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Full text of "Biochemische Zeitschrift 44.1912"

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2,28 





Biochemische Zeitschrift. 


Beiträge 
zur chemischen Physiologie und Pathologie. 


Herausgegeben von 
E. Buchner - Würzburg, P. Ehrlich -Frankfurt a. M., F. Hof- 
meister-Straßburg i. Els., C. von Noorden-Wien, E. Salkowski- 
Berlin, N. Zuntz- Berlin 


unter Mitwirkung von 
D. Aseoll-Catania, L. Asher- Bern, J. Bang-Lund, G. Bertrand-Paris, A. Biekel-Berlin, F. Blumen- 


Neapel, H. 3. Hamburger-Groningen, A. Hefiter- Berlin, V. Hearl-Paris, W. Heubner-Göttingen, 
R. Höber-Kiel, M. Jacoby-Berlin, R. Kobert-Rostock, M. Kumagawa-Tokio, F. Landolfi- 
Buenos Aires, L. Langstein-Berlin, P. A. Levene-New York, L. v. Liebermann- Budapest, 
J. Loch-New York, W. Loeb-Berlin, A. Loewy-Berlin, A, Magnus-Levy-Berlin, 3. A. Mandel- 
New York, L. Marchlewski-Krakau, P. Mayer-Karisbad, J. Meisenheimer-Berlin, L, Michaelis- 
Berlin, 3. Morgenreth-Berlin, W. Nernst-Berlin, W. Ostwald-Leipzig, W. Palladin-St. Peters- 
burg, W. Pauli-Wien, R. Pfeißer- Breslau, E. P. Pick-Wien, J. Pehl-Breslau, Ch. Porcher-Lyon, 
F. Rochmann-Breslau, P. Rona-Berlin, 8. Balaskin-St. Petersburg, N. Bieber-St. Petersburg, 
M. Siegfried-Leipzig, 8. P. L. Börensen-Kopenhagen, K, Spire-Straßburg, E. EL Btarling- 
London, J. Stokiasa-Prag, W. Straub-Freiburg i. B., A. Btutzer-Königsberg 1. Pr. 
F. Tangl-Budapest, H. v. Tappeiner-München, H. Thoms-Berlin, 3. Traube-Charlottenburg, 
A., 3. J. Vandevelde-Gent, W. Wiechowski-Prag, A. Wohl-Danzig, J. Wohlgemuth- Berlin. 


Redigiert von 
C. Neuberg-Berlin. 


Vierundvierzigster Band. 


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Berlin. 


Verlag von Julius Springer. 
1912, 


bh e 
di. 


351310 


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VAR 


Druck von Oscar Brandstetter in Leipzig. 


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Inhaltsverzeichnis. 


Härl, Paul. Weiterer Beitrag zur Kenntnis des Einflusses der intra- 
venösen Bluttransfusion auf den Gaswechsel . . . -. 2 0. . 
Härl, Paul und Stefan von Pestky. Hat die Temperatur der Nahrung 
einen Einfluß auf den Gaswechsel des Menschen? . . s ea. 
Rud6, Camilla und Stephan Cserna. Über die Wirkung der intraperi- 


tonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel e e o e e e oe a 0 e a" 


Hári, Paul. Zur Kenntnis des Einflusses der Kohlenhydrate auf den 
ET ENEE EE en 
Béi, Paul. Über die Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf 
den Energieverbrauch . . e.. e e oe oa eo o a aw e e 
Alexander, Franz €, und Gésa Révész. Über den Einfluß optischer 
Reize auf den Gaswechsel des Gehirns . . .. ee. au 
Alexander, Frans Œ. Untersuchungen über den Blutgaswechsel des 
EE RE a EN E ee a eh 
Orastein, L. Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung . . . 
@uagliariello, ©. Die Änderung der Wasserstoffionenkonzentration 
während der Hitzekoagulation der Proteine . . e oe... 


Quagliariello, G. Über die Hydroxylionenkonzentration des Blutes bei. 


der Temperaturerhöhung nach dem Wärmestich . . . . 2... 
Rohonyi, Hugo. Die Veränderung der Wasserstoffionenkonzentration 
bei der Pepsinwirkung und das Säurebindungsvermögen einiger 
hydrolytischer Spaltungsprodukte des Eiweißes . . . 2... . 
Glaser, Otte ©. Die Entwicklungsarbeit im Fundulusei . . . . . . e 
Berezeiler, L. Über die lipolytische Wirkung verschiedener Organ- 
erteakte A aa u es EE EE Se 
Berczeller, L. Kritisch-Exrperimentelles über die Bestimmung der Fette 
und Lipoide des Blutes und über die sogenannte „Lipolyse“ . . . 
Verzär, Fritz. Die Arbeit des Pankreas und sein Einfluß auf die Ver- 
brennung der Kohlenhydrate . . » 2 2 22.0... a 
Belák, Alexander. Die Wirkung dee Phlorizins auf den Gaswechse) und 
die Nierenarbeit e se 0 2 vr esoe ex ee nen e 
Tangi, Franz. Ein Respirationsapparat für mittelgroße Tiere — 


Schafe) e o e H e e d e e . ® $ e H k 
Tangi, Franz. Die minimale Erhaltnngsarbeit dos Beta (Stoft. 
und Energieumsatz im Hunger) . e 


pb 


Bei to 
Weiser, Stephan. Über den Ca-, Mg-, P- und N-Umsatz des wachsenden 
SCHWEINE: o s c 2 a ae ee e 270 
Zuntz, N. Zur Erklärung der Versuchsergebnisse von Chauveau über 
die Minderwertigkeit der Fette Kohlenhydraten gegenüber als 
Energiespender bei Muskelarbeit . . . . 2 2 2 2 00 00... 290 
Siegfried, M. und R. Zimmermann, Berichtigung. . , . . . . e . . 292 
Pilbram, Erast. Über Diastase. IL. . oo 2 senses en o o o 298 
Leeb, Jacques und Reinhard Beutaer, Die Ursachen des Verletzungs- 
Stromes . o.o. eooo ee eneen 4 808 
Palladia, W. Zur Kenntnis der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen 
Eiweißabbau und Atmung der Pflanzen. III.. ....... . 318 
Ferssmana, 3. und Assar Hintse. Die heterologe Toxizität der Antisera 336 
Kopaczowski, W. Einfluß einiger Antiseptica auf die Wirkung der 
Maltase . . 0 0 0 e 0 000 an ee re. en een 3409 
Tscherneruskl, M. Über die gegenseitige Wirkung von Nuoleinsäure 
und nucoleinspaltendem Ferment im tierischen Organismus . . . 353 
Fasal, Hage. Über eine oolorimetrische Methode der quantitativen 
Tryptophanbestimmung und über den Tryptophangehalt der Horn- 
gebilde und anderer Eiweißkörper . . . . s.e e um nu e o 892 
Bierry, H. Über die Verdauung von Inulin . . . 2. 0.0... 402 
Bieery, H. Saccharose spaltende Fermente . . e e e ww 415 
Bierry, H. Über Raffinose und Gentianose spaltende Fermente . . 426 
Bierry, H. Über Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 446 
Oste, Kohshi. Zur Frage der Hitzebeständigkeit von Trypsin und Pepein 472 
Ohta, Kohshi. Über das Verhalten der Äpfelsäure im Tierkörper . 481 
Neuberg, Cari und eer Schowket. Polarimetrische Bestimmung des 
Glucosamingehaltes von Ovomuooid und Pseudomucin . . . . . 491 
Neuberg, Cari und Omer Bohowket. Veränderungen einiger Arzneimittel 
im. Liobht. 2 4 = 2.2.0 E EE ER 
Neuberg, Carl und @mer Schowket. Über einen einfachen Nachweis des 
Vorkommens von gepaarter Glucuronsäure im normalen Ham . 502 
Asch), Julius. Über „Agfa“-Lecithin. . . , een o 505 
Autorenverzeichnis .... ee ae aen ee oe eooo o 507 


Weiterer Beitrag zur Kenntnis des Einflusses der 
intravenösen Bluttransfusion auf den Gaswechsel. 


Von 


Paul Häri. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 2. Mai 1912.) 


In einer früheren Arbeit!) wurde gezeigt, daß die Wärme- 
produktion unter dem Einflusse einer intravenösen, homogenen 
Bluttransfusion eine geringe, jedoch durch direkte Calorimetrie 
sicher nachweisbare Steigerung erfährt, und zwar, wie an- 
genommen wurde, „als Folge der vom Herzen geleisteten Mehr- 
arbeit bei der Beförderung der vermehrten Blutmenge“. 

Gegen die Richtigkeit dieser Deutung konnte der Ein- 
wand erhoben werden, daß die Steigerung des Energiever- 
brauches nicht der vermehrten Herzarbeit entspricht, sondern 
durch den Reiz bedingt ist, der von dem eingespritzten — 
wenn auch nicht artfremden, dennoch — körperfremden Blut 
herrührt. 

Zur Entkräftung dieses möglichen Einwandes teile ich 
hier zwei Versuchsreihen mit, denen folgende Überlegung zu- 
grunde liegt: Wird an einem Hunde die homogene Blut- 
transfusion so vorgenommen, daß, wie in den obenerwähnten 
Versuchen, dadurch die Menge des Blutes entsprechend ver- 
mehrt ist, einem anderen aber durch einen vorangehenden 
Aderlaß so viel Blut entnommen, als er nachher infundiert er- 
hält, so daß die Menge seines Blutes schließlich unverändert 
bleibt, so muß die Steigerung des Energieverbrauches am 
zweiten Hunde ausbleiben, falls sie laut meiner Annahme durch 


1) Paul Häri, Über den Einfluß der intravenösen Bluttransfusion 
auf den Stoff- und Energieumsatz. Diese Zeitschr. 34, 11. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 1 


2 P, Häri: 


die erhöhte Herzarbeit infolge der vermehrten Blutmenge be- 
dingt war; die Steigerung des Energieverbrauches muß hin- 
gegen bei beiden Tieren zu konstatieren sein, wenn es sich um 
einen durch das körperfremde Blut hervorgerufenen Reiz handelt. 

Diese Untersuchungen wurden nach dem Zuntz-Geppert- 
schen Verfahren ausgeführt; die Versuchseinrichtung, die hierbei 
in Verwendung kam, ist von F. Tangl an anderer Stelle?) 
ausführlich beschrieben; hier sei nur in aller Kürze erwähnt, 
daß die Versuche an Hunden ausgeführt wurden, die seit 
12 bis 24 Stunden nicht mehr gefüttert und durch Curare- 
einspritzung völlig gelähmt, mittels künstlicher Ventilation 
ihrer Lungen am Leben erhalten wurden. 

Dem Hunde 1 wurden, nach Versuch 4, aus der Vena 
jugularis 50 ccm Blut entnommen und gleich darauf 200 g 
durch direkte Transfusion aus der Carotis eines anderen Hundes 
infundiert; die Zunahme der Blutmenge betrug ca. 22°/,. (Die 
Dosierung des Blutes geschah durch Wägung des blutspendenden 


Hundes.) 
Tabelle I. (Versuchsreihe 1.) 
Körpergewicht: 9720 g. Datum: 5. III. 






















Aelaelécal, 8 e 
25/35/73 98] Gë 
S 4 | we | © F= 
in der Ven- Ce EF g| druck Anmerkungen 
tilationsluft | pro Minute | Y2 IE< e 
—— — e 
fo | De zE mm Hg 












2,34212,122]78,46 





71,08[0,906 








2.283 2,069 79,86172,87 0,9031; 
2,224 2,073|77,36|72,10|0,933] ` 









2,222|2,093|77,07|72,6910,942] ; 






Zwischen Versuch 4 und 
5 wurden 50 ccm Blut 
aus der Jugularis ent- 


9,459 1,959 82,56 64,77|0,784] 5. 





d 3b 307111’ 54”| 3358 











| d 39,4 e d gleich 
6| 5307| 8"52”| 3388 Garaz01det gies gg sat 59g | 105 | ëmm, DEE 
7| 605| gr sol 3390 Jo 361)1.829180.04|62.01l0,775| 892 — 
‚361/1,829180,04162,01l0,775| 395| 85 
8| 6853| at) 3350 [2,46912,028]82,70167,93l0,821 GC 87 


1) F. Tangl, Die Arbeit der Nieren und die spezifisch dynamische 
Wirkung der Nährstoffe. Diese Zeitschr. 34, 1. 


Einfluß der intravenösen Bluttransfusion auf den Gaswechsel. 3 


Dem Hunde 2 wurden, nach Versuch 3, aus der Vena 
jugularis 210 cem Blut entnommen und gleich darauf durch 
200 g aus der Carotis eines anderen Hundes ersetzt. 


Tabelle II. (Versuchsreihe 2.) 
Körpergewicht: 10550 g. Datum: 6. III. 











Anmerkungen 


pro Minute 










Atemvolum 


des Versuchs 





1 10 4” 8’ 41” 


2 | 112 26’| 8’ 26” 
3 | 122 20| 8’ 40” 










| 
4 2,061 1,896|78,21 71,95|0,920| E 128 | wurden um 122 40° 
| | 390 210 cem Blut ent- 
5| 3a 08| Y 25” | 3548 [2,214 1,922[78,55,68,19[0,868| el 140 | 300 com Biat infos- 
; diert. 
6| 3» 28| 8 55” 2,214 1,888[76,97 65,63]0,852] 32° | 140 
7| 4> 10| 8 00” [34769)]2,282 1,882]79,32165,42l0,24[ 3&6 | 140 


Wie den Daten in Tabelle I und II zu entnehmen ist, 
entsprach das Verhalten des O,-Verbrauches durchaus der oben 
angedeuteten Erwartung. In Versuch 1 beträgt der durch- 
schnittliche O,-Verbrauch vor der Transfusion 78,56 ccm pro 
Minute; nach der Transfusion 80,71 ccm; es war daher eine 
Zunahme des O,-Verbrauches um 2,15 ccm zu beobachten, d. i. 
2,74°/, des ursprünglichen Wertes. 

In den erwähnten, bereits publizierten Versuchen mit 
direkter Calorimetrie wurde die Wärmeproduktion im Durch- 
schnitt von 5 Versuchsreihen ebenfalls um 2,7°/, erhöht?) ge- 
funden; eine Übereinstimmung, die in dieser Genauigkeit zwar 
um so eher dem Zufall zuzuschreiben ist, da ja die Menge des 
transfundierten Blutes dort im Durchschnitt aller Versuche 


1) Atemvolumen infolge verunglückter Ablesungen dem voran- 
gehenden Versuche 6 entnommen. 
Le, BR 138. 
1* 


4 P. Häri: 


33°/,, in der Versuchsreihe 1 jedoch bloß 22°/, betragen hatte, 
die jedoch an der Tatsache der Erhöhung der Wärmeproduk- 
tion infolge der Transfusion nicht mehr zweifeln läßt. 

Darin, daß in Versuchsreihe 1 die infolge der vermehrten 
Blutmenge erhöhte Herzarbeit nicht mit einer Steigerung des 
Blutdruckes, sondern mit einem geringen Sinken derselben ein- 
hergeht, liegt kein Widerspruch. Der größeren Füllung des 
Blutgefäßsystems konnte ja kompensatorisch, ja, dieselbe über- 
kompensierend eine Verminderung des arteriellen Tonus gefolgt 
sein, in welchem Falle bei niedrigem Blutdruck die Vergröße- 
rung der Herzarbeit in einer bedeutenden Zunahme seines 
Schlagvolumens bestände. Daß die größte Leistung des Herzens 
nicht etwa von einem Maximum des Blutdruckes abhängt, geht 
aus Tigerstedts?!) Untersuchungen hervor. 

Im Versuche 2 war, wie erwähnt, dem Tiere durch einen 
vorangehenden Aderlaß soviel Blut entnommen, als es nachher 
transfundiert erhielt; es war daher eine Veränderung des 0,- 
Verbrauches nicht zu erwarten; dies traf auch tatsächlich — 
und wie ich betonen muß — wieder mit einer überzeugenden 
Genauigkeit ein. 

Es seien nun auch die Werte für die CO,-Produktion einer 
Besprechung unterzogen, wenn sie auch in Versuchsreihe 1 nach 
und in Versuchsreihe 2 vor der Transfusion, sei es durch Analysen- 
fehler, sei es aus anderen Gründen, unregelmäßige Schwankungen 
aufweisen. 

Die CO,-Produktion beträgt in Versuchsreihe 1 vor der 
Transfusion durchschnittlich 71,85 ccm, nach der Transfusion 
67,10 ccm, sie erfährt daher eine Verminderung um 4,7 ccm, 
d. i. 6,5°/, des ursprünglichen Wertes. 

Auch in den zitierten publizierten Versuchen war eine 
Herabsetzung der CO,-Produktion zu konstatieren, die im Mittel 
aller Versuchsreihen 5,45°/, betrug; es besteht also eine hin- 
reichende Übereinstimmung zwischen jenen Versuchsreihen und 
dieser Versuchsreihe 1. Die Erklärung, die ich dort für die 
Verringerung der CO,-Produktion in Anspruch genommen hatte, 
dürfte auch hier statthaft sein: Beim Abbau des transfundierten 


1) R. Tigerstedt, Der arterielle Blutdruck. Ergebn. d. Psycho- 
logie Jahrg. 6, S. 125. 


Einfluß der intravenösen Bluttransfusion auf den Gaswechsel. 5 


Blutes finden Spaltungen statt, die mit positiver Wärmetönung 
einhergehen, ohne aber daß die Spaltungsprodukte insgesamt 
in der Exspirationsluft erscheinen würden: also es laufen exo- 
thermale Prozesse unter Bildung sogenannter intermediärer, 
nicht vollkommen oxydierter Verbindungen ab, die zur Folge 
haben, daß in jenen Versuchsreihen!) durch direkte Calori- 
metrie eine Erhöhung gefunden, durch indirekte jedoch eine 
Verringerung der Wärmeproduktion berechnet wurde. 

In Versuchsreihe 2, wo die Menge des Blutes unverändert 
blieb und, wie gezeigt wurde, auch der O,-Verbrauch nicht zu- 
nahm, nahm auch die Menge der ausgeschiedenen CO, nur 
wenig, und zwar um 2,1°/, ab. 

Es geht aus diesen Untersuchungen hervor, daß 
die Steigerung des Energieverbrauches, deran Hunden 
nach einer homogenen intravenösen Bluttransfusion 
eintritt, der durch die vergrößerte Blutmenge gestei- 
gerten Herzarbeit zuzuschreiben ist, und nicht etwa 
einem durch das körperfremde Blut bedingten Reiz, 
der die Stoffzersetzungen beschleunigt. 


1) 1}. c., 8.139. 


Hat die Temperatur der Nahrung einen Einfluß auf den 
Gaswechsel des Menschen? 
Von 
Paul Häri und Stefan von Pesthy. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 2. Mai 1912.) 


Es ist hinlänglich bekannt und bedarf keiner weiteren 
Beweisführung, daß dem Organismus Energie in keiner anderen 
als in Form chemischer Energie nutzbar zugeführt werden kann 
und namentlich, daß von außen zugeführte Wärme, abgesehen 
von dem regulatorischen Einfluß der Außentemperatur auf gewisse 
Stoffwechselvorgänge, niemals chemische Energie ersetzen kann. 

Damit soll freilich nicht gesagt werden, daß die Tempe- 
ratur der Ingesta für den Energieverbrauch eo ipso gleichgültig 
wäre: es geht ja bereits aus Berechnungen von Helmholz 
und Rosenthal!) hervor, daß bei einer täglichen Wärme- 
produktion von 2400 cal. ca. 50 cal., d. h. ca. 2°/, des ge- 
samten Energieverbrauches der Menschen auf die Erwärmung 
von Speise und Trank verwendet werden. 

Auch Rubner?) konnte in seinen Versuchen, in denen die 
Hunde abwechselnd mit 5 bis 10°, bzw. 35° warmen Speisen 
gefüttert wurden, beobachten, daß die automatisch registrierte 
Wärmeabgabe der Tiere, als sie unmittelbar nach der Fütterung 
in das Calorimeter eingesetzt wurden, sich verschieden verhielt, 
je nachdem kalt oder warm gefüttert wurde. Bei der Ermitt- 
lung der 24stündigen Wärmeproduktion fiel dieser Unterschied 
allerdings aus, da eine Berechnung derartiger Versuche bloß 
vom Zeitpunkte ab möglich ist, als das Calorimeter ins Wärmce- 
gleichgewicht gekommen ist — was immerhin 1 bis 1?/, Stunden 
zu dauern pflegt —; nach welcher Zeit jene Unterschiede be- 


reits verschwunden sind. 
1) Luigi Luciani, Physiologie des Menschen. 4, 498, 1911. 


2) M. Rubner, Die Quelle der tierischen Wärme. Zeitschr. f. Biol. 
1894, S. 115. 


P. Häri u. St. v. Pesthy: Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß usw. 7 


Es ist denkbar, daß kalte oder warme Speisen von der 
inneren Oberfläche des Körpers (Oesophagus, Magen, oberer 
Dünndarm) eine ähnliche Veränderung im Energieverbrauch 
auslösen, wie dies durch eine Änderung der Temperatur der 
Umgebung von der äußeren Körperoberfläche aus geschieht 
und Anlaß zum Einsetzen einer chemischen, resp. physikalischen 
Regulation der Körpertemperatur gibt, je nachdem es sich um 
eine Umgebungstemperatur unterhalb, resp. oberhalb der für 
das betreffende Individuum charakteristischen kritischen Tem- 
peraturgrenze handelt. Dies wäre die natürliche Erklärung der 
Tatsache, daß die durch Einführung kalter Speisen bedingte 
Abkühlung des Körpers nach einiger Zeit wieder ausgeglichen 
wird. Der Mechanismus dieser Regulierung würde darin bestehen, 
daß der lokale Kälte- oder Wärmereiz direkt oder auf reflektori- 
schem Wege einen verschiedenen Einfluß auf Muskeltonus und 
Bewegung, vielleicht auch auf manche Absonderungen ausübt, 
der sich in einer Veränderung des Energieverbrauches offenbart. 

Ferner wäre es auch denkbar, daß die kalt oder warm 
eingeführten Ingesta, die ja imstande sind, eine Erhöhung, 
resp. Erniedrigung der Körpertemperatur zu bewirken, hierdurch 
eine Zu- resp. Abnahme des Energieverbrauches verursachen. 

Was die Ausführung solcher Versuche anbelangt, war selbst- 
verständlich keine deutlich nachweisbare Änderung des Energie- 
verbrauches zu erwarten, wenn die Ingesta bloß die bei unserer 
normalen Ernährung vorkommenden Temperaturunterschiede 
aufwiesen; es mußten vielmehr extrem kalte resp. warme Speisen 
eingeführt werden, wiewohl aus leicht begreiflichen Gründen der- 
artigen Versuchen eine ziemlich enge Grenze gestellt ist, sowohl 
was die Menge als auch die Temperatur der Speisen anbelangt. 

Um die allsogleich nach der Einführung der Speisen 
einsetzende Verdauungsarbeit (spezifisch-dynamische Wirkung 
Rubners) auszuschließen, hätte anstatt verschieden tempe- 
rierter Speisen bloß kaltes resp. warmes Wasser eingeführt 
werden sollen; doch stößt dies auf Schwierigkeiten, indem es 
klar ist, daß das Einführen größerer Mengen — namentlich 
warmen — Wassers Erbrechen oder zumindest Unbehagen, also 
keinesfalls physiologisch zu nennende Zustände schafft. 

Was die Umgebungstemperatur anbelangt, waren die durch- 
sichtigsten Resultate von solchen Versuchen zu erwarten, in 


8 P. Häri und St. von Pesthy: 


denen die Umgebungstemperatur sich in der Nähe — jedoch 
keineswegs unterhalb — der kritischen Temperaturgrenze des 
Versuchsindividuums befand. 

Da die Versuche am bekleideten Menschen — 
wurden, dessen kritische Temperaturgrenze bei 15° liegt, konnte 
diesem Postulate um so leichter Folge geleistet werden, als die 
Zimmertemperatur, wie aus den Versuchsprotokollen weiter 
unten ersichtlich ist, in der Regel zwischen 17 bis 20° schwankte. 


Versuchsanordnung. 

Die Versuche wurden an einem von uns, an einem Assi- 
stenten und einem Diener des Instituts: 

P. J., 34 Jahre alt, mittleres Körpergewicht 99,4 2 

B. S., 23 29 29 29 ” 81, 6 ” 

M. J, 23 „ , » » 49,1 „ 
so angestellt, daß der Sauerstoffverbrauch (sowie die CO,-Pro- 
duktion) der Versuchsperson vor und nach dem Genusse von 
kalter resp. warmer Milch in Respirationsversuchen nach Zuntz- 
Geppert untersucht wurde. — Wir wählten Milch, da diese, 
sowohl kalt als auch warm genossen, keiner der Versuchspersonen 
widerstrebte, wenn auch jedesmal 1 Liter innerhalb weniger 
Minuten eingeführt werden mußte und die kalte Milch bloß 
3 bis 4°, die warme aber bis 50° hatte. 

Selbstredend wurde mit allen Kautelen darauf geachtet, 
daß bei Feststellung der Nüchternwerte, die ja als Vergleichs- 
basis mit größter Genauigkeit bekannt sein mußten, sich keine 
Fehler einschleichen. Die Versuchsperson hatte es in ent- 
sprechenden Vorversuchen bald erlernt, stundenlang ruhig und 
gleichmäßig bei geschlossener Nase durch das zwischen Lippen 
und Alveolarrand geschobene Mundstück mittels zweier leicht 
spielender Ventile aus Fischblase gegen die Gasuhr zu 
atmen. Die Versuchsperson durfte am Vorabend des Ver- 
suches bloß ein spärliches, hauptsächlich aus Fleisch be- 
stehendes Abendbrot zu sich nehmen, legte sich am Morgen 
des Versuches, gänzlich nüchtern, nach Entleerung der Harn- 
blase bequem auf ein Sofa hin und begann bald darauf gegen 
die Gasuhr zu atmen; mit der Probenahme und den Gasanalysen 
wurde jedoch erst nach einer halben Stunde begonnen. 

In die Achselhöhle war ein Thermometer (kein Maximal- 


Hat dieTemperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 9 


Thermometer!) eingesetzt, an dem die Temperatur während 
der ganzen Versuchsdauer mit einer Genauigkeit von 0,05° 
abgelesen werden konnte. 

Wenn infolge eines Husten- oder Räusperzwanges das 
Mundstück abgelegt werden, oder die Versuchsperson aus irgend 
einem Grunde aufstehen mußte, wurde jedesmal wieder 20 bis 
30 Minuten mit dem Beginn der Probenahme gewartet; eine 
ähnliche Pause trat natürlich in jeder Versuchsreihe ein, nach- 
dem die Milch ausgetrunken war. Die kalte Milch hatte eine 
Temperatur von 3 bis 4°; bloß in zwei Versuchen 6 resp. 
6,5°. Die warme Milch hatte eine Temperatur von 50 bis 
55°. — Die Milch mußte tunlichst schnell getrunken werden, 
was nicht immer gleich gut gelang; meistens waren hierzu 
3 bis 4 Minuten erforderlich; in manchen Versuchsreihen 
allerdings auch mehr. Die Abgrenzung des Harns in den ein- 
zelnen Versuchsperioden geschah durch Harnlassen zu Beginn 
der Versuche, vor dem Milchtrinken, dann 2!/, bis 3, resp. auch 
ð bis 6 Stunden nach dem Milchtrinken. Der N wurde im 
Harn sowohl als auch in der Milch nach Kjeldahl unter Ver- 
wendung von metallischem Hg als Katalysator bestimmt. 

In der Milch wurde auch der Fettgehalt durch Ausschütteln 
mittels Petroläthers bestimmt. 


Wir verfügen insgesamt über 22 Versuchsreihen, von denen 
12 Versuchsreihen mit kalter Milch 


und zwar: an P.J. Versuchsreihen 1 bis 4 
” —— am 5 aa 9 
„ M.J. a 10 „12 
und 10 Versuchsreihen mit warmer Milch 
an P. J. Versuchsreihen 13 bis 16 
„ B.S. 5 17 „ 19 
„ M.J. 5 20 „ 22 


angestellt wurden. In den Versuchsreihen 1 und 9 sind die Gas- 
wechselversuche verunglückt, so daß diese Versuchsreihen bloß 
weger ihrer anderweitigen Ergebnisse in Betracht gezogen wurden. 


Ergebnisse der Versuche. 
Ehe wir an die Erörterung der zahlenmäßigen Versuchsergeb- 
nisse gehen, soll einiger Erscheinungen gedacht werden, die in un- 
mittelbarem Anschluß an das Einführen der Milch beobachtet 


10 P. Häri und St. von Pesthy: 


wurden und weiter unten in Erwägung gezogen werden müssen. 
Einige Minuten, nachdem die kalte Milch getrunken war, be- 
gann die Körpertemperatur der Versuchsperson zu sinken und 
erreichte binnen 20 bis 30 Minuten ein Minimum, das bei P. J. 
0,25 bis 0,40, bei B. S. 0,50 bis 0,70, bei M. J. aber 0,45 bis 
0,80 unterhalb der Ausgangstemperatur gelegen war. Da der 
99,4 kg schwere P.J., der 81,6 kg schwere B. S. und der 49,1 kg 
schwere M. J. dieselbe Menge, d.h. 1 Liter der kalten Milch 
ausgetrunken hatten, ist es begreiflich, daß ihre Körpertemperatur 
durch dieselbe Menge kalter Milch eine um so stärkere Abkühlung 
erfahren hat, je kleiner das Körpergewicht des Betreffenden war. 
— In 1?/, bis 3 Stunden war die Temperatur in fast allen Ver- 
suchen mit kalter Milch zur Anfangstemperatur zurückgekehrt. 
Was die subjektiven Erscheinungen nach dem Genuß der 
kalten Milch ‚anbelangt, wurde leichtes Frösteln — von PJ 
auch sichtbares Muskelzittern, jedoch nicht länger als höchstens 
1 Stunde — empfunden; eine gröbere Störung erzeugte die kalte 
Milch nur bei B. S, der jedesmal ca. 3 Stunden später Brechreiz 
und Stuhldrang bekam, worauf der Versuch abgebrochen wurde. 
Nach dem Einführen der warmen Milch hat sich die 
Körpertemperatur, wie zu erwarten war, bei weitem nicht so 
stark verändert, wie nach der kalten Milch: der Anstieg betrug 
bei P. J. 0,12 bis 0,40, bei B. S. 0,15 bis 0,30 und bei M. J. 
0,10 bis 0,40°. Es ist dies bei der beschriebenen Versuchs- 
anordnung auch selbstverständlich, indem der Temperaturaus- 
tausch einmal zwischen einer Körpermasse von zirka 38° 
und einem Liter einer um zirka 33° kälteren, das andere 
Mal aber mit einem Liter einer um bloß zirka 15° wärmeren 
Flüssigkeit stattfindet. Hingegen ist es recht auffallend, daß 
die Körpertemperatur hier nicht vor 3 Stunden, einmal erst in 
6 Stunden, und öfters bis zum Abschluß der Versuche gar nicht, 
auf die Anfangstemperatur zurückgekehrt war. 
Von sonstigen Symptomen war außer einem mäßigen, nicht 
unangenehmen Hitzegefühl, das meistens von einem gelinden 
Schweißausbruch gefolgt war, nichts Besonderes wahrzunehmen. 


1. Der Gaswechsel. 


In den nachfolgenden Tabellen I bis XX sind die Einzel- 
daten sämtlicher Versuchsreihen enthalten. 





Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel ? 11 


Tabelle I. 
Versuchsreihe 2. * 


Versuchsperson: P. J. Körpergewicht: 99 kg. Datum: 21. XII. 1908. 
Zimmertemperatur: + 18,5°. 














Anmerkungen 


1| 9 18| 15,01°|7511]3,927|3,227|294,95|242,37[0,822]36,45| Von 8% 52’ bis 10h 24' 
2| ® 37| 16,10’|7329[3,93513,207|288,39|235,04|0,815]36,30| Ina giz gN mal 
3 | 9 59| 14,71’|7674|3,88913,234|298,44 248, 17|0,831[36,20 


4 |10 417) 15,41 |8391|4,14313,435]347,631288,23]0,829]3°°92| Y Mich v. 44° getrunken 


5 |11» 03| 13,91” |8169l4,324'3,431[353,22\280,27l0,793 36.02 
6 11% 20! 14,017 |s368]4,006 3,527|335,22 295,13|0,867136,00 
7 [11> 48| 13,16 |853413,849 3,236]328,47 reueg sa Harn, enthalt. 5,81 g N 
8 12 22| 13,73 |8s31|3,640/2,942]321 ,44|259,80]0,808136.40 


u. Ende d. Vers. 


Körpertempera- 
tur am Anfang 


e 
Q 





Tabelle II. 
Versuchsreihe 3. 
Versuchsperson: P. J. Körpergewicht: 99,5 kg. Datum: 12. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 190. 








Anmerkungen 





in der Ven- 
tilationsluft 


Atemvolum 
Körpertempera- | 
en tur am Anfang | 
u. Ende d. Vers. 











834513,630|2,969|302,92'247,76l0,823[ D e, Sen aas 27 





36,60 
13,55 [8252| — 13,046] — 1251,85] — SE tend 1,81 g N 

i 36,60 

7983|3,917/3,294 312,69 262,96 0,841 .. 


410m 357] 18,66 |ss14]3,833 3,093]337,841272,61)0,806]36-12] “atıch von 4 4%, enthai- 
3 61 5 tend 6,31g N, getrunken 
5 |10 517) 14,01” |8870|3,8303,2651339,72|289,60|0,852]36-15 


6 |11 08°) 13,48 |8797]3,551 3,089]312,38 271,73]0,869]20°52 
7 |11» 56 13,48 |8596]3,850 3,087]330,94 265,35|0,801]2%55] D tem Harn, entnal- 
? tend 2,21 g N 


8 |1% 21| 13,05’ [8524|3,607/3,128 307,46/266,63/0,862 GC 


12 P. Häri und St. von Pesthy: 


Tabelle III. Versuchsreihe 4. 


Versuchspereon: P. J. Körpergewicht: 99,5 kg. Datum: 29. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 21°. 

















Ka "Set . H w - 
lan Sala äslz ine 
Z 2 = S S = ea “2 Bar 
= A J- 351 Gs EK 

= 5 85 Anmerkungen 
Se CN: 
des Versuchs |< * SE 





2 
Si 
B 
Q 
















1| 8 32’ 





11,51’ 3,0521292,971242,83[0,828]. 


11,03’ 


795713,682 






Von 8b bis 938’ 175 ccm 
Harn, enthalt. 1,70 g N. 





35,90] Von 9h43’ bis 9ħ46' 11 


5,104 07°) 8,53” sen 3,70613,0701355,00'294,10l0,828 38’05| Milch von -+ 3°, enthal- 


35.95 tend 6,68g N, getrunken. 


610% 17’| 9,03’ 1957513,693'3,3341353,60 319,2310,90 36.05 
| 36,05 Von 9h 38° bis 11h 55’ 


710% 27 8,20’ 19583[3,697|3,2641354,28'312,78]0,882 96 10| 360 cem Harn, enthal- 


tend 2,79 g N. 
Si dë Sëtz made an) 3,244[355,08 293,03J0,82513C15 


glıı (el 8,40 |0146l3,844 3,123l351,57 288, gä al, 20 geg, (E e ertha. 


36,20 tend 2,62 g N. 


10/118 29) 9,90 |8094]4,254 3,196[344,31258,68j0,751]30°0 


11/12% 417) 8,86’ [8642]3,869 3,284[334,35|283,solo,sasl36'30 
12| mut 9,71 |8505|3,793 3,264|322,59|277,60l0,860 HER 
13| 3% 09'| 10,20’ |8030|4,1443,377|332,76|271,17|0,814136.80 
14| 4 14'| 11,51 [755514,189 3,191[316.47 241 081076113660 


Tabelle IV. Versuchsreihe 5. 


Versuchsperson: B. S. Körpergewicht: 82 kg. Datum: 5. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 20,50. 














Anmerkungen 


Atemvolum 
pro Minute 








Von Bb 46° bis 10b 27’ 
180 ccm Harn, enthal- 


tend 1,888 N 





Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel ? 13 


Tabelle IV (Fortsetzung). 

















u > © so 284 

alag = 1: HE FE 

A F 53 | Ee Dk 
ann Hin Ani 

des Versuchs | = GR 





= 
B 


| r £ 
4 10 5010,35 [792713,99713,2001511,20 261,27l0,939 3610| Mitch von +49, enthal- 


36.10 tend 7,49g N, getrunken. 
5 |11% 05| 9,53” [8153[3,82713,189]312,01|259,99]0,833][34°, 0 


6 |11» 977| 9,55” |7895|3,909 3,321]308,611262,19]0,34912615] HA, 'ntonsives Säite 





36.30 
7 is 40| 9,73 |s298]3,934 3,263[326,44 270,760,8201 640] Y Sro bem Harn, bathat. 
? tend 2,38 g N. 
8 |1% 00| 9,46” ug aale 71 261, edu sl 
9 1% 23/10,60 |7416|3,910 3,295l289,96|244,35l0,842 A 
Tabelle V. 


Versuchsreihe 6. 


Versuchsperson: B. S. Körpergewicht: 81,3 kg. Datum: 13. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 21°. 








| 
| 


tur am Anfang | 
u. Ende d. Vers. 



















SIEH 


Dauer 


Anmerkungen 


Atemvolum 
pro Minute 
Körpertempera- 


des Versuchs 







5 
B 


1| 8 37| 12,20 1638513,553|2,907]226,85|185,61]0,318 
2| 8 51’) 12,13’ 16455]3,26912,603[211,01/168,02]0,796 





Von 85 07’ bis 9h 30’ 65 cem 


3| 9% OS) 12,15’ 16289]3,41012,788 214,45|175,33 0,817 Harn, enthalt. 1,11 g N. 


Von 9h 37’ bis 9h 40’ 11 
36,15 Milch von — 6,50 ge- 


410% 10 9,51’ 18325[3,121/2,515]259,32,209,37]0,808 
36,30 trunken. 
36,30| Von 9h 30° bis 11h 56’ 


5 |10 217| 10,20 |8983]2,874 2,587J258,171232,39]0,90032°°>| 785 com Harn, enthal- 
36 35 tend 2,59 g N. 
. 610% 33| gas |8729]2,965 2,580]258,81|225,20]0,870]32°,0 
7 he Aal 8,45’ |219l2,723'2,474l251,03|228,07l0,90s]2 6:40] 1™ 30° Aufstoßen. 
8 118 15| 10,56 |7716|3 53612,909]272,83|224,45l0,822 


36,45 

36,50 

9 [11 28’) 10,46’ 17320]3,546 3,0001259,56/219,60/0,846 
| 


36,50 
36,50 
36,50 


14 P. Häri und St. von Pesthy: 


Tabelle VI. 
Versuchsreihe 7. 
Versuchsperson: B. S. Körpergewicht: 81,5 kg. Datum: 11. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 20°. 





Dauer 





fang 


SE 


Anmerkungen 


tur am Anfang 
u. Ende d. Vers. 


Körpertempera- 


H S 
ES- 
CS 
SL 
A, 
= 


des Versuchs 





e 
Q 


N "bi f 
1 | ® 40| 13,43” [5792J4,156 3,605[240,71/208,80J0,867]30°20] "Harn, enthalt. 1,888 N. 


o 06°) 12,38 |5762|4,812/3,836|248,51|192,220,773/3670 


2 
e e 36,60 
3| 9 22| 12,36’ [6194|3,864 3,439[239,33|213,01|0,890]2.°- 0 
4 36,50 
36,50 


7EIV 05 06’ bi 08’ 11 
5 [10 19) 10,01 |8014[3,58412,930]287,221234,810,817]32°70] “Stien von + 3°, ent 
36.00 haltend 5,66 g N, ge- 

6 110% 31’| 9,35" [8260[3,3502,749]276,71/227,06|0,82012.°, 0 SES 
2610| Von Oh 47’ bis 12h 30° 
7 |10 A9) 9,16’ |8581]3,37512,9201289,60 250,56|0,865[36°10| "30 cem Harn, enthal- 


3615 tend 2,42g N. 
8 110% 53’) 9,03’ 18932]3,229|2,7771288,411248,0410,860 36.95 
9 11% 04°| 8,85’ 19326]3,211 


D 47| 11,45’ 16538]3,816|3,072]249,49|200,84|0,803 


36,25 


2,850[299,45|265,79]0,887|34’ 1 


Tabelle VII. 
Versuchsreihe 8. 
Versucheperson: B. S. Körpergewicht: 82 kg. Datum: 8. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 20,50. 




















R o PET 
segi 5 [5% EE 
Seil ei s 132 asp 
= | A 3.5 er 
SS > 

g A ck Anmerkungen 
8 2 A: 
des Versuchs ER 









Von Bh 24’ bis 9h 52’ 
115 cem Harn, enthal- 
tend 1,88 g N. 





Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 15 
Tabelle VII (Fortsetzung). 
































— D . 
r v Pë © 8 s Ei E 
zia2|: Es 2:5 
A S = |i 

E o | in der Ven- AC? Anmerkungen 
des Versuchs |< * —— — ON 
com| o7 | © 


5/10 33°, 10,43° |7276]4,078)3,1291296,71 227,660,767]32°°0| "Much von + 20, ent- 
36.00 haltend 6,02 g N, ge- 


trunken, 
234.1010,762 36.10 


7116 56° 10,13’ |7583]4,063|3,168[308,09|240,22]0,779136,35| Von 10b 30’angefang.Kolik- 
222,72|0,755[36,35| schmerzen u. Diarrhöe. 


812% 07| 10.25 [749413.93612.972]294.96 
9/12 18| 9,87 [7343]3,825|3,200[280,861234,97J0,83613%°32] "380 ccm Harn, enthal- 
? tend 2,44 g N. 
10/12 28| 10,75 |7247|3,889 3,233|281,83|234,29|0,829]26°° 


610% 46’) 9,60’ 1804513,81712,910[307,07 





Tabelle VIII. 


Versuchsreihe 10. 


Versuchsperson: M. J. Körpergewicht: 49,5 kg. Datum: 14. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 21°. 





















— ' . D ° 
el P © Isel23 gs] Ss : ade 
2 48l 3 E28 al | Bi 
— A 2 = 6218 os > CES 
= CO, 8 Z E k 
g olin der Ven- — SE Anmerkungen 
S Š | tilationsluft | pro Minute O -m 
des Versuchs |< * SER 
cem| Die | Da | ccm | ccm °C 
1| 8844’ 4375[4,424|3,613]193,55|158,06/0,816[36,50| Von 8h 26° bis 10h 30’ 


310 ccm Harn, enthal- 


2| m 35 5084]3,595|2,933]182,76'149,11[0,815 tend 1,99 g N. 


3 10è 15’ 549813,321)2,665[182,58|146,52]0,802 





36,75 
36,70 





4 10% 48 12,68 |5762]3,44212,710[198,32|156,15]0,787130°22] "Sich von -+ 3°, enthal- 
36.35 tend 6,12g N, getrunken. 
5 H 


5 |11b 02°| 11,78’ 1632413,419|2,925[216,21/184,97[0,85 36.40 


6 11% 15° 11,917 |6266|2 293 2,997]206,33|181,46[0,910 an 


7 11% 30| 12,53 |5506]3,93613,045]e16,71/167,65|0,773136-45] "oo cem Harn, enthal- 
36 50 tend 4,386 g N. 


£ ’ 
8 111% 43°) 14,78’ [5023| — 13,531] — 177,36] — 36,55 


al 00| 8,00 |6703|3,08612,792]206,85 187,1410,908 RE 


16 P Han und St. von Pesthy: 


Tabelle IX. Versuchsreihe 11. 


Versuchsperson: M. J. Körpergewicht: 48,5 kg. Datum: 16. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 22,50. 












e ı & D g d H 
jag] 2 3 
— Ear 
È 53 Anmerkungen 
u FA 
des Versuchs SER 
00 


36,55 
36,65 
36,70] Von 8h 11’ bis 9h46’ 90 ccm 
36,60 Harn, enthalt. 1,33 g N. 
36,60 
36,60 
' bis 9 Ae 

dr 20| muer [61613,5132,986]216,43/183,9610,85013295| WA von oo, Ga 

| 36 20 tend 6,18g N, getrunken. 


86,55 
36,40 
36,55 


ala1 gl 19,08 kagdezecescha sde dt sg Se Vazo ocm Harn, enthal- 


36 55 tend 5,63 g N. 
si 10| 13,81” |6261]3,220 3,733]201,60 161,42]0,858]36°>2 
d'r 26 13,63” [66273,220/2,691|213,38/178,33|0,835|2630] Vio ccm Harn, enthal- 


36 50 tend 1,20 g N. 
10| 2% 26| 12,81’ 16275[3,313)2,725]207,89|170,99|0,822 36 60 


11| 3è 5%] 13,98 |5782]3,696|2,993]213,37|167,27]0,809 Séien 


12| 4 Sen 11,61” [686013,132|2,571]214,85|176,37]0,821 — 


1| 8 41’| 16,50’ 479014,042 3, 4921193, 61 167, 2610, 863 


2 
3 


ga 15| 14,18 3713, 618 3, 1681194 32 170, 1510,875 
gh 30| 18,60 60443,307 2,8331199,87 171, 240, 856 





510% 35’| 13,36’ 15933]3,649/3,113]216,49|184,69]0,853 
611% 14° 12,35’ 1645913,37112,749]217,73|177,55[0,815 


Tabelle X. Versuchsreihe 12. 


Versuchsperson: M. J. Körpergewicht: 48,7 kg. Datum: 18. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 19°. 
























— D > Ce , ZS D . 
35 3 [ESISEISA| 25] 55 EG 
a ss] & Kali 5 —* 
A F Sal Sales < Lon go 
A i S 
8 |in der Ven- — TE Anmerkungen 
= 5 | tilationsluft | PTO Minute 2 |E m 
des Versuchs [S pd SER 
com| ia | Die | cem 


1| 9 23| 14,56 |5298]3,230 2,867171,12|151,89]0,887 Apr 


2| 9b 44’| 14,20 15502]3,290|2,883]181,01|158,67]0,876 pr 


3 |10% ger 14,60” [5690|3,3502,866]190,61|163,07]0,855]2°°3 


Von 8h 24’ bis 10% 21’ 
300 ccm Harn, enthal- 
tend 2,53 g N. 








Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 17 
Tabelle X (Fortsetzung). 
DER 
e — 
dei 
in der Ven- S 53] Anmerkungen 
SE e 
“2 


tilationsluft 





Q 


7 35,60 
35,75 
35,70 
85,80 
35,80 
36,20 
36,25 
36,25 
36,25 
36,20 
36,20 
36,35 


410 A) 11,90 |660913,233'2,771|213,66 183,13|0,85 
5/11» 00”! 12,76’ |6669l3,368 2,775[224,61|185,06]0,824 
dii (al 15,51” |700813,329 2,975233,29|208,48]0,893 
71108 55°| 12,08” |6902l3,208 2,738]221,41|188,97]0,853 
gl12 (cl 14,83’ |55073,932'3,164J216,53|174,24|0,884 
ali 38 13,13 |60773,843 3,310233,531201,14|0,861 

10| 12 31| 12,03’ |ses1l3,339|2,642]223,03|176,51]0,791 SE 

11| æ aal 13,55 |59913,707|2,888]222,08 173,02]0,779 * 

12) 3» and 11,46 |7195|3,264/2,6081234,84|137,64|0,799 


36,50 
36,50 
13) 4 20| 11,25’ 16940 EE 216,73|174,19]0,803 


36,30 
36,30 


Tabelle XI.?) 

Versuchsreihe 13. 
Versuchsperson: P. J. Körpergewicht: 100 kg. 
Zimmertemperatur: + 20°. 





Von 10h 27’ bis 10b 51’ 11 
Milch von 4°, enthal- 
tend 6,22g N, getrunken. 


11h 00’ Kältegefühl. 


Von 10h 21’ bis 12h 48’ 
670 ccm Harn, enthal- 
tend 4,84 g N. 


Von 12h 48’ bis 4h 33’ 
340 ccm Harn, enthal- 
tend 1,08g N. 


Datum: 4. I. 1909. 











36,75 
3,73013,193[304,36260,54[0,856]3,’70 





36,66 
36,70 
36,80 
36,80 


15,01 |9347]3,850]3,289]359,861307,42|0,854]30°%0 


4 110% 12° 


12,92’ 19481|3,791'3,421[359,42|324,34]0,902 
5 110% 28| 12,067 | 10183 [3,533|3,182]359,76|324,02[0,900 
6 110% 53° 


Anmerkungen 


Von 955’ bis 9h 58’ 11 


Milch v. + 54° getrunk. 


1) Daten über den N-Gehalt der Milch und des Harns, sowie über Harn- 


mengen verloren. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 


2 


18 P. Häri und St. von Pesthy: 


Tabelle XI (Fortsetzung). 

















A Be 
ol ag 88 
eil ei g Ges 
Zog 

SR Anmerkungen 
num 
des Versuchs SER 
C 















7 |11 10| 12,79 |9160l3,896 3,434]356,871314,55]o,ssıl; 


897413,747|3,2691336,25 293,36|0,872]; 
| 





945713,532|3,137]334,02 296 ,66l0,888l; 


| 
Tabelle XII. Versuchsreihe 14. 


Versuchsperson: P. J. Körpergewicht: 99 kg. Datum: 7. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 20°. 





























— © . Ki ` å 

IEF: = IS g| SS ei SE 

— 8 5 2 > g e En goo 

2| 43| 3 E ORK Ge 
=) IEE Anmerkungen 

> H pro Minute 524 

des Versuchs |" = BB: 

= E = 

ccm | ccm C 


6 e | V 8h 36° bis 10h 28' 
8006[3,578|3,037 286 451248,14 0,848 mag — men. ia. 


7625[3,898|3,166]297,22/241,40|0,812|36,50] tend 1,75 g N. 


36,00] Von 10h32’ bis 10436’ 11 


279,5910,859 36.15] Milch von + 51°, ent- 
»42 Haltend 6,18 g N, ge- 


3,139 312,20|/275,90 0,883 36,40 trunken. 
c í 36,40 
608 ccm Harn, enthal- 


6 1 477) 10,50 |8098 nn ne asf tena 2,38 g N. 


36,35 
7 (12 22°) 9,43’ |8868[3,672,3,031|325,63/268,78[0,825]36,20 






1 a 8,97’ 
2 |10% 16) 15,50 


3 100 47'| 8,30’ 19028 3,602 3,097 325,18 
4 |11® 10 8,20 1879113,551 
5 |11P 21%) 9,40’ 19361]3,378 














Tabelle XIII. Versuchsreihe 15. 


Versuchsperson: P. J. Körpergewicht: 99 kg. Datum: 9. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 19,5 0. 








e EE i 
Sa PE 
g A SE Anmerkungen 
SE si Sé 
des Versuchs | * a 
ccm oC 


1| gp 06| 14,71 [7294|3,97913,403l290 221248 2 1l0,855[26:50] Ven, H De 
36,40] tend 1,85 g N. 


2| æ 22| 12,90 [777013,75713,118]291,91 242,26|0,829]>0°2> 


aen, 
Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 19 


Tabelle XIII (Fortsetzung). 





SS 


O,-Ab- 
me 





Dauer 








* 
Zi 
| Anmerkungen 


in der Venti- 
lationsluft 


ro Minute 


Körpertempe- 
ratur am Anfang 
u. Ende d. Vers 


= 
Q . 


des Versuchs 





2 Atemvolum 
B P 









| - ' r 
85191,061 3,5091345,951298,93]0,864 Ser Milch von + 54%, ent- 
36.50 haltend 7,11 g N, ge- 


4 |10% 20| 8,00’ |8832|3,934 3,390]347,45)299,40[0,861]12..>,] unken- 


871014,028|3,390]350,83|295,26]0,841]20°°0 


36,50] Von 9h 26° bis 12h 27’ 


13,00’ 1914513,734|3,059]341 ,47|279,65[0,819 365 ccm Harn. enthal- 
36,50] tend 2,93 g 
‚93gN. 
3 36,55 


7 (11è 35 867913,889|3,2401337,521281,19]0,83 36 55 


881013,912/3,184]344,64|280,51|0,813 en 
| ` 


Tabelle XIV. 


Versuchsreihe 16. 


Versuchsperson: P. J. Körpergewicht: 99,5 kg. Datum: 30. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 21,5°. 














Anmerkungen 






1 | 3» 077| 9,50 |8443]3,600|3,2001305,02]271,13l0,888136.2>] "95 com Harn, enthaltend 


1,46 g N. 
36,50 
2| & 30| 10,13’ 36,65 
36,65 
3| 8 AAT 8,73’ 36.65 
36,95 
4| 8 58) 9,55’ Dan zap 





5| 9 Am 9,23 |9231|3,919|3,291[361,761303,79]o,838]36°°, ER 
3 haltend 6,42 g N, ge- 


6| 9 52| 9,45 [9088|3,682/3,524|334,62/320,26ļ0,957|3650] trunken. 


7 (10> 03) 8,58 |947613,607|3,180|341,79|301,33[0,881 vr 


8 110% 40| 15,207 fos09]3,790/3,137[352,81|292,0210,827/2675] “sis cem marn, entnai. 
’ tend 2,82 g N. 


2% 


20 P. Häri und St. von Pesthy: 












tem 
am Anfang 
u. Ende d. Vers. 


Anmerkungen 





Von 11h 25’ bis 3h 02 
345 ccm Harn, enthal- 
tend 3,89 g N. 


Tabelle XV. 
Versuchsreihe 17. 


Versuchsperson: B. S. Körpergewicht: 82 kg. Datum: 15. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 21,7°. 





Dauer | 





DER 





Anmerkungen 






tur am Anfang 
u. Ende d. Vers. 





des Versuchs 


Von Bh 32’ bis 9b 55’ 
92ccm Harn, enthaltend 
1,65 g N. 


1| 9% 16’ 
2| gp 30 
äi 9 45’ 


410 26’| 11,83’ 17175[3,191/2,652]228,95|190,28]0,831 36.60] Milch von + 52°, ent 
haltend 6,07 g N, ge 


SI A0 9,46’ |7369]3,522|2,888l259,531212,81]0,820 or trunken. 


610% AU: 11,51’ 1741313,330|2,960[246,85|219,42]0,888 Daran 


zl112 32| 10,58 |7731l3,37712,877l261,071222,22J0,352 12070 Te, Sem Ham, enthal- 


Ba tend 2,63 g N. 
8111 AN 10,08 81853,249 2,7591265, 93 225, 8210, 849 367 5 


9/12 gë 10,76’ |7701[3,36912,854]259,441219,73]0,847120:70 


10/12 Oe" 10,71” |7628|3,662/3,043]279,13/232,12ļ0,831[36 20 


36,50] Von 10h02’ bis 10606’ 11 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 21 


Tabelle XVI. Versuchsreihe 18. 


Versuchsperson: B. S. Körpergewicht: 82 kg. Datum: 21. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 21°. 














D 
Z 





Dauer 


FEJ 





Anmerkungen 






des Versuchs 








Von Bh 35’ bis 10h 03’ 
146 ccm Harn, enthal- 
tend 1,65 g N. 


1| gor 11,70 
2| ® 17| 11,60 
a 9 3% 11,55 


| | o D , , 
4 10% 45 10,60 |7509 3950817 297,051238,18|0,801|°0°°0| " Mich von + 50°, ent- 


haltend 570 g N, ge- 


10è 58| 10,76 |747813,770 3,036|281 ,92|227,03l0,805 e trunken. 


6112 11| 10,43” [7390|3,544 2,987]261,901220,73[o,8a2]?6: TE, 


36,75 tend 2,68 g N. 


71112 47| 9,76’ [sosels,711 3,083l298,211247,74|0,817 Get 


812» 00| 9,41 [8165[3,627 3,105[296,14 253,52]0,85613%°0| Y3o cem Harn” enthal. 


tend 2,40g N. 








5 





9/12 11) 10,08’ |7965[3,704 2,985]295,02/237,75[0,805].°° 
| | d x 
10| 12 20| 11,20 |7209|3,932 3,089]283,45|222,68]0,785 Së 


11| 2 44| 12,05 |6786|4,170 3,089|282,971209,61|0,740]20°%0 


12| 3a 26 12,65 I6684l4,110 3,1291274,71|209,1410 761 SE 


Tabelle XVII. Versuchsreihe 19. 


Versuchsperson: B. S. Körpergewicht: 81,5 kg. Datum: 23. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 20°. 






















Eu Lal so ma | ZS u e 
> 2 

dagl] 8 eeji] ia] al Jk 
2 S 2 ke 2 SE SS | 55 E 
A F © O —— = gs 
Ka © 

R o |in der Von- l A ck Anmerkungen 
S &[tilationsluft pro Minute CG rb 
des Versuchs | * | MB; 
cem| °/o | "ie C 






Von Bh 34’ bis 10h 00’ 
70 ccm Harn, enthaltend 
1,08 g N. 


29 P. Häri und St. von Pesthy: 


Tabelle XVII (Fortsetzung). 








Anmerkungen 


pro Minute 





Atemvolum 


des Versuchs 


410% Al 9,87 |B824]3,751 2,939]330,981259,33J0,783]6:°] TA von + 519, ent- 


haltend 5,85 g N, ge- 


51112 00| 9,46 |8819[3,37912,903]297,991256,100,859]3,.0] trunken. 


61112 gel ang: |8449|3,42712,966|289,541250,59l0, 8651337] ans rn ran DE 


36,85 tend 2,28 g N. 


7/11» 52| 9,83 |8080|3,751|3,127/303,08|252,66]0,856/2085 


gä 04 11,13 |7301]4,168/3,414[304,30/249,25ļ0,819/36S5] Du com Harn, enthal- 


36 50 tend 2,46 g N. 
9| 1è 15’| 11,41’ 1717814,17913,2761299,96|1235,15[0,783 36.65 


10| 2 25| 11,61” [7325]4,145|3,115[303,62]228,17)0,751]36°% 


11| 38 44| 11,46 [643113,866!2,9661248,62/190,7410,767 Go 


Tabelle XVIII. 
Versuchsreihe 20. 
Versuchsperson: M. J. Körpergewicht: 49,2 kg. Datum: 22. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 21°. 


















Anmerkungen 


Atemvolum 





des Versuchs 











Von 8: 07 bis ®h 51’ 
225 ccm Harn, enthal- 


gh a0 14,28’ 
tend 1,11g N. 


4 
| 9è 117) 14,15 


2 
8| 9 87| 14,35’ 


4 10% 32 12,83” [6057]3,44012,787]208,36 168,80]0,810]36°0| "ue von A. 509, ent- 


haltend 6,17 g N, ge 


5 [10 47| 15,08 |5181]4,868 3,710224,12]190,36J0,849]30,7,] trunken. 


6 11» 21] 14,08” |637513,4172,971|217,83|189,40|0,869 ei 


’ 2h ’ 
7 us A9) 13,18 [5946]3,44113,972]204,60 176,71J0,863136°60] TR, ccm Harn, enthal- 


tend 1,72g N. 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel ? 23 
Tabelle XVIII (Fortsetzung). 





Anmerkungen 


tur am Anfang 
u. Ende d Vers 





Körpertempera 


Q 










Von 12h 22’ bis 3h 16’ 
605 ccm Harn, enthal- 
tend 1,75 g N. 





36,70 
36,70 





598113,255|2,590]180,03|143,25[0,795 








Tabelle XIX. 
Versuchsreihe 21. 


Versuchsperson: M. J. Körpergewicht: 49,5 kg. Datum: 28. I. 1909. 
Zimmertemperatur: + 19,50. 








FF 

88 ER 

FE SE 

E e 553 Anmerkungen 
SR 

an SR, 

ccm 











Von 7h 56° bis 9b 47’ 
365 ccm Harn, enthal- 
tend 1,61g N. 






I 


568813,365/2,9241191,40|151,55]0,868 





x Fre 
An 21| 12,81 |6319]3,489 2,963]220,46 187,23|0,849]30°%0| Ta, von -+ 54°, ent- 
36.40 haltend 5,96 g N, ge- 

5/10» 847] 12,23 |6779]3,146 2,994]213,261196,18J0,951]3°50] “Funken. 


610% 51’) 12,75’ 16207]3,32112,948]206,13|182,98|0,887 36 60 


r 2h 14 
du 30| 11,71 [6966]3,272 3,007]227,921209,45|0,910] 3660] Yro cem Harn, enthal- 
36 65 tend 1,94 g N. 


8l11» del 11,85" |692712,958 2,822]204,90]195,47J0,954130°0 
gl12 00| 12,56’ I7564l2 849 2,65 1l215 49/200 52]0,930 Sr 


10| 1> 10| 11,61 [6709]3,285 2,7331220,89]183,3510,831]3%:40] “30 oem Harn, enthal- 
36 40 tend 0,75 g N. 


11| 2 22| 12,46’ 16808]2,982|2,425[203,01|165,00[0,813 36.65 


12] 3% 15’| 13,73’ |6026[3,409|2,605]205,42 156,97]0,764 —— 


24 P. Häri und St. von Pesthy: 


Tabelle XX. 
Versuchsreihe 22. 


Versuchsperson: M. J. Körpergewicht: 49,5 kg. Datum: 1. II. 1909. 


Zimmertemperatur: + 21°. 


















Ge E © PR e 

E HETE: 
=g af SS gr 
SE O8 2 52 pe 
S e in der Ven- "DK A S = 
= SJ tilationsluft pro Minute 2 Leen 
ba- 

ccm DC 








9,00 aal ops 3,4701194,90 170,44|0,874 36,50 
5253|4,003 3.424]210,27'179,86|0,85 M 52 








= 


410% 18° 11,85’ 16705[3,11712,690/208,99 


180,36[0,863 36.75 


um 337] 12,38’ [6483]3,469 3,237]224,49 209,85]0,933]3, 75 


610% 51| 11,30 [6919]3,712'3,315|256,83|229,36|0,893 ao * 

| 36,80 
36,75 
36,75 
36,82 
36,82 
36, 82 
36,82 
36,82 
36,82 
36,80 


2,5701190,84 169,62J0,895 ET 50 
| 


71112 20: 11,00’ 1682513,258|2,871 0,881 
SUR 44°) 11,51’ 6603[3,329 3,068]219,81/202,58]0,941 


91122 02| 11,00 1699113,274|2,986]228,88|208,75[0,912 





10) 12 40| 13,41’ 16233[3,339|2,911/208,11/181,44|0,871 


11) AT 14,50 15561|3,337|2,881]185,57!160,21[0,863 





12| 4% 10’| 12,00 16651[2,869 
| 





Anmerkungen 


Von Bh 02° bis 9h 565’ 
505 ccm Harn, enthal- 
tend 1,80 g N. 


36,55] Von 9h 57’ bis 10h 06’ 11 


Milch von -+ 55°, ent- 
haltend 6,13 g N, ge- 
trunken 


Von 9 55’ bis 12h 24’ 
510 ccm Harn, enthal- 
tend 1,90 g N. 


Von 12h 24’ bis Ap 34’ 
588 ccm Harn, enthal- 
tend 2,06 g N. 


In den Tabellen XXI und XXII ist der mittlere Sauer- 
stoffverbrauch im nüchternen Zustande für jede Versuchsreihe!) 
festgestellt und sodann berechnet, welche Veränderung er in 
der 1., 2. usw. Stunde nach dem Einbringen der Milch 


erleidet. 


a) Wir wollen vor allem feststellen, wie sich die Nüchtern- 
werte der einzelnen Versuchspersonen an den verschiedenen 


Versuchstagen verhalten. 


1) Mit Ausnahme der Versuchsreihe 8, wo anhaltende Kolikschmerzen 
der Versuchsperson B. S. abweichende Verhältnisse schufen. 


25 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel ? 


E gw Ta 
Ma Ak 


MaN O N EE 
ep e 











SES + | L8'FF +| 8L'S3Z 
L'Z + | LIIF + | 80'322 
ses +| ZIZF kd 
063 + |3939 +| ec'geZ 
OIZ + | 9088 + | 16'813 
865 + | F6 ZS + | ss'gez 


ZI oytoasyonsioA 


67'787 





SIIITI III 


yaq 


96 + |26 81+! setz 
68+ |FPPLI +t] LE SIZ 
19+ |96TI + | 68°202 
68+ 9895 88813 
114 |ZIZ+ "erger 
rırt+t[osiigt+t ELIZ 
Got kleoos Logo 


SU Las 


+ 
GE IH + | 86'893 


en 
=. 
8 
E 
— 


a 


TA 
1533111111 
++ 


GL HSZ 


g ouioastqonsao⸗ 


gor+ Ignttisérgtleagl — | - | - | - dedd — — 
gätt Jgottigegstlousegl — SS = = = => = = = 
(ett Ioettiaieteessel — | — = sek gll We SS EA de 
GELE ILittisegtogeg — SS = — — |F6+ |13 + — 
seit ILëipenteeugg — Igrtetloegl — 631* 16284 i8 iss — 
69+ Iesgtogogtoërogl — |Z L+ |r +]|s866ze] — Iëettleeoetiovoegl — 
= SS ES — (EKOS) — SS — rgo] — ES — | 86'868 
u $ oqpIsqonsIo A g oqrorsqonsIo A S SyroısyonsıoA 
- l 
— A lo HOR ‚Load | at oad lo en ‚Load (dl oad "e W0 "rond |,I oad 
uop sns — woo | WOO woo | Wo0 w Wo9 
NIANI pugIoA ZuniopugioA QdunaopuꝝaoA 
ↄunaopiux ee ⸗ u | | A LE. uaoꝗ 
-9A Hot op gen ` (IDN) ` gem op goe | URN | qow aop goe 








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UINN 


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E EE EE 


4 


OpPIS 1 


A n Han o e 


sop otuijsu 


-my yoeu 
Ve 





TR 


H d 


d 


Versuchs- 
person 


Tabelle XXII. 
Sauerstoffverbrauch in den Versuchsreihen mit warmer Milch. 






26 


Veränderg. 

Mittel ` e 
aus den Ver- e 
suchsreihen 


Nach der Milch 










Versuchsreihe 16 





Nach der Milch |Nüch- 





Versuchsreihe 15 





Veränderung 





Nach der Milch |Nüch- | 





ccm 
pro!’ 
Versuchsreihe 14 








Pi 
2|8 
SE 
SI m 
2 gei 
s © 
215/28]: 
OO 
ze A 
See 
Le 
Z SÉ z 
° a o 
— a |» 
oE Az 
30 2% 
e EE 
a o 
udn 
22385 
D - = 
N 


Versuchsperson 












P. Hári und St. von Pesthy: 


a a a a a ww zs le aa e ma a A 


a a a a A A 


na A A ` A 












[essy] 2773578 
+++ el ++ + 
EK? ASSASE 
Li Kai A © a a a a a ka 

ISga rr 
++ E +++++[| 

ES RE 
FRF 51323338 
ect © MANNA NA 

3 IE 

——2111111 53111111 

Cp E 

Gi Ga 
++ ol tt+++ | 
33 | ‚25588 
sgılll || lege 
TF J 
E CH E N NGA m 
5* 3 LC sept 

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58 O0 00 2> 00 20 ~ 
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338 © eu CH Gi 

= 
—2111111 
N 
E: E EE E E 
gan 
DN n vie 











Versuchsreihe 21 Versuchsreihe 22 


Versuchsreihe 20 








a e a a A A 





S aS E CO ft 
rt]! 
+++ 
Nam 
RAa2n aa 
et 
an ET | 
+++ | 
CH CD CO m Ca ët 
OO min 00 
FIRE 
e Ga GA e 
N GA GA CH e gn 


a A "e "e am "e 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 27 


In nachfolgender Zusammenstellung ist der O,-Verbrauch 
sowohl für 1 kg Körpergewicht als auch für 1 qm Körperfläche 
berechnet: 





























Nüchternwerte. 
Sauerstoffverbrauch 
Ver- S $ pro 1 Minute 
— Körperoberfläche pro I kg | pro 1 qm 
* Körper- Körper- 
person q S gewicht | oberfläche 
= 12.312 YGewicht? ccm ccm 

P. J. | 34 99,4 2,642 3,00 112,8 

B.S.| 23 81,6 2,316 3,04 107,2 

M.J 23 49,1 1,651 3,82 113,7 





Die auf die Gewichtseinheit berechneten Werte weisen 
dieselben Verschiedenheiten auf wie in den entsprechenden 
Versuchen früherer Autoren. Magnus-Levys!) „Fettleibiger“ 
verbrauchte 2,82, sein „Gesunder“ 3,60 ccm O, pro 1 Minute 
und 1 kg; dem entspricht vollkommen der Verbrauch unseres 
recht fetten P. J. mit 3,00 und unseres mageren M. J. mit 
3,82 ccm. 

Weit besser ist die Übereinstimmung zwischen den Werten 
der drei Versuchspersonen, wenn der O,-Verbrauch auf 1 qm 
berechnet wird, indem die maximale Differenz hier ca. 6°/, 
beträgt, während Versuche von Magnus-Levy und Falk bis 
zu 13,6°/, voneinander abweichen. Der von den beiden letzteren 
Autoren ermittelte Mittelwert beträgt 118 ccm; von diesem 
weicht der unserer Versuche um etwa 6°/, ab. 

Die Schwankungen der an einzelnen Versuchstagen in 
unseren Versuchsreihen erhaltenen Nüchternwerte gehen aus 
umstehender Zusammenstellung hervor. 

Wie ersichtlich, weichen die Einzelwerte vom Mittelwerte 
bei P. J. und M. J. um höchstens +6°/, ab, bei B. S. aber 
weit mehr, bis zu etwa +15°/,. 

Aus diesem Grunde sowie infolge der bei B. S. durch die 
kalte Milch erzeugten Unzukömmlichkeiten können die an B. S. 
erhaltenen Resultate mit den übrigen gar nicht verglichen 
werden; wir führen sie jedoch ausführlich an, um eben zu 
zeigen, daß nur — günstige Versuchsbedingungen u 


Ee a 
1) Magnus-Levy, Handb. d. Pathol. d. Stoffe. von C. v. Noorden, 
2. Aufl., Berlin 1906, 1, 283. 


28 P. Hári und St. von Pesthy: 


— Veränderungen nachzuweisen sind, die sonst ganz und gar 
nicht zum Vorschein kommen. 





. . Abweichung 
Kubikzentimeter vom Mittelwert 


9/0 


pro 1 Min. 
















293,9 


307,8 Versuchsperson: 
285,4 P.J. 
302,5 

291,8 Versuchsreihen: 
291,1 2—4, 13—16 
312,9 


Mittelwert: 297,9 


254,7 
211,9 
244,5 
217,4 
251,9 
280,1 
278,4 


Versuchsperson: 
B. S. 


Versuchsreihen : 
5—8, 17—19 


Mittelwert: 


187,0 — 0,5 

195.9 +42 Versuchsperson: 
180,9 _ 37 M. J. 
179,8 — 4.2 Versuchsreihen: 
184,1 — 2,1 10—12, 20—22. 
198,8 +5,8 


Mittelwert: 187,8 


b) Was den Einfluß der Milch auf den O,-Verbrauch an- 
belangt, so sehen wir ihn nach der Einfuhr der Milch erheblich 
ansteigen. Da — wie eingangs erwähnt war — mit den Re- 
spirationsversuchen (nach Abschluß der Nüchternversuche) immer 
erst 20 bis 30 Minuten nach dem Milchtrinken wieder begonnen 
wurde, konnten wir in unseren Versuchen keinen Aufschluß 
darüber erhalten, wann jene Steigerung einsetzte. 

Was den Verlauf der Steigerung betrifft, so wollen wir 
dieselbe in zwei Stadien gesondert betrachten; und zwar in 
der ersten bis einschließlich dritten, und nachher in der vierten 
bis einschließlich sechsten Stunde nach Einführung der Milch. 

Aus nachstehenden Tabellen XXIII und XXIV, in denen 
aus der prozentualen Veränderung des Sauerstoffverbrauches 
innerhalb gleichnamiger Versuchsreihen (z. B. aus allen Ver- 
suchen mit kalter Milch bei P. J. usw.) ein Mittelwert berechnet 


— — — — 








Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 29 


ist, ist ersichtlich, daß die Steigerung des Sauerstoffverbrauches 
innerhalb der ersten 3 Stunden sowohl bei P. J. wie bei M. J. 
ungefähr gleich hoch ist, ob kalte oder warme Milch getrunken 
wurde. (Bei B. S. ist die Steigerung in den Warmmilch- 
versuchen sehr gering, offenbar infolge der sehr hohen Nüchtern- 
werte.) 


Tabelle XXIII. 


Zunahme des O,-Verbrauches in Prozenten der Nüchternwerte 
für je 1 Stunde berechnet. 











B. S. 


Zeit nach — 
Aufnahme rg 
der 5—7 | 17—19 20—22 
Milh [l a | 
kalt warm warm 



















l +18,6 | +45 | +16,9 | +17,9 
2. +215 | +42 | +125 | +148 
3.3 SS +7,1 | +15,0 | +188 
4 „ > +44 | +163 | +122 
5. 5 = +50 | +144 | +32 
6. „ SC -63 | +248 | +25 
7. , = +8,9 = 

8. o, es +9,86 — 


Tabelle XXIV. 


Veränderung des O,-Verbrauches in Prozenten der Nüchternwerte 
für je 3 Stunden berechnet. 





Bezüglich des Verhaltens des Sauerstoffverbrauches inner- 
halb der vierten bis sechsten Stunde muß einerseits 
vorausgeschickt werden, daß hier naturgemäß nur die Versuchs- 
reihen von längerer Dauer in Betracht kommen können; es 
sind dies von den Versuchsreihen mit kalter Milch bloß Nr. 4, 





30 P. Häri und St. von Pesthy: 


11 und 12; von jenen mit warmer Milch Nr. 16 und 18 bis 22. 
Andererseits muß zu den Mittelwerten in den erwähnten Ta- 
bellen bemerkt werden, daß für die letzten Stunden, nicht 
Mittel-, sondern Einzelwerte angeführt sind, weil sich nur ein- 
zelne Versuchsreihen so weit erstreckt hatten. 

In dieser zweiten Versuchshälfte zeigte sich nun ein be- 
merkenswerter Unterschied in der Einwirkung kalter und 
warmer Milch auf den O,-Verbrauch. Während derselbe nämlich 
in den Versuchsreihen mit kalter Milch bei P. J. fast unver- 
ändert blieb und bei M. J. noch etwas höher anstieg, fiel er 
in den Versuchsreihen mit warmer Milch sowohl bei 
P. J. wie auch bei M. J. stark zurück. Sogar bei B. S. 
war in den Versuchen mit warmer Milch die an sich schon 
geringe Steigerung des O,-Verbrauches innerhalb der vierten 
bis siebenten Stunde gänzlich verschwunden (von den Ver- 
suchsreihen mit kalter Milch hatte sich keine einzige über die 
dritte Stunde fortsetzen lassen). 

Im Verhalten der CO,-Produktion war nichts Wesentliches 
zu bemerken: dieselbe stieg im großen und ganzen parallel 
mit dem O,-Verbrauch; nur hörte deren Steigerung früher als 
die des O,-Verbrauches auf, so daß der anfangs zunehmende 
respiratorische Quotient später wieder merklich, und zwar oft 
unter seinen Anfangswert, sank. 

Wie erklären wir nun die soeben geschilderten Einwirkungen 
des Milchtrinkens auf den Gaswechsel? Daß es sich nicht um 
etwaige Unterschiede im Eiweiß- oder Fettgehalt der genommenen 
Milch handelt, geht aus den Daten der Tabellen XXV und XXVI 
auf S.33 u. 34 hervor; der Eiweiß- und Fettgehalt ist zwar ziemlich 
wechselnd, weist jedoch keinen Zusammenhang mit den kon- 
statierten Veränderungen im O,-Verbrauch auf. Die Steigerung 
des O,-Verbrauches an sich bedarf als Ausdruck der Ver- 
dauungsarbeit oder der „spezifisch dynamischen“ Wirkung der 
in relativ großer Menge eingeführten kalten oder warmen 
Milch keiner näheren Besprechung; sie mußte ja um so eher 
eintreten, da die Umgebungstemperatur oberhalb der kritischen 
Temperaturgrenze dieser (angekleideten) Versuchspersonen ge- 
legen war. 

Auffallend ist nur, daß die Steigerung des O,-Verbrauches 
bei M. J. zwar durchweg etwas größer als bei P. J. ausgefallen 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 31 


war, doch nicht in dem Maße, wie es bei dem Verhältnis 
zwischen dem sehr verschieden großen Körpergewicht dieser 
Versuchspersonen (100 zu 50 kg) und der eingeführten gleich- 
groBen Menge Milch (jeweils 1 1) zu erwarten war; hatte doch 
P. J. fast genau 1°/,, M. J. aber fast genau 2°/, seines Körper- 
gewichtes an Milch in den Magen eingeführt! 

Es weist dies darauf hin, daß die Verbrennungsvorgänge 
durch ein Plus an eingeführten Nahrungsstoffen wohl gesteigert 
werden, bei einem verhältnismäßig größeren Überschuß an 
Nahrungsstoffen jedoch keine entsprechend größere Steigerung 
des Sauerstoffverbrauches zu erfolgen braucht. 

Schwieriger zu beantworten ist die Frage, warum der 
O,-Verbrauch nach der Einfuhr kalter Milch längere Zeit hin- 
durch gesteigert bleibt als nach dem Genusse der warmen 
Milch? 

Mit der Änderung der Körpertemperatur durch die kalte, 
resp. warme Milch hängt weder die Steigerung des O,-Ver- 
brauches selber, noch aber ihre verschieden lange Dauer zu- 
sammen, denn während der ersten 3 Stunden ist jene Steigerung 
ungefähr gleich stark, ob kalte oder warme Milch getrunken 
wurde, während doch die Körpertemperatur durch jene herab- 
gesetzt, durch diese erhöht wurde; im weiteren Verlaufe der 
mit warmer Milch angestellten Versuche ist aber der Sauerstoff- 
verbrauch bereits wieder kleiner geworden, zu einer Zeit, da 
die Körpertemperatur noch lange nicht zum Ausgangspunkte 
zurückgekehrt ist. 

In befriedigenderer Weise ließen sich die geschilderten 
Veränderungen im O,-Verbrauche durch eine Art chemischer 
Regulierungsvorgänge im Sinne des auf S. 7 Gesagten er- 
klären, wenn eben unsere Versuche unterhalb der kritischen 
Temperaturgrenze der Versuchspersonen angestellt wären. Nun 
war dies aber einerseits aus äußeren Gründen untunlich (stunden- 
langes Liegen der Versuchsperson bei einer relativ niedrigen 
Zimmertemperatur!), anderseits würden ja, da es sich nicht um 
Hungerversuche handelte, durch den bekannten Kompensations- 
mechanismus etwa bestehende Unterschiede in der Einwirkung 
kalter oder warmer Milch mehr oder minder verdeckt worden 
sein. Ein Umstand, der geeignet ist, das oben geschilderte 
- Verhalten des O,-Verbrauches zu erklären, ist folgender: 





32 P. Häri und St. von Pesthy: 


Es ist durch Schüle?) nachgewiesen, daß warmes Wasser 
den Magen wesentlich schneller verläßt als kaltes. 


„Von Wasser von 0° fließen in 5 Minuten aus: 55 ccm 
„280 „ „5 , „:150 „ 


” n 
F wé j 18° u nö = „2170 ` 
n n n 45° n „ 8 „ a ` 230 „“ 


Inwiefern nun diese Ergebnisse, die in Versuchen mit 
Wasser erhalten wurden, auf andere Flüssigkeiten — wie etwa 
auf Milch — übertragen werden können, beruft sich Schüle 
auf Versuche Moritz’, der gezeigt hat, daß Milch, „sofern sie 
nicht gerinnt, den Pylorus fast ebenso schnell verläßt als das 
Wasser“. 

Wir brauchen also für unsere Milchversuche bloß anzu- 
nehmen, daß der Übertritt der kalten Milch aus dem Magen, 
daher auch deren Resorption und Abbau, eine wesentlich längere 
Zeit (ca. 6 Stunden) beansprucht als der der warmen Milch 
(ca. 3 Stunden), daher auch die Steigerung des O,-Verbrauches 
länger angedauert hatte. — Unbeantwortet bleibt dann noch 
die Frage, warum in den Versuchen mit kalter Milch die Stei- 
gerung des O,-Verbrauches auch in den ersten drei Stunden 
beinahe so intensiv wie in den Versuchen mit warmer Milch 
gewesen ist? 

Eine mögliche Ursache dieser Verschiedenheit, die vielleicht 
in einem verschieden raschen Abbau der kalt oder warm ein- 
geführten Milch liegen kann, soll weiter unten erörtert werden. 


2. Harmabsonderung. 


DaB Unterschiede, sei es in der Resorption, sei es im Abbau 
kalt oder warm eingeführter Milch, bestehen oder zumindest 
bestehen können, geht aus dem Verhalten der N-Ausscheidung 
— jedoch merkwürdigerweise — bloß einer der drei Versuchs- 
personen, des M. J., hier aber in nicht zu verkennender Schärfe, 
hervor. Da im Verhalten des Harns nach der Milcheinfuhr 
auch sonst einige beachtenswerte Momente sich ergeben, sollen 
diese Erscheinungen zusammenhängend besprochen werden. 


1) A. Schüle, Untersuchungen über die Sekretion und Motilität 
des normalen Magens. Zeitschr. f. klin. Med. 29, 82. 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 33 

























25 04’ vor der Milch 










Tabelle XXV. 
Versuche mit kalter Milch. 
sat) ; Aus hioin Nach der Milch 
£ F der Milch £ ie Zen 
"2 Se * 1 Std. | um fia me 
G E eingeführt innerhalb H arn- — oder weniger W 
S Z eines Zeitraumes am| N Ion Harn- | N ausgeschieden 
“lo vos N Jals pro 1 Std. 
> |> ccm | g [ccem|ı g |vor der Milch 
ıl { 1239’ vor der Milch | 110 | 1,75 67 | 1,06 
Ip är nach „ „ | 360 | 2,20 | 223 | 1,37 +29 
al ? ? { 132” vor A 165 | 2,12 | 108 | 1,38 
= 2ħ 36’ nach „ „ 1630 | 5,81? Į 242 | 2,23? +62? 
; | 3| 36,6 16,31£ 145’ vor „ „ (140 | 1,81 | 80 | 1,04 
= ‚616, 2%23’ nach „ „ | 660 | 221 | 277 | 0,93 — 10 
13% vor „ „ {175 | 1,79 | 108 | 1,09 
4| 24,0 | 6,6 217’ nach „ „ | 360 | 2,79 | 156 | 1,22 +12 
weitere 4433’ „ „  „ {320 | 2,62 | 70 | 0,57 — 48 
| 141’ vor der Milch | 180 | 1,88 | 107 | 1,12 
5 | 38,0 | 7,49% 2ħ07' nach „ „ 15% | 2,38 | 268 | 1.14 +2 
123’ vor 65 | 1,11 47 | 0,80 
6] 26,3 5,317 225’ nach "© ”? 1785 |259 | 324 | 108 +35 
oi 1% 55’ vor „ 1100 !|ı,88 | 52 | 0,97 
i | 71270566 2343 nach » „ |430 | 2,42 | 177 | 0,89 er 
128’ vor = 115 | 1,88 78 | 1,28 
8| ? 16,02 238’ nach „ „ 1530 | 2,44 | 202 | 1,00 _ 1 
1» 23’ vor $ 65 | 1,11 47 | 0,80 
28,0 |5314 2ħ25° nach >  ? |786 |259 |326 | 107 +33 
10 1355’ nach „ „ |680 | 436 | 354 | 230 +139 
s ISD- VOE — 5 90 | 1,83 57 | 0,86 
vol 2ħ 38’ nach „ „ | 620 | 5,63 | 236 | 2,13 + 141 
= weitere 36’ „ „ „1310| 1,20 | 67 | 0,26 70 
157’ vor „ „| 300 | 2,53 | 154 | 1,29 
12 | 32,3 | 6,22 2227’ nach „ „ 1670 | 4,84 | 273 | 1,97 +53 
weitere 42 05’ e — 78 


Was zunächst die Veränderungen anbelangt, die die Harn- 
menge durch das Trinken größerer Mengen kalter und warmer 
Milch erleidet, ist eine völlige Übereinstimmung in der Wirkung 
kalter und warmer Milch in den an P. J. ausgeführten Versuchs- 
reihen zu konstatieren. 

Vor dem Milchtrinken entleerte P. J. im Durchschnitt der 
7 Versuchsreihen 91 resp. 86 cem Harn pro Stunde; in den 
dem Milchtrinken folgenden 2 bis 3 Stunden aber 224 resp. 


218 ccm, also das 2,4 resp. 2,5fache. Ganz anders war 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 3 


34 P. Häri und St. von Pesthy: 


Tabelle XXVI. 


Versuche mit warmer Milch. 


Ausgeschieden Nach der Milch 
wird pro 1 Std. 
um °/, mehr (+ 

innerhalb oder (Bereet. 
eines Zeitraumes N ausgeschieden 
von N Jals pro 1 Std. 
vor der Milch 


E 
: 
S 
> 































152’ vor der Milch 
2» 04’ nach „ „ + 22 
* 1224’ vo „u. e 
b 8r 01’ nach „ „ — 25 
ge 1233’ vor „ à 
25,0 215’ nach p „ +33 
weitere 3% 37’ u, ai +15 
17 Ge 23° vor der Milch 
45’ nach „ — 26 
1228’ vor „ i 
n |18 2b 20’ nach +2 
— weitere 3» 18’ A 2 — 37 
1226’ vor „ „ 
19 216’ nach „ „ +33 
weitere 3® 44’ SN — 12 
144’ vor der Milch 
201 22,9 | 6,17 28 31’ nach „ „ 775 | 1,72 +5 
weitere 2’ 54” e A 605 | 1,75 —6 
f 1 51’ vor e 365 | 1,61 
” [21| 32,4 | 5,96 222”’nach > ” 1676 | 1.94 9 
* weitere 3% 16’ Toni 0,75 — 
153’ vor „ „ 505 | 1,81 
22 | 28,3 | 6,1 2229’ nach „ a 510 | 1,90 — 26 
weitere 4® 10’ b 4 580 | 2,06 — 49 


das Verhalten der Harnmenge bei B. S.; die Nüchternwerte 
stimmten zwar auch hier gut überein: 66 resp. 72 ccm pro 
Stunde; während aber die stündlich ausgeschiedene Harn 
menge nach der warmen Milch 167 ccm betrug, demnach 
auf das 2,3fache anstieg, betrug die Harnmenge nach der 
kalten Milch im Durchschnitt der 5 Versuchsreihen 259 ccm, 
war demnach auf das 3,9 fache erhöht. Ohne eine ziffern- 
mäßige Bewertung der durch die erhöhte Wasserausscheidung 
bedingten Mehrarbeit der Nieren versuchen, resp. berechnen zu 
wollen, welcher Anteil des S. 28 nachgewiesenen Sauerstoff- 
mehrverbrauches der erhöhten Diurese zuzuschreiben ist, soll 
nur auf den Parallelismus verwiesen werden, der in den 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 35 


Versuchsreihen mit kalter und warmer Milch bei P. J. und B. S. 
zwischen der Steigerung der Diurese und des Sauerstoffver- 
brauches nachzuweisen ist: 
bei P. J bei B. S. 
kalt warm kalt warm 
Steigerung des O,-Verbrauches 14,4°/, 13,1°/, 20,00/, `5,2°h 
Steigerung der Diurese . . . 148,0 „ 153,0 „ 292,0 „ 132,0 „ 
(innerhalb der ersten 2 bis 3 Stunden). 


Das abweichende Verhalten von B. S. entspricht auch 
sonst dem, was eingangs S. 10 bereits erwähnt war: Die 
kalte Milch gab einen besonders starken Reiz sowohl für seinen 
Darm, wie auch für seine Nierentätigkeit ab. 

Eine ähnliche Berechnung läßt sich in den an M. S. an- 
gestellten Versuchsreihen nicht machen; es scheint, daß diese 
Versuchsperson, ein Laboratoriumsdiener, die Weisung: seine 
Harnblase vor dem Beginn der Respirationsversuche voll- 
kommen zu entleeren, nicht immer befolgt, oder aber entgegen 
dem ausgesprochenen Verbot, an manchem Morgen viel Wasser 
getrunken hatte. 

Hingegen sind die Werte für die Größe der Harnausscheidung 
während der ersten 2 bis 3 Stunden nach dem Trinken der 
kalten resp. warmen Milch ebenso verläßlich wie bei den anderen 
Versuchspersonen: sie betrugen im Durchschnitt der betreffen- 
den Versuchsreihen 288 resp. 263 ccm, wiesen also keinen 
auffallenden Unterschied auf. 

Aus den angeführten Daten läßt sich demnach folgern, 
daß in dem Einfluß kalter und warmer Milch auf die 
Harnausscheidung ein wesentlicher Unterschied be- 
stehen kann (wie bei B. SL jedoch durchaus nicht be- 
stehen muß (wie bei P. J. und M. S.. 

Auch die N-Ausscheidung weist manche interessante Mo- 
mente auf: Da P. J. und B. S. diesbezüglich sich durchaus 
gleichartig verhalten, M. S. aber wie oben bereits erwähnt, 
ganz abweichend, sollen zunächst jene Versuchsreihen für sich 
und dann erst diese besprochen werden. 

In der letzten Rubrik der Tabellen XXV und XXVI ist 
der auf 1 Stunde berechnete Zuwachs resp. Ausfall in der N- 


Ausscheidung innerhalb der ersten 2 bis 3, dem Milchtrinken 
3* 


36 P. Häri und St. von Pesthy: 


folgenden, Stunden in Prozenten des Nüchternwertes berechnet: 
aus diesen Daten ist zu ersehen, daß die N-Ausscheidung bei 
P. J. und B.S. nach der Milch — ob sie kalt oder warm ge- 
nossen wurde — meistens zu-, öfters aber auch abnimmt; 
und wenn von dem ganz aus der Reihe springendem — viel- 
leicht auf einem Analysenfehler beruhendem — Werte in Ver- 
suchsreihe II abgesehen wird, ergeben sich bei P. J. und B. S. 
als Mittelwert der auf 1 Stunde berechneten Veränderung der 
N-Ausfuhr im Harn: nach kalter Milch ein Zuwachs von 9°/, 
und nach der warmen Milch ein Zuwachs von 6,5°/, des 
Nüchternwertes. 

Ganz anders verhält sich die N-Ausscheidung bei der Ver- 
suchsperson M. J.: sie ist in den ersten 2 bis 3 Stunden nach 
dem Milchgenuß in den Versuchen mit kalter Milch um etwa 
50 bis 140°/, gesteigert, hingegen in den Versuchen mit warmer 
Milch einmal um 5°/, gesteigert, in 2 anderen Versuchen jedoch 
um 9 resp. um 26°/, herabgesetzt. Da, wie erwähnt, die 
Nüchternwerte bei dieser Versuchsperson unsicher sind, indem 
sie wahrscheinlich höher gefunden wurden, als der Wirklichkeit 
entspricht, ist der Abfall der N-Ausscheidung in den Versuchen 
mit warmer Milch nicht streng bewiesen; um so sicherer ist, 
und zwar a fortiori, die enorme Zunahme in den Versuchen 
mit kalter Milch bewiesen. 

Es ist demnach die N-Ausscheidung bei 2 Ver- 
suchspersonen durch den Genuß von Milch innerhalb 
der nächsten 2 bis 3 Stunden um einen mäßigen Be- 
trag gesteigert worden, und zwar gleichviel, ob die 
Milch kalt oder warm getrunken wurde; bei einer 
dritten Versuchsperson wurde durch kalte Milch eine 
sehr bedeutende, durch warme aber keine oder jeden- 
falls eine weit geringere Steigerung hervorgerufen. 

Noch anschaulicher werden diese auffallenden Unterschiede 
in dem Verhalten der N-Ausscheidung bei P. J. und B. S. 
einerseits und bei M. J. anderseits dargestellt, wenn wir die 
Menge des im Harn während den ersten 2 bis 3 Stunden nach 
dem Milchtrinken entleerten N mit der Menge des in der 
Milch eingeführten N vergleichen, dabei letztere — 100 
setzen. 

Die betreffenden Werte für den Harn-N betragen dann: 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 37 


In den Versuchen mit 


kalter Milch 














warmer Milch 








| nn 











| Mitielwerte Mittelwerte 
P.J 85,42 | ap 38, 41,45 | 4 
B. S 30, 49, 43,41,49] 42 43, 47, 39 43 
M. J 71, 91,77 | gp 28, 82. 31 80 


Es ergibt sich also, daß bei P. J. und B. S. annähernd 
dieselben N-Mengen — im Verhältnis zum eingeführten Milch-N 
— ausgeschieden wurden, und zwar gleichviel ob sie kalte 
oder warme Milch getrunken hatten; wogegen bei M. J. die 
Ausscheidung in den Versuchen mit kalter Milch weit mehr, 
in den Versuchen mit warmer Milch aber weit weniger N 
betragen hat, als bei den anderen Versuchspersonen. 

In den Versuchsreihen, die länger als bloß 3 Stunden 
nach dem Einführen der Milch gedauert hatten, läßt sich nach- 
weisen, daß diese Unterschiede, namentlich die Verzögerung 
der N-Ausscheidung nach warmer Milch, bei M. J. auch nach 
51/, bis 7 Stunden nach dem Milchtrinken, unverändert fort- 
bestehen. 

Den Milch-N, wie oben, = 100 gesetzt, erhalten wir für 
die N-Ausscheidung im Harn folgende Werte: 


= Versuche | Versuche | Bu 
mit kalter | Mittelwerte | mit warmer | Mittelwerte 
Milch ` Milch 


P.J... 81 81 105 | 10 
BS aon nak — SS 89, 91 90 
M. 3222.00; 112,95 | 10 56, 45, 64 55 


Wie dieses, von den beiden anderen Versuchspersonen 
gänzlich abweichende Verhalten des M. J. gegenüber der kalten 
resp. warmen Milch zu deuten ist, steht noch dahin und ist 
es möglich, daß hier verschiedene Faktoren mit im Spiel sind. 
Einmal die schon oben besprochene Verschiedenheit in der 
Entleerung kalter oder warmer Flüssigkeiten aus dem Magen 
gegen den Darm; oder aber Verschiedenheiten im Abbau der 
Milch, je nachdem sie kalt oder warm genossen wurde: die 
„kalte“ Milch war vorher nicht aufgekocht, also sogenannte 
rohe Milch; während die auf ca. 50° erwärmte sicher teilweiso 
denaturiert war. 








38 P. Häri und St. von Pesthy: 


Nun ist aber mehrfach bewiesen, daß die Labwirkung viel- 
fach davon abhängt, welchen Temperaturen die Milch vorher 
ausgesetzt war; andererseits auch, daß Milch, die der Labung 
ausgesetzt war, den Verdauungsfermenten schwerer als solche, 
die nicht gelabt wurde, zugänglich ist. Da also auf diese Weise 
Unterschiede!) in der Verdaulichkeit kalt oder warm ge- 
nommener Milch bestehen können, ist es auch möglich, daß 
Unterschiede im Abbau zustande kommen, die zudem noch 
durch die Abhängigkeit der Motilität des Magens von der 
Temperatur der Ingesta verstärkt werden. 

Freilich darf auch nicht verschwiegen werden, daß bei den 
beiden anderen Versuchspersonen von diesem an M. J. be- 
obachteten Verhalten der N-Ausscheidung nichts zu sehen ist. 

Wenn also derlei Unterschiede in der N- Ausscheidung 
nach der Einfuhr kalter und warmer Milch vorkommen können, 
deren nähere Ursache bis nun nicht ergründet werden kann, 
so ist es auch nicht zu verwundern, daß wir auch die länger 
andauernde Steigerung des O,-Verbrauches nach der Einfuhr 
kalter Milch vorläufig nicht recht deuten können. 


Die Ergebnisse dieser Arbeit können im folgenden zu- 
sammengefaßt werden: 

1. Der Genuß von 1 l ca. 4° kalter Milch erzeugt 
am Menschen eine etwa 2 Stunden anhaltende Ab- 
kühlung der Körpertemperatur um etwa 0,25° bis 
0,80°. 

2. 11 ca. 50° warmer Milch erzeugt am Menschen 
einen weit länger andauernden, wenn auch geringeren 
Anstieg der Körpertemperatur um 0,12 bis 0,40°. 

3. Sowohl die kalte als auch die warme Milch 
steigern den O,-Verbrauch um etwa 13 bis 15°/, für 
die Dauer von 3 Stunden nach dem Einverleiben der 
Milch. 

4. Die durch warme Milch erzeugte Steigerung des 
O,-Verbrauches klingt nach dem Ablauf der ersten 


2) W. Raudnitz bei Paul Sommerfeld, Handb. d. Milchk. 
1909. Bergmann, Wiesbaden, S. 228 und 230. 


Hat die Temperatur der Nahrung Einfluß auf den Gaswechsel? 39 


3 Stunden bald ab, während die Steigerung, die durch 
kalte Milch hervorgerufen wurde, stundenlang mehr 
oder minder unverändert bestehen bleibt. 

5. Die längere Dauer der durch kalte Milch er- 
zeugten Steigerung des O,-Verbrauches rührt wahr- 
scheinlich von einer verzögerten Entleerung der 
kalten Milch aus dem Magen und daher verzögerten Ab- 
bau her; möglicherweise ist hier auch eine Art che- 
mischer Regulierung mit im Spiel, ähnlich jener, die 
zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur besteht, 
wenn eine Abkühlung der äußeren Körperoberfläche 
stattfindet. 

6. An einer Versuchsperson wurde konstatiert, daß 
nach dem Trinken kalter Milch beinahe doppelt so 
viel Stickstoff im Harn ausgeschieden wird, als nach 
dem Trinken warmer Milch. 





Über die Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion 
auf den Gaswechsel. 


Von 
weil. Camilla Rud6 und Stephan Cserna. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 2. Mai 1912.) 


Es ist von verschiedenster Seite!) gezeigt worden, daß art- 
eigenes Blut, einem Tiere, sei es direkt aus der Schlagader 
eines anderen Tieres, sei es nach vorangegangener Defibrinie- 
rung intravenös infundiert, daselbst bei weitem nicht so schnell 
abgebaut wird, wie etwa intravenös eingebrachtes Serum — 
sei es auch arteigenes —, oder gar aus dem Verdauungstractus 
resorbiertes Blut. Das intravenös transfundierte arteigene Blut 
verhält sich vielmehr, wie einige Autoren treffend bemerken, 
nach Art eines transplantierten Gewebes, das nur ganz all- 
mählich der Zerstörung anheimfällt. 


1) P. L. Panum, Experimentelle Untersuchungen über die Trans- 
fusion, Transplantation oder Substitution des Blutes usw. Virchows 
Archiv 27, 240 und 433, 1861; und Experimentelle Untersuchungen über 
die Mengenverhältnisse des Blutes und seiner Bestandteile durch die 
Inanition. Virchows Archiv 29, 241, 1864. — L. Tschirief, Der tāg- 
liche Umsatz der verfütterten und der transfundierten Eiweißstoffe. 
Arbeiten aus der physiol. Anstalt zu Leipzig, mitgeteilt von C. Ludwig, 
9. Jahrg. 1874, 282 und Ber. d. Verhdl. d. k. sächs. Ges. d. Wiss. z. Leipzig 
62, 441, 1874. — Worm-Müller, Plethora und Transfusion, Christiania 
1875. Zitiert bei Ott, s. w. u. — P. Albertoni, La transfusion du 
sang et léchange nutritif de l’organisme. Arch. ital. de biolog. 2, 
165, 1882. — H. Chr. Geelmuyden, Von einigen Folgen übergroßer 
Blutfülle. Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1892, 480. — Paul Häri, Über 
den Einfluß der intravenösen Bluttransfusion auf den Stoff- und Energie- 
umsatz. Diese Zeitschr. 34, 111, 1911. 


C. Rudö u. St. Cserna: Wirke d intraperit. Blutinfusion a.d.Gaswechsel. 41 


Während der N des vom Darm aus resorbierten Blutes 
oder des intravenös eingespritzten Serums längstens in 24 bis 
48 Stunden im Harn quantitativ wieder ausgeschieden wird, 
tritt nach intravenösen Bluttransfusionen nur eine mäßige 
Steigerung der N-Ausscheidung im Harn ein; es ließ sich 
in manchen Versuchen berechnen, daß eine bis mehrere Wochen 
darüber vergehen, ehe der ganze, dem Tiere mit dem Blute 
eingespritzte N durch die gesteigerte N-Ausscheidung im Harn 
als gänzlich eliminiert betrachtet werden kann. 

Nach alledem konnte es von Interesse sein, zu prüfen, 
ob arteigenes Blut, den Tieren intraperitoneal beigebracht, 
1. überhaupt resorbiert wird, 2. ob es sich nach erfolgter Re- 
sorption wie intravenös infundiertes, oder wie enteral bei- 
gebrachtes Blut verhält; das heißt, ob es ganz allmählich, oder 
aber in kürzester Zeit abgebaut wird. 

1. Was die erste Frage anbelangt, unterliegt es nach Recklings- 
hausens!) Versuchen keinem Zweifel, daß in die Bauchhöhle eingespritztes 
Blut daselbst mit großer Leichtigkeit von den Lymphgefäßen aufgenom- 
men wird; Recklingshausen sah sie, insbesondere am Zwerchfell, be- 
reits einige Stunden nach erfolgter Einspritzung strotzend mit Blut 
angefüllt. 

Auch Southgate?) fand bloß 1 bis 2 ccm Blut in der Bauch- 
höhle seiner Versuchstiere (Kaninchen), die 3 Stunden vorher durch- 
schnittlich 19,5 com Blut eingespritzt erhielten. Die rasche Resorption 
des Blutes ging übrigens auch aus der Vermehrung der roten Blut- 
körperchen hervor, die am Ende der 2. Stunde nach erfolgter Trans- 
fusion gegen 11°/, betrug. — Aus Fischers?) Versuchen, der 1 Stunde 
nach erfolgter Einspritzung die ganze Blutmenge aus der Bauchhöhle 
wiedergewann, erhellt jedenfalls, daß die Resorption, die durch die vor- 
erwähnten Versuche sichergestellt ist, immerhin mehrere Stunden in 
Anspruch nimmt. 

2. Was den Abbau des intraperitoneal eingespritzten Blutes an- 
belangt, haben sich bloß Albertoni und Pugliese mit dieser Frage 
beschäftigt; es sollen daher, um Wiederholungen zu vermeiden, ihre Be- 
funde erst weiter unten an entsprechender Stelle erörtert und hier so- 
fort auf die Einrichtung unserer Versuche eingegangen werden. 


1) F. v. Recklingshausen, Zur Fettresorption. Virchows Archiv 
26, 177, 1863. 

2) F. H. Southgate, Über Blutresorption aus der Peritonealhöhle. 
Centralbl. f. Physiol. 8, 449. 

2) H. Martin und Fischer, Die Nephritis. Dresden 1912 bei 
Steinkorfi. k 


42 C. Rudö und St. Cserna: 


Versuchseinrichtung und Methodik. 

Da der Ernährungszustand der Versuchstiere von einigem 
Einfluß auf die Folgen der Transfusion sein konnte, was übrigens 
schon von Albertoni?) und später (für die intravenöse Blut- 
transfusion von Häri*) gefunden wurde, haben wir Versuche so- 
wohl an Tieren ausgeführt, die mehrere Tage lang gehungert 
hatten, als auch an solchen, die längere Zeit hindurch regel- 
mäßig und gut gefüttert wurden. 

Als Versuchstiere dienten uns ausschließlich Hunde, an 
denen nach Ablauf einiger Hunger- resp. Fütterungstage eine 
sog. homogene direkte Transfusion in die Bauchhöhle aus- 
geführt, d. h. Blut aus der Carotis eines anderen Hundes (ent- 
weder durch einen eingestoßenen Troquart, oder durch eine 
eingebundene Kanüle) direkt in die Bauchhöhle des Versuchs- 
tieres transfundiert wurde. Die Dosierung des Blutes wurde 
durch Aufbinden des blutspendenden oder des Empfänger- 
tieres auf einer genauen Dezimalwage ermöglicht. 

Es wurde, wie bereits erwähnt, sowohl an hungernden, als 
auch an gefütterten Hunden der Einfluß der intraperitonealen 
Transfusion 

a) auf die N-Ausscheidung, 
b) auf den respiratorischen Gaswechsel 
geprüft. 

a) Zu diesen Versuchen wurden Hündinnen verwendet, 
an denen in üblicher Weise der Zugang zum Orificium exter- 
num urethrae durch eine Perineotomie freigelegt wurde. 

Die Tiere wurden in Stoffwechselkäfigen gehalten, in denen 
der Harn vom Kot getrennt und beide ohne Verlust gesammelt 
werden konnten. Die Abgrenzung des Harns erfolgte zu Be- 
ginn eines jeden Versuchstages mittels Katheterisierung und 
Spülung der Blase mit einer 1°/,igen Lösung von Borsäure. 
Der Kot wurde mittels Kieselsäure abgegrenzt, die die Tiere, 
in Wasser suspendiert, mittels Schlundsonde eingegossen erhielten. 

Die Bestimmung des N im Harn, Kot und Spülwasser und 
auch im Hundefutter (Fattinger) geschah mittels der Kjel- 
dahlschen Methode, wobei metallisches Hg als Katalysator ver- 
wendet wurde. 


1) 1. c. 
2) l. c., S. 135. 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 43 


Der Gehalt des Harns an chemischer Energie wurde so- 
wohl vor als auch nach der Transfusion bestimmt und in 
der Regel an einem Gemisch aus proportionalen Teilen 
des Harnes von mehreren Tagen. Die Gemische wurden 
am Wasserbad eingedampft, der Rückstand im Vakuum- 
trockenschrank bei 60° getrocknet und dann in einer modi- 
fizierten Berthelot-Mahlerschen Bombe verbrannt. Für den 
während des Eintrocknens erfolgten Energieverlust, als deren 
Maßstab der N-Verlust diente, der in besonderen, unter ganz 
ähnlichen Umständen eingetrockneten Harnportionen festgestellt 
wurde, brachten wir eine Korrektion von 5,4 Cal. pro 1g ver- 
lorenen N nach Rubner an. 

Der für eine Periode berechnete Energiegehalt des Harns 
wurde nun auf 24 Stunden umgerechnet und ergab, mit der 
mittleren täglichen N-Ausscheidung (im Harn) dieser Periode 
dividiert, den Quotienten Cal:N. 


b) Außerdem wurde sowohl an hungernden, wie auch an 
gefütterten Hunden der O,-Verbrauch, die CO,-Produktion 
und der respiratorische Quotient nach Zuntz-Geppert be- 
stimmt; und zwar am curarisierten und künstlich ventilierten 
Tiere mittels: der von F. Tangl!) vor kurzem ausführlich be- 
schriebenen Methodik. An zwei Hungertieren wurden auch 
direkte calorimetrische Bestimmungen nach Rubner vorge- 
nommen, über die an anderer Stelle?) berichtet wird. 


Wir verfügen insgesamt über 18 Versuchsreihen. 


Versuche am Hungertier. 


Untersuchung der N-Ausscheidung: Versuchsreihen 1 bis 5. 
Untersuchung des respiratorischen Gaswcchsels: Versuchs- 
reihen 6 bis 11. 


Versuche an gefütterten Tieren. 


Untersuchung der N-Ausscheidung: Versuchsreihen 1 bis 5. 
Untersuchung des respiratorischen Gaswechsels: Versuchs- 
reihen 6, 7 und 9 bis 11. 


1) F. Tangl, Die Arbeit der Nieren und die spezifisch-dJynamische 
Wirkung der Nährstoffe. Diese Zeitschr. 34, 1. 
2) P. Häri, diese Zeitschr., dieses Heft. 


44 G. Rudö und St. Cserna: 


A. Versuche an hungernden Hunden. 


Hund A wurde am 27.IX.1910 zum letzten Male gefüttert; erhielt 
bei einem Körpergewicht von 3600g am 3. X. 100 g Blut, d. i. 27,8 g 
pro l kg Körpergewicht, enthaltend 4,54°%/, N, in die Bauchhöble ein- 
gespritzt. Am 11. X. starb das Tier; die Obduktion ergab keinerlei 
Spuren von Blut oder Gerinnsel in der Bauchhöhle (Versuchsreihe 1). 

Hund B wurde am 16. XI. 1910 zum letzten Male gefüttert und 
erhielt bei einem Körpergewicht von 3800 g am 23. XI. 300g Blut, d. i. 
78,9g pro lkg Körpergewicht, enthaltend 2,78°/, N, in die Bauchhöhle 
eingespritzt. Der Hund starb am 3. XII. und war bei der Obduktion 
kein Blutgerinnsel in der Bauchhöhle zu sehen. Darmschleimhäute nor- 
mal (Versuchsreihe 2). 

Hund C wurde am 2. XII. 1911 zum letzten Male gefüttert, erhielt 
bei einem Körpergewicht von 7814g am 9. XII. 300g Blut, d. i. 38,4g 
pro 1kg Körpergewicht, enthaltend 3,26°/, N, in die Bauchhöhle ein- 
gespritzt. In der Nacht vom 10. bie 11. XII. und am 11. XII. vor- 
mittags gebar das Tier 4 Junge, daher wurde der Harn von diesem und 
dem nächsten Tage, dem sich Blut beigemischt hatte, nicht untersucht 
(Versuchsreihe 3). Am 17.XII. wurden dem Tier bei einem Körpergewicht 
von 6691 g ein zweites Mal 200g Blut, d. i. 29,9 g pro 1 kg Körper- 
gewicht, enthaltend 3,30%, N, in die Bauchhöhle gespritzt (Versuchs- 
reihe 3 und 4). 

Hund D wurde am 7. I. 1911 zum letzten Male gefüttert, erhielt 
am 17. I. bei einem Körpergewicht von 5651g 250g Blut, d. i. 44,2 g 
pro 1 kg Körpergewicht, enthaltend 3,75°/, N, in die Bauchhöhle ein- 
gespritzt (Versuchsreihe 5). 

Hund E hatte ca. 1 Woche lang gehungert, als ihm (Nov.? 1910) 
in curaresiertem Zustande bei einem Körpergewicht von 5200 g 100 g 
Blut, also 19,2g pro 1 kg Körpergewicht direkt in die Bauchhöhle trans- 
fundiert wurde. Untersuchung des Gaswechsels nach Zuntz-Geppert 
in einigen Versuchen vor und in mehreren Versuchen nach der Trans- 
fusion. — Obduktion des Tieres 3 Stunden nach der Transfusion, wobei 
bloß 25 bis 30g Blut in hämolysiertem Zustand vorgefunden wurden, 
also 70 bis 75 g resorbiert (Versuchsreihe 6). 

Hund F, ca. 1 Woche Hunger; bei einem Körpergewicht von 
5900g wurden (Nov.? 1910) 100g Blut, also 16,9g pro 1kg Körper- 
gewicht wie oben transfundiert; Gaswechselversuche wie oben; resorbiert 
nach 3 Stunden 50 g Blut (Versuchsreihe 7). 

Hund G, ca. 1 Woche Hunger; bei einem Körpergewicht von 
4700 g wurden (Nov? 1910) 100g Blut, also 20,3 g pro 1 kg Körper- 
gewicht wie oben transfundiert. Gaswechselversuche verunglückt; bei 
der Obduktion waren 5 Stunden nach der Transfusion 50g Blut in der 
Bauchöhle; also 50 g resorbiert (Versuchsreihe 8). 

Hund H, 6 Tage gehungert, am 23. X. 1911 bei einem Körper- 
gewicht von 5900 g 300 g Blut, also 50,9g pro 1kg Körpergewicht wie 
oben transfundiert. Gaswechselversuche (Versuchsreihe 9). 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 45 


Tabelle I. 
N-Ausscheidung pro 24 Stunden. 


m ln mn un — mn mn 

























Versuches Anmerkungen 


1910 


Hund A 
Wievielter 
Hungertag? 








10. | 2,105 |0,329 | 0,214 | 2,648 
11. | 2,250 [0,329 | 0,214 | 2,796 
12. | 3,1841 | 0,329 | 0,214 | 3,727 
13. | 3,1849| 0,329 | 0,214 | 3,727 


© 

Pri 

E 2,165 | 0,960 "Blut, enth. 4,508 N 
k 8. | 2,350 | 1,031 | —3) | 3,381 

= 9. | 2,163 |1,289 | —1) | 3,452 

> 














— Exitus 
Tabelle II. 

N-Ausscheidung pro 24 Stunden. 
SS —— = 
ER ES 
ES im Kot. sam- | des Ver- Anmerkungen 
Kr S suchstages 
So 








18.—19. XI. Kein Kot! 2,013 — — 
19.—20. XI. n 11,891 | 4228 
20.—21. XI. n 11,779 = — 143 
21.—22. XI. 1,573 u 
a 
© | 22.—23. XI. | 7. | 1,486 ben 0,266 | 2,164 4100)9) nase 
5 | 23.—24. XI. | 8. | 2,275 |0,412 | 0,266 "2953| — — 
2 | 24.—25. XI. | 9. | 2,272 |0,412 | 0,266 !2,950 3890 
S | 25.—26. XI. | 10. | 2,519 [0,412 | 0,266 | 3,197 = 
E | 26.—27. XI. | 11. | 2,006 |0,412 | 0,266 | 2,684 = 115 
© | 27.—28.XI. | 12. | 1,641 |0,412 | 0,266 2319 3545 
28.—29.XI. | 13. | 1,593 | 0,412 | 0,266 | 2,271 = 
29.—30. XI. | 14. | 1,465 | 0,412 | 0,266 | 2,143 =. — 88 
30.X1.-1.XIL| 15. | 1,205 |0,412 | 0,266 |1,883 | 3280 
1.—2.XIL | 16. | 1,056 | 0,412 | 0,266 | 1,734 — = 
3. XII. — — — — == = — Exitus 


1) An diesen Tagen wurde halbflüssiger Kot entleert, der sich zwar 
nicht dem Harn beimengte, jedoch nur mit dem Spülwasser vermischt 
analysiert werden konnte. 

2) Ohne das eingespritzte Blut. 


46 C. Rud6 und St. Cserna: 













EK 
= S2 SE zu- 
Š KS ül- | im Kot| sam- rung 
E Mee Se une suchstages |pro 24 St. 
1910 |> Z 

CO 
© 
= 
8 Infusion von 300 g 
g — Blut, enth. 9,78 g N 
S — °) Harn mit Blut 
© Co vermischt (partus) 
> 

1,826 | 0, — 11 

1,626 | 0,161 

1,366 | 0,161 — 108 
X | 16.—17. XIL] 14. |1,940 |0,112 | 0,195 |2,247 +0 | Bint enta 6,008 
3 117.—18. XIL| 15. [2,099 | 0,112 | 0,195 | 2,406 
& 118.—19. XII.| 16. |2,099 510,112 | 0,195 | 2,406 
© 119.—20. XIL| 17. |3,568*)| 0,112 | 0,195 | — _ — 176 |*) Harn mit Kot ver- 
S |20.—21. XIL| 18. [2,842 0,112 | 0,195 13,149 | 6165 mischt 
‚© |21.—22. XII| 19. [2,510 |0,112 | 0,195 |2,817 zu h-a 

22.—23. XII| 20. [2,316 |0,112 | 0,195 |2,623 | 5670 


Tabelle IV. N-Ausscheidung pro 24 Stunden. 





Anmerkungen 


b oe 
F 
E o 





10.—11. I. Së 
11—12 I. 
12—13. L 
13—14. L 
wel 14—15. I. — 134 
o | 15—16. I 
51 16—17. L 
2 | 
Bal 
9 | 17.—18. I. | 10. — 0,055 |Kein Kot! 2,527 But —— 
EI 18.—19. 1. | 11. | 2472!0,055 | „ [2,597 -1 
> | 19.—20. I. | 12. | 1,943 |0,055 » 11,998 
20.—21. I. | 13. | 1,848 [0,055 | » |1903 m 
21—22. I. | 14. | 1745 [0.055 | — |1800 = 
22—23.1. |15. | 1569 10.055 | „ 11824 e 
23—4.1 | 16. | 1312 |0055 | — [1367 = 





-~ 1) Ohne das eingespritzte Blut. 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 47 


Hund J, 10 Tage gehungert; am 27. X. 1911 bei einem Körper- 
gewicht von 7000 g 300 g Blut, also 42,8 g pro 1 kg Körpergewicht trans- 
fundiert. Gaswechselversuche (Versuchsreihe 10). 

Hund K, 13 Tage gehungert; am 16. XI. 1911 bei einem Körper- 
gewicht von 4200 g 200g Blut, also 47,6 g pro 1 kg Körpergewicht trans- 
fundiert. Gaswechselversuche (Versuchsreihe 11). 


Ergebnisse der Versuche. 

Über das Schicksal des eingespritzten Blutes erfahren wir 
einiges bereits aus Daten der soeben mitgeteilten Versuchs- 
methode, die sich auf den negativen Befund in der Bauchhöhle 
der obduzierten Tiere beziehen: am 8. resp. am 11. Tage der 
Bluttransfusion war in Versuchsreihe 1 und 2 das eingespritzte 
Blut vollständig resorbiert. Wie schnell die Resorption vor sich 
geht, ist ferner aus den Versuchsreihen 6, 7 und 8 ersichtlich, 
in denen 3 bis 5 Stunden nach der Transfusion bereits 50 bis 
75°/, des Blutes resorbiert waren. 

Daß sich der tierische Körper dieses also resorbierten 
Blutes nicht allsogleich als eines Fremdkörpers entledigt hatte, 
geht bereits daraus hervor, daß unsere Hunde nie Blut, Eiweiß 
oder Gallenfarbstoff im Harne entleerten. Über den Abbau 
des von der Bauchhöhle aus resorbierten Blutes erhalten wir 
Auskunft aus dem Verhalten der N-Ausscheidung. 

In Versuchsreihe 1, 2 und 4 ist, wie den Tabellen I bis IV 
zu entnehmen ist, die Bluttransfusion von einer ansehnlichen 
Steigerung der N-Ausscheidung gefolgt, die in Versuchsreihe 1 
bis zum Tode des Tieres immer noch zunimmt, in Versuchs- 
reihe 2 und 4 bald wieder abfällt. 

Eine solche Steigung konnte auch Pugliese!) an seinen 
Hungertieren konstatieren. 

Wenn man annimmt, daß, so lange das mit dem Blute 
eingeführte Eiweiß reicht, der Hund nach der Bluttransfusion 
von seinem eigenen Eiweißbestand nicht mehr zersetzt als am 
Tage vor der Transfusion — die Mehrzersetzung also aus- 
schließlich auf Kosten des intraperitoneal eingeführten Blutes 
geschieht (natürlich eine durch nichts gerechtfertigte An- 
nahme) —, läßt sich berechnen, daß es ca. 5 bis 8 Tage bedarf, 
bis der N des in die Bauchhöhle eingespritzten Blutes in den 


1) Angelo Pugliese, La transfusion du sang homogene defibrine dans 
la cavité peritoneale et l’echange materiel. Arch. ital. de biolog. 18, 365. 


48 C. Rudö und St. Cserna: 


Exkreten erscheint. Namentlich interessant ist diesbezüglich 
Versuchsreihe 2, in der die anfangs erheblich gesteigerte N- 
Ausfuhr gegenüber dem ursprünglichen Werte ungefähr zu der 
Zeit absinkt, als die Ausscheidung des im Blute eingeführten N, 
auf obige Weise berechnet, eben beendet ist. 

Im Gegensatz zu den soeben besprochenen ist in der Ver- 
suchsreihe 3 (in der 2 Beobachtungstage wegfielen) und 5 
keine Steigerung der N-Ausscheidung wahrzunehmen. 

Der Grund dieses verschiedenen Verhaltens der Versuchs- 
tiere ist aus den Daten unserer Versuchsreihen nicht zu er- 
sehen; möglich ist es, wenn auch vorläufig nicht bewiesen, daß 
die Resorption des Blutes in den Fällen, wo es nicht zur Steige- 
rung der N-Ausscheidung kam, besonders langsam, zum mindesten 
jedoch langsamer als in den übrigen Fällen, vor sich ging. 

Wie nachstehender Zusammenstellung zu entnehmen ist, 
ist u.a. auch ein Zusammenhang zwischen der Menge des ein- 
gespritzten Blutes resp. des N mit der etwaigen Steigerung der 
N-Ausfuhr nicht zu konstatieren. 


Eingespritztes Blut | Eingespritzter N 
Versuchs- S 
reihe pro 1 kg Körpergewicht 


von» 





Eine solche, durch die Versuchsbedingungen nicht be- 
gründete Verschiedenheit im Verhalten der N-Ausscheidung 
ist übrigens auch in Haris erwähnten Versuchen mit intra- 
venöser Bluttransfusion zu konstatieren. Auch dort waren in 
zwei von fünf Hungerversuchsreihen eine Verringerung, in den 
übrigen eine Steigerung der N-Ausfuhr nachzuweisen. 

Es könnte sich da um Verschiedenheiten der einzelnen 
Versuchsreihen handeln, einmal begründet im Fett- resp. im 
Eiweißbestand des betreffenden Tieres, die auf das Schicksal des 
parenteral beigebrachten Eiweißes einen vorläufig nicht abzusehen- 
den Einfluß ausüben; ein andermal um Geschlechtsgleichheit 
resp. -verschiedenheit zwischen Blutspender und Empfängertier, 
worüber unsere Versuchsprotokolle leider keine Auskunft geben. 





Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 49 


Tabelle V. Versuchsreihe 6. 
Nummer des Versuchstieres: E. Körpergewicht: 5200 g. Datum: XI. 1910. 













Anmerkungen 





Arterieller 


B Blutdruck 


D 
LG 


6» 15° | 8 16”|1944|2,444/1,841|47,53/35,80[0,758138,42| — |5% 30” Infusion von 100 g 
e 45’ | 8 27”11927|2,47411,861 2 0,746138,700 — Blut in die Bauchhöhle 


si OCH IB» ww. 





7» 15’| 8 56”]197412,620'1,970[51,73|38,90[0,752138,22 Wegen starker Anwärmung 
des Tieres (42°) wird der 
Versuch abgebrochen 


Tabelle VI. Versuchsreihe 7. 


















Nummer des Versuchstieres: F. Körpergewicht: 5900 g. Datum: XI. 1910. 
53 
Era As 
Säi SE 
Ze) 53 
Ze 235 Anmerkungen 
Zi <a 
E 
°C | Hg mm 











5 46/10 14°11917]3,231/2,119 61,95,40,63 0,748139,47]| — 
6 05/10 00”|1951|3,169|2,137|61,83/41,69]0,674]39,12]| — 
6% 36’| 8° 54”11980]3,213|2,122]63,62)42,01]0,660|38,53]| — 








4 100 35| 8’ 45'12064]2,930 1,951[60,50/40,28[0,666[38,28 
5 |11% 10| Y 08”|2078|3,028|2,073]62,96|43,01[0,685[38,58 


7b 30’ Infusion von 100 g 
Blut in die Bguchhöhle 


Wegen starker Abkühlung 
des Hundes (37,5°) Ver- 
suchspause vôn 6° 30’ bis 
10h 35’ abends 

Tabelle VII. Versuchsreihe 9. 
Nummer des Versuchstieres: H. Körpergewicht: 5900 g. Datum: 23. X. 1911. 
Das Versuchstier hungerte 6 Tage vor Beginn des Versuchs. 














a EE i 
Ar in der Ven- E E Anmerkungen 
des Versuchs |“ S 
cem| °/o | %o Hg mm 





Biochemische Zeitschrift Band 44. 4 


50 C. Rudö und St. Cserna: 
Tabelle VII (Fortsetzung). 


see EE — _ — — 












;| An- 88 33 |g FIET THET 
> f Dauer) 3 3| * ad iPS F sagaj 2° 
ang = g e Ee aS | O SE = p 
| E = © eg 102 < E bk K 5 
= o lin der Vor — Bi 35 Anmerkungen 
$ 2 | tilationsluft | pro Minute | O-5331 5 
des Versuchs | * MH: 
cem| %, ` %, | ccm | ccm C | Hg mm 














| 








x ag aih gool: 1b 45° Infusi 300 
4| 2 00° |10 45”|1668]2,780 2,315/46,37|38,61]0,832]: ët fa die Beet 


| 
| 


5 3b 15’ 10 47” 






7| 42 15° |11 20”|1594]2,990 2,249]47,65|35,84|0,752]; 
8| 4 45° 10 59” 
9| Sp 15° |117 10” 


10| 5h 45 |10 53” 





11| 6è 15° 10 47”|162913,160 
12| & 45 |11” 18”|162313,12312,312150,69137,5310,740|22> 


13) 7@ 15° 111’ 061161918, 173 2,373161,39 38, 4390,7433 








1625[3,216 


| 
14| 7° 40 111’ 11” | 





Tabelle VIII. 
Versuchsreihe 10. 
Nummer des Versuchstieres: J. Körpergewicht: 7000 g. Datum: 27. X. 1911. 
Das Versuchstier hungerte 10 Tage vor Beginn des Versuchs. 





/ 



















gl Gs CES säi Ss 
Z| fang | $ 8 SÉ 
Ge $ 3 Anmerkungen 
des Versuchs TH * 
c |Hgmm 








39,65 
39,70 
39,75 






— Am 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 51 


Tabelle VIII (Fortsetzung). 














— — — 









































— 
Z fang Dauer! 5 E EE Ek 
SÉ Saoj] St 
S e ER 3 Anmerk 
5 olin der Ven- SS = S S erkungen 
ro Minute s 
= 5j tilationsluft | P 5,9 mM 
des Versuchs |<% SE 
ccm ccm | ccm 0C | Hg mm 





5| 2 00 | 8" 04” [30112,295 1,787 Saal Das At — 
6 3» 15° ar 07” |35412,101 1,721 — 0,819 1008 80 
7| 3% 45° | 8 29” |2365|2,119 1,674|50,12 39,60|0,789 éi 60 
el A 157 | 8" 35” IB331l2,197 1,720|51,21\40,09|0,782 9,90 72 
ad A 45° | 8 05” |os5 1l2 172 1,716]51,07|40,35|0,790 Sg 80 
10 5% 15° | 8 36” [o308]2,151 1,671|49,66|38,58|0,776 ok 70 
11| 5» 45° | 8” 11” [230812 ,264|1,741[52,26 40, 1910, 768 10.00 60 


12| 6» 15° | 7” 35” Jo310J2,190|1,654 Barden 0,755 an 60 


Tabelle IX. 
Versuchsreihe 11. 
Nummer des Versuchstieres: K. Körpergewicht: 4200 g. Datum: 16. XI. 1911. 
Das Versuchstier hungerte 13 Tage vor Beginn des Versuchs. 








Anmerkungen 






Ende d.Versuchs 
Arterieller 


o Körpertempera- 
tur am Anfang u 


Q 
T 
R 





E Blutdruck 









1b 15° Infusi 200 
12 40 |18’ 53” Blut in die Bauchhöhle 
3b 40’ |13’ 44” 


3 
4 
5 | 4b 15’ |1318” 
6 
7 
8 

















1370|2.906 2,105[39,82 28,84|0,724 — 80 
4 45' |13° 16”J1357|3,015 2,106 fia 0,698 lee 100 
5» 15 |13” 28”l1370l2,955 2,088la0,4928,61|0,706 Hr 100 
5» 45 |13” 20”lı379l2,909 1,9860 12|27,39lo,682]32]| 90 





37,83 











4* 














52 C. Rudó und St. Cserna: 
Tabelle 
Versuchsreihe 6 | Versuchsreihe 7 

Sauerstoff- 
g i Inach der Transfusion 
San 

i 

Vor der Transfusion . . ... 


1. Stunde nach der Transfusion 


ER e SS fa 





n 


n 
n 
n 







n n n 


n 
s 48 
n 


n 
ked 
n 


Gei 
oO 
E 
Ben 
© 
D 
CH 
p: 
E 
ui 
t 


Vor der Transfusion .. ... 34,66; — | — — 16247) — | — — 
1. Stunde nach der Transfusion | — | 35,83) +1,17) 43371 — | — — = 
2. mn n n n — 38,90 + 4,24 + 12,23 — — — — 
3. n n n n — — EC -R KEN — == — 
4. „ A i — — — — — 161,73) —0,74| — 1,18 
5. n n n n — SE — = — 


Auch aus dem Verhalten des Quotienten Cal.:N des Harnes 


(Tab. XX, S. 64) läßt sich nicht auf Zersetzungen schließen, bei 
denen etwa infolge der intraperitonealen Bluteinspritzung im Harne 
der hungernden Hunde unvollständige Oxydationsprodukte in er- 
höhter Menge auftreten würden; der Quotient blieb nach der Trans- 
fusion unverändert in den Versuchsreihen 1 und 2, wurde größer 
in den Versuchsreihen 3 und 4, endlich kleiner in Versuchsreihe 5. 


Da es möglich war, daß die Zunahme der Stoffzersetzung 


nicht nur die Eiweißkörper betrifft — die in mehreren Ver- 
suchsreihen aus der Zunahme der N-Ausscheidung hervorging — 
sondern den gesamten Stoffwechsel und damit auch den 
Energieverbrauch, wurden an fünf weiteren Tieren Respirations- 
versuche nach Zuntz-Geppert angestellt (Versuchsreihen 6, 
7, 9, 10, 11), um etwaige Veränderungen im O,-Verbrauch 
wenigstens innerhalb der ersten 6 bis 8 Stunden nach der 
Transfusion feststellen zu können. 


In Tabelle X sind in jeder Versuchsreihe die Mittelwerte 


für O,-Verbrauch und CO,-Ausgabe aus allen Versuchen vor 
der Transfusion ermittelt und dann deren absolute und pro- 
zentuale Veränderung von Stunde zu Stunde nach der Trans- 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 53 


X. 













Versuchsreihe 9 | Versuchsreihe 10 Versuchsreihe 11 
verbrauch 


i sä nach der Transfusion 
i ii 
WEE Dee Mn a! = 


— 52,81 +0,19 
— 149,45 — 3,17 
— 150,67) — 1,95 











46,37| — 2,71) — 5,52 
48,12 — 0,88! — 1,79 
48,38] — 0,70 — 1,43 
50,47| +1,39) + 2,83 
51,08| + 2,00| + 4,08 











50,36| — 2,26 
51,43) — 1,19 


produktion 

wel BL AS = ll ar EN WE 
— 138,61! — 0,39) — 1,00] — 41,12) +2,11 +5,41] — | 28,63) + 0,50| + 1,77] + 2,39 
BEN E CC 2A ee ER WW eh 
— |36,80| — 2201 — 5,64| — |39,85| + 0,851 + 2,20} — 129,52] + 1,39) + 4,94] + 0,50 
— 37,68 — 1,32) — 3,38] — 139,46) + 0,45| + 1,15| — | 28,71) + 0,58] + 2,061 — 0,34 





37,98] — 1,02) — 2,62 39,20) + 0,19| + 0,49 28,00) — 0,13] — 0,46| — 1,28 
fusion berechnet. Der für die erste, zweite, dritte usw. Stunde 
aus allen Versuchsreihen berechnete Mittelwert ist aus der letzten 
Kolonne der Tabelle X zu ersehen. Wie den Daten dieser 
Tabelle zu entnehmen ist, sind die Veränderungen, die 
nach der Transfusion im O,-Verbrauch eintreten, sehr 
geringfügig und bestehen in einer geringen Herab- 
setzung desselben; dabei sind die Veränderungen bloß in der 
ersten Stunde größer, als dem zulässigen Versuchsfehler entspricht. 

Die CO,-Produktion zeigt eine gewisse Zunahme etwa bis 
zum Schluß der dritten Stunde, wodurch auch eine entsprechende 
Zunahme des respiratorischen Quotienten bedingt wird. 

Es geht aus diesen Versuchen hervor, daß die Steigerung 
der Oxydationen, die an mehreren Hungertieren nach der intra- 
peritonealen Bluteinspritzung aus der Zunahme der N-Ausfuhr 
zu erkennen war, sich bloß auf den Eiweißstoffwechsel bezieht. 
Da sich der Energieverbrauch nach der Transfusion kaum ver- 
ändert, höchstens in geringem Grade und vorübergehend herab- 
gesetzt wird (soweit dies aus dem O,-Verbrauch zu beurteilen 
ist), so muß es zu einer entsprechenden Einschränkung des Fett- 
verbrauches gekommen sein. 


54 C. Rudö und St. Cserna: 


B. Versuche an gefütterten Hunden. 

Hund L wurde eine Woche lang mit einem Brei vorgefüttert, der 
aus 140 g Fattingerschen Hundefutter und 30 g Rohrzucker mit 1/, I 
Wasser angerührt ward. Am A A 1910 wurde mit der Analyse der Ex- 
kremente begonnen, am 11. X. wurden dem Tiere, als es nahezu in 
N-Gleichgewicht sich befand, bei einem Körpergewicht von 5730 g 100 g 
Blut, d.i. 17,1 g pro 1 kg Körpergewicht, enthaltend 3,38°/,, d. i. 0,57 g N 
pro 1 kg, aus der Carotis eines anderen Hundes in die Bauchhöhle ein- 
gespritzt. Am 25.X. wurde die Bluteinspritzung wiederholt, worauf das 
Tier 24 Stunden später starb (Versuchsreihe 12). 

Hund M wurde eine Woche lang mit einem Brei vorgefüttert, der 
aus 100 g Fattingerschem Hundefutter und 25 g Rohrzucker mit 1/, 1 
Wasser angerührt ward; die am 23. XI. begonnene Analyse der Ex- 
kremente zeigte, daß das Tier täglich 0,20 bis 0,30 g N verlor; daher 
wurde ihm, vom 26. XI. angefangen, täglich um 5 g Rohrzucker mehr 
gegeben, worauf es annähernd in N-Gleichgewicht kam. Es wurden 
ihm am 2. XII. bei einem Körpergewicht von 5096 g 100 g Blut, d. i. 
19,6 g pro 1 kg Körpergewicht, enthaltend 2,86°/,, d.i. 0,56 g N pro 1 kg 
Körpergewicht, aus der Carotis eines anderen Hundes in die Bauchhöhle 
gespritzt (Versuchsreihe 13). Nach einer Versuchspause von einigen Tagen, 
während deren der Hund bloß die spärliche Nahrung außer Versuch be- 
findlicher Tiere erhielt, daher auch einige 100 g Abnahme, wurde die 
Fütterung mit obenerwähntem Brei wieder begonnen und ihm am 22. XII. 
bei einem Körpergewicht von 5100 g ein zweites Mal 100 g Blut, d.i. 
19,6 g pro 1 kg Körpergewicht, enthaltend 2,81°/,, d. i. 0,55 g N pro 
1kg, in die Bauchhöhle gespritzt (Versuchsreihe 14). 

Hund N wurde bis einschließlich 3. I. 1911 regelmäßig mit Küchen- 
abfällen gefüttert; am 4. I. 1911 wurden ihm bei einem Körpergewicht 
von 4600 g 230 g Blut, also 50 g pro 1 kg Körpergewicht, direkt aus der 
Carotis eines anderen Hundes in die Bauchhöhle eingespritzt und sein 
Gaswechsel in einigen Versuchen vor und in mehreren Versuchen nach 
der Einspritzung nach Zuntz-Geppert bestimmt. 6 Stunden nach der 
Einspritzung waren ca. 80 g Blut bereits resorbiert (Versuchsreihe 15). 

Hund O, regelmäßig gefüttert bis zum Vorabend (Jan.? 1911) der 
Transfusion; bei einem Körpergewicht von 5500 g wurden ihm 200 g 
Blut, d. i. 37 g pro 1 kg Körpergewicht, transfundiert; Gaswechselver- 
suche; 6 Stunden nach der Einspritzung ca. 70 g Blut resorbiert (Ver- 
suchsreihe 16). 

Hund P, regelmäßig gefüttert (Jan.? 1911), bei einem Körper- 
gewicht von 5500 g 250 g Blut, d.h. 45,4 g pro 1 kg Körpergewicht, 
transfundiert; Gaswechselversuche verunglückt; nach 6 Stunden oa. 50 g 
Blut resorbiert (Versuchsreihe 17). 

Hund Q, regelmäßig gefüttert, bei einem Körpergewicht von 4400 g 
am 21. IX. 1911 200 g Blut, also 45,4 g pro 1 kg Körpergewicht, trans- 
fundiert; Gaswechselversuche (Versuchsreihe 18). 

Hund R, regelmäßig gefüttert, am 26. X. 1911 bei einem Körper- 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 55 


gewicht von 8200 g 400 g, also 48,4 g pro 1 kg Körpergewicht, trans- 
fundiert; Gaswechselversuche (Versuchsreihe 19). 


Hund S, regelmäßig gefüttert, am 5. X. 1911 bei einem Körper- 
gewicht von 5200 g 200 g Blut, also 38,4 g pro 1 kg Körpergewicht, trans- 
fundiert; Gaswechselversuche (Versuchsreihe 20). 


Ergebnisse der Versuche an gefütterten Hunden, 


Die verhältnismäßig rasche Resorption des intraperitoneal 
eingespritzten Blutes wurde in Versuchsreihen 15, 16 und 17 
konstatiert: 5 bis 6 Stunden nach erfolgter Einspritzung waren 
nur mehr 70 bis 80°/, des Blutes in der Bauchhöhle zurück- 
geblieben. Daß das so rasch resorbierte Blut tatsächlich zum 
Körperbestand geworden ist, geht namentlich aus dem Ver- 
halten des Harnes hervor, der auch nach der Transfusion nie 
abnorme Bestandteile enthielt: hierin stimmen diese Versuche 
vollkommen mit denen überein, die an Hungertieren angestellt 
wurden. 


Tabelle XI. 
N-Ausscheidung pro 24 Stunden. 








| 





N 


















3338|, v58 
„| Datum Ge- | im E H S iy 5 
Ki des im ar im | samt- |Futter) _. S BASE A 
S| Versuchs | Harn | SPÖ- | Kot | aus- |einge-| Bilanz E Ä R 55 o 
= Ren, gabe | führt Map | aA 





1910 





£ 


5,740 | + 0,840 
5,740 | + 0,764 
5,740 | + 0,696 
5,740 | + 0,181 




























21.—22. X. 
22.—23.X. 


3,561 | 0,590 | 1,135 | 5,286 | 5,740 | + 0,454 
3,986 | 0,590 | 1,135 | 5,711 | 5,740 | + 0,029 


5,740 | — 0,163 
= 9,740 | — 0,023 
© | 2708 DI i 
Š | 12—13. X. | 3,283 | 0,419 |1078 4,775 | 5,740 +0,965 (885) von "100 g Bint, 
| ET enthaltend 3,38 g N 
E 13.—14. X. | 3,063 | 0,419 | 1,073 | 4,555 | 5,740 | + 1,185] — +58 
S f 14—15. X. | 3,127 | 0,530 | 1,019 | 4,676 | 5,740 | + 1,064| — 
E | 15.—16. X. | 3,044 | 0,417 |1,048 | 4,509 | 5,740 | + 1,231 | 5900 
> {| 16.—17.X. | 3,114 | 0,417 |1,048 | 4,579 | 5,740 |+ 1,161 | — | 
17.—18.X. | 3,184 | 0,417 | 1,048 | 4,649 | 5,740 |+1,091 | — +22 
18.—19. X. | 3,185 | 0,417 | 1,048 | 4,650 | 5,740 | + 1,090 | 5967 J 
19.—20. X. 13,296 | 0,590 |1,082 | 4,968 | 5,740 | +0,772| — 
20.—21.X. | 3,342 | 0,590 | 1,082 | 5,014 | 5,740 | +0,726| — 


Exitus nach einer 
zweiten Infusion 






56 C. Rudö und St. Cserna: 


Tabelle XII. 
N-Ausscheidung pro 24 Stunden. 





* Sänlecë 
= — * Ge- im SE 2 sei 
KE * im im | samt- |Futter| _. o ESS] nern 
S | Versuchs | Harn Spül- Kot | aus- |einge- Bilanz d Z gE g 
1 wasser gabe | führt miej PER 
1910 g g g g g g g 














$ Nach der Infusion 
von 100g Blut, ent- 
haltend 2,86 g N 


2.—3. XII. | 1,620 | 0,395 | 1,037 | 3,052 | 4,120 | + 1,068 


3.—4. XII. | 1,896 | 0,395 ! 1,037 | 3,328 | 4,120 | + 0,792 
4.—5. XII. | 1,827 | 0,395 | 1,037 | 3,259 | 4,120 | + 0,861 
5.—6. XII. | 1,958 | 0,395 | 1,037 | 3,390 | 4,120 | + 0,730 
6.—7.XII. | 2,164 | 0,395 | 1,037 | 3,596 | 4,120 | + 0,524 
7.—8. XII. | 2,230 | 0,395 | 1,037 | 3,662 | 4,120 |+0,458| — 
8.—9. XII. | 2,260 | 0,120 | 1,580 | 3,960 | 4,120 |+0,160| — 
9.—10.XIL.| 2,457 | 0,120 | 1,580 | 4,157 | 4,120 | — 0,037 | 5276 
10.—11.XII.| 2,430 | 0,120 | 1,580 | 4,130 | 4,120 |—0,010| — 


Versuchsreihe 13 


Tabelle XIII. 
N-Ausscheidung pro 24 Stunden. 





| 


































à 238 |. a58 
= Datum | TE Ge- | im F| $ SE 3 
E — Harn Spül- Kar Ba — Bilanz ZA S B: S u| Anmerkungen 
e führt MaS | "Së 
1910 g 














19.—20. XII. 
20.—21. XII. 
21.—22. XII. 








\ 
è Inf 

oa. 29. XII. ie d Lernen 

(5200) haltend 3,15 g N 
23.24. XII. 
24—25. XII. 
25.—26. XII. 
26.—27. XIT. 
27.—28. XIT. 
28.—29. XII. 


29.—30. XI. 


1,516 | 3,272 


1,450 | 0,218 | 1,516 | 3,184 | 4,120 | + 0,936 
1,414 | 0,218 | 1,516 | 3,148 
1,876 | 0,218 | 1,516 | 3,610 
2,014 | 0,218 | 1,516 | 3,748 
2,176 | 0,218 | 1,516 | 3,910 
2,295 | 0,218 | 1,516 | 4,029 
2,425 | 0,218 | 1,516 | 4,159 


Versuchsreihe 14 


4,120 | +0,210| — 
4,120 | + 0,091 | 5283 
4,120 | — 0,039 | — 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 57 


Völlig verschieden ist jedoch der Einfluß der intraperi- 
tonealen Bluttransfusion auf die N-Ausscheidung des gefütterten 
Hundes. Während wir nämlich am Hungertier in drei von 
fünf Versuchsreihen eine tagelang anhaltende Steigerung der 
N-Ausscheidung wahrnehmen konnten, hatten unsere gefütterten 
Hunde in allen drei Versuchsreihen nach der Ein- 
spritzung des Blutes, also nach der prozentualen Ein- 
verleibung von etwa 3g N, erheblich weniger N als 
vorher ausgeschieden (s. Tabellen XI, XII und XIII), so 
daß die Hunde, die knapp vorher beinahe im N-Gleichgewicht 
sich befanden, vom Tage der Transfusion anfingen, bedeutende 
Mengen N anzusetzen. 

Die Verringerung der N-Ausscheidung, aus der eben auf 
den N-Ansatz gefolgert werden müßte, betraf in Versuchsreihe 12 
ausschließlich, in Versuchsreihe 14 zum weitaus größten Teile 
den Harn, in Versuchsreihe 13 Harn und Kot zu gleichen 
Teilen, und hatte zur Folge, daß in Versuchsreihe 12 sieben Tage 
hindurch täglich durchschnittlich 1,11 g, in Versuchsreihe 13 vier 
Tage lang durchschnittlich 0,86 g, in Versuchsreihe 15 drei Tage 
lang durchschnittlich 0,92 g N zum Ansatz kamen, wobei die 
im Blute eingeführte N-Menge von etwa 3 g noch gar 
nicht eingerechnet ist. Späterhin nahm die N-Ausscheidung 
wieder zu, so daß die Tiere 10, 8, resp. 7 Tage nach der Ein- 
spritzung wieder nahezu im N-Gleichgewicht sich befanden. 
Etwas Ähnliches wurde schon von Albertoni beschrieben, der, 
wie erwähnt, an Hungertieren eine bedeutende, an gefütterten 
jedoch keine Steigerung der N-Ausscheidung konstatieren konnte. 
Hingegen war in Häris einem Versuche von intravenöser 
Bluttransfusion die N-Ausfuhr auch am gefütterten Hunde be- 
trächtlich gesteigert. 

Die Frage, wie diese ganz unerwartete und so ansehnliche 
N-Retention zustande kommt, ist — wie wir hier gleich vor- 
wegnehmen wollen — vorläufig nicht sicher zu beantworten. 
Es ist ja richtig, daß die Tiere, die das Aufbinden auf den 
Operationstisch, den Einstich in die Bauchwand usw. ohne 
Narkose ertragen mußten, am Tage der Transfusion, aber auch 
nachher einige Tage lang auffallend traurig und müde waren, 
und die längste Zeit in ihrem Käfig hingestreckt lagen; daher 
ist auch anzunehmen, daß ihr Energieverbrauch wahrscheinlich 


58 C. Rudö und St. Cserna: 


Tabelle XIV. 
Versuchsreihe 15. 
Nummer des Versuchstieres: N. Körpergewicht: 4600 g. Datum: 4. I. 1911. 
Das Versuchstier hungerte 24 Stunden vor Beginn des Versuchs. 





“| An- 
e fang 





Anmerkungen 
des Versuchs 





















2h 45’ 





4| Ap 10110 13”|1971[2,017|1,430139,76128,19|0.709140.48| Blut in die Bauchhöhle 
5| 4a 407) 8 53”11951]2.015|1.476139.31|28.800.733140.50 
6| 52 10| 9 30192312 196/1 48514223128 561067614050 
7| 5a 407) 9 0371958121701 ,458142.50/28 5510 .672140.50 
8| ep 10| 8 52192912 181/1497142 07/28 8710.687140 A9 
9| ep 40l10 41”|1926|2 0361 454139 23128 .0110.714l40 45 
10| m 10| Y 3771938121121 486140 93/28 801070414050 
11| 7 40| 9 39|1921|2233|1 49542.9128 7310.670405 
12| 3a 1012 33”|1925|2 241/1 435143 14/27 6210,640140,50 
Tabelle XV. 


Versuchsreihe 16. 
Nummer des Versuchstieres: O. Körpergewicht: 5500 g. Datum: I. 1911. 
Das Versuchstier hungerte 24 Stunden vor Beginn des Versuchs. 











An- 
fang 


D 


Z 











in der Ven- Anmerkungen 


5 | tilationsluft | Pro Minute 






o Körpertempera- 
O > tur am Anfangu. 
Ende d. Versuchs 


des Versuchs 





11122 05 Y 22”11678|2,977\2,664|49,96/44,71]0,894138,30 
2/12 30| 8” 47”11672]2,939 2, ‚131 49, 16145,6710,929]38,60 
3| 12.00’) 9’ 47”|1612]2 ‚928 2 ‚767 47 22 44, ‚620, ‚945 38,91 


4 2b 30| Y 32”11655]2,959|2,725]48,96 
5 35 00/10 03°’I1654]3,070/2,631]50,77 
6| 3b 30/10 05°11657]3,022/2,597150,09 
7| 4% 00/10 47”|1578[2,831/2,549]44,69 
8 4 30| Y 39’I1611j2,910 2,488]46,89 
2 
7 
5 


2h 00° Infusi 200 
i : e wi = 2 Blut in die Bauchhöhle s 


45,0 
43,5 
43,04 
40,2 
40,0 
9 5œ 00| 9 1611621]2,839|2,494146,02 40,4 
10; Ab 30/10 08”I1627]2,978 2,519]48,47|41,0 
11) 6% 00'| 9 45'11607|2,915 2,411]46,85|38,7 
12) 6% 30| Y 4211639|2,899|2,574|47,53|42,2 
13, 7% 00| Y 08”11633[3,14712,583]49,83|42,1 
14 æ 30| Y 13”11577]3,147|2,688]49,34142,4 
15) 8° 00/10 08”]1601]2,973|2,623|47,62)43,3 


go 
— 
ES 
Zi 
e 
Si 


H 
H 
H 
U 
H 


0, 
310, 
910, 
310, 
00, 
— 
010,9 
810 
010 
510 


Infusion von 230 g 





UIOR 40’ 


© OD ~u OD ü 


10 
11 
12 
13 






* 


des Versuchs 


312% 10| 77.49” 


An- 





11è 25 


1 5 


2/11 50’ 


412% 257 7’ 231247712,204 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 59 


Tabelle XVI. Versuchsreihe 18. 


Nummer des Versuchstieres: Q. Körpergewicht: 4400 g. Datum: 21. IX. 1911. 
Das Versuchstier un 24 Stunden vor Beginn des Versuchs. 


$ 
£ 


in der Ven- 
tilationsluft 


13’ 23”11274[3,366|2,285142,89/29,11]0,678 





1» 10/14 30”1301[3,062 2,320139,84 30, 18]0,757]38°20 
m 53713 31”131113,297 2,45342,9932, 16l0,74813850 


3» 20713” 18”|1309|3,551|2,563146,50/33,56[0,721 3 + 


ꝓ 0013" 38”|1305|3,41312,464]44,53 32,15|0,721 e ei 
| 38,50 


’ H 
A 457 7 18”|130113, 3502 Ana anat ou 2 


5» 15113 317l1298|3,569 2,572]46,32|33 380,720 er * 


5» 50/14 38"]1284]3,549 2,517145,57|32,32]0,709122°2> 
38,65 
38,65 


Th 1014 05”|1294[3,403 2,374144,03 30,71)0,697 en 


6è 3513” 26”]1304]3,531|2,509]46,05|32,72[0,710 


Tabelle XVII. Versuchsreihe 19. 


Nummer des Versuchstieres: R. Körpergewicht: 8200 g. Datum: 26. IX. 1911. 
Das Versuchstier hungerte 24 Stunden vor Beginn des Versuchs. 


fang Dauer 





— 
pro Minute | 








2469]2,248 1,885155,51 46, 5510, 838 


1,773154, 60 43, 9210, 804 








R 


Sa 
"e 


c 
= 
KÉ 
E 
© 
< 


Arterieller 
B Blutdruck 


E Blutdruck 





155 


135 








Anmerkungen 


12h 30’ Infusion von 200 g 
Blut in die Bauchhöhle 





60 C. Rudö und St. Cserna: 


Tabelle XVII (Fortsetzung). 


























:| An- HS & Ss E A 
Z fang Dauer FE : E = 5 
>: >| E 
g o | inder Ven- T F $ $ Anmerkungen 
des Versuchs |< SÄ Haer DER Ké 
ccm °C |Hg mm 
5| may! 72 1,631|53,39'40,16|0,752 Se Er 148 | "Blut in die Bauchhöhle 
6| 3a 307) 7 48”l2488l2,006 1,775149, sa ‚17l0,884 * Ge 155 
7| 2% 50| 8 06”]248alı 977 1,717149,12'42,66[0,868 * 00 160 
gl! 3a Am 7 44247712,030 1,724150,29'42,71l0,849 38, 160 
a An 35| 7 aarla4gale,163 1,781]52,62/43,32]0,823 S a 150 
10) Sp 10| 7 3912412]2,047|1,77049,38|42,7010,864 * Gë 145 


Tabelle XVIII. Versuchsreihe 20. 
Nummer des Versuchstieres: S. Körpergewicht: 5200 g. Datum: 5. X. 1911. 
Das Versuchstier — 24 Stunden vor Beginn des Versuches. 











— — 
1b 00’ Infusion von 400 g 


Anmerkungen 


tur am Anfang u. 
Arterieller 


Ended.Versuchs 





Körpertempera- 
B Blutdruck 


T 
F 
B 





1h 05’ Infusion von 200 g 


1> 20117 29”l1603]2,653|2,285142,54 36,64lo,se1l 7] 1250 UR Lie ep reg 


4 38,50 

5| æ 00711’ 32”|1580j2,813'2,333]44,46 36,87l0,829 38, A) 150 
6| a 2511 27”|1581|2,737/2,297143,17/36,31[0,839 = al 155 
7 a 00/117 20”\15821,007 Ah ds 3s ag sudë 64 150 
sl A 40 12 09”l1543]3,01212,472]46,48 38,14|0,820 e sl 148 
9| 5» 2011 36”|1523l3,113'2,495|47,40 37,990,801 * 50 164 
10) e 0012 04”)1542]3,098 2,421]47,7637,33l0,781 = A 150 


11| 6 407117 27”\1552l2,989 2,272]46,39'35.26|0,760 + 55 150 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 61 


geringer als vor der Einspritzung war. Sicher ist aber auch, 
daß gerade der Eiweißstoffwechsel durch Körperbewegung nur 
wenig gesteigert, durch Mangel an Bewegung demnach bei 
weitem nicht in dem Grade eingeschränkt werden kann, wie es 
in obigen Versuchsreihen der Fall ist. Das ruhigere Verhalten 
der Tiere nach der Transfusion kann die Verringerung der 
N-Ausscheidung um so weniger veranlaßt haben, da mehrere der 
Hungertiere, wie wir weiter oben gesehen haben, unter ähnlichen 
Umständen nicht weniger, sondern mehr N als vor der Trans- 
fusion ausgeschieden hatten. Der Druck, den das eingespritzte 
Blut auf die Gedärme auszuüben, sie also auch in ihren Be- 
wegungen zu hindern vermochte, konnte auch einiges zur Herab- 
setzung des Eiweißzerfalles beitragen. Es ließ sich ferner an 
eine eigentümliche (vielleicht Gift-) Wirkung von seiten des ein- 
gespritzten Blutes denken, bestehend in einer Herabsetzung ent- 
weder des ganzen oder bloß des Eiweißstoffwechsels, in welch 
letzterem Falle für das ersparte Eiweiß N-freie Nährstoffe des 
Futters oder des Körperzustandes in erhöhtem Grade verbrannt 
werden mußten. 

Auf eine etwaige Herabsetzung des ganzen Stoffwechsels und 
damit auch des Energieverbrauches konnte in Respirationsver- 
suchen nach Zuntz-Geppert aus dem O,-Verbrauch gefolgert 
werden. 

Die Ergebnisse sind in den Tabellen XIV bis XIX zu- 
sammengestellt. Die Mittelwerte in Tabelle XIX sind wie die 
der Tabelle X der Hungerversuchsreihen (S. 52 bis 53) berechnet. 

Aus diesen Versuchen geht folgendes hervor. Innerhalb 
der ersten zwei Stunden nach der intraperitonealen Einspritzung 
erfolgt eine deutliche, wenn auch geringe Herabsetzung des 
O,-Verbrauches, die mit der mächtigen Einschränkung der 
Eiweißzersetzung nicht im entferntesten in Einklang steht. 

Von der dritten Stunde angefangen, ist eine Steigerung 
des O,-Verbrauches zu konstatieren, die jedenfalls größer ist, 
als den zulässigen unvermeidlichen Versuchsfehlern entsprechen 
würde, und es vollends ausgeschlossen erscheinen läßt, daß die 
Verminderung der N-Abgabe als eine Teilerscheinung einer 
Herabsetzung des gesamten Stoffwechsels zu betrachten wäre; 
dies wenigstens für die ersten 6 bis 7 Stunden nach erfolgter 
Einspritzung. 


