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Full text of "Briefe Hahnemann's an einen Patienten aus den Jahren 1793-1805: Mit ..."

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\ 



BRIEFE HAHNEMANN'S 



AN EINEN PATIENTEN. 




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j BRIEFE 

^HAHNEMANN'S 



\ 



AN EINEN PATIENTEN 



\ 



aus den Jahren 1793 — i8o5. 



(Bisher noch nicht veröffentlicht.) 



MIT EINLEITUNG UND ANMERKUNGEN 



HERAUSGEGEBEN VON 



BERNHARD SCHUCHARDT, 



TÜBINGEN, 1886. 

VERLAG DER H. LAUPP'SCHEN BÜCHHANDLUNG. 



I 



DBÜCK VON H, LA-UPP jr. IN TÜBINGEN. 



A 



INHALT. 



Anleitung 

■»^aphisches 

Vraphische Literatur über Hahnemann . . . 

y Hahnemann*s an einen Patienten zu Gotha 

e: Rechnungen und Beschwerde enth. . . 



Seite 

I 

4 
20 

23 
71 




t I 




D^'/ 1 




Mm 



EINLEITUNG. 



Es sind mir von befreundeter Seite eine fast 
fortlaufende Reihe von Briefen Hahnemann'S an 
einen und denselben Kranken mitgetheilt worden, 
und als ich . nach Durchlesung derselben ihre 
grosse Bedeutung für die Beurtheilung des prac- 
tischen Wirkens und der eigenthümlichen Weise, 
mit welcher Hahnemann bei seiner so ausge- 
dehnten brieflichen Behandlung seiner Patienten 
zu Werke ging, erkannte, ist mir die Bitte, die- 
selben veröffentlichen zu dürfen, auf das Bereit- 
willigste gewährt worden. Die Briefe, welche an 
einen gebildeten Handwerksmeister Gotha's gerich- 
tet sind (welcher lange nachher, 1 8 5 1 , im 92 . Jahre 
gestorben ist), beginnen mit dem Jahre 1793 
und enden mit dem Jahre 1805, fallen also, in- 
dem sie einen Zeitraum von 1 2 Jahren umfassen, 

Hahnemann's Briefe« j 









,.>''/ 
•..*. 



in die Zeit, in welcher sich das eigenthümliche, 
von Hahnemann aufgestellte System der Homöopa- 
thie von seinen ersten Anfängen im Jahre i 790 
bis zu seiner Vollendung im Jahre 18 10 von 
Stufe zu Stufe weiter ausgebildet hatte. Wir 
werden indessen in diesen Briefen nur wenig 
Anklänge an dieses sein System finden, dagegen 
erfahren wir fast Zeile für Zeile seine grosse 
Aufmerksamkeit, welche er der Lebensweise und 
insbesondere der Diät in ihren Einflüssen auf 
den Organismus und dessen krankhafte Zustände 
widmete. Auf der anderen Seite bemerken wir, 
wie er es verstand, mit seinen im Ganzen so 
einfachen Mitteln und Vorschriften die Kranken 
auf so lange Jahre hin immer und immer an sich 
zu fesseln und ihnen die von ihm als richtig er- 
kannten Lebensregeln in ihrer Einfachheit doch 
wieder so eindringlich und überzeugend einzu- 
schärfen. Daneben tritt überall der grosse Ge- 
schäftsmann hervor, welcher es verstand, was 
ja die Hauptsache war, auch sein materielles 
Interesse zu wahren. 

Ehe ich zu den Briefen selbst übergehe, 
welche ich wörtlich wiedergebe, nur hier und da, 
wo es zum näheren Verständniss nöthig erscheint, 
mit Anmerkungen und Erläuterungen versehen. 



gestatte ich mir, eine kurze Lebensskizze Hah- 
NEMANN'S hier vorzuführen, wobei ich es unterlasse, 
auf das ganze Gebäude seiner eigenthümlichen 
Lehren und auf deren Bedeutung für die Ent- 
wicklung der neueren Medicin, welche sie, wenig- 
stens negativ und indirect, unläugbar gehabt 
haben, näher einzugehen, und nur die Zeit, in 
welcher er in Gotha und Umgegend zubrachte, 
etwas ausfuhrlicher beleuchte. 



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BIOGRAPHISCHES. 



Christian Friedrich Samuel Hahnemann, ge- 
wöhnlich nur Samuel Hahnemann genannt, war 
den 10. April 1755 zu Meissen geboren, Sohn 
des Porzellanmalers Christian Gottfried Hahne- 
mann daselbst. Er besuchte die Stadtschule und 
seit 1767 die Fürstenschule zu Meissen. Er ver- 
liess diese Schule im Jahre 1775 mit einer Rede, 
welche de usu partium nach Galen handelte und 
die Weisheit des Schöpfers in Bildung der mensch- 
lichen Hand nachwies. Er bezog sodann die 
Universität Leipzig, wo er die Heilkunde studirte 
und sich durch Unterrichtertheilen ernähren musste. 
Nach 2 Jahren, im Jahre 1777, ging er nach 
Wien, wo er sich 9 Monate lang aufhielt und vor- 
zugsweise das Spital der barmherzigen Brüder in 
der Leopoldstadt unter Joseph Quarin ^) besuchte. 

i) Geboren 1736, gestorben 1814, Oberarzt am all- 



5 

Hier, wie schon vorher in Leipzig, sah er sich 
wegen seiner beschränkten Lage genöthigt, me- 
dicinische Schriften aus fremden Sprachen, na- 
mentlich aus der englischen, zu übersetzen. In 
Folge dieser seiner Dürftigkeit nahm er auch 
einen Antrag des Statthalters von Siebenbürgen, 
Samuel Freiherr von Bruckenthal ^) an, welchem 
er durch Quarin empfohlen war, und folgte dem- 
selben nach Hermannstadt als Hausarzt, Biblio- 
thekar und Custos seines Münzkabinets. Auch 
practicirte er daselbst. Von da kehrte er im 
Jahre 1778 nach Deutschland zurück und begab 
sich nach Erlangen, wo er durch eine Disser- 
tation ^) die medicinische Doctorwürde erlangte. 
Seit 1780 practicirte er zu Hettstädt im Mans- 
feldischen, und seit Frühjahr 1781 in Dessau, 
wo er sich mit Henriette Küchler, einer Stief- 
gemeinen Krankenhause, später erster kaiserlicher Leib- 
arzt, Widersacher Max. Stoll's. 

i) Geboren zu Löschkirch in Siebenbürgen den 26. 
Juli 1721, gestorben zu Hermannstadt den 9. April 1803; 
er besass grosse Sammlungen , namentlich eine Bücher- 
sammlung, welche 1803 aus 15000 Bänden bestand, eine 
Münzsammlung, eine Mineraliensammlung und eine Ge- 
mäldesammlung, welche in 15 Zimmern und einem grossen 
Saale sich befand. 

2) Diss. inaug. med., Conspectus adfectuum spasmo- 
dicorum aetiologicus et therapeuticus. Erlangae, 1779. 
4®. (20 pp.). 



r ..:\ ■•■'.■ . 



tochter des Apothekers Haeseler daselbst, ver- 
heirathete. Gegen Ende desselben Jahres wurde 
ihm das Physikat zu Gommern, einem Städtchen, 
etwa 2 Meilen südöstlich von Magdeburg gelegen, 
übertragen. Im Frühjahr 1784 legte er diese 
Stelle nieder und ging nach Dresden, wo er ein 
Jahr lang die Krankenhäuser des Stadtphysikus 
Wagner während dessen Krankheit verwaltete 
und sich mit rastlosem Eifer chemischen Unter- 
suchungen und der Schriftstellerei widmete. In 
diese Zeit fällt die Entdeckung seiner Weinprobe 
(Liquor probatorius) 1787. Um sich die Mittel 
zu seinen chemischen Operationen leichter be- 
schaffen zu können und um dem literarischenMarkte 
näher zusein, zog er Herbst 1789 nach Leipzig. 
Hier soll ihm bei der Uebersetzung eines Werkes 
von Will. Cullen ^) bei der Erörterung der Wir- 
kungen der China, welche er an sich selbst 
prüfte, zuerst die Idee seiner späteren Theorien über 
Arzneiwirkung aufgetaucht sein ; er fand nämlich 
nach einer ziemlichen Dosis China, dass ihr Genuss 
einen dem Wechselfieber sehr ähnlichen Zustand 
und noch andere, von den Aerzten bisher gar nicht 
beachtete krankhafte Erscheinungen hervorbringe. 



i) Ueber Materia medica. Aus dem EngL mit An- 
merk. Leipzig, 1790. 8^ 2 Bände. 



Im Anfange des Jahres 1792 finden wirHAH- 
NEMANN in Gotha. Er hatte durch Rudolph 
Zacharias Becker zu Gotha in dessen Anzeiger *) 



i) Die Aufforderung Becker's in dessen »Anzeiger, 
ein Tageblatt zum Behufe der Justiz, der Polizey und 
aller bürgerlichen Gewerbe, wie auch zur freyen gegen- 
seitigen Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Ge- 
genstände aller Art,« vom 8. März 1792, Nro. 58, S. 478 
bis 480, lautete folgendermassen : 
Vorschlag einer noch mangelnden Hülfs-An- 
stalt für wahnsinnige Standes-Personen. 

Eine ihrer Familie und der Welt oft höchst brauch- 
bare, zuweilen fast unentbehrliche, oder sonst vortreffliche, 
von Seiten des Standes, des Vermögens, des Herzens und 
des Kopfes erhabene Person, sinkt durch nicht selten 
unbedeutende Veranlassung in jenen thierischen Stumpf- 
sinn, heftet sich an einzelne starke ungereimte Ideen, 
oder ihr Geist hüllt sich in den undurchdringlichen Schleyer 
schwermüthiger Bedenklichkeiten, in melancholischen Tief- 
sinn ein, und moralische und physische Umstände ver- 
einigen sich zur endlichen Zerrüttung ihres Nervensystems. 
Wenn dieser betrübte Fall eintritt, und wenn Verstandes- 
verwirrung unter allen Unglücksfallen der Sterblichen das 
schauderhafteste Unglück ist: so ist es höchst traurig, dass 
für diese bedauernswürdige Menschenklasse in Deutschland 
so äusserst wenig, ja fast gar nicht, gesorgt ist. 

Die gewöhnlich mit Zuchthaus und Armenversorgung 
verbundenen Irrenhäuser sind im Allgemeinen so einge- 
richtet, dass diese Elenden nur ernährt und überdiess nur 
in einer solchen, oft schauderhaften Verwahrung erhalten 
werden, dass sie sich und Andern kein Leid thun — und 
weiter nichts. Gemeiniglich werden sie durch Nebenum- 
stände, durch rohe und verkehrte Behandlung von den 



bekannt machen lassen, dass er entschlossen 
seine ganze Zeit und alle seine Fähigkeiten 



Wärtern nur noch wahnsinniger und unheilbarer. Gew 
lieh ist nur Ein Arzt einer sehr grossen Anstalt d: 
Art vorgesetzt, wozu wohl zwanzig erforderhch wären, 
dem Endzwecke zu entsprechen: diese Menge Ungl 
hcher zu heilen. Ein solcher Arzt hat oft nicht N 
nicht Kenntnisse genug zu diesem ganz eigenen F. 
und ermüdet doch bald unter der Last seiner Gescl 
und entschhesst sich (wie fast allgemein geschieht), 
nicht zu überarbeiten, das ist, die Dutzende oder Hunc 
solcher Kranken ganz gleichgültig ansehen zu lernen, 
für sie im eigenthchsten Verstände Nichts zu thun. 

So verwahrt man sie, die zum erhabenen Cebral 
ihrer Vernunft bestimmten, edelsten aller erschaffi 
Wesen, wie seltene Bestien aus Afrika zur Schau, oder 
sie, wie leblose Inventarienstücke, 3, 4, 10, 30 und meh 
Jahre auf, zu dem eben nicht menschenfreundlichen 1 
zwecke, sie bald oder spät derFäulniss im stummen G 
zu überliefern — ohne zur Hebung ihrer Krankhe 
ohne zur Wiederherstellung ihrer Besinnkraft das mind 
beizutragen, ohne ihnen die Brauchbarkeit wieder zu ge 
wodurch sie der Welt in ihren gesunden Tagen of 
verehrungswerth waren — man verwahrt sie, sag' ich, 
einer Indolenz, die unserem Jahrhundert durchaus i 
zur Ehre gereicht. 

,Dies widerfährt der mittlem und geringen Klasst 
Volke; sie muss mit den vorhandenen Anstalten voi 
nehmen-i ~ spricht der kalte Zuschauer. — 

Was sollen aber die zuweilen sehr angesehenen 
verwandten mit solchen Unglücklichen anfangen? 
soll der von Stand und Glück erhöhte, gefühlvolle G 
mit seiner Gattin , die Mutter mit ihrem mit Würden 
kleideten Sohne thun, wenn sie in diesen bedauerns' 



chen Kranken zu widmen, welche von Gemüths- 
krankheiten befallen wären, dass er schon öfter 



digen Zustand herabsinken ? Die aufrichtigste Theilnahme, 
Thränen, gerechter Kummer, Aufopferung der grössten 
Summen — nichts kann in den meisten Fällen die Ge- 
sundheit, den Verstand der Ihrigen zurückrufen ; ihre wider- 
menschlichen Reden, ihre thörichten Handlungen revoltiren 
jeden Hinzutretenden, und machen den bedauernswürdigen 
Hülflosen zugleich zum Schandfleck der ganzen Familie. 
Was soll der Haus- und Leibarzt, von dem man nicht 
verlangen kann, dass er vielfältige eigene Erfahrungen in 
diesem besonderen Fache gemacht habe, was soll er dabey 
thun ? Er versucht einige ihm bekannt gewordene Mittel, 
verlässt sie wieder, vertauscht sie mit anderen, greift zu 
langwierigen, zuweilen zweckwidrigen Kuren, ermüdet und 
räth nun selbst den hohen Anverwandten, den Kranken 
aufzugeben und in eine Versorgung zu entfernen. Allein 
wohin ? Etwa in jene Narrenhäuser, in welchen die schimpf- 
liche Beymischung von Verbrechern, Verunglückten und 
Kranken aller Art, oder das Gewühl von Wahnsinnigen, 
Halbvernünftigen und Rasenden aller Grade und Stände 
jede ehr liebende Familie, geschweige denn ein vorzügliches 
Haus abschreckt, ihren Vater, ihre Mutter, den Gemahl, 
die Gattin u. s. w. auf ewig einkerkern zu lassen, ohne den 
mindesten Strahl von Hoffnung in der Ferne zu erblicken, 
die Gesundheit, die Verstandeskräfte ihrer Lieben diesseits 
des Grabes je wieder hergestellt zu sehen? — 

Kann man dies Standespersonen und begüterten Häu- 
sern zumuthen? 

