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LIT
%. 4ik/iJ,^r^
BIBLIOTHEK
DES
LITTERARISCHEN VEREINS
JN STUTTGART.
CXUV.
TÜBINGEN
•
GEDRUCKT AUF KOSTEN DES UTTKBA BISCH KW TBBBIHS
1879.
PROTECTOR
DES LITTERARISCHEN VEREINS IN STUTTGART :
SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG.
VERWALTUNG :
Präsident:
Dr A. y. K e 1 1 e r, ordentlicher professor an der k. Universität in Tübingen.
Kassier:
Kanzleirath Roller, universitäts-secretär in Tübingen.
Agent:
Fues, buchhändler in Tübingen.
GESELLSCHAPTSAUSSCHUSS :
Professor dr Barack, oberbibliothekar der kais. universitäts- und
landesbibliothek in Siraßburg.
Geheimer hofrath drBartsch, ordentlicher professor au der g. Univer-
sität in Heidelberg.
K. Cotta freiherr v. Cottendorf in Stuttgart.
Hofrath dr Hemsen, Vorsteher der k. handbibliothek in Stuttgart.
Dr Holland, professor an der k. Universität in Tübingen.
Dr Klüpfel, bibliothekar an der k. Universität in Tübingen.
Director dr 0. v. Klump p in Stuttgart.
Dr l£ y.Maurer, ordentlicher professor an der k. Universität in München.
Dr Vollmer in Stuttgart.
Geheimer regierungsrath dr Waitz, ordentlicher professor an der k.
Universität in Berlin.
Dr Wattenbach, ordentlicher professor an der k. Universität in
Berlin.
Dr Zarncke, ordentlicher professor an der k. Universität in Leipzig.
BRIEFE
DER
HERZOGIN ELISABETH CHARLOTTE
VON OBLtiANS
AUS DEM JAHRE 1720
HERAUSGEGEBEN
VON
DB WILHELM LUDWIG HOLLAND
PROFESSOR DER GEBMANISCHES UND ROMANISCHEN PHILOLOGIE AX DER UNIVERSITÄT
ZU TÜBINGEN, ORDENTLICHEM MITGLIEDE DER BERLINISCHEN GESELLSCHAFT FÜR
DEUT8CHE SPRACHE, CORRES POS GIERENDEM MITGLIEDE DER AKADEMIE DER WISSEN-
SCHAFTEN, KÜNSTE UND SCHÖNEN LITTERATUR ZU CAEX , MIT GLIEDS DER GESELL-
SCHAFT FÜR NIEDERLÄNDISCHE LITTERATUR ZV LEYDKN, CoRRESPONDIKRENDEM MIT-
GLIEDE DES VEREINS FÜR GESCHICHTE UND ALTKRTHUMSKUNDE ZU FRANKFURT AM
MAIN, MITGLIEDE DES GELEHRTENAUSSCHU88ES DES GERMANISCHEN MUSbUMS ZV
NÜRNBERG.
THE
HILDEBRAND
LIBBAEY.
GEDRUCKT FÜR DEN LITTERARISCHEN VEREIN IN STUTTGART
MACH BE8Cm.t'SS DES AUSSCHUSSES VOM MAI 1865
TCBDIGEN 1879.
fl. *b ^>q -]5
DRUCK VON H. LAUPP IN TÜBINGEN.
1
1084.
Paris den 4 Januari 1720.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe mein 1720 jähr nicht ahn-
genehmer ahngefangen, alß ich es den sontag, da ich Euch geschrie-
ben, geendet habe. Ich habe abendts kopffwehe davon bekommen
undt solche grampff von viellen auffstehen undt niedersitzen, daß
ich mich abendts nicht mehr rühren könte. - Aber ich will nichts
mehr von dießen 3 verdrießliche [n] tage[n] reden, so ich da zugebracht
habe, komme auff Ewer ljebes schreiben vom 19 December 1 719, no 102,
so ich, wie Ihr woll wist, den letzten tag Im jähr entpfangen; den
ich habe es Euch selbigen tag geschrieben, liebe Louise! Man sagt,
die wegen seindt sehr abscheulich, undt es solle auch viel gewäßer
überloffen sein, so daß die Courier mühe zu renen haben. Die post
von Turin, so ordinarie alle freytag morgendts ahnkommen, kom-
men jetzt erst montag abendts ahn; also wundert es mich gar nicht,
daß Euch die post von hir gefehlet hatt. Meine ahnkunfft in
Paris habe ich thewer genung bezahlt, wie Ihr auß meine schreiben
werdt ersehen haben, liebe Louise! Aber nun rechne ich mein
husten vor nichts mehr, weillen ich nachts woll schlaffe undt nicht
mehr huste, hab auch kein kopffwehe, gott lob! Dieße 3 tage
seindt aber arger undt verdrießlicher geweßen , alß wie ich von
St Clou kommen. Es were kein wunder, daß einer zum naren
drüber würde ; den ich [kann] keinen bißen eßen , noch dropffen
drincken ohne plag, muß 10 mahl auffstehen, allezeit reden. Daß
ist eine rechte quäl undt macht einem daß leben müde. Paris ist
woll daß verdrießlichste leben, so in der weit kan gefunden ge-
werden * , insonderheit vor mich 2 . Ich habe hir nur quäl undt
1 ? werden. 2 loh erinnere an die vielen früheren klagen unserer her-
zogin über Paris, das ihr unleidlich ist. Äußerungen in demselben sinne kehren
Elisabeth Charlotte 1 .
zwauck undt nie nichts abugenehmes biß auff die eommedien, so
die eintzige lust ist, so mir tu meinem alter geblieben. Die kön-
nen mir hir nicht gefablea; den die leütte seindt so abgeschmackt
liir, dass sie sieb hauffeuweiß auff daß tbeatre stellen undt setzen,
daß die comedianten kein platz zu sniellen [nahen] '; daß ist recht
■uofa iD der folge öfters, inletit noch
nachher in dem briefe rem 21 Deeember
wider.
1 Ähnliobos war bekanntlich auch
auf der alten englischen bUhue der fall
Man vergleiche: II. Ulrioi, Shakspea
es dramatische kuuat. Geschichte und
Charakteristik des shakspe areseben drs
du. Dritte neu bearbeitete aaflage. I
Leipzig 1868. s. 130. Dorr Dr Juliu
Fried! ander erinnert mich an dasjenige
was Söthe (Aus meinem leben, wahrhe
t und diohtung, drittes buch, sitmmtlioh
werke, XX, Stuttgart 1K10, 8. 110) er
aalt: «Was mir meine besuche auf dein
theater sehr erleichterte, war, daß mir
mein fmibillet, ah aus den händen de
eehult heiß bq , den weg iu allen platz
n eröffnete und also auoh EU den Bitsei
im prosconium. Dieses war nach fnuw
iisischer art sehr tief und an beiden sei
ton mit aiUen eingefaßt, die, durch e
mehreren reihen hinter einander anfba
teil und »war dergestalt, daß die ersten
sitze nur wenig über die bubno erhoben waren. Das ganze galt für einen be-
sondern ehrenplatz; nur ofneiere bedienten sich gewöhnlich demselben, obgleich
die nähe der Schauspieler, ich will nicht sagen jede Illusion, sundern gewisser-
maßen jedes gefallen aufhob. Sogar jenen gebrauch oder inisbraueh, über den
sich Voltaire so sehr beschwert, habe ich noch erlebt und mit äugen gesehen.
Wenn bei sehr vollem hause und etwa zur zeit von durebmäreeben angesehene
officicre naeh jenem ohronplati strebten, der aber gewöhnlich schon besetzt war,
so stellte man noch einige reihen bänko und stuhle ins proseeuium auf die
bübno selbst und es blieb den hehlen und heldiuuen nichts übrig, als in einem
sehr mäßigen räume zwischen den uniformen und erden ihre geheimnisse iu
enthüllen. lob habe die Hypermnestra selbst, unter solchen umständen auf-
führen sehen.» Die Störung, welche <jenor gebrauch oder misbrauch» mit sioh
brachte, suhildert Moliere in seiner komödie "Lei faoheux» vum jähre 1861;
Ecaste, den Moliere selbst spielte, oreffnet dieses stück mit folgender rede:
Sons quo] astro, bon Diau, faut-il que je suis ni,
e ohaque jour qnolquo nonvelli
st den d'egal au fi
.nJDO
s d6bar
f> lui
Et cont l'eis j'ai maudit cotto innoconte envie
Qui m'a pric ii diner de voir la comedie,
öü, penBBQt m'Ggayer, j'ai misfrablement
Trouvfi de inea peoh6e le rudo ehätiment.
II faut quo je te fasse un reeit de 1'aSaire,
inahngeuehm. Gestern hatten wir eint 1 neue tragedie, so nicht i
Car je m'eii sens e
J'etoia sur la thfiät
La piSoe, qu'ä plaa
snooii
Lonqae, d'nr. n.ir bruyi
Un bomme ü gcuadn co
En criant: .Holäl ho
Et, de bdd grand fraaaa surpreoant i
Dam Je plus bei endroit a la pieo«
• Hei mon Dieul dos Flanotü, i! soi
Ne preadront-ila JEiiuais un air de gl
Ai-je dit; «ot faut-il sur no! defanta
chacun [iietoit ailence ;
et plein d'extraragance,
s est entrfi brusquemant
i «icgc [.romptement !•
Ce qne oben uns
Tondis que li-di
Log aotaurs ont
an dit partout de t:
I IViir i
Iravorsnnt encor la theätre ä granda pas.
Bleu qua daus las cGt6s il put Ctre ä eon aise,
Au milieu du deiant il a plante aa ohaise,
El, da son large dos morguant las speotateura,
troia quarts du parterre a oacbe loa uoteurs.
iruit a'eat Älevi, dont un autre eiit au honte;
i lui, terrae et constaüt, o'eo a fall aucun compta,
Si, p.
mr m»
NifurtuuB
il
ne m
'eat
avis6.
«Hai
marquii
!■, m'a-t-i
1 dl
t, pre:
Ult
pre.
de moi place
«Comnient to
portos-tu
! it
nffre
qua
je t'o:
nbrasael»
Au rl
■HP n
r 1'kton,
un
rougo
rn'n
st mo
Ute,
Quo 1'
os ine
Vit oonnu
d'u
1 pmr.
ill 6
.ent6.
Je l'etoie pai
1 pourtant
i m
all oe
BD
TOlt ]
laroitro
De ce
1 gens
qul de rie
n *
ülll.'Ill
ton
■ TOD!
oonnoitre.
Dont
il fant
an salut 1
aa
i&iieri
1 tat
ujar,
Et qu
i lont ;
■amiliera J
isq>
i'a to
is tuloyer
t qnen
Flua haut quo les acte
11 le maudissait ; et moi, pour 1
•Jo BeroiB", ai-je dit, «bien aise d'ei
d'&b point in eoei, m:ir<[uis '.'
Je le trouve aasei drole, et je 11'; av
■ par qaolles lais un outrage e
t Cornaille nie vicut lire tont oe qu
imen wegen
eben ist, aber die commediauten kotiteu nicht durchkommen
11 ma las recitoit taut baot avant l'aoteur.
J'avoia beau m'en dGfendre, i) a pouese sa Chance,
Et a'aat devers lu fin lovdj longteinps d'avanoe;
Car las gens da bei air, pour agir galaniment,
Sa gardent bien surtout d'ouir 1b dcno&mant.
Die oommentatoren bemerken hier tu : «II y avoit antrefois des bauoa aur
l'avant-aoeno ; lea jeunes gens s'y donnoiant Bux-memBs en spoctaclB, parlant
plus baut quo loa actoura, ao lavant avant la fin do la place, ctalaut enfin loua
loa ridionlea si biau peints dans cette scüne. Co n'est qu'su 1759 qua M. la
oomto do Lauraguaia fit oesBer ae aoandalo, an donnant aux comediens une aomme
asaei conflidcrable poar las dodommagar de la suppreaaiou dea placea d'avant-
socne.» Maa vergleiche: (Euvroa complctea de Molißre avec lea notas da tona
lea common tateura , publice* par L. Aim6-Martin. Quatriöme edition. I.
Färb 1845. S. 469 bis 461. Hbit Gustave Desnoiroatorros , der biograph
Voltaires, hatte die große gute, mir ia einem schreiben rem 2 Angust 1817
l'usage barbare d'oncoinbrer la scüno d'un public chamarre venu M im m- pour
Sa tragBdie ds Semiramia faillit ctra viotima de oette coutume inepte, el il
exlste de lui un billet au liautenant da police Berrier, qni aut fte ravi de lai
venir en aide, mitis qui aent son impuissance dovaat na nbus ai furtement eo
raoin6. II en parle onijore , aveo la meme vivaoite , dana aa »I>ie(«rlatioo, sur
la tragedie anoienne et moderne- (seoonde partia) qu'il a mite en IM* do
l'ouvrage. iSemirarais» Bat da 29 aottt 1T4S, ot ta refonne qu'il appelait de
toni eea vieux ne dovait E'acoompHr qua oma ans plua tard, grftee .". la lm»
rosite du eomto do Lauraguaia qui paya , aur sa oassettB, aus com*dien« du
remuanto qui ontravait tout. Cotte petite rfivolution eut poar point de d£part
la roprise du «Venoealaa» de Rotrou rotouohe par Marmontel (30 avril 1759)..
Man vergleiche übrigens auoh; Voltaire et la sooiete franoaiaa an XVIII» sicole,
Ilf: Voltaire ä la oour par Gustave Deanoiresterres. Paria, Didier st «om-
pagnie, 1869. ». 203 ff. (Euvrcs oomplBtoa de Voltaire. III. 1784. e. 340.
Voltaire sagt hier ia der schon angeführten, der tragödie <5emiramle> voran -
«On a roulu donner dana B6miramis un speotacle enoors plus palWtique qoe
daai Meropei on y a deploye tout l'appareil de l'anoion thelltre greo. 11 eerait,
apres que nos grands mattrea out surpaaao lea Graoa en tant de obosee dans la
tragodia, que notre nation ne put lea egaler dans ia dignitf: de Icurs repcf>en-
tntiona. Un des plus Kruml« •jhsinelea qui s'oppoaent aur notre tbiillre a lonte
granda ot pathttique, est la foule des apeotateurs, oonfonduo «ur la soäoe
der menge leüttc. Kniesclimerlzen habe ich braff, es schlagen sich
noch krämpff dazu , so mir unlcydthch sein. Von meinem husten
will ich nichts mehr sagen. Der frost ist hir gautz vorbey; es
regnet alle tag. Wir wißen liir gar nichts von nnßers <luc de Cliartres
beuraht 1 ; er ist noch zu delicat, ein eheman zu werden. Ob er
sich zwar ein wenig sterekt, ist er doch noch gar schwach, wirdt baldt
ein batet mitt dem könig dantzen; daß, hoffe ich, wirdt ihn stüreken.
Verstandt fehlt mademoiselle de Valois nicht; hette sie so viel an-
dere gutte qualitetten, alß verstandt undt Schönheit, were nichfa bey
ihr zu wünsehen. Aber, aber, mehr sage ich nicht*. Weilten Ihr, liebe
Louisse, wist, daß bey dem licht schreiben Ewern lieben äugen so
sekadtlich ist, habt Ihr groß unrecht, viel bey licht zu schreiben;
den soltet Ihr Etich blindt machen , würdet Ihr ja gar nicht mehr
schreiben können. Ich habe nie keine lange weille, alß nur, wen
ich gezwungen werde, waß änderst zu [thun], alß ich gerne wolte;
alßden wirdt mir die zeit lang. Ich finde, wie Ihr, liebe Louisse,
daß die tage viel zu kurtz sein. Verdießlicli[e] sagen ' hört man eher,
alß etwaß lustiges; alles, waß mau hir hart uudt sieht, macht einem
i premifro
pourrait i
it pas s'j raeprcndi
.Schlosser, Geschichte des
Heidelberg 1S84, a. 532.
ipeetateurs iur le thtälro.
da In Coraedie-Friiüi'.ü*'. ■
arohlves de bi Connidie-Fi
d'apri!« Blondel; et nno
Charles Coypel (1726). I
1 Vergl. nachher de
spricht sieh in der folge
emis de leurs plaisirs, pour
etc corrigG dans la suite
lisfment Hre supprimi poar
ooup de cbefs-dWvre qu'on ourait saus
eätre übte, propre poar l'action , et tel
db de l'Europe.» Man sehe auoh F. C.
, Jahrhunderts u. s. w. I, fünfte anQage,
nooh. »o verweisen auf: A. Jullion, Les
mt et suppreseion des bancs tat lea seines
. Avoe (ieQuments inedita , eitraits des
rj du Theatre-Francais avant 1758,
Torte de M, E. Chainpollioti, d'spre«
pl.
Uetaillo. S
. 32
selten.
14 Deoem
bei.
2 Elisabeth
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Spanien ,
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vergleiohe
Edouard d
Barth f lernt
dot. 1874.
3
d. b. sa«h
sn.
blüdtsmUde. Daß Ihr mir wünscht, davon befrcydt zu sein, ist woll ein
gutter wünsch, wovor ich sehr daueke, aber liir woll unmöglich. Aber
nnn ist es zeit, daß ich mich aknziehe; muß aiso meine gewöhn-
liche pausse machen. Die callender, so Dir mir geschickt, finde ich
artlich. Ich leße noch ohne Will; die callender seindt mir nicht
zu rein '. Hiemitt ist Ewer letztes liebes schreiben völlig beant-
wortet. Dioßen abendt, wen ich von der großbertzogin vissitte
werde kommen, will ich anff daß noch außstehende andtwortten.
Donnerstag umb */* auff 6 abendta.
Da komme ich eben von der großhertnogin. Gott gebe , daß
ich nicht interompirt mag werden ! Ah, da kompt die junge printzes
de Conti. Ich habe woll gedacht, daß es nicht so rein abgehen
würde; den ich weiß, wie es zu Paris zugebt. [Es ist jetzt] halb
7 undt [die] priutzessineu seindt, gott lob, nunder zum großen
spiel, welche lust ich ihnen woll gar nicht mißgönne ; den ich würde
woll von bertzen betrübt sein, wen ich mich bey dem spiel in dem
großen hauffen finden mtlste, den ich bin menschenscheu geworden
mehr., alß ich mein leben gewest bin. Ich linde mich nicht recht
in ruhen, alß wen ich nur meine leüttenndt gesiebter, woran ich sehr
gewohndt bin, sehe. Ehe ich anff E. L. liebes schreiben vom 16,
no 100, komme, muß ich Euch etwaß verzchlen, so ein abscheu-
licher lerm in Paris. Ein abbe von qualitet, so mein gutter frettndt
ist undt von den besten heößern von Franckreich ist*, hatt viel
I d. h. sin haben niaht zu dünne, zu sobmale, au kleine sohrift. 2 Der
in rede stehende geistliche ist der abbe d'Entraguei. Mira vergleiche die lo-
bendige Schilderung, die der herzog von Süint-Simon in seinen maatien zu den
»ufioiohnungen des marqnis von Dangeau vom 1 Junnnr 1720 entwirft, Janmal
XVIII, a. 196 bis 198. Saint-Simon bemerkt hier nntar anderem folgendes:
»L'abbü d'Kntraguea r.' f ioit rien mobu ijij'Kruyrür'iCf-ttnlinc, et ne le pretendit
jamaii ■ >ii Dom eet Cremeanx. Co aont de trSs-simplos gen tilsh ominös, du oute
da Ljroo, et tleo plus. . . Cetoit un oompose le plus etrange qui se püt voir
et quo tout son malntleo promettoit, qui etoit tel qa'il n'y avoit personno qui
n* le lomarqatlt eutro mille, ni qui [h'U realster 5. la ouriosite de savoir qui il
etoit. Ce qui hii fit faire la surpronanto demarobe qui donne iai lieu de parier
la haine de la oour , de taut gourernement du fou roi, quoiqn'il uu fiit plus,
HMM« i>: i:uertraage d'esprit qu'il n'oilt ose basarder de son teuips, en un niat
[olle. II ee piqna quelque temp» du peraonnage da confesseur persäoute' ; il «on
verstandt, aber doch ein wenig waß wunderliches im liumor; dießem
ist auff einmahl in den sin kommen , daß er nicht in der glitten
religion were, weillen man die armen Eeformirten so verfolgt hatt.
Daß liatt ihn lesohircn machen, selber reformirt zu werden, ist zu
deß holländischen ambassadeurs pfarher gangen, wo er der catho-
liechen religion abgenagt undt reformirt geworden, ist Weihnachten
num h. abendtmahl verldeydt; den ordinari ging er alß ein' abt-
kleydern mitt einem rabat nndt mantel. Von dar nimbt er seine
abtskleyder wieder undt geilt in vissitte. Eine dame sagt zu ihm:
-Abbe, voiey un vray temps pour vons qui aimes a veiller , car
vous ires sans doutte a la messe de minuit.» worauff der arme
abbe d'Entraguefs] geantwortet: «Moy, je nires* plus de ma vie a
la messe.» Daß hatt alle die letttte wunder genohmen, [einer]
sagte zu ihm: -Par quelle raison nires vons plus a la messe?»
Er andtwortet de sans froid 8 : «Despnis que j'ay eüe le bonheur
de communier sous les deux especes avec 6 cent[s] de mes freres,
j'ay bien ressolu de no plus jamais aller a la messe.» Daß hatt
gantz Paris auffrüriscb gemacht; die biselioffe undt alle pfaffen haben
sich versamblet undt haben resolvirt, zu meinem sotin zu kommen,
undt begehren, daß man den abt in die Bastillen setzen sollen*.
Der arme mensch kam nachts zu mir undt fragt mir rabts; ich
filtzte ihn braff auß, so imprudenf gesprochen zu haben, riehte ihm,
keine zeit zu verliehrn, sich auß dem staub zu machen. Er hatt
meinen raht gefolgt undt halt sich, gott lob, salvirt. Wo er hin
ist, weiß ich nicht, aber woll, daß man ihn gesucht, umb ihn in die
Bastille zu schicken; aber man hatt ihn nicht gefunden, halte ihn
also vor salvirt , bin fro drüber nun *. Ihr kendt die Frautzoßen
lassa bientüt , et d£s qn'il en fut laa on Id fut anaa! de le Isnir ■■. 1» Bastillo.
I] revint au giron de l'Eglijo el oomme 011 ne pouvoit imaginer rien de aSrienx
de lai, il fut incontinent aprfn reju Juan toulea loa maison« qu'il nvuit aoeou-
tumä de frequeuler, et, aveo lu mürne familiaritli qu'a.upai'avaut, princoa du aang
et autrea. II affeota un peu de tempa da fl« faire vuir & l.i messe dünnt un
ä sa vie nrdinaire quaud il orut aon «Jiostasio oubliGe. II ue laiaaoit pal aveo
> plus de quatre-vingte aua aans oueuno sorte d'inlirrail6, toujonra dan« ia uiftme
3 d. h. de aang-froii
nicht, wen Ihr meint, daß etwaß in der weit, sie abhalten können,
nicht überall vornen dran zu Bein. Solle einsniahls dem ubbe
d'Entrague[s] ahnkommeu, nach Franckfort zu gehen, so sagt ihm
doch . daß ich Euch guts von ihm geschriben ! Dir kernt mitt ihm
umbgehen ohne scandal; den wie er ein klein kindt war, haben ihm
die hüner in einem hoff, wo er kacken gangen war, alle seine sie-
ben Sachen 1 abgefreßen *. Daß hatt ihm einen solchen absehe a vor
hüner geben, daß, wen [er] ein bnn fügen sieht, wirdt er übel.
Alle boöe kranckhelttcn regieren mehr, a!ß nie, zu Paris. In allen
Ewern schreiben, liebe Louisse, setze ich, wen ich. Ewere entpfango
uudt von welchem chiffer sie wahren. Daß geschieht aile menscheu,
sich in chiffern zu betrieben. Monsieur Le Fevrts ' ist hcütte zu
mir kommen. Hirbey schicke ich Euch einen brieff von ihm. Ich
thue mein bests vor Ewere neuveu undt niepeen. Ich muß wider
willen enden, uuib morgen früh auffmstehen können; den es mein
großer gebreibtag ist. Ich habe heütte kein schreiben von Euch
Journal du mnrquis do Dangoau XVIII, s. 195 unter montag, 1 Januar 1720:
<L'abb6 d'Entrayuo? a fait nno dcinarcha si iHimniiiiu- (j!i''jii a [miau 1 la croire,
quoiqu'il y eüt longtomps qu'on ;i doa aoupoons de sa mauvaise croyanca. II
alla cos jours passes che* l'ambassadeur de Holland«, oft il fit abjuration pu-
blique do la religiun oallinliqui! et «smmOnia avec los protestants; il s'ost ineme
vautö dans quelques maisons d'avoir cuuiniunic sous las daui ospeces. M. la
due d'Orläans, qui od a ete Informe', avoit donne ordre qu'on le mit ä. la Ba-
atille; mais des prinoesses ont interoSde pour lui et ont oru qu'il »aloit niieni
le laiaaer aauver. Sa famillo a ou peine ä lui fairo prondro ae parti, taut il
ost extraordinaire dana toutes soa manieroa.» Man vergl. ebendaselbst a. 199
unter donnorstag , 4 Januar 1720: "Le pnrlouient va faire le prooöa k l'abb6
d'Entragues; M. le due d'Orleans dit quo si on l'avoit pris, il l'auroit snvoj6 ä
1 Vargl. Götbe im Faust (gesprach dos Mephistopheles mit den) schüler):
•Zum Willkomm tappt ihr dann nach allen sieben saobeD,
0m die eiu andrer viele Jahre streicht.«
2 Q. Brunet, Correspondance oompli-la de Madame, duubesso d'Orlcans. II, Paris
1863, s. 210. 211, anmerkuDg 1: «Ceoi rappelte la mcaavonturo de Boileau,
inutile ä granda coups de bee par un dindon; d'oü, auivaut Helveüus, la haine
du pocte pour las jfsuites importatours des dindons (voir loa fditiona de Boileau,
donncos par MM. Daunou, 1825, t. I, 1. III. et de Saint-Surin , 1821, t. T,
D, 86; mala M. Berriat Saint-Prix (.Essai aur Boileau>, en töte do aon Edition,
183 t, 4 vol. in-B, 1. 1, ohap. XXXIV) mootro quo catte aneedoto ost depourrue
do toute rraleemblauce.» 3 Vergl. Über diesen vorzüglichen mann blind IV,
s. 389 unter Lolevre.
entpfangen, also werde ich zeit genung biß sontag haben, auff daß
überige zu andtwortten. Adieu den, hertzallerliebe Louisse! Seydt
versichert, daß ich Euch all mein leben von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
1085.
Paris den 7 Januari 1720, nmb 8 /« auff 8 abendts.
Hertzallerliebe Louise, ich habe daß opera quittirt, umb her-
zukommen, Euch zu entreteniren. Weiß * mirs keinen danck ! den
es ist gar kein sacrifice, so ich Euch thue; ich bins so müde, alß
wen ichs mitt löfflen gefreßen hette *. Ich bin im prologue undt
ersten acten geweßen auß complaisance ; den madame d'Orleans will
nicht, daß ihre dochter ohne mich ins opera gehen ; drumb bin ich
nein, habe ihnen weiß gemacht, ich würde wieder kommen, bin
aber mitt freüden außgeblieben. Ich habe schon 5 brieff fertig,
einen ahn Churpfaltz, einen an die königin von Preussen, ahn dem
jungen landtgraffen von Darmstatt undt monsieur Harling, die gräffin
Nassau Sarbrücken. Ich habe noch ahn mein dochter undt ihre 5
kinder zu schreiben ; der kinder ihre werden kurtz werden, wie Ihr
leicht gedencken könt. Ich will Euch aber erst entreteniren, liebe
Louise, undt meinen möglichsten fleiß ahnwenden, in aller eyll auff
waß mir noch von Ewerm letzten brieff tiberig ist, zu andtwortten.
Ich hatte gehofft, heütte e[t]waß von Euch zu bekommen, aber da
ist schon daß zweytte mahl, daß die post kompt ohne Ewere brieffe,
liebe Louise! Ich weiß nicht, wie es kompt. Solte noch eine post
vorbeygehen, ohn[e] daß ich waß von Euch bekommen solte, würde
mir gantz bang bey der sach werden. Gott bewahr mich davor !
Ich komme auff Ewer liebes schreiben. Ich war ahn monsieur
Le Fevre geblieben. Er wirdt Euch sagen können , daß ich conti-
nuire, mein bestes vor der sach von Coupert 8 zu [thun]. Ich bin
stoltz, daß monsieur Le Fevre sagt, daß ich verstandt habe; den
man kan nicht mehr verstandt haben, alß er hatt. Aber er sagt
1 ? Wißt. 2 Vergl. über diese redensart nachher den brief vom 24 August.
3 d. h. hinsichtlich des Verkaufes der ehedem dem herzog Meinhard von Schom-
berg gehörigen besitzung Coubert. Man vergl. den vorhergehenden band, wo
von dieser angelegenheit vielfach die rede ist.
10
daß nur von mir, umb sein cour bey Euch zu machen. Mir ein
hohes alter zu wünschen , ist , mir nur ellendt undt quäl zu wün-
schen; den ich bin schon genung mitt meinem alter beschwerdt,
könte mir nicht leydt sein , wen mich gott zu sich nehm * undt
ein seeliges endt verliehe. Ich wünsche undt verlange nichts in dießer
weldt undt kan ich mitt warheit sagen, daß ich daß leben zimblich
satt bin. Unßere marechalle de Clerembeau * hatt verwichenen 3ten
November 85 jähr erreicht. Sie hatt noch daß gedächtnuß, alß wie
sie 40 jähr alt war, undt ihren verstandt noch gantz, wie sie ihn
gehabt hatt; jedoch sehe ich, daß sie schier allen leütten über-
lestig ist umb nichts, alß umb ihr alter; daß verleydt mir daß
alter. Waß hir jetzt die groste moden ist, ist schleuniges sterben.
He[u]tte morgen ist ein colonel de cavallerie in meines sohns anfi-
chambre gestorben. Ich habe ihn, gott lob, gar nicht gekendt; ist
zweymahl wider zu Sich selber kommen, aber doch nicht gantz per-
fect. Man hatt i[h]m emetique 8 geben , ader gelaßen , nichts hatt -
geholffen, er ist gestorben 4 . Daß ist jetzt gar gemein hir. Ich
bin nicht persuadirt, daß caffe, the undt chocolat leütte, so nicht
Indianer sein, gesundt ist 5 . Wen man daß leben recht betracht,
ist es nicht recht zu wünschen. Wenig schlaffen thut mir nichts,
ich wer sonst schon lengst ... Es solte mir woll hertzlich leydt
sein, wen ich schultig solte sein, daß Ihr Euch übel befinden soltet.
Ich wolte gern noch lenger blauttern, aber es ist schon halb 10.
Ich bin interompirt worden, muß also jetzt, umb nicht nicht gar
zu spätt schlaffen zu gehen, ahn mein dochter schreiben. Glück-
seelige gutte nacht! Seydt versichert, daß ich Euch von hertzen
lieb behalten!
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Hirbey werdt Ihr einen brieff von madame Dangeau vor ihre
fraw Schwester finden.
1 d. h. nähme. 2 C16rembault. 3 6m6tiqu«, brechmitte l. 4 Der
marquis de Dangeau erwähnt dieses Vorfalles in seinem Journal nicht. 5 Man
vergleiche die zahlreichen ähnlichen äußerungen in den früheren bänden.
1086.
Paris den donneratag, 11 Januari 1720.
Herlzallerliebe Louise, voriieslern abeudts unib il habe ich Ewer
liebes schreiben vom 23 Deeeiubcr 1719, no IÜ2, einmnhl zu reubt
entpfangen. Es war zeit; den 2 posten hatten gefehlt. So lang ich
in Frankreich bin, habe ich die pusten nicht so übel gehen sehen,
alß seyder ein jähr her. Ich hette meine brieffc no 45 undt 4(5
dattiren sollen, kan nicht begreifen , wie ich es vergeßen; den es
ist in meinem caleuder marquirt Aber ich glaube, daß noch well
viel mebr fehler sich in meinen brieffen finden; den zu Paris fehlen
die contretemps nicht undt alle augenbliek wirdt mau interompirt,
daß mau nicht mehr weiß, »aß man sagt. Sich in den ehiffem zu
ihren ', ist kein fehler, so meritirt, daß mau druinb unib verzeyung
bitt; den es offendirt ja nicht. Ohne daß ich weder zu warm, noch
kii kalt empfunden, hatt sich mein husten so verdoppelt, daß ich
wieder die kammer hatten muß undt gar nicht außgelien [kann],
uicht einmahl in die capel; kau es ahn nichts, alß ahn dieParisser
iufft attribuireu, die mir allezeit schadtlieh undt zuwider geweßen.
Es ist kein mensch zu Paris, alt oder jung, so nicht mitt dem husten
undt sclinupen seyder 6 wochen her geplagt ist, undt man hört, wen
man bnst, so viel escho*, daß e3 endtlich lacherlich wirdt. Mein
enckel ist vorgestern nachts wieder bey dem verfluchten bal ge-
weßen s undt der duc du Maine ist nun zu VersaÜle in seinem
hauß, so Clagnie* heist. Dieße zwey stück undt daß seine gemahün
in ihrem hanß zu S[c]eau[x] ist, nachdem sie durch einen brieff mei-
nem söhn alle ihre conspiratiou undt verräbterey endeckt, daß macht
mich auch recht gritlich undt setzt mich in sorgen; den ich trawe
dießer falschen bursch kein haar, fürchte alß, sie werden noch ein
nuglück ahnstehlen, wovor unß gott gnädig bewahren wollet Ich
dancke Euch seiir, liebe Louisse, vor Ewere gutte wünsch. Aber
wünsche thuu nichts änderst, alß nur den gutten willeu zu erweißen
icho. 3 Vergl. band IV, s. 308. 30T. 313.
1 Claguy. Der luarquis de Diiiiponi! aebreibt in xeinem Journal XVIII,
r donuerstag , 11 Januar 1720: «Bion des gen.» vont voir M. du
is li Clagny; oji en ilemando la porniiBsion a M. lo duc d'Ürlinns, qui le
12
von dem, dersiethut. Mein söhn hatt dem gutten, ehrlichen sou[s]-
gouverneur 1 befohlen, seinen söhn gewehren zu laßen nadt niclit
auff dem fuß zu folgen. So hatt monsieur de Cour* geantwortet:
«Je n'y ay donc que faire- undt ist nach hauß gangen. Ich finde,
daß er gar woll gethan hatt. Ihr kendt, wie ich sehe, die Frantzoßen
nicht; wen man ihnen spricht von waß die seeligkeit betriofft, la-
chen sie einem nur naß. Hir im landt ist leyder kein glauben
mehr. Apropo von glauben, ich glaube, daß der abbe d'Autrague 8
1 naren geworden ; er hatte sich , wie ich Euch letztmahl
. auff meine wahrnung salvirt, war schon in Flandern,
konte nur nach Tournay gehen, da war er außer Franckreich undt
in Sicherheit. Ahnstatt dießes ort geht er 2 meill weitter, a Lisle,
da hette er auch woll etliche tag außruhen könen, wen er sieh nur
heimbiieh gehalten lictte; den es kante ihn kein mensch dort. Aber
abnstatt daß er sich rtlig halten sötte , geht er auff offendtlichen
marek[tj mitt billet de bau qne undt schachert wie ein Jud, spricht
gegen meinen söhn undt gegen die regirung, hille . . . Man sngts
den commaudauten de Lisle ; der lest ihn deßwegen gleich bey dem
ltopff nehmen, da käme es herrauß, daß es der abbe d'Antrague war 1 .
Habt Ihr Ewer leben etwaß narisebevs gehört oder grsoben? Mein
[söhn] hatt gelhau, waß er gekönt, uiub ihn tu Sahiren; er hatt
ihm zeit gelaßen, sich zu salvireii, halt Iba uiiht verfolgen laßen,
da lest er sich selber fangen wie ein sut , undt ahimtatt meinem
söhn danck zu wißen, daß er durch die tinger siebt, deschainirt er
1 Vorgl. band IV, s. 344. 345. 2 de Court. Iro Journal du marquls de
Dangoau XVIII, b. 2 findet sich unter freitag, 3 Men 1719, die bemerkung:
• M. de Court, sous-gouvemour do M. le duc da Chartros. et qui a long-temps
sorvi duns la marine aseo beaueoup de Imputation , a oblenu uns plaue dans 1c
4 Journal du marquis de Dangeau XVIII, a. 204 anter dienstag , 9 Januar
1T20: »L'abbt d'Entrrtguefl , qui a,voit 6t6 juaqu'ä Anchin pour aortir du
rojaulne, au liou d'allor du IS ä Tournay dont il 6toit fort procho, a voulu aller
ä Lille, et etant a Lille, il est alle chez le gouvoraour et s'eat nomine. Le
gouverneur, qui e«t le oomte de Lille, a ouvoye un courrier ä M. le duc d'Or-
leana pour lui inander qu'il l'a fait arreter.' Unter freitag, 17 Mui 1720,
schreibt Dangeau ebondas. i. S89; -On mando de LiUe qua l'abbe d'Entraguoi
s'aat refait oatbolique et u fait aon abjuration entre les maina de l'abb6 de
L'hampigny; on jih sait paa encore a'il aura la pormiaBion de rovenir ä Paris..
Vorgl. oben a. 0. 7, anmork. 2.
sich gegen ilim ' in vollen marck[t] a Lisle; daß weist woll , daß
man seiu[em] verhengnuß muht entgehen kam Ich komme wider
auff Ewer liehes schreiben , liebe Louise , wovon mich deß abbe
d'Antrague historie ein wenig abgezogen hatte. Froyliek gebt mehr
Übels in Paris vor, alli jeniablon bey den heydeu, ja gar zu Sodome
nndt Gomora. Die die tngendt folgen wollen undt christlich leben,
belt man vor sotten undt leütte, so keinen verstandt haben. Die
lasterhaffte leütte werden geliebet, die tugcndtsanien gehast, welches
zu erbarmen ist. Gott stehe uuß bey! wir haben» alle woll von
nobten. Ich fürchte, daß der rhumatisme, so madame la princesse*
im kopff hatt. endtlicb ein schlim ende nehmen wirft, welches mir
hertzlich Jeydt sein solte; den es ist eine recht tu gen dtsaine fürstin.
Ihr vergnügen, ihre fraw doebter ' auff freyem fuß zu wißen, gibt
I. L. noch keine beßere gesundtheit. Sie ist unglücklich mitt ihren
kindern undt kindtskindern; sie deügen* alle kein haar, [sind] voller
laster undt untugendt. Nun muß ich auch eine pausse machen biß
auff dießen nachmittag, da wollen wir von dem englischen hoff re-
den; nur daß sagen, daß man den konig in Englandt so gegen die
printzes von Wallis erbittert hatt, daß er bleich auß zorn werden
solle , wen man nur ihm nahmen nendt. Die leütte müßen woll
verdampt sein, so solche Uneinigkeit zwischen eitern undt kindern
n. Hir sagt man, daß der harou von Bornsdorf undt Botmar B
ärger gegen den printzen undt die printzes von Wallis sein , alß
die Englander, so sich ihre freunde doclarirt haben; daß tindt ich
schimpfflich vor unßere gantze teütscbe nation.
Ich habe, seyder ich auffgebürt, zu schreiben, ein brieff von harou
Gört/, bekommen; der entschuldigt sich gar hoch, daß man ihm kein
augenhlick zeit gelaßen, mitt dem könig allein zu sprechen. Ich
glaube, daß die böße teüffel haben ihn geförcht, das er etwaß guts
1 is dechainer contn qnetqn'uu
, heftig auf einen losgehen. 2
princesso de Conde, Anne de Harten
fillu d'Edouard
prinee palatin , n£e
1648, m;in>'..' en I6B3 ä Henri-Jules
o Bourbon, prin
e de Condc. Saiot-Ki
. ddpeint commo «leide, rertueuse et solle, an pou bossu
ieras, ni miaute, fut taujaurs ooroptGo pour tien, et n'e
esprit qao pour prior Dieu> (t. XIX, p. lt; t. XX, p.
i s. 22b, >,nmerk. 1. 3 die duohesse du Maine. 4 d.
drens Gotttieb ron Benistorf (171S von kniaer Karl VI ir
«l»nd erhoben, go-torben IT2«) nnd ron Bothmer.
11
Sen, mitt dem
stiffton möge; ilrumb haben sie ihm keine zeit gelaßen, i
könig zu sprechen. Botmau 1 , wie man hir sagt, solle auch gegen
die königliche kinder sein; aber die printzes von Wallis hatt mir
nichts von ihm, noch von Bernstorf geschrieben. Aber waß mich
glauben gemacht, daß monsieur Bottmar auch gegen sie sein, ist,
daß er so kurtz anffgehürt, äußere brieffe zu bestellen. Ich weiß
es dem armen baron de Buquoy dank, daß hertz gehabt zu haben,
dem könig in England t davon zu sprechen ; aber ich finde die damen
impertinent, die ihn haben schweygeu heißen. Ich habe lieber, daß
alle andere mitt dem könig davon sprechen, alö Ihr, liebe Lonise !
Es muß doch woll zorn bey dem könig in England t sein , weillen
er so sehr von färb verendert , wenn er von seinen 'königlichen
kinder sprechen hört; waß man ihm aber von ihnen weiß gemacht,
kan ich nicht erdenckeii. Den man kan nicht sagen, daß sie eine
parthie machen wollen; den sie heltens ja woll gekirnt , alß der
könig abweßendt geweßen; also muß etwaß änderst dahinder stecken,
so ich nicht errabten kan. Gott wolle alles znin besten wenden 1
Ihr habt mir großen gefahlen gethan, die copie von der wienischen
sach vom graff Nimbtseh* zu schicken ; dun man hatt mir hir per-
snadiren wollen , daß kein wordt dran wahr seye , aber mitt dem
zettel disputire .... Monsieur Le Fevre ist dießen nachmittag bey
mir geweßen. Monsieur Marion hatt ihn durch gantz Paris gesucht
undt nicht finden können; ich habe ihu aber mitt meinen laquaycn
hingeschickt, valet de pied, solte ich sagen, umb woll zu sprechen ;
aber indem monsieur Marion zu monsieur Le Fevre gangen, ist mon-
sieur Le Fevre herkommen. Ich habe ihn aber wider nach hauß ge-
schickt. Er hatt gar gutte hoff nötig von seinem proces undt [istj
weit davon, daß er meint, daß es ihm gelt kosten solte. Er ist
persuadirt, daß die conlrepartie alle quittiren werden auß forcht,
die Unkosten zu bezahlen; den sie gar gewiß den proces verl lehren
werden. Aber er wirdt Euch woll selber berichten , wie es mitt
bestelt ist, undt Ihr werdet gewiß die sach beßer verstehen, alß
ich, die nichts in processen begrcift'en kan. So baldt Ihr ahn dem
professer werdt geschriben haben zu Franckfort ahn der Oder, der
Euch bekaudt ist, wirdt Ewer brieff von monsieur Le Fevre schon
1 Bothmer. 2 Vergl- band IV, s. 28b. 300. 304. 320. 321.
itler gefunden werden '. Mich deucht, untere liebe s. churfürstin
latt mir von dem professer einmahl geschrieben, sagte, daß er ihr
heßer gefieh!, alü der, von welchem ma tante, die printzessin von
Ta[re)nte, so viel gehalten, daß Ewer freündt gantz natürlich undt
ungezwungen were, aher daß der printzes von Tarante t'reüudt gantz
affectirt were, welches einen prediger gar nicht woll stehet. Der
affeclirte war ein Frantzoa , wo mir recht ist*. Alle Frantzosen,
wer sie auch sein mügen, haben daß, sie ineinen allezeit, man müße
charmirt von ibneu sein. Ich habe gekandt, so heßlich wie der
teüffel wahren undt doch meinten, zugefallen; habe oft't von hertzen
drüber gelacht. Es nittlien Urselinen * sein, so ins Seekendorf bauß
wohnen, so, wo mir recht ist, mylord Graffeil * hatte bawen laßen,
aber gewiß vor keine nonen. Es seindt die Urselinen, so allezeit
schuldig sein, pensiounairen zu haben. Uiub die rechte warheit zu
sagen, so kan ich bitter übel rechnen; schicke Euch hirbey 4 Louis-
dor; ist es zu wenig, so bericht michs I so werde ich den rest
schicken; ist es aber zu viel, so gebt den rest den armen! Ewer
liebes schreiben ist lang nach dem nciijalirstag almge kommen, aber
Ewere gutte wünsche seindt mir allezeit lieb undt ahngenehm undt
dancke Euch von hertzen. Ich komme jetzt auff waß mir noch von
Ewerm lieben brieff überig ist vom l(i Dccumber, no 100. Die arrao
Suson, meiner amen dochter, ist wider sehr kranck ahn einem fluß
auff ... da were daß goltpulver nicht gutt zu. Ich habe 2 große
schachteln davon, so unßere liebe s. churfürstin mir geschickt hatt;
man lacht hir nicht drüber, moiisieur Davaux 6 s. hatt es a la modo
' 1 Vorgl. band IV, ». 341- 818. 2 Über d.e fr ansn.i aeben itüxgüt in
Frankfurt an der Oder vergleich« man: atieaohiebte der frantBairohen eolouie
in Frankfurt an der Od« vom prediger licecUst Tollin-, io .Miltbciluogco des
hiitoriach-atatiätieohon Vereins EU Frankfurt a. 0. Aebtea hüll. 1S6H.> Frank-
furt a. 0. Druck und euniniiBäijci vnrlag der hofbuohdrookeroi von Tramtuob
nnd söhn. 1868. 3 Der urdeo der l'rauhoe rinnen wurde durah die heilige
Angela von Brascia tut krankende". Lau piaaol. lieh aber tur madeheueriiehung
im jabre 1536 gestiftet. 4 1 Wrafton. i d'Avaui , ehedem geeandier im
Haag, in Irland, in Schweden. Man vergleiche Jonroa! du rnaiuaui dn Dasgeau
XII, 8. 32s. 32. unter Sonntag, 10 Februar 170»: <M d'Avaui monrut a
Fari>. II avoit iW atnbassadenr pluaiennt foia. II avolt Sie ;■:■■.- i de« mar-
ehands et maitre des o6remonie; do L'ordre du Saint- Hapnt, et quand II vendit
oette ebarge au President do Moamet, Bon navuu, le roi lui doaoa la peruiaaion
de portor tuujoura l'Ürdre. II <Stoit conaoillur d'Etut inditaiiB, et a-
IG
gebracht. Ich weiß so woll , daß die erbprinlzes von Darmstat ins
kindtbett, daß ich mittgevaitern bin. Ich bitte, erfahrt doch, wer
die überigen gevattern sein! Es seindt viel weiber, wen sie eine
schwangere fraw geben sehen, können sie errahten, ob es ein bub
oder medgen seiu wirdt. Monsieur Dissenhaußen * ist ein freiindt
von mein söhn, meint vielleicht, mein söhn wirdt ihm actionen ge-
ben. Ich sage nichts von den millionen*; ich bin dießen Sachen
sehr müde; den man hört von nichts änderst. Glitte nacht! Ich
muß schließen undt Euch, liebe Louisse, versichern], daß ich Euch
von liertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1087.
Paris den 14 -Tanuari 1720, umb halb 10 abendta.
Hertzallerlicbo Louisse, ich werde heütte mein schreiben gar
kurtz machen. Ich habe daß Ewerige, no 103 vom 26 December, erst
dießen abendt nahe bey 8 entpfangen; hernach ist mein sobn kom-
men, habe, nachdem er weg, ahn mein dochtcr geschrieben. Daß
liatt mich biß jetzt geführt, kau unmöglich auff Ewer liebes schrei-
ben andtwortten, werde, wo mir gott daß leben lest, biß donnerstag
andtwortten , nun aber nur in großer eyll sagen, daß ich nicht
wider woll bin undt seyder 9 tagen nicht auß der cammer gekont.
Derowegon will mich monsieur Tei'est ' morgen undt übermorgen
mitt dem grünen safft purgiren undt dreibt mich nach bett. Es
war spatter, alß ich gemeint, den da sehlegts 10; werde also nur
in eyll sagen, daß ich, weillen es übermorgen Ewer geburdtstag ist,
boau logomont a Versailles dann l'avant-oonr. Man vergl. auch die mitthei-
lungon dej hertogs von Saint-Sitnon Über d'Avanx a. a. o. i. 329. 330
1 Vergl. band IV, e. 100. 105. 2 Vergl. nachher den brief Tum Ib Ja-
nuar. Elisabeth Cbarlutto ineint den durob Law herbeigeführten aeiien »eb«indnl.
Man vergl. darüber die band III, s. 319. 320 angeführte litteralui, namentlich
A. Knrtiel, .Geschichte der Law'scilen Ananiojioration während der minderjab
rigksit Ludwigs XV in Frankreich» in: Historisches taschonbuch. llorausgegoben
von Friedrieh von Räumer. Heue folge. Siebentor Jahrgang. Leiptlg 1R46.
s, 407 bis ö!!7. Man gehe auch F. 0. Schlosser, Geschieht« des aohtiehnten
Jahrhunderts u. s. w. I, Fünfte aufläge. Heidelberg. 1864. s. 202 bis 268.
3 sonst Terny, Toroy, leibant von Elisabeth Charlotte.
17
Euch hirmitt einen porte-lettre ahnbinde 1 , so man mir geschenckt;
wünsche, daß es Euch gefahlen [möge]. Es ist eine Schachtel drin,
so man un biribi 2 heißt. Gott gebe Euch daß jähr, so Ihr ahn-
trettet, glück, segen undt vergnügen undt alles, waß Euch ahn leib
undt seebl nutz undt seelig sein mag! Adieu! Ich ambrassire
Euch von hertzen undt behalte Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
1088.
Paris, donnerstag den 18 Januari 1720.
Hertzallerliebe Louise, seyder vergangen sontag habe ich kei-
nen neuen brieff von Euch entpfangen, [will nun] auff daß vom 26
December, no 103, andtwortten, 1719. Der grüne safft, so ich montag
undt dinstag genohmen, hatt mich gantz wieder courirt. Wie lang
es aber in dießer bößen lufft dauern wirdt, mag gott wißen. Die
röttlen undt kinderblatter grassiren mehr , alß nie , kommen jetzt
auch auffs landt in allen dorffern. St Clou ist voll davon undt
Schelle 8 ; unßere arme abtißin * dort hatt ihr gantz hauß voll da-
von undt ganz nahe bey ihrem apartement. 13 nonen haben die
kinderblattern dar; ich fürchte, unßere arme abtißin wirdt sie
wider bekommen, ob sie sie zwar vergangen jähr starck gehabt hatt.
Aber sie furcht sich so erschrecklich davor, daß große aparentz, daß
sie sie wieder bekommen wirdt. Der kleine La Trimouille 6 , der pr[in-
cesse] von Tarante 6 ihr uhrenckel, ist gar kranck; seine kranck-
lieit heist une rougeolle bouttonee 7 , ist, alß wen kinderblattern
undt rottlen beysamen wehren. Gott verzey mirs! aber es könte
mich nicht betrüben, wen diß kindt sterben solte; den es ein
großer avantage vor meinen vettern , den printz Talmond , sein
[würde], so gar nicht reich ist undt durch dießen todt reich werden
Wirde undt eine von den schönsten Chargen bey hoff bekommen,
Premier gentilhomme de la chambre du roy 8 . Ihr dinst wehrt ein
*
1 d. h. zum angebinde, geschenke gebe. 2 das glückspiel, wovon im
vierten bände widerholt die rede gewesen. Man vergleiche daselbst s. 379.
3 Chelles. 4 Louise-Adelaide d'Orleans, äbtissin von Chelles unter dem namen
Sainte-Batilde , enkelin von Elisabeth Charlotte. Vergl. band IV, s. 392. 393.
5 M. de la Tremoille. 6 Tarente. 7 rougeole boutonnee. 8 Vergl.
*>and IV, s. 267, anmerk. 1. s. 297.
Elisabeth Charlotte 2
18
gantz jähr; sie seindt 4, so es haben , der duc de la Trimouille,
der duc de Mortemar ', der due de Gevre * undt duc de St Aignan.
Sie seindt scbir BWey jähr lang alll umb den könig, das erste jähr
im dinst undl. daß zwcytte jähr müücii sie vor alle plaisir undt
spoctacle sorgen; ist also gar eine schön ne charge, die dem printz
Talmont* heiler, alli (tießem mutwilligen kiudt*, zukommen würde.
Die posten [gehen] erschrecklich übel. Es ist eine unleydtliche
sach, daß man all! zwey schreiben auff einmahl gibt undt sie die
vorigen posten auffhelt. Alles geht flberzwerg in der weit her; ich
glaube, daß sie gantss verkehrt ist. Weillen Ihr, liebe I.ouisse,
segt", daß Euch die Jeher von . . . gantz nngesundt undt schädtlich
ist, tliut Ihr sehr übel, solche zu eßen. Mau meint bir, daß alle
lehern gesundt sein, undt sagt im Sprichwort: *Pour rejouir son
foy° il faut manger du foy.* Wir haben seyder etlichen tagen bir
ein recht sanfft, schon frlililiii^wetter; ^eliiiee sieht man selten bir
in Paris, bleibt nicht liegen, Wirft gleich zu koht. Man weiß hir
nicht, wall schlittenfahren ist. Ich hatt einmahl dem konig s. so
viel davon goblauttert, ließen schütten machen; aber sie wahren
wie ein kutsch , nur mitt rolitem damast, gar heßlich; wir fuhren
doch zu St Germain; es war nicht artig, ich musto lachen, so dolle
schütten zu sehen. Der könig sagte: «Votis vuus moques de nous.»
Ich audtwortete: «Non pas de vous, monsieur, mais de vos trai-
neau * mal fait.» Der könig s. hatte gern , daß man ihm frey
heraußsagte, waß man denekt. Ich bin froh, liebe Louise, das Ihr
wider wöll seydt, undt [gott] erhalt Euch lang bey gutter gesundt-
heit! Es ist eine rechte sebandt, wie Churpfaltz " undt seine leütte
1 Morlemart. Dor honog von Saint-Simon bemerkt Über ihn in einem «u-
aatia tum Journal dos marquis ilo Ilangeau, XVIII, s. 2: «Lo duo Jo Morte-
niart s'oppliqua ä minor sa fortune avet la inline Suite J'un ambitioui .'■. la
faire. Piqu6 de eo qu'un lieutenaul de roi, untre qua celui qu'il demandoit, füt
nomine paur lo Harre, il Bfl vondit lo gouvernouiBiit. II no tint pas il tui qn'il
ne su dffit ausei da sa eliarga de premier j;entilhuniniü de In obauibre, et meine
poor rien, qoi l'oüt bien ruulu [sie]. EuBn on voit l'uaage qu'il a su faire de
tont uo qu'il a en de pure et de beau-pere, et In Situation uniquo oü il a'ast
mis, et pourquoi.» 2 marquis Je (lesvres ((Jütres). 3 prince de Talmond.
i Vergl. nachher den brier vorn 7 Herr, gegen dun sobluß. 5 d. h. nahet.
6 d. h. foie, lober. 7 traiae&ux, aoblitton. 8 kurlürst Karl Philipp, der
von 1716 bia 17-12 regierte. Man Vergleichs über ihn: Ludwig Hausser, Ga-
Buhlchte der rheinischen Pfalz nncli ihren politischen , kirchlichen und lilterari-
19
mitt Euch umbgehcn; daß kau kein glück bringen. Ich fürchte,
seine pfiffen machen ihm weiß, es seye nicht übel gclhati, weillen
Ihr rel'ormivt seydt. Die sich von der bursch regieren laßen, werden
allezeit ungercelitigkoittcn tlmii. Von den hießigeti tnillionen ' will
ich nichts sagen, bins so müde, das ich nichts mehr davon hören
kan, undt schäme mich recht , daß die printzessinen du sang hir
sich in der bangue* tretten undt schlagen laßen umb pure interesse
undt gelt zu samblen; finde es recht schimpfflich. Vor wenig tagen
gab einer, so mitt monsieur 1c duc aß, eine artig andtwortt. Mon-
sieur le duc pralle, wie er schon so viel tnillionen in der bangue
gewunen hette undt nun reicher were , alß alle seine forfahren.
Einer, so mitt ahm tisch saß, sagte mitt lachlen : -Vous aves l'ar-
geiit, mais vos ancestre[sj on[t] la gloire.» Daß findt man gar woll
gegeben. Weiß nicht, wie monsieur le duc sich nicht gesehambt
batt; aber da ist er zu thnnib zu. Seine brüder haben mehr ver-
stand!, alß er. Der printz de Conti', sein Schwager undt vetter,
hatt verstandt, [ist] aber ein violent närgen darbey, halt abscheu-
liche fiändel mitt monsieur Laws. Mein salin hatt ihn filtzen müßen,
er begehrt ungerechte Sachen. Madame de Chasleautier* heist nicht
mehr mademoiselle, ob sie zwar nicht gelieüraht ist; aber wen ein
frellllen dame d'atour * wirdt, heist man sie madame. Madame de
Chasleaulier ist, glaube ich, ist daß eintzige mensch in gaulz Franek-
reich , so nicht interessirt *. Mein söhn hatt ihr wollen actionen 7
geben, millionen zu gewinen; sie hatt es abgeschlagen undt nur auß
respeet eine sumc genukmen, umb meinjen] söhn nicht büß nu ma-
chen, alß wen sie sein pressen t verracht undt nichts von ihm neh-
men | wolle]; ist woll ein perfect tugendtsain mensch, deren wenig
dergleichen in dießera landt sein. Es ist schon 40 jähr, daß ma-
dame de Cbasteantier mir mitt aller trewe diut, lange jähren alß
sahen Verhältnissen. II. Heidelberg 1S45- s. 853 bis «Ob. Auf dieses treff-
lich« hnuh sei ileuu über Jon in den folgenden briefen häufig gel la unten für« ton
1 Vorgl. den brief vom 11 Januar, oben s. II! und band IV, s. 291. 293.
343. 389 nnter Law. 2 d. b. hanque. 3 I.ouis- Armand, prinee da Conti.
Vergl. über ihn band IV, >. 327. 328. 4 ChituautbiorB. 6 kammerdame,
staatsdame. 6 Vergl. in den früheren banden die lahlreioben ähnlichen rüh-
menden iiulScrungen über diese vorillgliobo Trau. J aotiona, action, antbeils-
froüllen undt die überige mt alß dame d'atour. Also hatt
söhn gedacht, mir einen ge fahlen zu Ihun, ihre tugenrlt undt lange
clinstcn zu belohnen , undt liirinen hau er sieh nicht betrugen;
dießes ist von allen menschen aprobirt worden. Ob mein söhn zwar
wenig dancks hir bey dem könig mitt seiner regirnng außrichten
wirdt, si) wirdt er doch den vorlheil haben, daß die unpartheyische
weit seine regirung loben wirdt. Gott stehe ihm ferner bey! Ich
habe die zeitlmig nir.lit geleßon, will sie der fraw von Rotzenhaussen
wider abfordern, umb zu sehen, wer mitt rnir gevatter ist; den ich
bins auch ', habe einen großen schönnen cauUeley-brierT deßwegen
von dem regnenden lierrn empfangen. Ich bin mitt der andtwordt
ambarassirt; den ich habe keinen teutsehcii secretarie undt der proto-
eol' von traut zusehen secretarie ist schiinpfflieh vor nnßere teütsclic
fürsten, will ihm also dadurch nicht andtwortten. Weiß nicht, wie
ichs machen solle, daß er die Ursachen erfahren mag, warumb ich
nicht andt.worle, noch dancke. Rabt mir docli, liehe Louisse! Adieu!
Ewer liebes schreiben ist völlig beantwortet, bleibt mir nur üherig,
zu versichern, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
A mad. Louise, raugraffin zu Pf alte, a Frauckforth.
Paris den 21 de Janvier 1720 (N. 57).
Hertzallerliebe Louise, die gantze woehe habe ieh nichts von
Euch entpfangen. Es ist ein ellendt, wie die posten gehen; aber
es ist ohnnlibiig, davon zu reden. Vielleicht werde ieh dießen nach-
mittag waß bekommen; den es ist jetzt erst */* auff 11. Aber ich
muß mich ahnziehen, umb zum könig zu fahren.
Sontag umb 9 abendta.
mß dem opera, welches ich un-
ir in mein cubinet, finde ich 2
In dem aujienblic
i kom
rhort lang gefunden.
Wie
1 Vergl. den brist v
in U J
uulai- oder titulatur-bmih
, worin
oraoncn an einander aoli
eiban.
uob de» franiUBisöheu
ecrerürs
eiohnnog gebe.
21
pauaetten von Euch, eines vom 30, no 104, dali [andere] ist vom
2, no 1. Ihr kout woll gedeucken, driü icli nicht auff beyde heütte
werde atidtwortteti können, Es wirdt viel sein, wen ich auff daß
frischte andtwortteii werde, will es doch auff den zweytten ahn-
fangen; dancke Euch von hertz[en], allerliebste Louisse, vor alle
Ewere gutte wünsche. Die posten gehen gar wunderlich. Ich habe
Euch schon gesagt, daß ich nicht begreiffen kau, wie ich gefehlt,
meinen brieff zu chiffrireu, daß ' ich es doch auf meinen callender
gar woll gezeignet hatte, nehmhlich no47; aber von deren sotissen
thnc ich viel deli jahrs. Es ist aber kein wunder, wen ich viel
fehler in meinen briefffen] machen; den alle augenblick werde in B
interompirt, muß im vollen schreiben initt 10 personnen sprechen.
Ihr soltet Euch viel mehr verwundern , wie Ihr zwey wordt von
meinen brieffen werdt sause 8 undt raisonnbel finden. Fragt nur
den herrn Gemingen, wie es ein gerali nndt gethun ist in meiner
cammer, wen ich schreibe! Der husten hatt mich zweymabl nach
einander erdapt, bin ihn nun zum zweytten mahlquit; ob er wider-
künunett wirdt, werden wir sehen, woltc nicht davor schwehren. Es
ist nicht allein die Franckforther post, so Übel geht; alle posten
von der weit gehen jetzt übel. Nachmittags bin ich gar zu sehr
geplagt; es würde mich gar zu... Es macht mich gar nicht scblaf-
ferig. Ich habe nie willens, zu schlaffen, ulß wen ich braff geßen
Labe. Ruhe habe ich genutig; wen mich nichts quelt, kau ich gar
woll schlaffen. Da schlegt es 10, ich maß wider willen auffhören,
sonsten wirdt mich moiisieur Tcray schrecklich liltzen. Wo mir gott
gesundtheit undt leben verleyet. werde ich Efich bis donuerstag eine
lange epistel schreiben , nun aber nur sagen , daß ich Euch von
Ihertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
Paria den 25 Jauuari 1720, nmb halb 7 abend t« (N. 68).
Hertzallerliebe Louisse, ich habe Euch heütte morgen nicht
geschrieben; den ich habe einen Courier von Loüeringen abzuferti-
gen gehabt, habe 10 bogen ahn mein dochter geantwortet auff
-
22
einen [briefj von meiner dochter von 21 bogen. Dali, kont lbr
wol! gedeneken, Latt mich den gantzen morgen auffgehalten. Her-
nach hin ich in kirch, von dar zu madamc iTOrleans,
eine stareke migraine gehabt; hernach bin ich ahn taffei. Gleich
nach dem cßon hin ich liir im vorhoff zu einer damen von meinen
galten freündinen , so kranck; sie halt außer ihren husten nndl
Schwachheit eine kranekheit , so eicht coariren kan , nebmlich
nahe bey 90 jähren; aber sie Latt. den verstamlt noch ,
vor 40 jähren gehabt halt. Hernach bin ich in kutsch gestiegen
uudt zur großhertzogin \ die weit von hir a !a place Royal [e] logirt.
Ich habe Bio in guttcr gesundtlieit gefunden undt recht [lustig], 1
mich lachen machen. Ich bin bey I. L. eine gutte stundt geblieben. Wie
ich herkam, fandl ich niadnme d 'Orleans hir in meiner eamnier mitt
ihren zwey jüngsten döchtern, sie ist eine stüi][d'|gen hir geblieben.
Da Uatt man mir Ewer paquet undt liebes sehreihen vom 13 Jannari,
no 4, gebracht; werde die 4 schraubt ahlcr ahn monsieur Le Fevre
bezahlen. Ich habe noch keiner* gesehen, habe der zeit nicht ge-
habt; danckc Euch vor die mühe, so Ihr goimhmen, mir zu schicken,
werde mir gutte ireündt mitt machen \ Nach madame d'Orleaus
ist der kleine printz Purinen h errein kommen uudt mein söhn. Daß
halt mich auch wider interomuirt uudt ein halb stündtgen auffge-
halten. Nun halt es schon 8 gesehlagen, habe Euch nur noch an-
derthalb stündigen diesen abendt zu entretenireu. Ah, da k 0111p t
wider eine Interruption; der graff Ilora, deß graff Botmars* 1
kompt auß Lotteringen uudt bringt mir einen großen mächtige*
biieft" von meiner doebter; ich werde ihn aber gewiß nicht leßeu,
biß ich auff wenigst auff Ewer letztes weurtes schreiben . so ich
dießen abendt entpfangen , [werde geantwortet haben]. Ich weiß
nicht, ob ich Euch nicht vergangenen sontag goschrihen, daß ich in
einem tag 3 von Ewern lieben schreiben vom 2, *3, 9, 110 1 , no 2,
no 3, [empfangen]. Daß no 4 von 13 werde icli nun beantwortten.
Ich kan nicht begrciffen , wie es zugehen kan, daß ich inerhalb (
tagen 5 schreiben von Euch entpfangen; aber es ist beßer zu viel,
alß zu wenig. Ich bitte Euch, liehe Louisse, wen Ihr ein andennahl
:
1 Miirguorite-Louiso d'OrlfanF, grullhorzuj;iii von Tcirannii, gan
!;l grLiuilu DucIicfmi , geinalilin don gruliliunugä l.'«siuni III.
:i Vwgl. band IV, s. 361. 4 Bothmer.
23
einen placken tiiuteii auff Ewer papir last fallen, so schreibt keinen
andern brieff! den icli frag keinen hur darnach undt es ist mir
leyder, wen icli weiß, daß Ihr, liebe Louise, Küch die muhe geben
habt, einen andern brieff zu schreiben, alli wen ich 10 placken oder
saüe in Eurem briff finden solle. Ddeßes letzte schreiben ist gar
richtig kommen. Ich weiß nicht, wie daß man die brieff so zwey
undt zwey auff cinmahl siiht; aber waß wir auch davon sagen mö-
gen, [hilft nichts, ich will] also von waß änderst sprechen. Madame
du Maine hatt ihren herrn zwar gantz entschuldiget 1 undt bekellt,
daß sie die gantze coiisni ratio n unter seiueui nahmen ahn [ge] fangen,
dass er kein wordt davon gewust bette. Alle die andern conspiran-
ten, so in der liastillen gießen, sagen deßgleichcn, muß also woll
war sein, ob es zwar schwer zu glauben'. Dießer herr aber, umb
solches zu coufiruiireii, will weine geiuahliu weder wißen * noch sehen.
Sie ist verzwcyfl'elt , daß mein söhn ihre uonspiration im raht hatt
leßen laßen*. Aber konte daß dolle tliier glauben, daß mein aohn
anff sich wurde umb ihrethalben nehmen, all! wen er die couspiration
iiivenlirt bette, undt sie in alles vor unschuldig erklären? Daß weib
angstet mich noch, sie ist gar zu amporlirt nach etwaß rares. Al-
beroni hatt ahn mein sühn geschrieban, ihn umb veraeyung gebetten
undt deelarirt, daß alle li bellen undt waß man unter seinen nahmen
in Spanien gegen meinen söhn geschrieben, were ihm von Paris ge-
schickt worden. Er offrirt, alles zu entdecken undt meinem söhn
mittel zu geben, gantz Spanien cinzubekommen; de» er wüste all le
fort et ie foible von dem Königreich ". Seindt daß nicht feine bilr-
15 .
da c
Z!
■ Le
i III und IV
3 Vergl.
iaohher den
briof vom 8 Februar. 3
.pr.-
4, Journ
1 du muri [ii is
de Dangeau
XVIII, i. 200. 207 unter in
™tag
Januar 1720
• Dons le od
seil de rege
nco , od n Iu toutoa loa depo
itlona
ceux qui sunt
aortia et de o
ui qui aont
encoro ä la Baetillo et enau
U oi
coli« da uij i,.l
ioo In duuhea
e du Maine
b Vergl. den folgendei
brie
Journal du iu
rquia de Dung
an XVIII, ;•
210 unter fteiiHg. 19 Januar
1730
oardinal Alb
rooi a pnasc
Montjiallter
oo a d-oof. ordre i rnn qu
r„ C
(TJäspagilo ;
24
scher? Ihr macht mich lachen, die bekehrnng vom duc undt der
duchesse du Maine zu wünschen, liebe Louisse! Ich sehe darauß,
daß Ihr die weit noch nicht rächt kendt, noch die politicken ara-
bitieussen ; die glauben weder gott, noch teuffei. Der duc du Maine
halt mir durch einen [von] meinen galten freunden viel reprochen '
laßen machen, wie ich so viel boßes von ihm hette glauben können,
daß er solches nicht ahn mir verdint hette. Ich halte geantwortet,
daß in der gantzen conspiration sein mihm alß chef gestanden, daß
ich nicht errahten, daß seine gemahlin so geliertzt gcweßen , alles
ohne sein wißon ahnzufangen undt fortzufahren, were also woll zu
entschuldigen, ihn beschuldigt zu haben. Ey, mein gott! wo tiudt
man beichtsvätter , Hebe Louise, so leütte ohne glauben bekehren
können? Man tindt genung, so sich in politiqucn affairen mischen
wollen, aber umb mehr zu brouilliren , alß alles gutt zu machen.
Wo scindt die gewißenbafften leutte hir im landt? Man muß (ruh
auffstehen, sie zu finden. Es seindt keine stailtsursnchen, so mein
söhn so dement machen; er ist von natnr der sanffte[ste] undt
beste mensch, den gott geschaffen hatt. Ach, liebe Louise, ahn
mir ist wenig gelegen, ich bin ja zu nichts nutz. Ich weiß woli,
daß gritlich sein hu nichts (riefet hilft; aber wen mau so naturlich
ist, alß ich bin, kan mans nicht laßen. Aber wafl will man [ma-
chen]? Es muß alß etwall sein, so unß zu tinßerm endt führt.
Nach St Clou kau ich in langur zeit nicht; alles stirbt dort ahn den
kinderb lattcrn weg wie eine pest. Unßer armer abbe d'Antrague 1
hatt sich wie ein sott' zu Lisle fangen laßen 1 . Seine chaise war
vor der thur, dorffte sich nur nein setzen undt wegffahren]. Sein
cammerdinner pressirte ihn drauif, aber er wolte erst mitt gebrauten
nageln seine augbrauen schwärtzen undt auff milch warlten, seine
handt zu waschen, sagte ahn alle, so ihn fragten: «Qae faittevous*
icy?« andtworttet er: -Je nie suis fait Huguenut» Dali war schön
in Flandern zu sagen, wo man gantz papistisdi ist; so hatt er sich
fangen laßen. Mein söhn hatt befohlen, daß mau ihn woll tractiren
solle undt alles geben, waß er begehrt biß auff pupen, da er gern
mitt spilt wie ein kindt". Der mau hatt doch verstaudt; ich kan
1 reproohas, vorwürfe. 2 d'Entraguns. 3 aot, duniwkupf. •! Vergl.
den briof vom II Januar, oben s. 12. 13. 5 Quo f«i[»s-ious. 8 Vergl.
nachher den brinf 10m 22 Februar .gegen den aobluß.
25
nicht begreiffen, wie man zugleich verstand* haben kau undt so gar
kiiidisub sein. Kein bey] liger wirdt nie anß ihm werden, er ist gar
zu verliebt von manßleittten; wen er dall nachlast, werde ich ihn
vor einen bekelirlon halten, in welchen religion er auch sein mag.
aber che nicht'. Ich glaube nun nicht mehr, daß Ihr ihn Ewer
leben zu sehen bekompt. Es ist 10 geschlagen, ich muß nach bett;
den ich habe morgen gar viel zu schreiben, muß wider frühe aus-
stehen. Gutlc nacht! Ich behalte Euch von hertzen lieb.
Elisabeth Cliarlotte.
1091.
Paris den 28 Juniiarj 1720 (N. 59).
Hertasaller liebe Louise, seyder die 4 schreiben , so ich Euch
bericht, die ich von Euch bekommen, habe ich keine frische bekom-
men; ob beutle nhnkommen werden, wirdt die zeit lehren. Ea ist
noch frühe nndt erst ein viertel an ff 8, werde Euch hiß umb Vi
anff U schreiben; da muß ich aurt'horen undt mich ahnziehen, den
umb IS muß ich zum kimig, hernach in kiroh. Nach dem eßen
werde ich ins eiosfer wie ordinari, hernach komme iuh wider her
ins opera, da ich nicht so sehr vor meine eygenc lust hinfahre, alß
wegen meinen encklen, die nicht ohne mich ins opera dürften. Ich
fange meine andtwort heulte bey Ewer lieber" schreiben ahn vom
2 dieße6 monts, no 1, welches mitt viel gar gutto wünsche vor mich
ahnfengt, wovor ich Euch von hertzen dancke. Es ist nicht zu be-
schreiben, wie unrichtig alle posten gehen; aber da ist nichts ahn
zu endeni. also sehr olmnohtig, davon zu schprechen. Nun bin ich,
gott lob, wider in gar volkommener gomiiidlheit, so lang es werden*
wirdt; den so gar alte weiber, wie ich nun bin, bleiben nicht lang
in einem standt. Der husten ist, waß mir ahm gefährlichsten ist;
den mir wie allemahl stuMüßc dazu kommen, daß ich zu endt deß
jahrs gehabt, meinte ich nicht davon zu kommen. Gott halt aber
meiner noch nicht gcwoll, muß sagen wie im lutterisehen lidt steht,
so ahnfangt mitt
Ich hab mein «ach gott heinibgeatelt,
Er macha mitt mir, wie ea ihm gefehlt!
1 Vergl. DMhher den brief vom 20 Februar. 2 7 linbom. 3 twUhrnD.
Soll ich iilhir noch lenger leben,
Nicht wii) erstreben,
Sein willen thue ich mich ergeben '.
Der husten undt schnupen halt mich mir vor 9 tagen verlaßen ge-
habt, [ist] hernach wider kommen, doch nicht so erschrecklich, alß
daß erste mahl, hatt auch nicht so lang gewehrt; den daß erste
mahl hatt es 3 wochen gedauert, daß kh weder tag noch nacht
ruhe gehabt habe. Diß lct/.te mahl halt [es] nur 9 tag gewehrt
undt [ich habe | keine ersliekung * gehabt. Man stirbt auff aller-
handt manir, wie es einem jeden vorsehen undt bestimbt ist. Aber
ein florentinisclier marqui, so liaiigonic * hieße, hatt vergangen dou-
nerstag umb 2 nach mitternacht woll einen erbärmlichen todt ge-
habt. Es war ihm jemandts gar liebes hir gestorben; daß hatt er
sich so zu. liertzeu gezogen, dali er die gelbsucht drüber bekommen.
In dießer krank hei t purgirt man die ledtte gar offt. Vergangen
mitU'og nahm er wider inedecin, so baldt' fühlte er'große schmer-
tzen undt es ging so viel bludt von ihm, daß man meinte, es were
ihm eine ader im leib versprungen. Der docktor gab ihm eine
esseuce ein, nmb die ader zu stopffeii ; darauff aber vermehrten [sieh]
■ seine schmertzen , daß er umb gotteä willen badt, man solte ihn
unibbringen. Nachdem er gestorben, welches umb 2 nach mitter-
nacht, also douuerstag, war, hntt. mau ihn geöffnet undt gefunden,
daß er keine ader geöffnet hatte, sondern war vergifft niitt arsenicli.
Ein abtecke rkn echt*, so seine medecin gemacht hatte, hatt ein qui-
proquo gclban undt almstatt sei vegetal fl arseuiq genobmen. Daß
hatt ilin daß geblüdt so kochen machen, daß es herauß kommen, alß
wen ein ader gebrochen were, biß auff den letzten tropffeu, aber mitt
solchen sehmertzen, daß der arme mensch schir verzweyffelt were,
sagte doch: «Que je suis malheureux! Mes exessive doulleurs m'en-
pechent 5 de songer a dieu daus cos dernier moment , come je le
devrois.» Daß finde ich doch christlich gestorben 8 . Er hatte viel
1 Vorgl. naonbar den brief vom 4 August unü band III, s. 35; band IV,
,. 110. 2 d. b, erstickungs-anfälle. 3 Ilan E oni. 4 d. h. alsbald.
6 d. h apothekor-gahilfe. fl ael vf^.'hil. |i|1;itiiui]i'jiIz. S tu'einpOchonl.
8 Journal da inarqnis de Dungoau XVIII, s. 218. 21« unter dotinarnUg, 25
leurs auVouses; 11 Holt d'une Jaa uieilluutas maisons du Modfnuia. II y * dfjü
27
(reundl kir, aolle ein ehrlicher man gewest sein, aber sehr gallant;
die weiber Helfen ihm Bftch. Man äugt, er bette sich anll dieße
weill erhallen; den er war arm, undt die weiber, so ihn geliebt,
haben ihm viel geliebt 1 ; ist sehr regrelirt von allen denen, so ihn
gekent. Ich glaube nicht, dali ich mein leben 3 mahl mitt ihm ge-
sprochen, Labe ihn aber oft't gesehen; war ein großer spieller, also
mehr uiadnme la ducliesse d'Ürlcaus sach, alß die meine; auch war
er ein großer freündt von inmlame d 'Orleans ihre favnritt.cn undt
bau, die dacliesse de la Force. Es ist leicht zn rahten, warumb
die posten sn übel gehen. Je weniger gutte pferdt die postmeister
auff der post haben, je weniger ihnen die pferdt kosten undt. der
gewin gebt doch seinen weg immer fort. Ich habe all mein leben
bey dein licht geschrieben undt nie verspürt, daß es flüße gibt.
Zudem wen ich im winter nicht bey dem licht schreibe, mäste ich
keinen cintzigen brieff verfertigen.; den die tage seiudt gar knrU
undt nachmittags habe ich viel Verhinderung tmdt ich habe gar viel
zu schreiben. Es geht fast kein post vfpjrbey, daß man mir nicht
courir auß Lotleringen schiebt umb nffairen bey meinem söhn, undt
weihen er ohnmoglieli wegen zu viellen geschafften andtwortten kan,
muß ich die andtwortt verrichten. Vergangen doimeratag hahe ich
noch einen courir abgefertigt mitt einem brieff ahn mein dochter
undt den herlzog von 19 bogen, seytteu will ich sagen. Ich schreib
auch 2 mahl die woeb in England!. Meine geringste andtwortten
ahn die prinl/es von Wallis seindt von 18 seydteu. Montag schreib
ich ahn die üwey knniginen von Sieillien undt die verwitibte von
Spanien 1 , so zb Itajune ist. Mittwogs schreibe ich ahn die ber-
taogin von Hannover undt alle sontag , dinstag undt freyttag ahn
mein doebter*. Wie solte ich den im Winter fortkommen, wen ich
nicht morgend ts uudt abend ta bey dem licht schreiben solte? Ich
eile undt schlaffe nun gar woll, gott lob! bin also wider zu kniffte u
kommen, mehr, alß ich selber wegen meines alters gehofft. Ich
habe leyder nur zu viel ruhe, den vor dießera jagte ich 2 mahl die
noch den hirsch, daß gab mir stareke bewegnug undt bekäme mir
Luittsa leu buunuä oum-
gar woll. Daß kan nun nicht mehr sein, also seyderm ■ kranckle
ich offt; drumb purgirt mich monsieur Teray jetz[t] offt mitt dem
grünen safft von brunenkreß, kiirbel undt Chicoree. Ich habe ver-
gellen, wie man dieß letzte a uff Teiltsc h heiat; wo mir recht, heist
es wegcrith. Ich wils alleweil in dem teütschon botanienm nach-
Buchen undt es wider lernen; dahabe ichs, es heist wegwart', weg-
weiß, wegling, sonnenweudt , sonnenwirbel , sonnenkrant , sonneu-
brautlt. Daß seindt nahmen genung, man kan drunter wehlen; aber
es macht den grünen tranck, so man lau drinckon muß, unerhörtt
bitter undt wicderlich. Hir hatt mau diu jähr eyß genung gehabt,
die eyßgruben undt glaciereti • alie zu füllen. Ich driueke über
eyß undt schadt mir nichts, aber nie so kalt wie änderte] hir. Ich
glaube, daß dili wetter hir ungesundt vor die schlagflnße ist; den
alle tag hört man davon. Die printzes sagt, es seye in-Englandt
ebenso. Viel geben dein caffe schuldt , andere dem tapack; den
ehe dießc 2 stück a la müde wahrrn, horte man gar gewiß nicht
so viel von schlagflüßen, alß nun. Alberoni geht nicht weytter, alß
nach Genua, wo sich alles unkrautt jelzjtj vcrsamblet. Die princessc
des Ursinfs] ist auch dort; es ist schadt, daß madamc du Maine
nicht auch bin kan. Ich glaub, ich habe Euch schon verzehlt, wie
daß Alberoni ahn mein söhn geschrieben, umb vorzeyung gebetten
undt ihm offrirt, Spanien zu vevrnhten. Daß ist ein fein bürschen;
er hatl auch declarirt, dall alle libellen, so man gegen meinen sobn
unter seinen nahmen außgeben, alle von Paris gekommen sein*. In
Englandt, wie mir die printzes von Wallis geschrieben, hatt man
dieselbe gedancken gehabt, wfe mousieur de Francheville. Aber
weder papst, noch cardinal will ihn zu Rom leytten 5 , kan also, wen
der papst gleich sterben softe, nicht preteudiren, pa[pjst zu werden;
den umb papst zu werden, mtißen sie der cardinal stimen [haben] i
wirdt also die stimmen nicht schmieren können. Der papst hatt
ihn ohne der cardinal aprobation zum cardinal gemacht, drumb
haßeu sie ihn alle. Mein söhn gibt, nicht leicht recommandationen,
glaube aucli nicht, daß er dicken Franrheville kmit; ich kene ihn
1 ? Be jdD
dem,
seit dem. 2 Der doulsche nnmo für cbirorfe (itali
nisoh ciortri»,
oiebot
e) ist die nogewarte. Dur WBgeriuh ist die p Kirnte pls
tage. 3 gl.
eiere
st das fraDzösiaohc woit für eisgrnbe. 1 Vergl. d
vorhorgehandflii
brief
oben e. 23 und naohber den brief vom 22 Fobrua
5 T leiden.
gar nicht. Mein söhn gibt sich weder nacht noch lag ruhe, ar-
liej'iit erschrecklich ; ich weiß nicht, wis er es außstehen kau. Ich
sehe, es geht Euch , wie mir,, kan gar tiichis in den actio nen
hegreiffen. Im ahnfang hau man viel gewohnen ', aber nun gewindt
man nicht mehr so viel. Madame Laws hott verzweyfflen wollen,
daß ihre kinder mitt dem vatter catholisch worden*; sie lielt noch
fest. Der man ist gar woll hir establirt, halt die charge, so mon-
sieur Colbert undt des Maray 3 gehabt haben, undt ist nun control-
leur general des finances *. Heütte weiß ist s gar nichts neues. Ich
komme nun auff Ewer liebes schreiben von den 3, freyttag, no 2.
Von meiner kranebheit, noch von der post werde ich nichts mehr
sagen. Hir regnet es alle tag. Von inonsieur Marion hör undt
sehe ich nichts mehr. Vom pferdt stürtzeu ist gefährlicher, alß
eine . . .^s halt ofi't scliliineii nachdrflck s . Daß buch, so ich nun
[einbinden laßen, hah ich noch nicht zeit gefunden zu leßcn. Die
hießigen historien weiß ich auff undt ein eiidt* undt d'original*. Die
schraubtiiahler hab ich bezahlt undt die leinten werde ich ahn inon-
sieur Le Fe vre bezahlen, wie Ihr mirs geschrieben, liebe Louise,
so baldtich ihn wider sehen werde. Es ist mir lieb, daß die fürstin
von II Hingen gutte zeiltung von ihrem herrn bruder * hatt, damit t
1.(1) {.'.■.
n XVIII, s. 171 unter
u se m
atin M. Law enlendre
at vtii
»bis.» Hieriu findet
Mereor
• de deoembre, pago
in, an
re las malm da M.
• et B
note: 'Cette abju-
.» Mb
n vergleiche uuob die
1 d. h. gewonnen. 2 Journal du in
ntag, 10 Decerabor 1 710 : «Oa lusnre
!> messo ü. Saint-Rooh et qu'ainai sa co
(ich obendasolhet die anuiyrkuDg: <On Ilt
171: .Le 8 M. Law a fait son abjurati
ITtnein, »bbe de Veselaj et grand vlealr
ritioo a et« faite dans le mois de septen
mittheilnngcn des honrags von Saint-Simon ebendaselbst s. 159 bis 163.
olreti. 'I Journal du murquis de Dangeau XVIII, s. 200 unter
i Januar 1120: «On sut le aoir q ■ fait M. Law oontroleur ge
ünauces; niaia cela no aorrv dötlarfi qua deinaiE.» Hiortu bemerkt, di
<on ßaint-Siincn ebendaselbst: «H etoit tempa de faire jouir Law di
les finanoas, Law vouloit l'etre. II rejata sur aulrni tous les incouv6l
«rivoient a auo eysteniE, dont il Hott ptnStrS de bunne foi, et avee eoi
bonne foi, ss prometlnil der ouiioiIIks qnand il n'auroit plus de mn
ijni compter.- Unter sumßlag,, 6 Januar 1720, schreibt Dangeau eher
■ M. le dne d'Orleans ■-■•- le to&tio H. Law an roi; il eat deolar6 i
leofml dos finanoas.' 6 ! ich 6 4. h. oaohwirkung. 7 ? auf ein. end.
ina erster band, nicht dnreb nnalchere Vermittlung von andern.
Ken ron Murbach. Vergl. band IV. i. 162 und anmerkung 2 doeelbi
30
madame Dangeau sich wider erhollen ... Sie fengt nun wider ein
wenig ahn zu lachen. Daß Ihr den sontag nicht spilt, sehe ich
woll, ist auß devotion ; aber den sambstag weiß ich die ursach nicht.
Der graff von der Bückeburg ist recht fein ; ich hoffe, daß er nicht zum
narren wirdt werden 3 wie sein herr vatter. Es seindt jetzt so er-
schrecklich viel kutschen undt ambaras in Paris, daß gestern, wie
ich von madame la princesse undt madame la duchesse kam, die
ich besucht hatte, war ich vom Pont ncuff ahn biß au Palais-Royal,
welches nicht weitter ist, alß von dem Kettenthor biß ahn die H.-
geist-kirch zu Heydelberg, 3 viertel stundt unterwegen wegen dem
ambaras von kutschen. In einem calender hab ich gesehen, daß
wen es den tag von Pauli bekehrung regen * oder schueydt, solle
es thewerung bedeütten dießes jähr. Gott bewahre davor! Nun
muß ich enden undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alBf daß ich
Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
Sontag umb halb 6 abendts.
Wie ich eben auß dem closter komme , entpfange ich Ewer
liebes schreiben vom 16, no 5, undt da rufft mich mein söhn, umb
mitt ihm ins opera von Issee 2 [zu gehen], kan also weitter nichts
vor dießmahl sagen.
1092.
Paris den t Februari 1720 (N. 60).
Hertzallerliebe Louise, ich weiß nicht, ob ich heütte wider et-
waß von Euch bekommen werde , aber bekomme ich waß , werde
ich heütte nicht drauff andtwortten, sondern es vor biß sontag spa-
ren. Ich fange bey dem frischten [an] , so vom 16 Januari, no 5.
Man sagt, daß in gantz Teütschlandt ein so tiffer schnee gefahlen
ist, das die postillions nicht fort können. In geschehenen Sachen
kan man sein pa[r]thie nehmen, aber wo viel zu fürchten ist, muß
man geplagt sein, biß man sieht, wo es nauß will. In den 4 wochen,
*
1 ? regnet. 2 Iss6, oper mit text von La Motte, musik von Destouches.
Vergl. band IV, s. 261 und anmerkang 2 daselbst.
Er
«I
so ich den husten gehabt, habe ich gar wenig gellen nndtgoschlaffen;
drumb bin ich so mager worden, liehe Louise! Aber daß ist nicht
zu endern. Selber sterben ist nicht dali grüstc Unglück, aber viel
leyden in der weit, daß halte ich vor recht Unglück. Es ist woll
unmöglich, den seinigen hir im landt etwaß nutz zu sein; man ist
ihnen nur bcscliwehrlicli. Man sagt im frantzoschen Sprichwort:
«On peut guerir du mal, mais non pas de la peur.- So geht es
mir auch. Es geht, wie ich sehe, alß wie der apostel Paullus klagt.
Wen einem gott der allmächtigi: beistehet, halto ich es vor kein
zeichen, daß es gott mißtahleti, waß mau gethan. Wen man sorgt,
ohne sich in goUes willen zu ergeben, daß halto ich vor schlim ;
allein sich in den willen gottes ergeben undt nur in ängsten zu
sein, wen waß zu fürchten ist, daß glaube- ich nicht, daß es gott
mißfablen [wird], weilleu er selber unß dießes zuschickt alß utißer
herr undt meiste r über alles. Also gkuihc ich. daß man es vor eiue
:üchtigung ahunehmen muß, so zwar betrübt, aber nicht verzweyffelt *,
rtth die hoffnung, so man au ff seine barmhertzig[keit] hatt, daß
sich unßer erbarmen wirdt alß ein güttiger vattcr umb seines
lornen sohns willen, auff dem wir allein all unßere hoffnung
setzen müßen alß auff unßern einigen erlüßer undt seeligmacher.
So verstehe ich 63, liebe Louise 1 Meine gesundtheit ist nun gar
perfect, gott lob! aber ich bin nicht lustiger, alß ich war. Monsieur
Le Fevrc habe ich Ewer schreiben geschickt. Ich werde nie müde,
meinen freunden zu diunen, wo ich kan. Mein advocat, monsieur
Le Roy*, ist gar ein gutter, ehrlicher man, der gern waß Ihnt, so
mir gefehlt; daß wirdt er nie müde; es ist gar ein gelehrter man.
Mich de lieht, monsieur Le Fevre is( gar woli mitt ihm zufrieden.
Er hatte letztmahl hoffnung, daß alles ein gutt endt nehmen wirdt,
vor ein par tagen sagte, da er hir in meinem eabinet
iy mir war. Er sagte, daß, der ahm meisten auff den proces ver-
ficht war, fengt ahn, von aecommodement zu sprechen. Ihr habt
woll groß recht, zu wünschen, liebe Louisse, daß Ihr den 5 schon-
burgischen affairen einmahl loß weiden mögt. In solgen affairen kau
[es] nie kein spaß geben, sondern nur viel muhe undt sorgen. Wie
iltet Ihr Ewere schreiben artiger [machen]? Ihr schreibt woll,
zücl
r;
AI
32
liebe Louise, schönne handt, deutlich, ungezwungen. Waß solle man
mehr ahn einem brieff begehren? Undt daß kan man keine albere,
noch abgeschmackte brieff heißen. Die keyßeriu * ist gar gewiß den
19 gestorben von vergangenen mont; den Churpfaltz secretarius von
dem cnvoye, herrn Franck, hatt es mir heütte morgen gesagt, den
er ahn meiner toillette kommen. Es ist, wie Ihr segt*, gar gewiß 8 .
Den herrn von Benterritter 4 sehe ich jetz[t] nicht halb mehr so
offt, alß vor dießem; warurhb, kan ich nicht wißen. Aber gott be-
wahre mich vor größer Unglück ! Ihr seydt woll glücklich, gesandte
lufft zu Franckfort zu haben; den hir regieren die blättern undt
röttlen ärger, alß nie. 6 kinder, so mitt dem könig in seinem
balet dantzen solten 5 , haben die kinderblattern oder röttlen; daß
macht mich bitter angst vor unßern jungen könig. Unßer abtißen
von Chelle hatt sich gar woll auß ihren röttlen gezogen, ist wider
frisch undt gesundt 6 . Ich beklage die arme leütte zu Dresden; den
1 Wilhelmine Amalie von Hanover, die witwo des kaisers Josef I. 2 d. h.
sehet. 3 Journal du marquis de Dangeau XVIII , 8. 222 unter mittwoch,
31 Januar 1720: «Madame de Lorraine mande ä Madame qu'il leur est arriv6
un oourrier de Vienne qui apporte la nouvelle de la mort de Pimperatrioe-mere ;
eile n'etoit pas bien revenue de son attaque d'apoplexie. » 4 Über den frei-
herrn von Benterider, bevollmächtigten minister des kaisers, vergl. band IV, s. 379.
5 Dangeau schreibt in seinem Journal XVIII, s. 169 unter donnerstag, 7 December
1719 : «On prepare un ballet pour le roi, qu'on dansera les premiers jours de l'annee;
le8 entrees de ee ballet seront dans les entr'aotes de la comedie de l'«Inoonnu>
[comedie heroi'quo en cinq actes et en vers par Thomas Corneille et de ViseJ.
Le roi y dansera, M. le duo de Chartres et beauooup de jeunes oourtisans.»
Ebendaselbst s. 199 führt Dangeau unter donnerstag, 4 Januar 1720, die na-
men der «jeunes courtisans» an, die an diesem ballet theil nehmen sollten.
Unter dionstag, 30 Januar 1720, schreibt Dangeau, ebendaselbst 8. 222: «II
y a six ou sept des jeunes oourtisans qui devoient danser au ballet du roi qui
n'y pourront pas etre. Le duo de Bouffiers a la rougeole; le oadet des enfants
de M . de Luxembourg l'a aussi, et son frere aine , qui Pa vu , ne pourra pas
voire le roi. Le oadet des enfants de M. de Chaulnes est dans le meine o&s;
il a la rougeole et son frere aine l'a vu. Outre ces cinq-lä, le petit de Rupelmonde
et le petit de Cagoy sont aussi malades. Le marechal de Villeroy a choisi d'autres
jeunes gens pour danser a la place de oeux qui n'y peuvent pas etre; ainsi le
ballet ne manquera pas.» 6 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 219
unter freitag, 26 Januar 1720: «Madame d'Orleans, abbesso de Chelles, a la
rougeole.» Ebendaselbst s. 221 unter sonntag, 28 Januar 1720: «Madame
d'Orleans, abbesae de Chelles, se porte beauooup mieux, on la oroit hors d'af*
faire.»
33
nichts ist abscheulicher, alß hungersnoht. Ich habe es anno 1693
hir gesehen, es graust mir noch, wen ich dran gedencke ; habe leütte
schwartz von hunger gesehen undt in den kirchen sterben sehen. Ich
will abendts nicht dran gedencken, es thut mir noch wehe. Die
pest ist doch nicht nach dieser abscheüliche[n] hungersnoht kommen.
Es kan nicht war sein, daß eine von meinen fretillen zu Dresten;
ich weiß, wo sie alle hin kommen sein, entweder gestorben, oder
geheüraht. Aber alle menschen wißen woll, wo sie sein; es muß
also eine betriegerin sein, so sich vor eine von [meinen] fretillen
außgibt. Keine hatt keinen Teütschen geheüraht, es seye dan, daß
sich die Lopes de Villanowa, so sich zu Maintz geheüraht; ich haben *
den nahmen vergeßen 8 . Sie ist eine witwe gewortten , kam daß
letzte jähr, da der könig zu Marly war. Ich tractirte sie woll,
ließ . . . wie sie mir aber propossirte , pressenten zu thun , da
wusch ich ihr braff den kopff undt erinerte sie, wie wir von einander
geschieden wehre[n], daß sie noch gott dancken [solle], daß ich sie
woll hette sehen [wollen], bettlen aber wer viel zu viel 8 . Da ent-
pfange ich Ewer liebes schreiben vom 20 Januari, no 6. Es wirdt
spat, ich muß schließen. Ich schicke madame Dangeau ihrer fraw
Schwester brieff. Ich kan nicht zweyffelen, daß der fürst von Mur-
bach todt; den der neue, so ich hir gesehen undt kenne, hatt mir
geschriben. Adieu! Ich ambrassire Euch von hertzen undt be-
halte Euch allezeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
1093.
Paris den 3 Februari 1720 (N. 69).
Hertzallerliebe Louisse , es macht mich recht ungedultig , wen
ich vernehme, daß man überall meine brieffe 2 undt zwey auff ein-
mahl gibt." Der printzes von Wallis, der königin in Preussen undt
meiner dochter gibt mans auch so; nur die 2 königinen von Sicil-
len undt die verwitibte von Spanien gibt man meine brieffe einfach.
Monsieur Harling bekompt sie auch doppelt. Aber waß will man
thun? Es stehet nicht zu endern; ist noch viel, wen sie nicht gar
1 ?habe. 2 Ihr gatte hieß von Mosbach. Vergl. band II, s. 424.
3 Vergl. band II, 8. 445. 446.
Elisabeth Charlotte 3
34
verlohren werden. Noch der zeit bin ich, gott seye danck, in ein[e]r
gar volkommener gesund theit; aber die hasten regiren wider so
starck zu Paris, mögten mich auch woll wider finden; will mich
aber nicht vor der zeit bang sein laßen, will hoffen, daß Ewer gutt
gebett mich davor behütten wirdt, liebe Louise ! Wir seindt von einem
geblüdt, wo nicht sehr zu fürchten ist, daß wir abergläubisch solten
werden; den man könte es nicht weniger sein, alß I. 6. s. der
churfürst zu Pfaltz, unßer herr vatter, es wäre. Wen man lang
gesundt ist, muß man woll wider kranck werden. Hir seindt nun
alle juwellen verbotten, perlen undt demanten *. Seyder Monsieur
s. todt habe ich nichts, alß falsche perlen, getragen; sie gleichen
aber denen , so ich vorher hatte , so perfect , daß alle menschen
meinen, daß es dieselben sein. Ich war einmahl bey der königin
in Englandt* zu St Germain, im husten sprangen mir die perlen
vom hals; die königin wurff sich auff dem boden, die perlen zu su-
chen; ich hübe die auff, sagte: «Ah, madame, que V. M. ne prene
pas cette peine ! Je suis tres magnifique, je laisse mes perle[s] a vos
gens.» Die königin sähe mich ahn undt sagte: «Dieu me le par-
donne! A ce discour je crains qu'elle[s] ne soyent fausse[s].> Ich
andtwortete: «Madame, vous l'aves dit.» Die königin hatte es nie
gemerckt, noch niemandts. Man hört mehr, alß nie, von den ver-
fluchten actioncn undt primen 8 reden, bins erschrecklich müde undt
finde verdrießlich, daß man kein golt mehr sieht, lautter zettel 4 .
*
1 Vergl. band IV, s. 334. Der marquis de Dangeau schreibt in seinem
Journal XVIII, s. 230 unter donnerstag, 8 Februar 1720: «II va paroitre un
arrel qui d6fend de porter des pierrerios ä tout le monde generalemeot ; mais
on donnera permission ä beaueoup de gens qui demanderont ä en porter. On
veut par lä empecher que Ton n'en ach et o au tan t qu'on a fait depuis quelques
mois, et on pr6tend que les etrangers en ont vondu ici pour plus de eent mil-
lions et qu'ils se preparoient enoore a en faire venir beaueoup qu'ils vendroient
tres-chäremeot.» A. a. o. s. 231 macht Dangeau sodann unter samßtag, 10
Februar 1720, die bemerkung: «On publia l'arret pour les pierreries; il n'y
aura que les evgques qui puissent porter des bagues. » 2 Marie Beatrix Eleonore
von Este, die ge mahlin des königes Jakob II von England. 3 primes, prämien.
4 Vergl. nachher den brief vom 18 Februar und den brief vom 16 und 17 Mers.
Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 225 unter samßtag, 3 Februar 1720 : «La
banque pour l'achatet la vente des actions est fermee jusqu'au 10 de oe mois; et passe*
ce jour-la, il sera permis ä la compagnie des Indes de faire visiter dans toutes les
maisons, inline dans les maisons royales, et de oonfisquer tous les louis et les
6cus qu'on y trouvera. On veut qu'il n'y ait plus que des piecee de 20 sols ou
35
Die historien enden nicht. Es ist war , daß mylord Stair * nndt
monsieur Laws 8 die beste freunde geweßen, sich aber nun wie den
teüffel haßen; Laws hatt doch dem Stair 3 millionen gewinen ma-
au-dessous, ou des billets de banque dans le commerce, oe qui ne laissera pas
d'etre d'nne grande jneommodite et qui afflige beaucoup de gens.» Der herzog
von Saint-Simon bemerkt hieran ebendaselbst s. 226. 227 unter anderem fol-
gendes: «Le systdme de Law tiroit ä sa fin On vint ä vouloir d'au-
torite* snpprimer tont usage d'or, d'argent , de pierreries; a vouloir persuader
que depuis Abraham qui avoit paye" argent oomptant nn ohamp pour la sepul-
ture de Sara, jusqu'ä dos temps, on avoit ete* dans l'illusion et dans l'erreur la
plus grossiere dans toutes les nations pol ic 6 es du monde, sur la monnoie et les
m6taux dont on la fait; que le papier 6toit l'unique utile et le seul n6cessaire,
et qu'on ne pourroit faire plus de mal ä nos voisins, jaloux de notre grandeur,
qne de faire passer chez enz tont notre argent et toutes nos pierreries; mais
oomme 4 ceci il n'y avoit point d'enveloppe, personne ne se laissa persuader,
et de la, reconrs ä l'autoritl, qui ouvrit toutes les maisons des partiouliers aux
yisites et aux delations pour n'y laisser auoun argent, et pour punir s6v£rement
qniconque en reserveroit de cache\ Jamais souveraine puissance ne s'etoit si
violemment essayee et n' avoit attaque rien de si sensible ni de si indispensable-
ment neoessaire pour le temporel; aussi fut-ce un prodige plutöt qu'un effort
de gouvernement et de conduite, que des ordonnanoes si terriblement nouvelles
n'aient pas produit, non-seulement les 'revolutions les plus tristes et les plus en-
tiferes, mais qu'il n'en ait pas seulement 6te" question, et que de tant de millions
de gens, ou absolument ruinös ou mourant de faim et des derniers besoins au-
prfcs de leur bien, et sans moyens d'aucuns secours pour leur subsistanoe et leur
vi« journaliere , il ne soit sorti que des pleurs et des gemissements. La vio-
lence tontefois etoit trop excessive, et en tout genre trop insoutenable pour pou-
voir subsister longtemps. II en fallut dono revenir ä de nouveaux papiers et ä
de nouveaux tours de passe-passe ; on les oonnut tels, on les sentit, mais on les
subit plutöt que de n'avoir pas vingt eous en surete* chez soi, et une violenco
plus grande en fit admettre volontiers de moindres. De lä donc, tant de ma-
ne'ges , tant de faoes different?s en finanoes, et toutes tendantes ä fondre un
genre de papier par un autre, c'est-ä-dire faire toujours perdre les porteurs de
ces differents papiers, et cos porteurs l'ltoient par force , et la multitude uni-
verselle. C'est ce qui en finance ocoupa tout le reste du gouvernement et de
la vie de M. le due d'Orleans, ce qui chassa Law du royaume, oe qui sextupla
toutes les denrees et toutes les marchandises, ce qui ruina le commerce genäral
et les partiouliers , et oe qui fit, aux depens du public la fortune de quantitg
de fripons de toute espece , employ6s en divers degräs dans oette confusion.
Cest ee qui oeoupa encore plusieurs annees depuis la mort de M. le duc d'Or-
leans, et c'est ce dont la France ne se relevera jamais, quoiqu'il soit vrai que
les terres en soient eonsidlrablement augmentäes.» U. s. w.
1 Stair s. 2 Law.
3*
36
eben. Mein söhn ist persuadirt, daß Laws sisteme gutt ist nndt
daworn kan. Davon kan ich nicht judiciren; den ich verstehe es
eben so wenig, alß wen man mir hebräische spräche. Es ist war, daß
Laws undt seine kinder catholisch worden, aber die fraw helt noch
fest 1 ; sie ist zu beklagen. Die fraw were all hübsch, wen sie nicht
einen weinflecken im halben gesicht hette, so sie sehr verstehlt 5 ;
sie hatt viel v erstand t. Der combat von Alberoni ist war mitt dem 1
miquelets 4 ; er hatt hertz, hatt sich dapffer gewehrt undt braff mitt
pistollen geschoßen, auch daß feit erhalten. Der duc du Maine will
sich nicht von sein[e]rgemahlin scheyden, aber er will sie nicht mehr
sehen, welches madame la princesse sehr betrübt. Aber ich finde,
daß er groß recht hatt; den solte er sich mitt sein[e]r gemahlin wider
vereinigen, wirdt er nicht vor so unschuldig passiren können, alß
er sich davor außgeben will. Ist er aber unschuldig, ist der toor
schlegt , so ihm seine gemahlin gethan , alles in seinem nahmen,
ohne sein wißen ; daß ist nicht zu verzeyen undt desto weniger,
daß es ihm ein gantzes jähr lang seine freyheit gekost hatt. Wen
mein söhn nicht so gar gutt undt barmhertzig were, alß er ist,
würde die sach all lengst ahm tag sein; aber alle leütte jammern
ihn gleich, kan niemandts nichts zu leydt thun. Ich glaub nicht,
daß ein beßerer mensch in der weit gebohren worden , alß eben
mein söhn. Man kan mitt warheit sagen, daß sein großer fehler
ist, gar zu gutt zu sein. Der modenische envoye hatt daß potta-
gram starck gehabt, aber er ist nicht gestorben, ist in frischer ge-
sundtheit. Madame de Modene 8 wirdt , glaube ich , zu endt der
andern wochen weg ; ich wolte, daß sie schon weg were 6 .* Sie hatt
mehr alß 67 kleyder machen laß[en], es solle auff 80 kommen 7 ; sie
ist allezeit extreme in alles. Unter unß gerett, so fürchte ich, daß
sie sich selber erschrecklich unglücklich machen wirdt. Aber ich
1 Vergl. den brief vom 28 Januar, oben s 29. 2 d. h. entstellt.
3 ?don. 4 miquelet, sohnapphahn (räuber in den pyrenäischen gebirgen),
spanisch miquelete, gebirgsjäger, sohnapphahn, art von iußjäger oder Partei-
gänger. 5 Charlotte-Aglae* d'Orleans, mademoiseUe de Valois, die dritte toch-
ter des regenten, verlobte von Francesco Maria d'Este, prinzen von Modena.
6 Ihre große abneigung gegen mademoiseUe de Valois spricht Elisabeth Char-
lotte häufig ans. Vergl. band IV, s. 34. 35. 115. 116. 141. 327. 335. 355.
356. 363. Man vergl. auch nachher den brief vom 18 Februar 1720. 7 Vergl«
band IV, s. 333.
37
muß meine pausse machen uudt mich ahnzielien. Dießen abendt
werde ich Euch wider entreteniren undt dießen brieff außschreiben,
aber nun mich nur ahnziehen. Adieu, liebe Louisse!
Sontag umb 6 uhr abendts.
In dießem augenblick komme ich auß den Carmenlitten-closter
undt kirch. Ich will Euch lieber entreten[iren], liebe Louise, alß ins
opera. Wist mirs keinen danck! den ich frage kein haar darnach,
wie ich Euch schon vor 8 tagen gesagt habe. Aber last unß auff
Ewer liebes schreiben kommen, woran ich geblieben, heütte morgen
geblieben war, nehmblich ahn den portugaisischen Juden, der sich
vor einen abt außgeben undt falsche müntz gemacht hatt! Man
solte dießem Juden wegen seiner invention gnade geben undt ver-
zeyen; den die invention ist recht artig, sich einen puckel von den
instrumenten zu machen; daß finde ich recht artlich. Ich habe
heütte einen rabiner in mein[e]r cammer gehabt,, wie ich geßen. Den
habe ich gefragt, ob er dießen Portugaissen kendt; er sagt nein,
den sie hüten die Portugaissen vor keine rechte Juden, ob sie sich
zwar davor außgeben, undt betten gar keine gemeinschafft mitt
einander. Ich bitte Euch , liebe Louisse , wen Ihr noch waß von
dem beschwerer * erfahrt , so last michs doch wißen ! Ich glaube,
man wirdt endtlich erfahren , daß die graffin undt ihr secretarius
lautter landtleüffer undt filouen 8 seindt. Ich glaube , ich will er-
rahten , waß daß vor eine dame ist , so sich vor eine von meinen
geweßenen freüllen außgibt. Es ist ein mensch cammermagt bey
meinen freüllen gewest, wie ich deren noch hatte; die ist, mitt
verlöff, met verlöff, schwanger geworden. Man hatt sie, umb kei-
nen esclat zu machen, gantz heimblich fortgeschickt. Diß mensch,
so in der that eine demoisselle, aber gar arm war, nachdem sie
hübsch niederkommen, ist sie zur königin in Poln, die gemeint, sie
seye gar waß besonderes. Bey der königin in Poln hatt sie sich
woll geheüraht undt ist hernach überall herumbgezogen. Die muß
es sein, eine nahe verwantin von dem marquis de Rangonie 8 , so
hir gestorben. Von selbigen nahmen wirdt [eine] bey unßer prin-
tzes von Modene hoffmeisterin sein, wirdt nicht wenig zu thun haben.
1 d. h. beschwöret. 2 filoux, spitzbuben, gauner. 3 Rangoni. Vergl.
den brief vom 28 Janaar, oben s. 26. 27.
38
•
Aber stille hirvon ! last unß von waß änderst reden ! Vor etlichen
jahren were madame de Vantadour * auch schir vergifft [wor-
den]. Ein apotecker hatt ihren leütten ahnstatt sei vegetal ar-
seniq geben; ihr haußhoffmeister kam zu allem glück darzu nndt
kente den nnterschiedt , sonst were die sach geschehen. Es wan-
dert mich, daß man in Teütschlandt auch solche exempel hatt; den
mich deucht, man ist in Teütschlandt viel sorgfaltiger in den apo-
tccken, alß hir im landt. Aber wen ein onglück geschehen solle,
muß sich alles dazu schicken. Man braucht nicht die wegwahrfr
wurtzel in meinem grünen safft, sondern daß kraut *. Daß chicort-
waßer war nicht vergifft, womitt man feu Madame, meine vorfahrin 1 ,
hatt umbgebracht, sondern die schahl, undt daß war gar woll be-
dacht; den in unßcrn tnssen oder schallen darff niemandts drinckon.
Alle, die in der cammer waren, druncken das waßer, aber nicht in
der schahl ; die verlohr sich gleich , fundt sich erst 4 tag hernach
wider. Man sähe woll, daß sie durchs feüer gegangen war, den sie
war gantz schwartz. In Ehglandt sollen die schlagflüße sollen eben so
gemein in Englandt sein, alß hir. Monsieur Fagon 4 gab dem viilen
dapack B schuldt, so man hir nimbt. Zu meiner zeit war kein Bol-
tzing zu Heydelberg, auffs wenigst habe ich keinen von den nahmen
gekandt. Wen die lahmung kompt bey dem schlag, ist daß leben
aal vi it. Seydt kein narr so, daß Ihr die schlimme mode folgt, den
schlag zu bekommen, liebe Louisse ! Ich habe kein lust, zu weinen,
undt daß würde mich gar gewiß bitterlich zu weinen machen. Hie-
mitt ist Ewer liebes schreiben, so ich heütte morgen ahngefangen,
völlig beantwortet. Ehe ich ins Carmelitten-closter bin, habe ich
Ewer liebes schreiben vom 13 Februari 6 , no 13, entpfangen; daß
werde ich aber vor donnerstag sparen, wo mir gott alßden leben
undt gesundtheit verleyet. Glückseelige nacht! Ich werde nur ein
par wordt ahn mein dochter schreiben , nachdem ich Euch ver-
sichert], daß ich Euch von hertzen lieb behalte, liebe Louise, undt
den zu bett.
Elisabeth Charlotte.
1 madame la duchesso de Ventadour. 2 Vergl. den brief vom 28 Ja-
nuar, oben 8. 28. 3 Madame Henriette (Anne-Henriette d'Angleterre , dn-
ohesse d'Orl6ans) , die erste frau von Monsieur , dem gemahle von Elisabeth
Obarlotte. Vergl- band IV, s. 360. 361. 4 Guy-Cresoent Fagon war der
erste arzt Ludwigs XIV. 5 d. b. dem vielen tabak. 6 ? Januar.
1094.
Paris, 8ontag, den 4 Februari 1720 (N. 61).
Hertzallerliebe Louise, icli kan nicht begreiffen, waß lust man
nimbt, meine schreiben alß 2 undt 2 zu geben, wie ich noch auß
Ewerem lieben schreiben vom 20 Januari, no 6, ersehen. Wo mir
möglich ist, werde ich es heütte beantwortten. Aber hir [in] Paris
kan man nicht von einer stund t zur andern sicher sein, waß man
thun will; den es kompt einem immer waß änderst vor, welches
woll ein widerliches leben ist, aber nicht zu endern stehet, dero-
wegen auch nichts davon zu sagen ist. [Man muß] nur zufrieden
sein, wen die brieffe ahnkommen undt nicht verlohren werden. Ich
ging letzmabl expresse auß dem opera, damitt mein brieff ahn Euch
größer werden mogte; den ich weiß, liebe Louisse, daß Ihr gern
lange brieffe von mir habt. Ihr werdet auß meine letzte ersehen
haben, daß ich wieder gantz gesundt, gott lob, bin undt keinen
husten mehr habe, alß meine alte pituit ', die mir nie in der Pariser
lufft [fehlt]. Aber daß kompt nur so ein augenblick morgendts undt
abendts, den gantzen tag undt nacht [bin ich] frey davon, rechne
also solches vor nichts mehr. Waß böß ist, findt sich alß geschwinde
wieder ein hier; das gutte ist allein rar. Die Parisser lufft ist de-
nen, so drin gebohren sein, nicht ungesundt, aber allen frembten,
von welcher nation sie auch sein mögen , schadtlich , insonderheit
onß Tetttschen ; ich habe es mein leben nicht gewohnen können.
Der arme junge graff von der Lippe Bückenburg hatt auch braff
den tribut bezahlt, [ist] nun wider woll, sieht doch noch gar spitz
drein undt ist bleich. Es ist war, daß Paris undt Heydelberg in
gleichen geradt sein 8 , auch denselben assandant 8 , nehmblich die
jungfraw. Allein ich glaube, daß meines sohns letzt verstorbener
, dockt or, so ein Teütscher undt gelehrter man war, den unterschiedt
von dießen zwey örtern gefunden. Er hieß herr Humberg 4 . Er
sagte, daß er einmahl in gedancken ging, warumb die Heydelberger
*
l pituite, schleim. 2 Es ist damit wol die geographische läge der bei-
den städte gemeint. Die bemerkung wäre übrigens in diesem falle weder für
die breite, noch für die länge vollkommen Entreffend , denn Paris liegt unter
46° 50' 14" nördlicher breite, Heidelberg anter 49° 36' 0", Paris liegt unter
dem 20 längegrad, Heidelberg unter 26° 22' 30". 3 ascendant. 4 Näheres
über ihn in dem briefe vom 7 Merz.
40
lufft so gesandt were undt die Parisser lufft so gar ungesundt, kam
eben ahn ein ort, wo man die stein auffhube, daß pflaster undt
endern * undt nette pflasterstein einzusetzen. Er sähe, daß, wo man
die steine heraußzog, war ein peebschwartzer koht drunter. Er
nahm von selbigen koht, so ein schuhe hoch unter dem stein war,
that es in ein papir, trug es nach hauß undt distilirts undt fandt,
daß es lautter nietter* undt salpetter war, judicirte daher, daß,
wan die subtillitet hir[von] von der stäreke der sonnen in die lufft
gezogen [werde] , mttste es eine böße undt scharpffe lufft machen
undt verursachen. Solches nietter komme von von so viel taußendt
menschen, so auff den gaßen pißen 8 . Dießes raisonement vom herrn
Humberg habe ich gar aparentlich gefunden. Ich werde jetzt gleich
ahn Churpfaltz 4 schreiben. Ihr habt eben dran gemandt. Ich muß
I. L. mein compliment über der keyßerin todt machen, werde nicht
manquiren, vor Euch in dießem brieff zu sprechen. Hette ich Ewer
liebes schreiben nicht wieder überleßen , würde ich es gantz ver-
geßen [haben] ; den seyder Churpfaltz sich so von den pfaffen re-
gieren lest undt seine gutte pfaltzische unterthanen so plagt, hatt
er bey mir gantz außgekocht * undt finde dießen herrn gar nicht,
wie Ihr undt noch andere mir ihn beschriben hattet. Hirbey schicke
ich Euch, liebe Louissc, waß ich vor Euch ahn Churpfaltz alleweill ge-
schriben habe. Hirauß werdet Ihr sehen, daß es ahn meiner recom-
mandation nicht liegen wirdt, daß Ihr nicht bezahlt werdet. Meine
fuße halte ich gar warm mitt drey par strümpff, undt die in der
mitten seindt von castor 6 ; sie seindt offtzu warm undtbrenen mich
wie ein fewer. Schir alle nachte regnet es hir ; alles ist erschreck-
lich feucht, alle menschen klagen über fltiße. Die kranckheitten
regieren hir mehr, alß nie, insonderheit die kinderblattern undt
röttlen. Ich fuhr gestern zu madame la princesse , so noch ihren
rhumatisme ahm kopff hatt; ist doch gar lustig darbey. Ich führte
mademoiselle de Clermont mitt mir in die commedie, so eine ittal-
l[i]ensche war. In etlichen monat wirdt man I. L. nicht ahnsehen,
daß sie die blättern gehabt; den ihre trais 7 seindt gar nicht ge-
endert. Ich habe monsieur Le Fevre gestern gesehen. Der ist
*
1 ? das pflaster zu ändern. 2 nitre, Salpeter. 3 Vergl. nachher den
brief vom 7 Merz. 4 kurflirst Karl Philipp von der Pfalz. 5 Vergl. nach-
her in dem briefe vom 15 August: «Der czaar hatt bey mir außgekocht.»
6 castor, biber. 7 traits, züge.
41
sehr ambarassirt, hatt einen englischen frettndt hir, so le chevallier
Watter heist; dießem hatte ich seinen pasport verlengern machen,
aber seyder dem hatt man ihm den pasport wider genohmen undt
declarirt, daß er fort mnß. Den mein söhn [sagt], daß er erfahren,
daß dießer nicht allein schlimme disconrsen gegen Franckreich führt,
sondern auch, daß er 16 millionen hette nach Englandt gehen ma-
chen undt noch mehr millionen hinschicken wolte. Mein söhn, alß
er mir dießes gesagt, hatt dazu gesetzt: «Monsieur Le Fevre kan
ihn [in] nichts nöhtig haben , alß in der schonbergischen sach.»
Drumb solte ich monsieur Le Fevre versichern, daß mein söhn ihm
in alles favorable sein wolte, er also nichts ahm Chevalier Watter
verliehren [werde]. Monsieur Le Fevre habe ich alleweill hollen laßen,
umb ihm dießes zu sagen. Ich thue mein leben nichts, worin ver-
standt erscheinen kan. Ich habe mir selber justice gethan , undt
weillen ich wenig undt gar geringe opinion selber von meinem verstandt
habe, die parthie genohmen , mich in nichts hohes , noch waß die
regierung ahngeht, zu mischen; die frantzösche lufft, ambitieux zu
werden , alles zu regieren wollen undt ambitieux zu werden , hatt
mich, gott seye danck, noch nicht ahngesteckt, liebe Louise! Last
es Euch nicht betrüben, noch zu hertzen gehen, wen ich Verdruß
[habe! Es muß] so sein; weill ich ein mensch undt in der weit
bin undt in ein landt, wo die leütte boßhafft undt falsch sein, da
kan auffrichtigern gemühter nicht änderst folgen. Mitt der zeit er-
gibt man alles unßerm herrgott undt nimbt sein parthey. Aber die
surprissen da kan man sich sogleich nicht ein finden. Suson * ist
wider gesundt. Sie hatt einen Stiefsohn , so 12 millionen in den
actionen vom Missisipie gewuhnen 8 hatt ; ihr stieffdochter ist also
sehr reich, aber sie nicht. Viel leütte können die pomade divine
wegen ihres gutten geruch nicht vertragen, gibt ihnen fapeurs 8 , so
sehr gemein hir im landt sein. Der abbe Dentrague 4 ist gantz
entschuldigt, hatt nicht übel gerett, aber wie ich Euch letzt be-
richt, sich durch seine kinderpoßen fangen laßen , alß wen er es
mitt fleiß gethan hette 8 . Verstandt hatt er , er ist aber sehr im-
prudent. Ich hoffe, daß, nun die keyßerin todt, Churpfaltz sich gegen
1 Snzon, toohter der amme von Elisabeth Charlotte, frau ihres huissier
Leclair. 2 d. h. gewonnen. 3 vapeurs. 4 d'Entragues. 5 Vergl.
den brief vom 25 Januar, oben s. 24.
42
seinen reformirten unterthanen adouciren wirdt; den sie war zu
pfäffisch undt gegen die Reformirten. Gott gebe es! Der ftost
von Murbach ist woll gar gewiß gestorben *; den ich habe ein
schreiben von seinem successoren bekommen, so mir part davon
gibt. Ich bin recht fro , liebe Louisse , daß Euch die königin in
Preüssen * so viel amitie erweist. Die gutten mahler kommen
greüllich ab. In Ittallien selber seindt keine gutte mahler mehr.
Daß contrcfait, so man ahn mein[en] söhn vom printzen von Modene
geschickt , ist . . . gemahlt. Aber ich muß meine pausse machen,
mich ahnziehen; den ich muß zum könig.
Sontag, den 4 Februari, umb 9 abendts.
Ich 8 dießen angenblick komme ich auß dem opera. Es ist mir
ohnmöglich geweßen, eher wieder zum schreiben zu gelangen, alß
nun. Sobald t ich ahngethan geweßen, bin ich zum könig, welchen
ich, gott seye danck, in gutter gesundtheit gefunden. Er hatt mich
zu seinem balet recht artlich eingeladen , so biß mitwog umb 5
abendts gedantzt soll werden. Wo mir gott biß donnerstag leben
undt gesundtheit verleyet, werde ichs Euch berichten, wie es ab-
gegangen. Heütte haben wir einmahl eine gutte zeittung erfahren,
nehmblich daß der spanische frieden gemacht ist. Der courir ist
gestern abendts spat kommen, so dieße gutte zeittung gebracht
hatt 4 . Ich hatte gehofft, noch auff eines von Eweren schreiben zu
andtwortten, allein es ist mir ohnmöglich; den ich muß noch ahn
mein dochter schreiben, kan Euch nichts mehrers vor dißmahl sa-
1 Vergl. den brief vom 28 Januar, oben s. 29, an merk. 8. 2 Sophia
Dorothea, die gemablin des königes Friedrich Wilhelm I. 3 ? In. 4 Jour-
nal du marquis de Dangeau XVIII, s. 224 unter freitag, 2 Februar 1720: «II
est arrive un courrier d'Espagne qui apporto de bonnes nouvelles; mais toutes
les d6peches ne sont pas enoore d6chiffr6es; on en sait assez pour ne douter
quasi plus de la paix.» Ebendaselbst s. 225 unter samßtag, 3 Februar 1720 :
«M. le duc d'Orleans dit ä Madame que la paix 6toit faite aveo l'Espagne, mais
on n'en saura les conditions que demain.» Ebeüdaselbst s. 227. 228 unter
sonntag, 4 Februar 1720: «Conseil de regence oü M. le duc d'Orleans montra
la signature du roi d'Espagne qui aoeede ä la quadruple allianoe. On ne sait
pas eneore tous les d6tails, mais on en est tres-content. — Madame alla le
matin voir le roi oomme eile va tous les dimanches, et l'apr§8-din6e eile vint
aux Carmelites. >
43
gen in großer eyll, alß daß ich Euch von hertzen lieb bebalte,
liebe Louisse!
Elisabeth Charlotte.
Copie von waß ich ahn Churpfaltz geschrieben den 4 Febru-
ari 1720.
P. S.
Darff ich woll die freyheit nehmen, E. L. gehorsambst zu bit-
ten], sich der armen raugraffin zu erbarmen? Die cammerzuHey-
delberg ist ihr noch 20/m gülden schuldig, so eine gering objet vor
einem großen churfürsten ist, wie E. L. sein , aber ein großer Ver-
lust vor eine arme reichsgräffin ist, so ja nur daß zu leben hatt,
waß sie auß der Pfaltz zieht. E. L. seindt zu genereux, umb ihr
daß ihrige nicht zu folgen laßen ; sie ist ja die eintzige , so noch
von allen den raugraffen überig ist. Ich würde E. L. sehr verobli-
girt sein, wen Sie die charitet vor sie haben wolten, ernstlich zu
befehlen, daß sie bezahlt mögte werden.
1095.
Paris den 8 Februari 1720 (N. 62).
Hertzallerliebe Louise, ich hatte gehofft, daß ich heütte auff 3
von Ewern lieben schreiben andtworten könte ; allein , wie daß
sprich wordt sagt, Phomme propose et dieu dispose. Ich habe aber
2 brieff von der königin in Preüssen bekommen, die habe ich be-
antwortet, auch ein[en] ahn monsieur Harling andtwortten müßen,
so ich vergangen sontag zu spät bekommen hatte. Ich habe auch
ahn die fürstin von Nassau Ussingen geschrieben, umb ihr daß leydt
zu klagen 1 , schicke ihr auch einen brieff von ihrer fraw Schwester,
madame de Dangeau. Ich schicke es Euch, damitt sie es desto sicherer
entpfangen möge; den, wie Ihr mir letzmahl geschrieben habt, daß
sie zu ihrem bruder gereist, weillen sie ihn noch nicht todt ge-
wust , also mögte mein brieff irr gehen ; drumb schicke ich Euch
dieß paquet, liebe Louise! Ich habe auch heütte zur groühertzogin
gemtist; die hatt mir ein concert geben , bin spat wieder kommen,
1 wegen des todes ihres bruders, des filrst-abtes von Murbach, der geforste-
ten Benediotiner-abtei im Oberelsaß.
44
bin cxpres nichts * ins opera in hoffnung, Euch lang zu entretenir[en].
Aber madame d'Orleans ist kommen [and] anßere brautt 8 , so hetttte
einen jungen menschen mitt dem könig auß der tauff gehoben.
Mein söhn undt sonst noch viel leütte seindt auch kommen, die ha-
ben mich biß umb 9 aufgehalten. Da hatt man mir Ewer liebes
schreiben vom 27 Januari, no 8, gebracht, habe aber ohnmöglich
eher, alß nun, schreiben können. Ich habe noch der zeit nicht- ein-
mahl gehabt , Ewer liebes schreiben gantz außzuleßen , habe nur
im ahnfang gesehen, daß meine bagatellen, womitt ich Euch ahnge-
bunden 8 , glücklich überkommen undt Euch ahngenehm geweßen.
Weyder werde ich dießen abendts nichts auff dießen brieff sagen,
komme auff dem von 23 Januari, no 7. Es ist eine widerliche ge-
wöhnlich, alß 4 die brieffe zwey undt zwey auff einmahl zu geben.
Bißher seindt doch, gott lob, keine gantz verlohren gangen. Ihr
habt gar recht von der fürstine n von Ussingen reiß judicirt, liebe
Louisse! Ich glaube nicht, daß der fürst von Murbach reich ge-
weßen. Die zwey Schwestern müßen von einem humor sein. Ich
fürchte alle meine vettern undt baßen von Rheinfels ; den ich glaube,
daß allezeit ein wenig waß übels im hirnkasten bestelt ist ; den
beyde landtgraffen wahren nicht recht gescheydt 8 . Es hatt schon
10 geschlagen. Man plagt mich , ich solle enden , will nur noch
sagen: Alle, die von der conspiration sein, discoulpiren den duc
du Maine, undt seine gemahlin selber gestehet, daß sie alles ohne
sein wißen gethan, welches ich schwerlich glauben kan 6 . Daß Al-
beronie weg, bringt glück undt gibt unß den frieden mitt Spanien,
so schir gantz gemacht ist. Adieu ! Ich ambrassire Euch von hertzen.
Ein andermahl will ich es beßer machen, hab Euch auff allewege
hertzlich lieb.
Elisabeth Charlotte.
1096.
Paris den 11 Februari 1720 (N. 63).
Hertzallerliebe Louisse, ich habe schon ahn mein dochter ge-
*
1 ? nicht. 2 mademoiselle de Valois. 3 d. h. beschenkt. 4 alle
d. h. in einem fort, immer ; widerholt. Alls ist das mhd. allez, adverbial ge-
brauchter aecusativ des neutrums von all. 5 Vergl. band III, 8. 95. 413;
band IV, s. 18. 258. Man vergl. auch nachher den brief vom 29 Februar.
6 Vergl. den brief vom 25 Januar, oben s. 23.
45
schrieben, kan Euch also nun entreteniren, biß ich mich ahnziehen
muß, umb in die kirch zu gehen. Dießen nachmittag werde ich
nicht schreiben ; den die versamblung von der gantzen hocbzeit maß
bey mir geschehen als großmutter undt die erste große dame bey
hoff. Hernach werde ich mitt meinen kindern undt kindtskindern
in kutsch undt sie zum könig au Tliuillerie führen , wo die über-
leßung undt Unterschreibung vom heürahtscontract undt hernach die
Versprechung vorgehen wirdt , so gewiß der cardinal de Rohan
verichten wirdt, sowoll alß morgen der heüraht in deß königs
meß. Biß donnerstag, so mir gott leben undt gesundtbeit verleyet,
werde ich Euch verzehlen, wie alles abgangen, nun aber nur auff
Ewer liebes schreiben andtwortten, so ich verwichenen donnerstag
entpfangen vom 27 Januan, no 8. Es ist mir lieb, zu sehen, daß
meine brieff, ob sie zwar zwey undt zwey undt gar langsam ahn-
kommen, doch endtlich zu recht kommen undt nicht verloliren werden.
Daß halte [weder] ich, noch niemandts bir vor ein kostlich geschenck,
ein porte-lettre undt a-la-mode-schachtelgen ; auch die geringsten
geben einander dergleichen hir. Ich hatte Euch ja daß gantz jähr
durch kein schacbtelgen geschickt. Daß habe ja versprochen, alle
jähr zu tbun, undt werde es auch thun, so lang wir leben werden,
liebe Louisse ! Frewet mich, daß Euch daß biribi undt porte-lettre
gefahlen hatt. Es konte noch kein biribi zu Franckfort [sein];
den dieße art schächtelger seindt erst dieß jähr inventirt. Man
heist es biribi , weillen wie in dießetn spiel kleine gemäbls sein.
Wen Euer geburdtstag in kein ahnsqjien bey andern ist, so ist er
es doch bey mir, weillen ich Euch so nahe bin undt Euch lieb
habe, liebe Louise ! Der personen leben , so man lieb hatt , ist
allezeit zu waß nutz, insonderheit wen man so wenig interessirt ist,
alß ich, gott lob, bin undt mehr von freündtschafft helt, alß von
interesse. Also babt Ihr mir nur zu viel vor die bagatellen ge-
danckt, womitt ich Euch abngebunden habe. Die figuren bedetitten
nichts, seindt nur eine imitation von dem biribi, davon es den nah-
men tregt. Bißher bin ich noch, gott sey danck, in gar volkom-
mener gesundtheit. So lang mir kein chagrin zuschlegt, wirdt meine
gesundtbeit sich woll erbalten. Der chagrin in dießer«boßen Pa-
risser lufft ist mir allein schädtlich. Ich bin in sorgen doch vor
meinen söhn, den könig undt unßerm duc de Chartre; den die an-
steckende kranckheytten regieren stärcker, alß nie, zu Paris; 10
46
kinder von denen, so mitt dem könig im balet dantzten, haben et-
liche die kinderblattern, andere die rödtlen *. Man weiß die kranck-
heilten hir im landt so wenig zu gouverniren, daß mir angst
undt bang dabey werden solte, wen einer von dießen 3en sie be-
kommen solte. Unßere abtißin hatt große mühe, sich von ihren
rödlen wider zu erhollen. Hir im landt hatt man keine precaution
vor nichts; wen den ein Unglück geschieht, seindt sie gantz ver-
*
1 Vergl. die anmerkung 5 sn dem briefe vom 1 Februar, oben s. 32 und
Journal da marqais de Dangeaa XVIII, s. 230 anter donnerstag, 8 Februar
1720: «Tout le monde fut fort content du ballet da roi; on le vit aveo grand
plaisir dansant de la meilleure gräce du monde. II y eut an grand ordre mal-
gr6 le peu de place qu'il y a. Le petit Gondrijn, Tun des danseurs, s'y trouva
mal et la rougeole a paru ce matin.» Ebendaselbst 8. 231 anter samßtag, 10
Februar 1720: «Le roi dansa son ballet pour la seconde fois; on est tonjours
oharml de le voir en si bowae sante et aveo toutes les gr&oes qu'il a. — Le
fils de M. de Toroy et le fils de M. de la Vrilliere , qui ätoient du ballet du
roi, ont toas deux la rougeole; voilä bien des jeunes gens et de ceux qui dan-
soient aveo le roi qui ont 6te attaquls de oe mgme mal, mais" pas un n'en
meurt.» Der herzog von Saint-Simon spricht sieh a. a. o. s. 230. 231 in einem
zusatze zu des marquis de Dangeau auf^eiohnung vom 8 Februar folgendermaßen
über dieses «ballet du roi» aus: «Le mareohal de Villeroy, qui avoit vu danser
des ballets au feu roi et qui apprenoit ä celui-oi ä öter la moitie* des oeufs frais
qu'il mangeoit et tous les bouts des ailes de perdrix, de faisans et de gälinotes,
et ä n'en jamais manger les cuisses, parce quo le feu roi mangeoit ainsi, voulut
faire danser un ballet au roi. Le mar6chal les aimoit et y avoit brille 1 . II
leur devoit reoonnoissance, puisque sans les ballets il n'auroit jamais brille* nalle
part ; mais il no prenoit pas garde, lui qui avoit 6te" si avant dans les galan-
teries et qui en avoit conserve* le goüt et les facons, que le feu roi 6toit amou-
reux quand il donnoit des fetos, que la galanterie en est Tarne, et que le roi
n'6toit pas en äge de sentir encore ce que c'6toit; mais les raisonnements, eur-
tout les cons^quents, ne furent jamais son fort. Le feu roi avoit dans6, n'im-
porte ä quel age et dans quelles circonstances , il fallut que le roi dansät. II
dansa dono, non comme il voulut, mais comme le mareohal voulut, et coinme le
put un prinoe qui, bien que couronn6, 6toit enfant [Louis XV war damals sehn
jähre alt] , par oonsäquent timide et desole" de se voir en speotaele et glorieux
comme le sont les enfants,. de danser avec des gens plus äge*8 et plus forts que
lui, et qui bien aisement dansoient beauooup mieux. C'est ce qui lui a donn£
une teile aversion pour la danse , les ballets et les bals , qu'il n'en a jamais
voulu oui'r parier depuis, et que cette aversion s'est 6tendue jusqu'ä toutes sortes
de fetes , de speotaoles et memo de c6remonies , ce qui ne rend pas une cour
gaie, brillante, auguste, ni majestueuse.» Eine anmerkung im Journal du mar-
quis de Dangeau XVIII, s. 230 besagt: «Voir les detail s de ce ballet dans le
«Meroure» de ftvrier, pages 182 ä 186.»
47
wandert. Man solte mich außlachen, wen ich wachholder räuchern
ließe. Paris ist nicht mehr [so] voll, alß es geweßen ; daß thettere
leben, so nun überal ist, hatt viel weg getrieben. Heütte ist alles
golt undt silber verbotten, Louisdor undt thaller gelten nichts mehr,
lautter billiet de banque undt piöces de 20 s[ols] gelten nur. Ich
leyde nicht, daß man mir von millionen undt actien undt primen
undt souscriptionen spricht. Ich kan nichts drin begreiffen undt ist
mir zu langweillig. Ich kene keinen seelen-menschen in gantz
Franckreich, so absolutte desinteressirt ist, alß mein söhn undt raa-
dame de Chasteautier *. Die alle andere, niemandts außgenohmen,
seindt es recht spötlich, insonderheit die fürsten undt fUrstinen vom
geblüdt; die haben sich in der banque mitt dem commis herumb-
geschlagen undt sonst allerhandt schimpfflich Sachen. «Gelt regirt
die weit,» daß ist war* aber ich glaub nicht, daß ein ort in der
weit ist, wo daß gelt die leütte mehr regirt, alß eben hir. Wen
ich mitt I. L. dem alten landtgraffen von Darmstadt bekandt were,
würde ich keine difficultetten machen, I. L. in billiet zu schreiben,
wie ahn I. L. den landtgraff von Cassel , meinen vetter. Aber
außer daß wir geschwisterkindt sein, so kene ich ihn von kindtheit
auff, kan also freyer mitt ihm sein, alß mitt andern. Ihr werdet
mir also einen rechten gefahlen thun, liebe Louise, I. L. dem landt-
graffen durch seinen raht die rechte Ursachen zu wißen zu thun,
warumb ich nicht geantwortet habe. Es ist doch gar ein alter
teütscher brauch, viel gevattern zu haben; ich habe auch gar viel
patten gehabt, vom hauß Braunschweig den alten hertzog August
undt hertzog Jörg Wilhelm, den alten landtgraff undt landtgraffin
von Darmstatt, mein oncle , der landtgraff von Heßen, churfürstin
von Brandenburg undt ihre fraw schwester, printzes Cathrin , der
churftirst von Maintz undt noch andere mehr, deren ich mich nicht
mehr erinern kan. Also secht Ihr woll, liebe Louise, daß es ein
gar alter brauch ist, viel gevattern zu haben. Man hatt in den
zeittungen falsche gevattern undt andere, so es in der that sein,
nicht drein; alß zum exemple man setzt dem könig hir undt den
von Englandt alß gevattern; die seindts nicht, undt die printz[essin]
von Wallis undt ich, die es in der that sein, nenen sie nicht. Mir
1 Vergl. band IV, s. 198. 236. 322. 364. Man sehe auch nachher den
brief vom 16 und 17 Mens.
48
were es kein danck geweßen, wen Ihr mir vor meinen glückwün-
schungen tbe, caffe undt chocolade geben hettet; ich nehme keines
von allen 3en. Daß were übel gewest, wen Ihr Euch einen ge-
bnrdtstag mitt affairen geblagt [hättet]; den man sagt, daß, wie
man den geburts- undt neüjahrstag zubringt, bringt man daß gantze
jähr zu; ist beßer, daß Ihr Euch deßwegen mitt gutter geselschafft
amussirt habt. Ich glaube , ich habe Euch schon gesagt , wie ich
den armen Schulenburg gekandt habe J ; habe ihn also recht beklagt.
Er war schön von gesicht, aber die taille war nicht gar loblich, zu
dick. Nun komme ich auf Ewer liebes schreiben von 23, no 7.
Von der post werde ich nichts mehr sagen, weillen Ihr meine schrei-
ben . . . Aber da kompt man mir sagen , daß es zeit ist , eine
pausse zu machen undt mich ahnzuthun. Dießen nachmittag hoffe
ich noch ein par wordt zu sagen können. »Mein brieff wirdt doch
nicht klein heütte sein, weillen da schon 9 gutte seytten sein. Ihr
wist nun, wie trawerig der fürstin von Ussingen reiß abgangen, also
sage ich nichts mehr davon. Aber es ist spatt, ich muß wider willen
auffhören.
Sontag umb ein viertel auff 11 nachts.
Ich hatte gehofft, dießen nachmittag wider zum schreiben zu
gelangen, aber es ist ohnmöglich gefallen wegen der ceremonie, so
wir heütte hir gehabt haben 2 , wie ich Euch schon gesagt , liebe
*
1 Es ist wol der band IV, s. 219 erwähnte Sohulenburg gemeint. Es mag
bemerkt werden, daß der berühmte graf Matthias Johann von der Schulenbarg
(geb. 8 August 1661, gest. zu Verona 14 Merz 1747), von welchem gleichfalls
a. a. o. und band II, s. 15. 53 (vergl. auch band IV, s. 374) die rede ist, im
jähre 1720 nach Deutschland reiste, sein stammgut Emden bei Magdeburg, auf
dem er geboren worden , besuchte und hierauf nach Berlin und Wien gieng.
Vergl. Graf Matthias von der Schulenburg in : Biographische denkmale von E.
A. Varnhagen von Ense. Berlin 1824. s. 275. 2 Es ist die Vermählung
von mademoiselle de Valois mit dem prinzen von Modena gemeint. Der mar-
quis de Dangeau schreibt darüber in seinem Journal XVIII, s. 232 unter Sonn-
tag, 11 Februar 1720: «Les fianoailles de madomoiselle de Valois avee le
prince de Modeno se firent dans le cabinet du roi, sur les six heures du soir.
M. le duo de Chartres y tenoit la place de prince de Modcne. Apres les fian-
oailles, le roi alla au Palais-Royal dire adieu ä cette princesse; il lui a fait
un präsent magnifique d'un collier de diamants et de perles. II y avoit beau-
coup de monde auz fianoailles, mais peu de dames eonsiderables ; on n'y avoit
convie* personne, mais on oroyoit qu'il s'y en trouveroit davantage. Le cardinal
49
Louisse! Adieu! Ein ander mahl ein mehrers, nun aber versichere
ich nur, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
de Rohan fit la oeremonie. Mademoiselle de Montpensier portoit la queue de
la mante de mademoiselle sa soeur.» Der herzog von Saint-Simon maoht hierzu
a. a. o. s. 232. 233 folgernde anmerkung: «Rien de si capricieux que le Fran-
cois sor les haute urs et les bassesses: il est vrai que les princes da sang ont
toujours prie" de leurs fiancailles et de leurs nooes; il est vrai encore que les
fils de France n'ont jamais prie" de Celles de leurs enfants, sans que la foule
ait et6 moindre. M. le duo d'Orleans se trouvoit le premier petit-fils de Franee
depuis l'6tablissement de oe rang; le mariage de sa fille ainäe aveo M. le duo
de Berry, fils de France, n'6toit pas dans le oas de prior. II avoit cru ne de-
Yoir prier personne ä la vesture, ä la profession ni ä la benediction de madame
de Chelles, aussi ne s'y trouva-t-il que des familiers et au plus petit nombre;
tout le reste domestiques ou gens d'eglise peu distingues, excepte" le necessaire.
A eette troisieme fois il ne erut pas qu'un mariage aussi medioore, et d'une
fille qui n'6toit point aimee de sa famille, valut la peine d'inviter, ni le privi-
lege de son rang et de sa place dans l'Etat, Tun et l'autre unique, ne dut pas
aussi Ten ezempter. II s'en dispensa donc, et Ton vit ces mgmes gens qui fai-
soient foule autour de lui sans cesso pour en arraoher des gräoes et se les
procurer par toutes sortes de raffinements, de bassesses, le narguer tout d'un
coup, et tous, comme de concert, so tenir chez euz pour n'avoir pas ele convi6s.
Peut-etre aussi que le desespoir des suites du Mississipi qui Itoient alors dans
toutes leurs horreurs, donnerent lieu ä ce dSpit pour en passer la mauvaise
humeur sur quelque chose.» Unter montag, 12 Februar 1720, seh reibt Dan-
geaa, a. a. o. s. 233 weiter: «Le mariage de la princesse se fit ä midi dans
la chapelle des Tuileries, et apres la cäremonie, le roi la conduisit ä son oar-
Tosse et dit au eooher: «A Modcne.» G'est un . usage toujours pratique , et
quanä la prinoesse, soeur de M. le duc d'Orleans, fut mariee au roi d'Espagne
ä Fontainebleau , le roi, en la conduisant u son carrosse, dit au cocher: «A
Madrid.» L'officier des gardes et les gardes qui la doivent conduire eurent
ordre de suivre le carrosse comme si eile eüt du partir dans le moment. On
fit partir en meme temps M. de Sabran pour porter ä Modene la nouvelle que
le mariage 6toit o616br6. II n'y eut ä la c^r^monie du mariago que les nigmes
gens qui 6toient auz fiancailles, exceptö la duchesse de Villars qui doit conduire
cette prinoesse et qui a fait un effort pour assister a la cerömonie. [Unter
mittwoch, 7 Februar 1720, a. a. o. s. 229 schreibt Dangeau: «La duchesse de
Villars est assez incommodee.] On compte toujours qu'elle partira lundi.» Man
▼ergleiche auch nachher den brjef vom 14 Merz.
Elisabeth Charlotte
50
1097.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.
Paris den 15 Februari 1720 (N. 64).
Hertzliebe Louise, mein gott, wie habe ich heütte einen fa-
tiganten tag! Heütte morgen hab ich von halb 8 biß umb halb
4 viel brieff geschriben, ahn hertzog von Lotteringen , ahn mein
dochter wegen affairen, die gar verdrießlich sein. Ich hatt durch
einen courir geschrieben, den sie mir geschickt hatten. Dieß ist
nicht so baldt wider abgefertigt worden, so ist ein neuer Courier ahn-
kommen mitt [einer] handt voller paprassen l undt lautter verdrießliche
Sachen; die will ich aber erst nach dem opera leßen. Aber damitt
ich wider auff meinen recit komme, so habe ich heütte morgen noch
ahn Churpfaltz geschrieben undt auff zwey brieff von monsieur Har-
ling geantwortet. Hernach habe ich mich ahngezogen, bin zum kö-
nig gefahren 2 , hernach wider her, in kirch , hernach ahn taffei.
Nach dem eßen ist ein courir kommen vom hertzog von Lotteringen;
der hatt mir große paprassen gebracht. Hernach bin ich in kutsch
undt zur hertzogin. Da Jtomme ich her; aber da rufft man mich,
umb ins neu opera zu gehen ; ich habe es versprochen 8 .
*
l paperasses, papierc. 2 Journal du marquis de Dangeau XVIII, 8. 234
unter donnerstag, 15 Februar 1720: «Le roi entre aujourd'hui dans sa onzieme
ann6e; il en a re$u tous les compliinonts; mais en France il y a moins de e6-
r6tnonie pour cela que dans los autres pays.» 3 Die neue oper, die am don-
nerstag, 15 Februar 1720, erstmals aufgeführt wurde, ist «Polydore» mit -t ext
von Jean-Louis-Ignaco de La Serre, sieur de Langlade, gentilhomme du Quercy,
musik von Jean-Baptiste Stvuk , genannt Batistin. An demselben 1 5 Februar
1720 kam übrigens auch ein neues stück von Voltaire zum ersten mal auf die
bühne. Der marquis de Dangeau schreibt an diesem tage in seinem Journal
XVIII, s. 234. 235: «On joua la nouvelle tragädie d'Arouet [«Art6mire»], qui
ne rlussit point; il avoue lui-meine qu'elle n'est pas bonne, et se plaint de ses
amis a qui il l'avoit montr6e, qu'ils l'avoient flatte* lä-dessus j il l'a retirce des
com6diens.» Die ungünstige aufnähme, welche Voltaires tragödie bei der ersten
darstellung erfahren, verbesserte sich übrigens bei der zweiten. Dangeau be-
merkt unter freitag, 23 Februar 1720, Journal XVIII, 8. 239: «On rejoua sur
le theätre de la Com6die la tragödie d'« Artemire» faite par Arouet; eile avoit
6te" trouväe tres-mauvaise la premiere fois qu'on la joua et l'auteur m6me l'a-
voit retiröe des com£diens. Depuis, gens considörables ont souhaite" de la re-
voir; il y a change quelques vers et la piöce a mieux räussi.» Unter Sonntag,
51
Donnerstag umb 10 uhr abendts.
Mein gott , wie habe ich ein langweil lig opera gesehen ! Es
hatt bey 4 stunden gewehrt. Nun muß [ich] schlaffen gehen; daß
opera hatt mich gantz eingeschläffert , daß ich schir nicht mehr
weiß , waß ich sage. Ein ander mahl hoffe ich beßere gelegenheit
zu finden, Euch einen großen brieff zu schreiben ; aber vor dießmahl
muß ich schließen. Gutte nacht, hertzallerliebe Louisse! Ich bin
recht gritlich, habe 5 oder 6 verdrießliche sachen im kopff, eines
ist immer ärger, alß daß ander. Es mögt ein[e]r zum narr[e]n wer-
den, zu sehen, daß keine raison mehr in der weldt zu finden undt
die weldt wie vertrehet ist undt gantz verkehrt. Adieu, liebe Louisse !
Ich muß wider willen auff[hören], nur noch sagen, daß Ihr mein
bößes exempel gefolgt undt Ewern letzten brieff nicht chiffrirt hatt;
solte no 9 haben. Ich mag lustig oder gritlich sein, so behalte ich
Euch von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
1098.
Paris den 18 Februari 1720, umb 7 morgendts (N. 65) \
Hertzallerliebe Louise, ich fange heütte ahn , Euch just mitt
dem tag zu entreteniren, hoffe also, heütte wider einzubringen, waß
ich die vergangene woche verseimbt habe durch daß gethuns von
mademoiselle ihrefr] hochzeit. Alle meiner dochter Courier undt affai-
ren, so ich hir solicittiren maßen, mich verhindert haben 2 . Unßere
braut wirdt nun, gott lob, morgen weg. Wolte gott, sie were schon
vor 3 jahren verhettraht geweßenl Auß waß ich hir sage , könt
Ihr leicht judiciren , daß es keine große eloquentz braucht , mich
25 Februar 1720, heißt es sodann bei Dangeau a. a. o. s. 240: «II y eut
quelques petits desordres a la oom6die; les comediens voulurent jouer la tra-
gedie d'Arouet malgi-6 lui, et la jouerent quoiqu'il s'y opposät violemment.»
1 Der marquis von Dangeau schreibt in seinem Journal XVIII, s. 235
unter samßtag, 17 Februar 1720: «Le roi dansa son ballet aveo toute la gräce
imaginable [vergl. oben s. 46, anmerk. 1]; plus on le voit, plus on s'attache
ä sa personne. Madame n'y 6toit point parce que les oomädiens italiens l'a-
voient fort priee de voir la com6die qu'ils jouoient au Palais- Royal. M. le duo
d'Orl^ans ni madame la duohesse d'Orleans n'y 6toient pasnonplus.» 2 ? ha-
ben mioh auch verhindert.