62 C. Rudö und St. Cserna: 


Tabelle 





Versuchsreihe XV | Versuchsreihe XVI 






Sauerstoff- 


nach der Transfusion 





[>| 
‚Sa 
y © | cem | Veränderung 
538 pro | 


1Min. 









G 
E 
= 
= 
Q 
— 





Vor der Transfusion. . . . . 


40,50) — — 48,781 — — — 
1. Stunde nach der Transfusion | — |40,43| — 0,07 — |49,86| +1,08} + 2,21 
2. d SW? en — [39,53] — 0,97 — 147,39) — 1,39! — 2,83 
3. e ES: S — 1|42,36| + 1,86 — 46,45 — 2,33) — 4,74 
4. s u: j — 140,65 — |47,65| — 1,13| — 2,32 
5. = SS = — 141,92 — 148,68! — 0,10! — 0,20 
6. S e H — |43,14| + 2,64 — |48,42| — 0,46) — 0,94 
Kohlensäure- 

Vor der Transfusion. . . . - 33,21] — — — 145,001 — — — 
1. Stunde nach der Transfusion | — | 31,22} — 2,00| — 6,02] — 44330 0.0) — 1,43 
— 2830 -4,71l-14,18| — |41,63| - 3,37) — 6,90 
3. a Ges A — [28,55] — 4,66|— 14,03] — | 40,26) — 4,74| — 9,72 
4. z Fe S — 28,49 — 4,77|— 14,36 | — |39,88| — 5,12 - 10,49 
u u o ” — \928,77| —4.44|- 1337| — |4219 — 2,81! — 5,76 
Re u , — |2762|— 559—1686] — 14982. 213! — 4,37 


Ob eine derartige Herabsetzung nicht in den nächsten 
Tagen erfolgt wäre, konnte an unseren Tieren, die — für den 
Respirationsversuch curaresiert — den Versuchstag nicht über- 
lebten, nicht bestimmt werden. 

Die CO,- Produktion war im Durchschnitt aller Versuchs- 
reihen, nach der Transfusion von der ersten Stunde angefangen, 
durchweg erhöht; da die gleichzeitige Steigerung des O,-Ver- 
brauches um ein Geringes größer war, war eine zunehmende 
Herabsetzung des respiratorischen Quotienten zu konstatieren, 
woraus, wie auch aus der Steigerung der CO,-Produktion, zu- 
nächst keine Schlüsse auf die nach der Transfusion sich ab- 
spielenden Zersetzungsprozesse zu ziehen sind. 

Wohl erhalten wir aber einen recht deutlichen Hinweis 
auf diese Prozesse aus dem Verhalten des Quotienten Cal: N 
(Tab. XX) im Harn, der in allen Versuchsreihen, in denen 
die N-Ausscheidung an gefütterten Tieren verfolgt 
wurde, eine ansehnliche Steigerung aufweist (Versuchs- 
reihen 12 bis 14). 

Dieser Anstieg ist ähnlich dem, der von Tangl beim 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 63 










XIX. 
Versuchsreihe XVIII | Versuchsreihe XIX | Versuchsreihe XX ga 3 
verbrauch Oe 2 
- - e Se 
a £| nach der Transfusion g£ $ left: 
$ Hf CR 
A STE 
TE g- E S 








= 
IIIIIIzS 


45,57| + 2,39 
produktion 


29,76 — | — | — [sas 
30,18! +0,42 +1,41 


36,75) + 0,20| + 0,55| — 3,42 
32,18 + 2,40; + 8,06 


36,81| — 0,24| — 0,66 — 3,63 


40,16| — 5,27|— 11,60 
43,41| — 2,02| — 4,47 


S 
1111113 
SI 


LILII] 
WV 
Gu 
Cp 
On 
+ 
E 
00 
© 
> 
— 
N 
~J 
aJ 


32,15; + 2,39; + 8,04] — |43,32| — 2,11| — 4,64 


42,71| — 2,72| — 5,98 38,64! + 2,09| + 5,721 — 2,25 
38,14! + 1,59| + 4,35| — 3,42 
32,31|+2,55| + 8,56 le se 37,661 +1,11| + 3,03] — 1,88 





32,32] + 2,56| + 8,57 35,26| — 1,29] — 3,53| — 4,15 


Übergang vom Hungerzustand zur Kohlenhydratfütterung be- 
obachtet wurde. 

Würde es sich um eine Einschränkung der Verbrennungs- 
prozesse handeln, die alle Nährstoffe gleichmäßig betrifft, also 
Eiweiß ebenso wie die N-freien, so bliebe auch der Quotient 
Cal: N des Harnes unverändert. Wenn aber, wie an unseren 
Tieren, bei stark vermindertem N-Gehalt des Harnes dessen 
Energiegehalt fast unverändert ist — wodurch eben die 
Erhöhung der Quotienten bedingt ist —, rührt dies von 
einer Mehrausscheidung N-freier, chemische Energie ent- 
haltender Schlacken im Harn her, die von dem in erhöhter 
Menge zur Zersetzung gelangenden Fett und Kohlenhydrat 
herstammen. 

Außer dem Fett und Kohlenhydrat der Nahrung oder des 
 Tierkörpers wäre da auch noch an andere N-freie Körper zu 
denken, und zwar an den N-freien Anteil des dem Blute ein- 
verleibten Eiweißes. Man kann sich vorstellen, daß dieser als- 
bald abgespalten und verbrannt wird und dadurch eine Er- 
sparnis nicht nur am Eiweiß im Futter und im tierischen 


64 C. Rudó und St. Cserna: 
Tabelle XX. 
















Infusion|Infusion]| Infusion | Infusion 





- 

S 

5 D D e 

E je einer Versuchsreihe Vë 

= vor der | nach der merkungen 
; 

> 





versuche. 













39,11 9,2 Versuche an 
13| 22,81 23,11 9,5 | 12,9 gefütterten 
14| 24,27) | 23,57) 10,5 | 14,9 Tieren. 








Körper erzielt wird, sondern auch am N-haltigen Anteil des 
einverleibten Bluteiweißes. 

Die Folgen einer intraperitonealen Bluttransfusion auf 
hungernde und gefütterte Hunde sind die folgenden: 


1. Das in die Bauchhöhle hungernder oder ge- 
fütterter Hunde direkt aus der Carotis eines anderen 
Hundes eingespritzte (artgleiche) Blut wird daselbst 
verhältnismäßig rasch, bis zu etwa 50°/, innerhalb 
einiger Stunden resorbiert. 

2. DieTransfusion erzeugt am Hungertiere meistens 
eine mehrere Tage lang andauernde Steigerung der 
Eiweißzersetzung, jedoch keine Steigerung des Sauer- 
stoffverbrauches. 


1) In einem Gemisch von je 3 Tagen vor, resp. nach der Trans- 
fusion ermittelt. 

2) In einem Gemisch von je 4 Tagen vor, resp. nach der Trans- 
fusion ermittelt. 

3) In einem Gemisch von 3 Tagen vor der Transfusion ermittelt. 

4) Im Harn, der in den ersten 24 Stunden nach der Transfusion 
entleert wurde, ermittelt. 

5) Im Harn vom 12. bis 14. XII. ermittelt. 

D In einem Gemisch von 4 Tagen nach der Transfusion (mit Aus- 
nahme des 19. bis 20. XII.) ermittelt. 

7) In einem Gemisch von je 3 Tagen vor, resp. 4 Tagen nach der 
Transfusion ermittelt. 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Gaswechsel. 65 


3. Die Transfusion erzeugt am gefütterten, nahezu 
im N-Gleichgewicht sich befindenden Tiere eine be- 
deutende Einschränkung der Eiweißzersetzung, so, 
daß der Hund, von dem mit dem Blut eingespritzten 
N ganz abgesehen, einen größeren Teil des N, den er 
in der Nahrung erhält — den er aber vorher täglich 
fast quantitativ ausschied —, nun in seinem Körper 
ansetzt. 

4. Dabei ist der Energieverbrauch auch der ge- 
fütterten Tiere nur wenig verändert; daher die Herab- 
setzung des Stoffverbrauches nur die Eiweißkörper, 
nicht aber auch die N-freien Nährstoffe betreffen 
kann, die für das ersparte Eiweiß nun in isodynamen 
Mengen eintreten müssen. 

5. Die Steigerung des Quotienten Cal:N im Harn 
spricht ebenfalls dafür, daß N-freie Körper in größerer 
Menge als vorder Transfusion zur Verbrennung kommen. 


Diese Arbeit wurde auf Anregung und unter der Leitung 
des Herrn Prof. Tangl ausgeführt. 


Biochemische Zeitschrift Band 44. 5 


Zur Kenntnis des Einflusses der Kohlenhydrate auf den 
Energieumsatz. 


Von 
Paul Häri. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 2. Mai 1912.) 


Im Gegensatz zu einer großen Anzahl von Arbeiten, in 
denen die Steigerung des Energieumsatzes nach der Nahrungs- 
aufnahme vom Darm aus — von Zuntz als Verdauungsarbeit 
bezeichnet — bewiesen ist, kam Heilner!) auf Grund seiner 
an hungernden Kaninchen ausgeführten Versuche zu dem 
Schlusse, daß eine Steigerung des Energieverbrauches nicht statt- 
findet, „wenn ... eine dem Hungerbedarf ungefähr entspre- 
chende Menge ...“ Traubenzucker per os gegeben wird. 

Wenn auch von Zuntz in einer ersten?) und bald darauf 
in einer zweiten?) Erwiderung gezeigt wurde, daß Heilners 
Befunde von einer prinzipiell unrichtigen Berechnungsweise 
herrühren und Zuntz’ Bedenken gegen Heilners Berechnungen 
inzwischen auch von letzterem*) anerkannt wurden, dürfte die 
Veröffentlichung einiger einschlägiger Versuche dennoch nicht 
zwecklos sein. 


1) Ernst Heilner, Die Wirkung des dem Tierkörper per os und 
subcutan zugeführten Traubenzuckers. Mit besonderer Berücksichtigung 
der Verdauungsarbeit. Zeitschr. f. Biol. 48, 197, 1906. 

2) N. Zuntz, Die Bedeutung der „Verdauungsarbeit“ im Gesamt- 
stoffwechsel der Menschen und der Tiere. Naturwissenschaftl. Rundsch. 
31. Jahrg., Nr. 38. 

3) N. Zuntz, Verdauungsarbeit und spezifisch-dynamische Wirkung 
der Nahrungsmittel. Med. Klin. 1910. 

4) Ernst Heilner, Zur Frage der Verdauungsarbeit. Zeitschr. f. 
Biol. 50, 496, 1908. 


P. Häri: Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 67 


Und zwar einerseits, weil in einem Teile der Versuche 
durch direkte Bestimmung der Wärmeabgabe, ineinem 
anderen Teile durch direkte Bestimmung des O,-Ver- 
brauchs die Steigerung des Energieverbrauchs untrüg- 
lich festgestellt wurde; andererseits weil aus einem Teile 
dieser Versuchsreihen klar hervorgeht, welch falsche Schlüsse auf 
den Energieverbrauch gezogen werden können, wenn dieser nicht 
durch direkte Calorimetrie bestimmt, oder zumindest aus dem 
O,-Verbrauch und dem respiratorischen Quotienten ermittelt, 
sondern aus dem N- und C-Verkehr unter der sicher falschen 
Voraussetzung berechnet wird, daß immer zunächst aller ver- 
fügbarer Zucker verbrannt und dann erst Fett (der Nahrung 
oder des Körpers) zu den Verbrennungsprozessen herangezogen 
wird. 


Beschreibung der Versuche. 
A. Versuche im Respirationscalorimeter. 
(Versuchsreihe 1 bis 3.) 


Es wurden Hündinnen verwendet, an denen ca. 2 Wochen 
vor Beginn der Versuche das Orificium urethrae durch Peri- 
neotomie zugänglich gemacht wurde Die Tiere hatten seit 
mehreren Tagen gehungert, als die Respirationsversuche be- 
gannen. Es wurde an ihnen einerseits die CO,- und die H,O- 
Abgabe, andererseits die Wärmeabgabe im Rubnerschen 
Respirationscalorimeter in 22 bis 24 Stunden dauernden Ver- 
suchen bestimmt, und zwar erst an je zwei Tagen vor der 
Zuckereingießung, und ein drittesmal unmittelbar nachdem 
ihnen durch den Magenschlauch die körperwarme Trauben- 
zuckerlösung beigebracht wurde. Soweit es äußere Verhältnisse 
zuließen, wurde diesem dritten Versuche noch einer oder 
mehrere nachgeschickt; so in einer Versuchsreihe ein vierter 
Versuch ohne Zuckergabe, in einer anderen Versuchsreihe aber 
ein vierter mit Wiederholung der Zuckergabe und ein fünfter 
ohne Zucker. 

Da in den Respirationsversuchen auch die Menge der von 
den Tieren produzierten Kohlensäure, in den meisten Versuchen 
aber auch der N-, C- und Energiegehalt des Harns bestimmt 
wurde, konnte aus dem gesamten N- und C-Verkehr der Wärme- 
produktion unter der — natürlich nur für Hungerversuche zu- 

5% 


68 P. Häri: 


lässigen — Vernachlässigung das Glykogen berechnet und mit 
den betreffenden, durch direkte Calorimetrie erhaltenen Werten 
verglichen werden. 

Um den zeitlichen Verlauf der Verbrennung verfolgen zu 
können, wäre es erwünscht gewesen, die Bestimmung der Wärme- 
abgabe (direkte Calorimetrie) in zwei Perioden durchzuführen; 
anstatt dessen begnügte ich mich damit — in denjenigen Ver- 
suchen, in denen der Zucker eingeflößt wurde —, die Kohlen- 
säure, in zwei Perioden getrennt, aufzufangen. Die erste Periode 
betraf etwa die ersten 7 Stunden nach Eingabe des Zuckers, 
die zweite aber die noch übrigen etwa 13 bis 17 Stunden des 
Respirationsversuchs. 

In einer Versuchsreihe (3) scheinen auch die Werte für den 
Sauerstoffverbrauch — die, aus der Gewichtsveränderung, aus 
Einnahmen und Ausgaben der Tiere berechnet, sonst wenig 
verläßlich sind — soweit richtig zu sein, daß mit ihrer Hilfe 
auch der respiratorische Quotient berechnet werden konnte. 
Der Harn wurde täglich einmal durch Katheterisieren der 
Blase und Ausspülen mit 10°/,iger Lösung von Borsäure ab- 
gegrenzt. 

Die Bestimmung des N geschah nach Kjeldahl, wobei 
metallisches Hg als Katalysator bei der Veraschung mittels 
konzentrierter Schwefelsäure verwendet wurde. 

Die Bestimmung des C geschah auf nassem Wege durch 
Zerstörung des Harns mittels konzentrierter Schwefelsäure und 
doppeltchromsaurem Kali nach dem Messinger-Brunner- 
Scholzschen Verfahren, in der Modifikation von Tangl und 
Kereszty, die zu jener Zeit (1908) bereits angewendet, jedoch 
erst jüngst!) publiziert wurde. 

Zur Bestimmung des Energiegehaltes des Harns wurden 
10 bis 15 ccm desselben eingetrocknet und in einer modifizierten 
Berthelot-Mahlerschen Bombe verbrannt. Für den während 
der Eindampfung erlittenen Energieverlust wurden pro 1 g ver- 
lorenen N nach Rubner 5,4 Cal. in Rechnung gebracht. 


Versuchsreihe 1. Das Tier wurde am 30. X. 1908 zum letzten- 
mal gefüttert und hungerte bereits 2 Tage, als die Respirationsversuche 


1) F. Tangl und G. v. Kereszty, Zur Methodik der Bestimmung 
des Kohlenstoffes auf nassem Wege. Diese Zeitschr. 32, 266. 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 69 


an ihm begonnen wurden. Am fünften Hungertage erhielt es 40 g 
Traubenzucker in 200 ccm Wasser gelöst per os. Im Verlaufe dieser 
Versuche hatte der Hund keinen Kot entleert und wurde nach Ab- 
schluß derselben zu anderen Zwecken verwendet. 

Da der Harn sämtlicher Versuchstage vereinigt und die Analysen 
in diesem Gemische ausgeführt wurden, ist die Berechnung der Wärme- 
produktion aus den Zersetzungen nicht ganz einwandfrei. 


Versuchsreihe 2. Der Hund erhielt am 7. XI. 1908 zum letzten- 
mal zu essen und wurden an ihm die Respirationsversuche am fünften 
Hungertage begonnen. Drei Tage später erhielt er 40 g Traubenzucker 
in 200 ccm Wasser gelöst, eingegossen. Ein Teil der Flüssigkeit wurde 
sofort erbrochen, worauf ihm weitere 20 g, in 100 eem Wasser gelöst 
eingegossen wurden. Während des nachfolgenden Respirationsversuches 
hatte das Tier noch weitere Teile der Zuckerlösung erbrochen und auch 
flüssigen Stuhl entleert; da das Erbrochene, der diarrhöische Kot und 
der Harn unter dem Paraffinöl zu einem untrennbaren Gemisch zu 
sammengeflossen war, konnte an eine Berechnung der Wärmeproduktion 
aus den Zersetzungen in diesem Versuche nicht gedacht werden. Da auch 
nicht eruiert werden konnte, welchen Anteil an der Zuckerlösung das 
Tier eigentlich im Magen behielt und resorbierte, würde dieser Versuch 
überhaupt nicht zu verwenden sein, wenn nicht das Verhalten der CO,- 
Produktion, auf die weiter unten noch eingegangen werden soll, ganz 
ähnlich, wie in den beiden anderen, diesbezüglich einwandfreien Ver- 
suchsreihen gewesen wäre, was eben dafür zeugt, daß ansehnliche 
Zuckermengen von der Größenordnung wie in den Versuchsreihen 1 
und 3 resorbiert und verbrannt wurden. 

Das Tier wurde 24 Stunden nach Beendigung des dritten Versuchs 
tot im Stoffwechselkäfig aufgefunden. 

Versuchsreihe 3. Das Tier wurde am 30. V. 1910 zum letztenmal 
gefüttert und die Respirationsversuche am dritten Hungertage an ihm 
begonnen. Am siebenten und neunten Hungertage erhielt es je 60 g 
Traubenzucker in 300 ccm Wasser per os eingeflößt; in dem Harn, der 
im Verlaufe von 24 Stunden nach der ersten Zuckergabe entleert wurde, 
fanden sich 7,8 g Traubenzucker; nach der zweiten Zuckergabe war der 
Harn zuckerfrei. 

Der Hund hatte während der Dauer dieses Versuchs keinen Kot 
entleert; er wurde nach Abschluß dieser Versuche zu anderen Zwecken 
verwendet. 

Die zu den Versuchen gehörenden Daten sind in nachfolgenden 
Tabellen I bis III enthalten. 


1. CO,-Ausgabe. 


In allen drei Versuchsreihen verhielt sich die CO,-Ausgabe 
ganz gleich: in den ersten 7 Stunden nach Eingießung der 
Zuckerlösung ist sie bedeutend, um 30 bis 39°/, gesteigert, in 


70 P. Häri: 


Tabelle I. 


Respirationsversuche. 


























e Ke 
ol. S |5 © | temperatur 
als 5 pe 
AZ S dl Datum Z 30 E en Tieres LE 
ale E SS [Slo Sf. galo al 2% |o e 
afes = S des 5 BA = DEE = EE 3 „S| Anmerkungen 
siajo s| - 3o |o St ap As? „=: Ar 
SISK SI Versuchs > KE IBebe"ElEssie" S 
ek EG = T| > d> |a P 


















|2345” 
23337 
24h 
23h 





23,3] 38, 9 | 38,9 4420 












11è 20’ 40 g Trau- 
benzucker per os 





— GA 378 3744100 ` 

















ahn 12.—13. XI. hmam vm. 23,41 37,9 | 36,9 |5470 (5270 
2 13.—14. 220 nm. 23,41 37,8 | 38,1 |5140 |4850 | „on 40” Trauben- 
3 15—16. > | P09’vm 23,4| 36.8 | 36,9 |4615 1)|4415 | ` zucker per os 

















IR 1207’ vm.| 20% 36 1 27,31 38,1 | 38,3 18791 18643 
2 11219 „ | 20% 34 | 27,3] 38,8 | 38,1 18631 18492 
3 og’ „ |23» 31 | 27,3] 38,2 | 38,8 |8284 1) 8282 | or 0 60g Trauben- 
zucker per 08 
4 gan „ [23b 32 |27,3| 38,4 | 38,5 [8122 |8144 | so’ ene Trauben- 


zucker per 08 


7903 





830’ „ |23% 27 1 27,3 38,2 | 88,1 3096 
1) Ohne Zuckerlösung. 
Tabelle II. 
CO,-Produktion, H,O-Ausscheidung und O,-Verbrauch, N-, C- 
und Energieausgaben im Harn pro 24 Stunden. 



























ck i [88 E| N | C-Ausfuhr 

el. Mit der Ven lé) 5 |Mit der Ven VS 5I Y usfu s, 
= tilationsluft | © zl $ Uationsluit Lsap ZS E 
Ji 7 5n| 2 £ abgeführt rol3 S & g ig 
3 < abgeführt S KE 5 8 24Std u. 1 g S 2:6 E 2 © SE: 
AE E| 28| Körpergew. |E M| m| E Dës 
7 D 5 rperg z z 

5 2185 EE: © 
AE > a| aO >S sj g 3 

E g g 














8717 7 171,8 ]110,4]0,766| 13,86 | 19,71 | 12,66 Aalt op '32,95134,91 21,1 
8416 | 109,5 | 149,9 | 97,1j0,819] 13,01 | 17,82 | 11,54 [2,68[1,88 |29,84|31,72] 21,8 
8282 | 119,1 | 167,6 | 97,1j0,893] 14,38 | 20,24 | 11,72 [2,7911 2m) 32, ‚50 33,77] 17,2 1) 
9. 18132] 120,1 | 164,8 | 96,610,904| 14,76 | 20,26 | 11,87 [1,56]2,25 |32,76|35, 01| 17 E 
11. [7916| 94,4 | 139,6 | 91,2]0,797]| 12,62 | 17,03 | 11,52 |1 34 1 33 27,26 28,59 13,2 


1) Nach Abzug des Anteiles, der auf den im Harn entleerten Zucker entfällt. 


1 d — | 22.29 | 27,24 2,56 
— [2163 | 23.00 2,56 
— 124.20 | 25.40 2,56 
— | ? |2327 2,56 
2 106,2 | 98,7 19,77 | 17,44 2,02l1,84 28,97 30,81 er 
104.8 22.70 | 20.91 1.7011.55 [28.59 30.14] 14.2 
127.7 23.50 | 28.30 1: al: 
ıl 3. 
2| 5. 
3 
4 
5 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 71 


Tabelle III. 


Wärmeproduktion pro 24 Stunden durch direkte Calori- 
metrie bestimmt. 



































Sp Wärmeabgabe TÒ nug -D 
sjsj a 52 g'e FEE 2338331331223 
Z S| $ S EE 1-55: SHAB ZS Aal ve 28 
2i=12/108 Sa. =, e KREEG = SC 
2313 E KR o E S 2 AR Anmerkungen 
SIE e y 53 32328 SSSA SE: 
SISI 8 | 33” RESE SE SC a 
— 2 e dee re ` 
>P ag | Pë gas 2 EEEa] ES: 
© |kg-cal. kg-cal kg-cal. 

















(lut 3| 2388| 23,7 69,6 | 332,1 1,7 75,9 
al 4|2059 | 236 572 |2868 2,6 67.4 
31512044 | 226 603 |2873 22 692 ` Lan e Traubenzucker 
al6l20s8| 177 | 550 |2785 25 68.6 
2|ı|5.|301,6| 27,4 55,3 | 384,3 10,3 3740| 69,6 
6126871 272 67.0 |3629 7.6 3538| 711 
8| 2434| 191 750 |3375 55 3320| 736 | Traubenzucker 
slıls3l2ası3| 303 | 1039 |4185 31 4154| 4786 
2| 512481! 241 88.1 |3603 91 3512| 47 
31712545 | 234 985 | 376.4 16 3748| 452 |608 Traubenzucker 
4| 9.| 256,5 25,0 90,8 378,0 12,0 366,0 45,0 60 g Traubenzucker 
5lı1l2421| 188 820 | 342,9 65 3364| 425 





den folgenden fällt sie ab, um dann annähernd wieder die 
Hungerwerte zu erreichen. In der Tabelle IV ist die CO,-Pro- 
duktion auf Körpergewichtseinheit und 1 Stunde berechnet 
und ihre relative (prozentuale) Veränderung an den Zucker- 
tagen auf die unmittelbar vorangehenden Hungertage bezogen. 
Dieses ganz gleiche Verhalten der CO,-Ausgabe (auch in 
Versuchsreihe 2, in der ein Teil der Zuckerlösung erbrochen 
wurde) ist um so bemerkenswerter, als die Außentemperatur 
+ in Versuchsreihe 3 verschieden war: 23,3 in Versuchsreihen 1 
und 2 und 27,3° in Versuchsreihe 3. 


2. Wärmeproduktion. 


Vorausschicken möchte ich, daß ich leider, wie schon er- 
wähnt, die Bestimmung der Wärmeproduktion nicht in den er- 
wähnten zwei Perioden getrennt vorgenommen habe. Das Ver- 
halten der CO,-Ausgabe zeigte es, wie wünschenswert dies ge- 
wesen wäre. Meine Versuche ergeben also die Wärmeproduk- 
tion nur für den ganzen Versuchstag. 


72 P. Häri: 


Tabelle IV. 
CO,-Produktion in Versuchsreihe 1 bis 3 pro 1 Stunde und 1 kg 
Körpergewicht. 


Während der 
ersten 7 Stunden 
mehr als am 
vorangehenden 
Hungertag 
%o 






Zuckertag 





n 
Hunger 


Um nun die Veränderung in der Wärmeproduktion an den 
Zuckertagen einschätzen zu können, müssen wir zum Vergleich 
nur den unmittelbar vorangehenden und nachfolgenden Hunger- 
tag heranziehen (in Versuchsreihe 2 bloß den vorangehenden). 
Ich habe aus diesen den Mittelwert gezogen und diesen in der 
folgenden Tabelle V neben die Zuckertagwerte gestellt. 


Tabelle V. 
Wärmeproduktion pro 24 Stunden und 1 kg Körpergewicht. 









Veränderung am 


Zuckertag Zuckertag 


Cal. 


Versuchs- | Hungertag 
reihe 










69,2 +1,8 
73,6 +3,5 
3 45,2 (Versuch d +7,3 
45,0 (Versuch 4 + 6,9 





Die Steigerung an den Zuckertagen ist zwar in allen drei 
Versuchsreihen erkennbar, doch nur in Versuchsreihe 3 erheb- 
licher; in letzterer ist auch die Wirkung des Zuckers am deut- 
lichsten zu sehen (s. Tabelle III). Das ist nicht etwa darin 
begründet, daß in Versuchsreihe 3 vielleicht mehr Zucker ge- 


—— — 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 73 


geben wurde. Eher dürfte da die Temperaturdifferenz eine 
Rolle spielen: in Versuchsreihe 3 betrug die Temperatur des 
Kastens 27,3°, in den anderen zwei 23,3°. Bei 27° sind die 
chemische Regulation und die Kompensationsvorgänge schon 
ausgeschlossen, während sie bei 23° noch wirksam sind. 

Von der Steigerung der Wärmeproduktion, die nach der 
Zuckereinfuhr auftritt, würden wir ein viel richtigeres Maß er- 
halten, wenn die Wärmeproduktion, sowie die CO,-Ausgabe, in 
den ersten Stunden nach der Zuckereinnahme gesondert be- 
stimmt worden wäre, Immerhin kann aber auch aus der 
CO,-Ausgabe gefolgert werden, daß die Wärmeproduktion in 
den ersten 7 Stunden in beträchtlich höherem Grade ge- 
steigert war, als in den übrigen Stunden. Dazu führt folgende 
Überlegung: nimmt man an, daß die Steigerung der CO,-Aus- 
gabe bloß dadurch verursacht ist, daß Zucker an Stelle iso- 
dynamer Mengen von Fett und Eiweiß verbrennt, so kann das, 
wie ich für meine Versuchsreihe 3 berechnete, die CO,-Ausgabe 
höchstens um 22°/, steigern; während sie tatsächlich um 
ca. 38°/, anstieg. Die Differenz von 16°/, kann nur durch 
vermehrte Verbrennung erklärt werden, woraus natürlich auf 
die Erhöhung der Wärmeproduktion geschlossen werden muß. 

Die so berechnete Erhöhung der Wärmeproduktion ist 
also tatsächlich größer als die pro 24 Stunden gefundene; das 
ist aber auch für die CO,-Ausgabe der Fall; wenn man ihre 
Veränderung an Zuckertagen für den ganzen Tag berechnet 
(Tabelle III), dann erhält man nämlich statt der in Tabelle IV 
berechneten 35, 30, 37 und 39°/, bloß 19,3, 3,5, 10,5 und 
13,5°/, Steigerung. 

Es ist also kein Widerspruch zwischen der CO,-Ausgabe 
und Wärmeproduktion, und ich glaube nach alledem mit 
vollem Recht annehmen zu können, daß die Wärmeproduktion 
nach Zuckereinnahme erhöht ist und daß diese Erhöhung in 
den ersten Stunden bedeutender ist als in den folgenden. 

Meine Versuche ergeben demnach unmittelbar die Richtig- 
keit der Kritik Zuntz’, nach der die Berechnung der Wärme- 
produktion, wie sie Heilner ausgeführt hat, prinzipiell un- 
richtig ist. 

Frappant geht das nun weiter aus meinen Versuchen 
hervor, wenn man versucht, aus den betreffenden Daten nach 


74 P. Hári: 


Zuntz und nach Heilner die Wärmeproduktion zu berechnen 
und mit den tatsächlich gefundenen zu vergleichen. Vorerst 
soll die folgende Tabelle VI zeigen, daß man aus dem N- und 
C-Umsatz der Hungerversuche mit einer genügenden Genauig- 
keit die Wärmeproduktion in der Voraussetzung berechnen 
kann, daß der Vorrat der Hungertiere an Glykogen nahezu 
erschöpft ist, dieses daher vernachlässigt und die gesamte 
C-Abgabe auf verbranntes Fett bezogen werden kann. 

Die so berechnete Wärmeproduktion stimmt gut mit 
der gefundenen überein. 


Tabelle VI. 






































* In Wärme um- | . Wärme- EE E 
2 3 gesetzte chemische | e a produktion Wärme- 
S Energie © produktion ist 
© = g E 8 © 
AE i QO wë © 2 größer (+) 
SIE E aona | 8%% joder kleiner (—) 
SLe GER EK Es 8 [als die gefundene 
AE er $ 33 E55 [—— 
SIE fg s Š 283 
>o so | Cal d 

> Cal. | Cal. E 








Bevor ich nun die Berechnung für die Zuckertage vor- 
nehme, muß ich die von Zuntz betonte Tatsache hervorheben, 
daß ein Teil des eingeführten Zuckers zunächst nicht ver- 
brennt, sondern als Glykogen im Körper abgelagert wird: 
Welche Mengen es sind, die so der Verbrennung entzogen 
werden, ließe sich natürlich nur aus einer Bestimmung nicht 
nur des N- und C-, sondern auch des gesamten H- und O- 
Umsatzes ermitteln, wie dies in den Benedictschen Versuchen 
auch tatsächlich geschehen ist. 

Ist der Stoffumsatz nicht in diesen Einzelheiten bekannt, 
so wird man natürlich sehr verschiedene Werte erhalten, je 
nachdem man den gesamten Traubenzucker als verbrannt oder 
als abgelagert in Rechnung stellt. Im letzteren Falle muß 
man natürlich den gesamten ausgegebenen Nichteiweiß-C aus 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 75 


Fett ableiten, im ersteren nur so weit, als er im Trauben- 
zucker-C keine Deckung findet. Bei der Rechnung mit Trauben- 
zuckerverbrennung erhält man Minimalwerte für die Wärme- 
produktion, so wie sie Heilner erhalten hat, während die andere 
Rechnungsart Maximalwerte ergibt. 

Wenn wir diese beiden Rechnungsarten in meinen Ver- 
suchen durchführen, erhalten wir folgende Minimal- und Maximal- 
werte (Tabelle VII). 









































Tabelle VII. 
Wärmeproduktion pro 24 Stunden. 
In Wärme umgesetztel.; Wärme- | Die berechnete 
2 z Verbrannt | Chemische Energie |® a produktion odaia ist 
SIE ' a = In e SI ga | ‚größer (+) 
alzl a -FA 3 ei e GISeabl 24% joder kleiner (—) 
3 ei EWEG dë BE g zy EIER, als die gefundene 
53313 3 525 5232| g |58]%.5| g8 um 
a CH e D a s 2 a'o 3 lau E fpo 
Zd8AAEO KEE ENSCH 
GIE Cf S dl Sé | 
D Cal. dÄ 
>| g | g | g | Cal j Cal. | Cal. | Cal. |Cal.| Cal. | Cal. | 
Minimalwerte 
1 13 115,6] 6,3] 40,01 88,2 | 59,01149,7/296,9] 20,8] 276,1] 285,1] — 9,0! — 3,2 
3 3 117,5| 4,8| 52,2] 98,6 | 45,31195,41339,3] 17,2] 322,1! 374,8 |— 52,7 |— 14,1 
d 4| 9,7| 7,7| 60,01 54,8 | 73,11224,6|352,5] 17,31 335,2] 366,0 |— 30,8| — 8,4 
Maximalwerte 
1 13 ]15,6127,1] — | 88,2 get — |342,7| 20,8] 321,9) 285,1 |+ 36,8 |+ 12,9 
3 3 [17,5132,0| — 198,6 300,40 — 399,0117, — 381,8; 374,81 47,0 +1,9 
d 4| 9,7|38,9| — | 54,8 |365,4| — 420,2] 17,3] 402,9| 366,0 |+ 36,9 |+ 10,0 


























Selbstverständlich muß man dann mit diesen zwei ver- 
schiedenen Rechnungsarten auch für die Veränderung der Wärme- 
produktion nach der ZuckereingießBung ganz verschiedene 
Werte erhalten. In der folgenden Tabelle VIII habe ich die 
für meine Versuche nach diesen zwei Rechnungsarten erhaltenen 
auf 1 kg Körpergewicht berechneten Werte neben die direkt 
gefundenen gestellt. 

Wie ersichtlich, ergibt die Rechnung mit den Minimal- 
werten eine Herabsetzung der Wärmeproduktion am Zuckertag, 
mit den Maximalwerten aber eine Steigerung, die noch größer 
ist als die, die durch direkte Calorimetrie gefunden wurde. 

Man wird also nach alledem durch Berechnung aus den 
Verbrennungen ein mit dem Ergebnis der direkten Calorimetrie 
besser übereinstimmendes Ergebnis erhalten, wenn — wie dies 
Zuntz in seiner Erwiderung getan — ein Teil des Glykogens 


76 P. Häri: 


als verbrannt, ein anderer jedoch als abgelagert be- 


trachtet wird. 
Tabelle VIII. 
Wärmeproduktion pro 24 Stunden und 1 kg Körpergewicht. 





Gefunden Berechnet 
















Cal. %o 
78,0 |+ 10,0 |+ 14,7 


46,1 | +4,0| +9,5 
+7,6 |+ 18,0 





Cal. | 9% 







Anhangsweise sei hier noch mitgeteilt, daß in Versuchs- 
reihe 3, der einzigen von allen, in der die N-Bestimmungen 
lückenlos in allen Versuchen durchgeführt werden konnten, eine 
bedeutende Herabminderung der N-Ausscheidung, wieinHeilners 
Versuchen, nicht beobachtet werden konnte: an einem der 
beiden Zuckertage wurde eher etwas mehr N als an den 
vorausgehenden Hungertagen entleert; am zweiten Hungertage 
allerdings fast um die Hälfte weniger; jedoch war die N-Aus- 
scheidung am nachfolgenden Hungertage noch geringer als am 
zweiten Zuckertage. 

Jedenfalls geht aus dieser einen Versuchsreihe hervor, daß 
die von Heilner gefundene Abnahme der N-Ausscheidung 
nicht als Regel aufgestellt werden kann. 


B. Respirationsversuche nach Zuntz-Geppert. 
(Versuchsreihen 4 bis 6.) 

Wenn auch aus den calorimetrischen Versuchen unzweifel- 
haft hervorgeht, daß nach der Zuckereingießung die Wärme- 
produktion erhöht ist, so geht aus ihnen auch hervor, daß 
die Erhöhung derselben bei den verschiedenen Tieren durchaus 
ungleich ist. Es ist wahrscheinlich, daß diese Verschiedenheit 
zum Teile darauf zurückzuführen ist, daß die Tiere sich nach 
dem Eingießen der Zuckerlösung verschieden verhalten: einige 
sind ruhiger, andere führen lebhafte Körperbewegungen aus, 
was natürlich die Wärmeproduktion bedeutend beeinflußt. 


ba 
© 
© ._ o e 
F g Veränderung | Dach rei Minimal- | nach an Maximal- 
E = am Zuckertag rechnung rechnung 
S £ S | Veränderung u Veränderung 
FE m 2 — Zuckertag| 4 X lam Zuckertag 
SIS Ag Gegen a Eeer ee 
> 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 77 


Weiterhin schien es wünschenswert, die Veränderung im 
Stoffwechsel zeitlich zu verfolgen, beziehungsweise 
festzustellen, wie die Veränderung durch die Zucker- 
injektion zeitlich verläuft. 

In den oben beschriebenen Versuchen war die Beobachtungs- 
zeit nur in 2 Perioden (die ersten 7 und die folgenden Stunden 
eines Versuchstages) geteilt und für diese 2 Perioden nur die 
CO,-Ausgabe gesondert bestimmt, während die Wärmeproduktion 
nur für den ganzen Versuchstag ermittelt wurde. 

Aus diesen zwei Gründen habe ich die Wirkung der 
ZuckereingießBung an curaresierten Tieren ausgeführt, bei 
denen ich vor und nach der Zuckereingießung den respi- 
ratorischen Gaswechsel nach der Zuntzschen Methode ermittelte. 

Durch diese Versuche konnte ich die Veränderung des 
CO,-Verbrauchs für kurze Abschnitte nach der Eingießung 
erhalten, wodurch die Veränderung der Wärmeproduktion er- 
erkannt werden konnte; da nach alledem, was man aus den 
Untersuchungen der Zuntzschen Schule weiß, der O,-Verbrauch 
ein viel entsprechenderee Maß der Wärmeproduktion ist als 
die CO, Ausgabe, 

Meine Versuche wurden genau nach dem Prinzip angeordnet, 
das Tangl!) unlängst ausführlich beschrieben hat; ich kann mich 
daher unter Hinweis auf Tangls Mitteilung um so eher ganz 
kurz fassen, da Tangl dort auch die Vorteile und Zweckmäßig- 
keit der Versuche an curaresierten Tieren eingehend begründet. 

Die drei Hunde hatten im Verhältnis zu ihrem Körper- 
gewicht dieselben Mengen Traubenzucker in den Magen einge- 
gossen erhalten: 12,8, 11,1, resp. 12,5 g pro 1 kg Körpergewicht. 

Der Gehalt der eingegossenen Zuckerlösung an chemischer 
Energie betrug annähernd so viel, wie in Heilners Ver- 
suchen, d h. 78,74, resp. 80°/, der Wärmeproduktion, die pro 
24 Stunden aus dem durchschnittlichen O,-Verbrauch in den 
Nüchternversuchen berechnet werden konnte; die einge- 
gossene Zuckerlösung deckte also in diesen Versuchen einen 
größeren Teil des Energiebedarfs der Hungertiere, als in meinen 
calorimetrischen Versuchen, in denen der Energiegehalt der 
Zuckerlösung nur 50 bis 60°/, des Energiebedarfs ausmachte. 


23) Franz Tangl, Die Arbeit der Niere und die spezifisch-dyna- 
mische Wirkung der Nährstoffe. Diese Zeitschr. 84, 1. 


78 P. Häri: 


Tabelle IX. Versuchsreihe 4. 
Körpergewicht: 4700 g. Datum: 19. IX. 1908. 
Mit Küchenabfällen ernährt; letzte Fütterung am Vorabend des Versuchs. 





























| m ` cË 
z | E e | 5 SE 
BEE: TE 

i -i ; È — Anmerkungen 
tilationsluft Pro Minute ie: 
des Versuchs SS, 






e 
Q 


zk | ak 


1 14’'11842] 2,16 | 1,93 
2 11 01/12 50” 
| 


11’ 38”|1883] 2,19 


38,5 
38,7 
38,8 
40,98 | 33,16 [0,809 38 3 Im Harn kein Zucker 


41,21 | 35,18 


dra 36’ 39,71 | 35,46 [0,893 





3118 25 


411% gen, 137 fi 2,18 | 1,86 | 40,53 | 34,58 [0,851| 327 | 12% 45°, 60 g Trauben- 
; zucker in ca. 50°%/,iger 
38,8 Lösung per os einge- 


38,9 führt 


5.12% 17/11” 3211834] 2,28 | 2,00 | 41,77 | 36,75 [0,880 
, 1311 41191012,41 2,36 | 45,97 | 45,07 [0,980] 205 | Von 11h 50’ bis 3h nm. 

| 39,2 8ccm Harn, enthaltend 
1 0,3 g Zucker 


7) 2% 1513" 03”l1833| 2,31 | 2,19 | 42,30 | 40,19 [0,950] 89 


8| 2b 5012 5941829 2,45 | 2,30 | 44,80 | 42,11 [0,940 





42.20 10.918 39,1 Von 3h 30’ bis 4h 6,5 ccm 
i 38,9] Harn, enthaltend 0,4g 


42,51 [0,914] 38:9 | Zucker 


9 3b 317113’ 091832] 2,51 | 2,30 | 45,98 
10 4% 08 


d 


| | 


1) Mittelwert aus den Versuchen 3 und 5. 





13° 11”[1859] 2,51 | 2,29 | 46,51 





Tabelle X. Versuchsreihe 5. 
Körpergewicht: 5400 g. Datum: 26. IX. 1908. 
Mit Küchenabfällen ernährt; letzte Fütterung am Vorabend des Versuchs. 





Anmerkungen 





Körpertempera- 
tur am Anfang 
u. Ende d. Vers 














1110% 2510 18”12059] 2,04 | 1,66 
Im Harn kein Zucker 


210% 4710 2512045] 2,19 | 1,70 





adi 1571107 32”J2062] 2,24 | 1,86 [46,11 | 38,44 [0,853 372 | Um 11» 04° 60 g Trau- 


37, benzucker in ca.50°|,ig. 


4,11% 3911’ 06”]2008] 2,21 | 1,81 [43,93 | 36,44 |0,821 37,2 Keng per 08 einge- 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 79 


Tabelle X (Fortsetzung). 






































ha , d e LS BE; SI 
ei éi 5 [E2]|2E |98| 85 |5 H 
Z| adas $s Sei e4 | S4| E| © SCH 
| = >= E EN, A7 
y i 21583 Anmerkungen 

2 SUN | Pro Minute | O, |È SS 
des Versuchs |S = Ms 
cem| %, | % | eem | ccm gi 
5112» 06112’ 11”|1959] 2,30 | 2,02 | 45,76 | 39,68 |0,878 ns 
61% 3311 02”|1931| 2,37 as 45,70 | 40,87 |0,894| 32° 
7/128 59/110’ 3911956 2,50 | 2,22 | 48,87 | 43,37 |0,888 a 
8 22 02111’ 49”]1974] 2,38 | 2,28 | 47,07 | 45,01 10,956 sn 
9| 2 28/11” 38"|1945| 2,50 | 2,43 |48,69 | 47,18 [0,969] 327 

380 Im Harn kein Zucker 
b 2» 597/11” 30” 1987| 2,24 | 2,29 | 44,50 | 45,55 [1,021] be 
11| 3 3811 09”l1919| 2,04 | 1,96 | 39,19 | 37,65 [0,961] 373 
12| 4 02Ica. 12 [111)} 2,05 | 1,95 | 39,17 | 37,26 |0,954 Cat 
13| 4» 35°11 Agang 2,06 | 1,97 139,28 | 37,51 [0,955 a 
37,2 


14| 5» 041117 281872] 2,08 1 39,03 34,97 ve << 





1) Mittelwert aus den Versuchen 11 und 13. 
Tabelle XI. 


Versuchsreihe 6. 
Körpergewicht: 7170 g. Datum: 6. X. 1908. 
Mit Küchenabfällen gefüttert; letzte Fütterung am Vorabend des Versuchs. 


























— H Et Dy 

B E | 5 |88 FE 

Sl SI $ |2 Sch 

A 9 = E VK 

Ka KR 

g A in der Ven- SC Anmerkungen 

m ationsluft = 

des Versuchs | “ S SER 
ccm C 










110 307| gon 54,33l0,932 ve 
382 
21108 517) gr 14” 53,980,913] 335 


an ul 7 39| 2887 |2,095|1,887| 60,49] 54,48]0,901| 283 | " zucker in ca. SÉ iger 
985 Lösung per os einge- 
411% 35’) 7’ 26”) 2893 |2,09211,861| 60,53] 53,84]0,890] 30’ t 


SI Sp 9 sl 2789 | — l2,026| — [56,51] — SE 


P Han: 


Tabelle XI (Fortsetzung). 





u| ag 
Z| éi BS 





des Versuchs 


612 09 
712% 34° 
SU 58’ 
9| 12 20 
10| 1» 39 
11| 1» 58 
12| 2 25 
13| 2 46 
14| 3 1% 
15| 3h 40 
16| 44 06' 
17| A 34 
18| Sp 05' 
19| ap 33 
20| 5» 57 


21| 6? = 





Dauer 





7’ 48” 
805’ 
8’ 15” 


Atemvolum 
pro Minute 








8 
B 


2857 
2899 
2905 


in der Ven- 
tilationsluft 





2,266 2,191| 64,74] 62,59]0,967] 3% 


6 

7 

38,8 

22082. 2001 64,00| 64,03]1,000 i 
2,176 2,2031 63,21) 64,0011,012 38,8 












Anmerkungen 


tur am Anfang 


u. Ende d. Vers, 


Körpertempera- 






P. 


38, 


7’ 3712922 1) [0,042 1,962] 61,30 62,97J1,100] 88-8 


Ok 
T 32” 
7’ 49" 
737” 
ze (ën 
19% 
8 38” 
Sr 59 
g 20” 
8’ 19” 
g 21” 
pr ae 


2939 
2887 
2858 
2864 
2870 
2849 
2958 
2825 
2866 
2636 
2548 
2646 


2,069 2,2251 60,81| 65,36/1,07 


2,10312,112] 60,71| 60,97|1,004| 28-6 


2,134/2,199] 60,98| 62,84|1,03 
2,140 2,113] 61,29) 60,54]0,98 
2,17112,165| 62,48| 60,58]0,97 
2,220 2,3051 63,24| 65,66|1,03 


387 
38.4 
„138,5 
385 
38,7 
0l 388 
139,2 
392 


d 


2,174 2,184] 64,32] 64,61]1,004] 322 


2,258/2,168] 63,57| 61,04|0,96 
2,104/2,083]| 60,30| 59,69[0,99 


2,31712,140] 61,16| 56,42]0,924 


392 
6 39,2 
392 
391 
01 39.0 
39.0 
39.0 


2,2212,141| 57,17' 55,11[0,964] 38? 


12,214 vr 58,58] 57,13[0,97 
| 


38,8 


Die Daten dieser Versuche sind in den Tabellen IX bis XI 
enthalten; in Tabelle XII ist der Mittelwert der CO,-Produktion 
und des O,-Verbrauchs aus allen Versuchen vor der Zucker- 
eingießung berechnet, und mit diesem die Mittelwerte ver- 
glichen, die in jeder Versuchsreihe in der ersten, zweiten usw. 


Stunde nach dem Eingießen der Traubenzuckerlösung erhalten 
wurden. 


1) Mittelwert aus den Versuchen 8 und 10. 


—_ p— 


Tabelle XII. 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 


Mittelwert 
der 
prozentualen 


Veränderung 


Veränderung 


Nach dem Zucker 


com 


1’ 


Nach dem Zucker 


Nüch- 
tern 
cm 
pro 1’ | Pro 


vi 


ccm 


Veränderung 


1’ 


Nach dem Zucker 


ccm 


Nüch- 
tern 
com 
pro 1’ | pro 


Zei 


it 
nach Eingießung 
des Zuckers 


Sauerstoffverbrauch 


Versuchsreihe 6 


e 
e 
= 
£ 
* 
e 
5 
E 
© 
> 


Versuchsreihe 4 








DIA D ON 
SOO 


+++++ 


| ed CO éi ed éi 
ui — ga 
+++++ 


Cd éi C 
33528 


a pw pw e "pw 


Biochemische Zeitschrift Band 44. 


-fe 


© 
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531111111 
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521111111 
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ZB eeesee 
2» 

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GIE EE 


Kohlensäureausgabe 


Versuchsreihe 6 


Versuchsreihe 5 


= 
© 
3 
2 
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© 
E 
E 
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> 








+++++++ 
CD m EC E KS 
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82222 
e 
lusc-ur 

— — 


++++++ 





© 
© 
311111161 
CA 


Nüchtern 
1. Stunde 


Q 





R EE EE E 


El oi li vie E 


82 P Häri: 


Was die Ergebnisse dieser Versuchsreihen anbelangt, so 
geht aus allen dreien eindeutig hervor, daß der O,-Verbrauch 
nach der Zuckereingießung ausnahmslos gesteigert ist, 
um etwa 3,6 bis 9,0 °/,, was also durchaus den Ergebnissen der 
calorimetrischen Versuche entspricht, die eine Erhöhung der 
Wärmeproduktion ergaben. Die Erhöhung des O,-Verbrauches tritt 
bereits in der ersten Stunde auf, und ist in zwei Versuchsreihen 
auch in der fünften und sechsten Stunde noch nachzuweisen. 
Dies entspricht also ebenfalls dem Resultate der calorimetrischen 
Versuche, in denen in den ersten 7 Stunden der Versuche die 
CO,-Produktion erhöht gefunden wurde, was übrigens auch in 
diesen Versuchsreihen der Fall war; und zwar betrug die Zunahme 
der CO,-Ausgabe in den ersten 5 bis 6 Stunden nach der 
Zuckereingießung 17 bis 23 °/,, "also mehr, als die Zunahme des 
O,-Verbrauches. Hierdurch ist es zu einer Erhöhung des respi- 
ratorischen Quotienten gekommen, die beweist, daß nach der 
Zuckereingießung mindestens ein bedeutender Teil 
des resorbierten Zuckers nicht als Glykogen abge- 
lagert, sondern oxydiert wird. 

Es geht aus diesen Versuchen unzweifelhaft hervor, daß 
an curaresierten Hunden, die 12 bis 16 Stunden vorher zum 
letztenmal gefüttert wurden, eine Einverleibung per os von 
11 bis 12 g Traubenzucker pro 1 kg Körpergewicht eine deut- 
liche Steigerung des O,-Verbrauches hervorbringt. Die 
hieraus zu berechnende Steigerung der Wärmeproduk- 
tion ist noch um einen gewissen Betrag höher, da ja 
der calorische Wert des Sauerstoffes, bei dem nach 
der Zuckereingießung erhöhten respiratorischen Quo- 
tienten, um einige Prozente höher ist. 

Neben der erwähnten Übereinstimmung der Curare-Versuche 
mit den calorimetrischen Versuchen bestehen aber auch be- 
merkenswerte Unterschiede: In den calorimetrischen Versuchen 
(also am nicht curaresiertem Tiere) ist die Erhöhung der CO,- 
Ausgabe in den ersten 7 Stunden nach der Zuckereingießung 
bedeutend größer, als in den Curare-Versuchen. Wohl kann 
diesen Unterschied eine eventuell verlangsamte Resorption des ein- 
gegossenen Zuckers im curaresierten Tiere auch mitverursachen, 
doch dürfte der Unterschied hauptsächlich auf das veränderte Ver- 
halten des in seinen Bewegungen gehinderten Tieres bedingt sein. 


Einfluß der Kohlenhydrate auf den Energieumsatz. 83 


Wohl ist weiterhin die aus der Veränderung des O,-Ver- 
brauches berechnete Wärmeproduktion annähernd die gleiche, 
wie die in den calorimetrischen Versuchen gefundene; doch ist 
zu bedenken, daß in letzterer die Wärmeproduktion im 20- bis 
24-Stundenversuch ermittelt ist und nicht gesondert für die 
ersten 7 Stunden, in denen aller Wahrscheinlichkeit nach haupt- 
sächlich eine erhöhte Wärmeproduktion stattfindet. 

Diese Übereinstimmung ist also nur so möglich, daß tat- 
sächlich in den ersten 7 Stunden viel mehr Wärme produziert 
wurde, als dem Durchschnittswert entspricht; am augenschein- 
lichsten ist dies, wenn man meine Versuchsreihe 3 mit den 
Curare-Versuchen vergleicht. In jener beträgt die Steigerung 
der Wärmeproduktion im 23-Stundenversuch 7 °/,, in den Curare- 
Versuchen die Steigerung des O,-Verbrauches in den ersten 
Stunden nach der Zuckereingießung ungefähr das nämliche: 
3,6 bis oni, 

Zum Schlusse möchte ich noch hervorheben, daß meine 
Versuche auch dafür den Beweis liefern: 1. daß man in zu- 
verlässiger Weise die Wirkung der einzelnen Stoffe auf den 
Energieumsatz an curaresierten Tieren untersuchen kann; 2. daß 
der Zucker auch bei curaresierten Tieren in derselben Weise 
an den Oxydationen teilnimmt, wie an unvergifteten. 

Als Endergebnis meiner Versuche kann also ausgesprochen 
werden, daß durch die Eingießung von Traubenzucker 
in den Magen, in einer Menge, die 50 bis 80°/, des 
Energiebedarfs der Hungertiere deckt, die Wärme- 
produktion erhöht ist. Bewiesen wurde das durch direkte 
Messung sowohl der erhöhten Wärmeproduktion als auch des 
gesteigerten O,-Verbrauches. 

Die nach der Zuntzschen Methode ausgeführten Versuche 
wurden unter Mithilfe des Herrn Dr. M. Szekeres ausgeführt. 


6* 


Über die Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf 
den Energieverbrauch. 


Von 
Paul Häri. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 2. Mai 1912.) 


In der vorangehenden Arbeit der Camilla Rudö und 
Stephan Cserna!) wurde über die Veränderungen berichtet, 
die in dem Umsatz und im Gaswechsel von hungernden 
Hunden durch eine intraperitoneale Bluttransfusion hervor- 
gebracht wurden, und gezeigt, daß die Eiweißzersetzung zwar 
meistens gesteigert, der aus dem O,-Verbrauch berechnete 
Energieverbrauch jedoch im großen und ganzen kaum ver- 
ändert ist. 

Da es von einigem Interesse erschien, dieses Verhalten 
des Energieverbrauches auch durch direkte Messung der Wärme- 
produktion zu kontrollieren, andererseits neben dem Eiweiß- 
auch den Fettstoffwechsel soweit als möglich festzustellen, 
wurde in zweien der dort angeführten Versuchsreihen (3 und 5) 
die Wärmeproduktion der Hunde C und D im Rubnerschen 
Respirationscalorimeter vor und nach einer intraperitonealen 
Bluttransfusion direkt bestimmt; andererseits außer dem N- 
auch der gesamte C-Umsatz festgestellt und hieraus auch der 
Fettstoffwechsel unter üblicher Vernachlässigung des Glykogens 
berechnet. 


1) Diese Zeitschr. 44, 40, 1912. 





= — — — — — — — — — * 


P Han: Wirkg.d. intraperitoneal. Blutinfusion auf d Energieverbrauch. 85 


Über die Ergebnisse dieser calorimetrischen Bestimmungen 
soll in dieser Arbeit berichtet werden. 

In 3 von den 5 Versuchsreihen, die von Camilla Rudö 
und Stephan Cserna an hungernden Hunden ange- 
stellt wurden, war nach der Transfusion eine ansehnliche 
Steigerung der N-Ausscheidung wahrzunehmen; diese blieb bei 
einer anderen Versuchsreihe nahezu unverändert; zeigte. sogar 
in einer letzten Versuchsreihe, in der das Tier 48 Stunden 
nach der Transfusion 4 Junge gebar, eine Tendenz zum 
Sinken. | 

Nun wollte es der Zufall, daß gerade diejenigen Tiere im 
Rubnerschen Respirationscalorimeter untersucht wurden, die 
das soeben erwähnte von den anderen 3 Versuchstieren ab- 
weichende Verhalten in der N-Ausscheidung aufwiesen, was sich 
natürlich erst im Verlaufe der fortschreitenden Analysen heraus- 
gestellt hatte. 

Es ist zwar möglich, daß sich der Energieverbrauch in 
Fällen, in denen der intraperitoneal eingeführte N rasch aus- 
geschieden wird, anders verhält, als bei unveränderter oder 
gar verminderter N-Ausscheidung; immerhin glaube ich jedoch, 
daß diese beiden Versuchsreihen aus dem Grunde als voll- 
wertig zur Entscheidung des schwebenden Problems ange- 
sehen werden können, weil es sich ja durchaus um glatt durch- 
geführte Versuche handelt, deren Ergebnisse zudem, wie es 
sich zeigen wird, durch die gegenseitige Kontrolle der von- 
einander unabhängigen direkten und indirekten Calorimetrie 
gesichert sind. 

Nebst dem, was über die Methodik in der vorangehenden 
Arbeit bereits ausführlich mitgeteilt ist, habe ich hier nur zu 
bemerken, daß sowohl vor als nach der Transfusion min- 
destens zwei Respirationsversuche von je 22 bis 24stündiger 
Dauer angestellt wurden, die voneinander durch Pausen von 
1 bis 3 Tagen getrennt waren. 

In der Ventilationsluft wurde H,O und CO, bestimmt, im 
sorgfältig gesammelten Harn und Kot aber nebst dem N- 
und Energie- auch der C-Gehalt; aus all diesen Daten konnte 
dann unter Vernachlässigung des Glykogens die Eiweiß- und 
Fettzersetzung, resp. auch der Energieverbrauch berechnet 
werden. 


86 P. Häri: 


Die Bestimmung des C im Harn und Kot geschah auf 
nassem Wege mit konzentrierter Schwefelsäure und doppeltchrom- 
saurem Kali nach dem Brunner-Messinger-Scholzschen 
Verfahren, in der von Tangl und Kereszty!) angegebenen Mo- 
difikation. 


Beschreibung der Versuche. 


Versuchsreihe 3. Hund C (weibl.) wurde am 2. XII. 1910 mit- 
tags zum letzten Male gefüttert; von da ab bekam das Tier nur noch 
Wasser, und zwar täglich ca. 200 ccm, wovon es aber an mehreren 
Tagen bloß ungefähr die Hälfte trank. 

Am 9. XII 10° vorm. wurden dem Hunde 300 g Blut aus der Ca- 
rotis eines anderen Hundes direkt in die Bauchhöhle transfundiert. In 
der Nacht vom 10. zum 11. XII. hatte das Tier zwei, am 11. XII. 8 
vorm. weitere zwei lebende Junge im Gesamtgewicht von 338 g ge- 
boren. Der aus diesem Anlasse blutige Harn vom 10. bis 11. und 11. 
bis 12. XII. wurde nicht weiter untersucht. 

Vom 12. XII. an enthielt der Harn weder Blut noch Eiweiß. 

Versuchsreihe 5. Hund D (weibl) wurde am 7. I. 1911 zum 
letzten Male gefüttert, nahm am 8. und 9. I. das ihm gereichte Wasser 
nicht an und erhielt von da angefangen keins mehr vorgesetzt. 

Am 17. I. 1911 4% nachm. wurden dem Tiere 250 g Blut aus der 
Carotis eines anderen Hundes in die Bauchhöhle direkt transfundiert. 


Versuchsergebnisse. 


Die Ergebnisse dieser beiden Versuchsreihen sind in den 
Tabellen I bis V zusammengestellt. Und zwar enthält: 


Tabelle I die allgemeinen Daten der Respirations- 
versuche; 

Tabelle II die CO,-Produktion und Wasserausscheidung; 
die N-, C- und Energie Ausgaben in Harn und Kot pro 
24 Stunden; 

Tabelle III Eiweiß- und Fettzersetzung und Wärme- 
produktion (indirekt bestimmt) pro 24 Stunden; 

Tabelle IV Wärmeproduktion durch direkte Calorimetrie 
bestimmt pro 24 Stunden; 

Tabelle V CO,-Produktion und H,O-Ausscheidung, Ei- 
weiß- und Fett-Umsatz und Wärmeproduktion pro 24 Stunden 
und 1 kg Körpergewicht; | 


1) F. Tangl und G.v. Kereszty, Zur Methodik der Bestimmung 
des Koblenstoffes auf nassem Wege. Diese Zeitschr. 82, 266. 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Energieverbrauch. 87 
| Tabelle I?). 


Respirationsversuche. 


En E E r r — — 











Jr 2| Körper- K — 
HR e el SY 58 temperatur vk e 
E 2 S Z Datum Beginn os E des Tieres gewicht 
S 328 das des S S FA 25 EE Z| 323 |$ A| Anmerkungen 
JHE HEA EE PEHSEH St äs 
gE Z Versuches [Versuches A > |> BE Wo S SS KR 
Std. | ccm | °C] °C | °C H - 
1909 
1| 3. | 5.—6. XII. |1226’ nm.| 22,1 | 38,9 | 28,0] 38,0 | 37,9] 8177 |8078 
21 5. | 7.—8. „  [11202’ vm.| 21,7 140,0 | 28,0] 37,9 | 37,9] 8031 |7970 
3 7 9.—10. XI1.]11%07’ vm.| 21,9 | 37,9 | 28,0] 38,8 | 38,0 | 8081 7709 [10 0’ vorm. Infusion 
[7781]%) 31. 38,5 g Blut 
Ann |ı2.—ı3. „ bo „ |24,0 [39,1 |28,0| 38,5 |38,2| 7130 6928| Sro1kg Körper- 
5112. |14.—15. „ | #12 „ 123,0|38,4 | 28,0] 38,3 | 38,2] 6907 16691 | gewicht 











el 4.| 11.—12. I. |1103’ vm.| 23,3 | 40,1 = be 6339 |6214 

7| 6. | 13.—14. „ |1105" „ |24,0|39,9 : 6042 |5869 

slı0.| 17.—18. 1. | #55 nm[22,3 | 39,6 |28,2|38,2 37,9 | 5779 (5619 [e o’nachm. Infusion 
Ee 21. 02% ai 

9lı2. | 19.—20. „ |1010 vm.| 22,8 | 39,8 | 28,2] 38,1 |38,2| 5506 15366 | ee 1 kz Körper- 








1) Die punktierte Linie trennt die Versuche vor und nach der Transfusion. 
d Nach Abrechnung des Gewichtes des eingespritzten Blutes. 


gewicht 


Tabelle II!). 
CO,-Produktion und H,30-Ausscheidung; N-, C- und Energie-Ausgaben im 
Harn und Kot pro 24 Stunden. 











© ; Mit der Ven- 2 N-Ausfuhr C-Ausfuhr 3 
F * E >] tilationsluft S E 28 i e KS "e g 3 
e 5E abgeführt SS KEE 8 S = 58 8 = so 
det Le 35} HIREA: ER SC 
m Pr un 
HE =| co, | Bai > ET CER je E- aF HE 
g g g g IE EI g iti £ g g-cal. 
1 | 3. | 118,0 | 282,2 | 75,0 | 357,2 | 2,51 |0,15/2,66 | 1,76 |0,96! 32,19 | 34,91 | 23,0 
2| 5. | 115,9| 280,6 [131,0 | 411,6 | 2,86 |0,1513,01 | 2,22 |0,96| 31,61 | 34,79 | 23,0 
Zu al: ez 312,01 117,5 | 429,5] 2,85 | 0,16]3,01 [3,00 |1,44| 33,61 | 38,05 | 34,0 
4 | 10. | 96,8! 221,3| 46,0 | 267,3] 2,02 | 0,162,18 | 1,772) 1,44| 26,39 | 29,60 | 18,7 
5112. oe 1786| ? ? 1,79 | 0,1611,95| 1,77 | 1,44! 24,99 | 28,20 | 18,7 
6 | 4. | 1015| 1302| — | — | 1,76 | 0 !1,76|1,71 | 0 | 27,68 | 29,39 | 23,9 
71 6.1 100,6| 11151 — | — | 257 | 0 |2,57|1,94 | 0 | 27,43 | 29,37 | 23,9 
1:2 1 CED DEED DEED, DTD DTD DTD THÉID ETE ETTE DT LERERERE DEER 
8 | 10. | 95,6, 1048| — | — | 253| 0 12,53|2,31 | 0 | 26,06| 28,37 | 20,1 
9 |12. | 845| 758| — | — 1 2,00 | 0 |2,00|1,78 | 0 | 23,05 | 24,83 | 20,1 





1) Die punktierte Linie trennt die Versuche vor und nach der Transfusion. 
2) Analyse verloren; aus dem Wert des nächsten Respirationstages berechnet. 


88 P. Häri: 
Tabelle III?). 


Eiweiß- und Fettzersetzung und berechnete Wärmeproduktion pro 24 Stunden. 





` In Wärme umgosetzte Chem. Energie u: 
RER — chemische Energie aus Za 
A| 3 D Ze 8 % verbranntem g 8 S E = 
s| 28|8|32 E 2 | RG | ER 
g JE FEI sa A" — zu- ie g 2 a 
S S Ee Eiweiß | Fett — g 8 e (b) (a—b) 


g g I kg-cal. | kg-cal. | kg-cal. | kg-cal. | kg-cal. | kg-cal. | kg-cal. 


(la | 16,60l34,06] 93,8 | 820,2 | 414,0 | 28,0 | 96 | 326 | 381,4 
2| 5. | ı879132.42| 1062 | 3047 | 4109 | 230 | 96 | 326 | 3783 
3 uai 7. |ıssılse,ss| 106,3 | 344,3 | 450,6 | 840 | 15,8 | 49,8 | 400,8 
4| 10. | ı8ssılasesl 1062 | 2411 | 3473 | 187 | 158 | 345 | 3128 
51 12. | 1215l2889| 686 | 2669 | 8855 | 187 | 158 | 345 | 3010 
el A |1119130,57} 63,2 | 2874 | 350,6 | 23,9 23,9 | 326,6 
71 6. 1160612722 907 | 2559 | 3466 | 239 | — | 289 | 3227 
5 EO EEA EE PE EE E E EE AA E EEEE E EATA E E EEEE EEEE 
sl 10. | 14,29 |2609} 80,7 | 245,2 | 325,9 ail — | 201 | 305,8 
9| 12. | 125012372 706 | 2230 | 2986 | 21 | — | ai | 2735 





2) Die punktierte Linie trennt die Versuche vor und nach der Transfusion. 
2) Aus Harn- plus Kot-N berechnet. . 


Tabelle IV)). 


Wärmeproduktion pro 24 Stunden durch direkte Calorimetrie bestimmt. 









Wärmeabgabe 







Versuchsreihe 


Versuch Nr. 





abgabe von 
kg-al. 





1 8. | 198,6 23,8 166,4 888,8 8,9 379,4 

2 5. | 205,1 22,6 164,8 892,5 6,3 386,2 

au 8 7. | 192,7 21,2 183,2 897,1 9,6 887,5 
4 | 10. | 1809 21,5 180,0 332,4 10,2 322,2 

5 |12. | 1804 21,0 104,9 306,8 7,1 299,2 

6 4. | 23344 25,9 76,5 836,8 8,6 833,2 

7 6. | 289,1 25,8 65,5 329,9 8,4 326,5 

SI 8 | 10. | 2105 25,5 61,6 297,6 6,2 291,4 
9 | 12. | 203,4 23,8 44,5 271,7 8,8 267,9 


1) Die punktierte Linie trennt die Versuche vor und nach der Transfusion. 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Energieverbrauch. 89 
Tabelle VI 


CO,-Produktion- und Wasserausscheidung, Eiweiß- und Fettumsatz und 
Wärmeproduktion pro 24 Stunden und 1 kg Körpergewicht. 


Wärmeproduktion 




















































3 Lei, a I mor. E o | g 
E | j22| 85 | Ventilations-| Z 88 | 85 | die direkte Calori- 
E S E = S 7 2 e E g * g metrie ergibt mehr 
S E E SE abgeführt | N E © E © |(+) resp. weniger (-) 
© > 20 m e & 
> béi O 

gcal. 







1 14,5 | 348 | 2,05 | 4,19 | 469 | 467 | -02 | —04 

2 14,5 | 35,1 | 235 | 405 | 472 | 488 | +11 +2,3 

s Is 15,6 | 39,5 | 238 | 4,64 | 508 | 490 | -ı7 | -85 
(15,9)| (40,3)| (2,43)| (4,73)| (51,8) | (50,1) 

4 13,8 | 315 | 2,67 | 365 | 45 | 458 | +13 | +29 

5 13,5 | 26,3 | 1,78 | 4,17 | 48 | 40 | -03 | -07 

6 16,2 | 20,7 | 1,78 | 4,87 | 521 | 53,1 | +10 | +19 

7 16,9 | 18,7 | 2,69 | 4,57 | 54,2 | 548 | +06 | +11 

5 ug 16,8 | 18,3 | 2,47 | 4,51 | 537 | 51,2 | -25 | —47 
(17,1)| (18,8)| (2,58)| (4,71)| (54,9) | (52,3) 

9 15,4 | 13,8 | 2,27 | 432 | 498 | 488 | -10 | -20 


Die Wasserausscheidung. 


In einer früheren Arbeit?) habe ich nachgewiesen, daß 
unter dem Einflusse einer intravenösen Bluttransfusion die 
Wasserabgabe, und zwar sowohl in der Exspirationsluft als 
auch im Harn eine bemerkenswerte Herabminderung erfährt. 
Ich konnte diese Erscheinung nicht näher begründen und eben 
nur andeuten, daß es sich da um eine Retention von Wasser 
in den Geweben handeln könne, oder gar im Blute, woraus 
auch die von manchen Autoren nach einer Transfusion be- 
obachtete Hydrämie zu erklären wäre. 

Es wäre nun von Interesse gewesen, zu sehen, ob diese 
Verminderung auch nach einer intraperitonealen Bluttransfusion 
stattfindet oder nicht. 

Leider haben sich da technische Schwierigkeiten insofern 
ergeben, als es in Versuchsreihe 3 nach erfolgter Transfusion 


1) Die punktierte Linie trennt die Versuche vor und nach der 
Transfusion. 

2) Nach Abrechnung des Gewichtes des eingespritzten Blutes. 

3) Diese Zeitechr. 84, 111, 1911. 


90 P. Hári: 


nicht mehr gelang, die Wassereinfuhr von Tag zu Tag gleich- 
mäßig zu gestalten, in Versuchsreihe 5 aber das Messen der 
Harnmengen irrtümlicherweise versäumt wurde. Immerhin ist 
aber nicht zu verkennen — Tabele V —, daß die Wasser- 
dampfabgabe in der Respirationsluft in den ersten 24 Stunden 
nach erfolgter Transfusion vermehrt (Versuchsreihe 3) resp. un- 
verändert (Versuchsreihe 5) ist, am dritten Tage nach der Trans- 
fusion aber bereits eine wahrnehmbare Verminderung erfährt; 
es ist also hier etwas Ähnliches zu konstatieren, wie in den an- 
geführten Versuchen mit intravenöser Bluttransfusion. 


Die CO,-Produktion. 

Aus Tabelle V, in der alle Werte auf 24 Stunden und 
1 kg Körpergewicht umgerechnet sind, ist ohne weiteres zu 
sehen, daß die CO,-Produktion in den ersten 24 Stunden nach 
erfolgter Transfusion ansteigt (Versuchsreihe 3), resp. fast un- 
verändert (Versuchsreihe 5) bleibt, später aber ziemlich beträcht- 
lich unter den Wert sinkt, den sie vor der Transfusion aufge- 
wiesen hatte. 

In Tabelle VI sind diese Veränderungen dadurch anschau- 
licher gemacht, daß der Mittelwert aus den Versuchen vor der 
Transfusion sowohl mit dem Werte vom Transfusionstag selbst, 
als mit den Werten der später folgenden Tage verglichen ist. 


Tabelle VI. 
CO,-Produktion pro 24 Stunden und 1 kg Körpergewicht. 














Veränderung 


gegen die 
Vorperiode 






Vor der Transfusion `, . . 2... 


1. Tag nach der Transfusion . . R +7,6 

3. und 5. Tag nach der Transfusion . — 6,2 
A Vor der Transfusion . ....... 

1. Tag nach der Transfusion +1,8 

3. Tag nach der Transfusion — 6,7 


P. Albertoni!), der allein bisher die Veränderungen der 
CO,-Produktion nach einer intraperitonealen Bluttransfusion 


1) P. Albertoni, La transfusion du sang et l’&change nutritif de 
l'organisme. Resumé. Arch. ital. de biol. 2, 176, 1882. 


Wirkung der intraperitonealen Blutinfusion auf den Energieverbrauch. 91 


untersuchte, beobachtete eine Steigerung derselben um 72,4 bis 
94,5°/,; allerdings handelt es sich hier um Gaswechselversuche 
von bloß je 2 stündiger Dauer, und zwar an Meerschweinchen aus- 
geführt, die ca. 79, resp. 100, resp. 120°/, D ihres Eigenblutes 
in die Bauchhöhle injiziert erhielten. Bei der Injektion solch 
enormer Mengen von Blut ist eine derartige Steigerung der 
CO,-Produktion innerhalb der nächsten 2 Stunden wohl be- 
greiflich. 
Der Energieumsatz. 


Der Energieumsatz wurde in beiden Versuchsreihen einer- 
seits aus dem gesamten N- und C-Umsatz (unter Vernachlässi- 
gung des Glykogens) aus der Eiweiß- und Fettzersetzung be- 
rechnet, andererseits durch direkte Calorimetrie nach Rubner 
bestimmt. 

Die so erhaltenen Werte wurden sodann auf 24 Stunden 
und 1 kg Körpergewicht berechnet; gleichzeitig auch der pro- 
zentuale Unterschied zwischen den nach beiden Methoden er- 
haltenen Werten (Tabelle V) ermittelt. 

Wie ersichtlich, stimmen diese in den meisten Versuchen 
recht gut überein. Es erschien nun auch hier wie bei der 
Besprechung der Wasserausscheidung zweckdienlich, die Mittel- 
werte vor der Transfusion mit denen vom Tage der Trans- 
fusion und von den später folgenden Tagen (Tabelle VII) zu 


vergleichen. 
Tabelle VII. 
Wärmeproduktion pro 24 Stunden und 1 kg Körpergewicht. 


Indirekt bestimmt Direkt bestimmt 








vr Veränderung Veränderung 
suchs- gegen die gegen die 
reihe Vorperiode Vorperiode 
o lo 
3 Vor der Transfusion 
1. Tag nach der Trans- 
fusion . . .... +15| +3,1 
3. und 5. Tag nach 
| der Transfusion . — 2,6 | — 5,5 
5 Vor der Transfusion 
1. Tag nach der 
fusion ...... — 2,6 | — 4,9 


3. Tag nach der Trans- 
EI al e — 5,1 | — 9,5 


92 P Hári: 


Bei der Vielfältigkeit der Fehler, die bei den Rechnungen 
der indirekten Calorimetrie unterlaufen können, kommen die 
durch direkte Calorimetrie erhaltenen Werte der Wahrheit offenbar 
näher: eben darum sollen diese als maßgebend betrachtet werden. 

Es ergab sich zunächst, daß die Wärmeproduktion in den 
ersten der Transfusion folgenden 24 Stunden in Versuchsreihe 3 
um 3,1°/, zu-, in Versuchsreihe 5 um 4,9°/, abgenommen hat, 
vom dritten Tage der Transfusion an gerechnet aber in Ver- 
suchsreihe 3 um 5,5°/, und in Versuchsreihe 5 um 9,5°/, ab- 
genommen hat. 

Was die Zunahme in Versuchsreihe 3 anbelangt, läßt sie 
sich ungezwungen aus der Zunahme der Körpertemperatur des 
Tieres erklären (37,0° in der Vorperiode, 38 bis 38,80 am Tage 
der Transfusion), aber auch aus dem Gebärakt, der, wahrschein- 
lich durch die Transfusion in Gang gebracht, zirka 20 Stunden 
nach Schluß dieses Versuchs beendigt wurde. 

Der Transfusion selbst kann daher die Steigerung 
der Wärmeproduktion in Versuchsreihe 3 kaum zuge- 
schrieben werden. 

Ist die Herabsetzung der Wärmeproduktion, die in Ver- 
suchsreihe 3 am dritten Tage nach der Transfusion einsetzte, 
in Versuchsreihe 5 aber bereits am Tage der Transfusion zu 
beobachten war, der Transfusion zuzuschreiben oder nicht? 

Da die Transfusion selbst außer dem Einstechen des Tro- 
quarts keinen besonderen Eingriff erheischte und von einer Er- 
schöpfung der Tiere durch die Operation keine Rede sein 
konnte, muß zugegeben werden, daß die Herabsetzung der 
Wärmeproduktion am dritten, resp. am dritten und fünften 
Tage nach der Transfusion, die zudem noch übereinstim- 
mend durch Berechnung indirekt und durch Messung 
direkt erwiesen ist, tatsächlich durch das transfun- 
dierte Blut verursacht ist. 

Welcher Art der Einfluß des infundierten Blutes ist, ent- 
zieht sich allerdings vorläufig unserem Einblick. Vielleicht ist 
sie Verbindungen zuzuschreiben, die aus den infundierten Blut- 
bestandteilen abgespalten wurden und, in einem gewissen Sinne 
giftig, auf den Stoffwechsel herabsetzend wirken. 

Jedenfalls ist betreffe weiterer Folgerungen um so eher 
Vorsicht zu üben, da, wie bereits erwähnt, diese beiden Ver- 


Wirkung der intraperitoneslen Blutinfusion auf den Energieverbrauch. 93 


suchsreihen die alleinigen unter fünf in der voraufgehenden 
Arbeit besprochenen sind, in denen die N-Ausscheidung durch 
die Transfusion nicht erhöht, sondern herabgesetzt ist. 

Wenn diese Herabsetzung der N-Ausscheidung die Aus- 
nahme ist — was ja nur durch eine große Reihe von Ver- 
suchen entschieden werden kann —, könnte es ja der Fall 
sein, daß auch die Herabsetzung des Energieverbrauches nur 
ausnahmsweise stattfindet, und diese in anderen Fällen gar 
keine oder die entgegengesetzte Veränderung erleidet. 

Es ist auch möglich, daß die Herabsetzung der Wärme- 
produktion gerade auf die verminderte N-Ausscheidung zu be- 
ziehen ist, die am letzten Versuchstage beider Versuchsreihen 
am ausgesprochensten erscheint und der Ausdruck der ver- 
minderten Eiweißzersetzung ist. Sowie nämlich eine Steigerung 
der Wärmeproduktion eintritt, wenn an Stelle von Fett oder 
Kohlenhydraten Eiweiß zur Verbrennung kommt, was eben als 
spezifisch-dynamische Wirkung des Eiweißes bezeichnet wird, 
kommt es umgekehrt zu einer Herabsetzung der Wärmepro- 
duktion, wenn an Stelle einer gewissen Menge von Eiweiß Fett 
oder Kohlenhydrate verbrannt werden. Möglicherweise rührt 
aber die Herabsetzung des auf 1 kg Körpergewicht berechneten 
Energieverbrauches zu einem gewissen Anteil davon her, daß 
der Eiweißbestand des Tieres, der doch seine lebende Materie 
darstellt, rapider als sein Fettbestand abnimmt [Erwin Voit!)]. 
Nach v. Noorden? mußes „... einstweilen dahingestellt bleiben, 
ob die bei fortschreitender Abmagerung gelegentlich eintretende 
Verringerung des Energieumsatzes (pro Kilogramm) von einer 
geringeren Lebhaftigkeit der Bewegungen, die mit der Schwä- 
chung des Körpers einsetzt, zusammenhängt (Rubner) oder ob 
das zersetzende Protoplasma, sich der bedrängten Lage an- 
passend, sparsamer arbeitet“. 

So betrug die Wärmeproduktion eines Hundes, der mir 
zu früheren Versuchen diente°), durch direkte Calorimetrie be- 
stimmt, pro 24 Stunden und 1 kg Körpergewicht 


1) Erwin Voit, Über die Größe des Energiebedarfes der Tiere im 
Hungerzustande. Zeitschr. f. Biol. 1901, 113. 

2) v. Noorden, in v. Noordens Handbuch der Pathologie des 
Stoffwechsels. 2. Aufl., 1, 486, 1906. 

3) 1. o. 


94 P.Häri: Wirkg.d. intraperitoneal. Blutinfusion auf d. Energieverbrauch. 


am 2. Hungertag 57,3 kg-cal. 
” 4. ” 55,4 HI H 
29 22. 29 52,8 ” 2) 
H 24. 29 51,6 29 „ 


Da es sich in der Versuchsreihe 3 um den 10. und 12., 
in Versuchsreihe 5 um den 12. Hungertag handelt, ist es durch- 
aus möglich, daß die von mir, namentlich in Versuchsreihe 5 
beobachtete Herabsetzung der Wärmeproduktion zu einem Teile 
bloß dem protrahierten Hungern und nicht der Transfusion 
selbst zuzuschreiben ist. 

Wir können nach allem dem aussagen, daß durch die 
am hungernden Hunde ausgeführte peritoneale Blut- 
transfusion wenigstens in Fällen, wo es zu keiner auf- 
fallenden Steigerung der N-Ausscheidung kommt, eine 
nachweisbare Herabsetzung des Energieumsatzes be- 
wirkt wird, die zu einem Teil auch vom protrahierten 
Hungern herrühren kann, zu einem anderen wahr- 
scheinlich größeren Anteil jedoch durch das trans- 
fundierte Blut selbst verursacht wird. 


IW 


Über den Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel 
des Gehirns. 


Von 


Franz G. Alexander und Géza Révész. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 17. Mai 1912.) 


Einleitung. 


Die Frage, ob das Licht die Stoffwechselvorgänge in den 
Organismen beeinflussen kann, wurde schon öfters experimentell 
geprüft, am häufigsten wohl die unter Lichtwirkung vor sich 
gehenden synthetischen Prozesse in Pflanzen. Unsere Versuche 
beziehen sich nicht auf diese Frage, sondern wir wollten die 
— sagen wir — „optische“ Wirkung des Lichtes, d. h. seine 
durch die Retina vermittelte Wirkung auf den Stoffumsatz 
untersuchen. Es wurde also in unseren Versuchen mit allen 
Kautelen danach gestrebt, mit dem Lichte durch die Ver- 
mittlung der Retina möglichst nur den Stoffwechsel des 
Zentralnervensystems zu beeinflussen und alle anderen 
möglichen Wirkungen desselben, wie etwa Reizung der Körper- 
oberfläche oder eine reflektorische Erregung anderer Organe 
so weit wie irgend möglich fernzuhalten. Wir wollten auf diesem 
Wege auf die schon öfters negativ beantwortete Frage, ob 
und in welchem Grade die funktionelle Tätigkeit des 
Gehirns mit Energieverbrauch verbunden ist, noch ein- 
mal eine Antwort finden mit einer Versuchsanordnung, die von 
der bisher angewendeten abweicht. 


96 F. G. Alexander und G. Révész: 


In den älteren Versuchen wurde die Wirkung des Lichtes 
teils bei optischer Reizung, teils bei Belichtung des ganzen 
Körpers untersucht. Die Frage war also immer dieselbe: Be- 
einflußt das Licht, sei es direkt oder indirekt, durch Ver- 
mittlung des Nervensystems die Stoffzersetzung im tierischen 
Gewebe? 

Moleschott?) und seine Schüler, von denen die ersten derartigen 
Versuche stammen, fanden bei Lichtreizung (die meistens zugleich eine 
Reizung des Sehorgans war) eine Erhöhung der Kohlensäureausgabe. 
Dasselbe fand auch v. Platen?), der eine Erhöhung des Sauerstoffver- 
brauchs um 16°/, und der Kohlensäureausgabe um 14°/, erhielt. 
Speck®), der diese Untersuchungen kritisch behandelte, erklärt den ver- 
mehrten Gaswechsel einfach durch die vom Lichtreiz reflektorisch aus- 
gelösten Bewegungen und Temperatursteigerung der Versuchstiere Er 
stellte an sich selbst Gaswechseluntersuchungen an und fand bei opti- 
scher Reizung keine bemerkenswerten Differenzen. Die von ihm ge- 
fundenen Veränderungen liegen innerhalb der Fehlergrenzen, und er 
schreibt sie der erhöhten Lungenventilation zu, die während der Belichtung 
stets eintrat. Um die Bewegung der Versuchstiere auszuschließen, wieder- 
holte Chasanowitz®) die Versuche an Fröschen, deren Rückenmark 
hoch durchschnitten wurde. Aber auch von den in diesen Versuchen 
gefundenen Vergrößerungen des Gaswechsels konnte Loeb5) nachweisen, 
daß sie von reflektorischen Muskelzuckungen herstammen, die durch 
das Licht bei Reizung der Haut hervorgerufen werden. Loeb bestimmte 
die Kohlensäureausgabe von Larven einiger Schmetterlingsraupen (Sphynx 
Ligustri usw.) und fand keine Differenz im Dunkeln und im Lichte. 
Nach seinen Versuchen, bei denen von einer optischen Reizung natür- 
lich keine Rede sein kann, bleibt es noch immer eine offene Frage, 
welche Rolle die eventuellen Muskelbewegungen in der von Platen (bei 


1) J. Moleschott, Über den Einfluß des Lichtes auf die Menge 
der vom Tierkörper ausgeschiedenen Kohlensäure. Wiener med. Wochen- 
schr. 1855. — J. Moleschott e S. Fubini, Sul’ influensa della luce 
mista e cromatica nell’ esalazione di acido carbonico per lorganismo ani- 
male. Moleschotts Unters. 12, 266 bis 428. — S. Fubini und A. Bene- 
dicenti, Über den Einfluß des Lichtes auf den Chemismus der Atmung. 
Ebenda 14, 623 bis 629. 

2) O. v. Platen, Über den Einfluß des Auges auf den tierischen 
Stoffwechsel. Arch. f. d. ges. Physiol. 11, 272. 

23) K. Speck, Physiologie des menschlichen Atmens. Leipzig 1895, 
S. 146 bis 157. 

4) Chasanowitz, Über den Einfluß des Lichtes auf die Kohlen- 
säureausscheidung im tierischen Organismus. Inaug.-Diss. Königsberg 1872. 

5) J. Loeb, Einfluß des Lichtes auf die Oxydationsvorgänge im 
tierischen Organimus. Arch. f. d. ges. Physiol. 42, 393, 1888. | 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 97 


optischer Reizung) gefundenen Steigerung des O,-Verbrauchs spielen. 
Auch Ewald!), der mit curarisierten Fröschen arbeitete, erhielt ein 
negatives Resultat betreffe der Kohlensäureausgabe. Auf seine Unter- 
suchungen, die uns am meisten interessieren, da diese als die einzigen 
tadellosen Versuche gelten, in denen das Licht als optischer Reiz diente, 
kommen wir noch später zurück. 

Das einzige Resultat, was aus allen übrigen Untersuchungen 
klar hervorgeht, ist, daß das Licht auf den Stoffwechsel 
keinen direkten Einfluß hat. Dieses Resultat bestätigen 
auch die Untersuchungen von Rubner und Cramer‘). 

Wir gehen nun zu unseren Versuchen über. 

Die Hauptfragen, die wir uns stellten, waren die fol- 
genden: 


1. Beeinflussen optische Reize überhaupt den Grundumsatz 
des Organismus? 

2. Beeinflussen sie den Grundumsatz des Nervensystems 
oder anderer Organe? 

3. Hat konstante optische Reizung dieselbe Wirkung wie 
intermittierende? 


Methodik. 


Da wir die Veränderungen des Stoffwechsels an der Ver- 
änderung des O,-Verbrauchs und der CO,-Produktion erkennen 
und messen wollten, so mußten unsere Versuche vor allem 
als Respirationsversuche eingerichtet werden. Die Einrichtung 
der letzteren mußte mit Rücksicht darauf, daß wir an einem 
Tiere mehrere Versuche mit und ohne Lichtreizung hinter- 
einander anstellen wollten, eine solche sein, daß der Gaswechsel 
in kurzen Perioden möglichst genau festgestellt und auch klei- 
nere Veränderungen erkannt werden konnten. Von allen Me- 
thoden eignet sich die Zuntzsche wohl am besten zu solchen 
Versuchen. - 

Nachdem wir die Veränderung im Gaswechsel durch Ver- 
gleich der Perioden mit und ohne Lichtreizung feststellen 


1) C. A. Ewald, The Influence of Light on the Gas exchange in 
animal tiss ues. Journ. of Physiol. 18, 847. 

2) Rubner und Cramer, Über den Einfluß der Sonnenstrahlung 
auf Stoffzersetzung und Wärmebildung. Arch. f. Hygiene 20, 343. S. auch 
Wolpert, Einfluß der Besonnung auf den Gaswechsel des Menschen. 
Ebenda 44. 

Biochemische Zeitschrift Band 41. T 


98 F. G. Alexander und G. Révész: 


wollten, mußten die übrigen Versuchsbedingungen in allen 
Versuchsperioden möglichst gleich sein, zu welchem Zwecke in 
erster Reihe alle jene Momente, die den Gaswechsel namhaft 
und in nicht berechenbarer Weise beeinflussen — wie die will- 
kürlichen Muskelbewegungen — ausgeschaltet werden. Das 
führte uns zur ausschließlichen Anwendung curarisierter Tiere, 
die sich zu diesen Versuchen ebenso vorzüglich eigneten, wie 
zur Messung der Arbeit einzelner Organe. Darauf hat vor 
kurzem F. Tangl wieder hingewiesen und gleichzeitig auch 
die Versuchsanordnung ausführlich beschrieben, mittels der an 
curarisierten Tieren der respiratorische Gaswechsel mit großer 
Genauigkeit ermittelt werden kann. Wir haben die Versuchs- 
anordnung von F. Tangl!) genau eingehalten, so daB wir 
unter Hinweis auf seine Mitteilung bei der Beschreibung 
unserer Versuchseinrichtung uns auf folgendes beschränken 
können. 

Vor jedem Versuche wurden die Hunde tracheotomiert 
und in eine Carotis und eine Vena jugularis externa Kanülen 
eingeführt. Die erstere diente zur Bestimmung des Blutdruckes, 
die zweite zur Infusion der 1°/,igen Curarelösung. Die Körper- 
temperatur des Hundes, der auf einem mit elektrischer Heizung 
versehenen Tische lag, wurde während des ganzen Versuches 
möglichst konstant gehalten. 

Jeder Einzelversuch dauerte 7 bis 15 Minuten. Es wurde 
vor jedem Versuch geprüft, ob das Tier vollständig curarisiert 
ist. Nur nachdem wir uns überzeugten, daß keine Zuckungen 
auftraten, wenn die künstliche Ventilation auf kurze Zeit ein- 
gestellt wurde, haben wir die Versuche begonnen. 

Sämtliche Versuche, sowohl die ohne, wie die mit opti- 
scher Reizung, wurden im vollständig verdunkelten Zimmer 
angestellt; zu den Ablesungen (Thermometer, Gasuhr, Gas- 
büretten usw.) haben wir eine Taschenlaterne verwendet. 

Zur optischen Reizung dienten 4 bis 5 Wolframlampen 
von je 50 Normalkerzen Stärke. Jedes Auge wurde mit 2 
bzw. 3 Lampen beleuchtet, die in einem Abstand von 25 bis 
30 cm vor den Augen aufgestellt waren. Der optische Reiz 


1) F. Tangl, Die Arbeit der Nieren und die spezifisch dynamische 
Wirkung der Nährstoffe. Diese Zeitschr. 84, 1, 1911. 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 99 


war also ein außerordentlich starker. Zur Ausschließung der 
Wärmewirkung der Glühlampen — die bekanntlich bei Wolfram- 
lampen ganz minimal ist —, wurden dese in einen mit kaltem 
Wasser gefüllten Glastrog gestellt oder durch dicke Glasscheiben 
von den Augen getrennt. Um die reflektorische Abwehr der Augen 
gegen das Licht möglichst zu verhindern, tropften wir bei aus- 
gespreizten Augenlidern 2 bis 3 Tropfen einer 2°/,igen Atropin- 
lösung in beide Bindehautsäcke. Der Körper des Hundes wurde 
mit einem lichtd'chten Tuch bedeckt, um ihn vor der Wirkung 
des Lichtes zu schützen. Bei den Ruheversuchen war außer- 
dem noch der Kopf des Tieres mit einem schwarzen Tuch 
bedeckt. | 

In allen unseren Versuchen, mit Ausnahme derjenigen, in 
denen die Wirkung konstanter und intermittierender Reize 
miteinander verglichen wurde, haben wir intermittierende 
optische Reize verwendet. Es wurden stets im Rhythmus: 
3 Sek. Licht — 5 Sek. Dunkel — die elektrischen Lampen ein- 
und ausgeschaltet; den Takt gab dazu ein Metronom. Bei der 
Auswahl des Rhythmus gingen wir von der Überlegung aus, 
daß diejenige Reizung am stärksten wirken muß, die am un- 
angenehmsten empfunden wird. Beim Erproben verschiedener 
Reizintervalle haben wir die obige sehr unangenehm ge- 
funden. 

Wie bei allen Versuchen mit künstlicher Ventilation wurde 
auch bei unseren Versuchen stets darauf geachtet, daß die 
Ventilation während der ganzen Versuchsreihe möglichst gleich- 
mäßig bleibe, was ja leicht gelang, da die Meyersche Pumpe 
mittels eines Elektromotors betrieben wurde. Wir wollen noch 
bemerken, daß wir bei jedem Versuche Doppelproben zur Gas- 
analyse nahmen, so daß die mitgeteilten Werte stets die Mittel- 
werte von zwei gut übereinstimmenden Parallelanalysen sind. 


I. 
Beeinflussen optische Reize überhaupt den Grundumsatz? 


Zur Beantwortung dieser Frage haben wir 13 Versuchs- 
reihen ausgeführt, deren zahlenmäßige Ergebnisse in den fol- 
genden Tabellen I bis XIII angeführt sind. 


7% 


100 F. G. Alexander und G. Révész: 


Tabelle I. 
Hund 1. 
Körpergewicht: 5000 g. Datum: 25. X. 1910. 








| 
| 





pro Minute 


3 Atemvolum 
B 





1| Ruhe |320 | 8 a5"lasaglı,9841,581146,58137,12]0,797| 120 zy 
2| OptRa) | 3h 45° 110° 20”)esıoje,0salı,a9slaz,1ılas,zulo,zsıl 130 |3849 
3| Ruhe 4 258 18”lasaelı,o73lı,6021a5,00187,o7lo,512] 110 |3830 
A| OptR. |5» 00 | 8 48”1234412,038 1,552]a7,77186,38lo,z61| 125 Bäi 
5| „|600| 7 19”)234412,006 1,523]47,02136,70[0,750| 107 Gs 
6| Ruhe | 00| y agrlagaalı 915|1,560l44,89136,56lo,s15| 103 eer 
7| OptR. |7 20 | 7° 38”]2345]2,072]1,565148,58136,45J0,750| 110 E 


Mittelwerte. 






























Bache Optische Reizung in 
Reizung 
— — 
O-Verbrauch 47,82 2,03 4,4 
CÖ,-Verbrauch 36,57 — 0,43 — 
— 0,763 — — 
OÖ, | 
Tabelle II. 
Hund 2. 
Körpergewicht: 7900 g. Datum: 31.X. 1910. 
a Ge u ER Eéetéet at I, Sg 
= | Art Er Dauer Ek sl 
| Bi kk? 
— RE ES Ss 
in der Venti- ES EPF- 
des Versuchs re "es ef 
Gem) Die | Dia | ccm | ccm Hg mm| °C 





1! Ruhe 10% 10| 5’ 51” [2726]2,051/1,574]49,01/38,71[0,768 
2| OptR. |12b 00 7’ 31” 12817]1,900 1,478 


1) OptR. = intermittierende optische Reizung. 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswochsel des Gehirns. 101 


Tabelle II (Fortsetzung). 






ng 
erg, 















tur 
u. Ende d. V 


2» 15| 7 48” 12767]1,794|1,420]49,63|39,2810,792 


Mittelwerte. 






j Zunahme während der 
Optische Reizung in 


Ruh 
S Reizung 


Tabelle III. 
Hund 3. 
Körpergewicht 7000 g. Datum: 9. XI. 1910. 

















ele Gë ` g g 
= Art — Dauor EK 34 S ES $ Ek re 
°.816 GCREZ < SE ei 

S Di 55 Go 

22 in der Ven- pro Minute O; 2 d 

des Versuchs = Bitegerogie ü Se 5 

cem| Gi | Bis | cem | ccm Hg mn] °C 
1| Ruhe |10 06°) 9 82 lıssels,1oslı,s94[58,63137,71l0,858| 115 EA 
a ,„ ie 87| & s1” |191813,102/2,281|59,50148,76ļ0,735| 107 E 
s| „10 55| 8 28” lıor7ls,oozia,asaleı,aela4,sslo,z2e] 108 |8800 
d OptR. |11 20] 7 57 |1951|3,0112,293158,7444,73ļ0,762| 110 [8975 
b| Ruhe |12 45| 8 28” jio28ls,136/2,536J60,46145,03l0,745| 98 [10.00 
OptR. | 1> Seier 43” |190113,46712,581168,87151,80l0,745| 108 [30-63 

d Ruhe | 2 15| 8 15” [195813,197/2,428162,87|47,56ļ0,759| 98 VG 
39,82 


H OptR. | ak 20| 6’ 48” 11908[3,414|2,634166,41|50,2510,7681 107 89 82 


102 F. G. Alexander und G. Révész: 


Tabelle III (Fortsetzung). 














e An- D Š 5 

* Art | fang Dauer E SE 
5 [iss 

ug 

des Versuchs Sy. 

mm| °C 

9! Ruhe | As 00! gr 15” |1954|3,26112,533]63,60|49,47l0,779| 78 en 

10| OptR. | 4 49 7 39” |1994]3,24312,523|64,84150,40J0,778| 70 |3013 


11; Ruhe | 5% 05 Y 23” 11814|3,394|2,535]61,58/45,99]0,745| 60 39.99 


12| OptR. | 5» 307] 7° 25” (2010[3,240 2,518]65,62|50,61|0,777) 56 Bone 
13! Ruhe | 6 gl 9 01” |195313,052|2,294159,6044,79l0,7511 48 He 


Mittelwerte. 












Zunahme während der 
Reizung in 






Optische 
Reizung 












 Og-Verbrauch 
CO,-Ausgabe 


Tabelle IV. 


Hund 5. 
Körpergewicht: 5600 g. Datum: 28. XI. 1910. 





















in der Ven- 
tilationsluft 


Körpertempera- 
tur am Anfang 


u. Ende d. Vers. 













10’ 00” 
11’ 32” 
10’ 49” 
10’ 42” 


10è 45’ 
2 Di 20 
3| ` Dë o 
4| OptR. |1% 50 
5| Ruhe*1) | 1» 10/10 37” 











1522]1,652/1,994]40,38130,36]0,752 










1511]2,548|1,867[38,51/28,90]0,753 













1486]2,786/2,015/41,41/29,95/0,723 
1500]2,757|2,105[41,36/31,5810,781 












1) Ruhe* — Versuch kurze Zeit nach optischer Reizung. 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 103 








Tabelle IV (Fortsetzung). 












in der Ven- 
tilationsluft 


pro Minute 















Körpertempera- 
tur am!'Anfang 
u. Ende d. Vers 





3 Atemvolum 
B 











i Ruhe 1b 48'| 8” 39’’I1496]2,689|2,048]40,20|30,63|0,762 37.60 
| OptR. | 2% 1111 03”]1509]1,683|2,113/40,50'31,89|0,788 
| Ruhe* | 2b 27| 9° 43”11516]2,718/2,098|41,21|31,81[0,772 

9| Ruhe | 3% 13/10 01”]151512,570 2,101|39,92|31,86[0,818 


10 OptR. | 4% 02'111’ 34”]1485]2,801/2,084/41,61/30,96]0,744 





11| Ruhe* | Ap 217117 32”]1534]2,621 2,046]40,19 31,38]0,781 SE 
12 Ruhe | 5b 06’! 9 59”l1495[2,696 2,052140,29|30,67]0,961 GE 
13| OptR. | ax 32/11” 00”]1486]2,757 2,092|40,99 31,90|0,759 SC 
14 Ruhe | 6% 05/11” 06”]1420[2,800 2,161[39,77\30,70[0,772 38,20 





Mittelwerte. 








Zunahme während der 
Reizung in 













Nach 


2 optischer 
Reizung Reizung 


O,-Verbrauch 
CO,-Ausgabe 


Tabelle V. 
Hund 7. 
Körpergewicht: 5000 g. Datum: 7. XII. 1911. 


















in der Ven- 
tilationsluft 







Körpertempera 
tur am Anfang 
u. Ended. Vers 


à 






12h 26’ 8° 17” 12256|1,850|1,427141,71/32,18]0,772 


12% 50 8’ 27” 












104 F. G. Alexander und G. Révész: 


Tabelle V (Fortsetzung). 










Ener 
T 








pro Minute 
Körpertempera- 
tur am Anfang 
u. Ende d. Vers. 


des Versuchs 


Q Atemvolum 
B 


d OptR. | 1» ger 7 58"f21981,9451,476ļ42,7482,650,758) 103 E 
4| Ruhe* | 12 42| 7 49”Jp330l1,790|1,377]41,72129,75l0,769| 103 = 
5| Ruhe | 2 04) 7 40”loao7lı 79211,463|39,54132,28lo,sıs| 100 ER 
6| OptR. | æ 5% o 3%198212,092/1,474l41,47129,22l0,704| 93 SE 
d Bebe | $ 10/10 09”J18sol2,172]1,209189,74131,27l0,786| 95 E 
8| Ruhe | 3» 35| 8 28”Jooolp,011l1,451l40,23129,03lo,z21l 93 er 
o OptR. | 4 07°) 8 17”12074l2,14811,535l44,45'32,20l0,ı6| 88 2 
10| Ruhe* | 4 17| 8° 372055|2,145|1,489ļ44,12/30,63l0,694] 86 SS 
11l Ruhe | Ar 47°) 8 35”loosglı,924|1,364139,60|28,07l0,757| 93 EN 
12| OptR. | 5» 02| 9 30”l2o47l2,0s1l1,555l42,18131,82]0,754| 100 OR 
13| Rube* | 5™ 14°) 7 40”leosrle,165l1,413144,10128,78l0,852| 95 en 
14| Ruhe | 5» Së) 8 47”loogalı 93411,455l40,49130,51l0,751]| — en 
15| OptR. | 607| 8’ 58”f2177|1,995|1,812448,48/28,56j0,657| — Ba 
16| Ruhe | 6% 55°| 8° 08”12176l1,778]1,312|88,68128,52]0,737| — 3370 


Mittelwerte. 





Zunahme während der 
Reizung in 







— 


Og- Verbrauch | 39,86 
C Ausgabe 30,30 


— 0,757 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 


105 





Nr. 





des Versuchs 


Ruhe 


— 


OptR. 
Ruhe* 


Ruhe 


n 


Ruhe* 
OptR. 
Ruhe* 


© © 3 e e wë e e 





11 Ruhe 
12 OptK. 
1s Ruhe 
14 OptK. 
15 OptR. 














Tabelle VI. 
Hund 8. 
Körpergewicht: 5900 g. Datum: 9. XII. 1911. 
as 332153] .2 
fang [Dauer [38175 155 [#3 158 
> g kk CO, 


= £ — 
& 2| tilationstute | PrO Minute | Oz 


ccm| °/, | Dis | ccm | ccm 


12b 30/15’ 53”1128513,477|2,315]44,68|29,7510,665 


12 01°13 01”|1252]3,595|2,526]45,03|31,64]0,702 
1° 2611 36”|1216]3,940|2,474147,94|30,1010,627 
1° 53/13” 18”|1217]3,626|2,667|44,16132,48]0,735 
2» 13'112’ 29”|1188[3,664|2,695143,53|32,0410,735 
2» 4113” 10”11233[3,555|2,587142,87|31,2010,727 


OptK.!) | 3% 01’11’48”|1222|4,028|2,851|49,22|34,78[0,707 


32 19/13” 20”1122913,930|2,749]48,32|33,8010,699 
3b 52’ 12° 09’|123413,780|2,772]46,67 34,22]0,733 
4» 06°13” 14’')1268]3,764|2,721]47,73|34,50]0,722 
4 39112’ 26”11219|3,807|2,712]46,42|33,08]0,713 
5» 02/12 41”’|1251[3,811|2,764]47,70|34,59/0,725 
Ah 38'112’ 35”J122013,686|2,694146,46|32,13]0,737 
Dh 00’ 12° 25”J1226|3,748|2,745145,96|33,66|0,732 


| 
6% 16°12 09”|1286[3,750|2,596|48,24|33,40|0,692 
) l 


1) OptK. = kontinuierliche optische Reizung. 





— aa Zi 44,83 | 47,61 | 47,62 | 45,94 


Mittelwerte. 










intermitt. 
Reizung 


mitt. opt. 
Reizung 


Nach inter- 


= Arterieller 


B 
B 


150 
153 
170 


Blutdruck 


Körpertempera- 


tur am Anfang 


u. Ende d. Vers. 


e 
Q 


Zunahme während der 


kont. 
Reizung 


106 F. G. Alexander und G. Révész: 


Tabelle VII. 
Hund 9. 
Datum: 8. II. 1911. 


| 




















Pi Art eg? Dauer 58 EK SES 
a ER 8.8 

ER Eja 

des Versuchs nm SER 

ccm gmm| °C 











1| Ruhe |10% 18/10 47”J1519[3,272)2,559]49,70138,57Jo,776] 152 3295 
al `. ` De 40| gr 58”l1503l3,281 2,620149,33|39,39l0,798] 141 Si 
al ` Dis 20/11 04”f1518]3,490/2,53853,99/38,94[0,727| 145 Di 
4| OptR. (11> 5511 22”]1552J3,58512,544[55,66139,50]0,709] 133 Vie 
5| Ruhe [1% 2grlıo’ 33”Jı576|3,05212,377]50,53136,14J0,715| 141 |5369 
6| OptR. |12 zt 56”J1550|3,42312,551]5,07139,55/0,745] 130 13275 
7| Ruhe | mımlurag@lissol — bad — 1,70] — | 133 Gs 
8| OptR. | æ 0011 17”I1535|3,409 2,57453,34139,52]0,755] 130 His 


Mittelwerte. 





Zunahme während der 
Reizung in 







Optische 
Reizung 






































O,-Verbrauch 6,7 
CO,-Ausgabe 1,8 
berg = 
déi 
Tabelle VIII. 
Hund 10. 
Körpergewicht: 5250 g. Datum: 12. II. 1911. 
a 
“| Art An- |Dauer g Eic ER 
e fang e e E las”. 
K GES E: E e F dd 
5 22 [23% 
3 éen Lë, 
des Versuchs i 353 
gmm]| °C 
1 Verloren 
37,22 


2| Ruhe j1 44| 9°36”Jn7o2l,5s42,52014.01130,51]o.80<] 164 Dé 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 107 


Tabelle VIII (Fortsetzung). 





| 











| Age laws 
5 | Art fang Dauer d S 
v 
HEE 
des Versuchs TR 

°C 
3| Ruhe |11 12117 59”J1708l2,68312,376l45,87l40,62lo,ss6l 176 de 
4| OptK. [112 5510 35”|1651]2,77512,357145,89/38,97Jo,sa0] 172 |3700 
5| Ruhe l1% 52| Sr 00”l1626]2,74112,342]44,58138,09l0,85]| — Hier 
6| OptK. | 18 17/11 47”J1601|2,88712,309]46,24136,98]0,800| 189 |379 
7| Ruhe | 1» 381117 55”J1620]2,83612,568]45,96140,26l0,906| 179 E 
37 30 
8| OptR. | æ meng 56”J162412,77312,571l45,081#1,77Jo,927] 189 |5735 
9| OptK. | æ 5010 00”|1659|2,546|2,542/42,22/42,19]0,998| 179 |8759 
10) Ruhe | 3» 18117 25”|1595l2,61212 440]41,68138,93l0,934| 185 GE 
i 3740 
11| OptR. | 3% 4811 51”J1603]2,90912,512146,65140,28J0,864| 204 |3760 
12| OptK. | 4 20| 9 33”|1706|2,542/2,685]43,38/45,82/1,055] 200 Ei 
13) Ruhe | 5» Säi 33”l168112,594/2,398143,61140,31l0,924]} 200 een 
37.72 
14| OptK. | 5 52] 9° 49”J1617]2,785/2,375145,03/38,40j0,853| 202 |3770 
15| OptR. | 6 22/10 56”lı685[2,95012,342la9,72110,88]0,820| 189 |2745 
16| Ruhe | 6 591117 29”l1619l2,856l2,376la6 25|38,46lo,832]| 179 ns 


17| OptK. | 7? 30| Y 51”1564]2,779/2,481]43,49/38,82]0,893| 183 37 95 


Mittelwerte. 








* Zunahme während der 

SS 5 intermitt. 

e 3 = Reizung kont. Reizung 
358 

= 

— 


O,-Verbrauch | 44,56 
CO,-Ausgabe 


0,893 | 0,906 | 0,870 





108 F. G. Alexander und G. Révész: 


Tabelle IX. 
Hund 11. 
Körpergewicht: 4100 g. Datum: 22. II. 1911. 















































i An- g 8 ba id K d 
Si Art fang Dauer 33 = E E H 
38 —— t 2 “= 
des Versuchs {na FE 
eem) °/o | %/o Hg mn] °C 
1| Ruhe |10 16°) 9 29” |o254l1,552]1,248134,99128,13/0,804] 141 E: 
2) 3 a, 167| 7° 29” |2244]1,609/1,239|36,1127,80ļ0,753| 120 |8925 
3| OptK. | 5> 15 7 29” [23071,6251 ,251{87,50/28,8710,270| 145 Se 
4| OptR. | 5» 35’) 7 28” [2294|1,69611,202|88,91/28,22)0,725| 143 en 
5| OptK. | & 17/7 59 Jesıolı,soglı,153js7,12]26,84J0,217] 143 KS 
6| Ruhe | 6 gei 7° 28” [2262Jı,50611,206[84,07|27,2810,807| 139 |3901 
7| OptK. (mole 10” |2315|1,557]1,118/86,08|25,88jo,218| 139 GA 
8| OptR. | 7 22| 7° 52” laerılı,es1lı,11ojas,1sj2s,21l0,060| 145 |5900 
Mittelwerte. 
z ES Zunahme während der 
ach E 
t tt. 
E S Reizung kont. Reizung 
2 Se EES 
= 0 








—— 35,06 








De 
Tabelle X. 
Hund 12. 
Körpergewicht: 8000 g. Datum: 1. III. 1911. 
Art An- Dauer] £ 3 ch d 55 5 SS ER 
Z fang Sels Sil] aE S SE IE” 
paeet sil a oo] $E jia 
H g piat | 
S e| me Ten | pro minute | O, | $2 JESA 
des Versuchs — SE 
am| on [on Lee) bescl 6 
1| Ruhe |10 147] 885" (2444]0,77212,509167,74161,31l0,902| 208 |2520 
38,30 


2| „ [118847 7 29” [24501,761|2,481/87,65[59,56j0,880| 212 Lean 


Einfluß optischer Reize auf den Gasweohsel des Gehirns. 109 


Tabelle X em 
















Arterieller 
Blutdruck 


Atemvolum 
pro Minute 
tur am Anfang 


Q u. Ende d. Vers. 


des Versuchs 


Si 
B 
B 

© 








bi 

NA 

es? 
Gi 
Lea 


OptR. 112 15’| 8° 07” 12426|2,93112,533]71,18/61,4610,864 
OptK. |12% 46’| 7’ 42” 12395]2,797|2,497|66,99|59,80|0,898] 225 
Ruhe | 1% 15’| 8° 11” 12373|2,766|2,431165,63|57,6910,878]| 227 
OptR. | 2% 15’| 8’ 14” 12374[2,80412,309166,55154,8010,828] 233 
OptK. | 2 38 8° 01” [2370|2,902|2,457|68,79158,2410,846| 225 
Ruhe | 3 12| 7’ 47” 12370]2,773|2,378]65,72|56,3550,858]| — 
OptR. | 3» 41’| 7’ 48” 12351|2,991|2,423|70,80|56,95 ag 219 


wë v Y u 


<- 


- - Ki wë v 


kl 


3 
4 
A 
6 
7 
8 
9 


EEEEEEEEEEEEE 
TEEF RER 


Mittelwerte. 








Zunahme während der 


intermitt. 
Reizung 





kont. Reizung 






O,-Verbrauch | 66,68 
CÖ,-Ausgabe 58,72 














0, 
Tabelle XI. 
Hund 13. 
Körpergewicht: 7200 g. Datum: 17. III. 1911. 

— Im 322 ae S e 2 e 
al oae an 5 lese sl | eilt 
A Salz SCH 7} E co, SE SEN 
g beet 4 58 

Selnde Ven: | „ro Minute | O T i 
des Versuchs > tilationsluft 2 ae) S së 
com| %, | fia | ccm | ccm Hg mm! °C 
1| Ruhe [12 38/7 16”[2615|1,785/1,794ļ46,8846,6221,005] 145 E: 
2| „| more as"lesılı,za2lı,63rlas,sslas,os Want 160 [>72 


8| OptR. | 12 357 41”]2590]2,092|1,663154,17]48,06 j0,795| 153 |3760 


110 F. G. Alexander und G. Révész: 


Tabelle XI (Fortsetzung). 




















— H d F a Sg A 
a oae elle] (are 
A EIE — |f| ®: co, D Fa 
ba _ a Ba 

ER in der Ven- | pro Minute | O t- SE 
des Versuchs < A bas d Su FT 

cem| %/, | %, Leem | cem Hg mm] °C 

I 

4| Ruhe | æ 00/7 54”12647]1,791[1,634147,41144,43 gaan 170 |8730 
5| OptR. | 2% 296° 53”l2619]2,014 1,666]55,23 43,63 ac) 155 [740 
6| Ruhe | 3 mie aorlasgrlı,99711,741]51,85 45,21 scg — 137% 





Vorbereitende Operation: von 3% 15’ bis 3° 45’; um 3» AN wurde 
dem Hunde das Rückenmark zwischen Atlas und Occiput durchschnitten. 


I| Ruhe 4 eg 57”loosolı azılı,182la7,89131,52 ed co [3680 
8| OptR. |4 17/7 09”J2osolı,640]1,459]44,19139,102J0,855] 53 D 
9| Ruhe | d 40/5” 00”|2673]1,492/1,254[39,81 35,38 au 68 13678 
10| OptR. | 5% 0176" 97”J2738]1,5741,300143,28135,00 waad 73 |3670 
11| Ruhe | 5* 236” 35"27401,464/1,281[40,11|35,10 hang 75 [3670 
12| OptR. | 5* 45'167 50”18770]1,547 1,264|12,88135,01 Wa 84 |3668 

36,62 


13| Ruhe | 6% 08/7” 28”1269711,579|1,300[42,59|35,06 [0,827] 73 36 60 


Mittelwerte: I. Vor der Operation. 


Zunahme während der 





— 











Ruhe Optische Reizung in 
Reizung | 


` Oe Verbrauch 
CO,-Ausgabe 









Zunahme während der 
Reizung in 






Optische 
Reizung 







O,-Verbrauch 
CO,-Ausgabe 






Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 111 


Tabelle XII. 
Hund 14. 
Körpergewicht: 10000 g. Datum: 


` 
= 
S 





in der Ven- 
tilationsluft 





Blutdruck 


Arterieller 





des Versuchs 


Operation: Um 3 30 wurden dem Hunde die beiden Nervi vagi 
durchschnitten. 


1| Ruhe |3» 44’|6’43” | 2903 11,425|1,181141,37|34,28| 0,831 57 
OptR. |4 0% |6 52” | 2861 |1,57511,204145,06/84,451 0,764 55 
Ruhe |4» 40’ 7’10” | 2841 |1,48911,193|42,30|33,89| 0,801 57 
OptR. |£ 56’ | 6’ 56” | 2906 |1,822|1,215)52,8035,31] 0,669 50 
Ruhe |5% 24°|6’32” | 2877 11,511[1,230143,47|35,39| 0,814 50 


ER A Oo N 


Mittelwerte. 





Zunahme während der 
Reizung in 






Optische 
Reizung 







O,-Verbrauch 

















CO,-Ausgabe 
se 
O: 
Tabelle XIII. 
Hund 15. 
Körpergewicht: 5750 g. Datum: 13. IV. 1911. 
Le 5 o ` 3 ` 
EI Art An- |Dauer E 1 ` EE SR SS SÉ 
Zi fang 3515318 EE Tp leger 
ER in der Ven- pro Minute o S kag 
des Versuchs & 5| tilationsluft 8 SS — Re 
com| °/ | %/, [ccm | ccm Hg mm] °C 
1| Ruhe [10 52) 8° 59” Je1ss|1,94411,60942,55135,27l0,820| 146 |2630 
2| OptR. |11 257| 8 33” [2176|2,035|1,54944,27|88,68l0,761] 120 [2650 


3| Ruhe |11 48| 7” 50” 12194]2,041|1,597|44,78135,04/0,781| 122 Geian 


F. G. Alexander und G. Révész: 


Tabelle XIII (Fortsetzung). 








Operation: 1 25’ bis 1è 380. 
Rückenmark zwischen Atlas und Occiput durchschnitten. 


| 


1b 52| 8’ 24” 


Hi 91” 
9 42” 
8’ 06” 
g’ 36” 
g 19%” 
g’ 15” 






2180]1,77511,429138,39? |31,15 ?/0,805 


2148]1,733|1,357[38,10 
216911,418/1,148[30,76 
218011,725|1,252]37,60 
2180]1,497|1,170132,24 
2179]1,528|1,206133,27 
2178]1,452 1,141[31,62 


29,15 |0,783 
24,90 10,810 
27,29 10,726 
25,51 [0,782 
26,26 10,789 
24,85 10,786 


3 m Arterieller 
ER Blutdruck 





Körpertempera- 
tur am Anfang 


u. Ende d. Vers. 


Um 1% 30° wurde dem Hunde das 


35,10 
86 os op 
35.00 


Operation: Um 4" 35° wurden dem Hunde die beiden Nervi vagi 


4h 46’| 8’ 56” 12164]1,65511,316135,821)128,48 10,795 


5 10| 8° 37” [2163]1,618|1,083[34,99 
Dh 36| 9° 41” [2162]1,295|1,116[28,03 
6h 04’| 8° 02” [2151|1,47511,016]31,72 


23,42 |0,669 
24,13 10,861 
21,85 10,742 


35,00 
34,90 
60 135,00 
ot"? 
60 [35,20 


80 


1) Wegen der Reizung des Herzens bei der Durchschneidung ist 


6 Ruhe 
7| OptR. | 211’ 
8| Ruhe | 2 39 
9| OptR. | 3 00’ 
10| Ruhe | 3% 26’ 
11| OptR. | 3» 45’ 
12 Ruhe | 4 13 
durchschnitten. 
13 Ruhe 
D OptR. 
15 | Ruhe 
1 6 OptR. 
der 


 0,-Verbrauch 
CO,-Ausgabe 


Mittelwerte: L Vor der Operation. 







Blutdruck, der O,-Verbrauch und die CO,-Ausgabe stark erhöht. 


Zunahme während der 
Reizung in 






Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 113 


Mittelwerte: II. Nach der Operation. 








g Zunahme während der 
Optische Reizung in 


Reizung 





O,-Verbrauch 
CO,-Ausgabe 






In allen 13 Versuchsreihen hat der Sauerstoffverbrauch 
bei intermittierender optischer Reizung zugenommen. In 9 Ver- 
suchsreihen liegt diese Zunahme zwischen 5 und 8°/,. Von 
diesen Werten weichen die Werte beim Hund 4 und 12 (3,8°/, 
und 4,0°/,), beim Hund 9 und 14 ab (14,2°/, bzw. 14,8°),; 
s. Tab. IV, X, XI, XII). Aus 48 Einzelversuchen blieb nur 
in einem einzigen die intermittierende optische Reizung ganz 
ohne Erfolg (Tab. III, Versuch 5). Die Mittelwerte der ein- 
zelnen Versuchsreihen sind in der Generaltabelle I zusammen- 
gestellt. Der aus allen Versuchen berechnete Mittelwert ist 


Generaltabelle I. 
Mittelwerte. 



































Optische Reizung 

< Dës g (intermitt.) — Zunahme 

S Ge der 
E 8 D U d 7 * 
SÉ 338 S TEPE- ST CO,-Ausgabe 
g = 8g 55 Ic E 3g 328 brauchs pro Minute 
KE S Essai 00, |5838 %8] 00, 

e 352 332| 0, lësezse o 

E Gd re A > Ala A 07, 






© 






i , 
2 1,53 | 3,8 
3 2,92 | 6,3 
4 0,86 | 2,8 
5 059 | 1,9 
6 1,22 | 39 
7 0,64 | 1,8 
8 1,53 | 3,9 
9 ; 

10 48 

11 

12 

13 


Biochemische Zeitschrift Band 44. 8 


114 F. G. Alexander und G. Révész: 


7,2°], (Generaltabelle I) Wir stellen demnach durch diese 
Versuche fest, daß bei intermittierender optischer Rei- 
zung der Sauerstoffverbrauch des tierischen Organis- 
mus um 7,2°/, zunimmt. 

Im Gegensatz zu dieser vollständig eindeutigen Veränderung 
des O,-Verbrauchs sind die Veränderungen der CO,-Ausgabe 
nicht ganz regelmäßig. Zuerst fällt schon die ganz merkwürdige 
Tatsache auf, daß in den meisten Versuchsreihen der sehr be- 
deutenden Veränderung des O,-Verbrauchs nur eine ganz un- 
erhebliche Veränderung der CO,-Ausgabe entspricht. In 12 Ver- 
suchsreihen beträgt die letztere weniger als 4°/,, und nur beim 
Hund 3 wurde eine größere Zunahme der CO,-Ausgabe be- 
obachtet (6,3°/,; Tab. II). Besonders scharf tritt diese eigen- 
tümliche Tatsache beim Hund 11 und 13 hervor, wo bei einer 
Zunahme des O,-Verbrauchs von 9°/, und 14,2°/, die CO,-Aus- 
gabe nur um 4-0,8°/, (bzw. — 1,9°/,) anstieg (s. Tab. X u. XT). 
Im Mittel (aus allen Versuchen berechnet) ist die Zunahme der 
Kohlensäureausgabe bei der Reizung 1,4°/,. 

Diese Veränderung liegt zwar innerhalb der Fehlergrenzen 
der Methode; daß wir aber doch von einer Zunahme der 
Kohlensäure sprechen und eine solche als sicher feststellen 
können, ist damit begründet, daß die gefundenen Differenzen in 
9 Versuchsreihen stets positiv waren und nur in 4 Versuchsreihen 
eine kleine Abnahme beobachtet wurde (Hund 15, Tab. XIII; 
Hund 14, Tab. XII; Hund 1, Tab. D Als Folge dieser ver- 
hältnißmäßig geringeren Zunahme der Kohlensäureausgabe hat 
der respiratorische Quotient bei optischer Reizung in 
jeder Versuchsreihe stark abgenommen. Der Mittelwert 
des R.Q. für die Normalversuche ist 0,810, für die Versuche 
bei intermittierender Reizung 0,763. Diese Veränderung des 
R.Q. ist nicht eindeutig, jedenfalls können wir nicht ohne 
weiteres etwa darauf schließen, daß Fett in größerer Menge 
zur Oxydation gelangt. Wir haben es auch nicht für unmöglich 
gehalten, daß die Abnahme des Quotienten dadurch zustande 
kam, daß der O, in unvollständig oxydierten Umwandlungs- 
produkten, die vielleicht im Blute enthalten sind, gewissermaßen 
aufgespeichert wird. Mit letzterer Annahme würden auch die 
Ergebnisse jener Versuche übereinstimmen, in denen kurze Zeit 
(2 bis 7 Minuten) nach der optischen Reizung der Gaswechsel 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 115 


bestimmt wurde (Hund 5, Tab. IV; Hund 7, Tab. V; Hund 8, 
Tab. VI). Die Endergebnisse dieser Versuche sind in der 
folgenden Tabelle zusammengestellt. 


Generaltabelle II. 





Cp CH Wë 


Intermittierende | Kurze Zeit nach Zunahme 


Ruhe optische Reizung |intermitt, opt. Reiz.| des Os-Verbrauchs 
IE BERNER] SEHEN re und der 
Zsl Ee SÉIER GÉREE CO,-Ausgabe 
Sg S 82 25 | &5 Sg S > bei nach 
517. EIEE E SS He ne 
ZS EE CO, | È 3 OO, | $ SS CO, | intermitt. | intermitt. 
>o |a| © IESlAgi Ge IESlAgi Oe Reizung | Reizung 
SAIBA 53282* FASA 0, |CO, | O, |CO, 
ccm | ccm ccm | ccm ccm | ccm Jo | 9% | o | 9% 
39,65 | 30,32 | 0,769 | 41,17 | 31,18 | 0,753 | 40,92 | 31,59 | 0,777 | 3,8 | 2,8 | 3,3 | 4,2 
39,86 | 30,30 | 0,757 | 42,85 | 30,89 | 0,7181 41,42 | 30,11 | 0,725 | 7,5 | 1,9 | 3,9 |— 0,6 
44,83 | 31,64 | 0,711 147,61 | 32,86 | 0,684 | 45,94 | 33,49 | 0,728 | 6,2 | 3,3 | 2,2 | 5,9 


Mittel | 5,8 | 2,8 | 3,1 | 3,2 


In diesen Versuchen, in denen der Sauerstoffverbrauch 


‘schon meist wieder zurückgeht, scheint die CO,-Ausgabe noch 


weiter zu steigen, ja, das Steigen des R.Q. ist sogar ganz aus- 
geprägt. Das ist der Fall beim Hund 5 und 8 (Tab. IV und 
Tab. VI). Beim Hund 7 (Tab. V) fanden wir diese Erscheinung 
nicht, aber auch hier steigt der R.Q. Das weitere Steigen der 
CO, Ausgabe haben wir ursprünglich für den Ausdruck einer 
weiteren Oxydation der unvollständig verbrauchten Umwand- 
lungsprodukte gehalten. Die späteren blutgasanalytischen Ver- 
suche (s. folgende Mitteilung), in denen dieses anormale 
Verhalten der CO,-Produktion nicht gefunden worden ist, 
sprechen jedoch dafür, daß es sich hier nur um eine zeitweilige 
CO,-Retention handeln kann. Dies ist bei curarisierten 
Tieren, wo eine gesteigerte CO,-Produktion nicht von der 
regulatorischen Steigerung der Ventilation begleitet werden 
kann, wohl zu begreifen. 


II. 
Beeinflussen die optischen Reize den Grundumsatz 
des Nervensystems? 
Nachdem durch die oben beschriebenen Versuchsreihen 
der Einfluß optischer Reize auf den Grundumsatz des gesamten 


Organismus sicher festgestellt wurde, wendeten wir uns der 
Ch 


116 F, G, Alexander und G. Révész: 


Frage der Lokalisation der gefundenen Umsatzsteige- 
rung zu. 

Vor allem galt es für uns, zu entscheiden, ob die Steigerung 
des O,-Verbrauchs und der CO,-Produktion während der opti- 
schen Reizung teilweise oder ganz durch einen erhöhten Um- 
satz im Zentralnervensystem bedingt ist, bzw. ob es nach- 
zuweisen ist, daß im Nervensystem während der Reizung der 
Gaswechsel erhöht ist. 

Die von uns konstatierte Erhöhung des Gaswechsels kann 
nämlich durch eine Erhöhung des Umsatzes im Nervensystem, 
speziell im Gehirn, oder auf reflektorischem Wege durch Er- 
höhung des Umsatzes der verschiedensten Organe bedingt sein. 
Vor allem muß man da an das Muskelsystem denken. Wohl 
haben wir durch die Vergiftung mit Curare die willkürlichen 
Muskelcontractionen aufgehoben und den Muskeltonus auf ein 
Minimum reduziert. Ob aber der Umsatz in den Muskeln 
auch tatsächlich vollständig dem Einflusse des Nervensystems 
entzogen ist, ob nicht etwa die Veränderungen im Blutkreis- 
laufe, die möglicherweise auch im Muskelsystem auf reflek- 
torischem Wege nach der optischen Reizung erzeugt werden, 
auch zu einer Erhöhung des Stoffumsatzes in den Muskeln 
selbst führen, konnte nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden. 
Dasselbe galt auch von den übrigen Organen der Bauchhöhle, 
in denen sehr wohl die Veränderung der vasomotorischen In- 
nervation, die möglicherweise der optischen Reizung folgte, dic 
Stoffwechselvorgänge noch eher beeinflussen konnte. 

Alle diese indirekten Wirkungen der optischen Reizung 
mußten wir nach Möglichkeit ausschließen oder messen, wenn 
wir erkennen wollten, ob an der Erhöhung des O,-Verbrauchs 
und der CO,-Produktion ein erhöhter Umsatz im Zentral- 
nervensystem beteiligt ist. Wir wählten die Ausschaltung, in- 
dem wir in 4 Versuchsreihen an den Hunden 9, 12, 13 und 15, 
nachdem der Grundumsatz und die Wirkung optischer Reizung 
in der beschriebenen Weise bestimmt wurde, das Rückenmark 
zwischen Atlas und Occiput durchschnitten und nach der Ope- 
ration wieder den Gaswechsel in Ruhe und während inter- 
mittierender optischer Reizung gemessen haben. Die Hunde 
9 und 12 starben kurz nach der Operation, wir konnten daher 
mit diesen Tieren keine genügende Zahl von Einzelversuchen 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 117 


ausführen. Es gelang erst beim Hund 13, einen tadellosen 
Versuch anzustellen (Tab. XI). Wir führten mit diesem Hunde 
nach der Operation 7 Versuche aus, und zwar 4 Ruheversuche 
und 3 mit intermittierender Reizung. Die Ergebnisse der zwei 
gelungenen Versuchsreihen haben wir in der folgenden Tabelle 
zusammengestellt. 

Generaltabelle III. 











Nach der Rückenmark- 
durchschneidung 


Vor der Rückenmark- 


Art durchschneidung 


des Ver- 
suchs 






Ruhe { 
Optische { 0,821 
Reizung 0,742 










e5wglıı)] 68 | — 09 1,1 
859 8ji3| 23 | -05 47 16 
8 u SN —— —— ⸗— — — — — — —— 
Sag -ejj 142 —1,9 8,3 3,2 
SEMS] 53 _12 15.4 | 6.6 


Die 4 Ruheversuche bei Hund 13 (Versuchsreihe 11) gaben für 
den Sauerstoffverbrauch im Mittel 40,10 ccm pro Minute (vor der 
Operation war der O,-Verbrauch in Ruhe 47,86 ccm pro Minute), 
die Versuche während optischer Reizung dagegen 43,43 ccm 
pro Minute. Dies entspricht einer Zunahme des O,-Verbrauchs 
um 8,3°/, In der Versuchsreihe 13 (Hund 15, Tab. XIII) ist 
der Sauerstoffverbrauch nach der Operation während der Rei- 
zung von 30,17 ccm pro Minute (Ruhe) auf 34,82 ccm pro 
Minute (Reizung) gestiegen, was eine Zunahme von 15,4°/, 
bedeutet. Die Wirkung optischer Reize war also nach 
der Operation dieselbe wie vorher: sie bestand vor 
der Operation in einer Zunahme des Sauerstoffver- 
brauchs von 14,2°/), bzw. 5,3°/,, nach dieser in einer 
solchen von 8,3°/, bzw. 15,4°/,. 

Ohne uns weiter auf die Besprechung der Wirkung der 
Rückenmarkdurchschneidung einzulassen, sei nur bemerkt, daß 
sie auch beim curarisierten Hunde den Gaswechsel bedeutend 
herabsetzte, bei Hund 13 um 26°/,, bei Hund 15 um 15°/,. 

Wodurch und wie kam nun bei diesen Hunden mit durch- 


118 F. G. Alexander und G. Révész: 


schnittenem Rückenmark bei intermittierender Reizung die 
Erhöhung des Gaswechsels zustande? Eine Beeinflussung des 
Gaswechsels der Muskulatur auf nervösem Wege ist, da mit 
Ausnahme des Vago-sympathicus alle Nervenbahnen, die vom 
Gehirn zu den Muskeln führen, durchschnitten waren, kaum 
anzunehmen. 

Dasselbe gilt auch von einer ev. Mitwirkung des vaso- 
motorischen Zentrums im Halsmark. Übrigens haben wir dem 
immerhin möglichen Einwand, daß vielleicht auf dem Wege 
der Vagus die durch die optische Reizung reflektorisch hervor- 
gerufene Erregung des vasomotorischen und Herzzentrums 
doch eine solche Veränderung der Zirkulationsverhältnisse er- 
zeugt habe, die möglicherweise in verschiedenen Organen zu 
einer Erhöhung des Gaswechsels führt, zu begegnen versucht. 
Wir haben nämlich bei Hund 15 (Tab. XIII) außer dem Rücken- 
marke auch beide Vagi bzw. Vago-sympathici durchschnitten. 
Die Durchschneidung der Vago-sympathici führte wohl durch 
Erhöhung der Herzarbeit (starke Erhöhung des Blutdruckes) zu 
einer bedeutenden Steigerung des O,-Verbrauchs und der CO,- 
Produktion (s. Versuch 13). Erst im Versuch 15 treffen wir 
niedrigere Werte, als wie sie vor der Vagusdurchschneidung 
waren. Um die Wirkung der optischen Reizung zu erkennen, 
muß man den Vergleich mit diesem Versuche vornehmen. 

Auch beim Hund 14 haben wir die Vagi durchschnitten; 
leider sind bei diesem Tiere die Versuche vor der Durch- 
schneidung verloren gegangen. Die Wirkung der optischen 
Reizung ist aber auch hier sichtbar (Tab. XII). 

Da wir in diesen Versuchen so weit als irgend möglich 
die indirekte, durch das Nervensystem vermittelte Wirkung 
der optischen Reizung auf andere Organe ausgeschlossen haben, 
bleibt wohl kein anderer Schluß übrig als der, daß die durch 
intermittierende optische Reize hervorgerufene Er- 
höhung des Grundumsatzes der Ausdruck einer Um- 
satzsteigerung im Zentralnervensystem ist, die mit 
seiner durch die Reizung ausgelösten Tätigkeit einher- 
geht. Diese Tätigkeit während optischer Reizung ist demnach 
mit einer erhöhten Oxydation verbunden. 

Zur weiteren Prüfung der Richtigkeit dieser Schlußfolgerung 
hat der eine von uns (A.) noch weitere Versuche angestellt, in 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 119 


denen der Gaswechsel des Gehirns durch Bestimmung des Gas- 
gehaltes des Carotis- und Gehirnblutes mit gleichzeitiger Be- 
stimmung der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes ermittelt 
wird (s. die folgende Mitteilung). 


III. 
Hat konstante optische Reizung dieselbe Wirkung wie die 
intermittierende ? 


Die von uns konstatierte Erhöhung des Umsatzes im 
Zentralnervensystem während der Reizung haben wir mit inter- 
mittierenden optischen Reizen erhalten. Da bekanntlich inter- 
mittierende Reize durch Reizsummation eine erhöhte Wirkung 
haben, wollten wir noch untersuchen, ob die kontinuierliche 
optische Reizung gleicher Stärke dieselbe Wirkung auf den 
Umsatz des Zentralnervensystems hat wie die intermittierende. 

Zu diesem Zwecke haben wir in 4 Versuchsreihen (Hund 
Nr. 8, 10, 11, 12; s. Tab. VI, VIII, IX, X) die beiden Arten 
von Reizen verglichen. 

Bei der kontinuierlichen Reizung hatte die Belichtung der 
Augen dieselbe Dauer wie die Gesamtdauer der Lichtperioden 
bei intermittierender Reizung. Auch war die Stärke des Reizes 
dieselbe. 

Wie die folgende Tabelle zeigt, ist in Versuchsreihen 8, 9 
und 10 die prozentische Zunahme des Sauerstoffverbrauchs 
während der intermittierenden Reizung bedeutend größer als 
bei der kontinuierlichen. 


Generaltabelle IV. 





Intermittier. IKontinuierliche Zunahme 
Ruhe optische Reizung | optische Reizung | des E 

— e, Ee und der 
E D = © E e i 
ssa Ea |F3jd3| [ rim kei 
Bee EE EIEE RE a 
25 S co, 123 SS on LES | 33 co, |mittier. |tinuierl. 

SITE jaa | ne |< | —— | Reizung | Rei 
else D [Z2 FR| O IESIëël Oe —— 
AE EE EE Os 00. 0, |CO, 
ccm | cem com | com ccm | ccm Dia) Yo | Yo | % 













44,83 | 31,64 
44,56 | 39,45 
35,06 | 27,74 
66,68 | 58,72 | 0 


SS 800 






D 






120 F. G. Alexander und G. Revesz: 


Nur beim Hund 8 zeigt sich eine gleich große Wirkung: 
+-6,2°/,. Der aus allen Einzelversuchen berechnete Mittelwert für 
die prozentische Zunahme des Sauerstoffverbrauchs beträgt bei kon- 
tinuierlicher Reizung 3,3°/,, bei intermittierender Reizung 7,2°/,. 

Das Verhalten der CO,-Produktion ist ein anderes. Beim 
Hund 11 und 12 (s. Tab. IX und X) bekamen wir annähernd 
gleich große Zunahmen. Beim Hund 8 ist die Zunahme bei 
kontinuierlicher Reizung etwas größer, beim Hund 10 ist sie 
etwas kleiner. Die Mittelwerte der prozentischen Zunahme der 
Kohlensäureausgabe differieren bei beiden Reizarten fast gar 
nicht voneinander (1,2°/, und 2°/). Bei kontinuierlicher 
optischer Reizung ist also nur der Sauerstoffverbrauch 
kleiner als bei intermittierender Reizung, dagegen ist 
die Kohlensäureausgabe annähernd gleich. 


IV. 
Diskussion der Ergebnisse. 


Die Größe des Grundumsatzes des zentralen Nervensystems 
ist bisher noch nicht bekannt. Es liegen aber mehrere Be- 
obachtungen und Versuche vor, die darauf hinweisen, daß das 
Sauerstoffbedürfnis des Gehirns sehr bedeutend ist. Die Unter- 
suchungen von P. Ehrlich!) zeigten schon, daß das Gehirn 
zu den am reichsten mit Sauerstoff versorgten Organen gehört, 
und allgemein bekannt ist die große Empfindlichkeit des zen- 
tralen Nervensystems, besonders der grauen Hirmrinde, gegen 
Sauerstofimangel, der zu charakteristischen Bewußtseinsstörungen 
führt. Wird doch neuestens auch die Narkose durch Sauerstoff- 
mangel erklärt [Verworn, Winterstein, Mansfeld?®)]. 

Die Größe der Blutzufuhr, von der ja die Versorgung mit 
O, abhängt, wurde noch sehr selten bestimmt, was bei der 
technischen Schwierigkeit der Bestimmung leicht begreiflich ist. 


Jensen?) ermittelte die Blutversorgung des Kaninchen- und Hunde- 
schirns durch Messung des Stromvolumens in der Carotis int. Das 


1) P. Ehrlich, Das Sauerstofibedürfnis des Organismus. Berlin 1885. 

2) H. Winterstein, Zur Kenntnis der Narkose. Zeitschr. f. allg. 
Phys. 1. — M. Verworn, Ermüdung, Erschöpfung und Erholung der 
nervösen Zentren des Rückenmarks. Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1800, 
Suppl. S. 152. — G. Mansfeld, Narkose und Saucrstoffmangel. Zeitschr. 
f. d. ges. Physiol. 129, 69. 

3) P. Jensen, Über die Blutversorgung des Gehirns, Arch. f. d. 
ges. Physiol. 103, 171, 1904. 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 121 


Stromvolumen in der Art. basilaris wurde berechnet. Nach Jensen 
erhalten je 100 g Kaninchengehirn bei einem Blutdrucke von 100 mm Hg 
136,4 ccm Blut pro Minute, 100 g Hundegehirn 138 eem, (Bei seinen 
Versuchen war der beobachtete Blutdruck annähernd 100 mm Hg). 

Aus diesen Versuchen ergibt sich, wie es schon P. Ehrlich ver- 
mutet hat, daß die Blutversorgung des Gehirns eine sehr reich- 
liche ist. In der Blutversorgungsskala für den Hund, die Tieger- 
stedt!) und Landergreen und Tschenewsky?) aufstellen, steht das 
Gehirn zwischen Niere und Schilddrüse. Die Blutversorgung der Niere 
beträgt pro Minute 100 ccm, die der Schilddrüse 560 cem. Der Blut- 
zufluß zum Gehirn ist nach dieser Skala etwa 10mal so groß wie zu 
den Skelettmuskeln, die nur 12 ccm Blut pro Minute bekommen. (Alle 
hier angeführten Zahlen beziehen sich auf 100 g Organgewicht bei einem 
Blutdruck von 100 mg Hg.) Bedenkt man nun, daß die Blutversorgung 
der weißen Gehirnsubstanz eine minimale ist, so muß notwendiger- 
weise der größte Teil der 138 eem Blut in die graue Substanz ge- 
langen; die spezifische Blutversorgung der letzteren ist also eine be- 
deutend höhere. 

Hill und Nabarro?) fanden bei ihren blutgasanalytischen Ver- 
suchen, daß sowohl die prozentische Abnahme des Sauerstoffs wie auch 
die prozentische Zunahme der Kohlensäure, die das Blut der Art. carotis 
im Gehirn erfährt, auffallend gering ist; das Venenblut aus dem Torcular 
Herophili war nicht stark venös. Im Mittel nahm der Sauerstoffgehalt 
des Carotisblutes um 3,42°/, ab, der Kohlensäuregehalt um 3,87°/, zu, 
dagegen besteht zwischen Carotis-Blut und Vena-femoralis-Blut im O-- 
Gehalt eine Differenz von 12,98°/,, im CO,-Gehalt 8,76°/,. Mit diesem 
Befunde glaubten sie erwiesen zu haben, daß in der Gehirnrinde kein 
reger Stoffumsatz stattfindet. Wenn man aber auch die Blutversorgung 
des Gehirns berücksichtigt, was Hill und Nabarro versäumten, so 
wird es klar, daß ihre Folgerung ganz unrichtig ist, ja, ihre Zahlen be- 
weisen geradezu das Gegenteil. 100 g Hundegehirn erhalten nämlich 
nach Jensen 136 ccm Blut pro Minute, die Abnahme des prozentischen 
Gehalts an O, ist nach Hill und Nabarro 3,42. 100 g Gehirn ver- 
brauchen also 4,85 ccm O, pro Minute. Dagegen strömen durch 100 g 
Muskel bloß 2,5 cem Blut®); die Abnahme des Sauerstoffgehalts beträgt 
12,98°/, (Hill und Nabarro), es werden demnach pro Minute 1,08 ccm 


1) Landergreen und Tiegerstedt, Studien über die Blutver- 
eorgung im Körper. II. Skand. Arch. f. Physiol. 4, 241. 

2) J. A. Tschenewsky, Über Druck, Geschwindigkeit und Wider- 
stand in der Strombahn von Art. carotis usw. Arch. f. d. ges. Physiol. 
97, 211, 1903. 

3) Hill and Nabarro, On the exchange of blood-gases in brain. 
Journ. of Physiol. 18, 218, 1895. 

4) Nach der Blutversorgungsskala von Landergreen, Tieger- 
stedt und Tsachenewsky. Zit. nach Jensen. 


122 F. G. Alexander und G. Révész: 


O, verbraucht. Der spezifische O,-Verbrauch des Gehirns ist also 4mal 
größer 1). 

Ist schon der O,-Verbrauch des „ruhenden“ — d.h. keinen 
besonderen Reizen ausgesetzten oder besondere Funktionen 
verrichtenden — Gehirnes ein so bedeutender, so hat die Frage, 
ob dieser Verbrauch bei erhöhter Tätigkeit des Gehirns zunimmt, 
ein noch größeres Interesse, das schon zu zahlreichen Unter- 
suchungen angeregt hat. A priori ist es schon per analogiam 
zu erwarten, daß, wie in allen Organen, auch im Zentralnerven- 
system bei erhöhter Tätigkeit mehr chemische Energie verbraucht 
wird als im Ruhezustande, also der O,-Verbrauch sich erhöht. 

Es wurde schon auf verschiedenen Wegen versucht, den 
Einfluß geistiger Arbeit, der spezifischen Tätigkeit des 
Gehirns, auf den allgemeinen Stoffwechsel festzustellen. Wir 
verzichten hier auf die ausführliche Besprechung der verschie- 
denen Methoden, die zur Entscheidung dieser Frage angewendet 
wurden, und verweisen auf die ausführliche kritische Zusammen- 
stellung der diesbezüglichen Literatur, die Speck?) gegeben hat. 

Hervorgegangen ist aus diesen zahlreichen Versuchen, daß 
man aus der Veränderung der Körpertemperatur, aus plethysmo- 
graphischen Messungen und aus der Bestimmung des Eiweiß- 
umsatzes und der Phosphorsäureausscheidung keine entscheiden- 
den Schlüsse ziehen kann. Auch der Vergleich des Umsatzes im 
Schlafen und im Wachen führt zu keinem eindeutigen Resultate. 


Nach A. Loewy?) und Magnus-Lewyt*) ist der Sauerstoffgebrauch 
im Schlafe nur ganz unbedeutend kleiner als bei vorsätzlicher Muskel- 


1) Mit diesen Zahlen kann man auch den Energieumsatz des Ge- 
hirns in erster Annäherung berechnen. Das Gehirn des Hundes wiegt 
im Mittel 75 g (Jensen). Das ganze Gehirn verbraucht also 3,49 ccm 
O, pro Minute, und nehmen wir für den calorischen Wert des Sauer- 
stoffs im Mittel 4,77 cal., so produziert das Gehirn 16,65 cal. pro 
Minute. Wir wollen noch bemerken, daß alle die Werte von Hill 
und Nabarro, die wir in dieser Berechnung benutzten, in der Narkose 
beobachtet wurden. Es ist daher auch mit gutem Recht zu erwarten, 
daß die Wärmeproduktion des wachen Gehirns größer ist (s. folgende 
Mitteilung). 

2) Speck, loc. cit. 

3) A. Loewy, Über den Einfluß einiger Schlafmittel auf die Er- 
regbarkeit des Atemzentrums. Berliner klin. Wochenschr. 1891, Nr. 18, 
zitiert nach Magnus-Lewy. 

4) Magnus-Lewy, Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels, 
S. 223. 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 123 


ruhe. Auch Johannson!) fand keinen Unterschied in der Kohlensäure- 
ausgabe, während nach F. G. Benedict und M. Carpenter?) im Schlafe 
die Wärmeproduktion um 11,4°/, geringer ist als beim wachen voll- 
ständigen Ruhezustande. 

Nimmt man auch die mit allen Kautelen gewonnenen 
exakten Daten der Versuche von Benedict und Carpenter 
an, so vermögen sie ebensowenig unser Problem zu lösen, wie 
es negative Resultate hätten können. Es kann nämlich nicht 
ausgeschlossen werden, ja es ist sogar wahrscheinlich, daß im 
Schlafe nicht nur die Funktion, also nur der Stoffumsatz des 
Gehirnes, sich verändert, sondern auch die der übrigen Organe. 
Vollständige Muskelruhe und der Schlaf dürfen nicht als zwei 
gleichwertige Zustände verglichen werden. Wenn auch also der 
gesamte Stoffumsatz im Schlafe und im wachen Zustande der- 
selbe wäre, könnte man nicht wissen, ob die Beteiligung der 
einzelnen Organe die gleiche ist. 

Von größerer Bedeutung sind die Messungen der Gehirn- 
temperatur, die zuerst Mosso?) ausführte. Seine Untersuchungen 
wiederholte Hans Berger*) mit größeren Kautelen und besserer 
Methodik an einem Schimpansen und an Menschen. Er be- 
stätigte die Angabe von Mosso, daß nach einem kurzen Ex- 
zitationsstadium, dem ein Steigen der Temperatur entspricht, 
die Temperatur des Gehirns in der Narkose sinkt, um dann 
parallel mit dem stufenweisen Erlöschen der Narkose bis zum 
vollständigen Erwachen wieder anzusteigen. In keinem einzigen 
Falle wurde ein Erwachen aus der Narkose ohne Zunahme der 
Gehirntemperatur beobachtet. 

Berger untersuchte auch die Wirkung verschiedener psy- 
chischer Einflüsse. In zahlreichen Versuchen beobachtete er bei 
akustischen, optischen Reizen bei verschiedenen Affekten, 
psychischen Erregungen (Erschrecken), bei psychischer Arbeit 
(Rechnen) Schwankungen der Gehirntemperatur, die, wie aus 
der parallelen Bestimmung der Körpertemperatur hervorging, 


1) Johannson, Skand. Arch. f. Physiol. 8, 85. 

2) Fr. G. Benedict and Th. M. Carpenter, The Metaholism of 
Energy Transformation of healthy Man during Rest., S. 241 bis 242. 
Washington 1910. 

3) Mosso, Die Temperatur des Gehirns. Leipzig 1899. 

4) H. Berger, Untersuchungen über die Temperatur des Gehirns. 
Jena 1910. 


124 F. G. Alexander und G. Révész: 


von der letzteren unabhängig waren. Die von Berger be- 
obachteten Veränderungen liegen zwischen 0,01 bis 0,1° pro 
Minute. Daß diese Temperatursteigerungen unbedingt von 
einem gesteigerten Stoffumsatz im Gehirn herrühren, wie das 
Berger annimmt, ist durch seine Versuche noch nicht ganz 
bewiesen. Er fand nämlich mit den Temperaturveränderungen 
gleichzeitig verlaufende Schwankungen des Gehirnvolumens. Es 
besteht daher noch immerhin die Möglichkeit, daß die von 
Berger beobachteten Temperaturveränderungen ihre Ursache 
wenigstens teilweise in der veränderten Blutversorgung haben 1). 

Die gasanalytischen und calorimetrischen Bestim- 
mungen des Umsatzes in Ruhe und bei geistiger Arbeit 
sind zweifellos die wichtigsten von allen den Untersuchungen, 
die in dieser Richtung unternommen wurden. 

Speck ermittelte den Sauerstoffverbrauch und die Kohlen- 
säureausgabe während Ruhe und geistiger Tätigkeit (Schreiben, 
Rechnen, Lesen) und gelangte zu einem vollständig negativen 
Resultat. Er faßt seine Untersuchungen in den Worten zu- 
sammen: „Somit liefern meine Untersuchungen das ganz 
unerwartete Resultat, daß geistige Tätigkeit direkt 
‚auf den allgemeinen Stoffwechsel keinen Einfluß übt 
und daß die molekulären Vorgänge im Gehirn, die ihr 
zugrunde liegen, entweder keine Oxydations- (oder 
Spaltprozesse) sind, oder daß sie so gering sind, daß 
sie für unsere Untersuchungsmethoden nicht meßbar 
sind.“ Diesen Versuchen gegenüber kann jedoch der Einwand 
erhoben werden, daß diese Respirationsversuche von relativ 
geringer Dauer zur Erkenntnis so geringer Veränderungen, von 
denen hier die Rede sein kann, nicht geeignet sind. 

Schon ganz minimale Veränderungen des Muskeltonus, die 
bei Versuchen am Menschen nicht zu vermeiden sind, können 
die geringen Veränderungen des Sauerstoffverbrauchs in so kurz 
dauernden Versuchen, wie die von Speck, ganz verdecken, 
Wir selbst überzeugten uns davon, daß kurzdauernde Re- 
spirationsversuche am Menschen für derartige Untersuchungen 
unbrauchbar sind. Wir haben ähnliche optische Reize, wie wir 


1) Es scheint gegen diese Annahme zu sprechen, daß Mosso und 
auch Berger bei Gehirnanämie Temperatursteigerungen bis zu 2° be- 
obachtet haben. 


Einfluß optischer Reize auf den Gaswechsel des Gehirns. 125 


sie beim curarisierten Tiere verwendeten, auch an Menschen 
versucht?). In einigen Versuchen erhielten wir eine große Zu- 
nahme des Sauerstoffverbrauchs, in anderen dagegen konnte 
keine Veränderung konstatiert werden. Die große und un- 
regelmäßige Schwankung der Atmung hatte die Verwertung der 
Versuchsergebnisse ganz unmöglich gemacht. 

Verläßlichere Resultate waren jedoch von Untersuchungen 
mit längerer Versuchsdauer zu erwarten. Im Jahre 1899 konnten 
Atwater, Woods und Benedict?) im N- und C-Umsatz keine 
Veränderung nachweisen. In ihren Versuchen beschäftigten sich 
die Versuchspersonen 3 Tage lang mit intensiver geistiger Arbeit, 
und 3 Tage lang haben sie sich von jeder geistigen Anstrengung 
enthalten („vegetativ condition“). 

Da der N- und C-Umsatz jedenfalls ein weniger empfind- 
liches Maß des gesamten Stoffwechsels bieten als der Gaswechsel 
oder die Wärmeproduktion, brachten die im Jahre 1909 von 
Benedict und Carpenter?) in großer Anzahl angestellten 
Versuche, in der sie den O,-Verbrauch und gleichzeitig H,O- 
CO,- und die Wärmeausgabe in Ruhe und bei geistiger Arbeit 
bestimmten, eine erwünschte Ergänzung. Die Versuche dauerten 
3 Stunden lang. Die Experimente mit geistiger Arbeit wurden 
stets mit den Kontrollexperimenten (Versuche im Ruhezustand) 
in derselben Tageszeit vorgenommen. Die Versuchspersonen 
mußten bei den Arbeitsversuchen schriftliche Prüfungsaufgaben 
lösen, bei den Ruheversuchen dagegen mußten sie ganz mecha- 
nisch genau so viel Wörter abschreiben (kopieren) wie bei den 
Arbeitsversuchen. Das Resultat war: 

Bei geistiger Arbeit hat die H,O-Ausgabe im Mittel um 5°/,, 
die CO,-Ausgabe um 2°/,, die Wärmeausgabe um 0,5°/,, der 
Sauerstoffverbrauch um 6°/, zugenommen. 

Benedict und Carpenter deuteten die sehr beträchtliche 
Zunahme des Sauerstoffverbrauchs und die ganz geringen Diffe- 

1) Bei diesen Versuchen hat Herr cand. med. Stephan Cserna 
bereitwillig Hilfe geleistet; wir danken ihm auch an dieser Stelle für 
seine Bemühungen. 

2) Atwater, Wood and Benedict, Metabolism of Nitrogen and 
Carbon U.S., Departement of Agriculture, Bull. 44. 

2) Benedict and Th. M. Carpenter, The Influence of Muscular 


and Mental Work on Metabolism U. S., Departement of Agriculture, 
Bull. 208. 