Ich brauche, dünkt mich, nichts mehr hinzu zu setzen, 
um fühlbar zu machen, wie wünschenswerth eine anstän- 
dige Genesungs-Anstalt für diese Klasse wäre, und freue 
mich, den in diesem Geiste gefassten Entschluss eines mir 
und der Welt von der besten Seite bekannten gelehrten 






lO 



den glücklichen Erfolg seiner Methode gesehen 
habe, dass er aber, da die Behandlung der Kran- 



und practischen Arztes ankündigen zu können, welcher im 
Begriff ist, eine Genesungs-Anstalt für etwa 4 irr- 
sinnigePersonen aus vermögenden Häusern der- 
gestalt einzurichten, dass er seine ganze Zeit und. 
alle seine Kenntnisse blos für sie verwendet, dass 
sie Tag und Nacht unter seiner Aufsicht bleiben, dass sie 
durch keine Schläge, keine Ketten, oder ähnliche harte 
Behandlungen zur Vernunft gebracht, und dass überhaupt 
alles, was reifes Nachdenken, gütliche Zuredungen und 
äussere und innere, ihm grösstentheils eigene, vorzügliche 
Behandlungen von der ausgesuchtesten Art zu bewirken 
vermögen, in Bewegung versetzt werde, ihre völlige Ge- 
sundheit des Leibes und der Seele wieder herzustellen. 

Da es aber der Delikatesse, welche Personen dieser 
Art aus angesehenen Familien verlangen können, ange- 
messener zu sein scheint, dass sie selbst in einem so an- 
ständigen Institute unter einigem Incognito ihre Genesung 
erlangen: so scheint dieselbe für sie bestimmte Delikatesse 
es nöthig zu machen, dass auch der Name dieses men- 
schenfreundlichen Arztes, und der Ort, wo er seine Gene- 
sungs-Anstalt errichten wird, dem grossen Publikum ver- 
schwiegen bleibe. Er wird aber denen, welche in dem 
Falle sind, von einem Vorschlage für eine so unglückliche 
Person Gebrauch machen zu können, sogleich namentlich 
bekannt gemacht werden, nebst einer detaillirten Nachricht 
von dem Innern dieses Institutes und den über die Auf- 
nahme in dasselbe einzugehenden Bedingungen. Sie dürfen 
die erste Anfrage nur an dieExpedition der Deutschen 
Zeitung inGotha richten, und werden die erforderliche 
Auskunft sogleich erhalten. 

GOTHA, den 6. Februar 1792. R. Z. BECKER. 



•• • 






II 

Icen vorzüglich auf den Geist gerichtet sein müsse 
wnci vielen Zeitaufwand erfordere, nur sehr wenige 
auf einmal zur Kur übernehmen könne. 

Um diese Zeit war der Kanzlei - Sekretär 
Friedrich Arnold Klockenbring zu Hannover, 
ein sehr talentvoller, arbeitsamer, aber zu Hypo- 
chondrie, Grübelei und Misstrauen sehr geneigter 
Mann, durch die namentlich auch gegen ihn ge- 
richteten schamlosen, boshaften und unsittlichen 
Angriffe Kotzebue'S in dessen im Jahre 17.90 
erschienenen Schrift: »Bahrdt mit der eisernen 
Stirn« in Wahnsinn verfallen ^). Nach längerer 
erfolgloser Behandlung durch den berühmten Arzt 
Wichmann in Hannover setzte sich die Frau 
Klockenbring'S, welche jene Anzeige von Becker 
gelesen hatte, mit Hahnemann, welcher in Gotha 
lebte, wegen Uebernahme der Behandlung ihres 
Mannes in Verbindung. Hahnemann war bereit, 
die Kur zu übernehmen. Die Frau Klockenbring 
reiste nach Gotha, allein nun zeigte es sich, 
dass Hahnemann in Bezug auf ein entsprechendes 



i) Vgl. Jena'ische Literatur-Zeitung, 1 791. 4. Sp. 579 etc. ; 
Allg. Deutsche Bibliothek, 112. i. S. 196 etc.; Becker'S 
Anzeiger. Jahrg. 1792. Bd. i. Nro. i. 2, Januar 2 und 3, 
S. II. 12, Nro. 24. Januar 28. S. 193 — 195, Erklärungen 
Kotzebue'S, die erwähnte Schrift betreffend, enthaltend, 



12 



Lokal noch gar keine bestimmten Anstalten g"e- 
troffen, sondern die Ankündigung seines Institutes 
nur in das Publikum geschickt hatte als einen 
Versuch, ob er Zutrauen fände. In dieser Ver- 
legenheit für beide Theile trat Herzog Ernst II. 
von Gotha in seiner bekannten menschenfreund- 
lichen Gesinnung in das Mittel ; er Hess Hahne- 
MANN einen Flügel seines Jagdschlosses zu Geor- 
genthal, 3 Stunden von Gotha, zu diesem Ge- 
brauche einräumen und ihm sonst noch in vielen 
Stücken die dazu nöthige Einrichtung erleichtern *). 



i) Jetzt erst erschien in dem BECKER'schen Anzeiger 
(ii. August 1792. Nro. 34. S. 275. 276) folgende weitere 
Anzeige : 

Für Freunde der Leidenden. 

Die Genesungs-Anstalt fiir wahnsinnige Personen aus 
den höheren Ständen, welche in Nro. 58. S. 478. Bd. i. 
a. c. des Anzeigers dem Publikum vorläufig bekannt ge- 
macht worden, ist seit einiger Zeit wirklich eröffnet. Ein 
wahrer deutscher Landesvater fand diesen Vorschlag zur 
Milderung des menschlichen Elends so wünschenswerth, 
dass er zur Ausführung desselben eines seiner Landhäuser 
bestimmte und es zweckmässig einrichten Hess. Hier sind 
alle Vorbereitungen gemacht, dass diese unglücklichsten 
unter allen Kranken Sicherheit und menschenfreundliche 
Behandlung finden, nebst allem, was die Heilkunst zu ihrer 
Wiederherstellung zu leisten vermag. Auch giebt der erste 
bereits gemachte Versuch die schönste Hoffnung eines 
glücklichen Erfolgs. Der Ort, wo diese Hülfsanstalt, durch 
die grossmüthige Unterstützung des Landesherrn zu Stande 



•• r* * • • ••• 



13 

ICxocKENBRiNG wurde im Juni 1792 nach Georgen- 
tJbal in die Behandlung Hahnemann'S gebracht. 
Letzterer hat die Krankheit und die Behandlung 
derselben näher beschrieben *). Im März 1793 
^wurde Klockenbring von Hahnemann geheilt 
entlassen und reiste nach Hannover zurück. 
Hahnemann erhielt die, ausser dem Kostgelde, 
für die Kur bedungenen Tausend Thaler. Bald 
darauf indessen verfiel Klockenbring in einen 
apathischen Zustand; er verbrachte seine Tage 
in dumpfer Ruhe und Unthätigkeit, nachdem er 
vorher wegen hämorrhoidalischer Beschwerden, 
wozu Brand gekommen war, hatte operirt werden 
müssen, von welcher Krankheit er indessen voll- 
kommen geheilt worden war. Er starb ohne 
vorhergehende merkliche Krankheit am 12. Juni 

1795- 



gekommen, ist Georgenthal, ein ansehnliches Dorf, mit 
einem Justiz- und Forstamte, in einer der schönsten Ge- 
genden des Fürsten thums Gotha, am Fusse des Thüringer 
Waldes, 3 Stunden von der Residenzstadt Gotha. Der 
Unternehmer ist der genug bekannte Arzt Dr. Samuel 
Hahnemann, an welchen sich die Verwandten und Freunde 
der Hülfsbedürftigen , wegen der näheren Bedingungen, 
nunmehro selbst wenden können. D. H. 

i) Striche zur Schilderung Klockenbring'S während 
seines Trübsinns, in: Deutsche Monatsschrift. Leipzig, 
1796, Jan. — Apr, Bd. i. S. 147 — 159. 



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H 

* Interessant ist, was Hahnemann auf S. 158 
des erwähnten Aufsatzes über die allgemeine 
Behandlung KlockenbrinG'S sagt : » Da ich keinen 
Wahnsinnigen je mit Schlägen oder anderen 
schmerzhaften körperlichen Züchtigungen bestra- 
fen lasse, weil es für Unvorsätzlichkeit keine 
Strafe giebt, und weil diese Kranken bloss Mit- 
leid verdienen und durch solche rauhe Behand- 
lungen immer verschlimmert, wohl nie gebessert 
werden: so zeigte er mir oft mit Thränen die 
Reste der Schwielen von Stricken, deren sich 
seine vorigen Wächter bedient hatten, ihn in 
Schranken zu halten *). Wohl muss der Arzt 
solcher Unglücklichen ein Betragen in seiner Gre- 
walt haben, was Achtung einflösst, was aber" 
auch Zutrauen erweckt; er fiihlt sich nie von 
ihnen beleidigt, weil ein Vemunftloser nicht be- 
leidigen kann. Der Ausbruch ihres ungegrün- 
deten Zornes erregt blos seine Theilnahme an 



i) In der Lebensbeschreibung KLOCKENBRING'S in Schuck. 
TEGROLL's Nekrolog auf das Jahr 1795, Gotha, 1797, Jahrg. 
6. Bd. I. S. 124 — 247 wird in einer Anmerkung auf S. 221 
dagegen gesagt, dass »Personen, welche genau unterrichtet 
sind, bezeugen, der Kranke sei vorher, ehe er zu Hahne- 
MANN kam, zwar sorgfaltig bewacht, aber mit möglichster 
Schonung behandelt worden«. 



' •• • • ■ • ♦ 



• • ••• • *> 






IS 

ihrem jammervollen Zustande, und feuert seine 
Menschenliebe zur Hülfe an.« 

Wir sehen hieraus, dass Hahnemann ebenso 
>vie damals Philipp Pinel ^), I. J. Daquin (d' Aquin) ^) 
u. A.^ die Zwangsbehandlung der Geisteskranken 
verwarf, wohl der erste in Deutschland. 

Hahnemann scheint in Georgenthal nicht viel 
Patienten gehabt zu haben. Wenigstens äussert 
sich H. A. O. Reichard ®) hierüber: »Ferner 

i) Traite mddico-philosophique sur Talienation mentale, 
Paris, 1791. S\ Hier hatte er schon die Grundsätze der 
freien Behandlung der Geisteskranken ausgesprochen, und 
als er 1793 Arzt im Bic^tre geworden war, entfesselte 
er daselbst 1794, während bis dahin in allen Anstalten 
Europa's Ketten und Banden bei den Irren gebraucht 
wurden, 80 Gestörte, behandelte alle übrigen überhaupt 
mit mehr Milde und Hess keine Ochsenziemer mehr an 
die Dienstleute austheilen. Der Erfolg dieser Veränderung 
war, dass mehrere für unheilbar gehaltene Geisteskranken 
geheilt und alle anderen ruhiger und lenksamer wurden. 
Derselbe Erfolg zeigte sich, als man 18 Jahre später in 
Bethlem in England endlich die Ketten der armen Irren 
löste. Später führte John Conolly (geb. 1796, gest. 1866), 
Arzt an der grossen Irrenanstalt zu Hanwell bei London, 
das No-restraint-System consequent durch, und 1856 konnte 
derselbe nach mehr als 2ojähriger Thätigkeit in Hanweil mel- 
den, dass in 24 englischen Anstalten (mit mehr als 1 0000 Kran- 
ken) der mechanische Zwang so gut wie abgeschafft sei. 

2) La Philosophie de la folie, ou essai philosophique 
sur les personnes attaqudes de la folie. Paris, 1791. 8®. 

3) Seine Selbstbiographie. Ueberarb. u. herausgeg. 
V. Hermann Uhde. Stuttgart 1877. 8^. S. 317. 



I6 

wendete sich an den Herzog (Ernst II) und fand 
Unterstützung bei ihm der bekannte Dr. Samuel 
Hahnemann, als er einen Platz zur Anlegnngf 
seiner Heilanstalt für Wahnsinnige suchte; Herzog- 
Ernst liess ihm 1792 das Schloss Georgenthal 
zur Benützung einräumen. Nun erlangte in dieser 
Heilanstalt zwar der arme Klockenbring aus 
Hannover 1793 seine Vernunft wieder, um die 
ihn »Dr. Bahrdt mit der eisernen Stirn c gebracht 
hatte, allein die excentrischen Geniestreiche des 
Directors der Anstalt selbst entzogen dieser bald 
den Schutz des Herzogs. Als ich ernst den 
witzigen Amtmann zu Georgenthal *) fragte : > wie 
viel Narren Hahnemann jetzt in seiner Anstalt 
habePt , lautete die trockene Antwort? »Einen, 
und das ist er selbst, t 

Mitte Mai 1793 verliess Hahnemann Georgen- 
thal und begab sich nach Molschieben, einem 
Dorfe etwa 2 Stunden nordöstlich von Gotha. 
Dann begab er sich im Herbste 1794 nach Pyr- 
mont, von wo er nach kurzem Aufenthalte noch 
in demselben Jahre nach Braunschweig ^) über- 



i) Wilhelm Heinrich Jacobs. 