4*
52
über dieße abreiß zu trösten '. Mehr will ich nichts auff dießen
text sagen, komme aitffEwer liebes schreiben ohne chiffer, so aber
no 9 hette sein sollen. Es hatt mich gefreüet, liebe Louise, :
seben, daß Ihr ebenso vergeßeu' seydt, alß mein exellents'. Es ist
doch etwaß, daß sich die pnst corigirt undt Euch dißmabl nicht
wider awey von meinen brieffen auff einmahl geben hatt. Ich weiß
nicht, wie es koinpt, daß sich die post wider einriebt : den che v>
seindt noch abscheulich. Sic haben villeicht neue pferdte auff die
post gelegt. Meine gesundtkeit kan , gott seye danck , nun nicht
beßer sein, alß sie isl, aber braff gridtlich bin ich noch undt nicht
ohne ursach. Sage Euch, liebe Louise, von hertzen danck vorEwere
gntte wünsche zu meiner gesundtbeit. Ich habe mich woll g
müßen , im schreiben* raitt den leütten zu reden; den hir macht
man sich feinde , wen man nicht mitt den leütten spricht ; aber
man halt auch daß gutt , waü man ihnen aueb sagt, ist all eins;
wens nur gesprochen ist , so seindt sie zufrieden. Man muß hir
nicht achten auff waß einem gemächlich ist oder nicht; daß geht
nicht ahn. Die sdaverey ist groß, wen leütte, wie ich bin, ihre
Schuldigkeit thun wollen. Die gewobnbeit hilfft viel dazu; im ahn-
fang aber, muß ich gestehen, hatt es mir muhe gekost. Nichts par-
ticnlirs habe ich, man hatt hir keine pressen Ucamm er, wie bey unß.
Morgeudts sieht mau die leütte bey dem auffsetsieu & , undt abendts
undt den gantzen nachmittag in seinem cabinet. Wen ich ahn mein
dochter wegen ihren affairen zu schreiben habe, stehe ich ein
wenig froher auff undt schreibe murgendts in meiner cammer. Ich
solte woll glauben, daß was hir ist, so daß.gedachlnuß schwächt;
den daß meine nimbt taglich ab. Wen ich meinem söhn waß zu
sagen oder zu fragen Inihe, muß ich es aufschreiben, sonst vergeße
ich es gleicli. Ewern geburdtstag ... ich habe ja ein callendergen,
da es in stehet*. Ihr macht aber zu viel wereks von den hagat-
tellen, woinitt ich Euch ahngebundeii * habe, liehe Louise! Ich
muß lachen , wen Ihr dielies ein kostlich ge sehe tick beist. Man
mmark. 6. 2 d. h.
1 Vurgl.
den brief
vom 3 Februar, obe
lllioh.
3 1 meine
xeellenn, d. b. ich s
14 M»n
4 d. h
whlirüml das sabre
Januar 1 Ol) I gebnien
setz[t] allezeit die gebührt 5 tag Übel wegen dcß alten stiebls; der
meine, so auff den 17 May alten stiebls 'ist, kompt nun durch die
Veränderung vom callender auff den 28 May '. Wen die, so die
alter schreiben, sie aufsetzen, kouten sie ja nur dabey setzen «a.
st.», so wüste man gleich , woran man ist. Ewere schübladt von
Ewer schranck muß ein pupenschranck gleichen mitt allen den ba-
gattellen. Aber mein contrefait solte ja nicht dar, sondern in Ewerm
sack sein; da gehört liir*, damitt ich alß bey Euch sein kan.
Ihr jammert mich , lieb Louisse ! müst bludtsarm sein , wen dießes
Ewer bestes ist. Daß ist. keine schände, die mahlerey nicht woll
nu keuen; aber es wundert mich doch von der gutten königin in
Preüssen , den die kan viel glitte gemähls gesehen haben undt daß
lernt' woll, davon zu judieiren. In alles, waß dieße königin sagt
undt schreibt, spürt man ihr überauß guttes gemüht e. Unßere liebe
s. churfürstin hatt mir dießer königin contrefait geschickt , daß
gleicht viel ahn feu madame de Vandosme*; ich hoffe aber^doch,
daß die taille nickt so seiu wirdt; den sie war gar zu klein undt
gantz außgewacksen. Daß ist loblich vom könig in Preüssen, daß
er die tagend t estimiren undt lieben kan. Sie meritirt, glücklich
zu sein; den tugendt bey königlichen muH fürstlichen personen ist
gar waß rares undt man solte wereks davon machen, wo es zu fin-
den ist. Man halt noch kein pari; geben von der keyßerin todt,
aber so baldt der herr Benterritter * es wirdt ahngekünt* haben,
wirdt man die trawer nehmen '. Solte nach dem alten schlag 3
monat dawern ; weillen aber hir im landt alle trawern autf die helfft
nur kommen, so wirdt der hoff nur 6 wochen trawern, ich woll ein
par mont, weillen ich von selbigen liauß bin. Wir haben noch eine
pfaltzgrafliu, so gestorben, nehmblich deß pfaltzgraffen von Sultzbachs
1 Vergl. band II, a. 568. band TU, a. 197. 216. 28».
73. band IV,
1. 128. Unsere benogin ist IT Mai alten Hill = 27 Max ne
eo etile 1652
id Hoideluoiit geboren. WeDD Klissbetb l'beilo'.ie hier >sgl, daß
li- Koburtatag
nun auf den Jh Mal neuen Stils falle, eu ist diß in to feite
«tilg , all im
18 Jahrhundert dem IT Mal allen etil! nicht mehr wie im 11 j
ihibundert der
IT Mai, sondern dsr 28 Mai entspricht. Vei-gl. au ob iiarfaber
den l.rief Tom
23 Mai. 2 ist bin. 3 d. b. lobit. 4 Veadume.
5 l<. -uteri der.
6 d. h. ange kundig'.. T Der toarqnt» de Uangeau «abreibt 1
«einem Jeur-
nal XVIII, a. 238 unter dionslag, 20 Ifebniat 1720 : -M- d
e Denterider ■
54
fraw mutter *. Daß wirdt auch daß dantzen , sowoll alß der key-
ßerin todt, inhalten, also viel junge leütte betrüben. Die keyßerin,
unter unß gerett, hatt eine narische undt abgeschmackte religion
gehabt 8 . So alber ist man in Franckreich nicht. Dancke Euch
sehr vor die überschickte schriftliche zeittung. Ich glaube nicht,
daß es den Moscowittern gefahlen wirdt, daß der czaar catholisch
worden. Es were etwaß guts, wen die Capuciner den czaar undt
seinen 8 Reusen könten von ihrem barbarischen leben abhalten; zweyffle
dran, sie seindt zu wildt undt unbändig dazu. Alles, waß von der
verstorbenen keyßerin in dießer gazette a la main stehet, ist war.
Mein dochter hatt mir es auch geschrieben. Dem Bendenritter
werde ich nichts davon sagen. Mitt seynem schwartzen mantel
wirdt er wie ein gespenst außsehen; den er ist von natur bleich
von gesicht. Die keyßerin ist zwar nicht jung [gestorben] , hatt
aber doch auch kein hohes alter erreicht; sie war 3 jähr jünger,
alß ich. Es seindt keine menschen-gebott , so dieße keyserin ge-
folgt, sondern menschen-quinten 4 . Aber daß erinert mich ahn den
frantzoschen dicton 6 : «C'est l'histoire de la sicogne 6 , sötte gens
fönt sötte besoigne 7 .» Es ist kein wordt war, daß unßer s. [könig]
ein silice 8 getragen undt es sich von monchen undt Fra[n]ciscanern
hatt geben [laßen] ; da hatte der könig zu viel verstandt , es ist
auch der brauch bey weldtlichen leütten nicht. Man hatt viel auff
den könig von solchen sachen gelogen. Die königin hatt auch gar
gewiß kein silice getragen; ich habe sie hundertmahl nackendt ge-
sehen, wen ich I. M., wie es hir der brauch ist, ihr hembt ahnge-
than habe. Daß ist eine ceremonie, die erste cammerfraw gibt daß
hembt ahn die dame d'honneur, die dame d'honeur mir, ich der
königin; bin ich aber nicht da, [noch] jemandts von den petits en-
fants de France undt nur eine princesse du sang, so gibt ihr die
*
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 234 unter mittwooh, 14 Fe-
bruar 1720: «On nous mau de d'AHemagne que la princesse de Sultzbaoh, la
rnSre , est morte. Son fils suooädera ä l'electeur palatin s'il n'a point d'enfants
mäles, comme il y a apparenee qu'il n'en aura point; et outre les biens allo-
diaux, il häritera des biens patrimoniaux , paroe qu'il a epouse 1 la fille de 1'eV
lecteur. La princesse qui vient de mourir etoit fille de la feue princesse de
Hesse, soeur de madame de Dangeau.» 2 Vergl. naohher den brief vom
1 Merz. 3 ? seine. 4 d. h. menschen-launen. Quinte, französisch , nar-
rische laune, grille. 5 dicton, Sprichwort. 6 cigogne, storch. 7 besogne,
arbeit, geschäft, werk. 8 cilice, härenes hemd, bußkleid.
55
erste cammerfraw daß hembt, der königin ahnzutbun, undt nicht
ahn die dame d'honneur ; wir haben viel unterschiedt so. Der abbe
d'Entragae[s] ist noch immer in der cittadel von Lisle ', wo man
ihm nichts leydts tbut undt [ihn] nach sein[e]r fantesie leben lest.
Er ist nicht im narenhauß. Übel von meinem söhn hatt er nicht
gesprochen, aber woll von der catholischen religion, daß er woll
hette laßen können. Yerstandt hatt der arme teüffel , aber daß
jngement ist gar kurtz bey ihm, ist poßirlicb, drumb mag ich ihn
woll leyden. Ihr habt groß recht, alles zu thun, vor keine pietistin
zu passiren, liebe Louise ! den pietistinen oder narinen halte ich vor
all eins. Der Englander stelt sich vielleicht narisch, umb sein
leben zu salviren. Wen man sehen wirdt, daß er in der that ein
narr ist, wirdt man ihn woll wider laufen laßen; den buckelichten
pfaffen halte ich vor gefahrlicher. In Lotteringen haben sich auch
leütte gefunden, so falsche müntzen gemacht haben. Hir wirdt man
nicht mitt falsch golt erdapt werden; den alles golt ist bey straff
verbotten, alles wirdt mitt zettulen undt papir bezahlt. Man ist
es hir nicht gewohnt, kompt trawerig vor 8 . Wir haben hir auch
ein betrübts, dunckel undt verdrießliches regenwetter. Es braucht
keinen aydt bey mir, umb mich zu persuadiren, daß man nicht gern
auff der see ist; mir kompt es abscheulich vor 8 . Ich meine, daß
graff Degenfeit resolvirt ist, mitt seiner gemahlin dieß jähr ins vat-
terlandtzuzi[e]hen. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben [vom] 30 Ja-
nuari völlig beantwordtet. Ich komme auff daß vom 23, so ich vor-
her entpfangen hatte; weiß nicht, wo dieße iregullaritet herkompt.
Überall gibt die post meine brieff 2 undt zwey auff einmahl. Ma-
dame Dangeau andtwort ahn ihre fraw Schwester habe ich wieder
geschickt. Ich glaube nicht, daß sie ihren herrn bruder * bey leben
gefunden hatt. Es were mir lieb, wen die gutte madame Dangeau
auch waß bekäme ; den sie meritirts woll, ist recht tugendtsam, [eine
frau] , von welcher die medissance , so hir im landt gar groß ist,
nichts zu sagen gefunden. Die nonen piquiren sich ordinari, ihre
verwanten mehr, alß andere, zu lieben.
*
1 Lille. Vergl. den brief vom 11 Januar, oben s. 12. 13. 2 Vergl.
den brief vom 3 Februar, oben s. 34 und nachher den brief vom 16 und 17
Mers. 3 Vergl. die zahlreichen ähnliehen außerungen in den früheren ban-
den. 4 den furst-abt von Murbach. Vergl. den brief vom 28 Januar, oben
s. 29, anmerk. 9.
56
Sontag umb 9 abendts.
In dießem augenblick komme ich auß dem opera undt man
bringt mir Ewer liebes schreiben vom 3 Februari, no 10. Aber
Ihr könt woll gedencken , daß ich beütte nicht drauff antwortten
kan ; werde es vor die andere post sparen, wo mir gott leben undt
gesundtheit verleyet, nun aber, da ich ahn mein dochter schreiben
muß, von welcher ich auch mitt dem Ewerigen ein brieff entpfangen,
kan ich vor dießmahl nicht mehr sagen, alß daß ich Euch all mein
leben von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1099.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Pranckforth.
Paris den 22 Februari 17&) (N. 66).
Hertzallerliebe Louisse, vergangen sontag abendts habe ich Ewer
liebes schreiben vom 3 Februari, no 10, zu recht entpfangen. Ich
habe es Euch selbigen tag schon gesagt , habe die andtwort aber
biß auff heütte versparen müßen. Ehe ich aber auff die antwort
komme, so muß ich Euch sagen, liebe Louise, in welchen großen
sorgen undt ängsten ich nun bin. Vergangen montag abendts hatt
unßere neue princessin von Modene die röttlen bekommen, die sie
bey ihrer Schwester gesucht, undt selbige nacht hatt ihr herr bruder,
der duc de Chartre, ein abscheulich lieber bekommen undt auch die
rottlen, welche, gott lob, woll undt von haubt biß zu fußen woll
außgescblagen sein ; allein er ist erschrecklich kranck dran '. Daß
seindt die fruchte von den schönnen bal en masque. Hette man
mir geglaubt, were beydes nicht geschehen. Ich habe meinem söhn
meine meinung drüber gesagt; er ist gantz bedutelt drüber, aber
daß macht seine arme kinder nicht wider gesundt. Insonderheit
bin ich in erschrecklichen ängsten wegen deß duc de Chartas; den
*
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 236 unter montag, 19 Fe-
bruar 1720: «M. le duo de Chartres eut un peu de fievre et la rougeole parat
bientöt apr&s. Madame de Mod&ne, sa soeur , qui devoit partir meroredi , fut
8aign6e du pied le soir, et on croit qu'elle aura la rougeole comme M. son frere. »
Ebendaselbst s. 238 unter dienstag, 20 Februar 1720: «La rougeole parat le
matin ä madame de Modäne.»
daß kindt ist so delicat, daß ich fürchte, daß er daß starcke fieber,
wo es noch lenger dawert, nicht wirdt außstelien können. Gott
wolle miß gnadig beystehen ! Wegen meines sohns, so noch sein
leben die blättern nicht gehabt hatt, darff ich nicht zu dem kindt
nndt daß ängstet mich noch mehr. Er solle so voller rottlcn sein,
daß man von liaubt zu fußen eine 1 spellenspitz * stucken konte, wo
es nicht ist. Ich bin nun zwar in gar Yolkomener gesundtheit;
aber wofern meine angsten noch lang dawern, wirdt meine gcsundt-
lieit auch woll keinen bestandt haben. Biß sontng werde ich Euch
berichten, wie es wettter geht. Aber Ihr könt woll gedenckcn, daß
ich , biß daß kindt wider gesundt , eine betrübte zeit in meinen
angsten zubringen werde. Ihr secbt nun woll , liebe Louise , daß
ich große Drasch gehabt habe, über sein bal-renen gritlich zu sein;
den ich habe woll gesehen , waß draaß werden würde. Gott be-
wahre, daß nicht alles geschieht, waß ich fürchte! St Clou reiniget
sich allgemach wider von der büßen lufft , wirdt also woll wider
gutt werden, wen ich hin werde. Wen man alt ist, wie ich nun
bin, kan man woll noch lenger, aber nicht ohne kranckheit nndt
ungemaeh [leben]; also kan ich woll mitt warheit sagen, daß ich
kein hohes alter ambitioiiire. Man wirdt daß leben zu satt, uichts
alß verdrießliche nndt schlimme Sachen zn hören undt zu sehen;
daß matt mehr ab, alß wen man tag undt nacht reißen solte. Ich
bin gar nicht ceremonicus, eben so wenig alß mein brnder s., sehe
nur auff die intenüon, undt sohaldt ich persuadirt wirdt", daß man
keine intention hatt, mich zu offendireu, verdrist mich nichts, waß
man auch thun mag. Aber dinten auff das papir zu fahlen laßen,
ist die groste bagatelle von der weit, uudt will lieber einen ver-
kleckteu brieff haben, alß daß Ihr die post fehlt undt ich keine
schreiben von Euch wegen der sekönnen ceremonie bekome. Anch
habe ich lieher kleckeu , alß zu wißen, daß Ihr Euch die mühe
geben habt, Ewern brieff abzuschreiben; den wen ichs bey mir ab-
meßen will, weiß ich wol!, wie mühsam es ist; wolte er* 10 brieff
schreiben , alli einen abcopiren. Ewere viello fehler in Ewern
brieffen , worüber Ihr klagt, liebe Louise, verspüre ich g&ntz undt
gar nicht. Mein söhn ist beßer, alß ich, aber, unter unß gerett,
58
er ist warlich gar zu gutt. Gott gebe, daß der almächtige ihm seine
schulden vergeben mag, wie er denen vergibt, [die] ahn ihm sündigen !
Ich muß gestehen, daß es mich offt ungedultig macht. Alles wirdt
von hir nach Hollandt geschrieben, waß gesagt wirdt, es mag war
oder nicht wahr sein. Commedien in original sieht ' man genung
hir. Gott bewahre vor tragedien! Ich habe Euch ja selber ge-
schrieben, wie daß der verfluchte Alberonie meinen söhn urab ver-
zeyuug gebetten undt Spanien hatt verrahten wollen *. Keinen gro-
ßem ertzschelm tregt der ertbotten 8 . Ein rechtes zeichen , daß
dießer verrohter undt die Des Ursin[s] den könig in Spanien gegen
meinen söhn auffgestifft hatten, ist, daß sobaldt dieße zwey böße
teüffel auß Spanien sein geweßen , hatt der könig sein vertrawen
wider zu meinem söhn gewandt undt ihn gebetten, sich seiner ahn-
zunehmen undt den frieden zu machen. Mich deucht, daß dießes
meinem söhn eine große gloire ist. In allen stücken ist Alberonie
ein verrähter undt es all sein leben geweßen. Seinen herrn, den
hertzog von Parme, hatt er ahn monsieur de Vandosme * verrahten,
dießen ahn die printzes Des Ursinfs], auch so, daß viel meinen, daß
er ihn vergifft hatt; die printzes Des Ursinfs] hatt er der königin
auffgeopffert 8 , die königin undt den könig in Spanien hatt er mei-
nem söhn auffopffern wollen. Auß dießem allem ist leicht zu judi-
ciren, welch ein fein bürschgen dießer Alberonie ist. Ich fürchte
alß, daß wen er zu Genua bey der printzes Des Ursin [s] stecken wirdt
(den er solle, wie man sagt, in demselben palais zu Genua logiren,
wie 6 sie in steckt) , fürchte ich , daß die 2 teüffel waß gar schlim-
mes stifften werden. Gott bewahre meinen söhn vor ihre stück!
Seydt nicht in sorgen , liebe Louisse ! ich werde Euch gar keine
handel ahnmachen mitt Ewern geschribenen zeittungen. Eine hey-
lige zu machen, kost über 100/m thaller; daß gelt kan der keyßer
nohtwendiger ahn wenden. Hirmitt ist Ewer liebes schreiben völlig
beantwortet. Dießen abendts werde ich Euch noch wieder schreiben
undt auff Ewer liebes schreiben vom 23 Januari, no 7, andtwortten;
den ich bin heütte gar zu betrübt undt in sorgen, umb ins opera
zu gehen, finde mehr trost, ahn denen zu schreiben, so ich lieb
1 d. h. sieht. 2 Vergl. die briefe vom 25 und 28 Januar, oben s. 23.
28. 3 d. h. erdboden. 4 Vendöme. 5 Vergl. band IV , s. 300.
6 ?wo.
59
Jiabe. Aber ist * ist nun zeit , daß ich meine pausse mache. Es
wirdt dießen nachmittag spat werden, wen ich wider von der vissitte
von der groß her tzogin kommen ; den es ist heütte donnerstag undt
alle donnerstag besuche ich I. L.
Den 22 Februari umb 6 abendts.
Es ist schon V* stundt, daß ich wider von der Place-Royale ge-
kommen bin. Madame la dachesse d'Orleans ist seyder dem zu mir
kommen , drumb fang ich so spät ahn , zu schreiben. Die rödtlen
schlagen nun braff bey madame la princesse de Moden 2 [und dem
duc de Chartres] auß. Aber ob die docktor zwar sagen, daß es
noch keine gefahr hatt, so gefehlt mir doch nicht, daß er einen
durchlauff hatt; in 24 stunden ist er 7mahl gangen. Ich habe all
mein tag gehört, daß nichts schlimmers in ahnsteckenden kranck-
heit[en] undt wo gifft ist, wie bey den kinderblattern, rödtlen oder
fleckfieber, nichts gef ehr lieh er ist, alß durchleüffe. Ach, wie ist man
doch allezeit in sorgen! Es ist auch woll einmahl zeit, daß ich
auff Ewer liebes schreiben vom 23 Januari, no 7, komme. Aber
da kompt mein söhn herein.
Donnerstag umb halb 8 abendts.
Da geht mein söhn wieder nauß. Nun will ich Euch weyder
entreteniren , liebe Louise! Ich werde nichts von der post sagen,
weillen ich weiß, daß Ihr meine schreiben endtlich entpfangen habt.
Bißher ist, gott lob, noch kein brieff verlohren gangen. Von der
fürstin von Ussingen werde ich nichts sagen, weillen ich schon weiß,
wie daß ihr herr bruder gestorben, ehe sie hinkommen ist. Ihr
mtist noch nichts von deß fürsten von Murbachs testament wißen,
weillen Ihr inEwe[r]n letzten schreiben nichts davon gedacht habt.
Dießer fürst hatt beyde Schwestern weiß gemacht, daß er sie wolle
gantz zu erben einsetzen wolle. Verlangt mich doch, zu hören, wie
es auß einander gehen wirdt. Ordinari ist die closter-auffer zuckt
eine böße sach. Ich weiß nicht, ob sie die kinder in Teütschlandt
beßer erziehen, alß hir in Franckreich; aber hir ist es etwaß ab-
scheuliches. Von den 2 brüdern fürsten von Nassau habe ich in
ewiger zeit nichts gehört , gott lob ! Der jüngste stinckt , daß es
*
1 ? es. 2 Modäne.
abscheulich ist, auß dem maul. Er fragte mich, ob ich nicht wißen
konte oder eixahten kirnte, warumb seine genialilin ilin nie küßen
weite. Ich dacht in meinem sin: -Daß ist leicht zu rahtcn.-
sagte: -Es muß ihr etwaß ahn Sie eckeilen.» Hette er mich weit-
ter pressirt, hette ich ihm gesagt, er solte die zahn sauberer halten.
Die printzes, seine dochter, habe ich nie gesehen. Der cardinal
undt ertzliißschoff von Paris heist nicht Noyalle , wie Ihr
schreibt, sonder[n] Noailie , liebe Lonise ! habe lachen müßen,
daß Ihr seinen nahmen so verschrieben habt 1 . Noch der zeit ist
der duc du Maine durch kein patent nnschultig erkläret worden,
auch ist er noch der zeit nicht wider zu Beines brudern raug
langt. Von dem armen abbe d'Entraguefs] höre ich gar nichts;
nur weiß ich, daß er noch a Lisle ist. Mich deucht, Ewer general-
major de Francheville kent viel leütte, so ihn wenig kennen*,
ist kein wordt war, daß er favorit vom duc de Bourgogne geweßen.
So lang der duc de Bourgogne gelebt, war der abbe d'Entrague[s]
exülirt ■ vom hoif; hatt sich viel jähr in Normandie aufgehalten.
Weill er aber in einer brtßen lufft war, hatte ihm der könig erlanbt,
nach Paris zu kommen, aber nicht nach hoff, undt sein commers
mütt dem duc de Bourgogne hatt also gar nicht sein können. Die
Frantzoßen , wen sie in frembten orten sein , wollen allezeit alles
bey hoff kenen undt wißen undt wißen meistentkeils kein wordt.
So geht es, wie ich sehe, dem Francheville auch. Wen Ihr den
armen abbe d'Antrague kentet, wie ich, solte es Euch nicht wunder
nehmen, wie er sich liatt fangen laßen; mitt allem seinem verstand!
1 Ea handelt sich um Louis- Ad toine de Noaillej, bisobof von Chiilon
her enbisehof von Pari« und cardinal, 2 Vergl. don briefvoro 28 Januar, oben
s. 23, 29. 3 Der herr.og von Soint-Simon sagt im Journal du inarqnia de Dangnan
XVIII, a. IBß. 197 überdon abhCd'Entrflguea folgenäoB: (tfttott un gram
sec, hirn fait, avoc des maulpref ais'ns, meiaieei, trSs-polies et acclan
graod munde st la li-.BtiK compegoiej de beaueoup d'esprit et l'osprit
rare mäajaire. 401 >fooo(i,St oellttDent et agrSablement , et qui avoit
Mim rtT I platiant (ans le vouloir «Ire; grand remarqueur et dangerous ponr
. r.ue
de hunte. II so piqnoit dVl
mer [KjinL» Vergl. auab obe:
nouoit de trfis-bonne
s vilainea df'bauohes,
61
ist er wie ein kindt von 6 oder 7 jähren undt spilt mitt pupen 1 .
Mitt dem übelen reden hatt er sich gantz unschuldig befunden.
Mylord Stair[s] wirdt sich in der sach nicht mischen; er selber
wirdt baldt weg. Morgen wirdt es 8 tag sein , daß ich madame
Stair[s] gesehen. Sie kompt mir fein vor,, hatt kein schon noch
jung gesicht, aber gar eine schonne taille. In die Bastille solle
abbe d'Antragne nicht kommen. Meint Ihr f daß ich nicht mehr
weiß, waß geschoßen ist? Ich weiß noch, gott lob, alle teütsche
maniren von reden ; fehle ich ahn etwaß, werdet Ihr mir ein großen
gefallen thun, mirs zu berichten undt mich zu wahrnen, werde es
Euch auch recht danck wißen. Von Englandt werde ich dießen
abendts nichts sagen, sondern ein ander mahl, wen mir gott daß
leben lest, wollen mir 8 davon sprechen. Es hatt 10 geschlagen; ich
maß nach bett. Gutte nacht, liebe Louise ! Ich ambrassire Euch
von hertzen undt verbleibe allezeit die person von der weit , so
Euch ahm liebsten hatt.
Elisabeth Charlotte.
1100.
Paris den 25 Februari 1720 (N. 67).
Herzallerliebe Louisse, die donnerstagpost ist mir gantz auß-
geblieben. Ob heütte zwey auff einmahl kommen werden, werden
wir dießen abendt sehen. Es ist 11 uhr morgendts; ich habe schon
ahn die printzes von Sultzbach geantwort undt ahn die fraw von
Lület. Ich habe noch 2 alte brieff von Euch, liebe Louisse, darauff
werde ich hetitte andtwortten, will Euch aber vorher von unßern
krancken verzehlen. Mein enckel, der duc de Chartre, ist auff den
todt gelegen , so ein abscheulich fieber hatt er in seinen rödtlen
gehabt mitt einem durchlauff. Aber verwichenen freytag hatt sich,
gott lob , alles bey ihm gestilt undt ist nun , dem allmachtigen
seye danck, gantz außer gefahr. Seine Schwester ist auch gar übel
geweßen. Die printzes von Modene hat daß fieber so starck ge-
habt, daß sie gantz gefabelt, dabey einen so starcken durchlauff,
daß sie in ein[e]r nacht 14 mahl gegangen undt den tag nicht weniger
undt hatt sich dabey erschrecklich, erschrecklich erbrochen; daß hatt
*
1 Vergl. den brief vom 25 Januar, oben s. 24. 2 ? wir.
62
gewehrt biß (ließe nacht umb 3 uhr. Da hatt man ihr teriac ein-
geben, daß hatt daß erbrechen undt den durchlauf gestilt. Man
hofft, daß sie auch außer gefahr ist. Mademoiselle de Mon[t]pensier
hatt zwar auch die rödtlen, aber ist lustig dabey undt nicht kranck,
wie die andere 2 geweßen , ich könte woll sagen die ander 3 ge-
weßen sein. Die eiste Schwester, die abtißin von Chelle[s], hatt es
ebenso gehabt. Da kompt eben monsieur Teray herrein. Alles
geht woll bey unßern krancken 1 , will alsoweitter nichts von ihnen
sagen; komme auffEwer liebes schreiben von 9Januari, no 3. Ich
bin expresse nicht ins opera gangen , in hoffnung , meine 4 brieff
dießen abendt zu schreiben; aber es seindt mir so viel verhinder-
nüßen kommen, daß ich ohnmöglich habe schreiben können. Erst-
lich so habe ich gar lang mitt meinem söhn gesprochen wegen der
lotteringgen 8 affairen ; hernach habe ich lang mitt einem reden
müßen wegen einer uhr, so mir gestollen worden in meinem cabinet.
Es findt sich , daß es ein edelman ist ; daß hatt ein groß lermen
geben, wie Ihr, liebe Louise, woll gedencken könt 3 . Ich hatte ge-
hofft, dießen abendt 2 schreiben von Euch zu entpfangen, liebe
Louisse, aber es ist keines kommen. Die teütsche post muß doch
gestern ahnkommen sein, weillen ich brieff von der fraw von Lület
bekommen gar frisch von Heydelberg vom 17 dießes monts; kan
nicht begreiffen, wo Ewer brieff müßen hinkommen [sein]; den ich
bin gewiß, daß Ihr keine post verseümbt habt, liebe Louisse ! Aber
da schlegt es 10; ich kan nichts mehr sagen, alß daß ich bin undt
bleibe, so lang ich lebe, wie ich Euch alle post verspreche.
Elisabeth Charlotte.
1101.
Paris den 29 Februari 1720 (N. 68).
Hertzallerliebe Louise, gestern abendts bin ich mitt 2 von Ewern
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, 8. 240 unter samßtag, 24 Fe-
bruar 1720: «Madame la prinoosse de Modene fut assee mal tonte la journee.
M. le duo de Chartres est tout ä fait hors de danger ; maia il a enoore un peu
de fi&vre.» Ebendaselbst unter sonntag, 25 Februar 1720: «Madame de Mo-
dene avoit mal passe" la nuit ; mais eile fut mieux sur le soir, et on commence
ä la eroire hors de danger.» 2 ? lotharingischen. 3 Vergl. nachher die
briefe vom 23 und 24 Merz.
63
lieben schreiben auf einmahl erfrewet worden, nebmlich daß vom
6 dießes monts vom no 11 undt daß vom lOten, no 12. Ich will aber
heütte nur auff daß erste andtwortten undt daß andere vor biß son-
tag sparen ; dpn ich bin nicht sicher, ein frisches zu bekommen. Die
posten gehen gar zu unrichtig; doch kan man noch woll zufrieden
sein, wen nur keine brieff verlohren werden. Ich werde nichts mehr
sagen [dajvon, daß Ihr den Gten keine von meinen brieffen hattet,
weillen sie doch 2 auff einmahl den lOten ahnkommen sein undt
Ihr, liebe Louise, doch woll dadurch segt \ daß ich keine post ver-
fehlt habe. Die englische post hatt den windt zur entschuldigung,
aber die teütsche muß es keine andere ursach sein, alß pure nach-
laßigkeit, die brieff zwey auff einmahl zu geben. Aber weillen hirin
nichts zu endern ist, muß mans machen wie unßers schreibmeister
lection alß zu sagen pflegt:
Waß nicht zu endern stehet,
Laß gehen, wie es gehet 8 1
Daß die wege schlim sein, kan woll die post auffhalten, aber
nicht machen, daß zwey auff einmahl kommen. Die kälte ist wieder
gantz hir, es frirt alle nachte gar starck. Es ist aber beßer, daß
es nun gefrirt, alß im Aprillen. Hir schneyet es wenig undt selten.
Ich glaube, daß daswetter auffgehen wirdt; den es ist beyweittem
nicht so kalt, alß es dieße nacht undt heütte morgen geweßen ; den
in dießem augenblick komme ich von der großhertzogin a la Place-
Royale; ich laße allezeit eine seydt auff in meiner kutsch, sonsten
solte mir übel werden; weiß also woll allezeit, waß es vor wetter
ist. Liebe Louise , ich habe Euch daß opera prefferirt , wist mirs
aber keinen danckl bin fro, daß ich einen pretext habe, nicht ins
opera zu gehen; den ich bin den operaen recht müde undt dantzen
sehen ist mir unleydtlich. Also wen ich dem opera entwißen * kan,
bin ich hertzlich froh; aber die commedien lieb ich noch, dochbey
weittem nicht, wie ich sie geliebt habe. Alle plaisir seindt sehr
mitt mir brouillirt; es ist eine wüste, heßliche sach umbs alter, man
wirdt alles müde, hatt keine freüde mehr undt bekompt keine an-
dere] ahn den platz von denen, so man verliehrt. Aber daß ist die
weit undt unßer herrgott wirdt nichts neues vor mich machen. Ich
1 d. b. sehet. 2 Diesen spruoh bat Elisabeth Charlotte widerholt an-
geführt. Vergl. band I, s. 456. 3 d. h. entwischen,
64
habe doch damen hir im landt gekendt, die in ihrem SO jähr die-
ßelbe freüde hatte», in masqnen zu gehen, commedien undt operaen
zu sehen, alß wen sie nur 20 jähr alt were[nj geweßen. Die eine
hieße la eontesse de Fiesque undt die war dame d'honeur bey der
groben mademoiselle, die andere lebt noch undt heist la marquise
d'Alluye, Dieße letzte ist meine gutt.e fieündin ; sie ist aber nuu
kranek, fürchte, daß wir sie dielien sominer, wo ich selber daß le-
ben behalte, nicht werde[n] nach St Cluu führen können; den die
gntte fraw ist nun über 35 alt. Man hatt ALberoni anff den
krentzen vissitirt, weilien er dem kenig in Spanien abgeschlagen,
sein testament zu geben, so er unter banden hatte undt der könig
in Spanien wider haben wolte. Die königiu hatt ihm auch briff
vertrawet, die liatt er auch nicht widergeben wollen. Drumb hatt
man ihn so vissitirt undt doch alles, waß er geleugnet, zu Laben,
bey ihm gefunden. Alberoni pretendirt nicht, itzonder nach dießes
papst todt papst ku werden, sonder[nJ nach dem todt deßen, so nach
dicßem kommen solle; den er sagt, daß wirdt ihn in daß alter
führen, so nöhtig, zu haben, umb papst zu werden, undt daß er in-
triguen genung machen kirnte, umb papst [zu werden]. Die in der
zeit leben, werden sehen, waß drauß werden wirdt. Ich halte, daß
die doppelte trawer in einen zu Heydelber[g] gehen wirdt. Die
fürstin von Sultzbach war kleine niepce ' von rnndame de d'Angeau 1 ,
doehter von ihrer leiblichen niepce. Mein gott, es ist woll ein
groß glück, wen man einen Manschen vatter hatt, nicht n arisch zu
werden. Landlgraff Carl war es auch abscheulich , hatt mich hir
leyden machen, den alle tag kam ein neu alber historgeu von ihm
herauf, machte mich ganlz ungedullig. Ich furcht [e], sein herr söhn
wirdt mitt der zeit auch haßiren; er gefeit mir gar nicht. Es war
noch ein kleiner söhn bey ihm, der war gar ein schon kindt, aber
erzogen wie ein platter bawernbul), wolte niemaiidts ahnsehen, ver-
steckt den koptf in die tapetten undt schlug die füß auß wie ein
pferdtgen*. Die fürstin von llattmar * muß eine feine dame sein,
so sie ihres lierrn vattern humor geliabt. Noch eine andere Schwe-
ster, nehmblich deß fürst Rugotzy 5 seine gemahlin, die ist auch die
65
gescheydtste nicht, insonderheit wie sie dem czaar nachgezogen ist.
Waß den abbe d'Entrague[s] ahnbelangt, so hatt er gar gewiß so
viel verstandt, alß man haben kan; aber er war der favorit von
allen seiner mutter kinder, die, weillen sie eine dochter wünschte
undt keine hatte, hatt sie dießen abbe alß ein medgen erzogen;
drumb ist er wie eine franche coquette geworden undt dem gemei-
nen laster, so hir regirt, nachgangen. Wen ich hören werde, daß
er sich von dießem laster hin furo abhelt, werde ich ihn vor recht
bekehrt halten; aber führt er sein alt [leben] forth, wirdt er nicht
bekehrt sein undt wirdt den Reformirten keine ehre ahnthun *. Aber
gott ist alles möglich undt gibt seine gnaden, wem er will. Der gnttc
Ruvigny, den man nun mylord Galway 8 heist undt hir ein ancien in der
reformirten kirchen zu Charanton war, war in allen stücken ein gar
ehrlicher man, außer daß er auch daß laster hatte, mitt den manß-
leütten desbauchirt zu sein. Die fraw von Ratzsamshaussen heist
daß «ein buben-schelm sein». Abbe d'Antrague ist über die sechtzig
jähr alt, bin gewiß, daß er nicht viel jünger ist, alß ich; ich habe
ihn jung, aber mein leben kein kindt gesehen undt es wirdt dießen
herbst 49 jähr sein, daß ich in Franckreich bin. Da sagt man mir,
daß der abbe d'Antrague ein par jähr älter sey, alß ich. Daß ist
gewiß, daß wenig leütte, welche[rj religion sie auch sein mögen,
wahre Christen sein. Ich finde, daß fürstin 8 übeller, alß andere,
thun, nicht christlich zu leben; den er thut übel vor sich undt sein
boß exempel verwirdt noch manche arme seel. Hirbey kompt ein
neues porte-lettre, daß wieder zu ersetzen, so Ihr dem graffen von
Nassaw-Weillburg , so Ihr Ewern bruder Carl heist, geben. Man
kan von der cammer zu Heydelberg sagen, wie der duc de Crequi 4
alß pflegt zu sagen , wen er jemandts fandt , so nicht gern zahlte :
«II ressemble l'arbalestre de Coignac , il est dur a la dessere 6 .»
Gott gebe, daß Ihr nun waß bekommen mögt ! Adieu, liebe Louisse !
Ewer liebes schreiben ist völlig beantwort, bleibt mir nichts mehr
zu sagen, alß daß ich Euch all mein leben lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1 Vergl. den brief vom 25 Januar, oben s. 24. 25. 2 Galloway. Man
TergL über Ruvigny band IV, s. 374. 3 ? fürsten. 4 Crequy. 6 Vergl.
nachher den brief vom 28 November und band II, s. 535; band III, s. 76. 255.
Elisabeth Charlotte 5
66
1102.
Paris den 7 Mertz 1720 (N. 70).
Hertzallerliebe Louise, ich habe Euch schon vergangen sontag
bericht, wie daß ich Ewere zwey liebe schreiben vom 17 ondt 20,
no 14 undt 15 , selbigen abendt zu recht entpfangen , will hetitte
auff daß frischte undt alste andtwordten; den ich habe noch eines
vom 13, no 13, so ich vergangen sontag nicht habe beantwortten
können ; will bey dem frischten ahnfangen , die reditten * zu ver-
hindern. Darumb fange ich bey daß vom 20, no 15, ahn. Ob ich
heütte noch eines von Euch bekommen werde, «stehet bey den göt-
tern», wie die teütsche comedianten alß pflegen zu sagen. Daß ist
gar billig, liebe Louisse, daß Dir Ewer schon burgische . . . aufführt;
daran ist mehr gelegen, alß mir einen langen brieff zu schreiben,
noch exact auff die meinigen zu andtwortten , die ordinari nur
exacte andtwortten auff die Ewerigen sein. Wen ich nur [weiß],
daß Ihr gesundt seydt undt zufrieden lebt, bin ich schon mitt Ewern
lieben brieff zufrieden. Auff waß ich von dem armen Humberg s. *
gesagt, der man hatte gar viel verstandt; ein klein, blundt, mager
mäntgen 8 , schrieb über die maßen woll. Es ist kein wunder, daß
Euch sein nähme nicht woll bekandt ist. Ihr origine ist von Saxsen, aber
Humberg vatter ist mitt sein[e]r gantzen famillien in Indien gezogen
undt er selber, der Humberg, war zuBatavia gebohren. Sein vatter
hatt ihn gleich Teütsch lehrnen laßen. Er konte gar viel sprachen,
Teütsch, die spräche von Batavia, Latein, Frantzösch, Holländisch,
Spanisch; ich glaube, daß er auch Grichisch wüste, wahr gar ein
gelehrter man ; woll schadt, daß er gestorben ; wüste die chimy per-
fect undt mitt allen metallen umbzugehen. Mitt allen seinen kflnsten
war er nicht serieux, sondern lustig undt possiiiich, daß beste man-
chen von der weit. Ich habe ihn von hertzen regretirt ; den er hatt
mich offt recht divertirt mitt seinen verzehlungen , hatte meinen
söhn, seinen herrn, woll von hertzen lieb; es war ein perfecter
philosophe. Wie solte man ein mittel finden, daß die mäner nicht
auff der gaßen pißen solten? Es ist mehr zu verwundern, daß
nicht gantze ströhm mitt pis fließen, wegen der unerhörte menge
1 redites, widerholungen. 2 Vergl. den brief vom 4 Februar, oben 8. 39.
40. 3 d. h. inännchen.
67
leütte, so zu Paris sein *. Zu Heydelberg seindt nicht so viel leütte,
alß in einem faub[o]urg von Paris, undt die lufft zu Heydelberg ist
über die maßen gutt. Die zwey bergen , der Königes -stuhl undt
Heyllige-berg , hindern den zu kalten nordtwindt undt heyßen mit-
tag; daß macht eine gar temperirte lufft, so gar gesundt ist. Daß
unbeständige Aprillen-wctter haben [wir] hir auch gehabt; nun ist
es schön , sanfft undt ein recht frühlings-wetter. Man geniest es
aber gar wenig zu Paris. Dieß jähr werde ich die schönne f[r]uh-
lings-zeit wenig genießen; den der hertzog von Lotteringen undt
mein dochter sollen nach Quassimodo herkommen , werde also nur
nach St Clou denselben tag, alß sie wider vereyßen. Aber es geht
bey ihnen, wie daß sprichwordt sagt: «Man solle keinem großen
herrn die reiß abschlagen; sie geht so baldt zurück, alß vor sich.»
Ich halte ihre reiße hieher noch nicht vor sicher. Der hertzog hatt
mitteßer bey sich, so lieber daß geldt in sack stecken, alß zugeben,
daß es der hertzog ahn reißen ahnwendt, nehmblich die metres undt
ihr hannerey 2 . Ich glaube nicht , daß man sein leben mehr von
betrug, stehlen undt morden gehört hatt , alß in dießen zeitton.
Vor 6 tagen ist ein abscheulliger mort geschehen. Ein cammer-
dinner von einem enseigne 8 von deß königs leibquarde ist undt
mir gar woll bekandt ist, den seine mutter ist meine erste cammer-
fraw geweßen ; ihr Schwester ist ahn ihrem platz. Dießer officir
heist Busca ; sein vatter, so leuttenampt in den garden du corps
wahre, hatt ihm seine brigade cedirt, ehe der könig s. gestorben.
Dießer Busca lebt mitt seiner Schwester , so gar ein tugendtsam
mensch ist undt sich nie hatt heürahten wollen; helt ihrem bruder
hauß, ist ein mensch schon von über die 50 jähren. Dieße zwey arme
leütte hatten 100/m francken zusamen gesamblet, in der banque waß
zu gewinen. Dießes gelt gaben sie einem cammerdiener auff die
banque zu tragen umb 1 1 morgendts vor 8 tagen. Der kerl kam
nicht wieder; Busca informirte sich überall, wo sein cammerdiner
mitt dießem gelt mögte hingekommen sein, konte nicht von ihm
vernehmen. Sontag geht ein geschrey, daß man in der Seine bey
dem Pont-Royal samete 4 rotte hoßen gefunden , worinen eines
1 Vergl. den brief vom 4 Februar, oben s. 40. Man sehe auch band III,
8. 356. 357. 2 Frau von Oraon und ihr gatte. 3 fähnrich. 4 d. h.
sammtene.
5*
68
menschen schenckel; nicht weitt davon wurde ein kopff gefunden,
dem man daß gesiebt so defigurirt hatte, daß nichts dran zu kenen
war, den man hatte ihm die lefftzen verschnitten. Man hatt noch
weitter zwey arm gefunden, aber den körper nicht. Ein balbirer,
so dießen cammerdiner alß rassirt hatte , sagte , daß , wen er den
kopff sehen würde, wolte er woll sagen, ob es dießer cammerdinner
seye oder nicht; den er hette, alß er ihn rassirt, gefunden, daß er,
alß wie er ein kindt geweßen , den kopff entzwey geschlagen hette
gehabt, daß er die narven ahm kopff behalten, hette auch forn ahm
kopff ein gewecks gehabt, so ihm wehe gethan, wen man dran ge-
rührt, also alß 1 sehr recomandirt, wen er ihn rassirt, nicht dran
zu rühren. Dießes alles hatt man ahn dem todten kopff gefunden,
also nicht zu zweyffelen, daß es der arme kamerdinner von mon-
sieur de Busca geweßen, welchen man ermordt, umb ihm die billiet
de banque zu stehlen. Sie 2 gutte leütte jammern mich von hertzen;
den 100/m francken ist kein geringer verlust. Aber eine poßirlich
sach, so vor zwey tagen geschehen, muß ich Euch doch nach dießer
tragiquen avanture verzehlen. Ein man hatte vor 14/m livre bil-
liet de bangue in ein porte-lettre im sack; er fühlt in ein[e]r
preß, daß ihm ein filou sein porte-lettre auß dem sack [zieht] ; er
nimbt den kerl in acht', folgt ihm nach; der raerekt, daß der, den
er bestollen, folgt, fengt ahn, zu lauffen undt salvirt sich in ein
enck passage. Der ander aber, so auch woll lauffen konte , folgt
ihm nach, ertapt ihn bey dem arm und sagt: «Coquin, rend moy
mon porte-lettre que du 3 vient de me prendre! ou bien je te feray
pendre.» Dem dieb wurdt angst undt bange, greifft im sack undt
gibt dem man ein porte-lettre ; der geht vergnügt wider nach hauß.
Andern tags, alß er etwaß zu zahlen hatt, nimbt er daß, bewunde 4
es aber dicker, alß daß seine geweßen. Wie er es bey dem licht
besieht, findt es sich, daß sich der dieb betrogen undt ahnstatt daß
porte-lettre von 14/m livre hatte er eines, so er auch gestohlen hatte,
gegeben, worinen vor millionen zettel wahren. Im durchsuchen
findt dießer man, so gar ein ehrlicher man war, daß dieß porte-
lettre einem seiner freunden zugehört. Er geht lustig zu ihm undt
sagt in lachen : «Que donneries vous bien pour ravoir vostre porte-
lettre, qu'on vous a volles.» Der, so gritlich war über seiner ver-
*
1 d. h. immer. 2 ? Die. 3 ? tu. 4 d. h. befände, befand.
69
lust, sagte: «Eh, mon amis, quel plaisir prenes vous a me plais-
santer? La perte que j'ay faitte est trop grande pour en pouvoir
rire.» Der freündt sagte: «Non , je ne plaissante pas. Si vous
me voulles rendre mes billiets de 14 raille franc, je vous rends vos
billiets que voicy.» Der kauff war geschwindt gemacht. Ich • finde
possirlich, daß sich der dieb ungefehr selber bestollen hatt. Alle
tag hört man dergleichen historger, doch mehr tragiquen, alß possir-
lich. Vor drey tagen war eine fraw au palais *; wie ihr advocat
ihr sagte, daß sie ihren proces verlohren, fiel sie dahin undt war
maußtodt. Der flucher undt morder des burgers-sohn von Franck-
fort wirdt mitt der zeit sein verdinten lohn bekommen; so sachen
lest unßer herrgott nicht ungestraft. Graff von der Buckeburg ist
wider gesundt. Es ist aber ein graff Apresmont 8 , deß graffen von
Reckheim söhn, vor etlich tagen hir gestorben undt monsieur Sum,
so polnischer envoye war 8 ; die haben mich recht gejammert. Der
arme monsieur Sum hatte vorm jähr seinen söhn undt zwey dochter
herkommen laßen, die seindt woll zu bedauern. Der arme man kam
gar fleißig zu mir, beklage also die gutte leütte von hertzen. Es
ist woll gar naturlich, seine kinder zu lieben, wen sie es merittiren, wie
der graff von Bückeburg, so sich gar woll hir helt; höre nicht, daß
er in böße geselschafft gehet, wo allein die gefahr hir bestehet.
Ich cidire* mein leben niemandts , wen man mir waß sagt; also
werde ich Euch gar nicht verrahten, waß Ihr mir von der regie-
renden keyßerin geschriben. Monsieur Le Fevre habe ich vor 2
tagen gesehen. Alle tag finden sich neue difficultetten. Monsieur
Le Boy, mein advocat, meint doch, daß er alles zu ein gutt endt
führen wirdt. Von Chevalier Watter wirdt nicht mehr gesprochen;
*
1 d. h. palais de justice. 2 Apremont. 3 Journal du marquis de
Dangeau XVIII, s. 246 unter samßtag , 2 Merz 1720: «M. Shum, envoy6 du
roi de Pologne , est mort ; il etoit fort bon homme et fort estime ici. » Eben-
daselbst unter montag, 4 Merz 1720: «Le eomte d'Apremont, qui 6toit venu
ioi pour les affaires de la suooession du oomte de Recheim, son onole, est mort
che« le comte de la Marok. Sa mere etoit soeur du prinoe Ragotzki, et il avoit
eponse* la fille du marquis de Prie, qui oommande en Flandre.» Unter mitt-
wochs 20 September 1719, findet sich ebendaselbst s. 128 die bemerkung: »Le
oomte de Reoheim, ohanoine de Strasbourg, est mort en oe pays-lä; il avoit
deux helles abbayes en France, celle de Bordeaux aupres de Fontainebleau, oü
le roi Louis le Jeune est enterr6, et celle de Saint-Evron. » 4 d. h. oitiere,
nenne.
70
er ist nach Engellandt. Hiemitt ist. Ewer letzter brieff völlig be-
antwortet; mache eine pausse. Dießen abendt, wen ich von der
großhertzogin werde komen sein, will ich dießen brieff ausschreiben.
Donnerstag, den 7 Mertz, umb 3 uhr nachmittags.
Ich bin heütte gar spätt ahn taffei; den ich habe ahn meine
toillette abscheulich zu thun gehabt. Daß kleine meüßgen, der se-
cretarins von Churpfaltz , hatt mir ein brieff von I. L. gebracht,
welchen ich abcopiren laße undt Euch hirbey schicken werde, weil-
len viel vor Euch, liebe Louise, drinnen ist. Ich habe auch lange
epistellen von dem hertzogen von Wtirttenberg 1 bek[omm]en, daß
hatt mich lang auffgehalten; habe gehofft, nach dem eßen zu kom-
men undt zu schreiben können; allein da kompt man mir sagen,
daß die kutschen kommen sein, muß also noch eine pausse macncn
undt zur großhertzogin.
Donnerstag, den 7 Mertz, umb halb 6 abendts.
Da komme ich eben von der großhertzogin undt werde auff
Ewer liebs schreiben vom 13, no 13, [antworten]. Aber da kompt
mein söhn, muß noch eine pausse machen.
Umb halb 7 abendts.
Da geht mein söhn wieder weg; nichts wirdt mich nun verhin-
dern, fortzuschreiben. Ich muß mich aber eyllen; den ich habe
noch durch einen Courier einen großen brieff ahn mein dochter [zu]
schreiben. Sie will mich hoffen machen, daß sie gleich nach Quassi-
modo kommen werden; ich werde es aber erst glauben, wen ich es
sehen werde 2 . Von der printzes von Modene beylager, schon nahe
bey 4 wochen geschehen undt vorbey, werdet Ihr auß meinen nach-
folgende schreiben ersehen haben , wie auch , daß sie seyder dem
auff den todt gelegen ahn den röhtlen, sowoll alß ihr bruder undt
2 Schwestern, die abdißen von Chelle[s] undt auch mademoiselle de
Mon[t]pensier; die kranckheitten haben allein die reiße auffgehalten.
*
1 In Wirtemberg regierte damals herzog Eberhard Ludwig, geboren
18 September 1676, gestorben 31 Octobor 1733. 2 Journal du marquis de
Dangeau XVIII, s. 246 unter montag, 4 Merz 1720: «On dit quo M. et ms-
dame de Lorraine viendront ioi apres Päques et qu'ils logeront dans l'apparte-
ment de madame de Mod&ne et dans eelui de M. le duo de Chartres ; mau
cela est fort inoertain.»
71
Ich hoffe, daß sie biß montag verreißen wirdt 1 . Der kleine duc de
la Trimouille 2 ist nicht gestorben. Ich gestehe , ich hette es sei-
nem oncle beßer gegönt; den dießerbub ist gar ein mutwill [i]g kindt,
aber sein oncle ist ein rechter gutter, ehrlicher mensch. In blondt
gleicht er seiner fraw mutter sehr; drumb ist er mir lieb. Der
cardinal de la Trimouille 8 war nicht von der selbige[n] brauche, wo-
von die unßern. Er war Narmoutie 4 , deß duc de Narmutie undt
der printzes Des Ursin[s] ihr bruder; also hatt der prince de Tal-
mont 5 nichts von dem cardinal erben können. Were aber der
kleine neveu gestorben , wehre 6 er gar reich geworden sein.
Ich, wie ich gehört, daß der kleine neveu kranck war, hatte ich,
im fall daß kindt sterben solte, schon vor seinem oncle die Charge
außgebetten. Gott verzey mirs! Ich habe nicht fro sein können,
daß das kindt courirt ist worden. Man spricht sehr von dem frie-
den mitt Spanien undt auch von dem generalfrieden. Wie mir daß
kleine secretärgen versichert, so wirdt der kriegsstreydt wegen der
religion zu Heydelberg gantz beygelegt werden undt die refor-
mirten Pfaltzer die H.-geist-kirch wider bekommen. Ich hatte ge-
hofft, daß ich Ewer liebes schreiben dießen abendts gantz beant-
wortten würde, wie ich es gesagt, alß mein söhn weggangen; aber
es scindt mir doch verhindernüßen kommen, nehmblich daß kleine
printzgen von Durlach, undt 8 uhr ist schon lengst geschlagen, muß
also enden undt ahn mein dochter durch ihren courir schreiben;
werde also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Euch
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 247 unter mittwoch, 6 Merz
1720: «Madame la prinoesse de Modene veut partir lundi; mais on ne sait pas
si sa sant6 lui pourra permettre enoore de se mettre en ohemin.» 2 de la
Tr6moille. Vergl. den brief vom 18 Januar, oben s. 17. 18. Man sehe auoh
band IV, s. 297. 3 Jean-Emmanuel de la Tremoille, abb6, nachher cardinal
und erzbischof von Cambray. Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 209
unter donnerstag, 18 Januar 1720: «II arriva un oourrier de Rome par le-
quel on apprend que le cardinal de la Tremoille est ä la dernicre extremitä.»
Ebendaselbst s. 210. 211 unter samßtag, 20 Januar 1720: «On a eu la nou-
veUe de la mort du cardinal de la Tremoille; il 6toit archeveque de Cambray,
abbe* de Saint-Amand, de Saint-Etienne de Caen, qui sont deux fort grosses
abbayes, et il en avoit deux ou trois autres; il 6toit frere du duc de Noir-
moustier et de la prinoesse des Ursins.» Über den cardinal de la Tremoille
vergleiche man den herzog von Saint-Simon bei Dangeau a. a. o. s. 211. 212.
4 Noirmoustier. 5 Talmond. 6 ? würde.
72
allezeit von hertzen lieb bebalte.
Elisabeth Charlotte.
Copie von Churpfaltz schreiben *.
Ich kan Ewr: Liebden nicht genug dancken vor das gnädige
Mitleyden, so Dieselbe zu bezeugen geruhen wollen vor den be-
trübten Todt-Fall Ihro Majest: der Kayserin, meiner hertzliebsten
Frau Schwester. Dem göttlichen Willen läßt sich nicht wiederstre-
ben und muß man alles mit demüthigen Hertzen annehmen, wanns
der göttlichen Allmacht anzuordnen belieben will , und will mich
umb so viel ehender gerne trösten, wann ich bey Ewr: L. dieselbe
Gnad und Gewogenheit wieder hoffen darff, so Ich bey meiner
Kayserin bey dem betrübten Todt-Fiill verlohren habe. Was Ewr:
L. mir sonsten wegen der Raugräffin befehlen wollen, hab Ich also-
bald zu vollziehen nicht unterlaßen und der Pfältzischen Hoff-Cam-
mer ernstlich anbefohlen, die gemeßene Verfügung zu thun, damit
bemeldte Raugräffin contentiret werde. Ewr: L. ist aber selbsten sattsam
bekandt, daß die Cammern nicht allzeit mit Geld versehen, dero-
wegen allezeit etwas langsam mit denen Zahlungen zu seyn pfleget.
Ich zweiffle aber nicht , daß in Ansehung Dero hohen recommen-
dation man auf das bäldeste dieselbe zu vergnügen beflißen seyn
wird. Eben als Ich diese Zeilen zu Papier zu bringen begriffen,
empfange Ich Dero wertheste Hand und Antwort Zeilen vom 15.
dieses, aus welchem * zu meiner höchsten consolation vernehme, wie
gnädig Ewr : L. sich Dero werthesten Vaterlands und des Churhaußes
Interesse sich anzunehmen mit so gnädigen expressionen zu decla-
riren belieben wollen, zweiffle also gar nicht, daß diese Sache unter
Dero gnädigen protection zu so lang erwünschtem effect gelangen
werde. Ewr: L. belieben, noch förderhin Dero mir trostreicheste
Gnad zu continuiren vor denjenigen, so Zeit Lebens verbleiben wird
Ewr: Liebden
demüthigst gehorsambst getreuester
Heydelberg d. 27. Febr : Vetter und Diener beständigst biß
1720. in meinen Todt
Carll Philipp Pf. m. p.
1 Diese Worte sind von Elisabeth Charlotte selbst, der folgende brief da-
gegen ist von einer männerhand geschrieben. Die sohrift ist die deutsche, nur
bei den fremdwörtern sind lateinische buohstaben verwendet. 2 ? welchen.
73
1103.
Paris, den sontag, 10 Mertz 1720 (N. 71).
Hertzallerliebe Louisse, gott gebe, daß ich weniger interuption
heütte finden mag, alß verwichenen donnerstag, undt daß ich auffs
wenigst Ewer liebes schreiben vom 17 Februari , so ich noch zu
antwortten habe, [zu beantworten im stände sein möge] ! Seyderm *
habe ich kein frisches von Euch entpfangen; kompt eines, werde
ichs vor die andere post sparen, wo mir gott leben undt gesundt-
heit verleyet. Seyder gestern regnets ohne auffhören; daß wirdt
die wegen noch greüllich verderben undt die posten nicht beßer
gehen machen. Ich habe mein leben, auffs wenigst so lang ich in
Franckreich , die posten nie so übel gehen sehen , alß seyder ein
jähr her ; doch verspüre ich nicht, daß die brieffe verlohren gangen
sein. Bekompt Ihr meine schreiben nicht, ist es gar mich 8 meine
schul dt; den ich verseüme keine eintzige post. Alle sontag undt
donnerstag schreibe ich Euch, liebe Louise! könt also leicht wißen,
ob Ihr meine schreiben alle entpfangt oder nicht; dorfft nur einen
callender nehmen undt drinen sehen, so werdet Ihr es gleich wißen.
Ach, liebe Louise, ahn meinen raisonementen ist wenig gelegen;
ich habe nie keinen gar hohen noch penetranten verstandt gehabt,
nur le sens commun. Aber wen man hir gar zum narren würdte,
wehre es kein wunder; den man sieht undt hört so viel närische
Sachen undt alles geht so, wie man hir pflegt zu sagen, contre rime
et raison 8 , daß es kein wunder were, daß einem der hirnkasten zu
schänden gehen solte; es ist so, daß es mir oft selber unglaublich
vorkompt undt offt gedencke, ob es kein traumb ist. Daß macht
alle lust vergehen undt so reveüx 4 , daß man schir nicht mehr weiß,
waß man denckt oder sagt; glaube also, daß meine brieffe doli ge-
nung herrauß kommen, welches woll gantz undt gar kein wunder ist.
Ihr müst mir keinen danck wißen , liebe Louisse , wen ich opera
Ewerthalben versäume ; den ich frage kein hahr mehr darnach,
gehe nur auß pure complaisance nein, wen damen kommen, so gern
hinein wolten, ohne daß es ihnen waß kost. Heütte muß ich nein,
den princesfse] de Lambesque 6 vom hauß Lotteringen hatt mich
1 d. h. Seyder dem, Seit dem. 2 ? nicht. 3 d. h. gegen sinn and
verstand. 4 rSveux, nachdenkend, tiefsinnig, träumerisch. 5 Lambeso.
gebetten, sie mitt ins opora zu nehmen; werde also heiltte meinen
brioff niebt so grüß machen können, alß ich es woll gewünscht bette.
Lotet o post habe ich Euch diu gantze copie von Cluirpfaltfz] andt-
wort ahn mir geschickt. Gott gebe, dall er sein versprechen hallen
mag! Envartte mitt vorlangen, von Euch zu vernehmen, liebe
Louise, daß Ihr bezahlt wurden undt ich Euch cininahl zu etwaß
habe glitt sein können. Von Ewenn gar guttem gemühte bin ich
gar woll persuadirt, bodarff also keine weitterc dancksagung. Nichts
ist betrübter , alß die soinige zu verliebren ; zweyffele also nicht,
daß der churfürst zupfaltz sehr betrübt Über den verlust der key-
Üerin, seiner fraw Schwester, wirdtgeweßen sein. Diese keyßerin war
bitter alber in ihrer religion, recht pfaffisch '. Wozu solten die
tri ede nschlüße dinnen, wen man sie nicht halten solle? Es wehre
keil) unglück vorHeydelberg, wen man es von pfunVn erloßen solte.
Daß Churpfaltz mitt den Jessuwitten von der Kettengali solle brü-
derscliafft gemacht haben, muß eine vexirer[e]y sein; daß kau nicht
wahr sein , daß sagt man nur, dieß[e] sach in ridicule zu threhen.
Aber es halt es nicht von noliten, ist ridicule genung ahn sich sel-
ber, daß ein churfürst uikU pfaiizgran' gegen den frieden waß tbut
nuß comp Inisalice vor unweiße pfaffen. Ich höre wenig von frieden
reden ; alle solche punckten seindt mir za hoeh , von staadtssagen *
raisonire ich deßwegen nie. Vom Chevalier Watter ist nichts mehr
zu sagen; er ist lengst hir weg undt thut monsieur Le Fevre weder
guts noch boß. Ich habe vorgestern laug mitt ihm gesprochen; er
ist in der hoffnung, daß alle seine geschafften baldt zu einem gutten
endt kommen werden. Ich habe ihn überzeucht, daß er seinen ei-
genen nahmen bitter übel schreibt; den kein frantzüscher nahm kan
mitt einem dopelten ff ahnfangen. Er halt von hertzen drüber
gelacht, sagt, es kämme englisch lierauß. Ich habe aber souttenirt,
daß ein frantzoseher nähme nicht müste anft' Englisch geschrieben wer-
den, also würde ich allezeit monsieur Le Fevre schreiben undt nicht
Leffcvre schreiben. Dieße disputte konipt schir lierauß wie die von
dockteur Pancrace dans 'Le mariage force» de la forme du ehapeau '.
1 Vorgl. den brief vom 1R Februar, oben a. 54 2 d. h. staati-saehen.
3 "I.o mariago force», komödie in Einetu mite ven Möllere aus dem jähre \6H.
IM.-- ■ ■ -= Cbarlotlo hat folgende "teilt der socliated s*en« im ninne:
Panorace.
Abi leigneur Sganarollo, tont est renvuri aujourd'hui , et 1« wende alt
75
Aber da kommen viel leutte, so mich interompiren , welches mich
recht ung&lultig macht. Ihr habt nichts vor monsieur Le Fevre zu
fürchten; er gouvernirt sich mitt verstandt. Ich' werde ihn in alles
beystehen , so in meinem vermögen stehen wirdt. Er hatt nichts
vor den Chevalier Watter begehrt, sondern ihn gleich weg machen
gehen. Ich verstehe noch weniger, alß Ihr, wie es mitt der banque
zugeht. Mein söhn hatt heütte eine große sich l zu endt geführt,
so ich eben so wenig verstehe, alß die banque, nehmblich die Consti-
tution 8 . Ich sage nur: «Gott gebe in alles friede undt ruhe!» Die
banque hört gar gewiß noch nicht auff. Mein sohu wirdt gar ge-
wiß keine medaillen kommen [laßen], er hatt genung ahn den mei-
nen. Ich habe schon eine suitte von 8 hundert undt e[t]lich undt
30, alle schon undt woll conservirt undt vor guttvon allen, so sich
auff medaillen verstehen, erkent, vor gutt undt recht antique. Aber
da rufft man mich; es ist zeit, mich ahnzukleyden, undt Ewer lie-
*
tombS dans une oorruption g6ne>ale. Une lioence 6pouvantable r&gne partout;
et les magistrats, qui sont ctablis pour maintenir l'ordro dans cet Etat, devroient
mourir de honte, en souffrant un scandale aussi intolörable que colui dont je
veux parier.
Sganarelle.
Quoi donc?
Pancraoe.
N'est-ce pas une ohose horrible, une chose qui erie vengeance au ciel, que
d'endurer qu'on dise publlquement la forme d'un chapeau?
Sganarelle.
Comment !
Panerace.
Je soutien» qu'il faut dire la figure d'un ohapoau, et non pas la forme;
d'autant qu'il y a eette difförenee entre la forme et la figure, que la forme est
la disposition extärieure des corps qui sont animös , et la figure la disposition
ext£rieure des corps qui sont inanimös : et puisque le chapeau est un corps in-
anim6, i) faut dire la figure d'un chapeau, et non pas la forme, (se retournant
encore du cöte" par oü. il est entr6.) Oui , ignorant que vous Stes , c'est ainsi
qu'il faut parier; et oe sont les termes expree d'Aristote dans le ohapitre de la
qualitä.
1 ? sache. 2 Journal du marquis de Dangeau XVIII , s. 249 unter
Sonntag, 10 Merz 1720: «M. le duc d'Orl6ans dit publiquement le matin que
l'affaire de la Constitution 6toit acoommod6o entierement. MM. les cardinaux
et les e>6ques qui sont entrSs dans cctte affaire et M. Tabbö Dubois le dirent
aussi ä tous oeux qui leur en demanderent des nouvelles.»
76
bes schreiben vom no 14 gantz beantwortet; bleibt mir also nichts
mehr überig, [als] Euch zu versichern, daß ich Euch allezeit von
hertz[cn] lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Abendts umb 3 viertel auff 8.
Es ist schon eine stundt undt anderthalb , daß ich auß den
Carmelittencloster kommen bin undt habe hirin 2 von Ewern lieben
schreiben gefunden vom 24 und 27 Februari , no 16 undt no 17.
Ich habe noch kein augenblick finden können , es zu leßen. Ich
habe ins opera gewolt, aber nicht hin gekönt; den mein söhn ist
kommen, mitt welchen ich zu reden gehabt wegen den lotteringi-
schen Sachen, so mich abscheulich plagen. Ich muß dießen gantzen
abendt ahn sie schreiben , sonsten würde ich Euch noch langer
entreteniren , liebe Louisse! Waß ist doch daß vor eine fantesie,
daß man alß die brieffe 2 undt zwey auff einmahl jetzt schickt?
Man will ja nichts daraitt sagen. Ich muß Euch doch noch eine
zeitung sagen. Die Constitution ist nun gantz in frieden; man hatt
alle bischoffe vereiniget. Mein armer söhn hatt große mühe , er
hatt gearbeit wie ein satire ; er jammert mich recht. Ach, wie gern
wolte ich Euch noch lenger schreiben! Aber heütte ist es unmög-
lich auß obgemelten Ursachen von meiner docht[e]r brieff. Gutte
nacht, liebe Louisse!
1104.
Paris den 14 Mertz 1720 (N. 72).
Hertzallerliebe, ich habe so ein abscheulich schlim gedächtnuß,
daß ich mich nicht erinern kan , ob ich Euch vergangenen sontag
bericht habe , daß ich zwey von Ewern lieben schreiben zugleich
entpfangen habe, vom 24 Februari, no 16, undt daß vom 27 Fe-
bruari, no 17. Wo rairs möglich ist, werde ich heütte auff beyde
antwortten. Ich sage, wo es mir möglich ist; den es kommen
alß abscheulich viel intreuptionen K Zudem ist es heütte mein
*
1 ? interruptionen, Unterbrechungen.
tag, daß ich zu der großhertzogin muß; sie hatt mir dieße
taxe auffgelegt, sie alle donnerstag zu besuchen, welches ich zwar
gern thue, weillen ich die großhertzogin lieh habe, aber es henimbt
mir doch viel zeit. Gestern besuchte ich madame la princesse,
welche noch sehr incomodirt ist aku ihrem rhumatisme ahn kopff.
leb nahm ihr enckellin, madeinoiselle de Clermon[t] mitt mir her;
ich hatte auch rcmlevous ahn ihre baß, madame de la Rocbesurion ',
umb mitt mir in die commedie [zu gehenj. In 3 wochen wirdt man
keine spülen; den hiß sontiig fangen die hevllige Wochen ahn, so
biß montag über 3 wochen dauern werden. Man spilte «Ariane»*
undt «La serenade ridicule* *. Es ist aber auch einmahl zeit, daß
ich auff Ewer liebes schreiben komme; muß doch noch vorher sa-
gen, daß ich hoffe, daß ich nichts mehr von der verfluchten Con-
stitution hören werde , so leyder nnßern lieben kfinig daß leben
gekost hatt. Mein söhn hatt es gestern zum ende geführt undt die
bischoffe von be.vden partbeyon unterschreiben machen *, welches
ihn so erschrecklieh fatiguirt, daß ich fürchte, daß er auch kratick
drüber werden wirdt. Apropo von krancken, daß lieber ist vor
3 tagen madeinoiselle de Beaujolois ahnkommen; man furcht, daß
es auch die rüttlen geben wirdt 6 , wie ihr geschwister gehabt haben,
die eiste. Die pr[incessel von Moden* ist vergangenen montag verreist;
sie hatt so bitterlich geweint, daß sie mich auch hatt weinen machen;
sie kontf kein wordt articulürcn Ich sagte zu ihr: «Mun enfant,
1 RoobB-enc Yoi . 2 Allan«, tragedie . a Tl
3 V.elleicbt «L* tdtnade*. «omttdle von Jeau-Francui
du inonrui» Je Dangean XVIII. - 2S0 uoter - iiiw:.
vm-liniui du knhnn, de Bi~«y *t de üawe« et viogl-neu
oal eigoi- aujnurd'bui au P als»' -Royal pnor la peil da
leans a>oii la litf natura de M. le aardinal de Noatlles
ceoi lui ont aoceple la bulle i|ai o'ont y*n »uulu eigner;
de Ntmes, du Charlies, da Saint««, de Dole et de ^oaeeratui. • b Journal da
marquia de Dsngnan XVIII, -. SSI unter (YeiUg, IS Mert 1710; <Un oreignolt
que med emn [»eile de Bnaujoloüi o'eüt la tuug««ie, ee qni aurolt empfahl! Ma-
dame et M. le due d'Orlfiane de >oir eneora le roi de mi lemsines; male la
pellte peiuueese n'a an qae la lerre.* 6 Madame de Madi!oe, vurher mada-
moiaelle de Valo:«. Der marquii da Dangc..u schreibt in seinem Journal XVIII,
i. 24» unter montag, 11 Mar* 17JU <Madatne
mal Cnrnellle dn Male,
Kegnard
4 Junrual
13 Mer*
720: .I.es
arobo.fq.iei
ob fvPunes
Egliee. M,
le dood'Or-
Hj. cmq
fv.'qoes de
r; oe eeol
In* (icquas
■Hei
tW lei le <
mebleau, ä 1
M. -.-.. i u
, ■•• ■■■- lul a Talt tu
je vons sonhaitte tont bonheur et contentement et ee qui vous sera
bon poar ee raonde et pour l'anttre; vous n'aures jamais taut de
bonheur que je vous desire. II n'arive que ee que le bon Dien
nous a ordouues de tont lemps, mais il laut, que nous ineriltiuns
d'cstre beureux. Vous aves de 1'esprit; employes lo a vous reiidre la
plus heureusse, que vous poures l'estre, et de maniero que le bon
Dicu vous »Miste! Adieu!» habe sie draitff ambrassirt undt fortge-
schickt. Ihr berr vatter hatt sie biß itiß erste tagreill begleydt ',
wo er seine ehaisse de poste hinkommen laß[en], istumbS abendts
wider herkommen. Diustag hatt sie zu Fontainebleau gesclilaffeii,
gestern sejour dort gebalten; heiitte wirdt sie zu Nemours] sehlaf-
fen undt morgen zu Montargis undt den ferner ihre reiße biß nach
Lion ! fortsetzen; von dar wirdt sie nach Marseille, von Marseille
nach Antillen *, wo sie sich auff den gallen'ii ainharquiren [wirdj
milt ihrem lincken bruder', der general von den galleren ist. Von
Antibo werden sie nach Genua, wo die recht hochzeit ahngehi
wirdt; den da wirdt sich der breutigam mitt alle der printzesseu
bedinten finden. Die hulfuieistoriii undt ireilllen , alle frantzosebe
damen , so sie bey sich hatt, werden sie dort quittircn, welcher
woll wider neu belrübtmiß verursachen wirdt. Solte ich juug undt
schön werden können, wie sie ist, wolte ich doch wahrlieh nicht
ahn ihrem platz jetz[t] sein. Dießes * printzes abreiß ist gar nicht
schuldt, daß Ihr, liebe Louise, kein schreiben von mir empfangen
habt. Ich habe kein eintzige post ahn Euch verseüuibt, ich weiß auch
nicht, wie Ihr Ewer * die zeittnng von dem verlauff vom beylager
eher durch die holländische zeittnng, alfi durch meine schreiben,
erfuhren habt. Die magniticence war geringer, alß kein beylager
hir jemahlen geweßen; den es war weder festin, noch feste, noch
ball 8 . Deß königs pressent ist gar schon, daß ist wahr. Der armen
printzes Schönheit ist ein wenig geendert, sie ist abscheulich mager
von den rottlen geworden undt die hautt braun[e]r, alß sie gcweßcu,
wozu die Mertzeu-son nichts gults außrichten wirdt. Wen meine
kleine enckeln in einem alter sein werden, geheüraht zu sein, wirdt
1 d. Ii. begleitet. 2 Lyon. 3 Antibee. i d. b. halbbrader.
ist Jean -Philippe, Chevalier d'Orlfana, grand-prieur de Franoo. Man lergl.
ihn band IV, s. 392. Man sehe ebendaselbst s. 358. 36T. i T welche«.
6 ] Dieser. 7 Dieses «Ewer» ist selbstverständlich m tilgen. 8 Vergl.
brief vom 11 Februar, obeu s. IS. 4M.
79
man mich lengst nach St Denis geführt haben. Unßer[e] braudt hatt
gar gewiß ihr rougeole bo[u]ttonnee bey ihrer fraw Schwester, die
abtißin von Chelle[s], geholt. Ich hatte es vorher gesagt undt sehr
gebetten , sie solte nicht hinfahren ; aber man ist nicht gewondt,
meine wahrnungen zu folgen. Vor[iges] jähr hatt dieße abtißin
nicht die rottlen, sondern die kinderblattern gehabt; nun ist sie,
gott lob, gantz wider gesundt, hatt mir gestern geschriben undt
gebetten, ehe ich nach St Clou werde, sie [zu] besuchen, welches
ich auch, wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet, gewiß thun
werde. Hir zu Paris regieren die heßlich ahnsteckenden kranck-
heitten ärger, alß nie. [Zu] Paris ist gar eine schlimme lufft, habe
es allezeit so gefunden. Ich weiß nicht, waß Ihr, liebe Louise, die
goltene zeit hir heist, aber mein leben, aufFs wenigst seyden ' 38 jäh-
ren , daß ich hir bin , habe ich keine langweilligere noch alberer
zeit erlebt; man hört undt sieht nichts, alß unglück undt laman-
tationen, keine zufriedene gesichter, lautter klagen , undt ich habe
allezeit -vor meinen söhn in sorgen zu sein. Gott stehe unß bey !
Es seindt ebenso boße leütte in Franckreich, alß Alberonie immer
sein mag. Ich habe gefurcht, daß sein gefengnuß nur ein spilge-
fecht * zwischen ihm undt dem papst seye ; aber waß ich seyderdem
erfahren, erweist doch, daß es ernst ist 8 . Wie er in Spanien war,
hatt ihm der papst papiren von consequants* vertrawet; die hatt
er ihm, seyder Alberonie auß Spanien ist, wieder gefordert. Die
hatt das feine burschgen nicht wider geben wollen; daß hatt den
papst verdroßen , hatt ihn deß wegen gefangen nach Rom h ollen
laßen, wo er woll vor alle seine boßheit übel belohnt mag werden.
Wen der windt contrarie ist, kan man sich nicht über die englische
*
1 ? seyder, d. h. seit. 2 d. h. Scheingefecht, Spiegelfechterei. 3 Journal du
marquis de Dangeau XVIII, 8. 247 unter donnerstag, 7 Merz 1720: «Les Q6nois,
& la priere du pape, ont fait arräter ä Sestri de Levant le cardinal Alberoni,
et on croit qu'ils l'enverront a Civita-Vecchia. On ne doute pas que le pape
ne le fasse mettre au chäteau Saint- Ange des qu'il y sera arrive\» Der her*
sog von Saint-Simon bemerkt hierzu a. a. o. s. 248: «Cet arr§t, qui fit
grand'peur au cardinal Alberoni, ne fut que Teffet d'une complaisance passagero
du pape pour les ardentes instances du roi d'Espagne.» Unter freitag, 15 Merz
1720, schreibt Dangeau ebendaselbst 8. 251. 252: «II y a des lettres de Genes
qui disent que le cardinal Alberoni est considärablement malade ä Sestri de Le-
vant; il n'a point 6te* embarque* pour passer ä Civita-Vecchia commo on l'avoit
dit.» 4 des papiers de consgquence, wichtige papiere.
post beschwehren. Es ist eine widerliche sacke umb die see; vor aller
weldt gutt «ölte ich nicht drnuff fahren. Ich bitte Euch, infor-
mirt Euch unter der handt, liebe Louise, ob der erbprintz von
Darmstat meinen eygenhendigen brieff entpfangen hatt! Es ist jetzt
ein wenig spät, auff deß herrn landtgraffen schreiben zu andtwort-
tea. Ich schreibe von hertzen gern ahn bekante leütte , aber die
ich gar nicht kene , daß kompt mir schwär abo; jedoch will ich
Euch heütte ein klein brieffgeit vor ihm schicken. Da habe ich daß
kleine brieffgen verfertigt. Gott gebe, das es dem landtgraffen alin-
genehm sein mag! Ich hoffe aber, daß I. L. mir nicht wider schrei-
ben werden; den ich kan nicht mehr commerse haben, alß ich
schon habe. Printz Max von Cassel ist der eiutzigen 1 von meinen
vettern, weichen ich nicht gesehen habe. Sie thmi woll, daß hauß
nicht ab zu kommen laßen; aber dicke weiber bekommen auch kinder.
Madame Darmaguiac* s. war so dick, alß meines brudera gemahlia
s., undt doch hatt sie sie 1Ü große kinder daher gesetzt, so alle in
mausalter kommen, 4 dochter undt 6 söhne. Der landtgraff undt
ich schreiben einander gar selten; ich sage I. L. aber nie, waß ich
von seiner famille höre, den man weiß nie, ob solches ahngenehm
ist oder nicht. Ich andtworte ihm nur auff waß er mir schreibt,
Printz Wilhelm gemahlin solle weder hübsch, noch ahngenehm sein,
wirdt also froh sein, durch seines herrn brudern heüraht ein pre-
text zu bekommen, apart zu schlaffen. Wen man sich nicht hertz-
lich lieb hatt, ist es eine verdrießliche sacke, 2 in einem bett zu
sein. Ich wünsche von hertzen, baldt zu vernehmen, daß Ewere
gritliche sacken ein eiidt genolimen haben. Meine verdrießlichkeyt-
ten seyndt wie die köpft" von der hydra von Lerna ; wen eines ab-
geschlagen, kompt ein anders wider 8 . Aber waß will man tbuu ?
Es ist die' weit lauff so, liebe Louise I Ich habe noch auff Ewer
liebes schreiben vom lü, no 13, zu audtwortten, welches ich bißher
unmöglich habe thun können. Aber nun ist es zeit, meine pausse
zu macheu undt mich ahnzukleyden.
1 t emsige. 2 (l'Armagnae. 3 Die hydra vor
pannes, eine meile südlich von Argos , wurde von Herakles b
trage des küniy.s Km v.<l liln;-i- ^-m.idieL Man vergleiche lä. Ji
buch der grieuhi^L-lK'ii und römische b myihulogie. Leipzig 1
81
Donnerstag umb halb 6 abendts.
In dießem augenblick komme ich von der Place-Royale , von
unßerer großhertzogin, welche ich, gott sey danck, in gar perfecter
gesundtheit gefunden undt recht lustig; hatt mich lachen machen.
Es war eine alte marechalle de France bey ihr, so über etlich undt
70 jähr ist; da hatt sie Harling geruffen undt gesagt, er solle gar
seüberlich mitt dießer damen umbgehen; den sie ist gar delicat.
Da segt Ihr, wie lustig dieße fürstin ist. Aber, liebe Louise , ich
maß eine pausse machen; den man rufft mich, ins opera zu gehen,
ich habe versprochen, Isse ' zu sehen.
Donnerstag umb 9 abendts.
Da komme ich eben auß dem opera undt werde auff Ewer ge-
sundtheit mein ey schlucken, den ich habe heütte morgen mitt dem
kleinen pf alt zischen secretari gesprochen; der sagt, daß man den
Reformirten die H.-geist-kirch wider gantz wirdt einräumen undt
alles nach dem friedenschluß richten. Der secretari hatt mich ge-
fragt, waß mein söhn dazu sage ; ich habe geandtwort : «Mein söhn
wird gern hören, daß Ghurpfaltz sich nach dem friedenschluß rieht;
waß vorgangen, hatt er gar nicht aprobirt undt were in dießem
stück gar nicht vor Churpfaltz geweßeu; er hatt mirs tetttsch her-
rauß gesagt*.» Mein gott, [wie hat] daß kleine mängen die äugen
gespert 8 ! Aber ich habe ihm nichts gesagt, alß waß ich von mei-
nem söhn selber gehört, undt man hatt ihm groß unrecht gethan,
zu glauben , daß er eine solche gewalt aprobiren solte , so direct
gegen den friedenschluß geht ; nein, daß war gar nicht zu fürchten.
Mein söhn hatt gar keine so albere religion, wie man meint, undt
ist nicht bigot, wirdt sich woll sein leben von keine Jessuwitter re-
gieren laßen, da bin ich gutt vor, noch mein exellentz* auch nicht,
daß versprech ich Euch. Ihr kent ja woll den conte d'Albert.
Seindt Ihr den nicht mitt unßer lieben churfürstin undt der königin
in Preüssen zu Achen geweßen? Da war er ja undt wolte den
verliebten von der konigin agiren undt madame Tircanel 6 wurde
1 VergL den briefvom 28 Januar, oben 8.30, anmerkung 2. 2 Vergl.
auch den folgenden brief. 3 d. h. aufgesperrt. 4 Elisabeth Charlotte meint
damit sich selbst, wie in dem briefe vom 18 Februar, oben s. 52. 5 madame
de TyreonneL
Elisabeth Charlotte 6
82
jalous von der konigin, weillen der conto Albert ihr geflehl.
halt mir einen brieff von Cbutpfaltz bracht. Icli glaube, man [bat]
Eilren lieb[en] brieff vom 13, no 13, verhext; den diß ist schon
daß 3 mahl, daß ich dran ahnfange zu andtwortten , ohne es
endt zu führen zu künnen. Hirbey kompt ein schreyben von ma-
damc de Daugeau vor ihre fraw Schwester. Es halt 10 geschlagen;
ich muß nach hett, werde Euch doch noch vorher versichern, daß
ich Euch von hertzen lieh behalte.
Elisabeth Charlotte.
1105.
Paris, sambstng, den 16 Mertz 1720 (N. 78).
Hertzallerliebe Louise, umb den teüffel au contretemps zu be-
triegen , so fang ich Euch heiltte ahn zu schreiben; den sontags
kommen mir allezeit hindeniuße. Last sehen, ob kh endüich einmahl
daß vom 13 Fehruari, no 13, werde beantworten können! Dießes ist
dali 3te mahl, daß ich es unterfange. Man wink nun baldt sehen,
wie daß pfaffenweßen nußeinander gehen wirdt. Der keyßer hatt
sich in dießer sach gar wo!l gehalten, mein söhn auch, welcher sich
gantz gegen die erkläret, so den frieden sc hl aß nicht halten würden,
nicht exaet halten würden. Ich hoffe also, daß der frieden in un-
ßerm vatterlandt bleiben wirdt undt kein religionskrieg werden.
Der arme comte Albert hatt daß pottegram abscheulich bekommen,
seyder er herkommen , ligt zu bett undt kan weder häudt, noch
fuße rühren. Cburbayern wirdt nun meines sohiis resolution wiß<
Ich glaube, daß der keyßer undt meines sohns declarirung d
eburfürsten zu Pfaltz endtlich determinirt, die H.-geist-kireh wider
einzuräumen, hoffe also, dali alles woll gehen wirdt undt wünsche
es von hertzen. Ich glaube nicht, daß unßere teütsch[en] clinr-
fürsten undt forsten so einfältig sein werden, zu leyden daß, daß ein
Portngais undt kein Teütscher ihr keyßer werden solle. Wen
Churbayern eine ertzhertzogin vor seinem churprintzen bekommen
wirdt, solle der leyden, daß der Portngais ihm die erblander ah-
quacktV Daß kau ich nicht glauben. Über dieße sach aber, liebe
Louise, können Ihr undt ich woll in ruhen schlaffen; es geht unß
woll gar nicht ahn. Wie kompt es, liebe Louisse, daß man so
trawerig zu Franckfoith geweßen undt ahn gar keine divertisse-
83
menten gedacht? Heütte enden alle divertissementen hir biß auff
Quassimodo \ daß macht 3 gutter wochen. Deß Schnebels dochter
muß von keinem gutten hauß sein , weillen sie sich so gar übel
verheüraht hatt; ein geadtelter ist eine schlechte qualitet. Ich kene
3 Schönborn; esmagwoll einer von den 3en sein, so jetzt cardinal.
undt bischoff zu Speyer ist. Sie wahren alle 3 brüder , gar feine
leütte ; aber einer gefiehl mir woll , war recht lustig undt hatte
mühe, geistlich zu werden; es war ein hübscher herr von gesicht,
aber ein wenig zu dick von taille. Hiemitt ist doch endtlich der
teüffel au contretemps attrapirt; den Euer liebes schreiben vom 13,
no 13, ist völlig beantwortet; morgen ein mehrers, den ich werde
auff daß vom 24, no 16, andtworten.
Sontag, den 17 Mertz, unib halb 9 morgend ts.
Gestern konte ich ohn möglich wider zum schreiben gelangen;
den gleich nach dem eßen besuchte ich madame de Chasteautier *,
so kranck ist; hernach ging ich nunter, stieg in kutsch undt be-
suchte die große printzes de Conti. Wie ich wider kam undt
schreiben wolte, kämme die junge printzes de Conti undt bliebe
bey [mir], biß ich ins opera ging. Nach dem opera bekamme ich
ein schreiben von unßer abtißin von Chellefs], dem ich antwortete,
laß ein schreiben von meiner dochter undt eines von der printzes
von Modene, so ich eben entpfangen hatte, nahm mein geklopfft ey,
wie alle abendt, undt ging nach bett. Es war nur halb 10, bin
aber heütte umb 6 aufgestanden, habe mein ordinari gebett vericht,
habe hernach ahn die printzessin von Modene geantwort. Daß hatt
mich all zusamen biß auff dießc stunde geführt, da ich auff Ewer
liebes schreiben vom 24Februari, no 16, andtworten werden 8 , wel-
ches daß eintzige von Ewern lieben schreiben ist, so mir noch überig
blieben. Wir werden dießen abendt sehen, ob ich ein frischeres
bekommen werde, welches ich aber vor die andere post sparen werde,
es sey den daß wieder zwey auff einmahl kommen, wie letzte post.
Ich werde aber nicht viel schreiben können ; den es wirdt nahe bey
6 sein, wen ich wieder auß dem Carraelittencloster kommen werde,
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 252 unter samßtag, 16 Mers
1720: «Les spectacles ont 6t6 bien remplis aujourd'hui et ils ne recommenoeront
qu'aprds la Quasimodo.» 2 Chäteaathiers. 3 ? werde.
6*
uiidt icli habe hcütte gar einen großen brieff ahn mein dochter zu
beantworten inidt von ihren affairen utidt großen proces, so sie hir
gegen dem duc de Cbastillon ' haben wegen der comte de Ligny,
reche nachäfft [zu] gehen. Daß gibt langweillige brieffe; den ich
muß sagen, waß ich selber nicht verstehe; daß macht einen recht
gritlicli. Ich glaube mich hundert jähr alt, wen tili gedencke, daß,
wen Ihr den alten Matheis a heist, meines kutsebers Ambrossius söhn
ist, so mich allezeit zu Heydelberg geführt halt a . Es ist gar ge-
wiß , daß die pusten nie unrichtiger gangen sein, alß seyder ein
jähr her. Es ist eine verdrießliche sache, daß sie meine schreiben
alß überall zwey auff einmahl gehen. Es ist wahr, liebe Louise, daß
ich nicht leicht Verdruß nehme; ich hoffe auch, ob gott will, nnn
weniger Verdruß zu haben, nun die printzes von Modene weg; die
hatt mich offt ungedultig gemacht. In Ewerem von no 17 habe
ich schon gesehen, daß Ihr wist, daß unßer duc de Chart re[s] deß
breüdigains stelle vertrelten * , drumb sage ich nichts mehr auff
dießein text. Dur printz von Modene ist gar gewiß nicht herkom-
men, noch hir geweßen. Dancke Euch sehr, liebe Louise, vor Euere
congratulatiun, ao Ihr mir über dießen heürakt macht, dancke ich
aehr. Ich habe Euch vorher gesagt, daß die fürst in von Ussingen
eine gar unnohtige reiße tbua würde unilt ihren herrn hrudern
todt finden würde *. Ich habe Euch vergangenen donnerstag die
copie von Churpfaltz schreiben geschickt, woran ß Ihr, liebe Louise,
ersehen werdet, daß I.L. sich piuuiren, gar woll vor Euch zu sein.
Gott gebe, daß er sein versprechen halten mag! Wir Werdens sehen,
wen Ewer haußverwaller wider kommen wirdt sein. Es solte mir
von hertzen leydt sein, wen es nicht ahngehen solte uudt daß, waß
in Churpfaltz schreiben vor Euch stehet, nur bloße eoniplimenten
geweßen wehren. Ihr werdet auß meinem letzten brieff ersehen,
wie es gantz undt gar nicht wahr ist, daß mein sühn die belriegerey
von den pf äffen aprobirt hatt, so man zu Heydelberg uiitt der H.-
geist-kireh praticirt halt . Ihr habt groß recht gehabt, es nicht
zu glauben, liebe Louise 1 Er halt auch Churpfaltz wahrnen iaßen,
nichts gegen den westplialiscben frieden zu thun , er müste sonst
1 ChltilloD. 2 Vergl. band HI, e. 119. 31T. 361; band IT, a. 82.
232. 3 Ambrofllu» Lobwaftor. Vargl. band II, s. 108; band III, a. 119. 141.
4 Vergl. deo brief vom 1 1 Februar, eben a. 48, anmerkung 2. 5 Vergl. den
brief vom 18 Februar, oben a. 55, 6 Vergl. den vm Ij^i -uIimhUti Lriflf, oben a. 81.
gegen ibm sein. Der keyßer hatt sieh in dießem fall gar woll gehalten
undt gar nichts pfafnsch, wie sein oncle, ahlige fangen, aiso zu hoffen,
daß alle unruhe gestilt wirdt sein in der armen Pfaltz. In Sassen solle
eine abscheuliche ihewerung sein, jedoch weillen , wie Ihr sagt,
liebe Louise, man raht dazu getban, wirdt es woll auffliCren. Nichts
ist abscheulicher; ich glaube, ich wolte lieber sterben, alß so waß
zu sehen, wie ichs gesehen habe; es schaudert mir noch, wen ich
dran gedencke. Es ist wahr, [daß] Silber undt golt hir verbotten
ist 1 ; aber weitter weiß ich nichts davon, den ich misch mich in
nichts in der weit undt befinde mich gar woll darbey. Man hatt
mir schon einmahl gesagt, das Ihr Ewere affairen gar nicht ver-
stehet undt Euch alle tag bestehlen last. Daß muß woll geschehen;
wen man die financon nicht verstehet, so muß man ja woll alle denen
glauben, so mau seine affairen vertrawet hatt. Waß solle man
sagen oder thun? Ihr wist woll, liebe Louise, daß ich dazu nicht
bin erzogen worden, eygennülzig undt iuteressirt zu sein; mein
bruder s. war es auch nicht, ma tantc; untere liebe cliurfürstin s-,
war es gar gewiß auch nicht. Aber hir außer mein söhn, madame
de Chasteautier undt ich weiß ich niemandts zu nenen , so, wie
man hir sagt, in dießem fall «franc du colier» * ist. Ey, ey,
liebe Louisse, last unß nichts mehr von den bagalellen [reden], so
ich Euch schicke! Es muß nur gehen, wie daß frantzüsche Sprich-
wort sagt: -Les petit presseilt entretieuent Tamitie.» Ich kan mir
leicht einbilden, daß einem bang vor dnß fewer sein kan, wen man
so eine abscheuliche feliersbrunst gesehen hatt. Meine arme kinder
in Lotteringen haben auch greuliche spuetacle gesehen . Nun bawen
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feie daß hauß wider. Daß Ihr nicht momerirt 1 habt, habe ich woll
gesehen undt Euch gleich zu willen gethan , aber daß die chiffcr
gefehlt, habe ich nicht gemerckt. Ahn Ewerem kurtzen gedachtauß
kan ich sagen : «Je recognois mon sang-; deu man kan kein schlim-
mer gedächtnuß haben, alß ich leyder habe. Da bekomme ich 2
von Ewern lieben schreiben an ff einmahl, eines vom 2, nol8, nndt
eines vom 5, no 19. Ich habe der zeit noch nicht gehabt., es leßen
zu können; aber so baldt ich meine brieffe werde anßgeschrieben
haben, werde ich die Ewerige leßen. Aber ich muß noch vorher
ahn meine dochter schreiben, von dem ich einen großen brieff ent-
pfangen hatte. Ihr seydt ahn die affuiren gewohnt, liebe Louise!
Ich furcht, daß, wen graff von Degenfeit wider bey Euch sein wirdt
undt Ihr ihm die schünburgischen werdet übergeben haben, werdet
Ihr hernach die tagen undt stunden zu lehr' linden. Ahn monsienr
Le Fevre habe ich kein gelt gehen, weillen Ihr, liebe Louise, ver-
sichert, daß es bezahlt seye. Were monsienr Marion zwischen 2
undt 3 nachmittags kommen, hette er mich allein grfunden. Mon-
sieur Lc Phevre ist nun drauff abgericht. Wen man morgendts bey
meiner loillette nur kämme, gings woll hiu, daß viel letltte werden;
aber ich muß mitt allen sprechen, daß ist verdrießlich undt bludtslang-
weillig. Hiomitt ist Ewer lieben * schreiben von no 1(5 völlig beant-
wortet Wir haben hir woll waß neues, allein weillen Ihr die leütte
nicht kendt, künt Ihr nichts darnach fragen. Adieu, liebe Louise!
Ich ainbrassire Euch von hertaen undt habe ich* so lieb, alß Ihr
es selber wünschen moget, undt daß all mein leben.
Elisabeth Charlotte.
1106.
Paris den 21 Merta 1720 (N. 77).
Hertzall erliebe Louisse, ich habe ich J vergangenen sontag bericht,
wie daß ich zwey Ewerer lieben schreiben auff einmahl entpfangen
habe, alß nehmblich daß von 2 undt fiten dieües nionts, no 18 undt
no 19, wehrdc meine antwort bey dem frischten ahnfangen. Ich
weiß nicht, warumb Ktlch die post fehlt; den ich schreibe alle poston.
Vielleicht finden sie er a artlicli, alß zwey undt zwey paquetten auff
üb
1 Euch, b 1 Euch, 6 lei
einmal] 1 zu geben. Ich sehe aber nicht, worinen dieße gentillesse
bestehet. Die zeittungen haben war gesagt, außer duc de Chartre[s]
ist wider frisch undt gesandt, ist sehr gewachsen undt jetzt größer,
aiß ich, welches er vor seiner kranckheit nicht war; kam gestern
nieder von Seve ', wo er 12 tag lang die frische lufft genohraen '.
Man sichts ihm nicht mehr ahn, daß er so kranek geweßen. Ich
gestehe, dießer bub ist mir sehr ahm hertzen gewacksen, habe ihn
lieber, alß alle seine Schwestern; aber meinen söhn habe ich noch
nn vergleich lieh lieber. Mein enckel fehlt nicht von verstandt, allein
er hatt eine solche facilitet, daß ihn auch die all ereinfältigsten ieütte
verführen können, wen sie ihm nur sagen, daß, waß sie ihm pro-
possiren, die mode unter den jungen leinten ist, undt sie ihn auß-
lachen werden, wen er nicht Unit wie sie. So gutt mein söhn auch
ist undt jederman guts undt gnaden thut, so ist er doch sehr ge-
ll ast ; den die Frantzoßen seindt so abscheulich interessirt, daß,
wen sie keine miüionen gewiuen, meinen sie, man zige es ihnen
ab, undt kaßen deßwegen ohne auffhören. Es ist, glaube ich, keine
undanckbare[re] nation in der weit, alß die Frautzoßen ". Fran-
tzoßen verachten, wen man zu sanfft mitt ihnen verfährt; sie recht
in zäum zu halten, müßen sie forebt undt lioffnung haben; den wen
sie nichts zu [hoffen] haben, suchen sie , anderwerdts waß weytter
zn bekommen, insonderheit wen sie nichts zu fürchten haben. Aber
wen man ihnen forebt einjagt undt dabey lioffnung gibt, so dienen
sie recht woll. Hir weiß man noch nicht, daß mein vetter in Schwe-
den könig geworden. Aber wie weiß man es nicht eher durch Gas-
sei, alß über Dresden? Daß macht mich ahn dießer zeittung zweyff-
. Gott gebe, daß ich mich betriege! Aber da kompt Chausse-
ray[e]. Ich muß ein wenig mitt ihr plauttcrn. Hießen nachmittag
werde ich ferner auff Ewer liebes schreiben andtwortten, nun aber-
meine pausse machen.
Donnerstag, den 21 Mertz, urab 7 abendta.
Waß man le diable au contreterups heist, der hatt mich heütte
1 Pptrea. 2 Journal du marqnis de Dangeau XVIII, a. 264. 2b&
unter donnoratag , 21 Meri 1T20: «Madamo alla, il y a deu» jours, mir M.
le duc da Cbartres, qui dapnia aa rougeole est a .Saint-Cloud daoa la raaiaou
qa'oo:npoit M. Termt au boat dea jardioa sis-a-.ia da Sayrea.- 3 Vargl.
Und. IV, 9. 35. 280. 297. 3D6.
woll abscheulich lenternirt', habe nicht eher, alß nun, wider zum
schreiben gelangen können. Gleich nach dem eilen bin ich ent-
schlaffen, hernach habe ich viel brieff bekommen, die habe ich ge-
leßen, unter andern eines von Euch, liebe Lonisse, von 9, no 20.
Es seindt mir auch alle augenblick interuptionen kommen, bili auff
den envoyes von Holstein, monsienr Dumont; der hatte mich ge-
betten, ihm einen brieff zu geben vor den baron von Goertz, nmb
ihn einen saxsischen edelman zu recomandiren, einen baron von Rei-
chenbach; den brieff habe ich achreiben müßen. Ich furcht, ich
werde morgen , da es mein großer schreibtag ist , vissitten thnn
müßea; den es geht ein geschrey , alß wen die junge duchesse *
gestorben sein solle, welches kein wunder were; den sie ist gar
übel, hatt heütte morgen alle ihr sacrementen entpfangen, undt ist
so * gestorben , muß ich morgen zu alle ihre mütter , die rechte
multer, Schwiegermutter undt großmutter, wie aucli alle geschweyen*
undt scliwester; daß ist eine fatiquante sach. Ich glaube es noch
nicht; den wen es war wehre, kette es mir gewiß madame la prin-
cesse sagen laßen 6 . Ich komme nun auff Ewer hohes schreiben
vom 9, welches daß frischte ist, welches, wo mirs möglich ist, ich
noch heütte hoffe zu beantwortten. Ich habe woll gedacht, alß ich
auß Ewerm lieben brieff vom no 19 gesehen, daß Euch eine post
von mir gefehlt hatt, daß man Euch wieder zwey auff einmahl von
den meinen geben würde. Daß ist unleydthch ; aber waß will man
thnn? Es stehet uidit zu endern. Ah, da kompt meia söhn [und] seine
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• Der, die goaohwei, de
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SO
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person, mit
er m«
n verschwiege»
ist — blute™»
radier
oder Ter-
dea galten oder der gattia — gewfihnlioher ; sohwager , sohwitgerin.»
ler, Bayerisches Wörterbuch IH, s. 523. 5 Es war doch der fall. Der
b de Dangeau EcbreiU in seinem Journal XVIII, e. 264 unter donneretag,
'i 1720: -Madame la Duchesse la jeuue est ruorte.»
89
gemahlin. Gott weiß, wen ich einmahl auff Ewere liebe schrei-
ben werde antworteten.
Unib 9 abendts.
Mein söhn undt seine gemahlin haben mir ihren söhn herge-
führt, ihnen zu helfen, diß junge 1 bürschgen zu predigen. Daß
hatt mich bißher aufgehalten undt nun muß ich enden, den ich
muß nach bett; den morgen muß ich früh aufstehen, umb ahn die
princes von Wallis zu schreiben; den den gantzen nachmittags 2 muß
ich die betrübten besuchen undt daß leydt klagen 8 . Es ist also
zeit zu, zu enden. Adieu! Ich ambrassire Euch von hertzen undt
behalte Euch allezeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
1107.
Paris den 23 Mertz 1720 (N. 78).
Hertzallerliebe Louise , ich will heütte ahnfangen , auff Ewere
liebe schreiben zu andtwortten, wozu ich bißher nicht habe gelangen
können, aber vorher verzehlen, wie viel neues wir hir haben. Aber
es geht nach dem alten teütschen sprichwordt: «Alle tag waß
neues undt selten waß guts.» Gestern hab ich den gantzen tag
mitt trawer- vissitten zugebracht; den vorgestern nachts zwischen 10
nndt 11 uhr ist madame la duchesse gestorben, monsieur le duc
also nun ein platter wittwer. Madame la princesse ist erschreck-
lich betrübt, den madame la duchesse war von allen ihren enckelen
daß liebste kindt. Sie hatts auch ahn madame la princesse ver-
dint; den sie hatt sie von hertzen geliebt undt gerespectirt. Ma-
dame la princesse jamert mich undt ich fürchte, dießer todt wirdt
ihr daß leben kosten. Wer auch noch recht in der seelen betrübt ist,
daß ist ihre Schwester, mademoiselle de la Rochesurion *. Aber alle
die andern verwandten, alß die leibliche mutter, der man, noch die
schwigermutter undtr geschweyen, fragen kein haar darnach. Der
1 ? diesem jungen. 2 ? nachmittag. 3 Elisabeth Charlotte hat vergeßen,
Luisen den wirklich erfolgten tod von Madame la duchesse la jeune zu melden.
4 Louise- Adelaide de Bourbon-Conty, mademoiselle de la Roche-sur-Yon. Vergl.
band IV, s. 245, anmerkung 3.
man kan seine freüde nicht bergen ; ilim ist es ahm besten zu ver-
zeven; er hatt keine ursach, betrübt zu sein. Meine vissitten baben
mich gestern von der ... biß umb 6 oecupirt; es war halb 7, wie
ich wider ins Palais-Roval [kam]. Gestern morgen hatt ein junger
mensch, so artig undt wo!) geschaffen ist, eine abscheuliche tliat
begangen; er ist von gutten hauß undt von den flanderisehen graffen
von Hörn. Er hatte auf der foire de St Germain 4 taußendt thaller
verlohren; die war er schul tig undt wolte sie bezahlen, erdachte
aber ein schon stück, nahm drey Schelmen zu sich, ging a [la] nie de
Quincampois, suchte ein haull auli, wo er zum fenster nauß springen
könle. Andern tags geht er in die rüe Quincampois, findt einen
commis de la bauque, fragt ihn, ob er billiet de la banque nette
undt ihm etliche verkaufen wolte. Dieß[er] fragt, vor wie viel; der
graffvonHoni fordert ihn mehr, alß er begehrte, führt i|li]n drauff ii
ein cabaret de l'espee ' de bois, so allernegst la rüe de Quincampois
ist; da haben sie dielien commis assasinirf, seiudt alle 4 zum fenster
nauß gesprungen. Aber der graff von Hörn hatt gemeint, seine
bfllio that ku verhehlen, ist gantz blultig zum commissarie du eartie 1
geloffeu undt hat; gesagt, mau bette ihn assasiniren wollen. Der
comissairc sähe ihn ahn, sagte: «Monsieur, vous vous plaignes
d'assassinat; vous unves tont en sang et vous n'estes pas blesses';
snr ccla vuus !rouveres hon que je vous areste *.» In dem augen-
blick konipt der /weytte korl lierrein undt hört, daß der erste sagt:
«Tenes. demaudes a monsieur qui entre, qui est tesmoign B de Tas-
sassinat!* Dorkcrl, dem' sein bößes gewißen alinklagte, hörte, daß
man ihn alß zeugen zarnffte undt daß sein cammeraht' alles ge-
standen hette, gestünde alles gleich; wurden drauff arestirt undt
sie seindt in ein[e]r schwer[e]u gefangnuß undt man meint, daß sie
biß moutag gericht werden werden. Da melt 9 man mir alle tursten,
so hir vom liauß Lotteriugen sein, alle die vom bauß d'Areuberg",
alle die vom hauß Noaillejs] , die Issenguieu " undt andere mehr.
Die haben mich gar sehr gejainert; den sie begehren nicht ihres
sclilimeu verwautens leben, sondern dali man ihn nicht offendtlich.
hinrichten , soudei'n heimblicb im gefangnuß kopffon laßen [solle].
Ich hab ihnen gesagt, daß ich sie alle sehr beklage, allein daß sie
1 epee. 2 J commisaairo du quartier. 3 V blesaG. 4 ! arrfte. 5 ^ tfmoin.
B ?don. T d.h. kamarad. 8 d. h. meldet. B Aremborg. 10 laenghioi
91
woll wüsten, daß ich mich in nichts von der regence mischte, konte
also nichts in dießer sachen thun. Es schauttert mir aber, wen ich
dran gedencke, so schaudere ich *.
*
1 Journal da marquis de Dangeau XVIII, 8. 255 unter freitag, 22 Merz
1720: «Le comte de Hörn alla dans la rue Quinoampoix , voulant , disoit-i),
aoheter pour 100,000 eous d'actions ; il donna rendez-vous dans nn oabaret ä
un agiotenr qni lui porta des aotions dans un portefeuille. Le oomte de Hörn,
qni avoit deux de ses amis aveo lui, se jeta sar le malheareuz agiotenr, et lui
donna plusieurs eoups de poignard et prit son portefeuille. Un des deuz bri-
gands qu'il avoit aveo lui, voyant que l'agioteur n'ötoit pas enoore mort, aoheva
de le tuer; ces deux-lä ont et6 pris et le troisieme s'est sauve. On ne doute
pas qne justice n'en soit faite promptement et severement, l'action etant si
abominable; et plus eelui qui l'a commise est homme de condition, plus il est
n£oessaire d'en faire exemple. II est frere du prince do Horn-Horn; il n'y a
plus de Horn-Montmorency ; il y a beauooup de gens de qualit6s ioi de ses pa-
rents proches.» Ebendaselbst unter sanißtag, 23 Merz 1720: «La famille du
oomte de Hörn se remue fort pour tächer d'obtenir gräee pour lui. M. le duo
d'Orleans eVite de leur parier, et on ne croit pas qu'ils en obtionnent rien.»
Ebendaselbst s. 256 unter Sonntag, 24 Merz 1720: «M. le duo d'Orl6ans per-
siste & ne vouloir faire aucune gräce au oomte de Hörn. Quelques gens de sa
famille ä qui S. A. R. n'a pas pu 6viter de parier, lui demandoient qu'on traität
le oomte de Hörn comme un fou, et qu'on l'enfermät aux Petites-Maisons , lui
disant mgme, qu'il avoit une mere et un oncle enferme's ; M. le duo d'Orleans
repondit qu'on ne pouvoit se döfaire trop tot de fous qui portoient la folie
jasqu'ä la fureur; et ensuite les gens qui vouloient servir ce comte lui repre-
senterent quelle infamie ce seroit pour une famille aussi illustre et qui appar-
tenoit ä tant de souverains de TEurope. II repondit que 1' infamie etoit dans
le crime et non pas dans le supplice ; ils le presserent encore davantage , lui
disant: «Mais, Monseigneur, il a Thonneur de vous appartenir ä vous-mgme.» —
«Bhl bien, Messieurs, leur repliqua-t-il, j'en porterai Tinfamie avec vous.» Eben-
daselbst unter montag, 25 Merz 1720: «Le comte de Hörn devoit £tre exeoute
aujourd'hui; mais on a fait une procedure qui auroit allonge l'affaire de quelques
jours ä cause de la semaine sainte, et il a fallu aneantir cette procedure, ce
qu'on a fait oe soir; et il sera execute demain en plein jour, malgr6 toutes les
instances que gens considerables ont faites ä S. A. R.» Ebendaselbst s. 257
unter dienstag, 26 Merz 1720: «Le comte de Hörn et Mille, son oompltce, qui
est Piemontois, furent rou6s vifs ä la Greve, sur les quatre beures apres midi,
a la grande satisfaction du peuple et du public, qui a fort loue la sevlrite* de
M. le duo d'Orleans. Le troisieme oomplice, qui s'appelle Lestang, est en fuite ;
il sortit de la ehambre au moment que l'assassinat fut acbeve ; c'est lui qui
gardoit la porte. On croit avoir des indices de sa retraite, et on espere s'en
saisir incessamment. On dit que les supplicies ont aecose beaueoup de monde
a la question, et qu'ils ont avoue beauooup d'autres crimes.» Der herzog von
Saint-Simon bemerkt hierzu a. a. o. s. 257. 258 folgendes: «II y eut bien du
d'Born.
Ls er
mi 6toit horribls
qae"
tte qnalite; nul
Falmtontag, dea 24 Hertz, mnb halb
leb bin gesinnt abendts expresse früh undt nmb halb 10 zu
l*ett, damitt ich bi-ütte trüber auffstehen konte nndt schreiben ; den
icb kan dießeu morgen bey weittem nicht so lang schreiben," alt
ordinarie, muß mi[c]b amb halb 10 ahnkleyden, in die pfarrkirch zn
fahren , weillen es heütte palrae-sontag ist. Wen man den alten
MlMKUni glauben <olte, werden wir kein gntt, noch fruchtbar jähr
haben; den es solle heütte schon Sonnenschein sein, aber es ist
Irlib iintll regne!. Alles ist trawerig biß anffs wetter. Es ist aber
auch einmaul zeit, daß icb auft* Ewer liebes schreiben komme, so
ich vergangen donerstag so gar kurlz habe abbrechen mflßen. Ich
war geblieben, wo Ihr mir, liebe Louisse, sagt, daß man in Teütscli-
landt hiß ins ■IN- gliedt königliche boheytten gibt. Daß kan hir
nicht ahngehen , indem die ständt vom königlichen hauß gar zu
reglirt seyndt 1 . Watt man enfants de France heist, daß seindt alle
pour ot du uontro «ur oelto exioution du eomt
prätexte rlono i lui launer la vis. Mais 11 h
roue Importe iino Infamie anx Paya-Baa en Allemagne <iui rejaillit tellement am
tollte Iti fbimilli», quo las nevoux tuOtnos et loa nieoes du rou6, ä plus fort« rar
lon im enfant» , aaa frfres ot sej imura , sunt eiolus d'entrBr dana toua le!
otaftpltrus poiir plusieurs genfiratlotis. Outre la boute d'une tello eiclusion, o'esl
une poito formte ü la plua honorable , la plus oommode et Ift plus eidinairt
doohargo Je« faiuilloa, dont la naisaanoa peut y entrer, et Eonvcnt encore ä am
grantle l'urlano , pM los prülnturtis juuverainea et lea tSlectornles oft l'oo peut
parvonir. Cola fut vivoiiitnt reproseut6 Bit regont par le duo do Saint-Siintin,
qnuiiju'jl n'on filt prie pur potaonne dont il ne ae soueiät, qu'il eonnftt, et qu'il
Position de oommiier la poino , par oette raison , ä lui faire
L'Bxeuipto atoit fatt par la uondamnation, justice ctoit faite pat
bllque ä mort . ot il n'y a poraontie de rsisonnnblo qui ne fi
raison de oelte uommutation de puino. Saint-Simoa partit poor Ba maison de
la Forte', ajanl Heu de i-ompter que le oomte d'floin seroil deoapit6. Mai» Law,
»uiif d'nn genre de eriiue qui parloit aur aa banquo , atoit reiolu la roue.
L'ubbö Duboi- el lui n'ili.ifiit qu'un alore, ot üs l'eujportSrent dea que Saint-
Siuon fut patti. Non-seulemout la inaiaoti d'IIorn fut au deaeapoir, mala tont*
la grando noblosae dos Pays-Bas fut uutroe et ne se oontraignit pas de le t(-
molgner i-ans Management ot lougteinpj." Man rergleiohe auch nachher des
«rief vom 21 April,
I über die Im folgenden entwickelten rang- und fUnde-onlersehiede vor
gloieho man auch band I. s. 52. lo3; band II, s 1!. 1 Sä. 193. 473. 548
band III, i. 41. 42. 293.
93
deß kooigs leibliche kinder oder deß dauphins seine undt deß kö-
nigs brüder; die werden par quartier bedint undt ihre gemahlinen,
undt ihre Chargen im hauß werden gekauft; die haben, waß man
grands officier[s] heist, premier ausmonier, premier escuyer, Pre-
mier maistre d'hostel. Alle große fest muß der premier maistre
d'hostel sie mitt dem stab . . . wie bey unß die haußhoffmeister
auch steke tragen; daß geht nicht weytter. Alle ihre offecir, welches
eygendtlich die bedinten sein , haben viel privilligien ; man darff
keine soldatten bey ihnen logiren ; sie haben freyheitten, comitimus *.
Daß ist, wen sie Processen haben, so müßen ihre gegenpart kom-
men, wo sie sein, undt können unßere officier de la maison royale
nicht obligiren , anderwerts den proces zu führen. Vielle kauffen
nur deß wegen Chargen in unßern heüßern. Niemandts sitzt vor
unß, als regirende herrn , cardinals, printzessinen von souveraine
heüßer undt duchesse[s] de France. Les petits enfants de France
ist gantz eine andere sach. Die mäner allein haben grands ofücicr[s],
die weiber nicht, ob sie gleich altesse royale tractirt; sie sitzen
zwar vor unß, aber wir in der chaise a bras 2 undt sie haben nur
ein tab[o]uret 8 . Die weiber werden nicht par quartier gedint; alle
damen sitzen vor sie, undt die printzen undt ducs haben chaisse a
bras; alle duc[s] eßen mitt ihnen. Kein mansmensch ist 4 mitt unß,
alß die princejs] du sang, königliche bastart undt cardinals undt
waß außlandische regirende herrn sein. Die printzen du sang, von
dem ersten biß auff den letzten, haben keinen andern tittel , alß
altesse serenissime; sie haben keine grands officier[s]. Alles ist
mitt ihnen, allerhandt leütte, undt sitzt vor ihnen, sie begleitten
die duc[s] et pair[s] undt die ambassadeur[s] begleitten sie ahn ihre
kutsch , entpfangen sie ahn der ersten thtir von ihrem gantzen
apartement; in der kirch, in den tribunen, ist alles pesle mesle 5
mitt ihnen. Auff deß könig tepich , so man drap de pied e heist,
darff niemandts tretten noch knie[en], alß les enfants de France,
geraht hinter dem könig ; hinter unß les petits enfant[s] de France.
Die princefs] undt princesse[s] du sang haben ihr car[r]eau außer
1 das oommittimus (vom lateinischen committimus, wir erlauben), ein fürst-
licher gnadenbrief mit der Verleihung des rechts zur berufung an ein höheres
gerieht. 2 armstahl. 3 seßel ohne lehne. 4 d. h. ißt. 5 pele-niele,
unter oder durch einander. 6 fußtuoh vor dem betschemel.
94
dem drap de pied , dörffen nicht drauff stehen ; sie haben kein
quartier , noch die Chargen werden nicht bey ihnen gekaufft noch
verkauft, haben kein commitumus. Also segt Ihr, liebe Louisse,
daß in alles gar ein großer unterschiedt ist. Sie begleitten unß
ahn der kutsch, sie geben unß, wie unßere kinder, den muff undt
hendschu. Aber der unterschiedt ist, daß au[x] petits enfant[s] de
France pressentirt unßere hoffmeisterin , w r aß sie geben sollen , den
prince[s] undt princesse[s] du sang nur die erste caramerfraw. Es
seindt noch viel unterschiedt, so zu lang zu sagen würden sein.
Wir haben valet de pied; die solten geschtirtzte hoßen tragen wie
pagen undt nichts solte valet de pied heißen, alß die geschürtzt[e]
hoßen tragen; alles andere solle laquay heißen. Der princesse[s]
du sang ihre dörffen keine geschürtz[t]e hoßen tragen, seindt also
nur laquayen. In alles ist cter unterschiedt groß, les petits enfant[s]
de France haben valets de pieds mitt geschürtzte hoßen. Also ist
in alles großer unterschiedt , undt die princefs] du sang, wie meine
enckeln sein , können also nie altesse royale sein. Ich habe ge-
dacht , liebe Louisse , daß Euch aller unterschidt von der maison
royale araussiren würde; drumb hab ich Euch so einen langen be-
richt davon gegeben. Von der post will ich nichts sagen, weillen
doch nichts drinen zu endern stehet. Daß Ihr keine post verfehlt,
daß bin ich woll sicher; ich fehle auch keine. Ich weiß gar woll
undt kene Euch zu sehr, liebe Louisse , umb zu glauben , daß Ihr
mir geschriben solt[et] haben, daß Ihr Ewer porte-lettre dem graffen
von Nassau geben, umb ein änderst zu haben. Aber ich bekomme
deren von den nonen so viel , daß ich nicht weiß , waß ich mitt
ahnfangen solle, undt weillen ich weiß, daß sie Euch nicht unahn-
genehm sein, kan ich Euch gar woll etliche schicken, -ohne daß mir
waß davon abgeht. Solche sünde, da kan [ich], ohne prister [zu]
sein, Euch gar leicht die absolution geben. Alles fleisch hatt seinen
weg verkehrt , wie vor der sündtflulit geschehen ; man weiß nicht
mehr, wen man nun trawen kan, nun, wie ich Euch gestern ge-
schrieben, ein graff von Hörn sich ein dieb undt mörder fundt. Er
ist auch von denen, so von buben debauchirt sein, hatt vergangen
jähr, umb einen jungen cavallier seine liebe undt passion zu er-
weißen, sich mitt seinem degen die handt durch undt durch gesto-
chen; hette man ihm nicht gewehrt, hette er sich noch die seytte
durch gestochen. Durch die abscheuliche Sünden undt durch daß
95
spillen werden alle junge leütte verdorben undt zu Schelmen. Man
solte keine junge leütte mehr nach Paris schicken ; sie lehrnen
nichts, alß abscheuliche laster. Ich habe keine Teütschen bey mir,
alß Wen dt undt Harling undt eine[n] controleur general , so auch
teütsch undt von Lutzenburg ist; die seindt alle trey * ehrlicher*
leütte. Der daßliche 8 stück begangen undt mein uhr gestohlen *,
war ein Gascon von recht ehrlichen leütten. Sein oncle hatt mir
40 jähr gedint, ist vorm jähr gestorben; seines oncles dinst zu
recompensiren, hatt ich dießem jungen menschen seines oncles Charge
in sur-vivance geben. Der nar, der Duch/so hieß er, wolte gleich
meine uhr verkaufen. Ein m[o]usquetaire , so es kaufen wolte,
trug die uhr zu einem uhrmacber , sie zu schätzen ; er hatte sie
25 pistollen verkaufen wollen. Der Uhrmacher, so den zettel schon
entpfangen hatte, daß meine uhr von Gloria verlohren, kante die
uhr gleich, sagte zum mousquetaire : «Cette montre est a Madame,
je ne vous la rendres pas.» Er brachte sie mir gleich. Ich ließe
dem comandanten des mousquetaire [s] noir[s] sagen, wie sich meine
verlohrne uhr bey ei[ne]m mousquetaire noir gefunden, so le cheval-
lier de Viller 8 heist, hette sie zu einem Uhrmacher gebracht, daß
aber die goltene kette dran fehlt. Monsieur de Canilliac 6 ließ den
chevallier de Viller gleich gefangen nehmen. Der sagte gleich,
Duche, mein exempt des garde[s], hette ihm die uhr verkauft; er
hette sie aber noch nicht bezahlt. So ist die sach herrauß kommen.
Er war capitaine au regiement de Chartre[s] ; ich hatte ihn zum
captein gemacht; ein großer, woll geschaffener kerl. Er war ein
spieller; daß hab ich nicht gewust, hette ihn nicht ahngenohmen;
den von spiellern kompt nichts guts. Daß ist die gantze historie.
Paris ist ein abgrundt aller laster. leb sage alß, eß müßen doch
viel gutte undt fromme leütte in Paris sein , sonsten müste Paris
untergehen , in dem tag undt nacht so r abscheuliche undt gottloße
sachen vorgehen. Vergangen mittwog seindt 2 kerl lebendig ver-
brendt worden , so wegen diebstall ins gefangnuß wahren. Einer
davon war ein söhn von dem weib, so in meinem hauß meine Ser-
vietten undt tischtüger fournirt. Man hatt ihnen einen prister
geben, den haben sie violirt undt hernach gezwungen, unßern herrn
1 d. h. drei. 2 ? ehrliche. 3 ? das häßliche. 4 Vergl. den brief
vom 25 Februar, oben s. 62. 5 ? Villers. 6 Canillac.
Christum zu verleugnen, hoben ihn, alß er es nicht thun wollen, die
nägel abgeritten, die houtt hinter den kopff. wo sie die platten ha-
ben, abgerißen, solche schmertzen ahngetban auffallen seytten, daß
er etliche tag darnach gestorben. Einer von beyden hott sich be-
kehrt undt bitterlich seine sünde bereuet uudt beweinet; der ander
aber, alß er daß feiler gesehen, hatt gelacht undt gesagt: «On me
fait un petit feu pour me ehaufler les pieds, mais cela sera hien-
tust fait," hatl sich gar nicht bekehrt, ist wie ein verzweyffelter ge-
storben. Die operaen werden biß dinstag über 14 tag erst wider
ahngehen. Ach, liebe Louisse , in meinem alter weiß man wenig
von freüden undt man wirdt alles müde. Ich gehe nur ins opera,
damilt man mich nicht, vor zu gar leflttescheü hclt undt mich ahm
pQblick '; sonsten ging ich nicht hin, gar gewiß. Comedien ge-
fahlen mir noch, daß muß ich gestehen. So lang so sagen* diver-
tiren, finde ich, daß man ivoü thut. hinzugehen ; den man muß sich
selber vor melancolie hutlen 5 , welches eine zu gefährliche saclie
vor daß hirn ist. Wie ich sehe, so wirdt man in Teülschlandt auch
böß, so abscheulich ist. Mich deucht, die wirtbin solte mitt dem.
leben gestrafft werden. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben von 20
ordendllich beantwortet, muß mich nun ahnkleyden. Hießen abendt
nach der vosper werde ich dielien brioff außschreiben.
SoEtag, deu 24 Mertz, umb halb 7 abendts.
Da komme ich eben auß dem closter. Wo ich almkommeu,
hab ich daß sprichv/ordt außführen müßen : -Noiit bricht eyßen,
daß kun ich mitt schey . . . . boweißen* ; den so baidt ich ahnkom-
men, hab ich in die gaiderobe gemüsl, drumb schreibe ich so spät,
liebe Louisse! Ist 4 kan Euch aber nicht lang entreteniren, den ich
muß endigen; den ich habe auff 4 brieff von meiner dochter zu
andtwortten, muß ein ... suchen, sie zu trösten. Daß arme mensch ist
woll von lierlzen betrübt ; sie halt tag undt nacht gearbeydt, ihren
herrn zupersuadiren, herzukommen, nndt wie alles fertig undt be-
reydt ist, kompt ihr ein argwolm, daß sie schwanger ist. Es ist ti
gantzer jähr, daß sie kein kindt bekommen. Ist sie aber schwanger,
so ist es daß 15te mahl, daß sio schwanger ist. Sie hatt sich in
97
LOpfi gesetzt, sie wirdt dißinabl sterben im kinJtbett. Gott bewahre
ldü davor! Da bringt man mir ein paquet von Euch, liebe Louise !
Ich liabe Ewer liebes scbreiben ahn tnoiisieui' Le Fevre gleich hin-
geschickt. Ich habe es nicht geleßcn ; den ich leße mein leben
keine schreiben, so nicht ahn mich gehören. Gott weiß, wen ich
auff Euere lieben schreiben andtwortten werde können. Ich muß
schließen; auff ein ander mahl ein mehrers , nun aber nur sagen,
Idaß ich Euch von hertzen lieb bobalte.
Elisabeth Charlotte.
1108.
Paris den grüadomieratag, 28 Mertz 1720 (N. 79).
Hertzalterliebe Louise, ich will heiltte auff Ewer liebes schrei-
ben vom 12 Mertz, no 21, andtwortten, so ich vergangen sontag
entpfangem Ich glaube, daß ich nichts mehrers werde schrei-
ben können; den ich habe schon daß h. abendtmahl empfanden
undt dießen nachmittag werde [ich] ins closter , in waß man Ten-
nebre ' heist Daß ' list man viel propliezcy[u]ngcn undt die nonen
singen psalmen dazwischen, etliche in musick, andere in ihrem or-
dJDarie gesang ; daß wehret woll 3 stundt. Ordinarie schlaff ich
drüber ein; den, unter unß gerett, nichts in der weit ist langweil*
liger, alß 3 stundt Lattein singen zu boren. Ich ninib ordinari
noch andere bücher mitt, so ick leße; habe aber muhe, daß schlaffen
zu wehreu. Man will Euch gewiß wider 2 von meinen schreiben
auff eimnahl geben, daß Ihr, liebe Louissc, genung zu leßeu mögt
haben; mich aber verdriests, wen ich so richtig schreibe- undt meine
brieffe nickt ahnkommen. Ich bin heütte eine geplagte sc sie , alle
augeublick kompt man mich interompiron ; daß macht mich recht
ungedultig. Ich glaube, der teliffel schickt mirs expressc, umb mich
in dießem tag, da ich zum h. abendtmahl gangen, ungedultig zu
machen. Gott gebe mir gedult! Da rufft man mich zum eßen.
Gleich nach dem eßen, vor 2 ulir, hatte ich mich hirher gesetzt
in hoffnung, noch vor der zeit, daß meine kutschen kommen, Euch
ein wenig zu entreteniren. Da ist monsieur Laws, der controleur
I Teqebres, lateinisch Ton«
2 7 Da,
h Ctiarltitte
Vergl. band IV,
general de[s] fiiianc.es, herein kommen umit Im« mir nrylord Strafl'ord '
hergeführt , den ich vor 24 jähren undter dem nahmen von mylord
Rahy gekandt habe. Es ha« mich reclit verwundert, den er ist
weder fetter noch magerer, weiter alter noch jünger worden, gantz
wie ich ihn gelaßen halte, sagt, er were 7 jähr zu Berlin geweßen.
Wir haben viel von untierer lieben e. churfürstin, ma taute, ge-
sprochen. Er iiatt auch von Euch gesprochen undt hau gerabten,
daß es ahn Euch were, ahn wem ich schreiben wolte. Ich war ein
wenig tendirt*, ihn niitt der graffin von Wanten berg zn vexiren,
aber ich habe doch ein geh alten. Ich finde, daß er vor 24 jähren
beßer frantzöüch sprach, alß nun; den nun hatt er englische tlion.
Wie er weg war, habe ich ins closter gemüst, bin von 3 biß umb
6 drin geweßen , er [st.] nach (j wider her. Wie ich ahnkommeo,
hatt mau mir Ewer liebes schreiben vom 1<> dießes monts, no 22,
gebracht, habe es noch davor mir undt kein augenblick zeit finden
können, zu schreiben; den ick habe einen brieff bekommen, den
iiabe ich heanlwortten mUßen. Man plagt mich, weillen verwichenen
montag ist mein chevallier d'honneur, der comte de Mortaigne, ge-
storben. Dein premier cscuycr habe ich erlaubt, zu steygen 8 ; aber
esseindt Li, die dio ciiarge von premier [licuyer] kauffen wollen;
die plagen mich unerhört, schreiben mir, reden niitt mir*. Es fin-
den sieh viel difticulteten , gantz [recht] zu desidiren "; daß plagt
mich erschrecklich , ist eine rechte quäl. Aber last unß von waß
t Journal du marquis de Dang e au XVJ1I, a. 268 unter mitiwoeb, 27 Meri
1720: «Milord Stanbopo arriva ici la matin; il eut audience da M. !o dun d'Or-
16ans avant midi. Milord SlratWd üst jirriv£ ]iu?si ; iD;tia c'oat pnur sea afTairei
3 d. b. i ■- lekan. 1 JonrnaL du marquis du Dangeau XVIII, e. 256 unter
montag, 23 Mori 1720: -M. da Mortagne, ohovmli« ilwiUMU de Madame, eit
muri; eile a denn« la abarga au comte de Siuiian«, Ben jireinier ecuyar, 8t celle
da premier £cuj-er n'eat pua euuure dOQne'ej pluaieura gena la deroandent; maii
Madame n'e»! pas enoora de" terra in 6e. » Dai ber«og von Saint-Sinion bamarkt
hieriu a. - o. a. 25 7 fulgendea: <Ou a auffiaamment pari« aiUaura an cos
Detail de Morlagne. fiimiane , qui lui sueci-di, jtoit un cousin des daui freres
Simiane qui out 6t6 l'un nprSs 1'autrB jireiniora gentilsboniinei de la chauibra
de M. la uue d'Orieang , et dont le dernier fut cbemlier de i'Ordrs en 1724,
par l'egaid qua M. lo Duo qui Stoit lors premier ininiatro, eut pour la promeaie
qua rilujiaoe nveit aua de la nominatien Je feu M. la duo d'Orlcans, qui avolt
drell d'eo dünner nne.» 5 deoidiaren, entscheiden.
änderst reden! diß ist zu langweillig. In den zeittungen werdet
Ihr wenig warli eilte» von mir leßen; in den letzten teutschen lag
ich fiiiff den todt, befinde mich doch heller, alß ich in viellen jähren
gethon. Ich sehe da im ahn fang von Ewerin letzten lieben schrei-
ben, daß ich woll gerahten, weilten Ihr zwey meiner brierl au ff ein-
mal] 1 entpfa [igen habt. Alle meine enckellen liir habe lob den gautüen
abendt bey mir gehabt. Sie seindt, gott lob undt danck , nnn in
volkommener gesundtheit. Aber man schreibt, daß sich die printzes
nicht so woll befind!, aliS ihr Schwester undt hruder. Ich weiß woll,
daß mein sahn dem printz Talmond waß geben, die sum aber weiß
ich nicht '. Nach langen jähren verlange jähren verlange' ich nicht.
Madame la duchesse, die jnnge, ist vergangenen douneratag gestor-
ben'; sie hatt sich selbsten uinbs leben brugt* durch ihre unordendt-
liehe conduitte. Von der keyßerin Am die verstauchten fuß habe
ich nichts gewnst , alß durch Ewer liebes schreiben. Gott gebe,
daß gantz frieden undt ... in der Pfaltz bleiben mag! Ich wolte
rn* mehr plauttern, aber es wirdt spät undt ich muß morgen
wider früh auffslehen, werde also nur in eyll sagen, daß der graff
von Hom ilinstag abendt mitt seinem camerrahten gerilhtert wor-
den*, hatt sich sehr bereuet undt ein braifes, schönnes, gottseeliges
endt gehabt. Gutte nacht! Ich ambrasaire lillch von hertzen nndt
behalte Bitten recht Heb.
Elisabeth Charlotte.
-1 Dar marqui.x ds llangoau Bobreibt in seinem Journal XVIII, ■. 122
Her donneretag, 1 Februar I72U: «On ;. donnj an prinoe de Tnlmond une
ponsiun da 20,000 franes quo l'un met sur le gmivariieulant. da Sarrolouis, qui
du viloit. qne 18,000 franca; il an vaudra 36,000 preaentament. On lui donno
bemerkt hierzu a. a. o. ». 223: «Madame et la mere du duo de la Trfmoille
er du prince de Talinond etoient «fuurs, Alles du landgrave de Hesse et de .-■.,
fameuso lipouse qui a ai oouriigeuseuient sum la Frunue. On l'a dejä vn dana
coa notea, parmi da si grandos et de si oontmuolloa profuaion? ä tgut le Inende,
il eut fite «ränge quo le prince de Talmond db s'en Int pas send ; ms !.- il
Tonloit etre duo, et fut au daseapoir d'en »oir faire ä la majorite aane en etre,
et ne e'an cacha paa.* 2 Es muß natürlich heißen: Kaoh langen juhten
verlange. 3 Vergl. die briefe Tom 21 und 23 Mors, oben a. SS. 81.
i d. b. gebraoht. fi J. h. gerne. ö Vergl. den briet vom 23 Muri, oben
1. 91, unmarkting 1.
■
Paria den 30 Mertz 1720 (N. 80).
Hertzallerliebo Louisse, icb will heütte ei» wenig ahnfangen,
Euch zu eiitreteiiiren ; den so n tags kau ich gar schweb rl ich dazu
gelangen, in Sonderheit morgen, da es Ostertag ist undt wir morgen dts
in die pfahrkircu müßeu undt nachmittags in die vesper undt salut,
welches mir wenig zeit zu schreiben überlaüen wirdt. Ich war ver-
gangenen donuerstag geblieben ahn Ewer liebes schreiben vom 16
dießes moutz, no 22, wo Ihr sagt, liebe Louise, daß es Euch ahn-
genehm solte sein, meine stim zu hören; aber ich fürchte, sie würde
Euch erschrecken, liebe Louise! Den ich habe eine so rauhe stim,
daß man offt, wen icb meine, ahm freundlichsten zu sein, glaubt,
daß icb zürne. Ich spreche ordinarie , alß wen ich eine[n] rauen
halß bette. Jetzunder befinde ich mich, gott lob, sehr woll. Daß
ist eine schlime gewohnbeit , so Churpfaltz nimbt, viel zu verspre-
chen, wenig zu halten. Aber daß seindt plaffenpoßen, so allezeit,
wer sich von ihnen regieren lest, hundert felller tbun machen. Aber
da schickt mir le diable au couttetemps neuen ambaras. Gott weiß,
wen icb wieder zum schreiben werde gelangen können.
Sambstag umli halb 7 abeodta.
Seyder ich auffgehört, zu schreiben, Hebe Luuisse , hab ich
viel Sachen gethau. Erstlich bin ich die arme marquise d'AUuye
gleich nach dem eßen besuchen gangen. Sie ist ein wenig beßer,
hatt aber eine schlimme kranckLeit, neiimblicb 85 Jahr; sie ist aber
gar nicht kindisch, kan noch recht lustig sein, ist eine rechte gutte
fraw; were mir leydt, wen sie sterben solte. Von dar bin ich in
kutsch initt meinen 2 damen, Lenor undt madame Borstel, zu ma-
dame la princesse, wo icb eine gutte stund t geblieben. Ihr enckelin,
die priutzes de Conti , ist bin kommen. Wir beyde haben unßer
bestes getban, madame la princesse ein wenig auffztimoutern ; den
sie kau sieb nicht über madame la duchesse todt trösten. In einem
fall hatt sie recht, den es war von allen ihren kiudern undt kindts-
kinderu die sie ahm li[e]bsten hatte undt welche ihr den grosten re-
spect erwieße; alle andere leben übel mitt ihr; aber ihre threnen
werden sie doch nicht wider bringen undt sie macht sich nur matt
undt kranck mitt. Von madame la princesse bin ich wieder übers
101
waßcr au Pont Royal undt zu nnßcr großen princesse do Conti.
Die hatt daß cnntinuirliche fieber mitt gar großen haubtschmertzen.
Wie ich herein kommen, habe ich all meine cnckeln außer den duc
de Chartre[s] hir gefunden; die liaben mich lang amussirt. Also
werde ich dießeu abeudt nicht viel schreiben können, noch morgen
auch, wie ich Euch schon gesagt habe. Da kompt Alvares herrein
undt bringt mir ein schreiben von nnßer lieben priutzes von Wallis,
so gar frisch ist.
Ontertag, den 31 Mertz, umb 9 ubr morgendti.
Ich habe noch */« stund t hir in meiner cammer zu sein , ehe
ich mich ahnkleydte, will Euch also, liebe Louise, noch ein wenig
entreteniren. Ich bin ahn Ewern lieben biieff, wo Ihr sagt, daß
Churpfaltz gutte wortte gibt, aber kein gelt. Man hatt mir in ver-
trawen gesagt, Churpfaltz hätte man persuadirt, daß Ihr die Refor-
mirten gegen ihm auffgehetzt habt; aber ich glaube, die arme leütte
hatten nicht von nohten, auffgehetzt zu werden, wahren ohne daß
betrübt genung, daß man ihnen ihre Tleyllige-geist-kirch genohmen',
ohne nöhtig zu haben, daß man sie deßwegen auffstifft. Aber daß
1 De
raarquis de Dangoau schreibt in seinem Jou
nalXVln, s. 263 unter
dienst sg,
April 1720: «On munde d'Allemagne qua
eleuteur paktin a enfin
consent] £
rendra regliso du Saint-Esprit aus protostan
■] maia il y a d'autres
articlci su
lesquelt ils du sunt point enroro d'aocord;
insi l'affaire n'eit point
du tont fiu
e.> Mit dem atreito wogen der Heillgan-gt
st-kirehe in Heidelberg
»erhielt es
sieh folgen dermaßen : Durch die dealaralia
»on 1705, «eiche den
Reformiert
u ihr eigenthum von etwa hundert kirchen t
nttog, war »on der H.-
gaist-kirch
der ehor katholisch, das schiff reformiert
geworden. Am 20 Au-
gnit 1718
hatte der kurfllrat Karl Philipp dia gütliche
uliLrotung der H.-geiat-
kirohe von
dem reformierten kirchenretho »erlangt. Na
chdem dieser in wider-
holton »er
iindlungen die an Ihn gestellte forderung ubg
elehnt, wurde die kireha
im f
■[■iL-«
1719
■mii.T
nahmen wie früher an der läge der pfillcisoben Reformierten lebhaften antholl.
Die augelogonboit war eine enropaisuha geworden; die hohe geistliohkeit beider
confessionen nrisobia sieh ein wie diu weltlichen machte. Am 20 Februar 1720
hatte sieb der kurfilrst endlich bestimmen laßen, einzulenken, und am 19 April,
nachdem mau dia uiudergoriOeno wand aufs neue aufgerichtet, die ohor nnd
sobiff früher geschieden, nahmen die ltqfr>ruiierten wider von ihrer kirolie förm-
lich besit«. Vergl. L. Hauaser, (Jesohiolite der rheinischen Pfals II, a. 880
102
seindt lautter pfaffische poßen. Pfaffen seindt die ungerechtste
lefltte von der weit iu allen religionen, alle geitzig, interessirt undt
ainbilieux. Golt wolle dein churfürsten tiber dießer Ungerechtigkeit
die augen offnen! Ich glaube nicht, daß Ihr einige kauffman zu
Ewern baiieo-brieffcn finden «erdet. Den wer wolte Ohnrpfaltz
banco-brieffen Irnwen, die so unrichtig bezahlt werden'? Klaglieder
Jeremias schickten sich in der carwoclie, da sinyi man sie inilt einen '
widerlichen gesang ä Ten obre [s]. Nichts ist gemeiner jetzt hir, alß
dieb undt mörder. Gestern halt man noch in einem zichbrnnen
diins la rüe de Quinquampois * 4 todten körper gefunden undt vor
etlichen tagen seindt 20 todten corper in den lisch gam zu St Clou
gefunden worden, so letttte sein roüßen. so man ins waßer geworffen,
welches schir alle nacht geschieht. Aber nuu [maß] ich abermahl
eine pausse machen , umb in die pfarkirch initt meinem söhn zu
fahren; daß wirdt von 11 biß I uhr wehren.
Ostertag, den 31 Mertz, umb halb 7 abendta.
Da kommen wir auß dem closter, wo ich wesperpredig undt sa-
lut gebölt, habe also, gott lob, heutte [nicht] mehr zu betten, werde
Euch also noch eine par st undt entreteuiren. Ich war ahn die raor[d]-
tbaten geblieben, so in der rüe de Quincampois vorgangen. Das
ist, gütt lul.i. zum endt. Man hatt außruffen undt affichiren lauen,
daß niemandls mehr hin solle, noch sich dort vcrsamblen , ohne
tanßendt thaller amande bezahlen undt noch dazu ins gefängnuß
gehen. Ich bin so fro, daß dieße sack zum endt ist, amb nichts
mehr davon zu hören. Ich wolte, liebe Louise, daß Ihr reich ge-
nung wehret, umb die dieb zu förchten, liebe Louise! In Englandt
stiehlt man, aber man mordt nicht, wie hir. Alle tag bort man
nette historien von den banqzetteln. Ich finde es recht verdrießlich,
daß man kein golt mehr sieht'; den es ist 48jabr, daß ich alß golt
im sack getragen habe, undt nun nur silberne stückger, wie unßere
halbe batzen sein; die seindt doch 30 sol werdt, werden aber alle
mont abnehmen. Es ist gewiß, daß monsieur Laws * abscheulich
genast ist. Mein söhn hatt mir heütte etvvaß in der kutsch gesagt,
so mich so touebirt hatt, daß mir die threnen drüber in den augen
kommen sein. Er hatt gesagt: -Le peuple a dit quelque chose qui
1 ? einem. 2 Cjuincainpoii. 3 Man vergleiche die briefe vom 3 und
m'a tont ä fait touches le coeur, j'y suis sensible.» Ich fragte, waß
sie den gesagt hett.en; so sagte er. daß, wie man den comte de
Hörn gerahtert ' hotte, betten sie gesagt: «Qnand on fait quelque
chose personel lernen t tontre nostre regent, il pardonne tout et ne
le mais quand on fait quelque chose contra nous, il n'entond point
raillerie et nous rond justice, corame vous voyes par ce comte de
Hörn.» Daß halt mein solm so penetrii't, daß mir, wie schon ge-
sagt, die threneu drüber in den augeu kommen sein. Daß monsieur
Laws keine boße intentioo hatt, erscheindt wolt darauß, daß er viel
gntter kauff[t] undt all sein groß gelt in landtsgüttcr steckt; muß
also «oll im landt bleiben. Daß er selber von seiner arbeydt pro-
fitiren [will], ist doch billig. Daß er gelt nach Eiiglimdt, Hollandt nndt
Hamburg solle geschickt haben, kan ich nicht glauben. Er macht
die zu starck abstraffen, so es thun; were er selber in der fautle,
würde man ihn ahnklagen. Mein solm verstehet die finance-saclien
auff ein endt. Ich glaube, daß ich Euch schon gesagt, wie daß ich
gar woll gerahten mitt dem papst undt Alberonie, duß es lautier
schelmerey ist undt er ist wider aaff freyen fuß gesielt*. Hir wirdt
mao keine falsche Louis sehen; den man sieht nirgendta keine, ha-
ben keinen -cours* mehr. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben vom
16, no 22, durch[aus] beant werdet. Ich komme auff daß, so ich
dießen abeniit enlpfangen vom 19, no 23. Von der post will ich
nichts sagen ; sie ist unleydtlich, immer meine brieffe eine post auf-
zuhalten undt hernach zwey undt zwey zu licffern , alß wen sie es
einem zum poßen t beten, Es ist doch noch viel , daß die brieffe
nicht verlohren gehen. Es ist vorgestern noch ein limonadier ge-
funden worden, so ermordt war, weillon er 100/ni thaller en billiet
bey sich getragen hatte. Alle tag hört man dergleichen. Die leütte
in Franckreich seindt woll die interessir[te]ste leütte von der weit,
wagen alles auff galgen undt radt, wen nur waß zu gewinen ist;
man dtnt hir mehr dem gutt Manion , alß unßerm hen'gott. Man
thut woll , die betrieger abzustrahlen. Man bette den betriger in
Saxsen nicht köpften sollen, sondern hencken; den mau singt in
Pourceaugniac: -La poligamie est un cas, est un cas pendable-*.
104
Den brieff von der fürstin von Usingen habe ich ahn madarae Dan-
geau geschickt. Ich bitte Euch , danckt der fürstin von Ussingen,
abn mich zu gedencken! Madame Dangeau ist weder interessirt,
noch vod bößem humor, also kein wunder, daß sie sich leicht mitt
ihrer schwesfer vergleichen können. Die seindt nicht zn beklagen,
so so seelig sterben, wie der fürst von Murbach. Ich weiß gar viel
geistlichen, so gar vergnügt in ihrem standt sein undt nicht weldt-
lich sein wolten. Daß kan ich nicht begreiffen; den so zuwider es
mir auch ist, ein weib zu sein, so bin icbs doch noch lieber, alß
ein geistlicher. Dießer standt were mir recht unleydtlicb. Die Heidel-
berger solten doch woll gewont sein, ihren churfdrsten mitt seiner
famillen zu Manheim zu wißen: den wir wahren ja gantze sommer
dorlten. Aber waß mir abgeschmackt vorkommen, ist, daß man
sagt, der churfürst wolle die Necker brück abbrechen undt zu Laden-
burg baweu laßen. Daß kan sein, wie ein Jud einmahl zu Heydel-
berg sagte: -«Verheytter ' hab ichs nicht erlebt*. Hiemitt seindt
Ewere zwey letzte liebe schreiben völlig beantwortet, bleibt mir
nichts mehr überig, zu sagen, alß daß ich Euch von hertzen lieb
bebalte.
Elisabeth Charlotte.
1110.
Parie den 4 April 1720, nmb 5 abendts (N. 81).
Hertz allerliebe Louise, in dieliem augenblick komme ich de la
Place Royale, wo ich der großhertzogin eine vissitte geben, welche
ich, gott seye danck, in vo]komm[e|ner gesundtheit gefunden,
bin aber in rechten sorgen undt betrübt; eine von meinen gutten
freündinen hatt schon alle ihre saevementen entpfangen, undt lctz[t]
verwichenen sontag war sie noch frisch undt gesandt, gleytte' mich
biß ahns closterthor; den es ist meine gutte freindin, die superieure
von den Carmelitten du faub[o]urg St Germain, wo ich alle sontag
hinfahre. Daß geht mir recht zu hertzen, es ist daß beste mensch
von der weit, so mich recht lieb hatt. Aber hiemitt genung von
dießer betrübten sach! Ich komme auff Ewer liebes schreiben
von 12, no 21; den daß vom 22 habe ich schon beantwortet, '
auch daß vom no 23. Aber da kompt mein söhn herrein, den muß
ich viel sagen, muß also eine pausse machen,
Donnerstag urub halb 8 abendta.
Mein söhn ist wieder weg undt die junge printzes de Conti
kompt herein; aber mitt ihr mache ich keine fagon, Urne alles, waß
mir in kopff kompt. Ich will nichts von der Unrichtigkeit der post
reden, den daß ist gautz unnöhtig; waß man auch sagen mag, wirdt
doch nichts geendert. Drumb will [ich] nur sagen, daß ich beulte
kein neues schreiben von Euch entpfangen , werde also daß alte
volfiihren. Ich habe schon in die frischere, so schon boantwort sein,
gesehen, wie man Euch 2 von den meinen auff einmahl geben hatt.
Mein enckel ist. schon vor 14 tagen wieder von Seve 1 kommen, ist
nun frisch undt gesundt, gutt lob ! ünßere printzes von Modeno hatt
unterwegen noch ein acces vom lieber [gehabt]; man hatt sie purgirt,
seyder dem befind t sie sieb woll, wie man mir versichert. Ich bin
wie Ihr, liebe Louise! leb glaube nicht, daß die pf äffen die H.-
geist-kirch wider heiMuG^eben werden, weillen es noch nicht ge-
schehen, man zwinge sie den dazu. Hirbey schicke ich ein schrei-
ben von madame Dangeau ahn ibre fraw sebwester, der* fftrsün von
Ussingen. Hir sagt man kein wordt von madame Dangeau erb-
sebafft. Nim Ostern vorbey, werden well die assamhleen zu F ran ck fort
wider ahnfangen. Hir hört man wenig guttes; alle tag erfahrt man
neue mordlhaten. Man verzehlt mir alleweil, daß seyder vorgestern
6 menschen ermordt sein worden. Ey, liebe Louise, ahn sterben
must Ihr noch nicht gedencken. Ich habe gar kein lust, zu weinen,
bin auch sonsten trawerig genung, habt* nicht von noliten, daß mir
noch waß mehrers dazu kompt. Also, liebe Louise, halt Euch hübsch
frisch undt gesnndt! Altn monsieur Le Fevre habe ich Ewer schrei-
ben gleich geschickt, habe aber seyder dem nichts von ihm gehört.
Ahn chevallier Wattcr denckt uiemamlts mehr, daß ist auß. Wen
gleich Ewer schreiben ahn monsicur Le Fevre nicht pitsebirt ge-
weßen were, hette ich ihn* docli nicht geleßen: den ich leße mein
leben keine brieffe, so nicht ahn mich gehören. Anff Frantzösch
schreiben ist nicht gar schwer; man schreibt ja nur, wie man spricht,
gantz natürlich; es ist schir leichter, alß auff Teütscb , kost mir
keine mühe. Dali letzte malt], Biß icli monsieur Le Pevre gesellen,
hatte er gulte hoffnung, daß seine Sachen baldt zu endt gehen wer-
den. Dieße Sachen, liehe Louise, haben mir gar keine mühe gekost,
undt wen sie mir gleich mühe gekost hetlen, bin ich genung re-
compensirt, wen es Euch persuadirt, daß ich mich, wie ich tbun
solle, vor Euch undt die Ewerigen interessire. Es ist kein wunder,
daß Ewer eiste liiepcc, nachdem ihr so viel Unglück begegnet ist . , .
Stehlen geht noch voll hin, aber morden, wie man hir thut, ist zu
grob; seyder vorgestern seindt noch (i personnen assastinirt worden.