126 F.G. Alexander und G. Révész: Einfluß optischer Reize usw. 


renzen in der CO,- und Wärmeausgabe als widersprechend, und 
da ihre Methode der Bestimmung des O,-Verbrauchs relativ die 
größten Fehler aufwies, glaubten sie annehmen zu müssen, daß 
die geistige Arbeit keinen merklichen Einfluß auf den all- 
gemeinen Stoffverbrauch hat. 

Nach unseren Versuchen halten wir uns aber berechtigt, 
diese Zahlen anders zu deuten. Die überraschende Überein- 
stimmung dieser Ergebnisse mit den unserigen spricht schon 
ganz entschieden dafür, daß die von Benedict und Carpenter 
gefundene starke Zunahme des O,-Verbrauchs nicht ohne weiteres 
als Versuchsfehler angesehen werden darf. Wir fanden nämlich 
in unseren Versuchen im Mittel eine 7,2°/,ige, Benedict und 
Carpenter in den ihrigen eine 6°/,ige Zunahme des O,-Ver- 
brauchs, während die Kohlensäureproduktion bei uns um 
1,4°/,, bei ihnen um 2°/, zunahm. Wenn auch noch weitere 
Versuche mit genauester Bestimmung des O,-Verbrauchs er- 
wünscht sind, um die Zunahme des O,-Verbrauchs bei geistiger 
Arbeit ganz sicher feststellen zu können, so scheint es uns doch 
nach den Untersuchungen von Benedict und Carpenter, 
daß es sich bei geistiger Arbeit um ähnliche physiologische 
Erscheinungen handelt wie bei Anwendung von Sinnesreizen. 
Es scheint, daß auch bei jener erhöhten Tätigkeit des Gehirns, 
die mit der geistigen Arbeit einhergeht, der O,-Verbrauch stärker 
zunimmt wie die CO,-Ausgabe. 

Die geringe Steigerung der Kohlensäureausgabe bei Gehirn- 
tätigkeit erklärt nun auch die früher erwähnten negativen Re- 
sultate von Ewald (siehe S. 97), der nur die CO,-Ausgabe 
untersuchte. 

Als Hauptergebnis unserer Versuche glauben wir aus- 
sprechen zu können, daß die durch Sinnesreize (optische 
Reizung) erhöhte Tätigkeit des Gehirns mit einer 
Steigerung des Stoff- und Energieverbrauchs im Ge- 
hirn selbst einhergeht, wobei der O,-Verbrauch viel 
mehr zunimmt als die CO,-Ausgabe. 

Diese Arbeit wurde unter Leitung des Herrn Prof. Dr. 
Fr. Tangl ausgeführt. 


Untersuchungen über den Blutgaswechsel des Gehirns. 


Von 


Franz G. Alexander. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 
(Eingegangen am 17. Mai 1912.) 


Mit 3 Figuren im Text. 


I. 

Die Untersuchungen, die G. Révész und ich (siehe voran- 
gehende Mitteilung) über Stoffumsatz und Gehirntätigkeit an- 
gestellt haben, führten zu dem Resultate, daß das Gehirn, 
wie alle anderen Organe, bei erhöhter Tätigkeit mehr Sauerstoff 
verbraucht, wie im Ruhezustand. Da in diesen Untersuchungen 
die Veränderung der „Organarbeit“ durch die Bestimmung des 
Lungengaswechsels festgestellt wurde, konnten wir in den 
Mechanismus dieses Vorganges keinen näheren Einblick ge- 
winnen. Diese Methode erlaubt, ebenso wie die zur Bestim- 
mung der Arbeit einzelner Organe angewendete Ausschaltungs- 
methode?), nur einen indirekten Schluß auf den Gaswechsel 
eines bestimmten Organs. 

Eine andere Methode, die eine direkte Messung des 
Gaswechsels der Organe ermöglicht, ist die Bestimmung des 
Blutgaswechsels. Mit dieser Methode habe ich den Gas- 
wechsel des Hundegehirns in Ruhe und bei Reizung 
zu vergleichen versucht. Den Reizzustand habe ich wieder 
(siehe voranstehende Arbeit) durch die sich als sehr wirksames 
Reizmittel erwiesene starke, intermittierende Belichtung der 
Retina herbeigeführt. 


1) Franz Tangl, Die Arbeit der Nieren und die „spezifisch- 
dynamische Wirkung“ der Nährstoffe. Diese Zeitschr. 84, 1, 1911. 


128 F. G. Alexander: 


Um den Gaswechsel eines Organes durch diese Methode 
feststellen zu können, ist es notwendig, außer der Bestimmung 
der Veränderung des Gasgehaltes des zu- und abfließenden 
Blutes, auch die während einer bestimmten Zeit durchfließende 
Blutmenge zu kennen. Bei dem Gehirn ist die Aufgabe der 
Bestimmung der absoluten Größe der Blutversorgung eine 
außerordentlich schwierige, da das Blut das Gehirn auf den 
verschiedensten und schwer zugänglichen Wegen verläßt!). Der 
Zweck meiner Untersuchungen war nicht die Feststellung der 
absoluten Größe des Gehirngaswechsels; ich wollte nur den 
Gaswechsel des tätigen (gereizten) und ruhenden Gehirns 
vergleichen. Dazu mußte ich nur die Veränderung des Gas- 
gehaltes und der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes während 
Reizung bestimmen. 


II. 
Methodik. 


Die Blutgasanalysen habe ich mit der von Barcroft?) 
beschriebenen Differentialmethode ausgeführt, und zwar 
habe ich in einigen Versuchsreihen den Gasgehalt des arteriellen 
und venösen Gehirnblutes separat gemessen, in anderen aber 
nur die Differenz zwischen dem Gasgehalte beider Blutarten. 
Zuerst habe ich das venöse Blut aus der Vena maxillaris int. 
entnommen, die das Blut von der Vena cerebralis superior 
erhält; jedoch darf es nicht für reines Gehirnblut angesehen 
werden, da die Vene außerdem noch Blut von Muskeln empfängt. 
Dieser Umstand störte aber die Deutung der Versuchsresul- 
tate nicht, da es sich hier nicht um absolute, sondern nur um 
Verhältniswerte handelte. Später habe ich die Blutproben 
direkt aus dem Gehirn entnommen; ich band die Kanüle bei 
trepanierten Tieren in der Nähe von dem Torc. Herophili 
in den Sinus saggitalis super. ein. 

Die Veränderung des Blutstromes habe ich auf zwei ver- 


1) Jensen bestimmte die Blutversorgung des Gehirns durch. 
Messung der Blutgeschwindigkeit in der Carotis. (P. Jensen, Über die 
Blutversorgung des Gehirns. Arch. f. d. ges. Physiol. 108, 171, 1904.) 


2) J. Barcroft, Differential Method of Blood-Gas Analysis. Journ. 
of Physiol. 87, 1908. | 


Blutgaswechsel des Gehirns. 129 


schiedenen Wegen zu bestimmen versucht: 1. Durch Messung 
der Stromgeschwindigkeit des aus dem Sinus in einer ein- 
geteilten Pipette ausfließenden Blutes (nach Barcroft). 2. Durch 
plethysmographische Registrierung der Volumenschwan- 
kungen des Gehirns. 

Die Versuchsanordnung der plethysmographischen Unter- 
suchungen war die folgende: In ein in der Gegend des Tuber 
parietale angebrachtes kreisrundes Trepanloch wurde ein 
mit einer Glasröhre versehener Gummipfropfen luftdicht ein- 
gesetzt und das Glasrohr nun mit einem Pistonrecorder in Ver- 
bindung gebracht. 

Die Versuche wurden ausschließlich an curarisierten, 
künstlich ventilierten Hunden angestellt. Die Versuchs- 
anordnung war dieselbe, wie in der vorangehenden Arbeit be- 
schrieben ist. Ich will daher ganz kurz nur folgendes be- 
merken: 

In den Ruheversuchen befand sich das Versuchstier wieder 
in vollständiger Dunkelheit. In den Reizversuchen sind die 
Bilutproben gleichzeitig aus Arterie und Vene, unmittelbar nach 
einer ca. 5 Minuten dauernden intermittierenden optischen 
Reizung entnommen worden. | 

Erwähnen muß ich noch, daß ich zur Messung der Ge- 
schwindigkeit des Bilutstromes nur bei einigen Tieren durch 
vorhergehende intravenöse Hirudininjektion die Blutgerinnung 
verhinderte. Äußere Verhältnisse zwangen mich, zahlreiche 
Versuche ohne Hirudin auszuführen; von diesen scheiterten 
viele eben wegen Blutgerinnung. 


IH. | 

In den in Tabelle I bis IV angeführten Versuchen habe 
ich die Blutproben zur Gasanalyse aus der Carotis und Vena 
maxillaris int. entnommen. In den Versuchsreihen 1 und 2 
habe ich sowohl im arteriellen als auch im venösen Blute den 
absoluten O,- und CO,-Gehalt bestimmt und nicht wie in den 
Versuchsreihen 3 und 4 nur die Differenz des Gasgehaltes 
zwischen den zwei Blutarten. Die Tabellen zeigen nur 
die Resultate der Blutgasanalysen. Die mitgeteilten Daten 
sind Mittelwerte aus zwei gut übereinstimmenden Parallel- 
analysen. 

Biochemische Zeitschrift Band 44. 9 


130 F. G. Alexander; 


Tabelle I. 
Körpergewicht: 9000 g. Datum: 2. XII. 1911. 































E E 
2 2 © a8 
= "es ka e = 
228 328 |828 e 38 
583 585 SEKR S Es 
um | Kun mr S SE 
| Sg Q g SÉ © gg 
des Versuches S k: © = Sr 
dE e = 
0 






Tabelle II. 
Körpergewicht: 7000 g. Datum: 6. XII. 1911. 















„2 CT S > d = 
3231383 ss © | © |g 
528583 e5| s | = |8 
eur nam a E = > SE 
des Versuches k =} 8 a S 33 
"ie 





Tabelle III. 
Körpergewicht: 7000 g. Datum: 17. XI. 1911. 






















Nr. Zeit | Art 40, ACO; 5 e 
_— Differenz im O,-Ge- | Differenz im Oe Ge | 8 © © 
halt zwischen arter.jhalt zwischen arter. SS 
des Versuches und venösem Blut | und venösem Blut = s 

© 

Ei 







Ruhe 
Reizung 












Ruhe 38,20 

4 Reizung 38,90 
5 Ruhe 38,809 
6 Reizung 38,600 
7 Ruhe 39,100 
8 | 5 35'| Reizung 38,000 
9 | & 20| Ruhe verloren 38,000 
10 | 7% 10’, Reizung e 38,000 


Blutgaswechsel des Gehirns. 131 


Kontrollversuch. 


Tabelle IV. 
Körpergewicht: 18200 g. Datum: 13. XII. 1911. 


Ne.) Zeit | Art LDifferenz im GasgehaltelDifferenz imGasgehalte 5 
zwischen Art. carotisizwischen Art. carotisi> S £ 
md Vena max. ext.jund Vena femoralis SC 
d 


des Versuches O, CO, O: 00%, 18 
"ie "ie %o % | 
1 |1® 10} Ruhe 12,50 8,50 14,74 9,57 37,49 
2 |12 10| Reizung 7,24 1,96 14,74 8,72 88,50 
3 1% 55'| Ruhe 12,74 — 17,10 8,50 87,80 
4 | æ 00| Reizung| 698 4,66 15.95 _ 1884 
5 | 33 80| Ruhe 10,48 7,52 16,58 7,80 88,89 
6 | 4 00| Reizung 8,08 5,94 — — 88,00 


Aus diesen Daten geht klar hervor, daß die Differenz 
im Gehalt an O, und CO, zwischen arteriellem und 
venösem Blut während der intermittierenden optischen 
Reizung abnimmt. Diese Erscheinung kann 1. entweder 
mit der Abnahme des Gaswechsels der Gehirngewebe, oder 2. 
mit der Vergrößerung der Strömungsgeschwindigkeit erklärt 
werden. 

Unsere mit G. Révész zusammen ausgeführten Gaswechsel- _ 
untersuchungen (siehe voranstehende Arbeit) schließen dieerste 
Alternative aus. Es ist also nur an eine mindestens so große 
Zunahme der Blutgeschwindigkeit zu denken, die die Abnahme 
der O,- und CO,-Differenz zwischen arteriellem und venösem 
Blute verursacht. Jedenfalls zeigen diese Versuche schon an 
sich genügend, daß der Blutgaswechsel des Gehirns sich 
während der optischen Reizung verändert. Aus Ver- 
suchsreihe 4 (Kontrollversuch), Tabelle IV, in der gleichzeitig 
auch das Blut aus der Vena femoralis mit dem Carotis- 
blut gasanalytisch verglichen wurde, geht andererseits hervor, 
daß der Gaswechsel der hinteren Extremität während Reizung 
diese Veränderung nicht zeigt, sondern konstant bleibt. 

Daß während der optischen Reizung tatsächlich eine Er- 
höhung der Strömungsgeschwindigkeit stattfindet, haben zunächst 
die plethysmographischen Untersuchungen bestätigt. Es ist 
bekannt, daß die Volumenschwankungen des Gehirns von den 
Veränderungen seines Blutgehaltes herrühren, und zwar wird 

Oh 


F. Ce Alexander 


132 








Blutgaswechsel des Gehirns. 133 


Volumenvergrößerung bei konstantem Blutdruck gewöhnlich 
durch Vasodilatation, Volumenverminderung durch 
Vasocontraction hervor- 
gerufen!). 

Die erstere ist mit 
Geschwindigkeitsvergröße- 
rung, die letztere mit 
Geschwindigkeitsvermin- 
derung des Blutstromes 
gleichbedeutend. 

Die in den Figuren 1 
bis 3 dargestellten Kurven 
zeigen klar, daß das Ge- 
hirnvolumen während der 
Reizung zunimmt. Wie 
man sieht, tritt im Mo- 
ment der Reizung eine 
Volumenzunahme auf. Der 
arterielle Blutdruck, wie 
ich das übrigens schon in 
früheren Versuchen fest- 
gestellt habe, war wäh- 
rend der Reizung konstant. 
(Siehe vorangehende Mit- 
teilung. Tabellen I bis XII.) 

Aus diesen Ver- 
suchen dürfen wir also 
folgern, daß die Strom- 
geschwindigkeit wäh- 
rend der Reizung zu- 
nimmt. Die Abnahme 
der Veränderung des 0,- 
und CO,-Gehaltes des das 
Gehirn durchströmenden 
Blutes während der Rei- 
zung kann also tat- 


Ei 
f 


de 


f 


Fig. 3. 


ze 
~ 
— 
Be, 
D ën, 
(a. 
d d 
~ 
` 
EI 
km 





1) B. Lewy, Die Regulation der Blutversorgung des Gehirns. 
Virchows Archiv 122, 146, 1910. 


134 F. G. Alexander: 


sächlich mit der Vergrößerung des Stromvolumes erklärt 


werden. 

Die plethysmographischen Versuche können aber keinen Auf- 
schluß über die Größe der Geschwindigkeitszunahme des Blut- 
stromes geben. Nachdem aber eine Zunahme überhaupt fest- 
‚gestellt wurde, versuchte ich auf Grund meiner Respira- 
tionsversuche (s. voranstehendeMitteilung) die Größe dieser Zu- 
nahme der Volumengeschwindigkeit zu berechnen. 

Wenn om die Blutmenge (in Kubikzentimetern), die das Gehirn pro 
Minute durchströmt, AO, die Veränderung des prozentischen Gehaltes 
des durchströmenden Blutes an O, während Ruhe, 4,0’ dasselbe 
während Reizung; wenn weiter v das Verhältnis der Strömungs- 
geschwindigkeiten während Reizung und Ruhe, q die Zunahme des 0O,- 
Verbrauchs in Kubikzentimetern pro Minute während der Reizung be- 


deuten, dann ist 
. — 100 g+ 40m 
~ AOfm ` 


In unseren Respirationsversuchen (siehe vorangehende Mitteilung) 
haben wir q in Mittel zu 8,85 ccm gefunden. Die Größe von m ist 
nach Jensen!) auf 100 g Organgewicht berechnet 184,6 ccm; da das 
Hundegehirn im Mittel 75 g wiegt?) so ist m — 100 cem. Die Werte 
für AO, und 407, als Mittelwerte aus den Blutgasanalysen der Ver- 
suchsreihen 1 bis 4 berechnet, sind in der folgenden Tabelle zusammen- 
gestellt, wie auch die aus diesen Daten berechneten Werte für v. 


Tabelle V. 





40, 40,’ v 


r. 
des Versuches 





Nach dieser Berechnung wird also die Volumen- 
geschwindigkeit des Blutstromes im Gehirn während 
der optischen Reizung etwa 2fach vergrößert. 

Hier muß ich bemerken, daß ich in den plethysmogra- 


1) Jensen, L c. 
2) Diesen von Jensen angegebenen Wert habe ich durch eigene 
Messungen bestätigt. 


Blutgaswechsel des Gehirns. 135 


phischen Versuchen die Volumenvergrößerung bei Reizung 
nicht bei allen Versuchstieren beobachtet habe und daß die 
beobachteten Volumenschwankungen bei den einzelnen Ver- 
suchstieren außerordentlich verschieden waren. Es scheint 
also, daß die Geschwindigkeitszunahme des Blutstromes bei 
Reizung nicht immer eintritt. ` ` 

Diesen auf indirektem Wege gezogenen Schluß haben 
meine Messungen der Volumengeschwindigkeit in 
vollem Maße bestätigt. 

Ich muß zunächst bemerken, daß ich, wie anfangs schon 
erwähnt, nach der Methode Barcrofts die Volumengeschwin- 
digkeit in der Vena max. interna maß, indem ich die Kanüle 
in einen großen Seitenast derselben einband. Abgesehen da- 
von, daß viele Versuche durch Bilutgerinnung unbrauchbar 
wurden — ich verwendete damals kein Hirudin —, waren die 
erhaltenen Werte auch in den Ruheversuchen so schwankend, 
daß auf die Richtung der Veränderung während der Reizung 
nicht gefolgert werden konnte. Es wäre überflüssig die Daten 
dieser Versuche anzuführen. 

Später habe ich dann Hirudin angewendet und wie oben 
beschrieben, die Kanüle in den Sinus sagittalis gebunden und 
so in diesem die Volumengeschwindigkeit bestimmt. 


Es seien folgende Versuche mitgeteilt: 


Versuchsreihe A. 
Ruhe . . 5,4ccm Blut pro Minute 


Reizung . 7,0 A 29 27 27 
Ruhe. . 5,8 „ ee z 
Reizung . 7,6 „ w a A 
Ruhe. . 54 „ e Gë e 


Ruhe. . 54 „ e z z 


Versuchsreihe B. 
Ruhe „ . 8,6 ccm Blut pro Minute 


Ruhe. . 8,6 „ „ „ „ 
Reizung A 8,6 „ ” „ „ 
Reizung . 9,4 „ d d d 


Ruhe. . 8,3 „ d d nm 


136 F. G. Alexander: 


Versuchsreihe C. 


Ruhe . . . 3,1 ccm Blut pro Minute 
Reizung e e 4,0 HI „ „ » 
Ruhe et G 2,9 on „ 39 d 


Die Geschwindigkeitszunahme ist also ganz deutlich; im 
Mittel nahm die Geschwindigkeit um das 1,3fache zu. 

An anderen Versuchstieren aber war die Volumengeschwindig- 
keit während Reizung ganz die gleiche, und wieder an anderen 
habe ich nur eine ganz minimale Zunahme gefunden. 

In den bisher mitgeteilten Versuchen wurden die Ver- 
änderungen des Gasgehaltes des Blutes und der Volumen- 
geschwindigkeit des Blutstromes im Gehirn nicht an denselben 
Tieren bestimmt. Es war daher zur Vollständigkeit der Be- 
weisführung erwünscht, beide Veränderungen an demselben 
Tiere möglichst gleichzeitig zu ermitteln. Zu dieser Ergänzung 
dienten die in den folgenden zwei Tabellen VI und VII an- 
geführten Versuche, in denen Carotis- und Sinus-Blut verglichen 
wurden und die Volumengeschwindigkeit des Blutstromes im 
Sinus sagitalis in der oben angegebenen Weise bestimmt wurde. 
Die Gerinnung des Blutes wurde durch vorhergehende Hirudin- 
injektion verhindert. 

Die zahlenmäßigen Resultate zeigen die Tabellen VI 
und VII. 


Tabelle VI. 
Körpergewicht: 7700 g. Datum: 12. III. 1912. 














Nr. | Zeit | Art 40, vijſm 400, v| 5 








Ue- Verbrauch und 


= 
des Versuches CO,-Produktion pro S3 






1 |12% 50 6,6 

2 | 1 45’ Reizu 11,1 37,709 
3 | 1è 40| Ruhe 7,3, 37,90° 
4 | 3 45’ Reizung 7,4 38,10° 





1) Die Bedeutung der Buchstaben ist dieselbe, wie in der vorigen 
Formel. v, das Verhältnis der Strömungsgeschwindigkeiten während 
Reizung und Ruhe, ist auf den ersten Ruhewert (6,6) bezogen, 


Blutgsswechsel des Gehirns. 137 


Tabelle VII. 
Körpergewicht: 1650 g. Datum: 26. III. 1912. 





In Tabelle VI nahm im 2. Versuch die Volumen- 
geschwindigkeit bedeutend zu, im 4. Versuch nicht, dabei kann 
aber für beide Reizversuche berechnet werden, daß der O,- 
Verbrauch des Gehirns während Reizung zunimmt; wenn wir 
die Menge des durchströmenden Blutes nach Jensen zu 100 ccm 
pro Minute annehmen, dann ist diese Zunahme 4,06 ccm pro 
Minute. | l 

In Tabelle VII war die Reizung wieder ohne Einfluß auf 
die Blutgeschwindigkeit: 12 ccm Blut flossen aus dem Sinus 
sowohl in der Ruhe, als während der Reizung. Nimmt man auch 
hier die Menge des durch das Gehirn strömenden Blutes mit 
100ccm pro Minute an, so erhalten wir, für die Zunahme des 
O,-Verbrauches 4,24 ccm pro Minute, für die der CO,-Ausgabe 
2,89 ccm. Wie man sieht, stimmen die Resultate der beiden 
letzten Versuchsreihen sowohl miteinander wie auch mit den 
Ergebnissen der Respirationsversuche überein, in denen wir 
für die Zunahme des O,-Verbrauches 8,85 ccm pro Minute ge- 
funden haben. p 

Diese Übereinstimmung mit den Respirationsversuchen 
gilt aber nur für den O,-Verbrauch, dagegen nicht für die CO,- 
Ausgabe. Nach den Respirationsversuchen nimmt die CO,-Aus- 
gabe während der Reizung viel weniger zu wie der O,-Verbrauch, 
während sowohl nach den Tabellen I bis IV als auch nach der 
Tabelle VII die Veränderungen des CO,- und O,-Gehaltes des 
Blutes annähernd parallel verlaufen. Es kann demnach die 
verhältnismäßig und absolut geringere Erhöhung der aus- 
geatmeten CO,-Menge während der Reizung nicht mit unvoll- 
ständiger Oxydation erklärt werden. Es scheint, daß während 


138 F. G. Alexander; 


der optischen Reizung nur die CO,-Ausgabe, nicht aber die 
CO,-Produktion dem O,-Verbrauch gegenüber geringer wird. 
Doch müßte das erst durch weitere Versuche festgestellt 
werden, 

Zum Schlusse will ich noch das folgende bemerken: Wenn 
man die Resultate dieser beiden letzten Tabellen VI und VII 
mit den Daten von Hill und Nabarro!) vergleicht, die eben- 
falls das Blut des Torc. Herophili untersuchten, so fallen 
meine überraschend großen Differenzen (im Mittel für O, 18,34, 
für CO, 17,68) zwischen dem Gasgehalt des arteriellen und 
venösen Gehirnblutes auf im Vergleich mit den außerordent- 
lich niedrigen Werten von Hill und Nabarro (im Mittel für 
O, 3,42, für CO, 3,87). Zur Erklärung dieses Gegensatzes 
will ich darauf hinweisen, daß Hill und Nabarro ihre 
Tiere narkotisierten, während meine Hunde nur curarisiert 
wären. 

Dazu kommt, daß ich in meinen Versuchen Hirudin an- 
gewendet habe, das bekanntlich zu einer ausgesprochenen Hirn- 
anämie führt. Auch dieser Umstand kann zur Erhöhung meiner 
Differenzwerte geführt haben. 

Dieser ganz auffallende Gegensatz der beiden Resultate 
spricht, wie auch alle übrigen bisherigen Beobachtungen’), da- 
für, daß der Gaswechsel des Gehirns in der Narkose wesent- 
lich herabsinkt. Die Entscheidung dieser Frage will ich aber 
weiteren Untersuchungen vorbehalten. 

Ich habe also durch Messung der Veränderung 
des Blutgaswechsels des Gehirns, das auf indirektem 
Wege mit Géza Révész gewonnene Resultat, daß der 
Gaswechsel desGehirns während der optischen Reizung 
zunimmt, bestätigt). Die auf dieser Weise erhöhte Tätig- 

f l i a 

1) Hill and Nabarro, On the exchange of blood-gases in brain, 
Journ. of Physiol. 18, 218, 1895. 

2) G. Mansfeld, Narkose und Sauerstoffmangel Arch. f. d. ges. 
Physiol. 129, 69. — M. Verworn, Ermüdung, Erschöpfung und Er- 
holung der nervösen Centra des Rückenmarks. Arch. f. (Anat.) u. Physiol, 
Suppl., 152, 1900. — H. Winterstein, Zur Kenntnis der Narkose 
Zeitschr. f. allg. Physiol. 1. 

3) Ich möchte darauf hinweisen, daß hier wieder die Resultate 
der direkten Messung mit denen durch die indirekte Methode 


Blutgaswechsel des Gehirns. 139 


keit des Gehirns ist meistens, doch nicht immer, mit einer 
Vergrößerung der Volumengeschwindigkeit des Bilutstromes 
verbunden. Ich stelle daher fest, daB der Stoffwechsel- 
Mechanismus bei der mit gesteigertem Energieumsatz 
verbundenen erhöhten Tätigkeit des Gehirns derselbe 
ist wie in allen anderen Organen. 

Diese Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung des 
Herrn Prof. Franz Tangl ausgeführt. | 


(durch Bestimmung des respiratorischen Gaswechsels) gewonnenen gut 
übereinstimmen, wie sich das schon bei der Bestimmung der Nieren- 
arbeit von F. Tangl (Die Arbeit der Nieren und die spezifische dyna- 
mische Wirkung der Nährstoffe. Diese Zeitschr. 84) und Barcroft 
und Brodie (The gaseous metabolism of the kidney. Journ. of Physiol. 
82, 18, 1905 und 88, 52, 1905 bis 1906) deutlich zeigte. Das spricht 
durchaus für die Verläßlichkeit der indirekten Methode. 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 
Von 
L. Ornstein. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest, 
Direktor: Franz Tangl.) 


: (Eingegangen am 21. Mai 1912.) 


l I. 

Die Ernährung der Tiere mit Umgehung des Verdauungs- 
kanales, die „parenterale“ Ernährung, ist nicht nur eine Frage 
von wissenschaftlicher, sondern auch von praktischer Bedeutung, 
weil sie oft beinahe die einzige Art ist, den Organismus mit 
Nährstoffen zu versehen. Trotzdem ist diese Frage bisher vom 
praktischen Standpunkte kaum untersucht worden; aber auch 
der theoretische Teil der Frage, deren große biologische Wichtig- 
keit unbestreitbar ist, ist noch nicht vollständig geklärt. Es 
ist nämlich durch viele Untersuchungen festgestellt worden, 
wie schnell die einzelnen subcutan einverleibten Nährstoffe zur 
Aufsaugung gelangen, wie viel von ihnen im Stoffwechsel ver- 
wertet wird. Es ist aber kaum untersucht, wie weit die 
subcutan in den Stoffwechsel gelangten verschiedenen Nährstoffe 
einander vertreten, ob in demselben Maße wie bei enteraler 
Einverleibung und, was hauptsächlich vom praktischen Stand- 
punkte wichtig ist, wir wissen nicht, wie weit man das Nähr- 
stoffbedürfnis des Organismus mit unter die Haut gebrachten 
Nährstoffgemischen decken und wie lange eine solche Er- 
nährung fortgesetzt werden kann. 

In der Literatur fand ich folgende Angaben über parenterale Er- 
nährung: Stockvis!) beobachtete bei Kaninchen und Hunden, daß nach 


subcutanen Injektionen von Ovalbumin im Urin Eiweiß erschien, während 
nach Einspritzung von Blutserum der Urin frei von Eiweiß blieb, 


2) Centralbl. f. med. Wiss. 1864, 596. 


L. Ornstein: Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 141 


Ponfick!) und Ott?) spritzten viel Blutserum in die Venen von 
Hunden, ohne daß im Urin Eiweiß erschienen wäre. Neumeister?) 
stellte fest, daß die den Hunden in das Blut gespritzten Albumosen im 
Harn wieder ausgeschieden werden. 

Munk undLewandowskyt) fanden, daß „in Soda gelöstes Casein 
bis auf einen kleinen Bruchteil im Körper zurückbehalten und verwertet 
wird, auch wenn es bis zu 2,4 g pro Körpergewicht intravenös eingeführt 
wird“. Ebensogut wurden Nucleoproteide, etwas weniger gut Leim und 
Eiereiweiß verwertet, wenn sie intravenös eingebracht wurden. Nach 
Lilienfeld®) wird das in den Blutkreislauf gebrachte Conglutin (Pflanzen- 
eiweiß) gut ausgenützt, während Syntonin im Harn ausgeschieden wird. 

FriedenthalundLewandowsky°)spritztenihren Kaninchen Serum 
von Hund, Pferd, Rind und Katze ins Blut; der Urin blieb eiweißfrei. 
Da in einzelnen Fällen schon eine geringe Serummenge Vergiftungser- 
scheinungen verursachte, sogar zum Tode führte, entgifteten die Autoren das 
Serum durch Erhitzen auf 58 bis 60°, und konnten so nachweisen, daß das 
parenteral aufgenommene Serum gleich dem per os aufgenommenen ver- 
wertet wird. 

K. Oppenheimer?) fand, daß von Kaninchen parenteral bei- 
gebrachtes Eiereiweiß kaum zur Hälfte, fremdes Serum hingegen voll- 
kommen verwerten. 

Friedemann und Isaac injizierten in einer Reihe von Versuchen 8) 
hungernden Hunden Eiereiweiß unter die Haut; nebst einer sehr be- 
deutenden Steigerung der N-Ausscheidung im Harn konnten sie im Blute 
der Versuchstiere Albumosen deutlich nachweisen, die sie als Zerfalls- 
produkte des eingespritzten Eiweißes deuteten. In einer zweiten Arbeit?) 
hatten dieselben Autoren hungernden Hunden artfremdes Serum intra- 
venös beigebracht, worauf wieder eine stark vermehrte N-Ausscheidung 
eintrat. Durch ähnliche Versuche stellten dieselben Autoren in einer 
weiteren Arbeit1°) folgendes fest: Eine subcutane Injektion von art- 
eigenem oder artfremdem Serum verursacht an hungernden Hunden und 
Ziegen eine derartige Steigerung der N-Ausfuhr, daß das in den nächsten 
1 bis 2 Tagen ausgeschiedene Plus der eingespritzten N-Menge nahezu 
gleichkommt. Wenn hingegen derselbe Versuch an Hunden ausgeführt 
wurde, die längere Zeit hindurch ausschließlich mit Kohlenhydraten 


21) Virchows Archiv 62, 278. 

2) Virchows Archiv 98, 114. 

3) Zeitschr. f. Biol. 24, 285. 

4) Engelmanns Archiv für Physiologie, Suppl. 1899. 

H Zeitschr. f. physiol. u. diät. Ther. (Malys Tierchemie 29, 1899), 
zit. bei Oppenheim. Siehe Anmerkung auf der nächsten Seite. 

©) Engelmanns Archiv f. Physiol. 1899, 531. 

7) Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 4, 263, 1904. 

8) Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Ther. 1, 513. 

®) Daselbst 8. 

10) Daselbst 4, 830. 


142 ` L. Ornstein: 


(Kartoffeln) ernährt waren, so wurde die N-Ausscheidung, die sich auf 
eine gewisse Höhe eingestellt hatte, auch durch die suboutane Einver- 
leibung von Serum nicht gesteigert; es ist daher der ganze parenteral 
beigebrachte N zum Ansatz gekommen. 

Sollmann und Brown?) injizierten Hunden und Kaninchen Ei- 
weiß; bei intravenöser Injektion betrug die Ausnützung 23 bis 82 ëlo, 
bei subcutaner Injektion 68 bis 69°/,. Alkalisibumat, Myosin wurde 
ganz zersetzt. 

Michaelis und Rona?) bewiesen, daß ein in N-Gleichgewicht be- 
findlicher Hund aus diesem Gleichgewicht nicht herauskommt, wenn ein 
großer Teil des Nahrungsstickstoffes in Pferdeblutserum suboutan ein- 
verleibt wird, während, wenn sie Casein-Lösung einspritzten, infolge 
toxischer Eiweißzersetzung N-Defizit entstand. 

Heilner?) sah bei Kaninchen, denen er in je einem Versuche 
Pferdeblutserum per os und subcutan beibrachte, eine über mehrere 
Tage sich erstreckende Steigerung der N-Ausscheidung im Harn, und 
zwar ohne daß es zu einer Albuminurie gekommen wäre. In den Ver- 
suchen Lommels*) wurden 80 bis 100°/, des N des in die Venen von 
Hunden injizierten artfremden Serums in einigen Tagen entleert, während 
das arteigene Hundeblutserum nur dann zersetzt wurde, wenn es vor- 
her längere Zeit lang erhitzt wurde. 

Nolf und Hougardy°) hatten junge Hunde in einer Periode bloß 
mit Reis und Tafelöl, also beinahe N-frei ernährt; in einer zweiten 
Periode mit einem Zusatz von per os gereichtem Witte-Pepton, und 
endlich in einer dritten Periode so, daß sie den Zusatz von Witte- 
Pepton in Wasser gelöst den Hunden unter die Haut spritzten. Sie 
fanden, daß der N des Peptons gleich gut verwertet wurde, ob sie ihn 
per os oder subcutan gaben. 

Leube’s®) Hunde bekamen eine große Menge Zucker unter die 
Haut, der im Harn nicht nachweisbar war. 

Fritz Voit?), ferner Lusk®) brachten beim Menschen in Erfahrung, 
daß von den Monosacchariden die 6-C-hältigen, von Disacchariden aber 
bloß Maltose, unter die Haut gespritzt, gut verwertet werden, 
Heilner®) injizierte hungernden Kaninchen Traubenzuckerlösungen 
unter die Haut und fand, daß der größte Teil des Zuckers verwertet wird, 

Underhill und Closson!®) hingegen fanden nach subcutanen 


1) Journal of Experimental Med. 6, 207. 

2) Arch. f. d. ges. Physiol. 121, 63; 128, 406; 124, 578. 

3) Zeitschr. f. Biol. 50, 26. 

*) Arch. f. experim. Pathol. und Pharmakol. 58, 50. 

5) Archiv internat. de Physiol. 2, 29. 

DI Leyden, Ernährungstherapie. Leipzig 1903. 

7) Arch. f. klin. Med. 58, 523. 

8) Zitiert bei Voit. Siehe vorangehende Anmerkung. 

9) Zeitschr. f. Biol. 48, 140. 

10) Journ. of biol. chemistry 29, 117 (Malys Jahresberichte). 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 143 


Injektionen von Traubenzucker beim Hunde eine Erhöhung des N-Um- 
Batzes. 
Leube?) gibt an, daß bei Hunden das unter die Haut gebrachte 
Fett am Stoffwechsel teilnimmt und sich in einem fettarmen Tiere so- 
gar ansetzen kann. 

Koll?) ergänzt die Versuche Leubes und findet, daß das injizierte 
Fett, obwohl ee langsam zur Resorption gelangt, Eiweiß erspart und als 
Nährstoff verwertet wird. 

Winternitz?) injizierte subcutan Jodfette, nach deren Oxydation 
im Harne Jodalkali hätte erscheinen müssen; nachdem er aber im Harn 
nur sehr wenig Jodalkali nachweisen konnte, folgert er mit Recht, daß 
die Aufsaugung der unter die Haut gebrachten Fette sehr unvollkommen ist. 

Henderson und Crofutt*) fanden, daß Baumwollsamenöl, Hunden 
subcutan beigebracht, im Unterhaütbindegewebe zurückbleibt und bei 
der Sektion daraus herausgedrückt werden kann. 


II. 

Zu meinen Versuchen benützte ich Hündinnen, bei denen 
ich zur Erleichterung des Katheterisierens vorerst die Perineo- 
tomie vornahm. 

Die Tiere hielt ich in einem Stoffwechselkasten, in 
dem Harn und Kot ohne Verlust und getrennt aufgefangen 
werden konnten. Den Harn grenzte ich täglich durch Kathe- 
terisieren und Auswaschen der Blase (mit 2°/,iger Borsäure- 
lösung) ab; den Kot aber am Anfang und am Schlusse des 
Versuches, ev. auch in einzelnen Abschnitten mit Kieselsäure, 
die ich in wässeriger Emulsion mit einer Magensonde eingab. 

Die Tiere hungerten in jedem Versuchsabschnitte einige 
Tage; dann begann erst die subcutane Ernährung. 

Die subcutane Einverleibung geschah mit Hilfe einer 
größeren Infusionsnadel, durch welche ich die betreffende, auf 
ca. 40°C erwärmte Nährflüssigkeit aus 35 bis 50 cm Höhe 
langsam und gleichmäßig unter die Haut einfließen ließ und 
durch schwaches Massieren im Unterhautbindegewebe verteilte. 
Die Einstichstelle verklebte ich mit Kollodium. Die zur sub- 
cutanen Einverleibung notwendigen Gefäße sterilisierte ich 
eine Stunde hindurch bei 120°C. Die Nährflüssigkeit aber 


1) Verhandlungen der Kongr. für innere Med., 1895 S.418 (Malys 
Jahresberichte). 

2) Habilitationsschrift, Würzburg 1895 (Malys Jahresberichte). 

2) Zeitschr. f. klin. Med. 50, 45. 

4) Amer. Journ. of Physiol. 14, 193 (Malys Jahresberichte). 


144 L. Ornstein: 


stellte ich steril (Blutserum) her oder sterilisierte durch Kochen 
(Zuckerlösung, Öl. Das Blutserum (das ich bei der I. Serie 
aus Rinder-, bei den übrigen aus Pferdeblut herstellte), in- 
aktivierte ich nicht. Die Konzentration der Traubenzucker- 
lösung schwankt zwischen 10 und 20°/,. Das Olivenöl emul- 
gierte ich durch 1 bis 1!/, Stunden dauerndes Zusammen- 
schütteln mit den andern Nährflüssigkeiten. Das Quantum der 
auf einmal an einer Stelle eingespritzten Flüssigkeit schwankte 
je nach der Größe der Versuchstiere zwischen 100 und 170 ccm, 
so daß auf 1 kg Lebendgewicht 10 bis 20 com entfielen. 

Den N-Gehalt des zur Ernährung verwendeten Serums, 
sowie der Entleerungen bestimmte ich nach Kjeldahl (Kataly- 
sator: Quecksilber). 

Die Untersuchung des Harnes auf Eiweiß geschah mit 
Sulfosalicylsäure, Essigsäure-Ferrocyankalium und mit der Koch- 
probe; auf Zucker mit der Fehling-Probe War die Zucker- 
probe positiv, so bestimmte ich den Zuckergehalt quantitativ, 
sowohl mittels des durch Kumagawa und Suto verbesserten 
Pavy’schen Titrierverfahrens als auch durch Polarisation oder 
Vergären. 

Den chemischen Energiegehalt der Entleerungen (sowie 
des Blutserums in der III Serie) bestimmte ich durch Ver- 
brennung in einer modifizierten Berthelot-Mahlerschen Bombe 
in der — im Institute — üblichen Weise. 


III. 
Beschreibung der Versuche, 
Versuchsreihe 1. 

Der beiläufig 15 kg schweren Hündin werden am 16. Hunger- 
tage 15 g in Wasser gelöster Traubenzucker und 150 g Rinds- 
blutserum von wechselndem Eiweißgehalt subcutan einverleibt. 
Die Stelle des Einstiches war auch am nächsten Tage noch 
geschwollen. Die Dosis wurde am nächsten Tage auf 100 ccm 
Serum und 10 g Traubenzucker reduziert. Die später ent- 
standenen Anschwellungen verschwanden gewöhnlich binnen 
24 Stunden. 

Am 12. Tage der subcutanen Ernährung entstand an der 
Einstichstelle ein Abszeß, nach dessen Eröffnung der Hund bei 
normaler Ernährung am Leben blieb. 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 145 
Tabelle I. 


Versuchsreihe 1. 


Unter die Haut 
wurden gespritzt 






Anmerkungen 










Anfang des 
Hungerns 21. XI. 





0,0725| 4,01) — 4,01 
0,0725} 3,62 |— 3,62 
0,0725| 3,68 — 3,68 
0,0725| 3,58 |— 3,58 
4,08 — 2,25 

‚060,29 5,35 — 4,13 
4,56 0,29 14,85 |— 2,40 
5,851 0,29 |6,14|— 3,69 
3,33) 0,29 [3,62 |— 1,67 
9,84| 0,29 6,13 — 4,18 


4,61| 0,29 “m — 2,95 
















Der Harn ist 
eiweiß- und 
zuckerfrei 







4,712 |-— 2,10 
5,06 |— 2,57 


Anmerkung: Die fette Linie bedeutet den Beginn der subcutanen Ernährung. 





Versuchsreihe 2. 

Die beiläufig 5 kg schwere Hündin bekommt nach vier- 
tägigem Hungern 75 ccm Pferdeblutserum und 15 g in Wasser 
gelösten Traubenzucker unter die Haut. An den ersten zwei 
Tagen war die Einstichstelle nach 24 Stunden noch etwas ge- 
schwollen; später war aber die Aufsaugung rasch und voll- 
kommen. 

Am 15. Tage der Ernährung ging der Hund, nach 1!/, 
bis 2 Stunden anhaltenden, den ganzen Körper erschüttern- 
den Krämpfen und starkem Speichelfluß, ein. Die Sektion er- 
gab, daß die Aufsaugung bei jeder Einstichstelle vollkommen 
war; ein Abszeß oder eine Anschwellung des Unterhautbinde- 
gewebes war nirgends zu sehen. Die Organe waren blutarm, 
sahen aber normal aus. Das Blut war dünnflüssig. Der Harn 
blieb bis zum Schlusse eiweißfrei. 


Versuchsreihe 3. 


Die 5 kg schwere Hündin bekam vom 5. Hungertage an täg- 


lich ein 0,91 bis 0,96 g N enthaltendes Quantum Pferdeblutserum, 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 10 


146 L. Ornstein: 


gemischt mit einer Lösung von 15 g Traubenzucker unter die 
Haut, in welchem Gemisch die Konzentration des Zuckers 20°/, 
betrug. 

Die Ernährung dauerte 20 Tage. Das Tier erhielt 
zuerst 3 Tage hindurch, subcutan und per os abwechselnd, 
obenerwähnte Nahrung, später dann 6 Tage nur subcutan. 

Im Laufe der dritten Subcutanperiode erschien im Urin 
Traubenzucker, worauf ich das Tier per os weiter ernähren 
wollte, doch ging dasselbe am Morgen des nächsten Tages ein. 

Bei der Sektion fand ich im Unterhautbindegewebe weder 
ein Ödem noch Blutungen. Von den Organen zeigte die Leber 
eine trübe Schwellung; Nieren, Milz und Herz waren normal. 
Das Blut war dünnflüssig und gerann nicht. Der Darmtrakt 
sah normal aus. 

Tabelle II. 


Versuchsreihe 2. 


















Ed n = Te 

3 SS % | Unter die Haut 

a belge S , N 

e 8 8 | . ù | wurden gespritzt 

S = = 3 = © 28 — = N 

> E = EHE |2 FEB Sl.8| BR Anmerkungen 
© o © * 4 = = 

s52|oM> lees SIE e 

* RE 

= D 8 | g |8 g 











Anfang des 
Hungerns 10. XII. 


Der Harn ist 
eiweiß- und 
zuckerfrei 


m ‚688g n 


Anmerkung: Die fette Linie bedeutet die Grenze der Hungerperiode und der 
beiden Nährperioden. 


— 1 


n 
5 

SD op 
SS d 
oei 
AE 
Onn 
É 65.2 
Ge 


E 


unter die Haut gebracht. 





g 
e 
— 
-<< 
8 
> 
© 


m Beginn des 
Versuchstags 
Art der 
Ernährung 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 


In der Nahrung 
zugeführt 





Tabelle III. 


Versuchsreihbe 3. 


Ed 
e E 
DOG o 

—58 pe; 
— 8 CO 
“sjaa 
ol” g 
ccm g g 


2,72 | 0,05 




















N 
JN 
7 £ 
a| A 
ele 
aan 2,77 
2,62|— 1,78 
12,37 1,48 
1.78 — 0.84 
12.39 — 1,55 
171|— 0.77 
(Col 0,81 
1,54 — 0,58 
11,80 |— 0,84 
2,29 |— 1,33 
237-141 
220—124 
2,25 |— 1,29 
2,08|— 1,12 
13,08 ks 2,12 
13.48 — 2,52 
3.84 | — 2.88 
az 
ml 5,07 


? 12,40|0,06|: 
15 | 9212,4710,15 
15 | 85 ]2,21|0,16 
15 [110]1,62|0,16 
15 1255 [2,30 0,09 
15 | 140 |1,62|0,09 
15 | 170 [1,66!0,09 
15 | 85]1,31|0,23' 
15 [103 |1,57)0,23 
15 1137 [2,05 |0,24 
15 1299 12,26 0,11 
15 [139 |2,09 0,11 
15 [145 ]2,14 [0,11 
15 1100 [1,98|0,10 
15 | 135 |2,98| 0,10 
15 | ? |3,39)0,09 
15 | 2113,75!0,09 
15 | 150 [4,38 10,09 
15 [190 15,94 0,09 


Versuchsreihe 4. 





| — — 


6,03 


| 
| 


| 


147 


Anmerkungen 


Der Harn ist 
eiweiß- und 
zuckerfrei 


arn 


0,2 g Zucker 
H 0,528 „ 
S Spuren v.Zucker 


Tod am 13. III. 


Der 4 kg schweren Hündin wurde nach 5tägigem Hungern 
ein Gemisch von 75 ccm Pferdeblutserum, 8 bis 12 g in Wasser 
gelöstem Traubenzucker uud 9,5 bis 16,5 g emulgiertem Olivenöl 


In diesem Gemisch war die Kon- 


zentration des Traubenzuckers durchschnittlich 13°/,, die des 
Öles aber 19°/,. Die Geschwulst an der Einstichstelle ver- 
schwand sehr schnell. Der Hund war bis zum 4. Tage dieser 
Ernährung etwas matt, jedoch mittags 1 Uhr bei der Temperatur- 
messung immer fieberfrei und entleerte fast täglich rotbraunen 


flüssigen Stuhl. 


Am 2. und 3. Tage war im Urin beinahe !/, g Trauben- 
10* 


148 L. Ornstein: 


zucker nachweisbar; später blieb der Urin zuckerfrei. Eiweiß- 
harn trat bis zu dem am 8. Tage dieser Ernährung erfolgten 
Tode nicht ein. 

Das Tagesquantum der Nahrung enthielt durchschnittlich 
0,85 g N, 9,6 g Traubenzucker und 15,1 g Olivenöl. An der 
Injektionsstelle war die Aufsaugung nicht vollkommen. Am 
Tage vor dem Eingehen des Hundes, nachmittags, spaltete ich 
die Einstichstelle, drückte die ödematöse Geschwulst zuerst aus 
und spülte sie dann mit physiologischer Kochsalzlösung gründ- 
lich aus. In dieser Flüssigkeit, die schon mit freiem Auge fett- 
haltig aussah, fand ich durch Ausschütteln mit Petroläther 4,6 g 
Fett, d. i. beiläufig 30°/, des vor 6 Tagen injizierten Öles. Der 
Brechungsindex dieses Fettes schwankte zwischen 1,4832 und 
1,4825, war also gleich mit dem des zur Injektion verwendeten 
Öles; er war hingegen verschieden von dem des Hundefettes, 
der 1,4670 bis 1,4672 beträgt. Am 8. Versuchstage verendete 
das Tier. 

Die Sektion ergab im Unterhautbindegewebe viel Öl, das 
herausgedrückt werden konnte. Die Organe waren normal, 
und auch im Darmkanal konnte keine Veränderung konstatiert 
werden. 


IV. 
Ergebnisse der Versuche. 


Subcutane Ernährung mit einem Gemisch von Blut- 
serum und Traubenzuckerlösung. 


In den drei ersten Versuchsreihen wurden die Hunde 
subcutan mit einem Gemisch von Blutserum und Zuckerlösung 
ernährt, in der dritten Versuchsreihe ebenso, jedoch mit dem 
Unterschiede, daß in dieser die Ernährung zeitweilig auch per 08 
geschah. 

Ich muß vorausschicken, daß alle Versuchsreihen mit einem 
Hungerversuch beginnen. 

Auf die Verwertung des unter die Haut gebrachten Nähr- 
gemisches lassen in der ersten und zweiten Versuchsreihe schon 
die Gewichtsverhältnisse der Hunde eine gewisse Folgerung zu 
(Tabelle IV). Die Tiere, die nach Belieben Wasser trinken 
konnten, verloren nämlich während des Hungerns täglich 300 
bzw. 96 g, d. i. 2,03 bzw. 1,74°/, ihres Anfangsgewichtes; in den 


wb EA EI ken | Versuchsserie 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 149 


ersten 8tägigen Abschnitten der subcutanen Ernährung aber 
nur 92 bzw. 32 g, d. i. 0,70 oder 0,62°/, des Anfangsgewichtes 
dieser Abschnitte. 


Tabelle IV. 
Durchschnittliche tägliche Körpergewichtsabnahme. 





Während des Hungerns Während der subcutanen Ernährung 


Dia des 


Anfangs- 
gewichts 


— — — — — — — 





In der 3. Versuchsreihe fehlen leider die Gewichtsdaten 
der Hungerperiode, auch veränderte sich das Gewicht des Tieres 
deshalb nicht gleichmäßig, weil bei der Ernährung durch den 
Magen viel mehr Wasser in das Tier gelangte, als bei der mit 
dieser abwechselnden subcutanen Ernährung. Deshalb muß dieses 
Tier bei der Betrachtung der Körpergewichtsveränderung un- 
berücksichtigt bleiben. 

Der Umstand, daß die Hunde der 1. und 2. Versuchs- 
reihe in der Zeit der subcutanen Ernährung um zirka 70°/, 
weniger abnahmen, als in der Zeit des Hungerns, macht es 
schon sehr wahrscheinlich, daß die unter die Haut gebrachte 
Nahrung am Stoffwechsel teilnimmt; absolut beweisend ist es 
deshalb nicht, weil es möglich ist, daß der Organismus einen 
größeren Teil des unter die Haut gebrachten Wassers zurück- 
hält. Dies geschah auch in den Versuchen Heilners!), in 
denen dieselbe Nährlösung, durch den Magen zugeführt, viel 
größere Diurese verursachte, als nach subcutaner Einverleibung. 

Beweisende Daten von der Verwertung der unter die 
Haut gebrachten Nahrung erhalten wir nur dann, wenn wir 
das weitere Schicksal der Bestandteile der Nahrung, nament- 
lich des Traubenzuckers und des Serumeiweißes, untersuchen. 
Die Ausnützung des Zuckers war sehr gut; während der 
ganzen 1. Versuchsreihe, sowie während der 1. Nährperiode 


— 


1) Zeitschr. f. Biol. 50, 31. 


< a i 


150 L. Ornstein: 


der 2. und 3. Serie konnte im Urin nicht einmal eine Spur 
von Zucker nachgewiesen werden. Wir sind also berechtigt 
anzunehmen, daß die schlecht genährten Tiere den Zucker, 
soweit sie denselben nicht in Form von Glykogen aufgestapelt 
haben, schnell und vollständig verbrannten. 

Ebenso verhält es sich auch mit dem im Serum ein- 
gespritzten Eiweiß: es bestand in keiner Versuchsreihe Albu- 
minurie, d. h. das Eiweiß wurde im Organismus entweder an- 
gesetzt oder zersetzt. Der N-Verlust, den die Tiere in 
der Hungerperiode erlitten, sank in allen 3 Serien unmittelbar 
nach dem Beginn der subcutanen Ernährung bedeutend 
herab (s. Tabelle V). 


Tabelle V. 
N-Verlust pro Tag (Mittelwerte). 





ä Während der subcutanen Ernährung 












€ 1. Periode 2. Periode 

© — — 
2 Veränderung Veränderung 

3 im Vergleich zur im Vergleich zur 
8 Hungerperiode Hungerperiode 
8 EE EE 


Diese Tabelle enthält die Mittelwerte der N Bilanz in 
den einzelnen Versuchsperioden. In der 1. Versuchsreihe ver- 
ringerte sich der tägliche N-Verlust 9 Tage hindurch durch- 
schnittlich um 22,5°/,; in der 2. und 3. um 56,5 bzw. 53,6. 
In diesen zwei längeren Versuchsreihen konnte aber auch das 
festgestellt werden, daß die Verwertung des unter die 
Haut gebrachten Eiweißes nur ziemlich kurze Zeit 
hindurch möglich ist: sie dauerte in der 2. Versuchs- 
reihe 8, in der 3. 12 Tage lang. Von da an stieg der N- 
Verlust stetig und überschritt den Hungerwert. Ich komme 
darauf später noch zurück. 

Aus diesen Versuchen geht also hervor, daß der unge- 
nügend ernährte Hund das unter die Haut gebrachte artfremde 
Eiweiß nicht nur zersetzt, sondern damit auch eigenes Körper- 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 151 


eiweißB vor Zersetzung schützt. Ein großer Teil der Ein- 
schränkung der Eiweißzersetzung ist jedoch auf Rechnung des 
injizierten zu schreiben. Tatsache ist, daß eine gewisse Zeit 
lang sowohl der unter die Haut gespritzte Traubenzucker, als 
auch das Serumalbumin zersetzt und verwertet werden, und 
zwar, wie aus der 3. Versuchsreihe ersichtlich (wenigstens für 
die N-Bilanz), beinahe ebensogut, als wenn dieselben Lösungen 
per os zugeführt werden. 

In dieser Versuchsreihe nämlich nährte ich die Hunde, 
wie schon erwähnt, vom 22. Februar bis zum 5. März mit 
3tägiger Abwechselung, bald subcutan, bald per os mit dem- 
selben Nährgemisch, wobei sich die N-Bilanz folgenderweise 


gestaltete: 
| subcutan | per os 












22.—24. Febr. — 1,35 = 
25.—27. „ 
28. Febr.—2. März 


38.—5. März 
Mittelwert 





Die N-Bilanz blieb also bei den zweierlei Ernährungsarten 
unverändert. 

Trotz dieser Gestaltung der N-Bilanz geht aus den Ver- 
suchen doch zweifellos hervor, 1. daß bei der subcutanen Er- 
nährung auch der Eiweißumsatz ein qualitativ verschiedener 
ist und 2. daB überhaupt die Verwertung der chemischen 
Energie der am Stoffwechsel beteiligten Stoffe eine un- 
günstigere ist. 

Besonders bemerkenswert ist bezüglich des ersten Punktes 
das Verhalten des Kot-N. 

Schon in der 1. und 2. Versuchsreihe fällt es auf, daß die 
Tiere in der Hungerperiode im Kot täglich 0,07 bzw. 0,09 g N 
entleerten, während der subcutanen Ernährung aber 
bedeutend mehr, nämlich täglich 0,29 bzw. 0,19 g. Noch 
auffälliger war die 3. Versuchsreihe: Der Hund entleerte 
während des Hungerns täglich 0,06 g N im Kote, bei Er- 
nährung per os 0,09 bis 0,11 g, bei subcutaner Ernährung aber 
0,16 bis 0,33 g. Es ist also zweifellos, daß während der sub- 
cutanen Ernährung solche gegen den Darm gerichteten Sekre- 


152 L. Ornstein: 


tionsprozesse vor sich gehen, die bei gewöhnlicher Ernährung 
entweder gar nicht, oder nur in kleinstem Maße vorkommen. 
Näheres über diese Prozesse wissen wir vorläufig nicht. 

Was den zweiten Punkt betrifft, so spricht für die un- 
günstigere Ausnützung der umgesetzten chemischen 
Energie bei der subcutanen Ernährung zunächst die Erhöhung 
des calorischen Quotienten des Harnes Ell 

Dieser Quotient war in der Hungerperiode der 2. und 
3. Versuchsreihe 7,8 bzw. 7,7, in der Zeit der subcutanen Er- 
nährung!) aber in der ganzen ersten Periode der 2. Versuchs- 
reihe bedeutend höher: 9,85 bis 9,72; in der 3. Versuchsreihe 
aber noch charakteristischer in den zwei Abschnitten mit sub- 
cutaner Ernährung!) 9,9 und 10,1, in den beiden enteralen 
Abschnitten 8,3 und 7,5. Es ist also sicher, daß sich aus dem 
unter die Haut gebrachten Blutserum und der Traubenzucker- 
lösung während deren Zersetzung an chemischer Energie 
reichere (an N ärmere) Produkte in größerer Menge sich 
bilden, wie bei normaler Ernährung oder wenigstens in größerer 
Menge ausgeschieden werden, was eine ungünstigere Aus- 
nützung bedingt. 

Daß die Verwertung der zugeführten chemischen Energie 
bei subceutaner Ernährung tatsächlich eine schlechtere ist als bei 
enteraler, geht besonders deutlich aus Versuchsreihe 3 hervor, 
in der abwechselnd dieselbe Nahrung subcutan und enteral 
verabreicht wurde und in der ich die chemische Energie in 
den Einnahmen und Ausgaben calorimetrisch bestimmte (siehe 
Tabelle VI). 

Bei subcutaner Ernährung wurden also bloß 63,7 und 
70,0°/, der zugeführten chemischen Energie verwertet, gegen- 
über 73,2 und 75,3°/, bei enteraler Ernährung. Der Unter- 
schied ist ja nicht sehr bedeutend, aber doch ganz deutlich. 

Diese gute Ausnützung der subcutan zugeführten Nahrung, 
die sowohl in der verlangsamten Gewichtsabnahme des Tieres 
als auch in der Besserung der N-Bilanz zum Ausdruck gelangt, 
Cal, 
N 


des im Harn ausgeschiedenen Zuckers vom Energiegehalt des Harnes in 
Abzug gebracht. 


1) Bei Berechnung des Quotienten wurde der Energiegehalt 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 153 


Tabelle VI. 
Der tägliche Energieumsatz in der 3. Versuchsreihe. 


— Tr III m e e 


Chemische Energie 





Ausgenützt 


rt 
der Ernährung 







20,78 | 12,88 






Sabcutan 
15,45 | 9,40 Per os 
Subcutan 


16,59 | 11,88 


16,27 | 7,14 Per os 









Subcutan 


n 
n 
n 


dauert aber, wie schon erwähnt, nur kurze Zeit: in Versuchs- 
reihe 2 dauerte sie bei ausschließlich subcutaner Ernährung 
8 Tage, in Versuchsreihe 3 bei abwechselnder enteraler und 
subcutaner Ernährung aber 12 Tage. (In der Versuchs- 
reihe 1 stellte ich den Versuch am Ende des 8. Tages ein» 
so daß die subcutane Ernährung hier nur eine Periode hatte.) 
Nach dieser Zeit ändert sich das Bild total: wie aus Tab. IV 
ersichtlich ist, ist die tägliche Gewichtsabnahme, die in der 
ersten Periode der subcutanen Ernährung auf !/, des Hunger- 
wertes gesunken war, im zweiten Abschnitt bedeutend größer 
als im ersten, und ist sogar größer als der Wert der Hunger- 
periode (2. Versuchsreihe). Noch charakteristischer ist das Ver- 
halten des N-Verlustes, der (s. Tab. V) in den ersten Perioden 
der 2. und 3. Versuchsreihe um 56,5 bzw. 53,6°/, geringer, bei 
weiterer 7 bzw. 6tägiger subcutaner Ernährung dagegen um 
12,9 bzw. 15,7°/, größer war als in der Hungerperiode. Ferner- 
hin tritt in beiden Serien am 4. Tage dieser zweiten Periode 
auch Glucosurie ein, zum Zeichen dafür, daß der Organis- 
mus den unter die Haut gebrachten Zucker nur mehr teilweise 
verbrennen kann. Zum Schluß geht das Tier am 16. bzw. 
19. Tage (oder am 23. bzw. 24. Tage vom Anfang der Hunger- 
periode gerechnet) unter den auf Seite 13 bschriebenen Er- 
scheinungen ein. 


154 L. Ornstein: 


Man könnte vielleicht daran denken, daß die Tiere einfach 
an Inanition zugrunde gingen, denn die Nahrungszufuhr war 
ja tatsächlich ungenügend, sie deckt nicht einmal den dritten 
Teil des Hungerbedarfs. 

Doch kann dies so gut wie als ausgeschlossen gelten, denn bei 
so günstiger Ausnützung der Nahrung, wie dieselbe in der ersten 
Periode der subcutanen Ernährung beobachtet werden konnte, 
hätte man das Leben der Hunde doch bedeutend länger erhalten 
können. Auch die äußeren Erscheinungen ihres Todes, die mit 
denen des anaphylaktischen Todes übereinstimmen, weisen 
direkt darauf hin, daß es sich hier eigentlich um einen schweren 
Intoxikationszustand handelt. Nach all dem, was wir wissen, 
können wir das artfremde Eiweiß als die Ursache dieser mit rasch 
zunehmender Eiweißzersetzung einhergehenden Vergiftung an- 
sehen. Diese Eiweißzersetzung setzt auch früher und intensiver 
ein, als die gewöhnliche prämortale Steigerung des Eiweißzer- 
falls bei einfacher Inanition. 


Tabelle VII. 


Versuchsreihe 4. 


































* = i 

© aw. [8.8 ZlUnter die Haut wurden 

S SZ? gespritzt 

oL = g.S — — 

Sg |E gslsin | 5 > Anmerkungen 
~A le DREE il A z g 

ZS gm KE © 2333* S 

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x g g ` u 












— Anfang des 
| Hungerns, 31. Dez. 
2,10) 0 ‚15 2,25 — 2,25 


2,06, 2, E: 
2,410. 0, 15| 2,56— 2 56 Harn eiweiß- und 


2,32 0,16) 2,48. — zuckerfrei 
3,53! 0,23] : 



























TB. 4,27 0,23 4, 501 — — 3 ‚64 Ulm eiweiß-f0,4gZucker 
8.—9. 3,55| 0,23| 3, 18|— 2 93 J treienHarn 0,3g „ 
9.—10. 4,59| 0,23| 4, 82 — 3.96 

10.—11. 3,48| 0,23] 3, 71\— 2,86|| Harn eiweiß- und 
11.—12 4,18) 0,23] 4 4 — 3,56 zuckerfrei 
12.—13 3,91 0,23 4,14 — 3,29 

13.—14 — — — J170d am 14. morg. 


Anmerkung: Die halbfette Linie bedeutet den Anfang der subcu- 
tanen Ernährung. 


Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 155 


Subcutane Ernährung mit einem Gemisch von Blut- 
serum, Traubenzuckerlösung und Olivenöl 

Diese Versuchsreihe war nur von kurzer Dauer, weil 
der Hund am 8. Tage der subcutanen Ernährung starb. 
Das Ergebnis stimmt aber mit dem der früheren Versuchs- 
reihen nicht überein. Wie ersichtlich ist, nahm das Tier 
während der subcutanen Ernährung ebenso rasch (täglich um 
79 g) ab als in der Hungerperiode (82 g), aber der tägliche 
N-Verlust nahm zu. Der auf Seite 148 erwähnte Sektions- 
befund, nach dem aus dem Unterhautbindegewebe des Ka- 
davers Öl herausgepreßt werden konnte, bestätigt den ebenfalls 
schon erwähnten Befund von Winternitz, wonach das 
unter die Haut gebrachte Fett außerordentlich lang- 
sam zur Aufsaugung gelangt und dementsprechend nur 
geringen Anteil am Stoffwechsel nimmt. Die Zugabe von Fett 
erhöhte die Nährwirkung der subcutan einverleibten 
Nährstoffmischung gar nicht. 

Diese langsame Aufsaugung der Fette erklärt aber allein 
weder den verhältnismäßig raschen Tod des Tieres, noch die auf- 
fallend ungünstigen N- Ausscheidungsverhältnisse, noch aber dieam 
2. und 3. Tage der subcutanen Ernährung auftretende Glucosurie. 
Es kann auch nicht behauptet werden, daß das emulgierte Fett 
enthaltende Blutserum unter der Haut nicht zur Aufsaugung 
gelangt wäre, denn die ansehnliche Vergrößerung des im Harn 
ausgeschiedenen N gleich am 1. Tage der Injektion, zeugt für 
die Aufsaugung und Zersetzung des Serumeiweißes. Möglicher- 
weise steigerte das geringe, zur Resorption gelangte Fett in 
irgendeiner Weise die anaphylaktische Giftwirkung des art- 
fremden Eiweißes. 

Man müßte nunmehr durch weitere Versuche entscheiden, 
ob es möglich ist, nach Inaktivierung des Eiweißes oder bei 
Verwendung von Abbauprodukten des Eiweißes die subcutane 
Zufuhr von entsprechenden Nährstoffgemischen derart zu ge- 
stalten und zu erhöhen, daß das Tier auch ausschließlich auf 
diesem Wege seinen Energiebedarf decken oder wenigstens 
längere Zeit am Leben erhalten werden kann, was natürlich 
nur so möglich wäre, wenn die Anaphylaxie vermieden wird. 

Die Ergebnisse meiner Versuche kann ich kurz in folgen- 
dem zusammenfassen: ` 


156 L. Ornstein: Stoffwechselversuche mit parenteraler Ernährung. 


1. Hunde verbrennen das ihnen unter die Haut gebrachte 
Gemisch von fremdem Blutserum und Traubenzuckerlösung eine 
Zeitlang (8 bis 12 Tage) vollständig und verwenden es gut, 
doch ist die Verwertung der zugeführten chemischen Energie 
geringer als bei enteraler Zufuhr. 

2. Wird diese subcutane Ernährung über diese Zeit hinaus 
fortgesetzt, so tritt gesteigerte Eiweißzersetzung, Abmagerung 
und schließlich der Tod unter anaphylaktischen Erschei- 
nungen ein. 

3. Das Gemisch von Blutserum, Traubenzuckerlösung und 
emulgiertem Olivenöl ist zur subcutanen Ernährung nicht ge- 
eignet; gleich beim Anfang seiner Anwendung verursacht es 
gesteigerte Eiweißzersetzung und nach kurzer Zeit den Tod. 


KE ké 
k 


Die Untersuchungen wurden auf Anregung und unter 
Leitung des Herrn Prof. Franz Tangl mit Unterstützung des 
Herrn Priv.-Doz. P. Häri ausgeführt. 


Die Änderung der Wasserstoffionenkonzentration 
während der Hitzekoagulation der Proteine. 


Von 
G. Quagliariello (Neapel). 


(Aus dem physiologisch-chemischen Institut der Universităt Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 2. Mai 1912.) 


Die vorliegenden Untersuchungen über die Frage nach 
der Änderung der Wasserstoffionenkonzentration während der 
Hitzekoagulation der Proteine wurden in den letzten Monaten 
des Jahres 1910 auf Anregung und unter Leitung des Herrn 
Prof. Franz Tangl ausgeführt. Damals lagen noch keine 
systematischen Untersuchungen über das Thema vor. Seither 
ist eine schöne Arbeit von Sörensen und Jürgensen!) er- 
schienen, welche sich eingehend mit dieser Frage befaßt. Im 
wesentlichen stimmen meine Untersuchungen mit den ihrigen 
überein. Immerhin dürfte bei der nicht ganz geklärten theore- 
tischen Seite der Frage ein kurzer Bericht über meine Ver- 
suche, die ich leider abbrechen mußte, nicht überflüssig sein. 

Bei meinen Untersuchungen verwendete ich eine Eier- 
albuminlösung, deren Gehalt von 0;4 bis 0,6°/, variierte. Diese 
Lösung war ziemlich arm an Salzen; sie zeigte ein spezifisches 
Leitvermögen bei 18° — 0,00075 rec. Ohm. 

Die Koagulation nahm ich in Reagensgläsern vor, die in 
ein auf 80°C erhitztes Wasserbad gestellt wurden. 

Die H-Ionenkonzentration wurde auf elektrometrischem 
Wege mittels Wasserstoffelektroden bestimmt; die elektromoto- 


1) Sörensen und Jürgensen, diese Zeitschr. 81, 397, 1911. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 11 


158 G. Quagliariello: 


rischen Kräfte mit dem Poggendorfschen Kompensations- 
verfahren gemessen. Die Ketten waren aus der Eiweißlösung 
und einer ?/,..-Säurelösung hergestellt. Die Säurelösung ver- 
fertigte ich immer aus derselben Säure, mit welcher die Eiweiß- 
lösung angesäuert war. Zur Kontrolle habe ich die Elektroden, 
die mit koagulierten und nichtkoagulierten Eiweißlösungen be- 
schickt waren, auch gegeneinander gemessen. 

Meine Untersuchungen können in zwei Reihen geteilt wer- 
den: Versuche mit (Tabelle II und III) und ohne Zusatz von 
neutralen Salzen (Tabelle I). In den letzteren sind die Kon- 
taktpotentiale durch den Salzzusatz größtenteils ausgeschaltet. 


Tabelle I. 












& | Gefundene 
Konzentration a g |elektromoto- 
der Säure in der $ S Bemerkungen. 
Eiweißlösung o 5 


g äq./l 









Anordnung der Kette: H, | Eiweißlös L HNO, | HNO, 0,01 n | H; 


Eiweiß ohne Säure- 


zusatz 0,54 1 0,259 | 0,265 I 0,006 | — I[BeimKochen: klar 
HNO,=0,001 | 0,61 | 0,243 | 0,250 | 0,007 | 0,01 | „a „ klar 
0,003 I 0,54 1 0,211 | 0,224 | 0,018 | 0,012 | ,, » _  goßflockig intrüber Flüssigkeit 
0,004 | 0,54 | 0,170 | 0,196 | 0,026 | 0,023 f „o „ » „klarert ge 
0,005 | 0,60 | 0,128 | 0,152 | 0,024 | 0,025 | _, S e a i; 
0,0075 į 0,60 | 0,103 | 0,118 | 0,015 | 0,003} „ ,„  mlichig 
0,01 0,61 | 0,089 | 0,098 | 0,009 | 0,004 | „ a ka 


Anordnung der Kette: 


H, | Eiweißlösung + HO | HCI 0,01n | H, 


HCl=0,001 | 0,61 | 0,224 | 0,246 | 0,019 | 0,020 [Beim Kochen: opalescent 
0,002 | 0,62 | 0,206 | 0,246 | 0,040 | 0,022 | „ » `  großfiockigintrüber Flüssigkeit 
0,003 | 0,62 | 0,170 | 0,205 | 0,035 | 0,035 | 3 o ep „‚ klarer a 
0,004 | 0,62 | 0,161 | 0,195 | 0,034 | 0,081 | „, i um  „trüber i 
0,005 I 0,60 | 0,113 | 0,127 | 0,014 | 0,006 | - „ Opalescent 
0,01 0,61 | 0,022 | 0,027 | 0,005 | 0,006 | „, „ klar 


Anordnung der Kette: H | Eiweißlösung + CH,COOH | 0,01 n CH,COOH | H 


CH,COOH = 0,001 | 0,61 | 0,115 | 0,125 | 0,010 | 0,017 [Beim Kochen: großflockigin truber Flüssigkeit 
0,005 | 0,60 | 0,075 | 0,080 | 0,005 | 0,04 | „ — 
0,0075 | 0,61 | 0,044 | 0,047 | 0,003 | 0,002 | „ „ miig 
0,01 0,60 | 0,042 | 0,045 | 0,004 | 0,004] „» ,. opalescent 
0,05 0,541 0,006 | 0,007 $ 0,001 | 0001| „ „ klar 


Änder. d. Wasserstoffionenkonzentr. währ. d. Hitzekoagul. d. Proteine. 159 


opoaa Jo eIyon#Ied 


Zunsotangg out ur op uoĝə3 Aryısod opory oitongoäu Zonesotamgeg + -groarg aop ur op um oppe,]. weserp uJ (r 


ý GA 2000 —  |87200- — 12200 *0 


Sraootgog 2Digiedmmeuemmpz g| 0 = 3 — }+80°0— = 6 * H 
Fryooygoa3 :uoyooyy wreg #000) zogol — — 98800 — 52001 ro 





+00 
?000=H009°H9 


H | Ya Den + "a HOOO°HD | Ya IOUN | HOOOHOO + a eu ur Zunsorgioarg | H "og aop Zunupıouy 


—E anyesodursgrowunz g| 0 A ge "ECH HEI 820°0- |2-01-70'8820°0 | 09°0 
F £ “| „0, | 1000 | — \e-01-92°0]-01-97°9| 1100 |e-01- 2L.9010°0 | og 

°0,0 | 6100 | — |»-0T-I9T|»-OT-28°1] 601°0 |v-01°863,680°0 | og 

"moo? :usyooy weg | 20°0 | #100 | — 1. a 12 I2-01-8°% | +980 L-atex ges | 090 


00 (r 

200 

10°0 
1000=19H 


H | a ONEN + OTa OH Te BONN | DHO-+ !Yatonen ur Pansign | H "aan aop Junupıouy 


Zraaopgo1? ege eg] 0 0 ES 2201; 188 00 2-01: 18°2|920° v0 














00 (1 
200 
100 
2000 
1000 
0000 = ONH 


Zunsotgtaurd 
dap ur 
U01}%8.1JU9Z uoy931n®eS 


o S „ [8000 | 2000 | — e-01°29°0]8-O1:28°T) 00 |e-01-6r2/ce0'0 | Fo 
2 „ | 610,0 | 2100 | — |s-01:2'9 |s-0T-0°2 | SZTO |»-01:28‘11801°0 *0 
a 4 „ {0800 | 28000 | — OST Jo-01°0°2 | 8810 |e-01°°% ISTO | rg 
e 0800 | 1800 | — |2-01°6°% |2-01:96°1 8180 |2-01°6°L 18820 v0 
Sgooygad :uogooy weg| — | 81001 — l.-01:1% l2-01-8°1 | 220 LL arts Leg v0 
H | 9a "ONH + "/aIDeNn | *ONHO LU DN ur Bunsorgroamg | H 0oy aop Sunupıouy 
uopuny) 290 | H) je? UV be 3 
-4931 | uoa| Injosqe H3 Aë Hy A = 
-93 0 .Q 
Ka SÉ /o A S 
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uoryepndeoy uogepndeoy | 28 
— —H 
Së #0 — E9 aop yoeN 1əp 104A P 3 
Á a — -4 
TI aitaugt 


DS 


160 | G. Quagliariello: 


Tabelle II. 
Eiweiß in NaCl-Lösung 0,1 n -+ HO 0,01 n. 








Eiweiß- 


> konzentration 


e Vë 


S22222 


Ki 


eeooo 
82222388 8 


Ki 


o 
8 Vor der Nach der 
E £ Koagulation Koagulation C'u — Ca — 
7 Bemerkungen 
O V go- 
24 z CH x C'H absolut | von — 
On 
0004| 0,270 | 2,2.10-7 | 0,287 |1,1-10-7 [0,12.10-6 | 49 10,014 | 0,018 Eed 1m 
Flüssigkeit 
0,001 1 0,253 | 4,4-10-71 0,265 |2,7-10-750,17:10-8| 40 10,012 | 0,010 do: 
0,00151 0,211 | 2,3-10-®] 0,224 14. 10-8 0,93- 10—68 41 [0,013 | 0,027 do. 
0,002 | 0,180 | 8,1-10-81 0,208 31- 10-810,50-10-5| 60 10,023 | 0,035 do. 
0,003 | 0,167 | 1,3-10-8] 0,183 |4,2.10-10,60-10-5| 46 10,016 | 0,017 do. 
0,005 | 0,186 | 4,6-10-5| 0,159 I1,8-10-510,27:10-*| 56 1 0,023 | 0,020 do. 
0,00754 0,089 | 2,9-10-4] 0,106 11,5-10-410,14:10-3| 47 ] 0,017 | 0,016 do. 
0,01 0,040 12,04-10-3| 0,042 11,8-10-3]0,14-10-3] 7 10,002 | 0,002 | opalescent 
0,02 10,001 | 9,6-10-31 0,002 |9,1-.10-210,47-10-2| 5 10,001 | 0,001 do. 


In Tabelle I sind die Resultate der Experimente angeführt, 
die mit verschiedenen Konzentrationen der drei Säuren HNO,, 
HO und CH,COOH gemacht wurden. Aus ihnen ergibt sich: 

1. Die geronnene Albuminlösung ist derselben, nicht ge- 
ronnenen Lösung gegenüber stets negativ, weil die Konzen- 
tration der H-Ionen bei der Gerinnung abnimmt. Dieses Re- 
sultat steht in voller Übereinstimmung mit den Versuchen von 
Sörensen und Jürgensen. Meine Versuche ergänzen aber 
auch die letzteren, die sich nur auf die Änderung der H-Ionen- 
konzentration, welche bei dem Koagulationsoptimum ein- 
tritt, beziehen. 

2. Diese Veränderung der H-Ionenkonzentration tritt auch 
dann ein, wenn die Einwirkung der Wärme keine makrosko- 
pische Veränderung im physikalischen Zustande der Albumin- 
lösung herbeiführt; sie ist aber in diesem Falle sehr gering 
und wächst allmählich in dem Maße, wie die Albuminlösung 
unter der Einwirkung der Hitze weniger stabil wird, und er- 
reicht ihren höchsten Wert in den Lösungen, in welchen die 
Ausflockung am vollständigsten geschieht. 

3. Außerdem hängt die Größe dieses Potentialunterschiedes 
auch von der Beschaffenheit der Säure ab, da er für die Essig- 
säure merklich geringer ist als für die beiden anderen Säuren, 
bei welcher Konzentration diese auch betrachtet werden mögen. 


Änder. d. Wasserstoffionenkonzentr. währ.d.Hitzekoagul. d. Proteine. 161 


Dieses Resultat bestätigt auch Sörensens und Jürgensens 
Befunde. 

4. Die Konzentration, die die Säure in der Albuminlösung 
erreichen muß, damit das Eiweiß in der Wärme flockig aus- 
falle, ist nicht unabhängig von der Natur der Säure; in dieser 
Hinsicht zeigt sich die schwächste Säure, die Essigsäure, am 
wirksamsten. Das steht im Widerspruch mit den Angaben 
von Sörensen und Jürgensen und erfordert weitere Unter- 
suchungen. 

5. Die mit neutralem Salzzusatz ausgeführten Versuche 
— Tabelle II und III — stimmen mit den bloß mit Säure aus- 
geführten überein. In einer normalen NaCl- oder NaNO,-Lösung 
aufgelöst fällt das Eiweiß bei fortechreitendem Zusatz von Säure 
auch ohne Erwärmen, bei Zimmertemperatur, flockig 
aus. Die Fällung erfolgte mit HCl und HNO, bei einer Kon- 
zentration von 0,05 normal, mit CH, COOH bei 0,5 normal. 

Bei diesen Fällungen verursacht die nachfolgende Erwär- 
mung keine weitere Reaktionsänderung. Diese Tatsache ist 
auch deshalb wichtig, weil sie den Zweifel ausschließt, daß die 
bei meinen Experimenten sich zeigende Abnahme der Wasser- 
stoffionenkonzentration durch die Austreibung der Kohlensäure 
aus der Lösung verursacht wird. 

6. Bei meinen Experimenten, in denen das Eiweiß beim 
Erwärmen in Flocken koagulierte, betrug die Abnahme der 
H-Ionenkonzentration ungefähr 50°/, des ursprünglichen Wertes, 
in denjenigen, in denen das Eiweiß nicht ausfiel, sondern die 
Lösung sich nur trübte, bloß 5 bis 7°/,. 


Über die Hydroxylionenkonzentration des Blutes bei der 
Temperaturerhöhung nach dem Wärmestich. 


Von 
G. Quagliariello (Neapel) 


(Aus dem physiologisch ohemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Fr. Tangl.) 


(Eingegangen am 17. Mai 1912.) 


Über die chemische Reaktion des Blutes bei Fieber- 
zuständen liegen zahlreiche Untersuchungen vor, die nach der 
titrimetrischen Methode ausgeführt wurden. Die Mehrzahl 
dieser Untersuchungen spricht für eine Abnahme der Alkales- 
cenz; e8 existieren jedoch auch zahlreiche Beobachtungen, die 
auf eine Zunahme dieser Alkalescenz folgern lassen. 

Diese Nichtübereinstimmung der Resultate bei den ver- 
schiedenen Autoren läßt glauben, daß die angetroffenen Ver- 
änderungen nicht in direktem Zusammenhang mit der Tempe- 
raturerhöhung stehen, sondern vielmehr, ähnlich wie die Hyper- 
thermie, eine der durch die pathogenen Ursachen bewirkten 
Veränderungen darstellen. Tatsächlich sollen bei einigen In- 
fektionskrankheiten die pathogenen Mikroorganismen Säuren 
produzieren, während bei anderen Krankheiten mit einer mehr 
oder minder intensiven Leukolyse eine Vermehrung der Basen 
eintreten soll. 

Jedenfalls ist es noch unentschieden, ob die Hyperthermie 
als solche die Reaktion des Blutes verändert oder letztere Ver- 
änderung durch dieselben Krankheitsursachen erzeugt wird, 
die die Hyperthermie selbst verursachen. 

Durch die vorliegenden Untersuchungen habe ich die erste 
Frage des Problems zu beantworten gesucht, d. h. ich habe 
untersucht, ob bei der durch den Wärmestich des Gehirns 


G.Quagliariello: Hydroxylionenkonzentr.d. Blutes nach Wärmestioh. 163 


(Aronson) bewirkten experimentellen Hyperthermie die aktuelle 
Reaktion des Blutes modifiziert wird. 

Zu diesem Zwecke habe ich die Wasserstoffionenkonzen- 
tration im Blutserum normaler Tiere und durch den Wärme- 
stich hyperthermisch gemachter Tiere bestimmt. Ich verwendete 
Wasserstoffelektroden. Die Messung der EMK geschah ver- 
mittels eines Galvanometers mit der Kompensationsmethode. 
Das Blut wurde unter Anwendung der gewöhnlichen aseptischen 
Kautelen der Carotis entnommen. Die erste Blutentziehung 
die der Hyperthermie vorausging, war immer sehr mäßig 
(10 bis 15 ccm). 

In der Tabelle sind die erhaltenen Werte angeführt. 


Tabelle. 





Aus ihr ergibt sich, daß bei der einfachen Hyper- 
thermie nach dem Wärmestich die Reaktion des Blutes 
nicht verändert wird. 

Die kleinen Schwankungen, die die Hydroxylionenkon- 
zentration vor und während der Hyperthermie zeigt, können 
nicht der letzteren zugeschrieben werden, Erstens liegen sie nicht 
in jener Richtung, zweitens finden sich ähnliche Schwankungen 
auch bei Tieren mit normaler Temperatur und liegen größten- 
teils weit innerhalb der Fehlergrenzen. 

Auch Wittowsky*) hat bei Untersuchungen an Tieren, 


1) G. Wittowsky, Über die Zusammensetzung der Bilutgase bei 
Temperaturerhöhung durch den Wärmestich. Arch. f. experim. Pathol 
u. Pharmakol, 28, 283, 1891. 


164 G.Quagliariello: Hydroxylionenkonzentr. d Blutes nach Wärmestich. 


die er durch Hirnpunktur hyperthermisch gemacht hatte, nach- 
gewiesen, daß reine und einfache Temperaturerhöhungen ohne 
Wirkung auf die titrierbare Alkalescenz des Blutes bleiben. 

Lesné und Dreyfus?) dagegen fanden bei im Brutschrank 
bis auf 42° erwärmten Tieren Verminderung dieser Alkalescenz. 
Ich glaube aber nicht, daß man da von einer reinen und ein- 
fachen Hyperthermie reden kann, weil, wie sich aus den Unter- 
suchungen derselben Autoren ergibt, diese Behandlung erheb- 
liche Veränderungen der Blutmischung verursacht, die, soviel 
ich weiß, nie bei der durch Hirnstich verursachten Hyper- 
thermie angetroffen worden sind. 

Deshalb glaube ich zusammenfassend behaupten zu können, 
daß die einfache Hyperthermie an und für sich keine 
Modifikation der chemischen Reaktion des Blutes 
veranlaßt. 

Diese Untersuchungen wurden auf Anregung und unter 
Leitung des Herrn Prof. Tangl ausgeführt. 


1) E. Lesné et L. Dreyfus, Influence de l’hypertermie experi- 
mentelle sur la composition du sang. Compt. rend. Soc. Biol. 64, 
970, 1908. 


Die Veränderung der Wasserstoffionenkonzentration bei 
der Pepsinwirkung und das Säurebindungsvermögen 
einiger hydrolytischer Spaltungsprodukte des Eiweißes, 


Von 


Hugo Rohonyi. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) | 


(Eingegangen am 10. Juni 1912.) 


1. 

Seit den Untersuchungen von Sjöquist ist es bekannt, 
daß die elektrolytische Leitfähigkeit einer unter Pepsinwirkung 
stehenden Eiweißlösung mit dem Vorwärtschreiten der Hydrolyse 

Die Erscheinung erklärt Sjöquist damit, daß „..die Verbindung, 
die eine Säure mit Albumin und die, die sie mit Albumose eingeht, ver- 
schiedene Leitfähigkeit haben“1). Also muß die Leitfähigkeit der Ver- 
bindung Salzsäure-Albumose kleiner sein, als von Salzsäure-Eiweiß. 

Andererseits gibt Gürber?) an, daß unter Einwirkung von Pepsin 
„freie Salzsäure“ aus der Lösung verschwindet, so daß am Ende mit 
dem Günzburgschen Reagens (Phloroglucin-Vanillin) keine Salzsäure 
nachweisbar ist. Gleichzeitig hörte die Pepsinwirkung auf; auf er- 
neutem Zusatz von Salzsäure setzte sie wieder ein. 

Das „Verschwinden der freien Salzsäure“ bedeutet Abnahme der 
Wasserstoffionenkonzentration und kann in vollem Einklange mit der 
Abnahme der elektrolytischen Leitfähigkeit stehen. 

Im Gegensatz zu diesen Beobachtungen fand S. P. L. Sörensen, 
der die Konzentration der Wasserstoflionen während der Pepsinwirkung 
elektrometrisch maß, daß sie sich nicht erheblich verändert?). 

Die Frage, ob die Wasserstoffionenkonzentration der Eiweiß- 


lösung während der Pepsinwirkung sich ändert oder nicht, ist 


1) J. Sjöquist, Physiol. chem. Beobachtungen. Über die Salz- 
säure, 92, 1. 

2) Verhdl. Würzburg. Phys. med. Soc. 1895, S. 67. 

3) Sörensen, Enzymstudien II. Diese Zeitschr. 21. 


166 H. Rohonyi: 


von Bedeutung für die Reaktionsgeschwindigkeit der Pepsin- 
wirkung, die mit der einfachen Formel der mono- oder bimole- 
kularen Reaktionen nicht berechnet werden kann. Sinkt die 
Konzentration der Wasserstoffionen wirklich, so ist das mit ein 
wichtiger Faktor unter denjenigen, die die Reaktionsgeschwin- 
digkeit der Pepsinwirkung bestimmen. 


2. 


Bei meinen Versuchen, mit denen die Klärung dieser Frage 
bezweckt wurde, habe ich folgende Methodik befolgt: 

Aus verdünntem und filtrierttem Hühnereiweiß, Merckschem 
Pepsin. pur. in lamellis und HCl stellte ich eine Lösung her, 
die 2°/, Eiweiß, 0,2°/, Pepsin und »/,, bis le HCl enthielt. 
Die Verfolgung der Änderungen der Wasserstoffionenkonzentration 
geschah auf elektrometrischemWege. In einem Teile der Versuche 
bestimmte ich die H*-Konzentration am Anfang und Ende der 
Pepsinwirkung, in dem anderen Teile nahm ich während der 
Pepsinwirkung zeitweise Messungen der Wasserstoffionen vor. 

Die Bestimmung der H*+-Konzentration ist mit einigen 
Schwierigkeiten verbunden, — das Gleichgewicht der nach der 
üblichen Methode gefüllten Elektroden stellt sich erst nach 3 bis 
4 Stunden ein, was soviel bedeutet, daß erst 4 Stunden nach 
der Füllung die erste Messung vorgenommen werden konnte. 
Damit während dieser Zeit das Pepsin nicht wirke, kühlte ich 
die Eiweiß- und Pepsinlösungen vor dem Vermischen stark ab 
und stellte die Elektroden unmittelbar nach der Füllung mit 
Wasserstoffgas auf 4 Stunden in den Eisschrank. Die Messung 
habe ich sodann bei Zimmertemperatur (20 bis 21°) ausgeführt, 
welche Temperatur die Elektroden im Wasserbade binnen 
10 Minuten annahmen. Das Ergebnis dieser Messung nahm 
ich als die dem Anfang der Pepsinwirkung entsprechende 
H*-Konzentration an. Nach dieser Messung standen die Elek- 
troden 48 Stunden lang im Thermostaten bei 38°. Nach dem 
Abkühlen auf Zimmertemperatur nahm ich dann die zweite 
Messung vor: die erhaltene Zahl entspricht der H*?-Konzen- 
tration am Ende der Pepsinwirkung. Außer diesen nahm ich 
auch solche Messungen vor, in denen die Pepsinwirkung nicht 
in den Elektroden vor sich ging, sondern ich füllte mit der 
Verdauungsmischung, die in einem gut verschlossenen Gefäße 


Veränderung der H-Ionenkonzentration bei Pepsinwirkung usw. 167 


48 Stunden im Thermostat stand, verschiedene Elektroden am 
Anfang und Ende der Wirkung. 

Um die Veränderung der H*-Konzentration während der 
Pepsinwirkung und deren Zusammenhang mit der Veränderung 
der elektrolytischen Leitfähigkeit verfolgen zu können, habe 
ich in einer Anzahl von Versuchen die von Prof. F. Tang! 
konstruierten Wasserstoffelektroden verwendet, die mittels zwei 
besonderen eingeschmolzenen Platinelektroden auch die Messung 
der elektrischen Leitfähigkeit zuließen, so daß diese und die 
Potentialdifferenz mit derselben Elektrode unmittelbar nach- 
einander mit einfacher Umschaltung gemessen werden können. 
Nachdem die mit Verdauungsmischung und Woasserstoffgas ge- 
füllte, etwa 100 ocm fassende Elektrode 4 Stunden lang im 
Eiskasten stand, kam es auf 10 Minuten in ein auf 38° er- 
wärmtes Wasserbad und von da in den auf dieselbe Temperatur 
eingestellten Thermostaten. Die =/,-Salzsäure enthaltende 
Elektrode, sowie die für die Verbindungscapillaren benötigte 
Lösung (”/,-Salzsäure) standen ständig im Thermostaten. So war 
es möglich, in beliebiger Zeit unmittelbar nacheinander die 
H*-Konzentration und die Leitfähigkeit derselben Lösung zu 
messen. Für die einzelnen Messungen war es nötig, den Ther- 
mostaten auf 1 bis 2 Sekunden zu öffnen; die Temperatur im 
Thermostaten wurde hierdurch höchstens um 0,1 bis 0,2° ver- 
ändert. 

Davon, daß die mit angesäuerter Eiweißlösung gefüllten 
Elektroden bei 48stündigem Stehen bei 38° ihre elektrische 
Spannung ohne Pepsinwirkung nicht verändern, habe ich mich 
in der Weise überzeugt, daß ich mit einer schwach sauren Ei- 
weißlösung ohne Pepeinzusatz in derselben Weise Messungen 
ausführte. Das Ergebnis war das folgende: 

Erste Messung (nach 4stündigem Stehen 


im Eisschranke) . . . . . 0,075 Volt 
Nach 6 Stunden. . . . . . . 0077 „ 
s20 e, a 00745 „ 
rn nn... 0,0744, 
„ 30 = ee ee OOTD a 
DT poo 0,0762 „ 


Folglich bleibt, wenn in der Eiweißlösung keine Pepsin- 
wirkung vor sich geht, die elektrische Spannung und die H+- 


168 H. Rohonyi: 


Konzentration der Lösung einer damit gefällten H*-Elektrode 
während 48 Stunden bei 38° unverändert!). 

Zur Untersuchung des Verhaltens der Chlorionenkon- 
zentration nahm ich besondere elektrometrische Chlorionen- 
messungen mit Hilfe von Kalomelelektroden vor. Die Zu- 
sammenstellung der Ketten war die folgende: 

Hg | He, si, -HC1 || */,-HCl || Verdauungsflüssigkeit, He) | Hg. 

Diese Ketten geben nach dem Absetzen des Kalomels, 
also einige Minuten nach dem Füllen, eine konstante elektro- 
motorische Kraft. Nach dem Zubereiten der Eiweiß-Pepsin- 
Salzsäure-Lösung füllte ich die Elektroden sofort mit einem 
Teil der Lösung und maß nach einigen Minuten bei Zimmer- 
temperatur. Der andere Teil der Lösung war 48 Stunden lang 
bei 38° im Thermostaten, wonach ich neue Elektroden damit 
füllte. 

3. 


Die folgende Tabelle I faßt die Ergebnisse der elektro- 
metrischen Messungen von 12 Versuchen zusammen. Die Zu- 
sammenstellung der elektrometrischen Kette war in den Ver- 
suchen 1 bis 10 die folgende: 

| H | Eiweiß 4 Pepsin 
—- Salzsäure || ai, -Salzsäure || ?/,-Salzsäure | H. 
In den Versuchen 11 und 12: 
H | Eiweiß -+ Pepsin 
-+ Salzsäure | a/o Salzsäure | n/ oo Salzsäure | H. 

(Der Salzsäuregehalt der Eiweißlösung war in jedem Falle 
verschieden. Die H*-Konzentration der sl, -Salzsäure (spez. 
Gew. = 1,14) ist, eine 0,85°/,ige Dissoziation zugrunde ge- 
nommen, gleich 0,9690 g äq. pro Liter). 

In der Tabelle I bedeutet Ih die elektromotorische Kraft 
dieser Ketten in Volt bei 20° am Anfang der Pepsinwirkung, 


1) Bei der Berechnung der Messungen bei 38° sind die auf diese 
Temperatur bezogenen Werte der Wanderungsgeschwindigkeit der Wasser- 
stoff- und Chlorionen aus den Formeln 

U1lso +: = 318 (1 + 0,0153 0 


Vise e = 65,4 (1 + 0,0216 0 (Landolt und 
Börnstein) 


und 


entnommen. 
Usso — 415 und V330 — 93,6. 


Veränderung der H-Ionenkonzentration bei Pepsinwirkung usw. 169 


H+; die hieraus berechnete H*-Konzentration (Zahl der Gramm- 
äquivalente in einem Liter). Ir die elektromotorische Kraft 
der Ketten am Ende der Pepsinwirkung, Ho die entsprechende 
H*-Konzentration. D, die absolute Verminderung der H*-Kon- 
zentration während der Pepsinwirkung, D», die relative Ver- 
minderung der H*-Konzentration während der Pepsinwirkung, 
ausgedrückt in Prozenten der anfänglichen H*-Konzentration. 


Tabelle I. 
















0 
0 
0, 96 
0,088 86 
0,012 94 
0,011 96 





Die Ergebnisse der parallelen Messungen von H’-Konzen- 
tration und elektrischer Leitfähigkeit zeigen folgende Tabellen. 


Tabelle I. 


1. Die anfängliche Wasserstoffionenkonzentration Cu + = 0,025 0g Sa 
pro Liter. 





Zeit in Stunden Spezifische Leitfähigkeit 
1 


nach 
der Mischung Ohm/cm 
— 0,01470 
1 0,01423 
130 ‚01392 
2 01300 
8 0,01206 
8 0,01048 
20 0,00915 
24 0,00907 





Verminderung der H+-Konzentration: 0,0230 g äq./l. 
Verminderung der spezifischen Leitfähigkeit: 0,00563 rec. Ohm/cm. 


170 H. Rohonyi: 


Tabelle II. 


2. Die anfängliche Wasserstoffionenkonzentration CH + = 0,00748 g äg. 
pro Liter. 












Zeit in Stunden Spezifische Leitfähigkeit 
1 


Öhm/cm 


Verminderung der H*+-Konzentration: 0,00600 g äq./l. 
Verminderung der spezifischen Leitfähigkeit: 0,00188 rec. Ohm/cm. 


Tabelle IV. 


8. Die anfängliche Wasserstoffionenkonzentration Cu + = 0,0180 gäg. 
pro Liter. 


Zeit in Stunden à Spezifische — 
nach d. Mischung | Cu+gäg/l rec. Ohm/cm 


— 0,0180 0,00721 
24 0,00012 00484 


Verminderung der H+-Konzentration: 0,01788 g äq./l. 
Verminderung der spezifischen Leitfähigkeit: 0,00278 rec. Ohm/com. 


A 


Tabelle V. 


4. Die anfängliche Wasserstoffionenkonzentration Ca + = 0,00820 gäg. 
pro Liter. 








Zeit in Stunden S Spezifische Leitfähigkeit 
nach d. Mischung Garg Sal rec. Ohm/cm 





Verminderung der H+-Konzentration: 0,00297 g äq./l. 
Verminderung der spezifischen Leitfähigkeit: 0,00117 rec. Ohm/cm. 


Auf den Zusammenhang dieser Veränderungen kommen wir 
später zurück. 


Veränderung der H-Ionenkonzentration bei Pepsinwirkung usw. 171 


Außer mit Ovalbumin habe ich auch mit Fibrin Ver- 
suche angestellt. 

Mercksches Blutfibrin, vorher mit destilliertem Wasser 
gewaschen, stand 10 Stunden lang in "/, ‚HCl. Zur Suspension 
des auf diese Weise gequollenen Fibrins gab ich 0,2 °/, Pepein; 
nach gründlichem Durchschütteln wurde ein Teil filtriert, der 
andere auf 48 Stunden in den Thermostaten (38°) gestellt. Während 
dieser Zeit löste sich das Fibrin fast vollständig. Ich fand die 
H*-Konzentration des Filtrates (welche mit der anfänglichen 
H*-Konzentration der Verdauungslösung identisch ist) 0,0093 g äq. 
pro Liter; in der dem Thermostat entnommenen Lösung war 
die H*-Konzentration 0,000017 g äq. pro Liter. In einem 
anderen ähnlichen Versuche sank die H*-Konzentration von 
0,0084 auf 0,000022 gäq. pro Liter. Die H*-Konzentration 
sinkt also auch bei der peptischen Spaltung des Fibrins er- 
heblich. 

Aus den Versuchen geht hervor, daß während der Pepsin- 
verdauung des Eiweißes die Abnahme der H*-Konzen- 
trationin absoluten Werten um so größer ist, je größer 
die anfängliche H*-Konzentration war. (In relativen 
Werten um so kleiner.) | 

Aus den Messungen der Chlorionenkonzentration ergab 
sich, daß der Cl’-Gehalt der Verdauungslösung während 
der Verdauung praktisch unverändert blieb. Jene 
elektromotorischen Ketten, in denen ich den CI’-Gehalt der 
Verdauungslösung mit einer HCl-Lösung von bekanntem OH. 
Gehalt maß, gaben dieselbe elektromotorische Kraft (innerhalb 
der Versuchsfehler, d. h. innerhalb + 0,002 Volt) am Anfang 
und Ende der Verdauung; wenn ich eine inaktive Verdauungs- 
lösung mit einer sich am Ende der Verdauung befindlichen 
aktiven Flüssigkeit verband, produzierte diese Kette, wie die 
folgende Tabelle zeigt, keine oder nur wenige Millivolt Poten 
tialdifferenz (s. Tabelle VI). Dies fand ich so bei der peptischen 
Hydrolyse des Ovalbumins, wie bei derjenigen des Fibrins, 
und ebenso bei der tryptischen Hydrolyse des Ovalbumins, 
wenn ich diese auf dieselbe Weise untersuchte, wie die Ab- 
nahme der H*-Konzentration?). 


1) Siehe später. 


172 H. Rohonyi: | 
Tabelle VL 





Untersuchtes Potential- 
Eiweiß Enzym 


differenz in Volt 





Während der Pepsinwirkung sinkt also die Leitfähigkeit 
und H*-Gehalt der Verdauungsflüssigkeit; der CT Gehalt bleibt 
praktisch unverändert. Betrachtet man nun die Verdauungs- 
lösung als eine Salzsäurelösung, so kann man berechnen, ob 
sich während der Verdauung auch andere, die Leitfähigkeit be- 
einflussende Veränderungen einstellen, oder ob diese ausschließ- 
lich von der Veränderung der H*-Konzentration bestimmt wird. 

Es sei die Leitfähigkeit der Lösung am Anfang der Pepsinwirkung 

Kı =u +å. 
(un,) ist die aus den Wasserstoffionen stammende Leitfähigkeit, worin 
u (= 415) die Wanderungsgeschwindigkeit der Wasserstoffionen bei 38°, 
gu die aus der gemessenen H*+-Konzentration berechnete Zahl der 
Grammäquivalente in 1 com ist; d bedeutet die aus den Chlorionen, 
dem Eiweiß usw. resultierende Leitfähigkeit. Am Ende der Pepsin- 
wirkung ist die spezifische Leitfähigkeit 

R,=un td. 

u ist unverändert und o soll als unverändert betrachtet werden; 
ge bedeutet die Zahl der Wasserstoffionengrammäguivalente in 1 com der 
Lösung, gemessen am Ende der Pepsinwirkung. Die Veränderung der 
Leitfäbigkeit: 

K = K, — K; = u (m — na). 

(71 — ns) ist die Differenz der am Anfang und Ende der Pepsin- 
wirkung gefundenen H+-Konzentration. 

Wenn wir diese Berechnung ausführen, finden wir in den 
obigen 4 Versuchen; 

K, == 0,00891 rec. Ohm/cm 
Är = 0,00247 „ nm , 
Kir — 0,00572 nm d nm 
Er =0,00121 „ „ , 


während die gemessenen Werte 0,00563, 0,00188, 0,00278 und 
0,00117 rec. Ohm/cm waren. 


Veränderung der H-Ionenkonzentration bei Pepsinwirkung usw. 173 


Diese Berechnung zeigt, daß die gefundene Abnahme der 
Leitfähigkeit kleiner ist, als die aus der Abnahme der H+- 
Konzentration berechnete. Das bedeutet, daß bei der pep- 
tischen Hydrolyse von Eiweiß solche Vorgänge sich 
abspielen, welche für sich allein — in Abwesenheit von 
Säure — zur Steigerung derLeitfähigkeit führen würden. 
Während der Trypsinwirkung steigt bekanntlich die Leitfähig- 
keit der Lösung; doch bilden sich hier Aminosäuren, die 
mit Eiweiß verglichen, gutleitende Elektrolyte sind. Die spezi- 
fische Leitfähigkeit der reinen Albumosen ist nach den Unter- 
suchungen von Sjöquist!) sehr klein, ungefähr der spezifischen 
Leitfahigkeit der Eiweiße entsprechend. Nimmt man, wie es 
manche tun, die Existenz von Protein- bzw. Albumoseionen 
in sauren oder alkalischen Lösungen an, so würden unsere 
Zahlen so zu deuten sein, daß in der sauren Lösung eines 
Proteins weniger Proteinionen vorhanden sind, als in derselben 
Lösung der aus diesem Protein stammenden Albumosen. Wenn 
wir nämlich annehmen, daß der eine Teil der Wasserstoffionen 
so gebunden wird, daß die Ladung desselben auf einen Teil 
der Proteinmoleküle übergeht, dann ist es klar, daß die ge- 
messene: Abnahme der Leitfähigkeit kleiner sein muß, als die 
aus der Abnahme der H*-Konzentration berechnete. 


5. 


Über das Verhältnis der Alkalibindungsfähigkeit der Proteine 
und ihrer Spaltungsprodukte finden wir nur bei H. M. Vernon?) 
und T. S. Robertson?) einige Daten. Ersterer fand, daß 
durch die Gegenwart von Proteinen, Albumosen oder Amino- 
säuren die Inaktivierung des Trypsins in einer Na,CO,-Lösung 
vermindert wird; und zwar ist diese Wirkung bei den Proteinen 
ein wenig schwächer als bei den Albumosen, und bei letzteren 
wieder schwächer als bei den Aminosäuren. Da die Ge- 
schwindigkeit der Inaktivierung des Trypsins in einer alkalischen 
Lösung von der OH’-Konzentration der Lösung abhängt, kann 
diese als ein Maß der letzteren dienen. Die Versuche sind 
aber nicht einwandfrei, da — wie das vom Autor selber be- 


1) 1. o. 
2) Journ. of Physiol. 81, 346, 1904. 
3) Phys. Chem. d. Prot. 375, 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 12 


174 H. Rohonyi: 


merkt wird — die Erscheinung dadurch kompliziert wird, daß 
die Proteine und Albumosen mit dem Trypsin komplexe Ver- 
bindungen eingehen und die Trypsinwirkung beeinflussen können. 

Robertson hat die mit der tryptischen Hydrolyse des 
Caseins einhergehende Abnahme der OH’-Konzentration elektro- 
metrisch festgestellt. Er fand, daß die OH’-Konzentration von 
dem anfänglichen Werte von 28,4 ><107" gäq. pro Liter auf 
2,5 X< 10-7 sank. Das ist in absoluten Werten eine so kleine 
Differenz, daß sie von ihm selbst mit Recht als unbedeutend 
bezeichnet wird. Wir wissen jedoch, daß das Säureäquivalent 
der Proteine in hohem Maße von der Konzentration der Säure 
abhängig ist, und zwar ist es in stark verdünnter Säure klein 
und in konzentrierter Säure wesentlich größer. Die Differenz 
der Alkaliäquivalente hätte Robertson sicher größer gefunden, 
wenn die ursprüngliche OH’-Konzentration größer gewesen 
wäre als die von ihm gewählte 28,4 >x< 1077 g äq. pro Liter. 
Wir haben 'ja auch bei der Pepsinwirkung gesehen, daß die 
absolute Abnahme der H*-Konzentration um so größer war, 
je größer der ursprüngliche H*-Gehalt der Verdauungslösung war. 

Daß dies bezüglich der Säurebindung auch bei der tryp- 
tischen Spaltung der Fall ist, habe ich durch besondere 
Versuche in Erfahrung gebracht. Ich teilte 100 ccm Ver- 
dauungsflüssigkeit, enthaltend 2°/, Ovalbumin und 0,2°/, Trypsin 
(Merck) in 2 Teile. Zur einen Hälfte gab ich 25 ccm einer 
a/ o- HCl-Lösung; die gemessene H*-Konzentration dieser Lösung 
war 0,0136 gäq. pro Liter. Die andere Hälfte der Lösung 
stand 48 Stunden im Thermostaten bei 38°; sie enthielt nach 
dieser Zeit bloß in Spuren Eiweiß. Die nach Hinzufügung 
von 25 ccm derselben »”/ ‚-Salzsäurelösung gemessene H*+-Kon- 
zentration war 0,00086 gäq. pro Liter. Durch die hydroly- 
tischen Produkte wurden also um 0,0127 gäq. Ht pro Liter 
mehr gebunden als durch das Eiweiß, aus welchem diese ent- 
standen. In einem anderen Versuche, worin die anfängliche 
H*-Konzentration 0,0289 war, sank diese auf 0,0015; hier be- 
trug also die Differenz 0,0274 gägq. pro Liter. 


6. 


Diese Versuche haben sich sämtlich darauf bezogen, welches 
Verhältnis zwischen der Säurebindungsfähigkeit einer gegebenen 


Veränderung der H-Ionenkonzentration bei Pepsinwirkung usw. 175 


Eiweißmenge und der Säurebindungsfähigkeit der aus dieser 
hervorgegangenen hydrolytischen Produkte besteht. In dem 
Folgenden habe ich die Säurebindungsfähigkeit des Ovalbumins, 
der Albumose und einer Aminosäure gesondert festgestellt; 
hierdurch verglich ich also die auf gleiche Gewichtsmengen 
(gleiche Trockensubstanzmengen) bezogene Säurebindungsfähig- 
keiten. Das war schon deswegen nötig, weil in der Lösung 
des nativen Eiereiweißes nicht nur das Ovalbumin die Säure 
bindet sondern auch die vorhandenen alkalischen Salze, und 
so ist hier der auf das Eiweiß selbst fallende Teil der Säure 
unbekannt. 

Zu diesem Zwecke verwendete ich folgende Substanzen: 

1. Eine Lösung des Merkschen krystallisierten Ovalbumins, 
welche gegen Lackmuspapier vollkommen neutral ist. Die 
spezifische Leitfähigkeit beträgt 0,0016 rec. Ohm/cm bei 20°. 

2. Eine Witte-Peptonlösung. Das Witte-Pepton habe ich 
so gereinigt, daß ich die 25°/ ige wässerige Lösung durch 
Alkohol fällte und filtrierte; das Präcipitat habe ich noch 
einigemal gelöst und mit Alkohol neuerdings gefällt. Das 
zum viertenmal gefällte Präcipitat habe ich vom Alkohol durch 
Eindampfen im Wasserbade gereinigt. Die 1,8°/,ige Lösung 
der auf diese Weise gewonnenen Albumosen reagierte voll- 
kommen neutral; die spezifische Leitfähigkeit betrug bei 20° 
0,00050 rec. Ohm /cm. 

3. Eine 1,5 °/,ige Mercksche Alaninlösung. Die Zusammen- 
setzung der Konzentrationskette war die folgende: 


H | Se HOT + A | ”/29 HO | H. 






H+-Ionenbindung 
ber. auf I g A in 
0/, d. H+-Konz. 
d. Lösungsmittels 






Gebundene H+- 
Ionen g äq./l 







Ovalbumin . 1,9 0,0183 22,6 
Albumose . 1,8 0,0278 35,9 
Alanin . . .15 0,0428 66,2 


U 


Die Wasserstoffionenäquivalente der drei Substanzen ver- 
halten sich also zueinander, wie 1:1,6:3. Das Säureäquivalent 
der hydrolytischen Spaltungsprodukte ist wesentlich größer, 
als das Säureäquivalent des Eiweiß, und zwar um so größer, 


je vollständiger die Hydrolyse ist. 
12* 


176 H. Rohonyi: 


Bezüglich der Chlorionenbindung wissen wir aus den Unter- 
suchungen von Liebermann und Bugarszky!), daß Eiweiß 
in salzsaurer Lösung ebensoviel Cl’-Ionen als H’-Ionen bindet. 
Ich habe nun in besonderen Versuchen das Cl und H’-Bin- 
dungsvermögen von Eiweiß und einigen hydrolytischen Spalt- 
produkten verglichen. Die Cl’ habe ich mit Kalomelelektroden 
folgender Zusammenstellung gemessen: 


Hg | Hei, ®/,,.HCI+A Tse DO, HgCl | Hg 


C/’-Ionenbindung ber, 
Zehl d. gebund. | auf 1 g A in °/, der a Meng 
C/’-Ionen gäq./l | C/’-Konz. d Lösungs- 8 
mittels 




















Die eingeklammerten Zahlen sind der Tabelle auf S. 175 
entnommen. 

Wir sehen, daß die Zahl der durch die Albumose und 
durch das Alanin gebundenen Cl’-Ionen größer ist, als die Zahl 
der durch das Ovalbumin gebundenen Cl’-Ionen. Während 
jedoch das Wasserstoffionenäquivalent des Ovalbumins und der 
Albumose mit deren Cl’-Ionenäquivalenten (innerhalb der Ver- 
suchsfehlergrenzen) gleich ist, bindet das Alanin fast zweimal 
soviel H*-Ionen als CY-Ionen. 

Die Säurebindung der Albumose geht also in derselben 
Weise vor sich wie beim Eiweiß: die entstandene Verbindung 
dissoziiert weder H+, noch Cl-Ionen. Das Alanin hingegen 
verhält sich wie eine schwache Base: die Alanin-Salzsäure gibt 
in ihre Lösung Cl’-Ionen ab. Das entspricht der Auffassung, 
daß im Aminosäuremolekül die NH. Gruppe mit der Säure 
reagiert; die Tatsache dagegen, daß die Albumose genau so viel 
C/-Ionen bindet, wie H*-Ionen, spricht eher dafür, daß die 
Säurebindung der Albumose nicht durch NH,-Gruppen ge- 
schieht, sondern vielleicht durch die .C(OH)..N-Gruppen, in 
denen laut Robertson?) die Säurebindung des Eiweiß vor 
sich geht. 

Diese Daten sind aber im Widerspruch mit den Messungen, 


1) Arch. f. d. ges. Physiol. 72, 51, 1898. 
2)]. c. S. 22. 


Veränderung der H-Ionenkonzentration bei Pepsinwirkung usw. 177 


die zeigten, daß der Cl-Gehalt während der Hydrolyse von 
Säure-Eiweiß bei Abnahme des H*-Gehalts unverändert bleibt. 
Wir erfahren aus der vorigen Tabelle, daß selbst in dem Falle, 
daß sich während der Hydrolyse sämtliches Eiweiß zu Amino- 
säuren umwandeln würde, die C/-Konzentration trotzdem sinken 
müßte, wenn auch in diesem Falle weniger wie die H*-Kon- 
zentration. Das ist aber nicht einmal bei der Trypsinwirkung 
der Fall; bei der Pepsinwirkung entstehen überhaupt keine 
Aminosäuren, wenigstens nicht innerhalb der Versuchszeit meiner 
Untersuchungen, sondern bloß Albumosen und Pepton. Ich 
habe auch untersucht, wie die Säurebindung von Albumosen 
in Gegenwart von Pepsin verläuft; man könnte nämlich denken, 
daß die fraglichen Unterschiede vielleicht mit irgendwelcher 
Wirkung des Enzyms im Zusammenhang stehe. Ich sah, daß 
sich die aus Witte-Pepton dargestellte und 48 Stunden lang 
der Wirkung von 0,2°/,igem Pepsin ausgesetzte Albumose genau 
so verhält in bezug auf Säurebindung, wie die reine Albumose- 
lösung; sie bindet genau soviel Cl-Ionen als H*-Ionen. 

Am einfachsten ist die Annahme, daß die durch Hydro- 
lyse ebenso entstandene Albumose sich in bezug auf Säure- 
bindung anders verhält, wie das aus einer solchen Lösung durch 
Neutralisierung und Eintrocknen gewonnene Albumose-Präpa- 
rat. Ohne in die verschiedenen Hypothesen!) über den Mecha- 
nismus der Säurebindung eingehen zu wollen, können wir diese 
Verschiedenheit auf die Weise ausdrücken, daß in dem einen 
Falle der eine Teil der Säure in Gestalt eines elektrolytisch 
dissoziierten Salzes gebunden wird, und im anderen in Gestalt 
einer Verbindung, die die Anionen der Säure in einer undis- 
soziabeln Bindung enthält. 


T. 

Aus den Untersuchungen von Sörensen?) wissen wir, daß 
die anfängliche H*-Konzentration der Verdauungslösung die 
Reaktionsgeschwindigkeit der Pepsinwirkung stark beeinflußt. 
Wenn die H*-Konzentration — wie wir sahen — während der 
Verdauung sich fortwährend verändert, dann können wir er- 
warten, daß die Reaktionsgeschwindigkeit, abgesehen von an 


1) Robertson, 1. c. 22 ff. 
2) Enzymstudien II. Diese Zeitschr. 21. 


178 H. Rohonyi: 


deren Faktoren, mit der Abnahme der H*-Konzentration sich 
proportional vermindert. 

Die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante der Pepsinwirkung 

nimmt, falls sie nur von der Konzentration des Pepsins und 
des noch vorhandenen Eiweiß abhängig betrachtet wird, tat- 
sächlich mit der Zeit ab. Wenn man aber mit Arrhenius?) 
die Annahme macht, daß die Verdauungsgeschwindigkeit in 
jedem Moment der noch vorhandenen Albuminmenge, sowie 
der Fermentmenge proportional und der Menge des Umgesetzten 
umgekehrt proportional ist, so findet man in einem ziemlich 
. großen Intervall Übereinstimmung zwischen Versuch und 
a— zx ! — 
TF? wo a die anfängliche, x die noch un 
hydrolysierte Eiweißmenge, F die Fermentkonzentration, t die 
Zeit bedeutet). Zu dem Schluß, daß die Geschwindigkeit der 
Menge des Umgesetzten umgekehrt proportional sei, kommt 
Arrhenius auf Grund der Annahme, daß Pepsin von den ge- 
bildeten Produkten gebunden wird. 

Wir fanden zunächst, daß die Wasserstoffionenkonzentration 
der Flüssigkeit — eine Variable der Reaktionsgeschwindig- 
keit — der Menge des umgesetzten Eiweiß proportional ab- 
nimmt. Wir können demnach die Abhängigkeit der 
Reaktionsgeschwindigkeit von der Menge des Umge- 
setzten — die hemmende Wirkung der Albumosen 
neben der hypothetischen Pepsinbindung teilweise aus 
deren Wasserstoffionenbindung ableiten. 


Rechnung. (K = 


Zusammenfassung. 

1. In einer salzsauren Eiweißlösung nimmt während der 
Pepsinwirkung die H*-Konzentration bedeutend ab; die C- 
Konzentration bleibt praktisch unverändert. 

2. Diese Abnahme der H*-Konzentration wird dadurch 
bedingt, daß die hydrolytischen Spaltungsprodukte des Ei- 
weißes mehr H*-Ionen binden, als diejenige Menge Eiweiß, aus 
der sie entstanden. Das gilt sowohl für die Spaltungsprodukte 
der peptischen, als der tryptischen Spaltung. Die hydrolytischen 
Spaltungsprodukte binden ebenfalls mehr Cl’-Ionen, als das Ei- 


1) Zit. Oppenheimer, Die Fermente, S. 243. 


Veränderung der H-Ionenkonzentration bei Pepsinwirkung usw. 179 


weiß; darum muß für die Tatsache, daß die Cl’-Konzentration 
während der Hydrolyse nicht abnimmt, eine besondere Er- 
klärung gegeben werden. 

3. Die Abnahme der Leitfähigkeit, gemessen während der 
Pepsinwirkung, ist kleiner, als die aus dem Sinken der H*- 
Konzentration berechnete. 

4. Es wird auf die Bedeutung der Abnahme der H*-Kon- 
zentration in bezug auf die Reaktionsgeschwindigkeit der pep- 
tischen Wirkung hingewiesen. 





i 


— 
a 


Die Entwicklungsarbeit im Fundulusei. 
VII. Beitrag zur Energetik der Ontogenese. 
Von 
Otto C. Glaser (Ann. Arbor, Michig. U. S. A.). 


(Aus der königl. ung. tierphysiologischen Versuchsstation in Budapest, 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 2. Mai 1912.) 


Der Zweck meiner Versuche war, die Entwicklungsarbeit 
im Ei eines Knochenfisches, des Fundulus heteroclitus, in der- 
selben Weise zu bestimmen, wie es F. Tangl!) für das Hühnerei 
und Forellenei und sein Schüler K. Farkas?) für das Ei des 
Seidenspinners ermittelte. Wie in den Tanglschen Versuchen 
wurden die Veränderungen festgestellt, die während der Ent- 
wicklung des Embryo im Substanz- und Energiegehalt (Gehalt 
an chemischer Energie) im Eiinhalt auftreten. Aus der Differenz 
zwischen Anfangs- und Endstadium läßt sich dann, unter den 
von Tangl angegebenen Bedingungen, die Menge der ver- 
brauchten organischen Substanz und chemischen Energie be- 
rechnen. Die wesentlichste Bedingung ist, daB während der 
embryonalen Entwicklung keine, chemische Energie enthaltende 
Substanzen dem Ei zugeführt werden (wie das z. B. beim Säuge- 
tierei geschieht) und daß keine solchen aus dem Ei verloren 
gehen. Beim Vogelei, Forellen- und Seidenspinnerei waren 
diese Bedingungen erfüllt; dasselbe konnte ich nach den Er- 
fahrungen am Forellenei auch für das Fundulusei mit Recht 
voraussetzen. 

Die Eier sammelte ich im Juni 1911 im Marine Biological 
Laboratory in Woods Hole Mass., U.S. A. Es war nicht leicht, 
eine zu den Versuchen nötige Menge von Eiern zu verschaffen, 
so daß die Untersuchung eben wegen Mangels an Material 


1) Arch. f. d. ges. Physiol. 93, 327; 104, 624; 121, 437. 
2) Arch. f. d. ges. Physiol. 98, 490. 


O. C. Glaser: Energetik der Ontogenese. 181 


manche Lücken aufweist. Ein Weibchen gibt beim Abstreifen 
höchstens einige Hundert entwicklungsfähige Eier ab. Die Eier 
nahm ich in der in Fischzüchtereien üblichen Weise ab, während 
die Spermien entweder ebenfalls durch Abstreifen oder durch 
Zerzupfen der Hoden einiger Männchen gewonnen wurden. 
Ich habe stets künstliche Befruchtung angewendet, die am 
besten auf trockenem Wege, d h. ohne Zusatz von Seewasser, 
gelang. Es muß aber betont werden, daß selbst unter günstigen 
Bedingungen die künstliche Befruchtung nicht in allen Eiern 
zur Embryogenese führt. 

Ungefähr 1/, Stunde nach dem Zusatze der Spermien- 
suspension wurden die Eier mehrere Male in frischem Seewasser 
gewaschen und dann in zugedeckten Schälchen der weiteren 
Entwicklung überlassen. Täglich wurden die toten oder sich 
nicht entwickelnden Eier entfernt und das Wasser erneuert. 
Eine Probe der Eier kam unmittelbar nach der Befruchtung 
in den Trockenschrank, während die anderen bis zum Aus- 
schlüpfen weiter bebrütet wurden. Leider sind verhältnismäßig 
wenige zum Ausschlüpfen gekommen, was durchschnittlich 
384 Stunden nach der Befruchtung stattfindet. Ich trocknete 
nämlich auch Proben der Zwischenstadien (bzw. 54, 72, 144, 
169 und 140 Stunden nach der Befruchtung), diese habe ich 
auch zum Teil aufgearbeitet, doch müssen diese Versuche noch 
wesentlich ergänzt werden, ehe sich näheres über den Stoff- 
und Energieumsatz der Zwischenstadien berichten läßt. Vor- 
derhand habe ich nur Anfangs- und Endstadium der embryo- 
nalen Entwicklung verglichen. 

Das Trocknen der Eier geschah bei 60° im Trockenschranke 
und dieses Trockenmaterial diente dann zu den Untersuchungen, 
die ich im Laboratorium des Herrn Prof. F. Tangl in Buda- 
pest ausführte. 

Bestimmt wurde an den einzelnen Proben Trockensubstanz- 
und Aschegehalt. Letzterer mußte sehr sorgfältig mittels des 
Extraktionsverfahrens ermittelt werden, da der Kochsalzgehalt 
der Asche ein außerordentlich hoher war. Selbst die geringe 
Menge Seewasser nämlich, die an den klebrigen Eihüllen haften 
bleibt, erhöht den Aschengehalt ganz gewaltig, und zwar in 
solchem Maße, daß die kalorimetrische Verbrennung öfter 
mißlang. 


182 O. C. Glaser: 


Die kalorimetrische Verbrennung zur Bestimmung des Ge- 
haltes an chemischer Energie habe ich mittels der kleinen 
kalorimetrischen Bombe des Institutes, die Zaitschek!) geprüft 
hat, ausgeführt, genau so, wie es K. Farkas mit den Seiden- 
spinnereiern machte. 

Die folgende Tabelle enthält die Ergebnisse dieser Be- 
stimmungen: 










Trocken- 
substanz Asche 


8 





g 







1000 Eier enthalten unmittel- 
bar nach der Befruchtung 
samt Eihüllen . . . .. . 

1000 Larven unmittelbar nach 
dem Ausschlüpfen ohne Ei- 
hollen . 2... 2 2 2020 


in den dazu gehörigen Ei- 






0,660 0,185 0,475 












0,535 0,185 0,350 





2550 
hüllen.. s e 4.2.5... 4. 0,045 — 0,045 
also sind verschwunden . . — | — | 9080 | 723 

Es soll zunächst bezüglich des Aschengehaltes der Eier 
bemerkt werden, daß derselbe wahrscheinlich durch das un- 
vermeidlich anhaftende Seewasser, wie schon erwähnt, außer- 
ordentlich hoch ist. Natürlich ist so aus den Zahlen nicht er- 
sichtlich, wieviel von der Asche dem Ei selbst zukommt, was 
aber zu kennen deshalb wünschenswert gewesen wäre, weil aus 
der ev. Konstanz des Aschengehaltes darauf gefolgert werden 
könnte, daß während der Entwicklung von dem Eiinhalt nichts 
verloren ging. Immerhin ist es bemerkenswert, daß ich bei Eiern 
verschiedenen Alters, 36 bis 142 Stunden nach der Befruchtung, 
für den Aschengehalt ziemlich übereinstimmende Werte ge- 
funden habe: 0,170 bis 0,199 g, im Mittel 0,185 g. Mit diesem 
Mittelwert habe ich dann auch für die ausgeschlüpften Larven 
den Gehalt an organischer Substanz berechnet. 

Was die Eihüllen betrifft, so habe ich zur Bestimmung 
ihres Trockensubstanzgehaltes in einer Anzahl konservierter Eier 
die Eihüllen sorgfältig abpräpariert und getrocknet. Ihre Sub- 
stanzmenge ist sehr gering, dementsprechend auch ihr Gehalt 
an chemischer Energie. Eben deshalb habe ich ihren geringen 
Gehalt an Asche unberücksichtigt gelassen, ebenso ihren Gehalt 


1) Arch. f. d. ges. Physiol. 121, 128, 1908. 





Energetik der Ontogenese. 183 


an chemischer Energie. Der dadurch bedingte Fehler kommt 
bei der Berechnung der Entwicklungsarbeit um so weniger in 
Betracht, da es sich bei letzterer doch nur um den ersten 
Näherungswert handeln kann. 

Aus den angeführten Zahlen ergibt sich, daß während der 
Entwicklung von 1000 Funduluslarven von der Befruchtung 
bis zum Ausschlüpfen der Larven 

0,475 — 0,390 = 0,080 g organische Substanz und 

3275 — 2550 = 723 g-cal chemischer Energie 
verbraucht wurden. Die Entwicklungsarbeit von 1000 Fundulus- 
larven beträgt also 723 g-cal. 

Für den Vergleich mit der Entwjcklungsarbeit anderer 
Tiere ist die spezifische Entwicklungsarbeit wichtig, d. h. die 
pro 1 g Embryo verbrauchte chemische Energie. Dividiert man 
die Entwicklungsarbeit mit dem Gewichte der Trockensubstanz 
des Embryo, so erhält man diesen Wert auf Trockensubstanz 
bezogen. Für die Funduluslarven!) ergibt sich 

ees = 1,35 Cal, abgerundet 1,4 Cal. 

Nun muß aber in Betracht gezogen werden, daß ein großer 
Teil des Gewichtes der ausgeschlüpften Larven auf den un- 
verbrauchten Dotter fällt, den sie noch mit sich führen. Ich 
habe versucht, an Larven durch vorsichtiges Abpräparieren des 
Dotters das Verhältnis zu dem übrigen embryonalen Körper 
zu erhalten; es stellte sich heraus, daß etwas mehr als die 
Hälfte der ausgeschlüpften Larven aus Dotter besteht. Da 
die Entwicklungsarbeit sich auf ausgebildete organisierte em- 
bryonale Substanz bezieht, so erhöht sich die eben berechnete 
Zahl für die spezifische Entwicklungsarbeit auf etwas mehr als 
das Doppelte, d. h. auf etwa 3 Cal. (Berechnet man die spezi- 
fische Entwicklungsarbeit der organischen Substanz, so erhält 
man 4 Cal) Tangl hat für die spezifische Entwicklungsarbeit 
des Hühnerembryos 3,8 Cal. pro 1 g Trockensubstanz erhalten 
und sein Schüler K. Farkas beim Seidenspinner 3,1 Cal. 

Nach meinen Versuchen ist also die spezifische Ent- 
wicklungsarbeit im Fundulusei — wenigstens für die em- 

2) Die spezifische Entwicklungsarbeit der frischen, wasserhaltigen 


Substanz konnte ich nicht berechnen, weil das frische Gewicht der 
Larven und Eier nicht ermittelt wurde. 


184 O. C. Glaser: Energetik der Ontogenese, 


bryonale Trockensubstanz — annähernd von der gleichen 
Größe wie im Hühner- und Seidenspinnerei. Meine Ver- 
suche sprechen demnach ebenfalls für die Hypothese Tangls, 
daß „die spezifische Entwicklungsarbeit der tierischen Or- 
ganismen keine Funktion ihrer phylogenetischen Stellung und 
Organisation ist, und daß dementsprechend die embryogene- 
tische Bildung verschieden hoch organisierter lebender tierischer 
Substanz mit gleichem Verbrauch an chemischer Energie er- 
folgen kann, und so weit bisher untersucht, auch tatsächlich 
erfolgt“. 

Zum Schlusse möchte ich noch auf eine weitere Überein- 
stimmung zwischen Fundulus einerseits und Huhn- und Seiden- 
spinner anderseits hinweisen. 

Versucht man den spezifischen Energiegehalt — (Ver- 
brennungswärme) — der während der embryonalen Entwick- 
lung verbrauchten organischen Substanz zu berechnen, indem 
man die verschwundene chemische Energie mit der verbrauchten 
organischen Substanz dividiert, in meinen Versuchen. 

723 cal 

0,088 = 9,0 Cal., 
so erhält man, wie die Rechnung zeigt, einen Wert, der dem 
Verbrennungswert des Fettes entspricht. Das spricht dafür, 
daß im Fundulusei sowie im Hühner- und Seidenspinnerei die 
chemische Energie des Fettes die Entwicklungsarbeit 
liefert, d.h. es wird während der Embryogenese haupt- 
sächlich Fett verbrannt. 

Ich habe noch den Energie- und Stoffverbrauch in den 
verschiedenen Stadien der Entwicklung des Fundulusembryo 
untersucht, um vor allem festzustellen, ob die Entwicklungs- 
arbeit auch in den verschiedenen Stadien der Embryogenese 
die gleiche ist und von den gleichen Stoffen geliefert wird. 
Diese Untersuchungen müssen aber, wie schon erwähnt, noch 
ergänzt werden. 

Die mitgeteilten Untersuchungen habe ich unter der Lei- 
tung des Herrn Prof. F. Tangl in der königl. ung. tierphysiolo- 
gischen Versuchsstation in Budapest ausgeführt. 





Über die lipolytische Wirkung verschiedener 
Organextrakte. 


Von 
L. Berczeller. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest, 
Direktor: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 21. Mai 1912.) 


Im Magen-Darmkanal wirken starke, fettspaltende Fer- 
mente auf die mit der Nahrung aufgenommenen Fette. Wir 
wissen, welche wichtige Bedeutung diese Fermente für die 
Fettresorption haben. Im Darmkanal werden die Fette ge- 
spalten, dagegen findet sich in den Chylusgefäßen das neutrale 
Fett wieder regeneriert. Dieselbe Erscheinung beobachtet man 
bei den Eiweißkörpern, die im Darmvolumen zu niedrigeren 
Spaltprodukten hydrolysiert sind, im Blute aber wieder als 
Eiweiß erscheinen. 

Obwohl nun die Fette von viel einfacherer Zusammen- 
setzung sind, sind die Angaben über ihre Spaltungen und 
Synthesen viel weniger eindeutig, was wohl an den metho- 
dischen Schwierigkeiten der Untersuchungen gelegen sein mag. 

Was zunächst die Vorgänge bei der Spaltung der Fette 
betrifft, so wollen manche der Frage mit Versuchen näher- 
treten, die nicht mit Fetten, sondern mit in Wasser löslichen 
Estern angestellt wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen 
können jedoch vorläufig für die Ansichten über Fettspaltung 
nicht gut verwertet werden. Ich werde sie daher in meinen 
Auseinandersetzungen ganz außer Acht lassen. 

Die lipolytische Wirkung untersuchten an Fetten ein- 
gehend in den letzten Jahren Saxl und Pagenstecher. 


186 L. Berczeller: 


Saxl!) versetzte das Fett mit zerriebenen Organen, nämlich 
Leber, Lunge und Knochenmark. Er fand in allen Fällen 
Fettzersetzung, jedoch nur in sehr geringem Maße. Er machte 
nur sehr wenige Untersuchungen. Pagenstecher?) führte 
seine Untersuchungen an einem größeren Material aus, jedoch 
mit wechselndem Erfolge. Er fand in manchen Fällen sehr 
bedeutende, in anderen fast keine Fettspaltung. 

Es schien also durchaus nicht überflüssig, die verschiedenen 
Organe systematisch mit der gleichen Methode auf ihre fett- 
spaltende Wirkung zu prüfen. Diese Prüfung war für die noch 
immer ungelöste Frage wichtig: wie gelangt das Fett aus den 
verschiedenen Depots in den Kreislauf und wie geschieht der 
Abbau in den einzelnen Organen. 

Der nächstliegende Gedanke ist wohl der, daß in den 
Depots nach einer vorausgehenden, vielleicht nur sehr geringen 
Spaltung eine ähnliche Emulgierung stattfindet, wie im Darm. 
Am einfachsten bildet sich eine Fettemulsion bei Gegenwart 
von selbst sehr geringen Mengen von Seifen. 

Ich stellte mir zunächst die Frage, ob im größten Fett- 
depot des Organismus — Unterhautfettgewebe — eine zu 
einer solchen Seifenbildung notwendige Fettspaltung nach- 
gewiesen werden kann. Zu diesem Zwecke untersuchte ich 
das Unterhautfettgewebe in folgender Weise auf freie Fett- 
säuren: ich preßte größere Mengen dieses Gewebes mit der 
Buchnerschen Presse aus, wodurch das Fett vom Bindegewebe 
befreit und zum größten Teil in flüssiger Form gewonnen wurde. 

In diesem konnte ich nun mittelst Sie bis Bi KO 
keine Fettsäure nachweisen und es war unmöglich, dieses 
Fett mit der Lauge zu emulgieren. Ich untersuchte auf diese 
Weise das Unterhautfett von Pferd, Hund, Schwein und 
Rind immer mit dem gleichen Resultate, d. h. daß keine 
freien Fettsäuren nachgewiesen werden konnten. Das 
frische Unterhautfett der angeführten Tierarten enthält normaler- 
weise keine freien Fettsäuren in nachweisbarer Menge. 

Ebenso konnte ich weiter nachweisen, daß in diesem 
Fette kein fettspaltendes Enzym enthalten ist. Das 


1) Diese Zeitschr. 12, 243. 
2) Diese Zeitschr. 18, 285. 


Lipolytische Wirkung verschiedener Organextrakte. 187 


konnte in der Weise festgestellt werden, daß ich das mit 
a/o oder ?/,,-KOH versetzte Fett (mit Thymol versetzt) 
24 Stunden lang im Thermostaten stehen ließ. War ein fett- 
spaltendes Enzym vorhanden, so wären viel freie Fettsäuren 
entstanden, worauf eine Emulsionsbildung eingetreten wäre. 
Ich konnte nie eine Emulsionsbildung beobachten, ein Beweis, 
daß keine Fettspaltung, also auch keine Verseifung statt- 
gefunden hat. Hätte sich in dem aus dem Fettgewebe aus- 
gepreßten Fette ein fettspaltendes Enzym nachweisen lassen, 
so wäre damit auch bewiesen gewesen, daß dieses Enzym im 
Fett löslich ist, während ich von der Pankreaslipase nach- 
weisen konnte, daß es in Fett unlöslich ist!). 

Mit diesen Befunden glaube ich auch bewiesen zu haben, 
daß im Unterhautfettgewebe regelmäßigerweise keine 
Spaltung der Fette in Fettsäuren und Glycerin statt- 
findet. 

Die fettspaltende Wirkung der übrigen Organe wurde nach 
folgender Methode untersucht. 

Mit der Buchnerschen Presse habe ich aus verschiedenen 
Organen (Leber, Milz, Niere, Darm, Muskel, Herzmuskel, Lunge 
und zur Kontrolle aus Pankreas) einen Preßsaft bereitet. Bei 
der Zubereitung des Preßsaftes habe ich keine Infusorienerde 
angewendet, weil sie nach Michaelis?) Enzyme adsorbiert. 

Die meisten Organe lieferten einen ziemlich leichtflüssigen 
Preßsaft, mit Ausnahme des Pankreas, dessen Preßsaft sehr 
fadenziehend war. Nur der aus den Schweinsorganen gewonnene 
Saft war viel zäher, mutmaßlich wegen des größeren Fett- 
gehaltes. Aus dem Pankreas des Schweines konnte ich über- 
haupt keinen Saft, sondern bloß eine teigige Masse gewinnen. 

Diese Preßsäfte versetzte ich dann mit einer Fettemulsion, 
die mit Gummi arabicum bereitet war und 4°/, Fett enthielt. 

Auf diese Weise sollte in allen Versuchen nicht nur die 
Fettmenge, sondern ungefähr auch die Fettoberfläche die gleiche 
sein. Es könnte eingewendet werden, daß das Gummi arabicum 
eine schützende Hülle um das Fett bildet und so die Einwir- 
kung der Lipase unmöglich macht. Die große Wirksamkeit 


1) L. Berczeller, diese Zeitschr. 84, 170, 1911. 
2) Abderhalden, Bioch. Arbeitsmethoden. 


188 L. Berczeller: 


der Pankreaslipase bei diesen Versuchsanordnungen entkräftet 
diesen Einwurf. Ich machte bei jedem Organe stets drei Ver- 
suche: Zu diesem Behufe wurden von jedem Preßsafte drei 
gleiche Proben mit der Fettemulsion vermischt; die erste Probe 
wurde mit Toluol versetzt und in den Thermostaten (37°) 
gestellt. Die zweite Probe wurde aufgekocht, dann mit Toluol 
versetzt und ebenfalls in den Thermostaten gestellt. In der 
dritten Probe wurde sofort die Menge der freien und der 
eventuell als Seifen vorhandenen Fettsäuren bestimmt, indem 
ich die Probe nach Ansäuern mit etwas HCl mit 50 ccm — 
unter 60° siedenden — Petroläther ausschüttelte und dann 
25 ccm des Petroläthers abpipettierte und mit al, ‚alkoholischer 
Kalilauge titrierte; als Indicator benutzte ich Phenolphthalein. 

Genau in derselben Weise wurden nach 24 Stunden die 
beiden anderen Proben mit Petroläther ausgeschüttelt und 
titriert. 

Manchmal trennte sich der Petroläther nur unvollständig 
von der kolloidalen Flüssigkeit; da half Zusatz von etwas 
Alkohol. 

In den meisten Versuchen habe ich jede Probe doppelt 
aufgestellt, so daß ich meist Doppelanalysen habe. 

Ich habe auch nicht versäumt, den Fettsäuregehalt der 
zu den Versuchen verwendeten Fettemulsion zu bestimmen, 
nachdem sie — ohne ÖOrganpreßsaft —, mit Toluol versetzt, im 
Thermostaten gestanden hat. 25 ccm der Fettemulsion — so viel 
habe ich stets zu den Proben mit den Preßsäften genommen 
— verbrauchten dann höchstens 0,1 bis 0,2 ccm sl, KOH. 

Die Ergebnisse dieser Versuche habe ich in den folgenden 
Tabellen zusammengefaßt. In denselben ist: 

Probe a, die mit Toluolzusatz 24 Stunden im Thermo- 
staten stand; 

Probe b, die vor dem Toluolzusatz aufgekocht wurde und 
dann 24 Stunden im Thermostaten stand; 

Probe c, die sofort nach dem Vermischen von Preßsaft 
und Fettemulsion analysiert wurde. 

Die Zahlen geben die Menge der gefundenen Fettsäuren 
in ?/ ,„ mg-Äquivalenten an. 

Die Differenz a— e gibt die Menge der durch Lipolyse 
entstandenen Fettsäuren an. Die Probe b dient als Kontrolle. 


Lipolytische Wirkung verschiedener Organextrakte. 189 


Tabelle I. 
Blut. 





Die Fettspaltung war — wenn überhaupt vorhanden — mit 
Blut bei allen Blutarten so gering, daß sie nicht sicher nach- 
gewiesen werden konnte. Die maximale Differenz (0,2 mg-Äquiv. 
== 0,2 cem Ale KOH) überschreitet kaum die Grenze der un- 
vermeidlichen Analysenfehler. Jedenfalls kann es sich beim 
Blute nur um einen minimalen Gehalt an lipolytischem Ferment 
handeln. 


Tabelle II. 
Leber. 





Mit Ausnahme der Versuche 7 und 11 finden wir in allen 
Fällen meßbare Fettspaltung. Die Resultate entsprechen nach 
der Größenordnung den Werten von Saxl. Sie bestätigen voll- 
kommen seine Angaben. Bemerkenswert ist, daß die Schweins- 


leber die höchsten Werte zeigt. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 13 


190 L. Berczeller: 


Tabelle III. 
Muskel. 







Menge des 
angewandten 
PreBsaftes 








Versuchstier 


Tabelle IV. 


Herzmuskel. 


Menge des 
angewandten 
PreBsaftes 









Versuchstier 


Bei Muskel und Herzmuskel fand ich minimale oder über- 
haupt keine Fettspaltung. 


Tabelle V. 
Lunge. 


Menge des 
angewandten 
Preßsaftes 


Fast in allen Fällen ausgesprochene Fettspaltung, jedoch 
viel geringere, als Sieber!) nachgewiesen hat. Meine Werte 
erreichen auch nicht die von Saxl. 


*) Differenz a — b. 
1) Zeitschr. f. physiol. Chem. 55, 177, 1907. 


Lipolytische Wirkung verschiedener Organextrakte. 191 
Tabelle VI. 


Niere. 


Menge des 
angewandten 





In allen Fällen bedeutende Fettspaltung. Besonders groß 
bei der Schweinsniere. 


Tabelle VII. 
Milz. 








Menge des 
angewandten 
Preßeaftes 










Versuchstier 





Nummer 
œ N © || des Vers. 






In der Milz fanden sich immer lipolytische Fermente. Die 
fettspaltende Wirkung war aber nicht größer als in anderen 
Organen. Meine Untersuchungen bestätigen also die Ergebnisse 
von Pagenstecher nicht. 


Tabelle VIII. 


Dünndarm. 





Menge des 
angewandten 
Preßsaftes 





Versuchstier 


Nummer 
des Vers 


Vë, CO 
Ss 


dl 
Beim Rinde fand ich bloß eine minimale, beim Pferde und 
beim Hunde ausgesprochene Fettspaltung. 


*) Differenz a — b. 
13* 


192 L. Berozeller: Lipolytische Wirkung verschiedener Organextrakte. 


Tabelle IX. 


Pankreas. 









— 
=: 

Sc 

d? 
42 | Pferd 2.2... 
43 e e è o oœ 4,85 
44 2.02 
45 | Hund ..... 2.08*) 
46 | Pferd . . . .. 8.47 
47 | Rina ||.: 5.75 


Die Stärke der Fettspaltung ist mit der der übrigen Organe 
gar nicht zu vergleichen. Spuren von Preßsaft genügen, um 
eine mächtige Fettspaltung zu erreichen. 

Aus meinen Versuchen geht also hervor, daß 

1. im Unterhautfettgewebe keine zur Bildung von 
freien Fettsäuren führende Fettspaltung stattfindet; 

2. außer Blut, Muskel und Herzmuskel Fettspal- 
tung durch alle anderen Organe hervorgerufen wird. 
Ganz minimale Spaltung fand sich zwar auch beim Blute, 
Muskel und Herzmuskel, doch überschritten die gefundenen 
Werte kaum die Grenzen der Versuchsfehler. 

Bemerkenswert ist, daß das gleiche Organ verschiedener 
Tierarten sehr ungleiches Fettspaltungsvermögen zeigt; dasselbe 
ist übrigens bei den einzelnen Individuen derselben Tierart 
der Fall. Ist der Enzymgehalt eines Organes größer, so ent- 
halten auch die übrigen Organe mehr, und umgekehrt. Von 
dieser Regel bildet nur das Pankreas eine Ausnahme. 


® bé 
* 


Diese Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung von 
Herrn Prof. Tangl ausgeführt. 


*) Differenz a — b. 


Kritisch-Experimentelles über die Bestimmung der Fette 
und Lipoide des Blutes und über die sogenannte „Lipolyse“. 
Von 
L. Berczeller. 


(Aus dem physiologisch - chemischen Institut der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tang.) 


(Eingegangen am 21. Mai 1912.) 


I. 

Die Schwierigkeiten der Fettbestimmungsmethoden gewinnen 
besonders bei der Untersuchung des Verhältnisses der Fette und 
Lipoide zueinander und ihres Verhaltens im Organismus an Be- 
deutung. 

Ich habe vor allem versucht, durch Vergleichung der 
verschiedenen Fettbestimmungsmethoden Aufschluß zu 
erlangen über das Verhalten der Fette und Lipoide im Blute. 
Ähnliche Untersuchungen haben Kumagawa und Suto!) mit 
Fleisch angestellt; zum Teil konnte ich ihre Methoden bei 
meinen Blutuntersuchungen benutzen. Das Blut hat in ihrem 
Institute Shimidzu®) untersucht. Meine Untersuchungen be- 
stätigen in vielen Punkten seine Resultate; auf diese werde 
ich später zurückkehren. 

In der Physiologie sind zu Fettbestimmungen zwei Methoden 
gebräuchlich: 

1. Die Lösung der Fette und Lipoide durch fettlösende 
Substanzen und die Wägung der so gewonnenen Extrakte. 

2. Extraktion der Fette und Lipoide nach vorausgehender 
Verseifung. (Dieser Methode analog ist die Dormeyersche 
„Pepsinverdauung‘“, da beide durch Eiweißspaltung die Extrak- 
tion vollständig gestalten wollen.) 


1) Diese Zeitschr. 8, 212. 
2) Diese Zeitschr. 28, 237. 


194 L. Berczeller: 


Die erste Methode hat zwei große Fehler: 

1. Auf Grund verschiedener Löslichkeit kann man orga- 
nische Substanzen nur in extremen Fällen quantitativ trennen. 
Aus den physiologisch-chemischen Untersuchungen ist längst 
bekannt, daß „sämtliches Fett“ durch Lösungsmittel aus irgend- 
einem Stoffe zu gewinnen auch nach sehr langen Extraktions- 
prozessen nicht möglich ist. Das kann damit erklärt werden 
daß fortwährend ätherlösliche Produkte abgespaltet werden. 

2. Die Lösungsmittel können mit den zu lösenden Stoffen 
„chemisch“ reagieren. Dieser Umstand fällt bei chemisch-physio- 
logischen Untersuchungen besonders stark ins Gewicht, weil die 
Reaktionsfähigkeit der organischen Substanz nicht an das „Leben“ 
gebunden ist, sie kann auch nach dem Tode noch sehr stark 
reagieren. 

Das Ziel der Verseifungsmethode ist, die Fette vom Ei- 
weiß vollständig zu trennen. Bekannt ist, daß in Gegenwart von 
Eiweißkörpern weniger Fett extrahiert wird, als nach der Hydro- 
lyse derselben. Diese Erscheinung will man damit erklären, 
daß Eiweiß mit den Fetten Verbindungen gebildet hat. Ohne 
auf die theoretische Grundlage der Verseifungsmethode einzu- 
gehen, muß bemerkt werden, daß auch diese Methode beim 
Blute so wesentliche Nachteile hat, daß sie geradezu unanwend- 
bar ist. Das soll im folgenden bewiesen werden. Bei der An- 
säuerung des verseiften Blutes entsteht ein voluminöser Nieder- 
schlag, der die quantitative Ausschüttelung’ mit Äther unmög- 
lich macht. Zum Beweise dieser meiner Behauptung diene 
folgender Versuch, den ich mit Blutpulver angestellt habe (Ver- 
seifung nach Kumagawa-Suto): Ich verseifte 3 bzw. 5 g Blut- 
mehl. Nach dem Ansäuern wurde vorschriftsmäßig mit Äthyl- 
äther ausgeschüttelt. Der abgeschiedene Äther wurde im Scheide- 
trichter getrennt und die Extraktion dreimal wiederholt. Dann 
habe ich den Niederschlag auf ein Filter gesammelt (die mit 
dem Äther in unmittelbarer Berührung gewesene Schicht wurde 
entfernt), getrocknet und nach Soxhlet mit Äther extrahiert. 
Wie die folgende Tabelle zeigt, konnten bei dieser nachherigen 
Extraktion noch immer 20 bis 30°/, des gefundenen Fettes 
gewonnen werden (Tabelle D Dabei muß ich noch bemerken, 
daß das Verseifen des frischen Blutes noch schwieriger gelingt. 

Nun wollte ich diesen Fehler dadurch vermeiden, daß die 


Fette und Lipoide des Blutes und Lipolyse. 195 
Tabelle I. 











Das Blutpulv t- 
hält Fett (haah Kami- Der Niederschlag wird nach Soxhlet 


Menge des | gawa und Suto) be- extrahiert. Er enthält Fett 
angewandten stimmt) 
Blutpulvers 


9,773 0,0356 6,17 0,013 2,25 36,5 
3,321 0,0208 6,26 0,005 1,51 24,0 


Niederschlagsbildung vermindert wird. Das versuchte ich durch 
Veränderung der Laugenkonzentration. Dabei hatte ich die 
, Verseifung teilweise nach Liebermann und Székely?) mit 
kochender Lösung, teilweise nach Kumagawa und Suto im 
Wasserbade bei 100° Temperatur ausgeführt. Außerdem habe 
ich Versuche bei niedrigeren Temperaturen (bis 80°) und bei 
höheren im Autoklaven angestellt. Meine Versuche führten alle 
zu demselben Resultat: es entstand immer ein voluminöser 
Niederschlag. Es ist ganz selbstverständlich, daß man unter 
diesen Verhältnissen mit der Verseifung keine genauen und zu- 
verlässigen Werte erhalten kann. Zur Illustration führe ich 
einige Versuche an. 
Tabelle II. 


Menge des Fettmenge 
angewandten 


Blutes g di 0 





Nach Liebermann-Szekely 





} 


Nach Kumagawa-Suto H 0.27 

Nach Kumagawa-Suto. (Die 0.31 
Verseifung geschah im Auto- 0.25 
klaven.) 

Nach Kumagawa-Suto. (Die 019 
Verseifung geschah bei un- 0.12 
gefähr 80°.) 


Nicht unerwähnt will ich lassen, daß Shimidzu im Gegen- 
satz zu meinen Ergebnissen bessere Ergebnisse erhalten hat, was 
möglicherweise durch gewisse in seiner Arbeit nicht erwähnte 
technische Griffe erreicht wurde. 


1) Arch. f. d. ges. Physiol. 72, 360. 


196 L. Berczeller: 


Ich konnte also weder mit der erwähnten Liebermann- 
Szekelyschen Methode, noch mit den von Kumagawa und 
Suto angegegebenen Modifikationen dieser Methode richtige 
Resultate erhalten. Ich verwendete daher die von Shimidzu 
empfohlene Extraktionsmethode mit Alkohol und nach- 
folgender Verseifung des Extraktes. 

Mit dieser Methode kann die störende Niederschlagsbildung 
vermieden werden, deshalb hat sie auch Shimidzu beim Blute 
angewendet. Freilich wird gegen dieses Verfahren der Ein- 
wand erhoben, daß durch die Behandlung mit Alkohol vorher 
in Äther unlösliche Substanzen löslich werden [Connstein!)]. 
Für die Berechtigung dieser Einwände kann allerdings nicht 
die Tatsache angeführt werden, daß mit Äther allein weniger 
Fett erhalten wird, denn Shimidzu hat nachgewiesen, daß 
beim Trocknen — das unbedingt der Extraktion mit Äther 
vorangehen muß — ein Teil des Fettes verloren geht. 

Allerdings muß eine gewisse „chemische“ Wirkung des Alko- 
hols angenommen werden. Wir bekommen nämlich bei Ex- 
traktion mit kaltem Alkohol aus dem Blute einen höchstens 
etwas gelblichen Auszug. Wird das Blut mit Alkohol gekocht, 
so wird die Farbe des Extraktes dunkler bis tiefrot, was viel- 
leicht auf die chemische Wirkung des Alkohols auf das Hämo- 
globin bezogen werden kann. (Ich konnte diesen Farbstoff durch 
gar kein Lösungsmittel von dem Fetter des Blutes trennen. 
Es ist möglich, daß er nur Spuren ausmacht, quantitativ läßt 
sich seine Menge jedenfalls nicht bestimmen.) 

Ich habe die Shimidzusche Methode in nachfolgender un- 
wesentlicher Modifikation ausgeführt. 

50 ccm Blut (oder auch nur 20 ccm) werden in 300 bis 
400 ccm Alkohol aufgefangen. Es empfiehlt sich, das Blut 
tropfenweise in den Alkohol fließen zu lassen, es bildet; sich so 
ein feineres Gerinnsel und die Extraktion ist dann vollständiger. 
Diese Alkohol-Blutmischung kochte ich dann 5 Stunden lang 
auf dem Wasserbade. Es wird nachher heiß filtriert, der Nieder- 
schlag mit heißem Alkohol und Äther nachgewaschen?). Das 
Filtrat habe ich nach Zusatz von Wasser auf ungefähr 100 ccm 


1) Ergebnisse d Physiol. 8, 1, 125. 
2) Ich habe mich überzeugt, daß aus dem Niederschlag nach dieser 
Prozedur höchstens 1 bis 2 mg Ätherextrakt gewonnen werden können. 