2) Ueber seinen Aufenthalt in Braunschweig schreibt 
er in einer Anmerkung des oben erwähnten Aufsatzes 
(Striche zur Schilderung Klockenbring'S , S. 147): ,So 



17 

siedelte. Im October 1796 finden wir ihn in 
Königslutter in Braunschweig, im August 1799 
in Hamburg, resp. Altona. Im März 1799 hatte 
er den Versuch gemacht, in die Stelle des im 
Februar 1799 gestorbenen Hofraths und Leib- 
medicus Dr. Friedrich Büchner nach Gotha be- 
rufen zu werden, aber ohne den gehofften Erfolg. 
Im Jahre 1 800 erfand Hahnemann sein Pneum- 
Laugensalz (Aleali Pneum), welches er zuerst 
in Crell'S Beiträgen zu den chemischen Annalen 
1800 veröffentlichte ^). 



äusserst mühsam auch, wenn sie mit glücklichem Erfolge 
begleitet sein soll, eine unmittelbare und ununterbrochene 
Beschäftigung mit dieser Art Kranken sein mag, so oft 
sie auch, wirksamer als alles sonst Erdenkliche, die Freu- 
den des Lebens tödtet und die Seele des menschlich- 
denkenden Arztes traurig erschüttert: so viel inneren Beruf 
fühle ich jedoch, diese Arbeit auch hier (in Braunschweig 
auf meinem Garten) eifrig fortzusetzen." 

i) Ueber dasselbe findet sich im Intelligenzblatt der 
allgem. Literaturzeitung Nro. i vom Jahre 1801 folgender 
Artikel : 

Herrn Dr. Hahnemann's angeblich neu entdecktes 

Laugensalz betreffend. 

Herr Dr. ELahnemann hat in den Intelligenzblättem 
der Allg. Lit. Zeit., in von Crell'S Chemischen Annalen 
und in Scherer'S Journal der Chemie ein von ihm ent- 
decktes neues Laugensalz unter dem Titel: Alkali Pneum, 
und, dass solches bei Herrn Hilscher in Leipzig, die 
Unze für einen wichtigen Friedrichsd'or zu haben sey, 

Hahnemann's Briefe. 2 



i8 

Von Altona ging er nach Eilenburg bei Leipzig-, 
seit 1802 nach Wittenberg, dann nach Torgau, 
wo er sein berühmtestes Buch ') veröffentlichte, 
von 181 o — 1 8 2 1 nach Leipzig, von wo er sich 
zum dauernden Aufenthalte nach Cöthen wandte , 



angekündigt. — Die Gesellschaft naturforschender Freunde 
zu Berlin wünschte diese neue Substanz, »deren Einfluss 
auf die gesammte Scheidekunst unverkennbar sey, näher 
kennen zu lernen. Sie verschrieb ein Glas — eine Unze 
enthaltend — von dem genannten Commissionär in Leipzig, 
und übertrug die chemische Prüfung uns, ihren endesge- 
nannten Mitgliedern. Das Glas war mit der Signatur 
Alkali Pneum bezeichnet, und mit des Herrn Dr. Hahnemann'S 
Pettschaft unversehrt versiegelt. Das Resultat der von 
uns damit angestellten, und durch Gegenversuche bestä- 
tigten Prüfungen, worüber der ausführliche Bericht zu den 
Acten der naturforschenden Gesellschaft gegeben ist, be- 
steht darin: dass dieses sogenannte Pneum Laugensalz im 
Wesentlichen nichts mehr und nichts weniger, als ein aus 
Sedativsalz und vorwaltendem Natron bestehendes Neutral- 
salz, als gemeiner Borax ist. — Hoffentlich wird Herr 
Dr. Hahnemann zu seiner Rechtfertigung anzeigen, durch 
welche Täuschung er veranlasst worden, ein so gemein- 
bekanntes Material, wie der Borax ist, unter dem Titel 
einer neu entdeckten Substanz anzukündigen und ein in 
jeder Apotheke für ein Paar Groschen zu kaufendes Quan- 
tum desselben für den Preis von einem Friedrichsd'or feil 
zu bieten. 

Berlin, den 9. December 1800. 

Klaproth Karsten Hermbstädt 

Obermedicinalrath und Professor Oberbezgrath Obermedicinalrath nnd Professor. 

i) Organen der rationellen Heilkunde. Dresden und 
Leipzig, 1810. 8^ (48 und 222 S.) 



j 



19 

loesonders durch das von der Königl. Sächsischen 
Regierung im Jahre 1820 ausgesprochene Verbot 
des Selbstdispensirens veranlasst. In Cöthen 
erhielt er von dem Herzog Heinrich völlige 
Freiheit zum Selbstdispensiren. Daselbst starb 
im Jahre 1827 seine Frau. Den 18. Januar 1835 
verheirathete er sich, fast 80 Jahre alt, mit einer Pa- 
riserin Mademoiselle Mdanie d'HERViLLY-GoHiER, 
und siedelte den 31. August nach Paris über. 
Er starb daselbst den i. Juli 1843. 



BIOGRAPHISCHE LITTERATUR 



UEBER 



HAHNEMANN, 



lieber das Leben Hahnemann's handeln folgende 
Schriften und Aufsätze: 

Elwert, Joh. Kasp. Phil., Nachrichten von dem Leben 
und den Schriften jetzt lebender teutscher Aerzte, Wund- 
ärzte, Thierärzte, Apotheker und Naturforscher Erster 
Band (einziger). Hildesheiro. 1799. 8^ (Enthält eine Selbst- 
biographie Hahnemann's bis zum 30. August 1791.) 

vonBALOGH, Paul, Dr. Hahnemann, der Mensch und 
Arzt, in: Iris, Ofen, 1826, Nro. 48, und abgedruckt in: 
Allgem. Anzeiger der Deutschen, 1826, Nro. 260. 

Kahleis, Jacob Gottfr. Benj., Homöopathische Gurken- 
monate oder Hahnemann's, des Homöopathen, Leben 
und letzte Thaten, Halle, 1826, 8^ (47 S.) (Publicirt unter 
dem Pseudonym K. H. Elias). 

Viro illustri medicinae homoeopathicae auctori, S. 
Hahnemanno, M. D., faustum illum diem quo ante hos 
quinquaginta annos Erlangae summis in medicina et chir- 



^ 



.1 



21 

tiir^a honoribus rite omatus est amici et medici methodo 

Ixoxnoeopathicae addicti pie laete congratulantur die X. 

Aiagusti 1829, inest: Dissertatio de indole et fatis artis 

liomoeopathice medendi, simul vita inventoris breviter 

enarratur. Merseburg, s. d. (1829) 4**. (Von den Einen 

<iem Friedrich Rummel, von den Andern dem Wilhelm 

Stapff zugeschrieben). 

Simon, jun., Friedr. Alex., Samuel Hahne mann, 
Pseudomessias medicus, xax' igox>5v der Verdünner. Ham- 
iDixrg. 1830. 8^^. (GiebtaufS. I — 7: »Notizen zu einer künf- 
tigen Biographie S. Hahnemann's^ des Verdünners«.) 

Skizzen eines reisenden Homoeopathen. 1832. 8°. (Bringt 
S. 30 — 40 Notizen über Hahne mann). 

Die Wunder der Homoeopathie. Eine kurze und deut- 
liche Darstellung dieses neuen Heilverfahrens für gebildete 
Laien, zur gründlichen Beurtheilung des Hahnemannischen 
Systems; nebst einer kurzen pragmatischen Lebensbeschrei- 
bung dieses grossen Mannes. Von einem practischen Arzte. 
Leipzig, 1833. 8®. (6 und 136 S.) 

Mühlenthor, Joh. (Pseudonym), Das Leben und Streben 
Sam. Hahnemann's, des Erfinders und Begründers der 
homöopathischen Irrlehre. Nach den besten Quellen ge- 
schildert. Potsdam, 1834. 8°. (34 S.) 

CuRT Sprengel'S Versuch einer pragmatischen Ge- 
schichte der Arzneikunde. Fortgesetzt vonBurkard Eble, 
Th. 6. Abth. 2. Wien 1840. S\ S. 90—134. 

Lebensbeschreibung Hahnemann's, in: Neuer Nekro- 
log der Deutschen. 21. Jahrgang, 1843. Erster Theil, 
S. 613 — 621. Weimar, 1845. 8^ 




22 

DuDGEON, R. £., Hahnemann; a biographical sketch. 
London, 1852. 8^ (31 pp.) 

Des Guidi, Sdbastien-Gaetan-S^vador, Comte^ Lettre 
aux mddecins frangais sur la mddecine homoeopathique- 
3. 6dit, enrichie des pr^faces des traducteurs de cette 
lettre, des biographies et portraits dQ S- Hahne nxa. 22 n 
et de S. Des Guidi et de plusieurs lettres importantes 
par le Dr. F. Perussel. Pari§,, 1852. 8\ (XXI et 144 pp-} 

Argenti,D., Homöopathische Behandlung verschiedener 
Krankheiten für angehende Aerzte und gebildete Nicht- 
ärzte, mit einer Lebensbeschreibung Hahne mann *s. Aus 
dem Ungar, übersetzt von Schleicher (nebst dem Portr. 
des Vfss.). Pest, 1860. 8^ 



J 



BRIEFE HAHNEMANN'S 



AN EINEN PATIENTEN ZU GOTHA. 



i 



Georgenthal, 22. April 1793. 
Mein lieber Herr X.! 

Sie thun wohl, dass Sie mir recht umständlich 
schreiben und wenn auch Dinge dabei wären, die Sie 
für Kleinigkeiten halten. Ich kann mir doch etwas 
herausnehmen. Die Verdriesslichkeit kann Ihnen aller- 
dings etwas geschadet haben. 

Von nun an wollen wir unsere Kur so einrichten, 

dass Sie sich die Pulver ^) wieder machen lassen, aber 

nur einen Tag um den anderen eins früh einnehmen. 

In den Zwischentagen nehmen Sie früh um dieselbe 

Zeit 20 von beigehend verordneten Tropfen *) und 

steigen jedesmahl um zwei Tropfen, in einer Thee- 

tasse Wasser gerührt. Dieselben Abende, wo Sie 

früh das Pulver genommen haben, nehmen Sie bei 

Schlafengehen eine von den beifolgenden Pillen ') mit 

einem Schluck Wasser. Also einen Tag um den 

anderen. 



i) Rp. Pulv. Cortic. peruvian. optim. unciam; divid. in i6 part. 
aequal. D. S. Früh zwischen 9 und 10 Uhr eins in ein halbes 
Stutzglas Wein gerührt zu nehmen. 

2) Elixir. acidi Halleri unciam. D. S. Nach Vorschrift. 

3) von Extract Hyoscyami. 



26 

Seyn Sie nur guten Muthes und bewegen so viel 
Sie ohne Strapatze können. Es wird alles gut werden. 

Noch eins, wenn Sie etwa gewohnt sind, Abends 
in einem Buche zu lesen, so lassen Sie diess ja von 
nun an unterwegs 1 Es schadet Ihnen und es reizt 
Ihr Nervensystem; auch am Tage sehe ich's nicht gern. 

Ich wünsche gute Bes- 
serung. Dr. S. Hahnemann. 

Schreiben Sie so oft Sie 
wollen, ich werde wenn es 
nöthig ist, antworten. 

Dem Boten haben Sie 
nichts nöthig zu geben, weil 
ich in Akkord mit ihm stehe. 



Mein lieber Herr X. I 

Sie sehen es also aus Ihrer eigenen Erfahrung, 
welchen nachtheiligen Einfluss das Lesen sowohl als 
die Anstrengung des Kopfes überhaupt auf Ihr Nerven- 
system hat. Hüten Sie sich ja davor, ich bitte Sie, 
bis zu besseren Zeiten, und diese werden kommen. 
Das ausgespuckte Blut ist blos aus dem Munde oder 
hinten aus der Nase gekommen, wenn es nicht mit 
Husten kam. Nur mittelst des Hustens kann etwas 
aus der Lunge kommen, änderst nicht. 

Ihren Appetit massigen Sie ja immer : doch em- 
pfehle ich Ihnen, dass Sie sich vor keiner Art von 



27 

Speisen furchten. Eine Abwechselung in der Kost 
ist Ihnen recht zuträglich. 

Gehen Sie auch Nachmittags Spazieren, so gegen 
Abend, ehe Sie ein Paar Bissen Brod gemessen, etwa 
zwischen 5 und 6 Uhr. Hier erinnere ich Sie an 
einen wichtigen Punkt Ihrer Diät, nämlich dass Sie 
eher Mittags bis zur Sättigung essen können, nur bei- 
leibe Abends nicht. Das beste Verwahrungsmittel, 
dass Sie sich nicht vergessen, ist, dass Sie grössten- 
theils blosses trockenes Brod, oder einen trockenen 
Semmel gemessen. 

Wenn Sie Spannung auf der Brust haben, so 
sinds gewöhnlich Blähungen in der Gegend des Magens, 
Aveiter nichts. 

Damit wir aber weiter in unserer Kur rücken und 
der Gesundheit näher kommen, so setze ich zu dem 
bisher gebrauchten und immer noch zu repetirenden 
Mitteln noch folgende Vorschrift. 