Es ist beßer, falsche steine tragen, alß sein leben in gefahr zu
setzen oder sein liab undt gnlt zu verliehren. Ich halte es vor gar
keine schände, falsche perlen zu tragen; seydor meines herrn todt
habe ich keine andere getragen 1 . Wen man nur in solchen Sachen
den* andern nationen at! ist, geht es weil hin. Ein andermahl ein
mchrers. Ich gehe getroster; man ist mir sagen kommen, daß meine
freündin beßer ist. Dieße nacht hoffte' ich, ob gott will, beßer zu
schlaffen, alii die vergangene nacht; den meiner freündin ... ist mir
im kopff gelegen, undt ein abscheulicher krumpft' ahn knie, daß ich
biß umb 4 nicht habe schlaffen können, ob ich zwar umb halb 11
nach bett gangen war. Gutte nacht, liebe Louise! Ich ambrassire
Euch von hertzen undt habe Euch von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
1111.
Paria den 7 April 1720 (N. 82).
Hertzall erliebe Louise, ich habe noch zwey von Ewer[e]n lieben
schreiben zu beantworten , daß von 2 undt 5 Mertz, no 18 undt
no 19; den alle frische habe ich die andere poston schon beant-
wortet. Ich schreibe Euch heütte mitt recht betrübten hertzen;
den ich erwarte , daß man mir heütte meiner freündin todt sagen
kompt. Sie war gestern abenits gantz ohne hoffnung; ist mir woll
von grundt der seelen leydt, war ein gutt, auffrichtig, ehrlich mensch,
gar nicht pfaffisch , sondern recht raisonabel in ihrer gottsforcht.
Es war mir also ein rechter trost, mitt ihr zu reden. Man findt
wenig von dem schlag, war auch eine frcüllen von guttem hauß, die
zu leben wüste. Ich tliue einen rechten vcrlust ahn ihr; sie war
allezeit lustig undt von guttem humor, verstundt. ... Sie hieß mitt
1 Vergl. den trief Tom 3 Februar, oben s. 34. 2 »der. 3 ? hoffe.
107
ihrem (auffnahmen Martha, alßo hieß ich aie allezeit Marlon. Daß
gantze closter äst wie verzweifelt von betrübtnuß; den die arme
Marton ist sehr belieht von ihrem gantzem closter undt meritirt es
auch. Ich zwejffle nicht, daß sie der allmächtige in die ewige see-
ligkeit wirdt nehmen, will nlso weitter nichts von dießer betrübten
sacb sagen, komme auff Ewer liebe schreiben. Mein enckel, der
dnc de Chartre[s], ist, gott seye danck, frisch uniit gesandt nun,
wie auch seine 3 sckwesterger; sie seindt alle abend t in meiner
cammer. Die 3 raedger werden hetitte niitt mir zu mittag eßeu,
welches ihnen alß ' eine große freflde, mir aber gar eine mittel-
mäßige last. Da kompt man mir sagen, daß meine glitte freündin
noch nicht todt ist, aber doch nicht davon kommen kan; jarnert
mich woll von hertxon. Komme wider auff Ewere schreiben, liebe
Louise, undt dancke Euch gar sehr vor alle gutte wünsche, so Ihr un-
ßerra duc de Chartrefs] gethan. Es isl gar gewiß, das dießer bub mir
mebr ahm hertzen liegt, alß seine 5 Schwestern. Mein söhn ist mir
tlber alles undt bin gar nicht von denen multern, so iiire enckel
lieber, alß ihre leibliche kinder, haben; meine 2 kiuderu liebe ich
über alles. Dieß jähr werde ich leyder meine dochter nicht zu
sehen bekommen. Daß arme mensch ist schwanger worden, welches
mich sehr in sorgen setzt; den der balbirer, so so gar gelehrt undt
geschickt war undt ihr zu ihren 14 kindern zur hebamu gedint undt
ihr daß letzte kindtbett, da sie ein todt kiudt im leib hatte , daß
leben errett, ist seyder dem gestorben. Sie hatt zwar seinen söhn
bey sich, so hir im l'hostel üieu, so ein spittal ist, sein handtworck
woll gelehrnt hatt; er hatt aber die lauge experientz nicht vom
vattei' undt zu Paris seindt keine gntte accouc!ieur[s] mehr. Man
ist schir gezwungen, die bebamen wider zu nehmen; daß macht mich
reciit bang vor mein dochter. Ich habe noch hoffnung, daß, weillen
sie so viel kinder, nerablich 14, [gehabt hat], daß es vielleicht ist, daß
ihre zeit sich deregliren will. Bey mir hatte es frühe ahngefangen,
sich zu deregliren, nehmblich alß ich 36 jähr alt war, ist aber erst
10 jähr hernach lmhI/ tniL^itblicbcii ohne die geringste ungemach-
lichkeit, noch kranckheit. Mein sahn ist der beste mensch von der
weit. Madame du Maine halt ihn vorgestern besucht, halt sie woll
undt hofflich ontpfangen *. Gestern , da ich madame la prineesse
2 Journal Ju i
b Dangen,
XVIII, B
108
besucht, so zur ader gelaßen halte, batte mieb madame la princesse,
gutt zu finden, daß sie mich auch besuchen mögte. leb andtwortete,
daß, weillen mein söhn sie gesehen, den sie so gröblich beleydiget,
uudt ihr verziehen, könte ich sie auch wolt nieder sehen; wirdt
also erster tagen ah n gestochen kommen. Ich ilarffs nicht abschlagen,
aber es ist. mir woll keine ahngenehme vissitte, daß weiß gott. Es
ist aber sein h. wille, daß ich in meinem leben mehr un,T,hnge[neh]mes,
alß ahngenehmes, haben, muß mich also woll drin ergeben undt ge-
dult nehmen. Mein sobn würde sich sehr betriegen, wen er sich
au ff einiger danckbarkeit verlaßen wolle. Denen er ahm meisten
guts gethan undt sie mitt gutt, gelt undt ehren überheüfft , die
seindt die ärgsten gegen ihm. Die Frantzoßen können woll plaut-
tern von der danckbarkeit, aber nichts ist rarer, alß sie nra[c]ticiren
sehen. Alles, waß gütte undt douceur ist, halten sie vor Schwach-
heit uudt meinen, sie miisten über sie her[r]schen undt ihneu alles,
waß sie wollen , batoti baut ' thun machen. Geht daß nicht abc,
werden sie büß undt conspiriren gegen ihre regenten; es ist ein
unbändig volck. Der popel ist beßer undt raisonabler , alß die
leutte von gebührt; die meinen alle, es geschehe ihnen daß groste un-
recht von der weit, wen man ihnen nicht alles regieren lest. Mi-
nistre[s] seindt auch alle gar schlime leütte hir. Ich zweyffle ahn
der zeittung, daß mein vetter, der printz von ließen, könig wor-
den, weillen I, L. der landtgraff noch kein part davon geben;
der müste es ja ahm ersten wißen. Sieb selbst /n heuckeu, seindt,
deucht mir, englische utidt keine teii[t]sche moden. Nichts ist ab-
scheulicher, alß bungersnoht; ich habe es einmabl hir erlebt, wolte,
glaube ich, lieber sterben, alß es wider sehen; es gratist mir noch,
wen ich nur dran gedencke*. Ich kan nicht begreiffen, waßderweiße
freitag, 5 April 1120: .L'opr^s-dinee, madame la duohesso du Maine all* au
Palais-Rnjal ut fnt qnelqua tamps avec S. A. R. Madame la princesse de Conty
la joiina i-toit avee madame du Maine. Cetto princraa* est eortio fort o.mtente
da eotte oenversation ; alle a permiesion da denisurer ü Paris et partout oü il
!ni plaira; mal» alle na aera point coutenla qu'ella n'ait tu M._ du Maine. Elle
eapBra la voir tientöt at qu'il se rendra ä toutea les instauoea rju'olle fait paar
oela. Ella a parle ä S. A. R. pour la Ubeslt de madeiuoitolle de Lannay qu'on
lni a fait «Sparer: eile a parle aossi pour M. de Lava]; raaie an Im a repondn
lä-dossua qua raffaire *loit plin imporlante qu'olle na pensoU et uieriloit un
long esainen..
1 d. h. mit aufgehobenem stooke. 2 Vargl. den brief vom 1 Februar
und den brief vem 16 und 17 Mo«, eben ■. 33. 85.
109
saudt sein muß, so ein berg in Sachsen bey Wittenberg außwirfft;
es muß ein[e] ardt inuna sein '. Gottes gnadt utidt glitte erweist sich
in alles. Ihr habt mir, liebe Louisse, den jetzigen cburfürst zu
Pfaltz alß wie einen so gar gutten terra beschrieben; daß erweist
er aber gar nicht ahn seine untertbanen nndt von dem gantzen
netiburgi sehen hauß erweist er sich ahm graußambsten gegen ihnen.
Sein her[r] vatter uudt herr bruder haben mitt großer samfftmuht re-
girt, alß dießer churfürst. Man tiiut niclit allezeit, waß man tbreüet*,
Dali hurenleben nimbt offt ein schlim endt. Es ist aber erbarmblich,
wen ein mensch in dem standt stirbt uudt sehr vor ihre seeligkeit
zu fürchten. Hir haben wir auch eine gallantc historie , so übel
vor die liebhabt:!' abgeloffen. Ein junger comte de Fiene s , so etu
hübscher, woll geschaffener mensch von 18 jähren ist, hatt sich in
eine junge seildantzeriu verliebt undt hatt mitt ihr durchgehen
wollen. Seine matter ist deß inarquis Destampes* schwester, so ca-
pitaine des gardes von mein söhn ist. Sie seindt lang sehr in sorgen
geweßen, wo der junge mensch hin kommen; endtlich hatt mau er-
fahren , daß er zu Brüssel. Einer begegnet ihn zu Brüssel , der
sagte zu ihm: «Qu'e[s]t ce que vous faittes icy, Monsieur le comte
de Fiene?» Der andtworttele: «Gardes vous bien de mander a
na mere öu grand mere, que je suis icy! Elle[s] ne saveot, ou je
suis, et je ne veux pas, qu'il 6 !e sachent.* Dießer hatt woll gedacht,
daß es nicht viel deilcht 8 , hatt sieb gleich infonnirt nndt erfahren,
daß er seiner seihlantzerin zu Brüssel erwahrt', umb initt ihr nach
Hollandt undt Englandt zu reißen. Der hatt es gleich hergeschrie-
ben. Mein söhn hatt die seilldantzeriu auff den frontieren arestiren
laßen, den jungen Fiene nach Aire in die citadel gefangen setzen
laßen. Also hatt dieße lieb ein schlecht endt genohmen. Hir hört
man von nichts, alß stehlen undt nssasiniren. Wir haben hir gar
ein heßlieb Wetter; es regnet seyder 4 tagen continuirlich, es solle
aber gar ein gutt wetter vor die fruchte sein. Hiemitt ist Ewer liebes
sehreiben no 19 völlig bcantwort, komme auff daß, so mir noch
üljerjg stehet vom no 18; hernach habe ich keines mehr zu beant-
worten. Kompt mir eines dießen nachmitlag, werd[e] ich es vor
donnerstag versparen, wo mir gott leben undt gcsuudtheit [verleiht],
1 Vergl. den brief Tom 27 und 28 April, nachher s. 127. 2 d. h. droht.
,: Flennen, i d'Estftmpes. 5 ? qu'ollea. 6 d. h, taugt. 7 d. h. erwarte.
welches ich mehr, alß nie, sage, seyder ich die arme Marton vor 8
tagen so frisch undt gesund! gesellen hatle undt nun so nahe bey
dem todt weiß. Von den rottlen werde ich nichts mehr sagen, daß
ist gantz vorbey. Die printzes von Modene wirdt nun nicht weit
von Lion ' sein. Gestern kam ein mnrqui[s] de de Rangoni her, so
sich hir aiß envoyes auffhalten wirdt; der hatte dieße printzes frisch
undt gesundt zu La Charite ahngetroffen Mein eoekel, der duc
de Chartre[s], ist nicht stareker geworden von seinen rohtleu, aber
selir gewacksen. Aber, liebe Louise, nun ist es zeit, daß ich mich
ahntliun gehe. Ich werde zum konig , von dar au[x| Feüülant|s'|,
wo ich die meß hören werde; von dar werde ich wider her zu mit-
tag eficu, nach dem eßen dießen brieff aiii-l.n.l"-i
Umb ein viertel auff 7.
Da kommen wir von der stinckensten undt wüsten, schmutzigsten
kirch von der weit hir in unßerer nach harsch äfft , nehmblich Les
quinsevtnet *. Mein leben werde ich nicht mehr in dem salut; es
ist nicht auszustehen. Gleich nach dem eßen ist mein söhn kom-
men, raitt dem habe ich eine glitte stundt geblautt.ert. Hernach
habe ich einen brieff geleßen , so man mir von der printzes von
Wallis gebracht, undt 2 von Euch, liebe Louise, vom 24 undt 2«,
no 24 undt 25. Ich will Euch auff daß frischte andtwortten ; bleibt
mir noch zeit überig, werde ich noch zeit üuerigen s , so ich heulte
morgen ahngef äugen. Es ist, wie Ihr secht , liebe Louise, gantz
apropo kommen, daß Ewer frischt es schreiben klein ist; sonsten
kette ich es heütte nicht beantworten können. Aber die ursach ist
mir gar leydt, warumh Ewer brieff, liebe Louise, kurtz geworden,
nebinblicb weilien Ihr so große kopffsehmertzen habt, weilten es nur
der sclinupen ist, welches ich hoffe, Euch woll bekommen wirdt
undt eine größere kianckbeit verhindern '. Wir haben auch eine
zeit her frost undt schnee hir gehabt. Aber nun seyder 5 oder ti
tagen thut es nichts, alß regnen, welches man ein gar gutt weiter
heist. Ich glaube aber nicht, daß es gesandt ist. Die gar zu große
Litze gibt eben so woll husten undt schnupen, alß die kälte. Warme
Stuben habe ich mein leben nicht vertragen kön[n]en. Wen man mir
Qnime-vingtB. Vergl. bnnJ IV,
>ibun boendigeü. i Der suta isl
nioiit in Um- urdDUng.
11
meine pressentz zu Heydelberg zu warm eiuhitzle, macht« ich alle
fenster auff; den ich konte es nicht außstehcn. Hii* habe ich daß
nicht zu förchten; doch ist ein oven in unßere capel hir. Wir haben
dall von I. lil. dem churfürsten s., uußern herr vatter, die [warmen]
Stuben nicht leyden zu können; den I. G. hüten allezeit die [war-
men| stuben vor gar ungesundt gehalten undt 1 nicht leyden können.
Za meiner zeit brentc man zu Hannover in den caminen mehr torff,
alß holtz; ich weiß nicht, obs noch so ist; bericht miens! Meinen
3teu linsten habe ich baldt courirt, habe 3 tag nach einander nior-
gen[s] uinb 6, wie ich ausgestanden, eine gutte maß waßer gedruueken.
Daß halt mich in 4 tagen perfect courirt, befinde mich nun, gott
seye danuk , [ganz wol], hin aber betrübt undt sehr in sorgen vor
meine freündin , wie ich Euch, liebe T.ouisse, schon gesagt. Man
halt ihr ein remedium [gegeben], von welchem man viel hofft; ich
fürchte aber gar sehr, büße zeittung morgen zu bekommen, welches
mir nicht woil zu paß kommen solte; den monsienr Teray macht
mir morgen undt übermorgen meinen grünen safft nehmen, wo ich
glaube, daß freüden gesunder wehren, alß threnen undt botrübtnuli.
Wen mir gott biß donnerstag abendts daß leben verleyet , werde
ich Euch berichten , wie es abgangen. Ich sage biß donnerstag
abendts; den morgendts werde ich nach Chelle[s] fahren undt niitt
mein enckel zu mittag eßen, werde erst abendts schreiben können,
wen ich wider werde körnen sein. Mau will Euch gewiß wider
zwey von meinen schreiben auff einmahl [geben], wie man mir die
Ewerige nun ein zeit her gibt. Daß keine auß Englandt kommen,
da seindt die Sturmwinde scliuldtig; aber die, die keinen stürm auß-
zustehen haben, die konten woll richtiger geben, wens die kenn
von der post wolteit. Wen mein docliter nicht tu dem verdacht
were, zum 15ten mahl schwanger zu sein , so käme sie gewiß in
dießer zeit her; aber so ist es nicht möglich. Deß hertzogs proces
wirdt, glaube ich, verglichen werden. Vor Ewere gutte wünsche
dancke ich gar sehr, liehe Louisse! Viel saüsfactiou bin ich nicht
gewohnt; wehre mir etwaß neues, wen es geschehen solte. Man
hört nun nicht mehr so viel von l.runckheitten undt schlagüüßen,
alß von morder. Heütte liatt man noch etwaß abscheuliches auff
dem Pont-Royal gefunden, einen bauch, hindern undt 2 schenckel;
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die bein, der kopff, die brnst undt magen undt rülicu fehlten ahn
dem leib, stille ein abscheulich spectacle sein. Vor ein par mout
wahren die schleunige todt sehr a la mode; aber seyder dem bort
man nichts mehr davon. Ich habe auch sagen hören, daß kein
exempel seye , dali leütte den schlag bekamen , so den sclinupen
gehabt, daß den tag, wo man senfft in speist, sicher vor den achlag
ist. Alle leütte, so so plötzlich sterben, jammern mich; allein wen
ich die wähl von sterben hettG , wolte ich gern plötzlich sterben
undt nicht in einem bett krauck sein undt geplagt werden, Könt
Ihr glauben, liebe Louisse , daß ich Euch ohne tkrenen würde
sterben willen, so must Ihr ahn meiner freändtechafft zweyfflen, liebe
Louisse, undt daß offeii'lirt mich recht; inüst inieh den vor eine lüg-
[n]erin halten, den ich Euch ja alle post zwey mahl diswoch versichere,
daß ich Etleh lieb habe. Hiemitt ist Ewer liebes letztes schreiben vom
26 gantz beantwortet, bleibt mir nur überig, zu versicheru, daß
unalij] gesehen Ewers Unglauben ich Euch doch von hertzeu lieb habe
undt behalte, liebe Louisse!
Elisabeth Charlotte.
A mad. Louise, raugraffin zu Pt'altz, a Pranekforth.
Paris den 11 April 1720, Limb 7 abendta (N. 83).
Hertzall erliebe Louise, es ist just eine stunde, daß ich von
Chellefs] kommen bin; habe hir einen gar großen brieff von mein
dochtcr empfangen, den ich gcleßen. Hernach ist der printz von
Durlach herein kommen undt nach ihm die zwey Schwestern , ma-
domoiselle de Bouillon undt Hiadame de Monbassou '. Daß alles
zusainen hatt mich bißher von schreiben abgehalten. Ich komme
auff Ewer liebes schreiben vom 23 Mertz, no 24. Es kan mich alß
verdrießen, wen mau meine schreiben 2 undt 2 auff einmabl gibt;
aber daß ist nicht zu endern. Aber ich bin doch froh, daß Ihr
secht, daß ich keine post verseüme , undt werde auch keine ver-
seümen. Weillen sie Euch ahngenehm sein, liebe Louise, werde
ich Ellch, so laug ich lebe, keine fehlen laßen. Ach, liebe Louisse,
113
> ist die weit; man ist selten, ohne «aß verdrießliches zu haben.
■ werdt teine mühe haben, zu errahteu , wali mich offt gritlich
macht; den Ihr seydt auff dieße meine Sprung jetzt gantz abgeriebt,
raht also leicht, waii mir fehlt. Golt-gelt solle man nicht mehr in
Franckreicb sehen 1 . Aber mitt dießen maniren solle der künig alle
seine schulten bezahlen undt reich werden. Gott gebe, daß alles
gntt tliun mag! Ich verstelle eben so wenig dielie sach, alß Ihr, liebe
Louise! Unßere printzes von Mudene solle gar lustig aaff ihrer
reiße sein; sie tbut gar kleine tagreißeiji], umb die abnkunfft zu ver-
engern. Zu ihrem glück ist eine von ihren damen, 30 ihre fraw
mutter ihr mittgehen , todtkranck gewurden , die marquise de 8i-
mianee *. Dießen pretext halt sie genohmen, umb sich lenger a !a
Palisae auffzuhalten, undt einen expressen hergeschickt. Madame
ia princesse de Modene halt mir nur einmabl geschrieben, seyder
sie weg ist. Heütte ist es just ein mont, daß I. L. verreist sein;
halt mir nur von Fontaineblean geschrieben den 3 lag nach ihrer
abreiße. Sie schrieb mir, sie begehre mein amitie, worauß" ich ge-
antwordt: «II n'y a rien de si aisses. Hendes-vous heureusse eu
vons apliquand bien a vos devoirs! Et vous seres tres assuree de
mon amitie.> Seyder dein halt sie mir nicht mehr geschrieben,
aber sie lest mich grüßen durch die courir , so sie herschickt.
Unßere hertzogin von Dannover wirdt nicht woll gar große kundt-
sebafft mitt ihrer netten enckellein machen; den sie wirdt gar bat dt
nach ihrer ahnkunfft wirdt unßere hertzogin wider* her nach Paris
1 Vargl. den briei Tom 30 nnd 31 Man, oben s. 102. 2 Simiane.
Journal da marquis do Dangeau XVIII, a. 244 unier frsitag , 1 Men 1720:
'Madame de Modene , qni cimpte toujours da partlr bleutet, iura dans sod
carrurjse maadames .le Villa», de Simiane , de Baoqueville et de Gojon.>
Der herxog von Sainl-6imon bemerkt ebendaaulbit .■. 245 über frau von Si-
miane folgendes: 'Madame du Simiano, fillc <ie fuu M. de tirignan , nbevaliar
de l'Ordre , lientenant g£n£ral de Provence, ot de umJauio de ßrignnn, si oon-
nno par las lettros do lnadaiuo de .SüfignS, m mere , ötoit veuve de Sitniana,
preaiier gentilbommo do la chambre de M. le duo öVOritsam , et rtamo do im-
dama la duebesao d'OrWan» <:m accoinpagna la prinoesso de leur part.' Unter
freitag, 12Apitl 1120. schreibt »angeau ebendaselbst 8. 287 : «Ün n dm Jettron
de madame la priocense de .Valens; alle fScrit de la Palioe et maode qua ma-
dame de Simiane est .■in-.-.fral.iemeut malndo ; eile a demeuie deui ou trois
Juan avea alle, et dopDi? cols. an a sn qne nette prinoeaso an etoit repartie et
qua madama de Suoiane atait la patite i£role. Ou a envoyd querir ä Ljon Coifond,
qni est un in. leoin tarnen« 3 ? worauf, i '< nucli ihrer ankauft wider.
Elisabeth Cbarluite
kommen. Bey mir wcrc es ohnmüglich, daß pfaffen midi regieren
konten ; ich halte zu wenig auff sie. I. G. s. unß[er] lierr vatler
pflegte alß zu sagen: »Es wird! nie woll in der weit hergehen,
man jage den erst 3 art von charlatans weg, nehmblich pfaffen,
dockt er undt advoealten.» Ich Ldamire ' zu sehr die, m sich pfaffisch
halten undt ihren Maximen folgen, umb selber in dießen fehler zu
fahlen. Alle die neilburgiscba kinder seindt bitter jamerlich er-
zogen worden. Alles, waß die keyßerin Elenuora gethan, seindt
lautter pfaffen- undt nunen-einfühl. Die großbertzogin fragt nach
nichts, ist. allezeit Instig; sie. fra^t wenig nach ihre kinder; ver-
stand batt [sie], aber auff ihrer art. Ich bin sehr in gnaden bey
ihr, ich habe sie auch recht lieb. Sie will, eher sie ins baadt zieht,
noch zwey tag zu mir nach St Clou kommen. Mein schreiben ahm
landtgraffen von Darmstat hatt kein eyll; wen er nur damit t zu-
frieden ist, ist alles gutt. Dem jiapst verdiist unerhört, daß er
nichts mehr über die Constitution zu zancken hatt; mogte noch woll
neue handel ahnfangen. Der konig batt sich über den streydt von
der Constitution so erzürnt, daß es I. M. ahm leben geschadt batt
undt erst ahn der gesundtlieit ; hatt es selber gesagt, Hieraitt ist
Ewer liebes schreiben völlig beantwortet; bleibt mir zur* noch überig,
zu sagen, daß ich Euch von lierlzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1113.
Paris den 14 April 1720 (N. 84).
Hertzall erliebe Louise, es ist beulte just 8 tag, daß ich Ewere
letzte schreiben entpfangen. Seyderdem ist nichts ahukommen; will
hoffen, daß die post mir wider nach dem schlimen gewohnheit et-
liche brieff auffeimnahl sambh'ii will, wie schon offtermahl geschehen.
Gott gebe nur, daß Ihr, liebe Louise, nicht kranck sein möget,
welches mir von hertzen leydt sein soltel Aber waß mich schir
bang vor Euch macht, ist, daß man überal von krancken nun hört,
undt die kranckheiten überfalilen die lentte gnntz plötzlich. Die
marquise de Simiaue , eine von inadame d'Orleans damen, sie* sie
ihrer fraw dochter, der printzes von Modene, mittgeben, hatt sie a
1 d, b. tadle. 2 ? nur. 3 Im, d. h. weloho.
115
i mtißen, nitt dt-n kinderblaltern laßen müßen. Ver-
gangenen mitwog holte midi der consierge liir in die commedie,
undt wie es ein gargult, ehrlich manchen ist, von welchem ich gar
content geweßen, nie er bey meinem hemi cammerknecht geweßen
(den er hatt mir nie nichts zu lejdt gethan , coutraire oil't mein
partie gegen die andere büße barsch genohmen), so habe ich ihn
allezeit distinguirt undt mitt ihm gesprochen undt vexirt, den es ist
ein mängen, so verstand l hatt; war mittwog, wie schon gesagt, ge-
suadt undt lustig, ich lachte noch mitt ihm, wie wir umb 9 aull der
cooiedie gingen. Donnerstag niorgendts fuhr ich nach Chelle[sj, wie
ich Euch abeudts bericht. Wie ich umb fi widerkam, sagle man
mir, daß diß arme müngen alle seine sucrcinenten entpfangen undt
auff den todt ligt. Es hatt ihn auff einmahl ein hitzig lieber ahn-
gestoßen , daß er gefabelt. Freitag war er zimblich woll wieder,
gestern aber Ubei, beulte ein wonig beßer. Es ist abscheulich, wie
gesebwindt die kranekheitten dieß jähr überfallen. Heine s-uperieure
von den Canneiitten ist, gott lob, außer get'ahr. Ich will sie dießen
nachmittag besuchen. Heulte morgen umb 11 werde ich nach Hoff,
ein kindt mitt dein kötiig halten, deß grand prevost söhngen, mon-
sieur de Mousoreau '. Sie seindt von gutten hauß. leb habe sei-
neu vatter undt großvatter gekandt; den es ist gar lang, daß die
charge in ihrem hauß. Der großvatter spauirte alß mitt mir au
boullingrin * zu St Germain undt verzehlte mir die alten Historien
von Louis 13 hoff, wo er seine jagendt passirt. Sie haben etwaß
in dießem hauß, so gar rar in Frauckreich ist, nehmblich daß die
mütter auch von gutten hauß sein. Es ist aber noch B woll zeit, daß
ich auff Ewer letztes liebes schreiben komme vom 2 Mertz, no 18,
welches daß eintzige ist, so mir noch uberig bleibt. Ich wäre ahn
meiner andtwordt geblieben, wo Ihr mir verzählt, wie Ihr zu Han-
nover die rödlen gehabt, so Etlch hart ahngegriffen hatten. Ihr sagt,
Ihr wist nicht, waß man Euch gebraucht, so Euch courirt. Daß
weiß ich woll, waß es auch mag geweßen sein, so batt Euch nur
1 Montnoreau. J ourn.il
tag, 14 April 1720: «Mai
ua üii faul du granu prfvflt,
■amedi a Saiat-Clomi ponr y
arqois
j Dangssu XVIII,
. 2fl8 i
l 1 apres- dln 6 a eile ulla aus
imeurer jusqu'aprcü la Toni
ach, ein kun gehaltener i.
116
courirt, daß Ewer« slerbstundt nicht kommen war. Wen die be-
stimbt st.iimlt nicht kommen ist, courirt man, wafi man auch neh-
men mag; hergegen ist die st undt kommen, so bilfft nichts in der
weldt , daß bin ich wol) fest persuadirt. Vor die gutte wünsche,
so Ihr, liebe Louisse, meinen encke), dem duc de Chart re[s], thut,
daneke ich sehr. Er ist mehr von den rodlen geendert , alß von
den kinderblattern, ist gar nicht hübsch mehr, aber er waxst sehr;
ich glaube, er wirdt haldt großer, alß sein berr vatter, sein. Mein
söhn betindt sich, gott lob, wohl. Uli sorgen nndt ängsten werde
ich nicht kranck werden; ich bin dießes zu sehr gewohndt , liebe
Louise! Bat! ist hir im landt schir mein taglich brodt geworden.
Aber gott, der all mächtige, halt einem jeden aufferlegt, waß er 1
gen solle; es muß ein jeder sein verhengnuß volbringen. Esseindt
zu viel leütte zu Paris, umb daß die büße kranckheitten auffhören
mögen; den die lufft ist immer büß hir. Ich werde nun baldt auß
dießer bößen lufft sein, den biß sambstag werde ich zu St Clou,
wilß gott, zu mittag eßen. Ich freue mich drauff wie ein kindt,
nicht so sehr, St Clou zu finden, alß Paris zu quittiren; den ich
bins wo 11 von hertzen satt nndt müde, kau mich ahn daß bürgerliche
lebeu nicht gewehneu, ob es zwar gar nahe bey 5 jähren ist, daß
wir es nun führen, Unßere hertzogin von Hannover halt mir der
keyßerin Amelie, ihrer fraw docliter, aeeideut beriebt und! nie sie
gefablen uudt den fuß so abscheüllig verrengt liatt , daß er gantz
auß einander gangen, alß I. K. 31. ein[eu] schranck haben öffnen wol-
len. Hir weiß kein mensch kein wordt davon, daß Churbayern
den ' schlag gerührt ; daß muß eine falsche zeytung sein. Mich
deucht, ahn keyßer- undt königlichen hoffen seiudt doch etlichmahl
undt insonderheit bey boylagern ceremonien nöhtig. Man kau mir
woll hirin glauben; den kein mensch in der weit hast die ceremo-
nien mehr, alß ich. Aber daß beylager zu Dresden war auch zu
starek; 3 oder 4 tag fest wäre in meinem sin genung geweßen *.
Aber man solle es macheu, wie daß feütsdu' $\n klnvordt sagt: «Eil
jeder solle sich strecken nach seiner decken» ; den schulden machen
ist etwnß gar heßliches sowoll vor große, alß kleine. Meledy Stairs
scheindt raisonabel zu sein, spricht aber gar wenig; sie werden
baldt weg. Mylord Stair[s] solle viel mitt einer maistres vertban
1 ?dor. ! Vergl, band IV, s. 278.
117
haben, so madame Rairaond heist; sie ist nicht so schön, alß ahn-
genehm , ist Churbayern l maistres geweßen. Nun hatt sie einen
andern amant nndt liebhaber, welches mylord sehr betrüben solle.
Ihr jetziger liebhaber ist graff Moritz vonSaxsen; der ist nicht gar
schön, hatt aber gutte minen, ist jung undt ahngenehm, also ist
meledy Stairs vangirt von ihres mans untre we. Man braucht jetzt
in Franckreich zu großen sumen zettel undt zu kleinen gar kleine
silberne müntzen, wie halbe batzen ; die gelten 30 sols, werden aber
alle monat abnehmen. Alberonie ist in die Schweitz gereist bey
dem abt von St Gallen. Waß er dort vor ein teüffelsleben ahn-
fangen [wird], wirdt die zeit lehren. Daß böße hexgen, die du-
chesse du Maine, wirdt morgen nachmittags zu mir kommen. Ich
hette es woll entbehren mögen, aber waß will man thun? Weillen
mein söhn sie gesehen, muß ich sie, weillen sie es mitt aller ge-
wählt will, woll auch sehen. Wo mir gott leben undt gesundtheit
verleyet, werde ich Euch biß donnerstag berichten, liebe Louise,
wie dieße vissitte abgeloffen. Wofern der fürst von Murbach einen
Frantzoßen gar viel vermacht, wo er jung undt woll geschaffen ist,
hatt es gewiß eine andere ursach gehabt, alß seine enderung von
religion. Ich werde heütte madame Dangeau im closter sehen, will
sie fragen, ob sie viel von ihrem herrn bruder geerbt hatt. Eine
person von Ewerm standt ist arm , wen sie nicht reich ist ; könt
Euch also gar woll unter die armen rechnen. Ich muß nun mich
ahnziehen undt nach hoff, den könig in seine meß zu folgen undt
hernach den kleinen Monsoreau auß der tauff zu heben. Ewer lie-
bes schreiben ist völlig beantwortet , kan also nichts mehr sagen,
alß daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Sontag, den 14 April, umb 9 abendts.
Da komme ich auß dem opera, habe die 3 letzten acten durch
geschlaffen. Wie ich herrein komen, habe ich Ewer liebes schrei-
ben vom 30 Mertz, no 26, gefunden, welches ich aber heütte ohn-
1 «Voir, au sujet des galanteries et des prodigalites de cet 61eoteur, les
cLettres» de Madame Dunoyer, 1739, t. III, p. 119.» G. Brunet II, s. 230,
anmerkung 1.
möglich beantworten knn, mir sagen, daß ich mitt madame deDan-
geau gesprochen. Sie ist universalle erb in mitt dem beding, daß
sie ihrer fraw Schwester, der fürst in von Ussingen , 4 taußendt
franeketi deß jahrs pention ' geben solle. Ihr erbsehafft geht hoch,
kompt auff 100/m thaller. AUso segt Ihr woll, daß kein wort wahr,
waß man von dem edelman gesagt, so von religion solle geendert
haben. leb muß ahn mein dochter schreiben; glückseelige gutt
nacht, liebe Louise !
A matl. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfortrj.
Paria den 18 April 1720, umb 8 abendta (N. 8i).
Hertzall erliebe Loaise, ich hin beiltte morgen umb halb 1 von
hir nach Bagnolet zu madame la ducliesse d'Orleans, wo icb braff
spatzirt, daß ich so müde bin worden, daß ich nach dem eßen im
vollen spiel vom biriby entschlaffen hin. Umb halb 7 bin [ich] wieder
von Bagnolet, undt weillen ich der großhertzogin versprochen, heütte
zn ihr zu kommen, undt es mein weg ist, so bin ii'h zn der groß-
hertzogin, wo ich alleweill herkomme undt finde Ewer paquet auff
mein[e]r taffei , liebe Louisse, sambst * Ewer liebes schreiben vom
6 April, no 28. Danke Euch von hcrtzen vor die zwey artige cal-
Ieiid[e]rger undt Zahnstocher, bücksger; seindt über die maßen woll
gearbeit. Abnstatt drüber zu lachen, hatt man die arbeyt undt
invention admirirt. Ich werde es gar gewiß daß tlberige gantze
jähr im sack tragen. Ich habe es nicht von Höhten, umb midi ahn
Euch, liebe Louise, zu gedeucken machen; aber ich versichere Euch,
daß ich mein[e] callenderger nicht werde ahnsehen, ohne ahn Euch zu
gedencken. Von der carwoch will ich nichts mehr sagen; die ist,
gott lob, vorbey. My[lord] Straffort" ist vor seine eygene affairen
herkommen , habe ihn seyderdem nicht wider hir gesehen , aber
zweymahl auff der gaß begegnet. Sein gesicht bringt ein wenig
1 penslon. 2 d. h. aammt. 3 Strafford. Der lourquis de Diugaau
schreibt sohon unter mittwooh, 2T Men 1720, Journal XVIII, s. 258 : <Milord
Stanbopo arrira ici lo matin; il eut audience de M. la duo d'Orleans aFant midi.
Milurd Strafford est nrrivt auesi; omis c'est pour sea affaires partioulitrea ; il »
beaucoup d'actiooa ä la banqne.»
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falschheit mitt. Mich deucht, es seye zimbli[c]h gemein bey den
Engländern. Mylord Stair[s] solle dieße kanst auch braff können.
Unßer s. liebe churfürstin undt I. G. s. der churfürst, unß[er] herr
vatter , haben die Englander vor perfect gehalten ; daß seindt sie
nicht, sondern woll so voller fehler, alß andere leütte. Die gräffin
von Warttenberg ist ohne vergleichong wie eine letiffende htindin;
sie leüfft alles nach, waß nur mansfigur hatt, hatt hir schlechten
rühm nach sich gelaßen. Die Englander verhettrahten sich ebenso
doli, alß die Frantzoßen, alß ich durch mylord Staffords heüraht
sehe; aber sie solle eine gutte, ehrliche fraw sein undt ihren man
hertzlich lieb haben. Habt Ihr schon vergeben, liebe Louisse, daß
alle Chargen hir in Franckreich, große undt kleine, mtißen gekaufft
werden ? Also kan man nicht leicht die ... Meine §ach ist, gott-
lob, zum endt. Morgen wirdt der Chevalier d'honneur undt premier
escuyer ihren aydt ablegen, daß kost auch gelt; den es ist eine
gerechtigkeit drauff vor die erste cammerfraw, so daß küßen geben
muß , worauf! sie knien , umb den aydt abzulegen. Ich muß , so
lang man den aydt lest 1 , ihre beyde bände in die meine halten;
camerdinn[e]r undt hu[i]ssie[r]s haben auch ein recht drauff. Ein
andermahl werde ich von unßer lieben printzes von Wallis reden,
nun aber, da es schon spät ist, nichts mehr sagen, alß daß ich Euch
adieu von Paris sagen werde; den übermorgen gehe ich, so es
gottes will ist, nach St Clou 1 ', umb dort zu mittag zu eßen, umb
den gantzen sommer dort zu bleiben. Wo ich aber auch sein mag,
werde ich Euch, liebe Louise, von hertzen lieb haben.
Elisabeth Charlotte.
1115.
St Clou den 21 April 1720 (N. 86).
Hertzallerliebe Louise, seyder gestern umb 1 uhr nachmittag
bin ich, gott seye danck, in meinen lieben St Clou in meiner ruhe
kommen. Ich hatte es hoch von nöhten; den ich war Paris müder,
alß nie; man hört undt sieht nichts, alß abscheuliche sagen 8 . Vor-
gestern hatt man noch 3 todten körper gefunden, denen man den
*
1 d. h. liest. 2 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 270 unter
freitag, 19 April 1720: «Le roi alla au Palais-Roy al voir Madame, qui partira
demain pour Saint-Cloud.» 3 d. b. Sachen.
bauch ausgeschnitten undt alles eingeweydt heraußgenohmen. Ge-
stern morgendts erführe ich, daß der consierge im palais, ein gntt,
ehrlich manchen , so Monsieur s. 40 jähr alß cammerknecht gedint
hatte undt mir sehr affectionirt war, nachts uinh 12 gestorben '; undt
[nejben ihm logirtu ein edelman, so madame d 'Orleans escnyer war,
der ist in selbiger stundt auch gestorben; wahren beyde recht ehr-
liche, gutte leutte. Daß macht einem nachdenckisch undt trawerig.
Aber daß liebe St Clou, wo ich still undt in ruhen lebe, wirdt mich
schon wider in ruhe bringen. Ich ging gestern früh nach bett; den
ich wäre müde, den tag getrepelt zu haben, umb mich einzurüsten.
Solch trepeleu macht einem müder, alli wen [man] eine meill wegs
gerali t fortging. Ich hoffe, beulte völlig auff Ewere liebe schrei-
ben vom 30 ilniz, no 26 , undt daß vom 2 dießea monts , no 27,
völlig zu andtwortten können; fange bey dem frischten ahn. Es
müßen Euch von meinen brieffen fehlen, liebe Louisse! Den ich
finde auff meinem callender , daß ich den 23 7B gesehiffert *. Ich
habe es aber weytter alleweill gesucht undt auch gefunden, daß ich
mich betrogen undt, ahnstadt 78, 75 bette setzen sollen; werde hiu-
füro belier nachsehen, aber nun nur fort setzen. Zu Paris ist man
immer geplagt undt hatt kein augenblick ruhe. Ich getröste mich
heütte deß heßlichen weiter; den es geht ein großer scharpffer
windt undt wirdt auch baldt regnen , den der himmehl ist gantz
Überzogen. Ich getroste michs heütte gar sehr, weilleu es mir mehr
zeit gibt, Euch undt mein dochter zu entretetiiren. Es liegt mir
schwer auff der brüst, wen ich gedencke, liebe Louisse, daß Ihr
meine albere brieffe mehr, ;ilß einmahl, überlest; daß muß Euch
ja langweillig sein. Wehret Ihr so woll catholisch, alli reformirt,
solte ich vermeinen, Ewer beichtsvatter würde Euch dieße lange-
weill zur büß aufferlegt haben, umb Euch zu mnrtih'ciren , wie die
keyßerin Leonor alß zu tlmn pflegte. Es seindtviel leütto hir, die
nicht wie Ihr seindt undt mein langweilliges geplatider baldt müde
werden. Nein, liebe Louise, ich bekümere mich nicht, umb vielle
vorsprach zu thun, liabe mir nur vorbehalten, vor verwantten, gutte
fretlnde undt meine bedintcu zu sprechen kommen; andere andtworte
ich: «Je ne me mesle de rien de ce qui regnarde la regence»,
nndt daß ist auch wahr. Fronckreicli ist nur zu langundter woiber-
handen geweßen. Icli will mein kaust nicht dran probiren, alles zu
verderben; bebütte mich gott davon ' ! Auch bin ich gantz nndt gar
nicht ainbitieux, hegelire nichts zu regier[e]u, alß mich selber, nndt
soiisten nur in friedt nndt ruhen leben , wens möglich sein kau.
Viel bir verwundern sich , daß ieli meine kleine encklen nicht zu
mir nehme, sie zu erziehen; aber ihre 3 groß[e] Schwestern haben
mir die sacb, wo ich vorher nicht große inclinalion zu halte, gantz
verlevdt. Da werde ich mich mein leben nicht mitt schleppen; sie
haben vatter undt mutter, die mögen sie nach ibrem sin erziehen.
Graft* Hörn war bitler übel erzogen undt halte sich mitt alle Kilon
von Paris assaciert, alil * keiu wunder, daß er so zu nichts nutz
geworden; war ein leichtfertiger geselin allen stucken, abscheulicher
sodomit, snma, außfer] daß er ein artige figur hatte, war gar nichts
lobliches ahn ihm; den gebührt ist von* nichts zu rechnen, wen
keine tugendt darbey ist. Ein abgrnndt zieht den andern nach;
hatt doch ein schön endt gehabt undt seine sündt woll bereuet*;
hoffe, daß i|h]n der allmächtige in gnaden wirdl ahn gesehen haben.
Vor dießem ist es gar gewiß, daß unßere lettischen tugendtsam ge-
weßen sein; aber nun höre ich, daß sie allezeit viel laster auß
Franekreich bringen, insonderheit die Sodomie, die ist abscheulich
zu Paris, daß ziebt alle andere lasier nach sich. Es ist [wahr],
daß Gambier de la Forastiere ein ehrlicher man ist; aber ich plag
ihn offt mitt seinem landt. Sclilaw ist er gantz undt gar nicht,
eher ein gntter, einfeltiger tropff. Seyder die königin mitt 8 pferden
gefahren, habe ich nicht weniger gehabt. Der erste, so es ahnge-
1 Tdayot- I ?alao. 3 ?vot, d. h. lUt. 4 V*rgl. den brisf »um
28 Muri, oben ■. US 0. Brauet II, e. 334, um. 1 tohreiM i ■■■ l,c oomte de
Hörn, potit-fils Ju prleee de Ugne, duo d'ArembeiR, i ,. allie n rotnperaur
d'Allemagne et au reget»; Sun eieootion epl Heu le 26 ■■ .. ■ 1720, quntre jours
aprila fon onene. I.»« Ion de l'epoqoe ooDtisquatent I»« buini du conaamnS , 1b
rSjent les donna i ion freie »tue, Maxlaiilieo dp Hnrn; oolui-ei le« refusa par
ans lettre qui clroula alnr>, mn> qu'on reRarde g*n*r«l*mMil oomme apoorypbe;
■He se termiuait eiosi <J'e>pere quo Dien et le roi < ■<■ rendront un jour une
'jnitice suasi ciacte que oelle qon «oue nmi rendoe a mna malhooreoi freie.)
Saiot-Simon (1- .WM'. . p. !-■ donne let detaile aar eette affaire oelebre; il
ijpina puur uns aominutation de peiop. o'nat-i-dire poni la deoapitatiou; mais le
rfgent et La» crurent que le »upplic« de la roue ftait nfiueiaaira ä la sflrat.S
des agiotenrs (voir le •Journal* da barbier, t. I, p. 23).'
fangen, war der letzt verstorbene duc de la Feüülade. Wir habens
von nohten, weilten unßere klitschen gar schwer sein; da ist. kein
rang, fährt mitt 8 pf erden, wct will. Aber, wie schon gesagt, es
ist woll 40 jähr, daß ich mitt Bpferdeu vor meinen kutschen fahren 1
aber in ealeschen fahr ich onlinaric nur mitt (i pferden. Ich muß
lachen, daß Ihr, liebe Louise, gemeint, daß ich so mitt 6 pferden
fahre, weillen ich die erste hin. Ich bin nicht zu hoffaitig, aber
ich halte doch meine diguitet, wie es billig ist. Der bertzog von
Lolteringen hatt vor zwey Jahren von üverey geendert undt, ahn-
st att grün undt roht gefüttert, jetzt roht, mitt gelb gefüttert. Die
erste gefiel mir beßer, (ließe rohte ist zu gemein; madame de Bran-
cas ihre ist ebenso. Die kejßerlicko liverey ist gehlb undt schwartz,
daß ist nicht schön. Zu Paris will man mitt aller gewalt, daß der
keyßer todt sein solle undt mitt einem pfert gestürtzt sein, wo er
eine ader solle gebrochen haben, wovon er gestorben sein solle'.
Ich glaube aber nicht, daß es war ist, weillen man au ß Teutschland t
nichts davon schreibt, da man es doch woll wißen solte insonderheit.
Mein dochter ist nicht schwanger, andere leüttc seiudts aber; also
werden sie doch nicht kommen. Ich bin reeht fro, daß mein doch-
ter nicht schwanger ist; aber ' nach 40 jähren ist es gefahrlicher,
kinder zu bekommen, undt sie ist schon nahe bey 45 jähren, wirdt
45 jähr den 13 September complet haben. Solte es war sein, daß
der keyßer todt sein , würde Teutschland! nicht ohne krieg sein.
Gott bewahre davor! Zu Paris haben wir etlich tag schon Wetter
gehabt; nun fengt es aber wider ahn, kalt [zu] werden undt sehr
feucht. Ich mogte vielleicht heütt noch woll etwaß von Euch ent-
pfangen, aber erst gar spät schreiben; den da kompt ein Courier
von meiner dochter, muß gleich nach dem oßen ahn sie schreiben.
Ewer liebes schreiben vom 2, no 27, ist doch völlig beantwortet,
daß andere spare ich vor nach der eomplic * außschreiben.
I 7 fabre. 2 Journal du marqnis du Dangoau SVm, «. 270 unter donnen-
tag, IS April 1720 : "Lo bruit cuurt <|Uo l'eiupereur est malade, qu'il s'est blejit
on tombant de cbeeal; mais un oroit co bruit fanx.> Ebendaselbst t. 273 unter
dienstag, 23 April 1720: 'La uouvollo qu'ou avuit ttUeai de la maladie do l'em-
budö M. de Benterlder par un courrier qui arriva biar.> 3 7 denn. 4 cum-
pliei, oomplste, johlull des täglichen gotteadiennteä bei den Katholiken.
123
Sontag umb 9 abendts.
O mein gott, liebe Louise, wie bin ich heütte e[i]ne geplagte
seehle ! Ein augenblick, nachdem ich ahngefangen, ahn mein dochter
zu schreiben, bin ich entschlaffen. Wie ich wacker worden, hatt
man ins salut geleüdt , hab in kirch gemttst , bin umb 5 auß der
kirch kommen, [habe] einen brieff von 10 bogen ahn mein docht[e]r
geschrieben durch einen expr essen Courier vom hertzog von Lot-
teringen. Ich dachte, noch zeit zu finden, auff Ewer zweyttes liebes
schreiben zu andtwortten ; aber mein enckel, der duc de Chartre[s],
[ist] ahngestochen kommen undt hernach hatt man mir noch ein brieff
gebracht, so ich gleich habe beantworten müßen, undt kan also vor
dießmahl nichts mehr sagen , alß das ich Euch von hertzen lieb
bebalten.
Elisabeth Charlotte.
1116.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 25 April 1720 (N. 87).
Hertzall erliebe Louise , vergangen montag bin ich mitt Ewer
liebes schreiben vom 9 April, no 29, erfrewet worden. Ich hoffe,
daß, nun daß wetter alle tag beßer wirdt, die posten, so nun beßer
gehen, sich auch wieder ersetzen werden undt woll gehen. Ich habe
Euch versprochen, hertzliebe Louisse , Euch alle posten zn schrei-
ben; also werde ich mein leben nicht dran fehlen, ich müste den
halb todt sein. Waß verhindernng ich auch haben mag, so werdet
Ihr, so lang ich lebe, allezeit einen großen oder kleinen briff von
mir bekommen; daß seydt gewiß, liebe Louise! Ich finde Ewere
liebe schreiben gar nicht alber undt über daß so seydt Ihr mir zu
lieb , umb daß ich nicht gern Ewere schreiben haben solte undt
wißen, wie es umb Euch stehet. Es ist gewiß, das, wer, daß, wer 1 mei-
nen söhn recht kent, kan ihn nicht haßen; den er ist woll der beste
mensch von der weit. Er könte keine größere freüde haben, alß
wen [er] alle menschen glücklich konte machen. Der friedt von
Spanien ist noch nicht gantz außgemacht ; gott weiß , wen es zu
endt gehen wirdt. Meine stim ist nicht so hart alß heyßer, alß
wen ein anders einen stareken husten hette; kan also gar nicht
1 ? gewig, daß, wer.
heyßcrsein'. Scyder die dornen sich hir ahn den landerienen * undt
obngeschoürte tracht gewohnt haben, kommen gar wenig mehr zu
mir; sie wollen sich nicht ahnkleyden, will sie nicht in ihrem des-
ahilles s seilen, also kommen wenig damen zu mir. Abermansleütte
kommen morgen dts sehr viel n ma toillette. Wen ich, unter [uns]
gerett, die rechte warheit gestehen solle, findt ich gar nicht artig,
daß Churpfaltz mir verspricht, Euch fuvorabel zu sein undt Euch
zu bezahlen', undt thut e^ doch nicht. Ihr habt mir dießen berrn
zu sehr gelobt, gibt Eileh einen schlechten danck davor. Es were
kein schelmstück, wen Ihr Ewern religionverwanten helffen koutet,
es zu thuu; dall kan woll nieuiandt in der weit übel finden. Nie-
roandtshatt Cburpfaltz in unrahe gebracht, a]ß seindt seine 8 pfaffen.
Daß alles, waß ich davon [liüre-j, daß seindt rechie pfaffenstiickger,
wovon ich gar nichts halle. Ich mogte Euch, liehe Louisse, von
hertzen gern noch lenger entreteniren, aber es ist mir ohn möglich ;
den ich bin lieötte nachmittag lang spalziion gefahr[c]n. Die frflh-
lingsluflrt macht mich gantz schlafferig, muß also wider willen schlie-
ßen, Ewer liebes letztes schreiben ist doch völlig beantwortet,
kan also nichts mehr sagen, nlli daß ich Euch eine glückseelige
nacht wünsche undt allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1117.
8t Clou den '27 April 1720, umb ■/« &»ff 8 abendts (N. 30) •
Hertz allerliebe Louise , weillen ich noch ein par stündtger
vor mir habe, kau ich es nicht beßer ahnwenden, alß Euch zu
entreteniren ; den wen ich biß auff den rechten tag wartte, kommen
mir allezeit hundert verhindern uße. Drtimb will ich ein wenig vor-
her plaudern. Ich will Euch auch verzählen, waß ich heütte ge-
than. Es ist daß schönste wetter von der weit, , recht sanfft undt
warm. Umb 3 bin ich in kutsch geseßen undt nach Madrit zu
Cliausseray[e| gefahren, wo ich gar starck spatzirt bin, 2 mahl ihr
parterre übergangen undt darnach einen gutten tour ins holtzgen
gethan. Ich bin mich so müde gangen, daß icli keinen fuß vor den
I Vergl. <
jrief vom 3(1 und 31 Merz, oben a.
oorkloid, schleppklei<
kloidung. Vorgl.
1 Vergl. das schreiten des kurflirsten Karl P
, naohtkloid, haoskleid, morgon-
imd 23 Mni und 26 Deoembor.
ipp an Elisabeth Charlotte, oben
125
andern stellen kan. Wie ich wieder kommen, habe ich die prin-
cesse Victoire von Savoyen, deß conte de Soissons dochter, hir ge-
fanden, so kommen, umb von mir abschiedt zu nehmen, nmb nach
Chambery zu reißen. Hernach bin ich ins abendtgebett , so eine
halbe stundt gewehrt. Hernach ist mademoiselle de Mon[t]pensier
kommen; daß gutte kindt, wolte gern lieb sein undt ist daß unahn-
genehmste kint, so in der weit zu finden, eben nicht so gar heßlich,
alß unahngenehm in allen seinen maniren; sie jammert mich offt,
aber ich kan sie doch nicht artig finden l . Es ist aber auch zeit,
daß ich auff Ewer liebes schreiben komrnme ; fange bey dem klein-
sten ahn von den beyden. so ich gestern entpfangen vom 13 ohne
chiffer mitt no. Der fürstin von Ussingen brieff habe ich gleich
nach Paris ahn madame Dangeau geschickt. E[we]r schreiben muß
noch zu gar 2 zu rechter zeit auff die post gebracht worden [sein],
weillen es mitt dem ersten zugleich ahnkommen. Ich will morgen
ein mehrers sagen, aber nun schlaffen gehen.
Sontag, raorgendts umb halb 8, den 28 Aprill 1720.
Einen glückseeligen glitten morgen, hertzliebe Louisse ! Es ist
schon anderthalb stundt , daß ich aufgestanden undt mein gebett
verricht habe, aber ich habe meine fenster auffmachen laßen undt
ein wenig frische luft 8 ; den es ist heütte morgen ein gar schön
undt samfft wetter. Ich glaube aber nicht, daß es bestandt wirdt
haben; den der himmel, so so gar hell undt clar war, wie ich auff-
gestanden , hatt sich nun gantz überzogen. Aber es ist zeit , daß
ich auff Ewer liebes schreiben komme vom 13 dießes monts, no30.
Die falsche zeittung, womitt man Euch erschreckt undt woran, gott
seye danck, kein eintzig wordt wahr ist, kommen von meines sohns
feinden her undt von den mal intentionirten , dem noch ein große
menge zu Paris sein ; man kent sie auch woll. Sie hoffen , daß
dieße böße undt falsche geschrey meinem söhn mehr feinde machen
8olle[n], welches doch, gott lob, bißher dießen effect nicht gethan.
Gott kendt meines sohns desinteressirtes * undt aufrichtiges gemühte,
stehet ihm also gantz wunderbar bey. Aber, liebe Louisse, glaubt
nur, waß ich Euch sagen werde, undt last Euch nicht durch böße
*
1 Vergl. nachher den brief vom 19 Mai und band III, s. 221 ; band IV,
8. 136. - 2 ?nooh gar. 3 ? um ein wenig frische luft zu haben. 4 d6s-
intlressl, uneigennützig.
126
geschrey erschrecken ! Dem werden noch gar [viele] kommen von
dießer leichtfertigen burscli 1 . Aber, liebe Louisse, wie habt llir Euch
doch so erschrecken können, da Ihr doch frische brieff von mir be-
kommen hattet, wodurch Ihr gesehen, daß wir ;iüe ruhig undt tran-
quile hir sein? A pi p opo[s] von hilliet de banque, Buscat * lebt in
der hoffnung, zu erfahren, wie es tnitt seinem caminenliuner gangen,
den man so zerstückt hatt"; den ein Schweitzer von der banque halt
3 billiet gebracht, welche sieb eben von Busrat billiet gefunden,
den er halte seine no auifge->di rieben. Man halt [den] Schweitzer
in verhafft genohmen ; der hatt schon gestanden, daß er gelogen,
alß er gesagt, er hette die 3 billiet de banque unter den steinen
gefunden, undt daß ein soldat au garde sie ihm gebracht hatt. Den
soldat au garde hatt man auch »restilt, also sehr zu hoffen , daß
die sach guntz herraußkomrnen wirdt. loh daneke Euch von hertzen
vor alle Ewere gutte wünsche vor meinen söhn undt mich. Es
seindt vie.l leütte , die keine größere last haben, alß boße undt
falsche zeittuugeu auszutragen; also, liebe Louissen, bitte ich Euch
nochmahlen, allarmirt Euch nicht, wall Ihr auch dolles hören niöget!
Ich sage es Euch, den solche schiecken seindt gar ungesundt. Ihr
sollet gleich gepist haben; daß verhindert daß übel, so drauß ent-
stehen konte. Daß ist. gewiß, daß die ballet de banque ahn den
mor[d]thateii schuldig sein; den wie dieße billietten payable au por-
te[u]r sein undt mau gar viel auff einmahl stehlen kau , trachten
alle dieb darnach. Aber mau sagt, monsieur Laws wirdt ein mittel
dagegen linden. Gott gebe es ! Martou ist zwar außer gefahr,
hatt doch noch zu zeitten ein wenig daß neber, ist doch recht lustig
dabey; ihr hnmor ist von natur lustig undt kan von liertzen la-
chen. Biß niitwog werde ich sie widor besuchen. Ich werde den
tag wieder nach Paris, meine verwanten undt freüudt zu besuchen.
Ich bin noch alß in sorgen vor madame la princesso , so mir gar
nicht almstehet; ich fürchte alß, es wirdt ein seblim endt nebmeu sol-
le[n], den I. L. sehen bitter übel auß. Ich wünsche von hertzen, daß
Euch die assambleen diverliren undt vereuderungen geben mögen.
Unßcre liebe printzes von Waliis hatt mir auch die historievom äffen
geschrieben, Dieße historie ist nicht ohne exempel, ich habe von
127
mehr dergleichen gebort. Vor daß sandt , so almstatt in etil ge-
backen , dancke ich Euch sehr ; mich deucht , es rieht nach nn-
schiueht'; ist wol! ein grüß nuglilck undt straff gottes, wo hungers-
noht ist. Die historie vom gekochten Tetergeu ist abscheulich; wie
kan ein Christin so eine that Obers [herz bringen]? Her huuger
muß sie doli undt nariseh gemacht [haben], wie es woll miß die
zwey tiiaten ersebeindi , daß sie ihr kiudt zu eßeu ... undt sich
selber gehengt hatt. Die kutselier-historie ist schon vorn jähr in
Englaudt geschehen. Die printzes hatt mir es gleich geschrieben,
ist |ioßirlieli. Der kut scher muß keinen so großen bardt gehabt
haben , wie die kutscher iiir im landt tragen. Die avanture von
dem kutscher , so ins kindtbett kommen , erinert mich ahn den
graffen von Königsinitrck, deßen alter bruder, der daß Unglück zu
Hannover [gehabt]*; dein ist ein recht schön englisch metgen in
pageukleyder gefolgt *. Ich habe (ließen pagen v.a Chnmbor[d] ge-
sehen, hatte ein rundt gesiclit , lauge braune äugen undt haar, die
haar kurtz undt schon frissirt in großen bucklen, sclioune, lebhaffto
färben, schonnen mundt undt zahn, aber waß kurtz undt dick undt
fett. Wie wir von der jagt kommen, wo mir der graff seine gantze
avanture verzehrt hatte, stelle ich mich ahn, alß wen ich curieux
wehre, seine türekische zeit zu sehen, undt ritte hinein. Er rieff
seinen pagen, nmb vom pferdt abzusteygen ; der kam geschwindt
geloffen undt haltf seinem herrn vom pferdt, da sähe ich sie gantz
e. Wie der graff nach Ittallien reiste, kam mau ihm in ein
1 d. h. amohlitt. Vergl. den brief vom 1 April, oben *. 1Q8. 10B. 2 Phi-
lipp Christoph graf von KBnigsinark. Vergl. band II, B. &Ü&, nninerkung »;
a. bil , Anmerkung *. 3 O. ßrunet II, 8. 23b, 2S8, mm. 1: -Co paga
it 1» belle coiutosaii du Si.nitliainpton «,ue Cbarlee-Joan da Krenigamark avait
sontr6o s Venise. Öu treuve des iK'tuila interessants aur eel aveuturior pleia
de cbarmos et de In. plus brillant« valour, dans U -Revue den Deni-Mondes>
ictobro 1852). Apres avoir oouru tonte l'Europe, se montrant avec seilt sur
jus los ohamps de butaille, reou Chevalier de Malte, quuique protostant (oir-
jnstanen faiis ommplo), il pctii an 1685, ü l'ägo de virigt-aii ans, an siege
de N6greponl. II avait aoutonu i Londres un \nnect uriuiinel d' et ränge espSce.
Poor eponser la plus riobe beriiiere de In Urande- Bretagne , lady Elizabeth
Paroj, il n'avait paä trauve de inailluur niojeu qua de fuire asaassinor par trois
■padaeiins loa aeeond man, la Belehre Themas Thymi, Thomas aux milliona. La
pereonnelie du roi Charles II, le eomte put aller bataillor en (lrace.>
128
wirdtshauß sagen : «Yostre page est fort malade d'ane coliqae.»
Ein äugen blick [später] rieff man: «Monsieur le conte, vostre page ac-
couche;» bracht ein metgen znr weit. Dießer page hatt sich hernach
in ein closter retirirt, wo er doch keine none geworden, hatt aber
from undt ehrlich gelebt biß ahn ihr endt. Ihre dochter lebt noch in
einem closter. Monsieur le marquis de Thiange[s] , so deß graffen
gutter freüudt war, hatt nach deß graffen todt sich deß armen
kindts ahngenohmen, ihr eine kleine pension vom könig zu wegen
gebracht, wovon daß arme mensch lebt; den Thiangefs] ist auch
todt, war ein gutter, ehrlicher mensch, wiewoll von einer boßhaff-
tigen mutter, ein rechter teüffel sowoll alß ihre Schwester, die
Montespan, so noch schlimer undt boßhafftiger war, alß die Thi-
ange[s]. Dieße konte ihren frommen söhn vor ihren todt nicht
leyden, haste ihn aber nur auß 2 Ursachen. Die erste ursach war,
weilten er nicht desbauchirt war undt seine fraw hertzlich liob
hatte; die ander ursach war, daß ihr söhn gotsfürchtig war undt
gern bettet. Deßwegen sagte sie: «x\fon fils n'est qu'un sot.> Der
könig lachte so von hertzen, wen er mich über dießen l damen wun-
derlichen discoursen verwundert sähe 2 . Ewer letztes liebes schreiben
ist gantz beantwortet. Aber da ist mir meine feder endtfahlen undt
macht braffe klacksen, aber ich kans doch nicht wider [abschrei-
ben] ; den mitt Euch , liebe Louise , mache ich keine ceremonien.
Ich komme jetzt auff Ewer liebes schreiben vom 30 Mertz, no 26,
so ich noch nie 8 beantwortet habe. Es ist freylich nichts von der
post zu sagen ; den wie sie auch geb[e]n mag, ist nichts zu endern
*
1 ? dieser. 2 Vergl. nachher den brief vom 19 Mai. 6. Branet II,
8. 237, anmorkung 1: «Madame de Thiange est vivement attaquäe dans los
chansons du tempe , d'ane facon qui rend les oitations impossibles ; voici, da
moins , un couplet qu'on peut transcrire :
vous dont les vers odieux
Disent qu'on aime la Thiange,
Mädisants, oonnaissez-la mieux!
Elle est aussi ohaste qu'un ange;
Que diable voulez-vous qu'elle puisse oharmer,
Cette masse de chair?
Cette marquise eut pour fille atnäe la duohesse de Nevers, que Saint-Simon
repräsente oomme ayant une «beaute* de toutes les sortes,» et oomme s'e'tant, d
d6faut du roi, oontentäo de monsieur lo Duo, fils du prinoe de Cond6 (voir La
Bniyere, Edition de Walokena^r, p. 657).» 3 ? nicht.
niidt in dieß, wie in viel andere Sachen gehört gedult. Von hol-
ländischen Courier werde ich nichts sagen, weillcn ich* weiß, daß er
ahokoinnien ist. Wen ich keinen neuen Verdruß hahe. hin ich alle-
zeit sehr ruhig um.lt plage mich nicht. Ambition plagt mich durch-
auß nicht undt mische mich, gott lob, in nichts, erfahre auch erst,
waß vorgegangen], wens ailo menschen wißen. Der cardinal Ma-
zarin pflegte zu sagen: «La natiou francoise est la plus jolie du
ruoöde; il[s] crient et chauteut contre moy et ils me Iaissent faire,
et moy, je les laisse crier et chanter et fait ' ce que je veux V
Waß er aher possirlich gethan, war, alle büße lieder, so mau gegen
ihm gemacht, alß wen er gar böß were, auffzasucbeu laden, undt
hernach ließ er sie heimblich, alß wen er nichts davon wüste, ver-
kauffen ; halt mii.t dießer manir lU/in thaller gewunen undt her-
nach selber drüber gelacht. Wen icli sagen dartf, so ist es kein
[wunder, daß ich meinen] söhn lieb habe; den er liatt verstand t
undt nieritten undt lebt woll mitt mir. Das er nicht alle tag zu mir
komut, sehe ich selber woll, daß es nicht sein kan, undt finde billig,
daß er nach so viel aibeydt undt «Mini nicht kompt, noch lauge weill
bey einer alten mutter außzustehen undt lieber hey jungen leütten
ist, so ihn divertiren ; daß erhelt die gesundtlieit, wen es nur nicht
zu grob hergehet. Waß sein solm ahnbelangt, so zürn ich entwetter
nicht oder gar dichte; er will ein wenig auß dem geschir schlagen
undt daß gefeit mir nicht. Seine Schwester hatt ihn schir gantz
verdorben, indem sie ihn gegen seinen tugendtsameu sou[s]gouver-
nenr • gantz anffge wickelt hatte, welches den glitten, ehrlichen mau
so gesckmertzt liatt, daß er sich retiriren wollen undt es auch ge-
t.han bette, wen mein söhn undt ich ihm nicht zugesprochen hette[u|.
Mit den Reformirten hoffe ich daß sich alles in frieden schlichten
wirdt. Ich habe dem kleinen pfaltzi sehen seeretürgen plat herrauß
gesagt, daß mein solm sicli von keine|u] pfaffen regieren lest, also
vor den westpfalli sehen frieden sein wirdt Nun muß ich mich auch
unc Monarchie absulue, teniplil-o pur das Chansons.» Hierher gehört auoh die
antwort, die Gotha im « Jahrmarkt sie st tu I'lundurs»eil8rn» den konig Abasverup
Mir iat es einerlei, wem sie die [Malmen singen,
Wenn sie nur ruhig sind und mir die steuern bringen.
3 De Court. Vergl. den brief vom 11 Jaouar, oben s. 12. Maa sehe auoh
band IV, 9. 344. 346.
Elizabeth Cbarlotle 9
130
ahnkleyden, derowegen eine pausse machen. Dießen abendt nach
dem gebett werde ich dießen brieff anßscbreiben , nun aber nur
meine ordinarie pausse machen, nur noch sagen, daß, so langChur-
pfaltz sich von seinen pfaffen wirdt regieren laßen, wirdt jederman
sich über ihn beklagen.
Sontag umb halb 6 abendt«.
Gleich nach dem eßen bin icii nunder im gartten gefahren,
wo ich nur zwey tour ^ethan. Es ist gar schön wetter undt recht
warm, alß wen ein wetter komen solte. Wie ich wieder her, bin
ich in kirch, wo ich eben herkomme. Ich habe hir die printzen
von Gotha gefunden, daß hatt mich noch eine zeit auffgehalten.
Nun hoffe ich doch Ewer lieben brieff außzuschreiben. Es ist eine
rechte seh an dt , wie Churpfaltz mitt Euch umbgeht ; ich schäme
mich vor ihm. Aber, wie ich schon offt gesagt, wer sich von pfaffen
regieren lest, da kan nie nichts guts auß werden. Ihr werdet woll
thun, liebe Louise, wieder auffs neu nach Heydelberg zu schicken;
den die art leütte, wie die cammer zu Heydelberg nun ist, wollen
geplagt sein. Wie man mir versichert, so wirdt der arme churfüret
braff bestollen ; es muß ein gar übeller ahnstalt in alles ahm pfaltzi-
schen hoff jetzt sein. Es ist mir leydt, daß Ihr, liebe Louise, ur-
sach zu klagen habt; aber Ewer lamantiren ist mir nicht beschwer-
lich, den ich interessire mi[c]h zu viel in alles, waß Euch betriefft,
umb lange weill drüber zu haben können. Waß der churfürst, mein
herr vatter s., offt gesagt, ist woll wahr worden. I. G. s. sageten:
«Ich höre, daß meine unterthanen sich über mich beschwehren, alß
wen ich sie zu hart hüte, aber die zeit wirdt kommen, daß, wen
sie mich würden auß der erden würden krantzen 1 können, würden sie
es thun.> So ist es auch gangen. Aber dieß seindt gar zu trawe*
rige reflectionen, last unß von waß änderst reden! Ich kan leicht
begreiffen, daß Euch eine heydelbergerische reiße nicht ahngenehm
sein kan. Solte ich den ort wider sehen solte , müste * ich vor
weinen vergehen. Ihr habt Euch hart verschrieben, liebe Louise!
Den es woll ein großer unterschied t ist zwischen die duchesse de
Bouillon undt madame la duchesse de Bourbon 8 . Daß die fürstin
*
1 ? kratzen. 2 ? sehen, müste. 3 « Marie- Anne de Bonrbon-Conti, morte
sans enfants Ig 21 mar* 1720, 6pouse du duc de Bourbon, qui fut premier mi-
nistre apres la mort du r6gent.» G. Brunet II, s. 237, anmerk. 2. Vergl. den brief
vom 2L Merz, oben s. 88, anmerk. 2.
gestorben , ist kein wunder , aber wo 11 , daß sie so lang hatt le-
ben können ; außer ihr unordentliches leben war sie auch er-
schrecklich verwacksen. Alle, die monsieur le duc kenen, ver-
sichern, daß er gar mttdt von ehestandt ist undt sich woll hütten
wirdt, wieder zu heürahten; er ist gar zu fro, ledig zu sein. Vor
der groß fraw mutter ist mir bitter bang, daß wir sie baldt ver-
liehren ; sie ist gar zu ellendt, jammert mich woll von hertzen, den
es ist eine gutte , tugendtsame , fromme fürstin , welche ich von
hertzen regrettiren würde. Außer bey madame 1 la princesse undt
mademoiselle de la Rochesurion s , der todten Schwester, habe ich
niemandts gefunden, so nicht leicht zu trösten wahr; den sie lachten
undt wahren lustig. Daß märgen von der keyßerin findt ich artig,
hatt mich recht divertirt. Hir hört man wenig vom fegfeüer spre-
chen. Daß were artig, wen tauben in jene weit fliegen könten undt
"brieff hin undt her tragen, so würde ich ahn wenig leütte in dießer
"weit mehr schreiben, sondern lange epistellen voller fragen in jener
weit schicken. Man solte zu der none sagen, die keyßerin were
ins fegfewer kommen, weillen sie zu abergläubisch undt pfaffisch
gelebt hette. Auß waß Ihr mir von der crtzhertzogin Amelie sagt,
macht mich, unter unß gerett, judiciren, daß sie jemandts änderst
im kopff muß haben undt daß man ihr woll sagen konte, wie der
monsieur Orgon zu seiner dochter, wen sie lieber ins closter gehen
will: «Ah, voila justeuient de nos religieusses, quand un pere com-
bat leors flames amoureusses 8 !» So raogte es hir auch woll gehen;
den sousten finde ich keine ursach, warumb sie den churprintzen
von Bayern nicht nehmen solte. Der conte Albert ist nicht gar
alt. Ich glaube nicht, daß er 50 jabr alt ist; ist vor dießem gar
schön geweßen, aber nun sehr geendert. Er ist auch einer von
madame du Maine ihren großen freunden. Der cardinal de Po-
liniac 4 ist sehr jalous von ihm geweßen noch vor zwey jähren.
Der keyßer batt groß recht, zu examiniren, wer der ertzhertzogin
persuadirt hatt, ins closter zu gehen wollen; den daß ist ein im-
pertinent stück. Man hatt den keyßer zu Paris todt gesagt undt
*
1 ? Außer madame. 2 Roche-sur-Yon. 3 Diese stelle aus Molieres
Tartuffe, acte IV, sedne 3, lautet genauer:
Ah, voilä justement de mes religieuses,
Lorequ'un pere combat leurs flammes amoureusesl
4 Polignao.
9*
132
er ist nicht kranck geweßen. Ich kan nicht begreifen, wie man i
leügen ' kan. Der bayerische comte Albert ist sein leben nicht in
pf alt zischen (linsten geweßen, kan also der nicht sein, so Ihr kendt,
liebe Louisse! Dießer, so nun zu Paris ist, ist deß duc de Loine*
söhn; seine Schwestern seindt die madame de Ver[r]ue uudt madame
de Sesjsjac. Die madame de Ver[r]ne ist deß königs von Sicillien
dellarirte* metres geweßen; sie hatte eine dochter mitt ihm gehabt,
so er dem printzen de Carignan, so jetzt auch za Paris, geben*.
Dießer printz ist dnrchgangen , halt seine gemahlin im stich ge-
1 d. b. lagen. 2 Laynea. 3 ?deeUrierte. 4 Vergl. band in, s. 393.
400. Der tnarquia da Dangea,u schreibt in Versailles in «einem Journal ÜI,
a. 258 unler donnerfltag. 7 December 1690: <M. de Cheuense presenta, 1b
aoir, an roi M. 1b oomte de Vernie, bod bean-frere, qni a quitte M. de Saieie
et sc retira en Franoe aveo tonta ?n fainille; il n'y a qne aa femmo qui aoit
demeurea ä Turin.' Hieria bemerk* der hersag von Saint-Simoa ebendaselbst
a. 2äK. 259 folgendes: "Madame de Varrna , 611 ü du aeound lit de M. le duc
dB Luynes, et m»ri£e ponr peu en Pi6mont , y vecul d'ahord ä merreille aveo
aa» man et tonte aa famille. Elle etott belle et charmante, et M. de Savoie
blaut. Les ohosea vinrent an point qu'elle en a?eitit bb belle mere et aon man,'
et los pressa de In meaer ä la campagne. IIa n'en vonlureut rian faire; alle
lea en pressa de nonveau et souvent, et demanda enfin ä faire un voyage im
eaux da Bourbon ponr s'flolgner sous ce prctexta. La mere , qni ätuit du tue
d'honnear de madame de Savoie, jrit oe voyage ponr an preteste d'atler i
Paris, et n'y eonsontit qu'a eondituan qu'olle n'en approchoroit paa pro» pria qua
Bourbon, at qne l'abbe" de Verrue aeroit Bon eondnotenr. C'eloit le fröre de bod
beau-pero, et qni n et« du comail de M. de Snvoio ; maia il fut comtno lea
vieillards do ßnianne; il devint amoureni de aa niäce , et il oaa le Inl te-
moigner. II B'emporta jnsqu'a la prcsser , et, n'nyant tronv6 en eile qu'une
juste horreur ponr bod anionr, il te mit ä la jiersecnter. Elle eut bean faire
bon, la sante de M. de Luynea at lea affaires de M. de Chevreuae ne leur per-
cbeusea impreaaio
s qu'il avoit pln a
'sbbe do
Verrue de leur donner par Bei
lattrea et qu'il an
gtnenta par bös discu
iire. Elle
out bcau reolamer Jon innooenoe
qni nlors etoit on
ore entiere, et aoous
r l'abbe,
jnmnia olle ne lea put persuader
qo'll aüt 6te cnpa
ble de ai deteatsbles
desseins,
et l'acenaation ratamba aar alle.
M. de Savoie, qv
i eontinuoit ü la po
rohaaaer.
s'apercut de ses dfplaisirs qui
eurem enfin plus
de pou.oir aur eile
que tout
ce i|ue M. de Savoie avoit pu
employer; aiosi
rerent en Franoe
a vengeance la lui
et la belle madame
ivra. M
de Verrn
e rag na longtemps en PiSmont,
laßen. Midi verlangt sehr, daß graff Degenfeit bey Euch sein mag,
damitt Ihr Euch gutle tag ahnthun möget undt ein wenig divertiren
auff Ewere art. Ich habe lange nichts von dem' freüllen von Zoet-
tern gehört, aber [sie] haben mich vor ein par mont bitten laßen,
[Euch] zu jagen, liali sie sichern] niitt Eiirli accomodiren wollen. Ich
werde ihnen sagen laßen, mir ihre brieffe zu schicken, umb sie in
mein paqnet zu ihun. Dieße epistel ist lang genung, will nur noch
sagen, daß hirmitt alle Ewere liebe schreiben beantwortet sein undt
daß mir nichts überig bleibt zu sagen, liebe Louise, alß daß ich
Euch von hertzen lieh behalte.
Elisabeth Charlotte.
b
1118.
. maä\ Louise,
zu Pfaltz, b Franckforth.
St Clou den 2 May 1720, umb 7 morgendta (H. 8
Hei tzallerliebe Louise, vor H tagen Labe ich Ewer liebes sc
vom 16, no 31 , gar woll entpfangen. Ich «erde Elich aber
hefltte nur ein klein ntüiidtgeu eutreteniren; den umb 8 werde ich
in kirch undt gleich drauff zur ader laßen , nur auß precaution,
weillen es nun ein gantzes jähr ist, daß ich nicht zur ader ge-
laßen habe. Hießen abendt werde ieh Euch berichten, wie es ab-
gangen, null aber nur in eyll auff Ewer liebes schreiben andtwor-
ten. Mich deucht, daß sich die post nun zimhlich woll wider ein-
riebt. Gestern fuhr ich nach Paris, besuchte Marlon, welche zwar
woll wider ist, kan aber keinen fuß vor den andern stellen. Von
dar fuhr ich zu madarne la princesse. Ich erschrack, wie ich I. L.
sähe. Sie setzt mich recht in sorgen, sich[t] g olts jämmerlich auß.
"Wen sie die äugen zuthate, solte mau meinen, sie were todt; ist
doch ziinbüch lustig darbey. Ohne sterben kan man nicht übeller
sein, alß Marlon gewelSen. Mein dochter ist, gott lob, nicht
schwanger undt. nun wieder zu Luneville, werden nicht herkommen.
Man ninibt den pretext, daß sie einen verdrießlichen proces zu
Paris haben , aber die warheit ist , daß die zott. * schwanger ist.
LotbriDgcu, ilon gomahls der
vom 21 April, oben a. 122.
de! benoge Leopold Karl
i CharlottB. Vergl. den
134
Daß habe ich meisterlich in Franckreich gelernt, mitt leütten umb-
zugehen, welche ich weder liebe noch estimire; also hatt es mir
nicht mehr mühe gekost, sie zu sehen, alß andere. Die heydel-
b ergische burger seindt desto mehr zu beklagen , daß der pfaffen
undt devotten haß ohne endt ist. Ich glaube nicht, daß Churpfaltz
doch thun wirdt, waß er threühet l , weillen die pfaffen, insonderheit
die Jessuwitter, ihre rechnung nicht dabey finden werden. Manheim ist
nicht so ungesundt , alß man sagt. Ich bin ja lange jähren dort
geweßen undt nie kranck worden; man muß aber dabey Heydel-
berger waßer drincken. Meine arme landtsleütte jammern mich
von hertzen. Ich bin fro, daß I. L. der landtgraff von Darmstatt
mitt meinen brieff zufrieden geweßen. Hiemitt ist Ewer schreiben
völlig beantwortet. Waß unßere amitie [betrifft], so kan man sa-
gen: «Cela va sans dire.» Ich wünsche, daß Euch die assambleen
woll divertiren mögen , undt damitt mache ich meine pausse , den
dießen abendt werde ich, wie schon gesagt, sagen, wie meine ader-
läße abgangen.
Donnentag, den 2 May, umb halb 8 abendts.
Umb Euch, liebe Louise, eine exacte relation von meiner ader-
laße zu thun, so bin ich umb 8 in kirch, von dar vor halb 9 hatt
man mir zur ader gelaßen, woll der 8 paletten ; zwey wahren voll
undt die beyde teller umb die paletten gantz voll , man kan also
auff 3 gutte paletten zehlen. Gleich nach der aderlaß hatt man
mir eine schall waßer zu drincken geben; hernach hab ich meinen
arm hübsch in mein nachtsrock [gesteckt], hab kupffersttickbücher 8
hollen laßen undt gantz still undt ruhig besehen biß nach 11, da
hab ich mich ahngezogen; umb halb eins bin ich zur taffei, habe
mehr durst gehabt, alß hunger. Nach dem eßen habe ich Ewer
liebes schreiben vom 20 April, no 32, sambt den 2 landtgartten 4
von der belagerung in Norwegen, wo der arme könig in Schweden*
geblieben ist, wie auch die kart von der waßersnoht [empfangen].
Beyde haben mich 2 gutter stundt amussirt, dancke Euch, liebe
Louise, von hertzen davor; so Sachen divertiren mich. Ich wolte
1 d. h. droht. 2 ? drei. 3 d. h. kupferstichbüoher. 4 d. h. land-
karten. 5 Karl XII, der 11 Deoember 1718 vor Friedriohshall erschoßen
wurde. Vergl. band IV, s. 4.
135
Euch von hertzen gern lenger entreteniren undt auff Ewer liebes
schreiben andtwortten, aber man will, da 14 ich nach bett solle, muß
also nur mein ey nehmen undt mich aufziehen, undt, wie die teüt-
sche commedianten sagen, müst Ihr vor dießmahl hiemitt vorlieb
nehmen, wir wollens ein andermahl beßer machen. Ich bin ein
wenig matt von meiner aderläß, muß also schli[e]ßen undt vor dieß-
mahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Euch, ich mag starck oder
schwag *, wie nun, sein, doch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1119.
St Clou den 5 May 1720 (N. 90).
Hertzallerliebe Louise, meine aderläß ist mir all zimblich woll
bekommen, aber l'eau de Chicoree nicht zu woll; es hatt mir ma-
genwehe undt einen gar starcken durchlauft geben, den seyder ge-
stern abendts bin ich 8 mahl gar starck gangen. Aber daß wirdt
schon wider vergehen. Ich komme auff Ewer liebes schreiben vom
20 April , no 32. Ich habe so ein schlimmes gedachtnuß , liebe
Louise, daß ich nicht weiß, ob ich gebetten habe, die graffin von
Sarbrücken zu dancken, so obligent von mir gesprochen zu haben.
Ich hoffe, daß es Euch ein wenig verenderung geben wirdt, so viel
Ewers gleichen ahn graff[en] undt gräffin[nen] vom reich zu spre-
chen. Ewere zwey landtkartten, so Ihr mir, liebe Louise, ges[ch]ickt
undt wovor ich Euch nochmahlen von hertzen dancke, konten nicht
apropoer kommen , alß sie kommen sein ; haben mich den gantzen
tag nach meiner aderläß amussirt. Die waßerfluht ist etwaß ab-
scheuliches, jammert einem recht. Deß königs in Schweden 9 ge-
schwindes endt macht moraliseren auff die eyttelkeit dießes lebens,
wie baldt alles, waß wir ahm grösten halten, in einem augenblick
verschwindt. Es ist mir recht lieb , daß mein vetter 8 könig ge-
worden. Ich habe es Euch schon gesagt , liebe Louise , undt wie
sein herr vatter, der landtgraff, mir part von seines sohns erhöhung
geben. Wie ich von der sach habe reden hören, werden woll keine
1 d. h. schwach. 2 Karls XII. 3 der mit Karls XII Schwester Ul-
rike Eleonore vermählte erbprinz Friedrich von Hessen Cassel. Vergl. naohher
den brief vom 26 Deoember.
erben kommen, Der neue könig in Schweden solle einmalil einen
gar gefährlichen schuß in den lenden bekommen haben , so gar
schlim ist , umb erben zu haben. In allen moßen seindt dieben '.
Ich wüste woll, daß die Juden im schachern hetriegertsch undt ge-
fabrlicli, aber ynr rechte diebe meinte ich nicht, daß sie gehalten
würden, verdinnen die brttgelsuppen woll, wen sie ertapt werden im
stehlen. Es geht mir, wie Euch, liebe Louise! Ich bin gantz per-
suadirt, daß die weit schlimmer ist, alß sie geweßen. Es mag auch
woll sein, daß wir die weit nicht so woll gekandt haben, alß nun.
Aber nun muß ich auch meine pausse machen, werde dießen nach-
mittag zeit genung zu schreiben haben vor undt nach der kireb;
den wegen meinen dribsdrül werde ich heütte nicht außfahren.
Es endert sehr, wen man die peruque " nirabt oder abzieht. Es
seindt. viel leiltte, 'welchen die eygeue haar gar übel stehen; mein
söhn ist von denen.
Sontag, den 5 May, umb s /t auff 6 abendts.
Ich bin so abgematt geweßen von meinen 5 promeuaden , so
ich heütte morgen gethan, daß, so baldt ich von taffei bin kommen,
bin ich entschlaffen. Meine 'S enckellinen seindt hir eßen kommen
undt ich hin doch entschlaffen , ob die kimler zwar geloffen undt
gerast haben, bin erst wacker Itteworden], wie man in die löreh
geleütt Wie ich wieder auß der kirch bin kommen nndt hab
schreiben [wollen! • ' iaD,! ' c b viel brietf bekommen , die ich habe
leßen müßen, eines von der printzes von Wallis von 20 bogen,
eines von der printzes von Modene von 4 seytten, von der königin
von Sicillieu von 24 bogen, eines von Elich, liebe Louisse, vom 23
April, no 33, aber daß werde ich erst biß donn[e"|rstag beantworten,
wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet. Wie ich alles auß-
geleßen undt gemeint, ich würde schreiben können, so ist an ff cin-
mahl mein söhn ahngestoeben kommen. Mitt dem habe ich ein
stündtgen mitt ihm geblaude[i']t, habe ihm auch die kartten gewießen,
so Ihr mir [geschickt] , mitt welchen er sich sehr amussirt bau.
Nun ist er zu nacht eßen gangen, da werde ich voltendts anff Ewer
erstes liebes schreiben andtwortten. Mein gott, wie jamert mich
unßere peintzes von Wallis! Ihr lierr söhn ist wider gar kranck.
1 d, h. dioba. 2 d. h. dia perrücka, framtisiaoh la perruquo.
Icli furcht, es wirdt endilirh übel ablaufen. Gott bewahre unß da-
vor undt laße der 1 bebe p nutzes sin kein solch unglück erleben!
Es graust, mir recht davor, nur dran zu gedencken; will von waß än-
derst reden, umb mich dieße absclicii liehe idce nuß dem kopff zu
bringen. Ich war heütte morgen geblieben ahn die lelltte. denen
die eigene haar so übel stehen. al(i baron Goertz undt mein söhn.
Der konig pflegte a]ß zu sagen: *Vostre üis n'est pas lait, quand
il n uue perui|ue ; mais quand il parte ces * cheveux, c'est le plus
villain honnne qne je cognoisso.» Wo mir recht ist, so hab ich
den (.■asselischen baron Goertz eimnahl hir gesehen. Ich habe ge-
stern den kleinen seerulnrius Greveiilii'uek cotnmKsion gehen, ahn
den eammerpressid eilten zu Heydelberg zu schreiben undt ihn von
meinetwegen zu solicittiren, daß er Euch bezahlen mag. Greven-
brock sagt, daß der cammerpresident der faullste man von der weit.
ist nndt nie nichts außmucht. Ihm ist mau noch alles schuldig; so
lang er zu Paris ist, hatt man ihm nichts geschickt; daß ist doch
auch abscheulich. Wie ich sehe, so ist es in allem ein schlechter
ahnstalt zu Heydelberg. Aber wo ist CburpfalU verstau dt hinkom-
men, den ich von Euch undt von allen denen, su ihn gekandt ha-
ben, wie er noch printz Carl war, [habe rühmen hören]? Den ich
glaube, daß er sich von seinen bedinten bestellen " lest. Der kleine
secretarius weiß kein wordt davon, daß die printzes von Pultzbach *
wider ein böli kindtbett gehabt hatt. Aber man hatt groß unrecht,
sie reitteil ku laßen, wen sie schwanger ist, insonderheit da I. L.
schon 2 mahl büße kindtbetter gehabt haben. Nichts ist verdrieß-
licher, alß wen le diable au contretemps sein spiel hatt undt alle
angenblick verhiwleriiüßen schickt. Ihr, wen Ihr Ewere schriefft vor
heßlich halt, waß sagt Ihr dan von der meine, liebe Louisse , die
gar gewiß der Ewerigen gar nicht beykompt? Da kompt mein
söhn wider herrein, muß also schließen, liebe Louisse, undt vor
dießmahl nichts mehr sagen , alß wie ich Euch von bertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
1 .die.
2 ?
es.
3 d. b. beatehlen. 4 Elisabeth , die mit dem
erbprimen von
uhhno
h ver
nhihlte lebhaft» und anmutbigo locht or des kurfürilen
Kurt Philipp.
ia ata
b na
h einer unglücklichen eDtbindnnjr, oral 3 b jabro alt,
am 30 Januar
17S8.
Ver
rl. L. HiuBSer. «osobiebte der rheinischen Pfalt II,
1120.
St Clou den 9 May 1720 (N. 91).
Hert.zalleiliehc Louise, ich weiß noch nicht, ob icli beulte et
«aß von Koch entpfangen werflte; aber kompt waß, werde icli ea
vor ilie andere post sparen, wo mir gott leben undt gesundtbeit
verleyet. Gestern fuhr ich nach Paris , ging gleich au[x] Carnie-
litten. Marton ist g;intz wider gesundt, abor so matt, daß sie kei-
nen schritt gehen kan. Es kamen 2 von meinen galten freüniiiuen
zu mir ins doster, madame Dangeou undt madame de Merinville.
Mitt allen 3pii blamierte ich biß umb 12, da fuhr ich au Luxetn-
bourg zu niadame la princesse, die ich, gott [lob], ohnvergleicbüch
beßer fandt, alß vor 8 tagen. Sie war recht lustig, leb glaube,
daß die freüde, ihren enckel, den comte de Cbarolois '. wider frisch
undt gesundt gesehen [zu] haben, sie wider" ermundert halt;
sie hau alle ihre Kinder undt kindtskinder hertzlich lieb. leb nahm
ihr enckel, niademoiselle de ('lermont, in mein kutsch milt mir $
Pahüs-Royal. Ich dachte, ich würde umb 1 ubr dort aliiikouunen
undt gleich zum eßen gehen köuen; ich funde aber eine avanture,
so mich erst umb halb 2 ins Palais-Royal brachte. Den alß ich
gar nahe zum Palnis-Itoyal kämme, fandten wir 2 kutschen, so im
ambaras sich durch zu ge.scliwjnrit fahren ahn einander in die räder
gebeugt, hatten undt beyde umgewoiffen hatten. Über die kutschen
war gantz ohnmöglieh zu fahren ; wir musten also, nachdem w
eine halbe stundt gehockl hatten, einen andern weg umlt yantzen
weitlen umbscliweiff nehmen, umb durch la rue de Richelieu wiiier
in der rue St Honuore zu kommen undt zum Palais-Royal (zu
langen. Wie ich schon gesagt , ich aß milt meinen euckeln undt
damen zu mittag. Wir wahren 12 ahn taffel. madame* de Mont-
pellier, mademoiselle de Clermo]i[t], der duc de Chaitrefs], so gal-
lam[m]eut mademoiselle de Clermont die handt geben, die mareehalle
de Ulcrcmbeau 5 , I.euor, madame de Bürstel, madame de Cbasteautier',
madame de Segure 6 , madame Ghivernie*, meines sohns kiuder-
meisterin, mademoiselle de Uhartre[s], mademoiselle de Ileangelois '
1 Charles
e Boarbo
-CW16, uumts de (
3 C'leremliault.
4 Chiton
utbiers. & S6gur.
Elii»beih d'Orlea
s, lüadeai
eetle de Baaujulois.
undt ich. Nach dem eßen ging ich iu mein cammer, wo mein söhn
t zu unß kam. Er hatte morgendls medeoin geuohmen. Ma-
dame la princesso de Conti, die junge, kam mitt ihrer gesehwey,
mademoiselle de la Rochesurion \ welche ich auch hatte hollen laßen,
nrah mitt. mir in die commedie zu gebep *. Umb halb 6 gingen
in die comedic von Mytridatte s vor daß große stock undt la
faire de St Laurent* zum poßen-spiel. Baron.* undt die Duclos',
so M.vtridatle undt Monimo agirten , sputen über die mallen woll.
Gleich na[e]b der commedie fulir ich wieder her, kam umb kalb 10
ahn, endi'digstc' meinen tag mitl einer betrübten zeittung. Man gab
mir ein naquet von der printzes von Wallis, wie ich auß der com-
medie {kam] , konte also den brieff erst hir leßeu , worinen ich
Candt, daß die liebe printües in einer großen angst undt betrtlbtnuß
ist: dop Uire elte[ste| frawdochler, printzes Anne, batt die kiuderblat-
teffl sehr starek. Gott wolle ihr beystehen [undt| daß kindt couriren!
In der vorigen iiost war sii> auch in sorgen vor ihrem printzen, so
wider kranck geworden undt giebter [bat]. Mir ist bitler bang,
daß endtlicb eine rechte schwer-noht drauß werden wirdt. Da habe
:li aber gennng geplauttert, liebe Louisse! Es ist auch einmahl Mit,
aß ich auffEwer liebes schreiben komme. Von den posten werde
:h nichts sagen; den es ist kein mitlel, sie ließer zu gehen machen.
Ihr seydt gar zu demütig, liehe Louise, Euch nicht vor würdig zu
,ltin. dal! ich in sorgen vor Ewer gesundt[heit] bin; daß ist ein
1 Louise- Adelaide de Bourbon-Contj , inademoisello de la Boohe-jur-Yon.
2 Journal du morquis de llaugeuu XVIII, s, 283 unter mittwoch, 8 Mai 1710:
Madame rint ls tnatin nus Carmelites, dtna au Palais-Koyal, et puia y entondit
U oomedia, et retouron oouoher ä Sitlnt-CLoud.» 3 Es ist wol Jesu Raciues
«raten mal iwisoliell dem meinten und dreiiahnton Jannar 1H73 aufgerührte
IragOdio «lfitbridat«i gemeint. 4 -La foi« Saint- Laurent % komadie in einem
»ot and in Tarsen von Maro-Antoine Lu Ürand , geboren iu Paris 17 Februar
16i3, gestorben 7 Januar 1728. Das Stack «urdo erstmals 20 Seplember 1 709
auf dem theätre francais aufgeführt. ä Miohel Bnron, gestorben »u Paris
12 Dooamber 1729, berühmt' als Schauspieler in der trappe Molieraa. Er iiieh-
nele «eh in der rolla des Mithridates, in der Tor ihm bei der ersten auffuhrung
des stUekei La Fleur geglämt hatte, besondere aus , nie denn Martnolitol von
ihm sagt: <I1 parlail, c'ctait Mithridate. >• Vargl. nachher die briefe vom 2a
Juli, 12 Sopteiuiiar, 17 und 21 Getobe r. H Maria-Anne Duclos de Chateuu-
uoof, eine gefeierio Schauspielerin. Bei der ersten darstellung der tragttdie
■Milhridalo' war die rolle dor Monimi« von Marie CbampmobS vonllglicb ge-
spielt worden. Vargl. naohher den briuf vom 25 Juli. 7 ? endigto.
140
exces de modestie, hatt mich lachen machen. Waß ist natürlicher,
alß vor denen in sorgen zu sein , so einem so nahe sein , liebe
Louisse, alß Ihr mir seydt, undt die man lieb hatt? Ich habe offt
in acht genohmen, daß es einem gantz beschreyet 1 , wen man sich
brumbt*, in voller gesundtheit zu sein; man wirdt gleich kranck
drauff; man muß nur sagen: «Ich bin nun, gott lob. zimblich woll.»
Seyttenstechen machen kurtze proces. Wen man couriren solle,
gibt unßer herrgott denen, so bey den krancken sein, in dem sin,
waß sie salviren kan. Ist die bestimbte stundt aber kommen, muß
sich alles verblenden , daniitt keine bülffe kompt. Ein jedem ist
sein ziehl gestelt , darüber kompt man nicht. Die printzes von
Wallis jammert [mich] , sie ist unglücklich. Gott bewahre I. L.,
daß sie dero kinder nicht verliehren mögen, die sie so hertzlich
liebt! Sie würde es nicht außstehen können. Es ist mir recht
bang dabey, verlange sehr auff morgen, da ich hoffe, wider zeittung
von I. L. zu bekommen. Dießes schreiben ist lenger , alß ordi-
narie, untenvegen geweßen. Ordinarie bekomme ich die brieffe in
5 tagen; dießes paquet aber ist erst in 8 tagen ahnkommen, also
3 tag spätter, alß es bette kommen sollen. Marton merittirt, daß
man sie estimirt undt viel, den sie hatt verstandt undt ist from
undt tugendtsam; daß seindt gar rare Sachen hir in Franckreich
undt findt sich nicht bey dutzenden. Hir im landt ist kein alter
vor die blättern ; alte bekommen sie , wie junge kinder. Die
marquise die 8 Simiane ist über die 40 alt ; sie ist nicht alß
dame d'honneur bey der printzes von Modene; sie ist dame du
palais von ihrer fraw mutter undt bekleydt * sie nur , umb in ihr
landt , so die Provence ist , zu reißen. Die princes von Modene
wirdt weder frantzösche dame d'honneur, noch hofffreüllcn haben,
sondern lautter ittallien[s]che, die ihr von ihrem schwiger herr vatter
werden erwehlet werden. Ihre dame d'honneur solle eine marquise
de Rangonie 6 sein , wie mir unßere herzogin von Hannover ge-
schrieben. Die dame, so die printzessin eygendtlich führt, daß ist
die duchesse de Villar[s], madame la duchesse de Brancas, meiner
dame d'honneur sohns fraw. Ich glaube, Ihr habt ihren vatter woll
zu Heydelberg geseben ; den sie ist deß pressidenten de Moras
*
1 d. h. bezaubert. 2 d. h. berühmt, rühmt. 3 ? de. 4 d. h. be-
gleitet. 5 Rangolli.
141
seine dochter, hatt also mehr, undter unß gerett, statt- undt bür-
gerliche maniren ahn sich , alß hoffleben. Daß ist gewiß , liebe
Louisse, St Clou ist nun über die maßen schön ; alle, die es sehen,
geben mir groß recht, gern hir zu sein. Zu Paris lebe ich wie
eine burgerin ; man weiß nicht mehr, waß hoff geweßen; keine da-
men wollen zu mir kommen, weillen ich nicht leyden will, daß man
zu mir wie zu madame d'Orleans ohne leibstück undt in escharpen 1
undt robe batante kommen; daß kan undt mag ich nicht leyden,
will lieber keine sehen , alß die fammilliaritet zu vertragen *. Da
geht niemandts nichts bey ab, daß ich nicht zu Paris bin; den ich
sehe wenig leütte undt halte weder biribi, noch landtsknecht 8 wie
madame d'Orleans. Dinstag kommen ambassadeurs undt envoyes,
aber sie kommen auch hieher. Weillen monsieur Sutton , so ahn
mylord Stair[s] platz kompt 4 , die antiquen liebt, werde ich ihn
schon amussiren können mitt meinen medaillen. Ich habe Euch
schon geschrieben, daß es nicht war sey, daß der fürst von Mur-
bach einen frantzoschen edelman zum erben gemacht hatte. Ich
habe mein leben nichts, alß alles gutts, von dießem herrn gehört.
Den brieff von der fürstin von Ussingen habe ich gleich ahn ma-
dame Dangeau geschickt. Ich höre, wen Ihr apartement halt, so
*
1 Schärpe, schultertuch ; gtre en Schärpe, nicht angezogen sein, nur ein
tuch am die schultern geworfen haben. 2 Yergl. den briof vom 25 April,
oben s. 124, und nachher die briefe vom 23 Mai und 26 December. 3 die
mehr erwähnten glückspiele. 4 Der marquis de Dangeau schreibt schon
unter samßtag, 9 Merz 1720, Journal XVIII, s. 249: «Milord Stairs retournera
incessamment en Angleterre ; on dit que le Chevalier Robert Sutton est nomine*
ambassadeur ä sa place.» Sutton traf indessen erst im Juni in Frankreich ein.
Man vergleiche Dangeau, Journal XVIII, s. 303 unter freitag, 14 Juni 1720:
«Le Chevalier Sutton, qui vient ici relever milord Stairs, est parti de Londres
et doit gtre arrivS en France pr€sentement. » Ebendaselbst s. 304 unter mon-
t*g> 1? Juni 1720: «Le ohevalier Sutton, qui vient relever milord Stairs, est
arriv6; il prendra la qualitö d'ambassadeur quand il le jugera a propos, et mi-
lord Stairs aura ä la fin de la semaine son audience de conge\» Ebendaselbst
s. 307 unter samßtag, 22 Juni 1720: «Milord Stairs prit cong6 du roi et lui
pr&enta le ohevalier Sutton, qui vient remplir sa place.» Ebendaselbst s. 309
unter freitag, 28 Juni 1720: «Milord Stairs, qui est parti d'ici, espere arriver
assez 4 temps pour voir enoore ä Londres le roi d'Angleterre avant qu'il s'em-
barque. M. Sutton , qui le doit remplacer , ne prend point enoore la qualite*
d'ambassadeur.» Weiterhin ist von Sutton im Journal des marquis de Dangeau
nioht mehr die rede.
heist man Jiir, waß Ihr assamblee heist. Wo Bei mit die zwey lang-
weillige graffen von Issenburg hinkommen , so wir zu Heydelberg
hatten, ehe ich von hauß weg hin? Ich habe gestern abendt eine
caissc tnilt 17 große metwürst vom bnron (joertz bekommen. Wie
ich aber abendts nichts eße, werde ich sie erst helltte versuchen;
sie riehen gutt. Ich muß meine pausse nnn machen undt mich
ahnziehen. Nach der promenade undt wen wir auß der kirch wer-
den kommen (den es ist beulte himmelf'ahrttag'l, [werde ich diesen
brief anssch reiben].
Don[n]erstng umb 10 abendts.
Dießen gantzen abendt bin ich absclielllich geplagt. Wie ich
, auß der kirch undt vesper kommen, habe ich ein wenig frische lufft
srböpffen wollen. Da ist ein courir von Lotteringen kommen undt
halt mir gesagt, daß er (ließe nacht noch wider weg würde; habe
also einen knrtzen tour getban undt bin in inlcnlion , abu mein
dochter undt ihrem herrn zu schreiben, wider gekommen, habe aber
den hertzog von Mümpclgard l hir gefunden. Der hatt mich auff-
I Ba ist. der let»ta hartog vou Wirtainberg-Mämpalgard geineiul, Leopold
Eberhard, gehören 21 Mai 1670, gaatorbon 25 Februar 1723. Der marqula de
Dangeau sohreibt in seinem Journal XVIII, e. 2B0 unter montag, 20 Mai 1720:
«La prinee de Montbfliard, qui est ici, demunde que leB anfants qu'il a du troia
femmss soient toiis reeunnus prinoes. De De" trois feiumee, il y en a doui qui
aont encora an via et qui sont cbes lui; i! reut qua l'on bd appdle une in
douairWre et l'aulra )a regnanle ; il pritend quo da la religion donl il est, et
par Li'.» loia do l'eui[>ire, il a pu faire tout ae un'il ■> fsit. M. le duo d'Orleann
n eharga le oomte de la Marok et M. d'Armi
Hleriu bemerkt dar hermg «on Saint-Simon I
iini? qua dire de ee qu'nn la feil esaminar enmino qunlrjuo chose qui puissc
1'bWb , cola fait vuir ä quol point le r£gent etuit facile ä ce qui n'aveit point
de contradioteart M. de Montbeliard, du tomps du Tau rui, s'iloit contante de
qu'ila 9oiont non plus legitimes, iuais lögiüiassi on ee moqna de lui, et il s'en
retouros. Qui na erolruit oette «bimers finie? Elle reparot ä Vianne, oü alle
lat fnudrtiyf e , puis au pwlemeut de Paris avac le plus grnod eolut , apres la
inort de M. de MontMliard eu 1 7 37. L'intrigue est trop longue et depasao trop
le tomps da eas Memoire« pour la raconter ici, ot lea faotiuns dispenserunt Buasi
raison ; un atoit en teruie? do faire la paii
i procedura*, la veille qu'apres de lungs et
143
gehalten, drumb schreibe ich so spät. Ehe ich ahn den hertzog von
Lotteringen geschrieben undt mein docliter geschrieben , habe ich
ahn den abbe Dubois, jetzt ertzbischoff von Cambray \ geschrieben,
nmb ihm zu dancken vor die gutte zeittung, so er mir heütte mor-
gen geschrieben undt durch einen expressen geschickt, daß der
frieden zwischen dem könig in Englandt undt seinen königlichen
kindern gemacht ist undt daß der printz undt printzes von Wallis
nach einander zum könig sein, lang allein bey 1. M. geblieben undt
daß alles wider so gutt geworden , daß den (> , alß andern tags,
alle, die von deß printzen partie wahren, sein dt kommen, dem könig
die handt zu küßen. Alles ist wider gutt 2 . Von [der] printzes
stehet nichts in der relation ; daß macht mich hoffen, daß daß artige
printzessgen wider beßer ist. Ich habe dießen nachmittag Ewer
liebes schreiben [vom] 27 Aprill, no 32, zu recht entpfangen; aber
weit davon , daß ich es heütte beantworten konte , so werde ich
*
de celfebres plaidoyers , Gilbert de Voisins , prooareur avocat gene>al , devoit
parier.»
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, 8. 289 unter freitag, 17 Mai
1720: «Les bulles de l'archevgche* de Gambray pour M. l'abbe Dubois sont
arriy&es avec le pallium et le gratis.» 2 Journal du marquis de Dangeau
XVIII, 8. 283 unter mittwoch , 8 Mai 1720: «II est arrive un courrier de
M. de Senneterre qui mande quo raecommodement est entierement fait entre le
roi d'Angleterre et le prinoe de GaUes, son fils. M. le duc d'Orleans a juge ä
propos d'envoyer lui en faire des compliments; on en a oharge M. le duo de
la Force.» Der herzog von Saint-Simon begleitet diese aufseichnung ebenda-
selbst mit folgender bemerkung : «L'abbe* Dubois, dans le fort de la erbefdu
cardinalat, etoit aussi dans le fort de l'engouement pour l'Angleterre; c'est oe
qui lui fit saisir l'occasion de le marquer, et ä M. de la Force, qui a toutes
restes vouloit toujours gtre de quelque chose , d'en saisir aussi l'occasion pour
faire l'ambassadeur. Le prltexte d'aller voir sa mere etoit moindre que l'in-
oonvement de montrer ä l'6glise franeoise de Londrea un catholique, jadis lour
fröre, qui les avoit si rudement persecutes et qui en avoit su tirer parti. Mais
le roi d'Angleterre, qui ne pouvoit empecher que les 6clats entre lui et son fils
ne retentissent par toute l'Europe, ne s'aecommoda point de leur en donner un
nouveau qu'il pouvoit eviter, et trouva Strange qu'on eut imaginS en France
de l'envoyer complimenter en pompe sur des details d6sagr6ables et domestiques.
II s'en ezpliqua dono nettement des qu'il le sut, et comme on ne songeoit par
eette singuliere dSmarche qu'a l'obliger autant qu'on le pouvoit, l'onvoi toinba
dös qu'on sut qu'il no l'avoit point agroable, et le doublo in6rito ä son 6gard
en demeura ä l'abbe* Dubois, qui 6toit tout ce qu'il en avoit pr6tendu.» Vorgl.
den brief vom 23 Mai, nachher s. 151.
144
nicht einmahl völlig auff Ewer erstes liebes schreiben (ließen abendt
andtwortten; den [man] will nicht, daß ich spatter, alß 11, schlaffen
gehe vor meine gesundtheit. Adieu, liebe Louisse ! Ein andermahl
ein mehrers, aber dießen abendt werde ich nichts mehr sagen, alß
daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1121.
St Clou den 12 May 1720 (N. 92).
Hertzallerliebe Louise , ob ich zwar abermahlen mitt einem
gar starcken dribsdrill beb äfft bin , so will ich doch heütte auff
Ewere liebe schreiben andtwortten; den obschon mein durchlauff
starck ist, so ist es doch, gott lob, ohne schmertzen , wirdt mich
also nicht ahn schreiben verhindern. Seyder daß wüste chicor6-
waßer ist mein magen nicht wider zu recht kommen. Ich bin nicht
so erhitzt, wie die frantzösche damen sein, habe nicht so viel ra-
fraichissement von nöhten. Daß , hoffe ich , wirdt monsieur Teray
eine lehre sein , mich nicht mehr auff frantzösch zu tractiren ; es
mat * mich zu sehr ab. Ich habe mein leben nichts von den re-
meden de precaution gehalten, nun weniger, alß nie. Madame d'Or-
leans hatt auch remede de precaution brauchen [müßen] , so ihr
gar übel [bekommen]; den nach ihrer aderlaß, so sie verwichenen
donnerstag gethan, hatt sie daß fieber mitt starcken kopffschmertzen
bekommen. Daß sicherste in meinem sin ist, waß zu brauchen,
wen man kranck ist; aber wen man f[r]isch undt gesundt ist, wie ich
war, alß man mir zur ader gelaßen undt das verfluchte chicoree-
waßer drincken machen, nette man mich in ruhe laßen sollen. Ich
habe es woll gedacht, aber hette ich mich dem docktor widersetzt,
betten alle leütte gegen mir geruifen undt mich geplagt, habe also
woll nach ihrem undt nicht nach meinem sin thun müßen. Sie mö-
gen nun sehen, wie sies wider gutt machen, waß verdorben! Aber
ich komme auff Ewer liebes schreiben vom 27 April, no 34, so ich
vergangenen donnerstag entpfangen habe. Hertzliebe Louise, ich
endere nie, man gebe mir den ursach dazu; also können alle die,
so ich lieb habe, bey sich selbsten wißen, ob ich vor sie geendert
*
1 d. h. mattet.
145
bin oder nicht. Ich- bins nicht allein , so Ewere callendergcr undt
za&netocker artig gefunden. Alle die, so es gesehen, haben es recht
woll gearbeydt gefunden, undt wie ich Euch schon vergangen don-
nerstag gesagt, so habe ich madame Dangeau daß silberne calender-
gen [geschenkt]. Sie hatte eine lust darnach wie eine schwangere
fraw. Daß goltene calendergen undt daß silbern bücksgen mitt
zahnstöcker habe ich noch im sack. Ich kan oh n möglich loben, waß
ich nicht artig finde ; bin hirin nur gar zu natürlich. Aber wen
gleich dieße Sachen nicht so artig wehren , alß sie in der that
sein, so würde ich doch gewiß Ewern gutten willen ahnsehen, liebe
Louisse , undt es Euch danck wißeu , auff der meß ahn mich ge-
dacht zu haben. Ich habe keine kundtschafft in Schweden ; also
wen Ihr mir, liebe Louisse, von den medaillen von neuen könig l
bekommen könt, werdet Ihr mir einen großen gefallen thun, sie mir
zu schicken. Daß ist gar gewiß, daß dießer könig allein undt ohne
seine gemahlin regieren wirdt. Wie man sagt, so ist es ohnmöglich,
daß dieser könig erben bekommen 8 ; solle einen schuß in den lenden
bekommen haben, so ihn undüchtig dazu macht, welches woll schadt
ist. Printz Wilhelm undt landtgraff Max werden die casselische
linien erhalten müßen. Es muß ein falsch geschrey, gott lob, sein,
daß die printzes von Sultzbach ein böß kindtbett gehabt. Der
kleine secretarius Grävenbruck würde es mir gesagt haben, wen es
war wehre ; er weiß kein wordt davon ; ich habe es ihm auch nicht
sagen wollen, daß ichs gehört. Wen der churftirst die arme Hey-
delberg[er] so plagen will, gemandt es mich ahn die kinder, so in
der 8 lufft speyen, daß es ihnen selber wider auff die naß feit; den
da kan dießer churfürst kein vortheil von haben, sondern nur selber
Verlust undt chagrin. Mein gott , wie kan man sich so von den
wüsten pfaffen bethören laßen , wen man verstandt hatt , wie Ihr
versichert, daß dießer herr hatt! Alle menschen fürchten die pfaf-
fen, es seindt gar gefahrliche leütte; drumb darf man dem chur-
fürsten die rechte warheit nicht sagen, er wirdt mitt schaden weiß
werden. Daß ist gar zu abgeschmackt, daß der churfürst sich in-
formirt, welche[r] religion die armen seindt, umb ihnen nichts zu
geben, wen sie reformirt. Man hatt mir woll allezeit gesagt, daß
viel drincken daß hirn schwecht. Schwetzingen ist ein ahngenehmer
*
1 Friedrich. 2 ? bekomme. 3 ? die.
Elisabeth Charlotte 10
146
ort, den ich alß geliebt, wie auch Friderichsburg , so nicht meto
ist, aber doch noch Manlieim. Ahn die zeitten zu gedencken, macht
mir daß hertz schwer. Ich habe es heütte ohne daß schwer, den
ich habe gestern abendts, ehe ich schlaffen gangen, den todt von
einen von meinen gutten freündincn erfahren , die comtesse du
Rour ' ; war ein ahngenehme fraw geweßen , war hofffreüllen bey
meiner vorfahrrin, feu Madame 8 , geweßen undt der duchesse de la
Valliere gespillin. Sie ist ahm pottegram gestorben, welches sie
schon seyder etliche jähren so ellendt gemacht, daß sie nicht auß
dem bett hatt kommen können. Ich glaube, daß, wen Ihr, liebe
Louisse, so braff, met verlöff, met verlöff (wie die fraw von Woltzo-
gen alß pflegt zu sagen), scheißen köntet, alß ich, würdet Ihr Euch
gewiß beßer befinden. Es setzen sich offt humoren vom miltz in
die seytten. Mir geschichts so offt, deßwegen gibt man mir alle
6 wochen schir den grünen safft, meine seytte zu lehren 8 . Morgen
wirdt man mir den safft wider geben. Ich glaube, ich werde über-
morgen so matt sein, daß ich keinen fuß werde vor den andern
stellen können. Da kompt monsieur Lefevre herrein. Er hofft,
daß in der zukünftigen woche alle seine Sachen zu endt gehen
werden. Ich wünsche von hertzen, heütte zu vernehmen, daß Ihr
wider woll seydt, liebe Louisse! Man hatt mir versichert, man lebe
lang mitt der gülten ader 4 . Ich bin von Ewerer meinung, daß
ein groß alter eine beschwehrliche sache ist; aber alles muß woll
gehen, wie gott will. Nach großer geselschafft frage ich ebenso-
wenig, alß Ihr, liebe Louisse! Hiemitt ist Ewer letztes schreiben
völlig beantwortet. Ich komme jetzt auff waß mir noch überig ist
vom 23 April, no 33. Midi deucht, die graffliche personnen haben
[das], daß sie reißen, mehr alß andere leütte. Ob die liebe zwar
nicht groß bey dem graff von Weillburg, so kan es doch woll eine
gutte ehe geben ; den ich habe gar offt in acht genohmen , daß
nichts schlimere ehen gibt, alß die sich auß lieb nehmen; die lieb
*
1 du Roure. Journal du marquis de Dangeau XVIII, 8. 286 unter mon-
tag, 13 Mai 1720: «La vieille comtesse du Roure est morte; eile avoit 6t6
fille d'honneur de feu Madame , et la compagne et la grande amie de ma-
demoiselle de la Valliere, dopuis duchesse de la Valli&re.» 2 Anne-Henriette
von England, genannt Madame Henriette, geboren 16 Juni 1644, gestorben 30
Juni 1670, die erste frau des geniahls von Elisabeth Charlotte. 3 d. h. leeren.
4 die goldene ader, hämorrhoiden.
147
vergeht undt der haß kompt ahn den platz. Wen aber ein man
eine fraw nimbt, so raisonable undt tugendtsam ist, setzt sich ahn-
statt daß verlieben eine solide estime undt vertrawen; daß kau so
lang wehren , alß daß leben. Ich glaube , Ewer bruder Carl ist
mehr in ein carttenspiel verliebt, alß in einige dame. Wie er liir
war, erwieße er eine große passion vor spiellen. Hiemitt ist Ewer
erstes schreiben auch völlig beantwortet, bleibt mir also nichts mehr
überig, [als] Euch zu versichern, liebe Louise, daß ich Euch, so
lange ich leben, von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Seyder wir von taffei kommen, habe ich Euer liebes schreiben
vom 30 April, no 35, entpfangen, werde es vor die andere post, so
mir gott leben undt gesundtheit verleyet, beantwortten. Die "freül-
len von Zöettern seindt hir, haben mir hir beyliegenden brieff vor
Euch geben. Nach der kirch seindt mir viel verhindernuß [gekom-
men]; alle meine encklen seindt herkommen, haben mitt mir zu
mittag geßen. Nun kommen hundert leütte herein, unter ander[n]
baron Bielcke ', envoyes von Schweden , so mir ein schreiben von
der königin in Schweden gebracht. Da muß ich auff andtwortten ;
daß ist eben nicht so possirlich.
1122.
A niad. Louise, raugraffiu zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 16 May 1720 (N. 93).
Hertzallerliebe Louise , meine leütte haben mir einen poßen
gethan, so mich heütte braff hatt zörnen machen. Sie haben mir
Ewer liebes schreiben vom 30 April, no 35, verbrendt , nachdem
ich es geleßen. Ich hatte andere papiren auff meiner taflel , die
*
1 graf von Bielke. Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 67 unter
donnerstag, 22 Juni 1719: «On mande de Stockholm que le oomte de Bielke
a Ite* nomine* pour yenir ambassadour ici et que son frere oadet ira ä Vienne;
mais il n'y aura pas la qualite* d'ambassadeur.» Ebendaselbst s. 231 unter
freitag, 9 Februar 1720: «Le comte de Sparre est arrive* depuis quelques
jours. ... II n'a point de caraetäre reprösentatif , mais il est plänipotentiaire.
Le oomte de Bielke, qui est envoye* de Suede, est arrive* aussi.»
10*
148
gebrendt [werden] solten; aber auff Eweres wolte ich heütte andt-
wortten , liebe Louise ! So haben die thume oxsen * die mühe ge-
nohmen , Ewern brieff mitt die Ewerigen 2 zu brenen. Daß hatt
mich recht erzürnt; den ich habe so ein schlegt gedachtnuß, daß
ich mich ohnmöglich erinern kan, waß in Ewern lieben brieff ge-
standen, ob ich ihn zwar gleich geleß[en], alß ich ihn vergangenen
sontag entpfangen. Dießen nachmittag habe ich Ewer liebes schrei-
ben vom 4 dießes monts entpfangen, no 36. Ich kan aber heütte
nicht drauff andtwortten, den es hatt schon 10 geschlagen; muß es
vor den h. Pfingsttag verspahren. Ich habe heütte viel damen hir
gehabt, so mitt mir geßen, die printzes de Lambesq 8 von hauß Lot-
teringen, mademoiselle de Bouillon undt die duchesse de Porthmüht 4 .
Nun muß ich schlaffen gehen; den ich bin zwar beßer, aber noch
gantz nicht recht woll. Adieu , hertzlieb Louise ! Ich wünsche
Euch eine gutte nacht undt behalte Euch von hertz[en] lieb.
Elisabeth Charlotte.
1123.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Pranckforth.
St Clou, den h. Pfingstag, 19 May 1720 (N. 94).
Hertzallerlicbe Louise , seyder ich auß der capel komen , wo
ich zum h. abendtmahl gangen bin, habe ich 3 brieff [geschrieben].
Dießes ist der 4te, den ich wieder ahnfange, undt ich habe heütte
noch 4 oder gar 5 zu schreiben undt muß doch in die vesper undt
ein wenig spatzir[e]n fahren ; den es ist daß schönste wetter von
der weldt undt ich finde, daß die lufft mich wieder ein wenig zu
kräfften helffen [wird], den ich bin noch sehr matt. Wie ich heütte
morgen ahn dießem letztem wordt von «matt» war, hatt man mich
ahn taffei geruffen. In selbigen augenblick seindt meines sohns
3 dochterger herkommen , die haben mitt mir zu mittag geßen.
Gleich nach dem eßen habe ich mich ein halb stündtgen außgeruht,
bin hernach in die kirch; daß hatt biß halb 5 gewehrdt. Hernach,
wie wir auß der kirch, ist mein söhn kommen, bin mitt ihm spatziren
*
1 d. h. die dummen ochsen. 2 ? mit den andern. 3 Lambeso.
4 Portsmouth.
149
gefahren. Er wirdt hir schlaffen. Wir kommen eben von der pro-
menade, es ist schon 7 geschlagen. Ich habe, alß ich eben in kirch
gangen, habe ich Ewer liebes schreiben vom 7 May, no 37, ent-
pfangen. [Ich werde jetzt auf dieses antworten], weillen es frischer
ist, alß daß, so ich ahn[ge]fangen hatte. Es ist offt ein solch geraß
in meiner cammer, daß es kein wunder ist, wen ich waß überzwergs
schreibe undt übel schilfere 1 ; waß aber possirlich ist , so habe ich
mein schiffer 88 gar woli in mein callender gesetzt, kan nicht be-
greiffen, wie ichs so ttberzwerg in Ewern brieff geschrieben 8 . Es ist
aber nicht die erste sotisse, so ich gethan, wirdt auch woll nicht
die letzte sein, oder ich müste baldt sterben. Man kan sich noch
nicht im gehen erhitzen, daß wetter ist zu kühl dazu. So seindt
meine groste sprüng vorbey undt in meinen jähren geht man nicht
zu starck, insonderheit ich, die die beyde fuße so offt vertretten undt
verstaugt 8 habe. Es ist mir eine rechte mortification, daß ich nicht
mehr gehen kan; den es seindt hir die schönsten promenaden von
der weit undt daß wetter kan nicht schönner sein, nicht zu warm,
nicht zu kalt, kein windt, suma eine sanffte lust 4 . Es ist war, daß
es schon recht kaldt geweßen durch einen rawen , kalten windt ;
aber nun ist die zeit zu weit komen, umb daß es wider kalt könte
werden. Ich habe gantz Heydelberg in kupfferstück, auch den
Wolffbrunen. So baldt ichs sehe, freüdt es mich, aber kurtz drauff
kommen mir die threnen in den äugen. In der gallerie ist Heydel-
berg hir auch gemahlt, aber nur daß schloß undt der gartten; be-
sehe offt, wo ich offt gekegelt undt zu nacht geßen; daß macht
mir manchen seüfftzer laßen , will nicht davon reden , es ist zu
trawerig. Der alte s'acksische general hatte es vielleicht vom alten
herrn von Schomburg; den unßere liebe s. churfürstin pflegte alß
den herrn von Schomburg zu cittiren, daß er zu sagen pflegt: «Es
ist alles, wie man es macht.» Zu meiner zeit that man Mayen-baum
in die camin undt blumen, aber gemahls vor die caminen zu haben,
ist hir nichts neues; ich habe es mehr gesehen hir. Ich glaube,
daß graff von Degenfeit woll glaubt , daß , waß sein ist , Ewer ist,
undt waß Ewer ist, sein ist; den Ihr halt sie ja wie Ewere kinder,
undt weillen Ihr nicht geheüraht seydt undt keine kinder habt, ist
*
1 d. h. unrichtig chiffriere (von chiffrer), nicht mit der richtigen ziffer be-
zeichne. 2 Vergl. den brief vom 27 April, oben s. 124. 3 verstaucht. 4 ?luft.
150
es ja eben, alß wens Ewere kinder wehren. Ich haße mademoiselle
de Mon[t]pensier * nicht, aber es * arme kindt ist so unahngenehm,
das man sich ohnmöglich dran gewehnen kan. Gar heßlich ist sie
nicht, aber alle ihre maniren seindt nicht naturlich, gezwungen undt
gedrungen , lißpelt undt helt sich so gezwungen strack , alß wen
man ihr ein stock in den rücken gesteckt hett. Waß sie sagt, waß
sie tliut, alles ist chocant 8 ; sie jamert mich doch, den daß arme
kindt meints nicht böß, kan sich recht betrüben, daß man ihr ar-
tiges schwestergen lieber hatt, alß sie. Ahngenehm kan mademoiselle
de Mon[t]pensier nie werden, es ist ohnmöglich 4 . Madame de
Thiange[s] war eine gar thume humel 5 . Hir ist die desbeauche
von mansleütten so abscheulich, daß man die lieb vor weiber vor
nichts helt insonderheit. Graff Eönigsmarck undt seine metres wahren
beyde ledig. Wolte gott, sein jüngster bruder hette auch nur eine
ledige metres gehabt! Buscat 6 hatt noch hoffnung, hinter der
schlimen that zu kommen von denen , so seinen cammerdinner so
zerstumpelt hatten 7 . Wie mir I. L. die printzes von Wallis ihre banque
beschreibt , ist es eben , wie es hir a la rüe Quinquampuois 8 ge-
weßen. Ich kan kein wordt davon verstehen; es ist, alß wen man
mir grichiß 9 sprach. Es ist woll eine schandt , daß Churpfaltz
Euch daß Ewerige so zurückhelt. Ich mogte wißen , in welcher
gegendt zu Manheim der churfürst ein schloß bawen will; ich bitte,
liebe Louisso, erfa[h]rts doch ! Ich glaube, ich würde eher eine ge-
ratte mauer hinauff steygen, alß rechtssachen lehren 10 . Graff Degen-
feit hatt woll recht, gern in jetzigen zeit undt wetter auffdem landt
zu sein. Ich kan nicht begreiffen, wie man nun in statten dawern
kan. Ewer homme d'affaire hatt woll recht , 'lust zu haben , sich
ruhe zu schaffen. Daß begreiffe ich perfect woll , aber vor Euch
were es schlim; den wen man ahn leütte gewohnt ist, ist es ver-
drießlich , neue gesiebter wider zu gewohnen undt auffs neu zu
unterrichten. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben völlig beantwortet.
Ich muß noch ahn mein dochter schreiben. Ich muß schließen undt
*
1 Louise-Elisabeth d'Orl6ans , mademoiselle de Montpensier. 2 ? das.
3 ohoquant, anstößig, beleidigend ; es misfallt, ist widerwärtig. 4 Vergl. den
brief vom 27 und 28 April , oben s. 125. 5 Vergl. den brief vom 27 und
28 April, oben s. 128. 6 ? Busca. 7 Vergl. den brief vom 27 und
28 April, oben g. 126. 8 Quineampoiz. Vergl. band IV, s. 291. 358.
9 d. h. griechisch. 10 d. h. lernen.
151
vor dießmahl nichts mehr sagen, hertzliebe Louise, alß daß ich Euch
all mein leben von hertz[en] lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1124.
St Clou den 23 May 1720 (N. 95).
Hertzall erliebe Louisse, seyder vergangen sontag habe ich kein
schreiben von Euch entpfangen , aber ich habe noch daß vom 4
dießes monts, so ich letz[t]mahl nicht beantwortet habe ; daß werde
ich nun unterfangen, aber nur noch vorher sagen, daß ich gestern
ein tour nach Paris gethan, habe, gott lob, mein söhn in gutter
gesundt[heitj ahngetroffen mitt allen seinen kindern. Ehe ich ins
Palais-Royal fuhr, besuchte ich madame la princesse ; die fandt
ich, gott lob, unvergleichlich beßer, alß I. L. geweßen; hoffe, daß
sie es nun wirdt überstanden haben. Nachmittags fuhr ich zum
könig. Aber etwaß, so mich über die maßen wunder nahm, ist,
daß, nachdem ich wider ins Palais-Royal kam, brachte mir der duc
de la Force meine 2 brieff wider, so ich ahn die printzes undt den
printzen von Wallis geschrieben hatte, undt meinte 1 , daß er, wie
er mir gesagt, schon vergangen montag nach Englandt gereist were.
Er sagte mir, seine reiße were zurückgangen, weillen der könig
von Englandt kein compliment haben [wolle] auff die Vereinigung
mitt seinen königlichen kindern*. Unter unß gerett. hirauß schwandt 8
mir nichts gutes. Ich fürchte, daß deß königs hertz vor seine kin-
der noch nicht recht ist , wie es sein solle , undt waß mich noch
ahm meisten jammert, ist, daß ich gestern zu Paris zwey schreiben
auff einmahl von unßer lieben printzes von Wallis bekommen. Die
ist durchauß persuadirt, daß alles wider gutt ist bey dem könig.
Gott wolle ihnen beystehen undt alles zum besten wenden! Ich
komme jetzt auff Ewer liebes schreiben. Mich deucht, meine brieffe
gehen rieht [ig] er zu Euch, alß die Ewerige mir kommen. Daß ich
*
1 Es hieße beßer statt «undt meinte» ich meinte. 2 Vergl. den
brief vom 9 Mai, oben s. 143. Journal du marquis do Dangeau XVIII, s. 291
unter mittwoch , 22 Mai 1720: «Le voyage de M. de la Force en Angleterre
est non-8eulement diAtere* , mais tout ä fait rompu. > 3 d. h. schwant , es
sehwebt mir in dunkel m gefühle vor. Vergl. Weigand, Deutsches Wörterbuch
s. 655.
152
Euch alle posten schreiben werde, ist ja gar [nichts] neues; es ist
ja schon lange jähren, daß ichs Euch versprochen undt nicht ge-
fehlt habe, mein versprechen zu halten. Aber nichts ist mehr or-
dinarie, alß comerse mitt brieffen mitt denen zu haben, die man
lieb hatt undt die einem nahe verwandt sein; daß meritirt nicht
so große undt vielle dancksagungen , alß Ihr mir macht, liebe
Louise! Aber Ewer demuht undt erkendtliches , guttes gemühte
meint alß, daß Ihr danck schuldig seydt, wo Ihr es doch gar nicht
seydt. Wen Ihr keine von meinen schreiben bekompt, ist es gar
gewiß der post schult undt die meine gar nicht. Es freuet mich
recht, daß mein gekritzcl Euch so ahngenehm ist undt Ihr es nicht
müde werden; den gar oft koinpt es abgeschmackt genung herauß,
leyder. Madame d'Orleans verdirbt alle damen hir, helt ihren re-
spect gar nicht ; sie weiß nicht recht , waß grandeur *. Madame
de Montespan undt madame de Maintenon, von denen sie erzogen
worden, wustens selber nicht, undt sie ist zu hoffartig, etwaß von
mir zu lehren 8 wollen, meint, daß wehre au desous d'ellc , undt
meint, sie seye viel höher, alß ich, wen sie ihre kammer voll leütte
hatt undt alles unterst zum obersten gehet mitt maniren, mitt kley-
dungen, suma in alles. Aber wie sie mich nicht imittiren will, halte
ich es auch nicht von nöhten, sie zu imittiren; also bleibt ein jedes,
wie man im Sprichwort sagt , wie es gescholten ist. Kein hoff ist
mehr in gantz Franckreich. Daß hatt die Maintenon ahm ersten
inventirt; den, wie sie gesehen, daß der konig sie nicht von 8 kö-
nigiu declariren wollen, hatt sie die junge dauphine 4 [abgehalten],
einen hoff zu halten, alß in ihrer kammer bey sich behalten, wo weder
rang noch dignitet wäre ; ja, die printzen undt die dauphine musten
unter den vorwandt , daß es ein spiel were , dieße dame ahn ihr
toillette undt ahn taffei auffwartten. Die dauphine hatt sie offt ge-
kembt 6 wie eine cammermacht 6 , undt die printzen drugen ihre
schtißeln, gaben die theller undt brachten zu drincken. Daß hatt
den gantzen hoff über einen hauffen geworffen, daß niemandts mehr
wüste, waß oder wer er war. Aber ich bin nie in dießem spiel ge-
weßen. Wen ich zu der frawen ging, setzt ich mich neben ihrer
l Vergl. die briefe vom 25 April und 9 Mai, oben s. 124. 141 nnd nach-
her den brief vom 26 December. 2 d. h. lernen. 3 ? vor. 4 die du-
ohesse de Bourgogne. 5 d. h. gekämmt. 6 d. h. kammermagd.
153
niche , wo sie auff in eine chaise , undt habe ihr nie weder ahn
taffei , noch ahn der toillette auffgewahrt. Es wolten mir etliche
lefltte rahten, wie die dauphine undt printzen zu thun; ich andt-
worttete aber : «Je nay jamais estes eleves a faire des bassese *,
et je suis trop vie[i]lle pour faire des jeux d'enfant> Seyderdem
hatt man mir nicht mehr davon gesprochen. Zu manto * schicken
sich schleppen nicht, dazu gehört ein grand habit. Mich wundert
es gar nicht , wie ich von Englandt reden höre , daß Ihr dem hoff
müde seydt. Die printzessin schreibt mir, daß die graffin Degen-
feit nach Teütschlandt verlange, daß sie so bitter übel außsicht, daß
I. L. fürchten, daß sie vor ihre[r] reiße kranck solte werden. Daß
ist waß rares, daß zwey partheyen sich auffs interesse so vergleichen
können , daß beyde zufrieden sein. Wen daß bath in Englandt
keinen andern nahmen hatt , alß [diesen] , wirdt keine Teütsche
mühe haben, zu begreifen, waß es ist. Es ist woll gewiß, daß böße
kindtbetter schlime sachen vor die gesundtheit sein. In schrecken
sich zu blessiren, ist noch ahm ärgsten. Es ist ein groß klück, daß
sie die schwer-noht nicht davon bekommen hatt. Ihr werdet nun
baldt brieff von den freüllen von Zoettern bekommen ; den biß son-
tag wird es 14 tag sein , da& ich Euch einen von ihnen geschickt
habe. Sie sagen, sie begehren nichts mehrers, alß sich zu verglei-
chen, wie Ihr auß obgedachten brieff sehen sollet. Man Latte mich
gebetten, ihn zu leßen ; ich bitt Euch aber urab verzeyung, ich habe
die gedult nicht gehabt, liebe Louise ! Den ich kan nichts begreifen
in alles, waß processen ahngeht. Es ist schon lange zeit, daß die
freüllen von Zoettern hir sein; es ist länger, alß ein jähr, daß ich
sie immer hir sehe. Sie seindt sehr in gnaden bey madame la
princesse, die hatt sie offt bey sich, sie jamern sie. Die jüngste
fehlt nicht von verstandt undt ist zimblich raisonabel, die älste aber
hatt einen abscheulichen kropff undt sieht ein wenig verirt auß;
sie hatt aber schon einmahl abscheuliche vapeurs gehabt, aber nun
ist sie wieder gantz woll. Ich habe mein leben nicht geschwinder
reden hören, alß sie schpricht. Lenor kan eben so reden alß sie;
ich beiß mich alß auff die zung, umb nicht zu lachen, wen ich sie
reden höre. Sie schwehr[e]n hoch undt thewer, sie betten ihr leben
nicht gedacht, einigen proces gegen die Schonburgischen zu führen.
*
1 d. h. Je n'ai jamais 6te* eleväe ä faire des bassesses. 2 d. h. manteaa.
154
Alß so hoffe ich, daß alles baldt zu endt gehen wirdt, liebe Louise !
Es ist mir leydt, daß die gräffin, fürstin von Ussingen wolte ich
sagen, nicht mehr zu Franckforth ist; den daß ist doch eine gutte
geselschafft vor Euch. Ich kene ihren schwigersohn, ist vor etlichen
jahren hir geweßen , ist ein melancolisch kindt. Er ist , wie man
hir sagt: «II n'entend pas Dien tonner.> Man hatt mühe, ohne
ja oder nein etwaß änderst auß ihm zu bringen , ist so , wen ich
sagen darff, stupide, alß sein herr vatter vif undt lastig war, oder
er muß sich sehr geendert haben. Gestern hatte ich ein starck
wetter, wie ich wider von Paris kam. Wie ich wider in der cam-
mer war, kam ein so abscheulicher don n erschlag , daß eine von
meinen kammerweibern auß der cammer lieff, die ander viel zu bo-
den vor puren schrecken, machten mich von hertzen zu lachen. Es ist
auff ein closter gefallen, so nicht weit von hir ist undt Longchamps
heist, hatt aber keinen schaden gethan. Bey St Germain in ein
dorff, so Sertroville * heist, solle ein abscheulicher großer hagel ge-
fallen sein , hatt alles zerschlagen dort. Es ist gantz unglaublich,
waß man davon sagt; die schloßen sollen wie eine faust geweßen
sein, daß kan ich nicht glauben. Wen sie gleich viel kleiner ge-
weßen , haben sie doch viel schaden^thun können. Alles hatt daß
schönste ahnsehen von der weit vor ein gutt jähr, aber der 9te Juni
undt auch der 19 seindt noch zu observiren; in den 2 tagen muß
es nicht regnen, sonsten wirdt es 40 tag regenen. Ich bin den 17
May alten stiehl gebohren, liebe Louise ! Daß macht jetzt mitt der
verenderung von neuen stiehl just den 28 May. Eher man den
calender verendert hatte, fiehle es auff den 27*. Ich dancke Euch
von hertzfen], liebe Louise, vor alle gutte wünsche, so Ihr mir
zu meinem gebuhrtstag thut; der wirdt zukünftigen dinstag sein.
Ich weiß nicht, wie ich mein 68 jähr enden werde, aber ich fange
es schlapies ahn, wie die Hinderson alß pflegt zu sagen, kan mich
noch nicht wider erhollen von den eau de chicoree , habe gantz
keinen apetit undt bin recht schwach, bin auch sonsten recht leü-
nisch. Daß leben, wen man alt ist, wirdt in allen stücken zu ver-
drießen 8 , umb zu wünschen, es noch weitter zu bringen; den es
nur ungemach undt ellcndt. Doch muß man woll wollen, waß gottes
1 Sartrouville an der Seine. 2 Vergl. den brief vom 18 Februar, oben
8. 53. 3 ? verdrießlich.
155
willen ist, undt nichts begehren, alß nach seinem willen. Ich weiß
nicht, liebe Louise, wo Ihr her nembt, daß mein leben zu waß nutz
sein kan; ich misch mich ja in nichts. Wen man so alt ist, alß ich
jetzt bin, kan man in nichts mehr ahngenehm sein; den daß ge-
dachtnaß fehlt ahn allen enden. Ich versichere Euch aber, liebe
Louise, so sehr mir auch mein alter zuwiedör ist, so wolte ich mir
doch nicht wünschen , mein leben zu verkürtzen , wen es Euch,
liebe Louise, noch zu waß nutz sein könte undt ich Euch durch
einigen ahngenehmen dinst versichern undt persuadiren konte, daß
ich Euch von hertz[en] lieb habe undt behalte.
Elisabeth Charlotte.
1125.
St Clou den 26 May 1720 (N. 95).
Hertzallerliebe Louise, Ihr werdet auß meinem letztem schrei-
ben schon ersehen haben, wie daß ich vergangenen donne[r]stag bin
mitt Ewerem lieben schreiben vom 11 dießes, no 38, bin erfrewet
worden, worauff ich heütte ordendtlich andtwortten werde. Gott be-
wahre mich vor contretemps undt inter[r]uption! Die frantzösche
mode, remeden de precaution, seindt mir greulich verleydt , kan
mich noch nicht gantz wider davon erhollen; ich glaube aber, daß
mein jetzt gridtl ich- sein viel dazu hilfft undt wieder neüje] galle
macht. Aber last unß von waß änderst reden ! Hir were gar zu viel
auff zu sagen. Madame la princesse ist, gott lob, wider viel beßer,
kan nun wider außfahren undt ein wenig zu fuß spatziren , sieht
auch wider beßer auß , ist aber noch erschrecklich mager. Die
hertzogin von Hannover kan nicht eyllen , weillen sie ihre neue
enckellin, unßere mademoiselle de Vallois, sehen will, welche gar
kein eyll hatt nach Modene ; ist woll eine dolle humel, wie wir in der
Pfaltz sagen. Ohne ahngesehen ihres herrn vattern ernstlichen verbott
will [sie] durch die gantze Provence herumbspatziren undt Toullon
sehen, welches gantz von ihrem weg abgelegen ist. Sie will auch,
wie man sagt, die Ste Baume sehen, führt also deß königs hauß herumb,
welches dem könig millionen [kostet]; da hatt sie die geringste
consideration nicht vor, daß feit alles auff ihren herrn vattern. Daß
macht mich auch gridtlich, ob zwar vatter undt mutter es woll ver-
dint haben , chagrin von dießer dochter zu haben ; sie haben sie
156
beyde zu sehr verzogen undt dadurch gantz verderben '. Ich habe
viel dolle köpfte in weibern gesehen, aber keines, daß dießer
gleich kan kommen; ihr montespnnischc gemüht erweist sich in
alles. Aber es ist meine schuld t nicht, .kan zu meinen söhn sagen,
wie in der commedie: -George Dandin, tu la voulu» *. Aber
hiemitt, genung hirvon ! Der herizog von Modene batt recht im-
pertinent in den letzten z'eytteu sich gegen seiner fraw schwiger-
l Vergl. nachher die briefo v
or.i
0, 18 und
28 August
wd
»nd III,
i. 220. 221. Q.
Brunot II, e. 24
, an
merkung 1
: «On trou
e de
pattioo-
larltes piquantea
d sujet de ootte
aae dana
ne notiee de
Lemo
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t>, iusorcio au t.
I de
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dene detoatait aon
Bit alle et fome
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donner sa suecos
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d'bfaitatiou, In princesse deviut ono
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Ha vie f
it fort agit6c
; eile
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t ijij'ä revonir eo
Fra
ce , maia
on craignai
■OD
caractere
mdomptable et on
etait bien aias d
• la
teoir eloig
6e. Eo sep
emhre
1737, le
parlomont prononca nur un prooea qua cetle prineesae inlentn, au sujet du paye-
ment de sa dot, ä aon fröre le duc d'OrlSans. Toir le «Journal- de Barbiei
(t. II, p. 1BG), qui etait an des oonseila de la princeuBt.. 2 Du «IUI U
in dieser form nicht richtig, wie bereits Georg Büobmaoo, , UeflUgelte tforts
Elfte aufläge. Berlin IST", B. 200. 201 bemerkt hat: «Aus M..l.*rei 'Georg«
Dandin», akt 1, sceno 9 sollten wir als eelbatanklage bei (elbstvereoholdeteai
mUgsBohick «Voua l'avei voulu; vous l'nvci voulii, George Dandin, vous I a.
Tonlu,> -Du hast os so gewollt; du hast es so getrollt, »Borge Dandin, .
hast es so gewollt» citioreii ; statt dessen ciliaren wir stets falsch: 'Tu l'aa
vonlu, George Daudin , tu l'as vouln-' So citierte oh schon Elisabeth Char-
lotte van Orleaas, toahter des karfüretea Karl Ludwig von der Pfali, in einem
briof an die raagriifln Luise aus St Cloud, den 26 Mai 1720. (Briefe der prln-
iBBsin Elisabeth Charlotts von Orleans u. s. »., heranagogeboa von Wolfgang
Meutel, Stuttgart 1843, s. 462),»
157
matter, der hertzogin von Hannover, [betragen], alß wen sie ge-
ringer were, alß er, undt der undterschiedt von ihren geburden ist
doch auff allen seytten groß genung, umb ihr großen respect schul-
dig zu sein. Es wäre * billig, daß sie sich in alles mischen solte, da
sie seiner kinder großmutter ist undt sie alle mitt so großer sorg
undt fleiß erzogen. Zu glauben, daß man eine frantzösche fraw in
der weit finden [könne] , die nicht die frantzösche maniren über
alles setzt undt immer davon spricht undt welche sich nicht in alles
mischen will, daß ist ohnmöglich. Von den ersten biß auff der
küchenmagt wirdt man dießes finden 2 . Aber man hette woll die
sach ihr moderiren können, ihr nur verdrawen, waß ihre kinder be-
trifft, undt sonsten mitt respect mitt ihr leben können. Es ist zu
Hall im Tiroll, da unßere hertzogin die keyßerin, ihr fraw dochter,
undt die ertzhertzogin , ihr enckellin, sehen wirdt; sollen 14 tag
beysammen bleiben. Der abschidt wirdt greulich hart halten; den
es nach aller aparentz woll ein ewiges adieu sein wirdt. Auß dem
Tiroll wirdt sie über Strasburg her, ist eine große reiße vor eine
70jahrige fraw. Gott gebe, daß es woll abgehen mag! Ich wün-
sche es von hertzen; den ich habe dieße hertzogin lieber wegen
ihr so gar guttes gemühte, alß wegen unßerer nahen verwandtschafft.
Mein balbirer will mir nie alß ahm lincken arm laßen *; den er
sagt, meine andern 4 ahm rechten arm wehren so klein undt beweg-
lich, daß er mühe haben würde, sie recht zu erdapen. Aber wen
man mir gleich ahm rechten arm gelaßen , hette mir doch daß
schreiben nicht schaden können; den nach vier stunden ist mein
arm zu , alß wen man mir nicht gelaßen hette. Ich hatte vor 9
morgendts ader gelaßen undt habe Euch erst zwischen 7 undt 8
geschrieben, liebe Louise, hatt mir also gar nichts schaden können.
Ahn die ich lieb habe, brauche ich zum schreiben nie keine andere
handt , alß die meine. Ihr hettet recht , zu erschrecken , liebe
Louise, wen Ihr eine andere handt, alß die meine, finden soltet; den
*
1 ?wäre. 2 G. Brunet II, s. 246, anmerkung 1 : «Longtemps avant Madame,
le cardinal Masarin tenait le meme langage : il disait au premier ministre d'fis-
pagne: «Los Francaises, soit prüdes, soit galantes, soit vieilles ou jeunes,
sottes oii babiles , yeulent se meler de toutes choses. Elles veulent tout voir,
tont oonnaltre, tout savoir, et, qui pis est, tout faire et tout brouiller» (voir les
«Causeries da lundi» de M. Sainte-Beave, t. V, p. 519).» Vergl. auch naohher
die briefe vom 16 Juni und 21 Juli. 3 d. h. zur ader laben. 4 ? ädern.
158
es were ein zeichen, daß ich entweder auff den totlt le^en ', oder
ein gar groß accident ahn der rechten liandt hörte. Also gott be-
hütle mich, daß Ihr einen hrieff von der Rotzenheu saern ahn nieine
etatt bekämet ! Ueschriebcn zu haben, halt mir gar nichts geschadt ;
meine mattigkeit kompt, daß ich ahn keine remedieu gewohnt bin.
Man lest mir nie zur ader, ohne daß ich 3 wochcn bin, ohne mich
wider hollen*, insonderheit wen man micli gleich purgirt, wie es
schir allemahl geschieht. Wall man in den gazetten von der ab-
tiüiu von Chelle[s] gesetzt, ist eine boßheit. Es ist nicht dran
gedacht worden, sie ist gar content in ihren standl undt wolle ihn
nicht endera, wen es gleich so möglich weiß, daß sie mousieur le
duc bekommen, alß es obnmöglich ist *. Monsieur le dne ist nicht
so attrayant, daß man sehr verliebt von ihm werden konteu*; er
ist lang, mager, gebückt, einäugig undt daß glitte [äuge] ist so roht,
daß man nicht weiß, welches daß blinde ist, ein lang, schmahl ge-
siebt, holte backen, ein laug kien, große lefftzeu , einen kurtzen
leib undt gar hinge beine ohne waden. Dießc h'gur ist woll nicht
schön; auch werden ihm alle «eine maistresseu nach einander un-
tre w. Daß viellc sauften undt die pfaffen mlißen Churpialtz daß
hirn verthrebet haben undt sein eygen interesse nicht erkennen
machen, seinen armen unterthatien lautter bößes ahnstatt guttes zu
thun. Die Heydelberg[er] haben noch zeit vor sich; den ehe zu
Manheim alles gebauet wirdt sein, umb alles hinzufahren, eine vol-
lige ressidentz dort zu machen , wirdt nocli viel waßer über den
Necker undt Rhein Hießen undt es können noch viel enderuiigen
kommen. Ich dauckc Euch sehr vor die vers, so Ihr mir auff dun
jetzigen köuig iu Schweden" [geschickt habt] ; finde sie nicht ridi-
cul, aber Phil[i]p undt Allexander betten woll außbleiben können,
kommen hir nicht zu paß, noch apropo. ich, so gridllich ich auch
bin, habe doch lachen [müßen] über den wunderlichen nahmen von
der geneialmajorin Schnabelin ". Man macht sich offt viel lustiger
bey einem glitten salatgen, alft' bey einen großen fest, wie die
wahren, so man zu Dresden gehabt hatt. Ist 7 habe vor 2 jähren
einen hundt gesehen, so mau reden machten " , undt wen man ihn
1 ? Hege.
2 7 wider *
erholen.
3 Vergl.
nchbo
den briof vom
Juni. 4 ?k
jnnte.
a dun erbprin
an Friedr
ob TO
Hessen-CaMel
Vergl. band III,
. 365.
7 ?Ioh. 8
mnohte.
159
fragte , waß er geßen , sagte er deutlich : «Ein brädgen undt ein
saletgen.> Daß were meine sache mehr, alß waß derselbe hundt
sagt , daß die leütte von qualitet eßen, nehmblich the , caffe undt
chocolat; dieße 3 stück kan ich vor meinen todt nicht leyden l .
Die mussiq von den waldthornern höre gar gern; unßer könig s.
hörte sie auch gern. Waß haben den die arme ressidentin der
fürstin von Ussingen gethan , daß sie sie nicht sehen ? Alles ist
jetzt so gemischt, daß man keine unterscbiedt schir mehr macht
von waß alt vom adel oder noü gebacken; zudem höre ich undt
nicht ohne schmertzen, daß unßer teütscher adel sich auch so woll,
alß man hir thut , sich sehr verquackelt. In spielten sieht man
nicht auff die qualitet nirgendts nicht, sondern nur auff die, so be-
zahlen können , wen sie vcrliehrn. Mitt dem könig , monsieur le
dauphin haben hir mensche [n] gespilt, so man woll wusle, daß sie
gar keine edelleütte wahren, auch nicht gedachten, vor adelich zu
passiren. Die fürstin von Siegen kan nicht beßer thun , alß sich
hübsch eingezogen zu halten. Ist es prister, so man die bischöffe
von Würtzbtirg undt Speyer machen solle , oder sie alß bischoff
sacriren? Heütte über 8 tag wirdt der abbe Dubois alß ertzbischoff
sacrirt werden von Cambray. Man hatt mir unter der handt zu
dießer ceremonie geladen, ich habe es aber in gnaden abgeschlagen,
liebe die ceremonien gar nicht. Monsieur Lefevre hatt mir schon
gesagt, wie daß graff von Degenfeit daß ordre von Preüssen hatt.
Ordre stehen woll undt disting[u]iren die leütte recht. Ich kan leicht
[begreifen], daß es Euch nicht sonderlich gefallen solte, liebe Louisen,
wen Ihr von Ewern verwantten pfaffen undt geistliche sehen soltet.