Fette und Lipoide des Blutes und Lipolyse. 197 


eingeengt. Diese Lösung wird nach Shimidzu verseift. Um 
die Wirkung der Verseifung dieses alkoholischen Extraktes 
prüfen zu können, habe ich die so erhaltene wässerige Lösung 
in zwei verschiedenen Weisen aufgearbeitet: 

1. Ich verseifte sie genau nach den Angaben von Kuma- 
gawa und Suto. 

2. Ich habe sie ohne Verseifung mit Äther ausgeschüttelt. 

Die Resultate zeigt Tabelle III. | 


Tabelle IH. 




























a | b o | d 
Nr. Menge |Nach d.Versei-| Nach d.alkoh.| Differenz 
des des ange- | fungsmethode | Extraktions- 
Ver- wandten | enthält d. Blut | methode ent- 
Fett hältd.Blut Fett b—d 





1 Pferd 20 0,078 | 0,39 I 0,031 | 0,15 | 0,047 | 0,24 
2 e 20 0,067 | 0,34 I 0,021 | 0,10 | 0,046 | 0,23 
3 e 20 0,074 | 0,37 | 0,024 | 0,12 } 0,050 | 0,25 
4 Hund 20 0,108 | 0,54 I 0,058 | 0,29 | 0,050 | 0,25 
z — 20 0,114 | 0,57 | 0,074 | 0,37 | 0,040 | 0,20 
7 
8 
9 


e 20 0,111 | 0,555 I 0,062 | 0,31 | 0,049 | 0,245 
á 20 0,146 | 0,73 | 0,057 | 0,285 | 0,083 | 0,445 
í 20 0,109 | 0,545 | 0,068 | 0,84 | 0,041 | 0,205 
> 50 0,297 | 0,59 I 0,253 | 0,51 | 0,047 | 0,09 
10 j 50 0,283 | 0,57 1 0,256 | 0,51 | 0,032 | 0,06 
11 e 50 0,260 | 0,52 | 0,143 | 0,28 | 0,117 | 0,23 
12 j 50 0,254 | 0,51 | 0,181 | 0,36 į] 0,073 | 0,14 
13 Pferd 50 0,197 | 0,39 1 0,093 | 0,19 | 0,103 | 0,21 
14 Hund 20 0,119 | 0,595 | 0,051 | 0,255 | 0,068 | 0,34 


Aus diesen Versuchen geht hervor, daß durch Verseifung 
des alkoholischen Extraktes stets mehr Ätherlös- 
jiches gewonnen wird als ohne Verseifung. Würde es 
sich bei diesen Versuchen ausschließlich um Fette, d. i. Glycerin- 
ester der Fettsäuren handeln, so müßte die letztere Menge 
größer sein, da Glycerin in Äther unlöslich ist. Es kann sich 
auch nicht um an Eiweiß gebundenes [Mansfeld!)] oder von 
Eiweiß abgespaltenes Fett [Liebermann?®)] handeln, da von 
solchen Eiweißverbindungen nicht angenommen werden kann, 
daß sie in Alkohol löslich sind. Übrigens habe ich mich durch 


1) Centralbl. f. Physiol. 21, Nr. 20, Sep.-Abdr. 
2) Arch. f. d. ges. Physiol. 108, 481. 


198 L. Berczeller: 


Bestimmung des N-Gehaltes des alkoholischen Extraktes davon 
überzeugt, daß nur 9 mg N im alkoholischen Extrakte von 
50 ccm Blut enthalten sind. Dieser N stammt höchstwahr- 
scheinlich von gelösten Lipoiden (Lecithin). Wahrscheinlich 
handelt es sich eher um eine Umwandlung der Blutlipoide bei 
der Verseifung. 

Bemerkenswert ist, daß die durch Verseifung des alko- 
holischen Extraktes gewonnenen Werte bei den verschiedenen 
Individuen derselben Tierart nur geringe Schwankungen zeigen: 
0,5 bis 0,6°/, beim Hunde, 0,3 bis 0,4°/, beim Pferde Die 
ohne Verseifung des alkoholischen Extraktes erhaltenen Werte 
zeigen viel größere Schwankungen, dementsprechend ist natür- 
lich auch die Schwankung zwischen den zweierlei Bestimmungen 
groß. Ein Zusammenhang zwischen der Fettmenge und den 
Differenzen ist aus meinen Versuchen nicht ersichtlich. 

Dieselbe Differenz, daß nämlich durch Verseifung der alko- 
holischen Extrakte mehr Fett gewonnen wird, als einfach durch 
Alkoholextraktion, ist auch bei Blutserum nachweisbar, wie der 
folgende Versuch beweist: 


Fettmenge 
8 %o 


Mit alkoholischer Extraktion ohne Ver- 








SONUNG s aca an. we ae a 0,148 0,296 
Mit alkoholischer Extraktion mit Ver- 

BOUNNER e E e ee Aë 0,179 0,358 
Direkt verseift nach Kumagawa-Suto . . 0,125 0,250 


Zu den Versuchen habe ich immer 50 ccm Pferdeserum 
benutzt. Diese Versuche beweisen, daß diese Differenz nicht 
etwa durch die roten Blutkörperchen verursacht wird. 

Dieser Versuch bestätigt Shimidzus Ergebnis, der beob- 
achtet hat, daß durch Verseifung des Serums immer 
weniger Fett erhalten wird, als durch Verseifung des 
alkoholischen Extraktes. 


II. Über die sog. Lipolyse im Blute. 


Die Untersuchungen von Connstein und Michaelis!) 
haben gezeigt, daß die Fettmenge des Blutes nach Durchleitung 
von Luft vermindert wird; man erhält mit der Soxhletschen 


1) Arch. f. d. ges. Physiol. 65 u. 67. 


Busse el Go SE ——— — — 


Fette und Lipoide des Blutes und Lipolyse. 199 
Tabelle IV. 


















Nach der Nach der 
Menge | Verseifungs- | alkohol. Ex- 
des ange- | methodeent- | traktionsme- 
hält d Blut | thode enthält 
Fett d. Blut Fett 














%/o 
Versuchstier: Hond. 
Ursprünglich . . . 2... 2... 20 0,111 | 0,555 | 0,051 | 0,25 
Nach 12stündigem Durchleiten 
von Luft... . 22 02... 20 0,101 | 0,50 į 0,058 | 0,29 
Nach l12stündigem Durchleiten 
von CO, . 2. 20.200. 20 0,114 | 0,57 1 0,074 | 0,37 
Versuchstier: Pferd. 
Ursprünglich . . . 2.2.2... 20 0,078 | 0,39 | 0,031 | 0,15 
Nach 20stündigem Durchleiten 
von Luft... . 2. 22... . 20 0,078 | 0,39 10,025 | 0,12 
Versuchstier: Hund. 
Ursprünglich . .. 2... 0. 20 0,124 | 0,62 — — 
Nach 20 stündigem Durchleiten 
yon Luft. ee EE % 20 0,128 | 0,64 — — 
Nach 20 stündigem Durchleiten 
von ke re 20 0,110 | 0,55 — — 
Versuchstier: Hund, 
Ursprünglich . . .. 222 .. 20 — — 10,058 | 0,29 
Nach 18stündigem Durchleiten 
von Luft. . . 2 2 2 2 202.0 20 — — 10,056 | 0,28 
Nach 18stündigem Durchleiten 
von COj s 8 la CN 20 — — 10,071 | 0,85 
Versuchstier: Hund. 
Ursprünglich . . . .. 2... 20 — — [0,049 | 0,25 
Nach 20 stündigem Durchleiten 
von Luft... . 2 2 220. 20 — — 10,050 | 0,25 
Nach 20 stündigem Durchleiten | 
von COs. e 20 — — 10,052 | 0,26 
Tabelle V. 


Das Blut enthält Fett in °/, 
Pferdeblut Rindsblut 






Ursprünglich . 2... 22220000. 
Nach 20 stündigsm Durchleiten von Luft 
Nach 20 stündigem Durchleiten von CO, . 
Nach 10 stündigem Durchleiten von H. . 


Extraktion weniger Fett. Mansfeld!) hat diese Resultate be- 
stätigt. Doch hat er nachgewiesen, daß dieses „Verschwinden“ 


1) 1. o. 


200 L. Berczeller: Fette und Lipoide des Blutes und Lipolyse. 


nicht nachweisbar ist, wenn das Fett durch Verseifung oder 
nach Dormeyer bestimmt wird. [In letzterer Zeit will Klem- 
perer!) diese „Lipolyse“ als Bakterienwirkung auffassen, nach- 
dem er sie in Gegenwart von NaFl nicht beobachten konnte. 
Das allein kann aber nicht für die Annahme einer Bakterien- 
wirkung entscheidend sein, da das NaCl auch sicher enzyma- 
tische Vorgänge eben im Blute (Gerinnung, Glykolyse) ver- 
hindert. Für Bakterienwirkung wäre sie zu groß, auch hat 
man bisher keine solche Bakterienwirkung beschrieben.) Mans- 
feld schließt aus seinen Resultaten, daß das Fett an Eiweiß 
gebunden ist. Ich habe mit den beiden oben zuletzt beschrie- 
benen Methoden Versuche angestellt und habe in keinem 
Falle Fettverschwinden beobachtet. 

Wurde jedoch das Fett nach Soxhlet bestimmt, so be- 
kam ich immer geringere Mengen, ebenso wie Connstein und 
Michaelis und Mansfeld (Tabelle V). 

Ich glaube das als Beweis betrachten zu dürfen, daß jene 
Stoffe, die nach dem Durchleiten der Luft bei der 
Soxhletschen Extraktion in den Äther nicht mehr 
übergehen — also scheinbar verschwunden sind — durch 
die Alkoholwirkung wieder löslich werden. Übrigens 
haben schon Connstein und Michaelis?) gefunden, daß diese 
Substanzen in Alkohol löslich sind. Damit wird erklärlich, daß 
Klemperer, der das Blut in Alkohol auffing, keine Ver- 
minderung der Fettmenge beobachten konnte. Genau konnte 
ich nicht nachweisen, um welche Substanzen es sich hier handelt. 
Es ist auch möglich, daß es sich hier um Umwandlungen der 
Lipoide handelt; hierauf mag es beruhen, daß ich auch bei 
Durchleitung von CO, Verminderung des Fettgehaltes beobachten 


konnte, was Connstein und Michaelis nicht gefunden haben. 


Ki ké 
$ 


Diese Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung des 
Herrn Prof. Tangl ausgeführt. 


1) Zeitschr. f. klin. Med. 65, Heft 3/4. 
2) Connstein und Michaelis, Ber. d. preuß. Akad. Zit. nach 
Malys Jahresber. d. Tierchem. 1896. 


Die Arbeit des Pankreas und sein Einfluß auf die Ver- 
brennung der Kohlenhydrate.') 
Von 


Fritz Verzär. 
(Aus dem Institut für physiologische Chemie der Universität Budapest. 
Direktor: Franz Tangl.) 
(Eingegangen am 30. Juni 1912.) 


Die Versuche, mit denen ich die Größe der Pankreasarbeit 
messen und den Einfluß dieses Organes auf die Oxydation der 
Kohlenhydrate prüfen wollte, wurden zu derselben Zeit aus- 
geführt, als ich die Arbeit der Leber bestimmte, über die ich 
bei einer früheren Gelegenheit berichtete. Mit genau der- 
selben Methodik und Versuchsanwendung habe ich versucht, 
die Größe der Pankreasarbeit zu ermitteln. Ich kann mich 
also diesbezüglich ganz kurz fassen, indem ich auf meine eben 
erwähnte Arbeit und auf die Arbeit Tangls?) verweise, in der 
das Prinzip, auf dem diese Ausschaltungsversuche beruhen, 
eingehend besprochen ist. 

Die Ausschaltung des Pankreas aus dem Stoffwechsel voll- 
führte ich in meinen Versuchen durch Totalexstirpation, die 
ich nach 3 bis 4 Respirationsversuchen an curarisierten Hunden 
machte. Da die Hunde nicht am Leben erhalten werden 
mußten, konnte die sonst langwierige Operation der totalen 
Pankreasexstirpation ohne Asepsis in sehr kurzer Zeit, in etwa 
15 bis 20 Minuten ausgeführt werden, so daß das Tier nicht 
einmal aus dem Thermostaten entfernt werden mußte Die 
Respirationsversuche wurden gleich nach dem Vernähen der 
Bauchwunde fortgesetzt. 


1) Diese Arbeit wurde in der vorliegenden Form auf dem Intern. 
Physiologenkongreß in Wien (2. X. 1910) vorgetragen. 

2) Verzär, diese Zeitschr. 34, 52, 68. 

3) Tangl, ebenda 84, 1. 


202 Fr. Verzär: 


Tabelle I. Ä 
Versuchsreihe 1. Körpergewicht: 7000 g. Datum: 29. VIII. 1910. 












Anmerkungen 


Blutdruck 


Arterieller 


Ende d. Versuchs 


Körpertempera- 
turamAnfang u 


des Versuchs 






= 
CG 


o 
z 
5 





1 112R 18| 9 57”[1868 3,7912,87 70,78|52,12]0,736 


133 

2 |12 387| 9 05”12016]3,5712,79|71,96154,47)0,757]| 22% | 138 

3 | 12 03°) 8 37”J2043]3,50 2,69|71,52153,21]0,74- 125 
1> 42| 8 36”J1963]3,0312,47]59,58146,86)0,787| 35:7 | 92 | Totalezstirpation dos Pan- 






kreas von 
1h 33’; Gewicht des Pan- 
3r 19”) 8’ 24’’1194913,25|2,47163,2646,42]0,733 kreas: 21 g. 


Dh 25’ 8’ 27”12020|3,09|2,50162,49148,69]0,7791 : 


4 
5 
6 | 4» 12°) 8’ 42”|1980|3,0512,35]60,37/44,82[0,743 
7 
8| 6 25’ 8’ 04”1203713,18|2,42164,71|47,53|0,735 
9 


7a 21| 9 03”12019]3,05|2,21|61,49142,8310,696 


Tabelle II. 
Versuchsreihe 2. Körpergewicht: 3950 g. Datum: 24. I. 1910. 


10 22”|1602l2,30|2,12136,77132,65l0,888 en 138 


10’ 33”11590]2,31|2,12[36,78,32,2910,878 Lët 141 


10 41”l1576l2,39 2,17|37,58'32,93l0,876 ée 148 


11 09”|1655 wm 36,69130,07J0,820] 32% | 146 | Yon 12% 8° ‚bis, 128 25° 
s Pankreas, 


38,5 
38,6 
38,8 
38,5 
38,6 
38,8 
38,6 
38,6 
38,6 
38,6 








1 [11% 06° 
2 |11» 24’ 
3 |11h 47’ 
ES Ser 
2» 21’ 


10’ 0711672]2,33|2,03[39,01132,47[0,832 151 





10 16’1622]2,42 2,00139,23 31,04{0,791 126 
132 
131 


108 


Ah 33 10 33”11646| — |1,95| — 130,77] — 


12’ 23’J1612]2,36 1,98]38,11/30,52]0,801 


4 

5 

6 | 3» 36’ 
7 

8| 5b 35’ 
9 


6è 40/10 23160812,26 1,89136,37 29,020,798 


Tabelle III. 
Versuchsreihe 3. Körpergewicht: 8000 g. Datum: 2. IX. 1910. 
1| a 00| er og zo elo A? 57,13/50,26 0,8791 88-3 | 129 


38.2 
2| 2 217| 755"12165]2,65)2,4557,34151,23]0,893 38,2 | 126 


38,2 


Arbeit des Pankreas u. sein Einfluß auf die Kohlenhydrate. 203 


Tabelle III (Fortsetzung). 




















l i | E * 

d Q 55154 
d nc? fk: 
SC THEE 
<.135 
Ei 
SE slim 

des Versuchs | * —3543 
0 E g 
mm 
d 2 vi or 29\2168l2 249 Alba 3452,01l0,877 ée: 125 
4| 3a 29| 7 42"|215312,66!2,38157,19149,5210,866 Se 118 
5| 4a 06”) er o9”l2142]2,74'2,40158,71)49 540,844 en 128 
6| 6 25") 8 10”)2171]2,7612,23|59,92'46,61|0,770 * 123 
7| m aal 7 56”l2137l2,8412,18|60,59146,65|0,770 = 120 
8| 8x 50| 7 59”12163]2,8512,20]61,61|47,61l0,773] 383 | 128 





Anmerkungen 


Von 2h 55’ bis3h 10’totale 
Exstirpation des Pan- 
kreas. Gewicht des Pan- 
kreas : 15,5 g. 


In 31 ccm Harn, die nach 
der Pankreasexstirpa- 
tion entleert wurden, 
kein Zucker. 


Obduktionsbefund: Vom Pankreas bloß ein pfenniggroßer, blutleerer Rest vor- 
handen; Darm nicht nekrotisch; in der Bauchhöhle kein Blut. 


Tabelle IV. 


Versuchsreihe 4. Körpergewicht: 4000 g. Datum: 29. VI. 1910. 


1! ga 1615" 15”]1109|3 4812,77 |38,57|29,74l0,771 Fe 139 


2| 9 40114’ 35”1109113,34|2,65136,49|27,95[0,765 s 140 


ag 1016” 54”l1090l3 462,81l37 6929 66|0,787 u 138 


(ug 5216 19”l1091l3 41'2,71]37,24128,69l0 201 SE 135 


5/11» 42/15” 0711123]2,64|2,26|29,61/24,40|0,824 e 69 


612 0815 3orlıı17l,71l2,28ls0,31125 450,840 A 72 
12% 39° 14° 51”]1116|2,90!2,42]32,31|26,86l0,835 E 92 
1» 257/15” 47”J1152]2,68)2,29]30,83|25,39]0,824] 365 | 88 





r 
í 


8 





2a 10/14 27f112713,2212,98136,33132,6310,899 — 117 


9 
10) 3» Al 15 gëlt 1299 88 2,58181,79 27, 48l0,865 Ge 94 


11) 42 33/14 29”l1113]2,89!2,40[32,10 26,670,828 SEN 82 





Ca.11htotale Exstirpation 
des Pankreas. 


Von 1h 45’ bin 24 35’ In- 
fusion von 100 ccm 10°/,- 
iger Traubenzuckerlösg. 


Nach der Zuckerinfusion 
25 ccm Harn, enthaltend 
0,53 g Traubenzucker. 


Obduktionsbefund: Pankreas total entfernt; Darm nicht nekrotisch; 


in der Bauchhöhle wenig Blut. 


204 Fr. Verzär: 











Tabelle V. 
Versuchsreihe 5. Körpergewicht: 6800 g. Datum: 2. VII. 1910. 

: z © e EE: GR 
el d nl? TEE 
oO. OAJDA SC = 3 

Aa Agen, EK GE Anmerkungen 
S E |iationsluft kl kk 
des Versuchs | * Së Hg 
C |mm 

112 55/10 38”1706]3,0012,27]51,18137,50|0,729] 32° 


2| 12 30/10 56”|1747]2,9412,27]51,28|38,16|0,744 24 





38,4 Von 2h 25’ bis 2h 35’ to- 


3 41 Y 26’1180012,662,36]47,86140,92[0,855 386 124 
109 


dE E E 584 | 75 | “tale” Pankreasexstirpa- 
5| 3a Lal 9 18”|1787/2,63|2,38146,99|41,0810,874 2 gl kreas: 18,7 g. 

6 38,6 

7 


4» 09’) OI 18”11779]2,51|2,26]44,71/38,62]0,864 





r b ’ = 
g| 4a Ant) 9 30”l1804l2,80 2,94 50.415156 1,020] 283 | 129 "union von 170cem 10P 
’ er ubenzu ösg. 
134 


9 5b 13| 9’ 161180412,8712,73[51,83|47,63[0,919] . 
10| 6% 03’! Y 47'I1876]2,65|2,23]49,66 41,87]0,840 


11) 6 45"| 9 36”|185412,49 2,27]46,17 40,40]0,875] 890 N em Harz Ona i 


39 0 120| 49ccm Harn, enthaltend 
’ 1,42g Traubenzucker. 


Obduktionsbefund: Pankreas total entfernt; Duodenum etwas bläulich verfärbt; 
nicht gangränös. 


Tabelle VI. 
Versuchsreihe 6. Körpergewicht: 4150 g. Datum: 31. I. 1910. 


37,8 


10% 32| 9 36”'1774]1,86|1,71[33,04|28,800,872] 378 
87,7 


10% 47'| Y 09”|1824[1,8411,71]33,49|29,64|0,885] 375 


375 
01 374 
37.6 
377 


169 
158 
160 
151 


1 
2 
311 03’ 9 13”11777]1,95|1,80]34,60|30,4410,88 
411» 23'| Y 22”11806]1,95|1,74]35,16129,84]0,849 





37,7 Von 11h 45’ bis 11h 57’ 

877 122| totale Exstirpation des 
d Pankreas. 

37,7 88 


37,7 





51% 117) 8 kënt seet ‚701,58]31,68'27,85[0,879 
6 1 (eu 20”lı857l1,6511,55130,59127.23|0,890 





Arbeit des Pankreas u. sein Einfluß auf die Kohlenhydrate. 205 


Tabelle VI (Fortsetzung). 


DN 


Z 


Dauer 








An- 
fang 


Arterieller 


Anmerkungen 





pro Minute 


des Versuchs 


Körpertempera- 
turamAnfangu. 
Ende d Versuchs 





Sm Blutdruck | 


2 Atemvolum 
B 

o 
B Hi 















Y 40” 
8g’ g9” 


2a 18° 
3a 16’ 


1826|1,76|1,64132,12]28,4710,886 

















1847 1,641,57 30,20/27,39]0,907 









Von 3h 80’ bis 4h 45’ In- 

92 fusion von 150 ccm einer 

30/,igen Lösung von lös- 

143 licher Stärke in 0,75 9/,- 
iger Kochsalzlösung. 


9| 4 18°) Y 08”1843]2,18/1,95[40,2234,30|0,853 
10 4 45’| 9’ 03”)184912,22 1,83|41,00|32,23|0,786 
11) Ah 37’) Y 26”1183011,9211,71]35,11/29,7110,846 
12) 7a 17 9% 45416541,94 1,70 32,1526,77 0,833 
Tabelle VII. 

Versuchsreihe 7. Körpergewicht: 4500 g. Datum: 28. I. 1910. 


(is 20| 9 aarlıssalı ,sa'ı,70ls5,71l31,53lo,s33 — 135 


211» A 9 o6rlıgeılı,94 1,75138,07|32,67l0,858 en 124 


311 58! gr 3orlaogıl — 1,661 — 31,911 — SE 109 


412 Sarl 9 59”lıgı7lı,7711,61l33,89 29 180,861 * P da Pas 
’ kreas. 


5 12057) 9 29”l1gsolı,71l1,59133,86 og glo so 38-4 


38,1 
38,0 
38,0 
38,1 






Im Harn viel Stärke: 
— starke Jodreaktion! 












6| 2 32| 8 03”loooale,ı6 1,75143,15133,82J0,772] 887 | 74 | “union von 150 cem einer 


30/0 
38,4 licher Stärke in 0,76 9/,- 
7| 3» 12| 8 30”1202012,01|1,57140,56|30,07]0,742 383 63 D TE ochsnlsiisireg. e 


8| 4 04| 8 39”l2047lı 78|1,50136,36129,03]0,798 — 38 


9| 5» 27°} gr 29”f2108]1,76|1,49137,0329,66ļ0,801 e Er 


10| 6è ze 7° 24”l2247]ı,7711,53]39,70132,40J0,s16| 387 | — 


In der Mehrzahl der Versuche habe ich dann 2 bis 3 Stun- 
den nach der Exstirpation des Pankreas in die Vena jugularis 
Dextroselösung bzw. Amylum solubile-Lösung einfließen lassen 
und den respiratorischen Gaswechsel neuerdings bestimmt, 
Diese Versuche sollten darüber Aufschluß geben, ob sich die 
Kohlenhydrate nach der Pankreasexstirpation am Stoff- 


wechsel beteiligen. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 14 


206 Fr. Verzär: 


Die Ergebnisse der Versuche sind in den vorstehenden 
Tabellen I bis VII mit allen nötigen Einzelheiten angeführt. 


1. Die Arbeit des Pankreas. 


Die Exstirpation des Pankreas ist ein so gewaltiger Ein- 
griff, daß er begreiflicherweise viele und tiefgehende Verände- 
rungen in zahlreichen Funktionen hervorruft. Ohne in die Be- 
sprechung dieser Veränderungen eingehen zu wollen, muß ich 
doch hervorheben, daß in den meisten Versuchen ein bedeutendes 
Sinken des Blutdrucks zu bemerken ist, das auf eine erhebliche 
Veränderung der Zirkulationsverhältnisse hinweist. Bedenkt 
man nun auch noch, daß das Pankreas sehr ausgedehnte 
chemische Korrelationen mit vielen anderen Organen unter- 
hält und deren Stoffumsatz beeinflußt, so ist es naheliegend, 
daß die Ausschaltung des Pankreas Änderungen in der Re- 
spiration verursacht, die nicht nur vom Wegfall seiner eigenen 
Arbeit stammen. Die Änderung im O,-Verbrauche ist also das 
Maß dieses Gesamteinflusses des Pankreas auf den Stoffwechsel 
des ganzen Organismus und nicht allein des Stoffumsatzes im 
Pankreas selbst. Bei jenen Organen, die keine so weitgehende 
Korrelationen haben wie das Pankreas, kann der Unterschied 
zwischen diesen beiden Größen ein geringer sein. 

Immerhin kann auch beim Pankreas an die Möglichkeit 
gedacht werden, daß die „Korrelationsstörungen“ nicht sofort 
nach dem Ausschalten der Organe oder wenigstens nicht mit 
voller Intensität eintreten, so daß man die sofort nach der Ex- 
stirpation beobachtete Veränderung des Gaswechsels wenigstens 
zum allergrößten Teil auf den Fortfall der eigentlichen Pan- 
kreasarbeit beziehen kann. 

Ich habe zunächst aus den oben mitgeteilten Daten die 
Veränderungen des O,-Verbrauchs und der CO,-Ausgabe nach 
der Pankreasexstirpation berechnet, und zwar habe ich, um die 
Wirkung der eben besprochenen Korrelationsstörungen möglichst 
auszuschließen, nur die zwei ersten Versuche nach der Ex- 
stirpation bei der Berechnung berücksichtigt. Die Ergebnisse 
dieser Berechnung zeigt die Tabelle VIII. 

Es stellt sich aus diesen Zahlen heraus, daß der O,-Ver- 
brauch wie auch die CO,-Ausgabe nach der Pankreasexstirpation 
fast ausnahmslos sinken, nur in 2 Versuchen ergibt sich eine sehr 


Arbeit des Pankreas u. sein Einfluß auf die Kohlenhydrate. 207 


Tabelle VIII. 


Veränderung im respiratorischen Gaswechsel nach der Pankreas- 
exstirpation. 











CO,-Ausgabe 


vor | nach 


Veränderung | der Pankreas- | Veränderung 
exstirpation 





O,-Verbrauch 


Mittelwert 


geringe Erhöhung des O,-Verbrauchs und einmal eine sehr ge- 
ringe Zunahme der CO,-Ausgabe. Aber auch in diesen Ver- 
suchen zeigt der 1. Versuch unmittelbar nach der Pankreas- 
exstirpation eine Abnahme, und nur, weil im Verlauf der 
nächsten Stunde bereits O,-Verbrauch bzw. CO,-Produktion wieder 
ansteigen, ergibt sich ein höherer Mittelwert. Der Ausfall schwankt 
zwischen 8 bis 18°/, Auch ist die Abnahme des O,-Ver- 
brauchs ausnahmlos größer als die der CO,-Ausgabe. Im Durch- 
schnitt aller Versuche nimmt der O,-Verbrauch nach der Pan- 
kreasexstirpation um 8,26°/,, die CO,-Ausgabe um 6,33°/, ab. 

Dieser Ausfall würde also allerdings mit der oben betonten 
Reserve der Arbeit des Pankreas entsprechen, die demnach eine 
ziemlich bedeutende sein müßte, da das Gewicht des Pankreas 
nur ca. 0,3°/, des Körpergewichts beträgt*). Ich möchte aber 
dieser Arbeitsgröße kein besonderes Gewicht beilegen, weil ja 
die bereits oben erwähnten Korrelationsstörungen auch für die 
2 ersten Versuche nach der Pankreasexstirpation nicht ganz 
ausgeschlossen werden können. Mohr?), der an nicht curari- 
sierten Tieren arbeitete, fand nach der Pankreasexstirpation 


1) In Versuch 1 betrug das Gewicht des Pankreas 0,30°/,, in Ver- 
such 5 0,29°/, des Körpergewichts. 
2) Mohr, Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Ther. , 4910. 
14 * 


208 Fr. Verzär: 


eine Erhöhung des Gaswechsels, während Colasanti und Bon- 
nani!) die CO,-Produktion um ?1/, bis */, kleiner fanden. 


2. Der respiratorische Quotient nach der Pankreasexstirpation. 


Im weiteren Verhalten des Gaswechsels nach der Ex- 
stirpation ist in den meisten Versuchen ein allmähliches An- 
steigen des O,-Verbrauchs, wie auch der CO,-Produktion zu 
beobachten, allerdings nicht ausnahmslos. 

Bemerkenswert ist das Verhalten des respiratorischen 
Quotienten. Es ist bekannt, daß letzterer nach der Pankreas- 
exstirpation sinkt, was damit erklärt wird, daß nun weniger 
Kohlenhydrate verbrannt werden. In den Versuchen, wo der 
respiratorische Quotient sogleich nach dem Eingriffe untersucht 
wurde, ist das nicht immer der Fall. In den Versuchen 1 
und 6 blieb er ziemlich unverändert. In den Versuchen 2 
und 3 sank er. In den Versuchen 4, 5, 7 stieg er. 

In drei Versuchen (Nr. 1, 2, 3) verfolgte ich die Re- 
spiration längere Zeit, bis zu 6 bis 7 Stunden nach der Ex- 
stirpation, ohne weitere Eingriffe. Es zeigte sich, daß der re- 
spiratorische Quotient, der in der ersten Zeit bis etwa 3 Stun- 
den nach der Exstirpation ziemlich gleich auf der nach der 
Operation erreichten Höhe blieb, nun langsam, aber fort- 
während sinkt. 

Das würde dafür sprechen, daß nach der Pankreas- 
exstirpation nach und nach aus dem Körper etwas ver- 
schwindet, was normalerweise den respiratorischen 
Quotienten hochhält (Pankreashormon). 

Mohr (l. c.) fand nach der Pankreasexstirpation in den 
ersten Stunden sehr niedrige Quotienten, 0,53 bis 0,72; später 
höhere, bis 0,766. 


8. Kohlenhydratverbrennung nach der Pankreasexstirpation. 

Eine wichtige Rolle des Pankreas bei der Verwertung der 
Kohlenhydrate ist zweifellos festgestellt. Dagegen wissen wir 
noch nicht, ob die Verwertung der Kohlenhydrate nach der 
Pankreasexstirpation vollständig fehlt. Wir wissen also nicht, 
ob ohne Pankreas Kohlenhydrate im tierischen Organismus 


1) Colasanti und Bonnani, Bull. della reg. Acc. med. di Roma 
1897. Zit. n. Luciani Physiol. 


Arbeit des Pankreas u. sein Einfluß auf die Kohlenhydrate. 209 


vollständig verbrannt werden können. Porges und Salomon!) 
exstirpiertten das Pankreas und unterbanden dann sämtliche 
Bauchgefäße und fanden ebenso wie Porges?) bei Unter- 
bindung der Bauchgefäße bei normalen Tieren eine Erhöhung 
des respiratorischen Quotienten. Porges hatte gefolgert, daß die 
Erhöhung des respiratorischen Quotienten hierbei beweist, daß 
nach Ausschaltung der Leber Kohlenhydrate verbrannt werden. 
Ich habe bereits früher auf die Unzulänglichkeit dieses Be- 
weises für die aufgeworfene Frage hingewiesen und kann des- 
halb auch aus dem Ergebnis von Porges und Salomon nicht 
den von den Autoren gezogenen Schluß ziehen, daß im „Dia- 
betes die Zuckerverbrennung nicht gestört“ sei. 


Durch einen polemischen Artikel von Porges?) bin ich gezwungen, 
die Gründe, warum die Versuche von Porges nicht zu den weitgehenden 
Schlüssen berechtigen, die er aus seinen Versuchen zieht, noch einmal 
zu beleuchten. Porges stützt seine Ansicht nun damit: „...ist es mein 
gutes Recht, meine Versuchsergebnisse in meinem Sinne zu verwenden, 
denn bis jetzt sind ähnliche Ergebnisse, d. h. regelmäßige, anscheinend 
gesetzmäßige Erhöhungen des respiratorischen Quotienten bis zu dem 
für Kohlenhydratverbrennung gültigen Werte noch bei keiner anderen 
Organausschaltung erhalten worden.“ 


Diese Stütze der Porgesschen Erklärung muß fallen gelassen 
werden, da Tangl gezeigt hat, daß auch nach Exstirpation der Nieren 
in 8 Fällen von 9 (abgesehen von seinem als unsicher bezeichneten Ver- 
such 4), ein Steigen des respiratorischen Quotienten zu beobachten ist. 
Man wird aber wohl kaum hieraus folgern wollen, daß nach Nierenaus- 
schaltung mehr Kohlenhydrate verbraucht werden. Meine Mahnung zur 
Vorsicht bei einer so weitgehenden Verwendung des respiratorischen 
Quotienten nach einem derartigen Eingriffe, wie es die Ausschaltung 
sämtlicher Bauchorgane ist, ist also wohl durchaus berechtigt. Außerdem 
muß in Porges’ Versuchen auch noch die durch die Nierenausschaltung 
bewirkte Erhöhung hineingespielt haben, so daß seine Versuche also auch 
insofern nicht eindeutig sind 4). 





1) Porges und Salomon, diese Zeitschr. 27, 143. 

2) Porges, ebenda 86, 131. 

3) Porges, ebenda 36, 342. 

+) Ohne auf die Polemik Porges’ weiter einzugehen, bemerke ich, 
1. daß er die gewünschte Aufklärung über Fütterung meiner Tiere auf 
S. 59 meiner Arbeit (24 bis 36stündiges Hungern) findet. 2. In bezug 
auf Bedeutung meiner Versuche ist S. 53 ausgeführt, daß es sich nur 
um Bestimmung der Respiration nach Ausschaltung des Ge- 
biets der Vena portae handelt. 


210 Fr. Verzär: 


Wie bereits oben erwähnt, habe ich die oben aufgeworfene 
Frage, ob Kohlenhydrate auch ohne Pankreas verbrannt werden, 
in der Weise zu lösen gesucht, daß ich nach der Pankreas- 
exstirpation den Tieren verschiedene Kohlenhydrate beibrachte, 
und zwar in zwei Versuchen 10°/, Dextrose- und in zwei Ver- 
suchen 3°/,ige, in physiologischer Kochsalzlösung gelöste Amylum 
solubile-Lösung in die Vena jugularis sehr langsam (in etwa 
50 Minuten) injizierte. 

Tabelle IX. 


Veränderung im respiratorischen Gaswechsel der pankreaslosen Tiere 
nach der Dextroseinfusion. 


Le Verbrauch 








CO,-Ausgabe 


vor | nach 


suchs-| der Dextrose- | Veränderung | der Dextrose- | Veränderung 
reihe infusion infusion 
pro Minute 


4 30,76 | 33,41 | +2,65 | +8,6 | 25,53 | 28,93 HS | + 13,3 
5 45,38 | 49,55 | +4,17 | +9,2 | 39,12 | 45,36 | + 6,24 | + 15,9 
In Versuch 4 und 5 (siehe auch Tabelle IX) habe ich 
Dextrose eingeführt. Sowohl O,-Verbrauch wie CO,-Produk- 
tion nahm zu, letztere aber mehr, so daß in beiden Fällen der 
respiratorische Quotient deutlich stieg. In Versuch 4 von 0,824 
auf 0,899, in Versuch 5 von 0,864 auf 1,020, so daß man 
wohl mit Sicherheit den Schluß ziehen darf, daß wenigstens 
ein Teil des injizierten Zuckers vollständig verbrannt wurde. 
Zur Verbrennung des Zuckers ist also die Anwesen- 
heit des Pankreas nicht nötig. Es sind zwei Möglichkeiten 
vorhanden: Entweder können die Organe auch ohne Pankreas 
Kohlenhydrate verbrennen, oder aber es war in meinen Versuchen 
von dem zu der Verbrennung der Kohlenhydrate möglicherweise 
nötigen inneren Sekret des Pankreas (Pankreashormon) noch ge- 
nügend vorhanden, da ja die Zuckerinjektion erst kurze Zeit 
nach der Pankreasexstirpation folgte!). 















1) Die soeben erschienene Mitteilung von Knowlton und Star- 
ling (Centralbl. f. Physiol. 26, 169) macht nach Versuchen am Säuger- 
herzen die letztere Annahme wahrscheinlich. 


Arbeit des Pankreas u. sein Einfluß auf die Kohlenhydrate. 211 


Tabelle X. 


Veränderung im respiratorischen Gaswechsel der pankreaslosen Tiere 
nach der Stärkeinfusion. 





CO,-Ausgabe 


vor | nach 


der Stärke- 
infusion 


6 | 31,15 | 37,12 | +5,97 | +19,2 | 27,76 | 30,75 | +2,99 | +10,8 
7 {3388 | 39,36 | +548 | +16,2 | 29,49 | 30,89 | +1,49 |+ 51 


Bei der Ausnutzung intravenös eingeführter Stärke liegen 
die Verhältnisse anders (Tabelle X). Ich habe in einer früheren 
Arbeit!) gezeigt, daß dieselbe verbrannt wird, wenn man sie so 
langsam injiziert, daß sie vorher im Blut saccharifiziert werden 
kann, sonst wird sie unverändert ausgeschieden. 

In Versuchsreihe 6 und 7 wurde zuerst das Pankreas ex- 
stirpiert und dann so langsam, daß erfahrungsgemäß bei normalen 
Tieren eine Verbrennung erfolgt wäre, Stärke injiziert. Während 
bei normalen Tieren hiernach der R.Q. sogleich ansteigt, haupt- 
sächlich durch Zunahme der CO,-Produktion, zeigt sich in diesen 
Versuchen keine Spur davon. 

Man könnte den Einwand erheben, daß das Steigen des 
R.Q. nach der Stärkeinfusion verdeckt wurde durch das fort- 
währende Sinken derselben, wie es — wie oben erwähnt — 
nach der Pankreasexstirpation auftritt. Dieser Einwand ist hin- 
fällig, da das Sinken des R.Q. erst später und allmählich ein- 
tritt und auch nicht groß genug ist, um das zu erwartende 
Steigen des Quotienten zu verdecken; vor allem sprechen die 
Dextroseversuche gegen eine solche Möglichkeit, in denen ja 
eine Erhöhung des Quotienten prompt erfolgte. 

Im Gegenteil sinkt in allen Versuchen nach der Injektion 
der R.Q. dadurch, daß der O,-Verbrauch stark, die Kohlensäure- 
produktion nur wenig erhöht wird. 

Ich kann das nur als Kochsalzwirkung erklären. Wie ich 
gezeigt habe?), erhöht NaCl den O,-Verbrauch und erniedrigt 


O,-Verbrauch 








Veränderung . 






1) Verzär, diese Zeitschr. 84, 66. 
2) Verzär, diese Zeitschr. 34, 41. 


212 Fr. Verzár: Arbeit d. Pankreas u. sein Einfl. a. d Kohlenhydrate. 


den R.Q. Da nun die Stärke in diesen Versuchen keinen Ein- 
fluß auf den Gaswechsel hatte, zeigte sich nur die Kochsalz- 
wirkung. 

Wir sehen also, daß intravenös infundierte Stärke bei Ab- 
wesenheit des Pankreas im Gegensatz zur Dextrose nicht ver- 
brannt wird. Da ich fand, daß intravenös eingeführte Stärke 
nur dann ausgenutzt wird, wenn sie im Blute saccharifiziert 
wird, so kann diese Tatsache damit erklärt werden, daß bei 
den pankreaslosen Tieren die Stärke im Blute nicht sacchari- 
fiziert und darum auch nicht verbrannt wurde. Wir wissen, 
daß nach totaler Pankreasexstirpation in den ersten Tagen die 
Blutdiastase stark abnimmt, was zuletzt wieder von Wohl- 
gemuth!) bestätigt wurde. Darum kann aber auch die Stärke 
nicht verzuckert werden. 


Zusammenfassung. 


Nach Exstirpation des Pankreas sinkt der O,-Verbrauch 
und die CO,-Produktion, um aber dann wieder zu steigen. Die 
tiefgreifenden Korrelationsstörungen machen es hier kaum mög- 
lich, die Arbeit des Pankreas zu berechnen. Betrachtet man 
aber nur die Abnahme des O,-Verbrauchs in der ersten Stunde, 
so läßt sich etwa ein Wert von 8°/, des gesamten O,-Ver- 
brauches auf das Pankreas beziehen. 

Nach der Exstirpation sinkt der respiratorische Quotient 
kontinuierlich, um erst nach mehreren Stunden einen konstanten 
niederen Wert einzunehmen. Das scheint zu beweisen, daß 
nach der Exstirpation nach und nach eine Substanz verschwindet, 
die den respiratorischen Quotienten des normalen Tieres hoch- 
hält, bzw. die Verbrennung der Kohlenhydrate regelt. 

Injiziert man kurze Zeit nach Exstirpation des Pan- 
kreas Dextrose intravenös, so findet man ein Steigen des respira- 
torischen Quotienten zum Zeichen, daß Zucker auch ohne Pan- 
kreas verbrannt wird. 

Intravenös injizierte Stärke wird jedoch nicht verbrannt, 
da sie wahrscheinlich im Blute nicht vorher saccharifiziert werden 
kann. 


1) Wohlgemuth, diese Zeitschr. 21, 381. 


Die Wirkung des Phlorizins auf den Gaswechsel und die 
Nierenarbeit. 


Von 
Alexander Beläk. 


(Aus dem physiologisch-ohemischen Institut der Universität Budapest, 
Direktor: Franz Tangl].) 


(Eingegangen am 30. Juni 1912.) 


J. | 

Die Phlorizinvergiftung verursacht eine erhebliche Steige- 
rung der Eiweißzersetzung, wie das schon v. Mering?), der die 
Phlorizinglucosurie zuerst beobachtete, nachgewiesen hat. 

Die N-Ausscheidung der v. Meringschen Karenzhunde 
stieg nach Phlorizin um 33°/, und mehr. Wir sind also im- 
stande, mit Phlorizin eine beträchtlich vermehrte Eiweißzer- 
setzung hervorzurufen, ohne daß dabei Resorptions- und Ver- 
dauungsarbeit überhaupt in Betracht kommen. Mit der Eiweiß- 
zersetzung erhöht sich gleichzeitig der Energieumsatz, die Wärme- 
bildung. Diese Steigerung wird von Rubner und Zuntz ver- 
schieden gedeutet. 

Rubner®) verabreichte seinem Hunde, der etwa 6 Tage hungerte, 
nach Lusks Vorschrift jede 8 Stunden Phlorizin subcutan. Der Ener- 
gieumsatz wurde aus dem Stoffumsatz berechnet und gefunden, daß 
derselbe von 477,8 Calorien pro 24 Stunden auf 510,4 Calorien gestiegen 
ist. Die Steigerung beträgt also 32,3 Calorien = 6,7%/,. Nach Rubner 
wird dieser „Wärmezuwachs“ durch Lösung und Spaltung des Eiweißes 
erzeugt; es handelt sich also um eine „Mehrung der Wärmebildung‘“, die 
auch ohne alle Resorptionsarbeit eintritt, wenn im Körper selbst der 
Eiweißverbrauch sich erhöht. Zu der wärmesteigernden Wirkung des 
Eiweißes ist es nach Rubner gar nicht notwendig, daß es verbrannt 
wird, das kann auch mit anderen Spaltungsvorgängen zusammenhängen. 


1) Verhandl. des V. Kongreß für innere Med. 1886 und Zeitschr. 
für klin. Med. 1888. 
2) Die Gesetze des Energieverbrauches 1902, S. 369. 


214 A. Beläk: 


Zuntz!) führt drei an hungernden Hunden ausgeführte Versuchs- 
reihen an, in denen er den Gaswechsel bestimmte. Seine Versuchs- 
ergebnisse sind in der Tabelle A wiedergegeben. 


Tabelle A. 


Mittelwerte aus den Phlorizinversuchen von Zuntz. 













Zunahme des 

O,-Verbrau- 

ches nach der 
Injektion 


Vor der Phlorizininjektion |Nach der Phlorizininjektion 


O,-Ver- 
brauch 
ccm 


Nummer 
der 
“Versuche 





Im Mittel 


Der O,-Verbrauch ist im Mittel um 8,5°/, erhöht. Zuntz ver- 
mutet, daß die Ursache dieser Erhöhung in der erhöhten Sekretions- 
arbeit der Nieren zu suchen sei, da die N-haltigen Zersetzungsprodukte 
und die beträchtlichen Mengen Zucker, die bei der Phlorizinvergiftung 
ausgeschieden werden, eine erhebliche Steigerung der Nierenarbeit be- 
dingen. 

Die bisher vorliegenden Versuchsergebnisse genügen nicht 
zur Entscheidung, welche von diesen beiden Erklärungen richtig 
ist. Zur Entscheidung dieser Frage nahm ich auf Anregung 
und unter der Leitung des Herrn Prof. F. Tangl meine Unter- 
suchungen vor. Ich bestimmte zuerst die Wirkung des Phlorizins 
auf den Gaswechsel hungernder Hunde mit und ohne Nephr- 
ektomie. Wenn der O,-Verbrauch auch nach der Entfernung 
der Nieren eine ähnliche Steigerung zeigt, so ist damit be- 
wiesen, daß die Nierenarbeit dabei keine erhebliche Rolle spielt. 
Ich suchte ferner die richtige Erklärung dadurch zu fördern, 
daß ich nach Tangl’s Verfahren die Nierenarbeit phlorizin- 
vergifteter Hunde bestimmte. Ist sie größer als ohne Ver- 
giftung, so beruht die Zunahme des O,-Verbrauches auf einer 
erhöhten Nierenarbeit. 


1) Med. Klinik 1910. 


Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 215 


II. 
Methodik. 


Meine Versuche habe ich nach Tangls!) Verfahren an 
curarisierten Hunden ausgeführt. Die Tiere wurden einige 
Wochen lang mit gemischter Kost gefüttert und hungerten die 
letzten 24 Stunden vor dem Versuche. Während des Versuches 
selbst lagen die Tiere in dem von Tangl beschriebenen Ther- 
mostaten. Überhaupt befolgte ich genau Tangls Versuchs- 
anordnung. Ich muß nur so viel bemerken, daß ich durch 
die eine Vena jugularis das Curare, durch die andere das 
Phlorizin injizierte. Der Gaswechsel wurde mit dem Zuntzschen 
Apparat bestimmt. 

Das Phlorizin (Merck) wurde in einer 1°/,igen Na,CO,- 
Lösung bei 30 bis 40° gelöst; die Lösung wurde stets frisch 
bereitet, auf Körpertemperatur erwärmt gehalten und mit einer 
10 ccm fassenden Spritze intravenös injiziert. Diese weniger 
gebräuchliche Form der Applikation wurde deshalb gewählt, 
weil ich eine prompte Wirkung erzielen wollte und weil ich 
der Meinung war, daß das Phlorizin durch die Nieren bald, 
event. noch im Verlaufe der Versuchsreihe vollständig ausge- 
schieden wird. Lawbaugh fand nämlich in den von Lusk?) 
veröffentlichten Versuchen, daß die intravenöse Injektion von 
0,25 g Phlorizin bei Kaninchen eine kurzdauernde Glucosurie 
verursacht. In 2 Fällen war der Urin schon in der 2. Stunde 
zuckerfrei und in einem Falle in der 3. Stunde. Ich bekam 
aber bei der intravenösen Injektion von Phlorizin in keinem 
Falle eine so rasch vorübergehende Glucosurie. Wie ich mich 
in einem besonderen Versuche überzeugte, dauert die durch 
intravenöse Injektion von Phlorizinlösung hervorgerufene Gluco- 
surie über 48 Stunden. 

Auch Merings?) Hund entleerte mit dem Harn noch 48 Stunden 
nach der intravenösen Phlorizininjektion Zucker. Trotzdem behielt ich 
die intravenöse Applikation bei, weil nach einigen Angaben das subcutan 


injizierte Phlorizin sich bei nephrektomierten Tieren verschieden ver- 
halten soll. Glaesner und Pick“) geben nämlich an, daß sie subcutan 


1) Diese Zeitschr. 84. 

2) Zeitschr. f. Biol. 86, 108, 1898. 

3) Zeitschr. f. klin. Med. 16, 432, 1889. 

A Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 10, 1907. 


216 A. Beläk: 


gegebenes Phlorizin in den Organen und im Blute nephrektomierter 
Tiere nicht fanden, während es bei normalen Hunden nachgewiesen werden 
kenn. Sie erklärten ihren Befund damit, daß das Phlorizin bei solchen 
Tieren einer Zerstörung unterliegt, weshalb es aus den Organen und Blut 
verschwindet. Lescohke!) glaubt dagegen, daß das Phlorizin nach der 
Nierenexstirpation nur in äußerst geringen Mengen zur Resorption käme 
und deshalb auch in den Geweben nur in Spuren vorhanden sei. Er 
vermochte nur nach Konzentrierung der Gewebsextrakte Phlorizin in 
demselben nachzuweisen, während an der Injektionsstelle das Phlorizin 
selbst nach 81/, Stunden noch in nachweisbarer Menge vorhanden war. 

Ich habe mich übrigens erst nach Beendigung meiner 
Versuche davon überzeugt, daß auch nach Nephrektomie das 
subcutan injizierte Phlorizin in solcher Menge resorbiert wird, 
daß seine spezifische Wirkung auf den Stoffwechsel deutlich 
erkennbar ist. 

Die injizierte Dosis habe ich sehr niedrig gewählt, ich gab 
nämlich nur 2 bis 5cg pro Kilo Körpergewicht. Und doch 
waren schon 5 cg in einigen Fällen zu viel; einige Tiere gingen 
ein, in anderen äußerte sich die toxische Wirkung, von der 
unten die Rede sein wird. Die Dauer der Injektion betrug 8 bis 10 
Minuten: nach der Injektion des ersten Kubikzentimeters, das 
den Blutdruck erniedrigte, machte ich eine kleine Pause, bis der 
Blutdruck wieder ganz oder annähernd zur ursprünglichen Höhe 
zurückkehrte. Sodann injizierte ich die noch übriggebliebene 
Menge in gleichmäßigem Tempo. Die Konzentration der Lösung 
war gewöhnlich eine 2°®/,ige, in einigen Fällen eine 4°/, ige. 

Die zahlenmäßigen Ergebnisse meiner Versuche sind in der 
großen Tabelle im Anhang dieser Arbeit (S. 225 bis 234) angeführt. 


III. 
Wirkung des Phlorizins auf den Gaswechsel normaler Tiere. 


Während Zuntz und Rubner — wie schon erwähnt — 
nach subcutaner Injektion von Phlorizin eine Erhöhung des 
Gaswechsels sahen, fanden andere eine Erniedrigung oder keine 
Veränderung. So fand Uschinski?2) bei den Tieren, die 1 bis 
2 g Phlorizin erhielten, den respiratorischen Gaswechsel nicht 
nachweisbar verändert. Lusk?) verabreichte einem Hunger- 


2) Arch. f. d. ges. Physiol. 182, 1910. 
2) Malys Jahresberichte 1894, S. 484. 
3) Zeitschr. f. Biolog. 42. 


Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 217 


hund 4,5g Phlorizin, wobei die Wärmebildung unverändert 
blieb. La Franca!) publiziert zwei an Phlorizinhunden aus- 
geführte Versuchsreihen. Er verabreichte 0,25 bis 0,60 g 
Phlorizin pro Kilo Körpergewicht und fand eine Abnahme 
des Gaswechsels und des respiratorischen Quotienten. Die 
Verschiedenheit der Methodik allein kann für diese große Ver- 
schiedenheit der Ergebnisse nicht verantwortlich gemacht werden. 
Ich glaube eine Erklärung in der verschiedenen Dosierung des 
Phlorizins gefunden zu haben; je nach der Menge desselben 
können zwei ungleiche Wirkungen zum Vorschein treten. Meine 
Versuche vermögen einiges Licht darauf zu werfen. 

Die Daten in der großen Tabelle am Schluß dieser Arbeit 
zeigen die Wirkung des Phlorizins auf den O,-Verbrauch und 















































Tabelle B. 
Mittelwerte. 
o Gaswechsel lÄnderung d. Gaswechsels| CO 2 
3 3 | pro Minute ccm nach der Injektion © Blutdruck 23 
5al: e e 
oa |E] ai Bi a Blde O,-Ver- | der CO,- a o 
g S & Aë CE E SE brauches |Produktion| vor Inach | YOT | nach S = 
3 S S . 
zelel a" a"? S der SE 
SIS I vor der |nach der| ccm | Die |cem| °/o Iniektion Injektion | e 
© Injektion |Injektion J mm Hg | og 
5 
1 5 
II 5 
D 2 
50 
v bout. 
Gu ER 0,11— 0,2, 0,41— 1,010,749 0,744 5 
VII 18300] 74,9| 53,3] 77,4 25+ 33-+1,8+ 3,410,740.0,712 5 
VIII 184004 31,4| 21,2| 32,5 1,1+ 3,51+ 0,64 2,810,67410,6691 163 | 169 5 
IX [6900| 47,3| 39,1} 49,6| 37,5 2,3)+ 4,9—1,6— 4,110,827'0,756| 190 | 192 5 
X 195001 70,1! 58,7| 69,2! 53,3t—- 0,9|— 1,2- 5, 4— 9,210,837|0,770| 120 | 162 5 
XI 1750052,9; 40,4! 53,9 1,04 1,9)+3,0'+ 7,40 764 0,803 107 | 105 5 
XII 750058,2 37,9| 55,11 37,3 3,11— 5,3/— 0,6/— 2,010,650 0,677] 129 | 139 5 
XIII 185001 63,4| 49,4| 65,7 2,3+ 3,64 0,9 4 1,810,780|0,766| 100 | 105 5 
XIV 16700} 58,2| 47,7| 60,6) 46,0} 2,4|+ 4,11-1,7— 3,5[0,819|0,760| 149 | 146 5 
XV 15000] 34,5| 25,8. 36,8| 25, 2,3 6,6- 0,7|— 2,710,747 0,682] 124 | 136 5 
XVI [6000| 49,0| 36,1| 59,6 10,6|+ 21,6|-+ 5, 4 4 14,910,736 0,698] — | — | 23,5 
XVII [5500| 39,2| 30,2| 41,5] 31,6|+ 2,3)+ 5,8|+ 1,4|)+ 4,610,771|0,762| 129 | 137 | 2,5 





Mittel [6600| 52,7| 40,0] 54,7| 40,2 
Die Mittelwerte sind aus den Versuchsreihen VI—XVII gezogen. 


1) Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Ther. 6. 


218 A. Belák: 


die CO,-Produktion. Deutlicher wird die Wirkung, wenn man 
die Mittelwerte vor und nach der Phlorizininjektion berechnet. 
Diese Mittelwerte enthält Tabelle B. 

Zur Berechnung der Mittelwerte nach der Injektion habe 
ich — aus einem später zu besprechenden Grunde — bloß die 
Versuche der ersten 3 Stunden nach der Injektion herangezogen. 
In den meisten hier angeführten Versuchsreihen habe ich 5 cg 
Phlorizin pro Kilo intravenös verabreicht und nur in einigen 
2 bis 2,5 cg (Versuchsreihen X, XI, XII). 

Die Ergebnisse sind nicht eindeutig. Unter 17 Versuchs- 
reihen finden sich 9 solche, in denen nach der Phlorizininjektion 
der O,-Verbrauch stieg, während in den übrigen 8 nach der 
Phlorizininjektion eine Abnahme zu beobachten ist. Die maxi- 
male Steigerung betrug 21,6 °/, (Versuchsreihe XI) und die maxi- 
male Abnahme 11,1 °/, (Versuchsreihe VIII). Die intravenöse 
Injektion des Phlorizins ruftalso in den von mir ver- 
abreichten Dosen einmal eine Steigerung, das andere 
Mal eine Abnahme des Gaswechsels und speziell des 
O,-Verbrauches hervor. 

Was bedingt nun diese ungleiche Wirkung des Phlorizins? 
Ich beobachtete schon am Anfang meiner Untersuchungen, daß 
viele Tiere die intravenöse Injektion von Phlorizin sehr schlecht 
vertragen, selbst in so kleinen Dosen, die weit unter den von 
anderen angewandten standen. Subcutan wurden meist einige 
Gramm gegeben: 

La Franca!), der absichtlich „kleine Dosen“ verabreichte, gab 
0,25 bis 0,60 g pro Kilo. Und auch v. Mehring?) gab seinem 22 kg 
schweren Hunde 3 g (d. h. 14 og pro Kilo) Phlorizin intravenös. Aber 
selbst meine viel kleineren Dosen wirkten bei einigen Tieren tödlich. In 
der Literatur finden sich zahlreiche Angaben über diese Giftwirkung 
des Phlorizins. So wurden Uschinskis!) Tiere nach der Injektion 
apathisch, somnolent; Lusks!) Kaninchen starben nach Phlorizininjektion 
unter Krämpfen und Muskellähmungen; Leschke}) fand bei Kaninchen 
nach der intravenösen Injektion von 1 bis 2 g Phlorizin, daß ‚das 
Phlorizin in hohem Grade toxisch ist und bereits in Mengen unter 1 g 
den sofortigen Tod herbeiführen kann. Der Tod tritt durch Herzlähmung 
ein. Bei Anwendung von konzentrierteren Lösungen des Phlorizins 
(2:15) treten vor dem Tode Reizerscheinungen seitens des Gehirnes in 
Gestalt von tonisch-klonischen Konvulsionen auf“. 


1) 1. c. 


Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 219 


Ähnliches konnte ich natürlich nicht beobachten, da ich 
an curarisierten Tieren arbeitete; wohl aber konnte ich die 
Wirkung auf das Herz und auf den Blutkreislauf erkennen, 
da ich den Blutdruck registrierte. Dabei stellte sich ein auf- 
fallender Paralellismus zwischen dem Verhalten des Blutdruckes 
und des Gaswechsels, speziell des O,-Verbrauches heraus. Aus 
Tabelle B geht zweifellos hervor, daß in den Versuchen, in 
denen der Blutdruck konstant blieb oder stieg, wo also die 
toxische Wirkung des Phlorizins ausblieb oder nur gering war, 
eine Steigerung des Gaswechsels, namentlich des O,-Verbrauches 
eintritt. Die wenigen Ausnahmen (Versuch X und XII) dürften 
teils durch Versuchsfehler, teils durch Curarewirkung erklärt 
werden. Bei intravenöser Injektion genügen, wie meine Ver- 
suche beweisen, bereits viel kleinere Dosen, um die toxische 
Wirkung zu erzeugen, als bei subcutaner. Daß aber auch bei 
subcutaner Anwendung die toxische Wirkung ebenso eintritt, 
beweist mein Versuch V, in dem ich 0,50 g Phlorizin pro Kilo 
subcutan injizierte, was, wie gesagt, La Franca als „kleine 
Dose“ bezeichnet; es trat ebenfalls eine Abnahme des Gas- 
wechsels ein. Bemerkenswert ist, daß in den Versuchen mit 
den kleinsten Dosen (2,5 cg pro Kilo) die durchschnittliche 
Steigerung des O,-Verbrauches größer ist, als nach den größeren 
Dosen (Versuchsreihen XVI, XVII und XXI). 

Nach meinen Versuchen hat also das Phlorizin zwei ver- 
schiedene Wirkungen: 

1. die spezifische Wirkung auf den Stoffwechsel (Erhöhung 
des Eiweißzerfalls) und Glucosurie, und 

2. die toxische Wirkung, die die Erniedrigung des Gas- 
wechsels und des Blutdruckes zur Folge hat. 

Von meinen Versuchen war in den Versuchsreihen VI bis 
XVII von dieser toxischen Wirkung auf den Kreislauf nichts zu 
bemerken; der Blutdruck sank nicht. In diesen Versuchsreihen 
kommt es nun mit Ausnahme von 3 Versuchsreihen (VI, X und 
XII) zu einer Steigerung des O,-Verbrauches. In den Versuchs- 
reihen VI und X kann der O,-Verbrauch als unverändert gelten, 
nur in der Versuchsreihe XII gibt es eine 5,3 °/,ige Abnahme 
des O,-Verbrauches. In den übrigen 9 Versuchsreihen beträgt 
die Steigerung 2 bis 22°/, der Normalwerte, in Mittel 3,8 °/.. 
Die CO,-Produktion verhielt sich dabei durchschnittlich un- 


220 A. Belák: 


verändert und deswegen sinkt der Quotient * von 0,757 
2 


auf 0,733. Die durchschnittliche Steigerung des Blutdruckes 
beträgt 8mm Hg. Demgegenüber sinkt in den Versuchsreihen 
I bis V, in welchen auch das Verhalten des Blutdruckes die 
toxische Wirkung des Phlorizins anzeigt, nicht nur der 0O,- 
Verbrauch, sondern parallel mit ihm die CO,-Ausgabe Im 
Mittel dieser 5 Versuchsreihen beträgt die Abnahme für den 
O,-Verbrauch 6°/, für die CO,-Ausgabe 6,2°/, Auch das gibt 
gegenüber den Versuchen ohne diese toxische Wirkung einen 
bemerkenswerten Unterschied, da bei letzteren bloß der O,- 
Verbrauch die Steigerung aufweist. Die „spezifische“ und 
die „toxische“ Wirkung des Phlorizins sind daher auch 
qualitativ verschieden. Auch in den Versuchen von 
Uschinski, Lusk und La Franca kam die „toxische“ 
Wirkung zum Ausdruck. 
Wir kommen nun zur Besprechung der 


IV. 


Wirkung des Phlorizins auf den Gaswechsel nephrekto- 
mierter Tiere. 

Die Hunde dieser Versuchsreihe erhielten erst nach voran- 
gegangener Nierenexstirpation Phlorizin in Dosen von 2,5 bis 
5 cg pro Kilo, sonst war die ganze Versuchseinwirkung die- 
selbe, wie bei den eben besprochenen Versuchen. Die Exstir- 
pation der Nieren nahm ich an den bereits curarisierten Tieren 
vor, und zwar von vorn mittels Laparatomie, worauf die Bauch- 
wunde sorgfältig zugenäht wurde. Die ganze Operation dauerte 
nicht länger als 5 Minuten. 

Im ganzen habe ich 7 solche Versuchsreihen: XVIII bis 
XXIV (s. Anhang). Die Mittelwerte habe ich in der Tabelle C zu- 
sammengestellt. In 2 Versuchsreihen (XVIII und XIX) kam die 
toxische Wirkung zum Ausdruck: Sinken des Blutdruckes und 
des Gaswechsels. In den übrigen 5 Versuchsreihen (XX bis 
XXIV) blieb der Blutdruck unverändert oder er stieg unter 
gleichzeitiger Zunahme des Gaswechsels und speziell des O,- 
Verbrauches. Nur in Versuchsreihe XX kam es zu einem 
größeren Abfall des O,-Verbrauches und einem kleineren der 


Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 221 









































Tabelle C. 
Mittelwerte. 
© Änderung d. Gaswechsels EP 
2 nach der Injektion e S 
hb E a Bi ai , S|des O,-Ver- ez? 
s2| 2 | 2 EE a2| S] brauches | Produktion | vor |nac 35 
e E 3 3330293 Sé 
e > 28 E fe > E € , S 8 
SIS | vor der |nach der Iniektion Injektion | e 
= Injektion |Injektion ) mm Hg | o 






XVIII [5000] 40,7| 29,4) 37,8| 24,1 








CO,-Ausgabe. Sieht man nun von den Versuchsreihen XVIII 
und XIX als von solchen ab, in denen die „toxische“ Wirkung 
des Phlorizins überwog, so ergeben die übrigen (XX bis XXIV), 
in denen die „spezifische“ Wirkung zum Ausdruck kam, im 
Mittel, daß nach der Phlorizininjektion der O,-Verbrauch eines 
6,7 kg schweren Hundes um 1,9 ccm =4,0°/,, die CO,-Ausgabe 


um 0,6ccm=1,6°/, steigt, während der Tr. Quotient von 


0,771 auf 0,758 sinkt. ` 

Das Phlorizin verursacht demnach auch bei 
nephrektomierten Tieren eine Steigerung des O,-Ver- 
brauches, während die CO,-Produktion nur unbedeu- 
tend ansteigt. 

Gegen diesen Schluß könnte möglicherweise der Einwand 
erhoben werden, daß die Steigerung des Gaswechsels die Folge 
der Nephrektomie selbst ist. Tatsächlich hat Tangl?) nach- 
gewiesen, daß der Exstirpation der Nieren eine Erhöhung des 
Gaswechsels folgt, doch erfolgt eine nennenswerte Erhöhung — 
wie seine Versuche beweisen — erst nach 3!/, bis 4 Stunden 
nach der Entfernung der Nieren. Eben mit Rücksicht auf 


1) Aus XX—XXIV. 
2) l. c. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 13 


222 A. Belák: 


diese Tatsache habe ich zum Vergleiche nur jene Versuche 
herangezogen, die innerhalb der ersten 31/, Stunden nach der 
Phlorizininjektion ausgeführt wurden. (Die Mittelwerte der 
Tabellen B und C sind aus diesen Versuchen gezogen; die spä- 
teren Versuche sind in den detaillierten Tabellen von den frü- 
heren durch eine punktierte Linie getrennt.) Ganz unverändert 
bleibt er aber auch in den 3 ersten Stunden nicht. Aus 
Tangls Versuchen und aus einer Versuchsreihe, die ich speziell 
zu diesem Zwecke ausführte, ergibt sich, daß der O,-Verbrauch 
in den ersten 3 Stunden durchschnittlich um 1,4°/, ansteigt, 
während die CO,-Produktion unverändert bleibt. 

Da nun in meinen Versuchen das Phlorizin den O,-Ver- 
brauch nephrektomierter Hunde durchschnittlich um 4°/, er- 
höhte, so muß man davon 1,4°/, in Abzug bringen, da dieser 
Betrag auf die Rechnung der Nepkrektomie selbst zu schreiben 
ist. Es bleiben so immer noch 2,6°/,, die ganz bestimmt durch 
das Phlorizin bedingt sind. 

Es bleibt aber noch ein Einwand übrig. Es wäre nämlich 
denkbar, daß die Na,CO,-Lösung selbst, in der das Phlorizin 
gelöst und eingespritzt wurde, die Änderung des Gaswechsels 
bedingte. Ich habe deshalb in 3 Kontrollversuchen dieselbe 
Menge Na,CO,-Lösung — jedoch ohne Phlorizin — injiziert. 
Es stellte sich heraus, daß das Na,CO, weder den O,-Verbrauch 
noch die CO,-Produktion erhöht, eher tritt eine geringe Er- 
niedrigung des O,-Verbrauches ein. 

Wir wollen nun diese Versuchsergebnisse folgendermaßen 
zusammenfassen: Die Phlorizininjektion verursacht eine Zu- 
nahme des O,-Verbrauches sowohl bei normalen, als auch bei 
nierenlosen Tieren. Daraus folgt, daß erhöhte Nierenarbeit 
allein für die Zunahme des O,-Verbrauches nicht ver- 
antwortlich gemacht werden kann, vielmehr besteht 
auch eine Wirkung des Phlorizins, die „durch Beein- 
flussung sonstiger Organleitungen“ (Zuntz) die Stei- 
gerung des O,-Verbrauches verursacht, da aber die Stei- 
gerung bei den nierenlosen Tieren geringer ist, so folgt daraus, 
daß an der Steigerung des O,-Verbrauches nach der 
Phlorizininjektion die Nieren tatsächlich beteiligt sind. 








Gu der Versuchsreihe | 


s 
d< 


JEER: 


Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 223 


V. 
Phlorizinwirkung und Nierenarbeit. 


Das Phlorizin erhöht demnach wirklich die Nieren- 
arbeit. Ich habe auch versucht, die Größe dieser Nieren- 
arbeit in ähnlicher Weise zu bestimmen, wie es Tangl für 
die Arbeit der normalen Nieren ausgeführt hat. Ich habe zu 
diesem Zwecke in einigen meiner Versuchsreihen einige Zeit 
nach der Phlorizininjektion die Nieren exstirpiert und den 
Gaswechsel vor und nach der Nierenexstirpation bestimmt. 
Der Ausfall im Gaswechsel nach der Entfernung der Nieren 
entspricht der Arbeit der mit Phlorizin vergifteten Nieren. 

Diese Versuchsreihen sind die mit IV, X, XIII, XIV, 
XV, XVI, XVII bezeichneten. Ich habe aus ihnen die Mittel- 
werte vor und nach der Nierenexstirpation berechnet und in 
der folgenden Tabelle D zusammengestellt. Die Mittelwerte, 
die den Gaswechsel der phlorizinvergifteten Tiere vor der 
Nierenentfernung angeben, sind nicht in allen Versuchen iden- 
tisch mit den in Tabelle B enthaltenen Mittelwerten, weil bei 
letzteren bloß die Versuche innerhalb der ersten 3?/, Stunden 
berücksichtigt wurden. 

Läßt man die „toxische“ Wirkung des Phlorizins un- 
berücksichtigt, so erhält man als Mittel aller Versuche für den 


Tabelle D. 
Mittelwerte. 



















Nach der 
Injektion 









Nierenaus- 


vor 
brauches 






der Nieren- 
ausschaltung 


Körpergewicht 





0,697 | 0,690 | 95 | 16,0 | 71 
0,770 | 0,749] 18| 26 | 28 
0,764 | 0,810] 6,0 | 90| 1,8 
0,730 | 0,779 | 15,9 | 25,5 | 9,4 
0,682 | 0,704 | 6,6 | 17,9 | 3,8 
0,698 | 0,726 | 9,0 | 15,1 | 4,8 
0,737 | 0,746 | 2,9 | 67| 19 
6850 | 56,6 | 41,8 | 49,2 | 36,7 | 0,725 | 0,743 | 7,4 | 13,4 | 45 


Abnahme nach der 
Nierenausschaltung 


des O,-Ver- | der CO,-Pro- 
duktion 


wf 


fier A Leed 
eg RE ee 
Ge Ise zn za Säi En bé Se 


pt 


224 A. Belák: 


O,-Verbrauch der Nieren eines mit Phlorizin vergifteten 6860 g 
schweren Hundes pro Minute 7,4 com = 13,4°/, des O,-Ver- 
brauches des phlorizinvergifteten Tieres vor der Nierenexstirpation 
und für die CO,-Produktion 4,5 cem = 11,3°/,. Nach den Ver- 
suchen von Tangl verbrauchen die Nieren eines 6 kg schweren 
Hundes unter ähnlichen Versuchsbedingungen, jedoch ohne 
Phlorizinvergiftung, pro Minute durchschnittlich 4,4 ccm O, und 
produzieren 2,2 ccm CO,. 

Es geht also auch aus diesen Versuchen hervor, daß das 
Phlorizin die Arbeit der Nieren sehr bedeutend, etwa 
um 75°/, erhöht. Dieser Wert dürfte aber eher etwas zu 
klein als zu groß sein, denn ich habe bei der Berechnung der 
Arbeit der Phlorizinnieren auch jene Versuche mit einbezogen 
(Vers. IV und X), in denen infolge der „toxischen“ Wirkung 
das Phlorizin keine Erhöhung des O,-Verbrauches verursachte. 
Läßt man diese Versuche unberücksichtigt, so erhält man einen 
noch höheren Wert für die Arbeit der Phlorizinniere. 

Nicht unerwähnt will ich lassen, daß auch bei Phlorizin- 
vergiftung nach Entfernung der Nieren der respiratorische Quotient 
— in allen Versuchen, in denen die „toxische“ Wirkung des 
Phlorizins im Gaswechsel nicht sichtbar wurde — sich stets 
erhöhte, also ganz so wie ohne Phlorizinvergiftung. 


Das wesentliche Ergebnis meiner Versuche ist demnach 
folgendes: 

Das Phlorizin erhöht in nicht „toxischen“ Dosen 
den O,-Verbrauch des Organismus teils dadurch, daß 
es die Arbeit der Nieren bedeutend erhöht, teils aber 
dadurch, daß es auch in anderen Organen eine Zu- 
nahme des O,-Verbrauches verursacht. Das Phlorizin 
steigert also nicht nur in den Nieren, sondern auch in 
anderen Organen den Energieumsatz. 

Das Phlorizin kann aber auch „toxisch“ wirken. Tritt 
diese Wirkung in den Vordergrund, so sinkt der O,-Ver- 
brauch und der Blutdruck. 

Meine Versuche wurden auf Anregung und unter der Leitung 
des Herrn Prof. Franz Tangl ausgeführt. 


Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 225 











Anmerkungen 


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Kä 
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Kl 
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— 


E 
sl 
E< 
FE 
SE 


des Versuchs 


e 
Q 





Versuchsreihe I. 14. III. 1911. Körpergewicht: 9300 g. 
3,578|78,90 58,40J0,740] 87-9 


37,8 
pes 77,10 56,4010,731 37.9 


| 


1| 4 agrlıı arrlieasla,ss2 





2, 4» 44'110’ 50”11623]4,754 










5h 18’ Injektion v. 20 ccm 
— 2°/,igerPhlorizinlösung 

ind.V. (0,05 g 
98 Phlorizin pro kg). 


3 | 6 2210’ 39”J1668]4,394 3,095|73,50 51,60|0,704] Kee 


4 10 26/11” 00”|159514,292 3,026|68,50 48,3010,705 Si 3 


5 m 15” 10° 49”|1595[4,135|2,98466,00'47,60[0,721 e 0 





90 


Versuchsreihe II. 28. III. 1911. Körpergewicht: 6100 g. 


1 l1% 16| 9 a5"lısı7la,527/2,010l45,90|36,50l0,795 ke 104 


2 19 34| 9 12"lı80612,56712,008l46 40136 20l0,780 SC 102 























12h A0 Injektion von 
15,2ccm 2°/,iger Phlo- 
rizinlösung * = V. 
jugularis ( pro 
kg). 3h 10 ts, 


Versuchsreihe III. 19. VIII. 1911. Körpergewicht: 7300 g. 


1| æ gorlıo 54”lıss1ls,538'2,646155,93|41,83]o,747 e 


2| op 4510 38”|156913,576 2,7588156, 13 43 2810,771 e A 


3 [10> 027110” 44”[1571|3,543 EE E 32 
4 112 007117 23”|1576 kl ken 56,08145,66|0,816 es O B rea 


8| 2b 40| Y 28”1176312,338|1,845]41,20|32,5010,789] : 










» 3071117 23”11575|3,4072,731]53,66 43,01lo,g01] 885 Jı 19 in d. V- jugularis (0,05 05% 
5 11m 3 4: —— 







2,7231155,89 48, 6110,787 886 |125 


6 |12% 00 1056159718,468 38 6 
38,3 1119 


2» 0010 47”|1543 3,558|2,663 54,91141,09]0,748 38 4 





7 





Versuchsreihe IV. 13. IV. 1912. Körpergewicht: 6800 g. 


9 23”|2105|2,923|1,966|61,54/41,89|0,672| 37,7 |191 
8’ 39”|2110/2,850/2,041160,15/43,07[0,716{ 37,7 |187 
8’ 45’')2097|3,029|2,099]63,52|44,01|0,692]| 37,7 [190 


9’ 151209412,933|2,017[61,31/42,2310,687]| 37,6 |185 
9’ 30”12105]2 ‚871 1,997 60,45 42, ‚0510,695]| 37,5 |184 
9 00”|2025]2 ‚866 2, ‚021 58, 05 40, 93]0,705] 37, ‚6 [178 


























2h 20’ Injektion v. 6,8 cc m 
3b 30’ 20/,iger Phlorizinlösg. 
in die V. jugularis. 


4 25’ 


CG jo m 


























226 A. Belák: 





2 


Anmerkungen 






Ende d. Versuchs 









Körpertempera- 
turamAnfang u 


des Versuchs 







0 


lo 
2063]2,971/2,045[61,29142,1910,688] 37,7 1171 
8 5012029]2,774|1,977]56,28]40,11]0,712] 37,7 |159 


H 03”12001|2,493|1,748[49,8834,98[0,701] 37,3 [145 
9 06’j1997]2,495|1,696]49,82|33,87|0,679] 37,1 [136 


Versuchsreihe V. 22 IN 1912. Körpergewicht: 5800 g. 


13’ 14”11420|3,441|2,644]48,87137,5510,768] 37,3 |147 
12’ 53’’11448|3,575|2,634|51,7938,16]0,736| 37,3 |161 


o 
RS Blutdruck 








Von 5h 50’ bis 5h 55’ 
Nierenexstirpation. 


Dh 40’ 
72 08’ 











10 





0% 25’ 
0% 50 











re Da er. 
2 36/119 24”l150213.159|2.364147/46135.51l0,748| 37.2 [157 von 70 emm 49/9- 
5| 12 3513 28”|144613 3822.376148 014 glo oo 37.2 |147| "er Frloriziniösung. 








Versuchsreihe VI. 21. III. 1911. Körpergewicht: 5100 g. 
11> 19010 19”J1839]2,970 2,155|54,65139,64Jo,725] 380 
| 38,0 
37,9 


2,272 58,72,41,95 0,781|: 
dë 53| 9° 44”l1841]2,865 2,291]52,76|42,19|0,799] 37.3 engl "27,2%, Injektion, von 


| 379 zinlösung in die V. ju- 
5| 2 41/10 38”]181012,875 2,131[52,04/38,5710,741] eco |194| gularis (0,05g Phlorizin 


| 87,9 pro kg). 
D 32 37'110’ 10 1812 3,17912,201 57,62139,8910,692 380 


ITD 


1 
2 
3 





11 9 51”11851]2,937/2,179|54,36 40,330,741 


12% 18/10 361184612, 909 















8 5% 1910354179518,137 2,29456,80 41,1710,731 
9| 6% 05/10 20”11822]3,28812,336159,93|42,58]0,710 
10| 6% 447110’ 29”1180813,223/2,345|58,27 
11| 7 10| 9 35”1181413,273/2,380[59,47 


42,890,727 





148,17)0,727] 381 |174] Getötet. 


| 


Versuchsreihe VII. 8.V. 1911. Körpergewicht: 8300 g. 


III 55/10 38”1212613,50812,497]74,59|53,10]0,771 m 164 


21a» 12/11 19712116[3,557 8,527|75,27153,47)0,710 SE 195 


2,622]75,63 55,16|0,729] 37-7 |186 KEE 
? rizinlösung in V. 


.ju- 
37,5 ll gularis (0,058 Phlorisin 
2,588j76,88158,92]9,701| 37°4 |172| Eros} 


812 54711’ 11”’J2103]3,595 
4 2b 43/11 09”1208313,690 





Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 227 








Ende d. Versuchs 


d z 
SG 
ele 


en || OQ 


3» 0971107 34”|2073]8,84812,746|79,77|56,92]0,713] 37° 


3» 3871107 27”12081]3,76212,706]78,38 56,82]0,719] 372 


v 00/117 217120701,680 2,573j76,59 53,51]0,099 a. 


Blutdruck 


Pe ee ZZ ET en Een serasa 


4» 2810 37”12095]3,506 2,475|73,47151,87|0,705| 372 


5a 1571117 29”l2048l3 538 2,461[72.47 50,41l0,695 Die 


5» 40/11” 11”l2108]3,543 2,460]74,54151,75|0,694] 37-7 


6» 0010 36”12100]3,556 2,428]74,67 50,99|0,682] 37-3 


6% 20/10 36I2087]3,537|2,472173,82151,59]0,698 37,8 — 


Anmerkungen 


Versuchsreihe VIII. 29. V. 1911. Körpergewicht: 3400 g. 
(e 2014” sa”lıo1ala ıs9la,121la2,ı3laı So eegal 888 


38,8 


210% 4814 49”]1020]3,07312,052]31,36)20,94|0,667] 387 


38,7 


31112 gel Sr 17”]1009]3,065|2,108]30,92121,27J0,687] 287 


38,8 


4112 Ate 26”|1007]3,115|2,137|31,3721,52]o,6s6| 3% 


38,8 


5112» 05/16 St) 998]3,06812,036]30,64120,33lo,663] 327 


6 


38,8 


15 04 16 09”] 995 3,298 2,18 i 82,84 21,81 0,664 on 


2» 052117’ EE E Ee 


2» 30'115’ 231 981[3,343|2,308132,81|22,65[0,690 ee 


Jh 55115 95” 995 3,421 2,218 34,06 22,08 0,648 ée: 


161 
163 


BEE EEE LEERE TEE ET I u ehe 


3b 207116’ 35”| 986]3,539|2,355[84,91|23,23|0,665 Sie 


TEE EE E EE Ee 


4» Stiler 45”| 977]3,661 2,410]35,78123,55|0,658] 888 


5h 1% 16’ 44” 9 8,697 2,346 36,61 23,23 0,634 Ae 


SET EE E 33°) 


— — 
rizinlösung in die V. ju- 


gularis (0,05 g Phlorizin 
pro kg Körpergewicht). 





298 A. Beläk: 





An- 
fang 


m 


* Dauer 








CO 


biet Anmerkungen 


in 
lationsluft | pro Minute 


Körpertempera- 
turamAnfang u. 
Ende d.Versuchs 


des Versuchs 


Q 





Versuchsreihe IX. 81. V. 1911. Körpergewicht: 6950 g. 
2,71312,225 
2,69712,250 


39,09 187 


39,24 


0,820 
0,834 


37,5 
37,5 
37,6 


'39,16l0.775 S 
3 


11b 20° 
11» 44’ 


1757 
1744 


47,67 
47,03 


9’ 34" 
9 35” 


1 
2 
































7 910| 11% 55’ Injektion von 
8 17 eem 2°/,iger Phlo- 
4 rizinlösung in die V. 

210] jugularis (0,05 g Phlo- 
4 rizin pro kg). 


gl12 27| gr 39”l1756l2,874|2,230 50,48) 


A 2 00°) 9 a7”l1736J2,81212,110l48,81|36,63|0,750 Š 
3 





5| 2% 25| Y 36”11731|2,922/2,220150,5738,4210,767 277 170 


6| 3d 17 Y 13”[1785|2,788/2,045 48,66 35,69|0,733] 37g |181 








4» 18| 9 52”l1717]2,97312,198|51,05 37,65|0,741| 3%°0 eg 
9 
10 5a 207| 9 52”/J171612,88412,118149,49|36,3410,738] 37.6 | — 





5057| 8 57”11716l2,91112.216149.97|38 23|0,761 a 205 


Versuchsreihe X. 14. VIII. 1911. Körpergewicht: 9500 g. 


6’ 59’I2412]2,921|2,447 70,46 159,03 0,837] 39,5 |121 
210% 07| 6’ 36”12429]2,91312,432]70,75 59,07]0,834| 39,5 |131 
210 19) 7’ 33”2398|2,880)2,425[69,08 58,17|0,842] 39,7 |110 


4112 007) 7’ 20”|2387|2,868|2,454|68,47|58,59|0,856| 39,6 [130] 10n 88” Injektion von 
5/128 00°, 7’ 34”12372[2,882|2,210|68,37|52,43]0,766| 39,5 EE Meesch dek ee? 
6/12 20) 6’ 55”]2486]2,794|2,143|69,46153,27|0,767] 39,6 |140| jugularis. i 
7| Is 00| 7 20”{2373|2,932/2,168|69,59|51,45[0,739| 39,6 |127 
8| 2 00| 7 29”|2349|2,993|2,172|70,32|51,03[0,725] 39,5 |110 


7’ 20”\2352]2,866|2,172]67,41151,08|0,757| 39,6 |103| 2* 14° Nierenexstirpa- 
7’ 18”|2344|2,870,2,131|67,28|49,96|0,742] 39,6 | go] Ven, 
Versuchsreihe XI. 21. VIII. 1911. Körpergewicht: 7500 g. 
10 33”1596]3,865 2,506[53,71/40,00|0,744 * 118 
| ; D 
10’ 23”l160413,316 2,524153,20 40 490,765 * 106 


10’ 28”11590|3,269 2,558]51,99'40,68]0,782 393 | 99 


1| 9 50’ 

















2b AN 
32 30’ 


9 
10 











1108 30’ 
210% 43 
8/11 00’ 














on 11h 15’ bis 11h 26’ 


1591|3,3342,750153,06|43,76l0,8241 a en 
20,,iger Phloriziniö- 


In die V. - 
1604|3,399]2,786]54,53/44,7010,819 397 107 006 Z echte 
2,727155,09|42,43|0,770 











412% 007.10 40” 
* 30/10 46” 
6| 2 1510 38” 
7| 2a 4571107 58” 


e 119] Y 





pro kg). 


155613,541 90 


1590 3,850/2,685 58,27 






42,690,800] „nal — 








Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 229 










An- 
fang 


= 


* Dauer 








Anmerkungen 


Ende d. Versuchs 


$ 
= 
$ 
35 


des Versuchs 





Q 


Versuchsreihe XII. 24. VIII. 1911. Körpergewicht: 7500 g. 
1 9 30| 9 08”]1826|3,14612,038]57,46137,22J0,647| 35% [125 


| 
2 9» 507| 9° 10”Jı828]3,184 2,063]58,22 37,72]0,647] Keng |132 


3/10» 05°) 9 16”l1832l3,22212,121|59,03 88, zelt 658 27 131 





411% 00 9 27’1184913,031|2,082[56,06138,51]0,686 38.4 125 nn Cé bis 10 E 
88,4 2 0/,iger Phlorizinlö- 


511 30 8° 43”1184112,989|2,038[55,03137,52[0,681 384 140 vu e 1er 


6/12 007) 9° 16”|1820)2,966 2,006[54,0036,52]0,676] 325 J149) "° kg). 


7| 2 30| 9" 08”|182313,033 2.020155 31136 830,666 En 142 


DT WETTE EEE EEE ET EEE ET EEE Er ee 


8| 3a 00| 849” 1818/8,046/2,016|55,23/36,5510,661 38 4 140 
9 Dh 30| 9’ 03”1843]3,053|2,041]56,29|37,63|0,668 98 4 
10) AN 201 9 19”11823]3,222|2,161]58,74,39,39]0,670 387 





11 





Ah 00| 9 18”11827]3,179|2,131[58,0838,93[0,670 ggg 


Versuchsreihe XIII. 1. IX. 1911. Körpergewicht: 8500 g. 


7’ 0412336 2,723 2,117 63,61/49,45[0,777] 38,1 [103 
2/11» 20° 7” 40’'12342 2,665 2,088 62,43/48,9110,783] 38,2 | 98 
8/11 30°) 7” 40/’)2343]2,735|2,137[64,09)50,07|0,781] 38,3 [100 


4/122 30 T 392344 2112122 62,46149,73[0,796]| 38,5 |105| 11h 53° Injektion von 


11108 35’ 






























5| 12.007) 7 43”234612,81112,122|65,94|49,78|0,754| 38,5 [113] 21 eem 2°/,iger Phlo- 
6| 2 30°, 7’ 30”12333]2,925 2,206|68,24151,47[0,754| 38,4 [110] Exsnm in die V. 
7| 3» 00| 7’ 44”12331[2,764 2,135]64,45|49,78[0,772| 38,3 [103 

8| 34 80| 7 54”|2322]2,91112,195|67,59,50,96]0,754] 38,4 |107 


7’ 37'12322]2,855|2,205]66,30/51,20]0,772] 38,5 | 98 
10, 4 35’) 7 30”j2355]2,8772,163]67,75/50,94]0,751] 38,6 [100 
11| Ab 15’ 


7’ 31”12334[2,38911,972155,76146,0310,825] 38,3 | 82 
12| 5b An 2 6 








Von 4h 44’ bis An 47’ 
Nierenexstirpation. 








741“230312, 806 2,232164,62 51, 4010, 795 38,2 | 94 
Versuchsreihe XIV. 6. IX. 1911. Körpergewicht: 6700 g. 
11’ 24”11555[3,750|3,017[58,32|46,92]0,804] 39,5 |140 
11’ 14”11561|3,762|3,080[58,73/48,09[0,818[ 39,5 [150 
10’ 35”]1562|3,695 |3,091[57,73/48,29]0,836 
10 421157213,753|2,954|59,02/46,46]0,787| 39,5 [140] 11ħù 30 Injektion von 
10’ 44”j1558|3,990|2,931|62,18/45,67[0,734] 39,8 [142| 8,5 ccm 4°/, iger Phlo- 


11717” 158514,114/9,945163,15/45,21]0,715] 40,2 ]154|  fuguaris eV 
152514,258/2,927]64,95|44,65[0,687]| 40,2 [149 
2,462151,33/37,90[0,738] 40,0 | 97 
2,217]44,73133,95[0,758| 39,8 | 59 
2,355]43,16.36,3010,841[| 39,7 | 72 





1 
2 
3 


4 


ES 
108 50 
112 10 

12» 00° 
DUT: 30 

6j 3è 30 

7| 4a 00 
8| 58 00 
9| 5è 30 
10| e 00 














































11’ 14” 
LU 08”11539]4,334 
11’ 14”{1531[2,921 
11 02”1541|2,800 






















4h 21’ Nierenexstirpa- 
tion. 






























230 A. Belák: 











` dë D 
5 58 FHE 
+ EHE 

E 2 ee? pro Minute TE = — — 
des Versuchs |< Af tonsatt 238 
Lige 






Versuchsreihe XV. 9. IX. 1911. Körpergewicht: 5000 g. 


12’ 48”11372[2,440|1,817133,47|24,93]0,744| 37,9 |125 
1363]2,606)1,943]35,54/26,49]0,745] 37,9 |12 
1369]2,534|1,906]34,69|26,09]0,752]| 38,0 |12 


1370]2,650 1,812]36,32|24,83]0,683] 38,0 |162] 11» 10° Injektion von 
1351]2,800 1 ‚385 37, ‚85 25,48 0, 673] 37,8 |150 dree 15 Ee 
jugularis. 


10% 08 































1347 2,270 1 574 30, 58121, * 698 * 1| 65| Von am 46’ bis sh 50’ 
1337]2,230|1,596[29,83j21,35|0,715| 38,1 | 65] Nierenexstirpation. 









1| 9 517] 9 37”|1952l2,406!1,741146,97183,9910,723 dë |, 
du 14| 9° 18”lo023le,533 1,803|51,26136,48l0,711| 37.9 


310% 30| 9 0412021 2,41911,876 48,90137,92 0,775 


411% 157) 9 00”\2088]2,664 1,999]54,30140,74|0,750] 32:1 |124| Von 10» 50° bis 10h 57 


Injektion von 7,5 com 
389 20/,iger Phlorizinlö- 
"o 1142] sung (0,025 g pro kg). 


6112 27| & 13”1207013,0002,050l62,10142,43lo,683] 38-4 us 
7| æ% 23| 8 32|208212,882/2,009160,0041,8210,6971 88-4 [144 
t 
8| Ob 50 


AIR AO" 9 20”12047|2,897/1,982/59,81|40,58/0,684 


8 37”12063]3,037 12,050 62,65/42,2810,675 Sr 132 


2028l2 445|1,809l49,59|36 elo 7891 88- 













Von 8h I bis 8h A Nie- 
renexstirpation.. Ge- 
wicht der Nieren 83,7 g. 


al u a7’) 805” 
10| 3m 56 8’ 39” 
11| A8 30| Sr 49” 





2096]2,502|1,784152,43/37,3910,713 
2055[2,421/1,761/49,74136,18]0,727 


Versuchsreihe XVII. 3. IV. 1912. Körpergewicht: 5500 g. 


(um, gg Ui: 40”l1545l2 5161 ,795|38,88127,73lo,7ı3 Se 119 


2110» 50/11 52”l1571l2,409|1,863137 84129 260,773 * 121 


31118 1071117 40”]1574J2,59812,151l40,89|33 850,827 SCH 147 


4|12% 0011” 89”J1578]2,65312,125141,87132,540,500| 57,5 [131] Yon 105 28‘ bie 105 30 


, 38,1 2 is iger ziniö- 
5 rd Wen Wi d kee eng WA Kei kola gg 1 e 1 EE ee 


——_..—.— the —2 


Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 231 
































in der Ven — Anmerkungen 


tilationsluft | pro Minute 2 


tur amAnfang u, 
Ende d.Versuchs 
Blutdruck 


Q 
=. 
» 
Körpertempera- 


des Versuchs 








8 
E 
"e 

z 
| 
| 

A 
=: 


10’ 43” 





6| 2 40 











7. 3» 30/11 23”l1658l2,621 1,850143,45/30,6710,705ļ : 
| | 


| 
1,850140,08|30,49|0,761| 2? 


| 
g| 4» 25°10 56”]1653]2,430 
| 


H 42 47/11’ 01”|167612,433|1,824]40,77130,56]0,749 





oO] 3b 48’ Nierenexstirpation 













10, 5» 5071107 53”|1626|2,426 1,755]39,46128,5510,723] 32”, | 90 
i v9, 


Versuchsreihe XVIII. 14. IX. 1911. Körpergewicht: 5000 g. 
9% 45'111’ 56”11471[2,753]2,087140,49|30,7010,758]| 37,7 | 81| on 27’ Nierenexstirpation 


2/10 0412 05”|1463[2,758|1,967]40,36|28,780,713] 37,6 | 92 
310% 20/11’ 16”j147012,818|1,958]41,43,28,79]0,694| 37,7 |110 


AIS 30/12 01”11441]2,850 1,933|41,07|27,8610,678] 37,8 
5/12 007111’ 19”J146812,807|1,941|41,21/28,4910,691] 37,7 
6/12» 30/12” 14”J145612,465|1,692]35,91|24,62]0,686] 37,7 
7| 3 307112’ 22°11411]2,528|1,800135,65 25,41]0,712] 38,1 
H AN 0012’ 24”j1409]2,509|1,734|35,35|24,43|0,691| 37,6 


Versuchsreihe XIX. 28.IV. 1911. Körpergewicht: 5870 g. 
1| æ sol 9 59”lı703lo 6351 ,980l44,88133,72lo,751] 37? |173] Nierenexstirpation vor 


1 



































89] 10h 45’ Injektion von 

831 6,5 ccm 4°/,iger Phlo- 

79 rizinlösung in die V. 
jugularis. 







37,9 Beginn des Versuchs. 
2| a 24'| 8 47”l1694l2,602]1,911|44,09 32,38l0,734 Se 180 
d 4007| 9 35”J1704]2,559|1,883|43,65|32,13l0,735[ 378 [19] °*, 40, Asjektion von 
o gel ge ëlo so7lı sıalae aalsı.oslo vas| 818 hu) Zeg, BOS. 
4 7 ? der i 37,8 deeg in die V. 
5| 5a 00110 17”l1715|2,526|1,840143 33131,5610,728 SE al Ton 
6| 5» 25°) 8 5e"lı718la,514l1,857l43,22|31,93l0,738 d 138 
2, 6 02| 9 20”J1667]2,683]1,882144,74131,38]0,701 CN 127 


Versuchsreihe XX. 2. VIII. 1911. Körpergewicht: 7100 g. 


37,7 Von Bh Lë Dis 8h 18’ 
178212,895|2,174151,60138,7410,750 375 130 Wiesheuatitpakion: 


a gp 10| gr 58”I1777l2,82312,150|50,16138,20]0,761 SE 131 


178412,846 2,149150,79|38,3510,755 an 134 











9h 40’ Injekt. v. 17,7 ccm 
20/,iger Phlorizinlösung 
in die Vena jugularis 
(0,05g pro kg Körper- 
gewicht). 


410: 007107 23” 
510 ap) gr 59” 






























Aslésléel, ‚s2l | 
151345358] EE 
S © ak | OS Së E ẽ 
E EE 
in der Ven- F sa| Anmerkungen 
tilationsluft | Pro Minute | Y2 Le e S E 
— CEA 

0 mm 

d gel 

37,2 





9,109146 84|37,47l0,800| 2°» 


8’ 58”11777]2,636 37, 2 






1776]2,70312,113[48,01/37,53]0,781 


DEET Be EEE KETTEN 


(ul 12 307lı3 5071 ze 1212, 072]47,91|36,48|0 761 a 


12| 2% 00'112’ 53”]1761]2,67512,115[47,10137,2410,790 





13| 2% 30/13’ 3411758[2,873/2,256150,49|39,6510,785 





14| 3 0012 22”|1779]2,865 2,233150,9539,70|0,779 

15| 3% 3013” 18”11761]2,835 2,150149,92 37,86|0,758 

16| 4» 0012% 5171766 20242175 51,6538,41|0,747] ` 
Versuchsreihe XXI. 24. IV. 1911. Körpergewicht: 5300 g. 

(nz 0910 20”1480l2,6952,250|39,90'33,31|0,834 * 115| Nierenexstirpation vor 





8 Beginn des Versuchs. 
2/12 56/10 58”l1497|2,63612,233|39 ,48|33,44|0,847 38,1 E 
38,1 1h 18’ Injekti 
3| æ 1771107 53”[1497|2,755]2,193/41,24|32,830,796] Se [120] ?", 1%, Iuiextion pyon 
382 —— in die V. 
A 2 5210’ 34”l1506|2,83812,176l42,77 32,77l0,766| 38.2 |118| jugularis (0,025 g pro 
38,2 kg Körpergewicht). 
5| 5a 307110’ 44”|1516|2,724 2 115[41,29 32,0610,776 ee 111 
6| 3a 4510 47”l151812,77712,143142,04 32,44|0 771 SE 107 
7| 4a 91 9 43”|1507l2,819\2,180l42,45 32,85|0,773 = 110 
8| 4° 46/10 01”|150613,203)2,445]48,25 36,53]0,763 — 108 
9| 5» 55/10 05”J1551|3,18412,519]49,39139,08]0,791| 32 |102 
10| 6% 17/10 32”j1524[3,331 2,556[50,78 38,97]0,767] 3. | — 
| 2; 


Versuchsreihe XXII. 25. VII. 1911. Körpergewicht: 6000 g. 













1 177012,656|1,999]47,03'35,39]0,752] 39,0 [101 Nierenezstirpation von 
2 1788l2,616 11,975 46, ‚78135 ‚32|0,754 39,0 100| 9 bis 9 
3 1774]2,552|1,995]45,28 35 ‚39 0,781] 39,0 [101 

















Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 233 








5 Dauer 








fang 


Anmerkungen 


Ende d.Versuchs 
Blutdruck 


des Versuchs 





o Körpertempera- 
turam Anfang u 


CH 













1786]2,85612,052[51,01/36,6510,718 
176712, ‚947|2,086]52, ‚09 36, ‚87 0,707] 39, 0 


DEE EEE EEE EEE EEE EEE EEE EEE en nn nn nn 


12, 2 30| 9 36”1175512,925|1,967]51,35|34,5310,672] 39,1 [116 
13, 3% 00| 9 22”11769]2,830|1,921/50,06|33,98]0,678] 39,1 [110 


Versuchsreihe XXIII. 31. VII. 1911. Körpergewicht: 8700 g. 
1| 72 Ouni 7’ 4812824 2,508 1,811 70,83 51,14 0,722 391 80 en, von 


h 36’ bis 6h 4 
2| 72 35% 7’ 33”12797]2,539|1,790|71,03|50,08]0,705 3992 75 
3| 72 48’ 7’ 43”|2800[2,600|1,866172,81152,25[0,717 393 86 














4 8 30%, 7’ 5412842[2,651|1,894175,35 53,84]0,714 39 ] 100| Von 8h bis 8h 10’ In- 


| jektion von 22 eem 
5| 9 00| 8° 31”j2832]2,628|1,952]74,43|55,28]0,742] Sara |105] (0.05% sti 


39.4 kg Körpergewicht) in 
6| 9 15) 7 58”I2811]2,791 1,989]78,47 55,92]0,712] 386 [110 die V. jugularis. 


7| gp 30| 8 30”lesı7la,657|1,851|74,85 152,140,696] 3% J105 
8110» 00| 7’ 39”l2840|2,663|1,844[75,65|52,39l0,692 107 
910% 20) 8° 30”12825]2,59111,827]73,21|51,620,705 92 
10 112 00°) 8 02”]2835|2,674 1,839|75,8352,16]0,687 
111118 15°) 8 26”]2811]2,624 1,822]|73,81 51,28]0,694 
121112 30| 7’ 58”l2808]2,653|1,862]74,51/52,31|0,701 


un nn EEE TEE LEE TTT EEE EEE E TE Eee 


18/122 00| 8’ 43”12803[2,622|1,868|73,61/52,52[0,712 


14/12% 15’) 8° 00”12830]2,672|1,896|75,68 53,72]0,709] 39,6 | 71 
15/12% 35| 7’ 23”12862]2,633|1,856175,36|53,12]0,704| — | 71 
| 


Versuchsreihe XXIV. 20.IV. 1912. Körpergewicht: 6400 g. 
37,8 







1764|2,177|1,720138,41130,35|0,790] 32°, | 94] 114” wierenesstirpation 
1771|1,915|1,26|33,91/28,79[0,849] 37 5 |1 
1760]2,013 1,628|35,43|28,65lo,sos] 875 | 97 


37,4 


234 A. Belák: Wirkung des Phlorizins auf Gaswechsel und Nierenarbeit. 








Anmerkungen 


Körpertempera- 
tur am Anfang u. 
Ende d. Versuchs 





A 12 3410 44”l173412 2121 ,761l38,3630,5410,796 * 


5| 2 0410 45”f1738|2,218/1,739/38,5630,23ļ0,7841 37 
6| 2» 5010 36” lı 719l2,195|1,652]37,73128,40l0,752] 272 


37,1 
7| 42 10/10, 5211754 TE 37,53/26,9010,716 


101 12h 35’ subcutane Irjek- 
tion von 16 cem 2°/,iver 
Phlorizinlösung. 
107 


96 


A 
A 
A 
Ti 


37,1 


371 | ® 


Be EE a a a nee 





-P 


Ein Respirationsapparat für mittelgroße Tiere 
(Schweine, Schafe). 


Von 
Franz Tangl. 
(Aus der Königl. ungar. tierphysiologischen Versuchsstation in Budapest.) 
(Eingegangen am 21. Mai 1912.) 
Mit 1 Tafel. 


Der im folgenden beschriebene Respirationsapparat ist 
ein Mittelding zwischen den großen für Menschen oder große 
Haustiere (Pferd, Rind) und den kleinen für Hunde oder 
Kaninchen gebauten Apparaten. Wir haben damit zahlreiche 
Versuche an Schafen und Schweinen ausgeführt, um einerseits 
die Erhaltungsarbeit dieser Tiere unter verschiedenen Be- 
dingungen festzustellen und anderseits den Produktionswert 
verschiedener Futtermittel, wie ihn Zuntz für das Pferd und 
Kellner für das Rind ermittelt haben, auch für diese Tiere 
zu bestimmen. 

Ich beschreibe unseren Respirationsapparat, Tafel I, weil 
die Kenntnis seiner Konstruktion und der ganzen Versuchs- 
einrichtung zur Beurteilung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse 
unerläßlich ist. 

Unser Apparat ist im Grunde eine Kombination des 
Pettenkofer-Voitschen mit gewissen Teilen des Atwater- 
Benedictschen und des Tigerstedtschen. Vom Atwater- 
Benedictschen wurde die nur unwesentlich modifizierte Ein- 
richtung zur Bestimmung der CO,- und H,O-Produktion und 
die Ventilation — (mit Benedicts „Blower“) — übernommen, 
gleichzeitig wird aber, wie bei Tigerstedt nach Petterson, 
die CO, auch gasanalytisch bestimmt. Das gibt nicht nur eine 
wertvolle Kontrolle, sondern man erhält so auch einen Auf- 


236 F. Tangl: 


schluß über die Schwankungen und den Gang der CO,-Pro- 
duktion im Verlaufe eines 24stündigen Versuches. Vom Petten- 
kofer-Voitschen Apparat wurde die Einrichtung zur Ent- 
nahme eines abgemessenen aliquoten Teiles der aus dem Kasten 
strömenden Luft verwendet, in welchem dann die Menge der 
brennbaren Gase CH, und H, bestimmt wird. Schließlich ist, 
wie ich besonders hervorheben möchte, der Respirationskasten 
so gebaut, daß die Temperatur in seinem Innern willkürlich 
und unabhängig von der Außentemperatur leicht verändert 
werden kann. 
1. Der Tierbehälter 

ist ein doppelwandiger Kasten, dessen vertikalen Längsschnitt 
Tafel I, Fig. 1 zeigt. Die äußere Wand ist aus starkem, innen 
verzinntem Eisenblech, die innere Wand aus starkem, innen ver- 
zinntem Kupferblech. Der Zwischenraum zwischen den beiden 
Wänden ist mit Wasser ausgefüllt, das durch eine entsprechende 
Zu- (Tafel I, Fig. 1,8) und Ableitung (Tafel I, Fig. 3, 8a) leicht er- 
neuert oder abgelassen und durch ein mit Abflußrohr (Fig. 3, 8a 
verbundenes Niveaurohr wie bei den Wasserbädern in gleicher 
Höhe gehalten werden kann. In das von der Wasserleitung ab- 
gezweigte Zuleitungsrohr (Fig. 3,8c) ist ein Heizapparat ein- 
geschaltet, mit dem man die Temperatur des zugeleiteten 
Wassers und damit [die Temperatur im Innern des Kastens 
beliebig erhöhen kann. Die obere äußere Wand des Kastens, 

der Deckel, ist nicht aus Eisenblech, sondern aus einer 
dicken Holzplatte (Fig. 1,1a) und kann teilweise mittels eines 
Scharniergelenkes geöffnet werden. Durch diese Öffnung können, 
wenn nötig, Eisstücke in das Wasser geworfen werden, wenn 
man den Kasten unter die Temperatur des Leitungswassers 
kühlen will. Damit das Wasser um den ganzen Innenraum 
herum eine gleichmäßige Temperatur annehme, taucht fast bis 
an den Boden des Wasserraumes eine Röhre (Fig. 1,3), durch 
die während des Versuches mittels eines Gebläses (Fig. 4, 3a) 
Luft geblasen wird, die das Wasser ständig durchmischt. 

Mit dieser Einrichtung läßt sich die Temperatur im Luft- 
raume des Kastens leicht regulieren und bei einiger Aufmerk- 
samkeit auch bei größerer Differenz zwischen Außen- und Innen- 
temperatur 24 Stunden hindurch auf 0,5 bis 1° konstant er- 
halten. Eine besondere Temperaturregulierung war bei diesem 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 237 


Apparat deshalb notwendig, weil der Luftraum, in dem sich 
das Versuchstier befindet, relativ sehr klein ist, so daß die 
Temperatur ohne Regulierung rasch zu stark ansteigen würde, 
weil für eine entsprechende Abkühlung der Ventilationsluft 
nicht vorgesorgt ist. 

Die hintere Wand des Kastens wird durch eine 1,6 cm 
dicke Gilastafel (Fig. 1,4) gebildet, die auf einen die Öffnung 
des Kastens umgebenden, genau plangeschliffenen Metallrahmen 
aufliegt. Um den luftdichten Abschluß zu sichern, wird der 
Metallrahmen vorher mit dickem Vaselin bestrichen, die Glastafel 
sorgfältig aufgesetzt und mit einigen Preßschrauben fest an- 
gedrückt. Da die Glastafel ziemlich schwer ist, ist sie zur Er- 
leichterung der Manipulation auf einen Eisendraht aufgehängt, 
der über zwei Rollen zu einer Winde führt, mit deren Hilfe die 
Glastafe, wenn sie einmal vom Metallrahmen abgehoben ist, 
leicht in die Höhe gehoben werden kann. Damit die Glas- 
tafel nicht etwa vom Versuchstier beschädigt werde, ist sie 
durch ein starkes Eisengitter (Fig. 1,5) geschützt, das leicht 
eingesetzt und fixiert werden kann. 

Der Abschluß des Kastens mit der Glastafel hat den 
großen Vorteil, daß man einen absolut luftdichten Abschluß 
des Kastenraumes erreicht, und daß man während des ganzen 
Versuchs das Tier bequem beobachten kann. 

Der Boden des Kastens ist gegen eine runde Öffnung, die 
sich etwa im mittleren Drittel befindet, geneigt. Von der 
Öffnung führt eine innen verzinnte Kupferröhre (Fig. 1, 6) zu einer 
unter den Kasten gestellten Flasche, mit der sie durch einen 
Gummischlauch luftdicht verbunden ist. So wird der während 
des Versuchs gelassene Harn gesammelt. Das Tier befindet 
sich im Kasten auf einer starken, dicht durchlochten Zink- 
blechplatte (Fig. 1, 9), durch deren Löcher der Harn leicht 
abläuft. Auf die Platte kann eine dicht durchlochte Kautschuk- 
platte gelegt werden. 

Das vordere Viertel des Innenraumes!) ist durch eine 
senkrechte Querwand (Fig. 1, 10) aus starkem verzinntem 
Eisenblech vom übrigen Raume getrennt und enthält Futter- 


1) Die inneren lichten Durchmesser des ganzen Kastens sind: Länge 
152 cm, Breite 60 cm, Höhe 76 cm. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 16 


238 F. Tangl: 


krippe (11), Trinkwasserbecken (Fig. 2, 11a), Ventilator (12) und 
ist mit dem Futterzylinder (13) verbunden, aus dem die Futter- 
rationen vor das Tier geschafft werden können, ohne den Kasten 
zu öffnen. Diese Querwand (10) hat 2 ovale Öffnungen, eine 
über dem Wasserbecken (11a), die andere über dem Futter- 
becken (II), jede Öffnung ist so groß, daß das Tier den Kopf 
bequem durchstecken kann (Fig. 3). Das Wasserbecken ist 
mit einem Deckel (Fig. 1,11b) versehen, der, wie aus Fig. 1 
und 2 ersichtlich, mittels Draht und Gewinde von außen ge- 
hoben und heruntergelassen werden kann. Auf diese Weise 
kann man das Tränkwasser beliebig dem Tiere vorsetzen und 
andererseits verhüten, daß es mit den Füßen in das Becken 
steigt und so das Wasser verspritzt. Das Tränkwasser selbst 
wird von außen durch einen Glastrichter (Fig. 1,11c) in ab- 
gemessener Menge in das Becken eingelassen. Man kann also 
das Tier tränken, ohne den Kasten Öffnen zu müssen. 

In derselben Weise kann die Fütterung vorgenommen 
werden. Das Tagesfutter kommt vor Beginn des Versuches 
in den Futterzylinder (14). Oben ist dieser Zylinder mit einem 
abnehmbaren Deckel (14a) luftdicht verschlossen; die Dichtig- 
keit des Abschlusses ist dadurch gesichert, daß der Deckel 
(s. Fig. 1) unter Wasser gesetzt werden kann (145). Mittels 
der Kurbel 714c kann die senkrechte Achse, die durch eine 
Stopfbüchse in den Zylinder führt und an welche zwei ein- 
ander sich kreuzende senkrechte Scheidewände befestigt sind, 
gedreht werden. Durch diese zwei senkrechten Querwände wird 
der Zylinder in 4 gleich große senkrechte Schächte geteilt (s. den 
horizontalen Querschnitt Fig. 1a). Drei von diesen Schächten 
werden vor Beginn des Versuches mit den entsprechenden 
Futterrationen angefüllt; will man füttern, so wird von außen 
die Kurbel gedreht, so weit, daß der eine Schacht über einen 
genau seinem Querschnitt entsprechenden Ausschnitt desZylinder- 
bodens kommt, durch welchen der Inhalt des Schachtes in 
das Futterbecken fällt. 

Um das Verhalten des Tieres während des Fressens be- 
obachten zu können, kann das Innere des Kastens durch eine 
Glühlampe (15) beleuchtet werden, die so angebracht ist, daß 
das Tier sie nicht zerstören kann. Futter und Wasserbecken 
sind durch eine kreisrunde Öffnung der vorderen Wand, die 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 239 


mit einer dicken Glasplatte (16) luftdicht verschlossen ist, gut 
zu überblicken. Der elektrisch betriebene Ventilator (12) über 
der Futterkrippe sorgt für die gründliche Durchmischung der 
Luft im Kasteninnern und ganz besonders dafür, daß die Luft 
der vorderen Abteilung mit der übrigen gut durchmischt werde, 
Dies zu erleichtern, ist die Querwand hinter dem Ventilator 
mit zahlreichen Löchern versehen (s. Fig. 3). 

Die obere Wand des Kastens ist an mehreren Stellen 
durchbohrt, die Öffnungen führen in luftdicht angelötete Röhren, 
von denen die eine zur Aufnahme eines Thermometers (168) 
dient, die andere (17) zu einem Ölmanometer führt. Mit diesem 
Manometer wird der Druck im Innern des Kastens gemessen. 
Durch die dünne Kupferröhre (18) kann eine Luftprobe aus 
dem Kasteninnern zur Analyse entnommen werden, eine ähn- 
liche Röhre mündet an der einen Seitenwand in der Nähe 
des Bodens. An der oberen Wand mündet auch die Röhren- 
leitung, durch welche die Ventilationsluft in den Kasten tritt 
Diese Röhre ist in Fig. 1 nicht sichtbar, wohl aber in Fig. 4 
(19), wo auch in der vorderen Wand des Kastens, in un- 
mittelbarer Nähe des Bodens, die Mündung jener Röhrenleitung 
sichtbar ist, durch die die Luft aus dem Kasten abgesaugt 
wird (20). Eigentlich tritt die Luft aus dem Kasten durch zwei 
Öffnungen aus — rechts und links an der vorderen Wand —, 
doch vereinigen sich die beiden ableitenden Röhren außerhalb 
des Kastens. 


2. Ventilation des Kastens. 


Ventiliert wird der Kasten durch zwei, mittels eines 1-pferde- 
kräftigen Elektromotors angetriebene „Blowers“ („rotary blower‘‘), 
Zentrifugalpumpen, wie sie Atwater und Benedict?!) be- 
schrieben haben. Der eine Blower (21, Fig. 4a) saugt Luft 
durch eine Röhre aus dem Freien an und preßt sie dann durch 
eine Messingrohrleitung (22) in den Kasten, der andere ganz 
gleiche Blower (23, Fig. 4a) saugt die Luft aus dem Kasten 
und treibt sie durch eine große Gasuhr. Sowohl die ein- wie 
die austretende Luft werden durch ein System von Absorptions- 
gefäßen getrieben. Der Kupferzylinder (25) ist mit feinkörnigem 


1) Atwater and Benedict, A respiration calorimeter. Washington, 
D.C. Published by the Carnegie Institution 1905, S. 18. 
16* 


240 F. Tangl: 


Natronkalk (etwa 5 kg), das Gefäß (26, Fig. 4) mit konz. Schwefel- 
säure (ca. 9 kg) und Kupferzylinder (27) mit ca. 3,5 kg Natronkalk 
gefüllt. Diese befreien die eintretende Luft vollständig von CO, 
und H,O. Die aus dem Kasten austretende Luft passiert eine 
größere Batterie von Absorptionsgefäßen: zunächst die je 9 kg konz. 
H,SO, enthaltenden Gefäße!) (28 und 29, Fig. 4), dann die drei 
hintereinander geschalteten, innen versilberten Kupferzylinder®) 
(30), die mit je ca. 3,5 bis 4 kg fein gekörntem Natronkalk angefüllt 
sind und schließlich das Gefäß (3I), das ebenfalls konz. H,SO, 
enthält. Nachdem die auf diese Weise CO,- und H,O-frei ge- 
wordene Luft durch den Blower gegangen ist, muß sie noch, 
bevor sie in die Gasuhr tritt, den mit CaCl, Stücke gefüllten 
Zylinder (32), der die aus dem Blower mitgerissenen Öltröpfchen 
auffängt und dann die große, Wasser enthaltende Waschflasche 
(33) passieren, in dem sie wieder mit Wasserdampf gesättigt 
wird. Um einen Respirationsversuch, in mehrere Perioden auf- 
geteilt, ausführen zu können, sind die Absorptionsgefäße für 
die austretende Luft in zwei parallel geschaltete Serien auf- 
gestellt und der Luftstrom kann mittels eines Stellhahnes (24a, 
Fig. 4a) entweder durch die eine oder durch die andere Serie 
geleitet werden (s. Fig. 4a). Jede Serie ist auf einem fahrbaren 
Eisengestell aufgestellt, auf dem sie leicht zur Wage befördert 
werden können. 

Wenn auch die beiden Blower, die die Ventilation be- 
sorgen, gleich groß sind und mit der gleichen Umdrehungszahl 
arbeiten, so befördern sie doch nicht die gleiche Luftmenge, 
weil die Hindernisse für die aus- und eintretende Luft nicht 
die gleichen sind. So können sehr leicht Druckunterschiede 
im Kasten entstehen. Angezeigt werden diese vom Ölmanometer 
(17, Fig. 1); die angezeigten Druckdifferenzen, die meist durch 
ein Anwachsen des Innendrucks bedingt sind, werden dadurch 
ausgeglichen, daß von dem, dem Kasten zugepumpten Luft- 
strom ein Teil durch eine abgezweigte dünne Röhrenleitung 
ins Freie abgeleitet wird. Dieser Seitenstrom kann mittels eines 
Quetschhahns sehr leicht reguliert werden, so daß man den 
Druck im Innern des Kastens konstant auf Null erhalten 
kann. 


1) Querdurchmesser 35 cm, Höhe 25 cm. 
2) Höhe 40 ccm, Querdurchmesser 15 ocm. 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 241 


3. Bestimmung der CO,-Ausgabe. 


Es wurde schon oben bei der Beschreibung der Ventilation 
angegeben, in welcher Weise die in den den Kasten eintretende 
und die gesamte aus dem Kasten austretende Luft von der 
CO, befreit werden. Da es sich bei der austretenden Luft um 
die sichere Absorption einer größeren Menge von CO, aus 
einem ziemlich raschen Luftstrom handelt, sind 3 Natronkalk- 
zylinder (s. oben) hintereinander geschaltet. Die Zylinder sind 
nach den Angaben von Atwater und Benedict?) hergestellt; 
nur den Natronkalk machen wir nicht selbst, sondern beziehen 
ihn in sehr guter Qualität ven Merck aus Darmstadt. Da die 
Zylinder — wie aus Fig. 4 ersichtlich — mit ihrer Längsachse 
senkrecht stehen, ist mit einer dünnen Watteschicht an beiden 
Enden das Herausfallen der Natronkalkkörner verhindert. Sind 
die Zylinder mit frischem Natronkalk gefüllt, so absorbiert an- 
fangs der erste die ganze CO,, erst nach einigen Stunden be- 
ginnt der zweite zu absorbieren. Um nun ganz sicher zu sein, 
daß keine CO, verloren geht, ist von dem kupfernen Verbin- 
dungsrohr zwischen dem 2. und 3. Natronkalkzylinder eine 
dünne Röhre (30a, Fig. 4) abgezweigt, die durch eine kleine 
mit Barytwasser gefüllte Gaswaschflasche und von dieser wieder — 
wie die Abbildung zeigt — vor dem Blower in die Haupt- 
leitung zurückführt. Der Blower saugt auch durch diesen Neben- 
zweig einen schwachen Luftstrom, dessen Stärke man durch 
einen Quetschhahn reguliert. Solange der 2. Natronkalk- 
zylinder sämtliche CO, absorbiert, bleibt das Barytwasser rein; 
sobald es sich im Verlaufe einer Versuchsperiode zu trüben 
begann, wurde der Natronkalk in den 2 ersten Zylindern er- 
neuert bzw. der 3. Zylinder an Stelle des 1. gesetzt, der mit 
dem frischen Natronkalk an die 3. Stelle. 

In ähnlicher Weise wird die in den Kasten eintretende 
Luft auf die Abwesenheit von CO, geprüft: durch eine dünne 
Röhrenleitung (19a, Fig. 4) wird mittels einer kleinen Queck- 
silberpumpe — von der weiter unten noch die Rede sein wird 
— während des ganzen Versuches ein aliquoter Teil der ein- 
tretenden Luft durch eine mit Barytwasser gefüllte Petten- 
kofersche Röhre gesaugt. 


3) 1. c. 


242 F. Tangl: 


Um die gesamte CO,-Ausgabe möglichst genau zu er- 
halten, mußte auch die CO, bestimmt werden, die am Ende 
des Versuches im Kasten zurückblieb. Zu diesem Zwecke 
wurde in der letzten !/, Stunde eines Versuches — bzw. einer 
Versuchsperiode — mittels einer Wasserstrahlpumpe durch die 
zwei dünnen Röhren (18 und 18a, Fig. 4) ein aliquoter Teil 
abgesaugt, durch mit H,SO, gefüllte Waschflaschen und Natron- 
kalkröhren (185 in Fig. 4) und schließlich durch einen kleinen 
Gasmesser (18c, Fig.4) befördert. Auf diese Weise wurde auch 
der Wasserdampfgehalt der Kastenluft bestimmt. Damit diese 
Luftprobe den tatsächlichen CO,- und Wasserdampfgehalt an- 
zeige, wird während der Probenahme und schon !/, Stunde vor- 
her der Ventilator im Kasten in Gang gesetzt bzw. in Gang 
gehalten. In ähnlicher Weise wurde vor Beginn des Versuches, 
bevor das Tier in den Kasten kam, der CO,- und Wasser- 
dampfgehalt der Kastenluft bestimmt. 

Um die Berechnung ausführen zu können, mußte natür- 
lich der Rauminhalt des Kastens ermittelt werden, was durch 
Berechnung aus den Dimensionen und durch Bestimmung ge- 
schah (s. weiter unten). 

Auf diese Weise haben wir die gesamte CO,-Ausgabe 
des Tieres für die ganze Versuchsperiode erhalten. Um die 
Veränderungen der CO,-Produktion im Verlaufe einer Versuchs- 
periode in kürzeren Zeiträumen kennen zu lernen, ist in vielen 
Versuchen, meist in je einem von 2 oder 3 gleich eingerichteten 
Versuchen, gleichzeitig die CO,-Ausgabe mit einer gewissen 
Modifikation nach Tigerstedt-Sonden!) bestimmt worden. 

Von dem Rohre (20, Fig. 4), durch das die Luft aus dem 
Kasten tritt, zweigt — bevor die Luft in das erste H,SO,-Gefäß 
tritt, eine dünne Röhrenleitung (20a) aus Kupfer ab, die zu 
dem in Fig. 5 abgebildeten automatischen Probenehmer A führt. 
Dieser Probenehmer besteht aus zwei gleichgebauten Spirometern 
aus Glas, die von den gewöhnlichen Spirometern darin ab- 
weichen, daß nicht der innere a und a’, sondern der äußere 
Zylinder b und H beweglich ist. Die inneren Zylinder a und a’ 
sind luftdicht mit der dickwandigen Glascapillarenleitung e und c’ 
verbunden, in die auch die obenerwähnte, eine Probe der aus- 


1) Sondén und Tigerstedt, Unters. ü. d. Resp. u. d Gesamt- 
stoffw. d. Menschen. Skand. Arch.. 6, 1, 1895. 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 243 


tretenden Kastenluft führende Kupferrohrleitung (20a) mündet 
und die auch zu den Sammelgefäßen des Apparates B (Fig. 5) 
führt. Mittels der 2 Hähne d und d’ mit Winkelbohrung 
können die 2 Spirometerzylinder jeder für sich, entweder mit 
der Leitung 20a oder mit den Sammelgefäßen verbunden werden. 
Der Verschluß zwischen äußerem und innerem Spirometerzylinder 
besorgt Quecksilber. Der äußere Zylinder der Spirometer ist 
auf das obere Ende einer starken Eisenstange, einer Schrauben- 
spindel, e und e befestigt. Je ein Schraubengehäuse f und f, 
mit welchem je eine Schnurscheibe A und A’ verbunden ist, 
kann mittels eines Exzenters g und g’ an die Schraubenspindel 
gepreßt werden, so daß in diesem Falle mit der Drehung der 
Schnurscheibe der äußere Spirometerzylinder heruntergezogen 
und in den inneren Zylinder—bei entsprechender Hahnstellung — 
aus der Leitung 20a Luft angesaugt wird. Die Abbildung 
zeigt, wie mittels eines Elektromotors (k) und eines Vorgeleges (d 
die Schnurscheibe in Drehung versetzt wird. Mit den Ex- 
zentern g und g’ kann man dann abwechselnd den einen oder 
den andern Spirometer in Betrieb setzen. Damit nicht das 
ganze Gewicht des mit Quecksilber gefüllten äußeren Spiro- 
meterzylinders auf der Schraubenspindel ruht, sind sie mittels 
eines starken Stahldrahtes über Rollen mit je einem Gegen- 
gewicht ausbalanciert ( und 7’). Der Fassungsraum eines Spiro- 
meterzylinders beträgt ca. 0,81; mittels eines Rheostaten und 
des Vorgeleges kann die Umdrehungsgeschwindigkeit der Schnur- 
scheibe so geändert werden, daß ein Spirometerzylinder in ?/, 
bis 3 Stunden 0,81 Luft aus der Leitung 20a ansaugt. Ist 
ein Zylinder mit Luft gefüllt, wird der entsprechende Spiro- 
meter durch Lockern seines Exzenters ausgeschaltet und der 
andere durch Anziehen eingeschaltet, so daß die Probenahme 
ununterbrochen und ganz gleichmäßig während des ganzen 
Versuches vor sich geht. Hat man nun für jede Probenahme 
die Luftmenge bestimmt, die während derselben aus dem Kasten 
getreten ist, so läßt sich durch Bestimmung des CO,-Gehaltes 
jeder Probe die gesamte CO,-Produktion während des ganzen 
Versuches berechnen. Wir erhalten auf diese Weise eine 
Kontrolle der auf dem oben beschriebenen anderen Wege aus- 
geführten CO,-Bestimmung. | 

Sobald der mit Luft angefüllte Spirometerzylinder abge- 


244 F. Tangl: 


stellt ist, wird er durch entsprechende Stellung seines Hahnes 
mit der zum Johanssonschen Gaspipettengestell führenden 
Leitung verbunden. [Dieses Gestell ist das im Stockholmer 
physiologischen Institut benutzte; ich habe es auch vom Glas- 
bläser jenes Institutes bezogen. Es hat sich ausgezeichnet be- 
währt. Aus der Abbildung (B, Fig. 5) ist die Konstruktion 
ohne weiteres ersichtlich] Jede Pipette faßt etwa 0,61; sie 
wird mit Quecksilber gefüllt, der obere Hahn ist, wie die Teil- 
abbildung B, zeigt, ein Zweiweghahn, mit dem jede Pipette 
entweder mit der Leitung m oder c bzw. c’ verbunden werden 
kann. Ist eine Pipette mit der Leitung c bzw. € verbunden, 
so kann nach Senkung des Niveaugefäßes aus einem Spiro- 
meterzylinder Luft in die Pipette gesaugt werden, wobei man 
den Spirometerzylinder mit der Hand hebt. Dann können die 
einzelnen Luftproben bis zur Analyse in der Pipette neben- 
einander aufbewahrt werden. Soll eine Luftprobe analysiert 
werden, so wird sie nach Umstellung des oberen Hahnes mit 
dem Niveaugefäß (n) durch die Capillarleitung (m) zum Petter- 
sonschen Analysenapparat (C, Fig. 5) gepreßt. (Auch unseren 
Pettersonschen Apparat haben wir aus Stockholm bezogen.) 

Die Analyse selbst haben wir genau nach den Angaben von Sondén 
und Tigerstedt!) ausgeführt. Ich verweise diesbezüglich auf ihre aus- 
führliche Beschreibung. Nur die Berechnung der gesamten CO,-Menge 
m der aus dem Tierkasten gepumpten Luft geschah etwas verschieden. 
Sondén und Tigerstedt bestimmten stets den jeweiligen Wasserdampf- 
gehalt der Kammerluft und berechneten dann die durch Analyse ge- 
fundene CO, auf diese feuchte Luft, denn die Analyse selbst gibt den 
auf trockene Luft bezogenen CO,-Gehalt.e. Wir dagegen sättigten die 
in die Gasuhr tretende Luft, wie aus der Beschreibung ersichtlich, vor- 
ber mit Wasserdampf und berechneten dann das Normalvolumen der 
trockenen durch die Gasuhr gegangenen Luft. 

Ist V, die durch die Gasuhr bei $ Temperatur gegangene wasser- 
dampfgesättigte Luft, B der Barometerstand und p die Tension des 
Wasserdampfes bei der Temperatur t, so ist das normale Volumen dieser 
Luft (Fal in trockenem Zustande: 

e _Vı(B—p).273 
o = 7604273) ` 
Ist z. B. Vo = 11 001 l und der CO,-Gehalt — nach der Pettersonschen 


Analyse — der trockenen Luft 0,5711 °/,, so waren in der Luft 


11001 x 0,5711 
100— 0,5711 63181 124,04 g 00,. 


1) 1. c., S. 14 bis 20. 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 245 


4. Die Bestimmung der Weasserdampfproduktion 


ist eigentlich schon beschrieben. Ich habe oben angegeben, wie 
die ein- und austretende Luft in großen Absorptionsgefäßen 
von H,O befreit wird. Ich habe die Absorptionsgefäße nach 
den Angaben von Atwater und Benedict!) anfertigen lassen, 
mit dem Unterschiede, daß die Gefäße selbst aus starkem 
Glas, die Einsätze, die die Luft in großer Oberfläche mit der 
H,SO, in Berührung treten lassen, aus Porzellan sind. Das 
Verspritzen der H,SO, habe ich — wie aus der Abbildung er- 
sichtlich — durch ein auf den Porzellaneinsatz gestülpten 
Lampenschirm aus Milchglas verhütet. Jedes H,SO,-Gefäß 
enthält etwa 9 kg konz. chem. reiner H,SO,. 

Sowohl die Natronkalkzylinder wir die H,SO,-Gefäße werden 
auf einer speziell zu diesen Versuchen gebauten Präzisionswage 
mit einer Tragfähigkeit von 25 kg auf jeder Schale auf 0,1 g 
genau gewogen. 


5. Bestimmung der brennbaren Gase (CH, und H,). 


Die Respirationsversuche an Pflanzenfressern oder Omnivoren 
machen die Bestimmung von brennbaren Gasen notwendig. Ich habe 
sie in der ein- und austretenden Luft genau nach dem Prinzip 
und, von unwesentlichen Modifikationen abgesehen, mitdenselben 
Apparaten bestimmt wie Kellner bei seinen Versuchen an 
Ochsen. Ich kann mich daher unter Hinweis auf Kellners Be- 
schreibung?) kurz fassen. 

Von der aus dem Kasten austretenden Luft wird, nach- 
dem sie von CO, und H,O befreit, durch den Blower gegangen 
ist und im CaCl,-Zylinder (32, Fig. 4) von den mitgerissenen 
Öltröpfchen gereinigt wurde, ein aliquoter Teil durch eine Zinn- 
röhrenleitung (35, Fig. 4) zunächst mittels der bekannten 
Pettenkoferschen Quecksilberpumpe?) (36, Fig. 4) und Queck- 
silberventile durch die Porzellanröhre eines elektrischen Ver- 
brennungsofen (38, Fig. 4) getrieben, nachdem sie noch unmittel- 

bar vor diesem eine kleine konz. H,SO, enthaltende Wasch- 
flasche (37, Fig. 4) passiert hat. Aus der Verbrennungsröhre 
gelangt die Luft abermals in eine konz. H,SO, enthaltende Gas- 

1) Le 

2) O. Kellner, Fütterungs- u. Respir.-Versuche mit volljähr. Ochsen. 


Die landwirtsch. Versuchsstationen 44, 257, 1894. 
2) Siehe Kellner, Le 


246 F. Tangl: 


waschflasche (39) und von da, nachdem sie im Gefäß 40 mit 
Wasserdampf gesättigt wurde, durch die Pettenkofer-Röhren 
41 und 4!’ in die kleine Gasuhr (42, Fig. 4). Da bei dieser 
Einrichtung in der zur Verbrennung gebrachten Luft nur sehr 
wenig brennbare Gase sind, so ist es erwünscht, stets parallele 
Bestimmungen auszuführen, deshalb werden stets gleichzeitig 
2 Luftproben genommen. (In der Abbildung ist nur die Ein- 
richtung für eine gezeichnet.) In der gleichen Weise muß auch 
in der eintretenden Luft die Menge der brennbaren Gase be- 
stimmt werden. Die entsprechenden 2 Proben werden mit 
ähnlichem Quecksilberpümpchen durch die Leitung 19a ent- 
nommen und verbrannt. Auf diese Weise werden während des 
ganzen Versuches eigentlich 4 Luftproben in je einer Porzellan- 
röhre geglüht. Diese 4 Porzellanröhren sind gemeinsam in 
einem Verbrennungsofen untergebracht. (In der Abbildung ist 
nur eine Porzellanröhre gezeichnet.) Die Porzellanröhren, 120 cm 
lang mit 15 mm lichtem Durchmesser, sind, soweit sie im Ofen 
stecken, in der Mitte mit Platinkaolin (etwa 140 g) und gegen 
die beiden Seiten zu mit CuO-Asbest angefüllt. Die 4 Porzellan- 
röhren stecken in einer einzigen entsprechend weiten Schamotte- 
röhre, welche die Platinwickelung trägt. Den elektrischen Ofen 
hat uns C. Heraeus in Hanau speziell für unsere Zwecke ge- 
baut. Der Stromdurchgang wird mittels einer Rheostaten so 
reguliert, daß die Röhren in lebhafter Rotglut erhalten werden, 
was bei unserem Ofen mit 20 bis 24 Ampere gelingt. 

Da sowohl in der ein- wie austretenden Luft, durch Wägung 
der mit konz. H,SO, beschickten Waschflasche das bei der 
Verbrennung gebildete Wasser ermittelt wird und in der 
Pettenkoferschen Röhre die gleichzeitig entstandene CO,, können 
die brennbaren Gase in zwei Teile geteilt berechnet werden: 
der in der CO, enthaltene C wird auf Methan, und der bei 
dieser Rechnung überschüssige H aus dem absorbierten H,O 
als elementarer H berechnet. 


6. Prüfung des Apparates. 

Bevor wir den Apparat zu Tierversuchen verwendeten, 
haben wir ihn natürlich auf seine Brauchbarkeit und Genauig- 
keit geprüft. Vorausschicken möchte ich, daß der Apparat jedes- 
mal auf seine Dichtigkeit geprüft wird und daß die Gasuhren 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 247 


jedes Jahr einmal, vor Beginn der Respirationsversuche, die nur 
im Spätherbst beginnen, kalibriert werden, genau nach der von 
Kellner gegebenen Vorschrift. 

Bei der Prüfung des Apparates erstreckte sich die Unter- 
suchung auf die Feststellung der Genauigkeit, mit welcher im 
Apparat erzeugte, bzw. in den Apparat gelangte CO, Wasser- 
dampf und brennbare Gase quantitativ bestimmt werden können. 

Zuerst versuchten wir es bei der CO,-Prüfung mit der 
Verbrennung von Alkohol, in besonders zu diesem Zwecke 
konstruierten Lampen. Die stets unvollständige Verbrennung 
des Alkohols machte Schwierigkeiten, die wohl zu bewältigen 
gewesen wären. Als einfachste Methode erwies sich jedoch die 
folgende: wir ließen aus einer kleinen etwa 2 kg wiegenden 
Stahlbombe, die mit reiner flüssiger CO, gefüllt ist, in lang- 
samem Strome CO, in den Kasten strömen. Die Menge der 
eingelassenen CO, wird durch Wägen der Bombe am Anfange 
und Ende des Versuches bestimmt. Wir hatten uns durch 
Analyse davon überzeugt, daß wir in der Bombe tatsächlich 
reine CO, hatten. Um die Intensität des CO,-Stromes zu 
kontrollieren, haben wir in die Leitung, durch welche die CO, 
aus der Bombe in den Kasten geleitet wurde, eine mit konz. 
H,SO, beschickte Gaswaschflasche eingeschaltet. 

Gleichzeitig wurde im Kasten Wasser verdampft. In 
einer großen Platinschale wurde eine abgewogene Menge Wasser 
auf einer elektrischen Heizplatte verdampft. 

Während des ganzen Versuches wurde der Kasten in der- 
selben Weise ventiliert wie bei den Tierversuchen und nach 
Beendigung des CO,-Einlasses so lange fortgesetzt, bis an- 
genommen werden konnte, daß sämtliches CO, aus dem Kasten 
entfernt ist. (Wenigstens 4malige Erneuerung der Kastenluft.) 

Die folgenden Testversuche sollen als Belege dieses 
Prüfungsverfahrens dienen: 


Testversuch 1 Testversuch 2 
Im Kasten verdampften , . . . 99,38 g H,O 99,35 g H,O 
In den Kasten wurden eingelassen 59,24 g CO, 136,13 g CO, 
Es wurden gefunden: 
Absorbiert im Gefäß 1 . . . 91,7 g H,O 98,33 g H,O 
3 e m 2 ab y 1,278 „ 
Im ganzen `, . . 2.2.2.0. 96,2 g H,O 99,60 g H,O 





248 F. Tangl: 


Es fehlen also . . . — 8,18 g H,O +0,25 g BO 
— 8,20°/, — ep 0,8°/, 
Gewichtszunahme des 
1. Natronkalkzylinders — 0,4 g 8,09 g 
Gewichtszunahme des 
2. Natronkalkzylinders +4 16,76 g 90,39 g 


Gewichtszunahme des H,SO,- 
Gefäßes nach dem 
2. Natronkalkzylinder 4 42,70 g 37,75 g 
Gesamte CO. . 59,24 g 136,23 g 


Differenz gegenüber der 
hineingebrachten — 0,18 g = 0,3°/, +0,1 g= Of, 

Auch nach den übrigen recht zahlreichen Testversuchen, 
die der Raumersparnis wegen nicht mitgeteilt werden, erwies 
sich die Methode als zuverlässig. Die CO,-Werte waren stets 
viel genauer wie die H,O-Werte, deren Fehler oft noch 5°/, 
überstieg. Wodurch diese Unsicherheit der Wasserbestimmung 
bedingt ist, konnte bisher nicht ermittelt werden. Die CO,- 
Bestimmung kann nach dem Testversuche als auf mindestens 
0,5 bis 1°/, genau betrachtet werden. 

Die Zuverlässigkeit der Bestimmung der brennbaren 
Gase wurde in folgender Weise geprüft: 

Wir stellten uns ein Gasgemisch von Luft und Methan 
her, letzteres erzeugten wir aus Natriumacetat und Natron- 
kalk. Durch Gasanalyse stellten wir fest, daß dieses Gas- 
gemisch 92,8°/, CH, enthielt. Von diesem über Quecksilber 
gehaltenen Gasgemisch wurden in langsamem Luftstrome bei 
18,2° Temperatur und 753,7 mm Barometerdruck 81,7 ccm 
durch den oben beschriebenen Verbrennungsofen und Analysen- 
apparat gelassen. Das eingelassene Methan betrug 69,02 ccm 
(norm. Volumen), das bei der Verbrennung nach der Berechnung 
0,136 g CO, geben müßte. Tatsächlich haben wir im Baryt- 
wasser 0,131 g gefunden. Wir haben uns also davon über- 
zeugt, daß in einem Luftgemisch, das das Methan in viel 
größerer Konzentration enthält wie die Kastenluft, bei einem 
Tierversuch, bei der im Tierversuch angewandten Durch- 
strömungsgeschwindigkeit, in unserem Verbrennungsofen voll- 
ständig zu CO, und H,O verbrennt. 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 249 


Schließlich muß ich noch einiges über die Volumen- 
bestimmung des Respirationskastens erwähnen, da ja, wie 
oben erwähnt wurde, auch die Menge des am Anfang und 
Ende desVersuches im Kasten befindlichen CO,- und H,O-Dampfes 
bestimmt wurde. Dazu mußte das Volumen des Kastens be- 
kannt sein. 

Die Volumenbestimmung haben wir in folgender Weise 
mittels CO, ausgeführt: Aus einer kleinen CO,-Bombe wurde 
in den luftdicht abgeschlossenen Kasten eine genau abgemessene 
Menge CO, eingelassen und der dadurch erzeugte Überdruck 
am Manometer (Ölmanometer, dessen Werte dann auf Hg um- 
gerechnet wurden) gemessen. Das Volumen (EI des Innen- 
raumes des Kastens ist dann 


760 >X< V, >X< (t + 273) 


k px 273 


3 


wo V, das Normalvolumen des eingelassenen CO,, p den da- 
durch erzeugten Überdruck (in mm Hg) und € die Temperatur der 
Kastenluft bedeutet. Neun untereinander gut übereinstimmende 
Versuche ergaben als Mittel 756,7 1 als Volumen des Kasten- 
innern. Aus den Dimensionen des Kastens berechneten wir 
7521. (Natürlich wurde bei den Tierversuchen das Volumen 
des Tieres — 1 kg Körpergewicht = 11 — in Abzug gebracht.) 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 1. Vertikaler Längsschnitt des Tierkastens. 


1 Äußere Wand aus Eisenblech, innen verzinnt, außen mit Ölfarbe 
angestrichen. Ja Holzdeckel. 2 die innere Platte (der Doppelwand), aus 
Kupfer, innen verzinnt. Zwischen J und 2 befindet sich Wasser, das duroh 
die Röhre 3 mittels eines Gebläses (3a in Fig. 4) gepreßte Luft dauernd 
durchmischt wird. Das Wasser kann durch die Röhre (8) eingelassen 
werden. 4 Dicke Glasplatte, die den Kasten hinten luftdicht abschließt. 
4a Aufhängevorrichtung für die Glasplatte. 5 Schutzgitter für die Glas- 
platte. 6 Röhre, durch die der Harn in die Flasche (7) abfließt. 9 Durch- 
lochte Zinkblechplatte, auf der das Tier sich befindet. 10 Senkrechte 
Querwand, die die vordere Futterabteilung begrenzt. Sie hat zwei ovale 
Öffnungen, durch die das Tier den Kopf stecken kann (s. œ und £ Fig. 3). 
11 und 11a Futter- bzw. Wasserbecken (in Fig. 3). 115 Deckel des 
Wasserbeckens, der von außen mittels einer Kurbel gehoben und herunter- 
gelassen werden kann. IIc Glastrichter zum Abmessen und Einlassen 
des Tränkwassers. 12 Flügelrad des Ventilators, betrieben durch den 


250 F. Tangl: 


(13) Elektromotor. 14 Futterzylinder. 14a Deckel des Futterzylinders 
durch Flügelschraube luftdicht auf den Zylinder gepreßt. 14b Wasser- 
becken, um den Deckel unter Wasser setzen zu können. I4c Kurbel 
zum Drehen der Schächte des Futterzylinders um die senkrechte Achse, 
15 Glühlampe. 15a Leitung zur Glühlampe. 16 Gilastafel, die die 
vordere runde Öffnung des Kastens, durch die man in das Futterbecken 
sieht, luftdicht abschließt. 164 Thermometer. 17 Ölmanometer. 18 Röhre 
zur Probenahme der Kastenluft. 


Fig. la. Horizontaler Querschnitt durch den Futterzylinder in 
der Höhe AB in Fig. 1. Man sieht den Querschnitt der Schächte. 


Fig. 2. Vertikaler Querschnitt — (an der Stelle OD in Fig. 1) — 
durch die Futterabteilung des Tierkastens. Siehe Erklärung unter den- 
selben Zahlen bei Fig. 1. 16 Das in den Querschnitt projizierte runde 
Fenster in der vorderen Wand des Kastens. 


Fig. 3. Anblick der hinteren Wand des Kastens mit der Auf- 
hängevorrichtung (4a) der Glasplatte, die die hintere Wand des Kastens 
bildet resp. das Innere des Kastens luftdicht abschließt. Durch die 
Glaswand und das Schutzgitter sieht man in das Innere des Kastens: 
In der linken oberen Ecke vor dem Ventilator die runden Öffnungen (y) 
der Scheidewand der Futterabteilung. & und £ die ovalen Öffnungen 
dieser Scheidewand, durch die das Tier den Kopf in das Futter- (11) oder 
Wasserbecken (11a) stecken kann. ô ist das runde Fenster in der 
vorderen Wand des Kastens. 7 Harnflasche. 8 Weasserleitungszufluß- 
rohr. 8a Überlaufrohr und Abflußrohr. 


Fig. 4. Erklärung von 3 bis 18. (Siehe Fig. 1.) 

18a dient ebenso wie die Röhrenleitung zur Probenahme aus der 
Kastenluft. 18b Absorptionsgefäße, H,SO,-Flaschen und Natronkalk- 
röhren zur Bestimmung des HO- und CO,-Gehaltes der Luftprobe aus 
dem Kasten. 18c die kleine Gasuhr dazu. 19 Röhre, durch die die 
Luft in den Kasten tritt; durch die dünne Kupferröhre 19a wird eine 
Probe abgesaugt; durch die Röhre 20 tritt die Luft aus dem Kasten, 
durch 20a wird eine Probe von dieser Luft abgesaugt. 21 (s. Fig. 4a) 
und 23 sind die Gebläse (Blower), die vom Elektromotor, durch Ver- 
mittelung eines Vorgeleges angetrieben, den Kasten ventilieren. Blower 
21 saugt durch die Röhre 24 Luft aus dem Freien und preßt sie durch 
die Röhre 22, durch 25 Natronkalkzylinder, 26 H,SO,-Gefäß, 27 Natron- 
kalkzylinder (und durch das Eintrittsrohr 19) in den Kasten. Der 
Blower 23 saugt die Luft aus dem Kasten. 28 und 29 H,SO,-Gefäße. 
30 Drei Natronkalkzylinder. 30a Kontrolle für die Absorptionskraft des 
zweiten Natronkalkzylinders. 31 H,SO,-Gefäß. (28 bis 31 auf einem fahr- 
baren Eisengestell.) 32 CaCl,-Zylinder. 33 Waschflasche mit Wasser. 
34 große Gasuhr. 35 Zinnröhrenleitung zu den Quecksilberventilen und 
Quecksilberpumpen 36, wird von diesen durch H,SO,-Flasche 37 zum 
39 elektrischen Verbrennungsofen. 39 Waschflasche mit H,SO,. 40 Wasch- 
flasche mit H,O. 41 und 41’ Pettenkofersche Barytröhren. 42 kleine 
Gasuhr. 


Ai 


Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 251 


Fig, 4a, Blick auf den Tierkasten, Absorptionsgefäße, Blower und 
Motor aus der Vogelperspektive..e (Anordnung der Doppelreihe der 
Absorptionsgefäße.) 

Fig. 5. A Automatischer Probenehmer. «a, a’ innere, b, b’ äußere 
Zylinder der Spirometer. e, € Glascapillare. d d Hähne mit Winkel- 
bohrung. e, d Schraubenspindel, f und f Schraubengehäuse. g und g’ 
Exzenter. h und A Schnurscheibe. I Vorgelege. E Elektromotor. — 
B Sammelgefäße für die Luftproben nach Tigerstedt-Johansson, 
B, Längsschnitt eines oberen Hahnes. n Quecksilberniveaugefäß. — 
C Pettenkoferscher CO,-Analysenapparat, m Glascapillare. 


Die minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 
(Stofl- und Energieumsatz im Hunger.) 


Von 
Franz Tangl. 


(Aus der Königl. ungar. tierphysiologischen Versuchsstation in Budapest.) 
(Eingegangen am 10. Juni 1912.) 


Mit 4 Figuren im Text. 


J. 

Für unsere ausgedehnten Untersuchungen über die Ver- 
wertung der einzelnen Nährstoffe im Stoffwechsel des Schweines 
und über die Größe und Ergiebigkeit der Produktionsarbeit 
dieses landwirtschaftlich wichtigen Tieres war es unerläßlich, 
vor allem den Minimalbedarf an Nährstoffen oder — vom 
energetischen Standpunkte aus bezeichnet — die minimale 
Erhaltungsarbeit dieses Tieres zu bestimmen. Diese Arbeit 
wird im ruhenden Tiere im Hungerzustande geleistet, wenn 
gleichzeitig keine chemische Wärmeregulation stattfindet, 
d. h. wenn sich das ruhende hungernde Tier in der kritischen 
oder noch höheren Umgebungstemperatur befindet. Es war 
also zunächst unsere Aufgabe, in Hungerversuchen diese minimale 
Erhaltungsarbeit, d h. den zur Erhaltung des Lebens er- 
forderlichen minimalen Energieumsatz zu bestimmen, 
wozu auch die Ermittelung der noch unbekannten kritischen 
Umgebungstemperatur des Schweines nötig war. 

In der Literatur finden sich nur in der berühmten Arbeit 
von E. Meißl!) zwei Hungerversuche an Schweinen beschrieben, 


2) E. Meißl, Untersuchungen über den Stoffwechsel des Schweines. 
Zeitschr. f. Biol. 22, 63 bis 160, 1886. 


F. Tangl: Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 253 


in denen der Stoffumsatz mit Hilfe eines Respirationsapparates 
in solchen Einzelheiten ermittelt wurde, daß aus den Er- 
gebnissen die Erhaltungsarbeit berechnet werden kann. Gegen 
diese Hungerversuche können aber gewisse Bedenken nicht 
unterdrückt werden. Der 1. Hungerversuch dauerte im ganzen 
3 Tage und schloß sich unmittelbar an einen Reisfütterungs- 
tag an; der einzige Respirationsversuch selbst begann 24 Stunden 
nach der letzten Fütterung und dauerte 24 Stunden. Der 
2. Hungerversuch währte 5 Tage. Respirationsversuche fanden 
zwei statt; der erste begann 12 Stunden und der zweite 
72 Stunden, jeder dauerte 24 Stunden. Abgesehen von einigen 
technischen Ungenauigkeiten der Versuchsanordnung, kann die 
Nachwirkung der vorhergehenden Nahrungsaufnahme nicht aus- 
geschlossen werden, da die Dauer des Hungerns vor dem 
Respirationsversuch zu gering war. Diese Nachwirkung kann 
höchstens bei dem Respirationsversuch ausgeschlossen werden, 
der 72 Stunden nach der letzten Fütterung ausgeführt wurde. 
Es sind auch bedeutende Unterschiede in der CO,-Produktion 
dieser zwei Respirationsversuche vorhanden: im ersten beträgt sie 
pro 24 Stunden 1348,4 g, im zweiten 696,3 g, was nicht durch die 
Gewichtsabnahme des Tieres erklärt werden kann. Über das 
Verhalten der Tiere während des Respirationsversuches ist nichts 
erwähnt. E.Voit!) hat aus E. Meißls Hungerversuchen — vom 
zweiten nur für den späteren Respirationsversuch — den Energie- 
verbrauch berechnet. Ich teile seine Tabelle mit: 








Mittleres 
für 1 qm 
Oberfläche 


19, l 1075 
E. Meißls beide Tiere waren schon ausgewachsene ge- 
mästete Tiere, welcher Umstand deshalb hervorgehoben werden 
muß, weil aus diesen Versuchen nicht auf den Energieverbrauch 
jüngerer noch wachsender Tiere geschlossen werden darf. 


1) E. Voit, Über die Größe des Energiebedarfs der Tiere im 
Hungerzustande. Zeitschr. f. Biol. 41, 113, 1901. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 17 


254 F. Tangl: 


II. 
Versuchseinrichtung und Methodik. 

Meine Versuche habe ich gemeinsam mit meinen Assistenten, 
den Herren Prof. Dr. J. Weiser, Dr. A. Zaitschek, Dr. K. Sza- 
lägyi und Dr. J. Groh ausgeführt. Wir verwendeten vier ver- 
schnittene männliche Schweine, zwei gehörten der Yorkshire, 
zwei der ungarischen Rasse (Mangalica) an. Zwei waren etwa 
7 Monate alte (40 bis 50 kg) magere und zwei ältere (ca. 11/, Jahr 
alte gemästete Tiere (110 bis 120 kg). Alle vier wurden schon vor- 
her zu Stoffwechselversuchen benutzt, so daß sie an die Um- 
gebung — wie Stoffwechselkasten, Kotbeutel — gewöhnt waren. 
Sie wurden mit Kotbeutel versehen, den sie ganz ruhig ver- 
trugen, während des ganzen Hungerversuches im Stoffwechsel- 
kasten gehalten, aus dem sie täglich zur Körpergewichts- 
bestimmung und zur ev. Entleerung des Kotbeutels genommen 
wurden. An den Tagen, an denen Respirationsversuche aus- 
geführt wurden, kamen sie in den Respirationskasten. Übrigens 
sind die Dimensionen des Stoffwechselkastens annähernd die 
gleichen wie die des Respirationsapparates, auch ist die innere 
Einrichtung — (Futterbecken, Boden) — eine ähnliche, so daß 
die Tiere während der Respirationstage in ziemlich ähnlicher 
unmittelbarer Umgebung sind. 

Es ist überflüssig den Stoffwechselkasten zu beschreiben, 
es ist der übliche Kasten mit Doppelboden zum quantitativen 
Auffangen des Harnes. Das Tier steht auf einem starken 
Drahtnetz, das mit einer dicht durchlochten Kautschukplatte 
bedeckt ist, um das bei Schweinen sehr leicht eintretende 
Wundstehen der Füße zu verhüten. Auf dem schrägen unteren 
Boden — aus Zinkblech — läuft der frei gelassene Harn in eine 
Flasche. Trotz häufig wiederholter Versuche gelang es uns 
nicht, einen Harntrichter bei Schweinen anzubringen, die Tiere 
vertrugen ihn absolut nicht. Um die Sammlung des Harnes 
so quantitativ als möglich zu machen, wurde nach Beendigung 
des Versuches der Kasten — nach jedem Respirationsversuch 
der Respirationskasten — gründlich ausgewaschen, das Wasch- 
wasser gesammelt und darin der N bestimmt und auf Harn 
umgerechnet. 

Jeder Hungerversuch begann genau 3 bzw. 4 Tage nach 
der letzten Nahrungsaufnahme und nachdem die Tiere schon 


De "ebe, 


Minimale Erhaltungsarbeit deg Schweines. 255 


ebenso lange im Stoffwechselkasten sich aufhielten. Von diesem 
Zeitpunkte an wurde der Harn und noch entleerter Kot quanti- 
tativ gesammelt. Der Hungerversuch erstreckt sich bei 
Schwein 15 bis auf den 9. bei Schwein 16 bis auf den 8. 
und bei den zwei anderen Tieren bis auf den 5. Hungertag. 
Bei jedem Tiere wurden je zwei Respirationsversuche ausgeführt, 
der eine am Anfange, der andere am Ende des Hunger- 
versuches und dauerte bei zwei Tieren ohne Unterbrechung 48, 
bei zweien 24 Stunden. Jeder Respirationsversuch begann um 
8 Uhr morgens und war in 8stündige bzw. 6stündige Perioden 
geteilt, in denen die ausgegebene CO, und Wasser für sich 
bestimmt wurden. 

Der Respirationsapparat selbst und das von uns befolgte 
Verfahren zur Bestimmung der CO, und des ausgegebenen 
Wassers sind in der vorangehenden Mitteilung ausführlich be- 
schrieben (s. S. 241 dieses Heftes). Bemerkt sei nur, daß mit 
Rücksicht darauf, daß es sich um Hungerversuche handelte, 
brennbare Gase nicht bestimmt wurden. 

Außer der CO,- und Wasserdampfausgabe wurde noch 
die N, C und Energieausgabe im Harn bestimmt. Den Kot 
der in allen 4 Versuchen entleert und quantitativ gesammelt 
wurde, ließ ich, als zum größten Teile aus Futterrückstand 
bestehend, bei der Berechnung des Umsatzes unberücksichtigt. 

Im Harn wurde der N-Gehalt in 2 bis 3 Proben täglich 
bestimmt mit Ausnahme der 48stündigen Respirationsversuche, 
in denen der Harn beider Tage zusammen aufgearbeitet wurde, 
da der Respirationskasten im Laufe des ganzen Versuches ge- 
schlossen blieb. 

