-Strahlen
zum überwiegend größten Teil die Strahlenwirkung bedingen, absolut
nichts im Wege. Im Gegenteil, ich habe ja gezeigt (l. с.), daß alle die sonst
sicher in unseren Versuchen noch auftretenden Wellenstrahlen, Streu- und
Fluoreszenzstrahlen, keinen in bezug auf die schädigende Wirkung 8ш.
Bakterien wahrnehmbaren Einfluß hat. Ich glaube also damit bewiesen
zu haben, daß nicht nur bei der Einzelzelle, sondern auch beim lebenden
Gewebe des Säugers die wirksame Strahlung durch die sekundäre
ß-Strahlung dargestellt wird.
Nachdem aus atomtheoretischen Gründen das Auftreten vn
freien Elektronen in dem von den Röntgenstrahlen getroffenen Gewebe
feststeht, nachdem im biologischen Experiment bewiesen ist, daß
durch sekundäre Elektronenstrahlung die Primärstrahlenwirkung be-
deutend verstärkt werden kann, und nachdem die größte Wahrschei-
lichkeit besteht, daß auch das bei der Primärbestrahlung letzten Endes
wirksame Agens die ß-Strahlen sind, tritt die weitere Frage auf, wie
diese freien Elektronen weiterhin zur biologischen Wirkung gelangen.
Wenn, wie in unseren Prodigiosusversuchen die Elektronenstrahlung
allein wirksam ist, während die Wellenstrahlung keinen Effekt hat,
so ist anzunehmen, daß bei ersteren der Grund für ihre Wirksamkeit
in Eigenschaften liegt, die den Wellenstrahlen nicht zukommen. Dies
Eigenschaften aber sind: 1. sie haben eine Masse, d. h. еіп me,
2. sie können ihre Energie in beliebigen Teilbeträgen an die Umgebung
abgeben, 3. sie haben eine Ladung. |
Fassen wir letzteren Punkt näher ins Auge, so liegt es nahe, an
jene Vorgänge zu denken, die der Ausdruck von bedeutungsvollen
und teilweise bekannten physikalisch-chemischen Vorgängen in der
Zelle sind. Zu solchen Vorgängen gehören in erster Linie die elektrischen
Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 243
Erscheinungen. Wenn überhaupt im Wirkungsmechanismus der
Röntgenstrahlen Veränderungen der elektrischen Verhältnisse im Sinne
von Ladungsverschiebungen vorkommen, so können diese betreffen
L die kolloidalen Teilchen, 2. die Phasengrenzen und Membranen.
Auf die Möglichkeit einer Umladung der kolloidalen Teilchen hat
wohl als erster Bordier (4) aufmerksam gemacht. Fernau und Pauli (5),
sowie Wels (6) haben an verschiedenen Kolloiden Trübung und Flockung
nach Radiumbestrahlung beobachtet. Jedoch läßt sich für die Veränderungen
an Kolloiden durch Röntgen- und Radiumstrahlen nicht eine Umladung
allein verantwortlich machen. Sicher spielen auch andere, und zwar chemische
Veränderungen eine gewisse Rolle: Dissoziation bei Eiweißen [Loeb (7),
Pauli (8)), Quellung [Schick und Martin (9), Schaudinn (10). Wenn eine
Ladungsveränderung der Kolloide statthat, so müssen wir auch eine Ver-
änderung ‚der elektrokinetischen Erscheinungen beobachten können.
Sollte aber andererseits durch die Elektronenstrahlung eine
Ladungsverschiebung auf die Membranen zustande kommen, so müßten
auch die dort auftretenden Potentialdifferenzen eine Änderung erfahren.
Diese Frage zu entscheiden, ob nämlich die im lebenden Gewebe vor-
kommenden elektromotorischen Kräfte unter Bestrahlung verändert
werden, war der Zweck der folgenden Versuche. Es lassen sich nämlich
diese Potentiale als Potentialdifferenzen in übersichtlichen Modellen
doch wenigstens in einiger Annäherung experimentell reproduzieren
und zwar in Form der verschiedenen metallosen, stromgebenden Ketten
Dieser Weg der Untersuchung schien auch aus folgendem Grunde
aussichtsreich. Die Ladungsänderung einer Membran müßte auch durch
Änderung der Adsorption oder dergleichen eine Änderung der Permeabilität
zur Folge haben. Daß aber wirklich Durchlässigkeitsänderungen von Mem-
branen vorkommen, dafür haben wir Anhaltspunkte; 1. ist es Holthusen (11)
gelungen, durch sehr hohe Strahlendosen die in Agar suspendierten Erythro-
cyten zu hämolysieren; 2. hat Е. A. Schmidt (12) sowie Ellinger und Lands-
berg (13), Cramer (14) eine Veränderung der Aufnahmefähigkeit lebender
Zellen für Vitalfarbstoffe beobachtet; 3. haben Straub und Meyer (15)
gefunden, daß sich die Unstetigkeit in der CO,-Bindungskurve der Erythro-
cyten bei Bestrahlung verschiebt. Daraus schließen die beiden Autoren
auf eine Entladung der Phasengrenze. 4. Lieber (16) (17) (18) (19) hat in
verschiedenen Arbeiten gezeigt. daß sich die Verteilung der K und Ca in
der Haut der Ratte nach Bestrahlung grundsätzlich und entgegengesetzt
ändert. Daraus schließt er ebenfalls auf eine Veränderung der Zell-
permeabilität und glaubt, daß der Schwerpunkt der Röntgenstrehlenwirkung
auf einer Verschiebung der Donnangleichgewichte liege. 5. Beim Morbus
owi ist die Leitfähigkeit der Haut erhöht. Es ist möglich, daß der
Grund für diese Erscheinung in einer erhöhten Durchlässigkeit der Zell-
membranen für Ionen zu suchen ist. Wir wissen aber andererseits, daß die
owhaut äußerst röntgensensibel ist. Es wäre denkbar, daß für das
Zustandekommen bestimmter Erscheinungen (Erythem) eine bestimmte
Permesbilitätserhöhung nötig wäre. Diese Erhöhung würde bei der Zelle
der Basedowhaut deshalb durch Bestrahlung eher erreicht sein, weil deren
Membran schon eine vorher erhöhte Permeabilität aufweist.
16 *
244 A. Liechti:
In Anbetracht dieser Tatsachen habe ich versucht, eine eventuelle
Durchlässigkeitsänderung direkt nachzuweisen. Die Wände der Spiro-
gyren sind für Strychninnitrat durchlässig. Dringt das Alkaloid in die
Zelle ein, so bildet es mit den Gerbsäuren des Zellsaftes gerbsaure
Salze, die als braune Körner ausfallen und im Mikroskop deutlich
sichtbar werden. Die Bildung dieser Körner beginnt erst bei einer
bestimmten Konzentration. Diese Grenzkonzentration läßt sich ziemlich
genau festlegen. Würde nun durch Bestrahlung die Wand der Spiro-
gyrazelle die Durchlässigkeit für Strychnin ändern, so müßte dies in
einer Verschiebung der Grenzkonzentration oder einer Änderung de `
zeitlichen Auftretens der Tannatkörner zum Ausdruck kommen. Aber
weder das eine noch das andere wurde gegenüber den unbestrahlten
Kontrollen irgendwie verändert gefunden.
Es wurden auch diesbezügliche Versuche an isolierten Frosch-
sartorien ausgeführt. Ich nahm die Gewichtskurve von bestrahlten
und nicht bestrahlten Sartorien, die in iso-, hypo- und hypertonischer
NaCl-Lösung lagen, auf. Durch die Bestrahlung ist die Geschwindigkeit
der Wasseraufnahme oder -abgabe nicht verändert worden. Es ist
jedoch wohl denkbar, daß eventuelle Ausschläge im Fehlerbereich
der Ablesung dieser Versuche gelegen wären und deshalb nicht hätten
wahrgenommen werden können.
Nach diesem kleinen Exkurs möchte ich zurückkommen auf die
Untersuchungen der elektrischen Verhältnisse.
Ich habe eingangs hervorgehoben, daß die Röntgenstrahlenwirkung
vorerst relativ homogen verteilt sein kann, und ich glaube, daß dies für die
ß-Strahlenemission noch zutrifft. Jedenfalls ist sie es in bezug auf die Zelle
als Ganzes. Denn es ist anzunehmen, daß im ganzen Bereich der Zelle
Elektronen emittiert werden. Und zwar müssen dieselben sowohl an Zahl
(Intensität) als auch an Geschwindigkeit (Qualität, Härte) überall ungefähr
gleich sein, weil ja diese beiden Größen neben der Qualität und Intensität
der Primärstrahlung, die überall im Bereiche der Zelle gleich ist, nur von
der Ordnungszahl der sie emittierenden Atome abhängig ist.
Zum überwiegend größten Teil besteht aber das Gewebe aus Н, С, 0,
deren Z mit 1, 6, 8 nahe beieinander liegen. 7 N, 15 P, sowie 11 Na, 12 Mg,
16 S, 17 Cl, 19 K, 20 Ca und 26 Fe kommen praktisch für diese Betrachtung
nicht in Frage, weil ihre Konzentration in der Zelle zu gering ist. Daneben
ist zu bemerken, daß diese höher geordneten Elemente wohl ebenfalls
homogen in der Zelle verteilt sind.
Nun ist es aber, wie gesagt, denkbar, daß die gleichmäßig verteilten
freien Elektronen an bestimmten Stellen aus irgend einem Grunde zu eine!
für das Leben der Zelle besonders bedeutungsvollen Wirkung kommen.
Z. В. dadurch, daß sie an diesen Stellen eine Leadungsänderung herbei-
führen. Jede lokalisierte Ladungsänderung hat wohl aber eine Änderung
der dort vorkommenden Potentiale zur Folge. Die in der lebenden Zelle
möglichen Potentiale sind aller Wahrscheinlichkeit nach: 1. Diffusions-
potentiale, 2. Phasengrenzpotentiale, 3. Membranpotentiale, 4. Adsorptions-
potentiale; sicher sind es keine 5. Elektrodenpotentiale.
Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 245
Ich habe deshalb Modelle dieser Potentiale den Röntgenstrahlen
ausgesetzt und ihre Größe vor, während und nach der Bestrahlung
verfolgt.
Die Potentialdifferenzen sind in Kompensationsschaltung mit dem
Kapillarelektrometer als Nullinstrument und einem Leclanchdelement als
Arbeitsstromquelle gemessen worden. Als Vergleichs-EMK diente ein
Weston-Normalelement mit 1018 mV Klemmenspannung. Die Ableitung
der Kettenpotentiale wurde in der von Michaelis und Fujita (20) angegebenen
Weise, mittels KCl-Agarhebern bewerkstelligt, und zwar auf zwei identische
gesättigte KCI-Kalomelelektroden. Dieselben ergaben gegenüber der mit
п/10 Standardacetat gefüllten H, Pt-Elektrode bei 16° С Potentialdifferenzen
von 513 bzw. 5l4mV. Die Fehlergrenzen der Kompensationsschaltung
schwankten je nach Widerstand der Kette zwischen + 0,15 und + 0,3 mV.
Die Fehler der Elektroden und Leitungen fielen in ein und demselben
Versuch außer Betracht. Dennoch wurde an jedem Versuchstage die
Spannung der gegeneinander geschalteten Elektroden gemessen und kon-
stant zu 1 mV (514—513) gefunden. Als Strahlenquelle diente eine mit
der Gaiffe-Apparatur betriebene Glühkathodenröhre. Die Röhrenspannung
von 200 КУ, die Belastung уоп 4mA, die Fokusobjektdistanz von 39 cm,
die Feldgröße von 60: 80 mm, sowie die Filterung von 0,5 mm Al wurde
während allen Versuchen konstant gehalten. Unter diesen Bedingungen
erreichten wir die Oberflächendosis einer H.E.D. in 18 Minuten.
Versuchsresultate.
In jeder Versuchsgruppe sind mehrere Versuche ausgeführt worden.
Da kein einziger abweichend ausgefallen ist, gebe ich von jeder Gruppe
nur ein Protokoll mit der dazugehörigen Potentialkurve. Zwei benach-
barte Pfeile in der Kurve, zwischen denen die Bezeichnung Rö. steht,
geben Anfang und Ende einer Bestrahlung an. Entsprechende Be-
zeichnungen mit К. в. г. bedeuten Kontrollversuch: die Röhre ist in
Betrieb, aber der primäre Strahlenkegel ist durch dickes Bleiblech
abgeblendet.
I. Diffusionskette.
(Freie Diffusion in Wasser, m/500 НСІ gegen konz. HCl.)
Werden in einem, in bezug auf Zusammensetzung inhomogenen
Elektrolyten zwei räumlich auseinander gelegene Punkte zu einem
Elektrometer abgeleitet, so zeigt sich zwischen diesen Punkten eine
Potentialdifferenz. Die Verschiedenartigkeit der Zusammensetzung
kann entweder bedingt sein durch verschiedene Konzentration ein
und desselben Elektrolyten oder durch verschiedene Elektrolyte in
gleicher oder verschiedener Konzentration. Ich habe eine einfache
HCI-Diffusionskette untersucht. Ein beiderseits offener Glaszylinder
ist in eine Schicht von gesättigtem KCl-Agar, die den Boden eines
Becherglases belegt, mit einem Ende eingegossen. Auf den KCl-Agar-
boden wird in den Glaszylinder konzentrierte HCl gegeben und darauf
246 A. Liechti:
vorsichtig m/500 HCl aufgeschichtet. Oben wird die verdünnte HO
in der gegebenen Weise direkt abgeleitet. Unten aber wird die Ab-
leitung der konzentrierten HCl über den KCl-Agarboden und der
darübergeschichteten gesättigten KCl-Lösung bewerkstelligt.
Die EMK dieser Kette ist gegeben durch die Nernstsche Formel:
_u—v R.T
ae Ce
аат N (Nernst 21, 22, 23).
Für unseren Fall sollte x = 134 mV sein. Da dieser Wert nur
bei idealer Berührung der beiden Konzentrationen erreicht werden
kann — dies ist bis dahin am besten in den Versuchsanordnungen
von Fujita (24) und Lamb und Larson (25) möglich —, so ist es nicht
verwunderlich, wenn die gemessenen EMK zu klein sind. Die Diffusion
tritt ziemlich rasch ein, so daß eine absinkende Spannungskurve
resultiert.
Es sei die unregelmäßigste Kurve, die ich in dieser Versuchsgruppe
aufgenommen habe, mit dem dazugehörigen Protokoll gegeben. Eine
Beeinflussung derselben durch die Röntgenstrahlen konnte nicht
festgestellt werden.
WENNT VE a a аад
Datum | Zeit | mV Bemerkungen Datum | Zeit | mV | Bemerkungee
47 |55,8 | ex
28. ІХ. mag 28. IX.
31 |
32
33 51 1542
|
_ 69 1542 Rö
36 Rö. 53 |540
37 | 54 |532
39 | | 55 |52,8 (7 ox
41 өх |
56 |523
42 1584 | 57 |516 |
43 |572 | 58 511
43,5 | 57,0 59 |508
18 00 |50,4 |
44 |572 Rö |
45 |571 |
Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 247
MV
[1
Ад.
Ró
Rö
55 Vi |
Abb. 1.
II. Ölketten.
An den Grenzen zweier Phasen entsteht im allgemeinen eine
Potentialdifferenz. Diese ist bedingt durch die Verteilung der gelösten
Elektrolyte in den beiden Lösungsmitteln [Nernst (l. c.), Haber (26),
Haber und Klemensiewicz (27), Beutner (28)]. Ich habe NaCl gegen
Dimethylanilin-HCl bzw. Na-Oleat sowohl in Guajakol als auch in
o-Toluidin untersucht.
Einerseits NaCl, andererseits Dimethylanilin-HCl wird mit Guajakol
bis zur endgültigen Verteilung ausgeschüttelt und vorsichtig in ein
U-Rohr eingetragen. Auf den Dimethylanilin -HCl-Schenkel wird
wässerige m/10 Dimethylanilin-HCl-Lösung, auf den Chloridschenkel
wässerige m/10 NaCl-Lösung aufgeschichtet. Diese Kette enthält Cl-
Ionen durchgehend. Ев ist eine für Cl-Ionen reversible Kette, die durch
das Schema:
_ m/10 Dim. An. НСІ Dim. An. HCl NaCl 1/10 NaCl +
in Wasser in Guajakol in Guajakol | in Wasser
dargestellt wird. Da im Dimethylanilin-HCl-Schenkel die Konzentration
der negativ geladenen С1-Іопеп bedeutend größer ist als im anderen, wird
derselbe zum negativen Pol der Kette.
248 A. Liechti:
Bauen wir eine Kette auf von der Form:
+ 11/10 Na-Oleat Na-Oleat NaCl | 00/0 NaCl `
in Wasser in Guajakol in Guajakol in Wasser
so haben wir darin eine für Na-Ionen reversible Kette, das Na-Ion ist
durchgehend. Im Oleatschenkel befinden sich mehr positiv geladene Na.
Ionen, so daß dieser Schenkel zum positiven Pol wird.
Gusjakol ist ein saures Öl. Verwenden wir statt des Guajakols o-Toluidin.
das basischen Charakter hat, zur Anlegung der Ölkette, so kehren sich die
Pole um. Die С1-Іопеп reversible Kette:
D m/10 Dim. An. НСІ Dim. An. HCl NaCl | 10/10 NaCl `
in Wasser in Toluidin in Toluidin in Wasser
hat also negativen NaCl-Schenkel. Die Na-Oleatkette:
__m/10 Na-Olest ' Na-Oleat NaCl | m/10 NaCl +
in Wasser in Toluidin in Toluidin | in Wasser
gibt, mit o-Toluidin angesetzt, einen positiven Chloridschenkel.
A. NaCl gegen Dimethylanilin-HCl (Cl-Ionen reversibel).
1. In Guajakol (saures Öl).
Datum | Zeit | mV | Bemerkungen Datum | Zeit mV | Bemerkungen
28. VIII. | 14h35’ 84,7 | 28.VIII. Ser 85,0
50
84,8 85,0
| 55 [847 30 | 854
| 15 15 |846 36
| 20 || Rö. 38 | 86,8
| 4 |862 42 | 86,8
2. IX.
"Zeit у | Bemerkungen | Datum m | Zeit mv! L mV | Bemerkungen
_ Datum m | Zeit | mv |= Bemerkungen | Datum | Zeit | mV | Bemerkungen
T.
Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 249
2. In o-Toluidin (basisches Öl).
!
|
— 31 2. IX. || 1588 | 52,9| Rö. sine rad.
| Ж 40 |52,9 j ex
| 15Һ08' | 53,8 |
17 | 53,5 41 | 52,7 |
19 |53,2 45 |526)
21 54,3 48 54,0 | Вб.
24 54,7 50 54,5 |
28 56,0 52 ı 54,0 | ex
32 | 55,5 | |
| 33 55,7 54 | 51,8 |!
Ze 58 |517
35 | 52,8 |
36 | 52,8 | |
MV Ад АЎ
sell o
54
53
52
—/t
Abb. 3, 1cm= 10Mın.
В. NaCl gegen Na-Oleat (Na-Ionen reversibel).
1. In Guajakol (saures Öl).
= en = —
X. | 14Ь59' 89,8 1. X. |; 15Һ25' | 88,8
| 15 05 | 89,3 30 | 88,7
0 31 | 905 Rö
| 12 81 ? °
› 33 | 90,6
18 |90,0|\ Rö | 36 | 904
i 15 908 43 | 90,2 UJ ex
Я = 90,7 | 44 88,8
| 22 904 И | 46 88,5.
ү 50 ' 88,4
п 23 |89, | 16 05 | 88,2 |
MV Rö Rö
ert?
90
89
— Zt
Abb. 4. Ten: 10Min
250 A. Liechti:
2. In o-Toluidin (basisches Öl).
Datum | Zeit | mV | Вешегкипдеп
18. ІХ. | 16h40° | 109,8
45 | 114,5
| 50 | 1130
|:
| 58 | 1155 |
1700 | 1161 |
оз | 1165 |
04 116,8 |) ex
06 114,0
09 114,1 |
u | ма |
Rö
MV
174
116
115
714
— 21
Icm=$Mın.
Abb. 5.
Wie ersichtlich, zeigt sich eine Erhöhung der EMK durchgehend.
III. Konzentrationsketten.
Wenn zwei wässerige Phasen mit verschiedenen Konzen-
trationen ein und desselben Elektrolyten durch eine Ölschicht
getrennt werden, so stellt diese Anordnung wieder eine Kette dar.
deren EMK zwischen Null und dem Werte der Nernstschen Formei
schwankt.
Größe und Sınn der Potentialdifferenz ist neben den Konzentrationen
abhängig von der Art des öligen Mittelleiters und von der Art des gemein-
schaftlichen Ions. Cremer (29) hat als Mittelleiter nicht Öl, sondern eine
äußerst dünne Glaswand benutzt. Es hat sich gezeigt, daß, da offenbar
Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 25]
Glas H- und OH-Ionen gebunden enthält, diese Anordnung eine für
H-Ionen reversible Kette darstellt. Sie ist eine Wasserstoffionenkonzen-
trationskette.
Ein Reagenzglas wird zu einem äußerst dünnwandigen Ballon aus-
geblasen. In den Ballon habe ich m/500 HCl gegeben und denselben in
m/500 NaOH getaucht. Diese
A. Cremersche Glaskette
gibt eine Spannung von etwa 0,5 Volt. Aus dem folgenden Protokoll mit
dazugehöriger Kurve ist die Beeinflussung dieser Spannung ersichtlich:
Datum | Zeit | mV | Bemerkungen Datum | Zeit | mV | Bemerkungen
Rö.
30. IX. | 14695 | 336,2 30. IX. || 15b39
| 336,0 |
336,1
336,2
336,0
338,5 h) Вб.
340,0
339,8
340,0 |’ ex
| Rö.sine rad.
SANS
—> 7t.
1cm- 10 Мл.
Abb. 6.
252 A. Liechti:
B. Ferrocyankupfermembran.
Gießen wir in ein beiderseits offenes Glasrohr m/40 K,Fe(CN),.
Lösung, der 10ргоғ. Gelatine zugesetzt ist, und tauchen wir diese
Zylinder іп m/20 CuSO,-Lösung, so bildet sich an der Berührungsstelk
des gelatinierten Ferrocyankaliums mit dem Kupfersulfat eine Ferro
cyankupfermembran. Leiten wir aus Kupfersulfat direkt und au
K,Fe(CN),-Gelatine vermittelst überschichteter gesättigter KO
Lösung zur Kompensationsschaltung ab, so messen wir im Scheitel.
punkt der Spannungskurve eine EMK von 125 bis 136 mV. Der positive
Pol ist das Kupfersulfat.
Die Entstehung dieser EMK ist auf folgende Weise erklärlich.
Вештет (1. с.) hat nachweisen können, daß die Cu,Fe(CN),-Membran nur
für Kationen, also auch für Kalium durchlässig ist. Auf der K,Fe(CN,
seite besteht eine hohe K-Ionenkonzentration. Aber auch im Kupfersulist
befinden sich K-Ionen, allerdings in bedeutend geringerer Menge, nämlich
nur so viel, als dem Umsatz:
K,Fe(CN), + 2CuSO, = Cu,Fe(CN) + 2 К,80,
entspricht. Diese Kette ist für Kaliumionen reversibel.
Ich gebe eine Kurve mit Protokoll, die, wie ersichtlich, durch Röntgen-
bestrahlung unbeeinflußt blieb.
Datum | Zeit mV Bemerkungen
3. IX. 17507’ Ansetzen
14
17
20
25
27
29
31
34
36
37
43
| ` Sp
1cm=5Mın.
Abb. 7.
Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 253
IV. Kollodiummembran (Donnangleichgewicht).
Eine auf übliche Weise hergestellte, nicht ausgetrocknete
Kollodiumhülse wurde innen mit lproz. Gelatine + m/2000 HO
beschickt, in eine m/2000 HCl-Lösung getaucht und von beiden
Seiten zum Elektrometer abgeleitet. Dabei tritt eine Spannung
von 15 bis 16 mV auf. Ich gebe Protokoll und Kurve eines
solchen Versuchs wieder.
|
Datum | Zeit
15. IX. 16h00’
MV Rö
==
1cm.=5Mın.
Abb. 8.
Auch hier bleiben die Ausschläge bei der Bestrahlung aus.
Kurz zusammengefaßt, ergab sich also eine Änderung der
Potentialdifferenz bei den Ölketten und der Cremerschen
Glaskette; sie blieb aus bei der freien Diffusion in Wasser, der
Ferroeyankupfermembran, der nicht ausgetrockneten Kollodium-
membran.
Die Potentialerhöhung tritt sofort nach Beginn der Bestrahlung
ein und wird sofort nach der Sistierung derselben rückgängig.
Eine sichere Erklärung dieser meiner Resultate ist heute schwer zu
geben. Und dennoch will ich einen Versuch machen. Es ist zu erklären:
1. warum im Falle der Öl- und Glaskette eine Beeinflussung der EMK
eintritt, und 2. warum das Potential bei freier Diffusion, bei der Ferrocyan-
kupfer- und Kollodiummembran nicht geändert wird.
254 A. Liechti:
Die Größe der Spannung einer Diffusionskette ist theoretisch gegeben
durch die Nernstsche Formel:
Wird die Kette bestrahlt (+ v.h) und ändert sich dabei die EMK,
so kann dies nur durch Änderung von u und v geschehen, denn R, T, F
= const. Ebenso wird c, und с, nach den Untersuchungen von Janzki (30
nicht beeinflußt. Derselbe konnte zeigen, daß die Leitfähigkeit bei Be-
strahlung sich nicht ändert. Es ist also:
л = f (u,v).
Es ist nun leicht einzusehen, daß durch Ladungsänderungen einer
Membran, z. B. durch Entladung durch freie Elektronen, eine Beeinflussung
der Ionenbeweglichkeiten u und v zustande kommt. Und zwar ш
dem Sinne, daß die Anionen gehemmt und die Kationen beschleunigt
würden. Ähnlich wie eine Gitterladung im Elektronenrohr den Flek-
tronenstrom steuert. Warum tritt aber dieser Effekt das eine Mal auf,
das andere Mal nicht ?
Möglicherweise spielt hierbei die Dielektrizitätskonstante eine gewisse
Rolle [Hafner (31). Aber Leonor Michaelis (32) referiert im dritten
Heft der Naturwissenschaften 1926 eine Reihe von Arbeiten, die
er zusammen mit Fujita (20) (33) (34) (35) und Tokan ausgeführt hatte.
Er gibt zum Schluß eine allgemeine Theorie der Membranpermes-
bilität, die geeignet ist, meine Befunde zu erklären, und die kurz
folgendes besagt:
Membranen sind Siebe. Verschiedene Membransiebe haben verschieden
große Poren. Für die Permeabilität einer Membran kommt aber nicht nur
die Porenweite oder besser gesagt das Verhältnis derselben zum Teilchen-
durchmesser der permeierenden Stoffe in Betracht, sondern auch die elektri-
schen Verhältnisse der Membran, ihre Ladung. Diese letztere ist nur für
elektrisch geladene Teilchen von Bedeutung, für die Ionen. Die Ladung
der Membran — ganz ungeachtet wie dieselbe zustande kommt — bat einen
um so größeren Einfluß auf die diffundierenden Ionen, je kleiner die Poren
sind. Und zwar deshalb, weil offenbar nur die wandständigen Teilchen
elektrostatisch beeinflußt werden. Es gibt nun Membranen, die sich durch
Elektrolyte umladen lassen. Michaelis konnte ап Hand von potentiometn-
schen Beobachtungen nachweisen, daß durch diese Umladung nicht nur
die absolute Größe der lIonenwanderungsgeschwindigkeiten, sondem
auch das relative Verhältnis von u und v beeinflußt wird. Dadurch erhält
die Membran einen gegenüber dem Potential bei freier Diffusion im all-
gemeinen positivierenden Effekt auf die EMK. Diese Wirkung ist ах
obigem Grunde um so größer, je kleiner die Membranporen sind. Warum
sollte nun nicht auch eine Umladung durch Elektronen den gleichsinnigen
und ähnlich von der Porengröße abhängigen Effekt haben.
Dies scheint denn auch nach meinen Versuchen der Fall zu sein, деш
Michaelis konnte weiter zeigen, daß die Ferrocyankupfer- und die nicht
ausgetrocknete Kollodiummembran weite Poren haben. Bei ihnen tritt
gegenüber der freien Diffusion in Wasser ein geringer positivierender Effekt
auf. Aber eben diese beiden Membranen haben auch bei meiner Ver- |
suchsanordnung keinen Ausschlag gegeben. Dagegen gibt das Glas
Membranen mit sehr feinen Poren. Dies stimmt mit meinen Befunden
Beeinflussung von bioelektrischen Potentialdifferenzen usw. 255
überein; ich habe an den Glasketten die größten Ausschläge beobachtet
(bis 5,5 mV).
Die Ölketten möchte ich deshalb hier aus der Diskussion weglassen,
weil sie von Michaelis noch nicht studiert worden sind. Jedoch scheint
auch hier ein ähnlicher Mechanismus wirksam zu sein.
Wie die Kurven der Versuchsreihe 1 und 2 zeigen, sind die Veränderungen
der EMK, wie ich sie dort durch Röntgenbestrahlung erhalten habe, zeitlich
mit der Bestrahlung identisch. Ich bin mir deshalb wohl bewußt, daß
dieselben nicht den einzigen und letzten Grund all der verschieden-
artigen bleibenden Veränderungen, die die Röntgenstrahlen im lebenden
Gewebe setzen, darstellen. Dennoch glaube ich, daß meine Befunde nicht
nur für das Verständnis der biologischen Strahlenwirkungen, sondern auch
für die Theorie der Membranen und der stromgebenden Ketten von einiger
Bedeutung sein dürften.
Die von Lieber und anderen geäußerste Ansicht, daß die Röntgen-
strahlenwirkung vornehmlich (meiner Beeinflussungder Permesbilität der Zell-
membran besteht, wird durch obige Untersuchungen experimentell gestützt.
Literatur.
1) Liechti, Klin. Wochenschr. 19, 825, 1924. — 2) Holthusen, Fortschr.
d. Röntgenstrahlung 88, 62, 1925, Kongreßheft. — 3) Liechti, Klin.
Wochenschr., März 1926. — 4) Bordier, Strahlenther. 2, 368, 1913. —
5) Fernau und Pauli, diese Zeitschr. 70, 1915. — 6) Wels, Pflügers Arch.
199, 226, 1923. — 7) Loeb, Naturwiss. 1924, 6. 213. — 8) Pauli, Klin.
Wochenschr. 1, 1, 1924. — 9) Chick und Martin, Kolloidchem. Beihefte 5,
49, 1923. — 10) Schaudinn, Pflügers Arch. 77, 29, 1899. — 11) Holthusen,
Strahlenther. 14, 561, 1922. — 12) Schmidt, ebendaselbst 12, 517, 1921. —
13) Ellinger und Landsberg, Klin. Wochenschr. 1923. — 14) Cramer, Klin.
Wochenschr. 1926, 190. — 15) Straub und Meyer, diese Zeitschr. 189, 302,
1923. — 16) Lieber, Wien. klin. Wochenschr. 89, 197, 1924. — 17) Derselbe,
Zeitschr. f. Krebsforsch. 21, 1924. — 18) Derselbe, Strahlenther. 20, 1925. —
19) Derselbe, Fortschr. d. Röntgenstr. 88, 73, 1925, Kongreßheft. —
20) Michaelis und Fujita, Zeitschr. f. phys. Chem. 110, 266, 1924. —
21) Nernst, ebendaselbst 4, 129, 1889. — 22) Derselbe, ebendaselbst 2, 611,
1888. — 23) Derselbe, ebendaselbst 9, 140, 1892. — 24) Fujita, diese Zeitschr.
159, 370, 1925. — 25) Lamb und Larson, Journ. of the Amer. Chem. Soc.
42, 229, 1920. — 26) Haber, Апп. d. Phys. 26, 927, 1908. — 27) Haber und
Clemensievicz, Zeitschr. f. phys. Chem. 67, 385, 1909. — 28) Beutner, Die
Entstehung elektrischer Ströme im lebenden Gewebe. Stuttgart 1920. —
29) Cremer, Zeitschr. f. Biol. 47, 1, 1906. — 30) Janitzki, Zeitschr. f. Physik
20, 280, 1923. — 31) Hafner, Ergebn. а. Physiol. 24, 566, 1925. —
32) Michaelis, Naturwiss. 8, 1926. — 33) Fujita, diese Zeitschr. 158, 11,
1925. — 34) Michaelis und Fujita, ebendaselbst 158, 28, 1925. — 35) Die-
selben, ebendaselbst 161, 47, 1925. — 36) Michaelis, Die Wasserstoffionen-
konzentration, 2. Aufl. Berlin 1922. — 37) Derselbe, Praktikum der physi-
kalischen Chemie. Berlin 1922. — 38) Höber, Physikalische Chemie der
Zelle und der Gewebe, 5. Aufl. Leipzig 1922. — 39) Bechhold, Kolloide in
Biologie und Medizin. Steinkopf 1919. — 40) Zsigmondy, Kolloidchemie.
Leipzig 1925. — 41) Meyer, Lehrb. d. Strahlenther. 8. Wien 1925.
Über das Verhalten des p-Xylochinons zu Hefe.
Von
Carl Neuberg und Ernst Simon.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Biochemie in Berlin-Dahlem.)
Die drei Verbindungen der Vierkohlenstoffreihe Diaceiyl, Acetoin
und 2, 3-Buiylenglykol sind chemisch und physiologisch miteinander
verknüpft: CH, CO. CO. CH, -CH,.CHOH.CO.CH,—CH,
.CHOH.CHOH.CH,. Das Acetoin liefert durch Oxydation leicht
Diacetyl und durch Reduktion ß,y-Dioxybutan. Das Diacetyl ist
weiterhin dadurch ausgezeichnet, daß es einen markanten Übergang
in die aromatische Reihe vermittelt. Es wird nämlich, wie M.v. Pech
mann!) entdeckt hat, schon durch verdünntes Alkali unschwer zu
p-Xylochınon kondensiert; dabei tritt als Zwischenprodukt?) das
Diacetyl-aldol auf:
CH,.CO.CO.CH, CH,.CO.C(OH).CH,
+ —_ :
CR, CO. CO. CH, CH,.C0.CO.CH,
CH.CO.C.CH,
— | |
CH,.C.CO.CH
Ferner haben О. Diels und H. Jost?) die interessante Beobachtung
mitgeteilt, das ein irimeres, durch verdünnte Mineralsäure wieder zum
monomolekularen Grundkörper aufspaltbares Diacetyl, (СН, . СО . СО
.CH),, bei der Behandlung mit Natriumamalgam p-Xylohydrochsnon
liefert.
Nachdem sich gezeigt hatte, daß unerwarteterweise Hefe unter
den allerverschiedensten Bedingungen befähigt ist, aus Zucker und
1) М.е. Pechmann, Ber. 21, 1418, 1888.
2) М. o Pechmann und E. Wedekind, Ber. 28, 1845, 1895.
3) O. Diels und H. Jost, Ber. 85, 3290, 1902.
C. Neuberg u. E. Simon: Verhalten des p-Xylochinons zu Hefe. 257
Acetaldehyd!) bzw. aus Brenztraubensäure und Acetaldehyd®) oder
auch unter Beteiligung der Oxalessigsäure®) Acetoin und Butylen-
glykol zu bilden, haben wir einige Versuche darüber für wünschenswert
gehalten, ob eine Rückverwandlung des zyklischen p-Xylochinons
bzw. p-Xylohydrochinons in Körper der Butylenreihe möglich wäre.
Fügt man zu einer gärenden Zuckerlösung eine alkoholische Lösung
von p-Xylochinon, so entfärbt sich, wenn das Xylochinon in kleinen
Anteilen eingetragen wird, die gelbliche Flüssigkeit schnell. Beläßt
man nach dem Eintragen allen Xylochinons die Mischung 2 Tage im
Brutschrank, so nimmt die Flüssigkeit allmählich eine dunkelbraune
Färbung an. Der Geruch nach p-Xylochinon ist verschwunden.
Destilliert man nach dieser Zeit einen aliquoten Teil ab, so findet man
in ihm kein Acetoin und kein Diacetyl vor, wohl aber Acetaldehyd.
Dieser tritt im Vergleich mit entsprechenden normalen Gäransätzen in
so verstärkter Menge auf, daß seine Bildung mit der Umwandlung des
p-Xylochinons in unzweifelhaftem Zusammenhang stehen mußte. Der
Acetaldehyd konnte entweder dem Chinon entstammen oder ein Oxy-
dationsäquivalent für die Entstehung eines Reduktionsprodukts aus dem
zugegebenen Xylochinon sein. Es handelt sich in der Tat um eine
Reduktion des p-Xylochinons zum entsprechenden Hydrochinon. Aus
dem durch Zentrifugieren vom Hefeschlamm getrennten Gärgut gewinnt
man durch direktes Ausäthern das p-Xylohydrochınon in mehr als
%proz. Ausbeute.
Diese Umwandlung des p-Xylochinons in das Hydrochinon
co C(OH)
KS N
нб б.сн, нб б.сн,
I | — | d
H,C.C CH H,C.C CH
Es 2
co C(OH)
ist ganz analog der von uns früher ausgeführten phytochemischen
Reduktion nicht ringförmiger Diketone, z. В. des Diacetyls und Benzils®).
Daß diese Hydrierung mit dem Gärakt verknüpft ist und nicht
durch reduzierende Faktoren der Hefeleibessubstanz bewirkt wird,
ergibt sich, außer durch die bereits erwähnte verstärkte Erzeugung von
1) C. Neuberg und E. Reinfurth, diese Zeitschr. 148, 553, 1923; C. Neu-
berg, Die deutsche Zuckerindustrie 49, 1054, 1924; C. Neuberg und E. Simon,
diese Zeitschr. 156, 364, 1925; С. Neuberg und М. Kobel, ebendaselbst160,
250, 1925; A. J. Kluyver, H. J. L. Donkers und Е. Visser € Hooft, ebendaselbst
161, 375, 1925; L. Elion, ebendaselbst 169, 471, 1926.
2) J. Hirsch, diese Zeitschr. 181, 178, 1922; C. Neuberg und А. v. May,
ebendaselbst 140, 299, 1923; C. Neuberg und O. Rosenthal, Ber. 57, 1436, 1924.
3) C. Neuberg und G. Gorr, diese Zeitschr. 154, 495, 1924; Ergebn. d.
Physiol. 24, 191, 1925.
t) C. Neuberg und F. F. Nord, Ber. 52, 2248, 1919.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 17
258 C. Neuberg u. E. Simon:
Acetaldehyd, aus dem Verhalten, das p-Xylochinon in Berührung mit
abgekochter Hefe und Invertzuckerlösung zeigt. Bringt man p-Xylo-
chinon, in Alkohol gelöst, mit einer Aufschwemmung von abgekochter
Hefe in Wasser zusammen, wobei das schwerlösliche p-Xylochinon in
feinster Verteilung wieder ausfällt, so nimmt der Gehalt an zyklischem
Diketon bei längerem Stehen ab. Man kann nämlich aus dem 48 Stunden
hindurch bei 37° digerierten Gemische das mit Wasserdampf leicht
und quantitativ sich verflüchtigende p-Xylochinon nur rund zur Hälfte
noch regenerieren. Vom zugehörigen p-Xylohydrochinon sind dabei
lediglich Spuren nachzuweisen.
Daß ein erheblicher Teil des Chinons verschwindet, ohne in Hydro-
chinon umgewandelt zu werden, und dabei in undefinierte Produkte
übergeht, beruht wohl auf einer Reaktion des Chinons mit den stickstoff-
haltigen Bestandteilen der Hefezellen. E.Fischer und H. Schrader!)
haben gezeigt, daß Chinon mit Aminosäure-estern zu Kondensations-
produkten zusammentritt; L. Meunier und A. Seyeweiz?) haben das
selbe hinsichtlich einer Reaktion von Chinon mit genuinem Eiweiß
angegeben. Ferner muß man sich der Möglichkeit einer Reaktion
zwischen Aminosäuren und Chinonen erinnern, deren Entdeckung man
W. Traube?) verdankt, wenngleich die typische Umsetzung [siehe
Kontrollen a) und b)] im vorliegenden Falle nicht in Frage kommt.
Belege.
а). 100 g Rohrzucker wurden іп 1 Liter Leitungswasser gelöst und noch
40° warm mit 100g gut abgepreßter Unterhefe (Schultheiss-Patzenhofer:
zur Angärung gebracht. Darauf erfolgte anteilweise die Zugabe von 2.5g
p-Xylochinon, die in heißem reinen Alkohol gelöst waren. Der Zusatz wurde
derart geregelt, daß die Gärung nie in Stillstand geriet; es trat jeweils nur
eine Bchwächung der Kohlensäureentwicklung sowie geringe Verfärbung аш,
die jedoch bald wieder zurückging Am nächsten Tage wurden nochmal
50g Zucker in 500 cem Wasser sowie 50 д Hefe zugesetzt und nach dem
Eintreten lebhafter Gärung die restliche Xylochinonlösung nachgegeben.
Das Gärgemisch, das im Thermostaten bei 37° aufbewahrt worden war,
wies nunmehr eine dunkle, bräunliche Färbung auf. Eine abzentrifugierte
Probe zeigte nur noch minimale Linksdrehung; der Zucker war demnach
praktisch vergoren, so daß zur Aufarbeitung geschritten werden konnte.
Das Gesamtvolumen des Gärguts betrug 2000 ccm. Nach Entfernung de
Hefeschlamms durch Zentrifugieren wurde die Flüssigkeit mehrere Mak
ausgeäthert. Die ätherischen Auszüge wurden mit Knochenkohle behandelt
und filtriert. Der Äther wurde verdampft und der Rückstand in ein Kr-
stallisierschälchen übergeführt, das bis zur völligen Trocknung im Vakuum
exsikkator belassen wurde. Die letzten Spuren Feuchtigkeit wurden über
1) Е. Fischer und H. Schrader, Ber. 48, 525, 1910.
ғ) L. Meunier und A. Seyewetz, Chem. Centralbl. 1914, П, 673; vgl
ferner G. T. Morgan und Е. A. Cooper, ebendaselbst 1995, I, 1215; S. Höper.
diese Zeitschr. 166, 80, 1925.
з) W. Traube, Ber. 44, 3146, 1911.
Verhalten des p-Xylochinons zu Hefe. 259
Phosphorpentoxyd entfernt. Die pooh etwas braun gefärbte Kristallmasse
wog 2,1230 g, was einer Rohausbeute von 84,9 Proz., auf Xylochinon be-
rechnet, gleich kommt.
Zur völligen Reindarstellung wurde das Produkt in heißem Wasser
gelöst, unter Einleiten von Kohlensäure sowie Zusatz von etwas Knochen-
kohle zum Sieden gebracht und filtriert. Beim Erkalten schied sich das
p-Xylohydrochinon in rein weißen, filzigen Nädelchen ab, die auf der
Nutsche abgesaugt, mit kaltem Wasser gewaschen und in vacuo getrocknet
wurden. Die Kristalle zeigten den Schmelzpunkt 212°, der in der Literatur?)
für das auf rein chemischem Wege gewonnene Produkt angegeben ist.
Für die intermediäre Bildung von Chinhydron, das ja auch aus den Kompo-
nenten in vitro nicht entsteht?), waren keine Anzeichen vorhanden.
b). In einem anderen, unter gleichen Bedingungen ausgeführten Versuch
wurden 93,3 Proz. des p-Xylochinons in das Hydroderivat umgewandelt.
Das Vorliegen dieser Substanz wurde ferner durch die Elementaranalyse
ETFWIOBEN :
0,1658 g Substanz: 0,4207 g CO,; 0,1122g H,O.
C,H„0,. Ber.: С = 69,55 Proz.; Н = 7,25 Proz.
Gef.: C = 69,20 „ ; Н > 7,52 „
Das p-Xylohydrochinon besaß folgende Eigenschaften: Versetzte man
die wässerige Lösung der Substanz mit Eisenchlorid und erhitzte zum Sieden,
so trat der charakteristische, stechende Chinongeruch auf. In gleicher Weise
wirkte Kaliumbichromat. Die Reoxydation des Hydrochinons wurde
auch quantitativ ermittelt: 0,5g Hydrochinon (1 Mol) wurden mit 1,17g
FeCl, (2 Mol) versetzt und der Wasserdampfdestillation unterworfen. Die
Oxydation erfolgte augenblicklich: das entstehende Xylochinon ging sofort
über und kristallisierte in goldgelben Kristallen zum Teil bereits im Kühl-
rohr aus. Die abgesaugten und getrockneten Kristalle schmolzen bei 125°.
Ausbeute 0,488 g.
е). Die erhöhte Produktion von Acetaldehyd wurde in folgender Weise
festgestellt:
Zu einer mit 50 g Hefe versetzten Lösung von 50 р Zucker іп 500 ccm
Wasser wurden 1,3g in Alkohol gelösten p-Xylochinons gegeben. Am
nächsten Tage wurden nochmals 25g Zucker in 250 ccm Wasser und 25g
Hefe hinzugetan. Nach der Ausgärung wurde das bei 37° aufbewahrt
gewesene und nunmehr chinonfrei gewordene Gemisch der Wasserdampf-
destillation unterworfen und anreichernd destilliert. Die Prüfung auf
Асеюіп verlief negativ. Die Bestimmung des Acetaldehyds wurde nach
Ripper titrimetrisch vorgenommen. Gefunden wurden 70,2 mg Aldehyd,
während der in gleicher Weise ohne Xylochinon angesetzte Kontrollversuch
20,7 mg Aldehyd lieferte.
Kontrollen.
a). 100g Hefe wurden mit 500 ccm Wasser 1 Stunde lang gekocht.
Gleichzeitig wurden 100 g Rohrzucker in 300 ccm Wasser gelöst und durch
halbstündiges Erwärmen mit 10 ccm п/10 Schwefelsäure auf dem Wasser-
bade invertiert. Nach dem Abkühlen wurde die Lösung mit 10 ccm п/10
Natronlauge neutralisiert und mit der Hefensuspension vereinigt. Darauf
wurden 1,5392g Xylochinon hinzugesetzt und das Gemisch sofort mit
1) B. Heymann und W. Koenigs, Ber. 20, 2396, 1887.
2) R. Nietzki, Апп. 215, 170, 1882.
260 С. Neuberg u. E. Simon: Verhalten des p-Xylochinons zu Hefe.
Wasserdampf destilliert. Die Hauptmenge des Chinons kristallisierte
in der Vorlage aus; aus der ausgeätherten überstehenden Lösung wurde
nach dem Verdampfen des Äthers ebenfalls reines Xylochinon erhalten.
Zurückgewonnen: 0,7422g. Der Rückstand der Wasserdampfdestillation
wurde zentrifugiert und darauf mit Äther ausgezogen. Nach Verdunsten
des Lösungsmittels hinterblieb ein minimaler Rückstand, der kein Hydro-
chinon enthielt.
b). Einer auf dieselbe Art angesetzten Kontrollmischung wurden
2,0049g Xylochinon zugefügt; das Gemenge wurde 48 Stunden bei 37
digeriert. Zurückgewonnen: 1,0623g. Im Rückstand ließ sich eine geringe
Menge Hydrochinon feststellen.
c). Eine alkoholische Lösung von 2,5 g p-Xylochinon wurde mit 800 cem
Wasser zusammengebracht, wobei das Xylochinon wieder ausfiel, und 2 Tage
im Thermostaten bei 37° aufbewahrt. Die Aufarbeitung geschah folgender-
maßen: Vom ungelösten Chinon wurde abfiltriert und die Flüssigkeit zur
Entfernung gelösten Chinons mit Wasserdampf behandelt. Die restierende
Lösung wurde in üblicher Weise ausgeäthert. Nach Abdunsten des Äther
hinterblieb eine spärliche Menge einer öligen Flüssigkeit; Hydrochinon
war nicht zu isolieren.
Der Brauerei Schultheiß-Patzenhofer in Berlin sind wir für reichlich
Belieferung mit Hefe zu besonderem Dank verpflichtet.
Die Formgebilde der Zellmembran
und ihr Verhalten bei der Zersetzung derselben.
Von
J. König.
(Aus der landwirtschaftlichen Versuchsstation zu Münster і. МіГ.)
(Eingegangen am 22. Februar 1926.)
Mit 8 Abbildungen im Text.
Die Frage über die Formgebilde der Zellmembran und ihr Ver-
halten bei der Zersetzung derselben hat neuerdings wieder eine be-
sondere Bedeutung erlangt, weil Meinungsverschiedenheiten darüber
entstanden sind, ob die Steinkohle aus dem Hauptbestandteil der
Zellmembran, nämlich der Cellulose, oder aus dem Lignin derselben
entstanden ist.
1.
Um diese Frage besser beurteilen zu können, möge hier eine Dar-
legung der Struktur der Zellmembran sowie der chemischen Beschaffenheit
ihrer Bestandteile vorangehen.
Schon seit langem hatte man erkannt, daß in der Zellmembran
außer Cellulose noch andere Bestandteile vorhanden sind, die auch eine
verschiedene Zusammensetzung haben!). Letztere Verschiedenheit
konnte man zunächst nur durch indirekte Bestimmungsverfahren
(2. В. Oxydation nach J. König) nachweisen. Seit 1910 besitzen wir
aber Verfahren, welche eine direkte Trennung und Untersuchung der
Gemengteile der Zellmembran ermöglichen, so das Verfahren von Ost
und Wilkening mit 72proz. Schwefelsäure, von Willstätter und Zech-
e
I) Zeitschr. f. Unters. d. Nahrungs- u. Genußmittel 28, 177, 1914; J. König
md Е. Rump, Chemie und Struktur der Pflanzenzellmembran. Berlin,
Julius Springer, 1914. In letzterer Schrift findet sich eine Zusammenstellung
ler einschlägigen Literatur.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 18
262 J. König:
meister mit rauchender Salzsäure von 1,21 spezifischem Gewicht (und
mehr), von König und Rump durch fünf- bis sechsstündiges Dämpfe
bei 5 Atm. Überdruck mit 1proz. Salzsäure oder von König und Becke
durch Einleiten von Salzsäuregas іп die schwach angefeuchtete Zell
masse (Rohfaser).
Mit Hilfe dieser Lösungsmittel und der Eigenschaft, daß de
Lignine durch Wasserstoffsuperoxyd und Ammoniak im Gegensatz r:
Cellulose und Cutin — dem dritten Bestandteil der festen Zellmembran -
leicht oxydiert werden können, läßt sich die Zellmembran, die nach
tunlichster Entfernung der Proteine, des Fettes und der löslichen bzy.
leicht hydrolysierbaren Kohlehydrate mittels verdünnter Säuren und
Alkalien übrigbleibt, wie folgt in ihre Formgebilde (Cellulose, Lignin
und Cutin) zerlegen:
1. Durch Behandeln der Pflanzenstoffe mit verdünnten Ѕаше
und Alkalien (W. Henneberg) oder mit Glycerin-Schwefelsäure (J. Коли).
bleiben zurück Cellulose, Lignin und Cutin.
2. Durch Oxydation des Rückstandes von Nr.1 mit H,O, uni
Ammoniak (nach J. König) verbleiben Cellulose und Cutin.
3. Durch Behandeln von Nr. 1 mit 72proz. Schwefelsäure (nach
Ost und Wilkening oder den anderen Verfahren) verbleiben Lignin
und Cutin.
4. Durch Oxydation des Rückstandes Nr. 3 mit H,O, und Ammonisz
(nach J. König) verbleibt Cutin.
Die mikroskopische Struktur dieser vier verschiedenen Rückstänk
möge hier von Tannenholz und Weizenstroh wiedergegeben werden
(vgl. Abb. 1 bis 8). Es zeigen alle vier Bilder
а) bei Tannenholz deutlich die kennzeichnenden Teile des Coniferen-
holzes: Tracheiden mit Hoftüpfeln, Markstrahlen (kleingetüpfelt
b) bei Weizenstroh deutlich die mehr oder weniger gewellten Wände
Epidermiszellen, dazwischen Kurzzellen und Spaltöffnungen ; ferner
Teil Ring- und Spiralgefäße; bei Abb. 5 auch parenchymatisches Mark:
gewebe.
In der gleichen Weise haben wir die Zellmembrane!) von Weizer
kleie, Gras, Apfelschale, Kartoffelschale und Neuseeländer Rach?
1) Man nimmt wohl fünf verschiedene Zellmembranarten ап, nämlic
Lignocellulose, worin die Cellulose mit Lignonen oder Ligninsäuren, Pek-
cellulose, worin sie mit Pektinen, МисосеЙшове, worin sie mit Schleier
stoffen, Adipocellulose, worin sie mit Phellonsäure (Kork), Cwzocellule:.
worin sie mit Stearocutinsäure verbunden sein soll. Wir aber haben ge
funden, daß Vertreter aller dieser Gruppen nach Behandeln mit verdünnte::
Säuren und Alkalien Rückstände (Rohfasern) hinterlassen, in denen die
obigen drei Formgebilde vorhanden sind.
Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten bei der Zersetzung. 263
Zellmembran
von. Tannenholz.
ibb. 1. Zellmembran durch Benzolalkohol und Abb. 2. Rohfaser. (Glycerinschwefelsäurever-
Vasser von Harz und wasserlöslichen Stoffen fahren von J. König.) Besteht aus: Cellulose
befreit. Vergr. 270. + Lignin + Cutin. Vergr. 270.
Abb.3. Cellulose + Cutin. Nach Entfernung Abb. 4. Lignin + Cutin. Nach Entfernung der
des Lignins durch Oxydation der Rohfaser mit Cellulose durch Behandlung der Rohfaser mit
Wasserstoffsuperoxyd und Ammoniak. Vergr. 270. 72proz. Schwefelsäure. Vergr. 270.
18 *
264 J. König:
Zellmembran von Weizenstroh.
Abb. 5. Rohfaser. Abb. 6. Cellulose + Cutin.
(Glycerinschwefelsäureverfahren von J. König.) Nach Entfernung des Lignins durch Oxyd:
Besteht aus: Cellulose + Lignin + Cutin. der Rohfaser mit Wasserstoffsuperoxyd
Vergr. 70, Ammoniak. Vergr. 80.
Abb. 7. Lignin + Сип. Abb.8. Cutin.
Nach Entfernung der Cellulose und des Lie
Nach Entfernung де daten durch Behandtuúg durch aufeinanderfolgende Behandlung der 2
der Robfaser mit 72 proz. Schwefelsäure. faser mit 72proz. Schwefelsäure und Wase
Vergr. 70. stoffsuperoxyd + Ammoniak. Vergr. I.
Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten bei der Zersetzung. 265
zerlegt und konnten überall feststellen, daß Lignin und Cutin nach
Abtrennung von der Cellulose dieselbe Struktur hatten, wie die letztere
bzw. die Gesamtmembran. Daraus haben wir damals geschlossen,
daß Lignin und Cutin nicht, wie vielfach behauptet worden ist, in
chemischer Verbindung mit der Cellulose, sondern mit ihr nur mechanisch
ver- bzw. durchwachsen!) vorhanden sind, in ähnlicher Weise wie Leim
und Kalkphosphat in den Knochen oder wie Cellulose und Kieselsäure
in den Gramineen sich befinden?). Denn wenn es sich um eine chemische
Bindung handeln würde, so müßte durch Aufhebung dieser Verbindung
mittels chemischer Lösungs- oder Zerstörungsmittel auch die Struktur
verändert werden ; andererseits ist das Cutin eine chemische Verbindung
(Wachs) für sich, die keine weitere Bindung eingehen kann, weil sie
gesättigt und sehr indifferent ist.
П.
Alle Bestandteile, Cellulose, Pentosane, Lignin und Cutin, haben
eine verschiedene Klementiarzusammensetzung und Konstitution, nämlich:
Elemente | BI, | Pentomne ` MË | ec?
я оз тты р _ Proz | Proz. Proz ror.
Kohlenstoff . . . 4443 45,43 | 67,31 —71,35 | 68,12—69,97
Wasserstoff `. . | 692 611 | (410)— 780| 965—1240
е) Nach 8 Proben aus verschiedenen Pflanzen bzw. Pflanzenteilen.
*) Nach 6 Proben aus verschiedenen Pflanzen.
In früheren Jahren haben Verfasser und sonstige Fachgenossen
die Elementarzusammensetzung des Lignins, weil es von der Cellulose
noch nicht quantitativ getrennt werden konnte, indirekt berechnet
und dafür im Durchschnitt 55 Proz. Kohlenstoff angenommen (vgl.
J. König und E. Rump, Chemie und Struktur der Zellmembran, 1914).
Dieser Wert war aber recht unsicher und wurde auch schon vor 50 Jahren
mitunter viel höher gefunden, z. B. von Stackmann, aus dessen Unter-
suchungen (1878) über Coniferenholz sich für die ligninartigen Körper
65,6 bis 67,8 Proz. C berechnen. Aber noch viel früher (1859) gibt
Fremy für den aus der Cuticula der Apfelbaumblätter gewonnenen
wachsartigen Körper, den er Cutin nennt, 73,6 Proz. C und 11,4 Proz. H,
1) Man hat das Lignin auch wohl zu den Inkrusten gerechnet. Zu den
Inkrusten von unverholzten Membranen können aber nur die Einlagerungen
von Bitter-, Farb-, Gerb- und Pektinstoffen, bei den verholzten Membranen
die Einlagerungen der aromatischen Stoffe Hadromal, Coniferin, Vanillin
gerechnet werden. Diese Inkrusten sind sämtlich in verdünnten Säuren
und Alkalien löslich.
2) R. Sachse hat schon 1877 diese Durchwachsung der drei Zellmembran-
bestandteile mit einer Metallegierung verglichen.
г
266 J. König:
und für eine aus Agaveblättern gewonnene C'ytose 68,3 Proz. C und
8,9 Proz. H an, also Zahlen, die mit den hier gewonnenen über-
einstimmen.
Für das Lignin allein konnte die Elementarzusammensetzung nicht
bestimmt werden, weil es bis jetzt nur zusammen mit dem Cutin ge-
wonnen und von letzterem nur durch Zerstörung (Oxydation mit z.B.
Wasserstoffsuperoxyd + Ammoniak) getrennt werden kann. Aber
die Menge des Cutins ist gegenüber dem Lignin in den Pflanzen durch-
weg nur gering!), und weil der Kohlenstoffgehalt in den cutinarmen
und cutinreicheren Zellmembranen nicht wesentlich voneinander ab-
weicht, das Cutin auch für sich allein einen nahezu gleichen Kohlenstoff-
gehalt wie das Gemisch von Lignin + Cutin besitzt, so kann man für
das Lignin einen gleich hohen Kohlenstoffgehalt annehmen.
Im allgemeinen ist man der Ansicht?), daß das Lignin dadurch ent-
steht, daß die Kohlehydrate der Zellmembran (Hexosane und Pentosane)
während des Wachstums der Pflanzen durch Ringschluß in aromatische
oder hydroaromatische Verbindungen übergehen ?), indem gleichzeitig Alkyl-
gruppen, Methyl bzw. Methoxyl, eingelagert werden. Р. Klason’)
1) So wurden von uns in der wasser- und sandfreien Substanz gefunden:
— ç rm — ——— — — —r—— — — — — — —— — — —
og la | { И
© CR 2 Е ` Baumrinde
| Sé * Sé | E T || Apfel — |
| Pro а Proz. Fee Proz.) _Pros. Proz. |Proz. Pros. Proz. анау.
Cutin 0,90-2,03 1,000,756 510,60 0,14- 0,16 | 0,83l0,10| : | 7,791 1,53- 28
Lignin 3,33-5,41 1295/657 4.94112.09-21, 715/10:64 |4,55. 5.16 18,95 | | 2343-3625
2) Vgl. unter anderen W. Schrauth, Zeitschr. f. angew. Chem. 86, 149.
1923.
3) Meissner und Shepard haben schon 1866 in einer Schrift (Unter-
suchungen über das Entstehen der Hippursäure im tierischen Organismus,
Hannover 1866) in den Ligninen Stoffe mit Ringschluß vermutet, indem
sie auf Grund von Fütterungsversuchen bei Kaninchen behaupteten,
daß nicht in der Cellulose, sondern in den die Cellulose begleitenden kohlen-
stoffreicheren Stoffen die Muttersubstanz der Hippursäure zu suchen sei;
denn wie wir jetzt wissen, setzt die Bildung von Hippursäure im Tierkörper
das Vorhandensein von Stoffen mit einem Benzolkern voraus. Meissner
und Shepard schrieben der Nichtcellulose die Bruttoformel Ca Н,,О,, ZU
oder hielten sie der Hauptmasse nach für Cuticularsubstanz im Sinne
Mohls. Ich habe damals in Gemeinschaft mit Th. Dietrich (Landw. Ver-
suchsst. 18, 222, 1870) der Ableitung der Formel und der Begründung obiger
Annahme widersprochen, indem wir auf Grund von Fütterungsversuchen
behaupteten, daß von dem kohlenstoffreicheren Teil der Cellulose wenig oder
gar nichts verdaut werde. Ich muß aber jetzt nach den mit vollkommeneren
Untersuchungsverfahren gewonnenen Ergebnissen zugeben, daß die An-
nahme von Meissner und Shepard, daß das Lignin die Muttersubstanz
für die im Tierkörper entstehende Hippursäure sei, wohl richtig sein kann.
4) Berichte der deutsch. chem. Ges. 58, 1869, 1920; 58, 375 u. 1761,
1925.
Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten bei der Zersetzung. 267
halt das Lignin 2. В. für ein Derivat von Coniferylalkohol (Coniferylpar-
aldehyd) von etwa folgender Konfiguration:
GI "
oo
(eg ge 4
б
K 1 deg
Р. Klason unterscheidet im Fichtenlignin zwei Lignine, ein a-Lignin,
C„H„O, bzw. Calais nach vorstehendem Schema mit einer Acrolein-
gruppe, und ein ß-Lignin von der Bruttoformel Ce Hie О» mit nur einer
Methoxylgruppe.
E. Beckmann, Liesche und Lehmann!) nehmen dagegen für das Lignin
des Winterroggenstrohes eine Bruttoformel Ca Hal an, mit vier Methoxyl-
gruppen und vier benzovlierbaren Hydroxylgruppen, also von folgender
Differenzierung Goal Sa" Erstere Formel verlangt 66,3 Proz.
Kohlenstoff und 23,4 Proz. Methoxyl (O . CH,), letztere 62,8 Proz. Kohlen-
stoff und 16,2 Proz. Methoxyl. Erstere Kohlenstoffprozente würden sich
den von uns für Gesamtlignin gefundenen Kohlenstoffgehalten von 68 bis
70 Proz. nähern, während im Gehalt an Methoxyl, wovon wir im Tanpin-
lignin 15,99 Proz., Fr. Fischer in anderen Ligninen 13,3 Proz. bei 64,98 Proz.
Kohlenstoff und in einem anderen rund 15 Proz. fanden, die von Beckmann
und Mitarbeitern angenommene Formel mehr den letzteren Befunden ent-
spricht. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß Klason bei seinen
Untersuchungen von der Sulfitablauge, d. h. von gelöstem Holzlignin
ausging, Beckmann und Liesche dagegen nur das in alkoholischem Alkali
gelöste Lignin des Strohes verwendeten. Die Menge dieses letzteren betrug
rund 7 Proz. vom Stroh, während der unaufgeschlossene Rückstand nach
Wilstätters Verfahren noch 15 Proz. Lignin lieferte. Im ersteren Falle
kann beim Aufschließen des Holzes mit Calciumbisulfit eine Zersetzung
des Lignins stattgefunden haben, im letzteren ist dagegen der größte Teil
des Lägnins unbeachtet geblieben, und es ist nach verschiedenen hiesigen
Untersuchungen anzunehmen, daß sich das Lignin ebenso wie die Cellulose
in den Pflanzen, wie wir gleich sehen werden, in verschiedenen Löslichkeits-
stufen befindet und die oben von uns gefundenen Kohlenstoffgehalte sich auf
die Gesamtmenge des schwerst löslichen Lignins beziehen.
Als Hauptunterschied zwischen den Zellbestandteilen in chemischer
Beziehung ist zu beachten, daß das Lignin?) Methyl- bzw. Methoxyl-
gruppen eingelagert enthält und in ammoniakalischer Lösung durch
Wasserstoffsuperoxyd oxydiert werden kann, wovon das Cutin gar
9“ и
—— ———
1) Zeitschr. f. angew. Chem. 84, 285, 1921; vgl. auch weiter diese
/eitschr. 189, 491, 1923.
1) In einzelnen Pflanzen kommen auch Methylpentosane in geringen
Mengen vor.
268 J. König:
nicht, die Hexosane und Pentosane dagegen nur wenig angegriffen
werden. j |
Das Cutin der Zellmembran hat dagegen eine von den anderen
Zellmembranbestandteilen ganz abweichende Konstitution. Es läßt
sich verseifen und ist eine Wachsart.
So lieferte Cutin aus Roggenkleie (6,0 g) durch dreistündiges Kochen
mit 150 ccm wässeriger 20proz. Kalilauge einen alkoholischen und einen
sauren Anteil von folgender Beschaffenheit!):
| Ursprüngliches Cutin г Alkohol daraus | Säure daraus
Kohlenstoff . . | 69,37 Proz. 80,34 Proz. | 69,09 Proz.
Wasserstoff . . 11,77 , 1336 10,97 ,
Schmelzpunkt . | — | 55560 | etwa 30°
Von bekannten Alkoholen und Säuren der aliphatischen Reihen verlangen:
Cetylalkohol Oktadek lalkobol 1 Nonylsäure | Caprinsäure
| Суйо, CoHisOs | CroHzo0;
Kohlenstoff . . ` 79,96 Proz. | 79,91 Proz. , 68,27 Proz. ` 69,69 Proz.
Wasserstoff . . | 1414 „ 14,16 „ ' 146 „ | 11,70 ,
Schmelzpunkt. || 49,—49,5° 590 71950 314°
Hiernach würde man das Cutin als ein Gemisch von Nonylsäure-
cetylester und Caprinsäureoktadekylester auffasssen können. Auch
Fremy gibt schon (1859) an, daß sich das Cutin der Apfelbaumblätter
verseifen läßt und eine flüssige Fettsäure liefert. Die Entstehung-
weise des Cutins ist bis jetzt noch unbekannt.
ША.
Die in der Struktur gleichen, aber in der chemischen Zusammen-
setzung verschiedenen Zellmembranbestandteile verhalten sich auch
in der Löslichkeit verschieden. Wenn man Pflanzenstoffe mit Wasser,
Diastase-, Pepsinlösung unter Zusatz von verdünnter Salzsäure, weiter
mit Alkohol und Äther behandelt, so erhält man einen tunlichst fett-
freien und proteinarmen Rückstand, der als das Gerüst der vorwiegend
aus Cellulose bestehenden Zellmembran angesehen werden kann.
Behandelt man?) diesen Rückstand wie bei der Rohfaserbestimmung
mit 1.4 рго2. Schwefelsäure und darauf mit 14, proz. Kalilauge, so gehen
Stoffe in Lösung, die einen höheren Kohlenstoffgehalt als Cellulose
(Hexosane und Pentosane) besitzen; z. В. wurden von der Zellmembran
von sieben verschiedenen Futtermitteln gelöst:
Durch verdünnte Schwefelsäure organische
Stoffe mit ............. 47,03 bis 50,26 Proz. C
Durch verdünnte Kalilauge. . . . . .. 50,83 ,, 57,63 „ С
1) Vgl. J. König und W. Suithoff, Zeitschr. f. Unters. а. Nahrungs-
u. Genußmittel 17, 62, 1909.
2) Vgl. C. Krauch und v. d. Becke, Landw. Versuchsst. 27, 337, 1882.
Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten bei der Zersetzung. 269
Durch eine Reihe weiterer Untersuchungen (vgl. Anm.1, S.261) wurde
weiter nachgewiesen, daß ein Teil der Anhydride der Kohlehydrate
(Pentosane und Hexosane) wie auch der Lignine der Zellmembran
schon durch Wasser allein unter Druck (3 Atm., 1 Stunde lang)!), noch
mehr aber durch Kochen oder Dämpfen mit verdünnten (1,0 bis 3,0 proz.-)
Mineralsäuren in Lösung geht. Die gelösten Pentosane ließen sich
durch Destillation der eingedunsteten Lösungen mit Salzsäure von
1,06 spezifischem Gewicht an dem gebildeten Furfurol nachweisen und
quantitativ bestimmen. Die Lösung der Lignine ergab sich daraus,
daß die gelösten stickstoff- und fettfreien Stoffe nicht nur einen höheren
Kohlenstoffgehalt besitzen als Hexosane (44,4 Proz.) und Pentosane
(45,4 Proz.) verlangen, sondern auch daraus, daß die gedämpften
Rückstände weniger Methoxyl aufwiesen als die ursprünglichen nicht
gedämpften Zellmembrane.
Von den @esamtpentosanen (3,62 bis 18,07 Proz. in Körnern und Stroh
von Roggen und Erbsen) wurden gelöst durch Dämpfen mit Wasser:
3 Stunden bei 3 Atm.. . . . 2.2 2 2 2. 1,62 bis 6,68 Proz.
4 u. к Ж. о е er 2,62 ,„ 11,54 „,
6 E а 2,94 „ 15,71 ,,
Die (von Grasheu, Kleeheu, Bellmehl und Biertreber) durch ein-
stündiges Dämpfen bei 3 Atm. gelösten stickstoff- und fettfreien organischen
Stoffe enthielten Kohlenstoff:
Gelöst durch Wasser unter Druck | Gelöst durch 2 proz. Glycerin-
48,40 bis 51,06 Proz. | schwefelsäure 51,73 bis 53,22 Proz.
Von den Gesamtligninen (1,00 bis 2,14 Proz.) dieser Futtermittel
blieben im Rück- blieben im Rück-
stand. . . . 0,41 bis 1,36 Proz. stand . . . . 0,19 bis 0,56 Proz.
wurden gelöst . 0,59 „ 0,88 „ wurden gelöst . 0,81 „ 1,44 „,
Ich habe aus allen diesen Untersuchungen geschlossen, daf die
Bestandteile der festen, stickstoff- und fettfreien Zelmembran in ver-
schiedenen Polymerisations- bzw. Kondensationsstufen vorhanden sein
Müssen.
E. Schulze hat denjenigen Teil der Cellulose, der durch Kochen
oder Dämpfen mit 2- bis 3proz. Mineralsäuren (Salzsäure) gelöst wird,
als Hemicellulosen bezeichnet und wegen ihrer leichteren Hydrolysier-
barkeit wie die Stärke zu den Reservestoffen gerechnet. Dementsprechend
würde man den Teil der Cellulose der Zellmembran, der schon durch
Wasser allein unter Druck gelöst (hydrolysiert) wird, als Protocellulose,
I) Die Pentosane werden in geringer Menge auch durch Behandeln der
Zellmembran mit Diastase- und Pepsinlösung unter Zusatz von verdünnter
Salzsäure hydrolysiert. So wurden von den Gesamtpentosanen (2,12 bis
18,07 Proz.) bei fünf Futtermitteln gelöst durch übliches Behandeln mit:
Diastase + Salzsäure . . . . . 2 .... 0,94 bis 2,74 Proz.
Pepsin + Salzsäure . . » 2. 2 2 2 2.0. 0,29 ,, 2,07
>>
270 J. König:
und den Teil, welcher erst durch konzentrierte Säuren (72 proz. Schwefel-
säure oder 42proz. Salzsäure) gelöst wird, als Orthocellulose bezeichnen
können.
Außer dem Giykosan als Hauptbestandteil der Zellmembran gibt
es vereinzelt auch noch andere Hexosane in derselben, z. В. Galaktan.
im Samen der Hülsenfrüchte, Mannan in Kaffeesamen, Datteln uni
anderen. Diese verhalten sich anscheinend ganz wie die Pentosane,
d.h. sie sind wie die Pentosane fast nur in der Proto- und Hemiforn
vorhanden und werden wie die Pentosane fast ganz durch verdünnte
Säuren gelöst. Für das Lignin ist zu berücksichtigen, daß der Teil,
welcher durch verdünnte und selbst erst durch starke Säuren gelöst wird,
farblos ist, weil die Lösung der Orthocellulose durch 72proz. Schwefel-
säure wasserhell ist, während das hierin unlösliche Lignin als braune
Masse zurückbleibt; es möge daher zwischen ungefärbtem und gefärbten
Lignin unterschieden werden, und man kann dann für die einzelnen
Bestandteile der Zellmembran folgende Löslichkeitsübersicht au-
stellen:
К | ' І | | | i о, | о 3
Di > g g S Gi ge oge i
Nr.. Löslich durch Behandeln mit $ 5 4 453 ФЕ HE €
а вови Te,
1 Wasser allein unter . Alle zum geringen Teil löslich
| Druck, Protoform | | | | \
2 | 2—3 proz. Salz- oder , bis auf geringe | 2. Т. z.T. | _ =
Schwefelsäure unter ` Mengen löslich löslich löslich | .9 ZS
‚_ Druck oder durch ' | 18 3
Kochen, Hemiform (IK E
3
3 | 72 proz. Schwefel- oder ‚letzte Reste löslich völlig z. Т.
'42 proz. Salzsäure in der | | | löslich löslich!
Kälte, Orthoform | |
4' Wasserstoffsuperoxyd ' — | — —— voll илаш,
und Ammoniak | oxydierbar gender
Das zuletzt übrigbleibende Cutin ist wachsartig, in den gewöhn-
lichen Wachslösungsmitteln sehr schwer oder kaum löslich — am besten
noch in Chloroform —, kann aber durch längeres Kochen mit Kalilauge
(20 proz.) verseift werden.
IV.
Man muß indes bei den verschiedenen Löslichkeitsstufen der Pente-
sane, Hexosane und Lignine nicht an scharfe Abgrenzungen denken,
sondern man muß allmähliche Übergänge annehmen, die je nach Ай
und Alter der Pflanzen verschieden sein können bzw. sind. Denn, wie
die Zellmembranmasse als solche, nimmt auch die Verhärtung bzw.
Verholzung derselben mit dem Alter der Pflanzen zu. So fand ich in
Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten bei der Zersetzung. 271
Gemeinschaft mit A. Fürstenberg und R. Murdfield!) in der Pflanzen-
trockensubstanz :
| Gras D Rotklee
Rohs | Orthos | i Rob» | Orthos
Wachstumsstufe faser cellus Lignin | Cutin ; faser | cellu- | Lignin ' Cutin
| | lose
Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. |
— — SE Së — ES Т EE —— —
Vor der Blüte . . 22,75 2032; 386 | 1,07 | 19,55 14,01 | 4,49 | 1,06
In „ „ .. 99,57 2249 | 6,01 | 1,07 i 22,92 1659 | 5,32 | 1,01
Маһ н. . 13320 2408 8,25 | 0,88 | 20,22 ' 20,65 | 705 | 1,62
Reifes Erbsenstroh ergab . . ........ | 37,41 ` 23,61 | 11,28 | 2,22
Die vorstehenden Ergebnisse wurden in der Weise erhalten, daß die
Rohfaser der Pflanzen, um das Lignin zu entfernen, mit Wasserstoffsuper-
oxyd und Ammoniak oxydiert, die Rückstände zur Lösung der Cellulose
mit Kupferoxydammoniak behandelt wurden, so daß das Cutin als un-
angegriffener Teil zurückblieb. Dieses Trennungsverfahren hat sich aber
nicht als genau erwiesen, denn in einigen Fällen (bei Kleien) erwies sich die
gelöste Cellulose nicht als rein, sondern enthielt noch Methoxyl- bzw. Acetyl-
gruppen eingeschlossen. Ich habe aber in Gemeinschaft mit Fr. Hühn?)
und Е, Rump die Lösung der Orthocellulose in der Zellmembran von
Gras in verschiedener Wachstumsstufe such noch nach Ost und Wilkening
mit 72proz. Schwefelsäure vorgenommen und dabei gefunden, daß durch
Behandlung der mit 2proz. Glycerinschwefelsäure erhaltenen Rückstände
(Rohfaser) mit 72proz. Schwefelsäure nicht allein Orthocellulose, sondern
mit ihr auch weitere Ligninanteile gelöst werden, die ich, wie schon
gesagt, im Gegensatz zu dem rückständigen braunen Lignin als ungefärbte
Lignine bezeichnen möchte, weil die schwefelsaure Lösung selbst nach
längerer Zeit hell und klar bleibt.
Die Veränderung der Bestandteile während des Wachstums des Grases
erhellt aus folgenden Zahlen für die wasser- und aschenfreie Substanz:
In der Robfaser
| | \ И
| | | — f |
| Pento. ` 308, | Rohs | farbe Ъ .
Wschstumsstufe | Protein Fett * freie | fasor | Cellu- | loses, Schan, !
Extrakt, lose |lösliches! unlösl. Cutin
' stoffe | Lignin ! Lignin |
— | || Proz. | Proz. _ Proz. Proz. | Proz. || Proz. | Proz. | Proz. | Proz.
` ИО ТИ ER И | | ү т бш:
Junges Gras | 21,44 4,07 15,34 | 43,68 : 15,47 | 13,31 : 0,39 | 1,27 | 0,52
Gras vor der
| | |
Blüte . . .|17,52 510 20,06 29,31 28,01 2088 4,60 1,78 | 0,74
Gras in der | | | | |
Blüte . . ., 17,98: 4,28 20,71 2375 33,28 25,76, 3,63 3,12 | 0,77
Wenn die vorstehenden Zahlen auch nur als annähernd und relativ
richtig angenommen werden können, so sprechen sie doch auch für die
von vielen Forschern vertretene Ansicht, daß die erste gebildete Zell-
1) Landw. Versuchsst. 65, 55, 1907.
з) Fr. Hühn, Bestimmung der Cellulose in den Holzarten. Inaug.-Diss.
Münster i. W. 1911.
272 J. König:
haut aus reiner (Ortho-) Cellulose besteht, an oder in die mehr oder
weniger schnell einerseits Anhydride anderer Kohlehydrate (Pentosane.
Mannane, Galaktane), andererseits Methoxyl an- bzw. eingelager
werden, wodurch unter Ringschluß Lignine entstehen, während di
Bildung des Cutins noch unbekannt bleibt und in der Menge рер
Lignin zurücktritt.
Das Cutin findet sich zwar in allen Pflanzenteilen, aber vorwiegent
in den äußeren Membranteilen, wo ihm die biologische Aufgabe de
Schutzes gegen Welken und äußere Angriffe zukommen soll. Шага:
erklärt sich auch der kaum nennenswerte Cutingehalt der alten Hol
arten (0,14 und 0,16 Proz.) im Vergleich zu dem der einjährigen Pflanzen
mit 0,5 bis 2,0 Proz. Cutin. Aus demselben Grunde sind wohl auch die
Cutinzahlen in den Schalen von Äpfeln und Kartoffeln bedeuten!
höher, nämlich 3,51 bis 7,79 Proz. in der wasser- und aschenfreie
Substanz.
Jedenfalls nimmt mit der Cellulose in der Pflanze auch das Lignin
zu, und ist es wohl denkbar, daß die jüngeren, leichter löslichen Lignine
durch eine geringere Anzahl gebildeter Kohlenstoffringe und ein-
gelagerter Methoxylgruppen von dem älteren Lignin unterschieden sind.
Tatsächlich wird nach zahlreichen Versuchen die Zellmembra
(Rohfaser) von den Tieren (auch Wiederkäuern) um so höher verdaut.
je weniger die Pflanzen entwickelt sind und je weniger die Zellmembra:
verholzt, d.h. mit Lignin durchsetzt ist. Der Mensch kann überhaupt
wohl nur die zarte, jugendliche, tunlichst ligninfreie Cellulose verdauen.
ү.
Daß bei der Verarbeitung der Zellmasse im Tiermagen die СеЙшоих
in stärkerem Grade angegriffen und verdaut wird als die Lignine, kann
schon daraus geschlossen werden, daß die nach Behandeln von Futter
und Kot mit verdünnten Säuren und Alkali, sowie mit Alkohol und
Äther erhaltene Kotrohfaser infolge des höheren Ligningehaltes stet:
mehr Kohlenstoff enthält als die Futterrohfaser. Ich habe dieses aber
auch noch in Gemeinschaft mit Fürstenberg und Murdfield (1. с.) durch
Versuche bei Schafen direkt nachweisen können. Darnach wurden in
Prozenten der verzehrten Menge verdaut:
—
| Kleeheu Erbsenstroh
— сол раКЕ |
Rob, | | * en ко, Ve Lignin беш н | Lig
faser 986
А Proz. _ Proz. | Pre — Proz, | Proz. [=й Pros. Pros. | Wë
Entwicklungs»
zustand
der Pflanzen
Vor der Blüte | 10,27 | 83,40 16,69: 56,96 75,22 | 13,12 Ga, ша е
In , WEE 4399 |52716 | 6297 2589 — |
Nach , 46:89 | 5672 | 23/73 | 39,46 | 54:84 | 4,56 ' 42,45 | ETET
Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten bei der Zersetzung. 273
Ähnliche Ergebnisse lieferten auch Versuche bei Kaninchen und
Schweinen. Wenn auch die Trennung der Membranbestandteile nach
dem ersten (S. 271), nicht genauen Trennungsverfahren erfolgte, so
werden doch die relativen Beziehungen in der prozentualen Ausnutzung
von Reincellulose und Lignin bestehen bleiben.
Im Darm der Tiere wird die Cellulose durch spezifische Bakterien
(wie den anaeroben Bacillus cellulosae dissolvens) abgebaut. Aber auch
außerhalb des Tiermagens, bei der Zersetzung der Zellmasse in der
Natur (in oder unter Wasser, im Boden und anderem) muß еіп biolo-
gischer Vorgang angenommen werden.
C. Neuberg und R. Cohn!) haben nachgewiesen, daß Cellulose und ihre
Spaltungserzeugnisse (Glykose und Cellobiose Hess) durch die Wasserstoff
und Methan bildenden Bakterien, sowie durch thermophile Bakterien,
z. B. in Teichschlamm und Pferdemist nach Art der Buttersäure- und
Essigsäuregärung angegriffen und unter Bildung von Acetaldehyd ab-
gebaut werden. Fr. Fischer und Mitarbeiter?) haben beobachtet, daß
sich auf Cellulose und cellulosehaltigen Stoffen, die mit einer un-
organischen Nährlösung und mit Bakterien aus Gartenerde (durch Auf-
schläammen mit Wasser) befeuchtet waren, nach 2 bis 9 Tagen Pilze
entwickelten, auf Lignin, das in derselben Weise behandelt worden war,
dagegen kein Pilzwachstum auftrat.
Diesen Ergebnissen entsprechend nimmt bei der Verwesung der organi-
schen Stoffe die Cellulose schneller ab als die Lignine, indem letztere sich
in den Rückständen ansammeln und prozentual zunehmen. So fanden
Rose und Lisse?) in frischem und verschiedengradig vermodertem Holz:
Holz
halb vermodert stark vermodert
ERROR | Proz. WW, Proz. 8
— — ge — — | — — —
Cellulose 41,7 | 8,7
Methoxyl . | 5,2 | 8,7
Auch Bray und Andrews bestätigen den biologischen Vorgang beim
Holzzerfall, und Wehmer zeigte die Widerstandsfähigkeit des Lignins hierbei.
Nach Fr. Fischer und Mitarbeitern (l. c.) nimmt auch bei der Verwesung
des Torfes der Methoxyl-, d. h. Ligningehalt prozentual mit dem Alter
(d. h. mit der Tiefe) zu; sie fanden in der Torftrockensubstanz:
|! | Aschens In konz. НСІ | In NaOH | Bitumen-
Torfschicht SE gehalt Methoxyl unlöslich löslich gehalt
Е m Proz. Proz. E Рго | Proz.
Oberste . . . | o 12 049 oe п
Mittlere... | 2 17 1,29 58,0
Unterste... 3 ` 18 167 725 35
1) C. Neuberg und Р. Cohn, diese Zeitschr. 189, 527, 1923.
2) Fr. Fischer, Gesammelte Abhandlungen zur Kenntnis der Kohle 5,
1922; vgl. auch Die Naturwiss. 9, 958, 1921.
3) Journ. Ind. Engin. Chem. 9, 284, 1917.
274 J. König:
Für das reine Lignin fanden Fr. Fischer und Mitarbeiter 15 Proz.
für Ligninhuminsäure 14 Proz., für Braunkohle etwa 2 Proz., für Steinkohk
kein Methoxyl (OCH,) mehr. Auch beim Torf kann mit dem Älterwerd«
der Ligningehalt prozentual wieder abnehmen.
Aus diesen Gründen denkt sich Fr. Fischer die Bildung der Steinkoli
aus Lignin in folgender geologischen Zeitfolge: Lignin — natürlich
Huminsäure — Torf — Braunkohle — Steinkohle. Zwischen mancle
Torfsorten und Braunkohlen ist nur ein geringer Unterschied; der älter-
Torf unterscheidet sich vorwiegend nur durch den kolloiden Zustand vg
der Braunkohle. Bei dem Übergang der älteren Braunkohle zur Steinkoh
klafft bis jetzt allerdings eine Lücke; indes ist hier eine verschieden ho:
Überdeckung und dadurch bedingte erhöhte Temperatur wirksam gewesen,
indem, wie Fr. Fischer annimmt, die zerfallene Pflanzen- oder Holzma
bei geringer Erdüberdeckung sich in Braunkohle verwandelt, daß abet
bei sehr hoher Erdüberschichtung der Zustand von Braunkohle nicht
bestehen bleibt.
VI.
Ohne hier weiter auf diese Frage einzugehen, mögen die Er-
gebnisse von Versuchen mitgeteilt werden, welche bezweckten, de
Bildung von Humus im Boden aus organischen Stoffen (Stalldünger)
aufzuklären.
Die Versuche wurden in Gemeinschaft mit Dr. J. Hasenbäume.
Dr. R. Balks!) und Dr. M. Bach?) їп der Weise angestellt, daB wir aech
verschiedene Bodenarten reichlich mit Stallmist (einem Gemisch von Strol-
häcksel und Kuhkot) düngten, in verschiedenen Zeitabständen Bodenprobea
in gutem Durchschnitt entnahmen und auf Gehalt an unorganischen und
organischen Bestandteilen (Stickstoff, Gesamtkohlenstoff, sowie Kohlenstof
in Form von Pentosanen und Methoxyl) untersuchten. Die Bestimmung dei
Hexosan- (bzw. Cellulose-) Kohlenstoffs, sei es durch Überführen in Zucker,
sei es durch Lösen in 72proz. Schwefelsäure oder durch rauchende Salz-
säure (1,21) oder Kupferoxydammoniak, wollte nicht gelingen, weil dr
mineralischen Bestandteile sich alsbald so innig und fest mit den organischet
Stoffen des Stallmistes vermengten, daß eine quantitative Bestimmuni
etwa gelöster bzw. hydrolysierter Cellulose nicht möglich war. Dageger.
lieferte die Bestimmung der Pentosane noch Tollens in je 50 g, des Methoxyb
nach Zeisel und Fanto in је 15g, des Gesamtstickstoffs nach Kjeldakl и.
je 20 Boden stets recht gut übereinstimmende Ergebnisse. Der Gesamt-
kohlenstoff wurde nach J. Simon?) in je 5g Boden mit Silberbichromst
und Schwefelsäure bestimmt, nachdem wir uns überzeugt hatten, da)
dieses Verfahren mit der Elementaranalyse gute Übereinstimmung liefert.
Zur Ermittlung der in Iproz. Kaliumsulfatlösung löslichen Stscksto!:
verbindungen wurden je 100g Boden und 10 g Kaliumsulfat mit destilliertem
Wasser auf 1000 ccm aufgefüllt und eine Stunde lang im Schüttelappare!
geschüttelt. Dann wurde filtriert und 800 ccm der erhaltenen Lösung —
entsprechend 80 g Boden — wurden auf ein kleines Volumen eingedampt'
und die Stickstoffbestimmungen nach Kjeldahl ausgeführt.
1) Landw. Versuchsst. 108, 221, 1925.
2) Ebendaselbst 1926.
3) С, r. 177, 404, 1923.
Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten bei der Zersetzung. 275
Auf diese Weise wurden für 1 kg wasserfreien Bodens in den ver-
schiedenen Zeitabständen im Mittel der sechs Böden folgende Ergebnisse
erhalten:
Stickstoff Kohlenstoff in Form von
Ss Zeit der Probenahme Gesamt» ré | Gesamt» Pentosan | Methoxyl
Br Ia mim mm
І Vor der Düngung | | | |
13. IX. 1923 . . . . 1670 44 17 090 1630 450
2 Nach der 10506088 |
21. 1.1924. ге | 1870 50 | 21060 | 2990 900
3 7. IV. 1924... . 1780 49 . 20380 | 2600 147
4 2. VI. 1924.... 1740 91 | 19740 1850 , 613
5° 3. XI 1924... | 1670 | 52 | 17990 1540 ` 617
6 23. VII. 19285... . 1640 50 17 896 1460 ı 570
| Von den am 21.1. 1924 урайын" Auf 1000 g Kohlen-
Mengen waren in Prozenten der zu» stoff kommen Koblen»
| geführten Menge noch vorhanden |
stoff in Form von
Nr. Zeit der Probenahme < *
| Var, Pentosan Methoxyl an: eng
a Proz. — Bi к g g
— — — — me Er et ЦРО. DEER — — | — —
Vor der Düngung .. | — o — - |“ 40,2 11,9
' Nach der. Düngung | i
2, 21. Т. 1924. a = = | = 70,1 18,8
31 7. IV. 1924... . | 829 71,5 66,0 , 558 | 158
11 2 үг. 648 150 362 419 134
5 3. XI. 1924.... 217 | —101 : 371 370 15,0
б 93. VII. 1925. ... 189 — 16,4 26,6 | 36,2 138
Die im Stall-(Stroh-)Dünger zugeführten Pentosane haben hiernach
schon vor Ablauf eines Jahres so weit abgenommen, daß von da an
ausschließlich die ursprünglich im Boden vorhandenen Pentosane an-
gegriffen wurden. Von dem Gesamtkohlenstoff, der vorwiegend aus
Cellulosekohlenstoff besteht, sind nach 11% Jahren nur mehr 18,9 Proz.,
von dem Methoxyl bzw. den Ligninen noch 26,6 Proz. vorhanden. Das
Methoxyl bzw. Lignin nimmt nur im Anfang der Einverleibung mit
dem Boden stark ab, hält sich dann aber auf nahezu gleicher Höhe,
во daB seine Menge nach 11 Jahren im Boden noch höher ist als vor
der Einbringung des Stalldüngers!),. Hieraus muß man schließen, daß
1) Auffallend ist auch die starke Abnahme des Stickstoffs (bzw. der
rasche Abbau der Proteine), so daß schon nach einem Jahre der Stickstoff
des Bodens auf seinen Gehalt vor der Düngung herabgesunken ist. Das
ist schon öfter nach Zuführung von Strohdünger zum Boden festgestellt
und wird auf Denitrifikationsvorgänge zurückgeführt, die mit der Zer-
setzung der Strohbestandteile verbunden sind.