Verstandt fohlt Euch nicht undt habt den ruff bey alle, die Euch
kenen. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben durchauß undt gar exaet
beantwortet, liebe Louisse, undt es schlegt 11 uhr. Entpfange ich
noch etwaß von Euch, werde ichs Euch dießen nachmittag in post-
[sjeriptum berichtet), nun aber nur versichern, wie daß ich biß ahn
mein endt bin undt bleibe , wie ich Euch , hertzallerliebe Louise,
offt versprochen, nebmblich Euch von hertzen lieb zu behalten, so
lange ich lebe.
Elisabeth Charlotte.
1 Vergl. hierüber auch die oft widerholten Äußerungen in den vorher-
gehenden bänden.
Ewr liebes schreiben vom, 14, 110 39, ist dießen abendt al
kommen, werde es aber vor bili donner3tag sparen, wo mir golt I
da leben undt gesundhe[i]t verleyet, liebe Louise!
1126.
St Clou den 30 May 1720 (N. 96).
Hertzallerliebe Louisse, ich weili nicht, ob ich beulte waß von
Euch bekommen werde, aber ich will doch auff Ewer liebes schrei
beu von 14, no 39, andtwortten. Daß waßer von ebicore[e] ist
gar übel bekommen, batt mir eine stareke ind[i]gestion geben
allen lust vom eßen undt drincken benehmen, wozu ich nicht wid>
kommen bin. Gott weiß, wie lang es wehren wirdt. Mein
ist doch wider beßer undt fulile dafi schwere drucken nicht mehr
zu sehr, Mein docktor, der durch die hießige frantzösche exerapel
nicht begreiffei] kau, wie ein w ei bs mensch, in welchem alter sie
sein mag, doch rafraickissement im frühling nicht von Höhten batt,
halt mich auff franlzösch tractirt. Mein altes teülscbes temiierament,
so mehr hitz , alß kälte, von Höhten , schickt sich gar nicht. Ich
glaube, daß, wen ich den tritten tag eontinuirt bette, dieß eau de
chicore(e] zu nehmen, würde ieh mir den magen durchauß verdorben
haben. Ich hatte es woll vorhergesagt , man hatt mir aber niebt
glauben wollen; meinen alle, sie verstünden die Sachen beßer, alß
ich. Ich bin noch matt undt befinde mich gar nicht leicht, habe
auch wehe in der [nicken seylten , welches mein miltz woll thun
mag. Es ist kein wunder, wen mein armes miltz geblähet ist; den
ich eine betrübte woch geführt, welches Euch kein wunder nehmen
wirdt, wen ich Euch sagen werde, liebe J.iiuisse, d;iß ich nnbe-
kantebrieffe bekommen, worin en gestanden, daß ich nichts zu furch
teil hette, aber «daß mein solin ein muster ' wehre, welches mau
außrotteu wolle durch fetter oder sebwerdt.» Ich kau* Euch leicht
gedencken, wie mir hirbey zu muhte geweßen. Ob zwar die Sachen
nun ein wenig calmirt sein, nachdem mein sehn den Laws von seiner
charge de controlleur general abgesetzt hatt', so knn ich mich doch
unter mittiroo
nicht gantz wider erhoilen undt bin von hertzcn melancolisch nndt
in sorgen. Gott wolle unß beistehen! Wir habens liocli von Höhten.
Meinen geburtstag habe ich vorgestern zwar gesundt ahngefangen,
aber gar nicht vergnügt noch lustig. Dali beste, so ich drinen ge-
habt, war, dali ich bin im gartteu spauiren gefahren; es war daß
schönste undt ahngeiiehuibste wetter von der weit, Gevaüersuh äff-
ten seindt mehr verdrießlich undt amuarasfsjant , alß ahngenehin.
Hir ist es gemächlicher; den man gibt nichts ahn den patten, son-
der nur etliche pistollen auff die wiege. Zu meiner zeit, wie ich
noch in Teutschland! war, gab man von den großen augsburgi sehen
boccallen *; daß pressent war ordinarie in silbergescliir. Ich sehe
woll durch waß Ihr mir schreibt undt die fürstin von Ussingen
Euch, liebe Louise, ins ohr gesagt, daß iclis nicht allein bin, so
ungern gevatterschafften liatt. Es seindt viel leütte , so die opi-
n[i]on haben, daß ihre patten sterben müßen, wen man sie kinder
heben macht. Man verzeblt hir im landt eben so eine art von lii-
storic , wie die , so Ihr mir von dem officir von Glossen verzehlt.
Man sagt, ein man were in ein wirdtshauß zu Pontoise kommen alß
ein reißender undt hatte gefragt: «Que dit on de la recolte?»
So bette der würdt s geantwortet: ~Les aparances sont admirable[s],
ooy; hett der man geantwortet: «Tout cela sera admirabie aussi,
mais il y aura une mortalüe si affreusse, que pen de gens en joni-
ront» , hette drauff zum würdt gesagt: «Je vois , que vous en
douttes, mais cela sera aussi vray, qu'il est vray a pressent, que
vostre famme est tombes morte tout a l'henre sur le degre.» Der
würdt ging auff die stiege undt fandt sein fraw , so sich todt ge-
fallen. Der propbet sagte , er müste den andern tag frühe weg,
legte sich, nachdem er geßen, zu hetle. Den andern morgen ging
der wilrdt in deß maus kammer, fandt aber niemandts mehr in der
camraer undt ahn seine statt lag auff dem hett ein groß crDtzefix.
M. ls duc d'Orleam le remaroioJt dos snlua qu'il i'ltott Juane dann sa ubarj-e
de ountrulrur gtn.'ral et qa'il le dfohargOfiU. do oet emplei; et qua, nomine bioB
des gens ne l'aimoient pas dan? I'nri«, 11 oroyoit deso.r uiettre aupris de lui
ud oflioicr de mSrite et eonou puur empnobei qn'll oe Ioi »rriTfM qnelque mal-
henr. II a ohoiei pour oela Beienal, major de« garde« suieses; il j aura seile
soldats »oifses qui eoucneront dane la tnajsnn. M. Law ne s'attandoit fi rien
moins el n paru fort tranquille ■
1 d. b. pönalen. 2 d. h. der »Irt.
Elisabeth Cbarlotte 1 1
Ilirauß secht Ihr, liebe Louise, wie man in allen ortten leögt undt
historien macht. Ich laue mir sie allezeit alle verKehlen, den daß
divertirt mich. Die arme Suzon, meiner aramcn dochter, so man hir
nach ihrem man madame Leclair hcist, ist gar kranck geweßen,
seindt noch nicht wider wolt, beyde aufl' den todt gelegeu. So geht
es in der weit; nach der großen freüden, so sie gehübt, daß ihr
encke! einem marquis ist versprochen worden ', wie ich glaube, daß
ich Euch, liebe Louisse, schon geschrieben haben", so werden die
beyde großeitern sterbens-kranck. Es seindt viel krancken;
dem cioster hir, wo ich heütte nachmittag hin gesolt, haben die
kinderhlattem hej den pensionairen wider ahngefangen, werde also
nicht hin. Printzes Anne ist von ihren blättern, gott lob, salvirt.
Gott gebe im:-, daß nach dem neuen licht es nicht dem gebladt
folgen undt die zwey kleinen es nicht auch bekommen mögen !
Printz Friderich ist viel beßer wider. Gott hewahre I. L. die prin-
tzes von Wallis, ihren printzen zu verliehren ! Ich glaube, sie kämme
von sinnen; den sie hatt mir geschrieheu, daß, so sehr sie auch
ihre 3 printzessinen liebte, so nette sie doch ihren herrn solm noch
viel lieber. Also were es etwali abscheuliches, wovor gott der all-
mächtige gnädig bebeiittcu ' undt bewahren wolle ! Der kleine
pfaltzische secretarius ist mir vorgestern sagen kommen, daß Chur-
pfaltz so ernstliche befehl vor Ewere hezahlung ertbeiit , daß Ihr
gar gewiß bezahlt solt werden. Ich kan es aber nicht glauben, biß
ich es von Euch selber vernehmen werde; erwarte mitt verlangen,
biß Ihr mir dieße gutte zeittung bericht. Mein dochter hatt mir
durcli die gesterige post ein memoire geschickt, daß 75 famillen
auß der Pin.lt/. nach Orleans gehen , umb ins Missisipi zu reißen.
Der bertzog von Lotteringen hatt sie durch Lotteringel) gehen sehen.
Ihr werdt alle ihre tagreißen hirbey finden; die threnen seindt mir
drüber in den äugen kommen. Ich fürchte, daß unßer lierrg
den churfürsten hart straffen wirdt. Wen die straffe nur auff die
verflüchte pfaffen konte fallen, were es glitt; aber ich fürchte, der
churfürst es selber wirdt bezahlen. Gott gebe, daß ich mich t
triege! Aber ich bins woll gewiß undt habe diß betrübte exemple
schon erlebt. Aber still hirvont Last unß von waß änderst reden!
Von der printzes von Sultzbach ihrem bößeu kindthett werde ich
Vergl. miuhhar den brii
1 .^L'l'tpil
! ?habe.
163
nichts mehr sagen. Da bringt man mir eines von Ewern lieben '
brieff von 18, no 40; den werde ich wie ordinarie beantworten,
wo mir gott leben iinilt. [(esundtheit verleyet. Hiemitt ist Ewer
erstes schreiben völlig beantwortet , liebe Louise ! Seyder heütte
morgen habe ich gar nichts neues erfahren, muß also wider willen
schließen undt vor dießmalil nichts mehr Siigen , alß Euch zu ver-
sichern, Jiebe Louise, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1127.
St Clou den 1 Juni 1720.
Hertzaü erliebe Louise, morgen worden ineine enckelu herkom-
men, mitt mir zu mittag zu eßen; die rassen mir ordinarie den
kopff so voll , dali ich mühe zu schreiben habe. Dazu muß man
auch in kirch undt wo daß wetter es erlaubt, werde ich ein wenig
im gaitteu spatziren fahren, habe hoch von noblen, in die lufft zu
fahren; den ich bin in rechten üngsten, sorgen undt betrübt wegen
meines sohns. Mein sohns gemahlin. so gestern herkommen, hart
mich schir gantz ungedultig gemacht; sie ist lustig. lacht undt dreibt.
poßen , alß wen mein söhn in keiner gefalir wer, undt daß böße
weih weiß es nur zu woll, in welcher abscheulichen gef'ahr er lebt.
Ich habe mich zwingen müGen, umb nichts zu sagen, daß ich schir
gebarst were. Dießes alles zusammen setzt mich in einer trawerig-
keit, die ichEücli, liehe Louisen, nicht beschreiben kau, undt macht
einem daß leben erschrecklich mödu , wie Ihr leicht werdet be-
greiffen können. Man hört undt sieht nichts , alß falsehheit undt
betrug; daß macht daß leben greulich müde undt sawer. Daß macht
mich schir die Pfallzer glücklich linden, so in Missiaipi gehen undt
auß Europa weg kommen. Aller ich werde meines lamantirens selber
müde; rast nnß von waß änderst reden! Ich komme auff Ewer
liehes schreiben vom 18 May, no 40. Es ist lang, daß ich mich
nicht berühmen kan, einen gutten tag gehabt zu haben. Da kumpt
der kleine pfnltzischc secretaric, der von lirevcnhrock, herrein undt
bringt mir eine copie von der ordre, so Churpfaltz nach Hevdclberg
Ewertwegcn geschickt. Ich habe dieße copie genohmeu undt schicke
sie EQch hirbey", liebe Louise! Mich deucht, daß unßerc corespon-
iboa schreib an,
dentz jetzt zimblicb woll geht, Meine gesundtheit ist auch all gutt,
ober meine scheiiekel seindt noch gar schwach undt der apetit
schlecht. Ich bin fro, daß ich die erste geweßen, von welcher Ihr,
Hebe Louise, die gutte zeittung erfahren, daß der printz undt un-
ßere liebe printzes von Wallis wider bey dem könig, ihren herrn
vattera , in gnaden sein. Gott gebe nur, daß es bestaudt haben
mag! Aber, unter unß gereit, icli forchte alß noch den Mucken-
den bot! '. Gott bewahre unß doch davor! Aber der printz undt
die printzes hüben mitt schlimmen bernhellttern zu tliun , die zu
förchten sein. Aber ich bin he litte bey Chauseray * geweßen, habe
mich gantz müde gangen. Ich werde morgen außschreiben , jetzt
aber nach bett geben; den mein ey, in waßer gesch[l]agenes ey, ist
schon geschluckt. Gatte nacht, hertzall erhebe Louisse, biß morgen
zd gutter zeit!
Sontag, den 2 Juni, iimb halb 7 morgendta.
Ich dachte gestern abendts, heütte früher auszustehen, Euch
einen gutten morgen zu geben, weillcn ich 3 viertel auff 10 in mei-
nem hett gezehlt hatte; aber ich habe mich ein wenig verschlaffen,
wie Ihr woll secht. Es ist doch noch früh genung, umb Euch einen
gutten morgen zu wünschen, liebe Louise! Ob mir die zeit zwar
sehr spät deücbt zu sein, so schlaff t doch noch alles hir im hauße,
waß weibsleutte sein. Ich komme aber jetzt auff Ewer liebes sehrei-
ben, wo ich gestern abendts geblieben war, nehmblieh ahn uußere
printzes von Wallis. Es ist gewiß, daß so Sachen zwischen eitern
undt ki tidern recht attandriren uudt die thronen in den äugen kom-
men machen ; es ist mir auch widerfahren , alß ich es geleßen.
Bestaudt hirin ist mehr zu wünschen, alß zu hoffen. Unter unß
gerett, es gefehlt mir nicht, daß der könig nach einen so abscheu-
lichen haß, wie der war, so er gegen seinen königlichen Jtinderii
bezeuget, auff oinmahl wieder mitt ihnen uinbgangen, alß wen nichts
geweßen were. Unter unß gerett, daß kompt mir zu falsch vor,
undt wo falschbeit steckt, da ist auff nichts zu bawen; auffrichttg-
keit allein kau einen gutten frieden stiffl.eu; daß ist meine mei-
nung. Durch die lange experientz, wen man so lang gelebt hatt,
alß ich, wirdt man miütreliisch; den man lernt die weit kenen.
Mylord Stairfs] hatt mir verzehlt, wie große frelide dieße Verei-
nigung in Londen gebracht batt. Ich bin gewiß, daß die königin
in Prensen auch hertzlich froh wirdt s
Printzes Am
ist, gott
lob, außer gefahr; ich fürchte aber sehr, daß mitt dein netten licht
sorgen undt inquietuden
ein, daß die kinderblatteni
daß die zwey kleine prin-
unßer[e] liebe printzes von Wallis nei
überkommen wirdt; den es ist. gar gei
daß geblildt folgen, also fürchte ich,
cessinen dieße heßliche kranckheit auch bekommen werden. Gott
gebe, daß ich mich bctrige! Waß printz Friderich ahnbelangt, so
ist mir bitter bang , daß auß seinen gichtern endtlich die rechte
fichwer-nobt werden wirdt, welches etwali aUsuheüHches ist in meinen
sin; beklage die printzes, sein fraw mutter, woll von hertzen drüber.
Gott gebe , daß es waß änderst sein mag undt der artige printz,
von welchen ich viel guta sagen höre, völlig geneßeii möge! Ma-
dame la princesse ist gantz wider woll, kam vergangenen mitwog
au Palais -Royal zu mir. Daß kleine secretargen von Oburpfaltz,
der Gröbenbruck, sagte gestern, der kevßer hotte gar einen schaqrf-
fen brieff ahn Churpfaltz geschrieben wegen der Reformirten, wie
mau sie nicht plagen solte undt ihnen ihren cathegismuß wieder
trocken, allein allen die SO frag 1 außlaßen*. Daß linde ich raisona-
bel, sie war zu starck undt koute nichts friodtliclies in den Christen-
religioneu stiefften, worauf! doch allezeit zu sehen ist. Wen, wie
man sagt, nun mehr Juden, alß Christen, zu Manheiin wohnen, kan
es leicht geschehen sein, daß der kirchenraht in ein Juden-hauß ist
logirt worden. Ileydelberg solle salvirt sein undt die residentz
bleiben s , also wirdt der kirchenraht wieder nach Heydelberg fah-
ren *. Die reiße ist kurtz , kan leichter geschehen, alß die vom
Missisipi widerkommen mögen. Mein gott , wie törieh[t] seindt
icli die menschen in der weit, so wenig zeit drin zu leben haben
indt sich doch immer plagen wollen undt keine ruhe suchen wol-
L Vergl. band IV, s. 132. 133. 3 Vergl. L. Hilnsser, Geiohiobte der
ben Pfalz II, a. 865 bis 867. 3 Diu war nioht der fall. <Am
II April [1720] begab sieh der kurfUret naoh Mannheim, um dem sechs-
hundert) übrigen sitie der rheinischen [rfaligrafen auf immer den rucken iu
wenden.« Häosser a. a. o. s. 866. 900. 901. i Der kurfilrst hatte be-
fohlen, eliiB der reformierte kirchenrath naoh Mannheim liehen solle. Die rait-
glieder desselben nnutan sich wenigstens entschließen, drei mal wBobentlioh tu
den sitiungon nach Mannheim '« fahren. Häusser a. a, o. s. 867.
len 1 ! Daß muß eine fürsehuug gottcs sein, damitt wir anD nidit
zu selir :iliii dieße weit attachiren mögen undt zu große mühe liu-
beti , zu sterben. Hieraitt ist Ewer schreiben völlig beantwortet.
Erfahre ich dießen nachmittag waß neues, werde ick es noch hir
zusetzen; erfahre ich aber nichts, so müst Ihr Euch, liebe I.ouisse,
nur contentiren, daß ich Euch versichere, daß ich Euch allezeit TM
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1128.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Cloa den 6 Jnni 1720 (N. 98).
Hort zallerli ehe Louise, gestern fuhr ich nach Paris. Wie ich
eben auß der commedie ging, gab man mir Ewer pauuet, konte es
erst liir auffmacben undl leßen, fam.lt .' schönne medaille[n| von den
schwedischen künigeu, wovor ich Euch von hertzen dancke; habt
mir einen rechten gefallen birin getlian. Ich fürchte aber, daß es
Euch gar viel gekost halt., liebe Louise! Ich kau Euch nun nicht
offrireii, Euch gelt davor zu schicken; den ich habe keines mehr.
Man bringt mir mein spielgelt oder menus plaisir in lautter billiet
de bani|iie, halb mitt billet de cent franc undt halb mitt billiet de
10 franc. Glaube nicht, daß dieße verfluchte billiet in Teutsch-
land t gelten, aber hir kan man seiue schulden woll bezahlen; sonsten
würde ich Euch auch gebetten haben, mir eine raedaille sticheu
laßen vom churprriitz von Sassen, so in seinem beylager gepregt
solle geworden sein. Biß ich wider recht gelt bekomme, begehre
ich es nicht. Es ist mir lieb, liebe Louise, daß meine schreiben
Euch nicht mißfahlen. Hette ich nicht letztmahl gesch wind t die
handt auff Ewer liebes schreiben vom 21 May, no 41, gelegt, hette
man mirs vergangenen sontag auch gebrendt; darauff seindt m
leütte gar fix, wen ich nicht gur genau acht drauff habe. Ich muß
ja woll zürnen , wen meine leutte sottissen thun , damitt es i
mehr geschieht. Heütte habe ich ahn taffei meine pagen braff ge-
l Veigl. band IV, s. 281: •!
iiiiit gMcklioh leben wollen nri.lt
;ur daü leben sawer tu macben;
t sine eilende sach, daß wir
i kIIod möglichen Hoili ahnwendeb, ein-
aariEch aeyndt wir a
167
filtzt; die hexen -Irin der hüben auff ein[e]r mauer geloffen, so halb so
hoch wie duiS schloß ist. Einer von ihnen, so Du Moulie ' heist, ist
herunder gefahlen undt hatt sich Bchir todt gefahlen; man batt ihn
2mahl müßen zur »der lauen. Er hatt doch, gott lob, nichts zer-
brochen; hoffe also, daß er nicht sterben wirdt. Heulte ist ein
verdrießlicher tag; erstlich so habe ich zwey brieff ahn zwey kö-
niginen schreiben mttßen, eine[n] ahn die von Schweden. Daß batt
mir ahm ineisten mühe gekost, hin gar offt iuterompirt wollen",
habe nunder in die capel geinüst , die processioii entpfangeu undt
durch den gantzen hoff bekleyden. Hernach , wie ich wider haben
schreiben wollen, habe ich eine vissitte von der priiitzes von Au-
verngne * bekommen , die mitt unß geßen hatt undt den gantzen
nachmittag biß nach dem salut dageblieben ; hernach hin ich spa-
tziren gefahren, warm, der regen hatt unß auß dem gartten ge-
trieben. Wie ich herkommen, hab ich ahn die künigin vonPreüssen
geantwortet , ahn pere Liniere *. Morgen werden die fretlllen von
Coedern herkomen, werde ihnen Ewer schreiben geben. Ihr habt
gar gutt t'ranlzösdi gejohneuun; wen Ihr es so woll rett, alß schreibt,
ist nichts zu sagen. Ich muß schließen, den es schlegt 11 iihr.
Gntte nacht! Ein andermahl will ich es beßer machen, nun nur in
Ieyll sagen, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1129.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 9 Jnni 1720 (N. 99).
Hertzallerliehe Louise, es schlecht 11. Ich bab heütte ohn-
moglich zum schreiben gelangen können ; den morgendts seindt
meine enckeln kommen, undt wie wir noch ahn taffei wahren, ist
mein söhn kommen, mitt welchen ich gesprochen, [bis] wir ins salnt
geinüst. Aber weillcn ich Euch versprochen, keine post weg zu geben
laßen, ohne Euch /u schreiben, so schreibe ich Euch jetzt zu spät,
[onsieur Teray wirdt zürnen, aber ich will lieber mein wordt liaiteu.
I Linieras, der beioht-
Ich habe heütte noch einen großen brieff ahn meine dochter ge-
schrieben, daß halt mich so spiltt geführt. Ich will einmahl einen
tag apart nehmen, anff alle Ewere liebe schreiben esact zu andt-
worten. Ewer liebes schreiben, so ich heütte entpfangen, ist vom
28 May, no 43. Aber heütte kan ich ohnmöglicli mehr sagen, alß
daß mein söhn rahiger ist undt hoffet, daß alles woll gehen wirdt.
Gott gebe, daß er sich nicht betriegt! Adieu! leb ambrassire Euch
von bertzen nndt behalte Euch recht lieb, liebe Louisse!
Elisabeth Charlotte.
1130.
St Clou, donaeratag, den 13 Juni 1720 (Nr. 100).
Hcrtzallerliube Lonise, waß man hir le diable au contretemps
heist, der batt woll sein spiel mitt Ewern lieben brieffen, oder, umb
jnster zu reden, mitt meinen andtwortten gehabt; den ich immer
hin interompirt geworden , will doch jetzt auff daß frischte ahn-
faugen, so vom 28 May ist, no 43. Ich weiß nicht, wer monsieur
Haidane ist, aber deß barons von Hagen 1 , so ein von deß chur-
printzen von Saxsen hoffmeister war, deßen erinere ich mich gar
woll; ich weiß aber nicht, ob es der ist, so zu Franckfortli nun ist,
oder sein lirnder, so Stallmeister war. Dießer jüngste gefiehl mir
beßer, alß der eiste; den er geht seinen gerahten weg fortli, der
eiste aber batt waß falsch undt pfaffisch ahn sich, ob er zwar nur
catholisch undt kein pfaff, sondern geheflraht. Ich hieß sie meine
iandtsleütte, weillen der eiste mir versichert, daß sie in der Pfaltz
gebohren undt erzogen wehren. Der eiste von dießch Hagen ist
klein undt. blundt, der zweytte viel großer undt ach wart z ; dereiste
tregt eine peruque, der zweytte aber seine eygeue haar. Vor alle
gutte wünsche, so Ihr mir, liebe Louisse, zu meinem geburdtatag
thut, dancke ich Euch von hertzen. Gesundtheit kan mir gar ge-
wiß nicht mäßfahlen, den nichts beßer in der weldt ist; den ohne
gesundtheit kan man weder lust, noch freüde in dießer weit Itaben
undt man wirdt sich selber undt andern verdrießlich. Ich habe nur
l Vergl. du rogiiter iu band tl,
169
xu "viel gelebt, habe offt gewünscht, in meinen Iiinderblattern ge-
storben zu sein; ich war schon gantz bereydt. Daß Ihr mir alles
guttes, liebe Louise, auß hertzens-grundt wünscht, da zweyffle ich
gar nicht ahn. Wir seindt einander zu nahe verwandt, umb nicht
einander alles guts zu wünschen; also hoff ich, daß Ihr eben so
persuadirt seydt, daß ich Euch alleß guts wünsche, liebe Louise,
alß ich von Ewerer freündtschafft persuadirt bin. Ich befinde mich,
gott seye danck, nun wider gar woll, seyder ich ertberen undt kir-
scheu eße undt köstliche metwürst, so mir monsieur Harling ge-
schickt 1 ; die haben mich gesterekt. Daß mutz aber tlint mir noch
wehe, indem es sich geblähet hntt in den engsten, so ich wegen
meines sohns geweßen undt noch nicht gantz rnliig bin. Gott stehe
naß ferner bey! Der herr cantzler undt seine fraw seindt ver-
gangenen m oii tag morgendts zu mir kommen. Es ist doch eine
possirlicbe cerenionie mitt den Ciintzellcriiien , sie haben nur mor-
gendts den tabouret . nachmittag köneu sie nicht sitzen . Ich
bilde mir ein, Churpfaltz wirdt, weillen die eittadel nicht wider zu
recht gebracht ist, ahm zollhauli bey dem Neckerthor bauen. Ihr
werdet nun, liebe Louise, die copie ontpfaugen haben von der ordre,
so Churpfaltz ahn die cammer zu Heydelberg geschickt vor Ewere
bezahl ung. Daß schwibbogen-hauß war nicht zu meiner zeit ge-
bawet. Ihr raugräffliehe kinder, wie auch Ewere fraw mutter lo-
girte alle zu meiner zeit im holtzern schwedischen hauß bey dem
ersten pavillou. Der könig s. konte nichts sehliuimers andtwortten,
alß: «Je veray»; ein absolutio «nou" were beßer geweßen, den
avec «je veray» hatt er sein leben nichts aecordirt. Ich habe ihn
offt davon reden hören, sagte: «J'aurois bien affaire , s'il falloit
que je recompence tout les inaliieur ijne la guerre a faitte '.* Ich
waste nicht, daß Rockwodt zu Manheini gebawet hatte; daß ist
auch nach meiner zeit geschehen, Freyllich habe ich mich allezeit
vor Euch interessirt , aber leyder nichts außrichten können. Nun
kau ich weniger soiieittirn, alß nie. Den soll man sagen, daß mein
söhn meinethalben von seines piijiillcn hetle geben, waß der könig
s. nicht helle gehen wollen? Ich finde, daß monsieur Haidan groß
recht hatt, boß znsein. Mein a weiß nicht mehr zu Heydelberg, waß
zu tbun ist oder zu laßen. Wie lieist der Stallmeister zu Heydel-
berg? Le dinble ein cuiitretemi>s fengt sein spiel wider aliu; den
da bin ick schon 2 mahl iuterompirl geworden , daß erste mahl
durch einen muncheii ', so liel verstand t hatt; ist ein (irich uudt
lieist Ansehn Banduri, der grand duc hatt ihn erzogen , soll
guttem hauß sein, halt 2 große Melier geschrieben, ist. gar gelehrt
in Medaillen. Dießer hatt mir waß zu sagen gehabt, so geistlich-
keit gar nicht alingeht. Die zweytte interuption, so mir kommen,
war monsieur de Foucanlt, so der clief von meinem raht ist, undt
mein secret[a]ire des commandeinent, monsieur de Bandery ! , so auch
intendant von meinem liauö, undt mein liaußbuffmeister von Wendt;
habe deeidiren müßen wegen bezaliluugen , so daß hauß und! die
küche abngeben. Daß hatt mich eine glockenstundt aufgehalten.
Nun muß ich mich ahnziehen. Gott siehe miß »ließen nachmittag
gegen dem teüffel au contretemps bey! Wen es mir möglich sein
wirdt, werde ich Uießes hunderte brieifgen gantz au ß seh reiben. Da
bleiben mir wenig Matter von den aluigelangen brieff zu andtworten,
aber ich habe noch 2 andere, die werde ich so weit führn, alß mir
möglich sein wirdt.
Donnerstag, den 13 Juni, umb a /« auff 4 nachmittags.
Gleich nach dein eßon hab ich mich Melier gesetzt in meinung,
wider zu schreiben können, allein ich liabe mich nicht so baldt da-
her gesetz[t], so seindt mir brieff kommen, einen gar langen von
meiner dochter; den habe ich lcßen wollen, hin aber drüber ent-
schlaffen, werden" in dießem augenblick erst wider wacker undt sehe
da mein ealescli kommen, will ein tour im gartten tbun, der printzes
deLambesck* die cascaden zu weißen, so seyder zwey jähren nicht
hatt gehen können undt seyder vergangen sontag wider gebet.
Da komme ich wider auli den gartten; der regen hatt unß wider
nach liauß gejagt. Da entpfange ich Ewer liebes schreiben vom
1 dießes inouts. no 44; daß werde ich erst, wo mir gott leben undt
gesundtheit verleyet, biß soutag beantworten. Nun aber komme
ich wider auff Ewer liebes schreiben , wo ich heulte morgen ge-
blieben war. Ich war, deucht mir , ahn den Stallmeister von chnr-
171
pfaltzischen hoff geblieben; weiß nicht, wer er ist. Waß den eisten
Ilagen all n belangt-, so ist es 1 nicht noble schlau, sondern, wie die
pfaffeu es sein , mitt fulschheit. Alß zum eiempel er wüste woll,
daß sein kerr schon vor 2 jähren catholisch norden war, da kompt
er dalier undt hitt , ich solle doch mein bestes tliun , den chur-
printzen zu bekehren. Ich fing ahn, zu lachen undt sachte*: «Mon-
sieur Hagen, ich bin kein apostel noch prediger, solche sacken
kommen weibern nicht an; wen der printz keine andere bekehrerin
hatt, alß mich, wirdt er lang lutterisch bleiben *.» Aber da segt
Ihr doch die falschkeit ; daß hatt mir mißfallen. Umb Euch die
gründliche warheit zu sagen, hir hatt monsieur Hagen nie gespilt.
Ein verlust von 5 thaller ist leicht au ertragen undt nichts vor
einen solchen man, wie monsieur Hsgen ist. Ich bin gewiß, daß
er reicher ist, alß Ihr seydt, liebe Louise, habt Euch also gar nicht
zu scliammen, ihm die 5 thaller abgewöhnen zu haben. Im spülen
ist nicht, nöhtig, generositet zu haben; da ist ein jedes vor sich
unilt daß glück vor jedes, wie es kommen kan. Es seindt etlich-
inabl ieütte, die sonst gar nicht karg sein undt doch ungedultig
werden, wen sie verspillen. 4 tisch mitt spielleu ist doch, waß man
hir ein recht apartement halten heist. Ihr sagt mir nichts in daß
letzte liebe schreiben , so ich heulte von Euch enlpfangen von 1
dießs monts, von dem hnubtnian Cron', so monsieur von Diessen-
liausseu 6 zu Euch halt führen sollen, so die geister sieht undt pru>
phezeyen kan. Ich hatte gehofft, daß Ihr auffs wenigst eii
geyster würdet entretenirt haben; solche histörger höre ich so hertz.
lieh gern. So seindt die historien glitt, wen man sie nicht glaubt
den wen man sie glaubt, so machen sie bang; wen man sie abei
nicht glaubt, divertirt es recht. Hiemitt ist Ewer ohn eins letztes
schreiben völlig beantwordet. Ich komme jetzt auff daß vom 25 May,
no 42, daß hoffe icli noch zu beantwordten. Seydt in keinen
sor[g]cn mehr wegen meiner gesundlheit! Ich bin nun, gott seyo
danck, wider gantz woll undt werde es auch woll bleiben. Wen
mich nur ander herrgott keine büße bottschafft bewahrt, so wirdt
es nun woll mitt meiner gesundtheil gehen. Ach, liebe Louise, so
lang ich sehen werde , daß man so gegen meinen armen sobn ist,
6 Vurgl. band IV, .
ihn hast undt nach dem leben trachten wirdt, kan ich weder lustig,
noch gautz ruhig sein. So zu leLen mitt lautter angst undt sorgen,
verlaydt einem daß leben erschrecklich. Aber ich bin Euch doch
sehr verobligirt, liebe Louise, mir so viel guttes zu meinem ge-
weßen geburdtstag zu wünschen. Weillen ich bey 10 gantzer jähre
alter bin, alß Ihr, liebe Louise, so muß ich woll vor Euch weg, liebe
Louise, undt wie ntißerc liebe cburfürstin alß pflegt, zu sagen,
unßer lierrgott wirdt nichts neues vor unß machen. Vor die zwey
schönne medaille dancke ich nochmahl gar sehr, werde sie über-
morgen placiren, da ich nach Paris werde, undt wo mir gott daß
leben biß auff sontag verleyet, werde ich Euch von unßerem reißgen
rechenschafft geben. Der kfintg in Schweden in den medaillen
gleicht viel ahn meinem chevallier d'honneur, dem marqnis de Si-
miane. Printz Wilhelm, deß ltönigs bruder undt mein neveu, ist
durch Englandt nach Schweden gereist. Uußere printzes von Wallis
hatt mitt I. L. gesprochen, wie sie mir schreibt. Baron Degenfeit wirdt
seinen bruder auch in England t gesehen [haben]; oder ist dießer
herr von Degenfeit vielleicht ein[e]r von der ' obersten Degenfeit
söhnen? Ah, icli bin nicht [Wug], da sagt Ihr mir, daß es deß
graff Degenfelt bruder ist. Ich fürchte, daß die Schweden printz
Wilhelm zu lebhafft finden werden undt ihn mehr deß wogen schewen,
alß lieben werden. Der oberste Degenfeit ist lang in Schweden
geweßen, hatt ihm nicht übel dort gefallen. Es ist gantz natürlich,
daß printz Wilhelm zu seinen heben lierrn bruder reist, da er ttö-
nig geworden. Der* brieff vor die graftiu von Zoettern habe ich
woll bestell. Sie kamen vergangen montag her, mir davor zu
dancken; ich behüte sie beym eßen, aber abendts stieß der eisten
ein starck lieber ahn mitt frost. Daß kleine pfultziscbe secretärgen
von Graffenbrock bleibt fest drauff, daß die sach von monsieur
Haidang ein mißverstand! seyo. Der fürstin von Ussingcn brieff
habe ich ahn ihrer schwester geschickt. Daß geht saus dirc , daß,
wen ich einmahl gutt findt , daß man brieff in mein paquet thut,
daß es vor allezeit ist. Ich bitte, macht doch dießer fürstin wider
mein compliment! Es freüdt mich alß, wen ich in Ewern lieben
brieffen sehe, daß Ihr ein wenig waß vergnügtes gehabt habt. Ey,
liebe Louise, warumb, warumb wolt Ihr mir ein frantzösch compli-
1 ?dea.
2 ?Den.
173
ment machen? Ihr wist ja woll, daß gesandtheit-drincken bey unß
Teütschen eine ehre undt keine freyheit ist; dancke also sehr, daß
Ihr meine gesundtheit getruncken , aber nicht vor daß frantzößche
compliment. Daß ist doch eine heßlichc ceremonien , einen galgen
zu recht zu machen sehen. Haben die galgen ihre weydtsprüch
den, wie die jagten undt Jäger? gibt man auch daß waydtmeßer,
wen man sich verreht 1 ? Es muß doch possirlich zu sehen sein,
aber den lustigen gefangenen] , so so vexiren kan , solte man daß
leben schencken. Hiemitt seindt Ewere zwey liebe schreiben, no 42
undt 43, völlig beantwortet undt in dem augenblick schlegt es 10,
muß schließen , den monsieur Teray kompt herein ; er muß mir
doch noch erlauben, zu sagen, daß ich Euch, liebe Louise, von
hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
1131.
St Clou den 16 Juni 1720 (N. 1).
Hertzallerliebe Louise, heütte werde ich auff zwey von Ewern
lieben schreiben andtwortten, so ich noch überig habe ; kompt mir
aber ein neues dießen nachmittag, werde ich es auff die andere
post versparen , wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet. Ich
hoffe, bey[de] dießen morgen zu beantwortten ; den es ist erst ein
viertel auff 8; will nur noch vorher sagen, daß ich gestern zu Paris
geweßen, wo ich alles in gutter gesundtheit gefunden, außer ma-
dame d'Orleans, so ihre starcke mygraine gehabt. Morgendts fuhr
ich gleich zu den Carmelitten , von dar zum könig , welcher ahn
taffei war, gott seye danck, in gar perfecter gesundtheit; hernach
fuhr ich ins Palais-Royal, besuchte madame d'Orleans, ging hernach
nauff in mein cammer, wo mein söhn kam mitt allen seinen kindern.
Er ging wider in seine cammer, aber alle seine kinder aßen mitt
mir , ihr hoffmeisterin undt alle meine damen ; hernach ging ich
wider in mein cabinet, blautterte mitt mein söhn, so monsieur le chan-
celiier hollen laßen. Madame la princesse kamen mitt mademoiselle
1 ? y erredet , d. b. nicht waid männisch spricht. Vergl. band II,
s. 580.
de Clermont, hernach madame la duchesse undt monsieiir de Troye[sJ ',
madame de Colignie*, Monsoro 8 , madame de Trenel * undt Man-
l>io]urg, la tille du mnreehal deUesoii 1 . Dießes alles ist gebliebDii,
biß ich ich mitt aller der jungen bursch in die ittalliensehe eomedie
bin, welche mehr frautzösch, all) ittallienisch war. Nach der com-
medie kam mein söhn mir adieu sagen undt ich fuhr wider ber;
gleich nach liett, nachdem ich mein abemllKuhett verglicht, war vor
10 zu belt, habe also gar wc-11 nach G wider auffsteben können;
habe mich ein wenig amnssirt, ehe ich ahngefangen, zu schreiben.
Nun komme ich auff Ewern lieben briet! vom 21 May, no 41. Von
meiner nderläß undt artueneyen will ich nichts mehr sagen , daß
ist vorbey. Ich bin nun, gott seye danck , wieder gar woll. So
baldt wirdt mau mich nicht wider ertappen undt ich werde mich
Übel befinden müßen, unib waß zu brauchen. So seimlt die Fran-
Uoßen, sie wollen ihr leben nicht unrecht [haben]. Freyllicb hatt
man mir auch gesagt, daß ich eine tödtiiehe kranckheit würde ge-
habt haben, ich habe es aber nicht geglaubt undt gar woll gesehen,
wo mein übel herkäme. Es muß jemandts den monsienr Teray
geplagt hahen, mir zu brauchen"; den ich muß ihm daß zeugnuß
geben, er belt nicht sonderlich viel von artzeneyen, undt ich, ehe
ich mich plagen laße, thue , waß sie wollen. Ich gehe alß meinen
weg forth, mag nicht klagen; so lang ich mich scblepen kan , thue
ich wie ordinarie. Die metwilrst haben mich wider zu träft U>ii ge-
bracht undt ein wenig rohe schlucken , daß hatt mir wider apetit
geben. Monsieur Harlitig metwürst sein unvergleichlich beßer, alß
baron Giirt.z seine ; man kau sie nicht beßer eßen. Ich will mir
hcütte davon geben laßen; mein mayen hatt sieb sehr ahn den
braunsweigisehen speyßen gewohnt in den 4 jahr[e]n, daß ich zu
Hannover bey ma tante s. geweßeu. Freyllich, liebe Louise, thut
Ihr mir einen großen gefallen, lange Urieff zu schreiben. Die ülste
graffiu von Zoettern mögte woll in jene weit ziehen , sie hatt ein
starck lieber undt einen abschetllichlen] kropff. Die jüngste ist die
1 der bisohof von Trojan, Denis -Francis Bouthilliur .la ChaviEny. Vergl.
band IV, s. 83. 2 Colignj. 3 Monsorü^u oJcr .Moiitaurroau , die ge-
mablin des grand pr6vflt graten von Montsorrean. 4 Trend oder Tmiinel.
ä oointo de Beions, mareohal da France. 6 d. h. arinei tu gelun.
feinste, die fehlt nicht von verstandt undt deucht mir all raisonabel
zu sein; wo die älste aber nicht stirbt, fürchte ich sehr, daß sie
nariseh wirdt werden, den sie sieht gantz darnacli auß. Wen ihr die
fantesie ahnkoinpt. solle sie ihre arme Schwester schlagen, so viel
raisonabler ist, alß sie. Dieße eiste macht zu viel complimenTen,
welches in meinem sin eine langwcillige sache ist. Die jüngste ist
ertraglicher. Complimentiren ist mein saeh ganlz undt gar nicht.
Es ist, gott lob, die roode nicht hir, man lielt es vor cafmjiiagnarfd] 1
undt provincial. Es ist billig, daß die Schonbnrgische daß ihrige
fordern. Daß ist alles, waß ich hirauff sagen kan. Ich habe schon
letztmali] gesagt, daß Ihr gar nicht übel frantzöscb gesehrieben
habt. Hette ich fehler in Ewern biictf gefunden, würde iehs Euch
gesehrieb* haben, liebe Louise! E* war aber woll undt sensement*
geschrieben , da kan niemandts wali ahn zu tadlcn linden. Fran-
tzösch ist leichter woll zu schreiben, alß unßer Teütsch. Ich höre
undt leße nicht gern processaclien ; den ich kan nichts drin be-
greiffen undt linde es sehr langweillig. Mitt Ewerer coupertischen
sache" habe ich gar keine angelegenheit. Monsieur LeFevre* halt
viel verstandt; ich rede gern mitt ihm undt wolle gern Ewern
niepeen dinnen, wens möglich sein könte ; ahn mir solle es nicht
liegen , daß es ein gutt endt gewint. Aber die dollen händel mitt
der banque werden ihnen, welches mir recht leydt ist, waß ver-
liehren machen. Dieße sache ist mir gar nicht beschwehrlich ge-
weßen. Graff Degeufelt kan niciit mitt seiner gemahlin auß Eug-
landt. biß alle seine suchen undt iheylnngen können richtig ge-
niach[t] werden. Monsieur Le Fevre sache hir ist nicht zum endt
auß obgemelten Ursachen von der Imnque. Monsieur Le Fevre ist
frisch, geaundt undt lustig, ich i>laudor[e] gern mitt ihm. Es ist
seine scbuldt nicht, daß so viel verenderungen hir vorgangen, so
gehindert haben, daß seine Sachen nicht, zum endt gangen sein. Der
konig in Englandt halt den 12 ausbrechen sollen, umb wider nach
Hannover zu reißen; mag nun woll dorten sein 1 . Man thet mir
einen schlechten poßen , wen man mich nur nnff Suppen zu gast
bitten solte; ich eße mein leben keine, alß welche man bir nicht
machen kan, alß geistensup, weinsup, biersu[> undt babemieblsup.
Ieb*wolte, daß jemandtes von meinen kochen la earpe a l'estaffee*
zurichten könte wie Ewere geweßene hoffmeisterin, nindenioi seile de
St Pol, unß sie offt hatt eßen machen; kein eintziger koch io
Franckreich kan es so gutt machen. Die Vereinigung vom könig-
lichen hauß in Englandt meritirt woll fieudenszeichen. Ich wolte,
daß man auch etliche machen konte über die freüde, so mau haben
solte, daß Churptaltz kein pfaffen-frcutidt undl -bruder mehr wehre;
daß solte woll fi-eüdenszeicheu merittiren. Es macht mich offt
gantz ungedultig , wen ich seine pfafferey höre , so ein*i großen
herrn, wie er ist, gar nicht zukommen. Aber alle die neuburgische
kinder, printzen undt printzessinen , seindt gar niederig erzogen
worden. Die gutte königin in Spanien, so zu Bajorme ist, schreibt
allezeit, alß wen sie eine cammermagt were. Dieß habe ich I. M.
nicht gesagt, wie Ihr woll gedencken könt, liehe Louise, aber woll,
daß 1. II. gar zu demulig schreiben. Da kompt monsiear Le Pevre
eben herrein, Beine Sachen seindt noch nicht außgemacht auß ob-
gemelten Ursachen. Ich komme wider auff Cliurpfaltz. Es gehört
keine große penetration dazu, seine unterthaneu alß ein vatter nach
sein[e]r Schuldigkeit zu tracliren undt nicht, alß wen sie feindt weh-
ren. Die sich ganlz von den Jessuwitteren regieren laßen , daß
reussirt nicht, wie wir ahn Churpfaltz, den cliurpriuteen von Saxsen
undt hertzog Max sehen. Daß solle gewiß waß artigs sein , daß
man des kirchenrahts versamblung in ein Judenhauil bestelt hiHt.
Ich sehe aber nicht, worin dießo gentillesse bestehet; es muß ein
voller' bruder es invenlirt haben. Von der fürstiu von Ussiugen
werde ich heüttc nichts sagen, habe vergangen donnerstag gesagt,
waß ich birauff zu sagen habe. Hiemitt ist Ewer liebes schreibe»
1 Journal dn marqui; de Unngeau XVITT, 8. SOS nh
1720: <Lo roi d'Angletcrro se prupare ä partir pour ['
(jaia e'ombarquers le 2(1 de M raois.» Ebendaselbst I
20 Jnli 1720: -Lo roi d'ADglotorie est parti d'Hanc
prendre les eaui de Pirmont; il n'a point insnf sea
dnebosse de Kendubl Bat du voyage-.' 2 t «Btaffetti
177
von no 41 völlig beantwortet. Ich komme auff daß von 1 dießes
monts, no 44, welches ich noch hoffe zu beantworten. Wen es zu
Franckforth daßselbe wetter ist, wie hir, so werdet Ihr seytter ver-
gangenen mittwog imer regen gehabt haben; es vergeht nicht an-
derthalb stundt, daß es nicht regnet. Man hatt keine starcke don-
nerwetter hir, wie bey unß; wens nur einen ein wenig hartten schlag
thut, meinen sie, daß alles verlohren ist. Zu meiner zeit hatt die
Bernsteinen daß wetter nicht gefurcht; Lenor furchte es in unßerer
jugendt undt nun stelt sie sich ahn, alß wen ihr bang davor were.
Daß werff ich ihr offt [vor], aber sie sagt, die angst were ihr ahn-
kommen, weillen sie Unglück gesehen undt daß leütte vor ihre äu-
gen seindt erschlagen geworden vom donner. Die cammerweiber,
denen so bang gewordten, seindt weder gar jung, noch alt; eine ist
über 30, die ander aber hatt noch keine 30 jähr. Meines bruders
gemahlin konte von hertzen lachen; were ich geweßen, so sie auff
dem heimblich gemach ahngetroffen, würde sie nicht erschrocken
sein ; den sie war gewohnt, daß ich mitt ihr ging auffs heimlich ge-
mach; sie saß auff dem heimblich gemach undt ich auff meinem
kackstuhl, so darneben stundt, zu Heydelberg undt zu Friderichs-
burg auch, aber nicht zu Schwetzingen. Ich habe ahn Lenor ge-
sagt, daß Ihr ihren neveu mitt fraw undt kindern gesehen. Dießen
heist sie nur den dantzer, sagt, ehe er geheüraht geweßen, bette er
alles in der weit verdantzt , waß er gehabt hette , aber seyder er
geheüraht, dantze er nicht mehr; er kan nun seine liebe kinder
dantzen lehren. Daß hieß der könig s. «un sot pere» , wen ein
vatter seine kinder vor die leütte caressirt. Deß königs in Eng-
landts Uneinigkeit mitt seinen kindern hatt geraß geuung in der weit
gemacht, daß es gar kein secret war, sondern gantz weltküntig;
aber, wie Ihr gar recht sagt, der könig in Englandt hatt seine
eygene maniren. Unter unß gerett , lieb Louise , ich trawe noch
kein haar auff den bestandt von dießer Vereinigung. Der könig in
Englandt hatt daß von kindtheit auff, er ist tockmeüßich wie der
tetiffel. Mylord Petterbouroug * ist ein wunderlicher heylliger; vor
8 tagen war er hir, ist nun wider in Ittall[i]en. Aber da rufft man
mich, den es ist zeit, mich ahnzuziehen. Dießen nachmittag werde
*
1 Peterborough. Vergl. band II, 8. 455.
Elisabeth Charlotte 12
178
ich dießen brieff außschreiben, nun aber mich ahnziehen, in kirch
betten gehen, hernach eßen.
Sontag, den 16 Juny, umb 6 abendts.
Es ist mir ohnmöglich geweßen, nach dem eßen wider gleich
zu schreiben; den meines sohns 3 döchterger seindt herkommen,
mitt mir zu mittag zu eßen. Gleich nach dem eßen habe ich viel
brieff bekommen, einen gar großen von meiner dochter undt einen
gar kleinen von der königin von Spanien , einen gar großen von
der königin von Sardaignen von 23 seytten undt einen mittelmaßi-
gen von Euch , liebe Louisse , vom 7 dießes monts , no 45. Ich
hatte die helffte nicht außgeleßen, da hatt man in die kirch ge-
leütt, wo ich hingemust. Nach der kirch bin ich in den gartten
gefahren, umb ahn mademoiselle de Mon[t]pensier die cascade zu
weißen, die sie noch nie gesehen hatte. Der regen hatt unß wider
auß dem gartten gejagt. Da komme ich undt will Euch entreteni-
ren. Ich habe nur noch 4 seytten undt eine halbe zu antwortten;
den, wie ich schon heütte morgen [gesagt], so werde ich Eweren
brieff, so ich heütte entpfangen, er[st] die andere post beantworten,
wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet. Nun komme ich wi-
der, wo ich geblieben war. Mich wundert, daß mir die printzes
von Wallis der hertzogin von Zel todt nicht geschrieben ; daß macht
mich glauben , daß es nicht war ist *. Ich wolte , daß sie vor 50
jahr[e]n gestorben were; so hette sie viel übels undt Unglück ver-
hütt. Sie war nicht sonderlich von humor, sondern wie schir alle
frantzösche weiber von der weit sein, die allezeit capricieux undt
ambitieux sein undt alles regieren wollen undt ihnen unterthanig
machen 2 . Wolte gott, sie were bey ihrem schlegten adel in Poic-
tou 8 geblieben! Ich sage schlechten adel, weillen sie sichs einmahl
vor eine ehre gehalten, ein premier valet de chambre von meinem
herrn s. zu heürahten 4 . Bey der dauphine 6 war es ahnfangs kin-
derspil , aber die Maintenon hatt sie drinen erhalten wollen , umb
alles zu confondiren , weillen man sie nicht vor königin erklären
wolte. Freyllich hatte die dauphine verstandt undt eben deßwegen
*
1 Die witwe des herzogs Georg Wilhelm, gest. 28 August 1705, starb erst
6 Februar 1722. Vergl. band II, s. 456, an merkung. 2 Vergl. den brief
vom 26 Mai, oben s. 157 und nachher den brief vom 21 Juli. 3 Poitou.
4 Vergl. band I, s. 277, band II, s. 469. 5 der duohesse de Bourgogne.
179-
th&te sie alles, waß daß alte weib wolte, umb sich bey dem könig
woll einzuschreichen '. Hette daß arme mensch noch ein par jähr
leben können, hette sie sich auß ihrer schlafferey 8 außgerißen undt
hette der alten nicht mehr von nöhten gehabt; den sie hatte deß
königs hertz gäntz gewunen. Die alte hatt den duc du Maine ge-
wöhnen, mitt ihm meint sie noch zu regieren, auch wie sie gesehen,
das diß stück ihn gefehlt durch den arest vom duc du Maine, ist
sie vor leydt gestorben undt von dem chagrin nicht wider aufkom-
men. Ich werde meine brieff doch immerhin nach Franckfort adres-
siren, ob Ihr, liebe Louisse, zwar zu Geißenbeim seydt; den sonsten
möchte mein brieff verlohren gehen. Die zeittungen habe ich heütte
auch zu recht entpfangen, wovor ich dancke. Warumb soltet Ihr, liebe
Louise, meine schreiben nicht so richtig zu Geißen heim entpfangen,
da ich doch Ewere liebe schreiben eben so geschwindt entpfange,
alß wen Ihr noch zu Franckfort wehret? Mein söhn ist dießen
abendt herkommen, umb sich ein augenblick außzuruhen undt ahtem
zu schöpffen; wirdt hir schlaffen. Da kompt er eben herrein, kan
Euch also nichts mehr sagen, alß daß ich Euch von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
1132.
St Clou, donn[e]rstag, den 20 Juni 1720 (N. 2).
Hertzallerliebe Louise, heütte hoffe ich Euch eine exaete andt-
wordt auff Ewer liebes schreiben vom 7 Juni, no 45, von Geißen-
heim [geben zu können] ; bin froh, zu sehen, daß Ewere reiße nach
Geißenheim unßere corespondentz nicht gebrochen hatt, wcillen Ihr
mein schreiben so richtig vom 26 May, no 96, so woll entpfangen.
Aber ich glaube , mein brieff war vom 25 , den ich schreibe Euch
nie freytags; so bin ich doch eine bestie, den es war doch ein son-
tag, den 26. Ihr hettet ursach, bang vor mich zu sein, wen Ihr
eine andere handt, alß die meine, sehen soltet, liebe Louise, den
es gewiß ein zeichen were, daß ich todt-kranck sein müste. Nun
bin ich, gott seye danck, wieder gantz woll. Ich werde daß schrei-
ben nicht müde , den ich kan sonsten nichts thun. Arbeytten ist
*
1 ? einiusohmeioheln. 2 d. h. Sklaverei.
12*
.180
mir ohnmöglich undt ich kan kein augenblick sein, ohne waß zu
thun ; den nichts zu thun, macht mich melancolisch, muß endtweder
leßen oder schreiben , sonsten kan ich nichts thun. Ich leße aber
nicht so viel, alß ich schreibe; den ich habe nicht zeit genung zu
leßen , den im schreiben kan man noch eher mitt den leütten re-
den , alß im leßen , undt daß muß ich immer thun. Also muß es
Euch nicht wundern, liebe Louise, wen ich offt überzwerg schreibe
undt viel fehler in meinen brieffen sein, den es ist nicht außzu-
sprechen, wie offt ich interompirt werde. Gestern habe ein brieff
von unßer printzes von Modene bekommen vom 5 dießes monts
von Genua. Sie sagt mir kein wordt, wie es ihr dort geht undt
ob sie nun bey ihren eygen leütten ist, oder nicht. Wie wehre es
möglich, liebe Louise, daß sie ihren herrn lieben könte, den
sie ihr leben nicht gesehen noch gesprochen hatt? Ich sage noch
mehr, ich glaube nicht, daß sie ihn ihr leben lieben wirdt. Er
solle gar nicht ahngenehm undt gar bludt-serieux [sein] undt einen
dollen kopff haben ; der ihrige ist auch weder complaissant , noch
accort x . Es mögte[n] woll offt starcke strittigkeitten kommen ; wen
ichs vernehmen solte, würde es mich gar nicht wunder nehmen ; die
zeit wirdt lehren , waß drauß werden wirdt. Wer raisonable ist,
kan sich mitt der zeit in alles schicken lehren 8 , ich sage, wer rai-
sonabel ist; aber wer es nicht ist, der hatt zu leyden. Ich ge-
stehe, daß ich nichts guts ahm ehestandt finde, wie man es auch
wenden undt threhen mag. Were ich mein eygener herr geblieben,
hette ich mich eben so wenig geheüraht, alß Ihr, liebe Louise ! Daß
man sich daß erste mahl heüraht, wen die eitern es haben [wollen]
undt der gehorsam einem dazu obligirt, daß ist leicht zu begreiffen;
aber waß ich mein leben nicht habe begreiffen können, ist, wie
eine witwe sich resolviren [kann], wieder zu heürahten. Den ent-
wetter ist sie im ersten heüraht glücklich geweßen oder nicht, hatt
sie einen man gehabt, so sie hatt lieben können oder nicht. Hatt
sie ihn geliebt, wie ist es möglich, daß man einen andern in deßen
platz setzen kan, mitt ihm zu leben, zu eßen, zu drincken undt zu
schlaffen? Daß kompt mir abscheulich vor. Hatt man aber einen
man gehabt , so einen gequählt hatt undt übel mitt einem gelebt,
wie kan mans wagen, wider in ein solch unglück zu fallen? Also
. *
1 acoort, höflich, gefällig, willig. 2 d. h. lernen.
181
wie man es auch wenden undt threhen mag, kan ich nicht begreif-
fen, wie man sich ohne den bloßen gehorsam der altern heürahten
kan. Ich zweyffle sehr, liebe Louise, daß unßere hertzogin von
Hannover ursach haben wirdt, gar content von dießer encklin [zu
sein]. Wir werden baldt hören, ob ich mich betriege, oder nicht.
Es wirdt unßer hertzogin von Hannover nicht leydt thun können,
dieß ihr unbekante enckellin zu quittiren, weillen es ist, ihr hertz-
liebe dochter, die keyßerin *, wider zu sehen undt nach ihr ihre so
viel geliebte fraw Schwester wider zu sehen , die sie in 26 jähren
nicht gesehen hatt; daß ist ahngenehmer, alß bey einer gritlichen
enckelen zu hocken, denen man nichts wirdt zu recht thun können.
Daß kan nicht möglich sein, daß die hertzogin von Hannover ihre
fraw dochter*, hertzogin von Modene, lieber gehabt hatt, alß die
keyßerin; die hatt mehr verstandt in ihrem kleinen finger, alß die
hertzogin von Moden[e] in leib undt seele. Monsieur le duc ist
gar heßlich undt nnahngenehm dabey ; sein abscheulicher geitz macht
ihn nnahngenehm , es ist eine rechte schandt. Die abtißin von
Chellefs] findt sich gar glücklich in ihrem standt, undt wen mon-
sieur le duc so schön were , alß er wüst undt heßlich , würde sie
doch ihr closter nicht vor ihn quittiren wollen 8 . Wen man etwaß
in die hollandische zeittung setzen will, setzt mans auff, thut einen
thaller ins paquet undt setzt nur auff daß paquet: «au gazettier
d'Hollande», so findt man die post hernach gar gewiß in der zeit-
tung, so doli es auch sein mag. Ich habe heütte gleich nach dem
eßen durch Ewern secretarius die zeittung [empfangen]; er schickt
mir sie gar ordentlich, dankt ihm doch davor! Wen man lang in
kein hauß geweßen, muß viel reparation geschehen. Zu St Clou
glück habe ich mich resölvirt, alle jähr den gantzen frühling undt
sommer hir zuzubringen ; sonsten wer alles hir zu schänden gangen,
den Terra 4 hatt keinen nagel dran zu recht laßen machen seyder
*
1 Elisabeth Christine , die gemahlin des deutschen kaisers Karl VI.
2 Charlotte Felicitas. 3 Vergl. den brief vom 26 Mai, oben s. 158.
4 Terrat. Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 18 unter samßtag,
18 Merz 1719: «M. Terrat, ohanoelier de M. le duo d'Orleans, malade depuis
longtemps, est ä I'extr6mit6. Outre sa oharge de ohanoelier de 6. A. R , il est
surintendant de ses finanoes et de ses bätiments , et avoit encore quelqu'autres
petites eharges rians la maison. On avoit fait passer sur sa töte une oharge
des officiers de 1'ordre du Saint-Esprit, et ' par lä il en portoit le oordon. » Eben-
daselbst s. 19 unter sonntag, 19 Merz 1719: «M. Terrat mourut.»
182
Monsieur s. todt. Die schönne gall[e]rie fielle ein, die cascade
ging zu grundt, die balustraden wahren umbgefahlen , suma, alles
ging zu schänden. Aber seyder ich hir bin undt Terrat gestorben,
hatt man alles wider zu recht gemacht wie neu. Die cascade ist
schönner, alß nie. Ich meinte, Geissenheim were Ewer eygen undt
nicht von den schonburgischen güttern. Waß seindt daß vor pferdt
die radtpferdt? Da hab ich mein leben nicht von gehört, liebe
Louise! Schwanger sein, wie die gräffin Degenfeit ist, macht sie
nicht gar reißfertig. Wen die gräffin von Degenfeit ihren man
nicht so hertzlich lieb bette, alß sie ihn hatt, solte ich woll meinen,
daß ihre Separation mitt ihrer Schwester sie betrüben solte; aber
wie in dem prologue von Pourcauniac stehet: «Quand deux coeur
saiment bien, tout le reste, tout le reste n'est rien *.» Zudem so will ich
auch hoffen, daß sie ein gutt naturel genung hatt, umb Euch gern wider
zu sehen, dem sie so viel Obligationen hatt. Die königliche paläst
seindt nicht allezeit die örter, wo man ahm vergnUgsten ist; aber
ich muß gestehen, daß, wer ahn einem hoffleben gewohnt ist, kan
sich ahn kein privat undt bürgerlich leben gewohnen. So geht
mirs nun, liebe Louise, ich muß es gestehen. Ich habe einmahl
einen heßlichen undt hinckenden graffßerlips hir gesehen; ich weiß
aber nicht, ob es deßen gemahlin ist, so Ihr nun zu Franckforth
habt. Ich meinte aber, seine mutter wehre lengst todt; die muß
auch die jüngste nun nicht sein. Es ist mir gar nicht wunderlich
vorkommen, daß ihr man gestorben; er sähe nicht gesundt auß.
Ich wolte, liebe Louise, daß Ewer teü[tjsche kinder schon bey Euch
wehren; den daß wirdt Euch amussiren undt verenderung geben
undt ein lustigeres leben machen, alß Ihr, liebe Louise, ordinari
führt. Waß ist es vor eine gräffin von Wittgenstein zu Franck-
forth? Ist es unßers Westerwallers [schwester] *, den ich alß mein
keyßer geheyßen ? Ich weiß nicht, wer nun ertzbischoff zu Würte-
burg , werde es noch nachsuchen , ehe ich nach bett gehe. Mein
gott, wie könt Ihr Euch mitt so arbeydtsleütte behelffen, insonder-
heit mitt zimerleütten ! Ich kan nicht dawern , wo man starck
*
1 Di« stelle
Quand deux ooeurs s'aiment bien,
Tout le reste n'est rien
findet sich in Molieres komödie «Monsieur de Pouroeaugnao» , act 1, so. 2.
2 Vergl. nachher die briefe vom 2 und 23 November.
183
klopfft, [da] könte ich ein landt verlaßen; ich kans nicht außstehen.
Aufzuräumen, daß geht woll hin ; Ewer hauß wirdt den werden, wie
man in ein[e]r commedie singt, sein «la beautä, la rarete, la curio-
sit6». Apropo von commedie, ich habe mein leben nicht beßer
spiellen sehen, alß Baron 1 gestern gespilt hatt. Le Cid 8 hatt mich
recht divertirt, ich muß gestehen. Er geht in sein 70 jähr, undt
wen er spilt, solte man ihm keine 40 geben. Glückseelige gutte
nacht, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Euch von hertzen
lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
1133.
A mad. Louise, ratigraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 23 Juni 1720 (N. 3).
Hertzallerliebe Louise, wie ich eben von taffei kommen, habe
ich Ewer liebes schreiben vom 11, no 46 , zu recht entpfangen.
Hette es lenger außgeblieben , bette ich es heütte nicht beantwort-
ten können ; bin froh , daß Ewer[e] reiße nach Geißenheim nicht
verhindert, daß Ihr meine brieffe zu recht entpfangt, liebe Louise!
Ich dancke Euch, gott den allmachtigen vor mein söhn gebett zu
haben; er hatt es hoch von nöhten. Gott weiü, waß auß dießem
allem noch werden wirdt. Ich verstehe, noch begreiffe es nicht
undt bins so müde, daß ich recht ungedultig werde , wen man da-
von spricht ; drumb will ich nichts mehr von der banque undt allen
den verdrießlichen sachen sprechen. Laws konte keine nation in
der weit finden, so eher durch den interesse in verzweifflung konte
gesetzt werden , alß eben die Frantzoßen ; den es sein dt keine
geitzige[re] leütte in der weit undt welche mehr auff daß ziegen
undt gewinen verpicht sein, alß die Frantzoßen. Ich glaube nicht,
unter unß gerett, daß Laws mitt dem leben davon kommen wirdt,
er spendire den millionen. Ich habe mich nie über meines sohns
regence erfreuen können; ich habe woll gedacht, daß man ihm in
allen stucken troubliren undt plagen undt zugegen sein würde.
1 Vergl. den brief vom 9 Mai, oben s. 139, anmerkung 5. 2 das be-
rühmte stück von Pierre Corneille. '
184
Dieß also nimbt mich kein wunder, aber es ist mir bang dabey
undt betrübt mich. Ey, liebe Louise, waß nutzt mir die liebe vom
volck *, wen mein söhn gehast undt verfolgt wirdt? Ich wolte lie-
ber, daß sie nicht gedächten, daß ich in der weit bin, alß daß sie
mich lieb haben undt meinem armen söhn, der sich zu todt arbeydt,
alles gutt zu machen, [haßen und verfolgen]. Mein söhn ist gantz
persuadirt, daß Laws sisteme gutt undt nützlich were, wen man ihn
gewehren ließe; aber man plagt Laws undt ist ihm zuwider auß
haß von meinen söhn, thut alles, waß möglich ist, alles umbzustoßen.
Wer ist der general Leuterom *? Ist [es] nicht der einäugigte mensch,
so bey dem landtgraffen von Cassel, meinem vettern, ist? Wen
nichts, alß böße leütte, auß der Pfaltz gehen, wirdt es kein schadt
sein. Ich wolte, daß man alle böße leütte hir auch persuadiren
könte, in ein ander landt zu ziehen, so würde mein söhn baldt in
ruhen seine regence außführ[e]n können. Man kan von Ewerm dorff
daß frantzösche sprichwordt sagen: «La marie[e] est trop belle»,
daß man sich beklagt, daß es zu volckreich ist. Mich deucht, die
pfaltzische regierung ist jetzt gar ein doli leben; man konte sagen:
«Herr, verzey[h] ihnen ! Sie wißen nicht, waß sie thun 8 .» Der chur-
fürst thete beßer, Euch Ewere gütter einzurauhmen undt Euch raitt
schalten undt wartten* laßen, wie Ihrs verstehet, alß Euch durch
die heydelbergische cammer zu zahlen laßen. Ich glaube, man be-
stiehlt den armen« churfürsten gottsjämmerlich. Freylich ist es
beßer, langsam bezahlt zu werden, alß gar nicht. Es were mir lieb,
liebe Louise, wen ich Euch hette zu waß nutz sein können; wolte
gott, ich könte Euch dinnen, wie ich gern wünschte! Wendt hatt
mir ein brieff von Montargie 5 gewießen , wie die Pfältzer dort
durchgereist sein. Suson hatt mich schon lengst gebetten , Euch
ihretwegen demütigst zu dancken, daß Ihr sie beklagt habt, wie sie
so gar kranck geweßen. Ihr man, Leclair, wehre auch schir ge-
storben, seyndt nun bey de wider gesundt undt hir. Die Perlips, so
zu Geißenheim ist, ist daß die, so favorittin von der königin in
Spanien geweßen oder ihres sohns fraw? Sie, mag sie woll sein,
waß sie auch will, wen sie Euch nur gutte geselschafft helt undt
in Ewere einsambkeit woll divertirt, so ist alles gutt. Ich weiß
1 Vergl. nachher den brief vom 18 Juli. 2 ? Leutrum. 3 Et. Laos»
23, 34. 4 ? walten. 5 Montargis.
185
gantz undt gar nichts neues undt Ewer liebes schreiben ist von
wordt zu wordt beantwortet undt da kompt mein söhn herrein, maß
also vor dießmahl schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen,
alß daß ich wolte, daß ich fliegen könte, so würdet Ihr mich baldt
zu Geißenheim bey Euch sehen , wo ich Euch versichern würde,
liebe Louisse, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1134.
St Clou den 27 Juni 1720 (N. 4).
Hertzallerliebe Louise , seyder vergangenen sontag habe ich
nichts von Euch [empfangen] ; wir [wer]den sehen, ob dießen nach-
mittag waß kommen wirdt; kompt waß, werde ich es gleich beant-
wortten. Wir werden sehen, waß drauß werden wirdt, nun ist es
erst zehen uhr. Mein hirnkasten ist nicht woll auffgesetzt, habe
mühe, mich zu calmiren undt die angst zu benehmen, ob mein söhn
zwar gantz getrost ist undt gutte hoffnung hatt, daß alle seine af-
fairen von der banque ein gutt endt gewinen werden. Gott gebe
es! Aber ich gestehe, ich kan nicht so persuadirt davon sein, wie er
ist. Waß ander leütte davon sagen, macht mich bang, daß man
ihn betriegt. Ich thue, waß mir möglich ist, umb mir meine grillen
auß dem kopff zu bringen. Vergangen montag fuhr ich zu Chaus-
seray[e] , nachdem wir in der kirch geweßen wahren , nehmblich
umb 4. Ich spatzirte in ihr höltzgen undt ging beßer, alß ich in
langer zeit gethan; den ich bin nun, gott lob, gantz frisch undt
gesandt, so lang es wehren wirdt; aber mitt alten w eibern, wie ich
bin, dawert es ordinarie nicht gar lang. Wie ich wider umb halb 8
nach hauß kam , hatte ich eine große ... Ich wüste , daß mein
söhn mitt sein[e]r metres undt all seiner lustigen geselschafft drunten
nicht weit von madame d'Orleans apartement zu nacht aß. Wie
ich in den hoff kam , sähe ich seine gemahlin ahm fenster. Ich
dachte: «Waß wirdt auß dießem handel werden?» Sie sagte mir
gleich , ihr herr wehre ahn taffei undt daß ohne zweyffel er mitt
seiner gutten freunden gar lang dawern würde. Daß sagte sie mir
mitt einer hönischen, lachenden rainen, so mich noch banger machte;
aber es lieff doch woll ab. Sie fuhr, wie es 9 geschlagen, wider
weg undt man hatt mir gesagt , daß mein söhn eine viertelstundt
186
hernach weg ist. Es muß doch crabusch l unter ihnen gemacht
haben; den ich fandt die dächesse d' Orleans gestern in vollen
threnen. Ich fragte, waß ihr wehre; sie sagte, sie hette die mi-
graine undt daß gebe vapeurs, so weinen machten. Wie ich sähe,
daß sie mir ein secret von ihrer betrübtnuß machte, fragte ich
weitter nichts undt thate , alß wen ich die vapeurs glaubt. Aber
nun muß ich mich ahnziehen. Dießen nachmittag werde ich Euch
ferner entreteniren, liebe Louise!
Mein courir ist von Paris kommen, hatt mir die teütsche ge-
druckte zeittung gebracht, aber [ich habe] kein schreiben von Euch
entpfangen; also, liebe Louise, wirdt mein brieff heütte gar kurtz
werden. Aber da sehe ich nrein calesche in den hoff fahren» Ich
will ein wenig in den gartten spatziren fahren, nach der promenade
werde ich Euch wider entreteniren, liebe Louise, nun aber meine
pausse machen.
Es wirdt baldt 7 schlagen. Es ist eine gutte viertelstundt
undt ein wenig mehr, daß ich von der* spatziren- fahren kommen
bin; jetz[t] komme auß der tribune 8 , wo ich mein abendtgebett ver-
riebt. Nun will ich Euch noch ein wenig entreteniren, liebe Louise!
Waß solle ich Euch aber weitter sagen? Wir haben jetzt gar
nichts neues bir, ich bette schir gesagt gott lob! Den ordinari,
wen waß neues kompt , ist es nichts nutz undt man hirauff woll
mitt warheit sagen kan, wie daß teütsche sprich wortt sagt: «Alle
tag waß neues undt selten waß guts.» Ich muß Euch doch noch
etwaß possirliches sagen. 3 ducs hir, die doch so gar hoch hinauß
[wollen] , undt die 3 , so von guttem hauß sein undt von beßern
heüßern, alß die andere, haben in meinen sin etwaß abscheuliches
gethan, der duc Dantin 4 , so deß Montespan söhn undt also meines
sohns gemahlin undt madame la duchesse bruder ist, der duc mare-
chal d'Estre 5 undt der duc de la Force. Der erste hatt alle Stof-
fen auffgekaufft undt* sie thewerer, alß 'die kauff[leute], zu ^ver-
kauften; der 2 hatt allen caffe undt chocolate eingezogen, umb sie
auch thewer zu verkaufen; der 3te hatt es ahm allerschlimbsten
*
1 grabuge, französisch, kleiner zank, zwist. 2 ? dem. 3 emporkirohe,
ohor. 4 cT Antin. «Une enrieuse notioe sur oe duo, v6ritable type da oourti-
ean, se renoontre dans les «causeries du lundi» (t. V), de M. Sainte-Beuve. D
est peint sous de vilains traits dans les «M6moires> de Saint-Simon. » G. Bru-
nei II, s. 250, anmerk. 1. 4 duo marSohal d'Estrees. 6 ?um.
187
gemacht, den er hatt alle unschlicblichter auffgekaufft, undt 1 sie
thewer zuverkauffen, undt hatt rechte l'enchere* anff die unschlich-
lichter gebracht 8 . Wie er die stieg berundter ging undt auß dem
opera gehen wolte, gingen junge muthwillige bursch auff die stieg,
sagten: «Da ist ein dicker sack,» der ander: «Ce n'est point de
l'argent, ce ne sont que des chandelles.» Alle aber fingen ahn,
zu singen daß letzte chorus von opera von Phaeton:
Alles, alles respandre la lumiere!
Puißse un heureux destin
Vous conduire a la fin
De vostre brilliante cariere !
Alles respandre la lumiere ! 4
Ihr könt leicht gedencken , waß diß vor ein gelächter verursaget.
Ich kan sagen, wie Crispin im «Baron de la Crasse» 6 : «Je vous
laisse sur la bonne bouche.» Ich finde dieße avanture recht art-
lich. Der duc de la Force hatt dießen affront woll verdint. Ich
wünsche, liebe Louisse, daß es Euch ein wenig möge lachen machen.
Adieu, hertzliebe Louise! Ich ambrassire Euch von hertzen undt
behalte Euch allezeit lieb, so lang ich leben werde.
Elisabeth Charlotte.
1135.
St Clou den 30 Juni 1720 (N. 5).
Hertzallerliebe Louise , es seindt 2 posten , daß ich keine
schreiben von Euch entpfangen habe. Aber da kompt mir eines,
worauß ich sehe , daß Ihr wider zu Franckfortb seydt ; es ist vom
18, no 47, also keines verlohren gangen, gott lob! Mich deucht,
1 ? am. 2 l'enoh&re , Steigerung. 3 Vergl. nachher den brief vom
5 October. 4 Die stelle lautet in beßerer Schreibung:
Allez, allez r6pandre la lumidrel
Puisse un heureux destin
Vous conduire ä la fin
De votre brillante carri&re!
Allez, allez r6pandre la lumiere I
Die oper «Phaeton» mit text von Quinault, musik von Lulli wurde erstmals zu
Paris 27 April 1683 aufgeführt. Es war die erste oper, welche Ludwig XV
im November 1721 mit seiner gegenwart beehrte. 5 Le baron de la crasse,
komödie von Raymond Poisson, gest. zu Paris im jähre 1690.
188
mein brieff vom lten ist gar lang unterwegen geweßen. Man hatt
Euch einen gutten raht geben, eher zu Franckfort zu schreiben,
alß zu Geißenheim; den daß war viel sicherer. Daß muß daß
starcke rechenwetter verursacht haben, daß die wege so böß sein. Ich
fürchte , daß die schönne aparentz vom gutten undt reichen jähr
durch den viellen regen gantz zu gründe gehen wirdt ; daß jammert
mich recht. Bin fro, daß Ihr meine 3 schreiben zu recht entpfangen
habt, liebe Louise, undt Euch also keines fehlt. Ich glaube, daß
Churpfaltz abscheulich betrogen undt bestellen wirdt; den zu glau-
ben, daß man in der cammer zu Heydelberg kein gelt genung hatt,
Euch zu zahlen, da die sumen doch so gering sein, daß kan man
mir nicht weiß machen, noch persuadiren. Man sagt im sprich-
wordt: «Gedult überwindt buttermilch.» Es ist mir allezeit von
hertzen lieb, liebe Louise, wen ich Euch zu etwaß nutz sein kan,
daß Ihr auff wenigst meinen gutten willen sehen mögt undt wie
ich wünschen mögte , Euch zu persuadiren . . . Daß ich wünschen
mögte , Euch zu dinnen können , daß kan ich Euch mitt warheit
undt ohne complimenten sagen. Mein ruhig-sein geht ab undt zu,
nachdem ich guts oder böß höre. Mein söhn solle dießen abendt
kommen mitt seiner wenig loblichen gesel schafft hir zu nacht eßen. Gott
gebe, daß er gutte zeittung bringen mag! Aber ich zweyffle dran,
wen ich daß gemeine geschrey glauben solle. Es macht einem daß
leben so müde, allezeit klagen zu hören. Alles, waß ich hir höre
undt sehe, macht mich daß gelt haßen wie den teüffel. Bißher geht
noch nichts nach meinem vergnügen ; dancke Euch doch sehr, liebe
Louise, vor Ewerm gutten wünsch. Ach nein, liebe Louise, ich habe
mich in nichts in allen denen handien gemischt undt werde mich
mein leben in nichts mischen, so ich so wenig verstehe, alß alle
dieße händel. Vorgestern war es ein rechter schönner undt gar warmer
tag; aber abendt kam ein donnerwetter mitt so großen schloßen
wie große kluker * , hatt viel fenster zu Paris eingeschlagen. Hir
haben wir aber nur regen, donner undt blitzen gehabt; aber daß
wetter ist so kalt geworden, daß wir alle von kleydern haben en-
dern müßen, undt regendt ohne auffhören seyderdem. SeyderSanct
Medardus hatt es alle tag geregnet, viel oder wenig, hatt nur gar
zu woll eingetroffen , waß man davon im sprichwordt sagt : «Der
*
1 klücker, beßer gltioker, schnellkügelohon, sohasaer.
189
donner thut offt dolle streich.» Daß batt viel leütte, so ahn hexsen
glauben, glauben machfen], daß hexenmeister in den wolcken steken,
welches ich aber gar nicht glaube l ; aber ich höre gar gern die mer-
ger *, so man davon verzehlt. Ich habe mehr exempel gehört von
dergleichen stürm, so vieh vertrengt batt. Die medaill« haben
keine eyll, liebe Louise, incommodirt Euch nicht mitt! Man muß
ein wenig gedult haben; wen daß gelt wirdt abgeschlagen werden,
wirdt daß gelt wider hervor kommen , muß man hoffen , daß ich
auch waß bekommen werde; morgen aber wirdt es der 3te mont
sein, daß ich nichts, alß billiet de banque, bekommen habe. Ich
glaube nicht, daß Ewer vetter noch in Schweden ist ; den sie haben
sich in Englandt aufgehalten. Man wirdt ohne zweyffel neu me-
daillen auff der crönung gemacht haben; den daß ist der brauch,
man hatt nie keine crönung ohne medaillen gesehen. Die billiets
de banque seindt mir recht zuwider. Aber last unß von waß än-
derst reden! Dießes macht einen gar zu ungedultig. Monsieur
Le Fevre hatt die helfft müßen verliehren auff Coubert, ohne es zu
hindern können. Er ist noch zu Paris. Ey, liebe Louise, warumb
wolt Ihr schon ahn sterben gedencke[n]? Ich bin ja bey 10 jahrin
alter, alß Ihr, undt bin noch frisch undt gesundt. Kopff-schüttelen
kont eher geschehen ; den Lenor schüttelt abscheulich ; sie könte es
woll laßen, wen sie wolte, sie hatt sichs aber so ahngewehnt, daß
es ein ellendt. Ich beschrey sie doch alle tag drüber, sie helt ein
wenig innen, aber fengt baldt wieder ahn. Ewer niepce, die gräffin
von Degenfeit, ist jetzt in keinem standt, zu reißen können; den
sie ist schwanger undt solle bitter übel außsehen. Monsieur von
Harling hatt mir deß königs von Preussen reiße geschrieben, wie
er incognito durch Hannover ist undt bey dem großvogt von Bul-
law 8 zu mittag geßen hatt. Ich habe gehört, daß meines vettern,
printz Max von Cassel, wundt gar nichts gefährliches sey, solle nur
von einem stein sein, so ein stück-kugel zerbrochen. Ich weiß dießen
vettern recht danck, keine inclination zum heürahten zu haben ; daß
macht mich ihn lieb haben, ohne ihn zu kenen. Aber seine zwey
herrn brüder, alß printz Wilhelm undt printz Georgen, so hir ge-
weßen, habe ich recht lieb, finde sie wackere undt ahngenehme
1 Vergl. nachher den brief vom 21 August und band IV, s. 36. 60. 105,
2 d. h. mährchen. 3 Bttlow.
herrn undt gar nicht lasterhafft. Ich glaube, daß unßere teüt3che
fürsteu nie zugeben werden, daß deß CKaari söhn oder enckel (umb
recttt zn sagen) eine ertzhertzogin nehmen solle; daß were zn
fahrlich vor gantz Teütschlandt. Nun habe ich willens, zu zürnen,
liebe Lu»ise! Waß wolt Ihr sagen mitt Ewerm «zu lang auffbaUen* ?
Wist Ihr den nicht, liebe Louise, daß mir Ewere lange brieffe lieb
undt ahngenehm sein? Sie seindt auch nicht so lang, alß Ihr woll
meint; den Ihr aegt ja woll, Liebe Louisse, daß ich von wordt zn
wordt auff Ewer liebes schreiben andtworte undt daß ich schon auff
Ewe[r]n 18 bogen bin. Ich muß lachen über die bokehruug von der
fürst in von Nassau Siegen. Die leütte, so man so predigen schickt,
heist man raiBsion[n]aire[s]. Es seindt deren jetzt in Lotteringen,
predigen 4 mahl deß tags undt der hertzog von Lotteringen gebn
2 raahls deß tags in den predigen. Ich fürchte, daß mitt ihrer
doruencron dieße arme fürstin noch närischer, alß ihr berr, gewor-
den ist, Ihr werdt sehen , daß dieselbe kette, so sie umb deu
gehabt, da wirdt man aie mitt almbinden mttßeu. Von denen,
sich die offendtliche diseipline ' haben auff der gaßen geben laßen,
daß würde man hir im landt nicht leyden undt vor eine inmodestie
halten, wie es auch in der that ist. So albere Sachen kan ich nicht
leyden. Man würde so wenig leyden hir, daß sich weiber die dis-
eipline geben aolten, daß der cardinal de Noaille[a] gantz abgeschafft,
daß man den gründoiinerstag in pilgerschafft mitt creütztragen undt
liiseiplinen barfuß au moul. Vaälerien ! ging. Mein söhn hau seine
walfahrt hirher eingeslelt; daß böße wetter hatt ihn abgeschreckt.
Hirmitt ist Ewer liebes schreiben, liebe Louise, völlig beautwort,
bleibt mir nichts mehr überig, alß Euch eine gutte nacht zu w
achen undt zu versichern, liebe Louise, daß ich Euch von hertzen
lieb habe undt all mein leben behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
113C.
A mad. Louise, raugräffhi zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 4 Julli 1720 (N. 6).
Hertzallerliebe Louisse, es ist schon 10 uhr geschlagen. Ich
habe Ewer liebes schreiben erst empfangen dießeti abendt umb 5,
191
wie ich spatzirn gefahrn. Es war daß schönste wetter von der weit.
Ew[e]r liehes schreiben ist vom 22 Juni, no 48, aber biß sontag, wo
mir gott leben undt gesundtheit verleyet, werde ich eine exacte
andtwort drauff thun; dießen abendt aber ist es zu spat. Ich habe
auch einen großen brieff von der königin in Preüssen, der muß
auch biß da verschoben werden. Gestern bin ich nach Paris, habe
madame Dangeau im closter gesehen; sie ist woll, aber sehr mager.
Wir theillen unß also mitt den zwo Schwestern. Ihr habt die fürstin
von Ussingen, ich madame Dangeau. Sie wirdt erster tagen kom-
men, mitt mir zu mittag [zu eßen]. Ich habe, unter unß gerett,
ihre schöne sobns fraw erschrecklich geendert gefunden , hatte sie
in 6 oder 7 monaten nicht gesehen; ich glaube, daß es noch mehr
undt über daß gantze jähr ist, daß ich sie nicht gesehen. Da kompt
man mich plagen, umb nach bett zu gehen, muß wider willen schlie-
ßen ; wolte lieber mitt Euch plaudern , aber man plagt mich zu
sehr. Ein ander mahl will ichs beßer machen, nun aber nur ver-
sichern, daß ich Euch, liebe Louisse, von hertzen lieb habe undt
allezeit behalte.
Elisabeth Charlotte.
1137.
St Clou den 11 Juni 1 1720 (N. 8).
Hertzallerliebe Louise, ich weiß noch nicht, ob ich heütte das
glück haben werde, ein liebes schreiben von Euch zu entpfangen;
aber ich werde nun auf? daß andtwortten , so ich vergangen sontag
abendts von Euch entpfangen vom 25 Juni, no 49. Offt mitt mei-
nem söhn zu sprechen, ist etwaß rares, jedoch habe ich ihn ver-
gangenen sontag abendts undt montag morgendts ein augenblick
gesehen. Ich spreche ihn mein leben von keine staadtsagen \ noch
gebe ihm keinen raht; den waß man selber nicht verstehet, ist es
zu schwer, andern gutten raht zu geben. Wie ich aber durch daß
gemeine geschrey vernehme, so geht alles noch bitter übel. Ich wolte,
daß Laws mitt sein[e]r kunst undt sisteme auff den Plocksberg 8 wehren
nndt nie in Franckreich kommen. Man thut mir zu große ehre
ahn, zu glauben wollen, daß durch meinen raht waß beßer gewor-
1 Elisabeth Charlotte hat sich verschrieben, statt Juni sollte es Juli heißen,
wie nachher s. 194. 2 d. h. Staats -Sachen. 3 Blocksberg. Vergl. nach-
her den brief vom 15 August.
192
den. Durch mein raht kan nichts beßer, noch schlimmer werden;
den, wie schon gesagt, so gebe ich keinen raht in nichts, waß den
staadt ahngebt. Aber die Frantzoßen seindt so gewohnt, daß weiber
sich in alles mischen, daß es ihnen ohnmöglich vorkompt, daß ich
mich in nichts mische, undt die gutten Parisser, bey welchen ich
in gnaden bin, wollen mir alles guts zuschreiben. Ich bin den
armen leütten recht verobligirt vor ihre affection, verdiene sie gantz
undt gar nicht. Die metwürst bekommen mir noch gar woll; den
ich bin, gott seye danck, in perfecter gesundtheit, so lang es wehren
mag, den bey alten weibern kan es nicht lang dawern. Ich wünsche
noch fürchte, gott lob, den todt nicht, hab mich gantz in gottes
willen ergeben undt singe , wie daß lutterische liedt sagt , liebe
Louise :
Ich hab mein sach gott heimgestellt,
Er mach s mitt mir, wies ihm gefehlt!
Soll ich allhier noch lenger leben,
Nicht wiederstreben,
Sein willen thu ich mich ergeben '.
Ich eße auch viel obst, aber vor den magen finde ich die metwürst
beßer. Bradtwürst eße ich auch gern; es deücbt mir aber, daß
man sie beßer bey unß, alß.hier, macht. Die Yeningerin, die den
Bernstein geheüraht hatt, die konte sie gar perfect machen. Der
mademoiselle de St Pol * carpfen haben mir zu woll geschmeckt, umb
mich deren nicht all mein leben zu erinern. Weder bey dem kö-
nig , noch hir im hauß macht man sie nicht gutt. Deß duc de
Schombergs koch war vielleicht von Metz, da man viel gutte Sachen
ist 8 , so sie hier nicht machen können; insonderheit haben sie auch
noch kleine bastettger*, so kein mensch hir machen kan, so exel-
lent sein. Meine amme konte sie machen undt ihr eiste dochter,
aber Suzon kan es nicht , welches mir sehr leydt ist. Sie hatt es
meinem pastettenbecker lehrnen wollen, hatt es ihm auch schriff[t]-
lich geben, aber sein leben hatt ers nicht lehrnen können; es muß
ein eygener haudtgricff drauff sein. Soltet Ihr die freüllen von
Zoettern sehen, würdet Ihr, liebe Louise , nichts schönnes sehen.
Die älste ist blundt, sieht übel auß , hatt kleine blaue, zimblich
verstörte äugen; sie solle auch schon einmahl stareke vapeurs ge-
*
1 Vergl. bandlll, s. 35. 2 ?Paul. 3 d. h. ißt. 4 d. h. paaUtchen.
193
habt haben '; sie hatt den mundt mitt gar dünnen lefftzen von einem
ohr zum andern, daß ist accompagnirt mitt einem abscheulichen
kropff; sie ist weder groß, noch klein undt hatt die taille weder
hübsch, noch heßlich. Die zweytte ist von gleicher große, alß ihre
Schwester, ist braun von haaren undt von gesiebt undt augbrauen,
hatt daß gesicht viereckt, doch verstandt in den äugen undt schein dt
in allen ihren thun undt laßen raisonabel, hatt aber so woll alß ihr
freüllen Schwester einen magnifiquen mundt in der weitte , aber
wenig lefftzen. Scheinen gutte leutte zu sein, sie gehen offt zu madame
la princesse, so sie protegirt undt ihrem protzes, so sie hir haben,
solicittiren lest. Daß man böße protzes vor gutt helt undt meint,
recht zu haben, ander leütte gutt zu genießen, da seindt die ad-
vocatten schuldt ahn ; die persuadiren die leütte, daß sie recht dazu
haben, umb Processen zu dawern machen undt braff gelt zu ziehen.
Die, so prozessen haben, seindt woll zu beklagen. Ihre briffe ahn
Euch, noch Ewere briff ahn sie kan mir gar kein ungelegenheit
bringen; ich leße keines von beyden, ist also nur eines laquayen
mühe, deren ich doch alle tag einen nach Paris schicke. Ach, wie
woll thut man, wo man die complimenten abschafft! Man kan doch
woll mitt politesse leben, ohne viel complimenten zu machen, welche
in meinen sin doch allezeit überdrüßiche Sachen sein ; aber man muß
es doch auch nicht au ff die grossiertet undt inpolitesse kommen laßen
undt, wie man hir im Sprichwort sagt, «touttes extremites son[t] vi-
cieuses;» aber in der mitten bestehet die tugendt. Dicßes kompt
viel , wie man die kinder erzieht ; plumb sein , ist allen unartlich.
Man kan woll hofflich sein, ohne lange tiraden von complimenten
zu machen, so mir gantz undt leydtlich * sein undt daß leben sawer
machen. Complimentiren finde ich sehr unartig, aber politesse haben
undt hofflich sein, da halte ich viel von. Beningsen 8 habe ich ge-
kendt, war vor etlichen jähren hir, alß der könig noch lebte. Ich
glaube, die hertzogin von Zell 4 könte sagen, wie deß marechal de
Yilleroy vatter alß zu sagen pflegte. Wen man ihn fragte, wie er
sich befinde, andtwort er: «Ouy, je me porte bien, mais je mou-
reres bientost.» So wirdt es gewiß dießer hertzogin auch gehen;
den sie muß alt sein, war ein erwachsen mensch, wie ich noch ein
*
1 Vergl. nachher den brief vom 31 Ootober. 2 ?ganz und gar unleid-
lich. 3 Bennigsen. 4 Eleonore d'Olbreuse, gemahlin von Georg Wilhelm,
herzog von Braunsehweig-Zelle.
Elisabeth Charlotte 13
kindt war, sie mnß auffs wenig[s]t 7 oder 8 Jahr alter sein, alß ich.
Aber nun [muß] ich auch meine gewöhnliche pausse machen. Ich
habe beulte spat ahugefangen, zu schreiben; deu wie ich gestern
meine capittel in der Bibel nicht haben wegen der Parisser reiß
leßen können, habe ichs heütte getliau.
Donneratag, den 11 Julli, umb 7 abendta.
Ich komme jetzt eben auß der capel, wo ich mein abendtsge-
bett verriclit; jetz[t] werde ich Euch ferner cntreteniren. Dießen
gantzen nachmittag habe ich nicht schreiben können, habe die zeit
zugebracht mitt brieölelien, daß halt gewehrt biß 5 uhr, daß die
calesch kommen; bin spatziren gefahren andterthalh gutte stundt.
E9 ist weil daß schönste uudt ahngenehmbste wetter von der weit,
wetter 1 zu warm noch zu kübl, kein windt, nur ein kühl lüfftgen,
suma es kau nicht schönner [sein]. Ich schreibe Euch vor meinem
balcon, der gantz offen ist; es ist eben, alß wen ich noch in der
calesch were. Ich komme aber wieder ahn Ewer liebes sehreiben,
wo ich belitte morgen geblieben war, nur noch vorher sagen, daß
ich dießen nachmittag Ewer litbes schreiben vom 29 Juni, no 50,
zu recht empfangen habe mitt den 3 gar artlichen uudt woll ge-
brachte medaillen, wovor ich Euch sehr dancke; seindt gar nieht
zu verwerffen, ebenso wenig alß daß, so Ihr mir letzt geschickt, so
hir sehr ist admirirt worden; deu es eben so schön ist, alß
tiqueu medaillen. Ich ineinte erst, wie ich die kleydung von der
fürsiin [sah], daß es Marie de Medecis undt Henry 4 wehren; wie
ichs aber laß, sähe ich, daß es ein fürst von Anhalt war undt seine
gemablin, eine grafuti von Bentlieim. Daß heutige vom printz
von Auranien ■ ist auch gar woll gepracht. Zu Henry 4 zeitten
war einer, so medaillen machte auff iließe art. Er machte 8
antiquen so woll nachzumachen , daß man mühe hatte, sie zu er-
kenen, er hieße Coldore*; es mag woll von dießetu sein, den er
rnnien. 3 '/ wuate. i t/W Ihn
istler-leiicon. Dritter band. München, 1
L'olJnrH. «mar der ausgeieidino taten fraaMti-
i das ende des 1 6 Jahrhunderts blühten.
• in Jiensten Heinrichs IV, dessen bildnil er
retellte, und in« beaundetn rein und 8
l mit mehreinn andern intagUoS und camoen dicsad künatlora der fall ist.
it r.ar [.^rttaiie uargentellt iu haben; denn Marietle sagt, daß er von
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ist überall herumb gereist. .Dem sey nun, wie ihm wolle, seindt
sie docii alle recht danekeuswelirdt. Gestern liabe ich den fürsten
undt die fürstin von Ahnhalt zu Paris in mein modern medaülen-
kistgen gethan. Bili zukiiintftigen mitwog werde icb, wo mir gott
leben undt gesundtheit vcrleydt. dioliu 3 hinzulegen. Dancke nocb-
mabl gar sehr vor alle 4, liebe Louise! Nun komme ich wieder auft"
Ewer liebes schreiben, so ich heulte morgen ahngefangen hatte;
daß aber von heütte werde icb auff sontag versparen. Ich war
beQtte morgen ahn die hertzogin von Zeil gehlieben. Ja, sie muß
gar alt sein; man sagt, sie fange ahn, ein wenig kindisch zu wer-
den, welches kein groß wunder ist. Ich habe mein leben keine in-
clination weder vor dieöe dame , noch vor ihr docliter ' gehabt 1 ,
aber ihr anekeln seindt mir lieb, alß uehmblich die königin von
Preüssen undt der printz von Wallis. Wofern der bischoff von
Würlzbnrg einer von denen 2 Schonborn * ist, so ich hir gesehen,
wandert s mich nicht, daß er einen regullirten artigen hoff hatt; den
es seindt recht feine, raisonable undt wackere leutte. Der jüngste
hatte große mühe, sich in den geistlichen standt zu begeben; jam-
merte mich recht drüber. Er war ein wenig fett, hatte aber doch
ein recht hübsch gesiebt, sebönne äugen undt färben. Der eiste war
schon geiätlich undt nicht so hübsch, alß sein bruder. Es ist mir
lieb, liebe Louisse, wen Ihr alß gulte geselsehatft habt; daß amussirt
Eücli doch. So viel ich von den hollochischcn' graffen gehört, seindt
alle woll gezogene leütte. Der graff von der Buckeburg ist zwar
noch hir, aber er wirdt haldt wider nach Englandt. Wen man die
leütte zwar liebt undt estimirt, kau man doch seine alte corespon-
dentzen nicht abschaffen, andere zu nehmen. Ich wüste nicht, das
er eine pension hatt. Sein herr vatter ist ein rechter narr, Ich
halte, daß der köuig von Engellandt nun zu Hannover ist; den ich
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habe schon vergangener woche einen brieff von unßer lieben printzes
von Wallis bekommen, worin I. L. mir sagen, daß der könig schon
zq Osnabrück war; muß also nun schon zu Hannover oder Hern-
haussen sein. Der könig in Preussen ist wider zu Berlin, alß ich
durch einen brieff von der königin in Preusen erfahren, so ich
dießen abendt bekommen undt mich beantworten muß. Aber ich
will doch dießen brieff noch außschreibeu , sonsten würde ich er-
sticken. Ich funde die nicht jung sein, alß wie mein vetter , der
landtgraff von Cassel, undt doch hinreißen können, wo sie wollen 1 .
Ich glaube undt fürchte, liebe Louise, daß Ihr Euch vor mich iu
medaillen ruimren »erdet. Die medaillen von Saxsen haben keine
eyll, plagt Euch nicht mitt , liebe Louise! Mein söhn hatt mich
dießen abendl surprenirt, ist aaff einen stutz herkommen, ulß mans
sichs ahm wenigsten versehen hatt; er hatt mich noch ein wenig
ahn schreiben abgebalten. Nun ist Ewer liebes schreiben völlig
beantwortet. Mein söhn hatt unß nichts neues gebracht, also werde
ich Euch, liebe Louise, vor dießmalil nichts mebr sagen, alß wie
daß ich Euch von hertzen lieb habe nndt allezeit hebalte.
Elisabeth Charlotte.
Hirbey kompt ein schreiben von madaine de Dangeau vor ihre
fraw schwester, die fürst in von Nassau Ussingen; den heüttigen hab
ich auch geschickt.
1138.
St Clou den 14 Julli 1720 (N.
Hertzallerliebe Louise, ich hatte heilt te willens, auff Ewer
bes schreiben vom 29 Juni, no 50, zu antworten, allein ich habe
dießen nachmittag Ewer liebes schreiben vom 2 Julli , no 51 ,
pfangen; weillen es aber schou spät ist, werde ich dieß letzte be-
antworten, weillen es klein [e]r ist, alß daß ander, undt 1
also noch dießen abendt zu beautwortteu können. Mich deucht,
unßer commerse geht nun zimblich woll, liebe Louise! Gott gebe,
daß es (lawe[r]n mag! Ach, liebe Louise, unruhig zu leben, daß
habe ich seyder 49 jähren, daß ich in dießem landt bin, braff ge-
lernt, ja sebir gewohnt; es wirdt mir auch woll biß ahn mein endt
so gehen, da rachene ich auff, bin fest d rauft' gefast undt ergebe mich
in den willen goltes, er gebe mir nur, waß mir nutz undt seelig
mag [sein] ! Nur eine gnade bitte ich von gott, dem allmachtigen,
nehmblich mir meines sohns todt nicht zu erleben laßen. Alle tag
maß ich waß verdrießliebes hören ; einen tag kompt man sagen,
ich würde nichts mehr zu eßen haben, den meine officir undt pre-
voyeur kontens nicht mehr außätehen, nur zettel undt kein gelt zu
haben; baldt sagt man, ich könne weder kleyder , noch strümpff
haben, den die kauffleütte weiten keine billiet de banque mehr neh-
men; einen andern tag sagt mau, Paris wirdt sicli eutpüren; suma,
es geht kein tag, daß man nichts verdrießliches hört oder sieht;
dabej kati man ja nicht lustig werden. Aber last es 1 von waß
änderst reden, liebe Louisse 1 leb sehe woll, daß Ihr unßere printzes
von Modene nicht kendt. Sie fregt nach niemandts in der weit
nichts; bin gewiß, daß sie hertzlich froh geweßeu, alle die damens
loß zu werden, so milt ihr gangen wahren *. Die duckesse de Vil-
lar[s] undt sie hüben sich täglich gekipelt undt gozangt. Sie hatt
sich gleieh ahn ihre geschworen gewohnt; daß wirdt Übel ablaufen,
sie wirdt ihren geschweihen freuen undt sauffen lebrneu, daß wirdt
in Ittallien nicht ahngelien, wie hir , daß wirdt auff ein lamie auß-
gehen. Der printz von Wallis halt die regierung nicht ahnnebmen
wollen. Ich finde, daß I. L. gar woll gethan haben. Ich habe
heütte ahn Cburtrier geschrieben. Ich schicke Euch, liebe Louise,
hirbey, waß ich 1. L. auff daß arme iJeydelberg geschrieben habe 8 .
Gott wolle den armen Heydelbergeren beystehen 1 Sie jammern mich
von grundt meiner seellen. Daß man Manheim undt Fridericb.es-
marquis de Dangoau XVIII, a. SU unter samB-
la prineeaae de Modene arrivn ]e 20 ;i ModSne;
divertiaaeinents qu'on a donnfs ä nette prinoeaae
, et oe jour-lä, eile devoit partir pour Roggio,
fitea magniBquea. On oompto quo la duchosaa
qui l'ont ADivin jus^uM Oi'nn? seront bientflt de
unter freitag, 12 Juli 1720: «La dnohesse de
a uoniluit la prinoesae de Moden« ; loa autres
6ea ioi; »ihm ellea aont en Frauoe. La dnebesae
■ 3 Vergl. nachher den brief vorn B August.
198
barg wider bawet, [höre ich gern]. Aber ich wolte, daß es ge-
schehe, ohne Heydelberg zu schaden wie vor dießem *. Es geht in
der gantzen weit jezundt gar doli. Es geht Churpfaltz , wie daß
tetttsche sprichwordt sagt: «Wens der geiß zu woll ist, geht sie
auff eyß undt bricht ein bein.» Aber da schlegt es 11. Ich muß
noch ahn mein dochter schreiben, kan also vor dießmahl ohnmög-
lich mehr sagen , alß wie daß ich Euch allezeit von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S. 8
Ich muß Ewer L. doch klagen, was vor ein wunderlich geschrey
liier von Churpfaltz, dero herrn bruder, hier gehet, worüber sich
jedermann verwundert. Man sagt, daß Ihre L. unser altes stammhauß,
das arme heydelbergische schloß, gantz wollen rassiren laßen. Wei-
len ich dort gebohren und erzogen bin, kan ich solches nicht ohne
schmertzen hören. Es hat mir schon so viel thränen gekost und
würde mir aufs neue kosten, wo solches geschehen solte. Ich habe
es aber mühe zu glauben, daß Ihre L. der churfürst zu Pfaltz, der
ein gnädiger und gütiger herr ist und ein vater seiner unterthanen
seyn solle, so gar grausam in dem armen Heydelberg haußen sol-
ten. Ich bitte, Ewer L. nehmen doch diß arme schloß, welches ja
eine so gesunde wohnung ist, in Dero protection und verhindern das
übel, im fall etliche böse intentionirte vor das arme Heydelberg
Ihro L. dem churfürsten diesen bösen rath, so nie zu Ihrer L. gloire
gereichen kan, würden geben sollen 8 .
1139.
St Clou den 18 Julli 1720 (N. 10).
Hertzallerliebe Louise, ehe ich auff Ewere liebe schreiben komme,
so mir noch tiberig zu beantworten sein, muß ich Euch klagen undt
sagen, welch einen abscheulichen schrecken ich gestern ausgestan-
den. Ich fuhr wie ordinari zu den Carmelitten undt fundt die
l Vergl. den folgenden brief. 2 Dieses postscriptum liegt nicht in der
handschrift von Elisabeth Charlotte, sondern in einer absohrift bei den briefen.
3 ? wollen.
ducbesse du Lude 1 dort. Wir wahren gantz ruhig, da kompt ma-
dame de Chasteauthitir' berein, blaß wie der bittere todt, undt sagt:
•Madame, od ne sauroit vous cacher ce qui se passe; vous tron-
verez touttes les cours du Patais-Royal rcmplie[s] de peuples'; ils
y oat portes des corpa morts escrasses* k la banque; Laws a estes
obliges ' de ce ' sauver au Palais-Royal ; 011 a deschires ' son car-
[r]osse , apres qu'il en a estes sortis , en mille piece[s] , ils out
forces a les portes a 6 heures du niatia*.* Ich laß Euch gedencketi,
1 ö. Brauet II, s. 263. 264, antnork. 1 : «Le duc du Lade, niort en 1086,
fgt marii dem fois. La premiero de sea feinmea etait de la famillo de BouillG;
dans les unnotations du SniiiL-Siuioa sur le Journal de ßangoau, on lit ä son
egard quelques dfitails sioguliera: «ToujourB dans ses terres, olle ne se pluisoit
•qn'aux abevaui qu'ella piqnoit miuux qu'nn bomme , et ohasseuao ü outrance.
• Elle faisoit <» toilette dans son eourie, et Faisoit Lreuuler le pays. Vertueule
■ ponr eile, et trep pour les autres, eile fit ohatrer un clero en sa preseuae, paar
«»Toir »buse, dans son ohftteau, d'uno de sea dcmoisellea, le flt guerir, lui donna
«dans nne boSte ce qu'on Ini avoit Ate, et le renvoya.»» 2 Chäteautbiers.
3 I peuple. 4 porte dea Corps mortB ecrasfs. 5 a el6 obligfi.
6 se. I deobire. 8 force. 9 Yergl. naohher dati brief vom
31 August. Journal du marquis dB Dangeau XVIII, b. 322. 323 unter mitt-
wooh , 17 Juli 17211: eil y cut uue grande Foule a la bunquo et dam los
y ent
, ii :V ■,■ = .
oes corpa morts ä la porte
Las olamours fnraiU grandes; on pr
des les qnatro h eures du mal in.
heures; on vomlt beauaoup d'imprei
d'Qrleans ne jugea pa« a propos di
Palais-lloynI
ia -Royal sur
lat rues. M.
•alaia-Hoyal d
pierroa ; on alla iL aa maison, ou on jeta boaueoup de pierres aussi, et on cassa
■es Vitras. Quand an sut aus Tu il wies ['emotion du pouple qui Btoit autour du
Palais- Royal, on fit un d6tacheraent des eouipagmee qui Gtoient en gardo ohei le
roi, qu'on envoya au Palals-Boya] , oÜ jla demauri-rent quelque toinps; iiiais M.
le duo d'Orlöans jugoa ä prapos da les renvoyer. La duo de Tresmes, gouver-
neur de Paris, M. de la Vrilliere et M. le Blano vinrant saparement parier aa
peuple. On fit empörter les trois oorps morts. Au Heu des soldats des gardes
qu'oB avoit anvoyes des Tuilaries, un fit venir quelques brigadas dea arebera du
guet, et par doueours et par priores le pauple se dissipa peu a pon. Le oou-
Toau lieulenant de polioe vint ausai au Palais-Royal, et taoba aussi da son eatS
ü dissiper le peuple. ... Madame vint am Carmclitos le matin, ne saohant
Heil de laut ee qui s'ctoit pai
- teauthiorf. qui l'apprit ä Mada
trJuva la foula du j.ipuj'lu .1 5^ ; .e
Brunei II, e. 2bi, anmerb. 1:
t madari
> Cbft-
e, qui se bäta d'aller au Palais-Royal, ou eile
lee; eile retourn» la soir ä Saint- Cloud. > 0.
«Trois persounes avaient 616 etouffeee daus la
wio mir bey dießer Sachen zu mudte ' war. Icli dörffte es
Un
>bue ijm i
seinem de; blllots.
aufstand vom IT Juli berichtet A. Kurtiel i» der oben e. 16, um. 2 IU dem Briefe
vnm 11 Januar angefahrten abhandlung in V v Räumer historischem tue'
buche na Ifllö 8. 61? bis S49 folgendes: «Jettt. da du vertrauen lersturt
und allst verloren war, gcrletb Law durch einige gtoiie bankier* anf den Re-
danken, die bank besondere dem go seh nft»v<v hehr der privaten tu widmen. Kine
«oloba elnsobrankung wurde die hank allerdings tu ihrer wahren bostnumung >
rOck geführt, einen tbull der offenen in Bewegung gesellt, dem anderen (heile ein
atnugsoanal gewährt haben. Ein arrM »om 13 Juli 1710 forderte demnach die
kaofieute auf, fiuo mllliunen bankaeltol in die bank niederen legen, in aolteln t
10,000 ond 1000 livrea. Law wollte »war die eettel verbrennen, aber ~ogleich
in aetien restituieren. Die bnreohnung tollt« allen ernstef in livies Tour
•nr «lob gehen. Nie und unter keinem verwände wollte der etaat an dien«
beilige depoeitum seiner hurger rBbren. Nach solohen Vorgängen konnte
jeduoh nicht leisbt jemand tu diesem ante des Vertrauens entschließen. K.
1 1 der BO0 inilliuoen norde eingera>blt, and iwar nur von den rathgebern. Die
bank balle bisher immer noch, wenn noch spärlich, boiahJtj endlich waren il
klingenJan fand« erschöpft. In der mitte des Juli horte sie platt! ich auf, ■
aettsl an'icfthlun, mit ausnähme der tottel vor. 10 Htt**, die sieh in den ban-
iwalflnng bringen dnifte Obsohou man die einaiellung der «abtungen langet
erwartet, war doch der schreck ond die angst ungeheuer. Joder drttngte nie
nun noch heran, du mit lebenegefahr einige mumen aus dem eohiffbroohe ■
retten. Von allen selten ond allen straflen bewegte und etinü s:oh «ine fluchende
bevoikotung naeb dem hole! de Nevers Kt bildete «ich sogleieh aus starken,
10 livres für billiges abkauften und nun unter geschroi und drohung tag u
nacht nach dem bankbotel andrangun. In diesen] tuniulto wurden mehre mi
sehen verstümmelt und am 1? Juli fanden sogar drei Individuen ihren tod. Die
aufgeregte menge nahm diese reichen und log damit unter gohcul und Verwün-
schungen dem Palais-Royal in. Bei ihrer ankunft ließ dor regent alle tl
öffnen. Der kriogs minister Leblanc erschien aber und bewog einen theil der
wütbenden durch einige goldstucko , mit don laichen nach der kirche et Roch
zu eichen. Das innere des pulastea wurde nicht berührt. Law jedoch bat
sich bei diesem aufstände iura rogenteo gefluchtet, und das volk, das seint
wagen im hofe stehen sah, ergriff denselben und schlag ihn in stüoko. Die
angst Laws, die spüttoroion des pu rln nie nts Präsidenten do Mesme belustigten
nur von wenigen umgebenen regenten. Der haufo von roues befand sich noch
tadt s
e gefai«
201
doch nicht mercken laßen , den in solchen fahlen * mnß man nicht
hang scheinen, fuhr also zum könig wie ordinarie, muste mich greu-
lich zwingen. Wie ich bey der gaße St Honnore kämme, war ein
solch ambarass 8 , daß ich eine halbe stundt still halten mnsten; da
hörte ich den popel schmellen 8 , aber nur über Laws , von meinem
söhn sagten sie nichts nndt mir gaben sie seegen*. Endtlich käme
ich ins Palais, aber alles war schon wider still nndt der pöpel hatte
sich retirirt. Mein söhn kam nndt verzehlte mir, daß alle die sach
von 10 sols ahngangen were undt die, so erstickt worden in der
bange 8 , hatten es nicht von nohten. Einer von ihnen hatte hun-
dert thaller im sack undt keines von denen, so sich ertrucken laßen,
wahre ohne gelt, war also nur ein purer geitz, undt daß sie ins Pa-
lais-Royal geloffen , war gar gewiß auß ahnstifftung boßer leütte,
die meinen armen söhn abscheulich haßen 6 . Dießes alles macht einem
1 d. h. fällen. 2 embarras. 3 d. h. schmälen. 4 Vergl. den
brief vom 23 Juni, oben s. und nachher die briefe vom 1 5 August, 28 No-
vember, 26 Deoember. 5 ? banque. 6 G. Brunet II, 8. 255. 256, an-
merkung l : « Gette 6meute inspira ä nn satirique, qui eut soin de garder l'a-
nonyme, l'idäe de parodier la derni&re soene de «Mithridate», et de repr6senter
1« rögent mourant d'une blessure recue dans une s Edition. Nons transcrivons le
däbut de ee petit ecrit, qui n'est pas mal tourn6:
Law.
Abi que vois-je, seigneur? et qnel sort est le vötre?
Le Regent.
Cessez et retenez vos l'armes l'un et l'autre!
Mon coeur de sa fureur et de tous ses forfaits
Veut d'autres sentiments qne de tristes regrets.
Ma regenoe, plutöt digne d'ßtre *abhorr6e,
Par des pleurs aujourd'hui doit-elle etre honoree?
J'ai dlsole" la France autant que je Tai puj
La mort dans mos projets m'a seale interrompu ;
Le Ciel n'a pas touIu qu'aohevant mon dessein
Je versasse ä mon roi an poison de ma main,
Mais au moins quelque ohose en mourant me console ;
J'expire environnG des rentiers que j'immole ....
C'est ä la m€me 6poque qu'il faut rapporter une autre piece de vers, «le
Regent malade», que nons trouvons dans les manusorits: **
Lorsque tu livres ä la Parque
Trois dauphins et notre monarque,
Crois-tu le faire impun6ment?
Leurs ombres demandent vengeance,
202
daß leben erschrecklich müde. Ich bin erst nach der commedie
Tremble! oar tu töuches au moment
Qui, par ta mort, saure la France.
Un rimear, non moins aoharnä, s'eoriait:
Je voi8 tous nos malheurs finir.
Le Ciel nous est propico,
Que le Tout-Puissant soit benil
Honorons sa justioel
Fleaux Tomiß de l'enfer,
Abandonnei la Franoe!
II meurt, et va chez Luoifer
Ezeroer la regenoe.
On allait jusqu'ä reprooher au Regent des epidemies qui exercaient de cruels
ravages :
Aprds avoir pris notre argent
Par an oonseil inique,
Ghasse le parlement
Pour etre despotique,
Fait publier impunäment
Gent arrets qu'on deteste,
II te manquait, maudit Regent,
De nons donner la peste.
De nombreuses estampes satiriqaes fttrent dirigees oontre le sy «tarne. M. L.
de Laborde, «Palais-Mazarin», notes, p. 396, en enumSre soixante-dix, presque
toutes d'origine hollandaise. Du reste, en Opposition a toutes oes satires, il se
trouva quelques flatteries. On sait que dans eertains exemplaires du «Diction-
naire» de Bayle, Edition de 1720, dediäe au Regent, on reneontre, au bas du
portrait de ce prince, dix-neufvers qui fönt l'äloge du Systeme de Law ; il fallut
les supprimer apres la deconfiture (voir M. L. Laborde, «Palais-Mazarin», p. 396).
L'epltre- dedicatoire, redigee par La Motte, est fort ridioule; eile s'exprime ainsi:
«Les plus grands hommes regardent les louanges comme la recompense de la
vertu, mais il semble que pour tous eile n'en soit que l'inoonvenient. » Tout le
reste est de oette force.» S. 261, anmerk. 1 führt Brunet noch folgende in
etwas späterer zeit gegen die damaligen machthaber gerichtete verse an:
Puisque nous n'avons plus d'argent,
Le diable empörte et Lass et le Regent!
Le premier est un animal,
Fripon, ignorant et brutal,
Qui nous reduit ä l'höpital;
Le second rit de voir le mal.
Dieu nous fasse
Bientöt la gräoe
De voir deoonfit
Ge oouple maudit!
203
nmli halb 8 auß dem Palais-Royal gefahren. Es war alles stilt
undt ruhig, aber ich bin es noch nicht, habe bitter übel geachlaffen ;
den ich höre nicht daß geringste gerat im hoff, so fürchte ich alß,
man bringt mir wider eine abscheuliche zeittuug. Der pöpel in
Franckmcb seindt gutte Jeütte, aber die hoffleütte undt pfaffen
seindt lebentige teüffel ohne erkaudtlichkcit , trew noch glauben,
haben keinen andern gott, alß den geitz undt Mamon. Es ist ab-
scheulich, wie die leütte sein; man könte es nicht glauben, wen
mau ea nicht hört undt sieht. Ach , wie groß recht habe ich ge-
habt, mich nie über meines sohns regen ee zu erfrewen können!
Ich sähe nur za woll, waß vor einen abscheulichen mißgnnst undt
zu wegen bringen würde, wovon diß alles her-
kompt. Madame !a princesse kämme gestern zu mir. Ich sagte ihr
plat herauß , sie solle ihre kinder walirnen , den sie mogten ihr
wieder neue betrübtnuLi zuwege n bringen, so Übeller ablauffen mog-
ten, alß daß erste mahl. Sie versprach mir, ihnen allen woll zuzu-
sprechen; den es were ihr gar zu angst, umb nicht ihr bestes zu
Gott gebe, daß I. L. dero versprechen woll halten mögen!
Aber ich komme auch einmaUl auffEwer liebes schreiben. Ich war
'ergangenen sontag ahn dein geblieben vom 2 Julli, no 51. Es ist
printz von Wallis nicht regent halt sein wollen
undt hatt woll groß recht hirin. Es war ein recht panau ', so man
I. L. gesteh, alß man es ihm offriit Diefle hursch solte hir sein,
daß were ihre rechte sach , aber sie können auch boßneit genung
in Englandt ahnrichten. Daß man ManHeim undt Friderichsburg
wieder bauet, höre ich gar gern; den ich habe Manheim all mein leben
lieb gehabt, aber ich mögte wünschen, das es Heydelberg nichts
schaden mögte '. Ich habe Euch schon geschrieben , wie daß ich
Churtrier gebetten, sich deß armen schloß zu Heydelberg ahnzu-
nehmen. Die armen unschuldige leütle jammern mich woll von
Conde. Dubois et In Regent
Sonl, di foi, bien foiia I'ud [mir l'nutm;
2 Vorgl. den vorhergehenden
liertzen. Wolte gott, mein bruder s. ' hatte bey leben bleiben
können undt ein halb dutzeudt buben daher setzen! so wcrefn] sie
der quäl woll enthoben geweßen. Aber gott batt weder mir, noch
ihnen dießen trost undt glück gegönt. Aber stille birvon! die re-
rlectionen seindt zu trawerig. Daß der, churfürst sich selber hin-
dert, glücklich zu sein, erweist, waß ich allezeit sage, daß alles in
dießer weit ist, so einen jeden glücklich machen [kann]; gott will
aber nicht, daß man in dießer weit glücklich solle sein; den wirdt
unßer glück nickt durch andern verhindert, kompt unß selber eine
quin te* ahn undt hindern unßer eygen glück, wie es Churpfaltz nun
macht; aber wo man pfnffcn den ineister Spillen lest, daß kan
weder glück, noch seegen bringen. Gott halt unßere gutte Pfaltzer
gestrafft, sich über ihres gutten laudtsherrn todt gefreüet zu haben.
Ich habe den churfürsten gekandt, er war der beste herr von der
weit. Es wundert mich nicht, wen ich in itzigen zeitten heüßer
einfallen sehe: den man baut nicht mehr wie vor djeßem auff die
dauer, sondern nur zu gewinen. Interesse verdirbt alles in der
weit undt alle tag niinbt der geilz zu; man hatt gar keine schände
mehr, zu weißen, daß man geitzig ist. Vor dießem sebambto man
sich, geitzig undt interessirt zu scheinen, aber jetzunder soll es
verstand! heyßen undt sottisse , wen man nach keinen iuteresse
fragt. Daß gar zu geschwindte bawen deucht auch nichts. Helle
heüßer seindt viel lustiger, alß die dunckellen; kans denen nicht
verdencken, so viel fenster machen laßen. Die arme Leclair kränckelt
noch alU ein wenig, sieht nicht woll miß undt spricht doller, alß
nie. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben vom 2, no 51, völlig heaul-
worttet; ich komme auff daß vom 29 Juni, no 50, den daß vom 6
dießes moots, no 52, werde ich, wo mir gott daß leben lest, biß
sontag beantworten. Es mütten mir nicht offt solche hertzenangst
ahnstoßen wie gestern, sonst en würde meine gesundtheit nicht lang
dawem. Es ist nicht wegen meiner fettigkeit, daß man mir braucht,
sondern weilleu ich ahn ein gar starck esercitzien zu tlinn gewohnt
bin undt diß nicht mehr leyder thun kau, sagt [man], ich milße
viel hiimoren samblcn, so mich endtlicli kranck machen würden, wen
ich zu zeitten den sack nicht außlehre. Der dock[t]or Brunei 1 ' solle
6SS. Er starb kinderlos. J quintn,
3 Vergl. nachher dun briof vom 2B A
205
printz Friderich sehr woll tractiren. Daß were doch ein abscheu-
lich unglück, wen dießer herr die schwer- noht bekomen solte. Gott
bewahre ihn gnädig davor undt segne deß docktor Bruners artze-
neyen! Unßere printzes von Moden hatt ihrem herrn ein compli-
ment gemacht, daß sie woll hette mögen bleiben laßen; sie hat zu
ihm gesagt, es seye nicht ridicullers, alß wen ein man sich ver-
liebt von seiner frawen ahnstelt , daß es der brauch nicht in Frank-
reich seye undt daß man drüber lacht. Daß deucht nichts undt ist
der weg, eine schlimme ehe zu geben. Sie hatt einen dolle[n] kopff,
der nicht capabel ist, sich glücklich zu machen, undt allezeit will,
daß alles nach ihrem sin[n] gehen soll , undt daß geht nicht ahn,
wen man geheüraht ist. Ich glaube, daß unßere hertzogin von
Hannover ihrer fraw dochter , der hertzogin von Modene , mehr
amitie erwießen , alß der keyßerin Amelie , auß barmhertzigkeit,
weillen sie woll hatt gedencken können, daß sie sonsten niemandts
lieben . würde. Eygener herr sein ist allezeit beßer, alß einen herrn
zu haben, dem man in alles gehorchen muß. Ein zeichen, daß die
weibspersonnen glücklicher sein, wen sie nicht geheüraht sein, alß
die geheürahten, so ist es sicher, daß alle die, so es nicht geweßen,
allezei gott dancken; aber die es sein, sagen: «Ach, hette ich doch
mein leben keinen man, noch kinder gehabt !» Daß heürahten solte
Weibsbildern nie erlaubt sein, alß auß gehorsam oder umb brodt,
wen man zu forchten hatt, hunger zu sterben. Die liebheürahten
bezahlt man gar thewer. Man kan nie beßer thun, alß in alles auff
gott zu vertrawen. Ich hatt[e] gehofft, dießen brieff völlig außzu-
schreiben undt den Ewerigen zu beantworten, so ich ahngefangen ;
allein man plagt mich, umb nach bett zu gehen ; den ich habe dieße
nacht bitter übel geschlaffen wegen deß gestrigen schrecken. Eine
glückseelige gutte nacht, hertzliebe Louisse! Ein ander mahl ein
mehrers, aber nun versichere ich nur, daß ich Euch von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1140.
St Clou den 19 Julli 1720 (N. 10).
Hertzallerliebe Louise, ehe ich auff Ewer liebes schreiben von
'21 Juni komme, so ich noch zu beantworten habe, muß ich vorher
auff Ewor liebes undt letztes schreiben andtwortten vom ö Juili,
do 51 , woran ich vorgestern geblieben wäre , nelimblich ahn den
pfaltzischen prediger. Dieß ist ein regal ' vor Euch, so gar nicht
vor mich wehre. Predigen sie ordinari Sachen, die ich schon weiß,
schlaff ich drüber ein; predige« sie in ridicule , muß ich lachen,
daß deucht auch nichts; also seindt predigen meine sache gar nicht.
Da war woll nicht ahn zu zweyfflen, liebe, daß ich wider bofflich
ahn den lierrn pfarher andtworten würde, welcher sich meiner alß
ein gutter, ehrlicher Pfaltzer noch milt so großer affection erinert ;
daß touebirt mich allezeit recht. Öeyder Monsieur s. todt habe ich
nie gefehlt, zu sagen: «Wen mir gott daß leben lest, werde ich
diß oder jenes tbun*. Hießer todt hatt mich so sehr frapirt, daß
ich es mein leben nicht vergeben. Die fasten vorher fuhren wir
mitt einander in eine predig vom pere Gaüliard *, so gar woll pre-
digt; der predigte, wie man sich zum todt bereydt hallen solle,
undt machte eine besehreibung vom plötzlichen todt so natürlich,
daß es bey Monsieur gar nichts gefehlt undt ist von wordt zu wordt
Zugängen, wie es der perc Gailliard beschrieben halte; daß ist mir
gleich eingefallen, schaudert mir noch, wen ich dran gedencke \
Daß die fraw von Schmittberg über ihres mans todt betrübt ist in
dem stände insonderheit, wo sie sich findt, ist woll kein wunder;
daß muß sie auch abscheulich erschreckt haben. Tockeyer wein ist
gar gesundt, wen er mitt niocieration gedruuken wirdt , aber zu
viel erhitzt undt verbreudt den innerlichen leib so erschrecklieb,
daß nichts mehr zu helffen ist. Daß weiter hir ist schon undt nicht
heiß, es geht allezeit ein kühler windt. Auß einem von meinen
schreiben werdet Ihr, liebe Louisse, ersehen haben, waruuib graff
Degenfeit noch nicht bey Euch ist mitt seiner gemahlin undt docu-
tergen. Ich* habt woll recht gehabt, vor ihnen in sorgen zu sein.
Aber so geht es mitt der verfeiiffelten see; man ist nie in Sicher-
heit mitt, wo man hin will, undt offt so baldt in Indien geht, alß
nach Hollandt oder Francis reich. Man liatt noch nicht gehört, daß
sie in Holland ahnkommeti sein; den ein mast wider einzusetzen,
kan so geschninilt nicht fertig [sein], nur ein glück, daß sie woll
«sillurii. 3 Vergl. band I, a. 221»,
in kommen sein undt, daß schiff von Virginie sie nicht zerschmet-
tert hatt, wie die unglückliche barque, so »ich zn Ewer kinder
glück darzwischeu kommen, zu ihrem unglück aber, weillen sie so
zu grundt gangen, daß kein eintziger dar von kommen; daß ist doch
erbärmlich. Aber da kommen meine kutschen. Adieu ! Dießen
abendt, wilß gott, will ich Euch lenger entreteniren. Ich habe es
gleich nach dem eßen nicht thun können; den wie ich ahn meiner
toillette geweßen, hatt mir einer von deß königs nagen einen brieff
vom mareclial de Villeroy [gebracht], worauff ich gleich nach dem
eilen habe tndtwortten mäßen, bin aber im vollen schreiben ent-
schlaffen, habe also zweymahl wider ahnfangen müßen. Daß hatt
gewehrt, biß meine kutschen kommen. Wie ich eben in kntsch
gestiegen, habe ich eine bandt vol brieff bekommen, unter andern
einen von Euch, liebe Louisse, vom 9 dießes montB, 110 53, ent-
p fangen. Aber entweder habt Ihr Euch in Euerem brieff verschrie-
ben, oder es fehlt mir Ewer schreiben, von no 52. Heütte kan ich
ohnmügüch auff dießes letzte aridtworlten ; den monsieur Teray ist
kommen, der will, daß ich hellt te frühe nach bett solle. Aber un-
ahngeseben seiner ordre muß ich dochi noch auff wenigst dießen
brieff, so ich heütte morgen aiingelaiLgen, anßsclireiben. Ich war
heulte morgen geblieben ahn Ewere kinder. Ich bin von hertzen
fro, liebe Louisse, auß Ewerm letzten schreiben gesehen zu haben,
daß Euere kinder glücklich im Haag abnkomraen sein; den es war
mir bang vor ihnen, wie Ihr schon werdet gesehen haben auß waß
ich Euch beulte morgen hirauff gesagt. Ich kan nicht begreiffen,
wie man in der weit mitt proeessen dawern kau; ich stürbe, wen
man mich nur obligirte. Ich kan noch weniger begreiffen, wie man
solche mühe vor andern nehmen kan; ich könte es ohnmöglieb. Die
hundtstagen werden nun baldt ahufangen, alß uehmblicb biß mitwog.
Die gräffin von Zoeltem haben vergangen mitwog mitt mir geßen
undt absebidt von mir genobmen , haben nicht eher weg gekönt,
seindt beyde gar kranck geweßen; sie haben mir sehr versprochen,
Eücli alle paprassen ' zu schicken, so Ihr begehrt. Gestern seindt
sie ernstiicli verreist. Wir haben ja den bertzog von Simmern alle-
zeit daß hßrtüOggen geheißen. Er war kleiner, alß ich; in seiu[e]r
kleinigkeit war seine taille nicht uneben, aber daß gesieht war so
lang, daß sein dicker kopff [und] groß maul sich auff einen
grollen leib bette schicken können, alß Frißenhnußen war; La
sehöune zahn undt einen gutten abtcin. Micli wundert , wie
Euch noch erinern kirnt, wie I. L. s. mich in kircli zu Heydelberg
gefuhrt. Seine braune äugen waren nicht heßlich, aber seine lange
sebwartze haar, undt just wo der hut autisetzt, wahren seine haar,
womitt er die gantze stiru bedeckt, so graw, alß meine jetzt sein.
Alß einen vettern, der mir alles vertrawete, wall er auff dem her-
tzen hatte, hatte ich ihn hertzlich lieh, aber vor einen man betten
I. L. mir nicht gefahleu; habe ihn hertzlich beweint. Kr that die
naredey, den comte de Gniscli ' in seiner kranckbeit zu [besuchen]
der steckt ihn ahn , stürben- beyde in gar kurtzer sseit nach ein-
ander. Ein jedes halt sein destin von gott veroi'dtnet , daß muß
volzogen werden. So lang daß meine dawem wirdt, liehe Louise,
werde ich sein undt bleiben die person , so Euch ahn liebsten
haben wirdt.
Elisabeth Charlotte.
1141.
St Clou den 21 Julli 1720 (N. 11).
He rtzal lerne be Louise, heiltte hoffe ich auff alle Ewerc über-
bliebene schreiben exaet zu andtwortten, fange bey dem vom
dießes monta ahn, no 52, so ich, wie ich Euch bericht, vergangenen
donnerstag entpfaugen. Weillen ich aber nicht zweyffle, daß, waß
ich Euch letztmahl geschrieben, Euch, liebe Louise, wirdt in sorgen
gesetzt haben , so will ich Euch geschwind! sagen , daß alles nun,
so lang es wehren mag, gar still undt ruhig zu Paris ist. Gott
gehe, daß ich hiß mitwog keinen neuen aliarm dort haben mag!
Biß donnerstag, wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet, [werde
ich Euch] berichten, wie meine reiße wirdt abgeloffeu sein. Ich werde
auch die großhertzogin besuchen, so wider von dem baadt kommen
von Bourbon; sie ist dort todt-kranck geweßen. Ich furcht, icl
furcht, es wirdt baldt mitt ihr zum endt gehen, welches mir LertZ'
lieh leydt sein wirdt; den ich habe die großhertzogin lieb. Aber
so gehts in dießer weit, wo man wenig guts undt viel traweriges
209
findt. Aber ehe ich wider auff Ewer liebes schreiben komme, muß
ich Euch doch waß sagen, weillen ich michs erinere, nehmblich
nembt ein wenig dicker papir, nmb Ewere couperten 1 zu machen!
Den Ewer papir ist zu rein, es verschliest gantz undt Ewer paquet-
ten znreißen ; diß letzte war gantz verderbt, rings rurab verschließen.
Ich segt 8 durch waß ich Euch vergangen donnerstag geschrieben,
daß ich groß ursach gehabt habe, wegen monsieur Laws seinen
gelt-affairen in sorgen zu sein. Gelt ist rarer, alß nie; waß aber
nicht rar hir ist, daß ist falschheit, boßheit, verrahterey undt geitz;
daß findt man die hülle undt die fülle hir, ist aber nichts ahnge-
nehmes noch lastiges, es macht einen daß leben satt nndt müde.
Ich weiß nicht, waß man von mäner-gemühter viel helt, wen sie
ursach haben, bang zu sein; Law war vergangen mitwog wie der
todt so bleich, also gar bang. Die seinigen zu lieben undt in sor-
gen vor ihnen zu sein, kompt mänern so woll, alß weibern zu. Es
seindt mehr, alß einerley, Jalousie; hir im landt findt man mehr
leütte jalous von ihren mänern auß ambition, alß auß liebe; den
sie wollen allezeit alles regiren undt es ist kein küchenmagt, so
nicht meint, daß sie verstandt genung hatt, daß gantze königreich
zu regieren; wollen auch auff alle staadtssachen allezeit raisoniren,
machen mich so ungethultig offt, daß ich trappeln undt stampffen
mögte*. Es ist einihrtum, zu glauben, daß man einen man wehren
kan, maistressen oder puben zu lieben; es muß eins oder daß ander
hir sein. Daß beste ist, den man auß Schuldigkeit, aber nicht mitt
passion zu lieben, woll undt friedtsam mitt ihm zu leben, aber sich
in nichts bekümern, wo er seine wüsterey hintregt. Auff dieße
weiße bleibt man imm[e]r gutte freündt undt behalt friede undt ruhe
im hauß. Ihr könt der jalousen graffin sagen, sie solle ihre rival-
len 4 vor ein alt scheißhauß, met verlöff, met verlöff, halten; so
wirdt ihr die Jalousie gantz vergehen; den es ist ja nicht billig,
sich zu queelen 6 über waß man erstlich nicht endern [kann], undt
zum andern so eine große quäl vor die außzustehen , so gar
nichts nach unß fragen. Von einem man solle eine fraw allezeit
zu[frieden sein], wen er ruhig mitt ihr lebt undt ihr nichts zu leydt
1 couverts, briefumschläge. 2 d. h. sehet. 3 Vergl. die briefe vom
26 Mai, oben s. 157 und 16 Juni, oben 8. 178. 4 ?rivalin. 5 d. h.
quälen.
Elisabeth Charlotte 14
210
thut. Es seindt keine ewige lieben; lieben, ich verstehe verliebt
sein, muß mitt der zeit ein endt nehmen, also muß man nur ge-
dult haben, wie Ihr der gräffin gar woll gerahten habt. Daß der
graff von Erpbach seine schön ne gemahlin nicht so lieb hatt, alß die
erste metres , ob die gemahlin zwar schön ist , daß gemandt mich
ahn die vers, so Thessee in Oedippe * sagt zu Oedippe selber :
Si vous aves aime, vous aves seu cognoistre,
Que l'amour de son choix veust estre le seul maistre,
Que s'il ne choisit pas tousjour le plus parfait,
II attache du moins les coeurs aux choix qu'il fait,
Et entre cent beautez digne de nostre homma^e
Celle qu'il nons choisit, plait tousjour davantage 9 .
So ist es auch mitt dem graffen von Erpbach gangen. Aber da
schlegt die uhr, ich muß mich ahnziehen gehen undt nun meine
ordinarie pausse machen.
Umb halb 4 nachmittags, sontag.
Seyder ich auffgehört, zu schreiben, habe ich zeytung von mei-
nen söhn bekommen, so mich sehr surprenirt undt mißfahlen haben.
Den daß ihm daß parlement so wiederstanden , daß er obligirt ge-
worden , daß parlement nach Pontoise zu releguiren , daß seindt
lautter betrübte sachen, so viel troublen nach sich ziehen können,
so mich in großen ängsten setzen 8 . Gott wplle unß gnädig bey-
*
l Thesee, (Edipe. 2 Diese stelle findet sich in Pierre Corneilles tra-
gödio « (Edipe» vom jähre 1659, act 1, scene 2; sie lautet beßer folgender-
maßen :
Si vous avez aim6, vous avez su connoltre
Que l'amour de son choix veut gtre le seul maitre ;
Que, 8'il ne choisit pas toujours le plus parfait,
II attache du moins les coeurs au choix qu'il fait;
Et qu'entre cent beautäs dignes de notre hommage
Celle qu'il nous choisit plait toujours davantage.
3 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 322. 323 unter mittwooh, 17 Juli
1720: «On porta le matin au parlement l'6dit par lequel la compagnie des
Indes s'obligeoit ä rembourser pour six cent millions de billets de banque dans
un an , en payant oinquante millions par mois , moyennant qu'on la declarat
compagnie de commerce. Le ohancelier avoit propose* oela des le jour de devant
aux deput6s du parlement et c'est pour cet edit que le oonseil de rSgence avoit
6te assemble le mardi extraordinairement. Le parlement refusa d'enregistrer
l'6dit, et envoya l'apres-din6e les gens du roi a M. le duo d'Orl6ans pour ex-
211
stehen ! Ich hin so trouhlirt, daß ich nicht weiß, waß icb sage oder
*
pliquer les raisons qu'ils avoient eues. M. le regest paroit fort piqu6 de oe
refus, et on craint quo oela n'ait de fäoheuses suites.» Ebendaselbst 8. 323
unter donnerstag, 18 Juli 1720: «Le premier president et le prooureur g6-
neral ont encore travaillä aveo M. le ohanoelier , et il seroit bien ä souhaiter
que oette affaire-lä püt s'aooommoder. » Ebendaselbst 8. 323. 324 unter freitag,
19 Juli 1720: «Jl ne paroit pas que les Conferences da ohancelier aveo le
premier president aient produit auoune decision; le parlement veut sontenir ce
qu'il a fait et M. le duo d'Orllans veut §tre obei. Les troupes qu'on fait venir
arriveront demain, et l'on s'attend ä quelque ohose de oonsiderable dimanohe.»
Ebendaselbst s. 324 unter samßtag, 20 Juli 1720: «Les regiments des gardes
furent disperses dans les marchls, ayant quelques offioiers ä leur tete. Tout s'y
passa tranquiUement j mais du oöte* du parlement il n'y a nulle apparence d'ac-
oommodement. Les mousquetaires et les regiments des gardes francoises et
siiisses ont ordre de se tenir prets , et mSrne on ne doute pas que le soir ils
n'aient su une partie de oe qu'ils auront ä faire demain. On fit enoore le ma-
tin quelques desordres ä la maison de M. Law, et quelques gens qui en sor-
toient furent insultes par le peuple.» Ebendaselbst s. 324. 325 unter sonn tag,
21 Juli 1720: «Des les quatre heures du matin, quelques mousquetaires, ayant
des offioiers ä leur töte, aUerent entourer la maison du premier president, et les
antres aUerent ä la grande-ohambre pour empgoher que personne n'y enträt.
Tontea les portes du palais furent gardees par des soldats auz gardes ayant des
offioiers ä leur täte; et les mousquetaires, quatre ä quatre, aUerent separäment
ohez tous les presidents, oonseillers et offioiers du parlement pour leur porter
Fordre de se rendre ä Pontoise dans deuz fois vingt quatre heures. D&s le jour
möme, beauooup de presidents et de oonseillers obeirent et partirent pour Pon-
toise. On ne s'est plaint d'aucun mousquetaire, quoiqu'ils fussent oharges d'une
eommission desagreable, et il n'y eut nulle erneute dans Paris. Sur le soir, on
envoya & M. le prooureur general 100,000 franos en argent et 100,000 franos
en billets de banque de 100 livres et de 10 livres pour les distribuer ä oeux
da parlement qui en auroient le plus de besoin pour partir.» A. Kurtzel in
F. v. Raumer historischem tasohenbuohe von 1846 s. 549. 550: «Law schlug
seit diesem aufruhr [vom 17 Juli, vergl. oben s. 199. 200] seine wohnung im Palais-
Royal auf. Die bank wurde geschloßen und von cavalerie besetzt, jede Zusam-
menrottung verboten. Man schickte jedoch emissaire ab , welche die kleinen
sottel im stillen aus den händen des Volkes zurückziehen musten. Die aotien
wurden auch nach dieser katastrophe auf dem platze Vendöme mit 8000 livres
in zetteln, mit 2500 livres in metaUmünze bezahlt. Gegen ende Juli, als man
sah, daß dem credit nicht mehr aufzuhelfen, stellte man auch die bankzahlungen
in den provinzen ein, wo auf das visa der intendanten - immer noch gold zu er-
halten gewesen war. Der völlige miscredit breitete sich nun über das ganze
land aus. Man legte die bankzettel selbst in holz, heu, tuoh und kleidern an,
was den waarenpreis um das sechsfache steigerte. Gegen den willen Laws, der
immer noch sein System und seine theorie respeotiert wißen wollte , machten
14*
taue; will von wall änderst reden. Ich habe fließen nachmiti
ehe ich in kircli gangen. Ewer liebes schreiben vomöten, no 53,
recht empfangen, werde es beulte oliniiiöglicli beantwortten könnei
wie Ihr leicht gedeucken kout, liebe Louise! Der Itopff ist
auch so dum, daß ich ein wenig frische luift nehmen will, umr»
mich zu ermuntern. Nach meiner spatzierfabrt werde ich Eüclm.
ferner entreteniren, wo mirs möglich ist; den ich bin in einen be —
trübten undt ängstlichen standt. Da komme ich eben von der spa-
tzierfahrt undt es schlegt 7 ulir. Mein enckel, der dne de Chartre[s],
ist eben ahnkomen, wie ich weg fahren wollen; er sagt, es were,
gott lob, alles still. Gott gebe, daß es so dawern mag! Aber ich
habe mühe, mich von raein[e]r angst zu erhollen. Nun komme ich
wieder auff Ewer liebes schreiben, wo ich nach der kirch undt vor
der spatzirfabrt geblieben war. Nein, daß ist gar zu trawerig; ich
will mir den kc-pff dießen abendt nicht mitt allein dießen trawerigen
undt ängstlichen Sachen nicht fallen, sonsten würde ich kein aug zu-
thun können. Aber da kommen die 2 printzen von Saxsei
habe betltte so viel verhinderiiiiße gehabt eben wie in der
die des facheux ' ; aber nun sie wider weg sein, will ich Euch
weitter entreteniren, liebe Louise! 2 weiber kan der graff von
Erpbach nicht behalten, aber woll eine fraw undt eine metres ; daß
ist jetzt überall nur ga[r] zu bräuehlich. Wen der buckelicbte abbe
plSttlich die diroctoren der compagnie dein regonton dun Vorschlag, daß sie im
inonallichen raten bis cum 1 August 1721 alle banklettel einziehen wollten,
wenn der compagnie die Privilegien der blink feierlich bestätigt wurden. I>iD
anerbieten, das nouo misgriffe erwarten ließ , wurde angenommen ; die ablüsnng
der bankiettel solle auf verschiedene weise, besonders durch ronfencranlion vor
lieh gehen. Indessen verweigerte das parlement die einregistrierung des udiots,
nnd der regent war um so mehr erbittert, als von dor niaßregel die rettung
des landes abhängig schien. Das parlement nemlioh, das seit dam lit de jmtie»
eich nur auf die rUoksendung der ediote bosohränkt hatte, ergriff jetit, wie
immer, seine räuberische politik. und suchte, die regierang auf kosten des ganion
vollends in den abgrund in stürion. Dubois, obgleich der gegner Laws , ver-
anlaüte den regenten, unter diesen umstanden gegen das pmlement wider mit
toise verbannt , wo es unter saus und braus bis um anfange des künftigen
Jahres verharrte.» Naob dem unten folgenden briefe unserer heriogin vom
19 December kam das parlement früher, schon am 18 Deoember 1T20 , wider
nach Paris mrüok.
1 von Moliere, aus dem jähre 1661,
golt machen könte undt Euch, liebe Louisse, ein wenig poudre de
projection mittheyllen, kontet Ihr Euch sein[e]r wüsten figur woll
getrösten. Die dacs hir seindt wunderliche heylligen , alle unleydt-
liche leütte, so einen alle gedult verliehren machen ; will nicht von
ihnen reden. Man sieht jetzt Sachen , so man sein leben vorher
nicht gesehen hatte. Hir hette niemandt den Juden außgelacht, so
100/m fl. ahngebotten , hettens hübsch genohmen. Nichts ist ge-
meiner hir, alß dergleichen chachereyen 1 mitt Juden undt Christen.
Ich will nichts von der post sagen auß forcht, sie zu beschr[e]yen ;
allein sie geht gar richtig nun. Es ist nun ein samfftes, schönnes
wetter, habe 2 stundt in der calesch in den gartten spatzirt. Einen
ges[ch]ickten man, so ich kene undt monsieur de Haye heist, den
habe ich in den gartten ahngetroffen ; hatt mir etwaß gar curieusses
gewießen, nehmbli[c]h 30 damen vom dambrett, womitt Charle-quint
t[r]ictrac oder damen gespilt*. Auff jeder dame, so rodt undt weiß
von leichtem holtz sein, ist ein contrefait erhoben wie in golt-ge-
8chmeltz mitt lebhaften färben, Charle-quint selber, viel andere
leütte , so zu selben zeit gelebt , Soliman , der turquische keyßer,
ein churfürst von Saxsen, ein hertzog von Bayren undt gar viel
damen zu seiner zeit in ihrer damahligen tracht ; es ist recht schön,
Albert Durer solle es gemacht haben. Es wirdt über taußendt pi-
stollen estimirt, es [ist] auch etwaß gar curieusses. De Haye sticht
gar woll in kupffer, will alles in kupffer stechen laßen undt die
historien dabey schreiben; daß wirdt etwaß artiges werden. Mich
deucht, daß, ob es zwar dießen Sommer bey weittem nicht so heiß
ist, alß vergangen jähr, so gibt es doch gar viel wetter diß jähr. Es
regnet nicht gar viel hir; der staub ist abscheulich. Mich deucht,
die gräfliche leütte reißen viel mehr, alß andere leütte; apropire
es sehr; könte ich es thun, thäte ich es auch. Alle coquete weiber,
wen sie nicht affectirt, sein sie ahngenehmer, alß . . . den sie seindt
daß lustige plauttern gewohnt. In die frantzösche catholische kir-
chen singt man nie keine geistliche lieder in frantzösch. Wen. man
ßingt, ist es allezeit in Latein; bin also sehr verwundert, daß ein
abbe welche auff frantzösch gemacht ; es war den nur, in seiner
cammer zu singen. Die fürstin von Siegen fangt nun ahn, in einem
alter zu kommen , wo die büß beßer zu paß kompt , alß die co-
*
1 d. h. sohaohereien. 2 Vergl. nachher den hrief vom 18 August.
214
quetterie; den wen man die amants in dem alter nicht quittirt*
quittiere[n] sie einem. Ich muß noch ahn mein dochter schreiben,
kan ohnmöglich heütte nach meiner intention auff Ewer zweyttes^
ich will sagen erstes schreiben heint 1 zu antworten. Gott weiß .3
wen ichs werde thon können; werde than, waß ich kan, undt
versichern , daß ich Euch , in welchen standt ich auch sein mag
von hertz[en] lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
1142.
St Clou den 25 Julli 1720 (N. 12).
Hertzallerliebe Louisse, ich fange heütte ein wenig spätt ahn
zu schreiben; den wie ich gestern wegen meiner kleinen Parise
reiß nicht habe meine capittel in der Bibel leßen können, habe ic
es heütte gethan, welches mich 3 stundt aufgehalten; den ich hab
12 capittel geleßen, 4 im 2 buch Moses, 4 psalmen undt 4 capitte
in Sanct Matheo. Zu Paris hab ich, gott sey danck, alles gar sti
undt ruig gefunden. . Ich fuhr erst zum könig, welchen ich, gott
seye danck, in gutter gesundtheit fandt; von dar fuhr ich a la
Place-Royale zur großhertzogin , welche recht woll außsicht undt
gantz lustig ist, aber große mühe zu reden hatt. Ich verstehe sie
doch woll, den ich bin ahn ihr übel reden gewohnt. Sie machte mich
lachen, wir sprachen von allerhandt sachen, unter andern von der
printzes von Modene, da sagte die großhertzogin: «Lorsque dans
la regence de la reine mere on mena monsieur le prince et mon-
sieur le prince de Conti, son frere, a la Bastille, on leur demanda
quel livre ils voulloi[en]t pour s'amusser dans la prison. Monsieur le
prince de Conti demanda une imitation denostre Seigneur*. Monsieur le
prince dit, qu'il ne voulloit que Tim[it]ation du duc de Beaufort, et
ne croi,» sagte sie «que l'imitation de jnadame la princesse de Mo-
dene sera celle de la grand duchesse.» Daß habe ich recht pos-
sirlich gefunden, daß I. L. von sich selber sagen, waß andere sagen
könten. Sie lacht über sich selber undt wirdt nicht böß, wen man
1 d. h. heute nacht. 2 eine französische Übersetzung des buehes «De
imitatione Christi», vielleicht Pierre Comeilles «L'imitation de Jösus-Christ, tra-
duite et paraphrasäe en vers francois.»
mitt ihr über sie lacht. Hernach fuhr ich au Palais-Royal , stieg
hey madame d'Orleans ab, ging hernach in mein cammer, wo mein
söhn zu mir kämme, blieb aber nur ein augenblick, den es war
ahngericht. Ich ging zur taffei mitt allen meinen enckeln undt
damen. Nach dem eßen bekäme ich schreiben von meiner dochter;
daß wolte ich in der garderobe leßen, schlieff ein. Lenor weckte
mich, nach[dem] ich ein stündtgen geschlaffen, wieder auff undt
sagte, wie meine cammer voller fürstinen war, madame d'Orleans,
*
madame la princesse mitt mademoiselle de Clermont, die kleine
printzes de Conti, ihre fraw dochter mitt ihrer dochter, mademoiselle
de .la Rochesurion '. Sie blieben bey mir, biß ich mitt aller jungen
Lursch in die commedie [gieng] *. Man spilte Rodogune 8 , undt daß
possenspiel war «Attandes moy sous lorme!» 4 Die Desmare 8 , so
Cleopattre agirte, undt Baron 6 Antiochus, die du Glos 7 , man kan
in der weit nicht beßer spülen, alß diese 3 personnen gethan. Sie
*
1 Roche -sur-Yon. 2 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 326
unter mittwoch, 24 Juli 1720: «Madame vint aux Carmälites le matin , dina
au Palais-Royal, et alla entendre dans sa löge la comSdie de «Rodogune»; eile
ctvoit dans sa löge M. le duo de Ghartres, mademoiselle de Clermont et ma-
demoiselle de la Roche-sur-Yon. M. le duc d'Or16ans 6toit dans la sienne aveo
xnadame de Parabere et quelques oourtisans. » 3 Rodogune , tragödie von
Pierre Corneille vom jähre 1646. 4 «Attendez-moi sous l'ormel», komödie
von Jean-Franeois Regnard, geboren zu Paris 1647, gestorben auf seinem land-
fgute Grillon bei Doardan im jähre 1709. Dieses stüok wurde seit dem 19 Mai
1694 im Thgätre francais gespielt. Eine andere gleichnamige komödie von
Charles Riviere DufrSny, geboren zu Paris 1648, gestorben 6 October 1724,
-wurde seit dem 30 Januar 1695 im Th6ätre italien gegeben. 5 Christine-
.Antoinette-Charlotte Desmares, in Dänemark geboren 1682, gestorben 12 Sep-
tember 1753 zu Saint-Germain en Laye, nachdem sie schon im jähre 1721 die
l>ühne verlaßen. Es wird von dieser gefeierten Schauspielerin gerühmt, daß sie
In tragischen und komischen rollen gleich ausgezeichnet gewesen. Vergl. nach-
lier die briefe vom 1 2 September und 24 October. Sie war eine der mätressen
des regenten. Vergl. band IV, s. 294 und M. F. A. de Lesoure, Los mattresses
du Regent. Etudes d'histoire et de inoeurs sur le oommenoement du XVIII sieole.