Jedesmahl Vormittags, gleich vorher, wenn Sie 
Spazieren gehen wollen, ziehen Sie sich nackend aus, 
ziehen ein Paar wollene Handschuhe an, setzen eine 
Schüssel frisch gjehohltes Brunnenwasser vor sich auf 
den Tisch, tauchen stehend die mit den Handschuhen 
bekleideten Hände hinein und überfahren sich den 
ganzen Leib damit ; das Eintauchen der Hände thun 
Sie die ersten Tage jedesmahl zweimahl, nach drei 
Tagen dreimahl und nachgehends öfterer. Diess 
Reiben oder Waschen, wie Sie's nennen wollen, darf 
aber die ersten Tage nicht über eine Minute oder 
ein Vaterunser lang dauern. Dann trocknen Sie sich 



28 



schnell und rasch ab, dass keine Feuchtigkeit am 
Leibe bleibt, ziehen sich behende an und gehen aus 
ohne Zeitverlust. 

Hierbei sehe ich es gern, dass Sie die leichteste 
Kleidung, die Sie haben, zum Spazierengehen anzög^en, 
es mag für Wetter seyn, welches da will. Nach dem 
Kaltwaschen werden Sie das am leichtesten vertragen 
und noch dazu im Gehen. Folgen Sie pünktlich, es 
wird Sie nicht gereuen. 

Acht Tage nach dem ersten Waschen, dürfen 
Sie etwa anfangen, sich zwei Minuten lang zu reiben, 
eher nicht. 

Alle Morgen beim Erwachen können Sie Ihr ganzes 
Glied in ein Glas frisches Brunnenwasser tauchen et- 
liche Minuten lang. 

Im Punkte der Ehe aber bitte ich Sie recht in- 
ständig, so massig als möglich zu seyn. Sie können 
nicht glauben, welcher wesentliche und wichtige Theil 
unserer Kräfte der Samen ist, ein Extract unseres 
Lebens. Wollen Sie lieber ein Jahr übermässig ge- 
messen und dann unfähig (tod) seyn, oder vielmehr 
noch vierzig bis fünfzig Jahre lang ein kraftvoller ge- 
sunder Mann seyn? Ich dächte, das letztere. 

Steigen Sie nur mit den Tropfen, bis eine Tasse 
Wasser damit dem Geschmacke nach Ihnen allzu sauer 
deucht. Dabei bleiben Sie stehen. 

Jetzt kann ich Ihren Besuch nicht annehmen, 
bis ich meinen Wohnort verändert habe, welches in 
lo bis 12 Tagen geschehen wird. Ich komme näher 



29 

nsLch Gotha. Wohin? Sollen Sie dann durch mich 
erfahren ^). 

Halten Sie sich gut und zählen Sie auf Ihre Ge- 
nesung. 

Der Ihrige 
Georgenthal,' den 6. Mai 1793. Dr. Hahnemann. 



Mein lieber Herr X. I 

Sie sehen nun aus der Erfahrung, welchen Ein- 
druck der Beischlaf auf Sie macht, und werden sich 
danach zu richten wissen. Diesen Nutzen hat Ihr 
Rückfall doch gehabt. Ich rathe Ihnen daher einmahl 
für allemahl auf künftige Zeiten, es nie wieder zu 
thun, als bis Sie unwiederstehlichen Trieb und an- 
haltende starke Neigung dazu spüren. Auf einen über- 
hingehenden thun Sie's ja nicht wieder. 

Indess lassen Sie Ihren Muth ja nicht fahren. 

Sie sind doch schon so gestärkt, dass auch diese 

Schwächung bald vorüber gehen wird, und Sie Ihre 

Kräfte weit eher wieder bekommen werden als sonst. 

Fahren Sie fort mit Ihrer Kur, wie bisher. 

Der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 
Diess sind dieselben 

Abendpillen als die vorigen, 

ob sie gleich kleiner sind. 



l) Molschleben, Dorf bei Gotha. 



30 



Wenn sie Ihnen zu schwach 
deuchten, so können Sie drei 
Stück auf einmahl nehmen. 



Mein Heber Herr X.! 

Nunmehr ist es freilich ungleich besser, dass Sie 
Ihr Schreckbad ganz früh vornehmen, wenn die Sonne 
noch nicht sticht, und gleich darauf spazieren, Avenn 
Sie vorher den Kaffee getrunken haben. Ein Paar 
Semmel können Sie erst nachdem Spaziergange essen. 
Ihre Kräfte scheinen noch zu gering, und Sie können 
das Holzsägen also noch vor der Hand unterlassen. 

Auch habe ich nichts dawider, wenn Sie nur 
einen Abend um den anderen eine Pille nehmen 
wollen. Doch vermuthe ich, dass ihre Schlaflosig- 
keit mehr von zu grosser Anspannung Ihrer Kräfte 
und der Hitze dieser Tage, als von den Pillen her- 
gerührt hat. Doch wollen wir's bei einem Tage um 
den andern damit bewenden lassen. 

Sagen Sie mir doch, ob Ihnen ein einzelnes Glas 
Wein Hitze macht ? Wäre das nicht, so wünschte ich, 
dass Sie alle Mittage eins tränken. 

Da sich's mit dem Jucken giebt, so wollen wir 
das Lendenbad noch nicht gebrauchen. 

Dero ergebenster 

Dr. Hahnemann. 

Macht Ihnen denn der 
FrühkafFee gar keine Wal- l 



31 



Iving im Blute, keine Hitze ? 
Trinken Sie doch ein oder 
eixi Paar Mahl eine Tasse 
friili mehr, also drei, und 
acliten genau auf sich. 

Vergessen Sie ja nicht, 
die Fenster Ihrer Schlaf- 
kammer des Tages und die 
Ihrer Arbeitsstube des 
Nachts offen zu lassen. 



Mein lieber Herr X.! 

Nach Ihrem vorletzten Briefe folgt allerdings, wie 
ich auch schon vorher vermuthete, dass der Kaffee 
Ihnen gar nicht zuträglich ist, und dass Sie sehr wohl 
thun, sobald als möglich Ihre Morgenportion bis auf 
eine Tasse zu vermindern. Haben Sie diess 14 Tage 
getrieben, so können Sie eben so lange (14 Tage) 
nur aller zwei Tage eine Tasse trinken und dann ihn 
wo möglich ganz abschaffen. Sie mögen statt seiner 
trinken was Sie wollen, ein Paar Tassen gekochte 
Milch, oder auch gar nichts, oder einen Schluck 
Wasser. Aber schneller, als ich gesagt, dürfen Sie 
sich den Kaffee auch nicht abgewöhnen. 

Wegen des Weins sehe ich wohl, dass Sie auch 
ein wenig zurückhaltend seyn müssen. Indessen 
wünschte ich ihn nicht gänzlich beiseite gesetzt. Ver 
suchen Sie es , (da Sie vor der Hand kein Pulver 



I 



32 

mehr nehmen sollen, und also der dazu getrunkene 
Wein wegfällt) täglich Mittags ein Stutzglas Gemisch 
halb Wein und halb Wasser zu trinken und so fort 
zu fahren, bis wir einander wieder sehen. 

Können Sie bald einmahl herauskommen und 
mir den Tag vorher wissen lassen, so wird mir's lieb 
seyn. Sie behalten also» zum Einnehmen blos die 
Tropfen und die Pillen. 

Mit den Tropfen steigen Sie von nun an, so ge- 
schwind als möglich, um bald zu der höchsten Por- 
tion, die der Geschmack verträgt, zu gelangen. Bei 
dieser bleiben Sie stehen und fahren alle Tage damit 
fort, lassen sich aber indess gleich eine frische Por- 
tion aus der Apotheke hohlen, die Sie zum Vorrath 
bei sich stehen lassen, wie ich Ihnen gesagt habe. 

Mit der Decke in der Nacht machen Sie es nach 
Ihrer Empfindung, aber immer so, dass Sie eher etwas 
kühl, als heiss liegen. Wenn Sie das Dunsten ver- 
hüten können, ohne grosse Mühe und AengstHchkeit, 
so thun Sie sich mehr Vortheil als Nachtheil. 

Sie thun wohl, die Pillen nur einen Abend um 
den andern zu nehmen; wenn ja unruhige Nächte 
ausser der Pillenzeit kommen, so können Sie noch 
in der Nacht eine nehmen und sehen, was es Ihnen 
thut. 

Mit der Motion steigen Sie ebenfalls nach Ihrer 
Empfindung, setzen Sie zu und ab, wie Sie am besten 
finden, nur immer in dem Gedanken, dass Bewegung 
zu Ihrer Gesundheit erforderlich ist. 



33 

Mit der Electrisität lassen Sie's seyn, Ihr Körper 
ist zu reitzbar dazu, wenigstens vor der Hand. 

Beschreiben Sie mir doch genau, wie Sie's mit 
dem Morgenwaschen halten ; es scheint mir, als wenn 
Sie nunmehr damit steigen sollten. 

Der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 
Ueberhaupt empfehle 
ich Ihnen vor allen Dingen 
frohen Muth; es wird alles 
gut werden. 



Mein lieber Herr X.! 

Sie mögen wohl noch immer etwas selten sich 
mit dem Beischlafe abgeben, wie Sie aus Ihren Em- 
pfindungen sehen; doch zuweilen. 

Es ist mir sehr lieb, dass Sie blosse Milch trinken, 
der Vortheil wird sich erst in der Folge zeigen. 

Bei der Menge Tropfen bleiben Sie nur. 

Ueber Durst brauchen Sie nicht zu trinken. 

Sehen Sie doch zu, ob etwa die Zahnschmerzen 
durch eine Verkältung beim Bade zuweilen entstehen. 
Gehen Sie thätig und geschwind dabei zu Werke, 
strengen Sie die Hände zum Reiben recht dabei an, 
auch wenn Sie sich übergössen haben, und trocknen 
sich schnell und stark ab, ziehen sich auch geschwind 
an und gehen. 

Von der Menge kaltem Wassers lassen Sie aber 

Hahnemann's Briefe. o 



34 

ja nicht nach. Ich wünschte vielmehr , dass Sie 
schneller sich noch mehr über den Leib und überall 
hin, besonders an die Zeugungstheile hin g^essen 
könnten. 

Ich schicke Ihnen hier wieder Pillen zur Fort- 
setzung, wie vorher, und bin der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 
Beigehende Briefe werden 
Sie die Güte haben noch 
heute bestellen zu lassen. 



Verordnung des Herrn Doctors den 7. July 1793. 

(Von der Hand des Patiente« geackfieben.) 

Erstlich nachdem ich mich des Morgens i mal 
mit den Händen über den ganzen Leib gewaschen, 
soll ich in denen ersten 3 Tagen ohngefähr 3 mal 
ganze Hände voll Wasser über mich giessen und 
nach 3 Tagen alle Tage i Handvoll, nach 5 Tagen 
2 Hände voll steigen bis ohngefähr 10 Hände voll, 
nachdem thue ich ganz desgl. mit einem Töpfgen, 
womit ich steigen kann bis auf 20 Töpfgen voll. 
Auch soll ich mich im Gesicht und Nacken stufen- 
weis waschen, ich soll auch das Gesicht einigemal 
ganz in Brunnen ^) tauchen. 

Ich kann auch alle Tage dieses Bad ^U Stunde 
früher vornehmen, bis es ohngefähr halb 5 Uhr oder 
gar 4 Uhr geschieht. 

i) Im Gothaischen die Bezeichnung fiir Wasser. 



. * • ♦ • • . 

* • • • • ■ 



35 

Ich kann jeden Morgen wegen starken Appetit 
I Semmel mehr gemessen, und Nachmittag 3 Uhr, 
wenn ich Appetit habe, eine halbe Mahlzeit machen. 

Den gemischten Wein soll ich nicht über Tische, 
sondern Va oder ^U Stunden nach dem Essen erst 
trinken. Mit denen Tropfen steige ich alle Tage mit 
3 Tropfen bis auf 100, damit fahre ich fort, und 
brauche es nur in einem LöfFelgen beiläufig nachzu- 
messen. 

Von denen Pillen nehme ich einen Tag 2 und 
warte hernach 2 Tage, und nehme alsdann den 3. Abend 
Avieder 2 und beobachte die Wirkung. 

Tous les 15 jours je dois faire l'Act. de mult. ^). 



Mein lieber Herr X.! 
Bleiben Sie bei dieser Diät und vermindern wo 
möglich die Menge des Abendbrods (12 Loth) und 
schreiben mir Ihr Befinden dabei oder besuchen mich 
bald selbst. 

Der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 



Mein lieber Herr X.! 
Sie können wieder Ihre Tropfen vornehmen, und 
nur etwa einmahl die Woche, etwa den Sonntag früh 



i) L'Act de mult. soll wohl heissen: TAction de multiplier? 

3* 



36 

statt ihrer, einmahl Pulver nehmen, bis auf weitere 
Ordre. Setzen Sie doch etliche Abende nach einander 
alles Abendessen ganz aus, um Ihren Magen Avieder 
in Ordnung zu bringen. 

Sie können in Gottes Nahmen nach Langensalza. 
Es wird Ihnen nicht übel bekommen. 

Bleiben Sie nur bei 4 Pillen. 

Der Ihrige. 