276 J. König: Formgebilde der Zellmembran und ihr Verhalten usw.
auch der Humus des Bodens vorwiegend aus den Ligninen der organischer
Düngstoffe gebildet wird, und daß es begründet ist, wenn man für de
Kohlenstoffgehalt des Bodenhumus durchschnittlich 58 Proz. С ап
nimmt, während die organischen Stoffe, die durch Düngung der
Boden zugeführt werden, nur 47 bis 5l Proz. C zu enthalten pflege:
Sven Oden!) gibt für die aus dem Bodenhumus isolierte Humussäur
58 Proz. C, für die Hymatomelansäure 62 Proz. С, für die Fulvosäur
55 Proz. С ап.
Wenn also die Zersetzung der organischen Stoffe selbst bei sehr
starker Durchmengung mit den mineralischen Bestandteilen des Boden:
in der Weise vor sich geht, daß die Anhydride der Kohlehydrate, sowie
die Proteine rascher und stärker zersetzt werden als die Lignine, є
ist dieses bei Anhäufung von organischen Stoffen für sich allein ers
recht anzunehmen und erscheint es sehr wahrscheinlich, daß die Stein-
kohle letzten Endes, wenn auch nicht ausschließlich, so doch wesentlich
mit aus Ligninen gebildet worden ist. Wenn die Steinkohlen trotz de
großen Massenschwunds noch vielfach die Formen der ursprünglichen
Pflanzenteile erkennen lassen, so spricht das nicht gegen diese Annahme,
weil das Lignin als Gebilde der Zellmembran nach Entfernung der
Cellulose die Struktur der Zellmembran besitzt und beibehält. Auch
für die Bildung des Bitumens aus Wachsen, die sich während der Ent-
wicklung der Kohle langsam zu öligen Kohlenwasserstoffen veränden.
kann recht wohl das Cutin der Pflanzen mit herangezogen werden.
welches, ebenfalls von der Struktur der Zellmembran, die Cellulose und
die Lignine begleitet, eine wachsartige Verbindung ist und noch schwerer
als die Lignine oxydiert bzw. hydrolysiert wird.
1) Kolloidchem. Beihefte 11, 75, 1919.
Über die Löslichkeit des @lykokolls
in wässeriger und in alkoholisch-wässeriger Lösung
bei variierter Wasserstoffzahl.
Von
Kingo Sano.
(Aus dem biochemischen Laboratorium der Aichi-Medizinischen Universität
zu Nagoya, Japan.)
(Eingegangen am 4. Januar 1926.)
Mit 1 Abbildung im Text.
In einer vorangegangenen Mitteilung!) wurde die Löslichkeit
einiger schwer löslicher Aminosäuren bei variiertem py untersucht.
In der jetzigen Mitteilung soll dasselbe für eine in Wasser lösliche
Aminosäure, das Glykokoll, untersucht werden, und es soll gleichzeitig
festgestellt werden, inwieweit die Theorie der Löslichkeit der Ampholyte
sich auch in alkoholisch-wässerigen Lösungen bewährt. Die Schwierig-
keit bei der Untersuchung wässeriger Lösungen einer leicht löslichen
Aminosäure besteht darin, daß man sehr große Mengen Säure oder
Lauge zusetzen muß, um in einer stets an Glykokoll gesättigten Lösung
das py in genügend weiten Grenzen zu variieren. Dabei wird die gesamte
Ionenkonzentration der Lösung gleichzeitig in weiten Grenzen variiert,
man kann es nicht vermeiden, Lösungen mit einer Salzkonzentration
von mehr als 1 molar zu benutzen und die hier festgestellte Löslichkeit
mit der für fast elektrolytfreie Lösungen derselben Versuchsreihe ge-
fundenen Löslichkeit zu vergleichen. Da der Aktivitätsfaktor sowohl
des undissoziierten Glykokolls wie auch seiner Ionen mit der Gesamt-
elektrolytkonzentration variieren muß, so ist es von vornherein fraglich,
ob das einfache, auf Konzentrationen bezogene Massenwirkungsgesetz
noch mit genügender Genauigkeit brauchbar ist. Aus den Unter-
suchungen von Brönstedt und La Mer?) über den Einfluß fremder
Elektrolyte auf die Löslichkeit schwer löslicher Elektrolyte geht hervor,
daß der Einfluß der Zusatzelektrolyte auf die Aktivität der schwer
1) K. Sano, Diese Zeitschr. 168, 14, 1926.
2) Brönstedt, Journ. Amer. Chem. Soc. 42, 761, 1920; 44, 938, 1922,
Brönstedt und La Mer, ebendaselbst 46, 555, 1924.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 19
278 K. Sano:
löslichen Elektrolyte unter Umständen sehr groß werden kann. In
solchen Fällen ist das auf Konzentrationen bezogene Massenwirkungs-
gesetz nicht anwendbar. Aber auch die Löslichkeit von unelektrischen
Molekülarten wird durch Elektrolyte unter Umständen stark beeinflußt,
eine Tatsache, welche schon lange bekannt ist und unter dem Gesichts-
punkt der Aktivitätstheorie neuerdings von Linderström-Lang!) unter-
sucht worden ist. In unserem Falle, wo in der Lösung sich gleichzeitig
undissoziiertes Glykokoll und seine Ionen befinden, wird man an-
nehmen müssen, daß der Einfluß fremder Salze auf die Aktivität dieser
beiden Ionenarten im allgemeinen verschieden sein wird, wodurch die
theoretische Behandlung noch mehr erschwert wird. Allein der Umstand,
daß gerade für Glykokoll der Einfluß der Elektrolyte auf die Aktivität
im allgemeinen klein zu sein scheint, ermöglichte die Durchführung
dieser Versuche und eine theoretische Behandlung nach dem einfachen
Massenwirkungsgesetz. Die Änderung der Löslichkeit durch Elektrolyte
ist nämlich bei verschiedenen Stoffen sehr verschieden. So wird
z. В. nach Linderström-Lang durch Zusatz von 1 Mol. NaCl pro Liter
die Löslichkeit des Chinons etwa um 13 Proz., die des Hydrochinons
um 43 Proz., die der Borsäure nur um 3 Proz. herabgedrückt. Das
Glykokoll gehört zu denjenigen Stoffen, deren Löslichkeit durch fremde
Ionen offenbar nicht stark beeinflußt wird. Für unsere Versuche
kommen nur Na- und С1-Іопє д in Betracht, und der Einfluß dieser
Ionen selbst in hoher Konzentration auf die Löslichkeit des Glykokolls
erweist sich als sehr gering. Das zeigt sich daran, daß in solchen Ver-
suchen, wo es möglich war, ein bestimmtes рн in einer relativ ionen-
armen Lösung herzustellen, die Löslichkeit bei diesem Ze durch Zusatz
von viel NaCl nur sehr wenig verändert wird. Im isoelektrischen Punkte
wurde die Löslichkeit durch Zusatz von 0,5 Mol. NaCl pro Liter nur
um 3 Proz. verändert, und zwar erhöht, durch 2 Mol. NaCl um 7 Proz.
Aber auch die Löslichkeit des Glykokolls in 0,5 п NaOH (рд = 879)
wurde durch Zusatz von 2 Mol. NaCl pro Liter die Löslichkeit nur um
6,5 Proz. erhöht. Unter diesen Umständen scheint es, daß die durch
NaCl hervorgerufenen Änderungen der Aktivität im Bereich der
sonstigen experimentellen Fehler liegen. Diese bestehen bei höheren
Salzkonzentrationen hauptsächlich in der 94-Messung, weil in solchen
Fällen eine völlige Ausschaltung des Diffusionspotentials der Gaskette
kaum möglich ist. Ein Fehler von einem Millivolt würde bewirken, daß
die nach dem Massenwirkungsgesetz berechnete Löslichkeit schon um
5 Proz. von der für das gemessene py berechneten Löslichkeit abweicht.
In Anbetracht dieses Umstands können wir den Einfluß der Salse
unter unseren Bedingungen vernachlässigen. Gleichzeitig sollte geprüft
1) Linderström-Lang, С. т. Lab. Carlsberg, Kopenhagen, 15, Nr. 4, 1924.
Löslichkeit des Glykokolls usw. 279
werden, ob auch in wässerig-alkoholischen Lösungen die Abhängigkeit
der Löslichkeit von рн im Sinne der einfachen Massenwirkungsgesetze
bestehen bleibt.
Die absolute Löslichkeit des Glykokolls im isoelektrischen Punkte
wird durch Alkoholzusatz stark herabgesetzt, durch 80 Proz. Alkohol
auf den 100. Teil der Löslichkeit im Wasser. Trotzdem werden wir
sehen, daß die relative Löslichkeit bei beliebigem Ge, verglichen mit
der im isoelektrischen Punkte bei gleichem Alkoholgehalt, der auf
dem Massenwirkungsgesetz beruhenden Theorie der Löslichkeit folgt.
Nach der Theorie ist die Löslichkeit A bei einem beliebigen рн, ver-
glichen mit der minimalen Löslichkeit A im isoelektrischen Punkte,
auf der alkalischen Seite gegeben ge die Gleichung
4
а= 17097 А
und auf der sauren Seite vom — Punkte
4 __
== == 1 H
wo k, und k, die Säure- und EE o bedeuten
und k„ das Ionenprodukt des Wassers in dem jeweiligen Lösungsmittel
ist. Wir können d als eine Konstante > zusammenfassen, deren Kennt-
w 1
nis für jedes Lösungsmittel ausreichend ist und die Bestimmung der
Einzelwerte von k, und Е, überflüssig macht. Dann ist auf der sauren
Seite
A __ ыш
À
Indem wir es unentschieden lassen, — der beiden Konstanten
k, und k, die Dissoziation der Carboxylgruppe, und welche die der
Aminogruppe beherrscht, können wir beide Konstanten auf Н be-
ziehen 1) und bezeichnen die früher sogenannte Säurekonstante k, mit E
also
Ка == Е, ?
und die früher sogenannte Basenkonstante
ku
К, == D 2
Dann ist die [H] des EE Punktes J,
J = E a ke = ҮЕ. k
1) N. Bjerrum, Zeitschr. f. physikal. Chem. 104, 147, 1923; L. Michaelis
und Mizutani, ebendaselbst 116, 136, 1925.
19%
280 К. Ѕапо:
und die relative Löslichkeit auf der einen Seite vom isoelektrischen
Punkt ist
E
und der anderen Seite
Auge,
zz 97
Die Werte von k, und ką müssen für jedes Lösungsmittel je nach
dem Alkoholgehalt besonders bestimmt werden. Um Ё, zu bestimmen.
wird ein Gemisch von 0,01 п Glykokoll und 0,01 п Glykokollchlor-
hydrat der Reihe nach in reinem Wasser und in den verschiedene
Gemischen von Alkohol und Wasser hergestellt und elektrometrisch ру
gemessen. Dieses рн ist = pk, für das betreffende Lösungsmittel.
Streng genommen, ist es das „auf den Salzgehalt der betreffenden Zu-
sammensetzungen reduzierte!)‘“ pk,, aber in Anbetracht der erörterten
Verhältnisse wird kein Unterschied zwischen dem auf unendliche Ver-
dünnung bezogenen wahren pk, und dem auf etwas salzhaltige Lösung
„reduzierten“ pk, gemacht. Die pg-Messungen wurden mit der Gss-
kette bei derselben Temperatur ausgeführt wie bei den Löslichkeits-
bestimmungen, bei 35°, und stellten somit eine Ergänzung zu de
Messungen von Michaelis und Mizutani?) bei 19,50 dar. Als Ableitung
elektrode wurde eine gesättigte Kalomelelektrode benutzt, dere
Potential täglich an einer Gaselektrode mit Standardacetat bei 37
geeicht wurde. Das py des Standardacetats wurde = 4,62 gesetzt.
Zur Vernichtung des Diffusionspotentials wurde das Verfahren vo
Michaelis und Fujita®) angewendet. pk, wurde in ganz analoger Weis
mit einem Gemisch von 0,01 п Glykokoll und 0,01 п Glykokoll-Na
bestimmt. Die Messungen ergeben folgende Resultate:
Elektrometrische Bestimmung der Dissoziationskonstanten des Giykokolls
in alkoholisch-wässerigen Lösungen.
Tabelle I. 1. Glykokoll in saurer Lösung. Temperatur 35,0°. Die Lösungen
enthalten je 0,01 Mol. Glykokoll und Glykokoll-Chlorhydrat pro Liter.
ee ee |- ae [ы ык
I eco géie ааста Korrektur a palpas pk, - eg éi
in Volumprozenten LANG elektrode — dieser Lösung) und Мином
; 2,44
382,5
399,0 |
410,0 |
423.0 |
439,0
1) N. Bjerrum, Zeitschr. f. physikal. Chem. 104, 147, 1923; L. Michael:
und Mizutani, ebendaselbst 116, 136, 1925.
з) 1. с.
3) Michaelis und Fujita, diese Zeitschr. 149, 398, 1923.
68558.
Löslichkeit des Glykokolls usw. 281
2. Giykokoll in alkalischer Lösung. Temperatur 35,0%. Die Lösungen
enthalten je 0,01 Mol. Glykokoll und Glykokoll-Natrium pro Liter.
Dieselbe nach
Alkoholgehalt | ST se Korrektur рї; für 3500 | Pkg für 1950
Dampfdrucks
Die Löslichkeitsbestimmung wurde auf folgende Weise ausgeführt.
Glykokoll von Kahlbaum wurde noch einmal aus heißem Wasser um-
kristallisiert. Nun wurde dieses in genügendem Überschuß zu den
verschiedenen Lösungen zugegeben, also in der ersten Versuchsreihe zu
den rein wässerigen Lösungen der in der ersten Spalte der Tabelle II
genannten Elektrolyten, und geschüttelt. 40 Stunden Schütteln bei 35°
erwies sich als ausreichend zur Einstellung des Gleichgewichts. Die
minimale Löslichkeit im isoelektrischen Punkte ist, wie Versuche ба, Ь, с
in der Tabelle II zeigen, praktisch gleich, wenn man das Gemisch von
der Zimmertemperatur aus direkt in das Schüttelbad von 35° bringt,
oder wenn man es vorher durch starke Überwärmung bei etwa 50° in
einen für 350 übersättigten Zustand bringt und dann bei 35° schüttelt.
Zur Einstellung des isoelektrischen Punktes wurde ein Acetatpuffer
benutzt. Wie man sieht, ist noch in ziemlicher Entfernung vom iso-
elektrischen Punkte (Versuch 4 mit 0,01n HCI) die Löslichkeit noch
nicht merklich verschieden davon.
Die Versuche 9 und 10 zeigen, daß Zusatz von NaCl im iso-
elektrischen Punkte die Löslichkeit nur sehr wenig beeinflußt und
selbst in 2 п NaCl-Lösung nur etwa um 7 Proz. .verändert, und zwar
erhöht.
Die verschiedenen pe außerhalb des isoelektrischen Punktes
wurden immer nur durch HCl oder NaOH hergestellt. Nach beendeter
Schüttelung wurde die Lösung sofort in einem Luftthermostat von 35°
durch ein gewöhnliches vorgewärmtes Filter filtriert. Innerhalb einer
halben Minute konnte genügendes Filtrat für alle Analysen gewonnen
werden. Das Filtrat wurde einerseits zur N-Bestimmung nach Kjeldahl
benutzt, und zwar für drei parallele Analysen mit je 1 ccm des Filtrats,
wobei zur Schlußtitration bei größerem N-Gehalt Methylrot als
Indikator verwendet wurde, bei einem N-Gehalt < 10 mg die jodo-
metrische Methode nach Bang verwendet wurde. Eine andere Probe
des Filtrats wurde für die p9,-Messung benutzt.
Für die alkoholischen Lösungen wurde dasselbe Verfahren an-
gewendet. Zunächst wurde für jeden Alkoholgehalt die minimale
K. Sano:
Tabelle II***).
Ohne Alkohol.
Zusammensetzung
der Lösungen
l. An НСІ ....
5. 0,085n Na-Acetat
0,05п Essigsäure) | Р) 6,07
і
|
6. 05n NaOH... | 8,70
|
7. 2n NaOH ..| 935
8. 5n NaOH .. |
[119.846 —
2,23 112555 |112652| 5,0517 |0,4093 0,4063
112,655
be»
rechnet
|
87934 67 738| 4,8309 10,1885 0,1832. 2w
67,640 |
49,854
49,854
49,708
43,420
44,411
44,560 |
44 549 *) |
|
49 856! 4,6976 10,0529 0,0433
| |
|
4,6413 |0,0023, vr. 4,06
44 130
45,030 *)
44,442 *)
44,508 **)
44,197 **)
44,918 **)
42,096 **)
42,818 **)
42,408 **) | |
47,062 |
41.618 46 673| 4,6691 0,0267 0,0290 8.79
46,618
59,758 | |
59,758 59 630| 4,7754 |0,1330 10,1145 943 `
59,374 |
95,936
95,228
96,228
43 890 4,6444
GA (=log})
|
|
96 131| 4,9928 |0,3682 0,4060! 1001
Mit Zusatz von NaCl.
9. 0,095 п Na-Acetat l
0,05 п Essigsäure
+ 0,5п NaCl
Dieselbe Lösung 6.06 |
—
6,04
10.
+2n NaCl
We 8,78
(bn NaOH
+ 2n NaCl |
45,422
45,422
44,988
47,009
46,864
46,864
49,812
49,518
49,518
4,6560 0,0060!
45 288
| |
0,0334 |
46 919 4,6712 |0,0212
49 616| 4,6957 |0,0467 8,92
*) Eingestellt aus vorher bei 500 gesättigter Lösung.
*®) Einstellung von der Zimmertemperatur aus.
seet Anmerkung zu dieser und den folgenden Tabellen. Die Zahlen sind zum Teil mit mehr
Dezimalstellen angegeben, als der Genauigkeitsgrenze der Methoden entspricht. Da ein М,
verständnis aber nicht möglich ist, so sind die versehentlich in dieser Form im Manuskript
stehen gebliebenen Zahlen zur Erleichterung der Setzerarbeit bei der Korrektur nicht geändert worden.
Löslichkeit des Glykokolls usw.
Tabelle III. 20 Proz. Alkohol.
|
Zusammensetzung der |
Lösungen
1. 2n HCl. ....
2.0ö5n HC. 3,29
3. In НСІ. . ... 4,16
[
4. 0,04n Na-Acetat .
0,22n Essigsäure
5. 0,5n NaOH
29 600
25 178
(= 2)
28 652
44 787
63 067
52 915 | 4,7237
24 242
4,4713
4,4011
4,3845
(= log 4)
4,4572
4,6512
4,7998
Tabelle IV. 40 Proz. Alkohol.
6.2n NaOH... | 9,75
|
7. 4n NaOH 10,09
`
l. 2n НС1..... 2,56
2. 05n HCl... . | 2,88
d
3. Oln НС1.... , 3,76
|
4. 0,01n HCl | 4,49
6,01
5. 0,01п Na-Acetat Ji
0,002 n Essigsäure
5,91
6. O. In NaOH .. | 8,92
|
7. 0,5n NaOH .. 9,53
|
8. 2n NaOH... 1004
27,076
27.220
26.788
17,176
17,030
17,176
9,950
9,956
10,096
9,338
9,347
27 029
17 118
10 001
9125
8 989
(= А)
10 593
15 163
32 243
4,4319
4,2355
4,0004
3,9621
3,9537
(= 1084)
4,0429
4,1807
0,4782
0,2798
0,3010
0,4900
|
283
2,57
2,92
0,0467 | 0,0539; 3,81
0,0089
0,0892
t
0,0107
|
|
|
0,0626
4,56
9,09
0,2270 | 0,2125 | 9,57
4,5082 | 0,5545 | 0,4966 | 10,14
284 К. Sano:
Tabelle V. 60 Proz. Alkohol.
| ' N ` б 4 4
g der | ‚mg N pro Liter og; ke; | Рн
Lëen : Pp і Leem Mittel» log А я be
= | Gees ч | achtet rechnet | "се
SÉ — e — pissen Be 77 10,744 MT — — = — — — —
1.05n HO... || 275 | 10456 10602 4,0253 10,5449 0,5035 269
` 10.605
| 4,710
2 in HO... Ä 3,38 41794 4701 36722 0,198 01798 3%
| 4.688
3,243
3. 0,01һ HO
AU 3312 3288 ` 3,5170 0,0396 0,0395 41!
308
4. 0,02n Na-Acetat
0,011n Essigsäure
6,04 999 3002 3,4774 0
306 (= D (=)
5. О0Ла NaOH .. | 9,05 4,0566 4038 3,6062 0, 1288 0,0823 92?
0,In NaOH —J 4,139 4143 3,6172 0,1399 01242 9%
4111 |
|
6. п NaOH.... 9,68 5,938 5842 3,7665 10,2891 0,3010 96
|
7. 2n NaOH... | 10,23 | 14034 · 14081 14,1485 0,6711 0,6269 10%
| 14,034 | |
Tabelle VI. 80 Proz. Alkohol.
| 3,800
1. 05а HCl... . || 248 | 3818 | 3801 | 3,5799 |0,9424
3.778 |
2. Ain НСІ. ... | 301 1,579 | 1576
0,5994 |
|
0,5875
0,9249 246
3,1976 10,5601
0,5041 | 2,8
3. 0,01 НСІ ... | 2,7718 0,1343 | 0,1242, 3%
|
4. 0,01n Na-Acetat
0,05п. Essigsäure 0
5. 00In NaOH... | 8,88 | 04971 | 496 2,6953 Weg 0,0679 8,80
6. 01п NaOH .. | 9,74 . 09013 | 905 2,9566 0,3191 0,3489 969
|
3,139
7. n NaOH... . 110,37
3124 3,4948 10,8573 | 0,7960 10.44
3,117 |
Löslichkeit des Glykokolls usw. 285
öslichkeit im isoelektrischen Punkte bestimmt, welche durch Acetat-
uffer hergestellt wurde. Hierbei mußte berücksichtigt werden, daß
rstens der isoelektrische Punkt des Glykokolls durch Alkohol etwas
'erschoben wird, und zweitens, daß zur Herstellung eines bestimmten рд
n alkoholischer Lösung die Zusammensetzung des Acetatpuffers anders
ein muß als in reinem Wasser, weil die Dissoziationskonstante der
össigsäure durch Alkohol verändert wird. Erleichternd für die Be-
timmung des Löslichkeitsminimums ist auch hier wiederum der Um-
tand, daß eine breite isoelektrische Zone besteht und eine strenge
Imnehaltung des isoelektrischen Punktes nicht erforderlich ist.
Es wurden Versuchsserien mit 20, 40, 60 und 80 Vol.-Proz. Alkohol
susgeführt. Die minimale Löslichkeit des Glykokolls im isoelektrischen
40
» 80% »
0,7
i d T EE für 0% Alkohol
П nm n 20% nm
0,6 Ш ээ » n 40% n»
» n n 609% n
tas \\ 7 CEA
23, МЕ
Bo EL (ИШ EEE HE BEN 8
(ul III" TI
KEE E A
ECH A o
0,2
0,1
11
Abb. 1.
Punkte wurde durch Alkohol stark herabgedrückt, schon durch 20 Proz.
Alkohol fast auf die Hälfte, durch 40 Proz. Alkohol auf 1/5, durch
60 Proz. auf 1/,„, durch 80 Proz. ungefähr auf lag, Trotz dieser großen
Unterschiede stimmen die für verschiedene рд berechneten, auf das
jeweilige Löslichkeitsminimum bezogenen relativen Löslichkeiten recht
gut mit den beobachteten überein.
Die Versuche sind graphisch in Abb. 1 wiedergegeben. Die aus-
gezogenen Kurven stellen die theoretisch berechneten relativen Löslich-
keiten dar. Die Abeszisse ist рд, die Ordinate gibt die relative Löslich-
keit ИА, und zwar in logarithmischem Maßstab. Die Kurven wurden
mit Benutzung der oben ermittelten Werte von k, und k, des Glykokolls
286 K. Sano: Löslichkeit des Glykokolls usw.
in alkoholisch-wässerigen Lösungen berechnet, Kurve I für eina
Alkoholgehalt von 0 Proz., Kurve П für 20 Proz., Kurve ПІ für 40 Pro,
Kurve IV für 60 Proz. und Kurve V für 80 Proz. Auf der sauren Sete
verlaufen die verschiedenen Kurven deutlich getrennt voneinande,
weil E durch Alkoholzusatz stark geändert wird, dagegen verlaue
die Kurven auf der alkalischen Seite sehr dicht nebeneinander, weil L
durch Alkohol nur wenig geändert wird!).
Die eingetragenen Punkte stellen die Resultate der Versuche фи,
sie fügen sich den berechneten Werten recht gut ein. Besonders is
auffällig, daß auf der sauren Seite die korrespondierten Punkte b
verschiedenen Alkoholgehalten deutlich auseinander liegen, während s
auf der alkalischen Seite beinahe aufeinander fallen. In den Tabelle
gibt die vorletzte Spalte den Wert von log 4/A an, wie es für das be.
rechnete рн zu erwarten wäre. Die letzte Spalte gibt das berechnete p
an, welches theoretisch für den beobachteten Wert von A/A erwarte
werden muß. Die Übereinstimmung zwischen berechneten und g-
fundenen Werten ist in alkoholfreier Lösung noch besser als man z
erwarten berechtigt war. Bei alkoholischen Lösungen ist sie nicht a
ganz gut, aber immer noch über Erwarten gut, insofern als die Ab-
weichungen in logarithmischem Maße selten einige Einheiten der
zweiten Dezimale übersteigen.
Hiermit ist gezeigt, daß man die aus dem einfachen Masen-
wirkungsgesetz abgeleitete Theorie der ?4-Abhängigkeit der Löslichkeit
in wässerigen und alkoholischen Lösungen auf das Glykokoll weit-
gehend anwenden darf.
1) Siehe hierüber Michaelis und Mizutani, l. c.
Eine Mikro-auswasch-pipette.
Von
Karl Schuhecker.
(Aus dem physiologischen Institut der Hochschule für Bodenkultur in Wien.)
(Eingegangen am 11. Februar 1926.)
Mit 2 Abbildungen im Text.
Die Entbehrlichkeit einer Wage, vor allem aber die Raschheit,
mit der Pipetten das Abmessen gestatten, haben auch in der Mikro-
analyse, besonders bei Serienuntersuchungen, dem Abmessen von
Flüssigkeiten eine gewisse Vorzugsstellung gegenüber dem Einwägen
verschafft.
Die Methoden, die verschiedene Autoren beim Pipettieren anwenden,
lassen sich nach zwei Gesichtspunkten ordnen: Die einen verzichten über-
haupt darauf, die gesamte abgemessene Substanz aus der Pipette heraus
zu bekommen, die anderen waschen nach entweder, indem sie zunächst
die Probe aus der Pipette ausblasen und dann einfach Waschflüssigkeit nach-
saugen!) oder aber folgendes Verfahren?) einhalten: Der nicht graduierte
Schenkel der winklig gebogenen Kapillarpipette wird mittels Gummi-
stopfens in den Hals eines Kölbchens eingesetzt. Der Hals trägt seitlich
einen Ansatz, der, mit Gummischlauch versehen, zum Ansaugen der Probe
in die Kapillarpipette dient. Hat man die gewünschte Flüssigkeitsmenge
abgemessen, so wird sie zunächst in das Kölbchen gesaugt und hierauf die
Pipette durch Nachsaugen von Waschflüssigkeit vollständig ausgewaschen.
In die Kategorie der Auswaschpipetten gehört auch die Pregische Präzisions-
pipette?) für Mikrokjeldahlbestimmungen. Diese Pipette hatte ursprünglich
oberhalb der Marke einen breiteren seitlichen Ansatz, in den die Spül-
flüssigkeit eingegossen wurde. Die Neuauflage der Pipette*) trägt keinen
seitlichen Ansatz, sondern der oberhalb der Marke befindliche Teil ist
bedeutend weiter als bei den gewöhnlichen Pipetten, so daß man die Wasch-
flüssigkeit bequem eingießen kann.
Die ersterwähnte Art zu pipettieren hat den Nachteil, daß die Größe
des Fehlers nur dann konstant ist, wenn immer die gleiche oder wenigstens
—
1) H. С. Hagedorn und B. Norman Jensen, diese Zeitschr. 185, 46, 1923.
2) Z. Ernst und St. Weiss, Wien. klin. Wochenschr., Jahrg. 34, Nr. 15,
S. 174, 1921.
3) F. Pregl in E. A. Abderhaldens Handb. d. biochem. Arbeitsmethod.,
Abt. V, S. 1347.
4) Derselbe, Die quantitative organische Mikroanalyse, S. 104. Berlin,
J. Springer, 1917.
288 K. Schuhecker:
gleich konstruierte Pipetten mit gleich großer Wandoberfläche des Mei,
bereiches benutzt werden und wenn die abzumessenden Flüssigkeiten das
gleiche spezifische Gewicht, die gleiche Viskosität und Adhäsion für Сів
haben. Letzteres ist aber gerade bei biologischem Untersuchungsmateril
nicht der Fall. R. Prigge!) hat für die Mikrochloridbestimmung im Blue
nach Г. Bang eine Pipette angegeben, die 0,2 cem faßt und in Kubikmili-
meter eingeteilt ist. Das Lumen des zum Saugen dienenden Endes ы
verengt, damit beim Ablassen der gewünschten Blutmenge die Blutsäu-
am entsprechenden Teilstrich festgehalten werden kann. Prigge erwähnt.
daß für je 0,1 ccm Blut (etwa 105 mg) 2 Ыз 4mg an der Pipettenward
haften bleiben; diese Menge entgeht also der Bestimmung.
Н. C. Hagedorn und B. Norman Jensen?) spülen ihre 10 bis 12cm
langen Pipetten von 0,lccm nach Gebrauch gleich aus und verwenden е
nach Ausschleudern des Wassers zur neuerlichen Blutmessung. Die zurüc-
gebliebene Woasserschicht bedinge nach ihren Untersuchungen Кешеп
Fehler. Die angeführten Beispiele für die Genauigkeit ihrer Blutzucker-
bestimmung gestatten kein Urteil über die Exaktheit dieser Art zu
pipettieren, da sie die Fehler der gesamten Analyse in sich schließen. Es
war daher notwendig zu untersuchen, wieviel Wasser nach dem Aw-
schleudern іп der Pipette zurückbleibt und die Möglichkeit hat, sich mt
dem Blute zu mischen. Ich habe die Pipette so ausgeschleudert, wie man
dies mit dem Quecksilber der Fieberthermometer macht. Es blieben zurück:
nach lömaligem Ausschleudern einmal 1,4 Proz., ein andeımal 1,3 Pr,
nach weiterem lö5maligem Ausschleudern 1,2 bzw. 1,0 Proz.,
„э 77 30 э „э 0,8 ээ 0,6 LK
79 LE) 30 ээ LE 0,8 „э 0,5 ээ
Es waren demnach in diesem Falle 60 bis 90 Schleuderbewegunge.
nötig, um noch einen Rest von 0,5 bis 0,8 Proz. in der Pipette zu haben; hatte
man jedoch nur l5mal geschleudert, so betrug die Menge des zurück-
gebliebenen Wassers das Doppelte. Diese Werte wurden durch Wägunz
gewonnen.
L. Pinkussen und А. Floros?) verwenden genau kalibrierte 0,1ссш
fassende Pipetten. Sie lassen das abgemessene Blut unter leichtem Blasen
heraustropfen und blasen den Rest scharf aus. Die genannten Autors
geben ferner an, es sei nicht möglich, mit derselben Pipette öfter als dreimal
hintereinander Blut aufzuziehen, da sonst das ап den Wandungen haftende
Blut eine Veränderung des Volumens hervorbringen würde; bei schnellem
Arbeiten sei dies für die ersten Male nicht zu befürchten. Die angeführte
Vergleichsanalysen mit eingewogenem Untersuchungsmaterial geben jedoch
keinen Aufschluß über die Genauigkeit dieser Art zu pipettieren, da s
die Fehler der gesamten Analyse in sich schließen. Es war daher notwendig,
ein Urteil über die Leistungsfähigkeit des Ausblasens zu gewinnen. Die
ist nicht einfach, weil beim Blasen die Unterbrechung desselben, um Atem:
zu holen, und die Stärke, mit der man bläst, subjektive, veränderlich
Faktoren sind. Versuche mittels Wägung scheiterten aus dem Grunk.
weil sich beim Blasen in der Pipette Wasserdampf kondensiert, der ш
gewogen wird und so zu ganz falschen Resultaten führt. Als gangbar erw
1) R. Prigge, diese Zeitschr. 180, 442, 1922.
2) Н. C. Hagedorn und В. Norman Jensen, diese Zeitschr. 187, 92, 1923. |
з) L. Pinkussen und A. Floros, diese Zeitschr. 125, 42, 1921.
Mikro-auswasch-pipette. 289
sich für das Verhalten von Blut die Bestimmung seines Gesamtstickstoffs
nach Kjeldahl unter Benutzung der jodometrischen Titration nach I. Bang,
die unter bestimmten Kautelen brauchbare Ergebnisse liefert. Das Ver-
hältnis Stickstoff der gesamten abgemessenen Menge zum Stickstoff des
Rückstands in der Pipette gibt ein verwertbares Maß für die zurück-
gehaltene Blutmenge. Die Pipette wurde während des Ausblasens senkrecht
mit der Spitze nach unten gehalten und gleich nach Beendigung desselben
das zurückgebliebene Blut durch wiederholtes Durchspülen mit destilliertem
Wasser nach längerem Verweilen desselben in der Pipette und sodann mit
der zur Veraschung nötigen Menge konzentrierter Schwefelsäure entfernt.
Die Ergebnisse sind in der Tabelle I zusammengestellt. Sie lehren, daß
Tabelle I.
© о Е ә | 52 Re о a i 5
E z SE к 2.69 Ё
у Së 638 SE FEE | 85 Rückstand | Rückstand an
5 Ze Zeg ББЁЎ | ЛШ SÉ ап Віш | uJodatlösung
Р I, оь | Бы» 524. GP
E SS" 250.9. S $$ 8 o) |
A 5 E- He z Е ' |
> 2 | dë ы RS і | |
cm | cm | | й | | Sek. |, ec
E GE Аа Elek e Ee ck
P h | | 80 | 14—15
l "EC | 103 ||| 30 | a E
| Pipette mit | {| 30 14—15|
| | | 60 |14—15'
> 1 |
11,5] 8,3 | sbuca 1055 Ki 60 14—15
| versehen | | 60. 30
~ | Pipette mit | | 30 | 14—15
| 296 |! 60 14—15!
0,175
0 ‚075, 0,025
| 0,075, 0,15
versehen |
ohne
Schlauch
H 3 3
6. 24,5 ; mit sehr —
enger Rückstände nach einfachem `
[ Spitzen» Ausfließenlassen: |
öffnung 60 Sek. nach Beendigung desselb. , 0,725
120, „ У en К 0,650
1) Gemessen ап der EEN von Wasser. Die lichte Weite der verwendeten
Schläuche betrug 1 mm.
2) Ein Strich in dieser Rubrik gibt an, daß die Pipette nach Entfettung mit Chromschwefel«-
säure oder Alkohol und Ather ein Mal benutzt wurde; zwei Striche, daß die Pipette nach der
einmaligen Benutzung noch ein zweites Mal ohne vorherige Reinigung verwendet wurde; drei
Striche, daß sie wieder ohne Reinigung noch ein drittes Mal zum Abmessen diente.
Die ganz niedrigen Werte in der letzten Spalte sind nur Näherungswerte, da z. В. 0,025 Proz.
0.005 ccm der п/200 Natriumtbiosulfatlösung, mit der titriert wurde, entsprechen.
290 K. Schuhecker:
mit der Länge der Verbindungsstrecke zwischen Meßbereich und Mund |
die Rückstände bedeutend stärker anwachsen, als es der Vergrößerung der
Widerstände entspricht. Es scheint auch nicht gleichgültig zu sein, ob
die Verbindung nur aus Glas oder aus Glas und Schlauch besteht. Feme
zeigt sich bei verschieden langer Verbindungsstrecke eine auffallend ver-
schieden große Abhängigkeit von der Blasdauer; während bei langem
Schlauch deren Verdoppelung nur zur Entfernung ungefähr der Hält
des der einfachen Blasdauer entsprechenden Blutrestes führt, wird ha
kurzem Schlauch die Pipette nahezu vollständig blutfrei. Beide Ег.
scheinungen erklärt folgender Versuch: Bläst man in eine lange Glas-
kapillare mit verengter Spitze hinein, so schlägt sich vom Mundende bs
zur Spitze fortschreitend Kondenswasser in der Kapillare nieder, das sc
allmählich zu Tröpfchen vereinigt, welche schließlich durch die Spitz
ausgeblasen werden und auf dem Wege dahin die Kapillare auswaschen.
Die gleiche Erscheinung findet in der Pipette statt. Im Beginn des Blasers,
wo nur die Niederschläge im Meßbereich bei der Aufräumung der Rück-
stände mithelfen, wird sich an denselben weit weniger ändern als später,
wenn das oberhalb der Marke befindliche Kondenswasser, das dem folgende
den Weg bahnt, in Fluß gerät und den Meßbereich überschwemmt. Dann
hat man es aber nicht mehr mit ‚‚Ausblasen‘“ allein zu tun, sondern auch
mit ‚„Auswaschen‘ und die Lungenluft ist der Lieferant des hierzu not-
wendigen destillierten Wassers.
Es lag daher nahe, den Einfluß der Temperatur auf die Größe de
Rückstends zu untersuchen. Die mit dem kurzen Schlauch armierte Pipette
(s. Tabelle I, Versuchsreihe 2), die bei 15° Zimmertemperatur nach 1 Minute
langem Blasen 0,17 Proz. Blut zurückhielt, verwehrte bei 30° und gleicher
Blasdauer 1,15 Proz., also dem siebenfachen, den Austritt; selbstver-
ständlich, denn bei dieser Temperatur wurde weit weniger Wasserdampf!
in der Pipette niedergeschlagen. Ein ähnliches Verhalten zeigte sich, als
in die Pipetten direkt, ohne Schlauchverbindung hineingeblasen wunl®
(Versuchsreihe 1 und 4).
Ich habe versucht, mittels Wägung die Wirkung der reinen Luftströmung
unter Ausschaltung von Verdunstung und Kondensation zu bestimmen,
indem ich mit einer Kapselpumpe unter einem konstanten mit Hilfe
eines Quecksilberüberlaufventils regulierten Druck von 7 cm Queck-
silber, solche Mengen Wasserdampf enthaltende Luft durch die Pipette
leitete, daß bei einer Kontrolle keine Gewichtsänderung auftrat. Lea
Untersuchungen, die nicht leicht auszuführen sind, ergaben unter anderen,
daß bei einer Pipette, wie in Versuchsreihe 1, nach 30 Sekunden langen
Durchleiten der Luft etwa 2,3 Proz., nach 60 bis 90 Sekunden langen
etwa 1,1 Proz. zurückgehalten werden, ein Wert, der dem beim Ausbla:n
mit dem Munde bei 30° gefundenen entspricht.
Ich habe ferner den Einfluß des wiederholten Aufsaugens von Dr
in die bereits einmal benutzte und nicht wieder gereinigte Pipette studien.
Es wurde jedesmal 60 bzw. 45 Sekunden lang geblasen und sofort hems
wieder Blut aufgesaugt. Die Resultate sind in der Tabelle I eingetrag®.
Die Pipette mit der langen Schlauchverbindung und dem großen Rückstand
weist nach jeder wiederholten Benutzung ein beträchtliches, die mit de
mäßig langen Schlauchverbindung und dem geringeren Rückstand ep
mäßiges Ansteigen desselben, die Pipette mit dem kurzen Schlauch dagegen.
die schon nach der ersten Verwendung fast entleert war, nach dreimaligem
Gebrauch ein noch etwas geringeres Residuum auf als bei der erstmaligen
Mikro-auswasch-pipette. 291
enutzung; daß letzteres kein zufälliges Ergebnis ist, beweist das dies-
əzüglich noch ausgeprägtere Verhalten der langen Pipette ohne Schlauch
ı Versuchsreihe 4. Pipetten ohne Schlauchverbindung verhalten sich
amnach anscheinend etwas anders als solche mit Schlauch; in geringerem
[aße war dies auch in den früheren Untersuchungen kenntlich. Die Er-
läarung hierfür ist: Am Ende des erstmaligen Ausblasens war das Kondens-
asser oberhalb der Marke noch nicht in Bewegung geraten oder befand
ch zum mindesten noch zum Teil innerhalb des Meßbereichs, beim zweiten
‚usblasen jedoch beteiligten sich am Ausschwemmen die ganzen in der
‘pette noch von früher vorhandenen und die gesamten während des Blasens
och hinzugekommenen Niederschläge. Wenn jedoch eine Pipette mit
inem Schlauch versehen ist, so bildet vor allem die Verbindungsstelle des
chlauches mit dem Glase eine Barriere gegen das Vorwärtsgleiten des
on oben kommenden, im Schlauch kondensierten Wassers. Versuche
ei 30° habe ich wohl unternommen, doch kam es schon beim zweiten Auf-
augen so häufig zu Gerinnungen in der Pipette, daß ich auf eine Bestimmung
er Rückstände verzichtete.
Ich habe ferner das Verhalten einer nicht so viskosen und zur Ge-
ınnung neigenden Flüssigkeit wie Blut und zwar einer n Kaliumjodat-
ösung in derselben Weise geprüft. Die gefundenen Prozentsätze, die
atürlich viel niedriger sind, zeigen im Wesen das gleiche Verhalten wie
оё. Die Werte wurden durch Titration mit n/200 Natriumthiosulfat-
dsung ermittelt. Sie sind in der Tabelle I zusammengestellt. Besonders
eigt sich auch hier wieder das Ansteigen der Rückstände mit zunehmender
[emperatur, obwohl die Viskosität bei Temperaturzunahme sinkt. Größere
\eigung des Blutes zur Gerinnung kann daher wenigstens nicht allein
Schuld sein an den hohen Blutrückständen bei 30°.
Außer der Dichte, der Viskosität und der Adhäsion an Glas kommen
lemnach beim Ausblasen von Pipetten eine Reihe weiterer Einflüsse auf
lie Größe des Rückstands in Betracht: 1. Die Geschwindigkeit des Luft-
troms; sie ist abhängig von der Blasstärke und vom Widerstand in der
petite, 2. Die Menge des mit der Atemluft eingeführten Kondenswassers
ınd die Temperatur der Pipette. 3. Die Länge des Weges vom Munde bis
um Meßbereich der Pipette und die Art der Verbindung. 4. Die Dauer
les Blasens.
Unter geeigneten Bedingungen — weite Spitzenöffnung vor allem,
Kürze der Verbindungsstrecke zum Munde, niedrige Temperatur, kräftiges
ınd genügend langes Blasen — kommt das Ausblasen von Pipetten
lem Auswaschen gleich und nur dann sind die mit ihnen gemachten
Messungen brauchbar. Wiederholtes Pipettieren von Blut mehrmals hinter-
nander mit derselben Pipette ist trotzdem abzuraten, da das in ihr ver-
bliebene Kondenswasser die Genauigkeit der folgenden Messung beein-
trächtigt (es können mehrere Milligramm Wasser im Meßbereich verbleiben).
Unter den gegenteiligen Bedingungen — besonders bei sehr enger Spitzen-
öffnung — unterscheidet sich das Ausblasen nicht viel vom Ausfließen
unter dem Einfluß der Schwere, wie aus der Versuchsreihe 6 hervorgeht.
Die zweite Methode hat den Nachteil, daß nach dem Ausblasen der
Pipette häufig Substanzreste an der Pipettenspitze hängen bleiben und
dann beim Eintauchen derselben in die Waschflüssigkeit verloren gehen
können. Bei Verwendung von Waschmitteln, die mit der zu unter-
suchenden Substanz Niederschläge bilden, versagt diese Methode in
vielen Fällen.
292 K. Schuhecker:
Am exaktesten arbeitet man mit der Pregi-Pipette, bei der die beste.
und sicherste Art des Auswaschens, das Durchspülen von der Mundseite
her, Anwendung findet und der von Z. Ernst und St. Weiss!) angegebene:
und auch von St. Rusznyák?) verwendeten Technik. Diese Methode р
stattet überdies das Durchspülen auch mit fällenden Flüssigkeiten infolg
der hohen Geschwindigkeit, mit der das Waschmittel durch die Pipet:
gesaugt werden kann; doch erfordert sie die Beschaffu:
eigener Kölbchen, die mit der Pipette armiert, we
stabil sind.
Von einer Mikropipette für biologische Zwecke kar
man verlangen:
1. Genaue Kalibrierung; zur Überprüfung dient As |
wägen mit reinem Quecksilber unter Bee
sichtigung der Temperatur.
2. Die abgemessene Substanz muß aus ihr va
ständig entfernt werden können.
3. Die Pipette soll das Auswaschen mit gemessen“
ganz kleinen und auch größeren Flüssigkeit-
mengen ermöglichen.
4. Das Auswaschen soll möglichst rasch nach den
Abmessen erfolgen können, um beim Pipettierä
von Blut die Gerinnung zu vermeiden.
5. Die Strömungsgeschwindigkeit soll groß sen
damit man unter Umständen auch Niederschlä:
erzeugende Substanzen zum Waschen verwenda
kann
= Ich beschreibe im folgenden eine Pipette, die u.
ч sprünglich für 0,1 bis 0,15ccm Flüssigkeit bestimmt.
$ sich entsprechend dimensioniert und kalibriert, für de
5 Abmessung kleiner Flüssigkeitsmengen überhaupt g-
К eignet erwiesen hat. Sie besteht aus zwei gläserne
Teilen, die aufeinander eingeschliffen sind. Bestandteil:
(Abb. 1) ist die eigentliche Meßpipette, Bestandteil П я
der Behälter für die Waschflüssigkeit. Bestandteil І
besteht aus einem dickwandigen Kapillarrohr vg
höchstens 1,0 bis 1,3 mm lichter Weite, dessen Spitz
etwa 6 mm vor ihrem Ende um 45° abgebogen und е
jenseits der Biegung etwas stärker ausgezogen ist. D?
bauchige Form, wie sie sonst Vollpipetten zeigen, wun®
Abb. 1. deshalb nicht verwendet, weil die Strömungsgeschwindi:
keit im Bereich der Ausweitung beträchtlich арш
Zur genaueren Eichung ist die КарШаге an der Marke M, (Abb. 1) auf ёғ
kurze Strecke hin eingeengt. Eine zu starke Einengung ist ebenso e
eine zu enge Spitzenöffnung zu vermeiden, da dies gleichfalls die Strõmung
geschwindigkeit sehr beeinträchtigt. Bei der eben angeführten lichte
Weite des Kapillarrohres war an diesen Engen ein Durchmesser von 0,5 m
ausreichend. Am anderen Ende, etwa 2 ст von der Marke M, entfernt, ў
der Bestandteil І an seiner Innenwand mit einem leicht konischen Schliff‘
1) Z. Ernst und St. Weiss, Wien. klin. Wochenschr., Jahrg. 34, Nr. 1%
8.174, 1921. |
2) St. Rusznydk, diese Zeitschr. 114, 23, 1921.
Mikro-auswasch-pipette. 293
versehen, auf den die Spitze des Bestandteils II S, eingeschliffen ist. Be-
standteil II (Abb. 1) besteht aus einem diekwandigen Kapillarrohr mit
zwei größeren kugeligen Erweiterungen A und B. Das eine Ende trägt den
bereits erwähnten Schliff S,. Es ist jedoch nicht die ganze Spitze in den
Schliff einbezogen, sondern ihr letztes Endchen Æ ist etwas ausgezogen und
ragt bei der zusammengesetzten Pipette frei in das Schliffende des Bestand-
teils I hinein (Abb. 2). Der Lichtungsdurchmesser des Endchens beträgt
etwa 0,6 mm. Ungefähr in der Mitte, miteinander durch ein etwa
1,5 сю langes Stück Kapillarrohr verbunden, befinden sich die Er-
weiterungen A und B, deren Wand in die der angrenzenden Kapillaren
nicht scharf abgesetzt, sondern konisch übergeht. Hinter der zweiten
Kugel B ist das Kapillarrohr spitzwinkelig abgebogen und mit ein
oder zwei kleinen Aufblasungen C versehen, um dem hier ange-
brachten dünnen, leicht komprimierbaren Druckschlauch von etwa
1,ö5mm lichter Weite, der zum Ansaugen und Ausblasen dient, einen
beseren Halt zu geben. Das Stück Kapillare von der Spitze E bis
zur ersten Kugel A ist ungefähr 5,5cm lang, hat einen Fassungs- Abb. 2.
raum von 0,15 bis 0,20 ccm, trägt eine diesbezügliche Marke М,
und eventuell noch Unterteilungen. Das Kapillarstück zwischen den beiden
Kugeln weist näher der Kugel A gleichfalls eine Marke M, auf; bis dorthin
faßt der Bestandteil II 0,5 oder 1,0 ccm. Die zweite Kugel B dient nicht
zum Messen, sondern nimmt beim Aufssugen der abzumessenden Substanz
einen Teil der Waschflüssigkeit auf. Die Schliffe, die nicht eingefettet
werden dürfen, stellen bei guter Ausführung eine haltbare Verbindung der
beiden Bestandteile her, so daß sie sich auch bei freihängender Pipette
und selbst beim kräftigsten Hineinblasen in dieselbe nicht voneinander
trennen.
Zum Gebrauch wird die Pipette zunächst auseinandergenommen. Will
man mit wenig Flüssigkeit waschen, so saugt man in die Kapillare des
Bestandteils II die gewünschte Menge Waschmittel; will man mit mehr
Flüssigkeit spülen, so füllt man auch noch die erste Kugel A bis zur Marke М,.
Das Austreten des eingesaugten Waschmittels verhindert man am besten,
indem man diesen Pipettenteil rasch in Horizontallage bringt. Hierauf
stellt man seine Verbindung mit dem Bestandteil I her, und zwar so, daß
das umgebogene Ende des Bestandteils II aufwärts, die Spitze des Bestand-
teils I abwärts gerichtet ist; diese Stellung ist in Abb. 1 wiedergegeben. Die
derart mit Waschflüssigkeit beschickte Pipette soll auch weiterhin horizontal
gehalten werden, um das Eindringen von Flüssigkeit in den Bestandteil I
zu vermeiden, dessen Meßbereich unbedingt trocken bleiben muß. (Man
kann sie aber immerhin bis zu einem Winkel von fast 45° neigen, ohne daß
die Waschflüssigkeit austritt, da dies das freie Hineinragen des End-
chens Æ in den Bestandteil I erschwert.) Abklemmen des Gummi-
schlauchs leistet dieselben Dienste. Bei Serienuntersuchungen kann man
sich eine Reihe von Pipetten auf diese Weise vorbereiten, die bis zur weiteren
Verwendung auf eine wagerechte Unterlage gelegt werden. Saugt man
nun bei der Abmessung die zu untersuchende Substanz in den Bestandteil 1,
so zieht sich entsprechend der dadurch bewirkten Luftverdrängung ein Teil
der Waschflüssigkeit je nach der verwendeten Menge in die erste Kugel A
bzw. zweite Kugel B zurück. Im Beginn tritt die Flüssigkeit mit einem
kleinen Ruck, den man bei viskosem Material wie Blut kaum merkt, in die
Pipettenspitze ein, dringt dann aber vollständig gleichmäßig weiter, so
daß ein genaues Anfüllen bis zur Marke mit Leichtigkeit gelingt. Es ist
Biochemische Zeitschrift Band 171. 20
294 K. Schuhecker:
übrigens unnötig zu saugen, da bei passender Neigung der Pipette, voraus-
gesetzt, daß sie tadellos gereinigt ist, die Flüssigkeit von selbst eindringt
und weiter gleitet. Hat man die gewünschte Menge der zu untersuchende:
Substanz in der Pipette, so reinigt man ihre Spitze, senkt sie und bläst
die Probe zusammen mit der Spülflüssigkeit aus. Die Menge des Маѕсї.
mittels und die Raschheit, mit der es ausgespritzt wird, richtet sich unte:
anderem danach, ob man fällende oder nicht fällende Spülmittel benutz.
Bei nicht fällenden Waschflüssigkeiten genügen kleine Mengen davon un!
das Durchspülen soll langsam erfolgen, um einen längeren Kontakt und еше
bessere Durchmischung mit der Probe zu ermöglichen; bei fällenden Flüssig-
keiten ist rasches Auswaschen mit einer größeren Flüssigkeitsmenge ап.
Platze.
Bei Serienbestimmungen ist es nicht notwendig, eine große Anzahl
vollständiger Pipetten zu besitzen. Es genügt ein einziger Bestandteil П,
dagegen sind mehrere auswechselbare Bestandteile I erforderlich, die natürlich
alle den gleichen zum Bestandteil II passenden Schliff haben müssen. Die
reinstimmung der Volumina ist durch Auswägen mit Quecksilber zu
prüfen. Ein einheitlicher Schliff wird mitunter auch angezeigt sein, wenn
man einen Satz verschieden kalibrierter Bestandteile I oder verschieden
große Mengen Waschmittel fassender Bestandteile II benötigt. Hat man
die abzumessende Substanz, z. В. 0,1 ccm, nach dem Abmessen auf еш
größeres Volumen, etwa 10 bis 20 ccm zu bringen, so wird es sich häufig
empfehlen, dem Meßbereich des Bestandteils II einen um 0,1 cem kleineren
Fassungsraum, in diesem Falle also 9,9 bzw. 19,9 ccm, zu geben und mit
dieser Menge Flüssigkeit, mit der sonst aufgefüllt würde, nachzuwaschen.
Man erspart sich auf diese Weise das Auffüllen im Meßkolben und die
Abmessung ist mindestens ebenso genau; die Distanz zwischen der Spitze E
und der Marke des Bestandteils II soll auch bei großem Fassungsraum
8cm nicht überschreiten. Bei der Eichung ist zu berücksichtigen, da
in dem sehr kleinen toten Raum um das Endchen E etwas Wasch-
flüssigkeit nach dem Ablassen derselben zurückgehalten wird.)
Das Trocknen gereinigter Pipetten !) — es kommt dabei besonders аш
den Bestandteil I an — besorgt man am besten, indem man mit der
Wasserstrahlpumpe Luft durch die ganze Pipette saugt. Wasserreste is
der Gegend der Schliffe, die unbedingt trocken sein müssen, lassen sich
rasch entfernen, wenn man mit der Spitze des Bestandteils II, der mit der
laufenden Wasserstrahlpumpe in Verbindung bleibt, die feuchten Stellen
absucht. Auf diese Weise gelingt es in wenigen Sekunden, den Bestandteil 1
vollkommen zu trocknen.
Ich habe beobachtet, daß sich der Schliff, nach längerem Gebrauch der
Pipette glättet und dann nicht mehr die sichere Bindung der beiden Bestand-
teile gewährleistet. Leichtes Aufrauhen mit feinem Schmirgel oder
Schmirgelpapier beseitigt diesen Übelstand.
Zusammenfassung.
Es wurde eine Auswaschpipette zum Abmessen kleiner Flüssig-
keitsmengen angegeben. Eine Auswaschpipette deshalb, weil nur da»
Auswaschen der gemessenen Substanz aus der Pipette Genauigkeit
1) Man reinigt am besten mit Chromschwefelsäure und behandelt
damit auch die Schliffe und ihre Umgebung.
Mikro-auswasch-pipette. 295
ler Messung verbürgt. Die Pipette ist dadurch charakterisiert, daß
ie aus zwei aufeinander eingeschliffenen Teilen besteht, von denen
ler eine zum Abmessen der Substanz, der andere zum Auswaschen
lerselben, und zwar von der Mundseite der Pipette her mit gleichfalls
nittels der Pipette abmeßbaren, sehr kleinen und auch größeren Flüssig-
seitsmengen dient. Ein Einheitsschliff ermöglicht es bei Serien-
bestimmungen, den zum Abmessen der Substanz dienenden Bestandteil
rasch durch einen gleich oder anders kalibrierten zu ersetzen. Die
Auswechselbarkeit des zum Auswaschen dienenden Bestandteils ge-
stattet bei entsprechender Eichung desselben, die abgemessene Substanz
zugleich mit der zum Auffüllen auf ein bestimmtes Volumen not-
wendigen Menge Waschflüssigkeit durchzuspülen. Hierdurch entfällt
das Auffüllen im Meßkölbchen. Die Pipette ist derart konstruiert,
daß vielfach auch fällende Waschmittel benutzt werden können. Da
die Waschflüssigkeit unmittelbar nach dem Abmessen der zu unter-
suchenden Substanz zugleich mit dieser ausgeblasen wird, ist beim
Pipettieren von Blut die Gefahr der Gerinnung auf ein Minimum
herabgesetzt.
20%
Beiträge zu einer Pharmakologie der Konzentrationsänderunge
IV. Mitteilung:
Über Anionenwirkungen.
Von
L. Jendrassik und L. Antal.
(Aus dem physiologischen Institut der Universität Budapest.)
(Eingegangen am 23. Februar 1926.)
Mit 8 Abbildungen im Text.
In der ersten und dritten Mitteilung beschrieben wir eine
vorübergehender Wirkungen, welche verschiedene Kationen am
und Uterus verschiedener Säuger hervorrufen (1) (2). Da еше
gehende Kentnnis derselben aus dem Gesichtspunkt ihrer Er
von Interesse ist, breiteten wir die Versuche auch auf andere
aus. Untenstehend seien die Wirkungen beschrieben, welche
Anionen am überlebenden Kaninchendarm hervorrufen. (Eine
gehende Untersuchung verschiedener Anionen am Darm wurde a
unseres Wissens nach — bisher noch nicht unternommen.)
Mit der Benennung ,,Апіоп“ soll hier nicht gesagt werden, dai
die untersuchten Säuren eben nur in dieser Form wirken. Es ist ebena
möglich (besonders bei den Salzen schwächerer Säuren), daß das hydre-
lytisch abgespaltene undissoziierte Säuremolekül das wirksame Agensif,
Bezüglich der angewandten Methodik soll nur erwähnt werden, da
wir auch hier ein nach Magnus isoliertes Dünndarmstückchen des Kaninch
untersucht haben. Im übrigen wurden die Versuche in der beschrieben®
Versuchsanordnung ausgeführt (1). Die erwähnten Gaben beziehen sič
auf 75 ccm Tyrodelösung. Diese enthielt in diesen Versuchen &
wöhnlich kein Mg und kein Phosphat. Das untersuchte Anion wurd P
Form seines Natriumsalzes angewendet. In einem Teile der Versuk
wurden diese in geeignet konzentrierten Lösungen der Umspülflüssig®
zugefügt. In anderen Versuchen wurden Bruchteile des Natriumchlrs
durch isotonische Mengen des untersuchten Salzes ersetzt.
Hinsichtlich der angewandten terminologischen Ausdrücke müs
wir auch auf die erste und dritte Mitteilung verweisen.
Die beschriebenen Versuche wurden im Herbst 1924, zum Teil 19%
ausgeführt.
L. Jendrassik u. L. Antal: Anionenwirkungen. 297
Versuchsergebnisse.
Zur Untersuchung gelangen die Anionen Br, J, Е, SCN, SO,
NO, ХО», Oxalat, Citrat, OH. Die Richtung der Wirkungen erwies
sich bei allen untersuchten Anionen als gleich, Unterschiede zeigten
sich nur in quantitativer Hinsicht.
Ersetzt man !/, bis 1 Teil des NaCl mit entsprechender Konzen-
tration von Na Br, NaJ, Na,SO,, so kommt eine deutliche oder starke
vorübergehende Kontraktur des Darmes zustande. Bei 25prozentiger
Substitution bleibt die Wirkung oft aus; wird aber die Hälfte des
NaCl mit fremdem Salz ersetzt (also neben 0,4 Proz. NaCl, 0,705 Proz.
Na Br bzw. 1,03 Proz. NaJ bzw. 0,65 Proz. Na,SO,, wasserfrei), so ist
ГЕГИ БГЕГЕГЕГИГИГИГИГЕ ГЕИГИГИГИГЕГЕГИГИГИГЕГЕИГИГИГЕГИГИГИГЕГЕГЕГИГЕГИГЕГЕГЕГИГЕГЕГИГИГЕИГЕГЕГЕГИГИ ӨГГЕ ҮЕ
а р
8 00
|
ou |
Abb. 1.
Kaninchendarm (18. Oktober 1924.) Wirkung von NaBr. — Bei NaBr wird es in 10 proz. Lösung
zur Tyrodeflüssigkeit gefügt. Ту = frische Tyrodelösung. Ту 1; Br = Tyrodelösung, in
welcher 1 - Teil des NaCl mit äquivalentem NaBr ersetzt ist.
die Kontraktur immer sehr ausgeprägt, oft von maximaler Stärke
(s. Abb. 1 und 2). Dabei leiden die Spontanbewegungen, die Amplituden
werden kleiner, die Bewegungen unregelmäßig. Bromid und Jodid
scheinen weniger schädlich als Sulfat zu sein. An einem Darm, an welchem
bei Substitution mit 1, Na Вг die Bewegungen nur wenig gelitten haben,
wurden diese in der Lösung mit 1, Na,SO, sehr klein und unregel-
mäßig. (Hier kann aber auch der Zuwachs an Na-Ionen eine Wirkung
haben, da isosmotische Mengen уоп Na,SO, relativ mehr Na-Ionen
enthalten.)
Bei Rückkehr auf normale Tyrodelösung zeigt sich eine vorüber-
gehende Lähmung (oder Verkleinerung der Amplituden), welche 1 bis
5 Minuten zu dauern pflegt.
298 L. Jendrassik u. L. Antal:
Ersetzt man die ganze Menge des NaCl mit einem dieser Salze.
so kommt die Kontraktur auch zustande; die Spontanbewegungen
verschwinden aber sofort.
Analoge Wirkungen findet man bei der Substitution mit NaNO,
und МаХ О», nur die Stärke der Augmentations- und Diminution-.
wirkungen sind verschieden. Beim Ersetzen der Hälfte des Natriun-
chlorids mit äquivalenter Konzentration von Natriumnitrit ist d»
vorübergehende Kontraktur weniger hoch als beim Br, J oder SO,
auch die Spontantätigkeit leidet nur wenig. Bei Rückkehr auf normale
hs
(8 38)
Abb. 2.
(18. Oktober 1924.) Wirkung von Substitution der Hälfte des NaCl der
Tyrodelösung mit NaJ. — 2. Ty = zweites Auswaschen mit normaler
Tyrodelösung.
Tyrodelösung ist aber die vorübergehende Lähmung viel stärker aus-
geprägt und länger anhaltend. Bei völliger Substitution liegen dr
Verhältnisse auch ähnlich (Abb. 3).
Das Nitrat ist für den Darm auch nur wenig schädlich. Ersetz!
man das NaCl ganz mit NaNO,, so ist die zustandekommend
Kontraktur gewöhnlich klein oder mittelstark. Bei halber Substitutio
fehlt es oft auch gänzlich; die Bewegungen sind auch nach Ablaı
einer Viertelstunde vollkommen regelmäßig, höchstens büßen sie 2
ihrer Größe etwas ein. Веі Rückkehr zur normalen Tyrodelösw:
ist die vorübergehende Tonussenkung und das Kleinerwerden de
Bewegungen nur mäßig ausgeprägt.
Anionenwirkungen. 299
Ob diese Wirkung vom fremden Anion ausgelöst wird, oder ob
diese durch eine Abnahme der Chlorionkonzentration zustande kommt,
suchten wir durch Zufügen von Kochsalz zu entscheiden. In genügender
Konzentration (150 bis 200 mg auf 75 cem Tyrodelösung) wirkt
NaCl erregend (2). Würde aber der Darm bei der Substitution eines
Teiles des Kochsalzes durch NaBr, NaJ usw. durch eine Abnahme
der Cl in Kontraktur geraten, so sollte diese Wirkung durch Zufügen
geeigneter Gaben NaCl zu hemmen sein, wahrscheinlich schon durch
Abnahme an sich unwirksamer Dosen. Der Versuch zeigt aber, daß
das NaCl diese Kontrakturen nicht hemmt, es wirkt sogar viel stärker
HHLHLH HHH
*
D
|7
i IN, ` 8 H ii | |
Abb. 3.
(31. Oktober 1924.) Die Wirkung von Nitrit-Tyrode (in welcher das NaCl vollständig mit NaNO,
ersetzt ist = ТУМО»). Ту = Wechsel auf normale Tyrodelösung.
erregend als in normaler Lösung. Die Nitratkontraktur z. B. wird
durch Zufügung von Kochsalz noch mehr verstärkt (s. Abb. 5). Dies
beweist mit genügender Wahrscheinlichkeit, daß die Ursache der Er-
regung bei der Substitution nicht die Cl-Abnahme sein kann.
Untersucht man die Wirkung dieser Salze auf andere Weise, indem
man das NaCl nicht durch diese ersetzt, sondern diese der normalen
Tyrodelösung zufügt, so erhält man ähnliche Wirkungen. Beim Zu-
fügen vorübergehende Zunahme der Bewegungsgröße bzw. Kontraktur;
beim Auswaschen vorübergehende Hemmung. Die Spontanbewegungen
werden durch solche Gaben nicht geschädigt.
Beim Na Br war die Wirkung — entgegen den anderen Salzen —
nicht an jedem Darme mit der oben beschriebenen identisch. An einem
300 L. Jendrassik u. L. Antal:
Darm riefen die üblichen Dosen keine Wirkung hervor, in einem anderen
Falle war die Richtung der A- und D-Wirkung eben umgekehrt.
In einem Versuch hatte das Na Вг (2ccm einer lOproz. Lösung)
eine ebenso starke Wirkung, wie wenn ein Teil des NaC] mit derselben
Menge (200 mg) Na Br ersetzt wurde (s. Abb. 1). Dieser Versuch könnte
darauf weisen, daß hier nur das fremde Anion (Br) kontrakturerzeugend
wirkt. Es spricht aber dagegen, daß (zur Tyrodelösung gefügt) von
NaCl ähnliche (manchmal auch noch kleinere) Mengen als von NaBr
eine Wirkung haben (erregende Augmentations- und hemmende
100 mg NaN02
|
| | |
ЖТ | | | | |
| Ш ШП |
ШИ
Abb. 4.
(14. Oktober 1924) NaNO;z:-zur Tyrodelösung gefügt. Keine
Augmentationswirkung, deutliche Diminutionswirkung.
Diminutionswirkung), und hier ist wahrscheinlich die Konzentrations-
zunahme des Na-Ions die wirksame. Auch bei den anderen Salzen
wirkt das Na-Ion der Anionen mit.
Wenn aber auch das Na-Ion eine Mitbedingung dieser Wirkungen
ist, ist sie sicher nicht der einzige Faktor. Auch die fremde Säure bzw.
das Anion muß einen Einfluß haben. Dies beweist der Umstand, dab
die Wirkungen bei den verschiedenen Salzen untereinander deutliche
quantitative Unterschiede aufweisen. So ist z. В. die Augmentations-.
ebenso die Diminutionswirkung des Nitrats auch hier schwächer als die
des Nitrits. Das Nitrit wirkte manchmal schon in fünfmal kleineren
Gaben als das Nitrat und als die anderen Salze zu wirken pflegen
(20 mg). Brachte aber das Nitrit (in anderen Fällen) keine Augmenta-
tionserregung zustande (oft auch nach 100 mg), so war jedoch die
Anionenwirkungen. 301
Diminutionshemmung gewöhnlich vorhanden, oft auch stark aus-
geprägt (s. Abb. 4).
Ähnlich diesen Salzen wirkte das NaSCN, welches, in ähn-
lichen Dosen der Tyrodelösung zugefügt, deutliche A-Erregung und
D-Hemmung verursachte.
Einen genauen Vergleich der Wirkungsstärke bzw. Schwellenwerts-
gaben dieser Salze haben wir nicht unternommen, da wir uns mit der
Feststellung des Vorhandenseins von Potentialwirkungen begnügten.
Diese Aufgabe ist außerdem nicht ohne Schwierigkeiten, da die rela-
tive Empfindlichkeit der Därme
gegenüber diesen Salzen etwas
verschieden zu sein scheint.
Starke, auch maximale
(vorübergehende) Kontrakturen
verursachen aber die calcium-
bindenden Anionen. Von diesen
untersuchten wir das Citrat,
Охаја, Fluorid, Phosphat (se-
kundär), Carbonat, Hydrocarbo-
nat, welche wir in Form ihrer
Na-Salze verabreicht haben. Zu
diesen reihte sich noch das
NaOH bzw. das Hydroxylion
5 00П\( NaCl
zu, welches im Sinne der Formel |
6 91
von Rona und Takahashi auch
Ca-fällend wirkt. Schon ein Abb. 5.
)lötzliches Steigen des / auf (25. September 1925.) Die Nitrat-Kontraktur
| g Рн
ү. . > . BE ird durch Steigern der [NaCl] noch erhöht.
8,2 bis 85 hat eine vorüber- GR
gehende Kontraktur zur Folge.
Von den Salzen wirkt am stärksten das Citrat und das Carbonat,
von denen 10 bis 20 mg auf 75ccm Tyrodelösung schon genügen, um
eine eben deutliche Kontraktur zu erzeugen. Vom sekundären Phosphat
sind diese Gaben 20 bis 30 mg, vom Oxalat und Fluorid 25 bis 50 mg,
vom Bicarbonat 50 bis 100 mg.
Die Kontrakturhöhe hängt sehr davon ab, in welchem Tempo das
caleiumbindende Anion dem Darm zugeführt wird. Geschieht dies
allmählich, in kleinen Dosen, so ist die Kontraktur minder hoch, oft
bleibt sie auch ganz aus. Besonders hohe Kontrakturen erhält man,
wenn man die normale Tyrodelösung mit der mit dem untersuchten
Salze versetzten Lösung vertauscht. Dieses Verhalten war zu erwarten,
da wir wissen, daß eine Abnahme der Caleciumkonzentration der um-
spülenden Tyrodelösung am Darm eine vorübergehende Kontraktur
302 | L. Jendrassik u. L. Antal:
auslöst (1) (2). Verursachen Citrat und Oxalat eine Abnahme der
Calciumionenkonzentration, so ist schon hierdurch eine erregende
Wirkung zu erwarten. Geschieht dabei die Fällung (wie bekannt) bzw.
die Ionenbindung nicht augenblicklich, sondern in meßbarer Zeit, в
ist die schwächere Wirksamkeit beim allmählichen Zufügen hierau
schon verständlich.
So ergab sich nun die Frage, ob das Citrat- und Oxalation (bzw.
die durch hydrolytische Spaltung vorhandenen Säuren) auch selbst
eine Wirkung haben, oder aber eine solche nur durch Vermittlung über
das Calcium zustande kommt. Dieser Frage versuchten wir auf zweierlei
Wegen näher zu kommen.
IEN
узма)! |
IRAN ЕМ
ШИШ ТЩ, НИ" ok
1 {f
ШИ!
Abb. 6.
(1. Dezember 1924.) Natriumoxalat wirkt deutlich in Tyrodelösung mit dreifachem
Mg»Gehalt (0,03 Proz. MgCl») Die Abnahme der [Ca] auf ein Teil ist aber
ohne Wırkung.
So untersuchten wir erstens die Wirkung in Ca-freier Lösung. Hier
kann das Oxalat und Citrat keine Abnahme der [Ca] in der Umspül-
flüssigkeit zustande bringen, die Wirkung ist daher mit einer von
Ca-armer Lösung sicher nicht identisch. Unsere Versuche zeigen, dab
diese Salze auch unter solchen Umständen deutlich erregend wirken.
Die Kontrakturhöhe ist auch hier kleiner als in normaler Tyrodelösung.
aber die verschiedenartigsten Kontrakturerzeuger wirken unter solchen
Umständen minder stark. Dieser Versuch beweist nur, daß di
Wirkung nicht nur durch die umspülende Lösung zustande kommt. E
konnte aber ein Ausfallen des Calciums an der betreffenden Grenz-
fläche bzw. Zellenoberfläche den Effekt erzeugen. Die Wirksamkeit
Anionenwirkungen, 303
bei Anwesenheit von Mg schließt aber auch diesen Wirkungsmecha-
nismus aus.
Es wurde bereits beschrieben, daß die subnormale D-Wirkung
des Ca durch Anwesenheit von Mg deutlich geschwächt wird, und in
0,03 Proz. (wasserfreier) MgCl, enthaltender Tyrodelösung gar nicht
zustande zu kommen pflegt (1). Würde die Oxalat- und Citrat-
wirkung nur auf einer Abnahme der Ca-Konzentration beruhen, so
dürfte sie, wenn genügend Mg anwesend, nicht zustande kommen. Der
Versuch zeigt aber, daß dies nicht der Fall ist, und an Därmen, wo in
0,03proz. MgCl,-Lösung die D-Kontraktur von Ca vollständig aus-
bleibt, ergeben diese Salze deutliche (wenngleich auch schwächere)
Wirkungen. Einen solchen Versuch zeigen Abb. 6 und 7. Dieser Um-
stand beweist also, daß die Wirkung
höchstens nur zum Teil aus Ca-
D-Wirkung besteht, und daß auch
ein anderer Faktor im Spiele sein
muß.
Diese Anionen müssen daher
auch eine direkte Wirkung auf die
Darmmuskulatur ausüben, und zwar 100т9
Potentialwirkungen. Augmentation: Ty3Mo Na-cılr
Erregung, Diminution: Hemmung.
Das Na-Ion kann auch hier eine
Rolle spielen, jedoch ist ihr Einfluß
von untergeordneter Bedeutung, da
|
Citrat, Oxalat, und Fluorid auch in f [ d
Konzentrationen wirken, in welchen Т |
ihr Na-Gehalt noch von keiner
Bedeutung ist. (Äquivalente Koch- Abb. 7.
salzmengen haben keine Wir- (1. Dezember 1924.) Fortsetzung des Vers
4 х suchs der Abb. 6. — Ма», Сіїгаї wirkt auch
kung.) Die Wirkungen stammen stark in 0,03 Proz. MgCl,shaltiger Tyrode»
daher von der Säure bzw. vom lösung.
Anion.
Es sei hier noch zum Schluß die Wirkung der Wasserstoffionen-
konzentration erwähnt. Nicht nur ein Steigern der Hydroxylionen-
konzentration ist wirksam, sondern ein Absinken dieser unter den
normalen Wert, d.h. ein Steigern der [Н]. Fügt man der Tyrode-
lösung so viel Säure zu, daß sein py von 7,6 auf 6,9 fällt, so tritt schon
ein deutliches vorübergehendes Sinken der Bewegungsamplituden auf.
Bei weiterem Säurezusatz verschwinden die Bewegungen vollständig.
War der Säureüberschuß nicht zu groß, so erscheinen die Bewegungen
nach einigen Minuten wieder. Gibt man sodann dem Darm normale
304 L. Jendrassik u. L. Antal:
Tyrodelösung, so erscheint eine ausgeprägte Diminutionskontraktur
(s. Abb. 8).
Daß es sich hier um wahre Potentialwirkungen handelt und die
Säure bei der Restitution nicht durch Alkalien, die aus dem Darm
herausdiffundieren, neutralisiert wird, beweist schon das Vorhandensein
der Diminutionskontrak-
IEEWEEEEUEEEEREBUHEEBEREUFUETTETTTTERITBITETENTLETTTN tur. Würde sich das Pr
6 wieder auf den normalen
Wert einstellen, so dürfte
beim Wechsel auf frische
Tyrodelösung keine Wir-
kung zustande kommen.
Wahrscheinlich haupt-
sächlich durch eine Stei-
gerung der Wasserstoffzahl
wirkt die Tyrodelösung ohne
Na-Bicarbonat. Wird nach
normalerTyrodelösungdem
Darm eine solche verab-
reicht, so bewirkt sie einen
Abb. 8. e
(17. September 1924.) — Wirkung der Senkung und starken, jedoch zum Teil
Steigerung des Du unter dem normalen Wert vorübergehenden Tonus-
Гу + НСІ = mit Н CI versetzte Tyrodelösung. Py = 6,9. abfall und Lähmung der
Spontanbewegungen. Diese
erscheinen nach 2 bis 4 Minuten wieder, sind aber sehr unregel-
mäßig. Bei Rückkehr zur normalen Tyrodelösung erscheint eine
ziemlich starke vorübergehende Kontraktur.
Das pe der normalen Tyrodelösung ist 7,7, das der bicarbonatfreien
7,0. Hieraus geht hervor, daß durch das Sinken des py, die Wirkung
der bicarbonatfreien Lösung schon verständlich ist und hierbei eine
Diminutionswirkung des Bicarbonations nicht angenommen zu werden
braucht.
Bemerkungen, Folgerungen.
Aus den beschriebenen Versuchen geht hervor, daß auch Anıonen
auf die glatte Muskulatur eines Warmblüterorgans auffallende Wirkungen
entfalten können und diese zum großen Teile als Potentialwirkungen an-
zusehen sind.
Beim Studium der Anionenwirkungen können bestimmte Neben-
wirkungen nicht ausgeschlossen werden. Eine solche ist die gleichzeitige
Abnahme der Chlorionkonzentration (welche noch unbekannt ist), oder
Zunahme der Natriumkonzentration bzw. Sinken der Calciumionen-
konzentration. Die beiden letzteren müßten mit dem feststellbaren Fffekt
gleichsinnig wirken. Die erwähnten Versuche zeigen aber, daß den fremden
Anionen bzw. Säuren am Darm überdies eigene Wirkungen zuzuschreiben
sind.
Anionenwirkungen. 305
Man könnte die Erklärung für diese Wirkungen auch darin suchen,
daß die fremden Salze vielleicht besser permeabel sind und das NaCl os-
motisch nicht vollwertig vertreten können. Die zustandekommenden
Kontrakturen wären dann durch die relative Hypotonie der Außenlösung
verursacht. Diese Erklärung wird aber widerlegt erstens durch die erwähnte
Tatsache, daß das Zufügen von NaCl eine Anionenkontraktur noch ver-
stärkt und zweitens dadurch, daß beim Zufügen der Salze zur normalen
Tyrodelösung die Wirkungen durchaus ähnlich sind wie bei der Substitution.
Bisher wurden am Darm hauptsächlich nur die Wirkungen der ,,саісішт-
bindenden‘“ Säuren studiert, über Wirkungen der anderen Anionen finden
wir in der Literatur keine Angaben.
Vom NaBr wurde behauptet [Zondek (3)], daß es das NaCl für die
Froschherzen vollständig zu ersetzen vermag. Nach den Untersuchungen
von Burridge (4) sollte dies jedoch nicht zutreffen, und nach längerer
Umspülung wird die Kontraktionshöhe allmählich kleiner. Nach unseren
Ergebnissen ist also der Säugerdarm gegenüber dem Br-Ion viel empfind-
licher. Auch nach Handovsky (5) wirken С] und Br am Froschherzen
gleichsinnig. Rhodan und J vergrößern dagegen das Pulsvolumen, das
Sulfat verkleinert dasselbe. In unseren Versuchen sind keine in qualitativer
Hinsicht verschiedenartig wirkende Gruppen unterscheidbar, ähnlich den
Resultaten von Trendelenburg (6), der diese Anionen an der Bronchial-
muskulatur des Rindes alle tonussteigernd fand. Die Reihenfolge in der
Wirkungsstärke war:
| SCN >J >NO, Br, Cl.
Nach Prochnow (17) sind die fremden Anionen an der Carotis und
Uterus ebenso tonussteigernd, und zwar nach der Reihe: F > J > Br.
Mehr ausgearbeitet ist die Pharmakologie des Citrats, Oxalats, Carbonats
und Phosphats. Intravenös verabreicht, rufen Na HCO, (7) (8), Na-Citrat,
Na-Oxalat, Na-Tartrat (9) am Darme kräftige Bewegungen hervor.
Salant und Kleitman (10) (11) sind der Ansicht, daß die darmerregende
Wirkung dieser Salze nicht allein von der Calciumfällung herrührt, da die
Wirksamkeit nicht von der Löslichkeit des Calciumsalzes abhängig ist.
Dieser Beweis ist aber zur Unterstützung dieser Behauptung nicht voll-
wertig, da behauptet wird, daß durch Citrat usw. die Calciumionenkonzen-
tration der Lösung (wahrscheinlich durch Bildung komplexer Ionen) stark
herabgedrückt wird (12). Die Herzversuche von Salant und Hecht (13)sprechen
zwar gegen eine solche Ionenabnahme. Auf ein Vorhandensein einer spe-
zifischen Anionenwirkung von Na-Oxalat schließen auch Fröhlich und Gussen-
bauer auf Grund von Untersuchungen des Herzelektrokardiogrammes (14).
E. Starkenstein (15) beschrieb zuerst die erregende Wirkung calcium-
fällender Salze am isolierten Dünndarm. Da die Magnesiumsalze die
Caleiumfällung im gewissen Grade hemmen und das lösliche Mg-Oxalat
und Mg-Metaphosphat am Darme wirkungslos sind, glaubt er damit die
eigentliche Unwirksamkeit der Anionen bewiesen zu haben. Wir glauben
aber, daß dieser Schluß nicht berechtigt ist, da das Mg-Ion am Darm
stark hammend wirkt und wahrscheinlich diese die Oxalat- und Phosphat-
erregung hemmt. Der Versuch beweist eben die spezifische Wirksamkeit
dieser Anionen, da ohne diese die Wirkung des Magnesiums gelten sollte.
Die erregende Wirkung mancher anderen organischen Säuren, wie
Essigsäure, Brenztraubensäure usw., ist auch oft von vorübergehender
Natur, wie dies in einem früheren Aufsatz bereits erwähnt wurde (16). Es
könnten also Totentialwirkungen auch bei diesen im Spiele sein.
306 L. Jendrassik u. L. Antal: Anionenwirkungen.
Zusammenfassung.
Am isolierten Kaninchendünndarm wirken die Anionen Br, J, SO,
NO, NO, SCN, Е, Citrat, Oxalat, HCO, CO, und HPO, al
Na-Salze in qualitativ gleicher Richtung, beim Zufügen bzw. be
Steigerung ihrer Konzentration vorübergehend erregend, bei der Ab-
nahme ihrer Konzentration (vorübergehend) lähmend.
Verhältnismäßig am besten ist das NaCl durch Na N O, und NaNO,
ersetzbar (manchmal auch völlig); bei 50 proz. oder vollständiger Sub-
stitution des Kochsalzes der Tyrodelösung mit Na Br, Na J und Na,S0,
verschwinden die Spontanbewegungen fast vollständig, vom Fluorid
und calciumfällenden Salzen schon durch viel kleinere Gaben
(manente Wirkungen).
Die Veränderung der Chlorionen- bzw. Natriumionenkonzentration
kann die Wirkungen dieser Salze nicht erklären und es muß em
spezifische Anionenwirkung angenommen werden.
Auch eine Abnahme des Ca (durch Oxalat, Cıtrat usw.) erklärt
die Wirkungen dieser Salze nicht vollständig, da diese auch in Lösung
mit hohem Mg-Gehalt zustande kommen, wo die Wirkungen de
Са vermißt werden. Sie wirken auch in calciumfreier Lösung erregend.
Die Veränderungen des Bicarbonatgehalts bzw. der Wasserstoff-
ionenkonzentration der Lösung können am Darm auch Potential-
wirkungen erzeugen.
Literatur.
1) L. Jendrassik, diese Zeitschr. 148, 116, 1924. — 2) L. Jendrassik
und Е. Annau, ebendaselbst 168, 207, 1925. — 3) S. G. Zondek, ebendaselbst
121, 87, 1921. — 4) W. Burridge, Arch. int. de Pharm. 26, 19, 1921. —
5) Н. Handovsky, Pflügers Arch. 198, 56, 1923. — 6) P. Trendelenburg, Arch.
f. exper. Pathol. u. Pharm. 69, 79, 1912; L. Prochnov, Arch. int. Pharm.
21, 287, 1911. — 7) King und Ias, Amer. Journ. of Physiol. 62, 459, 1922. —
8) Neukirch und Rona, Р. A. 148, 273, 1912; Enriquez und Mitarbeiter,
Bull. gen. Therap. 162, 1914. — 9) Salant und Kleitman, Journ. d
Pharm. 21, 3, 1923. — 10) Dieselben, ebendaselbest 20, 481, 1923. — 11) Dte-
selben, Amer. Journ. of Physiol. 65. — 12) J. R. Katz, Akad. Wet. Amster-
dam 82, 568, 1923. — 13) Salant und Hecht, Proc. Soc. exper. Biol. ё
179, 1914. —- 14) Fröhlich und Gussenbauer, Arch. f. exper. Pathol. u.
Pharm. 97, 1923. — 15) E. Starkenstein, ebendaselbst 77, 45, 1914. —
16) L.Jendrassik und Н. Tonga, diese Zeitschr. 159, 337, 1925. —
17) L. Prochnon, Arch. intern. Pharm. 21, 287, 1911.
Beitrag zum Chemismus der Inaktivierung des Pepsins
durch Wärme.
Von
Lilli Kraus.
(Aus dem chemischen Laboratorium der Krankenanstalt ‚„Rudolf-Stiftung“
Е in Wien.)
(Eingegangen ат 24. Februar 1926.)
Gegenüber den zahlreichen Studien, die sich mit der chemischen
Mechanik der Pepsinwirkung befassen, erscheint die chemische Natur
des Erlöschens dieser Wirkung nach relativ geringer Erhitzung wenig
studiert. Eine Erhitzung einer stark wirksamen Pepsinlösung auf
wenige Grade über das Temperaturoptimum der Wirkung vernichtet
die gesamte Wirksamkeit, und es erscheint dies um so auffälliger, als
ja trockenes Pepsin ohne Schädigung seiner Wirkung auf 100° erwärmt
werden kann. Bei der geringen Zahl chemischer Möglichkeiten, die
bei dieser geringfügigen Erwärmung stattfinden können, lenkt dieser
Gegensatz zwischen trockener und feuchter Erwärmung zunächst die
Aufmerksamkeit darauf, ob nicht eine Wasseraufnahme oder eine Wasser-
abgabe stattfindet.
In erster Linie waren wir bestrebt, einige Eigenschaften des aktiven
und inaktiven. Pepsins zu studieren, über die noch relativ wenig be-
richtet wurde. Interessiert haben uns vor allem die Verhältnisse der
Acidität, Veränderung der Säuremenge, Wasserstoffionenkonzentration,
des nach Sörensen titrierbaren N, der Leitfähigkeit, der Refraktion
sowie der Gefrierpunktserniedrigung.
Als Material haben wir, um nicht von der Darstellungsweise ein-
seitig beeinflußte Resultate zu erhalten, einerseits amerikanisches
Pepsin, andererseits ein Präparat verwendet, welches nach der Methode
von Hammarsten dargestellt wurde. Bei der Darstellung des letzteren
wurde genau nach der von obigem Autor angegebenen Methode ge-
arbeitet (Zeitschr. f. phys. Chem. 108, 1919). Die vom Pylorusteil
getrennte Magenschleimhaut vom Schwein wurde zerhackt, 3 Tage
308 L. Kraus:
mit 0,2proz. НСІ in der Kälte stehengelassen, koliert und mehrmai
durch ein Filter filtriert. Das Filtrat wurde durch Halbeättigung mit
chemiseh reinem NaCl-gefällt, die rasch ausfallende Substanz nad
einiger Zeit filtriert. Der zwischen Filtrierpapier ausgepreßte Nieder.
schlag wurde in der Kälte іп 0,2proz. HCl gelöst, die Fällung mit Nat
wiederholt, der Niederschlag wie oben behandelt, abermals in 0,2pre
HCI gelöst und mit NaCl ausgefällt. Dieser letzte Niederschlag wırk
nach starkem Abpressen ір 0,2proz. HCl gelöst und gegen НС! von der.
selben Konzentration dialysiert. Bei einer zweiten Darstellung wurde
ebenso verfahren, nur wurde die Dialyse nicht gegen 0,2 proz. HCl, sondern
gegen destilliertes Wasser vorgenommen. Das Endprodukt der ersten
Darstellung war eine kräftig wirkende Pepsinlösung, das der zweiten
Darstellung eine gallertähnliche Masse. Diese letztere wurde abgepreßt
und im Exsikkator getrocknet. Auf diese Weise erhielten wir al:
Maximalausbeute aus je 480g Ausgangsmaterial 0,9 р trockene, ge-
reinigte Substanz, welche wir im folgenden als ‚Hammarsten fest“
bezeichnen, während wir obige HCl-Lösung als „Hammarsten Lösung“
bezeichnen. Die Wirksamkeit des Präparats wurde durch Verdauung
versuche nach Gross (J. Wohlgemuth, Grundriß der Fermentmetboden.
S. 135) untersucht. In der Verdauungsreihe zeigten die Lösungen in
den Eprouvetten nach dem Ansatz mit Na-Acetat bis zur achten
Eprouvette keine Trübung. Nach der Methode von Мей (J. Wok.
gemuth, Grundriß der Fermentmethoden, 8. 135) fanden wir für die
Konzentration 1 : 20000 eine Verdauungskraft von 6 mm in 24 Stunden.
Die Inaktivierung des Materials wurde im Prinzip so durchgeführt.
daß eine eingewogene Menge (bei Hammarsten Lösung ein bestimmte:
Volumen) amerikanischen Pepsins bzw. „Hammarsten fest‘ in 150 ccm
0,2proz. HCl gelöst wurde. Die eine Hälfte wurde in einem mit Glas
stöpsel luftdicht verschließbaren Kolben 1 Stunde hindurch auf 68 (
erwärmt und hierauf auf Zimmertemperatur abgekühlt. Durch eines
Verdauungsversuch wurde ermittelt, daß die so behandelte Lösung ihre
proteolytische Wirksamkeit völlig eingebüßt hatte. Die zweite Hälfte
diente dann immer zum Vergleich. Die beiden festen Präparate, nämlich
das amerikanische Pepsin, sowie „Hammarsten fest“ wurden außerdem
auch unter Einhaltung der oben angegebenen Bedingungen in neutraler,
also HCl.freier Lösung inaktiviert.
Als erstes untersuchten wir sowohl im amerikanischen als auch
in den beiden übrigen Präparaten die Säuremenge vor und nach der
Inaktivierung und gleichzeitig die H-Ionenkonzentration nach de
Methode von Michaelis (L. Michaelis, Deutsch. med. Wochenschr. Ў.
