ARCHIV FÜR
STRAFRECHT UND
STRAFPROZESS
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K1 .R33115
L5 //«<
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für
trafredjt.
©egriinbet burd>
Dr. <goltöamm*r,
»fnigt. Okt.Iti6unaI«ratl>.
Jortgefefct oon
mehrere» <£rtininaUf*eit.
©erlitt, 1880.
& t>. 2) c tf c r ' * ö e 1 1 a g
HRarquarbt & S^cncf.
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3it&alt0=!Jfnciitim&.
3m aiu&lc gung von §. 498. 0b f. 2. ber 9teid)8ftrafproje*3orbnung (Äoftenpunft im
©trafnerfabren beim Storbanbenfein Don Scttangeflagten). SJon $exm @eb- Suftij»
ratb, Dr. J&erjog in 3ena 1
Seitrag jur ßebre von ber ©elbftrafe. II. ©ertrag. Xic ©elbftrafe im ©tabium
bcr ffonf trctfu ng. 3Jon £crrn Amtsrichter Dr. Jerone der in Slnqermünbe . . . 9
55ie Cirnttoürfe bcr bäni|ct)cn >, nftnaefcfce. SJon £errn tyxol Dr. Seid) mann
in jPafd . . . . ... . . . . V . . . . . . . . . . ..... 82
3>ie JKef orm be& fronjöiifdjen ©traf projejieS. -üon 4>crrn ^rof. Dr. ®. SDiaöer
in Wim 101
5)ie SRucfroirfung ber ©ciftegfranfbeit nnb ©trafunninnbigfeit (§§. 51. nnb 55.
~ ©t. ©-SP-) auf bae ^IiaTbeftauJbänteTfmni ber vpotilerei, bag Cyrlangtfein mittelft
einer ftrafbareu Jjpanblung (§. 259), baß TJägfQcn be& oon Weljrcren begangenen
t auofriebengbruQjg nnb bie in gleicher 3ßcife begangene Äprpcrt>erlcknng 123.
_bX 3. 22.-8a. at. tt. y.V «Jon .ryn-n Panorichtcr ■ (M. .fierbft in ^inbtfberg n.Ä 112
3ut Sntejrbtetotton befl §. 48. ber ©t. SJroy C S } on .frerrn Dberlqnfreägeruritgrath
im guch e in 3ena . . . . I ii?*
f 5)ic «ubbilbung ber preufiifd)en SReferenbarc bei ber ©taat8anwaltfd)aft.
SJon .£>errn SBachler, ©rftem Staatsanwalt am öanbgericht SJerlin II 121
Sie fflerjanblung bc3 9ioth ftanbe8 unb inSbejonbere bie SJerfchuIbung in
öerbeifübrung beffelben. SJon £errn Dr. @öb in Sürfbeim 1S3
i ftdlfchnng, tclcfl rapbifeiber 'Sepefchen. SJon ßerrn ganbgeria^tgratft Dr. .frermann
D itlott in Weimar ...................... IM
Ter foc r i d) t e ; fr a n t> un'am nienj)qngcnt>er ©trqifadien. Sjgrj .penn &mbgeriri)t6 »
& ratli Dr. -Oer mann JC r 1 1 o f T in Weimar . . . '. i i . , 201]
Die eigentlichen Unterlaffungdbelifte nach bem bcntfdjcn ©trafgefefebud).
SJon £errn Dr. 8. ©eligfohn ju »erlin 210
yu Cetleitttiifl Witt fttHj6*tt Ctbc. J8U>n_t&crtn X<ferenbar SJ. SJoigt in .6aUe 222
2üü ffl bie S<orjdjrift beS §. 128. ber beutfdjen ©t. SJJrcn. C, wonach ber in ©emäfebeit
be8 §. 127. eod. oorläufig geftgenommene unoerjüglid) bem Slmtörichtcr bed SJejirfS,
in welchem bie 5eftnabme erfolgt ift, oorjufübren ift, ju oerfteben: — ifl inöbe«
fonbere ber ämtöridjter berechtigt, bie Stnnabme bcS ipm SJorgefiibrten auS bem
@runbe abjulefmen, meil bie )uftctnbige ©taatdanualtfcbaft fid> am 3 i r> bed ^imto
cjerid)t8 bepnbetY SJon j£)errn Oberlanbe8gerid)tC)«©enatgpräjibenten Seffenborf
in .ftönia^bera i. 8fr. . . . .... . . . ... ... ... . . . ai3
Äue ber 5JJrari8 jur ^rariö. SJon £errn \?anbrirt)ter ®. «öerbft in i'anböbcrq a. 20. 321
T i -. fr e n u n t a u gl i di c n W e r j u di b e t r e r" r" e n b e y I e n a r e n 1 f e t & u n b c- :K i ft. g •
geridite. 8ml .perm W. ül. I>r. jur. 8fVWT9 l>ol)n p pÖR a. K '. . ~ . 3*ll
§. 12-1. bcr bcutjften © trafproKftotf nnng. $cm .nerrn ©eh. Dbertribnnaleratb
a<"öTTüe ........ . . . . . 3?>5
§§. W. nnb 100- ©t. ^ro^. & p ^ cl ' : . ■V\ at 3 1 a a t ä li u ro a 1 1 f ct> a f t , f d b a 1 b bie in
Jöefcbtag genommene ^oftlenDung nad) §. ioo. &bj. 3. ^r. ^roj. v. er»
öffnet morben tft, Slnfprucb auf Äenntntfenabmc oon ii)rem "3nbalte?
SJon ^errn ©eb- Obertribunalöratb SJoitug 401
oft es jroecfmäfiig, bie $3eantn> ortung bcr §rage nad) milbernben Umftänben
ben ©ef$n>orenen \u uberlaffen. SJon ^errn ©taatSanmalt $eterfon in
Sd)neibemul)l . . . ... . . . . . . . . ■ . . . . . . . . . . 409
3ur ftrafrcd)tlicben ^eurtljcilung ber ©d)u^genof fcnidinften. SJon ^errn
Dr. (>or bc8 Alfi
Ueber bic StHntfnbnng bc8 §. 244. bcr ?H. ©t. SJroj. D. SJon .€>errn ©taatSamoglt
pon yrmroiB n. tparrron in ^omnqen 42H
DeutfcbeS ©trafreetjt.
ferfenntniffe be*lReid)8gerid)te 27, 126, 243, 398, 434
gittratiir 79. 161. 307. 468
^ucllenregi'ter 17 '>
caarcgntft 4i7
118218
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Mr äitf Ityimg ron §. 498,
9U>fa$ 2 bcr ^et^dftraf^rojegorbnttttg.
(Äofienpuntt im ©traf ©erfahren beim 83orI>anbenfetn ©on
3Ritangeflagten.)
«on fcerrn ®ef). 3uftia*9tatf) Dr. §erjog in 3fena.
2>et jiocite Slbfafc ©on §. 498 bcr SÄ. ©t. $roj. 0. ©erorbnet:
„Utfitanaetl., roeld)e in $ejug auf biefelbe fclwt &u Strafe ©erurtyeitt
ftnb, haften für bie Auslagen al« ©efammtfcbulbner. 5Dted gilt nidjt
©on ben burdj bie ©trafoollftrecfung ober burd) bie UnterfudjungS*
baft entfkbenben Äoften."
3m Uebrigen beftimmt bie 6t. $roj. 0. im SUfaemeinen nid)t« übet' bie
SBertyeilung ber ßoftenlaft beim SBorfjanbenfein von 3Kitangefl.; benn bie ge*
fammtfd)ulDnerifd)e Haftung mehrerer Äläger unb mehrerer Slngefl. für bie
Äoften in einem 23erfa^ren auf erbobenc Sßrioatflage ift eben nur von ftngu»
lärer 'sRatur. dagegen ©erroeifen bie amtlichen s JRoti©e ju § 419 be« ©nttourf«
— getoijf ermafeen jur (Ergänzung ber in SRebe fiebenben, an mt nur fragmen»
tarifdjen JBorfdjrift — auÄbrücflid) Darauf bin, b a b biefelbe ba£ im Wcridus-
foftengefe^e jur 2tnerfennung fommenbe ^rineip $ur SSorauSfefeung babe, bafe
bie in ber red)t£fräftigen ©ntfebeibung oerbängte Strafe ben 3Jta&fiab für bie
frö^c ber Soften geben folle unb bafi, wenn eine Unterfudjung gegen mehrere
Üngcfl. gerietet fei, ber beftimmte Jariffafc ©on jebem Verurteilten befonberS,
nadjj 3Kafegabe ber Um treffenben ©träfe, jju ergeben fei: woraus fid) bann
weiter nur in Slnfefning ber ber ©taatSfafte eriöad)fenen baaren Auslagen,
unb aud) Ijicr nur mit gennffen, auf TOigfeitÄrü<f|"id)ten bcr üben ben Crin--
fd)ränhmgen, bie pglidjteit einer folibarifdjen ftaftbartett mehrerer 3JUtangefL
ergebe.
Da« a. a. 0. an erfler ©teile angebeutete ^rineip ift benn aud) in
§. 61 beS ©eriajtSfoftengefefeeS oom 18. 3uni 1878 jur »nerfennung gelangt.
3)enn ^ier Reifet e«:
„betrifft eine ©traffadje mehrere 3lngefd)ulbigte, fo ift bie @ebüf>r,
©on jebem Verurteilten befonber« nad) Maßgabe ber gegen ü)n et*
fannten ©träfe $u erbeben."
öier ift alfo lebtglid» ©on ben @ebü&ren (IV. «bfd)nitt be* ©eridjt«*
tofiengefejjeÄ) bie Dtebe.
2>te im V. &bfd)nitte be&anbelten baaren Auslagen bagegen Idnnen
felbftüetftänbÜd) in iebem »volle immer nur ein eimtaeä ÜJlal in Snfafe
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2 3ur Huglegima üon §. 498.
fie [ollen aber nach bem aflegirten ^weiten 2lbf. oon §. 498 cit. unter bett bort
bezeichneten SSorauSfefcungen oon jebem 3J?itangefl. jum oollen ©etragc oer<
treten werben.
3nfomeit liegt baS 6achoerhältnifj im 3ufammenhalte ber ^orfchriften
ber 6t. $ro3. D. unb beS ©erichtSfoftengefefeeS flar oor 2lugen, wenn fchon
bie SJertheilung ber in ftrage fiehenben, ihrem SBefen nach jufammen gehörigen
Sorfchriften in jroei oerfqiiebene ©efefce feierlich £ob oerbient. dagegen ftnb über
bie Auslegung unb ftanbhabung ber betreff enben SBorfchrift im (Sin je Inen be-
reite einige Ijweifel unb 9JteinungSoerfdhtebenheiten unter ben Kommentatoren
entftanben, mit benen mir uns an biefer ©teile fürjlich befchäftigen wollen, ju>
mal ba minbefienS einer oon ben fjter in Betracht fommenben fünften unter
Sntereffe augletdr; noch mittelbar in leerem ©rabe unb in weiterem Umfange
in »nfpruch nimmt, als bie* bei einer grage ber Koflengeltung für fio> allem
ber %aU fein mürbe.
3unäcbft nämlich ^anbelt eS fich um baS richtige SSerflänbntfj ber SBorte
„in 8ejug auf biefelbe 23mt." SBä^renb mir in biefer ^inficht j. 8. bei
6d>war je (Kommentar jur 6t. $roj. 0. 6. 614) unb bei Xbilo (6t. $roj. 0.
f. b. 2). St 6. 543 !Wote 2) eine nähere ©rläuterung nicht ftnben, lehrt £öwe
(Kommentar 6. 926 9tote 3), eS fei mit ben betreffenben Söorten leineSwegS
baS ©rforbernife aufgehellt, ba§ bie 9Jiitangefl. ju etnanber gerabe in bem SJer*
hältnifj oon 3Ritthätern ober Teilnehmern fielen müjjtcn; otelmebr fei auch ber
Segünftiger unb ber ßeftfer als „in 8e$ug" auf bie Zfytt beS X^äter« ober
J^eilne^mer« oerurü)eut an^ufe^en. dagegen fteUt Keller (6t. ^ßroj. 0. f. b.
2). 9t 6. 527 «Rot. 4) unter 93e$ugnat)me auf oerfegiebene ältere (b. h nur
MS in ba« Safn: 1870 hmeinreic&enbe) @ntf Reibungen beS 5?. SnperÜ^en Kaffa-
tionShofS ben 6afc auf, ba§ im §inbli(fe auf bie angebogenen ©efefceSworte
\. 93. ber ©egünftiger unb Später niebt fammtoerbinblich in bie Koften oerur*
tljeilt werben fönne, ebenfowenig amei $8efd)ulbigte, welche, ohne SRitthäter ober
£l)eilnel)mer *u fein, bei einer unb berfelben Gelegenheit ©emalühätigtetten
gegen etnen Beamten begeben; wotjl aber bei einer 6$lägerei bie Ilicilnchmcr
beiber Parteien. ÜDfit fteller in Uebereinftimmung befinbet ftd» auch tfJieoeS
(in o. fcolfcenborf'S öanbbu* beS 6t. ^ßtoj 9t. II. 8b. 6. 522), welker über
unfere ftrage im SBeTentlictten ftdh bafnn auSläfct:
„Sei berfelben ftraf baren §anblung fann ein 3ufammentreffen oer-
fdnebener 6ubjecte nur in ber gorm ber 3Rttthätcrfchaft ober ber
$f>eilnaljme ih* en jmei Slrten eintreten, unb wenn auch bie ©e-
aünftigung unb bte Hehlerei ber S&eilnafmte nahe fielen, enthält ihr
^^atbefianb boeb befonbere 9Retfmale, fo bafj bie $erurtheilung
wegen berfelben bo$ nicht als in $e)ie(mng auf biefelbe Zhai erfolgt
anjufe&en ift. 3">ar beruht fte auf ber Ermittelung ber ^auptt^at,
unb liejje fidt) ^terauS folgern, bafj bie Auslagen, weldje für bie
(Sruirung biefer aufgewenbet worben, aud) oon bem 53cgünftiger ober
§et)ler mitoerfcbulbet ftnb, fomit aud) oon ihm mit getragen werben
müfeten. S)er SBortlaut beS ®ef. fte^t jeboeb biefer Folgerung ent*
gegen. 4 ' —
UnfereS Dafürhaltens ift bie Slnftdjt oon Cöwe bie allein richtige unb
fac^gemäfee. söon ben beiben biffentirenben 6ttmmen fällt äuoörberfl biejenige
oon Äeller um beSmiUen weniger fdiwer in'S ©ewid)t, weil biefelbe, ojjne
fpecieUe eigene SRotioirung i^rer Sluffaffung, nur auf mehrere oberftrichterliche
6ntfd)eibungen 93ejug nimmt, welche — wie bereit« angebeutet würbe — auf
einem anberen rechtlichen ©oben erwachien ftnb, als gerabe bemjenigen beS
6t. ©. ©. unb ber 6t. ^ßroj. Orb. für baS beutfdje SReic§. Uebria.enS beftreiten
wir auch unter bem lederen ©efichtSpunfte lebiglich bie Stichtigfett beS erflen
ber oon Keller gegebenen brei »eifpiele. 6ooiel bagegen bie 9JIemungSäufeerung
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3ur Hiialegung Don §. 498.
3
oon ÜReoe« betrifft, fo Fattn cor 3lflem nid)t ^gegeben toerben, ba§ bet fjter
befonber« betonte Wortlaut bc« ©efefee« einer Slufraffung entgegenftefje, meiere
aua) ben mitoerurtbeilten Segünftigcr ober £el)ler al« unter ber Vorfdjrift oon
§. 498 2lbf. 2 mit inbegriffen anfielt, ©erabe im ©egentljetle bürfte bie SBort*
fajjung unferer ©efet$c$|tcUc mit 9totl)wenbigfeit ju ber Slnnafjme funbrängen,
baß eine Verurteilung in Vejug auf biefelbe 3tyat etwa« Slnbere« fein unb
refp. einen weiteren Snfjalt Ijaben müfje, al« eine Verurteilung wegen ber*
fclben Ztyat, weldje legtere SluäbrucfSweife befanutlid) bie im 6t. ©. V. übliche
unb in ber linu audj bie für bie gewölmlic&en ^öQe ber Verurteilung au«
Snlafe be« ober jenen befonberen Vrudj« ber 9tedJt«orbnung allein angemeffen
ift. ©ine foldjc Verurteilung nie gen einer befHmmten ftraf baren $fwt erfolgt
aber, um aläbalb einem möglichen öinwanbe $u begegnen, nidjt blo« gegen ben
Später ober mehrere SWitt^ätcr , fonbern eintretenben $-alIe« audj gegen bie
^crbred&ctuätfjeilnelnncr im engeren ©inne, alfo ben Slnfttfter unb ben ©einIfen,
beren §anblungen ja feinem anberen <pauptflrafa,efct}e unterfallen, als biejenigen
bes Später« refp. ber 9Jtitt&äter. ©o ift 3. V. ber allein richtigen unb nun
roobl aud> in ber $raji« allgemein reeipirten Sluffaffung jufolge bann, wenn e«
na) um bie Vorau«fe$ungen ber 9tücffaU«ftrafen beim SDiebftaljle im ©inne
oon §. 244 be« 9t 6t. ©. 83. fjanbelt, aud) ber blojje Slnftifter ober ©e&ilfe eine«
$ieb« ,,al« 2)ieb", m. a. 20. „wegen 2>iebftatyl«" ju beftrafen, u. f. ro.
Sollte e« fid) alfo in unterem 3weiten 3Xbf. oon §. 498 lebiglid) um mitange*
llagte 9}tittljater unb fonftige Verbred)en«ttieilnef)mer im ©inne ber §§. 47— oO
bc« 9t ©t. ©. V. ijanbeln, fo mtifete bie f)ier beliebte Vejeia)nung«wetfe :
„ajiitangefl., welche in Vejug auf biefelbe £ljat $u ©träfe uerurt^eilt fmb," für
eine ganj ucrfetjlte unb faum begretfltd)e gelten, ba mit berfelben aläbann oljne
jeben triftigen ©runb bie genauere unb jubem üblidbe 2lu«bruct«metfe be«
©trafredjt« oerlaffen worben märe, dagegen erhält biefelbe einen oerftänbigen
6inn unb rechtfertigt fid> minbeftene injofern — benn glürflia) gewählt ift eine
fo wenig präcife 2luabrud«mcife unter teinerlei Umftänben — roenn man am
nimmt, baft ber ©efefcgeber unter jenen „in Vejug auf biefelbe $f)at" oerur*
feilten $erfoncn aufecr ben Verbred>en«teilneljmern au$ ben Segünftiger unb
§et)ler Ijabe mitoerftanben miffen wollen. $enn nad) ber 00m 9t. ©t @. V.
einmal aboptirten Säuffaffung wirb ja beifptel«wetfe ber Vegünftiger be« Später«
ober Xfjetlnelnner« beim thebftafyle refp. ber Jpeljler allerbing« jmar nia)t
wegen $>iebftaljl« ober aud? nur wegen begünfttgten £iebfhu)l« (&e{jtere« in
bem ©inne, wie man wo^l oon einer Veftrafung wegen 3lnftiftung ober Sei*
f)ilfe jutn S)iebftal)le ju fpredjen pflegt), fonbern eben nur wegen Vegünftigung
refp. ^e^lerei alg eine« delictum proprium beftraft; immerhin aber erfolgt biefe
Öeftrafung oermöge ber nur accefforifdjen 0latur tti fraglichen Vergebend in
^ejug auf einen S)iebftotu\ o^ne beffen Vor^anbenfein oon ber fpeiieUen SSer*
urt^eilung einer anberen Sßerfon wegen ©egünftigung refp. §eljlerci gar nic^t
bie Siebe fein tonnte, ©erabe biefer facfjUctye 3«f ami wenbang jmifa)en bem
^auptoerbrec^en unb ber Vcgünftigung, ben übrigen« aud? 9Reoe£ a. a. 0.
feine^weg« t>erfennt, mufe aber bei ber Auslegung unferer ©cfe|e«fielle oon
entfebeibenbem ©emid)te fein, jumal ba berfelbe al& folc^er auf auSbrücflic^er
gefeilid^er 2lnerfennung beruht. 9Benn nämlid) in §. 3 ber 9t. ©t. 38roj. 0.
jur näheren erläuterung be« in §. 2 auftretenben Begriffs oon „jufammen*
^ängenben ©traf fachen" gefefct wirb:
„©in 3ufammen^ang ift oor^anben, wenn eine ^erfon mehrerer ffraf*
barer ^anblungen befdjulbigt wirb, ober wenn bei einet ftraf*
baren ^anblung mehrere ^ßerfonen al« Später, a^eilne^mer,
©egünfiiger ober ^e^ler befa^ulbigt werben;"
fo baben wir tjier jebenfatt« bejüglic^ ber 3uftänbigfeit«frage eine erfc^öpfenbe
Slufftettung ber gäüe eine« 3ufammen^ang« mehrerer ©traffac^en, tn«befonbere
I
4 $ux STuSUaung oon §. 498.
bcr und jefct allein tntereffirenben objj cctiocu ßonnerität, cor und: benn bic
in §. 236 bcr 9t. St. ^ßroj. 0. auf etncn noch weiteren begriff bed 3ufammen*
hangd oerfduebener bei bemfelben ©crichte anhängiger Straffachen ge
grünbete Serbinbuna ber Unteren junt $mdt ber gleidjjeitigen 3?ert|anblung
ßat einen gan$ oerfchiebenen Gharafter. hierüber waltet benn roohl auch bei
ben Kommentatoren (Sinocrftänbnitj ob. Bergl. roenigftcruS ^öroe a. a. 0. @. 215
9tot. 1, 2f)ilo a. a. 0. 6. 7 9iot. 4 unb Äeller ebenbafelbft S. 4 «Rot. 4.
ÜBärc bieS aber felbft nicht anbem, unb gäbe und §. 3 im Sinne bed ©efefc*
Sebcrd nur ben oornel)mften unb rcichtigften ftaU eined berartigen 3ufammen*
anged mehrerer Straffachen, geroiffermafcen oen ,3ufammcnl)ang Kai i&xyy,
an Die §anb, fo mürbe boch immerhin einer fo wichtigen Borfchrift auch nach
ber Seite ihrer roörtlichen Raffung fyin erhebliche Bebeutung beizulegen fein.
2)iefe 5 a ff un 9 ift nun nocr » foroeit biefelbe für und l)ier in Betracht fommt, in
ber $h flt fehr d^araftcrifiifch. ©in 3uf«mmen^ang ift oorbanben — fo Reifet
ed — roenn bet einer firaf baren ^anblung mehrere $erfonen ald Zfyätcx,
$heilnehmcr, Begünftiger ober §cf)ler befchulbigt roerben. £er Begünftiger unb
$cl)ler, ber fia) freilich auch fchon im St. ©. B. — trofc feiner äufeerltd&en
2lb|onberung oon ben BcrbrechendtheUnehmern — immer roieber an bic lederen
heranbrängt (ogl. j. B. nur §§. 63, 64, 247. Schlufefafc), rangirt alfo bezüglich
ber ftrage na $ öcr objectioen Äonnerität nicht nur gleich mit ben Jätern
unb Xtjcilne^mern, fonbern ed roiberfährt bem ©efefcgeber fogar, bafj er —
geroifferma&en bem Crange einer einfach natürlichen 9ted)tdauffaffung folgenb,
barüber aber freiließ ber im St. ©. B. beliebten fünftlidjen ©onberftellung ber
Begünftigung ijalb unb tyalb oergeffenb — oon einer ftrafbaren ^anblung
[priest, bei melier mehrere ^erfonen nicht nur ald Später ober Teilnehmer
(foroeit roäre ja bie gemähte äudbruefdroeife richtig), fonbern aud) ald Bcgün^
ftiger ober fehler befchulbigt roerben: in welcher (enteren fttnficht jene 2lud*
bruddroeifc i.Jii bedrotücn minbeftend ungenau iß, roeil eben, fobalb ein Bcgün-
ftiger ober fehler mit in ^rage fommt, nad) ber Softematif bed St. ©. B. oon
einer im iDfütel liegenben einzigen unb in fich abgesoffenen ftrafbaren
§anblung nicht mehr bie 9tebc fein fann. @d liegen bann oielmehr regelmäßig
jroei ftrafbare §anblungen oor, nämlich bad ^auptnerbrea)en unb bad foge*
nannte delictum proprium ber Begünftigung ober Hehlerei. 9)tit 9ied)t bemerft
in btefer &inficht bereits UUmann (in bem Äapttcl über ben (Sinflufe bed
3ufammenhangd mehrerer Straffad>en auf bie fachliche 3uftänbigfett in o. ftolfcen*
borf'd &anbbuch bed St. $roj. 9t I. Bb. S. 147), bafe bie (oon bcr 91. St. ^roj. 0.
beramuüd] ncrfcijuniiitc'! Hegel einer unbebingten, alfo nidjt bem richterlichen
©rmeffen anheimgefteliten Bereinigung für alle 5t^ctlncl;mcr beffelben 5Jer*
brechend fyötyt bebenflidh crfd>einen roürbe, „namentlich roenn bar unter auch
bie blofeen SJegünfttger mit oerftanben roerben, roie bieg in §. 3. ber 91. St.
ißroj. 0. ber #all ift," —
3Bir unfercr Seit« glauben nun aber aus ber foeben befprochenen SBor*
fc^rift in §. 3. cit. ßroeierlä folgern ju bürfen. einmal für unfern näd))ten
3roecf, namlia) für bie Auslegung oon §. 498. 2lbf. 2 bcr 91. St. $roj. D.
footel, ba§ bie hier gebrauchte, an fid) oage unb nicht tedmifche Zeichnung
oon ÜJtitangeflagtcn , roelche in ijejug auf biefclbe ^h°t ju Strafe oerurtheilt
fmb, fo roett — aber auch nic^t roeitcr — reichen muffe, als ber in §. 3. firirte
begriff ber objectioen Gonnerttät, unb baft jene Bezeichnung gerabe in biefer
Unteren Sorfdjrift ihre nothroenbige unb im ©efefee felbft allein naa^roeidbare
Erläuterung ftnbe. 3 roe i ten!g QDer abliefen roir in ber mehrbefprochenen Bor*
fchrift beS §. 3. cit. einen neuen unb recht überjeugenben Beleg für bie oon und
bereit« an anbercr Stelle (ogl. namentlich ©erichtdfaal XXIX. Bb. S. 161 ff.)
ausführlicher ju begrünben oerfuebte Behauptung, bafj bie ßinftellung ber Be*
günftigung in einem befonberen Slbfchnitte bed jrociten Iheild bed 9t. St. ©. B.
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3ut Huoleßung oon §. 498. 5
auch im Sinne be« ©cfefcgeber« unter allen llmflänben nicht fo ferner wiegen
folle, um hiermit bie eigentliche Statur ber ©ac&e für oerfehrt unb ben unjroei-
relt)aft befiehenben inneren 3ufammenhang jrotfehen ber Segünfiigung unb ber
begünftigten £auptthat für gelöft erachten, auf btefen rein äußerlichen ©runb
t)in ober bie £eljre oon einer Slrt abfoluter Selbftftänbigfeit ber Segünftigung
al« Vergebens gegen bic Suftijgcroalt conftruiren 3U bürfen. £>er Strafgefefy»
geber felbft nämlich giebt an biefer ©teile — thetl« unmittelbar burd) ben §n
tjaü fetner $t«pofitton , theil« mittelbar burdt) feine nicht fhreng fnftemgetreue
Äusbruc&roetfe — ju oerftehen, bafe it)m tro$ Slllem unb 2lllem jener innere
ßufammen^ang $roifchen bem ^auptuerbrechen unb ber Segünftigung ebenfo
fottroährenb oorfchroebt, roic folgerichtig auch bie nahe Serroanbtfcbaft jiotfcrjcn
ber Xljeitna^me (im engeren Sinne) unb ber 93egünftiguna ober Hehlerei; bafc
rotr batjer auch bei allen anberen in biefe« Äapitel etnfchlagcnben fragen ooll-
fommen im Siedete finb unb refp. in feinem Sinne tjanbeln, wenn mir ber oon
bem Strafgefcfcgeber beliebten 2>erroetfung ber Begünftigung au« bem allgemeinen
Steile in ben befonberen $heil be« ©t. ©. 53. lebiglic^ fol$e rechtlichen folgen
ja 3$eil werben laffen, benen fein innere«, au« ber begriffsmäßigen
ßtgcnthümltchfett ber SegünfHgung al« eine« flctö nur accefforifeben Selifte
refultirenbc« Söcbenfen entgegensteht. (®ertd)t«faal a. a. ö. S. 174.) $)au
übrigen« für ba« richtige &crftänbni| ftrafrechtlicher Materien bte $i«pofütonen
be« £trafpro$efegefc$0eber« nicht minber mafegebenb finb, wie biejenigen be«
Straigefefcgeber« felbjt, ba§ m. a. S5J. bie 5ftöglichfcit einer grunbläfclieben Ser
iduebenhett ber Sütffaffungeroeifc in biefen beiben ©efe$e«roerfen fchlechterbtng«
nicht ftatuirt roerben barr, h fl t ber Serfaffcr SDiefe« ebenfall« bereit« bei einer
früheren ©elcgenbeit, roo e« ftd) um ^eftfteDung be« mehrbeuttgen ©egriff« ber
„frrafbaren <jjanblung" im Sinne be« St. ®. ©. Imnbclte (®ertcht«faal
XXX. ©b. 6. 294 ff.), im (Sinjelnen banuthun oerfud)t unb c« mag hierauf an
biefer Stelle roenigften« betläufig oerroiefen roerben.
ftad) bem iborbemerften roürbe ftch alfo richttqer 2lnftd)t jufolge bie 33or*
l'chrift in §. 498. 2lbf. 2. auf oerurtheiltc üBegünfttaer ober fehler mitbc*
jiet)cn, unb äroar tjinftc^tlid) ber lederen ofme Unterld)teb jrotfehen Hehlerei in
$ejug auf ^erfonen (§. 258.) unb Hehlerei in $e*ug auf ©acjien (§. 259. be«
St. ©. ».): benn einerfeit« macht ba« ®cfe& felbjt (§. 3. ber 6t. $roj. 0.)
feinen Unterfdj>ieb jroifc^en ben oerfchiebenen Slrten oon fehlem, anbererfett«
habet auch bei ber bloßen Sßartircrei eine, roenn gleich roeniger in bie Slugen
fallenbe SBerurtheilung be« Sßarttrer« unb be« §auptoerbred;er« in ©ejug auf
biefelbc %t)at Statt. Äämen übrigen«, um aud) bie« nid)t unerroäl;nt ju
laffen, in einem %aüt biefer Slrt mehrere 2l)ätcr in ©etradjt, roela)e nic^t
al« SRitt l)ät er tm tedfmifdjen Sinne oon §. 47. be« St. ©. 53. angefetjen
toerben bürften, fonbem lebiglid) al« *u fällige Miturheber eine« unb be«'
ielben f(f}äbtgenben (sreigniffe« (j. 93. bet einer burdj bie gemcmfd&aftlidje Xbätig
feit mehrerer ^erfonen herbeigeführten fulpofen ÄÖrperocrle^ung), fo mürben
nach bem analog 5U oerroerthenben principe im §. 3. cit auch bergleichen 9Jlit*
angeflagte gefammtfchulbnerifch für bie 2lu«lagen haf^n müffen. 2>enn auch
hier liegt in objectioer ^inftcht nur eine frrafbare ^anblung im Mittel, bei
roelcher mehrere $er fönen ,,al« ^hater" befchulbigt roerben; eine infolge baoon
eintretenbe Sicrurtbetlung jener mehreren 9Rttangeflagten bezieht ftch be«halb im
Sinne be« ©efefce«, ba« an biefer Stelle ben engeren begriff ber 3Ritthäter^
fa)aft nicht betont ober fonft fidt)er anbeutet, immer auf biefelbe Xfjat.
freilich ift e^ richtig, ba§ einzelne frühere Strafpro3e6gefe|e (j. 8. bie $hüringifche
öt. ^Jroj. D. Slrt. 360.) bei gemeinfdmftlich begangenen «erbrechen au« gaf)r =
laffigteit bie folibarifche jQaftung ber mttangeflagten gleichen ober ungleichen
ihetlnehnter, ju benen übrigen« blo§e Begünstiger nicht gehörten, au«fchloffen.
$iefe ©efe^e befanben fich inbeffen auch f$ on infofecn auf einem anberen
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6 3ur au&Uauna oon §. 4ü*.
Stanbpunfte, rote bie 31. 6t. ^roj. D. f als eS ftd) bort nidjt um ein« blo&e
folibarifdie Haftung für bie baaren Auslagen, fonbern uielme^r (mit einigen
bier nidht weiter intereffirenben ßmfd&ränfungen) um eine folc^c für bie @e>
fammtfoften beS Straf oerfabrenS Ijanbelte.
SBaS nun ferner ben Umfang ber in ^rage fteljenben ©efammtfyaftbar*
feit für bie SluSlagen betrifft, fo mufe aua? in biefer ber 2lnficbt £öme'S
(a. a. 0. 9iot. 4.) infofern beigetreten werben, als jene ©efammtfjaftung nur
eben bejüglid) ber bureb, bie Strafoollftredfung ober bie UnterfucbungSfyaft ent*
ftanbenen «often niebj ^la$ greift, ^djroarje (Kommentar $ur St. $ro$. 0.
6. 614) roill in biefer Öejiefjung geroiffe S)iftinftionen gemadjt roiffen. @r
meint, eS fönne oorfommen, bafe einzelne Auslagen lebiglicb, bureb Anträge, ©e-
fd&werben u. f. ro. eine« ber Slnaeflagten in bem au*fa)liefelicben Sntereffe
beS Scfctcren oeranlajjt roorben feien, unb ebenforoenig fönnten bie Soften ber
Verhaftung, ber Vertagung, welche burd) Sd)ulb eine« ber 2lngeflagten oerur«
fac^t roorben u. f. ro., unter jene folibarifdje Haftung fallen. &ie «eftimmung
in 3Hbf . 2. fpred&e mithin bie folibarifdje Haftung nur bejüglidj folajer Auslagen
aus, für meldte fämmtlicbe einzelne 2lngeflagte aus allgemeinen ©rünben auf«
fommen müfeten; bann nämlicb, fofle eine Haftung nadi stopft feilen für bie
Verpflichteten auSgef$l offen fein. — Allein mit s Jted)t bemerft hiergegen bereits
Söroe, bafj für berartige Untertreibungen, fooiel ft$ aud) oieUcidjit de lege
ferenda für bicfelben geltenb machen laffe, bie gaffung nnferer Vorfdjrift feinen
9lnf)att biete, ebenforoenig bie amtlichen ÜNotioe. s )iur barin gebt Söroe $u weit,
wenn er in s Jtot. 7. ju §. 498. ber obigen Vcmcrfung oon Schmarre gegenüber
behauptet: eine Haftung nach Äopftljcilen fennc baS ®efefc überhaupt nid^t. £)ie
Strafprojefeorbnung fpriebt jroar nicht auSbrücflicb oon biefer, nach allgemeinen
SRecbtSgrunbfäfcen am näcbftcn liegenben unb bcStjalb beim ÜJiangel einer anber*
weiten Vorfcbrift uon felbft gebotenen 3lrt ber öaftung, aber fie .fefct bie*
felbe offenbar in einem gemiffen ftafle oorauS. S)ic ßoftenfrage geftaltct fid>
nämlich nach flftafjgabe ber einfd)lagenben gefe^lid)en ©eftimmungen im galle
beS VorlrnnbenfeinS mehrerer UMitangeflagten üb er ficht Ii dt) in folgen*
ber Seife:
1. $)ie ©ebüfjr wirb unter allen Umftänben oon jebem Verurteilten be*
fonberS nact> SJiafcgabe ber gegen iljn erfannten Strafe erhoben unb ca
ftnbct infomeit eine folibarifdie Haftung ber übrigen Verurteilten feines
Salles ftott.