Deuxi&me Edition. Paris, Dentu, eaiteur. 1861. 6 Miohel Baron, der schon
früher erwähnte vielgepriesene Schauspieler. Vergl. den brief vom 9 Mai, oben
8. 139 und nachher die briefe vom 12 September, 17 und 24 October. 7 Ma-
rie-Anne Duolos de Gbäteauneuf. Diese berühmte Schauspielerin gehörte der
bübne seit dem 27 October 1693 an und verließ dieselbe im Merz 1736; sie
starb 18 Juni 1748. Vergl. den brief vom 9 Mai, oben s. 139 und nachher
den brief vom 24 October.
216
bekammen auch groß aprobation undt le parterre schlugen braff mitt
den händen. Daß kleine stück deücht[e] gar nichts; la Torilliere 1
spilte woll, aber die allerschlimbsten weiber von der troupen spu-
ten, ging also gar übel ab. Ich kam umb halb 10 wider her; nach-
dem ich mein ey geschluckt, meinem lieben hundtgen zu nacht eßen
geben , hab ich mich außgezogen undt bin umb halb 11 ins bett
gangen. Zu Paris habe ich nichts neues erfahren, alß eine be-
trübte avanture,. so dem marquis de Biron, meines sohns premier
escuyer, gestern begegnet. Ein[e]r, so sein gutter fretindt war undt
capitaine des gardes du comte de Thoulouse*, kam zu ihm; sie
hatten affairen mitt einander. Er sagte zu ihm, er komme, ihm.
adieu sagen, er gehe nach Yichi, weillen er nicht schnauffen könne-
Er hatte dießes kaum gesagt, so rührt ihn der schlag undt feit
maußtodt dahin ; man hatt [ihm] . englische tropfen geben , aller-
handt waßer, aber nichts hatt geholfen, er ist todt geblieben 8 .
Nun habe ich Euch alles gesagt von meiner reiß , waß ich weiß,
muß nun eine pausse machen undt mich ahnziehen; den es ist*
schon über 11 undt umb 12 wirdt madame Dangeau, so zu Meu-
don ist, herkommen mitt ihrer schwigerdochter 4 , werden mitt unß
zu mittag eßen undt spatziren fahren.
Donnerstag, den 25 Julli, umb halb 4 nachmittag.
Es ist heütte San et Jacobi, habe also in kirch nach dem eßen
gemüst. Da komme ich nun eben her, will Euch entreteniren, biß
die caleschen werden kommen sein. Ich war vergangenen sontag
geblieben, wo Ihr, liebe Louise, sagt, von allen denen, so daß heü-
rahten erlaubt ist, setzt Ihr, daß die von große estime heürahten
können; aber wen daß were, würde man in dießen zeitten wenig
*
l Pierre Le Noir de la Thorilli&re , hervorragender Schauspieler seit dem
jähre 1684, gestorben, 75 jähre alt, 18 September 1731. 2 Louis -Alexandre
de Bonrbon , comte de Toulouse , grand amiral de France. 3 Vergl.
nachher den brief vom 18 August. Journal du marquis de Dangeau XVTII,
s. 327 unter mittwooh , 24 Juli 1720: «Souternon, anoien lieutenant g6n6ral
et capitaine des gardes de M. le comte de Toulouse, mourut subitement ohez
M. de Biron, ä qui il 6toit alle" rendre visite le matinj il avoit une anoienne
pension du roi de 6,000 livres, et ses appointements de capitaine des gardes
de M. le comte de Toulouse, comme gouvernear de Bretagne, ätoient de 8,000
livres.» 4 der witwe des marquis Philippe-Egon de Couroillon, gestorben
20 September 1719. Vergl. band IV, s. 246. 247.
217
heürahten sehen ; den man sieht wenig leütte , so man recht vor
estimable halten kan. Mich deucht, vor dießem hatt man mehr
leütte gesehen, wo man recht wereks von machen konte, alß in
jetzigen zeitten, da man von nichts hört, alß von geitz, desbauchen,
betriegereyen ; daß deucht mir gar nicht charmant. Die fraw von
Wellen 1 hatt sich nicht jung geheüraht; wie ich sie gesehen, war
die gutte freüllen Charlotte schon ein alt Jungfer gen; wo mir recht
ist, war sie älter, alß Ewer fraw matter. Daß geht ein wenig nach
dem alten teütschen sprichwordt, daß, wen ein alt jüngfergen die
angst ahnkompt, fiederwisch in jenner weit zu verkaufen undt feill
zu tragen, haben sie weder rast noch ruhe, biß sie einen man
ertappen *. Dieße furcht ist Euch, gott lob, noch nie ahnkommen,
liebe Louisse ! Gott bewahre Euch ferner davor ! Aber freüllen Charlotte
oder der fraw von Wellen raisonement war nicht gar just in mei-
nem sin; den wen man wenig hatt, kan man sich beßer allein be-
helffen, alß mitt man undt kinder. Ich glaub, daß, waß Euch ahm
meisten den hetirabt verlaydt hatt, liebe Louise, ist Eweres Schwa-
gers 8 humor undt daß Ihr gefurcht, einen solchen zu finden. Ich
zweyffle nicht, daß, weillen Ihr Euch dem allmachtigen gantz er-
geben habt, daß er allezeit vor Euch sorgen undt Euch, liebe Louise,
nicht verlaßen [wird]; auffs wenigst wünsche ich es von grundt
meiner seelen. Daß ist woll gewiß, daß kein so gutter man ist,
so nicht seinen laun undt grillen hatt, undt verliehrt man sie, be-
Icompt man doch viel ambaras. Suma, daß beste davon deucht
wahrlich den teüffel nicht. Madame de Chasteauthier 4 sagt alß,
daß, wer heürahten will, müße mich nie consultiren, ich machte gar
zu ein böß absehen auff den heyraht undt würde daß heürahten
«inem gantz verleyden 8 . Von den graffen von Berlips werde ich
nicht mehr sagen ; den ich muß mich eyllen, weillen es spätt wirdt.
XJnßer herrgott hatt mich heütte ahn schreiben verhindert undt nicht
le diable au contretemps; den meine 12 capittel von heütte morgen
*
1 frau Charlotte von Weiden , geborene freiin von Degenfeld. Vergl.
band II, 8. 814. 2 Vergl. das deutsche Wörterbuch von Jacob Grimm nnd
Wilhelm Grimm III. Leipzig 1862. sp. 1747 unter flederwisch. 3 de« her*
sogs Meinhard von Schomberg. Man vergleiche die zahlreichen Äußerungen über
ihn in den früheren bänden. 4 Chäteauthiers. 5 Vergl. nachher die
Briefe vom 18 und 28 August und band I, s. 56. 434. 478. 508, band II,
s. 727. 728, band IV, s. 363. 364.
218
undt daß complie * von dießen Dachmittag batt mir gar zu viel zeit
beDohmen. Ich bin auch spatziren gefahren ; den ich hatte madame
Dangeau versprochen, daß, wenn sie mitt ihrer sohns fraw herkom-
men würde, daß ich ihnen die cascade undt gartten weißen wolte,
welches ich auch gethan ; den ich halte gern , waß ich verspreche.
Wie ich wider auß dem gartten kommen, habe ich madame la
duchesse mitt mademoiselle de Charoloy * undt mademoiselle de
Clermont [gefunden]. Daß hatt mich biß umb 8 aufgehalten.
Ich habe noch ein occupation bekommen , so gar ohnmöglich ist,
einen andern vor sich hinzuschicken ; daß hatt mich eine gutte
halbe stundt aufgehalten undt jetzt schlegt es 10. Ich will Euch
doch noch ein viertelstündtgen entreteniren. Habt ihr raugräffliche
kinder nicht daß stättgen von Sintzheim bekommen sambt alle um-
ligendte gütter, so, wie man mir gesagt, den ersten undt alten rau-
gräffen geweßen wahren 8 ? Aber, wie Ihr mir sagt 4 ... Da zürnt
man mich, daß ich so spät schreibe. Ich muß schließen, welches
mir von hertzen leydt ist. Ein andermahl hoffe ich mehr zu schrei-
ben können, aber nun muß ich nach bett. Glückseelige gutte nacht
den, liebe Louise! Ich ambrassire Euch von hertzen undt behalte*
Euch allezeit von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
1143.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 28 Julli 1720 (N. 13).
Hertzallerliebe Louise, es ist eine hitze, daß ein[e]r verschmeltzen
mQgte. Ich habe doch schön 4 brieff geschrieben, 16 bogen aha
*
l complies, complete (schluß des täglichen gottesdienstes bei den Katho-
liken). 2 Charoloi8. 3 Vergl. Louise, raugräfin zu Pfalz, geborne freiherrin
von Dogenfeld. Von dem Verfasser des lebens Friedrichs von Schomberg [J. F. A.
Kazner]. IL Leipzig 1798. s. 78: «Kurfürst Karl Ludwig gab bei seinem
leben den raugrafen ein einziges dörfchen , worüber er verfügen konnte , zu
mann-lehn. Es war nach dem absterben des letzten dieser brüder wieder heim-
gefallen. Durch Louisen 8 bemühungen, und mittelst einer bezahlten baren summe
geldes, wurde dieses kleine väterliche angedenken aus fremden bänden gerettet
und seine Verwandlung in kunkel-lehen bewirkt.» Nach s. 119, anmerkung 43
heißt jenes dörfchen Stebbaoh. 4 Elisabeth Charlotte wird im schreiben
unterbrochen.
219
unßere printzes von Wallis durch der gräffin von der Buckenburg
ihren herrn söhn, der morgen wider nach Englandt geht; hernach
habe ich zwey brfiefe] ahn die königin von Spanien undt mein
dochter geschrieben durch die printzen von Saxsen Gotha undt
einen ahn baron Görtz durch die post undt ich habe noch ahn
mein dochter, ahn madame de Ludrefs] undt monsieur Harling
zu schreiben. Nach der ordenung solte ich jetzt auff Ewer liebes
schreiben von 13, no 54, andtwortten; aber weillen es schon spät
ist undt Ewer liebes schreiben vom 16, no 55, so ich dießen abendt
entpfangen, kürtzer ist, als daß erste, so werde ich dießes dießen
abendt unterfangen. Ich kan nicht begreiffen, wie es kompt, daß
Ihr meinen brieff nicht entpfangen habt, liebe Louisse ! Den ich kan
Euch schwehren, daß ich keine e[ijntzige post verfehlt; Lenor ist
mein zeug, den sie macht meine paquetten. Mein brieff wirdt gar
gewiß irgendts ligen blieben sein. Mich deucht aber doch, daß
keine yerlohren werden ; hoffe also , mitt der donn[e]rstagigen post
zu vernehmen , daß es wider gefunden ist. Ich will Euch eine
kleine kunst lernen, so man mir hir gelernt hatt undt welches gar
sicher ist, urab keinen bößen finger mehr zu bekommen. Wen Ihr
Euch ein andermahl in den finger stecht, so schneydt ein wenig
von denselben finger , so gestochen , den nagel ab undt thut den
finger hinder daß ohr, wo er gestochen worden undt reibts ein we-
nig! so, versichere ich Euch, wirdt nie kein geschwer drauß wer-
den *. Ihr soltet jemands die commission geben haben, in Ewerm
nahmen zu schreiben, undt es nur unterschreiben; den ich fürchte
sehr, daß Ihr mitt Ewerm bößen finger zu viel geschrieben habt.
Solte mir woll hertzlich leydt sein, liebe Louise, wen es Euch scha-
den solte undt ich schuldig dran sein. Ich verlange sehr, wieder
zeitung von Euch zu haben. Wen man will, kan man gar leicht
mitt der lincken handt schreiben lehrnen; es geht zwar ahnfangs
gar langsam her, aber zuletzt gewohnt man 2 . Wie ich meinen arm
außeinander gefahlen, schriebe ich selbigen abendt noch mitt meiner
lincken handt ahn unßere liebe churfürstin. Es ist aber leichter,
frantzösch, alß teütsch, zu sterben 8 . Franckfort ist dem fewer ab-
scheulich unterworfen; doch ist es dießmahl noch woll abgangen.
1 Vergl. nachher den brief vom 21 August. 2 Vergl. nachher den
brief vom 21 August und band I, s. 86 bis 88. 3 ? schreiben.
220
Man kan aber sich nicht genring vor fewer hatten. Daß arme
pferdt jammert mich , so verbrendt ist. Es ist mir leydt, daß Ihr,
liebe Louise, so einen großen schrecken gehabt habt; den daß ist
sehr ungesundt. Brieff kont Ihr woll offt von mir haben , liebe
Louisse, aber erwahrt nichts erfreülliches, mtist Ihr nicht erwahrten.
Ich bin fro, daß die churprintzes von Saxsen nicht blessirt ist. Man
hatt mir so viel gnts von ihr geschrieben undt ich habe die liebe
keyßerin Araelie so lieb, daß ich der churprintzeßen alles gnts
wünsche. Adieu, hertzliebe Louise! Ich ambrassire Euch von her-
tzen undt versichere Euch, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1144.
St Clou den 1 Augusti 1720 (N. 14).
Hertzallerliebste Louise, vergangen sontag hab ich auff Ewer
letztes schreiben vom 16', no 55, geantwortet. Nun werde ich daß
vom 13 JulJi, no 54, beantwortten. Ich hatte gehofft, heütte auffs
wenigst auff zwey von Ewern lieben schreiben zu andtwortten ; aber
daß werde ich heütte leyder nicht thun können, den es ist mir
heütte ein Courier von Lotteringen gekommen, mit welchem ich wider
auff einen großen brieff von meiner dochter andtwortten [muß]. Da
bringt man mir in dießem augenblick Ewer liebes schreiben vom
20 Julli, no 56, daß muß auch vor ein andermahl verspart wer-
den. Ich kan nicht begreiffen, wo mein brieff no 7 muß hinkom-
men sein; es ist doch gar gewiß, daß ich ihn den sontag, 7 Julli,
geschrieben hatte. Ich hoffe alß, er wirdt noch nachkommen; den
ich kan nicht begreiffen, warumb man Euch dießes eher auffhalten
solte, alß die andern. Weitter werde ich nichts hirauff sagen.
Dieße woche seindt mir so abscheulich sagen * zugestoßen , daß
außer vergangen sambstag nie vor 11 oder halb 12 habe können
nach bett gehen; den ich habe gar viel zu thun gehabt. Madame
Dangeau ist delicat, also kein wunder, daß sie baldt mager wirdt.
Ihr fraw Schwester ist vielleicht nicht so delicat, alß sie. Ich finde
die leütte glücklich, so noch gehen können. Wen ich eine stunde
gangen, kan ich ohnmöglich weytter; daß macht mich trawerig, ist
1 d. h. saohen.
221
wie ein todt. Ich bilde mir ein, daß der zweytte printz von Sultz-
bach der ist, den wir hir [gehabt haben; er] ist ein gutter undt
schöner her, aber der schlaueste nicht; er gleicht sehr ahn ma-
demoiselle de Clermont. Mein gott, wen der printz von Rheinfelß
nicht geendert ist, seyder ich ihn zu Fontainebleau mitt seinem herrn
vatter [gesehen], kan sich die printzes von Sultzbach woll berühmen,
einen recht abgeschmackten herrn bekommen zu haben undt wider-
lich in allen seinen maniren 1 ; sie jamert mich recht. Die printz[es]
von Sultzbach ist gewiß nicht, die den printzen von Rheinfels ...
Daß wüste ich nicht, daß man in zweyen stiffter zugleich stifft-
freüllen sein kan. Wie Ihr dieße printzes von Sultzbach beschreibt,
bilde ich mir ein, daß sie unßer printzes von Modene gleicht; den
die hatt auch schöne haut, schönne äugen, aber ein habichsnaß, so
alles verderbt. Der printz ist daß beste kindt von der weit. Ich
dancke Euch, liebe Louisse, nochmahlen vor die schönne undt woll
gepregte medaille; übermorgen werde ich sie placiren. Ich fürchte,
Ihr werdt Euch ruiniren mitt Ewer liberallitet , undt es were mir
hertzlich leydt, wen ich schuldt dran sein solte, liebe Louise! Aber
da leütt man ins gebett, werde betten gehen undt den ein wenig
frisch lufft schöpften.
Wie ich von der promenaden kommen, wo ich der printzes
von Wallis undt Ewer liebes schreiben, so ich dießen nachmittag
bekommen, geleße[ri] ; wie ich aber wider in mein cammer kommen,
habe ich madame la princesse undt mademoiselle de Clermont hir
gefunden, die haben mich biß jetzt aufgehalten, da es eben halb 9
schlegt. Ich will Euch doch noch biß 9 entreteniren. Es were
mir doch leydt geweßen, wen dem churprintzen von Saxsen ein
größer unglück geschehen were, alß der todt seines pferdt. Es ist
doch ein recht glück, daß I. L. so woll davon kommen sein undt
seine gemahlin nicht blessirt ist, wie man es vermeint. Daß seindt
zwey glück auff einmahl. Es ist woll ein groß unglück , wen man
mitt boßhafftige narren zu thun hatt, wie der hertzog von Mors-
burg ist. Es ist kein großer verlust, wen ein klein printzesgen stirbt,
undt findt, daß es ein dopelter profit ist, wen daß den frieden bey
den eitern setzen kan. Aber da schlegt es 9. Ewer liebes schrei-
ben ist doch in aller eyll beantwortet; bleibt mir nichts mehr
*
1 Vergl. band III, 8. 413.
überig vor dießen abendt, alß Euch zi
von hertzen lieb behalte, liebe Louise!
1145.
viTi-idieni, daß ich Euch
Elisabeth Charlotte.
St Olon, sontag, den 4 Auguati 1720 [N. 15).
Hertzullerliebe Louise, gestern fuhr ich nach Paria, alwo ich
initt Ewer liebes schreiben vom 23 Julli, no 57, erfreuet wurde.
Alles ist, gott lob, ruhig undt still; wens nur so bleibt! Abendts
ging ich in die ittallionscbe commpdie. Sie spilten gar woll; ich
konte aber nicht von hertzen lachen, den ich bin initt gar zu trawe-
rigen gedancken üuerheüfft, urab recht von hertzen zu lachen kön-
nen. Ileütte will ich auff Ewere alte schreiben, liebe Lonise, andt-
wortten, undt daß neue vor die ander post, wo mir gott leben undt
gesundtheit verleydt, versparen; fange also bey dem vom 20 Julli,
no 56, ahn. Ich sehe aber auß allen beyden letzten , daß mein
brieff von 7, no 7, sich nicht wider findt; kan nicht begreiffen,
wo er geblieben muß sein. Der vertust ist zwar gering, doch ver-
drießlich, daß die brieffo verlohren werden. Aber alles ist ver-
drießlich in jetzigen zeitten undt recht langiveillig; daß wetter ist
es auch, den da ist so ein feuchter, dicker nebel , daß man Paris
nicht sehen [kann], kaum le bois de Bologne; es ist dunckel undt
betrübt wetter, wie alle leiltte sein; der nebel ist mehr kalt, alß
warm. Aber hiemitt geuung vom wetter gesprochen. Von Laws
will ich auch nichts sagen; alle dieße Sachen [machen] mich zu un-
gethultig. Ich zweyft'el sehr, daß des künigs kästen voll sein ; meins
aobns seine seiudts gar gewiß [nicht], aber woll, aber woll monsieur lc
duc seine undt es ist nicht außzusprechen, waß [er] ahn güttern
undt junellen gekaufit hatt seyder 1 jähren her. Ich weiß nicht,
liebe Louise, waß «Arelat» ' ist, daß man sagt, daß mein söhn ein
künigreich vor sich kauften solte; da deuckt er gar gewiß nicht
[an]; auch gibt ihm seine regence zu viel desgout, umb ohne noht
ahn weittere regirung zu gedencken; könte woll sagen, wie in
t Arelat ist bekanntlich Jus von dam um königo gewählten graten Boio
SSO gegründete reich Burgund ililkeita des Jurn mit der hnuptsdidt Arles.
Vergl. naohber den hrief vem 31 Auguet.
223
2 commedien von Corneille stehet. Daß erste, so ich cittiren will,
ist von Heraclius l , wo Phocas sagt:
Crispe, il n'est que trop vray, la plus belle couronne
Na qu'un faux brillant dont lesclat Penvironne;
Et cejuy dont le ciel pour un sceptre fait choix,
Jtisques a ce qu'il le porte, en ignore le poids.
Mille et mille douceurs y semblent attache'es,
Qui ne sont qu'un amas d'ainertumefs] cachees *.
Daß ander passage, so ich cittiren will auff diß sujet, ist von der
coramedie von China 8 , wo Auguste sagt:
Enfin tout ce qu'adore dans ma hautte fortune
D'un courtisant flatteur la presence importune,
N'est que de ces beaut£s dont Pesclat eblouit,
Et qu'on cesse daimer, si tost qu'on en jouit.
L'ambition desplait quand eile est assouvie,
D'une contraire ardeur son ardeur est suivie ;
Et comme nostre esprit, jusques a[u] dernier soupir,
Tousjours vers quelque objet pousse quelque desir,
II se ramene en eoy, n'ayant plus ou ce prendre,
Et, monte* sur le faiste, il aspire a desendre,
«Tay souhaite* Tempire, et j'y suis parvenu ;
Mais, en le souhaittant, je ne Tay pas connu :
Dans sä possession j'ay trouves pour tout charmes
D'effroyables soucis, d'etternelles allarmes,
Mille ennemis secrets, la mort a tout propos,
Point de plaisir sans trouble, et jamais de respos '.
1 Häraolius, tragödie von Pierre Corneille vom jabre 1647. 2 Die oben
angeführte rede, womit Phocas, «empereur d'Orient», das genannte stück in der
ersten scene des ersten actes eröffnet, lautet genauer so:
«
Crispe, il n'est que trop vrai, la plus belle couronne
N'a que de faux brillants dont l'6olat l'environne;
Et celui dont le ciel pour un soeptre fait choix,
Jusqu'ä oe qu'il le porte, en ignore le poids.
MiUe et mille douoeurs y semblent attaohges,
Qui ne sont qu'un amas d'amertumes caoh6es.
3 Cinna, ou la ol6menoe d'Auguste, tragödie von Pierre Corneille, aus dem jähre
1639, act II, scene 1. 4 Elisabeth Charlotte hat diese stelle schon in dem
briefe vom 10 November 1718 angeführt, vergl. band III, s. 433. 434. Der
richtige text mit den von unserer heriogin weggelatienen anfangsseilen des satses
ist folgender:
224
Daß ist woll eine wahre beschreibung vor ' denen , so regieren
müßen ; daß habe ich all mein leben in prose gesehen ; aber wie
ich kein poetin bin, bette ich es nicht in so schönnen vers setzen
können, wie Corneille gethan; auch hatt mich die ambition mein
leben nicht getrieben. Ich rede raodest von mich selber, liebe
Louise , weillen ich mich selber ahm besten kene. Gatten raht
geben wollen, da gehört nicht allein mehr vernunfft undt verstandt
zu, alß ich leyder habe, sondern es gehört auch noch dazu wißen-
schafft , die ich gantz undt gar nicht [besitze]. Der gntte willen'
thut nichts dazu undt ich habe leyder nur zu viel erlebt in dießera
landt, waß ignoranter weiber raht tibels stillten kan, werden 8 also
mein leben nicht unterfangen, meinem söhn waß in seiner regeuce
zu rahten, undt man kan mitt warheit versichern, daß mein raht
nicht gefolgt wirdt , den ich gebe mein leben keinen *. Meint Ihr
den, liebe Louise, daß ich mein leben weder psalmen noch luthe-
risch lieder singe? Ich kan noch viel außwendig undt singe sie
offt, finde es tröstlich 4 . Ich muß Euch doch verzehlen, waß mir
einmahl mitt meinem singen begegnet ist vor mehr, alß 25 jähren.
*
Cet empire absolu sur la terre et sur l'onde,
Ce pouvoir souverain que j'ai sur tout le monde,
Cette grandeur sans bornes et cet illustre rang, ,
Qui m'a jadis ooüt6 tant de peine et de sang,
Enfin tout oe qu'adore en ma haute fortune
D'un courtisan flatteur la präsence importane,
N'est que de oes beautäs dont l'6olat 6blouit,
Et qu'on eesse d'aimer sitöt qu'on en jouit.
L'ambition deplalt quand eile est assouvie,
D'une oontraire ardeur son ardeur est suivie;
Et oomme notre "esprit, jusqu'au dernier soupir,
Toujours vers quelque objet pousse quelque desir,
II se ramäne en soi, n'ayant plus oü se prendre,
Et, mont6 sur le falte, il aspire ä descendre.
J'ai souhaite* l'empire, et j'y suis parvenu;
Mais, en le souhaitant, je ne Tai pas oonnu:
Dans sa possession j'ai trouv6 pour tous oharmes
D'effroyables soucis, d'6ternelles al armes,
Mille ennemis seorets, la mort ä tous propos,
Point de plaisir sans trouble, et jamais de repos.
1 ?yon. 2 ? werde. 3 Vergl. band II, s. 706. 4 Vergi. nach-
her den brief vom 12 Ootober und band I, s. 507, band II, 8. 712, band IH,
s. 286.
225
Ich wnste nicht, daß monsieur Rousseau, so die Orangerie gemahlt
hatt, reformirt wahr. Er wahr auff einem eschaffaut l oben; ich
meinte , ich wehre gantz allein in der gallerie , [sang] gantz lautt
den 6 psalm : «In deinen großen zorn , darin ich bin verlohren,
ach, herr gott, straff mich nicht undt deinen grim der gleichen laß
widerumb erweichen undt mich in dem nicht rieht !» Ich hatt kaum
daß erste gesetz außgesungen, so höre ich in aller eyll jemandts
vom eschafaut herunder lauffen undt mir zu fußen fahlen 2 ; es war
Rousseau selber. Ich dachte, der man were närisch worden, sagte:
«Bon dieu, monsieur Rousseau, qu'aves-vous 8 ?> Er sagte: «Est-il
possible , madame , que vous [vous] resouvenies 4 encore de nos
psaumes et [que vous] les chanties 6 ? Le bon dieu vous benisse
et vous maintien[n]e dans ces bon[s] sentiements 6 !» hatte die thre-
nen in den äugen. Etlich tag hernach ging er durch, weiß nicht,
wo er hin ist. Aber wo er auch sein mag, wünsche ich ihm viel
glück undt vergnügen ; er ist ein ex[c]ellenter mahler en fresq 7 ,
sehr estimirt. Ich habe nie erfahren können , wo er hin kommen
ist 8 . Mir mißfeit die melodey von «Ich hab mein sach gott heim-
1 lohafand, gerüste. 2 d. h. fallen. 3 qu'avez-vous. 4 souveniez.
5 chantief. 6 sentiments. 7 ä fresqae. 8 Vergl. nachher die briefe
Tom 24 Augast and 12 Ootober. G. E. Nagler, Neues allgemeines künstler-
lezioon , dreizehnter band, München, 1843, s. 486 bemerkt über Rousseau
folgendes: «Jacques Rousseau, landschaftsmaler und radierer, geb. zu Paris
1630, bildete sich in Italien zum künstler, besonders durch einen längeren
Aufenthalt in Rom, wo er mit H. Swanevelt innige freundschaft schloß und
dessen Schwester heirathete. Er zeichnete viele monumente und Überreste des
alten Rom und von dessen Umgebung und malte dieselben in öl , meistens mit
sohöner landschaftlicher Umgebung. Diese bilder offenbaren ein genaues Studium
Und eine ungewöhnliche kenntnis der Perspektive und es dürfte manches seiner
"werke für Gaspard Poussin genommen worden sein. Im jähre 1660 begab sich
Rousseau nach Paris,, wo er jetzt zahlreiche werke ausführte, welche die k.
«chlösser, das berühmte hötel Lambert und andere reiche häuser zierten, aber
in denselben gröstentheils zu gründe gegangen sind. Die Staffeleibilder , die
sich von ihm finden, sind oft nur skizzen zu seinen größeren arbeiten , aber in
allen theilen vollkommen ausgeführte gemälde selten zu finden. Im jähre 1662
wurde Rousseau mitglied der akademie zu Paris und 1679 rath derselben; allein
swei jähre darnach sah er sich von diesem institute ausgeschlossen , da ihm
als Reformierten nach der aufhebung des ediktes von Nantes nioht mehr sitz
und stimme gestattet wurde. Er muste sogar die im schlösse von Marly be-
Elisabeth Charlotte 15
226
gesielt» ' gar nicht: [sie ist nicht] heßlieh, die wortte bringens mitt;
den solten solche große moralliteteu in boureen * oder menuet ge-
sungen [werden], daß lauttete ja nicht woll. Von den gräffinen von
Zoettem höre noch sehe ich nichts mehr, weiß nicht, wo sie hin
kommen sein; will mich deßwegen erkundigen undt es Euch, wo
mir gott leben undt gosundtheit vcrleyet, bis donncrstag berichten.
Daß Ihr sagt, daß Ihr auch nicht schein seydt , hirauff kan ich sa-
gen, wie Jodelet sagt: *Si nous estions artissans de nous-mcsme[s],
On ne verroit partout que des beautes extrem[es] 8 .» Die jüngste
hatt nichts sonderliches, aber die älste ist es in allen stücken. Ich
furcht [e], es wirdt endtlich fin sublim cwlt. milt der alstcn ihrem hirn-
kasten werden; den man sieht [es] ihr schon ahn den äugen ahn,
so greulich esgarirt * sein. Es sdndt wenig antiquen nieduillen, so
ich nicht schon habe 8 ; den ich habe deren gar nahe bey neun-
hundert; habe nur mitt 2(10 ahngefangen, so ich von madame
Verlle ' gekauft, so sie dein damakligen heitzog von Savoyen
Stollen. Ich schriebe es gleich ahn die jetzige königi
daignen undt offrirte , sie dem könig wider zu schicken , aber di<
kist war schon verstümjielt, hatte die meisten verkauft. Die köni-
giu schriebe, sie were hertzlich fro, daß [ich] die wenige doch be>
kommen bette, solte sie behalten. Ich habe sie gar wollfcill , nur
nach dem gewicht, undt es wahren doch gar rare drunten'. Aber
ist schon über 11 uhr, ich muß mich ähnlichen, in kirch gehen,
hernach ahn taffcl; meine 3 enckelen werden kommen, mitt mir
eßeu. Nach dem eßen werde ich außsclncibcn, liebe Louisse!
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Verrue.
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132.
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227
Sontag umb 3 uhr nachmittags- undt ein viertel nachmittags,
leb habe 3 vierteis ton dt nach dem eilen außgeruhot; den man
sagt, es seye gar ungGsiimit, nach dein eßeii zu geschwifldt zu schrei-
ben, umU man will, daß seydei'ilein icli alt geworden, daß ich nach
der gesundtheit leben sollo. Aber ich bin so persuadirt, daß unßer
stunden, liebe Louise, gezehlt sein, daß mau sie unmöglich über-
gehen kan, daß man zwar alles folgen muß, waß die vermiutft ein-
gibt zu unßeren conservalion, aber waß geschehen solle, geschieht
doch '. Daß glaube [ich] vestiglirh, liebe Louise, undt d.irauff leb
undt slerb ich, ohne kein wordt davon zu sagen; den die mauir
bir ist. daß ein jeder glaubt, wall er will, aber kein wort davon
sagt, liebe Louisse , undt daß ist leicht zu tbun. Aber da leütt
man in kireh; nach dem salnt werde ich fortschreiten. Da komme
ich auß der kireh. Ich bin Euch sehr verubligirt, liebe Louise,
mir antjqnen medaillen zu suchen wollen. Aber, liebe Louisse, ich
glaube nicht, daß in den 900 , so ich habe, die, so mir fehlen,
leicht zu finden sein. Da kompt noch mein calesch, ich werde ei»
tour tbun, frische Infft zu seböpffen. Es wirdt kurtz hergehen; den
ich glaube, es wirdt baldt regnen, werde also meine promenaden
kurtz machen undt sagen, wie ich tliat, wie ich noch ein kindt war:
«Adieu! Ich nimb einen abtritt, baldt widerkomen.»
Sontag, den + Augjusti], umb Vt anff 3 abendt.
Ich hatt nur ein tour im gartten gethan , wolte gleich wider
hernuff, umb zu schreiben; aber in dem mail * haben wir madanie
de St Piere 8 mitt ihres sohns fraw gefunden; die hatten violons
undt bautbois undt violons undt ein bal. Meine cnckelen haben
den bal gern gesehen, hab also auß eomplaisancc vor meine enckel-
len still halten maßen, daß halt midi so lang auffgelin.lt eii; den ich
frag kein haar darnach , habe mein tag daß frantzosche dantzen
nicht geliebt, weder selber zu dantzen oder dantzen zu sehen *. Aber
ich dancke Euch gar sehr, liebe Louisse, umb wider auff Ewer lie-
bes schreibeu zu kommen, so dancke ich Euch von hertzen. liebe
Louisse, vor die offre, so Ihr mir thut, mir die antiu,uen medaillen
zu suchen, so icli nicht habe; aber, Louisse, ich werde nichts kauften,
noch nirgendts hur kommen laben, biß daß das gelt wieder in beßerer
ordeniing sein wirdt. Die von Schonborn ' , so ich liir gesehen,
wahren zwey brüder ; der illste war wie ein abbe gekleydt , v
woll geschaffen, hatte aber kein hfibseh gesicht; der jüngste t
wie ein cavallier gekleydt, liattfe] eine lange hübsche blonde peruque
undt ein ..., hatten beyde verstand!., aber von gar differenten
liumor. Der eiste war nicht tuelancoliscb, aber sehr serieux,
jüngste war allezeit lustig undt lachte von hertzen , seüfftzte nur,
wen er gedachte, daß er ein prister werden muste; daß stundt ihm
gar nicht ahn. Ich glaube, daß dießer dick maß geworden sein;
den so jung, alß er auch noch war, war er doch schon dick.
wünsche ihnen beyden alles glück undt guts. Sollet Ihr sie zu
sehen bekommen undt sie sich meiner noch erinern , so grast sie
doch von meinetwegen! Sie warfen] große freunde von meiner
gutten freündin , madame de Beuveron *, so ich nur alß Tlieobon ■
geheyß[en], weill sie so geheylien, wie sie noch unverheilraht nndt
bofffreüllen von uußerer gutten königin s. war. Sie wahren g
offt bey ihr, wie sie Euch werden verzehlen können, wen Ihr s
sehen werdet. Nach unßer[e|s graffen von der Hnckchurg rechnung
wirdt er gestern oder heütte auifs allerspätst zu Londen sein,
wirdt baldt nach Hannover gehen. Der Pinnouter sawerbrunen solle
dem könig in Englandt Oberauß woll bekommen. Aber wie kan
man judiciren, ob ein sawerbranen woll bekompt, oder nicht, wen
man den sauerbrunen in volkuiomeiier gesundtheit drinckt? Me-
rianss* ku[p]fterstuek finde ich gar schön; mich deucht aber, daß
seine landtscbafften ahm besten sein. Ich habe gar viel kupffer
stück von seiner handt, alle heüßer von Flandern, von Teutschland!
undt von Franckreicb, so er in kupffer gestochen halt, wie aach die
gantze Scbweitz. Ich habe mehr, alß 9 bogen, von ihm; ich habe
1 ScbBnborn. 2 Bouvron. 3 über mademoiielle de Theobon »ergl.
band I, s. 10. 23. 4 Merlans. Die kunstlorfamilie Merian beginnt mit M»t-
thüus Merian dem alleren, gab. j.u Basel \Wt, gest. zu Sobwalbaeb 1661. In
die Aiftsiapfen de9 mtere traten die beiden sühtie Kaspar Merlan und Matthäus
Merian der jüngere, geb. au Basel 1621. Des letzteren aohn war der bildnis-
maler Jubann Matthäus Merian, gestorben 1716 in Frankfnrt als Main. Neben
diesen männarn ist endlich noch tu nennen die malerin Maria ßibjlla Merian,
verehlichie Ural', geb. in Frankfurt mm Main 1647, gest. m Ameterdam 1'
229
auch seine teü[t]sche Bibel 1 undt die 4 monarchien. Von seinem
verniß * hatte ich nie gehört. Der fürstin von Ussingen schreiben
hab ich gleich ahn madame Dangeau geschickt. Mein page hatte
nicht weitt zu gehen, es ihr [zu] schicken; den sie logirt jetzt zu
Meudon, so nur ein viertelstundt von hir ist. Die fürstin von Us-
singen ist Euch doch eine ahngenehme geselschafft, bin deßwegen
froh, daß sie zu Franckfort ist. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben
völlig beantwortet; es ist aber zu spät, umb daß andere ahnzu-
fangen; den ich habe noch ahn mein dochter zu schreiben, ehe ich
schlaffen gehe, sage derowegen vor dießmahl nichts mehr, alß daß
ich Euch von hertzen lieb habe undt allezeit behalten werde, liebe
Louise!
Elisabeth Charlotte.
1146.
St Clou den 8 Augusti 1720 (N. 16).
Hertzallerliebe Louise, ich hoffe, heütte ein frisches schreiben
von Euch zu bekommen, wolte gern drin finden, daß mein brieff
vom 7, no 7, wider gefunden mag geworden sein. Unterdeßen will
ich auff Ewer liebes schreiben vom 23 Julli , no 57 , andtwortten.
Ach, liebe Louise, setzt Euch in keinen sorgen über die angsten
undt verdruß, so ich hir außstehe! Daß ist mein täglich brodt; ist
es nicht eine sach, so ist ein andere, aber gantz ohne verdruß hir
im landt zu leben, daß ist durchauß ohnmöglich. Von monsieur
Law si8teme werde ich weder böß, noch gutts sagen, es ist mir
gantz undt gar unbegreiflich. Allein ich [sehe] doch, daß es meinem
söhn so unerhört viel unruhe, mühe undt sorgen gibt; daß macht
mich wünschen , daß es niehmalen were unterfangen worden. Es
chagrinirt mich nicht allein , sondern es angstet mich auch recht ;
den so interessirte leütte, wie die Frantzoßen sein, von monsieur
le duc ahn zu rechnen biß auff den geringsten knecht, da ist keine
Sicherheit bey; den, wen sie waß zu gewinen meinen, muß alles
drauff gehen undt kein leben ist sicher dabey. Vor mir selber ist
mir nicht angst, den da were kein vortheil dabey, noch gewinst;
aber mein söhn stehet gewiß große gefahr auß. Wolte gott, ich
*
1 Vergl. band II. s. 469. 2 ?vernis, französisoh, firniß.
230
wert Blieb) in gefabr ! »ölte mich kein haar drumb bekümmern.
Es ist noch viel gelt in Frankreich, aber auß boßheit spert es ein
jedes ein undt will es nicht ins comers setzen, den sie trawen
dem moasieur Laws nicht. Zum krieg hart uiemandts lust hir,
aber woll zum luxe, so nie so hoch gestiegen, alti nun. Die zeit wirdt
lehr[e]n, waß auß dießem allein wehreu 1 wirdt. Unterdeßen bringt
man seine zeit recht langweillig undt betrübt zu. Waß golt über
meinen sehn vorsehen hatt, muß erfühlt werden. Aber last unß
von waß änderst reden, so aber doeh nicht viel lustiger ist, liebe
Louisse, nebinblich von unßeru armen landtsleutten, die lleydel-
bergerl Clnii'-Trier verspricht sehr, ihnen beizustehen 8 . Ich glaube,
daß dießer churfürst gutte intention hatt , allein ich fürchte seine
pf äffen. Der kleine sirratLirius (ir.Uicnbrück, so hir [ist], versichert,
daß mau nicht dran gedacht liatt, daß schloß zu rassuren ', jedoch
so hatt mir die printzes von Wallis versichert, daß es resolvirt ge-
weßen. Ich habe gethan , waß bey mir stehet; gott wolle, ferner
heystehen! Der churfürst maß abscheulich bestellen werden. Daß
ist woll ein rechte pfafferey, sich so mühe zu machen umb der h.-
geist-kirch ; aber, wie schon offt gesagt, wo pfaffon regieren, muß
[es] alß alber undt überzwerg hergehen. Ein großer regirender herr
hatt allezeit unrecht, wen er die friede nstraeta teil nicht nachkom-
men will. Die armen Heidelberger jammern mich von gmndt der
seelen. Ich habe Churpfaltz allezeit vor einen gültigen undt samfft-
inuhtigen lierrn rühincu hören; daß scheindt nicht in seiner regie-
rung. Aber wo man daß pfaffenge schmeiß regireu lest, kan es nie
änderst hergehen. Ahn Churpfaltz habe ich noch in meinen letzten
schreiben eine große affection vor mein vatterlaudt bezeugt, muß
sehen, waß I. L. mir andtwurüen werden; nach dem werde ;
meine audtwort wieder richten. Waß lustiges zu hören, bette ich
hoch von niihteu, den ich bins gantz undt gar nicht. Ich würde
mich recht glttckgeelig schätzen, wen ich sein könte, wie Ihr andern
zu Franckfort uudt weder leydt, noch fretidea haben. Aber t
gottes will, dem muß man sieb woll in alles ergeben. Ewere niopee
ist zu grob schwanger, umb eine reiße zu wagen dürffen ; es were
zu gefährlich, würde sich in lehensgefahr setzen. Wen ich betrachte,
231
wio gefährlich es ist, schwanger zu sein, kau ich nicht begreiffeil,
wie so viel leülte in der weit sein können; den es nur eine art
[gibt], in die weit zu kämmen unilt 100/m, zu sterben. Ihr babt
woll große ursacb undt recht, liebe Louise, nicht nach Englandt zu
reißen. Ihr würdet zwar keinen zanck mehr dort haben, nun Ewer
gritlicher schwacher 1 nicht mehr vorhanden; aber man ist doch nie
woll in der frembte undt beßer zu hauO undt in seinem vatterlandt,
alß in der frembte. Zudem übers mehr* zu gehen, ist eine wüste
sach, wen man betraebt, daß man so woll in Indien, alß in Eng-
Iandt kommen kau a . Monsieurs, kernte so poßirlich verzehlen, daß
er einmahl zu Düiikereken * spatzircu fahren weite auff der see bey
einem gar scliönneti Wetter. Er setzte sich in der barque bey dem
pillotte 6 , den f'aiuit er trawerig, fragte ihm, waß ihm fehle. Er
andtwertte: -Eine frawerige erinerung. Es ist heulte just ein
jähr, bey eben so einem seliüifnen weiter, alß wir nun haben, wolte
ich meine fraw undt kinder spatüireu führen, es kam aber ein stürm,
der führte unß geradt nach Indien, wo meine arme Fraw undt kin-
der gestorben sein.» Wie Monsieur s. daß hörte, sagte er zum
pilotle: «Raments moy au plus viste a bord!- Da segt Ihr, liebe
.onise, wie artig es ist, auff der see zu Bein. Aber da sehe ich
inadame la chanceliiere s in den ImlT fahren, muß gescliwiudt ahn
mein toillelto. umb daß sie ihren labouret nimbt; nach dem eßen
darff sie ihn nicht nehmen. Dießen abendt werde ich dießen brieff
ausschreiben, nun aber meine ordinario pausse machen. Weilleu
ich gestern erst umb halb 12 nach bett, bin ich heulte Spalter
a aufgestanden.
Donnerstag, den 8 Augjheti], umb halb 7 abendts.
Waß man hir lc diable au coutretemps heist , daß ist mir
etllte widerfahren. Wie ich mich gleich nach dem eßen wider
bieher gesetzt, nmb zu schreiben, bracht man mir ein gantze handt
-oll brieffe. Ich wolte ein par leßen, umb unterdeßen meine di-
;estion zu machen; aber die marquise de ßethuue kam undt for-
[erte eine audientz; daß halt anderthalb stundt gewehrt. Hernach
1 d. b. aobwager. der
: Vorgl. band II, a. 510.
obancellBCe de Pontobartr
2l<,2
bin icli betten gangen, von dar in calesch , ein wenig frische lufft
/n schupften, habe aber nur einen eintzigen lour gethan. Wie ich
wieder kommen, habe icti die princes[se] Danvergne ' liir gefunden
undt den graff von Saxaen', die haben mich noch eine ätundt auf-
gehalten; ich hoffe doch, noch dießen abendt Ewera brieff außzn-
schreiben, den dieße leutte werden ja nicht ewig hir bleiben andt
einmahl wieder nach Paris. Da gehen sie, golt lob, weg. Ebe ich
wider auit daß andtwortten komme, muß ich Euch sagen, daß ich
ein auRcnblick, ehe ich ins gebett gangen, Ewer liebes schreiben
vom 27 Julli, no 58, entpfangen; daß werde ich aber heütte r
beantworten , wie ich Euch schon beütte morgen gesagt, liehe
Louisse! leb komme wider, wo ich beQtto morgen geblieben war.
Ich bin recht fro, daß Ihr kein lust habt, nach Englaudt zu ge
Last Ewere kinder, wen die grulliu vnn Ik'^'iifelt die wochen wirdt
außgehalten haben, hübsch zu Euch kommen! Ihr habt ihnen 2
visaitten [gemacht,], also ist es nicht zu viel, daß sie Euch wider
eine geben. Wie icli von dem unordentlichen englischen leben höre,
würde es mir auch gar niclit ahiiBteheu. Die well kompt mir eben
vor alß wie daß balot , so man einmahl m Heydelberg gedantzt,
von der verkehrten weit; den sie ist in allen ortten undt enden,
alß wen sie verkehrt wehre, alles gebt (Hierzwerg. Geltsachen
seindt jetzt ohne ende. Monsieur LeFevre moiute, in dießerwoch wider
nach Euglandt zu geben können, muß aber doch noch bleiben,
enderung undt erhöbung deß gelts ist schuldig dran. Ewere niepee
thut gar woll, mitt ihrem seh wehren leib nicht zu reißen. Nichts
in der weit ist gefährlicher , alll in dem standt zu reißen. Bey
einer hebamme zu sein, so man kendt, ist auch eine billige sache,
die ich noll begreiffen kan. Die La Bare kene ich gar woll , ist
1 d'Auvcrgne. Sie war mit
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aa 1738. Vergl. über dieselbe die
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233
vergangen jähr hir geweßen zu St Clou, bekamme hernach ein hitzig
fieber, so sie gantz von sinnen gebracht hatt; bin froh, daß die
arme fraw wider gesandt ist. Sie hatt einen Teütschen in ihrem
hauß, der in meinem stall gedint hatt. Es ist mir leydt, daß er
nicht mitt madame La Barre nach Franckfort ist ; den er hette
Euch viel von St Clou verzehlen können. Madame La Barre ist noch
nicht wider hir; sie ist in der that eine Straßburgerin , man hört
es auch woll ahn ihrem reden. Ich weiß nichts änderst von ihr,
alß daß sie eine gutte fraw ist. Sie bettelt ihr leben nicht, hatt
mehr bar gelt, alß ich ; ihr man ist, glaube ich, ein banquier. Hie-
mitt ist Ewer liebes schreiben vom 23 Julli, no 57, gar exact be-
antwortet. Ich komme auff daß vom 9 Julli , no 53. Es freuet
mich, daß Ihr so woll mitt meinem schreiben von no 5 zufrieden
seydt. Ich schreibe allezeit, wie ich gedencke. Ich erinere mich,
daß in dießer jahrzeit zu unßer zeit allezeit krancken zu Manheim
wahren. Es ist woll schimbfflich , daß Churpfaltz Euch nicht be-
zahlt ; den die sum ist ja gar nicht starck undt die sach undisput-
tirlich. Wen daß wetter zu Franckforth ist, wie hir, werdt Ihr
in dießer wochen keine zu heiße hundtstagen haben. Morgendts
undt abendts ist es wie im October. Es donnert hir offt, aber es
schlegt selten ein , den es regnet gleich mitt dem donnerwetter.
Meine handt wirdt mir müde , muß doch noch sagen , daß die kö-
nigin von Preussen mir hatt durch den jungen Rottenburg schrei-
ben laßen , daß sie ins kindtbett ist mitt ein[e]r printzessin. Sie
haben mir l printzen, alß printzessinen, von nöhten. Adieu, hertz-
liebe Louisse ! Ich gehe nach bett, wünsche Euch eine gutte nacht,
liebe Louisse, undt versichere Euch, daß ich Euch von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
1147.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 10 August 1720 (N. 17).
%
Hertzallerliebe Louise, ich schreibe Euch heütte; den morgen
*
1 ?mehr.
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di
werde ich es ohnmöglich thun können, weillen ich nach Paris werde undl
noch vorher ahn meine doch t er schreiben maß. Ich bin in rechten
sorgen iii rendt wegen ; den sie hau ein groß gesebwer unter dem
rechten arm. (iolt gelte, daß es woll ablaufen mag! Aber ich
habe so ein abseheüllig exempel liir ahn der königin hirin erlebt,
daii mir jetzt recht hang wirdt, wen jemandts, vor wem ich mich
intcressirc, ein geschwer unter den armen hat!. Ich will aber autf
Ewer liebes schreiben vom 27 Jnlli, no 58, andtwortten, so ich
vergangen donnerstag entp fangen hatte. Ich hatte gehofft, zu er-
fahren, daß mein brieff von 7 Julli, uo 7, doch endtlich alinkom-
meti ; kau nicht begreiffen , wie der brieff hatt verlohreu gehen
können. Mich deucht, vorm jähr hatt man mir au[c]h einen ver-
lohren; es wahr aber die ursach , daß Ihr, liebe Louisse, damaklcn
in Schlangen baadt wahret. Von meinem gehabten schrecken will
ich nichts mehr sagen; es graust mir zu sehr noch, dran zu ge-
dencken. Schweygen kau ich' woll, man sieht« mir aber woll in dem
gesiebt ahn, wen mir etwaß fehlt, wen ich erschrocken oder grit-
lich bin. Daß weinen habe ich gantz abgeweint 1 , kiin weder wei-
nen, noch recht von bertzen mehr lachen. Alles ist, gottlob, zimb-
lich still. Gott gebe, daß es so bleiben mag! Aber die warheit
zu gestehen, so traw ich dießera ' stille kein haar; den ich bin
nicht von den leimen, die sieh Selbsten Hattiren können. Schwey-
gen undt leyden lernt man meisterlich in dießem lamlt, meritire
also nicht, drüber gelobt zu werden. Es ist mir leydt, da ich
Euch keine fr ende machen kau, daß ich Ellch thronen kosten muß,
liebe Louisse!
Gestern konte ich ohmnöglieh (ließen brieff außsehreiben ; den
der herr Penterrilter' undt englischer auibassadeur* kamen her mitt
monsieur Schaub, blieben biü nahe bey neun uhr undt nach 9
treibt mich monsieur Teray, aufzuhören undt nach bett zu geben.
Nun muß ich mich erschrecklich cyllen; den ich habe mich ein we-
nig versehlaffen , bin erst umb 6 wacker worden undt habe mein
morgen dlsgebett verriebt; nun ist es eben 7 uhr, den ich höre es
schlagen. Es heist, wie die HotzenheQssem alß singt: «Tunielt *
dich, mein Frentzel !» Von den hießigeu lamantationen will
nichts mehr sagen, daß ist. zu betrübt. Es ist war, liebe Louise,
es ist wabr, daß iuli bey den pcuple ziniblich beliebt bin, weiß aber
niebt, warurab, tlme ihnen weder guts noch büß. Aber anff peuple-
lieb ist nicht zu bauen , daß ist eine gar zu unbeständige sache.
leb muß gestehen , daß mir inonsieur Laws sisteme nie gefahlen
undt ieb allezeit gewünscht, daß mein solin es nicht folgen [möchte];
habe nie nichts drineu begreiffeu können. Daß man daß golt ab-
geschafft, hart mich choqnirt undt ist mir betrügerisch vorkommen,
wen icli die war bei t sagen solle. Aber, wie schon gesagt, ich ver-
stehe es nicht, muß also davon schweygeu undt die davon reden
laßen, so es verstehen. Bin woll Ewerer ineinung, daß alles von
höherer zulaßung kompt, müßen also gedult haben undt den all-
mächtigen nur bitten, unß beizustehen; wir liabens hir iioch von
nöhteu. Unßer lierrgott halt nicht gewolt, daß unßer linie in der
Pfaltz regieren solte, weillen er von ' 8 erwachsene heim, so mein
groß fraw matter, die kouigiu in Böhmen, gehabt, alle ohne erben
gestorben, ja mein bruder selbst keine kinder bekommen. Reflec-
tionen machen trawerig. So lang die weit stehen wirdt , werden
Sünden sein, wie man klar in der iieyligon schlifft sieht. Daß Man-
heim oder Friderichsborg gebauet wirdt, ist mir lieb; aber ich
woltc doch, daß Heyelbei'g nicht verlaßen würde. Die steine von
dem dicken thurn können woll dinen; aber die cantzelley ahn dein
burckweg war nicht viel besuuders , bin doch nie drinen geweßeu.
i thut woll, den kleinen prinlaen zu Hcydelbcrg zu erziehen;
i!en da ist die lufft exelleut undt daß waßer auch. Es ist die mode
nun, daß sich die matter nicht uirib die kinder bekümern; doch
halt die printzes von Sultzbach eine gutte entscbuldigung, hatt sich
unr schon zu offt blessirt, kan sich nur nicht " zu woll Bekennen. Den
weg von Schwetzingen nach Manheim wolte ich noch woll finden;
man threhet auff die lincke, hatt lengst der baeh undt fahrt zu der
Ludwigssee hin , von dar zwischen dem waltgen undt, brück von
Neckerraw ■ hin uudt kompt in der Mitnheimer ebene zwischen dem
Heydelberger thor undt dem Rhein *, Etlickinahl fuhren wir auch
bey Eicbelsbcim vorbey, umb durch daß RheintlLor in Friderichs-
burg zu komen. Der kleine printz hatt vielleicht die rilkitz, daß
1 ? weil tdd. 2 7 äiuh nicht. 1 sich nun niaht. 3 Neokarau. 4 Vergl.
band III , b. 412. 4fl3, band IV, s. 312.
nach
nur,
or so schwach aiiff den beinen ist. Würde die alte madamc Cli-
nignet noch zu Maiiheim sein, würde ihm haldt geheißen werden;
aber nun wirdt er lang mitt au thun haben. Ich kan nicht glauben,
daß unliere pr[incesse] von Modene ihr leben wirdt glücklich wer-
den können; sie liatt gar zu einen wunderlichen hirnkasten; vatter
undt motter haben sie verdorben undt gantz verzogen; man batt
ihr nie zugesprochen, wie man thun solte '. Da schlegt es 8, es ist
zeit, daß ich ahn mein doch t er schreibe undt vor dießmahl nichts
mehr sage, alß daß ich Euch, liebe Louisse, in welchem standt ich
auch sein mag, von hertzen lieb behalte, so lang ich leben werde.
Elisabeth Charlotte.
St Clou den 15 Augunti 1720, umb 10 ubr nachmittags (N. 18).
Hertzallerliebe Louisse, Ja komme ich auß der capel undt bin
zum h. abendtmahl gangen. Jdz[t] will ich Euch enlreteniren undt
auff Ewer liebes schreiben vom Ml) Julli, uo 69, andtwortten , so
ich vergangen goutag entpfangen, alß ich eben ins Palais-lloyal kam;
nur noch vorher sagen, daß mir madame La Barre gestern Ewern
lieben hrieff von 22 Julli geschickt hatt. Die arme fraw hatt ab-
scheuliche hitzige Heber gehabt, so sie ahn ketten gelegt. Ist
woll ein groß glück, daß sie wider zu ihrem verstand! undt sinen
kommen ist, Ihr werdet schon auli meinem letztem schreiheu er-
sehen haben, daß ich die madamc de la Bare lengst kenne; sie ist
in der that eine gutte fraw. Ich tiude gar nicht übel, liebe Louise,
daß Ihr mir durch sie geschrieben habt; contrario ich bin allezeit
froh, wen ich brieff von Euch entpfangen. Daß ist alles, waß ich
auff den durch madame de la Bare sagen kan. Ich komme jetzt
auff daß von 30 Julli, no 59. Ich kan nicht begreiffeu, wo meine
hrieff hinkommen müßen; de» ich schicke sie alle smitags undt don-
n[e]rstags auff die post, kan also nicht begreiffen, wie etliche ahn-
kommen undt die andern nicht. Waß man gesagt, daß der könig
nach Versaillen mitt dem gantzen hoff würde, dieße zeittung kompt
nur, weillcn man Versaillen meublirt hatt; aher daß tbnt man alle
Vergl. den brinf vo
8 und 28 August.
i nachher diu brlef«
237
jähr wegen der meublen; der künig wirdt gewiß nicht hin , mau
denckt nicht dran. Nun ich liir ganta eingerüsi bin, frag ich auch
nichts darnoclj, Versaille würJte midi ?.a trawerig machen, so ein
gantz ander leben dort zu sehen, alß ich gewohnt geweßen; würde
auch gar zu andt nach unßerm künig thun '. Wen ich unßern
jungen Uiinig in der großen kutsch sehe, wo ich eo manch mahl
mitt unßerm könig auf! die jagt gefahr[e]n und! alle reißen so lustig
gcthan, kan ich es nicht ohne thronen sehen, will geschweygen den
daß arme Versaillen, Alles ist, gott seye danck, gar still zu Paris
jetsundt, seyder daß parle ment fort ist, die' alles gegen meinem
söhn aufgewickelt halte; drumb liatt er sie nach Poutoise geschickt ".
Da entpfange in diellem augenblkk Iv.vpr liebes seln-tnbon vom 3teti
dießes monts, no 60, undt selie darauß, daß Ihr zwey von meineu
schreiben cntpfangen habt, werde also weytter nichts von der pc-st
sagen. Ewer letztes liebes schreiben werde ich vor sontag sparen,
wo mir gott leben uudt gesundtheit verleyet, nun aber nur auf!
daß fortfahren, so ich ahngefangen, alß Ewer sehreiben abnkommen.
Ich habe dießen briet! schon mehr, alß 10 mahl, intorompirt; ueütte
morgen hatte ich ihn ahngefangen , habe ein gutt werek zu thun
gehabt, nelmiblich die fraw von Uolzenhaußen mitt ihrer jüngsten
1 and thnn naob, tohnsuclit erregen nach. Vergl. Sobmeller, Dayerisohea
Wörterbuch I, a. 73. 74. 2 tdae. 3 Journal du marquis de Daiigoau XVIII,
s. 323. 329 nntcr aonntag , 2B Juli 1720: <Le parlement enrogistra hier ä
Pontoise Ja döclaration da rui portant tranalntion du parlement da Paria en la
viUo de Pontoise, dunnee ü Paris, le 21 juillti : «RegiitrS, ouV, ■ -.■ requerant,
le procurour gSnSrnl du roi pour. oantlanar p»r 1« oour sos fonclinns ordfoairM,
et '■Ire ranJu na rui le Borviou aceoutuine l.ol qu'il a ete 1 rondu jusqu'ä [irfaent,
aiBO la ineme attemion et le ineme utlncbeüient pour lo bien de l'Etat et da
. . :■
i'elle
ao* prcMSueaseu
juaqu'a ee Jet
nsi'(|nciit.'i de la pre-
et poar iedit seigneur rui depui« ton avCnoment :
dont eile ne se d£j>nriira jttaiaia ; et Sera ledit
snppiiS de faire attention ä tous loa inconvenionts
=ente dMaration, et de reoevoir le prfseoi enregi
yreuvo de sa prufuude -ouuiissiiin ; et semnt eopiea aollaliunn.'e^ da la pri'nonie
iiolaration, eoietnble du prtseut enregielrenent, envoyeea aui bailliages et s«ne-
cl.auu^e« du te'sorl, puar j Mre !ues, publikes Bt enregiatreesj enjoiot aus auh-
Jana uo ujuis, juiraot I .nr.-r I.. ae juut. A I'ontoiae, en parlement y aSunt, k
27 jnillet 17*0. Sign*: Oilbert..
dochter zn vergleichen , die sich wider ihren willen mitt e
frantzoschen edelman, so La Paleterie ' lieist, verglichen * hart auß
befehl ihres beiebtvatters. Die arme liexs, die Louisse, hatt mich
recht gejammert; den es war ihr so bang vor ihrer matter, daß sie
gezittert lialt wie ein espenlaub, undt hatt ao bitterlich geweint,
daß ich beim linar mitt ihr geweint hette. Aber sie seindt, gott
lob, wider verglichen". Heruacher bin ich ahn tiiffel , nach dem
eßen habe ich meine brieffe geleßen, bin hernach in die kirch, dali
hatt biß 5 gewehrt. Da bin ich in calesch , den es ist zwey tag,
daß ich nicht außgangen bin. Vorgestern war mein großer schreib-
tag undt gestern muste ich in kirch undt zur beiebt , konte also
nicht tliat. nur ein ionr zu fuß in die Orangerie, hatt :
wegen daß donnerwetter, so in der lufft, ein solch erschrecklich
wehe in den scbenckelen, daß ich nicht recht gehen kau, habe also
die frische lufft nehmen wollen. Der regen aber hatt mi[e]h auß
dem garlteri gejagt undt mein encke! , den duc de Chartre[s] , anfl
dem mail. Wie ich herre[i]n, habe ich madame la dueuesse de Vü-
lar[s] milt ihrem man hir gefunden , hab hernach einen brieff von
unßer großhertzogin bekommen; daß liabe ich gleich beantwortten
mOßen. In der zeit ist mein söhn kommen, der hatt mich anffge-
halten, biß daß es sciiir nacht wooleu, habe aiso nicht eher, alß nach
8 ulir, wider zum schreiben gelangen können. Nun will ich fortfahren.
Die Parisser leüte seindt die besten Ir tute von der weit; wen daß parle-
ment sie nicht ;uitfgewii.'keli hette, betten sie sich ihr leben nicht ent-
pört. Ach, [die] armen leütte haben mich recht touchirt; den Sie haben
nur gegen monsiour Laws undt nicht gegen meinen solm geschrieben,
undt wie ich in der statt durch den pöpei fuhr, gaben sie mir laut-
ter benedictioneu *, haben mich so touchiit, daß icli sciiir geweifll
bette. Es ist kein wunder, daß man mein sohu nicht so sehr , alü
mi[e]b, liebt; daß tbun seine feinde, so ihn vor einen gottloßeu men-
schen außschrejon undt vor einen bößen man *, da er doch i
Peigoot ,
1 De la Psilleterie. 2 'vorbei
athat. 3 Vergl.
vom 7 September. 4 Vergl. den br
f vuoj 18 Juli, oben
die briefe vom 28 November und 2G De
ember. ü (1. Bi
202, nnmerk. 2: <Il v anruit du nur
cax tMrait 1 faire i
le Begent est te snjet; parmi beauooBp
te fauasetes et. d'eia
renferment que ,trop de verites. On
rotive dana le .Pre
la, maison d'Qrleans , par un membre
de IT/di veralte« ((4.
239
der that der beste mensch von der weit ist undt nur gar zu gutt.
Waß ich auch von monsieur Laws sisteme habe rühmen hören, so
habe ich es nicht allein nicht verstanden, sondern auch allezeit fest
geglaubt, daß es kein gutt endt nehmen könte. Ich kan kein blat
vors maul nehmen; ich habe es meinem söhn blatt h er au ß gesagt ;
aber er sagt , ich judicire übel davon , weillen ich nicht begreiffen
könte, hatt es -mir außlegen [wollen], aber je mehr man mir davon
spricht, je weniger kan ich es begreiffen. Daß man einem auff den
Blocksberg wünscht, ist ein alt teütsch sprichwordt *; ich habe aber
nie gewust, wo der Blocksberg eygendt[lich] ist 2 . Ich bin aber die
Sachen so müde , daß ich von waß änderst reden will. Weniger
unruhe kan mir woll kommen, wen es gottes will were, aber freü-
den , liebe Louise , die können mir nicht kommen ; dancke Euch
doch, mir solches zu wünschen. Ich habe hir kein wordt davon ge-
hört, daß ein frantzöscher envoyes in die Pfältz geschickt worden,
glaube es also nicht, will es doch meinen söhn morgen fragen. In
*
dießer jahrszeit undt wen es zum herbst geht , gibt es ordinarie
kranckheit ; ich aber habe dieße lufft nie seh lim gefunden , bin
mein leben nicht krank dort geweßen. I. G. s. der churfürst hatt
Manheim woll hertzlich lieb ^gehabt, mein bruder s. aber hatt Hey-
delberg lieber. Ich scheue die hitze nicht, ^drumb war ich gern zu
Manheim. Es were mir leydt, wen daß schloß -zu Manheim nicht,
außgebaut [würde]. Wir seindt ja gar offt im sommer dort ge-
weßen. Ach, mein gott, ich weiß nur zu woll, waß I. G. s. umbs
leben gebracht hatt , darff es aber nicht sagen 8 . Man weiß woll,
1830, p. 38 — 68), une notice sur dix-sept ouvrages divers de ee genre; les
€ Philippiques» de La Grange-Chancel , l'«Histoire du prince Papyrius» , les
«Aventures de Pomponius» , y sont indiquäes avec quelque detail. On peut y
joindre: La «Chronique de don Philippe d'Aureiie», manusorit indiqu6 an ca-
talogue de la bibliotheque de M. L6ber , n° 5811. «Mahmoud le Gasv6nide,
histoire Orientale» (par Melon), Rotterdam, 1729, in-8°. C'est une histoire alI6-
goriqoe de la Rggence. »
1 Vergl. den brief vom 11 Juli, oben s. 191. 2 Der Brocken, Brooks
oder Blocksberg, die höchste spitze des Harzes, gilt bekanntlich in Norddeutsch-
land als haupt Versammlungsort der heohsen. Vergl. Jacob Grimm , Deutsche
mythologie. Zweite ausgäbe. II. Göttingen, 1844. s. 1004. 3 Kurfürst
Karl Ludwig starb an einem hitzigen lieber, 63 jähre alt, 28 August 1680.
Vergl. Ludwig Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz. II. Heidelberg 1845.
s. 686. 687.
waß meinen armen bruder umbs leben gebracht liatt, daß hatt der
verfluchte Langhaus ' uudt Winkler * gethan a ; sie liabens dem
herlzog von Neiiburg selber gestanden. Der hatt sie ( welches man
ihm zum ewigen lob nachsagen muß) gleich in verhaßt i
laßen*. Gott wolle Euch, liebe Louise, noch viel fretlde nndt Irost
ahn den glitten Pfältzern erleben latienl Gott mag wißen, wo mein
schreiben no 7 vom 7 Julli mag hinkommen sein. Ich hoffe, daß es
sich doch endtlich finden wirdt. Der czaar hatt bey mir anii^ckodit ä ,
seyder er seinen einUigen söhn nmbs leben gebracht*; vorher kraulte
ich ihn recht woll leyden \ Unsere s. chiirfltrslin hatt mir so viel
guts von dießem herrn geschrieben, daß ich gantz seiue partissanin
1 hofprediger und kirohenrith Langhanns. Vergl. Über ihn üiusser a. ».
■ . 697. 703. 704. Langhanns , 'der allgewaltige minister, dieser pflUiiKof
Struensee. starb «u Basel im jähre 1891, Haehdem er durch einen gerichtlich«!
tpruch vom 1 Meri iöS6. unter einaiebung seines Vermögens aller
den entaetit , an den pranger gestellt und m swaasigjnhrigcr lachtbansetrufe
verurtheilt worden. Seine hilft hatte Übrigens nur bis zum Jahn
dauert, in welchem ihn der frnoifc-i.se he krieg befreite. Vergl. Hüus:
1. TAI. Über den seh mähliche n process, dem er and Winkler, d>
nur aus dem lande verwiesen ward, mm Opfer Selen, vergleiche m
B. a. o. ä. 761 Dil 761. 3 Dr Winkler war der leibarit des kurftl
Vergl. BBusaer a. a. o. j. J04. 3 Earfllrit Karl, gab. 31 Mar* I
an der ansiehrung 16 Mai 1885. Vergl. Iluueser a. a, ... s. 709
soheint nicht, dali die andeutungon unserer henogin über ihres vaters und ihrei
bruders tod in der Pfui* verbreitet gewesen. Hbusser bebt a. 784, anmerkung 73
auedrUoklicb hervor , dal! es kaam der Widerlegung bedürfe , wenn Elisabeth
Charlotte sage, Langhaens habe den kurfUrsteu Karl aus dem wego geräumt,
wahrend ihm alleB daran liegen muste, daü dercelbe so lang als möglich lebte.
Dieselbe beachuldigung gegen Langbannü und Winkler bat übrigens Elisabeth
Charlotte sohon früher ausgesprochen ; man vergleiobe band II, ». 98. Übe
die beiden mBnner Bebe man auoh band III, >. 138. 426. 427. 4 Im g
satee hierin berichtet HSusaer a. a. n. s. 762: -Kurfürst Philipp Wilhelm
konnte keinen grund lur klage [gegen Langhannsj haben; denn ar
am lfl Mai 168i, also gleich nach des kurfllraten Karl tod, in sehr gnädigen
ausdrucken sein wohlwollen versichert, ihn «als einen rechtacb äffen on , in
dieaer von dem kurbnus Pfali und als aufrichtigen deutschen Patrioten»
erkannt; ja noch am fl Juni hatte er ibm geschrieben: daß er ihm mit kur-
fürstlicher gnade und allem guten Joderzeit woblgewogen verbleiben werde.
Man siebt, unserer henogin waren aus der helmat unrichtige enbhlungon iu-
gekommen. 5 Diese redensait hat Elisabeth Cbarlutie auoh in dem I. riefe
vom 4 Februar gebraucht. VergL oben i. 40. S Vergl. band III, s. 34*.
363. 364. 7 Vergl. band III, i. 70 bis 72.
241
wahr. Verstandt hatt er undt hohe gedancken , daß ist gewiß.
Mich deucht, der keyßer fragt nicht viel nach ihm. Ich weiß gar
woll, daß unßer graff von Hannaw nicht todt; er hatt hir etwaß
gethan, so weder schön, noch löblich ist. Er kompt her, lehnt bey
der fraw von Ratsamshaussen 200 louisdor, so sie eben von ihren
pentionen 1 entpfangen , verspricht ihr hoch nndt [theuer] , ihr es
gleich wider zu geben laßen in selben especen; aber er wahrt 6
jähr, daß sie nichts von ihm hört. Diß jähr schickt er die bezah-
lung in alten verschlißenen billiet de monoye; daß ist wüst gehan-
delt in meinem sin undt ein undanckbar stück, ich kans nicht rüh-
men 2 . Hiemitt ist Ewer liebes schreiben doch völlig beantwortet.
Es bleibt mir nichts überig , alßo kan ich nichts mehr sagen , alß
das ich Euch, liebe Louisse, eine gutte nacht wünsche undt von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1149.
St Clou den 18 Augusti 1720 (N. 19).
Hertzallerliebe Louise, heütte hoffe ich, ob gott will, auff Ewer
liebes schreiben vom 3 Augusti, no 60, exact zu antwortten; den
es schlegt eben 7 uhr. Ich kan nicht begreiffen, warumb man Euch
alß zwey von meinen schreiben auff einmahl gibt; aber alle posten
gehen überall bitter übel. Weillen ich aber hirin nichts endern,
noch verbeßern kan, will ich nur noch auff dießen text sagen, daß
ich hir nach meinem brieff vom 7 hab nachfragen laßen; sie haben
mir versichern laßen, daß er gar gewiß weggeschickt ist worden
undt daß er auff der teütschen post müße verlohren worden sein.
Ich kan leicht gedencken, daß , nachdem Euch meine vorige brieff
erschreckt, daß Ihr dieße letzte gar geschwindt werdt auffgemacht
haben. Bißher*ist es noch stille, so lang es wehren wirdt; aber
monsieur Laws darff nicht auß dem hauß 8 . Die weiber de la Halle
haben kleine buben zu spionen umb sein hauß gestelt, zu erfahren,
wen er auß dem hauß gehen wirdt. Daß bedeüt nichts guts vor
♦
l ? pensionen. 2 Vergl. den folgenden brief und den brief vom 7 Sep-
tember. 3 Schon unter samßtag, 3 August 1720, sehreibt Dangeau, Journal
XVIII, s. 332: «M. le due d'Orleans a donn6 un logement dans le Palais-
Royal ä M. Law.»
Elisabeth Charlotte 16
242
ihm undt fürchte sehr, daß wider baldt ein neuer aufttandt undt
allarm kommen wirdt. Gott bewahr meinen söhn! Man kan ohn-
möglich hir ruhig leben , welches mir doch jetzt in meinem hohen
alter sehr nöhtig were. Aber waß will man thun? Gott, der all-
mächtige, ist herr undt meister; alles muß nach seinem h. schloß
gehen, undt wen er will, daß man leyden solle, muß man leydea
undt sich, so viel möglich ist, in seinen h. willen mitt gedult er-
geben. Daß es nicht war ist , daß man den könig gedenckt nach
Versaille zu führen, habe ich Euch schon bericht. Daß parlement
hatt zu Paris mitt insolentz abgeschlagen, deß königs esdicts, so m
doch zu Pontoisse enregistrirt haben, ahnzunehmen. Ob der printa
de Conti auß haß vor Laws, [welchen er], weillen er ihn nicht so
viel alß seinen seh wager undt vettern, den monsieur le duc, hatt
gewinen machen, sehr hast undt sehr deßwegen tripottirt 1 , auch
madame du Maine, seine tante, wider in seine intrignen stecken
wollen , so ist es doch nicht so grob hergangen , daß man ihn in
arest genohmen, er ist au ff freyen fuß geblieben. Unter unß ge-
rett, der printz de Conti ist ein närgen' mitt viel verstandt, eben
wie seine fraw mutter. Seine gemahlin, die gar ein lustige, possir-
liche printzes ist , ließ mir vergangen . . . sagen , sie bätte mich,
doch zu glauben, daß sie in keine intrigue stecke. Ich andtworttete,
daß ich sie vor zu verständig hüte , sich in alle naredeynng von
den narren, so sie umbringt, zu folgen. Ich weiß nicht, wie sie es
außstehen kan ; ich müste mich zu todt bekümern , wen ich mein
leben mitt so einem närischen man undt schwigermutter mein leben
zubringen müste, undt sie macht sich ein divertissement davon, alß
wens ihr gar nicht ahnginge , lacht über alles. Ich halte es vor
eine gnade gottes; den ein anders ahn ihrem platz müste verzweyff-
len. Der printz de Conti hatt nie gedacht, den könig majeur zu
machen. Ich habe mein leben keinen Englander oder Schottlander
so poltron a undt forchtsam gesehen , alß Laws isÄ* Der reich tarn
macht furchtsam; man quittirt nicht gern sein haab undt gntt. Ich
glaube , daß er etlicli stundten hatt , wo er sich selber in die Sou-
ciane 4 oder Missisipi wünscht. Vor Ewere gutte wünsche vor mei-
nen söhn undt mich dancke ich Euch sehr. Mein söhn hatt auch
l tripoter, Verwirrung anstellen, ranke schmieden. 2 d. h. narrohen.
Vergl. band IV, s. 327. 328. 3 poltron, verzagt, feig. 4 ? Louisiana.
243
bey deß königs zeitten schon viel feinde hir gehabt; alle, die von
deß königs in Spanien parthie sein undt ihn gern hir betten, seindt
meines sohns ertzfeindt, undt daß seindt alle, die von dem alten
hoff undt der Maintenon ihre creaturen geweßen seindt 1 , undt wie
in alten liedt gestanden , so in den hollandischen gazetten war,
alle die heros de Maintenon seindt meines sohns feindt. Also thut
Laws nichts zu meines sohns feindt vom hoff, aber woll im parle-
ment undt bey dem pöpell. Weit davon, übel zu nehmen, daß Ihr
von dießer [sache] sprecht, liebe Louise! Ich bin Euch sehr ver-
obligirt, so viel part drinen zu nehmen. Man muß nicht gedencken,
daß in dem standt , wo mein söhn nun ist , daß er ruhig undt in
zufridenheit leben kan, noch ich. Die großhertzogin wirdt nur gar
zu wahr sagen. Unter unß gerett, mein enckel 2 jst bludtsübel er-
zogen, vatter undt mutter haben sie verdorben undt ihr ohne daß
gar dollen kopff allen freyen willen gelaßen. Ich habe ihnen gar offt
gesagt, daß diß zu nichts dinnen könne, alß ihr dochter, wo sie
auch hinkommen mag, sehr unglücklich zu machen; fürchte, daß
ich nur gar zu woll werde geprophezeyet haben , den ich habe
gestern ein brieff von unßer königin in Sicillien bekommen , die
schreibt mir, daß sie ihr kopffgen schon ahnfengt braff zu weißen
undt nicht nach landtsbrauch, sondern nach ihrem eygene[n] sin leben
will, nndt daß geht in Ittallien nicht ahn, sie wirdt sich schlime
händel ahnmachen, mögte woll nicht lang leben. Aber es ist meine
schuldt nicht, ich habe gewahrnt; man will mir aber nicht glau-
ben, wen ich einen trewen raht gebe. Wen ich den daß sehe,
schweig ich maußstill; den wen ich daß meine gethan, bekümere
ich mich weitter umb nichts undt laße sie machen, wie sie wollen.
Sie haben zu Paris gar artige stücker zu possenspiel undt spiel[en]
allezeit die albersten; ich werff [es] ihnen offt vor. Ich muß mich
verschrieben haben , den der cavalier , so bey monsieur de Biron
gestorben, hieße Souternon undt nicht Brion 8 . Christlich leben ist
hir bey hoff gar eine rare sach; man sorgt mehr, wie man in die
banque gehen kan, alß im liimmel. Ich glaube nicht, daß mein
söhn sein leben ein wordt mitt Souternon gesprochen. Er war ca-
*
1 Vergl. band III, s. 464 bis 466, band IV, s. 7. 8. 2 mademoiselle
de Valois, prinoessin von Modena. Vergl. die briefe vom 2 6. Mai und 10 Au-
gust, oben 8. 155. 156. 236 und nachher den b rief vom 28 August. 3 Vergl.
den brief vom 25 Juli, oben s. 216.
16*
244
pitaine des gardes von conte de Toulouse, konte also nichts mitt
meinen sobn zu thun [haben]. Aber wen mein söhn gar lieb hatt,
ist monsieur de Biron, sein premier escuyer, so gar ein ehrlicher
man ist undt von den besten heüßern hir; seine fraw ist niepce
vom duc de Lauzun, also vatter undt mutter gutt. Aber da kompt
monsieur Le Fevre mitt meinem advocatten * herein, die muß ich ein
wenig entreteniren. Monsieur Le Fevre wirdt zu endt dießer Wo-
chen wieder nach Englandt gehen; sie wollen mir verzehlen, woran
die sachen 2 nun sein. Ich werde es Euch nicht verzehlen können,
liebe Louisse ! Den solche Sachen seindt mir lautter spanische dörffer,
kan es mitt gar großer mühe begreifen, undt es nachzusagen, were
mir noch viel schwehrer.
Sontag, den 18 Aug., umb */* &uff 8ten abendts.
Heütte ist es mir obn möglich geweßen, Euch dießen nachmit-
tag zu schreiben; den ich bin gar spät ahn taffei, weillen meine[s]
sohns 3 döcht[e]r gar spätt ahnkommen sein, undt nach dem eßen
haben wir in kirch gemüst, bin hernach spatziren gefahr[e]n undt
zu einen bal im mail, umb meine enckeln zu divertiren, umb alle
burger undt bawern von St Clou undt Seve 8 dantzen zu machen.
Ich bin biß umb 7 dageblieben; daß kan man mir woll vor eine
große complaissance zurechenen , den ich liebe daß dantzen gantz
undt gar nicht; aber die kinder haben sich gar woll divertirt.
Unterdeßen daß waß 4 in mein calesch war [und] den bal zuge-
sehen, hab ich Ewer liebes schreiben vom 6ten, no 61, geleßen,
so man mir gebracht, eben wie ich in calesch gestiegen ; dancke gar
sehr vor die schönne undt woll gepregte medaille von der letzt ver-
storbenen keyßerin begrebnuß. Aber , liebe Louisse , Ihr ruinirt
Euch gantz mitt den medaillen ; daß setzt mich in sorgen, undt biß
die wexel wider eingericht sein, kan ich Euch unmöglich gelt schicken.
Man macht doch hoffen, daß dieße zeit widerkommen wirdt; gott
gebe es! Heütte werde ich nach unßer alten gewohnheit nicht auff
dießes letzte liebe schreiben antwortten, sonder nur daß von no 60,
den 3 dießes monts, forthftihren , wo ich heütte morgen geblieben
war. Ich bin fro, daß eines von meinen schreiben Euch ein wenig
1 Leroi. Vergl. band IV, s. 239. 2 in der angelegenheit des Verkaufes
der besitzung Coubert. 3 S&vres. 4 ? daß ich.
245
hat lachen machen. Aber madame de Chasteautier l sagt allezeit,
daß, wen sich jemandts heürahten will, müße man mich nicht consul-
tiren; den niemandts mehr den* einem verlayden könte, alß ich*.
Waß ich gesagt, ist nur gar zu war. Wen eine dame hir begehrte,
daß ein pfaff oder mönch bey ihr bleiben [solle] , würde es sehr
verdachtig scheinen undt man würde die historie baldt singen ; den
alles muß in Franckreich gesangen werden. Ich habe nicht allein
diß dam-spill von Charle-quint gesehen 4 , sondern auch ein schach-
qpil von distal, so gar schön war; also muß Charle V woll aller-
handt spiel gespilt haben. Alle dieße sachen komen auß Spanien.
Die romische keyßer in geschme[l]tzt muß schön zu sehen sein. Gott
verzey mirs! aber weder in gemähls, noch erhaben sehe ich die
Sachen von der passion von unßern herrn Gh[r]istus nicht gern. Dieße
stück müßen alt sein. Vor dießem machte man kastger so, worinen
man die religuen that auff den altaren. Wie ich sehe, so ist man
mitt Euch armen raugräfflichen kindern bitter übel ahnkommen ; es
jammert mich recht. Ich weiß nicht, ob mein söhn waß ahnge-
fangen mitt sein [e]r pretention auff der Pfaltz; mir hatt er kein wordt
davon gesagt, glaube es also nicht. Aber wir haben, wie der papst
unßern proces hatt verliehren machen, die verortende gelter nicht
ahngenohmen, umb den proces, wen es zeit sein würde, wider ahn-
zufangen können. Ich werde mich aber gewiß nicht mitt plagen,
aber meinen söhn die sach gantz übergeben ; er mags mitt machen,
wie er will. Vor 20 jähren hette ich woll gewünscht, ein manß-
mensch zu sein können, meinem vatterlandt zu [dienen] 5 ; aber nun
wer der wünsch zu ohnnöhtig, den ich muß ja nun baldt davon.
Ewer bucklichter nachbar muß doch ein schelra geweßen sein,
weillen es 6 so durchgangen. Ich seydt glücklich, daß Ihr sein[e]r so
geschwindt loß geworden sey[d]. Ich habe Euch letztmahl eine
schlimme historie von graffen von Hanau [berichtet] 7 ; sie ist noch
schlimmer, alß mans erdencken kan; den er hatt lautter ungültige
billiets geschickt; daß ist doch undanckbar. Ihr habt mir, liebe
Louisse, keine historie von ihm geschrieben, nur bloß gesagt, daß
1 Ch&teauthiers. 2 den, nemlich heirath. 3 Vergl. den brief vom
25 Juli, oben s. 217 und nachher den brief vom 28 August. 4 Vergl. den
brief vom 21 Juli, oben s. 213. 5 Vergl. band I, 8. 225. 226. 301.
6 ?er. 7 Vergl. den brief vom 15 August, oben s. 241 und nachher den
brief vom 7 September.
246
man ihn vor todt außgeben hatt zu Franckfort. Man wirdt nun
nicht mehr zu Darmstat fürchten, daß dieß hauß abgehen mag, weil*
len die landtgraffin so offt schwanger wirdt. Ich weiß nicht, waß
vor ein Jubelfest in Niederlandt gehalten worden. Man maß aber
wenig zu hauß zu thun [haben] , wen man deßwegen eine reiße
thut; da muß etwaß änderst hinder stecken. Dießmahl ist Ewer
paquet ohnverschlißen ahnkommen. Wie Ihr mir, liebe Louise,
von Ewerm wetter sprecht, haben wir es ebenso. Hir donnerst 1
mehr dieß jähr, alß ichs mein leben in dießem landt gehört, aber
es schlegt, gott lob , nicht ein , oder wen es einschlegt , seindt es
nur kalte streich. Heütte weiß ich gantz undt gar nichts neues,
muß also vor dießmahl schließen undt nichts mehr sagen, alß daß
ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1150.
St Clou, mitwog, den 21 Augusti 1720 (N. 20).
Hertzallerliebe Louisse , ich muß Euch heütte schreiben, den
morgen gehe ich umb 9 in kutsch, muß noch vorher in die meß
undt hernach fahre ich nach Paris zur großhertzogin , deren ich
eine vissitte geben will, undt von dar nach Bagnolet, umb mitt ma-
damc d'Orleans zu mittag zu eßen undt, wofern es daß wetter er-
laubt, in ihren schönnen gartten zu spatziren; werde gar zu spat
wider kommen , umb zu schreiben können. Drumb thue ich es
heütte , liebe Louise , undt will auff Ewer liebes schreiben vom
6 Augusti, no 61, andtwortten, so ich vergangenen sontag entpfangen
habe. Ich habe alß gehofft, in Ewern lieben schreiben zu verneh-
men, daß Ihr endtlich meinen brieff no 7 entpfangen habt; aber
ich sehe, daß es der vom 13 Julli geweßen. Daß parlement fengt
wider ahn , zu rassen *, will den arest * nicht durchgehen , so den
frieden in der kirchen stuften kan. Ich weiß nicht, ob man daß
vor gar christlich passiren lest, daß man nicht zum kirchenfrieden
helffen will. Dieße sach gefehlt mir gar nicht; den daß wirdt noch
hundert handel machen undt meinem söhn abscheulich viel mühe
geben. Die leütte [sind] gar zu boßhafftig hir, umb zu hoffen
1 ?donnert8. 2 d. h. rasen. 3 arrgt, besoheid.
247
4
können, daß alles gestilt wirdt werden oder kan werden. Die
zeytungen sage[n] nicht allezeit die sachen, wie sie sein, tbun alle-
zeit etwaß dazu oder davon, alß zum exempel sie sagen, ich were
ihm Palais-Royal geweßen, wie sie die todten cörper gebracht; ich
bin mehr, alß 6 stundt, hernach kommen 1 . Alleweill kompt mein
lieber abt herrein, l'abbö de St Albin 2 , welcher gar ein gutter bub
ist. Er sagt, die sacli mitt dem parlement were nicht so scblim,
alß man mirs verzehlt hatt; es were nun", daß der copist einen fal-
schen datum gesetzt bette undt daß sie nur deßwegen den • arest
zurückgeschickt hetten, aber nicht refussirt, es zu passiren. Man
hatte noch ein andere lügen gesagt, so sich, gott lob, auch falsch
gefunden, nehmlich sagen 4 , so die billiet de banque abngebt. Man
macht nur solche geschrey gehen , umb mein söhn bey dem volck
verhast zu machen, woran man tag undt nacht starck arbeydt. Ich
halte, so mir möglich ist, alles, waß ich verspreche. Ich habe Euch,
liebe Louise, versprochen, keine post nie zu verveblen undt [daß
ich] entweder viel oder wenig schreiben werde, undt habe, seyder-
dem ichs Euch versprochen, nicht ein augenblick gefehlt, ich will
sagen, keine post verfehlt; gehen aber meine brieff verlobren, ist
es meine schuldt nicht. Daß ist gar kein danckens wehrt , liebe
Louise , aber Ewer guttes gemühte undt schwesterliche freüudt-
schafft macht , daß Ihr mir allezeit danck wolt wißen vor daß ge-
ringste, so ich vor Euch thue. Es ist gar kein aberglauben, so ich
Euch gesagt, so man vor böße finger braucht 6 ; den hinter den
ohren ist alles, waß so fetter 6 ist, alß die andere haut, undt daß
ist heyllsam. Es thut abscheulich wehe, wen einen ein nagel ab-
schwort 7 . Wie ich in Iburg war, stach ich einmahl eine spei 8 un-
gefehr unter den nagel; daß schwur mir der nagel ab, wäre etliche
tag, daß ich weder tag noch nacht ruhe hatte. Damahlen wüst ich
daß remedium noch nicht, habe es erst hir gelehrnt; es ist sicher
undt hatt mir nie gefehlt. Ich habe ander leütte 9 auch woll be-
kommen sehen. Ich thue viel lincke Sachen, ich schneyde mir die
nägel mitt der lincken handt ab wie mitt der rechten ; ich schreibe
*
1 Vergl. den brief vom 18 Juli, oben s. 199. 2 ein natürlicher söhn
dee regenten. Vergl. band IV, s. 267. 310. 3 ? nur. 4 d. h. Sachen.
5 Vergl. den brief vom 28 Juli, oben s. 219. 6 ? ist alles fetter. 7 d. h.
abschwärt. 8 ? speil, Spreißel. Vergl. Schmeller, Bayerisches wörterbuoh III,
8. 560. 9 ? habe es andern leuten.
248
zwar langsam undt übeller, alß mitt der rechten handt, aber man
kans doch woll leßen 1 . Daß reitten gewohnt einem , die lincke
handt zu brauchen. Es were freylich beßer, wen man die Mnder
lincks undt recht erzöge ; vor ein cammermagten ist es gar gemech-
lich , von einen camm[e]rkatzgen kan man daß sprichwordt sagen,
daß es lincks undt rechts ist, wie eine closterkatz. Alle tags don-
nerts hir , stelt aber nur poßen ahn , hatt einem weibsmensch den
gantzen ermel von leib abgebrendt, ohn ihr den geringsten schaden
zn thun. Derselbe schlag hatt einem man den degenknopff ver-
schmoltzen, die spitz vom degen undt sonst gar keinen schaden ge-
than. Einen officirer von den invaliden, so einen blauen rock tra-
gen mitt ein[e]r silbernen schnür undt silberne knopff, der donner
hatt alle daß silber abgezogen undt die seyden allein gelaßen so-
woll von der silbern schnür alß knopffen, sie sey[n]dt gar nicht ver-
brendt. Die bawern hir glauben, wen so waß geschiebt, daßen'
hexenmeister im donner stecken, welches ich gar nicht glaube, den
ich glaube ahn keine hexerey*. Alle tag donnerts schir, aber nicht
gar starek. Alle tag, oder vielmehr alle nacht regnets hir. Ich
glaube, daß es diß jähr gar schlechten wein geben wirdt; den der
kochmont ist gar nicht warm. Ich dancke Euch gar sehr vor die
schönne medaille von der keyßerin Eleonore. Es seindt viel l'eutte,
die den kopff so widerlich strack halten, wie dieß contrefait, unter
andern mein enckel, mademoiselle de Mon[t]pensier; daß macht
daß kindt so widerlich, daß man es nicht außstehen kan 4 . Ich
fürchte , Ihr werdet Euch mitt Ewerer continuirlichen liberalitet
gantz meinetwegen ruiniren; daß solte mir hertzlich leydt sein.
Wahrt 5 , biß daß die banquen wider eingericht sein ! alßden will ich
es lieber ahnnehmen. Mich deucht, es ist wider gantz still von der
churprintzeßin von Saxsen seh wanger [schaft]. Daß geschrey, daß
1 Vergl. den brief vom 28 Juli, oben 8. 219. 2 ?daß. 3 Vergl.
den brief vom 30 Juni, oben s. 189. G. Brunet II, s. 265, anmerk. 1: «L'6-
trange et ridicule aventure» de la duohesse d'Esträes, oooasionne'e par le ton-
nerre, est oonsignäe dans les notes de Saint-Simon sur le «Journal» de Dangeau
publikes dans les «CEuvres» de Lemontey («CEurres», t. IV, p. 33). Un b6n6-
dictin judioieux, Dom Lamy, mit au jour, en 1689 , an traitä pour expliquer
un fait dont il avait 6te* tämoin ooulaire; la foudre, tombant ä Lagny, avait
imprim6 le oanon de la messe sur une nappe d'autel.» 4 Vergl. band ITJ,
8, 221. 5 d. h. wartet.
249
vetter Wilhelm von dem könig in Schweden, seinen heim bruder,
zum generalissimus gemacht worden, hatt man hir auch gesagt;
aber nun sagt man, die Schweden hetten es nicht zugeben wollen 1 .
Die Schweden seindt wunderliche köpffe. Mein vetter , der regie-
rende landtgraff, hatt mich rahts gefragt, umb einen von seines h[errn]
bruders söhnen hir in krigsdinsten zu thun; ich habe es I. L. aber
durchauß widerrahten, habe gutte uhrsachen dazu. Ich weiß aber
nicht, ob I. L. meinen trewen raht folgen werden. Hirmitt ist Ewer
liebes schreiben völlig beantwortet. Biß sontag, wo mir gott leben
verleyet, will ich Euch verzehlen, wie meine zwey reißen werden
abgangen sein. Adieu! ich ambrassire Euch von hertzen undt be-
halte Euch all mein leben recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
1151.
St Clou den 24 Augusti 1720 (N. 21).
Hertzallerliebe Louise , vergangenen donnerstag hatt man mir
ahm relais Ewer liebes schreiben vom 10, no 62, geben undt dabey
noch einen von der armen mademoi seile de Malausse s , welche mich
einen so betrübten brieff geschriben , daß ich recht von hertzen
drüber betrübt worden undt geweint habe. Ich schicke Euch hir-
bey die copie von dießem betrübten brieff 1 , liebe Louise! Ich
zweyffle, daß Ihr es, ohne attandrirt zu werden, leßen könt. Waß
man zu Paris außgebreydt, ist noch woll daußend tmahl ärger, alß
waß in den zeittung[en] stehet. Hetitte morgen habe ich noch einen
ohne unterschriebenen 4 brieff entpfangen , worin stehet , daß man
mich hir in St Clou zukünftigen mont mitt gantz St Clou verbrenen
wirdt undt meinen söhn zu Paris, damitt nichts in der weldt von
ihm überig bleiben möge 8 . Daß seindt lustige undt artliche pou-
letten 6 , wie Ihr, liebe Louise , segt 7 . Vor mir ist mir gar nicht
angst, aber woll vor meinem söhn; den die leütte seindt hir gar zu
boßhafft undt -verflucht. Es ist doch gar kein artiges, noch lustiges
leben , so man hir führt , wie Ihr , liebe Louise , leicht gedencken
*
1 Vergl. nachher den brief vom 14 September. 2 Malaase. S loh
theile dieselbe am schluße dieses briefes mit. 4 d. h. ununtersohriebenen.
5 Vergl. nachher die briefe vom 31 August und 19 September. 6 poulets,
liebesbriefohen. 7 d. h. sehet.
250
könt; es verlcy[d]et einem daß leben recht Daß war woll obn-
nöhtig, liebe Louise, daß Ihr den zeittongsschreiber fragen last, wo
er seine böße zeittungen her hatt ; wen er daß nachsagen solte,
würde er seine pratiquen l verliehren. Aber daß alles kompt aaß
einem faß undt wir kenen hir alle meines solins feinde, also nicht
schwer zu rahten, wo die pasquillen herkommen. Es macht einem
daß leben so satt, alß wen mans mitt löffleu gefreßen hette, wie
die fraw von Harling alß pflegte zu sagen * , wie sie meine hoff-
meisterin war. Ich gestehe, liebe Louise, daß ich nicht gerne habe,
daß man mir waß verhehlt. Es ist beßer, alles zu wißen; man kan
seine parthie in alles beßer nehmen, wen man weiß, waß vorgeht
undt waß man sagt s . Mein brieff von 7 wirdt woll verlohren blei-
ben, daß vom 1 ist noch zimblich recht ahnkommen undt nichts zu
klagen, wen die brieffe nur 10 tage unterwegen sein. Gleich nach
dem eßen habe ich Ewer liebes schreiben von 12 dießes monts,
no 63 , zu recht [empfangen] , werde es aber vor die andere post
sparen undt komme nun nur auff daß , so ich heütte morgen ahn-
gefangen habe. So gritlich ich auch bin, so habe ich doch lachen
müßen , daß die Courier so estourdie * geweßen undt die feleyßen
verweckselt; daß were artig geweßen, wen man einem jeden seinen
brieff wider geschickt hette. Es ist doch gutt, daß der landtgraff
von Rheinfels woll mitt sein[e]r gemahlin lebt. Wen [es] nur da wert!
Aber daß teütsche sprich wordt sagt: «Kraußen kopff kranßen sin,»
also zu fürchten, daß es nicht allezeit da wem wirdt; sein genie ist
nicht trenchent 6 , so viel ich hir ahn ihm verspürt habe. Der printz
von Sultzbach, so wir hir gehabt, bildt sich gar nicht ein, daß er
verstandt hatt, undt ist nicht, waß man hir entendus 6 heist, con-
trarie es ist daß beste kindt von der weldt, ein rechter gutter bub;
er hatt ein hübsch gesicht, wo er nicht geendert ist, undt gleicht
ahn mademoiselle de Clermont sehr. Von deß groß herr vattera
verstandt [habe ich] gehört ; aber wie hatt so ein verstandiger herr
so einen albern söhn haben können? Jedoch so sieht man offt
dergleichen in dießer weit, daß sötte 7 leütte verständige kinder haben
undt verständige eitern albere kinder haben. Der fürst von Sultz»
*
1 pratiques, kundschafte 2 Vergl. band I, 8. 240, band II, s. 59.
3 Vergl. naohher den brief vom 19 October und band I, s. 498. 499, band
II, s. 668. 669. 4 Stourdi, unbesonnen. 5 tranchant, schneidend, scharf.
6 entendu, erfahren, klug, altklug. 7 sot, dumm, einfältig.
251
bach würde Abel thun, sich wider zu beürahten; den daß wirdt ein
häuften arme pfaltzgräffen wider daher setzen ; das ist mir un-
leydtlich. Aber daß werde icli doch, gott lob, nicht erleben, in-
sonderheit wo man mich den zukünftigen mont verbrendt, wie man
mirgedreuet hatt. Der duc de Richelieu ist nicht mitt mademoiselle
Charoloy l geheüraht undt kan es nicht sein ; den es ist eine or-
donance gemacht von Louis 13, worinen stehet, daß, waß von kö-
niglichem geblüdt, weder weibs- noch manspersonnen heüraht gültig
sein kan ohne deß regirenden königs erlaubnuß, undt ordre, einen
heüraht gleich zu brechen, so baldt man es erfahren würde. Also
segt Ihr woll, daß sie ohnmöglich geheüraht sein, waß sie auch ge-
than mag haben. Der duc de Modene hatt dem duc de Charolois 2
seine dochter abgeschlagen 8 , auß keiner andern ursach, alß weillen
er die jüngste Schwester, so man begehrt, nicht vor der eisten heü-
rahten solle , welches in meinem sin eine große thorheit ist; bin
gewiß, daß es ihm gereuen wirdt. Ich glaube, man hatt die ursach
von den blüttigen ähren recht errahten ; den zu unßern zeitten ver-
endern sich die menschen nicht mehr in pflantzen, alß wie zu
JEneas zeitten, da er deß Polidore bludt noch in einem abgeritten [en]
ast fandt von einen bäum 4 . Vor die letzte schönne medaille dancke
1 Charolois. 2 Charles de Bourbon-Conde, oomte de Charolois. 3 Jour-
nal da marquis de Dan geau XVIII, s. 326 unter mittwoch, 24 Juli 1720: «Ces
jour8 passes, M. le oomte de Charolois fit partir M. de Billy pour aller ä Mo-
ddne faire la demande de la seconde des prinoesses. M. le duo d'Orleans et
tonte la maison de Conde" approuvent fort oette affaire. 4 Unsere herzogin
hat hier jenes wunderbare ereignis im sinne, das Vergilius den Äneas der Dido
ersählen läßt. Mit Vergilius war Elisabeth Charlotte seit alten Seiten bekannt,
sie hat ihn in einer Übersetzung vom jähre 1668 schon 1669 oder 1670 zu
Heidelberg gelesen. Man vergleiche band IV, s. 142. 226 und das register
unter Virgilius s. 398; man sehe auch band I, s. 49. 51. Daß sie auch mit
den Metamorphosen des Ovidius vertraut gewesen , ergibt sich aus band II,
8. 119. Die fragliche stelle in der Äneis des Virgilius, über tertius , 13 ff.
lantet nach der ausgäbe von Otto Ribbeck, Leipzig 1876, s. 129. 130 fol-
gendermaßen :
Terra procul vastis colitur Mavortia campis
(Thraoes arant) aori quondam regnata Lyeurgo,
15 hospitium antioum Troiae sooiique penates,
dum fortuna fuit. feror huo, et litore curvo
moenia prima looo fatis ingressus iniquis,
Aeneadasque meo nomen de nomine fingo.
252
ich nochmahlen gar sehr. Ach, liehe Louise, sagt nicht, daß Ihr
Sacra Dionaeae matri divisque ferebam
20 auspicibus ooeptorum opernm, raperoque niientem
oaelicolam regi maetabam in litore taamm.
forte fuit iaxta tumulus, quo Cornea summo
virgulta et densis hastilibus horrida myrtus.
aecessi, viridemque ab hämo convellere sflram
25 eonatus, ramis tegerem ut frondentibus aras,
borrendum et diota video mirabile monstrnm.
nam quae prima solo ruptis radicibus arbos
vellitur, huio atro liountur sanguine guttae
et terram tabo maculant. mihi frigidas horror
30 membra quatit, gelidusque eoit formidine sangois.
runus et alterius lentum convellere Timen
insequor et causas penitus temptare latentu :
ater et alterius sequitur de oortioe sangais.
mnlta movens animo nymphas venerabar agrestis
35 Gradivomque patrem, Geticis qui praesidet arvis,
rite secundarent visus omenqne levarent.
tertia sed postquam maiore hastilia nisu
. adgredior genibusque adversae obluotor harenae,
(eloquar an sileam?) gemitas laorimabilis imo
40 auditur tumulo, et vox reddita fertur ad anris :
«quid miseram, Aenea, laoeras? iam paroe sepulto,
paroe pias soelerare manus! non me tibi Troia
externnm tnlit aut cruor hio de stipite manat.
heu fuge erndelis terras, fuge litus avaruml
45* nam Polydorus ego. hie confixum ferrea texit
teloram seges et iaculis increvit acutis.»
tum vero anoipiti mentem formidine pressus
obstipui steteruntque eomae et vox fauoibus haesit.
Hunc Polydorum auri quondam oum pondere magno
50 infelix Priamus furtim mandarat alendum
Threicio regi, onm iam diffideret armis
Dardaniae cingique urbem obsidione videret.
ille > ut opes fraotae Teucrum, et Fortuna reoessit,
res Agamemnonias viotriciaque arma seoutas
55 fas omne abrumpit: Polydorum obtrunoat, et auro
vi potitur. quid non mortalia peotora cogis,
auri sacra fames!
Die Verdeutschung , in welcher Elisabeth Charlotte den Vergilius gelesen,
zu erlangen, habe ich mich leider vergeblich bemüht und so laße ich denn die
obige stelle des Originals in der Übertragung von W. Hertzberg folgen.
Fern ist ein land, von Thrakern bebaut, mit weiten gefilden,
253 .
r zu nichts nutz seydt! Den erstlich so seydt Ihr mir noch ein
Marorss sitz, vor selten beherrsoht vom wilden Lyourgus,
Längst mit Troja in gastlichem bund und penaten-gemeinschaft,
Weil nooh blühte das glück. Hier land' ich und gründe die ersten
Mauern am buchtigen stran<J (ich betrat ihn mit feindlichem Schicksal),
Äneaden benenn' ich das volk nach dem eigenen namen.
Opfer der mutter Dione sodann und den göttern beschick' ioh,
i Die bei des Werkes beginn mich geschützt. Der unsterblichen hohem
Könige wird ein glänzender stier am strande geschlachtet.
Nahe dabei war ein hügel, der hooh von terleugebüsohen
Und von myrtengestrttpp mit starrenden Schäften umragt war.
Zu ihm trat ioh hinan, um grünes gesträuoh aus dem boden
» Auszuziehn, den altar mit laubigen zweigen zu decken.
Da zeigt graunhaft mir sich ein wunder und seltsam zu melden;
Denn an dem bäum, den zuerst mit zerrißener wurzel ioh auszog,
Perlt es von schwärzlichem blut in tropfen herab, daß den boden
Schwärzt der geronnene schmutz. Mir schüttelt die glieder das kalte
> Grausen, es starrt vor schreck mir das eisige blut in den ädern.
Wider versuch' ich, ein anderes jetzt von den schmächtigen reisern
Auszuziehn und genau den verborgenen grund zu erforschen,
Und schwarz sprudelt das blut sofort auch hier aus der rinde.
Mancherlei sinnend im geist fleht' ioh zu den ländlichen Nymphen
> Und zu der getisohen flur schutzgott, zum vater Gradivus,
Mir zum heil das gesioht und das omen zum guten zu wenden.
Aber sobald ioh mit schärferem zug an den dritten der stamme
Hand anlege, die kniee gestemmt auf den sandigen boden
(Sag' Ichs oder verschweig' iohs?), da schallt aus der tiefe der erde
Kläglich gewinsel empor und es dringt diß wort mir zu ohren:
. «Was zerreißt du mich armen, Äneas? Laß mich im grab ruhnl
Hut', o frömmster, die hand vor befleokungl Troja gebar mich,
Dir nicht fremd. Kein holzstamm ists, aus welchem das blut quillt.
Flieh diß grausame land, o flieh das gestado der habsuoht!
5 Wißl ich bin Polydor. Hier hat mich die eiserne speersaat
Einst durchbohrt und bedeckt und mit spitzigen Schäften durch wuchert. »
Da von zweifelnder furcht im herzen gepreßt und beängstigt
Starr' ich ompor, es sträubt sich mein haar, es stockt mir die stimme.
Diß war Priamuss söhn Polydor, den mit lasten von gold einst
Sein unglücklicher vater geheim zum thrakisohen könig,
Ihn bei sich zu erziehen, gesandt, als er, Pergamums waffen
Schon mistrauend, die stadt vom heer der belagrer umringt sah.
Der, als gewichen das glück und die kraft der Trojaner gebrochen,
Schließt Agamemnons macht sich an und den siegenden waffen,
5 Frevelt am heiligen recht, erschlägt Polydorus und nimmt ihm
Räubrisoh den schätz. Wozu zwingst nicht du der sterblichen herzen,
254
trost, daß noch etwaß von meinem herr vatter s. bey leben ist nndt
mich lieb hatt, zum andern so divertirt Ihr mich ja alle post, zu
verzehlen, waß in Teütschlandt vorgeht, welches ich sonsten nicht
wißen konte , insonderheit im vatterlandt , nndt zum 3ten so hab
ich ja auch l so lieb, alß Ihr es wünschen könt, also ist ja gar un-
nöhtig, zu sagen, daß Ihr mir zu nichts nutz seydt. Es wundert
mich, weillen monsieur Suthon ' curieux ist undt die medaillen gern
sieht undt verstehet, daß er die meinen nicht zu sehen begehrt
Er denckt vielleicht, weillen er lang hir wirdt sein, daß er zeit ge-
nung dazu finden wirdt. Es ist ein reverie s , die Euch ahnkompt,
liebe Louise , Euch einzubilden , daß Ihr klecken in Ewern brieff
gemacht ; er 4 war kein eintziger drin. Ewer liebes schreiben von
no 62 vom 10 ist völlig beantwortet; weillen ich aber noch ein
altes habe vor donnerstag, wo mir gott leben undt gesundtheit ver-
leyet, so will ich dießen abendt noch auff Ewer kleines frisches
briffgen von 12, no 63, andtwortten. Es ist doch wunderlich, daß
Ihr nun meine schreiben nach einander entpfanget undt daß das
von 7, no 7, doch noch alß außbleibt. Ewere reiße nach Geyßen-
heim wirdt dießmahl kurtz sein. Meine ruhe hir ist nicht viel
länger, wie Ihr auß dießem schreiben ersehen werdet. Ich bin ge-
wiß , daß Ihr mademoiselle de Malause brieff nicht werdet ohne
threnen [lesen] können wegen ihres standthafftigen glauben; sie ist
glücklich , in den todtsangsten keine forcht zu haben. Ich habe
heütte einen frischen brieff von der lieben printzes von Wallis be-
kommen ; die schreibt mir , daß man mademoiselle de Malausse
außer gefahr helt, welches mich hertzlich erfrewet. Ihr werdet mir
einen gefahlen thun, Euch zu informiren, wo der gutte, ehrliche
undt gar geschickte Rousseau hingekommen ist 5 . Wo mir recht ist,
so hatt mir jemandts gesagt , er were in der Schweitz. Er mahlt
über die maßen woll en fresque undt designirt gar schön. Alle die,
*
Scheußlicher banger nach gold !
Vergl. : Des P. Virgilius Maro Äneis. Im versmaß der ursohrift übersetit nebst
einleitung und anmerkungen von Dr W. A. 6. Hertzberg. Stuttgart 1859.
s. 55. 56. Es mag daran erinnert werden, daß Dante im 13 gesange seines
Inferno des Vergilius erfindung nachgeahmt hat.
1 ? Euch. 2 Robert Sutton, der englische gesandte , der naobfolger ron
lord Stairs. 3 rßverie, träumerei, grille. 4 ? es. 5 Vergl. den brief
vom 4 August, oben s. 225 und nachher den brief vom 12 Ootober.
25ß
60 die Orangerie hir sehen, admiriren es. Hiemitt ist Ewer zweytes
schreiben auch völlig beantwordet undt wir haben nichts neues, alß
daß ein gar ehrlicher man, so monsieur du Vergay hieße undt com-
mis8aire ordonateur de la marine [war], vorgestern nachts dans la
rfle du ... du monde assasinirt worden. Man hatt ihn vor einen
andern ahngesehen, welches man daher weiß, daß man gehört, daß
man ihm zugerufen: «Adieu, monsieur Simon!» knal undt fall eins.
Die assasinats werden gar gemein zu Paris; man hört gar offt der-
gleichen seyder ein jähr her. Adieu, hertzallerliebe Louise! Ich
ambrassire Euch von hertzen undt behalte ich * allezeit recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
Copie de la lettre de mademoiselle de Malausse 2 .
Madame,
Los bontäs don[t] votre Altesse Royalle m'a toujours bonoree,
me fönt prandre la liberte ä Tagonie, d'avoir Thonneur de Tassure[r],
que je meur[e] remplie de reconnoissance et de confiance, que pour
l'amour de moy el[l]e honorera mes trois neveux, ma niece et sa
fille de sa puissante protection et qu'elle leurs en donnera des
marques et faira que monseigneur le Regent les comblera de ses
bontäs. Je finy ma vie en faisant des voeux tres ardans pour vos
Altesses Royalles et pour que Dieu les comble et tout ce qui leur
ap[p]artien[t] de ses plus sainte[s] benediction[s] , surtout les spiri-
tuelles, car les temporelles ne sont rien. C'est ce que je san 8 bien
vivement ä present, que Dieu me fait la gräce de mourir sans dou-
leur et avec un espoir si libre , que je ne fais que le benir de sa
grande misericorde de m'avoir fait naitre dans sa sainte religion
et de m'avoir ac[c]orde la gräce d'y persevörer et celle d'y mourir,
eomme j'espaire 4 , dans peu d'heure[s] en imploran[t] la tres sainte
Trinite de me pardonner tous mes peches par le sang de mon di-
vin Redamteur, en qui seul je mais 8 ma confiance. Dieu ve[u]ille,
Madame, don[n]er a Yotrc A. R. les mesmefs] sentimens! Mon
zelle 6 pour eile me fait prandre cette liberte et celle de la sup-
1 ? Euch. 2 Diese aufschrift ist von Elisabeth Charlotte , der folgende
brief dagegen von einer mannerhand geschrieben. 3 d. h. sens, 4 d. h.
j'etpdre. > d. h. mets. 6 d. h. zele.
[p]lier tres humblement d'excuaer toutes mes lautes et d'estre
suad6[e] que jatnais personne n'a eüe ponr V. A. R. un at[t]ache-
ment plus sinaere ', que celle qui a l'honneur d'estre avec un pro-
fönt* reBpect,
Madame,
De Votre Altesae Royalle
La tres humble, tres obeissante
Et tres fidelle servaiite
Charlotte Üonrbon.
ce mardy 13" aoüt 1720.
1152.
St Clou den raitwo[ch], 23 Auguati 1720 (N. 22).
Hertzall crliebe Louisse, der postraeister batt mir sagen laßen
daß die posten gantz geendert sein undt daß ich ahnstatt don-
uerstag abendts undt aontag abendts meine paquetteu mitwog abendts
undt sambstag abendts schicken müste, welches leicht zu thuu i
Fauge also beütte dieße neue ordre ahn. Letzte poat habe ich aaff
Ewere 2 letzte schreiben geantwortet , nun komme ich auff wall
mir noch über ist von Ewern alten lieben schreiben, ao ich bißher
nicht habe beantworten können, vom 9ten Julli, im 53. Ich \
geblieben, wo Ilir mir sagt, daü Ihr hinter Ewerm hauß die musaiq
von den jagtbörnern gehört habt, die melancolisch war, aber waß
man lustige melodien beist, alß menuets undt rigaudons*, die kau
ich vor meinen todt nicht leiyden. Dieße melodeyeu liaben mir
die operaen verlajdt undt es gebt mir wie monsieur Grichard ic
grondeur*, ich liebe «la danec grave et trea grave». Der hertzog
von Mecklenburg, wen er in gedancken saß undt man ihn fragte,
1 d. b. sincere, 2 d. h. profend. 3
stück und teni. i <Lo grondeur«, komOdle
1610 z
gest.
delnM 1 abhärtet
■Aogtutio de Rroey«,
r von 63 jab
Montpellier 25 November 1723. Bruey; baue die komOdie aif /Uof w
gelegt, die Schauspieler weigerten sieb indessen , d:eselb* als ein große)
auf inf üli reu und so zog denu in dos vnrlaGer» abi>e«»nheit der mit die«
freundete Jean Palaprat, geb. ED Toolooee I8&0, 11 jabre alt geil, tu I'ini
23 Ootober 1121, die diabtung in drei acte cusammeo unJ in dieaer geeiall
wurde dann das atutk erstmals im Tip Mite franoaJs im Januar 11191 dargestellt.
257
woran er dächte, sagte er: «Paix! je donne audiance a mes pen-
sees.» Seine zweyte gemahlin konte es beßer thun; den sie hatte
mehr verstandt, alß er. Es war doch eine wunderliche sach mitt
dießem herrn , er war woll erzogen , konte über die maßen woll
sprechen; man konte ihm kein unrecht geben, wen man ihn hörte,
aber in alles, was er tat, war [er] arger, alß kein kindt von 6 jäh-
ren thun könte. Er klagte mir einmahl sein leydt, ich andtwortete
nichts drauff. Er fragte mich, warumb ich nichts andtwortete; ich
sagte blat heraaß: «Waß solle ich E. L. sagen? Sie sprechen über
die maßen woll , aber Sie thun nicht , wie Sie reden , undt Ihre
gantze conduitte ist erbärmlich undt machen [Sich] in gantz Frank-
reich außlachen.» Er wurde böß undt ging weg. Aber ich sagte
ihm dießes, weillen er wenig tag vorher dem könig eine audientz
gefördert hette 1 . Der könig meinte, er hette von affairen mitt ihm
zu tractiren , ließ ihn in sein cabinet allein kommen ; so sieht er
den könig ahn undt sagt: «Sire, je voas trouve cru despuis que je
n'ay eüe Thonneur de vous voir.» Der könig andtwortete: «Je ne
croyes pas estre en age de croistre;» den der könig war damahlen
35 jähr alt. Darnach sagte er : «Sire, vous aves bien bonne mine ;
tont le monde trouve que je vous ressemble, mais que j'ay encore
mellieure mine que vous.» Der könig lachte undt sagt: «Cela
peust bien estre.» Damitt ging er wider weg. War daß nicht eine
schönne audientz? Der könig konte so hertzlich lachen, wen er es
verzehlt. Aber hiemitt genung von diesen herrn gesprochen! Ich
hoffe, daß dieß trait d'histoire Euch ein wenig wirdt lachen machen ;
komme jetzt wider auff Ewer liebes schreiben. Ich bin gern in
Ewern gedancken undt habe glauben ahn Ewerm gebett undt bin
persuadirt, daß der allmächtige eher die puren undt fromme seelen,
wie Ihr, liebe Louise, seydt, erhöret, alß andere •. Ewere[r] niepee
wünsche ich eine glückliche niederkunfft. Wen sie nur bey dem gar-
mager-sein ihr stäreke behält ! den es gehört stäreke, woll ins kindt-
bett zu kommen. Waß mich förchten macht, daß ihre gesundtheit
nicht zum besten ist, ist, daß sie bitter übel außsehen solle; doch
habe ich gehört, daß, wen schwangere weiber übel außsehen, daß
es ist , daß die kinder alle kräfften ahn sich ziehen undt gar ge-
*
VI hatte. 2 Vergl. den folgenden brief und band I, s. 234, band II,
s. 713.
Elisabeth Charlotte 17
258
sundt sein, also glückliche niederkunfft gibt, welches ich von hertzen
wünsche. Ich weiß nicht, wo monsieur Le Fevre hinkommen; will
morgen nach ihm fragen. Er hatt mir letztmahl gesagt, er würde
baldt weg, hatt mir auch einen brieff gefordert ahn unßere liebe
printzes von Wallis. Ich schriebe einen brieff von 24 seytten,
meinte, er würde ihn abhollen; ich habe aber nichts von ihm ge-
hört undt gesehen, fürchte, er seye kranck worden. Wo mir gott
daß leben erhelt, werde ich Euch biß sambstag berichten, wie es
mitt [ihm] bestelt ist. Ihr habt woll groß recht, liebe Louise, daß
man sich in dießer weit über nichts recht erfrewen kan undt alles
gar unvolkommen ist. Von den affairen kan ich nicht sprechen,
den ich verstehe es gantz undt gar nicht. Daß printz Wilhelm
nach Englandt gangen, war ein mißverstandt ; ich hatte es übel ge-
legen. Er hatt nun wider einen jungen printzen bekomen; gott
wolle ihn erhalten zu deß gantzen hauß trost! Seine gemahlin ist
den 14 dießes monts ins kindtbett kommen. Printz. Wilhelm ist
nun wider auff seiner rückreiß begriffen, soll baldt wider zu Gassei
sein. Ich habe all mein leben gehört, daß nichts ungerahtners ist,
alß pfarerkinder. Von monsieur Francheville werde ich nichts sa-
gen, den ich kenne ihn nicht undt glaube nicht, daß ich ihn mein
leben gesehen habe *. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben vom 9 Julli
völlig beantwordet. Ich habe noch eines vom 29 Juni, no 50, so
unbeantwortet geblieben. Dießes ist zu alt, umb artickelweiß drauff
zu [antworten]; will doch hir undt dar noch von waß sprechen,
alß nehmblich daß sie der dock[t]or Bruner gar woll zu Hannover*
undt den printz Friderich, gott lob, courirt hatt, wie mir monsieur
Harling undt baron Goertz schreiben. Zu Ewere gutte wünsche
vor dießem printzen, liebe Louise, sage ich von hertzen amen. Zu
Modene soll es doli zugehen , sollen wie hundt undt katzen sein
undt sich offt zancken, welches mir kein wunder gibt; den ich kene
den dollen, übel gezogenen undt verwehnten kopff von mein enckel*
nur gar zu woll. Ich forcht, es wirdt auff ein greulich lamie auß-
*
1 Vergl. band IV, 8. 7. 2 ? daß sich ... zu Hanover hält. Vergl. den
brief vom 18 Juli, oben s. 204. 205 und nachher die briefe vom 25 September
und 23 November. Ein doctor Bruner wird sohon band I, s. 175, ein dootor
Brauner band II, s. 91. 97, ein doctor Breuner band IV, s. 65 erwähnt. Viel-
leicht sind alle diese ärzte eine person. 3 mademoiselle de Valois. ' Vergl.
die briefe vom 26 Mai, 10 und 18 August, oben s. 155. 156. 236. 243.
259
gehen '. Unßer hertzogin von Hannover ist den 20 von dar weg,
umb zu ihrer keyßerin zu reißen im Tirol *. Ihr habt woll groß
recht, gott lob zu sagen undt gott zu dancken, nicht geheüraht zu
sein; den die besten* deügen den teüffel nicht 4 . Ich bin weder
hübsch , jung noch reich , aber wen ich alle 3 be[i]samen [wäre]
undt ein schönner, woll geschaffner keyßer mich wolte, würde ich
es in gnaden abschlagen. Daß ist alles, waß ich auff dießen alten
brieff sagen werde. Ich will Euch nun meine reiße von donnerstag
verzehlen; aber ich erinere mich jetzt, daß ich es schon vergangen
sontag geschrieben. Ich weiß gar nichts neues, also muß ich vor
dießmahl schließen. Morgen werde ich erst Ewer liebes schreiben
bekommen , so ich , wo mir gott daß leben undt gesundtheit ver-
leyet, biß sarabstag beantwortten [werde]. Adieu, liebe Louisse,
Es ist auch zeit, daß ich mich ahnziehe, in kirch undt ahn taffei
gehe. Nach dem eßen werde ich nach Madrit * spatziren fahren!
undt wen ich wieder werde gekommen sein, werde ich ahn unßere
hertzogin von Hannover schreiben. Adieu, liebe Louise ! seydt ver-
sichert, daß ich Euch von hertzen lieb habe undt all mein leben
behalten werde!
Elisabeth Charlotte.
1153.
St Clou den 31 Augusti 1720 (N. 23).
Hertzallerliebe Lonise, man hatt mir abermahl von der post
sagen [laßen], daß die donnerstagspost , so den freytag morgendts
gar früh weggeht, wieder eingericht ist; also werde ich Euch wie
ordinarie alle donnerstag schreiben. Die sontagspost ist geendert,
wirdt nicht mehr, wie sie sagen, montag morgendts weggehen, son-
dern den sontag; also werde ich Euch liebe Louisse, hinfüro alle
sambstag schreiben. Vergangen donnerstag habe ich Ewer liebes
schreiben vom 17 Augusti, no 64, gar woll entpfangen, war doch,
wie Ihr segt e , 12 gutter tag alt. Mich deucht, vor dießem wahren
1 Vergl. oand III, s. 296. 2 Vergl. nachher den brief vom 25 Sep-
tember. 3 ?die besten ehen. 4 Vergl. die briefe vom 25 Juli und 18 An-
gut, oben 8. 217. 245. 5 Madrid, schloß im bois de Bonlogne. Vergl.
band II, s. 649. 6 d. h. gehet •
17*
260
sie nur 9 tag unterwegen, aber alles geht nun drunter undt drüber;
daß macht einem daß leben müht. Es ist aber auch zeit, daß ich
auff Ewer liebes schreiben andtworte. Bißher ist nichts neues vor-
gangen, ob sich zwar daß parlement zu Pontoisse noch maußig
macht. Mein söhn ist , wie Moses , eine geplagte seel , hatt also
nicht allein gutte wünsche , wovor ich Euch , liebe Louise , sehr
dancke, von nohten, sondern auch frommer seelen gebett '. So lang
die regence dawern wirdt, muß er ahn keine ruhe gedencken, hatt
noch 3thalb jähr vor sich, umb zu leyden. Man thut woll alles,
waß man kan , meinem söhn zu widerstehen. Ich mögte also
woll eher selbsten drauff gehen, alß recht auß angsten [kommen].
Gestern morgen umb halb 7, alß ich mich hieher setzte, umb ahn
die printzessin von Wallis zu schreiben undt meine fenster auf-
machen ließe , wie ich alle tag thue , umb frische morgenlufft zu
schöpfen , undt die schön ne außsicht betrachtete , sähe ich einen
abscheulichen schwartzen dicken rauch sich erheben geraht, wo ich
weiß, daß das Palais-Royal ist, undt [ich erinnerte mich], wie ich
vor 6 tagen eben wider einen brieff ohne unterschriefft entpfangen,
worinnen stundt, daß man meinen söhn mitt sein[e]r gantzen famille
im Palais-Royal verbrenen wolle 2 . Wie ich also den abscheulichen
rauch dort sähe, glaubte ich, daß man daß Palais-Royal ahngeztindt
hette, erwartete also mitt verlangen undt angsten, daß jemandts
von Paris kommen mögte. Ich wartte aber nicht lang, da kämmen
von meinen letitten von Paris undt sagten mir, daß das fewer zwar
abscheulich were, aber, gott seye danck, nicht im Palais-Royal, son-
dern im vieux Louvre undt in der rüe de Fromanteau 8 , so geratt
gegen dem Palais-Royal undt opera über ist; hatte also nicht un-
recht gesehen. Daß feüer ist bey deß königs hoffschreiners pro-
vission 4 ahngangen. Ein kerl, so tapack geschmaucht, hatt daß
endt von seiner tapackspfeiff auff die bretter geworffen , die gar
drucken 5 wahren; daß hatt ahnfangen, nachts zu brenen, ohne daß
mans war genohmen , gegen 5 aber ist die flame lichterlau e auß-
ge schlagen. Es solle vor ein million vorraht verbrandt sein 7 . Es
war, gott lob, kein windt, sonsten hette daß Louver undt Palais-
*
.1 Vergl. den vorhergehenden brief, oben s. 257 und band II, s. 713.
2 Vergl. den brief vom 24 August, oben s. 249. 3 Fromenteau. 4 pro*
vision, vorrath, also in den lagerräumen. 5 d. h. trocken. 6 d. h. lichter*
lohe. 7 Vergl. nachher den brief vom 21 September.
261
Royal verbrenen können. Alleweill kompt man mir sagen, daß das
feüer noch in den kellern brendt; den es war ein[e] provission von
kohlen drin, die seindt ahngangen. Man hofft doch, daß es nicht
weitter gehen wirdt. Ich wünsche woll von hertzen, daß gott der
allmächtige den armen Heydelberger[n] beystehen möge undt des
chorfürsten äugen öffnen , damitt er erkenen mag , wie die ver-
fluchte pfaffen ihn gegen sein eygen interesse rahten, seine unter-
thanen zu quellen, welches gegen gott undt der weit ist. Wir ha-
ben in Franckreich eine abscheuliche pest nun zu Marseille, Arle[s]
undt Aix *. Gott bewahre , daß es nicht herkommen mag ! Könte
mir also woll gehen, wie dem könig von Böhmen, unßer groß herr
vatter, zuMaintz, wo er, wie Ihr woll wist, ahn der pest gestorben
ist f . Ich muß aber nun auch meine pausse machen. Waß mir
zeit benohmen, ist, daß ich heütte meine 12 capittel geleßen undt
wie ich eben daß evangellium von sanct Lucas ahngefangen, wo die
zwey ersten capittel sehr lang sein; daß hatt mir zeit benohmen.
Dießen abendt aber wen ich wider von Madrit werde kommen
sein, hoffe ich auff alles von Ewern lieben schreiben beantwort-
ten * ; nur noch sagen, daß ich wünsche, daß man Euch eine ahnge-
nehme surprisse machen wirdt undt die versprochene zettel bezahlen.
*
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 333. 334 unter donnerstag,
8 August 1720: «On mande de Marseille que depuis quelques jours il y est
tnort beauooup de gens d'une maladie oontagieuse; qu'on oraint que oela ne se
repande plus loin ; il est d6fendu de sortir de la ville. Les ohemins sont bou-
ehes de tous oötes ; le parlement d'Aix prend toutes les preoautions ngcessaires
pour empöcher que oette maladie, qui ressemble fort ä la peste , ne se oom-
mnnique aux pays voisins et de lä dans tout leroyaume.» Ebendaselbst s. 336
unter «mittwooh, 14 August 1720: «On mande de Marseille par plnsieurs lettres
qu'on a reoues, que le mal oontagieux y diminue fort et qu'il ne s'est point
da tout repandu hors de la ville.» Man vergl. auch nachher die briefe vom
7 und 21 September und vom 5 Ootober. 2 Der böhmische könig, kurfürst
Friedrioh V von der Pfalz, starb 36 jähre alt, an einem heftigen lieber zu
Mainz 29 November (19 November alten stils) 1632. Man vergleiche über
Ihn band TU, s. 223. «Sein tod ward ohne grund einer Vergiftung zugeschrie-
ben; auoh die naohricht von der pest ist nicht ganz sicher. Wahrscheinlich
trafen körperliche und seelenleiden zusammen. Im übrigen hat man bemerkt,
daß der November für Friedrich verhängnisvoll war; krönung, flucht aus Böh-
men und sein tod fallt in diesen monat.» Ludwig Häusser, Geschichte der
rheinischen Pfalz. II. Heidelberg 1845. s. 507, anmerk. 61. 3 ? antworten
zu können.
Sambatag umb halb 3 nachmittags.
Da komme ich eben von taffei undt werde Euch noch entre-
teniren, biß meine kutschen kommen. Die uest mögte noch woll
wider nach Mauheim kommen, wie sie zu meiner zeit war, welches
ich mein leben nicht vergeßen kau; daß hatte auch mitt flecken-
lieber ahngefangeo. Daß gelt wirdt baldt eben so rar in Englandt
werden, alß hir; den man versichert, daß [durch] die santsee '
eben so viel unrnhe undt raritet im gelt zuwegen gebracht wirdt,
alß hir immer. Aber da kommen meine kutschen herein, ich werde
nach Madrit, undt wen ich wieder werde kommen sein , hoffe ich
dießen brieff außzusclir[e]iben.
Sambstag umb halb 7 abendts.
Da komme ick eben von Madrit undt werde nuu fleißig schrei-
ben. Ich habe mich überall erkundiget, ob nichts neues vorhanden;
aber es ist gar nichts vorhanden. Der duc de Villeroy, der duc de
Guiche, der duc de Bouffiers] seindt nach Madrit kommen, umb [mit]
mir deß zweytten aohiis vom duc de Villeroy, deß marquis d'Allin-
conr[t] keürahtscontract zu unterschreiben, welcher deß jungen dacs
de Bouffler[s] scli wester heüraht*. Der duc de Guiche ist der mare-
challe de Bouffiers] ihr hruder, seindt hey[d]e deß ducs de Gramont
seine kinder. Daß ist alles, wali ich neues weiß. Ich komme jetzt
wie.der aaffEwer Hohes schreiben, wo ich geblieben war. Ich wolte
auch, daß man Euch viel in Englandt schuldig were. In dießem
augenblick bringt mir mein Schatzmeister eine gutte zeittung sagen,
1 Vergl. nachher den brief vom 21 Septimber. Es ist die von Ilarlej
jähre 1711 gegründete «Suutb Sea Company» gemein«. Man vergleiobo dar-
über: A. Kurtiol, -Dar actienhandel Jer britischen Südsco-eonipsgniei, naohtrag
tu dea terfußeris abhandlung: «Üeachiobto der Law'scher. unanioperation wah-
rend der minderjährigkeit Ludnign XV in Frankreich» in: Historisches tasohen-
buob. Herausgegeben tob Friedrich von Räumer. S«i» folge. Siebenter Jahr-
gang. Leipzig 1846. s. 587 bis 591. Histnry ol Kaglaod from the peaee ol
Utrecht to the peace of Versailles. 1113 ■ :- Bj i - . Mahoo. LL (Co-
pyright odition, band 270 in Tauuhnitis Colleotluu uf British auibom.)
zig 18B3. .= . 3 bis 25. 2 Vergl. nachher den btief vom :■ Oati.ber. Jour-
nal du tnaronis de Dangeao XVIII, s. 331 unter freilag. » Aogut I1J0,
la marfohal de Villeroy maxie le marquis d'A<;rieou[t, fr^re oadet du loarquii
Villeroy, aon petit-Als; 11 rpouse rusdemuiselle de Bouffier«, Alle du feu marechal
de Bouffiers et da la mareobale de Bouffiers, souur du duc de Uraiuont ot fi
d'un grand_ u)6ritB.'
263
nehmblich daß mein söhn ein ordre ertheilt, daß man mir alle
woch gelt geben solle; hatt mir daß ordre gewießen. Daß war
hoch nöhtig; den meine leütte hatten mir ahngekündtet , daß
sie mir nicht mehr ohne gelt zu eßen geben' könten ; also ist
dieße zeittung gar gutt. Ich haße die interessirte pößger 1 ; daß
schnüren stehet mir nicht. Apropo von schmiren , man hatt hir
dem monsieur Le Fevre die hände praff schmir[e]n wollen, allein er
hatt alß ein ehrlicher man gehalten undt nichts wollen nehmen ; man
hatt ihm biß auff 20/m thaller ahngebotten undt einen demandt von
10/m thaller, hatt nichts genohmen, hatt sich dadurch ein grob 2 lob
hir erworben 8 . Morgen früh wirdt er wider nach Englandt. Ich
zweyffle nicht, daß er Euch hetitte noch schreiben wirdt undt von
seinen geschafften rechenschafft geben. Mein tag habe ich nie so
viel von interessen gehört, alß nun; daß finde ich recht eckelhafft.
Ich sehe meinen söhn so müde von regieren, daß ich glaube,
daß er noch ein größer königreich, alß daß von Arelat, abschla-
gen würde \ Ich bin sehr ingnorent; den ich habe gar kein
gedächtnuß undt seyder meinen kinderblatter[n] hatt es noch gar
eehr abgenohmen; daß macht mich alß fürchten, daß ich baldt kin-
disch werde werden, den daß fängt ordinarie bey dem bößen ge-
dächtnuß ahn. Ihr habt noch zeit vor Euch , liebe Louise , aber
meine tage seindt schrecklich verschließen. Aber ich wolte keine
zehn jähr jünger sein, alß ich bin; man wirdt deß lebens greulich
müht undt satt. Daß alter lest sich fühlen , wen man über die
50 ist; es ist gewiß, daß, so [ge]sundt man auch sein mag, so ent-
pfindt man doch, daß die kräfften abnehmen. Daß ist eine reglirte
Sache, daß, wer in dieße weit kompt, muß sterben, «cela est bien
desobligent 5 .» Seyder 3 tagen fengt daß wetter wider ahn , gutt
zu werden. Wir haben hir gar viel regen gehabt. Der regen von
Geisseuheim hatt Euch erwießen, wie leydt es Geissenheim war,
daß Ihr weg zogt, undt der Sonnenschein zu Franckfort hatt Euch
in nahmen der Franckforter erwießen, wie froh sie wahren, Euch
liebe Louise , wider zu haben. Es ist gewiß , daß es betrübt ist,
kinder zu verliehren; aber mich deucht, man kan sichs doch baldt
1 d. h. possen. 2 ? groß. 3 Vergl. band IV, s. 261. 274. 278. 288. 299.
4 Vergl. den brief vom 4 Augast, oben s. 222. 5 desobligeant. Es ist diß
eine redensart der frau von Bregis. Vergl. band II, s. 592. 605.
264
wieder getrosten , wen es figureii sein , wie der hinckende graff
Perlips war. Die alte graffin Berlips solle gar viel verstandt haben,
batt sieb aber schrecklich in Spanien verhast gemacht. Sie ist doch
nicht so schlim, alß der verfluchte Alberoni. Hiemitt ist Ewer lie-
bes schreiben völlig beantwortet , bleibt mir nichts mehr Aber, zu
sagen, alß wie ich bin undt gar gewiß verbleibe, so lang ich lebe,
die person von der weit, so Euch, hertzallerliebe Louise, ahm lieb-
sten hatt undt allezeit haben wirdt.
Elisabeth Charlotte.
1154.
St Clou den 5 September 1720 (N. 24).
Hertzallerliebe Louise, vorgestern habe ich Ewer liebes schrei-
ben zu recht entpfangen , nein ich betriege [mich] , es war ver-
gangenen sontag; es war vom 20 Augusti, no 65. Es [geht hir
zwar alles still her, aber daß murmeln ist groß undt daß gibt doch
keine rechte ruhe * ; den von einem augenblick zum andern kan gar
stareke unruhe kommen. Vor etliche tagen haben laquayen eine
große insolentz begangen. Ich kan nicht begreifen, wie leütte ley-
1 G. Brunet II, s. 268 theilt, als von Elisabeth Charlotte in einem briefe
Tom 6 September angeführt, folgende Strophen mit:
Si tu yeuz de ton parlement
Changer l'hnmenr hautaine,
De Pontoise, sire Regent,
Fais-le passer ä Fresne!
C'est nn lien de oorreetion,
La faridondaine, la faridondon,
Oü d'Aguesseau s'est oonverti,
Biribi,
A la faoon de Barbari,
Mon ami.
Aooables de malhenrs, menaoes de la peste,
Grand saint Booh, notre unique bien,
Eooutez nn peuple ohr6tien!
Nous ne oraindrons rien de funeste,
Venez nous seoourir, soyez notre soutien,
DStoumez de sur nous la oolere Celeste,
Mais n'amenex pas votre ohien I
Nous n'avons pas de pain de reste.
265
den mögen , daß ihre läquayen so insolent sein ; sie haben dem
armen kindt, so von der promenade kam, deß Laws sein dochter,
alle wüstereyen von der weit nicht allein zngeruffen undt * mitt
steinen geworfen*. Ich sehe woll , waß es ist; die junge heim
jetziger zeit haben. sich zu gemein gemacht .mitt ihren läquayen,
brauchen sie zn allerhandt infamien, dörffen ihnen hernach nichts
sagen; die läquayen spülen den meister undt die herrn dörffen
ihnen auß obgemelten Ursachen kein wordt sagen *. Dancke Euch,
liebe Louise, mir viel Zufriedenheit zu wünschen ; daß kan ohnmög-
lich geschehen, werde nur woll zufrieden sein, wen nichts Übels
kompt, wie leicht geschehen könte. Ahn mein schreiben vom 7,
no 7 , ist nicht mehr zu gedencken ; sie müßen es auff der post
verlohr[e]n haben, welche nun doller, alß nie, geht. Vor 8 tagen
l[i]eßen sie mir sagen, ich solte den mittwog schreiben; daß thate
ich; seyderdem sagen sie, ich könte nur donnerstags wie ordinarie
schreiben, aber nicht mehr sontags, sondern den sambstags; folge,
wie er secht 4 , alle ihre grillen. Daß mein verlohrner brieff in an-
dern handen kommen, da frag ich nichts nach; es war nichts drin,
so mir ungelegenheitt machen könte. Ich bin seyder viel jähren
her so ernstlich geworden, daß es derowegen schwer zu rahten ist,
ob ich trawerig bin oder wie ordinarie. Lustig thue ich lengst
nicht mehr , habe daß lachen auch schir gantz verlehrnt B ; wer vor
etlichen jähren geschehen, waß gestern in der commedie vorgangen,
so hette ich 3 tag drüber gelacht. Mademoiselle de la Rochesurion 6
hatt einen possirlichen portzelbaum gemacht; die banck, worauff sie
saß, brach auff einmahl unter sie, sie versuncke auff einen stutz, man
konte sie schir nicht wider herraußziehen ; sie ist groß undt starck, ahn
solchen leütten ist es noch possirlicher, zu fallen. Sie lachte selber
von hertzen drüber; ich war aber recht erschrocken, den ihr kopff
war so starck zurückgeschlagen, daß ich gemeint, daß sie sich wehe
gethan hette, war aber getrost, wie ich sie so von hertzen lachen
*
1 ? sondern auoh sie. 2 Vergl. nachher die briefe vom 14 September
und 5 Ootober. 3 Vergl. nachher den brief vom 5 Ootober. G. Brnnet II,
s. 267, anmerk. 1: «La oorrespondance administrative sons le regne de Louis
XIV», publice par M. Depping, fournit (t. II, 1851, in-4) des dStails sur les
tronbles oans6s par les laquais, sur les vols et les assassinats oommis dans les
rues de Paris, sur la fureur du jeu, etc.» 4 ?wie Ihr sehet. ?wie ersichtlich.
5 Vergl band I, s. 497. 498, band II, 8. 709. 6 Roohe-sur-Yon.
266
pahe '. Mich deucht, unßere ehrliche Teütschen thun nicht alles so
umb gelt, wie die Frantzoßen undt Engländer, sein dt gar gewiß
weniger interessirr. Mein gott, wie finde ich den interesse eine
heßliche sache! Es ist woll [nicht] recht, den gott Mamon dinen,
wie in der h. schriefft stehet; glaube, daß keine größere verdam-
naß ist; den daß ist der grundt von alles Übels. Unßere Teüt-
schen können ihr leben ihre beüttel nicht spicken, wie die Eng-
länder; den wie sie nicht so interessirt sein, so gedencken sie nicht
ahn allerhandt fünck * undt renck , gelt zu bekomen , halten daß
kauffmanshandtwercken vor eine schände undt daß finde ich estimable.
Mein docbter ist , gott lob, von ihren geschwern gantz courirt undt
fahrt wider auff die hirschjagt. Die geschwer im mundt thun weher,
alß änderst wo. Aber ich muß meine pausse [machen]. Dieß[en] nach-
mittag werde ich dießen brieff außschreiben.
Donnerstag, den 5 September, umb ein viertel auff 5 uhr.
Gleich nacli dem eßen habe ich gar ein hauffen brieffe bekom-
men, die habe ich geleßen undt unter andern eines von Ewern lie-
ben schreiben von 24 Augusti, no 66, welches ich heütte nicht be-
antwortten werde, sondern vor übermorgen sparen. Nachdem ich
alle meine brieffe geleßen, bin ich entschlaffen undt werde jetz[t]
erst wider wacker, komme wieder, [wo ich geblieben] ; aber da kom-
men meine caleschen , ich werde ein wenig spatziren fahren , den
es ist heütte daß schönste wetter von der weit.
Donnerstag umb 7 abendts.
Wie ich wieder von der promenade [gekommen] , bin ich in
meine tribune undt habe mein abendtsgebett verlieht, umb gleich
einzuschlaffen können , wen ich zu bett gehe , liebe Louisse ! Ich
komme jetzt wider auff Ewer liebes schreiben, wo ich dießen nach-
mittags geblieben war. Die königin in Preüssen hatt mir schon
daß unglück von dem pulverthurn geschrieben; aber sie meldt nicht,
daß sie gar übel drüber erschrocken seye, sondern sie spricht nur
davon, wie von einer zeittung undt ein groß unglück; sie [sagt]
aber nicht, [daß] die fenstern im schloß gesprungen undt außge-
fallen. Daß erinert mich ahn einer avanture, so zu Besancon • ahn
*
1 Vergl. Qfiobbor den brief vom 5 Ootober. 2 ?fünd. 3 Befanoon.
267
madame de Dora[s]fort begegnet undt welche meine dame d'atour
geweßen; sie war deß duc marechals de Duras Schwester nndt
tante von mademoiselle de Malause. Der marechal da Duras war
gouverneur von Bezangon nndt damahlen war seine Schwester noch
nicht bey mir. In deß mare[sc]halcks hauß zu Bezan^on da war ein
gartten, im endt von gartten wahren nichen mitt statuen, nndter an-
dern eine figur von Jupitter, so etwaß gar schönnes ist. Der könig
hatt [sie] gekauft, es ist der rechte Jnpitter vomCapitole, jetzt zu
Yersaille[s]. Madame de Darasfort war einmahl zu Bezancon gantz
allein in ihres brudern gartten, ging zu der statüe undt sagte: «0
$a, monsieur Jupiter, on dit que vous aves parles auttrefois; nous
voila seuls, parles moy donc ! aussi bien tenes-vous la bouche entre-
ouverte '.» In dem augenblick, wie sie daß sagte, zerspringt die
pulvermühl mitt gar großen knal. Madame de Dura[s]fort meint,
Jupitter fing ahn, zu reden, erschrack so erschrecklich, daß sie rack
ohnmachtig wardt undt man sie auß den gartten tragen muste; wir
haben sie biß ahn ihr endt mitt vexirt. Die königin schreibt, daß
2 gantze gaßen zu grundt gangen sein undt gar viel personnen
ambkommen sein. Mich wundert, daß eine fraw von Hendtschuch-
heim* nicht catholisch ist; den zu Hendtschuchbeim undt Seckenheim
undt Ketsch wahren ja zu meiner zeit catholische kirchen. Man
thut gar woll, den jungen zu straffen, so die schwanger fraw so
hatt fallen machen. Der junge printz von Sultzbach solle allezeit
im schloß zu Heydelberg sein ; man thut woll , den es ist keine
beßere lufft in der weit *. Die printzes von Sultzbach thut woll,
dort ins kindtbett zu kommen. Gott verleye ihr einen gesunden
printzen! Der churfürst lest, wie mir monsieur Gravenbroch dießen
abendts gesagt , daß Cburpfaltz daß schloß undt den gartten zu
Heydelberg biß auff der großen grotten wider zurechtmachen lest 4 ,
welches doch woll sagen wolte, das er es noch bewohnen will, daß
heist, er thut waßer in seinen wein. Ich hoffe, daß noch alles gutt
werden wirdt undt die bößen pf äffen endtlich nachgeben werden
müßen, wozu ich glaube daß die entreveüe von könig in Preüssen,
Denemarck undt der landtgraff von Cassel viel hilft. Hiemitt ist
*
1 Der 8 atz lautet in beßerer Schreibung: «Or cä, monsieur Jupiter, on
dit que vous avez parlä autrefois; nous voilä seuls, parlez-moi dono! aussi bien
tenei-vous la bouohe entr'ouverte.» 2 Handeohuohsheim. 3 Vergl. band II,
8. 51. 100. 190, band III, s. 425. 4 Der satz ist nicht in der ordnuqg.
268
Ewer liebes schreiben durchauß beantwortet, bleibt mir nnr überig,
zu versichern, daß ich Euch von bertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1155.
St Clou den 7 September 1720 (N. 25).
Hertzallerliebe Louise, da komme ich nun, wie ich Euch vor-
gestern versprochen habe, umb auf? Ewer liebes schreiben vom 24
Augusti, no 66, zu antwortten. Ich bin heütte gar spät aufgestanden.
Es ist auch mein leßtag, also fang ich gar spät ahn, zu schreiben; den
es ist schon nahe bey V« auf? 11. Man sagt im frantzöschen Sprich-
wort: «A quelque chose malheur est bon.» So geht es jetzt auch; den
hette ich einen großen brieff von Euch, liebe Louise, entpfangen, hette
ich ihn ohnmöglich heütte beantwortten können. Heütte habe ich
gar viel zu thun, ich muß mich ahnziehen, in kirch gehen, eßen,
nach dem eßen umb 3 uhr habe * ich eine au dien tz vom schwedi-
schen ambassadeur, dem graffen Bielcke a , haben, hernach werde ich
nach Madrit zu Chausseray[e], dort braff spatziren undt spät wider-
kommen; will heütte frühe nach bett gehen, umb die donnerstags
undt freytags-nächte wider zu ersetzen , da ich erst umb 12 uhr
nach bett bin. Gestern habe icli 20 bogen auff teütsch ahn die
printzes von Wallis geschrieben undt nur auff die helffte von ihrem
schreiben andtwortten können; den es kam ein Courier von Lot-
teringen, mitt dem muste ich einen großen brieff ahn meine dochter
schreiben. Ich hatte morgendts schon 2 brieffe geschrieben, einen
ahn die gutte mademoiselle de Malause , umb mich mitt ihr über
ihre geneßung zu erfreuen. Ich bin in der that recht fro, daß sie
nicht gestorben ist ; waß mich aber hatt doch lachen machen , ist,
daß sie die duchesse de Ghoresboury 8 hatt hollen laßen undt ihr so
gepredigt, daß dieße sich so zerweint, daß sie die vapeurs davon
bekommen undt so kranck geworden, daß sie daß bett hatt hütten
müßen. Daß ist mir recht possirlich vorkommen; den ich weiß,
welche eine dolle humel dieße duchesse de Chossboury ist. Es
*
1 ? werde. 2 Vergl. den brief vom 12 Mai, oben s. 147. 3 ?Shrews-
bury.
269
seindt leütte hir, so sie in Ittallien gekandt haben, die schönne bi-
st orien von ihr verzehlen. Ich bin auch in meinem schreiben an-
erhört gestern interompirt worden. Ich war bey dem schönsten
wetter von der weit expresse nicht außgangen in hoffnung, f[r]üher
schlaffen zu gehen , allein ich wurde accablirt von vissitten. Die
duchesse de Melfort 1 käme mittSkelton 2 undt seine Schwester, der
envoyes vom czaar kam mitt seiner fraw undt dochter, der herr
von Schleunitz. Sie haben hir in der nachbarschafft gantz ahn
dießem parq hir ein heüsgen geheürt 8 , daß sie den sommer zu-
bringen, kommen offt her, seindt gutte leütte. Deß schwedischen
secretarius fraw die kam auch mitt madame la Bare. Dieße letzte
kan nicht genung rühmen, wie gnädig Ihr, liebe Louise, sie trac-
tirt habt Sie sagt, Ihr hettet 4 von meinen contrefaitten undt
gefragt , welches ahm besten gleiche. Hir ein wordt , da ein par
wordt, damitt geht die zeit geschwindt vorbey. Ich hatte auch
nachmittags ein wenig undt stündtgen nachmittags geschlaffen 4 , war
auch im abendtgebett gewest. Daß hatt mich alles zusamen so
spätt nach bett geführt. Monsieur Teray, so heütte kommen wirdt,
wirdt mich braff filtzen; aber waß sein muß, muß sein. Alles geht
wunderlich zu Paris zu ; man hört nur klagen undt lamantiren, daß
ist eine langweillige sache auff die länge. Gutte gebetter haben
wir hoch von nöhten, liebe Louise! Zu Lion 6 ist gar keine böße
krankheit , aber woll zu Marseille undt umb die gegen[d] 6 . Ein
dorff, so Vittrol 7 heist, ist so außgestorben, daß keine seele drin
geblieben ist. Zu Marseille nimbt die pest sehr ab. Sie couriren
die pestiferirten mitt l'emetique 8 . Es ist nicht die pest , so ge-
schwer macht, sondern die, so man die pest von Siam heist, welche
ebensosehr ahnsteckt, alß die ander; die leütte bekommen hitzige
fieber, darnach sprützt ihnen daß bludt auß den äugen, naßen undt
*
1 Journal du marquis de Dangeau XVIII, s. 333 unter dienstag, 6 Au-
gust 1720: «On dit que madame de Melfort, veuve du duo d'Albemarle , a
obtenu une pension de 9,000 livres; eile 6toit fort mal dans ses affaires; eile
est Alle de feu madame de Lussan, dame d'honneur de madame la Duohesse.»
2 Ein mareohal de eamp Skelton wird im Journal des marquis de Dangeau XVIII,
8. 6 unter montag, 6 Merz 1719, erwähnt. 3 d.h. gemiethet. 4 ? ein wenig,
ein stttndohen, geschlafen. 5 Lyon. 6 Vergl. den brief vom 31 August,
oben s. 261 und* nachher die briefe vom 21 September und 5 October. 7 Vi-
troUes, dorf in Frankreich im jetzigen departement Bouohes du Rhone, arr. Aix«
8 Smetique, breohmittel.
270
»dem im gesieht, sterben so; andere, denen wirdt die naß. die
angen undt mundt kohlschwartz undt fallen maußtodt dahin. Daß
beste von dießen allen deucht nicht viel. Hir gibt es viel fieber.