Während des ganzen Versuches nahmen wir vom täglichen 
Harn proportionale Teile, die auf Eis aufbewahrt und am 
Schlusse des Versuches miteinander vermengt wurden. In dem 
Gemenge bestimmten wir den Gehalt an C und chemischer 
Energie. Bei Schwein 15 und 16 teilten wir den 6tägigen 
Hungerversuch in zwei gleiche Teile und berechneten für die 
ersten und für die letzten drei Tage je einen Mittelwert für 
die pro Tag ausgeschiedene N-Menge. Da wir den C- und 
Energiegehalt nur im Gemenge der dem gesamten 6tägigen 


1) Nach Köhler, Zeitschr. f. physiol. Chem. 81, 499. 
17* 


256 F. Tang]: 


Harn entsprechenden proportionalen Teile bestimmten, so be- 
rechneten wir nach dem N-Gehalt den auf die zwei 3tägigen 
Hälften entfallenden Anteil des C und der chemischen Energie. 
Bei Schwein 17 und 18 rechneten wir mit dem Mittelwert des 
3tägigen Versuches, für N-, C- und Energiegehalt des Harnes. 
Bei der Unregelmäßigkeit, mit der das Schwein den Harn ent- 
leert, und bei der Unmöglichkeit, die Blase durch Katheteri- 
sieren zu entleeren, kann man nur aus dem Harn von mehreren 
Tagen brauchbare Mittelwerte für den Tagesharn erhalten. 

Der N wurde nach Kjeldahl bestimmt mit Hg als 
Katalysator, der C-Gehalt durch Verbrennung auf dem nassen 
Wege nach der Messingerschen Methode!) und der Gehalt an 
chemischer Energie durch Verbrennung in der Berthelot- 
Mahlerschen Bombe. 

Nicht unerwähnt darf ich es lassen, daß die Tiere während 
des ganzen Respirationsversuches ununterbrochen beobachtet 
wurden und daß genaues Protokoll darüber geführt wurde, 
wie lange die Tiere standen oder lagen. Das Körpergewicht 
wurde täglich morgens — (bzw. 2 täglich) — bestimmt, wo die Tiere 
leicht, ohne besondere Widerspenstigkeit, auf die Wage ge- 
trieben wurden. 

Schließlich muß ich noch bemerken, daß bei allen vier 
Tieren die Respirationsversuche, wie schon eingangs erwähnt, 
zur Ermittelung der kritischen Umgebungstemperatur ver- 
wendet wurden. Zu diesem Zwecke wurde die Temperatur 
des Respirationskastens für die einzelnen 6 bzw. 8stündigen 
Perioden mit der in der vorangehenden Mitteilung beschriebenen 
Anordnung verändert. Innerhalb einer Versuchsperiode war 
die Temperatur im Innern des Kastens bis auf 1 bis 1,5° 
konstant. Wurde dann in der folgenden Periode die Temperatur 
verändert, so geschah die Einstellung auf die neue gewünschte 
Temperatur zunächst rasch, ca. 15 bis 30 Minuten, was noch 
besonders hervorgehoben sei. 

Bevor ich an die Mitteilung der Ergebnisse dieser Hunger- 
versuche gehe, möchte ich, um unnötige Wiederholungen zu 
vermeiden, bezüglich der Berechnung des Stoff- und 
Energieumsatzes noch folgendes anführen. 


1) Tangl und Kereszty, diese Zeitschr. 32, 266. 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 257 


Bei der Berechnung der Körperoberfläche (O) nach der 
Formel O = K.G», wovon G = Körpergewicht, habe ich nach 
dem Vorgange von E. Voit?) für die Konstante K den für das 
Pferd bestimmten Wert 9,02 angenommen, weil für das Schwein 
die Konstante nicht bestimmt ist. (E. Voit begründet dies 
mit der gedrungenen Körperform des Schweines und dessen 
großen Fettgehalt im gemästeten Zustande.) 


Tabelle I. 
z alg 8 E 
33| |45] 88 i e = 
* Datu mi in a, S E S Kot| g | Ham 8 [Anmerkungen 
25 Z 
Ee S E á 
oC kg g g g ccm g 
1909 Schwein Nr. 152). 
4. 114.V.| — | 47,80 0] 0 
5 i Eege 1590 | o | o |}1025 |10,07 | Resp.-Vers. 
6.116. „ | 17 | 45,77 |20]1 0 | 0 | 0 0 
7.117. „| 20 | 45,61 1300| 0 | 0 | 255 | 2,91 
8. | 18. — | 45,27 
9. 19. 2 | Z | 4509 1940 | 128 | 1,42 | 1131 | 7,00 | Resp.-Vers. 
1909 Schwein Nr. 162). 
3. 125. IV.| 18 | 53,62 | 7010 1010 0 
s lae rj — |574 Piso | 248 | 2,76 | 545 | 9,06 | Resp.-Vers. 
ege > | 19 |5161 | eeioioinl o 
7. 129. — | 51,19 
8. 130. ” | — | 50009 1140 | 87 |1,04 | 760 |11,67 | Resp.-Vers. 
1910 Schwein Nr. 17%, 
. 122. VII 22 |129,10 | 90| 372 |3,59 | 105 | 1,71 | Resp.-Vers. 
4. |23. „| — 1127,87 |1520| 80 | 0,86 | 1280 | 29,37 
5.124. „I — 112705 | 70| 41004 0 0 | Resp.-Vers. 
126,40°) 
1910 Schwein Nr. 18%). 
8. | 8. VI] — 1118,27 30 | 466 | 4,41 | 1110 | 24,16 | Resp.-Vers. 
4. | 9. „| 22,6 j114,77 |1330| 282 | 2,83 | 585 | 13,04 
5.10. „I — 1113,92 | 310| 489 | 4,73 | 590 | 13,00 | Resp.-Vers. 
111,873) 
1) ]. e., S. 117. 


3) Yorkshirer Rasse. 
3) Körpergewicht am Ende des letzten Hungertages. 
4) Ungarische Rasse. 


958 F. Tangl: 


Tabelle II. 





Dauer der Periode 


Wievielter 
Hungertag 
Versuches 





Schwein Nr. 15. 


1 vorm. 8 bis nachm. 2b | 47,30%) 17,4 117,6 | 229,7 

4 2 Inachm. 2 bis nachm. 8 20,9 102,1 | 178,9 
i 3 |nachm. 8 bis nachts 2% 23,8 73,9 |117,5 
4 nachts 2 bis vorm. 8% 21,7 76,8 | 107,6 

1 vorm. 8 bis nachm. 2b 20,0 96,6 | 158,9 

5 2 Inachm. 2 bis nachm. 8 18,1 121,3 | 124,7 
i 8 nachm. 8 bis nachts 2b 14,1 101,2 | 109,4 
4 Inachts 2 bis vorm. 8| 45,77%) 13,1 121,2 108,1 

1 vorm. 8 bis nachm. 2b | 45,272) 17,4 102,7 | 212,6 

8 2 Inachm. 2 bis nachm. 8è 20,9 94,0 | 134,5 
i 3 |nachm. 8 bis nachts 2 23,7 68,7 | 187,4 
4 Inachts 2 bis vorm. 8e 22,0 66,0 | 118,5 

1 vorm. 8 bis nachm. 2% ` 20,0 90,3 | 184,8 

9 2 nachm. 2 bis nachm. 8% 18,3 99,2 | 130,3 
E 3 Inachm. 8 bis nachts 2 14,1 89,0 94,5 
4 |nachts 2 bis vorm. 8%] 44,503) 13,0 115,7 109,9 

Schwein Nr. 16. 

1 vorm. 8 bis nachm. 4b | 52,42!) 16,8 205,0 |214,0 

4. 2 Inachm. 4 bis nachts 12% 25,9 137,9 |241,4 
3 |nachts12 bis vorm. 8% 12,2 191,5 |159,1 

1 vorm. 8 bis nachm. AN 17,7 181,2 | 286,7 

5. 2 Inachm. 4 bis nachts 12% 23,1 134,8 | 206,8 
3 |nachts12 bis vorm. Gi 51,613) 13,3 170,3 | 163,4 

1 vorm. 8 bis nachm. 4% 51,193) 21,3 134,9 | 190,1 

7. 2 Inachm. 4 bis nachts 12b 17,2 158,1 | 183,9 
3 Inachts12 bis vorm. 8? 12,3 169,6 | 169,3 

1 vorm. 8 bis nachm. AN 19,6 147,1 | 226,8 

8. 2 Inachm. 4 bis nachts 128 23,1 178,8 | 197,6 
8 |nachts12 bis vorm. SI 50,003) 17,2 152,9 | 202,6 

Schwein Nr. 17. 

1 vorm. 8 bis nachm. 4% | 129,10*) 26,0 374,0 608,9 

3. 2 Inachm. 4 bis nachts 12% 22,0 268,1 | 408,6 
3 |nachts12 bis vorm. 8% 127,37 %) 17,5 263,3 | 318,1 

1 vorm. 8 bis nachm. 4% | 127,051) 16,0 264,3 | 277,3 

5. 2 Inachm. 4 bis nachts 12% 22,0 253,0 | 270,8 
3 |nachts12 bis vorm. 8| 126,40°) 26,0 228,3 | 306,1 


1) Körpergewicht am Anfang der ersten Periode. 
2) Körpergewicht am Ende der Schlußperiode. 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 259 


Tabelle II (Fortsetzung). 










by Pi 2 

SE Ẹ Dauer der Periode O 
H — 
E > 


Schwein Nr. 18.. 


1 vorm. 8 bis nachm. 42 | 118,271) 26,0 283,9 745,9 
2 |nachm. 4 bis nachts 12% 22,0 205,8 | 55:,0 
$ Inachts12 bis vorm. 8*%1 114,779) 16,0 189,4 | 335,1 
1 
2 
3 


vorm. 8 bis nachm. 4] 113,923] 22,0 | 209,2 | 391,2 
nachm. 4 bis nachts 12% 26,0 199,1 | 466,9 
nachts 12 bis vorm. 8&1111,872)| 16,0 | 216,6 |326,6 


1) Körpergewicht am Anfang der ersten Periode. 
2) Körpergewicht am Ende der Schlußperiode. 





Tabelle II. 
Mittlere Temperat 8 
während einer Ver- Er CG In 24 Std. wurden ausgeschieden Das Ti 
k D suchsperiode') E 35 — 
Soj o| o| el ojg 2| g S Ci EE? 
ES gi S| S| Sissig Nim| Gin Zan] E 
2 Jj 33 n pT EIE SE CO, H Harn Séi S stand 
Fei A $| ër Zeng amlundalsi 89” | ES lag 
ec|ocjocloc|oc| kg | g | g ? | Cal.| g | Std. |Min. | Std. | Min. 
Scohwein Nr. 15. 
4. | 17,4| 20,9] 23,8] 21,71 20,9| 46,91 | 370,4| 3,36 | 105,50! 31,6 | 633,71 2 54 | 21 6 
5. 1 20,0| 18,1| 14,1| 13,1] 16,3] 46,15 | 440,3) 3,36 | 124,56! 81,6 | 501,1] 1 3 | 22 | 57 
8. 117,4) 20,9| 23,7| 22,0| 21,01 45,10} 331,4! 3,31 | 94,78| 31,0| 603,01 4 1 19 | 59 
9. 120,01 18,3} 14,1| 13,01 16,3] 44,70 | 394,0) 3,31 | 111,85| 31,0 | 519,51 1 28 | 22 | 32 
Schwein Nr. 16. 
4. | 16,8] 25,9] 12,2] — [18,3] 52,22 | 533,1| 3,02 | 149,62| 41,0] 614,5| 2 2 | 21 | 58 
5. [17,7] 23,11 13,83) — | 18,0 51,84 | 486,2; 3,02 | 136,83] 41,0| 656,91 2 54 ! 21 6 
7. 121,3) 17,2; 12,3| — | 16,9] 50,89 4625 3,89 | 131,59] 53,0 | 543,31 — | 29 | 23 | 31 
8. | 19,61 23,1] 17,2) — 120,01 50,29 | 478,8! 3,89 | 136,03! 53,0 | 627,01 — | 44 | 23 | 16 





Schwein Nr. 17. 

17,51 — | 21,81128,23 ‚9110,36 | 255,17] 82,0 

; 26,0 21,3j126, 72 745,7110,36 | 211,48| 82,0 
Schwein Nr. 18. 


3. = 22,0! 16,01 — | 21,31116,52 679,1116,73 198,75|118,5 |1635,0 i SC 
5. |22, KE 0| 16,0 — | 21,3j112,90 | 624,9,16,73 | 183,97|118,5 1184,7 

















si 4 | 529] 19| 8 
8542| — | — | %4 


22 | 20 
22 | 15 





1) Bei ` u Bei Schwein 15 waren die Versuche in vier 6stündige, bei den 
übrigen in drei 8stündige Perioden geteilt. 

2) Das Tier war sehr unruhig. 

3) Das Tier war unruhig. 


260 F. Tangl: 


Bei der Verwertung des C- und N-Umsatzes zur Berechnung 
der Menge des zersetzten Körpereiweißes und Körperfettes 
habe ich für die Trockensubstanz: 


die chemische 
den C-Gehalt den N-Gehalt Energie in 1 g 


des Fleisches mit . . . 52,71%, 16,6°/, 5675,8 Cal. 
des Fettes mit . . , 76,5 „ — 9500 


in Rechnung gesetzt. 


29 


Ergebnisse der Versuche. 


Das allgemeine Verhalten der Tiere war im großen und 
ganzen das gleiche, nur war das eine etwas unruhiger als das 
andere, bloß das Schwein 17 war zeitweilig, besonders unmittel- 
bar nachdem es zum erstenmal in den Respirationskasten kam, 
sehr unruhig, bewegte sich sehr viel. Ununterbrochen be- 
obachtet waren die Tiere bloß während der Respirationsversuche. 
Aus den genauen Aufzeichnungen ist ersichtlich, daß alle vier 
Tiere während des Respirationsversuches den größten Teil des 
Tages 19 bis 23 Stunden ruhig lagen und nur den Rest des 
Tages stehend verbrachten. Schwein 17, das beim ersten 
Respirationsversuch (am 3. Hungertage) sehr unruhig war, legte 
sich beim zweiten (am 5. Hungertage) sofort nieder und blieb 
die ganze Zeit hindurch, 24 Stunden lang, liegen. 

Nach Beendigung der Hungerversuche fraßen alle vier 
Tiere gierig das vorgelegte Futter und nahmen in normaler 
Weise wieder an Gewicht zu. 

Die zahlenmäßigen Ergebnisse der Versuche sind in den 
vorstehenden Tabellen I bis III enthalten. 


1. Gewichtsverlust, 
Der tägliche durchschnittliche Gewichtsverlust beträgt: 
bei Schwein 15 633 g = 1,3°/, des Gewichtes vom 1. Versuch, 


» „ 16 603 am — 1,1 Zo nm „ nm L „ 
„ „ 17 900 s = 0,7 SÄI TI „ be 2 „ 
„ „ 18 2133 nm = 1,8°/, » „ „ 1. T 


Diese Mittelzahlen sind aber bei den Schweinen 15 und 16 
aus 6 Hungertagen (vom 3. bzw. 4. bis 8. bzw. 9. Hungertag), 
bei den zwei anderen aus 3 Hungertagen gewonnen. Nimmt 
man bei Schwein 15 und 16 auch nur 3 Hungertage (vom 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 261 


4. bis 6.), so erhält man bei Schwein 15 einen durchschnitt- 
lichen täglichen Verlust von 1,53 kg = 3,2°/,, bei Schwein 16: 
1,81 kg = 3,4°/,. Der relative Gewichtsverlust ist aber bei 
den jüngeren Schweinen ein größerer. 


2. Eiweißzersetzung. 

Die tägliche N-Ausscheidung im Hame kann beim Schweine 
wegen der unregelmäßigen Harnentleerung nicht ganz einwand- 
frei ermittelt werden. Wie aus Tabelle I ersichtlich, entleerten 
die Tiere nicht täglich Harn. Wie bereits erwähnt, wurde für 
je 3 Tage aus dem während dieser Zeit entleerten N der durch- 
schnittliche Tageswert berechnet. Es entleerten demnach: 


Mittleres N im Ham N im Harm 
EECH pro Tag pro Tagu.1kg Hungertag 
g 


g Körpergewicht 
Schwein 15 . 46,53 3,36 0,072 4. bis 5. 
e 16 . 52,03 3,02 0,058 4. D 
5 17 . 127,48 10,36 0,081 3. 5. 
5 18 . 114,71 16,73 0,146 32.25: :D: 


Von diesen Werten stimmen die bei Schwein 15 und 16 
vollständig mit den von Meißl gefundenen überein, bei dessen 
2 Hungerschweinen nach der Berechnung von E. Voit!) die 
N-Abgabe pro Tag und 1 kg Körpergewicht 0,07 bzw. 0,06 g 
betrug. Allerdings wogen Meißls Tiere 142 bzw. 115 kg, 
also annähernd so viel wie unsere Schweine 17 und 18, deren 
N-Ausscheidung pro 1 kg — besonders die bei Schwein 18 — 
größer war. 

Auffallend ist, daß bei den größeren und gemästeteren 
Schweinen 17 und 18, besonders bei dem letzteren Tiere, die 
auf die Gewichtseinheit bezogene N-Ausscheidung größer ist 
als bei den jüngeren und bedeutend weniger gemästeten 
Tieren 15 und 16. Selbst die tägliche N-Ausscheidung am 
7. bis 9. bzw. am 6. bis 8. Hungertage blieb bei diesen Tieren 
noch hinter jenen zurück, da sie bloß 0,074 bzw. 0,077 g pro 
1 kg beträgt. 

Da die Tiere 17 und 18 bereits stärker gemästet waren, 
so wäre eigentlich bei dem bekannten Einflusse des Fett- 


1) E. Voit, Die Größe des Eiweißzerfalles im Hunger, Zeitschr. 
f. Biol. 41, 177. 


262 F. Tangl: 


bestandes auf die Größe des Eiweißzerfalles zu erwarten ge- 
wesen, daß bei diesen die relative (auf 1 kg Körpergewicht 
bezogene) Eiweißzersetzung eine geringere sei, als bei den zwei 
anderen Tieren. Wenn auch der Rassenunterschied eine Rolle 
spielen mag, so dürfte das umgekehrte Verhalten darin seine 
Erklärung finden, daß bei den jüngeren, stärker wachsenden 
Tieren (15 und 16) die stärkere Wachstumstendenz auch im 
Hungerzustande sich in einer stärkeren „Neigung zur Zurück- 
haltung von Eiweiß“ (Zuntz) äußert, wie das auch bei spär- 
licher Eiweißzufuhr der Fall ist!) Es würde sich lohnen, diese 
Frage durch systematische Untersuchungen zu prüfen. 

Ich komme auf die Eiweißzersetzung noch bei der Be- 
sprechung des Energieumsatzes zurück. 


8. CO2- Ausscheidung. 


Von den Stoffwechselvorgängen wurde die CO,-Ausscheidung 
am eingehendsten untersucht. Die Respirationsversuche waren, 
wie aus der Beschreibung der Versuchsanordnung ersichtlich, 
so eingerichtet, daß der Einfluß der Umgebungstemperatur auf 
die CO,-Ausscheidung geprüft werden konnte, mit der Absicht, 
die kritische Temperatur festzustellen. Zu diesem Zwecke waren, 
wie schon angegeben, die Respirationsversuche in 6 bzw. 
8stündige Perioden mit verschiedener Temperatur geteilt. In 
jeder Periode wurde die entsprechende Temperatur möglichst 
konstant erhalten. Der Temperaturwechsel von einer Periode 
zur andern vollzog sich gewöhnlich rasch (etwa 15 Minuten). 

Durch diese Versuchsanordnung konnte bei jedem Tiere 
wiederholt der Einfluß der Temperaturveränderung untersucht 
werden. Allerdings könnte man vielleicht den Einwand er- 
heben, daß die 8 oder gar 6stündige Dauer einer Periode zu 
kurz ist, um für die CO,-Ausscheidung zu Bilanzberechnungen 
verläßliche Werte zu erhalten. Ich habe aber — bei Schwein 17 
und 18 — durch die weitere Ermittelung der CO,-Ausscheidung 
in 2 bzw. 3stündigen Abschnitten je einer Periode feststellen 
können®), daß bereits in den ersten 2 Stunden die CO,-Aus- 
scheidung sich auf die entsprechende Höhe einstellte. Übrigens 


1) Zuntz und Loewy, Lehrb. d Physiol. 1909, 691. 
2) Mittels der in voranstehender Arbeit, S. 242, beschriebenen Probe- 
nahme und Gasanalyse nach Petterson. 


Tabelle IV. 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 


263 


CO, und Wasserdampfausgabe pro Stunde in den nach steigender Temperatur geordneten 
` 6 bis 8stündigen Perioden. 





128,23 
126,72 


128,81 
126,51 


Die mit * bezeichneten sind die Anfangsperioden je eines Respirationsversuchs. 


CO,- 
Ausgabe 


pro 
kg 


0,432 
0,440 
0,332 
0,366 


0,415* 
0,378* 
0,437 
0,370 


0,347? 
0,335* 
0,362 
0,347 


0,275 
0,245 
0,254 
0,263 


0,457 
0,418 
0,412 
0,490* 
0,388 
0,382 
0,436* 
0,364* 
0,330*; 
0,325 
0,427 
0,330 


0,260* 
0,258 
0,261 
0,250 





pro 
qm 


17,0 
17,5 
13,0 
14,5 
16,6 
15,0 


0,363* 20,3 


0,225 


12,5 


Wasser- 38 Durch- 
dampf- |2 | schnittliche 
ausgabe | = S CO,-Ausgabe 
$ 
pro | PI |A pro pro 
kg | qm | oC | kg | qm 
Schwein Nr. 15. 
0,41 | 16,1 | 
0,39 | 15,6 ! 
035 113.8 |f 14 | 9392 | 15,5 
0,40 | 15,7 
0,81 | 32,5 
0,78 | 30,9 
0.45 17,9 |f 18 | 9400 | 15,9 
0,48 | 19,1 
0,57 | 22,7 
0,69 | 27,0 
0.63 253 |f 20 | 9,348 | 13,8 
0,49 | 19,6 
0,38 | 15,3 
0,44 | 17,3 
051 | 201 |f 23 | 9259 | 10,3 
0,42 | 16,7 
Schwein Nr. 16. 
0,38 | 15,8 
0,42 | 17,2 [$ 13 | 0,429 | 17,7 
0,39 | 16,3 
0,51 | 21,2 | 
0,45 | 18,6 
051 |206 |f 17 | 9424 | 17,5 
0,69 | 28,5 
0,56 | 23,1 
0,47 | 19,2 } 20 | 0,347 | 14,2 
0,50 | 20,6 
0.49 20.115 23 | 9376 | 15,8 
0,58|24,0| 26 | 0,330 | 13,7 
Schwein Nr. 17. 
0,22 | 15,2 
0,31 | 17,4 } 17 | 0,259 | 14,4 
0,40 | 22,3 
0,27 | 14,9 } 22 | 0,255 | 14,2 
0,59 | 33,1 
0'30 | 168|) 26 | 0294 | 16,4 


Durch- 
schnittliche 


0,39 ` 


0,47 


0,59 


0,54 


0,51 
0,50 
0,58 
0,27 
0,33 


0,45 








1) Das Tier war unruhig. — 2) Das Tier war sehr unruhig. 


S Dauer d Ver- 
suchsperiode 


A 


Ca On cn O O O APODO MDD O 


CO OC GC o 00 00 O0 OD OO 00 00 


00 00 00 00 CC 00 








Das Tier 
stand | lag 
Std.| Min.|Std.| Min 
—!42|5|18 
— 22| 5 | 38 
—| 3 |5 |57 
RN PEEN E WS 
2 | 32| 3 |28 
41/1/59 
—| 22| 5 |38 
—|11151|4 
— 19 5 141 
—|32 5 28 
== 8 |5 |52 
sihen KE 
—|14'5 |46 
cn E ee 
—l—: 6 — 
—|—: 6— 
— | —!| 8 | — 
—7 
— 127 48 
2j 2 — 
el 
—[11| 7,49 
2142| 518 
—| 44| 7'16 
— 15|7|45 
— — 8 — 
Een 
—— 
sl — 8 ; 
1 |102)! 6 | 50 
BER, ABEL 02° 0 PER 
ll 
3 Ain 4 | 19 
— | — |! 8 | — 


264 F. Tangl: 


Tabelle IV (Fortsetzung). 





Schwein Nr. 18. 





könnten bei der Gleichmäßigkeit der verschiedenen Funktionen 
im ruhenden Hungertiere höchstens ungleichmäßige Körper- 
bewegungen störend wirken. Wir haben diese genau beob- 
achtet und für jede Periode auf Minuten genau notiert, wie 
lange das Tier lag oder stand (s. Tabelle III). In Tabelle II 
sind die Werte für die in den einzelnen Versuchsperioden ge- 
fundenen CO,-Produktionen angeführt. Sieht man zunächst 
von der Temperaturdifferenz der einzelnen Perioden ab, bzw. 
zieht aus ihnen ein Mittel für die Tagestemperatur und be- 
rechnet so den Tageswert der CO,-Produktion, so erhält man 
die in Tabelle III enthaltenen Werte. 

Es bedarf jedoch keiner eingehenderen Begründung, daß 
die auf diese Weise erhaltenen Mittelwerte mit großen Fehlern 
behaftet sind, weil sie aus sehr differierenden Werten gebildet 
sind. Richtigere Mittelwerte erhält man, wenn man aus den 
Perioden mit annähernd gleicher Temperatur die Mittelwerte 
zieht. Zu diesem Zwecke habe ich für jedes Tier die Versuchs- 
perioden nach steigender Temperatur geordnet und aus den 
Perioden mit annähernd gleicher Temperatur Gruppen gebildet. 
Die CO,-Produktion habe ich, um (richtige) Vergleichswerte zu 
erhalten, auf 1 kg Körpergewicht und 1 qm Körperoberfläche 


berechnet, wobei ich für jede Versuchsperiode aus den durch 


Wägung gewonnenen Daten unter Annahme einer gleichmäßigen 


ga Durch- 58 
Wasser- | 5 Durch- SEN S 
Körper- A Lie dampf- ER schnittliche — 2 E Das Tier 
ewicht| Ausgabe | ausgabe | = 8 Lie Ausgebe ausgabe |o S 
E 20 3 5 tand lag 
pro | pro | pro | pro [A 4 | pro | pro | pro | pro [Â f ° 
kg | qm j kg |qm| °C | kg | qm | kg | qm |Std.|sta.|Min.|sta.| Min 


112,22 10,241 |12,91 0,36 | 19,4 | 8 Į— 130) 7 | 30 
11535 [0.205 | 11,1 1036 |196 l3 16 [0223| 120 | 086 1195 {| e Cie 
116,52 [0,221 | 12,0 [0,48 | 32,2 s I-i—- |s|— 
118'58 |0.230*] 12.4 | 043 | 231 |} 22 [0225 | 122 | 0,55 |276 {] e |) 10| 7 | so 
117,69 | 0,302*| 16,4 | 0,80 | 48,0 s |ı laols |20 
11290 [0220 | 11.8 [0,52 [97.7 | 26 [0261 | 14,1 | 0,66 [353 {| 8 |159] 6]58 


Die mit * bezeichneten sind die Anfangsperioden je eines Respirationsversuches. 
1) Das Tier war unruhig. — ?) Das Tier war sehr unruhig. 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 265 


Abnahme des Körpergewichtes durch Interpolation das mittlere 
Körpergewicht berechnete. Die Ergebnisse dieser Berechnung 
enthält Tabelle IV, in die ich — wegen Raumersparnis — gleich 
die in ähnlicher Weise berechneten Werte für die Wasserdampf- 
ausgabe aufgenommen habe. 

Schon ein flüchtiger Blick auf die Tabelle zeigt die Ge 
essanten Beziehungen zwischen Umgebungstemperatur und CO,- 
Produktion und den Einfluß der Größe und des Ernährungszu- 
standes auf diese Beziehungen. 

Von individuellen Schwankungen abgesehen, ist bei allen 
4 Tieren die Abnahme der CO,-Produktion mit steigender 
Temperatur zu beobachten, doch mit deutlichem Unterschiede 
zwischen den jüngeren, nicht gemästeten Schweinen 15 und 16 
einerseits und den gemästeten Sohweinen 17 und 18 anderer- 
seits. Innerhalb dieser 2 Gruppen sind die Mittelwerte für die 
einzelnen Durchschnittstemperaturen einander so naheliegend, 
daß man sie zu einem weiteren Mittelwert zusammenfassen 
kann. Dann ergibt sich: 





Stündliche CO,- Ausgabe 
pro 1 kg pro 1 qm 
Körper- Körper- 
i oberfläche 






Die CO,-Produktion nimmt also bei der Erhöhung der 
Temperatur von 13° bis 20—23° ab, um bei 26° wieder an- 
zusteigen. 20 bis 23° C stellen demnach die kritische 
Umgebungstemperatur des Schweines dar, die Tempe- 
raturgrenze zwischen chemischer und physikalischer Wärme- 
regulierung. Wurde die Temperatur über 23° erhöht — auf 
26° —, so nahm die CO,-Produktion, wahrscheinlich unter Er- 
höhung der Körpertemperatur, zu. Ich komme auf diese 
chemische Wärmeregulierung weiter unten bei der Besprechung 
des Energieumsatzes noch zurück. 


266 F, Tangl: 


Bei dem Vergleiche der Versuchsperioden mit annähernd 
gleicher Temperatur, so wie sie in Tabelle IV gruppiert sind, 
fallen in vielen Gruppen stärker abweichende Werte auf. Meist 
sind es die 1. Perioden je eines Respirationsversuches. Ich 
habe in der Tabelle IV diese Anfangsperioden mit einem * 
bezeichnet. Jedenfalls wirkte die veränderte Umgebung, der 
Transport vom Stoffwechselkasten auf die Wage, von dieser in 
den Respirationskasten aufregend auf das Tier. Diese Auf- 
regung kam in den meisten Fällen auch darin zum Ausdruck, 
daß — wie die letzten Kolonnen der Tabelle IV zeigen — die 
Tiere in diesen Perioden kürzere Zeit liegend verbrachten. 
Allerdings war das nicht bei allen der Fall. Diese gıcBere Auf 
regung bzw. Unruhe des Tieres führte dann zu: einer erhöhten 
CO,-Produktion. 

Daraus, daß in diesen Perioden im ganzen eine größere 
Menge CO, ausgegeben wurde, folgt natürlich nicht, daß während 
der ganzen Periode eine erhöhte CO,-Produktion stattgefunden 
hat. Es ist möglich, daß dies nur im Anfange der Periode der 
Fall ist und später eine Abnahme eintritt. Darüber geben die 
Zahlen der Tabelle IV keinen Aufschluß. Das konnte nur von 
CO,-Bestimmungen erwartet werden, die sich auf kleinere Zeit- 
intervalle erstreckten. Solche Bestimmungen habe ich bei den 
Schweinen 17 und 18 tatsächlich ausgeführt, und zwar in der 
bei der Beschreibung des Respirationsapparates!) angegebenen 
Weise, indem ich der aus dem Kasten strömenden Luft kon- 
tinuierlich Proben entnahm und in diesen nach Petterson 
die CO, bestimmte. (Zur Zeit, als die Versuche an den 
Schweinen 15 und 16 ausgeführt wurden, war diese Einrichtung 
noch nicht fertiggestellt) Die folgenden Tabellen enthalten 
die Ergebnisse dieser Bestimmungen. 

Ich habe die Daten dieser Tabellen graphisch dargestellt, 
indem ich auf der Abszisse die Zeit (die Zahlen geben die 
Tageszeiten an), auf der Ordinate die pro Stunde des 2 bzw. 
3stündigen Abschnittes der Periode ausgegebenen CO,-Menge 
auftrug; der Flächenraum eines jeden Rechteckes entspricht 
dann genau der in jenem Abschnitt ausgegebenen CO,- 
Menge. 


1) S. voranstehende Mitteilung S. 242. 


Minimale Erhaltungsarbeit dee Sc. weineg 267 


Tabelle V. 
Schwein Nr 17. 





























ba Ei D 

3 $ k 8 Menge der aus- 
$ S S E gegebenen CO, 

Eeler | 
Bh morgens bis 11® vorm. 101,03 198,34 
11® vorm. „ 2% nachm. 54,98 107,94 
1 26 2% nachm. , Ab nachm. 31,51 61,86 
Gesamtmenge | 187,52 368,14 
4b nachm. bis 7% abends 47,78 93,80 
7b abends , 106 abends 45,18 88,70 
3. 2 22 | 10% abends „ 12% nachts 33,96 66,67 
Gesamtmenge | 126,92 249,17 
12b nachts bis 3® nachts 46,11 90,52 
3b nachts ‚„ 6b morgens 50,91 99,95 
3 17,5 6b morgens, Eh morgens 31,79 62,41 
Gesamtmenge | 128,81 252,88 
85 morgens bis 11® vorm. 47,96 94,16 
11° morgens „ 2 nachm. 48,37 94,96 
1 16 | 2 nachm. „ 4 nachm. | - 31,96 62,74 
Gesamtmenge | 128,29 251,86 
4 nachm. bis 7% abends 48,51 95,24 
7? abends ,„ 10P abends 46,85 91,98 
>31 2 | 22 | 10% abends „ 12% nachts | 81,43 61,70 
Gesamtmenge | 126,79 248,92 
12 nachts bis 3b nachts 46,08 90,47 
3b nachts bis Oh morgens 38,11 74,82 
3 26 6b morgens „ Bh morgens 23,63 46,39 
Gesamtmenge | 107,82 | 211,68 


Die Fig. 1 bis 4 weisen interessante Details auf. So zeigt 
Fig. 1, daß das Schwein 17 beim ersten Respirationsversuch 
(3. Hungertag), als es gleich in die ungewöhnlich hohe Tempe- 
ratur (26°) kam, nur in den ersten 3 Stunden — seiner großen 
Unruhe entsprechend — mehr, aber schon in den nächsten 
3 Stunden bei der gleich hohen Temperatur bedeutend weniger 
CO, produzierte, und in den letzten 2 Stunden ebensoviel wie 
in der folgenden Periode bei 22°. Die Schwankungen waren 
— abgesehen von den ersten 3 Stunden — nicht groß. Noch 
geringer waren die Veränderungen der CO,-Produktion am 
5. Versuchstage (Fig. 2), an welchem das Tier volle 24 Stunden 
hindurch ruhig lag. Mit Ausnahme der letzten 8 Stunden war 


268 F. Tangl: 


die CO,-Ausgabe ganz gleichmäßig. Diese letzten 8 Stunden 
sind aber dadurch bemerkenswert, daß, abweichend von der 
1. Periode am 3. Versuchstage (Fig. 1), in der dieselbe Tempe- 
ratur im Respirationskasten herrschte (26°), keine Erhöhung 
der CO,-Produktion eintrat. Es scheinen also auf dem Gebiete 
der chemischen Wärmeregulation die Verhältnisse nicht so ein- 
fach zu sein. 


Periode I Periode II Periode III 
von 8h m. bis 4è nm. von 4*nm. bis 12" n. von 12hn. bis 8" m. 
26° C,C0,=368,14g 22°C, CO, = 249,17g 17,500, 00, = 252,88 


2 


S 


vr emen Stunde ausgegebene COz-Menge gr 
s I 


d 
$ 
d 
Se 
$ 
N 
$ 
S 


E 
Das Tier stand v Ta. 1750 





Fig. 1. Schwein Nr. XVII. 6. Versuchsreihe, 3. Hungertag. 


Periode I Periode II Periode III 
von 8"m. bis "nm. von 4 nm. bis 12% n. von 12% n. bis 8? m. 
16°C, COs =251,86g 22°C, 00, = 248,92g 26° 0, CO, = 211,68g 





0 %2 3 e 48 
Dauer des Versuches in Stunden 
Fig. 2. Schwein Nr. XVII. 6. Versuchsreihe, 5. Hungertag. 


Auch bei Schwein 18 (Fig. 3) sieht man, daß es beim 
ersten Respirationsversuch in der 1. Periode bloß in den ersten 
3 Stunden bei der hohen Temperatur von 26° mehr CO, pro- 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 269 


duzierte und dann schon kaum mehr als bei 22°; dagegen 
reagierte es am 5. Hungertage (Fig. 4) auf die Erhöhung der 
Temperatur auf 26° mit einer viel geringeren Steigerung der 


CO,-Produktion. 


Periode I Periode II Periode IH 
von 8b m. bis 4° nm. von 4hnm. bis 12hn. von 12hn. bis 8è m. 
26°C, CO, = 274,48 g 22°C. CO, = 209,84 g 160°C, CO, = 180,90 g 


8 4 f M B 3 6 8 


Dover des Wersuches m Stunden 
Fig. 3. Schwein Nr. XVIIL, 6. Versuchsreihe, 3. Hungertag. 


Ee 
Ss 


20 


Das Tier stand von 8°%0'- Ai 20' 


$v 
$ s 
Periode I Periode I 


Periodo IN 
von 8h m. bis 4è nm. von4hnm. bis 12d n. von 12è n. bis 8? m. 
22°C, COs = 202,05g 26°C, COs = 199,50g 16°C, CO, = 200,15 g 


D 
Q 
<! 


Bas Ter stand v 8'480" 





Aën 
D 
> 
EN 
è 
A 
& 





a % 3 6 8 
Dover des Versuches m Stunden 
Fig. 4. Schwein Nr. XVIII. 6. Versuchsreihe, 5. Hungertag. 


Die Figuren zeigen auch, daß die Schwankungen in der 
CO,-Produktion wohl meist mit den Körperbewegungen zu- 
sammenhängen, daß in den Abschnitten, in denen das Tier 
längere Zeit stand, die CO,-Produktion erhöht ist — allerdings 
nicht immer. Äußerlich nicht wahrnehmbare Schwankungen 
des Muskeltonus spielen da wahrscheinlich eine große Rolle. 

Schon diese wenigen Beobachtungen zeigen, daß es sich 
lohnen würde, eingehendere Untersuchungen über den Mecha- 
nismus und den zeitlichen Verlauf der chemischen Wärme- 


regulation anzustellen. 


Biochemische Zeitschrift Band 44. 18 


270 F. Tangl: 


Tabelle VI. 
Schwein Nr. 18. 










Menge der aus- 
geschiedenen CO, 


Wievielter 
Hungertag 
Versuchs- 
periode 













` & vorm. bis 11% vorm. 63,18 124,04 

11è vorm. „ Oh nachm. 46,63 91,54 

3. 1 26 2b nachm. „ 2 , 30,00 58,90 
Gesamtmenge | 139,81 274,48 

4d nachm. bis 7% abends 41,15 80,79 

7b abends ‚, 10è abends 38,12 74,84 






3. 2 22 10% abends ,„,„ 12% nachts 
l Gesamtmenge 
12 nachts bis 3% nachts 


27,36 
106,63 


53,71 
209,34 
















35,78 70,15 

3b nachts „ Ob morgens 33,00 64,79 

3. 3 16 6% morgens,, 8% morgens | 23,41 75,96 
Gesamtmenge 92,14 180,90 

8b morgens bis 112 vorm. 34,62 67,97 


11% vorm. „ 2% nachm. 42,56 83,55 








ð 1 22 2 nachm. „ 4 nachm.| 25,74 50,53 
Gesamtmenge 202,05 

Ah nachm. bis 7% abends 88,38 

7b abends , 10è abends 66,16 

5. 2 26 | 10% abends „ 12 nachts 44,96 
Gesamtmenge | 101,62 199,50 

12b nachts bis 3® nachts 39,66 77,86 

3b nachts bis Oh morgens 35,87 70,42 

5. 3 16 Dh morgens,, 8b morgens 26,42 51,87 


Gesamtmenge | 101,95 | 200,15 


Diese Petterson-Analysen klärten aber nicht nur über die Ver- 
änderungen der CO,-Ausgabe in kürzeren Zeitabschnitten auf, sondern 
lieferten auch eine Kontrolle der auf dem anderen Wege — Absorption 
der gesamten CO, — gewonnenen Daten. Die Summe der für die 
2 bis 3stündigen Abschnitte erhaltenen Daten müßte natürlich mit den 
direkt gewonnenen Werten übereinstimmen. Wie weit dies der Fall 
war, zeigt Tabelle VII. 

Die Übereinstimmung ist wohl eine genügende, wenn man bedenkt, 
wie bei Umrechnungen der gasanalytischen Daten die Fehler vergrößert 
werden. Immerhin ist es auffallend, daß die Differenz meist ein nega- 
tives Vorzeichen hat; eine Erklärung kann ich dafür vorderhand nicht 
geben. 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 271 













Tabelle VII. 
$ 8 EE Gefunden CO, o 
3.315 in den mit iff 
E E ŠD Natronkalk- |Pettersonscher EE 
a S g gefäßen Analyse 
i Se, D Se g 





17 


18 


EN Cm En GO SO CO YT en on go go go 
00 œ OO œ œ œ œ CO œ œ œ 00 





4. Wasserdampfausgabe. 


Die Tabellen II und IV enthalten auch die Daten über 
die Wasserdampfausgabe. Vor allem muß bemerkt werden, 
daß — wie aus der Beschreibung des Respirationsapparates 
hervorgeht — in den Kasten getrocknete Luft gepumpt wird 
und daß die Wasserdampfbestimmungen nicht so genau sind 
wie die der CO,. Fehler von 5 bis 7°/, können nicht aus- 
geschlossen werden, die wahrscheinlich daher rühren, daß eine 
geringe Kondensation von Wasserdampf an den Wänden des 
Kastens nicht sicher vermeidbar ist. Wahrnehmbar war eine 
solche Kondensation nicht. 

Wie schon nach den an anderen Tieren gewonnenen Er- 
fahrungen zu erwarten war, wächst die Wasserdampfabgabe 
mit der Temperatur. Um vergleichbare Werte zu erhalten, 
habe ich die Werte so wie bei der CO,-Ausgabe auf Gewichts- 
und Körperoberflächeneinheit umgerechnet. Tabelle IV ent- 
hält diese Werte, die nach steigender Temperatur geordnet 
sind. 

Die Steigerung der Wasserdampfausgabe mit steigender 
Temperatur ist deutlich zu erkennen. Als Durchschnittswerte 
ergeben sich folgende: 


18* 


272 F. Tangl: 


Wasserdampfabgabe pro Stunde. 





5. Energieumsatz. 


Den Energieumsatz habe ich aus der N- und C-Ausgabe 
berechnet unter Berücksichtigung des Energiegehaltes des Harnes 
(s. S. 259). Den Kot ließ ich ebenso wie beim N-Umsatz un- 
berücksichtigt. Die Rechnung führte ich ausschließlich auf 
Eiweiß und Fett aus, was ich mit um so größerem Rechte tun 
konnte, da die ev. Beteiligung des Glykogens nur eine sehr 
geringe sein konnte, nachdem die Tiere vor den Respirations- 
versuchen mindestens 3 Tage hindurch hungerten. | 

Ich habe zunächst aus den in Tabelle III angeführten 
Tageswerten des N- und C-Umsatzes und des Energiegehaltes 
des Harnes die Menge der verbrauchten Energie berechnet. 
Die Ergebnisse enthält Tabelle VIII. 

Sehen wir zunächst von den Beziehungen des Energie- 
umsatzes zu der Umgebungstemperatur ab, um auf den Ur- 
sprung der verbrauchten chemischen Energie etwas näher ein- 
zugehen. Die Tabelle zeigt, den bisherigen Erfahrungen ent- 
sprechend, daß der größte Teil der umgesetzten Energie aus 
Fett stammt, und nur ein geringer aus Eiweiß. 

Da ist auch die interessante Tatsache zu erkennen, daß 
bei den jüngeren, nicht gemästeten — fettärmeren — Schweinen 
Nr. 15 und 16 relativ weniger Eiweißenergie verbraucht ist als 
bei den gemästeten Nr. 17 und 18, entsprechend der oben be- 
sprochenen Beobachtung, daß der auf die Körpergewichtseinheit 
bezogene Eiweißverbrauch bei den ersteren kleiner war. Als 
Durchschnitt sämtlicher Versuche ergibt sich, daß die um- 
gesetzte Energie 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 273 


bei Schwein 15 zu 6,4°/, aus Eiweiß und zu 93,6°/, aus Fett 


29 29 1 6 29 4,3 3) 29 23 29 29 95,7 29 29 23 

23 29 1 7 29 1 0,0 29 29 29 29 29 90,0 29 A 29 

29 27 18 23 21,3 23 29 21 „ 29 78,7 29 H 29 
stammt. 


Die quantitativ verschiedene Beteiligung des Eiweißes am 
Stoffumsatz bei den gemästeten und stark wachsenden Tieren 
wurde schon oben besprochen. 


Tabelle VIII. 






















































Mittlere Temperatur d -a = In 24 Stunden | — Von der ver 
während einer Ver-| %5] n.2 verbrauch brauchten 
"ue h iode? sg EI 8 > DA | n | 8 e 2$ 
Sa JET PER FIR FUEL Ä 
e = SIS [3% 
$ EEEGKEEIKEIG EE 
= E ZS ZS :© Az © Bez SE 
E = Le e * Gre © N 
oC & 8 S] k 
Schwein Nr. 15. 
4. | 17,4 | 20,9 | 23,8 | 21,7 | 20,9 | 46,91 |20,231123,97| 83,2 |1177,7 | 1261|26,9 11075] 6,6 | 93,4 
5. 120,0 | 18,1 | 14,1 | 13,1 | 16,3 | 46,15 |20,231148,87| 83,2 (1414,3 | 1498/32,5 (1291| 5,6 | 94,4 
8. 117,4 | 20,9 | 23,7 | 22,0 | 21,0 | 45,10 119,93 110,15)1 82,1 11046,4 | 1129|25,0 | 987| 7,2 | 92,8 
9. 120,0 | 18,8 | 14,1 | 13,0 | 16,8 | 44,70 |19,98|182,46| 82,1 |1258,4 | 1341|30,0 |1180| 6,1 | 93,9 
Schwein Nr. 16. 
4. 116,8 | 25,9 | 12,2 | — |18,8 | 52,22 |18,18|183,05] 62,2 |1739,0 | 1801134,7 |1429] 3,4 | 96,6 
5. | 17,7 | 23,1 | 13,3 | — |18,0 | 51,84 |18,18/166,83| 62,2 |1580,1 | 1642/31,7 |1309] 3,8 | 96,2 
7. {21,8 | 17,2 | 12,3 | — 116,9 | 50,89 [23,42|/155,87! 79,9 |1480,8 | 1561|30,7 11259] 5,1 | 94,9 
8. 119,6 | 23,1 | 17,2 | — 120,01 50,29 [23,42|161,68| 79,9 (1536,0 | 1616132,1 1314 4,9 95,1 
Schwein Nr. 17. 

3. 126,0 ! 22,0 | 17,5 | — |21,8 |128,23 |62,37|290,56| 272,0 |2760,3 3032 23,6) 1322 —3 
5. | 16,0 | 22,0 | 26,0 | — | 21,3 |126,72 62,37 233,45 272,0 2217,8 2490 19,6 |1094| 10,9 | 89,1 
Schwein Nr. 18. 

3. 126,0 | 22,0 i80] — [21,3 |116,52 |100,7|190,41| 463,1 |1808,9 | 2272|19,5 911056] 20,4 | 79,6 
5. 1 22,0 | 26,0 | 16,0 | — 121,3 [112,90 100,7 171,091 463,1 (1625,4 | 2088118,5 | 991] 22,2 | 77,8 


Es scheint aber auch ein qualitativer Unterschied im 
Hungerstoffwechsel dieser zwei Gruppen zu bestehen, wenigstens 


spricht das Verhalten des calorischen Quotienten = des Harnes 


dafür. Den Energiegehalt des Harnes haben wir, wie oben 
erwähnt, für jedes Tier nur für den Gesamtharn sämtlicher 


1) Bei Schwein 15 waren die Versuche in vier 6stündige, bei den 
übrigen in drei 8stündige Perioden geteilt. 

2) Das Tier war sehr unruhig. 

3) Das Tier war unruhig. 


274 F. Tangl: 


Versuchstage bestimmt, ich kann also für jedes Tier für den 
ganzen Hungerversuch bloß je einen Quotienten angeben. 
Diese sind: 


, Cal 
| N 
Schwein 15. . . . . 9,40 
e 16. . . . . 13,58 
= loaves 2 
3 18... . . 708 


Die Quotienten der gemästeten Schweine sind also nicht 
unwesentlich kleiner, ihr Harn scheint demnach relativ weniger 
N-freie Abbauprodukte zu enthalten wie der der nicht ge- 
mästeten jüngeren Tiere. Es wäre interessant zu untersuchen, 
ob das auch mit den Wachstumsprozessen zusammenhängt. 

Um die Beziehungen des Energieumsatzes zur Umgebungs- 
temperatur zu erkennen, sind die Mittelwerte (Tageswerte) der 
Tabelle VIII nicht geeignet, weil diese Werte aus voneinander 
abweichenden Werten gewonnen wurden. Um mit geringeren 
Fehlern behaftete Mittelwerte zu erhalten, habe ich so wie bei 
der CO, die einzelnen Perioden nach steigender Temperatur 
geordnet und dann für die einzelnen Temperaturgruppen die 
Mittelwerte berechnet; diese sind in der nebenstehenden Tabelle 


enthalten. ; 
So wie schon bei der CO, Produktion besprochen wurde, 

ist auch hier deutlich zu erkennen, daß — besonders bei den 

Schweinen 15 und 16 — mit steigender Umgebungstemperatur 


der Energieumsatz abnimmt. Was oben über die Schwankungen 
der CO,-Werte und der einzelnen aus der Reihe fallenden Werte 
gesagt wurde, gilt auch für den Energieumsatz; es ist also 
unnötig, es zu wiederholen‘). 

Die chemische Wärmeregulierung kommt bei den;Schweinen 
15 und 16 viel deutlicher zum Ausdruck als bei den Schweinen 


1) Bei der Berechnung des Energieumsatzes der einzelnen Versuchs- 
perioden bedingt es einen kleinen Fehler, daß der N-Umsatz aus dem 
Mittelwert mehrerer Perioden (2 Tage) berechnet wird, da der N-Umsatz 
der einzelnen Perioden nicht ermittelt werden kann. Mit Rücksicht 
darauf, daß das Eiweiß nur mit einem geringen Prozentsatz am Energie- 
umsatz beteiligt ist, kommt jedoch der hierdurch bedingte Febler nicht 
in Betracht. 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 275 


Tabelle IX. 


Energieverbrauch, Cal. pro Stunde in den nach steigender Temperatur 
geordneten 6 bzw. 8stündigen Versuchsperioden. 














Durch- Durchschnittlicher 
Temperatur schnittliche| Energieverbrauch 
im Respir.- Kasten- 
Kasten temperatur 






13,0 1,472 57,8 
141 1132 u 14 1,837 | 529 
14,1 1,247 49,6 | 

17,4 1,413 56,6* Ä 

A R | 

181 T 2 18 1,362 | 541 
18,3 1,259 49,6 | 
20,0 1,182 47,1 | 
20,0 1,143 45,0 
20.9 1,234 49,4 20 1,185 47,1 
20,9 1,183 46,7 
21,7 0,937 87,4 
22,0 0,836 33,0 | 
23,7 0,868 34.3 23 0,885 ' 35,2 
23,8 0,898 35,9 i 

Schwein Nr. 16. 

12,2 1,542 63,9 

12,3 1,407 57,7 13 1,444 59,6 
13,3 1,384 57,2 

16,8 1,654 68,6* | 

i72 | as | Se 17 | 1430 | 590 
17,7 1,472 60,9 | 

19,6 1,229 50,4 
21,3 1,109 ois | 2 E, op e 
23,1 1,096 45,3 | 

23,1 1,501 61,4 r 8 1,299 53,4 
25,9 1,113 46,1 26 1,113 , 46,1 
Schwein Nr. 17. 

16,0 0,870 48,5 * | 
17,5 0,863 1)48,2 } 17 0,366 | 48,3 
22,0 0,873 48,8 | i 
22,0 0,833 46,4 ge Së: SS 
26,0 1,217 1)68,2* 


Die mit * bezeichneten sind die Anfangsperioden jə eines Re- 
spirationsversuchs. ` , 
1) Das Tier war unruhig. — ?) Das Tier war sehr unruhig. 


276 F. Tang]: 


Tabelle IX (Fortsetzung). 





í Durch- Durchschnittlicher 
Energieverbrauch schnittliche 





Energieverbrauch 
pro pro 
1 kg 1 qm 
Schwein Nr. 18. 
16,0 0,806 1) 48,1 
16,0 0,685 370 16 0,745 | 401 
22,0 0,738 40,0 
22,0 0,772 417 IW 2 0,755 40,8 
26,0 1,011 54,9* 
26,0 0736 Ian D 2 0,873 | 472 


Die mit * bezeichneten sind die Anfangsperioden je eines Re- 
spirationsversuchs. 


17 und 18. Möglicherweise liegt die kritische Temperatur bei 
diesen letzteren — den gemästeten — Tieren viel tiefer. Leider 
sind die Schwankungen gerade bei den letzteren Tieren in den 
einzelnen Perioden mit gleicher Temperatur sehr groß, so daß 
diese Frage nicht sicher entschieden werden kann. Auch scheinen 
die individuellen Verschiedenheiten ziemlich bedeutend zu sein. 
Sicher scheint bei 26° die physikalische Wärmeregulierung bei 
den Tieren 17 und 18 nicht mehr genügt zu haben, bei beiden 
stieg — wenigstens in einer Periode — die Wärmeproduktion 
nicht unwesentlich, wahrscheinlich infolge der Erhöhung der 
Körpertemperatur, die aber nicht gemessen wurde. 

Faßt man die Mittelwerte für die gleiche Temperatur zu- 
sammen, 80 ergeben sich für den stündlichen Energieumeatz: 





2) Das Tier war unruhig. 


Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 277 


Diese Werte des Energieumsatzes habe ich schließlich, um 
die üblichen Tageswerte zu erhalten, auf 24 Stunden um- 
gerechnet und in der folgenden Tabelle X zusammengefaßt, in 
die ich auch die Werte der CO,- und Wasserdampfausgabe 
aufgenommen habe, so daß diese Tabelle die Hauptergebnisse 
dieser Versuche zusammenfassend zeigt. 








Tabelle X 
— Wasserdampf- 
CO,-Ausgab Pt- |En brauch 
Tempe- |Körpen| COwAwebo | ngabo” (EES 
Cal | Cal 
pro 1kg|pro 1 qm 





Schwein Nr. 15. 








14 45,3 9,42 372 9,4 867 32,1 1270 
18 45,9 9,60 381 11,3 444 32,7 | 1298 
20 45,9 8,35 331 14,2 566 28,5 1130 
233 | so | 624 | 27 | 106 | as | 212 | 845 
Schwein Nr. 16. 
13 51,5 10,30 425 9,6 394 34,7 1430 
17 51,3 10,20 419 13,0 533 35,5 1416 
20 50,8 8,33 342 12,2 506 28,1 1152 
23 51,0 9,02 879 12,0 487 81,2 1282 
26 52,2 9,72 328 13,9 576 26,7 1106 
Schwein Nr. 17. 
17 127,3 6,21 347 6,9 391 20,8 1159 
22 127,4 6,13 | 342 7,9 446 20,5 | 1142 
26 127,6 7,05 394 10,8 600 23,6 1370 
Schwein Nr. 18. 
16 113,7 9,30 288 8,6 468 17,9 962 
22 115,1 5,41 292 10,8 662 18,1 979 
26 115,3 6,26 338 15,8 847 21,0 1133 

















Aus dieser Tabelle lassen sich dann weiter folgende Durch- 
schnittswerte berechnen: 


Es werden in 24 Stunden an chemischer Energie umgesetzt: 


Bei einem | Bei einer Pro 1 kg Pro 1 qm 

Körpergew.| Umgebungs- | Körper- Körper- 

gewicht oberfläche 
Cal. 





278 F. Tangl: Minimale Erhaltungsarbeit des Schweines. 


Der geringste Energieumsatz findet also bei einer Um- 
gebungstemperatur von 20 bis 23° statt, das ist also die 
kritische Temperatur und dieser Energieumsatz die minimale 
Erhaltungsarbeit des Schweines. Diese minimale Er- 
haltungsarbeit erhöht sich bei den gemästeten Tieren fast gar 
nicht, wenn die Temperatur auf 16° sinkt, während sie bei 
den wachsenden Tieren (15 und 16) infolge der chemischen 
Wärmeregulierung steigt. Möglicherweise liegt bei den gemästeten 
Tieren, wie schon erwähnt, die kritische Temperatur tiefer 
(etwa bei 17°). 

Die minimale Erhaltungsarbeit der gemästeten und der 
ungemästeten wachsenden Tiere ist kaum verschieden, wenn 
man sie auf die Körperoberfläche bezieht; die auf das Körper- 
gewicht bezogene ist bei den wachsenden ungemästeten größer; 
im Durchschnitt beträgt sie: 
bei den gemästeten.. . . pro 1 kg 19,6 Cal., pro 1 qm 1060 Cal., 
bei den ungemästeten 

(Mittel aus 20 und 23°) . pro 1 kg 27,2 Cal, pro 1 qm 1100 Cal. 

Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß trotz des verschiedenen 
Fettgehaltes der gemästeten und ungemästeten Tiere die auf 
die Körperoberflächeneinheit bezogene minimale Erhaltungsarbeit 
die gleiche ist, nur scheint die chemische Wärmeregulierung 
bei den gegen Wärmeverlust weniger geschützten ungemästeten 
Tieren schon bei einer Temperatur (20°C) einzusetzen, bei der 
bei den gemästeten die physikalische Regulierung noch genügt. 

Die von mir für die gemästeten Tiere gefundene minimale 
Erhaltungsarbeit stimmt vollständig mit dem aus den Versuchen 
E. Meißls von E. Voit berechneten Energieumsatz (bei 20°) 
— pro 1kg 19,1 Cal. und pro 1 qm Oberfläche 1075 Cal. — 
überein. Es konnte aber erst aus meinen Versuchen erkannt 
werden, daß dieser Energieumsatz die minimale Erhaltungs- 
arbeit darstellt. 


Über den Ca-, Mg-, P- und N-Umsatz des wachsenden 
Schweines. 


Von 
Stephan Weiser. 


(Aus der Königl. ung. tierphysiologischen Versuchsstation in Budapest. 
Vorstand: Franz Tangl.) 


(Eingegangen am 10. Juni 1912.) 


Den anorganischen Stoffwechsel des wachsenden Schweines 
untersuchte bisher nur Heiden!). Unsere, im Jahre 1909/10 
am ungarischen Landschweine ausgeführten Stoffwechselversuche 
boten eine günstige Gelegenheit, auch den anorganischen Stoff- 
wechsel dieser Tiere zu studieren. Das Futter der Versuchs- 
tiere bestand in einem Teil unserer Versuche aus Mais und aus 
Gerste. Vorerst wollte ich entscheiden, wie sich der Kalk-, 
Magnesium-, Phosphor- und Stickstoffumsatz des wachsenden 
Schweines bei Mais- und Gerstefütterung gestaltet. In weiteren 
Versuchen mischte ich den erwähnten zwei Futtermitteln kohlen- 
sauren Kalk bei, um dessen EinfluB auf den anorganischen 
Stoffwechsel zu untersuchen. 

Die Versuchsanordnung wich von der in unserem Institut gebräuch- 
lichen und öfter beschriebenen Einrichtung insofern ab, daß die Tiere 
während eines 10 bis 12tägigen Versuches dreimal je 24 Stunden in 
einen Respirstionskasten gesteckt wurden, wo aber Kot und Harn in 
derselben Weise gesammelt wurden, wie im gewöhnlichen Stoffwechsel- 
kasten. 

Die Bestimmung des Calciums, Magnesiums und des Stickstoffes 
geschah in der folgenden Weise: Zur Bestimmung des Calciums und 
Magnesiums wurden Futter und Kot in Platinschalen verascht, die Asche 


mit Natrium- und Kaliumcarbonat zusammengeschmolzen, die Schmelze 
in Salzsäure gelöst, die Lösung mit Salzsäure mehreremal zur Trockne 





1) Beiträge zur Ernährung des Schweines 1376, 


280 St. Weiser: 


verdampft. bei 180° getrocknet und wieder in verdünnter Salzeäure ge- 
löst. Die von der Kieselsäure abfiltrierte Lösung machte ich schwach 
ammoniakalisch, dann mit Essigsäure schwach sauer, kochte auf, wobei 
die letzten Spuren gelöster Kieselsäure ausfielen, die durch Filtrieren 
entfernt wurden. In der schwach essigsauren Lösung bestimmte ich das 
Calcium als Oxalat, im stark ammoniakalischen Filtrat das Magnesium 
als Mg-Ammoniumphosphat. 

Das Calcium und Magnesium pflegt man im Harn unmittelbar ohne 
Eindampfen und Veraschen desselben zu bestimmen. Dem gegenüber 
fand ich, daß trotz des zeitraubenden Eindampfens und Veraschens des 
Harns es doch vorteilhafter ist, dies vorzunehmen, und das Calcium und 
Magnesium nicht unmittelbar im Harn zu bestimmen. Vom Schweine- 
harm muß man zur Bestimmung des Calciums mindestens 500 ccm 
nehmen, die man auf 200 ccm eindampfen muß, um in nicht zu ver- 
dünnter Lösung zu arbeiten. Hierbei kommt es fast immer zur Bildung 
eines Niederschlages. Auch bemerkte ich, daß das aus dem Harn un- 
mittelbar gewonnene Calcium nicht so rein ist, wie das aus der Asche 
gewonnene. Auch darf nicht übersehen werden, daß der Schweineharn 
immer geringe Mengen Kieselsäure enthält, die man am besten nach der 
oben beschriebenen Methode vollständig entfernt. 

Zur Bestimmung des Phosphors wurden Futter und Kot mit einer 
entsprechenden Menge 10°/,igen Ca-Nitratlösung eingetrocknet und ver- 
ascht. Zweckmäßig ist es, die Menge der nötigen Nitratlösung in einem 
blinden Versuch einmal vorher zu bestimmen. Die Asche wurde in ver- 
dünnter Salpetersäure gelöst und die Phosphorsäure nach der Molybdat- 
methode gewichtsanalytisch bestimmt. 

Vom Harn wurden 50 ccm mit 10 bis 15 ccm konz. Salpetersäure 
1 Stunde lang auf dem Wasserbade erhitzt, die Lösung verdünnt und 
die Phosphorsäure mit Ammoniummolybdat gefällt. 

Den Stickstoff bestimmte ich immer nach Gunning. 


Im ganzen habe ich an vier Versuchstieren sechs Versuche 
ausgeführt. Die Art der Fütterung in den sechs Versuchen 
war die folgende: 


Nummer des Nummer des 


Versuchs Versuchstieres Tagesfutter 
1 19 1200 g Mais 
1 20 10008 „ 
l 22 800g „ 
S 22 10508 „ +5,0g kohlens. Kalk 
1 23 900 g Gerste +3,0g „ e 
2 23 900 E » + 160 g Stärke 


Versuche mit Mais und Gerste. 


Mit Mais allein führten wir drei Versuche, mit Gerste einen 
aus. In 100 g Trockensubstanz des Futters und des Kotes und 


Ca-, Mg-, P- und N-Umsatz des wachsenden Schweines. 281 


in 1000 ccm des Trinkwassers und des Harns war die Menge 
des Ca, Mg, P und N folgende: 


Ca Mg P N 

Schwein 19 g g g g 
el e zo| Versuch 1 0,0100 0,1485 0,3068 2,0461 

nm 22 l 
Trinkwasser 0,0745 0,0175 — — 

Kot Schwein 19 1 1,3255 0,1147 2,3636 3,0340 
- „ 20 „ 1 1,2780 0,1444 2,5530 2,9072 
= e 22 S 1 0,5040 0,6095 1,8840 3,3480 
Harn , 19 e 1 0,1261 0,1723 0,9047 13,587 
S — 20 J 1 0,1504 0,1453 0,8841 13,683 
> ,„, 22 „ 1 0,0611 0,3220 1,3220 17,946 


Aus der Menge des Tagesfutters, Trinkwassers, Kotes und 
Harns wurde der Calcium-, Magnesium-, Phosphor und Stick- 
stoffumsatz für 24 Stunden berechnet. Dieser war bei den 
einzelnen Tieren der folgende: 


Schwein 19. 
Mittleres Körpergewicht: 55,88 kg. 
Ca Mg P N 

In 1045,4 g Maistrocken- g g g g 

substanz . .... 0,1045 1,5524 3,2073 21,39 
In 1,963 1 Trinkwasser 0,1462 0,0344 — — 
Gesamteinnahme . . 0,2507 1,5868 3,2073 21,39 
In 105,14 g Kottrocken- 

substanz . . . . . 1,3936 0,1206 2,4841 3,19 
In 1132 ccm Ham. . 0,1428 0,1951 1,0241 15,38 
Gesamtausgaben . . . 1,5364 0,3157 3,082 18,57 
Bilanz. . . . . . . — 1,2857 4 1,2711 — 0,3009 -2,82 

Schwein 20. 
Mittleres Körpergewicht: 53,37 kg. 
Ca Mg P N 

In 871,3 g Maistrocken- g g 8 g 

substanz . . . .. 0,0871 1,2937 2,6731 17,82 
In 1,5101 Trinkwasser 0,1125 0,0264 — — 
Gesamteinnahme . . 0,1996 1,3201 2,6731 17,82 
In 88,4 g Kottrocken- 

substanz . . . . . 1,1298 0,1276 2,2570 2,67 
In 920 ccm Harn.. 0,1384 0,1337 0,8134 12,59 
Gesamtausgaben . . 1,2682 02613 3,0704 15,16 


Bilanz. . . . . . . — 1,0686 + 1,0588 — 0,3973 + 2,66 


282 St. Weiser: 
Schwein 22. 
Mittleres Körpergewicht: 44,12 kg. 
Ca Mg P N 

In 699,7 g Maistrocken- g g E g 

substanz . .... 0,0700 1,0391 2,1467 14,32 
In 1,153 1 Trinkwasser 0,0859 0,0202 — — 
Giesamteinnahme 0,1559 1,0593 2,1467 14,32 
In 63,62 g Kottrocken- 

substanz . . . . . 0,3206 0,3878 1,1986 2,13 
In 504ccm Harn . 0,0308 0,1623 0,6663 9.04 
Gesamtausgaben . 083514 05501 1,8649 11,17 
Bilanz . . — 0,1955 + 0,5092 0,2818 +3,15 


Betrachten wir die Bilanzen der drei Versuche, so sehen 
wir, daß, trotzdem alle drei Tiere so viel Mais bekamen, daß 
sie ansehnliche Mengen Stickstoff ansetzten, sie doch ein starkes 
Calciumdefizit aufwiesen. Zwei Tiere befanden sich gleichzeitig 
auch im Phosphordefizit und alle drei Tiere lagerten beträcht- 
liche Mengen Magnesium an. Der Mais ist außerordentlich 
kalkarm. Auf 100 kg Lebendgewicht bekamen die Tiere pro 
Tag folgende Futtermengen: 


Di — Tagesfutter pro 100 kg Lebendgewicht 
Schwein 19 55,88 kg 1870,7 g Maistrockensubstanz 
„ 22 4412kg 1584,8 g S 
e 20 53,37 kg 1632,3 g 5 


Bei diesen Futtermengen nahm das Körpergewicht der 
Tiere während der Versuchsdauer folgendermaßen zu: 


o Körpergewicht 
a * am Beginn — am Ende Versuchsdauer 
des Versuchsdauer 
Schwein 19 54,09 kg 57,90kg 21 Tage 
an 20 53,22 kg 54,04 kg 9 „ 
e 22 43,90 kg 44,50 kg 8 „ 


Aus den obigen Daten ist daher ersichtlich, daß 
reichlich, aber ausschließlich mit Mais gefütterte 
Tiere sich im Calciumdefizit und eventuell im Phos- 
phordefizit befinden. 

Ähnliche Versuche an Kaninchen führte S. Goitein!) aus, 
doch erstreckten sich diese nicht auf die Bestimmung des 


1) Arch. f. d. ges. Physiol. 115, 118. 


Ca-, Me, P- und N-Umsatz des wachsenden Schweines. 283 


Phosphorumsatzes. Nach seinen Versuchen geraten ausschließ- 
lich mit Mais gefütterte Kaninchen in Calciumdefizit, selbst 
wenn sie sich im Stickstoffgleichgewicht befinden, wobei sie aber 
annähernd im Magnesiumgleichgewicht verbleiben. In unseren 
Versuchen war der Calciumumsatz aller drei Tiere ein solcher, als 
hätten sie gehungert, denn schon der Kot enthielt mehr Calcium 
als das Tagesfutter, wie dies aus den folgenden Zahlen ersicht- 
lich ist: 
Numer des Ca im Futter Ca im Kot Mehr im Kot 


Tieres g g g 
Schwein 19 0,2507 1,3936 1,1429 

sé 20 0,1966 1,1298 0,9302 

S 22 0,1559 0,3206 0,1647 


Zweifellos stammt der mit dem Kote und Harn ausge- 
schiedene Calcium- und Phosphorüberschuß aus den Knochen, 
da ja gleichzeitig Eiweiß angesetzt wurde, also zersctzte Muskel- 
substanz nicht die Quelle sein kann. 

Interessant ist der Zusammenhang zwischen dem Calcium- 
defizit und Magnesiumüberschuß. Bei allen drei Tieren wurde die 
Abnahme des Calciums von einer starken Magnesiumablagerung 
begleitet, als wäre das Magnesium an die Stelle des Calciums 
getreten. Meines Wissens wurde ein derartiger Ersatz des Calciums 
durch Magnesium noch nicht beobachtet. Auch Goitein be- 
merkt in seiner zitierten Arbeit nur so viel, daß sich die aus- 
schließlich mit Mais gefütterten Kaninchen im Calciumdefizit 
und annähernd im Magnesiumgleichgewicht befanden. Eine 
starke Magnesiumablagerung beobachtete er aber nicht. Man 
konnte daran denken, daß die Menge des ausgeschiedenen Cal- 
ciums und des abgelagerten Magnesiums äquivalent sind. Dies 
ist aber nicht der Fall, da bei zwei Versuchstieren die ausge- 
schiedenen Calciummengen mit der abgelagerten Magnesium- 
menge fast ganz gleich sind, während beim dritten Tiere zwei- 
mal so viel Magnesium abgelagert, als Calcium ausgeschieden 
wurden: 


Calciumdefizit Abgelagertes Magnesium 
Nummer des Tieres e e 
Schwein 19 — 1,2857 1,2711 

J 20 — 1,0676 1,0588 

m 22 — 0,1955 0,5092 


284 St. Weiser: 


In welcher Form das Magnesium zurückgehalten wurde, 
ist aus unseren Versuchen nicht ersichtlich. Hätten die Tiere 
gleichzeitig Phosphor angesetzt, so wäre es denkbar, daß das 
ausgeschiedene Calciumphosphat durch Magnesiumphosphat er- 
setzt wurde. Da sich aber unsere Tiere nicht nur im Calcium-, 
sondern auch im Phosphordefizit befanden, kann sich das Magne- 
sium als Phosphat nicht abgelagert haben. Ebensowenig können 
wir die Frage beantworten, in welchem Teil vom Organismus 
das Magnesium zurückgehalten wurde. Auf diese Frage könnte 
nur das Resultat einer Analyse der einzelnen Organe, in erster 
Reihe die der Knochen, eine Antwort erteilen. 

Betrachten wir in der obigen Tabelle die Daten des Phos- 
phorumsatzes, so ist ersichtlich, daß sich zwei Versuchstiere in 
einem starken Phosphordefizit befanden, indem 


Schwein 19 täglich 0,3009 g Phosphor, 
A 20 y 0,3973 g „ verlor, 
während H 22 „ 0,2818 g „  ansetzte. 


Das abweichende Verhalten dieses Tieres läßt sich aus dem 
bei diesem Tiere beobachteten viel geringeren Calciumdefizit 
erklären. 

Aus welchem Teile des Organismus die obigen Phosphor- 
mengen stammen, darüber geben ähnliche Versuche anderer 
Autoren Aufschluß. So fand Wellmann!) bei Untersuchungen 
des Calcium-, Magnesium-, Phosphor- und Stickstoffumsatzes 
hungernder Kaninchen, daß der ausgeschiedene Phosphor zum 
großen Teil aus den Knochen stammt. Zu denselben Resultaten 
gelangte schon früher J. Munk?) in seinen am Menschen und an 
Hunden ausgeführten Versuchen. Da aber unsere Tiere immer 
N ansetzten, kann der Überschuß an ausgeschiedenem Phosphor 
und Calcium nur aus den Knochen stammen. 

Zu einem anderen Ergebnis führten die mit Gerste aus- 
geführten Versuche. In diesen bekam das Tier aus anderen 
hier weiter nicht zu erörternden Gründen täglich auch 150 g 
Stärke. Diese konnte aber auf den anorganischen Stoffwechsel 
von keinem Einfluß sein, da ihr Aschegehalt nur 0,18°/, be- 


1) Arch. f. d. ges. Physiol. 121, 508. 
2) Arch. f. d. ges. Physiol. 121, 08. 


Ca-, Mg-, P- und N-Umsetz des wachsenden Schweines. 285 


trug. Die Trockensubstanz enthielten 0,04°/, Calcium, 0,04 °/, 
Phosphor und Magnesium nur in Spuren. 
Futter, Trinkwasser, Kot und Harn enthielten: 


Ca Mg P N 

%e Die ; Die Die 
Gerste . . 0,0536 0,1395 0,3270 2,300 
Stärke . 0,0400 Spuren Spuren 0,100 
Wasser Wie in den vorherigen Versuchen 
Kot . 0,3684 0,5269 0,9386 2,740 
Harn 0,0811 g 0,4508g 1,3184g 14,610g 


Den täglichen Umsatz der obigen Elemente — die 
folgenden Zahlen: 


Schwein 23. 
Mittleres Körpergewicht: 52,55 kg. 
Ca Mg P N 
8 g g 8 
In 772,2 g Gerste- 
trockensubstanz . . 0,4139 1,0772 2,5251 17,360 
In 139,07 g Stärke- 
trockensubstanz . . 0,0556 — — 0,139 
In 1,314 l Trinkwasser 0,0926 0,0230 — — 
Gesamteinnahmen . 0,5621 1,1002 2,5251 17,899 
In 133,94 gKottrocken- 
substanz . . 0,4934 0,2058 1,2572 3,670 
In 603 ccm Harn 0,0489 0,2718 0,7950 8,810 
Gesamtausgaben 0,5423 09776 2,0522 12,480 
Bilang. .... . + 0,0198 + 0,1226 + 0,4729 + 5,419 


Wie ersichtlich, konnte mit Gerste eine geringe Calcium- 
ablagerung erhalten werden, die dem größeren Kalkgehalt der 
Gerste zugeschrieben werden kann; enthielt doch der Mais nur 
0,010°/, Calcium, die Gerste 0,536°/, Calcium in der Trocken- 
substanz. Die geringe Calciumablagerung war von einer starken 
Magnesiumablagerung begleitet, woraus zu folgern wäre, daß 
die Menge des resorbierten Calciums noch immer nicht genü- 
gend war. In einem normalen wachsenden Organismus setzt 
sich nämlich der größte Teil des zurückgehaltenen Kalkes in 
den Knochen ab, und zwar immer in größerer Menge als das 
Magnesium. Bei den mit kalkarmer Nahrung gefütterten 
Tieren war zu sehen, daß das Magnesium in größeren Mengen 


zurückgehalten wird und die Veränderuug des Calcium-Magnesium- 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 19 


286 St. Weiser: 


verhältnisses ist das Zeichen des Mangels an Kalk. Dem- 
entsprechend ist auch in dem Gersteversuch die Menge des zurück- 
gehaltenen Magnesiums bedeutend größer als die des Calciums. 

Einen Unterschied zeigt in dem Gersteversuch auch der 
Phosphorumsatz: es deponierte das mit Gerste gefütterte Tier 
eine größere Menge Phosphor. Das wurde aber nicht durch 
eine größere Phosphoreinnahme bewirkt, da ja Schwein 20, das 
sich in einem starken Phosphordefizit befand, etwas mehr Phos- 
phor aufnahm als Schwein 23, sondern durch den Kalküber- 
schuß bei diesem. Den täglichen Calcium- und Phosphorumsatz 
der zwei Tiere zeigen die folgenden Zahlen: 


Schwein 20 Schwein 23 Schwein 20 Schwein 23 


Calcium Phosphor 
o Æ g g g 
Einnahme . 0,1996 0,5621 2,6781 2,5251 
Im Kot . 1,1298 0,4934 2,2570 1,2572 
Im Harn 0,1384 0,0489 0,8134 0,7950 
Gesamtausgabe 1,2682 0,5423 3,0704 2,0522 
Bilanz , .—41,0686 -+ 0,0198 — 0,3973 -+ 0,4729 


Trotzdem beide Tiere annähernd gleich große Phosphor- 
mengen aufnahmen und mit dem Harn ausschieden, hat 
Schwein 20 mit dem Kote doch eine bedeutend größere Menge 
an Phosphor ausgeschieden als Schwein 23, was durch die in 
den Darm ausgeschiedene größere Kalkmenge verursacht wurde. 
Von dem Phosphorumsatz sehen wir daher, daß er mit dem 
Kalkgehalt der Nahrung in engem Zusammenhange steht; je 
größer das Calciumdefizit, desto größer ist die Menge des aus- 
geschiedenen Phosphors. Unsere weiteren Versuche bestätigen 
die Tatsache, daß das Aufheben des Calciumdefizits mit 
dem Aufheben des Phosphordefizits Hand in Hand 
geht, ohne daß man in der Nahrung die Menge des 
Phosphors erhöht. 


Versuche mit calciumreicherem Futter. 

Um die Größe des Calciumbedarfes beim wachsenden 
Schwein zu erforschen, erhöhten wir in den folgenden Ver- 
suchen den Calciumgehalt des Futters, indem wir dem Mais 
resp. der Gerste kohlensauren Kalk zusetzten. In den zwei 
ausgeführten Versuchen war die Zusammensetzung des Futters, 
Trinkwassers, Kotes und Harns die folgende: 


Ca-, Me, P- und N-Umsatz des wachsenden Schweines. 287 


Ca Mg P N 
g g g g 
Mais Schwein 22 Vers. 2 0,0100 0,1485 0,3068 2,0460 
Gerste » 23 „ 1 0,0536 0,1395 0,3270 2,3000 
Trinkwasser siehe den vorigen Versuch 
Kot „ 22 „ 2 1,9690 1,4750 2,6500 3,6870 
E „ 23 „ 1 0,4898 0,4364 0,8947 2,4200 
Harn „ 22 „2 0,1207 0,3268 0,4273 19,023 
> a 23 ,„ 1 0,1436 0,3620 0,5280 16,162 


Den täglichen anorganischen Stoffwechsel zeigen die folgen- 
den Zahlen: 
Schwein 22%). 
Mittleres Körpergewicht: 47,02 kg ` 


Ca Mg P N 
g 8 8 8 
In 918,1 g Maistrocken- 
substanz . . . . 0,0018 1,2285 2,8167 18,78 
In 1,3851 Trinkwasser 0,1032 0,0243 — — 
In 5,00 g CaCO, 2,0000 — — — 
Gesamteinnahme . 2,1950 1,2528 2,8167 18,78 
In 64,0 g Kottrocken- 
substanz . . . . . 1,2602 0,9440 1,6960 2,36 
In 635 ccm Harn . 0,0766 0,2075 02714 12,08 
Gesamtausgabe . . 1,3368 11515 1,9674 14,44 
Bilanz . . . . . ++0,8582 +- 0,1012 + 0,8493 + 4,34 


In 772,2 g Gerste- 
trockensubstanz . 
In 1,357 1 Trinkwasser 

In 3,00 g CaCO, 


Gesamteinnahme 


In 136,78 g Kottrocken- 
substanz . . 
In 542 cem Ham . 


Gesamtausgabe . 
Bilanz. . . 


Ca 
g 


0,4139 
0,1011 
1,6811 


2,1961 


0,6699 
0,0778 


0,7477 


1) Dauer des Versuchs 10 Tage. 
2) Dauer des Versuchs 7 Tage. 


Schwein 23®). 
Mittleres Körpergewicht: 49,93 kg. 


Mg 
g 


1,0772 
0,0237 


1,1009 


0,5968 
0,1962 


0,7930 


P N 

g g 
2,5251 17,760 
2,5251 17,760 
1,2238 3,310 
0,2862 8,760 
1,5100 12,070 


. +1,4484 + 0,3079 + 1,0151 + 5,690 


288 St. Weiser: 


Die Wirkung des kohlensauren Kalkes auf den Calcium-, 
Magnesium- und Phosphorumsatz sehen wir am besten, wenn 
wir die an einem Titre ohne und mit Kalkzusatz ausgeführten 
Versuche miteinander vergleichen. 

Diese Daten sind bei dem mit Mais gefütterten Schwein 
die folgenden: 

ittleres Ca- Mg- P- N- 
Schwein 22 Körpergewicht Bilanz Bilanz Bilanz Bilanz 
kg g g g g 
800 g Mais. . 44,12 — 0,1955 40,5092 -+0,2818 +3,15 
1050 g Mais +- 
5,0 g kohlen- 
saurer Kalk . 47,02 -}-0,8582 +0,1012 +0,8493 +4,34 


Aus diesen Daten ist ersichtlich, daß die Beigabe des 
kohlensauren Kalkes eine starke Calciumablagerung 
hervorrief, die Magnesiumablagerung bedeutend ver- 
ringerte und daß auch die Retention des Phosphors 
um ein Bedeutendes anstieg. 

Die am Schwein 23 ausgeführten Versuche ergaben folgende 
Resultate: 


Mittleres Ca- Mg P N 
Körpergewicht Bilanz Bilanz Bilanz Bilanz 
g 8 g g 
900 g Gerste 4 


3,0 g CaCO, . 49,92 -1,1448 40,3079 -+ 1,0151 +- 5,690 
900 g Gerste 
160 g Stärke . 52,52 -+-0,0198 -0,1226 0,4729 45,419 


In diesem Versuche bekam das Tier das calciumreichere 
Futter in der ersten Versuchsperiode, wobei eine starke Cal- 
cium- und Phosphorretention ersichtlich ist. Nach Entzug des 
kohlensauren Kalkes kam das Tier fast ins Calciumgleich- 
gewicht, wobei sich die Phosphorretention um die Hälfte ver- 
ringerte. Im ersten Versuch war die starke Kalkablagerung 
von einer entsprechend starken Retention von Phosphor be- 
gleitet, die im zweiten Versuche, bei dem nur noch ganz kleinen 
Calciumüberschuß zwar in geringerem Maße, aber noch deut- 
lich wahrnehmbar war. 


Zusammenfassung. 


1. Bei ausschließlicher Fütterung mit Mais befinden sich 
wachsende Schweine auch dann in ständigem Ca- und P-De- 


Ce-, Mg-, P- und N-Umsatz des wachsenden Sohweines. 989 


fizit, wenn ein Fleisch- und Fettansatz erfolgt. Gleichzeitig 
findet eine Ablagerung von Magnesium statt. 

2. Durch Zusatz von kohlensaurem Kalk wurde das Cal- 
cium- und Phosphordefizit nicht nur aufgehoben, sondern es 
erfolgte auch eine starke Retention von Calcium und Phosphor. 
Dabei nahm die Ablagerung des Magnesiums in entsprechendem 
Maße ab. Die Menge des kohlensauren Kalkes, bei der man 
bestimmt auf eine starke Calciumretention rechnen kann, be- 
trägt 10 bis 11 g auf 100 kg Lebendgewicht. 

3. Aus dem bisher Gesagten ist ersichtlich, daß sich das 
Knochengerüst von Ferkeln, deren Futter nur aus Mais und 
Gerste besteht, nicht entsprechend entwickeln kann, dem aber 
durch Verabreichung von kohlensaurem Kalk leicht abgeholfen 
werden kann. 


Zur Erklärung der Versuchsergebnisse von Chauveau 
über die Minderwertigkeit der Fette Kohlenhydraten 
gegenüber als Energiespender bei Muskelarbeit. 


Von 


N. Zuntz. 


(Aus dem tierphysiologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hoch- 
schule zu Berlin.) 


(Eingegangen am 16. Juli 1912.) 


In dem soeben erschienenen Heft 5, Band 42 dieser Zeit- 
schrift findet sich eine Abhandlung von L. 8. Fridericia unter 
dem gleichen Titel. Aus derselben geht hervor, daß Verfasser 
zwar anerkennt, daß ich und meine Mitarbeiter durch unsere 
Respirationsversuche als erste die Vertretung der Haupt- 
nährstoffe im Verhältnis ihrer Verbrennungswärmen erwiesen 
haben, daß er aber glaubt, die Ursache der abweichenden 
Ergebnisse Chauveaus sei noch unaufgeklärt. Chauveau 
hatte bekanntlich gezeigt, daß das Gewicht gleichmäßig 
arbeitender Tiere regelmäßig zunimmt, wenn man das Fett der 
Nahrung durch die isocalorischen Mengen Kohlenhydrat ersetzt. 
Fridericia zitiert nun Versuche von Atwater und Benedict, 
die zeigen, daß bei gleicher Energiezufuhr, gleicher Muskelarbeit 
und gleicher Wärmeproduktion das Körpergewicht durch Wasser- 
ansatz erheblich steigt, wenn man Fett der Nahrung durch 
Kohlenhydrat ersetzt, und zitiert in gleichem Sinne Versuche 
von Bischoff und Voit. Er kennt offenbar nicht meine 
13 Jahre alte, das gleiche Thema behandelnde Mitteilung?). 
Dort wurde nicht nur dieselbe Erklärung gegeben, sondern 


1) Zuntz, Verhdl. d. physiol. Ges. zu Berlin, 26. März 1898. Über 
die Beziehung zwischen Wärmewert und Nährwert der Kohlenhydrate 
und Fette. Auch Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1898, S. 267. 


N. Zuntz: Versuchsergebnisse von Chauveau usw. 291 


auch tiefer auf die Ursache der Erscheinung eingegangen. Es 
wurde, gestützt auf Versuche v. Werthers in meinem Labo- 
ratorium gezeigt, daß nach Zuckerfütterung das Gewicht und 
der Wassergehalt des Darminhalts erheblich zunimmt und das 
gleiche durch andere lösliche wasseranziehende Stoffe geschieht. 
Eine ad hoc angestellte Versuchsreihe ergab, daß Verfütterung 
von 3 bis 6 g CINa an einen kleinen Hund Zunahme des 
Körpergewichtes bis um 14°/, bewirkte. Es wurde ferner er- 
örtert und durch Zahlen belegt, daß die durch Kohlenhydrat 
bewirkte Eiweißersparnis erhebliche Gewichtszunahme bewirken 
muß. Es wird nämlich statt eines Gramms mehrverbrannten 
Fettes die isodyname Menge von 10 g Fleisch angesetzt. 


Später habe ich!) noch darauf aufmerksam gemacht, daß 


bei Ersatz von Fett durch Kohlenhydrat der Körper Glykogen 
anhäuft und daß dieses mit seinem 4fachen Gewicht Quellungs- 
wasser angesetzt wird, also 1 g Gewichtsansatz durch Glykogen 
nur 1 Cal. bedeutet. 


1) Zuntz, Loewy, Müller, Caspari, Höhenklima und Berg- 
wanderungen. Berlin 1906. 


Berichtigung. 
Von 


M. Siegfried und R. Zimmermann. 
(Eingegangen am 18. Juli 1912.) 


Durch eine Mitteilung von H. Ditz und Fr. Bardach!) werden 
wir auf einige Fehler aufmerksam, die sich bedauerlicherweise in unserer 
Mitteilung „Über die Bestimmung von Phenol und Parakresol in ihren 
Gemischen‘2) finden. 

S. 438 bei Versuch 5 muß es 

statt: Differenz absolut: — 0,0101 g, relativ: +- 7,39%, 
. heißen: Differenz absolut: — 0,0101 g, relativ: — 7,3%... 

S. 438 Zeile 10 von unten statt 13°/,: 16°/,. 

Zu Mißverständnissen konnten diese Fehler nicht führen, da im 
ersten Falle der Fehler sofort durch das negative Vorzeichen der ab- 
soluten Differenz erkannt werden mußte, im zweiten Falle es für die 
Sache ganz gleichgültig ist, ob der Bromüberschuß 13°/, oder 16°/, 
beträgt. 

S. 439 muß es 

statt: Versuch 7 ebenso, jedoch 45 ccm Bromatbromidlösung. Zurück- 
titriert: 10,9 ccm Thiosulfatlösung. Gebundenes Brom: 0,2741 g, an 
Phenol + Kresol gebundenes Brom 0,1321. Ber.: 0,1391. Differenz ab- 
solut: — 0,0070 g, relativ — 5,0%, 

heißen: Versuch 7 ebenso, jedoch 45 cem Bromatbromidlösung. 
Zurücktitriert: 10,9 cem Thiosulfatlösung. Gebundenes Brom: 0,2743 g; 
an Phenol 4 Kresol gebundenes Brom: 0,1372. Ber.: 0,1391. Differenz 
absolut: — 0,0019 g, relativ: — 1,4/,. 

Ebenso ist natürlich Zeile 10 von oben 5°/, in 1,4°/, zu ändern. 

In den an diesen Versuch sich schließenden Auseinandersetzungen 
ist nichts zu ändern. Das Resultat des Versuchs 7 (Differenz: — 1,4°/,) 
entspricht besser den bei Versuch 1 bis 6 erhaltenen als das: Differenz 
—5°/,; ein Bromüberschuß von 30°/, und sogar von 440%, lieferte uns 
immer noch negative Differenzen. 

Die Art der Abfassung der Mitteilung von D. und B. hindert uns, 
auf letztere einzugehen. 


1) Diese Zeitschr. 42, 347, 1912. 
2) Diese Zeitschr. 88, 434, 1912. 











Biochemische Zeitschrift Band 44. 


0 5790 20 30 ww 5 © N HD oO cm 
STVV TTO) CON WEE ST ef I EE EE jr 2 


Fig. la. 











22 ee Eu a a. 





— 

















sëch Sl KS — É — es — 4 
KE W 
ENER — 


8 Í 
x 








Fig. 4a. 
Tangl, Respirationsapparat für mittelgroße Tiere. 


Tafel 





Fig. 3. 


Fig. 2. 


§ 
* 
2 
S 
8 
Q 
* 
S 





Fig. 5. 


m 


Verlag von Julius Springer in Berlin. 


— — — EE — EEN ` —— — 


Über Diastase. 
D Mitteilung!). 


Weitere Versuche zur Herstellung von Beindiastase und 
deren Eigenschaften. 


Von 
Ernst Pribram. 
(Aus dem Laboratorium der Ludwig Spiegler-Stiftung in Wien.) 
(Eingegangen am 7. Juns 1912.) 
Mit 2 Figuren im Text. 


Im Jahre 1906 haben Sigmund Fränkel und Max 
Hamburg aus diesem Institute über ein Verfahren Mitteilung 
gemacht, durch Gärung von sterilem Malzauszug mit Heferein- 
kulturen eine reine Diastase zu gewinnen. 

Die Untersuchungen über Diastase haben durch den Fort- 
gang von Max Hamburg nach England eine zeitweilige Unter- 
brechung erfahren und wurden vorerst nach der Richtung fort- 
gesetzt, das von diesen beiden Forschern verwendete Verfahren 
zu vereinfachen und zu verbilligen, da die Filtration so großer 
Mengen von Würzelösung durch Pukallfilter sich sehr teuer ge- 
staltete und man nicht erhebliche Quantitäten von reiner Dia- 
stase für weitere Versuche gewinnen konnte. Wir haben daher 
nach einer Reihe von Versuchen das Verfahren so vereinfacht, 
daß man im Laboratorium mit sehr geringen Hilfsmitteln zu 
einer reinen Diastase gelangen kann. Beim älteren Verfahren 
wurde Malzschrot eingemaischt, koliert, hierauf mit geringen 
Mengen von basisch essigsaurem Blei gefällt, so daß kein Ver- 
lust an Diastase eintrat. Man filtrierte durch Papier und zog 


1) Die erste Mitteilung aus unserem Institut erschien in den 
Beiträgen z. chem. Physiol. u. Pathol. 8, 389, 1906 von Sigm. Fränkel 
und Max Hamburg „Über die Darstellung von Reindiastase“. 

Biochemische Zeitschrift Band 44. 20 


294 E. Phibrem: 


die gesamte Lösung in sterilen Flaschen durch große sterile 
Pukallfilterbatterien und impfte dort mit einer Frohberghefe. 
Nach Beendigung der Gärung wurde die Lösung wieder durch 
Pukallfilter in einen Vakuumapparat gezogen, stark eingeengt 
und mit kohlensaurem Kalk neutralisiert. Die Lösung wird 
dann wieder mit einer Mischkultur von Frohberg- und Logos- 
hefe geimpft und neuerlich vergoren. Nach dem Einengen er- 
hält man eine sirupöse Flüssigkeit, die im absoluten Vakuum 
über Schwefelsäure zu einem Pulver vertrocknet. | 

Wir haben nun gefunden, daß die Einhaltung einer Rein- 
gärung durchaus nicht notwendig ist, wenn es gelingt, eine 
Säuerung während der Gärung zu vermeiden, da sonst die ent- 
stehende Milchsäure die Diastase schwächt oder vernichtet. 
Wir konnten nachweisen, daß ein stark diastasischer Malzauszug 
mit genügenden Mengen Calciumcarbonat durchgerührt, mit 
gewöhnlicher obergäriger Spiritusansatzhefe völlig ausgegoren 
werden konnte, so daß jede Reduktion von Fehlingscher Lö- 
sung ausblieb, ohne daß die Diastase irgendwie gelitten hätte. 
Man muß dabei bedenken, daß die Ansatzhefen des Handels 
nicht etwa Reinkulturen von Hefen sind oder auch nur Misch- 
kulturen von Hefen, sondern daß alle diese Hefen bei ihrer 
technischen Darstellung mit Milchsäure produzierenden Bakterien 
vermengt werden. Man muß also bei dieser Änderung unseres 
Verfahrens nun in den Kauf nehmen, daß sich während des 
Gärungsprozesses aus dem gärbaren Kohlenhydrat Milchsäure 
bzw. milchsaures Calcium bildet. In großen Zügen geht nun 
unser neues Verfahren dahin, daß man entweder sehr reich 
diastasische Malzextrakte vergärt oder selbst kalte Auszüge aus 
dem Malz herstellt, wie z. B. in folgender Weise: 

5 kg lichtes (Pilsener) Darrmalz werden mit 20 1 Wasser 
in üblicher Weise gemaischt, die Maische möglichst schnell über 
den Trebern geläutert, in Kolben gefüllt, 500 g reine Ansatz- 
hefe und 500 g Calciumcarbonat der ganzen Flüssigkeitsmenge 
zugesetzt und vergoren. Hierauf wurde das ganze Filtrat, das 
keinen reduzierenden Zucker enthalten darf, im Vakuum ein- 
gedampft, bis milchsaures Calcium zu krystallisieren begann; 
man läßt dann möglichst in der Kälte die stark eingeengte 
Lösung völlig auskrystallisieren, bis ein starrer Krystallbrei sich 
bildet. Diesen saugt man auf der Nutsche möglichst scharf 


Reindiastase. 295 


ab und preßt ihn aus, bis man eine ziemlich trockene Masse 
erhält. 

Die Diastase ist nun sowohl in dem Sirup als auch in 
den Krystallen reichlich vorhanden. Zur weiteren Reinigung 
und zum Studium ihrer Eigenschaften wurden eine Reihe von 
Versuchen unternommen, die folgende Resultate zeigten. 

Wir haben häufig beobachtet, wenn auch durchaus nicht 
in allen Versuchen, daß unter besonderen Umständen das 
Filtrat anscheinend nur eine sehr geringe diastatische Kraft 
zeigte; wenn wir aber äußerst geringe Mengen von Milch- 
säure zusetzten, begann die Diastase sehr stark zu wirken. 
Bevor wir diese Beobachtung gemacht hatten, glaubten wir 
natürlich, daß durch das eingeschlagene Verfahren die Diastase 
vernichtet worden sei, während es sich tatsächlich nur um 
eine Inaktivierung der Diastase handelte, die durch eine Spur 
von Wasserstoffionen wieder in den aktiven Zustand überführt 
werden konnte. 

Inzwischen hat E. Starkenstein?!) gezeigt, daß eine be- 
stimmte Salzmenge zur Wirkung des diastatischen Fermentes 
notwendig ist. Mit Recht erinnert dieser Autor an die Er- 
klärung J. Loebs®), der die Bedeutung der Salzsäure für das 
Pepsin und des Alkalis für das Trypsin im schwach basischen 
Charakter des ersteren, im schwach sauren des letzteren sieht, 
wodurch — im Gegensatz zu den Salzen starker Basen und 
Säuren — eine bessere Dissoziation in Gegenwart des DH Jong 
im einen, des OH’-Ions im andern Falle erzielt wird. Starken- 
stein nimmt an, daß den Salzen eine ähnliche Rolle bei der 
Diastasewirkung zukomme. Eine Stütze scheint diese Annahme 
durch unsere Befunde zu gewinnen, daß nicht bloß Salzzusatz, 
sondern in noch viel intensiverer Weise Zusatz kleinster Säure- 
mengen die dialysierte Diastase zu reaktivieren vermag. Wir 
glauben nicht fehlzugehen, wenn wir hier auf den später noch 
zu besprechenden Kolloidcharakter des in Rede stehenden Fer- 


DE Starkenstein, „Über Fermentwirkung und deren Beein- 
flussung durch Neutralsalze“. Diese Zeitschr. 24, 210, 1910. 

2) J. Loeb, Elektrolyt. Dissoziation und physiol. Wirkung von 
Pepsin und Trypsin. Diese Zeitschr. 19, 534, 1909. Vgl. dazu die von 
Michaelis (ibid. 17, 234, 1909) festgestellte Tatsache, daß nur kathodisch 
wanderndes Pepsin proteolytisch wirkt. 

20* 


296 E. Ptibram: 


mentes hinweisen, der einen außerordentlich hohen Dispersions- 
grad aufweist. 

Wir wissen, daß hochdisperse Kolloide sehr starke Neigung 
besitzen, von anderen Kolloiden adsorbiert zu werden. Wir 
wissen weiter, daß die Gegenwart kleiner Elektrolytmengen die 
Stabilität der Kolloide bedingt, es liegt also der Schluß nahe, 
daß diese Elektrolyte: Salze oder Säuren, für die Stabilität der 
Diastase im Dispersionsmittel (Wasser) Bedingung sind, während 
im elektrolytarmen Medium das instabile Kolloid, durch Ad- 
sorption gebunden, sich dem Nachweis entzieht. Ähnlich sind 
wohl auch Hedins?) und M. Jacobys?®) Versuche über die 
Adsorption von Lab, Pepsin durch eiweißhaltige Medien zu 
deuten, aus denen sie durch Zusatz von H-Ionen wieder in 
Erscheinung treten. E. Pfibram?) hat in Anlehnung an diese 
Versuche gezeigt, daß es leicht gelingt, aus dem Lab seine 
hypothetische Vorstufe (Proenzym) darzustellen, wenn man es 
mit der Magenschleimhaut in innige Berührung bringt (extra 
corpus oder in noch viel ausgiebigerem Maße durch Verfütterung 
in vivo), und ebenso leicht durch entsprechenden Säurezusatz 
das Lab fast quantitativ aus dem Schleimhautextrakte wieder- 
gewinnen kann. Dabei spielt die physikalisch-chemische Natur 
des Fermentes — sein basischer oder saurer Charakter — 
zweifellos eine Rolle. Denn analoge Versuche über Bindung 
des Trypsins durch Eiweiß ergeben, daß hier das Ferment nur 
durch OH’-Ionen, nicht aber durch H'-Ionen freigemacht 
werden kann. 

Sigmund Fränkel und M. Hamburg haben schon in der 
ersten Mitteilung auseinandergesetzt, daß die Diastase-Lösung 
gegen gekochtes Leitungswasser dialysiert, getrennt werden kann, 
und zwar in der Weise, daß die verzuckernden Diastasen die 
Dialysiermembran passieren, die verflüssigenden Diastasen inner- 
halb der Dialysiermembran bleiben. Diese Autoren haben aber 


1) S. Hedin, Über Hemmung der Labwirkung. Zeitschr. f. physiol. 
Chem. 68, 143, 1909. 

2) M. Jacoby, Zur Kenntnis der Fermente und Antifermente. 
Diese Zeitschr. 2, 144, 1907. 

3) E. Pribram und E. Stein, Die Vorstufe des Labfermentes. 
Vortrag gehalten a. d. VIII. internat. Physiologen- Kongreß in Wien, 
September 1910. 


Reindiastase. 297 


damals beobachtet, daß die von ihnen gewonnenen Lösungen 
der Reindiastase im Ultramikroskop ausschließlich das bikon- 
kave Lichtbüschel zeigen, was sie als Beweis dafür angesehen 
haben, daß in der Lösung nur ganz kleine, selbst mit Hilfe 
des Ultramikroskopes nicht mehr auflösbare kolloidale Systeme 
enthalten sind, die das Licht reflektieren. Dafür spricht auch 
der Umstand, daß unsere Reindiastase-Lösung fast ohne Ver- 
lust durch poröse Tonfilter filtriert werden konnte. In neuen 
Versuchen haben wir nun ermitteln können, daß es sich nicht 
um verschieden disperse Diastasen handelt, wie A. Wohl und 
E. Glimm!) die erwähnten Versuche auslegen. Gegen diese 
Auffassung der Trennung der Diastasen sprechen auch die be- 
kannten Untersuchungen von Maquenne?°), der zeigen konnte, 
daß die Stärke wesentlich aus zwei Substanzen besteht: aus 
dem Amylopektin und der Amylose, das die eigentliche Stärke 
ist, welch letztere allein sich mit Jod blau färbt. Durch die 
älteren Untersuchungen von S. Fränkel und M. Hamburg 
ist gezeigt worden, daß es sich um zwei Gruppen von Enzymen 
handelt, die spezifisch auf die beiden in der Stärke enthaltenen 
Kohlenhydrate eingestellt sind. Aber wir können auch zeigen, 
daß es sich nicht um verschieden disperse Zustände handelt. 
Wir versuchten nämlich, die Diastase, die in reinem Zustande 
ihren Kolloidcharakter nur sehr schwierig verrät, wie schon in 
der ersten Mitteilung auseinandergesetzt wurde, durch ein Ultra- 
filter zu filtrieren. 

Der verwendete Kolloidfiltrationsapparat?) besteht aus 
einem massiven, stark versilberten Hohlzylinder aus Bronze, 
der auf einer dicken, ringförmigen Scheibe ruht, welch letztere 
auf eine zweite paßt, die mit ihr durch Schrauben luftdicht 


2) A. Wohl und E. Glimm;, diese Zeitschr. 27, 374/75, 1910. 

2) L. Maquenne, Compt. rend. de l’Acad. d Sc. 142, 24, 1906. — 
Maquenne et Roux, Ann. de Chim. et de Physique, 3 serie, EX, 
. oct. 1906. 

3) Dieser Apparat wurde zum Teil nach den bekannten Modellen 
schließlich in unserem Laboratorium von Aladar Elfer (Kolozsvar) kon- 
struiert und erprobt. Diese Konstruktion zeichnet sich durch relative 
Billigkeit, leichte Reinigung und tadelloses Funktionieren aus, da ein 
seitliches Ausweichen der Flüssigkeit und Abtropfen, ohne das Kolloi® 
filter zu passieren, verhindert wird. Der Apparat läßt sich in wenigen 
Minuten in Funktion setzen. 


298 E. Pribram: 


verbunden werden kann (Fig. 1). Die untere Scheibe ruht auf einem 
Dreifuß und ist mit einem Hohltrichter in Verbindung. Zwischen 
den Scheiben liegt eine Silberplatte, die fein durchlöchert ist; 
dieses Sieb ruht auf einem zweiten von gleichen Dimensionen, 
das kreisförmige Mulden trägt, die stellenweise von größeren 
Löchern durchbohrt sind. Rings um dieses untere Sieb ist ein 
ca. 1 cm breiter ringförmiger Raum ausgespart, der durch eine 
starkrandige etwa 2 mm hohe Ringleiste nach außen abge- 
schlossen ist. Ein 2 cm breiter Ring liegt auf der oberen Sieb- 





Fig. 1. Grundriß, 


platte derart, daß ein Streifen der Platte noch unter dem Ring 
zu liegen kommt; die Dichtung wird durch einen dicken 
Kautschukring hergestellt, der auf den eben genannten Metall- 
ring paßt. Der Metallring hat den Zweck, ein Durchschneiden 
des Gelatinefilters durch die Siebplatte zu verhindern, wenn 
sich letztere mit ihren scharfen Rändern an den Kautschuk- 
ring anpreßt. Die untere, stärkere Siebplatte verhindert das 
Durchbiegen der feinen (oberen) Siebplatte durch den starken 
Überdruck. Die kreisförmigen Mulden gestatten der durchge- 
preßten Flüssigkeit sich anzusammeln und durch die groben 


Reindiastase. 299 


Löcher der unteren Siebplatte in den Trichter abzufließen. Der 
Hohlzylinder trägt zwei mit Holländern armierte Ansätze, von 
denen der obere mit einem Schraubenventil versehen, ein Nach- 
lassen des Druckes gestattet. Der seitliche ist mit einem 
Rohre in Verbindung, das längs der Innenwand des Hohl- 
zylinders läuft und mit Löchern zum Durchtreten der aus 
einer Bombe unter Druck zuströmenden Kohlensäure oder eines 
andern indifferenten Gases (Wasserstoff, Stickstoff) versehen ist. 
Es dient auf diese Weise als Rührwerk, indem das entweichende 
Gas durch plötzliches Nachlassen des Druckes zum Aufwirbeln 
der Flüssigkeit verwendet werden kann. Der seitliche Ansatz, 
der mit der Gasbombe durch einen zweiten Holländer ver- 
bunden wird, trägt außer einem Zwischenschaltmanometer ein 
Reduktionsventil, das ermöglicht, den Zylinder gegen die Gas- 
bombe abzusperren. Alle Stücke sind stark versilbert, so daß sie 
von den Flüssigkeiten nicht angegriffen werden können. (Fig. 2.) 





IN 


Fig. 2. 


Das Filter selbst wird in gleicher Weise hergestellt, wie 
die Bechholdschen Kolloidfilter. Wir benutzten zu unserem 
Versuche ein 4°/,iges Kollodiumfilter. 

Bei der ersten Filtration wurde ein Teil der Diastase auf 
dem Filter zurückgehalten, ein Teil ging durch. Die zurück- 
gehaltene Diastase wurde von dem Filter abgehoben, in Wasser 
gelöst und abermals durch ein Kolloidfilter filtriert. Es ging 
diesmal die ganze Diastase in das Filtrat. Diese Tatsache 


300 E. Pribram: 


spricht für einen außerordentlich dispersen Zustand des Kol- 
loids. Das gleiche ergibt sich übrigens aus der von 8. Frän- 
kel und M. Hamburg festgestellten Tatsache, daß Kolloide, 
wie Kieselsäurehydrat oder Tonerde, nicht imstande sind, die 
reine Diastase auszufällen. 

Die Möglichkeit, ein Dispersoid zu filtrieren, hängt ab von 
der Größe, Gestalt und Starrheit der Teilchen, ferner vom Fil- 
trationsdruck und von der Beschaffenheit und Porenweite des 
Filtrationskörpers. Mit Hilfe der Kolloidfiltration läßt sich die 
Teilchengröße eines Dispersoids schätzungsweise bestimmen. 

Der wesentliche Unterschied zwischen Dialyse und Kolloid- 
filtration besteht in dem angewendeten Druck bei der letzteren 
Bei Anwendung eines schwächeren Druckes würde sich auch 
das Kolloid der Diastase auf dem Filter wenigstens teilweise 
zurückhalten lassen, wie schon aus der Tatsache hervorgeht, 
daß bei der ersten Filtration ein Teil der Diastase auf dem 
Filter zurückgeblieben war. 

Die nun folgenden Versuche wurden mit einer durch eine 
Schweinsblase oder durch Pergament tagelang gegen häufig ge- 
wechseltes destilliertes Wasser dialysierten Diastase ausgeführt. 
Diese wurde im Vakuum eingeengt und von den sich aus- 
scheidenden Farbstoffen abfiltriert. Die schließlich eingeengte 
Lösung wurde im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet und 
das durch Zerreiben erhaltene braune Pulver auf seinen Stick- 
stoffgehalt geprüft. Dieser betrug 7,703°/, Der Aschegehalt 
der getrockneten Diastase nach Glühen im Gebläse betrug 
1,49°/,. In der Asche ließ sich Eisen und Calcium nachweisen, 
sie enthielt weder Schwefel noch Phosphor. Bei Prüfung auf 
andere Fermentwirkungen (peptisches, tryptisches Vermögen 
und Katalase) erwies sich unser Präparat unwirksam. 

Bei der Prüfung des kolloidfiltrierten Präparats, freilich in 
sehr starker Verdünnung wegen der dunklen Färbung der 
Lösung konnten wir bei Benützung eines großen Landolt- 
Lippich-Apparates mit Nernstlampe-Spektroskopbeleuchtung 
nach E. Fischer eine schwache Linksdrehung beobachten. Wir 
bemerken, daß O’Sullivan und Tompson?) bei ihrem reinen 
Invertasepräparat, das sicher Mannosan enthielt, starke Rechts- 
drehung verzeichnen. 


2) O’Sullivan und Tompson, Journ. of Chem. Soc. 57, 834, 1890. 


Reindiastase. 301 


Eine Probe der Trockendiastase wurde nach Lösung in 
wenig Wasser ohne Rücksicht auf die hierbei erfolgte Zerstörung 
des Enzyms aufgekocht und filtriert. Der auf dem Filter 
zurückgebliebene Niederschlag (Koagulum) war stickstoffhaltig 
und beträgt nach gründlichem Auswaschen 15°/, des zum Ver- 
suche verwandten Körpers, 85°/, waren in das Filtrat überge- 
gangen. Der Aschegehalt des Niederschlages betrug 1,5°/,. 
Das Filtrat reduziert Fehlingsche Lösung nicht, gibt starke 
a-Naphtholreaktion, Orcinreaktion, aber kein Hydrazon und 
kein Osazon. 

Der Filterrückstand (das Koagulum) gibt stark positive 
Millonreaktion, äußerst schwache, kaum angedeutete Biuret- 
reaktion und keine Tryptophanprobe. Nach einstündiger Hydro- 
lyse des Filtrats mit 20°/,iger Schwefelsäure fand sich ein 
stark reduzierender Körper, aus dem es nicht gelang, ein Osazon 
darzustellen, wohl aber ein Bariumsalz. 

Als Ergebnis dieser Untersuchungen dürfen wir wohl sagen, 
daß die weitgereinigte Diastase zwei Hauptbestandteile enthält: 
erstens einen ca. 7 bis 8°/, N enthaltenden Körper von Poly- 
peptidcharakter, der aus relativ wenigen Aminosäuren zu- 
sammengesetzt ist, da er die Biuretreaktion kaum mehr an- 
zeigt. Zweitens einen kohlenhydratartigen Körper mit stark 
reduzierenden Eigenschaften, die aber erst nach der vorher- 
gehenden Hydrolyse mit Säuren auftreten. Dieser durch Hydro- 
lyse aus der weitgereinigten Diastase erhaltene Körper gibt 
kein Osazon. Es dürfte sich also wohl um eine polymere Kohlen- 
hydratsäure handeln, die an das Polypeptid gebunden ist. Wir 
machen besonders darauf aufmerkeam, daß der Fund der Poly- 
kohlenhydratsäure in gar keiner Beziehung steht zu den Be- 
funden von Hessenland!) und E. Salkowski?) und anderen 
Autoren, die bei der Hefeinvertase stets Hefegummi ge- 
funden haben (Mannosan). Dieses gibt bei Hydrolyse mit 
Säuren Mannose, die charakteristische Hydrazinderivate liefert. 
Dieses Mannosan hält Salkowski für eine Verunreinigung der 
Invertase. Nun ist die Invertase die niedrigste Diastase, der 
nur noch das Vermögen zukommt, die Saccharosespaltung durch- 
zuführen. Die Invertase zeigt aber gar keine Eiweißreaktionen 


2) Hessenland, Zeitschr. d. Ver. f. Rübenzuckerind. 42, 67. 
32) Salkowski, Zeitschr. f. physiol. Chem. 81, 305, 1900. 


302 E. Pribram: Reindiastase. 


mehr. Der ganze für die diastasische Wirkung in Betracht kom- 
mendeKörper dürfte schwach basischen Charakter haben, da er nur 
imstande ist, in Gegenwart dissoziierter Ionen zu wirken, wobei 
insbesondere H-Ionen wirksam sind. Dies geht unter anderem dar- 
aus hervor, daß das Trockenpulver der dialysierten Diastase, nach 
vorhergegangener Lösung mit Aceton gefällt und sofort wieder 
im Vakuum getrocknet, durch minimale Spuren von Milch- 
säure (1:100000) reaktivierbar, in Abwesenheit von H-Ionen 
aber unwirksam ist. In ähnlicher Weise wirken, wie bereite 
Starkenstein gezeigt hat, Neutralsalze, aus denen wahrschein- 
lich, ebenfalls wegen des schwach basischen Charakters des 
Fermentes, durch Bindung dissoziierter Kationen ein Über- 
schuß von H-Ionen im Medium erscheint, der ausreicht, um 
die Fermentwirkung zu ermöglichen. — 

Wie in dieser Abhandlung gezeigt wurde, gelingt es zum 
ersten Male, ein wirksames Enzym, das ein Stufenenzym ist, 
und also aus mehreren Enzymen zusammengesetzt erscheint, 
die in ihrer Gesamtheit erst Stärke bis zum Zucker abbauen, 
in einer solchen Reinheit und Menge darzustellen, daß es frei 
von Eiweißkörpern und Zucker ist, so daß man an eine 
Hydrolyse und Bestimmung der Spaltstücke schreiten kann. 
Bei der groben Hydrolyse kann man ein abiuretes Peptid, das 
koagulierbar ist, von einer N-freien polymeren Kohlenhydratsäure 
trennen. Als Bestandteil des Peptids wurde Tyrosin ermittelt. 

Unsere Untersuchungen werden nach der Richtung fort- 
gesetzt, die Natur der beiden Hauptspaltlinge der Diastase, 
des tyrosinhaltigen peptidartigen Körpers und der Kohlen- 
hydratsäure festzustellen. 


Die Ursachen des Verletzungsstromes. 
Von 
Jacques Loeb und Reinhard Beutner. 
(Aus dem Rockefeller Institute, New York.) 
(Eingegangen am 11. Juli 1912.) 
Mit 13 Figuren im Text. 


I. 

Wenn wir an einer Stelle eines Apfels die Rinde besei- 
tigen und von der verletzten und einer unverletzten Stelle der 
Rinde mit identischen Salzlösungen ableiten, so verhält sich, 
wie zu erwarten, die verletzte Stelle negativ zur unverletzten. 
Die EMK beträgt 20 bis 100 Millivolt. Wir wiesen in der 
voraufgehenden Arbeit?) auf die Schwierigkeit bei der Erklärung 
dieser EMK hin. Tatsache ist, daß die Verdünnung der Ab- 
leitungsflüssigkeit auf einer Seite dieselbe positiver macht. Nun 
finden wir aber, daß selbst bei Ableitung mit einer gramm- 
molekularen Lösung eines Salzes die verletzte Seite noch 
negativ ist. Das würde voraussetzen, daß die Konzentration 
dee Apfelsaftes eine Größe besitzen müßte, die den Tatsachen 
nicht entspricht. Wir bestimmten die Leitfähigkeit des ausge- 
preßten Saftes eines Apfels und erhielten K 18° = 0,00226. 
Daraus folgt, daß der Gehalt dieses Saftes an dissoziierten Elek- 
trolyten einer Konzentration von N/58 entspricht, wenn es 
sich um KCl handelt, von N/170, wenn es sich um HCI 
handelt. 

Die folgenden Versuche hatten den Zweck, die Ursache 
des Verletzungsstromes beim Apfel zu ermitteln. 

Der Umstand, daß der Apfelsaft Säure (Apfelsäure) ent- 
hält, veranlaßte uns zuzusehen, ob beim unverletzten Apfel 
eine Potentialdifferenz auftritt, wenn wir an einer Stelle der 
unverletzten Rinde einmal mit einer Salzlösung, das andere 


1) Diese Zeitschr. 41, 1, 1912. 


304 J. Loeb und R. Beutner: 


Mal mit einer Säurelösung der gleichen Konzentration ableiten. 
Diese Versuche ergaben das Resultat, daß wir auf diese Weise 
EMKe von der Größenordnung des Verletzungsstromes erhalten. 
Es sei nochmals ausdrücklich betont, daß in diesen Fällen die 
Ableitung mit Säure sowohl wie mit Salzen von der unver- 
letzten Oberfläche der Rinde des Apfels erfolgte. 

Wir geben eine Reihe von Beispielen: 


Kette: al, -KCI | Apfel Isaiah) EMK 0,115 Volt 
a) EO | Apfel | ®/,,0.HCl EMK 0,050 „ 


Die Differenz beträgt 0,065 Volt. 

Eine Wiederholung des Versuches an einem zweiten Apfel 
ergab für Sleae KCl 0,120 Volt, für */,00-HC1 0,062 Volt. 
Differenz 0,058 Volt. Dann wurde die Rinde des Apfels an 
einer Stelle beseitigt und mit ?/ soo KCl an dieser und einer 
unverletzten Stelle der Rinde abgeleitet. Der Verletzungsstrom 
betrug 0,087 bis 0,108 Volt. 

Dann wurden Versuche mit höheren Konzentrationen an- 
gestellt, wobei aber stets identische Konzentrationen von RO 
und HCl zum Vergleich kamen. Je drei Versuche wurden 
immer angestellt. Ableitung von zwei unverletzten Stellen der 
Oberfläche. 

a/o- KCI | Apfel | 
a/ œo KCl; EMK . .(I) 0,090 (II) 0,092 (III) 0,094 Volt 
a/ cKOL | Apfel | 
a/o HCl; EMK . . (I) 0,032 (II) 0,040 (III) 0,043 Volt 
Differenz `, . ... 0,058 0,052 0,051 Volt. 


Der Verletzungsstrom war bei Ableitung mit »?/ o KCl 
beiderseits, d. h. von der verletzten und unverletzten Stelle, 
0,033 bis 0,103 Volt. 

Bei der nächsten Versuchsreihe wurden »?/ oo- Lösungen zur 
Ableitung verwendet; beide Ableitungen fanden immer von un- 
verletzten Stellen der Rinde statt. 

Ser RO | Apfel | 
nlio KCl; EMK . .(I) 0,054 (II) 0,056 (III) 0,056 Volt 
et) | Apfel | 
"ee HCl; EMK . . (I) 0,021 (ID 0,034 (ITI) 0,038 Volt 
Differenz . . .... 0,033 0,022 0,018 Volt. 


Ursachen des Verletzungsstromes. 305 


Der Verletzungsstrom war bei Ableitung mit ale KCl 
beiderseite 0,035 bis 0,044 Volt, mit al, HCl beiderseits 0,011 
bis 0,102 Volt!?). 

Man sieht hieraus schon, daß bei Ableitung mit einer 
Salzlösung und einer Säurelösung von gleicher Konzentration 
von der unversehrten Rinde des Apfels EMKe entstehen, die 
von nahezu derselben Größenordnung, jedoch stets etwas kleiner 
sind wie die beim Verletzungsstrom gefundenen, und in der- 
selben Richtung wirken, wenn man annimmt, daß die Säure 
auf der Innenseite der Apfelschale sich befindet. Die Über- 
einstimmung wird aber eine praktisch vollständige, wenn wir 
berücksichtigen, daß die Negativität bei Säureableitung durch 
ein Diffusionspotential vergrößert wird. Gemessen wurde 

3/ oos- KC. | unversehrter Apfel | ®/,o06-KCL 


In den Elektroden befand sich ebenfalls #/ ep KCL Es 
war eine kleine EMK von 0,007 Volt vorhanden, in dem Sinne, 
daß rechts 4 war, infolge einer ungleichmäßigen Beschaffen- 
heit des Apfels. 

Darauf wurde rechts mit ®/ .,-HCl abgeleitet, die Kette 
war also wie folgt: 


Elektrode — ®”/ ooo- KCl | unversehrter Apfel | 3/000- HC! | 
a b 
a/ 000. K Cl — Elektrode 


EMK: — 0,025 Volt, links negativ. Die Gesamtänderung be- 
trug also 0,032 Volt, Säure negativ. In der Kette ist links +, 
rechts —. Durch das Diffusionspotential wird die Säure 
negativ gegen das Salz bei b geladen; da es im entgegen- 
gesetzten Sinne wirkt wie die Gesamtkraft der obigen Kette, 
so muß der Wert des Diffusionspotentials, der in diesem Falle 
0,027 Volt betrug, zur beobachteten Potentialdifferenz addiert 
werden. Die wirkliche Änderung der Potentialdifferenz bei a 
beim Ersatz der ?/ eo KCl durch Soe HCl betrug also 0,032 
-+ 0,027 = 0,059 Volt. Um die wahren Werte der Änderung 
der Potentialdifferenz beim Ersatz von Salzlösung durch Säure- 
lösung zu erhalten, müssen wir immer den nicht unbeträcht- 
lichen Wert des Diffusionspotentials zu dem beobachteten Wert 


1) Auf Seite 17 unserer früheren Arbeit haben wir bereite einen 
ähnliohen Versuch wie die hier beschriebenen erwähnt. 


306 J. Loeb und R. Bentner: 


hinzuaddieren. Die Berechnung des Diffusionspotentials ist 
schwierig, wenn Säure und Salzlösung verschiedener Kon- 
zentration sich berühren, wie es bei den meisten unserer Ver- 
suche der Fall ist, und unterbleibt deshalb hier. Das Diffu- 
sionspotential dürfte stets ca. 20 bis 30 Millivolt betragen und 
wirkt stets in dem gleichen Sinn. Berücksichtigen wìr das, 
so dürfen wir sagen, daß bei Ableitung mit einer Säure- 
lösung und einer gleich konzentrierten Salzlösung an 
der unversehrten Rinde des Apfels EMKe entstehen, 
die dem Sinne und der Größenordnung nach den beim 
Verletzungsstrom beobachteten gleich sind. 


II. Die gleiche Wirkung isohydrischer Säuren. 

Wir versuchten festzustellen, ob für die elektromotorische 
Wirkung der Säuren die Konzentration der Wasserstoffionen 
in Betracht kommt, und verglichen die Wirkung isohydrischer 
Säuren. 

a/ oo Essigsäure . . . 0,052 Volt 
2 — EE 0,050 „ 

»/sso0-Essigsäure . . . 0,087 Volt 
i Y 10000 A-HC1 . e . . 0,083 „ 


a a HOL Lg, i a a 0,035 Volt 
ii n/ Essigsäure . . . . 0,048 „ 
afse HÜ `... . 0,043 , 
soo HO e 0,040 „ 


Der Wert für Essigsäure in Versuch III ist ein Anfangs- 
wert. Läßt man in so konzentrierter Essigsäure den Apfel 
längere Zeit liegen, so steigt die EMK allmählich, was durch 
das Eindringen der Essigsäure zu erklären ist. Konzentrierte 
HC) verändert bei längerer Einwirkung die EMK ebenfalls, 
jedoch in umgekehrtem Sinne. 

&/,oo-Trichloressigsäure 0,002 Volt 
De sw e, 0004 „ 

a/ oo-Irichloressigsäure — 0,002 Volt 
— o.. . . —0,004 „ 

Das erweckt den Anschein, als ob die Konzentration der 
Wasserstoffionen für die Wirkung der Säure maßgebend sei. 


Ursachen des Verletzungsstromes. 307 


III. Die Wirkung des Preßsaftes des Apfels. 


Wir erwarteten, daß der Preßsaft des Apfels sich wie eine 
Säurelösung verhalten würde. Statt dessen fanden wir, daß 
derselbe sich wie eine KCl-Lösung von nahezu gleicher Leit- 
fähigkeit verhält. Einige Beispiele sollen das erläutern. 

a/ -KCl | Apfel Preßsaft EMK 0,047 Volt 


intakt verletzt 
aJo KCL | Apfel a/o- KCI! EMK 0,044 Volt 
intakt verletzt 


In diesem Beispiel war der Saft an der verletzten Stelle 
angebracht. Im folgenden Versuch wurde Preßsaft und KCI 
an unverletzter Stelle angebracht. 

a/,o-KCI! | Apfel R Propia EMK 0,012 Volt 
verletzt intak 
a/e- KCl | Apfel | a) KC EMK 0,012 Volt. 
verletzt intakt 
Der Preßsaft wirkt also nicht wie eine Säurelösung, sondern 
wie eine Salzlösung von gleicher Leitfähigkeit. Diese Tat- 
sache wurde von uns zuerst als eine neue Schwierigkeit 
empfunden, da ja im allgemeinen angenommen wird, daß die 
Ursache des Verletzungsstroms an der verletzten Oberfläche 
zu suchen ist. Würde nun an der verletzten Oberfläche Säure 
gebildet, so wäre der Verletzungsstrom ohne weiteres auf Grund 
der im vorigen Abschnitt mitgeteilten Versuche erklärt. Auf 
der Schnittfläche wird aber nicht Säure gebildet, sondern Preß- 
saft, nämlich der Saft, der durch das Durchschneiden der 
Zelle und Gewebe des Apfels ausfließt. Derartiger Saft kann 
aber, wie wir eben sahen, nicht die Ursache des Ruhestromes sein. 


IV. Wirkung einer Quetschung der Oberfläche des Apfele, 


Wenn wir mit dem Finger auf die Oberfläche des Apfels 
drücken, so kommt es infolge der Quetschung zu einem Er- 
guß des Preßsaftes unter der gedrückten Rinde Wenn wir 
nun mit identischen Salzlösungen von der gequetschten und 
einer nicht gequetschten Stelle der Rinde ableiten, so finden 
wir, daß die gequetschte Stelle sich negativ zu der nicht ge- 
quetschten Stelle verhält. So fanden wir in einem Falle bei 
Ableitung von zwei unversehrten Stellen [der Oberfläche des 
Apfels mit identischen Salzlösungen eine EMK von 0,001 Volt. 


308 J. Loeb und R. Beutner: 


Dann wurde die eine Ableitungsstelle mit dem Finger gedrückt, 
so daß eine bleibende geringe Deformation eintrat; während 
die andere Ableitungsstelle intakt blieb. Nun ergab sich bei 
derselben Ableitung eine EMK von 0,044 Volt im entgegen- 
gesetzten Sinne Die Gesamtänderung war also 0,045 Volt 
und die gequetschte Stelle negativ. Ein zweiter Versuch ver- 


lief wie folgt: 
Unversehrter Apfel . . . . . . . 0,008 Volt. 
An einer Ableitungsstelle gequetscht . 0,058 , 
Nach 14 Minuten. . . . > . . 0048 ` 


Gesamtänderung 0,066 resp. 0,056 Volt, wobei die ge- 
quetschte Stelle negativ war. Die Quetschung wirkt also dem 
Sinne nach wie eine Verletzung oder Entfernung der Rinde, 
auch die Größenordnung der Änderung der EMK ist die 
gleiche. 

Das elektromotorische Verhalten der Rinde wird durch 
diese Methode der Quetschung nicht geändert. Das läßt sich 
durch folgende Versuche beweisen. Wir haben in der vorauf- 
gehenden Abhandlung gezeigt, daß dieselbe Änderung der Kon- 
zentration der Ableitungsflüssigkeit auf der unverletzten Rinde 
des Apfels einen mehr als doppelt so großen Unterschied der 
EMK bedingt als auf der verletzten Seite. Untersuchen wir 
nun den Einfluß der Konzentrationsänderung auf der ge- 
quetschten Seite des Apfels, so finden wir, daß dieselbe wie 
beim völlig unverletzten Apfel verläuft. Folgendes Beispiel 
möge genügen: Die Ableitungsflüssigkeit an der nicht ge- 
quetschten Stelle blieb konstant, die an der gedrückten Stelle 
wurde variiert. 


Konzentration an de ` 
gequetschten Stelle EMK Differenz 





Wie man sieht, sind diese Differenzen dieselben, die wir 
in der vorausgehenden Abhandlung für dieselben Konzentrations- 
änderungen an der normalen Rinde fanden. 

Im normalen Apfel sind normale Gewebe und Zellen in 
Berührung mit der Rinde. An der gequetschten Stelle tritt 


Ursachen des Verletzungsstromes. 309 


Preßsaft aus und tritt an die Stelle der normalen Berührungs- 
substanzen. Nehmen wir an, daß bei normaler Struktur des 
Apfels eine Lamelle einer Säurelösung (oder eines elektro- 
motorisch wie Säure wirkenden Stoffes) an der inneren Ober- 
fläche der Rinde vorhanden ist, und daß bei der Quetschung 
diese Lamelle durch den Preßsaft ersetzt wird, so finden der 
Verletzungsstrom und alle anderen bisher besprochenen Er- 
scheinungen ihre Erklärung. 

Die wesentliche Potentialdifferenz hat nach dieser An- 
nahme ihren Sitz an der inneren Grenze von Rinde und Apfel- 
substanz. Leiten wir von zwei intakten Oberflächenelementen 
ab, so heben sich diese Potentialdifferenzen wegen ihres ent- 
gegengesetzten Zeichens auf. Entfernen wir die Rinde oder 
ihre Epidermis an einer Stelle, so bleibt nur die Potential- 
differenz an der inneren Oberfläche der intakten Rinde übrig 
und diese läßt die verletzte Stelle negativ erscheinen. Ersetzen 
wir an einer Seite unter der Rinde die natürliche Säurelösung 
oder wie eine Säure wirkende Substanz durch den wie eine 
Salzlösung wirkenden Preßsaft, so bleibt nur der Potential- 
sprung an der Innenfläche der nicht gequetschten Rinde übrig 
and dieser läßt die gequetschte Seite negativ erscheinen. Wir 
haben hier nur von einer natürlicherweise an der Innenseite 
der Rinde bestehenden Säureschicht oder einer elektro- 
motorisch wie Säure wirkenden Substanz gesprochen. Das ist 
nur der Kürze halber geschehen, solche Schichten könnten 
ebensogut auch an der Grenze vieler Zellen im Innern nament- 
lich in der Nähe der Rinde angenommen werden. Dieser Ver- 
such widerlegt auch die Annahme, als ob an der Verletzungs- 
stelle Säure gebildet würde. Wenn das der Fall wäre, so sollte 
ja die gequetschte Stelle positiver werden, denn Ersatz von 
Salz durch Säure müßte auf der Innenseite im entgegengesetzten 
Sinne wie auf der Außenseite wirken, d. h. positivierend. 


V. Messung von Verletzungsströmen beim Apfel mit fort- 
schreitender Aushöhlung. Einfluß der Entfernung der Ver- 
| letzungsstelle von der Rinde. 

Bei der Messung des Verletzungstromes verfuhren wir 
folgendermaßen: Die untere unverletzte Stelle b des Apfels lag 


in einer Schale, die mit der Ableitungsflüssigkeit gefüllt war. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 21 


310 J. Loeb und R. Beutner: 


An der oberen entgegengesetzten Stelle a (Fig. 1 bis 8) wurde 
erst eine flache Verletzung angebracht, in welche die andere 
Ableitungsflüssigkeit gebracht wurde, die mit der unteren 
Flüssigkeit in diesem Versuch identisch war, nämlich ®/ „KCl 
Dann wurde immer mehr von dem Apfel von oben angefangen 
abgetragen, wodurch die Verletzungsstelle immer näher an die 
untere unverletzte Rinde rückte. Dabei zeigte sich ein sehr 
charakteristisches Verhalten. Anfangs war die Annäherung der 


02020 


Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. 
A 
Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. 
a | a 
Fig. ?. Fig. 8. 


Verletzungsstelle an die untere unverletzte Rinde wirkungslos. 
Zuletzt aber, als die Schnittfläche der unteren Rinde nahe 
kam, fing die EMK an rasch zu sinken und wurde alsbald 
Null. Folgendes Beispiel diene zur Illustration. 
Fig. 1. Unverletzter Apfel . . . .... 0,001 Volt 
Fig. 2. Oben kreisförmiges Stück der Epi- 
dermis mit ca. ?/, cm Radius ent- 
fernt 5 5 RL 0,041 Volt 
Fig. 3. In die verletzte Stelle ein 1 cm tiefes 
Loch gemacht . . . . 2.2... 0,037 Volt 


Ursachen des Verletzungsstromes. 311 


Fig. 4. Unterhalb des Loches ein 1'/, cm 

dickes Segment des Apfels abgetragen 

und von der neuen oberen Schicht- 

fläche abgeleitet . . . . 2... 0,040 Volt 
Fig. 5. Neuer Schnitt durch das Zentrum 

des Apfels und die obere Hälfte des 

Apfels entfernt und von der neuen 

oberen Schnittfläche abgeleitet . . 0,039 Volt . 

Nach 6 Minuten . .. 2.2... 0,040 Volt 
Fig. 6. Eine weitere Schicht des Apfels von ` 

oben abgetragen, und Mark kon- 

zentrisch mit der unteren Rinde 

entfernt . . . . 2 2 2 2220. 0,040 Volt 

Nach 9 Minuten . . . 2.2.2... 0,038 Volt 
Fig. 7. Weitere Schicht konzentrisch mit 

Rinde abgetragen, so daß die obere 

Schnittfläche nur ?/, cm über der | 

Rinde liegt . . . 222 22020. 0,020 Volt 

Nach 8 Minuten . . . 2.2.2... 0,020 Volt 
Fig. 8. Reste des Markes entfernt, so daß 

eine Kugelschale übrig ist, die wesent- 


lich nur aus Rinde besteht . . . 0,008 Volt 
Nach 4 Minuten . . . . 2...» 0,009 Volt 
Nach 11 Minuten . ...... 0,011 Volt. 


Dieser Versuch wurde mit wesentlich demselben Resultat 
wiederholt. Es ergab sich stets, daß erst, wenn die Schnitt- 
fläche der unverletzten Rinde, von der abgeleitet wurde, so 
nahe kam, daß die Ableitungsflüssigkeit sich mit der natür- 
lichen Flüssigkeit an der inneren Fläche der Rinde mischen 
mußte (Fig. 7 und 8), eine Änderung der EMK bemerkbar 
wurde, und zwar in dem Sinne, daß dieselbe abnahm. Je voll- 
ständiger der Ersatz der natürlichen Flüssigkeit an der inneren 
Grenze von Mark und Rinde durch die zur Ableitung dienende 
Salzlösung ist, um so mehr sinkt der Verletzungsstrom, der 
schließlich meist ganz verschwindet, wenn die Salzlösung die 
innere Seite der Rinde ganz berührt. 

Die Außenfläche der Rinde ist dabei elektromotorisch un- 
verändert. Prüft man den Einfluß der Konzentrationsänderung 


an der Außenfläche einer Schale die vom Mark sorgfältig und 
21* 


312 J. Loeb und R. Beutner: 


schonend, d. h. ohne Risse zu verursachen, befreit ist, so findet 
man, daß die Außenfläche einer so isolierten Rinde sich genau 
wie die Rinde des unversehrten Apfels verhält, wie das fol- 
gende Beispiel zeigt: 

Ein bis zur Rinde ausgehöhlter Apfel wurde innen und 
außen mit ®/ KCl abgeleitet; Verletzungsstrom 0,015 Volt, 
nach 5 Minuten 0,014 Volt. Die äußere Lösung wurde alsdann 
durch verdünntere ersetzt. 





Konzentration der e 
äußeren Lösung EMK Differenz 


Si —— ge Volt 0,081 Volt 
Je ' 0,034 
a sso-KC1 0,080 0.092 wé 
Sage KCI 0,111 ` „ 
SEO 0,011 





Diese Werte stimmen mit denen, die am unversehrten 
Apfel bei denselben Konzentrationsänderungen beobachtet 
werden, überein. 


VL Einfluß von Schnitten quer durch den Apfel auf die 
EMK bei zwei entgegengesetzten unverletzten Stellen. 
Nach dem Gesagten ist folgender Versuch leicht zu ver- 
stehen. Ein Apfel wird halbiert und die Stücke werden mit 
den Schnittflächen c, d (Fig. 9) wieder aufeinander gelegt. Die 


CC 


Fig. 10. 


Schnittebene liegt senkrecht zu der Verbindungslinie der zwei 
Ableitungsstellen a und b. Wie nach der Symmetrie der An- 
ordnung zu erwarten war, trat keine Änderung der EMK ein. 
Durchschneiden wir einen Apfel senkrecht zur Verbindungslinie 
der beiden Ableitungsstellen, aber so daß der Schnitt cd 
nicht durch die Mitte der Linie geht, sondern der einen Ab- 


Ursachen des Verletzungsstromes. 313 


leitungsstelle näher liegt als der anderen (Fig. 10), so tritt 
folgendes ein. Sobald die Schnittfläche nicht zu nahe an die 
eine Ableitungsstelle gerückt wird, findet keine oder nur eine 
geringe Änderung der EMK statt, trotz der Asymmetrie der 
Lage der Schnittfläche. Erst wenn die Schnittfläche sehr nahe 
an die eine Ableitungsstelle, z. B. a, heranrückt, tritt eine merk- 
liche Änderung ein. 

Bei einem unverletzten Apfel wurde die höchste und 
niederste Stelle wie in der beschriebenen Anordnung durch 
eine Salzlösung derselben Konzentration (®/,,.KCl) abgeleitet 
und eine EMK von — 0,008 Volt gefunden. Nach 6 Minuten 
— 0,006 Volt. Dann wurde der Apfel 18 mm über dem Zen- 
trum und 15 mm unter der höchsten Kuppe der Rinde senk- 
recht zur Verbindungslinie der beiden Ableitungsstellen a und òb 
(Fig. 11) durchschnitten, die beiden Stücke mit der gemein- 
samen Schnittfläche wieder aufeinander a 
gelegt und wieder wie vorhin von der 
intakten Rinde bei a und b abgeleitet. 
EMK — 0,010, nach 3 Minuten — 0,007 
Volt, also unverändert. 

In einem andern Versuche wurde der 
Schnitt 10 mm unter der Kuppe des Apfels 5 
angelegt und auch hier bewirkte die Durch- Fig. 11. 
schneidung, trotzdem die Schnittfläche der 
einen Ableitungsstelle so viel höher lag als der anderen, keine 
Änderung der EMK. Lag der Schnitt aber der oberen Kuppe ganz 
nahe, so trat eine merkliche Änderung der EMK im Vergleich mit 
dem unverletzten Apfel ein, wie folgende Beispiele zeigen. Am 
unverletzten Apfel wurde die EMK 0,001 Volt gefunden. Dann 
wurde senkrecht zur Verbindungslinie der beiden Ableitungs- 
stellen, aber 6 mm unter der oberen Kuppe, durchschnitten 
und die Stücke wieder mit der gemeinsamen Schnittfläche auf- 
einander gelegt. Die EMK war nunmehr bei derselben Ableitung 
0,038 Volt, nach 4 Minuten 0,037 Volt. Die der Schnittfläche 
nähere Ableitungsstelle war negativ. In einem andern Falle 
lag der Schnitt nur 1 mm unter der oberen Kuppe. Die Ände- 
rung der EMK nach der Durchschneidung und nachdem die 
Stücke wieder aufeinander gelegt waren, betrug 0,036 Volt. 
Also erst wenn die Schnittfläche einer Ableitungsstelle so nahe 






c pm —— 








314 J. Loeb und R. Beutner: 


liegt, daß ein teilweiser Ersatz der natürlichen Flüssigkeit an 
der innern Oberfläche der Rinde oder in der Nähe dieser Ober- 
fläche durch Preßsaft stattfinden kann, tritt eine Änderung 
der EMK ein; und zwar in dem Sinne, als ob eine Säure durch 
Preßsaft ersetzt würde. 

Viele Physiologen stellen sich vor, daß das absterbende 
Gewebe negativ ist gegen das lebende. Das Bedenkliche an 
dieser Ausdrucksweise ist ihre Unbestimmtheit, die dieselbe 
jeder physikalisch-chemischen Prüfung unzugänglich macht. 
Gelegentlich wird angenommen, daß das Absterben in einer 
Säuerung besteht, die von der Schnittfläche ausgehend nach 
und nach sich in immer tiefer gehende Regionen ausbreitet. 
Unsere Versuche zeigen, daß diese Annahme hier nicht ohne 
sehr gekünstelte Hilfsannahmen möglich ist. Wenn wir nämlich 
ein kleines Segment des Apfels abschneiden, dasselbe wieder 
in seiner alten Orientierung auf den Rest des Apfels auflegen 
und dann von der unverletzten Rinde dieses Segments und 
vom entgegengesetzten Ende des Apfels ableiten (wie in Fig. 10), 
dann erweist sich die der Schnittfläche näher liegende Ab- 
leitungsstelle als negativ gegen die ferner liegende. Hätte die 
Schnittfläche eine Säuerung des nahe gelegenen Gewebes zur 
Folge, so sollte auf der Innenseite der Rinde des kleineren 
Stückes eine stärkere Säuerung vorhanden sein, als auf der 
Innenseite des von der Schnittfläche weit entfernten entgegen- 
gesetzten Endes. Das würde aber bedingen, daß die der Schnitt- 
fläche näher liegende Rinde erheblich positiver sein müßte als 
die ferner liegende. 

Wenn man aber mit dem Wort „Absterben“ die Vorstellung 
verbinden wollte, daß dasselbe in einer Diffusion des Zellinhaltes 
oder Preßsaftes aus den Zellen bestehe, so würde das unseren 
Versuchen und Schlüssen nicht widersprechen. Bedenklich wäre 
nur, wie schon erwähnt, der unbestimmte Charakter der Aus- 
drucksweise. 


VU. Oberflächliche Verletzung außer Kontakt mit einer 
Ableitung. 
Es stimmt mit dem Gesagten auch überein, daß eine Ver- 
letzung in der Nähe einer Ableitungstelle nur dann die EMK 
ändert, wenn der durch die Verletzung frei gemachte Preßsaft 


Ursachen des Verletzungsstromes. 815 


die andere Innenseite der Rinde an der Ableitungsstelle er- 
reichen kann. Entfernt man die Rinde unterhalb der Ab- 
leitungsstelle in einem ringförmigen Bezirk, so hat das keinen 
oder kaum einen Einfluß auf die EMK. 

In einem Versuche wurde bei einem unverletzten Apfel 
bei a und b (Fig. 12) abgeleitet; EMK —0,012 Volt. Dann 
wurde ein Einschnitt in die Rinde längs C D gemacht; EMK 
— 0,012 Volt. Dann wurde die Rinde oberhalb OD in einen 
10 mm weiten Ring abgeschält bis zur Linie EF. EMK 
— 0,008 Volt. Dann wurde ein neues, 10 mm breites Stück 
Rinde E FGH ringförmig abgeschält, so daß nur noch ein 
Apfelsegment an der Kuppe von 1!/, mm Höhe mit Rinde be- 
deckt war. EMK -+-0,008 Volt. 


d a 





Fig. 12. Fig. 18. 


Dann wurde dieses kleine Segment durch einen Schnitt 
senkrecht zur Verbindungslinie ab ganz abgetrennt, wieder in 
der alten Orientierung auf den Apfel gelegt; EMK 0,039 Volt. 
Man sieht also, daB die letztere kleine Verletzung einen un- 
gleich viel größeren Einfluß auf die EMK hatte wie die aus- 
gedehnte Verletzung, die die Abtrennung der Rinde in der 
Nähe des Segments bewirkt hatte. Andere Versuche dieser 
Art gaben ganz ähnliche Resultate. 

Es wurde dann versucht, ob eine Abtrennung eines Stückes 
von Rinde und Mark in der Nähe einer Ableitungsstelle wie 
in Fig. 13 einen Erfolg hätte. Das war, wie wir erwarteten, 
nicht der Fall. Vorher bei Ableitung von a und b EMK 
— 0,006 Volt. Dann wurde ein Stück cd abgeschnitten, EMK 
— 0,001 Volt. 

Da bei dieser Verletzung keine nennenswerte Diffusion 
des Preßsaftes von der Wunde an die innere Oberfläche der 
Rinde der Ableitungsstelle stattfinden kann, so tritt auch keine 
nennenswerte Änderung der EMK ein. | 


316 J. Loeb und R. Beutner: 


VIII. Theoretische Bemerkung. 


Durch die vorstehenden Überlegungen und Experimente 
ist es wahrscheinlich gemacht, daß der Verletzungsstrom physi- 
kalisch-chemisch durch eine Kette vom Typus 


Säurelösung | Apfelschale | Salzlösung ... I 


wo Säure- und Salzlösung gleiche Konzentration aufweisen, 
hervorgerufen wird. 

Eine solche Kette kann nicht als Konzentrationselement 
gedeutet werden. Ein Konzentrationselement wäre z. B. die Kette 


Salzlösung Apfelschale | Salzlösung.... II 
konz. e | konz. Ge 


Die Schwierigkeiten, die bei der Erklärung des Verletzungs- 
stromes auf dieser Grundlage entstehen, wurden eingangs 
genannt. 

Die Ursache der EMK in Kette II ist ein einfacherer 
Konzentrationsausgleich der beiden Salzlösungen, bei Kette I 
aber ist die Ursache eine chemische Reaktion, und zwar in 
der Schale Im Sinne der früher von Loeb ausgesprochenen 
Ansicht, daß Salz-, Eiweiß- oder Fettverbindungen sich durch 
Umsatz im Gewebe bilden, wäre diese Reaktion etwa 


NaCl + HX = HO + Nax, 
wo X das Anion der Fettsäure oder des Proteins bedeutet. 


Zusammenfassung. 


1. Leitet man an einer Stelle der unverletzten Oberfläche 
des Apfels mit einer Salzlösung, an einer zweiten mit einer 
gleich konzentrierten Säurelösung ab, so beobachtet man eine 
EMK, die von derselben Größenordnung ist wie der Verletzungs- 
strom beim Apfel. Die Stelle, die mit der Säure in Berührung 
ist, ist negativ zur Stelle, die mit der Salzlösung in Be- 
rührung ist. 

2. Isohydrische Säuren wirken gleich stark. 

3. Der Preßsaft des Apfels wirkt nicht wie eine Säure- 
lösung, sondern wie eine Salzlösung von derselben Leitfähigkeit. 

4. Übt man einen Druck auf die unverletzte Oberfläche 
des Apfels, so findet ein Erguß von Preßsaft unter der Rinde 
des Apfels statt, und zugleich beobachtet man bei Ableitung 


Ursachen des Verletzungsstromes. 317 


von der gedrückten und einer unversehrten Stelle der Rinde 
eine EMK von der Größenordnung und demselben Zeichen, 
als ob an der gedrückten Stelle die Rinde entfernt wäre. Es 
läßt sich aber zeigen, daß die Rinde bei der Quetschung keine 
Änderung ihrer elektromotorischen Eigenschaften erleidet. 

5. Aus diesen und den vorausgehenden Tatsachen sind 
wir geneigt zu schließen, daß im unverletzten Apfel an der 
Innenschicht der Rinde und der benachbarten Zellen eine 
Schicht einer Lösung besteht, die Säure enthält, oder eine Sub- 
stanz, die elektromotorisch wie eine Säure wirkt. Durch die 
Quetschung wird diese Schicht durch Preßsaft ersetzt und da- 
mit die normalerweise an dieser Stelle bestehende Negativität 
beseitigt. 

6. Messungen von Verletzungsströmen des Apfels bei ver- 
schieden tiefer Aushöhlung bestätigen diese Annahme: der 
elektromotorisch unwirksame Preßaft oder die ableitende Salz- 
" lösung verdrängen die wirksame innere Rindenschicht bei voll- 
ständiger Aushöhlung und dadurch sinkt die EMK. 

7. Aus unseren Versuchen folgt, daß beim Apfel der Ver- 
letzungsstrom kein Konzentrationsstrom ist, sondern durch eine 
chemische Reaktion bestimmt ist. 


Zur Kenntnis der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen 
Eiweißabbau und Atmung der Pflanzen. 


III. 
Einwirkung verschiedener Oxydatoren auf die Arbeit des 
proteolytisehen Ferments in abgetöteten Pflanzen. 


Von 
W. Palladin. 


. (Auf Grund der Versuche von W. Alexandrow, N. Iwanoff, 
A. Lewitzky und Th. Schestow.) 


(Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Kaiserliohen Universität 
zu St. Petersburg.) 


(Eingegangen am 22. Juli 1912.) . 


In einer vorhergehenden Arbeit!) war nachgewiesen worden, 
daß der Sauerstoff der Luft die Autolyse der Eiweißstoffe in 
an Atmungschromogenen reichen Pflanzen aufhält. In den 
daraufhin untersuchten Pflanzen wirkte der Sauerstoff nicht 
unmittelbar auf das proteolytische Ferment, sondern mit Hilfe 
des Atmungschromogens. Wir haben es demnach nicht mit 
einer direkten Oxydation zu tun, sondern mit einem jener Fälle 
langsamer Oxydation oder Autoxydation®), wie sie bei dem 
Prozesse der Atmung zur Beobachtung kommen?). Palladin 
weist in einer kürzlich erschienenen Arbeit*) nach, daß der 
während der Atmung aufgenommene Sauerstoff nur für die 
Oxydation des Wasserstoffes verwendet wird, während der 


1) W. Palladin und G. Kraule, diese Zeitschr. 39, 290, 1912. 

2) C. Engler und J. Weißberg, Kritische Studien über die Vor- 
gänge der Autoxydation, Braunschweig 1904. — G. Bodländer, Über 
langsame Verbrennung, Stuttgart 1899. (Sammil. chem. und chem.-techn. 
Vorträge.) 

3) W. Palladin, diese Zeitschr. 18, 151, 1909. 

4) W. Palladin, Zeitschr. f. Gärungsphysiol. 1, 91, 1912. 


W. Palladin: Einwirkung verschiedener Oxydatoren usw. 3819 


Kohlenstoff teils durch den in der Glucose enthaltenen Sauer- 
stoff, teils durch den Sauerstoff des Wassers oxydiert wird. 
Eine übereinstimmende Auffassung war schon früher von Bach 
und Battelli?) ausgesprochen worden: „L’acide carbonique est 
toujours éliminé par dédoublement, jamais par oxydation directe. 
Dans l'oxydation, l'oxygène se porte sur hydrogène, jamais 
sur le carbone.“ In der vorliegenden Arbeit habən wir uns, 
im Hinblick auf die Individualisierung im Verlaufe der chemi- 
schen Prozesse bei verschiedenen Pflanzen, die Aufgabe ge- 
stellt, nicht nur unsere Untersuchungen über die Einwirkung 
des Sauerstoffes der Luft auf die Autolyse der Eiweißstoffe zu 
erweitern, sondern auch die Wirkung verschiedener Oxydatoren 
auf die Autolyse der Eiweißstoffe klarzustellen, wie z. B. des 
Wasserstoffsuperoxyds®), der Diphenole, des Isatins, des Methylen- 
blaus, des MgO, 

Bekanntlich vermögen verschiedene Oxydatoren, indem sie 
hydrolytische Reaktionen hervorrufen, sogar ohne Teilnahme 
eines proteolytischen Fermentes, Eiweißstoffe abzubauen. Über 
die Wirkung der verschiedenen Oxydatoren auf Eiweißstoffe 
liegt eine große Anzahl von Untersuchungen vor?). Die Wir- 
kung des Wasserstoffperoxyds hingegen ist noch sehr wenig 
erforscht worden. Wurster“) fand, daß das Hühnereiweiß sehr 
widerstandsfähig gegen die Einwirkung von Wasserstoffisuper- 
oxyd in neutraler oder alkalischer Lösung ist. Saure Lösungen 
von Wasserstoffsuperoxyd führen dasselbe dagegen rasch in Ei- 
weiß über, das in Wasser unlöslich ist. In Gegenwart eines 
mineralischen Katalysators (Eisen-, Mangan- oder Kupfersalze) 
wirkt das Wasserstoffsuperoxyd, wie Neuberg und Blumen- 
thal®) nachgewiesen haben, auf Eiweißstoffe sehr energisch 
ein. Dieselben erhielten aus Gelatine Isovalerianaldehyd und 
Aceton; das Schicksal des Stickstoffes wurde von ihnen zu- 


1) A. Bach und Battelli, Compt. rend. 2 juin 1903. 

DL Birkenbach, Die Untersuchungsmethoden des Wasserstoff- 
peroxyds. (B. M. Margosches, Die chemische Analyse, VII, 1909). 

3) E. Aberhalden, Biochemisches Handlexikon 4, 207, 1911. — 
C. Oppenheimer, Handbuch d. Biochemie des Menschen und der 
Tiere 1, 489, 1909. 

4) Wurster, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 20, 263, 1030, 1887. 

6) C. Neuberg und F. Blumenthal, Deutsche med. Wochenschr. 
1901, Nr. 1. Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 2, 238, 1902. 


320 W. Palladin: 


nächst nicht festgestellt. Orgler?) erhielt Aceton aus Hühner- 
eiweiß. In der später erschienenen Arbeit von Neuberg und 
S. Miura’) weisen diese Autoren nach, daß Wasserstoffsuper- 
oxyd und Eisensalz Stickstoff in Gestalt von Ammoniak aus 
verschiedenen Eiweißstoffen abspalten. Außerdem fanden sie 
im Destillat Substanzen von Aldehyd- und Keton-Charakter. 
Die Herkunft des Ammoniaks erklären sie auf folgende Weise: 
Die sich bei der Hydrolyse der Eiweißstoffe bildenden Amino- 
säuren, Oxyaminosäuren und Diaminosäuren desaminieren sich 
nach folgendem Schema: 


R>C .NH,— COOH + H,O =p >COH +C0,H + NH,, 


oder 
R — CH . NH, — COOH -+ H,0, = R — CO — COOH 
BI LR 

Bei den weiter unten beschriebenen Versuchen wurde statt 
eines mineralischen Katalysators proteolytisches Ferment ver- 
wendet. Vandevelde?) behauptet, daß Wasserstoffsuperoxyd 
die Wirkung der proteolytischen Fermente anrege. 

Zu den ÖOxydatoren gehören auch Isatin, Alloxan und 
Chinon®). Als Versuchsobjekte dienten Hefe, Hefanol, Weizen- 
keime und Erbsenmehl. Da die noch nicht gekeimten Erbsen- 
samen kein aktives proteolytisches Ferment enthalten, so wurde 
letzteres in Gestalt von Takadiastase hinzugefügt, die sehr 
reich an proteolytischem Ferment ist, worauf schon Vines’) 
und Wohlgemuth®) hingewiesen haben. 

Die von W. Alexandrow ausgeführte Analyse der Taka- 
diastase ergab folgende Resultate: 


Gesamt-N e o e è e o e òo e e >œ 0,94 Mittel 1,01 KÉ 


1) A. Orgler, Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 1, 583, 1902. 

2) C. Neuberg und S. Miura, diese Zeitschr. 86, 37, 1911. 

3») A. J. J. Vandevelde, Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 5, 
558, 1904. — A. J. J. Vandervelde, H. de Waele und E. Bugg, 
ibid. 8. 571. 

4) W. Traube, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 44, 3145, 1911. 

s) S. H. Vines, Ann. of Botany 24, 218, 1910. 