2. Von ben Auslagen bagegen werben biejenigen für bie Strafoott*
ftredung ober bie UnterfucbungSbaft gleichfalls unter aücn Umftänben
nur oon bem betroffenen einzelnen ÜMtangeflagten, ber auSgängticb §u
Strafe ocrurtbeilt worben ift, erhoben, olme bafe auch ^icr eine foliba*
rifc^e öaftung ber übrigen SBerurt^ctltcn $lafc greift.
3. $n 2lnfebuna ber fonft igen Auslagen aber (alfo aufjer benjenigen
für StrafoollTtrecfung ober UnterfudjungStjnft) ift baljin ju untertreiben,
bar, IKitnitgcflagte, welche in 8cjug auf bicfelbe %\)at ju Strafe
ocrurt^eilt finb (alfo nacb ber Incr oertretenen änfiebt ; mehrere Später
refp. ÜJUtt^äter, 3:t)cilncbmer im engeren Sinne, SBegitnftiger ober gebier),
für bergleidjen Auslagen als ©cfammtfa^ulbncr aufjufommen haben,
m. a. SB. ein 3 c ber oon i^nen ju beren oollem betrage; wohingegen
anbere 3)ütanacf tagte für berglcicben Sluelagcn nur in bem gemöijn-
liefen attafje einftel)en, fo nämlicb, ba& nad) bem allgemeinen (Srunbfa^e
in §. 497. ber s Jt. St. $ro$. D. jeber einjelne bie fpeciell burc^ feine
Sctbciligung bei ber Untcriudjung entftanbenen 2luSlagcn ganj, anbere
Auslagen aber, welcbc jugleia^ im ^ntcreffe ber übrigen 3)titangef tagten
ober emjelner berfelben erwaa)fen finb, nur 5U feinem Slnt^eilc,
b. eben ju einem Äopft^eile überträgt: felbftoerftänblicl) alfo aud^
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3ur Jlu^lcfiunq Don §. 196. 7
ohne jebwebe eoentueUe fiaftung für bie Äopft&etfe her übrigen in
^rage fomraenben 2)iitangeflagten.
©nblich ftimmen wir jwar auch barin bet Vemerfung Söme'S (a. a. 0.
y Hot. 6.) bei. öiifj bie meljrbefprod&ene ©efammtbaftbarfeit nicht baoon abhängig
fei, baß bie Verurteilung ber mehreren ÜMitangeflagten }u Strafe gerabe in
öemfclben Urteile erfolge, baß eS oielmehr genüge, wenn wiber biefelben nur
eine gemeinfcbaftlicbe Unterfudjung geführt roorben fei: eine $rage, welche
üJteoeS a. a. 0. ofjne «oingenben Slnlaß als „zweifelhaft bleibenb" bezeichnet.
Senn untere ©efc&eSftelle legt in biefer §inficht nur eben auf }wei 3/tomente
®eiuid)t, nämlich baS 3)titangeflagtfein unb bie auSgängltche Verurteilung
ju ©träfe in Vejug auf biefelbe $bat; eine gleichseitige Verurteilung aller
N J)Utangeflagten aber erforbert biefelbe nicht unb eS wäre audj tu o l) L faum ein
gleichmäßig burchgreifenber ©runb für eine folche Veftimmung abjufehen. 2Öir
unb beSbalb fcblechterbtngS nicht in ber ßage, hier etwa in einzelnen gälten
$iUigfcitSrücffichten obwalten ju laffen, V. wiber einen alSbalb oerurtbetlten
3Jlitangcflagten, welchem burdj eine ofme feine Sdjulb nothwenbtg werbenbe
wettere £auptoerhanblung wiber einen anbern SJtitangcf tagten eine neue Saft
anklagen crroäcbft. Sagegen bürfte bie anficht Söwe's in 91ot. 7. ju§.498.,
baejin gehenb, baß bie ©efammthaftbarfeit meljrecer SRttangeflagten für bie Aus-
lagen nicht auSbriicfüch ausgesprochen ,ui werben brauche, weil foldje in
tomeit fie überhaupt begrünbet fei, aud ber Verurteilung in bie Äoften oon
fclbft folge, nicht ju billigen fein. Siefelbe läuft unfereS VeDünfenS im SBefent»
liefen auf benfelbcn fchwer m rechtfertigenben Sa| hinaus, ben Schwarbe
(Äommcntar S. 613) ju §. 497. aufftellt. wo gefagt wirb:
„9iad> ber ftajfung ber Vorfchrift bebarf eS im ^aHe ber Verur>
tbeilung nicht eine« bejonberen AuSfpruchS (über bie Äoften) in bem
Urtbeile felbft; bie obige Verpflichtung tritt traft beS ©ef. ein."
Sa jeboch §. 496 ber St. $roj. 0. oon jebem Urteile, jebem Straf*
befehle unb jeber eine Unterfuchung einflellenben Gntfdjeibung in fategorifeber
Söeifc auch eine Veftimmung barüber oerlangt, oon toem bie Äoften beS Ver*
fahrenS ju tragen feien, fo bebarf eS febon um beSmillen auch im ftaQe ber
Verurteilung eines 2lngefl. ju Strafe regelmäßig eines ÄuSfprucbS über bie
Verpflichtung jur Äoftentragung, mag ftcb tolcbe auch noch fo unjweifelbaft aus
bem ©ef. feftft ergeben; ioie OieS übrigens bei einer großen Slnjabl oon achter*
liehen SluSfprüchen in gleich bobem ®rabe ber $all ift. 2öaS nun aber oon
ber Äoftentragung im Sfllgemeinen gilt, gilt unfcreS VebünfenS auch *m Oer
gefainmtichutbnertfchen Haftung für bie Äoften refp. einen X^eil bcrfelben,
nämlich bie Auslagen. Senn eine folche Haftung läuft tm SBefen ber
Sache boch immer auf bie Pflicht ber Äoflentragung hinaus ober hangt boch
mit berfelben genau jufammen-, bie bieSfallfige ^age bebarf aber auch — oont
prattifchen Stanbpunfte auS betrachtet — geraoe im Sinblicfe auf bie eigen
thumliche Raffung oon §. 498. 2lbf. 2. im einzelnen ^aue roeit mehr einer be*
ftimmten Veantroortung, als manche anbere jroeifelSfreiere f^rage, über welche
bemungeachtet fein richterliches Urtheil hinweggehen barf. Von felbfi oerftebt
es fia) jeboch hi^oei, baß wir in fallen biefer 3lrt oon bem ^aupturtheile
lebiglich einen allgemeinen 2luSfpruch barüber ju erwerben haben, baß bie unb
bie ilMtangefl. fofltenp flichtig feien, unb eoentuell, baß bie ober jene 3ttitanaefl.
für bie unter ben Äoften mit begriffenen Auslagen (mit ben bereits öfters
erwähnten beiben 2luSnahmen) gefammtfchulbnerifch $ u Mttn hatten:
toohingegen bei etwa entftehenbem Streite über bie §öhe ber Äoften ober über
bie 9tothmenbigfeit ber unter ihnen begriffenen SluSlagen fletS eine befonbere
gntfeheibung m erfolgen hat (§. 496. 2lbf. 2. ber % St. ^ros. 0.)
Schueßlich mag ber Vollftänbigfeit halber nicht unerwähnt bleiben, wie
es jwar feinem Zweifel unterfällt, baß im galle einer hierauf abaielenben Ver*
g 3ut ÄusSlcßung von §. 498.
urthcilung mehrerer 2Ritangefl. bie (Srftattung ber m ftrage fiehenben SfoÄlagen
6etten8 ber ©erichtSfaffe fowohl oon jebem dinjelnen pro rata, wie oon hinein
im ©efammtbetrage geforbert werben fann, ba ja ber erftere ÜNobuS ber 2ln«
forberung für ben Verpflichteten offenbar ein weniger läfttger ift; baß bagegen
bie 3. & oon £f)ilo (a. a. D. 6. 543 «Rot 2.) unb oon 3Jieoe8 (a. q. 0.
6. 521 unb 522) mit in Betracht gezogene unb anfdjeinenb in oerfdjiebenem
6inne beantwortete weitere ftrage nac§ ben rechtlichen Sötrfungen biefer gefammt*
fchulbnertfchen Haftung im IBerhä'ltniffe ber Verpflichteten unter ein*
anber, inäbefonbere nach ber ©tatthaftigfeü einer Sftegrefjnahme Seitens be8
einen OKitangcllagten wiber ben anberen im Salle einer (über ben rechnerifchen
2lntt)cil be£ (£in$elnen an jenen 2lu£lagen Irinaus) geleiftcten äRchrjahlung, an
biefer ©teile ganj auf ftch beruhen fann, ba biefelbe feine ftrafprojeffualifche,
fonbern oielmehr eine rein cimlrcdjtlidjc ift, welche ftch überbieä leicht mög»
lieber SBeife je nach ben oerfdnebenen «anbeärechten oerfdneben beantworten
aijen wtro.
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3weiter ©eitrag.
$te ©elbffrafc im Stabimn bct »oHfhrerfung.
Son §errn SlmtÄrid&ter Dr. Äroneder in Slngermünbe.
I. ftrciwilliflc Belang.
§. L $ie freiwillige 3afclung burd) ben Verurteilten felbfl
3m Stabium bcr Strafoollftreäung bcftc^t ptfdjen bcr ©elbftrafe unter
ber greifjeitSftrafe ein wefentlicfcer Untertrieb. Soic $reit>ett$ftrafe bebarf ju
ü^rer SBoUftrecfung einer £&ätigteit bcr Staatsgewalt, wel$c nur bei tljrem 93e*
ginn burd) einen uBillenäaft be« Verurteilten — ben freiwilligen ©trafantritt —
ergänzt werben fann, bie ©elbftrafe hingegen bebarf jener £l)ätigfeit ber Staat«*
gemalt nid)t; fie fann burd) einen 28illen«aft be« Verurteilten allein, bie 3<tluna,,
realifirt werben. 2luf ben erften Vlict fd)eint hierin eine ertjeblidje $et)nlid)feit
$wi|a)en ber ©elbftrafe unb ber ©elbobligation §u liegen.
Allein biefe $lel»üid)feit oerfd)roinbct bei näherer Verrentung '), benn bie
©elbobligation ift realifirt, fobalb tf)r Setrag in ba« Vermögen bc« ©laubiger«
übergegangen ift, mag berfelbe Dörfer au« bem Vermögen be« Sdjulbner« ober
eine« dritten auägefc&ieben fein; bie ©elbftrafe bagegen ift realifirt, fobalb üjr
betrag am bem Vermögen be« Scfculbigen ausgetrieben ift, mag berfelbe naa>
$er in ba« Vermögen bc« %i$tuä ober einer anbern $erfon übergeben ober oer
nietet werben. 9Ia$ ber befteljenben ©efefcgebung aller bing« , weld)er grofeen-
teil« bie Sluffaffung ber ©ebftrafe al« einer ©elbforberung be« Si«fu« ju
©runbe liegt, wirb in Vejua auf bie ©elbftrafe auber« su urteilen fein; tnÄ*-
befonbere nad) §. 495. ber St. $ro$. 0., nad& welker bie VoUftredung ber
. über eine Vermögen«ftrafe ergangenen ©mfteibung nad) ben Vorfdjriften über
bie Vollftredung ber cimlgerid)tlid)cn Urteile erfolgt"), wirb analog aud) bei
ber freiwilligen 3a$lung bie ©elbftrafe erft bann al« realifirt anjutefjen fein,
wenn ibr betrag au« bem Vermögen be« Verurteilten in ba« be« %i&tvß ober
fonftigen Verecbtigten übergegangen ift. Stenn alfo ^emano au« irgenb welken
©rünben ben betrag bcr ©elbftrafe nia)t an ben $i«fu« ober ben fonftigen Ve*
redjtigten, fonbem an einen Unberechtigten abführt ober nerntdnet, fo würbe
biernadj ber Staat bie Strafe nod) einmal ju oollfirecfen ^aben. 2)ie« wiber-
ipridjt aber bem ^rinjtp ber ©elbftrafe unb fann ^öc&ften« burd) 3we(fmäfeig^
1) Sgl tjierfüt §. 2. be« «ften »titragc«.
2) hierüber unten auSfü&rlid).
10 «nlrap jur Scljte oon Der ©elbfhafc«
feitägrünbe, tnäbefonbere um böswillige Bernidjtung beä ©traf betrage*, foioie
bie böswillige 3 a Wung an unberechtigte ^erfonen ©eitenS bcS Berurtheilten
ju f)inbern gerechtfertigt werben.
$>ie ©elbftrafe weidet auch barm oon ber ©elbobligation ob, bafj erftere
burch bie meiflen übrigen, oufeer ber 3 a htong n0 $ oorhanbenen SlufhebungS*
grünbe ber Obligation nicht beteiligt werben fann. ©ine Beteiligung ber ©elb*
firafe bürde) Berglei d) ift felbftoerftänblich unbenfbar; ober aud> etne Tilgung
burch Eingabe an 3af)lungSftatt ift un$uläffig, weil biefelbe feine Sidjer^ctt
bafür bieten mürbe, ba§ genau ber in bein ©rfenntnife feftgefefcte Betrag auS
bem Vermögen beS ©dnitbigen auSfcheibet; bagegen wirb man eine Äompen*
fation ber ©elbftrafe mit einer gorberung beS Schulbigcn an biejenige Äaffe
beS fttSfuS, in welche bie ©elbftrafe ftiefet (§. 369. I. 16. 21. ß. 91.) ober an
ben fonfl pr Empfangnahme Berechtigten julaffen muffen, weil hier wirflich ber
Betrag ber ©träfe bem vermögen beS Schulbigen entzogen wirb. $er ©rlafj
einer ©elbftrafe fann, wie ber einet anbern Strafe, nur im ©nabenwege erfol*
gen. 3weifell)aft bagegen ifi eS, ob bie« auch oon bem 2luffd)ub ber 3ahlung
unb ber Bewilligung oon Xheiljahlungen p gelten h<*t. hierüber ent*
halten bie früheren preufeifchen 6t. $roj. ©. unb % 6t. Sßroj. 0. feinerlei
33orfct)riftcit. Soewe») meint baher, biefer Sßunft unterliege ber Siegelung im
3nflrufttonSwea,e. Slbcr bei Beantwortung biefer ftrage wirb ju berücfiichttgen
fein, bafc ein längere 3eit nach ©ntftehung ber RahlungSpflicht zahlbarer betrag
etwas fpcjififch SlnbereS unb jwar ©ertngereS für ben 3 a ^l cnöen barftcllt all
ein gleicher fofort nach ©ntftehung ber 3<»ljluna«pfltcr)t }u entrichtenber. tiefem
©ebanfen wirb im Gioilrecht burch baS ^nftitut beS SnterufuriumS SluSbrucf
gegeben. $er Suffchub ber ©elbftrafe unb bie Bewilligung oon X^dha^lun^tn
charafteriftren fich baher als ein theilweifer @rlafj, welcher ebenfalls nur im
©nabenwege erfolgen fann.
Söenn nun ber Berurtfjeilte an bie berreffenbe fiSfaltfchc Äaffe aufeer ber
©elbftrafe noch Soften ober aufeerbem noch äBerthSerfafc (wie in ftorftfachen) ju
entrichten £at, unb eine ©umme jat)U, welche nicht genügt, um jene Beträge
fämmtlich ju beefen, fo fragt es fich, ob bie geleitete 3«hlung auf bie ©elbftrafe,
— ober aber auf SBertfjSerfafc unb Äoften anzurechnen ift. $>aS frühere Obertri-
bunal ju Berlin*) unb baS preufeifche ^uftUminifterium ») nehmen baS ©rftere
an, erftereS unter Berufung auf ben cioilrechtlichen ©aß, bafc geleiftete 3ahlungen
pnächft auf bie für ben ©chulbner brüefenbere ©chulb anjurechnen feien. Allein
biefe Berufung erfcheint nicht mtreffenb, weil, wie in §. 2. beS erften Beitrage«
ausgeführt ift, bie ©elbfrrafe als eine ©chulb nicht angefehen werben fann. $ic
ftrage nach bem 8InrechnungSmobuS gewinnt nur bann praftifche Bebeutung,
wenn baS Bermögen beS 2lngefl. nicht grofe genug ift, um jene oon ihm ju
jahtenben Beträge fämmtlich ju beefen, wenn alfo nach ber freiwilligen 3°h^«9
einer jene Beträge nur ttjeilweife beefenben ©umme ber 9teft auS bem Bermögen
beS Berurtbeilten burch freiwittige 3ahlung wie burch 3wangSoollfrrecfung gar
nicht ober nur jum $heil erlangt werben fann. $ür biefen ^all aber wirb •
burch ben ©eitenS beS ^uftijminifterium« gebilligten SlnrechnungSmobu« bem
pönalen (Sljarafter ber ©elbftrafe nicht in auSreichenber SBetfe Rechnung getragen.
$enn auf bie Äoften unb ben 2öerth$erfafc fleht bem g-isfu«, bejietjungSwcife
berjenigen phoftfehen ober juriftifchen $erfon, welcher ber 2Berth«erfa| gefe|lich
juerfannt, ein gorberungSrecht ju. 3)ie jur Tilgung biefe« gorberungSrecht« noth-
wenbigen ©elbbeträge befinben fich bemgemäfe jwat formeu noch im ©igenthurae
3) Komm. j. W. ©t. ^tog. D. %nxn. 3. jn §. 395.
4) Befctfufj teö L Straffen, uom 1. Jvcbr. 1861 (Cppenb. 9ie«tf^r. «t. L 2. 239).
j) »f. »om 23. «o». 1S39 (3. SR. »I. 40) »om 29. SKai 1877 (3. SK. »L S. 95)
unt öont 30. «ug. 1879, §. 18. 9h:. 3.
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»cittafl iut dou Der ©elbftrafe. 1 1
beS Verurteilten; materiell jeboch ftellen Tie einen Veftanbtheil feitted Vermö*
gcnS nicht mehr bar 4 ). 6S ifr baher bie 3«!)tong btefer materiell für ben Sin*
gell, bereits oerlorenen Beträge als eine Grrbulbung beS ihm rechtSträftig auf*
erlegten ©trafübelS nicht anjuferjen; als eine folche fann oielmerjr nut bie 3Q5tong
eine« VetraaeS angefeljen werben, auf melden bem ftiSfuS ober anberen pbnufchen
ober juriftifchen Prionen roeber ganj noch trjetlroeife ein cioilrect;tUct)er Slnfprud)
rnftebt ©ehr häufig roerben allerbingS foldtje rioilreehtlichen Slnfprücrje ber
6trafooUftrecfungSbehörbe unbefannt bleiben unb beSroegen feine Verücfftchtigung
finben; anberS ift bieS im oorliegenben §alle, too biefe Wprüd&e auS ben Äri*
minalaften erhellen. SDte bejeiepnete Slnorbnung beS SuftiaminifieriumS, für
welche auch überrotegenbe praftifdje ©rünbe nicht fpredjen, bürfte baher nicht ju
biüigen fein.
§. 2. Safjtung ber ©elbftrafen burdf> anbere ^erfonen
als ben Verurteilten.
S)ie ©elbobltgation erlifcht buret) 3af)lung trjreS VetrageS, mag biefe
3ar)lung bureb ben ©cbulbner felbjt ober einen dritten erfolgen. 2)iefer ©a$
ift im römtferjen Stecht T ) unb root)t faft allen neueren ©efefcgebungen 8 ) aner*
fannt. S)ie Verfechter beS ©afceS, bafe bie ©elbftrafe als eine gorberung beS
giefuS aufjufaffen fei, t)aben bie ©ültigfeit beS angeführten ©ajjeS auch für biefe
behauptet. ©o ßillefiuS »)r oon neueren Ärüninaliften unter änberen
Schroarje 10 ), unb Oppenhoff in ben erften beiben Auflagen feines kommen*
tarö. 3" bieiem Sinne fprtdjt (ich auch ein Schreiben beS ^uftiaminifterS Wühler
an baS Sanb* unb ©tabtgeriebt ju ©tallupönen oom 4. 2lug. 1832 ") auS.
es heifjt bort, es laffe fid) bei ber eigentümlichen 9tatur biefer ©trafart, roeldje
nicht gegen bie ^erfon beS Verbrechers, fonbern gegen beffen Vermögen gerietet
fei, gar nict)t oertjinbern, ba§ ein dritter biefeS Ucbel für ben ©cfulbtgen auf
fidtj nehme, unb entroeber bemfelben bie jur ©riegung ber ©elbbufee erforberlidje
Summe hergebe, ober biefe für itjn unmittelbar jur ©taatsfaffe jahle. $er
(Staat, welcher bei ber @in^iec)ung erfannter ©elbftrafen nur wie jeber anbere
© lau biger $u betrauten fei, iiabe ebenforoenig als biefer baS ütetfjt, Darnach
ju fragen, roorjer ber jatjlenbe ©chulbner baS ©elb entnommen t)abe, unb ber*
leibe fei ebenfo rote jeber anbere ©laubiger nach §§. 49—50 I. 16. 91. S. 3t
cerpfUctjtet, bie oon einem ©ritten für ben eigentlichen ©chulbner offerirte 3a^
lung anzunehmen.
SDiefe 2lnftdjt fann nach bem bisher Ausgeführten als richtig nicht an*
erfannt roerben. $5ie ©elbftrafe ift nicht gegen bäs Vermögen beS Verurteilten
gerichtet, fonbern gegen feine Verfon, forern fie ©ubjeft oon Vermögensrechten
ift. ©er ©taat ift bei ihrer ©tmiehung nicht mie jeber anbere ©läubiger ju
betrachten, fonbern als Inhaber oer ©traf geroalt, ber barüber ju machen h^^
bafe bie über ben ^chulbigen oerhängte ©träfe auch roirflich oon Ibiefem unb
nia)t oon einem Unfchulbigen erlitten werbe ").
6) Sergt. 1. 39 §. 1. D. 50., 16. Bona intelliguntur cujusque, quae dedueto aerc alieno
•u per sunt.
7) 1. 78 §. 2. D. de solutionibus et UberationibuB 46, 3.
8) Cod. Maxim. Bav. cir. IV. cap. U. §. 3. Säd)f. ®. S. §. 690. MT\d)tt ®. 8.
§• 1042; Code civil francaii art 1236. Codice ciTÜe d'Italia (1865), «rt. 1238. »bf. 2. §§.
49-50 I. 16. «. 2. ».
9) o. a. O. (»gl. «nm. 4 «im 1. beitrage) @. 142 Der 2. Infi
10) Äoram. x ik. @rr. ®. ». not. ju §. 28. ^. 219 ber 3. «ufl.
11) äatjrb. »b. 40 @. 247.
12) uebeteinftimmenb Oppcnb;. in ben foäteren Auflagen fetneö ÄommentatS n. o. 9h>L 15
?u§. 28. in ber 7. «ufl.; — anSfiibrlu* «ermann in biefem «r*. ©D. 22 S. 184 ff. $• SKeoer
©trafr. @. 278 ber 2. Xufl.; «tubing bte «Rönnen unb ib,re Uebcrtrettrag »b. L «btr>. 1.
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12 »ertrag jur «ebre oon ber ©elbftrafe.
3>tefe lefctere Sluffaffung Iwt aud) baS frühere Dbertribunal Berlin
(II. ©traffenat) burefj ©efölufe oom 28. 3uli 1874 als ridjtig anerfannt ").
£aS ©ad>oerl)ältnif} mar folgenbeS. eine ©elbftrafe, ju roela)er ber SHfäof
Martin oon ^aberborn wegen 3 uroiöcr ^ ön ^ un 0 9 e fl en oag ©efc^ oom
11. 9)toi 1873 oerurtljeilt toorben, war oon einem dritten, Unbeteiligten, Äauf*
mann Ä., bei bem ÄreiSgeridtf au Sßaberborn eingejagt unb oon bem leiteten
angenommen toorben. 2)c\ remonftrirte hiergegen unb beantragte bie ^ortfe^ung
bec ©refution gegen feine ^erfon; baS ÄreiSgeridjt eradjtete aber unter 2k$ug*
nafjme auf bie obengebad&te 3- SB. Serf. eine jur Gntlaftung beS Sterurtfjeilten
oon einem dritten auS eigenen Mitteln gcleiftete 3#ung für ftattfjaft unb leimte
ben Antrag beS 3J?. ab; eine oon SDt. gegen biete Verfügung an baS 2lpp. ©.
eingelegte Öefc^roerbc blieb erfolglos. $unmef)r legte ber OberftaatSamoalt 93e*
fajroerbe gegen ben appeUattonSgeric&tlidjen Sefdjcib ein, in $olge melier baS
Obertribunal bie Slufbebung beS 93efd>eibeS unb ber freisgcridjtlidjcn Verfügung
auSfprad), bie 2lnnaljme ber oon St. geletfteten 3öbiim9 für unjuläffig erflärte,
unb bie gortfefcung ber (Srefution gegen 3Jt anorbnete. 25ic ©rünbe beS
fdjluffeS ftimmen im 2öef entließen mit obiger Darlegung überein ; baS Ober*
trtbunal tjebt nod) befonberS h error, bajs bie ©elbftrafe roic jebe anbere ©träfe
nur benjentgen treffen fönne, aber aud) treffen müffe, gegen ben fie oerfyängt fei.
Ueber bie 9iatur ber ©elbftrafe allerbinaS fpridjt fidj baS Obertribunal nicfjt
mit oöüiger Älar^ett aus, benn toenn eS fagt:
„68 iffe jtoar anjuerfennen, ba§ bie redjtSfräftig erfolgte 93erl)ängung
einer ©elbftrafe eine ftorberung beS ©taateS gegen ben 2*erurtf>eiltcn
begrünbet",
uitb gleich barauf fortfährt:
„barauS folgt aber no<$ nid)t, bafe ber Slnfprudj beS Staates auf
eine ©elbftrafe eine cioilredjtlidje, ben Sorfdjriften beS GiotlredjtS
unterliegenbe ^-orberung barfteHt",
fo ift ntdjt crfidulid), roorin bie SorberungSnatur ber ©elbftrafe liegen foll, roenn
ifjr bie cioilred)tlid>e ©eite abgesprochen wirb.
II. ^U)niifl«üoUftrctfunfl tocgen ©clbffrafen.
§. 3. 3roangSöoUfire(fung wegen ©elbftrafcn gegen ben sBerur^
tt)eiltcn felbfl.
A. SBenn ooHftrecfbare Gioilforberungen nidjt fonfurriren.
#or (SrlaB ber 91. ©t. $ro$. 0. pflegten bie ©erid&te mangels entgegen*
fte^enber gefe|lid)er $ejtimmungen bie ©elbftrafe erft bann ju ooUftrecfen, menn
fie binnen einer burdj ricfjterltc&e Verfügung M ) ju beftimmenben %tit nid)t ge*
jaf)lt rourbc. ;)e&t tritt in ©emäfjljeit beS §. 495. ber ©t. $roj. 0. f roonact)
bie eine ©elbftrafe feftfefcenben Äriminalurtlietle in berfelben SBeife toie bie auf
©elb$a()lung lautenben Gioilerfenntmffe oollftrerft roerben foUen, o^ne SöeitereS
BtoangSooUftrccfung ein, unb bie freitoiüige 3af)lung fann nur in ber 3eit oom
@. 167 Not. 285: ©toojj (öejiv^gencbt^räfitcnt in »er«) jut 9iatut Der ScrmögenSflrajcn
(53crn 1878) p.5— 6. (S)iefe trefflidje ©djnft tp erft nad) SJoUenfcung tcö etilen Beitrages t>urd)
tie Äüte fceö öerm 3>erfa[jer3 in meine ftfribe gelangt).
13) Optentj. «ecbtfpT. »D. lf>. 6. 514 ff. 2)ie« «r*. 8b. 22. e. 406 ff.
14) Do lege ferenda n>äre eine gejco'.tdic Seftimuiung oonujiefyen, ta, tok oben gejeigt, eine
türjere $t\t naä) bem drgeben ui Ürtbeilö tooUjrrctf bare Strafe ein gröjjcrc* (Btrafübel barftetlt.
atö eine längere ^eit nadiber realifuenbe, unb ber Siebter fotnit nur bei ber (Spftcnj einet
feften gefeilteren ^ablungfrift »etfe, »tld)e3 Strafübel er bind) gefrfefeung einer befhmmten öetb-
ftrafe »etbängt.
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«ertrag jur Sebre Don ber ©elbftrafe. 13
grgehen beS Urtcjeite bis jur SuÄftthrung ber fofort nad) bcr 9tcct)tarraft be«
im. oerfügten 3wang3üoÜfrrecfung erfolgen **).
$jor ©riefe ber 31 6t. ^roj. 0. war e8 zweifelhaft, ob bie jwangSweife
itoUftrcdung ber ©elbflrafe in Ermangelung baaren ©elbcä aud) auf anbere
eaeben auägcbehnt werben fann. 9tubo ,6 ) fpracb fich bagegen, bie SHebrjahl
ber 6d)riftfteller bafur au$; ben lederen folgte bie $rariö, welche nur unbe*
roegltdjc Saasen unter ÄuÄbefmung einer einzelnen fpejiefl für 3ollbefraubationS*
frrafen gegebenen $orfd)rift ,r ) ausnahm. SDie le&tere 2luffaffung ift burdj ben
§. 495. ber 91 (St. Sßroj. 0. gefefelid) fanftionirt. 9tod) ber flaren öeftimmung
biefeS Paragraphen mujj aua) bie oon„älteren 6a)rift|1cllcrn 18 ) befämpfte »b»
nähme beS öffcnbarungSeibeS in Dem auf iMftretfung einer ©clbftrafe gerichteten
Verfahren für erforberlich erachtet werben. 3)enn wenn es bort Reifet, bafj
bie ^oUfrrctfung einer auf eine ©elbflrafe lautenben (Sntfcbeibung naa) ben 9Sor*
febriften über bie Sollftrecfung ber Gtoilurtheile erfolgt, fo tft bamit gefügt,
ba& alle SoUftrecfungSmittel, welche nach ben ^iorfchriften bcr (Stoilprojefcorbnung
Seitens bcS obfieglichen il)eilS mv Erlangung ber jugefprochenen ©elojablung
angeroenbet werben tonnen, Seitens beS 6taatcS jur Erlangung ber red)tS*
fräftig erfannten ©clbftrafe angewenbet werben müffen, bcoor jur ißollftrecfung
ber fubftituirten ^rctheitsftrafe geldjritten werben barf. S)aS belieben in $ejug
auf bie JluSmatjl ber anjuwenbenben 3roangSmittel, meldjeS bem ©laubiger im
ßioilprojefe gewährt wirD, fann nach bcr $atur beS ÄriminalproaeffeS bcr Straf*
rjoUfrredungSbehörbe unzweifelhaft nicht eingeräumt werben.
3n bcr SßrariS wirb atierbingS ber QffcnbarungSeib im oorltegenben
gaüc auch feit bem ^nfrafttreten ber 5R. 6t. $roj. 0. in bcr Siegel nicht abge*
nommen, naiuMadUid) wohl wegen bcr Umftänblichfeit, welche baburch baS Straf*
DoUftrecfungSöcrfahren erhält; allein biefe Umftänblichfeit ift eine unabweisbare
Äonfcauenj beS §. 495.
De lege ferenda wirb jebodj ber Anficht Siubo'S, bafe bie 3TOong3oolI*
ftreefung wegen ©elbftrafen net) nur auf baS äöaaroermögen beS SBcrurt heilten,
nicht auf ben fonftigen 9Jtobtliarbefi& beffclben erftreefen barf, ber SBonua, ju
geben fein. $>ie meiften ©rünbe freilich, welche SRubo für feine 2tnftct)t beibnngt,
finb lebiglich au« ber Raffung beS §. 28. unb anberer §§. beS 91. 6t. ®. &
entnommen unb beSljalb nia)t mehr in Betracht $u jiehen. 3)urchgreifenb ift
bagegen ein anbereS oon 9tubo nur nebenfächlich w ) ermähntes Slrgument.
3ebe 6ache fmt in ben §änben Oed ßigenthümerS einen ©e braucht ober
inbioibuellen SBerth ); berfelbe ift gleich berjenigen 6umme, welche für ben
Eigentümer ber Sache nach beren Weggäbe erforOerlich ift, um fuh biejenigen
$$ortbeile wieber $u oerfdmffen, welche u)m bie ©ache gewahrt b Qt - 3)ie)er ©e»
brauchSwerth wirb meift höher fein, als ber SBerfaufSwertb, - benn wo erfterer
16) De leg« ferenda ift bie« nid>t ju biüifltn. ®em gu gteibeit^rafe Skrurttieitten »itb «ine
ryuü )um freiiDiUigen Strafantntt gemärt (§ 489 Abj. 1. a a. D.)\ analoa mügte aud) mit
bem ju Öetcfttaic Ikrurtbeilten verfahren merken. — i>cv neue engtifä)e @ttafgefebbud)'&nt«
rentf »itt bie ttinjicfcung ber Strafe niö)t burdj ^»angsooQfirccfung, fonDern burO» Cfrelnti»«
l>aft bis jur Dauer »on 2 SJabren erjroingen. am l Xt). 2. wet, 11.)
16) Äomm. juni St. ®. ®. 5Rr. 3. ju §. 28.
17) ©ef. wm 23. 3an. 1838 §. 5t
18) Unter Unteren oon ®ectin^tnf4iu«3eitfdjriftöb.L @. 190 ff. 3>et bort an erftetiSteae
angeführte Qkunb, bog bie Ärim. O. Den 6ib be8 «ngett. perbiete, erfd/eint nidjt jutreffenb, ba
bies «erbot feinein @mnc nad) fl* offenbar nur auf ba« ©traf ©erfahren, ntctjt audj auf ba«
StrafxjoÜftredungÄtterfa^ren bejieben tann
19) „9hd)t außer «d)t mag autft bleiben, baß ber 93ctrag einer erfannten ©elbftrafe in
ben meiften fallen erhöbt toirb, roenn bie Oefd^affung ber bie Strafe au«mad>enben Ciklbfumme
baburd) gefd)iebt, baß öegenftänbe hn SBege befl 3»ang«»ertaufe8 »ex äußert werben; benn bei
einer folgen «eräufeernug nxrben erfatjrungssmäüig nur geringe greife erjieü."