MebiHarling hatt gar ein starck Stagig fieber, nimbt quinquina 1 ,
dem man ilm starck pnrgirt hatt. Ich glaube, er batt sich zu sehr
roitt der jagt erhitzt, , feltliüuer zu schießen gehen undt caninger.
Gar oft't habe ich schmertzen in den knien; daß liebe alter weist
sich in allen stücken. WaLi will mau thunV es ist der weit lauft".
Der Rotzenlieusserin ihr docliterman hatt scliir alles wider verdor-
ben bey seiner scliwigermutter, waß ich gatt gemacht hatte *. Man
ist schuldig , sein bestes zu thun in dießer weit , weillen wir ja
Christen seiu wollen. Der graff von Hannau hatt es gar zu heß-
lich gemacht, hatt der armen Rotzenbeusserin alte billiet geschickt,
woran sie verliehren muß"; daß ist gar nicht loblich, ich hatte
beßer opinion von ihm. Aber da schlegt die uhr, ich muß mich
ahnziehen. Dießen abendt werde ich dießen brieff gantz außschrei-
ben, wen ich von Madrit werde kommen sein.
Sambatag umb V* »uff 3 nachmittags.
Da kommen wir von taffei undt ich hoffe, noch meinen brieff
außzuschreiben können.
Den sambatag umb halb 8 abendta,
Ich habe dießen nachmittag unmöglich zum schreiben wider
gelangen können; es haben mich gar zu viel leütte interompirt. Ich
habe auch in kirch gemüst, nach der kirch habe ich die audientz
von graff Biclcke gehabt. Nach der audientz bin ich nach Madrit,
wo Chausserayje] | wohnt]; die Iiatt mich recht erdapt; sie sagte mir
gantz drucken: -Dans l'allee de la conversation des passant daus
le bois il fera hon escoutter aujourdhuy. car il y a des gens qui
mangent et boivent dans le bois, et on dit mesine de la mussique.»
Ich ging eyllendts, meinte in der that, daß es leütte wehre
gar offt geschieht, so in dem lioltz colationnirten. Wie ich hinkam,
sähe ich in der that eine taifel gedeckt undt 7 oder 8 kerl,
saßen undt druncken, aßen undt sangen. Sie stunden auff; wie
1 Eübeniads, ohina. 2 Vergl. iIod brief vom IS Angait, oben s. 337. 338.
3 Vergl. die briete vom 15 and IS Aognat, oben 9. Sil. 245.
271
sie sich herumbthrehten , sähe ich, daß es die violons von des kö-
nigs mussiq warfen]. Da merckte ich woll, daß es ein ahngestel-
ter handel war. Sie spilten über die maßen woll. Aber daß er-
inerte mich so sehr ahn die vergangen zeitten gedencken ', ahn
alle festen, so wir zu deß königs nndt der königin zeitten auff dem
canal gehabt haben, daß mir die threnen drüber in den äugen kommen
sein. Ich muß gestehen, daß mich die musiq gar nicht mehr lustig
macht, sondern es erin[e]rt mich ahn lautter trawerige sachen, daß
ich gantz nachdenckisch undt trawerig davon werde. Aber last es 9
von waß änderst sprechen! Ich weiß gar nichts neues, komme also
wieder auff Ewer liebes schreiben, wo wir geblieben wahren, nehmb-
lich ahn den graff vo.n Hannaw. Da wolt ich woll gutt vor sein,
daß Ihr kein solche that Ewer leben tlmn würdet , wie daß stück,
so der graff ahn Lenor gethan. Ich weiß nicht, wie er sich
nicht abscheulich davor schämbt; den es ist recht schimpfflich vor
einen solchen herrn. Daß ist [eine] mühsam affaire, [einen] brieff
ahn den keyßer zu schreiben ; aber ein jedeß weiß , wo ihn der
schue drückt. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben völlig beantwortet;
bleibt mir nur noch tiberig, zu versichern, wie daß ich Euch alle-
zeit recht von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1156.
St Clou den 12 September 1720 (N. 26).
Hertzaller liebe Louise, mich deucht, es fehlt mir eines von
Ewern lieben schreiben; den ich finde in meinen callender nur daß
von no 66, vom 24 Augusti, undt dießen nachmittag habe ich daß
vom 31 Augusti, no 68, [empfangen], also fehlt mir daß -von no 67;
ich finde es nicht in mein buch aufgeschrieben, muß mir also feh-
len. Die posten gehen gar dol überall, auff alle ende undt wegen
klagt man drüber. Meine gesundtheit erhelt sich, gott lob, noch
woll, ob zwar jetzt gar viel krancken tiberall sein. Ey, liebe Louise,
warumb wolt Ihr mir danken , daß ich meine Schuldigkeit thue ?
daß ist nie danckenswehrt. Wen man kein gutt hertz undt ge-
*
1 ? Mitten, machte mich gedencken ahn. 2 ? ans.
272
mühte hatt, thut man sich selber mehr tord 1 , alß ahn andere. Ich
schäme mich recht vor hohen leütten, zu sehen, in welche reputation
sie sich nun bringen in allen stücken ; daß finde ich recht abscheulich.
Man solte sich dieße große warheitten in den kopff setzen, daß man unß
(ich mein unßer herrgott) nicht in dieße weit gesetzt hatt, nicht nmb
unßer caprisse zu folgen undt nichts zu thun, alß waß zu nnßern diver-
tissement dinnen kan, sondern waß zu gottes ehre dinnen kan ; dero-
wegen sollen wir allezeit bedacht [sein], so zu leben, daß wir unßerm
negsten gutt exempel undt keine ärgernaß geben, so viel möglich
ist. Dazu gehört aber daß kurtze gebett auß einem psalm, so mir
von kindtheit ahn die gutte fraw von Harling, wie so* noch meine
hoffmeisterin [war], mir morgendts undt abendts betten machte : «Ach,
herr, verlaß [mich] nicht, auff daß ich dich nicht verlaße!» Ich habe
mein leben die last nicht begreifen können, die leütte zu plagen,
mitt denen man umbzugehen hatt. Daß macht ja gritlich undt un-
lustig undt es deucht mir, daß kein spaß sein kan, mitt gritlichen
undt unlustigen leütten zu leben; also seines interesse wegen solte
man es nicht thun. Waß solle mein 8 sagen? Die weit ist gantz
verkehrt ; ich werde woll nicht erleben, daß es beßer werden wirdt
undt die weit raisonabler werden. Ich bin deß jetzigen verdrießlichen
undt langweilligen leben so müde, daß ich kein jähr jünger wolte sein,
alß ich bin. Daß parlement ist verdrießlicher, alß [nie], wollen den
frieden nicht leyden von den geistlichen undt nichts durchgehen laßen.
Die bangue ist auch gar nichts lustiges. Dießes macht mich recht
ungedultig. Wie teüffel , hatt graff Degenfeit daß Jargon lehrnen
können von den bang 4 ? Ich mag nicht davon reden, verliehre alle
gedult darbey. Es ist heütte just 8 tag, daß monsieur Le Fevre
nach Englandt ist, wirdt ohne zweyffel nun bey graff Degenfeit sein.
Er wirdt mir gewiß daß zeügnuß geben, daß ich alles gethan, waß
bey mir gestanden ist. Monsieur Le Fevre hatt mir gesagt, daß
er Euch schreiben wollte undt von alles rechenschafft [geben]. Ich
weiß woll, waß zu Challon 6 geschehen. Ich habe mein leben nicht
von so viellen wettern gehört, alß dieß jähr, geweßen; aber, gott
lob, lautter kalte streich , nichts ist abgebrendt. Aber da schlegt
es 10 uhr, liebe Louise 1 Ich muß nach bett, sage Euch nur gutte
nacht vor 2mahl 24 stundt; den biß sambstag, wo mir gott daß
*
1 tort, unrecht, schaden, abbrach. 2 ? sie. 3 ? man. 4 ? der
banque. 5 Chälons.
273
leben verleyet , werde ich ordentlich auff Ewer liebes schreiben
andtwortten , nun aber nur in eyll sagen, daß ich gestern bey der
dnchesse du Lude zu mittag geßen, so unß ein magnifiq mittags-
mahl geben. Von dar bin ich, nachdem wir 2 stundt hoca gespilt,
zum könig, von dar ins Palais-Royal mitt allen meinen enckelen in
die commedie ;- wir hatten auch mademoiselle de la Rochesurion l undt
mademoiselle de Clermont. Baron * undt die Demare 8 spilten recht
woll «rhomme a bonne fortune> 4 . Gutte nacht, liebe Louise ! Ich
ambrassire Euch von hertzen undt behalte Euch allezeit recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
Ich muß noch sagen, daß die arme marquise de Dangeau sey-
der montag eine wittib ist undt gantz betrübt, jamert mich von
hertzen 6 . Ich hab ihr ihrer fraw Schwester brieff geschickt.
1 Roche- sur-Yon. 2 Michel Baron. Vergl. die briefe vom 9 Mai und
25 Juli, oben s. 139. 215 and nachher den brief vom 17 October. 3 Des-
xnares. Vergl. den brief vom 25 Juli, oben s. 215. 4 Man hat swei ko-
mödien anter dem namen «L'homme ä bonne fortnne.» Die eine in fünf aoten,
erstmals im Februar 1686 im The&tre francais aufgeführt, erschien immer unter
dem namen des Schauspielers Baron, obwol er, wie man glaubte, nicht der ver-
faßer war. Die andere in drei aoten, «Arlequin, homme ä bonne fortune» ist
von Jean>-Franeoi8 Regnard und wurde im alten Theätre italien erstmals 10 Ja-
nuar 1690 dargestellt. 5 Philippe de Cour eil Ion, marquis de Dangeau, starb
9 September 1720. Im Journal des marquis de Dangeau XVIII, s. 337 findet
sich von der band seines seoretärs die bemerkung: «Le 22 aoüt M. le marquis
de Dangeau tomba malade d'une jaunisse, aveo la fiävre, et mourut le 9 sep-
tembre, ä huit heures et demie du soir, age* d'environ quatre-vingt-quatre ans.
Cest lui qui a 6er it tous ces memoires, et ne les a pu continuer que jusqu'au
16 aoüt 1720.» Man vergleiche «Notice sur la vie de Dangeau et sur sa fa-
mille» im Journal du marquis de Dangeau I, s. XIII bis XCVL Es heißt hier
s. XX: «Philippe de Couroülon etait ne le 21 septembre 1638 de Louis de
CouroiUon, seigneur de Dangeau, de la Motte et de Diziers, et de Charlotte des
Noues de la Tabari&re, petite-fille de Du Pleasis-Mornay.» Ebendaselbst s. XXI:
«Nous avons heureusement de lui un magnifique portrait «peint par Hyaointhe
Rigaud en 1700, grave en 1702 par P. Drevet; il represente Philippe de Cour-
cülon, marquis de Dangeau, grand maltre de l'ordre de Sain t- Lasare , figure
jusqu'aux genoux en habit de c6r6monie de grand maltre dudit ordre; estampe
de grandeur moyenne» (Voir les Memoires ine^Lits sur la vie et les ouvrages
des membres de l'Academie royale de peinture et de sculpture, publies, d'apräs
les manuscrits oonserves ä l'Ecole imperiale des beaux arts, par MM. L. Dus-
sieux, E. Souli6, Ph. de Chennevidres , P. Mants, A. de Montaiglon. Paris,
Elisabeth Charlotte 18
St Clou den 14 September 1720 (N. 27),
Hertz allerli die Louise, wo mir recht ist, habe ich Euch i
Dnmouün, 1854, t. II, p. 181.). La peiuture originale do Rigand f«i( aujonr-
d'hni partia du musee dB Veraaillas ; c'est Tun des ohefs-d'oauYre du msltr
Dangeau est debaut, In iiinio gauohe sur ta hauche, In main droite s'appuie n
la toquo de oerfmonie posGo pur nne table doree. II est drape magnifiquemei
yoit snr aa poitrine un baut du grand cordon du Saint-Eäprit. Lbs bouolas
brunes de aa perroquo retombent en ondolalions abondantes sur les epaulas.
Los yoai sunt souriants et dorn, la bauche est fioe; la figuru est belle et toi
agreable. On oroirait voir Lonia XIV lui-niemo.» Über anders minder bed
teuda bildniaae dea marquis de Dangeau von Äntoine Pesey und IT, F. Iiocqnet verglen
man ebendaaelbat s. LXXIV bis LXXVIII. Die <Aoad6mie francaiso. (ihr be-
ständiger aecrotor war damals Daoier) ließ sieh Über den tod des marquis
de Dangeau also yernebmen : sL'Academie a estt tres-affligee d'apprendre
la mort de M. le marquis de Dangeau, qui luv faiaoit un honneur infir
les talents de l'eaprit et par les qualites du coenr. eatoit un modo
bonif' et da politease, et dana lea eieroiees aeadämiques il faiaoit paroiitrB
Buap de goust et un aentiment tres-fin puur tont oe qui eatoit beau, en proposanl
eitimer.> Vergl. die angeführte «Notice sur la vie de Dangeau» a. XCIV. XOV,
Die sinimLliehen tital , würden und ämler des marquia da Dangeau findet mi
ebendaselbst s. XCIV folgendermaßen angegeben: «Philippe de Courcilloa, ma
quis de Dangeau, eomte de Mealn et de Civray, baron de Sainte-Hermina , |
Saint-Amant, du ohateau du Loir, do LncC' et de BrasBuire; seigneur de Chan
proiince de Tuuraino, goufernear porliculier de la yillo ot du ch&teau de Tonn,
grand niaitre dea ordres de Notre-Dame du Moot-Carmel et de Saint-Lniare d
Jerusalem, oonsciller d'Etat d'fpeo , dojon de l'Acadeinie fruafaise.» Man re
gleiche über den marquis de Dsngaau : Philippe do Courcilloa, maiquia de Dan-
geau, sa rie, aon Journal et la euur do Louis XIV par Edouard de Biuibtlemj.
Paris, Aubrj, 1863 (20 Seiten). Über die geinahün des marquis do Dangea
O.Brunet II, s. 279, anmerk. 1 folgendes: «L'abbe de Choisy dit d'elle d.ms um
• Mi'moires» : .Ella etoit belle eumme les unges, une taille fine, les yeui brillants, 1*
«teint admirable, las ubeveux du plus beau blond du monde, un air engageant,
■ modeaCo et apirituel; eile avoit une fort bonne conduite dans nne place fort glis-
phie de Baviore , ob qui mit la Dauphins fort en collre , et il fallut f
i.h.l±.. Niiii- liaona daos las 'Lettre« de la coutesee de Kivii-re-, L I, p. HU.
qua Madame de Dangeau C-ta.il «helle uororas Venus, la taille Uns, '
275
gestern, alß vergangen donn[e]rstag, meine gantze reiße von Paris
verzehlt. Seyderdem habe ich nichts neues erfahren , ' werde also
hefltte nur andtwortten von waß mir noch von Ewerm lieben schrei-
ben vom 31 Augast, no 68, überig ist. Ewere neveux solten ge-
wiß woll mitt monsieur Le Fe vre zufrieden sein; den ich bin zeuge,
daß er all sein bestes gethan hatt. Daß es aber nicht so woll ab-
gangen, alß er es gewünscht, ist woll seine schuldt nicht, nndt er
ist nicht der e[i]ntzige, so zu beklagen ist, hatt viel hundert cam-
merrahten ; aber er hatt in allem sein bestes gethan. Auff daß un-
glfick von Chalong * habe ich letztmahl geantwortet. Ich sehe,
liebe Louise , daß Ihr den donner ebensowenig alß ich fürchte[t].
Man lernt zu Heydelberg, sich ahn den donner zu gewohnen; den
da donnersts* offt genung. Ich weiß nicht mehr, wer es war, aber
es fragt mich letztmahl einer, ob es zu meiner zeit so offt zu Hey-
delberg gedonnert hette , alß nun , daß ich den donner so wenig
förehte. Ich lachte nndt sagte : «Ich bin zu sehr ahn starcke
wetter gewohnt, umb die hießige zu förchten, so gar nicht starck
sein. Dabey ist woll nichts änderst zu thun, alß sich gott ergeben
nndt im überigen ruhig sein undt sich selber nicht durch ohn-
nohtige ängsten zu plagen.» Ich finde auch , daß es diß jähr viel
offter gedonnert hatt, alß man in langen jähren gehört; vergangen
[jähr], da so eine abscheuliche hitz war, hatt es gar selten gedon-
nert, nur den tag. wie die duchesse de Berry [starb], war ein zimb-
lich starck wetter 8 . Weiß nicht, ob man in jener weit auch stück 4
löst, wen große herrn ahrikommen; glaube es nicht. Es ist ohn-
möglich, daß der wein diß jähr geraht; der kochmonat, nehmblich
der August, ist zu feucht undt kalt geweßen. Hir ist alles 3fach
thewerer geworden, alß vorm jähr. Es ist [unglaublich, wie alles
so thewer gestiegen ist; waß 30 francken gekost, kost nun hundert;
alles ist außer preiß 6 . Ich glaube, daß alle kauffleütte sich verdammen
*
vife, un teint 6clatant, les oheveux d'un beau blond, un air doax, un regard
modeste et une oonversation spirituelle.» Über die niedersohrift des «Journal»,
das Dangeau von samßtag, L April 1684 bis freitag, 16 Augast 1720 geführt
bat, sagen die herausgeber desselben in ihrem Avertissement band I, s. IV:
«Dangeau a ecrit quelquefois lui-mSme, mais presque toujours il diote, soit le
joor mGme, le soir, soit le lendemain.»
1 Chalons. 2 donnerts. 3 Die duchesse de Berry starb 21 Juli 1719.
Vergl. band IV, s. 182. 4 d. h. stücke, geschutse. 5 Vergl. nachher den
brief to» 2 November.
18*
mitt ihren scbelraereyen. Ich hahe mein tag so keine verdrieß-
liche zeit gesehen, alß nun ist; daß macht alles langweillig, den
man hört nichts, [als] lamantiren, klagen undt belteleyeu, daß macht
einem daß leben za schwer; segt ' also, liebe Louise, ob ich nicht
ursach zu glauben habe, daß Ihr Euch mitt den schünnen medaillen
rainirt 1 Ich begehre [weder etwas] vom könig, noch von meinem söhn,
viel weniger noch von monsieur Laws; aber ich habe gern, daß man
mich richtig bezahlt, dainitt meine domestiquen nicht noht ieyden.
Eißher, gott lob, bin ich weder den kauffleütten, noch sonst nie-
mandts nicht schuldig; solte mir gar kvdt sein undt recht betrüben,
wen ich in schulden fallen mtlste. Daß erinert mich ahn etwaß,
so mich woll von bertzen hatl lachen machen. Wie der könig s.
noch lebte undt die duchesse du Maine so erschrecklich despence
machte mitt festen, commedien , balletten, l'etierwerck undt der-
gleichen, ließen sie meinen intemlenten* holten, wahren jalous! daß
ick ineinen rang hüte, fragten den intemlenten: «Ditte nous*! eom-
ment fait Madame, de ne pas faire des dettes? Car eile n'est pas
riebe.» Mein intendent andl.worttete froidement; «Madame ne fait
janiais de folle despence, eile ce regle selou son revenus, ainsi eile
ne doit rien et fait point de dettes*.» Sie schwigeu matißstili undt
ließen ihn wider fortgehen. Aber da segt Ihr, welche einen ab-
scheulichen hoffartli dieße lcUttc haben. Sie wahren die letzten
von den printzen du sang undt es verdroß ihnen, daß ich, so fille
de France bin, einen größern statt hi[e]lte, alß sie, da doch les petits
enfants de France noch zwischen mir undt ihnen sein. Aber hic-
mitt genung von dießer historie , wo sie so braif bezahlt sein wor-
den. Die laquayen undt der pöpel haben daß arme medgen von
Laws in aversion genohmen. Er kau nicht mehr außfabren, ohne
daß man ihnen ein affront thut; sie werffen mitt steinen nach ihr
undt ruffen ihr alle wüsterey vom der weldt nach. Daß Itiudt jam-
mert mich; den waß kan daß kint davor, waß" sein vatter waß thut,
daß niemandts gefeit? Daß arme kindt kan nichts davor, finde es
also recht ungerecht, daß man diß kindt so plagt". Da bekomme
ich eine büße zehtung , einen brieff von hertzog von Modem. 1 , so
1 d. h. sehet. 2 Es war da.ma.la Lagarde. 3 d. h, Dilos-nom.
4 Elisabeth Charlotte hat dieses Besprach schon in dem briefe vom 1 October 1719
beliebtet. Man verglciohe band IV, a. 254. b 7 wenn. 6 Vargl. den brief
vom 5 September, oben a. 2B4, 265 nml nnobher den brief vom b Ootober.
277
mir bericht , daß seine schwiger fraw dochter l die kinderblattern
hatt. Daß nimbt mich nicht groß wundter; seyder sie von hir weg
ist biß auff die stundt von ihrer kranckheit, ist sie nie vor 5 uhr
zu bett gangen, gantze nachte in der nachtlafft geblieben, so gar
ungesundt in Ittallien sein solle, undt hatt auff die jetzige frantzo-
sc^e mode tag undt nacb[t] undt in allen standen gefreßen ; daß kan
ja anff die länge kein gutt [than]. Die kinderblattern seindt drauff
nach Modene kommen undt sie hatt sie auffgefischt , daß ist gar
nicht zu verwundern. Der hertzog . schreibt , daß sie gar kranck
geweßen, ehe die kinderblatter herraußkommen; aber nun ist sie so
woll, alß man in so einen betrübten standt sein kan '. Ich komme
wider auff Ewer liebes schreiben. Monsieur Laws dochtergen kan
nicht fehlen , woll geheüraht zu werden ; den er wirdt ihr 3 mil-
lionen zum hettrahtsgutt geben ohne die haußstewer. Ich glaube,
daß , wen ein duc oder prince hir ihn pressiren solte , würde er
woll noch, glaube, noch ein milliongen fahren laßen; den der man
ist abscheüllich reich. Niemandts kent monsieur Andre beßer, alß
ich; er ist deß Clair 8 , der die Suzon geheüraht hatt, die Ihr kendt
undt meiner geweßen amen dochter ist, dochterman. Der sein
dochtergen heürahten soll, daß ist meiner dame d'honneur jüngster
söhn, der marquis Doise 4 . Daß finde ich possirlich, daß die du-
1 madomoi8elle de Valois, jetzt prinzessin von Modena. 2 Vergl. nach-
her die briefe vom 25 September und 3 Ootober. 3 Leolair. 4 d'Oise.
Vergl. den biief vom 30 Mai, oben s. 162. Journal du marquis de Dangeau
XVIII, s. 284. 285 unter samßtag, 11 Mai 1720: «Le marquis d'Oise, frere
oadet du duc de Villars, se marie ä la fille d' Andre 1 , fameuz Mississipien. La
fiUe n'a pas trois ans, et le contrat de mariage est passe* par lequel on lui
donne 100,000 eous presentement et on lui fait une pension de 20,000 francB
jusqu'au jour du mariage, dont il ne rendra point oompte, et si la fille meurt
auparavant, il conservera tout oe qu'il aura recu. Quand le mariage se con-
sommera , on donnera un bien immense ä la fille , et il la doit epouser dös
qu'elle aura douze ans. Andre 1 fait aussi de grands avantages ä M. le duc de
Villars, fröre de M. le marquis d'Oise.» Der hersog von Saint-Simon bemerkt
hierzu ebendas. s. 285 folgendes: <L' enorme folie d'une part et l'enorme ou-
piditä de l'autre de oet Strange contrat de mariage de M. d'Oise est un eohan-
tiilon de Celles que le Systeme de Law alluma en France. Qui en voudroit ra-
oonter les effets, les transmutations eubites, les marohes inoroyables, les fortunes
dans» leur immensitä et enoore dans leur rapiditä , les chutes promptes et en-
tieres de la plupart de oes enrichis, par leur luxe et leur demence, la ruine de
tout le reste du royaume, et les plaies profondes qu'il en a recues et qui ne
cliesse de Brancas in mein[e]r cammer, wo inh noch 9 jähr leben
kan, sagen wirdt ahn meinem hussie Le Clair ' sagen : «Laisses eu-
trer vostre pctitte Alle, ma belle fille!» Dießes Andre fraw ist
eine von meine cammerweiber. Aber ich habe Euch dieß alles
Bclton einmahl geschrieben; es muß in dem brieff gestanden ge-
west sein vom 7, no 7, ao verlobreu gangen; den ich hatte Euch,
liebe Louise, ein langes undt breyttes davon geschrieben ; kan nicht
begreiffen, wo dießer brieff muß hinkommen sein. Wen monsieur
Andre gleich wolte, were es ihm nicht erlaubt, gelt ahn Reformir-
ten in Englandt zu schicken. Der fürstin von Cssingen brieff hab
ich vergangen donnerstag gleich ahn die arme madamc Dangeuu
geschickt. Ich bitte Euch, liebe Louise, macht doch mein eompli-
ment ahn die fürstin von Ussingen aufF ihres Schwagers todt! Er
hatte aber doch nicht mehr laug leben können; den er war schon
83 jähr alt. Ich glaube, unßer herrgott halt die stützen Schweden
gestrafft, meinen vettern, printz Wilhelm, nicht zum generaiistenmß'
haben leydeu [zu] wollen '; den sie haben eine große Seeschlacht
gegen dem czaar auff der see verlohren. Wen ich hören werde,
daß [die] churprintzea ins kindtbett wirdt kommen sein, so werde
ich glauben, daß sie schwanger geweßen; eher werde ich es nicht
glauben. Wer kan woll versichern, daß mein vetter, printz Wil-
helm, nicht mitt der zeit konig wirdt werden? Den wer weiß, waü
gott über ihn vorsehen hattV Daß stehet niemandts ahn der stirn
geschrieben. Mein vetter, der landtgraff von Cassel, hatt mir we-
gen seines nevenx geschrieben; ich habe aber nur gar zu viel gutte
Ursachen, umb ihn zu widerrahten , sein neuveux in hieß|_ig]eu
dinsten zu thun; es würde ihn gar gewiß gereuen*. Wen man nicht
reicher ist, alß mein nenven von Philipsthabl ist, muß man nicht so
gar delicat sein, undt wan mau woll ahn einem ort ist, wie er in De-
nema[r]ck geweßen, muß man suchen, dort zu bleiben; hir, mem[e ich],
oit In plus enriause, la plus amüsante st peut-6tra lu plM
ui sera Jamals. Ca manage asorta avant la flu de li
i Biao la oulbnta de Law, et las Branoas, qui s'en etoleni
payor d'ayance T le pere at las doux fils. Le aeiuble da 1*
ites de eotle iiflniro produisirent un prucJs plus de quin»
t qni tut soutenu sans baute. Ces BrancM n*y Otnieut pss suj#ls.'
iar Leolair. 2 generalissimus. 3 Vergl. den brief vom 11
i. 348. 2«. i Vergl. oben s. 149.
279
würde erwoll andere desgoust 1 bekommen haben. Unßere s. chur-
fürstin batt mir einmahl geschrieben , daß landtgraff Philip undt
Beine gemahlin gar ellendt in Hollandt leben undt wie rechte bur-
gersleütte geworden sein , daß einer sich davor schämmen mnste.
Printz Max[i]millian von Heßen batt einen von meinen gutten freun-
den zu Venedig gefunden, so 30 jähr hir envoySs von Parme ge-
weßen undt schir alle tag zu mir kommen ; den hatt er viel com-
plimenten vor mich geladen. Man meint, daß sein hettraht nicht
vorgehen wirdt , daß man meinem, vettern , den landtgraffen , undt
Beinen heim söhn einen großen affront gethan, undt nachdem der
hettraht festgestelt, wie der landtgraff nach Darmstatt kompt mitt
seinem herrn söhn , hatte man die brautt weggeschickt zu einer
seinen . . . undt wollen sie einen printzen von Eyßennach geben;
daß finde ich gar unbillig. Ich glaube nicht, daß die zwey heüßer
ihr leben große einigkeit haben werden. Ich hette groß unrecht,
wen ich mich großen freüden berümen solte; die entpfindt ich gar
gewiß nicht. Mich deucht , es geht ein wenig wie ein narr ahn
Louis XIII hoff, der kam einsmahls vor dem könig undt hatte ein
groß wehrgehenck ahn, worauff lautter atzeilen * gestickt war[en]. Der
könig sagte : «Que veux tu dire avec ce baudrier 8 ?» Der narr
andtwortete : «C'est pour aller corame vostre cour de pie en pie,
sire 4 !» So, deucht mir, geht es hir auch. Da schlegt es 10, ich
muß nach bett. Adieu , liebe Louise ! Ich ambrassire Euch von
hertz[en], gebe Euch eine gutte nacht undt behalte Euch von her-
tzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
1158.
St Clou den 19 September 1720 (N. 28).
Hertzallerliebe Louise, vergangenen sontag habe ich Ewer liebes
schreiben vom 3 dicßes mon[t]s, no 69, zu recht entpfangen; aber
wie Ihr schon wißen werdt, so geht die post nicht mehr montag
*
1 degoüt, verdrnß. 2 elstern. 3 baudrier, wehrgehenk. 4 Vergl.
nachher den brief vom 25 September. Elisabeth Charlotte hat diesen schere
des narren schon in dem briefe vom 21 Januar 1716 erzählt. Man sehe
band III, s. 11. Das Wortspiel ist, wie schon dort bemerkt worden: «de pie en
pie, de pis en pis.» Pie heißt die elster.
morgendts, sondern sontag morgeudts; also muß ich, wie ich Euch.
schon gesagt, liebe Louise, deli sambstags abendts mein paqaet vor
Euch nach Paris schicken. Die freytag-post aber ist wider einge-
setzt worden, wie sie war; drumh schreibe ich wider den donnerstag,
wie Ihr segt, liebe Louise I Ich entpfange gar offt von den ver-
fluchte» anonimen schreiben 1 ; den ich vorgestern, noch vorgestern—
entpfinge. Machte mich doch in aller angedult zu lachen; den roan_j
gab mir gantz ernstlich den rabt, meinen söhn wie einen narren _j
einzn'speren laßen ; daß würde allen zorn, so man gegen ihm bat), «.
benehmen undt sein leben retten. Solche Sachen können woll t
augenblick lachen machen , aber es macht nicht lustig. Bißher be *
fnndt sich mein söhn, gott lob, noch gar [wol]. Ich bin gestern zu-m^w
Paris geweßen; mein söhn habe ich wenig gesehen, kam ein äugen -i-
blick zn mir, wie ich ahn tatfei ging. IIa konle ich nicht mitt ihm-*r"M
reden, ging gleich wider ahn seine arbeydt, so gestern von 8 inor "■
gendts biß halb 8 abendts gedauert. Waß mich aber recht jam
mert, ist , daß mein söhn sein gesundtheit undt leben verschliest, ^ ,
umb waß guts auszurichten , undt doch nichts, alß lautter haß, ^i
erwirbt. Daß macht mich recht betrübt undt macht mich fürchten, — =
daß es eudtlich ein schlim endt nehmen wirdt , wovor mich gott -^*
goadiglich bewahren wolle ! Ich kan nicht ohne schaudern dran — *
gedencken. Wir haben gottes hulff zwar hoch von nöbten, allein -
ich fürchte, wir leben nicht geuung darnach, daß unß gott gnädig
sein möge. Aber stille, last unß von waß änderst reden! Aber
da kompl. man mir sagen , daß es zeit ist , mich ahnzuthun. Ich
habe gar spat ahngefangeu, zu schreiben; erstlich so habe ich ge-
leßen, waß ich gestern nicht habe leßeu [können], nehmblich meine
9 capittel, hernach habe ich ahn meinen söhn schreiben müßen; den
ich habe so ein schlim gedachtnuß , daß ich über die belffte ver-
geßen, waß ich ihm gestern sagen wollen. Dießen nachmittag nach
der promeuade werde ich dießen brieff außsebreiben.
Donnerstag, den 19 September, umb a U auff 6.
Da komme ich eben von der spatzirfahrt. Es ist hefltte da[s]
schönste wetter von der weit. Ein augeublick, ehe ich außgefahren,
bin ich mitt Ewer liebes schreiben vom 2, no 70, erfrowet worden,
t Vargl. die briefe rom 24 und 31 August, obeu ■-. 249. 260.
281
welches ich gleich geleßen, werde dießes aber erst vor übermorgen
sparen nach unßerm alten brauch, wo mir gott leben undt gesundt-
heit verleyet; komme wider auff Ewer liebes schreiben. Ihr müst
Euch in Ewerem datum verschrieben haben, liebe Loaisse, weillen
Ewer liebes schreiben von no 69 dadirt Ihr vom 3 September, "undt
daß ich heütte entpfangen, wie ich schon gesagt, daß datirt ist 1
von 2 * , no 70 ; also muß gar gewiß ein irtum sein. Ey,
liebe Louisse, wen Ihr über alles, waß ich Euch von hir berichte,
weinen wolt, darff ich Euch nichts mehr schreiben; den weinen ist
bitter angesandt undt ich wolte Euch nicht gern kranck machen.
Ich weine nicht mehr, liebe Louise ! Warurab wolt Ihr dan weinen?
Ich habe gott dem allmächtigen alles heimgestelt, den laß ich wal-
ten, dancke ihn von hertzen, wen ein tag vorbeygehl, daß ich keine
böße zeittung erfahren, erwartten 8 nichts gutts undt gehe hübsch still
meinen weg fort. Daß ich sagen solle, daß ein solch leben ahnge-
nehm ist, müste ich lügen. Ich suche, mich zu distrairen, ich leße,
schreibe, gehe undt fahre spatziren; ich gehe all woch einmahl in
die commedie, mitt einem wort, ich suche alle distractionen, so mir
immer möglich sein , nachdem ich meinen söhn undt mich selber
gott befohlen habe 4 . Drumb gebt Euch auch zufrieden, bettet vor
unß undt last im überigen gott waltten ! Undt ich singe hirauff, wie
in dem morgenliedt stehet:
Gott will ich laßen rahteu,
Der alle ding vermag,
Er segne meine thaten,
Mein vornehmen undt mein sach,
Ihm sey es heimgestelt!
Mein leib, mein seel, mein leben,
Undt waß er mir hatt geben,
Sey alles in seine händti
Ich weiß nicht, ob mittel sein, dem übel zu steuern; aber ich weiß
woll, daß ich keinen verstandt genung habe, mich in solchen Sachen
zu mischen. Drumb, fragt man mich, waß ich von eins oder an-
der gedencke , sage ichs teütsch herauß ; fragt man mich nicht,
schweige ich maußstill. Mein söhn ist nur gar zu gehertzt. Last
unß von waß änderst reden, alß von Laws undt sein sisteme! Daß
*
1 ? Ihr. 2 Über 2 finden sich, wol von der hand der raugräfin Luise, die
Worte «daß soll 7 sein.» 3 ? erwarte. 4 Vergl. band II, s. 714 bis 716. 729.
282
hatt mir allezeit mißfahlen undt mißfeit mir noch. Ich kan nichts
drin begreifen undt deücbt mir, daß man eher Sachen l könte mitt
allen den papiren daß Laws, met verlöff, met verlöff, arschwischige
sachen ahngefangen hatt 9 . Apropo hirvon, es ist gewiß, daß leütte
widerfahren ist, in seiner großen nöht 8 dieße billiet de bangne ge-
braucht, hernach einen gantzen tag zugebracht, sie wider zu wa-
schen. Dazu kan man sagen: «Daß spieigen stinckt;» den dieße
billiet de banque konten nicht woll riehen. Man hatt hundert hi-
störger auff dießen text; ich wolte, daß dießes Euch könte lachen
machen, liebe Louise ! Mademoiselle de Malause ist, gott sey danck,
gantz außer gefahr. Ich halte recht viel von ihr; sie [ist] eine
von den besten Frantzösinen , so ich hir gesehen. . Ihr brieff war
sehr touchant; den brieff 4 , so ich Euch von ihr geschickt, war von
ihrer eygenen handt geschrieben, 7 seytten voll. Hette daß blat-
ten nicht auffgehört, were sie gewiß gestorben. Es ist gewiß, daß
dieße dame ein gutt undt noble gemühte hatte 6 . Ihre tante ist in
meinen dinsten gestorben, war meine dame d'atour, hieße madame
de Dura[s]fort. Daß ich Euch mademoiselle de Malause brieff ge-
schickt, meritirt keine dancksagung, liebe Louise! Ich wüste woll,
daß die contesse de Holdernesse auff ihre gütter gereist war; den
monsieur Le Fevre hatte es mir vor sein[e]r abreiße gesagt; aber
er meint, daß die gräftin von Degenfeit zu London wehre. Affairen
seindt langweillige sachen in meinem sin. Ohne complimenten, liebe
Louise, wen man einander so nahe ist, alß wir einander sein, kan
man nicht sagen, daß man einander nichts nutz [sei] ; den wen man
nur lebt, ist man nutz, weillen man betrübt über den verlust sein
würde. Ich meinte , daß alte Sprichwort wehre : «Ein freündt in
noht gehen 16 auff ein loht> Es ist noch etwaß dabey von einem
quintlein, so ich vergeßen habe 6 . Monsieur Suthon 7 sehe ich gar
1 d. h. sagen. 2 Vergl. die band IV, s. 283 mitgetheilte atrophe.
3 ? daß sie in einer großen noth. 4 Vergl. oben s. 255. 256. «den brief»
ist ein fall der attraotion. Vergl. das register eu band I, s. 516, au band II,
s. 738 unter attraotion. 5 ?hat. 6 Das Sprichwort lautet:
Freund in der noth
Qeben fünfundzwanzig auf ein loth,
Solls aber ein harter stand sein,
So gehen fünfzig auf ein quintlein.
Vergl. Der abenteuerliche Simplioissimus und andere Schriften von Hu» Jakob
283
selten. Vorgestern kämme mylord Peterbourong 1 zu mir; er
kompt anß Ittallien ; er sagt, er were nicht gar gesandt, sieht doch
woll anß undt ist fetter worden. Sobaldt monsienr Sonthon meine
medaillen nndt stein zu sehen begehren wirdt, werde ichs ihm wei-
ßen; ich werde aber nicht nach die seine fragen auß forcht, daß
er meinen mögte, ich frage darnach, damitt er mir welche schencken
mögt. Nichts finde ich amba[rras]santer * , alß wen einen leütte,
die nicht unßere sonderbahre freunde sein, waß verehren wollen;
daß macht mich gantz gritlich. Madame de Dangeau hatt mir
nichts von ihrer Schwester sach gesagt oder geschrieben; den man
kan sie ja nun nicht sehen, ist gar betrübt, ihren alten man ver-
lohren zu haben. Also weiß ich kein wordt von der fürstin von
Ussingen ihre sache, kan ihr also nicht drin dinnen. Daß eine
maistres sich zu der frawen geselt, ihren amant zu klopffen Ich
bin zu Frankfort gewest, weiß also woll, wo Sachsenhaussen ist.
Ich glaube, daß freüllen hatt der frawen parthi genohmen, umb alle
medisen[c]en 8 zu verhütten. Wen eine fraw jalous ist , will es
eben nicht sagen, daß ein mensch waß gegen ihre ehre gethan ; den
viel leütte sein jalous von temperament. Die historie ist doch ar-
tig undt were possirlich gantz zu wißen. Daß ende aber ist tra-
gique davon, weillen der man gestorben. Hiemitt ist Ew[e]r liebes
schreiben , so ich heütte morgen ahngefangen , völlig beantwortet.
Wir haben nichts neues hir, werde also vor dießmahl nichts mehr
sagen, alß daß ich Euch, hertzliebe Louisse, von hertzen lieb habe
undt all mein leben behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
1159.
St Clou den 21 September 1720 (N. 29).
Hertzallerliebe Louise, ich habe Euch schon vorgestern gesagt,
daß ich Ewer schreiben vom 7 , no 70 , entpfangen hatte , aber
*
Christoph von Grimmeishausen. Erster theil. Herausgegeben von Adelbert Kel-
ler. Stuttgart. 1854 (Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart. XXXIII).
s. 303. Der freund in der not von Johann Balthasar Schupp. Abdruck der
ersten ausgäbe (1657). Halle a/S. 1878. s. 20: «Freunde in der noht gehen
25 auf ein loth.» 7 Sutton.
1 Peterborough. 2 embarrassant, beschwerlich, lästig; in Verlegenheit
setsend. 3 mldisancesj üble naohreden.
284
daß ich es hetttte beantwortten werde, welches ich auch zu
thun hoffe. Alle posten gehen gar unordentlich; der printzes von
Wallis fehlen 2 von meinen schreiben; alles geht deß unterst zum
Oberst. Es ist lang, daß ich in der weit bin ; aber ich habe nie die
weit so wunderlich erlebt, alß ich sie nun sehe; daß verlaydt einen
alles undt macht einem gantz trawerig. Ich thue, waß ich kan, umb
mich zu erhollen ; aber ich habe mähe, zurecht zu kommen, den es
ist mir allezeit waß ängstlich auff dem hertzen. Ich höre nicht daß
geringste geraß, so erschrick ich gleich undt meine, man bringt mir
eine böße zeittung; den Ihr werdet, liebe Louise, schon auß mei-
nem letztem schreiben ersehen haben, wie ich noch gar offt von den
bößen brieffen entpfangen, so mich so sehr ängstigen.
Sambstag, den 21 September, umb ein viertel auff 7 abendte.
In dießem augenblick komme ich von Madrit, wo ich viel spatzirt
habe, ob zwar daß wetter heütte bey weittem nicht so schön, alß
gestern, war ein gar starcker windt, undt wie ich wider in der
kutschen saß, ist ein kleiner regen kommen undt nicht gar warm
wetter. Aber ich habe es heütte morgen vorgesehen, habe dero*
wegen ein gutt damastkleydt ahngethan, also gar nicht kalt gehabt.
Ich komme aber, wo ich heütte morgen geblieben war, will aber
nichts mehr von so trawerigen sachen sagen , den es macht mich
nur trawerig undt Euch auch ; komme also lieber wider auff Ew[e]r
liebes schreiben. Der vertust von meinem brieff vom 7 Augusti,
no 7, ist woll der geringste undt schlegte l , so Ihr, liebe Louise,
Ewer leben thun könt. Gott bewahre Euch vor größer Unglück,
liebe Louise! Daß die post ist aufgehalten worden, davon haben
wir liir nichts gehört; daß will aber doch nicht [viel] sagen, den
ich bin allezeit, die [am wenigsten] weiß, waß vorgeht. Wir seindt
hir , alß wen wir in Indien wehren , wißen schir nichts von waß
vorgeht. Daß fewer , so im Louvre außgangen * , es solle vor ein
million holtz, bretter undt sonst sachen verbrendt sein; den neben
deß königs schreiners hauß war ein ebenist * logirt, dem ist gar viel
schönne sachen verbrundt*, undter andern (undt welches ich ahm
meisten bejammmere) ein schranck von außerleßene küpfferstück 6 , so
vor eine gar große suma gelts verbrandt sein. Ich wolte, daß ich
*
1 ? schlechteste. 2 Vefgl. den brief vom 31 August, oben 8. 260. 261.
3 6beniste, kunsttisohler. 4 d. h. verbrannt. 5 d. h. kupferstiohen.
285
sie gehabt ; den ich liebe die küpfferstück mehr, alß nie, habe auch
eine große menge; zu Paris habe ich einen gantzen schranck voll
von gar schönne stücker l . Dancke Euch sehr , liebe Louise , vor
alle Ewere gutte wünsche. Wen ich die leütte tugen[d]sam weiß,
wie Ihr seydt, liebe Louise , habe ich gutte opinion von ihren ge-
betten 2 . Ich habe dem kleinen secretarius Gravenbrock comission
geben, wieder auffs neu vor Euch zu solicittiren, liebe Louise ! Ich
bin, gott lob, gar nicht interessirt, undt wen ich uur habe, waß mir
just nohtig ist vor mein hauß undt meine taffein, bin ich schon zu-
frieden. Ich kan Euch woll mitt warheit versichern, daß, wen mein
söhn mir geben wolte, waß mir nicht zukompt, würde ich es blat
abschlagen; den ob der junge könig zwar ein großer könig ist, so
ist er doch ein kindt undt mein söhn sein vormündt, wolte also
nicht, daß man ihm sein leben vorwerfen könte, daß er von deß
königs gelter entwe[n]det hette, umb seiner mutter zu geben 8 . Nein,
daß were mein stiehl gantz undt gar nicht; ich liebe nicht, waß nicht
billig ist. Ich kan offt nicht laßen, zu wünschen, daß monsieur Laws
nie in Franckreich kommen were. Gott verzey mirs ! Ich weiß nicht,
waß ich davon dencken solle. Zu Paris seindt viel leütte, so mei-
nen , daß es ein ahngestelte sach ist undt daß feinde den Laws
ahngestelt haben , gantz Franckreich zu ruiniren. Aber last unß
von waß änderst reden! dieß ist zu betrübt. Ich habe leütte ge-
sehen , so wetten wollen , daß es in Englandt mitt der soudsee 4
ebenso gehen [werde]; daß werden ein par jähr lehren. Chur-
pfaltz wirdt es nicht vor gott verantworten können , wie er mitt
seinen armen untherthanen umbgehet. Eranckheitten seindt jetzt
in der gantzen weit. Ich fürchte endtlich , daß die pest in allen
ortten kommen wirdt. Von dem hießigen wetter habe ich schon
geschprochen. Ich hatte mein leben nicht von Bibereich 6 ahn Rhein
gehört Itzstein 6 kene ich auch nicht gar woll. Ich bilde mir
festiglich ein, daß die pest kommen wirdt, ist schon zu Marseillen 7 ,
undt die Frantzoßen haben daß, sie nehmen keine precautionen in
nichts in der weldt. Freylich bin ich recht müde, von allen un-
*
1 Vergl. band I, s. 496, band II, s. 706. 2 Vergl. band I, s. 507,
band II, b. 713. 3 Vergl. band IV, 8. 254. 255. 4 south-sea, süd-see.
Vergl. den brief vom 31 August, oben s. 262. 5 Biberich. 6 Idstein.
7 Vergl. die briefe vom 31 August und vom 7 September, oben s. 261. 269.
270 und nachher den brief vom 5 October.
286
glük zu hören. Aber es wirdt spät, ich muß schließen; den mon-
sieur Teray wirdt mich sonst zörnen. Heütte morgen habe ich
meine capittel leßen müßen , bin in gar lange gefahlen ; den ich
habe den 116, hundert undt 17, 118 undt hundert undt 19 psalm
geleßen, die 3 letzten capittel in sant Lucas, daß erste von evan-
gellion sanct Johanes, daß hatt mich von 8 biß nach 10 auffgehal-
ten; es wahren auch 4 capittel in 4ten buch Moses. Hernach habe
ich einen großen brieff in andtwordt ahn unßere abtißin 1 geschrie-
ben undt einen Courier nach Chelle[s] geschickt , wo ich biß don-
nerstag zu mittag eßen werde. Also habe ich Euch heütte nicht
viel schreiben können. Biß zukünfftigen mitwogen werde ich auff
daß überige von Ewern lieben schreiben andtwortten , nun aber
nach bett gehen. Adieu, hertzallerliebe Louise ! Ich wünsche Euch
eine gutte nacht undt versichere Euch, daß ich Euch all mein le-
ben von hertze[n] lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
1160.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou, mitwog, den 25 September 1720 (N. 30).
Hertzallerliebe Louise, ich hatte gehofft, Euch heütte ein exacte
andtwort auff Ewer liebes [schreiben] vorn 7, no 70, zu schreiben;
allein le diable au contretemps hatt heütte sein spiel so starck ge-
habt, daß ich ohnmöglich dazu habe gelangen können. Heütte
morgen habe ich ahn unßer hertzogin von Hannover andtwortten
[müßen], von welcher ich ein schreiben von Hai* entpfangen; solte
sich den andern tag auff daß waßer embarquiren undt in 3 tagen
zu Acbau bey ihrer fraw dochter, der keyßerin, zu sein 8 . Ich habe
gestern auch 2 brieff von Modene bekommen, eines vom hertzog,
daß ander vom printzen. Deßen gemablin ist, gottlob, außer ge-
fahr*, habe also dem printzen mein compliment drüber machen
1 Louise-Adelaide d'Orleans, äbtissin von Che lies anter dem namen Sainte-
Batilde, enkelin von Elisabeth Charlotte. 2 Hall in Tirol. Vergl. den brief
vom 28 August, oben s. 259. 3 ? kaiserin, sein. 4 Vergl. den brief vom
14 September, oben s. 276. 277 und nachher den brief vom 3 Ootober.
287
müßen. Mein söhn ist dießen nachmittag kommen undt habe viel
mitt ihm zu sprechen gehabt. Er geht jetzt zu nacht eßen undt
ich zu bett; den ich werde morgen eine reiße nach Chelle[s] thun,
dort zu mittag eßen ; es ist 7 meill , nicht teütsche, sondern fran-
tzösche meillen, von hir. Gibt mir gott leben undt gesundtheit,
werde ich Euch biß sambstag berichten, wie meine reiß abgangen.
Adieu, liebe Louisse ! Ich ambrassire Euch von hertzen undt werde
Euch all mein leben von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
1161.
St Clou den sambstag, 28 September 1720 (N. 31).
Hertzallerliebe Louise, ehe ich auff Ewere liebe schreiben andt-
worte, muß ich Euch erst unßere vorgesterige reiße verzehlen. Ich
stiege umb ein wenig, nachdem es 8 geschlagen, in kutsch mitt der
duchesse de Brancas , madame de Ghasteautier l undt die fraw von
Batzamshaussen. Wir hatten daß schönste wetter von der weit; a
la porte de la conferance gab man mir ein relais, daß hilt mich ein
viertelstundt auff. Hernach fuhr ich über dem wall a la Place -
Royal [e] zur großhertzogin, kam nahe bey halb 10 in ihre cammer,
fundt sie in guttera standt undt recht lustig; kan nicht begreifen,
wie sie es sein kan, den sie kan keinen schritten gehen, hatt große
mühe, zu articulliren, undt hatt eine handt gantz lahm. Mitt dießem
allem ist sie lustig, treibt possen, fexirt 2 , lacht über ihren eygeuen
standt. Ich halte dießes vor eine sonderliche gnade gottes. Nahe
bey 10 uhr fuhr ich von der Place weg nach Yincene 8 ; ahm endt
von parq de Yincene war wieder ein relais, so mich biß nach
Chelle[s] führt. Unßere abtißin fandt ich gar nicht geendert, war
eben, wie ich sie daß letzte mahl gesehen hatte. Sie verzehlte mir
Sachen, so mir die haar zu berg stehen machten, nehmblich daß 2
kerl ihr en[t]deckt, so verwandten von ihren nonen sein, daß man
ihnen große sumen gelt offrirt, meinen söhn zu assasiniren undt
seinen söhn auch. Sie hatt hertz wie ein mansmensch; man threwet
sie auch, sie fragt kein haar nach sich selber, sagt, sie wolte, das
* ..
1 Cbäteanthiers. 2 d. h. vexiert. 3 Vinoennes.
man sie nur attaquiren solle, sie wolte sich woll wehr[e]n, hiitt sich
gutte geladene jristollen geben laßen '. So erschrocken ich auch
', uiuste ich doch hirüber lachen; sie lacht auch selber drüber.
Ein controleur von meinem solin gab uuli umb 1 uhr. ein stundt,
nachdem ich abukotnmen war, eine niagnitique mabl/eit. Aber waß
unßere abtißin verzehrt, hatt mir den npetit ein wenig benoh-
raen. Der controleur war vor dießem in meinen dinsten geweßen,
mein herr nahm ihn. Der gutte, ehrliche man hatt doch noch alle-
zeit affoction vor mir uudt war froh, mir zu diunen. Ich bliebe bey
mein enckelin biß umb 3 uhr; da ging ic-h, ihr neu refeetoir* sehen
undt waß sie sonst neues hatt machen laßen, recht sauber. Hernach
ging ich in kirch , verichtetc mein abend tsgebett, stieg umb halb 4
wider in kutsch undt kam umb halb 8 abendts wider hir ahn, begeg-
nete mein sobn im vorhoff, so wider nach Paris fahren wolle. Ich
machte ihn absteygen undt ein augenblick in meine kutsohe kom-
men undl. gab ihm eine gutte nacht. Er fuhr nach Paris undt ich
kam wider in mein camer, zog meine uhren auff, that noch ein
abendtsgebett in ineinen buch, schluckte mein ey, zog mich her-
nach auß undt ging umb halb 10 zu bctt. Da wist Ihr nun, liebe
Louise, alles, waß ich vorgestern gethan, sowoll alß ich selber. Nun
ist es auch zeit, daß ich auffE\v[e]r liebes schreiben komme vom 10
dießes monts, uo 71. Überall klagt man wegen der post ; aber
weilten kein mittel dazu, will ich weitter nichts hirvon sagen. Die
wege seiudt böß, die pferdt uoch schlimmer. Alles will gewinen; es
ist ein ellendt, der mamun stelt überall unbeil ahn undt es wirdt
täglich ärger. Golt weiß, waß endtlich drauß wehren 9 wirdt; es
macht einem daß leben sauer undt verdrießlich in allen stücken.
Ich versichere Euch, liebe Louise, daß ich täglich daß leben müder
werde, undt wen mich gott zu sich nehmen wirdt, werde ich gewiß»
nicht betrübt sein. Ich bin recht von hertzen melancolisch undt hal>
es ursach. Ich will doch thun, waß mir möglich sein wirdt, umb
distractioneu zu haben. Heütte -werde ich ins bois de Boulogne
fahren , umb dort zu spatziren. Biß mitwog will ich nach Paris-
in die commedie uudt biß dounerstag werde ich Euch verzollten,
ob mir beßer ist. Aber nun muß ich meine gewöhnliche pnussc-
3 d. h. werden.
289
machen. Wen ich wieder vom bois de Boalog ne undt Madrit werde
kommen sein, will ich Euch entreteniren , hiß ich schlaffen gehen
werde.
Samt)8tag, umb halb 7 abendts.
Hertzallerliebe Louise, da ich eben von Madrit kam undt (ließen
datum schon geschrieben hatte , kam madame la duchesse herein
undt ist eine klocken-stundt hir geblieben; also werde ich leyder
wieder nicht so viel schreiben können, alß ich gehofft hatte. Hir
haben wir 3 tag woll daß schönste wetter von der weit gehabt,
hefltte aber, ob es auch zwar schön genung geweßen, umb mich praff
zu spatziren, aber der himmel ist so starck gewölekt, daß ich förchte,
daß das regen wetter gantz einfallen wirdt; den biß mitwog werden
wir neümont haben. Ertapt, daß regenwetter damitt einfält, wer-
den wir gantz ins heßlich wetter kommen. Es ist purer mutwill
undt boßeheit, wen die posten so unrichtig gehen; den sie könten
woll allezeit umb 8 tagen auffs allerspätzt überkommen , aber alß-
den würde der vorwitzigen curiositet nicht vergnüget 1 werden. Sie
solten doch meiner schreiben woll müde sein nach 49 jähren, daß
sie sie immer leßen. Ich glaube , daß es weder deß fürst Taxis,
noch deß baron Weltz schuldt ist, daß meine brieff unrichtig gehen,
sondern deß Torcy 2 undt ertzbischoffen von Cambray 8 . Wie sie
mich nicht sonderlich lieben, hoffen sie alß, waß in meinen schrei-
ben zu erdapen, so mir handel ahn machen könten, welches doch, waß
ich auch sagen mögte, nicht geschehen kan. Ich habe gegen dießer
falschen bursch gar zu woll vorgebawet, aber ihre hoffnung undt
bößen willen kan man nicht auff halten. Aber «vaß will man thun ?
Man muß es machen, wie in der commedie von Sejanus 4 stehehet 5 :
«Man muß gedult haben , durchleüchtigste Agripina !» Umb die
*
1 d. h. genügt. 2 G. Brunet II, s. 271, anmerk. 1: «J.-B. Colbert,
marquis de Torcy, ministre des affaires 6trangeres depuis 1688; sous la re-
genee il fut remplac6 par le oardinal Dubois. II est de fait , oomme Madame
le r6pele souvent, qu'ä eetto 6poque rien n'6tait moins respectä que le seoret
des eorrespondances , et Barbier öbserve dans son «Journal» (t. II, p. 21) que
«les jesuites ne s'ecrivent auoune nouvelle d'une provinoe ä l'autre, parce que
depuis longtemps toutes les lettres sont d6caohet6es.» 3 des cardinals Du-
bois. Vergl. den folgenden brief und den brief vom 2 November. 4 Die
tragödie «Sejanus» hat Elisabeth Charlotte schon mehrmals angeführt. Man
vergl. die register au den bänden II, III, IV unter Sejanus. 5 ? stehet.
Elisabeth Charlotte 19
290
oquinoxe 1 seindt ordhiarie din zeitt[e|n, wo, wie mau mir versichert,
wo die grösten stürm auff der see sein. Es ist war, daß unilere
e printzes von Wallis schwanger ist; es ist mir recht leydt, den
I. L. seindt daß letz[te] mahl so gefährlich kranck geweßen, daß mir
recht angst undt bang bey der sach ist. Ich wolte woll, daß sie
noch einen priutzen bette, wen ich nur sicher sein könte, daß die
printzes irisch undt gesundt davon kommen könte. Printe Fride-
rich solle docktor Brauer gantz courirt haben '. Gott erhalte ihn
lange jähren dabey zu der seinen hohes vergnügen! Es seindt hir
Teütschen, die versichern, daß der könig in Englandt den gantzen
Winter zu Hannover oder Herrn haußen bleiben will. Ob sie es
recht wißen, weiß ich nicht. Sie sagen auch, daß der könig undr
die köuigin in Preüssen wieder nach Hernhaussen kommen werden;
aber ich glaube, daß dieße vissitte ehr zur Ghör", alß zu Han-
nover, geschehen wirdt, weillen es naher bey Berlin ist. Weilleu
der könig in Schweden dem lierrn baron von Degenfeit so gar gnä-
dig, wirdt er woll in Schweden bleiben. Wen Ihr mir medaillen
schickt, so Euch nichts kosten, nehme ich es mitt großem dauck.
Mich deüeht , es geht jetzt Überall gar uberzwe[r]g her. Man kan
nichts mehr begreiffen ; man war vor[detn] gantz froh , wen viel
frembten ahn einem hoff wahren, man hilt es vor grandeur; ich
glaube, man halt recht. Alle verenderung , so ich in dießer weit
erlebt, seindt wie daß wekrgeheng von Louis 13 aeinefin] bouffon. Der
kam mitt ein groß wehrgebeug von gestickten atzeilen. Der könig
fragte ihn: -Quel hauderier' a tu la?> Er audtwortete: «Mon
beaudrier est comme vostre cour, sire 1 Tont y va de pis en pis\«
Also geht die weit ftuu, liebe Louise I Ich verstehe in der weldt
nichts; in all monsieur Laws seinen sisteme undt actione« kau ich
nichts begreiffen. Graff Hohn* ist noch nicht [angekommen], ob er
zwar schon durch Lotteriugen gereist; den mein dochter hatt mir
durch ihm gesehrib[e]n, wie sie mir bericht. Ich kene fließen graff
Höim- gar woll, ist offtenuahlen undt lang zu Paiis geweßen. Die
medissance will, daß er nicht alleuiahl waß gtits von Paris getragen.
1 equinnie, lug- und nachts!« Lohe.
Vurgl. den bn
1 min 2H Angnst,
üben i. S5B. 3 diu sobloll HB Gührde.
4 baadrier
■' Vergl. den
brief vom U September, oben s. 279.
Vergl. nnrbber
den brief vom 19
Oetobur. Karl August graf von Hoym wir
band II, t.
M. 694 erwähnt
291
Ich sagte ihm letztmahl, wie er her kam undt gar gesundt außsahe :
«Habt 8 1 , daß Ihr zu Paris nicht wider bleich undt ungesundt
werdt!» Ich kan noch nicht ahn die fürstin von Ussingen andt-
wortten. Mein söhn hatt ihren brieff, so sie mir geschrieben, weg
getragen; muß er* erst waß drüber examiniren, ehe er mir andt-
wort dranff gibt. Es ist woll loblich ahm graff von Solms , nicht
zu spieüen. Mich wundert, daß Ihr nicht lust habt, deß cap[i]tain[e]
Groß reverien zu hören. Wie kan man so waß forchten? Ist ja
nur gntt, ümb zu lachen undt die zeit zu vertreiben. Die prophe-
zeyung war leicht zu machen; wo eine schlime stiegen in einem
hauß ist, ist es ein miracle, wen man nicht herunderfelt undt sich
biessirt. Lefltte, die warsagen, examiniren die heüßer, umb waß
drauff zu sagen können. Adieu, liebe Louise! Ich bin heütte zu
gritlich, umb waß mehrers zu sagen können, alß daß ich Euch, in
welchem standt ich auch sein mag, von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1162.
St Clou, donnerstags den 3 October 1720 (N. 32).
Hertzallerliebe Louise, ich weiß nicht, ob ich Euch letz[t]-
mahl geschrieben, daß ich Ewer liebes schreiben von 17 September,
no 73 , zu recht entpfangen habe , worauff ich heütte andtwortten
werde, undt wo rairs möglich ist, werde ich heütte auff zwey von
Ewern schreiben andtwortten; ich sage,, wo mirs möglich ist, den
ordinari kommen donn[e]rstag undt diu s tag alß viel leütte her. Last
unß sehen, waß drauß werden wirdt! Gestern fuhr ich nach Paris,
funde madame d'Orleans zu bett mitt schmertzen; aber wen ich
wolte, könte ichs auch woli so machen, den ich habe daßselbe wehe,
so I. L. auch haben , nehm blich ein schmertzen geraht auff die
lenden undt den pörtzel. Es kompt wie ein krampff, daß ich solche
schmertzen fühle , daß ich mich nicht regen .kan 8 ; vergeht wider,
verhindert mich weder ahn eßen, noch ahn schlaffen. Madame la
duchesse d'Orleans sagt, er verhindert sie ahn schlaff; ihre schmer-
tzen kommen öffter, alß die meinen; aber die meine seindt so
1 d. h. aeht. 2 ?er muß. 3 Vergl. nachher den brief vom 26 De«
cember.
19«
292
starck, daß ich feüerroht drüber werde. Ich [glaube], daß es winde
seiu; den wen ich sie gehen kan laßen, finde ich mich beßer undt
bin lenger in ruhe ohne schraertzen. Aber daß wirdt schon wider
vergehen, ist keine todtliche kranckheit, aber eine pfaltzgräffische
kranckheit, den wir alle mitt winden geplagt sein. Ahn madame
d'Orleans muß es etwaß änderst sein; den sie hatt nicht die ge-
ringste simpathie mitt unß pfaltzgraffen. Aber stille, last unß von
waß änderst reden! Die unrichtig[keit] von der post kompt von
nichts , liebe Louise , alß von deß Torsis l undt ertzbischoffs von
Cambray curiositet, zu wißen, waß ich schreibe 2 , undt weillen sie
mir nichts bey meinem söhn ahnmachen können, suchen sie, mich
bey andern leütten verhast zu machen , haben den marechal de
Villeroy gesagt, ich hette ahn mein dochter geschrieben, daß dießer
marechal undt alle die, so man de la vie[i]lle cour heist, meines
sohns feinde wehren. Wie man mir davon gesprochen , habe ich
kaltsinnig geantwort: «II est vray, je lay escrits a ma fille, et je
lay escrit parce qu'il est vray et que les lettres de Pambassadeur
d'Espagne en ont asses fait foy 8 .» Aber auß dießem eschantillon *
segt 5 Ihr woll, liebe Louisse, warumb meine brieffe so übel gehen.
Aber nun muß ich eine gewöhnliche pause machen. Waß mich
heütte so spät schreiben macht, ist, daß ich gestern zu Paris ge-
weßen; habe also meine capittel in der Bibel nicht eher, alß heütte,
leßen können; darnach seindt mir auch noch interuptionen kommen,
muß also auff nachmittag verschieben.
Donnerstag, den 3 October, umb */a auff 7 abendts.
Ich habe ohnmöglich eher, alß nun, wieder zum schreiben ge-
langen können. Ich bin gar spät ahn taffei gangen , liebe Louise !
Den es ist mir viel desordre in meiner kleydung, bander haben ge-
brochen, man hatt ander[e] capen hollen müßen, andere Unterrock.
Daß hatt mich so lang aufgehalten, daß ich erst umb halb 12 zur
taffei gekönt , war also nahe bey 3 , wie ich von taffei bin , undt
umb halb 4 ist meine calesch kommen, bin spatziren gefahren. Es
*
1 Torcy. 2 Vergl. den vorhergehenden brief s. 289. 3 Der satz lautet in
beßerer Schreibung: «II est vrai, je Tai 6crit ä ma fille, et je Tai 6erit parce
qu'il est vrai et que les lettres de l'ambassadeur d'Espagne en ont assez fait
foi.» Vergl. nachher den brief vom 2 November. 4 6chantillon, probe, mu-
ster. 5 d. h. sehet.
293
war daß schönste weiter von der weit, kein windt, recht ahngenehm
wetter, bin biß nach 5 spatziren gefahr[e]n. Hernach habe ich ein
schreiben geleßen von der königin von Preüssen, so ich entpfangen,
undt ein paquet von Euch, liebe Louise, von 21 September, no 74,
sambt einer schönnen silbern medaille vom keyßer undt von Messine,
dancke Euch von hertzen vor dießes alles, wie auch vor daß kupffer-
stflck 1 . Dießes alles amussirt mich sehr, wie auch, zu wißen, wer
jetzt auff der meß zu Franckfort ist. Wie ich im vollen leßen
wäre, hatt man ins gebette geleütt, welches mich noch eine gutte
halbe stundt aufgehalten hatt. Nun geht mirs, wie daß frantzösche
sprichwordt sagt: «Je suis comme un asne entre deux pres qui ne
sait, auquel aller 8 ;» den ich habe so viel schreiben von Euch,
liebe Louise, da vor, daß ich nicht mehr weiß, bey welchem ich ahn-
fangen solle; will bey dem frischten ahnfangen. Ich weiß nicht,
liebe Louise, auß waß Ursachen man Euch eine zeit her alle meine
schreiben 2 undt zwey auff einmahl gibt. Aber ich muß [es] in
dem fall machen , wie mein schreibmeister * mir gelehrnt undt in
schreibbuch geschrieben hatte, nehmblich:
Waß nicht zu endern stehet,
Laß gehen, wie es gehet 4 !
Es geht doch noch woll hin, wen man doch die brieffe nicht ver-
liehrt, wie es mitt meinem von 7, no 7, gangen undt Eweres von
no 67. Gott weiß, wo die 2 schreiben hingekommen sein, ob sie
ein altministerischen oder neuen ertzbischofflichen hindern gewischt
haben 6 . Wen daß were , wolte ich , daß unßere brieffe beißen
könten, wie in dem merchen von Eacka maman. Daß seindt hoch-
wichtige wörtter , umb von den herrn ministem mitt aplication ge-
leßen zu werden, den Testat wirdt hiemitt gedint werden. Die ur-
Bachen, warumb die posten so übel gehen . . . Aber ich habe heütte
morgen schon genung davon geschprochen. Daß tliewer leben hir
ist nicht so sehr auß noht, alß auß schelmerey von allen kauffleüt-
ten, wie sie auch nahmen mögen haben. Alles ist so gottsjämmer-
lich interessirt hir im landt, daß es recht eckelhafft ist, machen
*
1 d. h. den kupf er stich. 2 Buridans esel. Vergl. band II, s. 580,
band m, s. 365. 366, band IV, s. 335. 3 Vergl. band II, s. 285.
4 Vergl. band I, s. 456. 5 Anspielung auf den früheren minister Toroy
und den oardinal Dubois, erzbischof von Cambray. Vergl. den vorhergehenden
brief 8. 289.
2*4
mich auß der baut fahren vor ungedult, ich gestehe es, mögte woll
ein par hencken sehen. Aber, liebe Louise, seüfftzt nicht drüber!
den seüfftzen ist bitter ungesundt undt gibt brustwebe. Aber gott
den allmächtigen umb beßerung unßeres standts zu bitten, daß ist
gutt undt bitte Euch sehr drumb. Ihr habt gar woll gethan, die fürstin
von Ussingen nicht in ihren» assamWee zu troubliren mitt der bößen
zeifctung von ihres Schwagers 1 todt. Ich habe madame de Dangeau
noch nicht gesehen, seyder sie witwe ist. Man kan [sich] unmög-
lich sehr umb einen schwagern betrüben undt grämen , den man
sein leben nicht gesehen hatt. Man beklagt nur die Schwester, so
noch gar betrübt sein solle; sie solte sich doch getrösten , den er
nette doch nicht lang mehr leben können, war schon über 83 jähr
alt. Ich habe madame de Dangeau , seyder sie witwib ist , nicht
[gesehen] ; sie hatte ihren ungesunden leib .... den sie ist [in]
allen stücken sein* tugendtsam undt folgt ihro Schuldigkeit in allen
stücken. Ich wünscl>e , hertzliebe Louise , daß Ihr Euch bey der
gmtten undt großen geselschafft 7 so Ihr nun zu Fran[k]Jort hatt 1 ,
recht lustig mögt machen. Die landtgräffin von Darmstatt wirdt
fro sein, ihre fraw mutter wid©* zu sehen. Wie? ich sehe, so tour-
nirt le diable au contrete*»p& bey Euch eben so sehr, alß hir. Waß
ist die gräffin von Wittgenstein, die jetzt bey Euch ist, unßerm
gewesenen obermarschalck, den graffen von Sain 8 ? Dieße gräffin
muß hipoconder sein, allezeit so in threnen zu stecken ; daß ist doch
mitt der zeit langweilig, allezeit flenen zu sehen. Daß solt Ihr ihr
abgewehnen ; daß hilfft ja zu nichts, alß sich selber zu quellen undt
ander leütte beschwerlich zu sein; Den graffen von Leiningen-
Westerburg kene ich woll; er meint, ich hette ihm seinen proces
verlieh reu machen. Aber ich habe mich gar nicht drinen gemischt,
weder gegen noch vor; er hatt alß propossitionen , so gar nicht
thunlich sein, undt wirdt recht böß, wen mans nicht thut; daß hatt
mich , die warheit zu sageu , sehr gegen ihn refroidirt , den daß
wirdt importun auf die lenge\ Die schönne medaille, so Ihr mir
geschickt, hatte ich nicht, dancke Euch gar [sehr], werde sie daß erste
mahl, daß ich nach Paris werde, placiren. Ich bin alß bang, daß
1 de» marqui« de Dangeau. Vei^l. den brief vom 12 September, oben
s. 273. 2 ?h*bt. 3 d. h. wre ist sie mit ihm verwandt? 4 VergJ.
band III, s. 471, band IV, s. 144. 186. 212.
295
in itzigen bößen zeitten Ihr Euch incommodiren mögt, undt daß
were mir hertzlich leydt; danckeEüch nochmahlen von hertzen vor
alles artige, so Ihr mir geschickt. Unßere printzessin von Modene
ist gantz außer gefahr '. Kinderblattern mögen zeichenen oder nicht
zeichenen, so endern sie doch allezeit. Sie hatt gar eine groß aquiline,
habichsnaß 1 ; wirdt die marquirt, kan es nicht schön stehen. Ich
habe so viel alte damen gekandt, so zu Louis XIII zeitten wahren,
daß ich den alten hoff kene so woll wie den zu meiner zeit. Ey,
liebe Louise, sprecht nicht so abgeschmackt! Ihr wist ja woll von
alter *, daß complimenten meine sache gar nicht sein. Daß lernt
Ihr bey allen den gräflichen leütten, da Ihr nun bey seidt. Wozu
dint daß entschuldigen? Ihr wist, Louise, daß mir Ewere brieff
lieb undt ahngenehm sein; sie mögen also lang oder kurtz sein,
brauchen sie weder entschuldigungen, noch complimenten. Ihr habt
mich lieb, Ich Euch; wir seindt einander nahe genung darzu undt
ich versichere Euch von hertzen, daß, so lang ich lebe, ich nicht
gegen Euch endern werde, sondern allezeit lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
1163.
St Clou den 5 October 1720 (N. 33).
Hertzallerliebe Louise , vorgestern habe ich auff Ewer liebes
schreiben von no 74 geantwortet, heütte werde ich auff daß von
17 September, no 73, antwortten. Ich habe Euch letz[t]mahl die
recht ursach geschrieben, warumb Ihr, liebe Louise, meine schrei-
ben so unrichtig entpfangt. Hir leben wir wie in den clostern,
liören von nichts, habe zwar, wie ordinarie undt in maison royale
bräuchlich , den heürahtscontract vom marquis d'AUincourt 4 undt
mademoiselle de Bouffiers] unterschoben 5 , aber weitter kein wordt
davon gehört, weiß also kein wordt von ihren magnificencen, noch
wie es abgangen. Der marquis d'Aliincourt ist deß marechal de
Villeroy enckel, aber mademoiselle de Bouffiers] ist der marechalle
de Bouffiers] eygene dochter undt nicht ihr enckel. Die kleine
1 Vergl. die briefe vom 14 und 25 September, oben s. 277. 286. 2 nes
aquilin, habiohtsnase. 3 d. b. von alters her. 4 Alinoourt. 5 Vergl.
den brief vom 31 August, oben s. 262.
296
Lawß ist selber schuldig ahn die insulte, so ihr 2mabl wiederfah-
ren *, wie man mir gesagt hatt; solle ein gar verzogen kindt sein.
Der vatter verdirbt sie gantz (die mutter darf ihr kein wordt nicht
[sagen]), hatt der dochter ein eygen hauß gemacht, hatt suivanten,
escuyers, ey[g]ene laquayen, kutsch undt pferdt. Daß macht daß
kindt muhtwillig, lacht alle menschen auß undt ist so hoffartig, daß,
wen die kleinen printzes de Guise vom hauß Lotteringen zu ihr
kommen, umb mitt ihr spatziren zu fahren, setzt sie sich ahn den
besten platz undt macht andere kinder rückwerts fahren. Auß pu-
ren wüsterey, interesse undt karchheit leyden ihr vatter undt mut-
ter dieß alles. Daß hatt aber schir alle menschen gegen Laws undt
seine dochter iritirt, deßwegen ist ihr der affront geschehen nun
schon 2mahl. Die mutter hatt sich gar woll entschuldigt , sagt :
«Je n'ose dire mot a ma fille; on me la soustraitte *, je ne puis
plus respondre des sottisse[s] qu'elle fait.» Darin hatt sie recht
Alle leütte von qualitet seindt hir gar zu bas 8 , lache undt interes-
sirt; es ist eine schände undt daß nimbt zu, wirdt je lenger je
ärger; es ist recht eckelhafft. Einer kaufft unschlicht, lest lichter
machen undt verkauft sie erschrecklich thewer; ein ander, so auff
der see befehl hatt, kaufft alle chocolat, thö undt caffe* auff, umb
es thewer zu verkaufen ; der 3te handelt deßgleichen mitt Stoffen
undt tuch 4 ; undt dieße schönne hertzogen wollen sich beßer
düncken, alß alle teütsche fürsten. Daß macht mich so ungedultig,
daß ich auß der hautt fahren mögte. Madame d'Orleans gibt ihnen
groß recht, undt waß noch ärger ist undt mich ahm meisten ver-
driest, ist, daß sie meinen solin gantz in ihrem irtum gezogen hatt.
Welcher printz von Sultzbach ist zu Franckfort? Ist es der eiste
oder der jüngste, den wir hir gehabt haben? Ich wünsche, daß
Ihr Euch woll mögt divertirt haben in dießer assamblee. Ich hoffe,
Ihr werdt mir berichten, liebe Louise, wie es abgangen. Hir hört
man von viel, viellen kranckheitten, aber in Provence undt zu Mar-
seillen ist es noch ärger; den da ist die pest erschrecklich starck.
Es seindt schon in der statt von Marseillen 25/m. menschen ge-
storben undt es reist täglich weytter* ein 6 . Gott bewahre unß, daß
*
1 Vergl. die briefo vom 5 und 14 September, oben 8. 264. 265. 276.
2 ?soustrait. 3 bas, schlecht, verächtlich. 4 Vergl. den brief vom 27 Juni,
oben s. 186. 187. 5 Vergl. die briefe vom 31 August, 7 und 21 September,
oben s. 261. 269. 270. 285 und nachher den brief vom 12 October.
297
es nicht hieher kompt! Monsieur Harling hatt mir bericht, daß
viel krancken zu Hannover sein ; aber printz Friderich ist, gott lob,
wider gesundt. Ich erschrieck, wen ich Allexander Hamerstein einen
alten obersten heyßen höre; ich habe ihn offt getragen undt bey
seinen leydtseyll hernmbgeschlept zu 0[h]sen undt zu Iburg l . Wo
mir recht ist, war er ein par jähr jünger, alß der könig in Eng-
landt; possirlich war Allexander Hamerstein, daß ist gewiß, undt gar
natürlich. Est ist die mode nicht mehr, eine andere weit zu glau-
ben. Alle manßlefltte, auffs wenigst hir im landt, piquiren sich bir-
von, welches ich abscheulich finde undt sage es blat herauß. Man
lacht mich auß, aber ich frag kein haar darnach, sage allezeit meine
meinung plat herauß. Ich muß lachen, daß Ihr sagt, liebe Louise,
daß Hamerstein betrübt über seine maistres geweßen , alß wens
seine rechte fraw were. Welcher man ist [in] jetizgen zeitten be-
trübter über seine fraw, alß über seine maistressen? Daß war ein
wüst spectacle, so Euch, liebe Louise, begegnet; aber Ewer charitet
wirdt Eflch doch vor gott gelten. Ihr avanture mitt ihrem man
war erschrecklich genung, urub einen ohnmächtig zu machen, ohne
voll zu sein. Der man ist ahm meisten zu [bedauern]; aber were
er bereydt geweßen, halte ich die geschwinste todt vor die besten;
den viel leyden ist etwaß abscheuliches. Ich habe deß czaar*
kopfferstück 8 nicht , aber sein contrefait in mignaturen * perfect
gleich. Nein, es ist nicht in mignaturen, es ist in email. Ein Schwedt
hatt es gemacht, so monsieur Boit heist. Ich habe mein tag nichts
gleicher gesehen. Unßer liebe churfürstin s. hatt mir einmahl deß
czars undt der czaarin undt dfer czaarwitz 6 contrefait geschickt. Der
czaar gleicht gantz undt gar nicht, aber die czaar witzin gleicht ahn
alle ihre contrefaitte. Dancke gar sehr vor daß kupfferstuck. Aber
Ihr werdt mir einen gefallen thun , wen Ihr mir den czaar auch
dazu schicken wolt. Aber ich muß auch meine pausse machen.
Dießen nachmittag, wen ich wider von Madrit werde kommen sein,
werde ich dießen briff gantz aaßschreiben.
Sambstag abendts umb 7 uhr.
Es ist eine gutte halbe stundt, daß ich von Madrit kommen;
*
1 Vergl. band I, 8. 375. 2 Peters des großen. 3 d. h. kapfer-
stioh. 4 en miniature. ö osaräwitsoh, jetzt sesarewitsoh , der söhn des
kaisers, großfürst.
298
man hatt eben daß abend tsgebett gesagt, da bin ich hin. Derowege
fange ich ahn so spät zu schreiben, liebe ! komme wider auff Ewer-
liebes schreiben , wo ich heütte morgen geblieben war % nehmblid*
ahn der czaarin * ihr kupfferstück ; hatt was harttes in der phisio—
nemie, alß wen es ein böß weib were, undt wo es war ist, daß si^
zu ihres stieffssohn * todt geholfen , wie alle menschen es meinen,
muß es gewiß gar ein böß weib sein , welche gott straffen muß.
Daß ist ihr auch schon geschehen; den sie hatt ihr eintzig söhngen
nach ihrem Stiefsohn yerlohren. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben,
so ich heütte morgen ahngefangen, völlig beantwortet. Ich komm»
jetz[t] auff daß vom 14 September, no 72. Ich kan nicht begreiffen».
waß vor eine lust es sein kan, Euch alle posten meine brieff ent-
weder gar aufzuhalten, oder zwey undt zwey zu lieffern. Ich bin.
versichert, daß, wofern sie meinen, Euch dadurch meine brieffe zu
verlaytten 8 , daß sie sich betriegen. Waß sie mitt meinem vom
7 Augusti gemacht haben, mag gott wißen. Dem seye, wie ihm
wolle, so ist der verlust nicht groß. Gott bewahre Euch, liebe
Louise, vor größer Unglück ! Meine wunde[n], so ich auff die lenden
gehabt undt so gar schmertzhafft geweßen, vergehen gantz. Aber
madame d'Orleans, so daß bett mitt gehütt, ist nicht allein ärger,
alß nie, sondern ihre ordinarie migraine hatt sich noch dazu ge-
schlagen , gereuet mir also gar nicht , daß bett nicht gehütt zu
haben, sondern allezeit mitt meinen schmertzen außgangen bin;
habe nichts änderst dazu gethan , alß mich mitt pomade divine zu
schmiren. Paris ist noch nicht gar still, man rast abscheulich gegen
meinen söhn. Gott gebe, daß nichts bößes drauff erfolgen mag!
♦
1 Peter« des großen erste gemahlin, 6 Februar 1689 ihm angetraut, war
Eadoxia Feodorowna Lapuohin; sie wurde im jähre 1698 in ein kloster ge-
schickt. Die hier in rede stehende ozarin ist Peters zweite gemahlin, Katha-
rina, eine Livländerin niedriger herkunft. Sie hatte 1701 einen schwedischen
dragoner geheirathet, wurde 1702 bei der eroberung Marien burgs von den Bußen
gefangen genommen. Erst im hause Menzikows , wurde sie, mit Peter 1707
heimlich getraut, 1712 von ihm öffentlich zur gemahlin, 1718 zur kaiserin er-
klärt; 1724 gekrönt, wurde sie nach Peters tode regierende kaiserin 1725.
Von ihren acht kindern starben sechs, darunter prinz Peter,, frühe. Die überleben-
den waren Anna , vermählt mit dem herzog von Holstein Gottorp , die matter
de« nachberigen kaisers Peter III, gemahls der kaiserin Katharina II, und Elisa-
beth, später kaiserin. 2 Aleocei Petrowitsoh. Vergl. band III, s. 340. 363.
364. 3 d. h. verleiden.
2*9
Alle abeadt, wen nichts bößes den tag Vorgängen, daaeke ich mei-
nem gott von hertzen; aber andern tags, wen ich wider aufstehe,
frage ich alß: «Waß neues an Paris?» Wen man sagt, daß man
nichts neues gehört, werde ich erst wider ruhig. Es ist warlich
ein eilendes [leben] , wie man nun hir ist. Ich habe Euch heütte
morgen verzehlt, wie monsieur Laws dochtergen sich die insulte
von den laquayen selber über den halß gezogen hatt ; drurab sage
ich weytter nichts davon. Diß kindt ist ein medgen von 11 oder
12 jahren; daß ist zu jung, umb seine eygene haußhaltung zu haben
undt gantz nach ihrem eygene n willen zu leben. Waß aber die
laquayen zu Paris so gar insolent macht , seindt daß spülen undt
daß sich ihre herrn gar zu gemein mitt ihnen machen *. Ich bin
greulich erschrocken, wie mademoiselle de la Roehesurion * so starck
gefahlen ; den ich meinte , sie hette den kopff entzwey gefallen ;
aber wie ich gesehen, daß sie sich nicht wehe gethan, habe ich von
hertzen gelacht 8 . Mein lachen hört geschwindt auff, den es ist mir
gar nicht lächerlich. Ich habe heütte daß schönste wetter von der
weit zu Madrit gehabt, habe so viel spatzirt, alß mirs meine lenden
erlaubt haben. Es ist gar war, daß die mussiq den humor vermehrt,
worinen es einen findt, lustig oder trawerig; waß einen ahn trawe-
rig sachen erinert, macht auch trawerig. Es ist keine vexirerey,
mitt gewehr zu spülen; man weiß hundert exempel von unglück,
wie daß von Eyßenach. Alleweill schlegt [es] 10. Es ist mir lieb,
daß Ihr, liebe Louise, die resolution gefast, nicht nach Englandt zu
gehen; den ich glaube nicht, daß Ihr viel vergnügen ahn dießer
reiße [haben würdet]. Aber da plagt m[a]n mich, umb schlaffen zu
geh[e]n. Gutte nacht den, liebe Louise! Seydt versichert, daß ich
Euch von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
1164.
St Clou den 10 October 1720 (N. 33).
Hertzallerliebe Louise, gestern war ich nach Paris gefahr[e]n, da
bin ich mitt Ewer paquet undt liebes schreiben vom 28 September,
*
1 Vergl. den brief vom 5 September, oben s. 265. 2 Roohe-sur-Yon.
3 Vergl. den brief vom 5 September, oben 8. 265. 266.
300
no 76 , crfrewet worden mitt dem küpfferstück vom itzigen köni^
in Schweden. Es ist mir leycft, daß es nicht gleicht; bin doch fro^
daß Ihr rairs geschickt habt ; die invention ist artlich, dancke Euch gar-
sehr davor. Heütte aber werde ich nicht auff dießes liebes schreibem.
antwortten, sondern es vor übermorgen ersparen, wo mir gott alßden.
leben undt gesundtheit verleyet; heütte aber werde ich auff daß vom
24 September, no 75, andtwortten, so ich vergangen sontag entpfangen_
Weillen aber die post deß sontags nicht mehr geht, wie ich Euch,
liebe Louise, schon bericht, habe ich es vor heütte versparen müßen^
wie ich Euch schon bericht; dancke vor das letzte küpfferstück, so
Ihr, liebe Louise, mir mittgeschickt habt von den statten ; davor sollen
ich woll noch einmahl dancken, den es amussirt mich recht. Ihr"
habt Euch nicht in der meinung betrogen, daß Ihr die andere posfc^
2 von meinen schreiben anff einmahl entpfangen würdet, weillen ™-
ich in Ewerm gesterigen gesehen, liebe Louise ! Wer sich über die^
post beschwehren wolte , würde man gar zu viel zu thun haben ~
den daß ist ohne endt. In Lotteringen rufft mein dochter con-
tinuirlich gegen die post. Die englisch post ist nun die, so aha
richtigsten hir geht. Gestern entpfing ich * noch ein schreiben von
unßcre liebe printzes von Wallis bekommen von 17 große bogen;
den die englische pap[i]er-blätter seindt viel größer, alß die von
Paris , schir wie ein klein in-follio 8 . Man kan in der weit nicht
ahngenehmer schreiben. Es war mir nicht leydt, daß Ihr die gräffin
von Witgenstein bey Euch gehabt; den daß gibt doch verenderung
undt distraction gegen die melancolisch gedancken dießer zeit, in-
sonderheit weillen es jemandts raisonabels ist, so Euch lieb hatt.
Ihre ursach, wider nach hauß zu gehen, ist gar valable 4 ; es ist aber
nicht zu fürchten, daß die große lieb gegen seiner fraw mutter lang
dawern wirdt. Wen er in 10 jähren noch so sein wirdt, wolte ich
es loben; aber wen junge bursch zu andere junge bursch kommen,
werden sie baldt geendert undt die tendresse von den 5 eitern ver-
geht gar geschwindt, wen sie zu jahr[e]n kommen undt mitfc andere
junge bursch umbgehen. Auffs wenigst ist es hir im landt so. Ich
bin so lang auß Teütschlandt, daß ich nicht mehr wißen kan, wie
es dort ist. In dießem mont ist es 49 jähr, daß ich von Heydel-
1 ? wie. 2 ?habe ioh. 3 in-folio, folio-format. 4 valable, giltig.
5 d. h. für die.
301
berg bin, undt den 15 zukünftigen monts wirdt es eben so lang sein,
daß ich gebetiraht bin 1 . Mein gott, wie geht die zeit vorbey, wie
ein blitz! Man tbut woll, nicht alles zu glauben, waß in den ga-
zetten undt zeittungen stehet; den sie lügen abscheulich. Ich habe
gehört, daß seyder mein vetter, printz Wilhelm, einen söhn bekom-
men, solle der landtgraff von Darmstatt keine lust mehr haben, seine
fraw dochter printz Max von Heßen Cassel seine fraw dochter zu
geben. Enruhmirt* zu sein, ist nichts vor eine junge person, wie die
printzes von Darmstatt ist; den nach dem buch von dem jetzt le-
benden Europa ist sie den 3ten September 22 jähr erst alt worden.
In denen jähren kan husten undt schnupen nicht schaden, ist mehr
gesundt, alß ungesundt; es dint beßer, alß eine purgation ; daß
heist man nicht krancklich sein. Mich wundert, daß der printz
von Sultzbach seine gemahlin nun quittirt, da sie so nahe bey ihrer
niederkunfft undt kindtbett ist. Unter unß gerett, mich deucht,
es ist ein eilender zustandt ahm churp fältzischen hoff. Ich glaube,
daß Churpfaltz abscheulich bestollen wirdt, oder weillen er ja eine
metresse 8 hatt, mag woll alles dahin gehen, wie ordinari bräuchlich
ist undt ahn andern ortten mehr geschieht. Hiemitt ist Ewer liebes
schreiben no 75 gar exaet beantwortten 4 , will nun verzehlen , waß
ich gestern neues zu Paris erfahren. Eine arme fraw, so allezeit
bey mir ist undt meines letztverstorbenen docktors dochter ist undt
einen Börstel von geschlegt geheüraht hatt, were gestern schir wit-
tib geworden durch ein gar wunderlich aeeident. In der rüe de St An-
thoine fuhr monsieur Börstel ; ein lehen-kutzscher 5 , welche ordinarie
gar insolente leütte sein, kam überzwerg undt hindert ihn, fortzu-
fahren. Monsieur Börstel rieff dem kutzer 6 , er solte wegfahren ;
der fiacre andtwortet ihm raitt insolentz , Börstel wirdt böß , will
den kutzscher schlagen, der rufft zum pöpel: «Voila Laws qui me
*
1 Elisabeth Charlotte wurde im jähre 1671 mit dem herzöge Philipp von
Orleans vermählt. 2 Ätre enrhumä, den schnupfen haben. 3 Es ist wol
die gräfin Violante Theresia von Thurn und Taxis gemeint , die , wie der kur-
fürst Karl Philipp nach ihrem im November 1734 erfolgten tode offioiell er-
klären ließ, seine dritte gemahlin gewesen war. «Sie hatte ihm zwei söhne
geboren und galt bis dahin für die kurfürstliche geliebte; ihr bruder spielte
im pfalzischen Staatswesen eine bedeutende rolle.» Ludwig Hausser, Geschichte
der rheinischen Pfalz. II, s. 903. 4 ? beantwortet. 5 d. h. lehn-, lohn*
kutscher. 6 d. h. kutsoher.
302
veust tuer! a mon secour!» Der pöpel versamblet sich mitt stein
nndt stocken undt fangen ahn, den Börstel zu chargiren. Er mäste
sich in die kirch Sahiren, sie verfolgten ihn hiß ahn den altar; da
war zu allem glück eine kleine thür offen , darin sprang er mitt
dem andern jungen edelman undt machten die thür zu, sonsten were
er gesteinigt undt zerschlagen worden. Daß ist alles, waß ich vor
dteßmahl weiß, undt daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1165.
St Clou den 12 October 1720 (N. 34).
Hertzaller[liebe] Louise, vor 2 stunden habe ich meinen grü-
nen safft genohmen , bin schon 3mahl purgirt worden , gar starck,
glaube, daß es nun baldt zu endt gehen wirdt; kan Euch, liehe
Louise, entre[te]niren undt auff Ewer liebes schreiben vom 28 Sep-
tember, no 76, andtworten. Ich weiß nicht, was vor eine lust man
nehmen kan, [daß man] Euch meine schreiben alß 2 undt 2 auff
einmahl gibt. Aber weillen es nicht zu endern stehet, will ich nichts
weitter davon sagen; mein schreiben vom 7 September, no 7, ist
doch verlohren undt kompt nicht wider. Etwaß erfreuliches könt
Ihr leyder bey mir nicht finden, liebe Louise! Ich weiß nichts,
alß lautter so trawehge Sachen, daß man nicht einmahl dran dencken
darff, undt die haudt schaudert einem über alles, vvaß man leyder
hir zu förchten hatt. Aber last unß von waß änderst reden i Zu
Marseille solle die pest abnehmen 1 . Gott gebe, daß es baldt gar
zu endt gehen mag ! Ich dancke Euch sehr, liebe Louise, vor allen
den part, so Ihr nembt in alles, waß unß hir betrifft; aber Ihr habt
niemandts , so Euch näher ist, alß mein söhn undt ich , undt nie-
mandts hatt Euch lieber, liebe Louise, alß ich Euch habe. Es
seindt leütte, die hoffen, daß ich meinem söhn bang werde machen,
wen ich ihm die dreüeude brieffe weißen solte, so man mir schreibt.
Aber sie kenen meinen söhn nicht undt wißen nicht, daß nichts in
der weit ihn bang machen kan undt daß er gar den geringsten
abscheüen nicht vor dem todt hatt undt leyder nur gar zu wenig;
den er schont sich in der weit nicht, macht mich bfft zittern undt
- *
1 Vergl. den brief vom 5 October, oben 8. 296.
303
beben, undt wen ich nur hart gehen höre, erschrecke ich undt meine
alß , es sey ein unglück geschehen. Ich muß gestehen , ich führe
jetzt ein ellendt undt traweriges leben; daß macht einem daß leben
mtisam undt gar satt undt all eben woll muß man sich nichts
mereken laßen undt gutte minen machen, alß wen alles woll geht.
Man hatt vor etlichen tagen monsieur le duc seiner fraw mutter
undt seinen brüdern insultirt undt vorgeworffen, daß sie Laws freunde
wehren undt zu allem unglück helffen , undt ihnen , waß man hir
pouille * heist, gesagt *. Alles ist verzweyffelt , da kan nichts guts
von kommen. Gott stehe unß bey! Wir habens hoch von nöhten.
Es ist leyder nur zu viel nachdenckens auff alles zu machen , waß
man mir geschrieben ; es ist nur leyder gar zu aparandtlich 8 . Aber,
liebe Louise, last unß von waß änderst reden! Nur daß noch sagen,
daß ich nicht weiß, wie es mitt dem Laws stehet. Aber ich habe
mein leben nichts in allen seinen sachen begreiffen können undt
alles, waß ich von seinem sisteme begriffen, hatt mir gar nicht ge-
fallen. Es ist kein wunder, liebe Louise, daß [ich] alles, waß ich
von psalmen außwendig gewust undt von geistlichen lieder, noch
weiß; ich singe es gar oft 4 . Apropo, ich habe mich informirt, wo
der arme monsieur Rousseau hinkommen ist , so sich so hertzlich
erfrewet hatt, alß er mich in der Orangerie die psalmen singen
hörte ; er ist in Hollandt gestorben , ist mir leydt 8 . Ich will nicht
glauben, daß Laws so boßhafft ist, daß er initt fleiß alles verdorben
hatt. Aber es ist nicht desto weniger alles in einem gar erbärmb-
lichen standt, welches einem recht betrübt macht. Er hatt ohn-
möglich auch errahten können, daß alle Frantzoßen, insonderheit
die vom königlichen hauß, so erschrecklich interessirt sein. Aber
still hirvon, last unß von waß änderst reden! Ein junger edelman,
so mein page geweßen undt Neühoff heist 6 undt sich bey mir woll
1 pouilles, sohimpfworte. 2 Vergl. nachher den brtef vom 30 Ootober.
3 d. h. apparent, augenscheinlich. 4 Vergl. den brief vom 4 August, oben
s. 224. 225. 5 Vergl. die briefe vom 4 und 24 August, oben s. 225. 226. 254.
6 Vergl. band II, s. 115. Der edelmann, von dem hier Elisabeth Charlotte spricht,
ist Theodor Stephan freiherr von Neuhof, ein Westphale, jener abenteurer, der
vom April bis November 1736 als Theodor der erste die rolle eines königs von
Oorsioa spielte und nachdem er sich gezwungen gesehen, die insel zu verlaßen,
im jähre 1738 in sein ktinigreich zurückkehrte, wo er sieh aber nicht behaupten
konnte, wie es ihm auch dann nicht gelang, als er naen längerer abwnstnheit
304
gehalten, deßwegen hatt ich ihn ahn Churbayern recomandiren laßen,
der ihm auch eine gutte compagnie geben. Er hatt sich aber in
Bayern auff daß spiellen gelegt; daß hatt ihm zum schelmen ge-
macht , ist excroq l worden , hatt gelt gelendt * undt nicht wider
geben, sagte zu 2 chevallier de Malte: «Ich habe noch einen oncle
undt tante bey Madame; mein oncle ist monsieur Wendt undt
meine tante die fraw von Rotzenhaussen; ich will Euch brieff ahn
sie geben , die werden Euch gleich bezahlen ;» gibt jedem ein zu-
pitschirt paquet. Wie die cavallier herkamen undt sagten, sie bräch-
ten ihnen brieff von ihrem neuveu von Neühoff, sie sagten, sie ken-
ten den Neühoff woll , were Madame page geweßen , aber er wer *
ihnen nicht verwandt; machen die brieffe auff, da war es nur weiß
papir. Darauß sahen die armen malteysche ritter, daß sie betro-
gen , fragten mir raht , waß sie thun [sollten]. Ich sagte : «Der
mensch ist nicht mehr in meinen dinsten, macht mitt ihm, waß Ihr
wolt! Ich werde es mich gar nicht ahnnehmen; last ihn gefangen,
setzen, oder waß Ihr wolt!» Er kam nach Paris, sein seh wager 4 '
wolte ihm predigen, da wolte daß feine barsch [ch]en ihn ermorden.
Aiß er aber hörte, daß man ihn fischen wolte undt in ein gefangnufr
setzen, ging er durch undt nach Englandt. Dort wurde eine dame ver-
liebt von ihm. Er ist ein wol geschaffener mensch, auch nicht neulich
von gesiebt, weiß auch braff zu plaudern. Dieße fraw hatt ihn geheü-
raht; so baldt alß sie geheüraht waren, hatt er ihr alles genohmen undt
ist mitt fortgangen, wider nach Paris kommen ; die fraw ist ihm ge-
folgt 5 . Er hatt woll gedacht, daß dieß kein gutt thun würde, ist nach
Spanien; da hatt er eine andere fraw genohmen 6 . Ich weiß nicht, wo
*
im jähre 1743 abermals in demselben erschien. Er starb zu London am 11 De*
oember 1756 im einundsechzigsten lebensjahre. Man vergl. « König Theodor von
Corsioa» in: Biographische denkmale. Von K. A. Varnhagen von Ense. Ber-
lin, 1824. s. 287 bis 408. F. G. Schlosser, Geschichte des achtzehnten jähr
hunderts. II. Fünfte aufläge. Heidelberg 1864. s. 136. 137. F. Gregorovius,
Corsioa. Dritte aufläge. Stuttgart 1878. I, s. 78 bis 92.
1 esoroc, gauner. 2 d. h. entlehnt. 3 d. h. wäre. 4 Neuhofs
Schwester Elisabeth war mit dem grafen von Trevoux vermählt. Vergl. Varn-
hagen a. a. o. s. 289. 5 Varnhagen erwähnt hiervon nichts. 6 Über
Theodors von Neuhof zweiten aufonthalt in Spanien (er war früher schon in ge-
heimer sendung Karls XII von Schweden in Madrid gewesen) und die dort von
ihm eingegangene heirath erzählt Varrihagen a. a. o. s. 297 bis 300 folgendes:
»Karl XII wurde in Norwegen vor der festung Friedrichshall durch verrftthe-
305
die Engländerin hinkommen ist; ich weiß auch nicht, ob dieß feine
*
räche hand erschossen und unmittelbar darauf sein minister und freund [frei-
herr von Gör«] in Stookholm verhaftet. Theodor sah durch Qörzens fall nicht
nur jede hoffnung plötzlich entschwunden, sondern auoh sich selbst von gefahren
umringt , denen nur durch schleunige flucht zu entrinnen war. Zu rechter zeit
wählte er diese, um nicht vielleicht das traurige Schicksal seines gönners und
verwandten zu theilen, der bald nachher zum tode verurtheilt und enthauptet
wurde. Theodor begab sich nach Spanien , wo ihm die gunst Alberonis einen
neuen anhält versprach; er fand dieselbe in vollen maßen bewährt und wüste
sich nur immer mehr darin zu befestigen. Der allvermögende minister ver-
schaffte ihm eine oberstensteile im spanischen kriegsdienst und setzte ihm neben-
her nooh eine ansehnliche besoldung aus. Dem neuen günstlinge wurden von
aUen Seiten auszeichnungen und gesohenke zu theil; er galt als der sicherste
weg, um für allerlei gesuohe die gewährung des ministers zu erlangen. Einen
neuen gönner und freund fand er in diesem kreise an dem freiherrn von Rip-
perda, naohherigem herzöge und ersten minister, der sohon damals am spani-
schen hofe in großem ansehn stand. Auch dieser merkwürdige emporkömmling,
ein geborner Niederländer, vereinigte bedeutende eigenschaften mit geringfügiger
Sinnesart; als kriegsmann, gesandter, fabrikunternehmer , höfling und staats-
minister, abweohselnd in niederländischen, spanischen und endlich sogar marok-
kanischen diensten, nach umständen katholik, Protestant und bekenner des Is-
lam, war er überall, wo er auftrat, durch glänzende Persönlichkeit und gewandtes
benehmen für eine Zeitlang des vorteilhaftesten eindruoks und des grösten er-
folges gewis, nur sichre dauer blieb seinen glüokesloosen versagt. Er faßte für
Theodor , in welchem er den geistes- und sohioksalsverwandten leicht erkennen
mochte, eine lebhafte Zuneigung, die sich auoh in der folge durch allen weohsel
treu erhielt. Er wünsohte eifrig, das glück seines freundes zu befördern, und
gab ihm in dieser absieht den rath, sich um die hand der lady Sarsneid zu
bewerben, eines frauenzimmers von vornehmer irländischer abkunft, einer toohter
des lords Kilmarnok und nahen verwandten des herzogs von Ormond; sie ent-
behrte zwar aller Vorzüge der Schönheit und liebenswürdigkeit , im gegentheil,
sie war häßlich und stolz, allein als hofdame der königin stand sie bei dieser
fürstin in hoher gunst und sohien ihrem gemahl eine glänzende beförderung zu
sichern. Doch diese heirath, zu der sich Theodor bereden ließ, entsprach nicht
im geringsten den gehegten erwartungen ; vielmehr sah er sich nach einiger
zeit vom hofe vergessen, durch Alberoni und Ripperda kaum noch gestützt, von
seiner gemahlin mit. hochfahrendem dunkel behandelt. Als nooh überdiß bald
'darauf Alberonis plötzlicher stürz eine Veränderung aller Verhältnisse ankün-
digte, fühlte er jeden boden unter seinen fußen gewichen ; unfähig, so gehäuftes
unheil zu ertragen , so entschloß er sich rasch, und eines tages , da seine ge-
mahlin mit dem hofe nach dem Escurial gefahren war , raffto er seine gelder
und kostbarkeiten zusammen, verließ Madrid, setzte sich in Cartagena zu schiff
und landete in einem französischen hafen, von wo er sogleich nach Paris eilte.
Seine gemahlin blieb schwanger in Spanien zurück und gebar späterhin einen
Elisabeth Charlotte 20
306
bürsch[ch]en nicht noch ein weib in Bayeren hatt; zwey ist doch ge —
nung. Er ist noch so frech undt schreibt mir einen großen brieflr
undt biedt mir seinen dinst ahn, kämme drauff nach Paris, schrieb»»
mir wider, daß, weillen ich ihn nicht in dinsten nehmen wolte, so»
solte ich ihm nur erlauben, daß er, wie die andern edelleütte, sc»
meine pagen geweßen, mir nur auffwartten [dürfe]. Ich ließ ihim
aber durch seinen stieffvatter [sagen] , ich wolte ihn nicht allei
nicht sehen, sondern ich ließ ihm verbietten , mir sein leben nich
mehr vor dem gesicht zu kommen, daß, wen man bey mir wer er-
zogen' worden undt hernach so ein ertzschelm würde, wie er were
sehe ich die Schelmen mein leben nicht mehr. ' Ich begegnete ih
einsmahl in einer kutsch, alß ich nach den Carmelitten fuhr; ic
sagte : «Voila cest honneste garson 1 de Neuhoff!» Er schlag di
äugen unter sich undt wurde bleich, wie diß papir. Er ist zu sei
nem stieffvatter gangen, hatt ihn umb verzeyung gebetten, verspro —
chen , woll zu thun , hatt sich auch etliche monat so fein gehalten -a
daß alle seine verwanten gemeint, er were gantz bekehrt; abec
einen tag ließ er woll zurichten, sagte, er hette brieff auß Spanien»
bekommen, seine fraw käm[e] nach Paris, er wolte ihr entgegenfahren ^
fahrt weg. Wie man es bey dem lichten * besieht , hatt er seiner*
stieffvatter seine Schwester alles gestollen , von 2 mahl hundert—
taußendt francken; er solle auch Laws seinen bruder vor ein mil-
Hon gestohlen haben. Es weiß kein mensch , wo er hin gestoben,
noch geflogen ist. Seine Schwester, madame de Trevous 8 , will ver-
zweyfflen; er hatt ihr nichts gelaßen. Ist daß nicht eine schönne
historie? Zu Paris spricht man gar übel von der soudsee 4 . Mon-
*
söhn, mit dem sie in. der folge gleichfalls nach Frankreich kam.» Über diesen
söhn, der seinen unglücklich berühmten familiennamen aufgab, in englischem
kriegsdienst unter dem namen Frederik bis zum oberst stieg, sein leben, in einen
anfall von schwermuth, durch einen pistolenschuß endete, vergleiche man Varo-
hagen a. a. o. s. 407. 408.
1 Voila cet honnete garcon. 2 ? lichte. 3 TrSvonx. Der marqoia
de Dangeau erwähnt madame de Trevoux in seinem Journal nur unter dienstag»
12 September 1719, band XVIII, s. 125: «M. le duo d'Orleans a fait donner
a madame de TreVoux une pension de 1,000 ecusj son mari, qui 6toit ooloM)
rgforme', et qui servoit dans notre arm6e en Espagne, y est mort. Sa femmt,
qui est accouchle depuis huit jours, n'en sait rienj Monsieur le due d'Orleaöl
a donne* ordre qu'on ne le lui dit point. 11 6toit neveu du P. de Trevoux, coa-
fesseur de M. le duo d'Orl€ans. > 4 south-sea.
307
sieur Le Fevre ist schon offt bey unßer printzes von Wallis ge-
wesen ; sie findt ihn einen raisonablen , verständigen man , wie
er es auch in der that ist; ich halte viel von ihm. Ich bin froh,
daß Ewere neveux content von mir sein ; hette ich es beßer machen
können, hette ich es von hertzen gern gethan. Nichts ist leichter,
wen man viel zu thun hatt, alß sich in dem datum zu verschreiben,
wen man viel sachenim kopffhatt; daß bedarff keiner entschuldigung,
liebe Louisse! Ich wolche nun Eweren * raht, werde außer freytag
ondt dinstag alle tag in der ßiebel leßen , habe heütte [gejleßen
undt werde auch noch morgen leßen. Montag wirdt es schwerlich
geschehen wegen deß abscheulich großen brieffs, so ich ahn die
königin von Sardaignen zu antwortten habe , so ordinarie von 24
seytten, 6 bogen. Man list hir im landt nicht allein die Bibel nicht,
sondern die meisten piquiren sich, sie nicht zu glauben. Mich wun-
dert nicht, viel Unglück zusehen; bin mehr verwundert, Paris nicht
mitt fewer vom himmel verbrendt zu sehen. Es ist mir leydt, daß
Ewer ass&mbleen zum endt sein, liebe Louise! Den daß gibt Euch
doch alß ein wenig verenderung, liebe Louise! Ein ander mahl
werde ich auff daß überige von Ewern lieben brieff andtwortten,
bin dießen abendt zu mat , bin 7mahl gar starck purgirt worden.
Adieu! Ich ambrassire Euch von hertzen, liebe Louise, undt be-
halte Euch von hertzen lieb, ich mag mat oder starck sein.
Elisabeth Charlotte.
1166.
St Clou den donnerstag, 17 October 1720 (N. 35).
Hertzall erliebe Louise, ich fange heütte gar spätt ahn, zu schrei-
ben; den ich habe schon große arbeytten gethan. Die erste war,
in der Bibel zu leßen, welches ich gestern nicht habe thun können,
wegen meiner Parisser reiß nicht habe thun können ; hernach habe
ich ein schreiben ahn Churtrier beantwortet, so ich vorgestern ent-
pfangen. Er schreibt mir, daß, weitt darvon, daß das schloß zu
Heydelbe[r]g solte rassirt werden, daß es Churpfaltz mitt der zeit
gantz wider repariren wolte. Gott gebe es! Zu Paris habe ich
eine betrübte zeittung erfahren, daß nicht allein 70/m. menschen
*
1 ? loh folge nun Euerem.
20*
308
zu Marseillen ahn der pest gestorben sein \ sondern auch daß Toni-
Ion von dießer heßlichen krankheit ahngesteckt ist. Ich fürchte,
es wirdt endtlich gar herkommen. Gott bewahre unß doch davor!
Den es ist etwaß gar abscheuliches. Wie ich nach Paris fuhr ge-
stern, hatten wir starcken windt; wie ich aber von Paris wegfuhr,
regnet [es] abscheulich, alß wen mans mitt küblen göße; es wehrte
aber nicht gar lang. Baron * liatt in seinem stück gestern beßer,
alß nie, gespilt, war so vif undt lebentig in alles 8 seinen actionen,
daß er, ob er zwar zukünftigen mont in sein 70 jähr gehen wirdt,
schiene er kaum 30 alt [zu] sein. Es ist woll zu verwundern, wie
der mensch sein alter führen kan. Aber es ist auch zeit, daß ich
auff Ewer liebes schreiben komme von 1 dießes monts , no 77.
Ich habe heütte nachmittags noch eines von 5 dießes monts ent-
pfangen, no 78. Da werde ich heütte nicht andtwortten , sondern
es vor übermorgen sparen, wo mir gott leben undt gesundtheit ver-
leyet. Aber da leütt man ins abendtgebett; nach dem gebett werde
ich Euch ferner entreteniren. Adieu, biß ein halb stündtgen vor-
bey sein wirdt! Da komme ich wieder auß dem gebett undt es
hatt schon 6 uhr geschlagen. Nach Allerheylligen wirdt man umt>
5 auß dem gebett gehen ; daß wirdt dawern biß Ostern , da mao-
wider umb 3 viertel auff 6 ins gebett wirdt. Aber daß geht Eüct»-
wenig ahn, liebe Louisse, weiß auch nicht, warumb ich Euch dieße
alber gespräch halte; weillen ich eben auß der capel kam, ist ei
mir eingefallen. Es ist mir leydt, liebe Louisse, daß Ihr so eine
starcken schnupen habt. Man sagt, es seye gesundt; aber ich ge
stehe, daß ich lieber daß fieber habe, alß den schnupen; er istmi
unleydt[lich] , beklage also alle die, so es haben. Ihr bettet mirr
nur ein par wordt sagen sollen ; den nichts vermehrt die flüßc meh
alß schreiben. Nichts ist gewißer, noch unfehlbarer, alß daß mai
den schnupen undt husten unfehlbar bekompt, wen man warm hat
undt eine kalte lufft einem in den rücken geht, insonderheit in de
nacken. Geschickt hundt zu sehen, wer eine rechte feste vor micl
geweßen ; ich liebe sie gar sehr, findt leicht alles schön , waß si
thun. Hertzog Goerg Wilhelm hatt mir einmahl ein hindtgen geben ^
*
1 Vergl. die briefe vom 5 und 12 October, oben s. 296. 302 and nachhe^^"*
den brief vom 7 November. 2 Vergl. die briefe vom 9 Mai, 20 Juni, 25 Jul-^
nnd 12 September, oben s. 139. 183. 215. 273 und nachher den brief voi
24 October. 3 ? allen.
309
undt auß Ittaüien gebracht. Die hieß Dindu, war gar artig, ein
tigerchen; daß kleydt man ahn, undt wens ahngezogen war, ging
es nie auff 4 fußen; wens müde war, setzt es sich undt lehnt sich
ahn der mauer ahn; daß trag auch brieff, ahn wem man wolle. Sie
starb zu Franckenthal, wie ich auß Hollandt undt von Utrecht wi-
der in die Pfaltz kam; koste mir viel threnen. Der post naredey
ist nun, Euch allezeit 2 von meinen schreiben auff einmahl zu ge-
ben. Vergangen jähr hatten sie daßelbe spiel mitt meinen schreiben
ahn die printzes von Wallis. Gott weiß , wie lang dieß werden *
wirdt. Wie ich auß Ewerm letzten , so ich heütte entpfangen, er-
sehen , liebe Louise , so habt Ihr gar recht errahten , indem man
Euch 2 briff auff einmahl gebracht hatt. Auff den reveüen gehe
ich nicht mehr; ging ich hin, müste ich weinen, den es würde mich
zu sehr erinern ahn den zeitten, wie ich alß mitt unßerm könig s.
auff die reveuen geritten bin. Man machts gewiß dem jungen könig
machen, wie. der könig, sein uhralt herr vatter, in seinen reveuen
zu thun pflegte. Unßerm könig fehlt nich[t]s, gar artig zu sein, wen
er nur ein wenig mehr sprechen [würde]; es ist ein recht schön
kint undt hatt recht hohe minen. Ich habe noch ein par wort auff
Ewer liebes schreiben vom 28 September , no 76 , zu antwortten.
Ich war geblieben, liebe Louise . . . Die fürstin von Ussingen, fürchte
ich, wirdt kein contentement bekommen ; den in so Sachen habe ich
kein exempel gesehen, daß sich der könig drin gemischt hette.
Nach Strasburg werden wir woll nicht. Ich wolte, daß wir hin
würden, umb den trost zu haben, Euch noch einmahl vor meinem
endt'zu ambrassiren. Ich fürchte sehr, die pest wirdt endtlich auch
herkommen. Bißherr ist die lufft noch gar gutt; aber solte die
pest in der nachbarschafft kommen , würde dieße gutte lufft nicht
zu trawen sein. Ich mögt von hertzen wünschen, so glücklich zu
sein, liebe Louise, daß [was] ich ahn daß kleine secretärgen ge-
sagt , einen gutten effect vor Euch , liebe Louisse , thun möge;
den ich wünsche sehr , Euch zu weißen undt versichern , wie daß
ich Euch von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
*
1 ? wahres.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 19 October 1720 (N. 36).
Hertzal) erliebe Louise, ich erwarte woll heütte eiu schreiben
von Euch, aber bin gewiß, daß Ihr dießelbe post keines von mir
werdet ontpfangen haben, weillen sie nun in der rage sein, Euch
alß meine brieffe 2 undt 2 auff ein mahl zu geben, wie sie auch den
i dießes monts gethan , wie ich vorgestern auß Ewerm schreiben,
liebe Louise, vom 5ten, no 78, ersehen. Es ist war, daß man i
zufrieden sein muß , wen keine schreiben verlohren werden. I
bin noch ein wenig matt von den hurgirenden grünen saffl, so rr
mir hefltte 8 tag undt morgen 8 tag hatt nehmen [machen], aber
doch gesumit, gott lob, wiewoll gantz undt gar nicht lustig,
geht nichts nach meinem sin, ich kan nicht auß ängsten kommen,
undt seyder ich vergangen mittwog morgeudts den verfluchten brief
entpfangeii, wie ich Euch letz[t|mahl bericht habe, seyderdem [habi
ich] nicht mehr so woll schlaffen können, alß vorher. Aber wie icl
von natur keine gar große schlafferin bin, so glaube ich, daß ei
mir nicht schaden wirdt. Last itnß von waß änderst reden! Dieß
ist zu trawerig, ich bin ohne daß leünisch genung. Alles, waß mau
unßer abtißin ' vorgebracht, wahren laulter lügen undt schelmereyen,
umb gelt zu haben. Ich kan vor meinem todt nicht leyden , di
man mir secretteu macht undt waß verhehlen will; so gutt
auch gemeint mag »sein, macht es einem ein gar zu sot persouage
agiren*. Monsieur Laws sein sisteme hatt mir nie gefahlen. Wolte
gott, ich bette mich hirin betrogen! Von den willen, obs gutt ge-
meint geweßen oder nicht, kan ich nicht judiciren; der text ist n
zu hoch. Aber daß alles übel nußgeschlagen undt meinem armen
sobn einen großen haß zu wegen gebracht, daß ist nur zu sicher
undt gewiß. Es ist woll schadt, daß unßere abtißin von Chelle[s]
kein printz ist; sie ist eben so courageux, wie ihr herrvatter, furcht
nichts in der weit undt ihre groste fretldc wehre, sich [mit] i
gen undt pistollen licrurnbzusclilagen s . Ich lache sie mitt auß undt
I der äbliasin von Cbellee
f. 250. 3 Vergl. den brief
311
sage ihr alß , sie solle bedencken , daß sie eine none undt keine
Amasone l seye, solle also keine so große last in gewehr nähmen.
Deß Lutzaw s undt Dorignies crinere ich mich gar woll ; Lutzau
war scheel, ein gutter mensch, gliche dem graff Vrangel •, so lang
zu Heydelberg studirt , so woll , alß graff Carlsohn 4 , so ein lincker
oncle vom könig in Schweden war. Daß seindt Iautter leütte von
meiner zeit. Dorignie hatte einen oster[r]ei[chi]schen accent, blatte
haar undt zwey große zahn oben , so ein wenig außwerts gingen.
So segt Ihr woll, liebe Louise, daß ich mich der alten zeitten noch
gar woll erinere. Von Hoim 6 höre , noch sehe ich nichts , weiß
nicht, wo er hinkommen ist; den es ist schon lang, daß er in Lot-
teringen geweßen , undt meine dochter hatt mir schon vor 4 Wo-
chen geschrieben, daß sie ihn gesprochen. Er sähe so bitter übel
auß , alß ich ihn letztmahl gesehen , daß er vielleicht von nöhten
hatt, einen tour bey den bertimbten balbirer vorher zu thun, ehe er
sich weißen darff. Ewere 9 seytten , liebe Louise , habe ich in 4
beantwortet undt ich weiß gantz undt gar nichts neues. Erfahre
ich etwaß dießen nachmittag , liebe Louise , werde ichs Euch be-
richten, wo nicht, so nembt nur vor dießmahl mitt dießen wenigen
zeyllen vorlieb undt seydt versichert, liebe Louise, daß ich Euch
allezeit von hertzen lieb behalte !
Elisabeth Charlotte.
1168.
St Clou, donn[e]rstag, den 24 October 1720 (N. 37).
Hertzallerliebe Louise, seyder vergangen sontag, da ich auff
Ewer letztes schreiben geantwortet, so ich den donnerstag ent-
pfiingen hatte, habe ich kein schreiben von Euch bekommen. Die
posten gehen erbärmlich, die von Englandt seindt 3 tag aufgehal-
ten worden, die von Savoyen undt Bajonne deßgleichen. Ich habe
mein leben in allem keine verdrießlichere] zeitten erlebt, alß nun
sein; es macht einen daß leben gantz müde. Dießen nachmittag
hoffe ich noch etwaß von Euch zu entpfangen, worauff ich alßden
andtwortten werde. Mein Courier ist noch nicht von Paris kommen,
*
1 Amaione. 2 Vergl. band IV, s. 283. 3 Wrangel. 4 ? Carlson.
5 Vergl. den brief vom 28 September, oben s. 290. 291 und den folgenden trief.
312
er kompt erat nachmittags ahn. Ich habe mich bey dem heßliehen
dunclrtdn nebelwetter verschlaffeil machen, werde also dießen morgen
nicht viel sagen können. WeUlen ich gestern wegen meiner Parisser
[reise] nicht habe in der Bibel leßeu können, so tbue ich es nun.
heütte wolle ich sagen. Daß hatt mich lang auffge halten , werde
alßo dießen morgen nicht viel sagen können. Gestern käme mon-
sieur Hoiin ' zu mir; ich fragte, wo er so laug geblieben wehre.
Da wurde er gantz descontenancirt, andtwoTtete doch, er were schon
3 woeben zu Paris, wehre aber kranck worden, man hette ihm zur
ader gelaßen ; er konte den gantzen abendt nicht wider zurecht-
kommen. Ich weiß nicht, waß ihm fehlt. Baron spilt gestern *Oedipe»
de Corneille. Man kan in der weit nicht beßer spülen, alß er andt
seine schüllerin, die Desinarefs], thaten. Die Duclos * spiltc auch
viel beßer, alß sie bißher gethan. Daß kleine stück wurde auch
gar woll gespilt, war «Le cocu imaginaire ',* Daß ist alles, waß
ich Euch von unßer kleinen reiße sagen kan, will nun meine pausse
machen , dießen nachmittag erst dießen brieff außschreiben. leb
schicke Euch birbey ein porle-lettre, so man mir auß einem closter
geschenkt, umb die gutte gewohnheit nicht zu verliehren
St Clouer kirbe zu schicken. Ihr werdet ein klein scliächtelgen
undt klein ringeigen drinen rinden.
Donnerstag, den 24 October, umb 3 uhr nachmittags.
Wir seindt heütte gar spätt ahn taffei gangen; den ich habe
heütte morgen ahn meine dame d'bonneur schreiben ninßen
duchesse de Brancas. Die hatt der chagriu aaff den todt gelegt,
hatt ein continuirlich f[i]eber mitt fabeileyen , ist gar kranck.
were mir docli leydt, wen sie sterben solte; den es were gar
großer ambaras* vor mich 6 undt ambaras habe ich nicht von Höh-
ten, habe ohne daß genung. Daß leben wirdt einem sauer, wie ich
nun führ[e], allezeit in angsten, lautier ambaras anff alle ecken,
weiß nie nichts, so hoffnung geben kan, in ruhen zu sein;
daß hette ich doch in meinem hohe[tt] alter hoch von nöhten. Mein
I Vergl. den vorhergehenden brief. 2 Vergt. über Baron und dl*
nannten sohauspielerinnen den brief vom 25 Juli, oben s, 315 und naoUhor
1660 aufgeführt. 4 embarraa , Verlegenheit. 5 Vergl. den folgend«:
britf.
313
courir ist von Paris kommen, hatt mir aber nichts von Euch ge-
bracht, [habe] nur ein paqnet von Englandt von unßerer lieben
printzes von Wallis bekommen, welchen ich noch nicht habe leßen
[können], werde ihn erst leßen, wen ich dießen brieff werde ab-
geschrieben haben , welches baldt geschehen wirdt. Den nun ich
kein schreiben von Euch habe , auch gar nichts neues weiß , kan
ich wenig sagen, bin zu gritlich, umb waß poßirliches vorzubringen
können, werde also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß Ihr
in dem porte-lettre ein klein brieffgen von madame Dangeau ahn
ihre fraw Schwester, der 1 fürstin von Nassau-Ussingen, [finden wer-
det]. Die hertzogin von Hannover wirdt baldt hir sein , sie ist
schon ahm lotteringi sehen hoff. Schließlich versichere ich Euch,
hertzliebe Louise, nur, daß ich Euch von hertzen lieb behalte. Muß
sagen, wie die teütsche comm[e]dianten : «Ein ander mahl wollen
wirs beßer machen.»
Elisabeth Charlotte.
1169.
Ä mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 26 October 1720 (N. 38).
Hertzallerliebe Louise , nun ist es zu grob ; den heüttc fehlt
mir daß 3te schreiben von Euch. Man will mich doch trösten undt
sagt, daß der vielle regen die gewäßer hatt überlaufen machen
undt daß die Courier einen großen umbschweiff nehmen müßen.
Gott gebe, daß es dieße ursach seye undt Ihr Euch, liebe Louise,
in gutter gesundtheit finden möget! Ich bin auch in rechten sor-
gen wegen meiner damen d'hon[n]eur, der duchesse de Brancas,
welche auff den todt liegt 8 , hatt den transport 8 undt kent keinen
menschen mehr. Man hört von nichts, alß trawerige Sachen. Waß
der armen frawen den todt gibt, ist, das sie gelt nach Englandt
geschickt hatt auff der suthsöe 4 undt hatt 100/m. thaller verlohren.
Sie hatts gar heimblich gehalten, hatt nichts sagen wollen, ja gar
die sach geleugnet, hatt sichs heimblich die sach so zu hertzen ge-
*
1 ? die. 2 Vergl. den vorhergehenden brief. 3 d. h. sie ist nicht
bei sieh. 4 aouth-sea, süd-see.
314
zogen, ist 14 tag geweßen, ohne eßen, drincken, noch schlaffen zu
können. Endtlich hatt sie ein starck fieber ahngestoßen mitt dö-
belten acces8en, nndt wen sie im redoublement ist, kent sie keinen
menschen mehr, spricht von nichts, alß Englandt undt actionen;
daß weist woll, waß die ursach von ihrer kranckheit ist. Sie wirdt
mich durch ihren todt in einen abscheulichen ambaras setzen, wen
ich ahn ihrem platz bekommen solle ; den wie daß sprichwordt sagt,
es kompt selten waß beßers hernach l undt die meisten hir seindt
nicht allein verdrießlich, sondern auch verächtlich. Ich wünsche
also von grundt meiner seelen, daß sie davon kommen mag*. Es
ist nicht zu glauben , in welchen abscheulichen ambaras ihr todt
mich stecken wirdt. Aber last unß von waß änderst reden! Mich
verlangt, zu hören, wie Euch daß letzte porte-lettre , so ich Euch
vorgestern geschickt, Euch gefahlen hatt. Umb meinen brieff ein
wenig von den lamantiren abzuwenden, so will ich Euch ein possir-
lich liedt daher schreiben, so auff einen man gemacht worden, wel-
chen ich gar nicht estimire, nehmblich auff meines sohns geweßen
precepter 8 , so nun ertzbischoff von dem ort* ist, wo der frieden
gemacht soll werden. Es muß jemandts sein, so eben so wenig von
ihm helt alß ich. Es ist auff eine gar gemeine melodey. Man maß
dießen man nicht lieber haben, alß ich ihn habe. Ich glaube, liebe
Louise, daß Ihr die melodey von «Joconde» 6 woll wist, darauf
geht dießes liedt:
Je ne trouve pas estonnant
Que l'on fasse un ministre
Et mesme un prelat impörtant
D'un maquereau, d'un cuistre;
Riea ne nie surprend en cela,
Et ne aait-on pas, com ine
De son cheval Caligula
Fit un consul a Rorae ? 6
l Vergl. band I, s. 401 : «Daß Sprichwort sagt alß: «Es kompt selten
oiu beßer hernach » 2 Vergl. nachher den brief vom 14 November. 3 ear-
dinal Dubois. 4 Gambray. ö Es mag hier an Lafontaines erzählung <J°"
conde» erinnert werden. 6 Vergl. nachher den brief vom 16 November.
G. Brunet II, s. 281, anmerk. 1 : «On ferait sans peine un reoueil assez volu-
ir.ineux des pi&oes de vers laueres oontre Dubois; en voioi quelques echantilloos.
In noel de l'epoque offre le oouplet suivant:
315
ende hirmitt, nmb Euch nicht auff die trawerigen ideen zu
en, undt versichere Euch nur, daß ich Euch von hertzen lieb
alte.
Elisabeth Charlotte.
1170.
St Clou den 30 October 1720 (N. 39).
Hertzallerliebe Louise, ich fange heütte ahn, ahn Euch zu
reiben, weillen ich morgen gar wenig zeit dazu haben werde, zu
•eiben; den es ist mein vorbereyttungstag, den ich werde über-
•gen zum h. abendtmahl gehen , ob gott will , also morgen gar
*
Revenant d'Angleterre,
L'ambassadeur Dubois,
En mettant pied ä terre,
Apercut los trois rois.
«Faisons vite an traitä,» dit-il, «avec ces prinoes!
Offrons des millions, don, don!
S'ils ne suffisent pas, la, la,
Läohons quelques provinoes!»
Pour avilir l'eolat de la pourpre romaine
Et lui faire porter l'opprobre de la oroix,
Le Saint-P&re n'a tu de route plus oertaine
Que de l'enohässer dans du bois.
aussi dans le reoueil connu sous le nom de «M6moires de la ealotte»
,ion de 1732, t. II, p. 170), la Metamorphose du C. du B.» Madame ma-
sta oonstamment un 61oignement prononce" pour Dubois; nous lisons dans
t-ßimon: «Madame, ravie de joie, embrassa le r€gent [lorsqu'il fut nomine*]
ni dit qu'elle ne lui demanderoit jamais qu'une seule ohose, mais qu'elle lui
andoit sa parole pr6cise, c'ltoit de n'employer jamais en rien du tout l'abbe*
ois, qui 6toit le plus grand -ooquin et le plus insigne fripon qu'il y eut au
de» (t. XXV, p. 51). Les derniers restes de la oollegiale de Saint-Honor6,
ivait 6te" inhume* Dubois, ont 6t6 d&ruits reoemment; on assure que le oa-
l s 6 pul oral du cardinal 6tait oonverti en fosse d'aisanoe («Bulletin des so-
is savantes», 1854, t. I, p. 249).» G. Brunet führt als von Elisabeth Char-
i in diesem briefe mitgetheilt noch folgende auf Dubois bezügliohe atroph« an :
Je suis du bois dont on fait les ouistres,
Et cuistre je fus autrefois,
Mals, ä präsent, je .suis du bois
Dont on fait les mini st res.
ö strophe findet sioh indessen in dem gegenwärtigen briefe nicht.
316
wenig schreiben können. Ich bin, gott lob, außer sorgen vor Euch,
liebe Louise ! Den vergangen sontag , wie ich zu Paris war undt
eben zu madame d'Orleans ging, brachte man mir 3 von Ewern
lieb[en] schreiben auff einmahl mitt den 2 kupfferstücken vom mar 1
undt printz Eugenius, wofor ich Euch sehr dancke, liebe Louise!
Daß vom czaar gleicht woll, aber in alt; wie er hir war, sähe er
viel jünger auß. Printz Eugene hette ich woll in dem contrefait
nicht gekandt , den wie er hir war , hatte er eine kurtze aufge-
stützte naß 2 , undt in dem kupfferstück macht man ihm eine langg
spitze naß; er hatte die naß so aufgestützt, daß er den mundt
immer offen hatte, undt die 2 große forderste zahn sähe man gante
bloß. Ich kene ihn gar woll , habe ihn offt geplagt , wie er noch
ein kindt; da hatt man gewolt, daß er geistlich werden solte, war
wie ein abbe gekleydt. Ich habe ihn doch allezeit versichert, daß
er es nicht bleiben würde, wie auch geschehen. Wie er den geist-
lichen habit quittirte , hießen ihn die jungen leütte nur madame
Simone undt madame Cansiene; den man pretentirte , daß er oft
bey den jungen leütten die dame agirte. Da segt Ihr woll, liebe
Louise, daß ich den prince Eugene gar woll kene; ich habe seine
gantze famille gekandt, herr vatter, fraw mutter, brüder, Schwestern,
oncle undt tanten, ist mir also gantz undt gar nicht unbekandt,
aber eine lange spitze naße kan er ohnmöglich bekomen haben s . Ma-
dame la duchesse d'Orleans sagt, seine zahn wehren ihm vielleicht auß-
gefahlen undt daß diß die stumpfte naß herundergezogen hette ; ich
weiß nicht , ob daß sein kan. Die ursach , so mich vergangenen
sontag nach Paris geführt, lieff unglücklich ab, wie Ihr hören wer-
det. Wie ich vergangen jähr den ersten stein zu der kirch gelegt*,
so hatt man mich dieß jähr zu der einweyung dießer kirch geladen,
so, es wirdt morgen 8 tag werden, gehalten worden. Weillen ich
aber weiß, daß dieße ceremonie 7 gantzer stundt werdt 8 , habe ich
mich deßwegen entschuldiget. Wie aber dießes fest 8 tag wehret,
habe ich der abtißin versprochen, e|n tag in der oetave hinzugehen,
welches ich den den vergangen sontag gethan undt eine große meß
dort gehört , so ihr eure de St Nicolas du Chardoneret dort mitt
1 Peter dem großen. 2 Vergl. die Schilderung des prinsen Enges
band II , s. 98. 3 Vergl. den folgenden brief. 4 Vergl. band H»
s. 284. 310. 5 d. h. währt.
317
seinem gantzen seminaire in großen ceremonien dort celebrirt; haben
woll gesangen. Es hatt in allem nur eine stundt gewehrt. Wie ich aber
wider auß den chor von den nonen gangen, wo 6 oder 7 staffelen sein,
hatt die arme abdißen, so gar ein groß weib ist, auffs wenigst so
groß ist, alß Ewer fraw mutter, die fraw raugräffin, war, die zweytte
Staffel verfehlt (den sie hatt ein blödt gesiebt) , ist von oben biß
nunder gefahlen. Ich bin recht erschrocken , meinte , daß sie den
halß gebrochen bette. Wie man sie auffgehoben, hatt sie erschreck-
lich gehuncken * undt nicht ohne ursach; den. sie hatt einen kno-
chen ahm fuß verrengt undt ein nerf ahm bein tressallirt *. Mein
schrecken hatt mich, gott lob, daß lachen verbindert; aber ich muß
gestehen, daß, wie ich seyder dem dran gedacht, wie dieß lange
weiße gespenst (den die gütte abtißin sieht ein wenig so auß) so
hinder mir daher plotzen 3 , so habe ich doch innerlich lachen müßen;
den ich kan ohnmöglich daß lachen halten, wen jemandts fält; wen
ich selber falle , muß ich lachen *. Es ist aber auch einmahl zeit,
daß ich meine pausse machen. Nach dem eßen werde ichauffEwere
liebe schreiben andtwortten , liebe Louisse , aber nur auff ein par
wordt, eines vor sambstag sparen, wo mir gott leben undtgesundt-
heit verleyet. Es wirdt daß mittelste sein , so ich sparen werde
vor die andere woch, wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet.
Mittwog umb 3 uhr nachmittags.
Da komme ich von taffei undt es schläfert mich erschrecklich ;
ich glaube, ich werde ein wenig schlumern müßen. Ich bin ge-
stern gar spät schlaffen gangen vor mich B ; den ich bin gar offt vor
10 in mein bett undt gestern habe ich nicht vor halb 12 zu bett
gehen können ; den ich hatte ahn die printzes von Wallis undt meine
dochter zu schreiben. Da habe ich ein wenig geschlaffen undt 2
briffe geleßen, einen von unßer lieben printzes von Wallis undt
einen von dem gutten monsieur Harling. Nun ist es auch woll ein-
mahl zeit , daß ich auff Ewere liebe schreiben komme. Ich fange
bey dem frischten ahn, nehmblich vom 19 October, no 82. Ich bin fro,
daß meine schreiben auch nicht verlohren gangen; aber mich ver-
*
1 d. h. gehinkt. 2 tressaillir, zittern. Vergl. nachher den brief vom
28 November. 3 plotzen, laut aufschlagend niederfallen. F. L. K. Weigand,
Deutsches Wörterbuch. IL Gießen 1860. s. 394. 4 Vergl. band IV, s. 156.
157. 5 d. h. gar spät für mich.
318
langt, zu vernehmen, daß Ihr mein port[e-]lettre entpfangen möget,
umb zu wißen, ob es Euch gefallen, welches ich sehr wünsche. Ich
werde nichts mehr von grünen safft sagen; den ich habe Euch,
liebe Louise, lengst bericht, wie es abgeloffen , drumb werde ich
nichts mehr davon sagen. Meine gesundtheit ist, gott lob, gutt.
Wen ich waß einnehme, maß man gar gewiß glauben, daß esmon-
sieur Teray seine ordonance ist; den von mir selber könte ich mich
nicht dazu resolviren. Aber nun leütt man ins gebett; nach dem
gebett werde ich Euch, liebe Louise, wieder entreteniren. Es ist
ein viertel auff 7 geschlagen undt ich komme wieder auß der capel,
werde gewiß nicht auffhör[e]n zu schreiben , biß ich Ewern lieben
brieff durchauß werde beandtwortet haben. Ich weiß nicht, wie
viel printzen von Sultzbach sein, habe abso nicht errahten können,
ob der, so wir hir gehabt haben, der ist, welcher zu Franckfort
geweßen. Warurab kan der eiste nicht nach Franckforth? helt ihn
die Jalousie ab? Den ich habe gehört, daß er das unglück hatt,
sehr mitt dießer bößen kranckheit behafft zu sein. Man thut gar
übel, daß kleine pfaltzische printzgen in dießer jahrszeit auß Hei-
delberg 'geführt zu haben; den Heydelberg ist warmer undt gesan-
der, alß Schwetzingen, insonderheit im wintter. Waß mich hatte
hoffen machen, daß es den Pfaltzern jetzt beßer gehen würde, ist,
daß mir baron Görtz von Hannover' geschrieben hatte, daß der kö-
nig von Englandt undt der von Preussen ernstliche resolutionen
gefast haben, den armen Pfaltzern beyzustehen. Es ist eine rechte
schände, daß Churpfaltz Euch so übel bezahlt. Der caiumerpressi-
dent muß ein unhöflicher schlüngel sein , Euch nicht einmahl zu
antwortten. Wie heist der feine, hoffliche? Wen ich den secreta-
rius von Grevenbroch sehen, will ich ihn fragen, wie er heist, undt
ihm meine meinung dichte sagen. Ich weiß woll, daß es leyder zn
nichts nicht helffen wirdt ; allein ich werde doch mir daß hertz da-
durch erleichtern. Daß ich jetzt ein langweilliges leben führe undt
schir allezeit in angsten bin, undt woll mitt ursach . . . Waß mich
ahm meisten ängstiget, liebe Louise, ist, daß, ob man zwar daß pa-
pir abgeschafft undt [man] nun überall wider silbergelt sieht, so
besamfft * sich doch Paris nicht, seiudt doller, alß nie. Daß macht
mich fürchten, daß böße leütte hirin arbeytten, undt daß gibt mir
*
1 d. b. besänftigt.
S19
trawerige gedancken, wie Ihr leicht gedencken könt, liebe Louise ! Sie
zweyfflen hir nicht, daß ein gott seye, aber woll, daß er sich umb
unß bekümert, noch darnach fragt, waß wir auch thun mögen, undt
glauben, daß kein ander weit seye undt weder straff noch beloh- :
nung in jener weit seye. Daß macht so gottloß leben; umb daß
gewißen zu fühlen, müsten sie persuadirt sein , daß straff undt re-
compens wehre, aber daß glauben sie, wie schon gesagt, gantz undt
gar nicht. Ich bin woll Ewr[ejr meinung, liebe Louise, daß man
sagen kan : «Wehe denen , so also sein ! Es were ihnen beßer,
wen sie nie gebohren wehren *.» Der haß , so der pöpel gegen
monsieur Laws liatt, ist nicht auszusprechen; sie haßen monsieur
le duc, weillen er sein freündt ist, ruff[en] ihm alle tag hundert
fluch zu undt seinen zwey brüder auch 8 . Die printzes von Wallis
sagt, daß alles wider gutt mitt der soudsee 8 , alles wider gantz gutt
sein. Man hatt hir gesagt, der directeur von der banque in Eng-
landt 4 were vom volck assassinirt worden ; aber es ist nicht war.
Aber, liebe Louise , wie könt Ihr es anßstehen , nichts von Chur-
pfaltz zu bekommen undt die gräffin von Wittgenstein 3 mont im
hauß zu haben? Glaube, daß sie über Ewern beüttel noch weniger
apropo kompt, alß wegen deß 6 posttage. Post[t]age kommen offter
wider, alß gelt. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben völlig beant-
wordt. Es war nicht der geringste fehler in Eueren schreiben.
Gutte nacht biß morgen, liebe Louisse, da ich Euch ferner entre-
teniren werde!
Donnerstag, den 31 October 1720.
Heütte habe schon viel Sachen gethan. Erstlich habe ich meine
vorbereytung ahngefangen , so mich von sie[ben] biß halb 10 ge-
führt, Hebe Louisse! Hernach habe ich ahn den oberstallmeister
Harling 5 seytten geschrieben. Ich habe nur noch eine gutte V* stundt
zeit, ehe ich mich ahnziehen gehe. Daß werde ich employiren, Euch,
liebe Louisse, zu entreteniren, undt dießen abendt nach der beicht undt
doppelte vesper werde ich außschreiben ; also wirdt mein brieffvon
dießer post nicht zu kurtz werden. Daß lengste von Ewern 3 lie-
ben schreiben werde ich biß sambstag versparen undt heütte noch
*
1 Et. Matthaei 26, 24. 2 Vergl. den brief vom 12 October, oben s. 303.
3 south-sea, sttctaee. 4 Blount. 5 ?der.
320
auff [das] vom 15, no 81, andtwortten, so viel mir möglich wirdt
sein können. Die post hatt die naredey , Euch meine schreiben
allezeit zwey undt zwey auff einmahl zu geben. Wen sie nur nicht
auch bey mir die mode continuiren , 3 undt 3 auff einmahl zu
bringen, wie sie letztmahl gethan haben! Daß die posten so gar
übel gehen , da ist lautter friponerie undt interesse bey. Es ist
mir lieb, daß die fürstin von Ussingen wider woll ist. Ich höre
gern, wen Ihr viel tisch mitt spiller habt; den daß vertreibt die
melancolische gedancken. Ich muß lachen, daß der Lutzenburger l
jetzt auch ein graff ist; hab dießen graffen page bey dem letzt
verstorbenen printz de Conti gesehen. Man hatt hir sehr drüber
gelacht , daß man ihm 8 dem churprintzen von Saxsen zum hoff-
meister geben; aber unßere Teülschen haben daß, alles halten sie
vor perfect, waß nur auß Franckreich kompt. Verstandt hatt der
Lutzenburg, aber seine moeurs schicken sich gar nicht zu einem
hoffmeister von einem churprintzen.
Umb */'* auff 3 nachmittags.
Hertzallerliebe Louisse, es ist eine viertelstund t, daß ich von
taffei kommen , werde wenig schreiben können , ehe wir in kirch
müßen; den da leütt man zum ersten mahl undt zum 2ten fengt die
vesper ahn, muß mich also sehr eyllen, in der 8 kirch zu gehen, kan
nur, wie schon gesagt, nach der kirch meinen brieff außschreiben.
Da leütt man zum zweytten mahl.
Donnerstag umb halb 5 abendts.
Alle gebetter seindt gesagt. Daß wetter wirdt kalt undt ein
dunckel, heßlich wetter. Waß ist daß vor ein fürst von Fürsten-
berg, so cammerrichter ist? Ich kene viel Fürstenberger, aber von
dießem habe ich nie gehört. Mein gott, wie ist es eine verdrieß-
liche sach mitt den protzessen ! Daß könte ich ohnmöglich aus-
stehen. Aber da kompt der pere de Ligniere *, ich muß noch eine
pausse machen.
1 Vergl. nachher den brief vom 28 November. Im Journal des marqnU
de Dangeau wird ein monsieur de Lutzelbourg genannt. Ein general Lutsen-
burg wird in den briefen unserer herzogin band II, s. 473 erwähnt. 2 ?ihn.
3 ? die. 4 pere de Linieres, beiohtvater von Elisabeth Charlotte.
321
Donnerstag umb halb 7 abendta.
Wie kl) vor einer halben stundt herrepjn kam, auß der beiclit
kam, bracht[e] man mir einen grollen brieff von anderer hertzogin
von Hannover vonCballon'; sie wirdt bili montag herkommen. Ich
will sagen , daß sie biß muntag zu Paris sein wirdt. Biß dinstag
werde ich sie außruhen laßen undt biß mit wog zu ihr. Biß don-
nerstag, wo mir gott leben undt gesundtheit lest, werde ich Euch,
liebe Louise, berichten, wie ich sie gefunden. Jetzt aber komme
ich wieder auff Ewer liebes schreiben, wo ich geblieben war, wie
der pere de Ligniere hereinkommen. [In] jetzigen zeitten ein ge-
rechten richter ist etwaß gar rares; den man gemeinlich über Un-
gerechtigkeit klagen hört. Ewere gedult kan ich nicht begreiffen,
Euch mitt die schombergisch processen zu quellen. Ewere niepcen
sollen Euch gewiß woll hoch verobligirt [sein]. Man hört undt
sieht nicbt[s] mehr von den freüllen von Zoettern; weiß nickt, wo sie
hinkommen sein. Wen ich madame la princesse sehen werden, will
ich sie fragen, wo die armen menschen mitt ihren geschwinden re-
den biukommen sein. Die jüngste fehlt eben nicht von verstand!,
aber die eiste, fürchte ich sehr, wirdt gantz von sinnen kommen; sie
sieht schon gar übel dr[e]in undt ihre äugen versprechen nichts
gnts*. Es wirdt ein mir[a]cle sein, wo daß arme mensch nicht ahn
ketten stirbt. Die gratl'scbafft ist nicht vor dem hertzog von Lot-
teringen, so der hertzog kauffen will, ist nicht vor ihm, sondern
vor seinen großen favorilten , den Craong *. Ich kan daß meiner
dochter mitt warbest nachsagen, sie ist daß besfe mensch, ao man
finden mag. Der hertzog were auch gutt genung, wen er nicht so
abscheulich von der Craong verliebt were, welches meiner armen
dochter manche hertzonleydt verursachet. Der man, ich will sagen
der Craon, ist ein bößer , falscher gesel *. Aber so gebts in der
weldt; ein jeder tregt sein creütz, eines auff eine art , daß ander
anff ein ander. Meine dochter hatt einen' große passion vor ihrem
herrn. Alle leötte, so meine enckclen in Lotteringen sehen, ver-
sichern mich, daß es artige kinder sein. Her baw von Luneville *
1 ChiUons. 2 Verg]. den brist rom 11 Juli, oben a. 182. 193. 3 Craon.
4 Man vergleiche Über herrn und fran Ton Craon die in den resütern tum
dritten und vierten bände unter Craon virtaiduMtan stellen. a leine. 6 Es
ist das lerftoito schloß gemeint. Über den 3 Janaar 1719 erfolgten bland des
schloß«! in Luneville vergleiche man band IV, s. 6. 9. 22. 27. 28. 32. ISO,
Elisabeth Charlotte 21
322
gebt gar langsam von statten. Die graffschafft, so man kaufft, mag
woll orsach dran sein. Der währt * zu Franckfort maß gatte zahn
haben, ein obrlapel so bladt herunderzubeißen können. Es ist noch
beßer daß ohr, alß wens die naß geweßeu were. Wen icb nur
beßere knie bette, so were ich gar gesandt. Aber ich glaabe, daß
in meinem alter man von solcbeu Sachen nicht eoarirt; [man bat]
nur gott zu da ticken , wens nicht schlimmer wirdt. Hiemitt ist
Ewer zweyttes liebes schreiben aocb völlig beantwortet, bleibt mir
nichts mehr Qberig, alß Eücb za versichern, daß ich Euch von her-
tzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1171.
St Clou den 2 November 1720 (N. 40).
Uertzallerliebe Louise, da komme ich, wie [ich] Euch vorgestern
versprochen, auff Ewer liebes schreiben vom 12 Oetober, no 80, zu
andtwortten ; [es] ist daß eintzige, so ich noch von Eflch habe. Ich
hatte gehofft , gestern waß von Euch zu bekommen , aber es ist
nichts [gekommen]; man versamhlet mir vielleicht wider 2 oder 3,
wie vor 8 tagen, umb sie mir aoff einmahl zu geben. Dem seye,
wie ihm wolle , so werde ich heütte schreiben. Da haben sie ja
nun die rage , Euch zwey von den meinen immer auff einmahl zo
geben. Die pomade divine hatt mich gantz von dießen blöung eoa-
rirt. Madame d'Orleans ist auch courirt; ich bins aber woll 8 tag
eher gewesen. Sie ist allezeit lro, wen sie eine occasion hatt, im
bett zu fa[u]lleutzen. Ich glaube nicht, daß in der weit eine faullere
creatur kan gefunden werden, alß sie *; sie gestehet es selber gar
gern umlt lacht drüber. Wir haben keine simpati in nichts uiitt
einander. Ich habe mein leben kein weniger obst geßen, alß dieß
jähr ; mich deucht, es war nicht so gutt, alß in den andern jähren.
Aber da muß ich eine pausse machen ; den da kompt mein inten-
dent undt secretaire des commanderaent[s] herein, bringt mir pa-
prassen zu unlerzeichenen vor Montargie 8 . Gleich nach dem elien
1 d. h. wirt. 2 Vergl. nachher den brief vom 21 Deeember und band
II, s. 604. 642. 643, band IV, s. 268. 3 Montargis, Wittum von Elisabeth
Charlotte. Vergl. band II, 8. 212.
323
werde ich nach Madrit; aber wen ich wider werde kommen sein,
will ich Euch vollendts entreteniren, biß ich schlaffen [gehe]; den
mein nachteßen ist baldt geschlackt, da gehört kein[ej halb viertel -
stundt za. Es ist ein heßlich wetter, aber die jahrszeit bringt es
mitt sfth. Maß doch noch diße seytte füllen undt voll schreiben.
Ich eße gar wenig trauben, nur morgendts eine grape mousquetel-
ler 1 , den daß hilfft mich morgen zu stuhl gehen ; nachmittags, noch
ahn taffei eße ich keine, nur ein apffel , so man hir pom[m]e de
Calviljle] heist.
Sambstag, den 2 November, umb 7 abendt.
Es ist schon eine gutte stundt, daß ich von Madrit kommen.
Ich habe aber meinen ordiuari Courier hir gefunden mitt dem pa-
quet von Savoyen undt ein brieff von der königin von Sardaignen
bracht von 23 seytten. Daß habe ich geleßen, daß hatt mich biß-
her auffgehalten, liebe Louise! Darnach ist mein enckel, der duc
de Ghartre[s gekommen], mitt dem ich mich auch ein wenig amus-
sirt habe. Drumb fange ich so spät wider ahn, zu schreiben undt
komme .jetzft] auff Ewer liebes schreiben , wo ich heütte morgen
geblieben war. Weillen man den Bacheracher * erst hir drinckt,
wen er 7 oder 8 jähr alt ist, mögte ich woll wenig part ahn dem
Bacheracher haben, so dieß jähr gemacht worden. Gott weiß, wo
ich in 8 jähren sein werde , undt vor die lust , so ich in dießem
leben jetzt habe, liebe Louise, könt ich ohne schrecken hören, daß
ich die 8 jähren nicht erleben würde. Meine gesundtheit ist, gott
lob , nun gar gutt. Die erste institution von der bomade 8 divine
ist vor rhumatismen, undt waß ich in den hüfften hatte, war doch
ein art davon, fühle gar nichts mehr davon, gott lob! Kompt mirs
wider, werde ich nichts anders brauchen. Es ist mehr boßheit, alß
Vorwitz, daß die zwey böße minister 4 meine brieffe alß leßen wol-
len. Wer will ihnen wehren oder wer kans thun? Den alle brieffe
gehen durch ihre handt. Sie werdens auch nicht gestehen; aber
die probe doch, daß sie nicht allein meine brieff leßen undt nach-
sagen , ist , daß der marechal de Villeroy undt der von Thessß 5
1 mu8cateller. 2 Vergl. das register za band III unter Bacherach und
band IV, 8. 153. 163. 3 pommade. 4 Torcy und Dubois. Vergl. die
briefe vom 28 September und 3 Ootober, oben 8. 289. 292. 5 Tess6.