4, 1921; Michaelis und Fr. Müller, ebendaselbst 8, 22). Die Lösunge
wurden іп der oben angegebenen Weise hergestellt, und wir fanden £
der HCl-Lösung des amerikanischen Pepsins bei der Titration vo
Chemismus der Inaktivierung des Pepsins durch Wärme. 309
је 5ccm im aktiven Präparat als Mittelwert 19,22 ccm п/100 KOH,
im inaktiven 18,23ccm п/100 КОН. Der pa-Exponent im aktiven
Pepsin betrug 1,03, im inaktiven 1,32. Beim Präparat „Hammarsten
fest“ gingen wir auch wie oben vor und fanden bei der Titration als
Mittelwert von fünf Bestimmungen im aktiven 19,31, im inaktiven
18,33 ccm n/100 КОН. Als рн-Ехропепі ergab sich für das aktive 1,22.
für das inaktive 1,53. Im Präparat „Hammarsten flüssig‘ fanden wir
als Mittelwert 17,06 gegen 16,04ccm п/100 KOH im inaktiven; der
Pa-Exponent betrug 1,02 gegen 1,37. Weitere Bestimmungen nahmen
wir in HCl-freier Pepsinlösung vor, wobei wir feststellten, daß sowohl
die aktive wie die inaktive Lösung des amerikanischen Pepsins und
des Präparats „Hammarsten fest“ gegen Rosolsäure sauer reagierten.
Wir fanden als Mittelwert von vier Bestimmungen im amerikanischen
Pepsin beim aktiven Anteil 1,24, beim inaktiven 1,45 ccm п/100 КОН;
der рһ-Ехропепі war im aktiven 1.103, im inaktiven 1.10-9°. Beim
Präparat ‚Hammarsten fest“ fanden wir bei der Titration 1,32 ccm
п/100 KOH beim aktiven, gegen 1,57 ccm п/100 КОН im inaktiven.
Der рһ-Мегі war im aktiven 1.10°, im inaktiven 1.10%.
Um eine eventuelle Veränderung des Gehalts an endständigen
NH,-Gruppen festzustellen, bedienten wir uns der Methode von
Sörensen (Enzymstudien, diese Zeitschr. 7, 45, 1908), doch verwendeten
wir nicht n/5 Lösungen, da wir damit fast keine meßbaren Unterschiede
erreicht hätten, sondern n/100 Lösung. Zu diesem Zwecke unterzogen
wir alle unsere Präparate sowie auch das amerikanische Pepsin dieser
Untersuchung. Es wurde wieder eine Lösung mit einem HCl-Gehalt
von 0,2 Proz. hergestellt, von der ein Teil inaktiviert wurde. Wir
titrierten stets је 5ccm der aktiven sowie der inaktiven Lösung und
fanden beim amerikanischen Pepsin als Mittelwert von fünf Bestim-
mungen im aktiven Anteil 19,54 ccm n/100 КОН, im inaktiven 18,57 ccm
п/100 KOH, woraus sich eine Differenz von 0,97 ccm ergab. Beim
Präparat „Hammarsten fest‘ fanden wir im aktiven Pepsin als Mittel-
wert von fünf Bestimmungen 19,85 ccm, im inaktiven 18,99 ccm, also
eine Differenz von 0,86 ccm n/100 КОН. Im Präparat „Hammarsten
flüssig“ ergaben wieder fünf Bestimmungen im aktiven Teile einen
Mittelwert von 17,06ccm, im inaktiven 16,04ccm, demnach eine
Differenz von 1,02 ccm n/100 KOH. Wir untersuchten vom amerikani-
schen Pepsin und vom Präparat „Hammarsten fest“ auch säurefreie
Proben und fanden als Mittelwert von je vier Bestimmungen im
amerikanischen aktiven Pepsin 1,78ccm, im inaktiven 1,96, aber eine
Differenz von 0,18 ccm п/100 КОН. Im Präparat „Hammarsten feet"
ergab sich als Mittelwert von vier Bestimmungen beim aktiven 1,84 ccm,
beim inaktiven 2,02ccm, aber wieder eine Differenz von 0,20 ccm
n/100 KOH.
Biocbemische Zeitschrift Band 171. 21
310 L. Kraus:
Anschließend daran führten wir in derselben Reihenfolge wie bisher
die Bestimmungen der Leitfähigkeit aus und fanden durchweg ein
Abnahme derselben in den inaktiven Präparaten, sowohl in НО] ak
auch in neutraler Lösung.
Wir haben auch die Refraktometerwerte einer Untersuchung
unterzogen und fanden, daß die bei der Bestimmung derselben sich
ergebenden Wertdifferenzen wohl innerhalb der Fehlergrenzen liegen.
Die gleichen Schlußfolgerungen haben sich auch aus den nach-
folgenden Bestimmungen ergeben.
Die Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung ergab durchweg
für das aktive Präparat höhere Werte als für das inaktive. Wir gebe
hier für die gefundenen Werte die tabellarische Übersicht:
Wasser gelöst | НСІ 0.2 Proz. gelöst
aktiv | inaktiv | aktiv | inaktiv
|
1. + 0,045° + 0,0389 | —0,124° | 020%
+ 0:040 + 0,032 — 0,122 — 0.202
+ 0,045 + 0,036 —0 | —0,202
H,0: + 0,1260 H,O: + 0,124°
2. + 0,040° + 0,0309 — 0,120 | —0,202°
+ 0,038 + 0,030 — 0.118 | — 0,200
+0040 | +0,082 — 0,120 — 0,200
HO: + 0,1220 H,O: + 0,124°
О aktiv | inaktiv
3 — 0,1149 — 0,2099
— 0,100 — 0,200
— 0,100 — 0,200
H,O: + 0,126°
Die Differenzen in der Oberflächenspannung der aktiven und inaktiven
Präparate ermittelten wir durch Tropfenbestimmung (Ostwald-Luther %3)
und fanden:
Aktiv | Inaktiv | Aktiv Inaktiv | АКЧУ | Inaktiv
1. 55 59 | 57 67 56 6l
55,75 | 595 | 57 66 55 61
55,5 59 5665 | e 56 61
2, 58 63 63,5 69,5 54,5 59
57 63 63,5 69 54 60
57 63 64 69 54 59
3. 56 61 58 62 57 61
56,5 61 58 625 | 57,75 | 61,5
56 61 56 62 51,5 61
Chemismus der Inaktivierung des Pepsins durch Wärme. 311
Die Bestimmung des Trockengewichts der aktiven sowie der
inaktiven Substanz ergab:
1. Amerikanisches Pepsin.
Aktiv Inaktiv Differenz
0,1920 0,2132 0,0212
0,1501 0,1652 0,0150
2. Hammarsten fest.
Aktiv | = inaktiv | Differenz
0,1376 0,1515 0,0139
0,1463 0,1604 0,0141
3. Hammarsten Lösung.
Aktiv | Маку | Differen _
02368 | 0,2624 0,0256
0.1202 0.1332 0.0130
Die angeführten Untersuchungsmethoden ließen keine unmittel-
baren Schlüsse bezüglich der möglichen Wasseraufnahme bzw. der
Wasserabspaltung zu. Um diese Frage eindeutiger zu entscheiden,
bedienten wir uns ferner folgender Untersuchungsmethoden:
Wir bestimmten die elementare Zusammensetzung des aktiven und
inaktiven Рервіпз und fanden:
1. Amerikanisches Pepsin.
C = 38,23 Proz., Н = 7,08 Proz., inaktiv: С = 38,10 Proz., Н = 7,18 Proz.
2. Hammarsten fest.
С = 39,64 Proz., Н = 8,04 Proz., inaktiv: С = 39,51 Proz., Н = 8,17 Proz.
3. Hammarsten Lösung.
С = 39,67 Proz., Н = 8,11 Proz., inaktiv: С = 39,10 Proz., Н = 8,47 Proz.
Die Ergebnisse der Trockengewichstbestimmung zeigen eine Zu-
nahme des Gewichts in der inaktiven Substanz. Die Ergebnisse der
Mikroverbrennung ergaben, daß der Gehalt an H, bezogen auf die
Gesamtmenge der Substanz im inaktiven Pepsin höher, der Gehalt an C
niedriger ist als im aktiven Pepsin. Wenn diese Zunahme des H der
Abnahme des C nicht vollständig entspricht, so mag in dieser Beziehung,
da ja eine Reihe von anderen Analysen dieselben Resultate ergeben
21%
312 L. Kraus:
haben und somit an der Richtigkeit derselben nicht zu zweifeln ist, zu er-
wägen sein, daß bei der unvermeidlichen Anwesenheit anorganischer
Bestandteile sich beim Inaktivierungsvorgang Veränderungen voll-
ziehen, welche bewirken, daß bei der Veraschung eine Differenz zu-
gunsten des С des inaktivierten Präparats entsteht.
Zur weiteren Festigung dieses Ergebnisses, das an einen Eintritt
von Elementen des Wassers denken ließ, haben wir versucht, den
Hydroxylgehalt auf dem Wege der Benzoylierung zu bestimmen.
Im folgenden führen wir die Resultate der Benzoylierung an und
schicken die Beschreibung der Methode der Benzoylierung voraus.
Wir bedienten uns im allgemeinen der von Blum und Umbach (Zeitschr.
f. phys. Chem. 88, Zur Benzoylierung von Eiweißkörpern) gegebenen
Na-Hydrocarbonatmethode und gingen dabei folgendermaßen vor:
Die Pepsinlösung wurde mit Na-Hydrocarbonat, hierauf mit Benzoyl-
chlorid in einem gegebenen Verhältnis versetzt, welches eine beständige
alkalische Reaktion des Gemisches gewährleistete hierauf wurde
3 Stunden geschüttelt, absetzen gelassen, dekantiert, der weiße körnige
Rückstand mit Wasser aufgeschlemmt und durch Dekantieren von der
großen Menge der wasserlöslichen Beimengungen getrennt. Dieses
Waschen wurde fortgesetzt, bis in der Waschflüssigkeit weder mit
AgNO,, noch mit BaCl, eine Reaktion eintrat, dann wurde mit Essig-
säure, hierauf mit verdünnter Schwefelsäure, mit einer Lösung von
NaHCO, und endlich wieder mit CH,COOH gewaschen und mit
Lignin extrahiert (Meyer, Analyse und Konstitutionsvermittlung
organischer Verbindungen, S. 521). Die eingetretene Benzoylmenge
wurde durch Verseifen des erhaltenen Produkts mit alkoholischer
КОН abgespalten, hierauf wurde H,PO, zugesetzt und die freie
C,H, . COOH durch Wasserdampfdestillation isoliert und titrimetrisch
gegen Rosolsäure bestimmt.
Amerikanisches Pepsin: Ё = 0,1975 g, gelöst in 100 ccm, versetzt
mit 5р NaHCO, und allmählich etwa 2 g Benzoylchlorid unter fort-
währendem Schütteln eingetragen. Die weitere Behandlung erfolgte
wie oben angeführt; nach der Extraktion mit Ligroin fanden wir
0,21714g Substanz. Die im Wasserdampfdestillat befindliche Menge
Benzoesäure entsprach 3,51 ccm n/10 KOH, das ist 0,03546 g Benzoyl;
bezogen auf die durch Ligroin extrahiertte Menge Substanz als
16,33 Proz.; im inaktiven amerikanischen Pepsin: E = 0,2008 g fanden
wir die durch Ligroin extrahierte Substanz zu 0,23957 g, bei der
Titration des Wasserdampfdestillats verbrauchten wir 5,43 ccm n/l0
КОН, woraus sich das eintretende Benzoyl mit 0,05484 g errechnete,
das ist in Prozenten der verseiften Substanz 22,89 Proz. Die Unter-
suchungen der Benzoylprodukte des aktiven und inaktiven Präparats
„Hammarsten fest“ ergaben für das aktive 17,29 Proz., für das in-
Chemismus der Inaktivierung des Pepsins durch Wärme. 313
aktive 24,59 Proz. eingetretenes Benzoyl. Beim Präparat „Hammarsten
Lösung‘ fanden wir für das aktive 16,89 Proz., für das inaktive
23,03 Proz. In allen Fällen fanden wir also eine Zunahme der benzoylier-
baren Gruppen in der inaktiven Substanz.
So konnten wir also als endgültiges Ergebnis unserer Unter-
suchungen einerseits eine Zunahme des Trockengewichts, andererseits
bei der Elementaranalyse eine Zunahme des H, endlich bei der Benzoy-
lierung eine Vermehrung der OH-Gruppen feststellen, wodurch die
Annahme einer Wasseraufnahme gerechtfertigt erscheint.
Zur Kenntnis der Katalase
und ihrer Beziehung zu biologischen Oxydationen.
Zweite Mitteilung über Leberkatalase!).
Von
Samuel Hennichs.
(Aus dem biochemischen Institut der Universität Stockholm.)
(Eingegangen am 2. März 1926.)
Mit 3 Abbildungen im Text.
| I. Einleitung.
Obwohl ein reichhaltiges Versuchsmaterial gezeigt hat?), daß der
Katalasegehalt eines Organs nicht als Maß der Stoffwechselintensität
des betreffenden Organs angesehen werden darf, und wenn auch die
Veränderungen, die der Katalasegehalt unter wechselnden physiolo-
gischen Bedingungen erfährt, z. B. mit dem Sauerstoffverbrauch, nicht
parallel gehen, und wenn man ferner dem Enzym irgendeine oxydative
Aufgabe nicht zuschreiben kann, so unterliegt es doch keinem Zweifel,
daß das Enzym Katalase in genetischem Zusammenhang mit den
Oxydationsprozessen im Körper steht.
Sergius Morgulis wie auch Thunberg?) und Ahlgren t) schließen sich der
Wielandschen®) Oxydationstheorie an, nach welcher alle Oxydationen
durch Wasserstoffabsonderungen von den vorhandenen Stoffen zustande
kommen. Dieser Wasserstoff wird nachher durch einen geeigneten Akzeptor
oxydiert. Es liegen zahlreiche Beispiele dafür vor, daß im Falle der
Akzeptor sus molekularem Sauerstoff besteht, das Wasserstoffperoxyd
als Nebenprodukt bei der Reaktion außerhalb des Organismus auftritt.
Dieses soll nach Wieland auch bei Oxydationsprozessen im Körper
der Fall sein, und die Aufgabe der Katalase wäre deshalb, eine An-
häufung dieses Stoffes in Mengen, die für das Organ schädlich sind, zu
verhindern. Hierdurch könnten ja auch die Oxydationsreaktionen be
schleunigt werden.
Diese Theorie stammt von Loew, während Wieland durch seine De
hydrierungsversuche ein anschauliches Bild von der Entstehungswei®
des Woasserstoffperoxyds gegeben hat. Betreffs des Schädlichkeits-
grades von H,O, für das lebende, organische Gewebe waren die Meinungen
sehr geteilt.
1) Erste Mitteilung siehe diese Zeitschr. 145, 286, 1924.
2) Sergius Morgulis, Physiologische Bedeutung der Katalase. Ergebn
d. Physiol. 28, 357, 1924.
3) Thunberg, Skand. Arch. f. Physiol. 85, 163, 1917/18.
t) С. Ahlgren, ebendaselbst 47, suppl., 1925.
5) Wieland, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 45, 484; 46, 3327; 47, 2085;
54, 2353; 55, 3639; Liebigs Ann. 481, 301; 484, 185; 486, 229, 489, 1%;
445, 181; Ergebn. d. Physiol. 20, 477, 1922.
S. Hennichs: Zur Kenntnis der Katalase usw. 315
Otto Warburg hat in den letzten Jahren durch eine Serie von Ab-
handlungen hauptsächlich in dieser Zeitschrift!) eine andere Theorie über
die biochemische Oxydation vertreten, die das Eisen im Verein mit or-
ganischer Substanz zum Katalysator für die Oxydationsprozesse macht.
Hierbei stützt sich Warburg auf eine große Reihe von Untersuchungen.
Es war bereits geglückt, molekularen Sauerstoff außerhalb des Or-
ganismus zu aktivieren und damit Stoffe zu oxydieren, die nicht auto-
oxydabel sind. Freundlich und Masius oxydierten, mit dem Sauerstoff
der Luft und Kohle als Aktivator, Oxalsäure zu Kohlensäure. Dasselbe
Resultat erhielten Freundlich und Bjercke mit Phenylthioharnstoff.
Warburg selbst hat zum Teil mit Mitarbeitern die Oxydation des
Eiweißstoffes Cystin mit Sauerstoff und Merckse ‚‚Tierblutkohle‘“ als
Katalysator besonders eingehend studiert. Die Produkte Bei dieser Reaktion
erwiesen sich als dieselben wie bei der entsprechenden Reaktion in lebendem,
organischem Gewebe, nämlich: Kohlensäure, Wasser, Ammoniak und
Schwefelsäure. Ähnliche Versuche mit Tyrosin und Leucin fielen positiv
aus, mit Zucker, Fettsäuren, Milchsäure und Äpfelsäure dagegen negativ.
Die reagierenden Stoffe wurden bei diesen Reaktionen durch Adsorption
an Kohle aktiviert, was durch Vergiftungsversuche bewiesen wurde; von
ausschlaggebender Bedeutung für die Oxydationsaktivität einer Kohlenart
erwies sich jedoch deren Eisengehalt, obschon irgendeine Proportionalität
zwischen diesen Größen kaum zu spüren ist.
Warburg nimmt an, daß die schweren Metalle, besonders Eisen, nach
gewissen Zentren in der Kohle orientiert sind, wo auch die Oxydation vor
sich geht. Dies kann die Erklärung dafür sein, daß HCN eine Giftwirkung
hat, die tausendmal größer ist als die, welche nur durch Adsorptionsver-
drängung bewirkt wird.
Warburg erblickt in diesen vorher referierten Versuchen Beispiele
dafür, wie sich die Oxydation im Körper vollzieht. Im Hinblick auf die
Tatsache, daß Eisen für das Leben der Zelle notwendig ist, zeigt er experi-
mentell, daß Eisen in lebenden Zellen und in Blutkohle einen Sauerstoff-
verbrauch in gleicher Größenordnung pro Gewicht und Zeiteinheit bewirkt.
In völliger Analogie erhöht sich die Atmung der Zellen durch Zusatz von
Eisen, und HCN ist ein spezifisches Gift für dieselbe. Das Eisen muß sich
jedoch in organischer Verbindung befinden.
Warburg behauptet sogar, daß sich sämtliche Reaktionen, diein besonders
hohem Grade durch HCN vergiftet werden, auch durch Eisenverbindungen
katalysieren lassen. Er meint, daß die Verbrennung im Körper an der Grenz-
schicht zwischen dem flüssigen Zellinhalt und den festen Strukturteilen statt-
findet. Die Aktivierung geschieht somit auch hier durch Adsorption.
Betreffs der Oxydation der Kohlehydrate findet Warburg Fructose
als autoxydabel in Phosphatlösung mit vorhandenen Eisenspuren.
Für die Oxydation des Fettes erwies sich Eisen nach Warburg be-
sonders aktiv, da dasselbe mit einer Sulfhydrylgruppe verbunden ist.
Warburg ?) wird deshalb, solange wir Atmung und Oxydationserscheinung
im Körper als identisch mit einander betrachten, im Atmungsenzym die
1) Warburg, Festschrift Kaiser Wilhelm-Ges. 224, 1921; diese
Zeitschr. 118, 257, 1921; 119, 134, 1921; Pflügers Arch. 200, 203, 1923;
diese Zeitschr. 186, 266, 1923; 152, 51, 191, 479, 1924; 146, 380, 1924;
142, 317 und 518, 1923; S. Sakuma, ebendaselbst 142, 68, 1923. Minami,
ebendaselbst 142, 334, 1923: Negelein, ebendaselbst 142, 493, 1923.
2) Diese Zeitschr. 152, 494, 1924.
316 S. Hennichs:
Summe aller katalytisch wirksamen Eisenverbindungen „‚erblicken“, die
in der Zelle vorkommen. Rechnen wir der Atmung Vorgänge hinzu, in
denen, wie in der Reaktion zwischen Fructose und Phosphat, besonder
Affinitäten zum Eisen erst entstehen, so ist auch die Phosphorsäure еш
Bestandteil des Atmungsferments und mit ihr alle Stoffe, die durch
Spaltungen oder Kondensationen Bindungsmöglichkeiten für das Hee
schaffen. Ob wir nun den Begriff der Atmung eng oder weit fassen, immer
wird das Eisen als der sauerstoffübertragende Bestandteil des Atmung-
ferments seine zentrale Stellung behalten, denn die Oxydation ist іе.
jenige Vorgang, durch den sich die Atmung von anderen Fermentreak-
tionen unterscheidet und in der sich der Sinn der Atmung, die Gewinnun
von Energie, erfüllt.“
Obschon das Verbrennungsproblem durch diese Warburgschen Versuch:
von einer neuen Seite beleuchtet wurde, dürfte es doch fraglich sein, ın
denselben Beispiele für die Atmung im Organismus zu erblicken.
Erstens hat die Verbrennung von Eiweißstoffen eine untergeordnet:
Bedeutung im Verhältnis zu der Verbrennung von Fett und Kobk-
hydraten. Zweitens werden die vorhandenen Stoffe sicher nicht mit
ihren ungespaltenen Molekülen verbrannt, sondern dieselben erleiden zı-
nächst eine Reihe von Verwandlungen und Spaltungen, ehe sie endlich
ausoxydiert werden.
Da Warburg gegen Wieland anführt, daß letzterer einseitig mit de
Aktivierung des Wasserstoffs rechnet, könnte man dasselbe gegen ihn an-
führen, obwohl es sich hier um die Aktivierung des Sauerstoffs handelt’).
Die Frage, welcher von beiden Stoffen aktiviert werden kann, wird aih
experimentell schwer entscheiden lassen.
Für Warburgs Theorie spricht unzweifelhaft der Umstand, daß di
Oxydation von Bernsteinsäure mit molekularem Sauerstoff durch Blausäur
vergiftet wird, jedoch nicht die entsprechende Oxydation mit Methyka-
blau. Die Warburgsche Theorie fordert andererseits, daß ein oxydativer
Stoffwechsel, der durch eine Eisenverbindung katalysiert wird, durch
eine Blausäuremenge, die im Verhältnis zur Eisenmenge steht, vergiftet
wird. Ніегререп liegen jedoch negative Beweise vor. So findet z. B.
Robinson ?), daß bei der Oxydation von Leinöl mit Hämoglobin, Methäms-
globin und Hämin die der Eisenmenge äquivalente Menge Blausäure nicht
vergiftend wirkt. Ferner finden Dixon und Thurlow®), daß die Oxydation
von Xanthin keine Eisenkatalyse ist und nicht von m/100 HCN beeinflußt
Sergius Morgulis sucht dann einen Mittelweg zwischen diesen beiden
Theorien, wenn auch Warburg eine solche Möglichkeit bezweifelt. Er schlägt
deshalb folgenden Kompromiß vor: „Fe“ ist „der notwendige Katalysator
für die biologische Oxydation, wo der Sauerstoff wie der H-Akzeptor
wirkt und Weasserstoffsuperoxyd bildet“.
Das Ziel der vorliegenden, auf Veranlassung von Herrn Professor
von Euler angestellten Untersuchung war, an derjenigen Komponente
1) Die Aktivierung der Aminosäuren wird wohl bei der Adsorption
zur Kohle von der dadurch bewirkten Konzentrationserhöhung hervor-
gerufen.
2) Robinson, Biochem. Journ. 18, 255, 1924.
3) Dixon und Thurlow, ebendaselbst 19, 672, 1925.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 317
des Oxydo-Reduktionssystems der Zellen, welche durch die katalytische
Wirkung auf Hydroperoxyd gekennzeichnet ist, also an der sogenannten
Katalase, Zusammenhänge zwischen Wirksamkeit und Eisengehalt auf-
zusuchen.
Die notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Bearbeitung
des angedeuteten Problems ist natürlich eine möglichst weitgehende
Befreiung der katalasehaltigen Extrakte voninaktiven Verunreinigungen,
und deswegen mußten meine früheren Reinigungsarbeiten fortgesetzt
und die Methoden ergänzt werden. Im folgenden Kapitel sind meine
diesbezüglichen Ergebnisse zusammengestellt.
Die hochaktiven Katalasepräparate, die als Erstresultate dieser
Arbeit erhalten wurden, sind in erster Hand natürlich auf ihren Eisen-
gehalt untersucht worden. Nachdem auf dieser Basis die Frage des
Eisens als einziger aktiver Gruppe des Enzyms etwas besprochen
worden ist, soll in Kapitel IV die Inaktivierung der Katalase durch
Blausäure behandelt werden. Warburg kommt zu dem Schluß, „daß
die Wirkung der Blausäure auf die lebendige Substanz in nichts anderem
besteht als in der Bindung katalytisch wirksamen Eisens zu einer
katalytisch unwirksamen Eisen-Blausäureverbindung‘“.
Wie ich einleitend hervorheben will, fälle ich auf Grund meiner
Versuche keine Entscheidung darüber, ob und in welchem Grade die
Warburgschen Schlüsse über die Atmung als Eisenkatalyse und als
Oberflächenverbrennung allgemein zutreffen, ich glaube aber wohl,
daß meine Untersuchungen zur Präzisierung der Fragestellung auf
diesem vielbesprochenen Gebiet der Biochemie beitragen können.
Zum Schluß habe ich nach Orientierung über die Verhältnisse bei
der Oxydation von Aminosäuren durch organische Kohle die beiden
Theorien für den Oxydationsmechanismus teilweise auf Grund meiner
eigenen Ergebnisse besprochen.
П. Reindarstellung des Enzyms mit Leber als Ausgangsmaterial.
1. Frühere Untersuchungen.
Außer Madinaveitia, auf welchen ich in meiner oben genannten Ab-
handlung!) Bezug nahm, ist mir kein Forscher bekannt, der sich der
modernen, von Willstätter in die Enzymchemie eingeführten und allgemein
anerkannten Adsorptionsmethoden für die Reindarstellung des Enzyms
Katalase bedient hätte.
Tsuchihashi?) wandte mit einigem Erfolg eine Methode an, die іп
fraktionierter Chloroformfällung und darauf folgender Adsorption mit
Caleiumphosphat und Elution bestand.
| 1) S. Неппіслг, Studien über Leberkatalase. Diese Zeitschr. 145,
86, 1924.
1) Teuchihashi, diese Zeitschr. 140, 63, 1923.
318 S. Hennichs:
Morgulis!) teilt in seiner oben zitierten Zusammenstellung eine Reihe
von Versuchen über die Reindarstellung des fraglichen Enzymes mit, die
er zusammen mit Leggett vorgenommen hat:
Bei der Adsorption mit Zinkphosphat und Lloyds —
erwies sich die Elution mit großen Schwierigkeiten verbunden.
Leber als Ausgangsmaterial führte eine dreimalige Fällung mit — zu
hochaktiven Präparaten, die nach mehreren Richtungen hin untersucht
wurden.
Da es in meiner früheren Untersuchung darauf ankam, die Möglich-
keiten für eine erfolgreiche Reindarstellung des oben beschriebenen
Enzyms mit Hilfe der genannten Methoden einwandfrei zu prüfen,
erwies sich die Anwendung von Battellis und Sterns Methode für die
Darstellung des Enzympräparats als vorteilhaft. Von diesem konnten
nach und nach neue Enzymlösungen mit verhältnismäßiger Über-
einstimmung an Gehalt und Aktivität erhalten werden. Hierbei ist
zu bemerken, daß Toluol erst nach dem Schütteln zugesetzt werden
sollte, da dasselbe die Auflösung des Enzyms zu verhindem
scheint. Wieland hat in seiner letzten Abhandlung sehr erfolgreich
mit Baitellis und Sterns Methode gearbeitet. Irgendwelche detaillierten
Mitteilungen macht er nicht. Die Ausbeute scheint auch gering zu sein.
Von dem letztgenannten Verfahren mußte natürlich Abstand genommen
werden, da der Zweck der vorliegenden Aufgabe in der Darstellung
von hochaktiven Präparaten in solchen Mengen lag, die eine näher
Charakterisierung gestatten. Man kann hierbei in Frage stellen, ob
sich Pferdeleber, eine so eisenhaltige Substanz, als Ausgangsmaterial
eignet, da man bei den Endprodukten einen möglichst geringen Keen.
gehalt wünscht. Dieses Material übertrifft jedoch bezüglich der Aktivität
alle anderen Stoffe, z. B. vegetabilische Substanzen, so bedeutend, dal
seine Anwendung gerechtfertigt ist.
Zur Bestimmung der Aktivitäten wurde dieselbe Versuchsmethodik?)
wie vorher angewandt, da sie als vollständig zuverlässig angesehen
werden kann. Als Substrat diente „Mercks Perhydrol zur Analys"
in Lösungen, schwankend zwischen 0,015 bis 0,010 n. Aus der nach-
stehenden Tabelle geht hervor, daß die Reaktionskonstante von
der Substratkonzentration weit über die Grenzen unabhängig is,
innerhalb welcher man sich in der vorliegenden Untersuchung bewegte.
1) Morgulis und Leggett, Erg. d. Physiol. 28, 319 und324, 1924.
2) Diese Zeitschr. 145, 286, 1924. In meiner ersten Abhandlung wurde:
die Kat.f.-Werte auf das Trockengewicht der Reaktionslösung pro 1000 oem
bezogen. Analog den entsprechenden Ausdrücken für die Wirksamkeit
anderer Enzyme beziehe ich hier das Trockengewicht auf die angewandte
Reaktionsmischung von 50ccm. Dadurch werden die Werte für Kat!.
20mal größer als die früher angegebenen.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 319
Tabelle I.
Versuch über die Wirkung der Substratkonzentration auf die Reaktions-
konstante. Mit einem Enzympräparat von Kat.f. = 8500,0 wurden fol-
gende Reaktionskonstanten in H,O, wechselnder Konzentration gewonnen.
Temperatur 0°.
(Ha О»), Konzentration | Reaktionskonstante | (Hz O32)» Konzentration | Reaktionskonstante
0,016 023 0,0102 0,006 867 0,0100
0,011 445 0.0100 0,004 578 0,0101
2. Eigene Aktivität und Eisengehali der Leber.
Das Ausgangsmaterial für meine Reindarstellungsarbeiten war
Leber vom Pferde. Diese Tierart weist nach ВайеЙіз und Sterns
Zusammenstellung?!) die katalasereichste Leber auf. Unmittelbar nach
der Schlachtung der Tiere wurden die weichen Teile der Leber in
noch warmem Zustande bearbeitet.
Nach Entfernung der Bindegewebshaut sowie der zäheren Teile
im Inneren wurde die Leber in Würfel zerschnitten und dreimal durch
eine Fleischhackmaschine getrieben, wodurch man eine homogene,
dunkelbraune, dickliche Masse erhielt, die dann weiter extrahiert
wurde.
Aus den folgenden Tabellen geht hervor, wie die eigene Aktivität
der Leber sich um Kat.f. = 20?) bewegt. Der Wert ist natürlich
schwer zu bestimmen, teils weil die Aktivität so groß ist, daß man in
um so kleineren Mengen abwiegen muß, und teils deswegen, weil die
Leberpartikelchen und eine H,O,-Lösung ein heterogenes System
darstellen, bei dem die Reaktionsgeschwindigkeit in hohem Grade
von der Diffusion abhängig ist. Ich habe mich deshalb in diesem Punkte
auf einige wenige Bestimmungen beschränkt, nur um zu zeigen, wie
hochaktiv meine Endpräparate im Verhältnis zum Ausgangsmaterial
sind.
Für Ochsen und Kühe fanden Krüger und Meyer?) einen Eisen-
gehalt der Lebertrockensubstanz von 0,246 bis 0,276 Prom. Für
Pferdeleber scheinen keine Angaben vorzuliegen.
Ein nach Battellis und Sterns Methode dargestelltes Leberpulver
ergab folgende Zahlen: Aschengehalt 2,30 Proz., davon Eisengehalt
0,27 Proz.
1) Battelli und Stern, Ergebn. d. Physiol. 10, 573, 1910.
3) Die Aktivität ist hier auf’ die rohe Lebersubstanz berechnet, da
dieses die späteren Berechnungen vereinfacht. Da das Trockengewicht
der Leber sich um 30 Proz. herum bewegt, ist dessen Aktivität, auf die
Trockensubstanz gerechnet, etwa 60.
з) Zeitschr. f. Biol. 27.
320 S. Hennichs:
Eine aus diesem Präparat hergestellte Enzymlösung ließ ich bis
zur Trockenheit eindunsten. Die Aktivität war Kat.f. = 906,4 und
dessen Aschengehalt 10,01 Proz., davon Eisen 2,37 Proz.
Nach einer Serie paralleler Kaolinadsorptionen mit Enzymlösunge
aus dem fraglichen Präparat wurden sämtliche Enddialysen zu einen
gemeinsamen Präparat eingedunstet mit der Aktivität Kat.f. = 10113!
und einem Aschengehalt 12,76 Proz., davon Eisen 3,67 Proz.
Sowohl das von mir zur Anwendung vorgesehene Kaolin wie die
übrigen eventuell vorkommenden Chemikalien wurden vor Begin
der Untersuchungen mit negativem Resultat auf Eisen geprüft. Ic
bediente mich hierbei Friedenthals und Lachs’ 1) kolorimetrischer Methode.
Dieselbe wandte auch Wilstätter?) bei seinen Oxydaseuntersuchungen
und Warburg?) bei seinen oben referierten Versuchen an. Diese Methode
ist bei Versuchen, in denen es sich um so kleine Mengen wie hie
handelt, die einzig anwendbare. |
Es scheint also, als ob sowohl der Eisengehalt als auch der Ascher-
gehalt die Neigung haben, bei dem vorliegenden Reinigungsverfahre
zu steigen.
За. Extraktionsversuche mit Wasser.
Die feingemahlene Leber wurde in Übereinstimmung mit Вайейи
und Sterns Methode sehr sorgfältig mit ihrem entsprechenden Volumen
Wasser vermengt, worauf die Mischung 1 Stunde bei mehrfacher Um.
rührung stehen blieb. Hierbei veränderte sich die Farbe in Grau.
Es war von Interesse zu sehen, wie effektiv diese ziemlich
einfache Methode sein kann, und es zeigte sich, daß sich nad
Kolierung durch ein ziemlich feines Tuch, über ein gewöhnliche
Sieb gespannt, zwischen 20 und 30 Proz. des Trockengewichts der
Leber in den so erhaltenen ‚Filtraten‘“ befand. Die gesamte Aktivität
derselben (also das Produkt von Aktivität und Trockensubstan:)
übertrifft dagegen sogar die eigene totale Aktivität der Leber un
das Mehrfache.
Dieses letztgenannte Phänomen kann zum Teil darauf beruhen,
daß die auf oben beschriebene Weise erhaltenen Werte betreffs der
eigenen Aktivität der Leber etwas zu niedrig ausfielen. Die hier unten
angeführten Versuche sollen jedoch veranschaulichen, daß die Annahme
des Vorhandenseins eines Hemmungskörpers motiviert ist.
1) Friedenthal und Lachs, diese Zeitschr. 82, 130, 1911.
2) Wilistätter, Ber. а. d. Chem. Ges. 58, 1152, 1920.
з) Warburg, diese Zeitschr. 119, 162, 1921.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 321
Tabelle II.
Quantitative Verhältnisse bei zwei Extraktionsversuchen.
| eg S _ 8 3 | ч м + бе „& Se
зыр H EECHER
EEE Er le
l| & | 5 8 < | 25 <3 <
ki gi em _ | cem | к= ЖИИ ШЕ , Proz.
1; 300 до | 3202 36,98 | 38,50 | 166 | 383,4 | 285
? 200 200 2735 | 1272 || 2325 | 24,8 | 14430 | 370
Die durch die angewandte Extraktionsmethode erhaltene Ausbeute
n Aktivität ist somit völlig zufriedenstellend.
Ehe ich zur Behandlung des Verhaltens der Leberextraktionen bei
ler Fällung übergehe, möchte ich in der folgenden Tabelle III teils
ine Zusammenstellung über die quantitativen Verhältnisse bei den
Bxtraktionen in den in größerem Maßstabe vorgenommenen Rein-
larstellungsversuchen wiedergeben, für welche sich die Primärziffern
m Anhang wiederfinden (siehe S. 336), teils einen Beitrag zur Kenntnis
ler Einwirkung der Acidität und Temperatur auf das Leberextrakt
iefern.
Tabelle III.
Total»
en Aktivität Trocken, |' Ausbeute an
des gewicht |
Leber Filtrat Filtrats im Filtrat || Trockengewicht Aktivität
g SS) com Proz. Proz.
500 500 415
400 | 400 275
500 | 500 | 500
500 | 500 | 435
500 | 500 350
500 | 500
500 | 500
1
Bei Versuch 3 war die Leber besonders weich und leicht zu mahlen,
weshalb auch die Kolierung quantitativ vor sich ging. Dagegen ist
die Aktivität nur halb so groß gegenüber dem Normalen, welches
beweist, daß das angewandte Verhältnis zwischen den Mengen ge-
mahlener Leber und Wasser angemessen war. Mit einer größeren
Menge Wasser würde sicher eine niedrigere Aktivität erhalten worden
sin, da mehr inaktives Trockengewicht „in Lösung übergegangen“‘ wäre.
Die erhaltenen ‚‚Filtrate‘‘ waren natürlich bei weitem keine klaren
Lösungen, sondern dunkelbraun und kolloidal; es bildeten sich auch
innerhalb 24 Stunden große Mengen Fällung.
322 S. Hennichs:
3b. Versuche über die Einwirkung der Acidität auf den Lebereztrakt.
Bei den vorhergehenden Versuchen wurde beobachtet, daß sich
die kolloidalen Lösungen, wie sie durch die oben beschriebenen Er.
traktionen erhalten wurden, mehrere Stunden in Lösung erhielten.
während bei Verdünnung sofort Fällung eintrat.
Um diese Fällung zu vermeiden, wurde bei einem folgenden Versuch
die Lösung alkalisch gemacht. Die Leber ist bekanntlich ein Orga
mit alkalischer Reaktion. Nach dem Aufhören des Lebens geht di
Reaktion auf sauer über, unter anderem durch die gebildete Milch.
säure. Es wäre ja anzunehmen, daß gerade durch diesen Umstand
die Eiweißstoffe zum Koagulieren gebracht werden.
Es wurden abermals 400 g mit 400 ccm Wasser auf 360 ccm Filtrat
extrahiert. Verschiedene Proben hiervon verdünnte ich im Verhältnis
1:10, mit Zusatz von ungleich großen Mengen Alkali mit Ausnahme
einer Probe, die ohne Alkali belassen wurde. Gleichwohl konnte bei
sämtlichen Proben am folgenden Tage Fällung konstatiert werden.
Eine Probe, und zwar die mit dem höchsten Alkalizusatz, zeigte зш
folgenden Tage nach der Zentrifugierung eine Acidität von рр = 8,5
Trockensubstanz auf 2ccm 0,0234g und K,:,o0 = 0,0430, Kati
= 367,5. Die Probe ohne Alkalizusatz ergab folgende Werte: py = 6,17.
2 ccm = 0,0220 g, E, um = 0,0400, Kat.f. = 363,6.
Hieraus geht hervor, daß infolge der Alkalität nur eine unbedeutend
größere Menge Enzym und Trockensubstanz in Lösung übergegangen war.
Vier Proben von je 30 ccm der letztgenannten Lösung wurden
Lë, 1, 10 und 30 cem 0,1 n Essigsäure zugesetzt, zentrifugiert und ай
Aktivität, Trockensubstanz und Acidität geprüft. Folgende Tabelle IV
gibt die Resultate wieder.
Tabelle IV.
Trocken» In der Lösung verblieben
K1 :100 substanz Kat.f. Trockensübstens tit
auf 2 cem Aktiviti
Pro Proz.
59,15 96,57
62,94 99,46
100,61 100,00
100,00 99,01
Wie aus Tabelle IV hervorgeht, fällt bei рд um 5 herum etw
40 Proz. der Trockensubstanz aus, während die Aktivität relativ un-
verändert bleibt. Bei höherer Acidität lösen sich, wie ersichtlich, die
Eiweißstoffe wieder auf. |
Zur Kenntnis der Katalase usw. 323
Vom Gesichtspunkt der Reingewinnung ist diese Ausfällung von
geringerem Werte, da derselbe Effekt in bedeutend besserer Weise
mit Alkoholfällung erreicht werden kann, wie wir dies später finden
werden.
Зс. Die Einwirkung der Temperatur auf den Extrakt.
H. von Euler und seine Mitarbeiter!) fanden eine Thermoaktivierung
von Katalasen bei 55° bis 60° teils für Hefekatalase, teils für Enzyme
von roten Blutkörpern. Wie die untenstehende Tabelle V an die Hand
gibt, konnte dieser Effekt mit den fraglichen Leberextrakten nicht
erreicht werden, und zwar aus dem Grunde, weil dieselben so schnell
koagulieren, auch bei starker Verdünnung und bei Anwendung von
physiologischer Kochsalzlösung. Möglicherweise könnte der Fehler
darauf beruhen, daß die Leber erkaltete, ehe sie präpariert wurde.
Ließe man die Leber nicht unter 37° abkühlen, so daß die Zellen noch
lebend wären, gestaltete sich das Resultat vielleicht anders. Siehe
hierüber Tabelle V.
Tabelle V.
Lösung en En. 5000
0,0943 g gjeem, Kat. f. = 1442, 2 d rn A Nee С 20 0,0272
37 0,0154
50 koaguliert
60 e
1. 0,0674 gem, Kat.f. = 949,6 ......... 20 0,0128
40 0,0132
58 koaguliert
2. Dieselbe Extraktion, jedoch mit physiologischer
Kochsalzlösung . . ... 2.2 2220200. 20 0,0157
40 0,0132
58 koaguliert
Probe 1 und 2 bzw. 1 cem bis zu lOccm H,O
und physiologischer Kochsalzlösung . . . . | 58 Е
4. Aktivierung des Leberextrakts mit Toluol und Alkohol.
Um zu ermitteln, wie sich die Leberextrakte bei Verdünnung mit
destilliertem Wasser verhalten, wurden folgende Versuche angestellt:
400 g gemahlene Pferdeleber mit 28,53 Proz. Trockengewicht
wurden mit 400 ccm destilliertem Wasser extrahiert. Dies ergab ein
Filtrat von 360 ccm, welches insgesamt 42,55 g Trockensubstanz und
eine Aktivität von Kat.f. = 804,0 hatte.
Die Ausbeute an Trockensubstanz, die auf dem Wege von der
Leber zu dieser Enzymlösung erhalten wurde, betrug 37,3 Proz.
1) von Euler und Blix, Zeitschr. f. physiol. Chem. 105, 83, 1919; von Euler
und Laurin, ebendaselbst 106, 312, 1919; von Euler und Borgenstam, diese
Zeitschr. 102, 124, 1920.
324 S. Hennichs:
Von diesem Leberextrakt wurden Proben im Verhältnis von 1:%.
1:10 und 1:5 verdünnt und bis zum anderen Tage stehengelassen.
Es ergab sich hierbei, daß in allen drei Proben Fällungen entstanden.
die sich zu Boden senkten. Die Flüssigkeiten oberhalb derselben waren
ebenfalls trübe. Von den letzteren wurden Verdunstungsproben gemacht
und die Aktivität gemessen.
Hierbei zeigte es sich, daß 5,1, 17,8 und 21,4 Proz. der Trocken-
substanz zu Boden gesunken waren. Die Aktivitäten betragen der
Reihenfolge nach: Kat.f. = 2114,0, 2054,0, 1318,0.
Dieses Resultat ist bemerkenswert, da sich die Aktivität der
Lösung von der ursprünglichen 804,0 um mehr als die infolge des Ап.
tretens einer inaktiven Fällung verursachte Verminderung der Trocken-
substanz verbesserte. Dieses Phänomen läßt sich vielleicht dadurch
erklären, daß mit der Fällung ein Hemmungskörper ausscheidet, oder
auch, daß das Enzym erst durch Verdünnung und Zusatz von Toluol
vollständig aus den Zellen austritt. Hier liegt also eine vollständige
Parallele mit den Aktivierungen vor, die von Euler und Blix, sowie von
Euler und Laurin zuerst bei Hefekatalasen und dann von Euler uni
Borgenstam auch bei den roten Blutkörperchen fanden. |
Im nächsten Kapitel werden wir noch ein Beispiel dieser Aktivierung
bei einer Lösung antreffen, die anfangs eine Aktivität von Kat.f. = 712,5.
am darauffolgenden Tage aber Kat. f. = 1861,0 aufwies.
Gelegentlich der von mir in größerem Maßstabe vorgenommenen
Reinigungsversuche, auf welche bereits früher Bezug genommen
ist, und deren vollständige Primärzahlen sich im Anhang wiederfinden,
wurde in Versuch 2 ein Zunutzemachen dieser Aufaktivierung mit
Toluol geprüft. Die fraktionierende Fällungsmethode mit Alkohol, zu
welcher meine im nächsten Kapitel behandelten Versuche über die
Fällung der Leberextrakte führten, ist jedoch vom präparativen Gesichts-
punkt so überlegen, daß sie sämtlichen übrigen Versuchen zugrunde
gelegt wurde, und zwar um so mehr deswegen, weil man sich hierbei
durch die erste Alkoholfällung nicht allein einer größeren Menge in-
aktiver Trockensubstanz, sondern auch des Hemmungskörpers ent-
ledigt. Hier liegt somit ebenfalls Aufaktivierung vor.
Wie später hervorgehen wird, ist diese Aktivierung an die An-
wesenheit von Zellen gebunden. Wenn diese z. B. mit Alkohol aus
gefällt werden, kann eine Aktivierung nicht bewirkt werden. Diese:
Verhalten ist völlig analog ebenderselben Erscheinung, die H. von Eule
und seine Mitarbeiter bei Hefezellen und Blutkörperchen entdeckten.
ба. Fällung mit Alkohol.
Bei der Präparation von Battellis und Sterns Hepatokatalase
wurde 1 kg gemahlene Leber mit 1 Liter Wasser extrahiert. Nach der
Zur Kenntnis der Katalase usw. 325
Kolierung durch Tuch wurde die so erhaltene Emulsion mit dem
doppelten Volumen 96proz. Alkohols gefällt.
Die Ausbeute bei diesem Verfahren ist natürlich in hohem Grade
von der Beschaffenheit der Leber und der Feinheit des Koliertuches
abhängig, im allgemeinen erhielt man aber 700 bis 800 ccm Filtrat
und daraus eine Fällung von 70 bis 80g.
Wenn diese mit H,O extrahiert wird, geht nur ein Zebntel der
Trockensubstanz mit einer Aktivität, schwankend um Kat.f. = 1000,
in Lösung über. Da sich die eigene Aktivität der Leber um 20
herum bewegt, ist die Ausbeute an Aktivität von dieser zu den er-
haltenen Enzymlösungen also 40 Proz.
Eine nähere Untersuchung über die quantitativen Verhältnisse
bei der vorliegenden Alkoholfällung wurde mit Filtraten nach den
beiden Extraktionsversuchen vorgenommen, die die Tabelle II enthält.
Tabelle VI.
Totale Erhaltene
Versuch || Trockensubstanz ER | Fällung mit Gefällte Menge | Aktivität der
in 50 ccm Aktivität 100 ccm Alkohol ' | Restlösung
г. №. g g | Proz
1 | 8,806 383 4 7,1 80,6 1,12
2 4,71 1443,0 3.4 72,2 42
Die erste Fällung wurde mit 300 ccm, die letztere mit 150 ccm
destillierten H,O geschüttelt. Ergebnis:
Tabelle VII.
б, с К е соне ТИ | | Ausbeute an |
— de бшп Aktivität | ` Trockengewicht
Nr. | @ | Proz. 2 — Proz
1 | 0,6920 1493,4 7,86 30,61
2 0,3050 1037,8 6.48 4.66
Die Tabelle VII veranschaulicht, wie die Alkoholfällung in der
vorliegenden Form zum offenbaren Schaden für die Aktivität in um
so höheren Grade gereichte, je längere Zeit die Abfiltrierung in An-
spruch nahm.
Bei den oben behandelten Versuchen über Alkoholfällung der
Leberextrakte wurden die erhaltenen Fällungen bis zum nächsten
Tage an der Luft getrocknet, ehe sie pulverisiert und zu Lösungen
geschüttelt wurden. Dieses verdeutlicht der unten wiedergegebene
Versuch, der bedeutend bessere Resultate lieferte, wenn die Alkohol-
föllung direkt nach der Abzentrifugierung mit Wasser geschüttelt wurde.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 2
326 S. Hennichs:
Einesteils wird hierbei nicht der Alkohol kürzere Zeit inaktivierend
einwirken können, andernteils ist die Fällung so feinkörnig, daß sie
leicht wieder in Lösung übergeht. Tatsächlich wurden bei den unten
wiedergegebenen Extraktionsversuchen nahezu 70 Proz. Ausbeute ап
Aktivität bei direkter Schüttelung gewonnen. Die erhaltene Lösung
zeigte eine stark rotbraune Farbe.
100 ccm des Filtrats, wie es in den oben angeführten Verdünnung:
versuchen (S. 323) angewandt wurde und welches also 11,82 g Trocken-
substanz enthielt, wurden mit 200 ccm 96proz. Alkohols gefällt. Die
erhaltene Fällung wurde sofort abzentrifugiert und 3 Stunden mit
300 ccm destillierten Wassers geschüttelt. Die so erhaltene Lösung
enthielt auf 5ccm 0,0350 р, also insgesamt 2,1 р, und ergab 1:1000
K = 0,0212, Kat.f. = 3028,6. Ausbeute an Aktivität bei Alkohol-
fällung war also 66,9 Proz., was als ziemlich befriedigend im Vergleich
zu den vorher erhaltenen Ausbeuten 30,61 und 4,66 Proz. in Tabelle ҮП
angesehen werden dürfte.
b. Eine neue fraktionierende Fällungsmetihode für den Lebereztrakt.
Um jedoch eine allgemeine Orientierung über das Verhalten des
Leberextrakts zu dem vorliegenden Fällungsmittel zu gewinnen, wurden
abermals 400 g frische Pferdeleber mit 400 ccm H,O extrahiert. Das
hierbei erhaltene Filtrat, 350 ccm, enthielt auf 1 ccm 0,1228 g Trocken-
substanz. Nach Verdünnung im Verhältnis 1:5000 ergab sich
K = 0,0175, also Kat.f. = 712,5.
Gleichgroße Mengen hiervon wurden der Reihe nach mit LL
114 und 2 Volumen 96proz. Alkohols gefällt. Das Resultat der Unter-
suchung ist aus Tabelle VIII ersichtlich.
Probe || Menge Filtrat
Nr. | ccm
Tabelle VIII.
Menge Alkohol шене Menge
ccm Proz.
1 0 | 20
2 30 | 30
3 20 30
4 0 |© 40
Aus dieser Tabelle geht hervor, daß die anderthalbfache Menge
Alkohol ausreicht, um das Enzym vollständig auszufällen.
Es fallen ferner 45 Proz. der Trockensubstanz bei dem halber
Volumen Alkohol aus, ohne daß etwas vom Enzym mitfolgt. Für ein
rationelles Ausnutzen der Alkoholfällung zur Reingewinnung von
Katalasen dürfte es daher zweckmäßig sein, die Fällung zuerst mit
Zur Kenntnis der Katalase usw. 327
dem halben und danach mit dem ganzen Volumen vorzunehmen,
worauf die zuletzt erhaltene Fällung sofort mit Wasser vermengt und
geschüttelt wird.
Das Bemerkenswerteste ist jedoch, wie bereits hervorgehoben, daß
die Restlösung in Versuch 1 durch die Ausfällung von 45 Proz. inaktiver
Trockensubstanz allein nicht aktiviert wurde.
Eine andere Aktivierung trat offenbar ein.
Die Mutterlösung ergab nämlich 1:5000 K = 0,0175 und diese
Restlösung 1:5000 K = 0,0238, obgleich sie mit dem halben Volumen
Alkohol verdünnt wurde.
Nachdem ein anderer Teil der ursprünglichen Enzymlösung auf
ein Zehntel verdünnt und Toluol zugesetzt worden war, zeigte dieser
am folgenden Tage eine Aktivität von Kat.f. = 1861,0, verglichen mit
der ursprünglichen, 712,5.
Daß die fraktionierte Fällung rational ist, bewahrheitete sich bei
nachstehenden, in größerem Maßstab vorgenommenen Versuchen.
Tabelle IX.
Volumen Ausbeute an
Aktivität
Proz. Proz.
0 вов 64474 | 6,92 | 47,86
|
Volumen
des
Filtrats
der
$ Trocken» —
Te gewicht Aktivität
8,88 |2466,0*) 26,38 | 72,38
276 |46875 | 3,85 | 34,73
3,78 |4508,2
266 161937
3,50 13595,9
288 |6562,5
•) Toluolbehandlung nach der ersten Alkoholfällung.
Nach der Tabelle IX beträgt die Ausbeute bei diesem Prozeß
4 bis 8 Proz. an Trockengewicht und 35 bis 50 Proz. an Aktivität, wodurch
eine Aufaktivierung um das Acht- bis Neunfache erreicht wird. Das
Gesamttrockengewicht bewegt sich um 3 g, und die Aktivität schwankt
zwischen Kat.f. = 4000 bis 6000. Die fraktionierte Fällung muß daher
als eine besonders gute Arbeitsmethode angesehen werden. Für die
rein präparative Arbeit liegt nun noch die Aufgabe vor, die Reinigung
mittels der Adsorptionsmethode fortzusetzen. Es hat sich später
gezeigt, daß das Enzym im hochaktiven Stadium sehr instabil ist,
und natürlich ganz besonders in sehr verdünnten Lösungen. Es wurde
weiter die Erfahrung gemacht und hat sich auch für Katalase bewahr-
heitet, daß das Enzym ungleich starke Verwandtschaft zum Adsorptions-
mittel in den verschiedenen Stadien der Reinigungsarbeit besitzt. Es
sei zunächst als Exempel das Verhalten der Saccharase auf Kaolin
angeführt. Unter diesen Umständen könnte man also in Erwägung
22%
328 S. Hennichs:
ziehen, ob es nicht vorteilhafter wäre, nicht mit einer so kräftig аш.
aktivierenden Prozedur wie der fraktionierten Fällung mit Alkohol
anzusetzen, sondern an Stelle dessen eine schwächere, 2. В. Toluol.
aktivierung anzuwenden, und erst dann die Adsorptionsarbeit mit
mehr Trockensubstanz, die niedrigere Aktivität besitzt, zu beginnen.
Hiernach könnte ja die Adsorptionsmethode auf die Spitze getrieben
werden, teils durch Wahl einer passenden Menge Adsorbens, teils durch
eine vorteilhafte Elutionsmittelkonzentration. Mit anderen Worten:
Wenn man, von viel Trockensubstanz ausgehend, eine große Meng
Enzym an eine kleine Menge Adsorbens adsorbiert hat, dann könnte
man vielleicht durch eine schwache Eluierung eine relativ stärker
Enddialyselösung erhalten, die geringere Neigung zur Inaktivierumg
besitzt, als wenn man bereits eine hohe Aktivität und wenig Trocken-
substanz in der Ausgangslösung hat. Wird diese mit der gleichen Menge
Adsorbens wie im erstgedachten Falle adsorbiert, bedarf es einer
stärkeren Elutionsflüssigkeit, um eine Enddialyselösung mit demselben
Gehalt wie im vorhergehenden Falle zu erreichen, welche deshalb
stärkere Tendenz zur Inaktivierung zeigt.
Nach dieser Hypothese wurde Versuch 2 ausgeführt. Sie erwies
sich jedoch als unrichtig. Es ist zwar richtig, daß eine Lösung mit
hoher Aktivität und wenig Trockensubstanz ebensoviel Adsorbens
beansprucht wie eine Lösung mit viel Trockengewicht und geringer
Aktivität. Jedoch geht andererseits die Elution nicht leichter mit dem
Adsorbat der letzteren Lösung vonstatten.
Aus dem Vorhergehenden erhellt, daß durch direkte Toluol.
aktivierung des Leberextrakts seine Aktivität von 700 bis 900 auf
etwa 2000 steigt. Im Versuch 2 ist, um nicht zuviel Trockengewicht
mitzubekommen, der Extrakt zuerst mit seinem halben Volumen
Alkohol gefällt und mit Toluol bis zum folgenden Tage aktiviert worden,
worauf die Adsorptionsarbeit begann.
Um eine bessere Vorstellung zu bekommen, wie die fraktionierende
Fällungsmethode arbeitet, wurden in den Versuchen 1 und 2 die
Aktivitäten der Zwischenlösungen bestimmt und in Tabelle X zu-
sammengestellt.
Tabelle X.
Lösung nach der ersten
koholfällung
Ursprüngliche Lösung |
Versuch
Trocken»
Totaltrocken»
gewicht
Nr.
1 43,96 931,5 | 14,94 | 31332 | 3399 | 143
2 33,66 898,8 | 1245 | 20840 || 36,99 |, 85,16
Zur Kenntnis der Katalase usw. 329
Tabelle X (Fortsetzung).
М * Ausbeute bei der letzten
Schüttellösung | Fallung an
Trocken» | Trocken, | —
gewicht Aktivität | gewicht Aktivität
g | Ргот. | Proz.
3,04 6474 | 2035 41,87
Die erste Alkoholfällung mit dem halben Volumen Alkohol kann
augenscheinlich, wie wir bereits früher gefunden haben, mehr als
100 Proz. Ausbeute an Aktivität ergeben. Die Ausbeute an Trocken-
gewicht bewegt sich um 35 Proz., und das Resultat ist eine Auf-
aktivierung von 300 bis 400 Proz.
Die Ausbeute an Trockengewicht unterscheidet sich wesentlich
von dem vorigen Resultat (siehe Tabelle VIII über diese Frage), man
muß jedoch den unerhört variierenden Grad von Dispersität im Auge
behalten, den das Leberextrakt tatsächlich besitzt. Die prozentuale
Ausfällung ist weiter von dem absoluten Gewicht der Fällung sehr
abhängig, da sie Salze und andere gelöste Stoffe durch die Adsorption
mit sich zieht. Diese Versuche hatten nur den Zweck, eine gute Arbeits-
methode zu erreichen, und dieser kann auch als erfüllt angesehen werden.
Die zweite Phase der Ausfällung mit der gleichen Menge Alkohol
und unmittelbar darauf folgender dreistündiger Schüttelung mit Wasser
ergibt 20 Proz. Ausbeute an Trockengewicht, etwa 40 Proz. Ausbeute
an Aktivität und also die Verdoppelung der letzteren. Die erhaltenen
Endlösungen sind anfangs auch vollständig klar und hochrot in der
Farbe.
Bei näherem Studium des Versuchs 2 finden wir, daß wir nach
der Alkoholfällung 12,45 mit Kat.f. = 2084,0 und nach der Be-
handlung mit Toluol während der Nacht und Abzentrifugierung der
entstandenen Fällung 8,88 g mit Kat.f. = 2466,0 erhalten. Die Aus-
beute an Aktivität hierzwischen ist 84,40 Proz. Eine Aktivierung ist
also nicht eingetreten. Die Alkoholfällung hat den Hemmungskörper
bereits weggeführt, und Toluol vermag eine echte Lösung des vor-
handenen Enzyms sichtlich nicht zu aktivieren.
Wir gehen nun zur Adsorptionsarbeit über.
6. Fortgesetzte Reingewinnung mit Al(OH), als Adsorbens.
In meiner vorhergehenden Untersuchung über das Verhalten des
Enzyms Katalase zum Adsorptionsmittel standen mir geringere Mengen
Trockensubstanz in den Ausgangslösungen, mit welchen die Adsorption
vorgenommen wurde, zur Verfügung. Dies beruhte, wie im vorher-
gehenden dargetan, auf einer weniger zweckmäßig begonnenen Be-
330 S. Hennichs:
handlung. Sie waren jedoch für eine erste Orientierung über die Voraus-
setzungen für eine aussichtsreiche Bearbeitung der Aufgabe völlig
ausreichend und außerdem leicht zugänglich, da ein im farbigen
Vakuumexsikkator verwahrtes Präparat, Battellis und Sterns Hepato.
katalase, seinen Wirkungsgrad während dreier Monate unveränden
beibehält. Es konnten deshalb durch Schütteln mit Wasser Enzym.
lösungen mit relativ übereinstimmendem Gehalt und gleicher Aktiviti
für wiederholte kleinere Untersuchungen erhalten werden.
Trotz der Schwankung des Adsorptionsvermögens, mit der ma
natürlich jederzeit auch bei verschiedenen Präparaten von Kaolin- ш
Al (O H),-Suspensionen, die nach übereinstimmender Methode präpariert
sind, rechnen muß, und vor allem trotzdem, daß meine jetzigen Аш
gangslösungen eine ganz andere Vorgeschichte als die vorigen besitzen,
so bestätigten meine fortgeführten Versuche im großen und ganzen
doch die früher gemachten Erfahrungen auf diesem Gebiete.
So wird das Enzym bei der Anwendung von gleichen Mengen
Enzym und Adsorptionsmittel aus den Schüttellösungen nach de
fraktionierenden Alkoholfällung in Tabelle IX ziemlich vollständig
adsorbiert.
Tabelle ХІ.
u | | ишке | | | | —
t | Й 1.
Versuch ursprünglichen Kat.f. АКОН), | ае Aktivität | №: НРО,
| Lösung | estlösung Konzestratie
> | SEN жоо SEE Pros `
2 8,88 2466,0 8,200 2,74 8,6 1,269
3 2,76 4687,5 3,567 0,7685 632,1 1,269
4 3,78 45082 | 6,540 | 1,963 623,8 042
5 2,66 6193,7 7,134 | 0,936 1,31 0,846
6 3,50 3595,9 | 7,134 | 1,476 1872,0 —
Die ursprüngliche Lösung im Versuch 2 hat, wie bekannt, еше
abweichende Vorbehandlung erfahren. Das Adsorbat in Versuch 6
wurde auf seine Neigung geprüft, an Natriumphosphatlösungen ver-
schiedener Konzentration das adsorbierte Enzym abzugeben, ws
unten näher erläutert wird.
Die Elutionen in den Versuchen 3 und 5 ließ ich 24 Stunden,
die іп den Versuchen 2 und 4 48 Stunden dialysieren, worauf sie aŭ
die Trockensubstanz und Aktivität geprüft wurden, obwohl dies
Ziffern natürlich wegen der Unvollständigkeit der Dialyse nur ein
annähernde Vorstellung über diese Größen geben können. De
Dialysen wurden, wie früher, gegen destilliertes Wasser vorgenommen.
welches alle 12 Stunden gewechselt wurde, sowie in Kollodiumsäcke:.
Hierauf wurde in den Versuchen 3, 4 und 5 die Adsorption er-
neuert.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 331
Tabelle XII. `
| Versuch |
| Trockengewicht| Aktivität
der Restlösung
Trockengewicht Р
Nr. | des узаїв Aktivität
з | 1306 5 454,5 1,7835 g 0,7920 g 1333,3
4 (0561686 | 123956 | 6,658 g 0,3740 8 1975,0
5 |>10 el 50000 | 4756р || 054608
Die verlängerte Dialyse in Versuch 4 hat sichtbarlich eine höhere
Aktivität und weniger Trockensubstanz als die übrigen bewirkt. Die
Aktivität hier ist um mehr als das Doppelte gestiegen und die Trocken-
substanz hat bis auf ein Siebentel abgenommen. Bei noch weiter fort-
gesetzter Dialyse wäre die Aktivität vermutlich bis auf einen Grad
gestiegen, entsprechend dem in meiner früher herausgegebenen Ab-
handlung auf das Vier- bis Fünffache Konstatierten.
Das Adsorbat nach der zweiten Al(OH),-Adsorption wurde mit
Na,HPO,-Lösungen eluiert, wie sie bei den ersten Adsorbaten in
Tabelle XI angewandt wurden. Die darauf folgende Dialyse wurde auf
4 bis 5 Tage ausgedehnt, wobei sich folgende Endlösungen ergaben:
Tabelle XIII.
Volumen |Trockengewicht|
des Enddialysats
X Proz. Pros.
3 290 0,1044 | 114444 11,33 3,33
4 258 0,0258 | 31000 = —
5 180 0,0144 | 10875,0 11,68 3,89
Zwecks Bestimmung дег Aschen wurden die Lösungen in abge-
wogenen Quarzschalen eingedunstet und eingeäschertt. Nach Auf-
schließung mit saurem Kaliumsulfat nahm ich die Eisenbestimmungen
nach F'riedenthals und Lachs’ oben angeführter kolorimetrischer Me-
thode vor.
In Versuch 4 brachte die wiederholte Al(OH),-Adsorption und
Elution eine ansehnliche Aktivitätsverschlechterung mit sich, obwohl
der Gegensatz beabsichtigt war.
Es scheint mir trotzdem, als könne der Sprung von einer Aktivität
von 12000 bis auf die höchst erreichbare nicht so außerordentlich groß
sein, weshalb die Elution, die nach der Adsorption eines Präparats mit
der ursprünglichen Aktivität von dieser Größe erhalten wird, so wesent-
lich aktiv ist, daß sie um so leichter inaktiviert wird. Die Unvollständig-
keit der Adsorption dürfte darauf beruhen, daß die Affinität des Enzyms
zu Al(OH), mit steigender Aktivität abnimmt.
In Versuch 2 wurde die Adsorptionsfähigkeit zwischen Al(OH),
und Kaolin verglichen.
Aschengehalt Eisengehalt
Aktivität
332 S. Hennichs:
Tabelle XIVa.
Ausgangslösung
Volumen | Trockengewicht АОН); Kaolin
|
ccm | g
Aktivität
as | 02473 | >93043 | 0,7134 — |5.24 Stdn
350 0.3780 S 79830 | — 3,4195 | —
Tabelle XIVb.
Endlösung
Restlösung
| g oo ç ç | Poz |
0,1078 195,7 | 98 | 0,0333 | 45294 ! 1347 | 66
0,3000 | 64125 | 110 | 0,0220 | 32500 ı 582 2,38
Der Unterschied in der Aktivität der beiden Ausgangslösungen
beruht darauf, daß die letztere 24 Stunden länger als die erstere
dialysiert wurde. Beide Versuche liefern besonders unzufriedenstellende
Ausbeute, der Vorzug dürfte jedoch mit Hinsicht auf das geringe Unter-
scheidungsvermögen, welches das Kaolin in diesem Stadium der
Reinigung zu besitzen scheint, der Al(OH),-Adsorption zu geben sein.
Die Restlösung nach der Adsorption hat ja eine nahezu gleiche
Aktivität als die Ausgangslösung.
Eigentlich könnten die quantitativen Verhältnisse betreffs der
Ausbeute an Trockensubstanz und Aktivität bei der Reingewinnung
mittels der AlI(OH),-Methode aus dem fraktioniert gefällten Leber-
extrakt bereits jetzt einer Diskussion unterworfen werden. Zum Zwecke
eines besseren Vergleichs ist es jedoch vorteilhafter, hiermit zu warten,
bis die Versuche mit Kaolin besprochen worden sind.
Bereits jetzt kann jedoch festgehalten werden, daß die Reinigung
mit Al(OH), zu Präparaten mit Aktivitäten zwischen 10000 und 1200
führt, da, wie ich früher fand, die Adsorption zwar mit sehr kleinen
Mengen Suspension vorgenommen werden kann; doch scheint die
Trockensubstanz im übrigen ebenfalls leicht zu adsorbieren und ohne
größere Schwierigkeit eluiert zu werden; letzterer Umstand steht im
Gegensatz zum Verhalten des Kaolinsorbats. Mit Kaolin konnte dagegen
die Reinigung weit über meine vorhergehenden Resultate hinausgeführt
werden, wobei auch, wie bereits hervorgehoben, Präparate mit höherer
Aktivität in solchen Mengen erhalten wurden, welche eine nähere
Charakteristik durch Analyse gestatten.
Wie wir später sehen werden, ist die Inaktivierung bei der Dialyse
besonders groß. Dies könnte möglicherweise auf der Basizität der
Zur Kenntnis der Katalase usw. 333
Elutionsflüssigkeit beruhen. Nach Ronas und Damboviceanus!) Unter-
suchung beginnt die Zerstörung des Enzyms erst bei рд = 10 und
darüber. Da meine Elutionsflüssigkeiten aus Na,HPO,-Lösungen
ohne Alkalizusatz bestanden und рн somit 9 nicht überstieg, dürfte
die Ursache anderswo liegen. In den Versuchen 1 bis 3 wurden die
Elutionslösungen nach der Elution nicht neutralisiert, wogegen dies
in den folgenden Versuchen durch Zusatz einer Essigsäuremenge geschah,
welche рд von der alkalischen Seite іп den optimalen überführte. Dieses
Beachten der Acidität scheint jedoch mit einer entsprechenden Ver-
minderung in der Größe der Inaktivierung nicht zu korrespondieren.
Es wäre vielleicht denkbar, daß das Phosphat in höheren Kon-
zentrationen einen besonderen EinfluB auf die aktiven Gruppen
des Enzyms ausübe. Hierüber wurden Versuche angestellt, die später
behandelt werden sollen.
In Versuch 6 wurde die Reingewinnungsarbeit mit dem Adsorbat,
das bei der Adsorption eines fraktionierten Leberextrakts mit
Al(OH), gewonnen wurde, nicht zu Ende geführt, sondern statt
dessen studierte ich die Einwirkung des Phosphats hierauf bei ver-
schiedenen Konzentrationen.
Tabelle XVa.
— Men Davon Gewicht | Elutionsfüssigkeit
| Adsorbat Enzyms Konzentration |
Ne 8 ов {| Ре P
1 | 1821 0,2924 | 0,423 8,75
2 1321 | 094 | 0,212 8.64
3 | 1,321 0,2924 0,042 8,64
4 1'321 | 02924 0004 8.67
Каб. == 3761,9 |
Tabelle X Vb.
Totaltrocken- | Ausbeute an
gewicht Kat. f. Trocken»
i | gewicht Aktivität
1 | 4875,0 | 1368 | 17,73
2 0,0180 83889 | 616 | 13,73
3 | 0,0200 | 11200 | 684 ' 204
4 0.0020 (1:10) 00033. 0.0100 | 3300 || 342 | 030
Wie aus dem Versuch hervorgeht, steigt die eluierte Menge mit
der Phosphatmenge in der Elutionsflüssigkeit, gleichzeitig steigt jedoch
die Inaktivierung während der Dialyse, weshalb man im Zwischen-
1) Rona und Damboviceanu, diese Zeitschr. 184, 20, 1922.
334 S. Hennichs:
register die höchste Aktivität erhält. In den am stärksten verdünnten
Lösungen tritt ferner eine gesteigerte Inaktivierung ein. Es ist eine
bekannte Tatsache, daß konzentrierte Enzymlösungen haltbarer sind
als verdünnte. In sehr verdünnten Lösungen hat Wieland Inaktivierun
nur durch Evakuierung, mittels Durchblasen von Luft oder Schüttels
im Schüttelapparat erreicht.
Diese Versuche wurden einstweilen abgebrochen, da sich da:
Kaolinverfahren, wie im folgenden gezeigt werden soll, als bedeutend
zweckmäßiger erwies. Bei den in meiner kürzlich genannten Abhandlung
besprochenen Versuchen konnte ebendieselbe Aktivität schon mit
einer Kaolinadsorption erreicht werden, die durch zwei Al(OH),
Adsorptionen und Elutionen bewirkt wurde.
Mit Hilfe der mir jetzt zu Gebote stehenden größeren Mengen
wurden in diesem Punkte bedeutend größere Effekte erzielt.
7. Reingewinnung mittels des Kaolinverfahrens.
In den Versuchen 1 und 7 wurde das Kaolinverfahren bei ver-
schieden starken Konzentrationen der Elutionsflüssigkeit studiert.
Tabelle XVIa.
Ausgangslösung Kaolin K
onz
— — К Каш. | Naz НРО, Dialyse
} g
800 3,04 | 64474 | 20,517 | 00/80 | 120 Stunden
600 288 1 65625 | 41,034 | 0,846 Proz. | 120 „
Tabelle XVIb.
Restlösung Endlösung
Soe o Volumen |’Trockengewicht! | Aschene | Басра
гос — t Каш. | икан тос @ c | Kat |, gehalt
2,09 39409 | 510 0,0510 | 204400. — =
1,062 0,0 700 | 02520 | 250000) 1209 | 412
Bei einem späteren Versuch erhielt ich eine Aktivität von 22 2501.
Das Kaolinverfahren arbeitet somit besonders zufriedenstellend. Ве
dessen Anwendung können Aktivitäten von 20000,0 bis 25000,0 un-
mittelbar erreicht werden. Durch Wahl einer geeigneten Konzentration
der Elutionsflüssigkeit könnte man ferner dafür sorgen, daß die Aus-
beute an Trockensubstanz so zufriedenstellend wie möglich ist, em
Aufgabe, die der Zweck der Bearbeitung in kommenden Versuchen
sein soll. Bemerkenswert ist, daß trotz des Vorliegens eines so großen
Unterschieds in der Stärke des Elutionsmittels die Aktivität der et `
Zur Kenntnis der Katalase usw. 335
haltenen Präparate im Gegensatz zu dem vorher bei den Al(OH),-
Adsorbaten Festgestellten so weit übereinstimmend erhalten wurde.
Man könnte hieraus den Schluß zu ziehen wagen, daß eine einheitliche
Substanz eluiert, doch ist das Versuchsmaterial für so weitgehende
Betrachtungen zu gering. Tabelle XVIIIb sowie meine erste Ab-
handlung enthalten ebenfalls kleinere Aktivitäten.
Eines steht jedoch fest, nämlich, daß bei rationeller Reingewinnung
des Enzyms Katalase nach modernen Methoden die Kaolinadsorption
das Glied ist, welches auf die fraktionierte Fällung mit Alkohol
folgen muß.
In den kommenden Untersuchungen werde ich weiter die Möglich-
keiten untersuchen, die Sache auf dieser Basis durch Al(OH),-Adsorption
oder wiederholte Kaolinadsorption zu fördern. Durch diese Versuche
wird es sich offenbaren, wo die höchst erreichbare Aktivität liegt, doch
will es mir scheinen, als ob ich ihr in den vorliegenden Versuchen bereits
sehr nahe gekommen wäre.
Bevor ich auf eine nähere Beschreibung der Präparate, die das
Resultat meiner bisherigen Arbeit sind, deren Eisengehalt und Ver-
halten zu Blausäure eingehe, weise ich zwecks näheren Studiums auf
die im Anhang aufgeführten, bei meinen Reingewinnungsversuchen
erhaltenen Primärziffern hin, und will nun die Ausbeuten an Aktivität
und Trockengewicht bei den oben beschriebenen Reinigungsversuchen
behandeln.
8. Ausbeute an Aktivität und Trockengewicht.
Bei den obigen Versuchen erhielt ich folgende Anfangs- und End-
präparate.
Tabelle XVII.
Ver Ausgangslösung | Endlösung Ausbeute an
such Trockengewicht K Trockengewicht Aktivität
at.f.
Nr. g | Proz. А
3 4687,5 | 0,1044 | 11444,4 3,78 9,24
4 4508,2 | 0,0258 3 100,0 0,68 0,47
5 6193,7 | 0,0144 10 875,0 || 0,54 0,95
1 3,04 64474 | 0,0510 | 204400 1,68 5,32
7 2,88 6569,5 0,2520 | 25000,0 8,75 33,33
Das Al(OH),-Verfahren ergibt also im besten Falle etwa 10 Proz.
Ausbeute an Aktivität und 4 Proz. Ausbeute an Trockengewicht.
Das Kaolinverfahren ergibt dagegen besonders mit stärkerer
Elutionsflüssigkeit weitaus bessere Resultate.
In der Tabelle XVIIIa werden fünf Parallelversuche über die
Kaolinadsorption mit Enzymlösungen wiedergegeben, die aus dem
in Kapitel 2 auf Eisengehalt untersuchten Präparat, Battellis und
336 S. Hennichs:
Sterns Hepatokatalase, erhalten wurden. Die Elution wurde hier
in m/30 Phosphat vorgenommen, und die Versuche stellen insofern
nichts Neues dar, die Endlösungen sollen jedoch in einem der folgenden
Kapitel über Blausäurevergiftung von hochaktiven Katalasepräparaten
zur Anwendung kommen.
Tabelle XVIIIa.
' Totale Menge | ' Totale Menge | |
Ver» |Enzym in der Adsorbiert | Vers Enzym in der Adsorbiert
such ' ursprünglich. | Aktivität | mit Kaolin | such ursprünglich. mit Leon
| Lösung Öösung
В Nr. | 8 l 8
1 0,4347 | 11378 | 41034 | 4 | 02560 | 20010 | 410%
2 0,5781 1365,0 4,1034 5 0,2560 2001,0 4.10%
3 0,4179 873,6 4,1873
Tabelle XVIIIb.
Inaktivi | Total
während des | Aktivität der Trocken wicht — | Aktivitäte
Dialyse Elution Kat.f. in der Elution — steigerung
Proz. —— Proz. |
25,0 | 16,51 | 7,107 mal
68,8 | 21,99 16,30 „
27,7 306 | 973 ,
28,9 27,40 418 ,
35,4 30,33 | 427 „
Anhang zu Kapitel II.
Versuch 1.
500 g Leber wurden mit 500ccm H,O extrahiert. Das aus 415 ccm
bestehende Filtrat enthielt pro Kubikzentimeter 0,1256 д Trockensubstanz
und ergab 1: 5000 X = 0,0234; Kat.f. = 931,53. Da die Leber eine Aktivität
von Kat.f. = 24,0 und einen Trockengewichtsprozent = 29,02 Proz. hatte,
war somit die Ausbeute an Trockensubstanz bei dieser Behandlung
36,92 Proz. und die Ausbeute an Aktivität 404,6 Proz.
350 ccm des obengenannten Filtrats wurden mit 175 eem 96ргог.
Alkohol gefällt. Die dabei erhaltene Restlösung enthielt 0,0383 g / dem
und ergab 1: 5000 X = 0,0240. Das Volumen betrug 390 ccm. Aktivität
somit Kat.f. = 3133,2.
375ccm der Restlösung wurden mit dem gleichen Volumen 96proz.
Alkohols gefällt und die Fällung unmittelbar nach der Abzentrifugierung
mit 800 cem H,O geschüttelt. Die so erhaltene Lösung enthielt 0,0038 g/ccm
und ergab 1: 5000 К = 0,0049; Kat.f. = 6447,4.
Die gesamte erhaltene Lösung wurde mit 150 ccm Kaolinsuspension
= 20,517 g adsorbiert. Hierbei wurden 31,25 Proz. des Trockengewichte
und 27,42 Proz. der Aktivität adsorbiert. Die letztere Proportion ist zwar
weniger vorteilhaft, dürfte jedoch darauf beruhen, daß die Adsorption
in zu stark konzentrierter Lösung vorgenommen wurde, wobei die Ad-
sorptionen weniger elektiv auszufallen pflegen.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 337
Die Restlösung enthielt 0,0022 g/ccm und ergab 1:100 K = 0,0867;
Kat.f. = 3940,9.
Bei der letzten Elution wurden m/30 Phosphat sowie etwas Alkali
angewandt.
Die Elution ergab unmittelbar E, vom = 0,0088. Nach 120 Stunden
Dialyse ergab sie E, = 0,0244. Diese betrug 510 сот und enthielt
0,0001 g/ccem. Die Aktivität beträgt somit 20440,0 und die totale Trocken-
substanz 0,0510g. Die Inaktivierung während 120 Stunden Dialyse
= 72,27 Proz.
Versuch 2.
400g Leber mit 29,56 Proz. Trockengewicht wurden mit 400 ccm
H,O extrahiert. Von diesen 118,24g fanden sich 33,66 g oder 28,47 Proz.
im Filtrat wieder. Dieses hatte Kat.f. = 898,8.
Hierauf Fällung mit 138ccm 96proz. Alkohol und Zentrifugierung.
Die Restlösung betrug hierbei 220 ccm und enthielt 12,45g mit Katf.
= 2084,0.
Die Lösung wurde bis auf 600 ccm verdünnt und mit Toluol versetzt,
sodann bis zum nächsten Tage stehengelassen, wobei Fällung eintrat.
Die Lösung wurde dekantiert, wobei die über dem Bodensatz befindliche
Flüssigkeit eine Aktivität von Kat.f. = 2466,0 zeigte, also eine schwache
Aktivitätssteigerung. Die zusammengelegte Trockensubstanz betrug
8,88 g.
Jetzt wurden 200 ccm Al(OH),-Suspension zugesetzt, die 8,2g Trooken-
gewicht enthielt, und zentrifugiert. Rückstand in der Restlösung 2,74 g
mit Kat.f.= 8,6.
Die 660 ccm betragende Elution ergab unmittelbar K, iooo = 0,0188,
nach 48stündiger Dialyse Kı: = 0,0107, und enthielt da auf 1 сот
0,001 15 g Trockengewicht; Kat.f. = 9304,3. Die Trockensubstanz betrug
somit insgesamt 0,7590 g.
215 ccm hiervon, also mit einem Gehalt von 0,2473 g Trockengewicht,
wurden mit 30 ccm Al(OH),-Suspension adsorbiert, die 0,7134 g Trocken-
gewicht enthielt.
Die Restlösung ergab 1:1 K = 0,0861 und enthielt auf 5 cem 0,0022 g
Trockengewicht. Es waren somit fast sämtliche Aktivität sowie 56,41 Proz.
der Trockensubstanz adsorbiert worden. Hier, gleichwie bei der ersten
Adsorption, hätte weniger Suspension angewendet werden sollen.
Die Elution wurde mit 1,269proz. Na,HPO,-Lösung vorgenommen.
Die Lösung war vollkommen klar und von rotgelber Farbe, betrug 98 ccm
und ergab unmittelbar E, om == 0,0133.
Nach 120 Stunden Dialyse ergab dieselbe jedoch nur K,: wm = 0,0154
und enthielt 0,0034 g auf 10 ccm; Kat.f. = 4529,4. Gesamttrockengewicht
0,0333 g.
Am nächsten Tage wurde ein anderer Teil des Dialysates nach voraus-
gegangener Al(OH),-Adsorption für weitere Reinigung mit Kaolin-
adsorption in Gebrauch genommen.
Das Dialysat ergab nun Kı: = 0,0086 und enthielt auf 5 сот
0,0054 g Trockengewicht, Kat.f. = 7963,0.
350 ccm hiervon, mit einem Gehalt von 0,3780 g Trockengewicht,
wurden mit 25 ccm Kaolin adsorbiert, das 3,4195 g Verdunstungsrückstand
enthielt.
Die Restlösung ergab 1:100 K = 0,0513 und enthielt 0,0008 g/cem.
Kat = 6412,5. 20,64 Proz. des Trockengewichts wurden adsorbiert.
338 S. Hennichs:
Die Elution, die in 1,269рго2. Phosphat ausgeführt wurde, hatte
eine gelbrote Farbe, war vollkommen klar und ergab 1: 1000 K = 0,019.
Nach 120 Stunden Dialyse ergab sie nur E, ez 0,0065 und enthiek
0,0020 g/10 ccm; Kat.f. = 3250,0.
Eine Probe auf die Elution nach der ersten Al(OH),-Adsorption ergah
nach insgesamt 120 Stunden währender Dialyse E, om = 0.0316 ші
enthielt 0,0049 g/10 ccm; Kat.f. = 6449,0.
Inaktivierung bei den Dialysen.
Erste Elution, 2Таде................. | 43,09 Proz.
а Е Ы EEE Зо А М
6 i ee E кше 83719 ;
Elution nach der zweiten Al(OH),-Adsorption, 5 Tage ı 8842 „
e А „ Kaolinadsorption, 5 Tage. . . . . .. | 96,67 „
Versuch 3.
500 g ganz frischer Leber wurden mit 500 ccm H,O extrahiert. De
Filtrat von 500 ccm enthielt 0,1432 g/ccm und ergab 1: 5000 К = 0,0149;
Kat.f. = 520,3.
Dieses Filtrat wurde mit 250 ccm Alkohol bei 0° gefällt und тепіп.
fugiert. Die Restlösung wurde mit dem gleichen Volumen Alkohol gefält,
die so erhaltene Fällung abzentrifugiert und mit 600 сет H,O 3 Stunden
im Schüttelapparat geschüttelt. |
Die so erhaltene Lösung enthielt 0,0048 g/ccm und ergab 1: 5000 К
= 0,0045; Kat.f. = 4687,5. Trockengewicht insgesamt 2,76g und
Volumen 575 cem.
Hierauf wurde mit 150 ccm Al(OH),-Suspension = 3,567 g Trocken-
gewicht adsorbiert.
Die Restlösung ergab 1:100 K = 0,0067 mit 0,0106 g/10 осш; Kati.
== 632,1 mit einem Gesamttrockengewicht von 0,7686 g.
Die sofortige Elution ergab 1: 1000 X = 0,0220 und betrug 485 een.
Nach der Dialyse während der Nacht war das Resultat am nächsten
Morgen 1:1000 К = 0,0150 mit 0,0275g auf 10ccm; Kat.f. = 54545.
Das Volumen betrug jetzt 475 ccm. Nun wurde mit 75 сет Al(OH%
Suspension = 1,7835 g Trockengewicht adsorbiert.
Die Restlösung ergab Ку; = 0,0192 und enthielt 0,0144 g/10 ccm:
Kat.f. = 1333,3. Gesamttrockengewicht 0,7920 g.
Die Elution belief sich auf 290 ccm und ergab unmittelbar 1: 1000 £
= 0,0163. Nach 120stündiger Dialyse ergab dieselbe 1:100 К = 0,412
und enthielt 0,0036 g/10 ccm; Kat.f. = 11 444,4. Gesamttrockengewicht
0,1044 g.
Inaktivierung bei den Dialysen.
Erste Elution, 24 Stunden
{ 31,82 Proz.
Zweite Elution, 120 Stunden . .
74,72
э
Versuch 4.
Bei der Extraktion von 500 g Leber wurden 435 ccm Filtrat erhalten.
welches fraktioniert mit Alkohol gefällt wurde. Die letzte Fällung wurds
Zur Kenntnis der Katalase usw. 339
mit Wasser 3 Stunden geschüttelt. Nach der Filtrierung erhielt man eine
Lösung von 620 ccm, welche auf 2 ccm 0,0122g Trockensubstanz enthielt
und 1:5000 K = 0,0055 ergab; Kat.f. = 4508,2.
Nach Ansäuerung mit 30 ccm 0,1n HAc wurde mit 275ccm Al(OH),-
Suspension = 6,540g Trockengewicht adsorbiert. Hierauf wurde mit 560 ccm
0,423 proz. Na,HPO,-Lösung eluiert und 93ccm 0,1п СН,СООН zu-
gesetzt. Die Elution ergab unmittelbar 1:1000 X = 0,0153. Nach
48-stündiger Dialyse wurde K,: = 0,0106 erhalten, wobei die Lösung
0,0043 g/5 ссп enthielt; Kat.f. = 12325,6. Die Restlösung von 930 ccm
enthielt auf 2 ccm 0,0042g und ergab 1: 100 K = 0,0131; Kat.f. = 623,8.
Gesamttrockensubstanz = 1,953 g.
Nach der Dialyse wurde mit 280 ccm Al(OH),-Suspension mit 6,6584 g
Trockengewicht eine zweite Adsorption vorgenommen.
Die Restlösung enthielt 0,0004 g/l ccm und ergab 1: 100 X = 0,0079;
Kat.f. = 1975,0. Gesamttrockengewicht 0,3740 g; Volumen 935 ccm.
Nach 168 Stunden Dialyse ergab die Lösung К,: = 0,0031, nachdem
sie im Anfang E, ww = 0,0063 ergeben hatte. Sie enthielt da 0,0001 g/ccm
und hatte ein Volumen von 258 ссп. Gesamttrockengewicht 0,0258 g;
Kat.f. = 3100,0.
Inaktivierung bei den Dialysen.
Erste Elution, 48 Stunden . . . . || 30,72 Proz.
+
Zweite Elution, 168 Stunden . . . |9508 „
Versuch б.
500 g Leber ergaben 350 ccm Filtrat und wurden zuerst mit 175 ccm
und danach mit 365 ccm gefällt. Die letztere Fällung wurde mit 600 ccm
H,O geschüttelt.
Die Schüttellösung enthielt 0,0444 g/lOccm und ergab 1: 5000 K
= 0,0055; Kat.f. = 6193,7. Gesamttrockengewicht 2,664 р.
Hierauf wurde mit 300 ccm Al(OH),-Suspension (= 7,134 g) adsorbiert.
Die Restlösung enthielt 0,0104 2/10 ccm und ergab 1:1K = 0,0076;
Kat.f. = 7,31. Totaltrockengewicht 0,936 g.
Die Elution ergab unmittelbar 1:1000 X = 0,0083 und nach der
Dialyse bis zum folgenden Tage 1: 1000 К = 0,0054. Diese enthielt
0,0108 g/10 ccm bei einem Volumen von 1000 ccm. Gesamttrockengewicht
1,08 о. Kat.f. = über 5000,0.
Ein Teil der Elution dialysierte insgesamt 6 Tage und hatte dann
Kat.f. = 2124,5. Hierbei hatte sich das Trockengewicht von dem ur-
sprünglichen auf 29,63 Proz. vermindert, und die Aktivität war gleichfalls
von der ursprünglichen auf 12,59 Proz. herabgegangen.
Der größte Teil der Elution wurde am nächsten Tage mit 200 ccm
AIUOH)-Suspension (= 4,756 g) adsorbiert.
Die 910 ccm betragende Restlösung enthielt 0,0060 g/ I0 ccm und
ergab 1:1K = 0,0046; Kat.f. = 7,7. Gesamttrockengewicht 0,5460 р.
Die Elution, welche 180 ccm umfaßte, ergab unmittelbar 1: 1000 К
= 0,0126 und nach 120stündiger Dialyse E, oz 0,0087 und enthielt
0,0008 g/10 ccm; Kat.f. = 10875,0. Totaltrockengewicht 0,0144 g.
Das Schlußpräparat wurde im Hinblick auf den Aschen- und Eisen-
gehalt untersucht.
340 S. Hennichs:
mon. bei den Dialysen.
Erste Elution, 24 Stunden. . . . || 34,94 Proz.
144 ...[ 874 „
Zweite Elution, 120 Stunden . . . 93,10 „
Versuch 6.
Die Elutionswirkung des Phosphats auf das Al(OH),-Adsorbat.
500g Leber wurden extrahiert und fraktioniert gefällt. Hierbei wurd:
später eine Schüttellösung von 600 ccm erhalten, welche 1 : 5000 K = 0,0042
ergab und 0,0292g auf 5ccm enthielt; Kat.f. = 3595,9; Gesamttrocken-
gewicht 3,504 g.
Diese Lösung wurde mit 300 cem Al(OH),-Suspension (7,134g Trocken-
gewicht) adsorbiert. Die Restlösung ergab 1: 100 К = 0,0307 und enthieit
0,0082g auf 5ocm; Kat.f. = 1872,0; Gesamttrockengewicht 1,4762.
Das Adsorbat wurde in Wasser aufgeschwemmt. Die Suspensicn
ergab 1: 5000 K = 0,0044 und enthielt auf б ссп 0,1321 g. Die Aktivitä
der adsorbierten Trockensubstanz stellt sich somit auf Kat.f. = 3761.9.