©) Wohlgemuth, diese Zeitschr. 89, 324, 1912. 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytisches Ferment usw. 321 


0,76 

Eiweß-N . . 2... 2 22200 boy Mittel 0,75°/, 
0,68 
0,68 

Die Takadiastase ist demnach sehr arm an Eiweißstoffen. 
Die in demselben enthaltenen Eiweißstoffe unterliegen der 
Autolyse fast gar nicht. Die Eiweißstoffe wurden nach Stutzer 
bestimmt, der Stickstoff nach Kjeldahl. Die Analysen der 
Versuche 1 bis 6 wurden von Th. Schestow, 7 bis 10 von 
N. Iwanoff, 11 bis 15 und 17 bis 21 von W. Alexandrow, 
16 von P. Smirnow und 22 bis 24 von A. Lewitzky aus- 


geführt. 
Versuch 1. 


Bestimmung des Gesamt- und des Eiweißstickstoffes in Hefanol. 


Eiweiß-N nach 4tägiger Autolyse 20° d ) Mittel 0,68°/, 





Menge von N 












0,2790 
Gessmt-N . . 






0,2757 100,0 
0,3766 

FR: 0,4626 

Biweiß-N.. { 04352 87,6 





In 9 Kolben mit Hefanol wurden zu je 20 ccm Flüssigkeit ge- 
gossen, und zwar in 3 Wasser, in 3 H,O, 1°/, und in 3 H,O, 3%%o- 
Die Autolyse dauerte 6 Tage bei 15 bis 20°. 











einen Quantität des 
in ° d zerfallenen 
Dä D |Eiweißoe ind], 
des Eiweiß- 
Kontroll- Istickstoffes d. 
portion |Kontroliport. 


0,5294 

Wasser . . »?j 0,4153 27,4 
0,5600 
0,4635 

H,O, 1%, +» » <j] 0,4913 25,9 


0,3452 


0,4638 
H,O, 3%, OU 0,3412 26,2 
0,4078 


322 W. Palladin: 


Versuch 2. 


Hefanol. 6 Kolben mit je 50 ccm Flüssigkeit; Wasser oder 3°/, 
H,0,. Autolyse 9 Tage bei 15 bis 20°. 





Versuch 3. 


Hefanol, 6 Kolben mit je 100 ccm Flüssigkeit: Wasser oder 3°/, H,O,. 
Autolyse 9 Tage bei 15 bis 20°. 


BA 3% - - 





Die Ergebnisse aller drei mit Hefanol angestellten Ver- 
suche zeigen uns, daß das Hinzufügen einer geringen Menge 
H,O, fast gar keine Wirkung auf die Arbeit des proteolytischen 
Fermentes ausübt. In allen Fällen blieb nach Beendigung des 
Versuches in der Flüssigkeit kein freies Wasserstoffsuperoxyd 
zurück: dasselbe wurde vollständig durch die im Hefanol in 
großer Menge enthaltenen Katalase zerlegt, und dies während 
seines Hinzugießens am Anfange des Versuches, so daB die 
Autolyse eigentlich entweder im Wasser, oder mit einer minimalen 
Menge Wasserstoffsuperoxyd vor sich ging. 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytischese Ferment usw. 323 


Da bei der Zerlegung des Wasserstofisuperoxyds durch die 
Katalase diese letztere zerstört wird, so wird man aus diesen 
Versuchen schließen können, daß die Anwesenheit der Katalase 
keinen Einfluß auf die Arbeit des proteolytischen Fermentes 
ausübt. 

Versuch 4. | 
Preßhefe. Menge des Gesamt- und des Eiweiß-Stickstoffes. 





Quantität des N 











Gesamt-N 





in OI. deel Zerfallenen 
Eiw@g.N [Eiweißesin?,, 
desEiweiß-N 
r Kontroll- 
portion 





2,2925 
2,2014 


Versuch 5. 
Weizenkeime. Bestimmung des Gesamt- und des Eiweißstickstoffes. 





Menge des N 
in 0/ 0 der 
Trocken- 
substanz 







Eiweiß-N. . d 


Autolyse 18 Tage bei 15 bis 20°. Bei der Fällung der Eiweiß- 
stoffe durch Kupferoxydhydrat wurde ein wenn auch schwaches Auf- 


324 W. Palladin: 


schäumen bemerkt, als Ergebnis der Zersetzung des nach der Autolyse 
übriggebliebenen Wasserstoffsuperoxyds. 


Quantität des 
in OI. deel zerfallenen 

Eiweiß-N |EiwoiBesin?/, 
Mittel) der  jdes Eiweiß-N 
Kontroll- der Kontroll- 


portion | portion 













0,7429 
Wasser ... 0,7482 31,7 
0,7888 


0,7570 


H,O, 3%, - . | 0,8579 46,1 
0,7503 


Versuch 6. 


Hefanol. Zur Verwendung kam 10°/,iges Wasserstoffperoxyd. Je 
50 oom Flüssigkeit. Autolyse 10 Tage bei 15 bis 20°. 

Vor der Fällung der Eiweißstoffe werden die Kolben im Kochschen 
Apparat erwärmt, zur Vermeidung starken Schäumens infolge Zerlegung 
des übriggebliebenen H,O, durch das Kupferoxydhydrat. 





zerfallenen 
Eiweißos in9/, 
des Eiweiß-N 
der Kontroll- 


Der in diesem Versuche beobachtete starke Abbau der Eiweiß- 


stoffe, wie auch der verstärkte Abbau derselben in den vorher- 
gehenden Versuchen in Gegenwart von H,O, wird hervorgerufen 
durch das Kochen vor der Fällung mit Kupferoxydhydrat, wie 
dies aus dem nächstfolgenden Versuche hervorgeht. 


Versuch 7. 
Hefanol. 3 Portionen zu 0,6 g+50 eem H,O, 10°%,. Quantität 
des Eiweißstickstoffes in den Kontrollportionen 39,8 mg. Autolyse bei 
einer Temperatur von 18 bis 20°. Die erste Portion wurde nach 4 Tagen 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytisches Ferment usw. 325 


zuerst aufgekocht und dann erst mit Cu(OH), gefällt. Die zweite und 
dritte Portion wurden nach 12tägiger Autolyse ohne vorhergehendes 
Kochen mit Alkohol (zur Zerstörung des H,0,) und Cu(OH), gefällt. 












Quantität des 
zerfallenen 
Eiweißes in °/, 
des Eiweiß-N der 
Kontrollportion 


Portionen 


Die Hinzufügung einer großen Quantität von H,O, hebt 
demnach die Arbeit des proteolytischen Fermentes gänzlich auf. 
Der in dem gegenwärtigen und dem vorhergehenden Versuche 
erhaltene starke Abbau der Eiweißstoffe war nicht durch ein 
proteolytisches Ferment hervorgerufen, sondern durch das Kochen 
in Gegenwart einer großen Menge von Wasserstoffsuperoxyd. Das 
Wasserstoffsuperoxyd wirkt bekanntlich schon bei wenig hoher 
Temperatur (Bruttemperatur) sehr stark auf Eiweißstoffe?). Bei 
der Einwirkung starker Lösungen dagegen zerfallen die Eiweiß- 
stoffe unter Bildung von Kohlensäure, Schwefelsäure, Salpeter- 
säure, Essigsäure, Acetaldehyd, Oxalsäure, Bernsteinsäure, Am- 
moniak und Aminosäuren?).. Von letzteren wird nur eine ge- 
ringe Menge erhalten, da sie nach Untersuchungen von Neu- 
berg (ol sowie Dakin durch Woasserstoffperoxyd unter Am- 
moniakbildung abgebaut werden?). 


Versuch 8. 


Käufliches Hühnereiweiß. 6 Portionen zu 0,6 g mit 50 oom Flüssig- 
keit und Toluol. 1. und 2. Portion mit Wasser, 3. bis 6. mit H,O, 10°%),- 
Temperatur 18 bis 19°. Die 1. bis 4. Portion standen 10 Tage, die 5. 
bis 6. 3 Tage. In der 3. und 4. Portion wurden die Eiweißstoffe vor dem 
Kochen, in der 5. und 6. Portion nach zuvorigem Istündigen Kochen 
mit Kupferoxydhydrat gefällt. Quantität des Eiweißstickstoffes in den 
Kontrollportionen 69,1 mg. 


2) Fr. N. Schulz, Zeitschr. f. physiol. Chem. 29, 86, 1900. An- 
gabe der früheren Literatur. 
2) F. Breinl und O. Baudisch, Zeitschr. f. physiol. Chem. 52, 
159, 1907. 
s) H. D. Dakin, Journ. of Biolog. Chem. 1, 171, 822, 1906. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 22 


326 W. Palladin: 





Eiweiß-N 


in Blo des 
Eiweiß-N der 
Kontrollportion 








Quantität des zer- 
fallenen Eiweißes 
in °/, des Eiweiß-N 
der Kontrollportion 













H,0,. Kochen nach Hin- 
zufügen von Cu(HO), 


Ex Kochen vor dem { 
inzufügen vonCu(HO), 


Zwei Portionen Hühnereiweiß wurden im Verlaufe einer Stunde 
mit 10°/,iger H,O, gekocht. Bei dem Kochen ging das Eiweiß in 


Lösung. 






96,7 
95,7 


Es verblieb 
Eiweiß-N: Zersetzt: Zersetzt in °/, des N 
2,24 66,9 96,8 
2,93 | 66,2 95,8 


Aus dem Filtrat wurden nach Hinzufügen von MgO bei 100° folgende 
Quantitäten Ammoniak abdestilliert: 1. 26,2 mg, 2. 25,1 mg. 


Versuch 9. 


8 Portionen Hefanol zu je 1,5 g. Eiweiß-N in den Kontrollportionen 
106,4 mg. Autolyse 66 Stunden bei 32°. Die Eiweißstoffe wurden durch 
Cu(OH,) ohne Kochen gefällt. 


Es wurden Eiweißstoffe zerlegt in 


mg "de 
5 H 50 oom Wasser . ee 0.2000 59,5 55,9 
i } 50 com Wasser + 0,75 g KH,PO, . . 67,9 63,8 
ó } 50 eem 3%, Bai n.. . 469 44,8 


Š } 50 eem 3%, H0; + 0,75 g KH,PO, . 52,8 49,6 


Versuch 10. 

4 Portionen zermahlene Weizenkeime zu je 1,5 g. Eiweiß-N der 
Kontrollportionen 68,1 mg. Autolyse 66 Stunden bei 32°/,. Fällung der 
Eiweißstoffe durch Cu(OH), obne Kochen. 

Es werden Eiweißstoffe zerlegt in 

mg "e 
21 50 eem Wasser . 27,4 40,2 


S } 50 eem 3%, H202. . . . 20,1 29,5 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytisches Ferment usw. 327 


Versuch 11. 


Mehl aus Erbsensamen. Autolyse 48 Stunden bei 33° in 75 com 
0,25°/,iger Citronensäure. In der letzten Portion war noch 2,5°0/ Hai 
enthalten. Taka-Diastase wurde zu 0,6 bis 0,7 g hinzugefügt. Die 
Kolben wurden mit Pfropfen verschlossen. Eiweiß-N 3,49°/,. 





Eiweiß-N 
















Lee: Eiweißesin® l 


des Eiweiß- 
der Kontroll- 






13,94 
12,65 | 0,882) 


14,62 | 0,97 
18,50 | 1,12 


19,65 | 1,32 


Ohne Luft. . { 







Luft 
H,O, ... 









1,82 | 37,4 





Versuch 12. 


Mehl aus Erbensamen. Autolyse 4 Tage bei Zimmertemperatur 
(sauerstofffreie Portion bei 16 bis 19°, Luftportion bei 14 bis 16° auf dem 
Schüttelapparat). 4 Portionen in 75 com 0,25°/,iger Citronensäure und 
2 Portionen in 75 com Citronensäure und 2,5°/, HA, endlich 2 Portionen 
in 75ccm Wasser. Takadiastase 0,75 g. Die Kolben waren mit Pfropfen 
verschlossen. 





Eiweiß-N Menge der 
zerfallenen 


des Eiweiß-N 
der Kontroll- 


Ohne Luft. . 


Luft 


H,0, .... 1.3295 


Ohne Citronen- 1,3807 ; 83,8 
säure 1,2915 ’ 





1) Die Autolyse dieser Portion dauerte nur einen Tag. Der Zerfall 


war daher beträchtlich geringer. 
29% 


328 W. Palladin: 


Versuch 13. 

Erbsenmehl mit Takadiastase (zu 0,21 g). Autolyse 6 Tage bei 20°. 
Eiweiß-N in der Kontrollportion 3,49°/,. 4 Portionen in 60 com Wasser 
und zwei Portionen in 60 ccm 3°/, HA. Die beiden Wasserportionen 
wurden vor dem Fällen durch Cu(HO), gekocht, die übrigen 4 Portionen 
kalt gefällt. 






Eiweißesin®/, 
des Eiweiß-N 
der Kontroll- 


Versuch 14. 
Mehl aus Erbsensamen mit Takadiastase (zu 0,2326 g). Autolyse 
6 Tage bei 19 bis 21° in 60 ccm Flüssigkeit. Eiweiß-N der Kontroll- 
portionen 3,49%/,. Die beiden Wasserportionen werden vor der Fällung 
durch Cu(HO), gekocht. Die übrigen Portionen wurden nicht gekocht. 


Eiweiß-N 

Zerfallenes 
Trocken- CR in "io des | Eiweiß in °/, 
substenz oS E Eiweiß-N | des Eiweiß-N 
Be E Mittel! der der Kontroll- 

> È g Kontroll- portion 

g mg |S portion 
Wasser 1,4222 | 11,61 | 0,90 
(Kochen) {| 12949 | 18,74 | 0.97 3094 | 26,98 | 73,0 (106) 


1,4502 | 15,62 | 1,08 
12800 |1436 | 112 |} L10 | 31,52 | 68,5 (100) 


Ra 3%... { NEEN 251 108 Lisi 53,01 | 47,0 (68) 


1,1222 | 15,42 | 1,37 
Resorein 0,5g { 14858 | 2228 | 150 11,44 | 41,26 | 78,7 (86) 


Hydrochinon 1,5126 | 28,34 | 1,97 
0,58 d 1,5801 1 31,81 | 2,01 }194 | 55,59 | 44,4 (65) 


Pyrokatechin 1,5702 ] 40,86 | 2,60 
05g {| 13000 lasse | ze J261 | 7479 | 25,2 87 
Die Portionen mit Hydrochinon und Brenzkatechin röteten sioh be- 


reits am zweiten Tage und nahmen dann eine dunkelbraune Färbung 
an. In den Portionen mit Resorcin ergab sich keine Färbung. 


Wasser ... 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytisches Ferment usw. 329 


Versuch 15. 
Hefanol. Autolyse 6 Tage bei 20 bis 21° in 50 eem Flüssigkeit. 
Eiweißstickstoff in der Kontrollportion 7,6%). 


Trocken- 5. in file des MASS 
substanz Oo E Eiweiß-N | ges Eiweiß-N 
8 Mittel| der |gerK 
SE Kontroll- | °°" Kontroll- 
g mg |S © portion portion 
u 1,8050 | 83,41] 4,62 
Wasser 1,3654 I 64,61 | 4,73 44,68 61,58 38,4 
1,4656 | 68,69 | 4,69 
Pyrokatechin 1,1854 I 75,41 | 6,36 
058 1.6476 |106,51 | 646 |} 641 | 84,84 15,6 
R Die Portionen mit Brenzkatechin änderten ihre Färbung fast gar 
nicht. 


Versuch 16. 
Hefanol. Autolyse 6 Tage bei 20° in 50 com Flüssigkeit. Eiweiß- 
stickstoff in der Kontrollportion 7,7%/,. 





Eiweiß-N Zerfall der 
re Eiweißstoffe 
in Die 
des Eiweiß-N 
der Kontroll- 
portion 
1,868 198,60 | 5,01 
Wasser .. . 1.820 | 81.97 | 5.08 15,08 65,8 84,7 
Resorcin 0,5 g 1,075 67,34 | 6,26 6,26 81,8 18,7 
Resorcin 1g. { > se E Lea) 845 15,5 


Versuch 17. 
Mehl aus Erbsensamen mit Takadiastase (zu 0,5 g). Autolyse 6 Tage 
nei 13 bis 20° in 75 com Flüssigkeit. Eiweißstickstoff 3,49 9%/,. 


j Eiweiß-N 









der Kontroll- 
portion 


Methylenblau 585 
0,75 ohne Luft å 
H,0, 3% -f TE 


330 W. Palladin: 


Die Portionen mit H,O, bleiben nach der Fällung durch Cu(HO), 
ohne vorheriges Kochen 2 Tage stehen und wurden erst dann abfiltriert. 
Aus diesem Grunde wirkte das H,O, in Gegenwart des Katalysators 
(des Kupfers) in zerstörender Weise auf die Eiweißstoffe und es ergab 
sioh ein verstärkter Abbau. 


Versuch 18. 

Mehl aus Erbsensamen mit Takadiastase (zu 0,5 g). Autolyse 4 Tage 
bei 13 bis 19° in 75 ocom Flüssigkeit. Eiweißstickstoff 3,49°%/,. Die Luft- 
portionen wurden täglich auf 8 bis 10 Stunden in den Schüttelapparat 
gestellt. 








Eiweißzerfall 
in gi 
Eiweiß-N | des Eiweiß-N 
der Kontroll- 
portion 
Wasser . . . | 1,8631 |32,25 | 236 | 2,36 | ee 82,4 
Wasser ohne 1,2362 | 23,75 | 1,92 
Luft {| 12668 |2729 | 215 |} 208| 582 41,8 
Methylenblau d 1,3100 | 24,66 | 1,88 
0,75 g {| 11197 |2r16| re [11,88] 538 46,2 
Methylenblau 1,1641 | 27,98 | 2,11 
i ohne Luft 12462 |2731 | 219 |} 215| 61,6 38,4 
1,3826 | 29,14 | 211 
Isatin 0,1 . . {| 13041 129,74 | 227 IER 62,4 37,6 
1,3254 | 20,34 | 1,58 
MgO, 0,5 . . {| 12936 | 1990 153 1158| 43,8 56,2 
Citronensäure 1,4298 | 15,10 | 1,05 
025%... 12634 | 1030| ae 1093| 266 13,4 
Versuch 19. 


Mehl aus Erbsensamen mit Takadiastase (zu 0,75 g). Autolyse 
6 Tage bei 19 bis 20° in 8 oom Flüssigkeit. Eiweißstickstoff 8,499/,. 


Eiweiß-N 
z in pi. der Eiweißzerfall 
Trooken- 0 in 
on 8 Eiweiß-N | des ln 
292 % | Mittel] der der Kontroll- 
g mg Lë portion 
Wasser . . $ 67,4 
Methylenblau 
0258. ... 51,9 
Methylenblau 59.3 





ohneSauerstofi 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytisches Ferment usw. 331 


Versuch 20. 


Mehl aus Erbsensamen mit Takadiastase (zu 0,47 g). Autolyse 
6 Tage bei 18 bis 20° in 75 com Wasser. Eiweißstickstoff 3,49 %/,. 





Eiweiß-N 
2 Dm SE rege 
T i in ep e 
a 8 83 l Eiweiß-N | des Eiweig.N 
ES % Mittel) ` der der Kontroll- 
E EE Kontroll- N 
e portion 
g mg LBE a portion 
2,4217 139,71 | 1,64 
Luft .... 2,3338 | 57,54 | 1,61 1,67 47,8 52,2 
2,4876 143,63 | 1,75 
2,4418 | 19,65 | 0,81 ; 
Ohne Luft . . {| 179372 | 1406 | 073 } 0,77 22,1 77,9 


Versuch 21. 
Weizenkeime. Bestimmung des Gesamt- und des Eiweißstickstoffes. 








Menge des N 





Menge 
der Keime 


g 
0,6795 
0,6672 


1,2747 
1,1006 









Gesamt-N e o 






Ei weiß-N e o 



















"7 des 
Eiweiß-N der 
Kontroll- 






1,2238 






Luft e o o o 1,0668 10,7 
Ohne Sauerstoff { ere 24,2 





In Abwesenheit von Sauerstoff wurden demnach um 13,5°%/, mehr 
Eiweißstoffe abgebaut. 


339 W. Palladin: 


Versuch 22. 
Ttägige Autolyse des Zymins bei 20°. 





Eiweiß-N N der in 
— — D''A T zer- 
in © iweiß-N deri fellenen Ei- 
Trookensub-) Mittel | Kontroll. | weißstofe 
stanz portion —=100 = 100 
Kontrollportion .{ We H 7,23 100,0 _ 
2,88 
Wasser ..... ao |} 297 40,0 100 
WasserinCO,-Atmo- 8,12 
sphäre S d 2,92 } 3,02 41,6 99 
KNO, 2°... pE } 148 19,8 136 
Na,8e0, 1°% .. en 1 845 479 88 
HO 05%... A e |) 69 95,4 8 
Versuch 23. 


11 tägige Autolyse der Weizenkeime bei 20°. 















in ®/, der f 
Trockensub-| Mittel 













4,75 
Kontrollportion 4,90 

4,75 

3,22 
Wasser ..... 3.26 100 
Wasser in Atmo- 2,70 
sphäre d. Kohlen- 2,78 132 
säure 2,71 


Versuch 24. 


Autolyse bei 20° der zuvor 10 Minuten mit Aceton bearbeiteten 
und erst dann nach dem Austrocknen zermahlenen Weizenkeime. 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytisches Ferment usw. 333 











N der in 
Wasser zer- 
|Eiweiß-N der) fallenen Ei- 
Mittel Kontroll- | weißstoffe 
portion—100| = 100 








Kontrollportion . . 








Wasser 100,0 
ENO, 2%... » » 100,8 
Na,SeO, 40/,. | 41,0 
10 Tage: 
Eiweiß-N N der auf 
Wasser zer- 
in °/, der Eiweiß-N der) fallenen Ei- 
Trockensub- | Mittel Kontroll- | weißstoffe 
stanz portion=100| = 100 
4,02 
Wasser ..... 3,92 4,05 78,0 100 
4,12 
4,14 
Na,Se0, 4%, - » A 4,17 4,23 82,7 79 
4,30 
Na,Se0, 4%/, in Al 380 
mösphäre d CO, 8,65 3,83 746 | 15 
4,79 
HCI 05%... . 4 ét | 4,73 91,2 40 
4,60 
4,39 
NaCO, 0,5%, =- 4,51 4,44 85,6 65 
4,42 


Auf Grund der eben beschriebenen Versuche kann man 
nachstehende Schlüsse ziehen: 

1. Die proteolytischen Fermente gehören zu den anaeroben 
Fermenten. Verschiedene oxydierende Reaktionen halten die 
Arbeit der proteolytischen Fermente auf oder bringen dieselbe 


e 


334 W. Palladin: 


völlig zum Stillstande. In der lebenden Zelle ist die Arbeit 
der proteolytischen Fermente vor dem schädlichen Einflusse der 
gleichzeitig vor sich gehenden Oxydationsprozesse geschützt. 
Nach dem Abtöten der Pflanzen dagegen, wenn die regulierende 
Tätigkeit des lebenden Protoplasmas weggefallen ist, beginnen die 
oxydierendenReaktionen dieproteolytischen Fermente zu vergiften. 

2. Der Sauerstoff der Luft wirkt nicht unmittelbar auf 
die Autolyse der Eiweißstoffe. So wurde im Zymin an der Luft 
und bei Abwesenheit von Sauerstoff der gleiche Zerfall der 
Eiweißstoffe erzielt (Versuch 22). Aus diesem Grunde konnten 
Hahn und Geret?) bei der Autolyse von Hefenpreßsaft an der 
Luft und ohne Sauerstoff keine positiven Resultate erzielen. In- 
dessen gelangte Will?) zu dem Schluß, daß auch bei der Hefe 
die Abwesenheit von Sauerstoff eine günstige Wirkung ausübt. 
Enthalten die Pflanzen dagegen (oder die hinzugefügte Taka- 
diastase) Stoffe, die geeignet sind, den von ihnen aufge- 
nommenen Sauerstoff zu übertragen (Peroxydase und Atmungs- 
chromogene), so ergibt sich bei der Autolyse an der Luft 
stets ein geringerer Zerfall der Eiweißstoffe, als in Abwesen- 
heit von Sauerstoff (Versuche 11, 12, 18, 20, 21, 23). Bei der 
Autolyse etiolierter Blätter von Bohnen erfolgt der Zerfall 
der Eiweißstoffe bei Abwesenheit von Sauerstoff um 122°/, 
energischer®). 

3. Wasserstoffsuperoxyd übt in geringen Quantitäten keinerlei 
Wirkung auf die Autolyse der Eiweißstoffe aus, da dasselbe 
sofort durch die Katalase zerstört wird (Versuche 1, 2, 3). Er- 
höht man dagegen seine Quantität, so wird die Autolyse der 
Eiweißstoffe aufgehalten (Versuche 9, 10, 11, 12, 13, 14) oder 
hört sogar völlig auf (Versuch 7). Das Wasserstoffisuperoxyd 
erweist sich daher als ein starkes Gift für die proteolytischen 
Fermente. Bei der Arbeit mit H,O, darf man die Produkte 
der Autolyse nicht kochen, da die Eiweißsubstanzen beim Kochen 
mit H,O, unter Bildung beträchtlicher Mengen von Ammoniak 
rasch zerfallen (Versuch 8). Aus diesem Grunde hat sich bei 
denjenigen Versuchen, wo die Produkte der Autolyse vor dem 


1) M. Hahn und Z. Geret (E. Buchner, H. Buchner und 
M. Hahn, Zymasegärung, 1903, S. 318). 

2) H. Will, Zeitschr. f. d. ges. Brauwesen, 1898, 1901. 

3) W. Palladin und G. Kraule, Lo 


Einwirkg. verschiedener Oxydatoren auf proteolytisches Ferment usw. 335 


Fällen durch Kupferoxydhydrat ohne vorhergehende völlige Zer- 
störung des Wasserstoffsuperoxyds gekocht wurden, ein verstärkter 
Abbau der Eiweißstoffe ergeben (Versuche 4, 5, 6). Bei dem- 
Fällen der Produkte der Autolyse durch Kupferoxydhydrat in 
Gegenwart von Wasserstoffsuperoxyd muß der Niederschlag sofort 
abfiltriertt und durchwaschen werden, indem die Kupfersalze 
einen mächtigen Katalysator darstellen, der einen Abbau der 
Eiweißstoffe durch eine geringe Menge von Wasserstoffsuperoxyd 
bei Zimmertemperatur hervorruft (Versuch 17). 

4. Die Diphenole halten die Autolyse der Eiweißstoffe auf. 
In Gegenwart von Peroxydase befindet sich die hemmende 
Wirkung in Abhängigkeit von der Oxydation des Diphenols 
durch die Peroxydase. Das schwer oxydierbare Resorcin [Meta- 
diphenol!)] hält die Autolyse um 14°/, auf. Die leicht oxydier- 
baren Diphenole halten die Autolyse der Eiweißstoffe in be- 
trächtlichem Maße auf: Hydrochinon (Paradiphenol) um 35°/, 
und Brenzkatechin (Orthodiphenol) um 63°/, (Versuch 14). In 
Abwesenheit von Peroxydase (Hefe) ist kein beträchtlicher Unter- 
schied in der hemmenden Wirkung des Resorcins (um 46°/,) und 
des Brenzkatechins (um 59°/,) zu bemerken (Versuche 15 und 16). 

5. Methylenblau und Isatin halten die Autolyse der Ei- 
weißstoffe auf (Versuch 17, 18, 19). 

6. Selensaures Natrium hält die Autolyse der Eiweißstoffe 
auf (Fig. 22, 23). 

7. KNO, wirkt in hohem Grade stimulierend auf die Auto- 
lyse der Eiweißstoffe in Zymin®), übt aber nicht die geringste 
Wirkung aus auf die Autolyse der Eiweißstoffe in den Weizen- 
keimen (Versuch 22, 24). 

8. In der Takadiastase ist ein äußerst energisches proteo- 
lytisches Ferment enthalten, dessen Wirkung durch Citronensäure 
stark stimuliert wird (Versuch Nr. 12, 18). 

9. Nach dem Kochen der Produkte der Autolyse vor der 
Fällung der Eiweißstoffe durch Kupferoxydhydrat sind in dem 
Niederschlage weniger Eiweißstoffe enthalten, als ohne vorher- 
gehendes Kochen (Versuch 13, 14). 

2) G. Bertrand, Annales de chimie et de physique, 7 serie, 12, 


115, 1897. 
2) T. Gromow, Zeitschr. f. physiol. Chem. 42, 300, 1904. 


— — — — — 


Die heterologe Toxizität der Antisera. 
Von 
J. Forssman und Assar Hintze. 
(Aus dem pathologischen Institut der Universität Lund, Schweden.) 
(Eingegangen am 22. Juli 1912.) 


Im Anschluß an die augenblicklich so eifrig betriebenen 
Untersuchungen über diejenigen Erscheinungen, die mit dem 
Namen Anaphylaxie bezeichnet worden sind, ist auch die Frage 
von der Toxizität der Antisera aktuell geworden. Soweit es 
nun die Einwirkung von Antisera auf homologe Tierarten be- 
trifft, scheint es, als ob wenigstens die meisten Verfasser darüber 
einig wären, die hierbei hervortretenden Phänomene unter 
die Kategorie der Anaphylaxie einzureihen und also den Mecha- 
nismus sich so vorzustellen, daß anaphylaktische Reaktions- 
körper in den Antisera den homologen, antigenhaltigen Orga- 
nismen zugeführt werden, um, geeignete Dosen der Sera vor- 
ausgesetzt, durch Vereinigung von Reaktionskörper und Antigen 
den anaphylaktischen, tödlichen Shok auszulösen. 

Aber neben einer homologen Toxizität hat man auch in 
einigen Fällen eine heterologe Toxizität der Antisera beob- 
achtet. So berichtet man z. B. über Antipferdesera, Antityphus- 
und Antibierhefesera von Kaninchen, welche Sera intravenös bei 
Meerschweinchen injiziert, einen tödlichen Shok hervorzurufen 
vermochten. Das beste bisher bekannte Beispiel hochwertiger 
heterologer Toxizität eines Antiserums hat man aber in Anti- 
hammelsera von Kaninchen für Meerschweinchen gefunden. 

Diese heterologe Wirkungsweise der Sera hat man bisher 
gar nicht verstehen können, da die Sera zudem mit Blut- 
körperchenserum oder -plasma von Meerschweinchen nicht re- 
agierten; und trotzdem von verschiedenen Forschern viele Unter- 
suchungen speziell über die Toxizität der Antihammelsera für 


J. Forssman und A. Hintze; Heterologe Toxizität der Antisera. 337 


Meerschweine ausgeführt worden sind, weiß man augenblicklich 
gar nicht, wie diese Beobachsungen zu deuten sind. 

Vor kurzem haben Doerr und Weinfurter!)der heterologen 
Toxizität ein eingehendes Studium gewidmet. Da in ihrer 
Arbeit eine vortreffliche Übersicht nicht nur über die hierher 
gehörigen, bisher gemachten Experimente, sondern auch über 
die verschiedenen Versuche, das Problem zu erklären, sich 
findet, können wir für die Orientierung in der Frage uns dar- 
auf beschränken, in diesen Punkten auf die genannte Arbeit 
hinzuweisen; wir möchten hier nur die haupteächlichsten Er- 
gebnisse der Experimente von Doerr und Weinfurter an- 
führen, ehe wir über unsere eigenen Versuche, die von einem 
neuen Gesichtspunkte aus vorgenommen sind und hauptsächlich 
die Toxizität des Antihammelserums von Kaninchen für Meer- 
schweinchen umfassen, berichten. 

Doerr und Weinfurter fassen selbst ihre Schlußfolgerungen 
folgendermaßen zusammen: 

1. Das Serum von Kaninchen wird, wie bereits Friedberger be- 
wies, durch Immunisierung mit artfremdem Eiweiß oder heterologen 
Erythrocyten für Meerschweinchen pathogen. 

2. Dies gelingt ziemlich konstant bei der Benutzung von Hammel- 
eiweiß oder Hammelerythrocyten als Antigen. Schon die einmalige Ein- 
spritzung von Hammelserum in geringen Mengen macht das Serum der 
Kaninchen toxisch, bei wiederholter Zufuhr lassen sich hohe Giftigkeits- 
grade erzielen (Dos. let. pro 100 g Meerschweinchen 0,03 ccm). 

3. Andere Eiweißantigene wirken inkonstant erst in großen Mengen 
und bei lange wiederholter Injektion. Die beobachteten Grade der 
Toxizität waren relativ gering. Die Ursache der Sonderstellung der 
Hammelantigene ist zurzeit unbekannt. Die primäre Giftigkeit der Eiweiß- 
antigene für Meerschweinchen hat keinen Einfluß auf die Toxizität der 
mit ihnen gewonnenen Kaninchenantisera für dasselbe Versuchstier. 
Ebensowenig kann ein verschieden rascher „Abbau“ der verschiedenen 
Eiweißantigene für die Differenz der Giftigkeit der korrespondierenden 
Immunsera verantwortlich gemacht werden. 

4, Die Toxizität ist eine Folge des Immunisierungsprozesses und 
zeigt bisweilen, aber durchaus nicht immer, einen gewissen Parallelismus 
zur Antikörperbildung. Der Antikörper als solcher kann nicht als Träger 
der Pathogenität aufgefaßt werden. 

5. Die Toxizität hängt nicht von dem gleichzeitigen Gehalt an 
Antigen und Antikörper ab, die im Kaninchen unverändert nebeneinander 
“existieren und erst im injixzierten Meerschweinchen unter Zutritt von 
Komplement abreagieren (Friedberger). Die Antigenreste schwinden 





2) Centralbl. f. Bakt. Orig.-Bd. 68. 


338 J. Foresman und A. Hintze: 


vor eintretender Toxizität völlig; zur Zeit, wo. Antigen und Antikörper 
koexistieren, ist die Toxizität nicht nachweisbar; die wirksamen Mengen 
Antieiweißserum sind bisweilen so minimal, daß sie weder genug Anti- 
körper noch Antigen enthalten können, als für eine anaphylaktische Re- 
aktion erforderlich wäre. Zudem erzeugen marlche toxischen Sera (Anti- 
hammelhämolysin) keinen „Komplementschwund‘“. 

6. Das wirksame Prinzip der toxischen Antieiweißsera der Kaninchen 
ist bereits im Blute dieser Tiere präformiert. 


9. Es bestehen enge Beziehungen zwischen dem anaphylaktischen 
Shok und der Wirkung toxischer Antieiweißsers, die es wahrscheinlich 
machen, daß beide Prozesse auf einem ähnlichen Mechanismus beruhen. 

1911 veröffentlichte Forssman?) eine Arbeit „Über die 
Herstellung hochwertiger spezifischer Schafhämolysine ohne Ver- 
wendung von Schafblut“. Hier wird nun unter anderem be- 
richtet, wie man durch Injektionen bei Kaninchen von Meer- 
schweinchenorgannen (Niere, Leber, Nebennieren, Herz, Hoden 
und Gehirn) nicht aber von Meerschweinchenblut, von Katzen- 
und Pferdenieren, nicht aber von Ochsen- oder Rattennieren 
hochwertige Schafhämolysine erhalten kann, die in der Regel 
(nicht immer!) von allen denjenigen Organemulsionen neutrali- 
siert werden, durch die solche Schafhämolysine hervorgerufen 
werden können. Die so erhaltenen Hämolysine sind vom 
Amboceptortypus und verbinden sich mit denselben Receptoren 
der Blutkörperchen (um Bezeichnungen aus der sog. Seiten- 
kettentheorie zu entleihen) wie das gewöhnliche, durch In- 
jektionen von Schafblut erzeugte Schafhämolysin. 

Wenn man nun die Toxizität des gewöhnlichen Schaf- 
hämolysins für Meerschweinchen in der Beleuchtung dieser 
Arbeit betrachtet, wird dies merkwürdige Ereignis leicht erklär- 
lich, wie wir gleich nachweisen wollen. 

Die Meerschweinchenorgane enthalten also ebenso wie die 
Hammelblutkörperchen Antigene, die Hammelhämolysin hervor- 
rufen, und obgleich das durch Meerschweinchenorgane erzeugte 
Hämolysin sich in vielen Beziehungen von dem durch Hammel- 
blutkörperchen erzeugten unterscheidet, so verbinden sich doch 
beide Hämolysine mit denselben Receptoren der Hammelblut- 
körperchen. 


1) Diese Zeitschr. 87. 


Heterologe Toxizität der Antisera. 339 


Neben dem Antigen für Hammelhämolysin enthalten aber 
die Meerschweinchenorgane noch andere Antigene, vielleicht 
auch solche, die zudem andere Hammelantikörper erzeugen 
können. So hat Forssman einigemal auch Hammelagglutinin, 
obgleich nicht starkes, nach Injektionen von Meerschweinchen- 
Organemulsionen gesehen. Unter solchen Umständen und 
da wirklich Antihammelsera anaphylaktisch bei Meerschwein- 
chen wirken, liegt es nahe, das Vorkommen auch eines 
Hammelanaphylaktogens in den Meerschweinchenorganen an- 
zunehmen. 

Nun zeigt die Erfahrung, daß ungeachtet der Verschieden- 
heit der antikörperbildenden Substanz oder vielmehr des anti- 
körperbildenden Radikals mit dem antikörperbindenden — im 
Gegensatz zur sog. Seitenkettentheorie, die deren Indentität 
behauptet — diese beiden Substanzen oder Radikale in der 
Regel zusammen vorkommen, und wenn also die Meerschweinchen- 
organe Anaphylaktogen für Hammel enthalten, so ist es wahr- 
scheinlich, daß auch die den anaphylaktischen Reaktionskörper 
bindende Substanz sich ebenda vorfindet. In diesem Falle war 
es denkbar, daß die anaphylaktische Reaktion sich nicht nur 
durch Vereinigung von dieser Substanz mit demjenigen hammel- 
anaphylaktischen Reaktionskörper, der durch Meerschweinchen- 
organe erzeugt wurde, sondern auch durch die Vereinigung 
von der genannten Substanz mit dem durch Hammelblutinjek- 
tionen erhaltenen anaphylaktischen Reaktionskörper sich aus- 
lösen könnte. 

Die Verbindung zwischen dem anaphylaktischen Reaktions- 
körper und der denselben bindenden Substanz würde sich hier- 
bei natürlich nicht im Blute, zu dem der Reaktionskörper keine 
Affinität besitzt, sondern in den Organen abspielen, und da 
unter diesen Organen auch das Gehirn sich befindet, so 
würde es leicht verständlich erscheinen, daß wir so minimale 
Dosen brauchen, um die Tiere zugrunde zu richten (Doerr und 
Weinfurter hatten ein Serum, dessen tödliche Dosis für 
100 g Meerschwein 0,03 ccm war, und wir haben ein Serum, von 
dem 0,06 ccm 100 g Meerschweinchen töten). 

Um die Richtigkeit dieser Auffassung von der Toxizität 
des Antihammelserums für Meerschweinchen zu prüfen, wurden 
zuerst sowohl einige hammelhämolytische, durch Meerschwein- 


340 J. Forssman und A. Hintze: 


chenorganinjektionen erhaltene Sera?) als auf ein gewöhnliches 
hammelhämolytisches Serum in bezug auf ihre Fähigkeit, Ana- 
phylaxie bei Meerschweinchen zu erzeugen, genau austitriert. 
Dann haben wir unter Anwendung von solchen Dosen, die 
Meerschweinchen etwa desselben Gewichts in derselben Zeit 
töteten, zu ermitteln versucht, ob diese Sera sich gleich oder 
verschieden, teils gegenüber Hammelblutkörperchen, teils gegen- 
über einigen von den Organemulsiönen verhielten, die Forss- 
man in seiner oben erwähnten Arbeit sowohl betreffe ihres 
Vermögens, Hammelhämolysin zu erzeugen, wie solches Hämo- 
lysin, gewöhnliches Hammelhämolysin, in normalen Kaninchen- 
sera befindliches Normal-Hammelhämolysin und Ochsenhämolysin 
zu binden, untersucht hat. 


Toxizitätsuntersuchungen der Sera. 


Serum I == gewöhnliches hammelhämelytisches Serum, durch mehr- 
fache Injektionen vom Hammelblutkörperchen erhalten. Entblutung 
des Kaninchens am 4. V. 1912; sofort inaktiviert. Hämolytische Dosis 
(d. h. minimale Dosis, um 1 com 5°/, Hammelblut. zusammen mit 
0,1 com Meerschweinchenkomplement vollständig aufzulösen) 0,0002 ocm, 
damals wie jetzt (26. VI. 1912). 





r Ge- 
Dosis und š ! 
Datum Iniektionsweis ees Resultat Obduktion 
Serum 1126. VI.| 0,2 oom intravenös! 225 | tin 5’ Emphys. 
0 Thromb 
A = 0,16 „ Ge 240 | + „ 13’ do. 
3 S 0,15 „ 2 240 | + „ 16 do. 
n D 0,1 UI D 250 n Ch ai do. 
„IIIIS. VIJ 1 x P 280 E do. 
n nm 1 „ UI 240 DU 14 do. 
P og 0,50 , e 290 Überlebt — 
III2. VIJ 15 - Se 270 | +in 8 Papaya: 
mb. 
n 39 1 „ IT 255 T IT 6’ do. 
A ” 0,7 Hi „ 250 + Ui 12° do 
e Sg Bu i 225 | Uberiebt, — 
Dyspnoe 
„ IV126. VIJ] 15 „ 5 255 | tin 16 Empyhs 
0 Thromb 
e 5 l , e 257 | Überlebt, — 
st. Dyspnoe 


Serum II — ms.-scohafhämolytisches Serum, durch mehrere Injek 
tionen von Meerschweinchennierenemulsionen erhalten; Entblutung des 


1) Solche Sera werden später ms.-schafhämolytische Sera genannt. 


Heterologe Toxizität der Antisera. 341 


Kanincohens 12. IV. 1911 (also mehr als 1 Jahr alt), gleich inaktiviert. 
Die hämolytische Dosis war dann 0,0005 com; am 22. VI. 1912 nur 
0,001 com; hat also um die Hälfte abgenommen. 

Serum III und Serum IV = ms.-schafhämolytische Sera, durch 
Meerschweinchen-Nierenemulsionen erhalten. Entblutung beider Tiere 
21. VI. 1912, also ganz frisch, gleich inaktiviert. Hämolytische Dosis 
des Serums III 0,002 com und des Serums IV 0,0008 ccm. 

Da es gar keinen Zweck hat alle Injektionsversuche anzuführen, die 
für das Ausprobieren der Sera vorgenommen worden sind, werden hier 
nur diejenigen erwähnt, wo die injizierten Dosen in der Nähe der mini- 
malen, tödlichen Dosis liegen. 


Bei den Versuchen mit Serum I wurde die injizierte Menge immer 
mit 0,8%/,iger NaCl-Lösung bis 1 ocm aufgefüllt. 

Betreffs des Verhältnisses zwischen Toxizität und Antikörper- 
gehalt der heterolog-toxischen Sera haben schon Friedberger 
und Castelli, ebensowie Doerr und Weinfurter gefunden, 
„daß die Toxizität selbst bei der gleichen Kategorie Antiserum 
nicht dem Gehalt an Antikörpern entspricht, daß von zwei 
Sera, die unter absolut gleichen Bedingungen hergestellt wurden, 
das eine viel Präcipitin oder anaphylaktischen Reaktions- 
körper hatte und doch atoxisch war, während das zweite, an 
Antikörpern ärmere, giftig wirkte“. 

Bei den mes.-schafhämolytischen Sera sehen wir ein ähnliches 
Verhalten, wenn wir Giftwirkung und Hammelhämolysin der 
Sera vergleichen. Sowohl Serum II wie Serum IV hatten 
einen bedeutend höheren Hämolysintiter als Serum III, das 
letztgenannte war aber entschieden mehr toxisch. Serum III 
und IV verhielten sich dabei so, daß während das Serum IV 
mehr als doppelt so stark hämolytisch (für Schafblut) wie 
Serum III war, Serum III mehr als doppelt so toxisch war. 

Hierdurch ist es auch bewiesen, daß die Toxizität der 
Sera nicht auf deren Gehalt an Ms.-Schafhämolysin beruht. 
Vielleicht konnte es überflüssig erscheinen, die Unabhängigkeit 
der Toxizität von diesem Hämolysin hervorzuheben, da die 
Sera ja vom Kaninchen stammen, die mit Meerschweinchen- 
organen injiziert worden waren, aber wie die unten mitgeteilten 
Bindungsversuche zeigen, verhält sich die toxisch wirkende 
Substanz hierbei ganz so wie es nach Forssmans Untersuchungen 
das genannte Hämolysin tut, und deswegen wollen wir die Un- 
abhängigkeit der beiden Substanzen feststellen. 


2) Doerr und Weinfurter, Le 
Biochemische Zeitschrift Band #8. 93 


342 J. Forssmen und A. Hintze: 


Bindungsversuche. 


Bei den Bindungsversuchen haben wir in Parallelserien 
teils gewöhnliches hammelhämolytisches Serum, Serum I, teils 
ms.-schafhämolytisches Serum, Serum II, folgenden Blutsorten 
und ÖOrganemulsionen gegenüber geprüft, nämlich Hammel- 
blut, Ochsenblut und Schweineblut, Meerschweinchennieren-, 
Ochsennieren-, Schweinenieren- und Katzennierenemulsionen. 


Die genannten Blutsorten und Organemulsionen haben wir 
aus folgenden Gründen gewählt. Da Doerr und Weinfurter 
angegeben haben, daß man mit Hammelblut, nicht aber mit 
anderen Blutsorten dem gewöhnlichen hammelhämolytischen 
Serum durch einmalige Adsorption die Toxizität entziehen kann 
und da Hammelblut, nicht andere Blutsorten, auch das durch 
Meerschweinchenorgane erzeugte Hammelhämolysin fixiert, haben 
wir Hammelblut gewählt, mit Ochsenblut und Schweineblut 
als Kontrolle, in der Überzeugung, daß wenn ein hammel- 
anaphylaktischer Reaktionskörper durch die Meerschweinchen- 
organinjektion erzeugt wurde, auch dieser wie das ebenso er- 
zeugte Lysin von den Hammelblutkörperchen fixiert werden 
mußte. 


Betreffs der Organemulsionen soll folgendes hervorgehoben 
werden. Wie schon oben auseinander gesetzt worden ist, 
dachten wir, daß ebenso wie ein durch Meerschweinchen- 
injektionen erzeugtes Schafhämolysin, so auch ein gleichzeitig 
gebildeter schafanaphylaktischer Reaktionskörper, wenn über- 
haupt ein solcher entstände, mit den Meerschweinchenorganen 
reagieren würde; und da gewöhnliches schafhämolytisches 
Serum wirklich toxisch (anaphylaktisch) auf Meerschweinchen 
wirkte, war es anzunehmen, daß auch der in einem solchen 
Serum befindliche schafanaphylaktische Reaktionskörper auf 
dieselbe Weise mit den Meerschweinchenorganen reagiert und 
durch denselben Mechanismus seine toxische Wirkung ausüben 
sollte wie jener supponierte Reaktionskörper; daß also die 
beiden schafanaphylaktischen Reaktionskörper, trotzdem sie in 
verschiedener Weise erzeugt waren, doch sich ganz gleich den 
Meerschweinchenorganen gegenüber verhalten sollten. Dieser 
Gedankengang war die Veranlassung für uns, die Meerschweinchen-- 
nierenemulsion zu prüfen. 


Heterologe Toxizität der Antisera. 343 


Nun hat Forssman!) in seiner Arbeit weiter gezeigt, daß 
Katzen- und Pferdenieren, die auch Hammelhämolysin erzeugen, 
ebensowohl wie Meerschweinchennieren das Ms.-Schafhämolysin 
fixieren; das tun aber weder Ochsen- noch Rattennieren, auch 
nicht Schweinenieren. Um jetzt zu sehen, ob die im gewöhn- 
lichen hammelhämolytischen und die im ms.-schafhämolytischen 
Serum befindliche, für Meerschweinchen toxische Substanz sich 
einander gleich und vielleicht zudem übereinstimmend mit 
dem Ms.-Schafhämolysin verhielten, haben wir auch Katzen-, 
Ochsen- und Schweinenierenemulsion hier mit in den Versuch 


genommen. 
Die Bindungsversuche mit Blut wurden so ausgeführt, daß zuerst 
vom Serum I eine solche Verdünnung — 1,6 ccm Serum + 8,4 com 


0,8%/,ige NaCl-Lösung — bereitet wurde, die in 1 ccm ein Meerschweinchen 
von 250 g in etwa 14 Minuten tötete, also dieselbe Wirkung wie 1 com 
unverdünntes Serum II ausübte. In eine Reihe Röhrchen wurden dann 
je 1,4 ccm dieser Verdünnung von Serum I oder 1,4 com Serum II ab- 
pipettiert, wonach 0,5 ccm Blutkörperchen (2 mal mit 0,8°/,iger NaCl- 
Lösung gewaschen) von einer der zu prüfenden Blutarten jedem Gläschen 
zugefügt wurde; Umschütteln, 1/ Stunde 37°; Zentrifugieren bis absolut 
helle Flüssigkeit. Von dieser wurden 1,4 com den Meerschweinchen intra- 
venös injiziert, eine Menge, die unbedeutend mehr Serum enthält als 
1 ccm der ursprünglichen Verdünnung des Serum I oder 1 ccm Serum II. 

Bei den Bindungsversuchen mit Organemulsionen wurden ganz die- 
selben Quantitäten wie oben benutzt, d. h. 1,4 ccm der Verdünnung 
vom Serum I oder 1,4 ccm Serum II und 0,5 ccm der verschiedenen 
Emulsionen. Diese wurden von den Nieren so gemacht, daß 4 g Nieren- 
substanz fein zermahlen und in 10 com 0,8°/,iger NaCl-Lösung auf- 
geschwemmt wurden; nachher Filtrierung durch doppeltes Kompreßtuch. 
Emulsionen von 2:10 anstatt 4:10 übten, jedenfalls bei Verwendung 
von Katzennieren, auf die Vergiftung keinen bemerkenswerten Einfluß 
aus. Vorgehen im übrigen ganz so wie bei den Blutversuchen. 

Folgende Abkürzungen kommen unten in der Tabelle vor: 0,8°/,ige 
NaCI-Lösung = NaCl; Hammelblutkörperchen — HBl.; Ochsenblutkör- 
perchen—OBl.; Schweineblutkörperchen = SBl.; Seramverdünnung — Ser.- 
Verd.; Emulsionen von Meerschweinchen-, Ochsen-, Schweine- und Katzen- 
nieren = resp. MN., ON., SN. und KN. 


Vergleicht man nun die Einwirkung der angewandten 
Blutarten und Organemulsionen auf die Toxizität der Sera, so 
sieht man gleich, daß die Sera in jeder Beziehung sich voll- 
kommen gleich verhalten, daß demnach beide von HBI., MN. 


1) 1. c., Tabelle VI. 
23* 








344 J. Forssman und A. Hintze: 
Ge- 
atum Mischung eicht Resultat | Obduktion 
g 
Ser. I |26. VI.| 1 ocm Ser.-Verd. + 0,4 com Nal 235 | tin 1% Emphys. | Kontrolle 
0 Tromb. 
nm II DI 1 nm Ser. +0,4 H „ | 240 ł nm 12 do. d 
” II 3? 1 Di „ + 0,4 „ H 280 t H 30’ do nm 
a I „ 114 „ Ser.-Verd. +0,5 ,„ HBl. | 243 | Unbedeutende, — 
Dyspnoe. 
Überlebt 
a H „ 1,4 Ber, +05 „»„ „1275 do. — 
„1 „ 11,4 „ Ser.-Verd. +0,5 ,„ SBl. | 253 | tin 8 Emphys 
0 Tromb 
> H » 14 » r. +05 „ „ 12600] + „7 do. 
„ I »„ 114 „ Ser.-Verd. +0,5 ,„ OBI. | 237| t, Y do. 
„u »„ 114 „ Ser. +05 „ „ 1260|  „ 3 do. 
„ I 129. VL| 1 „ Ser.-Verd. +0,4 ,„„ NaCl] 240 | + „10 do. Kontrolle 
„ H 7 1 , Ser. +04 „ „ |1240] + „15 do m 
FE | aw 11,4 „ Ser.Verd. +05 , 242 —— — 
Überlebt 
» H| „ Hä „ Ser. +05 „ » | 240 | Dyspnoe, — 
Überlebt 
è wen — 
„ I aw 14 „ Ser.-Verd. +05 „ KN.| 240 SE ve 
U.) 
a H „ 114 „ Ser. +05 „ „ |255 do. — 
Se „ j14 „ Ser-Verd. +0,5 „ SN.| 225 | tin 9 Emphys 
0 Tromb 
wé: E »„ 114 „ Ser. +05 „ „n 120i t, H do. 
se, | „ 11,4 „ Ser.-Verd. +0,5 „ ON.| 262 | } „ 17 do. 
„ H „14 „ Ser. +05 „ „ 1260] t, g do. 


und KN. ganz oder beinahe atoxisch werden, während die 
Toxizität von den übrigen Blutarten und Organemulsionen ent- 
weder unbeeinflußt oder vielleicht ein wenig verstärkt er- 
scheint. 

Später haben wir auch unter Verwendung von Serum IV 
untersucht, wie die Toxizität eines ms.-schafhämolytischen 
Serums durch Meerschweinchenblutkörperchen beeinflußt wird; 
Doerr und Weinfurter!) haben ja schon gefunden, daß die 
Toxizität eines gewöhnlichen hammelhämolytischen Serums für 
Meerschweinchen bei einmaliger Adsorption nicht abgeschwächt 
wurde. Ebenso wie bei den obigen Versuchen haben wir auch 
hier 0,5 ccm Blutkörperchen (diesmal vom Meerschweinchen) 
einer Serumdosis (2 ccm) zugefügt, die Mischung !/, Stunde 
bei 37° gelassen, zentrifugiert, um dann 1,87 ccm von der 
hellen Flüssigkeit, was rechnerisch 1,5 ccm reines Serum ent- 


1) Doerr und Weinfurter, Le 


Heterologe Toxizität der Antisera. 345 


spricht, intravenös zu injizieren. Dabei haben wir keine oder 
jedenfalls nur eine sehr unbedeutende Verminderung der Toxizität 
des Serums für Meerschweinchen feststellen können. 

Daß ähnliche Versuche nicht bei allen ms.-schafhämo- 
lytischen Sera so wie hier ausfallen können, ist klar. Man 
muß doch erwarten, eine reine Meerschweinchenanaphylaxie zu 
bekommen, da ja die serumspendenden Kaninchen mit Meer- 
schweinchenorganen injiziert worden sind. Im hier benutzten 
Serum ist augenscheinlich sehr wenig vom meerschweinchen- 
anaphylaktischen Reaktionskörper anwesend, denn wenn das 
nicht der Fall wäre, wäre die Toxizität des Serums durch die 
Absorption dieser Reaktionskörper mittels der Meerschweinchen- 
blutkörperchen reduziert worden, was nicht geschah. Das hier 
erhaltene Resultat ist also ein deutlicher Beweis dafür, daß 
der schafanaphylaktische und der meerschweinchenanaphylak- 
tische Reaktionskörper verschieden sind. 

Die Einwendung gegen obenstehende Versuche, daß viel- 
leicht HBl, MN und KN alle möglichen Antikörper mitreißen, 
hat Forssman schon in seiner vorigen Arbeit widerlegt); 
die hier benutzten Emulsionen sind aber doppelt so konzen- 
triert wie die damals angewandten; wir haben aber jetzt in 
speziell darauf eingerichteten Versuchen gefunden, daß jene 
Emulsionen sich ganz so verhalten wie diese, und daß es also 
nicht um ein Mitreißen aller möglichen Antikörper, sondern 
um eine ebenso spezifische Bindung handelt, wie wir sie zwischen 
Hammelhämolysin und Hammelblutkörperchen sehen, eine Bin- 
dung in diesem Falle von den hammelanaphylaktischen Reak- 
tionskörpern an die Hammelblutkörperchen und die oben- 
genannten Emulsionen. 

Die Fixierung vom anaphylaktischen Reaktionskörper des 
ms.-schafhämolytischen Serums an Hammelblutkörperchen muß 
der gewöhnlichen Auffassung gemäß als Beweis dafür be- 
trachtet werden, daß Meerschweinchennieren, durch die der 
Reaktionskörper erzeugt wird, Hammelanaphylaktogen ent- 
halten. Wird das zugegeben, so sind diejenigen Annahmen, 
die uns veranlaßten, diese Untersuchungen, aufzunehmen, so- 
weit es die Meeerschweinchennieren betrifft, vollauf bestätigt 


1) L c. 


346 J. Forssman und A. Hintze: 


worden, nämlich 1. daß die Meerschweinchenorgane nebst dem 
von Forssman entdeckten Hammellysinogen auch ein Hammel- 
anaphylaktogen enthalten, 2. daß der durch Injektion von diesem 
Anaphylaktogen erzeugte hammelanaphylaktische Reaktions- 
körper sich mit der in den Meerschweinchennieren befindlichen 
bindenden Substanz kuppelt und 3. daß diese Substanz sich 
ebenso zum anaphylaktischen Reaktionskörper im gewöhn- 
lichen hammelhämolytischen Serum wie zu jenem Reaktions- 
körper verhält. 

Dann wird es auch äußerst wahrscheinlich, soweit man 
nämlich aus Bindungsversuchen im Reagensglase beurteilen 
kann, daß die heterogene Toxizität der gewöhnlichen hammel- 
hämolytischen Sera für Meerschweinchen davon abhängt, daß 
der hammelanaphylaktische Reaktionskörper sich mit den 
Organen verbindet und dadurch seine Wirkungen auslöst. 

Wie ersichtlich, verbinden sich die beiden Sera I und II 
auch mit KN; natürlich haben wir dann Kaninchen mit KN 
injiziert, um vielleicht so noch einen hammelanaphylaktischen 
Reaktionskörper zu erhalten, ebenso wie man ja dabei ein 
Hammelhämolysin bekommt"), Bei den Kaninchen, die wir mit 
KN injizierten und deren Sera zusammen mit 0,1 ccm Meer- 
schweinchenkomplement 1 ccm 5*®/,igen Hammelblutserum in 
Dosen von resp. 0,5 ccm, 0,01 ccm und 0,003 ccm hämolysierten, 
hatte sich jedoch kein oder jedenfalls fast kein hammelanaphylak- 
tischer Reaktionskörper entwickelt, denn die Sera wurden in 
Dosen von 1,5 ccm intravenös anstandslos von Meerschwein- 
chen von 250 bis 270 g vertragen. Augenscheinlich wäre es 
von Interesse gewesen, hammelhämolytisches Serum, das sich 
toxisch für Meerschweinchen erwiesen hatte, Katzen intravenös 
zu injizieren, um zu sehen, ob nicht auch bei diesem Tier ähn- 
liche anaphylaktische Symptome hervortraten wie beim Meer- 
schweinchen. Aus Mangel an Katzen haben wir jedoch von 
solchen Versuchen absehen müssen. 

Ist es denn eine und dieselbe Substanz, von der sowohl 
beim ms.-schafhämolytischen wie beim gewöhnlichen hammel- 
hämolytischen Serum die Toxizität der Sera für Meerschwein- 
chen abhängt? Dies scheint nicht der Fall zu sein. Jeden- 


1) Forssman. l. o. 


Heterologe Toxizität der Antisera. 347 


falls ist es uns nicht gelungen, durch die Injektion des einen 
Serums eine Antianaphylaxie für das andere Serum zu er- 
halten, wie z. B. der folgende Versuch lehrt. 

Meerschweinchen 250 g, 2. VII. 1,5 ccm Serum IV intra- 
peritoneal; nach 24 Stunden Injektion intravenös von 0,7 ccm 
Serum III, ein wenig Dyspnoe, überlebt. 

Meerschweinchen 260 g, 2. VII. 0,5 ccm Serum I intra- 
peritoneal; nach 24 Stunden Injektion intravenös von 0,7 ccm 
Serum III; starb nach 25 Minuten. 

Meerschweinchen 240 g, 3. VII. 0,7 ccm Serum III intra- 
venös, starb nach 20 Minuten. 

Wie die Tabelle auf S. 340 zeigt, tötet 1,5 ccm des ms.-schaf- 
hämolytischen Serums IV bei intravenöser Injektion ein Meer- 
schweinchen von 255 g in 16 Minuten, ungefähr wie 0,16 ccm 
vom gewöhnlichen hammelhämolytischen Serum I. Vom Serum IV 
wurde nun hier 1,5 ccm und vom Serum I 0,5 ccm intraperi- 
toneal injiziert und anstandslos vertragen; wie man aber sieht, 
schützte nur Serum IV, nicht Serum I gegen die Toxizität des 
ms.-schafhämolytischen Serums III. 


Im allgemeinen ist man ja nach den Untersuchungen von 
Doerr u. a. mehr und mehr dahin gekommen, die anaphylak- 
tischen Reaktionskörper mit den Präcipitinen zu identifizieren. 
Deshalb haben wir auch hier versucht, ob nicht MN mit den 
untersuchten Sera I und II ein Präcipitat gäbe. Vom MN 
und SN haben wir für diesen Zweck drei Verdünnungen 1:10, 
1:100 und 1:1000 bereitet und mit diesen in Parallelserien 
die genannten Sera und dazu noch ein Schweineserum und ein 
normales Kaninchenserum überschichtet. Die Gläser wurden 
bei 25° während 48 Stunden gelassen und oft beobachtet. Es 
trat dabei allerdings in allen Gläsern eine schwache Trübung 
ein, aber die Trübung war nicht stärker in denjenigen Gläsern, 
die MN und die hammelhämolytischen Sera enthielten, als in 
den mit MN und Normalserum; demnach konnten wir keine: 
spezifischen Präcipitationserscheinungen hier auffinden. 


Wie schon oben gesagt ist, gibt es mehrere beobachtete 
Fälle heterologer Serumtoxizität, von denen der hier behandelte 
Fall die stärkste Toxizität aufweist. Um diese Fälle zu er- 


348 J.Forssman und A. Hintze: Heterologe Toxizität der Antisera. 


forschen, hat man im allgemeinen nur die Einwirkung dieser 
Sera auf das Blutplasma-Blutserum oder andere Blutbestand- 
teile berücksichtigt, und da sie vielleicht zu diesen Blutbestand- 
teilen gar keine Affinität besitzen, hat man auch ihr Ein- 
wirken nicht verstehen können. Wenn man nun anstatt 
immer nur an das Blut zu denken die Organbeziehungen 
solcher Sera (verschiedene Organe in verschiedenen Fällen) 
untersuchen wollte, so würde man wahrscheinlich wie hier die 
eigenartige Toxizität aufklären können. 

Endlich wollen wir unsere hauptsächlichen Schlußfolge- 
rungen zusammenfassen. 

1. Die für Meerschweinchen toxische Substanz der Anti- 
hammelsera ist, wie schon Doerr und Weinfurter hervor- 
gehoben haben, ein Produkt des Immunisierungsprozesses. 

2. Sie wird nicht nur von Hammelblutkörperchen, sondern 
auch von Meerschweinchenorganen (Nieren) fixiert. 

3. Ein solcher Körper wird auch durch Injektionen von 
Meerschweinchenorganen (Nieren) bei Kaninchen erzeugt. 

4. Dieser ebenso wie der im gewöhnlichen Antihammel- 
serum befindliche Antikörper — denn so müssen sie des wei- 
teren bezeichnet werden — entwickelt sich nicht immer parallel 
mit den anderen Antikörpern. 

5. Die toxische Wirkung des Hammelantiserums für Meer- 
schweinchen hängt höchstwahrscheinlich (soweit man nämlich 
aus Bindungsversuchen im Reagensglase beurteilen kann) da- 
von ab, daß diese Sera sich mit den Meerschweinchenorganen 
verbinden, wodurch dann sekundär das Gleichgewicht der 
Kolloide im Blute gestört und eine Änderung der Gerinnungs- 
verhältnisse verursacht wird. 


Einfluß einiger Antiseptica auf die Wirkung der Maltase. 
Von 
W. Kopaczewski. 


(Aus dem Institut Pasteur, Paris.) 
(Eingegangen am 22. Juls 1912.) 


Bei der Wahl eines richtigen Antisepticums muß man zu- 
erst darauf achten, daß das Antisepticum allein keinen schädi- 
genden Einfluß auf den Fermentprozeß übe, vor allem aber, 
daß es nicht günstig wirke, denn der letztere Fall kann leicht 
übersehen werden. Was die Maltase anbetrifft, so ist der 
letztgenannte Fehler von Philoche?) gemacht worden. Diese 
Forscherin hatte in ihrer Arbeit über die Maltase Natrium- 
fluorid als Antisepticum benutzt, obwohl Treyer festgestellt 
hatte®), daß dieses Salz einen günstigen Einfluß auf die Hydro- 
lyse der Maltose durch Maltase hatte. 

Andererseits, wenn die Bestimmung der gebildeten Sub- 
stanz durch Messung des Drehungsvermögens oder der Reduktions- 
kraft erfolgt, muß immer festgestellt werden, ob das betreffende 
Antisepticum allein die Fehlingsche Lösung nicht reduziert oder 
das Drehungsvermögen nicht beeinflußt. In der Tat sind ge- 
wisse anorganische Körper nicht ohne Einfluß auf das Dre- 
hungsvermögen der optisch aktiven Substanzen, was durch die 
Arbeiten von Rimbach und Weber?) festgestellt wurde. 

Am besten ist es natürlich, die fermentativen Prozesse so 
einzustellen, daß während der Einwirkung kein Antisepticum 
notwendig ist. Das ist aber leider nicht immer der Fall. 

Aus diesen Gründen wollten wir ein richtiges Antisepticum 
für die Maltase aussuchen und haben eine Reihe Antiseptica 
in ihrer Wirkung auf die Hydrolyse der Maltose durch Maltase 
untersucht. 

Die Technik der Hydrolyse war die folgende: Von einer 
Anzahl von Reagensgläsern (Jenaer Glas) wurde eins, das zur 

2) Philoche, Action de la maltase. Joun. de physiol. 6, 1023, 1903. 


2) Treyer, Arch. de Physiol. 10, Serie 3, 679, 1898. 
3) Rimbaoh und Weber, Zeitschr. f. physik. Chem. 51, 473, 1905 


350 W. Kopaozewski: 


Kontrollprobe diente, mit 2 ccm destillierten Wassers, die übrigen 
mit der gleichen Menge einer entsprechenden Lösung des Anti- 
septicums gefüllt. Nun wurden die Gläser in einen Ostwald- 
‚schen Thermostaten gestellt, dessen Temperatur auf 39,5° kon- 
stant gehalten wurde!). Als Maltase diente die von E. Merck 
bezogene „Taka-Diastase“. Die Lösung der „Taka-Diastase“ 
war 1°/,ig auf die Endkonzentration berechnet; sie zeigte gegen 
Lackmus eine schwach alkalische Reaktion und reduzierte die 
Fehlingsche Lösung?). Es wurde keine Filtration oder Dialyse 
dieser Lösung vorgenommen. Die Maltose (E. Merck) war 
2°/,ig, auf das Volumen des Fermentgemisches berechnet. Die 
Lösungen von Zucker und Ferment wurden in den Thermo- 
staten gestellt und dort ca. 20 Minuten gelassen, damit sie die 
Temperatur 39,5° erreichten. Dann wurden sie in einem Kölb- 
chen unter gutem Schütteln gemischt, das Kölbchen mit Baum- 
wolle umwickelt und die Lösung gleichmäßig in Reagensgläser 
verteilt (zu je 3 ccm), geschüttelt, zugepfropft und wieder in 
den Thermostaten gestellt Der Fermentationsprozeß. dauerte 
31/, Stunden. Während dieser Zeit wurde kein Antisepticum 
notwendig; die Hydrolyse war ziemlich weit fortgeschritten 
(25°/,). Nach Verlauf von 27. Stunden wurde der Prozeß 
durch Zusatz von 33°/, Natronlauge gehemmt, unter Benutzung 
des Phenolphthaleins als Indicators. Die Bestimmung der ge- 
bildeten Zuckermenge erfolgte nach der Methode von G. Ber- 
trand, die heute als einfachste und genaueste gilt); das habe 
ich durch die vergleichenden Untersuchungen festgestellt*). Den 
hydrolysierten Teil der Maltose habe ich nach der Methode von 
Porcher®) berechnet; diese Methode war zwar für die Lactose 
ausgearbeitet, man kann sie aber leicht auch für die Maltose 
verwenden. 


1) 39,50 ist die optimale Temperatur für die Maltasewirkung nach 
den Arbeiten von Philoche, l. c., und Lintner und Kröber, Chem. 
Ber. 28, 1050, 1895. 

2) Das Verhältnis des Reduktionsvermögens der Maltose zur „Taka- 
Diastase“ war wie 100 zu 80,75, blieb aber während des Versuchs kon- 
stant. 

3) G. Bertrand, Bull. de la Soc. Chim. Serie 3, 85, 1285, 1906. 

¢) Siehe meine Inaugural-Dissertation: „Einfluß der Säuren auf 
die Hydrolyse der Maltose durch Maltase“. Freiburg in der Schweiz 
1911, S. 20. Der Versuchsfehler dieser Methode betrug nur + 0,5%,. 

D Porcher, Bull. de la Soc. Chim. 1, 1285, 1905. 


Einfluß einiger Antiseptica auf die Wirkuug der Maltase. 351 


Auf diese Weise haben wir folgende Antiseptica unter- 
sucht: Toluol, Formaldehyd, Chloroform, Sublimat, Silbernitrat, 
Natriumfluorid und Natriumchlorid. 

Die Tabelle zeigt die erhaltenen Resultate. 









Tabelle I. 

Ben ydrolisierter Teil der Maltose in °/, bei Gegenwart von 
er Ee 
Antiseptica Sek, | CEO [CHCI [Toluol] Senföl 

"ie % | | % "e 

0 24,6 | 25,2 | 25,0 | 24,8 | 26,0 | 25,2 | 25,8 | 24,8 

0,1 28,6 | 25,4 | 18,8 | 18,8 | 26,2 | 25,2 | 25,6 | 29,8 

0,2 34,4 | 24,6 | 6,0 | 14,6 | 25,6 | — 

0,3 44,8 | 24,8 | 18 | 112 | 44 | — — — 

0,4 48,0 | 25,0 | 0,0 74| 21,2 | — — — 

0,5 48,0 | 25,0 | — 8,4 | 176| — — — 

0,6 45,0 | 252 | — 0,0 | 122 | — — — 

0,7 42,8 | 25,0 | — — 72| — — — 

0,8 41,0 | 24,6 | — — 28| — — — 

0,9 40,6 | 248 | — — 0,6 | — — — 

1,0 39,0 | 581 — — 0,0 | — — — 

2,0 — — — — — — — — 

3,0 — — — — — | — — — 

4,0 — — — — — — — — 

5,0 42 | 248| — — — — — — 


“ 


Es muß noch folgendes bemerkt werden: 

1. Natriumfluorid, von Bender & Hobein (Zürich) bezogen, 
besaß eine schwach alkalische Reaktion (gegen Lackmus). 

2. Unter Chloroformkonzentration muß man die gesättigte 
Wasserlösung verstehen; mittels dieser Lösung wurden die beiden 
Lösungen — von Ferment und Zucker — zubereitet. 

3. Im Falle des Toluols und Senföls (Allylsenföl) wurde 
1 Tropfen per Reagensglas verteilt. 

Aus den angegebenen Resultaten geht folgendes hervor: 

1. Die besten Antiseptica, d. h. solche, die keinen Einfluß 
auf die Hydrolyse der Maltose durch Maltase üben, sind Toluol 
und Chloroform. | 

2. Was das Senföl anbetrifft, so wurde festgestellt, daß 
dieser Körper eine ziemlich große Reduktionskraft besitzt und 
sich in Gegenwart von Fehlingscher Lösung zersetzt!). Dabei 
bildet sich ein schwarz-grüner Niederschlag, der in saurem 

1) Ein Tropfen des Senföls erzeugte durch Reduktion 9 mg des 
Kupferoxyduls, während 1 Tropfen der Maltose in 20°/,iger Lösung nur 


ungefähr 1 mg reduziert; daraus folgt, daß das Reduktionsvermögen des 
Senföls ungefähr fünfmal kleiner ist als dasjenige der Maltose. 


352 W.Kopaczewski: Einfl. einiger Antiseptica auf d. Wirkg. d. Maltase. 


schwefelsaurem Eisen sich nicht löst. Das stört die Bestimmung 
der Zuckermenge bedeutend und genügt, um das Senföl für 
die Maltase als Antisepticum unbrauchbar zu machen. 

3. Die Ergebnisse mit Natriumfluorid stimmen mit den 
früheren Angaben von Treyer!) überein. Die optimale Menge 
ist 0,4 bis 0,5°/,. 

4. Die Resultate mit dem Formaldehyd bestätigen die- 
jenigen von Bokorny?). 

5. Wenn wir nun den Einfluß von Natriumchlorid und 
Silbernitrat mit entsprechenden Säuren vergleichen, so sieht 
man, daß, eine schon von Cole?) beobachtete Tatsache, die 
H-Ionen einen schädigenden Einfluß besitzen, und daß diese 
schädigende Wirkung durch den Eintritt eines Metallions be- 
deutend vermindert werden kann. Der Klarheit wegen gebe ich 
diese interessante Zusammenstellung mit Wiedergabe meiner 
früheren Resultate noch einmal in der Tabelle II an. 


Tabelle II. 





Hydrolysierter Teil der Maltose in °/, in Gegen- 
wart von 






Konzentration 





SS 
Wë 
mo 


= 
© 








Si 
D 





Es ist selbstverständlich, daß diese Zusammenstellung nur 
einen relativen Wert besitzt, da einerseits in den gebrauchten 
Konzentrationen die Dissoziation in Ionen keine vollständige 
ist und andererseits die Säuren und Salze nicht in gleicher 
Weise dissoziieren. Nichtsdestoweniger erlaubt die Tabelle, diese 
interessante Tatsache festzustellen. 

1) Treyer, Le 


D Bokorny, Chemiker-Zeitung 1901, 502. 
2) Cole, Journ. of Physiol. 80, 281, 1901. 


Über die gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure und 
nucleinspaltendem Ferment im tierischen Organismus. 


Von 


M. Tschernoruzki. 


(Aus dem biochemischen Laboratorium des Kaiserliohen Institutes für 
experimentelle Medizin zu St. Petersburg.) 


(Eingegangen am 23. Juli 1912.) 


In der letzten Zeit gewinnt die Nucleinsäure mehr und 
mehr an Bedeutung für die Therapie, da sie bei verschiedenen 
Gebieten der menschlichen Pathologie (wie Infektionskrank- 
heiten, Krankheiten des Stoffwechsels und Geisteskrankheiten) 
Verwendung findet. 

Der Umstand, daß die Nucleinsäure imstande ist bei einer 
ganzen Reihe von verschiedenen Erkrankungen eine günstige 
Wirkung auszuüben, zwingt zu der Annahme, daß dieselbe 
eine der Grundfunktionen des Organismus beeinflussen muß. 

Folgende Erwägungen regten uns zur Erforschung der 
Frage nach der Wirkung der Nucleinsäure auf die fermentative 
Energie des tierischen Organismus an: 

1. Die bestehende weitgehende Analogie in der Wirkung von 
Nucleinsäure und Infektion auf den tierischen Organismus, 2. der Um- 
stand, daß Infektionen?) und Intoxikationen®?) einen deutlichen Einfluß 
auf die fermentativen Funktionen des Organismus ausüben, 3. die be- 
deutende Rolle, die die Fermente augenscheinlich bei pathologischen 
Zuständen des Organismus, bei Immunitätserscheinungen und Heilungs- 
prozessen spielen. 

Die bereits früher von mir publizierten Beobachtungen®) gestatten 
uns die Schlußfolgerung, daß die Nucleinsäure ähnlich der Infektion 


1) N. Sieber, diese Zeitschr. 82, 108, 1911. — Aljosohin, Disser- 
tation, St. Petersburg 1911. — Grineff, Arch. des sciences biolog. 1911. 

2) Grosmann, Dissertation, St. Petersburg 1912. 

3) Tsohernoruzki, diese Zeitschr. 86, 363, 1911. 


354 M. Techernoruzki: 


einen deutlichen Einfluß auf die fermentative Tätigkeit des tierischen 
Organismus ausübt. 


In vorliegender Arbeit, die ich auf Anregung und unter- 


Leitung von Frau Dr. N. O. Sieber-Schumowa ausführte, be- 
schäftige ich mich eingehend mit der Frage über die Wirkung 
der Nucleinsäure auf das spezifische Ferment, die Nuclease. 

Letztere stellt ein sehr verbreitetes Ferment dar, das augenschein-- 
lich jeder lebensfähigen Zelle zukommt (Oes)!); darin liegt ohne Zweifel 
ein Beweis für die hervorragende Bedeutung dieses Fermentes für die 
elementaren Lebensvorgänge.. Bei verschiedenen pathologischen Zu- 
ständen, wie Stoffwechselstörungen®), Anomalien der inneren Sekretion?) 
und Infektionen*) spielt die Nuclease ebenfalls augenscheinlich keine 
untergeordnete Rolle. Der Nuclease muß, wie mir scheint, im Kampf 
des Organismus mit Infektionen und „lebenden Zellen“ eine besonders 
große Bedeutung zukommen, da sowohl Bakterienleib wie tierische Zelle 
zu 50 bis 75°/, aus Nucleoproteiden bestehen. 

Falls die Immunität gegen bösartige Geschwülste auf einer Im- 
munität gegenüber lebenden Zellen beruht [Petroff°)], kann man an 
die Nuclease als einen der mehr oder weniger wesentlichen Faktoren im. 
Mechanismus dieser Immunität denken. 

All das eben Erwähnte, ferner das Verhältnis der spezifischen: 
Wechselwirkung zwischen Nucleinsäure und Nuclease und der Umstand, 
daß die Fragen über die Nuclease so wenig ausgearbeitet sind, regte zu 
einer detaillierteren Erforschung der Wirkung der in den Organismus. 
eingeführten Nucleinsäure auf die Funktion der Nuclease an. 

Um der Frage über die Wirkung der in den Organismus. 
eingeführten Nucleinsäure auf die nucleolytischen Funktionen 
des Organismus näher zu treten, schien es mir am zweck- 
mäßigsten, möglichst große Dosen einzuführen und dadurch 
die im Organismus stattfindenden Veränderungen in möglichst 
ausgesprochenem Maße hervorzurufen. Nur unter diesen Be-. 
dingungen ist es uns, meiner Ansicht nach, möglich, mit unseren 
relativ groben Methoden die Richtung zu erkennen, in der: 
die Veränderungen einer so komplizierten und feinen Funktion 
wie der fermentativen vor sich gehen. 

Diesem Versuchsplan wurde das Prinzip der aktiven 


Immunisation zugrunde gelegt, d. h. die Nucleinsäure wurde in 


1) Ref. Chem. Centralbl. 79, T. I, 2188, 1908. 

2) Brugsch und Schittenhelm, Der Nucleinstoffwechsel und 
seine Störungen. S. 82 u. 83. Jena 1910. 

3) Juschtschenko, Russki Wratsch 1911, Nr. 36, 37. 

4) Grineff. Arch. des sciences biol. 1911. 

5) Petroff, Allgem. Lehre über Tumoren. S. 202. St. Petersburg 1910.. 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 355 


den Organismus zu wiederholten Malen und in allmählich ge- 
steigerten Dosen eingeführt. 

Da eine Differenz in der Wirkung der Nucleinsäure je 
nach Art der Einführung derselben in den Organismus wahr- 
scheinlich erschien, so erfolgte die Zufuhr von Nucleinsäure bei 
den verschiedenen Tieren auf verschiedene Art, und zwar: 
durch den Magendarmtraktus (per os), subcutan, intraperitoneal 
und intravenös. 

Unter den verschiedenen Nucleinsäuren wählte ich die 
Hefenucleinsäure, da diese leicht in beliebigen Mengen erhältlich 
und außerdem fast die einzige Nucleinsäure ist, die eine 
therapeutische Verwendung gefunden hat, und zwar benutzte 
ich das Natronsalz der Nucleinsäure von Merck. 


Dieses Präparat enthält nach meinen Analysen 17,93%, P,O,, 
13,5%/, N und 8,64°/, N der Purinbasen!). Ein Teil des Phosphors — 
ungefähr 0,15°/, PO; — ist in anorganischen Verbindungen enthalten. 
Die Eiweißproben (Kochen mit Essigsäure, Biuretreaktion, Xanthoprotein- 
reaktion und Probe nach Adamkiewicz) ergeben mit nucleinsaurem 
Natron von Merck ein negatives Resultat. 


Versuche an Kaninchen. 


Die ausschlaggebenden Versuche führte ich an Hunden aus. Um 
mich aber zuerst in der in Angriff genommenen Frage zu orientieren 
und eine passende Methode auszuarbeiten, experimentierte ich vorläufig 
an 6 Kaninchen. 2 davon dienten zur Kontrolle, den 4 anderen wurde 
im Verlaufe von ungefähr einem Monat Natr. nuclein. Merck eingeführt, 
und zwar in allmählich (um 11/ bis 2mal) gesteigerten Dosen einer 
10°/,igen Lösung in Intervallen von 3 bis 7 Tagen. 

Vor und nach jeder Einspritzung wurde eine Messung der Körper- 
temperatur und Zählung der weißen Blutkörperchen ausgeführt. Letztere 
wurde auch in den Intervallen zwischen den Injektionen wiederholt und 
zugleich der Leukocytenformel Beachtung geschenkt. Vor Beginn des 
Versuches und am Schlusse desselben bestimmte ich bei allen Kaninchen 
Hämoglobingehalt sowie Zahl der roten Blutkörperchen. 

Die genannte Blutuntersuchung hatte einerseits den Zweck, die 
Frage über die Wirkung der Nucleinsäure auf die oben erwähnten 
Blutbestandteile aufzuklären, außerdem diente mir der Grad der Leuko- 


D Die Bestimmung der Purinbasen wurde folgendermaßen aus- 
geführt: Natr. nucl. wurde während 5 Stunden auf dem Sandbade mit 
2,5%/,iger H,SO, gekocht. Darauf erfolgte die Fällung der Purinbasen 
mittels Kupfer, Spaltung der entstandenen Kupferverbindung, Fällung 
mittels Silber und Verbrennung nach Kjeldahl. 


356 M. Tschernoruzki: 


cytose als wesentlichstes Zeichen der noch bestehenden oder schon ab- 
gelaufenen Reaktion des Organismus auf die vorhergehende Einspritzung. 

Der Kürze halber führe ich hier nur die Endresultate 
meiner Beobachtungen an Kaninchen an. Die genannten In- 
jektionen von Nucleinsäure führen mit großer Konstanz zu 
einer bedeutenden Hyperleukocytose (bis zu 22700) mit deutlich 
ausgesprochener Vermehrung der Polynucleare, haben aber keins 
merkliche Wirkung auf den Hämoglobingehalt und die Zahl 
der Erythrocyten, es erfolgt ferner eine Steigerung der Körper- 
temperatur um 0,5 bis 1°. In Dosen von 1,5 bis 2 g auf 1 kg 
Körpergewicht wirkt Nucleinsäure auf Kaninchen augenschein- 
lich tödlich. 

Die nucleolytische Fähigkeit des Organismus nimmt in- 
folge der Einspritzungen von Natr. nucl. merklich zu, für die 
Leber z. B. beträgt diese Steigerung 44,6°/.. 

Nachdem durch das so gewonnene Material einerseits die 
Richtigkeit des von mir eingeschlagenen Weges bestätigt, ferner 
die Grenzen, bis zu der die in den Körper einzuführende 
Nucleinsäuremenge sich steigern läßt, konstatiert war, konnten 
wir zu weiteren Untersuchungen schreiten. 


Versuche an Hunden. 


Mir standen 5 Hündchen (Pudel) von einem Wurf zur Verfügung. 
Einer von ihnen diente zur Kontrolle, bei den 4 anderen begann die 
Vorbereitung im Alter von 2 Monaten an nach dem oben angeführten 
Plane: es wurde den Hündchen nach dem Prinzip der aktiven Immuni- 
sation wiederholt Natr. nucl. (Merck) einverleibt. Die Art der Zufuhr 
verteilte sich unter den Hunden folgendermaßen: Hund Nr. 1 (weibl.) 
erhielt Natr. nucl. intravenös; Hund Nr. 2 (weibl.) intraperitoneal, 
Hund Nr. 3 (männl.) subcutan und Hund Nr. 4 (männl.) per os. Was 
den Kontrolihund (weibl.) anbetrifft, so möchte ich, abgesehen von den 
unzweifelhaften Vorzügen einer solchen Blutkontrolle, noch bemerken, 
daß er sich die ganze Zeit über unter den gleichen Bedingungen befand 
wie dies bei den Versuchshunden der Fall war. 

Während der 5 bis Bit Monate dauernden Vorbehandlung der 
Hunde mit Natr. nucl. notierten wir sorgfälltig alle Veränderungen von 
seiten des Allgemeinzustandes der Hunde (wie Gewicht, Temperatur, 
Allgemeinbefinden), ferner hauptsächlich die Veränderungen im Blutbilde; 
außerdem wurden einige spezielle Untersuchungen ausgeführt, wie Unter- 
suchung des Purinumsatzes und Bestimmung einiger Immunkörper 
im Blute. 

Die minimale Einzeldosis von Natr. nucl. betrug 0,1, die maximale 
20,5 g. Die Maximaldosis für alle Hunde war 1,5 g pro Kilogramm 


Gegenseitige Wirkung von Nuoleinsäure u. Nuclease im Organismus. 357 


Körpergewicht. Die Menge von nuoleinsaurem Natron, die den Hunden 
während der ganzen Zeit zugeführt wurde, betrug für den Hund Nr. 1 
48,25 g, für Nr. 2 60,40 g, für Nr. 3 86,65 g und für Nr. 4 64,25 g. 
Die Protokolle meiner Untersuchungen während der Zeit der Vor- 
behandlung übergehe ich hier und führe im folgendem nur die Schluß- 
folgerungen an. 

Körpergewicht, Hämoglobinmenge und Zahl der roten 
Blutkörper nahmen der Regel nach bei allen Hunden, sowohl 
Kontroll- wie Versuchtieren, während der ganzen Versuchs- 
zeit allmählich zu. Die erste Blutuntersuchung der Hündcohen 
erfolgte im Alter von ungefähr 1 Monat. Berechnen wir die 
Durchschnittswerte für alle 5 Hündchen, so bekommen wir 
folgende Ziffern: Gewicht 3320 g, Hämoglobingehalt 64°/,, 
Zahl der roten Blutkörper 4072000. 

Am Schluse der Beobachtung sind dieselben Werte 
für die einzelnen Hunde und die Durchschnittswerte für die 
Versuchshunde folgende: 





— — — 







Körpergewicht in g 


Vie lee 
Die Ss o o 90,7 
Zahl der Töten Blut- 
körperch. in Tausend 5 525 
Zahl der weißen Blut- 
körperchen . ... 15 300 


Anmerkung. Diese Angaben für den Hämoglobingehalt, die Zahl 
der roten und weißen Blutkörperchen nähern sich denjenigen, die Goodall 
für Hunde anführt: Hämoglobin 90°/,, rote Blutkörperchen 5599000, 
weiße Blutkörperchen 19500 (s. Furno)?). 

Wenn wir die Zunahme an Körpergewicht, Hämoglobin- 
gehalt und Zahl der roten Blutkörperchen, die während der 
ganzen Beobachtungszeit erfolgt, im Vergleich zu den Anfangs- 
werten in Prozenten ausdrücken, so ergeben sich folgende Ver- 
hältnisse: 


1) Der Kontrollhund zeichnete sioh sohon vor dem Beginn der Vor- 
behandlung vor den anderen Hunden durch das größte Körpergewicht 
aus. Gewicht des Kontrollhundes 6700 g, Gewicht des Hundes Nr. 4 
z.B. 6000 g. 


2) A. Furno, Fol. haemat. 11, T. 1, S. 219, 1911. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 24 


358 ` M. Tschernoruzki: 












-nN sohnitte- 
Nr. 1 | Nr. 2 | Nr. 3 | Nr. 4 | werte t. d. 
-O Versuchs- 


Gewicht . ee e 
Hämoglobingehalt . .. 40,7 
Zahl der roten Blutkörp. 36,6 


Da die Gewichtszunahme bei Tieren, denen Natr. nucl. zu- 
geführt wurde, im allgemeinen nicht von den normalen Ver- 
hältnissen abweicht, so folgt daraus, daß die von mir ver- 
wendete Methode der Vorbereitung der Tiere mit Natr. nucl. 
nach den Prinzipien der aktiven Immunisation keinen merk- 
lichen Einfluß auf die allgemeine Entwicklung des wachsenden 
Organismus ausübt. 

Was die Zusammensetzung des Blutes anbetrifft, so findet 
hier scheinbar eine gewisse Abweichung von der Norm statt, 
und zwar ist der Hämoglobingehalt bei Hunden, denen Natr. 
nucl. zugeführt wurde, im Durchschnitt der gleiche wie in der 
Norm, die Zahl der roten Blutkörperchen aber ist etwas größer. 

Wenn wir den Prozeß des Anwachsens dieser Blutbestand- 
teile verfolgen, so erweist sich, daß die Hämoglobinzunahme 
bei den Versuchshunden etwas geringer ist als bei den Kontroll- 
hunden, während die Zunahme der roten Blutkörperchen um- 
gekehrt eine ausgesprochen größere ist (um 15,2°/,) als in der 
Norm. u 

Wenn wir von diesen Tatsachen ausgehen, so können wir 
“meiner Ansicht nach der Nucleinsäure keinen direkt stimu- 
lierenden Einfluß auf diejenigen blutbildenden Funktionen des 
Organismus, von denen die Produktion des Hämoglobins und 
seiner Träger, der roten Blutkörperchen, abhängt, zuschreiben. 
Das Pius in der Zahl der letzteren, das die Versuchstiere im 
Vergleich mit dem Kontrollhunde aufweisen, könnte man als 
Resultat einer korrelativen Verstärkung der Erythrtocyten- 
produktion unter dem Einflusse einer erhöhten Tätigkeit des 
„leukocytären“ blutbildenden Apparates auffassen. 

Bei den verschiedenen Arten der Einführung von nuclein- 
saurem Natron beobachtete ich der Regel nach eine mehr oder 
weniger bedeutende Hyperleukocytose. 

Für den Kontrollhund beträgt die Zahl der Leukocyten 


Gegenseitige Wirkung von Nuoleinsäure u. Nuclease im Organismus. 359 


im Durchschnitt 10170; sehen wir diese Zahl als Normalwert 
an und drücken das Anwachsen der Leukocytenzahl über diesen 
Wert hinaus in Prozenten aus, so sehen wir, daß die stärkste 
Hyperleukocytose bei intravenöser Einführung von Natr. nucl. 
beobachtet wird, und zwar + 353,3°/, (46100) darauf folgt die 
subcutane Injektion mit 204,8°/, (31000) und die intraperi- 
toneale mit 187,6°/, (29250) und die ES per os mit 
-+ 162,5°/, (26700). 

Ohne auf Details einzugehen, erlaube ich mir folgende 
Tatsachen hervorzuheben: 1. Die Leukocytenkurve bleibt bei 
allen Versuchshunden auch außerhalb der Periode der unmittel- 
baren Einwirkung des eingeführten Natr. nucl. auf einem relativ 
höheren Niveau als die Kurve des Kontrollhundes; 2. das 
Maximum der Hyperleukocytose fiel bei allen Hunden auf die 
Anfangsstadien der Vorbehandlung (eine Ausnahme macht nur 
Hund Nr. 1, der nucleinsaures Na intravenös erhielt). 

Letzteres beweist eine rasche Gewöhnung des Organismus 
an die Nucleinsäure, das Auftreten einer gewissen „Immunität“ 
gegenüber Einführung bedeutend größerer Mengen derselben 
und ist insofern interessant. 


Eine solche Gewöhnung oder „Immunität“ gegenüber Nucleinsäure 
hinsichtlich der Wirkung letzterer auf Blutdruck und Gerinnbarkeit dee 
Blutes (bei Hunden) erwähnen Mendel, Underhill und White?) in 
ihrer Arbeit. 

Auf eine ungeheuer rasche Gewöhnung (bei progressiven Paralytikern) 
weist auch Donath 3) hin; dieser schließt aus der Intensität des Tem- 
peraturanstieges als Folge der subcutanen Injektion von nucleinsaurem 
Natr. auf den Grad der Gewöhnung. 

Bei dem Hunde Nr. 3 wurden bei großen Dosen von nuclein- 
saurem Natron (bei den letzten drei Einspritzungen) mit einer 
gewissen Regelmäßigkeit folgende Erscheimungen beobachtet: 
Am nächsten Tage nach der Einspritzung bestand nur eine 
unbedeutende Hyperleukocytose oder sogar eine gewisse Hypo- 
leukocytose, gleichzeitig trat ein bedeutendes Infiltrat an der 
Injektionsstelle auf; am 3. Tage nach der Einspritzung weist 
das Blut eine für die gegebene Injektion maximale Hyper- 


2) L. Mendel, F. Underhill und B. White, Americ. Journ. of 
Physiol. 7, 1903. 
2) J. Donath, Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie 67, 420, 1910; Berliner 


klin. Wochenschr. 1910, 2343. 
24* 


360 M. Tschernoruzki: 


leukocytose auf, das Infiltrat an der Injektionsstelle schwindet; 
am 4. Tage besteht noch Hpyperleukocytose, und am 5. Tage 
kehrt die Leukocytenkurve zur Norm zurück. 

Auf Grund dieser Beobachtungen stellen sich die Vorgänge 
bei der Resorption des subcutan zugeführten nucleinsauren 
Natr. folgendermaßen dar: Letzteres übt seine chemotaktische 
- Wirkung aus und führt infolge der Ansammlung der Leukocyten 
an der Injektionsstelle zu einer relativen Hypoleukocytose im 
Blute. Zugleich übt die Nucleinsäure eine stimulierende W ir- 
kung auf die blutbildenden Organe aus (so wird bei der letzten 
Einspritzung schon nach 6 Stunden eine ziemlich bedeutende 
Hyperleukocytose im Blute beobachtet), aber die vermehrte 
Arbeit der blutbildenden Organe wird dadurch maskiert, daß 
die Leukocyten in großer Menge der Injektionsstelle zuströmen 
und zur Infiltratbildung führen; im Blute beobachten wir wäh- 
rend dieser Zeit Hypoleukocytose oder eine sehr geringe Hyper- 
leukocytose. Nachdem die Leukocyten sich der Nucleinsäure 
bemächtigt haben, kehren sie in den Blutstrom zurück, und 
am 3. Tage nach der Einspritzung läßt sich zugleich mit dem 
Verschwinden (Resorption) des Infiltrates eine bedeutende Hyper- 
leukocytose beobachten. 

Die eben angeführte Tatsache demonstriert uns, wie mir 
scheint, mit großer Anschaulichkeit einerseits den Mechanismus, 
mittels dessen die Assimilation der parenteral eingeführten 
Nucleinsäure erfolgt, und andererseits die Bedeutung der Leuko- 
cyten für diesen Mechanismus. 

Was die Körpertemperatur anbetrifft, so beobachtete ich 
bei allen Arten der Einverleibung des Natr. nucl. fast jedesmal 
eine gewisse Steigerung derselben im Vergleich mit der Norm 
(= 38,5 bis 38,6°); die geringste Temperaturerhöhung erfolgte 
bei Zufuhr durch den Magen-Darmtraktus (bis 0,5°) und die 
größte bei intravenöser Injektion (bis 1,5 bis 1,7°). 

Es gelingt nicht, eine bestimmte Beziehung zwischen Er- 
höhung der Körpertemperatur einerseits und Leukocytose, sowie 
der Menge der eingeführten Nucleinsäure andererseits festzustellen, 
indessen besteht zwischen denselben doch ein gewisser Parallelis- 
mus in dem Sinne, daß das Maximum und Minimum der Hyper- 
leukocytose, sowie das Maximum und Minimum des Temperatur- 
anstieges bei ein und denselben Hunden (Nr. 1 und Nr. 4) be- 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 361 


obachtet wurden und daß die maximale Temperatursteigerung 
bei maximalen Gaben von Nucleinsäure auftrat. 

Bei parenteraler Zufuhr von nucleinsaurem Natron in Dosen, 
die sich 1 g pro kg Körpergewicht näherten, ließ sich eine 
mehr oder minder bedeutende Störung des Allgemeinbefindens 
beobachten: schon nach einigen Stunden wurden die Hunde 
matt, apathisch, wollten keine Nahrung zu sich nehmen und 
machten den Eindruck schwerkranker Tiere. Der Hund Nr. 1, 
dem zuletzt 18,45 g (1,5 g pro kg Körpergewicht) intravenös 
injiziert wurde, bot schon bedrohliche Vergiftungserscheinungen 
dar: starke Schwäche (liegt die ganze Zeit), fast vollständiges 
Fehlen einer Reaktion auf die Umgebung, Durchfall und Er- 
brechen (einmal). So erscheint also die Dose von 1,5 g Natr. 
nucl. Merck pro kg Körpergewicht für den Hund ebenso wie 
für das Kaninchen als eine Grenzdose, zum mindesten für die 
intravenöse Zufuhr. 

Der Hund Nr. A dem Natr. nucl. per os gegeben wurde, 
wies sogar bei einer Dosis von 1,5 g pro kg keine Störung des 
Allgemeinbefindens (mit Ausnahme von Durchfall) auf. 


Untersuchung des Purinstoffwechsels. 


Bei der Stoffwechseluntersuchung beschäftigte ich mich speziell mit 
dem Purinumsatz und bestimmte daher alle Produkte desselben, die im 
Harn ausgeschieden werden, also Harnsäure, Purinbasen und Allantoin; 
ferner wurden zum Zwecke der allgemeinen Orientierung über den Zu- 
stand des N-Umsatzes der Gesamtstickstoff und der N des SE 
ebenso wie der Gesamtphosphor des Harns bestimmt, 

Die Bestimmung des Gesamtstickstoffes erfolgte nach Kjeldahl, 
des N des Harnstoffes nach Borodin, des N der Harnsäure und der 
Purinbasen nach Krüger-Schmidt, des N des Allantoins nach Wie- 
chowski und des Gesamtphosphors nach Neumann. 

Als Beispiel führe ich in Tabelle I die auf diese Weise bei 
großen Gaben von nucleinsaurem Na gewonnenen Zahlen für die Hunde 
Nr. 1 und 2 an. 

Ich führe in dieser Tabelle das Verhältnis des N der verschiedenen 
Komponenten des Purinumsatzes zu dem Gesamtstickstoff des Purins in 
Prozenten an; ferner das Verhältnis des N der Harnsäure zum N der 
Purinbasen, die Größe des Stickstoffrestes (Gesamtstickstoff minus N des 
Harnstoffes und N der Purinkörper) und sein Verhältnis zum Gesamt-N. 

Bei Betrachtung der Tabelle I wird unsere Aufmerksam- 
keit auf folgende Verhältnisse gelenkt. Die Quantität der 


durch den Harn ausgeschiedenen Purinkörper nimmt nach Zu- 


362 M. Tschernoruzki: 


fuhr von nucleinsaurem Na deutlich zu, und obgleich der 
größte Teil derselben wie in der Norm in der Form von Allan- 
toin ausgeschieden wird, so fällt die relative Vermehrung der 
Ausscheidung doch hauptsächlich auf die Purinbasen und die 
Harnsäure. Das Verhältnis des N der Harnsäure zum N der 
Purinbasen, das unter normalen Verhältnissen eine ziemlich 
konstante Größe ist (1:0,4 bis 0,56), ändert sich in einer 
bestimmten Richtung und kann sogar ein umgekehrtes werden 
(Hund Nr. 1). 


Tabelle I. 





















































= ap L P D La — 
gZ S| E8 | £8 | 38 |Z z jj ls 
O g 8 = H e = e 5 z = 12 ~S Ay 
= 28 —* As * y 58| E° | w 
© SE E Se Sa [M | saj 35 
JHH IE RER ks E 
RE 33 g Asi zej SZ | a are 
E S © | Verhältnis derselben zum Z "ei E “lg: = z 
P Zi | Gesamt-N der Purinbasen | 2 [E S Sjt” 
kg E = in ie mg BR N £ 
Kontrollhund. 
16. I1.]12,75 = 470 13,0 mg | 5,5 mg |366,0 mg a 10.28 D 
DE Ke dn — I560115,65]14,05| aaen 1.4307, ` 95.1907, 584911 : 0,4203407, [232 
18. „, | Iess 470 | | 
Hund Nr. 1, intravenös. 
19. LI — |375 y% | 
SS 15,99 mg| 6,56 mg 336,2 mg als. 2,66 g 
ër aj — e Säin 13,78 44%, | 18 | 93,8%, 358,711: 0,4 0,65% 210 
22. | 9,6 8, 
23. — z aṣ ` LO 
"I | do. | =s 19,04 mg 28,56 mg|436,8 mg i 1,57 g 
= ” E zig 700 17,86 15,85 3,9 % 6,0%, 90,1 JA 484,4 1 . 1,5 0,28%, 2,58 
=G m TF 
ee: e 15,07 mg 5,44 mg 374,0 mg : 1,69 g c 
D e = ër" je 19,13117,03 3,8%, | 14%, | 94.80), 394,511 : 0,36 0,37%), 2,52 
Hund Nr. 2, intraperitoneal. 
19. I.| — — 1600 | * 
= 11,87 mg! 6,65 mg'318,2 mg f 2,85 g le as 
2 = ge en hisas 11,73 3,53%/, | 1.98%, | 94,550), 336,5]1 : 0,56 rat, 1,92 
= „1 9,75 10,0 
3. — ze 1510 
zl | do. aee 30,8 mg |20,4 mg |387,6 mg ‚neell?3 g . 
eg DS In | 
ei SES { 23,25 mg! 4,26 mg 366,9 m r 1,19 g 
d — ve? 2 380 17,24 15,66 5,89 wë 1,08 JA | 93,020 a 394, 1 > 0,1 0,28%, 2,23 
29. „ =8 |480 | 


Interessant dabei ist, daß die angeführte Steigerung in der 
Ausscheidung relativ gar nicht der Menge der mit dem Natr. 


Gegenseitige Wirkung von Nuoleinsäure,u. Nuclease im Organismus. 363 


nucl. eingeführten Purinbasen entspricht: der Hund Nr. 1, der 
0,69 g N an Purinbasen erhielt, schied an Überschuß gegen- 
über der Norm, d h. außer der entsprechenden während dem- 
selben Zeitraum vor der Einspritzung ausgeschiedenen Menge 
nur 0,48 g aus (folglich um 31,8°/, weniger als eingeführt 
wurde). Der Hund Nr. 2, der 0,86 g N an Purinbasen er- 
halten hatte, schied an Überschuß ebenfalls 0,48 g aus, d. h. 
44,2°/, weniger als eingeführt worden war. 

Die Menge des Reststickstoffes im Harn nimmt nach Zu- 
fuhr von nucleinsaurem Na bedeutend ab (ungefähr um 50°/,). 

Die Gesamtmenge des Stickstoffes, die hauptsächlich auf 
Rechnung des Harnstoffes fällt und die Gesamtmenge des 
Phosphors nehmen bedeutend zu, wobei der Überschuß an N 
und P, der in Form von nucleinsaurem Na in den Organismus 
eingeführt wurde, bedeutend überschritten wird, und zwar um 
8 bis 10 mal für Stickstoff und um 2 bis 21/, mal für Phos- 
phor; eine solche Vermehrung kann zweifelsohne nur von einer 
Steigerung des Gewebsstoffwechsels, von einem gesteigerten 
Zerfall der N- und P-haltigen Stoffe herrühren. All das erweckt 
in uns den Eindruck, daß neben einer Verstärkung der Prozesse 
des Gewebsstoffwechsels noch eine vollständigere Oxydation 
der N-haltigen Produkte erfolgt. Die im Vergleich mit der 
eingeführten Menge relativ geringere Ausscheidung der Purin- 
körper läßt sich aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Über- 
führung derselben in höhere Oxydationsstufen (Harnstoff) er- 
klären und dient ferner zur indirekten Widerlegung des Grund- 
satzes, daß das Allantoin im Organismus der Säugetiere als 
Endprodukt des Purinstoffwechsels auftritt. Man kann auf 
diese Weise annehmen, daß, wenn man Nucleinsäure nach dem 
Prinzip der aktiven Immunisation in den tierischen Organis- 
mus einführt, nicht nur eine Erhöhung des Gewebsstoffwechsels 
(sowohl des N- wie P-Umsatzes) stattfindet, sondern auch eine 
vollständigere Ausnützung der Produkte dieses Stoffwechsels 
erfolgt. 

Die gleiche Erhöhung des Purinumsatzes bei intravenöser Einver- 


leibung von 2,5g Nucleinsäure war von Schittenhelm?!) erwähnt worden, 
Intereesant in dieser Beziehung sind auch die Versuche von Heilner®), 





2) A, Schittenhelm, Zeitschr, f, physiol, Chem, 62, 80, 190% 
2) E. Heilner, Zeitschr, L Biol, 52, 234, 1909. 


364 M. Tschernoruzki: 


der bei subcutaner Injektion von Harnstoff in physiologischer Koch- 
salzlösung (aber nicht in destilliertem Wasser) bei Kaninchen eine be- 
deutende (im Durchschnitt um 53,4°/,) Erhöhung des Eiweißumsatzes 
nachweisen konnte. Das gleiche beobachteten Soetbeer und Ibrahim 
(ausgeführt nach Heilner) bei subcutaner Zufuhr von Harnsäure beim 
Menschen. 

Alle diese Beobachtungen erscheinen vom biochemischen Stand- 
punkt aus interessant. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die End- 
produkte des Stoffwechsels keine für den Organismus vollkommen in- 
differenten Stoffe darstellen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß viele 
von ihnen im Organismus eine gewisse Rolle z. B. bei der Regulation 
derselben chemischen Prozesse spielen, denen sie ihre Entstehung ver- 
danken, wie wir es auch im gegebenen Falle sahen. 

Wie wir ferner aus der angeführten Tabelle ersehen, übt das 
nucleinsaure Natron bei Hunden keinerlei harntreibende Wirkung aus. 


Was die Frage über die Wirkung der Nucleinsäure auf 
den Gehalt des Blutes an gewissen Immunkörpern anbetrifft, 
so ergeben meine Beobachtungen: 1. daß sich der antitryptische 
Index des Blutes sogar während des Stadiums der starken 
Nucleinhyperleukocytose (bis zu 31000) nicht verändert (Me- 
thode von Groß-Fuld); 2. daß sich im Blute keinerlei für 
die Nucleinsäure spezifische Antikörper bilden, es sei denn 
daß man die Nuclease als solche auffassen will (Methode des 
Präzipitierens, Methode der Komplementbindung) und 3. daß 
der Gehalt des Blutes an Komplement unter dem Einfluß von 
Nucleinsäure augenscheinlich zunimmt. 


Methodik der Nucleaseuntersuchung. 


Indem ich jetzt zu den Untersuchungen der Nuclease übergehe, 
will ich zuerst in allgemeinen Zügen das Wesentlichste über die von mir 
bei der Nucleasebestimmung verwendete Untersuchungsmethode erwähnen. 
Ich bestimmte die Nuclease in Blut und Organen. Am lebenden Tiere 
wurde das Blut aus der Ohrvene (selbstverständlich unter Beobachtung 
aller aseptischen Kautelen) entnommen, dann wurde die Nuclease des 
Serums und der roten Blutkörperchen getrennt bestimmt. 

Zur Bestimmung des Nucleasegehaltes der Organe ließen wir die 
Tiere durch die Art. carotis verbluten. 

Die zur Untersuchung bestimmten Organe wurden sofort heraus- 
genommen und zerkleinert, dann erfolgte die Trocknung bei niedriger 
Temperatur (nicht höher als 30°) in einem besonderen Apparat mit 
starker elektrischer Ventilation!) oder in einem Vakuumapparat. 


2) Ein solcher Apparat wird seit dem Jahre 1903 im biochemischen 
Laboratorium des Institutes für‘exXperim. Med. für den genanhten Zweck 
viel verwendet. i SCH R 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuolease im Organismus. 365 


Die vollkommen trockenen Organe werden in einem Mörser aus 
Porzellan oder in einem besonderen Metallmörser zu feinem Pulver ver- 
rieben und in solchem Zustand in sterilen Gefäßen — Reagensgläsern oder 
anderen Glasgefäßen — bis zum Moment der Untersuchung aufbewahrt. 

Es muß übrigens bemerkt werden, daB sich fettreiche Organe, wie 
Gehirn und Thymus, nicht zu feinem Pulver verreiben lassen. Das 
Knochenmark wurde überhaupt nicht getrocknet, sondern in frischem 
Zustand untersucht. 

Die im gegebenen Falle verwendete Methode der Trocknung der 
Organe bei niedriger Temperatur und starkem Luftstrom oder im luft- 
leeren Raum hat nicht nur für biologische, sondern auch für chemische 
Untersuchungen unbestreitbare Vorzüge vor der Benutzung frischer Organe. 

Die Schattenseiten bei der Arbeit an frischen Organen bestehen in 
der Schwierigkeit ihrer Aufbewahrung, in ihrer leichten Veränderlichkeit 
infolge autolytischer Prozesse und der Unmöglichkeit eines quantitativen 
Vergleiches. Daher fehlte es auch bis vor ganz kurzem an irgendwelchen 
mehr oder weniger systematischen Untersuchungen der fermentativen 
Funktionen des ganzen Organismus. 

Diese Mißstände wurden von allen, die sich mit Organuntersuchungen 
beschäftigen, empfunden, und im Jahre 1907 publizierte Wiechowskil) 
seine Methode, um die Organe in trockenem Zustande und frei von 
Lipoid- und Extraktivstoffen darzustellen (durch Extraktion mittels Toluol 
und Alkohol). Doch gewann diese Methode keine ausgedehntere Ver- 
breitung. 

Durch die Entfernung einer ganzen Reihe von Stoffen und die 
energische Bearbeitung der Organe werden natürlich die Bedingungen 
der Fermentwirkung bedeutend modifiziert, und wir sind dabei nicht 
imstande, zu berechnen, in welcher Richtung diese Veränderung erfolgte. 

Daher erzielen wir durch die Fixierung der Organe in ihrem natür- 
lichen Zustand, wie dies durch die obenerwähnte Methode erreicht wird, 
eine der Wirklichkeit am meisten entsprechende Vorstellung über die 
fermentativen Funktionen der Organe, während durch die Entfernung 
alles nicht organisch gebundenen Wassers quantitative Vergleiche unter 
Berechnung auf die eine oder andere Gewichtseinheit des getrockneten 
Organes ermöglicht werden. 

Da wir das Gewicht des Organes vor und nach der Austrocknung 
kennen, so können wir Umrechnungen von dem getrockneten Organ auf 
das frische und umgekehrt ausführen. Bei niedriger Temperatur ge- 
trocknete Organe bewahren während langer Zeit fast alle ihre fermenta- 
tiven Funktionen außer der katalytischen; die Katalase geht dabei ent- 
weder vollkommen zugrunde oder aber wird bedeutend abgeschwächt 
[Kobert?), Battelli’), Tschernoruzkit)]. 


1) W.Wiechowski, Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 9, 232, 1907. 
2) Kobert, Arch. f. d. ges. Physiol. 99, 116, 1903. 

3) Battelli, Compt. rend. Soc. Biol. 59, 300, 1905. 

4) Tschernoruzki, diese Zeitschr. 86, 364, 1911. 


366 M. Tschernoruzki: 


Die Feststellung des Nucleasegehaltes erfolgte fast ausschließlich 
an trockenen Organen, und nur einige davon wurden in frischem Zustand 
untersucht (Knochenmark, Thymus und Bauchspeicheldrüse). 

In letzterem Falle wurde ein Extrakt im Verhältnis von 1:20 her- 
gestellt, und zwar folgendermaßen: Eine genau abgewogene Menge des 
zerkleinerten Organes wurde mit sterilem Sand verrieben, mit der 
20fachen Menge physiologischer Kochsalzlösung (0,85°/,) übergossen und 
nach Hinzufügung eines Antisepticums während 2mal 24 Stunden bei 
Zimmertemperatur (unter mehrfachem Umrühren) stehen gelassen, worauf 
die Filtration des Extraktes erfolgte. 

Die trockenen Organe dagegen wurden bei der Untersuchung ihres 
Nucleasegehaltes per se verwendet, da vergleichende Untersuchungen 
bei der Benutzung von Extrakt aus getrookneten Organen einerseits und 
Organen in Pulverform andererseits ergaben, daß die fermentative Spal- 
tung des nucleinsauren Na bei Verwendung des leiztgenannten Materials 
ungefähr um 2mal stärker ist als beim ersteren, z. B.: 

Leber des Hundes Nr. 2: 0,25 g. Differenz in der fermentativen 
Funktion von Experiment und Kontrollversuch. 

mg P,O, 
Extrakt. . 2... . . . 8,66 
Gepulvertes Organ . . . 15,85 


Die fermentative Wirkung der Nuclease wie die Stärke derselben 
erschließen wir entweder aus den Zerfallsprodukten der Nucleinsäure 
oder aus der Veränderung ihrer optischen Eigenschaften, d. h. wir be- 
dienen uns entweder chemischer oder optischer Methoden. Ich ver- 
wendete beide bei meinen Untersuchungen. 

Von den zwei chemischen Methoden der Nucleasebestimmung: 
1. aus der Menge der Purinbasen und 2. aus der Menge des anorganischen 
Phosphors, der bei der Spaltung des Moleküls der Nucleinsäure frei 
wird, wählte ich die zweite Methode, die meiner Ansicht nach wesent- 
liche Vorzüge vor der ersten aufweist. 

Die Versuchsanordnung bei der Bestimmung der Nuclease bestand 
im Prinzip aus folgendem: Eine bestimmte Menge fermenthaltigen Ma- 
terials wird mit einer bestimmten Menge nucleinsauren Natrons und 
einer bestimmten Quantität Flüssigkeit vermengt; während eines be- 
stimmten Zeitraumes läßt man das Gemenge bei einer Temperatur von 
37 bis 380 stehen, trocknet dasselbe dann ungefähr bei 70 bis 80° und 
untersucht auf den Gehalt an anorganischem Phosphor. 

Jeder Versuch ist von einem entsprechenden Kontrollversuch be- 
gleitet. Dieser wird an dem gleichen Material ausgeführt, nur mit dem 
Unterschiede, daß dasselbe durch Kochen (während 5 Minuten auf dem 
Drahtnetz) seine fermentativen Funktionen verloren hat. Die Differenz 
zwischen der Menge des anorganischen Phosphors im Experiment und 
Kontrollversuch dient zur Bestimmung der fermentativen Energie. 

Die Bestimmung des anorganischen Phosphors wurde nach einer 
kombinierten Methode ausgeführt. Bei derselben bedienten wir uns so- 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 367 


wohl der von Stutzer!) für die Trennung der anorganischen von den 
organischen Phosphorverbindungen vorgeschlagenen wie der alkali- 
metrischen Methode zur Bestimmung der Phosphorsäure nach A. Neu- 
mann?), ferner wendeten wir die Korrektur von Gregersen) auf Kohlen- 
säure an und benuzten die von Bang“) modifizierte Methode zur Ent- 
fernung des Ammoniaks. 

Die optische Methode der Nucleasebestimmung wurde von Pighini®) 
vorgeschlagen. Neuberg®) bestätigt die Anwendbarkeit derselben für 
den genannten Zweck. Bei meinen Untersuchungen befolgte ich im ganzen 
die Angaben von Pighini und verwendete dabei die Nucleinsäure der 
Firma Leprinoe und das Polarimeter von Schmidt & Haensch mit Röhren 
von 10 bis 20 cm Länge. Das Verhältnis des Serums oder Extraktes 
zu der 2°/,igen Nuoleinsäurelösung war 1:10. 

Um die erhaltenen Resultate bequemer miteinander vergleichen zu 
können, berechnete ich die Konstante der Reaktionsgeschwindigkeit nach 


der Formel: K=- (Gesetz von Schütz-Borissow). 


Die Nuclease im Blute (Serum, Erythrocyten und Leukocyten). 


Bei der Schilderung meiner Beobachtungen betreffend die Wirkung 
der Nucleinsäure auf die Funktion der Nuclease werde ich mich im all- 
gemeinen an die chronologische Reihenfolge halten und anfangs die 
Daten anführen, die sich auf das Blut, hauptsächlich das Serum beziehen 
und am lebenden Tiere gewonnen sind, weiterhin folgen die Resultate 
der Organuntersuchungen. In den Fällen, wo die Untersuchung nach 
der chemischen und optischen Methode ausgeführt wurde, werden die 
Reeultate beider zugleich angeführt. 

Das Blut — Serum und rote Blutkörperchen getrennt — wurde 
mittels der chemischen Methode auf seinen Nucleasegehalt geprüft, und 
zwar bei allen Hündchen sowohl vor Beginn des Versuches wie später 
ungefähr in der Mitte der Vorbehandlungsperiode (im Durchschnitt naoh 
der 8. Gabe von nucleinsaurem Na zu 1,26 g pro Kilogramm Körper- 
gewicht). 

Ich führe nun die Endresultate, d. h. die Menge an anorganischem 
Phosphor-P,0, an, woran die fermentative Energie von 1 ccm Serum 
oder Erythrocyten bemessen wird, und bezeichne nur die Mittelwerte 
für alle 5 Hunde vor der Einführung von nucleinsaurem Na und für 
die 4 Versuchshunde nach der Einführung der genannten Quantitäten. 


1) A. Stutzer, diese Zeitschr. 7, 471, 1908. 

2) A. Neumann, Zeitschr. f. physiol. Chem. 87, 129, 1902; 48, 
32, 1904. 

3) S. Gregersen, Zeitschr. f. physiol. Chem. 53, 453, 1907. 

+) I. Bang, diese Zeitschr. 32, 443, 1911. 

DG Pighini, Zeitschr. f. physiol. Chem. 70, 85, 1910. 

DC Neuberg, diese Zeitschr. 30, 505, 1910. 


368 M. Tschernoruzki: 


Der Anschaulichkeit halber erwähne ich hier das Resultat bei der 
Prüfung der isolierten polymorphkernigen Leukocyten des Kontrollhundes 
und des Hundes Nr. 2 auf ihren Nucleasegehalt, wobei die Menge des 
P0, in Milligramm der fermentativen Energie von 1g Leukocyten ent- 
spricht. (Die Zufuhr von nucleinsaurem Na erfolgte bei Hund Nr. 2 
intraperitoneal.) Die Untersuchung der Leukocyten erfolgte ganz am 
Ende der Vorbehandlungsperiode. Die Methode zur Gewinnung der- 
selben ist eingehend in einer anderen Arbeit von mir angegeben!). 









Differenz in 
der Energie | Die gleiche 
der Nuclease-| Differenz 
wirkung 
in mg P0, 








Vor der Ein- |Nach der Ein- 
führung von | führung von 
Natr. nucl. | Natr. nucl. 




















mg P0; | mg P,O, in o/o 

















Serum. .... 2,88 3,17 0,29 10,0 
Erythrocyten . . 6,08 6,82 0,74 12,1 
Leukocyten (Poly- 

nucleare) ... 26,482) | 43,683) 17,20 64,9 





Es findet folglich unter dem Einfluß der Nucleinsäure eine 
gewisse Verstärkung der nucleolytischen Funktionen des Blutes 
statt, wobei diese Verstärkung ungleich auf die verschiedenen 
Blutbestandteile verteilt ist und hauptsächlich auf die weißen 
Blutkörperchen (Polynucleare) fällt. 

Bei Betrachtung der soeben angeführten kleinen Tabelle 
sehen wir, daß der Nucleasegehalt der Erythrocyten ein ziemlich 
bedeutender ist: es ist möglich, daß ein Teil der auf diese 
Weise bestimmten fermentativen Energie auf Rechnung einer 
Leukocytenbeimengung zu: setzen ist; letztere sind, wie wir 
aus den angeführten Zahlen ersehen, ungemein reich an 
Nuclease. | 

Der Nucleasegehalt des Serums wurde außerdem noch mittels der 
optischen Methode berechnet. Vor der letzten Einführung von nuclein- 
saurem Na wurde bei allen Hunden die nucleolytische Funktion des 
Serums geprüft, während der folgenden Tage wurde diese Prüfung täglich 
wiederholt, so daß uns die Tabelle II, in der die hierhergehörigen Daten 
angeführt sind, den unmittelbaren Einfluß der auf verschiedene Weise 


in den Organismus eingeführten Nucleinsäure auf die nucleolytischen 
Eigenschaften des Serums demonstriert. 


DM Tschernoruzki, Zeitschr. f. physiol. Chem. 75, 216, 1911. 
2) Kontrollhund. 
3) Hund Nr. 2. 


Tabelle II. 


Bestimmung der Nuclease im Serum mittels der optischen Methode. 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 369- 








16. IV. 
17. IN. 


18. IV. 


19. IV. 
20. IV. 


21. IV. 


26. IV. 
81.37. 
28. IV. 


22. III. 


23. III. 


24. II. 


25. III. 


26. III. 
28. III. 
29. III. 







a N3 Dys 


1. Tag nach d. Einspritzung 
2. , 


n 


1. Tag nach d. Einspritzung 


y Soa Ds 


Wys a Ds a 


a a Sa a »$s 


Verhältnis 





Der anfängliche 


Ablenkungs- 


winkel 


Der beobachtete 


Ablenkungs- 


winkel 
Differenz 


zwischen den- 


selben 














Die Abweichungen 






Die gleichen 
Abweichungen 
in %/ 


Kontrollhund. Mittelwert aus mehreren (5) Untersuchungen. 


Vor der Einspritzung 
E Tag nach d. Einspritzung 


“3332193193333 3 3 3 


Vor der Einspritzung 


Vor der Einspritzung 


3323293233333 33 


3333233933333 3 


333233333333 


3339323323333 3 3 


2 3 2 3 Iy 3 3 3 3 


ek u 
18| — 


Hund Nr. 1, intravenös. 


1 |20 15° | 10 AN | 00 30’ 
18 | — |1040 | 00 35’ 
1 | 20 20 09 OI 
ý 18 | — |1030 |00 30’ 
Š 26 | — |10 10 
3 1 |20 10 50 | 00 10 
S 18 | — |1015 |0045 
S 26 | — |1010 |00 50 
8 1 |20 10 45’ | 00 15° 
P 15 | — |1030 |0030 
e 1 | 20 19 35’ | 00 25’ 
e 15 | — |1025 |0035 
— 20 | — |1910’|09 50’ 
e 1 |20 10 | 19 35’ | 00 35’ 
Se 18 19 20 | 09 50’ 
e 24 | — [191019 
Hund Nr. 2, intraperitoneal. 
1 | 10 45’ | 19 25° | 00 20 
24} — |10 10 |0035 
1 | 20 05’ | 19 35° | 00 30 
? 24 | — |10 20 |00 45’ 
N 1 |20 20 09 0’ 
8 18 | — |10 20 109 30’ 
Hund Nr. 3, suboutan. 
1 | 30 30’ | 39 0° 30’ 
20 | — |20 10 30/ 
1 |30 30 | 30 00 30’ 
o 20 | — |20 20 
e 1 |30 30’ | 30 30 | 00 Q 
a 20| — 19 20 
e 1 |30 30 | 30 15°| 00 15’ 
e 24 | — |2010 | 19 20’ 
ü 1 |30 30’ | 20 45’ | 00 AN 
e 20 | — |20 10 30/ 
e 1 |49 30 20’ | 00 40/ 
y 16 | — |2030 |1030 
R 1 |40 30 30 | 00 30’ 
a 20 | — |20 40 | 19 20 


2,323 
1,149 


| 


— 3,873 | — 100,0 


— 2,582 | — 66,7 


— 414 
178 


— 1,837 
— 0,657 


+ 0,645 


| — 
kb ge 
+0 


+0 
— 3,873 | — 100,0 
—1,937 |— 50,0 
+ 1,936 |+ 50,0 
+1291 |+ 33,4 
+0 ln 


370 M. Tschernoruzki: 
Tabelle II (Fortsetzung). 



















e ® | e g 
KE 
On |8 ù 5 E Sg 
éi En LG (gei |S jj 
D Verhältnis EEF 2598 S gg a ajo 23 35. 
atum r 3442 oogun | |38 LKA 
zur Einspritzung ER) 38858 S Sege Eë: 
pa ga PE eurer 
8 = >: E * 





26. DL Vor der Einspritzung | 14° 30 50300 ri 1,291 | — | — 
24 Kë rt e 
27. TU. teg nach d. Einspritzung| 1 |40 30 45°|0015'| 1,936 | + 0,645 |+ 50,0 


— — 24| — |2050|1010| 1844 | — Ke 
sur . , « 1 |40 [30 30 do 30° | 3,873 | + 2,682 | + 208,0 

ei s 16 | — [20301030 | 2904 | — e 
29.1113. "TI : ı |40 |30 45°|0015°| 1936 | +0,645 |+ 50,0 
LEE a 2 - : 15 |30 45'|30 6o0 45 1,500 | — = 
ice. 52 s 1 |4015 |40 [oo 157| 1.936 | +0,645 |+ 50,0 


Bei Betrachtung dieser Tabelle bemerken wir folgendes: 
Bei allen Hunden, denen Natr. nucl. zugeführt wurde, aus- 
genommen den Hund Nr. 4 (Einführung per os), war die nucleo- 
lytische Energie des Serums vor der Einführung von Natr. 
nucl. im allgemeinen größer als bei dem Kontrollhunde; nach 
der Einverleibung von nucleinsaurem Na treten mit einer ge- 
wissen Gesetzmäßigkeit andere Beziehungen auf, wobei sich 
der Hund Nr. 4 wieder von den anderen Versuchshunden 
(denen Natr. nucl. parenteral zugeführt wurde) unterscheidet. 
Bei parenteraler Zufuhr wird als Regel nach der Einspritzung 
ein Sinken der nucleolytischen Energie beobachtet, darauf folgt 
eine Steigerung derselben und Rückkehr zur Norm. Das ist 
das Schema der beobachteten Veränderungen, gewisse Ab- 
weichungen davon sind augenscheinlich durch die Art der Ein- 
führung bedingt: so erfolgt das Absinken der nucleolytischen 
Funktionen (während der 1. Stunde der Fermentwirkung bis 
auf 0) bei intravenöser Injektion schon am nächsten Tage, bei 
subcutaner und intraperitonealer Injektion erst am 3. Tage 
nach der Injektion. Berücksichtigt man den Prozeß der Re- 
sorption des eingeführten Stoffes, so erscheint das vollkommen 
verständlich. 

Die hier konstatierten Erscheinungen erinnern unzweifel- 
haft an diejenigen, die wir bei den Prozessen der aktiven 
Immunisation beobachten: wir sehen die gleichen wellenförmigen 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 371 


Schwankungen im Antikörpergehalt mit ihren negativen und 
positiven Phasen. 

Bei Einführung von Natr. nucl. durch den Magen-Darm- 
traktus (Hund Nr. 4) wird keine „negative Phase“ beobachtet, 
die Verstärkung der nucleolytischen Funktion ist indessen eine 
viel bedeutendere, wie bei subcutaner Injektion zum Beispiel. 

Da mich die Frage interessierte, inwieweit die Resultate 
bei der chemischen und optischen Untersuchungsmethode der 
Nuclease miteinander übereinstimmen, so untersuchte ich die 
nucleolytischen Funktionen des Serums bei dem Hunde Nr. 3 
im Verlaufe mehrerer Tage nach der chemischen und optischen 
Methode gleichzeitig. 









Vor der Injektion . 
1. Tag nach d Injekt. 


Folglich weisen beide Methoden gleichartige Schwankungen 
in der nucleolytischen Funktion des Serums nach der Injektion 
von Natr. nucl. auf, mit dem einzigen Unterschiede, daß das 
Absinken der fermentativen Energie bis zum Nullpunkt schon 
am nächsten Tage nach der Injektion erfolgt, wenn wir die 
Resultate der chemischen Untersuchung berücksichtigen, und 
erst am 2. Tage, wenn wir uns nach der optischen Methode 
richten. 


Nuclease der Organe. 


Die Bestimmung der Nuclease in den Organen erfolgte meist auf 
chemischem Wege. Der Versuch, bei der Untersuchung der Organe die 
viel weniger Zeit raubende optische Methode zu verwenden, ergab im 
. allgemeinen nicht genügend genaue Resultate, um sich für diese Methode 
zu entscheiden, besonders wenn man berücksichtigt, daß diese Methode 
noch neu und wenig ausgearbeitet ist. Außerdem ist die Beurteilung 
der mittels derselben erhaltenen Resultate schwierig und man stößt auf 
gewisse technische Schwierigkeiten bei der Anwendung auf die Organ- 
untersuchung (Trübung der Extrakte). Indessen sind die mittels der 


M. Tschernoruzki: 


372 


PALI asqnıL (1 







































— baegale date — | #0 | — [LISTAS 00,07 o| = | vs | — Im viëtal — SES 

ot OSSH OLST o0 ST oZ! — | 8I |8929 lëgezvmei4ëel Ir | SL88 1652,68 00,01 08) — EN 
= | O | 0 0008 02108 08 1 A o0,08 00 T | — (5998 001,98 08,5% 00 
SE) GE ke Fr E — — | — — 108600) o — 
Z | v |oo — |s gel z| | +» | — | — Jogoo] o — Ke 
— ; O "d edëeë4ëaë I DEG 11,81 001,91 06,08 e) I ELB E AE 00| 06 ‚08 06 

GOUT Togo af 00 — | 8I —— (1T89uoqued 
= O | 0001,51 Sio I Sek "es 9101 "8 AN 
— | — 10100108021 — | 08 FGIL dE 00),20 e 02 

IOB SSH9O|OT 001,08 ei — | F De Lg 001,51 02 ’ or 
— O (edit 00,08 0 I 986 1 1,S1 ei OE 001,59 o3) 1 

898‘0 Gë OI 00,8% el — | 6T vsr‘L|0F 601,08 ol et (pung 
— | O | 00001 0801 02 1 deit oZ! OL o3) 1 -roszuoy 





















= | g EM de | al ai 8.J5% [elz sl s| So 

2 Erg r 288 kré k SCH * ta * 

Kë g © Ek: E | a: S Sr SE = | SI S S SẸ -a g | "Onu 'IeN 

sal EEEE A Giel 0 2. 8858828) op 

EE EEIEGICEEIER 5 Š EF SEILER = S E FIFE Zuniynyug 

SS 5855| galars| 3 |O [5838| Sjö- g E 5818| £%]|ıp ug pun 

Ss 2| 3| sF Ié <| 3| "EE <| <| 5°] opmg 
Ok, UA sumäuL yı8wuoydouy 








-Zunsojeinesweojonn goft fl 5 IOUTO woo oi pme yery Woo p usw gopuomioa opoze ueyoetdo aop ag 
egaI90e/ pun snw, ‘ewu ouy sne Uo1gemzt ue UEPoyJom uəqosruəyo pun ueyosıydo ep stan ZunmurnysaqassajonN 


II PALL 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 373 


optischen Methode gewonnenen Resultate vom theoretischen Standpunkte 
aus interessant: einerseits liefern sie uns das Material zum Vergleich 
dieser zwei Methoden der Nucleasebestimmung untereinander, und an- 
dererseits ermöglichen sie uns gewisse Voraussetzungen über den Mecha- 
nismus der fermentativen Spaltung der Nucleinsäure. Daher erlaube ich 
mir in den Tabellen III und IV diese Resultate gleichzeitig mit den auf 
chemischem Wege gewonnenen Daten vergleichshalber anzuführen. 


Tabelle IV. 


Vergleichende Bestimmung der Nuclease mittels der 
chemischen und optischen Methoden in Leber und Nieren. 


Die quantitativen Proportionen von Organ und Nucleinsäure sind 
die gleichen bei der optischen wie bei der chemischen Methode der 
Nucleasebestimmung: 0,15 g getrocknetes Organ -+ 15 com einer 2°/, igen 
Lösung von Nucleinsäure werden in einigen kleinen Kölbchen in den 
Thermostaten gebracht; nach bestimmten Zeiträumen wird für jede Be- 
stimmung der ganze Inhalt eines der Kölbchen filtriert und am Filtrat 
die Ablenkung der Polarisationsebene beobachtet, 

Die Ablenkung erfolgt von dem 2°30 betragenden, durch die 
2°/,ige Nucleinsäurelösung bedingten, Ablenkungswinkel aus. 




















© © 8 I | Differenz in der 
E S A- kai 3 > fermentativen 
Hundo und Art [ua] SE |SE| 5 n T a 
der Einführung |3 32 DE 35 = s Kontrolle für 
des Natr. nucl. |A F Sa | 33 q | 8 [0258 Trocken- 
LESA RE] a E | m 
< < Le in mg P0; 









Leber 
1 20 20 | 0° 10° | 1,291 
Kontrollhund | ab [2030 7,70 1% 3 dg 9,61 
Nr 1: 1 20 25” | 00 05’ | 0,645 
* — 2 20 30 120 15’ |00 15’ | 1,369 13,00 
NEESS 72 00 35’ | 10 55° | 1,749 
Nr. 2: 1 20 00 30 | 3,873 
intraperitoneal | 72 17 30° |00 45" | 10 45° | 1,597 DN 
Nr. 8: 1 20 15° | 00 15’ | 1,936 
we éi 2 |20 30 | 20 00 30 | 2,738 10,25 
essen 72 00 50 | 10.407 1,521 
Nr. 4: 1 20 15° 00 15’ | 1,936 
per os 72 30 eat e 11885 18,89 
Nieren 
Kontrollhund 3 |2030 | 10 307 | 10 4,472 14,69 
Nr. 1 3 |2080 | 10 30’ | 10 4,472 17,88 
g 3 12030’ o 30’! 19 4,472 11,84 
e 3 12030/10307 | 10 4,472 15,22 
gé 3 |2030 |1025 | 10 05° | 4,957 | 11,62 





Biochemische Zeitschrift Band 44. 25 


374 ` M. Tschernoruzki: 


Aus den Tabellen III und IV ersehen wir, daß die optische 
Methode im allgemeinen bestimmte Resultate in dem Sinne 
ergibt, daß wir für die einzelnen Organe ungefähr gleichartige 
Werte erhalten, während die Untersuchung der verschiedenen 
Organe ausgesprochene Schwankungen ergibt. Wenn wir nun 
die sowohl nach der einen wie nach der anderen Methode be- 
stimmten Werte für die Energie der Nucleasewirkung unter- 
einander vergleichen, so gelingt es nicht, eine irgendwie aus- 
gesprochene Übereinstimmung zu konstatieren; wir sehen viel- 
mehr ein vollkommenes Fehlen von Übereinstimmung und 
können nur auf eine entfernte Ähnlichkeit der Resultate in 
dem Sinne hinweisen, daß die allgemeinen Schwankungen in 
der fermentativen Energie der Organe im ganzen (in den 
Maxima und Minima) zusammenfallen. 

Bemerkenswert erscheinen ferner die auf optischem Wege 
gewonnenen Resultate für Pankreas und Nieren (beim Vergleich 
mit der Leber). Der Nucleasegehalt des Pankreas ist, wenn 
wir nach der optischen Methode urteilen, sehr unbedeutend, 
was wir von den Resultaten der chemischen Methode nicht 
sagen können. In den Nieren dagegen ergibt die optische 
Methode einen viel größeren Nucleasegehalt als in der Leber, 
was wiederum nicht den Daten bei der chemischen Methode 
entspricht. 

Was bedeutet nun dieser Mangel an Übereinstimmung 
und wie läßt er sich erklären? 

Mittels dieser beiden Methoden, der chemischen und op- 
tischen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach verschiedene 
Seiten ein und desselben Prozesses, nämlich der fermentativen 
Spaltung der Nucleinsäure beleuchtet, vielleicht handelt es sich 
um verschiedene Funktionen des gleichen Fermentes, ähnlich 
der doppelten Funktion des Pepsins, oder aber es wird dabei 
die Wirkung verschiedener Fermente festgestellt. 

Man könnte z. B. von verschiedenen Fermenten sprechen, 
die auf die verschiedenen Bindungen im Molekül der Nuclein- 
säure einwirken, so von der Nucleophosphorase, die die 
Bindung von Phosphor und Kohlenstoff spaltet und den Phos- 
phor frei macht, und von der Nucleopurinase (oder Nucleo- 
pyrimidinase), die auf die Verbindung von Kohlenstoff und 
Base einwirkt und letzere frei macht. 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 375 


Levene und Medigreceanu!) sprechen z.B. auf Grund 
ihrer polarimetrischen Untersuchungen über die Prozesse der 
fermentativen Spaltung der Nucleinsäure von 3 Ferment- 
gruppen: 1. die Nucleinase (spaltet das Molekül der Nuclein- 
säure in Nucleotide), 2. die Nucleotidase (spaltet die Nu- 
oleotide), 3. die Nucleosidase (spaltet die Nucleoside). 

Die eigentümlichen Ergebnisse bei der Untersuchung der 
Bauchspeicheldrüse — das positive Resultat der chemischen und 
beinahe vollkommen negative der polarimetrischen Methode — 
läßt sich dadurch erklären, daß das Pankreas nach der Ter- 
minologie von Levene keine Nucleosidase besitzt. Der Um- 
stand ferner, daß das optische Verfahren einen viel größeren 
Nucleasegehalt in den Nieren als in der Leber ergibt, läßt 
sich damit in Verbindung bringen, daß nach Levene und 
Medigreceanu (l.c.) nur das Plasma der Nieren (und Extrakt 
aus Darmschleimhaut) eine hydrolytische Wirkung auf pyri- 
midinhaltige Nucleotide ausübt. 

In jedem Falle tragen alle diese Erwägungen nur einen 
problematischen Charakter, denn die optische Aktivität der 
Nucleinsäurelösung entspricht ja in jedem gegebenen Moment 
einem Mittelwert aus den optischen Funktionen der ver- 
schiedenen Bestandteile der Nucleinsäure, der einen oder an- 
deren Zerfallsprodukte derselben mit ihren differenten op- 
tischen Eigenschaften von verschiedener Richtung und Stärke. 

So sind von 6 Zerfallsprodukten der Hefenucleinsäure 
3 linksdrehend, wie die d-Ribose, das Guanosin und Adenosin, 
während die 3 anderen die d-Riboso-Phosphorsäure, das Cytidin 
‘und Uridin die Polarisationsebene nach rechts ablenken 
(Levene und Medigreceanu?). Man kann sich daher vor- 
stellen, wie schwierig es ist/Jnur auf Grund der optischen 
Eigenschaften einer gegebenen Lösung über den Grad der 
Spaltung der Nucleinsäure und die Richtung, in der sie erfolgt, 
zu urteilen. 

Mir scheint, daß es am ehesten möglich sein wird, durch 


Kombination mehrerer Methoden — der optischen und chemi- 
——— 14 
1) Levene und Medigreceanu, Journ. of Biolog. Chem. 9, Nr. 5, 
1911. 
2) Levene und Medigreceanu, Journ. of Biolog. Chem. 9, Nr.1, 
1911. 
25* 


376 M. Tschernoruzki: 


schen — (unter Bestimmung der Phosphorsäure, der Purin- und 
Pyrimidinbasen) das Bild und den Gang der fermentativen 
Spaltung der Nucleinsäure aufzuklären. 


Bestimmung der Nuclease in den Organen mittels der 
chemischen Methode. 


Hiermit gehe ich zur Schilderung der Resultate über, die ich mit- 
tels der chemischen Methode der Nucleasebestimmung, in den Organen 
(und im Serum) erzielte. Knochenmark, Thymus und Pankreas wurden, 
wie bereits oben erwähnt, in Form von Extrakt aus frischen Organen 
untersucht, alle anderen Organe ebenso wie das Serum in trockener Form. 


Tabelle V. 


Nuclease im Knochenmark. 


Extrakt "aus Knochenmark auf physiologische Kochsalzlösung im 
Verhältnis von 1:10, 
Extraktion während 2 >< 24 Std. bei Zimmertemperatur. 
Zur Nucleasebestimmung werden 5 com Extrakt +4 1 g Natr. nuol. 
verwendet. Gesamtmenge der Flüssigkeit 55 ccm. 
Dauer der Fermentwirkung 2><24 Stunden bei einer Temperatur 
von 37,50 0. 
Zur Bestimmung des anorganischen Phosphors wurden 25 ccm des 
Gemenges genommen. 



















D we i D wë j ® 

SC — 235% bz 

Hunde DSa l HRE Jokan GER 
Se Es s AEa3 

und Art der Sp: | ET 1558815888 
Einführung des 328 Kan 5 SE EEN 
Natr. nucl. Zo gaS ER 85 
S5 |288 were d 

DS SE Iepëgls4aBs 









































Kontrollhund | Versuch .. ..| 11,27 
Kontrolle . TI 5,917 
Hund Nr.1: |Versuch ... .| 15,9204 
intravenös Kontrolle . TI 10,5660 +0 
Hund Nr.2: |Versuch ... .| 12,398 
intraperitoneal | Kontrolle . . 8,383 — 25,0 
Hund Nr.3: 
subcutan Kë Si KR 
Hund Nr.4: |Versüuch .. .} 16,7650 
per os Kontrolle . .| 7,9602 + 64,4 
Mittelwerte f. d. | 
Versuchshunde — — — 26,66 | +13,3 





Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 377 


In der Tabelle V fällt die Erhöhung des Nucleasegehaltes im 
Knochenmark bei dem Hunde Nr. 4 auf, der Natr. ouel per os erhielt 
ferner die Verringerung desselben beim Hunde Nr. 2, der nach 8 >< 24 Std 
nach der Einspritzung getötet wurde; beim Hunde Nr. 1 dagegen, der 
nach 6 >< 24 Std. nach der Injektion getötet wurde, entspricht der 
Nucleasegehalt der Norm. Wir gewinnen den Eindruck, daß im An- 
schluß an die Injektion von nucleinsaurem Natrium eine Verringerung 
des Nucleasegehaltes im Knochenmark erfolgt (Hund Nr. 2); nach einiger 
Zeit erfolgt die Rückkehr zur Norm (Hund Nr. 1), d. h. wir haben es 
auch in diesem Falle mit einer negativen Phase, ähnlioh derjenigen 
beim Serum zu tun (s. Tabelle II). 


Tabelle VI. 


Nuclease in der Thymus. 
Die Versuchsbedingungen sind die gleichen wie beim Knoc 2 

































— el oo; e 
EREE 

Hunde aE 8 EEFE SZ 
und Art der Ei: EREI E 
Einführung d. lef PEIE P ENT 
Natr. nucl. GER SER ERESSE g 
d a EEEF- TAA- 

530 AERSAEASAZ 
































Versuch... 
Kontrolle. . 


Kontrollhund 43,0834 


26.6560) 16:42 
















Hund Nr.1: | Versuch... 71,5994 
intravenös |Kontrolle. . 36.2648 9974 [157,26 | + 117,6 
Hund Nr. 2: | Versuch... 52,0722 
intraperitoneal | Kontrolle. . 84,4050 17,67 +7,0 
Hund Nr. 3: er > BR 
subcutan 
Hund Nr. 4: | Versuch... 116,6044 67.68 
per o8 Kontrolle. . 48,9738 ? : 
Mittelwertef.d. | 
Versuchshunde | — + 145,6 


Aus der Tabelle VI ersehen wir, daß der Nucleasegehalt der Thymus 
bei allen Versuchshunden im Vergleich zur Norm mehr oder weniger er- 
höht ist; beachtenswert dabei ist, daß die wechselseitigen Beziehungen 
zwischen den Untersuchungsresultaten an den einzelnen Hunden im all- 
gemeinen die gleichen sind wie für das Knochenmark: die geringste 
Steigerung des Nucleasegehaltes (beinahe normal) beim Hund Nr. 2 (Tod 
nach dreimal 24 Stunden) und die größte (um mehr als viermal) beim 
Hunde Nr. 4. Im Durchschnitt ergibt die Thymus eine bedeutende 
Steigerung der Nucleasewirkung (um 2,5 mal) unter dem Einflusse von 
Nucleinsäuresufuhr in den Organismus. 


378 M. Tsohernoruzki: 


Tabelle VII. 
Nuclease im Pankreas. 
Die Versuchsbedingungen sind die gleichen wie für das Knochenmark. 


















































As |98% ETIE. PA- ~ 
PE EER EHE 
Hunde SE E SHE ug JERS 
und Art der ER d re ë BEE ER et 
Einführung d. 33a 353 3437887 FE 
Natr. nucl. FE Bag FE SS 2: 
u Ho. Aë Stat 
SCHEECK EerE 
Kontrollhund | Versuch. . .| 8,3228 
Kontrolle. .| 6,4104 




















Hund Nr. 1: | Versuch. . . | 14,7228 l 

intravenös | Kontrolle. . | 10,0735 73,66 | + 185,1 
Hund Nr. 2: | Versuch. . .{ 10,7075 
intraperitoneal | Kontrolle. .| 6,8331 61,88 | + 95,8 
Hund Nr.3: — — 

suboutan) Ke 
Hund Nr 4: | Versuch. . . | 18,7368 

per os | Kontrolle. .|10,9893 s,s | +39,4 

Mittelwerte f.d. 
Versuchshunde — — — 16,54 |5953| +90,5 


Wie aus der Tabelle VII ersichtlich, wird bei allen Hunden infolge 
der Zufuhr von Natr. nucl. eine ausgesprochene Verstärkung der Nuclease- 
wirkung beobachtet (im Durchschnitt beinahe um zweimal — 90,5°/,). Die 
wechselseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Hunden, die ich für 
den Nucleasegehalt in Knochenmark und Thymus feststellte und in Zu- 
sammenhang brachte mit der Art der Einführung des nucleinsauren Na 
einerseits und dem Zeitpunkte des Todes nach der Einführung anderer- 
seits, werden hier deutlich beeinflußt, und zwar wie folgt: Hund Nr.4, 
bei dem für Knochenmark und Thymus die größte Steigerung im Nuclease- 
gehalt beobachtet wurde, weist für den Pankreas einen bedeutend nied- 
rigeren Nucleasegehalt auf als die anderen Hunde; zwischen letzteren 
bleiben indessen die übrigen Beziehungen bestehen (so weist der früher 
getötete Hund eine geringere Steigerung des Nucleasegehaltes auf). 

Die Tabelle VIII zeigt uns, daß der Nucleasegehalt der Leber bei 
allen Hunden, die nucleinsaures Natr. erhielten, zunimmt (im Durchschnitt 
um 12!/,mal), wobei die größte Steigerung bei Einführung des Natr. nucl. 
durch den Magen-Darmtraktus (Hund Nr. 4) und die geringste bei sub- 
cutaner Injektion auftritt. 


1) Analyse ging verloren. 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 379 


Tabelle VIII. 
Nuclease in der Leber. 

Zur Nuoleasebestimmung wurden 0,25 g getrockneten Organs + 0,5 g 
Natr. nucl in 30 eem physiol. Kochsalzlösung verwendet. Dauer der 
Fermentwirkung 24 Stunden bei einer Temperatur von 37,50. Die Be- 
stimmung des anorg. Phosphors erfolgte an 20 com des Gemenges. 





















, ' . v ; 

Ò e Kass|ı na n 

a0 w g S. aa AP 

Hunde EE e TdREKEAEEKE 
und Art der Fo” en gä BS P rE 
ng w 38% Fa sc Sr 

Einführung des 333 33333355344 
Natr. nucl. G BP Fer EESE SECH 

Ti ei > t D- 
& së AEEY] Aois 




















Kontrollhund | Versuch . . .{ 11,9051 71,4304 38.46 
Kontrolle . .| 5,4946 | 32,9676 ß => 
Hund Nr. 1: "Versuch . . .| 18,4548 | 80,7288 
intravenös | Kontrolle . .| 4,7902 | 287412 | 5Ł99 | +35,1 
Hund Nr.2: |Versuch .. .| 17,8293 | 103,9756 
intraperitoneal | Kontrolle . .| 6,7626 | -40,5756 63,40 + 64,8 
Hund Nr.3: | Versuch . . .| 10,7780 | 64,6680 
subcutan Kontrolle . .| 3,9448 | 23,6688 41,00 +6,6 
Hund Nr.4: | Versuch . . .| 15,2160 | 91,2960 
per os Kontrolle . .| 2,9586 | 17,7516 18,54 +91,2 
Mittelwerte f. d. 
Versuchshunde — — — 57,48 + 49,4 


Die Milz weist im allgemeinen, wie wir aus der Tabelle IX ersehen 
können, unter dem Einflusse der Nucleinsäurezufuhr in den Organismus 
eine gewisse Verstärkung ihrer nucleolytischen Funktionen (um 13,1°/,) 
auf, aber an den einzelnen Hunden werden dabei bedeutende Schwan- 
kungen beobachtet, und zwar: beim Hunde Nr. 1 erfolgt (bei intravenöser 
Injektion) eine Verminderung des Nucleasegehaltes um 14,2°/,, beim 
Hunde Nr. 3 dagegen (bei subcutaner Injektion) sehen wir eine Ver- 
Stärkung der Nucleasewirkung um 30,2°/,. 

Die Abnahme der nucleolytischen Funktionen der Milz beim Hunde 
Nr. 1, die nur bei diesem Hunde beobachtet wurde, hängt, wie ich 
glaube, mit der sehr stark ausgeprägten Hyperleukocytose zusammen, 
die bei diesem Hunde im Verlaufe dreier Tage nach der Einspritzung 
beobachtet wurde und die in solchem Maße bei keinem der anderen 
Hunde auftrat, 

In den Nieren (Tabelle X) beobachteten wir besondere Verhält- 
nisse: beim Hunde Nr. 1 eine deutliche Steigerung der nucleolytischen 
Funktion der Niere, beim Hunde Nr. 3 nur eine ganz geringe Steigerung; 
bei den Hunden Nr. 2 und 4 dagegen eine deutliche Verringerung. Im 
Durchschnitt finden wir eine Verringerung um 3,7°/,. 




















380 M. Tsohernoruzki: 
Tabelle IX. 
Nuclease in der Milz. 
Die gleichen Versuchsbedingungen wie für die Leber. 
e | è METER 
„er dub, Esar 5838 
Hunde 53. AnS g Ki Z o KR 
und Art der Ze, KEE S ge 253° 
Einführung des 289, g sg sugi ESA 
Natr. nucl. Saa aaua 32353335— 
SREL 
5 s9 |BFRM Aue 
Kontrollhund | Versuch . . „| 22,3308 | 133,9848 91.50 — 
Kontrolle . 7,0815 | 42,4888 ii 
Hund Nr.1: | Versuch . . .| 20,6402 | 123,8412 79.46 142 
intravenös | Kontrolle . .| 7,3966 | 443796 ' | -ls 
Hund Nr.2: | Versuch . . .| 22,4013 | 134,4076 | 
intraperitoneal | Kontrolle . .| 4,5788 | 27,4728 | 106,93 | +08 
Hund Nr.3: |Versuch . . .| 26,8393 | 161,0356 | 
subcutan |Kontrolle . .| 6,9740 | 418440 | 11919 | +30,2 
Hund Nr. 4: |Versuch . . .| 24,2328 | 145,3968 
per 08 Kontrolle . .| 6,1286 | 36:7716 10862 | +18,7 
Mittelwerte f. d. | 
Versuchshunde — — — 103,55 | + 13,1 
Tabelle X. 
Nuclease in den Nieren. 
Versuchsbedingungen wie bei der Leber. 
— EERSTEN 
URHE 
S Q Ci Ener: 8: 
Hunde und Art ER Së SES Ach 
der Einführung des See Š 82 $ Fb a EEEN 
Natr. nucl. Ski SÉ 8” TEN 
EE Sanjes 
538 EI TER IF: 
d * = FO SENSE Gg ES 
Kontrollhund Versuch . . „| 14,7228 | 88,3368 58.75 
Kontrolle . .| 4,9311 | 29,5864 ’ e 
Hund Nr. 1: Versuch . . . | 16,4135 98,4808 7131 +213 
intravenös Kontrolle . .| 4,5084 27,1704 | e a 
Hund Nr. 2: ` Veranch . . . | 12,1164 |72,6984 | 4734 195 
intraperitoneal | Kontrolle . .| 4,2266 | 25,3596 , — 
Hund Nr. 3: |Versuch . . . | 13,9480 | 83,6880| egge | 95 
subcutan Kontrolle . . | 3,8040 | 22,8240 T Se 
Hund Nr. 4: Versuch . . .|12,5391 | 75,2344 | 4649 20.9 
per o Kontrolle . .| 4,7902 | 28,7412| | = 








Mittelwert für die 


Versuchshunde 56,47 | 


GegenseitigeWirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus, 381 


Tabelle XI. 


Nuclease im Gehirn. 
Versuchsbedingungen wie bei der Leber. 
































| © gg CHE S Pë e 
w| ad) © | $ Ze 
TE SE SE Fr 
Hunde und Art Säs CSS EFF: d Ze 
der Einführung des ER S wg Ze 233° 
Natr. nucl. EP, —*— PCR 
S eg BR E Sat ck 
SES AEIR ERIKS: 
wT | 2 GC bt wä 
SE BAM IASEZ 





















Kontrollhund 


Kontrolle ` .| 5,0173 | - 
re en ée Ke 36,78 | —23,0 
a ae Kn 38,16 | 202 
"an | Kontrolle ` .| 5,5651 8 | - 59 
Hund Nr. 4: Versuch . . . | 12,1868 36,78 — 23,0 





per os Kontrolle . 6,0582 


Mittelwert für die 
Versuchshunde 








- I-1- 1 en |-us 


Tabelle XII. 
Nuclease in den Lungen. 
Versuchsbedingungen wie bei der Leber. 
























| REF PIRTERIE TER 

ELISE IM EIER 

Hunde und Art SÉIER 
— 382 2 08 Zeg EEN 
Natr. nucl. zk >33 FEF EEU 

| SCHEER 

| er = GER REF 























Rontin (Voros el 98090 — 

Kontrollo.. 4,6493 SC? 
rede Té äert 37,19 | +188 
a e Së 25,86 | —18,9 
Teen | Eoaea, o] Sant 2705 | —13,5 
Fee isa ——— 












Mittelwert für die 


Versuchshunde 88,07 + 5,72 


382 M. Tschernoruzki: 


Die nucleolytische Funktion des Gehirnes erleidet, wie wir aus der 
Tabelle XI ersehen, unter dem Einfluß der Nucleinsäurezufuhr ganz be- 
stimmte Veränderungen, und zwar konstatieren wir eine deutliche Ab- 
nahme derselben, im Durchschnitt um 18,8°/,. Bei allen Arten der Ein- 
verleibung, mit Ausnahme der subcutanen, ist diese Abnahme ungefähr 
die gleiche. Die in der Tabelle XI angeführten Ziffern stellen einen 
Mittelwert aus 2 Bestimmungen dar. Als ich das erstemal ein solches 
bis zu einem gewissen Grade unerwartetes Resultat erzielte, wiederholte ich 
die Untersuchung, aber auch jetzt erhielt ich Angaben, die mit den 
ersten fast vollkommen übereinstimmten. 

Im Durchschnitt ergeben die Lungen (Tabelle XII) eine gewisse 
Steigerung der Nucleasewirkung um 5,72°/,, aber wenn wir die einzelnen 
Hunde untereinander vergleichen, so konstatieren wir auch hier, ebenso 
wie vorhin in den Nieren, bedeutende Schwankungen, und zwar: beim 
Hunde Nr. 1 haben wir eine merkliche, beim Hunde Nr. 4 sogar be- 
deutende Steigerung, während die Hunde Nr. 2 und 3 eine deutliche 
Abschwächung der nucleolytischen Funktion der Lunge aufweisen. 