21*
324
sich so sehr über mich beklagen über waß ich von ihnen ahn meine
dochter geschrieben hatte l . Die medaille von Messine hatt mich
erfrewet, liebe ! habe sie raitt last in mein raedaillen-kistgen placirt.
Ich hoffe, daß ich Euch nun baldt wieder werde kirbe schicken kön-
nen. Den alles wirdt wider wollfeyller * , man fängt auch* wider
ahn , golt zu sehen , aber es ist noch gar hoch , ein louisd'or gilt
54 francken , es wirdt aber alle monat abschlagen , also zu hoffen,
daß mitt der zeit alles wider in den alten standt kommen wirdt.
Gott gebe es! Den ich [bin] dem s Missisipie-banque undt action[en]
so müde, alß [wenn] ich es mitt löfflen gefreßen hette, werde gott
dancken, wen ich nichts mehr davon hören werde. Ihr habt woll
gethan, mir kein agath zu schicken; den ich brauch es nicht, den
ich nehme mein leben kein taback undt selbige dosen seindt hir
gar gemein. Seyder wan lißpelt Ihr, liebe Louise, daß Ihr «Auß-
pürg» vor «Augsburg» sagt 4 ? Redt man nun so in Teutschlands
oder ist es nur ungefehr geschehen? Die agathen seindt -greüllich
wollfeil in Franckfort. Hir hatt man keine bekommen , wie sie a
la mode, vor 6 oder 8 louisd'or. Vor dem czaar habe ich schon
vorgestern gedanckt , wie auch vor den printz Eugenius; thue es
gern noch einmahl. Piintz Eugenius muß greulich geendert [sein],
wo er eine lange spitze naß bekommen ; den die hatt er gewiß gar
nicht in seiner jugendt 8 . Ich habe der fürstin von Ussingen noch
nicht ahndtwortten können , den mein söhn hatt mir doch 6 keine
andtwordt auff ihre sach geben; er ist so accablirt mitt affairen,
daß er sich nicht zu behelffen weiß. Ich werde ihn noch biß mit-
wog dran gemahnen, da ich nach Paris werde, unßere hertzogin von
Hannover zu sehen, so übermorgen abendts ahnkommen solle. Kopff-
schmertzen seindt diß jähr [zu] beklagen; madame de Chasteau-
tier 7 ist auch gar offt mitt geplagt. Ich sage nichts mehr von
dießer fürstin von Nassau Ussingen kranckheit, weillen ich durch
Ewere 2 a[n]dere schreiben gesehen, daß sie courirt ist. Daß muß
der gräffin von Solms doch frewen , ihr hauß mitt ihrer eygenen
handtarbeydt meublirt zu sehen ; aber mir wehr[e] es eine quäl, wen
ichs machen müste. Ich bitt umb verzeyung, liebe Louise, nicht
1 Vergl. den brief vom 3 Ootober, oben s. 292. 2 Vergl. den brief
vom 14 September, oben s. 275. 3 ? der. 4 Vergl. nachher den brief
vom 28 November. 5 Vergl. den vorhergehenden brief. 6 ? noeh. 7 CM*
teauthiers.
, 325
Ewer[er] meinung zu sein ; aber ich finde es bitter langweillig, wen
ich jemandts höre, so allezeit, ohne auffzuhören, spricht; daß heist
man hir «un moullin a parolle.* Zur seh wester schafft würde ich
mich bitter übel schicken. Die königin in Spanien, die zu Bajonne
ist 1 , heist mich allezeit «mama> oder «mamachgen». Daß ambaras-
sirt mich alß ; den auff solche gentillessen weiß ich nichts zu andt-
wortten, bin ahn so sachen nicht [gewöhnt]; die wahren nicht der
brauch ahn unßeren hoff, noch zu meiner zeit. Wehret Ihr so ara-
barassirt in solchen sachen, wie ich, würde ich Euch, liebe Louisse,
sehr beklagen. Wir seindt leyder alt nun ; den ' ob Ihr zwar 9 oder
10 jähr jünger seydt, so bin ich alt genung, umb daß die, so 10
jähr jünger sein , alß ich , nicht mehr jung sein können. Es ist
unßer Westerwellen *, wie ihn I. G. unßer herr vatter alß geheyßen,
so die Brockdörffin 8 geheüraht. Die war nicht zu meiner zeit bey
meines bruders gemahlin. Die 4 freüllen zu meiner zeit wahren
die Harenberg 4 , Osten, Leschebrandt 6 undt meine Woltzogin, die
hernach den Eberfritz von Veningen, Lenor bruder, geheüraht hatt.
Der söhn hatt sich beßer verheüraht, alß der söhn 6 , weillen er
auch eine reichsgraffin genohmen. Man solle zu Darmstatt nicht
betrübten 7 , daß die erpprintzes dießmahl nur eine printz essin be-
kommen; sie seindt beyde jung genung, umb noch viel printzen zu
bekommen. Im ahnfang, alß ich geleßen , daß die printzes von
Darmstatt ohnmachtig worden, wie ihr breütigam ahnkommen, hab
ich erst gedacht, sie hette waß änderst im kopff; aber weillen sie
so gutt freündt geschieden, sehe ich, daß es nur modestie war. Da
schlegt es zehen undt Ewer brieff ist zum endt , sage also nichts
mehr sagen 8 , liebe Louise, alß daß ich Euch von hertzen lieb be-
halte.
Elisabeth Charlotte.
*
1 Die witwe Karte II, Maria Anna ron Pfalz-Nenbnrg. 2 Vergl. den
brief Tom 20 Jani, oben s. 182 und nachher den brief Tom 23 November.
3 Ein graf ron Brookdorf wird mehrmals im ersten bände der briefe genannt.
Man Äbe das register daselbst. 4 Vergl. band I, s. 108. & Leseben-
brand wird band I, s. 395. 401. 452 erwähnt. 6 ? der rater. 7 Tsieh
nicht betrüben« 8 ?mehr, liebe.
326
1172.
St Clou, den donnerstag, 7 November 1720 (N. 41).
Hertzallerliebe Louise, Ewer liebes schreiben vom 22 October^
no 83, habe ich nicht eher, alß nun, beantworten können; den es
ist erst vergangenen sontag ahngekommen. Ich bin recht unged al-
tig, zu sehen, wie man unß mitt deu brieffen zergt \ undt Euch alß
zwey undt zwey auff einmahl gibt undt mir 3 von den Ewerigen
letztmahl gebracht hatt. Daß ging noch endtlich woll hin , wen
man sie nicht gar verliehrt, wie sie es mitt dem vom 7 September
gemacht hatten. Der grüne safft ist mir, gott lob, gar woll bekom-
men ; matt hatt es mich woll gemacht, aber wen man mich nicht dabey,
wie schon etlichmahl geschehen, zur ader lest . . . Suma , vor ein
mensch, so sich allezeit tag undt nacht in sorgen undt ängsten sieht,
nichts, alß trawerige sachen, hört undt waß unahngenehm sein
undt noch allezeit schlimmere zeitten zu hoffen hatt undt sich nichts
darff mereken laßen, vor ein solch leben, liebe Louise, befindt ich
mich hoch gar woll. Große kälte haben wir noch nicht hir gehabt,
aber ein feucht undt zimblich unahngenehm wetter biß auff vor-
gestern, da ist es hübsch worden; nein, es war schon vergangener*
montag schön wetter. Gestern bin ich nach Paris, geradt an Lu—
xemb[o]urg zur hertzogin von Hannover. Ich finde E.*L. nicht vieÄ
verendert seyder 27 jähren; ich scheine viel älter, alß sie, ob icl
zwar 2 jähr jünger bin. Ich glaube, es wirdt dieße nacht erschreck
lieh frieren; den es ist gegen abendt gar kalt worden. Man sagt
die pest nimbt sehr ab zu Marseillen. Ich solte gemeindt haben
Franckfort were weitter' von Marseille, alß Paris. Es hatt sich doc
die leydige pest greüllich in Provence außgebreydt 8 . Ich wolte wol
nicht schwehren , daß es einmahl auch hirher kommen solte. Ic
habe mich gantz hirin in gottes willen ergeben. Ich habe nur scho
zu lang gelebt undt habe offt beklagt, nicht ahn meine kinderblat-
tern gestorben [zu] sein. Von der Constitution weiß ich nichts, icht
man 4 sie nicht einmahl nenen hören ; von dieß undt von den Jrilliet
de banque undt actionen [zu sprechen], habe ich absolutte verbotten.
1 d. h. quält. Vergl. Schmeller , Bayerisches Wörterbuch IV, s. 281.
2 ?I. 3 Vergl. den brief vom 17 October, oben s. 307. 308 und nachher
den brief vom 21 November. 4 ? mag.
327
Ich habe meinem söhn der fürstin von Ussingen brieff geben; er
sagt, er wüste nicht eygendtlich, wie es mitt dießer sach vor eine
be wandt schafft habe, ob daß closter oder der könig der l reparationen
vom haaß bezahlen müßen; daß wolle er genau examiniren laßen
undt mir hernach die andtwortt drauff geben. Dießes bitte ich
Euch der fürstin zu sagen, liebe Louise! Der sudsee 8 bin ich
ebenso müdt, alß deß Missisipi. Aber da kompt man mich dreiben,
umb nach bett zu geh[e]n; den es ist schon über halb 11. Ich habe
heütte viel zu schreiben gehabt, ahn mein söhn, ahn die königiu in
Preüssen , ahn freüllen Pelnitz undt' monsieur Harling. Zu Paris
seindt leütte narisch undt rassendt worden. Die h. schrie fft hatt
woll recht, wen sie sagt, daß der geitz ein wurtzel von alles Übels
ist 8 ; daß sieht man nun woll hir undt auch in Englaudt. Die hi-
storie vom Engländer ist abscheulich, aber doch lächerlich. Aber
ich muß nach bett; biß übermorgen ein inehres, liebe Louise! Ich
werde Euch schreiben , ehe ich nach Paris werde , aber nun nur
sagen, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1173.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 9 November 1720 (N. 42).
Hertzallerliebe Louise, seyder Ewer liebes schreiben vom 22 Oc-
tober, no 83, habe ich nichts von Euch entpfangen. Ich hoffe aber,
zu Paris, wo ich umb halb 11 hin werde, etwaß von Euch zu fin-
den. Die posten seindt unleydtlich, wie sie nun gehen; mein[e] doch-
ter setzen sie in eine ungedult, daß sie sich nicht zu behelffen weiß,
macht mich etlichmahl lachen mitt ihrem zorn. Letzte post, alß
vorgestern , wurde ich so offt verstört , daß ich unmöglich Ewer
liebes schreiben völlig beantworten konte. Aber wie daß frantzo-
sche schprichwordt sagt: «A quelque chose malheur est bon,» also
auch, hette ich dießes, waß ich noch zu andtwortten habe, nicht
biß auff heütte gespart, hette Ich nichts zu sagen gehabt; den wir
haben nicht daß geringste neues hir; alles ist in dem alten ver-
*
1 ?die. 2 8outh-8ea, süd-see. 3 1 Timotheus, oap. 6, vers 10.
~— -
328
drießlichen standt , auch bin ich noch immer leünisch. Ich thue
doch, waß ich kan, umb mich auß meiner verdraß zu ziehen.
Vergangen mitwog ging ich in die frantzösche commedie von «Don
Sanche Daragon» * undt «Crispin, rival de son maistre» *. Man kan
in der weldt [nicht beßer spielen], alß Baron undt die Duclos spu-
ten 8 . Heütte werde ich in die ittalliensche commedie. Sie seindt
mich bitten kommen , sie nicht zu verlaßen undt auch einmahl zu
seb[e]n. Sie spülen im Palais-Royal alle montag undt sambstag, also
werde ich sie heütte sehen. Zu Paris macht daß Missisipie eben
so viel verzweyffelte leütte, alß die soudsee in Englandt. Gar viel
zu Paris seindt zu nar[r]en drüber worden. Vergangen mitwog hatte
sich noch einer auß verzweyfflung zum fenster nauß gestürtzt undt
den halß gebrochen. Ich wolte nicht in monsieur Laws hautt stecken;
er hatt zu viel vor gott zu verandtwortten , ahn so viel unglück
schuldt zu sein. Fangen die Frantzoßen einmahl ahn, die englische
mode zu folgen , sich selber umbzubringen, so werden eben so viel
umbkommen, alß durch die pest; den alles ist moden hir im landt.
Ich habe Euch schon bericht , liebe Louisse , wie daß ich 3 von
Ewern paquetten auff einmahl entpfangen habe. Ich kan woll be-
greiffen , wie [einem] , wen man sich ohne daß nicht gar woll be-
findt, gar übel werden kan, wen man einen ahnkommen hört, so
man heürahten solle. Mein neveu, landtgraff Max, solle ein schön-
ner herr sein; daß hatt den schrecken verdrieben. Mutterwehen
seindt eine abscheuliche sache undt scheußlich zu sehen , wie die
schwer-noht. Es ist rar , daß mansleütte solche kranckheitten be-
kommen, aber bey weibern undt jungfrawen ist es zimblich [häufig].
Ich habe eine dame von qualitet hir gekandt (sie ist schon vor
etlich jahren gestorben, hieß madame de Ravetot *, ihr man war
enckel vom marechal de Gramont undt sie war ein generals-dochter),
die hatte so große mutterwehen, daß , wens ihr ahnkam , muste sie
lachen , daß sie schwartz davon wurde , undt that ihr sehr wehe.
*
1 «Dom Sanche d'Arragon», komödie von Pierre Corneille, die schon im jähre
1650 aufgeführt wurde. 2 erstmals im Mers 1707 auf die bühne gebrachte
komödie von Le Sage, dem als verfaßer von «Le diable boiteux», «Gilblas»,
«Gusman d' Alfarache» u. s. w. bekannten romansohriftsteller. Le Sage, ro
Vannes.in der Bretagne geboren, starb, beinahe 80 jähre alt, 17 November
1747. 3 Vergl. den brief vom 24 Ootober, oben 8. 312 und nachher den
brief vom 12 Deoember. 4 Raffetot.
329
Man konte daß lachen nicht laßen, wenn man sie so lachen sähe.
Daß remedium fehlte ihr doch nicht, hatte man undt kinder. Baron
Görtz hatt mir vor wenig wochen geschrieben, daß die könige von
Englandt undt Preussen so favorable resolutionen vor die arme
Pfaltzer gefast hette[n]; aber ich sehe noch nicht, daß waß drauff
erfolgt. Ein regirender herr solle seine untherthanen nicht haßen,
sondern alß ein vatter lieben, oder man wirdts vor gott verandt-
wortten. Ich glaube, alle Churpfaltz pfaffen werden sich alle über
die armen Heydelbergef verdamen *. Ich erinere mich deß herrn
Rießman * nicht mehr. Waß war er zu meiner zeit? Ich habe
allezeit über die Manheimer lufft klagen [hören] ; aber ich habe mich
allezeit gar woll dort befunden. Der wirdts 8 vom caffee todt wirdt
-dem kauffman daß ohr nicht wider geben, aber der kauffman hette
ahnnehmen sollen, waß ihn sein beißer vor seine ruhe offrirt. Auff
der graffin, fürstin wolte ich sagen, von Ussingen [brief] habe ich
letztmahl geantwortet, sage also heütte nichts davon. Die fürstin
von Nassau Siegen muß sich bekehrt haben , weillen sie jetzt so
woll mitt ihrem oncle, dem churfürsten von Maintz, stehet. Ich
höre gern, wen man bey Euch spilt; daß gibt distraction gegen
trawerige gedancken. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben völlig be-
antwort undt auch zeit, daß ich mich ahnziehe, in kirch gehe undt
nach Paris fahre. Es ist schön wetter, aber ein wenig frisch. Adieu !
Ich ambrassire Euch von hertzen undt behalte Euch allezeit lieb,
liebe Louise !
Elisabeth Charlotte.
1174.
St Clou den donnerstag, 14 November 1720 (N. 43).
Hertzallerliebe Louise, vergangenen samstag, alß die post
schon weg war, ich will sagen, mein ordinarie Courier, bin ich mitt
zwey Ewern lieben schreiben auff einmahl erfrewet worden; den ich
fing schon ahn, schir bang zu werden, daß ich in 3 posten nichts
von Euch gehört hatte. Aber nun ist es so woll ersetzt, daß ich
dießen nachmittag wieder ein liebes schreiben von Euch bekommen
l d. h. sich in Verdammnis bringen. 2 Vergl. band III, 8. 427. 458.
3 ?Des wirts.
330
vom 2 dielles monts, 110 86; die andere zwey seiiidt vom 26 undt
29 October, no 84 undt 85, liebe Louisse! Weillen ich heuttc
oh n möglich auff alle 3 zugleich andtwortten [kann], den es ist scliün
. spät.... Mein söhn halt midi Dach dem eßen eine vissilto [ge-
macht! Hiiilt- hernach habe ich einen großen bvieff ahn mein dochler
schreiben niulicn durch einen expresseu Courier , so dieße nacht
wieder nach Lotteringen geht. Ich hoffe, doch noch, ehe ich schlaf-
fen gehe, aiiff Ewer liebes schreiben vom 2 November, no 86, zu
andtwortteii; will mich tumel|n], so viel mir möglich sein wirdt.
Wen die brieffe nur 2i stundt verseümen, undt wie alle die posten
nun gelien, muH man nur gott daneben, wen die brieffe nicht ver-
lohren werden. Mich verlangt sehr, biß Tlir Ewer panuet vom 2fi
October, no 38, entpfaugt. Ich furcht, daß regen weiter wirdt daß
arme porte-[lettre] gantz verderben. Ich weiß dem gölten, ehrlichen
JaudUman Mathes 1 recht danck, daß es ihm erfrewet, wen er Euch
von meinen panuetten bringt. Ab, gott sey danck, daß mein purte-
lcttre ohne schaden überkommen! leb bin aber ein nar, daß ich
davon gesprochen, ehe ich Ewer liebes schreiben geleßen, worinen
ich gefunden, daß Ihr es entpiangen. Frewet mich, daß es Euch
abngenelun geweßen, liebe Louisse! Aber ich sehe woll, daß Ihr
wenig romans lest, daß Ihr nicht gesehen, daß die zwey, so sich
auff dem schiff schlagen, auß einem küpfferstück von dem roinan
von Cleopattre ' ist, wo sich Artaban milt einem piratte scblegl.
Missisipi undt ich haben nie nichts mitt einander zu thun. Ich
haß es wie den [tenffel]! Dieße hagatellen bedorffen keine dnnck-
. sagung; den ich muß ja mein wordt halten. Habe ich Euch den nicht
versprochen, alle jähr eine kirhe zu schicken 8 ? Undt weillen ich
1 dlsner der raugrafln Laiea. Vergl. band III, s. 404, band IV, t
232. 2 Cleopatra, roman von (lautier de Coslos, chevalior, seigneu
La Calprenede, gestorben 20 August 1883. Vergl. blind III, ■■ 387. 8.
not II, s. 243, anuierk. 1: «Ce roman de La Cnlpreuedo parut oo 1648,
en domo solomos petit in-3. M. Pislon ('Annales da l'iinpririiene des Elir-
vira>, p 294) indiqoe dtio odition dnrmec S Lojds en L648; il
satre, Leyde, J. Bambis;, 1667, egalement en dorne volomea, q
que les bibliophiles rcoherohent. II a puru 1 Paris, en 17*!!,
• Cleopatra» en trois ml. in- L 2, fall per M. Benoist. ■ Caflsandre» est aus« sorli
da la plume feoonde de La Calprenede, et forme dix lolnmea » 3
band II, a. 314. 315. 331. 3»7. 408. Kirbe ist, wie sohon früher e
, das go:
benb i
331
weiß . . . Seyder etlich jähren, ich will sagen seyder 20 oder 30 jähren,
hatt man demanden von allrrhandt färben , blaue , rotte , gelbe,
grüne. Erin[e]rt Ihr Euch nicht, liebe Louise, daß ich dergleichen
ahn uußere liebe churfürstin undt tante geschickt hatt 1 ? Aber
dieß kleine demantgen solle rollt bleiben, wen es anß dem chaton*
ist.' Ob es war ist, weiß ich nicht; ist es nicht war, hatt es doch
die färb woll ahngenohmen. Wen Ihr, liebe Louise, nicht reich
werdet, alß durch die bagat eilen, so ich Euch geschickt, werdet
Ihr, liebe Louise, woll arm bleiben. Ich trage meine kleine ring
alle ahn der linken handt; aber ahn der rechten trage ich den
gelben demandt von meiner lieben dauphine von Bayern, den sie
mir im sterben vermacht hatt undt welchen ich ihr versprochen all
mein leben zu tragen, woran ich auch nicht fehlen werde. Madame
de Brancas wirdt , wilß gott , couriren , sie wirdt taglich beßer 8 .
Freyllich muß ich alß duchessen zur dame d'honeur haben.; ging
es nach tugendt, were madame de Chastcautier gewiß die würdigste*.
Der könig kan allein duchessen machen; auß[er] königliche me-
tressen ist kein exempel , daß man eine ungeheürahte person zur
duchesse gemacht hatt. So sachen gehen hir nicht ahn, liebe Louise!
Da ist nicht ahn zu gedencken ; zudem so wirdt madame de Brancas
couriren. Aber es hatt schon 10 geschlagen, ich muß wider willen
enden wegen meiner dochter brieff, so noch heütte zu Paris sein
muß. Adieu den, lieb Louise! Ich ambrassire Euch von hertzen
undt habe Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte. -
1175.
St Clou, 8ambstag, den 16 November 1720 (N. 44).
Hertzallerliebe Louise , Ihr werdet anß meinem vorgesterigen
schreiben ersehen haben, wie ich ohnmöglich selbigen tag habe auff
Ewer liebes schreiben völlig andtwortten können. Gott gebe, daß
ich heütte viel möge schreiben können ! Aber da kompt mir schon
l Vergl. band II, s. 270 und das register s. 751 unter demant, band III,
8. 46. 2 chaton, kästen des ringes , worin der stein sitzt. 3 Vergl. den
brief vom 26 October, oben s. 313. 314. 4 Vergl. die in den früheren bfltvlen
oft widerkehrenden äußerungen des grösten lobes dieser vorzügliohen frau.
eine verhindernuß; der pere de Ligniere ', mein beichtsvafter, korapt
herein undt bringt mir eine andtwort auff einen brieff, so ich ihn
in Flandern habe schreiben machen. Der pere de Ligniere hatt
mich eine gutte stundt aufgehalten]; daß kompt mir desto mehr
zur unpaß, indem ich heütte morgen andterthalb stundt bin spitter
auffgestanden , alß ordinarie; den ich bin gestern abeudts spätter
schlaffen gangen, alß ordinarie, undt erst umb halb 12 nach bett,
da ich doch gar offt vor 10 nach bett gebe. Meine brieffe, liehe
Louise, können kleiner oder größer werden, nachdem es die Ge-
legenheit gibt; aber keine poat wirdt ohne ein schreiben ahn Euch
fortgehen. Daß seydt versichert, liebe Lonisse, so lang ich leben
werde, nicht blindt sein undt die finger rühren können*! Ich komme
jetzt, liebe Louisse, auff Ewer liebes schreiben vorn 2 dießes monts,
so ich vorgestern ahn gefangen hatte zu beantworten undt ahm 9
bhitt, ieytte wolte ich sagen, geblieben wäre. Ihr habt woll recht,
liebe Louise, eher zu [wünschen], daß Ewer neveii undt uiepeen
gesundt bleiben mögen, alß viel gewinen. Ich findte dießen gewinst
vor kauffleütte gutt, aber vor fürsten, graffen undt letltte von qua-
litet deucht es mir ein[e] schlegte sach zu sein undt gar nichts löb-
liches. In dießein augenblick schickt mir der mareclial de Villeroj
einen escnyer mitt einem brieff. Der könig ist gestern abeudts
nach der jagt auff der stieg gefallen, hatt ein blau aug davon ge-
tragen, befindt sich doch sonsten woll undt batt 9 guttcr stundt geschlaf-
feil. Gott erhalte ihn! Ich iiabe andtworttun mlißen , daß hatt
mich wider auffgehalten; muß nun die große pausse machen,
diable au eontretemps hatt woll sein spiel keütte, Hebe Louisse!
Daß kan mich recht verdrießen. Wie ich Euch wider habe schrei-
ben [wollen], alß ich von Madrit kommen bin eben nach dem abendt-
gebett, ist mir ein Courier kommen von unßer abtißin von Chellefa],
hernach ein brieff von madame Üangeau undt einen von mareclial
de Vilieroy, habe auff alle 3 nobtwendig andtwortten mäßen. Drumb
fang ich so spät ahn, wider zu schreiben. Es ist ein widerliches
wetter, alle menschen bekommen husten undt sclniupen; ich fühle,
daß es mir heütte auch almkompt. Ordinairie wehrt es gar lang
hey mir, aber man muß woll gedult haben undt wollen, waß gott
will. Ich komme wider auff Ewer liebes schreiben. Ich habe so
1 Linlires. 2 ? kann.
333
ein schlim gedächtnaß , daß ich mich nicht mehr erinere , daß Ihr
mir geschrieben , daß Ihr einmahl 100/m. rth. verlohren habt. Es
ist eine langweillige sach , überall lamantiren zu hören wie nun ;
daß macht einen gantz trawerig. Ihr sagt, liebe Louise, waß endt-
lich auß der weit werden wirdt. Ich habe eine prophezeyung ge-
sehen, so von Genua solle gekommen [sein], worinen stehet, daß die
weldt anno 1727 gantz vergehen undt zu cristah werden solle; daß
hatt mich lachen gemacht. Mich lustig undt vergnügt zu machen,
ist keine leichte saclie; erstlich so müste alles so endern, daß ich
nichts mehr vor meinen armen söhn müste zu fürchten haben, sicher
sein [könnte] , daß ich nie noht werde leyden müßen , undt noch
viel detail, so zu lang zu sagen werden *. Aber, liebe Louise, ich
gedencke ahn nichts mehr, alß baldt in jene weit zu reißen, welches
ich ohne regret [thun werde]; wolte nur, daß es baldt geschehen
were f ; den ich fürchte sonst , noch viel hertzenleydt zu erleben.
Ich weiß nicht mehr, von wem ich Euch ein liedt geschickt. Ist
es nicht vom ertzbischoff von Cambray 8 ? Wens von dem ist , kan
1 ? werden würde. ?ware. 2 ?wird. 3 Vergl. den brief vom 26 Oo-
tober, oben s. 314. G. Brunet II, s. 283. 284, anmerk. 1: «Les Chansonniers
avaient en effet beaa jea lorsqu'il s'agissait de lanoer leurs traits oontre Dn-
bois; sa promotion au oardinalat fut le Signal d'une foule de satires restlos, et
pour cause, dans les reoaeils manasorits ; nons oiterons sealement quelques vers
Que ohacan se rejouisse 1
Admirons Sa Saintet6
Qui transforme en lorevisse
Un vilain orapaud orotteM
Apres an si beaa miraole,
Son infailUbilite
Ne trouvera plus d'obstacle
Dans une autre faoultä.
Admirons Son Eminence!
Son esprit, sa saintetä,
Sont aassi oonnus en Franoe
Que sa grande qaalite;
On sait d'ailleurs les Services
Qu'il a rendas au Regent;
Aussi, pour le m6me offioe,
Fillon au cbapeau prätend.
On sait que la Fillon 6tait une entremettease de l'äpoque. Dans une
ehronique satirique ä la saite des «Aventares de Pomponias» , 1724, on lit;
334
ich Euch mitt warheit versichern , daß kein falscher * ertzschelm
undt * gantz Franckreich ist , alß dießer 8 . Waß mich verdriest,
ist, daß ihn mein söhn so vvoll kendt, alß ich, undt doch dem klei-
nen teüffel allein ahnhört undt glaubt; daß ist verdrießlich. Die
fraw von Ratzamshaussen ist freyllich noch hir. Ich .habe ihr Ewer
paquet geben; sie hatt alle brieff von den gefangen[en]. Woll alle
gefangene seiudt lengst loß, nur ein eiutziger ist in der gefangnaß
wegen schulden geblieben. Schicken sie andtwort, werdt Ihr biß
donnerstag .... Ich sage nichts mehr von der post ; den Ihr
werdet nun schon auß meinen schreiben ersehen haben, wie daß
ich 3 der Ewerigen auff [einmahl] entpfangen. Da schlegt es zehn
undt monsieur Therey treibt mich nach bett, kan in eyll nichts mehr
sagen, alß daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
1176.
St Clou den 21 November 1720 (N. 45).
Hertzallerliebe Louise, ich hatte gehofft, gestern gehofft, nach Paris
zu können, umb unßere gutte hertzogin von Hannover ahn den könig
zu pressentiren. Daß ist aber gantz ohnmöglich worden, den mein husten
undt schnupen hatt sevder vergangen sontag so zugenohmen , daß
ich nicht auß der cammer kan, undt der gutten hertzogin geht es
nicht beßer, alß mir. Es ist kein wunder, viel leütte haben husten
undt schnupen; daß thut daß abscheuliche wüste wetter. Es ist
3 tag , das wir die son nicht gesehen haben ; man sieht kein[e] 2
schrit vor sich, so ein dicker, stareker nebel ist es undt wehet da-
bey ein stareker, kalter nordtwindt , daß man verfri|e]ren ... Ich
habe hir eine große warme karner wie eine stube ; ich laß schirm
vor die thüren setzen. Alle die von außen hereinkommen , sagen
«Comme quoi le pontife de Caoibray ne disoit messe et juroit comme un payen.»
On peut consulter, mais non sans m6fiance, la «Vie priv6e du cardinal Dubois»
(redigee d 'apres des Memoires eontemporains . par A. Monges), 1789, in-8.
N'oublioDS pas les «Memoires secrets et Correspoodanee in&lite du cardinal Du*
bois», publik par Sevelinges, 1815, 2 vol. in-8, ouvrage qu'il ne faut pas con-
fondre aveo des Mämoires apooryphes qui n'ont point de valeur historique.»
1 ? falscherer. 2 ? in. 3 Vergl. nachher den brief vom 14 De-
zember.
335
alß : «Ah , que voila une bonne chambre !» Mitt der zeit undt
gedult . . . Gestern ist die arme haußhelterin, oder consierge, wie
man es hir heist, gestorben ahn einer esquinancie oder halßwehe \
[ist] 5 oder 6 tag kranck geweßen. Es ist schadt, es war gar
eine gutte fraw. Ihr armer man ist nntrostbar. Mein söhn, so
mich gestern besuchen kam, machte mich doch zu lachen; wie man
von deß armen maus betrübnuß sprach, [sagte er] : «II faut que pour
ce consoler il prene sa 3em[e] famme.» Die gestern starb, war die
zweyte. Ich glaube, daß die arme fraw von den viellen aderläßen
gestorben; in 4 tag zeit hatt man ihr 5 mahl zur ader gelaßen.
Es ist aber auch einmahl zeit, daß ich auff Ewere liebe schreiben
komme; fange bey dem frischten ahn, so vom 5 dießes monts ist,
no 87 , undt welches ich vergangenen sontag abendts entpfangeu.
Alle posten gehen nun gar wunderlich, man beklagt sich ahn allen
ortten drüber. Ahn Vergnügung, liebe Louise, ist in jetzigen zeitten
woll gar nicht zu gedencken , nur gott zu dancken , wen nichts
neues schlimes vorfehlt, aber ahn vergnügen ist nicht mehr zu ge-
dencken. Was will man thun ? Man muß sich woll in gottes wil-
len ergeben. Alles hatt seine zeit; in der jugendt ist die lustige
zeit, in dem alter die trawerige; daß entpHnde ich nun gar starek.
Die lamantationen seindt ärger, alß nie hir im landt. Aber die,
so wegen dem Missisipi undt sndsee lamantiren, können mich gar
nicht jammern, weillen ein purer geitz undt interesse sie dazu ge-
bracht hatt, undt da habe ich ein recht abscheüen vor. Der könig
in Engellandt ist den II von Hannover nach Englandt, wirdt nun
wie ich glaube, woll dortten sein, aber nicht ohne stürm ab uko in-
nren; den es gehen stareke winden. Mich deüclit, man hört alle
jähr, daß kauffleütte banqueroutten machen. Es wahren woll, wie mir
äußere liebe printzes von Wallis geschrieben, 6 cavallier, so sich
zu Londen unter der brück verdrinkt haben ; haben mehr charitet
vor den schiffman, alß vor sich selber, gehabt. Aber weilleu sie
sich ja haben verdrinken [wollen], warum b so viel fayou? Sie betten
sich ja woll gleich ins waßer sprengen können undt versauffen. Es
geht. Euch, wie ich sehe, liebe Louisse, wie meiner dochter, welche,
sobaldt sie waß schlimmes hört , alß sagt : «Ah, voila le jour du
jugement qui va venirU Wir haben ja so lang zu Mauheim ge-
1 esqnin&noie, bräune, balsenUUndung.
336
wohnt, ohne daß man die bärger auß ihren heüßern getrieben; dieß
muß ein pfaffeu-sclielmstück sein. Ich meinte aber, der churliir.it zu
Pfaltz hette mehr vorstandt, M so gar ungerecht zu sein; daß Ut
ja gegen ihm selber midt kan ihm keine ehre geben. Aber daß
seindt lautter pfaffisclie inventiuneu, machen den armen eliurl'ürsten
weiß, den bimmel zu verdinen, wen er Reformirteu plagt. Aber
wen er reflectionen machen wolte, waß er seinen unterthanen schul-
dig ist, daß sie ihm von gott gegeben sein, umb ihr vatter undt
nicht ihr Liran zu sein , so würde er alle büßen raht nicht alin-
hören, sondern die gesundte vernunfft folgen. Die pest batt zu
Marseille gautz auffgehört; mau hofft, daß die andere orter auch
baldt wider von dießer quäl erledigt sein werden '. Ich hatte ge-
hofft, daß deß churfürsteu gegenwahrt anffs wenigst die armen Man-
heimer glücklicher machen würde; aber ich sehe leyder daß con-
traria Daß jammert mich wo!l von grundt der Seelen. Gott wolle
den armen Pfältzorn beistehen ! Es solle nicht wahr sein, dali die
pest zu Amsterdam, noch Rotterdam ist, Es ist beßer, daß dieß
geschrey falsch ist, alß wen man nicht davon sagt undt daß sie
dort were. Ich höre gern , daß Ihr bey gutten freündinen in as-
sambleen geht ; daß wirdt doch die trawerige gedanckeu verjagen
undt daß miltz erleichtern, liebe Louise! Waß Ihr zu Franckfort
assambleen heist, iieist man hir im landt apartement. Die filrstin
von Siegen muß artlichor, alß ihr lierr, sein, so gar ein langweillig
personage. Ich habe ihn , gott lob , lang nicht gesehen. Er kam
einmahl zu mir undt sagte, ich mäste ihn in allem beystehen. Ich
fragte: «Warumb?- Er sagte, weillen er catholisch wehre undt
daß sonsten die andere forsten undt graffen von Nassaw mehr avan-
tage haben würden, so Huguenottcn sein, alß ein catholischer fürst,
wie er wehre. Ich lachte undt sagte: «Seine religio« ist Seine such
undt nicht die meine. Ich habe mein leben eine große estime vor
daß gantze hauß Nassaw gehabt, undt mein Christen thum uudt gottes
wordt lernt mir 1 , meine negsten zu lieben undt nicht zu haßeu,
' noch unrecht thun wegen der religion.» Also könte er sich sein le-
ben nicht schlimmer adressiren, alß bey mir parthcyiscu wegen der
religion [zu reden]; von dem gantzen hauß Nassaw würde ich alle-
zeit die ahm meisten estimireu , welche[rj religion sie auch sein
November, oben e. 326, 2 d. b. lebrt mieb.
337
mögen, so ich die ehrlichste leütte finden würde. Er ging fetier-
roht undt gantz beschambt weg. Ihr seindt den, liebe Louise, wie
ein kindtgen, daß Ihr Euch mitt babiolen ' amussiren könt , so ich
Euch geschickt habe. Ich habe nicht in acht genohmen, .waß 8 auff
den damasquinen 8 schachteigen der herbst stehet; weillen aber
dieße arbeydt nicht gemein zu Franckfort ist, so schicke ich Euch
hirbey ein klein tablettgen, Ewere rechnung im spülen zu machen.
Der calender ist von vergangen jähr, könt woll zu Franckforth
einen neuen drin setzen vor zukünftig jähr; den es doch spät im
jähr sein wirdt, wen Ihr es bekommen werdt. Ach nein, daß Ihr
bagatellen [lobet], ist woll nicht auß interesse, vielmehr, mich zu
flattiren , daß es Euch ahngenehm geweßen. Ein gar armer man,
so zu St Germain wohnt, den ich leben mache, indem ich seine
wahren kauffe , macht mir alle jähr von dem zeug undt ist nicht
tewer 4 , er heist Jacob; ich bin gar in seinen gnaden. Ey, liebe
Louise, alle lapereyen, so ich Euch schicken, merittiren keine danck-
barkeyt; wen es Euch ahngenehm, bin ich genung davon recom-
pensirt. Hiemitt ist Ewer letztes liebes schreiben völlig beant-
wortet undt es ist zeit , daß ich meine [pause mache]. Nach dem
eßen hoffe ich noch eines von Ewern lieben schreiben zu beant-
worten , so viel mein husten undt schnupen mir es erlauben vwer-
den. Nun aber will ich eine pausse machen undt mich ahnziehen;
den es wirdt. spät.
Donnerstag, den 21 November, umb x /i auff 6 abendt.
Ich habe unmöglich eher, alß nun, wieder zum schreiben ge-
langen können; den gleich nach dem eßen hatt mein husten viel
leütte, unterschiedtliche personen von Paris, hergeführt, die ich habe
sehen undt sprechen mülien. Hernach seindt wir ins gebett undt
salut , wo ich jetzt eben herkomme undt huste , daß ich bärsten
mögte. Da ist noch ein andere Verhinderung; den da korapt ma-
dame la duchesse herein.
Donnerstag umb 3 /« auff 7.
Da geht madame la duchesse mitt ihren 2 dochtern wider weg.
*
1 babioles , kleinigkeit. 2 ? daß. 3 d. h. damascierten 4 d. h.
theuer.
Elisabeth Charlotte <2&
338
Ihre vissitte ist gar lang geweßen, wie Ihr segt. Aber nun komme
ich auff Ewer liebes schreiben vom 29 October, no 85. Es geht
Euch, liebe Louise, eben wie meiner dochter, die alle gedult Aber
die post verliehrt : macht mich offt drüber zu lachen. Wen mein
söhn herkompt, rede ich lang mitt ihm, wie gestern. Aber zu Paris
ist es ohnmüglich. wir werden immer verstört. Ich habe Euch schon
gesagt, liebe Louise, daß, gott lob die pest sehr abnimbt; sie ist
auch nicht zu Toullon , wie man gesagt hatte ; es soll auch gar
nicht war sein, daß sie weder zu Amsterdam, noch Rotterdam ist
Aber es ist gewiß, daß sie in Poln gar starck ist. Wen die kälte
dieße kranckheit verdreiben solle , solte sie gewiß nun auffhören.
Der frost ist grimmig seyder 6 oder 7 tagen, auch bekommen alle
menschen husten undt schuupen so woll alß ich. Ich habe auff mei-
nen balcon ein schalgen mitt waßer. daß ist im gesterigen tag 2mahl
gantz fest zugefrohren wie ein stein so hart. Meine cammer ist
gutt wann; wen ich daß eyß nicht gesehen, hetteich nicht geglaubt,
daß es so kalt were. Ich weiß nicht, ob Ihr noch daß geliudte
wetter zu Franckfort habt : aber wie Ihr segt \ liebe Louisse . so
seindt wir hir weit davon. Hir ist es woll recht winter undt kein
herbst mehr: es ist kein eintzig grün blatt mehr auff den bäumen
undt , wie schon gesagt , so frirt es schrecklich hir. Wabren die
t rauben, so mau Küeh auß der Ptaltz geschickt, von Schrießheim?
l>u seindt sie ordinarie gar gutt undt ich finde sie beßer, alß die
von der seydt von Ro hjrbaeh. Mich deucht , die "Heydelberger
d rauben seindt nicht ungesundt. Ich erinere mich, daß ich von den
Sehrießheim[e Y drauben in den weingartten so erschrecklich gefreßen.
daß mir der bauch so dick geworden , daß ich nicht mehr gehon
koulc; lur mir über car nichts iresehadt, sondern nur beßere lost
rutn muUgseßen gemacht. Mich wundert, daß ein soldat de for-
tuno des koaigs in K:u:li::d;$ capitaine des garden ist. Most macht
\ oller, atü* wc % i*:;; der *:u;;c Ptaltzer muß also einen abscheüüchen
rausch bekome:». habe:*. Wer. uiav. frisch undt gesundt ist, wirdt
man imtt dem alter eher dick, alb mager. Ihr sagt nicht, wie
uKl>cr Uiuttttnan heis; , so so erschrecklich most undt waßer ge-
drur.ckcu. Mich de;u\:s. alle trcnxpetter habe[n] dicke bauch. Mich
dettcht. *ir Imitier haben djui\ wir lieben daß vatterlandt biß in
todt undt gebt unß nichts drüber. Wir seindt in dem fall wie die
Isseralitten'; also wundert* mich nicht, daß dielier mensch sich gern
wider in diu Pfaltz setzen wolle. Kr hatt wol) groß recht, die
nngerechligkcitten nicht zu aprobiren ; nichts ist abscheulicher.
Churpfaltz solte sich selber undt nicht andern glauben , so würde
alles woll geben. Kr (ich will sagen der Ffältzer) batt recht, za
sagen, daß er den könig von England! wirdt finden. Ich habe Kuch
heütle morgen gesagt, welchen tag der könig in Englandt von Han-
nover ausgebrochen, umb nach Knglaudt za reißen. Ich wolte woll
wetten, daß der könig in Englandt große mühe haben wirdt, die
sach mitt der sudsoe in glitten standt wider zu bringen, leb sehe,
wie es hir tnitt dem verfluchten Missisipi geht, leb habe einen
solchen Widerwillen gegen all diß zeug, daß ich allc[n] meinen leüt-
ten verhütten, nie von diß, noch von der Constitution vor mich zu
reden. Ich verstehe weder eines, noch daß ander; aber sie seindt
mir beyde zuwider wie eine burgatz', wie die fraw von Rotzeu-
hausstm alß pflegt zu sagen. Ich glaube, daß der teüffel die sach
inventirt batt, umb so viel leütte in verzweyfflung zu stürtzen. Ich
weiß nicht, waß steygen oder fallen in der sach ist, undt will es
auch nicht lernen. Ich höre alß recht gern, liebe Louise, wen Ihr
zur fürstin von Ussingen gebt; den ich glaube, daß Euch dieße
vissitte anmssirt undt von trawerigen gedaueken abhelt. Wen mau
schlimme gewöhn heitten in der jagen dt ahn[nimmt], seindt sie schwer
zu corigireu, insonderheit roquettcrio. So gehts der armen fürstin
von Siegen auch, wirdt mühe haben, daß handtwerefc zu quittiren.
Gestern batt ein exempt s des cent Suisse[s] einen wüsien todt
gehabt. Kr war ein gridtl icher mensch, standt in parterre von der
commedie; es wahren viel leutte in dem parterre, so daß sie sich
druckten. IHeßer exempt halte einen ofneir, so ihn druckte, weillen
er es nicht endern konte. Der exempt sagt: -Ihr segt nicht, daß
Ihr mich druckt.» Der ander sagt: -Ich bitte Euch umb verzeyung,
Ihr segt aber ja woll , daß es meine schuld t nicht ist.» Dießer
andtwort: *Si j'estois la deliors, je vous aprendrois bien a nie
presser.» Der ander sagt: -S'il ne tienfc qn'a cela, allons!» Wie
sie vor der thür vom opera-saahl kommen, ziehen sie von leder
undt der zancker wirdt gleich erstochen. Ich muß auffhüren, liebe
. purgtttiui
Louise! den mein husten undt schnupen macht mir den kopff %
schwer. Ewer zwey schreiben seindt doch völlig beantwordt ,
vor dißmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch, liebe Louise, ein*
gutte nacht wünsche undt beßer[e], alß ich sie selber haben werde;
den seyder meinen husten schlaffe ich gar übel. Adieu ,
Louise! Ich welchem standt ich auch sein mag, so lang mich mein
husten nicht erstickt, werde ich Euch von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
1177.
A St Clou den 23 November 1720 {N. 46).
Hertzall erliebe Louisse, seyder Ewere letzte sehreiben habe ich
nichts von Euch empfangen, habe also gar woll gethan, noch eines
von Ewern lieben schreiben vor heütte zu sparen; es ist daß :
älste von 26 October, no 84. Ich will nichts mehr von der post
sagen, die so wunderlich geht; den da ist kein ander mittel zu,
liebe Louise, alß die gedult , wie in viellen andern sachen auch.
Der grüne safft, so woll er mir auch bekommen, hatt es mich doch
nicht verhindert, einen abscheulichen husten undt schnupen zi
kommen, wie ich schon letztmahl geschrieben. Den tag über geht
es noch all leydtlich; aber die' nachts lest es mich nicht schlaffen,
huste 2 undt 3 stundt ahn einem stuck, biu auch, alß wen man mich
geprügelt bette. In 3 nachten habe ich keine 3 stundt ahn ein-
ander geschlaffen undt ich huste so erschrecklich dießen abendt,
daß ich dieße nacht woll nichts beßers zu hoffen habe. Biß ilon-
nerstag, wo ich nicht unterdeßen ersticke, werde ich Euch sagen,
liebe Louise , wie es abgangen [sein] wirdt, will Euch auch nicht
langer mitt dieliem langweillichen discours aushalten, der mir lang-
weilliger, alß niemandts, ist. Last unß den von waß änderst re-
den! Komme wider auff Ewer liebes schreiben. Man hatt
purgiren von Höhten, wen man alt wirdt, dick ist undt gar kein
exercitzieu mehr tliun kau. Dieße ursach hatt mich allein cousen-
tiren machen, die medeeinen zu nehmen; sonsten hette ich mich
mein leben nicht dazu resolviren können. .Docktor Dinner* ist n
341
mehr zu Hannover , sondern uar.li Schwetzingen. Mau estimirt
dießeu docktor sebr überall. In verdrießlichen saehen finde ich,
daß schweygen allezeit daß beste ist. Wen man gar alt wirdt undt
nrsacb halt, gridtlich zu sein, würde man gar zu gridtlicli werden,
wen man davon sprechen solte; also sage ich noch einmahl, daß
daß beste ist, zu schweygen. Es war ein falsch geschrey, daß die
pest zu Tullon ' wäre; sie ist, gott loh, nicht dort, hatt auch zu
Marseille gautz auffgehört. Wen die kalte undt der frost die pest
vertreiben solle, so solle sie mm sehou verjagt sein; den seydor 8
tagen frirt es sehr starck hir, man sieht große stücker eyß, heUtte
aber hatt es zum ersten mahl von dießem wintor gesebneyet, der
schnee ist aber gleich geschmultzen. Daß macht mir glauben, daß
es itzunder starck [kalt] in Teutschland* ist undt in der Pfaltz.
Da wünsche ich mich nun nicht mefar hin; ich müste tag undt nacht
weinen, wen icli da wehre'; dartT nicht recht ahn die alten zeitten
gedeocken, werde gleich nachdenckisch undt trawerig. Der konig in
Polen forcht nicht"; ich kene noch einen so, nelimblich mein söhn.
Zu Wien ist die pest gar nickt. Daß ist «oll wahr, wie daß fran-
tzösehe Sprichwort sagt: *Ce que Dieu garde , est bieu garde.>
Alle leütte, so ich in meiner jugendt gesehen, seindt mir gantz
undt gar nicht auß dem sin kommen; uußern gantzen alten hoff
konte ich mahlen, jung undt alt. Mich wundert, daß Cliurtrier
Eüeb Ewere bitt vor graff Degenfeit nicht aecordirt; daß ist ja ein
geringes vor I. L. undt mich deucht, in dem nettburgischeu hauß
liebt man daß geschwinde oblijiren nicht gar hoch. Es stehet doch
in der b. schriefft: «Einen geschwinden geber hatt gott lieb*.-
Ich habe das schloß gesehen, man hatt mirs gewißeu ;uif}' dem Rhein.
Wen ich keyßcr were. wolte ich mein leben Ueiii'.'lnj iieii^biiekeuen
edelleütten alte gutten lieüßern lehen geben; daß ctioquirt recht.
Ich glaube, daß Schonburg, nun es rninirt, woll abscheuliche bürg
heißen könte. Nichts graust mir mehr, alß ein rninirt schloß, undt
macht einem so gar betrübte undt trawerige reflectioüen machen;
all mein leben hatt mir davor gegraust. Schrießem* sähe fürchtfer]-
lich hauß 7 ; wen maus ahnsicht undt je mehr es thfirn hatt, je ab-
1 Toulon. 2 Vergl. band HI, a. 4H
ii:i-ti Hsjdelborg, Hülste iah tor lejdt undt «
keine furcht. i 1 Korinther 9, 7: 'Ein
5 1 alter guter haueer. 6 ? SchrieÜheim.
ind IV, a
316:
■ KainuiB ich
scheülicher finde ich es; darff nachts nicht dran gedcncken, es Unit
mir wehe im mutz. Es ist ein teiltsch sprich wordt, so sagt: -Jung
geivondt, alt gethau.- So gelits der fürslin von Siegen auch- Kart-
tenspilen will ja nichtjs] sagen, man spilt mitt allerhandt leuttefn
Man heist den iiqii, wie ich sehe, die graffliehe uugeheuraht frelil-
leii, wie man zu meiner zeit sagte, graflinen jetzt. Ich meinte, man
gebe den reichsgraffinen adliche damen zu hoffraeisterinen. Mein
gott, wie endert alles! In meinen sin ist nichts beßer vor junge
personnen, alll ihnen viel meist er zu gehen; daß ist aber woll billig,
daß ihre verwanten es bezahlen; den es gar nicht hillig were, daß
es au ff Ewern kosten gehen solle, da sie Euch doch nicht verwandt
sein. Ich habe selten reiche reichsgraffinen gesehen; ich glaube
aber, daß alle reiche leiitte ihr gelt vergraben undt verscharren,
daß man nichts mehr davon sieht. Mich wundert, daß unß[eres]
Westerwelle! 1 ' Schwester Euch nicht seilen, da doch ihr berr vattcr
undt herr hruder so lang ahn unßerni hoff geweßen. Ich finde nicht
schön , daß sieb eine reich sg raffln so gemein mitt bürge rsleütten
machen 1 . Ich keue die weit nicht mehr. Es hatt doch ein gutt endt
vor sie genohmen; den die gurten graffen wahren bludtsarm. Hiemitt
ist Ewer liebes schreiben völlig beantwortet undt man treibt mich,
zu bett zu gehen. Ich sebeü mein hett, weilten ich so gar kranck
drin bin, undt wen ich aufbrecht hin, huste ich die helfft nicht
zu ' viel. Biß ich gar ersticke, seyilt versichert, liebe Louise, daß
ich Euch von hertzeu lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
1178.
St Clou, donnerstag, den 23 November 1720 (N. 47).
Hertzallerliebe Louise, weillen ich fürchte, daß meine letzte
schreiben Euch werden wegen meiner gesuudtheit in sorgen gesetzt
haben, so will ich dabey ahui'angen undt Euch sagen, daß, ob zwar
mein husten undt scuuupen zwar noch nicht gantz vorbey, so bin ich
doch ohne vergleichung beßer, alß ich geweßen; den ich kau nun
wider eßen undt schlaffen; hoffe also zu gott, das es haldt wider
gantz vergehen winlt. Ich halte mich hübsch wann, wirdt also woll
nicht lang mehr wehren. Seydt also, liebe Louise, in keinen sor-
gen meinetwegen! Aber so haldt Ich wider gesundt werde sein,
muß ich leyder wieder in daß verdrieß liehe Paris, worinon ich wenig
ruhe habe. Aber man muß woll seine Schuldigkeit thun; iuh bin in
der Parisser gnaden, es würde sie betrüben, wen ich gar nicht mehr
dort wohnen solte; muß also denen gutten lelltten ettliehc monat
auftopffern. Sie verdinnen [es] woll ahn mir, haben mich lieber,
alß ihre gebohnic fürslen undt fiirstinen; die verfluchen sie undt
mir geben sie lautter segen , wen ich durch die statt fahre '. Ich
habe auch die Parisser lieh, es seindt gutte leütte. Es ist mir sel-
ber leydt, daß ihre lufft undt wohnung mir so zuwieder sein. Ich
habe vergangen sontag 2 von Ewern liehen schreiben auff einmal) 1
entpfangen von 9 undt 12 dießes rnonts, no 88 undt 89, werde auff
daß erste andtwortten undt daß zweytte vor übermorgen verspa-
ren, wo mir gott biß dar daß leben verleyet. Ich kan die Inst nicht
begreiffen , so man auff der post hatt , die brieffe alß zwey nndt
zwey zu schicken; aber wcillen es nicht zu eudern stehet, will ich
weytter nichts davon sagen, komme auff Ewer liebes schreiben von
9, no 88. Aber vorher will ich Euch, noch dancken , liebe Louise,
vor die medaille vom 30jährigen krieg ; habt mir einen rechten ge-
fallen getban, mir es zu [schicken], den ich hatte es nicht undt
bette es gern gehabt. So baldt ich zu Paris sein werde, will ich
es placiren. Meine gntte gesundtheit hatt nicht lang gedawe[r]t.
Aber jetzt husten undt schnupen zu haben, ist keine kunst; den es
ist nichts gemeiners, man hört überall die naß nutzen undt husten.
Daß weiter ist auch abscheüllieh ; kalte nebcl mitt frost, daß man
keine 2 schrit vor sich sehen kan , undt seharpffe, raue, durch-
dringende nordtwinde, daß kau ohn möglich gesundt sein. Jedoch
versichert man, daß es gutt gegen die pest ist; auch solle sie Über-
all sehr abnehmen undt nicht weitter einreißen*. Ich wünsche, daß
es in Poln ancli so sein mag , damitt die abscheuliche kranckheit
nicht in Teütsehlandt kommen mag. Weder vor golt noch silber
man jetzt kein weißen beaume de la Mecque bekommen;
■
«rg!. die briofe vom B3 Juni, 1B
naobher den brier vom 26 Deee
2 Vorgl. nachher den brief yi
5 August, oben b. \t,\. 201.
1 vergleiche auch band IV,
34.4
den selbiger kompt von Provence liieher undt wegen [der pest
kompt milt wißeu nichts auß Provence. Aber es ist oimoöhlig, :
gcdenclseu, meine knie zu couriren; den es ist schon Über 30 jähr,
daß ich den schaden bekommen. In einen gar beißen sommertag
jagte ick den liirsck zn St Leger mitt monsienr le danphin, da kam
ein starck weiter, donner, blitz undt. bagel; mein rock war so voller
schloßen, daß es im scbmeltzen durchdrang, undt meine bottinen '
wurden voll von dem cißkalten waß[er]. Wir wahren weit von den
dürfforn undt 3 gutter frantzösehen meillen von den kutschen;
knie wurden mir also gantz vcrfrohren , seindt mir seyder dem
schwach undt voller schmertzen worden '. Ich habe hunderterley
gebraucht; alles halt im ahnfang woll gethan, aber [die sehmerzen
sind] doch widerkomen. Nun brauch ich gar nichts mehr, bin doch
nicht beßer, noch schlimmer, alß ich war. Ich bin jetzt so alt, daß
es der mühe nicht mehr wehrt ist, ahn couriren zu gedoncken. Auß
waß ich hir gesagt, segt ' Ihr, liebe, daß mein kniewehe von kei-
nem fall kompt, sondern von einer Verkalkung, also gantz waß ander
ist, alß der freüllen von Busee aeeident. Wen ich zu Paris sein
werde, will ich in meinen alten schachteln nachsuchen, ob ich nichl
noch eine kleine bouteille von dem beaume blanc habe. Finde icl
noch waß, werde ichs Euch gar gewiß schicken, kan aber nicht ver-
sichern , daß ich noch davon habe; den ich viel davoi
ahn alle , die mir es gefordert haben. Wer ist der monsieur <le
Bussee*? Der nähme lautt ja frautzosch; ich kene aber niemand!
besonders hir, so so heist, alß nur einen singer vom opera, welchen
le parterre so in aversion genohmen, daß man ihn halt wegschicken
mllßen. Ihr dörff[t] nicht beachambt sein, Hebe Louise! Guts n
thun wollen, ist ja ein gutt werek vor gott undt der weit, und
wehre die leydige pest nicht in Provence, würde ich Euch eine ganlz
schachte! voll davon mitt freüden [schicken]; den daß ich daher habt
bringen laßen, war gar gutt. Ey, liehe Louise, waß halt le beaum
blanc mitt den bagatellen zu thun, so ich Euch geschickt habe? Ic
muß lachen, daß Ihr dießes eine «kostbahre Verehrung- heist. Da
ist es doch 6 gar eine bagateüe; es kost mir nicht[s"|, den die perl
I bottine, balbniinfel. 2 Einen andern Unfall , der ihr auf der woll
alli
wie
ittre bekomme ich zu pressen ton alle jähr von einer abtißin, der[e]n
ihre nbdey zu wegen gebracht be,v dem körig s. Es war eine
ie vom Po rt -Royal , ein recht tugendtsames , guttes , ehrliches
mensch. Der ertzbischoff von Rourge|s| ' danckt mir allemahl, wen
ihn sehe, ihnen dieße abtißin gegeben zu haben. Daß schach-
Igen ist nur metal de princo undt kost wenig uudt. daß ringel-
:ii habe ich auch nicht gekaofft; es ist mehr, alll 30 jähr, daß
ich es gekaufft habe. Weillen es mir all artig deucht , habe ieba
Euch geschickt, liebe Louise! Aber auß alles, waß ich Euch hir
sage, segt Ihr wüll, liehe Louise, daß ich mich mitt meinem pres-
sent gar nicht hart ahngegriffen habe, undt ich bin woll dopelt vor
les recompensirt , wen es Euch nur ein augenblick ge freuet hatt,
e Ihr mir versichert, liebe Louise! Es ist war, liehe Louise, daß,
jetzt waß kauften wolle, alles di'ey mahl thewerer tiuden würde,
alß vorm jähr, insonderheit golt undt edelgestein. Man hatt mir
offrirt, vor kleine ring, so ich habe, 3 mahl so viel zu geben, alß
sie mir gekost haben; daß hatt t mich aber gantz uudt gar nicht
tentirt, den ich bin, gott lob, nicht interessirt , liebe das gelt nur,
umb es zu vertbun. Wie kompts, daß ein freüllen von der ge-
bührt, wie die junge graffin von Wittgenslein ist, nicht ahn Ewer
taffei ist • V Daß würde Euch ja nicht mehr kosten, alß sie mitt
der cammermagt trist, da sie nicht so sauber, noch bofflich wirdt
lehruen können zu eßen , alß ahn Ewer t.affel. Wie Ihr mir dteß
freüllen besehreibt, muß es ein tugotidtsaiuen bnmor haben. Daß
so fleißig im lernen ist, daß wirdt ihr all ihr leben woll bekorn-
i. Man kan vom pfaltzischen hoff sagen, wie [der] gutte due
Crequi 3 s. alß sagte, wen man ihn im spülen nicht gleich zahlte:
ous ressembles a l'arhaletre de Coignac, vous estes dnr a la de-
■c *.* Ich beklage Euch sehr wegen der verlust von Ewers
ßhalter. Den trewe leütte seindt. in itzigen seilten gar rar
in der weit flndt ich nichts verdrießlicher, alß von leütlen zu
n undt sich ahn fremde gesiebter zu gewehnen. Ich bin jetz-
jrres, ersbiaonof rou EnurgflB, seit Daceuibar 1T19 car-
miuquia de Dutigeau XVIII, t. 170. 111 unter sonn-
undt auch in derselben muhe, den der couseiller d'estat , so der
ehef von mein eonseil ist, inonsieur de. Foucault ', ist gar krank
ahn eine|r| hrustseüche, speyt dali helle bludt nndt er ist 78 jähr
alt, also sehr zu fürchten, daß es ein schlecht endt nehmen wirdt,
welches mir eine neue <]iial machen wirdt. Mein gott, wie ist die
weit so voller Verdrießlichkeit! undt ein jedes hatt seine quäl. Solche
fehler, alß «Außpurg* vor «Augsburg» zu schreiben 1 , seindt fehler,
so gar leicht vergeben [werden] könuen , undt man kante es woll
laßen ohne entscnuldigung hingehen. Wen man im erwacksen-sein
lispelt, kompt es, daß mau einen nicht in seiner kindtheit corigirt
hatt undt woll sprechen machen. Deß duc de Luxemb[o]urg zweyt
ter söhn, so man nun le duc de Chatillon ' heist, spricht so wun-
derlich, daß man ihn kaum verstehen kau. Daß kompt daher, wie
mir sein vatter selber verzehlt, daß er verhotten hatte, daß man
seine spräche nicht corigii'en solte, umb zu sehen, wall drauß weh-
ren * solte. Einsmahls, [als] dieller duc de Chatillon, so damahla
conte de l.iguie* wäre, von Paris in einer chaisae de poste nach
Versaille fuhr, rieft er zum poslillon: «Arreste !- Der postillon
sagte: -Que voullos vous, Monsieur?- Der conte de Ligni sagte:
•J'e' perJu mos dents.- Der postillon sagte: -Je ne say', comme
celacepeust, car je ne vous ay point menes rudement, vous n'ave»
pas eüe le moindro cahos 9 .- Daß machte den duc lachen; da rief,
sagt der poslillon: -Vous vous moques bien de moy, vous dittes
que vous aves perdus vos dents, et je les voit ' tous dans vostre
boache.» Ei waren deli ducs handschu, so verlohren wahren, undt
er haü[e | ahnstatt -gand» -dant» 10 gesagt. Wen man ihn fragte, wie
er hieße, sagte er: -Le tonte de Ligny» , kau weder c noch g
prononcireu. Unßere arme abtißin, so gefallen", ist noch nicht
courirt. Unßere huilzogin von Hannover geht es nicht beßer, alB
mir; sie hatt auch einen stareken husten undt schnupen sowoll alß
ich, madame ia princesse auch. Also seindt wir 3 baßen gantz es-
clapirt. Aber da schlagt es 12, ich muß auffhören undt vor diß-
1 NioolaB- Joseph Fonuult. Vorgl. don folgenden brief und band
, 107. ISS, band IV, 8. 229. 301. 2 Vorgl. dem briaf vom 2 Novoi
ben B. »2*. 3 Chatillon. 4 ä. h. »erden. b comte do Ugnjr.
J'ai. 7 ■>!■. 8 callut, stoß, wagonetoli. 9 vois. 10 gant , dem.
I Vorgl. den briaf vom 30 Oktober, oben s. 317.
347
mahl nichts mehr sagen in großer eyl) , alß daß ich Euch , liebo
Louise, von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
Gleich nach dem eßen ist die hertzogin von Hannover her-
kommen, wie man mir noch ein liebes schreiben von Euch gebracht
vom 16 dießes monts, no 90. Die gutte hertzogin ist eine gutte
stundt bey mir geblieben; hernach bin ich ins gebett, wo ich eben
jetzt herkomme , undt weillen ich noch einen frischen brieff von
Euch habe, will ich noch auff den vom 12 andtwortten , no 89, so
mir, wie ich schon gesagt, mittkommen war mitt dem von 9, no 88.
Man hatt Euch abermahl eine post aufgehalten, umb Euch 2 schrei-
ben auff einmahl zu geben; waß man vor lust hirin hatt, kan ich
nicht begreiffen. Die englische brieffe aber mögen woll durch den
windt aufgehalten worden sein. Des königs in Englandts überfahrt
ist auch dadurch verweillen * worden. Die hertzogin von Hannover
wirdt nur au Luxerab[o]urg sein, biß I. L. eiu eygen hauß haben
werden. Ich wünsche, daß sie ein hauß finden mag, wo sie so ge-
maglich undt woll sein mag, alß im Luxemb[o]urg. Es ist kein
wunder, daß dieße hertzogin Franckreich liebt; sie ist ja drin ge-
bohren undt erzogen worden undt hatt ja noch ihre liebe Schwester
dort \ Es kan Paris ihr mutterlandt nicht sein ; den ihre fraw
mutter war eher eine Ittallienerin , alß Frantzoßin; den sie war ja
eine printzessin von Mantua, der keyßer[in] Leonor leibliche niepee
oder tante geweßen. Ich weiß nicht mehr, wie es ist, aber daß sie
von hauß Mantua war , daß ist gewiß 8 . Waß ich übel ahn dem
LutzOnburg 4 findt, so deß printz de Conti, letzt verstorbenen, page
*
1 d. b. verweilt, aufgehalten. 2 Vergl. den folgenden brief. 3 Die
hersogin von Haoover, von der hier die rede ist, ist Benediote Henriette Maria,
die witwe des im jähre 1651 zur katholischen religion übergetretenen, 8 De-
cember 1679 auf der reise nach Italien in Augsburg gestorbenen berzogs
Johann Friedrich, mit dem sie im jähre 1668 vermählt worden war. Vergl.
W. üavemann, Geschichte der lande Braunschweig und Lüneburg III, s. 220.
227. 236. 237- Benedicte , geboren 1648, war die tochter des pfalzgrafen
Eduard bei Rhein und seiner gemahlin Anna Gonzaga. Benedictens Schwester
Anna, geboren 1647, war mit Henri-Jules de Bourbon , prince de Conde,
genannt Monsieur le Duo , spater Monsieur le Prince , dem söhne des großen
Conde, vermählt. 4 Lutzenbnrger. Vergl. den brief vom 30 October, oben
s. 320.
undt hernach hoffmeister vom churprinlzen von Saxsen gewoßen, ist
daß man sagt, daß er sieh piquirt, weder ahn gott, noch ahn teüffel
zu glauben. Ich glaub nicht, daß ein solcher mensch sein leben
glück haben kan, undt glaube, daß sie von sinnen kommen. Mich
deucht auch, daß es zu niederich war, einen menschen, so page
bey einem prince du sang geweßen, vor einen oberhoffme ister i
geben ahn einem ohurprintz. Ich habe mich recht davor geschämbt.
Einem menschen bang zu machen , so sich vor ein tbier scheüdt,
daß ist nur kindisch undt alle kinder tbun daß. Aber seine Fraw
mutter undt groß fraw mutter zu betrügen, daß ist eine falschheit,
so nicht zu vergeben, noch zu entschuldigen ist. Der könig in Poln
seüift gern, undt wen die leütte roll sein, wißen sie nicht, waß si<
thun, ist also eher zu eutsehuliügung ', alß sein herr söhn, wiewoll e
eine sc.hlime eutsehuldigung ist. Die plaisanterien mitt dem pulver,
bo die lefltte D arisch macht, daß war zu starek. Man sagt hir in
landt: -II faut que jeunesse ce* passe.» So ist es dem könig i
Poln auch gangen. Vor die medaille vom 30jährigen krieg habe
ich schon iieütte morgen gedanckt undt tliue es noch von bertzen;
den es mir gar woll zu paß kompt. Gott verzeybe mirs! Aber
undter unß muß ich Euch gestehen, daß es mir nicht leydt geweßen,
alß ich den desordre von der sudsee erfahren , weillen es hir s
überzwe[r]g abgangen ist; wir werden sehen, wie es abgeben wirdt,
wen der könig in Euglandt dort wirdt ahnkommen sein. Ich habe
gestern ein schreiben von der printz[essin] von Wallis vom 21/10
[empfangen]. Der konig war noch nicht ahnkonimon undt
hörte den wimit slarck saußen. Ich glaube, daß, wen nußer I
gott Cburpfaltz zu sich nehmen solte, daß die Pfaltzer ebeu*öic
drüber verzwejfflen würden. Wer wirdt churfürst nach ihm werden?
Ich weiß es wahrlich nicht. Wirdt es Cburtrier sein oder der pfaltz-
graff von Sultzbacb ■? Wen es nach meinem wünsch ging, würdte
es der pfalizgraff von Birekcnfelt sein; so würde [man] nicht sagen
können , das nichts beßeres hernach kompt; den der würde woll
niemandts plagen, noch vemveyfflen machen; da bette mau auch d
pfaffon nicht zu fürchten. Hiumitt ist Ewer zwej ttes schreiben auch
!) neu bürg isohor
sulxbachischon In.
völlig beantwortet. Icli wünsche Euch eine glückselige nacht undt
.mhrassire Euch von hertzen.
1179.
St Clou den 3Ü November 1720 (N. 48).
Ilertzallerliehe Louise, ich hoffe, heulte auff Ewer letztes liebes
schreiben von lfi November völlig zu antworten. Ich schreibe
Euch heiltte mitt einem schweren undt trawerigen hertzen; den ich
werde Euch leyder nur noch 2 mahl auß dießem lieben St Clou
dieß jähr schreiben, den heulte über 8 tag werde ich leyder nach
Paris, umb dort zu bleiben. Da werde ich viel aaßzustehen haben.
Gott stehe mir beyl Aber last uuß von waß änderst reden! diß
ist zu trawerig. Es macht einem ungedultig. daß die post alß zwey
schreiben auff einmahl gibt; aber weilten es nicht zu endern stehet,
will ich niclits weytter hirvon sagen. Meine dochter macht dieße
Unrichtigkeit von der post so ungedultig, daß sie possirlich drüber
wirdt undt mich lachen macht; den sie scliuldt l alles, waß die post
ahngebt, den sie kendt die kiltte, so die post regiereu. Eines von
meinen brieffen ahn Euch, liebe Louise, ist docli diß jähr gantz
verluhren werden; bin doch fro, dall mau Euch die babi ollen nicht
gestollen hatte. Mich verlangt, zu vernehmen, ob das damasquine
tablettgeu auch woli überkommen wirdt. Ihr solt es nun schon woll
haben, den es den 21 von liir ist abgeschickt worden; wünsche, daß
es Euch ein augenblick amussiren mag, liebe Louise! Ahn er-
fmickungeri muß ich nicht gedencken , daß ist nicht vor mich ge-
macht; bah nur gott von hertzen zu danckeu, wen es nicht schlim-
mer wirdt undt alles, waß icli zu fürchten habe, nicht geschieht,
undt wen ich nach belt gehe, daß ich gott dancken , in dem tag
keine büße zeittung erfahren zu haben. Daß seindt meine eintzige
erquickungen, liebe Louise ! ahn keine andere habe ich zu gedenuken.
Ich bin Euch doch sehr verobligirt, mir waß beßers za wünschen.
Es ist kein wunder, daß Laws hart wirdt; erstlich so ist er von
gebührt ein Seholtlaiidcr s , zum andern so hatt er pour suport*
1 ? sohilt. 2 John Law wurde als der söhn eil
naeb. der sitte dos landes lugleiuh baiikier war, im js
geboren. Vergl. A. Kortiel in F. v. ßaanjer historisi
1846, B. 423, 3 support, stütie, beistand.
< [■lil.l.Tllllli
350
moasieiir le (lue, der der geizigste undt härteste mensch von der
weit ist undt nie satt zu zigen ' ist, es mag auch herköminefn], wo
es wolle. Den muß Laws content Iren undt auff seine[r] seytte be-
lialten. Undt die mode ist gantz vergangen,, ahn gott undt sein
wordt zu gedencken undt ein gewißen zu haben undt rieh darnach
zu richten. Daß seindt einfalten von den vergangenen jähren undt
zeitten, da rieht sich in itzigen zeitten nieniamlts mehr nach.
Werdens erst erfahren, wen sie gott biaff ab straffen wirdt. Aber
vielleicht werden sie nicht glücklich genung sein, gottes straff in
diefjer weit zu finden. Es wirdt woll schliiuer undt longcr wehren,
wofern die straff in jenner weit verspart wirdt; es graust e:
ahn golt glaubt, dran zu gedencken. In Englandt sollt es nicht
bfßer mitt der sudsöe gehen, alß hir milt dem Missisipie. Zu Am
sterdam sollen unerhört viel bunijueroutten gemacht worden sein.
Mau hört iu alten ortten nichts mehr, alß larnantutionen ; daß ist
weder lustig, noch artlieb, Mitt der pest geht es nun viel beßer,
gott lob, undt hofft man, daß es in Provence baldt zu endt gehen
wirdt. Von der alternative von gulten undt büßen tagen weiß n
nichts mehr, alles ist schliin. Die herfzogin von Hammer ist
wenig in den 27 jähren geendert, daß es zu verwundern ist; a
unter unß gerett, mich deucht, sie muß ein wenig über ihrer t:
mutter pütgen * kommen sein , den ihr tein[t] Ist ebenso itzunder.
Es ist war, daß die keyßerin gern gehabt hotte, daß sie, nelinibliet
ihre fraw mutter, zu Wien geblieben were; aber ich kau 1.
nicht blastniren, nicht dort geblieben üu sein. Mau sagt, ihre fraw
dochtcr wolte sie in daß c] oster sparen, so sie gestiefft halt, um
closter seindt nicht jeder mans thuns. Ich könte ohnmöglicu
einem closter dawern. Ist es nicht natürlich , daß man lieber in
seinem vatterlandt ist , wo man gebohren undt erzogen undt eine
Schwester hatt, so mau all sein leben über alles geliebt*? So na
risch ist untere hertzogin nicht, sich hir in ein closter zu speren
aber ich kan woll Giranten , warumh sie daß gesagt wirdt habei
Es geht ein goschrey, alß wen sie mitt ihrem ittallieüischen sem
tari ein manage de cons[c]i[e]nce gemacht nette, davon hatt . . . Du
unib wirdt sie gesagt haben, sie wolle iu ein closter in Frauckreich,
1 Im nahen, d. h. iu nehmen. 2 1 schmink topfchon. Vergl. i
den briet vom 26 Deoember. 3 Vergl. den vorhergehenden briof.
mai
lind
m
mit
frei
jah:
daß
351
mitt die lieyßerin, ihre fraw duclitor, daß geschrey nicht glauben
möge, so auch gar starek liir geht. Ist werdt * den menschen woll
keiien, so man aceussirt, ihr mau 7,11 sein; den sie hau ihn schon
zu Hannu-ver bey sicli gehabt: wo mir recht ist, lieist er Marcelli.
Ich habe ihn noch nicht zu sehen [bekommen]; er folgt ihr nicht
undt ging auß dem hauß , wie ich za ihr ging au Laxemb[o]urg.
Ich bin curieuse , ihn zu sehen 1 . Wofern sie vor 27 jähren den
ian geheüraht. bette, were er eben nicht so gar alt geweßen. Man
idt selten schönne Ittallietier undt haben noch schlimmere minen,
sie heßlich sein , aber sie haben ordiuari verstandt. Es muH
woll etwaß sein, so den himmel hell, wie daß sprich wordt sagt, er
fiel sonst ein. Wen ich ihn werde gesehen haben, will ich Euch,
liebe Louise, berichten, wie ich ihn gefunden. Solche leütte ziehen
ordinarie alles weg; sie müßen ja woll vor ihre mühe undt arbeydt
bezahlt werden. Weus nur nicht zu grob hergeht undt er ihr ge-
rniug lest, nach ihrem standt zu leben! Sie hatt 3 kutschen, einen
hoffmeister, einen stalmeister, dun secretarius, 2 freüllen, eine hoff-
meisteriu, 2 nagen, einen leüffer undt viel laqnayen, fahrt allezeit
Iitt zwey kutschen, lielt ihren standt woll. Sie liatl ein klein
Süllen bey ihr, so Polinninie heist; ich glaub nicht, daß sie 13
ir alt ist; die ist gar heßlich, sieht auß wie ein affgen; aber
aß dingeigen hatt viel verstand! undt hatt schon frantzüsch gelernt,
blauttert braff nndt ist recht jioasirlidi. Die groß ist auch nicht
schön, aber gar serieux; den daß arme mensch verstehet kein wordt
tzosch; sie jammert mich. Uußere hertzogin ist schon wider
;er geworden, seyder I. L. hir sein; aber sie hatt auch gar
i starekeu husten undt schnupen gehabt. Der meine nimbt,
lob, täglich ab. Die graftin von Weillbtirg, die Ihr besuchen
dt gangen, ist sie deß graff Carl, so hir geweßen, fraw mutter
gemablinr Ich bilde mir ein, daß es die fraw mutter sein
ß, woillen Ihr von ihrer geheilrahten duchter sprecht. Ich bin
:ßer graflin meinung, daß die, so weder man noch kinder haben,
^lüek liebsten sein. Ihr [seid] noch zu jung, umb über Ewer
:r zu klagen. Wardt *, biß die ßO vorbey sein! Da werdt Ihr
waß es ist. Aber es wirdt spät, ich muß meine pausse ma-
?Ihr werdat. 2 Vergl. naoliher den briof f<
chen. Ich bin lieütto spät ausgestanden, weillen ich gestern spät
schlaffen gangen. Es war mein großer seh reib lag. Mein söhn kam
aber zu mir, konte vor (i uiir nicht zu schreiben gelangen, bin also
erst gegen 12 nach bett, hab also nur heiltte nach der ordenung von
monsieur Teruy nach halb 8 auffst.ehen können ; liah auch in der
Bibel geleßen. 2 [capitel] von alten testament, 2 vom neuen undt
Zpsalmen. Morgen werde ich, üb gott will, eben so viel leßen. Adieu
biß dießen naclimiltag! Da werde ich dießen brieff gantz außsdirei-
ben, wirdl also von raisonahler taille werden.
Sambetag, den 30 November, umb 3 ubr nachmittag.
Wie ich eben von taffei kommen undt schreiben wolte, bin ich
enlscblaffeu, undt nun letidt 1 man in die kirch. Ich muß also noch
eine pausse machen, den es ist heist * ein apostelfest, St Audree.
Sambatag umb 5 uhr naehfflät&g*
Da kommen wir auß der kirch , es hatt lang gewehrt. Daß
wirdt mich doch nicht hindern , völlig auff Ewer liebes schreiben
zu antworten. Ich war gebliehen, wo Ihr Euch beschwordt, daß
Ihr keinen strapatz mehr außsteben könt. Es wundert mich nicht,
daß Ewer baußhalter nicht coarirt mitt 2 docktoron. Hette er nur
einen bey sich, so sein temperameut woll kent, were mehr hoffuung
vor ihm; aber uwey docktor seiudt nie einig, also ist es nur* glitt;
wen mehr, als einer, buy einem krauchen ist, ist mau nur in
zweyffel , welchen man glauben solle. Ich beklage Euch vou her-
tzen, den mau verlohren zu haben, so Ewer haußbalter war.
Ich fürchte, ich werde baldt dieselbe lamantation zu thun [haben]
wegen deß conseiller d'estat *, monsieur de Foucault'; den er ist
ist noch gar übel. Dali Ewer haußhalt.er ein par gliißer wein im zoru
gedruncken, kau ihm nicht [geschadet haben]; contrarie, wen vor
dießem jemandts erschrocken oder gefallen war, so machte monsieur
de Polier* einem gleich ein druiick wein* thun, sagte: «Cela ra-
pelle les esprits.» Also segt Ihr woll, liebe Louise, daß dießes
kein ursacli ahn Ewers haußhalters todt sein kan. Ach, liebe Louise,
1 d. h. läutet. 2 ? beute. 3 ? nie. i
den vorasrgehandeD hrief. 6 Vorgl. die rogister tu
Polier. 7 den aogooannten falltrank. Vergl. band I, ;
P. s.
Birbey kompt eine andtwort von dem gefangenfen
man stirbt nicht von dießes, noch von jenes; man stirbt, weillen die
stnndt gekommen; den ich bin woll persuadirt, daß ein jedes seine
standt gezohlt bau , die man nicht ilberscbreitten kau. Also man
mag daß leben raüdt sein oder nicht, stirbt man doch kein augeu-
blick eher, noch spätter '. Ein gar hohes alter ist eine erbärm-
liche sache*. Ich weiß woll, liebe Louise, daß Ewer wünsch gar
gutt gemeint ist, undt bin Euch sehr davor obligirt. Wen es
goües will ist, daß ich noch ienger leben, so wolle ich wünschen,
[daß ich] Euch auffs wenigste] noch vor meinem endt zu wnß gutt
sein künte. Hiemiü ist Ew[e]r liebes schreiben völlig beantwortet,
bleibt mir also nichts mehr ilberig, zu sagen, hertzliebe Louise, alß
daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
St Clou den 5 December 1720 (N. 49).
Hertzall erliebe Louisse, ich habe seyder vergangenen sambstag
nichts von Euch entpfangen , werde aber heütte auff Ewer liebes
schreiben vom 19 November, no 91 , andtwortten. Ich bilde mir
ein, daß man baldt in Teutschland! im schütten wirdt fahren kön-
nen ; den es schneyet hir heütte so starck, daß es wie ein stareker
nebel ist, daß man weder himel, [noch] erden sehen kan. Die in
Englandt oder curiosen hir von der yirintzes von Wallis brieffen
fürchten vielleicht, daß ich nicht glaube, daß sie unßere brieffe
leßen; derowegen haben sie mir ein starck zeichen davon geben
wollen, haben mir zwey paquetten auff riimiahl »i'sr/hk'kt, undt wie
alle bogen von der printzes chiffrirt* sein, so haben sie die zwey
9te Matter gantz verlegt von einem zum andern. Ich konte in dem
ersten nicht begreiffei), waß es war; den das 9te blatt folgte gar
1180.
nicht dem ersten vom 8ten, aber wie ich daß zweytte laß, fiel ich
wieder in denselben ambaras, merekt[e] aber gar baldt, daß ein miß-
verstand! dabinder stecken muste; derowegen cnderte ich die Mat-
ter, da fundt ich alles wider nach der ordlmmg. Wen die posten
den mittwo[cli] abgingen, würde man mirs be rieht haben; den sie
haben mirs ja gleich sagen laßen, wie die sontag-post geendert hatt.
Es were mir leydt, wen die donnerstags-post anff den mittwog solle
gesetzt werden; den dinstag ki'inte ich unmöglich schreiben, weillen
es mein großer post-[t]ag ist. Aber solte die post donnerstag raor-
gendts weggehen, so wurdet Ihr nichts dahey verliebr[e]n, den den
mittwog, nun die hertzogin von Hannover wider hir ist, hab ich
wenig zu thun deß mitwogs. Ich will noch wider zu der post
schicken undt fragen laßen , wie es eygendtlieh mitt bestelt nndt
ob ein tag geendert ist, nndt werde mich darnach richten. Aber
alle posteu gehen gar unrichtig auß geitz; den weülen der liabern
th[ejwer ist, so geben sie den postpferden lantter hell; daß macht
sie so schwach , daß sie nicht mehr renen können. Es ist etwaß
abscheuliches, wie starck der geitz undt interesse itzunder bir im
landt regirt; es grnusl einen recht davor. Man hört schir von
nichts mehr, all! stehlen undt morden. Apropo, der schelm ,
Jude, der den armen Juden Salomon so erbärmlich ermort undt
seine fraw so anff den todt verwandt, nudt, wie ich Euch letztmabl
geschrieben, erdapt worden, er hatt erst alles leügenen wollen, aber
ein klein medgen, eine niepee, so in einer camm[e]r war undt ge-
sehen, wie es Zugängen mitt der armen tante, hatt den Juden ge-
kendt. Man hatt ihn mitt andere]n] [kleidern] gehen machen; aber
daß medgen, wie er sich auch verkleyden wollen undt hint[e]r andere
leiitte verstecken, hatt ihn allezeit gekendt undt gesagt: -Dießer
hatt meiue tandte mitt dein haminer geschlagen.» Daß hatt den
verfluchten Juden so erschreckt, daß er alles gestanden undt auch,
wie er der Jüdin man ermort undt ihm seinen schönnen demant
genoliinen. Wie man ihm gefragt, wo der Salomon hinkommen, hatt
er gestanden, daß er alles gethan. Er ist gestern gerädert worden.
Es hatt heulte den gantzen tag geschneyet undt gerechnet ' undt
ist eine feuchte, durchdringende kalte, daß man nicht dauern kan.
Jedoch so gehe ich bitler ungern hir weg, habe daß hertz ganti
schwer drüber, alß weD mir ein nnglüek vorstundt '. Es ist schon
lang, daß es hir eyß gefrirt, undt vor vergangen sanibstag 8 tag
hatt es zum ersten mahl gesokneyet ; aber der schnee ist ebenso
wenig liegen blieben , alß nun. Die pest, so zu Marseiile gantz
auffgehört liatte, hatt ärger, alß nie, wider dort ahngefangen *. In
Poln solle sie auch abscheulich sein undt auch in Schleßingeu ' ein-
gerißen. leb bin persuadirt, daß sie in kurtzem in gantz Europa
sein wirdt. Daß erschreckt mich gar nicht; es wirdt mir nur be-
gegenen, waß gott der allmächtige über mich vorsehen hatt, Stirb
ich von der pest, so werde ich nicht von waß änderst sterben. Es
were kein wunder, wen die pest in Sassen kämme, weillen der ko-
nig in Poln undt seine leütte es woll auß Poln bringen mögen.
Ein hitzig lieber, wovon bey tauUende st[ejrben, ist, nielit viel beßer,
alß eine pest. Wie ich sehe, so ist Ewer hauß hübsch voll ge-
weßen. Daß habe ich gern vor Euch, den Ihr seydt dran gewohnt;
aber vor mir wehr es etwaß unteydtliches , wen ich so baußehre
thun mftate. Ist Rolbheim * den gar nahe bey Franckfort, daß man
so nachts naußfabren kan? Da muß man die dieb uudt morder
nicht fürchten, wie zu Paris. Alle gcfängnuß sollen so voller dieb
undt morder stecken, daß man nicht mehr weiß, wo man mitt hin
soll. Ich furcht, liebe Louisse, daß die, so gemeint, waß schönes
zu Betten, mich mitt meinen laperreyen werden außgelacht Italien;
aber auß politesse haben sie es Euch nicht sagen dürften. Wen
ich wieder zu Paris sein werde, wirdt man mich auch purgireu mitt
dem grünen safft. Es ist mir schon gantz selilapies drauff, wie die
arme Hinderson alß pflegt v.a sagen 6 . Purgireu matt mich ab undt
macht mich gar nicht frisch. Daß so gar schlimme weiter ist allen
menschen ungesund!; es ist woll eine beßliebo such timb das ende
vom herbst undt den wintter. Ich wolte, daß mau den ganU . . .
Der könig in Euglandt ist gantz gesundt, frisch, undt, waß mich
noch mehr verwundert, lustig den 22 zu St James ahnkoininen. Gllick-
seelige gutte nacht, liehe Louise! Biß sanibstag werdt Ihr gar ein
klein brieffgen von mir bekommen; den den tag, da mau weggeht,
2 Vergl. den
i Kfldelheii
184, band IV, t
halt man viel zu tbnn, werde Euch doch versiebern können, daß ich
Euch, liebe Louise, von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
8t Clou den 7 December 1720, urab 6 uhr morgendts (N. 50).
Hertzall erliebe Louise, da komme ich Euch mitt gar betrübten
hertzen adieu sagen. Ich hatte gehofft, gestern oder vorgestern
schreiben von Euch zu bekommen; man spart mirs aber gewiß vor
morgen , wo ich zwey auff einmahl bekommen werde. Ich weiß
gantz undt gar nichts neues; mein husten ist vorbey [und] courirt
Ich gehe aber so betrübt hir weg , daß ich nicht weiß , ob ich die
büße Parisser lufft woll außstehen werde. Aber man muß sich
woll in den willen gottes ergebe«; es kan mir doch nichts geschehen,
alß waß gottes wille ist 1 ; werde also in gottes nahmen in daß be-
trübte nndt langweillige undt verdrießliche Paris [gehen]. Es
mir, alß wen ich in ein gefängtiuli müste. Weillcn ich aber heütte
weder von Ewern lieben schreiben habe, noch, wie schon gesagt,
nichts neues weiß, so will ich Euch sagen, liebe I.ouisse, wie ich
dießen tag preteudire zuzubringen. Sobaldt dießer brieff wirdt
au ßgesch rieben undt pitschirdt sein, werde ich mich ahnziehen, da-
mit t meine toillette* weggehen mag; hernach werde ich meine 6
capittel in der Bibel leßen undt ti vor morgen sparen, hernach in
kirch, umb 12 ahn tatfei, umb 2 in die kutsch nach Paris, leyder.
Ich werde gleich ins Luxemb[o]urg, von dar zu madame la prin-
cesse, hernach zum könig; den ich hoffe, daß er wider kommen
wirdt sein von der hertzogin von Hannover, deren er umb 4 eine
visaitte geben wirdt. Kan ich hin schon, werde ichs gewiß heütte
tliun, umb den morgenden lag frey zu haben; wo nicht, so werde
ich deß königs vissitte vor morgen sparen undt dießen abendt zu
madame d'Orlean[s] gehen , undt ist heütte ittalliensche comedie,
werde ich sie in unßeie löge sehen, wo nicht, wie woll sein köute
wegen der repetition vom opera von Thessöe, so man morgen spiellen
1 Vergl. band II, a. TU bis 716.
•, jmtitiscli.
*)llü -
Es 19t Über die 2U jähr, daß man es nicht gespilt, ist
is von den schönsten von Lulli '. Nach der commedie gegen
9 werde ich mein ey schlucken undt hernach mich aufziehen undt
nach nett gehen. Daß ist alles, waß Ihr vor dießmahl von mir
haben werdet. Adieu von St Clou ! Wie ich aber auch sein mag
undt ich seye trawerig, wie nun, oder beßers humor, so werde ich
Euch doch allezeit von hertzen lieh behalten, Hebe Louise!
Elisabeth Charlotte.
1182.
spr:
Paria den 12 December 1720 (N. 51).
Hertzallerliebe Louise , vorgesteru habe ich zwey von Ewern
lieben schreiben auff einmahl entpfangen [vom] 23 undt 26 Novem-
ber, no 92 undt 93, Ich zweyffle nicht, daß es Euch auch so mitt
den meinen gehen wirdt. Ich will meine andtwort , liebe Louise,
bey dem frischten ahnfangeu undt daß ander vor übermorgen sparen.
Aber ehe ich meine antwort ahnfange, will ich Euch verzehlen, wie
ich die 6 tag zugebracht habe, die ich hir bin. Sambstag aß ich
zu St Clou mitt meinen damon umb 12 zu mittag; umb 2 uhr setzt
ich mich in kutsch undt wir fuhren nach Paris; umb 3 kämme ich
au Luxembourg. Da war schon alles bereydt, den könig zu ent-
pfangen , den deß könig leibqnarde hatte schon die posten undt
Bchildwachen placirt undt alle der hertzogin damen wahren in grand
habit, wie auch madame la princesse mitt ihren damen, den könig
ahn der kutsch zu empfangen undt wider hin zu bekieyden *, undt
die hertzogin lag auff ihrem bett. Ich dachte, wen ich gleich zum
könig führe, würde daß * ich E. * M. noch au[xj Thuillerie ' finden
würde, also meine visitte kurtz undt gutt machen [könnte]; aber
wie ich au gnichet' du Louvre kämme, fuhr deß königs erste kutsch
herauD. Sobaldt der marechal de Villeroy meine kutsch erblickte,
Keß er deß könig kutsch hart, ahn die meine still halte[n] , sagte,
daß der könig denselben abendt noch zu mir kommen würde; man
ach von aUerhandt sachen. Wie der könig wegfuhr, kam ich
rur dem königo in Saint-Germ
begleiten. 3 1 führe, daß.
i (Juinault. Sie wurde iura ersten mal
o 11 Januar 1675 aufgeführt. 2 d. li
6 Tuileriei. 8 pforte, thomog.
I
358
liir au Palais-Royal , ging zu madame la duchesse d'Orleans, von
dar in meine [kammer], wo ich unerhört viel damen fandt. Umb
halb 5 kam der könig, blieb biß umb 5; umb 5 fuhren I. L. wider
an Thuillerie undt ich ging miil meinen enckeln in die ittailiensche
commedie, welche artlich war. Gleich nach der commodie schluckte
ich mein ey nndt ging gleich drauff zu bett. Sontag ging ich umb
12 in diu capel mitt meinem söhn; wir hüten zwey Indianer null
der taüff,'sie entpfingen die b. tauff mitt so großer devotion, daß
mir die threnen drüber in deu äugen kämmen. Der eine war 20
uiidt der ander 17 jähr alt, gar ehrliche, feine leütte, wir haben sie
beyde Carl Philip geheißen; sie seindt vorgestern wider in ihr
landt, sie seindt aus Ostindien. Gleich nach der tauff bin ich zum
konig, von dar wider her ahn taffei nndt nach dem eL'en ins closter,
wo ich die glitte duchesse du Lude gefunden. Nach dem salut bin
icli wider her, wo ich gar viel vissitten bekommen, madame la du-
chesse d'Orleans undt alle ihre kinder, madame la princesse, d[i]e
hertzogin, madame la duchesse undt mademoisclle de Clermont,
die junge print.zes de Conti undt noch sonst viel leütte, bab vor 8
nicht ahn mein dnchter ahnfaugen können zu schreiben; also Labe
ich erst umb 11 nach bett |gehen können], war so müde, daß ich
nicht [schlafen konnte], den ich bin das blauttern zu St Clou gautz
entwöhnt [worden]. Montag habe ich morgeudts eine kindttauffe
gehabt mitt meinem enckel, dem duc de Cbartre[s] , ein roedgeu,
enckellin von einen meiner caiimiorknccht; mein gevatter undt seine
Schwestern aßen mitt mir zu mittag. Nach dem eßen rüstet ich
mich ein, welches ich noch nicht habe tlmn können, seyder ich ahn-
kommen war. Umb 4 fuhr ich' au Yal-de-Gräce, welches daß große
closter ist, so die reine mere gestuft, wo tinßere ahtißen von Chelle[s]
ist. Sie halt wegen ihr closter bey ihrem berrn vatter zu thun;
den sie sterben hungers. Die vorige abtißin ha« die 3 zukünftige
jahr[e]n zu sich gezogen, alß nelimblich anno 1719, 20.21.22; also
sterben die armen rinnen nun hungers. Daß ist woll daß alte
Sprichwort: -Die kleine dich liengt man undt die großen lest man
lauffen.» Unßere abtißin sieht bitter übel auß, ist dör ' uudt
ger worden; ich forcht, sie wird t cin[e] brüst k ran ckheit bekommen.
Daß wer mir leydt; den sie ist nun gantz raisunabel geworden.
)instag undt gcsUfin bin ich nicht außgangen; den ich habe den
grünen safft schlucken müßen ; hatt mich sehr purgirt, aber doch
nicht gehindert, mitt unßer hertzogin loa Hannover in die com-
medie zu gehen. Es war «le comte d'Essexs» ' iindt «le deüill* *; Ba-
ron uiidt di(i Desmarejs] ' spilten so well, daß sie nnß aile in nnßer
löge die threnen iu den äugen brachten. Uußere hertzogin war sehr
content von der comedie. Ich muß aber auch mm eine paussc ma-
i, werde diesen brieff nach dem opera von Thessee außschrei-
; den gleich nach dem eßen muß ich zur großhertzogin.
•
Donnerstag, den 12 December.
Es ist schon eine glitte halbe stundt, daß ich von der Place-
Royale kommen bin; wir haben einen großen detonr genohmeu,
nicht bey la croix du tiroir vorbeyznfahren ; den wie wir
ußfuhn-n, haben wir a la croix da tiroir einen galgen auffgeriebt
gefunden. Aber wie executionen gar nicht mein Bach, noch lust
sein undf. ich sie allezeit ovittire, wo ich kan undt mag, also seindt
wir gar lang unterwegen geweßeu. Nun kommen die printzessin[en]
herein, umb mitt mir ins opi>ra zu gcli[c]n, muß also eine pausse ma-
chen. Es schlegt 1) undt wir kommen auß dem opera. Es ist noch
nicht gnntz woli eingericht; man muß hoffen, daß es biß sontag
beßer geben wirdt. Ich komme jetzt auff Ewer liebes schreiben,
es ist einmahl zeit. Ich hoffe, daß Ihr mitt der ersten post werdt
Ewer ach reibt« fiel gen , so damasqninirt ist, enlpf'aiigen haben. Die
printzen von Gutta' seindt die besten kinder von der weit, aber
weder zu sieden, noch zu bratten. I.enor versichert, daß es nicht
gntt ist, ihnen bey nahem zu sprechen. Ich habe sie nicht ge-
rochen; sie haben mich gejammert. Ich habe hir fleißig vor sie
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„II,
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galt 8 December 170»;. erstmals Im Hfllel de Bourgogne
187b »nfifftubn. Mao Terglelobe darober Leasing In der haroborgiseben dl
maiurgin 22 bis 2'j stuok. Außer Cormlle haben da* tragisebe sobloksal d
grafen Ks*ei die beides dichter La Calpreoede und Claude Boyer in drain
bahaudelt. 2 Die kucondie <Le deuil>, to.mi IA62 dargestellt, wird mit b
stimcr.thpit dem Thomas ••■•",.. . ia gelob rieben , ■■■.%■: sie bei der .■■■■!■.■■„
and auch im druck« unter dem unmi'n von Kor] le Broten, siear de Hautcroot
ungel'Shr flu jähre alt gest. 17DT, erschienen ist. i Vergl. die briete in
24 Octoborondfl November, oben i. 312. 323. 1 Ootba. Vergl. band IV, s. 33
360
solicittirl, wen sie waß bey meinem söhn zu than hatten. Ach, die
arme printzen hatten ihre bagage in Lotteringen geschickt
packwagen ist ins waßcr gel'ablen, undt alles, waß Sie gntte kinder
zu Paris geltaufft hatten, ist alles zu gvnndt gangen undt verdorben
undt bau ihnen doch viel gelt gekost. Sie seindt klein voi
alter, Übel gewackscn undt atinckendt. Da schlegt es 10 uhr
muß nach bett ; den ich bin noch ein wenig matt von meinen zwey
medecinen , so man mir nach einander geben hatt. Gutte nacht,
liebe Louise! Ich ambrassire Euch von bertzen undt habe Euch
allezeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
Park den 14 December 1720 (N. 52).
Hertzallerliebe Louise , wo es mir helUte möglich sein wirdt,
werde ich auffEwere beyde letzte schreiben [antworten]. Ich sage,
wie es mir möglich sein wirdt; den Paris ist unieydtlicli mitt allen
den interuptionen, so einem Mr Überfallen undt atcablireu. Gestern
bin ich erst uinb 12 nach bett; den ich habe vor 9 abendts nicht
schreiben [können], undt wen ich klage, das ich viel za schreiben
habe, aiidtwort man mir: -On vient ces jours la, parce qu'on
sur de vous trouver dies vous.» Sie dencken aber nicht, wie
gedultig es einem macht. Also segt ' Ihr woll, liebe Louisse,
ich recht habe, zu sagen, daß ich auffEwere schreiben andtwortten
werde, wo es mir möglich ist. Ich war letztmahl ahn Ewer liebes
schreiben vom 26, no 93, geblieben, wo Ihr verwundert seydt, lieb«
Louise , daß die köuigin in Poln ' nicht bey ihrer fraw schwiger-
toebter 8 kindtbett geweßen, Sie hatt ein[e] stareke ent schuldigung,
den sie kompt nicht mehr auß dem bett, solle auff den todt liegen.
Aber ehe sie kranck worden, hatt sie, so laug die churprintzes
schwanger geweßen, nicht einmahl zu ihr geschickt, ihr auch ver
l d. b. jahet. 2 die gemablin dea kdnigea Friedrich August, Christi«
Eberhardinn, toehter vun Christian Ernst, markgrafan von Brandenborg-Baireutl
und seiner ivreiten geraahlio , Sophia Luis« , einer toohter dea barioga Bber-
hird III, von Wirtemberg. 3 es war die älteste der techtar dea k
Josef I und «einer gemanlin, Wilhelmine Amslia vun Hanover. Vergl. b«
a. 33. 279.
361
liietten laßen, daß sie nicht zu ihr kommen solle. Also ist es kein
wnnder, daß man der königin nicht hatt sagen laßen, daß die prin-
tzes in kiudtsnöhten war. Hieße königin in Poln maß einen wun-
derlichen köpft" haben, wie man mir sie beschreibt, undt übel er-
zogen sein worden; den sie weiß gar keine königliche bien-seance
zu halten. Bey ihrem herrn söhn ', dem churprintzen, muttert sichs
sehr; den I. L. halten keinen hoff. Unter dem pretext, daß er die
jagt liebt, ist er allezeit auff dem landt undt, wie man sagt, in gar
schlimmer geselschafft. Don sambstag kompt er abendts nach hoff,
sontag hört er die meß undt gleich nach der meß wieder auffs landt.
Aber ich wolte woll wetten , daß hirunder waß änderst verborgen
ist, entweder eine metres , oder ein favorit. Ich glaube eher daß
letzte; den daß solle er braff in Ittallien gelernt haben, undt wen
dieß laster einmahl eingewurzelt ist, bleibt es lebenslang; daß ist
gar sicher. Unßer hertzogin von Hannover habe schon vor 8 ta-
gen mein eonipliment gemacht; es ist aber ein schlegt compliment,
wen mau uhialtinuttci' wirdt. Ich bin schon uhraltmutter geweßen;
den roadame la duchesse de L!ery hatt ja zwei printzessinen undt einen
printzen gehabt. Daß erste medgen undt den printzen, so 3 tag ge-
lebt, war ein schön kint; man hieß ihn den duc d'Allancou *. Daß
3 kindt , so auch ein medgen war, habe ich nicht gesehen. Wir
[waren] daroahlen mitt dem könig zu Rambouillet, wie diß kindt
anff die weldt kommen undt gestorben. Wen war ist, waß man
von der printzes von Modene sagt, so wirdt sie woll so baldt nicht
schwanger werden; man sagt, sie will nicht bey ihrem herrn liegen.
Sie hatt einen scliwiirisclien, dullen koptf, folgt keinen raht , nur
ihren sin , so sehr capricieus ist. Man erzieht hir im landt undt
insonderheit dans la maison royale die printzessiuen so bitter übel,
daß es ein sebandt ist. Wen man sorg vor ihnen hatt, werden sie
änderst; den Ihr segt ja wdl, daß die, vor welche ich gesorgt, nicht
so sein; den man kan nicht heßer mitt seinem herrn leben, alß die
königin von Rardaignen " mitt ihrem könig undt mein docliter mitt
ihrem herrn lebt. Aber wen man den kindern sein leben nichts
sagt, sie von 7 biß 20 jähren gnntz nach ihre» fautaBien leben lest,
Kerry
I knrprini Friedrich Angiul, gnWen 7/17 Octobar
Vergl. übt
da kan nichts raisonnhels von kommen. Ich habe mein partie ge-
fast; icli werde mich nicht mehr umb meine hieliige enckeln be-
kümern, sie mögens machen, wie sie wollen. Mein sohns heüraht
ist ohne meinen willen geschehen '; ich were also woll ein großer
narr, wen ich mich über dieß alles (|[u]eelen solle. Ich werde, so
lang ich leben, mitt ihnen alle[n] woll nndt böfflieb leben, umb frie-
den zu bebalten, aber damitt gethati; im liberigen lebe ich a nart
vor mich selber wie ein reichsstattel '. Umb deß duc de Chaitres
heüraht, noch gemahlin werde ich mich gar nicht bekümern; es
mag mitt zugehen , wie sie wollen. Ich werde es vielleicht nicht
erleben'; den ich bin schon gar alt nndt der bub kan noch nicht
so haldt geheüraht werden, den er ist noch gar delicat undt schwag'.
Ich glaube, ich habe Euch schon geschrieben , wie daß der köuig
in Englandt den Tl November in St James ahukommen ist. Seine
(Ibeiknnti't. ist gar glücklich abgangen. Diebe halt man hir auch
genung; alle lag hört man von gebeugten undl geradterten. Die
adtüch dame, so sich unter den dienen gefunden, beweist ihren
adel schlecht. Hiemitt ist Ewer letztes liebes schreiben völlig be-
antwortet, kumme jetzt auff daß erste, liebe Louise, vom 2;
no 92. Ich hoffe, daß man Euch meine brieff endtlich wirdt gt
geben haben , so noch aalige standen. Alle posten gehen nun nt
richtig. Der königin von Sardalgnieu paquetten , so ich ordina
aambstag morgendts bekomme , kommen jetzt erst umb i abend'
deß montags. Daß von der königin in Spanien, so zu Bajonne is
schreiben, so ich auch sambstag ahendts bekomme, ist dißmahl erst
vergangen mitwog ahnkoramen. Die lotteringische post geht
nicht beller. Suma , alle posten gehen bitter übel , also weitter
nichts dranff zu sagen. Vom port[e]-lettre will ich nichts mehr
I Vcrg!. band III , s. 25«. 332, band IV, 8. 22B. Vergl. auoh band I,
s. 22fl rnilon. 2 d h. oio reich sstad leben. Diese rodonsart hat Elisabeth
Charlotte schon früher gebraucht. Vergl. band I, s. 85. 317. 3 Elisabeth
Charlotte starb S Deeomber 1722 und so erlebte sie die verheirathung dee ber-
zogs von Chartres in der tbat nicht mehr. Eouis d'Orlfans, due de Chartres,
geb. tu Versailles 4 August 17»3, vermählte sich im jähre 1724 mit der Prin-
zessin Auguste Maria von Balten. Nach deren 8 August 1728 erfolgtem tude
iag er sich in die abtei Sainto-Iienevicve zurück, »u er 4 Februar 1752 starb.
Vorgl. auch den brief vom 4 Januar, üben s. b. Über den horzoj
Chartres, nachmals herzog von Orleans, vergl. mau E. de Barthclem;, Les ullei
dn Regent. II, t. 387 bis 396. 4 d. Ii. eohwaeb.
gen, es ist der mühe niclit «ehrt. Man kau den geist nicht alle-
zeit in serienssen sagen ' apliciren , 83 muß auch ein wenig Zeit-
vertreib dahey sein ; sonst™ wirdt man zu mela|n]colisch undt hipo-
condre, in welchem standt man weder gntt, noch der weit wall nutz
sein kan. [hr seydt noch in keinem alter, schwach zu werden,
liebe Louise, noch über Ewer alter zu klagen. Wardt*. bili Ihr
erst daß meine erreicht! alßden werdet. Ihr den unterschied t spüren.
Also glaube ich, liebe Louise, daß ein wenig mützsucht mitt unter-
leüfft; davor müst Ihr Euch hiitten. Wen man brieffe ohne andt-
worttea [läßt], ist es kein comers mehr, noch conversation. Nun
muß ieh meine pausse machen; nach der ittallie lisch e commedie
werde icli dießen briefi' außsi-lireiiieii dießen abendt.
1 1
Sambatag, den 14 Deceiuber, unib halb 8 abeodta.
In dießem augenblick komme ich auß der commedie, liebe
se, undt ich hoffe, ich werde noch nuff Ewer liebes schreiben
dtwortten können, ehe ich schlaffen gebe. Ich vergeße nicht.
lere mich alß
i wordt niclit
. . Man muß
u mb nie iu
davor , finde
mein beflttel
liebe Louise, wen ich waß verspreche; den ich er
deß toutschejii] sprichwordts: «Ein achelm, der se
helt,* undt wie ich nicht zum scholmen werden will
sich in kleiuen saclien iiluinewehnen, wahr zu saclien
lügen gefunden zu werden; den ich hotte mich sein
nichts absckeulliges J . Ich habe Euch schon gesagt, du
gar nicht gelitten in den bugattellen, so ich Euch geschickt; den,
wie schon gesagt, so ist es über 25 jähr, daß ich es habe. Die
porte-lettre kosten mir gar nichts, seindt pressenten von nonen.
Monsieur Laws liatt sich retirirt. Wie es mitt der sudtsee gehet,
weiß ich noch nicht. Ich göns den so woll , so sich mitt viellem
nicht vergnügen" laßen, alles zu vcrliehren. Gott verzeye mirs!
Allein es ist mir eine recht" freüde, wen ich Tiijre, daß karge leütte
in ihrem geitz betrogen werden. Heulte morgen habe ich Euch
gesagt, liebe Louise, waß ich von deß kiiiiiys in Ihiglandts ahnkunfft
veniolimen. Uußerm könig sieht man seinen fall gantz undt gar
nicht mehr ahn. Es war nicht, daß er mudt war; er wolle auff der
stiege seinen sainturen a ahnthun; daß machte, daß er nicht sähe,
i 't ab Kuba ul in her.
36*
daß er noch 3 staffeln vor sieh hatte, machte ihn fehl tretten undt
fahlen. Der crizbisclioff von Cambray ' hatt viel verstandt
kan man ihm nicht benehmen; aber er ist falsch undt interessirt
wie der lebendige teuffei '. Itih glaube, ich habe Euch schon ver-
gangen post bericht, wie ich den bricff von der fürstin von Ussingen
ahn madame üangeau geschickt. Die chimislen pretteudirei
alles, wen es durchs fewer verbrendt wirdt, endtlicli zu glaß undt
cristal wirdt. Mein söhn hatt solche proben hir mitt dem bren-
glatt von monsieur Tiettenbaußen * gemacht; ich habe es gesehen.
Alle die, so auß geitz verliehreu, können mich nie jammern. Gut!
nacht, liebe Louise! leb muß ahn niein dochter noch dießen abendt
schreiben durch einen expressen , so wider nach Lotteringen mor-
gen geht. Adieu, liebe Louisse! Reydt vorsichert, daß ich Euch
von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
Paris, donnerstag, den 19 December 1720 (N. 53).
Hertzallerliebe Louise, vergangenen sontag habe ich abermahl
zwey von Ewern lieben schreiben auf einmahl entpfangen vom 30
November undt 3 dießes monts, no94 undt 95, werde meine andt-
wordt bey dem frischten ahnfangen. Es ist woll wahr, daß welter
undt wege gar schlim nun sein. Daß wetter ist nicht kalt, son-
dern gar gelinde, aber zu warm vor die jahrszeit; daß kan nicht
gesandt sein, mögt auch woll ein bößes jähr geben; den wen der
frost zu spät kompt, schadt er ordinari. Es ist gewiß, liebe Louise,
datt es allezeit verdrießlich ist, wen die posten fehlen. Mein husten
ist, gott seye danck, längst vorbey, wie Ihr auß meinen schreiben
ersehen werdet , undt außer daß mir der kopff ein wenig schwer
ist von der Parisser lufft , sonsten befinde ich mich uun sehr
Ich weiß nicht, ob ich Euch vergangenen sambstag gesagt, daß
monsieur Laws weg ist, umb nicht wider zu komen. Er ist auff
eines von seinen güttern, welches er gekaufft, l> meill von hir, \
er rechnung thun solle, welches, wie mau sagt, schlegt hergehen
solle. leb wolte wetten , daß or endtlich gar durchgehen wird,
raitt bülff von moosiour lc Aue, welcher ibn schon incognito be-
xueht hau'. Gestern ist daß gaotzo parlcmeut wieder in Paris
. Üb» I.awe letite ■
lull.' .
o 17 Jol
- U« p
beliebtet A. Kortael in
. »So. SSI folgendes;
oh ...... ..;... ... :
genminuen. Et wurde jelst am lu.-i-tori tun denen verfolgt und lerlaüen, deren
reichlbuiu er begründet, wler d.e er mil «ul-halnn und gefallig heilen über-
•ehaltet hatte. Die Miseieeippieas waudteo ibin langsi den rUokBD m. nie flüch-
teten and bauten Ibn. Auch das geeindel dee uofea, da« vnr ihm und «einer
ramilie hllndiach gewedelt, lerlleö ibn Im Unglücke. Der beraog von Orleans,
eigentliob ein mann ohne bau or..l ohne lleba, de"-» uugedold , dessen leiebt-
•inn, dessen nlltiOr au aebr auf den übereilten lauf det operatlnoeo ge*irkt,
•dar oradlt bia an die wnnel ier>tdrt , daa sialetn verniebtet, eelbsi das ter-
trommert morden, wae die aebopfongen Laxe grußea nnd gutes besauen," fahre
er ». a. o. a. 566 bia >GB fürt. «Law haue an der tersWning aeiaea werkea
keinen attbeil geoinu'uen Öobon eelt «rei monalen hatte er daa l'alaia-Hujal
veilaßeo und eich mit Ordnung ■•'in^r e gem.n augnkgenheiten he-ohofligt. Ei
bot den regeuteu an, «ic- aus Fr-inkreicu in eotfnnivn nnd alle seine großen,
ralebon landgnter, die er ans Refill ligheil- , udei um <-iob aredil in geben, ge-
i:.| , K i.,
K W
Still,
It den ..,_■...,,
Belen gegen Law
hPfll^-iBl
IDa.lig.
I'.lk'i
■am •■■■■■.-,■
reiste La« am 14 December 1720 naob »einem in der nah» von Pari» gelegenen
landgate (iuererosnde ab. Meine dringenden Vorstellungen ion hier aus entriüen
endlich ileui regenien einen pass , den ihru der graf von l.ess-' mit einigen lei-
uhen der gnnst Ubornrdcbte. Der benug »on Boorbon eeblekte ihm tugleiob
■einen wagen und eeiuen jagdeapitain, dar ibn am 7 Deoember naeb Valenoienoea
escortierte. l>or ooromandanl dieaoa ortea gieng lange mit siob tu ratbe, ob er
nkbt den fluchtigen trott aeinea pawea feetn eumeo tollte, womit er gewis dam
kommen. DifiDe zwey Zeitungen geben eine große frefide in (ließer
regeoten einen achleahteu dienst geleistet haben würde. So verließ dar be-
rühmte Schotte Frankreich, das er glücklich machen wollte und das ihn II
ilnige lunisdoi und wenige kostbarkeiten
gl einige steine verkaufen minie, am seine
befand. Sem
nächster weg gieng nac
kommen,
um dort die Verwaltung der finunta
hatte Law dem Mar, bei dessen anwesenheit
sproehen
Rußland «o bereichern , nachdem
haben wU
de. Law nahm indessen , von se
lächeln M
nei glllokeä kalt auf und konnte sie
tu errich
eu , die so nahe an Sibirien lagen
theilunger.
Ober La* J. 58o bis 687 folgende
manu, an
dessen natnen sich dieses kune,
gessbiclitc
Frankreichs knüpft? John La« c
Venedig
u ertragen. Die armuth , in der e
nage, mit
der ihn Dubois verfolgte, um der s
unglUoklie
be in Sicherheit gebracht haben eol
regenten
nd forderte für sioh und seine fam
bank.et
81 waren naohge-
ter Peter
des großen von
hatte; e
überbrachte ihm
wurde, n
ich Petersburg in
hernehme
. Wahrscheinlich
kreieh im
jähre 1717, tot-
lücklioh gemacht
alle beta
bl, dieses leine
entsohlie
en, ii na nlsjst eine
Kortr.ol
chliel!t «eine mit-
1 -Wie
ondete aber jener
rhängnisv
olle drama in der
ß sieb,
sein Schicksal lu
einen theil wenigstens lies
daß die compagnio
die seine gUtei übernoni
der (lausende an ge
alt und auslagen schulde
befriedigte. Auch
iiese ferderutig tbat er
wahrte Law die ne
gung, plane lat beglllcku
sieht oder eine antwort erfuhren. Um den Mangel von sioh 1U halten,
Law seine Zuflucht wider mm spiel nehmen [durch den er ehedem in
jugend grolie summen gewonnen]. Dieser erwertmweig, der zu Venedig i
War, verringerte keineswegs die itchtnng, iu dar sein Schicksal und seine Über-
statt. Weilte gntt, daß es auch den haß benehmen künte, so man
gegen meinen armen söhn hau ! Doch ist mousieur le duc noch
ärger gebast , alß mein söhn. Aber da bekümmere ich mich gar
wenig umb. Gott gebe mir nur, daß ich rubc inög vor meinen
söhn bekommen undt nicht allezeit in den verdrießlichen sorgen
aß man ihn assasiuiren mögte, wozu die Frantzoßen sehr ge-
ein, also daß man woll mitt recht zu förehten hau! Von
i husten werde ich nichts mehr sagen. Die hertzogin von
Hannover wirdt heütte zur ader laßen. Sevder I. L. hir sein, ha-
ben sie stareke mygraineii. Ich glaiihe aber nicht, daß es ihr woll
bekommen wirdt; den madume lu duchesse d'Orleans ist nicht beßer
davon. Sehonnen tiiut auch nicht viel zum husten ; es muß seine
zeit haben. Sieh warm halten, ist, wall man ahm besten tliun [kann],
umb den husten nicht ärger zu machen, aber vergehen ist nur, wen
die zeit vorbey ist. Hir seiudt meine kleine cammern so warm
ohne feiler, daß ich drin schwitze, wen man die lichter abnzündt.
I. G. s. der churfurst, unßer herr vatter, logirte, wahren 1 zuFride-
richsburg im ersten pavillon logirt , ich im 2ten undt mein bruder
s. im tritten pavillon. Ewer fraw mutter war in dem schwedischen
hauß s . Es ging eine höltzerne trepe von I. G. s. retirade in daß
schwedisch hauß durch eine gallerie, undt es war noch ein steinern
hauß, daß Mit ahm schwedischen höltzern hauß, da logirteft] Ihr
kinder alle. Also segt Ihr woli, liebe Lonisse, daß ich mich daß
gantze Fridrichsburg gar woll erinere. Ich bin gantz daß contrarie
von Euch, liebe Louisse! Die kälte ist nur gantz unerträglich', undt
a gegner nöthigte. Law s
letiten angenblicken atell
ins ,!;,■ ,
wiegen Je Persönlichkeit auch Bein
biiltniesen im Mai 1TÜ9. In den
sisulie gesandte (lergjr oin, am ih
gr D Ba agioteur, clor die weit für
ein henogtbuiD, in der allen weite landguter besaß, durch dessen häade die
schilt in einer nation gerollt waren, hinterließ seiner faiujlie einige gemitlde und
wenn er seine »uflucht mm leihhanac nehmen muste. Die mutter seiner kinder
sah spater Voltaire in tiefer armuth m Brüssel sterben. -
1 ? vater, war. 2 Vergl. band II, s. 142, band III, s, 444. 3 Vergl.
band I, s. 252: -ich fürchte die killte unerhört,. Band II, s. 54: -Frejlioh
haben wir absabeuliohe hiUe hir ausgestanden; allein daß heiße wotter ist mir,
so dick ich euch imer sein mag, viel gesundter, M daß kalte wetter, stehe
die hitze, so groß sie auch sein mag, bekompt mir allezeit woll.
So lang man lebt, halt man hitze von nöbten: nichts ist kälter, alß
der todt. Ihr werdet auß meinen brieffen ersehen , wie daß ich
deß königs in Englandts ahnkunfft in Londen (erfahren habe]. Die
printzes von Wallis sagt in ihrem letzten schreiben vom 1/12 dießes
monts-, daß sie die pest in Kriglandt gar nicht melir fürchten: in Pro-
vence ist sie noch gar starck, leyder ' ; precantionen mitt den betten
seindt gar gutt. Ich finde nicht, liebe Louisse, daß Ibr heßlich
schrieben; ob die feder ein wenig gröber, alß ordinari, geweßen,
ist doch Ewere scbrieffi nicht undeutlich , nndt mehr begehre ich
nicht. Ich schiime mich, wen ich Euch so schon schreiben sehe
nndt ich so heßlich schreibe, weillen wir ja selbigen schreibmeister
gehabt liabcn *. Caroline batt ihre frnntzosche sebriefft so perfeet
nie die meine, daß, wen ich von ihren überscbrifTten auff meiner
taffei ließ, fragten mich die, so meine handt hir kenen, warumb ii
ahn mir seibor schreibe ; hatt mich offt lachen machen'. Ich habe
mein leben keine feder schneiden lernen können, welches mir i
leydt ist; den ich habe nur einen von meinen lefltlen, so sie nach
meinem sin schneiden kan. Zu allem glück ist er viel jünger, alß
ich, hoffe ihn also biß ahns ende zu behalten; er ist mein cammer-
knecht geweßen , batt die Charge von port[e]-mauteau * gekaufft.
Sein vatter war mein pastetten-becker, hatte auch noch eine charge
de quartier in der fouriere 6 . Ich kan nicht leyden, wen man
albere possen in der religio« vorbringt; ich laße es nicht unbeant-
wortet*. Aber nun muß ich meine pausse machen. Nach dem eßeu
werde ich vollende außschreiben.
Donn[e|rstag, den 13 Deeember, uuib '/« auff 3 nachmittags.
loh hoffe, noch ehe ich zur groüliertzofjin werde, auff lvver
es belW auß.» ß. 25B: «Daß warme weiter inoomodirt mlsh nia, nndt so beiC
die son auch sein mag, raftoht sie mir kein kopffweha.- 8. 261: <Sah*iti
bekotnpf mir woll..
I Vergl. don brit-f vom 6 Deeember, oben ■-. 355. 1 Vergl. band II,
s. 7B. 124. 262. 268. 2S4. 296. 3T2 4*8. 622, band III , s. 12B.
band IV, a. 156. 177. Daß eleu Kllsabetb Chatlutte mit dem artheil Über ihr*
eigene hundsohrift unrecht (but. habe iah sahen in den anmorkongen M band II,
a. 25B und 372 bemerkt S Vera;!, band 11. a. 2»*. 448, bnad IV, h. 16*.
177. i mantel-trager. 6 founiere, boltmnt. hnlihof. fl Vergl. band I,
I. 129, 430.
369
liebes schreiben zu andtwortten. Wen ich die warheit sagen solle,
so bin ich, wie der apostel Paulas sagt 1 , weder apol[l]isch, noch
paulisch, noch kephisch, weder reformirt, catholisch, noch lutherisch,
sondern ich werde, so viel mir möglich ist, eine recht[e] Christin
sein undt darauf! leben undt sterben; daß ist, liebe Louise, meine
recht gedancken. Adieu! Ich ambrassire Euch von hertzen undt
verbleibe allezeit auf meine[n] meinungen, also behalte ich Euch von
hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
Donnerstag, den 19 December, umb 9 abendts.
Ich komme jetz[t] eben auff* dem opera mitt meinen enckelen,
2 printzessin[nen], mademoiselle de Clermon[t] undt mademoiselle de la
Rochesurion 8 undt mein cammer ist so voller leütte, daß ich mich
nicht regen kan. Also , liebe Louise , [will ich] nur in großer eyll
sagen, daß ich hir auff meiner taffei Ewer paquet gefunden sambt
die magnifique goltene medaille; bin im ahnfang recht drüber er-
schrocken, habe gefurcht, Ihr würdet Euch ruinirt haben, habe also
Ewern lieben brieff geschwindt überleßen, bin recht soulagirt, daß
Ihr es nicht gekaufft. Sage Euch recht von hertzen danck davor;
habe es gar schön undt woll gepregt gefunden undt gleich zu mei-
nen modernen goltenen medaillen gethan. Biß sambstag werde ich
weytter dancken, hertzliebe Louise!
1185.
Paris den 21 December 1720 (N. 54). "
Hertzallerliebe Louise, ich weiß nicht, ob ich heütte auff Ewere
beyde liebe schreiben werde andtwortten können; den ich habe
heütte gar viel zu thun. Gleich nach dem eßen werde ich au Yal-
de-Gräce, unßer abtißin von Chelle[s] adieu zu sagen, welche biß
montag, alß übermorgen, wider in ihr closter wirdt. Hernach werde
1 Vergl. 1 Kor. 1, 12 f. Joh. 1, 42. Elisabeth Charlotte hat dasselbe
schon in einem briefe vom jähre 1715, band II, s. 662, ausgesprochen.
2 ? aus. 3 Roche-sur-Yon.
Elisabeth Charlotte. 24
370
ich zu unter hertzogiu von Hannover, umb zu sehen, wie sie sich
nach ihrer aderlaß befindt; hernach norde ich wider her undt unßere
junge prinlzessiu in die ittalliensche commedie führen. Untere
arme kinder im hauß dörffen nicht ohne mich ins opera. Ich weiß
nicht, waß vor eine fantesie madame la dachesse d'Orleans hirin
hatt. Ich habe es meiner dociiter nie gewehrt , mitt ihren hoff-
meisterinen undt sonst gescheyde damen ins opera oder commedie
zu gehen; daß seindt inocente sagen 1 , so weder gott, noch men-
schen schaden bannen. Aber in allen andern sachen lest sie ihnen
den zügel gantz schießen undt daß deüclit gar nichis ; aber ea ist
ihre sache. Last unß von waß änderst reden! Ich kome auffEwer
schreiben vom 30 November, no 94. Da sehe [ich], daß die post
nun gantz resolvirt ist, Euch allezeit meine schreiben, liebe Louise,
2 undt 2 auff einmahl zu geben; aber so Sachen sein nicht zu
dem, also nichts dranff zu sagen. Weu die post wolte, könten
nnßere briefie allezeit in 7 tagen überkommen; aber daß gefeit
ihnen nicht. Von meinem hosten undt schnupeu werde ich nichts
mehr sagen; daß ist, gott lob, vorbey; werde hir zu Paris woll
baldt wider einen bekommen; den Paris ist mir gar nicht gesundt',
entpfinde es mehr, alß ichs mir mereken laßen, den ich muß woll
hir sein, also nur gedult haben. Alle nacht regnets. Ich fürchte,
das daß so gar samfite undt wanne weiter wir[d] thewer bezahlt
undt eingedruckt wirdt weiden undt daß gegen Ostern alles ver-
frieren wirdt; undt ein schlim jähr hatt man gar nicht von uöhten,
alles ist ellendt genung ohne daß. Dali macht, daß alles trawerig
undt langwcillig ist; den alle menschen klagen hir, dießer den
lust seines gelts, jenuer sein[ejr gesundllicit. Suma, man hört nichts,
alß klagen überall, undt nichts ist langwelliger. Daß ist schlimmer
vor daß miltz , alß daß Wetter. Ihr führt tiu gar zu langweilliges
leben, umb nicht ein wenig miltzsüchtig zu werden. Waß solle ich
Euch sagen ? Ewer leben ist glitt vor den himmel , aber voi
weit undt die gesuudtheit deucht es gantz undt gar nicht. Ich
glaube woll, daß Ihr nicht ohne ursach trawerig seydt, liebe Louise!
Aber wen mau ein wenig miltzsüchtig ist, so macht es, daß einem
die trawerige sachen noch viel traweriger vorkommen.
b. Sachen. 2 Vergl. don brief Tom 4 ,
. 4B9, band If, b. 707, bnnd IV, u. 384,
371
Sambetag, den 21 December, umb 7 abendts.
In dießem augenblick komme ich anß der ittallienscben com-
medie, welche ich in der helffte mitt recht betrübten hertzen quit-
tirt habe ; den man ist mir sagen kommen, daß unßere großhertzogin
auff den todt ligt *. Ich bin noch vorgestern bey I. L. geweßen,
habe sie gar woll nndt lastig verlaßen, sähe recht woll anß ; gestern
tolle sie auch noch gantz woll gewest sein. Da kompt ein[e]r von
ihren valet de pied; der sagt, daß die großhertzogin wider beßer
ist. Ich kan aber nicht glauben, daß I. L. sich dießmahl Baiviren
mögen. Es macht mich gantz (rawerig, will von waß änderst re-
den. - Ich komme wieder, wo ich heütte morgen geblieben war,
wie ich mich habe ahnziehen müßen. Wir wahren ahn die miltz-
ßüchtige leütte geblieben. Ich bin itzunder, alß wen ich miltzsüchtig
were, gantz trawerig. Es ist mir heb, liebe Louise, daß die da-
masquinnirte schreibtaffel Euch ahngenehm geweßen. Ihr habt viel-
leicht ni[c]ht in acht genohmen , daß die spitz von dem griffel sich
heraußziehen lest nndt ein crayon von bleyweiß drin; den ich laß
es mitt fleiß so machen, den mich deucht, daß man gemachlicher
liest, waß man geschrieben, wens mitt bleyweiß ist, alß mitt der
goltenen spitz vom griffel. Ich habe Euch, liebe Louise, dieße
tabletten nur geschickt, weillen Ihr mir gesagt, liebe Louise, daß
dieße arbeydt zu Franckforth nicht gemein seye. Ihr wist nun,
liebe Louise, daß ich wider gantz gesandt bin, gottlob! Ich bin heütte
bey unßer hertzogin von Hannover geweßen, die befiodt sich gar
woll von ihrer aderläß. Ich habe, gott lob, mein tag keine attaque
vom potagram gehabt; aber meine groß fraw mutter, die landt-
graffin von Hessen, ist dran gestorben, were also kein miracle, wen
ichs bekämme. Wen man mich rahts gefragt hette, muß ich ge-
stehen, daß ich nicht gerahten hette, daß landtgraff Max solte heu-
rahten ; den so viel abgetheilte herrn, daß verdirbt die heüßer undt
macht arme fursten. Den gräffinen von Zoetern habe ich Ewern
brieff geschickt. Sie haben mir sagen laßen , sie wollen mir die
andtwortt selber bringen, seindt aber noch nicht kommen. Es ist
schon woll 14 tag, daß mir die printzes von Wallis bericht, daß die
graffin von Degenfeit eine dochter bekommen. Ich habe Euch aber,
liebe Louise, kein compliment drauff gemacht, noch mich mitt Euch
1 VergL den folgenden briet
24*
372
drüber erfrcwct; den ein unglücklich motgen ist der mühe uicbt
wehrt; doch erfrewe ich mich mitt Euch, liebe Louise, daß es *
abgcloffen undt sie sich woll dabey befundt. Meine intention iaht,
heulte noch auff Ewer frischt ea liebes schreiben zu antwortten v
7 dießes monts, no 96. Aber ich bin lieutte zu trawerig, umb mi
zu schreiben können. Ich habe unßere großhertzogin anff dem i
gen; siehatt meinen pagen geltend t, so ich hingeschickt hatte, h
ihm gesagt, sie dancke mir undt were beßer. Adien, hertzallcr-
iiebe Louise! Ich ambrassire Euch von kertzen undt behalte Eüc
all mein lebeii hertzlich lieb.
Elisabeth Charlotte.
1166.
Paris den 26 December 1720 (N. 55).
Hertzall erliebe Louise, vergangenen sontag, alß ich auß dei
Carm e litte n-closter kommen, habe ich Ewer liebes sehreiben vom
10 dießes raonts, no 97, entpfangen. Ich habe zwar noch eines
von Ewern lieben schreiben , so ich noch nicht babe beantwortten
können , vom 7 , no 96. Daß wolte ich heulte auch gern beant-
worten, kan aber nicht versprechen, daß solches geschehen wirdt;
den liir zu Paris kau mau niclit thuu, waß man gern wolte. Gestern
war ich so erschrecklich müde von allen devotion[enJ. Ich war 3
stundt in der kirch geweßen undt nachmittags 2 sluudt im closter.
Meine knie seindt schmertzkafft undt der grampff in den lenden,
den ick vor etlichen monat gehabt ', ist mir wieder kommen; habe
also gestern viel dran gelitten, bin umb a /i auff 10 zu betl, umb
3 wacker [geworden], Weilleu es aber zu frühe war, auffzustehen,
bin ich wider entscblaffen undt erst umb halb 7 erwacht nndt, nach-
dem ick gebett, ausgestanden; babe mir meine lenden braff mitt
pomade divine schmieren laßen. Daß benimbt mir die schmertzen;
aber ich kan mich doch nicht bücken, muß steuff dahergehen. Dießen
morgen werde ich nicht viel schreiben, muß mich eine stundt eher
abuziehen, alß ordiuarie; den ich muß umb zwölften heütte in kirch
aujx] Jacobin[s]. Daß ist eine gar alte gewohuheit noch von 49
jahren her, würde die arme[n] za sehr betrüben, wen ich nicht
hinginge. Nach dem eßen werde ich zur großhertzogin , welche a
ta Plaee-Royale logirt, welches weit vom Palais-Royal ist, werde
also späht wider kommen. Alle der hertzogin leütto glauben, daß
sie über den graben' ist; ich furcht aber sehr, daß sie sich be-
triegen; den sie hatt noch alle tag ein fieber mitt frost undt daß
deucht nichts , wen man ilbfer] 75 ist, wie I. L. sein. Ich furcht
also, daß es ein schlim endt nehmen wirdt. Ich werde Euch dießen
abendt sagen , wie ich sie gefunden. Gott bewahre mich vor ein
trawerig spectacle , so leicht geschehen könte! Aber ich komme
auff Ew[e]r liebes schreiben. Es ist noch beßer, daß Ihr zwey auff
einmahl von mir bekompt , alß wen sie verlohren würden, liebe
Louise! Husten undt schnupen hin ich schon lengst loß. Zu St Clou
bin ich courirt, Pariser lufft würde mich nicht courirt [haben] ;
tnein[e] lendenschmerteen werden schon lenger undt seindt starcker,
alß sie vor 4 mont zu St Clou geweßen. Ich bin eben wie ma
tante, unßer liebe churfürstin s., fain nicht gern beklagt*. Angstiget
Euch nicht über mein lendenwehe! Daß wirdt schon wider ver-
gehen. Es hindert mich ahn nichts, alß mich zu bücken undt meine
strümpff morgendts ahnzuziehen, wie ich gewohnt bin, zu thnn; den
je weniger ich mitt cammermagten zu thun habe, je lieber es mir
ist, bin gern allein. Die gutte Parisser haben mir große frei! de
Über meiner ahnkunfft bezeuget". Weillen es ihnen so lieh ist, bin
ich aneh kommen, sonsten bette mich wo!l nichts auß St Cloo ge-
bracht. Könte ich jemandta dinnen, oder den Parissern zu etwaß
gutt sein, wolte ich mich von hertzen dazu amploiren. Aber daß
ist weder in meiner macht, noch gcwalt; dancke gott alle tag, die
resolution gefast zu haben, mich in gar nichts zu mischen, insonder-
heit waß die regierung betrifft. Ich glaube, ich were schon todt,
1 ich mich drinen gemischt hette; den ich bin gantz natürlich,
iir, vor waß ich mich interessire , erschrecklich zq hertzen
undt daß schadt mir gleich ahn meinem miltz. Wen ich
den großen damen bir erlauben wolte, ohngekleydt zu mir zu
kommen, würde ich taglich viel leütte haben; aber daß steht
. 40ß, bnnd U, i
18 Juli, 10 und 15 Auguat, 28 Nur
mir gar nicht ahn, bin dießer fumilliaritet nicht gewohnt, wie die
dncliesse d'Orleans, will lieber der geselschafft entbehren, welche
mir doch mehr mühe , alß frellde , [macht]. Daß fing schon ein
wenig ahn zu unßers s. küuig zeitten. I. M. sagten zu [mir]: «Wie
werdt Ihrs zu Paris machen? Wen Ihr die damen nicht in robe
de cltambre leydeu wolt, wirdt niemandts zu Euch kommen. > Ich
sagte: «Monsieur, j'aime mieux n'nvoir pas ces James, que de les
voir en ne me rendant pas ce tju'elle[s] me doivent.» Der künig
sagte : «Vous aves grande raison , madarae ! Je vonderois , quo
madnme d'Orleans pensa[t] comme vons, mais son horible paresse
l'en empeche '.> Also erhalte ich, wall deß künigs aprobation war.
Der großhertzogin krankheit undt nnßer abtißin hirsein, wie auch
die Christfest haben mich verhindert, unßere bertzogin von Han-
nover so offt zu sehen , alß ich es gewünscht hette. Sie ist auch
ein wenig kranck geweßen, iiatt zur »der gelaßen. Unßere ckur-
fürstin s. hau mir all lengst die historie geschrieben von dem ittal-
lienschen secretarie *. Er hette vor 8 tagen scliir den balß ge-
brochen, ist eine stiege herunder geburtzelt, daß man ihn halt
mUßon zur ader laßen. Gott verzeye mirs! Ich habe geglaubt, daß
der schrecken, so unßere bertzogin hirüber gehabt, ehefr] ihr ader-
läß verursachet, alß keine andere kranckheit. Den es war den-
selben tag, wie ich es erfahren, ist", daß die bertzogin mitt mir
ins opera Bolte, undt ich habe eine löge vor ihre leütte bey der
meinen bestelt. Wie sie aber wegen [der] aderläß nicht kommen
kont[e] *, seindt doch ihre lefltte [gekommen], undt alß ich sie ge-
fragt, warumb der secretarie nicht mittkommen wehre , haben sie
mir seinen fall verzehlt. Sonste,n hette ich [es] nicht erfahren. Ich
habe ihn mein leben nicht gesehen, habe rechte curiositet, ihn zu
sehen. Wie man mir ihn beschreibt, solle er gar heOIich sein.
Kan ich ihn zu sehen bekommen , werde ich Eilch , liebe Louisse,
berichten, wie ich ihn gefunden habe. So eine suche kan ich obn-
möglich begreiffen undt ein manage de cons[c]iense B were gar nicht
nach meinem schmuck, wie die Gibson * alß pflegte, zu sagen. Ich
1 Vergl. die briete vom 25 April, 9 und 33 Mai und 2 November, oben
i. 134. Hl. ISS. 322. 2 Vafgl. doa brief vom 30 November, oben t. SSO. SM,
3 '(erfuhren, dal). 4 Vergl. Jon vurtiDr gehen Jon liriof, oben s. 371. 5 Vargl.
den brief vom 30 November, oben s. 350. 6 Von der katumerjungfer Hib;on
in Ilanovcr hoilit es bund II, 9. SOS: «Dio war eine Engländerin undt sprich
375
kan mir nicht einbilden, daß ein manage de cons[e]icnce keine Sünde
ist, indem es gar zu große ärgernaß gibt. Unßere bertzogin undt
ihre fraw dochter, die keyßerin, haben beyde recht. Die schmink
hatt die bertzogin von ihrer fraw mutter gelehrnt ', die hatte alle-
zeit weiß undt* rodt. Rodt liclt man hir im landt vor keinen
schminck, aber woll daß weiße , ist aber aucli sehr gemein hir im
landt. Aber, liebe Louise, nun maß ich meine pausse machen undt
mich ahnziehen; den es ist nahe bey 11 nhr, undt wie ich Euch
schon gesagt, so muß ich in kireh an[x] Jacobin [s]. Ich [weiß]
nicht, ob die printzes palatine gantz liir im landt erzogen worden;
ich glaube, daß sie in Ittallien gebühren ist.
Donnerstag, umb 2 uhr nachmittags nndt ein viert[e)l.
Es ist eine gulte viertelstundt, daß ich von taffei kommen bin,
wo ich viel lcütte gehabt. Der kopffist mir gar tonrmellich davon,
daß ich nicht mitt ruhen habe eßen können, sondern allezeit habe
sprechen maßen. Mein gott, wie ist einer hir geplagt! Man hatt
weder rast, noch ruhe. Ich hoffe, doch noch meinen brieff außzu-
Bchreiben, ehe meine kutschen kommen, umb zu der großhertzogin
zu fahren. Ich war heütte morgen geblieben, wir wahren ahn dem
schmink geblieben, so so gar gemein hir im landt ist, finde es
wüst nndt eckellinfft. Waß meinen bruder seeligeu ahm meisten
ahn nnßero bertzogin von Hanovev ärgerte,' war, daß sie gar deli-
catte sekin; sagtje] mir gar possirlich: «Ey, Schwester, were daß
mensch meine fraw worden, liettc ich sie, nur umb sie ahnznrühren,
in stücken gebrochen;* den er meinte, stareker zu sein, alß Her-
cules. Auß meinem letzten*, wo ich Ewer schönne goltene me-
daille entpfangen, hab ich Euch, liebe Louise, gleich gedanckt undt
thue es nochmabl von hertzen. Sie ist über die maßen schön, ist
recht admirirt worden hir. Aber da seindt meine kutschen. Wie
ich wider von der großhertzogin gekommen, habe ich Ewer liebes
schreiben vom 14, no 98, zu recht entpfangen mitt den kleinen
silbern gegoßeuen medailleu , wovor ich Euch sehr dancke , liebe
Louisse ! Ich glaube , daß sie zu Hanry 4 zeitten gegoßen. Ich
gif Übel Teiilsob.> Eine ergal/.licha probe von diesem Deutsah ist ebendaielbst
nütgelneilt.
1 Vergl. äeD btief vom 30 November, oben i. 360, 2 7 Änf Euer
lotitoa schreiben.
376
habe nicht schreiben können, wie ich von der Place-Royale kom-
men; den mademoiselle de Glermont nndt mademoiselle de la
Rochesurion * seindt kommen , nmb mitt mir ins opera zu gehen.
Ewere müntz von pfaltzgraff Johan Cassemir* habe ich gewiß nicht
entpfangen; ich hette Euch sonsten davor gedanck[f|, liebe Louise,
wie Ihr woll gedencken könt. Ich weiß den herrn von Degenfeit,
so in Schweden ist, recht danck, Euch so zwey schönne medaille[n]
geschickt [zu haben]. Ihr beraubt Euch aber eines davon, nmb
mirs zu geben; daß jammert mich recht. Dieße medaille ist desto
rarer, daß nichts in gantz Franckreich jetzt rarer ist, alß golt. Der
könig in Schweden 8 , liebe Louise, scheindt mir gar ein gutter herr
zu sein. Ewer pressent , wie Ihr segt , ist magnifiquer , alß Ihr
Selbsten meint. Ich muß enden; den es schlegt 10, ich muß nach
bett. Biß sambstag hoffe ich Euch lenger zu entreteniren , aber
vor dießmahl [will ich] nur sagen, daß ich Euch von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
1187.
Paris den 28 December 1720 (N. 56).
Hertzallerliebe Louise , ich komme heütte wider auff [Euer]
liebes schreiben von 7,*no 96, wo ich vorgestern geblieben war,
nehmblich ahm 9ten blatt, wo Ihr mir verzehlt, wie gnädig der
könig in Schweden Ewer compliment ahngenohmen. Alle menschen
loben dießen könig wegen seiner gutte undt sanfftmuht. Wie kömpts,
daß Ewer vetter, der herr von Degenfeit, nicht bey dem könig in
Schweden bleibt, da er so in gnaden ist? Wollen die Schweden
vielleicht keine frembten leyden? Ich gestehe, ich höre nicht gern,
wen cadetten 4 von fürstlichen hetißern sich heürahten ; den daß
macht alß abgetheilte herrn undt bludtsarme fürsten. Ein wunder-
lich pressent deucht mich ein indianischen printz undt printzessin;
1 Roche-sur-Yon. 2 Pfalzgraf Johann Casimir, geboren 6 Meri 1543,
gestorben 6 Januar 1592, führte von 1583 bis 1592 die vormundschaftliche
regierang für seinen neffen, kurfürst Friedrich IV (1592 bis 1610). Vergl. Lud-
wig Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz II, s. 132 bis 176. 3 Fried-
rich, erbprinz von Hessen-Cassel. Vergl. den brief vom 5 Mai, oben s. 135.
4 oadets, jüngere söhne.
377
mich deucht , der landtgraff thüte woll , sie zu rantzonniren l undt
■wider nach hauß zu schicken. Weillen sie so mitt allerhandt färben
bestrigen •, sein, mäßen es wilden undt Americaner sein. Aber unter
denen seindt nie weder ftirsten , noch edelletitte ; alles ist gleich
unter ihnen, außer die sie in krieg führen; denen gehorchen sie
nur, so lang der krieg werdt B , hernach werden sie wider wie die
andern. Es kommen gar offt von den wilden her, also weiß ich
gar woll, wie es bey den Americanern hergeht. Ich habe eine
cammerfraw, so einen frantzöschen edelman geheüraht, soLongeuil 4
heist, der seine gütter in Canada hatt undt in königlichen dinsten
dort ist. Sie undt 2 von ihren Schwestern, so nun alle todt sein,
wahren von meinen cammerfrawen ; ihr vatter undt ihr elster bru-
der wahren meine apotecker. Die ist vor 23 jähren hir geweßen,
die hatt mir all deren wilden ihr leben verzehlt; also weiß ich es gar
perfect undt mich konte 8 kein schiffcaptein nichts weiß machen.
Ich habe hetitte ein schreiben vom baron Görtz entpfangen; der
confirmirt mir auch die gutte gesundtheit vom artigen printz Fri-
derich. Es ist kein wunder , daß er viel vivacitet hatt ; man kan
nicht mehr vivacitet haben, alß I. L. die printzes von Wallis hatt,
seine fraw mutter. Seine andtwort ahn dem bereytter findt ich
recht artig. Es ist schon lange jahr[e]n, daß I. G. unßer herr vat-
ter, der churfürst s., gesagt, daß daß geschlegt von den gutten hoff-
meister undt hoffmeisterin[e]n gantz außgestorben seye 6 . Daß kam
mir auch gar frembt vor, daß ein[e] reichsgräffin nicht mitt Euch undt
nur mitt camermedger eßen solte ; bin fro , daß ich übel geleßen
habe 7 . Die artige[n] kleine[n] müntz[en], so Ihr mir, liebe Louise,
geschickt undt wovor ich nochmahl dancke, seindt alte schwedische
mtintzen. Wen Ihr nur 2 pferdt habt, wie macht Ihr es den, Louise,
wen Ihr in die Pfaltz, nach dem Schlangenbaadt, oder nach Eweren
güttgen reist? So geht es allezeit; die, so nicht karg se[i]n undt
gern geben, habens nicht, undt die, so reich sein, werden karg undt
geben ungern. Ich glaube nicht, daß auß graff Carl von Nassau
Wei[l]burgs heüraht waß wirdt ; den ordinarie , wen heürahten so
aufgeschoben werden, wirdt nichts drauß. Daß erinert mich ahn
*
1 ranzionieren, französisch ranconner , auslösen , loskaufen , befreien oder
der gefangensohaft entreißen durch erlegung dos lösegeldes. 2 d. h. be-
strichen. 3 d. h. währt. 4 de Longueuil. 5 ? könnte. 6 Vergl.
band II, 8. 504. 7 Vergl. den brief vom 28 November, oben s. 345.
378
die lieb vom. graff von Nassau Ussingen mitt ma tante, die printzes
Lisbet von Hessen Cassel *• Ich hatte gehofft, noch aoff eines von
Ewern lieben schreiben zu antwortten können, liebe Louise! Aber
es wirdt gleich 10 schlagen. Gleich nach dem eßen bin ich an
Val-de-Gräce, so weitt von hir ist, von dar zu den princessinen von
Conti, hernach in die ittalliensche commedie. Nach der commedie
habe ich mitt meinem söhn zu sprechen gehabt. Daß alles hatt
mich bißher geführt, liebe Louise! Also muß ich Ewere andere
zwey liebe schreiben vom 10 undt 14, no 97 undt 98, vor ein ander-
mahl sparen, kan vor dießmahl unmöglich mehr sagen, alß wie daß
ich Euch allzeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
*
1 Vergl. band II, 8. 608.
379
Anhang.
i.
Zu dem briefe vom 30 Mai l .
Chemin que tienderont soixante dix familles allemandes,
composßes de 135 hommes, 135 femmes et 319 enfans,
pour aller a Orleans.
Alsace partant de Haguenau iront loger a Hochfeldt
a Sauerne
Metz a Phaltzbourg, ou elles seiourneront un iour,
a Saarbourg
a Fouercy
a Banzemont
a Marseuille
a Toni, ou elles seiourneront vn iour,
Chalons a Vaucouleurs
a Bonnet
a Joinuille, ou elles seiourneront un iour,
a Sommenoir
a Bar sur Aube
a Brenonne
a Troyes, ou elles seiourneront un iour,
a Vilmort
Paris a Sens
*
1 Die diesem briefe beigelegten tagreisen (vergl. oben s. 162) der aus der
Pfalz nach America auswandernden familien sind nioht von Elisabeth Charlotte
selbst, sondern von einer sorgfältigen männerhand geschrieben.
380
a Cheroy
Orleans a Montargis, ou elles seiourneront an iour,
a Ginresnes
a Neuuilles aux Losges
a Orleans, ou elles receneront ordre de ce qu'elles auront
a faire.
Anx lieux des passages cydessus, l'intention du Roy est
qne le logement soit donne au[x] soixante dix familles et que
les uiures leur soient fournis suinant le prix qni en sera
regio par les intendans des prouinces , on elles anront a
passer, et qu'il leur soit fonrny aussi des charettes ou cha-
riots pour porter Celles qni en anront besoin et leur hardes
ri'un giste a un autre en payant uingt sols par cheual, et
elles feront donner auis par auance des iours qu'elles de-
ueront ariuer dans les lieux, ou elles deueront et auront
a loger. Fait a Paris le 3 May 1720. Signe Louis et
plus bas le Blanc,
2.
Ein brief an den grafen von Degenfeld.
A monsieur le comte de Degenfeit a Londre.
St Clou den 30 Augusti 1720.
Herr graff von Degenfeit , übermorgen frübe wirdt monsieur
Lefevre wider nacb Englandt. Ich muß ibm daß zeügniß geben,
daß er in allen Ihren aifairen sein bestes gethan undt mitt solchem
desinteressement , daß man sich hir recht drüber verwundert hatt.
Gelt, demanten von 10/m. thaller seindt ihm offrirt worden; ich
weiß es durch andere , alß ihm selber, daß er es nicht hatt ahn-
nehmen wollen. Suma, er hatt sich in allen stücken über die maßen
undt alß ein perfecter ehrlicher man gehalten. Ist es nicht beßer
Abgängen, ist es seine schuldt gantz [und gar nicht], sondern nur
den l unglücklichen zeitten. Ich schreibe nicht durch monsieur Le-
fevre ahn Seine gemahlin, den ich glaube, daß er sie ins kindtbett
1 ?der.
381
finden wirdt, weillen I. L. die printzes von Wallis mir geschriben,
daß sie gar grob schwanger ist; bitte, sie von meinetwegen zu am-
brassiren undt nicht zu zweyffelen, daß ich stehts sein undt bleiben
werde,
herr graff von Degenfeit,
Seine wahre freündin
Elisabeth Charlotte.
382
Berichtigungen und nachtrage.
Seite 5, zeile 2 von unten lies: Verdrießliche
6, z. 4 v. u.: E. L. Sie hatte für den augenblick vergessen, an
wen sie schrieb.
8, anmerk. Saint-Lazare, les Petites-Maisons sind damalige irren-
häuser.
15, z. 1 v. u. Davaux, Avoux ist häufig bei Macaulay erwähnt,
auch sein Charakter geschildert.
27, z. 11 von oben lies: kosten, undt ^
32, anmerkung 1 muß es statt Wilhelmine Amalie von Hanover
heißen: Eleonore Magdalene von Pfalz-Neuburg, Schwester des kur-
fürsten Karl Philipp von der Pfalz, die dritte gemahlin des 5 Mai 1705
gestorbenen kaisers Leopold I.
33, z. 8 v. o. lies : geheüraht, aber alle menschen wißen [es] woll
[nicht], wo sie sein. Der sinn des satzes ist wol: Ich weiß , wo die
fräulein hingekommen sind, aber alle andre menschen wißen es nicht.
Daher kann sich eine abenteurerin leicht für mein ehemaliges fräulein
ausgeben, sie muß also eine betrügerin sein.
47, z. 9 v. u. Zu den Worten »churfürstin von Brandenburg!
ist die anmerkung nachzutragen : Darnach scheint sich die vermuthung
zu bestätigen, daß Elisabeth Charlotte ihren namen von dieser ihrer
vaterschwester, der mutter des großen kurfürsten, hatte.