Dr. Hahnemann. 
Mein lieber Herr X. 1 

Es ist mir recht lieb, dass Sie mit dem Herrn 
Secretair SCHRÖDERS) gesprochen haben. Er ist ein 
einsichtsvoller Mann. Borgen Sie sich doch von ihm 
einen Funkenzieher, dessen stumpfe Spitze mit Holz 



überzogen ist, in folgender Gestalt r^ , 

und lassen sich damit, während Sie mit Elektricität an- 
gefüllt werden, über alle schwache Theile dicht über den 
Kleidern hinfahren. Dies giebt unmerkliche Ausströ- 
mungen ohne Empfindung; er wird Ihnen das schon 
weisen. Aber freilich muss dann die Maschine stark seyn, 
wenn es Ihnen Nutzen bringen soll. Diess Funken- 
ziehen geht aber auch mit der Hand einer fremden 
Person an. Lassen Sie sich doch vom Herrn Sekre- 



i) Derselbe war in der Physik sehr erfahren. Er hatte u. A. 
den östlichen Thurm des Schlosses zu Gotha mit einem isolirten Blitz- 
ableiter versehen. S. A. Klebe, Gotha und die umliegende Gegend. 
Gotha, 1796. 8". S. 48. 



37 

tair kleine Schläge mit der leidener Flasche geben, 
damit Sie damit bekannt werden. Denn wenn Ihnen 
dies einfache Funkenziehen keine Wirkung mehr thut, 
so müssen Sie zu kleinen Schlägen übergehen. 

Ihre erfrorenen Finger können Sie sich mit etwas 
X^etroleum oder gut^m Bergöle aus der Apotheke 
bestreichen. 

Kommen Sie doch recht bald einmahl zu mir 

Dr. Hahnemann. 
Wir bitten uns um diesen 
Xhaler Fliessbutter aus, und 
sechs gute Bratwürste und 
um 6 gr. solche dunkelgraue 
Wolle, womit man die Weiber- 
strümpfe, die Sie uns ge- 
schickt, damit «topfen kann, 
und um 6 gr. solche blass- 
graue, wie die zwei Paar 
egalen Kinderstrümpfe waren. 



Mein lieber Herr X. I 

Sehr recht, dass Sie nur drei Pillen genommen 
haben. Wir können nicht weiter damit gehen. Ihre 
Kräfte werden sich schon wieder gefunden haben. So 
lange aber Ihre Träume unruhig sind, müssen Sie 
mit den Nachtpillen fortfahren, auch wohl, wo nöthig, 
ein Paar nehmen. 

Indessen möchte ich doch wissen , wie es mit 



38 

den gichtischen Bewegungen in Ihrem Körper aus- 
sieht, ob die Morgenpillen etwas darauf gewirkt haben. 
Steigen Sie doch womöglich noch mit Ihrem kalten 
Bade und begiessen sich mit einem Töpfchen. 

Wenn die Maschine im Stande ist, so elektrisiren 
Sie sich, wie gedacht. Wollten Sie sich wohl durch 
Ihren Herrn Bruder wieder nach der PERTHES'schen 
Sache erkundigen lassen? 

Ich bin der Ihrige 

Dr. Hahnemami. 



Mein lieber Herr X. 1 

Standen Sie denn, da Sie elektrisirt wurden, auf 
einem Gestelle, unter welchem Glas oder Pech war? 
Das ist durchaus erforderlich. Schläge oder Stösse 
dürfen Sie dabei nicht empfinden, man kann Ihnen 
die Funken nur mit dem Finger ausziehen, wenn die 
Kugel zu grosse Funken macht. 

Und sollte Ihnen auch dieses Hitze machen, so 
lassen Sie sich dann bloss eine Viertelstunde nur mit 
Electrisität anfüllen, indem Sie auf dem mit Glas oder 
Pech versehenen Stative stehen und sich keine Funken 
ziehen lassen. Uebrigens habe ich Ihnen hier ein 
Pulver aufgeschrieben, wovon Sie alle Morgen zu einer 
beliebigen Zeit einen gehäuften Theelöffel voll nehmen. 

Wir bitten uns drei Mandel Wirsing, Eine Mandel 



39 

IColiIrabi, und ein Schock Blaukohl — alles mit Wurzeln 

aus, anbei i6 gr. dafür, mit ergebenem Danke. 

Der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 



Mein lieber Herr X.I 

Dass man aus Ihnen keine Funken ziehen kann, 
liegt vermuthlich an der Schwäche der Maschine, oder 
daran, dass das Stativ, worauf Sie dabei stehen und 
abgesondert werden sollen, Staub oder Feuchtigkeit 
an sich hat, dass, wenn es ein Harzkuchen ist, dieser 
etwa Risse hat, oder wenn das Stativ gläserne Füsse 
hat, diese zerbrochen oder staubig oder feucht sind 
— an einem von diesen Dingen muss es liegen, oder 
Sie haben etwas spitziges metallisches an sich, was 
die Electrisität ausströmt. Können Sie den Fehler 
nicht selbst finden, so müssen Sie einen Kunstver- 
ständigen es untersuchen lassen. Man kann aus einem 
leblosen Körper Funken ziehen, warum aus Ihnen 
nicht ? 

Sie können nunmehr die Nachmittagstropfen aus- 
setzen und dafür um eben diese Zeit beigehend ver- 
ordnetes Pulver zu einem vollen gehäuften Theelöffel 
täglich nehmen, womit Sie wollen. Es dient zur 
Stärkung. Seyn Sie nur muthig. 
Ich bin der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 



40 

Da das blosse Anfüllen mit Electrisität Ihnen 
keine Aenderung mehr macht, so probiren Sie doch 
nun das Funkenziehen. Fangen mit wenigem an, und 
gehen zum mehreren fort. Sie setzen doch Bad unJ 
Spaziergang noch fort? 

Der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 



Mein lieber Herr X.! 

Ungeachtet es Ihnen bis jetzt noch nicht besser 
ist, so muss es doch von nun an mit Ihnen vorwärts 
gehen; ich ruhe nicht. Hoffe auch, dass Sie mir 
treulich folgen werden. 

Setzen Sie Ihre Pulver und Ihre Pillen fort. 

Was aber Ihre Diät anlangt, so muss sie von nun 
an geändert werden. In diesen kommenden acht 
Tagen gemessen Sie nur die Hälfte von dem Fleische 
und der Fleischbrühe, als Sie bisher zu thun gewohnt 
waren; sind diese acht Tage um, so melden Sie mir 
genau, wie viel Sie diese Woche an beiden genossen 
haben ; ich werde Ihnen weiteren Unterricht ertheilen. 

Die Semmeln, die Sie früh zu sich nehmen, ge- 
messen Sie fortan ganz ohne Butter. Abends dürfen 
Sie nur blosses Brod mit etwas Salz gemessen, so- 
viel Ihr Appetit verlangt. 

Die Bewegungen in freier Luft setzen Sie fort, 
erhöhen sie aber nicht. Es wird mir lieb seyn, wenn 
Sie ächten ungarischen Wein zu erhalten suchen. 



41 

avon können Sie einen Esslöffel voll täglich einmahl 
zu sich nehmen, zu der Zeit wo Sie besondere Kraft- 
losigkeit spühren. 

Ich erwarte zur gesetzten Zeit Ihre Antwort. 

Der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 
Verlassen Sie sich ein- 
zig auf Gott und auf mich, 
und ich verlasse mich auf 
IKren Verstand und auf Ihre 
exemplarische Folgsamkeit 
bisher. Es wird bald besser 
werden. 



Mein lieber Herr X.! 

Ich gebe Ihnen den Rath — bei Ihren Früh- 
tropfen — bei einer Pille alle Abende und bei Ihrem 
Bade zu bleiben, das übrige aber auszusetzen. Doch 
wünschte ich, dass Sie von Zeit zu Zeit wieder die 
Electrisität versuchten, wie Sie es zuletzt gethan haben, 
— nämlich die blosse Anfiillung mit Electrisität, ohne 
Funkenziehen. Thun Sie's etwa die Woche ein oder 
zweimahl. Wenn es Ihnen immer schlechter bekömmt, 
so lassen Sie's seyn. Dagegen aber rathe ich, dass 
Sie, wenn jenes nicht geht, mit ganz kleinen Schlägen 
den Versuch machen ; sie müssen nicht grösser seyn, 
als ein Strohhalm dick ist. 

Haben Sie nur guten Muth ; es wird schon gehen. 



42 

Auch weiss ich noch anderen Rath, wenn's ja nicht 
geht. 

Der Ihrige 

Dr, Hahnemann. 



Mein lieber Herr X.! 

Vermuthlich sind Ihre Zahnschmerzen und andere 
Schmerzen von Erkältung gekommen. Wenn sie noch 
anhalten sollten, oder sie einmal wieder kämen, so 
legen Sie sich nur in*s Bette und trinken alle Viertel- 
stunden eine Tasse Hollunderblüthenthee, der hübsch 
stark ist, etwa zwei Loth Blüthen auf ein Maas 
kochendes Wasser. Sobald Sie Linderung der Schmer- 
zen oder eine kleine Ausdünstung spühren, so hören 
Sie auf zu trinken. 

Ueberhaupt müssen Sie sich beim Zudecken die 
Nacht nach der Witterung richten, allemahl aber 
müssen Sie so zugedeckt sein, dass Sie durch die 
Decke zwar nicht heiss werden, aber doch auch 
niemahls darunter frieren. Das thut nicht gut. 

Hier schicke ich Ihnen ein Pulver, welches Sie 
statt der Tropfen, die Sie nun auf einige Zeit beiseite 
setzen, alle Morgen zu einer beliebigen Zeit einnehmen, 
eine kleine Messerspitze voll , auf einen Bissen Brod 
gerieben , oder auch mit Wasser. Sollte es Ihnen 
etwa nach einigen Tagen den offenen Leib verhin- 
dern, so setzen Sie einen oder zwei Tage damit aus 






43 

und nehmen die saueren Tropfen an der Stelle. 
Bleibt aber der offene Leib , auch nur nothdürftig, 
so bleiben Sie beim Pulver. 

Was die Nachtpillen anlangt, so müssen Sie da- 
mit steigen, bis Sie finden, dass Sie ruhige Nächte 
danach bekommen, bei dieser Zahl bleiben Sie. 

Mit diesem Bade fahren Sie nur fort und bleiben 
Sie bei der Mase. 

Geben Sie mir wieder Nachricht 

Dr. Samuel Hahnemann. 
Seyn Sie nur gutes Muths 
und hören zuweilen auf eine 
Viertelstunde eine gute Mu- 
sik, oder erheitern sich durch 
Gespräche mit guten Freun- 
den. Essen nur was kräftiges. 

Mein lieber Herr X.I 

Wenn sich das Salz künftig nicht aufgelöst hat, 
60 giessen Sie nur etwas Wasser zu, bis es sich auf- 
löst, sie brauchen nichts davon weg zu thun. 

Sie können nun wieder herunter mit den Tropfen 
gehen und täglich lo Tropfen weniger nehmen, bis 
Sie auf 60 Tropfen sind, und dabei bleiben Sie stehen. 

Mit Reinicken ^) habe ich Ihnen wohl die Wahr- 
heit gesagt. Diese Arznei ist auch bei NessLERN ^) gut. 

i) Joh. Friedrich Reinicke besäst die Hofapotheke am 
Hauptmarkte zu Gotha. 

2) Wilhelm Nessler besass die Hofapotheke in der kleinen 
Erfurter Gasse zu Gotha. 



44 

Setzen Sie nur das Electrisiren fort und seyen 
guten Muthsi. 

Ich bin der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 



Verordnung den 22. September (1794) 

(von der Hand des Patienten). 

Ich soll mir 8 Tage lang kleine Funken, und 
dann nach und nach grössere besonders vom Kinn- 
backen abziehen lassen. 

Ich kann Schreckbad und Spciziergang wieder 
Mittags vornehmen. 

Da sich ein übler Geschmack und weisser Schleim 
auf der Zunge des Morgens befindet, muss ich des 
Abends so lange weniger essen bis es vergangen. 

Mit der Kleidung kann ich mich nun nach dem 
Wetter richten. 

Wenn das Reissen im Kinnbacken wieder kommt, 
kann ich Blutygel auf der Schärfe nach dem Ohr zu 
anlegen lassen. 



Mein lieber Herr X.! 

Glauben Sie ja nicht, dass ich Sie vergessen habe. 
Es ist mir begreiflich, dass sich Ihr altes Uebel noch 
nicht gegeben haben wird, ungeachtet Sie die stärken- 



45 

den Mittel indess nicht werden verabsäumt haben. 
Um Ihnen nun vollends zu helfen, so lege ich Ihnen 
eine sorgfältig für Ihren Umstand von mir zubereitete 
Arznei hier bei, die Sie neben dem Kaltwaschen und 
den sauren Tropfen brauchen können. Sie nehmen 
daher von diesem schwarzen Pulver auf einer Messer- 
spitze soviel als eine Wicke beträgt, nehmen es mit 
der Zunge herunter und trinken einen Schluck Wasser 
nach. Dies thun Sie acht Tage lang, einen Abend 
um den andern. Dann nehmen Sie es 14 Tage lang 
so, dass Sie zwei Abende jedesmahl aussetzen; und 
dann noch vier Wochen lang so, dass Sie drei Abende 
jedesmahl aussetzen. Hierbei setzen Sie, was Sie 
bisher an Stärkungsmitteln, an Spazierengehen u. s. w. 
beibehalten, fort und geben mir nach diesen sieben 
Wochen Nachricht von Ihrem Befinden. Ich wünsche 
Ihnen von ganzem Herzen das beste Wohlbefinden. 

Ihr Dr. Sam. Hahnemann. 
Jetzt in Pyrmont (wo ich 
wohnen zu bleiben gedenke) 
den 19. Oktober 1794. Bei- 
gehenden Brief bitte ich zu 
bestellen. 



Mein lieber Herr X. 1 

Es thut mir leid, dass Sie sich nicht wieder so 
recht erholt haben. Es wird schon wieder kommen. 
Hier schicke ich Ihnen das Recept zu den Nacht- 



piUen, sie werden jetzt sehr gut bei Herrn Reineck ; 
seyn. i 

Schaffen Sie sich doch eine kleine Wage mit I 
kleinen Gewichten an, von einem Grane bis zu 20. 
tch werde Ihnen dann ein Pulver schicken, dass Sie 
sich damit abwiegen sollen. 