Vorher waren vier verschiedene Lösungen von Na,HPO, und zwar:
1. 0,424-, 2. 0,212-, 3. 0,042- und 4. 0,04proz., zubereitet worden. Die
Acidität derselben hatte folgende Werte:
оаа в ра
ee | se | вм 1 seo
50 ccm der Adsorbataufschwemmung wurden 10 Minuten mit den:
gleichen Volumen der obengenannten Lösungen geschüttelt, hieraui
zentrifugiertt und mit CH,COOH bis auf ein Volumen von 100 een
neutralisiert. Die — en unmittelbar darauf:
МИЕ СЕУ ПЕ _ L рари
Kı. Ki:100 = | 00771 | 0,0329 0,0025 |
Wie ersichtlich, ist die eluierte Menge Aktivität von der Phosphat-
menge deutlich abhängig. Auf die Aktivität des Adsorbats beträgt sie.
ausgedrückt in Prozenten:
Proz. | Proz. Proz. Proz.
01 a9 | 27 | 18
Nach 96stündiger Dialyse erhielt ich folgende Werte:
Күй: See re ee
Trockengewicht auf Beem in g.
Kalle: у aan a E
Zur Kenntnis der Katalase usw. 341
Versuch 7.
Nach der üblichen Extraktion und fraktionierten Fällung mit Alkohol
wurde eine Schüttellösung von 600 ccm erhalten, welche 0,0240 g/5 cem
enthielt und 1: 5000 К = 0,0063 ergab; Kat.f. = 6562,5. Gesamttrocken-
gewicht 2,88g. Dieses wurde mit 300 com Kaolin-Suspension = 41,034 g
Trockengewicht adsorbiert.
Die Restlösung enthielt insgesamt 1,062 g inaktive Trockensubstanz.
Die Elution wurde mit 0,846proz. Phosphat vorgenommen. Diese
betrug 700 ccm. Die Lösung ergab unmittelbar Ку: = 0,0147 und ent-
hielt 0,0431 g/5 ccm. Nach 48stündiger Dialyse wurden E, iooo = 0,0103
und 0,0041 g/5ocm erhalten. Kat.f. = 12561,0 und nach 120stündiger
Dialyse E, „оо = 0,0090 und 0,0018 5/5 ccm; Kat.f. = 25000,0.
Das Präparat mit Kat.f. = 25000,0 wurde auf Aschen- und Eisengehalt
sowie Stickstoff untersucht. Aschengehalt 12,09 Proz., Eisengehalt
4,12 Proz., Stickstoffgehalt 12,94 Proz.
Inaktivierung bei den Dialysen.
Elution nach 48 Stunden . . . . ' 29,93 Proz.
, , 10, ‚... "3818
Daß diese Inaktivierungen, im Vergleich zu den vorhergehenden
gering sind, dürfte darauf beruhen, daß es bedeutend leichter ist, die Kaolin-
elutionen vollkommen klar zu erhalten, was demgegenüber mit den Al(OH);-
Adsorbaten, auch bei Anwendung von Kieselgur beim Filtrieren, fast
unmöglich ist, da das Adsorbens in alkalischer Lösung in kolloidale Lösung
übergeht. Später tritt eine sehr unbedeutende Fällung ein, die jedoch
ein wenig adsorbiertes Enzym enthält.
Ша. Der Eisengehalt hochaktiver Katalasepräparate.
Die Enddialysen aus den oben beschriebenen Reingewinnungs-
versuchen bestanden aus klaren Lösungen, die jedoch nach und nach
etwas mehr kolloidal wurden, um zuletzt Fällungen abzusetzen. Der
Rückstand nach der Verdunstung bestand aus einer hornartigen, grünen
Substanz.
In den Versuchen 3, 5 und 7 wurden die Endprodukte auf Aschen-
und Eisengehalt untersucht, außerdem ergaben die Adsorptionen in
Tabelle XVIII ein Gesamtpräparat, mit welchem dieselben Be-
stimmungen vorgenommen werden konnten.
Nach der Einäscherung auf dem Meckerbrenner in der Quarz-
schale verblieb ein bräunlich-weißer Rückstand. Dieser wurde mit
Biochemische Zeitschrift Band 171. 23
342 S. Hennichs:
KHSO, aufgeschlossen und dann der Eisengehalt nach Friedentkals
und Lachs’ oben zitierter kolorimetrischer Methode bestimmt!).
Warburg hat bei seinen Untersuchungen über die Oxydation der
Aminosäuren, wie ich bereits hervorhob, gefunden, daß Eisen in lebenden
Zellen und in Blutkohle einen Sauerstoffverbrauch von gleicher Größen-
ordnung pro Gewichts- und Zeiteinheit bewirkt, und er sieht in diesem
Umstand eine Stütze für seine Theorie über die Mechanik der Oxydations-
prozesse. Ferner hat Willstätier?) bei seiner ersten Untersuchung über
die Peroxydase die Eisengehalte der Präparate verschiedenen Reinheits-
grades studiert und aus der eventuellen Aktivität des vorhandenen
Eisens gewisse Schlüsse betreffs der Peroxydase als Eisenverbindung
gezogen, auf welche ich später zurückkommen werde.
Es war deshalb von großem Interesse zu sehen, in welcher Pro-
portion die Aktivität meines Präparats, auf die Eisenmenge als einzigt
aktive Gruppe gerechnet, zu diesen bereits vorhandenen Werten stehen
würde.
Warburg drückt seine Aktivitäten in folgenden Dimensionen аш:
cmm O,/mg Fe . Stunde.
Die höchste Aktivität beim Eisen hat er bei dessen Katalyse der
Oxydation Cystein zu Cystin gefunden, und diese betrug in oben-
stehendem Maße):
400000 cmm O,/mg Fe . Stunde.
Der Berechnung der vorliegenden Größe für die Präparate, die
nach dem ÖObenstehenden auf ihren Eisengehalt geprüft wurden.
konnten die unmittelbar erhaltenen Ziffern nicht zugrunde gelegt
werden, da die Versuchszeiten nur 25 Minuten betrugen. Einfache
Aufproportionierung kann nicht vorgenommen werden, weil die Um-
satzkurve logarithmisch ist.
Aus dem Umstand, daß, wie Tabelle I, S. 319, zeigt, die Reaktions-
konstante innerhalb weiter Grenzen unabhängig von der Substrat-
konzentration ist, kann man annehmen, daß die ursprüngliche Normalität
H,O,bei den Versuchen, bei denen die Aktivität des genannten Präparat
bestimmt wurde, 0,01 betrug. Mit der bekannten Aktivität, dem Trocken-
gewicht Enzym auf 50 ccm Reaktionsmischung sowie der Ausgang*
normalität kann die Normalität H,O, in der Reaktionsmischung nad
60 Minuten berechnet werden.
1) Siehe S. 320.
2) Willstätter, Liebigs Ann. 416, 21; 422, 47; 480, 269.
3) Diese Zeitschr. 152, 481, 1924.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 343
Mit Hilfe der Anfangs- und Endkonzentration führt weiter eine
ıinfache Rechnung zu dem entwickelten Sauerstoffvolumen. Dasselbe
wird seinerseits mit dem Produkt der zu 50 ccm Reaktionsmischung
sugesetzten Enzymmenge und deren entsprechendem Prozentgehalt
Eisen dividiert.
Die Tabelle XIX enthält die Primärzahlen und das Resultat dieser
Berechnungen.
Tabelle XIX.
МГ Trockengewicht |
Aktivität in 50 sem Reaktionsailschuug Eisengehalt cmm Oa/mg Fe . Stunde
e a nen aa Proz.
101137 ` 0,000 004
11 444 4 0,000 003 6
10 875,0 0,000 000 8
‚000 0,000 000 36
Auffällig ist der relativ übereinstimmende Eisengehalt bei den
verschiedenen Präparaten, obgleich dieselben auf ziemlich getrennten
Wegen erhalten wurden.
Die berechneten Umsätze in der letzten Kolumne stellen betreffs der
Größe eine gute Illustration über die erreichten Aktivitäten der besten
Präparate dar. Dieselben übertreffen Warburgs entsprechende Zahlen um
einige hundert Male. Da sich der absolute Umsatz auf diese Dimensionen
beläuft, verschwindet hierbei das Verhältnis zwischen zugesetzter
Enzymmenge und entsprechend zugesetzter Eisenmenge, weshalb diese
Ziffern, wie es bei Willstätter der Fall ist, weder für noch gegen die
Annahme des Eisens als einziger aktiver Gruppe im Enzym Katalase
sprechen.
Willstätter und Stoll gelangen in der ersten Abhandlung über
Peroxydase zu recht hohen Eisengehalten. Wenn auch der Eisengehalt
mit dem Reinheitsgrad steigt, lassen die Verfasser doch die Frage des
Eisens als die aktive Gruppe offen, da der Umsatz, auf das vorhandene
Eisen gerechnet, unwahrscheinlich groß zu werden scheint. Die Ver-
fasser schreiben über diesen Umstand wie folgt!):
„Unter der Voraussetzung, organisch gebundenes Eisen sei der
Träger der peroxydatischen Wirkung, treffen bei einem Präparate von
der Purpurogallinzahl 700 und dem Eisengehalt 0,5 Proz. bei einer
Hydroperoxydkonzentration von 1:40000 in 5 Minuten auf 1 mg Fe
an gebildetem Purpurogallin 140000 mg. Nimmt man an, die Bildung
des Purpurogallins (С,,Н,0,) erfordere 2%, bis 3 Mole Hydroperoxyd,
so würden auf 1 А+. Fe in einer Sekunde 297 bis 355 Mole Hydro-
peroxyd umgesetzt werden. Das ist ein außerordentlich hoher Wert für
1) Willstätter und Stoll, Liebigs Ann. 416, 62, 1918.
23%
344 S. Hennichs:
die Umsetzungsgeschwindigkeit, namentlich in Anbetracht der geringen
Konzentration des Hydroperoxyds und der komplizierten Oxydations-
reaktion. Diese Betrachtung macht den stöchiometrischen Anteil de
Eisens sehr unwahrscheinlich.“ i
In seiner späteren Abhandlung findet Wilstätter bedeutend weniger
Eisen in Präparaten mit höherer Peroxydasewirkung.
Berechnet man die Aktivität bei meinem besten Präparat in dr
obenstehenden Tabelle XIX nach Willstätters Prinzip, so erhält man
186,05 Mol. H,O,/Atm. Fe . Sekunde.
Da der Eisengehalt im vorliegenden Präparat bis zu 4,12 Proz.
beträgt, darf ein Umsatz von den oben angegebenen Dimensionen als
wahrscheinlich angesehen werden können. Auch wenn die aktive Gruppe
der Katalase aus etwas anderem als Eisen bestehen würde, werden die
auf diese Gruppe gerechneten Umsätze eine entsprechende Höhe er-
reichen.
II b. Versuche über die Inaktivierung mit Salzsäure und Abdialysieranz
von eventuell gebildetem Eisenchlorid.
Um zu ergründen, ob die Katalase, soweit sie eine Eisenverbindung
ist, mit Säuren gespalten und dann durch Zusatz von neuem Eisen
regeneriert werden kann, wurde folgender Versuch ausgeführt:
Boom Enzymlösung, Kat.f. = 8500,0, mit dem Gehalt von
0,000 45 р Trockensubstanz wurden 0,öccm 0,1п HCl zugesetzt.
Hierbei verschwanden 97,6 Proz. der Aktivität. Nach der Dialyse konnte
jedoch auch bei Anwesenheit von Eisensalzen keine Regeneration der
Aktivität vermerkt werden. Die Salzsäure kann aber eine zu starke
Einwirkung auf die aktiven Gruppen des Enzyms ausgeübt haben, um
die Wiederherstellung der Aktivität zu ermöglichen.
Ше. Das Verhalten des Enzyms Katalase zu Eisensalzen.
In meiner ersten Veröffentlichung beschäftigte ich mich etwas
mit dem Verhalten des Enzyms zu Eisensalzen, und zwar um eine
Aktivierung mit denselben sowie mit Mangansalzen zu bewirken. Zu
diesem Zeitpunkt waren mir die Arbeiten, die G. Lockemann, Thie,
Wichern’), Farve?) und Santesson?) ausgeführt haben, noch nicht bekannt.
1) @. Lockemann, Thies, Wichern, Zeitschr. f. physiol. Chem. 58, 3%
1909.
2) Farve, diese Zeitschr. 88, 32, 1911.
3) Santesson, Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm. 59, suppl., 469, 1908:
Skand. Arch. f. Physiol. 28, 99, 1909; 82, 405, 1915; 88, 97, 1916; 89, 132,
1920; 89, 236, 1920; 42, 129, 1922; 44, 262, 1923.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 345
Farve faßt die Resultate Lockemanns, Thiers und Wicherns folgender-
maßen zusammen:
„Erstens: Die hemmende Wirkung der Eisensalze äußert sich je nach
der zur Katalaselösung hinzugefügten Menge dieser Salze in eigenartiger
Gesetzmäßigkeit. Bei Vergrößerung der Menge wächst auch die hemmende
Wirkung auf das Ferment fast bis zur vollkommenen Inaktivierung des-
selben. Setzt man zu solch einer Mischung Weasserstoffsuperoxyd, во
wird dasselbe nur in sehr geringer Menge zersetzt. Darauf äußert sich bei
weiterer Erhöhung des Eisengehalts wiederum die katalytische Wirkung
in wachsender Intensität.
Zweitens: Diese Erscheinung ist um so bemerkenswerter, als diese
Eisensalze an und für sich katalytische Fähigkeit besitzen und man glauben
sollte, daß zwei Katalysatoren — das Eisensalz und die Katalase — in
einer Mischung den Effekt erhöhen müßten; allein sie wirken hemmend
aufeinander.“
„Die Oxydsalze wirkten bei gleicher Eisenkonzentration im Versuch
stärker katalytisch und hemmten die Katalase stärker als die Oxydulsalze.“
Farve und Santesson machten ähnliche Erfahrungen. Ferner hat
Wieland in einer kürzlich erschienenen Abhandlung!) die Aktivität der
Eisen-Ammoniak-Alaunlösung gegenüber H,O, studiert, sowie das Ver-
halten der Reaktion zur Blausäure, worauf ich im nächsten Kapitel zurück-
kommen werde. |
Spring?), der Entdecker der beschriebenen Aktivität der Eisensalze,
schreibt dieselbe dem durch Hydrolyse gebildeten Hydrat zu. Bredig?)
sieht dagegen die Bildung einer Verbindung zwischen H,O, und Eisen
bzw. Eisenhydrat als das Prinzip der Tätigkeit an.
Duclaux*) wiederum schreibt die Aktivität den nicht hydrolysierten
Eisenionen zu. Manchot’) hat sich über die Bedeutung des Eisens bei den
Oxydationsprozessen orientiert. Wieland schließt sich Bredigs Auffassung an.
Die Frage ließe sich untersuchen, wenn der Grad der Hydrolyse und
die Aktivität bei verschiedenen pp bestimmt würde, das Wahrschein-
lichste ist aber wohl die Bildung einer Verbindung in vollständiger
Analogie mit den Enzymreaktionen und anderen Katalysereaktionen
wie die Hydrolyse von Estern®).
IVa. HCN-Vergiftung der hochnktiven Präparate.
Das Verhalten des Enzyms Katalase zur Blausäure ist von
mehreren Forschern behandelt worden, so unter anderen von Sentier"),
Rona, Fiegel und Nakahara®) und zuletzt von Wieland.
1) Wieland, Über den Mechanismus der Oxydationsvorgänge IX.
Liebigs Ann. 445, 181, 1925.
2) Spring, Bull. de ГАсаа. roy. а. Sc. de Belg. (3) 80, 32, 1895.
з) Bredig, Zeitschr. f. physik. Chem. 81, 279f., 1899.
4) Duclaux, С. r. de l’ Acad. а. Sc. 145, 802, 1907.
5) Manchot und Herzog, Zeitschr. f. anorg. Chem. 27, 397, 1901; Manchot
und Wilhelms, Ber.d.d.chem. Ges. 84, 2479, 1901; Manchot, Liebigs Ann.
825, 93, 1902.
6) K. б. Karlsson, Inaug.-Diss. Stockholm 1925.
?) Senter, Zeitschr. f. physik. Chem. 44, 257, 1903; 51, 673, 1905.
3) Rona, Fiegel und Nakahara, diese Zeitschr. 160, 272, 1925.
346 ` 8. Hennichs:
Das gesamte Problem betreffs des Einflusses der Stoffe auf die
Katalasewirkung muß jedoch von einem neuen Gesichtspunkt ap
erforscht werden, nämlich hinsichtlich des Einflusses der Wasserstoff.
ionenkonzentration auf die Salzwirkung. Die Beachtung der Aciditit
bei Vergiftungsversuchen wurde durch die Versuche von Eulers uni
Myrbäcks!) von großer Bedeutung.
Die Frage des Verhaltens der Blausäure zur Katalase wurde wieder
aktuell, nachdem, wie in der Einleitung hervorgehoben, Warburg bein
Aufstellen seiner Oxydationstheorie HCN als spezifischen Vergifte
aller Katalysatoren zu Oxydationsprozessen hinstellt. Hierbei muß
man wieder auf das sehr verschiedenartige Verhalten des Enzyms in
vivo und in vitro Rücksicht nehmen. Nach Dunker und Jodlbauer’ is
die Empfindlichkeit für Blausäure im ersteren Falle bedeutend geringer
als im letzteren.
Alle Versuche, durch Vergiftung der Katalase eine Anhäufung
von H,O, in irgendeinem Gewebe zu bewirken, scheinen mißglückt
zu sein; dies kann jedoch die Theorie, H,O, sei ein intermediäre
Produkt bei der Oxydation, ebensowenig abschwächen, wie der Umstand,
daß man Formaldehyd als erstes Produkt bei der Assimilation nicht
hat nachweisen können, die diesbezügliche Theorie anzugreifen nicht
imstande ist.
Ме Leod und Gordon?) haben dagegen ermittelt, daß (anaerobe)
Pneumokokken, welche von Katalase frei waren, H,O, bei Anwesenheit
von Sauerstoff bilden.
Auf diesem Gebiete hat ferner Warburg fi eine kleinere Untersuchung
gemacht.
Der Reinheitsgrad eines Enzyms ist natürlich von allergrößte
Bedeutung für das Resultat einer Vergiftungsuntersuchung, und im
allgemeinen sieht man die Reversibilität und zeitliche Unverändenlich-
keit der Vergiftung als die Kriterien eines hohen Reinheitsgrades an.
ebenso wie es selbstverständlich ist, daß die Menge des Vergifters in
angemessenem Verhältnis zur Enzymmenge steht. sSenter5) war der
erste, welcher eine Größenordnung der Vergiftung für Blutkatalas
aufstellte. Die folgende Tabelle gibt die Ziffern hierüber in bearbeiteter
Form wieder.
1) von Huler und Myrbäck, Svensk. kemisk tidskrift, Dec. 1922;
Zeitschr. f. physiol. Chem. 125, 297, 1923; Myrbäck, Svenska Vet. ak.
ark. 8, Nr. 29 und 32.
2) Dunker und Jodibauer, diese Zeitschr. 88, 253, 1911.
з) Mc Leod und Gordon, Biochem. Journ. 16, 499, 1922; Joum. d
Path. and Bact. 26, 332, 1923; 28, 155, 1926.
4) Warburg und Т. Uyesugi, diese Zeitschr. 146, 486, 1924.
5) Senter, Zeitschr. f. physik. Chem. 44, 307, 1903.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 347
Erforderliche Zeit Erforderliche Zeit
rege Vergiftungs- en Vergiftungs»
К für fü
Ы es SOpros. Umsatz gad Ү, ON soproz. Umsatz sad Yı
Minuten Proz. S Minuten Proz. WW
= 40 = wm ` 111 | 63,96
| 38,46 en 188 ' 7872
Eine ähnliche Untersuchung mit Hämaselösung ergab!):
Vergiftungs- Vergiftungs:
в. ем HCN Reaktionskonstante ı grad Үз jP- 17 HCN Reaktionskonstante grad Y:
z | | Proz. NN Е Proz. E
= Е 001733 | — 20 7 00062 64,16
o8 0.0119 31,21 40 0,0040 16,88
Es folgt ferner ein Referat über Ikedas Untersuchung über die
entsprechende Empfindlichkeit der Platinkatalyse 2).
п.10-6 НСМ X3
КИ Erforderliche Zeit ee
für einen 50proz. Umsatz Vergiftungsgrad Үз
Minuten Proz.
= 7,5 =
0,05 15,4 51,30
4.00 22,0 65,91
Die Tabelle veranschaulicht, daß der Vergiftungsgrad von der
Reinheit des Enzyms abhängig ist; in welchem Grade dies der Fall
ist, geht aus den Versuchen nicht hervor, da die Aktivitäten unbekannt
sind. Bemerkenswert ist ferner, daß die Empfindlichkeit des Platins
um so viel stärker ist als die des Enzyms (в. Abb. 1 auf S. 350).
Außerdem stellt Senter die Vergiftung bei Durchlüftung einer
Mischung von Enzym und Blausäure als reversibel fest. Dieses habe
ich bei meinen Präparaten gleichfalls konstatiert.
10 ccm Enzymlösung, Kat.f. rund 8000, welche 1:3 К = 0,0340
ergab, wurden mit 10 ccm HCN-Lösung und 10 ccm Phosphatpuffer
Pu == 6,80 gemischt.
Von dieser Lösung erhielt ich hierbei X = 0,0059, nach 2 Stunden
Durchlüftung K = 0,0152 und nach 31/4 Stunden nem
K = 0,0339, also volle Regeneration?).
Wieland weist dagegen in seiner letzten Abhandlung das entgegen-
gesetzte Resultat nach, er führt diesen Umstand jedoch auf eine andere
1) Senter, Zeitschr. f. physik. Chem. 44, 309, 1903.
2) Zeitschr. f. physik. Chem. 44, 310, 1903.
3) HCN bestimmte ich nach Volhard. Es wurden jede Woche neue
Lösungen bereitet, da die Giftwirkung derselben mit der Zeit abnimmt.
348 S. Hennichs:
Ursache zurück, nämlich die, daß das Enzym in der zur Anwendung
kommenden, starken Verdünnung schon allein durch die Schüttelung.
die der Luftstrom bewirkt, inaktiviert wird.
Nebenbei konstatierte er, daß die Giftwirkung geringer wird, жеш
man einer bestimmten Enzymlösung HCN-Lösung zusetzt und mar
dann entweder vor oder nach der Inkubationszeit mit H,O verdünnt.
Wieland zieht hieraus den Schluß, daß die Blausäurevergiftung
der Katalase ausschließlich eine Adsorptionserscheinung ist.
Die Grenze zwischen Adsorptionsverbindung und chemischer Ver-
bindung ist bekanntlich dehnbar. H.von Euler äußert sich in dieer
Angelegenheit wie folgt:
„Die Adsorption ist im Wesentlichen ein chemischer Vorgang, d. h. er
wird durch die allgemein gültigen chemischen Gleichgewichtskonstanten
und durch die Lösungstensionen (Zersetzungsspannungen) im Sinne der
Nernstschen Theorie geregelt!).‘“
Warburg erklärt ebenfalls, daß die Vergiftung von Oxydations
prozessen mit Blausäure nicht durch die Bildung einer chemischen
Verbindung zwischen Eisen und Blausäure bedingt ist, sondern durch
eine losere adsorptive Verbindung.
Die Abhängigkeit von der Verdünnung, die Wieland bei der ge-
nannten Vergiftung konstatierte, kann bei der Annahme, daß de
Inaktivierung durch chemische Bindung zustande kommt, auf Hydro-
lyse dieser Verbindung zwischen Vergifter und Enzym zurückgeführt
werden, weshalb sich jeder Gedanke an losere adsorptive Bindungen
erübrigt. Dasselbe Phänomen liegt ja auch bei der Spaltung von BA),
mit Eisensalzen und der Vergiftung dieses Katalysators mit Blausäur
vor. Senter machte ferner die Erfahrung, daß die Blausäurevergiftung
von der Inkubationszeit abhängig ist. Wurde H,O, mit HCN gemischt
und Blutlösung zugesetzt, so war weniger Zeit für 50 Proz. Umsatz
erforderlich, als wenn man HCN und Blut mischte und die Mischung
nach 1, Stunde auf ebendieselbe Menge H,O, einwirken ließ.
Meine eigenen Enzymlösungen weisen dieselbe Eigenschaft auf,
jedoch in bedeutend geringerem Grade.
Die obige Enzymlösung, welche 1:3 K = 0,0340 ergab, wurde in
gleichem Grade, aber mit derselben Menge HCN-Lösung verdünnt.
Sie ergab hierbei K = 0,0059. Das Enzym hatte somit eine Vergiftung
von 82,65 Proz. erfahren. Aus der Tabelle ХХ ist ersichtlich, daß ein
Regeneration der Aktivität mit der Zeit nicht vor sich geht, sondem
daß sich im Gegenteil ein langsames Abnehmen derselben gelted
macht. Ebensowenig konnte eine Aktivität durch Zusatz von De
— — — — —
1) H. von Euler, Chemie der Enzyme 1, 85.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 349
salzen zur Lösung bewirkt werden, was ebenfalls aus dem in der
Tabelle XX aufgezeichneten Versuch hervorgeht.
Tabelle ХХ.
Zeit nach Herstellung | u
der Mischung Reaktionskonstante Anmerkungen
2 абва. ВЕ ЕЕ. ПИ 2
0 0,0059 |
4 0,0054 |
22 0,0046 Mit 0,000 003 58 n FeCl, К = 0,0048
27 0.0042 |
Rona, Fiegel und Nakahara (1. с.) konstatieren dagegen die Vergiftung
während des Verlaufs der Reaktion als reversibel.
IVb. Die Abhängigkeit des Vergiitungsgrades von der Aktivität und dem
Eisengehalt bei hochaktiven Katalasepräparaten.
Die ursprüngliche Lösung für die erste Adsorption in Tabelle XVIIIa
auf S. 336 hatte anfangs eine Aktivität von 862,6. Eine Serie von Ver-
giftungsversuchen hiermit ergab folgendes Resultat:
Tabelle XXI.
Kat.f. = 862,6. |
Lummen) б шшк (reel, nen) Setz | "ны
= 0044 — 4,557 0,0153 | 6392
1,519 0.0263 37,97 6,076 0,0102 75,94
3,038 0,0184 | 5660
Am nächsten Tage war etwas von der Trockensubstanz gefällt,
nach Abfiltrieren derselben zeigte es sich, daß die Aktivität auf 1137,8
gestiegen war, und daß sich damit die Empfindlichkeit für HCN ver-
ändert hatte.
Tabelle XXII.
Kat.f. = 1137,8.
— — — — — — ————— — —— — —
а.10-6 НСМ | Konstante | И Е 10-6 HCN | — | ташыр
= 0,0219 = 4,557 0,0056 74,43
1,519 0,0115 47,49 6,076 0,0039 82,19
3,038 0,0087 60,27
Unmittelbar nach der später vorgenommenen Kaolinadsorption
und Elution wurde eine neue Serie von Versuchen vorgenommen, die
ergaben, daß die Empfindlichkeit weiter gesteigert war.
350 S. Hennichs:
Tabelle XXIII.
Nach der Elution.
Reaktions, | Vergiftungsgrad = | Reaktions» Vergiitungsgai
a. 10-6HCN] en | Proz. п.10-°НСМ konstante Proz.
Pm `
1 0,0338 | — 11392 | 00168 50,30
03797 | 002% 12,43 30380 | 0,0035 8964
07595 0,0955 24.56
Nach der Dialyse, während welcher die Aktivität der Tabele
gemäß um 25,0 Proz. sank, wurde die Beobachtung gemacht, daß auch
der Vergiftungsgrad gesunken war. Dies dürfte sich folgendermaßen
erklären lassen, nämlich in der Annahme, die Vergiftung komme durch
chemische Bindung der aktiven Gruppe und der Blausäure zustande,
diese Gruppe, auch nach der Inaktivierung, fortgesetzt HCN bindet
und somit für denselben prozentualen Vergiftungsgrad eine größer
Menge HCN erforderlich ist.
Die Vergiftungsserie für die dialysierte Enzymlösung_ erhielt
folgendes Aussehen:
Tabelle XXIV.
Kat.f. = 8086,0.
п.10-6НСМ | Reaktions» Vergiftungsgrad n.10-$6HCN Reaktions» Vergies
konstante Proz. konstante Pros.
= 0,0345 | = 1,9288 0,0132 61.74
0,4822 00338 | 203 4.8220 0.0068 |. 8174
Das beifolgende Diagramm (Abb. 2) enthält die Kurven für de
verschiedenen Vergiftungen der diesbezüglichen Enzympräparate.
100 PS
80 o
y 80 N
46
©,
3,60 5
5 So
X yo ©
D S
xX
20
d
0 у 8_„2 6 д2
n-10 HCN
Abb. 1. I. Senters Blutkatalase. Abb.2. L Kat.f. = 862.0.
П. Senters Hämase. П. Kat. = 11378
III. Ikedas Platin. ПТ. Nach der Flution.
IV. Kat.f. = 9086,0.
Eine ähnliche Vergiftungsuntersuchung mit den anderen Adsorp
tionslösungen ergab folgende Zahlen:
Zur Kenntnis der Katalase usw. 351
Tabelle XXV.
n.10-6 HCN | Reaktions: Айы арын „10-6 HGN — | Vergiftungsgrad
I. Ursprüngliche Lösung, Kat.f. — 1365,0.
Sg 0,0435 | — 4822 : 0,0086 80,23
0,9644 0,0270 | 37,93 12.065 | 00018 ` 9586
1.9288 00175 | 59,77 | |
II. Nach Adsorption und Elution.
— | 00388 | — 0,4822 00117 | 69,85
0,2440 00251 | 3531 0964 | 00019 | 9510
III. Die dialysierte Lösung, Kat f. = 22 250,0.
= 0,0634 — 0,9644 0,0247 ' 83,75
0.4822 , 0.0327 38,76 48220 : 00065 | 8783
100
Å |u HH
Д —
KÉ
Vergiltu
6 7
n:10°° HON
Abb. 3. І. Katf. = 1365,0; II. Nach der Elution; Ш. Kat, = 22250,0.
Der Vergiftungsgrad ist somit in keinem höheren Maße von der
Aktivität abhängig. Es ergab sich ferner, daß die Empfindlichkeit
meiner Präparate gegenüber Blausäure kaum viel größer ist als z. B. die-
jenige der Präparate Senters, obwohl die letztgenannten eine bedeutend
geringere Aktivität aufweisen.
Das Verhältnis zwischen den Eisengehalten im Ausgangs- und
Endpräparat ist nach meinen Ausführungen 1:1,55. Die Aktivierung
betrug im ersten Falle 1: 9,37. Die Reaktionskonstante belief sich auf
0,0424 im ersteren Falle und 0,0345 in der Endlösung. Die Verhältnisse
der Eisenmengen zueinander sind somit:
NËT Aan = 7,48
1,55 0,0345
Bei der ersten Lösung ist 40 Proz. Vergiftung in etwa 1,6 . 1076 п
HCN und bei der letzten in etwa 1,0 . 10-6 п HCN eingetreten. Die
Blausäuremengen verhalten sich somit zueinander wie 1: 1,6.
Im letzten Versuch verhalten sich die Eisenmengen wie 1: 8,57
und die Normalitäten Blausäure für 40 Proz. Vergiftung waren
1,0.10—6 und 0,5. 1076.
352 S. Hennichs:
Die höchstaktive der obengenannten Enzymlösungen enthielt 0,0006;
Trockensubstanz auf 1Occm und ergab 1:25 К = 0,0534, hieraus hatt
= 22250,0. Zu 50ccm Reaktionsmischung wurden also 2,4. 107° g Trocken-
substanz oder 8,81 . 10"°g Eisen verwendet. Zur 50 proz. Vergiftung
dieser Menge war 10-°n HCN nötig = 1,351.10— $. Die Größenordnung
der Gewichtsmenge ist also für Enzym und Blausäure ungefähr die gleiche.
Für den Warburgschen Satz, daß die Wirkung der Blausäure in
der Bindung des katalytisch wirkenden Eisens besteht, bilden die hier
beschriebenen Versuche über Katalase jedenfalls keine Stütze.
V. Vergleichende Oxydationsversuche mit Alanin und Kohle als Katalysator.
Nachdem Zhrlichdie nach ihm benannte Aminosäuregärung entdeckt
hatte, bei welcher die Aminosäuren Kohlensäure und Ammoniak unter
Bildung von Alkoholen mit der nächstniedrigen Anzahl von Kohlen-
atomen abspalten, zeigte eine Serie Untersuchungen!), daß dasselbe Sub-
strat beim Stoffwechsel in den Organen der Säugetiere Fettsäuren mit
einem Atom Kohle weniger liefert. Dies ist also ein rein oxydativer Prozeß.
О. Neubauer und Fromherz?) haben sich deshalb den experimentellen
Beweis zur Aufgabe gemacht, daß ein und derselbe Ingreß in beiden
Fällen vorliegt, nämlich die intermediäre Bildung der der Aminosäure ent-
sprechenden Ketonsäure. Веі der Gärung mit anwesender Phenylaminoessig-
säure gelang es diesen Forschern, auch Phenylglyoxylsäure, Benzylalkobol,
l-Mandelsäure und 1-Acetylphenylaminosäure als Produkte zu entwickeh.
Benzaldehyd konnte dagegen nicht nachgewiesen werden. Die Bildung von
Kohlensäure aus der entsprechenden Aminosäure geht also in zwei Prozedure:
vor sich: Ammoniakabspaltung und Oxydation, und Neubauer veranschar-
licht, daß die letztgenannte der ersteren unter gleichzeitiger intermediäre!
Bildung des Hydrate zur Aminosäure nach folgendem Schema vorausgelt:
Ce Hs y Г"
F он
с tos c< = CO Lt NR
NH, “мн,
0,H со,н COH
Eine weitere Stütze für diese Auffassung erblickt Neubauer in dem
Umstand, daß p-Oxyphenylpyrotraubensäure vergärbar ist. Dieser Prozeĝ
setzt sich aus Kohlensäureabspaltung und Reduktion zusammen, und ds
diese Reaktionen in der soeben genannten Ordnung einzutreten scheinen,
stellt also Aldehyd das Zwischenprodukt dar.
Neubauer vergleicht darauf den Abbau der Aminosäuren einerseits
mit Hilfe von Hefe, andererseits mit Hilfe von organischem Gewebe von
höherstehenden Tieren, und behauptet, daß der Reaktionsmechanismw
völlig analog ist. Der Unterschied besteht nur darin, daß Hefe ihren ge-
bildeten Aldehyd reduziert, während tierisches Gewebe ihn über die ent-
sprechende Säure weiter oxydiert.
1) Literatur bei O. Neubauer, Deutsch. Arch.’f. klin. Med. 95, 211. 1909.
2?) Neubauer und Fromherz, Zeitschr. f. physiol. Chem. 70, 326, 1910/11.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 353
In beiden Fällen führen die Nebenreaktionen zu Alkoholsäuren und
acetylierten Aminosäuren.
Fromherz hat in einer späteren Abhandlung!) über Fütterungsversuche
an Hunden in allen wesentlichen Teilen Neubauers oben angeführtes
Umsatzschema bestätigt.
In seinen drei letzten Abhandlungen ‚Über den Mechanismus der
Oxydationsvorgänge VII, VIII und IX“ widmet sich Wieland?) dem
Studium der Oxydation der Aminosäuren.
Eine zentrale Rolle bei dem biologischen Abbau im Organismus wurde
der Brenztraubensäure zugeschrieben. Teils ist sie nach Embdens Unter-
suchungen ein Zwischenglied bei der Oxydation des Kohlehydrats zu Milch-
säure, teils bildet sie sich über die Fumarsäure-Apfelsäure-Oxalessigsäure
aus Bernsteinsäure, welch letztere ein wichtiges Zwischenprodukt bei dem
allgemeinen Stoffwechsel darstellt.
Ferner wird Brenztraubensäure teils durch Desaminierung von Alanin
und teils aus Asparaginsäure über Oxalessigsäure gebildet.
Als nächstes Gliedim Stoffwechsel hat C. Neuberg für das Pflanzen-
gewebe das Enzym Carboxylase als Aktivator gefunden, und für animalisches
Gewebe befanden Beth und H. von Fuler?) dasselbe Enzym als wirksam.
Wieland studierte aus diesem Grunde die decarboxylierende Wirkung
näher bei nichtenzymatischen Katalysatoren (Palladiumschwarz und
Cellulosekohle) mit Ketonsäuren, wie Brenztraubensäure, Oxalessigsäure
und Phenylbrenztraubensäure als Substrat.
Wieland beobachtete hierbei, daß die Ketonsäuren einer Decarboxylierung
mittels der genannten Aktivatoren in nennenswertem Grade nicht unter-
worfen sind, während dagegen bei Oxalessigsäure Ketonspaltung mit großer
Geschwindigkeit hervorgerufen wird. Betreffs des Mechanismus bei der Selbst-
oxydation hält er die intermediäre Bildung eines Peroxyds für wahrscheinlich.
RC—COOH - RC COOH > RCO.OH+CO,
| С |
O O
>
O
Es erwies sich, daß die Decarboxylierung der Brenztraubensäure bei
der Anwesenheit von Sauerstoff bedeutend schneller vor sich geht, und zwar
sowohl bei Versuchen mit Pd als mit Kohle als Katalysator.
In seiner zweiten diesbezüglichen Mitteilung studiert Wieland zusammen
mit Bergel*) hauptsächlich die Oxydation von Alanin mit molekularem
Sauerstoff und Kohle als Katalysator.
Nach einer kleinen Orientierung über die gebildete Menge Kohlensäure
mit wechselnden Mengen Substrat und Katalysator sowie verschiedenen
Versuchszeiten diskutieren die Verfasser den Reaktionsverlauf und entdecken,
daß zwei Reaktionen nebeneinander verlaufen, nämlich:
I. CH,CH.CO,H + О = CH,CHO + CO, + NH,;
NH,
П. CH,CHCO,H + О, — CH, CO, Н + CO, + NH.
NH,
1) Fromherz, Zeitschr. f. physiol. Chem. 70, 351, 1910/11.
3) Wieland, Liebigs Ann. 486, 229, 1924; 489, 196, 1924; 445, 181, 1925.
з) Beth und Н. von Euler, Zeitschr. f. physiol. Chem. 97, 311. 1916.
4) Wieland und Bergel, Liebigs Ann. 489, 196, 1924.
354 S. Hennichs:
Bei zwei Versuchen wurde eine vollständige Analyse der Reaktions-
produkte vorgenommen, wobei die Bildung nach obigen Formeln als sicher
festgestellt wurde. Nach Ausblasen der Kohlensäure in ein abgemessenes
Volumen titrierter Barytlösung wurde die zurückbleibende Reaktions-
mischung nach Zusatz von Phosphorsäure destilliert und darauf die Essig-
säure und der Aostaldehyd im Destillat acidimetrisch bzw. jodometrisch
bestimmt. Die Methodik ist zwar nicht besonders genau. Die Kohlensäure
verläßt die Reaktionsmischung beim Ausblasen sicherlich nicht vollständig,
und hierbei treten bestimmt Verluste sowohl an Aldehyd als auch Essigsäure
ein. Ebenfalls können bei der Destillation Verluste an diesen beiden letzt-
genannten Produkten eintreten. Nach der Beobachtung dieser Verfasser
hält die Kohle große Mengen an Reaktionsprodukten durch Adsorption
gebunden. Es scheint also recht schwer zu sein, eine unanfechtbare Ver-
suchsmethode herauszufinden.
Bei näherem Stadium der Reaktion erwies es sich, daß dieselbe, wie
so oft, in verschiedenen Phasen verläuft. Vieles spricht für die Bildung von
Iminosäure als intermediäres Produkt in Übereinstimmung mit folgender
Formel:
CH,CHCOOH-+O — CH,C.COOH+H,0->CH,CH+CO,
NH, H NH
+4,0
> CH,CHO + NH,
Die Decarboxylierung geht der Desamidierung voraus, denn aus
Brenztraubensäure wird nicht Aldehyd, sondern Essigsäure gebildet. Die
Bildung der Säure kommt dagegen über die Ketonsäure zustande.
Eine vollständige Oxydation liegt somit nicht vor, und selbst wenn
man mit den oben angeführten Formeln rechnet, erhält man nur Ausbeuten
an Kohlensäure von 6 bis 8 Proz. und Essigsäure- und Aldehydmengen,
welche 35 bis 40 Proz. derjenigen Quantitäten betragen, die den Kohlen-
säuremengen entsprechen.
Mit Asparagin erzielt man bedeutend bessere Ausbeuten.
In seiner letzten Abhandlung!) liefert Wieland außer einer Studie über
die Leberkatalase und deren Vergiftung einen Beitrag zur Kenntnis der
Einwirkung des Woasserstoffperoxyds auf organische Carbonsäuren,
der jedoch kein unmittelbares Interesse für die Problemstellung in meiner
vorliegenden Abhandlung erweckt.
Warburg gründet, wie früher in der Einleitung hervorgehoben,
seine Oxydationstheorie auf Experimente über die Oxydation der
Aminosäuren mittels molekularen Sauerstoffe, wobei Kohle und
organisches Gewebe die Vermittler sind. Er arbeitet anfangs mit
Cystin, was man leicht durch Kochen von Eiweiß mit starker Salzsäure er-
halten kann. Als Oxydationskatalysator wendeter Mercks Tierblutkohl
an. Für jeden Versuch werden etwa 1 g Kohle und 100 ccm 0,034 proz.
Cystinlösung benutzt2). Hierauf wird die Kohlesuspension mit einem
größeren Volumen Sauerstoff in Berührung gebracht und im Thermo-
1) Wieland, Liebigs Ann. 445, 181, 1924.
з) Dieses gilt für die Adsorptions- und Ausbeuteversuche. Beim
Studium der Kinetik kommen bedeutend kleinere Mengen zur Anwendung.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 355
staten geschüttelt. Da das Volumen des aufgenommenen Sauerstoffs
demjenigen der abgegebenen Kohlensäure nicht gleich ist, kann man
dem Verlauf der Reaktion dadurch folgen, indem man die Druck-
änderung mit Hilfe von Haldane- Barcrofts Blutgasmanometer studiert.
Später führt Warburg parallele Versuche aus, und zwar wird in dem
einen dieser Versuche die gebildete Kohlensäure durch Einführung von
Kalilauge in den Versuchskolben absorbiert.
Die Produkte dieser Oxydation sind nach Warburg dieselben wie in
Organen ; Kohle wird zu Kohlensäure oxydiert, Wasserstoff gibt Wasser,
Schwefel Schwefelsäure, und aus Stickstoff wird Ammoniak gebildet.
Die Reaktion ist jedoch niemals vollständig. Die Reaktionsgeschwindig-
keit stieg mit dem Sauerstoffdruck bis auf ein Maximum. Nach der
Reaktion kann Cystin nicht nachgewiesen werden. Wird Cystin aufs
neue zugeführt, beginnt die Reaktion mit ihrer Anfangsgeschwindigkeit.
Die Reaktion wurde ferner als monomolekular befunden, wenn
man mit dem Grenzwert als A in der Formel rechnet.
Durch Temperatursteigerung wird teils die Adsorptionsgeschwindig-
keit für den Sauerstoff erhöht und teils der Endwert verändert.
Ferner hat jede Kohlensorte ihre eigene Aktivität.
Es gelang Warburg, auf diese Weise andere Eiweißstoffe, wie
Tyrosin und Leucin, zu oxydieren, dagegen nicht Zucker, Fettsäuren,
Milchsäure oder Apfelsäure.
Daß Glukose nicht oxydiert, ist um so bemerkenswerter, da dieser
Stoff leicht oxydiert mit Alkalien, Kupfersalzen und kolloidalem
Palladium.
Kohle im gleichen Gewicht mit einer 1,7 . 107? mol. Cystinlösung
besitzt dieselbe Aktivität wie lebendes Gewebe.
Es ist eine bekannte Tatsache, daß Oberflächenkräfte chemische
Reaktionen in Gasen katalysieren können. So beschleunigen z.B.
Porzellan, Quarz und andere feste Körper die Knallgasreaktion. Dieselbe
Regel gilt für das obengenannte System in Lösung.
Die Aminosäuren und der Sauerstoff werden durch Adsorption
an Kohle aktiviert. Führt man der Lösung noch einen Stoff zu, so
wird dieser mit dem Cystin um den Adsorptionsraum an der Kohle
konkurrieren, und die Oxydation wird in solchem Grade gehemmt
werden, als es dem neu zugeführten Stoff gelingt, das Cystin zu ver-
drängen. Es gelang Warburg, dieses Verhalten experimentell zu be-
weisen. Bei Versuchen mit einer Serie von Narkotica wie Uretanen,
Ketonen, Nitrilen usw. ergab sich eine gute Parallele zwischen ver-
drängtem Cystin und Oxydationshemmung.
Nun besitzen wir aber in HCN ein spezifisches Gift für die Oxy-
dation. Mit Blausäure trat Hemmung bereits in so stark verdünnten
Lösungen wie 1 : 1000 bis 1: 10000 mol. ein, während es 1 bis 1: 10 mol.
356 S. Hennichs:
HCN bedarf, um eine Adsorptionsverdrängung entsprechend dem
Vergiftungsgrad in den erstgenannten Lösungen hervorzurufen.
HCN wirkt also durch elektive Verdrängung.
Als Erklärung für die Vergiftung stellt sich dieser Verfasser vor,
daß es in der Kohle aktive und inaktive Regionen gibt. Die aktiven
Regionen bestehen aus schweren Metallen, besonders Eisen, in irgend.
einer stickstoffhaltigen, organischen Verbindung. Wenn die Oxydation
in der Hauptsache zu den Eisenregionen hin lokalisiert ist, erklärt es
sich leicht, daß so kleine HCN-Quantitäten erforderlich sind, um
dieselbe zu inaktivieren. Der Verfasser meint hierbei nicht, daß Eisen
und Blausäure eine chemische Verbindung eingehen, sondern daß HCN
vom Eisen adsorbiert wird.
Mercks Blutkohle enthält pro Gramm Kohle 5 Millionstel Mol. Fe
und 3 Millionstel mol. Cu. Um deren Wirkung zu hemmen, bedarf e
10 Millionstel mol. HCN, also eine Quantität gleicher Größenordnung
wie die Eisenmenge.
Die Darstellung einer vollkommen eisenfreien Kohle ist praktisch
unmöglich. Wenn man Kohle mit konzentrierter HCl extrahiert, um
die schweren Metalle auszulösen, so verliert die Kohle infolgedessen
an Aktivität, und HCN hemmt die Reaktion bei der eisenarmen Kohle
nicht in ebendemselben Grade wie bei der eisenhaltigen.
Kohle aus kristallisiertem Zucker und extrahierte Kohle sind der
Autooxydation unterworfen; wogegen Blutkohle dank ihrer Salze ge-
schützt ist.
Kohle aus Benzoesäure enthielt 0,27 Millionstel Mol. Fe pro Gramm
Kohle, besaß das gleiche Adsorptionsvermögen wie Blutkohle, jedoch
nur ein Drittel der Aktivität derselben. Im allgemeinen verhielt es
sich во, daß die Aktivität der verschiedenen Kohlenarten vom Eisen-
gehalt abhängig war, sofern dieser einige Zehntel Milligramm pro
Gramm Kohle unterstieg.
Die Kohle selbst besaß der Prüfung gemäß nur den 500. Teil der
Aktivität des Eisens.
Werden eisenarme Kohlensorten mit Eisenlösungen getränkt und
geglüht, so erhöht sich deren Aktivität; Erhitzung ist hierzu absolut
notwendig. Wenn die Eisensalze der Reaktionsmischung nur zugesetzt
werden, wird keine Aktivierung bewirkt, sondern im Gegenteil Hemmung,
weil das Eisen an die Kohle adsorbiert wird und daher das Cystin
teilweise ausschließt. Diese Versuche sind, wie der Verfasser hervor-
hebt, ein schlagender Beweis dafür, daß Eisen bei dem vorliegenden
Oxydationsverlauf eine vorherrschende Rolle spielt, sowie für die
Aktivierung der reagierenden Stoffe durch Adsorption. Warburg
meint, daß der Sauerstoff hierbei an das Eisen und die Aminosäuren
an die Kohle adsorbiert werden.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 357
Diese Erfahrungen wendet Warburg nunmehr auf das organische
Leben an. Eisen ist bekanntlich für das organische Leben ein unent-
behrlicher Stoff. Zur Kultivierung von Zellen sind stets eisenhaltige
Nährlösungen erforderlich. Die Atmung an Zellen kann man direkt
mit der gleichen Methodik studieren, die bei den oben angeführten
Oxydationsversuchen zur Anwendung kam. Der Eisengehalt in den
Zellen ist sehr klein, vergleichende Versuche zwischen der Atmung von
Zellen mit bekanntem Eisengehalt und Oxydationsversuche mit Cystin
und Kohle von bekanntem Eisengehalt erklären, daß derselbe groß
genug ist, um eine dem Sauerstoffverbrauch entsprechende Oxydation
katalysieren zu können.
Im übrigen erhält man vollkommen analoge Verhältnisse. Wird
der Eisengehalt in Zellen durch direkten Zusatz von Eisen erhöht, so
verstärkt sich auch die Atmungsintensität. Die Bindung des Eisens
scheint ziemlich lose zu sein, da ja dessen Katalysewirkung sofort
eintritt. Das zugesetzte Eisen hat vollständig die gleiche Aktivität wie
das ursprüngliche. Die Aktivität wird hierbei als die auf eine Zeit-
einheit verbrauchte Sauerstoffmenge pro Gewichtsmenge Eisen be-
rechnet. Berechnet man das Volumen des Sauerstoffs in Kubikmilli-
metern, das Eisen in Milligramm und die Zeit in Stunden, so beläuft sich
der Wert einer solchen Aktivität von einigen Tausend bis hinauf zu
100000. Die Zellen besitzen pro Gewicht geringeres Adsorptions-
vermögen als Kohle, doch besagt dieses Verhalten nichts, da die Größe
der wirksamen Flächen nicht bekannt ist.
Narkotica hemmen ebenfalls die Atmung der Zellen im Ver-
hältnis zum Adsorptionsgrad.. HCN dagegen hemmt die Atmung
bereits in Lösungen von 1: 10000 bis zu 1: 100000n mit einer einzigen
Ausnahme (Grünalgen).
HCN scheint darum im allgemeinen, wie Warburg hervorhebt,
ein kräftiges Gift bei allen denjenigen Reaktionen zu sein, bei denen
Sauerstoff frei gemacht oder übergeführt wird, wie bei der Kohlen-
säureassimilation, Nitratassimilation, Wasserstoffperoxydspaltung und
Atmung.
Wenn die Vergiftung auf einer chemischen Bindung beruht, so
liegt die Annahme nahe, daß alle diese Reaktionen enzymär von Eisen-
verbindungen katalysiert werden, und daß sich das Eisen mit HCN
verbindet und hierdurch inaktiviert wird.
Es ließe sich möglicherweise denken, führt Warburg weiter aus,
daß ein autoxydabler Aldehyd der Vermittler der Atmung sein könne,
es finden sich aber keine Beweise dafür, daß solche Aldehyde inte-
grierende Bestandteile in lebenden Zellen darstellen.
Ferner wird die Aminosäure durch Adsorption aktiviert, wobei
die Zellwände als Adsorbens fungieren.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 24
358 S. Hennichs:
Läßt man rote Vogelblutzellen bei — 80° gefrieren und dann auf-
tauen, so erhält man eine Flüssigkeit, die sich nach dem Zentrifugieren
in zwei Schichten teilt, wobei die untere die Zellwände enthält. Hierbe:
wurde beobachtet, daß nur diese letztgenannte atmet.
Die Verbrennung in der lebenden Zelle geht in der Grenzschich:
zwischen dem flüssigen Zelleninhalt und den festen Strukturteilen von-
statten. An dieser Stelle würde somit das Eisen die Sauerstoffzuführung
organischer Stoffe vermitteln, und zwar nach folgendem Schema:
Mol. Sauerstoff
Fe" e hochwertig
N ⸗
+ organ. Substanz
Das erste Glied dieses Ringes, die Aufoxydierung von zweiwertigen
Eisen zu hochwertigem, läßt sich leicht verwirklichen. So nehmen
gewisse komplexe Eisenverbindungen wie Ferropyrophosphat, Citrat und
festes Ferrohydrat, molekularen Sauerstoff unter Oxydation auf.
Diese reagieren aber nicht mit organischer Substanz. Nach Warbun
ist hierzu weiter erforderlich, daß sich das Eisen in einer speziellen
Form befindet.
Wie oben hervorgehoben, vermochte die Blutkohle nur Amino-
säuren zu oxydieren, dagegen weder Kohlehydrate noch Fette. Betreff:
der Kohlehydrate wies Warburg nach, daß Fructose in Phosphatlösung
mit Spuren von Eisen als Verunreinigung oxydiert.
Hinsichtlich der Fette fand Thunberg, daß Eisensalze die Oxydation
von Lecithin katalysieren.
Warburg selbst fand, daß Eisensalze die Oxydation der Linolen-
säure katalysieren, und daß die Wirkung aufhört, sobald die dreifache
Bindung in die einfache übergeht.
Im Gegensatz zu diesen Eisenkatalysen entdeckte Meyerhof, dab
die Sulfhydrylgruppe das Eisen bei der Oxydation von Leinöl ersetzen
kann.
Ferner fanden Mathews und Walker, daß die Autoxydation von
Cystin durch HCN gehemmt wird.
Warburg erklärt jedoch, daß diese beiden letztgenannten Reak-
tionen infolge sehr kleiner Mengen Eisen als Verunreinigungen, un-
gefähr 1: 100000 mg Fe, zustandekommen. An eine Sulfhydrylgrupp
gebundenes Eisen wies besonders große Aktivität auf.
Hiernach liegt nach Warburgs Ansicht kein mit Sicherheit be-
kanntes Beispiel dafür vor, daß eine Reaktion, die HCN als spezifische:
Gift hat, von Katalysatoren verursacht wird, in welchen kein schwere
Metall enthalten ist.
Auf diese experimentellen Erfahrungen gestützt, kommt Warburg zu
seiner oben angeführten Definition des Atmungsenzyms (siehe S. 316).
Zur Kenntnis der Katalase usw. 359
Die Methodik Warburgs bezüglich der Messung des aufgenommenen
Sauerstoffgases und der entwickelten Kohlensäure ist vom instrumen-
talen Gesichtspunkt vollendet. Ein meiner Meinung nach nicht ge-
nügend beachteter Umstand liegt jedoch darin, daß die Löslichkeit
der entwickelten Gase in der vorhandenen Flüssigkeit nicht konstant,
sondern eine Funktion der gebildeten Menge Ammoniak ist. Bei Cystin-
versuchen spielt dies ja eine untergeordnete Rolle, da gleichzeitig mit
Ammoniak Schwefelsäure gebildet wird; nach den Versuchen!) ist die
Ausbeute an Ammoniak jedoch mehr als doppelt so groß als ап Н,50,.
Bei der Oxydation von Leucin?) beträgt die prozentuale Ausbeute an
NH, 74 Proz., dagegen der Sauerstoffverbrauch 16,5 Proz. und die
Kohlensäurebildung 17 Proz. des theoretisch Berechneten. Hier muß
der oben angeführte Umstand von Einfluß sein.
Der Berechnung der theoretischen Ausbeuten wurde die voll-
ständige Oxydation der Moleküle zu CO,, H,O und NH,, eventuell
H,SO, zugrunde gelegt. Die Reaktion ist, wie gesagt, unvollständig,
Warburg?) hat den Reaktionsverlauf jedoch nicht näher studiert und
schreibt selbst über diesen Punkt:
„Es ist ein Mangel dieser Untersuchung, daß wir über den Verbleib
des Cystins nicht vollständig Rechenschaft ablegen können. Trotzdem
haben wir geglaubt, uns in dieser Beziehung bescheiden zu müssen, da
eine Entwirrung des Reaktionsverlaufs zweifellos eine schwierige
präparative Aufgabe ist, die uns zu weit von unserem eigentlichen
Arbeitsgebiet abführen würde. Wir halten es jedoch nicht für aus-
geschlossen, daß eine nähere Untersuchung des oxydativen Abbaues
von Aminosäuren mittels Kohle in präparativer Hinsicht manches
wertvolle Ergebnis zutage fördern wird.“
Später kommt derselbe Forscher auf die Frage zurück®) und
schreibt:
„Aus Leucin entsteht hierbei Ammoniak, Kohlensäure und
Valeraldehyd... neben noch unbekannten Produkten unvollständiger
Verbrennung. Wir haben also eine Reaktion zwischen Aminosäuren
und Sauerstoff vor uns, bei der, wie bei der Eiweißverbrennung in
lebenden Zellen Ammoniak, Kohlensäure und Schwefelsäure erscheinen.“
Wunderly°®) hat kürzlich der Hydrolyse von Aminosäuren mittels
Kohle eine Studie mit einer Methodik gewidmet, die sich in wesentlichen
Teilen sowohl von derjenigen Wielands als auch Warburgs unterscheidet.
1) Diese Zeitschr. 118, 271.
2) Ebendaselbst 118, 281.
3) .Ebendaselbst 118, 272, 1921.
4) Derselbe, ebendaselbst 152, 485, 1924.
5) Wunderly, Zeitschr. f. physik. Chem. 112, 175, 1924.
24*
360 S. Hennichs:
Er arbeitet z. B. bei 100° und ohne Sauerstoffatmosphäre. Die
Reaktionsgeschwindigkeit wird durch Bestimmung der gebildeten
Menge Ammoniak gemessen.
Von fünf verschiedenen Sorten Kohle wird Kahlbaums Knochen.
kohle als am stärksten aktiv befunden, durch Präparierung mit Eisen.
salzen geht jedoch der größere Teil ihrer Aktivität verloren. Ferner
entdeckte Wunderly, daß der Umsatz mit verlängerter Versuchazeit
zwar fortschreitet, jedoch einem Grenzwert entgegenstrebt, welcher bei
erhöhter Konzentration schneller erreicht wird. Hierbei gelang es ihm, `
das nicht hydrolysierte Glycin zu bestimmen. Die für die Unte- |
suchung ausgewählten Aminosäuren waren Glycin, Alanin, Asparagin-
säure und Leucin. Betreffs der Resultate der Einwirkung schreibt
Wunderly!): |
„Die Hydrolyse der Aminosäuren geht bis zu einer Grenze, für
die es eine Massenwirkungskonstante gibt; die Reaktion ist nicht
umkehrbar; sie geht nach der ersten Ordnung, ohne daß eine Hemmung
nach dem Quadrat der Konzentration des Reaktionsproduktes sichtbar
würde.‘
Um eigene Ziffern über die Oxydationsaktivität des Eisens in
Kohle gegenüber den Aminosäuren zu erhalten, führte ich im Laufe
meiner Forschung eine Anzahl diesbezüglicher Versuche nach einer
Methode aus, die der von Wieland und Berge benutzten sehr ähnlich
ist. Als Katalysator fungierte Kahlbaums Blutkohle und als Substrat
Alanin, welches gleichfalls ein von Kahlbaum bezogenes Präparat war.
Nachdem die Kohle in den Versuchskolben eingewogen worden war,
wurden 5ccm Alaninlösung mit bekanntem Gehalt und auf 37° vor-
gewärmt zugesetzt. Der Kolben wurde hierauf in einen Thermostaten
verbracht, der auf 37 + 0,1° gehalten wurde, und mit einer Gasbürette
verbunden. Diese und der Versuchskolben wurden dann mit Sauerstoff
aus einem Gasometer gefüllt. Hierauf wurde das System geschlossen
und der Kolben im Thermostaten mit Hilfe einer besonderen Vorrichtung
hin und her bewegt.
Nach Beendigung des Versuchs bestimmte ich die gebildete Kohlen-
säure durch Ausblasen derselben in eine bekannte Menge Baryt in
Übereinstimmung mit Wielands Verfahren. Die Kolben wurden hierbei
auf 0° abgekühlt, um zu große Verluste an Acetaldehyd und eventuel
Essigsäure zu verhindern.
Zuerst wurde die Abhängigkeit der Oxydationsresultate von der
Katalysatormenge mit einer konstanten Alaninmenge von 0,1 g unter-
sucht.
1) Wunderly, Zeitschr. f. physik. Chem.,112, 193, 1924.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 361
Tabelle XX VI.
Erhaltene Menge an
| theoret. Wert
| Proz.
Wie ersichtlich, wurde ziemlich früh ein Maximum des Umsatzes
erzielt.
Tabelle XXVII.
Einwirkung der Alaninmenge bei konstanter Kohlenmenge von lg.
Gebildete Menge an
theoret. Wert
Proz.
Wie aus der Tabelle XXVII hervorgeht, kommt man auch hierbei
sehr schnell zu einem Maximum des Umsatzes.
In der zweiten Spalte sind die Volumverminderungen verzeichnet.
Diese können infolge besonderer Prüfung sicher nicht auf Gasverluste
zurückgeführt werden. Außerdem entstanden diese Verringerungen auch
bei einem Unterdruck im Kolben. Die Volumverringerung beruht auch
nicht auf der Adsorption ven Sauerstoff an Kohle, denn eine Blind-
probe mit 1 g Kohle, 5cem H,O und Sauerstoffatmosphäre ergab ein
negatives Resultat.
Die Erscheinung dürfte dadurch hervorgerufen worden sein, daß
die Kohlensäure an das gleichzeitig gebildete Ammoniak gebunden und
von der Lösung zurückgehalten wurde, wie ich oben bereits erwähnte.
Es ist nicht ersichtlich, ob Warburg bei seinen Versuchen, bei denen
nur die Druckverringerungen, allerdings mit Korrektion für die Löslich-
keit des entwickelten Gases in der Flüssigkeit studiert werden, diesen
Umstand genügend berücksichtigt hat. Die Löslichkeit des Gases ist
nämlich nicht konstant, sondern eine Funktion der gebildeten Menge
Ammoniak.
Der Eisengehalt des benutzten Kohlepräparats war 3,98 Proz.
und der Aschengehalt 21,61 Proz., also besonders hoch. Nach Ver-
aschung auf dem Meckerbrenner wurde 1 g des Kohlenpräparats auf
362 S. Hennichs:
Konstantgewicht auf der Stichflamme geglüht. Das Eisen wurde nach
Aufschluß mit Soda in einer Platinschale jodometrisch bestimmt.
Den höchsten Umsatz in den umstehend angeführten Tabellen
liefert die Bildung von 4,6 mg CO, mit 0,12 Kohle. Berechnet man
die Oxydationsaktivität auf das Eisen, so erhält man
588,3 cmm/mg Fe . 24 Stunden.
Ein Präparat, Mercks Adsorptionskohle, welches ungefähr die
gleiche Aktivität aufwies, hatte einen Aschengehalt von 2,72 Proz. und
einen Eisengehalt von 0,46 Proz. Hierbei würde die Aktivität des
Eisens etwa zehnmal größer sein als der obengenannte Wert.
Nach Warburgs Untersuchungen!) ist der Umsatz nach oben-
stehender Berechnungsweise für das unbefruchtete Strongylocentrotusi
bei 200 2) 7000, für das befruchtete Strongylocentrotusei bei 2003) 42000,
für die Retina der Säugetiere, das Organ höherer Tiere, das nach unseren
Messungen die größte Atmung besitzt, bei 37° 100000.
Die Aktivität des Eisens in Verbindung mit Cystin®) ist größer
als die oben angeführte in Zellen. Die höchste Aktivität für Eisen, die
Warburg und seine Mitarbeiter beobachteten, ist nämlich
bei 200 120000 cmm
„ 379 400000 ,,
Веі dem Versuch mit Cystin5) ergab sich ein Verbrauch von 6,3 ccm
pro Gramm Kohle und Stunde bei 40° und einem O,-Druck auf 700 mm
Hg. Später zeigte es sich, daß Blutkohle 0,26 mg Fe pro Gramm
enthielt ®).
Aktivität = 6300 стт /0,26 = 24 231.
Bei Anwendung von Tyrosin bewirken 0,2 g Kohle eine Adsorption
unter denselben Bedingungen wie vorher von 67 cmm in 20 Minuten’).
3 . 67/0,2 . 0,26 = 3865.
400 mg derselben Kohle ergaben in 20 Minuten bei 40° eine Ad-
sorption von 49 cmm bei 700 mm Druck und Leucin als Substrat’).
Aktivität = 3 . 49/0,4 . 0,26 = 1413.
Bei diesen Versuchen wurden folgende Mengen Substrat angewandt:
1,97 mg Cystin, 10 mg Tyrosin und 2,4 mg Leucin.
1) Diese Zeitschr. 152, 481, 1924.
з) O. Warburg, Zeitschr. f. physiol. Chem. 92, 231, 1914.
3) Derselbe, Arch. f. d. ges. Physiol. 160, 324, 1915.
4) S. Sakuma, diese Zeitschr. 142, 68, 1923.
5) Ebendaselbst 118, 269, 1921.
6) Ebendaselbst 119, 163, 1921.
7) Ebendaselbst 118, 278, 1921.
8) Ebendaselbst 118, 280, 1921.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 363°
Schwefelhaltige Eiweißstoffe sind, wie mit Recht zu erwarten war,
sehr leicht oxydierbar.
Die anderen Zahlen lassen sich mit den von mir — Resul-
taten vergleichen, wenn man, wie oben angedeutet, den hohen Eisen-
gehalt und die lange Versuchszeit berücksichtigt.
Betreffs der Aktivität des Eisens in Kohle schreibt Warburg): „Fragen
wir, welcher Bestandteil der Häminkohle hierbei katalytisch wirksam ist,
so tritt im Prinzip dieselbe Schwierigkeit auf, wie bei Versuchen mit lebenden
Zellen: gegeben ist ein Gemisch verschiedenartiger Substanzen, zu ent-
scheiden ist, welcher Bestandteil des Gemisches die beobachtete Wirkung
hervorbringt. Doch haben wir hier den großen Vorteil, daß wir das kata-
lytisch wirksame Substanzgemisch künstlich herstellen können. Um unsere
Frage zu entscheiden, haben wir nur nötig, verschiedenartige Stoffe zu
glühen und die katalytische Wirksamkeit der entstehenden Kohlen mit
ihrer chemischen Zusamm»nsetzung zu vergleichen.
Derartige Versuche haben wir ausgeführt. Dabei zeigte sich, daß
Kohlen von der katalytischen Wirksamkeit der Häminkohle immer dann
entstehen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: wenn das Ausgangsmaterial
erstens nichtflüchtigen Stickstoff und zweitens Eisen enthält. Reinigt
man geeignete stickstoffhaltige Substanzen sorgfältig, so daß sie nur noch
wenig Eisen enthalten, und glüht sie, so entstehen schwach wirksame
Kohlen. Tränkt man diese Kohlen mit Eisensalz und glüht sie, so werden
sie aktiviert und erlangen die katalytische Wirksamkeit der Häminkohle.
Je eisenreicher, um so wirksamer sind die stickstoffhaltigen Kohlen, bis
bei einem Eisengehalt von einigen Zehntel Milligrammen pro Gramm Kohle
das Maximum der Wirkung erreicht ist.
Keine Aktivierung tritt ein, wenn man stickstoffhaltige Kohlen mit
anderen Metallen oder stickstofffreie Kohle mit Eisen glüht. Die katalytisch
wirksame Substanz der Häminkohle ist also Eisen, aber nicht Eisen in
einer beliebigen Form, sondern Eisen, gebunden an Stickstoff.“
Da die Aktivität der Kohle bei Erfüllung der beiden Voraus-
setzungen: Vorhandensein von Eisen und von Stickstoff in derselben,
ein Maximum erreicht, dürften die Voraussetzungen für eine fortgesetzte
Behandlung des Problems nach diesen Richtlinien erschöpft sein.
Bei vergleichenden Versuchen über die oxydationsvermittelnde
Einwirkung verschiedener Kohlensorten auf Leucin haben Warburg
und Brefeld?) ebenfalls besonders interessante Beobachtungen gemacht.
Zuckerkohle weist geringere Oxydationsaktivität auf als Blutkohle,
jedoch solche von gleicher Größenordnung. Gleiche Mengen der beiden
Kohlensorten adsorbierten aus einer bestimmten Leucinlösung 17 bzw.
30 Proz. der Leucinmenge.
Bei Oxydation des Leucins mit Zuckerkohle tritt Wasserstoffperoxyd
ale Nebenprodukt auf, was dagegen bei Anwendung von Blutkohle nicht
der Fall ist. Ferner ist Blausäure kein spezifischer Vergifter für Zucker-
1) Diese Zeitschr. 152, 485, 1924.
2) Ebendaselbet 145, 468, 1924.
364 S. Hennichs:
kohle. Das System Zuckerkohle— Aminosäure könnte darum nach
Meinung der Verfasser als geeignetes Beispiel angesehen werden, wenn
nicht die spezifische Reaktion auf Blausäure fehlen würde.
Zuckerkohle kann inaktiviert werden, wenn bei ihrer Bereitung
das Silikat vorhanden ist. Silikatkohle besitzt das Adsorptionsvermögen
der Zuckerkohle, jedoch nicht ihre Aktivität. Sie kann bei der Ве.
reitung durch Zusatz von Hämin aktiviert werden, ohne daß Pro-
portionalität zwischen zugesetzter Menge Hämin und Oxydations-
aktivität vorliegt. |
Die Häminkohle selbst ist nach Warburg sieben- bis zehnmal
aktiver als Blutkohle, wenn man ihre Aktivität in folgenden Dimensionen
berechnet:
__ cmm verbrauchter Sauerstoff
“= mg Kohle. Stunde |
Da der Eisengehalt der Häminkohle bedeutend größer als der der übrigen
Kohlensorten ist, beläuft sich die dem vorher angewandten Prinzip:
(1)
__ omm verbrauchter Sauerstoff
Ф = - mg Eisen. Stunde
berechnete Aktivität auf 280 bis 400, also bedeutend weniger als die
oben berechneten Aktivitäten des Eisens in Blutkohle.
Ferner hat Häminkohle nur ein Zwanzigstel des Adsorptions-
vermögens der Blutkohle.
Aus Anilinfarbstoffen haben die Verfasser Kohlensorten mit
höherer Aktivität als die der Häminkohle erhalten, selbst bei Berechnung
derselben nach der Formel (1), z.B. aus
(2)
Kohle aus | 911) | Q:
Safranin . ...... | 18,2 | 14 000
Neutralrot . . . |; | 136 ' 13600
Kohle aus Bismarcksbraun besitzt eine zwanzigmal größere Aktivität
als technische Blutkohle. Aus der gleichen Leucinlösung adsorbieren
die gleichen Mengen der beiden Kohlensorten 4 bzw. 30 Proz.
Die Verfasser können deshalb hierin keinen Zusammenhang zwischen
Adsorptionsvermögen und katalytischer Wirkung erblicken, zu welcher
Voraussetzung man vom theoretischen Gesichtspunkt geneigt sein könnte.
Das wirksame Prinzip ist also an Stickstoff gebundenes Eisen. Das
Verlangen nach einer Bindungsweise, wie sie in Pyrrolringen vorliegt,
verleiht den Versuchen keine Stütze.
1) Warburg und Brejeld, diese Zeitschr. 145, 468, 1924.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 365
ҮІ, Bemerkungen
zu den Theorien über den Oxydationsmechanismus im Organismus.
А. Allgemeine Gesichtspunkte.
Das Interesse für die Atmungschemie ist zurzeit besonders groß. So
studiert Н. von Euler!) den Zusammenhang zwischen den Fetten und Kohle-
hydraten im Körper im Anschluß an seine früheren Resultate, nach welchen
bei dem oxydativen Abbau der Fette Ausgangsmaterial zur Glykogen-
bildung erhalten wird.
L. Ashers?) Mitarbeiter Calvo-Criado ficht später dieses Problem in
vivo an, und George Curtis?) findet, daß bei körperlicher Arbeit die Steigerung
der Respirationsquote durch die vom Kohlehydrat entwickelte Energie
bedingt ist.
Brugsch und seine Mitarbeiter studieren die Glykolyse an organischem
Gewebe teils mittels Trockenpräparat*) im Anschluß an die diesbezüglichen
Untersuchungen von Eulers, Myrbäcks und Karlssons®) und teils mit ge-
wöhnlichem Gewebe®).
Hetanzan untersucht den Einfluß der Ionenwirkung auf gewisse
Funktionen der Leber und auf den Kohlehydratumsatz in diesem Organ,
in drei aufeinander folgenden, kürzlich veröffentlichten Abhandlungen?)
beschrieben.
Ferner sind Grafe®), Reinwein und Singer mit dem Problem der Zell-
atmung beschäftigt. Die Glykolysewirkung hat Negelein®) als Versuchs-
objekt gewählt, und zwar in embryonalem Gewebe.
Diese kleine Übersicht mag genügen, um zu beleuchten, welche
zentrale Stellung die Erforschung derjenigen chemischen Reaktionen,
die wir mit dem gemeinsamen Namen Atmung bezeichnen, und die
Bedingungen für das Eintreten derselben, tatsächlich einnehmen.
Warburg und Wieland haben in ihren an anderer Stelle behandelten
Theorien versucht, die vorherrschenden Prinzipien, welche den ge-
nannten Reaktionen zugrunde liegen, näher zu präzisieren.
Dies dürfte vielleicht etwas verfrüht erscheinen, da die Anzahl
der hierher gehörenden, näher bekannten Reaktionen noch recht
beschränkt ist. Wieland schreibt aber hierüber!) :
1) von Euler, diese Zeitschr. 164, 18, 1925.
2) Asher, ebendaselbst 164, 76, 1925.
2) Derselbe, ebendaselbst 164, 97, 1925.
1) Brugsch und Horsters, ebendaselbst 164, 191, 1925.
5) von Euler, Myrbäck und Karlsson, Н. 148, Heft 4 bis 6, 1925.
¢) Brugsch, Cahen und Horsters, diese Zeitschr. 164, 199, 1925; Brugsch,
Horsters und Vorschütz, ebendaselbst 164, 207, 1925; Brugsch, Horsters und
Narita, ebendaselbst 164, 247, 1925; dieselben, ebendaselbst 164, 257, 1925;
Brugsch, Horsters und Harada, ebendaselbst 164, 271, 1925.
7) Heianzan, ebendaselbst 165, 33, 57 und 81, 1925.
8) Grafe, Reinwein und Singer, ebendaselbst 165, 102, 1925.
э) Negelein, ebendaselbst 165, 122, 1925.
10) Wieland, Ergebn. d. Physiol. 20, 477, 1922.
366 S. Hennichs:
„Man wird auch feststellen, daß die Linie der sicheren „Ergebnisse“
häufig überschritten, daß die Darstellung vielfach durchsetzt ist mit hypo-
thetischen Einschlägen und mit Ableitungen, die der experimentell ge-
sicherten Grundlage entbehren. Dies liegt in der Natur des Stoffes und ш
der bewußten Absicht des Verfassere. Die hier vertretenen Vorstellungen
sind bisher nur auf Teilgebieten der biologischen Oxydation experimentell
geprüft worden und haben sich dort bewährt. Siestreben darnach, in weiterem
Umfang der entscheidenden Instanz des Experiments zugeführt zu werden.
Die einfache Grundreaktion der Wasserstoffverschiebung führt mit zwingen-
der Gewalt zu einer einheitlichen Umfassung aller Zellvorgänge, bei denen
irgendeine Änderung des Oxydationswertes der beteiligten Stoffe im
Spiele ist.‘
Warburgs und Wielands Art, sich die auf einem Gebiet gemachten
Erfahrungen auf einem anderen nutzbringend zu machen, ist natürlich
völlig berechtigt, wenn man sich auch hierbei vor Augen halten muß,
daß eine Parallele mehr oder weniger vollständig sein kann.
Im folgenden möchte ich die beiden Theorien in Kürze besprechen.
B. Bemerkungen zur Warburgschen Theorie.
Wie ich bereits früher dargetan habe, geht Warburg von der Tat-
sache aus, daß nach dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse jede
lebende Zelle Eisen enthält. Er übernimmt dabei die seit Lavoisier
vielfach betonte Sentenz, daß Leben ohne Eisen unmöglich ist, und
wirft auf Grund früherer und besonders eigener experimenteller Ergeb-
nisse die Behauptung auf: ‚Der sauerstoffübertragende Bestandteil
des Atmungsferments ist Eisen“. An die Seite spezifischer chemischer
Kräfte stellt Warburg als wesentlichen Faktor bei der Atmung der
lebenden Substanz die unspezifischen Oberflächenkräfte: „Die Atmung
ist eine Reaktion an Oberflächen‘“!).
Betreffs des Versuchsmaterials Warburgs scheint, wie bereits
früher hervorgehoben ist, die Katalyse der Oxydation von Aminosäuren
durch organische Kohle kaum als ‚Modell‘ für den entsprechenden
Sauerstoffverbrauch in den Zellen angesehen werden zu können. Erstens
werden die Aminosäuren nicht als ganze Moleküle verbrannt, sondern
sicher zuerst durch Reaktionen in der Zellflüssigkeit zu Verbindungen
mit drei Kohleatomen gespalten, ehe sie ausoxydieren. Zweitens
endet die Oxydation z. B. von Alanin nach Wieland nicht mit Kohlen-
säure, Ammoniak und Wasser, sondern, wie auch ich vorher Gelegenbeit
darzulegen hatte, mit Essigsäure und Acetaldehyd in schlechter Aus-
beute.
1) Siehe den zusammenfassenden Vortrag Ber. d.d.chem. Ges. 38, 100],
1925, komplettiert durch Zlinger Ber. а. а. chem. Ges. 58, 1547, 1925.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 367
Bei der Untersuchung der Abhängigkeit der Aktivität einer ge-
wissen Kohle vom Eisengehalt der letzteren erscheint es nicht aus-
geschlossen, daß die Aktivität und das Adsorptionsvermögen der Kohle
schon allein durch Kochen mit Salzsäure und Präparieren mit Eisen-
salzen verändert werden kann.
Katalysatoren wie Platinschwamm und Palladiumschwarz er-
wiesen sich von besonders leicht veränderlicher Aktivität. Hierbei sei
auf Willstätters Versuche über die Hydrierungsaktivität von Palladium-
schwarz bei der Hydrierung von organischen Stoffen mit molekularem
Wasserstoff näher hingewiesen. Als sicher darf wohl angesehen werden,
daß dieselbe Eigenschaft auch bei der Kohle vorkommt, wenn auch
vielleicht mit geringerer Variationsbreite. Um vollständige Gewißheit
zu erlangen, scheint es erforderlich zu sein, das Kochen und Glühen
fortzusetzen und die Präparate auf ihre Aktivität hin so lange zu
untersuchen, bis diese konstant geworden ist. Daß zwei Kohlesorten
mit ein und demselben Eisengehalt, jedoch mit ungleicher Vor-
behandlung, verschieden starke Oxydationsaktivität haben können,
ist sehr wahrscheinlich, da die Kohle ein stark wechselndes Adsorp-
tionsvermögen besitzt. Eine Berechnung der Oxydationsaktivität
der Kohle im Vergleich zum Eisen scheint darum zu irgendwelchen
reproduzierbaren Resultaten nicht zu führen.
Hinsichtlich des Resultats der Kohleversuche ist bemerkenswert,
daß die Kohlesorten mit höchster Aktivität das geringste Adsorptions-
vermögen besaßen, und ferner, daß bei Anwendung von Zuckerkohle
Wasserstoffperoxyd als Reaktionsprodukt nachgewiesen wurde.
Die verschiedenen Kohlesorten zeigen nach den Versuchen
Warburgs ein besonders variierendes Verhalten. Warum gerade technische
Blutkohle ein „brauchbares Modell“ sein soll, scheint nicht genügend
begründet zu sein.
A priori anzunehmen, die Oxydation von Aminosäuren im lebenden
Gewebe und mit Kohle und molekularem Sauerstoff verliefe so ähnlich,
daß man daraus auf gegenseitige chemische Relationen der ent-
sprechenden Katalysatoren zu schließen berechtigt wäre, scheint
ferner ziemlich fraglich.
Betreffs der Blausäurevergiftung muß man, wie bereits hervor-
gehoben, die verschiedene Vergiftung in vivo und in vitro berück-
sichtigen. Meine eigenen Versuche haben an die Hand gegeben, daß
bei Katalase die einem gewissen Vergiftungsgrad entsprechende Blau-
säuremenge nicht proportional der zugesetzten Eisenmenge wechselt.
Außerdem werden Katalase von Stoffen wie Phenylhydrazin und
Hydroxylamin in einem Grade vergiftet, der nach Warburg spezifisch
368 S. Hennichs:
ist, ohne irgendwelche besonderen Relationen zum Eisen zu haben.
Katalase ist jedoch gegen oxydative und reduktive Einflüsse besonder
empfindlich. Es erübrigt sich deshalb die Untersuchung, ob dies
Vergiftungen auch reversibel sind. Es dürfte jedoch an negativen
Beweisen gegen die Theorie der Blausäure als spezifischem Vergifter
oxydativer Prozesse und deren Katalysierung durch ausschließliche
Eisenverbindungen nicht fehlen.
Die Atmung besteht sicherlich aus einem wenigstens zurzeit un-
übersehbaren Komplex von Teilreaktionen, von denen eine jede durch
ihr zugehöriges Enzym katalysiert wird.
Ob die letztgenannten eine so ausgeprägte Relation zueinander
haben, daß ein allgemein vorherrschendes. Prinzip hierin zu spüren
wäre, wie es Warburg vorauszusetzen scheint, ist eine Frage, deren
Beantwortung noch im weiten Felde steht.
Wenn also die experimentelle Beweisführung Warburgs in gewissen
Punkten, besonders betreffs der Auffassung von der Blausäurevergiftung,
als Ermittler der Eisenkatalysatoren meines Erachtens als fraglich
anzusehen ist, so läßt es sich doch nicht von der Hand weisen, daß das
Eisen eine wesentliche Rolle bei der Atmung spielt.
Warburg verschärft seine Auffassung mehr und mehr gegenüber der-
jenigen Wielands. Es erscheint jedoch berechtigt, Morgulis oben an-
gegebenem Wege, der auf die Vereinigung der beiden Theorien hinzielt, zu
folgen. Ein solches Verhalten ließe sich so erklären, daß HCN die
Reaktion der Bernsteinsäure mit molekularem Sauerstoff, aber nicht
mit Methylenblau vergiftet. Warburg nimmt an, daß die Stoffe durch
Adsorption an die Zellenwände aktiviert werden; worin jedoch dies
Aktivierung besteht, scheint nicht näher präzisiert zu sein. Wenn die
Aktivierung nur durch die Konzentrationsverstärkung zustande komnt,
würden ja Aktivität und Adsorptionsvermögen parallel gehen, was bei
Warburgs Kohleversuchen nicht der Fall war. Hier gibt also Wieland
Theorie nähere Aufklärung.
C. Bemerkungen zur Wielandschen Theorie.
Die von Loew zuerst geäußerte Auffassung über die Wirkung der
Katalase in Zellen hat Wieland in seinen ausgezeichneten Studien über
Oxydationsprozesse und deren Katalysatoren allseitig beleuchtet.
„Wir glauben‘, schreibt Wieland), „daß sich schon jetzt eine weitere,
sehr verbreitete Enzymwirkung auch jenem Reaktionssystem (dem
Oxydoreduktionssystem im Organismus) angliedern läßt, nämlich de
katalytische Zersetzung des Hydroperoxyds in Wasser und Sauerstoff, die
durch die sogenannten Katalasen ungemein stark beschleunigt wird.
1) Ber. а. d. chem. Ges. 55, 3646, 1922.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 369
Nach Wielands Theorie ist, wie bereits hervorgehoben, das Hydro-
peroxyd das erste Produkt der Hydrierung des molekularen Sauerstoffs,
und es muß auch während der Atmung im Organismus in erster Phase
Hydroperoxyd gebildet werden, und zwar durch Oxydation von
aktiviertem Wasserstoff mit molekularem Sauerstoff als Akzeptor.
Jahrzehntelange Diskussion dieses Problems von der Aufgabe der
Katalase im Organ hat, soweit mir bekannt, keine Theorie von nur
annähernder Tragweite wie die von Wieland ausgeformte hervorbringen
können. Dies dürfte als eine der stärksten Stützen der Wielandschen
Theorie angesehen werden können. Nach Warburg wäre das Enzym
Katalase eine Eisenverbindung!), die Frage von dessen physiologischer
Aufgabe scheint aber nicht beantwortet zu werden. Obgleich das
Wasserstoffperoxyd ein Nebenprodukt bei vielen Oxydationen ist,
konnte dessen Auftreten im Organ trotz eifriger Versuche in dieser
Richtung nicht nachgewiesen werden. Ferner ist die Schädlichkeit
von H,O, für das organische Gewebe sehr verschieden beurteilt
worden.
Die erstere Tatsache gründet sich darauf, daß die Katalase eine
viel höhere Empfindlichkeit gegen Blausäure besitzt, als die Reduktase
aufweist. Bei Blausäurevergiftung eines Organs sollte aus diesem Grunde
das H,O,-bildende Enzym nicht vergiftet werden, dagegen das Н,О,-
spaltende, weshalb H,O, aus diesem Grunde nachgewiesen werden
könnte. Inzwischen verhält sich aber die Katalase bedeutend anders
in vitro als in vivo.
H,O, dürfte auch als Zwischenprodukt bei der Oxydation im
Organismus auftreten können, selbst wenn dessen Schädlichkeit für
das lebende Gewebe nicht so ungemein groß wäre.
Es hat sich ergeben, daß jede Oxydation parallel mit einer oder
sogar durch eine Reduktion bedingt ist, und vice versa, und deshalb
spielen wahrscheinlich die Reduktionsprozesse beim Stoffwechsel in den
Organen eine große Rolle, wenn man auch zurzeit nur über eine be-
grenzte Anzahl von Beispielen hierfür verfügt. Die enzymatische De-
hydrierung von Alkoholen zu Aldehyden und weiter zu Säuren ist
altbekannt. Betreffsder Dehydrierung der Bernsteinsäure, einem Prozeß,
der beim Abbau der Fettsäuren im Körper eine vorherrschende Rolle
zu haben scheint, nahm ich bereits früher auf die Arbeiten von Ahlgren
und Thunberg Bezug. Das Enzym Reduktase ist ferner der
Gegenstand eines besonders eingehenden Studiums am hiesigen
Institut).
1) Diese Zeitschr. 186, 270, 1923.
2) Н. v. Euler und R. Nilsson, Zeitschr. f. physiol. Chem. 149, 44,
1925; 151, 155, 1926; 152, 264, 1926.
370 S. Hennichs:
Betreffs der Kohlehydrate hat Wieland!) gefunden, daß „auch
Glucose durch das Ferment der Essigsäurebakterien mit Methylenbla:ı
sauerstofflos zu Kohlendioxyd und Wasser verbrannt wird“. Ahlgren’
findet jedoch, daß a, ß-Glucose kein direkter Wasserstoffdonator ist.
sondern in Milchsäure gespalten wird.
Zusammenfassung.
Im folgenden werden die Hauptergebnisse meiner bisherigen
Untersuchungen über Leberkatalase zusammengestellt.
1. Es wurde die Gültigkeit der von Euler und Josephson vor-
geschlagenen Aktivitätsformel
Reaktionskonstante
Gramm Enzympräparat
zur Charakterisierung der Wirksamkeit von Katalasepräparaten bei
Benutzung niedriger Substratkonzentrationen (< 0,015 п Н,О,) fest-
gestellt (S. 318 und 319).
2. Die inaktivierende Wirkung des Substrats auf das Enzym
wurde untersucht.
Hierbei wurde eine direkte oxydative Zerstörung des Enzym:
konstatiert. Irgendwelche Proportionalität zwischen der Anzahl um-
gesetzter Moleküle H,O, und des Aktivitätsverlustes scheint aber nicht
vorzuliegen.
3. Eine Reingewinnungsuntersuchung des Enzyms bei Benutzung
des Willstätterschen Adsorptionsverfahrens wurde mit Pferdeleber als
Ausgangsmaterial vorgenommen (8. 317 bis 341).
Die Aciditätsbedingungen der Adsorption und Elution des Enzym:
wurden bei Verwendung von Kaolin bzw. Tonerdehydrat als Adsorptions-
mittel studiert
Es wurden Präparate von Kat.f. gleich etwa 20000 bis 2500
dargestellt, deren Aktivität also die der Lebersubstanz um das 300- bis
400fache übertrifft (S. 334).
Die Aschengehalte derselben variieren zwischen 11,3 bis 12,8 Proz..
die Eisengehalte zwischen 3,3 bis 4,1 Proz. (S. 320, 331 und 334).
4. Der Einfluß der Substratkonzentration auf die Geschwindigkeit
der Katalasewirkung wurde untersucht; aus dem Verlauf der Aktivitäts
(S)-Kurve läßt sich der Wert Ky auf rund 22 als erste Orientierung
schätzen. Die Größenordnung ist also dieselbe, wie die bei andere
daraufhin untersuchten Enzymen.
1) Wieland, Ergebn.d. Physiol. 20, 494, 1922.
2) Ahlgren, Skand. Arch. f. Physiol. 47, suppl, 203.
Zur Kenntnis der Katalase usw. 371
5. Die Abhängigkeit der Thermo-Inaktivierung des Enzyms von
der Zeit liefert eine Stütze für die Annahme von Enzymhomologen ver-
ka
schiedener Stabilität. Die Inaktivierungskonstante (к. == ы log — )
kı
läßt sich auf 0,0534 und 0,0020 berechnen.
6. Die von Eulerschen Aktivierungen von Hefe- und Blutkatalase
durch Protoplasmagifte, wie Toluol und Alkohol, wurden an Leber-
substanz reproduziert, und zwar erwiesen sie sich auch an diesem
Beispiel als durch die Gegenwart von Zellen bedingt (S. 323).
7. Die Bestimmung des Eisengehalts in Katalasepräparaten ver-
schiedenen Reinheitsgrades scheint keine Relation zwischen Eisen-
gehalt und enzymatischer Wirksamkeit zu liefern (S. 320).
Die Aktivität der erhaltenen hochaktiven Katalasepräparate, auf
den Eisengehalt als einzige aktive Gruppe des Enzyms berechnet,
(cmm O,/mg Fe . Stunde), liefert Zahlen, die zwischen 10000000 und
100000000 liegen (S. 343).
Zum Vergleich seien die von Warburg für Eisen bei dessen Katalyse
der Oxydation Cystein — Cystin erhaltene Ziffer, nämlich 400.000, sowie
die Ziffern für lebende Zellen, 7000 bis 100000, und für Eisen in
organischer Kohle bei Oxydation von Aminosäuren, nämlich 1000 bis
250001), angeführt (S. 362).
Auf letzterem Gebiet von mir angestellte Versuche ergaben
niedrigere Werte (S. 362).
8. Anhaltspunkte für oder gegen die Annahme des Eisens als
aktiver Gruppe des Enzyms liefert obige Berechnung aber nicht, da
das Verhältnis zwischen zugesetzter Menge an Trockensubstanz Enzym
und dabei zugesetzter Eisenmenge an der Seite der Aktivitätszahlen
verschwindet (S. 343).