20) «gl. §. 5. 9lnm. 16. be« erften beitrage«.
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14 "Frtrrag jur &fire oon ber (»elbftTafe.
niebriger ift al« letzterer, ba wirb bcr (Sigenthümcr bic ©adjc in ber Siegel oer*
faufen, um bie $)ifferen& ju geroinnen, um jene $ifferenj alfo sroifchen bem
©ebrauchS* unb bem niebrigeren Verfauferoerth ber abgepfänbeten ©egenjtänbe 31 ),
roo3u noch bie burch ©tnrücfung ber Vetftcigerun^ Vcfanntmachung in bic
Rettungen entftehenben Äoften") treten, roirb bie ©elbftrafe erhöbt, wenn it>rc
Vollftreduna burch Slbpfänbung unb Verfauf gclbroerttjer ©egenftänbe erfolgt.
2)ic3 roiberfpricht aber bem 2Sefen ber ©trafoollftrccfung,, roelche nur Dasjenige
©trafübel bem Verurteilten jufügen barf, roelcheä im (trfenntnifj feftgefejjt ift.
$)icfe ©leichheit ift allerbingÄ bei ber ©elbftrafe nicht oöllig Durchführbar, roeil
ba« Vermögen be<8 Verurteilten in ber 3eit oom ergeben beS ©trafurtbctls
bte jur Vollftrecfung fich oeränbern fann; allein bie s J)iöglid)feit biefer Ver*
fchtebenl)eit berechtigt ben ©taat nicht, burch bie 9lrt ber ©trafoollftrccfung eine
weitere $)ifferenj aroifchen bem feftgefefcten unb bem zugefügten 6trafübel her*
betjuführen.
$er Verurteilte ^at atterbing« nadt) VoUftrecfung ber fubftituirten grrei*
heitäftrafc noch bie £aftfoften ju tragen") unb behufs (Simiefning biefer ift
ber ©taat unzweifelhaft jur spfänbung unb sunt Verfauf oon 9JJobilicn beS Vcr*
urteilten berechtigt ; allein biefe öaftfoften fmo ftetö geringer als ber Vctrag
ber an erfier ©teile erfannten ©elbjttafe 84 ). SBemt ber Verurthcilte abgefehen
Neroon bic VoUftrecfung bcr fubftituirten ^rett)eitsftrafe alä ein Uebel empftnbet,
roelcheS für il;n fa)roerer roiegt, al£ bcr Vcrluft eine« nach ben jcjjigen gefc^
liehen Vorfchrtften abpfänbbaren ©cgenftanbeS, fo bleibt ihm nach bem tner ge>
billigten Verfahren unbenommen, biefen ©egenftanb in ber #eit bis 5um Hblauf
ber in ber fiabung jum ©trafantritt feftgefefcten $rift frcihänbtg ju oerfaufen unb
oon bem ©rlöfe bie ©träfe ju bejahten. Vei einem folchen freihänbigen Verfauf
pflegt ein höherer (SrlöS erhielt $u roerben, roie bei einer 3roang8oerfteigerung.
B. SBenn oottfrrecfbare Gioilforberungen fonfurriren.
@S fann ber ftall eintreten, ba§ gegen eine Sßerfon, welche ju einer ©elb*
[träfe oerurtheilt ift, gleichzeitig oon ßioilgläubigern ooUfirecfbare gorberungen
auf 3flf)luna einer ©umme gcltenb gemacht roerben. £)ic3 macht feine Schwierig,*
feit, roenn ba£ Vermögen beä Verurteilten ausreicht, um fowobl bic ©elbfrrate
als bie ßioilforberungen ooll auszahlen, 3ft bic« aber nidtjt ber $all, fo
fragt [ich, in welchem Verhältnis bie ©elbftrafe unb bic ßioilforberungen au«
jenem Vermögen $u beefen finb. 3>ie Veantroortung biefer ^rage ift burch bie
9latur bcr ©clbftrafe gegeben. S)ie ©clbftrafc fod ben Vcrurthcilten in ihrer
ganjen, burch ©rfennintfe feftgefefcten §öhe, aber auch nur ben Vcrurthcilten
treffen. 55arau$ folgt, bafj erft alle fonfurrirenben ßioilforberungen ooll bc*
friebigt werben müffen, che jur S)ecfung ber ©elbftrafe gefchritten roerben barf,
unb ba§, roenn in ^olge bicfesS Verfahrend bie ©elbftrafe ganj ober theilroeife
nicht jur ©injiehung gelangt, bie fubftituirte greiheitgftrafe ganj ober theilroeife
oollftredt roerben mufe. 3)arau8 folgt ferner, bafe jebc 3)ia§regel, bie barauf
abjielt, bie @injiehung ber ©elbftrafe gegenüber ben Gioilgläubigern bes5
Vcrurtheiltcn ju fichern, ^auptfächltch alfo bic Äonftituiruna eines $fanb»>
recht & für bie ©elbftrafe, unbebingt auSgcfchloffen fein mufj. Jcbe Slbrocichung
oon biefen Äonfequenscn, inäbefonbere jeber 2lbjug, bcr $u ©unften bcr
einjichung einer ©elbftrafe einem Gioilgläubiger gemacht roirb unb
21) ©cfonfcerS groß totrt tiefdbe bei ©egenfiänten fein, axldje aum Öcbraud) einer bf
fhminten ^erfon angejertiat jlnb, 3. ©. bei ItleiDungöftüdcn.
22) 6. 79. 9tr. 3. be8 ©criebtitoftengefe^e«.
23) §. 79. 9lr. B. be* <Serid)tStopengc(ctte3.
24) X ic ^afttofien bettagen in Greußen 70—85 ^ßf. pro Xag, irdbrcnt bet Xaa ^reibeitd»
jhafe bei bet Unwanbtung bet Äetbfhrafe in eine ^fteibeitaptafe mtnbeften« einet (»elbfttafe »on
einet Statt gleifbgeadjtet »heb.
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"Beitrag jut ?ehrc von ber Welbftrofc. ^5
jebc «eftcUung eined <ßfanbre<Jjt8 für eine ©elbfitafe, enthält eine
doppelte Ungetechtigfeit. 3)aburcfi werben nämlich erfteno Die 33er*
urteilten einem Steile ber Strafe, welche fie treffen folltc, ent*
Sogen unb jweitenS Unfchulbige, nämlich bie fonfurritenben unb
benachteiligten Gioilgläubiger, oon bemjenigen Steile ber Söc ^
ftrafung betroffen, meinem ber SBerurthetlte entjogen ift
3n ©emäfeheit biefer Slnfd^auuna hat auch ba8 römifche 88 ) unb frühere
preufeifdhe 9led>t, lefetereS auSbrücflicb fowohl für bcuS ÄonfurSoerfabren* 6 ) al£
für baS Damalige nkioritätSoerfahren in ber @refution£inftan$ 27 ) oerorbnet,
bafj bie ©elbflrafcn ben Gtoilforberungen nachgehen.
$ie 91. Äonf. D. $at bteS <Prinjip feftgehalten. M )
3m entfehiebenen ©egenfafce ^ierju ftef>t ber mehrfach ermähnte §. 495.
9t 6t. $roj. 0.
„$)ie SoHftrecfung ber über eine SSermögenSftrafe ober über eine
&ujje ergangenen ©ntfeheibung erfolgt nach ben Söorfchriften über bie
«oUfrrecfung ber Urteile ber gioilgertcbte."
9tuä) nach bem früheren Verfahren mürben, roie bereits angeführt, bie
©elbftrafen iunä^ft nod> ben SBorfd^riften über bie dretution ber ©ioilertenntniffe
DOÜjrrectt. SÜSar baareS ö>clö beim 6cbulbner nicht oorhanben, fo mürben anbete
SkrmögenSgegenftänbe beffelben mit SBefdjlag belegt unb im 2Bege ber 3mang«=
oerfteigerung oerfauft. ^ene Sefcblagnabme aber gab ben oollftrecf baren ^orbe*
rangen ber Stoilgläubiger gegenüber fein SBoraugSredjt; bie ©oilgläubiger fonnten
ber SJefdjlagnarjme beitreten, unb ber 2luftion£erlö$ rourbe im SBege be£ $rio*
ritätSoerfatyrenS in ber (SrefutionSinftanj oettheilt, mobei bie ©elbfrrafen ben
Gioilfotberungcn nachftanben.
©an*, anber« geftaltet fidf) bie Sadje nach ber obigen SBorfchrift ber
9t 6t. $ro*. 0., meldte bie SJotfchtiften ber 91. <£. $roj. Ö. als majjgebenb
für bie «ouffrecTung ber ©elbftrafen (nnftellt. 9tacb ber 9t. G. $roj. 0. aber
(§. 709.) erwirbt ber ©laubiger bureb bie Sßfänbung im ßwangSooUftreefurtgSs
»erfahren ein 93 f anbrecht an bem gepfänbeten ©egenftanbe. &ie3 Sßfanbrecbt
gemährt bem ©laubiger im 9?erhältnifj ju anbern Gläubigern biefelben fechte,
roie ein burch Vertrag erworbenes ^auftpfanbreo^t, unb baS burcr) eine frühere
^ifänbung begrünbete $fanbte$t gebt bemjenigen oor, welches burch eine fpätere
^fänbung begtünbet roirb. Sei bem SertbeilungSoerfabren (§. 758. ff.) roirb
lebiglicb biefe Reihenfolge ber ^fänbungen berüetfiebtigt; für bie ©elbftrafe finb
fpejieUe 2lnorbnungen nicht gegeben, hiernach gebt ber ^iSfuS, welcher wegen
einer ©elbftrafe pfänbet, ben ^nbabetn oollftrecf barer gorberungen, welche
nachher biefelbe 6acbe pfänben, oor, unb es entfielt, wenn bie @toilgläubiger
nicht hierbei ober auf anbere Söeife ben betrag itjrer gorberung ganj erlangen,
bie oben bargelegte boppeltc 9tecbtSwibrigfeit. — 3)er ©runb biefer auffallenben
Abweichung oon ben Sßrinjipien ber früheren ©efefegebung unb ber 91. Äonf. 0.
roirb in ben 9)iotioen nicht aufgeflart. 2)iefelben befebränfen fia) bei §. 495.
auf bie Semerfung, bafe eS geboten crfd)eine, einer jum 3wecfe ber Beitreibung
einer ^ermögenSftrafc ober ^ußc oorgenommenen Stbpfänbung biefelbe üEBirtung
beizulegen, roie einer ^ßfanbung im @ioilpro^effe. $ie£ tann nach bem hier
ausgeführten nur in Setreff ber 8ufee unb ber Äoften, nicht aber in SBetreff
ber ©elbfttafe für richtig erachtet werben.
25) L 17. D. de jure fisci 49. 14. (Modestinas) In summa sciendum est, omnium ti«-
caüum poenarum petitionem creditoribus postponi.
26) §. 476. 9h. L L 50. a. ». O.; §. 84. 9hr. 1. Äont O.
27) §. 368. %b\. 3. «ont O.
28) §. 56. 9fr. 3.
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16 Beitrag pr 8djw oon Der (Mbftrafe.
§. 4. 3wangSoollftrecfung wegen einer ©elbftrafe gegen anbete
Sßerfonen als ben ©chulbigen.
A. ©egen haftbare $erfonen w ).
3n ber preufeifdejen ©trafgefefcgebung finbet fid) oielfad) bie SJorfchrift,
bafe für ©elbftrafen, ju benen $erfonen oerurtheilt werben, welche unter ber
©ewalt, ber Slufftdjt ober im £>ienft Ruberer freien, Sefetere im jjalle toes Un«
oermögenS ber ^Berurtheilten für haftbar ju erflären jtnb 80 ). SDicfc Haftung
ift ein SÄut beS (Sioilrcct/tS; ber ©laubiger ift im $alle beS UnoermögenS
beS ©chulbnerS berechtigt, feine öefriebtgung bei bera burch Vertrag ober ©.
fubftbtartfch Verpachteten 81 ) ju fuchen. Sei bei ©elbftrafe giebt es aber, wie
oben aufgeführt, weber einen ©laubiger noch einen ©chuumer. Ter ©taat,
welchem ein ftorberungSrecht QU f bie ©elbfrrafe nicht jufteht, ift oerpflichtet, bie
fubftituirte $reiheitSftrafe ju oollftrecfen, um bem ©chulbigen baS ihm gebührenbe
6trafübel jujufügen. 2Birb bie ©elbftrafe nicht gegen ben ©chulbigen, fonbern
gegen einen Slnbcrn ooüftrccft, fo wirb eine boppelte Stech tSwtbrigfeit begangen ;
ber ©chulbtge geht frei au«, unb Der UnfdnUbige leibet, $fi ein Slnberer
aufeer bem ^erurtheilten mitfchulbig, fo mu§ beffen Seftrafung prinjipaliter er-
folgen, nicht aber oon bem Unoermögen beS §auptoerurtheilten jur 3 tt &tonfl
ber ©elbftrafe abhängig gemacht werben.
SDte fubfibiäre Haftung für eine ©elbftrafe ift bat)er ein unbenfbareS
3techt«gebilbe; es müjfen bemgemäfe auch olle $erfuche fcheitern, fie juriftifch ju
fonftruiren, inSbefonberc feftjuftellen, ob fie als eine bebingte SBefteafung ober
als eine fubfibiäre ßioilfchulb beS haftbaren ansehen ift.
S)aS neuefte ber Inert] er gehörigen ©efefee, baS ftorftbiebftahlS*©. o.
15. Bpril 1878 (©. 6. 6. 222) beftimmt in §. IU
„$ür bie ©elbftrafe, ben äßerthSerfafe unb bie Soften, ju benen $er*
fönen oerurtheilt werben, welche unter ber ©ewalt, ber 2tuffid)t ober
im 3)ienft eines 2lnbern flehen unb §u beffen ^auSgenoffenfchaft ge*
bören, ift Sefcterer im galle beS UnoermögenS Der $erurtt)eilten für
haftbar ju erflären, unö *war unabhängig oon ber etwaigen ©träfe,
ia welcher er felbft auf ©runb biefeS ©efefceS ober beS §. 361.
mv. 9. ©t. ©. 8. oerurtheilt wirb.
$er §. 361. 9lr. 9. beS 6t. ©. beftraft benjemgen, welcher Äinber
ober anbere unter feiner ©ewalt ftchenbc ^erfonen, welche fetner 2luf ficht
unterworfen finb unb ju feiner §auSgenoffenfchaft gehören, oon ber 8eger)ung
beftimmter Vergehen abzuhalten unterlägt.
hiernach feheint bie haftbar feit rein rioilrechtlicher s Jtatur ju fein; benn
als ©träfe wäre fie unbenfbar, wenn ber betreffenbc für biefelbe Untcrlaffung
gleichseitig unb unabhängig baoon aus §.361. 9lx. 9. ©t. ©. $3. beftraft würbe,
©egen biefe cioilrechtliche Anficht fpricht jeboch ber zweite 9tbf. beS §. 11:
„SBirb feftgeftcllt, bog bie 2hat nicht mit feinem 28iffen oerübt ift,
ober bafe er fie nicht oerhinbern fonnte, fo wirb bie $aftbarfeit nicht
auSgefprochcn;"
ferner ber §. 12. bcffelben ®., nadt) welchem berjenige, welcher in ©emäfeheit
29) S)iefe 2ebre rft meine« SBifienS bisher twber in ben 2ebrbfld>ern bt« ©trafrecbtS, noch
monograjjbifcb bearbeitet toorben.
80) Diefe iBorfdjriften finben ein eigcntbümtidjeS «natogon im älteren römifeben (ronra-
lifeben) Wecbt, nacb welchem bie «Kenten bie «elbftrafen ibrer jablungäunfäbigen Patrone ent»
rifbten mußten. Dionys, öon Haliearnas« lib. 2. cap. 10: nv( di ntlämt tdtT, . . . .
u OTUxyiQouv ol nariqK x9^M" nat ' • • • tl/**«t öqköyntv fyuooias aqyvQtxoy ijovaas rifutpa
ix 1MV idiatf kvta9at xi>1 Liaju,y -
31) ©o läßt ba« A. m. unter Umftfinben ben ©ebottmaebtigten für ben bur* ein 8et^
feben be« $tad)tgebcr8 ennlanbenen 6cbaben fubfloiarifdj baften.
Beitrag aur &I>re uon ber ©elbfrrafe. 17
bes§. 11. haftet, äut3af>tottg ber ©elbftrafe unmittelbar oerurtheilt wirb, wenn
ber Ztyättx baS jwölfte fiebcnSjahr nod^ nicht ooDenbet fjat ober wegen Unju*
recb^ungSfähigjfeit ftraffrei bleibt 31 ).
9iach biefen ©eftimmungen, inSbefonbere nach ber beS §. 12., meldbe bie
prinzipale SSerurt^eilung ber nach §.11. haftbaren $erfonen oorfd^reibt r fdjeint
biefe ipaftbarfeit einen pönalen Gtjarafter ju (mben. 3n biefem ©imte fpridjt
Fia) auch ber treffliche Kommentar oon Detf cblaeger unb 93ernharbt M ) auS:
„$er gefe&geberifdje ©runb ber öaftbarfeit rufjt in ber SBermuthung
einer Äoraplicität beS ©ewalthaberS mit bem ^auptfcfmlbigen.
SDie £aftbarfeit ift als ©träfe aufouf äffen."
$)ann enthalten aber biefe Seftimmunaen, inSbefonbere bie beS §. 12.
einen offenbaren Söiberfpruch mit bem ©runbfaft „non bis in idera". 2)enn ba
naa) bem SBortlaut beS ®. bie Seftrafung aus §.12. ebenfo nrie bie ^aftbarleit
au& §. 11. unabhängig oon ber ©träfe auSjufpredjen ift, bie ben haftbaren
aus & 361. 9er. 9. St. ©. 8. trifft, — ba ferner bie #aftbarfeit aus §§. 11.
unb 12 be£ gorflbiebfiahlSgefefceS nur bann eintritt, wenn ber haftbare bie
3^at ni#t oerhinbern fonnte, — unb bie ©träfe beS §. 861. 9tr. 9. ©t. ©. 33.
benjenigen trifft, ber cS unterläßt, bie feiner ©cwalt unterworfenen ^erfonen
oon ber Segetjung berartiger ©traftbaten abju^ alten, — fo werben fner jwei
Dcrfa)iebene ©trafen für ein unb biefelbe, in einer Unterlaffung beftehenbe lieber*
ttetung oerljängt.
$a3 3agbpoli$eigcfe| oom 7. 2Jlärj 1850 (©. ©. ©. 165) bejtimmt
in & 19:
# „2öcr jur Begehung einer ^agbpolijei'llebertretung fia) feiner 2ln*
gehörigen, SDtenftboten, fiebrlinge ober Tagelöhner als $lieilnet)mer
ober ©ehülfen bebient, baftet, wenn biefe nicht zahlungsfähig fmb,
neben ber oon ihm felbft oerwirften ©träfe für bie oon benfelben
ju erlegenbcn ©elbftrafen unb ben ©chabenerfafc."
Sleljtilic^ baS ftifcheretgefeft oom 30. 3Jtai 1874 (©. ©. ©. 197.) §. 52.:
„2öer jur 93eaef)ung etner burdj biefcS @. mit ©träfe bebrofjten
Uebertretung ftd^ femer Stngehörigen, ©ienfiboten , Sehrlinge ober
Arbeiter als ifjcilneljmer beoient, baftet, wenn biefe mcj>t jahlungS*
fällig finb, neben ber oon ifjm fclbft oerwirften ©träfe für bie oon
benfelben 3U erlegenbcn ©elbftrafen."
$a biefe beiben ©efefce bie als haftbar bezeichneten ^erfonen noch aufcerbem
bic fonft oerwirften ©trafen erletben laffen unb Seftimmungen in ber Hrt beS
§. li. 3lbf. 2 unb §. 12. beS ftorftbicbftahtSgcfefeeS nicht enthalten, fo mufe bie
tfatur ber £aftbarfcit in biefen beiben ©efefcen als eine mefentlich cioile angefehen
werben.
S)te praftifdje Durchführung ber #aftbarfeit im ©trafoolljtrecfungSoer*
fahren ift in ber preufeifehen ©efefcgebung in feljr oerfdnebener 28eife georbnet.
3)aS bereits ermahnte gorftbiebfiahlSgefe^ befhmmt in §. 13.:
„Sin bie ©teile einer ©elbftrafe, welche wegen UnoermögenS beS
Serurthcilten unb beS für haftbar ©rflärten nicht beiaetrieoen wer-
ben fann, tritt OJcfängnifeftrafe. ©iefelbe fann oollftrecft werben,
olme bafe ber 35crfuch einer Beitreibung ber ©elbftrafe gegen ben
32) <Wid?t »öüifl äutreffenb ifl c8 f wenn S)alcfc, ©trafrccfjt unb ©traforojejj @. 506
iJtnm. 41 jagt: „SJorauflfctjung ber ^aftbarteit ift alfo biet (im §. 11.) bic SJerurttietlimg, unD
au$erbem tritt fte nur c»cntuctt ein, »äbrcnb fie im gfalle beS §. 12. für ben ^all ber iyrei*
\prcd)ung ctntriU unb eine prinji)>ate ift." yn §. 12. tritt Die ipaftbarteit ntebt nur für ben
Jali ter ^reifpreebung ein, fonbern audf für ben ftafl, bo§ gegen t>cn Später wegen ©trafun-
münbigteit gar nid)t »erfaßten »erben barf.
33) 5RoL 3. 3U §. 11.
«r*it> 188a 1. $eft- 2
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13 Seitrag jur St-tjrc oon bcr ©dbftrafe.
für haftbar @rflärten gemalt ift, fofern beffen 3af)lung$unfäf)igfeit
geric^tsfunbig ift" 34 ).
£iernaa) pngt oon bem sufäHigen Umftanbe, ob bcr haftbare Vermögen
l;at, ober nia)t, bic ©ntfdfjeibung barüber ab, ob bcr Sdjulbi^e bie oerbiente
Strafe leiben, ober aber frei ausgeben foü*. Srofcbcm ifi biete Siegelung ber
SJoHftredung oon allen bie §aftbarfeit anorbnenben Öefhmmungen bie am raeiften
facbgcmä&e.
SBäfjrenb näralid) ba£ ^ifdjereigcfefc unb baS Sagboolijeigefefe über bic
SÖollfrrccfung beim SBorbanbeniein haftbarer $erfonen aar (eine Sßorf Triften
enthalten, befttmmt bie ^elbpolijeiorbnung in §. 49. 2lbf. 2. golgenbeS:
„Äann bie ©elbbufee gegen ben etgentlia) Sa)ulbigen md)t oollfirerft
werben, fo fic^t bcr SBcl;örbc frei, naefy ibrem Gmneifen entroeber bic
©elbbufjc oon jenem fubfibiarifa) bafür oerpffia)teten ^erfonen ein*
jujie^cn, ober mit SBerjtajtung hierauf bic im $atte be£ UnoermögcnS
an bie ©teile bcr ©elbbu&e tretenbe ©cfängnifjftrafe ober ©trafarbeit
an bem 93erurtf)ctlten oollftrerfen ju laffen."
$icrnacb ift eS für ben ftaU beS UnoermögenS beS Sdjulbigen in baS
ßrmeffen ber StrafooUftrecrung£be()örbe geftellt, ben Sajulbigen bie oerbiente
Strafe erbutben, ober ihn frei ausgeben ju laffen, unb einen möglid&erwcife
ganj ttnfdjulbigen (bic gelbpolijeiorbnung ocrlangt jur Statuirung ber §aft*
barfett bie 9)iitfdmlb bc3 haftbaren md;t) bcr Strafe ju untertoerfen. GS ift
nidjt erftebtlid), meldte Momente bcuS ©efefc für geeignet eradjtet, um baS „@r*
meffen" ber #efjörbe nad) ber einen ober ber anbetn Stiftung cntfd)eiben ju laffen.
hiermit ift jebod) baS 3Jtafe ber ftcfjlgnffe, weld>e bie preufeifdje.. ®ef%
gebung in biefer sDJaterie begangen bat, nidu erfa)öpft.
$aS 3ollftrafgefefe oom 23. San. 1838 1 fa)reibt in §. 19. 3lbf. 2.
golgenbeS oor:
„Ser 3olloerwaltung bleibt in bem gaUeJ, wenn bic ©clbbufjc
oon bem 2lngefd;ulbigten nia)t beigetrieben werben fann, oorbcljalten,
bic ©elbbufje oon bem fubfibiartfq SSerfjaftetert einjujic^cn ober ftatt
beffen unb mit Seräidjtung hierauf bie im UnoermögenSfaHe an bie
Stelle bcr ©elbbufcc tretenbe $rcihcitsftrafe fogleia) an bem Inge*
fdntlbigtcn oollftrerfen ju laffen."
(Sbcnfo §. 3. beS ©. oom 21. Sept. 1860, betreffenb bic 2lbänberung
beS SBranntwctnftcuergcfcfceS oom 8. ^cbv. 1819, too bic Steueroerwaltung
biefclbc Stellung einnimmt, toie nad) ber obigen SBeftimmung beS 3°Uftrafgefe&e£
bie 3olfoerwaltung.
•Jtaa) beiben ®efefceSoorfd)riften roirb bie ^cfugntfe, welche nacb bem oben
angeführten Sßaragrapben ber ftelbpolijeiorbnung bcr StrafoollftrccfungSbcljörbc,
alfo einem jur SRealiftrung beS 9Ua)tS jur 2luSübung ber ftaatlid>en Straf*
gemalt mitberufenen Organe beS Staates pflegt, einer ginanjbeljörbc ein
geräumt, bie lebiglid) ben ^ntereffen beS ftiSfuS 3u bienen beftimmt ift. £)ic
oon bem möglicberroeife unfdjulbigcn S)rittcn ju jablenbc ©elbfrrafe unb bie oon
bem Sajulbigen ju oerbüfjenbe ^reibeitSftrafe werben l)ier als jtoei gleichwertige
s J)tobalitätcn ber Seiftung auf ein bem Staate juftebenbcä ^orberung«rccfjt be*
banbclt 35 ). SBä^renb aber bic ©elbfrrafe n>emgftcn3 äufeerlia) als eine foldf>c
Seiftung crfa)eint, fo ift bieä bei ber $reu)eit$ftrafe feineSmeaS ber ftafl. (£ö
burfte bal;er einer ^inonsoebörbe jene 6ntfo)cibung o^nc 2lufftcHung oon bc
fonbem 9iormatiobefttmraungcn fa)on bcS^alb nid^t übcrlaffen werben, roeil für
34) 9?id)t bewuttetcu ift bcr «nft^t von ©aide, ireLtcr a. a. O. Änm. 46. bem ge-
bauten fa^t: „®e()en bat $erurtt)eitten mug ber 93erfuA ber Veitreibutta. cjemadöt n>erbcn,
.K{icu ben haftbaren nia)t." s .1ud) qegen ben haftbaren mujj nad) bem SBortlaut bed §. 6. bcr
iBcitreibung*toerfud) jteti gemalt »erben, außer wenn feine ö a ^ u «aSunfab,tgteU notorif5) ifl-
36) lögt, bie in §. 1. be8 erften beitrage« befprodjene .frcin&c'fäe 2t)eorie.
Beitrag jut ?eb,re toon Der ©einträfe. 19
eine foldje $3er)örbe bic (Sntfdjeibung jwifd&en ber SBoUfrrccfung ber ©elbftrafe,
reelle bera ftisfus 93ortbeü, unb oer SoUfrrecfung ber $retbeitsftrafe, welche
ihm 9iad^t^eil bringt, ohne s Jtücfficht auf ben einzelnen %a\l von oornheretn ge-
geben ift.
2113 Stefultat biefer Erörterung mufj bemgemäfc ber Safc aufgefteüt werben,
bafc bic fubfibiarifche Haftung für ©elbftrafen überhaupt ju uerwerfen ift. 6ie
ift ebenfo wenig julafftg, wie bie fubfibiarifche Haftung bei greibeitsftrafen.
&uh ein prattifcheS Sebürfnife liegt bafür nicht cor; bie burchaus fachgemäße
Sefhmmung bes §. 361. 5Rr. 9. genügt pollfommen.
3n ehter Abbanblung über bie Vererbung reebtsfräftig erfannter (Mb*
faafen 36 ) erjählt 20 alt her folgenben SKecbtsfall. 211s in einem chtneftfcb»
frarQöfif^en Äriege bie fean^öfifc^e ©efanbtfchaft ben Sßeifjo ^inauffubr, würbe
ein frau$öfifcber 3Ratrofe uon einem (S^inefen ermorbet. 3)er aJtörber würbe
arretirt unb nun £obe oerurtheilt. S)a erfaßten bei bem ©efanbten eine 3)epu<
tatton au« bem £eünatbsborfe bes 6t)inefen unb [teilte if)tn einen alten 3Jcann
als 6tellrjertreter jum ©traftwUpge »or. $er SJerurt^eilte fei ein junger
2Rann, ber eine SRutter burch feine Arbeit ernähre, unb es werbe bem ®e*
lanbten wohl gleichgültig fein, ob ein alter ober ein junger SJtann hingerietet
werbe. @s würbe jebod) biefes Anerbieten ebenfo wie ein weiteres, jwei alte
Männer anflatt bes jungen jur Einrichtung ju ftellen, feiten« ber franjöfifdjen
©efanbtfchaft abgelegt.
9Jtit s Jtecbt wirb ber 6afc bes djmefifchen Rechts, beffen Anwenbung im
Dortiegenbcn $alle oerfud&t woröen war, — bie 3uläffigtcit ber ©telloertretung
bei ber ©trafooHftrecrung — feitens ber beutfajen @trafred)tslebre gemifjbilligt.
Stefclbe 3fttfebtUigung mufi aber mit bemfclben Stecht gegen bie fubfibtare Haftung
für ©elbftrafen gcridjtet werben.
$n ber ©efefcgebung fommt aufjer ber «Subftbtarhaft juweilen nodj eine
Soltbartjaft für ®elbftrafen oor. 6o beifct es in §. 23. bes ©efefces, betreffenb
bie ©eftcuerung bes ©ewerbebetriebess im Umherziehen, oom 3. 3uli 187G
(®. 6. 6. 287) §. 23.:
„SBirb feftgeftcüt, bafe bie in ben §§. 18—21. bezeichneten firaf baren
£anblungen im Auftrage unb für Rechnung einer anbern $erfon
ausgeübt fmb, fo ift gegen ben Auftraggeber auf bie gleite 6trafe,
wie gegen ben Beauftragten su erlernten, unb haften beibe folt*
bartfdj für bie ©trafbeträge, bie Äoften unb bie vorenthaltene
©teuer."
3)cr code p£nal läjjt im Art. 55. ganj allgemein ben $auptthäter unb
$chülfen folibarifch für bie oerwirfte ©elbftrafe haften.
®icfe 6olibarhaft ift eben fo ocrwerfHcb, wie bie Subfibtarhaft. 2>as
A Jlafc ber jebem $h^ n eh m er auftuerlegenben Strafe ift lebiglich nach feiner eigenen
Serfdhulbung, nicht aber nad; ber größeren ober geringeren 3ahlungsfätngfcit
ber anbern Sheünehmcr 3 U bemeffen.
Sehr treffenb fagt Diolan 37 ) in ber 93efprea)ung bes erwähnten
Art 55.:
„Rendre ces derniers (.ftauptthäter unb ©ef)ülfen) solidaires meine
quant au payement de Tarnende, pour un criminaliste, c'est abso-
lument comme si on les rendait solidaires meine quant ä la reclu-
sion ou ä remprisoimement prononces, de teile sorte que, quelques
uns s'ätant soustraits a ces peines, celui qui reste fut oblige de
les subir pour eux. Peine corporelle ou peine d'argent, d^8 qu'il
SS) ®txim\aa\ tion 1867 ©. 26a 3Jflt. ben folgtnDen «betritt.
37) Elements de droit penal. 4. Sluägabe öon »omtiet. $<m3 1875 »t). 2. 6. 190.
% 1584.
2«
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20 »citrag 3Ut ?ebrc öon bei ©etbfrrafc.
s'agit d'une peine, eile doit etre exelusivement proportionn6e a la
culpabilite* de chacuii, et par consequent personeile."
»
B. StrafooUfrrecfung gegen bie ®rben beö Serurtyeiltcn.
SBon bem Safte, bafe bie Strafe nur gegen ben Sd&ulbigen noHftrecft
werben barf, Ijat bie ©efefcgebung unb tfjeilwetfe audb, bie Sbcortc eine
weitere tenafyme fiatuirt, nämud) bie Vererbung redjtssfraftig erfannter
©elbftrafen.
S)ie römifdfje ©efefegebung fennt eine Vererbung von $ermögenSfirafcn
nur bei ber wegen $od0öerratt)3 (crimen majestatis) erfannten ©üterfonftö*
fation. 38 ) Jpier würbe ftc felbft für noaj ntdit ret^töfräftige 39 ), ja fogar ftlr
noa; ntd&t erfannte 40 ) Strafen uorgef daneben. 3)iefe Scftirnmungen tyaben in
ber befonbcrS ftrengen, »on unferer 2lnfdf)auung wefentlidj uerfdnebeneu 33eur*
Teilung i&ren ©runb, weld&e baS Strafredjt ber römifd&en Äatfcrjeit bem £ocf^
uerratf) *u SDjeil werben läßt. 4 ') Sei anbern Straftaten fajliefjt bog römifdje
Ärimtaalred&t bie SBererbltcr)fcit ber nod& ntdf)t erfannten 4 *), wie ber erfannten
Strafe 43 ) unbebingt au£.
2>a3 Sßrinjip ber Unoererbtid^feit aller Strafen ftnbct fidD femer im
fanonifd&en Siedet 44 ) unb im Sadftfenfptegel 45 ) auSgefprod&en, olme bafä für bie
©elbftrafen eine SUuSnaljme gemacht würbe.
SlnbcrS bie neueren beutfdfjen Sßartifulargcfcfcgebungcit. 3m 2Infa)lu& qu
bie Slnfid&t ber meiften gemeinrecf)tud(jen *praftifer 4,! ) laffen fte wofjl fämmtüd) 47 )
bie redjtSfräftig erfannte ©elbfrrafe auf bie (Srben übergeben.
3$nen fdljlofe fid) ber ©ntwurf eines Straf gefcjjbudfjeS für ben norb*
beutfdjjen 33unb in §. 27. an; bie betreffenbe 93efhmmung würbe im ^Rcic^Stagc
nadj einer eingef)cnben Debatte, 48 ) bei welker Ijauptf ablief) ber Sunbeäfommtffar
Dr. ftriebberg unb bie Slbgeorbneten SBagner (SUtenburg) unb u. $ennig
aU «ertfjeibiger, bie Stbgeorbneten Dr. SR et) er (3:r)orn) unb n. Sßuttfammer
38) L 20. D. de accu8ationibu8 ot inscriptionibns (48,?.).