Tabelle XIII. 
Nuclease in den Muskeln, 
Versuchsbedingungen wie bei der Leber, nur mit einer Abweichung: 
bei der Bestimmung des anorg. Phosphors wurden 15 ccm des Gemenges 
anstatt 20 ccm verwendet. 


















© -E PREE- EFR- T- uP 

tHE HE FAE 

Hunde und Art ELE GE -SE E25 
der Einführung des 2890| 308 SB. 337 
Natr. nucl. Bäel oës 48, 3SpLl 
PER gd ZE e Së EPE: 

get — ARM ei BS 










































Kontrollhund Versuch . . .| 5,7060 | 45,6480 13.52 
Kontrolle . . | 4,0153 | 32,1224 i = 
Hund Nr. 1: Versuch . . . | 5,4242 | 43,3936 
intravenös Kontrolle . . | 3,7335 | 29,8680 13,52 + 0,0 
Hund Nr. 2: Versuch . . . | 5,8468 | 46,7744 19.16 47 
intraperitoneal |Kontrolle . .| 3,4517 | 27,6136 a 
Hund Nr. 3: Versuch . . . | 5,8468 | 46,7744 10.14 95.0 
subcutan Kontrolle . . | 4,5788 | 36,6304 i Gi 
Hund Nr. 4: |Versuch . . .| 5,8468 |46,7744| 1197 167 
per os Kontrolle . .| 4,4380 | 35,5040 | — 






Mittelwert für die | 
Versuchshunde 
Bei Betrachtung der Tabelle XIII (Ziffern aus 2 Analysen) fällt die 
bedeutende Vermehrung des Nucleasegehaltes (beinahe um 1!/,mal) in 
den Muskeln des Hundes Nr. 2 auf. 


= | Gs | 13,52 | +0,0 





Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 383 


Bei den anderen Hunden konstatieren wir entweder gar keine Ab- 
weichung von der Norm (Hund Nr. 1) oder aber eine Abschwächung 
der nucleolytischen Funktion (Hunde Nr. 3 und 4). 

Nehmen wir die Durchschnittswerte für alle Hunde, so sehen wir, 
daß die nucleolytische Energie des Muskelgewebes unter dem Einfluß 
der Einführung von nucleinsaurem Na in den Organismus im allgemeinen 
keine Abweichungen von der Norm erfährt. 


Tabelle XIV. 
Nuclease des Serums. 
Versuchsbedingungen wie für die Leber, nur mit der Abänderung, 
daß 0,5 g Trockensubstanz genommen wurde. 
























h : #»| DO mom e 

Bes pbg 185228338 

Hunde und Art do un, |; ESM] 2uS A 

. g: EK „02 Lt GEES 
— SERA CHE 
des TË o S a 43 4 v.l 

Natr. nucl. EEGI TEE FEP HEF 
D.a e > 

ES Aai AERE] AnS 


















































Kontrollhund | Versuch .. .| 4,5084 13,5252 3 38 
Kontrolle . .| 3,3813 | 10,1438 , Ce 

Hund Nr. 1: | Versuch .. ..| 4,2266 12,6798 410 910 

intravenös Kontrolle . .| 2,8586 8,5758 ? PAR 
Hund Nr. 2: | Versuch .. .| 4,0857 12,2570 4.93 +25.1 
intraperitoneal | Kontrolle . .| 2,6766 8,0298 R ge 
Hund Nr. 3: | Versuch .. TI 4,9311 14,7930 4.93 + 251 

subcutan Kontrolle . .| 3,5222 10,5666 ? , 
Hund Nr. 4: | Versuch . . .| 4,9311 14,7930 6,22 + 84,0 


Kontrolle . .| 2,8586 8,5758 | 


per os 


Mittelwerte fürd. 
Versuchshunde — 











Die Tabelle XIV gestattet den Schluß, daß die nucleolytische 
Funktion des Serums bei Bestimmung derselben auf chemischen Wege 
bei allen Hunden, die nucleinsaures Natr. erhielten, deutlich zunimmt 
(um 38,7°/,), wobei das Serum des Hundes Nr. 4 die größte Steigerung 
(beinahe um 2mal) aufweist, was auch den auf optischem Wege ge- 
wonnenen Beobachtungen entspricht. 

Die Tabelle XV ermöglicht uns den Vergleich aller unter- 
suchten Organe untereinander in bezug auf ihren Nuclease- 
gehalt und zeigt uns ferner, um wieviel die Fermentwirkung 
der einzelnen unter dem Einfluß der Nucleinsäurezufuhr von 


der Norm abweicht. 


384 M. Tschernoruzki: 


Tabelle 

Nucleasegehalt in Organen und Serum von Hunden bei ver- 

Bezeichungen: mg Ph — die erste vertikale Reihe für jedes 

1 g getrocknetes Organ aus nucleinsaurem Na abgespalten wird und 
wirkung im gegebenen Organ. 

In der zweiten vertikalen Reihe ist in °/ die Differenz zwischen 

gleichen Organ des Kontrollhundes angegeben, d. h. es wird damit die 





— — 










Hunde und Art 
der Einführung 






; „ 3:subcutan. . i 
n Ar poros... 38,75 + 64,4 108,62| + 18,7 297,57 + 311,940,49 — 20.9 


Mittelwerte für die Ver- | 
suchshunde . } TE e 103,55| + 13,11 177,53| + 145,6156,47|— 3,7 









Indem ich von verschiedenen Details absehe, auf welche 
bei Betrachtung der einzelnen Tabellen genauer eingegangen 
wurde, berücksichtige ich hier nur die Durchschnittswerte für 
alle Versuchshunde und die Veränderungen im Nucleasegehalt 
infolge der Einführung von nucleinsaurem Na. 

Es erweist sich, daß die größte Vermehrung der Nuclease 
in der Thymus stattfindet (-+-145,6°/,), die stärkste Ab- 
schwächung im Gehirn (— 18,8°/,). Auf die Thymus folgt: 
Pankreas (+ 90,5°/,), Leber (+ 49,4°/,), Serum (+ 38,7°/,). 

Eine bedeutend geringere Steigerung der nucleolytischen 
Funktion weisen Knochenmark (+ 13,3°/,) und Milz (+ 13,1°/,) 
auf. Unverändert oder beinahe unverändert bleibt die nucleo- 
lytische Funktion von Muskeln, Lungen (+ 5,72°/,) und Nieren 
(— 3,7°/)- 

Auf Grund dieser Angaben können alle untersuchten 
Organe, je nach dem Grad ihrer Beteiligung an dem Nuclein- 
umsatz, in drei Gruppen angeordnet werden. Zur ersten zählen 
wir: Thymus, Pankreas und Leber, die augenscheinlich aktiven 
Anteil an dem Nucleinstoffwechsel nehmen, zur zweiten ge- 
hören: Gehirn, Lunge, Nieren und Muskeln, die sich nicht 





1) Die Menge P,O, entspricht 1 g frischen Organs. 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 385 


X V. 

schiedenen Arten der Einführung von nuoleinssurem Natrium. 
Organ — bezeichnet diejenige Menge anorganischen Phosphors, die durch 
dient auf diese Weise als Maß für die absolute Energie der Nuclease- 


der angegebenen Menge von P,O, für jedes Organ im Vergleich mit dem 
relative Energie der Nuoleasewirkung im Vergleich zur Norm bezeichnet. 





Gehirn Leber Lunge Pankreas Muskeln Serum 


o |” er Z 


Peti 
mg 


déi P.O. 
mg 











47,76 
36,78 
38,16 
43,53 
36,78 


38,81 | — 18,8] 57,48| + 49,4 E 59,538! + 90,5 | 13,52] +0 | 4,69 | + 38,7 


aktiv daran beteiligen, und zur dritten Gruppe: Knochenmark 
und Milz, die eine mittlere Stellung einnehmen. 

Wenn wir jetzt die Veränderungen in allen Organen bei 
ein und demselben Hunde verfolgen, so beobachten wir die 
größte Abweichung von der Norm im Sinne einer Steigerung 
der nucleolytischen Funktion beim Hund Nr. 4, der Natr. nuol. 
innerlich erhielt, und die geringste beim Hund Nr. 3, dem das- 
selbe subcutan zugeführt wurde. 

Wenn wir bei jedem Hunde die Veränderung in der 
Energie der Nucleasewirkung in allen untersuchten Organen 
auf einen gleichen Gewichtsteil derselben (z. B. 1 g) berechnen 
und diese allgemeine Abweichung nach der Norm in Prozenten 
ausdrücken, so bekommen wir folgende Zahlen. 

Hund Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4 Mittelwert 
+325,2%/, +167,6%, (418%) -+ 585,49, (4274°/)%) 

Interessant erscheint, daß der Hund Nr. 3, dem nucleinsaures 
Na subcutan, und zwar im ganzen eine größere Menge als den 
anderen Hunden zugeführt wurde, in bezug auf die nucleo- 
lytische Funktion seines Organismus fast keine Abweichung 
von der Norm aufweist. 


1) Niedriger als in Wirklichkeit. 





386 M. Tschernoruski: 


In der Tabelle XVI sind die von mir auf ihren Nu- 
cleasegehalt untersuchten Organe, Serumarten und weiße Blut- 
körperchen nach der Energie ihrer Fermentwirkung unter nor- 
malen Verhältnissen angeordnet. 


Tabelle XVI. 
Nucleasegehalt in frischen Organen, Serum und 
Leukocyten. 
Die Menge der P,O, in Milligramm dient als Maß für die in 1 g 
frischen Organes!) (Serum oder Leukocyten) enthaltene fermentative 


Energie. 
Die Organe sind nach der Energie ihrer Fermentwirkung (ihrem 


Nucleasegehalt) angeordnet. 














=] 
83 a 
© 
Hunde und Art | 25 B 
der E E a 
Einführung | AE 
Pati 
mg 





Kontrollhund. . . 
Hund Nr. 1: intra- 


ven . , e 0,34 
Hund Nr. d: intra- 

peritoneal . . . 0,35 
Hund Nr. 8: sub- 

cutan ..... 0,35 
Hund Nr. 4: per os 0,51 









Mittelwert für alle 16,54| 7,51 | 8,88 | 0,39 


26,66 | 25,88 | 40,84 
Versuchshunde 


Diese Tabelle überzeugt uns davon, daß die Leukocyten 
die Hauptträger der nucleolytischen Energie im tierischen 
Organismus darstellen; somit wird die hohe nucleolytische 
Energie der blutbildenden Organe (Knochenmark, Milz, Thy- 
mus), welche diejenige solcher relativ nucleasereicher Organe, 
wie Leber, Gehirn, Pankreas um 2 bis 3mal übertrifft, augen- 
scheinlich durch die Anwesenheit von Leukocyten bedingt. Wir 


1) Bei der oben geschilderten Methode der Trocknung nehmen die 
Organe (im Vergleich mit dem Gewicht frischer Organe) im Durchschnitt 
an Gewicht ab: Die Milz um 4mal, der Thymus um 4,4mal, Nieren 
um 4,1mal, Leber 3,7 mal, Gehirn 4,7 mal, Pankreas um 3,6mal, Lunge 
um 4,4mal, Muskeln um 4,0mal, Serum um 12,1 mal. 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 387 


sehen auch wirklich, daß der Nucleasegehalt im Knochenmark 
und Milz nur wenig hinter dem Nucleasegehalt in isolierten 
Leukocyten zurücksteht. 

| Aus dieser Tabelle ersehen wir außerdem, daß alle von 
uns untersuchten Organe (ferner Leukocyten und Serum) 
Nuclease enthalten und nach ihrem Gehalt an diesem Ferment 
in folgender Reihe angeordnet werden können: Leukocyten, 
Knochenmark, Milz, Thymus, Nieren, Leber, Gehirn, Pankreas, 
Lungen, Muskeln und Serum. 


Analyse der bei der Bestimmung der Nuclease in den 
Organen gewonnenen Resultate. 


Im vorhergehenden erwähnte ich die unmittelbaren Resul- 
tate meiner Untersuchungen betreffend den Nucleasegehalt in 
verschiedenen Geweben des tierischen Organismus und ver- 
merkte ferner die Veränderungen in der Wirkungsweise dieses 
Fermentes unter dem Einfluß der in den Organismus auf ver- 
schiedene Weise eingeführten Nucleinsäure. Diese Abweichungen 
bestehen im großen und ganzen in einer unzweifelhaften Er- 
höhung der nucleolytischen Funktion des Organismus. Be- 
sonders deutlich ist diese Steigerung bei Thymus und Pan- 
kreas, Leber, Leukocyten und Serum. In den anderen Organen 
dagegen ist diese Steigerung entweder unbedeutend oder es 
wird eine gewisse Abschwächung in der Funktion der Nuclease 
beobachtet. 

Ganz von selbst erwächst nun für uns die Frage über 
Ursache, Mechanismus und Bedeutung einer solchen Steigerung 
der nucleolytischen Funktion des Organismus. 

Was die Ursache anbetrifft, so können darüber unter ge- 
gebenen Verhältnissen wohl keine Meinungsverschiedenheiten 
bestehen: wir haben es hier ohne Zweifel mit einem Einzel- 
falle eines allgemeinen biologischen Gesetzes, nämlich dem 
Gesetz von der kausalen Abhängigkeit der Funktion vom Be- 
darf zu tun. Die Tatsache, daß sich auch die Bildung der 
Fermente diesem Gesetze unterordnet, wird durch eine ganze 
Reihe der verschiedensten Beispiele bestätigt (siehe C. Oppen- 
heimer, Die Fermente I, S. 87 bis 91). Der Steigerung der 
nucleolytischen Funktion des Organismus liegt zugleich noch 
ein anderes biologisches Gesetz zugrunde, das sogenannte 


388 M. Tsohernoruzki: 


Weigertsche Gesetz, nach dem ein vorhandener Bedarf stets 
im Überfluß gedeckt wird. 
In jedem Falle stehen die von mir erzielten Resultate in 
diesem Sinne keineswegs als etwas Unerwartetes dar. 
Weniger unbestreitbar verhält sich die Sache mit dem 
Mechanismus der Steigerung der nucleolytischen Funktion. Man 
könnte natürlich an die unmittelbare Wirkung der Nuclein- 
säure auf die fermentativen Funktionen der Zellen des Orga- 
nismus denken, aber in diesem Falle müßte man, wie mir 
scheint, gleichartigere Resultate für die einzelnen Organe ein und 
desselben Hundes erwarten, als meine Untersuchungen ergeben. 
Wie dem auch sei, in jedem Falle komme ich beim Ver- 
gleiche meiner eigenen Beobachtungen mit den mir bekannten 
Angaben in der Literatur zu dem Schlusse, daB die Leukocyten 
eine wichtige ev. einzige Bedeutung für den Prozeß der Stei- 
gerung der nucleolytischen Funktion des Organismus haben. 
Das weiße Blutkörperchen ist, wie es mir nachzuweisen 
gelang, unter allen Zellen des Organismus am reichsten an 
Nuclease und übertrifft alle anderen in dieser Richtung weit- 
aus. Außerdem ist die ungeheure Beweglichkeit und fast all- 
gemeine Verbreitung dieser Elemente im Organismus zu be- 
rücksichtigen, so daß es nach der Meinung von Oppenheimer 
sehr oft schwer fällt, anzugeben, ob eine gegebene Ferment- 
reaktion durch das untersuchte Material selbst oder aber durch 
eine Beimengung von Leukocyten — dieser Träger verschie- 
dener fermentativer Funktionen — bedingt ist. Berücksichtigen 
wir daneben noch den unzweifelhaften Zusammenhang zwischen 
Nucleinsäure und Hyperleukocytose und ferner die aktive, viel- 
leicht sogar einzige Beteiligung der Leukocyten bei der Assimi- 
lation der (auf die eine oder andere Art) in den Organismus 
eingeführten Nuoleinsäure, so gewinnt die von mir geäußerte 
Voraussetzung eine mehr oder minder feste Begründung. 
Jedenfalls erscheinen vom Standpunkt dieser Hypothese 
aus alle von mir gewonnenen Resultate um vieles verständ- 
licher. In der Tat würde dann die auf den ersten Blick un- 
begreiflich erscheinende Tatsache der unbedeutenden Steigerung 
oder in einigen Fällen sogar Abschwächung der nucleolytischen 
Funktion der nucleasereichsten Organe (Knochenmark und Milz) 
verständlich; denn diese Eigentümlichkeit erklärt sich vom 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 389 


Standpunkt dieser Hypothese aus durch eine relative Ver- 
armung dieser Organe an den eigentlichen Trägern der Nuclease 
— den Leukocyten — infolge des Prozesses der Hyperleukocytose. 

Ferner sind auch folgende Erscheinungen relativ leicht ver- 
ständlich: 1. Die bedeutende Steigerung der nucleolytischen 
Funktion des Knochenmarkes des Hundes Nr. 4 (Einführung 
per os), bei der fast gar keine Hyperleukocytose beobachtet 
wurde, ferner erscheint der Grad dieser Steigerung (64,4°/,), der 
genau dem Grad der Steigerung der nucleolytischen Funktion 
der Leukocyten (+ 64,9°,,) entspricht, nun nicht mehr als ein 
bloßBes Zusammentreffen, ebenso beruht auch die Identität in 
der Veränderung des Nucleasegehaltes im Knochenmark und 
Milz nicht auf einem Zufall (im Durchschnitt + 13,3 °/, und 13,1°/,). 
2. Begreiflich erscheint dieSteigerung der nucleolytischen Funktion 
gerade in solchen Organen wie Thymus CL 145,6 °/,), Pankreas 
(+ 90,5°/,) und Leber (4-49,4°/,), d. h. in drüsigen Organen 
mit innerer Sekretion, die die Hauptrolle in den Prozessen der 
Assimilation und Ernährung spielen. Naturgemäß bringen die 
Leukocyten die von ihnen aufgegriffene Nucleinsäure, die für 
den Organismus augenscheinlich einen ungeheueren Nährwert 
besitzt, gerade dahin. 3. Die unbedeutende Veränderung der 
nucleolytischen Funktion, sogar ihre Veränderung im Sinne 
einer gewissen Abschwächung in so hoch spezialisierten Organen 
wie Gehirn (— 18,8*/,), Muskeln (+ 0°/,) und Lungen CL 5,72°/,) 
und in Exkretionsorganen wie den Nieren (—3,7°/,): in alle 
diese Organe gelangt die Nucleinsäure wahrscheinlich nicht un- 
mittelbar, und die Abschwächung ihrer nucleolytischen Funktion 
kann man sich als Resultat einer Verminderung der in ihnen 
normalerweise vorhandenen Leukocytenzahl denken. 4. Die 
merkliche Steigerung der nucleolytischen Funktion des Serums 
erklärt sich von dem hier entwickelten Standpunkt aus durch 
ein Freiwerden des Fermentes entweder bei Zerfall der Leuko- 
cyten oder als Resultat ihrer sekretorischen Tätigkeit. 

Mir scheint, daß die angeführten Beispiele zur Erklärung 
der Gesamtbilder der beobachteten Erscheinungen genügen; 
dieselben dienen zur Illustration für die Anwendbarkeit der 
Hypothese von der Steigerung der nucleolytischen Funktion 
des Organismus mittels Steigerung der nucleolytischen Funktion 


der Leukocyten. 
Biochemische Zeitschrift Band 4%. 26 


390 ` M. Tschernoruzki: 


Ohne auf Details einzugehen, erwähne ich hier noch zwei 
Tatsachen: 

1. DasMaximum der Steigerung der nucleolytischen Funktion 
des Organismus wird bei Einführung der Nucleinsäure durch 
den Magen-Darmkanal beobachtet, wobei in diesem Falle die 
oben erwähnte negative Phase nicht auftritt (weder im Serum, 
noch im Knochenmark), es erfolgt dagegen eine unmittelbare 
und bedeutende Verstärkung der nucleolytischen Funktion (siehe 
Knochenmark, Thymus, Leber, Serum des Hundes Nr. 4). Daß 
die Leukocyten auch im gegebenen Falle eine Rolle spielen, 
dafür spricht die allgemeine Übereinstimmung der von Seiten 
der Organe beobachteten Veränderungen mit dem oben an- 
geführten Schema, ebenso wie die bedeutende Steigerung der 
nucleolytischen Funktion des Knochenmarkes und die maximale 
bei der Thymus, die bekanntlich ein leukocytenbildendes 
Organ ist. 

2. Das Minimum derSteigerung der nucleolytischen Funktion 
des Organismus erfolgt bei subcutaner Injektion von Nuclein- 
säure. 

Schluß. 

Lenken wir zum Schluß noch einmal unsere Aufmerksam- 
keit auf die weitgehende Analogie in der Wirkung, die Nuclein- 
säure einerseits und Infektion andererseits auf den Organismus 
ausüben. In der Tat bedingen beide: Hyperleukocytose, Tem- 
peratursteigerung, Störung des Allgemeinbefindens, Erhöhung 
des Stoffwechsels, ferner wirken beide auf die fermentativen 
Prozesse und bewirken einen gewissen Grad von Immunität. 

Eine solche Analogie spricht ohne Zweifel dafür, daß so- 
wohl Nucleinsäure wie Infektion anf ein und dieselbe Seite 
des tierischen Organismus einwirken, die gleiche Reaktion be- 
dingen und den gleichen Schutzapparat anregen. 

Wir besitzen also augenscheinlich in der Nucleinsäure ein 
Mittel, das stimulierend auf die natürlichen Schutzkräfte des 
Organismus (hauptsächlich auf den Leukocytenapparat) einwirkt. 

Daraus ergibt sich die therapeutische Bedeutung der Nuclein- 
säure, und wir gewinnen eine Basis für ihre Verwendung zu 
Heilzwecken. 

Wie dem auch sei, jedenfalls verdient die Nucleinsäure 
als Heilmittel die größte Beachtung und eine genaue Aus- 


Gegenseitige Wirkung von Nucleinsäure u. Nuclease im Organismus. 391 


arbeitung ihrer Anwendungsweise; dabei müssen einerseits das 
Prinzip der aktiven Immunisation und andrerseits die intra- 
venöse oder intramuskuläre Art der Einführung in den Vorder- 


grund treten. 


Meine Beobachtungen über die Wirkung der Nucleinsäure 
auf die Funktion der Nuclease lassen sich folgendermaßen re- 
sümieren: 

Die nucleolytische Funktion des Tierorganismus (Menge 
oder Energie der Nuclease) wird unter dem Einfluß der in den 
Organismus eingeführten Nucleinsäure erhöht, wobei die größte 
Steigerung bei Einführung der Nucleinsäure durch den Magen- 
darmtractus und die geringste bei subcutaner Injektion beob- 
achtet wird; eine Mittelstellung nehmen die intravenöse und 
intraperitoneale Art der Einführung ein. 

Diese Steigerung ist auf die einzelnen Organe ungleich 
verteilt, und in einigen derselben wird sogar eine Abnahme 
konstatiert. Ganz bestimmte Änderungen der nucleolytischen 
Funktion im Sinne einer Steigerung werden in Thymus, Pan- 
kreas, Leber und Blut (Leukocyten, Erythrocyten und Serum) 
beobachtet, eine Abschwächung erfolgt im Gehirn. In den an- 
deren Organen erfolgen bei den einzelnen Hunden mehr oder 
weniger bedeutende Schwankungen der nucleolytischen Funktion 
sowohl im Sinne einer Steigerung, wie Abschwächung, aber im 
allgemeinen konstatieren wir in Knochenmark, Milz und Lungen 
eine geringe Steigerung, in der Niere dagegen eine Abnahme 
(in den Muskeln erfolgt keinerlei Veränderung). 

Die hier besprochene Steigerung der nucleolytischen Funktion 
des Organismus wird aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine 
Erhöhung der nucleolytischen Funktion der Leukocyten (Poly- 
nucleare) bedingt, letztere sind unter allen Zellen des Organis- 
mus am reichsten an Nuclcase. 

Die oben angeführten Tatsachen gestatten folgende Schluß- 
folgerung: 

Bei Einführung von Nucleinsäure in den tieri- 
schen Organismus wird die nucleolytische Funktion 
des letzteren erhöht. 


26* 


Über eine colorimetrische Methode der quantitativen 
Tryptophanbestimmung und über den Tryptophangehalt 
der Horngebilde und anderer Eiweißkörper. 

Von 
Hugo Fasal. 


(Aus dem Laboratorium der Ludwig Spiegler-Stiftung in Wien.) 
(Eingegangen am 25. Juli 1912.) 


Die vorliegende Arbeit bildet einen Teil unserer Unter- 
suchungen über die Art, wie aus den Eiweißkörpern der Ge- 
webe die Keratine entstehen, also über die chemischen Vor- 
gänge bei der Verhornung. 

Bei der Verhornung entstehen aus den gewöhnlichen lös- 
lichen Eiweißkörpern, die durch Pepsin, Trypsin und andere 
eiweißspaltende Fermente verdaut werden können, Eiweißkörper, 
die unlöslich und der Verdauung nicht mehr zugänglich sind. 
Diese verhornten Gebilde, Keratine, die für peptische und tryp- 
tische Enzyme nicht angreifbar sind, sind untereinander wieder 
verschieden und weisen schon in ihrer prozentischen Zusammen- 
setzung untereinander beträchtliche Differenzen auf. Die meisten 
von ihnen zeichnen sich den Albuminen gegenüber durch hohen 
Schwefelgehalt aus, da die Cystingruppe in ihnen angereichert 
ist. Der reiche Gehalt der Horngebilde an Tyrosin ist schon 
sehr früh chemisch nachgewiesen worden. Die Anreicherung 
der Keratine mit Tyrosin haben Golodetz und Unna?) bei 
der Haut auf mikrochemischem Wege gezeigt. Die Glutamin- 
säure beteiligt sich ebenso in vermehrter Menge den Albuminen 
gegenüber an dem Aufbau der Keratine. Über die Beziehung 
der anderen aromatischen Gruppen, insbesondere des Trypto- 
phans, war nichts bekannt. 


1) Monatshefte f. prakt. Derm. 47, 595, 1908. 


H. Fasal: Colorimetr. Methode d. quant. Tryptophanbestimmung. 393 


Das Tryptophan (Indolyl-«-Aminopropionsäure) 


NH, 
f "meng 
A 

N 


zeigt nahe Beziehungen zu den Farbstoffen der Haut, sowie 
zum Melanogen, die durch E. Spieglers!) und H. Eppingers?) 
aus demselben Laboratorium stammenden Arbeiten sowie durch 
C. Neuberg?) festgestellt wurden. Pigmente erscheinen nun 
in den hornigen Gebilden der Tiere vielfach abgelagert, so daß 
es von Interesse war, zu untersuchen, inwiefern Tryptophan, 
das die Quelle des Pigmentes ist, an dem Aufbau der Keratine 
sich beteiligt. 

Um reines Material verhornter Oberhaut zu bekommen, 
verwendeten wir Clavi. Diese wurde mechanisch gereinigt, 
dann in 25 facher Menge 0,5°/,iger Salzsäure mit Pepsin durch 
zwei Tage im Thermostaten verdaut. Der vom Pepsin nicht 
angegriffene Rückstand wurde durch Filtrieren und Zentri- 
fugieren von dem verdauten Anteile befreit, mit Wasser gründ- 
lich gewaschen, darauf in 0,25°/,iger Sodalösung mit Pan- 
kreatin zwei Tage im Thermostaten verdaut, hierauf nach Ab- 
dekantieren, Zentrifugieren, mit 85°/ igem Alkohol wiederholt 
gewaschen, bis die Waschflüssigkeit klar wurde, in absolutem 
Alkohol 24 Stunden stehen gelassen, abfiltriert und schließlich 
im Soxhletapparate mit Äther 24 Stunden extrahiert und im 
Thermostaten zur Konstanz getrocknet. Wir erhielten so ein 
weißes, leichtes Pulver. Ebenso verfuhren wir mit schwielen- 
freier Haut, die wir von Handteller und Fußsohle des Menschen 
nahmen. Hierbei erhielten wir kleine, zähe, lederförmige Stück- 
chen, die zum Zwecke möglichster Verkleinerung mit Glaspulver 
serrieben wurden und außerdem eine weiße, pulverförmige 
Substanz. 

Während nun die Haut sich einerseits in Pulver, anderer- 
seits in lederartige Stückchen trennen ließ, verloren die anderen 


1) Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 4, 40, 1904. 
2) Diese Zeitschr. 28, 181, 1910. 
3) Diese Zeitschr. 8, 383, 1908; Virch. Arch. 192, 514, 1908. 


394 H. Fasal: 


Horngebilde bei gleicher Aufarbeitung die Struktur nicht. Haare 
verschiedener Färbung, weiße Greisenhaare, blonde und schwarze 
Haare, Nägel, Hornspäne und Schafwolle wurden in derselben 
Weise durch peptische und tryptische Verdauung und Extrak- 
tion mit Alkohol und Äther gereinigt. 

Schon Vorprüfungen der verschiedenen Substanzen auf 
ihren Tryptophangehalt ergaben große Unterschiede in bezug 
auf die Intensität der Tryptophanreaktion. Für die quanti- 
tative Bestimmung jedoch mußte erst ein Verfahren ausgearbeitet 
werden. 

Die quantitative Bestimmung deg Tryptophans im Eiweiß- 
körper konnte man bisher nur nach Hopkins und Cole!) in 
der Weise durchführen, daß man die Eiweißkörper mit Trypsin 
und Soda verdaute, das Tryptophan in schwefelsaurer Lösung 
mit Quecksilbersulfat niederschlug, mit Schwefelwasserstoff 
zerlegte, die Schwefelsäure mit Baryt entfernte und dann das 
Tryptophan nach dem Einengen auf dem Wasserbade auskry- 
stallisieren ließ. Die Krystalle werden gereinigt und gewogen. 

Dieses Verfahren ist nur bei solchen Eiweißkörpern mög- 
lich, die in größerer Menge zugänglich und verdaulich sind, es 
ist aber bei den Keratinen, die durch Enzyme nicht verdaut 
werden, ausgeschlossen. Es galt daher eine Methode auszu- 
arbeiten, die den Tryptophangehalt angibt, ohne daß man das 
Tryptophan isolieren muß, da bei etwaiger saurer Hydrolyse 
das Tryptophan sich bekanntlich zersetzt und man nicht immer 
-- über genügend große Mengen eines reinen Eiweißkörpers ver- 
fügt. Diese eine Methode gestattet es, mit kleinsten Substanz- 
mengen zu arbeiten. 


Quantitative Bestimmung des Tryptophans. 


Die Methode, die wir für diese Zwecke ausgearbeitet haben, 
ist eine colorimetrische und beruht darauf, das Tryptophan 
mit Glyoxylsäure und konzentrierter Schwefelsäure die bekannte 
Reaktion von Adamkiewicz-Hopkins?), d.i. eine intensive 
Färbung nach rotviolett hin, gibt, die je nach dem Tryptophan- 
gehalt variiert. Die Farbenreaktion ist so empfindlich, daß sie 


1) Hopkins und Cole, Journ. of Physiol. 27, 418; 29, 451. 
2) Archiv f. d. ges. Physiol. 9, 156; Journ. of Physiol. 27, 418. 


Colorimetrische Methode der quantitativen Tryptophanbestimmung. 395 


noch bei einem Tryptophangehalt einer Lösung von 1:100000 
deutliche rotviolette Färbung gibt. Die Reaktion, die, wie be- 
kannt, nicht nur dem freien, sondern auch dem im Eiweiß- 
molekül gebundenen Tryptophan zukommt, strebt nach unseren 
vergleichenden Untersuchungen eine Zeitlang der Höhe zu, um 
dann, nach ca. 1 Stunde, ihr Maximum zu erreichen. 

Wir machten die Bestimmung in der Weise, daß wir zu- 
erst wässerige Lösungen von reinem Tryptophan herstellten, 
und zwar 1:1000, 1:2000, 1:3000 usf. bis 1:10000, dann 
1:2000, 1:30000, 1:40000, 1:50000 usf. 

Wenn sich die Notwendigkeit ergab, stellten wir später 
Lösungen von dazwischenliegenden Konzentrationen her. Dann 
nahmen wir je 1 ccm dieser Lösungen, gaben mit der Pipette 
je 2 ccm frisch bereiteter Glyoxylsäure und 6 ccm konzentrierter 
Schwefelsäure zu. Wir erhielten so — die Verwendung gleich 
dicker und großer Eprouvetten vorausgesetzt — eine Reihe ver- 
schieden blauer Lösungen von tiefblau bis rotviolett. Darauf 
wogen wir die zu untersuchende Substanz, nachdem sie zur 
Gewichtskonstanz getrocknet worden war, in der Menge bis zu 
0,1 g ein, fügten 2 ccm Glyoxylsäure und 6 ccm konzentrierter 
Schwefelsäure hinzu, verglichen nun die sich ergebenden Farb- 
töne mit den früher hergestellten Lösungen von bekanntem 
Tryptophangehalt, und suchten denjenigen Farbton heraus, der 
der zu untersuchenden Probe an Intensität am nächsten kam. 

Nun kamen die beiden zu vergleichenden Lösungen in 
die 2 Meßgefäße des großen Colorimeters von Duboscq — als 
Gefäße wurden wegen der starken Säure, die die Metallhülsen 
angriff, ganz aus Glas gefertigte Cuvetten benützt?) — und wurden 
durch entsprechende Versenkung der Teile so gestellt, daß 
beide Gesichtsfelder gleiche Farben zeigten. Man muß wieder- 
holte Ablesungen vornehmen, um die Fehlergrenzen möglichst 
klein zu gestalten. Auch wurden vom helleren Farbenton zum 
dunkleren und umgekehrt, also sowohl von oben als von unten, 
die Skalen abgelesen, wie es auch O. Folin und Ch. Farmer?) 
bei ihren colorimetrischen Untersuchungen von Ammoniak 
empfehlen. Ganz genaue Bestimmungen dieser Art sind dort 


1) Wir erhielten solche von der Firma Ph. Pellin, Charles Du- 
boscq in Paris. 
2) Journ. of Biolog. Chem. 11, 495, 1912. 


396 H. Fasal: 


möglich, wo die Reaktion Farbentöne gibt, die von denen der 
reinen Tryptophanreaktion nicht abweichen, wie es beim Kera- 
tin der verhornten Oberhaut, dem Edestin, Lactalbumin der 
Fall ist. Bei manchen Eiweißkörpern entsteht nach Unter- 
schichtung der mit Glyoxylsäure versetzten Substanz mit Schwefel- 
säure als Zeichen der positiven Tryptophanreaktion wohl ein 
blauer Ring, es resultiert jedoch beim Durchschütteln und Lösen 
der Substanz oft ein braunroter Farbenton, der dem genauen 
colorimetrischen Vergleich hinderlich ist. 

Bisweilen gelingt es durch Veränderung der Menge der 
zu untersuchenden Substanz, also durch Verstärkung oder Ab- 
schwächung in der Konzentration, vergleichsfähige Lösungen 
zu bekommen. 

Wenn wir die verhornte Oberhaut (Keratin) in bezug auf 
den Tryptophangehalt quantitativ auswerten wollten, so nahmen 
wir 0,1 g des weißen, dem Keratin entsprechenden Pulvers, 
fügten 2 ccm Glyoxylsäure!) und 6 ccm konzentrierter Schwefel- 
säure hinzu und verglichen diese Reaktion mit der Tryptophan- 
lösungsreaktion 1:4000. Im Colorimeter verhielt sich die 
Tryptophanprobe zu der untersuchten Menge verhornter Ober- 
haut wie 22:18, so daß die Reaktion der Substanz um 1,23 
stärker war als die Reaktion von Tryptophan 1:4000. Da 
in 0,10 Substanz 0,00025 mal 1,22 Tryptophan enthalten ist, so 
enthält die betreffende Substanz 0,30°/, Tryptophan, so daß 
wir damit den Gehalt von Tryptophan in verhornter Oberhaut 
bestimmt haben, ohne daß es notwendig gewesen wäre, das 
Tryptophan zu isolieren. 

Die oben erwähnten, aus der Verdauung und Reinigung 
schwielenfreier Haut resultierenden lederförmigen Hautstückchen, 
die der Cutis entsprechen, zeigten kaum eine Spur der so feinen 
Tryptophanreaktion. 

Alle Keratine, deren Tryptophangehalt wir bestimmt haben, 
wurde in der oben angegebenen Weise durch Verdauung und 
Extraktion gereinigt. 

Der Tryptophangehalt von Rinderhornspänen wurde in 
derselben Weise bestimmt, indem die Reaktion von 0,1 g Horn- 





1) Die Glyoxylsäurelösung wurde durch Reduktion gesättigter Oxal- 
säurelösung mit 3°/,iger Natriumamalgamlösung dargestellt. 


Colorimetrische Methode der quantitativen Tryptophanbestimmung. 397 


spänen mit der Tryptophanlösungsreaktion von 1:10000 ver- 
glichen wurde und den Tryptophangehalt von 0,17°/, ergab. 

Menschennägel zeigten sehr schwache Tryptophanreaktion. 

Bei Haaren konnten wir weder bei weißen, blonden, noch 
bei dunklen irgendwie Tryptophan nachweisen. 

Schafwolle zeigte geringe Andeutung der Tryptophanreaktion. 

Auch der Gehalt an anderen Substanzen ist bei Keratin 
aus Horn- und Haarkeratin verschieden. So enthält Hornkeratin 
ca. 3°/, Phenylalanin, während Haarkeratin eine minimale 
Menge enthält. 

Die in der verhornten Oberhaut enthaltene Tryptophan- 
menge muß als sehr groß bezeichnet werden, wenn man damit 
die Ausbeuten vergleicht, die E. Abderhalden und Kempe?) 
aus Casein erhielten. Diese Autoren bekamen aus 5 kg Casein 
26,5 g Tryptophan, d.h. 0,53°/ Wir bestimmten bei unserem 
colorimetrischen Verfahren, das ja ohne Verlust arbeitet, 0,65°/, 
Tryptophan in reinstem Kuhcasein (nach Hammarsten dar- 
gestellt), so daß die verhornte Oberhaut (Keratin) fast halb so 
viel Tryptophan enthält als das relativ so tryptophanreiche 
Casein. 

Ebenso bestimmten wir in einigen anderen Eiweißkörpern, 
die uns in liebenswürdiger Weise Prof. E. Abderhalden über- 


ließ, den Tryptophangehalt. 


Quantitative Bestimmung des Tryptophangehaltes in Edestin. 
Eingewogen wurden: 0,0600 g. Die Reaktion wurde mit der Reak- 
tion der Tryptophanlösung 1:4000 im Colorimeter von Duboscq ver- 
glichen. 
Tryptophan zeigte 20, Edestin 22 auf der Vergleichsskala. 
20 : 22 = 0,909. 
Der Tryptophangehalt der Edestinmenge war also 0,909 mal geringer 
als der der Tryptophanreaktion 1 : 4000. 
0,06 : 0,00025 wie 100: e, 
æ = 0,416°/,. 
0,416 x 0,909 
0,37814 ` 
Edestin enthält also 0,378°/, Tryptophan. 


1) Zeitschr. f. phyaiol. Chem. 52, 208, 1907. 


398 H. Fasal: 


Quantitative Bestimmung von Tryptophan in Lactalbumin. 
Eingewogen wurden: 0,0371 g. Die Reaktion wurde verglichen mit 
der Reaktion der 1°/,„igen Tryptophanlösung, 1°/,.igen Tryptophan- 
lösungsreaktion 16 Teilstriche. 
19:16 = 1,18. 
Laotalbumin enthält 1,18 mal mehr Tryptophan als die 1°/,.ige 


Tryptophanlösung. 
0,0371 : 0,001 = 100: x. 


x = 2,6 
2,6 >< 1,18 
3,068 

Lactalbumin enthält 3,07°/, Tryptophan, eine Menge, die 
den Tryptophangehalt des Caseins bedeutend übertrifft. Unter 
allen untersuchten Eiweißkörpern ist bis jetzt Lactalbumin als 
der tryptophanreichste anzusehen. 

Legumin zeigte deutliche Tryptophanreaktion, ebenso Frauen- 
casein. Nach Zusatz von Schwefelsäure entsteht der charak- 
teristische blaue Ring. Wenn beim Schütteln die Substanz in 
Lösung geht, resultiert ein rötlicher Farbenton, der den Ver- 
gleich im Colorimeter hindert. 

Wir versuchten nun in solchen Fällen, wo die Glyoxyl- 
säure-Schwefelsäure-Reaktion so ausfällt, daß der colorimetrische 
Vergleich unmöglich war, die von G. W. Heimrod und Levene?) 
vorgeschlagene Modifikation der Hehneschen Reaktion, d. i. vor- 
heriges Zufügen von Phosphorsäure und Zufügen eines Tropfens 
einer. 5°/,igen 'Eisenchloridlösung, ohne bessere colometrische 
Vergleiche erzielen zu können als bei der Reaktion von Adam- 
kiewicz-Hopkins. 

Ebenso erwies sich die Verwendung der Glyoxylsäure vor- 
teilhafter als die aller anderen Aldehyde, mit denen wir Ver- 
suche vornahmen. 

Von großem Interesse war der Ausfall der Tryptophan- 
reaktion bei verschiedenen Eiweißkörpern und insbesondere bei 
normalen und pathologischen Hautprodukten. 

Über das Vorkommen des Tryptophans in Eiweißkörpern 
und Organen liegen in der Literatur bereits eine Reihe von 
Angaben, freilich meist ohne quantitative Auswertung, vor. 


1) G. W. Heimrod und P. A. Levene, diese Zeitschr. 25, 18, 
1910. 


Colorimetrische Methode der quantitativen Tryptophanbestimmung. 399 


Tryptophan wurde gefunden im Nucleoproteid des Pankreas!), 
Hordein®), Reticulin®), Fibrin®), Globulin®). In Gliadin fanden Abder- 
halden und Samuely ca. 1°/, Tryptophan®). Tryptophan fehlte in: 
Histopepton?), Elastin®), Ichthylepidin®), Zen 18), Leim!l), 

Von Bestimmungen an Eiweißspaltungsprodukten, die sich nicht 
auf einen isolierten Eiweißkörper, sondern auf ganze Organe beziehen, 
fand Cathcart!®) in normaler Milz Tryptophan, in der Niere fand 
Dakin!3) wahrscheinlich Tryptophan. 

Im leukämischen Knochenmark1®) ist wahrscheinlich Tryptophan 
enthalten. Das Acidalbumin des Myosins, das Syntonin!2), enthält 
Tryptophan; in der fettfreien Trockensubstanz des Hühnerfleisches fanden 
Osborne und Heyl!®) Tryptophan, ebenso in der entfetteten Trocken- 
substanz von Fischfleisch (Hippoglossus vulgaris) 17), in entfetteter Trocken- 
substanz von Muschelfleisch (Pecten radians) fanden Osborne und 
Jones!8) Tryptophan. 

Wie groß die Bedeutung des Tryptophangehaltes für die 
einzelnen Eiweißkörper ist, sehen wir aus der ungemein wich- 
tigen Rolle, die das Tryptophan als unentbehrlicher Baustein 


der echten, physiologisch wirksamen Eiweißkörper spielt. 


1) Umber, Zeitschr. f. klin. Med. 40, 5 u. 6. 

2) Osborne und Clapp, Amer. Journ. of Physiol. 19, 117. 

3) M. Siegfried, Journ. of Physiol. 28, 319. 

4) W. Kühne, Heidelberger Naturbist. Verein N. F. 1, 236, 1876; 
8, 476, 1886. — C. Neuberg und N. Popowski, diese Zeitschr. 2, 
368, 1907. 

5) C. L. Alsberg und E.D.Clark, Journ. of Biol. Chem. 5, 243, 1908. 

6) E.Abderhalden und F.Samuely, Zeitschr. f. physiol. Chem. 
44, 276, 1909. 

7) A. Kossel, Zeitschr. f. physiol. Chem. 49, 314, 1906. 

8) Ebbe Bergh, ibid. 25, 337, 1898. 

DE Abderhalden und A. Voilinovici, ibid. 52, 368, 1907. 

10) A. Kossel und Kutscher, ibid. 81, 165, 1900 bis 1901. 

11) B. Maly, Monatsh. f. Chem. 10, 26, 1889. — M. Nencki, Ber. 
d. Deutsch. chem. Ges. 7, II, 1593, 1874. 

18) E. A. Cathcart, Journ. of Physiol. 82, 299, 1905. 

13) H. D. Dakin, Journ. of Physiol. 80, 84, 1903. 

14) O. Schumm, Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. 7, 175, 1906. 

15) E. Abderhalden und T. Sasaki, Zeitschr. f. physiol. Chem. 

51, 404, 1907. 

16) T. B. Osborne und F. W. Heyl, Amer. Journ. of Physiol. 
22, 433, 1908. 

17) T. B. Osborne und F. W. Heyl, Amer. Journ. of Physiol. 
28, 81, 1908. 

18) T. R. Osborne und D. Breese Jones, Amer. Journ. of 
Physiol. 24, 161, 1909. 


400 H. Fasal: 


Bekanntlich nehmen die Aminosäuren in verschiedenen 
Mengen an dem Aufbau verschiedener Eiweißkörper teil und 
zeigen qualitativ und in ihrer gegenseitigen Wertung große 
Unterschiede untereinander. Ein Tier, das mit Fleisch und 
Organen derselben Tierart gefüttert wird, braucht, um im Stick- 
stoffgleichgewicht erhalten zu werden, eine Menge, die sehr 
wenig vom typischen Hungerminimum differiert. Je mehr man 
sich bei der Fütterung von den Eiweißkörpern der eigenen Art 
entfernt und insbesondere, wenn man sich bei der Verfütterung 
der Pflanzeneiweiße bedient, eine um so größere Menge von Ei- 
weißkörpern muß dem erwähnten Minimum zugesetzt werden, 
um das Tier im Stickstoffgleichgewicht zu erhalten (Michaud)?). 

Es ist also die physiologische Wirkung der Eiweißkörper, 
welche sich aus verschiedenen Aminosäuren zusammensetzen, 
verschieden. Aus den Untersuchungen von O. Loewi und ins- 
besondere von Hopkins sowie E. Abderhalden und seinen 
Mitarbeitern geht hervor, daß man mit dem Gemisch der 
Aminosäuren ebenso Stickstoffgleichgewicht erreichen kann, wie 
mit dem Eiweiß selbst. 

Das Tryptophan nimmt nun eine ganz besondere Stellung 
unter den Aminosäuren ein. 

Während sowohl Glykokoll als Prolin im verfütterten Aminosäure- 
gemisch sich als entbehrlich erwiesen haben, ist die Unentbehrlichkeit 
des Tryptophans für die Ernährung der Versuchstiere erwiesen. Der 
Tierversuch zeigte, daß ein wachsender Hund bei Verfütterung von ab- 
gebautem Casein, während 3 Wochen, im Stickstoffgleichgewicht erhalten 
werden konnte (Abderhalden und Rona?) daß aber das Casein 
minus Tryptophan sofort eine negative Stickstoffbilanz ergab, die nach 
Zusatz des fehlenden Tryptophans wieder positiv wurde. 

Auch die Abspaltung der verschiedenen Aminosäuren aus Nahrungs- 
eiweiB im Darm erfolgt verschieden rasch. Es werden Tyrosin und 
Tryptophan zuerst abgespalten und von der Darmwand eher resorbiert 
als die anderen Aminosäuren. Mit dem Tryptophan-Tyrosin und cystin- 
freien Leim konnte C. von Voit?) auch bei größten Leimgaben keinen 
Stickstoffansatz erzielen, und um Stickstoffgleichgewicht zu erhalten, 
mußte immer etwas Eiweiß mit gefüttert werden. 

Willcock und Hopkins haben bei Verfütterung des tryptophan- 
freien Zein an Mäusen und Versuchen mit Tryptophanverfütterung be- 


2) Michaud, Zeitschr. f. physiol. Chem. 59, 421, 1909. 
2) Zeitschr. f. physiol. Chem. 52, 511, 1907. 
2) Hermanns Handbuch der Physiologie 1, 490, 1881. 


Colorimetrische Methode der quantitativen Tryptophanbestimmung. 401 


obachtet, daß dieses die Lebensdauer und das Wohlbefinden günstig 
beeinflußt. 

Echte Eiweißkörper im physiologischen Sinne, die den Eiweißbedarf 
des Organismus zu decken vermögen, müssen tryptophanhaltige Eiweiß- 
körper sein, und wir müssen Eiweißkörper, die kein Tryptophan ent- 
halten, als nicht vollwertig im physiologischen Sinne betrachten. 

Unsere Untersuchungen über die Auswertung des Tryptophan- 
gehaltes in anderen Eiweißkörpern und in normalen und pathologischen 
Organen sind wegen der Schwierigkeit der Beschaffung des geeigneten 
Materials noch nicht abgeschlossen und werden nach Vorliegen größerer 
Untersuchungsreihen publiziert werden. 

Die Ergebnisse unserer Untersuchungen sind 

1. die Ausarbeitung einer colorimetrischen, quantitativen 
Bestimmung des Tryptophans, die insbesondere bei jenen Sub- 
stanzen mit großer Genauigkeit durchgeführt werden kann, die 
in Glyoxylsäure-Schwefelsäurelösung reine blau-violette Farben- 
töne geben, wie z. B. Edestin, Lactalbumin. 

2. Feststellung des erhöhten Tryptophangehaltes im Keratin 
der verhornten Oberhaut des Menschen mit quantitativer Be- 
stimmung des Tryptophans (0,30°/,). Tryptophanuntersuchungen 
beim Haarkeratin und Nagelkeratin des Menschen und quan- 
titative Tryptophanbestimmungen in verschiedenen Eiweiß- 
körpern. 


Über die Verdauung von Inulin. 
Von 
H. Bierry. 
(Aus dem physiologischen Institut der Sorbonne, Paris.) 
(Eingegangen am 10. Juni 1912.) 


Das Inulin ist in der Pflanzenwelt als Reservenahrungs- 


stoff sehr verbreitet. 

Man hatte das Inulin erst nur in der einzigen Familie der Synan- 
thereen nachweisen können, dann hat es Kraus!) in den Lobeliaceen, 
Campanulaceen, Goodenaceen entdeckt und Chevastelon?) in manchen 
Monocotyledonen, im Knoblauch, Asphodel und in der Tuberose. Es 
findet sich in gewissen Pilzen und sogar in dem Manna von Eucalyptus 
dermosa (Anderson). | 

Von V. Rose im Jahre 1804 entdeckt, unterscheidet sich das Inulin 
von der ihm sehr nahestehenden Stärke namentlich durch seine Löslich- 
keit in heißem Wasser und Umbildung in Lävulose unter Einwirkung 
von hydrolysierenden Agenzien; es fehlt bei ihm außerdem die Fähigkeit 
zur Reaktion mit Jod. 

Gestützt auf Analysen, die 44,44°/, für den Kohlenstoff, 6,18%, 
für den Wasserstoff ergeben hatten, schlug Dubrunfaut?) für Inulin 
die Formel vor: (CeH1o0s)}. Parnel und Croockewit haben jedoch 
nur 43,4°/, C gefunden. Nach Kiliani*), der zahlreiche Bestimmungen 
des Inulins aus dem Alant und der Dahlia durchgeführt hat, lautet die 
Formel (OH, alle, H20. Tanret5) endlich, dem die Reindarstellung 
des Inulins gelungen ist, schließt sich der Formel von Kiliani an, ver- 
fünffacht aber ihre prozentische Zusammensetzung ICH. ellale, H-0O],, 
da die kryoskopische Untersuchung eine solche Molekulargröße wahr- 
scheinlich macht. Dieser Autor hält das Inulin aus dem Topinambur 


1) Kraus, Botan. Zeitg., 5. Mai 1877. 

2) Chevastelon, Dissertation. Paris 1894. 

3) Dubrunfaut, Compt. rend. de l’Acad. d Sc. 42, 803 u. 64, 764. 

4) Liebigs Annalen d. Chem. 205, 145. 

5) C. Tanret, Compt. rend. de l’Acad. d Sc. 116, 514, 1893; 
Bull. Soc. Chim. (3) 9, 200 u. 207. 


H. Bierry: Verdauung des Inulins. 403 


(auch Jerusalemer Artischocke genannt) für identisch mit demjenigen 
aus dem Alant, der Dahlia und Actractylis gummifera, das sich in kaltem 
Wasser kaum (1 zu 10000 bei + 15°), in kochendem dagegen leicht löst. 
Chevastelon hat ein Inulin aus Knoblauch isoliert, das die wesentlich- 
sten Merkmale des Topinamburinulins zeigt, jedoch in Wasser sehr leicht 
löslich ist. 

Das Inulin vergärt nicht direkt; ee wird mit außerordentlicher 
Leichtigkeit unter dem Einfluß von verdünnten Säuren hydrolysiert, 
Berührung mit kochendem Wasser genügt, um es teilweise in reduzieren- 
den Zucker zu verwandeln. g 

Das bei 130° getrocknete Inulin besitzt eine Drehung = ſc]p 
= — 39,50; es wird weder durch Temperatur-, noch durch Konzentrations- 
veränderung von Flüssigkeiten beeinflußt. Sein Anhydrid schmilzt bei 
178° (C. Tanret). 

Bei 198° tritt eine Modifikation in dem chemischen Verhalten des 
Inulins ein: seine Drehung sinkt, es wird schwach sauer und in 
Wasser löslich. Noch um einige weitere Grade erhitzt, dreht es in um- 
gekehrter Richtung und geht in Pyroinulin über (Böchamp!). 

Das wasserfreie Inulin nimmt, wenn es der Luft ausgesetzt ist, 
ungefähr 11°/, Wasser auf. Das bei gewöhnlichen Bedingungen an der 
Luft getrocknete Inulin bildet das Hydrat von der Formel: OH: aile, 
HO, 6 H30],- 

Hydrolyse. C. Tanret hat gezeigt, daß das mit 10°/,iger 
Essigsäure erhitzte Inulin nicht nur reine Lävulose gibt, sondern ein 
Gemisch, bestehend aus 12 Teilen Lävulose auf 1 Teil Glucose. Bour- 
quelot®), der auf das Inulin von Actractylis die Inulase von Aspergillus 
niger einwirken ließ, gibt an, daß dieses Inulin dadurch vollständig 
hydrolysiert werde und daß der gebildete Zucker einzig Lävulose dar- 
stelle. Nach C. Tanret?) ist das Inulin von Actractylis mit dem 
Topinamburinulin identisch und verhält sich wie dieses unter dem Ein- 
fluß von verdünnter Essigsäure. 

Schon seit langer Zeit wußte man, daß das Inulin mit 
großer Leichtigkeit gespalten wird. Ebenso, daß die Umwand- 
lung der Stärke in der Pflanze durch ein lösliches Ferment, 
die Diastase, bewirkt wird. Analog, schloß man hieraus, müßte 
sich der Prozeß beim Inulin vollziehen. Erst 1888 bestätigte 
sich diese Hypothese, als es Gre en) gelang, aus den Knollen 
des Topinamburs ein Ferment, die Inulase, zu isolieren, die 


das Inulin umzuwandeln vermochte. 


1) Béchamp, Assoc. franç. Kongress von Le Havre 1877; bei 


Tanret zitiert. 
2) Bourquelot, Compt. rend. de Acad. d. Sc. 116, 1143, 1893. 
2) C. Tanret, Journ. de pharm. et de chim. 1893, 57. 


4) J. R. Green, Annals of Botany 1, 1888. 


404 H. Bierry: 


Zur Darstellung benutzte Green keimende Knollen, zerhackte sie 
fein und ließ sie 24 Stunden lang in Glycerin macerieren. Dieser 
Glycerinextrakt wurde dann der Dialyse unterworfen, um jede Spur von 
reduzierendem Zucker daraus zu entfernen. Green beobachtete, daß 
der Glycerinauszug die Fähigkeit besaß, das in Lösung befindliche Inulin 
allmählich zu spalten, und daß Kochen dieses Vermögen zerstörte. 

Beim Studium des Reaktionseinflusses auf die Aktivität 
des Fermentes sah er, daß die Inulase, obgleich schon in neu- 
tralem Milieu aktiv, durch Kontakt mit einem schwach sauren 
Milieu in ihrer Wirkung verstärkt wurde. Ferner konnte er 
wahrnehmen, daß das Ferment sein Spaltvermögen nach einer 
Stunde Berührung mit einer 1,5°/,igen Natriumcarbonatlösung 
einbüßte. 

Der Aspergillus niger vermag, nach Angabe von Bour- 
quelot, gleichfalls ein das Inulin in Lävulose überführendes 
Enzym abzusondern. 

So tritt die Inulase einerseits bei Pflanzen zur Zeit der 
Keimung auf, und bald nach ihrem Erscheinen verschwindet 
das in ihnen gespeicherte Inulin. In den völlig entwickelten 
Knollen sucht man das Inulin vergeblich. Aspergillus niger 
gedeiht gut in einer Raulin-Lösung, die als einzigen Kohlen- 
hydratnährstoff das Inulin enthält, und man findet in dem 
fermenthaltigen Sekret des Pilzes Inulase. 

Andererseits spielt das Inulin in der Ernährung der Tiere 
eine zweifellos bedeutsame Rolle. Bekanntlich bilden die To- 
pinamburs zu einer bestimmten Jahreszeit in einigen westlichen 
Teilen Frankreichs den Grundbestandteil der Viehfütterung. 
3 Monate lang haben wir selbst Kaninchen ausschließlich mit 
Topinamburs ernährt. Auch A. Richaud hat ein solches 
Regime bei Kaninchen, Enten und sogar Hunden erfolgreich 
durchführen können. 

Auf Grund der analogen Verhältnisse bei Stärke, Saccha- 
rose, Lactose konnte man a priori die Behauptung aufstellen, 
daß die Tiere ebensowenig wie die Pflanzen das Inulin direkt 
ausnutzen können, sondern daß diese Substanz zur Assimilation 
erst in Hexosen durch eine Reihe von Hydrolysen gespalten, 
kurz verdaut werden müsse. 

Es drängte sich nun weiterhin die Frage auf: Wo und 
wie geht die Verdauung des Inulins vor sich? Diese Frage 
hat physiologisches und zugleich medizinisch-therapeutisches 


Verdauung des Inulins. 405 


Interesse; handelt es sich doch abgesehen vom Nährwert für 
Mensch oder Tier um eine diätetische Verwendung für den 
Diabetiker (hierüber geben die Arbeiten von Külz, Haykraft, 
B. Naunyn u.a. Aufschluß). 

Existiert bei den Tieren ein Inulin spaltendes spezifisches 
Ferment? Erfolgt die Sekretion dieses Fermentes normaliter 
oder infolge einer diesbezüglich angepaßten Ernährungsweise? 

Zu dem Zeitpunkt, als wir mit P. Portier unsere ersten 
Untersuchungen begannen, war das Studium des Verdauungs- 
mechanismus betreffs Inulin beim Menschen oder Tier noch 
nie in Angriff genommen worden. Gleichzeitig mit uns stellte 
Richaud Versuche über dieses Thema an. Diese beiden, von- 
einander unabhängigen Versuchsreihen sind zur selben Zeit!) 
veröffentlicht worden und bestätigen sich gegenseitig. 

Richaud hat für seine Versuche Meerschweinchen, Schweine, 
Ochsen und Vögel benutzt; unsere Versuchstiere waren Hunde, 
Kaninchen und Seehunde (Phoca barbata). 

Das verwendete Inulin war aus Topinamburs extrahiert 
und nach dem von C. Tanret angegebenen Verfahren darge- 
stellt worden. Zur Verwendung kam es nach dem Trocknen 
an der Luft oder bei 130°. 

Die Organe, in denen man die Gegenwart von Inulase vermutete: 
Pankreas, Dünn- und Dickdarm wurden ganz fein zerschnitten und in 
einer 2°/,igen NaF-Lösung der Maceration überlassen. (Andere Anti- 
septica wie Chloroform, Thymol und Toluol sind ebenfalls gelegentlich 
benutzt worden.) Einige dieser Macerationen vollzogen sich in neutraler, 
andere in leicht saurer Lösung (organische Säuren). Nach einigen Stunden 
Aufenthalt, bei Laboratoriumstemperatur oder 40°, wurde die Maceration 
über Glaswolle abfiltriert und mit Inulin, das auf dem Wasserbade in 
destilliertem Wasser gelöst worden war, versetzt. Das so beschaffene 
Gemisch hatte einen zwischen 0,5 und 1°/, schwankenden Gehalt 
an Inulin. 

Zu jeder Flasche wurde eine Kontrollprobe angesetzt, in der der 
Infus vor dem Inulinzusatz gekocht worden war. Die Flaschen ließ 
man im Brutschrank bei 40° 24 Stunden bis 4 Tage lang stehen und 
untersuchte dann auf Lävulose. Zur Vertreibung der Albuminoide er- 
hitzte man die Lösungen im Wasserbad auf 70°, wegen der ausgesprochenen 
Tendenz des Inulins, sich beim Kochen zu spalten. Die letzten Spuren 
wurden durch Hinzufügung von Natriumascetat, Ferrichlorid, Neutralisieren 


1) H. Bierry und P Portier, Compt. rend. Soc. Biol., 5. Mai 1900, 
und Richaud, ebenda. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 27 


406 H. Bierry: 


und Erhitzen auf 70° entfernt. Hierauf folgte Konzentration der filtrierten 
und geklärten Flüssigkeiten im Vakuum und Behandlung mit Fehling- 
scher Lösung. 


Versuche unter diesen Bedingungen haben niemals die 
geringste Umwandlung des Inulins ergeben — in den Proben 
fehlte jede Spur von reduzierendem Zucker. 


Wenn wir vergleichshalber einerseits Macerationsgemische, die durch 
Essigsäure hydrolysiert wurden, andrerseits Kontrollösungen von destil- 
liertem Wasser mit gleichem Inulingehalt unter denselben Bedingungen 
ansetzten, nämlich 1 Stunde bei 100°, in geschlossenen Röhren, 10°/,ige 
Essigsäure enthaltend, so war das Resultat, daß die in Arbeit ge- 
nommene Inulinmenge intakt geblieben war. 


Nach der Formel von Kiliani: 


(CH 1003)6; H20 + 5 H30 = 6 C,H1206 
Inulin 990 90 Lävulose (1080) 


liefern 0,99 g bei 100° getrocknetes Inulin 1,08 wasserfreie Lävulose. 
Die Lävulose ist nach den Tabellen des Invertzuckers berechnet worden. 

Nach C. Tanret stellen diese 1,08 g ein Gemisch von Lävulose 
opd Glucose im Verhältnis von 12:13 für erstere, 1:13 für letztere dar. 


Wir fütterten dann Tiere (Hunde, Kaninchen) mit Topi- 
namburs (gemischte Diät von Topinamburs und Fleisch für 
die Hunde, reine Topinamburs für die Kaninchen). 

Auch hier blieb die Fermentproduktion aus. Selbst nach 
3 Monaten dieser Fütterungsweise war es unmöglich, im Pan- 
kreas oder in anderen Organen der Versuchstiere Inulase zu 
entdecken. 


Versuch. 
Junger, schwarzer Stöberhund, Gewicht 20 kg. 


Vom 16. Dezember ab wird er auf folgende Kost gesetzt: 
150 g Pferdefleischh 1 kg gekochte Erdäpfel (fein zerhackt und mit 
Fleisch vermischt). 

In den ersten Tagen frißt das Tier die Topinamburs unwillig. Nach 
und nach scheint es sich aber an diese Futterart zu gewöhnen und ver- 
zehrt seine Mahlzeit mit Appetit. 

Sonnabend, den 23. Januar, wird das Tier auf der Höhe der Ver- 
dauung getötet (Chylusgefäße sehr hervortretend, in Därmen und Pan- 
kreas starker Blutandrang). 

Das Pankreas und der Dünndarm werden herausgenommen, einzeln 
zerrieben und dann jedes Organ für sich 24 Stunden lang in einer 


2°/,igen NaF-Lösung, deren Volumen das Dreifache ihrer Gewichte 
beträgt, maceriert. 


Verdauung des Inulins. 407 
Folgende Proben wurden angesetzt: 


A regen 67 ccm 
Inulin, in 10 ccm lauwarmem Wasser gelöst 0,33 g 
B teen 100 ccm 
Inulin, in 10 ccm lauwarmem Wasser gelöst 0,33 g 
A en Pankreas-Macerationssaft 67 ccm 
Inulin, in 10 ccm lauem Wasser gelöst 0,33 g 
B ina Darm-Macerationssaft 100 ccm 
Inulin, in 10 ccm lauem Wasser gelöst 0,33 g 


Die Flaschen werden bei 38° in den Brutschrank gestellt. Nach 
48 Stunden werden sie herausgenommen und nach der Methode von 
Hofmeister behandelt. Niederschläge wurden in heißem Wasser auf- 
genommen und mit den Spülwässern für jede Flasche auf ein Volumen 
von 250 ccm gebracht, die im Vakuum bis auf 50 ccm eingeengt werden. 
Es zeigte sich gar keine Reduktion in A, A’, B, P’. 


Versuch. 
Sonnabend, den 6. Januar 1900, werden zwei Kaninchen gewogen, 
ein graues von 2,660 kg, ein gelbes von 2,480 kg. Am folgenden Tage 
beginnt ausschließliche Topinamburdiät. 


Gewicht am 13. Januar graues Kaninchen 2,520 kg 


gelbes = 2,240 „ 
Gewicht am 17. Januar graues 2 2,515 „ 
gelbes n 2,525 „ 


Am 21. Januar wird das gelbe Kaninchen getötet, das an Gewicht 
zugenommen hat. Pankreas, Dünn- und Dickdarm und die Leber werden 
entfernt und jedes Organ für sich 24 Stunden lang in einer 2°/,igen 
NaF-Lösung von dreifachem Volumen maceriert. 

Nach Abfiltrieren auf Glaswolle werden folgende Versuche angestellt: 


ankreas-Macerationsinfus 7 ccm 


a {Inulin 0,20 g a’ { Dasselbe, gekocht 
üunndarmmaceration 90 ccm 

b {Inulin 030g P { Dasselbe, gekocht 
ickdarmmacerationsinfus 90 ccm 

c ees 0,30 g c’ { Dasselbe, gekocht 
bermacerationsinfus 90 ccm 

d Inulin 0,35 g d’ { Dasselbe, gekocht 

a” bermacerationsinfus 90 eem 
Inulin 0g 


Nach 48 stündigem Aufenthalt im Brutschrank werden die Flaschen 
a, a’, b, b’, c, c’ unter den obenerwähnten Vorsichtsmaßregeln verarbeitet. 
In keiner wird Reduktion beobachtet. 

Nach Ablauf von 70 Stunden gelangen die Flaschen d, d. d” zur 
Behandlung. Die Albuminstoffe werden wie vorher entfernt, die Nieder- 
schläge ausgepreßt und mit heißem Wasser ausgewaschen. 

27° 


408 H. Bierry: 


Mittels der Flasche d” soll die Glucosemenge bestimmt werden, die 
durch Hydrolyse des Glykogens aus der Lebermaceration während des 
Stehens im Brutschrank entstanden ist. Die Übereinstimmung zwischen 
d’ und d” weist darauf hin, daß diese Umwandlung des Glykogens in 
Glucose während der Maceration des Lebergewebes mit der NaF-Lösung 
vor sich gegangen ist. Die Lävulosemenge in d und d’ nach Hydrolyse 
wird durch einen gleichen Verbrauch von Fehlingscher Lösung repräsen- 
tiert: sie entspricht der aus 0,35 g hydrolysiertem Inulin unter denselben 
Bedingungen produzierten Lävulose. 

Am 1. Mai 1909 wurde das graue Kaninchen getötet, das vom 6. Jan. 
ab ausschließlich mit Topinamburs ernährt worden war. 


6. Januar Gewicht des Tieres 2,520 kg, 
l. Mai — n n 3,085 n 


Die betreffenden Organe werden, wie oben angegeben, heraus- 
genommen. Die Gegenwart von Inulase kann nicht festgestellt werden. 

Diese Versuche waren mit Macerationssäften zerriebener 
Organe (Pankreas, Därme usw.) gemacht worden. Es lag nahe, 
die in bezug auf das Vorhandensein des Fermentes negativen 
Resultate der Verwendung von wenig aktiven Macerations- 
lösungen zuzuschreiben. Wir haben deshalb diese Versuche 
wiederholt, jedoch diesmal mit dem Pankreassaft selbst, dessen 
Wirkung auf Stärke und Maltose stark war, operiert. 

Sekretinpankreassaft (vom Hunde) in frischem, reinem 
oder verdünntem Zustande ließ man im Brutschrank bei 38° 
in alkalischem, neutralem oder leicht saurem Milieu auf Inulin 
einwirken. Niemals haben wir Umwandlung des Inulins in Lä- 
vulose beobachten können. 


Versuch. 
Der Pankreassaft ist aseptisch aufgefangen worden. 
Pankreassaft 20 ccm 
1 erch in 20 ccm Wasser gelöst 0,35 g 
Neutralisierter Pankreassaft 20 ccm 
en in 20 ccm Wasser gelöst 0,35 g 


(Spuren von freier Essigsäure) 20 ccm 
Inulin, in 20 ccm Wasser gelöst 0,35 ccm. 
Die Lösungen bleiben 48 Stunden bei 38° stehen. 
Befund: Keine Inulinhydrolyse eingetreten. 


ee angesäuerter Pankreassaft 
3 


Wir haben weiterhin, auch von demselben Mißerfolg be- 
gleitet, versucht, Inulin mittels Pferdepankreassaft anzu- 


Verdauung des Inulins. 409 


greifen, der durch eine temporäre Fistel nach Injektion von 
Sekretin gewonnen worden war. 

Nach Analogie der Stärke hätte man annehmen können, 
daß das Inulin im Verlauf der Hydrolyse stufenweise über 
Bildung von Zwischenprodukten ähnlich der Maltose zerlegt 
wird, und daß diese Umwandlung, zuerst durch Pankreassaft 
in Gang gesetzt, durch Berührung mit der Darmschleimhaut 
ihr Ende erreicht. Nach Einwirkung von Hundepankreassaft 
wurde der Inulinlösung Darmmacerationssaft von Kaninchen 
oder Hund zugesetzt. Mehrere Versuche wurden in verschie- 
denen Fermentmilieus ausgeführt: in neutralem oder leicht 
saurem Medium, doch blieben alle Resultate nach wie vor er- 
gebnislos. Ausgewaschene, der Dialyse bei Chloroformgegen- 
wart unterworfene Lebern haben einen Zellsaft ergeben, der 
gleichfalls auf das Inulin keine Wirkung ausgeübt hat. Die 
nach dem Verfahren von Stoklasa und P. Portier bereiteten 
Extrakte haben das Inulin nicht angegriffen. Die Inulase ist 
also kein endocelluläres Leberferment. 

Wir können mithin auf Grund unserer Unter- 
suchungen wie derjenigen von Richaud die Schluß- 
folgerung ziehen, daß die Inulase niemals unter den 
löslichen Fermenten der höheren Tiere zu finden ist. 

Wirkung des Magensaftes auf Inulin. Komanos?) 
glaubte, daß Inulin im Organismus durch die Pfortader resor- 
biert und dann durch die Leber verdaut wird. Daß dem 
nicht so ist, sehen wir aus unseren Versuchen, in denen die 
Lebern unserer Versuchstiere niemals Inulase enthielten. Der 
Verdauungsapparat der höheren Tiere vermag in keinem Falle 
ein lösliches, Inulin spaltendes Ferment zu sezernieren. 

Ebensowenig wie die anderen Polysaccharide wird das 
Inulin unmittelbar assimiliert. In die Venen oder die Bauch- 
höhle eines Hundes injiziert, geht es in den Urin über?). 

Jedoch haben wir feststellen können, daß Kaninchen ohne 
merkliche Gewichtsabnahme ausschließlich von Topinamburs 
einen oder mehrere Monate lang leben können. Man könnte also 
vermuten, daß bei der großen Leichtigkeit, mit der Inulin 


1) Komanos, Inaug.-Diss. Straßburg 1875. 
2) E. Richaud, Inaug.-Diss. Paris 1900. 


410 H. Bierry: 


in Berührung mit verdünnten Säuren hydrolysiert wird, der 
Magensaft als das normale physiologische Agens für die 
Verzuckerung dieses Kohlenhydrats anzusehen ist. 

Die in dieser Richtung angestellten Versuche ergaben 
dieses Mal positive Resultate. 

Der benutzte Magensaft stammte von Hunden, an denen 
A. Frouin eine Magenausschaltung vorgenommen hatte. 


Versuch. 


Hundemagensaft. Gesamtacidität entspricht 0,36°/, HCl. Das Inulin 
war bei 100° getrocknet worden. 


Magensaft 100 ccm 
1 ce lg 

Gekocher Magensaft 100 com 
2 — 1g 


Man erwärmt den Magensaft auf 38°, fügt Inulin hinzu und läßt 
das Gemisch 11/, Stunden im Brutschrank bei 38° stehen. Der in das 
kochende Wasserbad gebrachte Magensaft hatte keine Veränderung er- 
litten, weder was die Acidität noch das Volumen betrifft. Man hatte 
ihn gleichfalls vor dem Inulinzusatz auf 38° erhitzt. 

Nach Herausnahme aus dem Brutschrank läßt man die beiden 
Flaschen sich abkühlen, neutralisiert und behandelt sie mit allen oben 
angegebenen Kautelen. 

Man stellt so fest, daß in jeder Flasche eine gleiche Menge Inulin — 
45°%/, — in Lävulose übergeführt ist. Die Verdauung des Inulins beruht 
also auf Einwirkung der Salzsäure im Magensaft. 

Richaud experimentierte seinerseits mit menschlichem Magensaft, 
den er in Berührung mit Inulin und Wasser bringt, so daß die Gesamt- 
acidität 0,20°/, HCl beträgt. 

Magensaft 50 ccm 
Inulin 0,25 g 
Destill. Wasser 20 ccm. 


Das Gemisch bleibt 24 Stunden im Thermostaten. Nach dieser 
Zeitdauer finden sich 0,214 g reduzierenden Zuckers, der ungefähr 80°, 
hydrolysiertem Inulin entspricht. 

Richaud behauptet, daß bei derselben Temperatur von 38° 
0,329°/ ige Essigsäure (= 0,20°/, HCI) oder 0,493°/,ige Milch- 
säure (= 0,20°/, HCl) keine Wirkung auf das Inulin ausüben; 
Weinsäure von 0,82°/, greift es nur schwach an, während die 
Oxalsäure sich wie eine Mineralsäure verhält. In 12 Stunden 
saccharifiziert eine 0,986°/,ige Oxalsäurelösung 60°/, einer 


Verdauung des Inulins. 411 


1°/,igen Inulinlösung. Das Inulin hat also gegen Säuren 
eine größere Resistenz als Saccharose und eine kleinere als 
Maltose. 

Derselbe Forscher hat bei der Analyse des Mageninhalts 
von Tieren nach einer nur aus Topinamburs bestehenden 
Mahlzeit gefunden, daß der Rückstand einer solchen inulin- 
haltigen Nahrung nach Verweilen von 8 bis 9 Stunden im 
Magen fast gar kein unangegriffenes Inulin mehr enthielt. Er 
weist mit Recht darauf hin, daß die Verzuckerung des Inulins 
im Magen, wo es fortwährend mit einer sauren, sich erneuernden 
Lösung energisch durcheinander gerührt wird, sehr viel schneller 
als im Brutschrank vor sich gehen muß. Man kann deshalb 
die rein chemischen, in vitro beobachteten und die entsprechen- 
den physiologisch-chemischen Erscheinungen im lebenden Orga- 
nismus nicht auf eine Stufe stellen und vergleichshalber mit 
einem Maßstab messen. 

Auch ist es möglich, daß das Inulin in Pflanzen, wo es 
im Zellsaft gelöst vorhanden ist, physikalisch-chemische Eigen- 
schaften besitzt, die von denjenigen des gefällten Präparates ab- 
weichen und sich namentlich durch größere Diffundierbarkeit 
und Hydrolysefähigkeit auszeichnen. Andererseits steht es fest, 
daß diese beiden möglichen Arten Inulin gleiche physiologische 
Eigenschaften haben: sie sind nicht direkt assimilierbar und 
erfordern eine Vorverdauung. Diese ist das Werk eines Enzyms 
oder einer Säure. 

Wir kommen zu folgender Schlußfolgerung: 

Die Verdauung des Inulins geht bei den höheren 
Tieren ausschließlich im Magen vor sich. Bedingt wird 
sie nicht durch ein lösliches Ferment, sondern durch 
die Salzsäure des Magensaftes. 

Spezifität der Inulase. Payen hat gezeigt, daß Dia- 
stase Inulin nicht angreift; Green führt zum Nachweis, daß 
die Inulase verschieden von der Amylase oder Diastase ist, die 
Tatsache an, daß der Gilycerinextrakt aus keimenden Topi- 
namburknollen keine Stärke aufweist, und daß der so leicht 
Stärke spaltende Speichel dem Inulin gegenüber wirkungslos 
bleibt. Die Forschungen von Bouchardat!), Dubrunfaut, 


1) Bouchardat, Compt. rend. de l’Acad. d. Sc. 25, 274. 


412 H. Bierry: 


Kiliani, C. Tanret, E. Fischer!) haben bewiesen, daß das 
Ptyalin, das Invertin der Hefe, die Malzdiastase in bezug auf 
Inulin versagen. Bourquelot ist es durch Erhitzen der As- 
pergillus niger-Flüssigkeit gelungen, die Wirkung der Inulase von 
derjenigen der Trehalase zu trennen, „doch“, schreibt er, „ist 
es mir nicht möglich gewesen, bis jetzt ein Unterscheidungs- 
merkmal zwischen Inulase und Maltase zu finden“. 

Unsere eigenen Arbeiten und diejenigen Richauds füllen 
nun diese Lücke aus. Die Umwandlung des Inulins in Lävulose 
wird nicht herbeigeführt durch die Maltase, das Emulsin, die 
Lactase, die «-Glucosidase, da alle diese Fermente normal in den 
Organextrakten höherer Tiere zugegen sind, und diese Säfte, 
wie wir gesehen, das Inulin intakt lassen. Diese Spaltung be- 
ruht auf der Wirksamkeit eines spezifischen löslichen Fer- 
ments: der Inulase. 


Die Inulase der Wirbellosen. 


Im weiteren Verlauf dieser Untersuchungen haben wir den 
Einfluß des Hepato-Pankreassaftes von Helix pomatia®), der 
eine große Zahl kohlenhydratspaltender Fermente aufweist, stu- 
dert, Diesmal fiel das Ergebnis positiv aus. Der Verdauungs- 
saft enthält ein lösliches Ferment, das Inulin in Lävulose über- 
zuführen vermag. Aber im Vergleich zur Einwirkung dieses 
Saftes auf andere Polysaccharide geht der Angriff ziemlich lang- 
sam vor sich. Das Reduktionsvermögen der Verdauungsprodukte, 
das nach 24 Stunden noch schwach ist, nimmt deutlich zu, bis 
nach 3 Tagen 30°/, des digerierten Inulins gespalten sind. Wir 
haben es also sicher mit einem Ferment zu tun, denn der Saft büßt 
seine Verdauungskraft auf Inulin durch 10 Minuten langes Er- 
hitzen auf 80° ein. Die künstliche Verdauung ist bei Gegen- 
wart von verschiedenen Antisepticis (Thymol und Toluol, Fluor- 
natrium, Campher usw.) vorgenommen worden. 

Wir sind wie üblich vorgegangen, indem der Saft der,Verdauungs- 
drüse verdünnt und in 3 Portionen geteilt wurde. Die erste Lösung wurde 


mit Inulin versetzt, die zweite vorher 10 Minuten lang auf 80° erhitzt 
und dann mit einer gleichen Menge Inulin beschickt; die dritte, mit 


*1) E. Fischer, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 27, 2985. 
2) H. Bierry, Compt. rend. de l’Acad. d Sc. 10. Jan. 1910. 


Verdauung des Inulins. 413 


destilliertem Wasser angesetzte, sollte zur Kontrolle die durch Ver- 
` unreinigungen und Umwandlungsprodukte des Magensaftes selbst beding- 
ten Fehlerquellen anzeigen. 

Zwecks Entfernung von Eiweiß ging man folgendermaßen vor: 
Die 10 bis 12 mal mit destilliertem Wasser verdünnten Verdauungs- 
flüssigkeiten wurden mit Quecksilbernitrat versetzt, mit Soda neutrali- 
siert und filtriert. Der Überschuß an Hg wurde mit Zinkstaub oder 
H,S beseitigt, letzteres in der Kälte mittels einer Kupfersulfatlösung 
eliminiert. Die Tabellen für Invertzucker dienten zur Berechnung. 


Versuch. 

Magendarmsaft A ccm 

1 | Tal 1g 
Destilliertes Wasser 20 ccm 
Auf 80° erhitzter Magendarmsaft 5 ccm 

2 | Tantin lg 
Destilliertes Wasser 20 ccm 
Magendarmsaft 5 ccm 
ee Wasser 20 ccm 


Mit Toluol- und Thymolzusatz bleiben die Lösungen 3 Tage bei 
38° stehen. 
Umgewandeltes Inulin in 1 18°/, 
n n n 2 0°/ 0 
Reduzierender Zucker „ 3 0%, 


Versuch. 
Verdauungssaft von Helix 7 ccm 
1 | Tal lg 
Wasser 20 ccm 
Gekochter Saft von Helix 7 eem 
2 f Tantin Le 
Wasser 20 ccm 
Verdauungssaft von Helix 7 ccm 
3 en 20 ccm 


4 Tage bei 38°. Antiseptica: Thymol und Toluol. 
Gespaltenes Inulin in 1 2094, 
n n n 2 0% 
Reduzierender Zucker „ 3 0% 
Man sieht hieraus, daß die Inulinspaltung durch den Magen- 
darmsaft von Helix ziemlich langsam vonstatten geht. 
Bei der Hydrolyse des Inulins durch Oxalsäure!) oder 
durch die Inulase von Aspergillus niger entstehen bekanntlich 


1) Düll, Chem.-Zeitg. 19, 216, 1895. 


414 H. Bierry: Verdauung des Inulins. 


keine Zwischenprodukte. Von diesem Gesichtspunkt aus be- 
betrachtet, ist die Zerlegung des Inulins durch Helixsaft noch 
nicht studiert worden. Eine solche Untersuchung würde keine 
Schwierigkeiten bieten, da doch der Abbau nur in ganz all- 
mählichem Tempo erfolgt. 

Verschiedene Tiere sind nach unseren Ergebnissen fähig, 
das Inulin zu verdauen, doch kommen hierfür verschiedene 
physiologische Momente in Betracht. Bei den höheren Tieren 
geht der Abbau des Inulins im Magen, und zwar unter dem 
Einfluß der im Magensaft enthaltenen Salzsäure vor sich. Die 
Mollusken hingegen vermögen ein Ferment abzusondern, das 
die Hydrolyse des Inulins bis zum Stadium der Lävulose bewirkt. 


Saccharose spaltende Fermente. 
Von 
H. Bierry. 
(Aus dem physiologischen Institut der Sorbonne, Paris.) 
(Eingegangen am 10. Juni 1912.) 


Durch ihren Geschmack ist die Saccharose der „Zucker“ 
par excellence. Ihre Reinheit, ihre leichte Gewinnung und 
ihre Haltbarkeit auf unbegrenzte Zeit hin haben ihr den 
ersten Platz unter den zuckerartigen Stoffen gesichert. 

Die Saccharose wird nicht unmittelbar im Tierkörper 
assimiliert. Nach Einspritzung in den Blutstrom wird sie als- 
bald mit den Exkrementen ausgeschieden. Gelangt sie aber 
von dem Verdauungswege aus in den Körper, so beobachtet 
man ihre Retention im Organismus [Cl. Bernard!). Denn 
bei Tieren oder selbst niederen Organismen muß sie zum 
Zwecke der Verbrennung durch ein lösliches Ferment, das 
Invertin, in ihre beiden Komponenten, zwei Hexosen: 

Dr le er iia. 
gespalten (invertiert) werden. 

Und dieses Invertin ist gerade im Darmkanal der Tiere 
zugegen. | 

Hefe war der erste Fundort für eine im Wasser lösliche, 
die Saccharose invertierende Substanz (Döbereiner und Mit- 
scherlich). 

Im Jahre 1860 isolierte Berthelot?) mittels Alkoholfällung dieses 


Ferment, das von Donath (1875) Invertin genannt wurde. Auf Grund 
seiner Forschungen kam man zu der Auffassung, daß jede Hefe Invertin 


1) Cl. Bernard, Verdauung des Rohrzuckers. Revue scientifique 
H. 1062, 1873. 
2) Berthelot, Compt. rend. de l’Acad. d So. 50, 980. 


416 H. Bierry: 


enthielt, und daß dieses Invertin eine conditio sine qua non für jede 
Gärung von Rohrzucker wäre. 

Jedoch konnte Roux eine Hefe aufweisen, die Rohrzucker 
vergor, ohne daß im Hefepreßsaft die geringste Spur reduzieren- 
den Zuckers zu finden war. In dieser Beziehung ist auch Monilis 
candida anzuführen, dieihr Invertin nicht nach außen abgibt. In diesen 
Organismen vollzieht sich eben die Inversion im Protoplasma selbst 
und nicht außerhalb desselben. Beweis dafür ist, daB man nur die 
Zellen zu zerreiben braucht, um die in ihnen haftende Sucracse in Lösung 
zu bringen. 

Als Gegenstück hierzu kennen wir gewisse Hefesorten, die keine 
Sucrase /absondern und infolgedessen Saccharose nicht in Gärung 
versetzen können: Saccharomyces apiculatus Reess, S. octosporus Beye- 
rinck, S. membranoefaciens Hansen. 

Unter den Schimmelpilzen produzieren Invertin: Aspergillus niger, 
Penicillium glaucum, Penicillium Duclaux; bei anderen: Mucor mucedo, 
Circinelloides, Spinosus erectus fehlt es jedoch. 

Die Saccharose bildet einen sehr verbreiteten Reservenahrungsstoff 
in der Pflanzenwelt. Das an sie spezifisch angepaßte Ferment erscheint 
zur Blüte- und Befruchtungszeit, gerade also in dem Zeitpunkt, wo der 
Zucker abgebaut wird. Das Invertin ist so in den Knospen und Blättern 
(Hosmann), im Pollen (van Tieghem), in dem keimenden Gerstensamen 
(Kjeldahl), in den Blütenblättern von Robinia pseudacacia (B&champ) 
nachgewiesen worden. 

Die ersten Untersuchungen über die tierische Sucrase verdanken 
wir Cl. Bernard!), der zuerst auf die Invertierung des Rohrzuckers im 
Darm aufmerksam gemacht hat. Bei Einbringung einer Saccharose- 
lösung in eine isolierte Darmfistel bemerkte er nach einige Zeit dauernder 
Berührung, daß diese Lösung Reduktionsvermögen erworben hatte. Er 
zeigte gleichfalls, daß die Saccharose im Dickdarm nicht gespalten wurde. 

Brown und Heron?) stellen 1880 darüber zahlreiche Versuche 
an, die zu den Ergebnissen führen, daß die Darmmacerationssäfte Maltose 
und Saccharose angreifen und bestätigen mithin, was letzteres anbetrifft, 
die Befunde CL Bernard». 

Einige Jahre später wurden diese Untersuchungen von Bourquelot?) 
wieder aufgenommen, der jedoch insofern nach einer anderen Versuchs- 
anordnung verfährt, als er anstatt der unmittelbaren Berührung des 
Rohrzuckers mit der Darmschleimhaut eine vorhergehende Maceration 
des Darmes in Wasser eine gewisse Zeit lang vornimmt. Das Ganze 
wird auf ein Filter gebracht und das Filtrat der Zuckerlösung 
zugesetzt. Sogar unter diesen Bedingungen wird der Zucker noch 
invertiert. Aber hier in diesem Fall, wie auch in den schon erwähnten 
Versuchen, sind die Lösungen, da keine Antiseptica benutzt worden 


1) Cl. Bernard, Vorlesungen über Diabetes. S. 260. 
2) Brown und Heron, Ann. d Chem. u. Pharmakol. 204, 228, 1880. 
3) Bourquelot, Journ. anat. et physiol. 1886. 


Sacoharose spaltende Fermente. 417 


weren, von Bakterien infiziert worden, Bourquelot sät dann die 
Bakterienfauna des Darmes in Saccharose und Maltose enthaltende 
Nährbouillons aus und schließt aus der Gegenwart von nur unbedeutenden 
Mengen invertierten Zuckers, daß die Spaltung dieser Zuckerarten von 
löslichen, aus dem Darm produzierten Fermenten bewirkt werde. In 
der Tatsache, daß die Pankreasmacerationssäfte die Maltose, nicht aber 
die Saccharose spalten, sieht er einen Beweis dafür, daß Maltase und 
Invertin zwei verschiedene Fermente sind. 

Erst mit Berücksichtigung der später erschienenen Untersuchungen 
von Arthus und Hubert!) unterlassen Pautz und Vogel?) 
Lafayette B. Mendel, Fischer und Niebel es nicht mehr, den 
Digestionslösungen?) Antiseptica hinzuzufügen. Doch ist jetzt die Ver- 
suchsmethodik noch immer nicht einwandfrei. Die einen, z. B. Mendel, 
wenden eine mangelhafte Technik an, die anderen wie Fischer und 
Niebel beschränken sich auf den Gebrauch von Toluol allein, das als 
Antieepticum nicht ausreicht, wenn es sich um durch Kontakt mit 
Darmschleimhaut bereitete Verdauungsgemische handelt. Infolgedessen 
verlieren ihre Versuche wesentlich an Wert. Nach Fischer und Niebel 
wird Saccharose durch die wässerige Lösung der Darmschleimhaut des 
Pferdes oder des Huhnes invertiert, dagegen sind Kalbs- und Rinder- 
därme inaktiv. Ebenso verhalten sich Pankreas, Galle, Magen, Schild- 
drüse, die von den verschiedenen betreffenden Tieren stammen. 


Unsere Versuche beziehen sich auf Pankreas- und Darm- 
saft, Leber- und Darmmacerationen. 


1. Pankreassaft. Bei dem Fahnden nach Invertin im 
Pankreas haben alle oder so gut wie alle Versuchsansteller 
Macerationen der zerriebenen Drüse verwendet. Da unserer 
Meinung nach die negativen Befunde möglicherweise mit der 
Verwendung von Macerationssäften verknüpft sein konnten, 
haben wir bei unseren Versuchen mit Pankreassaft direkt 
operiert. 

Alle unsere Resultate sind ergebnislos ausgefallen: Pankreas - 
saft, mit oder ohne Kinase, bleibt ohne Wirkung. Auch Zu- 
satz von verschiedenen Elektrolyten hat nicht fördernd auf die 
invertierende Kraft des Saftes Saccharose gegenüber eingewirkt. 


2. Darmsaft. Vermag der Darmsaft Saccharose zu 
hydrolysieren? Diese Frage hat zu zahlreichen Versuchen 


1) Arthus und Hubert, Arch. physiol. norm. et pathol. (5) 4, 
651, 1892. 

2) W. Pautz und J. Vogel, Zeitschr. f. Biol. 22, 304, 1895. 

2) Die Untersuchungen von Lehmann 1853, Becker, Röbner 
1859, Leube 1892 sind auch aseptisch ausgeführt worden. 


418 H. Bierry: 


Anlaß gegeben, deren Resultate nicht miteinander überein- 


stimmen. 

Cl. Bernard legt bei Erörterung des Inversionsvermögens des 
Darmsaftes besonderes Gewicht darauf, daß der durch Maceration ge- 
wonnene Saft weniger schnell als Berührung mit der Darmschleimhaut 
selbst wirkt. Seiner Überzeugung zufolge wird das Ferment in der 
ganzen Ausdehnung des Dünndarmes abgesondert; es verschwindet im 
Dickdarm und scheint das Produkt der Lieberkühnschen Drüsen zu sein. 

Darauf stellt Demant!) fest, daß der beim Menschen aus einer 
Fistel erhaltene Darmsaft Fette und Eiweißkörper nicht verdaut, den 
Rohrzucker aber spaltet. Vella?) und Bastianelli’) gelangen zu 
analogen Resultaten. 

Im Widerspruch hierzu weist Röhmann 1887 auf einen ebenfalls 
durch Fistel gewonnenen menschlichen Darmsaft hin, der fast keine 
Wirkung auf Saccharose ausübt. Nach Tubby und Manning*) enthält 
der Darmsaft des Menschen keine Sucrase. Dagegen sind die mittels 
eines Schwammes entnommenen Darmschleimsubstanzen reich an Invertin. 
Diese Autoren arbeiten ohne Verwendung von Antisepticis. 

Lafayette B. Mendel’) verwendet zwar NaF und kommt zu 
dem Ergebnis, daß im Darmsaft (des Hundes) Invertin zugegen ist, 
jedoch muß an seiner Versuchstechnik Kritik geübt werden. 

Wir führen einen seiner Versuche an: 

A. 30 ccm 1°/,ige Saccharoselösung werden bei 30° mit NaF (1°/,) 
und 5 ccm Darmsaft vermischt. 

B. 30 ccm derselben Saccharoselösung setzt man bei 30° mit NaF 
und 5 ccm gekochten Saftes an. Nach 3 Stunden ergibt A eine Reduktion 
mit der Trommerschen Probe. Nach 41/, Stunden erfolgt zu A und B 
bei 100° ein Zusatz von Phenylhydrazin. 30 Minuten später findet sich 
Phenylglucosazon in A; in B kein Krystall nach 2stündigem Kochen®). 


1) Demant, Arch. f. Pathol. u. Anat. 1879, 419. 

2) Vella und Molleschot, Untersuchungen, Naturlehre 18, 
62, 1888. 

3) Bastianelli und Molleschot, Untersuchungen, ebenda 14, 
152, 1892. 

4) Tubby und Manning, Guy’s Hospital Rep. 48, 271, 1892. 

6) Lafayette B. Mendel, Arch. f. d. ges. Physiol. 30. Mai 1896. 

6) Wir haben 1 Stunde lang folgendes Gemisch bei 100° im Wasserbad 
gekocht: 1 g Saccharose, 0,15 g reine Glucose und 0,15 g Lävulose mit 2 ccm 
Phenylhydrazin und 50 ccm destilliertem Wasser. Unter diesen Be- 
dingungen haben wir keine Glucosazonkrystalle erhalten. Jedoch reduziert 
eine genügend konzentrierte Lävuloselösung die Fehlingsche Lösung 
bei 15 oder 20° nach 5 Minuten langer Berührung. Sie kann ebenfalls 
mit Phenylhydrazinacetat bei gewöhnlicher Temperatur Gluocosazon 
bilden. Siehe Bierry, Henri und Ranc, Compt. rend. Soc. Biol. 
27. Mai 1911. | 


Saccharose spaltende Fermente. 419 


Der Hundedarmsaft ist der Gegenstand neuer Untersuchungen von 
Röhmann!) geworden. Er berichtet, daß dieser am mittleren Abschnitt des 
Dünndarmes aufgefangene Saft nur sehr schwaches Inversionsvermögen 
besitzt, und daß derjenige aus der unteren Partie gänzlich indifferent ist. 

Nagano?) beschreibt einen Fall von menschlichem, auf dem Fistel- 
wege gewonnenen Darmsaft, der Saccharose hydrolysiert. In Gemein- 
schaft mit Röhmann?) bearbeitet er das Problem von neuem zur 
weiteren Aufklärung und benutzt dazu Hundedarmsaft, der durch 
eine Jejunumfistel erhalten war. 

Als Beleg sei einer ihrer Versuche des näheren angegeben: 3 ccm 
in 1 Stunde abgesonderten Darmsaftes werden mit 30 ccm 2°/,iger Sac- 
charoselösung und 1 ccm Toluol versetzt, 1 Stunde lang bei 40° belassen. 

Die Eiweißstoffe koaguliert man mit Eisenacetat, engt das Volumen des 
Filtrats auf 100 ccm ein. Es waren 0,056 g Invertzucker gebildet worden. 
Gestützt auf diese experimentellen Befunde schließen die Autoren, daß 
der spontan im Jejunum sezernierte Darmsaft nur wenig Invertin enthält. 

Zum Schluß möchten wir die Versuche von Hamburger und 
Hekmat), einen menschlichen Darmsaft betreffend, erwähnen, der Rohr- 
zucker zu spalten schien. 

Bei Übersicht dieser Resultate erkennt man, wie weit die 
Meinungen der Autoren über das Vorhandensein von Invertin 
im Darmsaft auseinander gehen. 

Unter Mitwirkung von C. Frouin?) hatten wir unsererseits 
‚diese Untersuchungen mit Darmsaft wieder aufgenommen, der 
durch Dauerfistel beim Hunde gewonnen war. Wir haben 
unter Bedingungen, die wir auseinandergesetzt haben, feststellen 
können, daß man bald aktiven, bald inaktiven Saft in bezug auf 
Saccharose erhält. Der klare Saft, den wir „physiologischen 
Saft“ nennen, enthielt ebensowenig Invertin wie Lactase und 
Trehalase, beides in den Zellen der Darmschleimhaut vorhandene 
Fermente. 


Versuch. 


Durchsichtiger, fast zellfreier Saft, in einem auf Eis aufbewahrten 
Gefäß aufgefangen, wird sofort zentrifugiert und durch eine Berkefeld- 
kerze filtriert. Derselbe Versuch ist vergleichshalber mit Maltose aus- 
geführt worden. l 


21) Röhmann, Arch. f. d. ges. Physiol. 63, 1896. 

2) Nagano, Mitteil. a. d. Grenzgebieten d. Med. u. Chir. 1902, 293. 

3) Röhmann und Nagano, Arch. f. d. ges. Physiol. 1908, 553. 

4) Hamburger und Hek ma, Journ. Physiol. et Pathol. 6, 40, 1904. 

6) Bierry und A. Frouin, Compt. rend. de l’Acad. d. Sc. 142, 
1565, 1906. Ausführliches hierüber findet man in: Bierry, Mono- 
graphie, Paris. | 


420 H. Bierry: 


1 a 3 ccm 
Saccharoselösung 214 Bi 40 „ 
2 —— Darmsaft 3 „ 
Saocharoselösung (Le Dia 40 „ 
3 — 3 „ 
Maltoselösung ia Die 40 „ 
4 Darmsaft 3 p 
Maltoselösung Za Di 40 „ 


Die Versuche werden streng aseptisch ausgeführt. Die Flaschen 
stehen 24 Stunden lang im Brutschrank. 

Bei der Maltose konstatiert man eine Hydrolyse von 2891. Die 
Saccharose ist unverändert geblieben; in 1 finden sich kaum Spuren 
von reduzierendem Zucker. 

In anderen Versuchen ist der klare Saft wie vorher ge- 
wonnen, dann schnell zentrifugiert und in Berührung mit 
Saccharose bei Gegenwart von Antisepticis (NaF, Toluol und 
Thymol) gebracht worden. Nach 30 stündigem Kontakt bei 
38° haben wir in den Digestionsflüssigkeiten nur Spuren Invert- 
zucker nachweisen können. 

Der trübe Saft, wie auch die zentrifugierten, dann durch 
Berkefeldkerze filtrierten Zellmacerationen haben sich als stark 
aktiv auf Saccharose erwiesen. 


Versuch. 
Es wird gefärbter, trüber Darmsaft angesetzt, der abgestoßene 
Zellen enthält und durch mechanische Reizung gewonnen worden ist. 
Man zentrifugiert und filtriert ihn durch Berkefeldfilter. 


Darmsaft 3 com 
1 | Seren destilliertes Wasser 30 „ 
Saccharose 0,50 g 
Gekochter Saft 3 ccm 
2 | Dostitiortes Wasser 30 „ 
Saccharose 0,50 g 


Temperatur: 38°. 


Nach 1 Stunde ist die Reduktion in 1 sebr deutlich. 

Nach 2 Stunden werden 20 ccm aus 1 und 2 mit Quecksilbernitrat 
behandelt und mit Soda neutralisiert. Die Entfernung des Hg-Überschusses 
geschieht mittels Zinkstaub 1). 


Gespaltene Saccharose in 1 = 209, 
n n » 2 — 0% 0° 


1) Wenn man die gebildete Glucose und Lävulose charakterisieren 
wollte, so würde die modifizierte Hydrazinmethode (Bierry, Henri 
und Ranc, Compt. rend. Soc. Biol. 1. c.) in Betracht kommen. Zu diesem 


Saccharose spaltende Fermente. 421 


Dialyse der Darmsucrase. Der trübe, das Invertin ent- 
haltende Darmsaft wurde zentrifugiert, durch Berkefeldkerzen 
filtriert, dann aseptisch im Eisschrank in Kollodiumsäckchen 
gegen destilliertes Wasser dialysiert. Bei der Dialyse gegen physio- 
logische Kochsalzlösung bewahrt dieser Saft seine Inversions- 
kraft, gegen destilliertes Wasser büßt er jede Einwirkung auf 
Saccharose ein, erlangt jedoch seine Aktivität bei NaCl-Zusatz 
wieder. 

Versuch. 

Trüber, durch mechanische Reizung gewonnener Saft wird zentri- 

fugiert, durch eine Berkefeldkerze filtriert und aseptisch gegen destilliertes 


Wasser dialysiert. Der dialysierte Saft wird zwecks Vergleichs mit 
Maltose und Saocharose angesetzt. 


1 —— Saccharoselösung 40 com 


Darmsaft 25 „ 
20/,ige Saocharoselösung 40 „ 
2 ta 2,5 „ 
NaCl 0,10 g 
3 Een Maltose 40 ccm 
Darmsaft 25 „ 


Die Digestion bei 38° dauert 30 Stunden, danach findet man: 
Gespaltene Saocharose in 1 0°), 
n n n 2 50 vi 0 
„ Malte „ 3 60%,. 
Dieser Versuch zeigt, daß es viel leichter ist, einen 
Saccharose als Maltose gegenüber unwirksamen Darmsaft zu 
erhalten. 


Unter den verschiedenen, bei äquimolekularer Dosis aus- 
probierten Chloriden ist NaCl das wirksamste. 


Versuch. 
Trüber Darmsaft, der wie oben behandelt und gegen destilliertes 
Wasser dialysiert wird. Die verwendete Saocharoselösung ist 2°/,ig. 
1 Dialysierter Darmsaft 3 com 
Saccharoselösung 25 


Dialysierter Saft 3 „ 
2 E 25 „ 
NaCl 0,20 g 


Behufe verdampft man die Flüssigkeit im Vakuum unter 50°, nimmt den 
Rückstand durch stark kochenden Alkohol auf; das bei der Alkohol- 
destillation hinterbleibende Residuum wird der Wirkung von Phenyl- 


hydrazin in zugeschmolzenem Rohr unterworfen. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 23 


422 H. Bierry: 


Dialysierter Saft 8 ccm 
3 | Zack Lösung 25 „ 
KO 0,20 g 
Dialysierter Saft 3 ccm 
4 E 25 „ 
CaCl; 0,37 g 
Dialysierter Saft 3 ocm 
5 ES 25 „ 
NH,-Oxalat 0,25 g 


Die Versuche werden wieder unter Zusatz von Antisepticis an- 
gesetzt. Nach 24stündigem Stehen im Brutschrank bestimmt man den 
invertierten Zucker. 


Gespaltene Saccharose in 1 0°, 

2 609%, 

3 55%, 

4 30°, 

5 0%. 
Neutralisierter oder leicht angesäuerter physio- 

logischer Saft. Es lag die Frage nahe, ob die Invertase nicht 

wenigstens in kleinen Mengen im „physiologischen Saft“ vor- 

handen wäre und ob nicht das alkalische Milieu, in dem sie 

wirkte, ihre Aktivitätsäußerung ungünstig beeinflußte. Um über 

diesen Punkt Gewißheit zu erlangen, haben wir einen Teil des 

klaren Darmsaftes neutralisiert und den anderen mit Spuren 

Essigsäure angesäuert. Darauf sind beide Lösungen, die neutrale 


3 3 J 3 
33 3 3 
3 3 3 3 


und die leicht saure, mit Saccharose in Berührung gebracht 
worden. 
Physiologischer Saft 8 com 
fa ige Saccharoselösung 25 ,„ 
o ei (neutralisiert) 8 „ 
Saocharoselösung 25 „ 
g bes Saft (leicht angesäuert) 3 „ 
Saccharoselösung 25 „ 
4 — Saft 3 ,„ 
20/ ige Maltoselösung 25 „ 


Die Gemische bleiben bei 38° 80 Stunden stehen. 
Hydrolysierte Saccharose in 1 0°), 


n n n 2 0 7 0 
n n n 3 0 wi 0 
= Maltose n 4 35°/, Glucosazon. 


Enthalten Pankreas und Leber eine endocelluläre 
Sucrase? Stoklasa und Simacek haben für das Invertin die- 


Saccharose spaltende Fermente. 423 


selbe Behauptung wie für die Lactase aufgestellt, nämlich: das 
Invertin existiert im Pankreas und in der Leber, aber als intra- 
celluläres Ferment; es wird erst in Freiheit gesetzt, wenn man 
das Leber- resp. Pankreasgewebe langsam und in wachsender 
Stärke mit der hydraulischen Presse bearbeitet. 


Für diese Untersuchung haben wir die von P. Portier 
dargestellten Leber- und Pankreasniederschläge benutzt und 
dabei die Vorschriften der tschechischen Autoren wie die uns 
freundlichst angegebenen des letztgenannten Forschers strikt 
beobachtet. Alle unsere Resultate waren negativ; das Pankreas 
und die Leber enthalten kein endocelluläres Invertin. 


Darmmacerationssäfte. Nach einigen Autoren ist das 
physiologische, d. h. normal abgesonderte Invertin ein sehr 
wenig verbreitetes Ferment und im Vergleich mit den anderen 
Verdauungsfermenten ein ganz seltenes. Speziell Duclaux’), 
dem die über dieses Problem verfaßten Arbeiten nicht über- 
zeugende Endresultate zu liefern schienen, wirft die Frage auf: 
Ist nicht das aktivierende Agens für die Verdauung von Sac- 
charose im Darm, der immer von Sucrase liefernden Bakterien 
bevölkert ist, die Menge der letzteren allein mit ihren Fermenten 
oder mit den Enzymen, welche sie an die Leucocyten resp. die 
Schleimhaut des Verdauungskanals abgeben? 


Um diese Einwände zu entkräften, muß erst gezeigt werden, 
daß Sucrase in der Darmschleimhaut erwachsener Tiere wohl 
enthalten ist, ferner daß dieses Enzym nicht bakteriellen Ur- 
sprungs sein kann, da es sich auch im sterilen Darminhalt des 
Foetus findet. 


Was den ersten Punkt anbetrifft, haben wir die Möglich- 
keit der Mikrobenbeteiligung an der Hydrolyse absolut aus- 
geschaltet. Die fein zerkleinerten Darmschleimhäute wurden in 
einer 2°/ igen NaF-Lösung im Eisschrank maceriert. Nach 
24 Stunden wurde das Gemisch filtriert, das Filtrat mit Saccharose- 
zusatz in den Brutschrank bei 38° gestellt. 

In anderen Versuchen ließ man die zerhackten Darm- 
schleimhäute bei Gegenwart von Thymol und Toluol im Brut- 
schrank 12 Stunden digerieren. Dann wurden die Macerations- 


1) Duclaux, Traité microbiologie 2, 501. 
28* 


424 H. Bierry: 


breie durch eine Berkefeldkerze abfiltriert und mit steriler Sac- 
charoselösung beschickt. Ä 

Die Spaltung der Saccharose verläuft unter diesen Be- 
dingungen so rapide, daß es unmöglich ist, außer der Ferment- 
wirkung noch ein anderes Moment bei den Versuchen an- 
zunehmen. Bei Erhitzung bis 60° werden die Lösungen 
inaktiv. 


Versuch. 
Darmmacoerationssaft (Hund) 100 ccm 
er ige Saocharoselösung 50 „ 
Gekochter Macerationsinfus 100 „ 
ge Saccharoselösung 50 y 


2,Stunden bei 88%. Verwendung von Antiseptica?®). 
Gespaltene Saccharose in 1 30°/, 


n n n 2 0°/ 0° 
Versuch. 
__(2°/oige Maoerationslösung mit Fluorzusatz 
1 | (Kaninchendärme) 100 ocm 
Saocharose 0,50 g 
Gekochte Maoerationslösung 100 oom 
Lanz? erc 0,50 g 


m, 


— Man} läßt 35 Minuten,bei 40° stehen. 
Gespaltene Sacoharose in 1 6°/, 
NE u nein n n 2 0%. 

Der erste Punktischeint hiermit endgültig erledigt: Invertase 
ist ein Darmferment des Kaninchens und des Hundes, was 
auch schon aus unseren Versuchen über den Darmsaft hervor- 
ging. Nun zum zweiten Punkt: Findet sich Sucrase beim Embryo? 
Schon seit dem Jahre 1900 hatten wir die Absicht, Darm- 
macerationen von Föten in den Kreis der Untersuchungen zu 
ziehen. Anfangs gelang es uns nicht, Invertase in den embryo- 
nalen Darmmacerationslösungen nachzuweisen. Dann aber bei 
Verwendung von Darmmacerationen von fast geburtsreifen 
Föten konnten wir leicht Saccharosespaltung erzielen. Sie 





1) Bekanntlich bietet der Nachweis von Zuckerarten in den Darm- 
oder Pankreasdigestionen Schwierigkeiten. Nach Verwendung von Queck- 
silbernitrat gestaltet er sich äußerst leicht. Die mit diesem Reagens 
behandelten Flüssigkeiten werden mit Soda neutralisiert, der Überschuß 
an Hg mit H,S entfernt. Man entledigt sich des H,S mit Kupfersulfat. 
Die so geklärten Lösungen können polarimetrisch geprüft werden. 


Saccharose spaltende Fermente. 425 


muß in alkalischer oder schwach saurer Umgebung vor sich 
gehen. 

Die Invertase ist also mit demselben Recht wie die Lactase, 
Maltase, Amylase ein physiologisches Enzym. Wir haben 
gesehen, daß sie weder im Pankreas, noch in der Leber, noch 
im Darmsaft zu finden, aber in den Darmschleimhautzellen 
lokalisiert ist. Dieses Ferment passiert die Berkefeldkerze, 
verliert, gegen destilliertes Wasser dialysiert, jede Wirkung 
auf Saccharose Zusatz eines Alkali- oder Erdalkalichlorids 
regeneriert ihre abgeklungene Wirksamkeit. Die Gegenwart 
eines elektronegativen Ions scheint für ihre Wirkung Grund- 
bedingung zu sein. 


Über Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 


Von 


H. Bierry, Paris. 
(Aus dem physiologischen Laboratorium der Sorbonne, Paris.) 
(Eingegangen am 10. Juni 1912.) 


Auf Grund der Arbeiten von Cl Bernard?), A. Dastre?), 
Dastre und Bourquelot?) wissen wir jetzt, daß die zerleg- 
baren Zuckerarten nicht unmittelbar assimiliert werden. In die 
Blutbahn eingeführt, scheidet sie der Organismus, im Gegen- 
satz zu den Monosen, wie Fremdkörper aus. Um Tieren als 
Nahrung zu dienen, müssen sie erst vorher umgewandelt 
werden; das gilt ebenso für ihre Ausnutzung durch Mikro- 
organismen*®), wie durch Pflanzen. Die Überführung in Monosen 
ist Grundbedingung für ihre Verwendung als Nährstoffe. 

Diese Umformung vollzieht sich unter dem Einfluß der 
vegetativen Vorgänge in den Pflanzen oder der Verdauung im 
Darmkanal der Tiere. Sie besteht in einer Reihe von Wasser- 
aufnahmen, die, wie A. Dastre sich ausdrückt, „in aufeinander 
folgenden Etappen allmählich, stufenweise vor sich gehen“. 
Die Verdauung eines Polysaccharids läßt sich nach unserer 
Auffassung folgendermaßen definieren: Spaltung durch eine 


1) Cl. Bernard, Vorlesungen über experim. Physiol. 1, 303, 1854. 

2) A. Dastre, Über Lactose. (Ergänzung zum 2. Bd. der Arbeit 
von CL Bernard: „Über die den Tieren und Pflanzen gemeinsamen 
Lebenserscheinungen“, S. 543, 1898.) — Studien über die physiologische 
Bedeutung des Milchzuckers. Denkschriften der Akad. d. Wiss. 1882 und 
1. April 1883. — Bull. de la Soc. philomatique 4, 130. — Arch. de 
Physiol. 22, 103, 1890. 

3) A. Dastre und E. Bourquelot, Über die Assimilation der 
Maltose. Compt. rend. de PAcad. d. Sc. 30. Juni 1884. 

) E. Bourquelot, Untersuchungen über die physiologischen Eigen- 
schaften der Maltose. Journ. anat. et physiol. 1886. 


H. Bierry: Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 427 


Reihe von Hydrolysen in die Monosen, aus denen es besteht. 
Diese abgestuften Hydrolysen werden bei lebenden Wesen 
immer durch lösliche Fermente bewirkt. Ebensogut kommen 
sie in vitro zustande, entweder durch dieselben, aus dem Orga- 
nismus extrahierten löslichen Enzyme, oder durch mineralische 
Agenzien. 


Mechanismus der durch Fermente oder Säuren bewirkten 
Hydrolyse. 

Der Mechanismus ist in beiden Fällen im großen und ganzen der- 
selbe, da er auf eine Serie von Hydrolysen hinausläuft. Aber der 
Spaltungsmodus ist, ob durch Säuren oder durch Fermente bedingt, 
nicht notwendigerweise identisch, wie wir es bei der Besprechung von 
Lactosazon, Amygdalin, Raffinose usw. sehen werden. Jedenfalls erfolgen 
die Fermentspaltungen auf ganz bestimmte Art und Weise. Der mole- 
kulare Zerfall erfordert nämlich so viele Fermente minus 1, als das 
Polysaccharid Hexosenmoleküle enthält!). 

Analysieren wir z. B. die reguläre und vollständige Hydrolyse der 
Raffinose, einer Triose, die aus der Verbindung je eines Moleküls Lävu- 
lose, Dextrose und Galactose entsteht. 

Der Vorgang spielt sich in zwei Phasen ab: 

1. Spaltung der Raffinose in Lävulose und Melibiose durch ein 


erstes Ferment: 
Gebai + H40 = Dale Gei 
Rafanoso Lävulose Melibiose 

2. Spaltung der Melibiose durch ein zweites, vom ersten verschie- 
denes Ferment in Dextrose und Galactose: 

C12H3201: + H30 = C, H3206 F LTA 
Meliblose d-Glucose d-Galactose 

Die drei Hexosenmoleküle sind nun schließlich in Freiheit gesetzt. 
Dazu waren zwei Hydrolysen und 3— 1 = 2 Fermente nötig. 

So gestaltet sich der Prozeß der Hydrolyse, wenn sie durch Fer- 
mente pflanzlichen Ursprungs und der etwas weniger gewaltsamen Um- 
formung durch Säuren, erst Einwirkung einer schwachen, dann einer 
starken Säure, hervorgerufen wird. Wir haben früher dargetan, daß es 
ebenso bei der tierischen Verdauung zugeht?). 

In jüngster Zeit hat C. Neuberg?) eine neue Art der Hydrolyse 
von Raffinose bewerkstelligt, die durch ein im Emulsin enthaltenes 
Ferment zustande kommt. Statt von der Triose das Lävulosemolekül 


2) E. Bourquelot, Compt. rend. Soc. Biol. 21. März 1903. 

2) H. Bierry, Compt. rend. de l’Acad. d So. März 1911. 

3) C. Neuberg, Die Spaltung der Raffinose in Rohrzucker und in 
Galactose. Zeitschr. d. Ver. d. deutsch. Zuokerindustrie S. 440, 453, 


456, 1907. 


428 H. Bierry: 


abzuspalten, kuppelt dieses Ferment das Galactosemolekül los und läßt 
die Saccharose intakt, die aus dem Zusammentritt des Dextrose- und 
Lävulosemoleküls entsteht. Die Saccharose kann dann ihrerseits durch 
die Sucrase invertiert werden. 


Erste Phase: 
ITA + H,O — Celia + CH20,ı 
Bafßnose Galactose Saccharose 


Zweite Phase: 

Cı2ĦH23011 + H,O = Cs H1206 + CH 20% 
Saccharose Dextrose Lävulose 

Es ist möglich, daß es noch ein tierisches oder pflanzliches Ferment 
gibt, das von der Raffinose das Dextrosemolekül abzulösen vermag, so 
daß eine Biose aus einem Galactose- und einem Lävulosemolekül gebildet 
wird. Diese Vermutung hat nichts Unwahrscheinliches für sich, wenn 
man die von Neuberg gefundene Tatsache mit der Existenz zweier 
Emulsine zusammenhält. Das Emulsin aus der Mandel (Manson Auld, 
H. E. Armstrong, E. F. Armstrong und E. Horton) und das 
Emulsin von Helix wirken ganz verschiedenartig auf das Amygdalin ein. 
Das Mandelemulsin trennt erst ein einziges Glucosemolekül los und setzt 
dabei Amygdonitrilglucosid in Freiheit. In der zweiten Etappe wird 
das letztere seinerseits in Glucose, Blausäure und Benzaldehyd umge- 
wandelt. In der durch Helixemulsin auch in zwei Zeitabschnitten er- 
folgenden Amygdalinhydrolyse beobachtet man, daß erst Blausäure, 
Benzaldehyd und eine Biose frei werden und dann Spaltung dieser Biose 
in zwei Glucosemoleküle einsetzt!). Doch hier handelt es sich um einen 
speziellen Körper, ein Glucosid. 

Die vollständige Hydrolyse einer jeden Polyose erfordert also die- 
selbe Zahl an Fermenten minus 1, als die Polyose Monosen enthält. 
Doch kann diese Hydrolyse auf verschiedene Weisen, je nach dem 
Angriffspunkt des Fermentes, verwirklicht werden. Wenn N die Zahl 
der verschiedenen, eine Polyose bildenden Monosen ist, so gibt es im 
allgemeinen für diese Polyose N mögliche Hydrolysenarten, die n’ ver- 
schiedene Fermente dabei benötigen. Fassen wir z. B. die Raffinose ins 
Auge: eine erste vollständige Verdauung wird durch die aufeinander 
folgende Einwirkung des Invertins mit der Melibiase erzielt werden. Eine 
zweite, ebenfalls bis zum Abschluß geführte Zerlegung kann der sukzessive 
Angriff des Emulsins (Neuberg) und der Sucrase herbeiführen; d. h. es 
gibt im ganzen zwei Arten vollständigen Abbaus, bei denen 4 verschiedene 
Fermente in Aktion treten. Wenn man ein neues Ferment findet, das 
diesmal die Glucose lostrennt und die Biose (Galactose +4 Lävulose) nicht 
angreift, so kommt ein dritter Modus mit zwei anderen verschiedenen 
Fermenten als Aktivatoren hinzu. Die Zahl der möglichen Hydrolysen 
ist hier 3; sie setzen dabei 6 differenzierte Fermente in Tätigkeit. 

Dieselbe Hypothese läßt sich für die Rhamninose aufstellen, die 
gegen Aspergillus niger und die Hefepilze resistent, vom Verdauungssaft 


1) J. Giaje, Compt. rend. de l’Acad. d Sc. 21. März 1910. 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 429 


der Wirbellosen, wie wir gezeigt!), jedoch angegriffen wird. Da die 
Rhamninose eine aus der Verknüpfung eines Rhamnosemoleküls mit 
zwei Molekülen Galactose?) resultierende Triose ist, können wir in diesem 
Fall nur 2 Arten vollständigen Abbaues, der durch 4 Fermente bewirkt 
wird, erwarten: N —=2, n’ = 4. 

Aus dem Umstand, daß die Einwirkungen der 2 oder 8 zur Ver- 
dauung eines Polysaccharids nötigen Fermente in bestimmter Ordnung 
sich abspielen, folgt nicht unbedingt, daß die Wirkung des ersten Fer- 
ments völlig abgeschlossen sein muß, damit das zweite als Aktivator 
einsetzt. Man kann fermentative Vorgänge beobachten, die nebeneinander 
verlaufen. Bei verschiedenen Polyosen werden wir jedoch unter ge- 
wissen Bedingungen eine Verdauung wahrnehmen, bei der anscheinend 
der langsamere Angriff eines zweiten Fermentes einer vollständigen und 
viel schnelleren Spaltung eines ersten folgt. 

Um kurz zusammenzufassen: der Abbau eines aus n Monosen be- 
stehenden Polysaccharids A vollzieht sich folgendermaßen: erst wird durch 
ein Ferment eine Monose und andererseits ein restierender Komplex von 
n — 1 Monosen (neuer Zucker B) frei; hierauf setzt die Wirkung eines 
zweiten Fermentes ein; es erfolgt Loslösung einer Monose auf Kosten 
von B und eines »—?2 Monosen enthaltenden Zuckers C usw. Auf 
diese Weise wird das ursprüngliche Molekül sozusagen zerpflückt, bis 
alle » Monosen frei sind. 

Aus dem angeführten Beispiel des Amygdalins und der Raffinose 
läßt sich die Existenz von Fermenten voraussehen, die mittels verschie- 
dener Arten von Hydrolysen von einem Polysaccharid Zuckerkomplexe ab- 
zuspalten vermögen, die zwar aus derselben Zahl Monosen aufgebaut sind, 
aber in bezug auf die Natur dieser Monosen (2, 3 usw.) differieren. Hierdurch 
ist uns eine Methode zur Isolierung neuer Triosen oder Biosen gegeben 3). 


1) H. Bierry, Monographie, S. 187, Paris. 

23) Ch. und G. Tanret, Bull. soc. chim. 21, 1065, Dezember 1899. 

3) Jedoch bildet eine komplexe Substanz, die Stärke, eine Ausnahme 
von dieser Regel, da ihre Zerfallsprodukte durch die Amylase (z. B. Malz) 
niemals Monosen aufweisen. Daraus folgt, daB es neben diesen Enzymen, 
die ein zusammengesetztes Molekül in einzelne Monosen zerlegen, andere 
gibt, die im ersten Anlauf gleich Biosen aus diesem selben Komplexe 
abspalten. 

Auch für die der Stärke verwandten Körper, wie für das Inulin, 
die Mannane, Galactane usw. kann dieselbe Frage in Betracht kommen. 
Die Spaltung dieser Substanzen scheint jedoch nach der ersten Art vor 
sich zu gehen, da man bisher in den Hydrolyseprodukten keine anderen 
Zuckerarten als Monosen nachweisen konnte. 

Soweit wir Kenntnisse über diese Erscheinungen besitzen, spaltet 
die Amylase das komplexe Molekül der Stärke, der Amylose und des 
Amylopectins auf besondere Art und Weise, da sie eine Biose lostrennt. 
Der Zucker, von dem die Maltose ein Derivat ist, muß infolgedessen 
mindestens eine Hexotetrose sein. 


430 H. Bierry: 


Die Verdauung eines hydrolysierbaren Zuckers ist also 
mit der Ab- oder Anwesenheit von löslichen, seinen Abbau 
leitenden Fermenten im tierischen Organismus eng verknüpft. 
Es gibt zwei Erkennungsmethoden, ob ein Polysaccharid ver- 
daut und folglich ausgenutzt werden kann: eine quantitative, 
die große Mengen reinen Zuckers erfordert, besteht darin, das 
zu prüfende Kohlenhydrat dem Tiere zu verfüttern; die quali- 
tative beschränkt sich auf den Nachweis spezifisch eingestellter 
Fermente im Verdauungskanal des Tieres. Zur Aufstellung von 
Bilanzen ist das erste Verfahren unerläßlich. Findet man aber 
erst bei einem Tier lösliche Enzyme, die den vollständigen 
Abbau eines gegebenen, aus assimilierbaren Monosen aufgebauten 
Polysaccharids vollziehen können, so kann man a priori (diese 
Regel ist, soweit wir wissen, ausnahmslos) behaupten, daß dieses 
Polysaccharid zum Teil, vielleicht gänzlich von dem diese Fer- 
mente sezernierten Tier verwertet werden wird. Die erste 
Methode dient dann nur dazu, die Aufnahmefähigkeit dieses 
Tieres für das verfütterte Material festzustellen. Und umge- 
kehrt wird man, wenn das angepaßte Ferment bei normalem 
oder pathologischem Zustande im Organismus fehlt, wie das bei 
Milchzucker der Fall ist, die bei Diarrhöe zugleich mit den 
abgestoßenen Darmepithelzellen in gewissen Gastroenteritisfällen 
bei Säuglingen mit fortgerissen wird, den Zucker oder einen 
bestimmten Teil davon im Urin auftreten sehen (Lactosurie): 
die als solche absorbierte und nicht gespaltene (verdaute) Lac- 
tose z. B. wird nicht ausgenutzt. Eine Ausnahme hiervon bilden 
natürlich solche Körper wie das Inulin, die durch die Salzsäure 
des Magensaftes angegriffen werden. (S. S. 411.) 

Es leuchtet demnach ein, daß die Frage, ob ein Polysaccharid 
verdaut wird, nichts mit seiner Ausnutzung zu tun hat, denn 
diese erfolgt, je nachdem seine Komponenten im einzelnen vom 
Organismus assimiliert werden oder nicht. 

Wenn ein Polysaccharid nicht als Nährstoff dienen kann, 
und selbst wenn es nach der Hydrolyse als Gift wirkt, wie das 
Amygdalin, so kann es dessenungeachtet abgebaut werden. 
Ob ein Polysaccharid zur Verwendung gelangt oder nicht, kann 
man aus der Natur seiner Bauelemente, der Monosen, voraus- 
sagen. Nach der Definition von Arthus können folgende 
Monosen als Nahrung dienen: 1. die aufgenommen und ab- 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 431 


sorbiert, die abgenutzten Gewebe wieder ersetzen oder Wärme 
resp. Arbeit produzieren; 2. die gegenseitig einander, teilweise 
wenigstens, in der Nahrung vertreten; 3. diejenigen schließlich, 
die in gewissen Geweben Reservevorräte an Glykogen speichern, 
und zwar ohne eine akute Störung, ohne sofortige oder später 
sich einstellende chronische Anomalie hervorzurufen. Alle diese 
Zucker (Mannose, Galactose usw.) produzieren, wie bekannt, 
dieselbe Art Glykogen, das bei der Spaltung d-Glucose liefert. 

Die Gentianose, die Raffinose und die Stachyose sind Poly- 
osen mit einem gemeinsamen Charakteristikum und können als 
Fructoside der Gentiobiose, Melibiose und Manninotriose ange- 
sehen werden: alle sind rechtsdrehend und ergeben bei dem 
ersten Hydrolysestadium d-Fructose. Es schien uns von Inter- 
esse, die Einwirkungen von Verdauungsfermenten diesen kom- 
plexen Zuckerarten gegenüber näher zu studieren. 

Die erste Abhandlung betrifft die Verdauung der Raffinose und 
der Gentianose. Der Abbau der Stachyose ist Gegenstand einer 
folgenden, hieran sich anschließenden Arbeit. 


Raffinose und Melibiose. 
Raffinose CisH32016 + 5 Ba), 


Berthelot?) hat im Jahre 1856 einen Zucker unter dem Namen 
Melitose beschrieben, den er als ein Isomeres der Lactose ansah. Zum 
ersten Male hat Johnston 1843 dieses Saccharid aus dem Manna des 
australischen Eucalyptus extrahiert. Zwanzig Jahre später isolierte 
Loiseau?) aus Zuckermelassen ein Kohlenhydrat, das er Raffinose 
nannte. Andererseits gelang es Ritthausen, Böhm aus Baumwoll- 
samenkuchen einen Zucker, den sie Gossypose nannten, zu gewinnen. 

Späterhin identifizierten Rischbieth und Tollens sowie Scheib- 
ler die Melitose und Gossypose mit der Raffinose Loiseaus. 

Die Raffinose scheint in der Natur ziemlich weit verbreitet zu sein; 
sie findet sich in der Zuckerrübe neben Rohrzucker (von Lippmann), in 
den Getreidekeimen (Schulze und Frankfurth), in Gerste und einigen 
Coniferensamen. Nach Scheibler kommt sie in zahlreichen Pflanzen 
vor; Hörissey und Lefèbvre haben sie in den Nebenzweigen von 
Taxus baccata, Bourquelot und Bridel in den Samenkörnern ge- 
wisser exotischer Pflanzen, zu den Familien der Papillionaceen und 
Mimosen gehörend, entdeckt. Schließlich hat man sie in den Samen der 
Baumwollpflanze und der Soja hispida Moench nachgewiesen. 


1) Berthelot, Compt. rend. de l’Acad. de Sc. 41, 392, 1856. 
2) Loiseau, Compt. rend. de l’Acad. de So. 82, 1058, 1876. 


432 H. Bierry: 


Die Raffinose ist eine Triose; ihre Konstitution ist durch das 
Studium ihrer Hydrolyseprodukte ermittelt und kryoskopisch bestätigt 
worden (Loiseau, Tollens und Mayer, Scheibler und Mittel- 
meier). 

Durch Kochen und Behandlung mit verdünnten Mineralsäuren wird 
die Raffinose vollständig aufgespalten und zerfällt in je 1 Molekül Glu- 
cose, Lävulose und Galactose. Unter dem Einfluß von Säuren oder 
geeigneten löslichen Fermenten vollzieht sich diese Hydrolyse in zwei 
aufeinander folgenden Perioden (siehe vorher). 

In der Melibiose, einer Verbindung von einem Molekül Trauben- 
zucker und Galactose, haftet die Funktion des Aldehyds an dem Glu- 
coserest. 

Scheibler und Mittelmeier!) haben den ersten Beweis dafür 
erbracht, indem sie zeigten, daß der Melibiotit C,sH,,0,,, ein durch 
die Einwirkung von Natriumamalgam auf die Melibiose entstehendes 
Produkt, bei Hydrolyse Galactose und Mannit C,H,,O, lieferte. Eine 
zweite Stütze für die Richtigkeit dieser Annahme ist in den Arbeiten 
E. Fischers erstanden, dem es gelungen ist, durch Säuren ein Keton- 
aldehyd in Galactose und Glucoson zu spalten, indem er von dem Meli- 
biosazon durch Verlust von Phenylhydrazinresten das Melibioson ab- 
leitete. 

Melibiose Casel - 2 H,O. 

Wir haben gesehen, daß diese Zuckerart bei der schwachen Inver- 
sion der Raffinose entsteht, die entweder durch stark verdünnte Schwefel- 
säure oder durch Invertin der Hefe bewirkt wird. Soheibler und 
Mittelmeier haben beide Methoden zu ihrer Gewinnung mit Erfolg 
angewendet. 

Die nach dem Verfahren dieser Autoren hergestellte Melibiose ist 
amorph; im Vakuum bei 70 bis 80° getrocknet, geht sie in ein An- 
hydrid über. 

Bau?) hat krystallisierte Melibiose folgendermaßen erhalten: Er 
führt die Melibiose in ein Bariumsalz über, zerlegt die Barytverbindung 
mittels H,SO,. Die Lösung wird dann bis zur Sirupkonsistenz bei einer 
unter 80° liegenden Temperatur — ein wesentliches Moment — konzen- 
triert. Den Sirup behandelt man mit starkem Alkohol, so daß die Meli- 
biose in 70°/,igem Alkohol gelöst zurückbleibt und dann durch Äther 
ausgefällt wird. 

Reduktionsvermögen der Melibiose. Wir haben Melibiose 
dargestellt, indem wir Raffinose der Gärung durch obergärige Bäckerei- 
hefe unterwarfen. Sobald die Lävulose verschwindet, kocht man die 
vergorene Flüssigkeit mit ein wenig Tierkohle, filtriert, neutralisiert bei 
Kälte mit CaCO,, verdampft im Vakuum bis zur Sirupkonaistenz 


1) Scheibler und Mittelmeier, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 
22, 3118. 

2) A. Bau, Wochenschr. f. Brauerei 16, 897 bis 400, 1899. — 
Chem.-Ztg. 26, 69, 1902. 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 433 


und extrahiert mittels starken, kochenden Alkohols. Das Produkt war 
amorph und wurde im Vakuum bei + 30° bis zum konstanten Gewicht 
getrocknet. 

Die Drehung betrug [x], = + 142°. Die Reduktionskraft, nach 
der Methode von Bertrand bestimmt, war: 


Zucker Kupfer 
42 mg 45,5 mg 
72 nu 80,4 DI 


Das Reduktionsvermögen steht demjenigen der Maltose sehr nahe, 
wie schon Bau festgestellt hatte. 


Die Raffinose und Melibiose hydrolysierenden Fermente. 


Berthelot hatte als erster darauf hingewiesen, daß die Raffinose 
unter der Einwirkung gewisser Hefearten nur teilweise vergärt und hielt 
den Rückstand für Eucalyn. Scheibler und Mittelmeier haben das 
Eucalyn als identisch mit Melibiose nachgewiesen. 

Loiseau!) hat dargetan, daß die totale Vergärung der Raffinose 
(40°/,igen Alkohol liefernd) bei Berührung mit untergärigen Hefen statt- 
findet. Die obergärigen bewirken nur eine unvollständige Fermentation 
(18°/, Alkohol auf Kosten der Lävulose allein). 

Dieser Unterschied in den Hefen rührt davon her, daß die einen 
die beiden zur vollständigen Hydrolyse der Raffinose notwendigen Fer- 
mente, die anderen dagegen nur das erste, die Lävulose abspaltende, 
enthalten. 

Dann haben Bau?) und später Fischer und Lindner?) gezeigt, 
daß das Invertin der Hefe die Spaltung der Raffinose bis zum End- 
stadium nicht zuwege zu bringen vermag, und daß der Melibioseabbau 
einem anderen Enzym, der Melibiase, zugeschrieben werden muß, das 
eben gerade in den untergärigen Hefen auftritt. 

Die Gärungsflüssigkeit von Aspergillus niger kann auch die schwache 
Inversion der Raffinose herbeiführen*); ebenso hydrolysieren Monilis 
sitophila und Penicillium orustaceum die Raffinose®). 

Können die organischen Flüssigkeiten oder Organextrakte die Raf- 
finose angreifen? Pautz und Vogel, dann Fischer und Niebel haben 
diese Frage durch ihre Untersuchungen nur negativ beantworten können. 
Die Macerationen der Darmschleimhaut (von Hund, Rind, Kalb, Pferd, 
Hammel), der Magenschleimhaut (von Rind und Pferd), des Pankreas 


1) Loiseau, Compt. rend. de l’Acad. de Sc. 109, 614. 

2) Bau, Chem.-Zeitg. 19 und 21, 186 und 1895, 1873. 

s) E. Fischer und P. Lindner, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 28, 
3034, 1895. 

4) Bourquelot, Journ. pharm. et chim. (6) 8, 390, 1896. 

8) Gillot, Bull. Acad. roy. Sc. une 99, 1900. — Went, Jahrb. 
f. wiss. Bot. 86, 640, 1901. 


434 H. Bierry: 


(von Rind und Pferd) und die Blutsera verschiedener Tiere (Pferd, 
Hammel, Gans, Huhn, Karpfen, Aal, Schleie) üben keinen Effekt auf 
Raffinose aus. 

Wir haben diese Resultate in bezug auf Raffinose bestätigen und sie 
auf die Melibiose erweitern können. Pankreassaft (mit oder ohne Kinase), 
die Darmmacerationen von Kaninchen oder Hund, die man auf Berke- 
feldkerzen filtriert, mit Toluol oder NaF versetzt, bleiben der Raffinose 
und Melibiose gegenüber inaktiv. Dieselben Schleimhäute spalten Saccha- 
rose dagegen mit Leichtigkeit. 

In Gemeinschaft mit J. Giaja!) habe ich im Magen-Darmsaft von 
Helix ein den Raffinose- und Melibioseabbau veranlassendes Enzym ent- 
deckt. Seit unserem Befund ist eine Fermenthydrolyse der Raffinose 
durch den Verdauungssaft der Crustaceen?) und Insekten- oder Larven- 
extrakt®) nachgewiesen worden. 

Spezifität der Fermente. E. Fischer hat gezeigt, daB das 
Emulsin aus der Mandel die Lactose und Melibiose anzugreifen vermag, 
letztere aber für Kefir, trotz seiner Wirkung auf Lactose, kein Angriffs- 
objekt ist. Diese Tatsache bietet nichts Erstaunliches, da ja dieses 
Emulsin als ein Gemisch von mehreren Fermenten erkannt jett), Die 
Melibiase ist von dem Emulsin, von der Lactase und Maltase differen- 
ziert; es ist ein spezifisches Ferment. 

Ist das die schwache Inversion der Raffinose bewirkende Ferment 
Invertin oder nicht? Wir werden späterhin noch einmal auf diesen 
Punkt zurückkommen. 

Raffinose. Hier, wie bei Stachyose und Manninotriose, kann man 
den Verlauf der stufenförmigen Umwandlungen durch die Beobachtung 
der polarimetrischen oder reduzierenden Eigenschaften dieser Zuckerarten 
studieren. Als Kontrolle dienen die Osazone der reduzierenden Zucker. 

Eine wässerige Raffinoselösung, z. B. von 88 ccm Volumen, ent- 
hält 3,512 g hydrolysierte Raffinose (oder 2,98 g Raffinoseanhydrid) und 
ist, nehmen wir an, schwach invertiert worden. Dann sind die 2,98 g 
des Trioseanhydrids nach der Gleichung 1 in 1,0642 g Lävulose- und 
2,022 g Melibioseanhydrid3) umgewandelt worden. 

Die Ablenkung, die ursprünglich 9,139 betragen hatte (Rohr von 
22 ccm), beträgt bei 415°: 


a [7,23 — 2,45] = 4,78°. 


1) Bierry und Giaja, Compt. rend. Soc. Biol. 61, 485, 1906. 
— Bierry und Barthet, Compt. rend. Soc. Biol. 11. April 1908. 

2) Giaja und Gompel, Compt. rend. Soc. Biol. 29. Juni 1907. 
— J. Giaja, Inaug.-Diss. Paris 1909. 

3) Strauß, Zeitschr. f. Biol. 52, 1908. 

€) Bierry, Le 

D Die Drehung des Melibioseanhydrids ist nach Bau -+ 105°. 
Wir haben [x], = + 104° für die nach zwei Krystallisationen im Wasser- 
bad hydrolisierte Raffinose gefunden. 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 435 


Zur Bestimmung des Reduktionsvermögens entnimmt man dem 
Digestionsbrei 2 ccm, die auf 20 com aufgefüllt werden. Diese 2 ccm 
enthalten 0,02418 g Lävulose und 0,04595 g Melibiose, das entspricht 


Kupfermengen: 
24,18 mg Lävulose . ...... 48,36 mg Kupfer 


45,95 „ Melibiose . ... . . . 49,80 „ a 
i 98,16 mg Kupfer 

Nehmen wir nun an, die Lösung hätte eine totale Spaltung er- 
fahren, so werden die 2,98 g Raffinoseanhydrid in 1,0642 g Lävulose, 
ebensoviel Galactose und Glucose übergeführt. Die Ablenkung beträgt dann: 

œ [1,396 + 2,152 — 2,45] = 1,09° (Centigrade). 

Die 2 ccm Probenahme zur Bestimmung des Reduktionsvermögens 
der Lösung enthalten 24,18 mg Lävulose, 24,18 mg Galactose und 24,18 mg 
Glucose, in Kupfer umgerechnet: 

24,18 mg Lävulose . . . . . . . 48,36 mg Kupfer 

24,18 „ Glucose .. .. . ww 48,05 „ S 

24,18 „ Galactose . . .. e . . 48,53 „ — 
141,94 mg Kupfer 

Die starke Rechtsdrehung der Lösung nimmt unter der Einwirkung 
des Helixsaftes ständig ab, geht aber nicht in Linksdrehung über. Die 
anfangs 0 betragende Reduktionskraft erreicht ihr Maximum am Ende der 
Hydrolyse. 

Versuch. 
Eine Raffinoselösung von 86 oom Volumen, 8,512 g hydrolysierte 
Raffinose enthaltend, wird in folgender Weise mit Helixsaft angesetzt: 
Raffinoselösung 86 ocm Raffinoselösung 86 ccm 
1 | Meint 2 „ dE Helixsaft 2 „ 
Thymol, Toluol Thymol, Toluol 
Helixsaft 2 ocm 
8 | Destilliertes Wasser 86 „ 
Thymol, Toluol 


Alle drei Flaschen werden bei 41° in den Brutschrank gestellt. 
Reduktionsvermögen: Für jede Bestimmung entnimmt man 2 ccm 
Lösung; die entsprechenden ermittelten Kupfermengen sind folgende: 

Vor Beginn der Hydrolyse . . .. O mg Kupfer 

Nach der Hydrolyse: 

40 Stunden . . . e nm ew e 40, 
8 Tago ee e e 9, 
A a aaa aa aaa O 
Go oa Eee eer 118 5 
l3 e 2 le ere AER, 
18 4. ereina aa 7 


Man erkennt, da8 mit diesen Raffinose- und Verdauungssaftmengen 
die Hydrolyse nach 18 Stunden noch nicht vollständig abgelaufen ist. 


436 H. Bierry: 


Durch die Osazonprobe konnte man sioh leicht von dieser Tatsache 
überzeugen. 

Einen Teil der Flüssigkeit haben wir dann mit 1 com frischen 
Helixsaftes beschickt und den Verdauungsprozeß nach dem Reduktions- 
vermögen messend verfolgen können. Nach Verlauf von 4 Tagen war 
das auf 2ccm reduzierte Kupfergewicht von 123 mg auf 134 mg gestiegen 
(wobei die Verdünnung berücksichtigt worden war). 

Wir sahen uns daher genötigt, derselben Menge Raffinose ein 
größeres Quantum Verdauungssaft zuzuführen. 

Das Melibiososazon ist in der Kälte in mit Wasser verdünntem 
Aceton, in der Wärme auch in destilliertem Wasser löslich. Unter Be- 
rücksichtigung dieses Verhaltens gestaltet sich die Trennung des Meli- 
biososazons von dem Gemisch der unlöslichen Osazone, Galactosazon 
und Glucosazon, leicht. Wie oben erwähnt, schmilzt das Melibiosazon 
auf dem Maquenneblock bei 190 bis 192°. 

Wenn die Reduktionskraft für 2 ccm Digestionslösung 96 mg Kupfer 
entspräche, so würde ihre Drehung 4,86° betragen. Durch Einwirkung 
von Phenylhydrazin auf einen Teil der Verdauungsflüssigkeit konnten 
wir zwei Osazone abtrennen, ein unlösliches, ein anderes in kochendem 
Wasser lösliches. Nach gründlicher Reinigung schmolz das erstere bei 
2309% (Glucosazon), das zweite bei 190° (Melibiosazon). 

Da, wie wir wissen, die auf 100° mit Phenylhydrazin und 
50°/ iger Essigsäure erhitzte Raffinose gespalten werden kann 
(diese Reaktion hat sie mit der Gentianose und Stachyose gemein) 
und Melibiosazon liefert, so kann Unsicherheit darüber herrschen, 
ob letzteres von der Melibiose oder der abgebauten Raffinose 
stammt. 

Man kann sich also in diesem Falle allein mit der 
Ösazonprobe nicht zufrieden geben, die nur dann vollen Wert 
besitzt, wenn sie die polarimetrische und Reduktionsbestimmung 
ergänzt. 

Um ganz sicher zu gehen und die Abspaltung des Lävulose- 
moleküls?) als Folge des ersten Verdauungsstadiums hinstellen 
zu können, haben wir es für nötig befunden, diesen Zucker 
durch Darstellung aus seiner Calciumverbindung zu isolieren 
und das gebildete Lävulosat durch CO, nach der klassischen 
Methode von Jungfleisch und Lefranc zu zerlegen. 

Melibiose und ihre Derivate. Wir haben soeben ge- 
zeigt, daß die Raffinose durch den Magen-Darmsaft von Helix 


1) Es ist auch hier möglich, die modifizierte Hydrazinmethode zu 
benutzen, deren wir bei Gelegenheit des Rohrzuckers Erwähnung getan 
haben. 


Reffinose und Gentianose spaltende Fermente. 437 


vollkommen hydrolysiert wird und daß jener folglich eine Me- 
libiose enthält. Zur Nachprüfung dieses interessanten Befundes 
ließen wir dieselbe Menge Helixsaft auf Raffinose und Melibiose 
einwirken und verglichen den Gang der zwei Verdauungsprozesse. 
Nehmen wir an, die in einer wässerigen, 88 ccm betragen- 
den Melibioselösung enthaltenen 1,90 g Zuckeranhydrid wären 
gänzlich abgebaut. Dann sind die 1,90 g Melibiose entsprechend 
der Gleichung 2 in 1 g Glucose- und 1 g en 
umgewandelt worden. 
| Eine Probe von 2 ccm Verdauungsbrei zur — 
des Reduktionsvermögens wird 0,02 272 g Glucose und ebensoviel 
Galactose enthalten, in Kupfer umgerechnet: 


22,72 mg Glucose . . . = 45,33 mg Kupfer 
22,72 „ Galactose . . = 42,96 „ S 
88,29 mg Kupfer 


Die ursprüngliche Ablenkung der Lösung von 6,80° wird jetzt 


a [1,3120 +4 2,022°] = 3,33 (Zentigrad) 
betragen. 


Versuch. 
Zwei Lösungen von gleichem Volumen (86 ocm), die eine 3,512 g 
hydrolysierte Raffinose, die andere 1,90 g Melibioseanhydrid enthaltend, 
werden mit Zusatz von Helixsaft angeordnet wie folgt: 


Raffinoselösung 86 oom Melibioselösung 86 ccm 
1 | Helixsaft 2 5 4 | Helixsaft 2 „ 
Toluol Toluol, Thymol 
Melibioselösung 86 com Raffinoselösung 86 ocm 
2 | Helixsaft 2 j 5 i Gekochter Helixsaft 2 „ 
Toluol Toluol, Thymol 


Helixsaft 2 e Gekochter Helizsaft 2 „ 
Toluol, Thymol Toluol, Thymol 


Ee: Wasser 86 ccm 
7 


[einen "` 86 com Melibioselösung 86 com 
3 d 


Verdauungssaft 0: >: 
Thymol, Toluol 


Alle Flaschen werden in den Brutschrank bei 41° gestellt. 
Reduktionsvermögen. Für jede Bestimmung entnimmt 
man 2 ccm der Lösung und findet folgende entsprechende 


Kupfermengen: 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 29 


438 H. Bierry: 






Vor Anfang der Hydrolyse . . 
Nach der Hydrolyse: 40 Std. 


3 Tage 58 
n 59 
8 „ 65 
18 > 70 

(Am 15. Tage wird der Lösung 3 und 4 1 com frischer Helixsaft zugefügt) 
Nach der Hydrolyse: 18 Tage 128 124 81 ı 8 
2 „ 123 134 84 | 8 


Drehungsvermögen. Die Drehung wurde bei 3 und 4 nach 
26 Tagen festgestellt. Es ergab sich: 
für 3: a= 1,10°, für`4: a= 3,36 (Zentigrad). 
Osazone. Am 26. Tage wurden Flasche 1 und 3 der Ein- 
wirkung von Phenylhydrazin unterworfen. Nur in 1 ist Bildung 
von Melibiosazon beobachtet worden, das man durch seine Lös- 
lichkeit und seinen Schmelzpunkt charakterisieren konnte. 


Versuch. 
Eine auf 85 com 8,512 g Zpcker enthaltende Raffinoselösung wird 
mit Helixsaft folgendermaßen angesetzt: 
Raffinoselösung 85 ocm Raffinoselösung 85 oom 
1 | Helen 8 p 2| Onkocte Saft 8B, 
Toluol, Thymol Toluol, Thymol 
Helixsaft 8 ccm 
8 | Destilliertes Wasser 85 „ 
Thymol, Toluol 


Alle drei Lösungen stehen nachher im Brutschranke. Temperatur: 
88 bis 40°. 

1. Bestimmung des Reduktionsvermögens. In den der Lö- 
sung entnommenen 2 ccm werden folgende entsprechenden Kupferwerte 
gefunden: 

Vor Einsetzen der Hydrolyse . . . 0 mg Kupfer 
a der Hydrolyse: 


Stunden . . . sso sse H S e 

9 e e e e e e e e o 8 p 

8 Tage >o onu % 104 „ š 
A e èẹe ò% ọọ o ọọ Ò ọọ 0 “ 110 A A 

5 „ RIED 15, , 
D ae EE 128 „ Š 
12 Li e ® ® H H ® 127 8 p 
15 o èëè 2°% o ọọ o o ọ o a H e 128 n 9 
30 9 KL e e 9 ò pg a LU 128 9 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 439 


2. Bestimmung der Rotation. Die Verdauungslösung wird ver- 
dünnt, dann mit Quecksilbernitrat unter den oben angegebenen Vor- 
sichtemaßregeln behandelt. 

Die in zwei Zeitpunkten der Digestion beobachteten Ablenkungen 
waren: 

a) wenn das Reduktionsvermögen nach 2 Tagen durch 99 mg Kupfer 
für 2 eem Lösung ausgedrückt ist, 

b) nach Beendigung der Hydrolyse: 

a) œ = 4,709 (Contigrad) 
b) œ = 1,129. 

3. Isolierung der Lävulose. Von der 44 stündigen Digestions 
lösung ist die Lävulose als Calciumsalz abgeschieden und daraus dann 
isoliert worden. Das Stadium der schwachen Inversion ist also in 
44 Stunden erreicht, nach 12 Tagen ist die vollkommene noch nicht ganz 
erreicht worden. 

Versuch. ; 

Die Melibioselösung ist 20 Minuten lang bei 120° sterilisiert worden ; 

sie enthielt auf 86 com 1,90 g Melibioseanhydrid. 


Melibioselösung 86 ccm Melibioselösung 86 oom 
1 Verdauungssaft 2 „ 2 l GekochterVerdauungssaft 2 „ 
Toluol A Toluol 


Die angesetzten Flaschen werden bei 40° in den Thermostaten gestellt. 
Zu jeder Bestimmung: 2 oem Probenahme. 
Ermittelte Kupfermengen: 

Vor der Hydrolyse . . .. . . . 46,6 mg Kupfer 

am der Hydrolyse: 


Tag sa ea 15 S 
2 Tage... 
eck E e 
9 „ e ee, ara one 00: b] 
E ZE aoa s 20°. 5 > 
20 „ Sc en ee ee I e? SS 


Versuch. 
2,022 g Melibioseanhydrid werden in 86 com gelöst und mit 3 ocm 
Helixsaft und 2 g NaF versetzt. 
Melibioselösung 86 com Melibioselösung 86 com 
d Helixsaft 8 „ dE Helixsaft 8 „ 
NaF Ze NaF 2g 


Die Flaschen werden im Brutschrank bei 40° stehen gelassen. In 
den aus den Gemischen entnommenen 2 oom sind folgende entsprechenden 
Kupfermengen ermittelt worden: 

Vor Beginn der Hydrolyse. . . . . 50 mg Kupfer 


Nach der Hydrolyse: 
l Tag eessen ene D e = 
S Tage... 0 2.0 a a ne, = 
30. e. aan SE e 5 


440 H. Bierry: 


Versuch. 
Angewandt: 100 ccm Melibioselösung mit 2,877 g Anhydrid: 
Melibioselösung 100 ccm Melibioselösung 100 ccm 
1 E A „ 2 | Gekochter Helixsaft 5 „ 
NaF 2g NaF 2g 
Helixsaft 5 com 
dE Wasser 100 „ 
NaF 2g 


Die angesetzten Lösungen werden in den Brutschrank bei 40° 
gestellt. 

Es werden jedesmal 2,5 oom zur Analyse entnommen. Die ge- 
fundenen Kupferwerte sind: 


Vor der Hydrolyse. .. . 2... 78 mg Kupfer 
Nach der Hydrolyse: 
22 Stunden . ...... d ew H ER H 
2 Eege Eee 96 „ S 
J a aG ve ME 2 
89. e Aë Bet .. 136 „ £ 


Man sieht, daß die Spaltung der Melibiose hier in diesem Falle 
vollständig ist, da das theoretisch auf 2,5 oom (Glucose -+ Galactose) be- 
rechnete Kupfergewicht 137 mg beträgt. 

Höhere Tiere sondern keine die Raffinose oder Melibiose 
angreifenden Enzyme ab. 

Marine Wirbellose. Der Verdauungssaft gewisser mariner 
Invertebraten, auf die wir später näher eingehen werden, ent- 
hält Verdauungsfermente für Raffinose und Melibiose. 

Hydrolyse des Melibiosazons: (C,,H,,N,O,. Das Meli- 
biosazon wird durch Angriff des Helixsaftes in Galactose und 
Glucosazon gespalten. Zur Untersuchung der Hydrolyse dieses 
Körpers haben wir dieselbe Technik angewendet wie bei der- 
jenigen des Maltosazons und Lactosazons!), die ebenfalls unter 
Einwirkung des Saftes von Helix pomatis entstandene Umwand- 
lungsprodukte sind. 


2) Siehe Bierry Lo Das Lactosazon zerfällt durch Helixsaft 
in Galactose und Glucosazon (Bierry und Giaja, Compt. rend. de 
Acad. d Sc. 27. Juli 1908). Das Lactoseaminoguanidin, der Lactose- 
harnstofi, das Lactosesemicarbazon werden gleichfalls durch den Saft 
von Helix hydrolisiert (Bierry und Ranc, Compt. rend. de l’Aoad. d Sc. 
23. Mai 1910). 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 441 


Gentisno 8e Cis H2016- 


Im Jahre 1881 isolierte Meyer!) aus der frischen Enzianwurzel 
ein krystallisiertes, rechtsdrehendes Kohlenhydrat, das nicht reduzierte, 
bei210° schmolz, kaum noch süßen Geschmack hatte. Dieses klassifizierte 
er als neue Spezies, als Gentianose. Er stellte außerdem noch fest, daß 
dieser Zucker bei Kontakt mit Bierhefe in Gärung versetzt wird und 
bei Behandlung mit verdünnter, kochender Schwefelsäure ein linksdre- 
hendes Produkt liefert, dessen Reduktionsvermögen dem der Glucose 
identisch ist. 

Erst Bourquelot arbeitete mit Nardin®) eine Herstellungsmethode 
der Gentianose aus, deren Drehung er genau ermittelte, und erforschte 
dann in Gemeinschaft mit Hörissey?®) ihre wahre Konstitution. Diese 
Untersuchungen führten schließlich zu der Entdeckung einer neuen 
Biose, der Gentiobiose, einem Hydrolyseprodukt der Gentianose. 

Die Gentianose ist eine Hexotriose, entstanden durch den Zu- 
sammentritt von 1 Molekül Lävulose und 2 Molekülen Dextrose. Ihre 
Hydrolyse vollzieht sich in 2 Phasen: in der ersten spaltet sich die 
Gentianose unter Einwirkung von 2°/,iger Schwefelsäure oder Invertin 
der Hefe in 1 Molekül Lävulose und 1 Molekül Gentiobiose: 

1. CuBas01s + H40 = Gute + CEO 
entianose Gentiobiose 

In der zweiten, hervorgerufen Des — (30/0). Aspergillus niger- 
Flüssigkeit oder Mandelemulsin, wird die Gentiobiose hydrolysiert und 
liefert 2 Moleküle Dextrose: 

2. C13H220,1 + H20 = Deal + CeH1306 


Gentiobiose l d-Glucose d-G1u0080 


Gentiobiose Gesin, 


Die Gentiobiose ist ein krystallisierter, weißer Körper von bitterem 
Geschmack. Schmelzpunkt: bei 190 bis 195%. Nach Krystallisation in 
90°/,igem Äthylalkohol kann sie als Anhydrid angesehen werden. 