9. Das Verhalten der hochaktiven Katalasepräparate zur Blau-
säure liefert keine Stütze für die Warburgsche Annahme der Blausäure
als spezifischem Vergifter des Eisens in der Katalase (S. 351).
10. Die Wielandsche sowie die Warburgsche Theorie der Oxydation
im Organismus wurden, teilweise auf Grund meiner eigenen Ergebnisse,
besprochen und dabei hervorgehoben, daß das Warburgsche Versuchs-
material zu so weitgehenden Verallgemeinerungen, wie sie von diesem
Forscher gemacht worden sind, kaum auszureichen scheint (S. 365 bie 370).
—— — ——
1) Nach meinen Berechnungen.
Über die Wechselwirkung zwischen hydrophoben Solen
und Pseudoglobulin aus normalem und Antidiphtherieserum.
Von
A. Rabinerson.
(Aus der Biochemischen Abteilung des Bakteriologischen Instituts „Ракеш“
zu Leningrad.)
(Eingegangen am 2. März 1926.)
Mit 2 Abbildungen im Text.
Die Beeinflussung der Beständigkeit von hydrophoben Solen
durch Pseudoglobulin aus normalem und Immunserum wurde von
Reitstölter!) und dann von Freundlich und Beck?) eingehend studiert.
Die Ergebnisse dieser Autoren, die gut übereinstimmen, zeigen, daß
die aus einem antitoxischen Serum gewonnene elektrolytfreie Pseudo-
globulinfraktion ein Ее,Оз-501 stärker sensibilisiert als das Pseudo-
globulin aus einem normalen Serum. Aus meinen eigenen Unter-
suchungen geht hervor, daß bei der Wechselwirkung zwischen Pseudo-
globulinen aus normalem und Immunserum einerseits und hydro-
phoben Solen andererseits noch gewisse andere Unterschiede auftreten.
Eine Erklärung dieser Erscheinungen wird jedoch erst dann möglich
sein, wenn eine Prüfung sämtlicher Mischungsverhältnisse beider
Komponenten in Gegenwart von Elektrolyten verschiedener Kon-
zentration vorgenommen wird. Als hydrophobe Kolloide wurden
ein negatives Berlinerblausol und ein positives Fe,O,-Sol gewählt.
Die elektrolytfreien Pseudoglobulinfraktionen aus Normal-Pferdebht-
serum sowie aus Antidiphtherieserum (lccm = 200 A EI wurden
durch Aussalzen mit Ammonsulfat und nachfolgende Dialyse gewonnen.
Die Versuchsanordnung war stets die folgende: Es wurden je 0,5 осш
eines jeden Sols in das Probierglas abpipettiert und das Kolloidgemisch
mit 1 ccm Kochsalzlösung vermengt. Die Versuchsergebnisse sind
graphisch mittels vorstehender Kurven wiedergegeben; die Ordinaten
1) Zeitschr. f. Immunitätsforsch. 80, 507, 1920.
2) Diese Zeitschr. 166, 190, 1925.
A. Rabinerson: Wechselwirkung zwischen hydrophoben Solen usw. 373.
bedeuten den Flockungsgrad in einem willkürlichen Maße, die Ab-
szissenzahlen stellen die Mengenverhältnisse beider Sole dar in Pro-
zenten des Gesamtgehalts der Lösung an kolloidaler Substanz. Das
linke Ende der Abszisse entspricht dem reinen hydrophoben Sol
(100 Proz.), das rechte dem reinen Globulinsol. Die links von den
Abbildungen stehenden Zahlen bedeuten die Kochsalzkonzentration,
ausgedrückt in Millimol im Liter.
Wir betrachten zunächst die Gemische von Berlinerblausol mit den
beiden angeführten Arten von Pseudoglobulin. Auf Abb. 1 sind die Er-
gebnisse beider Versuchsreihen wiedergegeben. Abb. 1, A entspricht dem
aus einem Normalserum stammenden Globulin; Abb. 1, B dem Globulin
aus Antidiphtherieserum.
Die Mengenverhältnisse der Sole waren in den beiden Versuchsreihen
dieselben; folgende Gemische wurden geprüft:
Gewichtskonzen»- Lä, eCys); 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05
tration Globulin > 0,005 0.0125 0,025 0.05 0125 025 05
Prozentverhältnis der Fe,(FeCy,); 90,91 80 66,67 50 28,57 16,67 9,09
beid. Sole im Gemisch |Globulin 909 20 3333 50 71.43 83.33 90.91
Es ist zu bemerken, daß das reine Fe, (FeCy,),-Sol von 500 Millimol
NaCl im Liter unvollständig, von 1000 Millimol dagegen völlig aus-
geflockt wurde. Behandelt sei zunächst das Immunglobulin enthaltende
Gemisch (Abb. 1, B). Imelektrolytfreien Medium (NaCl-Konzentration = 0)
reagieren die beiden Komponenten untereinander gar nicht. Die Flockungs-
kurve fällt infolgedessen mit der Abszisse zusammen. Erst in Gegenwart
von 100 Millimol NaCl treten Flockungserscheinungen auf. Wie man aus
Abb. 1, В ersehen kann, ist die Koagulationszone auf bestimmte Mischungs-
verhältnisse von Berlinerblau und Eiweiß beschränkt; das Flockungs-
optimum tritt bei gleichen Gewichtskonzentrationen der beiden Bestandteile
auf. Der höchste Punkt der Kurve stellt jedoch eine unvollständige Flockung
dar. Zu beiden Seiten, d. h. bei Überschuß von Berlinerblau [76,67 Proz.
Fe,(FeCy,),, 33,33 Proz. Globulin] oder von Eiweiß [71,43 Proz. Globulin,
28,57 Proz. Fe,(FeCy,),], wird der Flockungsgrad noch geringer. Bei noch
größerem Überschuß eines der beiden Bestandteile (80 Proz. Fe, (ЕеСу,);
oder auch 83,33 Proz. Globulin) treten so gut wie gar keine Flockungs-
erscheinungen auf. Infolge der Einwirkung höherer Elektrolytkonzen-
trationen, die jedoch unterhalb des Trübungswertes!) des reinen
Fe,(FeCy,),-Sols liegen (350 Millimol. NaCl im Liter), wird die Flockungs-
kurve umgewandelt, und zwar derart, daß sowohl der Gipfel als auch beide
Äste der Kurvesich heben. Es ist zu betonen, daß der Gipfel der Kurve dabei
denselben Mengenverhältnissen der Sole entspricht. Sehr interessant sind
‘die weiteren Umformungen unserer Flockungskurve. Von 500 Millimol NaCl
im Liter wird das reine Fe,(FeCy,),-Sol unvollständig geflockt (die über-
stehende Flüssigkeit ist gefärbt). Bei dieser Kochsalzkonzentration wird
aber der Gipfel der Kurve noch höher emporgehoben als es bei 350 Millimol
der Fall ist, indem er bereits eine vollständige Koagulation darstellt (die
überstehende Flüssigkeit ізі wasserhell). Ferner wird auch der linke Ast
der Kurve emporgehoben, der rechte dagegen viel schwächer. Noch höhere
Elektrolytkonzentrationen (die oberhalb des Koagulationswertes des reinen
1) 600 Millimol NaCl im Liter.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 25
374 A. Rabinerson:
Berlinerblausols liegen) wandeln selbstverständlich den linken Ast in eine
Gerade um, die parallel mit der Ahszisse auf der Höhe der völligen Flockung
liegt. Der rechte Ast dagegen kann in seiner ganzen Länge derart nie um-
gewandelt werden, er wird allein emporgehoben.
700 2 100 g
vill 3 1 RUN —
Globulin 0 0 00 0 2 40 7 W
100-
A B
Abb. 1. Graphische Darstellung der Wechselwirkung zwischen dem Berlinerblausol und Pseudo.
globulin aus normalem (A) und Antidiphtherieserum (B). Die links von den Figuren stehender
Zahlen bedeuten die NaClI»Konzentration, Millimol im Liter. Die oberen Zahlen bedeuten den
Prozentgehalt der Gemische an Globulin.
Sucht man die soeben geschilderten Erscheinungen vom Standpunkt
des Sensibilisierungsprozesses und der Schutzwirkung zu beurteilen, so
ergibt sich folgendes:
Betrachten wir diejenige Flockungskurve, die einer Kochsalz-
konzentration von 500 Millimol im Liter entspricht. Es ist klar, daß der
Wechselwirkung zwischen hydrophoben Solen usw. 375 `
linke emporsteigende Ast der Kurve die Sensibilisierung des Ее, (ЕеСу,),-
Sols durch Globulin graphisch darstellt: das reine Berlinerblausol wird ja
von 500 Millimol NaCl im Liter nur teilweise, bei Zusatz von 9,09 bis 50 Proz.
Globulin dagegen völlig geflockt. Bei Überschuß von Eiweiß (71,43 Proz.
Globulin, 28,57 Proz. Berlinerblau) wird die Koagulation wieder unvoll-
ständig, bis sie schließlich völlig aufhört (83,33 Proz. Globulin). Vom
Standpunkt der Beständigkeit des Fe,(FeCy,),-Sols betrachtet, kann der
rechte Ast der Kurve als graphische Darstellung der Schutzwirkung an-
gesprochen werden. In der Tat nimmt die fragliche Schutzwirkung mit
steigender Elektrolytkonzentration ab.
Der rechte Ast unserer Kurven kann aber auch anders gedeutet werden.
Wie oben erwähnt, werden beide Äste, sowohl der linke als auch der rechte,
von steigenden Salzkonzentrationen emporgehoben. Stellt der linke Ast
die Sensibilisierung des Berlinerblausols durch Globulin dar, so kann der
rechte Ast als graphische Darstellung der Sensibilisierung von Globulin
durch das Fe, (FeCy,),-Sol gelten. Da aber das hydrophobe Fe, (FeCy,),-Sol
von NaCl auch ohne Zusatz von Eiweiß gefällt wird, das hydrophile Globulin
dagegen nicht, so scheint es selbstverständlich zu sein, daß der linke Ast
von hohen Salzkonzentrationen zu einer horizontalen Geraden umgewandelt
wird, der rechte Ast aber nur emporgehoben. Daß beide Äste tatsächlich
ähnliche Prozesse darstellen (Sensibilisierung des im Überschuß vorhandenen
Bestandteils durch den im Unterschuß anwesenden), erhellt wohl zur Genüge
aus der Betrachtung jener Kurven, die den unterhalb des Flockungswertes
des Fe,(FeCy,),-Sols liegenden Salzkonzentrationen entsprechen, wo
nämlich beide Äste ziemlich gleichartig entwickelt sind.
Der Vergleich sämtlicher Kurven untereinander zeigt ferner, daß die
Begriffe Sensibilisierung sowie Schutzwirkung eigentlich nur als Äußerungen
gewisser Bedingungen aufgefaßt werden können, indem sie keineswegs
in der Natur der Sache begründete Erscheinungen charakterisieren. Wenden
wir uns z. B. jenem Gemisch zu, das 71,43 Proz. Globulin und 28,57 Proz.
Fe,(FoCy,), enthält. In einer 100 bis 350 Millimol im Liter enthaltenden
Kochsalzlösung wird das fragliche Gemisch unvollständig geflockt. Da
aber das reine Berlinerblausol von diesen Salzkonzentrationen weder
geflockt noch getrübt wird, so scheint es gerechtfertigt zu sein, von Sensi-
bilisierung vom Berlinerblausol durch Globulin zu sprechen. In einer
n Lösung von NaCl übt dagegen dieselbe Menge Eiweiß eine ausgesprochene
Schutzwirkung aus!
Wenden wir uns nun dem Verhalten der Gemische vom Fe, (ЕеСу,),- 801
mit dem aus einem Normalpferdeserum stammenden Pseudoglobulin zu.
Wie aus Abb. 1, A ersichtlich ist, wird das fragliche Gemenge erst von einer
350 Millimol im Liter enthaltenden Kochsalzlösung zur Flockung gebracht.
Weder 100 noch 250 Millimol im Liter vermögen dies zu tun. Der Gipfel
der Flockungskurve, die bei 350 Millimol NaCl im Liter auftritt, liegt aber
niedriger, als es bei derselben Salzkonzentration im Gemisch mit Immun-
globulin der Fall ist. Demzufolge sind auch beide Äste niedriger gelegen.
Die Mengenverhältnisse dagegen, die dem Gipfel der Kurve (Fällungs-
optimum) entsprechen, sind dieselben, und zwar 50 Proz. Globulin und
50 Proz. Berlinerblau. Bei höheren NaCl-Konzentrationen wird der linke
Ast ebenso umgewandelt, wie es in der obigen Versuchsreihe der Fall ist, der
rechte dagegen bleibt stets niedriger, als im Gemisch mit Immunglobulin.
Es ergeben sich aus diesen Versuchen zunächst folgende Tatsachen:
l. Die Schutzwirkung des Pseudoglobulins aus einem Normalserum ist
25 *
376 A. Rabinerson:
größer als die des aus einem Immunserum stammenden Pseudoglobulir=
(so wird z. В. das 71,43 Proz. Normalglobulin enthaltende Gemisch væ
2000 Millimol NaCl nur teilweise geflockt, während es im Falle von Immu»
globulin vollständig koaguliert wird). 2. Das Pseudoglobulin aus dem
Antidiphtherieserum sensibilisiert das Berlinerblausol stärker als de:
Pseudoglobulin aus n Serum.
Es liegt auf der Hand, daß beide Unterschiede infolge der größeren
Beständigkeit des n Globulins zum Vorschein kommen. Der Vergleich
der beiden Äste unserer Kurven zeigt ja, daß je beständiger ein Sol ist,
desto geringer das Emporheben des ihm entsprechenden Astes ist. Daselbe
gilt auch, falls wir die beiden Pseudoglobuline untereinander vergleichen:
das aus einem Antidiphtherieserum stammende Pseudoglobulin ist aus
gesprochen mehr hydrophob als das aus einem n Serum gewonnene.
Wenden wir uns nun dem Fe,O,-Globulinsol zu. Die Versuche sind
mit folgenden Gemischen aufgestellt worden:
Gewichtskonzentration:
FeO . 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,05 0,025 0.01
Globulin 0,0019 0,0039 0,0078 0,0156 0,0313 0,0625 0,15 0,25 0,95 0,25 0,25
Prozentverhältnis der Sole im Gemisch,
Ее, О, . 98,14 96,54 92,76 86,51 76,16 61,54 40 28,57 16,67 9,09 3,85
Globulin 1.86 3,46 7,94 13,49 23,84 38,46 60 71,43 83,33 90,91 96,15
Die Ergebnisse der Versuchsreihen sind auf Abb. 2 graphisch wieder-
gegeben. (A:n Globulin, B:Globulin aus Antidiphtherieserum). Wenden
wir uns vorerst dem Gemisch vom Fe,O,-Sol mit dem Normalglobulin zu
(Abb. 2, А). Wie aus der Abb. 2, A ersichtlich ist, gibt das Solgemisch, mit
Kochsalzlösungen verschiedener Konzentration vermengt, zwei voneinander
scharf getrennte Flockungszonen, und zwar liegt die eine derselben ım
Gebiet der hohen Eiweißkonzentrationen (rechte Kurve), die andere da-
gegen bei sehr geringer.
Die linke Kurve stellt die gegenseitige Ausflockung des Eisenoxydsob
und «des Globulinsols graphisch dar. Die Ausflockung tritt, wie aus der
Abb. 2, А ersichtlich ist, erst bei Zusatz von 50 Millimol NaCl auf, während
sie bei dieser Salzkonzentration nur unvollständig ist (Trübung). Der
optimale Punkt dieser Zone (der Gipfel der linken Kurve) entspricht einem
Gehalt von 86,51 Proz. Fe,O, und 13,49 Proz. Globulin des Gemisches.
Mit steigender Kochsalzkonzentration wird der Flockungsgrad gesteigert
und die Flockungszone verbreitert; dementsprechend liegt der Gipfel
der Kurve höher, indem die Äste derselben gleichfalls emporgehoben und
verbreitert werden. Die weiteren Umformungen der Flockungskur
estalten sich mit zunehmender Korhsalzkonzentration wie folgt: Die
te der Kurve werden noch höher und breiter, indem der linke Ast, welcher
dem Überschuß des hydrophoben Fe,O,-Sols entspricht und somit die
Sensibilisierung desselben durch Globulin darstellt, steil in die Höhe
wächst, bis er endlich nach dem Überschreiten des Koagulationswerte
des reinen Fe,O,-Sols [500 Millimol NaCl im Liter!)] zu einer geraden Linie
wird, welche auf der Höhe des Flockungsmaximums parallel mit der Abszise
verläuft.
1) Von 250 Millimol wird das reine, 0,1 Proz. Fe,O, enthaltend
Eisenoxydsol getrübt, von 350 aber unvollständig geflockt (die überstehend
Flüssigkeit ist intensiv gefärbt).
Wechselwirkung zwischen hydrophoben Solen usw. 377
Ае, (А, 100 0 20 0
Globulin 0 1 2030 Ф 50 60 70 80 4010 00 20 30 70 80 30 10
Abb. 2.
Ве: Oꝶg⸗Sol und Pseudoglobulin aus normalem (A) und Antidiphtherieserum (B).
378 A. Rabinerson:
Ebenso, wie es beim Berlinerblau-Globulinsol der Fall ist, wird de
rechte Ast der Kurve mit zunehmnder Salzkonzentration viel wenig
emporgehoben als der linke.
Ganz anders liegen die Verhältnisse in der zweiten Flockungszor.
deren graphische Darstellung die rechte Kurve ist. Die fragliche Zone trm.
im Gegensatz zu der soeben beschriebenen, bereits im elektrolytires
Medium auf, indem eine völlige Ausflockung den Mengenverhältnisse
83,33 Proz. Eiweiß und 16,67 Proz. Fe,O, entspricht.
Bei Zusatz von Kochsalz wird die Flockung unvollständig, bis er
endlich — bei genügenden NaCl-Konzentrationen — völlig verschwindet. `
Mit anderen Worten, das sich bildende Koagulum wird vom Kochsabk `
peptisiert.
Es liegt auf der Hand, daß die fragliche Flockungszone als Ergebuis
ganz anderer Erscheinungen, die mit der typischen gegenseitigen Am
flockung zweier Sole nichts zu tun haben, auftritt. Krebs!) hat neuerdings
eine derartige zweite Flockungszone bei der Wechselwirkung zwischen
sauren Goldsolen und Serum festgestellt und dieselbe als ein um den iso-
elektrischen Punkt herum beschränktes Gebiet der Fällung von Eiweiß
angesprochen. Es ist zu betonen, daß ein beständiges Eisenoxydsol stets
sauer genug ist.
Wenden wir uns nun der Wechselwirkung vom Fe,O,-Sol mit dem
Immunglobulin zu. Aus dem Vergleich der diesbezüglichen Kurve
(Abb. 2, В) mit den obigen, das Verhalten des Gemisches vom Fe,0,-Sol
mit n Globulin darstellenden (Abb. 2, A) ergibt sich folgendes:
Was zuerst die linken Kurven betrifft, so liegen die Gipfel derselbe
bei 50 und 100 Millimol NaCl höher als es für das n Globulin der Fall ist.
Demzufolge liegen auch die entsprechenden Punkte beider Äste etwa
höher. Anders ausgedrückt, das Immunglobulin sensibilisiert stärker sk
das Globulin aus einem п Serum. Doch ist dieser Unterschied, worsu
noch zurückzukommen sein wird, unbeträchtlich. Es ist aber besonder
darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Gipfel der Kurven denselben gegen-
seitigen Mengenverhältnissen beider Sole (13,49 Proz. Eiweiß, 86,51 Proz.
Fe,O,) entsprechen, wie beim Vermengen des Fe,O,-Sols mit n Globulin.
Was nun den rechten Ast der linken Kurve betrifft, so scheint derselbe
ebenfalls höher und nach rechts viel weiter ausgedehnt zu sein, als beim
Globulin aus n Serum. Dementsprechend schützt das Pseudoglobulin аш
Antidiphtherieserum das Fe,O,-Sol schwächer als das Pseudoglobulin aw
Normalserum. Der fragliche Unterschied ist, wie aus der Abb. 2 ersichtlich,
bedeutender als der Unterschied im Sensibilisierungsvermögen.
~ Es ergibt sich also, daß hinsichtlich der Verhältnisse in der linken
Flockungszone das ausdem Antidiphtherieserum stammende Pseudoglobulin
sich ebenso vom Pseudoglobulin aus Normalserum unterscheidet, wie in
den Gemischen mit Berlinerblausolen.
Anders als beim n Globulin liegen ferner die Verhältnisse in der zweiten
(rechten) Flockungszone.. Wohl wird das hier entstandene Koagulum
ebenfalls durch Kochsalz peptisiert, doch scheint das fragliche Peptisieren
viel schwerer vor sich zu gehen. Ein völliges Auflösen des Koaguluns
tritt nämlich erst in einer 1000 Millimol im Liter enthaltenden Na Cl-Lösung
auf, während es beim п Globulin bereits bei 350 Millimol geschieht. Demzufol
sind auch die den niedrigeren Salzkonzentrationen entsprechenden Kurvë
1) Diese Zeitschr. 159, 311, 1925.
Wechselwirkung zwischen hydrophoben Solen usw. 379
höher, als beim n Globulin. Meines Erachtens scheint es nicht ausgeschlossen
zu sein, daß die schwerere Peptisierbarkeit des Koagulums im entsprechenden
Gebiete ebenfalls von der Zunahme der hydrophoben Eigenschaften bei
der Immunisierung abhängt. (Meine Beobachtungen bezüglich des Ver-
haltens eines Fe,O,-Albuminsols zeigten, daß hier das Koagulum noch
leichter peptisiert wird, als im Fe,O,-Normalglobulinsol. Das Albumin
hat aber einen ausgesprochen stärkeren hydrophilen Charakter als das
Globulin.)
Der Vergleich sämtlicher auf Abb. 2 zusammengestellten Kurven
zeigt nun, daß in der zweiten (rechten) Zone die Unterschiede zwischen
Pseudoglobulinen aus n Serum und Antidiphtherieserum viel prägnanter
аша als in der Zone der typischen ‚Wechselwirkung. Betrachten wir nun
sämtliche bereits geschilderten Erscheinungen vom Standpunkt der Ver-
ringerung der Beständigkeit des Fe,O,-Sols (Sensibilisierung!) durch
Globulin, unabhängig davon, mit welcher Art von Erscheinungen wir es
hier in Wirklichkeit zu tun haben, so ergibt sich folgendes: in der zweiten
(rschten) Flockungszone wird das Fe,O,-Sol durch beide Pseudoglobuline
viel stärker sensibilisiert als in der ersten (linken), falls man das Solgemisch
mit kleinen Salzkonzentrationen behandelt; im fraglichen Salz-
konzentrationsgebiet sensibilisiert das Pseudoglobulin aus Antidiphtherie-
serum bedeutend stärker als das n Globulin. In der ersten (linken) Zone
dagegen treten die Unterschiede zwischen beiden Pseudoglobulinarten,
was das Sensibilisierungsvermögen betrifft, wie bereits erwähnt, nicht so
scharf auf.
Die von Freundlich und Beck (l. c.) aufgestellten Versuche bezüglich
der Sensibilisierung vom Fe,O,-Sol durch Pseudoglobuline aus normalem
und antitoxischem Serum zeigten nämlich, daß bei Anwendung von kleinen
Eiweißkonzentrationen (0,1 Proz.) kein Unterschied im Sensibilisierungs-
vermögen beider Globuline auftritt; diesen Unterschied gelang es nach-
zuweisen, wenn die Globulinsole ziemlich konzentriert waren (0,6 Proz.).
Die Versuchsprotokolle von Freundlich und Beck erlauben die Mengen-
verhältnisse der Komponenten ihrer Gemische auszurechnen: im Falle
der geringen Globulinkonzentration (0,1 Proz.) handelt es sich um ein Ge-
misch, welches 84,57 Proz. Fe,O, und 15,43 Proz. Globulin enthält. Diese
Mengenverhältnisse müssen aber im Bereich der ersten (linken) Flockungs-
zone liegen. Wurde ein 0,6 proz. Globulinsol verwendet, so betrug der
Gehalt des Gemisches an Globulin 92,59 Proz., an Eisenoxyd aber 7,41 Proz.
Unzweifelhaft ist es das Gebiet der zweiten (rechten) Flockungszone.
Tatsächlich konnten Freundlich und Beck bei Anwendung von hohen.
Kochsalzkonzentrationen eine erneute Peptisation feststellen, was in der
fraglichen Zone allein zustande zu kommen vermag. Es liegt also auf der
Hand, daß in den zwei von Freundlich und Beck untersuchten Fällen ganz
verschiedene Erscheinungen auftraten.
Zum Schluß sei mir gestattet, Herm Prof. N. N. Andrejew, unter dessen
Leitung meine Untersuchungen ausgeführt wurden, meinen tiefsten Dank
zu sagen.
Zusammenfassung.
l. Bei der Wechselwirkung zwischen Pseudoglobulinen aus
normalem und Antidiphtherieserum und dem Berlinerblausol tritt bei
Zusatz von Kochsalz eine Flockungszone auf, welche graphisch durch
380 А. Rabinerson: Wechselwirkung zwischen hydrophoben Solen ия.
eine eingipflige Kurve dargestellt werden kann. Der eine Ast der Kur:
stellt die Sensibilisierung von Berlinerblausol durch Globulin dar, d
andere umgekehrt die Sensibilisierung von Globulin durch Berlinerbla
2. Das aus einem Antidiphtherieserum stammende Pseudoglobulı
scheint in höherem Grade hydrophob zu sein als das aus einem Nom.
serum gewonnene. Demzufolge sensibilisiert ersteres das Berlinerblaus!
stärker, schützt es aber vor Elektrolytfällung schwächer.
3. Bei der Wechselwirkung zwischen dem Eisenoxydsol und den
Pseudoglobulin treten zwei Flockungszonen auf, von denen die m
Gebiete niedriger Eiweißkonzentrationen liegende der Flockungszor
des Berlinerblau-Globulinsols entspricht; die andere Zone, welche den
hohen Globulinkonzentrationen entspricht, tritt als Ergebnis anderer
Faktoren auf.
4. Die sich in der ersten Zone äußernden Unterschiede zwischen
Normal- und Immunglobulin knüpfen an jene im Berlinerblau-Gobulin-
sol auftretenden eng an. Was das Sensibilisierungsvermögen betrifft,
so ist der Unterschied in der fraglichen Zone unbeträchtlich.
5. Die in der zweiten Zone auftretenden Unterschiede scheinen
viel größer zu sein, indem sie sich in der leichteren Peptisierbarkeit
des Koagulums im Falle des Normalglobulins äußern. Äußerlich scheint
es, daß in diesem Gebiete die Sensibilisierung des Eisenoxydsols durt
Immunglobulin viel stärker ausgeprägt ist.
Über Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebei).
I. Mitteilung:
Milchsäurebildung und Milchsäureschwund in tierischen Geweben.
Von
0. Meyerhof und К. Lohmann.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Biologie, Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 19. März 1926.)
Inhaltsübersicht. Seite
Einleitung u... ой re ee a ie 381
T: Methoden...» . ua жш. зе A en ee e Жш e 383
a) Manometrische Methoden . . . » 2 2 2 2 2 2 2 2 nn. 383
b) Mikrochemische Methoden . . . s 2 2 2 2 2 2 2 2 ne. 385
П. Atmung und Milchsäureumsatz von Rattengeweben . . . . . . 387
a) Atmung und Milchsäureumsatz des Lebergewebes. . . . . . 387
b) Atmung und Milchsäureumsatz im Nierengewebe . . . . . . 394
c) Milchsäureumsatz in der grauen Hirnsubstenz . ...... 395
III. Über die glykolytische Wirksamkeit verschiedener Zucker . . . 398
a) Über die Glykolyse in der glatten Muskulatur. . . . .. . 398
b) Milchsäurebildung aus Triosen . . ». 2. 2. 2 2 2 2 2 200. 399
Zusammenfassung . . 2 2 2 0m rm nn 401
Im folgenden sollen in einer Reihe von Arbeiten Ergebnisse mit-
geteilt werden, die über den Zusammenhang der Atmung mit dem
Kohlehydratumsatz in verschiedenen tierischen Geweben, in der Haupt-
sache von Ratten, erhalten wurden. Dieser Zusammenhang ist, wie
bereits in früheren Arbeiten gezeigt wurde, komplexer Natur. Denn
die Gewebe können Kohlehydrat auf zwei Wegen zerstören: 1. durch
Oxydation; 2. durch anoxydative Spaltung zu Milchsäure. Diese
beiden Mechanismen sind aber dadurch untereinander verknüpft, daß
durch die Oxydation des Kohlehydrats und eventuell auch anderer
1) Die Arbeit wurde mit Unterstützung der Notgemeinschaft der
Deutschen Wissenschaft ausgeführt, der auch hier für ihre Hilfe gedankt sei.
382 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Nährstoffe die Spaltung rückgängig gemacht wird, derart, daß der
Verbrauch von 1 Mol. Sauerstoff die Abspaltung von 1 bis 2 Mol. Milch-
säure zum Verschwinden bringt. Es ist zunächst für den Muskel gezeigt
worden, daß es sich hier um eine wirkliche Rückgängigmachung der
Milchsäurebildung handelt, indem sowohl die physiologisch entstandene
als auch von außen zugesetzte Milchsäure unter Verbrauch einer be-
stimmten Menge Sauerstoff zu Glykogen aufgebaut wird!). Für andere
Gewebe konnte der Kreislauf der Milchsäure nur nach Analogie ge-
folgert werden. Die zahlenmäßige Übereinstimmung des Oxydations-
Geen Mol. rückgängig gemiachter Spaltungsumsatz und die
Mol. Oxydationsumsatz
Allgemeingültigkeit des Zusammenhangs, der außer für die Milch-
säurespaltung auch für die alkoholische Gärung des Zuckers zutrifft’),
legt eine solche Verallgemeinerung nahe.
Wir haben im folgenden untersucht, wie weit sich dieser Zusammen-
hang von Oxydation und Spaltung auch für andere Gewebe beweisen
läßt, nachdem Warburg, Posener und Negelein®) gezeigt hatten, daß
allgemein die unter anaeroben Bedingungen erfolgende Glykolyse des
Zuckers zu Milchsäure in Sauerstoff in dem vom Oxydationsquotienten
geforderten Umfang unterdrückt wird. In der oben zitierten früheren
Arbeit) wurde bereits über den Kohlehydratumsatz von Zwerchfell-
und Leberschnitten von Ratten berichtet, doch wurden direkte Kohle-
hydratbestimmungen nur in einigen orientierenden Versuchen angestellt.
Weiterhin wurden von R. Гоеђе 5) für einzelne Gewebe (graue
Substanz des Rattenhirns, wachsendes Epithel, Froschrückenmark)
Atmung und Glykolyse im Vergleich zum Muskel untersucht, ins-
besondere auch die Atmung unter dem Einfluß des Lactats studiert.
Die gegenwärtigen Arbeiten knüpfen an diese Untersuchungen an.
Wir berichten zunächst über die von uns verwandten Methoden, teils
manometrische, die sich an die aus dem Laboratorium von О. Warburg
beschriebenen anlehnen, zur Messung von Sauerstoffverbrauch, Kohlen-
säurebildung, Milchsäurebildung und Milchsäureschwund, teils mikro-
chemische, um in Gewebsschnitten, die zur Atmungsmessung gedient
hatten, Kohlehydrat und eventuell auch Milchsäure zu bestimmen.
In der vorliegenden Arbeit teilen wir nur die Ergebnisse der mano-
metrischen Messungen mit, insbesondere über den Einfluß der Milch-
säure auf die Atmungsgröße der verschiedenen Gewebe, über den
1) O. Meyerhof, K. Lohmann und R. Meier, diese Zeitschr. 157, 459, 1925.
2) O. Meyerhof, ebendaselbst 162, 43, 1925.
3) Warburg, Posener und Negelein, ebendaselbst 152, 309, 1924.
t) О. Meyerhof, K. Lohmann, R. Meier, 1. с.
5) R. Loebel, diese Zeitschr. 161, 219. 1925.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. I. 383
oxydativen Schwund der Milchsäure dabei und das Verhältnis von
Milchsäurebildung und Milchsäureverbrauch unter der Einwirkung
verschiedener Faktoren. Dabei wird durch
diese und die folgenden Arbeiten die Auf- 1- opaituñg
fassung zu stützen versucht, daß während der
Atmung in Gegenwart von Zucker die Milchsäure
einen Kreislauf durchmacht, und daß die von-
einander unabhängig beeinflußbare Geschwindig-
keit der beiden Stoffwechselphasen bestimmt, ob die Spaltung oder die
Synthese überwiegt, so daß entweder Milchsäure entsteht oder verschwindet.
Hexose 2 Milchsäure
II. Synthese
I. Methoden.
a) Manomeirische Methoden.
Die von О. Warburg und seinen Mitarbeitern beschriebenen mano-
metrischen Methoden!) zur Messung des Sauerstoffverbrauchs, der
Kohlensäurebildung und der Milchsäurebildung von überlebenden
Warmblütergeweben in Ringerlösung und Serum haben wir außer zu
den von den Autoren selbst angegebenen Zwecken auch zur Bestimmung
des Verbrauchs der Milchsäure durch tierische Gewebe angewandt.
In der ‚verbesserten Methode zur Messung von Atmung und Glykolyse“
(Kästchenmethode) von Warburg wird die Milchsäuredildung neben der
Atmungskohlensäure bestimmt durch Messung des gesamten in Gegen-
wart von Zucker und Bicarbonat in den Gasraum übertretenden Kohlen-
dioxyds, wobei in Sauerstoff ein dem verbrauchten Sauerstoff gleiches
Volumen CO, auf Atmungskohlensäure verrechnet wird, der Über-
schuß auf Milchsäure. Kennt man den respiratorischen Quotienten
des Gewebes unter den Versuchsbedingungen genauer, so kann man
die diesem Quotienten entsprechende Atmungskohlensäure in Abzug
bringen. Der „scheinbare respiratorische Quotient‘‘ (y)
Kohlensäure + Milchsäure
Sauerstoff
ist dann stets größer als der wahre respiratorische Quotient und
meist über 1. Befindet sich aber in der Lösung das Alkalisalz einer
organischen Säure, wie Milchsäure, und verschwindet diese Säure durch
Oxydation oder Synthese, so bleibt Alkali zurück und retiniert Kohlen-
säure. Der scheinbare respiratorische Quotient у ist in diesem Falle
kleiner als der wahre. Aus der Verkleinerung des Quotienten kann
man die Menge verbrauchter Milchsäure ebenso berechnen, wie aus der
Vergrößerung des Quotienten die gebildete Milchsäure.
1) Diese Zeitschr. 142, 317, 1923; 152, 51, 1924; 158, 121, 1925; 164,
481, 1925.
384 О. Meyerhof u. K. Lohmann:
Noch genauer und ohne daß der wahre respiratorische Quotient
bekannt zu sein braucht, ergibt sich der Verbrauch der Milchsäur
aus der Zunahme des Bicarbonatgehalts der Lösung. Diese Methode
entspricht der von E. Negelein beschriebenen!), in der aus der Fer-
ringerung des Bicarbonats die Glykolyse berechnet wird. Wird Milch-
säure in einer bicarbonathaltigen, mit 5 Proz. CO, im Gleichgewicht
befindlichen Lösung verbraucht, so wird für jedes verschwindende
Molekül Milchsäure ein Molekül Kohlensäure retiniert. Bestimmt man
daher zu Beginn und zum Schluß durch Einkippen eines Überschusses
starker Säure, z.B. Salzsäure, den Bicarbonatgehalt, so ergibt sich
aus der Zunahme des Bicarbonats direkt die verschwundene Milch-
säure. Hierbei entspricht 1 cmm Kohlensäure ebenso wie bei der
Glykolysemessung 0,004 mg Milchsäure. Der Milchsäureschwund wird
von uns dabei durch den Stoffwechselquotienten Фа, (Kubik-
millimeter Bicarbonatzunahme pro Milligramm Trockengewicht und
Stunde) ausgedrückt, während Qy nach dem Vorschlag von О. Warburg
Kubikmillimeter durch Milchsäure ausgetriebene Kohlensäure pro
Milligramm und Stunde bedeutet. In Zahlen ist daher Oe = — Qy-
In gleicher Weise lassen sich diese Verfahren auch zur Messung der in
Serum verschwindenden Milchsäure anwenden, wobei man bei Ver-
wendung der „Kästchenmethode“ sich der von Warburg angegebenen
Vorschriften bedient. Man berechnet hier die pro Millimeter Druck-
zunahme (4р) erfolgende mittlere Retention des CO, (Au) nach der
von Warburg für Kohlensäure angegebenen Formel (5) С, wenn in
dem Versuch Milchsäure verschwindet. Sowohl der Milchsäureschwund
wie die Milchsäurebildung wird durch Vergleich der manometrischen
mit chemischen Methoden kontrolliert. Die im folgenden benutzten
Bezeichnungen entsprechen den von Warburg angegebenen.
Will man im gleichen Versuch Atmung und Kohlehydratumsatz
bestimmen, so lassen sich diese komplizierteren Methoden der Atmungs-
messung nicht anwenden. Das gilt besonders, wenn die Atmung in
Serum gemessen wird, weil die Zuckermenge in mehreren Kubik-
zentimetern Serum, wie sie in diesen Methoden erfordert werden, für
die Messung des Kohlehydratumsatzes zu groß ist. In diesem Falle
muß man sich der älteren Methoden bedienen, in denen die aus dem
Gasraum ausgetretene Kohlensäure durch Kalilauge absorbiert wird.
Um zu verhindern, daß hier in mehrstündigen Versuchen die Suspensions-
lösung alkalisch wird, wurde, bei Verwendung von Ringerlösung,
isotonisches Phosphatgemisch von р. 7,4 im Verhältnis 1:20 statt
1) Negelein, diese Zeitschr. 158, 121, 1925.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. I. 385
Bicarbonat hinzugefügt. Bei Versuchen in Serum wurde dieses zunächst
zur Entfernung der Hauptmenge Bicarbonat angesäuert, meist mit
1,5 ccm п/10 НСІ zu 10 ccm inaktiviertem Pferdeserum, und im Anschluß
daran längere Zeit evakuiert. Dies bicarbonatarme, kohlensäurefreie
Serum hat eine Wasserstoffzahl von etwa 8,0, die sich in mehrstündigem
Atmungsversuch bis etwa 8,5 verschieben kann. Wenn auch dies Ver-
fahren zur Messung der absoluten Atmungsgröße hinter denen bei
physiologischen Kohlensäuredrucken an Exaktheit zurücksteht, ist es
doch zum Vergleich von Kohlenhydratumsatz und Sauerstoffverbrauch
verwendbar. Ebenso kann es zur Bestimmung des wahren respiratorischen
Quotienten im Serum dienen, indem man denselben aus drei Messungen
ermittelt (Sauerstoffverbrauch; Bicarbonatgehalt vorher; Bicarbonat-
gehalt nachher + in der Versuchszeit in den Gasraum abgegebener
Kohlensäure).
b) Mikrochemische Methoden.
Kohlehydratbestimmung.
Prinzip: Das Gewebsstück wird in Alkohol getötet. In dem
alkoholischen Auszug werden die niederen Kohlehydrate, im Rück-
stand das Glykogen bestimmt, in der Regel gemeinsam, nachdem
die beiden Anteile wieder vereinigt sind. Als Zuckerbestimmung dient
die Methode von Hagedorn-Jensen, für deren fehlerlose Durchführung
eine vollkommene Eiweißfreiheit der zu hydrolysierenden Lösungen
erforderlich ist.
Ausführung: Die Schnitte von etwa 20 bis 30 mg Feuchtgewicht —
vor dem Versuch auf einer Torsionswage von Hartmann und Braun ge-
wogen — werden in einer kleinen, eisgekühlten Reibschale in 1 ccm 96proz.
Alkohol zerrieben, dann mit der Suspensionslösung und Spülflüssigkeit
in ein kleines Reagenzglas umgefüllt, so daß sie in 4 bis бест 66proz.
Alkohols suspendiert sind, und über Nacht stehengelassen. Sie werden
zweimal auf der Zentrifuge mit derselben Menge 66proz. Alkohols ge-
waschen, wobei der Gewebsrückstand jedesmal etwa eine Stunde mit
Alkohol stehen bleibt. Die vereinigten alkoholischen Auszüge werden
auf dem Wasserbade eingeengt, im Trockenschrank bei 50° völlig getrocknet;
es wird mit 3 ccm Wasser aufgenommen, mit је 1 cem 0,15 п NaOH und
3,4proz. ZnSO, versetzt, nach Umfüllen in ein schmales Reagenzglas
3 Minuten im siedenden Wasserbade erwärmt, die Lösung durch ein Asbest-
filter in der Zentrifuge filtriert und dann von dem Filtrat ein aliquoter
Teil, etwa 4 ccm, entweder für sich oder nach Vereinigung mit einem ent-
sprechenden aliquoten Teil des Glykogens in Salzsäure hydrolysiert.
Der zurückgebliebene Gewebsrückstand wird mit 0,3 bis 0,4ccm
40proz. KOH nach Pflüger 2 Stunden im Wasserbade zerkocht; nach
Zusatz уоп 0,5ccm Wasser und 2ccm 96proz. Alkohols wird über Nacht
stehengelassen. Das ausgefällte Glykogen wird auf der Zentrifuge je einmal
mit 3 bis 4 ccm 66-, 80-, 96proz. Alkohol und einmal mit Äther gewaschen.
Der trockene Rückstand wird mit 2,5ccm Wasser schwach erwärmt, die
Flüssigkeit durch Asbest abzentrifugiert und von dem Filtrat ein aliquoter
386 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Teil (in der Regel wie in der Bestimmung der niederen Kohlehydrate
80 Proz. der Gesamtmenge) hydrolysiert.
Zur Hydrolyse verwenden wir nicht zu weite Reagenzgläser aus
Jenaer Glas, die mit einer Glaskappe versehen werden, um das Fan.
engen zu vermeiden. Die Flüssigkeit, mit dem zehnten Teil ihres Volumens
25 proz. Salzsäure (für forensische Zwecke) versetzt, wird 3 Stunden im Wasser-
bade erhitzt. Der Inhalt wird mit 3 ccm Wasser in ein weiteres Reagenzglas
überspült, mit einem Tropfen stark verdünnten Phenolphthaleins versetzt
und genau neutralisiert (mit 40 Proz. KOH und n HCl); dann nach Auffüllen
auf 10 eem mit 5 ccm der soda-alkalischen Lösung von Kaliumferricyanid
versetzt und nach der Vorschrift von Hagedorn-Jensen 15 Minuten im
Wasserbade erwärmt. Die abgekühlte Lösung wird aus dem Reagenzglias
mit 8 ccm der NaCl—ZnSO,—K J-Lösung und Beem der Зргог. Essig-
säure (entsprechend den Vorschriften der Methode) in ein Becherglas
übergespült und das ausgeschiedene Jod mit n/200 Thiosulfat zurück-
titriert. Der Titer der Thiosulfatlösung wird mit bekannten Glucossemengen,
die ebenfalls 3 Stunden in Salzsäure erhitzt und genau wie die Versuchs-
lösungen vorbehandelt sind, eingestellt. Ebenso wird der Blindwert aus
Wasser, das mit verdünnter Salzsäure erwärmt und dann neutralisiert
ist, erhalten. Dieser Wert weicht um etwa 0,05 bis 0,06 ccm n/200 Thio-
sulfat von dem direkt bestimmten Werte ab. Innerhalb der Grenzen von
0,1 bis 0,7 mg reduzierbarer Kohlehydrate war der Reduktionsfaktor
gleich. Alle Titrationen geschahen mit Bangschen Mikrobüretten, die
10 ccm faßten. Bei Verarbeitung von Serum wurde genau so verfahren.
Außerdem wurde in diesem Falle der Zuckergehalt des Serums für sich
sowie nach Hydrolyse bestimmt. Der auf die letztere Weise gefundene
Wert ist stets etwas höher und war für die Berechnung zu benutzen, da
in den in Serum atmenden Gewebsschnitten das veratmete hydrolysierbare
Kohlehydrat zu bestimmen war. Eine Übersicht über die Kontroll-
bestimmungen an Froschmuskeln gibt die Tabelle I (Vergleich mit der
früheren Verarbeitungsart und Bestimmung des Zuckers nach Bertrand).
Tabelle I.
Makrobestimmung (Bertrand) Mikrobestimmung (Hagedorn)
Muskelgewicht | Zucker
se | m
Fi TERN ЖЕ.
1,82 | 9,
1,45 12,45
2,35 6,26 |
Die chemischen Milchsäurebestimmungen entsprachen den bisher
beschriebenen). Die Enteiweißung geschah nach Schenck oder Folin-
Wu, woran die van Siykesche Entzuckerung mit Kupferkalk an-
1) Pflügers Arch. 204, 295, 1924; diese Zeitschr. 168, 136ff., 1926.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. I. 387
geschlossen wurde. Neben der Titration des freien Bisulfits wurde zur
Kontrolle das an Aldehyd gebundene nach der Vorschrift von Clausen
durch Zugabe eines Überschusses von Natriumbicarbonat bestimmt.
П. Atmung und Milchsäureumsatz von Rattengeweben.
Für die meisten Gewebe ernährter Ratten in traubenzuckerhaltiger
Ringerlösung sind von O. Warburg, Negelen und Posener die durch-
schnittlichen Atmungsgrößen (Qo, = Kubikmillimeter Sauerstoff pro
Milligramm Trockengewicht und Stunde) angegeben. Bestimmt man
die Atmung ohne Zucker, so zeigen für die Anfangszeit (1, bis 1 Stunde)
die meisten Gewebe keine große Abweichung von diesen Werten wegen
ihres Vorrats an oxydierbarer Substanz; erst im Laufe einiger Stunden
nimmt die Atmung erheblich ab. Den Atmungsabfall der Gewebe
in zuckerfreier Lösung kann man erhöhen, wenn man die Ratten 24 bis
48 Stunden vor dem Versuch hungern läßt. Die Benutzung von Hunger-
ratten empfiehlt sich daher, wenn man von zugesetzten Stoffen fest-
stellen will, ob sie die Atmung des Gewebes beeinflussen bzw. selbst
oxydiert werden. Aus diesem Grunde wurden die meisten unserer
Versuche mit Hungerratten angestellt.
a) Atmung und Milchsäureumsatz des Lebergewebes.
Bereits früher ist gezeigt worden!), daß die Atmungsgröße des
Lebergewebes von Hungerratten durch Zusatz von Milchsäure stark
erhöht wird, und zwar hatte sich im Durchschnitt in Ringerlösung ohne
Zusatz ein Qo,-Wert von 7,8, in Ringerlösung + milchsaurem Natrium
ein solcher von 12,3 ergeben. Die relative und absolute Steigerung der
Atmung wird aber noch größer, wenn man die Ratten nicht wie in
diesen früheren Versuchen 2 bis 3 Tage, sondern nur 16 bis 36 Stunden,
durchschnittlich 24 Stunden, hungern läßt. Die Atmung in Ringerlösung
ohne Zusatz und mit Glucose ist dann für die erste Stunde etwa gleich
und besitzt einen Mo, Wert von 9 bis 13; durch п/50 Lactat wird sie
um 50 bis 100 Proz. gesteigert, auf 15 bis 23. Bei ernährten Ratten ist
diese Steigerung geringer und fehlt öfters ganz. Einige Beispiele sind
in der Tabelle II enthalten.
Diese Atmungssteigerung geht nun mit einem Verbrauch an Milch-
säure einher, meßbar an der Einsparung von Bicarbonat. In zucker-
haltiger Ringerlösung zeigen Leberzellen auch in Sauerstoff eine gering-
fügige Glykolyse. Als Durchschnittswert derselben (002) geben Warburg,
Negelein und Posener + 0,6?) an. Gerade bei der Leber ändert die
1) O. Meyerhof, K. Lohmann, R. Meier, 1. с.
1) Warburg, Negelein und Posener, diese Zeitschr. 152, 329, 1924.
388 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Tabelle II.
Bee йе Ачин? дег —— des Lebergowebes durch Milchsäure.
Hungerzeit ” "Oo KN = = Ооз mit mit des“
Stunden Stunden Zusatz Mi Proz.
1 3 Ы
2 › ?
3
4
5
6
2. XII. 24 2 10,8
3. XIJ. 16 2: g
14. XII. 36 1 112 `
18. XII. 16 A 89 |
7| 12. П. 4 1 | 885 `
|
16. VII. | nicht hungend| 1 Е
|
Weglassung des Zuckers hieran wenig, denn das Glykogen der Leber-
schnitte wird rasch zu Zucker hydrolysiert. Andererseits ist allerdings
die Glykolyse in Hungerlebern noch kleiner. Setzt man aber Lactat
zu der Ringerlösung hinzu, so tritt an Stelle der Milchsäurebtldung ein
Milchsäureschwund. Diese Verschiebung ist bereits im Lebergewebe
ernährter Ratten in zuckerhaltiger Lösung festzustellen. Erheblich
größer aber ist dieser Milchsäureschwund bei hungernden Ratten, da
offenbar wegen des geringeren Glykogenvorrats die Tendenz zum
Kohlehydrataufbau verstärkt ist. Dies Überwiegen der Synthese ist
mit den oben angegebenen Methoden leicht festzustellen. Der echte
respiratorische Quotient für die Warmblüterleber in Ringerlösung ist
0,8 bis 0,85 (siehe Tabelle V). Der scheinbare respiratorische Quotient y
ergibt sich für Lebergewebe ernährter Ratten in zuckerhaltiger Ringer-
lösung zu etwa 1,1. Die Spaltung überwiegt; dagegen nach einem
Zusatz von n/ö0 bis n/100 Lactat zu zuckerhaltiger Ringerlösung nur zu
0,85. Spaltung und Synthese heben sich gerade auf. Im Lebergewebe
hungernder Ratten aber wird dieser Quotient noch kleiner und be-
trägt in Gegenwart von Lactat nur noch 0,2 bis 0,3.
Tabelle 111.
Atmung und scheinbarer respiratorischer Quotient (у) des Lebergewebes
in zucker- und een Ringerlösung.
— — — a — — ——— sS -< ü — ⸗ — nn
| Hungerzeit | Versuchs» |
Nr. g Datum der Ratte Zusätze zur Ringers zeit Qo Ok
Stunden | sung Minuten | 2 7 Е:
% 05 Proz. Glucose | 60 125 | 20
0,05 Proz. Glucose 60 11,5 0
+ n/100 Natriumlactat
0,1 Proz. Glucose 60 10,5 1,5
0,1 Proz. Glucose. 60 100 | 0
0,1 Proz. Glucose 60 14,5 | —
i + п/100 Natriumlactat `
0.1 Proz. Glucose | 40 9,18 121 —
+ nj100 Natriumlactat |
0,1 Proz. Glucose 40 0,54 12, —
0,1 Proz. Glucose | 40 0,23 01 —
| + п/200 Natriumlactat |
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. 1. 389
Protokoll: Tabelle IV. Nr. 2.
Nr. | 1 SS Je 23 "e SE НЕГ
| 1,5 ccm
1,5 ccm | |р; | |
| Ringer mi | | — | |
ч 0,2 Proz. e pi e | к ‚
Lösung ; Wiel | Wiel n Natrium» Wie 4 Wie 4
Glucose und | esse und |
3X 10 1,5% 10-3 |
NaHCO; | | NaHCO;
Schnittgewicht |
(feucht) іп mg. . | kein Schnitt 26,6 28,2 kein Schnitt 26,8 32.4
en н pe ee 0,2 ccm 0,2 ccm 0,2 ccm 0,2 ccm
| nHCI ein- пНСІ ein»
| nHCI ein | nHCI ein |
| | gekippt | gekippt — | gekippt gekippt
А їп mm beit=0.|-+ 91,5 1 79 | +52 + 47,5
hin пип bei t= 1h30" | (— 18) | | (— 25,5)
| 0,2 ccm 0,2 ccm
nHCl eins | nHCl ein»
gekippt bei | We bei
dr (С SP t= 1h 30' | t = 1Ь 30'
amtdruck* |
änderung) — + 80,5 | + 68
NK ai a e 1,27 1,47 1,40 | 1,27 1,57 1.41
—
— ut 116 117 112,5 66 74,6 96
` | ür
| — berechnet
Ande des Bicar.
bonatgehalte * | —45 + 19,6
Be... | | — 0,54 | + 2,02
Noch direkter finden wir diesen Milchsäureschwund durch Be-
stimmung der Bicarbonatzunahme. Als Beispiel sei das Protokoll
eines Versuchs angegeben und in der Tabelle IV eine Zusammenstellung
der Resultate.
Tabelle IV.
Lactatverbrauch der Leber, gemessen an der Zunahme des Bicarbonats.
|
оон | Bicarbonat» | Bicarbonat»
H D РА а а D
Datum (E Versuchs, | änderung | ir Glucose ылы | oao
| Ratten Ki вава | | ou | Hie Zucker Lactat
1 |25. їх.| o In 1b15 I — 0,6 u ee. Жы РА
2 26. ІХ.) 24h 140 | — 0,564 | + 2,02 | 102 | 132
311. X. 42 1 30 — | 24 — e
4|| 3.XII.| 12 2 — + 2,5 134 | 184
5 3. ХП.) 28 | 1 30 — | +35 96 | 229
Die durch Zusatz von Glucose und Lactat zur Ringerlösung hervor-
gerufene Änderung des Stoffwechsels erklärt bis zu einem gewissen
Grade das Verhalten von Leberschnitten’in Serum. Die Atmung von
Biochemische Zeitschrift Band 171. 36
390 О. Meyerhof u. K. Lohmann:
Leberschnitten hungernder Ratten in Serum ist gegenüber Ringer-
lösung stark gesteigert, wie bereits früher erwähnt wurde!). Da die
älteren Versuche mit angesäuertem, ausgepumptem Serum angestelit
sind, konnte der Einwand erhoben werden, daß die Atmungsgrök
hier abnorm sei. Jedoch lassen sich diese Resultate mit der neuen von
O. Warburg beschriebenen Methode zur Messung von Atmung und
Glykolyse in Serum bestätigen. Im Gegensatz zu anderen Geweben
zeigen auch hier die Leberschnitte von Hungerratten eine Atmung
steigerung von 50 bis 100 Proz. gegenüber traubenzuckerhaltiger
Ringerlösung. Nun enthält das Serum stets neben Traubenzucker auch
Milchsäure, und zwar in Mengen von 0,5 bis 1 mg pro Kubikzentimeter
je nach Art der Herstellung. Hauptsächlich ist also die Atmung:
steigerung auf die Anwesenheit der Milchsäure zu beziehen, wobei
gleichzeitige Anwesenheit von Glucose und Lactat besonders günstig
zu sein scheint. In der Tat beobachtet man unter diesen Umständen
ein starkes Verschwinden von Milchsäure, erkenntlich in der Kästchen-
methode an der Verringerung des scheinbaren respiratorischen Quo-
tienten, der weit unter 0,8 liegt. Gleichwohl aber ist dieser Umsatz
der Milchsäure nicht die alleinige Ursache für die Atmungssteigerung
und die auffallend niedrigen scheinbaren Quotienten der Hungerlebern
in Serum. Denn auch für den echten respiratorischen Quotienten m
angesäuertem Serum findet man unter den gleichen Umständen
niedrigere Werte als im Lebergewebe ernährter Ratten oder als mit
Hungerlebern in Ringerlösung, nämlich 0,45 bis 0,70, statt in den anderen
Fällen 0,70 bis 0,85 (s. Tabelle V).
Tabelle V.
Echter respiratorischer Quotient des Lebergewebes
hungernder Ratten.
To чш EE
N Datum Ca Suspensionslösung ЭЛЕЕ:
1 И “| Ringerlösung + Zucker :
2 |31. УП. || 24 | Ringerlösung + 0,01 n Natriumlactat 0,715
3 |31.vIL.| 0 | Serum 07
4 |28.VIl.| 24 | Serum + 0,16proz. Zucker 0,58
5 |2ТУП.! 24 Serum 0,48
Ба |27. VII. | 94 | Serum + Insulin 0,45
6 9. VII. 36 | Serum + Insulin 0,64
7 1129. VII. | 36 ' Serum + 0,02 рго2. Zucker | 0,45
8 118. IX.) 24 | Serum | 1 30 22 ! 0,76
9 117. X. 24 Serum | 2 13 06
da |17. Х.| 24 | Serum + Insulin '2 0.15
1) O. Meyerhof, K. Lohmann, R. Meier, 1. с.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. І. 391
Hiernach scheint in diesen Fällen noch ein besonderer Sauerstoff-
verbrauch stattzufinden, der nicht zur Kohlensäurebildung führt,
der aber auch nicht auf die Bildung von Kohlehydrat aus Eiweiß
oder Fett zu beziehen ist. Indessen darf man doch die wesentlichen
Erscheinungen bei der Atmung von Hungerlebern in Serum, nämlich
die Steigerung der Atmung und die besonders starke Herabsetzung des
scheinbaren respiratorischen Quotienten (y) durch die Umwandlung
von Milchsäure in Kohlehydrat erklären (vgl. auch die folgende Arbeit
von Takane). Damit stimmt überein, daß sowohl die Atmungs-
steigerung wie die Verkleinerung des y beim Lebergewebe ernährter
Ratten meist geringer ist. Als Beispiel sei ein Protokoll gegeben und
die Versuche in der Tabelle VI, A und B zusammengestellt.
Protokoll: Tabelle VI. В. 4.
Bicarbonatgehalt рго 1 сс Serum mit 9: 1 Ringer verdünnt = 443cmm СО,,
Kohlensäuredruck = 460 mm Brodielösung.
( 5) == 0,106 pro lccm verdünntes Serum.
2р/с
| Leberschnitte von
“ Hungerratten von 48 Stunden
| (1) (2)
|
vp (Serumvol.) ......... | 2,0 1,0
vg (Vol. des Gasraums) ..... | 12,24 1,61
КЮ. жы Ba ae EE | 1,082 0,687
kco, für Serum . ....... 1,40 1,797
h nach 20 Minuten ....... | — 19 — 37,5
h „ 40 ооо чече с ж | — 38,3 — 775
h „6б „ ....... | —588 — 116,5
|
mg Trockengewicht . . . . . . . | 4,61 4,68
h in 60 Minuten, berechnet für (2) ı — 59,2 — 116,5
к,со, . СО,
_—— 7772 — 3,89.
k10; КО;
16
у = 3,39. 1267 = 0,428
[für (2) berechnet] = Н. ыш 116,5 . 0,822 — 95,8 cmm О
20, ег ( В igo er ш а m, r
Оо, 20,9
Осо, 8,94.
96 *
392 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Tabelle VI.
Atmungsgröße und scheinbarer respiratorischer Quotient des Lebergewebe
ernährter und hungernder Ratten in Serum.
A. Ernährte Ratten.
Nr. | Datum Versuchszeit Degen | 7 | QO,
BEE — = — — = — —
ılov.'m — | 10 11
2 | 23. VL | 1 — | Aë 15,7
з) эур 1 — | ол | 15
За 27. VI. 1 ' 8.10-6 0,60 15,4
4 29. VI | Ww | — 0,465 | 14,6
dal 29. VI. ! 40 | 3.10-5 | 0,53 | 14,75
5 5. VII. 40 = 0,43 13,9
Bal БУП ; 40 | 3.10-5 | 0,53 15,4
6 10. VII. | 1 == 0,52 15,0
7 П.УП. | 1 — 0,79 12,5
Durchschnitt: 061 | 144
В. Hungerratten.
| j | |
Nr. | Datum | Hungerzeit — | an Kn | Qo.,
| zusaiz (mo
Б у, =. ырс d EE Tea) ` | EE
1 |30. у 24% | wi — | — 0,38 205
2 | 30. vil 24 lb | р а E 0,485 | 199
3 | 7. VIIL 24 1 =... за 0,35 | 141
За 7. vIJI. 4 1 19.10—5! — 0,13 | 131
laun а |1 | — — | 043 | 209
5 || 9. VII. | 48 1 EC — 0,21 13,3
ba 9. VII. 48 1 11,2.10-5 |1,3.10-2 | 0,49 19,7
в (ien a 11 12.10—5 |1,0.10-2 | 0,02 | 15,0
7 |15.VILı 48 | 1 — — 0,31 13,6
Те, | 15. VII 48 1 1,2.10-5 ғә 0,50 18,4
8 | 18. VII 24 | 1 „ 10—5 = 0,47 | 194
9%) | 19. VII 2 | 1 1 .10—$5 = 0,45 16,1
9a || 19. VII 24 | 1 1 ne — 0,43 | 16,4
Durchschnitt: | 036 | 17,0
SI Zwei verschiedene Pferdesera benutzt für 9 und 9a.
Das Serum wurde in der Regel mit einem Teile Ringerlösung auf
zehn Teile Serum verdünnt, wie es auch für die Kontrollversuche zur
Bestimmung der Kohlensäureretention in Serum geschah (in einzelne
Versuchen betrug die Verdünnung 1,5 Ringerlösung auf 10 Serum),
In einer Reihe von Versuchen wurde Insulin zugesetzt (Insulin Leo in
Konzentration von etwa 1.10-°g im Kubikzentimeter), wodurch bei
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. 1. 393
hungernden Ratten häufig, aber nicht stets, die Atmungssteigerung
noch etwas größer wurde, während bei ernährten Ratten kein Einfluß
festzustellen war. Allerdings wurde auch niemals eine größere Atmungs-
intensität erreicht, als sie gelegentlich ohne Insulinzusatz beobachtet
wurde. In Ringerlösung blieb jeder Einfluß des Insulins auf die
Atmungsgröße aus.
Als Insulin wurde in der Mehrzahl der Versuche ein 1923 unter Leitung
von Prof. A. Krogh hergestelltes Präparat von Insulin Leo benutzt, das
eine alte Kopenhagener Einheit (= 4 alte Toronto-Einheiten)!) in 0,27 mg
besaß und seine Wirkungsstärke innerhalb zweier Jahre, wie wiederholte
Bestimmungen an Ratten ergaben, nicht deutlich änderte. Später wurde
gelegentlich ein zweites Präparat von Insulin Leo, das wir von dem Nordisk
Insulinlaboratorium erhielten, verwandt, mit einer internationalen Einheit
in 0,075 mg. Vergleichsweise wurde auch Insulin Organon-Oss mit einer
Einheit in 0,39 mg herangezogen, doch sind alle in den Tabellen wieder-
gegebenen Versuche mit dem ersten Präparat ausgeführt. Herrn Prof.
А. Krogh, Herrn Dr. Erik Jensen, Direktor des Nordisk Insulinlaboratoriums,
sowie Herrn Dr. Laquer, wissenschaftlichem Leiter der Fabrik Organon,
sind wir für die Überlassung der Insulinpräparste zu großem Dank ver-
pflichtet. Da die kritische blutzuckersenkende Wirkung des ersten Insulin-
Leo-Präparats, auf die Gewichtseinheit Kaninchen bezogen, in einer Kon-
zentration von etwa 1.10-7 stattfindet, wobei jedoch vermutlich die
Konzentration in einzelnen Organen viel höher ist, haben wir Konzen-
trationen benutzt, die ein bis zwei Zehnerpotenzen darüber lagen, in der
Regel Konzentrationen zwischen 2. 10-6 und 3.10-35, wobei sich keine
deutlichen Unterschiede ergaben, während höhere Konzentrationen die
Atmung öfters herabsetzten.
Daß in der Tat die Verkleinerung des scheinbaren respiratorischen
Quotienten bei der Atmung von Hungerlebern in Serum mindestens
zum Teil auf den Schwund des Lactats zurückzuführen ist, läßt sich
durch Bestimmung der Bicarbonatvermehrung in Serum beweisen.
Es wird dabei, wie oben S. 384 angegeben, verfahren, mit dem Unter-
schied, daß die Ansäuerung nach dem Vorschlag von Warburg durch 0,2 ccm
8proz. Citronensäure geschieht, damit keine Gerinnung des Serums eintritt.
Ferner wird nicht nur zu Anfang Sauerstoff mit 5 Proz. Kohlensäure durch
das Gefäß geleitet, sondern auch am Ende der Versuchszeit, um das Serum
wieder unter den anfänglichen CO,-Druck zu setzen. Erst dann wird nach
Schluß des Hahns die Säure eingekippt. Die Zunahme des Bicarbonat«
ist in diesem Falle nicht genau gleich der Abnahme der Milchsäure, sondern
muß wegen der Anwesenheit anderer Puffersubstanzen mit dem gleichen
Faktor SS multipliziert werden, wie bei den vorstehenden Versuchen.
Es wird jeweils 1 сот Serum verwandt. Da dessen Bicarbonatgehalt
im Vergleich zur stattfindenden Änderung hoch ist, etwa 450 emm CO,
bei 20 bis 40 cmm CO,-Zunahme, ist die Genauigkeit der Methode ziemlich
beschränkt.
1) S.Grevenstuck und Laqueur, Ergebn. d. Physiol. 28, II, 8. 1, 1926.
394 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Tabelle VII.
Bicarbonatzunahme in Serum bei der Atmung von Hungerlebern.
| zu esetzte i Gemessene Berechneter
Datu RR SSES Versuchs» ME ma Schnitt Bicarbonat. —
Nr. = Ratte zeit zentration E
ingproccm| gewicht)
3.10-5| 7,39 +47 | +565 | +42
15.10-5| 6,45 +31 | +37 +44
= 4,39 + 20 | +24 | +55
1.10-5| 5,07 +3 | +28 +55
Ze 7,06 +16 | +19 +27
1,0.10—5) 8,25 +96 | +31 +38
b) Atmung und Milchsäureumsatz im Nierengewebe.
In gleicher Weise wie bei der Leber wurde der Zusammenhang von
Atmung und Milchsäureumsatz noch in einer Reihe anderer Gewebe
studiert. Zum Unterschied vom Lebergewebe ist die Atmung des
Nierengewebes sehr gut konstant und, soweit festgestellt, bei ernährten
und Hungerratten gleich. In Zuckerlösung beträgt Qo, im Durch-
schnitt 21, der Wert fällt in zuckerfreier Lösung langsam ab und beträgt
dann durchschnittlich in den beiden ersten Stunden 18. In Gegenwart
von milchsaurem Natrium steigt die Atmung konstant auf einen Wert
von 25 bis 29, also höher als in Traubenzuckerlösung, so wie es auch für
Zwerchfell und Leber beschrieben wurde. Hinzuzufügen ist, daß auch
in Fructoselösung die Atmung deutlich höher als in Glucose ist. In
der Tabelle VII ist eine Übersicht über die Atmungsbestimmungen
gegeben.
Tabelle VIII.
Atmungsgröße des Nierengewebes in zucker- und milchsäurehaltiger
Ringerlösung.
N. | Daum | un Zb — Gone | Take наа aia
zucker Natrium
KWR X, Geck A | lh
2 || 10. X. 0 | 1 201
3 |12 X. 0 Ж.
4 | 3.XII.| 2 Tage | 1 30 —
Gi SEH AS ZC? 29,0
1926 |
6 5. IL|| 1 Tag 40 | 29,4 —
Durchschnitt: | 185 | 210 | 278 | 252
Entsprechend ergibt sich ein starker Milchsäureverbrauch, der,
wie bei der Leber, sowohl an der Verringerung des scheinbaren respirato-
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. I. 395
rischen Quotienten wie an der Zunahme des Bicarbonats bestimmt werden
kann. Mehrere Messungen nach dieser letzteren Methode sind in der
folgenden Tabelle (IX) vereinigt. Die Bicarbonatvermehrung ist dabei
so groß, daß entweder nahezu die ganze Atmung auf Lactatoxydation
zu beziehen ist oder auch eine Synthese zu Kohlehydrat erfolgt.
Tabelle IX.
Lactatverbrauch der Niere, gemessen an der Zunahme
des Bicarbonate.
am IL [| gë, [98 ало] Qos mit mitn/100| QO; mit
Nr. Datum Hungerzeit | Versuchszeit E d 2 Proz. ee milchsaurem
| _ 1925 _ Glucose ucose Natrium Natrium
111. х. || 2 Tage 1h30 — 1,25 +40 22,0
2| 5. X.|| 1Tag 1 30 = +52 —
ah 5 XI| 1, 1 20 = + 9,7 28,4
е) Milchsäureumsatz іп der grauen Hirnsubstanz.
Daß auch die Atmung der grauen Hirnsubstanz in milchsäure-
haltiger Ringerlösung aufrecht erhalten werden kann, ist bereits von
Loebel gezeigt worden. Allerdings ist die Atmung hier nicht größer
als in zuckerhaltiger Ringerlösung, sondern meist nur etwa ebenso
groB. Auch dabei kann man den Umsatz der Milchsäure durch Be-
stimmung des scheinbaren respiratorischen Quotienten und Zunahme
des Bicarbonats feststellen. Hier ist die zweite Methode vielleicht
empfehlenswerter, weil wegen der großen Empfindlichkeit des Gewebes
leicht die Atmungsgröße zweier verschiedener Schnitte gewisse Unter-
schiede zeigt, durch die die Bestimmung des scheinbaren respiratorischen
Quotienten ungenau wird. Die anaerobe Glykolyse der nervösen
Substanz fanden Warburg und seine Mitarbeiter größer als in anderen
nicht wachsenden Geweben, und dementsprechend blieb auch in Sauer-
stoff eine verhältnismäßig große aerobe Glykolyse übrig. Setzt man
aber zu zuckerhaltiger Ringerlösung Natriumlactat hinzu, so ver-
schwindet die aerobe Glykolyse entweder ganz oder nahezu, indem
der Wert des scheinbaren respiratorischen Quotienten ungefähr 1 wird.
In vier Versuchen ergab sich y zu 1,10, 0,90, 0,91, 1,02, während es
ohne Zusatz des Lactats 1,2 und 1,3 betrug. Gleichzeitig aber wird
auch die anaerobe Glykolyse durch Zusatz des milchsauren Natriums
verringert, und zwar durch п/100 etwa auf die Hälfte. Suspendiert
man Gehirnschnitte in milchsäurehaltiger Ringerlösung ohne Zucker,
so werden die Werte für y noch kleiner und sogar kleiner als der echte
respiratorische Quotient, der unter diesen Umständen von Loebel zu
396 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
0,92 gefunden wurde. Die auf diesem Wege erhaltenen y-Werte waren
0,39, 0,85, 0,865, 0,86, 0,66 (s. Tabelle X, 5a bis 9).
Tabelle X.
Scheinbarer respiratorischer Quotient, Atmung und Glykolyse der grauen
Hirnsubstanz in Traubenzucker-Ringer, Traubenzucker-Lactat und Lactat-
Ringerlösung.
Hunger» 4; Glucose- | | |
№. | Datum zeit der — Komm ен 7 | 00, | QO» GE
: | | |
1 |17. УШ. | 24h 40’ 0,2 0,01 | 090 14,6 | © | —
2 118. УП. 0 60 0,2 — 1,18 11,1 2,7 |11]
2a || 18. УП. 0 60 0,2 0,01 1,10 1255 13 5.35
3 116. XI. 0 | 60 0,2 — 1,22 167 | 37 —
За 16. ХІ 0 60 0,2 0,01 1,02 |17,9 0,3 | 4,9
4 |29. УП 0 60 0,16 — — — — | 124
48 29. VII. 0 60 0,16 0,008 — — — | 81
5 |24. УП. 0 80 0,16 0,008 0,90 7,5 — 4,2
ба | 24. VII. d 80 — 0,008 0,39 6,4 — —
6 |2]. VII. 24 60 — 0,008 | 0,85 | 12,4 — | —
7 121: "VEER, ~Q 60 — 0,008 0,865 | 12,0 — —
8 |21. УП. 24 60 — 0,008 | 0,86 11,3 — —
9 21. уп. 0 60 — | 0008 | 066 -| 105 Pe
Die Bicarbonatvermehrung ergibt Qün-Werte von 2,7 bis 44,
was bei totaler und ausschließlicher Oxydation der Milchsäure einem
Qo, von 8 bis 11 gleichkommt. Dies entspricht aber der gemessenen
Atmungsgröße in Lactatlösung, so daß auch hier entweder die ganze
Atmung auf Oxydation der Milchsäure zu beziehen ist oder eine wenn
auch geringe bilanzmäßige Zunahme von Kohlehydrat stattfinden
könnte.
Tabelle ХІ.
Lactatverbrauch der grauen Substanz, gemessen an der Zunahme
des Bicarbonats.
Datum Hungerzeit „| а Lactats QB A
Nr. 1925 der Ratte | Versuchszeit | Konzentration mit — mit —
— |
1 | 21. УП. | 24h | 1h30’ 0,016 | 3,9 | 7,2
2 |21. УП. ' 24 1 30 | 0,02 | 2,7 11,3
3 | 21. УП. | 0 1 30 0,02 4.4 10,5
4| 1. X. | 48 1 30 | 0,01 4,05 =
5 2. XII. 24 1 30 0,013 | 3,8 —
Auch mit der grauen Hirnsubstanz wurden einige Versuche in
Serum gemacht, die das von Warburg gefundene Resultat, den Wegfall
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. I. 397
der aeroben Glykolyse in Serum, bestätigen. Auch hier dürfte der gleich-
zeitigen Anwesenheit von Zucker und Milchsäure ein wesentlicher
Anteil daran zukommen. Die Atmungsgröße des Gehirns wird in
Serum nicht oder nur unwesentlich erhöht.
Tabelle XII.
Atmungsgröße und scheinbarer respiratorischer Quotient von grauer
Gehirnsubstanz in Serum.
| | Hungerzeit Versuche) ER (О )
Nr. Datum i der tte zeit Y Оо, | Оу т
1,015 | 104 0,15
15,4 0
0,975
Wie aus der Tabelle X hervorgeht, wird in der grauen Hirn-
substanz nicht nur die aerobe Glykolyse durch Milchsäure zum Ver-
schwinden gebracht, sondern auch die anaerobe Glykolyse verringert.
Es war deshalb die Frage zu stellen, ob in jedem Falle durch die Ver-
ringerung der anaeroben Glykolyse die aerobe zum Verschwinden
gebracht wird. Diese Frage ist zu verneinen. Hemmt man z. B. die
anaerobe Glykolyse durch geeignete Konzentrationen von Natrium-
fluorid, ohne die Atmung deutlich herabzusetzen, so bleibt doch der
gleiche Glykolyserest in Sauerstoff bestehen. Benutzt man andererseits
zur Aufrechterhaltung der Atmung Zucker, die schwächer glykolysieren,
so wird die aerobe Glykolyse ähnlich wie durch Zusatz von Lactat zum
Verschwinden gebracht. Geprüft wurden Mannose und Fructose. Die
Oxydationsgröße mit ihnen ist annähernd so groß wie mit Trauben-
zucker; dagegen ist die anaerobe Glykolyse mit Mannose geringer, mit
Fructose sogar nahezu Null (s. Tabelle XIII).
Tabelle XIII.
толош und re mit Zusatz von NaF und verschiedenen Zuckern.
Nr. : | Datum vB Zusatz zur | y мы 999 | Оа
ı | хр | m30 | D 02Proz. Glucose 140 94| зл |123
1а | 1.X1. 130 '0,2Proz. Glucose, 0,02 Proz. Na F 1,33 9,5 3,1 1,8
2 | 5.XI 130 0,2 Proz. Mannose 1,045 8,9 04 6,5
3 | 5. ХІ. ү 130 | 0,2 Proz. Fructose 1.065 84 0,5 0
Die aerobe Glykolyse bleibt in Gegenwart von Fluorid vielleicht
deshalb übrig, weil sie durch Gewebsschädigung an den Schnittflächen
verursacht wird, die wahrscheinlich durch das Fluornatrium noch gesteigert
sein dürfte. Denn die mit Gewebsschädigung verbundene Glykolyse wird
durch Sauerstoff wenig beeinflußt.
Anhangsweise seien die Versuche unter Zusatz von Insulin erwähnt,
durch das in Ringerlösung keine Änderung des Stoffwechsels eintrat
398 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
(Insulin Leo in Konzentration von etwa 1. 10-5), während in Serum
öfters, aber nicht immer, die Atmung еіп wenig erhöht war. №
ist besonders hervorzuheben, daß die gewöhnliche a-ß-Glucose de
Ringerlösung in Abwesenheit von Insulin von der grauen Hirnsubetanz,
deren eigener Insulingehalt für diese Wirkung nicht in Betracht kommen
kann, sowohl glatt oxydiert wie in Milchsäure gespalten wird. Die
vielfach vertretene Ansicht, daß die Glucose im Tierkörper nur in
Gegenwart von Insulin angreifbar würde, ist daher zweifellos irrtümlich.
Andererseits dürfte die Beobachtung, daß Fructose die bei Insulin-
hypoglykämie einsetzenden Krämpfe nicht verhindern kann, dadurch
erklärbar werden, daß die Fructose zwar in der grauen Substanz ebenso
` leicht oxydiert wird, aber nicht zu Milchsäure gespalten werden kann.
Zweifellos ist die Milchsäurebildung, auch wenn sie in Sauerstoff bilanz-
mäßig nicht in Erscheinung tritt, eine unentbehrliche vitale Funktion
der nervösen Gewebe.
IN. Über die giykolytische Wirksamkeit verschiedener Zucker.
a) Über die Giykolyse in der glatten Muskulatur.
Während im vorstehenden Kapitel vor allem der Milchsäure-
schwund im Säugetiergewebe unter dem Einfluß der Atmung untersucht
wurde, war auch für die Milchsäurebildung festzustellen, ob die für sie
geltenden Gesetzmäßigkeiten mit denen im Muskel’ gefundenen über-
einstimmen. Bereits Loebel hat für die graue Substanz des Gehirns
gezeigt, daß dies nicht der Fall ist, indem sowohl die Narkotisierbarkeit
wie die Abhängigkeit von der Natur des gespaltenen Zuckers dem von
Warburg festgestellten Typus der Carcinomglykolyse entspricht, dagegen
nicht dem früher für den Muskel beschriebenen. Dies gilt auch für
andere Gowebe, indem überall, soweit geprüft wurde, die Spaltungs-
geschwindigkeit der Glucose die der anderen Zucker und des Glykogens
übertrifft. Besonderes Interesse in dieser Richtung beansprucht die
glatte Muskulatur, für die die Muscularis des Darms als Versuchs-
objekt gewählt wurde. Da das Abschaben der Schleimhaut die Muscu-
laris des Säugetierdarms schädigte, wurde die Muscularis aus der oberen
Hälfte des Froschdarms benutzt, die verhältnismäßig leicht durch
vorsichtiges Abschaben der Schleimhaut erhalten werden kann. Auch
hier zeigte sich, daß die Milchsäurebildung aus Glucose bei weitem
die aus anderen Zuckern, speziell aus Fructose und aus Glykogen über-
trifft, im scharfen Gegensatz zur quergestreiften Muskulatur. Aller-
dings haben auch Glykogen und Stärke ein deutliches Milchsäure-
bildungsvermögen. Es läßt sich dabei nicht ausschließen, daß
diastatisches Ferment aus Rückständen der Schleimhaut die Spaltung
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. 1. 399
in Glucose veranlaßt. Bei Beurteilung der Versuchsresultate muß die
Gilykolyse ohne Zusatz berücksichtigt werden, die durch den Kohle-
hydratgehalt der Darmwand veranlaßt wird (Tab. XIV).
Tabelle XIV.
Glykolyse der glatten Muskulatur bei 20°.
Versuchs» Оч») QtN;) ФМ“) Na) Оч»)
ohne Zusatz | mit Glucose | mit Fructose | mit Glykogen| mit Stärke
4h
Nr. | Datum
Die Atmung wirkt auf die Milchsäurebildung in der glatten
Muskulatur ähnlich wie in der Skelettmuskulatur, was nicht wunder-
nimmt, da ja die gleiche Gesetzmäßigkeit für die verschiedenen Gewebe
: | А Milchsäure verschwunden
gilt. Der Oxydationsquotient Milchsäureäquivalent oxydiert ergab
sich in einem Versuch zu 4,2.
3h, 20°, 0,1 Proz. Glucose, Muscularis des Darmes
00, : 0,283
QNa : 0,50
о, :
NC 0,14
0,36 cmm CO, verhindert durch 0,283 cmm O,
b) Milchsäurebildung aus Triosen.
Die Milchsäurebildung aus Dreikohlenstoffverbindungen hat
Interesse wegen deren etwaiger Bedeutung als Zwischenprodukte bei
der Spaltung der Hexosen. Die von Neuberg und Dakin!) entdeckte
fermentative Umlagerung des Methylglyoxals in Milchsäure fügt sich,
wie kürzlich gezeigt wurde?), in ihren Eigenschaften widerspruchslos
der Vorstellung, daß die Spaltung der Hexosen über Methylglyoxal
geschieht, jedenfalls insofern, als die Geschwindigkeit der Milchsäure-
bildung in den verschiedenen Geweben aus Methylglyoxal größer ist als
aus Traubenzucker. Von anderen Forschern werden dagegen Glycerin-
aldehyd und Dioxyaceton als solche Zwischenprodukte angesehen.
1) Neuberg, diese Zeitschr. 49, 502, 1913; Dakin und Dudley, Journ.
of biol. Chem. 14, 155, 423, 1913.
2) О. Meyerhof, diese Zeitschr. 159, 432, 1925.
400 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Der Glycerinaldehyd wurde insbesondere von Embden und seine
Mitarbeitern!) dafür in Anspruch genommen, weil nach ihren Beob-
achtungen Erythrocyten von Hund und Mensch aus Glycerinaldehyü
erheblich rascher Milchsäure bilden sollten als aus Traubenzucker;
Dioxyaceton ebenfalls beträchtlich, wenn auch ein wenig schwächer.
Die von uns vorgenommene Prüfung an verschiedenen Rattengeweben
ergab indes ein negatives Resultat. Bereits Loebe} berichtete über das
Verhalten der grauen Substanz des Rattengehirns: während Glucose
eine starke anaerobe Glykolyse ergab (@со, = 10 bis 16), waren
Glycerinaldehyd und Dioxyaceton so gut wie wirkungslos, indem sie
die Milchsäurebildung nicht deutlich über die in reiner Ringerlösung
erhöhten. Dasselbe fanden wir, wie die untere Tabelle zeigt, auch noch
mit anderen Geweben. Auch ein Versuch mit gewaschenen Erythro-
cyten vom Kaninchen mit Glycerinaldehyd ergab eine ganz geringfügige
Säurebildung im Vergleich zur Glucose. Besonders beweisend ist das
Verhalten der Retina, da diese nach Warburg das stärkst glykolysierende
Organ überhaupt vorstellt (anaerobe Glykolyse nach Warburg im
Durchschnitt Gd — 88). Glycerinaldehyd ist hier vollständig wirkungs-
los. Etwas abweichend verhält sich das Nierengewebe insofern, als in
mehreren Fällen aus Glycerinaldehyd annähernd soviel Milchsäure
gebildet wurde wie aus Glucose. Doch ist bei der Niere die Steigerung
der anaeroben Milchsäurebildung durch Zuckerzusatz unbeträchtlich
und darum die Genauigkeit der Versuche gering?).
Tabelle XV.
Milchsäurebildung aus Glucose, Glycerinaldehyd und Dioxyaceton.
unger:
Nr.| Datum zeit der
| Ratte
1925 |
1 в X. | al Leber E
2 |16. X. | o ` Е 1
3115 х! 0 Niere 1 53 | 07 |42 | Lë
4 |16. Х.| 0 È ‚130 | 41 27 |24 | 30
5| 7.ХІ| 4 | ý 130 | 58 39 |41 —
6i 7. XI| 0 Ё Е: 42 |95 |41 —
7|12.XI.| 0 | Rein |1 59,0 40 |37 —
8/10.XI.| 0 ` Erythrocyten | 2 0,146 | 0,032 | 0,047 | —
| | (Kaninchen) | | |
1) Embden, Baldes und Schmitz, dièse Zeitschr. 45, 108, 1912; s. dagegen
Sansum und Woodyat, Chem. Zentralbl. 1917, I, 26, 27.
з) Herrn Prof. Neuberg sind wir für Überlassung frisch kristallisierten
Glycerinaldehyds, Herrn Prof. Schöller (in Firma Schering-Werke auf
Aktien) für kristallisiertes Dioxyaceton zu Dank verpflichtet.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. I. 401
Schließlich erwähnen wir noch anhangsweise Versuche über die
Milchsäurebildung aus höheren Kohlehydraten. Während das milch-
säurebildende Ferment des Muskele die aus der Stärke und dem Glykogen
isolierten Grundkörper Trihexosan (Pictet) und Dihexosan (Pringsheim)
mit einer ähnlichen Geschwindigkeit in Milchsäure spaltet, wie die
Polysaccharide selbst, insbesondere das Trihexosan, ist es gegenüber
Glucose und Maltose nahezu wirkungslos!). Umgekehrt zeigt sich aber,
daß Trihexosan und Dihexosan von der grauen Hirnsubstanz ebenso-
wenig glykolysiert werden können wie Glykogen, was erneut den
prinzipiellen Unterschied zwischen der Milchsäurebildung in der Musku-
latur und den übrigen Körpergeweben beleuchtet.
Wir danken Herrn W. Schulz für seine Mithilfe bei den Versuchen.
Zusammenfassung.
L Es werden Methoden beschrieben zur manometrischen Messung
des Milchsäureverbrauchs von Warmblütergeweben, die in Ringerlösung
oder Serum atmen, sowie zur Bestimmung des Kohlehydrats in Gewebs-
schnitten von wenigen Milligrammen.
2. Mittels manometrischer Methoden ergibt sich bei der Atmung
des Lebergewebes von Hungerratten in Ringerlösung bei Lactatzusatz
außer einer Atmungssteigerung von etwa 50 bis 100 Proz. ein Schwund
der Milchsäure, der, auf Oxydation bezogen, etwa der halben Atmungs-
größe entsprechen würde. Bei gleichzeitiger Gegenwart von Zucker
und Natriumlactat bleibt die „aerobe Glykolyse‘“ aus. Die bei der
Atmung von Hungerlebern in Serum beobachtete stark erhöhte Atmung
neben einem stark verkleinerten scheinbaren respiratorischen Quo-
tienten erklärt sich zum Teil durch die Wirkung der in Serum ent-
haltenen Milchsäure. Doch ist obendrein auch der echte respiratorische
Quotient unter diesen Umständen besonders klein.
3. Ähnlich verhalten sich verschiedene andere Säugetiergewebe.
In der Niere steigt durch Lactat die Atmung gegenüber zuckerhaltiger
Ringerlösung um 30 bis 40 Proz., und auch hier schwindet Milchsäure
sogar in noch größerem Umfang. Dagegen wird die Atmung der
grauen Substanz des Rattenhirns meist durch Milchsäure nicht stärker
gesteigert als durch Zucker. Auch hier verschwindet aber die Milchsäure
in einem Umfang, der, auf Oxydation bezogen, etwa der Atmungsgröße
entspricht. Ebenso wie bei den anderen Geweben hebt Milchsäurezusatz
zu zuckerhaltiger Ringerlösung die aerobe Glykolyse auf und setzt die
anaerobe Glykolyse etwa auf die Hälfte herab.
1) O. Meyerhof, Naturwissensch. 14, 196, 1926.
402 О. Меуөгһоѓ u. K. Lohmann: Atmung und Kohlehydratumsatz usw. I.
4. Die Milchsäurespaltung der Zucker durch glatte Muskulatw
unterscheidet sich von der im quergestreiften Muskel, stimmt aber mi
der Glykolyse der übrigen Gewebe überein. Auch hier wird vorzugs
weise Glucose gespalten, Glykogen und Stärke sehr viel schwächer
und Fructose noch geringfügiger, während in der Skelettmuskulatur
die Spaltung des Glykogens die der Fructose und Glucose übertrifft,
die selbst annähernd gleich wirksam sind.
5. Glycerinaldehyd und Dioxyaceton bilden in allen geprüften
Geweben weniger Milchsäure als Traubenzucker, ebenso sind Trihexosan
und Dihexosan, die Grundkörper des Glykogens und der Amylose, die
durch Muskelextrakt vorzüglich zu Milchsäure gespalten werden,
gegenüber den glykolysierenden Geweben unwirksam.
Über Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe.
II. Mitteilung:
Atmung und Kohlehydratumsatz in Leber und Muskel des Warmblüters.
Von
R. Takane (Tokio).
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Biologie, Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 19. März 1926.)
Der biochemische Zusammenhang zwischen Zucker und Milchsäure
ist seit langem bekannt. Das Entstehen von Milchsäure aus Kohle-
hydrat durch das in den verschiedenen tierischen Geweben, Muskel,
Blut, Leber, vorhandene ‚„glykolytische Ferment“ ist zuerst von Claude
Bernard!) festgestellt worden, worauf in jüngster Zeit О. Warburg?)
hinwies. Auch der umgekehrte Vorgang, die Umwandlung von Milch-
säure in Kohlehydrat durch die lebende Zelle, ist schon im 19. Jahr-
hundert gefunden, zuerst von Laurent?), der 1890 die Anreicherung
der Hefe an Glykogen in Lösungen von milchsaurem Salz beobachtete.
Daß auch den höheren Tieren diese Fähigkeit zur Bildung von Zucker aus
Milchsäure zukommt, ergab sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
aus zwei Versuchen van Emhden und Salomon*) an pankreasdiabetischen
Hunden, wo eine Zunahme der Zuckerausscheidung im Harn bei Milch-
säurezufuhr beobachtet wurde. Gestützt wurde diese Deutung der
Versuche durch ähnliche Ergebnisse von Mandel und Lusk5) am
phlorrhizindiabetischen Hunde, wo die Zuckerausscheidung bei Milch-
säurezufuhr zwar relativ nur unbedeutend anstieg, 7. В. von 55 auf
64g in 24 Stunden. Doch entsprach diese Zunahme in der Größen-
ordnung der zugeführten Milchsäure. Weitere Versuche von Dakin
und Dudley®) bestätigten das Resultat. Einen direkten Beweis für die
!) Vorlesungen über Diabetes, deutsch von Posener. Berlin 1878.
2) Diese Zeitschr. 160, 307, 1925.
з) Ann. de Soc. Belg. de Microscopie 1890; zitiert nach Cremer, Asher-
Spiros Ergebn. d. Physiol. 1, 1. Hälfte, S. 905, 1902.
*) Hofmeisters Beitr. 6, 63, 1904.
5) Amer. Journ. of Physiol. 16, 139, 1906.
6) Journ. of biol. Chem. 15, 143, 1913.
404 | R. Takane:
Umwandlung von Milchsäure in Kohlehydrat im Tierkörper erbrachte
zuerst Parnas und Baer!) an der überlebenden Schildkrötenlebe
(allerdings nur in einem positiven Versuch), ebenso in einem einzelnen
Versuch an der Säugetierleber Barrenscheen?), ein Befund, der mehrfach
bestätigt wurde?).