39) 1. 3. C. 8i pondontc appcllationc mors intervencrit (7,66.).
40) 1. 11. V. ad legem Juliam mnjestatis (48,4.).
41) 3)icfc§ ©trafreebt läßt bei derartigen Skrbredjcn ber (ittern außer ber ©ütcrfonftSfatiou
aud) nod) anbere 9icd)t8nad)tbeilc für bie Ätnbcr entfkbcn, 3. bie Unfäbjgteit jum SJcnnögens^>
errcerb burd) (fcrbfcbaft (1. 5. §. 1. c 9,8.). hieraus gebt and) f)en>or, baß Die 35ermi5gcnS=
tonftetation nid)t auf (Bnmb ber rittilre<ötliti>en Snfdjauung t>on einer auf bie ©rben überge •
gangenen ©djulb an ben 2fi3tu§ »erbängt nmrbe, fonbern ' aus bem trintinalred)tud)en ©eftdVt««
S' untte ber «eftrafung ber Äinber für bie ©cbulb tyrer ttltcrn, tr-eldjer ftd) aud) im 2Kofaifd)cn
ledjt unb nod) im IL ?. fö. (§. 95. I. 20.) finbet
42) L IL D. 48,4. (Ülpiauus): „Is, qui iii reatu decedit, integri «talus decedit; extinguitur
enlm crimen mortalitate, nisi quis majestatis rcus fuit"
43) 1. 20. D. de poenis 48,19. (Paulus). Si poena olicui irroguhir, reeeptum est com-
menticio jure, nc ad heredes transeat, cujus rei illa ratio videtur, quod poena constituitur in
emeodationem hominum, quao mortuo eo, in quem constitui videtur, desinit.
44) Can 6. Caus 1. qu 4.: Crimen vel poena patcroa nullam maculam filiis intligero
poteat. Namque unuaquisque ex auo admisso sorti subjicitur, nec alioni crirainis successur
conBtituitur. 2Ründ>en, tan. 8trafred)t (ÄÖln, 1874) <g. 97.
45) II. 17. §. 1.: Die sone antwerdet vor den vader nicht; swenne he «tirft, avat so he
ungerichtea hevet gedan.
46) SBgl unten.
47) @o bie @trafgefc<?bü£ber von ©aiern 1813 «rt. 138., 18G1 «rt 91., Oftenburg 1814
«rt. 143., @ad)fen 1838 «rt. 14., »raunfAtr-eig 1835 §. 67., ö<mito»er 1840 «rt 87., iQt\\t\x -
SDarmftabt 1841 SCrt. 123., 9iaffau 1849 Slrt. 122., Thüringen 18CK) »rt. 68., Greußen 1851
§. 20., @äd)f. 8t. *roj. O- 1855 «rt 424.
48) @ten. »er. 0. 1870 ©. 201 ff.
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SBeitrag jur Sefjre »on ber ©elbfirafc. 21
(grau (labt) als ©erntet ber Vorlage auftraten, angenommen unb bemnäd&ft
juin ©efefc erhoben. 49 )
2>aS öfterrei<f)ifdje ©trafgefefcbudf) von 1852 enthält in §. 527. fotgenbe
jroeifelfwfte ©cfrtmmung:
„55er Xoo be$ ©d&ulbigen Ijebt alle UnterfudEjung auf, unb wenn
bereit« ein Urtbeil ergangen ift, audj alle Sßtrfung beffetben, aujjer
infofern baburdp auf Erfafc ober Entfd&äbigung erfannt roorben."
tiefer $"ßaragrapb ift oon einzelnen ©df)riftfteü'ern so ) $u ©unften ber Un*
Dcrcrblid^feit re$tSfräfttg erfannter ©elbflrafen ausgelegt, amtli<$ jebodj im
enigegcngefc&ten 6inne interpretirt roorben. ©ine Verfügung beS ^u|h>
nrnnftcriumS com 3. Slpril 1859 5I ) fprid(jt fi$ barüber folgenbermafeen au£:
„Ueber entftanbene «Sroeifel ro* 1 * 0 * n 5°^9 e Sltler^öd^fler Entfa)lie&ung
oom 30. 9J?är$ 1859 in Erläuterung ber befieljenben ©efe§e erflärt,
bafe alle, . foroofcl in bem allgemeinen ©trafgefefcbudf)e als tn anbern
©efefcen oerbängten ©elb* unb übrigen 33ermbgenSflrafen auf bie
Erben bcS ^erurtbctlten übergeben, roenn ber %ob bc£ fieberen
erft nad) eingetretener 9ted&t£fraft be£ ©traferfcnntniffeS erfolgt."
$er franjöfifAe Code pönal fdjroetgt M ); ebenfo ber neue englifdEjc
(rntrourf. S)er belaif dfje Code penal fd&liejjt bie Vererbung rcdfjtsfräftig erfannter
©clbftrafen auSbrüchia) aus bagegen haben Defterrcicr) unb Italien nad&
racbrfndfjem ©d&toanfen in ben meine« SBiffenS neueften Entwürfen bie Sßererbung
beibehalten. M )
$n fepr oerfajiebcner 2Seife I;at man ocrfudfjt, bie Vererbung recbtSfräfri«.
erfannter ©elbfrrafcn ju redjtferttgcn.
3iUefiuS w ) behauptet, bie ©traffumme gebe fdfjon mit bem Urtbeil in
baS Eigentum bcS ftiSfuS über. 2)iefc 2luffaffung ift aber audfi cioilifiifd") un*
haltbar. 2)aS Eigentum einer inbioibucU beftimmten ©adje fann, roie bei ber
ßonfi&fation einzelner ©egenftänbc, bureb Urtfjeil bem ©a^ulbtgen endogen unb
bem RiSfuS erworben roerben; bei einer ©clbfumme ifl bieö unmögUqS, weil
eine jold)e oor ber roirflid&en B^lung nodlj nia)t als eine beS Eigentums fähige
eaa)c inbioibuolifirt ift.
Eine äbnlicbc, aber oorftdfjtiger gefaxte Argumentation braute ber 2lb*
georbnete oon ,§cnnig in ber oben ermähnten 9tcidf)StagSocrb«nblung oor. 3)ic
(Srben beS SBerurtbeilten, fagte er, bitten gar fein 3lnrea^t mebr auf ben burdfj
bie Strafe oenoirften SßermögcnSbeftanbtbetl. 2tber auä; bie« ift nitbt fttd^baltig.
35ie Erben haben ein 2lnrcd)t auf ben ©traf betrag ebenfo roie auf jeben anbern
%il beS 9ta$laffeS. 2>er ©trafbetrag roirb Urnen allerbtngS aueb bann ent*
49) 8. 30. 3n ben 9?ad)lap lann eine ©cttflrafe nur bann eoUfiretft werben, wenn baS
Urtbeil bei «breiten be3 Serurtödltcn reebtölräftig geworben ift.
50) ©o ®eöer in biefem Ärcbit» 55b. 13. 161—163.; in Sejug auf ben wefentlicb
3le^(autcnben §. 271. Xb. n. beö ©t ®. ». »on 1H03. @cari in ber 3tf*r. f. Öflr. «cdjtS-
^lefirfamfeit (18.m) II. ©. 247. fßiniwartcr Äommentar UI. ©. 32. fterbf* ^anbbueb
». S. 269.
51) Defrr. 9J. ®. »I. 9ir. 52.
52) Jebodj i>at fi£b nad) ber Angabe »on ^tie (trait^ d'instruction criminelle DDL ©. 515)
ber $arifcr ÄaffarionStjof jictä gegen bie Sererblidjteit auägefbrodjen.
53) Ärt 86. Les peines prononc^e« pnr des arreu ou jugementa doventu irrcvocable»
s'öteigncnt par la mort du condamnö.
54) ®er Öflcneia)ifd)c Entwurf ben 1863 folgte ber bcrrfd)enben «nficb.t; ber toon 1867
fctrloB bie »ererbung auö; ber neuefte ^at bicfclbc in &. 29. wieber aufgenommen. 2>er italienifc&c
<httttnrf »on 1867* fdjticb ben Uebergang auf bie (rrben »or; auf ben Xabet mehrerer Ärimi-
naliften, namentlicb »on (Sarrara, ließ ber (Entwurf »on 1869 biefe 3Befiünmunq fallen: ber
wm 1874 bat fie in Brt. 103. wieber aufgenommen, unb *war, wie bie 9Jiori»e @. 97 anbeuten,
befonberS mit «üeffiebt auf bie glcicbe »brfd)rift beS beutfdjen 9t. ©t ®. ».
55) a. a. O. ©. 158.
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22 Seürag jur £et>« bon ber Oklbjttafe.
Bogen, roenn ba« UttfjeU bei fiebjeiten beS ©rblafferS ooUftretft roirb; in biefem
tfalle ifi abet bic (tntjiehung eine bloße Steflerroirfung ber gegen ben
Schulbigcn erfolgten Strafe oilftrecfung.
$)erfelbe ©ebanfe, ben ber Slbgeorbnete oon £ennig im Reichstage xum
2luSbrucf braute, mag auch einem ber angefefyenften Strafred)tSlehrer ber 9ceu*
seit, Äöftltn, oorgefchroebt haben, als er in feinem Softem beS StrafredhtS M )
(ich boljtn auSfprach, baß bie Strafe als noch bei Scbjciten beS Schulbigen ooll*
ftretft gebaut werben muffe. %n ber oorliegcnben gorm erfcheint baS Argument
aber burchauS oerfetjlt; roenn bie Vollftrecfung als bereits gegen ben Schulbigen
gesellen fingirt roirb, fo fann fic nicht noch einmal gegen beffen (Srben ooH*
fireeft roerben.
®ie meiften Vertheibiger ber Vererbung rechtfertigen biefelbe burch bie
Vchauptung, baß bic ©clbftrafe burd) baS Urteil fich in eine ©elbfchulb oer
roanblc, bic auf bem Vermögen bcS Uebcltl)äterS lafte.
So fagt 3lbccjg s7 )r bic Unmöglidtfeit ber Vollftrecfung eines X^eilS ber
Strafe rocgen $ob lunbere nicht bic (Mtenbmachung bcS übrigen Xtyitä bc5
Urteils, 5. V. in Anfehung ber VermögenSfirafen, roclche als Saften bcS 33er*
mögens oon ben (Srben getragen roerben müffen.
gtroaS abroeid&enb äußert ftd) Beuerbach roeld&er roemgflenS in ber
ormulirung ben G&araftcr ber ©clbftrafe als einer öffentlich rechtlichen Strafe
fyuhaltcn fudjt, baljin, baß bic Strafe auf bem Vermögen bcS UcbclthäterS als
öffentliche Sd&ulb lafte.
Ausführlicher §aeberlin M ).
„SDurd; ben £ob erlifcht baS Verbrechen, roenigftcnS inforoeit eS $urü<f-
roirfen fönnte, b. h- & roirb baburch bie Strafbarfeit getilgt, weil
ber jenige, ber allein ftrafbar, bem irbifdjen dichter entjogen i(t; bahet
hebt ber £ob bcS Verbrechers jebe, fclbft bic bereits erfanntc Strafe
auf, forocit fic gegen bic $erfon gerichtet ift. 2lnbcrS bei ben Ver*
mögenSfirafcn. SDiefc finben auch felbft nach bem Stobc bcS Verbrechers
noch einen ©egenftanb ber ©refution in beffen Vermögen, ba baffclbc
auf bie Grbcn nur de dueto acre alieno übergeht. 3 U c * nct au f
bem Vermögen h<iftcnbcn Schulb roirb aber bie ©elbftrafe in bem
3lugcnblicf, in roelchem baS biefelbe auSfprechenbc ßrfenntniß rechts*
fräftia,, b. h- uollftrecfbar roirb. hieraus folgt, baß bie bereits bei
£ebjetten bcS Verbrechers rechtzeitig erfannten nicht altcrnatioen
©clbftrafen oon beffen erben aus feinem Nachlaß getragen roerben
muffen."
^cimlich Vcrncr 60 ).
„$aS redjtSfräftige Urtheil (jat biefe ©clbflrafen fdron bei Sebjcitcn
bcS Verbrechers auSgcfprodjcn unb fic bamit 5U einer (Mbfdjulb 6I )
gemacht, bic auf bem Vermögen beS Verbrechers laftet."
$ie Vejcidjnung ber ©elbfirafc als einer ©elbfchulb finbet ftd) auch " l
Den SHottoen $u § 27 beS ßntrourfs eines St. ©. V. für ben norbbcutfdjen Vunb:
„Gine ©clbfdmlb, bic aus einem Vcrbrcdjen (!) entftanben ijt, barf
uor anbern ©clbfchulbcn nicht prioilcgirt fein.''
5G) §. 126. 0, 475.
57) i'cljrlmd) §. 175.
58) ücfitbüd) 14. «ufl. §. 139.
59) tÄrunbfäfoc SBD- I. Q. 181.
<?o) ©traft. 10. «ufl. ©. 310. (tfatfo in ber Äritit beS Worbb. ©traf«,, entw. ©. 15.
Gl) ^it ben ftüljcren «ufl. (tot ber 5.) fteltf ftott „®elbf*ulb" baö' bur* qefpenten
Erucf l)«roorfl€tfobcne SBort „ISicUfdjulb".
Beitrag anr Se^te toon ber Gfctbfrrafe. 23
3m 3lnfd>luf? an bie ©erner'fdje ftormulirung erflärte bcr SBunbeS*
fornraiffat Dr. griebberg in bcr ermähnten 9teiä>8tag3»erf)anblung, „bic (£rben
Ijätten nur bic folgen baoon ju tragen, bafj iljr (Srblaffer ttjnen ben -Jiadjlafj
mit biefer Sdmlb belaftet fjabe." Zloty ftärfer mürbe ber angebitdj cimlifttfd£>e
(ibarafter ber ©elbfrrafe in jener 33er^anblung non bem 5lbgeorbneten Söogner
(2ltenburg) betont, meld&er e8 für ben ©runbgebanfen ber ©elbfrrafe erad)tet,
bafc bem SJeftraften eine iljn emnfinblidj treffenbe Git>tlfd)ulbüerbtnbltd)fett
auferlegt werbe; bie ©elbftrafe muffe b<u)er nadj cioilen 9tücfftcf)ten befjanbett
verben.
3>er ©ebanfengang &aeb er UnS finbet ftä), jebod^ in etgentljümltdjer
?ointirung, in ben 3Jiotn>en ju bem italientfd)en Strafgefe|bu$*@ntrourf
D«m 1874 roteber. 6$ Reifet bort: a )
„E questione molto dibattuta tra gli scrittori di cose penali, se per
la morte del condannato estinte anche le pene pecuniarie pronun-
ziate con sentenze divenute irrevocabili prima che il condannato
cessasse di vivere. Vogliono alcuni ß3 ), che, morto il colpevole, piü,
non si posso agire sopra i suoi beni contro gli eredi tra gli pel paga-
mento delle pene pecuniarie, perche „poena non excedit personam,"
e la persona colpita della pena non e piü. Ma altri pensano, che
sia da distinguere tra le pene afflittive, che veramente sono
personali, perche colpiscono la persona del condannato, e le pene
pecuniarie, che cadono snl di lui patriraonio e costituis-
cono una passivitä dal momento, in cui la condanna c
divenutaesecutoria, ne puö dipendere dalla niaggiore 0 miniore
sollecitudine degli agenti de fisco nel promoverae la riscossione, il
far si che la pena venga 0 non soddisfata."
SMefe @intf>eiluna ber Strafen in affliftioe (ober uerf online) unb
pef uniatre ift jebod) unhaltbar. 2)enn affliftio, baS fjetfet ber $erfon beS $t>äterS
cm Uebel jufugenb, finb alle Strafen Untern 3me(f na $; al5 pefuniair ift
eine befrimmte Strt oon Strafen nadj bem ÜJiittel ju bejetclmen, bura) melc&eö
jener Qmtd Der UebelSjufügung realifirt rairb.
Sitte l)ter mitgeteilten Ausführungen miberlegen fidr> burd) bie Sbatfadje,
bafc bie ©elbfrrafen roeber oor nod& nad) ber 9fted)t3fraft beS Urteils ©elbfdmlben
nnb unb bafjer aud) ntdjt auf bem Vermögen beS UebeltljäterS laften fönnen.
25ie ©elbfrrafe foU ni$t baS Vermögen beS tlebeltbäterS aU foläjeS, fonbern
feine $erfon' treffen, fomeit fie Subjeft non 2$ermögen3red)ten ift,
baS Vermögen alfo nur infomeit, als burd) bie «ermtnberung beS
Vermögen« bie ^erfon beS <©df)ulbigcn getroffen wirb.
HRerfiuürbig ift cS, bafj fomo&l SBerncr M ) als bic Sftottne beS ttalienifdjcn
ßntmurfS auf bie lanbeSljerrlidfe ©nabe nerroeifen, „che e una delle piü belle
prero^ative della Reale corona'% welche burd) (Srlafj bie in jener Scftimmung
für bic erben liegenbe $ärte befeitigen fönnc. SMefe ^erroeifuna erfdjeint un=
juläffta.. S5enn im ©nabenmege fann ber £anbeSl)err rool)l Strafen, nidfjl aber,
roaS bicr oorlicgen mürbe, ©elbforberungcn bcS fttätuä erlaffen.
SDer Vertreter ber cljcmaligen preufeifä^cn ©cneral*Staat3anroaltfd)aft
fprad) fia) in bet oben §. 2. ermähnten 2lnflagefa(^c mtber SKartin ba^in aus,
bttfe bie $ererblid)feit rec^tSfräftig erfanntcr ©elbftrafen nur eine mit 9tü(fftd)t
auf bie frühere 53cr;anblung ber ©elbfrrafe unb au« 3mccfmaBigfeitSgrünben
62» 3U 8rt 193 @. 96.
63) ßiermtt tft «titct Slnbcren Sarrara gemeint 8gl %nm. 54.
64) Ärittt teä Cntautfö eines @tr. ®. 33! für tat nottfccutf*en »unb @. 15.
24 Beitrag jur Sc^rc öon ter ©dtflrafe.
gemalte 2lu$nal)me uon ber SRegcl fei, bafj ©elbftrafen roic alle anbete Strafen
nur ben 6d>ulbigen treffen bürfen. — $)icS fann jebodj alä ridjtig niä)t anerfannt
roerben. ES gibt feinen ^rocdmäfeigfeitSgrunb, roeldjer für bie Vererbung ber
®clbftrafe fpräetje; oielmetyr fpredjen erf)eblid)e 3roerfmäj3igteitggrünbe bagegen,
inäbefonbere bie Sa)roierigfcit bei* prafitifd)en S)urd)fül)rung, bie nod) fdjärfer
Ijeroortreten mürbe, roenn ntd&t bie Slnrocnbunggfälle bc£ §. 30. in ber SjkarüS
fcljr feiten mären. Sie Ermittelung ber Erben unb geftftellung be$ SfaufclaffeS
ift fcäufig fa)on bann fdjroterig, roenn bie betreffenbe Xljätigfctt tu ^ntereffe ber
Erben erfolgt unb non biefen untcrftüfct roirb, — bei ber 9Jad)la§rcguUrung;
um roie mci mcljr muß bicS Jjicr ber fiall fein, rao bie Erben bie % fyätigfeit bc3
®eri$t3 aegen fict> gerietet fcf)cn unb il;r bafjer alle möglichen giifbeatiffe in
ben 2öeg legen roerben.
Unter ben $f)eorctifem gehörte früher bie 9)le^rjal;l ju ben 2ln^ängern
ber Vererbung; in neuefter 3 e *t überroiegen jebod) bie ©cgner bcrfclben.
SDic Vererbung nerü)eibtgen unter 2(nberen % ab er"), Earpsoo 6 *) (biefc
beiben ©djriftftellcr laffen ben Uebergang auf bie Erben fd)on bann erfolgen,
roenn bie Unterfudjung gegen ben So5ulbigen $u beffen Scbjcitcn eröffnet roar),
aJUoiuÄ 67 ), &arpprea)t w ), Gocccji 69 ), tfoa) 70 ). Äeincr oon biefen 6a;rift*
ftcUcrn f>at oerfudjt, feine 2lnfid)t nd^er ju begrünben unb fid) mit ben roiber*
fpredjenben IßanbeftenfteUen aus cinanber ju fefoen. %üx bie SBererbliajfcit
ferner 3Ulcjiu3, beffen 23egrüubung oben gcroürbigt roorben ift.
93on fpäteren Strafredjtälebrern oert^etbigen bie Vererbung Stbega,
^aeberlin, $euerbadj, Äoeftltn, Serner (bie 3Slnfia)ten biefer ©djrift*
fteller fmb oben befproajen), ferner olme nähere 33egrünbung tflcin 71 ),
ü. iQuifiorp Martin"), 2Böa)tcr M ), &effter"), £aclfd)ner 76 )
unb §8 au er").
Unter ben neueren Eiutlificn fpridjt fid> ju ©unften ber Vererbung
f)auptfäd)lidj Wernburg 78 ) au£. 3)ie Selwupturtg bicfeS (SdjriftftelleriS, bie
33ererblicf>feit ber ©clbftrafen berulje barauf, bafe burd) ba£ Urtljeil ber 9lnfprud>
eine neue ©runblagc erhalte, ift nia)t oerftänblia). SBcnn überhaupt bie ©elb-
ftrafc al5 ein 2(nfprud) bcS giSfuä dwraftertfirt roirb, fo fann biefer Slnfprud)
bod) erft burd) baS Urteil entfielen.
3115 ©egner ber Vererbung roirb aus bem nötigen 3«l)ri)unbert ange*
füfyrt Joachim Andreas Munter, de parentum poenis in liberos non exten-
dendis, Lugd. Bat. 1779. Stefe Sdjrift ift mir nidjt äugängltdj geroefen. 3"
ben ©egnem ber Vererbung gehören ferner Zi ttmann 79 ), 3aa)a*
65) cod. def. lib. 9. tit. 2. def. 5. Mr. 3. tit. 10. dcf. 2. 9fr. 1.
66) Jur. for. Paris 4. coust. 42. def. 12.
67) Decis. Wismar. Paris 5. Decis 392.
68) Cons 48. 9hf. 65.
69) De obligat. Iiercd. cxdcliilo defunttorum soct. 4. §. 50.
70) Instit. jur. crim. § 80.
71) ^ruutfdyc Cc« ptOÜ. Wccfttö §. 179
7-J %khxl )Hvbt »t. 1. e. 167.
73) Jet>rf>. §. 99.
74 Vcbtb. Le. 276.
7;Y i'cbrb. ?j. 192; tiefer €»d)riftft«Ocr giebt aii, taß feine anft^t aud) in ter flemeiurcdji
ltdien k Pravi'3 tie iicrrfd:onte aewefen fei.
7H) ^reuf;. itra«'r. St. 2. §. 151.
77) Ücbrtui* 135.
78) ^reuß. -i*nv. ÜH. »t. I. ®. 254 not. 11.
79) ettafr. <ij. 60.
«etaag jut Vtiftt »on ber (»elbfttafe. 25
riae 80 ), 9tif<$ 81 ), 2Baltf)er 82 ), Sd&ü|e 83 ), ficinfce 84 ), ftriebrt<ij SRener 86 ),
ber frühere Slbgeorbnete aßet) er* $f)o ttt, hinbin g w ), &ugo 9)tener 87 ),
Stoofe -*), oon öuri* 9 ); oon öftteidjifdjen 6trafredf)t£lel)rern Scari, SBinni»
roarter, &erbft, ®eoer (über biefe oter jtef)e oben); oon franjofif^cn
^elte 90 ); oon belgifdf)cn 9t«peU 91 ); oon italieniftijen Garrara 93 ), roeldjer
m au<$ in ber ermahnten beutfdjen 9tei<$Stag«oerf)anblung erroetynte 2)loment
geltenb tnad&t, bafe e$ ber ©ered)ti<jfeit offenbar roiberfpredfje, bie ßrben barunter
leiben §u laffen, bafc beim 2$oruegen oon Strafminberung3grünben auf eine
©«loftrafe anftatt ber ebenfalls juläfftgen $reü)ett3ftrafe erfannt werbe.
ÜJon Gnuliften oertf)eibigen bie Unoererblid)!eit fjauptf äd<d) oon Sa*
oign» 93 ) unb tfoeppen 94 ).
§. 5. fiegi^latorif^e Jßorfd&läge.
SMe ©ebanfen biefeS peilen Beitrages bürften fidf) legtölatorifcij etwa
burd) bie nadjfolgenbcn gcfefclid)cn Seftimmungen roiebergeben laffen.
A. SRooeße 3um s Jteid)$frrafgcfct$bud().
$ie §§. 30. unb 361. 0lr. 9 be« föcidjaftrafgefcfebud&cS in ber burdf) bie
Öefe&e oom 15. 2Hat 1871, 10. Sccembcr 1871 unb 2(5. Februar 1876 feftgo
feilten f^affunö roerben burd(j nacfjfteljenbe, ben bisherigen 3tff erjagen ent*
fpred&enoe iöefttmmungen erfefct.
§. 30. 3n ben 9iad)lafj bcS 3krurtl)eilten bürfen ®elbffrafen niajt ooU*
ftredt roerben.
§. 361. 9lr. 9. 23er Äinber ober anbere unter feiner ©croalt fte^enbc
Jerfoncn, roeldf)e feiner 2luffia)t untergeben ftnb unb ju fetner &au$genoffen*
fa)aft gefjören, oon ber Scgefjung oon 2)tcbftäf)len, foioic oon ber $egef)ung
fhrafbarcr Verlegungen ber 3oll* ober 6teuergcfefce, ober ber ®. pm Sd)u|jc
ber £orfien, ber ftelbfrüdjte, ber Qagb ober ber $tfd&erei abgalten unterläßt.
$>ic Vorfd&riftcn biefer ©cfcjjc über bie ^nftbarfeit für bie ben Sljätcr
treffenben ©elbftrafen roerben aufgehoben. — $te ^Borfc^riften berfelben ®efcfce
über bie £aftbarfcit für bie ben tljäter treffenben anbern ©clbleiflungen roerben
l)ierburd) nid&t berührt.
B. s ^ooeHe jur atetdfjSftrafproccfjorbnung.
55er §. 495 ber ^ei^Sfrrafprojefeorbnung rotrb baljin abgeänbert:
©ine re$t£rräfttg erfannte (Mbfrrafe fann freiroillig, jebod& nur burd)
ben SScrurtheilten perfönlidfj ge$af)lt roerben. 2Birb ein Setrag gejault, roeldfocr
nid&t auSreidjt, um ©elbftrafe, Äoften unb ben etroa erfannten 3Sertf)£erfafe
aleidfoeitig $u beden, fo rotrb bie geleiflete 3aljlung $unäd)fi auf ben SBertteer'
)a$, bann auf bie Soften unb erft in iefctcr 9*eif)c auf bie ©elbfrrafe oerred^net.
80) *r$ UeS Srim. >R. 1853. ©. 398 ff.
81) 3n Soümann Wifdj Äomm. 3. batr. ©t. ®- 33- I. 8- 844 f.
82) CfcricfctSfaat 1867 0. 268 ff.
83) ©traft. 2. «ufl. §. 75. noi. 63.
84) 0. §oH5cntorff'§ §antb. S3b. II. 8. 591 f.
85) Äomm. 5. SR. ©t. ©. 3. 38.
86) Äritit bc3 ueuepen öftmeidjif^cu ©t. ©. 39. (Sntro. in @rünb,utä 3eitfd)rift »b. 2.
1875 ©. 710 f.
87) ©trafr. 2. Äufl. ©• 278.
88) 3" obtn angeführten ©4rift ©. 14 ff.
89) ©eritftSfaal 1878 ©. 241 ff.
90) Trait^ d'instruction criminelle. 8b. 3. ©. 512.
91) Le cod<< pönal intorpr^tC-, BruxeUea 1868 ©. 194 f.
92) 3n feiner ftriti! bc« italicnifäen ©t. 39. Gnt». »on 1865 ©. 45 f.
93) ©üftem. »b. 5. ©. 49.
94) Grbrecfet ©. 180.
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26 »«trag jut M)xt öon fccr »etblftafc.
©tfolgt innetfwlb jtoeiet SSodjen oon bet 9ted)tÄftaft be3 (Stf. ab feine
ftehoiUige 3<*&tong, fo tritt jroang&oeife SoUftrecfung ein. 2He SoHftrecfung
barf nur in ba£ bem SBerurtljeilten gehörige baare ©eib erfolgen. $ie Äoflen*
forbetung beS ftiSfuS, forote alle anbem gleichzeitig mit ber ©elbfrtafe beiju»
treibenben ftotberungen geljen hierbei ber ©etbffrafe oor.
Äann bie ©elbftrafe niäjt beigetrieben werben, fo ift bie im (Sxf. fubfti*
tuirte grei(>eit$ftrafe in ©emä^eit bec §§. 487 — 494. ju oollftrecfen. $i8 jum
Strafantritt fann ber SSetuttfjeUte butd) 3af)lung ber ©elbjftafe bie Mftreäung
bet gfteujeitäfttafe abroenben.
@in Straf auffdjub bei ©elbfrrafen, foioie eine Setoittigung oon Xtjeü*
jaljlungen auf biefelbcn batf nut im ©nabenroege erfolgen.
2)ie SSoHfrredung ber Strafurüjeile, foroeit in benfelben auf eine anbere
iöermögcnj&ftrafc , eine Jöu&e obet auf 2öettl)£etfafc etfannt ift, foroie bie (Sin*
äiefjuna bet ßoften etfolgt nad) ben Sorfdjriften über bie SJoHftrecfung bet
Uttyeue bet (SioÜgetidjte.
leutfdjc* itrafredjt.
tvrfcnnf niffc ttS 9lcidj*gcrid)tö.
§. 328. @t. <B. B. §. 74. <B. ». 25. 3uni 1875. Die Uebergabe ber
an einen auswärtigen, bie verbotene 2Jusftu)rung aus bem @perrbe3irf
beabfufjtigenben fiäufer, »erfauften Ct^iece ifl nld)t als £r>äterfd)aft,
fonbern nur ab 2Ttittt?aterfö)aft, Qtnfiiflung ober imtyilfe bes §. 328.
@t <B. B. (Vergeben gegen öperrmafcregcln bei üiefyfeud)en) \u bejhafen.
(Eine „wfffentlid)e u Eerlefcung bes Jlusfufyroerbots ift nid)t »or-
(janben, wenn ber Iljätcr irrttyümlid), mag aud) immerhin ber 3rrtfyum
ein unentfd)ulbbarer fein, angenommen fyat, burd) feine f?aublungen
nid)t gegen bic polisetgefefcc 3U r»crflo|cn.
§u|länbige Beerbe 3ur Qlnorbnung r»on 6d)ut$ma£regeln gegen
ble t)lef;feud)en ifl in preufien nia)t nur bie Canbespo^eibetjörbe,
fonbern aud) bie <Drt8poli3eibet}örbe.
Ott. be£ n. ©troffen. 00m 21. Oft. 1879 c/a. Änop, burd) meld)e3 ba«
ßtf. II. 3fnft. üetmd)tet worben ifl.
§. 223. a. bes @t. <B. B. <£s pnbet feine fiompenfation 3mifd)en ber
nad) §. 223. a. 6t <B. B. jlrafbaren fiörpen>erlet$ung mit gefährlichen
U3erf3eugen unb ber aus §. 223. »erfolgbaren letzten Äörperuer-
lefcung (tatt.
(Stf. beS I. ©traffenatä v. 23. Oft. 1879 c/a. Sofjcmn tö#u, 2lcferbürger,
unb bic 6d)nctbermetfter ÄebjiennnSfVfdjcn (Seeleute, burd) weläje$ bic % 93.
ber angesagten jurüefgewiefen ift.
© r ü n b e.
§. 232. be£ ©t. ®. 33. beäeid)net als leiste flörperocrle&ungen, bejügUd)
bereit ein ©trafantrag jur Verfolgung erforberlid) erfd)emt, nur biejenigen bc£
§. 223. be3 ©t. @. », unb ifl eS m<$t erfiä)tlid), bafj biefer in §. 233. wieber*
fefjrenbe ^Begriff f)ler ein anberer fein fofle. $8on §. 223. aber ifl burd) ba£
®. 00m 26. gebr. 1876 bie $örpen>erlefcung be£ §. 223. a. wegen u)rer größeren
fubjefttDcn unb objeftioen ©efätyrlidjfeü ejinürt worben, unb eS mufi barum
anaenomnten werben, bafe fte fnermit aud) bem SlnwenbungSgebiet ber §§. 232.
unb 233. bes ©t. ©. entjogen worben fei.
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28
3>eutfd)e§ Sttafrectit ©rtcnntnifje fceö Sftcid^Sgcric^tö.
§§. 29. uno 30. bes Braufkuer-ß. vom 31. JTlai 1872. Kct^tebcgriff
ber Braufteueroefrauöation. — Begriff 6es „oorgefunbenen Bräu-
nt al3ftr;rote u in §. 29. be* Braufteucr-05.
ßrf. beS L Straffen, o. 27. Oft. 1879 c/a. SB., burd) meines baS Gr*
fenntnifj II. Snfiatij oernidtjtctt toorben ift.
3)aS ÄreiSgeridjt ju SBrieg t)at ben roegen 40 Sfraufteuerbefraubationcn
mit einer ber ©efammiquantität entfpredbenben Strafe oon 232 üJlt. belegt, baS
2lppeflationSgericr;t ju ^Breslau bagegen bic Strafe auf 1200 SRI. erf)öf)t, inbem
es auf ®runb beS §. 30. beS ®. com 31. SJtai 1872 unb ber ^rinjiuien über
3lealfonFurrcm jebcS ©ebräu als für fidj bcftcfjcnbcn 2)efraubationSfaH eradjtctc.
S)er 2lngefdmibigte legte hiergegen baS SRecfjtSmittel ber 9t. SB. ein, unb würbe
bemjufolge baS ätocitinftatiälidtjc Grfenntnifj oermd&tet.
fälle für r-orliegenb erflärt, im s Jted)tSbegriffc ber $cfraubation, wie er bem
§. 30. cit. $u ©runbc liegt.
2)cr S)cfraubation maajt fid) nadj §. 27. fd&ulbtg, roer bic im §. 1. bc*
üeidjnctcu Stoffe sunt brauen oertoenbet, ofjne bie gefetjlidje Slnmelbung jur
(Entrichtung ber 23raufteuer beroirft ju fmben. liefen Sfmtbeftanb Ijatte baS
ftefolut ber Steuerbcf)örbc in 48 in bie^eit oom l.^an. bis «um 26. 3tug. 1878
fallcnben üttalen für erroiefen cradjtct unb baneben, bafj am 28. 2lug. bei einer
oorgenommenen SHeoifion ber ^Brauerei an einem nid&t beflarirtcn Orte 50 üjfunb
©erftenmaljfa^rot, alfo eine Quantität oorgefunben fei, welche bic juläffige
Spenge um merjr als 10 ü „ beS für biefen Sag bcflarirten 3}orratl)S überftieg.