Sie ist rechtsdrehend [«]p = 9,8% mit Multirotation; unmittelbar 
nach der Auflösung in Wasser beobachtet man Linksdrehung. 

Bourquelot und H£rissey haben gezeigt, daß die Trennung des 
Lävulosemoleküls von der Gentianose auf der Inversionskraft des In- 
vertins beruht (Gleichung 1) und daß die Spaltung der Gentiobiose dem 
Emulsin zugeschrieben werden muß. 

Die Wirkungen der beiden Fermente fallen nicht zeitlich zusammen. 
Erst muß der Angriff des Invertins erfolgen, da das Emulsin der Triose 
gegenüber noch inaktiv ist und sich erst bei der Biose als spaltendes 
Enzym kundgibt. 


1) A. Meyer, Zeitschr. f. physiol. Chem. 6, 135. 

2) E. Bourquelot und L. Nardin, Compt. rend. de l’Acad. d. Sc. 
126, 280, 1898. 

s) E. Bourgelot und Hérissey, Annal. de chim. et de physiol. 
7. Ser., 28, Nov. 1902. 


442 H. Bierry: 


Späterhin hat man die Spaltung der Gentiobiose auf ein spezifisches 
Ferment, die Gentiobisse, zurückgeführt, das im Emulsin der Mandel, 
das ja kein einheitliches Enzym darstellt, enthalten ist. 

Aufsuchung der Verdauungsfermente. Unseres Wissens 
hat niemand nach den Verdauungsfermenten der Gentianose und 
Gentiobiose im tierischen Organismus gefahndet. Wir haben in 
dieser Beziehung die Tiere höherer Ordnung und die Wirbellosen 
in den Kreis unserer Untersuchungen gezogen. Die höheren 
Tiere sezernieren keine derartigen Fermente, dagegen haben 
gewisse Invertebraten, die Mollusken und Crustaceen, einen 
Verdauungssaft, der die totale Hydrolyse der Gentianose wie 
der Gentiobiose zustande bringt!). 

Höhere Tiere. Alle bei diesen angestellten Versuche 
haben negative Resultate gezeitigt. 

Pankreassaft (mit oder ohne Kinase), zerriebene Darm- 
schleimhäute vom Kaninchen oder Hund, Kalbs- oder Schafs- 
föten, die Saccharose sofort invertieren, vermögen nicht Gentia- 
nose zu spalten. Jedoch kann man nach 3 oder 4 Tagen, und 
dies bei Gegenwart von NaF, eine sehr schwache Einwirkung 
auf Gentianose wahrnehmen, die sich durch das Erscheinen von 
ganz geringen Quantitäten reduzierenden Zuckers kundgibt. 
Schon Bourquelot und Hörissey hatten die Beobachtung 
gemacht, daß das die Gentiobiose spaltende Emulsin aus der 
Mandel die Gentianose nicht angreift, aber doch bemerkt, daß 
sich nach 24 Stunden Kontakt etwas mehr als 0,03 g redu- 
zierender Zucker auf Kosten der 1,20 g Gentianose gebildet hatte. 

Aus unseren Protokollen sei ein Versuch wiedergegeben über die 
vergleichende Wirkung von mit Fluor konservierter maoerierter Darm- 


schleimhaut eines Hundes auf Raffinose, Gentianose, Stachyose und 
Saccharose: 


Macerationsbrei 50 ocm Macerationsbrei 50 ccm 
1 ES Le 2 | Rattan Le 
NaF l, ‚(NaF Ka 
Macerationsbrei 50 com Macerationsbrei 50 ocm 
3 | Sacher Le 4 E 1, 
NaF l, NaF (EN 


1’, 7, 39’ und 4’ dasselbe gekocht. 
Die Kolben stehen im Brutschrank bei 40°, 


1) G. Barthey und H Bierry, Compt. rend. de l’Acad. d Sc. Biol. 
11. April 1908. 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 443 


Nach 3/, Stunde wird eine deutliche Reduktion in 3 festgestellt. 
Nach 48 Stunden erscheint kein reduzierender Zucker in 1, 2 und 4. 

In 3 = 90°/, hydrolysierte Saocharose. 

Nach Ablauf von 5 Tagen sehr schwache Reduktion in 1 = 0,02 g 
reduzierender Zucker als Lävulose ausgedrückt. Keine Spur davon in 
2 und 4. 

Invertebraten: Mollusken und Crustaceen. Der Ver- 
dauungssaft von Aplysia punctata Cuv. invertiert die Saccharose, 
greift aber die Raffinose nicht an. Der auf Saccharose ein- 
wirkende Magen-Darmsaft von Homarus vulgaris M. Edw. scheint 
unfähig zu sein, Spaltung der a Stachyose und Raf- 
finose hervorzurufen. 

Da wir in Roscoff gelegentlich einen Vorrat bis zu 40 Hummern 
auf einmal zur Verfügung hatten, konnten wir mittels Sondierung eine 
große Menge Magen-Darmsaft erhalten, den wir auf Saccharose und die 
Polyosen vergleichshalber einwirken ließen. Dieser Saft reagiert auf 
Lackmus stark sauer, doch ist die in ihm enthaltene Säure bei den von 
uns verwendeten Konzentrationen allein nicht imstande, den Rohrzucker 
oder die Polysaccharide zu spalten. Zahlreiche, in Gegenwart von NaF 
oder Toluol, ausgeführte Versuche haben alle dasselbe Resultat geliefert, 
nämlich Hydrolyse der Saocharose allein. 

Als Beispiel führen wir folgendes an: 


Saccharose lg Gentianose lg 

1 Verdauungssaft 10 oom 2 Verdauungssaft 10 oom 
Destilliertes Wasser 50 „ Destilliertes Wasser 50 „, 
Thymol, Toluol >» 0 + - AThymol, Toluol 

1’ Dasselbe gekocht ` s . X Dasselbe gekocht 
Raffinose Le Stachyose 1g 

8 Verdauungssaft 10 com 4 Verdauungssaft 10 com 
Destilliertes Wasser 50 , Destillioertes Wasser 50 „ 
Thymol, Toluol Thymol, Toluol 

3’ Dasselbe gekocht d Dasselbe gekocht 


Aufbewahrung im Brutschrank. Temperatur 25°. 

Nach 10 Stunden Berührung wird eine nennenswerte Reduktion 
nur in 1 konstatiert. Nach 5 Tagen weisen 2, 8, 4 und die gekochten 
Kontrollproben keinen reduzierenden Zucker auf, während in 1 60°, 
hydrolysiert sind. 

Wir sind dann an andere ; marine Crustaceen herangegangen: 
Carcinus moenas L. und Maja squinado L. Der Magen-Darm- 
saft dieser Wirbellosen spaltet alle diese Saccharide, jedoch sehr 
langsam. Das bei weitem am leichtesten spaltbare ist die 
Saccharose, dann folgt die Gentianose, hierauf die Stachyose 
und zuletzt die Raffinose. 


444 H. Bierry: 


Die Verdauungssäfte von Astacus fluviatilis Rond. und 
Astacus leptodactylis Esch., und besonders Helix, sind Quellen 
sehr aktiver Verdauungsfermente gegenüber Gentianose und 
Gentiobiose. 

Der Verlauf der Gentianosespaltung kann mittels der opti- 
schen Eigenschaften dieses Zuckers und der optischen wie re- 
duzierenden Reaktionen der von ihm erzeugten Produkte ver- 
folgt werden. 

Nehmen wir z. B. an, eine wässerige Gentianoselösung 
mit 1 g Anhydrid auf 50 ccm Inhalt hätte die schwache 
Inversion erfahren, dann ist nach Gleichung 1 die Gentianose 
in 0,357 g Lävulose und 0,6785 g Gentiobioseanhydrid um- 
gewandelt worden. 

Die anfangs 1,38° (Rohr 22 ccm) betragende Ablenkung 
wird dann bei +- 15° lauten: 

a [H 0,292 — 1,446°] = 1,15°. 

Wenn wir 2 ccm Flüssigkeit zur Probe entnehmen und auf 
20 ccm auffüllen, so enthalten sie: 0,01428 g Lävulose und 
0,02714 g Gentiobiose, in Kupfer ausgedrückt (wenn man für 
die Reduktionskraft der Lävulose diejenige des intervertierten 
Zuckers und für Gentiobiose diejenige der Maltose annimmt): 

14,28 mg Lävulose. . . . 29,0 mg Kupfer 
27,14 „ Gentiobiose. . . 30,1 „ 7 
59,1 mg Kupfer 

Nach der totalen Inversion wäre 1 g Gentianoseanhydrid 
in 0,357 g Lävulose und 0,714 g Glucose übergeführt worden. 
Die Ablenkung beträgt: 

a [1,649 — 1,446] = + 0,20° oder 0° 12. 

Die zur Dosierung entnommenen 2 ccm werden 14,28 mg 
Lävulose und 28,56 mg Glucose enthalten: 

14,28 mg Lävulose . . . . 29,0 mg Kupfer 
28,56 „ Glucose . . . . 564 „ m 
85,4 mg Kupfer 

Das Reduktionsvermögen, das zu Beginn Null war, erreicht 

sein Maximum am Ende der Hydrolyse. Die Lösung dreht 


anfangs rechts, dann links, um zum Schluß wieder zur Rechts- 
drehung zurückzukehren. 


Raffinose und Gentianose spaltende Fermente. 445 


Angesetzt wird eine Lösung krystallisierter Gentianose von 58 ccm 
Volumen mit 1 g Zucker und Zusatz von Helixsaft: 


Gentianoselösung 50 ccm Gentianoselösung 50 ccm 
1 | Helena 2 -y 2 [Gebote Saft 2 „ 
Thymol, Toluol Thymol, Toluol 
Helixsaft 2 com 
3 Inge Wasser 50 , 
Thymol, Toluol 

Aufbewahrung im Brutschrank bei 40°. 

Nach 3 Tagen drückt sich das Reduktionsvermögen von 2 ccm in 
83 mg reduzierten Kupfers aus, die Drehung ist 4 0,110 geworden. Es 
liegt also eine totale Hydrolyse vor. ` 

In anderen Versuchen, mit kleineren Mengen Helixsaftes, 
haben wir eine weniger rapide Verdauung erzielen können. 
Mit denselben Quantitäten Gentianose und 0,5 ccm Saft war 
die Drehung der Lösung nach 48 Stunden lävogyr (— 1° 03’) 
und das Reduktionsvermögen von 2 ccm == 63 mg Kupfer, 
was ungefähr dem Stadium der schwachen Inversion entspricht. 

Wenn man nun in diesem Moment die Osazonprobe an- 
stellt, so kann leicht neben dem unlöslichen Glucosazon ein in 
kochendem Wasser lösliches Osazon nachgewiesen werden: das 
Osazon der Gentiobiose. Wir konnten auch zu derselben Zeit 
die Lävulose isolieren, indem wir sie in ihr Calciumsalz über- 
führten und das gebildete Lävulosat durch CO, zerlegten. 

Im ersten Verdauungsstadium trennt der Helixsaft die 
d-Fructose vom Gentianosemolekül. 


Zusammenfassung. 


Die höheren Tiere, bei denen man Invertin nachweisen 
kann, sondern keine löslichen, die Raffinose und Gentianose 
spaltenden Fermente ab. Dagegen besitzen gewisse Organismen 
niederer Ordnung Enzyme, die jene Polyosen vollständig zu 
hydrolysieren befähigt sind. Die Verdauung geht in zwei Phasen 
vor sich: in der ersten erfolgt rapide Abtrennung von Lävulose 
und Bildung einer Biose (Melibiose, Gentiobiose), in der zweiten 
unterliegt letztere ihrerseits einer viel langsamer verlaufenden 
Hydrolyse. 


Über Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 
Von 
H. Bierry. 
(Aus dem physiologischen Laboratorium der Sorbonne, Paris.) 
(Eingegangen am 10. Juni 1912.) 


Stachyose und Manninotriose. 
Stachyose C,H „O,,-4,5H,0. 
A. v. Planta und E. Schulze?) stellten im Jahre 1890 
aus den Knollen von Stachys tuberifera L. ein krystallisiertes 


Kohlenhydrat dar, das sie Stachyose benannten. 

Jene Autoren machten die Beobachtung, daß diese Zuokerart durch 
verdünnte Schwefelsäure in die Komponenten Galaktose, Glucose und 
Lävulose zerlegt wird. Von diesen drei gebildeten reduzierenden Zuckern 
nahmen die genannten Forscher nur von der Galaktose eine quantitative 
Bestimmung vor mit dem Ergebnis, daß diese allein die Hälfte der 
reduzierenden Körper ausmacht. 

Ihrer Meinung nach entfielen auf 8 Teile Galaktose 3 Teile der 
beiden anderen Hexosen, entweder 2 Teile Glucose und 1 Teil Lävulose, 
oder umgekehrt 2 Teile Lävulose und 1 Teil Glucose, d.h. 6 Monosen- 
moleküle. Hieraus würde für Stachyose die Formel C.. H. .O, folgen. Da 
dieser Körper in naher Beziehung zur Raffinose stehen müßte, die 
ebenfalls bei der Hydrolyse die gleichen Produkte — Lävulose, Galak- 
tose und Glucose — liefert, hielten die Verfasser die halbierte Formel: 
C,,H3s0,s für die richtigere. 

Bei Wiederaufnahme der Untersuchung von Stachyose fand 
C. Tanret (l oc.) im Jahre 1903, daß dieses Saccharid alle Eigenschaften 
einer anderen Zuckerspezies, der Manninotetrose, die er früher aus 
dem Eschenmanna isoliert hatte, aufwies, was zu einer Identifizierung 
dieser beiden Zucker führte, 

Die ausgezeichneten Arbeiten Tanrets haben endgültig die Stachyose 
als ein Hexosen-tetrasaccharid charakterisiert, dessen Hydrolyse in zwei 
Phasen unter Bildung eines Zwischenproduktes, der von ihm gewonnenen 


2) A v. Planta und E. Schulze, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 28, 
1692; 24, 2705; Landw. Versuchsstationen 40, 281, 1392. 


H. Bierry: Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 447 


und studierten Manninotriose, verläuft. C. Tanret hat auch eine 
Darstellungsmethode ausgearbeitet, die viel bequemer und ergiebiger als 
die ältere von Planta und Schulze ist. 

Manninotetroseenthaltende Pflanzen. Wie eingangs erwähnt, 
existiert die Manninotetrose in Stachys tuberifera und in der Manna 2), 
der in Südeuropa kultivierten Eschenarten Fraxinus ornus und Fr. 
rotundifolia. 

Wahrscheinlich ist die Manninötetrose ein ziemlich weitverbreiteter 
Stoff, denn J. Vintilesco®) hat sie vor kurzem aus dem weißen Jasmin 
(Jasminum officinale L.) extrahiert und L. Piault®) ihre Gegenwart in 
den unterirdischen Pflanzenteilen der Labiaten: bei Stachys sylvatica, 
Stachys recta, Mentha sylvestris, Salvia splendens, Salvia pratensis usw. 
konstatiert. 

Es ist auch gar nicht ausgeschlossen, daß die von E. Schulze*®) 
aus den Samen von Lupinus luteus und angustifolius bereitete Lupeose 
— entgegen der Meinung dieses Autors — Stachyose ist. Denn wir 
haben ein Tetrasaccharid vor uns mit demselben Drehungsvermögen wie 
die Stachyose und denselben Monosen als Hydrolysenprodukte. 


Manninotriose Cell, 

Die Manninotriose ist die bei der schwachen Inversion der Mannino- 
tetrose sich bildende Triose. 

Neue Darstellungsmethode. Wir haben versucht, Mannino- 
triose durch Vergärung von Stachyose mittels obergäriger Hefe zu er- 
halten. Die Hefe spaltet die Stachyose in Manninotriose unter voll- 
ständigem Verbrauch der Lävulose. (Die verwendete Hefemenge muß 
der zu spaltenden Stachyose an Gewicht gleich sein) Wenn die Lävu- 
lose verschwunden ist, wovon man sich durch die Osazonprobe und die 
Reaktion von Seliwanoff überzeugen kann, kocht man die vergorene 
Flüssigkeit mit ein wenig Tierkohle auf und filtriert. Das Filtrat wird 
im Vakuum bis zur Sirupkonsistenz verdunstet, der Sirup mit absolutem, 
dann mit 90°%/,igem kochenden Alkohol am Rückflußkühler behandelt. 
Man verdampft die Alkohollösungen im Vakuum und behandelt den 
Rückstand mit kochendem absoluten Alkohol. Die Manninotriose fällt beim 
Erkalten aus. 

Stachyose, 

Die kochende, wasserfreie Stachyose Cs,HesOs, zerfällt bei Be-, 
handlung mit verd. Schwefelsäure vollständig in 1 Molekül d-Fruotose 
1 Molekül Glucose und 2 Moleküle Galaktose: 

1. CuH0 + 3H,0 = Kee + CeH1s0; + CeH1s0% T — 

Stachyose d-Glucose d-Galaktose 

(666) Vom (180) (180) 00, 

1) Das Manna wird hauptsächlich aus Italien exportiert, und zwar 
jährlich in Mengen von 1800 bis 2000 Zentner. 

2) J. Vintilesco, Journ. pharm. et chim. [6] 29, 337, 1909. 

3) L. Piault, Journ. pharm. et chim. [6] 29, 236, 1909. 

¢) E. Schulze, Apoth.-Ztg. 1910, 575. 


445 H. Bierry: 


C. Tanret hat gezeigt, daß man mittels Säuren von geeigneter 
Konzentration die Stachyose in zwei Zeitabschnitten spalten kann. In 
der ersten Phase entsteht aus der Tetrose unter Einwirkung von 20 °/,iger 
Essigsäure Lävulose und eine Triose (Manninotriose): 

2. CzHasOn + H20 = Gel + Gelee 
Stachyose Lävulose Manninotziose 
(666) (180) (604) 

In der zweiten, durch verdünnte, kochende Mineralsäuren bewirkten 
Phase wird die Triose ihrerseits hydrolysiert: 

3. CisHs2016 + ZB) = Date + CeH1206 + Geet 


Manninotriose d-Glucose d-Galaktose d-Galaktose 
(504) (180) (180) (180) 


Die Reaktion 2 entspricht der schwachen Hydrolyse. Sie erfolgt 
unter dem Einfluß des Invertins der Hefe, der Fermente von Aspergillus 
niger, des Emulsins und der Diastase, jedoch in verschieden schnellem 
Tempo, und zwar hat das Invertin die größte, die Diastase die schwächste 
Aktivität dieser Enzyme (C. Tanret). 

Derselbe Forscher hat ebenfalls festgestellt, daß Emulsin und die 
Aspergillusenzyme auch die Manninotriose angreifen, jedoch außer- 
ordentlich langsam, so daß mehrere Monate zu ihrer Zersprengung not- 
wendig sind. Wir haben uns die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, ob 
unter den löslichen Fermenten tierischen Ursprungs nicht einige die Fähig- 
keit zur Hydrolyse von Stachyose besitzen. Sie fehlen bei den höheren 
Tieren, finden sich aber reichlich in dem Verdauungssaft gewisser 
Wirbellosen. So hat der Magendarmsaft von Helix oder Astacus?) in- 
tensive Spaltungskraft auf Stachyose. Die totale Hydrolyse verläuft 
schnell oder langsam, je nach der verwendeten Menge Substrats und 
Saftes.. Bei der Beobachtung des Prozesses stützt man sich auf die 
optischen Eigenschaften der Stachyose wie auf das polarimetrische und 
reduzierende Verhalten der neu aus ihr gebildeten Zuckerstoffe. Die 
Osazonprobe kann als weitere Kontrolle herangezogen werden. 


Die aus Wasser krystallisierte und bei gewöhnlicher Luft ge- 
trocknete Stachyose hat die Konstitution: C,H „O,,-4,5H,0; die 
aus 90°/,igem Alkohol abgeschiedenen Krystalle: C H4203,- 4 H,O. 
Molekulargewicht der aus Wasser krystallisierten Stachyose: 747, 
der wasserfreien: 666. Es entsprechen also 6,66 g Stachyose- 
anhydrid 7,47 g der aus Wasser und 7,38 g der aus Alkohol 
erhaltenen Stachyose. 

Andererseits liefern nach Gleichung 1 (siehen oben): 6,66 g 
(d. b. (ae des Moleküls) wasserfreie Stachyose folgende Mengen 
an reduzierendem, wasserfreiem Zucker: 1,80 g Glucose, 1,80 g 
Lävulose und 3,60 g Galaktose. 


1) S. Barthet und H. Bierry, Compt. rend. Soc. Biol. 26. Dez. 1908. 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 449 


Nehmen wir an, es enthält eine wässerige Stachyoselösung 
von 10 ccm 1,80 g dieses Zuckers in wasserfreiem Zustand, so 
ist ihre Drehung: 

_ 148,90 x 2,2 x< 1,80 
Se 100 
Lol, = + 148,90° für Stachyoseanhydrid, 7 = 22 ccm, t = —+-15°. 


Bei Zusatz von Helixsaft zu einer solchen Lösung werden 
die 1,80 g Stachyoseanhydrid in der ersten, der schwachen In- 
version entsprechenden Phase in 0,48625g Lävulose- und 
1,326 g Manninotrioseanhydrid gemäß Gleichung 2 übergeführt 
werden. In der zweiten Periode erfolgt die Hydrolyse der 
Triose, und schließlich nach vollendetem Abbau der Stachyose 
ermittelt man in der Lösung nach Gleichung 1 die Gegen- 
wart von: 


= 5,89 (Zentigrad). 


7,20 >X< 1,80 
6,66 


reduzierender Saccharide, die sich verteilen auf 0,48625 g 
Lävulose, 0,48625 g Glucose und 0,9725 g Galaktose (als An- 
hydride). 

Wenn man aus den diesen Zuckerarten?) entsprechenden 
Drehungswerten die, nach der schwachen und totalen Hydro- 
lyse, auftretende Rotation der Lösung berechnet, findet man 
im ersten Fall 4,019° und 1,30° im zweiten (l= 2,2; t = -+15°.. 

Kurz, die Drehung vermindert sich nach der ersten Spal- 
tung, nach der zweiten in noch stärkerem Maße, ohne jedoch 
in Linksdrehung überzugehen. 

Die anfangs 0 betragende Reduktionskraft wird nach der 
Inversion zunächst schwach zutage treten, dann allmählich zu einem 
Maximun anwachsen, das nach Ablauf der Hydrolyse erreicht 
wird. Nach der Methode von G. Bertrand läßt sich dieser 
Prozeß leicht genau verfolgen. 

Zur Berechnung von Glucose und Galaktose haben wir 
die in den Tabellen angegebenen Zahlen benutzt; die Lävulose 


2) Drehung der Manninotriose — 4167, 00 (C. Tanret). 


= 1,945g 


= p Lävulose —=— 92,1% (Jungfleisch und 
Grimbert). 
n „ Glucose = + 52,50, 


5 n Galaktose = + 80,99 (Meißl). 
t=-+15°. 


450 H. Bierry: 


ist nach den für Invertzucker berechneten Werten bestimmt 
worden. Für die Manninotriose haben wir die entsprechenden 
Kupfermengen ermittelt. 

Zu jeder Bestimmung wurden 2,5 ccm Stachyoselösung 
entnommen. Wenn nach Schluß des Versuches die Spaltung 
eine vollkommene war, so enthielt diese Probeentnahme: 0,01215g 
Lävulose, 0,01215 g Glucose und 0,0243 g Galaktose. 

Nach den Tabellen entsprechen: 


0,01215 g Lävulose . . . . 24,9 mg Kupfer 
0,01215 „ Glucose . . . . 246 „ 
0,02430 „ Galaktose . . . 45,7 „ „ 


95,2 mg Kupfer 


Es muß also eine 95,2 mg Kupfer entsprechende KMnO,- 
Menge gefunden werden. Bei einer partiellen Hydrolyse ent- 
halten diese 2,5 ccm nach theoretischer Berechnung: 0,01215 g 
Lävulose und 0,0345 g Manninotriose. 


0,01215 g Fruchtzucker entsprechen 24,9 mg Cu 
0,03405 „ Manninotriose j 273 » e 
52,2 mg Cu 


Osazonmethode. Die Lävulose, Galaktose und Glucose 
bilden in kochendem Wasser unlösliche Osazone. 

Das Manninotriosazon ist in der Kälte in mit gleichen Teilen 
Wasser verdünntem Aceton und beim Erhitzen in destilliertem 
Wasser löslich. Behält man diese Eigenschaften im Auge, so 
ist es leicht, das Manninotriosazon aus einem Gemenge unlös- 
licher Osazone zu isolieren. Sein Schmelzpunkt liegt bei 122 
bis 124° auf dem Maquenneblock. 

Wir möchten nochmals betonen, daß die Osazonprobe 
allein bei der Bestimmung von Stachyose nicht zum Ziele führt, 
sondern nur als bestätigende Ergänzung zu den aus dem 
Drehungs- wie Reduktionsvermögen erhobenen Befunden an- 
gewandt werden soll. Denn es läßt sich nicht mit Sicherheit 
sagen, ob unter diesen Umständen das gebildete Mannino- 
triosazon der freien resp. gebundenen Manninotriosse oder der 
Stachyose entstammt, da letztere, bei 100° mit Phenylhydrazin 
und 50°/,iger Essigsäure erhitzt, in Glucosazon und Mannino- 
triosazon zerfällt. 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 451 


Die Osazonprobe ist aber vorzüglich geeignet, uns darüber 
aufzuklären, ob die Umwandlung der Stachyose wirklich bis 
zum Endstadium durchgeführt ist oder nicht. 

Isolierung der einzelnen Zuckerarten. Um absolute 
Gewißheit darüber zu erlangen, daß die Abspaltung des Lävu- 
losemoleküls wirklich eine Folge des ersten Verdauungsstadiums 
ist, haben wir dieses Saccharid nach der Vorschrift von Jung- 
fleisch und Lefranc dargestellt. 

Zur Abscheidung der Manninotriose!) haben wir, wie zu 
ihrer Darstellung, hochprozentigen und kochenden Alkohol benutzt. 

Von unseren angestellten Versuchen wollen wir einige an- 
führen, in denen entweder die Aktivität verschiedener Ver- 
dauungssäfte verglichen oder der Einfluß der Temperatur unter- 
sucht werden sollte. 

Versuch. 
90 ccom Stachyoselösung, 1,80 g wasserfreien Zucker enthaltend, 


werden folgendermaßen mit Verdauungseaft von Astacus fluviatilis oder 
Helix pomatia®) angesetzt: 


Saft von Helix pomatia 2 oom Saft von Astacus 2ccm 
Stachyoselösung 90 „ Stachyoselösung 90 „ 

1 | Dest. Wasser bis 100 „ 2 | Dest. Wasser bis 100 „ 
Toluol, Thymol Thymol, Toluol 

1’ Dasselbe. 2 Dasselbe. 

1” Dasselbe mit gekochtem Saft. 2” Dasselbe mit gekochtem Saft. 

y” d Helixsaft 2 com ge d Astacussaft 8ccm 
Dest. Wasser bis 100 „ Dest. Wasser bis 100 „ 


Die Flaschen werden bei 40° im Brutschrank belassen. Nach 
18stündiger Digestion erste Probenahme von 2,5 ocm aus jeder Lösung, 
die auf 20 ccm mit destilliertem Wasser aufgefüllt, zur Bestimmung 
dienen. 24 Stunden später zweite Probe und so fort, bis das Re- 
duktionsvermögen konstant geworden ist. 

Bei der polarimetrischen Bestimmungsmethode haben wir den schon 
früher angegebenen Weg eingeschlagen und die bezüglich der Verdünnung, 
Behandlung mit Hg-Nitrat und der Konzentration die nötigen Kautelen 
beobachtet. 


1) Auch die modifizierte Gate die schon gelegentlich 
der Saccharose erörtert wurde, ist hier anwendbar. 

2) Bei den hier angeführten Versuchen ist die Konservierung mittels 
Toluol und Thymol erfolgt. Bei den Digestionen von langdauernder 
Einwirkung haben wir NaF benutzt und wenig abweichende Resultate 
erhalten, ebenso bei den Versuchen mit Manninotriose, Gentianose und 
Raffinose. 


452 H. Bierry: 


=t 


Wir haben folgende Werte erhalten, die in Milligrammen die den 
2,5 ccm der Probe entsprechenden Kupfermengen ausdrücken: 
1 und 1’ 2 und X 
Vor Beginn der Hydrolyse: 0 mg Kupfer 0 mg Kupfer 
Nach der Hydrolyse: 
18 Stunden 38 53 


n N ” n 
2 Tage Aa a e j 
4, e, o, On 
6 „ GEN C 
2, CC BD. % 
10 „ Br T 
18 „ s. e en a 
15 „ 85 p n 95 n n 
18 „ T Bun 
on „ 2.) n BB) nr 
27 „ 4, n SS, nr 
80 „ oe. n goe. a» 


Hieraus ergibt sich, daß die durch Magen-Darmsaft von Helix oder 
Astacus bewirkte Stachyosehydrolyse in einem Fall nach 10 Tagen, im 
anderen erst nach 30 Tagen vollständig abgeschlossen ist. Die Drehung 
der Lösung ist 1916’ geworden; lösliche Osazone wurden nicht erhalten. 

In dem Augenblicke, wo das Reduktionsvermögen für 2,5 oom 
durch 53 oder 54 mg Kupfer ausgedrückt wird, beträgt die Drehung der 
Lösung 3955’. Dann kann man zwei Osazone abscheiden, ein unlös- 
liches und ein in kochendem Wasser sich lösendes. Nach gründlichem 
Auswaschen schmilzt das erstere bei 228 bis 230°, das zweite bei 124°, 


Auch in den aufgestellten Lösungen 1’ und 2’ ist es uns 
gelungen, Lävulose und Manninotriose zu isolieren. 

Das erste Verdauungsstadium (Zerlegung der Stachyose in 
Lävulose und Manninotriose) erfolgt in 2 und 2’ nach 18 Stun- 
den, in 1 und 1’ nach 48 Stunden. 


Versuch. 
1,80 Stachyoseanhydrid werden auf 98 oom gebracht und in fol- 
gender Weise angesetzt. 


Helixsaft 2 ccm Helixsaft 2 ccm 
1 $ Lösung 98 „ 2 $ Lösung 98 „ 
Toluol, Thymol Toluol, Thymol 
1’ Dasselbe. 2’ Dasselbe. 
Gekochter Saft 2 com Helixsaft 2 com 
3 4 Lösung 98 „ 4 < Destilliertes Wasser 98 „ 
Toluol, Thymol Toluol, Thymol 


Flaschen 1 und 1’ stehen im Brutschrank bei 33°, 2 und 2° bei 50°. 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 453 


Probenahme: 2,5 oom Lösung. 
Erhalten, in Kupfer umgerechnet: 


1 und 1’, Einwirkung 2 und 2’, Einwirkung 
bei 33° bei 50° 
Vor Hydrolyse: 
0 mg Kupfer 0 mg Kupfer 
Nach Hydrolyse: 
18 Stunden 39 mg Kupfer 53 mg Kupfer 
40 n 54 n n 67 n n 
66 = 61 „ S 69 „ = 


Die Flaschen 1’ und 2’, in denen (nach 18stündigem Aufenthalt 
bei 33° für erstere, bei 50° für letztere) die Reduktionsfähigkeit für 
2,5 com durch 39 mg, resp. 53 mg Kupfer ausgedrückt war, wurden aus 
dem Brutschrank genommen und der Laboratoriumstemperatur aus- 
gesetzt. Nach 24stündigem Verweilen bei + 15° wurde die Reduk- 
tionskraft wieder geprüft und folgendermaßen befunden: 

45 mg Kupfer für 1’ und 56 mg Kupfer für 2. Die entsprechen- 
den, bei 330° und 50° belassenen Lösungen 1 und 2 lieferten: 

54 mg Kupfer für 1 und 67 mg Kupfer für 2. Die erste Ver- 
dauungsphase wird mit demselben Saft innerhalb 18 Stunden bei 50°, 
innerhalb 40 Stunden bei 33° erreicht. Der Unterschied in der Re- 
duktionskraft zwischen 1 und 2 ist in dem Zeitraum von 18 und 40 Stun- 
den besonders scharf ausgeprägt; das ist gerade die Zeit, während welcher 
sich die schwache Inversion vollzieht. 

Die Einwirkung der Lävulopolyase, des dieses erste Stadium leiten- 
des Fermentes, wird also durch die Temperatur ganz empfindlich beeinflußt. 


Manninotriose und ihre Derivate. 


Die aus kochendem, absolutem Alkohol ausfallende Manni- 
notriose ist nach Trocknung bei 115 bis 120° wasserfrei. Ihre 
Zusammensetzung entspricht der Formel C.H. Bei Behand- 
lung mit verdünnten, heißen Mineralsäuren zerfällt sie unter 
Bildung von 2 Molekülen Galaktose und 1 Molekül Glucose 
nach der (zuvor angeführten) Gleichung 3: 

CisHs2016 -H 2 H30 = C H1206 + CeH1206 + CoH 120: 


Manninotriose Glucose Galaktose Galaktose 
(504) (180) (180) (180) 


Auch hier kann man den Spaltungsvorgang messend ver- 
folgen, indem man sein Augenmerk auf die optischen und re- 
duzierenden Eigenschaften der Muttersubstanz wie auf die- 
jenigen der von ihr erzeugten Körper richtet. Die Osazonprobe 


steht als zuverlässige Kontrolle zur Verfügung. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 30 


454 H. Bierry: 


Wenn z.B. 1,262 g dieses Saccharids im wasserfreien Zu- 
stand in 100 ccm gelöst werden, so beträgt die Drehung dieser 
Lösung 4,63° [@aJn=- 167°; (= 22 cm, t= 4+ 15°). 

Angenommen, die Hypothese ist richtig (wir werden sie 
noch im Verlauf der Arbeit näher erörtern), daß die Zerlegung 
der Manninotriose unter Einwirkung des Magen-Darmsaftes von 
Helix unmittelbar in 2 Moleküle Galaktose und 1 Glucose- 
molekül nach der obigen Gleichung erfolgt, so kann man die 
Werte für Drehung und Reduktion einer solchen Lösung für 
eine Hydrolyse von 22, 40, 50 bis 100°/, dieser Zuckerart 
berechnen. 

Zur polarimetrischen Untersuchung wird das Digestions- 
gemisch mit Quecksilbernitrat behandelt und mit den bereits 
angegebenen Vorsichtsmaßregeln konzentriert. Jede Bestimmung 
wird an 2,5 ccm Lösung, die mit destilliertem Wasser auf 
20 ccm aufgefüllt werden, ausgeführt. 


1. Hydrolyse der Manninotriose zu 22°/,. 


Für diesen Fall haben sich von den in 100 ccm Lösung 
enthaltenen 1,262 g Manninotriose 0,27764 g umgewandelt in: 
0,09915 g Glucose- und 0,1983 g Galaktoseanhydrid. In den 
100 ccm finden sich dann: 0,984 36 g restierende Mannino- 
triose, 0,09915 g Glucose und 0,1983 g Galaktose. 

Die Lösung wird bei 415° eine Drehung von -+ 4,082° 
aufweisen. 

52,5% 2,2% 0,0915 





.. 1 — 0 
a für Glucose 100 0,114 
a für Galaktose . . een) use 
100 
a für Manninotriose = ARZT — 3,616° 
4,082° 


Die 2,5 ccm, die anfangs 0,03155 g Manninotriose ent. 
hielten, weisen jetzt auf: 


0,00247875 g Glucoseanhydrid entsprechend 5,0556 mg Cu 

0,0049575 g Galaktoseanhydrid j 9,5679 „ » 

0,024609 g Manninotrioseanhydrid ` 19,30 E 
33,9235 mg Cu 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 455 


2. Hydrolyse der Manninotriose zu 40°/,. 


Hier sind von den gelösten 1,262 g Manninotriose 0,5048 g 
der Spaltung unterlegen unter Bildung von: 0,1802 g Glucose 
und 0,3604 g Galaktose. Die 100 ccm Lösung enthalten: 0,7572 g 
restierende Manninotriose, 0,1802 g Glucose und 0,3604 g Ga- 
laktose. Die Ablenkung der Lösung wird betragen: 


a = [(Glucose 0,208) -+ (Galaktose 0,641) -+ (Manninotriose 2,837)] 
= 3,68®. 


Das Reduktionsvermögen der 2,5 ccm, in Kupfer be- 
rechnet, ist für: 


Glucose . . 0,004505 entsprechend 9,11 mg Kupfer 
Galaktose . 0,00910 e 17,389 „ a 
Manninotriose 0,01893 oe 14,85 „ a 


41,349 mg Kupfer 


3. Hydrolyse zu 100°/, 

Bei vollständiger Spaltung enthält die Lösung 0,4507 g 
Glucose-, 0,9014 g Galaktoseanhydrid, ihre Drehung beträgt bei 
+ 15° 2° 12’ oder 2° 07”. 

In 2,5 ccm der Flüssigkeit finden sich: 

0,011267 g Glucose entsprechend 22,93 mg Cu 
0,022534 g Galaktose S 42,60 „ , 
65,53 mg Cu 


Die anfänglich beobachtete Drehung der Lösung wird mit 
Fortgang der Hydrolyse entsprechend abnehmen. Dagegen 
wächst das Reduktionsvermögen vom Beginn bis zum Schluß 
des Versuches beträchtlich an. 

Zu Anfang werden in den 2,5 ccm bei Probenahme 31,55 mg 
Manninotriose = 26 mg Kupfer ermittelt, am Ende: 0,011267 g 
Glucose und 0,022534 mg Galaktose, in Kupfer umgerechnet: 
65,53 mg Kupfer. 

Als Beispiel sei hier folgender Versuch wiedergegeben: 


Versuch. 
Eine auf 98 ccm 1,262 g Manninotriose enthaltende Lösung wird 
bei 120° sterilisiert, dann mit Magen-Darmsaft von Helix versetzt wie 


folgt: 
30* 


456 H. Bierry: 


Lösung 98 com Lösung 98 com 
1 Je, 2 A 2 | Helixsaft PER 
Thymol, Toluol NaF 2g 
Lösung 98 ccm 
8 Gekochter Helixsaft 2 g 
NaF 2g 
Lösung 98 com Lösung 98 oom 
1’ $ Helixsaft 2g Si Helixsaft 2 on 
Thymol, Toluol NaF 2g 
— on Destilliertes Wasser 98 oom 
4 elixsaft 0,3 „ 5 I Heli 2 
Destilliertes Wasser 1,2 „ lixsaft S 
Thymol, Toluol NaF 28 


Alle Flaschen werden im Brutschrank bei 410° sich selbst über- 
lassen. 


1. Untersuchung des Reduktionsvermögens. 


Zu jeder Bestimmung werden 2,5 oom der Lösung entnommen. 
Ausbeute an entspreohenden Kupfermengen: 


Vor Beginn der Hydrolyse: 


L und 1’ 2 und X 4 
26 mg 26 mg 26 mg Cu 
Nach Hydrolyse: 

1 Tag 30 mg 30 mg — 
3 Tage 34 „ 33 n — 
5 - 36 „ 34 „ 33 mg Cu 
ae 37 „ 35 p 397 on 
1 „ 42 „ 38 „ 3 p an 


am 13. Versuchstag wird Flasche 4 
mit 1 ccm frischen Helixsaftes 


versetzt 
21 „ 5l „ 4l „ 60 mg Cu 
23 „ — 42 „ — 
27 y — 4 „ — 
33 „ — 46 „ _ 
40 „ — — 64 mg Cu 
45 „ 63 „ — — 


2. Untersuchung des Drebungsvermögens. 

Die Verdauungslösung wurde erst verdünnt, dann mit Hg-Nitrat unter 
den üblichen Vorsichtsmaßregeln behandelt. 

In der untenstehenden Tabelle sind die in den angesetzten Lösungen 
beobachteten Ablenkungswerte x zusammengestellt, wenn die Hydrolyse 
(nach der Reduktionskraft berechnet, unter Annahme der oben bespro- 
chenen Hypothese) 22, 40. . .100°%/,ig ist (el ist die theoretisch be- 


rechnete Ablenkung, die die Lösung für eine solche Hydrolyse auf- 
weisen sollte.) 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 457 


Für eine Hydrolyse von o berechnet o gefunden Differenz 
220/9 4,0820 oder 49.05’ 49 20’ 15’ 
40°/, 8,6860 „ 8041’ 30 AN 14’ 
60%, 8,130 „ 3007 30 15’ 8 
800/9 2,620 „ 2037’ 20 42° 5 
100%, 2,120 „ 207 20.09’ 2’ 


3. Bestimmung der Osazone. 


Wie wir gesehen haben, ist das Manninotriosazon in der Wärme in 
destilliertem Wasser, in der Kälte in mit gleichen Teilen Wasser ver- 
dünntem Aceton löslich. 

Lufttrocken schmilzt es bei 122 bis 124° auf dem Maquenneblock. 
Das so charakteristische Glucosazon schmilzt bei 230° und das Galakt- 
osazon bei 212 bis 214°; diese Osazone sind in der Kälte in verdünntem 


Aceton außerordentlich wenig löslich und fast unlöslich in kochendem 
Wasser. 


Es wird also ein leichtes sein, das Osazon der Triose von den zwei 
unlöslichen Osazonen zu trennen, jedoch muß es vor seiner Schmelz- 


punktbestimmung immer durch zwei bis drei Krystallisationen aus Wasser 
gereinigt werden. 


Wir wollen nun die Hypothese als erwiesen ansehen, daß 
bei der Aufspaltung der Manninotriose erst Galaktose frei wird 
und ein Biosezwischenkörper entsteht, der ein in kochendem 
Wasser lösliches Osazon liefert. Wenn in diesem Stadium das 
Verdauungsgemisch mit Phenylhydrazinacetat behandelt wird, 
so erhält man zwei voneinander trennbare Osazone. Eins ist im 
Wasser löslich, jedoch nicht als Manninotriosazon anzusprechen, 
da es kein einheitliches Osazon, sondern ein Gemisch darstellt. 
Das andere, unlösliche, muß wegen seiner krystallinischen Form, 
seines Schmelzpunktes, seines optischen Verhaltens (nach Auf- 
lösung in Pyridin-Alkohol oder Essigsäure) mit Galaktosazon 
identisch sein. Dementsprechend muß der Schmelzpunkt des 
löslichen Osazons, wenn letzteres wirklich ein Gemenge von 
zwei löslichen Osazonen ist (Osazon der Biose und Osazon der 
Manninotriose), schwanken, da im Verlauf des Abbaues bald 
das Triose- bald das Bioseosazon vorherrschen wird. 

Bei einem schon weiter vorgeschrittenen Hydrolysestadium 
wird man neben Galaktosazon noch ein aus der Spaltung der 
Biose (Galaktose 4 Glucose) resultierendes Glucosazon finden 
müssen. Wir haben uns in der Tat durch Kontrollversuche, 
angestellt mit reiner Glucose und Galaktose in ähnlichen Kon- 
zentrationen, davon überzeugen können, daß in dem Ge- 


458 H. Bierry: 


misch der unlöslichen Osazone die beiden erwähnten zugegen 
sind. Ferner muß, sobald festgestellt ist, daB Glucosazon vor- 
handen ist, der Schmelzpunkt der unlöslichen Phenylhydrazin- 
verbindung nicht mehr bei 212 bis 214°, sondern höher liegen. 

Und die wirklichen Verhältnisse entsprechen vollkommen 
diesen theoretischen Überlegungen. 

Solange die Spaltung der gelösten Manninotriose (stets 
nach ihrer Reduktionskraft berechnet) nicht 35°/, erreicht, 
scheiden sich keine unlöslichen Osazone ab!). Selbst beim Ab- 
bau bis zu 35°/, beobachtet man in der Wärme keine Bildung von 
unlöslichen Osazonen, wenn die Lösung bis 100° mit Phenyl- 
hydrazinacetat erhitzt wird. Läßt man sie hingegen im Wasser- 
bade zur Krystallisation erkalten, so ist es möglich, die beiden 
Osazone aus der abgekühlten Flüssigkeit abzuscheiden. Das 
eine ist in der Kälte in verdünntem Aceton, in der Hitze in 
destilliertem Wasser löslich, das andere, unlösliche, fällt in nur 
sehr geringen Mengen aus. Nach der Reinigung schmilzt 
ersteres bei 140 bis 142°, letzteres bei 212 bis 214°. 

Aus einer Lösung, in der die Hydrolyse den Wert von 
40°/, erreicht hat, scheidet sich in der Wärme ein unlösliches 
Osazon in Form von großen, goldgelben Tafeln ab. Dieses 
Osazon ist kein Gemenge, denn infolge seines Gesamtverhaltens 
kann es mit dem aus reiner Galaktose gebildeten Osazon iden- 
tifiziert werden. 

Die Menge der unlöslichen Osazone wächst im Verhältnis 
zu dem höheren Spaltungsgrad der Digestionslösung. Wenn 
man eine Flüssigkeit, die, nach ihrem Reduktionsvermögen zu 
schließen, 65°/, des gelösten Saccharids aufweist, mit Phenyl- 
hydrazin behandelt, so kann man sich leicht davon vergewissern, 
daß die unlösliche Phenylhydrazinverbindung nicht mehr aus 
Galaktose allein besteht. Man beobachtet dann in der Tat die 
Gegenwart von Glucosazonkrystallen, die durch ihre grünlich- 
gelbe Farbe und ihre typische Form, an Ginsterzweige er- 
innernd, von den großen goldgelben Galaktosazonkrystallen 
abstechen. Der Schmelzpunkt der unlöslichen Osazone liegt 
nun nicht mehr bei 212 bis 214°, sondern bei 216 bis 218°, 


1) Dies hat seine Ursache, wie wir gefunden haben, darin, daß 
Manninotriosazon Galaktosazon in Lösung hält. Die krystallinische Form 
des ersteren ist dann unter diesen Umständen verändert. 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 459 


derjenige der löslichen Phenylhydrazinverbindung wird jetzt 
bei 150 bis 152° liegend ermittelt (scharfer Schmelzpunkt). 
Die Glucosazonmenge steigt proportional mit dem pro- 
zentischen Wert der Hydrolyse. Bei vollendeter Spaltung der 
Manninotriose erhält man keine unlöslichen Osazone mehr. 


Versuch. 


Angesetzt werden 2,066 g wasserfreie Manninotriose in 98 ccm 
Lösung und mit Helixsaft beschickt: 


Lösung 98 com Lösung 98 ccm 
1 | Helixsaft 2 „ 2 | Gekochter Saft 2: ;; 
Thymol, Toluol Thymol, Toluol 
Helixsaft 2 ccm 
3 Inge Wasser 98 , 
Thymol, Toluol 


Aufbewahrung im Brutschrank bei 38°. 

Besteht die Hypothese zu recht, daß die Spaltung der Triose ein 
direkter Zerfall in 2 Galaktosemoleküle und 1 Glucosemolekül ist, so 
kann man das Drehungs- wie Reduktionsvermögen einer solchen Lösung 
bei 70 und 100°/, des gelösten Zuckers berechnen. 

Hydrolyse zu 70°/,. Von den in 100 com enthaltenen 2,066 g 
Manninotriose sind 1,4462 g umgewandelt worden in 0,5165 g Glucose 
und 1,033 g Galaktose (Anhydride). Analyse der 100 ccm ergibt dann: 
0,5165 g Glucose, 1,033 g Galaktose und 0,6198 g restierende Mannino- 
triose. Die Ablenkung der Lösung wird dann bei + 15° 4,69 betragen. 
Das Reduktionsvermögen wird an der Hand der zur Probe entnommenen 
2,5 ccm ermittelt. Sie enthalten, in Kupfer ausgedrückt, folgende Mengen: 


0,0129125 g Glucose, entsprechend 26,15 mg Kupfer 
0,025825 „ Galaktose, » 48,55 „ » 
0,015495 „ Manninotriose , 12,43 ,„ m 
: 87,10 mg Kupfer 


Hydrolyse zu 100°/,. Die 100 com Lösung enthalten in diesem 
Fall: 0,7378 g Glucose und 1,4756 g Galaktose. Ablenkung: 3,47°., 
In den 2,5 com Lösung sind enthalten: 
0,018445 g Glucose und 0,03689 g Galaktose (wasserfrei), in Kupfer 
umgerechnet: 
0,018445 g Glucose, entsprechend 37,09 mg Kupfer 
0,03689 „ Galaktose, en 68,34 „ a 
105,43 mg Kupfer 


Hat die Spaltung den Endpunkt erreicht, so fällt die ursprüngliche 
Drehung der Lösung von 7,590 auf 3,47%. Die durch 40,7 mg Kupfer 
ausgedrückte Reduktion ist auf 105,43 mg angestiegen. 


460 H. Bierry: 


Ermittelung des Reduktionsvermögens der Lösung. Die 
in den zu jeder Bestimmung entnommenen 2,5 com Flüssigkeit gefundene 
Ausbeute beträgt in entsprechenden Kupfermengen: 


Vor Einsetzen der Spaltung: 


40,7 mg 

Nach Hydrolyse: 
40 Stunden 54 mg 
4 Tage 86 „ 
20 Tagen 9 „ 
30 , 103 „ 
40 ,„ 105 „ 


Bestimmung der Rotation. Ablenkung für 1 bei 70 und 
100°/,iger Hydrolyse der Manninotriose (ol — theoretisch berechnete 
Ablenkung): 

berechnet o gefunden x Differenz 


70% 40 41’ 40 48’ 7’ 
100 oi, SEI 30.297 v 
Versuch. 


96 ccm wässerige Manninotrioselösung, bei 120° sterilisiert und 
1,045 g wasserfreien Zucker enthaltend, werden mit Helixsaft in Kontakt 
gebracht. 

Folgende Gemische werden angesetzt: 


Lösung 96 ccm Lösung 96 ccm 
l | Heliza 4 Zeg 2 E 4 „ 
Thymol, Toluol NaF 2g 
Lösung 96 cem 
3 E Saft 4 „ 
NaF 2g 
Lösung 96 ccm Lösung ; 96 ccm 
1’ | Helixsaft d 2 Helixsaft 4 „ 
Thymol, Toluol NaF 2g 
Helixsaft 4 com 
4 Inge Wasser 96 , 
NaF 2g 


Man beläßt die Flaschen im Brutschrank bei 41°. 

Die Richtigkeit der Annahme vorausgesetzt, daß die Triose glatt 
in 2 Moleküle Galaktose und 1 Molekül Glucose zerfällt, so können wir 
die Drehung wie Reduktion berechnen, die eine solche Lösung bei 60, 
70, 85, 100°/, des gelösten Zuckers aufweisen müßte. 

1. Hydrolyse zu 60°/,. Hier würden von den in 100 ccm Lösung 
enthaltenen 1,045 g Manninotriose 0,627 g in 0,2239 g Glucose und 
0,4478 g Galaktose in wasserfreiem Zustande verwandelt worden sein. 
Analysiertt man nun die Lösung von 100 ccm Inhalt, so findet man: 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 461 


einen Rest von 1,418 g Manninotriose, 0,2239 g Glucose und 0,4478 g 
Galaktose. 

Die Ablenkung beträgt bei + 150° — 2,58° (Zentigrade). 

Die Reduktionskraft wird an 2,5 ocm bei einer Probeentnahme, in 
Kupferwerten ausgedrückt, ermittelt. Diese enthalten zu Beginn des 
Versuches 0,026125 g Manninotriose, jetzt: 


0,005597 g Glucose, entsprechend 10,4 mg Kupfer 
0,011194 ‚„, Galaktose, e 21,5 „ » 
0,01045 nm Triose, nu 8,2 nm nm 


40,1 mg Kupfer 


2. Hydrolyse zu 70°/,. In diesem Falle enthalten die 100 com 
Lösung: 0,3135 g restierende Manninotriose, 0,26125 g Glucose und 
0,5225 g Galaktose. Die beobachtete Ablenkung der Lösung beträgt 
2,400. Das Reduktionsvermögen dieses Gemisches Manninotriose, Glucose 
und Galaktose, von 2,5 ccm Volumen: ist durch 44,5 mg Kupfer aus- 
gedrückt. 

3. Hydrolyse zu 85°,. Die Lösung von 100 ccm Volumen 
weist auf: 0,1567 g unveränderte Manninotriose, 0,317 g Glucose und 
0,634 g Galaktose. Ablenkung: 2,06%. Reduktionsvermögen der in 
2,5 com enthaltenen Produkte, in Kupfer umgerechnet: 49,4 mg. 

4. Hydrolyse zu 100%,. Bei vollständiger Spaltung werden 
2,5 com Lösung enthalten: 0,00933 g Glucose und 0,01866 g Galaktose- 
anhydrid, entsprechend 54,38 mg Kupfer. Die vor Beginn der Verdauung 
betragende Drehung von 3,84% (Rohr 22 cm, $=--15°) wird auf 
1,7589 (Zentigrade) oder 1945’ gefallen sein. 


Analyse der Verdauungslösung. 
Reduktionsvermögen. Auf 2,5 ccm Lösung in Kupfer be- 
rechnete Mengen: 
Vor Beginn der Hydrolyse: 


l und !’ 2 und 2° 
20,5 mg 20,5 mg 
Nach Hydrolyse: 
3 Tage 47 mg 41 mg 
4 HI 49 H 44 „ 
8 DI 54 »”» — n 
12 , — , AA - 


2. Drehungsvermögen. Folgende Tabelle gibt die in den 
Lösungen 1 oder 1’, 2 oder 2’ beobachteten Ablenkungen, wenn die 
Hydrolyse der Manninotriose 78, 85 und 100°/, betragen hat. «’ sind 
die Sollwerte der Ablenkungen. 


Hydrolyse e berechnet a gefunden Differenz 
70%, 2,400 (Zentigrad) oder 29 24’ 20 31’ ON 
859%, 2,060 be „ 2003’ 20 08’ 5 


100 9%, 1,7580 , „ 1049 19 43’ CH 


462 H. Bierry: 


Osazonbestimmung. Wie in Versuch 2 sind die Digestions- 
lösungen mit oder ohne Zusatz von NaF der Phenylhydrazinprobe unter- 
worfen worden, um zu ermitteln, ob das erste erscheinende unlösliche 
Osazon Galaktosazon ist. Es war wiederum der Fall. Als die Hydro- 
lyse, nach dem Reduktionsvermögen zu urteilen, 50°/,ig war, wurde 
ein Teil der Flüssigkeit abgehebert, dann auf das Wasserbad bei 100° 
gebracht und mit Phenylhydrazinacetat versetzt. Es bildete sich in der 
Wärme ein Osazon, das leicht als Galaktosazon identifiziert werden konnte. 

Das Glucosazon ist neben dem Galaktosazon nur dann er- 
schienen, wenn die Phenylhydrazinprobe mit Verdauungs- 
gemischen, die eine 70°/,ige Hydrolyse aufwiesen, gemacht 
wurde. 


Manninotriose-Harnstoff C, H, O,,. N. OO. NH, + H,O. 
Nach dem von Schoorl ausgearbeiteten Verfahren ist es 
uns gelungen, eine Verbindung von Manninotriose und Harnstoff, 


das erste Trioseureid, herzustellen. 

Zur Herstellung dieses Körpers haben wir, bei Gegenwart von 
H,SO, als Katalysator, Manninotriose, resp. Manneotetrose mit Harn- 
stoff bei 50° in Berührung gebracht. Als Ausgangsmaterial wird 
Stachyose benutzt und folgende Lösung in den Brutschrank bei 50° 
gestellt: 

7 g Stachyose, 2,50 g Harnstoff, 2,5 ccm ®/, n-H,SO,, mit Wasser 
auf 100 ccm aufgefüllt. Die anfangs 40053’ betragende optische 
Drehung war nach 8 Tagen auf 26° 30’ und nach 12tägigem Aufenthalt 
(= 18°, Rohr 22cm) auf 25030’ gesunken. Die gespaltene Stachyose 
war in Lävulose und Manninotriose zerfallen, und letztere eine Ver- 
bindung mit dem Harnstoff eingegangen. 

Man befreit die Lösung von H,SO, mittels Baryt, filtriert, engt 
das Filtrat im Vakuum bis zur Sirupdicke ein. Dieser Auszug wird 
mit 90°/,igem, dann mit einer kleinen Menge 80°/,igem, kochendem 
Alkohol extrahiert. Man läßt erkalten, gießt den Alkohol ab und be- 
handelt den Rückstand nochmals mit 80°/,igem kochenden Alkohol. 
Dieselbe Behandlung wird so oft wiederholt, bis die Lösung nur Spuren 
von Lävulose enthält und infolgedessen nur schwache Seliwanoffsche 
Reaktion ergibt. 

Der so erhaltene Körper ist amorph und sehr hygroskopisch. Im 
Vakuum, dann bei 115° getrocknet, verliert er so viel an Gewicht, als 
dem entwichenen Wassermolekül entspricht. 

Gewicht des Körpers vor der Trocknung: 1,2856 g, nach der 
Trocknung: 1,2520 g. 

Die Analyse des im Vakuum über Schwefelsäure, dann bei 115° 
getrockneten Stoffes ergab folgende prozentische Werte: 

C = 41,62; H=6,35; N = 5,48 
(für Celalleha berechnet: C= 41,75; H =6,22; N= 5,12). 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 463 


Der in Wasser gelöste Manninotriose - Harnstoff (Gew. = 0,5527 g, 
t —= +- 20°, Rohr 22 om, v= 50 oem, x 30 06) weist eine Drehung 


auf von: 
8,10 ze 50 


lal = 55527 3< 2, 
Mit Alkalien oder verdünnten Säuren bis zum Bieden er- 
hitzt, zerfällt er in seine Komponenten Manninotriose und Harn- 
stoff. Als wir nach der Methode von G. Bertrand das Re- 
duktionsvermögen des Manninotrioseharnstoffes ermitteln wollten, 
sahen wir, daß die Verbindung unter diesen Versuchsbedin- 
gungen gespalten wurde und die gefundene Kupfermenge dem 
nach der Gleichung: 


C. H.,0,, - N-CO— NH, +H,0=C,,H,0,+H,N-CO—NH, 


berechneten Manninotriosegewicht entsprach. 

Unter Einwirkung von Helixsaft wurde der Manninotriose- 
harnstoff in seine Komponenten — Manninotriose und Harn- 
stoff — prompt gespalten. 


= 127,4°. 


Versuch. 
0,50 g Manninotrioseharnstoffanhydrid werden in 45 ccm Wasser 
gelöst und in folgender Anordnung angesetzt: 


Lösung 45 com Lösung 45 ccm 
1 Le E: ;, 2 E Saft l Ze 
Destilliertes Wasser 4 , Destilliertes Wasser 4 , 
Saft l eem 
Wasser 49 ,„ 


Die 3 Flaschen werden bei 38° in den Brutschrank gestellt. Anti- 
septica: Thymol und Toluol. 

Zu jeder Bestimmung entnimmt man 2,5 com Lösung. 

Die in 1 entsprechenden gefundenen Kupfermengen betragen: 


Vor Beginn der Hydrolyse: 


18 mg 

Nach der Hydrolyse: 
1 Tag 30 mg 
2 Tage 37 „ 
3 LE 44 3? 
4 A3 45 II 
15 „ 47,5 „ 


Vor Beginn der Hydrolyse enthielten die 2,5 com also, entsprechend 
den 25 mg Manninotrioseharnstoff, 18 mg Kupfer. Dieser selben Menge 
entsprechen 23,07 mg Manninotriose, und dieses ist gerade das bei Spal- 
tung des Manninotrioseharnstoffes für Manninotriose ermittelte Gewicht. 


464 H. Bierry: 


Wir können folglich den Schluß ziehen, daß der Manninotrioseharnstoff 
unter obigen Bedingungen zerlegt wird. 

Ist die Hydrolyse des Manninotrioseharnstoffes eine totale, so 
müssen nach der Beziehung: 


C,H330,5 - N-CO-NH,+ 3 H,O = CH,0,+ 2C,H,,0,+ H,N-CO—NH, 
Manninotrioseharnstoff d-Glucose d-Galaktose Harnstoff 
(546) (180) (860) (60) 


in den 2,5 ccm Digestionslösung sich finden: 8,225 mg Glucose- und 
16,45 mg Galaktoseanhydrid, in Kupfer ausgedrückt: 


Glucose . . . 8,225 mg = 16,77 mg Kupfer 
Galaktose . . . 1645 „ = 31, „ a 


48,07 mg Kupfer 


Man sieht, daß die empirisch gefundene Zahl 47,5 mg nur um sehr 
wenig von der theoretisch berechneten abweicht. 

Doch sind wir uns darüber klar, daß diese Analysen- 
methode uns über den wahren Hydrolyseverlauf nicht genau 
orientiert, denn die Ureide, die bei Beginn wie am Schluß sich 
haben bilden können, werden unter diesen Verhältnissen wieder 
gespalten. 

Wird nun die Glucose zuerst aus dem Manninotrioseharn- 
stoffmolekül in Freiheit gesetzt oder die Galaktose? Nach 
Analogie der Manninotriosespaltung würde man beim Einsetzen 
des Digestionsprozesses nur die Galaktose als freiauftretenden 
Zucker erwarten dürfen, eine Vermutung, die durch den Ver- 
such bestätigt worden ist. 

Manninotriosazon. Der Helixsaft greift das Lactosazon, 
das Maltosazon, das Melibiosazon an; er wirkt gleichfalls auf 
die Manninotriosse und den Manninotrioseharnstoff ein. Die 
Annahme war also nicht von der Hand zu weisen, daß er 
auch bei dem Osazon der Manninotriose nicht versagen würde. 

Durch drei Krystallisationen aus Wasser gereinigtes Mannino- 
triosazon wurde in ein Milieu von beträchtlichen Mengen Helix- 
saft gebracht (1 g auf 10 resp. 15 ccm Saft), mit Thymol und 
Toluol versetzt, 10 bis 15 Tage lang bei 40° sich selbst über- 
lassen. 

Nach Ablauf dieser Frist wurde die Verdauungslösung der 
Osazonprobe!) unterworfen. Nur ein einziges Osazon konnte 
nachgewiesen werden: nämlich Galaktosazon. 


1) Siehe bezüglich der Methode: Bierry, Le 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 465 


Nach Angabe von C. Tanret, der mittels Bromwasser 
Manninotriose in Manninotriosesäure übergeführt hat, wird 
letztere durch verdünnte Mineralsäuren in Galaktose und 
Gluconsäure gespalten: 


Cis H30 17 + 2H, 0= == 2C Ze), +0, H,O, 
Manninotriose Gluoonsäure 

Diese Reaktion beweist, daß die Aldehydgruppe der 
Manninotriose am Glucoserest haftet. 

Die aus der enzymatischen Wirkung des Helixsaftes sich 
ergebenden Tatsachen erbringen den Beweis, daß der an Phenyl- 
hydrazin und Harnstoff gebunden bleibenden Glucose die Aldehyd- 
gruppe angehört. 

Die Annahme, daß die durch Helixsaft bewirkte Spaltung 
der Manninotriose in einem unmittelbaren Zerfall aus 2 Mole- 
külen Galaktose und 1 Molekül Glucose, ohne Bildung eines 
Biosezwischenproduktes, besteht, wäre nicht zutreffend. 

Einerseits sehen wir im Verlaufe der Digestion Unstimmig- 
keiten zwischen den nach Drehungs- und Reduktionsvermögen 
berechneten Zuckergewichten. Diese im Anfang ziemlich aus- 
gesprochene Divergenz schwächt sich allmählich im Verhältnis 
zu der fortschreitenden Hydrolyse ab und wird beim Abschluß 
derselben Null Andererseits kann man mit Hilfe der Osazone 
einzig die Gegenwart von freier Galaktose in der Lösung bei 
beginnender Spaltung feststellen, während die Glucose dann 
noch in gebundenem Zustand sich befindet und erst später in 
den freien übergeht. 

Bevor nicht durch die Gegenwart von Glucosazon freie 
Glucose in den Verdauungsmischungen entdeckt wird, ist es 
unmöglich, Glucose auch auf andere Weise nachzuweisen, wäh- 
rend man doch Galaktose und Manninotriose abscheiden kann. 
All diese Tatsachen, bekräftigt durch die Hydrolysenergebnisse 
des Manninotrioseharnstoffes und Manninotriosazons, sprechen 
ganz entschieden für die Anschauung, daß intermediär eine 
Biose (Glucose + Galaktose) im Verlauf des unter Einwirkung 
von Helixsaft sich vollziehenden Manninotrioseabbaues gebildet 
wirdt). 


1) H. Bierry, Compt. rend. de l’Acad. d. Sc. 20. Febr. 1911. 


466 H. Bierry: 


Der endgültige Beweis hätte Isolierung der Biose erfordert, 
doch sind die dahinzielenden Versuche, einen krystallisierten 
Körper zu erhalten, von keinen Erfolg begleitet gewesen. Wir 
können jedoch behaupten, daß die durch Helixsaft partiell 
hydrolysierte Manninotriose durch die Lactase der höheren 
Tiere nicht umgewandelt wird, was zu der Annahme berechtigt: 
in dieser Biose haben wir keine Lactose vor uns. 

Da in den vor einiger Zeit veröffentlichten Versuchen von 
C. Neuberg und S. Lachmann!) es den Autoren niemals ge- 
lungen ist, aus den durch Einwirkung eines pflanzlichen Emulsins 
resultierenden Stachyoseabbauprodukten neben Glucose und Lävu- 
lose auch Galaktose abzuscheiden, denken die Verf. an die Mög- 
lichkeit, daß hier Bildung von Digalaktose vorläge Mithin 
sind Helixsaft und Emulsin in ihrem Effekt auf Manninotetrose 
differenziert und die erhaltenen Biosen nicht miteinander iden- 
tisch. Dieser Befund hat nichts Überraschendes, da wir ja von 
der Raffinose her wissen, daß ihre Spaltung je nach der Her- 
kunft der sie bedingenden Fermente verschiedenartig sein kann. 


Zusammenfassende Schlußsätze 2), 


Die höheren Tiere sondern keine löslichen, die Raffinose, 
Gentianose und Stachyose spaltenden Fermente ab. Alle unsere 
Versuche, die wir zur Erforschung dieser Frage mit Pankreassaft, 
mit oder ohne Kinase, mit durch Berkefeldkerzen filtrierten oder 
unfiltrierten Darmschleimhautextrakten angestellt haben, fielen 
negativ aus. Jedoch vermögen diese Tiere die genannten Polyosen 
bis zum gewissen Grade auszunutzen, da der Magensaft bei 
38° eine teilweise Spaltung derselben bewirken kann, und zwar 
ist es die in ihm enthaltene Salzsäure, die das wirksame Agens 
darstellt. 

Einigen Wirbellosen (Crustaceen und Mollusken) kommt 
die Fähigkeit zu, Raffinose, Gentianose und Stachyose voll zu 
verwerten, denn sie besitzen die für alle Stadien der Verdauung 
nötigen Fermente. Man hatte bisher die Gegenwart solcher 
Enzyme im Tierreich noch nicht nachgewiesen. 


1) C. Neuberg und L. Lachmann, diese Zeitschr. 24, 166, 1910. 
2) Diese beziehen sich auf diese Arbeit wie auch auf die zwei vor- 
stehenden Abhandlungen in dieser Zeitschrift. 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 467 


Die Verdauung der Hexotriosen verläuft in 2 Phasen: in der 
ersten findet rasch eine Abtrennung von Lävulose und Bildung 
einer Biose (Melibiose oder Gentiobiose) statt, in der zweiten 
wird die Biose ihrerseits, aber in bedeutend langsamerem 
Tempo, gespalten. 

Der Abbau der Hexotetrose (Stachyose) geschieht in drei 
Stadien und erfordert das sukzessive Eingreifen von drei 
Fermenten. In dem ersten, im Verhältnis zu den beiden anderen, 
sehr kurzdauerndem Stadium sehen wir ebenfalls Abspaltung 
des d-Fructosemoleküls und Bildung einer Triose (Mannino- 
triose); im zweiten löst sich von dieser ein Galaktosemolekül 
los und erzeugt eine Biose, die schließlich in einer dritten und 
letzten Phase gespalten wird. Der Verdauungssaft der Inverte- 
brata enthält folglich, außer den zahlreichen darin vorkommenden 
Fermenten!): eine Lävulopolyase, eine Melibiase, eine Gentio- 
biase, eine Manninotriase und ein Enzym, das die im Laufe 
der Manninotriosespaltung entstehende Biose anzugreifen ver- 
mag. Die schon bei + 15° deutliche Wirkung dieser Fermente 
steigert sich gegen + 38° und wird bei 4 50° noch intensiver. 
Zusatz von NaF als Antisepticam übt einen hemmenden Ein- 
fluß auf ihre Aktivität aus. 

Bei allen tierischen Organismen hat der Verdauungsakt 
die Aufgabe, das Molekül in einfachere Bausteine zu zerlegen. 
Biosen, Triosen, Tetrosen werden durch lösliche Fermente in 
Monosen in aufeinanderfolgenden Stufen und durch denselben 
Mechanismus, die Hydrolyse, zersprengt. 

Raffinose, Gentianose und Stachyose können als Deri- 
vate der Saccharose angesehen werden. Ihrem Molekül 
haftet ohne Ausnahme ein Rest Glucose und Lävulose an. 
Die gelindere Einwirkung von Mineralsäuren oder pflanzlichen 
Fermenten ist bei allen diesen Zuckerarten durch die Ab- 
spaltung eines Lävulosemoleküls charakterisiert (Scheibler und 
Mittelmeier, Bourquelot und Hérissey, C. Tanret). Auch 
im ersten Verdauungsstadium wird Lävulose abgetrennt. Den 
Beweis dafür lieferte die Isolierung von d-Fructose, die über 


1) Helixsaft spaltet: Rhamninose, die Lactobion- und Maltobion- 
säure, die synthetischen Glucoside und Osazone der Biosen usw. In 
diesem Saft besitzen wir die reichste Quelle der die Kohlenhydrate an- 
greifenden Fermente. 


468 H. Bierry: 


die Calciumverbindung nach der klassischen Methode von 
Jungfleisch und Lefranc gelingt. 

Aus dem Umstande, daß Melibiotit bei der Hydrolyse 
Galaktose liefert, haben Scheibler und Mittelmeier ge- 
schlossen, daß das Glucosemolekül in der Mitte der Raffinose- 
kette gelagert ist, die Galaktose- und Glucosereste an den beiden 
Enden liegen. 

Sie haben für die Raffinose eine Formel vorgeschlagen, 
in der das Dextrosemolekül an das Lävulosemolekül wie bei 
der Saccharose gekettet ist und das Galaktosemolekül an das 
Dextrosemolekül sich anschließt wie bei der Lactose. Diese 
Konstitution könnte gleichfalls für die Gentianose in Betracht 
kommen, nur wäre in diesem Falle die Galaktose durch Glucose 
ersetzt. 


Die Formel würde so aussehen: 


Fr Re 
Kaes es P Pond \ Ss 





H H 7 
— SE I 
Omon ber, — 
Galaktoserest Glucoserest Fructoserest 


Die Versuche von C. Neuberg, dem es gelungen ist, 
mittels pflanzlichen Emulsins die Raffinose einerseits in 
Galaktose und andererseits in Rohrzucker zu zerlegen, stellen 
diese Formel sicher und erbringen den entscheidenden Beweis 
dafür, daß die Fructose mit der Melibiose wie der Glucoserest 
mit der Lävulose im Rohrzucker verknüpft ist, nach der Art, 
die von E. Fischer hierfür angenommen wird. 

Nur eine aus den Versuchen C. Tanrets sich ergebende 
Tatsache steht mit dem obigen Schema nicht im Einklang. 
Wenn dieses der Raffinosekonstitution entspricht, so enthält 
sie nur 11 Hydroxylgruppen, die sich mit Essigsäure zu 11fach 
acetylierter Raffinose C ,H,,0,(C,H,O,),, vereinigen können, 
die in der Tat von Scheibler und Mittelmeyer erhalten 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermen te. 469 


worden ist. Doch hat C. Tanret!) durch Erhitzen von 
Raffinose mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat einen 
Ester isoliert, der durch Verseifung die Raffinose regeneriert. 
Dieser Ester entspricht, seiner Konstitution nach, einer der 
Formeln: C ,H,,0,(C,H,0,),, oder C „H..0,(C,H,0,),,, doch 
nach der Verseifungszahl scheint er 12fach acetyliert zu sein. 

Diesem Einwand ist folgendes entgegenzuhalten : 

Wenn das Dextrosemolekül an das Fructosemolekül in 
derselben Weise wie in der Saccharose verankert ist, so müßte 
von der Raffinose, Gentianose und Stachyose unter Einwirkung 
des Invertins das Lävulosemolekül abgetrennt werden. Anderer- 
seits müßte die auf diese selben Polysaccharide wirkende Lactase 
das Galaktosemolekül davon loslösen, wäre die Verknüpfung des 
Moleküls dieser Hexose an das Dextrosemolekül gleich derjenigen 
bei der Lactose. Dies ist aber nicht der Fall. 

Die Darmsucrase des Hundes invertiert zwar Saccharose, 
greift aber Raffinose nicht an. Dieses selbe Invertin versagt 
gleichfalls bei Gentianose und Stachyose. Aus unseren Ver- 
suchen geht auch hervor, daß die von höheren Tieren stammende 
Lactase auf diese drei Polyosen wirkungslos ist. 

Daraus folgt, daß das lösliche, im Hundedarm Saccharose 
invertierende Ferment sich von dem Invertin der Hefe der 
Mollusken und Crustaceen unterscheidet, das nicht nur auf 
Saccharose, sondern auf Gentianose, Raffinose und Stachyose 
spaltend einwirkt, oder man zieht einen anderen Schluß, daß 
die Hefe und die Wirbellosen nämlich ein spezifisches, an die 
Polyosen angepaßtes Ferment sezernieren. Diese letztere 
Hypothese scheint die richtige zu sein, denn wir haben ge- 
funden, daß der Verdauungssaft anderer Wirbellosen (Aplysia 
punctata Cuv. als Beispiel für Mollusken, Homarus vulgaris 
M. Edw. für Crustaceen) trotz Einwirkung auf Saccharose, den 
drei anderen Sacchariden Raffinose, Gentianose und Stachyose 
gegenüber inaktiv bleibt. 

Dessen ungeachtet glauben wir aus Gründen, die früher 
dargelegt sind, daß es sich nur um eine Spezies derselben 
Gattung „Invertin“®), und nicht um ein besonderes Ferment 


1) C. Tanret, Bull. Soc. chim. (3) 13, 261. 
2) H. Bierry, Compt. rend. de l’Acad. d. Sc. 5. April 1909. 
Biochemische Zeitschrift Band 44. 31 


470 H. Bierry: 


handelt, weil in allen Fällen, wo wir einen auf die genannten 
Polyosen aktiven Verdauungssaft angetroffen haben, derselbe 
auch Saccharose zu invertieren vermochte. 

Nun können Gentianose, Raffinose und Stachyose als 
Fructoside der Gentiobiose, Melibiose und Manninotriose an- 
gesehen werden. Alle sind rechtedrehend und liefern beim 
ersten Hydrolysestadium d-Fructose. Auch selbst die Saccharose 
können wir als ein Derivat der d-Fructose auffassen, das zu 
dieser selben Serie gehören und das Anfangsglied darstellen 
würde. 

Nach unseren jetzigen Kenntnissen über die Einwirkung 
„der Spezies einer selben Fermentgattung“ steht der Auf- 
fassung nichts entgegen, daß es Invertine gibt, die auf diese 
ganze Serie Spaltungskraft besitzen, und andere, deren Angriff 
auf das Anfangsglied, die Saccharose, beschränkt ist. So liegen, 
wie wir wissen, die Verhältnisse bei den verschiedenen Lactasen. 

Hiermit wird auch der Grund aufgeklärt, warum gegen 
Invertin und die Lactase der höheren Tiere Raffinose, Gentianose 
und Stachyose resistent sind. 

Die drei Polyosen müssen, da sie in der Serie auf einer 
höheren Stufe als die Saccharose stehen, durch den Magen- 
Darmsaft von Helix schwerer angegriffen werden, was auch der 
Wirklichkeit entspricht. Als Beispiel diene folgender Versuch. 


Saccharose 0,50 g Gentianose 0,50 g 
1 | Helixsaft Leem 2 Helixsaft l ccm 
Dest. Wasser 25 „ Dest. Wasser 25 „ 
Raffinose 0,50 g Stachyose 0,50 g 
3 ! Helixsaft Leem 4 | Helixsaft l ccm 
Dest. Wasser 25 „ Dest. Wasser 25 p 


Einwirkungsdauer: 11/3 Stunde bei 38°. 


Die 0,50 g Saccharose haben 0,34 g Invertzucker ergeben; die 
Gentianose 0,06 g, die Stachyose 0,02 g und die Raffinose nur 0,01 g 
Spaltungsprodukte. Man sieht hieraus, daß bei den Polyosen die Spal- 
tung erst später und langsamer eingesetzt hat. 

Wir schlagen für die Invertinart, die in diesen Lävulo- 
polyosen die Abtrennung des Lävulosemoleküls bewirkt, den 
Namen Lävulopolyase vor. 

Auf unser Wissen von der Individualität der löslichen 
Fermente fußend, können wir annehmen, daß in der Gentianose, 


Stachyose und Manninotriose spaltende Fermente. 471 


Raffinose und Stachyose das d-Fructosemolekül an das Glucose- 
molekül in der gleichen Weise verankert ist, in anderen Worten, 
sein Anknüpfungspunkt und damit der Angriffspunkt des 
Fermentes ist in diesen drei Fällen der gleiche. Man muß 
folglich für diese komplexen Zuckerstoffe dieselbe Struktur 
postulieren; denn wir wissen, daß die „geringste Modifikation 
in der Konfiguration!) genügt, um die Wirkung eines 
Enzyms zu hemmen“. 


1) E. Fischer, „Faraday-Vortrag“, gehalten vor der Londoner 
chem. Gesellschaft am 18. Okt. 1907. 


31* 





Zur Frage der Hitzebeständigkeit von Trypsin und Pepsin. 
Von 
Kohshi Ohta (Tokio). 


(Aus der ohemischen Abteilung des tierphysiologischen Instituts der 
Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.) 


(Eingegangen am 20. Juli 1912.) 


E.W.Schmidt?) hat die auffällige Beobachtung mitgeteilt, 
daß Trypsin im Gegensatz zu den geläufigen Anschauungen in 
wässeriger Lösung hitzebeständig sei, wenn das Kochen 
bei Gegenwart einer löslichen kolloidalen Substanz wie Pepton, 
Gelatine oder Agar-Agar geschehe. Die einige Zeit im lebhaften 
Sieden belassene Fermentlösung war nach dem Abkühlen im- 
stande, eine Fibrinflocke in typischer Weise zu verdauen, ja 
sie entfaltete ihre Verdauungskraft auf Gelatine und Pepton 
bei 100° momentan, indem dabei Tryptophan abgespalten 
wurde, kenntlich am positiven Ausfall der Bromwasserreaktion. 

Bei der theoretisch wie praktisch gleich großen Bedeut- 
samkeit dieser Angaben von E. W. Schmidt unternahm ich 
auf Veranlassung von Prof. C. Neuberg eine Wiederholung 
dieser Trypsinexperimente und versuchte eine Ausdehnung der- 
selben auf das wichtigste andere proteolytische Enzym, das 
Pepsin. 

Vorweg will ich bemerken, daß mir die Reproduktion der 
Schmidtschen Befunde mit Trypsin nicht gelungen ist, auch 
schlugen die Versuche fehl, mit Pepsin ähnliche Phänomene 
zu erzielen. Dabei habe ich mich bemüht, außer an der Hand 
der Fibrinflockenmethode auch auf polarimetrischem Wege den 
Eintritt einer ev. Verdauung festzustellen. Denn Wittepepton 
wie Seidenfibroinpepton, die ja zu ähnlichen Zwecken vielfach 


1) E. W. Schmidt, Zeitschr. f. physiol. Chem. 67, 314, 1910. 


K. Ohta: Zur Frage der Hitzebeständigkeit von Trypsin und Pepsin. 473 


Verwendung gefunden haben, werden durch Trypsin mit großer 
Leichtigkeit abgebaut. Aber auch hier habe ich keine Drehungs- 
änderungen feststellen können, die den Rückschluß auf eine 
Verdauung rechtfertigen würden. 

Schmidt hat weiter angegeben, daß Gelatine einfach durch 
schnelles Aufkochen mit einer Trypsinlösung sofort die Fähig- 
keit verliere, in der Kälte zu gelatinieren. Diese Erscheinung 
habe ich an meinen verschiedenen, in den Kontrollen als äußerst 
wirksam befundenen Trypsinpräparaten nicht hervorrufen können. 
Auch nach dem Aufkochen mit wirksamen Trypsinlösungen er- 
starrte die Gelatine in meinen Proben wieder nach dem Ab- 
kühlen und Stehen. 

Bezüglich der Behauptung Schmidts, daß durch Auf- 
kochen mit Trypsin eine brüske Verdauung unter Freiwerden 
von Tryptophan herbeigeführt werde, kann ich nichts Bestimmtes 
aussagen. Denn meine Trypsinlösungen ergaben an sich mit 
Bromwasser eine Reaktion auf freies Tryptophan. Dieselbe 
fiel natürlich auch nach’ dem Aufkochen mit Gelatine oder 
Peptonen positiv aus; eine Verstärkung der Reaktion habe ich 
nicht wahrnehmen können. 

Angesichts der bestimmten Behauptungen Schmidts ist 
es unmöglich, Gründe anzugeben, worauf bei mir die negativen 
Ausfälle bei der Wiederholung und auch bei Versuchen zur 
Erweiterung der Schmidtschen Versuche beruhen. Regene- 
rationserscheinungen der etwa durch Aufkochen um- 
gelagerten Enzyme, wie sie M. J. Gramenitzki!) bei längerer 
Aufbewahrung erhitzter Amylaselösungen beobachtet hat, er- 
scheinen nach Anlage der Schmidtschen Versuche als aus- 
geschlossen. Auch eine Bildung von Zymoiden im Sinne 
von A. R. Bearn und W. Cramer?) kann man nicht für die 
negativen Resultate meiner Nachprüfungen verantwortlich 
machen. Denn diese Zymoide, die wie Antifermente der En- 
zymreaktion entgegenwirken, bilden sich nur beim Erwärmen 
auf 60°; bei 100° gehen sie meist zugrunde. Außerdem habe 
ich ebenso schnell wie Schmidt meine Lösungen auf 100° 
gebracht. 


1) M. J. Gramenitzki, Zeitschr. f. physiol. Chem. 69, 299, 1910. 


2) A. R. Bearn und W. Cramer, Journ. of Physiol. 84, 36, 1906; 
Biochemical Journ. 2, 174, 1907. 


474 K. Ohta: 


Vorläufig stehen also Beobachtungen gegen Beobachtungen. 

Da ja Fermente nichts Einheitliches sind, werden weitere 
Untersuchungen vielleicht feststellen können, ob Beimengungen 
zu den Enzymen dieses verschiedene Verhalten gegen Tempe- 
ratursteigerungen zu erklären vermögen. 


Aus der großen Reihe meiner Versuche führe ich folgende 
Daten, zum Teil tabellarisch, an: 


I. Verwendete Enzymlösungen. 
a) Trypsinlösung A. 
5g Trypsin von Fairchild Bros., New York, wurden mit 
100 ccm Wasser unter Zusatz von Toluol öfter durchgeschüttelt, 
1 Tag im Brutschrank bei 37° belassen und dann filtriert. 
Das klare, gelbe Filtrat wurde wieder mit Toluol versetzt. 


b) Trypsinlösung B. 
5 g Trypsin Rhenania wurden genau wie sub a) behandelt. 


c) Pepsinlösung. 

1,0 g reinstes Pepsin Witte wurde unter Toluolzusatz und 
häufigem Umschütteln 24 Stunden bei 37° digeriert und dann 
klar filtriert. 

II. Verwendete Kolloidlösungen. 

a) 10 g reinste Gelatine des Handels wurden mit 100 ccm 
Wasser versetzt und heiß gelöst. 

b) 5 g Wittepepton wurden in 100 ccm destilliertem 
Wasser gelöst. 

c) 20g Seidenfibroinpepton wurden in 100 ccm Wasser 
gelöst. 

Lösung b) und c) wurden durch einfache Filtration völlig 
klar erhalten. 

III. Versuche. 


Die Ferment- wie die Kolloidlösung wurden vor jedem 
Versuche genau abpipettiert; sie wurden aus der unter dem 
Toluol befindlichen Flüssigkeitsschicht entnommen. 

Um einer Verdauungswirkung bei Zimmertemperatur vor- 
zubeugen, wurde die Mischung unmittelbar nach der Her- 
stellung sogleich in einem Erlenmeyerkölbchen auf dem Draht- 


Zur Frage der Hitzebeständigkeit von Trypsin und Pepsin. 475 


netz zum Sieden gebracht und 2 bis 3 Minuten darin belassen. 
Die ganze Prozedur erforderte 4 Minuten. 

Nach Abkühlung, die ev. durch Eintauchen des Kölbchens 
in kaltes Wasser beschleunigt werden kann, wurde die Mischung 
mit einigen Tröpfchen Toluol und einer Fibrinflocke versetzt 
und verschlossen im Brutschrank unter öfterem Umschütteln 
aufbewahrt. 

Das Fibrin war gekocht und unter Alkohol aufbewahrt ge- 
wesen. Vor jedemVersuch wurde ein Stück gewässert und abgepreßt. 

Falls eine besondere Alkalisierung der tryptischen Ver- 
dauungsproben vorgenommen wurde, erfolgte sie, wie das jetzt 
üblich, mit Ammoniak, und zwar mit einigen Tropfen einer 
Lösung, die auf 100 ccm 0,1 ccm gewöhnliches NH, (10°/,ig) 
enthielt. 

Zu den Pepsinversuchen diente die übliche Verdauungs- 
salzsäure, die aus 10 ccm 25°/,iger HCl und 990 ccm H,O 
bereitet wird. 

Selbstverständlich wurden die Fibrinflocke sowie die NH,- 
bzw. HCl-Lösung erst nach dem Kochen und nach völliger 
Abkühlung zugesetzt (vgl. die Anm. S. 478). 


a) Trypsinlösung B, Wittepeptonlösung und 
Fibrinflocken. 


Vor- 





Ansatz unter Verdauung des Fibrins nach 


Nr. Zugabe von Toluol a 24 Std. 


2 Tagen | 18 Tagen 







ungekocht{ glatt gelöst | ebenso ebenso 


2 ungelöst | ungelöst ungelöst 
3 
gekocht Jaufgelockert, n e 
doch ungelöst 
4 


aufgelockert, m e 
doch ungelöst 





L com Trypsinlösg. 
0,1 „ verd. NH, 
Fibrinflocke | 


In den gekochten Mischungen fand keine Verdauung statt. 







476 K. Ohta: 


ß) Trypsinlösung A in Wittepeptonlösung zeigte genau 
dasselbe Verhalten zu Fibrinflocken. 
y) Trypsinlösunng B und Seidenfibroinlösung. 


Nr Ansatz unter behen d- Ausfall von Tyrosin nach 
Zugabe von Toluol ** 94 Std. 2 Tagen | 18 Tagen 











reichlich 










Tyrosin- ebenso 
Krystalle 
peptonlösung 
l ccm Trypsin- do. n n 
lösung B 





0,1 ccm verd. NH, 






Spärliche amor- 
kee Flocken, in 











peptonlösung un- un- mikr 

1 ccm Trypsin- verändert |verändert kopiach kein 
x h- 
lösung B iere 
peptonlösung 

Leem Trypsin- do. do. do. 
lösung B 





0,1 ccm verd. NH, 
In den gekochten Proben fand keine Spaltung des Seiden- 
fibroinpeptons statt. 





6) Polarimetrische Prüfung des Gemisches von Trypsin- 
lösung A und Wittepeptonlösung. 


Ansatz unter Zusatz Vor- Drehung!) nach 
von Toluol behandlung 24 Std. | 48 Sta. | 72 Std 


Nr. 










10 ccm Wittepeptonlösung 
2 ,„ Trypsinlösung A 
0,1,, verd. NH, 

10 com H30 

2 ,„ Trypsinlösung A 
0,1,, verd. NH, 


10 ccm Wittepeptonlösung 


2 „ 
0,1,, verd. NH, 
10 ccm Wittepeptonlösung 
2 ,„ Trypsinlösung 
0,1,, verd. NH, 

1) Die Drehung wurde hier im 1 dem-Rohr in einem Polarisations- 


apparis abgelesen, der für 2 dm-Rohre bei Auerlicht Prozente Glucose 
angıbt 





ungekocht 















ungekocht 












ungekocht 
















gekocht 





Zur Frage der Hitzebeständigkeit von Trypsin und Pepsin. 477 


In der gekochten Mischung tritt keine stärkere Drehungs- 
abnahme ein als in einer fermentfreien Wittepeptonlösung allein. 
Diese Drehungsänderung, die im Vergleich mit einer wirklich 
verdauten Probe minimal ist, beruht vielleicht auf einer ge- 
ringen Hydrolyse unter dem Einfluß der OH-Ionen. 


€) Polarimetrische Prüfung des Gemisches von Trypsin- 
lösung A!) und Seidenfibroinpeptonlösung. 


Vor- Drehung? 
Nr. | Ansatz unter Zugabe Behand: — re — ) Se 
lung |sofort |24 BA 48 Sta.| 72 Std. 


von Toluol 




















10 ccm Seidenfibroin- 


$ Getrübt 
peptonlösung —10|— 15 |— 1,5 durch reich), 
2 com Trypsinlösung 3 ? g — 


0,1, verd. NH, 

10 ccm H,O | 
2 ,„ Trypsinlösung A Jungekocht! — 0,1 | — 0,1 | — 0,1; — 0,1 
0,1, verd. NH, | 

10 ccm Seidenfibroin- 
peptonlösung 

2 ccm H,O 

0,1,, verd. NH, 

10 ccm Seidenfibroin- 
peptonlösung 

2 ccm Trypsinlösung A 
0,1, verd. NH, 


In einer gekochten Mischung beobachtet man keine Ände- 
rung im Drehungsvermögen der Seidenfibroinpeptonlösung. 










gekocht į — 1,0 | — 1,0 | LA) — 1,0 








¢) Pepsinlösung, Wittepeptonlösung, Fibrinflocken 
und Verdauungssalzsäure. 


Nr Ansatz unter Zugabe Vor- Verdauung des Fibrins nach 
von Toluol behandlung | 48 Std. 72 Std. 


10 ccm Wittepeptonlösung 





















„En bis auf 
Pepsinlösung Se 
10 . verd. HCI ungekocht E gelöst 
Fibrinflocke Be? 
2 | 10 ccm Wittepeptonlösung 
2 „ Pepsinlösung ungelöst | ungelöst 






10 > verd. HCl gekocht 


(nur gequollen) 
Fibrinflocke 
1) Trypsinlösung A spaltet offenbar etwas langsamer als Lösung 
von Trypsin B (vgl. S. 476); jedenfalls erfolgt die Tyrosinausscheidung nicht 
so rasch. Die mit Trypsinlösung A angestellten Gemische bleiben also 
länger klar und sind daher für die polarimetrische Prüfung geeigneter. 
2) Im 2 dm-Rohr, in demselben Apparate, wie Anm. 1 auf S. 476 
angegeben. 


478 K. Ohta: 


Nr.| Ansatz unter Zugabe Vor- Verdauung des Fibrins nach 
von Toluol behandlung 48 Std. 72 Std. 














10 ccm Wittepeptonlösung 
2 „ Pepsinlösung 
10 „ verd. HO 







ungelöst ungelöst 


gekocht 1) (nur gequollen) 
























Fibrinflocke 
4 | 10 eem H,O — 
ben nung ungekocht Spuren gelöst 
Fibrinflocke gelöst 
5 o p H0 Kos EEN ungelöst ungelöst 
Fibrinflocke (nur gequollen) 





In der gekochten Mischung von Pepsin und Pepton findet 
keine Lösung des Fibrins statt; letzteres quillt nur in üblicher 
Weise unter dem Einflusse der Verdauungssalzsäure. 


n) Pepsinlösung, Wittepeptonlösung, Fibrinflocken 
unter Verwendung einer größeren Quantität Ver- 












dauungssalzsäure. 
Ansatz unter Zugabe Ansatz unter Zugabe | ,Y°"-, | Verdauung dos Fibrins nach Verdauung des Fibrins nach 
von Toluol lung | 24 Std. | 72 Std. | 120 Sta. 
10 ccm Wittepeptonlösung | 
beinahe | 











un- 


2 „ Peptonlösung 
gekocht 


20 „ verd. HO 
Fibrinfloke 


2 | 10 ccm Wittepeptonlösung 
2 „ Pepsinlösung 
20 „ verd. HCl 
Fibrinflocke 


3 |10 ccm Wittepeptonlösung 
2 „ Pepsinlösung 
20 „ verd. HCl 
Fibrinflocke 







gelöst gelöst 






gelöst 





ungelöst | ungelöst | ungelöst 
(nur gequollen) 






gekocht 


ungelöst | ungelöst | ungelöst 


gekocht) (nur gequollen) 
| | 





Auch eine Steigerung der Menge von Verdauungssalzsäure 
hat keinen Einfluß auf die Lösung des Fibrins in der gekochten 
Mischung von Pepsin und Pepton. 





1) Da möglicherweise Pepsin in verdünnter salzsaurer Lösung koch- 
beständiger als in rein wässeriger Flüssigkeit war, wurde hier die Ver- 
dauungssalzsäure vor dem Aufkochen zugegeben. Der Versuch fiel ebenso 
negativ aus. 


Zur Frage der Hitzebeständigkeit von Trypsin und Pepsin. 479 


OI Pepsinlösung, Gelatinelösung, Fibrinflocken 
und Verdauungssalzsäure. 





Nr.| Ansatz unter Zugabe peor- _ | Verdauung des Fibrins nach 
ern lung | 48 Std. | 72 Std. | 120 Sta. 


10 ccm Gelatinelösung 

2 „ Pepsinlösung 

10 „ verd. HCI 
Fibrinflocke 

10 ccm Gelatinelösung 


2 Pepsinlösung 
verd. HO 



















ungekochtifast gelöst! gelöst gelöst 


ungelöst | ungelöst | ungelöst 





10 ccm Gelatinelösung 
„ Pepsinlösung 

10 „ verd. HO 

Fibrinflocke 


gekocht)] ungelöst | ungelöst | ungelöst 





Im gekochten Gemisch von Pepsin und Gelatine tritt die 
Fibrinauflösung nicht ein, die im ungekochten Gemenge vor sich 
geht. 


d Pepsinlösung, Gelatinelösung, Fibrinflocke unter 
Verwendung einer größeren Quantität Verdauungs- 





salzsäure. 
Vor- Verdauung des Fibrins nach u 
Nr. Zu ee. Toluol behand- g 
g lung 48 Std. | 72 Std. | 200 Std. 


| 
gelöst gelöst 
















größtenteils 
gelöst 





„ verd. HCl 
Fibrinflocke 





ungelöst | ungelöst 
(nur gequollen) 


ungelöst 


ungelöst | ungelöst | ungelöst 
(nur gequollen) 


Eine Erhöhung der Menge Verdauungssalzsäure ändert 
nichts am Ausbleiben der Fibrinauflösung durch das gekochte 
Gemisch von Pepsin und Gelatine. 


1) Vgl. Anm. S. 478. 


480 K. Ohta: Zur Frage der Hitzebeständigkeit von Trypsin und Pepsin. 


x) Erstarrungsproben an Gelatine, die mit Trypsin- 


lösungen aufgekocht war. 





1 | 10 ccm Gelatinelösung 

l „ Trypsinlösung A 
2 | 10 ccm Gelatinelösung 

2 „ Trypsinlösung A 
3 | 10 eem Gelatinelösung 

l „ Trypsinlösung B 
4 | 10 cem Gelatinelösung 


„ Trypsinlösung B | 


gekocht | Nach !/, Stunden erstarrt 


” 


n 


1/2 n ” 
1/2 n n 
gë n n 


Das Verhalten der mit verschiedenen Trypsinpräparaten 
und wechselnden Mengen dieser Enzymlösungen aufgekochten 
Gelatine weicht nicht nachweisbar von dem gänzlich unbehan- 


delter Gelatine ab. 


Über das Verhalten der Äpfelsäure im Tierkörper. 
Von 


Kohshi Ohta (Tokio). 


(Aus der chemischen Abteilung des tierphysiologischen Instituts der 
Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.) 


(Eingegangen am 20. Juli 1912.) 


Wohl auf J. v. Liebig geht die in fast allen Lehrbüchern 
vertretene Anschauung zurück, daß die Pflanzensäuren im Orga- 
nismus der Tiere und der Menschen völlig verbrennen. In der 
Tat wird nach Zufuhr von pflanzensauren Alkalien ein alka- 
lischer Harn entleert, dessen Reaktion auf einem Gehalt an 
Alkalicarbonat beruht. 

Allein Prof. C. Neuberg machte mich darauf aufmerksam, 
daß es sich hierbei nicht um eine vollständige, sondern nur 
um eine partielle Verbrennung der pflanzensauren Salze handeln 
könne. Denn schon die Versuche von A. Brion?) hatten er- 
geben, daß beim Hunde von verfüttertem Natriumsalz der 
Weinsäure ein Teil unverändert im Harn erscheint. Während 
es zunächst schien, daß die Konfiguration einen Einfluß auf 
die Verbrennlichkeit der Weinsäure im Hundeorganismus aus- 
übe, zeigten C. Neuberg und S. Saneyoshi?), daß ein Unter- 
schied im Verhalten der verschiedenen stereoisomeren Formen 
nicht besteht, indem die Natriumsalze von d-, l- und d,l-Wein- 
säure wenigstens vom Hunde gleichmäßig zu beträchtlichem 
Teile unverändert durch den Harn ausgeschieden werden. 

Ähnlich wird nach unveröffentlichten Versuchen auch die 
Citronensäure nicht völlig im Tierkörper verbrannt. Für eine 
in gewissem Sinne den Pflanzensäuren verwandte Oxysäure, für 


1) A. Brion, Zeitschr. f. physiol. Chem. 25, 282, 1898. 
2) C. Neuberg und S. Saneyoshi, diese Zeitschr. 86, 32, 1911. 


482 K. Ohta: 


die d-a-Glucoheptonsäure, habe ich selbst im hiesigen In- 
stitut gezeigt!), daß sie vom Organismus des Menschen, des 
Hundes und Kaninchens nur zum Teil zerstört werden kann. 

Von den natürlich vorkommenden Pflanzensäuren besitzt 
nur die Äpfelsäure, COOH.CH,.CHOH.COOH, wegen ihrer 
weiten Verbreitung in Vegetabilien und ihrer nahen Beziehungen 
zum Eiweißspaltungsprodukt Asparaginsäure, COOH.CH,. 
CHNH,.COOH, sowie zu der physiologisch unzweifelhaft wich- 
tigsten Oxalessigsäure®), COOH.CH,.CO.COOH, ein erhebliches 
Interesse. Gern bin ich deshalb der Aufforderung von Prof. 
C. Neuberg gefolgt, die Verbrennlichkeit dieser Säure im Tier- 
körper zu prüfen. 

Zur Verwendung kam die natürlich auftretende Form der 
Äpfelsäure, die I-Äpfelsäure; als Versuchstiere dienten Hunde 
und Kaninchen, denen die l-Äpfelsäure als Natriumsalz per os 
sowie subcutan beigebracht wurde. 

Nach verschiedenen Versuchen zur Bestimmung der 
Äpfelsäure blieb ich bei dem polarimetrischen Verfahren von 
P. A. Yoder?) stehen, das sich für die Ermittlung dieser Säure 
in Ahorn- und Rohrzuckerprodukten trefflich bewährt. Das Ver- 
fahren konnte auch für den Harn durch einige Modifikationen 
geeignet gestaltet werden. 

Yoder verwertet die von P Walden“) gemachte Beob- 
achtung, daß Uranylsalze die Drehung der Äpfelsäure ganz be- 
trächtlich steigern. Während für eine 3°/,ige Lösung von 
freier 1-Äpfelsäure [a]p = — 2,25° ist, beträgt die spezifische 
Drehung einer 1°/,igen, mit der richtigen Menge Uranylacetat 
versetzten l-Äpfelsäure 

[alp. = — 501° bei gelbem Licht 
oder 
lalp. — — 515° bei weißem Licht. 

Der maximale Drehungswert wird jedoch nur erreicht, wenn 

freie l-Äpfelsäure mit Uranylacetat in Reaktion tritt. 


1) K. Ohta, diese Zeitschr. 88, 421, 1912. 

2) C. Neuberg und L. Tir, diese Zeitschr. 82, 330, 1911 und 
C. Neuberg und L. Karczag, diese Zeitschr. 86, 68, 1911. 

s) P. A. Yoder, Zeitschr. f. Nahrungs- u. Genußmittel 22, 329, 1911. 

4) P. Walden, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 80, 2889, 1897; 82, 
2849, 1899. 


Verhalten der Äpfelsäure im Tierkörper. 483 


Im Urin ist die l-Äpfelsäure als Alkalisalz zugegen. Alle 
Versuche, sie mit Mineralsäuren in Freiheit zu setzen und so 
für die Polarisation in Urangegenwart vorzubereiten, hatten 
kein günstiges Resultat. 

Es ergab sich jedoch, daß ein schwaches Ansäuern mit 
Essigsäure eine Flüssigkeit liefert, die nach Behandlung mit 
Uranylacetat für die optische Bestimmung geeignet ist. Aller- 
dings ist es mir mit dieser Essigsäuremethode nicht gelungen, 
zu normalen Urinen oder auch zu reinem Wasser zugefügte 
Äpfelsäure ganz quantitativ wiederzufinden, ich hatte fast stets 
einen Verlust von durchschnittlich 7°/, zu verzeichnen. 

Vorbehandlung der Harne mit Bariumacetat oder mit essig- 
saurem Blei verschlechterten die Resultate. Da alle auf Abschei- 
dung der Äpfelsäure beruhenden Verfahren in dem so kom- 
pliziert zusammengesetzten Gemische, wie es der Harn ist, weit 
ungünstigere Ergebnisse lieferten, ließ ich es bei der einfachen 
Ansäuerung mit Essigsäure und polarimetrischen Bestimmung 
bewenden, die ja den Vorzug großer Bequemlichkeit besitzt. 

Die notwendigen Mengen Essigsäure und Uranylacetat 
lassen sich schwer berechnen, sie sind in jedem einzelnen Falle 
zu bestimmen, schon wegen des wechselnden Gehaltes der Harne 
an Alkalicarbonat und Phosphorsäure, die ja Uran verbraucht und 
als Uranylphosphat niederschlägt. Uranylacetat wendet man ein- 
fach im Überschuß an und kann den richtigen Zusatz von 
Essigsäure unschwer in drei Versuchen mit wenigen Kubik- 
zentimetern Harn feststellen, die zugleich die polarimetrische 
Äpfelsäurebestimmung in sich schließen (s. S. 485 u. 486). 

Die Tierexperimente ergaben nun, daß größere Mengen 
von neutralem Natriummalat bei oraler Zufuhr giftig sind 
und bei einigen Tieren den Tod unter den Erscheinungen einer 
akuten Enterogastritis herbeiführen. 

Während ein Kaninchen von 2 bis 3 kg 10 bis 20 g l-Äpfel- 
säure in Form des Natriumsalzes völlig zerstört, wurden von 
25 bis 30 g l-Äpfelsäure deutliche Mengen (bis 5°/,) wieder 
ausgeschieden. 

Bei subcutaner Verabfolgung können schon nach Zufuhr 
von 10 g l-Äpfelsäure etwa 6°/, unverbrannt. den Organismus 
des Kaninchens verlassen, doch bestehen individuelle Unter- 
schiede, 


484 K. Ohte: 


Beim Hund habe ich nur subcutane Versuche angestellt 
und gefunden, daß Tiere von rund 7 kg Körpergewicht 10 bis 
20 g l-Äpfelsäure bis zu 1 bzw. 1,5°/, verwerten. Gibt man 
dann größere Gaben, z. B. 30 g, so steigt die Ausscheidung auf 
mehr als 4°/, der eingeführten Quantität. 

Es schien mir notwendig, die ausgeschiedene Substanz nicht 
nur an Hand ihres charakteristischen Verhaltens bei der Drehung 
als l-Äpfelsäure zu erkennen, sondern auch in Substanz dar- 
zustellen. Aus Hundeharn gelang die Isolierung von 1-Äpfel- 
säure nach Fällung als Bariumsalz und durch Reinigung über 
die Bleiverbindung; ihr Vorliegen wurde durch Analyse und 
Eigenschaften bestätigt. 


Versuche. 
I. Bestimmung der Äpfelsäure im Harn. 


Von den zahlreichen Versuchen, die ich zur Lösung dieser 
Aufgabe vorgenommen habe, führe ich nur die an, die schließ- 
lich ein befriedigendes Ergebnis lieferten und die im nach- 
stehenden benutzte Methodik ergaben. 

Es wurden folgende Lösungen verwendet: 


a) normaler Menschen- oder Hundeharn; 
b) 5°/,ige l-Äpfelsäurelösung;; 

c) n-NaOH; 

d gewöhnliche Essigsäure (30°/, ig); 

e) gesättigte wässerige Uranylacetatlösung. 


Um die natürlichen Verhältnisse nachzuahmen, wurden 
bestimmte Mengen Urin und Äpfelsäurelösung gemischt, mit 
n-NaOH alkalische Reaktion hergestellt und nunmehr mit 
wechselnden Mengen Essigsäure angesäuert. Uranylacetat wurde 
der Einfachheit wegen stets im Überschuß angewendet, da 
überschüssiges Uran die Drehung nicht ändert. Durch Zusatz 
wechselnder Mengen H,O wurde schließlich stets das gleiche 
Volumen hergestellt. 

Die Lösungen filtrieren außerordentlich leicht und gut, da 
der Uranylphosphatniederschlag alle Trübungen mitreißt. Sofort 
nach der Filtration kann polarisiert werden. 

Die Ablesungen wurden in einem gewöhnlichen Polari- 
sationsapparat vorgenommen, der bei Auerlicht und 2 dem- 
Röhren Prozente Traubenzucker anzeigte. Da die spezifischen 


Verhalten der Äpfelsäure im Tierkörper. 485 


Drehungen von Uran-Äpfelsäure und Glucose im Verhältnis von 
E stehen, so sind die abgelesenen Werte durch 9,78 zu 
dividieren, um die in 100 ccm vorhandenen Gramme l-Äpfel- 
säure zu erhalten. | 

Besonders habe ich mich davon überzeugt, daß normaler 
Harn durch Zusatz von Uranylacetat und Essigsäure keine 
Drehung annimmt. Diese Feststellung war nötig, da bekanntlich 
normale Harne bisweilen schwach lävogyr sind und es möglich 
gewesen wäre, daß diese geringe Linksdrehung durch Uransalz 
eine wahrnehmbare Steigerung erfahren hätte. 

Folgende kleine Tabelle gibt eine Übersicht über die Ana- 
lysenresultate bei normalen Harnen mit Äpfelsäurezusatz. 


Urin Nr. Kontrolle 
Se allein 
1 2 3 mit Wasser 






n-Na e e 00 o ò òo © D 
Essigsäure See Men 
Uranylacetatlösung 
Wasserzusatz .. . . - » 


Gesamtvolumen .... 


Drehung im 1 dom-Rohr . 
Äpfelsäure — 


zugefügt . 
Fehler SC ee N e 


0, ‚0500 „ 
68%, | 6,8% ech! 

Der konstante Fehler beträgt Gë, oder rund 7°/,. 
sieht, daß man durch Variieren der Essigsäuremenge schnell 
den maximalen Drehungswert findet. 


II. Versuche an Kaninchen. 

a) Kaninchen von 3,1 kg erhielt 20 g Äpfelsäure, die mit 
Natronlauge zuvor neutralisiert und zu etwa 60 ccm gelöst 
waren, mit der Schlundsonde. 

1) Die Berechnung gestaltet sich z. B. wie folgt: Die Drehung im 
1 dem-Rohr = 1,2, also Ge eet 2,4°/, Glucose. In 100 ccm sind 
` 90 0456. Da Uran-Äpfelsäure 9,78 mal 
so stark wie Glucose dreht, erhält man aus dem Glucosewert durch 
Division mit 9,78 die Äpfelsäuremenge, d. hb. — 0,0466 g. 


Biochemische Zeitschrift Band 44. 32 


2,4 g Glucose, in 19 ccm sind 





486 K. Obte: 


In den ersten 24 Stunden wurden 175 ccm stark alkalischer 
Harn eliminiert, nach einem weiteren Tage 75 ccm, der schwächer 
alkalisch reagierte. 

Beide Urine waren an sich optisch inaktiv, auch konnte 
ihnen durch Zusatz wechselnder Mengen Essigsäure?!) und Uranyl- 
acetat keinerlei Drehungsvermögen erteilt werden. 1-Äpfelsäure 
war also nicht im Harn anwesend. 

b) Demselben Tiere wurden nach 3 Tagen 30 g Äpfelsäure, 
mit NaOH neutralisiert und in 60 ccm gelöst, oral verabfolgt. 

Nach 24 Stunden waren 115 ccm Urin entleert, die alkalisch 
reagierten, 

Auf Zusatz von Essigsäure und Uranylacetat trat starke 
Linksdrehung auf. 

Die maximale Drehung wurde folgendermaßen ermittelt: 







Hamm 4%. ea i 
Essigsäure . . . 2 2 20.00. 
Uranacetatlösung. . . - . . 






Die Probe 8 (Volumen = 15,5 ccm) zeigt den Höchsteffekt. 
Die vorhandene Menge l-Äpfelsäure ergibt sich zu: 
15,5 1 115 


1007198575 70° 


Das sind 2,4 °/, der verabfolgten Menge. 

Am 2. Tage wurden 200 ccm Harn entleert, in denen keine 
l-Äpfelsäure zugegen war. 

c) Ein Kaninchen von 3,8 kg erhielt am Morgen 25 g 
l-Äpfelsäure, die als Natriumsalz in 60 ccm gelöst wurden, per os. 
Das Tier starb am Abend an akuter Magendarmentzündung. 
Der freiwillig entleerte und aus der Blase ausgedrückte Harn 
belief sich auf 70 ccm. 

Die maximale Drehung (= — 2,8 im 1 dem-Rohr) wurde 
gefunden, wenn 10 ccm Urin mit 1,5 ccm Essigsäure, 6 ccm 
Uranlösung, sowie mit 17,5 ccm Wasser zum Gesamtvolumen 
von 35 ccm versetzt waren. 


= 0,71 g. 





1) Die Zugabe von Essigsäure muß stets vorsichtig erfolgen, da der 
Harn wegen des Carbonatgehaltes anfangs aufbraust. 


Verhalten der Äpfelsäure im Tierkörper. 487 


Die Menge l-Äpfelsäure berechnet sich zu: 
35 70 


Von der oral verabfolgten Menge sind hier 5,6°/, wieder 
ausgeschieden. 

d) Kaninchen von 2,3 kg erhielt 5 g Äpfelsäure als Natron- 
salz in ca. 30 ccm Wasser subcutan. Es wurden in 24 Stunden 
185 ccm Harn entleert, der direkt und nach Uran-Essigsäure- 
zusatz völlig inaktiv war, also keine l-Äpfelsäure enthielt. Auch 
durch vorherige Konzentration des Urins auf ein kleines Vo- 
lumen konnte keine Drehung erzielt werden, ebensowenig im 
Harn des folgenden Tages. 

e) Kaninchen von 3,1 kg, das zu den oralen Versuchen a 
und b gedient hatte, bekam 10 g Äpfelsäure nach Neutrali- 
sation mit NaOH und Verdünnung auf 30 cem unter die 
Haut gespritzt. 

Harnmenge nach 24 Stunden 135 ccm. 

Die maximale Drehung zeigte ein Gemisch von 10 ccm 
Harn, 1,5 ccm Essigsäure und 5 ccm Uranylacctatlösung; sie 
betrug, bei diesem Volumen von 16,5 ccm, in der filtrierten 
Probe — 1,25 im 1 dem-Rohr. 

Die vorhandene Menge l-Äpfelsäure ergibt sich zu: 


16,5 135 1 
100° 1,25- 2-10 9,18 0,57 g, 


d. h. sie beträgt 5,7°/, der subcutan zugeführten Menge. 
Am nächsten Tage war keine Äpfelsäure mehr nachweisbar. 


III. Versuche am Hund. 


a) Hund von 10 kg erhielt 5 g l-Äpfelsäure als Natron- 
salz in 35 ccm Wasser subcutan. In 24 Stunden wurden 
1150 ccm Harn gelassen; das Tier hatte freiwillig viel Wasser 
getrunken. Der Harn zeigte direkt oder nach Behandlung mit 
Essigsäure plus Uranylacetat keine Drehung. 

Wurden 100 ccm dieses Urins auf dem Wasserbade auf 
11 ccm eingeengt und dann mit 2 ccm Essigsäure sowie mit 
10 ccm Uranylacetat versetzt, so wurde im 1 dem-Rohr eine 
Linksdrehung = — 0,4 beobachtet. Sie zeigt, daß kleine Mengen 


l-Äpfelsäure in den Harn übergehen. 
32* 


488 K. Ohta: 


b) Hund von 7,2 kg Gewicht bekam subcutan 50 ccm 
Lösung, die 10 g Äpfelsäure als Natronsalz enthielten. Der 
Harn der ersten 24 Stunden betrug 165 ccm, die Maximal- 
drehung lag bei der Mischung 10 ccm Harn, 0,5 bis 2 ccm Essig- 
säure, 5 ccm Uranylacetatlösung und 1 bis O ccm Wasser. Das 
Gesamtvolumen von 17 ccm zeigte im 2 dem-Rohre: — 0,2°/,. 
Daraus ergibt sich die vorhandene Quantität l-Äpfelsäure zu: 


17 165 1 
100 Däer ET g. 

Hier waren also 0,6°/, der verabfolgten Äpfelsäuremenge 
wieder ausgeschieden. 

c) Derselbe Hund (Gewicht 7,2 kg) bekam subcutan 20 g 
l-Apfelsäure als Natriumsalz in 60 com Wasser. Das Tier starb 
am Abend und hatte 60 ccm Urin gelassen. 

Hierin wurden 0,22 g l-Äpfelsäure gefunden = 1,1*/, der 
verabfolgten Quantität. 

d) Einem anderen Hunde von 7 kg Gewicht wurden 
20 g l-Äpfelsäure, die als Natriumsalz zu 120 ccm gelöst 
waren, in 3 Portionen während 10 Stunden subcoutan bei- 
gebracht. 

Die innerhalb 24 Stunden nach der letzten Einspritzung 
gelassene Urinmenge betrug 300 ccm. 

Die Maximaldrehung belief sich auf — 0,8°/, im 2 dcm- 
Rohr und wurde erreicht, wenn 10 ccm Harn, 1 ccm Essig- 
säure, 5 ccm Uranlösung und 1 ccm H,O gemischt waren, 
d.h. bei einem Gesamtvolumen von 17 ccm. 

Daraus ergibt sich die vorhandene Menge l-Äpfelsäure zu: 


17 1 300 
10 et g, 
d.h. 2,1°/, derselben sind wieder ausgeschieden. 

Am nächsten Tage wurden 790 ccm alkalisch reagieren- 
den Harns entleert, der diesesmal noch etwas l-Äpfelsäure 
enthielt, und zwar 0,295 g oder 1,5°/, der verabfolgten Menge. 

Im ganzen erschienen also 0,712 g l-Äpfelsäure wieder im 
Urin dieses Hundes. 

e) Nach 3tägigem Intervall erhielt das gleiche Tier 
subcutan 30 g Äpfelsäure als Natriumsalz in 120 ccm H,O, und 
zwar in 3 Portionen zu 40 ccm. 


Verhalten der Äpfelsäure im Tierkörper. 489 


Harnmenge von 24 Stunden: 1150 ccm, die deutlich alka- 
lisch reagierten. 

Zur Bestimmung wurden 200 ccm Urin auf dem Wasser- 
bade auf 40 ccm konzentriert. 

Das Drehungsmaximum lag bei dem Mischungsverhältnis: 
10,0 ccm eingeengter Harn, 10,0 ccm Uranylacetatlösung und 
3,0 ccm Essigsäure. Im 2 dem-Rohr war die Ablenkung bei 
obigem Volumen von 23 ccm == — 2,4; daraus berechnet sich 
der Gehalt an l-Äpfelsäure zu: i 


23 40 1150 1 


1002410 200 978 ~ 30 8 


d. h. 4,3°/, der eingespritzten Menge traten in den Urin über. 
Am nächsten Tage ist keine deutliche Menge l-Äpfelsäure 
mehr im Harn gefunden worden. 


IV. Isolierung von l-Äpfelsäure aus dem Harn nach 
Verabfolgung an Hunde. 


Der Harn eines Hundes, dem allmählich mehrere hundert 
Gramm l-Äpfelsäure als Natriumsalz subcutan verabfolgt waren, 
wurde gesammelt und mit Chloroform konserviert. 

9000 ccm wurden mit Essigsäure neutralisiert und mit so viel 
gesättigter Bariumacatatlösung ausgefällt, daß kein Niederschlag 
mehr entstand. Zu dem Filtrat wurde das doppelte Volumen 
98°/ iger Alkohol gefügt und der Niederschlag nach kräftigem 
Umrühren absitzen gelassen. Derselbe wurde abgesaugt und 
mit Alkohol gründlich ausgewaschen. Der Niederschlag, der 
schwach gelb gefärbt war, wurde fein zerrieben und mit Wasser 
in einem Jenenserkolben ausgekocht. Er ging nur zum Teil in 
Lösung, der Rückstand wurde noch zweimal ausgekocht. Die 
vereinigten Filtrate wurden bei niederer Temperatur auf 
ca. 100 ccm eingeengt und nunmehr mit starker Bleiacetat- 
lösung gefällt unter Zusatz des 4fachen Volumens Alkohol. 
Der Niederschlag wurde nach mehrstündigem Stehen abgesaugt 
und mit Alkohol von 80°/, ausgewaschen. Der Rückstand 
wurde alsdann in Wasser aufgeschwemmt und mit Schwefel- 
wasserstoff zerlegt. Das Filtrat vom Bleisulid wurde zum 
dünnen Sirup konzentriert, der beim Stehen im Exsiccator 
über konz. H,SO, nach 24 Stunden zu krystallisieren begann 


490 K. Ohta: Verhalten der Äpfelsäure im Tierkörper. 


und allmählich fast vollständig erstarrte. Die abgepreßte 
Krystallmasse wurde dann 3 Stunden lang mit wasserfreiem 
Aceton ausgekocht, die Acetonlösung darauf mit Knochenkohle 
entfärbt und filtriert. Die nunmehr ganz farblose Flüssigkeit 
setzte beim Verdampfen im Vakuum bald weiße Krystalle ab. 
Dieselben wurden auf Ton abgepreßt und wogen 3 g. 

Der Schmelzpunkt der bis zur Gewichtskonstanz getrockneten 
Verbindungen lag bei 99°, während reine l-Äpfelsäure bei 100° 
schmilzt. 

Eine Elementaranalyse tat die Reinheit der Verbindung dar: 


0,1409 g Substanz: 0,1485 g CO,, 
0,0483 g H,O 
C,H,O,: berechnet C = 35,82; H = 4,48°/,; 
gefunden C= 35,53; H = 4,70°/,. 


Auch eine Drehungsbestimmung zeigte, daß Äpfelsäure 
vorlag. Die Bestimmung der Drehung geschah in Acetonlösung, 
natürlich ohne Uranzusatz. Es ergab sich 


[«]o — 4,02° 
(a = — 0,93°, I= 2, ëss 11,572); 
für reine Apfelsäure ist das Drehungsvermögen in Acetonlösung 


== — 5° angegeben; auf die Differenz ist bei der Kleinheit der 
Ausschläge kein Gewicht zu legen. 


Polarimetrische Bestimmung des Glucosamingehaltes von 
Ovomucoid und Pseudomucin. 


Von 
Carl Neuberg (Berlin) und Omer Schewket (Saloniki). 


(Aus der chemischen Abteilung des tierphysiologischen Instituts der 
Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.) 


Ein Verfahren, das mit hinreichender Genauigkeit die ein- 
fache polarimetrische Bestimmung von Zuckerarten neben be- 
liebigen Eiweißspaltungsprodukten gestattet, ist von Neuberg 
und Ishida?) angegeben. Es besteht darin, daB in neutraler 
Lösung Aminosäuren und höhere Aminosäurenverbände (Peptone, 
Albumosen) durch konzentrierte. Lösungen von Mercuriacetat 
plus Phosphorwolframsäure nahezu vollständig niedergeschlagen 
werden, während Zuckerarten nicht mit ausfallen. Insbesondere 
ergab sich, daß auch Glucosamin aus neutraler Lösung gleich 
den gewöhnlichen Zuckerarten nicht durch die erwähnten Re- 
agenzien gefällt wird. 

Mit diesem Verfahren haben wir den Gehalt des Ovo- 
mucoids und Pseudomucins an Glucosamin bestimmt. Eine 
Kontrolle auf diesem Wege erschien um so erwünschter, als 
in der Literatur auf anderen Wegen ermittelte Angaben über 
den Kohlenhydratgehalt der genannten Glucoproteine vor- 
liegen. 

Die Bestimmungen wurden in folgender Weise vorge- 
nommen. 


1) C. Neuberg und M. Ishida, diese Zeitschr. 87, 142, 1911. 


492 C. Neuberg und O. Schewket: 


I. Ovomucoid. 

1 g des Ovomucoids wurde mit 50 oder 100 ccm 7°/,iger 
Salzsäure 3 Stunden am Rückflußkühler gekocht?). Darauf wurde 
der Kolbeninhalt quantitativ in eine Porzellanschale übergespült 
und die Flüssigkeit auf dem Wasserbade bei niederer Tempe- 
ratur völlig eingedampft. Der dunkle Rückstand wurde als- 
dann in wenig Wasser gelöst und in einem feingraduiertem 
Mischzylinder erst mit einer 25°/,igen Lösung von Mercuri- 
acetat, dann mit einer solchen von reiner Phosphorwolfram- 
säure behandelt. Schon der Zusatz von essigsaurem Queck- 
silber bewirkte völlige Entfärbung, das Filtrat des Phosphor- 
wolframsäureniederschlages war absolut klar. 

Im einzelnen ergaben Vorversuche, daß obige Mengenver- 
hältnisse den höchsten Drehungswert lieferten. Wir führen 
drei Bestimmungen ausführlich an. 

a) 1,0 g Ovomucoid wurde mit 50 ccm 7°/,iger Salz- 
säure in der angegebenen Weise 3 Stunden lang gekocht 
und das Hydrolysat verdampft. Der Rückstand wurde in einen 
Mischzylinder mit Wasser übergespült. Das Volumen betrug 
13,0 ccm. Nun wurde Mercuriacetatlösung, die unter Ent- 
färbung der Flüssigkeit einen dichten Niederschlag erzeugte, 
hinzugegeben, und zwar bis zum Volumen von 25,0 ccm. Nach 
ca. 5 Minuten wurde filtriert; 12,5 com klaren Filtrats wurden 
mit 2,5 ccm konzentrierter Phosphorwolframsäurelösung aus- 
gefällt, so daß das Volumen genau 15,0 com war. Nach etwa 
1/, Stunde wurde filtriert. Das wasserklare Filtrat wurde sofort 
polarisiert und zeigte eine Drehung = 0,8°/, d-Gluocosamin. 

Die Berechnung gestaltet sich wie folgt: 

25 ccm der mit H,O —+- Hg-Acetat auf- 

gefüllten Lösung entsprechen 1,0 Ovomucoid 
12,5 „ der filtrierten Lösung , 0,5 j 
15 „ der mit Phosphorwolframsäure 

aufgefüllten Lösung entsprechen 0,5 m 

2) Zwar erfolgt nach R. A. Young (Journ. of Physiol. 16, 325, 
1894) sowie nach A. Oswald (Zeitschr. f. physiol. Chem. 68, 178, 1910) 
eine Abspaltung von Glucosamin schon durch ł/ bis 1stündiges Er- 
wärmen mit 2 bis 3°/, HCl. Allein wir fanden die höchsten Werte für 
Gesamtglucosamin unter obigen Bedingungen, was auch mit den sorg- 


fältigen Ermittlungen übereinstimmt, die K. Willanen (diese Zeitschr. 
1, 114, 1906) unter Salkowskis Leitung vorgenommen hat. 


Polarimetr. Best. d. Glucosamingehaltes v. Ovomuooid u. Pseudomucin. 493 


Diese Flüssigkeit dreht entsprechend 0,8°/, Glucosamin. 
Wenn also 100 ccm derselben 0,8 g Glucosamin enthalten, so 
0,8 15 

100 
amin. 1 g Ovomucoid enthält demnach 0,24 g Glucosamin 
= 24°]. 

p) Ein zweiter Versuch mit 1,0 g Ovomucoid, bei dem die 
Hydrolyse mit 100 ccm 7°/,iger Salzsäure durch 3 stündiges 
Kochen erfolgte und dieselben Volumina Mercuriacetat sowie 
Phosphorwolframsäure wie sub o benutzt wurden, führte zu 
dem identischen Werte von 24°/, Glucosamin. 

y) 1 g Ovomucoid wurde mit 50 ccm 7°/,iger Salzsäure 
nur 1 Stunde lang hydrolysiert. Die weitere Verarbeitung geschah 
in der angegebenen Weise. Der Abdampfrückstand wurde in 
15 ccm Wasser gelöst und mit Mercuriacetat auf 25,0 ccm auf- 
gefüllt. 15,0 ccm Filtrat wurde mit Phosphorwolframsäure- 
lösung auf 20,0 ccm gebracht. Diese Lösung enthielt polari- 
metrisch 0,6°/, d-Glucosamin. 

Demnach enthalten 20 ccm Endlösung = 15 ccm Queck- 
silberacetatfiltrat ⸗ ?#/,, g Ovomucoid: 0,12 g Glucosamin; d.h. 
1 g Ovomucoid enthält 0,2 g Glucosamin oder 20°/,. 

Der polarimetrisch ermittelte Wert von 24°/, steht mit 
der Durchschnittszahl Willanens?!) von 22°/, die titrimetrisch 
gefunden wurde, in gutem Einklange. 


= 0,12 g Glucos- 





entsprechen 15 ccm (= 0,5 g Ovomucoid) 


II. Pseudomucin. 


a) 1,0 g Pseudomucin wurde 30 Stunden mit 7 °/,iger Salz- 
säure am Rückflußkühler gekocht. Die weitere Behandlung 
geschah wie beim Ovomucoid. Der Abdampfrückstand wurde 
in 15 ccm Wasser aufgenommen und mit Mercuriacetatlösung 
auf 25,0 ccm gebracht. 15,0 ccm des klaren Filtrats wurden 
mit starker Phosphorwolframsäure auf 20,0 ccm aufgefüllt; die 
klare Flüssigkeit zeigte polarimetrisch einen Gehalt von 1,1°/, 
Glucosamin. 

Die Rechnung ergab folgendes: 20,0 ccm Endlösung = 
15,0 ccm Mercuriacetatfiltrat — !°/,, g Ovomucoid enthalten 


2) L. c. 


494 C. Neuberg u. O.Schewket: Polarim. Best. d. Gluoosamingehaltes usw. 
20 .1,1 g Glucosamin = 0,22 g Glucosamin. Demnach enthält 
1 g Pseudomucin 86,6°/, Glucosamin. 

f) Ein zweiter Versuch mit 1,0 g des gleichen Pseudo- 
mucins ergab bei gleichen Volumenverhältnissen denselben 
Drehungswert — 1,1°/, Glucosamin für die Endlösung. Auch 
diese Bestimmung führte zu einem Gehalt von 36,6°/, Glucos- 
amin. 

Titrimetrisch haben früher Neuberg und Heymann?) 
im gleichen Material einen Gehalt von 30 bis 34°/, Glucosamin 
gefunden. 

Damit dürfte gezeigt sein, daß die Bestimmung des Glucos- 
amins in den Glucoproteiden auf polarimetrischem Wege be- 
quem und auch hinreichend genau ausführbar ist. 


1) C. Neuberg und F. Heymann, Beiträge z. chem. Physiol. u. 
Pathol. 2, 201, 1902. 


Veränderungen einiger Arzneimittel im Licht. 
Von 


Carl Neuberg (Berlin) und Omer Schewket (Saloniki). 


(Aus der chemischen Abteilung des tierphysiologischen Instituts der 
Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.) 


Die Mehrzahl der in der Natur vorkommenden organischen 
Substanzen ist unempfindlich gegen Licht. Das gleiche gilt 
für die meisten künstlich hergestellten organischen Arzneistoffe. 

Es ist nun, worauf der eine von uns zuerst die Aufmerk- 
samkeit gelenkt hat!), im höchsten Maße bemerkenswert, daß 
nahezu alle organischen Stoffe eine ausgesprochene Photosensi- 
bilität erlangen, wenn sie mit bestimmten anorganischen Sub- 
stanzen gemischt sind. Die letzteren gehören zu den Metall- 
salzen und sind an sich (abgesehen von Ag-Salzen) keineswegs 
lichtempfindlich. Wohl aber ist es das Gemisch von organischer 
Substanz und anorganischem Material. 

In diesem Sinne wirken die meisten Schwermetallsalze; 
besonders starke Effekte üben aber die gewöhnlichen Eisen- 
salze aus, einerlei ob sie der Ferro- oder Ferristufe an- 
gehören. 

Die Tatsache, daß die überall vorhandenen Eisensalze in 
hohem Maße als Lichtkatalysatoren wirken, verleiht der Er- 
scheinung eine besondere, noch nicht genug beachtete biologische 
Bedeutung. 

Die durch Eisensalze ausgelösten Veränderungen im Lichte 
bleiben im Dunkeln aus und kommen in eisenfreien (oder 
keine anderen Schwermetallverbindungen enthaltenden) Lösungen 
nicht zustande. 


1) C. Neuberg, diese Zeitschr. 18, 305, 1908; 27, 271, 1910; 29, 
279, 1910. 


496 C. Neuberg und O. Schewket: 


Die wichtigsten und charakteristischsten Umwandlungen, 
die bisher erkannt worden sind!), bestehen in folgenden: 


1. Alkohole gehen in Aldehyde über. 

2. Mehrwertige Alkohole werden zu Oxyaldehyden und 
Oxyketonen. 

3. Säuren werden je nach ihrer Natur zu Aldehyd- oder 
Ketonverbindungen, teils mit gleicher, teils mit geringerer 
Kohlenstoffatomanzahl als das Ausgangsmaterial. 

4. Einfache Zucker (Monosaccharide) gehen zum Teil in 
Osone über und erfahren einen weiteren Abbau. 

5. Disaccharide und 

6. Polysaccharide (Stärke, Inulin usw.) werden invertiert 
und dann partiell wie die Monosaccharide weiter verändert 


und auch abgebaut. 
7. Glucoside werden hydrolysiert. 


8. Glyceride (Fette) werden zum Teil verseift und die 
Spaltungsprodukte können, wie sub 2 und 3 angegeben, weiter 
umgewandelt werden. 

9. Organische Phosphorsäureester werden gespalten und 
deren organische Paarlinge ihrer Natur entsprechend ver- 
ändert. 

10. Aminosäuren erleiden eine Aldehydspaltung unter 
gleichzeitiger Desaminierung. 

11. Peptone und Eiweißkörper werden zuerst zum Teil 
gespalten und die Produkte der Hydrolyse nach dem Schema 
der Aminosäuren angegriffen. 

12. In Benzoesäure, d.h. in den nicht oxydierten Benzol- 
ring, tritt ein Phenolhydroxyl ein. 

Deutlich macht sich überall die eigentümliche Tendenz 
des Lichtes geltend, aus den verschiedensten indiffe- 
renten Baumaterialien des Organismus Stoffe von 
chemisch höherer Avidität als die Ausgangssubstanzen 
zu erzeugen. Dabei entstehen vorwiegend die überaus 
reaktionsfähigen Aldehyde und Ketone bzw. Phenole. 
Molekülverkleinerung und Bildung labiler Umwand- 
lungsprodukte ist das gemeinsame Merkmal dieser 
Mineralstoffphotokatalysen. 


1) C. Neuberg, Le 


Veränderungen einiger Arzneimittel im Licht. 497 


Die Analogie derselben mit einzelnen Fermentprozessen 
ist unverkennbar, namentlich mit den Äußerungen von hydro- 
lysiereonden Enzymen der Kohlenhydrate und Eiweißkörper, 
von Ammoniak, Kohlensäure sowie Phosphorsäure loslösenden 
Fermenten, von glykolytischen und urikolytischen Enzymen, 
sowie von Oxydasen. 

Diese photokalytischen Prozesse vollziehen sich im direkten 
Sonnenlicht, aber auch im diffusen Tageslicht; sie werden durch 
künstliche Strahlenquellen, wie elektrische Bogenlampen oder 
durch Quarzlampenlicht, ebenfalls ausgelöst. 

Es kann nicht zweifelhaft sein, daß bei den anerkannten 
physiologischen Wirkungen des Lichtes diese durch Metallsalze 
bewirkten lichtkatalytischen Prozesse eine wichtige Rolle spielen, 
wenn sich auch im einzelnen ihre Bedeutung bisher nicht leicht 
erkennen läßt. Auch bei Trink- und Bäderkuren wird man, 
worauf schon früher der eine von uns die Aufmerksamkeit ge- 
lenkt hat!), bedenken müssen, daß jede Mineralstoffkur 
unter den üblichen Bedingungen zugleich eine Licht- 
therapie bedeutet. 

In diesem Sinne verdienen die medikamentösen Verwen- 
dungen von Metallverbindungen ein erneutes Studium. 

Aber auch die Metallpräparate selbst beanspruchen in 
chemischer Hinsicht besondere Beachtung, wenn sie Kombi- 
nationen von organischem Material mit anorganischen Substanzen 
darstellen, also photosensibile Systeme bilden. 

Wir haben vorläufig einige häufig angewandte und in den 
Pharmakopöen aller Länder heimische Eisenpräparate®) unter- 
sucht, und zwar Liquor ferri oxydati saccharati, Liquor 
ferri mangani saccharati, Ferrum kalium tartaricum, 
Ferrum malicum, Ferrum lacticum, Ferrum glycero- 
phosphoricum sowie Ferri-Ammoniumcitrat. 

Es ergab sich, daß alle diese Präparate lichtempfind- . 
lich sind. 

Die Prüfung geschah in der Weise, daß Lösungen der 
genannten Substanzen in verkorkten, gewöhnlichen Glasgefäßen 


1) C. Neuberg, Zeitschr. f. Balneolog. u. Klimat. 8, Nr. 19, 1911. 
2) Verwendet wurden die käuflichen offizinellen Präparate, die teils 
von Schering, teils von Teiohgräber bezogen wurden. 


498 C. Neuberg und O. Schewket: 


(Stehkolben) einige Zeit ins Freie gestellt wurden. Sie waren 
dabei den Schwankungen der täglichen Beleuchtung ausgesetzt 
und wurden nur einige Stunden (4 bis 6) pro die von den 
direkten Sonnenstrahlen getroffen. 

Die Lichteinwirkung macht sich schon recht bald bemerkbar. 
Sie ist nach 24 Stunden ausnahmlos nachweisbar. Die Ver- 
änderungen, die vor sich gehen, entsprachen in quantitativer 
Hinsicht durchaus denen, die Neuberg (L c.) früher bei 
Saccharose, Weinsäure, Apfelsäure, Milchsäure, Citronensäure, 
sowie Glycerinphosphorsäure festgestellt hatte, wenn diese nach 
Zusatz von etwas Ferro- oder Ferrisulfat dem Lichte exponiert 
gewesen waren. 

Zur Gewinnung von quantitativen Anhaltspunkten 
ermittelten wir bei den Eisensaccharaten die Inversion 
des Rohrzuckers, beim Ferrum lacticum die abgespal- 
tene Acetaldehydmenge und bei den übrigen Sub- 
stanzen das sich einstellende Reduktionsvermögen, 
gemessen an der abgeschiedenen Menge Kupferoxydul. Letzteres 
ist dann als Kupferoxyd zur Wägung gebracht worden. 


a) Ferrum saccharatum. 


Der käufliche Liquor kam unverdünnt!) zur Anwendung. 
100 ccm desselben wurden im Sommer genau 8 Tage im Freien 
und dann noch 2 Tage im Laboratorium belassen. 

Das Ferrisaccharat hatte nach dieser Zeit starkes Re- 
duktionsvermögen gegen Fehlingsche Mischung erlangt. 

Die braune Farbe verhindert die direkte polarimetrische 
Bestimmung. Wir fanden nun ein ebenso emfaches wie be- 
quemes Mittel zur Fällung des Eisens im Ferrum sac- 
charatum: es ist dieses die Behandlung mit kolloidalem Ferri- 
hydroxyd, ev. unter Zusatz der Spur eines Elektrolyten (MgSO, 
oder NaCl). Es fällt dann das gesamte Eisen nieder und man 
erhält ein völlig farbloses wasserklares Filtrat. Dieses Ver- 
fahren scheint uns besonderer Beachtung wert, da bekanntlich 


1) Beim Verdünnen mit viel H,O kann Ferrihydroxyd völlig ausfallen. 
Nur das gelöste Eisen wirkt photokatalytisch. Die Proben, wo infolge der 
Verdünnung alles Eisen unlöslich am Boden liegt, blieben im Lichte un- 
verändert; ebenso verhielten sich alkalisch reagierende Liquores. 


Veränderungen einiger Arzneimittel im Licht. ` 499 


Laugen, Ammoniak u. dgl. Eisen aus der Lösung von Kohlen- 
hydraten nicht quantitativ niederschlagen. 

Die Behandlung zur Polarisation geschieht so, daß 20,0 ccm 
Liquor ferri saccharati mit 10,0 ccm Wasser und 10,0 ccm kol- 
loidaler (selbstverständlich neutral reagierender) Eisenhydroxyd- 
lösung versetzt werden. Die Ausflockung kann, wenn sie nicht 
von selbst eintritt, durch Zusatz einer Spur festen Magnesium- 
sulfats oder Kochsalzes vervollständigt werden. 

Das Filtrat einer Dunkelprobe zeigte im 1 dem-Rohr eine 
Drehung = 9,2°/,, d. h. entsprechend einem Gehalt von 
18,4°/, Glucose. 

Die belichtete Probe zeigte nach gleicher Behandlung mit 
kolloidaler Eisenhydroxydlösung im 1 dem-Rohr die Drehung 
+ 2,4°/,, also entsprechend + 4,8°/, Glucose. 

Der Rückgang der Rechtsdrehung ist also erheblich. 


b) Ferrum mangani saccharatum. 


Die Belichtung geschah hier ganz wie bei a), 8 Sommer- 
tage hindurch. Auch hier gelingt die völlige Ausfällung des 
Eisens und Klärung mit kolloidaler Eisenhydroxydlösung. 

Während die Dunkelprobe eine Drehung entsprechend 
+ 18,0°/, Glucose aufwies, besaß die belichtete Flüssigkeit 
Reduktionsvermögen und zeigte eine Drehung entsprechend 
— 4,2°/, Glucose. 

Die Hydrolyse ist hier also bis zur Bildung beträchtlicher 
Mengen Invertzucker fortgeschritten. 


c) Ferrum kalium tartaricum. 


Die 5°/,ige Lösung des Salzes besaß bereits nach 6stün- 
diger Belichtung starkes Reduktionsvermögen gegen Fehling- 
sche Mischung und lieferte eine intensive Färbung mit HCl plus 
Naphthoresorcin, die in Äther mit leuchtend violettroter Farbe 
überging (Carbonylsäure). 

Nach i4tägiger Belichtung wurden 20,0 ccm der Lösung 
mit 40,0 ccm Fehlingscher Flüssigkeit gekocht. 

Das gut ausgewaschene Kupferoxydul wurde als Kupfer- 
oxyd zur Wägung gebracht. Es wurden 0,0405 g CuO er- 
halten. 


500 C. Neuberg und O. Schewket: 


d) Ferrum malicum. 


Eine möglichst vollständige Lösung von 2 g Ferrimalat in 
100 ccm Wasser erlangt schon nach 6 Stunden bei Belichtung 
Reduktionsvermögen. 

Nach 14tägiger Belichtung wurden aus 20,0 ccm filtrierter 
Lösung 0,0205 g CuO erhalten. 


e) Ferrum lacticum. 


Eine Lösung von 5 g Eisenlactat in 1000 ccm H,O riecht 
nach mehrstündiger Belichtung bereits stark nach Acet- 
aldehyd, der auch beim Erhitzen einer Probe reichlich ins 
Destillat übergeht und mit allen Reaktionen nachgewiesen 
werden kann. 

Nach i14tägigem Stehen wurde der gesamte Inhalt der 
fest verschlossen gewesenen Flasche unter Eiskühlung ab- 
destilliert. 

Aus dem Destillat konnten durch Fällung mit einer klar 
filtrierten Lösung von p-Nitrophenylhydrazinacetat 1,0625 g 
Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon isoliert werden, das 
zunächst bei 116° schmolz und nach einmaligem Umkrystallisieren 
den Schmelzpunkt 127° (statt 128,5°) aufwies. 


f) Forrum glycerophosphoricum. 

Eine 5°/,ige Lösung zeigte nach 6stündiger Belichtung 
schon Reduktionsvermögen. 

Nach 14 Tagen der Belichtung ist auch die Abspaltung von 
Phosphorsäure deutlich, und aus 20,0 ccm erhält man durch 
Kochen mit überschüssiger Fehlingscher Lösung usw. 0,0125 g 
CuO. 


g) Ferri Ammoniumcitrat. 


Eine 5°/, ige Lösung von citronensaurem Eisenoxydammoniak 
erlangt schnell unter Belichtung Reduktionsvermögen. Nach 
14tägiger Belichtung wurden 20,0 cem der Lösung mit 40,0 ccm 
Fehlingscher Mischung erhitzt und so lange im Sieden erhalten, 
bis kein Ammoniak mehr entwich. Die ausgeschiedene Kupfer- 
menge entsprach 0,1580 g CuO. 


Veränderungen einiger Arzneimittel im Licht. 501 


In der längere Zeit belichteten Flüssigkeit kann man mit 
Mercurisulfatlösung nach G. Denige&s Acetondicarbonsäure bzw. 
Aceton nachweisen. 


Die geprüften Arzneistoffe erleiden also durch Be- 
lichtung beträchtliche Veränderungen. Dabei entstehen 
aus indifferenten Ausgangsmaterialien Verbindungen von z.T. 
ausgesprochen physiologischer Wirksamkeit (Aldehyde, Keton- 
säuren usw.). 

Die Folgerungen, die sich daraus ergeben, liegen auf der 
Hand. Die Aufbewahrung möglichst in fester Form und unter 
Lichtabschluß, die Abfüllung nur in dunkle Gefäße, die Not- 
wendigkeit der öfteren Erneuerung der Lösungen, d. h. die 
Herstellung von nur wenig Lösung für den praktischen Ge- 
brauch, sind selbstverständliche Forderungen, die sich aus 
unseren Versuchen ergeben. 


Biochemische Zeitschrift Band 44. 33 


Über einen einfachen Nachweis des Vorkommens von 
gepaarter Glucuronsäure im normalen Harn. 


Von 
Carl Neuberg (Berlin) und Omer Schewket (Saloniki). 


(Aus der chemischen Abteilung des tierphysiologischen Instituts der 
Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.) 


Durch die Untersuchungen von P. Mayer und C. Neu- 
berg!), Ch. Hervieux*) sowie C. Tollens und F. Stern?) 
sind gepaarte Gucuronsäuren (namentlich solche der Phenole 
und des Indoxyls), als ein Bestandteil des normalen Urins 
bekannt geworden. Diese Erkenntnis ist mit einer relativ 
umständlichen Methodik und durch Verarbeitung größerer Harn- 
mengen gewonnen worden. 

Die Fortschritte auf dem Gebiete der Harnanalyse er- 
möglichen es nun, in wenigen Kubikzentimetern normalen 
Urins die Anwesenheit von gepaarter Glucuronsäure zu er- 
weisen. 

In der schönen Reaktion von B. Tollens*) mit Naphtho- 
resorcin plus Salzsäure hat man eine Probe, die Spuren 
Glucuronsäure anzeigt. Allein diese Reaktion ist nicht eindeutig 
[Mandel und Neuberg?°)], sondern eine allgemeine Reaktion 


1) P. Mayer und C. Neuberg, Zeitschr. f. physiol. Chem. 29, 
256, 1900. 

2) Ch. Hervieux, Bull. de la Soc. chim. [4], 8, 349, 1908. 

3) C. Tollens und F. Stern, Zeitschr. f. physiol. Chem. 64, 
89, 1910. 

4) B. Tollens, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 41, 1788, 1908. 

5) J. A. Mandel und C. Neuberg, diese Zeitschr. 18, 148, 1908; 
siehe ferner C. Neuberg, Der Harn, Handb. 1911, S. 434 bis 436. 


C. Neuberg u. O. Schewket: Einfacher Nachweis von Glucuronsäure usw. 503 


auf Carbonylsäuren. Auch die bekannte Orcinprobe teilt 
die Glucuronsäure mit anderen Stoffen, namentlich mit den 
Pentosen }). 

Beide Reaktionen werden nun sehr viel strenger be- 
weisend, wenn man sie nicht mit nativem Harn, sondern 
mit einem ätherischen Auszug von angesäuertem Urin 
vornimmt. 

Denn die gepaarten Glucuronsäuren werden von Äther 
aufgenommen. Die Zucker der 5-Kohlenstoffreihe, die Pentosen, 
sind aber in Äther gänzlich unlöslich und gehen nicht in einen 
sorgfältig hergestellten Ätherextrakt über; ebenso verhalten 
sich zahlreiche Substanzen, welche die Naphthoresorcinreaktion 
geben. 

So kann man Nucleinsäuren und ihre Spaltungsprodukte, 
Chondroitinschwefelsäure u. dgl. ohne weiteres ausschließen. 

Gibt ein ätherischer Harnauszug gleichzeitig die Orcin- 
sowie die Naphthoresorcinprobe, so kann man den positiven 
Ausfall nach den gegenwärtig vorliegenden Erfahrungen auf 
gepaarte Glucuronsäure beziehen. 

Die Ausführung der Proben gestaltet sich außerordentlich 
einfach. 

In einem kleinen Scheidetrichter versetzt man 10 ccm 
möglichst frischen ?) Harnes mit etwa 2 ccm verdünnter Schwefel- 
säure, fügt sofort 10 ccm gewöhnlichen Alkohol und 20 ccm 
Äther hinzu. Nach mehrfachem kräftigem Durchschütteln be- 
fördert man durch Zugabe von einigen Kubikzentimeter Wasser 
oder Kochsalzlösung die Abtrennung der Ätherschicht. Ist diese 
erfolgt, so läßt man die wässerig-alkoholische Schicht ab, schüttelt 
die ätherische mit 2 bis 3 ccm Wasser oder Kochsalzlösung 
durch, trennt nach erfolgter Scheidung abermals sorgfältig ab 
und filtriert die Ätherlösung durch ein kleines trockenes Filter 
in eine Porzellanschale.e Nach Zusatz von 5 ccm Wasser ver- 
jagt man den Äther auf dem Wasserbade. Die zurückbleibende 
wässerige, öfter leicht getrübte oder auch von Öltröpfchen 
bedeckte Flüssigkeit trennt man in 2 Teile und stellt mit dem 


1) Siehe C. Neuberg, Der Ham, Handb. 1911, S. 333 bis 345 u. 434. 
2) Bei längerem Stehen können sich die gepaarten Glucuronsäuren 
zersetzen; freie Gluouronsäure, die bei der Spaltung entsteht, geht nicht 
in den Ätherauszug über. 
33* 


504 CNeubergu O. Schewket: Einfacher Nachweis von Glucuronsäure usw. 


einen die Orcin-"), mit dem anderen die Naphthoresorcin- 
probe an. | 

Bei Verwendung von 10 ccm normalen Harnes fallen 
beide Reaktionen positiv aus. Man kann öfter bis auf 5 ccm 
Harn herabgehen. Vielleicht ist es möglich, durch syste- 
matische Untersuchungen festzustellen, ob der positive Ausfall 
der Proben mit einer noch kleineren Urinmenge auf eine un- 
gewöhnliche Vermehrung des Gehaltes an gepaarten Glucuron- 
säuren hinweist. Die Tatsache jedoch, daß man bei manchen 
Individuen schon mit 5 ccm Urin einen starken Ausfall der 
Naphthoresorcinprobe im Ätherextrakt, bei anderen mit 10 ccm 
nur einen schwachen erhält, deutet auf beträchtliche individuelle 
Schwankungen in der Glucuronsäureausscheidung. 


1) Bei den kleinen Mengen Glucuronsäure, um die es sich hier 
handelt, wird der Absorptionsstreifen im Amylalkoholauszuge häufig 
erst nach einigem Stehen deutlich. Dieses Verhalten ist auch sonst be- 
obachtet. (Vgl. Neuberg, Der Harn, S. 341.) 


Über „Agfa“-Lecithin. 
Von 


Julius Altschul. 


(Aus der Pharmazeutischen Abteilung der Aktiengesellschaft für 
Anilinfabrikation.) 


(Eingegangen am 19. Juli 1912.) 


In dem Werke: Chemie und Biochemie der Lipoide von 
Ivar Bang (Wiesbaden, Verlag J. F. Bergmann, 1911) finden 
sich auf S. 50ff. nachstehende, auf eine Arbeit in dieser Zeit- 
schrift?!) bezugnehmende Angaben über „Agfa“-Lecithin: 

„Das „Agfa“-Lecithin ist z. B. von Mayer zur Darstellung der 
optischen Antipoden des Lecithins usw. benutzt worden. Mayer be- 
merkt ausdrücklich, daß das Präparat ‚in großer Reinheit aus Eigelb“ 
gewonnen wird. 

Dieses Lecithin wird aus Eigelb nach Bergells Methode dar- 
gestellt.“ 

Nachdem der Autor nun eine ausführliche Kritik des 
Bergellschen Verfahrens (auf die hier nicht einzugehen ist) 
hat folgen lassen, fügt er in gesperrtem Druck hinzu: 

„Die CdCl,-Methode ist deswegen zur Darstellung des Lecithins 
unbrauchbar. Das „Agfa“-Lecithin ist daher ein für wissenschaftliche 
Zwecke unzureichendes Präparat, und sämtliche Untersuchungen, die mit 
diesem Lecithin ausgeführt worden sind, sind als Lecithinuntersuchungen 
wertlos.“ 

Zu diesen durch den auffälligen Druck noch hervor- 
gehobenen Sätzen ist zu bemerken, daß die Schlußfolgerung 
des Verfassers eine durchaus irrige ist, da „Agfa“-Lecithin 
niemals nach Bergells Methode hergestellt worden ist. 
Vielmehr wird zur Gewinnung des Präparates ein eigenes Ver- 
fahren benützt, wie bereits in der ersten über „Agfa“-Lecithin 


1) P. Mayer, diese Zeitschr. 1, 39 u. 81, 1906. 


506 J. Altschul: „Agfa“-Lecithin. 


erschienenen Publikation (Pharmaz. Zeitung 1904, S. 333) und 
seitdem wiederholt angegeben wurde. 

Dieses Verfahren, das zur Herstellung von „Agfa“-Lecithin 
ausschließlich verwendet worden ist und noch verwendet wird, 
ist seinerzeit vom Einsender dieser Mitteilung ausgearbeitet 
worden; es stellt ein reines Extraktionsverfahren dar unter 
Vermeidung jeder Anwendung von Metallsalzen oder sonstiger, 
chemische Umsetzungen des Lecithins bewirkender Reagenzien. 

Bei Durchsicht der Literatur finden wir, daß die irrtüm- 
liche Angabe, „Agfa“-Lecithin würde nach der CdCl,-Methode 
dargestellt, bereits bei Nerking (Hygien. Rundschau, XX. Jahrg., 
1910, S.117) sich findet. Vielleicht hat Bang aus dieser Notiz 
sein Urteil über Lecithin „Agfa“ abgeleitet. 

Jedenfalls ist wohl durch diese Mitteilung genügend klar- 
gestellt, daß dieses eingangs wiedergegebene, auf einem Irrtum 
über die Darstellungsweise des „Agfa“-Lecithins beruhende 
Urteil Bangs über den wissenschaftlichen Wert der mit diesem 
Lecithin bisher ausgeführten Versuche jeder Begründung ent- 
behrt. 


Autorenverzeichnis. 


Alexander, Franz G. Unter- 
suchungen über den Blutgas- 
wechsel des Gehirns. 8. 127. 

— und Géza Révész. Über den 
Einfluß optischer Reize auf den 
Gaswechsel des Gehirns. S. 95. 

Altschul, Julius. Über „Agfa“- 
Lecithin. 8. 505. 

Beläk, Alexander. Die Wirkung 
des Phlorizins auf den Gaswechsel 
und die Nierenarbeit. S. 213. 

Berczeller, L. Über die lipoly- 
tische Wirkung verschiedener 
Organextrakte. S. 185. 

— Kritisch -Experimentelles über 
die Bestimmung der Fette und 
Lipoide des Blutes und über die 
sogenannte „Lipolyse“. S. 193. 

Beutner, Reinhard, siehe Loeb 
und Beutner. 

Bierry, H. Über die Verdauung 
von Inulin. 8. 402. 

— Saccharose spaltende Fermente. 
S. 415. 

— Über Raffinose und Gentianose 
spaltende Fermete. S. 426. 

— Über Stachyose und Mannino- 
triose spaltende Fermente. S.446. 

Cserna, Stephan, siehe Rudö 
und Cserna. 

Fasal, Hugo. Über eine colori- 
metrische Methode der quanti- 
tativren Tryptophanbestimmung 
und über den Tryptophangehalt 
der Horngebilde und anderer 
Eiweißkörper. S. 392. 

Forsesman,J.und Assar Hintze. 
Die heterologe Toxizität der Anti- 
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Glaser,OttoC.(Ann.Arbor,Michig. 
U. S. AL Die Entwicklungsarbeit 
im Fundulusei. (VIII. Beitrag zur 
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Hári, Paul. Weiterer Beitrag zur 
Kenntnis des Einflusses der intra- 
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— Zur Kenntnis des Einflusses der 
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— Über die Wirkung der intra- 
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Energieverbrauch. 8. 84. 

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die Temperatur der Nahrung einen 
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Hintze, Assar, siehe !Forssman 
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mittel im Licht. S. 495. 

Über einen einfachen Nach- 
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Ornstein,L. Stoffwechselversuche 

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508 


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S. 318. 

Pesthy, Stefan von, siehe Häri 
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Ptibram, Ernst. Über Diastase. 
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Rohonyi, Hugo. Die Verände- 
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Tangl, Franz. Ein Respirations- 
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