Indes ist der Zusammenhang, der zwischen der Umwandlung der
Milchsäure in Kohlehydrat und der Atmung besteht, erst in jüngster
Zeit erkannt worden und ferner die Rolle aufgeklärt, die die Milchsäure-
bildung einerseits, die Rückverwandlung der Milchsäure in Kohle-
hydrat andererseits im Muskel für die Energielieferung der mechanischen
Arbeit spielt*). Auch war bis dahin unbekannt gewesen, daß der isolierte
Muskel überhaupt zur Synthese der Milchsäure zu Kohlehydrat be-
fähigt ist.
Bereits in der voranstehenden Arbeit hatte sich die Wahrscheinlich-
keit ergeben, daß auch in isolierten Säugetiergewebsschnitten sich
unter dem Einfluß der Atmung eine Umwandlung von Milchsäure in
Kohlehydrat vollzieht, die unter Umständen analytisch faßbar sein
müßte. Doch war bisher ein direkter chemischer Nachweis einer solchen
Umwandlung nicht geführt. Ebenso fehlte auf der anderen Seite ein
Vergleich des Kohlehydratschwundes mit dem Sauerstoffverbrauch.
aus dem sich schließen ließ, wieviel von der Ruheatmung auf Oxydation
des Zuckers, wieviel auf andere Nährstoffe geht. Ich habe daher au
Vorschlag und unter Leitung von Herrn Meyerhof diese Lücken aus-
zufüllen versucht und eine große Zahl von Kohlehydratbestimmungen
gleichzeitig mit Messung der Atmung speziell in Lebergewebe und
Muskulatur (Zwerchfell von Ratten) ausgeführt. Hierfür wurden die
Gewebsschnitte teils in Ringerlösung mit und ohne Zusätze auf-
geschwemmt, teils in Serum. Schließlich wurde der Einfluß des Insulin
auf den Umsatz des Kohlehydrats unter den verschiedensten Umständen
untersucht. Zu demselben Zwecke wurde nach den in der voran-
stehenden Arbeit von O. Meyerhof und K. Lohmann beschriebenen
Methoden der Schwund zugesetzter Milchsäure im Zwerchfell studiert.
sowie die Atmungsgröße und der respiratorische Quotient desselben
in Serum mit und ohne Zusatz von Insulin.
Methodik.
Sowohl in den chemischen wie in den manometrischen Methoden
folgte ich den in der voranstehenden Arbeit gemachten Angaben. De die
1) Diese Zeitschr. 41, 386, 1912.
2) Ebendaselbst 58, 299, 1913. |
з) Z. B. Baldes und Silberstein, Zeitschr. f. physiol. Chem. 100, 34, 1911.
4) Zusammenfassung siehe O. Meyerhof, Asher-Spiros Ergebnisse de
Physiol. 22, 328, 1923; ferner Springers Handb. d. Physiol. 8, 476, 19%
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. II. 405
Gewebsschnitte, die zur Atmung gedient hatten, nachher auf Kohlehydrat
verarbeitet werden sollten, wurden sie nicht getrocknet, da sich in Vor-
versuchen ergeben hatte, daß dies die Kohlehydratbestimmung unmöglich
macht. Sie wurden vielmehr ebenso wie die Kontrollgewebsschnitte vor
dem Versuch auf einer Torsionswage von Hartmann & Braun feucht ge-
wogen. Das Trockengewicht wurde auf Grund verschiedener Vergleiche
mittels Division durch 5,5 für Zwerchfell und 5,0 für Leber festgestellt.
Nach einer Reihe anfänglicher Fehlschläge stellte sich als äußerst wichtige
Vorschrift heraus, daß die Gewebeschnitte nicht, wie sonst üblich, nach
dem Schneiden in einer Schale mit Flüssigkeit ausgebreitet werden durften,
ehe sie in die Atmungströge überführt wurden, sondern daß sie nach An-
fertigung direkt auf die Wage und von hier in die Versuchsflüssigkeit ge-
langen mußten. Im anderen Falle findet vor allem aus dem Lebergewebe
eine vorherige Auslaugung von Kohlehydrat statt, die zu schweren Fehlern
in der Bestimmung des Anfangsgehalte führt. Allerdings setzt dies Ver-
fahren eine ziemlich große Übung in der Anfertigung der Gewebsschnitte
voraus. Durch ein mangelhaft angefertigtes Gewebsstück fällt die Atmung
zu klein aus, wodurch die Versuchsgenauigkeit leidet. Solche Versuche
wurden in der Regel verworfen. Der Sauerstoffverbrauch wurde, wo nichts
anderes angegeben, unter Absorption von Kalilauge bestimmt. Die Ringer-
löeung enthielt stets ein Zehntel isotonisches Phosphat von рд 7,4. Für
die Serumversuche wurde inaktiviertes Pferdeserum, das angesäuert und
ausgepumpt war, verwandt. Nur für die Bestimmung der Atmung und
des scheinbaren respiratorischen Quotienten mit und ohne Insulinzusatz
(s. unten Tabelle II) diente unverändertes Serum. Die EE
betrug 1,0 bis 1,2 ccm.
In den Tabellen, in denen die chemisch bestimmte Kohlehydrat-
änderung mit der Atmungsgröße des Gewebes verglichen wurde, ist in
der letzten Spalte die Änderung des Kohlehydratgehalts in Prozenten
des Sauerstoffverbrauchs ausgedrückt. Es ist zugrunde gelegt, daß
mg О, 90 mg Kohlehydrat (auf Glucose berechnet) oxydieren.
Dabei ist die etwa 20 Minuten lange Vorbereitungszeit, während der
die in den Versuchsflüssigkeiten suspendierten Gewebsschnitte zwar
atmen, die Messung aber noch nicht begonnen hat (Sauerstoffsättigung,
Temperaturausgleich), vernachlässigt. Da sie nur etwa 10 Proz. der
Meßzeit beträgt, kommt sie bei der nicht unbeträchtlichen Fehlerbreite
der Bestimmungen nicht wesentlich in Betracht. Auf dieselbe Weise
ist auch die Kohlehydratzunahme in Prozenten des Sauerstoffverbrauchs
berechnet, was nur zum Vergleich der Größenordnung der Synthese
des Kohlehydrats gegenüber dem sonstigen Kohlehydratschwund
dienen soll. Ob der Schwund des Kohlehydrats auf Oxydation oder
Milchsäurespaltung zu beziehen ist, kann erst in Verbindung mit der
Bestimmung des Bicarbonatgehalts entschieden werden (s. darüber
unten, S. 409).
Versuche am Zwerchfell.
Vom Zwerchfell durften für die Kohlehydratbestimmungen nur die
vorderen zwei Drittel benutzt werden, da das hintere Drittel, abgesehen
von seiner größeren Dicke, einen nicht genau übereinstimmenden Kohle-
Biochemische Zeitschrift Band 171. 97
406 R. Takane:
hydratgehalt besaß. Einige Kontrollbestimmungen sind in der Tabelk/
enthalten.
Tabelle I.
Kohlehydratgehalt in verschiedenen Zwerchfellabschnitten.
| Feuchtgewicht en Zucker | Koblehydrat
| mg Thiosulfat mg | Proz.
1. Vorderer Teil. . . 15,7 0,127 0,81
2. А — 19,9 0,161 0,81
3. N E 21,0 0,169 | 0,80
4. Hinterer Abschnitt 20,7 0.127 0,615
Der Kohlehydratgehalt des Rattenzwerchfells ist meist etwas
geringer als der der Skelettmuskulatur. Während er bei ernährten
Ratten 0,6 bis 1 Proz. beträgt, sinkt er bei zweitägigem Hungern auf
etwa die Hälfte. Zu den meisten Versuchen dienten Ratten, die
48 Stunden gehungert hatten. Vergleicht man den Sauerstoffverbrauch
von in zuckerfreier Ringerlösung aufgeschwemmten Zwerchfellstücken
mit der Kohlehydratabnahme, so fällt sofort auf, daß nur ein ver-
hältnismäßig kleiner Teil der Oxydation auf Kohlehydrat bezogen
werden kann, besonders wenn der Sauerstoffverbrauch von normaler
Größe ist. Hierauf ist schon früher von О. Meyerhof, К. Lohmann und
R. Meier hingewiesen!). Relativ größer ist der Kohlehydratschwund
bei kleiner oder stark absinkender Atmung, doch liegt hier der Verdacht
nahe, daß unter diesen Umständen auch Milchsäure entstehen kann.
In den übrigen Fällen können nur 20 bis 50 Proz. des Sauerstoff-
verbrauchs auf Kohlehydratschwund bezogen werden. Eine Reihe
derartiger Versuche sind in Tabelle IIA und B zusammengestellt,
wobei anfänglich Glykogen und niedere Kohlehydrate getrennt bestimmt
wurden, später vereinigt. Zu diesem Kohlehydratschwund kommt aber,
wie ebenfalls schon früher erwähnt, ein Schwund der Milchsäure hinzu,
indem die bei der Herstellung der Zwerchfellschnitte spontan gebildete
Milchsäure im Laufe der Zeit in Gegenwart von Sauerstoff abnimmt.
Zwei derartige Versuche sind in Tabelle III angegeben, wobei in dem
zweiten Versuch noch Natriumlactat hinzugegeben wurde. Indes macht
der Schwund der spontan gebildeten Milchsäure auch nur etwa 15 Proz.
des Sauerstoffverbrauchs aus. [In dem früheren Versuch entsprach der
Milchsäureschwund 18 Proz. des Sauerstoffverbrauchs?)]. Es kämen
danach ein bis zwei Drittel der Atmung auf Kohlehydratoxydation;
weiterhin darf, nach der Ammoniakabspaltung zu urteilen, etwa 10 Proz.
1) Diese Zeitschr. 167, 482, 1925.
2) O. Meyerhof, K. Lohmann und R. Meier, diese Zeitschr. 157, 45
1925
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. II.
Tabelle II.
Atmung und Kohlehydratschwund des Rattenzwerchfells in Ringerlösung.
A. Atmungsversuche.
407 `
| | | | | Оо, |
Ver, Sehnitt Zusät са Оаа]
Nr. | Datum | suchs« gewicht | тшт > A | Er рани Bemerkungen
| zeit | feucht | Ringerlösung braucht | braucht dër ka
1925 | | | zeit
1 |ı2. J. 5 | 340 = 207 | 0,296 | 6,85 | Emährte Ratte
2 118. Du 5 55,0 — 256 | 0,366| 5,1 | Hungerratte
з |1. IL | 5 47,0 = 307 | 0,44 | 7,14 || Ernährte Ratte
4a | 23. IL| 5 34,5 — | 92,5| 0,132 | 2,9*) s
4 || 23. II.| 5 43,2 — | 168 | 0,24 43*)
acta |
5 6. III. 5 64,5 — - | 259 | 0,37 | 4,45 | Hungerratte
ba || 25. П. | 5 34,2 | Keine. Merens
6b || 25. II. 5 57,0 | — | messung
acta
7 | 30. ТУ. | 3 38,0 — | 124 0,178 5,95 | 48 h»Hungerratte
8 1 21.XII.| 6 32,5 — 254 | 0,364 | 6,52 | 45h» А
8a | 21. ХП.) 6 | 33,2 | n/60 Natrium. 286 | 0,409 7,17 |
acta |
*) Atmung nach 2 Stunden stark abfallend.
B. Kohlehydratbestimmungen.
Vorher | Nachher Berechnung sg
ч
#` Е T £ = . 2 ЕЕ
Ре = 42 ИРЕ. + bk At — z мд Зз
413] | р 3 ЖЕ ТЖ С A | EF 1383
ы 21 3 з g рар? та | FE
2 |5. каа EH з |38 |552
Iial a aa a ым a БЕ
9 = а | @ = = 5 Sg 5652
2 — | 2 м2 м N. | 2° N
J | mg | Proz. | mg Proz. | mg |
— — жч кейе nen
l 394 а 0,116 0,42 || 34,0 | С |0,086 0,80 | 0041 | 012 | 15
K | 0245 К | 0.190 |
2 | 60,0 ӘС | 0,049 | 0,318 550 | С 0,015 | 0,156 0,081 | 0,147, 24
К | 0,142 K | 0,071 |
41,0 : С | 0,032 | 0,288 | |
| | K | 0,086 | |
3 ' 384 | S |0,24 | 0,625 470 | S |0,142 0,305 || 0,143 | 0,32 35
4а 45 | s [0265 0,59 | 345 | s |0130 0,38 | 0072| 021 | 57
4 43,2 | S |0188 | 0,435 | 0,067 | 0,155 30
5 37,7 8 | 0,285 | 0,75 | 64,5 | S [0,265 | 0,41 | 0,22 | 0,34 63
ба| 570 | S |0,34 0,598 342 | S |0143 | 0,416 | 0,062 | 0,182
6b 57,0 | 6 |0,235 0,41 | 0,108 0,189
Ta | 53,2 | 8 | 0,225 | 0,42 | 38,0 | S |0,0665/ 0,175 | 0,090 | 0,22 54
7Ь| 352| 8 |0,138 | 0,395 | |
8a! 366 | S |018 | 049 | 325 | S |013 | 0,40 || 0,029 | 0,09 10
8b | | 33,2 | S [013 | 0,39 || 0,033 | 0,10 10
*) G = Glykogen, К = niedere Kohlehydrate, 5 = Summe von beiden.
408 R. Takane:
Tabelle III.
Chemische Bestimmung des Milchsäureschwundes im Zwerchfell
in Ringerlösung.
A. Atmungsmessung.
Schnitt, |
Ver
Weg Фо, Bemerkungen
cmm mg
Nr. —
ur: rar ER
| 2. III. | 5h | wie { ge 4,52 | 5,12 E
| 10. ПІ. 15 40 | ge n| atrium⸗ 1,16 · 57 2, [2 von
B. Chemische Bestimmung.
Schnitte | Milch- | Mich,
gewicht , säure säure
| | Proz.
|
1| esə : o75 | о! в
al 210 | 415 | 198) 210
| 0,033 | 0,5995. 19
| (1,53) „ 0,93 656
3,99
auf Eiweißspaltung bezogen werden. Der Rest muB als Oxydation
von Fett gedeutet werden.
Bei Zusatz von n/50 Natriumlactat zur Ringerlösung wird der
Kohlehydratschwund ` trotz Erhöhung der Atmung nur wenig ver-
ringert, manchmal auch gar nicht. Eine bilanzmäßige Synthese we
im isolierten Kaltblütermuskel ist nicht festzustellen. Doch darf de
nicht im Sinne eines prinzipiellen Unterschieds.von Warm- und Kalt-
blütermuskel gedeutet werden, sondern rührt offenbar daher, daß
infolge der Durchschneidung des Zwerchfells die Kohlehydratspaltung
gegenüber dem intakten Muskel gesteigert wird und dieser an den
Schnitträndern sich abspielende Zerfall durch die Resynthese in den
unbeschädigten Teilen nicht kompensiert werden kann. Dies folgt vor
allem aus den Versuchen in Serum, wo im Grenzfall eine solche Synthese
beobachtet werden kann (s. unten, Tabelle VII). Gleichzeitig wird
eine erhöhte Menge Milchsäure umgesetzt. In Versuch 2, Tabelle Ш.
werden 50 Proz. des Sauerstoffverbrauchs durch die Oxydation de:
verschwindenden Lactats gedeckt. In einem unten wiedergegebenen
Versuch (Tabelle IV, Nr. 1) entspricht die Zunahme des Bicarbonat:
einem Lactatschwund von etwa 25 Proz. des Sauerstoffverbrauchk
Wird Traubenzucker zur Ringerlösung hinzugesetzt, so ist der Kohle
hydratschwund sofort erheblich: größer, öfters sogar größer als es des
Sauerstoffverbrauch entspricht. ` Hier findet offenbar neben der Atmux
auch eine Glykolyse statt: Ich habe infolgedessen auf die Durchführıx
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. II. 409
solcher Versuche verzichtet, da es schwierig ist, in dem gleichen Versuch
festzustellen, wieviel von dem Zucker durch Oxydation, wieviel durch
Spaltung verschwindet. Anders aber in Serum, wo eine solche Milch-
säurebildung in Sauerstoff nicht mehr stattfindet. Das hier verschwin-
dende Kohlehydrat kann demnach als oxydiert angenommen werden.
Um die Vorgänge in Serum zu studieren und unabhängig von
den Änderungen des Kohlehydratgehalts dem Umsatz der Milchsäure
zu folgen, wurde nach den in der voranstehenden Arbeit von O. Meyerhof
und K. Lohmann angegebenen Methoden die Änderung des Bicarbonat-
gehalts, die Atmung und der. scheinbare respiratorische Quotient in
normalem, inaktiviertem Pferdeserum bestimmt. Dabei wurde teils
das Serum unverändert benutzt, teils wurde noch Glucose oder Natrium-
lactat hinzugefügt. Das benutzte Pferdeserum enthält in der Regel nur
0,05 Proz. Traubenzucker und etwa ebensoviel Milchsäure infolge der
vorangegangenen Glykolyse der Erythrocyten. Hierbei wurde eine
Reihe von Parallelbestimmungen mit und ohne Insulin gemacht, um
einen Einfluß desselben auf die Atmung zu untersuchen. Über die
Änderung des Bicarbonatgehalts belehrt die Tabelle IV, wobei die
Bezeichnungen dieselben sind wie іп der vorstehenden Arbeit.
Tabelle IV.
Milchsäureschwund im Zwerchfell, gemessen an der Änderung des Bicabonats.
li |Hungerzeit | Versuchs С—С 55 — | ра
Nr. | Datum || der Ratte zeit Suspensionslösung QB Ä Оо.
u эш Lal Dn
24 6 Ringer + п/50 Natrium- | + 0,59 | 8,3
lactat
48 31/, | Serum +0,05 Proz. Glucose | +0,5 | 61
48 31/, | Serum + 0,05 Proz. Glucose | + 1,0 | 6,3
+2x 10-5 Insulin |
24 3 Serum + 0,006 n Natrium- | + 2,25 | —
lactat |
24 3 Serum + 0,006 n Natrium- | +20 —
lactat +2 х 10-3 Insulin
In einem Versuch (Tabelle IV, 1) wurde die Bicarbonatvermehrung in
Ringerlösung unter Zusatz von milchsaurem Natrium bestimmt und ergab
Get 0,59, was einer Oxydationsgröße von 1,8cmm O, entspricht.
Etwa ebenso groß ist der Su Wert in Serum mit Glucosezusatz (Ver-
such 2), so daß hier ebenfalls ein Milchsäureschwund stattfindet, aber
kein beträchtlicher. Dieser steigt jedoch durch Lactatzusatz auf
© = + 2,0, was einem o, Wert von 6 entspricht, also annähernd
der Atmungsgröße des Zwerchfells in Serum. Ähnliche Resultate
ergeben sich bei der Messung desscheinbaren respiratorischen Quotienten,
410 R. Takane:
zumal wenn wir die Werte mit der direkten Bestimmung des wahren
respiratorischen Quotienten vergleichen, die allerdings in ausgepumpten
Serum vorgenommen werden muß. Dieser direkt bestimmte respirato-
rische Quotient ergab sich in vier Versuchen zu 0,66 bis 0,90 ohne
Insulin und 0,79 bis 0,955 mit Insulin. Offenbar ist er also mit Insulin
etwas höher, doch ist die Methode nicht besonders genau.
Tabelle V.
Bestimmung des echten respiratorischen Quotienten des Zwerchfelk
in ausgepumptem Serum.
Respis |
| | | V | | | Кере | t QO, | Mo
| H А ег, Zusät Insulin | rator. rator. 2 Л
Nr. | Datum 1 et ГАШ ш” ыза
| Stdn. | g pro ccm Insulin | Insulin |
WS" | Еа ж т I zi — sn |
| |15. sl 48 330° | 0,05 Proz. |2х10—5| 0,83 | 0,955 | 61 | 63
Traubenzucker |
2 18.IX.| 24 |130 0,06 Proz. 5x10-6 0,90 | 098 | 83 |65
| | Traubenzucker | |
3 124. Au 48 |2 30 | 0,1 Proz. |2x10-5| 0,66 | 0,79 415 6%
| Traubenzucker | |
4 |28. Х.! 24 3 0,06 n | — 0,75 — | 44 —
Natriumlactat
Durchschnitt 0,79 | 0,89 | 57 | 63
Da der scheinbare respiratorische Quotient außer durch de
Atmungskohlensäure auch noch durch die Kohlensäureretention infolge
des Bicarbonatschwunds bestimmt wird, muß er ein wenig kleiner als
der echte respiratorische Quotient sein, zumal bei Zusatz von milch-
saurem Natrium. Dieses trifft auch zu (s. Tabelle VI). Auch der schein-
bare respiratorische Quotient ist bei Zusatz von Insulin in der Кее
Tabelle VI.
Atmungsgröße und „scheinbarer respiratorischer Quotient‘ des
Zwerchfells in inaktiviertem Pferdeserum.
Vers o
Hunger, Zusätze
ме Datum а — a Sands
— | Р" —
ТЕЛ
5.УП.| 24h |
7. VII. 24 1 |
8. VII. 24 1 |
|
1
2
3 3
4 |25. VII.) 24 |1 = [ “же. ТОМ I ЁЁ Je
525.УП. 24 1 | n/100 5 x 10-6 | 0,635 | 0,843 42 |51
Natriumlactat _
6 26. УІІ. 48 |1 20| 0,08 Proz. (5 х 10-° | 0784 | 0,89 | 565 | 75
| Traubenzucker
7 |28. УІІ. 24 | 120 | 0,08 Proz. |1 x 10-5 | 0,78 |0,96 | 688 |7%
f Traubenzucker s
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. II. 411
größer. Dasselbe gilt für die Atmungsgröße des Zwerchfells, die durch
Insulin meist um etwa 20 Proz. erhöht wird, wie es auch in den
späteren Versuchen der Tabelle VII gefunden wurde. Hierbei wurden
ausschließlich hungernde Ratten benutzt!).
Der verhältnismäßig geringe Einfluß des Insulins auf die Atmung
der Muskulatur dürfte nach allem, was über die Insulinwirkung bekannt
geworden ist, sekundärer Natur sein. Offenbar greift das Insulin primär
bei der Umwandlung von Glucose in Glykogen an, indem es diesen
Vorgang beschleunigt, und versieht damit den Muskel in genügender
Menge mit demjenigen Kohlehydrat, das er allein mit größerer Ge-
schwindigkeit umzusetzen vermag, während er Glucose direkt nicht
oder nur langsam angreift. Auf diese Weise erklärt sich wohl der stärkere
Einfluß des Insulins bei Glykogenarmut des Körpers und andererseits
der geringere beim Kaltblütermuskel, der für seinen verhältnismäßig
langsamen Kohlehydratverbrauch über einen genügenden Glykogen-
vorrat verfügt).
Man muß nach diesen Versuchen erwarten, daß der Kohlehydrat-
schwund in Serum niemals größer, aber meist kleiner sein wird, als sich
1) Burn und Dale (Journ. of Physiol. 59, 185, 1924/25) fanden am
Muskelpräparat der Katze bei Durchströmung mit insulinhaltigem Blute
ebenfalls im Durchschnitt eine Steigerung der Oxydation um etwa 20
bis 30 Proz., die natürlich nicht ausreicht, das gesteigerte Verschwinden
des Blutzuckers zu erklären. Daß andere Autoren die Oxydationssteigerung
im überlebenden Warmblütermuskel vermißten, liegt entweder an den
betreffenden Insulindosen oder aber an den Bedingungen der Atmung
des Muskels, vor allem der Suspendierung in Ringerlösung, wo man aller-
dings keinen Einfluß auf die Atmungsgröße findet. ` Daß die Wirkung
des Insulins nur in Serum deutlich ist, hängt vielleicht zusammen mit
der Beobachtung von Häusler und Loewi (Pflügers Arch. 210, 238, 1925),
wonach Insulin nur in Gegenwart von Serum oder Plasma die Aufnahme
von ‘Glucose von seiten der Zellen erhöht.
Andererseits gibt Ahlgren an (Skandinav. Arch. f. Physiol., Supplement-
band, 1925), daß Insulin Leo in Konzentrationen von 10-11 bis 10—14 die
Entfärbung von Methylenblau unter anaeroben Bedingungen durch in
Phosphatlösung suspendierte Froschmuskulatur um 60 bis 80 Proz. be-
schleunige, während bei Konzentrationen von 10-5 eine Hemmung von
30 bis 40 Proz. stattfinden soll. Er schließt daraus auf eine Steigerung,
bei höheren Konzentrationen auf eine Hemmung der Muskelatmung um
diesen Betrag. Demgegenüber wurde in den hier ausgeführten Versuchen
die Atmungsgröße zerschnittener Froschmuskulatur, die in Phosphat-
lösung suspendiert war, bei 20° durch Insulinkonzentrationen von 10-5
bis 10-14 nicht in einer die Fehlergrenze der Methode überschreitenden
Weise beeinflußt.
23) Vgl. auch die Arbeiten von Lundsgaard und Holbøll, Journ. of biol.
Chem. 62, 1924; 65, 1925; die Diskussion von Е. Ј. Lesser, Handb. d.
Biochem. 9, 2. Aufl., S. 160, 1925; die Zusammenstellung von Grevenstuck
und Laqueur, Ergebn. d. Physiol. 28, II, S. 1, 1925.
412 R. Takane:
aus der Atmungsgröße errechnet. Denn es findet ja daneben ein, жеш
auch nicht sehr bedeutender, Milchsäureschwund statt. Auch beid
zusammen werden jedenfalls nicht den gesamten Sauerstoffverbraud
decken können, wie sich schon aus dem Ansteigen des respiratorisch
Quotienten in Gegenwart von Insulin ergibt. Tatsächlich sind die
chemischen Bestimmungen der Kohlehydratänderung im Serun mit
den aus den manometrischen Versuchen gezogenen Schlußfolgerungen
in gutem Einklang (s. Tabelle VII). In unverändertem Serum ist der
Kohlehydratschwund zwar höher als in Ringerlösung ohne Zusatz.
bleibt aber doch beträchtlich hinter dem Sauerstoffverbrauch zurück.
Dasselbe gilt für den Fall (s. Versuch 3 und 4), daß Serum benutz:
wird, das 1 bis 2 Tage in Kollodiumhülsen gegen Ringerlösung zur
Entfernung der Hauptmenge des Zuckers dialysiert war!). Übrigen:
änderte hier der Zuckerzusatz nichts am Kohlehydratschwund. der
in allen Versuchen 30 bis 70 Proz. des aus der Atmungsgröße berechneten
betrug. Dagegen erhöhte Insulinzusatz in Gegenwart von Trauben-
zucker in allen Fällen den Kohlehydratschwund. Trotz der nicht
" Tabelle VII.
Kohlehydratumsatz im Zwerchfell hungernder Ratten in Serum
| (48 Stunden Hungerzeit).
er A, Atmung.
5 N Vep |Sehnitte! | —
Nr. © Datum || suchse gewent - Zusatz zum Serum ‚ O2 O фо
| zeit * | | emm *
— ern ee a кш
1 26. VL] 4 НЫ | 142 ' 0,206. 685
la . 26. УІ. ! 4 Insulin 2 х 10-5 218 10,311 82
2 i30. Ур 3 — | 130 | 0,186 66
2a |30. VI. | 3 Insulin 2 x 10-5 148 ; 0,212 82
3 | 2.VII. | 3 2Tage dialysiert. Serum | 127 | 0.182 8.6
За | 2 VII. | 3 +0,05 Proz. Glucose 79 [0113 62
3b | 2 ҮП. 3 + 0,05 » ‚ 94 0134 78
| + Insulin 1х 10-5 |
Зе | 2.VIL. у 3 | 21,4 | +0,01 nNatriumlactat | 104 ! 0,150 89
4 | 4+уп.! 3 | 310 | 2Tage dielysiert.Serum 142 | 0,4 84
4a | 4.VII.| 3 | 31,2 | +0,01 nNatriumlactat 150 |0214 8.
4b | 4.VII. | 3 | 50,0 | +0,01 n 1 ' 210 0300 78
, | + 10-5 Insulin | |
4c | 4. VII. | 3 32,2 + 0,05 Proz. Glucose 109 ; 0,156 6.3
5 |11. X. 3 | 333 E | мо 0,200 77
5a |17. X. 3 | 264 | 0,05 Proz. Glucose ! 83 |0,118 5,72
5b | 17. X. | 3 27,4 | 5,70
| Е
0,05 N tad
+2 х 10-6 Insulin |
1) Die noch übrig gebliebene Reduktion nach Hagedorn-Jensen Ni
vielleicht kein Zucker. Vgl. hierzu Hiller, Almer, Linder und van Siyke
Journ. of biol. Chem. 64, 625, 1925.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. II. 413
B. Kohlehydratbestimmungen.
|
|
|
Nachber | Ве» | |
ч Kohle» Kohle»
гуе hydra t⸗
ch drat | bedrot, | schwund
Nr.|| Schnitts| Kohle» | Koble» suchs- |schnitts| Kohle, | PYdrat Р schwund in
да menge А er für schwund in ок Proz. des
t|bydrat- | уйга! Serum |gewicht Ihydrat Sauerstoff»
eucht EES
Proz. | mg. | mg |.
1 l 294 | 0.178 | 0,815, 0,162 0,102 | 290 0,335 | 0,060 32 `
1а | 19,0 ' 0,11 0,585 | 0,182 | 37,0 |0,202' 0,382 | · 0,180 62
2 | 532 0215 |042 ' oan | 36,5 10,429 0,549 | 0,120 68
ч 35.2 | 0138 | 0.395, 040 | 33,4 '0,324 | 0,536 | 0,208 113
d 23,2 | 0,166 [0,73 || 0:08 26,8 0,167 0,270 | 0,103 60
dialysiert.
За 41,2 | 0,280 |0,68 | 0535)! 23,4 |0,681 | 0,745 | 0,064 60
|dielysiert!
зы ee | 0,53 *) 22,1 0,819 0,736 | 0,17 94
‚ dialysiert
e — e | — 10,08 | 214 [0,308 | 0,23 |+ 0,078|+ 0,365[+ 55]°")
„dialysiert |
4 | 25,0 | 0,345 1,38 „008 31,0 |0,370! 0,505 — 043| т
ialysiert|
u 50,5 | 0,725 | 1,43 ү; 0.08 312 |0505\0510| 0005 002| 2
и 'dialysiert: |
ge = | — — ' 008 | 500 !0,82 | 0,77 + 0,05 + 0,10 [+ 18] ”)
dialysiert
& EK E 055"), 32,0 088 10,99 , 0,11! 033! 76
| | dialysiert| |
5 | 27,8 ; 0,281 |1,00 || 0,475 , 23,3 |0,537' 0л14| 0177 0,53| 95
ба| 19,4 | 0188 1,01 OH) 26,4 | 1,007. 1,148 | 0,141] 0,54 | 120
HB — | — | || 0892*)| 274 |0995. 1.158 | 063 | 060! 140
е) Mit Zuckerzusatz. *™) Zunahme des Kohlehydrats.
unbeträchtlichen Fehlerbreite der Versuchsanordnung darf man daraus
entnehmen, daß unter diesen Umständen im Zwerchfell mehr Kohle-
hydrat oxydiert wird, ähnlich wie es aus der Vergrößerung des
respiratorischen Quotienten gefolgert werden kann. Auch hier ergab
sich stets eine etwas gesteigerte Atmung mit Insulin. Wird dagegen
Natriumlactat zu dialysiertem, fast zuckerfreiem Serum hinzugefügt,
so hört der Kohlehydratschwund vollständig auf (Versuch 3c, 4a und b),
ja, es findet sogar in einigen Fällen eine Zunahme statt. Das ist im `
Einklang mit der durch Lactatzusatz erhöhten Einsparung des
Bicarbonats, die schon in nicht dialysiertem Serum etwa einem Lactat-
schwund von dem Umfang der Atmungsgröße entspricht.
Daß der intakte isolierte Warmblütermuskel bei Durchspülung
mit zuckerhaltiger Salzlösung auch während der Arbeitsleistung neben
Kohlehydraten Fett und Eiweiß oxydieren kann, scheint aus einer
älteren Arbeit уоп Е .Rohde am Kaninchen- und Katzenherzen hervor-
zugehen!). Das Herz deckt hier nur einen Teil seiner Atmung aus dem
Zucker der Nährlösung, den Rest aber aus Reservestoffen, die mit
1) Zeitschr. f. physiol. Chem. 68, 181, 1910.
414 R. Takane:
dem respiratorischen Quotienten von 0,72 bis 0,78 verbrennen. Der
respiratorische Quotient dieses Reststoffwechsels ist bei Herzen hun-
gernder Tiere besonders niedrig, bei kohlehydraternährten erheblich
höher. Unter möglichst physiologischen Bedingungen — Durch-
strömung mit insulinhaltigem Blut oder Serum — wird aber offenbar
der Anteil der Kohlehydratoxydation des Warmblütersmuskels mehr
und mehr gesteigert. Andererseits ist der isolierte Kaltblütermuakel,
der stets Glykogen in erheblichen Mengen enthält und dieses nur
langsam verbraucht, nicht unter Bedingungen zu versetzen, wo bei
der Arbeitsleistung neben Kohlehydrat noch Fett oder Eiweiß in nach-
weislichen Mengen verschwinden. Diese Resultate stehen in keinem
Widerspruch zu der von О. Meyerhof gegebenen Erklärung für die
Energetik des oxydativen Restitutionsvorgangs, worauf schon kürzlich
hingewiesen wurde!).
Versuche mit Lebergewebe.
a) Versuche in Ringerlösung.
Eine größere Zahl von Kohlehydratbestimmungen wurde mit
Lebergewebe ausgeführt, da sich hier in der voranstehenden Arbeit
von О. Meyerhof und К. Lohmann die Wahrscheinlichkeit ergeben
hatte, daß deutliche Änderungen des Kohlehydratgehalts unter den
verschiedenen Umständen in Erscheinung treten mußten. Meine
eigenen Messungen bestätigen dies. Auch hier wurden zunächst Be-
stimmungen in Ringerlösung mit und ohne Zusatz von milchsaurem
Natrium ausgeführt. In der größten Zahl der Versuche, im ganzen
elfmal, wurde durch Milchsäurezusatz eine bilanzmäßige Zunahme
des Kohlehydrats erzielt, die in der Größenordnung des Sauerstoff-
verbrauchs lag, derart, daß der Kohlehydratgehalt statt in einem
Betrage von 40 bis 100 Proz. des Sauerstoffverbrauchs abzunehmen,
wie es ohne Zusatz geschieht, in einem ähnlichen Betrag zunahm. Zur
Berechnung des Oxydationsquotienten
Mol. Milchsäure verschwunden
Mol. Milchsäureäquivalente oxydiert
sind die Versuche allerdings nicht geeignet; abgesehen von der zu
geringen Fehlergenauigkeit und den großen Schwankungen wird ja
auch nur ein Teil der Atmung durch Kohlehydratoxydation gedeckt.
Auch sollte hier in Analogie zum Muskel nur die Atmungssteigerung
und nicht die Ruheatmung selbst für die Berechnung berücksichtigt
werden, was aber bei den offenbar aus sekundären Ursachen schwan-
kenden Werten nicht durchführbar ist. In einigen anderen Fällen
wurde keine bilanzmäßige Zunahme des Kohlehydrats gefunden, aber
auch dann war der Kohlehydratschwund durch Milchsäurezusats
1) Diese Zeitschr. 158, 218, 1925.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. II. 415
verringert trotz gleichzeitig gesteigerter Atmung. In mehreren Fällen
wurden Doppelversuche ausgeführt, außerdem auch die Anfangswerte
doppelt bestimmt. Diese sind sämtlich, soweit nicht einzelne Be-
stimmungen verloren gingen, in die Tabelle aufgenommen. Die Resultate
stimmen im allgemeinen innerhalb 15 Proz. überein. In mehreren
Versuchen wurde Alanin und Asparagin zur Ringerlösung hinzugefügt,
da beide Substanzen als Zuckerbildner im Tierkörper bekannt sind
und in den früheren Versuchen von О. Meyerhof, K. Lohmann und
R. Meier die Atmung des Lebergewebes in ähnlichem Betrage wie
milchsaures Natrium gesteigert hatten. Gerade in den zwei besten
Tabelle VIII.
Atmung und Kohlehydratumsatz von Lebergewebe in Ringerlösung.
A. Atmung.
| | Feuchts | | Ò | |
Nr. | Datum —— кус ES — Әз | 2 | QO, || Bemerkungen
Schnitte emm | mg |
Er
Vis Уу. | 25,7 = 148 0213 10,6 | 1 Tag Hunger
1а !| 15. УУ. 16,0 |0,02 п Natriumlactat | 99 0, 133 11 2
у
3
| 3
lb|| 15 | 3 27,1 |0.02n Natriumlactat| 128 |0,183| 8,7
| || + 8 X 10-6 Insulin
9123. у. || з 26,2 — 162 |0,230| 11,4 | 1 Tag Hunger
2123. У. | 3 24,2 1001 Natriumlactat|| 305 10,437 23,0|
2b | 23. У. | 3 26,5 | 0,02 п Natriumlactat | 215 |0,305| 14,9
| | + 8 X 10-6 Insulin |
3 || 26. Ye 1 180 — 94 0,135 95 1 Tag Hunger
За | 26. У. | 3 14,2 10,02 а Natriumlactat | 101 0,144 12,9
3b | 26. V 3 19,1 |9015 п Natriumlactat || 154 0,220 14,8
| + 8 X 10-6 Insulin |
4 | 5. УІ. | 3 37,6 — 215 0,310| 10,6 |2Tage Hunger
al 5. УІ! 3 31,7 ||(Doppelbestimmung) || 168 |0,940| 97
“li 5. VI. | 3 27,0 |0,02 п Natriumlactat | 279 0,395 19,0
del 5. VI.| 3 26,1 |0.02n Natriumlactat| 222 10,317. 16,6
| +8 X 10-6 Insulin
5 | 9. УІ. | 3 23,0 | — 138 0,197 11,2 |1 Tag Hunger
ба || 9. VI. | 3 20,8 | (Doppelbestimmung) || 107 0,154. SCH
Sbl 9. VI. | 3 18,7 10,02 п Natriumlactat | 207 |0,296| 20,7 |
бе! 9. VI. || 3 19,1 0,02 һ Natriumlactat | 215 0,305 ECH
| | | | + 8 X 10-6 Insulin
6 | 18. XII 220 | 280 | — 107 0,153 8,6 |1 Tag Hunger
“| 18. XII. 220 | 313 оо Natriumlactat | 212 озо 15,2 |
- | |
і |25. IX. | 3 10,9 | — 70 0,100 11,8 2 Tage Hunger
7а || 25. IX. | 3 14,6 |001 п Natriumlactat | 125 |0,180| 15.6 |
7b|| 25. IX. | 3 13,6 0.02 п Alanin 112 0,160 15,0 |
7с || 25. ІХ. 3 17,3 || 0,02n Asparagin 104 10,149 11,0
8 | 5. x. | 3 17,0 = 75 | оют 8,0 |2Tage Hunger
ie Б. Ж. 3 23,4 |001n Natriumlactat|| 187 (0,27 | 146
IK Ж д | 17,0 || 0,02n Alanin 100 0, 143 10,8
Bei 5. X. 3 16,0 || ns Asparagin || 117 '0,167| 15,0|
9 |14. XII. | 245 | 408 | 224 0,320 10,0 |2TageHunger
9a | 14, XII | 2 45 40,8 10,02 п Natriumlactat 342 10,498. 15,9 |
416
B. Kohlehydratbestimmungen.
R. Takane:
Vorher Nachber Б Kohle,
— — ydrat bydrat»
| ME | =
Nr. [|Schnitt- | Koble» | Kohle» |Schnitt«| Kohle» | Kohle» || znderun: be —
? I gewicht hydrat hydrat —— — — — SC —
| bezogen L Les
| mg mg | Proz mg mg Proz. | mg Proz. Zunahme
1 | 29,1 0,560 | 192 | 25,7 0,405 | 1,575|| — 0,063 | — 0,245 | — 30
la 359 0,620 | 1,73 | 16,0 |0,370 | 231 | + 0,079 | +0,49 | [4+ 60]
ibi — | — | — || 27,1 (0,565 | 2,08 || + 0,072 | 40,26: Te
2 | 197 0315160 | 26,2 0,127 | 049 | — 0283 | — 1,10 | —ı8
2a 319 048 157 | 242 0230 | 0,95 | —0147 | —08 | — 8
2b| — | — | — | 265 0435 | 165 | 4- 0020 | +0075] I 7
3 | 233 |0121 | 052 180 0,0313 017 || —0063 | — 0,35 | — 50
3a 20.2 0103 051 142 0,136 | 0,95 | +4- 0,061 | +043 | [+ 45]
— ı— | = | 19101023 | 122 | +01 | +00 | ЖИШШ
4 192 0,1210, 37,6 0,097 | 0,25 | — 0,143 | —08 — 48
ба — | — — 317 0102 0,32 | —0,098 , —031 — 4
Ah — — — 27,0 [0,354 | 131 | + 0,184 | +0,68 [+ 50]
tc Is 1 — 2961 |0,379 | 145 | +0214 | +082 [+ 60)
5 | 192 0,315, 1,64 23,0 0,132 | 0,55 | — 0,263 | — 1,14 — 14
ба| 25,7 046 , 1,79 20,8 10,123 | 0,59 | — 0,232 | —1,10 — 160
5b, — = | — ; 1871043 |23 | +0,110 | +0,59 [+ 41]
bei — | — | — IA 0,636 | 3,31 | + 0,309 | +1,61 [+ 108]
6 | 346 0,90 259 280 0,073 | 259 | — 0,065 | — —
ба 64,8 198 Am 313 113 | 3,61 | +0,247 | +0,79 [+ 87)
7 117 10,129 110 ! 10,9 |0014 | 013 | —0,116 | — 0,98 190
та — | — | — | 146 0,083 0,57 | — 0,078 | БР. с Ze
ТЫП e р, seg 16:000081 190: —
7e — — IA 0,041 | 0,24 | — 0,150 0,87 —10
в 198 027 ' 1,36 17,0 10,135 | 0,80 | — 0,095) 05 — 9%
8а 174 |0,23 | 1,32 | 234 0,244 | 1,04 | — 0,069 0 -==-30
ae 117000998 Lë, 0 о, [0
8c! — | — | — | 16,0 0,179 | 112 || — 0,035 634.123
9.607103 ол? — — _ — — —
9a 529 041 078 408 040 | 0,98 | +0,094 | +0,23 : [+ 20)
Versuchen dieser Art, die in die Tabelle aufgenommen sind (Versuch 7
und 8), schränkte das Natriumlactat selbst den Kohlehydratverbrauch
nur stark ein, führte aber nicht zur Synthese. In einem Versuche ver-
hielten sich Alanin und Asparagin ebenso, während in dem anderen
ihre Wirkung nicht deutlich war. Die Versuche reichen daher nicht
für eine bestimmte Entscheidung aus.
Wie schon einleitend hervorgehoben, ist von verschiedenen Autoren
die Synthese des Zuckers aus Milchsäure bei Durchströmung der Warm.
blüterleber beobachtet worden. Doch wurden diese positiven Resultate
nur an Lebern phlorrhizindiabetischer Hunde erzielt, aber nicht an
Lebern, die lediglich durch Hunger glykogenarm gemacht waren. Dem-
gegenüber synthetisiert, wie die Tabelle zeigt, das Lebergewebe von
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. II. 417
Hüungerratten, das in lactathaltiger Ringerlösung suspendiert ist, sehr
leicht Kohlehydrat. Das liegt vielleicht an der ausgiebigeren Zufuhr
der Milchsäure, vielleicht auch an vollkommenerer Sauerstoffsättigung,
als sie bei Durchströmung der überlebenden Leber erreicht werden.
Auch in diesen Versuchen wurde mehrmals Insulin angewandt; in
einzelnen Fällen schien die Kohlehydratsynthese gefördert zu werden,
das Resultat war aber nicht konstant.
In der Regel wurde die Atmung durch Lactatzusatz auf Qo, 15 bis 20
gesteigert. Die geringeren Werte (z. B. Versuch 1 und 3 müssen vielleicht
auf mangelhaftere Beschaffenheit der Gewebsschnitte bezogen werden.
Auch hier wurden in einigen Versuchen Glykogen und niedere
Kohlehydrate getrennt bestimmt. Doch habe ich diese Trennung in
den Tabellen nicht durchgeführt, weil das dabei häufig beobachtete
Resultat, daß der Glykogengehalt während des Versuchs stark abnimmt,
der Gehalt der niederen Kohlehydrate aber zunimmt, offenbar auf
die spezielle Methodik der Gewebsschnitte bezogen werden muß und
insofern nicht physiologisch ist. Es würde dies der von E.J. Lesser!)
beobachteten Hydrolyse des Glykogens bei Zerkleinerung der Kalt-
blüterleber entsprechen.
b) Versuche in Serum.
Schwerer ist es, aus dem Verhalten der Leberschnitte in Serum
ein einheitliches Bild zu gewinnen. Da das Serum ja Zucker wie Milch-
säure enthält, scheint es von einer Reihe schwer kontrollierbarer Um-
stände abzuhängen, ob die Spaltung oder Synthese überwiegt. In der
Regel verschwand bei Lebern von Hungerratten in Serum Zucker, wenn
auch nur etwa zur Hälfte des Sauerstoffverbrauchs; bei Zugabe von
Lactat, in Konzentrationen von n/50, wodurch der Milchsäuregehalt
etwa verdreifacht wird, wurde in der Mehrzahl der Fälle der Schwund
verringert oder auch eine Synthese beobachtet. Auch in dieser An-
ordnung schien Insulinzusatz die Synthese zu fördern.
Die Atmungsmessung zeigt die großen Qo,-Werte der Hunger-
lebern in Serum. Durch Zusatz von milchsaurem Natrium wurden
diese öfters noch weiter gesteigert, ebenso durch Insulinzusatz.
Schließlich sei noch auf einen Punkt hingewiesen: Weder die
Zunahme noch Abnahme des Kohlehydratgehalts sagt allein etwas
Bestimmtes über den Kohlehydratumsatz aus. Dies geschieht erst
durch Kombination mit den anderen Methoden. Daß die Kohlehydrat-
zunahme aus der Milchsäure stammt, nicht aus Fett oder Eiweiß, kann
nur aus dem Schwund des Lactats sowie aus der Abhängigkeit der
Kohlehydratsynthese von dem Zusatz der Milchsäure gefolgert werden.
Für das Zwerchfell sind in dieser Richtung besonders beweisend die
1) Diese Zeitschr. 52, 471, 1913.
418 R. Takane:
Tabelle IX.
Versuche mit Hungerlebern in Serum.
A. Atmungsversuche.
IL ы ——— Ё
Мег, gewicht
Nr. | Datum * К Zusätze zum Serum
30,0 0,02 nN striumlactat
+ 3x 10-6 Insulin |242 | 0,442 | 17,0
26,0 |0,02 n Natriumlactat |239 | 0,385 | 17,0
22,4 0,02 n Natriumlactat |278 | 0,398 | 20,5 '2Tage Hunger
22,2 |0,02 n Natriumlactat |
+5 х 10-6 Insulin |292| 0,418 | 21,6 |
-
| R
22, VI. 3 | 240 0,345 | 16,6 2 Tage Hunge:
Ge Т 3 1.291 1 x 10-5 Insulin |345 0,495 | 23,5
2 | 7.VIL| 3 |186 213 | 0,305 | 19 |1 Tag Hunger
2a | 7.VII.| 3 | 232 [0,02 п Natriumlactat | 325 0,460 | 23,2 |1 . .
2b|| 7. VII. | 3 17,2 0,02 n Natriumlactat
+ 5 х 10-6 Insulin |326 0,465 | 31,0
3 |15.VII.| 3 | 182 — 235 | 0,335 | 21,5 |1 Tag Hunger
За || 15. VII.| 3 17,0 | 0,02 n Natriumlactat | 259 0,370 | 23,2 1 . .
3b|15. VII.| 3 | 164 |0,02 п Natriumlactat
+ 5 x 10-6 Insulin |282 | 0,404 | 28,5 ı. .
4 |15. VII. 3 |134 — 190 | 0,274 |24 1. .
4a 15. ҮП. 3 27,2 0,05 Proz. Glucose 309 0,44 | 19,0 ` Win ` e
AblIIS vn 3 | 175 0,05 |
+5 X 10-6 Insulin | 246 0,350 | 23,5 |! >, me
5 ||21. VII. 20,8 208 | 0,297 | 16,5 2 Tage Hunger
ба 21. VII
En
e D
2
—
A
—
D . =ч .
Dä EA os сә GA
B. Kohlehydratbestimmungen.
— | Zucker ` Nachher Ве, Kohler | Kohle
— — — -=| in еге | — ——— t t- ydrat-
| | | suchs» | п | Kohle» ER änderung ——
Nr. | Schnitt») Kohle» Kohle» menge | Schnitt» Kohle» hydrate änderun in Proz.
| gewicht | hydrat hydrat || Serum | gewicht hydrat | für An» К des | —
(OU ест), | fangs» Feuchte | OgVer
mg | mg Proz. mg | mg mg — mg | gewichts brauchs
1 || 21,2 10,250 118048 | 26,5 0245| 0,748 —0,503| 1,90 | —ш
1а | 312 |0;315 101 — | 271 |0313| 0,754 |—0441| 1,60 —$
2 | 20,1 0,34 | 1,69 | 0,515 | 18,6 | 0,605 || 0,805 |— 0,200 | — 107 | — 10
2a | 15,6 0,255 163 — | 232 |069 | 0885 |—0195|—0,85 | 45
| — | — | — — | 172 |1,02 | 0,785 | + 0,235 | +1,36 Е 50
3 || 16,5 |0,216 | 1,31 0,352 | 18,2 0,41 | 0,59 |—0,18 |—10 | — 60
За || 21,8 |0,310| 142| — 17,0 10,594 | 0,583 |— 0,06 |—0,35 | — 17
3b| — — — — 16.4 |0,618 | 0,574 + 0,044 ++ 0,265 | [+ 12]
4 | 16,2 |0,225 | 1,39 | 0,81 13,4 |0,75 || 0,993 |— 0,24 | — 14 | — %
4а | 424 |0,57 | 1,33 | 1,31 | 27,2 |1,37 | 169 |—031 Les iN | 9
4Ъ| — | — | — |131 || 17,5 |1,24 | 155 |—031 ia
5 || 22,0 |0,495 | 2,25 | 0,665 | 20,8 |1,09 || 1,135 |—0,045|—02 | — 16
ба| — | — | — || — | 300 1113 | 184 108 Si
БЪ| — | — — | 260 1,04 | 125 —021 |—081 | — @
6 || 19,0 |0,15 | 0,78 | 0,492 22,4 0,79 || 0,674 + 0,116 | + 0,52 [+ 3]
Goal 245 021 1085| — | 222 081 |067 |+014 | +063 Ган 35)
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. I. 419
Versuche mit dialysiertem Serum, denn nur in diesem zuckerfreien
Serum wird nach Zusatz von milchsaurem Natrium eine Synthese des
Kohlehydrats beobachtet.
Schwindet das Kohlehydrat bei der Atmung, so kann daraus
allein nicht entschieden werden, ob es zu einem Teile zu Milchsäure
gespalten oder oxydiert ist. Dies kann auch nicht in jedem Falle durch
alleinigen Vergleich mit dem ‚scheinbaren respiratorischen Quotienten“
der Atmung (y) geschehen. Ist dieser z.B. 0,95 und in der ent-
sprechenden Anordnung Kohlehydrat zu drei Viertel des Sauerstoff-
verbrauchs verschwunden, so kann drei Viertel der Oxydation durch
Kohlehydrat, ein Viertel durch Eiweiß bedingt sein. Es kann aber
auch gar kein Kohlehydrat oxydiert sein, sondern allein Fett mit dem
respiratorischen Quotienten 0,70. Wenn das hier verschwundene
Kohlehydrat zu Milchsäure gespalten ist, so entspricht dies einer Ver-
größerung von y um ein Drittel des Betrages, der für die Oxydation in
Ansatz zu bringen ist (weil 1 Mol. Zucker durch Spaltung 2 Mol. СО»,
durch Oxydation 6 Mol. CO, frei macht). In unserem Beispiel würde
der Quotient um 0,25 zunehmen, also auch 0,95 betragen. Erst der
Vergleich mit dem Verhalten des Bicarbonats oder der chemischen
Bestimmung des Milchsäuregehalts gestattet eine Entscheidung. Da
bei Hungerratten sowohl im Lebergewebe als in der Muskulatur in
zuckerfreier Lösung in der Regel nur eine sehr geringfügige Bicarbonat-
abnahme (Om) == — 0,5), d. h. Milchsäurezunahme erfolgt, die in
der obigen Rechnung 10 Proz. des Sauerstoffverbrauchs entspricht, so
muß der gemessene Kohlehydratschwund mindestens überwiegend auf
Oxydation bezogen werden. Dagegen kann bei mangelhafteren Gewebs-
schnitten infolge teilweiser Anaerobiose eine stärkere Milchsäure-
bildung erfolgen. Dies dürfte die Ursache für die gelegentlich zu große
Abnahme des Kohlehydratgehalts sein. Speziell in Serum ist in Sauer-
stoff unter normalen Umständen nur eine Bicarbonatzunahme nach-
weisbar. Es verschwindet hier also kein Kohlehydrat durch Spaltung.
Eine Reihe weiterer Versuche wurde mit der grauen Substanz
des Rattenhirns gemacht. Das Rattengehirn enthält, wie schon von
Takahashi (unter Asher) gefunden wurde!), nur sehr wenig Glykogen,
in der Hauptsache niedere Kohlehydrate. Ich fand ersteres bestätigt;
für die niederen Kohlehydrate erhielt ich erheblich höhere Werte, als
von Takahashi angegeben, nämlich etwa 0,4 Proz. (statt 0,03 bis 0,08).
Das dürfte an der verschiedenen Verarbeitung liegen, denn die spontane
Milchsäurebildung setzt im Gehirn schon im Moment des Todes ein
und verringert den Kohlehydratgehalt unmittelbar, wenn nicht be-
sondere Kautelen ergriffen werden. In den ersten Versuchen glaubte
1) Diese Zeitschr. 154, 444, 1924.
420 К. Takane: Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. IL
ich festzustellen, daß bei Atmung in Ringerlösung Zusatz von Natrium.
lactateine Zunahme an Kohlehydrat bewirkt, doch haben spätere Versuch
dies nicht bestätigt, so daß der Verbrauch an milchsaurem Natrium in
der Größe der Atmung lediglich auf Oxydation bezogen werden mu).
Aus diesem Grunde sei auf die Mitteilung der Versuche verzichtet!)
Herrn Dr. Lohmann, Assistenten der Abteilung, danke ich für
seine Unterweisung in der Ausführung der chemischen Bestimmungen.
Zusammenfassung.
L Im Zwerchfell von Hungerratten, die mehrere Stunden lang in
reiner Ringerlösung atmen, deckt der Kohlehydratschwund höchstens
die Hälfte des Sauerstoffverbrauchs in der Ruhe. Dazu kommt noch
ein Milchsäureschwund von etwa 15 Proz. der Atmung. Der Rest der
Oxydation muß auf Eiweiß und Fett bezogen werden. In Gegenwart
von Lactat verschwindet Milchsäure, doch wird. der Kohlehydrat-
schwund hierdurch nur unbedeutend eingeschränkt, was vermutlich
mit der Verletzung des Zwerchfellmuskels zusammenhängt. Bei Atmung
des Zwerchfells in Serum steigt in der Regel der Kohlehydratverbrauch
bei verhältnismäßig kleinem Milchsäureschwund. Vermehrt man den
Milchsäuregehalt des Serums, so wird der Kohlehydratverbrauch
eingeschränkt, und es kann sogar bei Wegdialysierung des Serum-
zuckers zu bilanzmäßig nachweisbarer Synthese von Kohlehydrt
kommen. Der respiratorische Quotient, die Atmungsgröße und der
Kohlehydratverbrauch steigen in Serum bei Zusatz von Insulin. In
diesem Falle kann der Kohlehydratschwund annähernd mit dem
Sauerstoffverbrauch korrespondieren, was durch erhöhte Oxydation
des Zuckers erklärt werden muß.
2. In Leberschnitten von Hungerratten wird Milchsäure unter
Steigerung der Atmung in großem Umfang zu Kohlehydrat synthetisiert.
während ohne Lactat ein Kohlehydratverbrauch stattfindet, der im
allgemeinen etwa der Hälfte des Sauerstoffverbrauchs entspricht.
manchmal allerdings erheblich größer ist. Dies letztere muß au
Milchsäurebildung zurückgeführt werden. In Serum ist das gleiche
Verhalten nachweisbar, doch ist wegen gleichzeitiger Anwesenheit
von Zucker und Milchsäure das Verhalten weniger regelmäßig. Ohne
besonderen Lactatzusatz zum Serum deckt der Zuckerverbrauch hier
etwa 50 bis 100 Proz. der Oxydation. Bei Vermehrung des Lscist-
gehalts findet in der Mehrzahl der Fälle eine Kohlehydratsynthese statt.
1) Auf meine ersten Resultate ist der Hinweis уоп О. Meyerhof op:
zuführen (Naturwissensch. 18, 983, 1925), daß auch im Gehirn реш
und Synthese des Kohlehydrats zeitlich getrennt werden könnte. Die
Angabe ist daher nicht zutreffend.
Über Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe.
III. Mitteilung:
Über den Unterschied von d. und l-Milchsäure für Atmung und
Kohlehydratsynthese im Organismus.
Von
0. Meyerhof und К. Lohmann.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Biologie, Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 19. März 1926.)
Mit 2 Abbildungen im Text.
Zur Kenntnis des Reaktionsmechanismus, durch den die Synthese
der Milchsäure zu Zucker zustande kommt, hat es Interesse, zu wissen,
ob dabei zwischen der bei den höheren Organismen allein vorkommenden
d-Milchsäure!) und ihrem optischen Antipoden Unterschiede bestehen.
Über die Frage, ob 1-Milchsäure vom tierischen Organismus überhaupt
zu Zucker synthetisiert werden kann, existiert, soviel uns bekannt, nur
ein einziger Versuch, und zwar mit positivem Resultat. Dakin und
Dudley?) führten einem phlorrhizindiabetischen Hund Natrium-l-Lactat
mit der Schlundsonde ein und beobachteten daraufhin Erhöhung der
Zuckerausscheidung. Diese stieg in sechsstündigen Perioden bei Einfuhr
von 12р 1-Milchsäure von 14,21 auf 20,68g. Unter Zugrundelegung
der Konstanz für den Wert D/N (Zuckerausscheidung : Stickstoffaus-
scheidung) berechnen die Autoren eine Bildung von etwa 9g Extra-
glucose. Das Resultat, daß die 1-Milchsäure scheinbar ebensogut
synthetisiert wird, wie die d-Milchsäure, spricht nach Ansicht der
Autoren dafür, daß bei der Synthese eine inaktive Zwischenstufe
durchschritten wird, als welche sie Methylglyoxal annehmen. Doch
erschien uns dieser eine Versuch nicht hinreichend zur Klärung der
Frage, ob wirklich 1- und d-Milchsäure in ihrem Verhalten im Organismus
1) Die ältere Bezeichnung der rechtsdrehenden Fleischmilchsäure als
d-Säure wird hier beibehalten.
2) Journ. of biol. Chem. 15, 143, 1913.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 28
422 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
keine Unterschiede zeigen. Auch entscheidet das Schicksal im Gesamt-
organismus natürlich nicht darüber, ob etwa die Fähigkeit zur Um-
wandlung in Zucker auf bestimmte Organe beschränkt ist.
Neben dem Versuch von Dakin und Dudley wird in der Literatur
noch Bezug genommen auf die älteren von Mandel und Lusk!) über de
Umwandlung von Milchsäure in Zucker beim phlorrhizindiabetischen
Hunde, die indes in der uns beschäftigenden Frage keine Schlüsse zulassen.
In zwei Versuchen mit racemischem Lactat fanden die Autoren eine Stei-
gerung der Zuckerbildung, die sie berechnen im ersten Falle von 54,27 2
Basalausscheidung auf 64,46g, bei Zufuhr von 14,37g Milchsäure, im
zweiten Falle mit mehreren Versuchsperioden auf 3,3 und 4,35 g Extrae-
zucker bei Zufuhr von 11 bzw. 10 g Milchsäure. Diese Rechnungen basieren
auf der Annahme idealer Konstanz von D/N = 3,65. Indessen schwanken
in den Anfangsperioden ihrer eigenen Versuche ohne Zusatz die Quotienten
ebenso wie bei Dakın und Dudley zwischen 3,5 und 3,9. Würde man etwa
in Versuch 1 den im gleichen Experiment gefundenen Basalwert von 3,79
zugrunde legen, so erhält man nur 8g Extrazucker, also etwa die Hälfte
der zugeführten Milchsäure.. Ferner machten sie Versuche mit einem
Präparat von d-Milchsäure und fanden bei ähnlichen absoluten Zahlen
nach ihrer Rechnung dreimal eine Ausscheidung von Zucker im Betrage
von 50 bis 60 Proz. der eingeführten Milchsäure; einmal bei Gesamt-
ausscheidung von 27,4g in 9 Stunden und Zufuhr von 3,4g d-Lactat eine
Extraglucosemenge von 3,7g = 110 Proz. Es braucht nicht gesagt zu
werden, daß der von ihnen in bedingter Form gezogene Schluß, daß eine
vollständige Umwandlung der d-Milchsäure in Zucker möglich ist, aus
diesem einzigen Versuch nicht gefolgert werden kann. Bei geringster Ver-
änderung des Basiswertes D/N innerhalb der beobachteten Schwankungen
kann man eine 50 Proz. kleinere Extrazuckersusscheidung berechnen.
Es ist ebenso unmöglich, aus diesen Versuchen zu folgern, wie es geschehen
ist, daß hier die d-Milchsäure wegen vollkommener Umwandlung in
Glucose nicht einer teilweisen Oxydation unterliegen könnte, wie etwas
darüber auszusagen, ob die beiden aktiven Milchsäuren in gleichem oder
verschiedenem Umfang zu Zucker synthetisiert werden.
Daß vom niederen Organismus, insbesondere Hefe, auch 1-Milch-
säure verbraucht werden kann, ergibt sich aus den Versuchen von
Fürth und seinen Schülern, nach denen Gärungsmilchsäure durch
sauerstoffgeschüttelte Hefe nahezu restlos umgesetzt wird. Hierbei
wird ein gewisser Teil derselben als nicht hydrolysierbares Kohle-
hydrat assimiliert2).
Den Ersatz der d-Milchsäure durch ihren optischen Antipoden
haben wir bei allen Vorgängen geprüft, die durch Anwesenheit des
milchsauren Natriums beeinflußt werden. Es sind dies, wie sich aus
den bisherigen Arbeiten ergibt, Atmungsgröße, Kohlehydratbilanz
(Synthese), Bicarbonatänderung (Milchsäureschwund) bei Frosch-
1) Amer. Journ. of Physiol. 16, 129, 1906.
2) Diese Zeitschr. 182, 165, 1922.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. III. 423
muskeln!), Säugetierleber?), Atmungsgröße und Milchsäureschwund bei
der Säugetierhirnsubstanz und -niere?), Atmungsgröße beim Säugetier-
muskel [Zwerchfell!)], Atmungsgröße und C-Assimilation bei der Hefe?°),
schließlich auch Einfluß des Lactats auf die anaerobe Glykolyse des
Gehirns. Es war dabei zu untersuchen, ob eine Differenz bei den ver-
schiedenen Wirkungen der Milchsäure, etwa auf die Atmungsgröße
und die Kohlehydratsynthese besteht oder eine solche bei den ver-
schiedenen Organen. Die klarsten und am besten reproduzierbaren
Resultate ergibt die manometrisch gemessene Bicarbonatvermehrung
durch Schwund der Milchsäure, besonders deshalb, weil die chemisch
nachweisbare Kohlehydratsynthese sowie die Steigerung der Atmung
in stärkerem Maße von den Versuchsbedingungen abhängig sind. Weiter
aber ist die Kohlehydratsynthese am leichtesten bei intakten Frosch-
muskeln festzustellen, die Wirkung auf die Atmung am regelmäßigsten
in der grauen Hirnsubstanz, wo die Oxydation ohne Zucker und Lactat
sehr rasch auf kleine Werte fällt, sowie ferner in der Niere, wo die
Atmung am besten konstant ist. Andererseits ist die Steigerung der
Atmung in der Leber zwar nicht so regelmäßig, aber häufig besonders
groß. Relativ am schlechtesten reproduzierbar ist die Einwirkung des
Lactats auf das Zwerchfell, wohl wegen der unausbleiblichen Ver-
letzung des Muskels; die betreffenden Versuche sind hier nicht wieder-
gegeben.
Als allgemeines Resultat ergibt sich in unseren Versuchen, daß
zwar bei der Hefe zwischen dem Umsatz von L und d-Lactat nur ein
geringer Unterschied besteht, in den tierischen Geweben dagegen
diese Differenz sehr beträchtlich ist. Allerdings wird auch reines l-Lactat
langsam oxydiert und in geringem Maße synthetisiert. Die Geschwindig-
keit dieses Umsatzes ist aber nur ein Bruchteil der von d-Lactat. Ent-
sprechend ist auch die Wirkung auf die Atmungsgröße gering und meist
nicht mehr nachweisbar. Augenscheinlich ist der Unterschied der beiden
Milchsäuren bei Säugetiergeweben noch größer als beim Froschmuskel.
Ausführung der Versuche.
1. Herstellung des Präparalts.
Als l1-Milchsäure verwandten wir solche, die nach der Vorschrift
von Irvine*) mittels Morphin hergestellt war. Für einen Teil der Ver-
suche diente ein älteres, nach dieser Vorschrift von Herrn Professor
Neuberg zu anderen Zwecken angefertigtes und uns freundlichst über-
1) O. Meyerhof, K. Lohmann, R. Meier, diese Zeitschr. 157, 459, 1925.
2) O. Meyerhof, K. Lohmann, ebendaselbst 171, 381, 1926.
3) О. Meyerhof, ebendaselbst 162, 43, 1925.
t) Journ. chem. soc. 89, 935, 1906.
28*
424 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
lassenes Präparat von kristallisiertem Zinklactat [Zn (C,H,0,), + 2H,0,
dessen spezifische Drehung = + 6,04° in 4proz. Lösung sich auch nad
mehrfachem Umkristallisieren aus heißem Wasser nicht änderte. Die
Differenz gegenüber der bei dieser Konzentration zu erwartende
spezifischen Drehung von + 7,50 mußte bei der im übrigen reinen
Substanz auf einen Gehalt an racemischem Lactat von etwa 20 Proz.
bezogen werden. Nach dem Ausfall der damit angestellten Versuche
erschien es erwünscht, die Versuche mit l-Lactat zu wiederholen, das
vollständig frei von seinem Antipoden war. Wir stellten daher selbst
mittels einer größeren Menge Morphin, die uns von den Schering-Werken
überlassen wurde, Zink-l-Lactat her, das innerhalb der Meßfehler фе
aus der Literatur zu erwartende spezifische Drehung ergab!). Das
Präparat wurde in folgender Weise hergestellt:
Die benutzte Milchsäure (Kahlbaum) wird mit der zehnfachen Menge
Wasser 6 Stunden am Rückflußkühler zur Zerstörung des Anbydrids
gekocht, die heiße Lösung mit Morphin neutralisiert und filtriert. Die
sich beim Abkühlen ausscheidenden Kristalle von Morphin-l-Lactat werden
nacheinander mit Wasser, Alkohol und Äther gewaschen. Beim Einengen
der Mutterlauge auf etwa die Hälfte scheidet sich eine zweite Fraktion
ab. Nach zweimaligem Umkristallisieren aus 50proz.. Alkohol wird das
Morphinsalz in Wasser gelöst und mit Ammoniak zersetzt, das NH,-Salz
in das Calciumsalz durch Kochen mit Ca(OH), überführt, dieses mit der
äquivalenten Menge Oxalsäure gefällt, die Lösung mit Tierkohle gekocht
und filtriert. Nach dem Einengen, das nicht zu weit getrieben werden darf,
um größere Verluste an Milchsäure und die Bildung rechtsdrehender An-
hydride zu vermeiden, wird die Lösung in Alkohol-Äther (1 : 1)aufgenommen,
filtriert und nach Verdampfen des Lösungsmittels mit frisch gefälltem.
gut ausgewaschenem Zinkcarbonat, das aus analysenreinen Substanzen
hergestellt ist, eine Stunde auf dem Wasserbade erwärmt. Die Fraktionen
von Zink-l-Lactat werden bei 38° an der Luft getrocknet und auf. Drehung,
Wasser- und Zinkgehalt geprüft.
Für die spezifische Drehung des kristallisierten Zinklactata bestehen
in dem Konzentrationsgebiet von 5 bis 7 Proz. eine Reihe gut überein-
stimmender Messungen, die für die beiden spiegelbildlichen Salze еш
[а] = +6,83 ergeben. Dies dürfte, zumal die Herstellung auf ganz ver-
schiedenen Wegen erfolgte, der zuverlässigste Wert sein.
Es geben an Hoppe-Seyler und Araks?):
für 6,73 gew.-proz. Lösung Zink-d-Lactat (d-Milch- [а]
säure aus frischem Fleischextrakt) . . . — 6,84
„ 5,89 gew.-proz. Lösung Zink-d-Lactat (d-Milch-
säure aus frischem Fleischextrakt) . . . — 6,83
1) Herrn Prof. Neuberg sind wir für das erstgenannte Präparat, Herm
Prof. Schöller in Firma Schering-Werke auf Aktien für die Herstellung
eines anderen ähnlichen Präparats l-Lactat sowie die Überlassung einer
größeren Menge Morphins zu Dank verpflichtet.
з) Zeitschr. f. phys. Chem. 20, 371.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. III. 425
Purdie!):
für Zink-d-Lactat 7,47 proz. (fraktionierte Kristalli- [4Р0
sation von racemischem Zinkammoniumlactat) . — 6,83
„ Zink-l-Lactat 7,48 proz. (Strychninmethode und
fraktionierte Kristallisation). . . . . . . . . . + 6,81
Irvine:
für Zink-l-Lactat: c = 5,6 Proz. (Morphinmethode). + 6,84
„ Zink-d-Lactat: с = 7,1 „ Ке . — 6,83
Die älteren Angaben von Wislicenus?) und Schardinger®), die teils
eine etwas niedrigere, teils höhere Drehung verzeichnen, erscheinen weniger
zuverlässig.
Bei Verdünnung der Lösung steigt die spezifische Drehung ziemlich
rasch und beträgt für 4,18 Proz. nach Hoppe-Seyler und Araki + 7,55%,
nach Phelps und Palmer‘) für 3,5 Proz. wasserfreies Salz = 4,0 Proz.
kristallisiertes Salz + 7,79 (für 6,93 Proz. wasserfreies d-Salz — 6,50°)
nach Jungfleisch und @odchot für 2,5 Proz. wasserfreies d-Lactat — 8,095).
Unser eigenes Zinksalz (+2 H,O) ergab bei einer Konzentration
c = 6,00 Proz. im 2-dm-Rohr eine Drehung im Spektralbezirk der D-Linie
von +0,811°, [a0 = +6,75°%, bei с = 3,00 Proz., Drehung + 0,487,
D
bb = +8,1°.
Die Abweichungen von den Werten der anderen Autoren liegen inner-
halb der Meßgenauigkeit. Eine weitere Probe auf Reinheit bietet die Be-
stimmung des Wassergehalts, da das aktive Salz mit zwei Wasser
(= 12,88 Proz.), das racemische mit drei Wasser (= 18,18) kristallisiert.
Während dementsprechend das andere Präparat einen Wassergehalt des
lufttrockenen Salzes von 13,7 Proz. ergab, fanden wir bei dem von uns
hergestellten Salze
lufttrocken (1 Tag bei 380) . .... 42,86 mg
4 Stunden bei 115° getrocknet. . . . 37,34 ,,
Differenz. . . . 3,52 mg = 12,88 Proz.
Bestimmung des Zinkgehalts als ZnO:
kristallisierte Substanz. . . . . . . . 26,06 mg
nach dem Glühen . . . . . . 2... 7,57 ,, = 29,08 Proz.
(berechnet 29,04 Proz.).
Zum Umsatz in Natriumlactat wird das Zinksalz mit einem geringen
Überschuß von Natriumcarbonat einige Zeit auf dem Wasserbade digeriert,
filtriert, mit п НС] etwas überneutralisiert, zur Vertreibung des CO,
einige Zeit erwärmt und, nachdem es genau mit Lackmus auf den Neutral-
punkt eingestellt ist, in einem Meßkolben auf eine Konzentration von
etwa n/5 bzw. п/10 verdünnt. Der Gehalt der Lösung an Milchsäure wird
nach Fürth und Charnas in der üblichen Weise bestimmt.
Bei den folgenden Versuchen wird das von Herrn Professor Neuberg
bezogene Salz mit I, unser eigenes mit II bezeichnet; alle entscheidenden
Versuche werden mit dem letzteren wiederholt.
1) Journ. chem. вос. 68, 1143.
2) Liebigs Ann. 167, 332.
3) Winters Monatshefte 11, 551.
4) Journ. Amer. chem. Soc. 89, 136. 1917.
5) С. т. 140, 719.
426 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Zum Vergleich wird die Wirkung der d-Milchsäure trotz des darüber
bereits vorliegenden, in den angeführten Arbeiten enthaltenen Versuch:
materials in jedem einzelnen Falle unter gleichen Umständen geprüft.
Für einen Teil der Versuche diente uns reines d-Lactat, das von Herr.
Professor О. Warburg!) aus Carcinomgewebe dargestellt war und von
dem uns eine Probe überlassen wurde. Da jedoch das d-Lactat mit
dem racemischen Salze in seinem biologischen Verhalten übereir-
stimmte, benutzten wir wegen Mangels an Substanz später neutralisierte
Kahlbaumsche Gärungsmilchsäure. Das Carcinompräparat (reine
d-Lactat) wird im folgenden mit С, die Gärungsmilchsäure (d-l-Lactat)
mit G bezeichnet; іп den Tabellenköpfen wird sie auch als d-Milchsäure
angeführt, da der l-Anteil die Wirkung nicht beeinflußt.
2. Versuche mit Hefe.
Wie früher gezeigt, steigert Gärungsmilchsäure die Atmung von
in Salzlösung aufgeschwemmter Preßhefe etwa um das Achtfache.
Bei Vergleich von d-Lactat (aus Carcinom) und l-Lactat I ergab sich
ein zwar deutlicher, aber geringfügiger Unterschied, indem die Atımungs-
größe bei gleicher Konzentration mit dem ersteren etwa 15 Proz. größer
ist. Die Assimilation des Lactats wurde auf zwei Wegen gemessen.
einmal durch das Sauerstoffdefizit, das bei vollständigem Umsatz
gegenüber dem berechneten Sauerstoffverbrauch sich ergab, sowie aus
der Zunahme der Trockensubstanz der Hefe. Beide für kurze Zeit-
räume verhältnismäßig ungenauen Methoden ergaben keine wesent-
lichen Differenzen zwischen beiden Salzen. Der Verlauf der Atmung»
größe bei solchem vollständigen Umsatz ist auf Kurve I dargestellt
und in der Tabelle I eine Übersicht. über die gemessenen Atmungs
größen gegeben.
Tabelle I.
ONE der Hefeatmung durch d- und 1-Milchsäure.
| ("al Beute `o |. |5 Š Е
{ РЕ S F [ Präparat CR ЕЁ | © | Ze | FR $$$
' og x 5 | 9 DS бр У i с 6 Fr
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1 20 2% 0,025 ri c | 21'206 | 98
2 20 |130 00075 I C || 30,5, 186 | 605 19
з 20 | 25 0005 I С | 34 |214 |68 15
4:28 |2 1001 ı | С ‚139 980 | 7,0 13
| | | G 978
5 28 ` П
40 0,005 П OG: 40,5| 316 |7,8
1) Diese Zeitschr. 160, 307, 1925.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. III. 427
Die Assimilation eines Teiles der Milchsäure ergibt sich aus den
folgenden Bestimmungen:
Versuch 1 (в. auch Abb. 1). Zu је 1,5 ccm Hefesuspension in Atmungs-
gläschen werden nach Schluß der Hähne 0,5ccm Lactat (etwa n/100
= 0,45 mg) eingekippt. Versuchstemperstur 20°. Bei totaler Oxydation
des Lactats erwartet für den genauen Milchsäuregehalt des d-Salzes (Prä-
Abb. 1.
Sauerstoffverbrauch von Hefe in Phosphatlösung ohne Zusatz, mit
dsLactat und l-Lactst (n/400).
Bei dem Zeitpunkt 0 wird das Lactat in die Hefesuspension eingekippt.
Nach etwa 31/, Stunden ist die Atmungsgröße auf die der Kontrolle
gesunken, d.h. in beiden Fällen das Lactat vollständig verbraucht.
parat С) 371 cmm O, des 1-Salzes (Präparat І) 328cmm O,; dazu der
Sauerstoffverbrauch der milchsäurefreien Kontrolle. Nach etwa 4 Stunden
sinkt der Sauerstoffverbrauch in beiden Lactatversuchen auf die Geschwin-
digkeit der Kontrolle. In 7 Stunden gemessen:
a) ohne Lactat 74cmm О,;
b) mit Lactat 336 cmm О,; Überschuß 262 cmm О, statt 371 cmm ОЬ; '
synthetisiert Lactat entsprechend 109 cmm О, oder 0,15 mg Zucker;
с) mit l-Lactat 321 cmm O,: Überschuß 247 cmm О, statt 328 cmm O,;
synthetisiert Lactat entsprechend 81 cmm О, oder 0,12 mg Zucker.
Versuch 2. Trockengewicht: von је 2ccm Hefesuspension (28°):
a) vor der Atmung . . . s. 222.222 o. 6,77 mg
b) nach zweistündiger Atmung ohne Zusatz bei
28° (139 cmm О) .......... 6,69 ,, — 0,08 mg
с) mit n/100 d-Lactat (980 cmm О,) . . . . 7,81 ,, +1,04 „
d) mit n/100 l-Lactat (850 cmm О,) . . . . 1,85 ,„ + 0,58 „
Versuch 3. Trockengewicht: | ,
a) vor der Atmung . . . . 2. 2 2 e —. 4,08 mg
b) nach vierstündiger Atmung bei 28° mit
n/100 d-Lactat (920 cmm О,) . . . . . 4,74 „ + 0,71 тюр
с) mit n/100 l-Lactat (865 cmm О,) . . . . 4,95 ,, + 0,92 „
а) mit 0,015essigsaurem Natrium (1020cmmO,) 4,85 — + 0,82 ,, .
428 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Versuch 3 zeigt auch die C-Assimilation aus essigsaurem Natrium.
die bisher noch nicht direkt nachgewiesen wurde. Auf die Unter,
schiede in der Trockengewichtszunahme in den einzelnen Lactat-
versuchen darf kein großes Gewicht gelegt werden; die Versuche sind
nicht sehr genau wegen der Schwierigkeit, die geringen Hefemengen
von der salzhaltigen Suspensionslösung vor dem Trocknen voll-
ständig zu befreien, ohne mit destilliertem Wasser Stoffe aus der
Hefe auszulaugen und an der Gefäßwand haftende Hefezellen zu
verlieren.
3. Versuche mit Froschmuskeln.
Bei Suspension isolierter Froschmuskeln in milchsäurehaltiger
Ringerlösung steigt die Atmungsgröße beträchtlich, wobei die in der
Lösung befindliche Milchsäure vom Muskel zu Glykogen synthetisiert
wird!). Bei Sartorien beträgt diese Steigerung 70 bis 180 Proz. Die
Synthese des Kohlehydrats steht mit der Atmungssteigerung in der
durch den Oxydationsquotienten gegebenen quantitativen Beziehung:
Es wird etwa viermal so viel Milchsäure zu Kohlehydrat synthetisiert,
als durch den Mehrverbrauch an Sauerstoff hätte verbrannt werden
können. Die Genauigkeit der Methode wird etwas dadurch beein-
trächtigt, daß symmetrische Muskeln oft nicht genau gleich stark atmen
und daß in der Anfangszeit der Versuche, etwa 2 Stunden, die Atmung»-
größe gegenüber dem späteren Ruhewert oft beträchtlich erhöht
ist. Zur Berechnung kommen nur solche Versuche in Betracht, bei
denen in der Hauptperiode die Kontrollmuskeln bei 200 eine normale
Atmungsgröße zwischen 24 und 40cmm О, pro Gramm und Stunde
besitzen.
Unsere jetzigen Versuche wurden ausschließlich mit Sartorien
von Temporarien angestellt. Wegen der kleinen Kohlehydratmenge
bedienten wir uns der Hagedorn-Jensen-Zuckerbestimmung. Da nach
früheren Erfahrungen der Gehalt an niederen Kohlehydraten sich
wenig ändert, wurde allein das Glykogen bestimmt. Die Versuche
wurden nur 5 bis 6 Stunden fortgesetzt. Die Kohlehydratsynthese ist
dann im Vergleich zu den Kontrollmuskeln nicht sehr groß, kann aber
doch deutlich gemessen werden. Als weitere Methode kommt auch
hier die Bestimmung des Milchsäureschwunds durch Bicarbonatzunahme
in Betracht. Für die Atmungsmessungen wurden in jeder Serie vier
Bestimmungen angesetzt, wobei die symmetrischen Muskeln des einen
Frosches für den Vergleich mit und ohne d-Lactat, die des anderen
1) O. Meyerhof, K. Lohmann, R. Meier, diese Zeitschr. 157, 459,
speziell S. 466, 1925.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. III. 429
für den Vergleich mit und ohne l-Lactat dienten. In einigen Fällen
wurde direkt d- und l-Lactat an symmetrischen Muskeln verglichen.
Gelegentlich wurden hier die Musculi semitendinosi zur Kontrollatmung
benutzt. Das Ergebnis der Versuche ist, daß auch l-Lactat in meß-
barem Umfang verbraucht und zu Kohlehydrat synthetisiert wird,
jedoch mit einer Geschwindigkeit, die nur höchstens ein Viertel der-
jenigen von d-Lactat beträgt. Die Atmungssteigerung ist unter diesen
Umständen so klein, daß sie oft schon in die Fehlerbreite fällt; sie
entspricht aber im allgemeinen dem Milchsäureschwund und der Kohle-
hydratsynthese, so daß also der Oxydationsquotient von normaler
Größenordnung ist. Entscheidend sind auch hier nur die Versuche mit
l-Lactat II, immerhin nimmt die Wirkung des Lactats so stark mit
sinkender Konzentration ab, daß das unreine Präparat I ein sehr ähn-
liches Resultat gab. Die Froschmuskeln wurden für die Atmungs-
messung in Ringer-Phosphat (р, 7,4) im Verhältnis 20:1 suspendiert.
Bei der Berechnung der Atmungsgröße pro Gramm Feuchtgewicht und
Stunde wurde die Anfangszeit wegen der Atmungssteigerung vernach-
lässigt. |
Die Bicarbonatzunahme während der Atmung wurde, wie in
den Versuchen der voranstehenden Arbeiten, in Sauerstoff mit
5proz. CO, gemessen unter Zusatz von etwas Bicarbonat zur
Ringerlösung. Der Bicarbonatanfangsgehalt wurde an den sym-
metrischen Muskeln ermittelt.
Tabelle II,
Atmungssteigerung mit d- und 1-Milchsäure.
| —— | Lactatzusatz
9 Зерт
{ olare d
tration
Steigerung
mit d⸗Lactat
30. XI.
1а! 30. XI.
2 | 3. Ш. —
2a, 3. Ш. 20
3 | 8. III. | РЕ
За! 8. Ш. 15
4 | 10.111. T
5 || 10.111. =
430 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Tabelle III.
Bicarbonatzunahme (= Milchsäureschwund) bei der Muskelatmung mit
d- und 1-Milchsäure.
| | Kees || Bicarbonat,
Sartorien | Lactatzusatz РА | Bicarbonat» |
Së ЕЁ | zunahme | pro g und Std")
Nr. Datum | | E e | Präparate i H 11 ші mit mit mit
Zahl Gewicht = NE ЕР! Б | deLac» | Mac: | дас» | 11а
Le o E d 1 | || tat tat tat tat
g |= * Stdn. | cmm | cmm | cmm | cmm
1 |10.ХП.| 2 | 0,32 0,013. G 4 |128 | — > 100 | —
la | 2 |029 0,013 I | 4 — 1 | =
2 5. J. 1 | 0,185 10,02 G |6 || 695| — | 68| —
да 1 | 0,185 0,02 Т 1 6 — | 298| — | 9
3 |11. п. 2 | 0,345 0,01 G | 5 1200 — | 116 | —
За! 2 10,365 |0,01 т |15 | — {716° чш
4 |27. П) 1 [0,19 |001 | G | a i 0607| — | 81 =
4a | 2 [0,344 10,09 | п | 44, | 44,51 — | — | 99
*) Entsprechend * bisherigen Brauch sind alle Berechnungen bei Froschmuskeln auf das
Feuchtgewicht (g) bezogen, dagegen bei Rattengeweben auf сеа Trockengewicht (mg). Bei Division
der Zahlen der letzten Spalte durch 200 erhält man den оу Меп der anderen Tabellen.
Bei der Ausführung der Glykogenbestimmungen in Sartorien
folgten wir den in der voranstehenden Arbeit I gemachten Angaben.
Die Ringerlösung, die als glykogenfrei angesehen werden darf, wurde
nicht mit verarbeitet. Zu jedem Versuch diente nur ein einziger Sartorius.
Tabelle IV.
Kohlehydratsynthese mit d- und 1-Milchsäure bei der Atmung
von Froschmuskeln.
A. Versuchsdaten.,
| Lactatzusatz |
|
- Ver
Sartorien»
Nr. || Datum "gewicht Molare | suche
Коптеп, | Präparat |
= SH g tration Stdn.
WE | 0,185 | — es —
la 5. L| 0,185 | 002 а(б), в
2 ALR ioa el 6
2a| 5. 1.| 0,185 | 0,02 |1 @)| 6
g SH РУКЕ S
3a 3. III. | 0,191 | 0,02 |а (6)! 5
3. IIT. | 0,21 mN 8
tel з.тї.| 0,21 | 002 |1(П)| 5
5 10.11. | 015 | 002 Ja | 5
5a | 10. IIT. | 0,15 || 002 |1 (| 5
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. III. 431
B. Berechnung der Versuche.
leLactat
Сіуко, | Слуко | Synthese 3
a P
*
gen ens :
zunahme | zunahme | einschl. |
Proz.
О.
ме. Mehr.
om | — |—
016 | 0,375 | 62
0,115 | 0,224 | 41
4. Versuche ти Säugetierleber.
Noch ausgesprochener sind die Differenzen zwischen 1- und d-Lactat
bei Säugetiergeweben. Zwar lassen sich auch hier Anhaltspunkte dafür
gewinnen, daß l-Milchsäure in geringem Maße verbraucht wird. Der
Umsatz ist aber so klein, daß speziell bei der Leber mit reinem l-Lactat
eine die Fehlergrenzen überschreitende Steigerung der Atmung sowie
ein durch Bicarbonatzunahme zu messender Milchsäureschwund und
schließlich eine Kohlehydratsynthese nicht mehr mit Sicherheit fest-
gestellt werden können. Immerhin ist eine Wirkung insofern zu beob-
achten, daß der Kohlehydratverlust in Gegenwart von 1-Milchsäure
kleiner ist als ohne Zusatz, so daß also wohl eine geringe Synthese in
vivo möglich ist. Bei Benutzung des unreinen Präparats I war natürlich
der Unterschied nicht so groß, aber auch hier war eine die Fehler-
grenzen überschreitende Erhöhung der Atmung nicht zu beobachten.
Tabelle V.
Atmungsgröße des Lebergewebes von Hungerratten.
Lactatzusatz | е Í Qoz
Ee er :
№. 1 Datum Molare | Präparat | suchs» | on mit . А К
‚Копен — | zeit | Zusatz О1рго | laser гасы
ılaxm of | с | r b% | 108 | 108 |179 |100
2| 3З.ХП. 0,015] С І | 2 | — | 134 |184 [128
3 | 4. XII; 0002| C І 130! — 9,6 | 229*)! 9,35*)
4 |14. XII” 0,02 с I |1 | 112 | 11,1 |170 1129
5 | 2. ПІ. 005 сп 80. — [168 7,3
в || 5. 1110015 G | II |2 92, — [17,35 |10,2
9 Mit Glucosezusatz.
Während noch in dem Präparat I, das 10 Proz. d-Lactat enthielt,
öfters ein Milchsäureverbrauch bestimmt werden konnte, war dies mit
Präparat II nicht mehr der Fall. Vielmehr nahm hier stets der
Bicarbonatgehalt der Lösung geringfügig ab. Es war also keine Milch-
säure verschwunden, sondern noch etwas hinzu gebildet worden, wie
in lactatfreier Ringerlösung (Tab. VI).
432 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
Tabelle VI.
Bicarbonatänderung (Milchsäureumsatz) mit d- und l-Lactat bei Leben
von Hungerratten.
Nr. || Datum
Ia хи. |
3. ХИ,
III
‚ш.
2.
2
4. III.
5
5
- IE
a|d. III.
1
1а
2
2a
3
4
4
Das gleiche zeigt die chemische Kohlehydratbestimmung (Tab. ҮП).
Im Gegensatz zu dem racemischen Lactat bleibt mit reinem l-Lactat (Il)
eine Kohlehydratsynthese aus, oder es erfolgt eine geringe Abnahme;
allerdings ist diese weniger groß wie mit lactatfreier Lösung. Die An-
stellung und Berechnung der Versuche geschah wie in der voranstehenden
Arbeit von Takane.
Tabelle VTI.
Kohlehydratbilanz des Lebergewebes mit d- und l-Lactat.
A. Kohlehydratbestimmung und Atmung.
Lac || H
| К tatzusatz ——— "SC | EE | Koblehydrat
Nr. Datum | suchs» Molare | | Prä gewicht Оз | D 23 |
| zeit Konzen- teg EE ш
| tration | | mg |cmm |“ | |
| |
1 |14.XII | 60,7 | | vorher оз з | 0,72)
la | | 52,9 | „ 1041 |107
lb 2h45’ || 0,02 ас || 408 342 | 15,2 ‚nachher 0, 40 | 0,8
1с 0,02 |11 | 60,4 |391 Aix $ oas | 08
2 18. XII. | 34,6 | | vorher 10,90 | 2,59
2a | || 648 | | » [1398 || 3,08]
2b| | 669 8,2 nachher |0,73 | 260
2c 10.02 |AG | 31,8 |212 |. 1464 > 113 381
2dı | 0,02 | 11 | 494 |238 | 104 | „ [145 12%
3 || ı. IIL | | 45,5 | | vorher ‚0,217 || 0,48
3a | | 342 | | „ ‚0.167 0,49
3b | 3 | | — || 250 |156 | 104 nachher 0,098 | 0,39
3с 015 dG| 34,5 258 | 12,5 Е 0,211 10,81
3d| 0,15 |111 443 |216 8,8 | „ (0, 224 | Ka
4 |4 mt | | 364 | | vorher 10,264 | 0,73 |
dn | | 43,7 | | |» 0,336 | 0,77 |
4b 3 | | — || 27,4 |163 10,0 nachher 0, 178 | 0,65
4с 0,15 ас || 42,0 |325 | 130 | , ‚1,57
4d 0,15 11! 324 |203,5| 110 | 0,217! 0,675
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. III. 433
B. Berechnung der Versuche.
— — — — — — no — —— —
Ohne Zusatæ
‚| Sn Neo San sen
© Kohle» "ОЯ | Kohle 2703 =ö
Nr. hydrats ET З | bydrat- ETE 5223
‚änderung | ё 95-0 5 | änderung SE Б 2 BSE
KEE KE KE
| 2822 KC SSES
1 +0,084! + 0,28 —14
2 ||- 0,064 +0,247| + 0,79 +12
3 +0,041| + 0,18 + 3
+0,344| + 0,82 — 9
б. Versuche тй Nierengewebe.