£)ie ©eridjtc Ijabcn aber eine anbere SeftfteUuug gemadjt, nicr)t ben §. 27.,
fonbem ben §. 29. Safc 1. für übertreten angenommen. %üx biefc 2lnnal)mc
feljlt aber bie gefefelidje ©runblage. 2>cr Scblufjfeftftellung oon minbeftcnS 40
SDefraubationen ift ju ©runbc gelegt bie tljatfädjlicrje geftfteüung, bafj Quantitäten
©crftenmalsfa^rot oon je minbeftcnS 50 ^funb über bie angemelbcte üDicnge
9M«,fcrjrot nad) erfolgter Slnmclbung oon ^öraumaifdjungcn in ber Srauftättc
iid^ befunben ^aben. 2)iefe $eftftcHung erfcrjöpft ntdjt bic Sftcrfmale ber Straf*
ttjat beS §. 29. cit. 9iaa) §. 29. roirb es ber Sefraubation gletdf)gcacr)tet,
raenn Sraumalsfdjrot nact) erfolgter 2lnmelbung oon Ginmaifajungcn in größerer
3Jtenge oorgefunben roirb. hiermit ift im 3ntereffc einer Sicherung ber Steuer
ein .Tbatbcuano mit Strafe belegt, ber ohne foldje pofitioe SBorfd^rift mehr mein,
als ein ^nbi?, für bie 2lbftd>t einer £)cfraubation enthalten mürbe. Um bic
$orfc(jrift $ur 2lnrocnbung ju bringen, bebarf es beSt)alb ber präjifen SHerfmnlc
ber bebrorjten Xfmt. 2>aju gehört, bafj bic ungcfe^liajen SWcngen — bei oor*
genommener Steoifton — oorgefunben finb, nid)t genügt, wie bic ^nfiansen feft*
jtcllen, bafe fic fiä) /r in ber Srauftättc befunben Ijaben". ^ener Wortlaut beutet
an, bafj baS fid) SBcfinben in bie 3«t oon ber 2lnmclbung bis jur (Sinmaifa^un0,
bejiebungSnieifc lüäljvenb ber aJcaifa^bercitung fallen mufe. 2ötrb in biefer 3 cit
bie unjuläffige 3Jicngc betroffen, fo roirb bie 2lbfid)t ber Stcucrbcfraubc oer*
mutzet. 5iBirb fic aber nidjt oorgefunben, fonbem fteüt fid) hintertjer IjcrauS,
bafe eine Quantität fic^ in ber betreffenben 3eit an bem oerbotenen Orte be
funben tjatte, fo fpria^t, roenn fic aud) nadj ooUcnbetcr Ginmaifa^ung noeb
oorrjanben ift, biefer Umftanb gegen bic 2Innaf)me ber ^efraubationSabfia^t, unb
mürben oorrjanben getoefene, aber nidjt oorgefunbene Quantitäten bei fpätercr
Ginmaifcr)ung mit ferneren nidfjt angcmclbctcn Quantitäten 3ufammen roirflicb
oerroenbet fein, fo roirbe nur (rinc roirflid^c S)cfraubation nad) §. 27., niebt
aber mehrere ber S)cfraubation glcidt>5uad)tenbe ^anblungen, roic fic ber §. 29.
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a>etitf(^cS 6traf«d)t. Crtcnntitiffe fce« 5Rcici)Sgeri<$t8. 29
oorfief)t, jur ^fmbung fommen fönnen. @S würbe fonft audj btefelbe Quantität,
weil fie, efje fie oerwenbet würbe, bei mangelnber Kontrolle bereits wäljrenb
mehrerer §inmatfd;ungen oorlmnben gewefen war, eine meljrfadje $>efraubation&»
frrafe begrünben. Unb ift ber jur Rtit ber aJtaifd)bereitung unbered)tigt cor*
f)anben gewefene Sraufioff übrig getanen, um etwa jum nädjften ©ebrerue au*
gemelbet ju werben, fo fonn feine «orfinbung in ber 3wifd)en3cit als unoer*
fänglid) nidjt ju einer 93eftrafung auS §. 29. cit. führen.
S)ie tf}atfä$U$e fteftftellung erfdjctnt (jiernadj unoollftänbig unb ift bie
Sadje ju anberweiter üüerfjanbiung in bie Söeruföinftanj jurüetjuwetfen".
§§. 123, 61. 0t. <B. B. Unbefugtes Verweilen in 6er Wohnung ber
rjcrrfcfyaft feitens 6es fofort oljne vorangegangene Slufrunötguna, aus
6em Dienftc entlajTcnen uno \ut (Entfernung aufgeforberten Dlenftboten
qualijtcirt fia) als fjausfrieoenöbrudj. Jtflfiellung bes Dolus. Be*
red)ti<\ung bes fllietyers $ur Qlufforbcrung unb 5ur Stellung bes
etrafantrages mit Bejug auf bie tym 3ur 'imtbenufcung überwiefenen
Cofalitäten.
grf. b. II. Straffen. D. 3. 9too. 1879. c/a. §ippc, burd) welajcS bie 91. 93.
beS Stngefl jurüefgewiefen worben ift.
© r ü n b e.
$n ben ©ntfAeibungSgrünbcn beS Grf. beS 81. ©. ift $atfä$li$ feftge*
ftcUt, bajj ber Hngcfl. Anfang« 2)es- 1878 $u 93reSlau auS ben ©efa^äftSräumen
ber oerwittweten ©aftwirtlun 9Jt., in welchen er ofync 33efugnifj oerweilte, auf
bie Slufforberung berfclben, als ber 5öerea)tigten, ftd) nidjt entfernt Ijat. $)iefe
ftcftftellung erfa)öpft ben begriff beS &auSrricbenSbru$cS im Sinne beS §. 123.
beS s Jt. St. ®. 23. 3war maa)t bic Sä. 33. geltcnb, bie Sorinftanj I)abe baS
3>ienftoerl)ältnife beS 2lngefl. ntr SBittwe 2Jt. unb feinen ©influfj auf bie fltcdjtS*
wibrigfeit beS SerweüenS nidjt gewürbigt. SlUein mit Unreajt; benn bie $or*
inflan3 W 3unäd)ft ben ^atbejtanb beS ^au«friebcn5brua)c« fdwn bartn ge*
funben, bafj ber Slngefl. als Sortier bei ÜBittwe 3K. im SMcnftc ftanb, unb
bafe, nadjbcm Sejtcrc mit ü)m im fog. SBeinjimmcr in Streit gerot^cn unb ilm
ju beffen Scrlaffung wieber|olt aufgeforbert fjattc, er gleid)woI)l unbefugt
barin oerweilte. 2)tcfe tfjatföa?lid)e ftcflftellung, bei weiter ein 9ied)tStrrtf>um
ntd)t erftä)tUa) f fann mit ber % 33. niajt weiter angefoa;ten werben, unb bie 23e
baiiptung, bafe ber Slngefl. nad) feinen $)tcnftfunftionen bort ju oerweilen
befugt gewefen fei, oerbient nlö blo&er SBibcrfprua; feine $3cad)tung. 2)ic
91. 93. behauptet ferner, baft ber 3lngefl., fo lange fein £>tcnftoerI)ältnifj
beftanb, jebenfalB im^ausSflur, wo fia^ bie Portierloge befanb, ^um Serweilen
befugt war, wcla;^ weber burd) ©nttaffung, noa) bura) 2lufforberung jur @nt*
femung rcd)töwibrig werben fonnte. Slllcin aud) biete ©elwuptung ift grunblo«,
benn Söittwe ÜJ?. ^atte — wie bie Sorinftanj fefrftellte — in ^olge be« Sa^im»
)fen8 unb ber Sljätliajfeiten bt& SHngefl. gegen fie benfelben wicberfjolt jum
ofortigen SBerlaffen be£ §auf aufgeforbert unb fo ifm o^nc 2luffünbigung
ofort auS bem 2)ienfte entlaffen; wenn nun, ba gleid>wol)l ber 3lngefl. im ^auSflur
oerweilte unb bafelbfl oerblieb, bis ein Ijcrbcigeeilter Sd;u^mann i^n auswies,
bie Sorinftanj in biefem Verweilen, als unbefugt, abermals ben Sbatbeftanb
beS ^auSfriebenSbrua)eS erblicfte, fo ift aud) hierbei ein SHedjtSirrt^um nia)t
erfennbar, ba nad^ preufeifa)em Sanbreajt tyl TL %it. 5. §. 116. ofme 3luf^
fünbtmmg bie ^errfdjaft ein ©efinbc fofort entlaffen fann, wenn, wie ^ier,
baffelbe bie fierrfd^aft burd^ Sa)impfworte unb £f)ätlid)feiten beleibigt. Die
9193. irrt alfo, wenn fie il>re Ausführungen auf Slnnabme beS nod) fortbe-
fianbenen S)ienftoerpltnifieS ftü^t, unb mad)t beS^alb o^ne erfolg geltenb,
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30
2>eutfc$e§ ©trafrec$t. ertenntniftc fec§ töeid>8geri($t3.
bafj ber 2lngefl. nafy bct 2lufforberung, ba« §au« ju oerlaffen, nocfi 3um Ver*
weilen barin berechtigt qewefen fei. (Sbenfo unbegrünbet tft bic Velmuptung
bct 9t. 93., bafe bic SStttwe ÜJi., al« 9Jtietherin ber ^artcrrelofalitaten, worin fia)
bie Portierloge für ben Stngefl. befanb, jwar *ur 27iitbenut$ung ber $au«flur
berechtigt, fcine«weg« ober jum Strafantrag, welcher nur bem £>au«hcrrn felbft
äuftehe, befugt gewefen fei. $a« 9t. 6t. ®. 93. giebt in §. 123. jebem 93 1*
red)tigten, fofnn auch jebem oon mehreren berechtigten ^Mitinhabern einer
2Bof)mmg ober eine« ©efdjäftöraumcö bic Vefugnife, ben olme Vcfugnifj
barin Verweilenben aufeuf orbern, ftch barau« au entfernen, unb gemattet, toenn
biefer 2lufforberung nicht golge geleifiet roirb, auf Antrag bie Verfolgung wegen
^aiiSfrieberoSbrua)«; ba& nun aber im oorliegenben Balle bie jur 2lufforberung,
fid> ju entfernen, berechtigte ©aftwtrthSwtttwc Wl auch §um Strafantrage roegen
be« ,§au«friebett«bruche« berechtigt roar, erfa)eint felbftoerftänblieh; benn mr
Stellung be« Strafantrage« ift überhaupt ber Verlebte ober beffen gejc|$Üc|er
Vertreter (§. 61. St. @. 93.) berufen; al« Verlebter fteHt fia) aber eben ber
berechtigte ober 3Jtitberechtigte bar, beffen 9ted)t«befugniffe ber 2lngefl. oer*
lefct hat.
©nblich hat bie Vorinflanj thatfächltd) fefrgefteUt, bafj ber Slngefl. foroohl
im SBcinjimmcr al« im &au«flur fid; ber 9tcd)t«roibrigfcit feinet nach &er erften
(Sntfernung«aufforberung feiner 2>icnftberrin unbefugt geroorbenen roeiteren 93er*
weilen« auch bewufit gcroefen fei; unb mit Unrecht rügt bie 9t. 93., biefc
ftcHung fei ungenügenb begrünbet; benn bie 6ntfd;cibung«grünbc führen weiter
au«, bafj bem ©cridjtöhofc IT. Inflam nach bem oon ben 3eua.cn befunbeten
Stuftreten be« Singet tagten beffen fragliches Vewufetfein nicht zweifelhaft fei, unb
ba§ namentlid; fein Inhalt bafiir oorlieqc, bafj ber 2lngef tagte auch nu * wn
feiner fubjeftioen Sluffaffung au« ber Anficht gcroefen, er brauche fid) nicht eher
m entfernen, al« bi« er feine Sachen au« ber Portierloge fortgefchafft, mit
$rau 9Jt. abgerechnet unb ihr bie Sd)lüffel äurüdgegeben habe.
§ 288. Str. <B. 8. Die nach § 288 Str. <B. B. 51t oerfolgenbe ücr-
äuf;crung bei brohenber Sroangsoollftrccfung roirb babureb. niebt ftrafioe,
bafj fic;in ber 2lbficb,t, einen gefe^lia) bcoorjugten (Bläubiger $u be-
liebigen, gefd)ah.
(xrf. be« III. Straffen, o. 5. 9too. 1879 c/a. föeibelmann, rooburdj bic
9t. 93. bc« 2lngc[d;ulbigtcn surüefgeroiefen roorben ift.
9Benn man annehmen wollte, bie 9t. 93., fo roic fie erhoben ift, umfaffe
bie ©eltenbmachung eine« etwa oon bem Vorberrichter bei feiner iluuiädUidKii
$cftftellung unterhaltenen 9tcdjt«irithumS mit, fo ift ein foldjer 9tedjt«irrthum
nicht erfennbar. ©er Vorberrichter Ijat tlmtfä'chlich feftgeftettt, bafj ber 2lngefl.
bie Veräußerung oorgenommen hat, um bie aJttetbforberung feine« Vermiether«
ju beefen. $)aburco wirb inbeffen nicht au«gefchloffen, bafe ber Slngefl. jugleidh
bie 2lbficht hatte, bie Vefricbigung feine« anbem ©laubiger« 9t. burch biefe Vcr*
äußerung m oereiteln. @ben fo wenig wirb biefe &bficht baburch au«gefchloffcn,
$orberung ein Vorjjug«rea)t cor ber gorberung 9t. juftanb. Unb auch bie Straf*
barfeit ber Jpanblungen bc« Slngefl. wirb weber bureb jenen Vorjug noch ourch
bic Ucberjeugung oon biefem Vorzugsrecht au«gcfchloffen.
S)er Umftanb, auf welchen ber Vefchwerbcführer ©ewicht legt, war fomit
fo wenig für bic geftftcüung bc« erften 9tia)tcr« wie für bie be« Ä. 9t. oon
Vei)cutung.
® r ü n b c.
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3>etttf(fc8 @trafre$t. Ctfcnntniffe bc8 Wet*«gerid)t8. 31
§ 170. @tr. prc5. <D. (Eine Befchweroe gegen 6ie Suructweifuna von
etrafoerfolgungeanträgen feiten» bee (Dberftaateanwalte mitten} (Erhebung
6er nach §. 170. @tr. PW5. <D. 5ulä|figen öffentlichen filagc fann nur
in ben 0ad)en bei bem Heicbsgericht angebracht werben, in welchen
baflelbe in erfter unb le%ter 3njtan5 fontpetent ift
Sefchluß oeS I. Straffen. ». 6. Nov. 1879 (in ©a$en §eutie c/a. (Seeleute
Selten.
8 e f $ l u ß.
3n Erwägung, baß unter bem ©ericht, not welchem „eine Sache gehörig
ift", bem tedmifchen Sprachgebrauch nadh im Straf oerfahrett regelmäßig baS*
jenige oerftanben wirb, welches bie ganje Saa)c im erftett 9tea)töjuge auSju*
tragetx bat, nidjt ein ©ericht, welches erft oermöge eines, in ben eoentuel»
leti 2Biucn ber Parteien gelegten, Rechtsmittels mit ber Sache befaßt
werben fann;
baß eben fo in §. 176. ber 6t. ^roj. D. unter ben Straffachen, „melcbe
jur ßuftänbigfeit beS StetchSgerichtS gehören", wie in §. 198. ber St $ro$. 0.
unter ben „oor bem Reichsgerichte ju oerhanbelnben" Straffachett bie im erfien
5lechtS$uge oor biefeS gebörtgen Sachen atu8fd^liefelicr) begriffen ftnb;
baß btefem Sprachgebrauch gemäß in §. 170. 2lbf. 3. ber St. ^Sroj. 0.
unter ben uor baS 9tei$Sgeri(ht gehörigen Sachen nur jene $u oetftegen finb,
weldje in I. (unb legtet) 3nflans Sur 3uftänbigteit beS &eict)8gcrtchts gehören;
baß ber angeführte Sinn ber bejeichneten Sorte tn §. 170. 2tbf. 3. ber
St $roj. D. auch bem muthmaßlichen Men beS ©efefegeberS entfpricht;
baß bie Unterteilung, eS fyabt ber ©efejjgcbcr in §. 170. 2lbf. 3. ber
St. $ro$. D. mit ben oor baS 9leicr)ögericr)t gehörigen Sachen ber in §. 136*
beS ®. @. bezeichneten Sachen, alfo jene gemeint, welche mitteilt beS s JtechtS*
mittel« ber SRemfion eoentuell an baSfelbe gelangen fönttten, ber wörtlichen
unb logifchett Auslegung wiberfpricht, unb §war um fo mehr, als in jenem 3eit*
puntte, in welchem nadt} Maßgabe beö §. 170. ber St. $roj. 0. baS ©ericht
über einen oon bem Staatsanwalt unb oon bem biefem oorgefefctett Beamten
ber StaatSattwaltfchaft abwetSlich »orbefchiebetten Antrag ju ctttfa)etben hat, fidh
melfach noch gar nicht ermeffen läßt, ob möglicherweife jemals bie sBorauSfefcungen
m einer gerabe an baS s Jteich«gericht gelangenbett SRetrifton oorhanben feien
(ogl. @. h ©. §. 123');
baß hienwer) inSbefonbere bie non SEfteoeS Strafoerfahren S, 43. ben
§. 170. Slbf. 3. ber St. $roj. 0. gegebene Auslegung unhaltbar ift ;
in Erwägung, baß fonadj, ba jur erftinftan^lidpen $tburtf)eilung
ber oom Sefchroerbefuhrer bejeidmeten ftrafbaren öanblungen baS Reichsgericht
nicht suftänbig feilt würbe, baS Reichsgericht $ur ©ntfeheibung auf ben 2lntrag
auf Erhebung einer öffentlichen #lage wegen jener £anblungeit nia)t juftänbig
ift, befa)loffen:
baß bie Sefchwerbc gegeit bie Verfügung beS Haiferlichen ©eneral-^ßrocu^
tatorS m Colmar o. 15. Dct. 1879 wegen Unjuftänbigfeit beS 9teich$gericht3
abjuweifen fei.
§ 259. 6tr. (P. B. Die Annahme Don Darlehen un6 (Pelbbeträgen,
welche wiffentlich burch fhafbaren Betrug erlangt finb, unterliegt 'als
Hehlerei ber Bcjhafung aus §. 259. 0t. (B. B.
Crt beS I. Straffen. t>. 27. «Roo. 1879, woburä; bie pi. ber angefchulbigtett
Gäcilie 3ßadhtel in ^Jofeit unb @en. oerworfeit worben ift.
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32 2>eutfäc3 ©trofted&t. (Wcmttttifie be« ffleic&$gerid)t§.
© t ä n b e.
@S famt fernem ^weifet unterliegen, baß bte Einnahme von ©elbbeträgcn
als ©arlcfjen unter ben begriff bc5 „an fia) SringenS" im Sinne beS §. 259.
6t. ©. fäUt.
§ 283 6t <B. B. Die in tfolge von übermäßigem Qlufwanb unb un-
orbcntlidjcr Budifübrung eingetretene 5<*fylun9Bcinftellung eine» ßauf»
mann» ift nur als eine Straftat an^ufetycn.
@rf. beS III. Straffen, v. 15. 9tov. 1879 c/a. 2öagner, woburd) baS
©rfenntntß ber II. ^nftanj vernichtet worben ift
© r ü n b e.
S)ie 33. ift begrünbet. S)er Slngefl. ift wegen etnfadjen SanferuttS in
jwei Ratten befrraft, cS liegt aber nur eine 3af)lung§einftcllung vor. S)ie ver*
fdjiebenen ©rünbe, weld;e bie 3al)lungSeinftelIung im Sinne beS §. 283. als
ftrafbar erfd&einen laffcn # baß Der Slngeflagte a) burdj 2lufwanb übermäßige
Summen »erbraust, b) baS vorgetriebene (Sopirbud) nia)t geführt f)at, fönnen
nidjt als eben fo viele oerfdjiebenc felbftftänbige ^anblungen aufgefaßt werben.
SÖielme^r ift bte leta)tfmnige £anblungSwcife beS Singefl., melier bemnäa)ft feine
3aljlungen eingeftellt f>at, in t&rcr ©cfammtljeit als eine Straftat anaufeljen.
3>aS von ber s Ji. 25. naa) biefer Stiftung angegriffene 2lppellationSurtt)cil t)at ben
§ .74. unb refp. 283. unrichtig angeraenbet unb unterliegt beSlwlb ber süemia)tung.
§ 246. et. <B. B. U C. K. I. 9. 3. Slbfdm. Das Aneignen eines
auf frembem (Brunb unb Boben gefundenen @d>a^es qualificirt fiöj narfi
preujj. Hea)te als Unterfajlagung ber einen bem (Brunbcigentyümer 5U-
jtcljenöen fjälfte.
@rf. beS I. Straffen, v. 17. 9too. 1879 c/a. Sieb ig.
S)ic von bem 2lpp. ©. $u ©logau beftätigte (Snt)d^eibung beS ÄretS*
geriapts ju greift ab t, woburd) jroei jungen, welaje einen mit ©olb* unb Silber*
münjen aus bem 17. ßa^unbert gefüllten £opf beim Umgraben beS SanbcS
iljreS $>ienfüjerrn gefunben unb jene veräußert Ratten, wegen llnterfd&lagung
foroie ber Ääufer wegen £etylerei beftraft worben mar, würbe bura) 9ttd)tigfeitS*
bcfd)roerbe mit ber 5öcl;auptung angegriffen, baß ber gittber in ber Verfügung
über einen gefunbenen Sdmfc feine unterfd;lagung begeben fönnc, ba eine foldje
eine frembe SadEje oorauSfefje, ber Sa)a{j aber weber als im (Stgcnttmm eines
präfumirten unbefannten ©igent^ümcrS beftnblidj angefcfjcn werben fönne, noa)
bura) bie eoentuell in II. 3nftan$ hervorgehobene St^atfaä^c, baß bie &älfte beS*
felbcn bem ©runbeigcntlnimer gebühre, rea)tlid) ber Schluß begrünbet werbe,
er fei jur 3eit feiner ©ntbeefung für ben ginber jur §älfte frembcS (Stgentfntra.
S)ie ^itt)tigfeitSbefd)rocrbc rourbe verworfen.
© r ü n b e.
®ie $ur Gntfa)cibung geftellten fragen, roorin baS 9ted)t beS ginberS
eine« Sd)a^eS unb bejro. bcS (Sigcntln'unerS Des ©runb unb Kobens, auf welkem
er gefunben wirb, befiele, unb wobura) baSfelbe bem Güten unb bem 2lnbem
erworben werbe, finb vorliegenb, wo eS fid> um einen im 9teä)tSgebiet beS
preußifd^cn allgemeinen i^anbre^tS aufgefunbetten unb von ben ginbern veräußerten
©egenftanb Ijanbclt, nad; ben SBorfdjrtften beS 3. 2lbfa;n. im I. ZU 9 ba-
felbft ju beantworten. S)ie SSorinftatt^cn gelten baoon aus, baß bie ©rwerbSart
für ben ginber bie Sefifcergreifung fei, wela)e naaj § 9. beS 1. Slbfdm. baS Gigen-
t^um an ^errenlofen Saasen begrünbet, allein fie nehmen übcretnftimmenb an,
baß bie öefifeergreifung erft wirffam werbe mit ber (Srfolglofigfeit ber jum 3wecf
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2>«utfcfcS ©trankt, Cfrtcnntmffe *c8 «eid^geri^tS. 33
ber ©rmittelung be« ßtgentbümer« angeorbneten öffentlichen Sefanntmachung,
inbem erfl bierburcb bic aufgefunbene ©ache m einet berrenlofen werbe, bafc
ber ftinber erfi nach Ablauf ber im Aufgebot beftimmten ftrift ba« @igenthum
an ber aeeeptirten ©ache erwerbe.
tiefer Sluffaffung ber betreffenben @efefce«oorfd(jriften fann nicht bei*
geftimmt werben. 6ie beruht einzig auf ber gaffung ber 8egriff«beftünmung
De« ©cbafee« im §. 74. Sit. 9. Abfcbn. 3. „in ber @rbe oerborgene wertboolle
©adjen, infofern ber (Sigenthümer berfelben unbetannt ift" uno bem
2lu«brud im §. 81. bafelbft: „ift ber ©igentpmer nicht auSjumitteln" ic. 2c,
fte roiberfprid^t aber bem begriff be« ©djafce«, wie er gemeinrechtlich jweifello«
ifk — 1. 31. §. 1. D. de A. R. D. 41. L ut jam dominum non habeat, quod
non alterras est — unb oom £anbrecbt nicht fyat abgeänbert werben motten.
2)a«felbe unterf treibet nicht, roie ba« A. ©. unterteilen mufj, jroifd^en einem wirf"
lieben ©cha£, ber erft baburch biefe Qualität erhält, bafj ber ©igent^ümer nicht
au*3uraitteln ifi, unb einer „objectio für ben ginber fic^ al« ©df)a& barfteflenben
©a<he"; bie Untere ift aber fein ©dtjafc, roenn fte auch wertbooH ift unb unter
ber @rbe oerborgen roar f benn ju beffen begriffe gehört, baß ber (Sigentbümer
nicht mehr m ermitteln ift Um bie« m confiatiren, bafj bie ©erthgegenftänbe
ein ©dtjafc finb, orbnet ba« ßanbreebt, fo roeit nicht bie 9catur ber ©aa> c«
erübrigt, eine öffentliche Aufforberung an, e« macht aber nidbt biefe oorherige
Gonftatirung ber Unbefanntfd&aft be« 6igentr)ümer«, ben erfolglofen Serlauf be«
aufgeboten ju einem Segriff«merfmal be« ©a)afee«. Reibet fidt) lein eigentt)ümer,
fo ftebt feft, bafj bie aufgefunbenen Sadtjcn jur 3eit ber Auf finbung berren*
lo« waren, nicht entftebt erfl burch bie ^ic^tcrmittelung be« (Sigentbümer« ein
Sdt)a§ unb bic SJtöglicbfeit be« (&gentbumerwerbe« an ben Dbjecten. SBenn
bie oerlorene ©ache erft in ^olac be« Ausbleiben« als 00m ©igenttyümer aufge*
geben angefehen unb burch ritterlichen 3ufcblag bem ginber enoorben wirb,
fo ifl ber ©dtjafc bogegen eine ©ache, bie burch bie Sänge ber ßett al« herrenlo«
fidt) barftellt unb beren — früherer — <üa,entl)ümer nicht oon ber ©eltenbmadrmng
feiner (£igentbum«anfprücbe präclubirt wtrb, fonbem bie ©ache aufgegeben hat,
unb roenn bog Verfügung« recht trofc ©efifcoerlufte« fortbefteben fann unb bei
oerloreuen ©acben bi« jum 3ufd)lag wirflich fortbefteijt, fo bezeichnet ber ©cba&
ben Stedtjtöbegriff einer ©adtje, an welcher @igentt)umöanfprücbe tbatfäcblicb nicht
mehr geltenb gemacht roerben tonnen. Au« ber angeorbneten Ermittelung bt&
unbefannten ©igentbümer^ ergiebt fid) nicht foroohl, bafe ber ©d)a| oor (frlafe
beö Aufgebots rechtlich feine herrenlofe ©ache fei, al3 oielmehr, bafj e« gäUe
geben fann, in benen eS einer (Ermittelung bebarf, ob factifch ein ©chah, b. i. eine
herrenlofe ©adtje, oorliegt, unb roenn ein ©dfmfc einen ©igenthümer feinem S3e«
griffe nach nicht höben fann, fo foüen bie Söorte im §. 81. nicht« Slnberc«
beieen, al« bafc ein eigenthümer ber ©adtjen nicht ermittelt, oielmehr buret) ba«
Aufgebot jeber 3roeifel an beren ©chafceigenfchaft befeitigt ift.
3fi baher in biefer Stiftung ber 91. JB. 9ledt)t ju geben unb bie oor*
inflanjliche Ausführung für recbtSirrtbümlicb ju erflären, To ift boch bie ange"
griff ene (Sntfdheibung unter bem weiter heroorgehobenen ©efichtSpunft aufrecht
ju erhalten. S)ie vt. 33. oertritt bie Anficht, bafj e3 fich al« eine nothroenbige
6onfequenj ber Sinnahme be« ©igentbumäerroerb« bc« ^inbec« bura) 3)efi^*
ergreifung ergebe, ba§ ber Anfprucb be« ©gentbümer« be« ©runb unb Soben«
auf Xheilnajme am %unbt a\& perfönliche ^orberung an ben öfteren betraditet
roerben mü)|c unb unter ben „®ebür)ren" be« §. 82. eine obligatorifche Sßerbinb*
lichfeit be£ ginber« ju oerflehen fei. Allein roie gemeinrechtlich berjeit bie Am
ficht at£ bie berrfchenbe anjufehen ift, ba^ fo roemg nie ber 05 ob ante be« Acceffo«
rium«, eben fo aua) ber ber Occupation beim ©rroerb beÄ (Sigenthum« am ©cha^e
ber mafegebenbe ift, ber (ftgentbumSerroerb oielmehr im Augenblicf beö 3utagc*
treten« be« ©cbafce« füh ohne weitere« au« bem ©efefce ju fünften be« (Sntbeder«
»r^io 1880. 1. Oeft. 8
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34 SDcutffyS etrafredjt eritnntniffc fceS 9iei$8geri$tS.
unb bjw. be£ ©runbetgenthümerS oolljieht, fo liegt biefe SKechtSauffaffung jrocifellod
auch bcn Scfiimmungen beS allgemeinen £anbred)ta ju ©runbe, welches unter
ben unmittelbaren ©rwerbSarten, oon benen ber 9. %xt. hanbelt, auf ben 1. unb
2. Slbfdm., oon ber originären Sefifcnabme unb ber 53efi|er greif ung
oerlaffener unb oerlorener ©achen ben 3. SSCbfd^n. oon gefunbenen ©ehäfcen
folgen lägt unb im §. 82. ben SluSbrucf „gebührt" gegenüber bem „gehört" Oed
§. 81. nur nrit SHücffic^t auf bie unter ben swet berechtigten erforberltche 9lc^
gulirung ber HntheilSoerhältntffe gewählt hat. 5)iefeS Serjlänbnife ber Umbrecht-
liefen ©eftimmungen ifi in ber Literatur über biefelben ftets geseilt worben unb
eS ifl anzunehmen, bafj baSfelbe aud> in ber (*ntf$eibung be£ 21. ©. im (Sinflang
mit bem franjöftfd)en Stecht unb gegenüber ber im ©ebiet be£ gemeinen 9tcd)t£
beftehenben ßontrooerfe baiuu hat jum $lu$brucf gebracht werben foüen, bafi ba$
@i gentium on ber $älfte be£ ©<|a|e8 für ben ©runbeigenthümer unmittelbar
aus bem ©efefec entftc|e.
§ 137. @t <B. 8. (Eine Slrrefranlegung ifl nur bann oorfyanben, roenn
jid) bte mit Qlrrefl belegten 6ad)en yxt §eit ber Bebänbigung be*
7lrreftbefet>ls in ber reä)tltä)en ober thatfächlichen Diepojition befien
befinben, an welchen ber Slrreftbefehl ergangen ifl.
§rf. be« II. 6traffen. o. 18. 9loo. 1879 c/a. Dinner, moburd) bo« ©rf.
II. ^nfianj ocrnidjtet worben ift.
© r ü n b c.
S)er 3wecf ber Slrreflanlegung ifl bie SidjerfleHung einer gorberung,
welche ber angebliche Grebitor %\x oerliercn beforgt, roenn bem ©chulbner über
baS Object be« SrrefteS bie freie Mpofition oerbiiebe (ogl. §§. 1., 29., 30., 47.
Sit. 29. 2$L L ber SÄUg. ©. DA
daraus folgt, bafj bie Aufgabe beS ben Slrrefi anorbnenben 9üdt)ter3
barin befleht, bem Sdmlbner, bejru. bemjenigen, in beffen ©efifce bie $u arreftiren-
ben ©achen fid) befmben, bte fciSpofttion über biefelben au entgehen. ®tefe @nt*
äiehung fann nun jwar burch einen an ben ©chulbner bjw. an ben Inhaber ber
©adjen erlaffenen richterlichen öefehl, fich ber 2)i3pofition über bie mit Srreft
beleaten ©egcnftänbe ju enthalten, bewirft werben. 2>er rechtliche ©rfolg biefer
Httafiregel hängt aber baoon ab, bafj bie mit Slrrcft belegten ©achen jur 3cit
ber Söetjäntogung be£ SlrrefibefehlS ber rechtlichen ober tlmtfächltchen $>i£pofttion
bemjenigen unterliegen, an ben ber Slrreftbefehl ergangen ift ftehlt csS an biefer
SSorauifefcung, b. 1;. r)at berjenige, welchem ber Sirrcftbefchl oeijänbigt roorben,
fich bereits oorljer beS iÖefifecS unb be£ 9ted)t$ an biefen ©ad>en entäufjert, fo
ifi bie Slrreftanlegung thatfächlidj gegenflanbSloS. eine Sefdjlagnahmc ift in
biefem $atte nicht erfolgt, weil berjenige, an bcn ber Sefehl ergangen, bie redjt*
liehe unb tliatf actiUdic $)i£pofitton über bie ©ad>en nidit mehr bat, Derjenige aber,
welcher bie 6achen erworben r)at unb thatfächlich befifct, burd) ben an ihn nicht
ergangenen Slrreftbeferjl nicht betroffen wirb.
S)iefe 9techt£grunbfä$e werben oon ben ^nfian^richtem oerfannt. £efetere
gehen in thatfäa)üd)cr söejiebung Daoon aus, bafi ber ©erichtSbote ©$. am &or*
mittage beS 22. 9too. 1878 um 11& Uhr ben ftranfe'fchen ©hauten in beren
©aftlocal bie 3lrreftoerfügung nebft bem fpcctellen ^er$eidmifj ber arrefttrten
©achen behänbigt habe, baf fürs oorljer, unb jwar am borgen be« 22. 5too. 1878,
oon ben gebachten ©achen mehrere, inSbefonbere 2 ©opljaS, 12 ©tücf 3öiener
©tühle, lü eichene ©tühle, 1 SBafchtifd) unb 1 ©üffet, welche ©egenftänbe ber
Slngefl. ffi. oorher oon ben (Eheleuten g. gefauft h«bcn wollte, oon ben Unteren
bem ^8. übergeben unb oon biefem in einem $ur ©teile gebrachten unb oor bem
&aufe ftel;cnben 3)iöbelwagen oerlaben worben, bafj ber Möbelwagen noa) nicht
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2Deirtfc&e8 @trafte<$t Örtenntnific bc8 föei#8geti#t8. 35
fortschafft war, al« bcn (Seeleuten %. bie Slrreftoerfügung be^änbigt würbe, tmb
entließ, bafe bei ber Sebänbigung zugegen geroefen unb bie Verfügung gelefen
Iwbe. Söenn auf ®runb biefer £hatfaä)en bie Sdjlufjfcftftellung getroffen wirb,
bafj ber Sngefl. Saasen, roeldje bura) bie jitftänbige Scbörbe in Sefcflag genommen
roaren, oorfäfclia) ber Serftriclung entjogen t)abe, fo ift bie« re$töirrtf)ümlid>.