60, z. 11 v. o. lies : rang.
63, z. 10 v. u. sollte zu den Worten »daß opera« die beßernde ver-
muthung »dem opera« gesetzt worden sein.
64, z. 15. 16 v. u. Der satz »Ich halte« u. s. w. ist so zu ver-
stehen : Ich glaube , daß die doppelte trauer zu Heidelberg in eine
aufgehen wird.
77, anmerkung 4 lies : Conserans.
80, anmerkung 3 lies: Eurystheus.
81. Zu anmerkung 5 ist nachzutragen : Frances Jennings, herzogin
von Tyrconnel, gemahlin des berüchtigten vicekönigs von Irland unter
Jacob II. Sie war die Schwester der herzogin von Marlborough. Sieh
383
Macaulay, index. Die grafen d' Albert sind ursprünglich Ttaliiiner, Al-
berti ; das kaupt des hauses filhrt den titel Duc de Luynea.
S. 82, z. 4 v. u. »abquackt« ist wol Schreibfehler für «abzwackt«.
84, z. 3 v. o. comte ist natürlich = comttf zu nehmen.
85. Die in anmerkung 1 genannten »louis de Noailles«, d. h. Louis
d'or de Noailles, sind goldniünzen Ludwigs XV vom jähre 1717, welche
der duc de Noailles, directeur des finances, prägen ließ, 30 Üvrea (27
bis 28 mark) im werthe,
93, z. 6 v. o. liea: mitt dem atab [begleiten],
99, z. 8 v. o. mit «printzes« igt die princease de ITodene gemeint.
99, anmerkung 1. Der herzog von Saint-Simon hätte aagen sollen:
»La mere de Madame (Elisabeth Charlotte) et la mere du« u. s. w.
Liselottes nmtter, Charlotte, und Emilie de la Tremoille waren beide
töchter des landgrafen Wilhelm V von Hessen.
109, z, 7 v. o. großer ist = größerer zu nehmen.
118, z. 10 v. u. ist wol zu lesen: zahnstöcher-biicksger.
119, z. 15 bis 17 v. o. Das will sagen: Die erate kammerfran hat das
recht, für das kissen, das sie leiht, eine summe geldes zu bekommen.
161, z. 10. 11 v. u. iat wol ao zu lesen: admirablefs].« .Ouy., hett
* man geantwortet, »tout u. a. w.
179, z. 7 v. o. V ihr gefehlt, im sinne des französischen manque".
185, z. 5 v. u. ?es.
19;i, amnerkung 4, statt gemahlin lies: witwe,
194, z. 4 v. u. gepraeht hat den sinn von geprägt, wie z. 11 v. u.
gebrachte den sinn von geprägten.
~"7, z. 16 v. o. liea: schreiben von.
9, z. 4 v. o. rein ist hier — fein.
2, z. 8 v. u. ? allen.
1, z. 5 v. u. mit dem herzog von Morslmrg ist der herzog von
n-Merseburg, genauer administrator des stiftee Merseburg, ge-
232, anmerkung 2, liea: Der nachmalige feldmarschall, Moriz graf
von Sachsen war damals erat marech&l de camp , d. h. generalmajor
(brigadegeneral) in unsrem sinne. Sjuiter erst wurde er l'cldniarscliall,
IVaiiKöii'juh Marikhal oder Marechal de France.
243, amnerkung 1 ist auch noch auf b
251, z. 9 v. u. liea: VergiÜus.
255, z. 5 v. o. lies : rüe du [bout] du monde.
259, amnerkung 3 lies: ?ilie besten männer.
261. Über die hier und weiterhin widcrholt erwähnte pest ist noch
im jähre 1720 ein «ehr .selten i.'eu'ei'li'iie; 1 1 n ■ -l l ei'.-ii'lii^nrn , «Joui'ual
abrege de ce qui s'est passe en la ville de Marseille depuis qu'elle est
affiigeJe de la pest«.« Aus dieser schrift hat das Pariser Journal des
de"bata mittheilungen gebracht , die sodann von der Augsburger Allge-
meinen zeitung, nr 50 vom 19 Februar 1879, folgendermaßen wider-
gegeben worden sind: -Es war am 27 Mai 1720, daß ein v
pitän Chatemnl l'ei'diligUv, uns einem baten Palästinas und zuletzt von
Cypern kommendes schiff die pest in Marseille einschleppte. Schon auf
der fahrt wareu sechs mann gestorben und ein matrose starb wenige
tage nach der landung des achiffes ; desgleichen waren die lastträger,
welche die bäum wollballen ans land gebracht hatten, der reihe i
gestorben. Trotz der Sorgfalt ige tan Vorkehrungen bricht diepestin
stadt aus und verbreitet sich niil erschreckender gewillt in den alten
vierteln. Man begrabt die todten in frischen kalk, man reinigt ä
wohtiungcn. man zündet an allen ecken grofie feuer an, uro die a
steckenden dünste zu verjagen. Alles umsonst. Am 21 Juli scheint
die seuche nachzulassen ; aber die Freude der stallt sollte nur von kurzer
dauer sein. Am 2ti Juli kommt das übel in einer straße der altatadt,
der nie de l'Escale, wider zum Vorschein. Fünfzehn einwohner v
hingerafft und die behörde läßt alle häuser räumen und die straße a
beiden enden vermauern. Am 30 Juli beriith sich der gouverneur n
den schöffeu der stadt, wie man dcni elend der daeimierten berölkerimg
au hilfe kommen könnte; man findet in der gemeindecasse 1100 Uvres.
Um das unglück voll zu machen, fehlt es auch an getreide und das
fleisch erreicht unerschwingliche preise. Die seuche macht verheerend«
fortschritte. Die leichen werden karrenweise beerdigt und galeeren-
striiflinge holen sie ab; aber diese elenden plündern die pestkranken
aus , werden selbst angesteckt und zum grösten theil hin
Marseille bietet ein jammervolles Schauspiel. Am 25 August, herrschte
die pest an allen ecken und enden und ein drittel der einwohner i;
niedergemäht. Der grolle cours (corso), diu öffentlichen plätse, die q
des kafens sind mit leichen bedeckt. L'ntuv jeder ulnu; des cours, unter
jedem ladendach , unter jedem bäum der promenaden lungern ganze
i'amilien auf stroh. Man sieht herzzerreißende auftritte : mütter, denen
die kinder an der brüst wegsterben, leichenblasse leute, die sich k
auf den beineu halten können , um eine gäbe betteln , dann plötzlich
zusammenbrechen und in sonderbaren Stellungen verscheiden. Am 6 Sep-
tember bedeckten 20u0 leichen den boden und bewirkten in der glühen
den sonne einen entsetzlichen gestank. Da entwickeln der gouverneur
die Intendanten und schotten bewundernswerthe Hingebung. Ein jed
von ihnen nimmt eine gewisse anzahl von Soldaten und bauern u
seinen befehl und geleitet die mit todten beladenen karren bis us
einem grollen, in den stein gegrabenen laichenplatz, über welchen b
die Esplanadc de la Tourette wölbt und vro sich jetzt die herrliche hj-
zantinische kathedrale erhebt, die auf den haien La Jolietto herabblickt
Der gouverneur, die Intendanten und die schütten tragen dabei eine ii
essig getränkte leinene larve und harren auf dem begräbnisplatze mu-
thig aus, bis die letzte leiche beerdigt ist. Am 1 November 1720 ver-
läßt der bischof von Marseille, monseigneur Belzunce, mit si '
lichkeit in feierlicher procession sein palais. Barfuß , den strick i
385
halse, das kreuz in den armen zieht er nach dem anderen ende des
cours und celebriert dort die messe auf einem mitten unter todten und
sterbenden errichteten altar. Von diesem tag an nimmt die pest stetig
ab und gegen mitte December haben die hospitäler keinen pestkranken
mehr aufzunehmen. Die pest hatte in Marseille sieben monate lang
gewüthet.«
S. 262, z. 7 y. u. lies: d'Allincour[t], heürahtscontract
266. Am 12 August 1720 sprang der pulverturm am Spandauer
thor zu Berlin in die luft. Diß thor stand am ende der Spandauer
straße, der jetzigen garnisonkirche gegenüber, der türm gehörte zur
alten Stadtmauer. Der Sicherheit wegen sollte er entleert werden, der
gröste theil, mehrere hundert centner, war schon entfernt, artilleristen
waren mit dieser arbeit beschäftigt, als das unheil geschah. Viele
häuser wurden zerstört oder beschädigt, 76 menschen kamen um, dar-
unter 32 kinder , die in der garnisonschule waren ; verletzt wurden
42 menschen. Im schloß blieb auf der der unglücksstätte zugekehrten
waßerseite keine scheibe ganz.
269. Zu anmerkung 1 und 2 ist noch nachzutragen: Melfort und
Skelton waren englische Jacobiten, der erstere war minister Jacobs II.
274, z. 3 v. u. Zu den worten »de Ba viere« ist zu bemerken: Die
Löwenstein stammen aus der ehe des kurfürsten Friedrich I von der
Pfalz, geb. 1 August 1425, gest. 12 December 1476, mit Clara Dettin,
gest. 1476. Sie waren also halbbürtig und die gemahlin des marquis
de Dangeau hatte wohl nicht das recht, sich »von Baiernc zu nennen.
Es war wirklich eine misheirath, mehrere der acht Schwestern haben
kleine regierende fürsten geheirathet. Dieser zweig hieß Löwenstein-
Wertheim-Rochefort. Vergl. Ludwig Häusser, Geschichte der rheinischen
Pfalz I, Heidelberg 1856, s. 418 bis 420.
276, z. 15 y. o. lies: jalous, daß
285, z. 8 v. o. lies: nur
303, z. 6 v. o. lies: monsieur le duc, seiner fraw mutter
318, z. 13 v. o. lies: also
333, anmerkung 3 lies: vers:
341, z. 12 v. u. Zu den worten »Ewere bitt vor graff Degenfeit«
ist zu bemerken: Graf Degenfeld hatte den kurfürsten von Trier ge-
beten, ihm das zerstörte Stammschloß des marschalls Schomberg, Schön-
burg am linken Rheinufer bei Oberwesel, zu lehen zu geben. Kurfürst
von Trier war Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg.
351, z. 16 v. u. Polinninie ist wol Paolinina.
353. Der satz: »Die in Englandt oder curiosen hir« u. s. w. will
sagen: Diejenigen, welche in England oder hier in Frankreich neugierig
sind auf die briefe der prinzessin von Wales, fürchten, daß ich etwa
nicht merke (das ist ironisch gemeint) , daß sie die briefe öffnen, und
deshalb haben sie blätter aus zwei briefen vertauscht und dadurch den
beweis geliefert.
Elisabeth Charlotte 25
386
356, anmerkung 2. Mit »toilette« sind hier wohl die kammerfrauen
gemeint, die Elisabeth Charlotten ankleiden und die voran nach Paris
fahren.
S. 360, anmerkung 2 lies: des königes August II. (In Polen hieß
er August II, nur als kurfiirst von Sachsen Friedrich August.)
367. Zu Law mag noch bemerkt werden, daß die familie des na-
poleonischen gener al 9 Lauriston von ihm stammt.
368, z. 14 v. o. Mit »überschrifften« sind brief umschlage gemeint.
387
NACHWORT DES HERAUSGEBERS.
Es ist nur weniges, was ich zu den briefen aus dem jähre
1720 zu sagen habe.
Wie für den vorhergehenden band habe ich auch für den
gegenwärtigen wider vor allem zu bemerken , daß die nume-
rierung der briefe nicht richtig fortgeführt ist.
Was die anmerkungen betrifft, so konnte denselben das
Journal des marquis de Dangeau, das zur wünschenswertesten
bestätigung oder berichtigung und überaus häufig zur erläu-
terung einer menge von angaben diente, leider nur noch bis
zur mitte des August (vergl. oben s. 275) zu gute kommen.
Hinsichtlich des Inhaltes der in diesem bände vereinigten
briefe darf ich wol aussprechen , daß dieselben nicht minder,
als die früheren, eine fülle des anziehenden bieten. Ein blick
in das register, wo neben einer menge anderer die cardinäle
Alberoni, Dubois und Mazarin, prinz Eugen von Savoien, kö-
nig Georg I von England, die kurfürsten Karl Ludwig, Karl
und Karl Philipp von der Pfalz, John Law, Ludwig XIV,
frau von Maintenon , Peter I , der große , von Rußland , der
herzog Philipp von Orleans, der regent, die königin Sophia
Dorothea von Preußen, der nachmalige könig Theodor I von
Corsica, die dichter Corneille, Moliäre, Racine, der Schauspieler
Baron, die Schauspielerinnen Duclos und Desmares, so manche
künstler, wie die maier Albrecht Dürer und Rousseau und
der edelsteinschneider Coldore, aufgeführt sind, läßt sofort er-
kennen, von wie vielen der geschichte angehörenden persön-
25*
Itchkeiten in «liegen schreiben dir rede ist. Dabei fehlt es auch
jetzt wider nicht an zahlreichen bedeutenden nußernngen, in
welchen Elisabeth Charlotte sich über die wichtigsten
legenheiton vernehmen läßt.
Noch eines möge erwähnt werden! Wie in den frühere
bänden begegnen auch in diesem einige stellen , die heul
nicht leicht geschrieben würden. Über derartiges hat
Friedrich Theodor Vischer in seiner schritt »Mode nud cynis-
nins. Beiträge zur kenntnis unserer cultnrfornien und sitten-
begriffe. Stuttgart 1 879« s. 83 folgendermaßen geäußert :
»Wer kennt nicht die köstliche Elisabeth Charlotte? Und s
war eine geborene |>fal/.griifin, gemahlin eines herzogs, braders
des königs Ludwig XIV, an dessen hofe doch ebendas sich
ausgebildet bat, was von da an als wob lau ständiger ton um
tact die sitte Europas nach und nach in zncht und schule
nahm. Es ist die sittliche gesuudheit, die sich in der grund-
verdorbenen anstand« weit rein bewahrt hat, was dieser frau
den t'reibrief für ihre große derbheit in die band legte.«
Es sei mir gestattet, noch einige, den briefwechsel i
herzogin überhaupt betreffende bemerkuugen hier anzureihen!
Nach dein hingange von Menzel, an dessen Verdienste um
die briefe von Elisabeth Charlotte ich nicht zu erinnern brauche,
erschienen »Wolfgang Menzels denk Würdigkeiten. Herausgegeben
von dem söhne Konrad Menzel. Drei buch er in einem bände.
Bielefeld und Leipzig 1877.« In diesem werke ist s. 356 bin
358 ein von J. A. Schneller unter dem 29 August 1843 t
Menzel gerichtetes schreiben veröffentlicht, nach welchem siel
auf der k. hof- und Staats -bibliothek zu München
»(274) Lettres de Madame, duchesse d'Orleans, fille de Charte
Louis, electeur palatin, ecrites ä monsieur de Polier, son con-
seiller et confident, et copiees sur les orighiaux que monsiei
Polier de Botteus, doyen de Lausanne, a communiques ä i
A. S. eleet. palatine en 1770.« »Die briefe«, fügt Öchmeller
hinzu, »sind von 1675 bis 1711 geschrieben tnld nur der erste
ist im original beigeheftet.«
389
Ich zweifle nicht, daß diese genauere bezeichnung des zu
München verwahrten Schatzes manchem leser erwünscht sein
wird.
Einen regen brieflichen verkehr hat Elisabeth Charlotte
auch nach Spanien unterhalten und man mochte nun vermu-
then, daß ihre schreiben in dortigen archiven erhalten seien.
Auf meine bitte hat sich denn um diese papiere mit außer-
ordentlicher gute und großer aufopferung herr Dr Hermann
Enust bemüht, der mich unter dem 18 Merz 1870 aus London
mit nachstehender mittheilung erfreut hat:
»Die briefe der herzogin Elisabeth Charlotte an ihre Stief-
tochter, diekönigin von Spanien, über deren Vorhandensein Sie von
mir auskunft wünschen, habe ich, da es sich um privat-schrei-
ben handelte, im jähre 1877 zuerst im königlichen hausarchiv,
dem »Archivo de Palacio«, in Madrid gesucht. Nach der Ver-
sicherung seines directors, des herrn Josef von Quemes, wenn
ich mich recht erinnere, enthält indessen dieses archiv keine
anderen briefe, als diejenigen der nur zu bekannten Marie
Luise. Sie seien, meinte der genannte herr, so vorsichtig ab-
gefaßt, wie wenn die »picara« vorausgesehen, daß dieselben in
späterer zeit neugierigen lesern in die hände fallen könnten.
Auch nicht ein einziger ausdruck laße auf ein unerlaubtes Ver-
hältnis der schreiberin mit Godoy schließen. Nur hin und
wider bemitleide ihn die königin als den »pobre Manuel«.
»Der einige monate nachher von mir gemachte versuch,
die briefe in Simancas zu finden, war von keinem beßeren er-
folge begleitet. Denn der »Jefe del Archivo general de Siman-
cas« erklärte mir, als ich mich persönlich bei ihm einstellte,
da zwei anfrageu an ihn ohne antwort geblieben, er habe be-
reits nach den von mir ihm bezeichneten schreiben gesucht,
aber in dem Staatsarchive nichts von diesen papieren entdecken
können. Und allerdings gab der von mir eingesehene katalog
des archivs sie nicht an. So muste ich mich denn bei der
mir gegebenen- auskunft beruhigen , ja es blieb , da zu lange
zeit darüber verfloßen , mir nicht einmal ein mittel, nach-
forschungeu anzustellen, wie es gekommen, daß weder des ar-
chivars für mich an die deutsche ges and tschaft in Madrid ge-
schickter brief in meine hände gelangt sei, noch mein zweites
an ihn wegen des ausbleibens jener antwort gerichtetes schrei-
ben in die aeinigen. Unbefriedigt kehrte ich daher von Si-
mancas zurück.
»Selbst habe ich in keinem der beiden archive nach-
Buchungen angestellt, kann also auch nicht unbedingt verbür-
gen , daG die in rede stehenden briefe nicht mehr vorhanden
sind. Immerhin ist es möglich, daG sie einmal in einem
fascikel zum vorsehein kommen.«
Die kenntnis von briefeu unserer herzogin ist in jüngster
zeit durch folgende schrift , von welcher ich der gute des
her ausg cbers ein exeinplar verdanke, vermehrt worden : Deux
lettres ine'dites de la prineesse palatine, niere du Regent, par
Armand Gaste, membre titulaire de TAcademie nationale des
sciences, arts et bell es -lettres , inaitre de Conferences ä la fa-
culte des lettres de Caen. (Extrait des Memoires de l'Acadtj-
mie nationale des sciences, arts et bell es- lettres de Caen.) Cuen
1879. 8. 17 Seiten. Die beiden von Elisabeth Charlotte eigen-
händig französisch geschriebeneu briefe sind an den bischof
von Avranches, Daniel Huet zu Paris, gerichtet, der eine von
Marly unter donuerstag, 4 October 1708, der andere von Ver-
sailles unter samßtag, 20 December 1710. Sie gehören zu
einer sanimlung von verschiedenen persönlichkeiten an den
genannten kirchenfürsten geschickter schreiben , über deren
aufbewahrungsort und berkunft her r G aste s. 3 bemerkt: »La
Bibliotheque de Vire possede un precieux cartou, uui lui a
ete gracieusemeut oft'ert par M. le vieomte de Saint- Pierre,
ancien de'pute de l'arroudissement de Vire et aujourd'hui (1878)
senateur du Calvados. Ce earton contieut une soixantaine de
lettres adressees ä Daniel Huet, eve((ue d'Avranches, et siguees
des noms les plus illustres du XVII 1 siecle.«
Herr Gaste sagt weiter: sCes lettres ont ete raises ä ma
391
disposition avec la plus parfaite obligeance par M. C.-A. Fe-
derique, conservateur de la Bibliotheque de Vire.«
Die Sorgfalt, mit welcher die beiden briete von herrn
Gaste herausgegeben und erläutert worden, verdient, rühmend
hervorgehoben zu werden.
Nicht unwillkommen wird es sein , wenn ich schließlich
folgende stelle aus einem briefe von Paul Louis Courier an-
führe: »Je lis un livre saisi, defendu , . qui est fort curieux ;
ce sont les Memoires nouvellement imprimes de Madame, du-
chesse d'Orleans, mere du due d'Orleans, regent« u. s. w. Man
vergl. Paul Louis Courier, (Euvres, Bruxelles 1833. I. s. 221.
Der brief, worin sich diese worte finden, wird dem jähre
1822 zugetheilt; datiert ist er nicht, er kann also von 1823
sein und bezieht sich alsdann ohne zweifei auf die »Memoires
sur la cour de Louis XIV et de la regence. Extraits de la
correspondance allemande de Madame Elisabeth-Charlotte, du-
chesse d'Orleans, mere du regent; precedes d'une notice sur
cette princesse , et accompagnes de notes. Paris , Ponthieu,
libraire au Palais-Royal , 1823.« Zur Vermeidung von mis-
verständnissen mag bemerkt werden , daß dieses buch , und
zwar mit der Jahreszahl 1822, anfanglich den titel trug: »Frag-
mens historiques, anecdotes et portraits des personnages de la
cour de Louis XIV et de la regence. Extraits« u. s. w.
Dieser titel wurde zerschnitten und durch den anderen ersetzt,
unter welchem das buch ausgegeben wurde. Die auf dem titel
genannte, von s. XI bis XXXIV reichende notice hat G. Dep-
ping geschrieben.
Tübingen, 10 Juli 1879.
WILHELM LUDWIG HOLLAND.
392
REGISTER.
Aachen 81.
Achau 286.
Ader, Die goldene, 146.
Adine, Monsieur, 85.
Ähren, Blutige, 251.
Äneas 251.
Äneis des Vergilius, längere stelle
daraus 251 bis 254.
Äquinoctial-stürme 290.
Agat (Achat) 324.
Aguesseau, D\ 264.
Aire 109.
Aix in der Provence 256. Pest da-
selbst 261. 269.
Albemarle, Herzog von, 269.
Alberoni 23. 28. 36. 44. 58. 64. 79.
103. 117. 264. 305.
Alencon, Charles de Berry, duc d\
361.
Alezei Petrowitsch, der ältere söhn
Peters I, des großen 298.
Alincourt, Marquis d\ 262. 295.
Altesse royale, titel 93. 94.
Altesse se"re*nissime 93.
Alvares 101.
Amalie, Erzherzogin, 131.
Amalie, Kaiserin, d. i. Wilhelmine
Amalie von Hanover, witwe Jo-
sefs I, 99. 116. 157. 181. 205.
220. 259. 286.
Anchin 12.
Albert, Comte d\ 81. 82. 131. 132.
383.
Alluye, Marquise d\ 64. 100.
Amazone 311.
Americaner, Wilde, 377.
Amsterdam 336. 338. 350.
Andr6, Monsieur, 277. 278. Seine
frau 278.
Anhalt, Fürst von, 194. 195. Seine
gemahlin, eine gräfin von Bent-
heim 194. 195.
Anna Gonzaga, gemahlin des pfalz-
grafen Eduard bei Rhein 847. 375.
Antibes 78.
Antin, Duc d\ 186.
Appartement 171. 336.
Apremont, Comte d\ 69.
Arelat (Elisabeth Charlotte weiß
nicht, was Arelat ist) 222. 263.
Arlequin, homme a bonne fortune,
komödie von Jean-Francois Re-
gnard 273.
Aremberg 90.
Ariane, tragödie von Thomas Cor-
neüle de l'Isle 77.
Arles 222. Pest daselbst 261.
Armagnac, Madame d', 80.
Armenonville, Monsieur d\ 142.
Arouet s. Voltaire.
Arte*mire, tragödie von Voltaire
50. 51.
Arzt, mehr, als einer, bei einem
kranken ist nie gut 352.
Attendez-moi sous Tonne!, komö-
die von Jean-Francois Regnard
393
215. Eine andere gleichnamige
komödie von Charles Riviere Du-
freny 215.
Auskochen (aasgekocht haben bei
einem) 40. 240.
Außpürg statt Augsburg 324. 346.
Auvergne, Princesse d\ 167. Nähe-
res über dieselbe 232.
Avaux, Monsieur d\ 15. 16. 382.
Bacharach, Wein von, 323.
Bacqueville, Madame de, 113.
Baden, Auguste Maria, prinzessin
von, gemahlin des duc de Chartres
362.
Bärenhäuter 164.
Bagnolet 118. 246.
Banduri, Anselm, 170.
Barbari 264.
Baron, Michel, Schauspieler 139.
183. 215. 273. 308. 312. 328. 359.
Baron de la crasse, Le, komödie
von Raymond Poisson 187.
Basel 240.
Bastille 7. 23. 61. 214.
Batistin, s. Struk, Jean-Baptiste.
Baudry, Monsieur de, secre*taire des
commandements von Elisabeth
Charlotte 170.
Baume blanc de la Mecque 343.
Bayern, Daupbine von, (Maria Anna
Christine Victorie) 331.
Bayern, Kurprinz von, 131.
Bayonne 311. 325. 362.
Beaufort, Duc de, 214.
Beaumont, L£on de, bischof von
Saintes 77.
Bedutelt 56.
Beifall-klatschen im parterre des
theaters 216.
Bennigsen 193.
Benterider, Freiherr von, bevoll-
mächtigter minister des kaisers
32. 53. 54. 122. 234.
Berlin 196. 290. Pulver-explosion
daselbst 266. 267. 385.
Berlepsch, Graf, 182. 217. 264.
Gräfin, 184. Die alte gräfin, 264.
Bernstein 192.
Bernstein, Anna Ottilie frau von,
schwester der frau von Schelm
und der frau Leonore von Rath-
samshansen 177.
Bernstorf, Andreas Gottlieb von,
13. 14.
Berrier, lieutenant de police 4.
Berry, Marie-Louise-Elisabeth d'Or-
läans, genannt Mademoiselle, du-
chesse de, enkelin von Elisabeth
Charlotte 5. 275. 361. Ihre kin-
der 361.
Besancon 266. 267.
Beschreien 140. 189.
Bestie 179.
Bethune, Marquise de, 231.
Beuvron, Madame de, 228.
Bezenval, Monsieur de, 161.
Bezons , Comte de , marechal de
France 174.
Bibel 194. 214. Elisabeth Char-
lotte schreibt : »Man list hir im
landt nicht allein die Bibel nicht,
sondern die meisten piquiren sich,
sie nicht zu glauben.« 307.
Bibel-steilen 184. 319. 327. 341. 369.
Biberich am Rhein 285.
Bielke, Graf von, schwedischer ge-
sandter 147. 268. 270.
Billy, Monsieur de, im dienste des
grafen von Charolois 251.
Biribi, spiel 17. 45. 118. 141.
Birkenfeld, Pfalzgraf von, 348.
Biron, Marquis de, premier ccuyer
des regenten 216. 243. 244.
Bissy, Henri de Thiard de, früher
bischof von Toul , nachher von
Meaux, cardinal 77.
Blanc, Le, kriegsminister 199. 200.
Blaß wie der bittere tod 199.
Blocksberg, Der, 191. Elisabeth
Charlotte sagt: »Daß man einem
394
anff den Blocksberg wünscht, ist
ein alt teütsch sprichwordt; ich
habe aber nie gewust, wo der
Blocksberg eygendt[lich] ist. c
239.
Bloomsbury 226.
Blount, director der bank in Eng-
land 319.
Bocquet, N. F., maier 274.
Böhmen, Kurfürst Friedrich V von
der Pfalz, könig von, großvater
von Elisabeth Charlotte, sein tod
261.
Böhmen , Elisabeth , königin von,
die gemahlin des kurfürsten
Friedrich V von der Pfalz, nach-
maligen königes von Böhmen,
großmutter von Elisabeth Char-
lotte 235.
Börstel, Madame, 100. 138. Mon-
sieur, 301. 302.
Boileau, der dichter 8.
Boit, ein Schwede, sein bildnis Pe-
ters I, des großen 297.
Boltzing 38.
Bordeaux bei Fontainebleau, Abtei
von, 69.
Bote, Der hinkende, 164.
Bothmer, Von, 13. 14. 22.
Bouches du Rhone, Departement,
269.
Bouffiers , Duc de , 32. 262. Ma-
demoiselle de, 262. 295. Mare-
chale de, 262. 295.
Bouille* 199.
Bouillon, Duchesse de, 130.
Bouillon, Mademoiselle de, 112. 148.
Boulogne, Bois de, 222. 288. 289.
Bourbon, Les eaux de, 132. 208.
Bourbon - Conti, Marie- Anne, du-
chesse de , s. Duchesse la jeune,
Madame la.
Bourgogne, Duc de, 60.
Bourgogne, Hotel de, 359.
Boyer, Claude, dichter 359.
Brancas, Duchesse de, dame d*hon-
neur von Elisabeth Charlotte
140. 277. 278. 287. 312. 313. 314.
331.
Brancas, Madame de, 122.
Brandenburg - Baireuth , Christian
Ernst, markgraf von, 360.
Bratwürste, in Deutschland beßer
gemacht, als in Frankreich 192.
Brauner, Doctor, 258.
Braunschweig -Zelle, Georg Wil-
helm, herzog von, 308.
Brägis, Madame de, eine redensart
von ihr 263.
Brockdörfin, Die, 325.
Breuner, Doctor, 258.
Brion, Monsieur de, 243.
Brocken, Der, 239.
Brüssel 109. 366. 367.
Brueys, David-Augustin de, dichter
256.
Bruner, Doctor, 204. 205. 258. 290.
340. 341.
Bückeburg, Graf von, 30. 69. 195.
219. 228. Sein vater 30. 195.
Gräfin von, 219.
Bülow, Großvogt von, 189.
Bürzel, Der, 291.
Buquoy, Baron de, 14.
Buridans esel 293. Vergl. G. Büch-
mann, Geflügelte worte. Der ci-
tatenschatz des deutschen volks.
Elfte aufläge. Berlin 1879. s. 196.
197.
Bursch, Die, collectiv = rotte, ge-
sellschaft 203. 215. 289.
Busca, Monsieur de, 67. 68. 126.
150. Seine Schwester 67.
Bussee, Fräulein von, 344. Mon-
sieur de, 344.
Cagny, M. de, 32.
Calville, Pomme de, 323.
Cambrai, Erzbischof von, s. Dubois,
Guillaume.
Canada 377.
395
Canillac, Monsieur de, 95.
Cansiene, Madame. 316.
Capitol, Das, 267.
Capuciner in Rußland 54.
Carignan, Prince de, 132.
Carlson, Graf, 311.
Carmeliterinnen-kloster zu Paris,
nicht weit von der pfarrkirche
von Saint - Sulpice 37. 76. 83.
Elisabeth Charlotte fahrt alle
sonntage zu den Carmeliterinnen
im faubourg St Germain 104.
Die superieure derselben ist Eli-
sabeth Charlottens gute freundin
104. 106. 107. 115. 138. 173. 198.
215. 306. 372.
Cartagena 305.
Ca8sandre, roman von Gautier de
Costes, Chevalier, seigneur de
La Calprenede 330.
Cassel 258.
Gellamare 23.
Chalons 272. 275. 321.
Chambe'ry 125.
Chambord 127.
Champmele*, Marie, Schauspielerin
139.
Champigny, Abbe* de, 12.
Charenton 65.
Charolois, Charles de Bourbon-Con-
de*, comte de, 138. 251.
Charolois, Mademoiselle de, 218.
251.
Chartres, Louis d'Orleans, duc de,
enkel von Elisabeth Charlotte
5. 11. 48. 56. 57. 59. 61. 62. 70.
84. 87. 89. 105. 107. HO. 116.
129. 212. 215. 238. 287. 323. 358.
362. Seine gemahlin, Auguste
Maria von Baden 362.
Chäteauthiers , Madame de, sehr
gerühmt 19. 20. 47. 83. 85. 199.
217. 245. 287. 324. Elisabeth
Charlotte schreibt : »Freyllich
muß ich alß duchessen zur dame
dlioneur haben; ging es nach
tugendt, were madame de Chas-
teautier gewiß die würdigstem
331.
Chatillon, Duc de, der zweite söhn
des duc de Luxembourg 84. Er
kann weder c noch g aussprechen,
daraus entstandene ergetxliche
geschiente 346.
Chaulnes, M. de, 32.
Chausseraye, Mademoiselle de, 87.
124. 164. 185. 263. 270.
Chavigny, Denis-Franeois Bouthil-
lier de, bischof von Troyes 174.
Chelles 17. 111. 112. 115. 286. 287.
Äbtissin von, 8. Orleans, Louise-
Adelaide d\
Chevreuse, Monsieur de, 132.
Chiverny, Madame de, 138.
Choisy, Abbe* de, seine Memoires
274.
Choresboury, Chossboury, s.Sbrews-
bury, Duchesse de.
Cid, Le, das berühmte stück von
Pierre Corneille 183.
Cinna, ou la clemence d' Auguste,
tragödie von Pierre Corneille,
längere stelle daraus 223.
Civita-Vecchia 79.
Clagny, landhaus des duc du
Maine 11.
Clemens XI, Giovanni Francesco
Albano, papst, 79. 103. 114.
Cle"opätre, roman von Gautier de
Costes, Chevalier, seigneur de La
Calprenede 330.
Clerembault, Mart?chale de, 10. 138.
Clermont, Mademoiselle de, 40. 77.
138. 173. 174. 215.218.221.250.
273. 358. 369. 376.
Clinignet, Madame, zu Mannheim
236.
Cocu imaginaire, Le, komödie von
Moliere 312.
Cödern, Gräfinnen von, s. Sötern
Coifond , berühmter atzt zu Lyon
113.
Colbert 29.
Coldore - , Frnneois, edelateinscbnoi-
der 194. 195.
Colibeaux, Abbe - , 156.
Coligny, Madame de, 174.
Committimus 93. 94.
Comte d'Eaaex, Le, tragÖdie 359.
Conde, Princesae de, Anna, tochter
den pfalzgritfen Eduard, gemah-
)in von Henri-Jules de Bourbon,
prince de Condd 13. 40. 77. 89.
100. 126. 131. 133. 138. 151. 153.
155. 165. 173. 193.203.215.221.
321. 3-1 6. 347. 356. 357. 358.
Constitution, Die, 75. 76. 77, 114.
326. 339.
Conti, L oiii »-Armand de Bourbon,
der zweite des namens , prince
de, 19. 214. 242. Seine mutter
242. Seine gemahlin 342.
Conti, Frincesse de, 5- 6. 100. 101.
105. 108. 139. 215. 242. 358.
Conti, Prinzessinnen von, 83. 378.
Corneille de l'Isle, Thomas, dich-
ter 32. 77. 359.
Corneille, Pierre, der dichter 183.
210. 214. 215.223.224.312.32
Cornea, Theodor 1, könig von, d.
Theodor Stephan freiherr von
Neuhof, ehedem page von Elisa-
beth Charlotte 303 bis 306. s
Neuhof.
Coubert, ehedem besitzung des her
zogs Meinhard von Schombcrg
9. 175. 180.
Court, Monsieur de, aous-gouver-
neur dos dne de Cbartres 12. 129.
Craon, Krau von, mätresse des her-
zogs Leopold Karl von Loth-
ringen, des Schwiegersohnes von
Elisabeth Charlotte 67. 133.
Craon, Herr von, 67. 321.
Cremeau* 6.
Crequy, Duo de, eine Redensart von
ihm 65. 345.
Crispin, rival de aon maitre, ko-
mödie Ton Le Sage 328.
Croii du tiroir, La, zu Paris i
Crou, Hauptmann, 171.
Czaar, Der, Peter t, der große 54.
Elisabeth Charlotte achreibt:
»Ich glaube, daß nnßere teütsche
ffirsten nie zugeben werden, dall
deß czaars söhn oder encltel (mub
recht zu sagen) eine ertzhcrtzn-
gin nehmen solle; daß were zu ge-
fahrlich vor gantz Teutschlandt.-
100. »Der czaar hatt bey wir
ausgekocht, seydeL' er seinen
tzigen söhn utuhs leben gebracht :
vorher kondte ich ihn recht woll
leyden. Unsere s. charfOntin
hatt mir so viel guts von dieOem
horrn geschrieben, daß ich gantz
seine partissanin wahr. v*er-
standt hatt er undt hohe go-
dancken, daß ist gewiß. Mich
deucht, der keyßcr fragt nicht
viel nach ihm.. 240. 241. 278.
Elisabeth Charlotte besitzt »ein
von einem Schweden, Boit, ge-
fertigtes büdnis, »perfect gleich«
297. Vergl. s. 316. 324. 366.
Sein söhn Ale*ei Fetrowitsch 298.
Czaarin, Die, d. i. 1. Eudoxia t'eo-
dorowna t.apuchin, die erste ge-
mahlin Petera I, des großen 298.
2. Katharina, die zweite gemah-
lin Peters I, des großen, näheres
über ihr bildnia 297, 298. Ihre
kinder, prinz Peter, Anna, Elisa-
Iwth 298.
Dauer , beständiger aueretär der
Acadi5niie francaiso 271.
Dänemark, Friedrich IV, kQnig
, 267.
Dandin, George, kornBdie ^
i Mo-
397
Dangeau, Philippe de Courcillon,
marquis de, stirbt 273. Näheres
über ihn 273 bis 275. 278. 294.
Dangeau, Madame la marquise de,
10. 30. 33. Sehr gerühmt 55. 64.
104. 117. 118. 138. 145.191. 19G.
216. 218. 220. 229. 273. Näheres
über sie 274. 275. 278. 283. 294.
313. 332. 364. 385. Die frau ihres
sohnes, Philippe-Egon de Cour-
cillon 191. 216. 218.
Dante Alighieri, der dichter 254.
Darmstadt, Der alte landgraf von,
47. Ernst Ludwig, landgraf von,
80. 114. 134.301. Landgräfin von,
246. 294. Ihre mutter 294.
Darmstadt, Erbprinz von, 80. 325.
Erbprinzessin von, 16. 301. 325.
Friederike Charlotte, prinzessin
von, 325. 328. Ihr bräutigam,
prinz Maximilian von Hessen-
Cassel 325. 328.
Dauphin, Monsieur le, 159. 344.
Dauphine, Madame la, Marie- Ade-
laide de Savoie , duchesse de
Bourgogne 152.. 153. 178. 179.
Degenfeld, Herr Christoph, oberst '
172.
Degenfeld, Herr von, der nach
Schweden gereist ist, vetter der
raugräfin Luise 189. 290. 376.
Degenfeld, Christoph Martin, graf
von, der söhn des freiherrn Max
von Degenfeld 55. 86. 133. 149.
150. 159. 172. 175. 182. 206. 207.
232. 272. 341. 385. Ein brief von
Elisabeth Charlotte an denselben
380. 381.
Degenfeld, Marie, gräfin von, ge-
mahlin von Christoph Martin,
grafen von Degenfeld, die jüngere
tochter des herzogs Meinhard von
Schomberg 55. 153. 175. 182.
189. 206. 207. 232. 257. 282. 371.
Ihre töchterchen 206. 371.
Demanten von allerband färben 331.
Desmares , Christine - Antoinette-
Charlotte, Schauspielerin, mätresse
des regenten 215. 273. 312. 359.
Desmaretz 29.
Desnoiresterres, Gustave, 4.
Destouches, componist 30.
Deuil, Le, komödie 359.
Deutsche bringen allezeit viele la-
ster aus Frankreich 121. Elisa-
beth Charlotte schreibt: »Mich
deucht, unßere ehrliche Teüt-
schen thun nicht alles so umb
gelt, wie die Frantzoßen undt
Engländer, seindt gar gewiß
weniger interessirt.« 266. Wei-
teres hierüber ebendaselbst. »Un-
ßere Teütschen haben daß, alles
halten sie vor perfect, waß nur
auß Franckreich kompt.« 320.
Diable au contretemps 168. 170.
217. 231. 286. Elisabeth Char-
lotte schreibt: »Wie ich sehe,
so tournirt le diable au contre-
temps bey Euch eben so sehr,
alß hir.« 294. 332.
Dido 251.
Dindu, name eines hündcbens, eines
tigerchens 309 (vergl. band III,
s; 324).
Dörfer, Spanische, 244.
Dom Sanche d'Arragon, komödie
von Pierre Corneille 328.
Donner-wetter, in Frankreich nicht
so stark, wie in Deutschland 177.
1 88. 233. 246. Bemerkenswerthe
Wirkungen des blitzes dabei 248.
Aberglauben der bauern in be-
treff der gewitter 248. 272. 275.
Dorignies 311.
Dourdan 215.
Drap de pied 93.
Dresden, hungersnoth daselbst 32.
33. Feste daselbst 116. 158.
Dribsdrill = durchlauf 136. 144.
398
Duboia, Guillaume, abbe", später
erzbiscbof von Cambrai und car-
dinal 75. 92. 143. als erzbischof
sacriert 159. in spottversen ge-
nannt 203. 212. liest vor der ab-
sendung die briefe von Elisabeth
Charlotte 289 und 292. Vergl.
s. 293 und 323. 324. Elisabeth
Charlotte estimiert ihn gar nicht
314. 315. Spottlieder auf den-
selben 314. 315. 333. 334. Elisa-
beth Charlotte bezeichnet ihn als
den falschesten erzschelmen von
ganz Frankreich und äußert ihr
bedauern darüber, daß ihr söhn,
der regent, den kleinen teufel
allein anhört und ihm glaubt
334. »Der ertzbischoff von Cam-
braj hatt viel verstandt, daß
kan man ihm nicht benehmen;
aber er ist falsch undt interes-
sirt wie der lebendige teüffel.«
364. 366.
Duc, Monsieur le, d. i. Louis-Henri
de Bourbon, genannt duc d'En-
ghien, später Monsieur le duc
19. 89. 90. 98. 131. Nähere Schil-
derung desselben 158 und 181.
222. 229. 242. 303. 319. Er ist
der geizigste und härteste mensch
von der weit 350. 365. 367. Seine
mutter 303. Seine zwei brüder
303. 319.
Duch 95.
Duchesse la jeune, Madame la, d.
i. Marie- Anne de Bourbon , ma-
demoiselle de Conti, duchesse de
Bourbon , gemahlin von Louis-
Henri de Bourbon, genannt duc
d'Enghien, später Monsieur le
duc 88. 89. 99. 100. 130. 131.
Duchesse, Madame la, 174. 218.
337. 358.
Duclos de Chäteauneuf, Marie-Anne,
Schauspielerin 139. 215. 312. 328.
Ducs, Die, »seindt wunderliche heyl-
ligen, alle unleydtliche leütte,
so einen alle gedult verliehren
machen« 213.
Dünkirchen 231.
Dürer, Albrecht, 213.
Dufreny s. Biviere.
Dumont, envoye' von Holstein 88.
Duras, Mare"chal de, 267.
Durasfort, Madame de, fordert eine
statue des Jupiter auf, zu spre-
chen und hält den knall einer
pulver-explosion für eine ant-
wort derselben 267. 282. '
Durlach, Prinz von, 22. 71. 112.
Eduard bei Rhein, Pfalzgraf, 347.
Seine gemahlin 347.
Eichelsheim 235.
Eisenach 299.
Elisabeth, erbprinzessin von Sulz-
bach, tocbter des kurfursten Karl
Philipp von der Pfalz 137. 145.
162. 301.
Elisabeth Charlotte liebt Paris
nicht 1. 2. 11. 39. 356. hat freude
an den komödien 2. liest noch
ohne brille 6. wünscht kein hohes
alter 10. 154. 155. 353. hat kei-
nen deutschen secretär 20. wird
im schreiben alle augenblicke
unterbrochen 21. 52. führt eine
strophe eines kirchenliedes an
25. 26. gibt die Ordnung ihres
brieflichen Verkehres an 27. 354.
Sie schreibt alle sonntage und
donnerstage an die raugräfin
Luise 73. hat das deutsche wort
für chicore'e vergeßen 28. Ihre
gott-ergebenheit31.41. 197. »Man
kan nie beßer thun, alß in alles
auif gott zu vertrawen.« 205.
230. 281. 332. 335. 355. 356. Sie
wird nie müde, ihren freunden
zu dienen, wo sie kann 31. ist
nicht abergläubisch 34. Sie hat
seit, dem tode ihres gemahles
nichts, als falsche perlen, getra-
gen 34. 106. Ihr Widerwille ge-
gen den actien - schwinde! zur
zeit von Law 34. 47. 183. 188.
324. 326. 330. 339. Sie fragt
kein haar nach den opern 117.
73. 06. liebt aber noch die ko-
inödien, doch bei weitem nicht,
wie sie dieselben geliebt hat 63.
9(1. hat gar geringe opinion von
ihrem verstand und hat deshalb
die partie genommen , sich in
nichts hohes , noch was die re-
gierung angeht, zu mischen 41.
Vergl. a. 129. 224. Sie fügt zu
gnnsten der raugrätin Lnise einem
an den kurfürsten Karl Philipp
von der Pfalz gelichteten schrei-
ten ein in abschrift mitgetheü-
tes postscript Ijei 40. 43. Vergl.
s. 137. Sie ist die erste große
dame bei hof 4r>. Sie ziihlt ihre
vielen pathen auf 47. klagt üt>er
■ Ins abnehmen ihre* geiliieliiiusKe*
52.76.86. I55.2G3. 280.333. Sie gibt
ihren geburtstag an 53. 154. halt
pietiatinnen imd niirrinnen für
dasselbe 55. hat absehen vor einer
seel'ahrt 55. 80. 208. 281. am-
Wiinlillifil t kein hohes alter 57.
Vergl. a. 63. Sie ist gar nicht cere-
moniös 57. Sie weiß noch, gott
lob, alle deutschen manicren von
reden und bittet Luise . ihr et-
waige fehler nicht anberichtigt
zu laßen 61. Es wird ihr in
sm cabinet von einem edel-
nne eine ulir gestohlen 62.
• i>5. Sie führt einen spruch ihres
schreibmeisters an 63. 293. Sie
i nie einen gar hohen noch
penetranten verstand gehabt, nur
" ens eommun 73. Vergl. s. 224.
Sie raiaonnicit uif um staaU-
sachen74. Vergl. s. 191. 19'2. 281.
Sie berichtet filier ihre medaillen-
Bammlung 75. 226. 227. 228. Sie
klagt über schlimme Zeiten 79.
311. 312. Sie schreibt von her-
zen gern an bebannte leute; au
ganz unbekannte zu schreiben,
kommt ihr schwer an 80. Sie
sagt: «Meine verdrießlichkey tten
seyndt wie die köpff von der
hydra vonLcrna; wen eines ab-
geschlagen , kompt ein anders
wider.« 80. Sie ist nicht dazu
erzogen worden, eigennützig und
interessiert zu sein 85. Vergl.
s. 263. 266. 285. 335. 345. Sie
entwickelt die im fran/iisisrhen
königshanse geltenden rang- und
Standesunterschiede 92 bis 94. Sie
selbst ist Fillede France 276.
Sie hat nur drei TJeutsche bei
sich, Wendt, Harling und einen
contröleur gcneral, der auch ein
Deutscher ist 95. Sie liest nie-
mals schreiben, die nicht an sie
gerichtet sind 97. 105. Sie spricht
über ihre rauhe stimme 100. 123.
124. Sie schreibt: .Ich weiß
gar viel geistlichen, so gar ver-
gnügt in ihrem standt sein undt
nicht weldtlieh sein wolten. Daß
kan ich nicht begreinen; den so
zuwider es mir auch ist, ein weib
zu sein , so bin ichs doch noch
lieber, alß ein geistlicher. Dießer
standt weit' mir recht unleydt-
lich.« 104. Sie sagt : » Aaffl'ra n-
Uusi-h sehri-ilien i-1 nicht gar
schwer i man schreibt ja nur,
wie man spricht , gantz natür-
lich; es isl M'iiiv leichter, alß anlf
Teiitsdi, li.i-1 mir keim., mühe.«
105. 106. Vergl. s. 175.219. Sie
äußert sieh dahin : »Mein söhn
ist mir über alles undt bin gar
400
nicht von donen müttern, so ihre
»nckol liel>er, alß ihre leibliche
kinder, haben; meine 2 kindern
liebe ich über alles.« 107. Sie
hat niemals warme stuben er-
tragen können 110. 111. Sie
schreibt: »Viel satisfaction bin
ich nicht gewohnt ; wehre mir
etwaß neues, wen es geschehen
solte.« 111. »Alle leütte, so so
plötzlich sterben, jammern mich;
allein wen ich die wähl von
sterben hette, wolte ich gern
plötzlich sterben und nicht in
einem bett kranck sein undt ge-
plagt werden.« 112. »Ach, liebe
Louisse, daß ist die weit; man
ist selten, ohne waß verdrieß-
liches zu haben.« 112. 113. Äu-
ßerungen ihrer abneigung gegen
die pfaffen 114. 130. 145. 204.
230. 261. Sie berichtet von ei-
nem diener , der oft ihre partie
gegen böse gesellen genommen
115. 120. Über die einem jeden
bestimmte sterbe-stunde 116. 140.
208. 227. Vergl. s. 263: »Daß
ist eine reglirte sache, daß, wer
in dieße weit kompt, muß ster-
ben, »cela est bien desobligent.«
Vergl. auch s. 353. Sie schreibt :
»Auß sorgen undt ängsten werde
ich nicht kranck werden; ich
bin dießes zu sehr gewohndt,
liebe Louise! Daß ist hir im
landt schir mein taglich brodt
geworden. Aber gott, der all-
machtige, hatt einem jeden auff-
erlegt, waß er tragen solle; es
muß ein jeder sein verhengnuß
volbringen.« 116. Vergl. s. 196.
197. 229. 230. »Mich deucht,
ahn key ßer- undt königlichen hof-
fen seindt doch etlichmahl undt
insonderheit bey beylagern cere-
monien nöhtig. Man kan mir
woll hirin glauben; den kein
mensch in der weit hast die
ceremonien mehr, alß ich.« 116.
»Schulden machen ist etwaß gar
heßliches sowoll vor große, alß
kleine.« 116. Sie mischt sich
nicht in angelegenheiten der re-
gen tschaft. »Franckreich ist nur
zu lang undter weiberhanden
geweßen.« 120. 121. Vergl. s. 191.
192. 221. 373. Sie sagt: »Ge-
bührt ist vor nichts zu rechnen,
wen keine tugendt darbey ist«
121. Sie hat wol seit 40 jähren
vor ihren kutschen acht pferde,
in caleschen fährt sie in derre-
gel nur mit sechs pferden 122.
»Ich bin nicht zu hoffartig, aber
ich halte doch meine dignitet,
wie es billig ist.« 122. Es kom-
men wenig damen zu ihr, weil
dieselben sich nicht gehörig an-
kleiden wollen; dagegen finden
sich sehr viele manner morgens
bei der toilette der herzogin ein
124. 141. 373. 374. Sie sagt:
»Solte ich den ort [Heidelberg]
wider sehen, müßte ich vor wei-
nen vergehen.« 130. Vergl. s.
341. Sie läßt nur aus vorsieht
zur ader, weil es ein ganzes jähr
ist, daß sie nicht zur ader ge-
laßen hat 133. Vergl. s. 157.
153. Sie schreibt: »Daß habe
ich meisterlich in Franckreich
gelernt, mitt leütten umbzu-
gehen , welche ich weder liebe
noch estimire.« 134. »Es geht
mir, wie Euch, liebe Louise ! Ich
bin gantz persuadirt, daß die
weit schlimmer ist, alß sie ge-
weßen. Es mag auch woll sein,
daß wir die weit nicht so woll
gekandt haben, alß nun.« 136.
Vergl. s. 216. 217. Sie soll ihrer
gesundheit halber nicht später,
als elf uhr, schlafen gehen. 144.
Vergl. s. 234. 332. 334. Sie
schreibt: »Ich habe mein leben
. nichts von den remeden de pre-
caution gehalten , nun weniger,
alß nie.« 144. 155. Vergl. s. 204.
»Ich endere nie , man gebe mir
den ursach dazu ; also können
alle die, so ich lieb habe, bey
sich Belbsten wißen, ob ich vor
sie geendert bin oder nicht.« 144.
145. »Ich kan ohnmöglich lo-
hen, waß ich nicht artig finde;
bin hirin nur gar zu natürlich,'
145. Derbe äußerungen 146. 209.
282. 293. »Ich bin von Ewerer
nieinung, daß ein groß alter eine
beschwehr liehe sacheiat; aber al-
les muß woll gehen, wie gott will, c
146. Über dieabnahmeder kräfte
nach dem fünfzigsten lebensjahre
263. Über lieirathen aus liebe
spricht sich die herzogin dahin
ans: »Ob die liebe zwar nicht
groß bey dem graff von Weill-
burg , so kan es doch woll eine
gutte ehe geben ; den ich habe
gar oß't in acht genohmen, daß
nichts schlimere ehen gibt, alß
die sich auß lieb nehmen ; die
lieb vergeht undt der haß kompt
ahn den platz. Wen aber ein
man eine fraw nimbt , so rai-
sonable undt titgondtsani ist, setzt
Mich ahnafatt daß verlieben eine
solide esüme undt vertrawen ;
daß kan so lang wehren, alß
daß leben« 146. 147. Vergl.
s. 205. 210. Über das gerase in
ihrem zimmer 149. 163. Es ist
ihr eine rechte mortification, daß
sie nicht mehr gehen kann 149.
Vergl. a. 220. 221. Sie schreibt:
Elisabeth Charlotte
»Ich habe gantz Heydelberg in
kuptferstfick , auch den Wolff-
brunen. So baldt ichs sehe, freüdt
es mich, aber kurtz drauff kom-
men mir die threnen in den äu-
gen.« 149. Weitere erinnerungen
an Heidelberg ebendaselbst. Sie
glaubt, Bie würde eher eine ge-
rade mauer hinauf steigen , als
rechts-sachen lernen 150, Vergl.
b. 153. 175. 207. Sie klagt (und
das sei die schuld der frau von
Maintenon): »Kein botf ist mehr
in gantz Franckreich.« 152.
Sie gibt eine wctter-regel an 1 54.
Siesagt: »Ahn die ich lieb habe,
brauche ich zum schreiben nie
keine andere handt , alß die
meine.« 157. Vergl. s. 179. tMan
macht sich offt viel lustiger bey
einem glitten salatgen, alß bey
einen großen fest, wie die wah-
ren, so man zu Dresden gehabt
hatt.« 158. Die niusilt von den
Waldhörnern hört sie gar gern
159. Sie hört und nicht ohne
schmerzen, daß der deutsche adel,
wie der französische , »sich sehr
verquackelt. 159. Über die Ei-
genschaft , die man von einem
genaßen beim spiele verlangt
159. Vergl. s. 171. Sie sagt:
»Ordre stehen woll undt distin-
gfujiren die leütte recht.« 159.
Ihr altes deutsches temperament
bat mehr hitze, als kälte, von
nSthen ISO. Sie empfangt gegen
ihren söhn, den regen tan , und
später auch gegen sie selbst
gerichtete drohbriefe 160. 249.
260. 280. 284, 302. 303. 310.
Über gevatterschaften 161. Sie
bemerkt: »Durch die lange ex-
perientz, wen man so lang ge-
lebt hatt , alß ich , wirdt man
mißtrauisch; den man lernt die
weit kenen.* 104. Sie schreibt:
»Mein gott, wie türieh[t) seindt
doch die menschen in der weit,
bo wenig zeit drin zu leben hii-
I ii-ii nndt sich doch immer pla-
gen wollen undt keine ruhe su-
chen wollen! Daß maß eine
iTu\sehung gölten sein, damitt
wir unß nicht nl sehr ahn die Be
weit attachiren mögen undt zu
große mühe haben, ?.u sterben.*
165. 166. Vergl. a. BM. Sie
äußert sich über den werth der
gesundheit 1ÖÖ. Sie hört herz-
lich gerne geinter - gesebiebten,
glaubt sie aber nicht 171. Sic
glaubt auch an keine bechserei
189. 248. Sie liebt die araneien
nicht, iie sagt: .Ich gehe alß
meinen weg forth. mag nicht
klagen; so lang ich mich schle-
pen kan, thue ich wie ordinarie.«
174. »Mein magen hatt sich
aebr ahn den braunsweigi sehen
speyßen gewohnt in den 4 jali-
r[c]n, daß ich zu Hannover bey
ina taute s.geweßen.« 174. »Com-
pltmentiren ist mein sack gantz
undt gar nicht. Ks ist , gott
lob , die mode nicht hir , man
helt es vor ca[in]pagnar[dj undt
provincial.« 175. Vergl. e. 193:
»Coinplimentiren finde ich sehr
unartig , aber politease haben
undt boBlich sein, da halte ich
viel von.« Vergl. auch s. 295.
»Man thet niir einen schlechten
poßen , wen man mich nur autf
sup)«n au gast bitten solte; ich
eße mein leben keine, alß welche
man hir nicht machen kan, alß
gerstenmip, weinsup, bieraup undt
haberwelitaup.« 17ii. »Ich werde
daß schreiben nicht müde, den
ich kan sonsten nichts thnn.
Arbcyttcri int mir ohnmüglich
[vergl. «. 324] undt ich kan kein
augenblick sein, ohne waß !
thun; den nichts zu thun, macht
mich melancoüsch , muß endt-
weder leiten oder achreiben, s<
sten kan ich nichts thun.
leße aber nicht bo viel , alß ich
achreibe ; den ich habe nicht zeit
genug zu leßen, den im schrei-
ben kan man noch eher mitt den
leiitten reden, alß im leßen, undt
daß muß ich immer thun. Also
muß es Biich nicht wundern,
liehe Louise , wen ich oft't über-
zwerg schreibe nndt viel fehler
in meinen brieffen sein , i
ist nicht au a zusprechen, n
ich interompirt werde.« 179.180.
»Ich gestehe, daß ich nichts guts
ahm ehest and t finde , wii
es auch wenden undt threhen
mag. Were ich mein eygener
herr geblieben , hette ich mich
eben so wenig geheüraht . alß
Ihr, liebe Louise!« 180. Wei-
teres über heirathen und wider-
heirathen 180. 181. 205. 889.
351. »Madame de Chasteauthier
sagt alß , daß , wer heürahten
will, milße mich nie conaultiren,
ich machte gar zu ein bi
sehen »uff den heyraht nndt
würde daß heürahten
gantz verleydpn.^ '217. 245. Sie
schreibt: »Die königlich.: paliist
aeindt nicht allezeit die örter.
wo man ahm vergnügsten ist ;
aber ich muß gestehen, daß, w
ahn einem ho Hieben gewohnt
ist, kan sich ahn kein privat
undt bürgerlich leben gewöhnen.
So geht mirs nun, liebe Louise,
ich muß es gestehen.« 182. »Mein
gott, wie künt Ihr Euch mitt so
arbeydtsletttte behelffen , inson-
derheit, mitt zimerleütten ! Ich
kan nicht dawern, wo man starck
klopfft, [da] könte ich ein landt
verlaßen; ich kana nicht auß-
atehen.« 182. 183. .Ich dancke
Euch, gott den allmachtigen vor
mein söhn gebett zu haben ; er
hatt ea hoch von nöhten.« 183.
Sie spricht sich über ihres sohnes
regentschaft aua 183. 203, 222.
223. Sic iat beim volke beliebt
184. 192. 235; beweise hierfür
201. 238. 343. 378. Sie sagt:
»Auff peuple-lieb ist nicht zu
banen, daß ist eine gar m un-
beständige Sache.« 235. Sie hat
seit drei monaten nichts, als pa-
pier-geld, bekommen , aie sagt :
»Die billieta de banque seindt
mir recht zuwider.« 189. Vergl.
s, 197. 230. 235. 244. Über die
abachaffung des papiergeldea
vergl. s. 318. 324. Sie schreibt:
»Von denen, so sich die otlVndt-
liche diacipline haben auff der
gaßen geben laßen, daß würde
man bir im landt nicht leyden
undt vor eine inmodeatie halten,
wie es auch in der that ist. So
albere sacben kan ich nicht ley-
den.« 190. Sie spricht mit ihrem
Bob«e , dem regenten , nie von
staata -aachen KU. Sie sagt: .Ich
wilnsche noch fürchte, gott lob,
den todt nicht, hiih mich g.intz
in gottes willen ergeben.« 192.
Sie schreibt : >Ach, liehe Louise,
unruhig zu loben, daß habe ich
seyder 49 jähren , daß ich in
dießem landt bin, braff gelernt,
ja schir gewohnt ; es wirdt mir
auch woll biß ahn mein endt
ao gehen , da reche ne ich autf,
bin fest drauff gefast undt er-
gebe mich in den willen gottes,
er gebe mir nur, waß mir mit'*
undt seelig mag [sein] ! Nur
eine gnade bitte ich von gott,
dem allmachtigen, nehmblich mir
meines aohna todt nicht zu er-
leben laßen.« 196. 197. Sie
achreibt an den kurfürsten Franz
Ludwig von Trier einen brief zu
gunsten dea Heidelberger schloßes
197. 198. 203 Vergl. s. 230. 307.
Sie gibt einen beweis ihrer großen
Selbstbeherrschung 199.200.201.
Sie äußert sich über den zuneh-
menden geiz und die wachsende
habsucht , die sich auch darin
zeigt , daß man nicht wie vor-
dem häuser auf die dauer baut,
sondern gar zu geachwind , nur
um geld ku gewinnen 204. Vergl.
s, 263. Predigten sind ihre aaclie
gar nicht, aie gibt die gründe
ihrer abneigung dagegen an 206,
Die erinnerung der Pfalzer an
sie touchiert aie allezeit recht
SOG. Sie spricht von dem plötz-
lichen tode ihres gemahla 206.
Sie liest regelmäßig die Bibel
194. 214. 217. 261. 280.286. 292.
307. 312. 852. 356. Sie sagt:
• Ich halte gern, waß ich ver-
spreche.« 218. «Ich halte, so mir
möglich ist, allea, waß ich ver-
spreche.« 247. Vergl. s. 363. Sie
gibt ein mittel gegen einen bö-
sen finger an 219. 247. Über
schreiben mit der linken band
219. Elisabeth Charlotte thut
• viel lincke aachen« 247. 248.
Sie hat keine ambition 224. Sie
schreibt: »Meint Ihr den, liebe
Louise , daß ich mein leiten we-
der psalinen noch lutherisch lie-
der ainge 'l Ich kan noch viel
26-
außwendig undt öinge sie offt,
finde es tröstlich.« 224. 303. Sie
erzählt, was ihr aus anlaß dieses
ihres «ingena mit dem maier
.Jacques Rousseau begegnet 225.
Vergl. b. 303. Sie spricht sich
über die melodie des liedes »Ich
hab' mein sach gott liei ragestellt«
»na $25. 22Ü. Sie hat das fran-
zösische tanzen nie geliebt 227.
Vergl. s. 244. Sie hat gar viele
kupferstiche vou Merian , auch
seine deutsche Bibel und die Tier
monaruhieen 229. Sie äußert
sich über das System von Law
229. 235. 289. 281. 282. 285. 290.
303. 310. 328. Für sich fürchtet
sie nichts , sie ist nur in angst
für ihren söhn 229. 230. Sie sagt:
»Man ist doch nie woll in der
frerabtenndt beßerzu hauG undt
in seinem vatterlandt, alß in der
frembte.« 231. Sie schreibt: »Die
weit kompt mir eben vor alß
wie daß balet, so man einmabl
zu Heydelberg gedantzt, von der
verkehrten weit; den sie ist in
allen orttan undt enden, alß wen
sie verkehrt wehre , alles geht
iiberzwerg.« 232. Vergl. s. 272.
290. 'Schweygen kan ich woll,
man sichts mir aber woll in dorn
gesicht ahn, wen mir etwaß fehlt,
wen ich erschrocken oder grit-
lich bin. Daß weinen habe ich
gantz abgeweint [?inir ganz ab-
gewöhnt] , kan weder weinen,
noch recht von liertzeu mehr la-
chen.« 234. Vergl. s. 265. 231.
299. »Schweygen undt leyden
lernt man meisterlich in dießem
landt, meritire also nicht, drüber
gelobt zu werden.« 234. »Solang
die weit stehen wirdt , werden
Sünden sein , wie man klar in
der l.eyligen schrifft sieht.« 235
Aus anlaß des unbegründeten
gerüchtes von einer Übersiede-
lung des ganzen bofes nach Ver-
sailles schreibt Elisabeth Char-
lotte folgendes: »Versaillewürdte
mich üu tvawerig machen, so
gantz ander leben dort zu sehen,
alG ich gewohnt geweö
auch gar zu andt nach unßerm
könig thun. Wen ich unßern
jungen könig in der großen kutsch
sehe, wo ich so manch mahl
unßerm könig auff die jagt ge-
fahren] undt alle reißen so lustig
gethau , kan ich eB nicht ohne
tlirenen sehen, will geschweygen
den daß arme Versaillen.
Sie sagt : » Ich kan kein blat
vors maul nehmen.« 239.
schreibt: .Weniger unruhe
mir woll kommen, wen es gottes
will were, aber freüden , liebe
Louise , die können mir nicht
kommen; daneke Euch doch,
solches zu wünschen.« 239. Vergl.
s. 265. 279. 326. 333.
• Man kan olinmöglich hir ruhig
leben, welches mir doch jetzt
meinem hohen alter sehr nöhtig
were. Aber waß will man thunV
Gott, der allmächtige, ist herr
undt meister; alles muß nach
seinem h. Schluß gehen, ^undt
wen er will, daß man leyd<
solle, muß man leyden undt sich,
so viel möglich ist, in seine
h. willen tnitt gedult ergeben.
242. »Christlich leben ist hi
bey hoff gar eine rare sach; ma
sorgt mehr , wie man in di
biLiiijun gehen kan. alß im hin
mel.« 243. »Gott verzey -mirs
aber weder in gemiihla, noch er-
haben sehe ich die Bachen
405
der passion von unßern herrn
Chfrjstus nicht gern.c 245. »Vor
20 Jahren hette ich woll ge-
wünscht , ein manßmensch zu
sein können, meinem vatterlandt
zu [dienen]; aber nun wer der
wünsch zu ohnnöhtig, den ich*
muß ja nun baldt davon.« 245.
»Ich weiß nicht, ob man daß
vor gar christlich passiren lest,
daß man nicht zum kirchenfrie-
den helffen will.« 246. Sie hat
nicht gerne, daß man ihr etwas
verhehlt, und gibt ihren grund
dagegen an 250. 310. Ihre kennt-
nis des Vergilius und Ovidius
251. Sie sagt: »Waß man lu-
stige melodien heist, alß menuets
undt rigaudons, die kau ich vor
meinen todt nicht leyden. Dieße
melodeyen haben mir die ope-
raen verlaydt undt es geht mir
wie monsieur Grichard le gron-
deur, ich liebe »la dance grave
et tres grave.« 256. »Ihr habt
woll groß recht, liebe Louise,
daß man sich in dieser weit
über nichts recht erfrewen kan
undt alles gar unvolkommen ist.«
258. Sie erhält auf befehl ihres
sohnes, des regenten, alle wochen
geld, was hoch nöthig ist 263.
Sie sagt : »Man ist schuldig, sein
bestes zu thun in dießer weit,
weillen wir ja Christen sein wol-
len.« 270. »Ich muß gestehen,
daß mich die musiq gar nicht
mehr lustig macht, sondern es
erin[e]rt mich ahn lautter trawe-
rige Sachen, daß ich gantz nach-
denckisch undt trawerig davon
werde.« 271. Vergl. s. 299. Sie
äußert sich über die sittliche
aufgäbe, die den menschen von
gott gestellt ist 271. 272. Sie
fürchtet den donner nicht, hat
sich in Heidelberg daran ge-
wöhnt 275. Sie macht mitthei-
lungen über die in unglaublicher
weise zunehmende theuerung 275.
345. Sie begehrt- weder etwas
vom könige, noch von ihrem
söhne , viel weniger noch von
Law, hat aber gern, daß man
sie richtig bezahlt, damit ihre
domestiquen nicht noth leiden;
sie ist niemanden etwas schuldig
276. Vergl. hierzu s. 285. Sie
schreibt : »Wir haben gottes
hülff zwar hoch «von nöhten, al-
lein ich fürchte, wir leben nicht
genung darnach, daß unß gott
gnädig sein möge.« 280. »Ich
weine nicht mehr, liebe Louise!
Warumb wolt Ihr dan weinen?
Ich habe gott dem allmächtigen
alles heimgestelt, den laß ich
walten, dancke ihn von hertzen,
wen ein tag vorbeygeht, daß ich
keine böße zeittung erfahren,
erwartten nichts gutts undt gehe
hübsch still meinen weg fort.
Daß ich sagen solle, daß ein
solch leben ahngenehm ist, müste
ich lügen. Ich suche, mich zu
distrairen, ich leße, schreibe, gehe
undt fahre spatziren; ich gehe
all woch einmahl in die com-
medie, mitt einem wort, ich suche
alle distractionen, so mir immer
möglich sein, nachdem ich mei-
nen söhn undt mich selber gott
befohlen habe. Drumb gebt Euch
auch zufrieden, bettet vor unß
undt last im überigen gott walt-
ten!« 281. Vergl. s. 284. 288.
299. 302. 303. 318. 319. 326. 349.
Sie sagt: »Nichts finde ich am-
ba[rras]santer , alß wen einen
leütte, die nicht unßere sonder-
4
406
bahre freunde sein , waß ver-
ehren wollen; daß macht mich
gantz gritlich.« 283. »Ich liebe
die küpfferstüek mehr, alß nie,
habe auch eine große menge ;
zu Paris habe ich einen gantzen
schranck voll von gar schönne
stücker.« 285. Sie beklagt sich
darüber, daß ihre briefe geöffnet
werden und gibt näheres darüber
an 289 und 292. Vergl. s. 293
und 323. 324. 353. 354. Sie
schreibt : »Es ist die mode nicht
mehr, j nnje^gtnäere w eltr zu g lau-
ben. Alle manßleütte, auffs we-
nigst hir im landt, piquiren sich
hirvon, welches ich abscheulich
finde undt sage es blat herauß.
Man lacht mich auß , aber ich
frag kein haar darnach , sage
allezeit meine meinung plat her-
auß.« 297. »Geschickt hundt zu
sehen, wer eine rechte feste vor
mich geweßen ; ich liebe sie gar
sehr, findt leicht alles schön, waß
sie thun « 308. »Auff den re-
veüen gehe ich nicht mehr ; ging
ich hin, müste ich weinen, den
es würde mich zu sehr erinern
ahn den zeitten. wie ich alß mitt
unßerm könig s. auff die reveuen
geritten bin.« 309. »Ich kan
ohnmöglich daß lachen halten,
wen jemand ts fält ; wen ich sel-
ber falle, muß ich lachen.« 317.
»Ich bin gar offt vor 10 in mein
bett.« 317. »Sie zweyfflen hir
nicht, daß ein gott seye, aber
woll , daß er sich umb unß be-
kümert, noch darnach fragt, waß
wir auch thun mögen, undt glau-
ben, daß kein ander weit seye
undt weder straff noch belohnung
in jener weit seye. Daß macht
so gottloß leben; umb daß ge-
wiß en zu fühlen, müsten sie per-
suadirt sein, daß straff undt re-
compens wehre, aber daß glau-
ben sie, wie schon gesagt, gantz
undt gar nicht. Ich bin woll
Ewr[e]r meinung, liebe Louise,
daß man sagen kan : »Wehe
denen, so also sein! Es were
ihnen beßer, wen sie nie geboh-
ren wehren.« 319. »So gehts in
der weldt; ein jeder tregt sein
creütz, eines auff eine art, daß
ander auff ein ander.« 321. Sie
klagt über ihre kniee 32%. Vergl.
s. 314. Sie nimmt niemals ta-
bak 324. Sie schreibt: »Ich finde
es bitter langweillig, wen ich
jemandts höre, so allezeit, ohne
auffzuhören, spricht; daß heist
man hir »un moullin a parolle.«
325. »Ein regirender herr solle
seine untherthanen nicht haßen,
sondern alß ein vatter lieben,
oder man wirdts vor gott ver-
andtwortten.« 329. Vergl. s. 336.
Sie trägt ihre kleinen ringe alle
an der linken hand ; an der rech-
ten trägt sie nur den gelben de-
mant, den ihr ihre liebe dau-
phine von Bayern im sterben
vermacht hat 331. Sie schreibt:
»Mich deucht, wir Pfaltzer haben 1
daß, wir lieben daß vatterlandt
biß in todt undt geht unß nichts
drüber.« 338. 339. »In verdrieß-
lichen sachen finde ich , daß
schweygen allezeit daß beste ist.«
341. »Ich bin, gott lob, nicht
interessirt, liebe das gelt nur,
umb es zu verthun.« 345. »Die
mode ist gantz vergangen, ahn
gott undt sein wordt zu ge-
dencken undt ein gewißen zu
haben undt sich darnach zu rich-
ten. Daß seindt einfalten von
407
V >
den vergangenen jähren undt
zeitten, da rieht sich in itzigen
zeitten niemandts mehr nach. Sie
werdens erst erfahren, wen sie
gott braff abstraffen wirdt. Aber
vielleicht werden sie nicht glück-
lich genung sein , gottes straff
in dießer weit zu finden. Es
wirdt woll schlimer undt lenger
wehren, wofern die straff in jen-
ner weit verspart wirdt ; es graust
einem, so ahn gott glaubt, dran
zu gedencken.« 350. »Closter
seindt nicht jedermans thuns. Ich
könte ohnmöglich in einem clo-
ster dawern.« 350. »Es wirdt
mir nur begegenen, waß gott der
allmächtige über mich vorsehen
hatt. Stirb ich von der pest,
so werde ich nicht von waß än-
derst sterben.« 355. Vergl. s.356.
»Man kan den geist nicht alle-
zeit in serieussen sagen [d. h.
Sachen] apliciren, es muß auch
*ein wenig Zeitvertreib dabey
sein ; sonsten wirdt man zu me-
la[n]coljafih lindl^igocondre t i n
welchem standt man weder gott,
noch der weit waß nutz sein
kan.« 363. Ihre Wahrhaftigkeit,
ihr abscheu vor lügen 363. Sie
schreibt : »Ich bin gantz daß con-
trarie von Euch, liebe Louisse!
Die kälte ist mir gantz unerträg-
lich, undt die hitze, so groß sie
auch sein mag, bekompt mir
allezeit woll. So lang man lebt,
hatt man hitze von nöhten; nichts
ist kälter, alß der todt.« 367.
368. Sie äußert sich über ihre
handschrift 368. Sie sagt: »Ich
habe mein leben keine feder
schneiden lernen können, welches
mir recht leydt ist.« 368. Ich
kan nicht leyden, wen man mir
albere possen in der religion vor-
bringt; ich laße es nicht un-
beantwortet.« 368. »Wen ich die
warheit sagen solle, so bin ich,
wie der apostel Paulus sagt, we-
der apol[l]isch, noch paülisch,
noch kephisch, weder reformirt,
catholisch, . noch lutherisch, son-
dern ich werde, so viel mir mög-
lich ist, eine recht[e] Christin
sein undt darauff leben undt
sterben.« 369. »Ich bin eben wie
ma tante, unßer liebe churfürstin
s., bin nicht gern beklagt.« 373.
»So geht es allezeit ; die, so nicht
karg 8e[i]n undt gern geben,
habens nicht, undt die, so reich
sein , werden karg undt geben
ungern.« 377.
Elisabeth Christine, die gemahlin
des deutschen kaisers Karl VI,
fälschlich statt Wilhelmine Ama-
lie, der witwe des kaisers Josef I,
genannt 181, anm. 1.
Enfants de France 92. 93. Petits,
de France 93. 276.
England. »In Englandt stiehlt man,
aber man mordt nicht, wie hir.«
102.
England, Georg I, könig von, 13.
14. 143. 151. 164. 175. 176. »Er
ist tockmeüßich wie der teüffel«
177. 195. 196. 228. 290. 297. 318.
329. 335. 338. 339. 347. 348. 355.
362. 363. 368. Seine gemahlin,
Sophia Dorothea 195.
England, Marie Beatrix Eleonore
von Este, königin von, die witwe
Jacobs II 34.
England, Karl II, könig von, 127.
Engländer sind falsch 118. 119.
Ihr unordentliches leben 232. Sie
sind interessiert 266.
Entragues, D\ abbe* 6. 7. 8. 12.
13. 24. 25. 41. 55. 60. 61. 65.
408
Entragues-Balzac 6.
Erbach, Graf von, 210. 212.
Erziehung, Schlechte, in Frankreich
überhaupt und im königlichen
hause insbesondere 361.
Escurial 305.
Espenlaub, Zittern wie ein, 238.
Essonne 77.
Estampes, Marquis d', 109. Seine
Schwester, mutter des comte de
Fiennes 109.
Estre*es, Duc et mare"chal d', 186.
E8tre*es, Duchesse d\ 248.
Eugen von Savoien , Prinz , sein
bildnis, näheres über ihn 316. 324.
Eurystheus, könig in Mykenä 80.
Fächeux, Les, komödie von Moliere
2. 212.
Fagon, Guy-Crescent, der erste arzt
Ludwigs XIV 38.
Fagon, conseiller d'Etat 365.
Falltrank 352.
Fegefeuer (»Hir hört man wenig
vom fegfeüer sprechen.«) 131.
Ferte', Maison de la, besitzung des
herzogs von Saint-Simon 92.
Feuillade, Duc de la, 122.
Feuillants, Les, HO.
Fiennes, Comte de, 109.
Fiesque, Comtesse de, 64.
Fillon 333.
Flandern 332.
Flecken-fieber 262.
Flederwische in jener weit ver-
kaufen und feil tragen 217.
Foire Saint-Laurent , La, komödie
von Marc-Antoine Le Grand 13y.
Fontainebleau 77. 78. 113. 221.
Fontenoy, Julien, 195.
Forastiere, Gautier de la, 121.
Force, Duc dela, 143. 151. 186. 187.
Force, Duchesse de la, 27.
Forts, Monsieur des, 365.
Foucault, Nicolas- Joseph, im dienste
von Elisabeth Charlotte, der chef
von ihrem rathe 170. 346. 352.
Francheville, Generalmajor de, 28.
60. 258.
Franciscaner 54.
Frank, envoye* von Kurpfalz 32.
Frankenthal 309.
Frankfurt am Main 8. 82. 105. 154.
168. 177. 179. 182. 187. 188. 219.
229. 230. 233. 246. 263. 283. 293.
294. 296. 318. 322. 324. 326. 336.
337.. 338. 371.
Frankfurt an der Oder 14. Die
französische colonie daselbst 15.
Franzosen, ihr ehrgeiz 7. 8. Ihr
Unglaube 12. Ihre eitelkeit 15.
Ihre Unvorsichtigkeit 46. 47. 60.
Sie sind abscheulich interessiert
und undankbar 87. 103. Um die
Franzosen recht im zäum zu hal-
ten, muß man ihnen furcht ein-
jagen und dabei hoffnung geben
87. Vergl. auch die Charakte-
ristik der Franzosen s. 108. Es
ist ein unbändig volk. Der pö-
pel ist beßer und raisonnabler,
als die leute von geburt 108.
Sie wollen ihr leben nicht un-
" recht haben 174. »Es seindt
keine geitzige[re] leütte in der
weit undt welche mehr auff daß
ziegen undt gewinen verpicht
sein, alß die Frantzoßen.« 183.
Vergl. s. 229. 293. 294. 296. 354.
»Der pöpel in Franckreich seindt
gutte leütte, aber die hoffleütte
undt pfaffen seindt lebentigeteüf-
fel ohne erkandtlichkeit , trew
noch glauben, haben keinen an-
dern gott , alß den geitz undt
Mamon. Es ist abscheulich, wie
die leütte sein; man könte es
nicht glauben, wen man es nicht
hört undt sieht.« 203. Vergl.
s. 303. Ihre lasterhaftigkeit 209.
Ihre lust, über alles ein lied zu
409
machen. Elisabeth Charlotte sagt :
»Alles maß in Franckreich ge-
sungen werden.« 245. »DieFran-
tzoßen haben daß, sie nehmen
keine preeautionen in nichts in
der weldt.« 285. Alles ist mode
bei ihnen 328.
Französinnen, ihr Charakter 157.
178. 209.
Frederik, Oberst, söhn von Theodor
Stephan freiherrn von Neuhof 306.
Fresne 264.
Freund in der not, Der, schrift von
Johann Balthasar Schupp 283.
Freunde in der noth, Sprichwort
darüber 282. 283.
Friedens-schluß. »Wozu solten die
friedenschlüße dinnen, wen man
sie nicht halten solte?« 74.
Friederichsburg 146. 177. 197. 198.
203. 235. 367. Das hölzerne
schwedische haus daselbst 367.
Friedrich IV , kurfürst von der
Pfalz 376.
Friedrichshall in Norwegen 304.
Frisch und gesund 87. 105. 107.
110 zweimal. 144. 150. 175. 185.
189. »Wen man frisch undt ge-
sundt ist, wirdt man mitt dem
alter eher dick, alß mager.« 338.
355.
Friesenhausen 208.
Fromenteau, Rue de, zu Paris,
brand in derselben 260. 261. 284.
Fürstenberg, Fürst von, kammer-
richter 320.
Gaillard, Pere, 206.
Galloway, Lord, 65.
Geisenheim 179. 182. 183. 184. 185.
188. 254. 263.
Gemmingen, Herr von, 21.
Gentilhomme de la chambre du
roi 17. 18.
Genua 58. 78. 180. 197. 333.
Gergy, französischer gesandter zu
Venedig 367.
Gesundheit-trinken 173.
Gesvres, Leon Potier de, erzbischof
von Bourges, später cardinal 77.
345
Gesvres (Gevres), Marquis de, 18.
Gezwungen und gedrungen 150.
Gibson, eine Engländerin, kammer-
jungfer in Hanover 374. 375.
Gießen 161.
Gilbert 237.
Gilbert de Voisins 143.
Glocken-Stunde, d. h. eine ganze
stunde 170. 289.
Gloria 95.
Göhrde, Die, 290.
Görtz, Baron von, 13. 88. 137. 142.
174. 219. 258. 318. 377.
Görz, Freiherr von, minister und
freund des königs Karl XII von
Schweden 305.
Göthe 2. 8. 129.
Gold, hoch im preise 324. sehr rar
in ganz Frankreich 376.
Gondrin 46.
Goyon, Madame de, 113.
Graf ton, Lord, 15.
Gramont, Duc de, 262. Mare'chal
de, 328.
Greve, Place de la, 91.
Grevenbruck (Grävenbruck , Gre-
venbrock, Gröbenbruck, Graffen-
brock, Graffenbröck, Gravenbroch,
Gravenbrock, von Grevenbroch),
secretär des kurfürsten Karl Phi-
lipp von der Pfalz 70. 71. 81.
129. 137. 145. 162. 163. 165. 172.
230. 267. 285. 318.
Grignan, Comte de, lieutenant ge*-
ne'ral in der Provence 113. Com-
tesse de, 113.
Grillon bei Dourdan, landgut des
dichters Jean-Francois Regnard
215.
Grimmeishausen, Hans Jakob Chri-
410
stoph von, 282. 283.
Grondeur, Le, komödie von David-
Augustin de Brueys 256.
Groß, Capitaine, 291.
Großherzogin, Die, s. Toscana.
Gueremande, in der nähe von Pa-
ris gelegenes landgut von Law
365.
Guiche, Comte de, 208. Duc de,
262.
Guise, Princesse de, 296.
Haag 207.
Hadamar, Fürstin von, 64.
Hagen, Zwei barone von, 168. Der
älteste derselben 171.
Haidane (Haidan, Haidang) 168.
169. 172.
Hall in Tirol 157. 286.
Hammerstein , Alexander , oberst
297.
Hanau , Graf von , 241. 245. 246.
270. 271.
Handschuchsheim 267.
Hanover, zur zeit von Elisabeth
Charlotte wurde daselbst in den
kaminen mehr torf, als holz, ge-
brannt 111. 195. 196. 228. 258.
290. 297. 318. 385. 339. 341. 351.
Hanover, Benedicte Henriette Ma-
ria, herzogin von, die witwe des
herzogs Johann Friedrich, mutter
der herzogin Charlotte Felicitas
von Modena und der kaiserin
Wilhelmine Amalie, der gemah-
lin des kaisers Josef I 113. 116.
140. 155. 156. 157. 181. 205. 259.
286. 313. 321. 324. Näheres über
sie 326. 334. 346. Ausführlicheres
über sie 347 und 350. 351. 354.
357. 359. 361. 367.370.371.374.
375. Ihre Schwester, Anna, ge-
mahlin von Henri-Jules deBour-
bon, prince de Conde* 181. 347.
350. 356. 357. 375.
Hanover, Johann Friedrich, herzog
von, 347.
Hanover, Sophie, kurfürstin von,
81. 85. 119. Sie hat die Eng-
länder für perfeot gehalten 119.
149. 172.- 174. 219. 240. 279. 373.
374.
Harenberg, Fräulein, 325.
Harley, der gründer der South Seil
Company zu London 262.
Harling, Herr von, 9. 33. 43. 81.
95. 169. 174. 189. 219. 258. 270.
297. 317. 319. 327. Frau von,
ehedem Hofmeisterin von Elisa-
beth Charlotte 250. 272.
Hauteroche, Noel le Breton, sieur
de, dichter 359.
Haye, De, kupferstecher 213.
Hechsen 189.
Hechsen-kind 167.
Hechsen-meister, die in den wöl-
ken stecken (Elisabeth Charlotte
glaubt nicht daran) 189. 248.
Hechserei 248.
Heidelberg, das Eettenthor und die
H.-geist-kirche daselbst 30. mit
Paris hinsichtlich der gesunden
luft verglichen 39. 40. 67. Der
streit wegen der R-geist-kirche
daselbst 71. 81. 82. 84. Näheres
über den streit 101. 105. 230.
Die Neckarbrücke daselbst 104.
Der kammerpräsident daselbst
(vergl. s. 318), der faulste mann
von der weit 137. 165. 177. 198.
203. 230. Der dicke türm, die
kanzlei an dem burgweg 235.
Die luft und das waßer sind in
Heidelberg excellent 23*>. 239.
267. Das schloß daselbst 307.
»Heydelberg ist warmer undt
gesunder, alß Schwetzingen, in-
sonderheit im wintter.« 318. Die
Heidelberger trauben 338.
Heilige-berg, Der, bei Heidelberg
67.
Heiligsprechung, kosten derselben
58."
Heinrieb IV von Frankreich 194.
375. Seine geinahlin, Mariade'
Medici 194.
Heint = heute nacM 214.
Heirath, Der, 217. 245. 251.
Hemd, der königin gereicht 54.55.
Henriette, Madauie , d. i. Anne-
Henriette d'Angleterre, duchesse
d'Orltians , die erste frau von
Monsieur, dem gemable von Eli-
sabeth Charlotte 38. 140.
HÖraclius, tragödie von Pierre Cor-
neille, stelle daraus 223.
Herakles 80.
Hercules 375.
Herrenhausen 196. 290.
Herzöge, Drei, kaufen alle Stoffe,
allen kaffee, alle chocolade und
alle lichter auf, um diß alles
theurer , als die kaufleute , zu
»erkaufen 186. 187. 296.
Hessen-Cassel , Georg , prinz von,
gerühmt 189. 190.
Hessen-Oasse!, Kar!, landgraf von,
vetter von Elisabeth Charlotte
■47. 80. 135, 184. 196. 249. 267.
278.
HeBBen-Casael , Maximilian, prina
von, vetter von Elisabeth Char-
lotte 80.145. Sie schreibt: .Ich
weiß dießen vettern recht danck,
keine inclinatioc zum heürahten
zu haben; daß macht mich ihn
lieb haben, ohne ihn zu keuen .«
189. 279. 301. 325 328. 371. Seine
geruahlin, Friederike Charlotte,
die tochter des landgrafen Ernst
Ludwig von Darmstadt 279. 301.
HesBen-Cassel , Philipp , landgraf
von, 279. Seine gemahlin 279.
Heasen-Cassel , Prinzessin Lisbeth
von, taute von Elisabeth Char-
lotte 378.
Hessen-Cassel, Wilhelm, prinz von,
vetter von Elisabeth Charlotte
80. 145. 172. gerühmt 189. 190.
249. -258. 278. 301.
Hessen-Philippsthal, neffe von Eli-
sabeth Charlotte 278. 279.
Hessen- Rhein fei s , Karl , landgraf
von, 64. 2'i0. Sein söhn 04.
Hessen -Eb ein fels, Landgrafen von,
44. Prinz von, 221.
Hinderson , nachher marijuise de
Foy 154. 355.
Hirnkasten 44. 236.
Hocca, ein glückspiel 273.
Hofmeister und hofmeisterinnen,
Das goschlecht der guten , ganz
ausgestorben 377.
Hoheit, Kömgliche, titel 92.
Hohenlohe, Grafen von, 195,
Holderness, Lady, 282 (vergl. band
II, s. 767).
Holland 206. 303. 309.
Homberg, Wilhelm , zu Batavia
auf der insel Java 8 Januar 1652
geboren , nach einem bewegten
leben gestorben 24 September
1715, seit 1704 erster arzt des
regenten 39. 40. 60.
Homme a bonna fortune, L', zwei
verschiedene komüdien unter die-
sem namen , die eine angeblieh
von dem Schauspieler Baron, die
andere von Jean-Franeois Reg-
nard 273.
Hörn, Graf von, 90. 91. 92. 94. ge-
rädert 99. 103. 121.
Horn-Horn. Prince de, 91.
Hörn. Maximilien de, 121.
Horn-Montmorency 91.
Houssaye, Monsieur le Pelletier de
la, 305.
Hoym, Karl August, graf von, 22.
290. 291. 311." 312.
Hugenotten 336.
Humberg s. Homberg, Wilhelm.
Hummel, Dumme, 150. Tolle, 268.
Hund, den man reden machte 158.
159. Ein geschicktes hilndchen,
das herzog Georg Wilhelm Elisa-
beth Charlotten geschenkt 308.
309.
Iburg 247. 297.
Idstein 285.
Imitation, L\ de Je'sus -Christ, tra-
duite et paraphrasee en vers
fran^is, par Pierre Corneille 214.
Imitutione, De. Christi 214.
Inconnu, L', komödie von Thomas
Corneille de l'Isle und Jean Don-
neau de Visa 32.
Indianer, Zwei, von Elisabeth Char-
lotte und ihrem söhne, dem re-
genten, aus der taufe gehoben 358.
Indien 206. 231. Elisabeth Char-
lotte schreibt: >Wir seindt hir,
alß wen wir in Indien wehren,
wifen schir nichts von waG vor-
geht.« 284. Vergl. s. 295.
Inferno von Dante 254.
Isenhurg, Grafen von, 142.
Isenghien 90.
läse", oper mit text von La Motte,
musik von Destouches 80. 81.
Italiilner, urtheil über dieselben 351.
Jacob 337.
Jacobiner-kirche zu Paris 372. 375.
Jesuiten von der Kettenyaße zu
Heidelberg 74. 13t. 176.
Joconde, lied 314. erzählung von
Lafontaine 314.
Jodelet, ou le maitre valet, komö-
die von Scarron 226.
Johann Casimir, Pfalzgraf, 376.
Juden, Portugiesische, 37. 136. an
Mannheim 165. 213.
Jupiter, Statue des, angeredet 267.
Kacka mainan, Mährchen von, 293.
Kaffee, thee und ebocolade, Elisa.-
beth Charlotten anleidlich 10. 28.
48. 159.
Kaiserin, Die, 1. Eleonore Magd alene
von Pfalz-Ncubnrg, Schwester des
kurfürsten Karl Philipp von der
Pfalz , die dritte gemahlin des
5 Mai 17Ü"i gestorbenen kaisers
Leopold I 32 (s. die berichtig-
ung der anmerkung 1 daselbst
s. 382). 40. 41. 42. 53. 54. 72.
74. 114. 120. 131. 2«. 248. 3(7.
2 Wilhelmine Amalie, diewiftve
des kaisers Josef I 181, wo in i
1 fälschlich Elisabeth Christine
u. b. w. genannt ist. 350. 351. 375.
Kii.mmer-f'rau 377.
Kammer-kätzehen. »Ton einen
camm[e]rkH.tzgen kan man
sprichwordt sagen, dafJ es linefcs
undt rechts ist, wie eine clostei
katz.. 248.
Kammer-knccht 358. 368.
Kammer-magd 345. 373.
Kammer-weib 154. 177. 278.
Karl, kurfürst von der Pfalz 1080
bis 1685, bruder von Elisabeth
Charlotte 85. 204. 235. Er hatte
Heidelberg lieber, als Mannheim
239. 325. 367. 375. Seine ge-
rn ahlin 177. 325. Über seinen
tod 239. 240.
Karl V, sein trictrac- oder damen-
bretspiel 213. 245. Sein Schach-
spiel von krystall 245.
Karl VI , deutscher kaiser 82. 85.
122. 131. 132. 105. 241.
Karl Ludwig , kurfürst von der
Pfalz, der vater von Elisabeth
Charlotte 34. 111. Eine änUe-
rang von ihm über drei arten
von charlatans, neuilich pfaffen,
doctoren und advoeaten 114.
Er hat die Engländer für per-
fect gehalten 119. 130. Er hat
Mannheim wol herzlich lieb ge-
habt 239. Die Ursache si
todes 239. 240. 254. 325.
Seine zweite gemahlin , Luise
freiin von Degenfeld 3S7. Er
sagte, »daß daß geschlegt von
den glitten hotfnieiater undt lioff-
nieisterin[e]n gantz außgestorben
i 377.
i Pfalz,
Karoline, raugräfin !
mahlin des herzogs Meinhard von
Schomberg, Schwester der rau-
gräfin Laue, ihre handschrift, der-
jenigen von Elisabeth Charlotte
zum v er Wechsel n ähnlich Btiö.
Karpfen, in Frankreich nicht gut
zubereitet 192.
Katechismus, Der Heidelberger, 165.
Ketsch 267.
Kilmarnok, Lord, 305.
Kirhe = geachcnk von der kirch-
weihe, jahrmarkta-geachenk 312.
324. 330.
Kirchenlied 25. 26. 102. 224. 225.
22(1. 281.
Kirkall, E., 226.
Klosterkatze 248.
Kochmonat, Der, der August 248.
275.
Komödianten , Die deutschen , 66.
135. 313.
Komödie, Die italiäniache, zu Paria
222. 328. 356. 358. 371. 378.
Künigamark, Aurora von, 232.
Königamark, Karl.Tohann graf von,
127. 128. 150. Seine geliebte, die
gräfin von Southampton. die ihm
in pagenkleidern gefolgt 127.
128. 150.
Köuigsniark, Philipp Christoph graf
von, 127. 150,
Königs-stuhl, Der, 67.
Kur-Bayern, d. i. Maximilian Em-
manuel , kurfürst von Bayern
82. 116. 117. 304. Seine inätresse,
madaine Baimond 117.
Kur-Pfalz, d. i. Karl Philipp, kur-
fürat von der Pfalz 18. 19. 40.
41. 42. 43. Ein hrief von ihm
an Elisabeth Charlotte 72. 74.
81. 82. 84. 100. 101. 102. 104.
109. 124. 130. 137. Elisabeth
Charlotte achreibt: »Wen der
churfiirst die arme Heydelber-
g[er] so plagen will , gemandt
ea mich ahn die kinder , ao in
der lutt't speyen , daß ea ihnen
selber wider auff die naß feit;
den da kan dicGer churfiirst kein
vortueil von haben, sondern nur
selber Verlust undtehagrin. Mein
gott, wie kan man sich so von
den wüsten pfaffen bethüren la-
ßen , wen man v erstand t hatt,
wie Ihr versichert , daß dießer
herr hattlt 145, Weiteres über
den kurfürsten ebendaselbst. 150.
»Daß vielle sauffeit [vergl. s. 145]
undt die pfaffen müßen Chnr-
pfaltz daß hirn verthrehet haben
undt sein eygen interesse nicht
erkennen machen, aeinen armen
unterthanen lautter bBßes ahn-
statt guttea zu thun.« 158. 162.
163. 165. 169. 176. 184. 188. 198.
204. 230. 233. 261. 267. »Chur-
pfaltz wirdt es nicht vor gott
verantworten können , wie er
mitt seinen armen untherthanen
urobgehet.« 285. 301. Seine mä-
treaae 301. 307. 318. 319. 829.
336. 339. 345. 848. Sein vater
und bruder 109. Seine mit dem
erbprinzen von Sulzbach ver-
mählte tochter, Elisabeth 137.
Sein secratär 70. 71. 81. 129. 137.
Kur-Trier, d. i. Franz Ludwig, erz-
bischof und kuri'iirst von Trier
197. Ein brief von Elisabeth
Charlotte an denselben 198. 203.
230. Er schreibt an Eliaabeth
Charlotte über die von dem kur-
fürsten Karl Philipp beabsichtigte
414
widerherstellung dea Heidelber-
ger schloßes 307. 341.
Entscher tragen große bärte 127.
sind ordinarie gar insolente leute
301.
La Barre, Madame de, eine Straß-
burgerin 232. 233. 236. 269.
La Calprenede, Gautier de Costes,
Chevalier, seigneur de, dichter
330. 359.
La Charit«* 110.
Ladenburg 104.
La Fleur, Schauspieler 139.
LaFontaine, Jean de, der dichter 314.
Lagarde, intendant von Elisabeth
Charlotte 276.
Lagny 248.
Lambert, Hotel, 225.
Lambesc, Princesse de, 73. 148. 170.
Lamie, Ausgehen auf ein, 197. 258.
259.
Lamy, Dom, Benedictiner 248.
Landsknecht, spiel 141.
Langhanns, hofprediger und Jrir-
chenrath zu Heidelberg 240.
La Palice 113. 115.
Laquais 94. Große frechheit der
lakaien 264. 265. 276. 299.
La Serre , Jean-Louis-Ignace de,
sieur de Langlade, dichter 50.
Lasse", Graf von, 365.
Launay, Mademoiselle de, 108.
Lauraguais, Comte de, 4.
Laval, Monsieur de, 108.
Lauzun, Duc de, 244.
Law, John , 16. 19. 29. 35. 36. 92.
97. 98. 102. 103. 121. 160. 161.
183. 184. 191. veranlaßt durch
seine finanz - Unternehmungen
einen aufstand zu Paris 199. 200.
201. Schmäh-schriften und spott-
bilder gegen denselben 202. 209.
211. 212. 222. 229. 230. 235. 238.
239. 241. 242. Elisabeth Char-
lotte schreibt: »Ich habe mein
leben keinen Englander oder
Schottlander so poltron undt
forchtsam gesehen, alß Laws Ist.
Der reichtum macht furchtsam;
man quittirt nicht gern sein
haab undt gutt.« 242. 243. 276.
277. Bemerkung des herzogs von
Saint-Simon über die Wirkungen
des Systems von Law 277. 278.
281. 282. Seine bank-zettel, zu
unnennbaren zwecken benutzt
282. 285. 290. 296. 301. 303. 310.
319. 328. 349. 350. 863. Sehte
letzten Schicksale , sein tod 364
bis 367. 386. Seine gattin 29. 36.
296. 367. Seine tochter, von la-
kaien beschimpft 265. 276. .277.
Näheres über dieselbe 295. 296.
299. Sein bruder 306.
Leclair, huissier von Elisabeth Char-
lotte 4L 162. 184. 277. 278. Seine
frau 15. 41. 162. 184. 192. 204.
277. Ihr tochtermann, Andre*
277. Ihre, dem marquis d'Oise
verlobte enkelin 162. Ihr höchst
merkwürdiger heiraths-contract
277. 278.
Lefevre 8. 9. 14. 22. 29. 31. 40.
41. 69. Elisabeth Charlotte macht
eine orthographische bemerkung
über seinen namen 74. 75. 86.
105. 106. 146. 159. 175. 176. 189.
232. 244. 258. Seine Unbestech-
lichkeit 263. 272. 275 282. 307.
Le Grand, Marc-Antoine , dichter
139.
Lehren = lernen 150. 152. 180.
Leopold I , deutscher kaiser 32
(s. die berichtigung der anmer-
kung 1 daselbst s. 382). Seine
dritte gemahlin, Eleonore Mag-
dalene von Pfalz - Neuburg , s.
Kaiserin, Die.
Leiningen- Westerburg , Graf von,
294,
415
Lerna, Die hydra von, 80.
Lernen == lehren 197. 219. 336.
Leroi, advocat von Elisabeth Char-
lotte 31. 69. 244.
Le Sage, Alain Rena, der dichter 328.
Leschenbrand, Fräulein, 325.
Lessing, Gotthold Ephraim, 359.
Lestang 91.
Leutrum, General, 184.
Lieder, -Geistliche, werden in fran-
zösischen katholischen kirchen
nur lateinisch gesungen 218.
Lieder, Lutherische, strophe eines
solchen 25. 26. 192. 224. 225. 226.
281. 303.
Ligne, Prince de, duc d'Aremberg
121.
Ligny, Comte* de, 84.
Ligny, Comte de, nachher Duc de
Chätillon, der zweite söhn des
duc de Luxembourg 346.
Lille 12. 24. 55. 60.
Linck, Regiment de, 232.
Linieres , Pere de , Jesuit , beicht-
vater von Elisabeth Charlotte
167. 320. 321. 832.
Lippe-Bückeburg, Der junge graf
von, 39.
Lobwaßer, Ambrosius, kutscher von
Elisabeth Chariotte zu Heidel-
berg 84. Sein söhn, Matheis,
diener der raugräfin Luise 84.
Löffel (etwas mit löffeln gefreßen
haben) 250. 324.
Löwenstein, Graf von, fürst-abt der
gefürsteten Benedictiher - abtei
Murbach im Oberelsaß 29. 33. 42.
43. 44. 55. 59. 84. 104. 117. 141.
London 226. (Londen) 228. 282.
335. 368.
Longchamps, kloster 154.
Longueuil, Monsieur de, 377.
Lopes de Villanova 33.
Lothringen und Bar, Leopold Karl,
herzog von , der Schwiegersohn
von Elisabeth Charlotte 67. 70.
111. 122. 190. 321.
Lothringen und Bar , Elisabeth
. Charlotte, herzogin von, die toch-
ter unsererer herzogin Elisabeth
Charlotte 27. 33. 67. 70. 84. 96.
97. Sie hat 14 kinder gehabt
107. 111. 122. 133. 234. Sie fährt
wider auf die hirschjagd 266.
268. 290. 292. 300. 311. 317.
Elisabeth Charlotte schreibt : »Ich
kan daß meiner dochter mitt
warheit nachsagen, sie ist daß
beste mensch , so man finden
mag.« 321. 324. 327. 330. 335.
338. 349. 361. 364. 370.
Louvre, Le vieux, 260. 284. 357.
Lude, Duc du, 199. Seine erste
gemahlin, aus der familie Bouille
199.
Lude, Duchesse du, 199. 273. 358.
Ludres, Madame de, 219.
Ludwig XIII 115. Seine bestim-
mungen über die heirathen derer
aus königlichem geblüte 251.
Scherz seines narren 279 und 290.
295.
Ludwig XIV 18. 46. 54. 60. 77.
114. 128. 137. 152. 159. 169. 177.
179. 193. 237. 243.257.267.271.
276. 309. 345. 361. Ein gesprach
von ihm mit Elisabeth Charlotte
374. Seine gemahlin, Maria The-
resia, die tochter des königes
Philipp IV von Spanien 54. 228.
234. 271.
Ludwig XV 42. 45. 46. 48. 49. 51.
78. 110. 113. 115. 173. 187. 201.
214. 222. 236. 237. 242. 273. 276.
285. Näheres über ihn 309. 332.
334. 356. 357. 358. 363. 364.
Ludwigssee 235.
Lület , Frau von , in Heidelberg
61. 62
Luise, raugräfin zu Pfalz, die halb«
schweater von Elisabeth Char-
lotte, ist nicht abergläubisch -34.
Ihr geburtstag 52. Sie thut alles,
für keine pietistin zu passiren
55. Ton ihrem gar guten ge-
müthe ist Elisabeth Charlotte
gar wol persuadirt 74. Vergl.
s. 152. Sie liest die briete von
Elisabeth Charlotte mehr , als
einmal 120. Elisabeth Charlotte
schreibt ihr: »Wall unßere arui-
tie 1 [betrifft], i
»Cela
s dire-> 131. >Ver-
stiuit.lt fehlt Euch nicht undt
habt den ruff bey alle, die Eiicli
kenen.« 159. Sie schreibt gar
gut französisch 1G7. 175. Ver-
muthung unserer herzogin über
den grund, weshalb Luise sieh
nicht verheirathet hat 217. Eli-
sabeth Charlotte sagt : »Ich
zweyffle nicht, daß, weillen Ihr
Euch dem allmächtigen gantz
ergeben habt, daß er allezeit vor
Euch sorgen undt Euch, liebe
Louise, nicht verlaßen [wird];
auift wenigst wünsche ich es von
grundt meiner seelen.i 217. Sie
Bagl , sie sei auch nicht ach (in
226. Sie ist Elisabeth Charlotten
zu vielem nütze 252 bis 254.
Vergl. s. 282. Die herzogin
schreibt ihr; .Ich bin gern in
Ewern gedancken undt ha.be
glauben ahn Ewerin gebett undt
bin persuadirt, daß der allmäch-
tige eher die puren undt fromme
seelen, wie Ihr, liebe Louise, seydt,
erhöret, alü andere.« 257. Vergl.
s.285. •Guttegebetterhaben wir
hoch von nöhten, liehe Louise!«
269. Vergl. s. 294. »Ihr habt
woll groß recht, gott lob zu sa-
gen undt gott zu dancken, nicht
geheüraht zu nein.« 259. Sie be-
sitzt vier bildnissc von Elisnbt
Charlotte 269. Sie furchtet d
donner ebensowenig als Eli
beth Charlotte '275. Elias bi
Charlotte schreibt ihr : »Ma
Strasburg werden wir woll nicl
Ich wolte, daß wir hin würdi
umb den trost zu haben, Eü
noch cinmahl vor meinem en
zu anibrassiren.« 300. Ihre nii
ter, die frau raugrälin 317. I
alter im Verhältnisse zu de;
jenigen von Elisabeth Charlol
325. Elisabeth Charlotte v(
spricht Luinrn, ihr mit jeder [K
zu schreiben 332. Ihre
achrift 363. Sie hat nur z
pferde 377.
Lulli. iiioviinni liiitti^tn. compiH
187. 357.
Luneville 133. Das schloß zu,
86. 321. 322.
Lussan, Madame de, 269.
Lutzau 311.
Lntzeibourg, Monsieur de, 320.
Lutv.enburg, hofmeister des kur
prinzen von Sachsen 320. Elisa
beth Charlotte schreibt: >Waß
ich Übel ahn dem Lutzenburf
findt, . . . ist, daß man sagt, daü
er sich piquirt, weder ahn gott
noch ahn teütf'cl zu glauben, k
glaub nicht , daß ein solch«
mensch sein leben glück haben
kan, undt glaube, daß sie
sinnen kommen.» 347. 348.
Luxem bourg 326.
Luxembourg, Duc de, 346. Sein
zweiter söhn, der duc de 0fa&-
tillon, der weder c noch g
sprechen kann 346.
Luxemburg, M. de, 32.
Luxembourg, Palais du, 347. 351
356. 357.
Luxus, hoch gestiegen 230.
Luynes, Dnc de, 132.
Lyon 78. 110. 113. 269.
Madrid im Bois de Boulogne 124.
25S. 261. 262. 268. 270. 284. 289.
297. 299. 323. 332.
Madrid in Spanien 304.
Maine , Anne-Louise-Be"ne"dicte de
Bourbon-Conde, genannt made-
moiselle de Charolais, dachest»
du, 11. 13. 23. 24. 28. 36. 44.
107. 108.117.131.242. Sie wird
wegen ihrer Verschwendung von
Lagarde, dem intendanten von
Elisabeth Charlotte , zurechtge-
wiesen 276.
Maine, Louis* Auguste de Bourbon,
dnc du, 11. 23. 24. 36. 44. 60.
108. 179.
Maintenon , Francoise d'Aubigne,
marquise de, 152. 153. 178. 179.
213.
Mainz 261. Kurfürst von, 329.
Malause, (Charlotte Bourbon) Ma-
demoisello de, 249. 254. Ein
französischer brief von ihr an
Elisabeth Charlotte 255. 256. 267.
268. 282.
Malte, Chevalier« de, 304.
Mammon 103. 203. 266. 288.
Mannheim 104. Elisabeth Char-
lotte schreibt ; »Manheim ist
nicht so ungesundt , alß man
sagt. Ich bin ja lauge jähren
dort geweücn undt nie kranck
worden; man muß aber dabey .
Heydelberger waßer drincken.!
134 (vorgl. B . 329). 146. Der
schloß- bau daselbst 150. 158.
Verlegung der kurfürst liehen re-
sidenz dahin 165. Das Zollhaus
bei dem Neckarthore, das scbwib-
bogen-haus, das hölzerne schwe-
dische haus daselbst 169. 197.
198. Die herzogin sagt : .Daß
man Manheiin undt Friderichs-
ElitabMh Clliulotls
bürg wieder bauet, höre ich gar
gern; den ich habe Manbeim
all mein leben lieb gehabt, aber
ich mügte wünschen, das es Hey-
delberg nichts schaden mögt«.«
203. 233. 235. 236. 239. Elisa-
beth Charlotte schreibt : »Ich
scheue die hitze nicht , dnimb
war ich gern zu Manheim.. Es
were mir leydt, wen daß schloß
zu Manheim nicht außgebaut
[würde]. Wir seindt ja gar offt
im somraer dort geweßen.« 239.
Die pest daselbst 262. 335. 336.
Man ns- mensch 245. 287.
Mantua, Das haus, 347.
Marcelli, secretär der herzogin Be-
nedicte Henriette Maria von Ha-
no»er 350. 351. 374.
Marcieux, Chevalier de, 23.
Marck, Comte de la, 69. 142.
Mariage de conscience 374. 375.
Mariage force', Le, komüdie von
Moliere 74.
Marienliurg 298.
Marion, Monsieur, 14. 29. 86.
Marly 225.
Marmontel 139.
Marseille 78. Pest daselbst 261.
269. 2S5. 296. 3u2. 307. 308. 326.
336. 341. 355. 383 bis 385.
Marthe , superioure der Carmeli-
teriunen, eine gute freundin von
Elisabeth Charlotte 106. 107. 110.
126. 133. 138. 140.
Marton s. Marthe.
Matheis (Lobwaßer) , diener der
raugräfin Luise 84. 330.
Maubourg, Madame de, 174.
Mausig machen, Sich, 260.
Maximilian Wilhelm, Herzog, 176.
Mazarin, Cardinal, ein worL von
ihm über die Franzosen, er läßt
die gegen ihn gerichteten bilsen
lieder aufsuchen und hernach
27
heimlich um theures geld ver-
kaufen 129. Eine äußerung von
ihm über die Französinnen 157.
Mecklenburg, Herzog von, 256. 257.
Eine Unterhaltung von ihm mit
Elisabeth Charlotte und ein aehr
sonderbares gespräch desselben
mit Ludwig XIV 257. Seine
zweite gemahlin 257.
Medaillen 141. 145. 166. 170. 172.
189. 194. 196.221.226.227.228.
244. 248. 251. 254. 276. 283. 290.
293. 294. 324. 343. 348. 369. 375.
37G.
Medici, Maria de', gemahlin Hein-
richs IV von Frankreich 194.
Melibrt, Duchesse de, witwe des
herzogs von Albemarle 269.
Melun 29.
Mensch, Das, (nicht in üblem sinne)
179. 321. 345. 351. 375.
Menzikow 298.
Merian, Die künstlerfaniilie , 228.
Merinville, Madame de, 138.
Merinville , Charles - Franoois des
Montiers de, bischof von Chartres
77.
Meai , Monsieur de , gemahl der
princesse d'Auvergne 232.
Mesmes, President de, 15. 200.
Messina, Medaille von, 293. 324.
Me'tal de prince 345.
Mettwurst 142. 169. 174 192.
Metz (man il.'t viele gute aachen
daselbst, insonderheit kleine pa-
stetchen, die cxcellent sind) 192.
Meudon 216. 229.
Miausse, bankherr zu Brüssel 366.
Mille 91.
Misaionnaires 190.
Mississippi 1 62. ] 63. 1 65. 242,
-banque 324. 827. 328. Elisabeth
Charlotte schreibt : "Missisipi
undt ich haben nie nichts mitt
einander zu ilnm. Ich haß es
wie den [teufel].« 330. 335. 339.
350.
Mithridate, tragödie von Jean Ra-
cine 139. Gegen den regenten
gerichtete parodie der letzten
ecene dieses Stückes 201.
Modena 197. 258. 277.
Modena , Francesco Maria d'Este,
prinz von, 78. 84. 156. 180.258.
286.
Modena, Einaldo, hersog von, 156.
157. 251. 276, 277. 286. Seine
gemahlin, Charlotte Felicitas von
Uran nach weig-IIanover 181. 205.
Moliere , der dichter 2. 74. 103.
131. 139. 156. 182. 212. 312.
Monsieur, d. i. Philippe de France,
duc d'Orleans , der gemahl von
Elisabeth Charlotte 34. 178. 182,
Sein plötzlicher tod 206. Possier-
liche erziihluug dea selben von
piner seefahrt, die er zu Dun-
kirchen zu unternehmen die ab-
sieht gehabt 231.
Montague, Herzog von, 226.
Montargia , wittnm von Elisabeth
Charlotte 78. 184. 322.
Montbazon, Madame de, 112.
Montespan, Francoise-AthenaTs de
Rochcchouart, marquise de, 128.
152. 156.
Montespan, Marquis de, 186.
Montpellier 256.
Montsoreau , Monsieur de , grand
prevöt 115. Seine gemahlin 174.
Sein söbnehen 115. 117. Sein
vater und großvater 115.
Moraa, De, präsident zu Heidel-
berg 140.
Moraburg, d. h. Sachsen -Merseburg,
Herzog von, 221. 383.
Mortagne, Monsieur de, Chevalier
d'honneur von Elisabeth Char-
lotte 98.
Morteinart, Duo de, 18,
Mosbach, Von, 33.
Moses 260. 286.
Motte, La, dichter 30.
Mouatier, Do, 167.
Münzen 376. 377.
Murbach, Filrst-abt von, graf von
Löwenstein 29. 33. 42. 43. 44. 55.
59. 84. 104. 117. 141.
Mus ca te 11 er-t rauben 323.
Nantes, Edict von, 235.
Nassau, Das haus, 336.
Nassau, Graf von, 94. Zwei fflr-
sten von, 59. 60.
Nassau-Siegen, Fürst von, ein ge-
Kpi'ii.rOi von Klisiibelh Charlotte
mit ilim 336. 337. Fürstin von,
159. 190. 213. 329. 336. 339. 342.
Nassau- Usingen, Fürstin von, Schwe-
ster der marquise de Dangeau
84.104.118, 154. 191. 196. 229.5
283. 291. 9M. 309. 313. 320. 324.
327. 329. 339. 364. Ihr Schwie-
gersohn 154.
Nassau-Usingen, Graf von, 878.
Naasau-Weilburg , Karl graf von,
65. 146. Elisabeth Charlotte
schreibt: »Ich glaube nicht, daß
außgraffCarlvonNassauWei[l|-
burgs heiiraht waß wirdt; den
oi'dinarie, wen heürahten ho aufl-
geschoben werden , wirdt nichts
drauß.. 377. Gräfin von, 351.
Neckarau 235.
Nemours 78.
Neuburgische kinder 176.
Neuhof, Theodor Stephan f reih er r
von, ehedem page von Elisabeth
Charlotte, in der folge als Theo-
dor I küuig von Coraica 303
bis 306. Seine erste frau, eine
Engländerin 304. 305. Seine
zweite frau, eine Wanderin. )ady
Sarsfield 304 bis 306. Seine mit
dem grafen von Trevom ver-
ui.'Uilt" -rlnv.-^kT. Eliriiiln.-ili :!i.M
Nevers, Duchesse de, tochter der
marquise de Thianges 128.
Nevers, Hotel de, 200.
Niederland 216.
Nimbtsch, Graf von, 14.
NoailleB 90. Louis d'or de, 85. 383.
Noailles, Louis-Antoine de, früher
bisohof von Cbälons , nachher
erzbischof von Paris und cardi-
nal 60. 77. 190.
Noinuoustier, Duc de, 71.
Nonnen- einfalle 114.
(Edjpe, tragBdie von Pierre Cor-
neille, stelle daraus 210. 312.
Ohsen, Schloß, 297.
Oise, Marquis d", 277.
Oranien, Prinz von, 194.
Orleans, Charlotte- Aglae" d\ ma-
demoiselle de Valois, die dritte
tochter des regenten , nachmuls
gemahlin von Francesco Maria
d'Este, prinzen von Modena, von
Elisabeth Charlotte nicht geliebt
5. 36. 37. 51. 52. Ihre Vermäh-
lung 45.48.49.56, 59. 61. 62. 70.
71. Ihr abschied 77. 78. Ihre
rechte hoebzeit in Genua 78. 79.
83. 84. 105. 110. 113. 140. 155.
156. 180. 181. 197. Näheres über
sie 205. 214. 221. 236. 243. 253.
277. 286. 295. Ihr toller köpf
3<51.
Orleans, Fra.n^oise- Marie de Bour-
bon, mademoiselle de Blois, du-
chesse de Chartres, nachher du-
chesse d' , die gemahlin des re-
genten , des sohnes von Elisa-
beth Charlotte 9. 141. 144. »Ma-
dame d'Orleans verdirbt alle da-
men hir , helt ihren respect gar
nicht; sie weiß nicht recht, waß
graiiiieiii'.r. 1&2 Weiteres über
sie ebendaselbst. 155. 156. 163,
27*
J78. 185. ISO. 215. 236. 246. 291.
2§2. 296. 298. 316. Ihre große
faulhcit322.374. Elisabeth Char-
lotte sagt in Beziehung auf sie:
>Wir haben keine aimpati in
nichts mitt einander,« 322. S56.
358. 367, 370. 374.
Orleans, Jean-Philippe, chevalier
d', grand-prieiir de France, na-
türlicher söhn des regenten 78.
Orleans , Louise-Adelaide d' , äb-
tissin von Che lies unter dem
namen Saintc-Batilde , enkelin
von Elisabeth Charlotte 5. 17.
32. 62. 70, 79. 158. 181. 286.
Näheres über sie, »sie hatt hertz
wie ein mansroensch« 287. 288
und 310. 311. 333. 358. 369. 374.
Orleans , Louise- Elisabeth d', ma-
demoiseile de Montpensier, nach-
mals königin von Spanien 5. 49.
62. 70. Ungünstige Schilderung
derselben 125 und 150, 178.248.
Orleans, Marguerito-LouirfetV, gruli-
herzogin von 'i'oscana, genannt
Madame lo grande diiehesse, ge-
mahlin des großherzogs Cosimo
III, 22.
Orleans, Philippe, duc d', der zweite
söhn von Elisabeth Charlotte,
der regent 12. 19. 20. 23. sehr
gerühmt 24. 36. 47. 57. 58. 123.
129. Er arbeitet erschrecklich 29.
»Er hatt gearbeit wie uin satire«
76. 77. 78. 79, 8L 82 84.85, 87.
91. 92. Rühmende iUßerung des
Volkes über ihn 102. 103. Er
versteht die linanccsachen auf
ein ende 103. El tat der beste
mensch von der weit 107. 108.
121, Elisabeth Charlotte schreibt:
»Gott kendt meines sohns des-
interessirtes undt auffrichtiges
gemühte, stehet ihm also gantz
wunderbar bey.< 125, Er läßt
sich von keinen pfiffen regieren,
ist also für den westfälischen
frieden 129. Die eigenen haare
stehen ihm gar übel , eine per-
rücke kleidet ihn beßer 136. 137.
142. 143, 155. 156. 168. 169. 171.
172.173. 183. Er arbeitet sich zu
tod , alles gut zu machen 184.
185. 186. 188. 191. 196. 199. 200.
201. Stücke aus schmäh Schriften
gegen den regenten 201. 202.
203, 264. Er schickt "das parle-
tuent nach Pontoise 210 bis 212.
215. 222. Über die unerhört
viele unruhe, mühe und sorgen,
die ihm das System von Law
bereitet 229. 235. 236. 237. 238.
Elisabeth Charlotte sagt von dem
regenten : »Es ist kein wunder,
daß man mein söhn nicht so
sehr, alß mi[c]h, liebt; daß thun
seine feinde , so ihn vor einen
gottloßen menschen außschreyen
undt vor einen büßen man , da
er doch in der that der beste
mensch von der weit ist undt
nur gar zu gutt.« 238. 239.
Schriften über den regenten 238.
239. 241. 242, Elisabeth Char-
lotte theilt näheres über die feinde
ihres sohnes mit 242, 243 und
292. 244. Elisabeth Charlotte
sagt: »Ich weiß nicht, ob mein
söhn waß ahngefangen mitt sei-
n[e]r pretention auff der Pfaltz;
mir hatt er kein wordt davon
gesagt, glaube es also nicht.«
245. Über den hierauf bezüg-
lichen, in Rom verlorenen pro-
cess 245 (vergl. band I, s. 500).
246. 247. 249. 250. 251. Die her-
zogin schreibt : »Mein söhn ist,
wie Moses , eine geplagte see!,
hatt also nicht allein gutte
wünsche, wovor ich Euch, liebt»
421
Louise, sehr dancke, von nohten,
sondern auch frommer seelen ge-
bett. So lang die regence da wem
wirdt, muß er ahn keine ruhe
gedencken, hatt noch 3thalb jähr
vor sich, umb zu leyden. Man
thut woll alles, waß man kan,
meinem söhn zu widerstehen.
Ich mögte also woll eher selbsten
drauff gehen , alß recht auß
angsten [kommen].« 260. Er ist
des regierens müde 263. 276.
Seine große thätigkeit, mit der
er aber doch nichts , als lauter
haß , erwirbt 280. Elisabeth
Charlotte schreibt: »Mein söhn
ist nur gar zu gehertzt.« 281
(vergl. s. 302. 310. 341). 285.
Anschläge auf sein leben und
das seines sohnes , des duc de
Chartres 287. 291. 296. 298. 324.
327. 330. 334. 335. 338. 352. 358.
360. Seine heirath 362. Er macht
chemische versuche 364. 365. 366.
Er ist in lebensgefahr 367. 378.
Orleans , Philippe - Elisabeth d 1 ,
mademoiselle de Beaujolais 5.
77. 138.
Ormond, Herzog von, 305.
Osnabrück 196.
Osten, Fräulein, 325.
Ostindien 358.
Page 94. 229.
Pailleterie, Monsieur de la, 238.
270.
Palaprat, Jean, dichter 256.
Paolinina 351. 385.
Papst s. Clemens XI.
Parabere, Madame de, mätresse
des regenten 215.
Paris, Elisabeth Charlotten unleid-
lich 1. 2. 11. 39. 116. 119. 120.
. 313. 364. 370. Lasterhaftigkeit
daselbst 13. 67. 68. 95. 102. 103.
105. 106. 109. 111. 119. 120. 150.
255. 355. 356. 360. 362. Elisa-
beth Charlotte schreibt: »Man
solte keine junge leütte mehr
nach Paris schicken; sie lehrnen
nichts, alß abscheuliche laster.c
95. Zwei Verbrecher daselbst le-
bendig verbrannt 95. 96. Schnee
selten und schlittenfahren unbe-
kannt daselbst 18. 63. Erschreck-
lich viel kutschen und embarras
daselbst 30. Pont-neuf , Palais-
Royal und Tuileries daselbst 30.
199. 260. 261. Hungersnoth da-
selbst 33. 85. 108. Alle Juwelen,
perlen und demanten, gold und
silber daselbst verboten 34. 35.
47. 55. 85. 102. 103. 113. Vergl.
s. 166. 189. 209. Die luft von
Paris 39. 79. Paris und Heidel-
berg in ihren gesundheits-ver-
hältnissen verglichen , angäbe
des grundes, warum Paris unge-
sund ist 39. 40. Das hdtel-Dieu
daselbst 107. Zu Paris sind keine
gute accoucheurs mehr 107. Über
einen durch Laws finanzunter-
nehmungen veranlaßten aufstand
daselbst 199. 200. 238. Die
weiber de la Halle zu Paris 241.
Elisabeth Charlotte schreibt : »Sie
haben zu Paris gar artige stücker
zu possenspiel undt spiel[en] alle-
zeit die albersten; ich werff [es]
ihnen offt vor.« 243. »Paris ist
noch nicht gar still , man rast
abscheulich gegen meinen söhn.
Gott gebe , daß nichts bößes
drauff erfolgen mag !« 298. »Mich
wundert nicht, viel unglück zu
sehen ; bin mehr verwundert, Pa-
ris nicht mitt fewer vom him-
mel verbrendt zu sehen.« 307.
Paris besänftigt sich trotz der
abschaffung des papiergeldes
nicht 318. Vergl. s. 324.
422
Pariser, Die, »seindt die besten
leötte von der weit.« 238. Eli-
sabeth Charlotte ist in der Pa-
riser gnaden und hat auch die
Pariser lieb , näheres hierüber
343. 373.
Parisiere, Jean-Ce"sar-Rousseau de
la, bischof von Nimes 77.
Parlament, Das, zn Paris und zu
Pontoise 210 bis 212. 237. 242.
243. 246. 247. 260. 264. 272. 365.
Parma 279.
Parma, Francesco, herzog von, 58.
Paulus, der apostel 31. 369.
Percy, Lady Elizabeth, 127.
Pest im südlichen Frankreich 261.
Näheres über die von derselben
hervorgerufenen krankheits-er-
scheinungen 269. 270. 285. 296.
302. 307. 308. 326. 336. 338. 341.
343. 350. 355. 368. 383 bis 385.
Brechmittel dagegen angewendet
269. zu Mannheim 262. in Polen
338. 343. 355. in Schlesien 355.
Pest von Siam 269.
Peter I, der große, von Rußland
s. Czaar, Der.
Peterborough , Charles Mordaunt,
earl, 177. 283.
Petites-Maisons, Les, ein irrenhaus
8. 91. 382.
Petits enfants de France 93. 94.
Pezey, Antoine, maier 274.
Pfalzer, Vaterlandsliebe der, 338.
339.
Pfaffen , ihre schlimmen eigen-
schaften 102. 134. 145. 204. 230.
Pfaffen-bruder 176.
Pfaffen-einfälle 114.
Pfaffen-freund 176.
Pfaffen-geschmeiß 230.
Pfaffen-possen 100. 102.
Pfaffen-schelmstück 336.
Pfaffen-stücke 124.
Pfaffen-wesen 82,
Pfafferei 176. 230.
Pfalz , fünfundsiebenzig familien
wandern aus derselben nach
America aus 162. Vergl. s. 184.
Pfalz, Karl Theodor, kurfürst von
der, 348.
Pfalz, Philipp Wilhelm, kurfürst
von der, 240.
Pfarrer-kind. Elisabeth Charlotte
schreibt : »Ich habe all mein leben
gehört, daß nichts ungerahtners
ist, alß pfarerkinder.« 258.
Phaeton, oper mit text von Qui-
nault, musik von Lulli 187.
Place-Royale zu Paris 63. 104. 214.
287. 359. 373. 376.
Plundersweilern, Jahrmarktsfest zu,
von Göthe 129.
Pölnitz, Fräulein, 327.
Poitou 178.
Poisson, Raymond, dichter 187.
Polen, August II, könig von, (in
Sachsen Friedrich August I) 232.
341. Er säuft gern 348. 355. 386.
Polen, Christiana Eberhardina, kö-
nigin von, die gemahlin Augusts
II 37. 360. 361.
Polen, Die pest in, 338.
Polier, Monsieur de, 352. 388.
Polignac, Cardinal de, 131.
Polinninie (? Paolinina), fräulein im
gefolge der herzogin Benedicte
Henriette Maria von Hanover 351.
385.
Polydore, oper mit text von Jean-
Louis-Ignace de La Serre, sieur
de Langlade, musik von Jean-
Baptiste Struk, genannt Batistin
50. 51.
Polydorus 251. 252. 253.
Pont-Royal zu Paris 67. 101. 111.
Pontchartrain , Madame la chan-
celiere de, 231.
Pontoise 161. 210. 211. 212. 237.
242. 260. 264.
Port-Royal 345.
Raiinond, Madame, mätrease des
Portamouth, Herzogin von, 148.
kurfüraten Maximilian Emma-
PoB8eii-si>i<'l. das nach i ! t ■ f tra^iiilii.'
nuel von Bayern, des lord Stairs,
gespielt wird 215.
des grafen Moriz von Sachsen
Ponrceaugnac , Monaieur de, ko-
117.
mödie von Moliere 103. 183.
Rambouillet 361.
Pousain, Gaspard, mal er 225.
Rangoni 26. 27. 37. 110.
Preußen, Friedrich Wilhelm I, iö-
Rangoni, Marquise de, 140.
nig von, 58. 189. 196. 267. 290.
Hathsamshausen , Frau Leonore
318. 329.
von, 20. 65. 153. 158. 177. 189.
Preullen, Sophia Dorothea, königin
215. Sie macht die packeto von
von , gemahlin Friedrich Wil-
Elisabeth Charlotte 219. 234. 237.
helms I 33. 42. sehr gerühmt
238. 241. 270. 271. 287. 301. 384.
53. 165. 367. 191. 195. 196. 233.
339. 359. Ihre jüngste, an den
266. 290. 293. 327.
französischen edel mann De la
Priö, Marquis de, 69. Seine toch-
Pailleterie verbeirathete tochter,
ter 69.
Ltriae 238. Ihr bruder, Eberfrifas
Prince, Monsieur le, (Conde) 214.
von Veningen 325.
Princes und princesses du sang,
Reckheim, Graf von, 69.
ihre habsucht 47. Ihr rang 93.
Reformierte in der Pfalz 336.
94. 276.
R'eggio 197.
Frincesae, Madame la, s. Conde".
Regnard, Jean-Francois, dichter
Prinz, Indianischer, 376.
77. 215. 273.
Prinzessin, Indianische, 376.
Reichenbach, Baron von, ein Sachse
Prophezeiung, >dali die woldt annu
88.
1727 gantz vergehen undt zu
Ueichsatädtchen, Für sich selber
cristal werden aolle» 333. Vergl.
leben, wie ein, 362.
b. 364.
Richelieu, Duc de, 251.
Provence 155. Die peat daseibat
Richelieu, Rue de, zu Paris 138.
296. 326. 344. 350. 368.
Rießinann, Herr, 329.
Prügel-suppe 136.
Rigaud, Hyaeinthe, maier 273. 274.
Psalmen 224. 225. 272. 286. 303.
Rilkitz, Die, eine krankheit 235.
Pyrmont, Sauerbrunnen von, 228.
Ripperda, Freiherr von, 305.
Quinanlt, Philippe, dichter 187.
Riviere, Comtesse de, ihre briefe
357.
274.
Quincampoix, Rue de, 90. 102. 150.
Riviere Dufreny, Charles, 215.
Quinzr.-vint;tK, Les, ihre sdiimil/jgtj
Ruche-siir-Yon, Louise- Adel aide de
kirche 110.
Bourbon-Conti, madenioiaello de
Raby, Lord, 98.
la, 77. 89. 131. 139. 215. Sie
Racine, Jean, der dichter 139.
macht in der komödie >einen
Back, adverbium 267.
possirlichen portzelbaum« 265.
Ralfetot, Madame de, 328.
273. 299. 369. 376.
Ragoczy, Franz Leopold, fürst, 64.
Rockwodt 169.
Seine gemahlin 64. 65. Seine
lifulogiine, tragödie von Pierre Cor-
Schwester 69.
neille 215.
Rüde] heim 355.
Robau, Armand-Gas ton-Masimilien
de. cardina! 45. 48. 10. 77.
Rohrbach 338.
Rom 79. 225.
Rotrou, dichter 4.
Rottenburg, Der junge, 233.
Rotterdam 336. 338.
Riitv.i'iiliii.iisi'riii. I liü, liolxi'iiliiiu.-i'n,
Frau von , s. Rat lisam «hausen,
Frau Leonore von.
Roure. Com t esse du, 146.
Rousseau, Jacques, landschaftuma-
ler und radierer 225. 254. 255.
303.
Rupeliuonde, M. de, 32.
Rußen, Die, 54.
Ruvigny 65.
Saarbrücken, Gräfin von, 135.
Sabran, Monsieur de, 49.
Sachsen , Friedrich August , kür-
prinz von, 166. 168. 176. 221.
320. 348. 361.
Sachsen. Marie Jose fi\ kuri-rFrij-.oH^in.
von, 220. 221. 248. 278. 360.
361.
Sachsen, Moriz graf von, 117. 232.
383. Seine mätresBe , madame
Raimund 117.
Sachsen-Eisenach, Prinz von, 279.
Sachsen -Gotha , Prinzen von, 130.
212. 219. >Die printzen von
Gotta aeindt die besten kinder
von der weit, aber weder zu sie-
den, noch zu bratten.« 359. Wei-
teres über sie ebendaselbst und
s. 360.
Sachsen - Merseburg , Herzog von,
221. 383.
Sacbsenhausen 283.
Saft, Grüner, zum purgieren, von
brunnen-kresse , körbel und ei-
choric 28. 111. 146. 802. 310.
318. 326. 340. 355. 359.
Sain, Graf von, früher obermar-
schall 294.
Siunl-Aignan, Duc de, 18.
Saint-Albin, Abbe" de, natürlicher
söhn des regenten 247.
Saint-Amand 71.
Sainfc-AndrÖ 352.
Saint-Antoine, Straße, 301.Vorstadt,
200.
Saint-Cloud 141. In der gall
daselbst ist Heidelberg gemalt,
aber nur das schloß und der
garten 149. Die caseaden da-
selbst 170. 181. 182. Elisabeth
Charlotten besonders lieb '<
356. 378.
Saint-Denis 79.
Silin t-Htienne de Caen 71.
Saint-Evron, Abtei von, 69.
Saint-Germain 90. 154. 337. ■
Laye 215. 357.
Saint-Honore , Rue de, zu Paris
138. 201.
Saint-Lazare 8. 382.
Saint-Leger 344.
Saint-Nicolas du Chardoneret 316.
Sn int- Pierre, Madame de, 227.
Saint-Pol , Mademoiselle de , |
wesene hofmeisterin der raugräfin
Luise 176. 192.
Saint-Roch, Kirche von, 200. Der
heilige selbst 264.
Samt-Simon , Louis de Rouvroy,
duc de, 92. 121.
Sainte-Baume 155.
Sainta-Genevieve, Abtei, 362.
Salomon, ein Jude 354.
Sanct Gallen, Abt von, 117.
Sanct James 355. 362.
Sanct Johannes 286.
Sanct Lucas 261. 286.
Sanct Medardus 188.
Sand, anstatt mehls gebacken 127.
Sant-Angelo, Castello di, 79.
Sardinien, König von, 226.
Sardinien, Königin von, 178. 226.
425
Elisabeth Charlotte schreibt ihr
Schupp, Johann Balthasar, 283.
gewöhnlich briefe von 24 seiten,
Schweden, Die, »seindt wunderliche
6 bogen 307. 323. 881. 362. S.
köpffe. 249. Die stolzen Schwe-
auch Sicilien, Königin von.
den 278. .176.
Sarsfield, Lady, nachmals gemahlin
Schweden, Erbprinz Friedrich von
von Theodor Stephan freiherrn
Hessen- Cassel, könig von, vetter
von Neuhof 304. 305. 306.
von Elisabeth Charlotte 87. 108.
Sartrouville , dorf an der Seine
135. 136. 145. Ein urtheii von
154.
Elisabeth Charlotte über veree
Sau d. h. tintenklecks 23.
auf denselben 158. 172. 249. 290.
Bavoien, Herzog von, 226.
Sein bildnis 300, 376. Seine ge-
Searron, Paul, dichter 226.
mahlin, Ulrike Eleonore, sohwe-
Sceaux 11.
Bter Karls Xn 135. 147. 167.
Schaub, Monsieur, 234.
Schweden, Karl XII könig von,
Schlangenbad 234. 377.
184. Elisabeth Charlotte achreibt:
Schlapies 154. 355.
•DeO königs in Schweden ge-
Schleinitz , Herr von , envoyö' des
schwindes endt macht morali-
ezaara 269.
aeren auf? die eyttelkeit dießes
Schminke 375.
lebens. wie baldt alles, waß wir
Schmittberg, Frau von, 206.
ahm grösten halten , in einem
Schnabelin, Generalmajorin, 158.
augenblick verschwindt.« 185.
Schnehel 83. Seine tochter 83.
804. 305.
Schnupfen und husten, Veranlagung
Schwetzingen 145. 146. 177. Elisa-
derselhen 308.
beth Charlotte beschreibt den
Schomberg, Herzog von, 192.
weg von Schwetzingen nach
Schomberg, Herzog Meinhard von,
Mannheim 235. 318. 341.
217. 231.
iSi-ekendorf 15.
Sehomburg, Dur alte horr von, ein
Seckenheim 267.
dictum von ihm 149.
Segur, Madame de,- 138.
Schonburg , Wortspiel mit dem
Sejanus, tragödie von Jean Magnon
namen, 341.
289.
Schonburgischen, Die, 153. 175.
Seroiramis, trsgfldie von Voltaire 4.
Schonborn , drei brüder 83. 195.
Senneterre, Monsieur de, 143.
228.
Sens 29.
Schönborn, Cardinal und bischof zu
Serenade, La, komödie von Jean-
Speier 83.
Francois Regnard 77.
Schraubthaler 22. 29.
Sessac, Madame de, 132.
Schrießheim in der Pfalz, trauben
Sestri di Levante 79.
von dort, von welchen Elisabeth
Sevignii. Madame de. 113.
Charlotte in ihrer Jugend außer-
Sevres 87. 105. 244.
ordentlich viel gegeßen 338.341.
Shrewsbury, Ducbesse de, 268. 269,
342.
Siam, Pest von, 269.
Schulenburg 48.
Sicilien, Anne-Marie d 'Orleans, kö-
Sohulenlinr;.'. Imf MltthJM .Tohann
nigin von, gcmahlin des königes
von der, 48.
Victor Amadeus II von Savoien
1. S. auch Sardinien, Kö-
nigin von.
Sieben Bachen 8.
8imiane, Corate de, premier ä"cayer
von Elisabeth Charlotte , nach'
her ihr clievatier d'honneur
172.
Simiane, Madame de. 113. 114. 115.
Simiane, Monsieur de, premier gen>
tilhomme de la chambre de M.
le due d'OrMans 113.
Simmern, Hersog von, vetter von
Elisabeth Charlotte 207. 208.
Simone, Madame, 316.
Simplieissiinus, Der abenteuerliche,
von Hans Jakob Christoph von
' Grimmeishausen 282. 283.
Sinsheim 218.
Skelton, mare"chal de camp 260. 38-5.
Sötern, Grafinnen von, 133. 1+7.
Näheres über dieselben 153. 167.
172. Abermals näheres über die-
selben 174. 175. 192. 198. 207.
226. 321 371. Die familie starb
in der männlichen linie 1680 ans.
Die besitz ungen fielen an das
haus Öttingen , von dem ein
zweig Öttingen -Sötern hieß.
Soissons, Graf von, 125.
Soissons , Princesse Victoire de,
nichte des prinzen Eugen von
Savoien 125.
Soliman, der türkische kaiser 213.
Solms, Graf von, 291. Gräfin von,
824.
Sourches, Jean-Louis du Bouchet de,
bischof von Döle 77.
Souternon, Monsieur de, 216. 243.
244.
Southamptou, Gräfin von, die ge-
liebte des grafen Karl Johann
von Königsmark 127. 128.
South-Sea- Company zu London 262.
285. 306. 313. 319. 327. 328.3!«.
339. 848. 350. 363.
Spanien, Philipp V, könig von, 58.
64. 79. 243. Seine zweite ge-
mahlin, Elisabeth Farnese, Prin-
zessin von Parma, 58. 64.
Spanien, Maria Anna von Pfalz-
Neuburg, königin von, die witwe
Karls II 27. 33. Sie schreibt
allezeit, als wenn sie eine kam-
ruermagd wäre 176. Sie heißt
Elisabeth Charlotten allezeit
»mama« oder -maniachgen«, was
unserer herzogin sehr zuwider, ist
326. 362.
Sparre, Graf voa, 147. 232.
Speier 159.
Spiel-geld oder menus plaisirs 166.
Sprichwörter und sprichwörtliche
redensarten , Deutsche , 47. 67.
89. 96. 116. 152. 164. 186. 188.
189. 198. 217. 239. 248. 250. 271.
282. 283. 314. 324. 342. 351. 358.
368. 373. Französische, 18. 31.
48. 54. 85. 154. 184. 193. 268.
293. 327. 3-11. 318.
Stairs, John Dalrymple, graf von,
35. 61. 116. 117. 119. 141. 165.
Seine gemahlin 61. 116. 117.
Seine mätresse , madawe Bai-
mond 116. 117.
Stiuiliupe, Lord, 98. 118.
Stebbach 218.
Stockholm 305.
Strafford, Lord, 98. 118. 119.
Strallburg 157. 309.
Struk, Jean-Baptiste, genannt Ba-
tistin, componist 50.
Suhin, envoye" des königs von Polen
Sulzbach, Elisabeth, erbprinzessin
von, tochter des kurfürsten Karl
Philipp von der Pfalz 137. 145.
162. 235. 301.
Sulzbach, Fürst von, 250.251. Pfalz
gräfin von, 53. 54. 64.
427
von, 221. 250. 296. 301. 318. Sein
großvater 250. Prinzessin von,
61. 221. 267. 301. Der junge
prinz von, 267. 318.
Button. Robert, englischer gesand-
ter, liebhaber und kenner von
medaillen 141. 234. 254. 282.
£d\J*J*
Suzon, tochter der amme von Eli-
sabeth Charlotte, frau ihres huis-
sier, Leclair 15. 41. 162. 184. 192.
204. 277. Ihr Stiefsohn, der 12
millionen durch Miseissippi-actien
gewonnen 41.
Swanevelt, H., 225.
Tabak 28. 38.
Talmond, Prince de, 17. 18. 71. 99.
Seine mntter 99.
Tarente, Princesse de, 15. 17.
Tartuffe, Le, komödie von Moliere
131.
Taxis, Fürst, 289.
Tencin 29.
Teray (Terest, Teroy, Therey), leib-
arzt von Elisabeth Charlotte 16.
21. 28. 62. 111. 144. 160. 167.
173. 174. 207. 234. 269.286.318.
334. 352.
Terrat, Monsieur, im dienste des
regenten 87. 181. 182.
Tesse*, Mare*cbal de, 323.
Theater, Altenglisches, 2.
Theater, Französisches, Zuschauer
auf der bühne 2 bis 5.
Theobon, Mademoiselle de, 228.
These'e, oper mit text von Quinault,
musik von Lulli 356. 357. 359.
Theuerung, Zunehmende, 275. 345.
Abnehmende, 324.
Thianges, Marquis de, 128. Seine
mutter, eine Schwester der frau
von Montespan 128. 150. Ihre
tochter, die duchesse de Nevers
128.
Thorilliere, Pierre Le Noir de la,
Schauspieler 216.
Thura und Taxis, Violante Theresia
gräfin von, 301.
Thynn, Thomas, 127.
Tiesenhausen 16. 171. 364.
Tirol 259.
Tockayer wein 206.
Torcy, Monsieur de, 46. Er liest vor
der absendung die briefe von
Elisabeth Charlotte 289 und 292.
Vergl. s. 293 und 323. 324. Sein
söhn 46.
Toscana, Marguerite-Louise d'Or-
leans, großherzogin von, (ge-
nannt Madame la grande du-
chesse) gemahlin des großherzogs
Cosimo UI, 43. 59. 77. 114. 208.
214 215. 243. 246. Näheres über
sie 287. 359. 368. 371. 372. 373.
374. 375.
Toulon 155. Pest daselbst 308.
Vergl. dagegen s. 338. 341.
Toulouse 256.
Toulouse, Louis- Alexandre de Bour-
bon, comte de, grand amiral de
France 216. 244.
Tournay 12.
Trauben von Schrießheim, Rohr-
bach, Heidelberg 338.
Trauerordnung in Frankreich 53.
Tre*moille, Jean-Emmanuel de la,
abbe*, nachher cardinal und erz-
bischof von Cambray 71.
Tre'moille, M. de la, 17. 18. 71.
Seine mutter 99. 383.
Trenel (oder Traisnel), Madame de,
174.
Tresmes, Duc de, gouverneur von
Paris 199.
Trevoux, Graf von, 304. Seine
gemahlin, Elisabeth, Schwester
von Theodor Stephan freiherrn
von Neuhof 304. 306.
Trompeter. * Mich deucht, alle trom-
petter habe[n] dicke bauch.« 938.
428
Tuileries. Les, 45. 169. 357, 358.
Vichy 216.
Turin 1.
Villars, Due de, 238. 277. Duchesse
Tyrconnel, Madame de, 81. 882.
de, 49. 113. 140. 156. 197. 238.
UrsinB, Princesne des, 38. 58. 71.
Villeroy, Duc de , 262. Mareehal
Ursulinerinnen 15.
de, 32. 46. 207. 262. 292, 295.
Usingen, Fürstin von, s. Nassau-
323. 332. 357. Sein vater , ein
D singen, Fürstin von.
dictum desselben 193. Marquis
Utrecht 309.
de, 262.
Val-de-Grace 358. 369. 378,
Villera, Chevalier de, 95.
Valeneiennes 365.
Vincennes 287.
Valerien, Mont. Elisabeth Char-
Vise", Jean Donneau de, dichter 32.
lotte schreibt: «Der cardinal de
Vitrolles, dorf im südlichen Frank-
Noaillefs] [hat] gantz abgeschafft,
reich, in folge der peat ausge-
daß man den gründonnerstag in
storben 269.
pilgerschaff't mitt creütztragen
Voisins, Gilbert de , s. Gilbert de
undt disciplinen barfuß au mont
Voisins.
Vallerien ging.' T90.
Voltaire 2. 4. 50. 51. 367.
Valet de pied 94.
Vrilliere, Monsieur de la, 46, 199.
Vallifere, Duchesae de la, 146.
Sein solin 46.
Vannes in der Bretagne 328.
Wales, Georg August, prinz von,
Venceslas, tragOdie von Rotrou 4.
nachmals könig Georg II von
Vendome, Louis-Joseph, duc de, 58.
England 13. 14. 143. 151. 164.
Vendöme, Marie-Anne de Hourbon-
195. 197. 208.
Conde", mademoiselle d'Enghien,
Wales, Wilhelmine Ka.roline, Prin-
duchesse de, 53.
zessin von , tocliter des mark-
Vendöme, Place, zu Paris 211.
grafen Johann Friedrich von
Venedig 279. 366.
Brandenburg- Ansbach 13. 14.27.
Veningen , Eberfritz von , brnder
33. 136, 137. 139. 140. 148. 150.
der frau Leonore von Rathsams-
151. 153. 162. 164. 165. 172. 196.
219. 230. 254. 258. 260. 268. 290.
hausen 325.
Ventadour, Duchesse de, 38.
Ihr briefpapier 300. 307. 309.
Vergay, Monsieur du, 255.
313. 317. 319. 335. 348. 353.368.
Vergilius 251.
371. 377. Ihre älteste tochter,
Vernezober, commis von Law 365.
Prinzessin Anna 139. 162. 165.
Verrue, Abbe" de, 132.
Ihr söhn, prinz Friederich 162.
Verrue, Comte de, 132.
165. 205, 258, 290, 297. 377, Ihre
Verrui), f.'umf.u.^o de. mätresse des
zwei kleine prinzessinen 165.
königs von Sicilien, näheres über
Wartenberg, Gräfin von, 98. 119.
sie 132. Elisabeth Charlotte hat
Watter, Chevalier, 41. 69. 70. 74.
260 medaillen von ihr gekauft
75. 105.
226.
Weibs-mensch 160. 248.
Versailles 236. 237. 242. 267.
Weilburg, Karl graf von, 65. 146.
Verthamon, Tsaac-Jacques de, bi-
377, Gräfin von, 351.
schof von Conserans 77.
Weiden, Frau Charlotte von, ge-
Ve"zelay 29.
borene freiin von Degenfeld 217.
429
Weite, Baron, 289.
Wendt, Von. haushofmeister von
Elisabeth Charlotte 95. 170. 184.
304.
Werk mannen von einem 217.
Westerwaller 182.
Westerwellen 325.
Westerweller 342. Sein vater, seine
Schwestern 342.
Wien 341. 350.
Wilde aus America 377.
Winkler, Dr. leibarzt des kurfur-
sten Karl, brnders von Elisabeth
Charlotte 240.
WTrtemberg, Eberhard IU T herzog
von. 360. Seine mit Christian
Ernst, markgrafen von Branden-
burg-Baireuth. vermählte tochter,
Sophia Laisa 360.
Wirtemberg . Eberhard Ludwig,
herzog von. 70.
Wirtemberg- Mömpelgard. Leopold
Eberhard, herzog von. 142.
Wittenberg in Sachsen 109.
Wittgenstein, Gräfin von. 182.294.
300. 319. rhr söhn 300. Die
junge gräfin von. 345.
Wolzogen. Frau von. 146. Fräulein.
spater fran von Eberfritz von
Veningen 325.
Wrangel. Graf. 311.
Würzburg 159. 182. Bischof von. 195.
Zeitung, Die deutsche gedruckte,
186. Die holländische, 181. 243.
Zeitungen, ihre unzaverlässigkeit.
Elisabeth Charlotte schreibt : »Die
zeytungen sagejn] nicht allezeit
die sachen , wie sie sein , thnn
allezeit etwaG dazu oder davon.«
247. 301.
Zelle, Herzogin von, d. i. Eleonore
d'Olbreuse, die witwe des herzogs
Georg Wilhelm von Braun-
schweig-Zelle 178. 193. 194. 195.
Ihre tochter, Sophia Dorothea,
die gemahlin des königes Georg I
von England 195. Man ver-
gleiche über sie: Sophie Doro-
thea, prinzessin von Ahlden. und
kurfürstin Sophie von Hannover.
Aus archivalischen quellen von
A. F. H. Schaumann. Mit vier
portraits und einer Stammtafel.
Hannover 1879. 8. Man sehe
über diese schritt : O. Mejer in
der Augshnrger Allgemeinen zei-
tung nr 177 vom donnerstag,
26 Juni 1879. beilage s. 2585 bis
2587. Ihre enkeL die königin von
Preuiien und der prinz von Wal-
les 195.
Zergen = quälen 326.
Zottern. Gräfinnen von. s. Sötem.
Zwo, femin. von zwei 191.
480
Noch eine berichtignng.
S. 181 , anmerkung 1 muß es statt Elisabeth Christine u. s. w.
heißen: Wilhelmine Amalie, die witwe des kaisers Josef I.
431
INHALT.
Seite
Briefe der herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans 1
Anhang.
1. Zu dem briefe vom 30 Mai 379
2. Ein brief an den grafen von Degenfeld 380
Berichtigungen und nachtrage 382
Nachwort des herausgebers 387
Register 392
Noch eine berichtigung 430
■\5
-r
■<•
.
Stanford University Library
Stanford, California
In order that otbers may use this book,
please return it as soon as possible, but
not later than the date due.
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