Freilich dürfen Sie sich das Bad jetzt nicht so | 
stark machen, dass es Ihre Kräfte vermindert. 1 

Erkundigen Sie sich doch durch Ihren Herrn 
Bruder, ob ich nun bald die Abschrift von dem Er- I 
folge bekommen werde. 

Ich wünsche Ihnen alles Gute 

Dr. HahnemacD. 



Mein lieber Herr X. I 

Ehe ich Ihnen das Pulver gebe, müssen Sic vor- 
her beigehende Tropfen brauchen. Sie nehmen Nach- 
mittags gegen 4 Uhr 50 Tropfen in einer Tasse Wasser 
gerührt und setzen es täglich fort, so jedoch dass 
Sie alle Tage zehn Tropfen mehr nehmen , bis der 
Geschmack aufhört erträglich zu werden ; bei dieser 
Zahl bleiben Sie. 

Nehmen Sie nur von den Pillen soviel, dass Sie 
gehörige Wirkung davon haben. 

Meine Sache auf dem Rathhause habe ich liegen 



47 

g-elassen, weil ich sehe, dass sie nicht gehörig be- 
trieben wurde. 

Ich bin der Ihrige 

Dr. Hahnemann. 
Nur guten Muth. 



Mein lieber Herr X.! 

Es ist mir lieb, dass Sie sich meiner erinnern. 
Gott wird auch wieder helfea. 

Um richtig zu Werke zu gehen, so brauchen Sie 
zuerst ein Pulver von Nummer i, den ersten besten 
Tag früh. Den folgenden Tag früh das zweite, dann 
setzen Sie einen Tag aus - und bemerken genau, 
ob unmittelbar auf das Pulver der Husten sich ver- 
mehrt, den Nachmittag aber gelinder ist, als sonst 
gewöhnlich — oder ob wenigstens den freien Tag 
der Husten seltener oder gelinder oder stärker u. s. w. 
war, ob Sie engbrüstiger geworden, auch was Sie 
sonst darauf neues gespürt. Nach dem freien Tage 
nehmen Sie die Tropfen Nummer 2 gleich früh wenn 
der Husten anfängt 5 und dann wenigstens alle zwei 
Stunden 5 , bis sich der Husten entweder merklich 
mindert oder merklich verschlimmert, in beiden Fällen 
hören Sie auf. Den folgenden Tag machen Sie's 
wieder so, den dann folgenden aber setzen Sie ganz 
aus. Den nun folgenden Tag nehmen Sie ein Pulver 
von Nro. 3 früh und Nachmittags eins, den Tag darauf 



48 

wieder zwei. Den folgenden setzen Sie wieder 
und bemerken alle Abweichungen Ihres Befinden 
Mit zwei Stück Hyoscyamus Pillen können Sie die 
Nächte fortfahren. Den guten lieben Herrn Zeyss ^) 
grüssen Sie vielfältig. Des Bades können Sie sich 
jetzt nicht bedienen. Uebrigens fassen Sie Muth. 

Königslutter bei Braunschweig 

den 6. October 1796. Ihr Dr. Hahnemann. 

Wenn Sie wieder schreiben, 
so schicken Sie mir das Re- 
zept wieder mit oder doch 
eine Abschrift, damit ich mich 
wieder erinnere. 



Mein lieber Herr X. I K.Lutter den 3. Nov. 1796. 

Die vorige Post war mir entwischt. Heute schreibe 
ich Ihnen, dass Sie mit Nro. i und Nro. 2 nicht fort- 
fahren können. Eher wollte ich, dass Sie Nro. 3 
noch einmahl zu brauchen anfingen, aber so bald Sie 
etwa in 4 Tagen nichts merklich gutes sehen, dann 
halten Sie ein und nehmen Sie von beigehend ver- 
ordneten Pulvern ^) Vormittags etwa um 9 Uhr und 
Nachmittags um 3 Uhr eins mit Bier. Wenn Sie dies 

i) Von Klebe (Gotha etc. S. 229) werden als Handlungen mit 
wollenen Zeugen und Wollspinnerei u. A. aufgeführt: Joh. Tobias Zeyss 
und Christ. Jacob Zeyss. 

2) Rp. Recentis Pulveris Radicis Amicae grana Septem, dentur 
tales doses sedecim. Dr. Hahnemann. — Sie müssen aber ganz frisch 
aus der frischen Wurzel gepulvert seyn. 



49 

8 Tage fortgesetzt haben , dann schreiben Sie mir 
wieder. Ob Ihnen die saueren Tropfen beim Husten 
Dienste thun werden, müssen Sie selbst sehen. Ich 
ZAveifele. 

Unter Anwünschung des besten Erfolgs 

Dr. Hahnemann. 



Mein lieber Herr X., hätten Sie nur Ihr Pulver, 
Rad. Arnicae, nicht ausgesetzt. Das ist die beste 
Stärkung für Sie. Jetzt weiss ich nicht mehr, ob Sie 
so ein ganzes Pulver täglich eingenommen haben, auf 
einmahl oder wie sonst. Doch das thut nichts. Neh- 
men Sie von nun an es wieder eben so wie ich Ihnen 
verordnet habe, aber eine Stunde vor Schlafengehen 
noch eine Drittelstagsportion (über die sonst für einen 
Tag gewöhnliche Portion), und wenn Sie es nach drei 
bis vier Tagen vertragen können, auch wohl eine 
halbe Tagsportion mehr zum Abend. 

Haben Sie sonst noch Bilsenpillen, Ext. Hyosc, 
nothwendig, so können Sie sie demungeachtet, aber 
etwas später nehmen. Das werden Sie bald finden, 
ob das nöthig ist. 

Schreiben Sie bald wieder 

Ihrem Dr. Hahnemann. 
Königslutter den 5. Mai 1797. 

Hahnemann's Briefe. a 



Königslutter, den lo. Mai 1798. 
Mein Heber Herr X. ! 

Bleiben Sie im Attgemeinen bei dem Amikapur 
und nehmen die nöthige Bilsenpille, so oft Sie 
Schlafes bedürfen. 

Um aber doch noch etwas zur Milderung <1gs 
Hustens zu versuchen, wenn er schlimmer als geivöhn- 
lich seyn sollte, so schicke ich Ihnen hier ein Pulver, 
wovon Sie einen Gran (Sie haben doch Gewichte?) 
auf einmahl nehmen, so wie es nöthig ist, ein, zwei, 
dreimahl täglich. Sollte dies keine Veränderung machen, 
so nehmen Sie zwei Gran auf jede Gabe , ein , zwei, 
dreimahl täglich. Alles dies unter Beiseitesetzung des 
Arnikapulvers indess. Vielleicht haben Sie dabei auch 
mehr Schlaf, aber Saures darf dabei nicht genossen 
werden. 

Von dem Verlaufe geben Sie mir in etwa 3 Wo- 
chen Nachricht. 

Der arme KAYSER *) ist eia mitleidenswürdiges Ge- 
schöpf 

Bestellen Sie doch gelegentlich viele Empfehlungen 
an Herrn Kaufmann ZEYSS von mir und den Meinigen, 
auch an Herrn Rath BECKER *),. wenn ich bitten darf 

Leben Sie wohl. 

Dr. Hahnemann. 



i) Kammersecretair Kays er in Gotha. 

2) Rudolph Zacharias Becker, geboren 1752 zu Erfurt, 
gestorben 1822 zu Gotha, Herausgeber des deutschen Reichsanzeiger 
(Anzeiger von 1791 an) von 1793 an, des Noth- und Hülfsbüchleins 
etc., s. den Aufsatz von Adolph Bube über ihn in: Gartenlaube, 
1861. Nro. 38. 



51 



Heben Sie doch diess 
Pixlvör in einem verstopften 
Oläschen auf. Wenn das 
X^ialver Dienste thut, so neh- 
men Sie nach Befinden wen- 
iger, lassen auch wohl ganz 
na.ch, bleiben einige Zeit 
oline Arznei (etwas Bilsen- 
pillen ausgenommen), kehren, 
"wenn's nöthig ist, zur Arnika 
oder zum weissen Pulver zu- 
rück, u. s. w. 



Mein lieber Herr X. I 

Ich schicke Ihnen von demselben Pulver. Bedie- 
nen Sie sich desselben mit Einsicht. Vielleicht ver- 
schafft es Ihnen Erleichterung im Husten. 

Wenn es nicht so recht fort will, so gehen Sie 
zu Ihrer Arnika zurück. 

Der arme KAYSER ist in traurigen Umständen. 
Gott helfe ihm. 

Leben Sie wohl und schreiben Sie bald wieder 

Ihrem Dr. Hahnemann. 

Königslutter, den 28. Juny 1798. 



Mein lieber Herr X. ! 

Bei der Behutsamkeit, die Sie beim Einnehmen 
gebrauchen, kann ich es Ihnen recht leicht überlassen, 

4* 



52 

noch einmahl das weisse Pulver zu versuchen. Keine 
Schwäche hinterlässt es nicht, darauf können Sie'sicli 
verlassen. Sollte es aber nicht gehen, so machen Sie 
den Versuch eine halbe Gabe Arnika täglich mehr zji 
nehmen. Ich glaube 7 Gran war die ganze Gabe, also 
3 bis 4 Gran. Vielleicht richten Sie damit mehr aus. 

Ich höre nichts von Herrn Kayser, ist er etwa 
gestorben ? 

Von Herzen wünsche ich Ihnen den besten Erfolg. 
Ihr ergebenster Diener Dr. Hahnemann. 
Königslutter, den 29. July 1798. 

(Erhalten den 3. Aug., den 6. Aug. Herrn Kayser begraben; 

Bemerkung X.'s auf der Adresse.) 



Königslutter, den r. Sept. 

Mein lieber Herr X. 1 

Ihr leidliches Befinden freut mich, und für das 
überschickte danke ich ergebenst. Bleiben Sie nur 
bei Ihrem Arnikapulver. Wenn aber der Husten nicht 
abzunehmen oder wohl gar sich zu vermehren schiene, 
so setzen Sie einen Tag um den andern die Arnika- 
pulver aus und brauchen statt dessen das beigehend 
verordnete in diesen Zwischentagen. Wollen Sie auch 
einige Tage hinter einander das Hustenpulver gebrau- 
chen, das können sie auch thun, da sehen Sie noch 
besser, was es thut. Zuerst nehmen sie ganz früh ein 
halbes und Nachmittags um 2 Uhr das andere halbe. 
Thuts nicht genug in zwei Tagen, so nehmen Sie auch 



53 

um lo Uhr ein halbes, und wenn diess nicht hinreicht, 
so können Sie auch um 5 Uhr ein halbes nehmen, 
mit: Wasser. 

Diess wird Ihren Husten gewiss mildern. Dabei 
geben Sie Acht, ob Sie auch dann in der Nacht auf- 
>vachen und wie es sonst geht Es wird Ihnen auf 
jeden Fall gute Dienste thun. 

Guten Erfolg. Dr. H. 

(Bemerkung X,*s auf der Adresse: re^ue 4. Sept.) 



Königslutter, den 10. Sept. 1798. 

Mein lieber Herr X. I 

Ich danke Ihnen für die überschickten 10 rthlr. 
verbindlichst. 

Wenn Ihnen auch die vermehrte Quantität Arnika- 
puiver etwas mehr Husten gemacht hat, so bitte ich 
Sie doch, vor der Hand dabei zu bleiben. Mit der 
Zeit wird es Ihren Husten um desto mehr vermindern. 
Sollte ja meine Prophezeihung nach einigen Wochen 
nicht eintreffen, so können Sie mir wieder schreiben, 
damit ich Ihnen rathen kann. Ueberhaupt scheint mir 
nach Ihrer Beschreibung Ihr Husten in einer ziemlich 
erträglichen Lage zu sein, wovon Sie eben nichts zu 
furchten haben. 

Schreiben Sie mir doch gelegentlich, wie es mit 
Ihren trockenen Hitzschauern geworden ist. Wenn Sie 
noch welche gehabt haben, ob sie sich auf die weissen 



1 



54 i 

Pulver gemindert haben, auch ob Ihre Kräfte sich er- 
träglich wieder gefunden haben. Indessen verharre 
ich mit aller Hochachtung 

Ihr Freund Dr. Sam. Hahnemann, 

Mein lieber Herr X.! 

Sie haben nicht wohl gethan , dass Sie jemand 
anderen etwas an sich haben brauchen lassen. Er 
heisse wie er wolle. Sie haben einen so reitzbarcJi 
Körper, dass Sie durch die mindeste unrechte auch 
äusserliche Behandlung so sehr und noch mehr ang'e- 
griffen werden, als ein zweijähriges Kind, und ohne 
mich selbst zu rühmen, Sie würden längst begraben 
seyn, wenn ich Ihre wirklich seltne und kitzliche Körper- 
beschaffenheit nicht studirt hätte. 

Wenn Sie wieder eine erträgliche Gesundheit ge- 
messen, so seyn Sie froh; eine vollständige unwandel- 
bare Gesundheit (die überhaupt wenige Menschen ha- 
ben) können Sie nie verlangen. Der Thon, aus dem 
Sie gebildet sind, ist unendlich zärtlicher, als der an- 
derer Menschen. 