Bei den übrigen Säugetiergeweben beschränkten wir uns auf die
Messung der Atmungsgröße und der Bicarbonatänderung. Am Nieren-
gewebe ergibt sich mit dem reinen l-Lactatpräparat eine geringe, aber
deutliche Steigerung der Atmung und jedenfalls auch in einem Versuch
eine kleine Bicarbonatzunahme, wenn auch erheblich schwächer als
mit Gärungsmilchsäure.
Tabelle VIII.
Atmungsgröße des Nierengewebes mit d- und l-Lactat.
obne | mit mit mit
А DES Шш. Zusatz | Glucose | dsLactat | l-Lactat
1 |6.xXIL| 0014 | G I so | — | 183 | 294 | 226
2 |1. ITI. || 0,015 G II 90 19,25 — 286 ` 24,8
3 ||2. IIT. || 0,015 G II 60 20,4 19,5 | 36,5 | 214
Tabelle IX.
Bicarbonatänderung (Milchsäureschwund) im Nierengewebe mit d- und
l-Lactat.
Lactatzusatz | Schnitt, | Bicarbo»
Мег, icht nat»
Nr, Molare Präparate suchs- | feucht änderung
Коптеп, zeit
tration
80° | 218 |+ 41,71 7,2
80 | 253 |— 41
2h | 14,8
2 15,7
6. Versuche mit der grauen Hirnsubstanz.
Das Verhalten der Atmung der grauen Hirnsubstanz ist für die
hier behandelte Frage besonders beweisend, weil die Atmung der Rinden-
434 O. Meyerhof u. K. Lohmann:
substanz ohne jeden Zusatz im Laufe von 2 Stunden stark abfällt,
während sie mit Glucose oder milchsaurem Natrium für etwa 2 Stunde
fast konstant ist. Eine Reihe von Atmungskurven der grauen Him-
substanz ist in der Arbeit von R. О. Loebel!) angegeben. Zum Vergleich
ist auf АЪЬ. 2 der Atmungsverlauf in Gegenwart von d,l-Lactat
(Gärungsmilchsäure) und reinem l-Lactat (Präparat II) dargestellt,
sowie ohne Zusatz und mit Glucose. Man sieht, daß die Atmung mit
Abb. 2,
Atmungsgröße der grauen Hirnsubstanz (cımm pro mg Trockengewicht)
in Ringerlösung mit Zusätzen.
l-Lactat ebenso abfällt wie in reiner Ringerlösung, während sie mit
Gärungsmilchsäure mindestens ebenso groß, in den hier wiedergegebenen
Versuchen zufällig noch größer ist als mit Glucose. Dieses Resultat
wurde mehrfach erhalten, bei dem unreinen Präparat I jedoch nur bei
niedrigeren Konzentrationen. Ebenso ist auch ein Milchsäureschwund
in der grauen Hirnsubstanz, meßbar an der Zunahme des Bicarbonats,
mit dem reinen l-Lactat nicht mehr nachweisbar. Für die Versuche an
Hirnsubstanz wurden ernährte Ratten verwandt.
Tabelle X.
Atmungsgröße der grauen Hirnsubstanz.
| Lactatzusatz Е SS | Qo:
Nr. { Datum Präparat | suchs» | | Бн | mit- эй
| e | | тей | Zusatz | Glucose — Маси
1 Па, nl og Io | — ГҮ |
1а 12. IT в-аз |
з 511 | С п! 2130 | 63.
1) Diese Zeitschr. 161, 219, 1925.
Atmung und Kohlehydratumsatz tierischer Gewebe. III. 435
Tabelle ХІ.
Bicarbonatänderung (Milchsäureschwund) in der grauen Hirnsubstanz mit
d- und l-Lactat.
Lactatzusatz | Ver
suchs»
zeit
Schnitt»
1 |2.XII.) 0,01 90 | 4,98 |+28 | +38
2 |6. IIL| 0012| G д0 | 260 |+ 81| +21
2а |6. III. | 0,012 90 | 279 2 — 0,75
Abweichend von dem bisherigen verhält sich allein die Beeinflussung
der anaeroben Glykolyse durch Lactat: Diese sinkt nämlich auch bei
Zusatz von reiner l-Milchsäure ebenso wie mit d-Milchsäure auf die
Hälfte gegenüber Traubenzucker-Ringerlösung. Bei dieser Beein-
flussung der Glykolyse handelt es sich also offenbar nicht um einen
Prozeß, der mit der physiologischen Rolle der Milchsäure zusammen-
hängt.
Beispiel (8. März 1926).
Anaerobe Glykolyse pro 1 Stunde.
оф) ohne Zusate. e e e а... +1,9
Qa) mit 0,2 Proz. Сїїсөе............. +9,2
Q Ñ» mit 0,2 Proz. Glucose + 0,02 n d,l-Lactat . . . . +4,4
OË) mit 0,2 Proz. Glucose + 0,02 п l-Lactat. . . . . + 3,6
Zusammengefaßt ergibt sich, daß insbesondere beim Warmblüter
zwar in einzelnen Geweben ein geringfügiger Umsatz der 1-Milchsäure
beobachtet werden kann, der Unterschied der Geschwindigkeit ist
aber gegenüber der d-Milchsäure außerordentlich beträchtlich, so daß
auch hier wie in anderen Fällen die starke Bevorzugung der im Stoff-
wechsel vorkommenden aktiven Form gegenüber ihrem optischen
Antipoden gewahrt ist. Bei der Hefe dagegen ist der Unterschied
äußerst geringfügig und vielleicht auch beim Froschmuskel nicht ganz
so groß wie beim Warmblüter.
Die Beeinflussung der Harnausscheidung
des normalen Organismus durch Insulin.
Von
J. А. Collazo und Minko Dobrefl.
(Aus der experimentell-biologischen Abteilung des Pathologischen Instituts
der Universität Berlin.)
(Eingegangen am 7. März 1926.)
In einer früheren vorläufigen Mitteilung (1) berichteten wir über
Beobachtungen auf die Harnausscheidung nach intravenöser Insulin-
injektion, die wir im akuten Versuch am Hunde angestellt hatten.
Diese ersten Orientierungsversuche gaben nicht ganz eindeutige Re-
sultate. Um ungünstige Nebenwirkungen auf den normalen Mechanismus
der Urinausscheidung, die in solchen Fällen durch die Narkose hervor-
gerufen werden können, auszuschalten, haben wir weitere Versuche
angestellt, bei denen die Wirkung des Insulins auf die Harnausscheidung
durch die Nieren unter möglichst physiologischen Verhältnissen studiert
wurde. Wir stellten Insulinversuche an Hunden mit permanenter
Harnblasenfistel an. Bei dieser zweiten Versuchsserie bekamen wir
bei genügender Insulindosierung eine deutliche, wenn auch rasch vorüber-
gehende Steigerung der Diurese.
Der diabetische Organismus verliert mit der Zeit — wie wir wissen —
allmählich sein Wasserbindungsvermögen. Es gelingt aber, wie dies die
klinischen Beobachtungen wiederholt gezeigt haben, durch eine entsprechende
Insulinbehandlung, diesen veränderten Wasserhaushalt zu regulieren, und
so kommt es durch Wasserretention zu einer starken Körpergewichts-
zunahme. Gigon und Staub (2) sowie auch Pollak (3) fanden, daß die zur
Ausscheidung gelangende Wassermenge bei mit Insulin behandelten
Diabetikern stark absinkt. Diese wasserretinierende Insulinwirkung zeigt
sich sogar oft (l. e, Pollak) bei Dosen, die sich als nicht genügend, um die
Glykosurie zu beeinflussen, erwiesen hatten. Nach Gigon (1. c.) sieht man
aber oft nach dem Aufhören mit der Insulintherapie eine Polyurie auf-
treten. Vollmer und Serebrijnski (4) berichten über Versuche über den
Einfluß des Insulins auf den Woassersalzhaushalt des nicht diabetischen
Organismus. Sie fanden bei normalen nüchternen Kaninchen nach sub-
kutaner bzw. intramuskulärer Insulinapplikation eine Hyperchlorämie
und Hydrämie. Sie fanden weiter die Wirkung des Insulins im Volhard-
J. A. Collazo u. М. Dobreff : Beeinflussung der Harnausscheidung usw. 437
schen Wasserversuch als stark antidiuretisch. In der später erschienenen
Arbeit von Klisstuins (5) wird die Wirkung des Insulins auf die Diurese
vollkommen geleugnet. Collazo und Händel (6) untersuchten die Insulin-
wirkung auf die Diurese bei einem gesunden Hund. Das spezifische Gewicht
des Harns bei ihren Versuchen sank — wenn auch nicht beträchtlich —
an den Tagen, an welchen Insulin gespritzt wurde, während die Urin-
ausscheidung ganz wenig oder gar nicht anstieg. Es wurde zuletzt von
Drabkin, Pagen Edwards (7) bei narkotisierten normalen Hunden eine
deutliche Zunahme der Diurese nach Insulinapplikation beobachtet.
Wie wir sehen, ist die Frage nach der Beeinflussung der Nieren-
tätigkeit durch Insulin immer noch nicht endgültig gelöst. Die vor-
liegenden experimentellen Untersuchungen stellen einen Beitrag
hierzu dar.
Methodisches.
Die akuten Versuche stellten wir an Hunden an, an denen unter
Narkose nach Laparotomie und Einlegen einer Glaskapillare in den Ductus
pancreaticus — es sollte auch gleichzeitig damals der Einfluß des Insulins
auf die äußere Sekretion des Pankreas untersucht werden — durch einen
zweiten Bauchschnitt die Harnblase frei präpariert wurde; an ihrem unteren
Pol wurde durch Schnitt und Beutelnaht eine Glasröhre befestigt. So
konnte der durch die beiden Ureteren einströmende Urin, statt sich in der
Blase zu sammeln, direkt durch das Glasrohr in einem Gefäß gesammelt
werden.
Das bei diesen akuten Versuchen gebrauchte Insulin (Casimir Funk)
wurde in die frei präparierte Vena femoralis dextra injiziert.
Die zweite Serie von Versuchen wurde an Hunden mit permanenter
Harnblasenfistel nach Borodenko [über Technik siehe auch bei .Dobreff (8)]
ausgeführt. Die Versuchstiere bekamen immer ein und dasselbe Futter.
Damit jede digestive Nachwirkung ganz ausgeschaltet werde, wurden die
Versuchshunde immer 15 bis 18 Stunden vor den Versuchen nüchtern
gehalten. Wie das Futter, so war auch die den Hunden täglich gegebene
Wassermenge stets dieselbe. Es wurde dafür gesorgt, daß die Hunde
während der Versuche sich im Gestell ruhig verhielten; auf diese Weise
wurde eine depressive Beeinflussung der psychischen Aufregung der Nieren-
tätigkeit — wie das Untersuchungen Dobreffs (9) gezeigt haben — vermieden.
Bei dieser letzten Serie von Versuchen wurde den Harnblasenfistelhunden
nur einmal am Tage Insulin injiziert und die Harnabsonderung nach der
Injektion mit der vor der Injektion verglichen. Das bei diesen Versuchen
gebrauchte Insulin (,Tetewop‘‘) wurde intravenös am Bein appliziert.
Es wurde bei allen unseren Versuchen, ausgenommen zwei Versuche, bei
denen auch die Zuckerprobe (Nylander) gemacht wurde, nur auf das Quantum
des ausgeschiedenen Urins geachtet.
Experimenteller Teil.
A. Akute Versuche. Die Versuche wurden an zwei Hunden angestellt.
Gleichzeitig mit den Beobachtungen auf die Harnausscheidung bei diesen
Hunden wurden auch solche auf die äußere Sekretion des Pankreas an-
gestellt [Collazo und Dobreff (LOL Bei dem ersten dieser Hunde wurde
zweimal Insulin appliziert. Nach der ersten Insulininjektion wurde nur
die Pankreassekretion verfolgt. Die erst kurz vor der zweiten Insulin-
Biochemische Zeitschrift Band 171. 29
438 J. A. Collazo u. M. Dobreff:
Injektion (= 9 Kanincheneinheiten) unter Beobachtung gestellte Harn-
ausscheidung blieb nach der Injektion etwa 1 Stunde unverändert. Erst
dann stellte sich eine geringe Steigerung der Diurese ein.
Bei dem zweiten Hunde wurden in einem Zeitintervall von өз
6 Stunden drei Versuche nacheinander angestellt. In den letzten Stunden
des Versuchs wurde dem Hunde kein Äther mehr gegeben, weil er sich auch
ohnedies in tiefer Narkose befand. Es stellte sich nach der ersten und zweiten
Insulininjektion (je 6 Kanincheneinheiten) gar keine Steigerung der Diurese
ein (vielleicht ungenügende Insulindosis).. Erst etwa 1 Stunde nach der
dritten Injektion (10 Kanincheneinheiten) kam es zu einer sehr leichten
Erhöhung der Diurese.
Tabelle І. 24. September 1924. Hund 1, 2, etwa 10kg. Akuter Versuch.
Wirkung der intravenösen Insulininjektion auf die normale Urinausscheidung.
| Ausgeschiedene Urin» || Ausgeschiedene Ог
N
Zeit | menge in ccm Zeit menge in ccm
| (їп je 15 Min. | in je 30Min. | ||in je 15 Min. | in je 30 Ма.
12h56’ — 9 Kan.-Einheiten Insulin 230’ — 2b45' | 0,6 ři
(in 1 состо) intravenös (У. femoralis 245—300 | 05 | :
dextra). 3 00—3 15 | 08 | 13
Zwischen 12Һ55' und 2500 wurdedie | 315—330 | 05 II"
Harnausscheidung nicht beobachtet. 3 45—4 00 2\8 | 5,2
3186—23 | 07 |13 415—430 | ов |} 22
: | 4 30 — 4 45 1,3 18
2b30' — 9 Kan.- Einheiten Insulin 4 45 —5 00 0,5 | '
(їп 1 сот) intravenös (У. femoralis | 5 00—05 15 | 17 ie
dextra). 515—530 | 1,0 | 2
Tabelle II. 1. Oktober 1924. Hund 2, ®, etwa 11 kg. Akuter Versuch. Wir-
kung der intravenösen Insulininjektion auf die normale Urinausscheidung.
. Ausgeschiedene Urin, Ausgeschiedene Urin-
Zeit | menge in ccm Zeit menge in ccm
„ja је 5 Min. in je 15 Min. in je 5 Min. | in je 15 Min.
1015'— 1h20 |. 10 230° — 6 Kan.-Einheiten Insulin
120 —1 25 | 1,0 2,9 (in 1 ccm dest. Wassers) intravenös
125—130 | 09 (V. femoralis dextra).
1Һ30' — 6 Kan.-Einheiten Insulin 2h30'— 2h35' | 01
(in 1 ccm dest. Wassers) intravenös 2 35—2 40 04 l oz
(У. femoralis dextra). о 40—2 45 | 09,
1h30’— 1085 | 04 | 2 45— 2 50 08 `
1 35—140 | 05 і 11 2 560—2 55 02 | 11
1 40—1 45 02 ` 2 55—3 00 0,1 |
145—150 03 | 3 00—3 05 02 |
150—1 55 02 | 1,1 3 05—3 10 0,3 | 0,5
1 55—200 ı 06 310—3 15 0,0
2 00—205 0,5 3 15—3 20 0,6
2 06—2 10 0,7 | 1,8 3 20—3 25 00 | 0,6
210—2 15. 06 | 3 25—3 30 00 |
2 15—220 | 03 3 30—3 35 | 03
2 20 —2 25 0,3 | 0,9 335—340 | 02 | 0,6
2 25—2 30. 03 3 40—3 45 | 01 |
Beeinflussung der Harnausscheidung durch Insulin. 439
Tabelle II (Fortsetzung).
T І | |
| Ausgeschiedene Urin» Ausgeschiedene Urin»
j Zeit menge in ccm
нума [inje 15M [=p 5Min [im 15M.
5h05'— 5h10’ 0,4
5 10—5 15 0,3 11
5 15—65 20 0,4
N
*
|
985555989501
|
|
i
S
558888
8
|
ҸҸ ҸҸ ҸҸ Ҹ̧У
[11111111
> > Wb нь М Sr н Ҹ̧У
88388888
њ
&
4b50 — 10 Kan.-Einheiten Insulin
(in 5ccm dest. Wassers) intravenös
(V. femoralis dextra).
GE 5 Oo 6» 6» MM
KEHSEKTSASASHSHEHEN
[|1111 11111111111
SFSSSSFPSAT TAN
SHEHKSEKTEASATEHTHEHER
оо;
о CH
©
4 50—455 н! 03
4 55—500 | 04 1,0
5 00—50 |
B. Chronische Versuche. Auch hier wurden an zwei Hunden Versuche
angestellt. An dem ersten von diesen beiden Harnblasenfistelhunden
wurden zwei Versuche angestellt. Es wurden bei diesen Versuchen die
nach der intravenösen Insulininjektion in 15-Minutenintervallen registrierte
Urinausscheidung mit der bei normalen Verhältnissen vor der Injektion
ausgeschiedenen Urinmenge verglichen. Außer der Registrierung der Urin-
menge wurde bei diesen zwei Versuchen auch die qualitative Zuckerbe-
stimmung bei jeder 15-Minutenprobe gemacht. Веі diesen Versuchen
wurden је 20 neue Einheiten (,,Tetewop‘‘) Insulin injiziert. Zwischen dem
ersten und zweiten Versuch war eine Pause von zwei Tagen, in denen mit
dem Hund keine Versuche angestellt wurden; so wurde eine gelegentliche
Nachwirkung des Insulins ausgeschaltet Der Versuchshund war vor,
während und nach dem Versuch ganz gesund.
Tabelle III.
15. Dezember 1924. Harnblasenfistelhund 1, Ф, etwa 13kg. Verhalten
der normalen Urinausscheidung nach Applizierung von Insulin.
ö m La — DE m — 7
|
— — | (nages niedeni |
Zeit nnmenge in ccm Zucker. | Zeit | riınmenge їп ccm | Zucker
in je in je — inmn je inje | BI"
15 Min. | 30 Min, | 15 Min, 30 Min.
10630’— 1045 | 2,6 — |1015— 10830) 06 1,4 | —
10 45—11 00 4,8 7.5 — |11 80—11 45| 48 | Tu —
11 00—11 15 2,7 i — |11 45—12 00| Lë 15 Se
11b15’— 1 cem Insulin „Tetewop“ = — О, —
(= 20 neue Einh.) intravenös am Bein. | 19 30—12 45! 37 | 8,8 Ee
29 *
440 J. A. Collazo u. M. Dobreff:
Tabelle III (Fortsetzung).
Tabelle IV.
18. Dezember 1924. Harnblasenfistelhund 1, Ф, etwa 13 kg. Verhalten
der normalen Urinausscheidung nach Applizierung von Insulin.
| ‚Ausgeschiedene — — "
Zeit Pe. Zeit E Zucker
| | 15Min. М. | 0 Min. |
— ж De = | Sur | Te
10h45'— 11h00' 1230—1245, 48 | an TI -
11 00—11 15 245—100] 43 | | =
11 15—11 30 100—115) 49 || 147 | —
11 30—11 45 115—130| 98 =
11 45—12 00 130—145 109 || 95 | —
1 45— 2 0 116 || Me
ran — 1 a Insulin „Tetewop“ 2 00— 2 15 325 Е |
= E travenös = | өт =
— т гре 230—945 | 188 Ге Ze
12 15—12 30|, 42 | s9 | 245— 300 121 | ——
| А 300—315! 87 | =
Nachdem bei diesen Versuchen etwa 2 Stunden nach der Insulin-
injektion keine Veränderung der Harnausscheidung eingetreten war, stellte
sich ein plötzlicher Anstieg derselben ein (s. Tabelle III und IV). Diese
Steigerung der Urinabsonderung dauerte bei den beiden Versuchen 1% Stun-
den. Dann ging die Urinsusscheidung wieder auf die normale Höhe zurück.
Die Urinausscheidung erfuhr im ersten Versuch (Tabelle ПІ) in ihrem
Höhepunkt eine Steigerung von etwa 1000 Proz. im Vergleich mit dem
durchschnittlichen Wert der vorherigen normalen Harnabsonderung. Bei
dem zweiten Versuch erreichte diese Steigerung nur etwa 600 Proz.
(Tabelle IV). Die vor und nach der Injektion angestellten Zuckerproben
in 15-Minutenperioden erwiesen sich bei beiden Versuchen negativ.
Am zweiten Hunde mit permanenter Hamblasenfistel wurden drei
Versuche angestellt. Zwischen dem ersten und zweiten Versuch war eine
Pause von 2 Tagen, dagegen war zwischen dem zweiten und dritten Versuch
keine Pause. Bei diesen Versuchen wurde nur auf die ausgeschiedenen
Urinmengen geachtet.
Beeinflussung der Harnausscheidung durch Insulin. 441
Tabelle V. 29. August 1925. Harnblasenfistelhund 2, Ф, etwa 10 kg
(operiert am 14. August 1925). Verhalten der normalen Urinausscheidung
nach Applizierung von Insulin.
| Ausgeschiedene Urin» Ausgeschiedene Urin»
Zeit menge in ccm Zeit menge in ccm
m | зт ү | micao | мы [руу
1 00—1 16 6/2 | 89 230—2 45 | 1.2 | 23
1 15— 1 30 5,5 | Pe 245—300) | 10 | Së
130—1 45 4,0 ' 3 00— 3 15 2,0 SG
1h45 — 0,5ccm Insulin „Tetewop“ ч ns 2 | se | 3,5
(= 10 neue Einheiten) intravenös 345—4 00 | 25
am linken Bein. 4 00—415 | 13 | 3,8
1h45'— 2Ь00' 1,2 | 9 4 156—430 | 10 18
2 00—2 15 LN ` } 4 30—4 45 0,8 ?
| 4 45 — 5 00 1,2
Tabelle VI. 2. September 1925. Harnblasenfistelhund 2, 9 etwa 10 kg.
Verhalten der normalen Urinausscheidung nach Applizierung von Insulin.
Ausgeschiedene Urin» | Ausgeschiedene Urin»
Zeit menge in ccm Zeit | menge in ccm
‚in je 15 Min. | in je 30 Min. SÉ | | in je 15 Min. | in je 30 Min.
12 45—100 ` 1,2 › 2 45— 3 00
100—115 | 35 | Ss 3 00—3 15
1 15— 1 30 4,9 › 3 15—330
1h30 — 1,0 cem Insulin „Tetewop“ 3 30— 3 45
(= 20 neue Einheiten) intravenös 3 45 — 4 00
am linken Bein. 4 00—4 15
1ь30'_ 145’ Т 20 4 15 —4 30
1 45—200 | 19 | 3,9 0...
2 0— 2 15 21 5 оо
2 15— 2 30 en |} 5 zu
Tabelle VII. 3. September 1925. Harnblasenfistelhund 2, Ф etwa 10 kg.
Verhalten der normalen Urinausscheidung nach Applizierung von Insulin.
Ausgeschiedene Urin» Ausgeschiedene Urin»
Zeit menge in ccm Zeit menge in ccm
in je 15 Min. ! in je 30 Min.
4h15'— 40307
1645’ — 2h00' 8,5 Lë
2 0—2 15 10,5 | 19,0 430—445 | 20 | 3,8
215—2 30 7,0 weg 4 45—5 00 40 | *
230—2 45 3,2 | ' 5 00—5 15 38 e
2Һ45' — 1,0ccm Insulin „Tetewop“ 5 15—5 4, |
(= 20 neue Einheiten) е 5 380—5 45 | 10,1 Es
am linken Bein. 5 45—600. 8,5 | 14.8
2645’ — 300’ 4 1 3 | 6 00 — 6 15 | 6,3 ’
| 2,5 615—6 30 45
30—315 , 12 rer Se | 1,5
3 15 —3 30 15 1 97 состою о ое
3 30— 3 45 | 1,2 | › 10011517 19 | 24
3 45—400 | 10 | 1 ES ү МЫ i
400—415 | 08 |
442 Ј. А. Collazo u. M. Dobreff : Beeinflussung der Harnausscheidung usw.
Bei dem ersten Versuch wurden nur 10 neue Einheiten Insulin (,,Tete-
уор“) appliziert (в. Tabelle V). Hier kam es zu keiner Veränderung der
Urinausscheidung (ungenügende Insulindosis!). Erst bei dem zweites
Versuch (20 neue Einheiten Insulin ,‚‚Tetewop‘“) stellte sich die
vorübergehende Steigerung der Urinausscheidung ein (s. Tabelle VI).
Nur bei dem dritten Versuch, bei dem auch 20 neue Einheiten Insulin
(„„Tetewop‘‘) appliziert wurden, war die oben beobachtete Steigerung der
Harnabsonderung nicht ganz so stark ausgesprochen (s. Tabelle VII).
Zusammenfassung.
Bei unseren akuten Versuchen stellte sich nach der intravenösn
Insulinapplizierung eine fakultative Steigerung der Harnabsonderungein.
Bei Hunden mit permanenter Harnblasenfistel kam es nach ge-
nügender Dosierung von Insulin (intravenös) zu einer vorübergehenden
starken Erhöhung der Harnabsonderung.
Literatur.
1) Collazo und Dobreff, Münch. med. Wochenschr. 1924, Nr. 48, S. 1675
— 2) Gigon und Staub, Klin. Wochenschr. 1923, Nr. 2, S. 1670. — 3) Pollak
ebendaselbst 1924, Nr. 2, 8. 1247. — 4) Vollmer und Serebrinski, diese
Zeitschr. 158, 1925. — 5) Klissiuins, ebendaselbst 160, 1925. — 6) Collazo
und Händel, Deutsch. med. Wochenschr. 1923, Nr. 51. — 7) Drabkır,
Pagen Edwards, Proc. Soc. exper. Biol a. Med. 21, 309, 1924. — 8) Dobrejj,
Zeitschr. f. ges. exper. Med. 46, H. 1/2, 1925. — 9) Derselbe, Experiumenteller
Beitrag über den Einfluß von Affekten und Muskelarbeit auf die Urin-
ausscheidung (im Druck). — 10) Collazo und Dobreff, diese Zeitschr. 16,
352, 1926.
Zur Frage der Fraktionierung der Serumproteine.
I. Mitteilung:
Die Elektrodialyse.
Von
G. Ettisch und W. Beck.
(Aus dem Kaiser Wilhelm -Institut für Physikalische Chemie und Elektro-
chemie, Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 4. März 1926.)
Mit 3 Abbildungen im Text.
Die Gewinnung der Proteine des Blutserums geschah im wesent-
lichen früher durch stufenweises Ausfällen mit Hilfe von gewissen
Salzen. Im Jahre 1903 wurde die Elektrodialyse (abgekürzt: E. D.)
durch H. W. Morse und С. W. Pierce!) eingeführt und dann namentlich
von Ch. Dhéréꝰ) und Pauli im besonderen auf die Anwendung bei der
Darstellung der Serumproteine durchgearbeitet.
Zu Anfang erfolgte die E.D. zwischen zwei Pergamentmembranen,
und dieses Verfahren ist auch gegenwärtig noch bei manchen Forschern
im Gebrauch, wobei durch geeignete Abänderungen der eine oder andere
zutage tretende Übelstand überwunden oder umgangen wird. An die
Ergebnisse von Bethe und Toropoff?) anknüpfend, haben dann Ruppel
und Mitarbeiter) eine etwas weiter abweichende Membrankombination
angegeben, die sich in praktischer Beziehung großer Wertschätzung erfreut,
da mit ihr nach den — in der Tat zutreffenden — Angaben Ruppels ein
Maximum von Globulinen darstellbar ist.
Bei der starken Unkenntnis, mit der man den Proteinkörpern in
vielen Richtungen gegenübersteht, war die Frage nach dem zeitlichen
Verlauf und den Bedingungen ihrer Herstellung von besonderer Be-
deutung’). Nicht nur konnte der ausgefallene Eiweißkörper durch
den betreffenden Eingriff an sich aus einem gewissen inneren Zusammen-
hang gelöst sein und damit nur noch einen Teil eines dereinstigen
1) Zeitschr. f. physikal. Chem. 45, 606, 1903.
2) In Gemeinschaft mit Gorgolewski, C. r. 160, 993, 1910.
2) Zeitschr. f. physikal. Chem. 88, 686, 1914; 89, 597, 1915.
t) Ber. а. Deutsch. Pharm. Ges. 80, 314, 1920; sowie Zeitschr. f. Hyg. 97.
5) Diese Arbeit wurde im Auszuge veröffentlicht in der Deutsch. med.
Wochenschr., Heft 47, 1925.
444 G. Ettisch u. W. Beck:
Ganzen darstellen, es war auch möglich, daß er, selbst ein Gemisch,
den Bruchteil eines etwaigen größeren Gemisches darstellt.
Bei Ruppel finden wir auch die ersten Angaben über den Verlauf
der E. D Doch sind seine Angaben zu spärlich, um als Grundlage für
eine Vorstellung über den Mechanismus der Fraktionierung dienen
zu können. Weiterhin ist als wesentlicher Versuch, den Vorgang der
E.D. im weitesten allgemeinen Sinne klarzustellen, die Arbeit von
Freundlich und Farmer Loeb!) zu nennen. In den theoretischen Aus-
einandersetzungen wird auf diese Arbeit noch einmal zurückzukommen
sein. Die vorliegenden Untersuchungen setzen sich zur Aufgabe, den
Mechanismus der Eiweißfraktionierung киен mit Hilfe der E.D.
aufzuklären.
Wir benutzten bei unseren Untersuchungen jenes oben erwähnte
Ruppeische System. In einer Steinzeugzelle werden durch zwei eingefügte
Membranen drei Räume abgegrenzt. In den Mittelraum bringt man das
Serum, in die beiden Seitenräume die Elektroden. Als Anode diente ein
Platinnetz, als Kathode ein solches aus Messing. Nach dieser Seite wurde
der Mittelraum von einer Pergamentmembran abgeschlossen, nach der
Anodenseite durch eine Wollmembran, auf die eine Chromgelatinemass
verstrichen?®) und die dann längere Zeit dem Tageslicht ausgesetzt worden
war. Die Membran wurde vor dem Gebrauch gründlich ausgewaschen.
Die Elektroden befanden sich außerhalb der Mittelzelle. Durch die Elek-
trodenräume floß dauernd ein Strom destillierten Wassers. In der Mittal-
zelle betätigte sich dauernd ein elektrisch betriebener Rührer.
Rinderserum wurde 24 Stunden nach der Entnahme des Blutes in
einer Verdünnung von einem Drittel (Wasser) in der oben angegebenen Арра-
ratur der E. D. unterworfen, nach dem vorher sein pg-Wert elektrometrisch
(mit der H,- bzw. Chinhydronelektrode) bestimmt worden war. Wear diese
Apparatur vollständig mit destilliertem Wasser erfüllt, so zeigte ein in
den Stromkreis eingeschlossenes Präzisionsinstrument eine Stromstärke
von 4 bis в mA, bei einer Potentialdifferenz von 120 Volt. Durch einen
Regulierwiderstand wurde verhütet, daß beim Beschicken der Mittelzelle
mit dem Serum die Stromstärke über 1,5 Amp. stieg. Ohne diesen Wider-
stand ergab das System — Serum in der Mittelkammer — eine anfängliche
Stromstärke von etwa 15 Amp. Die Änderung der Stromstärke wird in
demjenigen Bereiche ständig beobachtet, in dem sie ohne jeden zugesetzten
Widerstand 1,5 Amp. beträgt. Sodann werden, wie schon erwähnt, die im
Vordergrund des Interesses stehenden, ausgefallenen Eiweißmengen be-
stimmt. Nach der Mikrokjeldahlmethode wurde der Stickstoffgehalt einer
jeweilig entnommenen Serumprobe nach Zentrifugieren (10 Minuten bei
3000 Touren in großer Zentrifuge) bestimmt und in bekannter Weise аш
Eiweiß umgerechnet. Jede Probe wurde sodann auch der pg-Bestimmung
unterworfen.
1) Diese Zeitschr. 150, 522, 1924.
2) Diese Masse setzt sich nach Ruppel und Mitarbeitern wie folgt zu-
sammen: 10g Gelatine, 3g (МН,),Ст,О,, 5g Glycerin in 100 cem деви:
lierten Wassers heiß gelöst und dreimal aufgetragen (zitiert nach R. Stern.
diese Zeitschr. 144, 115, 1923).
Fraktionierung der Serumproteine. I. 445
Die Versuche wurden auf zwei verschiedene Arten angestellt.
Das eine Mal wurde die Zelle mit 200 ccm des Serumwassergemisches
(ein Drittel Wasser) beschickt. Nach einer bestimmten Zeit wurden
die 200 ccm entfernt, zentrifugiert und in der oben angegebenen Weise
weiter behandelt. In die Apparatur dagegen wurden wiederum 200 ccm
desselben Serums eingefüllt, die nach einer — dieses Mal aber längeren —
Zeit der Mittelzelle zur Bestimmung der genannten Zustandsgrößen
wieder entnommen wurden, usf. Bei der anderen Versuchsart dagegen
wurde den 200ccm Serum nach bestimmter Zeit eine Serumprobe
(10 ccm) zu den oben erwähnten Bestimmungen entnommen, während
gleichzeitig der Mittelzelle die entsprechende Menge gleichartigen
Serums von der Ausgangszusammensetzung in dem gleichen Serum
hinzugefügt wurde. Ein vollständiges Protokoll von Versuchen der
ersten Art stellt Tabelle I dar. Sie ist nach den oben gegebenen Er-
läuterungen ohne weiteres verständlich.
Tabelle I.
der — Zeit in en — PH Bemerkungen
Probe mA Lösung Proz.
1 15 000 — 0,704 4,4 7,5 Rinderserum,i/3 verdünnt
2 500 25’ 0,658 4,11 10,57 || klar
3 300 35 616 385 | 963 „
4 100 lh 5 602 3,76 9,96 9
5 90 1 40 574 3,59 9, e
6 80 1 45 504 3,15 10,07 || leichte Trübung
7 70 2 20 518 3,24 9,99 = =
8 65 | 230 518 324 | 1007 Ё Ё
9 55 3 308 1,93 6,54 | starke й
10 15 3 50 308 1,93 5,51
11 14 4 308 1 ‚93 6,43
Die hier verwandte Chromgelatinemembran war vorher fast ungebraucht. Die Stromstärke
zu Beginn der ED betrug vn 4,0 Amp. Der Versuch von Nr.1 ist einige Zeit nach Beginn
ausgeführt.
Die Dauer der E. D betrug also insgesamt etwa 25 Stunden. Der
Extremwert der Stromstärke von 14mA war nicht mehr zu unter-
schreiten aus Gründen, die in den theoretischen Erörterungen klargelegt
werden sollen.
Es ergibt sich aus dieser Versuchsreihe, die an einem und demselben
Serum vorgenommen worden war, folgendes Bild über den Verlauf der
Fraktionierung.
Betrachtet man den Gang der Leitfähigkeitsänderung mit der
Zeit, so bemerkt man: 1. daß im Verlauf des Stromdurchgangs zu gleich
großen Herabsetzungen der Stromstärke immer größere Zeiten be-
nötigt werden, daß sich also der Elektrolytentfernung immer —
Widerstände entgegensetzen ;
446 G. Ettisch u. W. Beck:
2. daß im Beginn der E. D zunächst die pp-Werte beträchtlich
ansteigen, bis zu einem Maximalwert, der weit im Alkalischen liegt:
3. bei relativ niedriger Leitfähigkeit des Systems trittein Reaktions-
umschwung ein, die ?g-Werte sinken;
4. daB in dem Maße, als durch Elektrolytentfernung die Strom-
stärke sinkt, fast kontinuierlich Proteinmengen ausfallen. Dies hört
auf, sobald die Fällung durch den Reaktionsumschwung erheblich
geworden ist;
5. daß dieser Ausfall eintritt, selbst noch in dem Gebiet, wo die
Рн zunimmt. (Die Gründe für diese Zunahme der рн werden im
theoretischen Teile auseinandergesetzt werden. Versuche ergaben,
daß sich bei einer über die angegebenen Zahlen hinausgehenden
Steigerung der Py der Niederschlag vollkommen wieder löste.)
6. Dort, wo — ohne besonders rapiden Abfall der Stromstärke —
die р. kleiner als 7,0 wird (der isoelektrische Punkt des Globulins liegt
bei etwa 6,5), erfolgt ein starker Eiweißausfall, der nahezu 50 Pros.
des Gesamtausfalls, der erreicht werden kann, ausmacht.
7. Unter weiterer Verminderung дег р. (bis v^ 5,4) und weiterem,
wenn auch geringem Elektrolytentzug erfolgt kein weiterer, nennens-
werter Eiweißausfall.
Von der zweiten Versuchsart gibt Tabelle II ein Protokoll. Hier
wurde ein neues Diaphragma in Benutzung genommen.
Tabelle II.
Nr. er Zeit Es di = Eiweiß | Bemerkungen
ui — | = | o 0,640 sek 40 1,5 Si
13 | 500 36’ "598 3,74 1041 | leichte Trübumg
l4 300. шю | 602 316 | 10831 i И
15 90 125 | 598 3.74 10,58 f j
16 0 | 15 | 54 3.59 10,40 " н
17 66 1 632 3,33 10,40 | , И
18 | 60 10 | 532 3,33 10,4 ú .
19 | 50 | 2 ` бм 3,15 Wal ,„ й
20 40 | 25 504 | 3,15 10,35 Ё i
21 30 145 | 294, 191 5,69 starke „
22 20 | 135 290 1,80 5,55 |
23 | 15 j2 | 290 | 180 543 |
Ein ganz neues anodisches Diaphragma kam in Benutzung. Versuchsdauer 14 Stunden.
Es zeigt sich hier das gleiche Gesamtbild wie bei der für die
andere Versuchsart charakteristischen Tabelle I. Desgleichen in den
Tabellen III bis V.
Fraktionierung der Serumproteine. I. 447
Tabelle III.
ч
— кее ВӘ DO ©2 OO CD о ОЭ >
9959 2650589 9
leichte Trübung
ч
H al n
? N
3 э n
H ”
3 n D
3 ж» ”
i starke u
ч
<
8⁊S883828
Diaphragma 14 Tage alt, gebraucht.
Tabelle V
| N-Gehalt i
Nr. strom⸗iam Zeit SCH | a De Bemerkungen
| mA Lösung Proz.
ul _ 7 — | ою aa
46 | 500 35/ 40 | 263 | leichte Trübung
47 | 20 40 434 | 27
48 90 lh 392 | 275
49 | 80 15 364 | 228 |
50 68 10 350 2,19 starke Trübung
51 | 60 10 350 | 219 |
62 50 5 350 | 219 |
53 40 10 350 | 219 |
54 | 30 15 | 308 | 193 |
55 | 15 30 | 308 | 193 '
ч
Älteres, benutztes Diaphragma.
448 G. Ettisch u. W. Beck:
Der Vergleich der Protokolle läßt erkennen, daß die p,-Steigerung
zu Beginn der E. D. bei Benutzung einer neuen Membran einen Maximal
wert aufweist, der in dem Maße absinkt, als die Membran gebraucht
wird!). Es wird sich zeigen, daß der Hauptanteil an der Erhöhung
der Pa-Werte von einem Einfluß der Chromgelatinsmembran herräührt.
Es zeigt sich ferner, daß die Leitfähigkeit des Systems stets zu
fast dem gleichen Grenzwert (etwa 15 mA) gelangt, und daß, unter
Berücksichtigung des jeweiligen Gesamtgehalts des Ausgangsserums,
an Proteinen (sowie des möglichen geringen Fehlers durch andere
N-haltige Bestandteile), sowie schließlich der individuellen Eigen-
schaften jedes Serums, doch im allgemeinen ein ziemlich konstanter
Bruchteil der Gesamtproteine ausfällt. Schließlich sei noch angemerkt,
daß — ebenfalls unter Beachtung aller oben erwähnten einschränkenden
Momente — die Säuerung in der Mittelzelle ziemlich übereinstimmend
überall an demselben Punkte zu einem gewissen Stillstand kommt.
Es muß aber besonders betont werden, daß keineswegs einer be-
stimmten Leitfähigkeit jedesmal derselbe Zustand der Mittelflüssigkeit
hinsichtlich ihrer H'-Ionenkonzentration und hinsichtlich der aus-
gefallenen Proteinmenge entspricht. Die drei Größen können vielmehr,
wie die Tabelle VI zeigt, merklich unabhängig voneinander sein.
Tabelle VI.
Man darf also bei der Herstellung von Euglobulin durch die E.D.
nicht erwarten, daß übereinstimmende Leitfähigkeiten durchaus über-
einstimmende Globulinmengen liefern müssen, vielleicht auch nicht
einmal ein Globulin von der gleichen Zusammensetzung. Daß man
diesen Umstand nicht genügend beachtet hat, erklärt vielleicht manche
Abweichung in den Ergebnissen der Forschungen verschiedener Autoren,
sowie auch solche, die im Verlauf einer Untersuchung auftraten. Mit
1) Es mag Erwähnung finden, daß eine — wenn auch geringe — Fehler-
quelle bei den pg-Bestimmungen in dem Umstande liegen kann, daß dem
Serum infolge geringer Hämolyse kleine Mengen eines ÖOxydations-
Reduktionssystems beigefügt sein können. Sobald sichtbare Mengen
hiervon vorlagen, wurde das betreffende Serum verworfen,
Fraktionierung der Serumproteine. I. 449
anderen Worten: Geht man, wie dies öfter geschieht, bis zu einer be-
stimmten Leitfähigkeit beim Elektrodialysieren herab, unterbricht
und verwendet dann die Fraktion, so können leicht Irrtümer zustande
kommen, da, wie schon erwähnt, keine Übereinstimmung hinsichtlich
der ausgefallenen Menge Protein zu bestehen braucht. Es wird aber
leicht auch jedesmal ein anderer Zustand vorliegen können, da die
Reaktion der Mittelflüssigkeit in jedem Einzelfalle jeweils eine andere
sein kann. Es läßt sich nun von vornherein über den Zustand des
Proteins, das unter so verschiedenen Bedingungen ausgefallen ist,
nichts Sicheres behaupten.
Benutzt man aber andererseits den Wasserstoffexponenten ala
Indikator, so sieht man nach Tabelle VII, daß auch dieser nicht ohne
weiteres einen vergleichbaren Maßstab abgibt.
Tabelle VII.
= — —
Nr. J рн | Eiweißausfall des Scums | Stromstärke
ЭЭ БИ ҺИ: an Eiweiß mA
— —— = — — =; — Е —
9 6,54 | 2,47 44 55
21 560 ‚ 20 40 ' 30
34 6,47 | 262 CH 15
39 5,15 10 38 Ф
50 667 їз | ap, o
Es zeigen demnach diese Versuche, daß es jedenfalls nicht ganz
einfach ist, Proteine unter Verwendung der E.D. einwandfrei und
vergleichbar herzustellen. Auf der anderen Seite jedoch sind gewisse
Regelmäßigkeiten trotz merklicher Schwankungen in den Einzelheiten
unverkennbar vorhanden. Es lohnt sich, diesen nachzugehen und zu
versuchen, sie zu deuten, was im später folgenden theoretischen Teile
dieser Untersuchung geschehen soll.
Vorher schien es zur weiteren Aufklärung der vorliegenden Ver-
hältnisse wichtig, einige Versuche mit einfacher Dialyse vorzunehmen
und sie in ähnlicher Weise zu verfolgen. Hierbei wurde das Serum so
wie bei allen bisherigen Versuchen verdünnt. Bei der Feststellung der
jeweiligen Zustandsgrößen wurde so verfahren, wie es oben als zweite
Versuchsart beschrieben war. Zwei- bzw. dreimal täglich wurde das
Außenwasser gewechselt, während das Serum in Schleicher-Schüllhülsen
aus Pergament verblieb. Neben der Anzahl der entnommenen Proben
wurde die entsprechende Dauer der Dialyse angemerkt, dann wurde
der Gehalt der Probe an Cl’-Ionen qualitativ bestimmt, um die Ent-
fernung der Elektrolyte zu verfolgen, ferner die Eiweißkonzentration
und die korrespondierenden p„-Werte. Zum Vergleich hiermit wurde
450 G. Ettisch u. W. Beck:
dieselbe Menge gleichen Serums sich selbst überlassen und auch hie
die p,„-Werte von Zeit zu Zeit bestimmt. Die Ergebnisse zeigen die
Tabellen VIII und IX.
Tabelle VIII.
ВЕ | ‚ Eiweiß. des uns
D Reakti | |
Nr. Г Stunden | auf ar sonen: Рн AN, Bemerkung
1 | 5 ++
2 ' 20 ++
3 | 25 +
4 ' 28 +
5 | 44 +
6 49 +
7 i Së ka
2mal täglich Außenwasser gewechselt.
Tabelle IX.
| Eiweiß» des шп»
м. | рее. | кап | Колеп pa = | Bemerkungen
Е, Bar = — EE —
ANERER: 6,4 74 || klar
H ` в Lt — ==
10 | 2 | + = — trübe
11 63 j ++ = 7,6 Р
12 83 | ++ — —
13 | 94 J = 7,7 „ Flocken
14 118 | E — GE
О" — |ы,
6! 145 | + 3,76 7,8
3mal täglich Außenwasser gewechselt.
Man bemerkt, daß ganz entsprechend wie bei der E. D. dort, wo
ein eben merklicher Elektrolytentzug feststellbar ist (Nr. A und 10),
auch ein gerade merkbarer Ausfall an Protein auftritt, ferner, daß
sich auch bei der Dialyse eine unverkennbare Säuerung einstellt,
mit der ein relativ starker Ausfall an Globulin verbunden ist. Die
Kontrollversuche an einem Serum, das nicht der Dialyse unter-
worfen wurde, zeigen dementgegengesetzt den wohlbekannten leichten
Gang nach der alkalischen Seite, der auf einer CO,-Abgabe beruht.
Zusammenfassung.
Über den Verlauf der elektrodialytischen Eiweißfraktionierung
läßt sich somit folgendes zusammenfassend aussagen. Sieht man von
Abweichungen in Einzelheiten — die im theoretischen Teile der Arbeit
Fraktionierung der Serumproteine. I. 451
ihre Erklärung finden werden — ab, so besteht die erste Etappe
bei der Fraktionierung darin, daß allmählich ein Elektrolytentzug
stattfindet — gemessen an der Verringerung des Stromtransports
im Gesamtsystem —, dem ein kontinuierlicher Ausfall von Proteinen
entspricht. Bis zu einem gewissen Punkte zeigt eine Kurve, in
der die Stromstärke als Abszisse, der Eiweißgehalt des Serums als
Ordinate aufgetragen ist (в. Abb. 1, ausgezogen), einen monotonen
Verlauf, d. h. die Ordinatenänderungen gehen proportional denen der
Abszissen.
0 70 20 30 40 30 60 70 80 90 100 180 260 ЗЮ 920 500
Siromstörke in Milliompere
Abb. 1.
Eiweißgehalt des Dialysats.
= Dg-Werte.
An einem Punkte jedoch erfolgt ein plötzlicher steiler Abfall der
Ordinaten bei noch gleichbleibender Abszissenänderung. Hier, in der
zweiten Etappe, findet demnach ein rapider Eiweißausfall statt, bei nur
geringer Verminderung des Elektrolytgehalts. Zeichnet man über die-
selben Abszissen wie oben die pa-Werte als Ordinaten auf, so ist der
Kurvenverlauf im Bereich der ersten Etappe wiederum ein monotoner!).
Im Bereich der zweiten Etappe dagegen erfolgt fast genau symbat
mit der ausgezogenen Kurve bei der nunmehrigen, gestrichelt gezeich-
neten Kurve ein pa-Sturz unter 7,0. Mit dieser Änderung der Reaktion
ist der Ausfall weiterer Globulinmengen verbunden (etwa 50 Proz. der
1) Es braucht wohl kaum besonders hervorgehoben zu werden, daß
der als ‚monoton‘ bezeichnete Verlauf der Stromstärke-p,-Kurve im ersten
Stadium der E. D. — wie ihn Abb. 1 und 2 zeigt — nur im Bereich von
Stromstärken gilt, die kleiner als w^ 500 mA sind. Erst von diesem Werte
ab wurden die Kurven gezeichnet. Hätte man den ganzen Verlauf einer E.D.
von Beginn an — aufgenommen, so hätte man vor dem monotonen Abfall
einen Anstieg bis zu einem Extremwert erhalten. Denn die ?g-Werte
zeigen nach den Tabellen ja ein — im Alkalischen gelegenes — Extremum,
und auch die Stromstärke steigt — siehe Tabelle I — von ihrem Ausgangs-
wert zunächst stark an. Aus Reumgründen und auch weil nicht von Be-
deutung, unterblieb die Zeichnung einer Kurve, die von 4 Amp. über etwa
20 Amp. bis zu 15 mA geführt hätte.
452 G. Ettisch u. W. Beck:
Gesamtausbeute). Es zeigt sich aber (s. Abb. 2 gegenüber Abb. 1),
daß p„-Sturz und Eiweißausfall keineswegs stets bei gleichem Werte
der Leitfähigkeit stattfinden, vielmehr kann dieses in ziemlich weiten
Bereich (der Leitfähigkeit) schwanken, wie auch Tabelle VI und УП
darlegen. In einem besonders extremen Falle, nach überaus langer
Benutzung der Chromgelatinemembran, trat der ?4-Sturz bereits bei
einem Leitfähigkeitswert von 4,0 Amp. auf.
0 10 20 зо 40 50 60 70 80 90 100 180 260 30 420 500
Stromstärke in Milliampere
Abb. 2.
А Py’Werte. B Eiweißgehalt des Dialysats.
Auf diese (zweite) Etappe folgt eine dritte, bei der Stromstärke-
änderung, ?a-Änderung und damit Änderung der Eiweißkonzentration
in der Mittelflüssigkeit praktisch verschwindend sind. Bei einer be-
stimmten Stromstärke, einem bestimmten Ge Wert und nahezu überall
übereinstimmenden Eiweißkonzentrationen kommt der Fraktionierungs-
prozeß zum Stillstand (die Gründe hierfür werden im theoretischen
Teile dargelegt werden).
Aus sekundären Ursachen kann es zu einer Verschiebung der ein-
zelnen Etappen gegeneinander kommen, stets aber bleibt der typische
Verlauf erhalten. Abb. 1 und 2 zeigen solche elektrodialytischen Ver-
о 0 20 30 чо 50 60 70 80 90 100 110 120 130 М0 150
Stunden
Abb. 3.
з е. Das unbeeinflußte Kontroliserum.
Dialysiertes Serum.
Fraktionierung der Serumproteine. I. 453
suche in kurvenmäßigem Bilde. Die Bedeutung der einzelnen Größen
ist bereits oben im Texte mitgeteilt.
Die einfache Dialyse zeigt einen Verlauf, der grundsätzlich dem
der Elektrodialyse entspricht. In Abb. 3 gibt die ausgezogene Kurve
die zeitliche Änderung der py-Werte im dialytischen Versuch wieder.
Die Änderung im Globulingehalt wird durch Punkte (bzw. deren
Ordinaten) am Anfang und am Ende der Dialyse dargestellt. Die
punktierte Kurve zeigt die Änderung der ?„-Werte im nicht dialy-
sierten Serum. Man sieht, daß auch bei der einfachen Dialyse, ent-
sprechend dem Elektrolytentzug und der pg-Änderung, ein starker
Eiweißausfall eintritt. Im nicht dialysierten Serum zeigt die ?u-Ände-
rung einen Gang, der gerade entgegengesetzt dem bei der Dialyse fest-
gestellten verläuft.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 30
Zur Frage der Fraktionierung der Serumproteine.
П. Mitteilung:
Zur Theorie der Elektrodialyse.
Von
G. Ettisch.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektro-
chemie, Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 4. März 1926.)
Mit 2 Abbildungen im Text.
1. Die bei der Elektrodialyse zu berücksichtigenden Einflüsse.
Der Verlauf der Elektrodialyse (E. D.) im System Chromgelatine-
Pergament läßt sich kurz folgendermaßen zusammenfassen. Раз
native, auf 1/, verdünnte Serum von einer р. œ 7,8 zeigt zu Beginn
des Stromdurchganges eine allmähliche Zunahme der OH’-Konzen-
tration bis auf р. ~ 10 — bei frischer positiver Membran —, die
dann wieder langsam absinkt. Dabei beginnt ein kontinuierlicher,
langsam fortschreitender Ausfall von Protein, dessen zeitlicher Verlauf,
übereinstimmend mit der p -Änderung und dem Rückgang des Strom-
transports durch das System, ein monotones Verhalten zeigt. Während
Leitfähigkeit und Н -Konzentration in einer Weise abfallen, die nichts
Besonderes aufweist, sieht man, daß beim Übergang der р. von 70
auf etwa 6,5 ein starker Eiweißverlust der Lösung eintritt. Aus den
Tabellen geht hervor, daß im Augenblick des Unterschreitens des Wertes
Ри = 7,0 noch einmal genau so viel Protein ausfällt als während der
Dauer des Elektrolytentzuges. Das sind die beiden ersten Stadien
der E.D. Sodann aber, im dritten, kommt der Proteinausfall zum
Stillstand. Ebenfalls die Änderung der H'-Konzentration und die der
Leitfähigkeit.
Dieser Verlauf, der zu einem stationären Zustande führt, läßt von
vornherein die Vermutung aufkommen, daß eine Reihe von Faktoren
am Zustandekommen dieses Ergebnisses beteiligt sein werden. Die
nächstliegende Annahme wäre wohl die, daß folgende zwei Faktoren-
gruppen wesentliche Beiträge zur Aufklärung der Erscheinungen werden
liefern müssen:
G. Ettisch: Fraktionierung der Serumproteine. II. 455
1. solche, die durch das benutzte System (Chromgelatine auf
Wollmembran als anodisches, Pergament als kathodisches Diaphragma)
bedingt, und
2. solche, die durch die Natur der Mittelflüssigkeit gegeben sind.
Es werden zunächst die Einflüsse besprochen, die mit der Natur
der Membran zusammenhängen.
Bethe und Toropoff!) haben in eingehender Weise den Mechanismus
der Ionenverschiebung an Membranen bei Stromdurchgang aufgeklärt.
Ihre Darlegungen könnten demnach auf unsere Verhältnisse ebenfalls
angewandt werden. Abweichungen sind insofern vorhanden, als die
Mittel- oder ‚‚freie‘‘ Flüssigkeit (im Sinne Beihes) keine echte Lösung
darstellt, sondern ein lyophiles kolloides System, dessen Verhalten
gegen Membranen ein anderes ist als das der Ionen der üblichen gelösten
anorganischen Elektrolyte. Dieser Umstand wird bei den Ausführungen
zu Punkt 2 ausführlich dargelegt werden. Weiterhin liegt bei unserem
System derjenige Spezialfall der Betheschen Darlegungen vor, bei dem
die Mittelflüssigkeit nicht neutral reagiert, sondern leicht alkalisch ist.
Eine weitergehende, wenn vielleicht auch keine grundsätzliche
Abweichung liegt bei unserem System jedoch in der Verwendung
zweier Membranen, wobei jede auf der einen Seite an die Mittelflüssigkeit
grenzt, auf der anderen Seite an destilliertes Wasser im Elektrodenraum.
Auf diesen Unterschied haben bereits Freundlich und F. Loeb?) auf-
merksam gemacht, die im Anschluß und in Weiterführung der Betheschen
Versuche auf dieser Grundlage die Theorie der E. D. zu entwickeln
suchten. Schon oben ist auf diese Arbeit hingewiesen worden, die in
ihren experimentellen Ergebnissen dort, wo übereinstimmende oder
vergleichbare Anordnung herrscht, von den unseren vollauf bestätigt
wird. Im Zusammenhang damit geben die theoretischen Erörterungen
dieser Autoren den Versuch der Deutung der allgemeinen Erscheinungen
der E.D., vor allem, indem sie die Permeabilitätsverhältnisse der
Ionenarten gegenüber den bezüglichen positiven und negativen Mem-
branen eingehend erörtern unter Zugrundelegung der Adsorptions-
verhältnisse und der daraus folgenden Bedingungen für die Bewegungs-
freiheit der Ionen. Auch in theoretischer Hinsicht stimmen unsere
Ergebnisse mit den ihren überein, soweit sie die gleichen Punkte be-
treffen.
Für die Klärung eben dieser besonderen Verhältnisse ist es er-
forderlich, wiederum auf jene Arbeiten Betkes zurückzukommen. Die
Bethesche Theorie erörtert vorzugsweise die Konzentrations- und
Wasserverschiebungen zu beiden Seiten der Membranen, sowie die
1) Zeitschr. f. physik. Chem. 88,.686, 1914; 89, 597, 1915.
3) Diese Zeitschr. 150, 522, 1924.
30 *
456 G. Ettisch:
eben dort auftretenden Störungen der Gleichverteilung von DH und
OH’. Mit Rücksicht auf diesen Punkt ergaben die Untersuchungen
an unserem System folgendes. Während der alkalischen Reaktion
war die Anodenseite des anodischen Diaphragmas stets sauer, die
Kathodenseite alkalisch. An der Pergamentmembran war die Anoden-
seite sauer, die Kathodenseite alkalisch, solange man alkalisches Medium
in der Mittelzelle vorfand. Ging die Reaktion ins saure Gebiet!), e
fand sich Umkehr dieser Zustände. Diese Verhältnisse folgen nun mit
einer Einschränkung aus den hierfür von Bethe und Toropoff aufgestellten
Termen 21.
Eine erhebliche Komplikation erfahren aber die Verhältnisse
infolge der besonderen Natur der Chrom-Gelatinemembran gegenüber
den einfachen Bedingungen, wie sie Bethe annahm. Die Pergament-
membran ist eine negative Membran im hinreichend strengen Sinne
der Vorstellungen über Adsorption. Die mit chromierter Gelatine
bestrichene Wollmembran dagegen bietet eine Abweichung insofern,
als nicht nur adsorptiv gebundene Mengen von positiv aufladenden
Ionen vorhanden sind. Die Membran ist vielmehr überreich mit einem
Salze (NH,),Cr,O, bestrichen, das die Membran positiv machen soll.
Dieser Umstand stellt das komplizierende Moment dar. Bei der Vor-
bereitung wird die Membran dreimal mit diesem Salze bestrichen
und dann längere Zeit der Lichteinwirkung ausgesetzt. Dabei geht
ihre Farbe von gelbrot in grün über. Man weiß, daß dabei neben Chrom-
oxyd auch Chromichromate entstehen, die mit der Gelatine unlösliche
Verbindungen eingehen, während irgend ein dabei entstehendes NH,
Salz [NH,),CrO, 1) löslich ist. Daher kommt offenbar die Verfärbung,
läßt man eine solche Membran längere Zeit in einem Glase mit Wasser
stehen. Trotz langdauernden Auswaschens ist die Membran unter
dem Einfluß des elektrischen Feldes immer noch imstande, NH; ab-
zugeben. Man kann es mit Nesslerreagens sowohl in der Mittelzelle
als auch im Kathodenraum kurze Zeit nachdem die E.D. in Gang
gesetzt ist nachweisen. Dieser NH;,-Abgabe (in den Anodenraum
wandert das entsprechende Anion) unter Einwirkung des Stromes
(120 Volt) ist offenbar die steigende Alkalität der Mittelzelle im ersten
1) D. h. also mit Bezug auf die Ergebnisse der vorstehenden Arbeit:
nach dem Reaktionsumschwung in der Mittelflüssigkeit.
2) Diese Einschränkung betrifft die Ladungsverhältnisse an der
anodischen Membran bei saurer Reaktion unter Gegenwart von Neutralsals.
Hier sollen nach den Betheschen Herleitungen an der anodischen Fläche
positive Ladungen, an der kathodischen negative auftreten, während
wir obige Feststellungen machten. Es sei in diesem Zusammenhange nur
bemerkt, daß vielleicht die Betheschen Voraussetzungen doch etwas zu
einfacher Natur sind, um in diesem so vielfältigen und schwierigen Systeme
durchweg auf zutreffende Verhältnisse führen zu können.
Fraktionierung der Serumproteine. II. 457
Stadium der E. D. zuzuschreiben. Dabei ist leicht feststellbar, daß
in der Nähe der kathodischen Fläche der positiven Membran der Alka-
litätsgrad etwas höher ist als in der Mitte der Mittelflüssigkeit, während,
wie oben schon auseinandergesetzt, die anodische Fläche des katho-
dischen Diaphragmas stets saure Reaktion zeigt. So wird es verständlich,
daß längere Zeit gebrauchte Diaphragmen allmählich weniger NH;
abgeben, da die Membran ausgelaugt wird. Daher sinkt auch mit der
Zahl der Elektrodialysen, die ein solches Diaphragma durchmacht, die
Höhe der Erhebung der рһ-Мегіе über den Ausgangswert des Serums.
Schließlich muß im unteren Grenzfalle eine solche Membran ihre be-
sondere Wirksamkeit überhaupt einbüßen.
Es sei nochmals erwähnt, daß die positive Membran nicht sofort
nach Fertigstellung zur E.D. benutzt wurde, sondern daß wir sie
mehrere Tage unter Wasserwechsel spülten. Da die Spülflüssigkeit
dann deutlich grün gefärbt war, konnte man annehmen, daß ein Teil
des NH, -Salzes bereits herausdiffundiert war. Die dann noch іп der
Membran verbleibenden Mengen waren aber sicherlich weit größer,
als dem Adsorptionsgleichgewicht der Wand entspricht. Sie waren
daher befähigt, im elektrischen Felde aus der Wand herauszuwandern,
da sie höchstwahrscheinlich nur grob kapillar in der Membran ge-
bunden waren.
Die nach der Theorie von Bethe und Toropoff sich einstellenden
Reaktionsverschiebungen an Membranen äußern aber hierbei noch
ihren Einfluß in folgender Weise. So-
lange die Mittelflüssigkeit sauer reagiert,
zeigt die anodische Fläche der positiven
Membran saure, die kathodische alka-
lische Reaktion. An der negativen,
der Pergamentmembran, herrschen die
D+
bheaa ARALL
seen‘
`~
AA AA ZI ZT ZT ZI U 0 6
gleichen Verhältnisse vor (в. Abb. 1). GER а
Dieses bedingt aber für beide Membranen, B кые Membran.
daß sich über das angelegte äußere
elektrische Feld noch das aus der Reaktionsverschiebung sich ergebende
positiv überlagert. An der Chromgelatinsmembran kommt es daher
zu einer beschleunigten Herauswanderung von NH; in der Mittel-
flüssigkeit und von entsprechenden Anionen in den Anodenraum.
An der negativen Membran wird hierdurch die Abwanderung der
Н durch die Membran hindurch beschleunigt. Eine gewisse Be-
schleunigung sollte auch den OH’ zukommen, doch wird diese dadurch
wieder aufgehoben, daß die in der Membran reichlich vorhandenen
(Chromat-?) Anionen auf die OH’ hemmend wirken. Insgesamt wird
durch diese Verhältnisse der Anstieg zu alkalischer Reaktion in der
Mittelflüssigkeit begünstigt.
458 G. Ettisch:
Tritt nun aber der oben nachgewiesene Reaktionsumschwung ein,
so wechseln auch die bezüglichen Flächen der Membranen das Vor-
zeichen im Ladungssinn (в. Abb. 2). Dieses hat aber zur Folge, daß
die Überlagerung jetzt nicht mehr positiv erfolgt, sondern negativ,
d. h. das angelegte äußere Feld wird
geschwächt. Die NH; - Auswanderung
aus der positiven Membran wird nun-
mehr gegen früher herabgesetzt. Die
Pergamentmembran hemmt jetzt die Ab-
u wanderung der H. Auch wird ebenfalls
— пат eine Hemmung дег OH’-Auswanderung
B negative Membran. aus der Mittelflüssigkeit erfolgen, jedoch
wird diese, den oben ausgeführten Ver-
hältnissen entsprechend, stärker sein als die der H. Die jetzt
vorliegenden Zustände begünstigen aber insgesamt ein Absinken
der ?u-Werte. Daraus folgt aber, daß eine weitergehende Säuerung
der Mittelflüssigkeit, die — wie wir noch sehen werden — unab-
hängig von diesen Membranverhältnissen infolge Donnanscher
Membranhydrolyse der Proteinkörper eintreten muß, nur in geringem
Maße durch die Hydrolyse infolge NH;-Einwanderung verstärkt
werden kann!). Tabelle I zeigt dementsprechend, daß die Extremwerte
der alkalischen Reaktion stets weiter vom Ausgangswert des betreffen-
den Serums abweichen als die sauren am Ende der E.D.
Ф+
Ф|
9099900999949 4+
LALIZAS IST ZI 22 70 277
Tabelle I.
d | Bemerkungen
4, = — 3,07 | Pa = Pu- Wert des Ausgangsserums
21, = + 201
— 3,09 р! = alkal. Extremwert bei der E. D.
+2,07 ` |
— 3,54 | ри = saurer Wert am Ende der E.D.
+ 0,93
— 2,66 | 4 — Differenz
+ 1.93
— 2,50
+2,3 |
IN
IN
1) Es sei hier kurz folgendes vorweggenommen, was zum vollen Ver-
ständnis notwendig ist und weiter unten noch eingehend behandelt werden
wird. Die NH4-Einwanderung ruft eine Hydrolyse in der Mittelflüssigkeit
hervor. Bei dieser entstehen im Überschuß Н”. Diese werden durch Eiweiß
+ Elektrolyt eine gewisse Zeitlang fortgepuffert. In dem hier vorliegenden
Stadium der E.D. ist diese Pufferfähigkeit nicht mehr vorhanden. Die H
bleiben daher frei.
Fraktionierung der Serumproteine. II. 459
Die zweite Faktorenreihe, die zu berücksichtigen ist, stellt die
Mittelflüssigkeit mit ihren Eigenheiten. Zwischen den in der Flüssig-
keit enthaltenden Ionen müssen wir Wechselwirkungen annehmen,
wie sie bei dem bekannten Donnanschen Gleichgewicht maßgebend
sind. Denn wir haben sowohl nicht dialysierbare Eiweißionen wie auch
anorganische Ionen, die durch die Membranen hindurchgehen können.
Daß dieses notwendig ist, geht allein schon aus dem Verhalten des
Serums bei der einfachen Dialyse im Pergamentsäckchen hervor.
Unter diesen vereinfachten Bedingungen treffen wir bereits auf die
Tatsache, daß das Dialysat sauer wird. Man wird sich leicht vorstellen
können, daß durch Anlegen eines elektrischen Feldes sowie durch
Aufrechterhalten eines möglichst großen Diffusionsgefälles — beides
findet sich bei der E.D. — man diesen Effekt noch verstärken kann.
Es liegt demnach in beiden Fällen eine Membranhydrolyse im Sinne
Donnans vor. Diese Erscheinung ist zu gut bekannt, als daß es not-
wendig wäre, an dieser Stelle ihre Grundgedanken nochmals aus-
einanderzusetzen. Entsprechend der leicht alkalischen Reaktion
des Serums wird, wenn auch in geringem Maße, ein Na-Proteinat vor-
liegen. Unter der Wirkung des Feldes wandert das Na’ іп den Kathoden-
raum, während das Proteinanion durch die Membran nicht hindurch
kann. Durch Auswanderung von OH’ (an Stelle des nicht durch-
wandernden Proteinions) kommt es zu einer Hydrolyse (‚Membran-
hydrolyse“), dadurch aber steigt die Zahl der H in der Mittelzelle.
Durch die Untersuchungen von Hardy!) und auch von Robertson?)
wissen wir, daß bei den Globulinen die Säurendissoziation die Basen-
dissoziation überwiegt.
Zu den Eigenschaften der Mittelflüssigkeit muß noch ihre Fähig-
keit der Pufferung hinzugerechnet werden. Diese ist bekanntlich für
die H etwa sechsmal so stark als für die OH’ [Friedenthal?)]. Auch
ist zu beachten, daß naturgemäß im Laufe der E. D. die Elektrolyte
hinauswandern. Außer diesen sind vor allem die Eiweißkörper selbst
an der Pufferung beteiligt.
2, Versuch einer Erklärung der zeitlichen Vorgänge bei der E. D.
Aus dem Zusammenwirken der beiden erörterten Hauptfaktoren-
gruppen mit ihren zeitlichen Änderungen muß sich das Gesamtbild
des Ablaufs der E.D. ergeben. Dieses ist zunächst nur qualitativ
möglich, da man über gewisse Vorgänge in der Membran und auch in
der Mittelflüssigkeit zu wenig weiß. Eine weitere Schwierigkeit bietet
1) Journ. of Physiol. 88, 251, 1905.
2) Journ. of phys. Chem. 11, 437, 542, 1907.
3) Arch. f. physiol. Verh. а. Physiol. Ges. Berlin, 8. Mai 1903.
460 | G. Ettisch:
fernerhin das Moment des zeitlichen Ineinandergreifens der verschie-
denen Vorgänge.
Trotz dieser Schwierigkeiten besteht aber der Eindruck, als könnte
man in großen Zügen das Verhalten des Serums bei der E. D. befriedigend
erklären und so dann bei ihrem Verlauf die Haupterscheinungen voraus
sagen, auch wenn — wie etwa bei anderen Methoden — Einzelfaktoren
variiert werden.
Zu Beginn der E.D., im sogenannten ersten Stadium, findet eine
Einwanderung von NH, aus der Membran in die Mittelzelle statt.
Hier kommt es zu einer Hydrolyse von der Art
2 NH; +2H,0O2NH,OH+NH, + ОН +2H. (a)
Infolge der Pufferung durch die Serumelektrolyte sowie die der
Eiweißkörpert!) selber wird eine Reaktionsänderung eine Zeitlang
hintangehalten. Da aber die Pufferung für OH’ in dem erwähnten
Maße schwächer ist als für die Н, so wird sich alkalische Reaktion
einstellen, d. h. es können die H noch kompensiert werden, wenn
dieses mit den gleichzeitig entstandenen OH’ nicht mehr geschieht.
Dazu kommt, daß im elektrischen Felde das H viel rascher wandert
als das NH, (etwa fünfmal so rasch). Schließlich kommen zu alledem
noch die oben ausführlich dargelegten Verhältnisse an den bezüglichen
Flächen der beiden Membranen. Alle diese Umstände werden hier,
im ersten Stadium der E.D., ein Entstehen alkalischer Reaktion
begünstigen?).
Läßt nun die Pufferung nach, so beginnt die Dämpfung des alka-
lischen Extremwertes der Flüssigkeit, da jetzt diejenige Zahl der durch
Hydrolyse entstandenen Н, die bisher fortgepuffert wurde, in der
Lösung frei bleibt. Es sind nun nicht sehr große Mengen an H nötig,
um die pp-Werte erheblich herabzudrücken. Man befindet sich nämlich
beim Maximum der Alkalität in dem Bereich von etwa 1074 mol.
Alkalilösung. Da der %-—c-Kurvengang (d = Potentialdifferenz,
c = Konzentration) ein exponentieller ist, entsprechend der bekannten
Beziehung
—
c = e nb (1)
1) Man kann die Beziehung (a) daher auch schreiben :
2 NH, + HROH > NH,ROH + H ON
2 МН,КОН +2 H,O>NHOH-+ МН, +0H’+2HROH (а)
2) Es braucht wohl kaum näher dargelegt zu werden, wie im einzelnen
die Pufferung auf Elektrolyt und auf Eiweißkörper sich verteilt. Es ist
dieses für unseren Fall auch gleichgültig. Da nur die gesamte Säuren-
bzw. Basenkapazität des Serums eine Rolle spielt. Für etwaige Einzelheiten
sei auf die Darlegung von R. Höber, Physikalische Chemie der Zelle ver-
wiesen, sowie auf die interessanten Arbeiten von H. Straub und КІ. Meier
sowie auch auf КІ. Gollwitzer-Meier (diese Zeitschr. 168, 470, 1925).
Fraktionierung der Serumproteine. II. 461
(wo die Bezeichnungen alle die hinlänglich bekannten Größen betreffen),
oder etwas anders ausgedrückt: da der p,,—c-Kurvengang vom alka-
lischen ins saure Gebiet ein bilogarithmischer ist, entsprechend der
Formel:
nF
RT ф,
und die Alkalikonzentration von 1074 mol. noch recht nahe dem Null-
punkt der Kurve liegt, wird die Hinzufügung einer relativ geringen
Menge H — als Abszisse aufgetragen — bereits zu einem Kurvenpunkt
mit relativ bedeutend kleinerer Ordinate führen (p,-Wert!), da dieser
Konzentrationsbereich im Gebiete starker Ordinatenänderung bei
geringer Abszissenänderung liegt. Es ist ja genügend bekannt, daß
in der Umgebung des Neutralpunktes sehr geringe Mengen von H
oder OH’ hinreichen, um eine Verschiebung der p,„-Werte um zwei
bis drei Einheiten zu bewirken. Wird aber auf diese Weise der Alkali-
überschuß herabgedrückt, so verstärkt die jetzt merkbar werdende
Membranhydrolyse die Tendenz zur Steigerung der Säuerung. Da
die Eiweißkörper des Serums in diesem Bereich bevorzugt als Säuren,
nicht aber als Basen wirksam sind, so muß bei der Membranhydrolyset)
mit den Na ein OH’ auswandern. Solange OH’ im Überschuß frei
vorhanden waren, konnte bei diesem Vorgang durch Eintreten eines
der OH-Ionen — entweder aus dem Pufferreservoir oder eben dem
Überschuß aus der Hydrolyse durch die NH,-Salze — ausgeglichen
werden. Ist aber die Pufferung nicht mehr vorhanden, auch nicht
mehr ein erheblicher OH’-Überschuß, so werden die Vorgänge, die zur
Membranhydrolyse führen, nicht mehr ausgeglichen. Die eintretende
Membranhydrolyse verstärkt ebenfalls die Säuerung. In gleicher
Richtung wirken jetzt die Ladungszustände an den bezüglichen
Membranflächen. Nach dem Reaktionsumschwung in der Mittel-
flässigkeit haben auch sie ihr Vorzeichen gewechselt. Wiederum muß
darauf hingewiesen werden, daß gar nicht sehr große Mengen DH er-
forderlich sind, um die p,-Werte erheblich zu drücken.
Außer den Veränderungen, die die Konzentration der H und OH’
betreffen, müssen wir jetzt noch die Bedeutung des Elektrolytentzuges
für das Verhalten der Eiweißkörper berücksichtigen. Die ursprünglich
vorhandenen Elektrolyte peptisierten die Proteine und hielten sie in
Lösung. Der mit der E. D. einhergehende Elektrolytentzug aber be-
deutet eine Verminderung von solchen Substanzen, die die Peptisation
des Globulins bewirken. Selbst die anfänglich einsetzende Steigerung
1) Es handelt sich, richtiger gesagt, um die an den einzelnen Eiweiß-
molekülen (bzw. -ionen bzw. Wassermolekülen) eintretenden Vorgänge,
die allmählich zu einer Membranhydrolyse führen.
pa = — ln с = (2)
462 G. Ettisch:
der OH’-Konzentration vermag die peptisierende Wirkung der Elektro-
lyte nicht zu ersetzen. So geht entsprechend der Verminderung an
Elektrolyten (sowie naturgemäB auch der OH’-Konzentration) bis
zum Neutralpunkt des Wassers eine gewisse Proteinmenge in den
Niederschlag.
Wir kommen jetzt zum zweiten Stadium der E.D. Auf Grund
der geschilderten Vorgänge wird der Neutralpunkt unterschritten,
und es fällt dann — etwa im Bereich von p,, = 7,0 bis 6,5 — nochmals
eine Proteinmenge aus, die von der gleichen Größe ist wie die vorher
ausgefallene. Ob diese beiden Proteine hinsichtlich ihrer molekularen
Konfiguration übereinstimmen, ob überhaupt im ganzen Laufe der
E.D. ein einheitlicher Eiweißkörper oder nicht vielleicht mehrere,
voneinander unterschiedene, ausfallen, darüber sind augenblicklich
Versuche im Gange. Aus diesen Erfahrungen wird sich ergeben, wie
man die Nomenklatur der bezüglichen Serumproteine wird handhaben
müssen. (Bisher pflegte man wohl mit R. Stern!) die „schon durch
unvollständige Entfernung der Elektrolyte‘“ ausfallenden Eiweiß-
körper als „Labilglobuline‘“ zu bezeichnen.) Dieser zweite Ausfall
wird dadurch verursacht, daß man infolge der Säuerung bei relativer
Elektrolytfreiheit den isoelektrischen Punkt des Euglobulins durch-
schreitet, d. h. den Punkt geringster Stabilität.
Das dritte Stadium ist der schließlich eintretende stationäre Zu-
stand. Man kommt auf einen nur noch sehr langsam abnehmenden
Leitfähigkeits- und einen ebensolchen p,„-Wert. Die Leitfähigkeit
wird nicht so niedrig, wie sie etwa ist, wenn man die Mittelzelle frisch
mit destilliertem Wasser gefüllt hat. Im letzten Falle geht ein Strom
von 4 bis 6 Milliamp. durch den Apparat, während der schließliche
Wert der Stromstärke, den man am Ende einer E. D. erreichen kann,
etwa 15 bis 17 МіШатр. beträgt. Es beruht dies darauf, daß doch
stets aus der Membran Elektrolyte in die Flüssigkeit gebracht werden.
Der oben erwähnte niedrige Wert von 4 bis 6 Milliamp. gilt auch nur
für den frisch gefüllten Apparat. Die Stromstärke steigt, wenn man
ihn, mit destilliertem Wasser gefüllt, sich selbst überläßt.
Der Grenzwert des р, ist durch die Wechselwirkung der Membran-
hydrolyse mit der Abgabe der NH; durch die Membran bedingt. Die
Membranhydrolyse allein würde bei Einwirkung des elektrischen
Stromes zu einem kleineren p,-Wert (etwa 4,0)?) führen. Die Zu-
stände an Membranen jedoch, die oben ausführlich auseinandergesetzt
worden waren und die hier noch immer eine Hemmung auf die Ge-
schwindigkeit der OH’ bewirken, verursachen dementsprechend den
1) Diese Zeitschr. 144, 125, 1924. -
2) Siehe die oben genannte Arbeit von Freundlich und Loeb.
Fraktionierung der Serumproteine. II. 463
höheren Wert von etwa 5,4. Man ersieht die Richtigkeit dieses Schlusses
auch aus folgenden Beobachtungen. Ist die Membran lange in Ge-
brauch, so sinkt der alkalische Extremwert im ersten Stadium der E. D.
Daher tritt auch dann nach immer kürzerer Dialysedauer der p,-Sturz
ein. In einem besonders krassen Falle geschah dieses bereits bei
>4 Ampere. Es war offenbar nur noch sehr wenig NH,-Salz in der
Membran, die Hemmung der OH’-Auswanderung nur noch äußerst gering.
8. Vergleich der verschiedenen Membrankombinationen.
Außer diesen Haupterscheinungen lassen sich auch gewisse Neben-
erscheinungen deuten. Daß die Membran allmählich immer weniger
NH; abgibt, ist ja plausibel, damit auch der immer geringer werdende
alkalische Extremwert im ersten Stadium der E. D., daher auch die
Verschiebung des Auftretens der Säuerung nach höheren Leitfähigkeits-
werten hin. Die verringerte OH’-Konzentration infolge weniger ge-
hemmter OH’-Auswanderung kann durch die erhöhte Pufferfähigkeit
der Mittelflüssigkeit für H nicht wettgemacht werden. Es erklärt
sich aber vor allem auch das relativ schnelle und extrem verlaufende
Auftreten der Säuerung, wenn man unter sonst gleichen Bedingungen
mit zwei Pergamentmembranen elektrodialysiert. Hier fällt der die
Säuerung überkompensierende Anstieg ins Alkalische ganz fort. Die
anodische Membran stellt vor allem nicht mehr durch eigenen reichlichen
Salzgehalt den durchwandernden Anionen ein Hindernis dar. Zudem
kommt zu der relativen Beschleunigung der OH’-Abwanderung auch
noch eine absolute Beschleunigung der Na Wanderung, da sie hier
allein im Felde (früher noch H und NH;) durch die kathodische
Membran wandern. Dieses wirkt aber wieder auf die Geschwindigkeit
der Abnahme der OH’ in der Mittelflüssigkeit zurück. Zudem ist zu
beachten, daß die OH’ dreimal so rasch wandern als die Na.
Sobald also infolge Elektrolytentzug usw. keine Pufferung der
H mehr eintritt (die durch die Membranhydrolyse bedingt ist), geht
die Reaktion schnell ins saure Gebiet, und zwar bis zu den Extrem-
werten von 4,0 (Freundlich und F. Loeb, Protokoll k). Diese relativ
starke Erniedrigung der p,-Werte erklärt sich im Anschluß an früher
Dargelegtes so, daß infolge Umkehr im Ladungssinn der bezüglichen
Grenzflächen der anodischen Membran allerdings auch eine Bremsung
der Durchwanderungsgeschwindigkeit der OH’ eintritt. Diese Be-
hinderung ist aber keineswegs so stark wie bei der mit Salz beladenen
Chromgelatinemembran. Bei diesem p,-Wert (4,0) erfolgt nun eine
völlige Lösung des Eiweißniederschlages, was im übrigen genau den
Bedingungen entspricht, die Ettisch und Runge!) für die Löslichkeit
von Euglobulin bei relativer Elektrolytfreiheit aufgezeigt hatten.
1) Kolloid-Zeitschr. 87, 26, 1925.
464 G. Ettisch:
Für die Richtigkeit der hier gegebenen Erklärung spricht auch
das Verhalten der Stromstärke bei Anwendung verschiedener Membran-
kombinationen. Bei zwei Pergamentmembranen treffen wir nur auf
einen unerheblichen Anstieg der Leitfähigkeit. Nach den Versuchen
von Freundlich und Loeb steigt dabei — nach Protokoll a — die Strom-
stärke von 12 auf 23 Milliamp. Sehr stark ist dagegen der Anstieg,
sobald man zwei Chromgelatinemembranen verwendet. Protokoll b
der genannten Autoren zeigt einen solchen von 12 auf 318 Milliamp.,
da von beiden Membranen sowohl NH; als auch — wahrscheinlich —
Chromationen abgegeben werden. Die Ruppelsche Kombination:
Chromgelatine— Pergament steht somit in dieser Hinsicht etwa in
der Mitte.
Benutzt man an Stelle des NH,-Salzes das entsprechende Kalium-
salz zur Herstellung der Membran, so erreicht durch Einwanderung
des K die Hydrolyse und damit die Alkalitätssteigerung noch höhere
Werte. Diese werden so groß, daß trotz Elektrolytentzug kein Eiweiß
ausfällt, selbst nachdem die Elektrolyte weitgehend aus der Mittelzelle
herausgewandert sind. Es kommt nur sehr schwer und nach sehr
langer Zeit zu einer Säuerung. Infolge der völligen Dissoziation des
KOH ist die durch sie bedingte OH’-Konzentration größer, und der
schließlich am Ende der E. D. erreichte Grenzwert des Рв, wie ег durch
Wechselwirkung der Membranhydrolyss und der К -Abgabe der
Membran zustande kommt, wird höher liegen, möglicherweise noch im
Alkalischen. Ist dies letztere aber der Fall, so kommt es nicht zu einer
Säuerung und daher, wie die Erfahrung gelehrt hat, auch nur zu einem
sehr geringen Eiweißausfall.
Eine mehrere Stunden dauernde Alkalität der Mittelflüssigkeit
ist äußerst bedenklich. Der Eiweißniederschlag, der dann beim Sauer-
werden auftritt, sieht völlig anders aus als der, den man sonst erhält.
Die Flocken setzen sich leicht ab. Der Niederschlag kann ohne Zenn.
fugieren durch Abgießen der Flüssigkeit erhalten werden, er löst sich
aber viel schwerer als sonst in Alkali wieder auf. Man trifft auch auf
gelbbraune, glasig-gallertig aussehende Klümpchen, die sich überhaupt
nicht mehr lösen. Es scheint, als ob sich hier irreversible Konden-
sationsprodukte gebildet hätten, die in extremen Fällen ganz unlöslich
sind. Auch im normalen Dialysat schwimmen manchmal derartige
Klümpchen herum und zeigen ganz dieselben Eigenschaften. Mögen
hier auch die individuellen Eigenschaften des Serums eine Rolle spielen,
so besteht jedenfalls ein unbestreitbarer Zusammenhang zwischen
dem Auftreten dieser Gebilde und der Alkalität der Mittelflüssigkeit.
Dafür spricht auch folgende Erfahrung. Nach unseren Beobachtungen —
wie es auch aus der Theorie von Bethe und Toropoff sich ergibt —
tritt für die kathodische Fläche des anodischen Diaphragmas eine
Fraktionierung der Serumproteine. II. . 465
Anhäufung von OH’ auf, wodurch die Konzentration dieser Ionen
hier größer wird als in der Mitte der Mittelflüssigkeit. Nun beobachtet
man, besonders bei ganz neuen Membranen sowie auch bei Präparation
der Membran mit K,Cr,O,, an der genannten Fläche die Bildung
von krustigen schwartenähnlichen, gelbbraunen, sehr elastischen Massen.
Man beobachtet weiter oft, daß die durch E.D. hergestellten Proteine
sich in Normosal in bestimmten Mengen gut lösen, ein anderes Mal
aber weniger gut. Das beruht vielleicht eben wieder darauf, daß manche
Seren durch das Verweilen im alkalischen Medium eine, wenn auch
naturgemäß nur leichte Änderung im Sinne einer Kondensation er-
fahren, infolge deren wiederum ihre Löslichkeit verändert wird. Man
muß wohl mit einer Veränderung in der Struktur des Moleküls selbst
rechnen. Es zeigt sich damit, daß das Verweilen in alkalischen Medien
sorgsam überwacht werden muß; denn zwischen der schwartenähnlichen,
starken Veränderung des Proteins und einer leichten Veränderung bei
geringer Einwirkungsmenge und -zeit liegen alle möglichen, aber noch
völlig unbekannte Zwischenstufen. Es sei über diese vermutlichen
Kondensationsprodukte noch erwähnt, daß sie weder in Säuren, noch
in Basen-löslich waren, selbst nicht nach tagelanger Einwirkung. Dem-
gegenüber zeigten sich Niederschläge, die in konzentrierten Säuren
(37 Proz. НСІ, konzentrierttes HNO, usw.) hergestellt waren, in
Alkalien wieder gut löslich.
Fragt man sich nun, welche Membrankombination befreit möglichst
rasch das Serum von seinen Elektrolyten und gestattet eine möglichst
schonende und reichliche Darstellung der verschiedenen Eiweiß-
fraktionen, so glauben wir nach unseren Erfahrungen, doch der Ruppel-
schen Anordnung den Vorzug geben zu dürfen, denn bei ihr wird der
isoelektrische Punkt erreicht, wenn die Elektrolyte sehr weitgehend
entfernt sind (natürlich bei einer nicht zu alten positiven Membran !).
Dieses bedingt einen reichlichen Ausfall der Globuline. Bei der Ver-
wendung von zwei Pergamentmembranen wird der isoelektrische
Punkt dagegen im allgemeinen bei merklich höherer Elektrolytkonzen-
tration erreicht. Der Ausfall von Eiweiß ist deswegen geringer. Man
kommt ferner in ein Gebiet von kleinerem ры, was vielleicht nicht
unbedenklich ist, wenn man das Eiweiß möglichst unverändert erhalten
will. Auch kommt man der Wiederlöslichkeitsgrenze des Globulins,
etwa 4,0, recht nahe. Pauli sucht diese starke Säuerung dadurch zu
vermeiden, daß er bei viel kleineren Spannungen elektrodialysiert.
Wir können unsere Bedenken gegen die viel längere Zeit, die er dabei
benötigt, sowie gegen andere seiner Maßnahmen nicht ganz fallen
lassen. Eine möglichst rasche E.D. erscheint uns nach wie vor
wünschenswert. Wohl erhebt sich gegen die Ruppelsche Anordnung
der Einwand, daß die Mittelflüssigkeit vorübergehend alkalisch wird,
466 . G. Ettisch: Fraktionierung der Serumproteine. П.
und daß dieses die Eiweißkörper in bedenklicher Weise verändern kann.
Wenn man aber, wie dieses in Laboratoriumsversuchen in der Rege
üblich ist [Stern!), Freundlich und Loeb?)], das Serum stark verdünnt
(1:5 oder 1:10), so ist die Höhe und Dauer der Alkalität gering und
unbedenklich. Unsere Versuche wurden absichtlich bei größerer Kon-
zentration ausgeführt, um den Einfluß der verschiedenen Versuchs-
bedingungen schärfer hervortreten zu lassen.
Zusammenfassung.
І. Zur Erklärung des zeitlichen Verlaufs der E. D. mit der Ruppe-
schen Anordnung muß man im wesentlichen drei Umstände berück-
sichtigen:
L ein Hineinwandern von NH; aus der positiven Membran in
die Mittelflüssigkeit;
2. die von Bethe und Toropoff dargelegte Ionenverschiebung an
den Membranflächen und die dadurch bedingte besondere
Ionenwanderung durch die Membran;
3. die von dem Donnangleichgewicht verursachte Membran-
hydrolyse der Eiweißkörper in der Mittelflüssigkeit.
II. Der Vergleich der verschiedenen Membrankombinationen er-
gibt folgendes:
Die Ruppelsche Kombination ist vorteilhaft, weil der isoelektrische
Punkt der Globuline bei kleinen Elektrolytkonzentrationen erreicht
wird, wodurch ein reichlicher Globulinausfall gewährleistet ist. Ferner
gelangt man nicht so weit ins saure Gebiet wie bei der Kombination
mit zwei Pergamentmembranen. Bedenklich ist bei der Ruppelschen
Kombination die vorübergehende Alkaleszenz der Mittelflüssigkeit.
Sie läßt sich aber durch genügendes Verdünnen des Serums vermeiden.
с., в. 8. 444 (1. Mitteilung.)
с., S. 8. 444.
Experimentelle Aeidose und Alkalose
des Gewebssaftes bei Fröschen und die Veränderung
der zytoplasmatischen Strukturen.