Die ^nftanjria;ter ^aben nid)t feftgeftcUt, bafj ber 9trreftbefeljl auaj gegen ben
SngeZL 9$. erlaffen ift unb eben fo roenig, ob nur flauf aroifdjen biefem unb ben
(Seeleuten über bie fraglichen Sadjen rottflid) ftattgefunben fjat. 2ßar aber
bie SSneftoerfügung, roie bie 3nftan$ridjter anfdjeinenb annehmen, nur ben 6f>e*
leuten gegenüber erroirft unb ift ferner bie Sefjauptung be« Slngefl. richtig,
bafe bie oor ber Scbänbtgung ber SÄrreftoerfügung erfolgte Uebergabe ber Sadjen
auf ©runb eine« Äauf« an ifm gefa)e^en ift, fo §at nadj ben oben entroicfelten
©runbfäfccn eine Sefcblagnabme ber fraglichen Saasen nidt}t ftattgefunben , weil
biefe bereit« jur 3eit ber Seljänbigung be« 2lrreftbefef)l« ber S)i«pofitton ber
Sirreftaten entrüeft roaren.
§. 263. 8t <B. 8. Abgabe unb Qlnna^me von @cbeingeboten als
Dorfpiegelung falfa)et tyatfatyn bei einer 2luftion.
(5rf. be« II. Straffen. 00m 30. 9too. 1879 c/a, 2luftionator Slnton
2icrf$, Kaufmann 9öolf Sßergamenter u. @cn., roobura) auf ßurücfroeifung
ber 9t. ber 2tngefd)ulbigten erfannt roorben ift.
© r ü n b e.
®te 91 SB. ergebt ben Sorrourf, bajj bie Seftimmungen be« §. 263.
6t. ©. unrichtig angeroanbt roorben feien, ba in bem tl)aifacf)lid(> feftge*
ftellten Umftanbe, bafe bei ben Sluftionen be« 8. ber 3lngefl. 3t jum Sdjetne
mttgeboten unb ber 2lngefl. SJJ. bie Sdjcingebote angenommen babe, eine Sor*
fpiegelung falfdjer Xtjatfaeben mit Unrea)t erblicft roerbe. 2lbgefe§en baoon,
bafj bie ^nftansgeridjte nebenbei nodj eine SSorfpiegelung falfa)cr Xbatfadjen
barin gefunben I>aben, bafe bem Dr. 3J. gegenüber bie 2luftion al« efne amt*
lia)e ausgegeben unb bie« Vorgeben burd) Huffefcung einer llniformmü&e äu&erlid)
benötigt, fobann bajj Sß. bem @. ebenfo bie 3luftton al« eine amtliche ober
polijeilia)e bejeidmet Imbe, beibe 2lngefl., rote 3t., aber nadj ber Bestellung
ber 3nftanägerid)te gemcinfdjaftlid) jur 2lu«fül)rung eine« uerabrebeten $lane« ju<
fammengerotrft fmben, bafe alfo felbft bann nod> ba« (Srforbcrnifc einer $or*
fpiegelung für ben Segriff be« ^Betrüge« al« gegeben ju gelten hätte, roenn auch
ba« bieten jum Scheine unb bie Slnnafmte ber ©ebote al« eine Sorfpiegelung
im Sinne bc« oben bejeidmeten Segriff« ntdjt in Setracbt ju fommen bätte, ifi
3ubem bie oon ben3lngcfl. oertretene Snfia)t eine unhaltbare. SHira) ^eftftellung
ber 3;nftanjgericbte, ba]g bie burdt) HWitbieten befunbete St^ätigfcit oon Seiten be«
ÜHttangeflagtcn Äorbmadtjer« £. gegenüber Dr. rote oon Seite be« 2lngetl. 3t.
gegenüber ©., roä^renb in beiben ftäflen ty. al« ^u«rufer bie ©ebote entgegen
nabm, tMtig roar, &u bem 3roecte oorgenommen rourbe, bie Sefajäbigten jur
Abgabe pö^erer ©ebote ju oeranlaffen, foroie burd^ bie weitere geftftellung, bafe
bura^ bie, rote e« ntd&t in Sbrebe gcftellt roirb, nur jum Sd)ein abgegeoenen
©ebote in unb ©. ein 3frrt^um erregt rourbe, bura) roeldtjen ber Qmd t bem
fi. einen red)t«roibrigen 33ort^eil $u oerfd^affen, erreia^t unb jugleia) bie 8e*
ft^äbigung be« «ermögen« ber ©rfterjenbett berbeigefü^rt rourbe, finb fämmtlidtje
TOerfmale bc« betrüge«, in«befonbcrc aua) ber 3rrt^um«erregung burd) Sor^
fpiegelung falfdtjcr X^atfa^en, o^ne erfia)tlia;cn 3ted)t«irrtl)um feftgcfteHt.
s 3tamcntlia) tonnte in ber 2lbgabe unb Snna^me oon Sa)cingeboten eine 3ior-
fpiegelung falfa^er Slmtfadjen, nämlidt) emftlio> abgegebener ©ebote, feljr rool)l
getunoen roeroen.
3*
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3g .ütiujujcß ^traircctii. yrrienntnnie cm ineicD6C|cncpt3.
§. 123. 6t <B. B. Da« Betreten einet fremben TDohnung ijt aud)
bann, wenn nur ein befd) ränftes Hedjt ;u folgern beflanb, als ein
rechtswtbrige* 5U bezeichnen, wenn es aiiferr/alb biefer Berechtigung
gefdjah.
@rf. be« I. 6ttaffen. o. 24. 91oü. 1879 c/a. Änoll u. ©en.
$)er 2lngeR., als Obferoator über ba« ber gerichtlichen Söefchlagnahme
unterworfene @ut be« 3. befteUt, hatte fidt) auf ©runb einer gegen £efcteren
rechtÄfräftigen ^orberung in Begleitung eine« ©cricht«cyetutor« unb eine« ^weiten
©laubiger« be« * n beffen Söofmung begeben unb bort mehrere ©egenftänbe
gepfänbet. äöegen <öau«frieben«bruch« oerurtheilt, legten bie 2tagefc$ulbigten
bie 31. ©. ein. Shefelbe würbe jeboch oerworfen.
© r ü n b e.
©ie 91. 53. geht oon ber Stuffaffung au«, bafj ba« berechtigte eingehen
in ba« frembe 33eft&tt)um nicht baburdb, ju einem wtoerrechtlichen einbringen
werbe, bafj ber SJcitangeflagte 1 währenb feiner oermöge feine« 2lmte« erlaubten
Slnwefenheit fich nach ^fanbobjeften umgefehen jjaben follte. Sie fteht mit biefer
2luffaffung aber im 2ötberforuch ju ber beweglichen fteftftettung be« 21. ©., baß
ber oon oorn herein bei bem betreten be« ©runbftücf« oerfolgte 3wect einer
unberechtigten Sßrioatpfänbung bjw. $au«fuchung ba«felbe al« ein wibcrrechtliche«
Einbringen charafteriftre, unb in biefer Söürbigung ber ttjatf ächten Hergänge
fann ein 9iecf)t«irrthum unb eine Serlefcung ber $egriff«merfmale be« §. 123.
be«St. ©. 33. nicht ertannt werben; benn ba« Betreten einer fremben Söolmung
ifi auch bann, wenn nur ein befchränfte« Siecht m folchem beftanb, al« rechte--
lüibrigc« su bezeichnen, wenn e« außerhalb biefer Berechtigung gefchah, unb
ber erforberliche 2)olu«, ba« Semufjtfein ber SÖiberre^tlichfett be« einbringen«,
erfcheint burd) bie ^eftfteUung erbracht, „bafj bie Angeklagten ba« BewuBtfein
gehabt, bafj ba« 2lmt be« Obferoator« fein Ütfy gebe, ju bem oben gebauten
3wecf ba« ©runbftücf be« Sdmlbner« $u betreten, unb bafj ba« Verweilen auf
bemfelben ju folgern 3wecfe oon bem eigentt)ümer be«felben nicht werbe ge*
bulbet werben."
§. 123. @t. <B. B. Der (Ehemann ijt nicht befugt wiber ben Willen
oes TDormungsbejtfeers, welcher beffen Chefrau gegen (Entgelt 5um mit-
wohnen oerjtattet, in bie tDohnungeräume einzubringen. *
erf. be« IL Straffen, o. 25. 9too. 1879 c/a. Sd>neiber, woburch bie
9i. 50. be« ängefchulbigten jurüefgewiefen worben tft.
@ r u n b e.
$er 2lpp. dichter unterteilt bie Üttichtigfeit ber oon bem Slngeflagtcn be*
Ijaupteten Xh«tfadbe, bafj beffen ehefrau, nadjbera fie ihn oerlaffen unb fich su
ihren eitern begeben hatte, mit töücfftcht auf ein swifchen ihr unb ihren eitern
gcfchloffcne« $ertrag«öerhaltnifj gegen entgelt HJcitbewohnerin ber elterlichen
Sßohnung geworben ift. er erachtet ba« ihr eingeräumte Siecht für ein höchft
»erfönliche« unb nicht fo geartete«, bafj barau« ber Singefl. berechtigt worben,
bie Sefugnifj herzuleiten, in ber SBoljnung ber Schwiegereltern gegen beren
2öillen ju oerweilen, er nimmt cnblidt) an, bafj ber 2lngefl. fid) beffen wohl
bewufjt gewefen ift, weil er bie erlaubnifj, bie Söofmung ju betreten, um fein
tfinb su fehen, oon ber SAwtegermutter eingeholt hatte.
2)afe bei biefen thatfächltchcn Unterlagen ber oon bem 2lop. dichter bei*
behaltenen erfirichterlichen thatfäd)lichen gefiftettung ein 9techt«irrthum be«felben
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©euiftyä etrafred)t (Wemttaiffe toeö 9Ui4Sgeri«t3. 37
ju ©runbe liegt, fann m$t anerfannt werben. Um einen 2Rietb«oertrag, burdj
weisen bie @befrau be« 2fogefl. Zäunte jum Söoljnen gefonoert erroorben,
banbelt e« fic§ nu&t. 6ie tf* nur für ir)re $erfon oon ijjren (Eltern in beren
Söolmung jum ÜWitroolmen gegen ©ntgeit aufgenommen. S)ie SRed&te, roel#e
bem Slngeflagten gegen feine ßfefrau an beren ^erfon ober Vermögen ober in
ftolge ber burd) fic beroirften gortfd&affung oon 6aa)en au« feiner Selwufung
aufteilen motten, burfte berfelbe md)t, raie gefdjefjen, baburd) geltenb machen
unb in Sollpg fefcen, bafc er in bie 9ted&te ber 6dbroiegereltem an ber SBofjmmg
eingriff unb beren <QauSfrieben ßörte. ^orliegenb r)«t ber Sfagefl., roeld&er ftc§
überhaupt nidjt auf eine 3uftimmung feiten« feiner <Sf>efrau ftü^t, wie ber
2lpp. 9ttd)ter geroorbebt, oon ber 6ä)roiegermutter, um fein Äinb ju fefjen, bie
(xrlaubnifc, bie 2Sof)nung ju betreten, eingebolt. SBenn ber 3lpp. 9*ic^ter ba«
Senoeilen be« 2lngefL unb feine« ©enoffen fc. na$ ber oon ber 6a)roicger*
mutter gef dienen 2lufforberung, ft$ 3U entfernen, für ein unbefugte« unb
gemäfe §. 123. 2lbf. 3. be« 6t ©. firafbare« cradjtet l>at, fo ift barin ein
iRea)t«irrtf>um nid&t $u finben. 3n«befonbere trifft ben tipp. ftidjter nidjt ber
ißorrourf, bafj er bie $ftea)te au« bem 9flietb«oertrage unb bie SRedjte be« @fje*
mann« an bem Vermögen unb an ber $erfon feiner @f)efrau oerfamtt fjabe.
§. 263. et. (F. 8. Qlrt. 108. Hr. 5. 6ce <8. 0. 3. Jtlai 1852. Sao
Derfdjroeigen oon Jtfylern beim üerfauf einee pferbeo fann, infofern
00t bem 2lbfd)lujj besfelben feine «frage nad> ber ^eb^ojigfeit gejtellt
roorben ift t nidjt ate ftrafbar gelten.
@rf. be« L ©troffen. 0. 4. 9loo. 1879 c/a. 6d>mibt, rooburdj ba«
©rf. II. ^nftanj oerni$tet roorben ift.
© r ü n b e.
2>a« im §. 263. be« 6t. ©. al« Stöttel jur 3rrt^um«eneaung ge*
baä)te Unterbrücfen einer magren X^atfa^e Eann jroar fd)on an bem abn$tu$en
SSerf Zweigen einer 2$atfa$e, wenn eine 9ted)t«pfltd)t, biefelbe mitgutyeilen,
beftanb, gefunben werben. SBorliegenb ^at aber ber &pp. Siebter nur eine
raoralifo>e $flid)t be« 2lngett $ur aWitt&eilung ber ^batfad&e, bafj ba« $ferb
ein Jtrippenfefeer mar, an ben 3eugen GWb- a ^ beftebenb angenommen, unb
eine foldje ^ßflicbt genüat nidjt, ba« blofee abftct>tUd^c 6djroeigen über biefe %f)<xt*
faaje al« Unterbrütfen berfelben im ©inne be« §. 263. 6t. ©. 8. ju beurteilen.
3ft r)tcmad) biefe ©trafoorfäjrift oerlefct, fo ergiebt fidt) barau« aud), ba§ ber
Eintrag be« 3lnaefl. auf ißemebmung be« itaigen 26. barüber, bafe bie {Jrage
naa) ber ^e^lerloftgfeit be« Sßfcrbe« oon 6d). oor $bfd)lufr be« ^anbel« über»
baupt iiutt geftellt morben, au« einem retbtUdj nidjt ptre^enben ©runbc abge«
lel)nt unb babura) bie 33ertbcibiguna be« Singeft. im 6inne be« 9lrt. 108. iRr. 5.
bc« @. 0. 3. 3flai 1852 in unjuläffiger Söeife, roie ber Slngefl. behauptet, be*
fa)ränft morben ifi.
§§. 11. 13. bw K. <P. 0. 10. 3uni 1869, betr. bie tDccbfclftempclfreuer.
Sur Jreifpreö^ung roegen TDed)feljlempeljlcuercontra»ention ijl bie Jtjl-
jtcllung erforberliö), ba^ bie üertoenbung ber tarifmäßigen Stempel-
marfe red)t3eitig erfolgt ijh
erf. be« 1U. 6traffen. 0. 26. ^00. 1879 c/a. ftofenberg, mobura)
ba« 6rf. II. ^"f* 01 ^ ocmia)tet roorben ift.
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38 3)tutf<^eS ©tra|rcd)t. (Sttenntniffe txä 8lei<i$gcnd)tö.
© r ü n b e.
Slngcfl. hatte bcn mr $rage fiebenben, au« crfter §anb oon bcn Au&
ftcltern empfangenen 2öcd)fel, wenn betfelbe nicht bereite oerfteuert war, nad)
§§.11. unb 13. beS ©effelftempelfteuergefe&eg vom K). $uni 1869 buri Auf-
heben ber tarifmäßigen 9Jtorfe am testen Orte unb burdj tfaffirung berfelbcn
in oorgefchriebener §orm ju oerfteuem, ehe er «Batyluna auf benfelben entgegen*
nahm. Auf SBerle&ung biefer ©teucrpfücbt ift Sic Anflage gegrünbet, wenn fic
heroorhebt, baß Angcfl. auf ben Steffel fraglidje Gablung empfangen unb ben*
felben au$ ber &ano gegeben habe, ohne baß bie Verteuerung nach §§. 1.— 6.
unb 13. beS ®efe&e8 unb nad) ber Vefanntmachung be8 ^tetd^SCanjlcrg com
11. 3uli 1873 erfolgt gewefen fei. S)aß bie Auflage md)t auch auSbrüdlid)
eine Verlegung be$ §. 11. be8 ©efefeeS rügt, ift um fo mehr ohne 83ebeutung,
alö fie bie hier interefftrenbe SBeftimmung jenes Paragraphen burch ben Vorwurf
bc3 3al)lung*empfang« auf einen nidjt oorfcbrtftämäßig oerfteuerten SBedjfel
genau bezeichnet unb ben otrafantrag auf §. 15. be3 ©efetjeä geftüfct hat, nad)
meinem mit bem fünfzigfachen Vertage ber Unterzogenen Abgabe zu firafen ift,
„wer ber nad) ben §§. 4—12. ihm obliegcnben Verpflidjtung zur Entrichtung
ber 6tempelabgabe nidjt rechtzeitig genügt bat". 2öar bemnad) Angesagter zu
beftrafen, roenn bie Verwenbung ber tarifmäßigen 3)larfe ganz unterblieben ober
nicht in oorfd)rtft3mäßiger gönn ober nidjt rechtzeitig erfolgt mar, fo fonnte
umgefehrt bie gfteifprechung nur erfolgen, wenn t& ber Anflage nidjt gelungen
mar, eine Verlegung ber ©teuerpflid)t in einer ber heroorgehobenen Stiftungen
barzulegen. (Sin (Srfenntniß, meines nur bie Verwenbung ber tarifmäßigen
2)}arfe in oorfchriftSmäßigcr $orm befmnbelt hätte, würbe bie Anfinge nidjt er*
fdjöpft ^aben. £enn teuere enthielt nach il)rer Raffung eben auch bcn Vorwurf
nicht rechtzeitiger Verwenbung. S)er zweite 9ltdt)ter hatte .baher aud) nad) biefer
Dichtung ju prüfen unb feffyuftetlen, ob bie SDierfmate einer Verlegung ber
(Steuerpflicht burd) nicht rechtzeitige Verwenbung gegeben waren ober nicht. 3n
biefer Beziehung oerftößt aber ber App. 3fttd)tcr gegen §. 353. ber ©t. s #roj. 0.
©ein ©rfenntniß enthält nicht, was eS nad) ber angezogenen gefefelichen Vc*
ftimmung enthalten muß. S)enn bie oom App. föidjter gebilligte tfeftfieüung
bc£ erften 9tid>ter£ h a * ohne Ermittelung beS zeitlichen Verhältmffe« ber ©tcmpel*
oermenbung zum 3ol)fang8empfange nur baS Aufheben ber tarifmäßigen OHarfc
auf bie deficite be$ 2Bechfel8 fonftatirt, unb ber zweite dichter tyat nad) ber
oon ihm befdjloifenen VcmeiSaufnaljme allein über bie ftrage oorfchriftSmäßiger
Äaffiruna eine weitere geftfteUung erforberlid) erachtet. «Die ftcftfteHung be«
erften Achters aus ben in ben ©rünben oorauSgefefcten Erwägungen eine
weitere Vebeutung zu geben, biefelbe tnSbefonbere auch au f bie Rt\t ber SScr*
wenbung zu erfireefen, erfcheint aber fd)on au& bem ©runbe beoenflicb, weil
Angcfl. fid; bei feiner oorauSgegangencn gerichtlichen Vernehmung über Sic $cit
ber Verwenbung überall nid^t auSgclaffen h fl l- S)w zweite dichter Im* öud)
nach biefer Dichtung eine Interpretation ber erftinftanzlichen geftftcUung nicht
unternommen, ©ein (Srfcnntniß entbält baher allerbings bie in ber 91. 23. qc*
rügte Surfe. $a$felbe war baher auförunb ber §§.353. 386. ber ©t. $roz. 0.
o. 25. 3uni 1867 zu oernidjten, bie ©ad)e fclbft aber zur anberweitigen ^er*
hanblung unb ©ntfeheibung in bie II. Sttftanz zurüefzuoerweifen.
§. 16. bes K. (B. ». 21. (Dft 1878. Die auf (Brunb bts §. 16. 6c«
K. <P. gegen gemeingefährliche Bcjlrebungen ber 0o3ial6emofratie »om
21. (Dft. 187S poUseilicherfett» crlaffenen unb publisirtcn Verbote unter-
liegen bei Tlnflagen aus ben §§. 20. unb 21. bes CiL (Befc^es nid)t
einer ridjtcrlid)en Prüfung.
(£rf. bc& U. ©traffen. oom 2. $ej. 1879 c/a. 3)?., woburch bie S J2. &
bea Angefchulbigten zurüefgewiefen worben ift.
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2)cutfd}e6 ©trafrecbt. (Jrttnittnifjt beS SReidj$gtri(fit§. 39
© r ti tt b e.
2>aS ©efefe gegen bie gemeingefährlichen Seftrebungen ber ©ojialbemo*
Itatie »om 21. Oft. 1878 (91. ®. 331. 6. 351) beftimmt im §. 16.:
„SDaS ©infammeln »on Seiträgen jur görberung »on fojtalbemofratifchen,
fojialiftif d)en ober fommunifttfehen, auf ben Umfturj ber befle^enben Staate
ober ©efeUfchaftSorbnung genuteten Seftrebungen, fomte bie öffentliche Stuf*
forberung jur Seiftung folget Beiträge finb polizeilich gu »erbieten. 2)aS 23er*
bot ift öffentlich befannt ju machen. ®ie Sefd&werbe finbet nut an bie SBfof*
fichtSbehörben ftatt."
@S finb fobann in ben §§. 20., 21. ©trafen gegen benjenigen feftgefefet,
roclc^er einem nach §• 16« erlaffenen Serbote xuwtberhanbelt, je nachbem bie«
mit ober ohne ßenntnifj jebodj nach erfolgter Sefanntmachung beS SerbotS ge*
flehen ift.
Durch bie in bem SWelligenjblatte uora 9. 9?o»ember 1878 unb in
bem betreffenben 2lmtSblatte »om 15. SRooember 1878 »eröffentlichte Ser*
fügung beS flöntgl. $poliaet*$ßräfibiumS ju Berlin »om 6. 9to». 1878 ift auf
©runb beS §. 16. beS @. gegen bie gemeingefährlichen Seftrebungen ber 6o*
3ialbemoftatte oom 21. Oft. 1878 baS ©infammcln »on Beiträgen jut Unter*
ftüfcung »on Vereinen, ^njtituten unb ^rioatperfonen, welche bur<$ bie 2luS*
füfjrung beS gebachten ©efefceS betroffen finb ober in 3utu n ft etwa betroffen
werben, fowie bie öffentliche 2tufforbcrung jur Seiftung folcher Seiträge für ben
^olijeibejirf »on Serltn oerboten.
Daburch, bafe bie Verfügung auSbrüdflich auf ben §. 16. beS ©. oom
21. Oft. 1878 gegrünbet ift, ift baS ©infammein oon Beiträgen jur Unterftüfeung
ber barin bezeichneten Vereine, fjnfritute unb ^rioatperfonen, fowie bie öffent-
liche 2lufforberung jur Seiftung folcher beitrage als baS (Sinfamraeln »on Sei*
trägen zur görberung oon fozialbemorratifchen, fosialiftifdcjcn ober fommuniftifchen
auf ben Umfhitz ber beftehenben Staats» ober ©efellfchaftSorbnuna, gerichteten
Seftrebungen, beziehentlich als bie öffentliche Slufforberung zur Setftung folcher
Beiträge gefennjeichnet unb wegen biefer (Stgenfchaft für ben angegebenen söejttf
oerboten- ®8 ift beShalb ber in ber 9iichtigfeitSbcfchwerbc erhobene Sorwurf,
bafj baS polizeiliche Verbot fuh ü&cr M« burch baS ©. felbfi gezogenen ©renken
hinauf beioege, unbegrünbet. (fine weitere Prüfung aber tfl, wie ber 2lpp. dichter
mit Stecht annimmt, wegen beS nur an bie AuffichtSbehörben jugelaffenen Se*
fchwerbcwegcS auSgefchlojfen. 3n &en 2Jioti»en beS ©. ift auSbrücfltch auSge*
f prochen, bajj bie Ausführung beffelben, abgefehen oon ben Strafbeftimmungen,
lebiglich in bie §anb ber (Srcfutiobehörben gelegt werben folle, ba es fich um
bie Sbwenbung einer gemeinen ©efahr, alfo recht eigentlich um eine Säufgabe
ber $olUet fyanbk. Die babei in Setradjt fommenben fragen feien weniger
oon juriftifchen als oon politifchen ©cftchtSpunften aus zu beurteilen, unb eben
beShalb fei auch Seurthetlung berfelben nicht richterlichen, fonbern politifchen
Organen zu übertragen. 2luch eine gerichtliche ÄontroHc ber oon ben Serwal*
tungSbehörben auf ©runb beS ®. getroffenen 2ttajjnahmen fönne nicht in fitaac
fommen, wenn ber Bwecf beS ©. erreicht werben folle. Gine folche ÄontroÖc
würbe bem in $>eutfa)lanb geltenben SerwaltungSrechte nicht entfprechen unb bie
wirffamc Durchführung beS ©. gefährben (3J?otioe 6. 15). S)ie ©runbfäfie fmb
»on ben gefefcgebenben ^aftoren aboptirt.
®er 3lpp. dichter hat für erwiefen erachtet, bafj ber 2lngcfl. im 5too. unb 35es.
1878 ju Serlin nadj erfolgter ScFanntmathung beS SerbotcS uom 6. 5loo. 1878,
wenn auch ohne Itcnntnif; beffelben, Seiträge bis jum ©efammtbetrage oon
22 Wl 75 ?|8f. gefammelt hat, um befrimmten ^erfonen, welche auf ©runb bess
©. »om 21. Oft. 1878 »on Serlin auSgemiefen, alfo burch bie Ausführung beS
qebachten ©. betroffen waren, eine Steifeunterftü^ung ju gewähren, ©einer
JcftfieUung, bafj ber 2lngefl. baburch einem nach §• 16. beS ©ef. »om 21. Oft. 1878
40 2xutfdjes ©trafrcdjt (£rtcnntniffc bcö iReicbögeticfjtö.
erlaffenen Verbote nad) erfolgter SBefanntmadjung beweiben jurotber gcljanbelt
bat, liegt f)iemad) ein 9tecr)t3trrtf)um nidjt ju ©runbc, unb ift auf ben feftge*
ftettten $l)atbcftanb ber §. 21. bc3 gebauten ©. richtig angeroenbet.
§§. 147., 73 M 74. 6t <B. B. 3n bem auf einmal ftattftnbcnben
6icb»erfd)affcn falfdjen (Belbee fann eine ßonfucren3 mehrerer felbjl*
ftänbiget fjanblungen nidjt gefiinbcn werben.
©rf. be3 I. Straffen, o. 4. 2)cj. 1879 c/a. rooburd) greifpredjung be£
2lngcfd)ulbigten erfolgte.
© r fi n b c.
$n bem Sidjoerfcljaffen bc« falfdjcn ©elbeS auf einmal barf eine Äon*
furrens mehrerer felbftftänbiger öanblungen ntc^t crblicft werben, c3 erfdjeint
uielmeljr baffelbe aU eine $anblung, beren (Sinfjeit aud) baburd) nidjt befeitigt
rourbe , bafj baS auf einmal ud) oerfdjafftc ©elb fpäterl)in in ^Teilbeträgen —
in ©nefen unb Steinig — jur Verausgabung gelangte. 9tun mar aber bie
eine fcanblung beS Sid&ücrfdjaffen£ beS falfdcjcn ©clbcS burdj bie Aburteilung
in ©nefen jur ooUftänbigcn ftrafred)tlid)en (Srlebigung gebracht roorben, unb Tie
Durfte barum ntdjt nochmals in 33rc3lau als ba£ Ausgeben be3 falfdjcn ©elbcsS
in Seipjig im (Sinne be£ §. 147. 6t. ©. 8. qualifairenb beftroft roerben.
Snrotefern aber etroa ba« 2lu3geben bc£ falfdjcn ©clbeä in fieipjig otjne öinblid
auf ba£ ,,Sid>crfd)afftt)abcn'' bcffclbcn ein felbftftänbig frrafbareS ©elift bar-
fteHen tonnte, ift ntdjt jum ©egenftanb ber Slnflage gemadjt roorben.
§. 283 3 ) et. <B. B. (Erforoernif ber Qluffielluna, raujmännifa)er Bilan5
in jebem geitja^re.
(Srf. beö IT. Straffen, o. 2. $ej. 1879 c/a. ^acobn, rooburd) bie
91. SB. beS 2lngefd)ulbigten 3urädgeroiefen roorben ift.
© r ü n b e.
23a£ bie Verpflichtung $ur Vilamanfcrtiaung betrifft, fo cntfpridjt bie
33ef)auptung bem ©efefce nidjt, bafj foldjc in jebem Äalenbcrjabre ju erfolgen
fjabc, alfo beren Unterlnffung für ba3 3al;r 1878 bem 2lngefl. md)t jur Saft
fallen fönne, roeil bei 2lu3brud) be§ ÄonfurfcS bas $at)t nod) ntd)t oerftrid)en
geroefen. 2lrt. 29. beS 2). ©. 33. oerorbnet beftimmt, bafe bas än^entarium
cine§ Kaufmanns unb bie barauf gegrünbete Silanj juerfl beim Seginn feine«
©eroerbeS unb bemnädjjt in jebem ^afjre aufjuflctten fei, roag 3ur ©enüge er*
fetten läftf, bajj babei nicf)t an baS Äalenberjafjr, fonbern ba3 an ben ©efd)äft3'
beginn ficr) anfd)licfjenbe 3citjaf)r <]ebad)t unb für jcbeS 3 cit i ft ^ eine Silanj
erforbert rourbe.
2Bcnn nun nad^ ben tf)atfäd)üd)cn Ermittelungen ber ^nftanjgeridjtc
fcitfjcr ber Januar ber Wlonat geroefen ift, in rocidjem bic S3ilattj für baS ©c-
fa^äft beS 3lnaefl. auf jufteUen roar, fo fann e£ bem 3lngcfl. niebt 3ur 5öefd^roerbe
gereiajen, bnfe ber $erufung$ridf>tcr ben ^Ijatbcftanb bc« §. 283. 3»ff- D ^
% St. ©. 58. bcS&alb für nnmcnbbar craajictc, roeil Slngcfl. uon feiner testen
Silanjaufflcllung im Januar 1877 an ben ganzen 3ett^wni b& sum September
1878 oerftrcia)en lieB, olnie ber gefeilteren ^flid)t ju genügen.
§. 195. St. (B. B. Bewältigung bes (Ebemanne, Me feiner <£b e f rau
jugefüaten Beleibigungen aua) noch nad) bem lobe berfelben gerld)tltd)
5U verfolgen.
@rf. bcS TL Straffen, oom 9. 3)cj. 1879 in ber ^njuricnfaaje G. c/a.
rooburd) bic SR. 8. bes Scrt tagten jurüefgeroiefen roorben ift.
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© r ü n b e.
$>er 2lpp. Siebter nimmt als erroiefen an, ba§ bic SBerflagte ju Berlin im
Sommer 1877 in SBcflieljung auf bic baraalS nod) lebenbe (Sljcftau be£ fflaatxä
eine Xfmtfaä)e behauptet fjiat, roeldje biefelbe in ber öffentlidjen Meinung I;erawu>
roürbigen geeignet unb nidjt erroeislicb roafjr ift, unb bat auf bie oon bemßbe*
mann bec Selcibigten nad) bereu Xobe im (Sioilprojeffe erhobene Mage bie $Ber*
Ilagte au« §. 186. 6t. ©. 23. beftraft, inbem er ben Umftanb, bafc bie beleibigte
Gl;cfrau injroifa^en, obne oon ber Seleibigung tantnifj erlangt ju (wben, »er*
ftorben ift, als baS Älagred)* beS GbcmanneS, melier erft furje Sfo*
jteHung ber Älage oon ber beleibigenben 2leufjerung Äenntnifj erfjalten, nidjt
berübrenb eradjtct
SDer als oerlefct beaciajnete §. 195. 6t ©. beftimmt:
„6inb @^efrauen ober unter oäterlidjer ©eroalt ftebenbe Äinber bc>
leibigt roorben, fo Ijaben forooljl bie SSeleibigten, als oeren ß^emänncr
ober SBäter baS SRed&t, auf ©eftrafung anjutragen."
2)iefe 3?orfd)rift giebt naä) ibrem Wortlaute, roic nad) bem ©egenfafce
Mi ber baS 9IntragSred)t gefefeliajer Vertreter betreffenben 5Kegel beS §. 65. ba^
felbft ben (Sljemännem unb Katern ein fclbftftänbigeS 9tedf)t, roegen ber ifjrer
©fjefrau ober bem in tyrer oätcrlicbcn ©eroalt ftcljenben ftinbe zugefügten Se*
ütbtgung auf 5öeftrafung anzutragen. £>ieS 3ted)t tft an feine weitere iBorauS*
fe&ung, ^fonbern nur an bie %$atfaä)t gefnüpft, bafc (£I)efraucn ober unter
Däteriidfoer ©eroalt ftebenbe jfinber beleibigt roorben finb, unb baf)er mit bem
Gintritt biefer 5£^atfac^c — ber 8eleibigung ber ©Ijcfrau ober beS ÄinbcS —
gcjefcliä) erroorben. Sabci ift eS nidjt nur felbftocrftänblidf), bajj cS fiaj um
eine ber ©hefrau ober bem Äinbe bei beren Sebjeitcn jugefügte SBeleibigung
banbetn mufj, rocil 2lcufjerungen, roeldjc fidj auf einen ^erftorbenen besiegen,
überhaupt nur naa) SMafegabe beS §. 189. bafelbft ftrafbar unb ocrfolgbar finb;
fonbern eS ift aud) als rociter erforberlia) auSgcbrüdt, bafe bie ©eleibigung ber
ßbefrau roäljrenb beS SBeftebenS ber (*be, — bie »eleibigung beS ÄinbeS roäbrcnb
be3 33efte^en« ber oäterlidjen ©eroalt — gegeben ift. 5ßon bem Umftanbe
aber, bafe bie beleibigte (sljefratt ober ba§ beleibigte Äinb oon ber beleibigenben
^anblung felbft Äenntntfj erbatten l;at, ift baS 2lntrag3rcdjt be« ©bemanroS ober
bcsS SBaterä ebenfo roenig abbängig, alä baoon, ob bie ©befrau ober baä Äinb
telbft bie ^anblung als Seleibigung empfinben unb rügen roollen. SBie i^r
^Sollen, ebenfo finb aber audf, bie i|re $erfon fpäter betreffenben Umftanbe auf
ba£ gefe^liai einmal begründete Slntragdrea^t beS GbemanneS ober beS SaterS
" obne 6influ§. @S ift baber aua^ bem fpäter erfolgcnben Xobe ber beleibtsten
(äbefrau ober bc« beleibigtcn .^inbeS ober ber anöerroeit berbeigefübrten 2luf*
löfung ber @be ober ber oätcrlicben ©eroalt nia)t bic äßirfung beijumeffen, ba§
ba3 gefepa) entftanbene 2lntragirea)t beä Gbemanneä ober be« S3ater« roieber
oerloren gegt.