Nun zu ihrem Knie. Was alles daran versehen 
ist, will ich nicht rügen. Legen Sie diesen Augenblick 
alles beiseite, bedecken Sie die blose Haut mit etw^cis 
blauem Taffent, etwa wie eine weite Stiefelette oder 
Stiefelmanschette gemacht, die das Gelenk ringsum 
drüber und drunter etliche Daumen breit locker be- 
deckt. Alle übrige Bedeckung der Beinkleider muss 
sehr locker und so warm seyn, wie es Ihnen am besten 
deuchtet. So muss es bleiben, bis es ungefähr wieder 



55 

den Zustand (von selbst) gekommen ist, wie es vor 
^m Brauchen war. Probiren Sie, ob Sie dabei Ihr 
-i^^rnikapulver brauchen können. Machen Sie sich sehr 
emächliche Bewegung dabei, wie sie es am besten 
hne sonderliche Beschwerde vertragen können. Knien 
dürfen Sie nicht weiter, ob ich gleich nicht behaupten 
A?vill, dass das Uebel davon hergerührt habe. Sobald 
^s wieder dahin ist, wie ich gesagt, so schreiben Sie 
mir wieder. Will es nicht, so schreiben Sie mir auch. 
Uebrigens seyn Sie guten Muths ! Es wird schon gut 
werden, was schlimm war. 

Seyn Sie doch so gütig und bitten Herrn Et- 
TlNGER ^), diese Nachricht ^) hinter seine Zeitung bald- 
möglichst einzurücken. Auch Herrn Rath BECKER 
empfehlen Sie mich und bitten ihn, mir doch durch 
Sie ein Exemplar von dem Reichsanzeigerblatte zu 
schicken, worin das Bewusste stände^). 

(Auf der Adresse stand von X.'s Hand : erhalten den 4. Oct. 98.) 

i) Carl Wilhelm Ettinger, Herzogl. Commissionsrath, hatte 
1774 ^^^ Ettinger'sche Buchhandlung in Gotha übernommen und er- 
warb derselben rasch einen sehr guten Ruf, besonders durch die Be- 
gründung der Gothaischen gelehrten Zeitung. Auch erschien bei ihm : 
Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte. An- 
gefangen von Ludw. Christ. Lichtenberg unä fortgesetzt (seit 
Bd. 4. Stück 3. 1787) von J. H. Voigt, 12 Bände, 1782— 1799. 8®. 

2) In den Gothaischen gelehrten Zeitungen auf das Jahr 1798. 
Stück 100, December 15. S. 904, Gotha bei C. W. Ettinger, 
heisst es: »Das verbreitete Gerücht, als ob der Herr Dr. Hahne- 
mann in Königslutter einem Rufe nach Mietau folgen würde, ist 
ungegründet. « 

3) Ich habe die dem 4. October 1798 vorhergehenden Bände 
des Reichsanzeigers durchforscht , aber nichts gefunden , worauf das 
Obige zu beziehen wäre. 



i 



56 



Mein lieber Herr X. ! 

Es ist gut, dass Sie gebeichtet haben. Es ist der 
erste Schritt zur Besserung. Gehen Sie doch von nim 
an, wo möglich zeitlebens, wo Sie nicht alle Tage 
können, doch gewiss jeden einen Tag um den anderen 
spazieren und versäumen Sie diess niemahls. Das 
Ehebett muss noch etwas seltener besucht werden, 
als gewöhnlich. Sie haben soviel Kräfte nicht übrigj 
und da die Arnika eine diesen Trieb befördernde Kraft 
hat, so müssen Sie die in Ihnen aufsteigende etva 
öftere Lust dadurch unterdrücken, dass Sie denken, 
dass nicht ihre Natur, sondern die Arznei grösscen- 
theils daran Ursache ist. 

Mit Ihrem Knie lassen Sie es so gehen, bedecken 
Sie es mit Seide, wie schon gesagt, und pressen es 
nicht sehr ein. Sie müssten denn sehen, dass die 
Fischbeinbandage, von der Sie sprechen, die Kniekehle 
nicht drückte und Ihnen Dienste für die Geschw^ulst 
thäte, wofür ich aber nicht stehen möchte. Seyn Sie 
darüber ausser Sorge, vermeiden Sie das Knien, machen 
sich die nöthige Bewegung in freier Luft und denken 
nicht sehr daran. Wenn es noch einige Zeit hin ist 
und die Geschwulst wollte durch die Seide nicht weichen, 
so sollen Sie die blose Geschwulst elektrisiren, so dass 
kleine Schläge von dem einen Ende der Geschwulst 
bis zum andern Ende geschlagen werden , also nur 
etliche Zoll weit, rings herum durch die Geschwulst 
durch, aber nicht weiter. Uebrigens bleiben Sie, wenn 
Sie nichts hindert, bei der Arnika. 



57 

Geben Sie mir bald wieder Nachricht von Ihrem 
Befinden ; es wird schon besser werden, nur guten Muth ! 

Ich danke Ihnen vielmals für gütige Besorgung 
jnd bleibe Ihr 

redlicher Freund Dr. Hahnemann. 

Königslutter, den 15. Dez. 1798. 

Es hat mich gefreut, dass 
Ilire Kinder gesund sind, 
Sie iverden es auch bleiben, 
vrenn Sie sie robust erziehen 
melir mit Handarbeit als An- 
strengung des Kopfes. Grüs- 
sen Sie sie vielmals von mir, 
vorzüglich aber Ihre liebe 
Frau bestens. 



Mein lieber Herr X. I 

Ich kann Ihnen nichts besseres rathen, als in dem 
Gleise fortzugehen, wie ich Ihnen gerathen, und Sie 
mir geschrieben haben, dass Sie thun. Vermeiden Sie 
nun allen Druck, alle feste Bandage. Auch mit dem 
Innern und Ihrer Diät fahren Sie so fort , und wohl 
zu merken, a u c h mi t Spaziergängen in freier 
Luft. Es wird alles so gut werden, als es werden 
kann, das ist immer erträglicher und dann auch besser. 
Nur Zeit und guten Muthl 

Wenn ich merke, dass es Zeit ist, sollen Sie die 



58 

Electrisität brauchen, aber eher nicht. Ich -wi 
Ihnen vorher schreiben. 

Bleiben Sie mir gewogen 

Ihrem aufrichtigen Freunde Dr. Hahnei 
K.L., den 22, Januar 1799 *). 



Mein lieber Herr X.! 

Mit den Augen können Sie nicht besser verfahr^ 
es wird sich wohl geben. Lassen Sie sich doch vi 
züglich aus den mit der Gicht behafteten Theilen 
Funken ziehen. 



*^ 



* 



Mein lieber Herr X. I 

Sie thun recht wohl, dass Sie, wenn Sie weni 
Pillen bedürfen, wenig nehmen, und wenn Sie mel 
brauchen, auch mehr nehmen. Es folgen hier wied< 
welche, Sie werden sie schon in ein Glas thun. 



Mein lieber X.! 

Ich mache Sie heute zu meinem Vertrauten. Se; 
Sie doch so gütig, und geben diesen Brief eiligst ai 

i) Auf der Rückseite dieses Briefes sind folgende zwei Recepti 
beigeheftet: i., Rp. Pulveris rad. Valerianae sylv. uncias duas d. D. Kjl 
2., Rp. Salis volatilis Salis ammoniaci semiunciam. Solve in aqoaej 
calidae uncia una, semis d. Dr. H. 



59 

den Minister v. Frankenberg *) ab, wenn er noch 
lebt, sollte aber ZiGESAR *) an seiner Stelle seyn, an 
cliesen ab, und schreiben vorher gütigst den Namen 
des ersten jetzigen Ministers mit lateinischen Buch- 
staben auf das Couvert an die leer gelassene Stelle. 
Ich wusste nicht gewiss, ob Frankenberg noch lebte, 
sonst hätte ich es selbst hingesetzt. Ich halte darin 
um Dr. BüCHNER's') Stelle beim Herzog an, und 
^vünschte wohl auf eine solche Art wieder nach Gotha 
zu kommen. Denn es hat mir da immer noch besser 
gefallen, als im Braunschweigischen. Aber auf eine 
andere Art, als mit einer Stelle kann ich vor der 
grossen Welt nicht wohl wieder meinen Wohnort ver- 
ändern. 

Aber von allem diesem darf keine Menschenseele 
ein Wort erfahren, damit keine Kabalen dagegen ge- 
spielt werden, wie es zu geschehen pflegt. 

Wie machen Sie's aber, dass er gleich und ge- 
wiss in Frankenberg's Hände kommt? Es ist mir 
die Nachricht von diesem Tode ohnehin schon um 



i) Sylvius Friedrich Ludwig von Frankenberg, ge- 
boren 1728, gestorben 181 5, Staatsminister in Gotha. 

2) August Friedrich Karl von Zigesar, geboren 1746, 
gestorben 1813, Geheimerath und Kanzler in Gotha. 

3) Friedrich Büchner zu Gotha, wurde den 24. Mai 1754 
mit Ertheilung des Unterrichtes in dem Theatrum anatomicum zu Gotha, 
welches im Pestilenzhause errichtet wurde, betraut. Den 17. Au- 
gust 1758 erhielt er das Prädikat eines Hof-Medicus, Anfang April 
1769 wurde er Leib-Medicus. Unter dem 26. October 1771 zeigte er 
an, dass er wegen Kränklichkeit die Leitung der oben erwähnten 
Anstalt nicht fortfuhren könne. Mitte Januar 1781 wurde er mit dem 
Charakter Hofrath belegt Er starb im Februar 1799. 



6o 

8 Tage später in die Hände gekommen, so dass i 
nun möglichst zu eilen habe. 

Nehmen Sie die Ungelegenheit nicht übel, die i 
Ihnen verursache, und leben Sie recht glücklich und w^ohL 

Ihr ergebenster Diener 
Den 14. März 1799. Dr. Hahnemana 

Geben Sie mir doch 
recht bald von Ihrem, wie 
ich wünsche, guten Beündei) 
Nachricht 1 



Mein lieber Herr X. I 

Anbei die 6 Pillen, wovon Sie, wenn Sie keine 
gar grosse Beschwerde davon haben, alle Morgen 
eine nehmen und mir vor dem völligen Verbrauche 
Nachricht von ihrer Wirkung. 

Melden Sie mir doch, ob Sie Ihre Elektrisirma- 
schine schon im Hause haben? Ich hätte gern an 
Herrn Kammersekretär Kayser *) auch einen kleinen 
Versuch mit der Elektrisität gemacht. Seyn Sie doch so 
gut und seyn ihm dazu behülflich. Er ist an sich etwas 
unbehülflich, sonst aber ein mitleidenswerther Mann. 

Ich hätte ihn auch mit Elektrisität angefüllt und 



i) Da nach einer früheren Bemerkung X.'s Kayser schon An- 
fang August 1798 gestorben ist, so muss dieser Brief früher geschrieben 
sein. Da ich aber nicht weiss, ob ich den ganz datumlosen Brief 
imter die Briefe des Jahres 1798 oder gar schon unter die des Jahres 
1794 setzen soll, so lasse ich ihn hier stehen, wo ich ihn in der 
Reihenfolge in dem Hefte von Briefen eingeordnet gefunden habe. 



6i 

xis der Gegend der Nieren und des Herzens einfache 
"unlcen gezogen gehabt. Er soll zu Ihnen kommen. 

Der Ihrige 

Dr. H. 



Mein lieber Herr X. 1 

So wahr es ist, dass ich nach Hamburg ziehe, 
so wenig brauchen Sie sich zu kümmern. Scheuen 
Sie die paar Groschen Postgeld nicht, so stehe ich 
Ihnen auch dort mit meinem Rathe zu Diensten. Schrei- 
ben Sie bloss meinen Namen und Hamburg darunter. 
üie Post weiss mich schon zu finden, 

Vorjetzt aber muss ich Ihnen sagen, dass Sie auf 
dem besten Wege der Gesundheit sind und schon die 
meisten Quellen Ihres Uebels verstopft haben. Eine 
Quelle ist noch übrig, und aus dieser ist Ihr letzter 
Rückfall entsprungen. Der Mensch (die so leicht zer- 
störbare Maschine des Menschen) ist auf dieser Welt 
nicht bestimmt, sich zu überarbeiten, seine Kräfte und 
den Gang seiner Thätigkeit zu übertreiben, thut er es 
entweder aus Ehrliebe als aus Gewinnsucht oder aus 
anderen löblichen oder unlöblichen Absichten, so wider- 
strebt er der Ordnung der Natur und sein Körper 
leidet Abnahme, Zerstörung. Geschweige denn ein 
schon vorher geschwächter Körper ; was Sie nicht 
fertig machen können in einer Woche , das kann in 
zwei Wochen fertig werden; wer nicht warten will, 







PortxMi kalter 



tor andere, 

so karra ans Ihrer Besäerzr^^ zddhi v» werden. Wenn 
Sie begraiiicii sind. wt:r5t:i iSe Measdken anch bddeidet 
werdec wo richr so gesrhrnajckvc H, doch 

Sznd Sie aber PkiI;«soch. so k^ioen Sic 
so können Sie ah: werden. 

Was Sie ärgert, daianf boren Sie mcht, was Urnen 
rj\^.ci ist. weis^i Sie von der Hand; wenn man Sie 
trcfDr, so gehen S:e langsam und lachen die tfaorichten 
Menseben aus, die Eir Unglück wollen. Was Sc mit 
Bec .lemlicbkeit ferdg machen können, das marhen Sie ; 
was nicht fertig werden kann« kümmere Sie nicht. 

Nicht das hitzig^e Arbeiten verbessert unsere zeit- 
lichen Umstände. Sie durten dann nur d>ensoviel in 
der Haushalnmg brauchen, so bleibt doch nichts übrig. 
Sparsamkeit, Einschränkung des Uebernüss^en (wo- 
von der Angestrengte oft das wenigste zu gemessen 
hat dies setzt uns in den Stand, mit grosserer Ge- 
mächlichkeit, das ist: vernünftiger, bedachtsamer, na- 
turgemässer, heiterer, ruhiger, gesunder zu leben. Das 
wird doch wohl lobenswerther, das wird doch wohl 



63 

w^eiser und klüger gehandelt sein, als das athemlose 
Ueberjagen und Anspannen unserer Nerven über ihren 
gewöhnlichen Ton zur Zerrüttung des kostbarsten 
Schatzes unseres Lebens, des frohen ruhigen Muthes 
und der Gesundheit. 