Vorläufige Mitteilung.
Von
A. Rumjantzew.
(Aus dem Kabinett für Histologie und Embryologie, Universität zu Moskau.)
(Eingegangen am 4. März 1926.)
In meiner vorigen Arbeit!) ist es mir gelungen, die Grenzen der
Unveränderlichkeit plasmatischer Strukturen der Zellen von paren-
chymatösen Geweben, die verschiedenen Organen des Frosches ent-
nommen waren, festzustellen. Es erwies sich, daß in den kleinen
ausgeschnittenen Stückchen, wenn sie 1⁄4 bis И; Stunde in physiologischer
Lösung mit einer Reaktion pa 6 bis рд 7,8 liegen, keinerlei Verände-
rungen bemerkbar sind. Nach Überschreitung dieser Grenzen kommen
bald charakteristische Veränderungen zum Vorschein, welche die Zelle
in den Zustand der trüben Schwellung bringen. Der Zweck vorliegender
Arbeit war die Erforschung der Veränderung der zytoplasmatischen
Strukturen derselben Gewebe bei künstlicher Acidose und Alkalose
und der Vergleich der gewonnenen Ergebnisse mit denjenigen der
vorhergehenden Arbeit.
Nach den Versuchen von Rohde (1920)?) sind die Frösche ein für diesen
Zweck sehr geeignetes Objekt, da sich bei ihnen bei Einführung von Säure
oder Alkali subkutan in den Lymphsack oder per os die Reaktion nicht bloß
des Harns von рі З bis 10, sondern auch die des Blutes von рд 4,2 bis 8,7
scharf verändert. Von diesen Ergebnissen ausgehend, konnte man vermuten,
daß auch der Gewebssaft dieser Tiere bei Acidose und Alkalose ebenso
schroff seine Reaktion verändert.
Material und Methode der Untersuchung.
Die Experimente wurden im Sommer 1925 angestellt. Die im Freien
gefangenen Tiere wurden 24 Stunden vor Beginn des Experimentes im
Laboratorium gehalten. Zum Experimente wurden 30 und in einigen
Fällen auch mehr Frösche genommen.
1) Im Driick.
2) Rohde, Pflügers Arch. 182, 114, 1920.
468 A. Rumjantzew:
Von den ausgewählten Fröschen wurden fünf Exemplare vor Deen
des Experiments seziert, um die Reaktion des Gewebssaftes verschiedener
Organe festzustellen. Die Durchschnittszahlen der vorgefundenen p,„-Werte
dienten als Kontrollziffern. Den übrigen Fröschen wurden zur Hervorrufung
der Acidose 2ccm gesättigter Lösung von Borsäure in den Lymphsack
eingeführt und zur Hervorrufung von Alkalose 1 oder Lé ссп gesättigter
Lösung von Carbonatsoda. Nach Verlauf einer bestimmten Zeit, im Laufe
der ersten Stunde nach M, % und 1 Stunde, und weiterhin jede 2 Stunden
bis zu 12 Stunden und ferner alle 6 Stunden, wurde die Reaktion des Gewebs-
saftes bei zwei Fröschen bestimmt.
Im ganzen sind sowohl für die Acidose als auch für die Alkalose
je drei Experimente angestellt worden. Jedes Experiment wurde
zweimal wiederholt, so daß zur Bestimmung von р. 180 Frösche
geöffnet worden sind. Die Reaktion wurde nach dem уор Gräff (1924)!)
beschriebenen Verfahren mit geringfügigen Veränderungen vorgenommen
mit Hilfe von Clarks Indikatoren. Die Bestimmung wurde nach sorg-
fältiger Entfernung des Blutes aus dem Stückchen rasch vollzogen;
die Schnelligkeit ist eine unumgängliche Bedingung, da die Autolys
der Stückchen sich durch eine Verschiebung der Reaktion nach der
sauren Seite hin fühlbar macht. Die Wirkung der autolytischen Pro-
zesse kann sich schon nach 10 Minuten offenbaren. Für Bestimmung
von Be des Gewebssaftes muß man gleichzeitig mit mehreren Indi-
katoren arbeiten, da man bei der Arbeit mit bloß einem zu ganz un-
richtigen Werten gelangen kann.
Die unten angeführten Zahlen sind nicht absolut genau; der wahr-
scheinliche Irrtum ist 0,2 des Wertes von fo.
Die Reaktion des Gewebssaftes normaler Tiere:
Haut ж.ш дз з жж боз 7,2 bis 7,4
Pankreas . . . 2.2.2 220. 6,9 ,„ 7,0
Nieren . . . . 2» 2 2 2 2 020.0 6,8 ,„ 6,9
Leber. . . . . 2 2 2 2 2 0. 6,7 ,, 6,8
Muskelgewebe . . . . . . . . 6,5 ,„ 6,6
Harnblase. . . . . . . . .. 70 ,, 7,2
Hari au ж Dën Ai de Sea 6,4 ,, 6,6
Die angeführten Daten weisen vor allem auf einen Unterschied
in der Reaktion der Haut und der parenchymatösen Organe hin und
gleichzeitig auf eine stark acide Reaktion der Muskeln. Dieser Unter-
schied der Reaktion (saure Reaktion der Haut und alkalische der
tätigen Organe) ist von Schmidtmann (1925)?2) und Raus (1925)})
bemerkt worden.
1) Gräff, в. Zieglers Beitr. 72, 603, 1924.
2) Schmidtmann, Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 55, 714, 1925.
2) Raus, Journ. of exper. Med. 61, Nr. 4, 6, 1925.
469
Acidose und Alkalose des Gewebssaftes usw.
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470 A. Rumjantzew:
Acidose. Nach Einspritzung von Säure äußert sich die Acidose der
Gewebe sofort nach Einführung der Säure in den Lymphsack, jedoch
erreicht ihre Entwicklung nicht mit einem Male das Maximum. Bei
allen drei Experimenten stellt sich das Maximum der Säuerung ge-
wöhnlich in 4 bis 6 Stunden nach Beginn des Experimentes ein, einige
Zeit hält sich das Maximum und fällt dann nach Verlauf der achten
bis neunten Stunde. Nach 12 bis 16 Stunden war die Reaktion des
Gewebssaftes wieder normal, mit Ausnahme des Harns, bei welchem
das Absinken der Acidität рд 4,6 einmal nach 48 Stunden beobachtet
wurde.
Aus den angestellten Experimenten ergab sich, daß
1. die Acidose das Maximum im Gewebssaft der Haut und in den
Muskeln am schnellsten erreicht;
2. die größte Säuerung im Vergleich zur Norm wird bei den
Muskeln beobachtet (Säuerung um 0,6 des ?g-Wertes), dann im Pankreas
und Leber um рн 0,4 und endlich in den Nieren um 7, 0,3;
3. die Reaktion des Harns nach 2 bis 3 Tagen gewöhnlich рд 5,5
ist, jedoch wurde manchmal auch eine Reaktion Py 5,1 und 4,6 beob-
achtet;
4. der Gewebssaft der Nieren und der Wände der Harnblase nie
zu stark gesäuert wird, р. der Harnblase ist etwa 7.
Alkalosee. 1. Dieselbe entwickelt sich schnell und hält sich
längere Zeit.
2. Der Gewebssaft verschiedener Organe alkalisiert sich verschieden.
Die größte Alkalisierung erfahren Niere und Leber um 0,4 des Wertes
von Do, Haut, Fußmuskeln und Harnblase steigern ihre Alkalität
nicht mehr als um De 0,2, und Pankreas wird noch weniger alkalisiert,
sein Gewebssaft bleibt fast normal.
3. Die größte Steigerung der Alkalität wurde beim Harn beob-
achtet, Pa = 8,6. Ebenso wie bei der Acidose bleibt der Harn im
Vergleich zu den Geweben längere Zeit alkalisch, da schon am zweiten
Tage die Alkalose vorbei ist, der Harn aber noch immer alkalisch ist,
wenngleich er normalerweise schwach sauer und als Ausnahme neutral ist.
Aus den vorgenommenen Experimenten kann man folgende
Schlüsse ziehen:
Durch Einführung von Alkalisalz oder Säure mit guten Puffer-
eigenschaften kann man die Reaktion des Gewebssaftes bei Fröschen
verändern. Was die Reaktion des Blutes anbetrifft, so hat sich bei
Anwendung der Indikatorenmethode (Ergebnisse von Stscherbakoff)
eine genaue Bestimmung seines Be als unmöglich erwiesen.
Joumain (1925)!) hat dieses für Bromthymolblau genau erforscht.
1) D. Joumain, С. т. soc. Biol. 92, Nr. 28, 1925.
Acidose und Alkalose des Gewebssaftes usw. 471
Soweit man jedoch вораг nach im Sinne der Genauigkeit falschen
Zahlen urteilen kann, verändert sich p,, des Blutes weder bei Alkalose
noch bei Acidose, was auch theoretisch wahrscheinlicher ist als die
Ergebnisse von Rohde.
Unsere Befunde bestätigen nicht die für den Harn von Rohde
angeführten Data — im ganzen ist die Grenze der Schwankungen
sowohl nach der aciden als auch nach der alkalischen Seite hin eine
geringere als die von Rohde festgestellte.
Tabelle III.
Nach Schmidtmann
Niere . . 6,6—6,7 | 6,8—6,9 | 7,6—7,7 |
Leber . . .. | 6364 | 67—68 | 7,0—7,2 | 62—64 | 676,9 | 72-74
Muskelgewebe ' 5,8—6,0 | 6,5—6,6 | 6,6—6,8 6,6—6,7
. | 4,6—4,8 | 6,4—6,6 | 8,4—8,6
Interessant ist es, zu bemerken, daß unsere Zahlen mit denjenigen
von Schmidtmann ziemlich genau zusammenfallen, der an denselben
Tieren analoge Experimente vorgenommen hat. Wie aus der angeführten
Tabelle ersichtlich, gehen Schmidtmanns Befunde mit den meinigen
nur bezüglich der Haut bei Acidose ziemlich scharf auseinander. Wenn
man zuläßt, daß es Schmidimann tatsächlich gelungen ist, die Reaktion
des Zellenplasmas festzsutellen, so muß man unbedingt zulassen, daß
die inter- und intracellulare Reaktion im Gewebe gleich sind. Aus
dem Vergleich mit den Ergebnissen der vorhergehenden Experimente
können wir vor allem folgende Schlüsse ziehen. Die überlebenden
Stückchen reagieren auf die Veränderung der Reaktion der physio-
logischen Lösung in gleicher Weise: die Gewebe von Niere, Leber
und Pankreas bleiben bei Veränderung der Reaktion von р. 6 bis 8
(d. h. bei einer Schwingung von Be 2) im Verlauf von М, bis M Stunde
unverändert. Solche Schwankungen werden im Organismus nicht
beobachtet. Die Leber von 6,3 bis 7,2, Pankreas 6,3 bis 7,2 und Niere
von 6,6 bis 6,7, d. h. Leber und Pankreas sind mehr der Acidose und
Niere der Alkalose unterworfen. Im ganzen ist die Schwankung р. 0,9
bis 1. Im Vergleich zu den überlebenden Stückchen ist sie geringer,
jedoch können wir auch bei diesen Veränderungen der Reaktion schon
auf den Anfangsstufen der Acidose und Alkalose charakteristische
Veränderungen beobachten, die man in höheren Konzentrationen
von H- bzw. OH-Ionen beim Überleben der ausgesonderten Stückchen
31*
472 А. Rumjantzew: Acidose und Alkalose des Gewebssaftes usw.
beobachten kann. Auf diese Weise reagiert also das Gewebe als ganzes
als Organ durch Veränderung seiner Zytostruktur anders, als das
Gewebe in Form eines Stückchens.
Meine vorläufigen Beobachtungen haben gezeigt, daß die Ver-
änderungen der zytologischen Strukturen ungefähr in derselben Richtung
wie bei Quellung des Stückchens eines Organs außerhalb des Organismus
verlaufen, d. h. das Chondriom verwandelt sich bei Acidose oder Alkalose
in allen Geweben schon in den Anfangsstadien in rundliche Kügelchen
oder angequollene Stäbchen, und bei Acidose löst es sich manchmal
sogar wieder auf, jedoch erreichen die Veränderungen der Zytostruktur
der Zelle niemals den Grad der vollständigen trüben Quellung, 4. h.
den Moment der Entmischung der Protoplasmas, welches sich morpho-
logisch im Erscheinen der Vacuolisation äußert. Das Chondriom ist,
wie Cowdry!) richtig hervorhebt, eine ungemein fein reagierende
Struktur, die bei jeder Funktionsstörung eines Organs durch eine Form-
veränderung reagiert, die Verschiebung der Reaktion, nur 0,2 bis 0,4,
ruft schon Veränderungen in der Struktur des Chondrioms der Gewebe
eines ganzen Organs hervor.
1) E. Cowdry. Carnegie Inst. Bull. Contr. to Embr. Nr. 25. Washington
1918.
Bemerkung zu der Arbeit von Wilhelm Starlinger
„Über das Verhalten
neutraler Natriumeaseinate bei Membranhydrolyse“’).
Von
M. Polanyi.
(Eingegangen am 6. März 1926.)
Die Diskussion, deren historischer Verlauf in der vorangehenden
Notiz geschildert ist, hat zu einer Übereinstimmung des experimentell
feststellbaren Verhaltens von Caseinlösungen geführt. In Abweichung
von den Schlußfolgerungen von Herrn Starlinger möchte ich jedoch
betonen, daß ich keine Möglichkeit dafür sehe, daß organische Salze
aus einer Caseinlösung herausdiffundieren, wenn sie nicht vorher in
dieser vorhanden waren. Die Tatsache, daß die Gesamtmenge der
leitenden Bestandteile bei der Dialyse kaum zunimmt, führt zu dem
Schluß, daß die Menge der organischen Salze bei diesem Vorgang
unverändert bleibt und somit auch ursprünglich einen erheblichen
Teil der Leitfähigkeit bedingt hat.
1) Diese Zeitschr. 170, 1, 1926.
Über das Verhalten
neutraler Natriumcaseinate bei Membranhydrolyse.
Von
Wo. Pauli.
(Ergänzung der obigen Bemerkung des Herrn M. Polanyı.)
(Eingegangen am 12. März 1926.)
Den Kernpunkt der ganzen Diskussion bildete die Frage nach der
Leitfähigkeit des Caseinations. Die Caseinationen sind, wie sich zeigte.
das organische Ion in neutralen, unzersetzten Caseinatlösungen, in Analogie
mit allen anderen Proteinarten. Erst durch Membranhydrolyse, die in
den Versuchen Polanyis und seiner Mitarbeiter zur Wirkung kam, treten
je nach der Membrandichtigkeit (neben meist geringen Mengen von Caseinst-
ionen) Na-Ionen mit Ionen von Caseosen (abgebautem Casein) und mit
OH’ bzw. HCO; (infolge fast vollständiger Reaktion der dünnen Lauge
mit der Luft-CO,) in die Außenflüssigkeit. Da sich die mittlere Anionen-
beweglichkeit dabei wenig ändert, bleibt auch die auf das Ausgangsvolumen
bezogene Gesamtleitfähigkeit praktisch gleich. Damit erscheint der ganze
Sachverhalt erschöpft.
Über den Mechanismus der Milchsäurebildung bei Phanerogamen.
Von
Carl Neuberg und Günther Gorr.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Biochemie zu Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 25. Februar 1926.)
Seit langem weiß man, daß im Stoffwechsel tierischer Zellen und
vieler Mikroorganismen die Milchsäure eine außerordentlich wichtige
Rolle spielt. Die Forschungen des letzten Jahrzehntes haben gelehrt,
daß die Fähigkeit zur Produktion von Milchsäure eine der verbreitetsten
Eigenschaften der lebenden Zelle überhaupt darstellt. Über die Be-
deutung der Milchsäure im Haushalt der höher organisierten Vegetabilien
liegen kaum Erfahrungen vor, selbst für das bloße Vorkommen von
Milchsäure bei grünen Pflanzen sind nur dürftige und unsichere Unter-
lagen vorhanden.
In Körnern und Pflanzensäften, z. B. bei Gerste, Mais, in Kartoffeln,
bei Tausendgüldenkraut (Erythraea centaurium) und in der Agave,
ist eine Anwesenheit von Milchsäure, zumeist von racemischer Säure,
beobachtet!). In den Blättern der Himbeere, Brombeere sowie im
Safte der Kirsche sind nach H.Franzen und seinen Mitarbeitern?)
wechselnde Mengen Milchsäure, oft allerdings nur Spuren, zugegen;
doch ist es nach Franzen und Keyssner (l.c.) unentschieden, ob sie
präformiert oder durch bakterielle Gärung nachträglich entstanden ist.
Eine typische Vorstufe der Milchsäure, die dem Lactacidogen der
tierischen Zelle entsprechen würde, hat R.Flury?®) in Kartoffeln,
Lupinen und Spinat nicht aufzufinden vermocht, obgleich J. Bodnär*)
den wichtigen Nachweis geliefert hat, daß zum mindesten den Erbsen
ein Phosphorylierungsvermögen eigen ist. Es läßt sich bisher nichts
darüber aussagen, ob der nach dem gegenwärtigen Stande der Er-
kenntnis jedenfalls seltene und geringfügige Gehalt der Vegetabilien
an Lactat etwa mit einem schnellen Verbrauch zusammenhängt.
1) W. Windisch, Zeitschr. f. Spiritusind. 10, 157, 1888; J. Habermann,
Chem. Zeitung 80, 40, 1906; Wm. Мс George, Chem. Centralbl. 1918,
I, 309.
23) H. Franzen und Е. Stern, Н. 115, 283, 1921; 121, 220, 1922;
H. Franzen und E. Keysaner, H. 116, 168, 1921; 129, 319, 1923;
H. Franzen und F. Helwert, H. 122, 85, 1922; 127, 38, 1923.
з) R. Flury, diese Zeitschr. 146, 297, 1924.
4) J. Bodnár, diese Zeitschr. 165, 1, 1925.
476 C. Neuberg u. G. Gorr:
С. Ciamician und С. Ravenna!) haben gezeigt, daß bestimmte Gewächse
(Spinat, Bohnen) zugefügtes Lactat angreifen; es wird dabei teils
oxydativ unter Abspaltung von Acetaldehyd, teils durch Umwand-
lung in ätherunlösliche Stoffe (Resynthese ?) verändert.
Das spärliche Auftreten der Milchsäure steht im bemerkens-
werten Gegensatz zur häufig beobachteten Gegenwart von Essigsäure
und Ameisensäure. Für erstere hat schon vor 20 Jahren С. Wehmer
118 Fundorte, für letztere 80 Fundstätten im Reiche der grünen und
chlorophylifreien Pflanzen beschrieben. Freilich muß man namentlich
bei den Formiaten auch an eine sekundäre Bildung denken, sobald
das Pflanzenmaterial mit Säuren destilliert worden ist. Von einem
Vorkommen der Milchsäure in Samenpflanzen hat J. Stoklasa?) be-
richtet; von ihm rührt die Angabe her, daß bei der anaeroben Atmung
in Zuckerrüben, Gurken, Bohnen und Kartoffeln neben Äthylalkohol
und Kohlendioxyd auch Milchsäure vorhanden ist; in komplexer
Reaktion sollen hier ebenfalls Essigsäure, Ameisensäure sowie Wasser-
stoff, die beiden letzteren über das Methan, weiterhin entstehen.
Über die Menge solcher im Atmungsprozeß erzeugter Milchsäure
finden wir folgende Daten bei Stoklasa und seinen Mitarbeitern.
0,82 Proz. Milchsäure ist der höchste angeführte Wert; er wurde bei
l kg Gurkenmasse (als Trockensubstanz) während 100stündiger an-
aerober Atmung bei 20° erreicht. Aus 5 bis 6kg frischen Pflanzen-
materials wurden durch Auspressung unter 400 Atmosphären Druck
500 ccm zellfreier Saft erhalten, aus dem mit Alkohol-Äther 6 bis 10g
Rohenzym niedergeschlagen wurden. 25g dieses Fermentpräparats
erzeugten innerhalb 52 Stunden aus 250 ccm 15proz. Traubenzucker-
lösung bei antiseptisch geführter Gärung 0,53 d. 1-Milchsäure. Diese
im Wasserstoffstrom erzielte Ausbeute sank beachtenswerterweise bei
Zuleitung von Sauerstoff auf 0,13g herab.
Unter gleichen Bedingungen lieferten 10g Rohenzym aus Gersten-
keimlingen durch eine anaerobe Glykolyse 0,33 g Milchsäure. Etwas
niedrigere Werte teilte J. Bodnár für das abgeschiedene Ferment der
Kartofftelknollen und Zuckerrübenwurzeln mit?).
In erheblich einfacherer Weise als den Prager Autoren ist es
G. Muenk?) gelungen, das glykolytische Ferment von der intakten
Pflanzenzelle abzutrennen. Er verfuhr dabei analog der Vorschrift,
1) G. Ciamician und C. Ravenna, Chem. Centralbl. 1919, III, 386;
1921, I, 95.
2) J. Stoklasa, Chem. Centralbl. 1905, I, 265; J. Stoklasa, A. Ernes
und K.Chocensky, Н. 50, 303, 1907; 51, 156, 1907.
3) J. Bodnár, diese Zeitschr. 78, 202, 1916.
ZG. Muenk, Chem. Centralbl. 1915, I, 163; Landw. Versuchsst. Sa,
396, 1914.
Mechanismus der Milchsäurebildung bei Phanerogamen. 477
die von Neuberg sowie Dakın und Dudley zur Gewinnung des aus
Methylglyoxal Milchsäure bildenden tierischen Ferments angegeben
worden war (s. unten), und hat behauptet, direkt durch Extraktion
der zerkleinerten Samen von gelber, weißer und blauer Lupine mit
physiologischer Kochsalzlösung ein Enzym isoliert zu haben, das mit
großer Leichtigkeit aus Stärke, Glykogen, Inulin, Traubenzucker,
Galaktose, Maltose, Rohrzucker, namentlich aber aus Milchzucker
Milchsäure bildet und gegen Antiseptika, wie Toluol oder Fluor-
natrium, wenig empfindlich ist.
Alle die erwähnten Angaben über die Bildung von Milchsäure
im Eigenstoffwechsel der grünen Gewächse werden von Fr. Ozapek
(Prag) sowie С. Oppenheimer in ihren bekannten Lehrbüchern mit
äußerster Skepsis beurteilt.
Bei den besonders gearteten energetischen Verhältnissen der
höheren Pflanzen würde das ‚Fehlen‘ von Milchsäure unter normalen
Verhältnissen ebenso erklärlich erscheinen wie für den ordnungsmäßig
funktionierenden Tierkörper. Falls bei den vorerwähnten positiven
Befunden die Mitwirkung von Bakterien keine Rolle spielt, kann an-
genommen werden, daß es bei den vegetabilischen Zellen hauptsäch-
lich unter anaeroben Bedingungen zu einer Anhäufung von Lactat
kommen kann.
Wenn nun die Fähigkeit zur Milchsäurebildung in der Tat ein
Attribut auch der höheren Pflanzenzelle ist, so durften wir erwarten,
daß sie diese Säure aus derselben Vorstufe bildet, die wir heute mit
guten Gründen für die tierischen Gewebe und die Bakterienzellen als
Milchsäurequelle annehmen.
Durch die Untersuchungen von С. Neuberg!), H. D Dakin und
H. W. Dudley?) sowie P. А. Levene und G. M. Meyer?) ist für animalische
Organe der Beweis erbracht worden, daß sie sehr glatt Methylglyoxal
in Milchsäure überzuführen vermögen. Für die entartete Zelle der
Tumoren gilt nach O. Warburg, K. Posener und Е. Negdlein*) ein Gleiches.
Mit der seit mehr als einem Jahrzehnt von uns vertretenen Ansicht,
daß die Milchsäure als Stabilisierungsprodukt des Methylglyoxals an-
zusprechen ist, steht das Verhalten der in den Zellen vorhandenen,
das Methylglyoxal umwandelnden Ketonaldehydmutase in bestem
Einklang, indem dieses Enzym nach О. Meyerhofs®) Befunden den
Charakter eines typischen Stoffwechselferments aufweist.
1) C. Neuberg, diese Zeitschr. 49, 502, 1913; 51, 484, 1913.
2) H. D. Dakin und H. W. Dudley, Journ. of biol. Chem. 14, 155 und
423, 1913; 16, 505, 1914.
3) P. A. Levene und G. M. Meyer, ebendaselbst 14, 551, 1913.
t) O. Warburg, K. Posener und E. Negelein, diese Zeitschr. 152, 316, 1924
5) O. Meyerhof, ebendaselbst 159, 432, 1925.
478 С. Neuberg u. С. Gorr:
Wie wir früher dargetan habent), kann auch in niedrig organi-
sierten pflanzlichen Gebilden, bei verschiedenen Bakterien, Methyl-
glyoxal als Vorstufe der Milchsäure gelten. Für drei verschiedenen
Gruppen angehörende Vertreter, für den Lactobacillus, das Bacterium
coli sowie für den Bacillus propionicus, ist ein solches Verhalten außer
allen Zweifel gesetzt. (Der erstgenannte Mikroorganismus ist ein regel-
rechter Milchsäurebildner; wir haben mit ihm die Vergärung von
Glucose zu Milchsäure im Umfange von 91,2 Proz. bewirkt.)
Im Hinblick auf das Problem, ob in der ganzen belebten Natur eine
einheitliche Bedeutung der Milchsäure zur Geltung kommt und ob ihr
hauptsächlicher Bildungsmechanismus überall als ähnlich vorausgesetzt
werden darf, haben wir eine Prüfung der Frage für wichtig gehalten.
ob Zellen höherer Pflanzen Methylglyoxal in typischer Weise zu Milch
säure dismutieren. Als geeignete Objekte ermittelten wir die Erbsen
samen, die zugleich den Vorzug leichter Zugänglichkeit besitzen. Wie
wir gefunden haben, enthalten diese das Methylglyoxal angreifende
Ferment in so reichem Maße, daß man die ruhenden Samen benutzen
kann, und nicht durch vorangehende Keimung ihren verlangsamten
Stoffwechsel anzufachen braucht. Da man mit starken antiseptischen
Mitteln arbeiten kann, so kommt eine Beteiligung von Mikroben nicht
in Betracht. Man kann die vorher mit lprom. Sublimatlösung keimarm
gemachten Erbsen, sodann die nicht vorbehandelten Erbsen in Gegen-
wart von reichlich Toluol, weiterhin Aceton-Trocken-Erbsen, ferner
wässerige Auszüge gemahlener Erbsen sowie die durch Fällung mit
Alkohol-Äther aus solchen Wasserextrakten von Erbsen erzeugten
Niederschläge (nach ihrer Wiederauflösung) unter Beigabe von Toluol
benutzen. Überall ist das Ferment vorhanden, das unter Luftabschluß
längstens in einem Tage 1- bis 2prom. Lösungen des Methylglyoxal-
hydrats quantitativ umwandelt. Dabei sind 70 bis 80 Proz. der
theoretisch möglichen Menge Milchsäure nachgewiesen worden. An der
als Zinklactat abgeschiedenen Substanz wurde konstatiert, daß die
racemische Säure vorlag. Dieser Befund deckt sich mit den Erfahrungen
von J.Gadamer?), J. N. Currie?) sowie A. W. Dox und R. E. Neidig’),
daß die Bildung von inaktiver Säure auch bei manchen Bakterien
bevorzugt ist; Franzen (l. с.) hat in den Blättern und Früchten grüner
Pflanzen ebenfalls nur d, l-Lactat beobachtet.
Wir haben den ruhenden Erbsensamen frei von prāformierter
Milchsäure befunden, so daß dieses in so vielfachen Zubereitungen
1) C. Neuberg und G. Gorr, ebendaselbst 162, 490, 1925; 166, 482, 1925.
2) J. Gadamer, Apothek.-Zeitschr. 12, 642, 1897.
3) J. N. Currie, Journ. biol. Chem. 10, 201, 1911.
es t) A. W. Dox und R. E. Neidig, Zeitschr. f. Gärungsphysiol. 8, 257,
3.
Mechanismus der Milchsäurebildung bei Phanerogamen. 479
anwendbare Erzeugnis ein brauchbares Material für das Studium der
Ketonaldehydmutase bei höheren Pflanzen abgibt.
Es hat sich bereits herausgestellt, daß solche Fermentpräparate
und ähnliche aus Bohnen und Lupinen nicht nur auf Methylglyoxal,
sondern auch aufanaloge Glyoxaleeinwirken. Nach Versuchen, die Herr
Binder-Kotrba ausgeführt hat, erzeugt das Erbsenenzym aus Phenyl-
glyoxalin praktisch quantitativer Ausbeute rechtsdrehende Mandelsäure.
Vor einiger Zeit haben С. Neuberg und A. Gottschalk!) am gleichen
Objekte, am Erbsensamen, gezeigt, daß die von ihm ausgelöste alkoholi-
sche Gärung analog der Zuckerspaltung durch Hefe verläuft, indem
sie hier gleichfalls über die Zwischenstufe des Acetaldehyds fortschreitet.
In der jetzt beschriebenen reichlichen und leichten Bildung von Milch-
säure erblicken wir einen Anhalt dafür, daß die im Effekt der alko-
holischen Gärung sich schon offenbarende Fähigkeit der grünen Pflanzen
zur Glykolyse unter bestimmten Bedingungen auch mit einer Ansamm-
lung von Milchsäure zutage tritt, d.h. mit der Stabilisierung des
Iniermediärprodukts Methylglyoxalhydrat, das sich in der Regel — im
Sinne der Ausführungen von С. Neuberg und M. Kobel?) — weder
anhäuft noch umlagert, sondern der Restitution unterliegt.
Jedenfalls verfügen die Phanerogamen über das vom lebenden
Gewebe abtrennbare Stoffwechselferment, das am Methylglyoxal die
bedeutsame Verschiebung in der Drei-Kohlenstoffreihe besorgt, und
damit ergibt sich eine wesentliche Übereinstimmung im Grundtypus
der Kohlenhydratumwandlung für die Zellen der grünen Pflanzen,
der Tiere sowie der Mikroorganismen.
Für alle Versuche wurden ‚Hohe Erfurter Zuckererbsen‘“ ver-
wendet.
J. Versuche mit frischem, in Sublimat gewaschenem Erbsensamen.
Eine größere Menge der Samen wurde auf eine ausgedämpfte
Porzellannutsche gebracht, deren untere Öffnung durch einen Gummi-
stopfen verschlossen war. Sie blieben hier 30 Minuten lang mit auf-
gegossener lproz. Sublimatlösung unter öfterem Durchschütteln in
Berührung; dann ließen wir die Flüssigkeit ablaufen und wuschen die
Erbsen gründlich mit ausgekochtem Leitungswasser auf der Nutsche
aus. Unter möglichster Einhaltung der Sterilität wurden darauf die
Erbsen im Exsikkator oberflächlich getrocknet und schließlich in
einem entkeimten Mörser zerstoßen!).
1) C. Neuberg und А. Gottschalk, diese Zeitschr. 151, 167, 1924; 160,
256, 1925.
2) C. Neuberg und M. Kobel, Zeitschr. f. angew. Chem. 88, 761, 1925.
480 C. Neuberg u. G. Gorr:
а) 25 р дег 2еггіеђепеп Erbsen, b) 12,5 g Erbsen, % Stunde lang mit
1000 ccm Leitungswasser, 500 ccm Wasser gekocht,
10 g Calciumcarbonat, 5g Calciumcarbonat,
1 g Methylglyoxal, 0,5g Methylglyoxal,
10 cem Toluol. öccm Toluol.
c) 25g Erbsen, d) 250 ccm Wasser,
1000 ccm Wasser, 2,5 g Calciumcarbonat,
10 g Calciumcarbonat, 0,25 g Methylglyoxal,
10 ccm Toluol. 2,5 ccm Томо].
Sämtliche Ansätze wurden in paraffinierten Stöpselflaschen in
einen Brutschrank von 37° gebracht.
Nach 20 Stunden war in a) das Methylglyoxal restlos verschwunden,
wie sich durch Prüfung mit p-Nitrophenyl-hydrazin-acetat in einer
kleinen zentrifugierten Probe ergab. Um die entstandene Menge Milch-
säure zu bestimmen, wurden 100 сеш des zentrifugierten Ansatzes а)
mit Salzsäure und Quecksilberchlorid nach Schenk von Eiweiß befreit,
wodurch das Volumen auf 120 ccm stieg. 60 ccm dieses Filtrats, au:
dem überschüssiges Quecksilber durch Schwefelwasserstoff entfernt
war, dienten, nötigenfalls nach vorheriger Vertreibung des durch intra-
molekulare Atmung entstandenen Alkohols sowie auch der von Nes-
berg u. Gottschalk (l. с.) aufgefundenen Acetaldehydmenge, zur Kupfer-
Kalk-Fällung, durch welche die in den Erbsensamen vorhandenen
Kohlehydrate beseitigt wurden. Das Volumen der Flüssigkeit wurde
hierdurch auf 100 ccm erhöht. In 20ccm klaren Filtrats wurde die
Milchsäure nach dem vereinfachten Verfahren der Permanganst-
oxydation-Titration ermittelt!). Hierdurch wurden 9,4 mg Milchsaur
gefunden. Nach Umrechnung auf das Gesamtvolumen ergibt sich be:
dem Hauptansatz ein Gehalt von 0,94 g an der Oxysäure; das entspricht.
auf Methylglyoxal bezogen, 75,2 Proz. der Theorie.
Um zu prüfen, ob auch eventuell mit aufgekochtem Erbsen-
samen, d.h. durch irgend einen Katalysator, in unspezifischer Weis
Methylglyoxal in Milchsäure übergeführt würde, ist Ansatz b) zentri-
fugiert worden. 250 ccm der klaren Flüssigkeit versetzten wir mit einer
Lösung von Quecksilberacetat, entfernten aus dem Filtrat das Queck-
silber wieder mit Schwefelwasserstoff und bestimmten in einem
aliquoten Teile der mit Luft vom Schwefelwasserstoff befreiten Lösung
das noch vorhandene Methylglyoxal als p-Nitrophenylosazon. E
1) Bezüglich Behandlung der Flüssigkeit und Oxydation zu Aldehy:
siehe die Vorschriften von S. W. Clausen, Journ. of biol. Chem. 52, 26.
1922; H. Hirsch-Kauffmann, Н. 140, 25, 1924; О. Meyerhof, Н. 141, 314
1924. Zur mikroanalytischen Bestimmung des Aldehyds vgl. die Angabe
von С. Neuberg und A. Gottschalk, diese Zeitschr. 146, 176, 1924.
Mechanismus der Milchsäurebildung bei Phanerogamen. 481
konnten nach Umrechnung auf den Gesamtansatz 78,3 Proz. des
zugefügten Ketonaldehyds nachgewiesen werden.
Diese Bestimmung kann indes nur einen ungefähren Anhaltspunkt
für eine eventuell unspezifische, unter den Versuchsbedingungen etwa
eintretende Methylglyoxal-Umwandlung gewähren, da einerseits die
Art der Aufarbeitung, andererseits der in der Lösung vorhandene
Zucker, der ebenfalls mit p-Nitrophenylhydrazin reagiert, das Resultat
undeutlich machen.
Ansatz с) diente zur Feststellung, ob sich im Erbsenbrei selbst
unter den Bedingungen des Versuchs Milchsäure vorfindet. Die in
gleicher Weise wie bei a) erfolgte Aufarbeitung ergab für unser Material,
daß Ansatz c) keine Milchsäure enthielt.
Durch eine p-Nitrophenylosazon-Bestimmung im digerierten
Kontrollansaiz d) wurde festgestellt, daß bei Beendigung des Versuchs
noch 90,4 Proz. des angewendeten Ketonaldehyds unverändert vor-
handen waren.
II. Versuche mit Aceton-Trocken-Erbsen.
Dieselben wurden hergestellt, indem der in der Mühle sehr fein
zermahlene Erbsensamen zunächst 20 Minuten mit der siebenfachen
Menge Aceton, dann nochmals 10 Minuten mit der vierfachen Menge
desselben Entwässerungsmittels sorfältig verrieben, darauf nach gründ-
lichem Abpressen auf der Nutsche mit der vierfachen Menge absoluten
Äthers in einem Mörser 10 Minuten lang durchgerührt wurde. Durch
eine 24stündige Aufbewahrung im Hochvakuum über festem Paraffin
wurden Aceton bzw. Äther restlos entfernt. (Es hinterbleibt ein staub-
feines Pulver, das nahezu weiß ist; denn durch die Behandlung mit
Aceton wird der gelbe Farbstoff der Erbsen ausgezogen.)
a) 50g Aceton-Trocken-Erbsen,
1000 ccm Wasser,
10 g Calciumcarbonat,
1,0g Methylglyoxal,
10cem Toluol.
b) 12,5 g Aceton-Trocken-Erbsen, 1 Stunde lang mit
250 ccm Wasser gekocht,
2,5 g Calciumcarbonat,
0,25g Methylglyoxal,
2,5ccm Toluol.
c) 12,5g Aceton-Trocken-Erbsen,
250 ccm Wasser,
2,5g Calciumcarbonat,
2,5ccm Toluol.
482 C. Neuberg u. G. Gorr:
d) 250 ccm Wasser,
2,5g Calciumcarbonat,
0,25 g Methylglyoxal,
2,5 ccm Toluol.
Nach 16 Stunden war das Methylglyoxal in JI a) total umgesetzt.
Die Bestimmungen der in dem Versuch gebildeten Milchsäure erfolgten
in völlig gleicher Weise, wie in Versuch Ia). Auf den ganzen Ansatz
berechnet, wurden 0,98 g Milchsäure oder 78,4 Proz. der Theorie ge-
funden.
Um die enzymatisch gebildete Milchsäure auch in Substanz zu
isolieren und auf ihr optisches Verhalten prüfen zu können, wurden
800 ccm des methylglyoxalfreien Zentrifugats nach Zugabe einer
geringen Menge Kreide auf dem Wasserbad bis zu einem Volumen von
etwa 200 ccm eingeengt und dann nach Filtration weiter bis auf 60 ccm
konzentriert. Durch Versetzen mit der dreifachen Menge heißen
absoluten Alkohols wurde jetzt die Hauptmenge der kolloiden Stoffe
gefällt; das durch Abdampfen von Sprit befreite Filtrat wurde mit
sirupöser Phosphorsäure angesäuert, auf ausgeglühtem Sand aufgesaugt
und alsdann durch dreitägige Extraktion im Soxlethapparat ausgezogen.
Der nach Verdampfen des als Lösungsmittel benutzten Äthers hinter-
bliebene Rückstand wurde auf dem Wasserbad zur Entfernung etwa
vorhandener flüchtiger Säuren einige Zeit erwärmt und schließlich їп
bekannter Weise über das Bleisalz in das kristallisierte Zinklactat
übergeführt. Es konnten so 0,75g Rohprodukt erhalten werden.
Nach der polarimetrischen Untersuchung sowie nach der Analyse der
umkristallisierten Substanz lag reines racemisches Lactat vor.
0,1163 g Substanz gaben bei 105° 0,0212 g Wasser ab.
0,0951 g wasserfreier Substanz lieferten 0,0317 g Zinkoxyd.
(C,H,O,);Zn + 3 HO. Ber.: H,O = 18,18 Proz.; gef.: Н,0
== 18,23 Proz.
(C,H,O,)Zn. Ber.: ZnO = 33,47 Proz.; gef.: ZnO = 33,33 Proz.
Die in gleicher Weise wie bei Versuch Ib) in Ansatz II b) vor-
genommene Methylglyoxalbestimmung lehrte, daß mindestens 54 Proz.
Methylglyoxal in dem Ansatz noch vorhanden waren; dieser Wert ist
aus den Gründen, die zuvor (8. 481) dargelegt sind, zu niedrig.
Die in Versuch IIc) vorgenommene Milchsäure-analyse ergab für
den ganzen Ansatz (1000 ccm) einen Gehalt von 0,002 g der Oxysäur.
Da dieser Wert fast innerhalb der Fehlergrenzen des Milchsäurebestim-
mungsverfahrens fällt, so ist es zweifelhaft, ob bei diesem Versuch
wirklich Spuren der Oxysäure aufgetreten waren.
Mechanismus der Milchsäurebildung bei Phanerogamen. 483
Die Ermittlung des Methylglyoxals im Filtrat von II d) ließ er-
kennen, daß hier bei Beendigung des Versuchs noch 92,5 Proz. des
Ketonaldehyds unverändert geblieben waren.
III. Versuche mit Erbsensaft.
Derselbe wurde hergestellt, indem jedesmal 70 g Aceton-Trocken-
Erbsen mit 210 ccm Leitungswasser sowie 4ccm Toluol eine Stunde
lang auf einer Maschine bei Zimmertemperatur kräftig geschüttelt und
diese Aufschwemmungen dann noch während einer Nacht in einem
Eisschrank aufgehoben wurden. Am nächsten Morgen wurde zentri-
fugiert.
a) 100 ccm Saft, b) 10 ccm Saft,
1 g Calciumcarbonat, 0,1 g Calciumcarbonat,
0,2g Methylglyoxal, 0,1 cem Toluol.
1 ccm Toluol.
Nach 19 Stunden war in [11 а) das Methylglyoxal verbraucht. In
50 ccm Zentrifugat wurde das Eiweiß nach Schenk gefällt; hierdurch
wuchs das Volumen auf 60 ccm an. 30 ccm des klaren Filtrats dienten
zur Weiterverarbeitung; Volumen schließlich 50 ccm. Mit 10 ccm des
gereinigten Filtrats führten wir die Bestimmung der Milchsäure aus.
Gefunden wurden 9,14 mg. Das macht für den ganzen Ansatz 0,1828 g
und, auf daszugefügte Methylglyoxal bezogen, 73,1 Proz. der Theorie aus.
Zur Feststellung, ob auch im Versuch ZII b) Milchsäure entstanden
war, wurden 9,0 ccm des Zentrifugats enteiweißt und nach vorschrifts-
mäßiger weiterer Reinigung quantitativ auf Milchsäure untersucht.
Ein durch die kleinen Fehler des Verfahrens hervorgerufener ‚negativer
Milchsäurewert‘‘ zeigte jedenfalls, daß auch bei Verwendung von Saft
unter den Versuchsbedingungen aus der Leibessubstanz unserer Erbsen
keine Milchsäure hervorgegangen war.
Eine Blindprobe mit Methylglyoxallösung für sich konnte hier
fortfallen, da die praktische Unveränderlichkeit des Ausgangsmaterials
während der Versuchszeit feststand.
IV. Versuche mit einem Alkohol-Äther-Fällungsprodukt aus Erbsensaft.
100 ccm des in derselben Weise wie für Versuch III gewonnenen
Erbsensaftes wurden mit 500 ccm absoluten Alkohols sowie 200 ccm
wasserfreien Äthers versetzt; der ausgefallene Niederschlag!) wurde
1) Verwendet man Aceton als Fällungsmittel, so ist der Niederschlag
häufiger klebrig, namentlich dann, wenn man den Erbsensaft aus gemahlenen
frischen Erbsen (statt aus Aceton-Trocken-Erbsen) bereitet hat.
484 C. Neuberg и. G. Gorr: Mechanismus der Milchsäurebildung usw.
mit einem Gemisch von 5 Teilen Alkohol und 2 Teilen Äther, genau
wie das für ebenso bereitete Zymasepräparate aus Hefensaft üblich
ist, rasch gewaschen und im Exsikkator unterhalb 0,5 mm getrocknet.
7g des so erhaltenen Pulvers,
100 ccm Wasser,
1 g Calciumcarbonat,
0,2g Methylglyoxal,
1 сет Toluol.
Nach 20 Stunden war das Methylglyoxal verschwunden. Der
Ansatz wurde nunmehr zentrifugiert und auf gleiche Art возле unter
Anwendung derselben aliquoten Teile wie bei Ansatz III a) aufgearbeitet.
In den zur Milchsäuretitration benutzten 10 ccm Endlösung (5 сеш Ur.
lösung entsprechend) konnten 9,38 mg dieser Säure ermittelt werden.
Das ergibt für den Gesamtansatz 0,1876 g oder, auf das angewendete
Methylglyoxal berechnet, einen Milchsäureertrag von 75,0 Proz. der
Theorie.
Wie man sieht, verlaufen die Versuche mit den verschiedenen
Präparationen des Erbsenferments durchaus gleichsinnig.
Zur Kenntnis der Phosphatase und über die Darstellung
von sauren Estern der Pyrophosphorsäure.
Von
Carl Neuberg und Joachim Wagner.
(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für Biochemie in Berlin-Dahlem.)
(Eingegangen am 10. März 1926.)
I. Neue Substrate der Phosphatase.
Die Gruppe der Phosphatasen besitzt eine in steter Zunahme
begriffene Bedeutung, da die Erscheinungen der Phosphorylierung und
Dephosphorylierung sich als wichtige biochemische Vorgänge zu er-
kennen geben. Die Fähigkeit, Phosphorsäure-ester zu spalten, ist bei
tierischen und pflanzlichen Zellen sowie bei Mikroorganismen aus-
gebildet und weit verbreitet. Die Substrate, welche unter natürlichen
Verhältnissen der Zerlegung durch die Phosphatasen ausgesetzt sind,
haben eine gemeinsame Eigenschaft. Es handelt sich, soweit bisher
ermittelt worden ist, um Phosphorsäure-ester von Polyhydrozxyiver-
bindungen, nämlich — in der Reihenfolge, in der ihre Angreifbarkeit
durch Phosphatase aufgefunden wurde — um Phytin!), Hexose-di-
phosphorsäure?) und Glycerin-phosphorsäure®), zu denen als ver-
wandte Substanzen die Rohrzucker-phosphorsäure®) sowie zwei isomere
Hexose-mono-phosphorsäuren 5) 6) traten. Sieht man von den kom-
plizierter gebauten Phospho-proteinen und den Nucleinsäuren sowie
ihren Spaltungsprodukten ab, so sind andere, den Phosphatasen zu-
gängliche Phosphorsäure-derivate in der Natur nicht nachgewiesen
worden. Dem Grundtypus der Polyhydroxyl-phosphorsäure-abkömm-
linge gehören jedenfalls auch die Pentosen- und Hexosen-phosphate
an, die als die letzten spaltbaren Bausteine der Nucleinsäuren zu gelten
1) U. Suzuki, K. Yoshimura und M. Takaishi, Chem. сога. 1907,
II. 1637.
2) A. Harden und W.J. Young, Proc. Roy. Soc. [В] 82, 321, 1910.
3) C. Neuberg und L. Karczag, diese Zeitschr. 86, 64, 1911.
4) K. Djenab und С. Neuberg, ebendaselbst 82, 391, 1917.
5) C. Neuberg, ebendaselbst 88, 432, 1918; M. Tomita, ebendaselbst
131, 170, 1922.
6) R. Robison, Biochem. Journ. 17, 286, 1923.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 39
486 C. Neuberg u. J. Wagner:
haben, ferner der jüngst von J.Greenwald!) entdeckte interessante
Blutbestandteil, die Di-phospho-l-glycerinsäure.
Es hat sich herausgestellt, daß den verschiedenen Geweben höher
organisierter Lebewesen ein ungleicher Gehalt an Phosphatasen eigen
ist. Es steht nicht fest, ob es organspezifische Phosphatasen gibt. Wir
wissen ferner nichts darüber, ob die Phosphatasen wechselnder Herkunft
identisch oder nur gruppenähnlich sind.
Aus dem häufigen Vorkommen und der Wirkungsstärke der
Phosphatasen darf man auf ihre Wichtigkeit für die Stoffwechsel-
prozesse schließen. Wir hielten es daher für eine lohnende Aufgabe,
Untersuchungen in der angedeuteten Richtung zu unternehmen.
Zunächst berichten wir von Erfahrungen über die Substrat-spezifitäl der
Phosphatasen. Dabei bleibt, wie vorweg betont sein möge, vorläufig
die Frage unerörtert, ob die beiden von uns geprüften Fermente,
tierische Phosphatase und Pilzphosphatase, miteinander übereinstimmen.
Für diese Untersuchungen war es wichtig, ein Substrat benutzen
zu können, das eine leicht kristallisierende, in reinem Zustande zugäng-
liche und für sich auch in wässeriger Lösung beständige Substanz ist.
Von allen den vorher genannten, in der Natur vorkommenden Ver-
bindungen, erfüllt keine diese Forderungen. Namentlich ist auch bei
keiner derselben eine wirklich einfache analytische Ermittlung beider
durch die Hydrolyse freiwerdenden Komponenten möglich.
Ein ausgezeichnet geeignetes Testobjekt fanden wir in dem Di-
kaltumsalz der Mono-phenyl-phosphorsäure, das leicht zu bereiten ist
und den erwähnten Ansprüchen in jeglicher Hinsicht genügt. Die quanti-
tative Bestimmbarkeit auch seines organischen Paarlings, des Phenols,
zählt zu den unschwer und genau ausführbaren analytischen Operationen.
Die Konstatierung, daß aromatische Phosphorsäure-ester enzy-
matisch spaltbar sind, bedeutet zunächst eine wesentliche Erweiterung
unserer Kenntnisse vom Mechanismus der Phosphatasenwirkung.
Zum Vergleich mit dem nunmehr als enzymatisch zerlegbar er-
wiesenen einfachsten Vertreter der aromatischen Phosphorsäure-
abkömmlinge haben wir eine aliphatische Ester-phosphorsäure heran-
gezogen, die Mono-äthyl-phosphorsäure. Diese Verbindung ist schon
von R. Н. А. Plimmer?) auf ihre Spaltbarkeit durch Gewebe mit
positivem Ergebnis geprüft; er beobachtete, daß ein Enzym der Darm-
schleimhaut sie angreift, während Leber- und Pankreasextrakte ohne
Einwirkung waren.
Die Feststellung, daß sowohl aromatische als aliphatische Phosphor-
säure-ester von tierischer wie pflanzlicher Phosphatase enzymatisch hydro-
1) J. Greenwald, Chem. Centraibl. 1925, I, 2633.
2) R. H. A. Plimmer, Biochem. Journ. 4, 43, 1913.
Z. Kenntnis d. Phosphatase u. Darstell. v. Pyrophosphorsäureestern. 487
Iyssert werden können, scheint uns bemerkenswert, namentlich im Hin-
blick auf den von uns!) erbrachten Nachweis, daß die den Phosphor-
säure-estern vergleichbaren und ähnlich gebauten sauren Schwefel-
säure-ester, die sogenannten Äther-schwefelsäuren, ein streng spezifisches
Verhalten gegenüber dem zugehörigen Ferment, der Sulfatase, zeigen.
Nur solche Äther-schwefelsäuren, die sich von ungesättigten Ring-
systemen (Benzol, Naphthalin, Indol, Chinolin) ableiten, also solche mit
phenolischem Paarling, sind sulfatatisch hydrolysierbar, während die ali-
phatischen und hydroaromatischen Äther-schwefelsäuren sich gegenüber
der pflanzlichen wie tierischen Sulfatase als widerstandsfähig heraus-
gestellt hatten. [Ob die Klasse der Schwefelsäure-ester von Senföl-glykosiden
als eine Ausnahme von dieser Regel zu betrachten ist, muß dahingestellt
bleiben; denn wie bei den Phosphorsäure-estern der Purin- und Pyrimidin-
glykoside (Nucleinsäuren) wirken hier anscheinend mehrere Enzyme zur
Herbeiführung der kompletten Zerlegung zusammen, und es ist noch nicht
geprüft ?), ob die sulfatatische Komponente mit der gewöhnlichen Sulfatase,
dem Enzym der Phenol-äthersulfate, identisch ist.]
Das Wirkungsbereich der Phosphatasen erweist sich nun als noch
breiter. Die angeführten, der Phosphatase zugänglichen Naturprodukte
von aliphatischem Charakter sowie Mono-phenyl- und Mono-äthyl-
phosphorsäure sind ausnahmslos Derivate der mono-substituierten Ortho-
phosphorsäure, deren Salze dem Symbol RO . PO . (OM), entsprechen.
Wir haben gefunden, daß auch die Salze des sekundären Di-phenyl-
phosphorsäure-esters von der Zusammensetzung (C,H,.0),PO.OM
spaltbar sind, und zwar, soweit unsere gegenwärtigen Erfahrungen
reichen, durch Nieren- und Pilz-phosphatase. Einen tertiären Phosphor-
säure-ester, das Triphenylphosphat, (C,H,O),PO, haben wir bisher,
wenigstens mit Pilzphosphatase, enzymatisch nicht zu hydrolysieren
vermocht. Dagegen hat sich in auffallender Weise und auf bemerkens-
werte Art aus der bisher wenig bekannten Körperklasse der Pyro-
phosphorsäure-estee die Di-phenyl-pyro-phosphorsäure in Form ihres
Di-kaliumsalzes
So == (Ce Hs) Ka P207.
als glatt dem enzymatischen Angriff zugänglich erwiesen. Diese Substanz
wird sowohl durch animalische als vegetabilische Phosphatase in kurzer
Zeit zu praktisch 100 Proz. zerlegt.
Da das Di-kaliumsalz der Di-phenyl-pyro-phosphorsäure leicht zu
bereiten ist, hervorragend kristallisiert, beständig ist und zugleich
1) С. Neuberg und J. Wagner, diese Zeitschr. 161, 492, 1925.
2) Vgl. C. Neuberg und K.Kurono, ebendaselbst 140, 295, 1923;
C. Neuberg, Die Naturwissenschaften 12, 797, 1924.
32 *
488 C. Neuberg u. J. Wagner:
analytisch gut bestimmbare Spaltprodukte liefert, so bietet es gleich
dem Mono-phenyl-ortho-phosphat ein sehr günstiges Material für das
Studium der Phosphatasen dar.
Die sich nunmehr offenbarende weitreichende Wirksamkeit der
Phosphatase darf wohl ohne Zwang mit der großen Verbreitung der
Phosphatasen in der Natur und mit der erheblichen Bedeutung der
verschiedensten organischen Phosphorsäure-verbindungen für bioche-
mische Prozesse ganz allgemein in Verbindung gebracht werden.
Pyro-phosphorsäure-ester sind bisher nur spärlich bekannt. Außer
den neutralen Tetra-alkylestern!), die nach den sorgfältigen Unter-
suchungen von A. Rosenheim und seinen Schülern nicht unzersetst
siedende Flüssigkeiten bilden?), kennt man dank den Arbeiten von
A.Grün und F. Kade?) einen sauren Pyro-phosphorsäure-ester kom-
plizierter Zusammensetzung) als ein Derivat des 2, 3-Distearins, ferner
als amorphes, der Reinigung trotzendes Bariumsalz den eigentlich nur
als labiles Zwischenprodukt angenommenen sauren Pyro-phosphor-
säure-di-äthylester).
Eine einfache Synthese des reinen und einheitlichen Pyro-phosphor-
säure-ds-phenyl-esters gründen wir darauf, daß wir auf eine Pyridin-
lösung des Anlagerungsproduktes von Phosphoroxychlorid an Pyridin
eine Pyridinlösung des Phenols einwirken lassen.
Ein Aufbau von Phosphorsäure-estern mit Hilfe von Phosphor-
oxychlorid und Basen ist schon früher von С. Neuberg und Н. Pollak®)
sowie von E. Fischer”) vorgenommen worden. Während man in
wässeriger Lösung zu Derivaten der Ortho-phosphorsäure gelangt, ist
es bei Ausschluß von Wasser und Innehaltung der angegebenen Reihen-
folge in den Zusätzen möglich, den Pyro-phosphorsäure-ester zu ge-
winnen. Wählt man die Verhältnisse so, daß ein kleiner Überschuß an
Phosphoroxychlorid (1,4 mol.) über das Phenol (l mol.) vorhanden
1) F. Cavalier, Chem. Centralbl. 1906, I, 1525.
2) A. Rosenheim, W. Stadler und F. Jacobsohn, B. 39, 2842, 1906;
А. Rosenheim und M. Pritze, B. 41, 2708, 1908; vgl. D. Balarew, Chem.
Centralbl. 1914, II, 1221; 1916, II, 1107; 1917, II, 273.
3) A. Grün und F. Kade, Ber. 45, 3361, 1912; vgl. auch R. R. Renshaw
und R. R. Stevens, Chem. Centralbl. 1914, IT, 975.
4) Nach den Autoren ist dabei das Zwischenprodukt ein quintärer
Ester, der vom Phosphorsäurehydrat P(OH), abstammt. Derivate des-
selben sind auch sonst beobachtet, z. B. unter den Mineralien; nahe
verwandt erscheint auch das bekannte Tetra-calciumphosphat, Ca,P,O,.
Die gegenteilige Behauptung von S. Posternak (C. r. 169, 37, 1919) trifft
daher nicht zu; vgl. die Diskussion (diese Zeitschr. 61, 187, 1914) zu Poster-
naks ursprünglicher unzulänglicher Phytinformel.
5) К. Langheld, Ber. 44, 2082, 1911.
6) С. Neuberg und H. Pollak, diese Zeitschr. 28, 515, 1910; 26, 514, 1910.
?) E. Fischer, Ber. 47, 3196, 1914.
Z. Kenntnis d. Phosphatase u. Darstell. v. Pyrophosphorsäureestern. 489
ist, so erhält man in 40 bis 50proz. Ausbeute den Pyro-phosphorsäure-
ester. Er wird isoliert, indem man in der Kälte die Lösungen der
Komponenten vermischt, nach 2 Stunden durch Destillation im Vakuum
das Pyridin abtreibt und den Rückstand mit Kalilauge behandelt.
Durch erneutes Eindampfen entfernt man frei gewordenes Pyridin und
Wasser; aus der hinterbliebenen Salzmasse zieht 90proz. Alkohol das
Di-kaliumsalz der Di-phenyl-pyro-phosphorsäure aus, das durch Um-
kristallisieren von anhaftenden Spuren anorganischen Phosphats sowie
Kaliumchlorids gereinigt werden kann.
Diese bisher unbekannte Synthese führt zu löslichen Salzen der
sehr beständigen Di-phenyl-pyro-phosphorsäure. Wir hoffen, uns
dieses Verfahrens zur Bereitung anderer Phosphorsäure-ester bedienen
zu können.
Die zu unseren Versuchen benutzte Mono-phenyl-ortho-phosphor-
säure wurde in Anlehnung an Angaben von B. Heymann und
W. Königs!) dargestellt. Für die Versuche mit den Phosphatasen
gelangte ihr Dikaliumsalz der Formel C,H,K,PO,, zur Verwendung.
Die Di-phenyl-phosphorsäure wurde in Gestalt ihres Monokaliumsalzes
(С, Нь)„К PO, zu den Spaltungsversuchen benutzt; die Verbindung ist
nach der Vorschrift von Glutz?) zugänglich.
Die Äthyl-monophosphorsäure ist als Bariumsalz unschwer nach
der Methode von W. Lossen und A. Köhler?) zu beschaffen. Durch
Umsetzung mit Di-kaliumsulfat entsteht eine Lösung des Kalium-
salzes, die ohne weiteres Verwendung finden kann.
II. Darstellung von Di-phenyl-pyro-phosphorsaurem Kalium.
In einem Fraktionierkolben werden in 350ccm vollkommen
trockenen Pyridins durch allmähliches Eintropfen 106g (1,4 mol.)
frisch destilliertes Phosphoroxychlorid gelöst. Zu dieser Reaktions-
flüssigkeit gibt man darauf tropfenweise eine Lösung von 47 g Phenol
in wenig Pyridin. Sowohl das Pyridin als auch das Phenol waren stets
frisch destilliert. Beim Eintragen der Phenollösung scheidet sich nach
kurzer Zeit eine weiße kristallinische Substanz aus. Um einer wesent-
lichen Erwärmung der Mischung vorzubeugen, kühlt man zweckmäßig
durch zeitweises Eintauchen des Kolbens in Eiswasser. Nachdem das
Gemisch im verschlossenen Gefäß etwa 2 Stunden bei Zimmertemperatur
gestanden hat, wird der Überschuß an Pyridin im Vakuum bei 30 bis 35°
abdestilliert und der Rückstand mit starker Kalilauge neutralisiert. Da
1) B. Heymann und W. Königs, В. 19, 3305, 1886; das Verfahren von
F.Zetzsche und M. Nachmann (Helv. 8, 943, 1925) scheint nur zur Gewinnung
von aliphatischen primären Phosphorsäure-estern geeignet zu sein.
2) Glutz, A. 148, 193, 1867.
3) W. Lossen und 4. Köhler, A. 262, 209, 1891.
4% C. Neuberg u. J. Wagner:
besonders anfangs wegen des im Überschuß benötigten Phosphoroxy-
chlorids die Zerlegungs-Reaktion ziemlich heftig verläuft, muß man
das Umsetzungsprodukt durch sehr gute Kühlung in einer Kälte-
mischung vor zu großer Erhitzung bewahren. Die zunächst gelbe Farbe
der wässerigen Pyridinlösung schlägt schon bei geringem Überwiegen
von Ätzalkali in ganz charakteristischer Weise!) in ein Violett-rot um,
so daß man ohne Zuhilfenahme eines Indikators den Neutralpunkt ohne
weiteres zu erkennen vermag. Man gibt ein geringes Übermaß von
Lauge hinzu und destilliert dann im Vakuum zusammen mit dem Pyridin
das Wasser bei 35° ab. Das zurückbleibende Salzgemisch wird zur
Herauslösung des Phosphorsäure-ester-salzes zwei- bis dreimal mit
siedendem 90proz. Alkohol extrahiert, indem man die alkoholische
Lösung noch heiß durch rasches Filtrieren an der Saugpumpe von den
anorganischen Salzen trennt. Aus der alkoholischen Flüssigkeit scheidet
sich beim Abkühlen bereits die Hauptmenge des di-phenyl-pyro-
phosphorsauren Kaliums in schönen nadelförmigen Kristallen ab, die
auch schon ziemlich rein sind. Die von dem Salze abgelaufene Mutter-
lauge liefert nach dem Einengen im Vakuum noch eine zweite, aller-
dings weniger reine Kristallisation. Zur völligen Säuberung wird das
Rohprodukt aus siedendem 92proz. Alkohol umkristallisiert. Meist
genügt eine einmalige solche Behandlung, um das Ester-pyrophosphat
völlig von anhaftendem anorganischen Phosphat und Kaliumchlorid
zu befreien. Im besten Falle erhielten wir das reine Salz bisher іп
einer Ausbeute von etwa 40 bis 50 Proz. der Theorie.
Das di-phenyl-pyro-phosphorsaure Kalium kristallisiert, wie schon
erwähnt wurde, in wohl ausgebildeten Nadeln. Es ist recht leicht löslich
in Wasser, fast unlöslich in absolutem Alkohol und vollkommen un-
löslich in Äther und den anderen gebräuchlichen organischen Solventien.
Eine kleine Probe vertrug trockenes Erhitzen bis über 300°, ohne
Zersetzung zu erleiden. Von Säuren und Laugen, die man bei 100° als
n-Lösungen im Verhältnis von 6 Mol Säure oder Lauge auf 1 Mol di-
phenyl-pyro-phosphorsaures Kalium einwirken ließ, wurde die Substanz
dagegen ziemlich rasch unter Abgabe von Phenol und organischer Phos-
phorsäure hydrolysiert;; stellte man jedoch Lösungen von gleicher Säure-
und Lauge-konzentration einen Tagin den Brutschrank bei 37°, so wurde
das Salz kaum zerlegt. Rein wässerige Lösungen sind völlig beständig.
Wir haben das erhaltene Pyrophosphat in vielen Analysen auf
seine Zusammensetzung geprüft. Hierzu wurde es stets mehrmals aus
92proz. Alkohol umkristallisiert und im Hochvakuum über Phosphor-
pentoxyd unter 0,3 bis 0,5 mm Druck und bei 100° bis zur völligen
Gewichtskonstanz getrocknet.
1) J. A. Mandel und С. Neuberg, diese Zeitschr. 71, 188, 1915.
Z. Kenntnis d. Phosphatase u. Darstell. v. Pyrophosphorsäureestern. 491
Phosphoranalysen.
Die Bestimmungen wurden derart ausgeführt, даб die abgewogene
Substanzmenge in der Platinschale mit dem 20fachen Quantum Soda-
Salpeter-Mischung geschmolzen wurde. Nach zweimaligem Abdampfen
der Schmelze mit starker Salpetersäure wurde mit Molybdän-Mischung
gefällt und die Phosphorsäure entweder als Mg,P,O, oder durch Titration
des gelben Molybdat-Niederschlages mit Natronlauge nach dem Vorgehen
von A. Neumann bestimmt. Mit beiden Verfahren erzielten wir überein-
stimmende Werte.
I. Substanz. 0,4247 g : 0,2344 g Mg,P,O,. Р = 15,38 Proz.
II. Substanz. 0,3044 g : 0,1688 g Mg, Dk Р = 15,47 Proz.
III. Substanz. 0,2271 g : verbrauchten n NaOH = 31,95 cem.
P = 15,57 Proz.
IV. Substanz. 0,3121 g: 0,1731 g Ме,Р„О,. P = 15,46 Proz.
V. Substanz. 0,2577 g : 0,1436 g Mg,P,O,. P = 15,53 Proz.
Kaliumbestimmungen.
Zur Ermittlung des Kaliumgehaltes bedienten wir uns der Perchlorat-
methode. Da das aus dem Salz frei werdende Phenol vor überschüssigər
Überchlorsäure in dunkel gefärbte, harzige und in Alkohol teilweise schwer
lösliche Produkte übergeführt wurde, dampften wir zunächst die gewogene
Substanzmenge mit konzentrierter Salpetersäure mehrmals auf dem
Wasserbade ein. Hierbei wird frei werdendes Phenol in nitrierte Körper
verwandelt, die in Alkohol glatt löslich waren und die Analysen nicht
störten. Die Fällung des Kaliumperchlorats wurde in gewohnter Weise
vorgenommen. Den Niederschlag kann man sehr zweckmäßig in einem
Glas-Gooch-Tiegel mit poröser Filterplatte zur Wägung bringen.
I. Substanz. 0,3660 р: 0,2475g KOO, К = 19,08 Proz.
II. Substanz. 0,3171g:0,2138g КСІО,. K = 19,02 Proz.
Elementaranalyse.
Eine Verbrennung (mit Kaliumbichromat und CuO) lieferte folgende
Zahlen:
0,1467 g Substanz: 0,1887 g CO, und 0,0348g H,O.
Aschenanalyse.
Bei vorsichtigem Verglühen des di-phenyl-pyro-phosphorsauren Kaliums
im Quarztiegel hinterblieb als Rückstand reines Kalium-meta-phosphat.
0,2734 Substanz ergaben 0,1586 КРО,.
Analysenresultate.
Cas Hio K. P-O,.
(406)
Ber.: P = 15,28Рго2.; К = 19,21 Proz.; C = 35,47 Рго2.; H = 2,46 Proz.;
Asche (KPO,) = 58,13 Proz.
5,88 Рго2.; К = 19,08 Proz.; C = 35,09Proz.; H = 2,65 Proz.
5,47 „ K = 19,02 ,, Asche (KPO,) = 58,01 Proz.
Gef.:
юм
492 C. Neuberg u. J. Wagner:
Zur weiteren Sicherstellung der angenommenen Formel wurde
aus dem Kaliumsalz, das, wie schon bemerkt, hervorragend gut kristalli-
sierende Bariumsalz hergestellt und ebenfalls analysiert.
2,0324 g Kaliumsalz in 30 ccm Wasser wurden mit einer Lösung von
1,3174g BaCl, + 2 H,O in 10ccm Wasser versetzt. Die Flüssigkeit er-
starrte augenblicklich unter Ausscheidung des Bariumsalzes. Der Kristall-
brei wurde auf der Nutsche abgesaugt, mit kaltem Wasser bis zur völligen
Cl-Freiheit und darauf mit Alkohol sowie Äther ausgewaschen. Erhalten
wurde fast genau die theoretische Menge an Bariumsalz.
Eine Bariumbestimmung als Bariumsulfat gab folgende Werte:
9,3099 g Substanz lieferten 0,1532 g BaSO,.
C„H„)BaP,O,. Ber.: Ba = 29,46 Proz.; gef.: Ba = 29,09 Proz.
(465,5)
Die Di-phenyl-pyro-phosphorsäure, für die wir die symmetrische
Formel
in Betracht ziehen, bietet nicht nur ein Interesse wegen ihrer fermen-
tativen Spaltbarkeit durch die Phosphatase des Tier- und Pflanzen-
reichs, sondern auch in rein chemischer Hinsicht. Sie ist nämlich aus-
gezeichnet durch ihre Fähigkeit zur Bildung vieler charakteristischer,
zum Teil prachtvoli kristallisierter Salze.
Aus dem Kaliumsalz erhält man leicht die Erdalkalisalze durch
doppelte Umsetzung. Sie fallen in größerer Konzentration sofort aus,
in verdünnten Lösungen in typischer Weise erst beim Anwärmen;
wenigstens gilt dieses für das Calcium- und Strontiumsalz. Die Schwer-
löslichkeit des Bariumsalzes erinnert in gewisser Beziehung an die vom
Bariumsulfat. Ein m/100 Lösung des Kaliumsalzes wird noch durch
Bariumchlorid gefällt, und der Niederschlag, der zwar von Mineral-
säuren gelöst wird, ist in Essigsäure schwer löslich. Wie bei der Schwefel-
säure ist auch das Benzidinsalz des Di-phenyl-pyro-phosphats außer-
ordentlich unlöslich; verhältnismäßig schwer löslich ist ferner das
Hydrazinsalz.
Über die Fällungsreaktionen des Di-phenyl-pyro-phosphats, die
zum Teil denen des Mono-phenyl-ortho-phosphats ähnlich sind, aber
auch manchmal sich davon verschieden gestalten, orientiert folgende
Tabelle 1.
Die Lösung von mono-phenyl-ortho-phosphorsaurem Kalıum in
einer Konzentration von m/2 zeigt auch hydrotropische Eigenschaften’),
1) C. Neuberg, diese Zeitschr. 76, 107, 1916.
Z. Kenntnis d. Phosphatase u. Darstell. у. Pyrophosphorsäureestern. 493
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Z. Kenntnis d. Phosphatase u. Darstell. v. Pyrophosphorsäureestern. 495
indem nämlich 1 ccm davon 0,075ccm Amylalkohol oder 0,05 ccm
Anilin glatt auflöst. 1 ccm Wasser scheidet die gelösten Substanzen in
dichter Trübung wieder aus.
Eine gleich konzentrierte Lösung des di-phenyl-pyro-phosphor-
sauren Kaliums zeigte diese lösenden Eigenschaften nicht.
Mit Alkaloidsalzen geben sowohl das Ortho-salz als das Pyro-salz
Fällungen, die zunächst meist harzig sind.
ШІ. Enzymatische Spaltungen.
A. Mono-phenyl-ortho-phosphorsaures Kalium und monoäthyl-ortho-phosphor-
saures Kalium.
Von diesen Verbindungen führen wir nur kurz folgende Daten an:
Mono-phenyl-ortho-phosphorsaures Kalium wurde von Taka-phospha-
tase innerhalb 30 Tagen zu 90,97 Proz. zerlegt, während tierisches
Ferment es in einer Woche zu 56,22 Proz. spaltete.
Mono-äthyl-ortho-phosphorsaures Kalium ließ sich mit Pilz-phospha-
tase in 21 Tagen zu 81,62 Proz. spalten, mit tierischer Phosphatase aus
Pferdeniere wurde es innerhalb von 12 Tagen zu 97,82 Proz. hydrolysiert.
Ausführlich wird Herr R. Iwaisuru darüber berichten.
В. Di.phenyl-pyro-phosphorsaures Kalium und di-phenyl-ortho-phosphor-
saures Kalium.
a) Versuche mit Pilz-phosphatase.
Da die Takadiastase ein an Phosphatase reiches Enzymmaterial
darstellt, wurde diese zunächst benutzt, um die beiden aromatischen
Phosphorsäure-ester auf ihre Spaltbarkeit durch vegetabilisches Ferment
zu prüfen.
Als Substrate dienten lproz. Lösungen von Kaliumsalzen der
Phosphorsäure-ester in destilliertem Wasser, und zwar wurde vor dem
Beginn der Versuche eine Lösung von genau bekanntem Gehalt her-
gestellt und in entsprechender Weise auf die verschiedenen Ansätze
verteilt: Zur Bindung frei werdender Säure, die eine unspezifische
Hydrolyse des Esters bei langer Versuchsdauer eventuell herbeiführen
konnte, wurde frisch gefälltes reines Calciumcarbonat und zur Wahrung
der Sterilität 1 Proz. vom Flüssigkeitsvolumen an Toluol hinzugefügt.
Zusammen mit dem Hauptversuch wurden als Kontrollen einmal
eine reine Lösung des Phosphorsäure-ester-salzes und zweitens eine
Aufschwemmung des Fermentmaterials nur in Wasser unter denselben
Bedingungen, d.h. im Brutschrank bei 370, aufgehoben. Wegen der
Anwendung des Calciumcarbonats konnte die abgespaltene Phosphor-
säure nicht direkt mit Magnesiamischung gefällt werden, sondern es
mußte die noch in organischer Bindung verbliebene Phosphorsäure auf
496 C. Neuberg u. J. Wagner:
indirektem Wege ermittelt werden. Hierzu verfuhren wir folgender-
maßen:
25,0 ccm der Reaktionsflüssigkeit wurden mit 10,0 ccm Magneesia.
mischung versetzt, 3 Stunden bei Zimmertemperatur aufbewahrt und denn
durch ein trockenes Filter in ein trockenes Kölbchen filtriert. Vom klaren
Filtrat wurden nun 25,0 ccm genau abgemessen und in einer Platinschale
zur Trockne eingedampft. Der Rückstand wurde vorsichtig mit Soda-
Salpeter-Mischung geschmolzen und die farblose Schmelze zweimal mit
Salpetersäure auf dem Wasserbade abgeraucht. In der wässerigen Lösung
des Rückstandes wurde dann die nunmehr in anorganischer Form vor-
handene Phosphorsäure in bekannter Weise über das Phosphormolybdat
als Mg,P,O, bestimmt.
In dieser Weise haben wir direkt nach Ansatz des Versuchs den
Gesamtgehalt an organisch gebundener Phosphorsäure ermittelt und
sind bei allen weiteren Analysen entsprechend verfahren. Aus dem
Fermentmaterial trat niemals eine mit Magnesiamischung unter den
obwaltenden Bedingungen nicht entfernbare organische Phosphor-
säure-verbindung in die Flüssigkeit über; die Lösungen der Ester-
kaliumsalze für sich hielten sich im Brutschrank durch viele Wochen
völlig unverändert.
Wenn die Spaltung im Hauptversuch annähernd beendet war,
wurde auch das abgelöste Phenol quantitativ bestimmt. Wir gingen
so vor, daß wir 100 ccm der Reaktionsflüssigkeit unter Zugabe von 2g
Calciumcarbonat mit Wasserdampf destilliertten. Das Destillat wurde
zur Bindung eventuell freigewordenen Ammoniaks einer zweiten
Destillation. über verdünnter Schwefelsäure unterworfen. In der nun-
mehr vorliegenden Flüssigkeit wurde das Phenol zunächst qualitativ
mit den gewöhnlichen Mitteln (Bromwasser, Eisenchlorid und Millons-
Reagenz) nachgewiesen. Die Proben fielen beim Hauptversuch stets
stark positiv aus, bei den Kontrollösungen immer negativ.
Quantitativ wurde das Phenol nach der Methode von Kossler,
Penny und Neuberg!) durch Titration mit Jodlösung ermittelt.
Die Ansätze hatten folgende Zusammensetzung:
a) Diphenyl-pyro-phosphorsaures Kalium.
Stammlösung. 2,0025 g Pyrophosphat in 200,0 ccm Wasser.
1. Di-phenyl-pyrophosphatlösung . . . . 150 ccm
Pilz-phosphatase .......... 3 g
Caleiumcarbonat .......... 3 g
Toluol 2.5: 5, a EE ENEE 1,5 ccm
2. Pyro-ester-kaliumsalz-lösung . . . . . 50 ccm
Caleiumcarbonat . . . . . ss sà 1 g
Toliol e e aa NÉE ee ns 0,5 cem
!) Siehe C. Neuberg, „Der Нат“, S. 476.
Z. Kenntnis d. Phosphatase u. Darstell. v. Pyrophosphorsäureestern. 497
3. Wasser. .. 2 2. 2 2 2 2 02000. 150 ccm
Pilz-phosphatase .......... 3 g
Caleciumcarbonat .......... 3 g
ТОМО ss ere ir ar 1,5 cem
Die folgende Tabelle weist den Verlauf des Spaltungsvorgangs aus.
Tabelle II.
Wirkung von Pilzphosphatase auf di-phenyl-pyro-phosphorsaures Kalium
(1 proz. Lösung).
| 1. севан
ап un пег
Ester-phosphorsäure,
— in
g Ма;Р;О;
Kontrollen
Zeit 1. Hydrolyse
Anfangs . . .. || 0,0980 0 | dauernd
Nach 2 Tagen . . | 0.0544 44,5 | res
7 0,0172 82,5 alten || verändert
n n | I
" ИРУ 0.0095 003 year |
ß) Di-phenyl-ortho-phosphorsaures Kalium.
Diese Salz bereiteten wir unmittelbar vor Anstellung des Versuchs
aus dem leicht zugänglichen Bariumsalz mit der entsprechenden Menge
Di-kaliumsulfat. Die Umsetzung wurde mit abgewogenen Mengen in
der Hitze im Meßkolben vorgenommen und die nach dem Filtrieren
völlig klare Lösung direkt für die Versuche benutzt. Wir behandelten
3,3073 g Ba-Salz mit 1,0g K,SO, (geringer Überschuß) und erhielten
2,9994 g Kaliumsalz, die in 300 ccm Wasser gelöst waren.
1. Di-phenyl-ortho-phosphat-lösung . . . 200 ccm
Pilz-phosphatase .......... 4g
Сас Оу e adana ж вш Ой ДЧ 4g
Toluol: жж. ж ж 666 2ccm
2. Di-phenyl-ortho-phosphat-lösung . . . 100 ccm
СаСО 2g
Toluol. Me, зе Сш ar a Тели Ж l cem
3 E ee ee ee э 200 ccm
Pilz-phosphatase .......... 4g
EE e a ж аа Е E Sa 4g
Toluol ecs geane к EI ee в н 2 ccm
Die Spaltung gestaltete sich folgendermaßen :
498 C. Neuberg u. J. Wagner:
Tabelle III.
Wirkung der Pilzphosphatase auf di-phenyl-ortho-phosphorssures Kalium
(lproz. Lösung).
1. —— |
| ап ungespaltener ` Kontroll
| Estersphospborsäure, ; 1. Hydrolyse SE? =
| ausgedrückt in
| g Мр Or...
Anfangs . . .. | 0,0710
Zeit
Nach 2 Tagen. . 0,0638
S 3 0,0538
Die nach 22 Tagen vorgenommene —— ergab
folgendes Resultat:
Das enzymatisch in Freiheit gesetzte Phenol wurde unter den
notwendigen Kautelen über kohlensaurem Calcium aus 50,0 ccm
Reaktionsgemisch mit Wasserdampf übergetrieben. Destillat 400,0 ccm.
100,0 ccm des letzteren verbrauchten 13,0ccm n/10-Jodlösung. Diese
zeigen 0,0815g Phenol für 50ccm Urlösung an. Da diese bei totaler
Spaltung 0,3263 g freies Phenol enthalten könnten, ist die Hydrolyse
zu 24,98 Proz. erfolgt. Diese Zahl fällt fast genau mit dem Wert
zusammen, den die Analyse der abgespaltenen Quantität Phosphor-
säure liefert.
y) Di-phenyl-pyro-phosphat mit Pilz-phosphatase zur
Phenolbestimmung.
Stammlösung. 2,0030 g di-phenyl-pyro-phosphorsaures Kalium in 200,0 ccm
Wasser.
Di-phenyl-pyrophosphat-lösung . . . . 200 ccm
Pilz-phosphatase . . . . . . . ... 6g
СаС 6 DEENEN 4g
Toluol Ж ш a: ж we Ж.ж ne 2 ccm
Die Phenolbestimmung, die auf die oben erwähnte Art ausgeführt
wurde, lieferte nachstehende Werte:
100 ccm des Reaktionsgemisches waren über 2g CaCO, mit Wasser-
dampf destilliert; Enddestillat: 1000,0 ccm.
100 ccm wurden titriert. Verbrauchte п/10 Jodlösung 25,5 cem.
Da Leem 0,001567 g Phenol entspricht, so waren in den 100 ccm
titrierter Flüssigkeit 0,03996g und in 100ccm Urlösung 0,3996 g
Phenol enthalten. Theoretisch könnten darin sein 0,4636 g. Das Salz
ist demnach zu 86,19 Proz. gespalten.
Eine parallel ausgeführte Phosphat-bestimmung zeigte eine Hydro-
lyse von 86,73 Proz. an, so daß vortreffliche Übereinstimmung bei
der Analyse der beiden frei gewordenen Paarlinge herrscht.
b) Versuche mit tierischen Organen.
Zur Entscheidung der Frage, ob die verwendeten Phosphorsäure-
ester auch von animalischer Phosphatase angegriffen werden, haben
Z. Kenntnis d. Phosphatase u. Darstell. v. Pyrophosphorsäureestern. 499
wir sie der Einwirkung des Ferments aus frischer Pferdeniere!) aus-
gesetzt. Hierzu bereiteten wir zunächst einen Organextrakt, indem
250 g möglichst von Fett und Bindegewebe getrennter Pferdeniere fein
zermahlen und mit 750ccm physiologischer Kochsalzlösung unter
Zugabe von "Beem Toluol einen Tag lang bei Zimmertemperatur
maceriert wurden. Nach dieser Zeit wurde zentrifugiert und die schwach
getrübte Flüssigkeit direkt als Lösungsmittel für die Ester-phosphor-
säure-salze benutzt. Die Analysen wurden in genau derselben Weise
ausgeführt, wie bei den Versuchen mit der Pilz-phosphatase. Auch aus
dem tierischen Fermentmaterial wurde keine mit Magnesiamischung
nicht fällbare organische Phosphorsäure-verbindung frei, da wahr-
scheinlich eventuell vorhandene Nucleinsäurederivate als schwer
lösliche Magnesiumsalze beim Vermischen mit der Magnesiamixtur
ausgefällt oder abgebaut worden waren.
a) Di-phenyl-pyro-phosphorsaures Kalium.
1. Ester-pyrophosphat . . . . . . . .. 2,0012 g
Nierensaft . » 2» 2: 2 2 2 2 2 22. 200 ccm
DECO: ar ee ec н а 4g
TOOL. о а ав e en 2 cem
2. Ester-pyrophosphat . . . . . . . .. 1,0040 g
УУ аззег............. iu 100 ccm
СаСО да ккан 3g
Tolol s l ccm
3:.Organsalt . s s 5 206 цы ea 200 ccm
CaCO; Aug 2% Eee 4g
ТОШО -e sei а жоё фо у зе A е 2 сет
Den Spaltungsverlauf zeigt die Tabelle IV an.
Tabelle IV.
Wirkung von Nierenphosphatase auf di-phenyl-pyro-phosphorsaures Kalium
(1 proz. Lösung).
nn o ae ⸗ —— —
1. Gehalt
an ungespaltener
Ester-phosphorsäure,
ge, Eé in
g МР О;
Kontrollen
1. Hydrolyse
Anfan
Nach 1 Тар. m
„ З Tagen . organiseh
5 bundeber
ш 7 п osphorsäure
1) C. Neuberg und M. Behrens, diese Zeitschr. 170, 254, 1926.
500 С. Neuberg u. J. Wagner: Zur Kenntnis der Phosphatase usw.
ß) Di-phenyl-ortho-phosphorsaures Kalium.
Das Kaliumsalz wurde ebenso hergestellt wie bei den Versuchen
mit Pilz-phosphatase beschrieben wurde. Die Lösung des Kaliumsalzes
wurde mit dem ÖOrganextrakt in genau gemessenen Verhältnissen
vermischt.
Zur Umsetzung wurden verwendet 3,3082g Ba-Salz und 1,0g
Kaliumsulfat (geringer Überschuß) und daraus 3,0000 g Kaliumsalz
erhalten; diese befanden sich in 300,0 ccm H,O.
1. Di-phenyl-ortho-phosphat-lösung . . . 200 ccm
Organsalt ; ............. 200 ccm
CaCO: ee re e с% 4g
Tolüol РОР" 4 сот
2. Di-phenyl-ortho-phosphatlösung . . . . 100 сет
СаСО a ж en 2g
Toluol: s s & 4.8: 8 8. ас a ОЁ Ж-а l ccm
3. Orgensaft.. . . . 2 2 2 2 2 2200. 200 ccm
Wasser: а.а у ш УШ ж ж ж я з 200 ccm
СаСОу ccc u aa e е Aë Aë A 4g
Toluol é s oea 4 ccm
Tabelle V.
Wirkung von Nierenphosphatase auf di-phenyl-ortho-phosphorsaures
Kalium (0,5proz. Lösung).
TL ешш | р 7
| an ungespaltener K 09 Kontrollen
Zeit Ester puo —— 1. Hydrolyse і er
; | edrückt in —— — — — —
J g2 Р: От — ar en
— | 0,0351 Kaaf un-
Nach 17 Tagen . | 0,0094 73, og ae] verändert
Die beim letzten Versuch nach 17 Tagen ausgeführte Phenol-
bestimmung ergab folgende Resultate:
50,0 ccm Urlösung lieferten 310 ccm Destillat. 100,0 ccm davon
verbrauchten 25,0ccm п/10 Jodlösung, das entspricht einem Gehalt
von 0,1214 g Phenol in 50,0 ccm Urlösung, während theoretisch aus
den 0,2500 g darin enthaltenen Kaliumsalzes 0,1632 р Phenol frei
werden könnten.
Das Salz ist also hiernach zu 74,39 Proz. gespalten, was sich in
Übereinstimmung mit dem aus der Phosphatbestimmung ermittelten
Wert befindet (siehe Tabelle V).
Zur „Bestimmung der gallensauren Salze im Blut“!),
(Berichtigung.)
Von
I. Lifschütz (Hamburg).
(Eingegangen am 11. März 1926.)
Die obige Methode ist durchweg aufgebaut auf dem von mir aus.
führlich erörterten und durch zahlreiche gut stimmende Analysen belegten
Verfahren zur spektrometrischen Bestimmung der Gallensäuren in Gallen-
flüssigkeiten, das ich auch für kolorimetrische Bestimmungen allenfalls
empfohlen hatte?). So anerkennenswert es ist, daß sich Herr Szilárd dieses
bedeutsamen Problems angenommen hat, so enthält doch seine Anwendung
des betreffenden Verfahrens auf die Gallensalze des Blutes einige Un-
genauigkeiten, die richtigzustellen, ich für durchaus notwendig erachte.
1. Zunächst sei bemerkt, daß das Verfahren, kolorimetrisch aus-
geführt, keineswegs so zuverlässig ist, wie die Spektrometrie der Gallensäuren
vermittelst der far’ sen Essigschwefelsäurereaktion. Denn die Kolori-
metrie setzt bekan :сісһ eine Testlösung voraus, wobei die etwaigen Fehler-
quellen verdoppelt werden, mit denen wohl jede Analyse — zumal die
optische — behaftet zu sein pflegt, während die in Rede stehende Spektro-
metrie (durch das Grenzspektrum) keinerlei Testlösungen beansprucht).
2. Die Entfärbung von Gallensubstanzlösungen mit Tierkohle ist
recht bedenklich, denn Tierkohle adsorbiert nicht nur die Pigmente,
sondern auch eine Reihe anderer Substanzen, wie Alkohole, Säuren und
‚Salze, während die letzteren hier doch quantitativ in der Lösung verbleiben
müssen. Wie in meiner oben zitierten Arbeit (S. 385) hervorgehoben ist,
wird selbst die dunkelgrüne Eisessiglösung der Ochsengalle durch das
Aufkochen mit dem Benzoylsuperoxyd hinreichend entfärbt, so daß sie
bei der weiteren Verdünnung mit Chloroform völlig farblos erscheint.
3. Eine weitere erhebliche Ungenauigkeit der zu erzielenden Analysen-
werte entsteht, wenn man die in Rede stehende Farbreaktion in der Eis-
essiglösung der Gallensäuren, ohne sie mit Chloroform zu versetzen, mit
der konzentrierten Schwefelsäure hervorruft. Die Reaktion ist nämlich
dann viel träger und unvollständiger®).
1) P. Szilärd, diese Zeitschr. 159, 325, 1925.
2) Irfschütz, Zeitschr. f. physiol. Chem. 92, 383ff., 1914.
3) Weil der Verhältniswert des bestimmenden Objektes (der Cholsäure)
eine ein für allemal festgestellte Konstante ist (s. weiter unten).
4) Siehe meine oben erwähnte Arbeit, S. 385, Anmerkung 1.
Biochemische Zeitschrift Band 171. 33
502 I. Lifschütz: Bestimmung der gallensauren Salze im Blut.
Da ich bei meiner diesbezüglichen Arbeit Ochsengalle (Fel tauri)
bzw. reine Cholsäure verwendet hatte, so sei es mir gestattet, auf die
Möglichkeit der Anwendung dieses Verfahrens auch auf die Gallensäuren
des Blutes oder deren Salze im Blutserum hier kurz hinzuweisen.
Wie ich in meiner erwähnten Abhandlung (8.391ff.) ausführlich
dargeten, lassen sich die gallensauren Salze vom Cholesterin, das ja —
nach seiner Oxydation — gleichfalls die farbige Essigschwefelsäurereaktion
gibt, in ihren konzentrierten alkoholischen Lösungen mit viel Äther
trennen, indem sie quantitativ ausfallen, wobei das Cholesterin in Lösung
bleibt. Es empfiehlt sich aber, diese Fällung der Salze zu wiederholen,
bis das’alkoholisch-ätherische Filtrat, nach dem Eindampfen einer Probe,
mit etwas Chloroform aufgenommen, mit Acetanhydrid verdünnt und
mit 2 bis 3 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure versetzt, keine Grün-
färbung bzw. kein Absorptionsspektrum mehr gibt!).
Die so gewonnene Gallensalzmasse wird für die Spektrometrie genau
so behandelt, wie das trockne ‚‚Fel tauri“ in meiner erwähnten Arbeit
(S. 385 ff... Die dabei festgestellte ‚‚spektrale Grenzempfindlichkeis“ (0)
braucht bloß mit 100 multipliziert und durch 9025%) dividiert zu werden,
um im Quotienten den Prozentgehalt (х) der Salzmasse an reiner Cholsäure
zu erhalten, nach der Proportionalgleichung 9025:@ = 100: z.
1) Es ist darauf zu achten, daß das verwendete Blutserum keine freien
Säuren enthält, die gegebenenfalls mit NaOH neutralisiert werden müssen.
2) Diese Zahl ist die in obiger Arbeit ein für allemal festgestellt „‚spektrale
Grenzempfindlichkeit““ der reinen Cholsäure.
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