3lUerbingS fpred>en fta^ bic aWotioe ju bem §. 195. 6t. ©. SB. babm aus,
baft biefer niajt bie fogenanntc mittelbare ^njurie bcrü(fficf)tige, oiclmebr nur
bie Steckte beleibtster ©befraucn ober unter oätertidjer ©croalt ftebenber tfinber
befonberS roabren roolle unb barmn aua^ bem ©b cmannc un0 oem 33ttter ber
Seleibigten baS 9tea)t, bie ^eftrafung bc§ SclcibtgerS $u beantragen, cttl)cilc.
hieraus ift jebod,, abgefeben oon ber grage, roelajc 58cbeutung für bic 3lu3*
legung be£ gegebenen ©efe^eö ben 3Kotioen beijumeffen ift, eine ber oorftebenben
entgegengefe^tc 3luffaffung niebt ju entnebmen, ba barin nur ber ^malmte einer
bie '^erfon beS ©bemanne« ober $atcr£ mittelbar treffenben Seleibigung ent*
gegengetreten roirb, im SBeitcren aber gegenüber bem 9tea;te ber beleibigtcn
(sfiefröu unb be« beleibigten Äinbe« ein ^Hccbt bc« ©bemannet unb Katers an-
erfannt roirb, roeltbcS jroar als in Nücffify auf ben größeren Sajufe ber @b^
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A n. T.ntU«.-' - s., . i., ix _».,, ,, i „iff« v,u WciAAnovi/fttä
4.2 ji;tut]Cpcö (©ttaiTccDt. ucTtcnnintii*. Des jnciajö^encpte.
frau unb oet Äinbet gegeben bejeidmet, feiner 9tatur nadj aber einer weiteren
Erörterung nicfyt untersogen ift. $>er Slnnabme, bafe baS 2lntragSred>t beS @f)e*
manneS unb Vaters nur ein proscffualifdjeS Vertretungsrecht unb beSfjalb oon
bem Vcftebcn beS bie Vertretung begriinbenben Vcrf)ältniffeS abhängig fei, fteljt
nid)t nur bie .§erauSljcbung ber im §. 195. gebauten $ätte aus ber s Jtegel beS
§. 65., fonbern audj bie SBortfaffung beS §. 195. entgegen, weiter bem dbe*
manne unb bem Vater ber Veleibigten wegen ifyrcS pcrfönltd&en Ver&ältmffeS
3u benfelben ein bem 9ied)te biefer gleid) ftebenbcS SfatragSrecbt beilegt unb
bamit als ©runb ein gleiches ^ntereffe an ber Veftrafung beS VeleibigerS untere
ftcHt. ES fommt für biefe Auslegung als ein nid)t uncrbeblid)eS SJlomcnt ^inju,
bafe ber §. 195. 6t. ©. V. — abgefeljen oon ber tebtglid) rebaftioncüen ©ub*
ftituirung beS am ©d&luffe befinbKdjen SSortcS: „unb" für „ober" — mit bem
§. 162. beS spreufe. ©t. ©. V. com 14. 2lpril 1851 übereinirimmt unb bafc
beffen @ntftebungSgefd)id)te ergiebt, bafc bureb bie Söorte: „ fo Imbcn fomobl
bie Veleibigtcn als beren (Seemänner ober Leiter baS 9ledt)t ... ." ein über bie
$ro$efeüertretung binauSgetjenbeS Stedjt §at anerfannt unb jum Su^brudf gebraut
werben f ollen (oergl. ©oltb. 2lrd). Vb. 15. ©. 301. flg., 362. flg.).
$>ie SluSfüljrung be« Slpp. Stifters, bafe ber flläger bei ber ftrafredjt*
liefen Verfolgung ber feiner Ehefrau sugefügten Veleibtgung ein eigenes ftntcreffe
ocrfolgt unb ein eigenes 9ted)t wahrnimmt, unb bafe er baran burd) ben nad)
ber Velctbigung eingetretenen £ob feiner @f)efrau nidjt geljinbert wirb, ift biet*
na$ für richtig ju erachten unb baf)er bie 9tüge einer Verlegung beS §. 195.
©t. ©. V. als begtünbet nidjt anjuerfennen.
§. 284. et. B. §§. 250., 376. 6t ^05. <D. Cl)atbe(lan6 öee
(felütffpicte. (Bewetbemäfjigfett. <£rforocrnt£ eince <Berid)t8befd)lufic&
5um Detlefen oon üetnebmungeprototollen in 6er IjauptoerJjanölung.
<£rf. beS III. Straffen. 0. 10. ^5. 1879 c/a. ©cl5er unb tfatfjel, woburdj
baS Vorerf. oemiajtct wotben ift.
© r ü n b e.
I. ©ie gerügte Verlegung beS §. 284. beS ©t. ©. V. liegt ntdit oor.
es ift feftgeftellt, bajj ber 3euge ß., nadjbcm unter ben Slngefl. alle Vorberct*
tungen 3um beginne beS ßümmelblättcbcnfptcls getroffen waren, unb als
feinen ©mfafc 100 bem 2Jtitocrfl. ©. übergeben fjatte. fid) f)at befitmmen
laffen, einen ©afe oon 100 2Jlf. ju roagen. 9Jtit biefem ©cfcen 3U bem 3 ro crfe,
bamit ©eminn ober Verluft oon bem burd) 3ufatt 3U beflimmenben Ausgange
beS ©piels feftgcfteUt werbe , ift ber Xfwtbeftanb beS ©lücffpicls gegeben; ber
©efcenbe oerfutjt nia^t 311 fptelen, wenn er feinen ©nfa^ mad)t, fonbern er fpielt
bereits. 2)ajj baS ooraufgeljcnbc ©e^en beS Knaefl St. ein blofe fictioeS war,
ift nid)t feftgeftettt. 6S wäre bicS übrigens aua) o^nc Einfluß auf bie ©cur*
tljeilung ber erhobenen Vcfa^wcrbc, wie aufy fonft bctrügcrifcrjc Manipulationen
beim ©piele an bem Sljatbeftanbe beS ©pieleS nia^tS änbem. S)emnaa) lag
bereits ein ©piel oor, als ©. ben iljm oon ^. bebänbigten (Sinfafc o^ne suoorigeS
2lbfa)lagen ber Äarten bem übergab unb biefer mit bem ©elbe ent*
ternte.
II. Wlit Unred)t ift aueb im Termine biefer ^"^3 ^om Vert^eibiger ber
Slngefl. bie crfiri(^terlid)e geflfteHung ber ©ewerbSmä'jjigfeit angegriffen,
2lnfcl)ung beS &. erfd^eint bie ßinweifung auf bie Vorbcfirafungcn beSfclbcn
wegen beS alcia^cn Vergebens allcrbingS als auSreidjenb, um ben oorliegenbcn
galt in Verbinbung mit bem früberen auf (Srwerb bur(b ©piclgcwinn gerichteten
Xrciben ber 9lngcf(. als einen auf bcnfelbcn 3n>ecf gcrid>teten, fomit als einen
gewerbsmäßigen aufjufaffen. 3ittdC fid^tUd^ beS ©. f)at ber ^nfianäric^ter ange*
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2>oitf*e$ Strafred&t. fcrtenntmffc fce« Wtiäfamm-
43
nommen, bafj na$ Vereinbarung unter bat Efogefl. ©d&lepper gewefen, ©.
aber baS Socal unb bie harten bergegeben fjat unb fo gemeinfdfiaftlidj von Seiben
alles sunt Setriebe be« Spiels @rforberltd)e fjergcridjtet f et r bafe ferner aufeer
Ä. noeb anbere notorifdjc 6pieler bei 6. ifcren Serfelrc gehabt tyaben. £iefe
tbatfädjlicben Erwägungen fyabtn bem 9lid&ter olme föeajtäirrtfium bie Stonatnne
geftattet, bafe ber »orliea,cnbc %aU fein oereinjelter fei, »ielmcfjr auf einen go
roerbSmäfiigen Setrieb tynmtft.
ID. dagegen f>at ber 3weite föeüifiongantrag für begrünbet crad)tet werben
BiüfTcn. 3)er 3euge §• ift Eröffnung beS §auptt>erfaf)ren8 wegen großer
Entfernung auf ©eridjtsbcfdjütfe burd) einen erfüllen 9tid)ter oentommen. 3)te
Serlcfung be3 Seme&mung3protofoll£ in ber §auptocr()anblung mar jroar ftatt»
Imft, mu|te aber naef) §. 250. 2tbf. 3. ber <St. ^roj. 0. burd) ©eridjtSbefdjluij
angeorbnet, audd mufete ber ©runb ber Serlefung mit einem Semerfen über bie
Seeibigung ber oemommenen $erfon oerfünbet werben. 2ln bie SeobaAtung
biefer Sorfdjriftcn ift bie in §. 250. aufgehellte 2lu8nal)me oon ber 9leael be«
§. 249. gebunben. $er frttfjerc Sefdjluf} bc$ ©eridjtö über bie commiffarifdje
Vernehmung ift nidjt biejenige Sefd)luf?faffung, meldje ba$ ©efefc für bie &aupt*
oerbanblung felbft erforbert. 2)a3 ©eridjt bat oielmetn* unb jwar im $mblt<f
auf eine mögliche Seränberung ber ©abläge in ber ^wifd&enjeit ben früheren
Scfd&lufj einer Üiadjprüfung $u unterbieten unb in ber &auptöerfjanbtung feine
Entfdjliejjung barfiber, bafe unb am wettern ©runbe bie Serlefung bc3 $roto*
foIIeS ftatt ber Scrncfmtung erfolgen foüe, ju oerfünben. SDie Scrfünbung
bc£ mit 2tngabe beS ©ntnbcS ocrfefjenen ©eridjtSbefd&luffeS mufj ba3 ^rotofott
nadjmcifen, ba e£ ftcb um bie Seobadjtung einer wcfcntliajcn görmlidjfeit fjanbclt.
$n twrliegenber @ad)e ergibt ftd) aber au3 bem Sßrotofolle nur, bafj bie Serlefung
ber pro toroHarif d)en eiblidjen 9IuSfagen beä 3 cu 9 cn §• untcr 3 u ft" nmun 9 Dcr
©taat3anwaltfa>ft unb bc3 SBertfjcibigerS cincS ber llngcfl. erfolgt ift. 2)icfc
3uftimmung erfe^t nid)t ben im §. 250. gebauten ©ertdjtSbcfdblufj, welker eine
g,efe§lidje $orau$fcfcung für bic «Stattfjaftigfeit ber Serlefung bilbet. S)a biefer
iöcf(|lu| nadj bem für bie Seobadjtung ber oorgefdjriebcncn ^örmliajfeiten mafc
gebenben SßrotofoHc meber ftattgefunben fjat, noeb oerfünbet roorben ift, fo burfte
bie 3eugenau3fage bei ber UrtljeilSfällung nidjt benu^t werben, ^in ber %$at
ift fte aber für bie ^ftfaKung be« 9ii(^ter5 fo wefentlid) gewefen, ba§ ledere
auf berfclbcn mitberubt. ©icmadj beruht baß Urtfjeil felbft auf einer ©efeßeS*
uerlefcung. 6« bat baljer bie 2lufljebung bcSfelben mit feinen ^eftfteUungcn unb
bie 3uriUfoerweifuiig ber 6aa)e in bie 3nfian$ erfolgen müjfen.
§. 166. @t (P. B. «Eine in einem ar>irtb8b<uije abgegebene ?leu|erung
in (Pegenwart jweier perfenen fann als eine öjfentlicbe erad)tet werben.
Die Codierung (Cbrijli flellt ftd) als (Bottesläjlerung bar. Ijerabwürbigung
unb Cäftetung bura) befd)impfcnbe 'Jleujietungen* gelten mö)t als gleid)*
wertbige Begriffe.
(srf. beS UI. 6traffcn. o. 13. 2)e$. 1879 c/a. 6tort, wobura) baä Erf.
II. ^nftanj oemid)tet worben ift.
ü?aa) ber crjtridjtcrlidjcn, in ber 3lpp. 3 n ftflt3 beibehaltenen ^cftftcllung
bat ber 3lngctl. im 6eutbe'fa)cn Sföirtpljaufc ju ^rönbenberg in ©egenwart ber
3eugen ©. unb dl bic Steuerung gctljan:
© r ü n b e.
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44 Acutiwco otratiu. t. i&tieuntmpe dcs Jtctaf&gcnciHö.
il)m öorgcfchwafct, ber iictlnic ©eift wäre übet HHaria gefommen unb
baoon wäre baS ßinb".
Ser erftinftanjliche 9ticbter finbet, ba& biefe Steuerung eine £crabwürbi*
gung ©otteS enthält unb erachtet nach wetteren drrörterungen, welche ftd) auf
ine Oeffentlichfeit Der 2leufjerung unb baS baburd) ^erangel)obene 2lcrgerni§ be*
Riehen, hiernach für tbatfächlich fcftgcfteUt: bafe ber Slngeflagte baburdj, bafe er
öffentlich in bef dumpf enben Steuerungen ©Ott geläftert, ein 2tergerni§ gegeben
abe. ©eine Verurteilung ift aus §. 166. beS St ©. 8. erfolgt. Sie gegen
öS @rf. beS 21. ©. $u ßaram oora 8. SJtoi b. emgewenbete 9i. B. beS Slngefl.
richtet it)re materiellen Eingriffe auf SSerfennung unb unrichtige 2lnwenbung ber
9lccbtSbegriffc ber ©otteSltifterung unb ber Oeffentlichfett unb rügt gunächfi eine
Berletwng beS gefe^lid)en Begriffs ber ©otteSläfterung nad) §. 166. beS ©t. @. S.;
bie incriminirte 2leu&erung enthalte gar feine, auch nicht einmal eine anbeutuna>
weife 6rwäl)nung ©otteS, fonbern nur bie 9legirung eines SogmaS ber chrtjt*
liehen Äirche burch bie Behauptung, bie ©eburt ß^rifti fei baS ^robuft einer
natürlichen 3 eu 9 un 9 ßewefen. Stefe 2leu(jerung fönne wohl als eine Seleibigung
ber christlichen $ir$e bie Slnwenbung beS ©trafgefefceS bcarünben, falle aber
fcinenfalls unter ben Segriff ber ©otteSläfterung; auch etne Säfterung (Styxifti
ober beS h^l^cn ©eifteS fei barin nicht ju finben, ba roeber bem einen, noch
bem anberen ircjtnb welche 2lctioität pgefchrieben, ihnen oielmchr eine rein
paffiue Wolle sugeroiefen werbe, unb bie fonft ermähnten unb betroffenen ^erfonen
mit bem Segriff ©otteS offenbar nichts ju fchaffen hatten. 9tach ber (SnftehungS*
gefliehte beS St. ©. S. fei man jur Beibehaltung ber ©trafuorfchrift gegen
©otteSläfterung nur in bem ©inne gelangt, bafe bobei ber Begriff bor ©ottheit
überhaupt, fowie er allen SteligionSgefcHfdjaften im Staate gemeinfam fei, in
Betracht fommen fönne unb fotle; in biefem ©inne enthalte bie feftgefeöte 2leufjerung
über ©ott unb ©ottheit gar nichts, fic fönne bcShalb auch «i^t unter ben Bfc*
griff einer ©otteSläfterung fubfumirt werben unb fei biefeS nur in ftolge einer
unrichtigen 9tedjtSanfchauung gefchehen.
Sie Staatsanwaltschaft machte bagegen geltenb, bafe ©otteSläflerung jebc
ßcrabroürbigung beS Begriffes ber ©ottheit fei, eine fold)e aber auch in ber
£äfterung CSt)rifti liege unb unbebenflich in ber feltgefteötcn 2tcufecrung ju finben
fei, welche ßbrifiuS *Ö einer unmoralifchen gefchlechtlichen Serbmbung
herftammenb bezeichne.
Sie 91. S. rügt femer als Berlefcung beS ©efefceS, bafj ber 9. 91. baS
9tequiftt ber Oeffentlichfeit beShalb als äutrcffenb angefehen £abe, weil baS ©c*
fpräch mit bem Beugen 91., in welchem oom Stngcflagten bie infriminirte 2teufjc
rung in ©egenwart beS SBirthS ©. gemacht fei, in einer öffentlichen SBirthSftube
beffelben ftattgefunben Imbe, worin ber Sutrttt einer unbcflimmtcn Mehrheit
aus bem <jSubltfum ieben 2lugenblicf Iwbe erfolgen fönnen unb bemnächft auch
erfolgt fei.
Ser 31. 9t. fyatti oic f cn ©tunb für bie Annahme ber Oeffentlichfeit ber
Säfterung bem oom erften 9tid)ter angeführten hinzugefügt, bafe bie 2leufeerung
in einem öffentlichen ©trthshaufe fo laut gefchehen fei, ba§ ber SBirth, ber in
baS ©efpräch ^wifchen bem Slngcflagtcn unb bem 3eiigen % nicht oerwicfelt
war, fic gehört höbe.
$aS ©efefc beftimmt ben Begriff ber Oeffentlichfeit nicht, unb bie ÜKotfoe
mm Gntwurf beS ©t. ©. B. fprechen aus, bafe baoon abjufehen fei, weil ber
3luSbrucf „öffentlich" nicht überall bcnfelben Umfang höbe, fid) oielmchr nach
bem 3 ,ü ccf unb ben fonftigen BorauSfc^ungcn ber oerfchiebenen ©trafbeftim*
mungen oerfchieben gcftaltcn fönne. SaS 9Jierrmal beS öffentlichen DrtcS foH
nicht mehr baS entfeheibenbe fein, oielmchr wirb baoon ausgegangen, bajj baS
wefentltchfte Äennjeichen ber Oeffentlichfeit bem ©prachgebrauchc gemäfc barin
bejiehe, bafe bie fragliche §anblung in einer 2lrt unb Söeife oorgenommen
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2>eutf($e& Straftest. Srtctmtnifie t>e« 3teic$«gerid>t$. 45
würbe, ©ermöge beren fic — unbeflimmt oon welken unb rate Dielen $erfonen
— wahrgenommen werben tonnte; währenb bie Ocffcntltc^feit oemeint wirb,
wenn bie ^anblung ober Sleufeerung nur für bie SBahrnehmung gewtffer ^5cr-
fonen beftimmt war unb, oon 3ufälligfeiten abgelesen, auch nur oon biefen
bewerft werben fonnte. 3 u 8Wä) nnrb aber auSgefprodjen, baf$ ba£ ©efe$, im
Slnfölujj an baS bager. 6t. ®. eS ber ©eurtheilung beS Richters überlaffen
wolle, nach ber 2Irt beS Verbrechens ober ben Umfiänben, unter benen es be-
gangen würbe, zu entfdbeiben, ob bie Oeffentltchfeit als norhanben anzunehmen
fei. $arnad) ift eS wefentlidj als eine Jtjatfrage anjufe^cn, ob im einzelnen
gaH, Deffentlichfett anzunehmen ift, unb fann bem 3njtanjrid)ter jcbenfaHS bann
feine ©efefceSoerle&ung oorgemorfen werben, wenn er bie $rage für ben
gegebenen $all mit Ulücf fiept barauf bejaht, bafj bie in s Jtebe fte^enbe
2teufjerung in einem 2BirthSlofal, einem bem $ubtifum zugänglichen Ort, m
ben jeben 2lugenblicf eine Mehrzahl weiterer ^erfonen jjabe eintreten fönnen
unb bemnädjft auch eingetreten fei, in ©egenroart jwetcr Sßerfonen gemacht
war, oon benen auch biejenige, an welche fte nicht gerietet würbe, fte per*
nommen fyat.
SBaS nun im Uebrigen ben 9ted)tSbegriff ber ©otteSläfterung unb beffen
behauptete Serfennung unb Serlefcung angebt, fo ift in ber beftraften 2leufje*
rung eine auSbrücfUche öeroorljebung beS göttlichen 9tamenS allerbingS nicht
enthalten, wohl aber wirb in berfelben bie $3et)auptung aufgehellt, bafj bie We-
hret ©^rifii auf ein unzüchtiges aef dt)Iedt) tlid^ed Serhältmfj jurücfmfüljren fei.
llnwefentlid) ift eS für ben Sjatbeftanb beS §. 166. beS 6t. ®. bafj ber
geldwerten $erfon felbft pofttioe £anblungcn irgenb einer 2lrt nicht zur Saft
gelegt werben. 2)enn auch ohne biefe ©orauSfe|$ung fann eine Saffenttta in
befcr)hnpfenben Sleufjerungen fein; wohl gebadtjt werben. S)afj ber Sfogeflagte
bureg feine Sleufjcrung 2lcrgernifj gegeben habe, ift ohne SteebtSirrthum au« ber
(srflärung eines Beugen geschloffen, wonach fein reltgiöfeS @efüt)l baburd) tief
oerlefct fei.
6S f)ängt alfo bie Sinnahme beS £fjatbeftanbs ber ©otteSläfterung baoon
ab, ob ferner anzunehmen ift, bafj bie Sßerfon ©hnfre ohne weiteres unter ben
©otteSbeartff fubfumirt werben tonn. 2)afj bieg nach ben ©runbanfa)auungen
ber chrifttieben Jttrche gesehen fann unb gefchehen mufj, ift nach oem Inhalt
beS $icänifchen unb Sthanafianifchcn ©laubenSbefenntniffeS, fomie ber SlugS'
burgifchen Äonfeffion nicht zweifelhaft. @S fann ftcb alfo nur barum Imnbeln,
ob ber §. 166. ben ©otteSbegriff m ber bei ben ©efennern ber im 6taate an*
erfannten Äonfcffionen, alfo inSbefonbcre in ber chriftlichen Ätrdje auf ber
©runblage ü)rer pofitioen ©efenntniffe lebenbigcn ©ebeutung oerftanben twt, in
welcher er auch bie $erfon (Sfreifti umfaßt, ober ob baS 6trafgefe| u)n von
jeber bogmatifchen SSluffaffung irgenb eine« 9tcligion«befenntniffe« f)at loSlöfen
unb auf bie allen Steligionen unb aller s Jteligiofität jum ©runbe liegenbe 3bee
eines 1)'6<S)$cn 2BefenS befchränfen wollen.
Sei Söfung biefer ^rage mufe oorjugSweife ber Sßortlaut, bie ©ntftehungS*
aef Richte unb ber 3wecf bcS ©efefceS in Betracht gejogen werben. $er §. 166.
Stellt in feinem ©ingange ben Segriff ber ©otteSläftcrung feft unb fügt bann
unter berfelben ©trafanbrohung bie ©efebimpfung ber chrifllichen Äirchen unb
ber in SUeutfchlanb mit ßorporationSrechtcn oerfehenen SfteligionSgefeUfchaften
binju. ®ie enge SSerfnüpfung beiber Sltematioen unb bie in Der zweiten aus*
brücflicb enthaltene befonbere £ert>orhcbung ber chrifilichen Äirchen beutet fetjr
entfehicoen barauf l;in, bafj man auch in ber erfieren bie funbamentalc 3luffaffung
beS ©otteSbegriffS, wie er ftch in ben chriftlidjcn Kirchen ausgeprägt hnt, nicht
habe atiSfchlic&cn unb biefen tfirchen nicht erft in ber zweiten SÜternatioe einen
6a)u^ gegen Sefd)impfungen gewähren wollen.
Such bie §ntftehungsgefchichte be« 6t. ©. S. führt nicht zu einer ab-
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46 2>eutf<f)e6 ©trafredjt. Qrrtenntnifie bc§ Weirtftierfc&t«.
weichcnben 2luffaffung. SMe 3Kotioe fprechcn jumt beutlich aus, ba§ ©ort ntdjt
als burdj eine menfebtiebe ^anblung nerlefcbar a,ebacbt werben fann unb barum
auch nicht ber ©üfmung burdj menfchlicbe ©trafen, wie eine beteiligte irbifebe
$erfon bebarf; [ic fbiben aber in ber ©otteSläftcrung eine Verlegung beS
religiöfen ©efühlS Slnberer nnb erFennen an, bafc ein foldjeö ©efübl fd^on barum
auf ben ©chuft beS ©cfcfceS Slnfprucb machen bürfe, um nic^t bic 9Jtetnung auf*
fommen ju laftcn, bafj ber ©taat an ber Erhaltung biefcS religiöfen ©efüijlS im
Volte feinen 2lntljcil nehme unb eS als gleichgültig betraute; aus biefem ©runbe
habe eS einer auSbrticfliebcn ©trafanbrolmng gegen bic ©otteSläfterung unb nicht
bloS einer folcben gegen bic Säfterung oon ©egenftanben ber Verehrung beburft,
worunter bie ©ottbeit ftiUfchwcigenb ju fubfuniircn fein würbe. SluS biefer Er*
örterung ergiebt fiel), bafe ber ©efefjgeber ben ©nmb ber ©trafanbrolmng gegen
bie ©otteSläfterung barin finbet, bafj fie einen Angriff auf bie ftttlictjc Drbnung
beS ©taateS enthält, als beren ©tüfcc unb ©runblagc baS religiöfe ©efüljl beS
Golfes anerfamtt wirb, weldjeS aber beStwtb gegen befchimpfenbe 3Jtonifefiationen
folchcr Angriffe ju fdjüfcen fei. 2)aS reltgiöfe ©efübl beS VolfeS aber tfl bebingt
burd) bie Religion, ber es 3ugcf)ört unb bic ©lauoenSbcfcnntniffc, bie cS t^etlt.
®a nun ber überwiegenbe ber Veoölfcrung beS beutfeben SfteichcS aus
Anhängern ber djriftlidjcn Religion befielt, fo lief fi<h minbcjtenS nicht aner^
fennen, bafe bie beutfehe ©efcfcgebunq non ihrer ©trafbeftimmung gegen bic
©otteSläfterung ben auf bem cbriftlicijcn ©laubcnSbcfenntnifj ruhenben ©otteS*
begriff ^abe auSfdjltejjen wollen.
S)er auScjefprodbcnc 3wecf beS ©efefeeS würbe fonfl ^tnfid^tlid^ aller berer
unerreichbar bleiben, oeren religiöfcr ©laubc auf bem ©runbc ber Vcfcnntniffc
ber chriftlichcn tfirchc ruht; alfo beS überroiegenb jahlrcichftcn feiles ber Sc*
oölferung beS Geichs.
Sfitenn nun aber auch foldjergeftalt bic grunbfäfclia)e 3luffaffung beS Ve*
griffcS ber ©otteSläfterung, wie fic bem angefochtenen Erfenntniffe 511m ©runbe
gelegt ift, nicht als rccbtSirrig augefeljen werben fann, fo unterliegt baSfelbe
glcia)wol)l ber Vernichtung.
9iach bem Sortlaut beS §. 1 66. unb nur Säftcnmgcn burdh befchimpfenbe
Seufeerungen ftrafbar. 2)cr crftinftanjlicbc dichter bat aua) biefcS 3)toment in
feine ©chlufefeftftcllung aufgenommen, allein es ift nidtjt erftchtlicb, bafj er bic
$eftftcUung beffclbcn aus anberen tlmtfäcbUd)cn 3Jcomcntcn abgeleitet ^abe, als
aus ber Eingangs feiner Erwägungen auSgcfprocbcnen Slnnabmc, bie feftgeftcUtc
äleufjcrung enthalte eine ^crabwürbigung ©ottcS. -Jtun ftnb aber öcrabwürbigung
unb Üäfterung burch befdumpfenbe Slcüfjentngcn feine gleichwerthigcn begriffe.
Eine .^erabwürbigung , welche nur einen Langel an Sichtung bethätigt, ift
noch feine $efd)impfung. ^n Schiebung auf Scfen ober Serhältniffe, welche
Verehrung, ^cilighaltung, Scthciligung ber Pietät forbem (§§. 160., 168.,
189. beS ©t. ©. befunbet eine befchimpfenbe Scufeerung bie SBeracbtung
beS ^eiligen, beffen, was Achtung unb Verehrung forbert. 3^ach oiefer
9ttchtung entbehrt baS norberrtchterlichc (Srfenntnifj ber erforberlichen 5«ft*
ftcllung, ba nicht Umftänbe aufgenommen worben finb, aus benen fic£ ableiten
ließe, bafj Slngcfl. ©Ott burch befchimpfenbe Steuerungen in biefem ©innc ge*
läftert habe.
S)arin, baß biefeS in feiner 2öcifc gefchchen ift, liegt ein 3)iangcl ber
oorinftanslichcn ^cfrflcUung beS 2h«tbcflanbcS beS beftraften Vergehens, welcher
bie Vernichtung beS angefochtenen UrtheilS, fowic, ba cS in biefer 9tidjtung
nod) anberweiter thatfäd)lichcr Ermittlungen unb ^cftficllungcn bebarf, bic 3mitä*
uerweifung ber ©ad>e ju weiterer Verhanblung unb Entfchcibung an baS ©ericht
ber porigen M<Mh erheifcht.
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3>eutfät$ ©trafwAt ©rtenntmn'e 1*8 9kic6§gcric&t8. 47
§. 184. 0t <B. B. Chatbefranb bes §. 184. 0t. <B. B. bei in öffent-
lichen Blättern »erbreiteten Annoncen, betr. ben Derfauf »on prefer-
oatioe ober Corbone.
grf. bc« T. ©troffen. 0. 15. 2>ej. 1879 c/a. ©ch Ott unb TOielf r wo-
burd) bie 91. ber 2lngcfchulbigten jurüefgeroiefen roorben ifl.
© t ä n b e.
93eibe Slngcflagte rügen rccht«irrthümlichc« Serftänbniß be« §. 184. be«
6t. @. weil untüchtige ©cljriftcn nur folche feien, reelle in gefchlechtltcher
SJejiehung bie ©chamhafttgfeit unb ba« ©ittlichfeit«gefühl grob Ii et) oerlc&en,
roo« nicht fcjtgcftellt roorben, weil ba« betreffenbe ©chriftftücf objeftio nichts
Slnbere«, als eine ba« Angebot einer ÜBanre cntljaUcnbe geroerbliche Annonce
fei, weil roeber bie Vornahme eine« außerehelichen 23eifchlaf«, noch bie babei
anniroenbenbc 3}orfiä)t etroa« abfolut unfitiliche«, noch auch in ber 3?orm ber
Sinnige eine 3lnreyung *ur Unmcfyt enthalten fei. 2)ie %xa^t, ob eine ©djrift
geeignet fei, einen gefcglecrjtlidjen 9iei$ ju üben unb ob biefe ihre (sigenfehaft
e als eine untüchtige erfa^einen laffc, ift aber eine thatfädjliehe. $a« 2lpp.
©ericr)t hat für enoiefen erachtet, bafj ba« öffentliche SuSbtctcn von ©dw&mitteln
gegen fnptjilitifc^e Slnftccfungen bei ^olljtebung bc« 5Bcifd)tafcjS geeignet erfc^cine,
iiefer aur Sornabme außerehelichen Süeifchlaf« anzureisen unb Da« ©cham* unb
©Utlichfcit«gcfübl 2tnbercr ju ocrlc&en. ÜMit biefer 2lu«lcgung bc« oorlicgenb
in #rage ftchenben .Scüunggtnferat« fefct fia) ba« 2lpp. (Bericht nicht in 38iber*
fprucfi mit ben 23 cgriff«mcr fatalen ber im §. 184. be« ©t. ©. 23. aufgehellten
©trafthat. S)iefclbcn erforbem roeber einen befonberen ©rab ber SJerlefeung
oon ©chamhaftigfeit«> ober StttlichfeU«gefübl — noch fließt ber tyaxatttx ber
geroerblichen 2lnjeige ben ^hatbeftanb be« Vergehen« au«, auch ift ba« Unfitt*
liehe nicht in ber Inbeutung außerehelichen ^cifchlaf« ober ber gegen bie babei
kjtehenbcn ©efahren gegebenen ©a)u6mittel an ftch, fonbem in ber burch bie
Offcrirung folcher ©chu&mitiel in öffentlichen blättern enthaltenen 3lnrciäung
Sur Ausübung ber Unjucht unb bjro. bem hierburch cinjclneit Seferrretfen ge*
gebenen 2lnftoß gefunben roorben.
äöcun ber 9Jcitangeflagte ©cf>. außerbem rügt, baß ba« Ipp. ©cricht in
feinem gugeftänbniß gcroußt ju haben, baß bie angebotenen ©cr)u&mittel bei
Vollziehung bc« 33eifa)laf« benufct werben, ba« weitere finbc, gemußt ju haben,
baß biefer ©ebrauch bie Verhütung fnphilüifdjcr Slnflccfung bepeefe, fo ifl biefe
23eroei«frage nicht mit ber 9c. 23., in«bcfonbere al« 2lftenroibrigfcit anzugreifen;
ben 2)olu« aber, roie t(m bie 9L 23. für erforbcrlich Wilt, bat oa« 3lpp. ©ericht
auöbrücflich bahin feftgeftellt, baß ber Singeft ba« 23crouBtfein uon bem un*
Süchtigen Inhalt ber Annonce nicht nur fyabc haben muffen, fonbem auch roirflich
aehabt hat
§. 288. 0t. <B. B. unb §. 9. ber 6ubha(tation8-<D. v. 15. fllärj 1869.
jDie (Einleitung ber 6ubhaftation ifl feine brohenbe Sroangswllftrecföna,
berjenigen Healgläubiger, roelchc biefclbe nicht beantragt $«ben ober ihr
nicht beigetreten ftnb. Besüglich ihrer er,ljtlrt feine nach 8- 288. 0t. <B. B.
(traf bare Beifeitefchaffung von Dermögeneobjeften feitene bee @a)ulbncrd.
erf. be« II. ©traffen. o. 16. 2)ej. 1879 c/a. &, rooburch ba« @rf. be« fianb'
gericht« ju ^- aufgehoben unb auf $reifpred)ung erfannt roorben tft.