Seyn Sie klüger, denken Sie fein zuerst auf sich : 
alle andern Rücksichten müssen nur Nebendinge für 
Sie seyn. Und wenn man Sie sogar von der Seite 
der Ehre anpacken und zwingen wollte, über Ihre 
Geistes- und Körperkräfte zu gehen, auch dann lassen 
. Sie sich nicht, um Gotteswillen nicht bewegen, wider 
Ihr eigenes Wohl zu handeln. Bleiben Sie taub bei 
solchen Bestechungen durch Lobeserhebungen, bleiben 
Sie kalt und gehen nur gemächlich und in guter Ruh 
Ihren Weg fort, wie ein echter weiser und vernünftiger 
Mann. Zu geniessen, durch Geist und Körper in Ruhe 
zu geniessen, dazu ist der Mensch auf dieser Erde — 
und dabey nur soviel zu arbeiten (sich nicht zu schin- 
den), dassjene Genüsse herbeygeschafft werden können. 
Das ewige Drängen und Treiben der blinden 
Menschen , um so und so viel zu erwerben , um die 
und jene Ehre einzuerndten, dem und jenem zu Diensten 
zu seyn — ist der gewöhnliche Ruin unserer wahren 
Wohlfarth, ist die gewöhnliche Ursache, dass jui^e 
Leute vor der Zeit altern und sterben. 

Der Ruhige, Kaltblütige, der's sachte angehen 
lässt, kommt auch zum Ziele, lebt ruhiger und gesun- 
der und wird alt. Und eben dieser Röhige kann zu- 
weilen durch einen einzigen glücklichen EinfeU, durch 
einen ernsten, von selbst entstandenen Gedanken sei- 



VW 



64 

nen zeitlichen Umständen einen weit besseren Schwung 
geben, als der übergeschäftige, nie zu sich selbst kom- 
mende. 

Zum Laufen hilft nicht schnell seyn. 

Schaffen Sie sich erst ein bischen Gleichgültigkeit, 
Kälte und sorglose Gelassenheit an, dann sind Sie 
erst mein Mann. Dann sollen Sie Wunder sehen, wie 
gesund Sie bey Ausübung der übrigen Vorschriften 
werden sollen. Dann lauft ihr Blut ohne Drang und 
Hitze allmählig und ruhig durch Ihre Adern, kein 
schrecklicher Traum stört den Schlaf eines ohne an- 
gespannte Nerven Eingeschlafenen. Der Sorgenfreyere 
erwacht nur am Morgen ohne Aengstlichkeit für die 
unendlichen Geschäfte des Tages. Was kümmert's 
ihn, das Glück des Lebens geht ihm vor, vor allem 
andern. Erquickt geht er an die massige Arbeit und 
bey Tische verhindert ihn nichts (nicht Blutwallung 
oder Sorgen oder tiefe Ueberlegungen), das recht zu 
schmecken, was der gütige Erhalter des Lebens ihm 
darreicht. So tritt mit ruhigem Gange ein Tag zu 
dem anderen, bis der letzte Tag des hohen Alters 
seiner wohlgenutzten Lebenszeit ein Ziel setzt und er 
ruhig entschlafen kann in jene Welt , so wie er hier 
ruhig lebte. 

Ist das nicht gescheuter, Herr X.! ist das nicht 
vernünftiger? Lassen Sie die rastlosen, sich selbst 
zerstörenden Menschen unvernünftig, mörderisch gegen 
sich selbst handeln, wie sie wollen, lassen Sie sie 
Thoren seyn. Seyen Sie klüger 1 Lassen Sie sich 



65 

diese einzige Lebensweisheit von mir nicht umsonst, 
predigen. Ich meine es gut mit Ihnen. 

Leben Sie wohl, folgen und denken Sie, auch 
wenn's Ihnen wohl geht, an 

Dr. S. Hahnemann. 

N. S. Und wenn Sie die letzten 2 Groschen in der 
Tasche haben, auch da seyn Sie froh und heiter. Es 
waltet eine Vorsicht über uns und ein guter Einfall bringt 
uns alles wieder. Wie viel brauchen wir Menschen denn, 
um zu leben, um unsere Kräfte durch Speise und Trank 
zu ersetzen und uns vor Frost und Hitze zu schützen ? I 
Wenig mehr als guten Muth, dann findet sich das weniger 
nöthige ohne grosse Mühe. Der Weise bedarf wenig. 
Ersparte Kräfte brauchen nicht durch Arz- 
neyen ersetzt zu werden. 



Hamburg, den 27. July 1800. 
Lieber Herr X.l 

Ihren Brief vom 21. July erhalte ich diesen Augen- 
blick und sehe , dass Sie damals meinen Brief vom 
II. July und die Arzney damals noch nicht in Händen 
hatten. Das kömmt von der langsamen fahrenden Post. 
Ein anderes Mahl werde ich die Mittel in einem Brief 
zu verschliessen suchen, dass Sie sie in 5 Tagen durch 
die Reichspost bekommen. 

Aber, mein Gott I wie stürmt SiCKLER ^) auf un- 

i) Wilhelm Ernst Christian August Sickler, studirte 
auf dem med.-chu:. Institute zu Celle in Hannover und in Jena 
promovirte daselbst mit der Dissertation : Diss. inaug. exhibens novum 
Hahnemann's Briefe. ^ 



f. 



66 



seren schwachen Mann mit Mohnsaft los — und zu 
gleich Bittersalz! Ich habe Ihren Bericht nicht ohne 
den heftigsten Abscheu gelesen. Wie viel una,l>seh- 
bares Unglück durch so anhaltenden und so s tar- 
ken Gebrauch des Mohnsaftes bei langwierigen Klrank- 
keiten angerichtet wird, weiss nur ich, der gute Jung-e 
Mensch weiss das nicht. Ob ich das dadurch verdor- 
bene sobald werde repariren können, steht da.hin. 
Soviel aber in Eil: (denn die Post geht eben) 

i) dass SiCKLER sich nicht ferner in un- 
sere Kur mische — der Patient lebe nun 
oder sterbe — 



ad historiam luis venereae additamentom ; q. def. d. 8. April. Jen^e, 
1797. 8®' (32 pp.). Nach der vom Bruder des Verfassers (Frie- 
drich Carl Ludwig Sickler, Director des Gymnasiums zu 
Hildburghausen und Consistorialrath, geboren 28. Nov. 1773 zu Gräfen- 
tonna , gestorben 8. August 1836) , in Augusti's theologischen 
Blättern, Gotha, Nro. 13 geäusserten Vermuthung bewirkten schon zu 
M o s i s 2^iten Moabiterinnen venerische (oder vielmehr lepröse ?) An- 
steckung. Jul. Rosenbaum (Geschichte der Lustseuche , 1839. 
S. 21. Nro. 22) sagt: »Der Verf. behandelt hier einige vor ihm nicht 
benutzte Stellen aus dem alten Testamente, welche sich avf die Plage 
der Juden, die sich über dieselben wegen der Verehrung des Baal 
Peor verbreitete, beziehen. Die kleine Schrift scheint von den spä- 
teren Schriftstellern nicht benutzt zu sein , weder Hacker ckoch 
Choulant fuhren sie auf. Der Bruder des Verfassers hatte auf 
die Stellen zuerst in Augusti's theologische Blätter, Gotha, Nro. 13 
aufmerksam gemacht.« 

Si ekler erhielt den 13. April 1798 die Erlaubniss zur Praxis 
in den Gothaischen Landen. Er erbot sich unter dem 25. Juli 1806 
zur Behandlung der Gehörkranken mittelst der Durchbohrung des 
Trommelfells nach der Methode des Hofraths H u n o 1 d zu Cassel, 
welche er bei diesem kennen gelernt hatte. Unter dem 6. Dezem- 
ber 1809 zeigte er an, dass er in einigen Wochen Gotha verlasse 
und deshalb das Practiciren daselbst aufgebe. 



67 

2) dass Herr Wunder^) blos Geduld mit mir 
listben soll, denn solche palliative (hintennach scha- 
dende) schmerzstillende und betäubende Mittel kann 
icli ihm bei meinem Gewissen nicht geben. Wenn's 
a.uch bei mir schlimmer zu werden scheinen sollte, 
so gehe ich doch den reellesten Weg, und greife ge- 
lind das Uebel bei der Wurzel an. Adieu : die Mei- 
nigen grüssen die Ihrigen. 

Dr. Hahnemann. 

Sollte in mehreren Tagen bei meiner Arznei kein 
offener Leib erfolgen, so soll er ja kein Bittersalz nehmen, 
höchstens ein Klystier von b 1 o s e m lauen, oder kühlen Wasser. 

Hamburg, den 3. August 1800. 

Mein lieber Herr X. 1 

Unser Kranker ist durch das liebe Opium und 
seine vorgängige Krankheit bis aufs äusserste gereitzt 
und bis auf den Tod geschwächt. Auch die kleinste 
Menge Arznei ist noch zu stark fiir ihn. Das ist ein 
gefahrlicher Zustand. Ehe ich mich umsehe, muss ich 
gewärtig seyn, dass ich eine Nachricht erhalte, dass 
er gestorben ist, plötzlich. So viel zu Ihrer Nachricht 
und zu meiner Verwahrung. 

Ihr Freund und Diener S. Hahnemann. 

Mein lieber Herr X. 1 
Sie haben wohl gethan, dass Sie Ihre Spazier- 



i) Klebe (1. c. S. 227) fuhrt unter den Handlungen in Material- 
und Spezereiwaaren in Gotha auf: Georg Friedrich Chri- 
stian Wunder, 



68 

gänge wieder erneuert haben. Fahren Sie fort. Das 
Stärkungsmittel, was die freie Luft enthält, lässt sich 
durch die übrige Diät nicht ersetzen, nicht durch Arznei- 
mittel. Sie ist eine unentbehrliche Nahrung für uns. 
Zudem sollen Sie die ersten vier Wochen sich 
etwas knapp satt essen, kaum zureichend, damit der 
Magen wieder seine gehörige Kraft annehme. Sonst 

m 

aber wünsche ich, dass Sie keine Auswahl unter den 
Speisen machen mögen, es müssten denn Dinge seyn, 
die Sie niemahls vertragen und doch leicht entbehren 
J^W können, wie etwa den Zucker. Sie erhalten hier drei I 

Gläser. Seit vielen Jahren bereite ich die Arzneien 
so zu, dass sie weder Geschmack noch Geruch haben. 
Stossen Sie sich also nicht an die Geschmacklosigkeit. 
Die Arzneien haben grosse Kräfte. Nehmen Sie also , 
in Gottes Nahmen den ersten Morgen einen Tropfen 
von Nro. i, in einen Theelöffel getropft und ausgeleckt, 
so blos. Den andern Morgen nehmen Sie nichts, und 
sehen die beiden Tage blos zu, wieweit sich der Husten 
verändert hat. Den dritten Morgen also (wenn Sie einen 
Morgen ausgesetzt haben) nehmen Sie wieder einen 
Tropfen von Nro. i, Sie müssten denn den Tag vorher 
eher Verschlimmerung, als Besserung, oder sonst eine 
neue Beschwerde bemerkt haben, die Sie vorher nicht 
hatten. Ist dies so, so nehmen Sie statt dieses zweiten 
Tropfens von Nro. i vielmehr von Nro. 2 einen Tropfen. 
Hatten Sie aber keine neue Beschwerde von dem 
ersten Tropfen Nro. i, weder den ersten noch den 
zweiten Tag, auch keine Hustenverschlimmerung, so 
nehmen Sie den dritten Tag wieder einen Tropfen 



69 

(den zweiten Tropfen) von Nro. i: Da wird sich's, 
wenn Sie*s die ersten zwei Tage nicht gespürt haben, 
diesen und den folgenden Tag vollends ausweisen, ob 
Sie mit Grund Besserung davon zu hoffen haben oder 
nicht. Hiernach beurtheilen Sie, ob es so gut gethan 
hat, dass Sie nichts besseres verlangen, und da bleiben 
Sie denn bei Nro. i, bis Sie mir wieder schreiben 
und nehmen einen Morgen um den andern einen Tropfen. 

Will's Ihnen aber nach angezeigter Art nicht helfen, 
so nehmen Sie wie gesagt Nro. 2 und machen Sie's 
damit ebenso. Will's nach zweimahligem Einnehmen 
(einen Tag um den andern i Tropfen) wieder nicht 
gut thun, so bleibt Ihnen Nro. 3 ebenso zu brauchen. 
Was Ihnen gut thut, dabei bleiben Sie, so lange es 
gute Dienste thut, — länger nicht. Will keins von 
den dreien helfen, so schreiben Sie mir wieder — hat 
eins angeschlagen und ist es ausgebraucht, so schrei- 
ben Sie auch. 

Auch bitte ich mir zu schreiben, was Sie für Ver- 
änderungen oder Beschwerden bei dem isländischen 
Moose gespürt haben, — ob Drücken auf der Brust 
oder Kurzathmigkeit oder was sonst. 

Es wäre möglich, dass Sie etwas Säure im Magen 
hätten und deshalb ist es gut, dass Sie alle Abende 
eins von den beigehend aufgeschriebenen Pulvern neh- 
men, Sie mögen für Tropfen nehmen, welche Sie 
wollen. Die Pulver haben keinen Einfluss darauf. 

Von Herzen wünsche und hoffe ich Besserung 
als Ihr alter Freund und Diener 

Dr. Hahnemann, 

Torgau, den 2r. Juny 1805.