© r ü n b e:
Set »orberrichter legt ben 8. 288. ©t. ©. richtig bahin au«, baß
ber ©chulbner, welcher »eftanbtheile feine« Vermögen« oeräußert ober beifeite
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48 $cutf<fic3 (Straftest ©rtenntnific beS fflei^Sgericty«.
famfft, in ber 2lbfid)t gebanbelt haben mufe, bte Vcfriebtguna eines befHmmten
©laubiger«, unb äroar eines folgen, oon welkem ^er ihm 3n>angSoollftrecfung
brobt, ju oereiteln. S)tefe Auslegung ergiebt fid^ nicht nur aus ben Söorten
beS §. 288, fonbern aud) aus bem 3n , edEe ber ©trafnorfebrift, roelcber nad) ben
amtlichen SJtotiocn (©. 137—138) baf;in gebt, ber böswilligen Vereitelung einer
©pe3ial*Erefution entgegenzutreten. Söenn nun ber Vorberri<f)tcr erroäbnt, bafc
bie ©laubiger ©d). unb ©cb. einen Srefutiotttel ftch nicht oerfd&afft Ratten, fo
fommt eS für bie graae, ob bem >ilng'cflagtcn oon ihrer ©eite eine 3roang8oolI'
ftreefung brobte, auf btefen llmftanb aHerbtngS nicht an. 3lad) bem 3ufammen*
bange ber EntfcbetbungSgrünbe f>at ber Vorberricbtcr jebod) angenommen, bajj
nur bie auf Slntrag beS neuen ^ofener ÄrebttoeremS eingeleitete ©ubbaftation
unb bie Eigenfdt)aft ber ©laubiger ©dj. unb ©cb. als ^ypotbetengläubiger bei
^Beurteilung ber £anblung beS Slngefl. tt)atfäc^ltdt) in Vetrad)t tritt, unb es
ftnb inSbcfonbere feine S^atfadjen feftaefielit, roeldje ergeben, bafj biefe beiben
©laubiger roegen ihrer ^orberungen fclbft eine ^roangSooUftreefung berbeijufübren
unternommen ober auch nur beabfiebttgt Ijaben. ES fragt ftcb ba^er lebtglicb,
ob bie Einleitung ber ©ubbaftation eine oon feiten berjenigen Sftealgläubtger,
meldte biefelbe nidjt beantragt f>aben ober ihr nic^t beigetreten ftnb, brol)cnbc
3roangSoolIftrecfung barftettt, unb biefe ftrage ift nad) ber fjier anmenbbaren
prcuf?ifd)en ©ubbajtattonS'O. oom 15. 3Jfdr§ 18G9 ju oerncinen.
3roar bewirft nach §. 9. baf. bie Einleitung ber ©ubbaftation }u ©unften
ber ©laubiger, welche biefelbe beantragt haben ober u)r beigetreten finb, forote
ber jur 3^it ber Einleitung oor^aubenen 9teatgläubiger eine Vefd)tagnabmc bc§
©runbfrücfs — fclbftoerftänblid) aud) beS geblieben 3ubebörS — unb macht
baffelbe in Vejua, auf biefe ^erfonen ju einer ftreitigen ©aa)e. StatauS folgt
jebod; md)t f bat? bie ©ubbaftation eine 3n>ang<SöolIfrrc<Jung ber jur 3cit ber
Einleitung oorbanbenen föealgläubtgcr ift. Eine fola)c ift bie ©ubbaftation nad)
ben §§. 5.-8. baf. nur oon feiten berjenigen ©laubiger, roela)e biefelbe beantragt
haben ober welche ir)r beigetreten ftno. ES ergiebt fidj bieS aud) barauS, bafj
ber Setrieb unb Fortgang ber ©ublmftatton oon it;rer unb nur oon ihrer
2ÖiHen3entfd)lieBung unb oon bem Veftanbe ihrer ftorberungen, roegen roeld)er
fie Vefriebigung fud)cn, abfängt; benn nad) §. 32. baf. fönnen bie ©laubiger,
auf beren Antrag bie ©ubbaftation betrieben wirb, ben Slntrag bis 3um ©d)luffe
beS VerfteigerungS*^rotofoUcS 3urücfnebmen unb bamit bte Aufhebung beö Vcr*
fafyrenS herbeiführen. Ebenfo fann nad) §. 33. ber ©d)ulbner bie Einfettung
beS Verfahrens herbeiführen, roenn er bis $u jenem 3citpunftc bte ©umme ber
6d)ulb, roeld^e burdj bie ©ubbaftation beigetrieben roerben foU, nebfl 3^ n f cn
unb Sofien gericf)tlid[) nicbcrlcgt unb für bie Soften beS Verfahrens ©t^erbeit
leiftet, ober roenn er nad) SDialgabe beS §. 35. bie Vefriebigung beS ©läubigerS,
roelcber bie ©ubbaftation beantragt ^at f nad^roeift. Dlacb §. 39. 9tr. 4. fott femer
ber 3ufa)lag oerfagt roerben, roenn bte gorberung, roegen beren bie ©ubbaftation
eingeleitet roorben ift, mittels berfelben nid^t beigetrieben roerben barf. S)ie
SHcalgläubiger, roeltbe bie ©ubbaftation nid&t beantragt b^ben ober ibr nidjt bei*
getreten Tinb, ftnb bei bem Verfahren nur beSbalb beteiligt, roeil baffelbe ibre
9ted)te berührt unb nad) feinem 3roecfe ohne il)re 3u3i c bmu3 nid)t burebfübrbar
ift. Sludh ber Umfianb, bafe bie Einleitung ber ©ubbaftation aud) }u ihren
©unften eine Vefdjlagnabme beroirft unb aua) rü(fftd)tlicb ihrer baS ©runbftücf
unb beffen gcfc^licbeS 3^^| 0 ^ 5 U emcm ftreitigen macht, btent nur jur ©iebe*
rung ihrer fechte bei bem Verfahren, b at ftt)er «i<^t bie Vebeutung, bafe bie
3roangSoollftrecfung als oon ihnen auSgehenb ober aud) nur in il)rem ^ntereffe
gefebeben angefebeu roerben fann.
$)cr Vorberrid)tcr t;at biernad), inbem er oernetnt, bafe bem Stngefl. oon
fetten bev ©laubiger ©<h- unb ©a). eine 3roangöooaftrccfung gebrobt h^t, ben
§. 9. ber ©ubbaftationS-D. oom 15. 9Jtär$ 1809 unb aud) burch feine Auslegung
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SDcutfäeS ©trafwät örtemitmfie bc$ Wei#Sgeri#tS. 49
beS §. 288. 6t. ©. 8.'« btefe 6trafoorfchrtft m<$t oerlefct. dagegen hat ber*
felbe auf ben feftgeftcliten Xhatbeftanb ben §. 288. unrichtig angewenbet, inbem
er, obwohl bura) ben 6trafantrag ber genannten Stealgläubiaer unb mit
ber ^anblung be$ Slngefl. nur in ihrer Sfti$tung gegen btefe befafjt, tro|bem
bafe er ein £!jatbeftanbgmerhnal oerneint, auf ©mjteüung beä Verfahrens unb
nicht melmel;r auf ftreifprechung be£ Singet! erfanut hat. fcaju tonnte ihm
aud) ber §. 259. 6t. 0. feine Berechtigung geben, weil banach bie (Stnjiel-
lung be« Verfahren« nur aisbann au&ufprechen ift, wenn bei einer nur auf
Antrag ju oerfolgcnben frraf baren $anblung [vfy ergiebt, bat ber erforberliche
Antrag nicht oorliegt ober wenn ber Intrag rechtzeitig äurücfgenommen ift.
äßegen ber $ur Auflage gefaßten Staat lag aber feiteruS ber in ber 2ln*
flage befrimmt als oertefct bezeichneten Sßerfonen ein 6trafantrag cor, wät)renb
es auf ben 5Rangel eine« 6trafantrage$ beä neuen $ofener ÄrebitoereinS
nidtjt anfam, ba eine gegen biefen oerübte Sttaft^at in ber änflage nicht
gerügt war.
2a* angefochtene Urteil ift baber als berubenb auf unrichtiger Hnwen*
bung be£ §. 288. 6t. ©. 8.'$ auf bie bemfelben ju ©runbe liegenoc geftftellung,
gemäfe §. 393. 6t. % 0. aufzuheben; in ber 6a$e felbft aber ift, ba e3 weiterer
that)äcfc)Iicher (Erörterungen nicht bebarf, bei bem feflgcfteüten ^ichtoorhanbenfein
eines $hatbefknbserforberniffeS m & 9lüctfid^t auf §. 343. unb gemäj} §. 394.
baf. auf greifprechung beS 2lngefl. oon bem ihm als gegen ben Kaufmann 6d).
unb ben SRentier Sdt). oerübt jur Itaft gelegten Vergehen gegen §. 288. 6t. ®. $.'3
ut erfennen
§. 316. Tibi. 2. et u\ B. Die für ben Dienjt ber Bahnbeamten er*
laflenen 3nftruttionen haben nicht bie Bebeutung eines cBef. im Sinne öes
%tt 107. 6es CBef. 0. 3. tHat 1852, fo ba| auf bie unrichtige Stmoenbung
einselner Paragraphen 6er3njrruftionen einell.B.gegrünbet werben fönnte.
erf. be* ÜL 6traffen. 0. 17. fce*. 1879 c/a. Xl)it t wobura? bie 91, ».
be£ 3lngefchulbigten jurüefgeroiefen worben ift.
© r tt n b e.
$>ie 3c. greift burchgängtg auf thatfächliche SSer^ältniffe mrücf, weiche
oon bem 21. dl. unrichtig beurteilt worben fein foUen. darauf fann aber bie
s Ji. nicht gegrünbet werben.
$)er R. 5t. hat junächft ausführlich erörtert, welche Obliegenheiten ber
StattonSoorfteber £t)- Vermeibung oon ©efahren bei bem 3urücfgehen beS
©üterjugeä auf ba£ Ucberholungageleis $u erfüllen hatte; er ftellt bemnächft fe^,
baB ber 6tation$üorfieher SCh- oic f c Obliegenheiten erfüllen fonnte; er fieUt
namentlich feft, bafe ber 6tatiow8oorfteher Zf). oon bem Jierron au« eÄ fehen
raujjte, wenn bie SBeiche falfch ftanb. @r ftellt enblich feft, bajj bie 93kiche 6
bei bem 3urücfgehen b& ©titerjugeö nur eine 3eit lang oorher falfch gejtanben
tjat; erörtert babei bie möglichen eine Sßerfchulbung beg Sefchwerbeführer«
aueichliepenben Urfachen, fommt ju bem 9lefultate, ba^ folche Urfachen nicht
oorgetegen haben, unb jieht nun ben 6chlufe, bafe ber ©efchwerbeführer feine
Obliegenheiten nicht erfüllt hat.
S)a£ 9L ®. bewegt [ich babei auÄfchliefelich auf bem «oben ber Beweis
frage, unb bie 2öürbigung biefer ^raae ifi ber Nachprüfung beö 3Uchtigfeit«richter«
entjogen, bie 91. ©. ij! au& biefem ©runbe $u oerwerfen.
^nfonberheit geht bie 31. ©. fehl, wenn fie baraulegen oerfucht, ber Sorber*
ridjter tyabt ben iHecht^grunbfa^ oerle^t,
„ba^ bie Sermuthung bafür ftreitet, bafe ber Beamte feine Pflichten
erfüüt habe, unb bafe ba« ©egentheil ü>m bewiefen werben müffe.
%xi)VO 1880. L ^«ft. 4
SDic Verfdmlbung be« 3lngefl. raufe jebe« 2M bewiefen werben, nicht blo*
bie in ber unterlaffenen Pflichterfüllung begrünbete Verfdwlbung eine« Beamten,
fonbern jebe Verfcr)ulbung, auct) bie eines lUtdjtbeamtert , wenn berfelbe befrraft
werben foOL $)a« fyat aud) ber 8t. 9*. nidt)t oerfannt, er h** melraefjr nach bem
Vorau«gefchicften bie Vewei«grünbe für eine Verfct)ulbung be« 2tngefL eingehen*
erörtert unb ba« fo begrünbete 9tefultat feiner Prüfung in bem (5rf. niedergelegt.
3)ie für ben SKenfl ber Valmbeamten erlaffenen ^nftruftionen haben nict)t
bie «ebeutung eine« ©ef. im Sinne be« 2lrt. 107. be« ©ef. o. 3. 9Rai 1852,
fo bafe auf bie unrichtige Slnwenbung einzelner Paragraphen ber ^nffrufnon
eine 31. V. unmittelbar gegrünbet werben fönnte. Eurer) bie i^nftruirion werben
Obliegenheiten nur für ben engen tfretö ber ©afmbeamten unb nur gegenüber
ber Vahnoerwaltung normirt. ftür ben 6trafrid)ter hat bie S)ienfrinftruttion
bie Vebeutung eine« Vcwei«mittel«, wie etwa bie Vertrag«urfunbe, um am ber"
felben ju erfennen, melier perfon innerhalb ber Vetrieb«oerwaltung bie Ver*
pflichtung oblag, eine beftimmte gunftion im einzelnen galle auszuüben. S)ie
Üöürbigung biefe« Beweismittel« gehört jur Acftftcllung ber tbcitfadblicbcn Unter-
lagen einer Verurteilung be« betreffenben üifenbahnbeamten. Ob ber dichter
richtig gewürbigt t)at, ob er namentlich bie Verpflichtungen be« Vefchmerbefütrrer«
au« §. 22. ftatt au« §§. 15. unb 22. abzuleiten hatte, tonnte ber »ngefl. hiernach
jum ©egenftanb feiner % V. nia)t machen.
§§. 243-246 0t. proj. <D M §. 8. be* preujj. <Bef. ». 6. Ulat 1369,
§. 1. beo 2lu8führung8-(Bcf. t>. 24. 3lpril 1878, §. 9. bts preu& (Bef.
r». 3. Hlai 1879. Ablehnung erft in ber fjauptoerhanblung benannter
geugen feiten« 6es erfennenben (Berichts wegen Unerheblichfeit ihrer be-
haupteten Tlasfagen aUt nicht ale Sefchränfung ber Dertheiötgung.
— Befähigung ber Heferenbarlen 511 (Benchtofchrelbergefchäflen.
©rf. be« m.©traffen. o. 10. San. 1880 c/a. 6<hul*e*Värfthaufen, woburch
bie Üteuifton be« änaefchulbiaten jurüefaewiefen worben ift
@ r ü n b e.
3)er Vefdjmerbeführer ift burch Unheil be« preufj. tambgericht« £). 00m
29. Oct. 1879, wegen oorfä&licr)er unb recht«wibriger Vefchäbiaung einer fremben
Sache — eine« bem Defonomen auf 8. gehörigen ^agbhunbe« — oierjelnv
tägigem ©efängnifj uenuttieilt. Seine unter Beobachtung ber gefefelichen formen
unb Triften eingewenbete totfton ftüfet fich barauf, bafe biefe« urtheil auf einer
Verlegung be« ©ef. beruhe, inbem
1. ein oon ihm in ber münblichen Verhandlung geftellter 2lntraa auf Ver-
nehmung ber 3)ienftmagb 6cp. darüber : bafj ber §unb f dinurftr ad « auf
ben Sngetl. zugelaufen fei unb biefer erft bann, al« berfelbe nur noch
wenige ©chritte oon ihm entfernt gewefen, gefmoffen habe, womit ber
Antrag oerbunben mar, bie Verbanblung behuf« ber Sabung ber 6d».
au«jufe|en, — burch @ericht«befchlufj abgelehnt, unb baburch feine S3er*
theibigung in einem für bie @ntf Reibung wef entlichen fünfte unjuläffig
befchränft fei: unb inbem
2. ba« erfennenbe ©ericht nicht oorfchrift«mäBig befe^t gewefen fei, ba eine
Vertretung be« ®ericht«fchretber« nur m befonbem ^rhinberung«fällen
ftattfinbe, eine Verhinberung be« orbentlichen ©ericht«fchrciber« aber hier
nicht bargetban fei, unb be«halb bie 3 u $ ie ^ un d 9leferenbar« an
©teile be« ©ericht«fchrciber« ben gegebenen Vorfchriften nicht entfpreche.
S)ic 9teoifton«antrage grünben fich formt auf bie Veftimmungen in 9fc. 8.u. 1.
be« § 377 ber 9t. 6t. $roj. 0., unb bittet Vefchwerbefühter:
unter Aufhebung be« angefochtenen Urtheil« bie Sache jur anberweiten
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Berhanblung unb (Sntfchetbung an ein erfttnfianjlicbeS Oertdjt wrücfyu
oerwetfen; eoentueH nur auf eine ©elbftrafe ju erf ernten.
Unter ber BorauSfe&ung, bafe bie @rforberniffe ber bezeichneten ^ofitionen
beS §. 377. gegeben wären, würbe baS Urtbeil als auf einer Verlegung beS
©efefceS berutjenb olme weitere Darlegung anjufehen fein. 6ie liegen aber in
beiben Richtungen nicht cor.
2BaS junäajfi bie Rr. 8. beS §. 377. angeht, fo ift in ber Slblehnung
beS oom Bertbeibiger beS Slngefl. geftctltcn Eintrags auf Bernebmung ber dnU
lanungSjeugin 6dtj. unbebenflich eine Befcbräufung ber Bertbeibigung ju finben.
GS müfj femer anerfannt werben, bafe ber s #unft, auf ben fich ber Beweisantrag
bejog, nämlich bie mehr ober weniger brofjenbe unb eine ©efäfcjrbung beS Slngeff
bcgrünbenbe SSeife, in ber fich ber frembe §unb ihm näherte, unb bie mu
fernung, bis ju welker ber §unb herangefommen war, als Slngefl. fdwjj, in fo
fern als ein erheblicher angefehen werben fann, als barauS Folgerungen auf
bic 2Biü"enSrichtung unb bie S^tSwibrigfeit ber §anblung beS Slngefl. gwaen
werben fönnen, benen für bie Beurtbeüung feiner ©trafbarfeit unb beS 3JcafeeS
ber oerwirften Strafe möglieherroeife ein entfdjeibenber (Sinflufe jujugefte^en
wäre, (rn blieb ruht bie oorliegenbe Befcbränfung ber Bertheibigung auch auf
einem Befcblu| beS ©erichtS. 6ie mufc aber nam ben SBorten DeS ©efefeeS ju*
gleich eine unjuläffige gewefen fein, um nadb §. 377. ohne weitere« bem Rechts*
mittel ber Reoifion juv ©runblage bienen ju fönnen. $)ieS würbe nur bann an«
zunehmen fein, wenn bem Slngefl. ein gefefelicher Slnfpruch auf bie Slbhör ber
^eugin wgeftanben hätte, unb baS ©ericht folgemeife ocrpfftchtet gewefen wäre,
ttc zu Sewirfen. Run ift eS zwar richtig, ba§ baS erfennenbe ©ericht naa)
§. 244. ber 6t. $roj. 0. über ben Umfang ber Beweisaufnahme nid)t lebigliä)
nach freiem ©rmeffen ju entfdfcjeiben fyd. 2)ie ©renjen, bie feinem @rmeffen be*
Zfiglich ber abfjör oon 3 eu ß cn öom ©efefte gezogen finb, befd)ränfen ftch aber
barauf, bafe bie Beweisaufnahme nach § 244. auf fämmtltche oorgelabene 3eugen
crttrccf t werben mufe, unb baf? nad) §. 245. ein BeroeiSantrag mdn bcs halb ab
geleimt werben barf, weil baS Beweismittel zu fpät oorgebract)t fei. ©er lefctere
galt liegt nicht oor unb bie 3eugin 8di. war nicht oorgelaben. Cre fann audj
m bem Umftanbe, bafc früher gehörte 3^gen bei ihrer Bernehmung in ber
£>auptoerfjanblung neue Angaben machen, für fich allein eine Beränberung ber
Sachlage, wie fie bie in §. 264. 2lbf. 4. ber 6t. Sßroj. D. enthaltene S3orfdbrift
über bie Sluäfe^ung ber §auotoerE)anblung ooraudfe^t, noch nia)t erblicf t werben.
*Be$üglich ber Seurtjeilung ber 9cothwenbigfett unb Slngemeffenheit ber 2lu3*
behnung einer Beweisaufnahme auf bie Vernehmung nicht Vorgelabener, alfo
namentlich auch ber erft in ber ^auptoerhanblung benannten beugen, unterwirft
baS ©efe^ ba* richterliche ©rmejfen feiner ©efchränfung, unb ift baher ba$ er*
tennettbe ©ericht oottfommen berechtigt, eine folcfje Jöernehmung abzulehnen,
wenn eS nach ben ©rgebniffen ber Verhanblung bie Ueberjeugung aewinnt, bafj
We SluSfage ber Beugen, felbft wenn fie bie Behauptung be« Antrags be*
flätigen follten, ohne einffafe auf bie (Sntfcheibung ber 6chulbfraac bliebe unb
überhaupt feinen näheren 3luffd)lu§ gewähren würbe. Ueber bie Cnrgebmffe ber
BeweiSaufnabme entfeheibet ba« ©ericht nach f«wer freien aus bem Inbegriff
ber SerbanbUing gefchöpften Ueberjeugung, unb wenn e« auf ber ©runblage
einer folchergeftalt gewonnenen Ueberjeugung baS Stugnib ber Seh- über ben
oom Slngefl. bezeichneten ^unft beShalb für tbatfächlich unerheblich erflärt, weil
für bie anflage ein berartig überjeugenber Beweis geliefert fei, bafe berfelbe
burch baS 3 eu ß ni 6 oer ©4- n ^ entrräftet werben tonne, fo ^at eS ben beS*
halbigen Beweisantrag nicht un^uläffig, fonbern aus innerhalb ferner richterlichen
Beiuqniife belegenen ©rünben, alfo berechtigter«- unb juläffigerweife abgelehnt.
%ud) bie Verlegung einer materiellen Rechtsnorm fann nicht anerfannt
werben. 2>ie aügemeine ©efe^gebung gewährt im §. 65. beS SUlg. Sanbrecht«
4»
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52 Skutfdx« Straftest «rleontnifl'e be« W«i#«geri<$t«.
%fjl. II. Xit. 16. nur bem ^agbberc^tiqten unb aud& biefem nur unter gereiften
VorauSfefcungen ba« 9ted}t auf Stöbtung im ^agbrcnicr betroffener frember
£unbe unb baS ©efte^en einer ^olijerocrorbnung, nadj welcher bem&ngefl. oor-
Hegenb eine fou$e SBefugntfc sugeftauben fjättc, ift nid&t anerfannt.
$>en ^weiten gJunft ber WeoifionSanträge (§. 377. 9fr. 1. ber 6t. $roj. 0.)
betreffenb, ift bie Segrünbung berfelben ebenfall« eine red)t£irrige. 9ieferenbarien
fönnen na<$ §. 8. be« fönigl. preufe. ©. d. G. 3Jtai 1869 bie Verpflid&tungen
eines ©eridjtSfc&retbcrS roatyrnetmten; §. 1. bes 3lu£fül)rung*gef. o. 24. Slprü 1878
befagt, bafi ber VorbereitungSbienft ber 9teferenbare au$ ferner naaj ben Vor*
fdfjriften beS ©efcfeeS oon 1869 erfolge, unb ba« fpätere, bie Sttenftoerljältniffe
ber ©eriaMdbreiber betreffenbe ®. o. 3. 9Rai 1879 enthalt in §. 9. bie Vor*
fdfjrift beS §. 8. beS oorerroäfjnten ®. oon 1869 auSbrücflici) aufregt. 9tad> biefen
gefefclid&en Sefiinrmungen war ber Sieferenbar jur SSaljme^mung oon ©e«
ri(^t«fd)retberaefdbäftcn an ftd) befähigt unb befugt, unb beburfte e$ Daber für ben
oorliegcnben §all, in roeldjcm er ht ©cgenroart beß ©eriajt« unb be« Vorfifcenben
beffelben, alfo mit bereu Siffen unb ÜBillen, ba« «ßrotofott ber ©ifcung führte
unb fomit als ©eriäjtsfd&reiber tyätig mar, feiner weiteren unb befonberen
Legitimation, um bie oorfc|riftSmäfetge »efefcung beS ©eric&ts mit einem baju be-
fähigten ©erid&tsfd&reiber flar ju legen.
8§. 61. 172. @t. <B. B. Der vor eingetretener Heä)t*fraft öes (E^e-
föeibungeerfenntniffe« gepellte unb fobann nidjt roieber^olte @traf-
antrag roegen £bcbruö)8 ift unroirffam.
§rf. beS III. ©troffen, o. 3. %an. 1880 c/a. Sttüllcr, rooburd) ba£ (srf.
II. ^nftanj oerniebtet roorben ift.
© r ü n b e.
$)ie e^e be$ Kaufmanns 91. mit feiner @f>efrau, ber SJiitangeflagten,
ift burdj bie ©rfenntniffe be8 ©tabt* unb £rci*geria)fc8 ju SJtagbeburg oom
6. aJtärj 1878 unb be« 2lppell.*@eritf>t3 bafelbft oom 7. SJej. ej. wegen beS oon
ber HJtitangefl. jugeftanbenermafeen mit bem äRitangefl. föeftaurateur ©. be-
gangenen (fljebrudjeS getrennt roorben.
$a$ ergangene ©d&eibungSurt&eil l)at gegen bie 9Jfttangefl. 9t. mit bem
23. SJtärj 1879 bie 9ted&tSfraft erlangt. Ä. ®. 0. I. 16. §. 1.
$er @^emann ber SJtitangefl. 9t. bat ben na$ §. 172. 6t. @. 8. jur
ftrafrecfytliajen Verfolgung roegen @f>ebru(f)$ erforberlidjen Slnrrag gegen beibe
Slngefl. juerft unterm 23. 2ü>ril 1878 unb unterm 15./18. gebr. 1879 geftellt,
fpäter^in aber nid&t raieber^olt.
S)er Antrag auf ©trafoerfolgung ifl fona$ geftellt roorben, beoor bie
e^e roegen be« in Siebe fte^enben (S^ebruc^S getrennt roorben roar.
S)ie 58orbcrria)tcr Ijaben angenommen, bafj berfelbe rea^tjeitig geftellt. fei,
roeil es8 nad^ Vorfajrift bed §. 61. ©t. @. ^. nur barauf anfomme, ob jur^eit
ber 6teHung be$ Slntrag« ber e^ebrua), alfo bie in g-ragc (oramenbe ^anblung
bereits begangen geroefen fei.
Sluf biefe ©runblage ^in ift bie Verurteilung ber SlngefL erfolgt.
2)ie 31. ©. behauptet ißerle|ung be* ©., roeil erft mit ber red)t3fräftig
erfolgten ©Reibung bie ©trafbarfeit be$ 6§ebruc^eS begrünbet, unb ber Antrag
auf ©trafoerfolgung fona* im oorliegenben ^aUc ocrfrtü)t fei.
S)ie 3ticbtigfcitSbefa)roerbe erfdjeint aua) begritnbet
SDie breimonatlidje in §. 61. ©t. ®. georbnetc ^rift für ben Slntrag
auf ftrafrcct)tliei>e Verfolgung eines ÄntragSbeliftS beginnt mit bem Sage, feit
roela)em ber 9lntragSbered()ttgte oon ber §anblung unb ber ^Jerfon beS X^äterS
Äetrntnil erhalten bat. 5)er beginn ber grijt fefct mithin oorauS, einmal, bafe
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üfcatfc&eS ©ttafteAt. ötfenntnifk fceä WcicbSamcbtS. *3
bie in Siebe ftehenbe fteafbare .ftanblung nadj intern, im ©ef. oorgefehenen flraf»
redjtlidjen X^atbcftanbc begangen unb fobann, bafc fie biefem ihrem X^atbeflanbe
nadj jur Äenntnif? beS 2lntrag3beredjttgten gelangt ift.
2)anadj fann bie ftrage aufgeworfen werben, ob nid)t bie ber ©trafbe*
frimmung be3 §. 172. 0t @. 8. hinzugefügte 8efdjränfung: „wenn wegen bes
©bebrudjs bie (Sf)e gefdjieben ift," eine 8ebingung für bie (Strafbarfeit biefe«
Vergehen*, nid)t bloS für bie Stattljaftigfeit ber "©trafoerfolgung barfteüt unb
mithin bem Stjatbcftanbc beS @bcbrudje3 feinem 8egriffe nact) angehört. $)araud
würbe bann gefolgert werben müffen, bafe nicht bie begangene joanblung ber
felcfcung ber cbelidjen 'Treue, weldje ben auÄ ber fittlidjcn 8er[djulbung bes
2$äter£ lerjuleitenben ©trafgrunb für bie 8eftrafung be« ©hebruebes barbietet,
an fidt>, fonbem oielmebr biefe fconblung, infofern auf ©runb berfelben bie <$be
gerieben ifi, ben Stbatbeftanb beä in §.172. 6t. ©.8. oorgefehenen Vergebens
Mibe, unb bafc mithin fd)on au« biefem ©runbe ein oor eingetretener ^tedjtäfraft
beS ©c^ibungsurthetls, beoor bie in Siebe fie^enbe ftrafbare Jpanblung bem
ganjen Umfange ü)re« objeftioen $batbeftanbe£ nadj oorlag, geseilter ©trafantraa
ungeeignet erfdjeme, ben 3tblauf ber in §. 61. a. a. D. oorgefdjriebenen griff
ju hinbern.
$ür bie Bejahung ber aufgeworfenen ftrage fann geltenb gemalt werben,
bafe jwar ber ©trafantrag bes 8etbctligten, fobatb er oon bem ©ef. für erforberlidj
eradjtet wirb, feiner überwiegenb projieffualifdjen 8ebeutung nach nidjt bie ©traf*
barfeit be« Bergehen«, fonbem lebiglidj bie ßuläfftgfeit ber ©trafoerfolgung
bebinge, bafj aber ©leidjed nidjt oon einer in bog ©t ©ef. felbft aufgenommenen
Borausfefcung gelten fönne, nad) meldjer bem fragltdjen Bergehen ber ßbarafter
eine« öffentlichen $>elift3 nur bann beigelegt wirb, wenn e« in feinem erfolge
bie Trennung ber <Sbe herbeigeführt hat.
SMefer Sluffaffung finb eine Steide ©on ©ntfdjeibungen beutfdjer ^öct)ftet
©eridjtShöfe, inäbefonbere audj be« preujj. Ob. £rib., fowic wiffenfdjaftltcbe 2lu*
toritäten gefolgt.
BgL u. a. Oppens, Äommentar, 7. Sfufl. Ut. 15. ju §. 172.; (£rf. b. preufe.
Ob. 2rtb. bei Oppen!)., ftedjtfpr. 8b. 1. ©. 450, 8b. 10. ©. 34, 8b. 14.
©. 697; ©e^warje bei £ol|enborff, ©t. 9». 8b. in. ©. 297, 300.
©8 farrn htbeffen oon ber Beantwortung ber gebauten, in Sßiffenfd^aft
unb iHedjtSübung frreitigen grage (ogl. u. a.:
@rf. b. preufe. Ob. Xrib. oom 19. $ebr. 1873, Oppen*). L 8b. 14.
©. 145: @rf. o. 7. 3Wai 1863, @oltb. Stra). 8b. EL ©. 485;
jr. SWencr, Äommentar ju §. 172. 9tr. 13;
§ugo aJcetjer, ©trafreebt ©. 615)
abgefe^en werben, weil oöHig ba^in gehellt, ob bie erfolgte Trennung ber ©bc
fieb nach §. 172. ©t. @. 8.'$ ate eht 8eftanbtbeil be« Sf^ftonbeS oe *
gebend be5 @f)ebrud)eS barfteßt, in erfter Sinie fd)on ber llmfianb aU entfebeibenb
ju erachten ift, ba§ ba« ©t. ©ef. bie wegen be« ©bebrud?e<S erfolgte ©Reibung
unzweifelhaft, wenn nidjt als eine 8ebingung ber ©trafbarfeit, fo boa; jebenfall«
als eine notbwenbige 8orauÄ)e^ung ber ©trafnerfolgung erfemten lä|t.
3fr nämlidj bie ©trafoerfolgung unmittelbar burd) baä einfdjlagenbe
©t ©ef. bis ju bem Beitpunfte au8gefd)loffen, su wela)em bie <£i)t gefdjieben ift,
fo ergiebt ftd) barau« mit natürliAer Äonfequenj, bafj ber naa) §. 61. ©t @. 8.'*
erforberlid)c Eintrag, welcher be|tinrmt ifi, bie ©trafoerfolgung nad) SRajjgabe
be^ ©ef. berbeijufübren, inljalt* unb bebeutung^lo« erfd)eint, fo lange er biefe
2ötrfung herbe ijufübren nidjt geeignet ift, unb bafc mithin au« einem berarttgen
oerfrühten Eintrage meber 9tea)te hergeleitet nod) 3ted)t3nadjtheile baran gefnüpft
werben tonnen, bafj er nidjt geftettt ift, beoor bie ©djeibung redjtöfräftig ftattfanb.
©teidjeö folgt au8 ber 9latur eines auf ©trafoerfolgung gerichteten 9lm
trage« aud) infofern, al« berfelbe ben SBißen beö 8eredjttgten erfennen laffen
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mufe, bie Verfolgung ber fraglichen ©traftlwt nach 9Jcafjgabe beS ©trafgefefceS
alsbalb hetbeijuftihren , unb jonach nid)t oon bcm Eintritte einer Vcbmaung,
atfo auch nicht oon bem noch ungewtffen (Sretgntffc ber Eünftigen ehefd&eibung
abhängig gemacht loerben tatm.
3u bemfelben ©rgebntffe laffen enblich auch bte @ntfte^ungdgcfd^td^tc fowie
bie inneren beftimmenben ©rünbe beS ©efefceS gelangen.
$)ie neueren ©trafgefetaebungen werben bei ber Veftimmung über bie
jtrafrechtliche Verfolgung beS lljebrucheS neben bem ©eftcbtSpunfte beS oerleftten
Rechtes beS beleibiaten ©Regatten oorjugSmeife oon ber Ätftcht auf bie ftttliche
Söürbe ber ©he unb beren (Schaltung, fowett fie möglich erfcheini, geleitet
Von folgen ©runbfäfcen batte fdjon eine Steide früherer beutfctjer ©traf*
gefefcgebungen, oergleiche pr. ». 2. 9t. II. 20. §§. 1061. 1062, preuj». ©t. ©. V.
§. 140., braunfchwetg. Ärim. ©. V. oom 10. 3uli 1840, lübecfer ©t. ®. V. oom
20. 3uli 1863, baoer. ©t. ®. 33. oom 10. 9too. 1861, bie «erfolgung beS Ehe-
bruches nicht allein oon bem Anträge beS Verlebten, fonbern auch baoon ab*
gängig gemacht, bajj bie @he wegen beS Ehebruches gef (hieben fei. $aS 3t ©t. ®. V.
ift bicfem Vorgänge gefolgt. 6S erfd&eint nicht olme Vebeutung, bafj einzelne jener
©efefegebungen, mSbefonbere bas lübecfer unb baS bancrifdje ©t. ©. V., aus ber
gebauten Vorfd&rift bereits bie weitere Äonfequenj gejogcn unb auSbrücflich be*
ftimmt Ratten, bafe ber ©trafantrag erft nad) rechtskräftiger ©Reibung ber (She
geftellt werben fönne 1 ), fo wie baff ber Entwurf jum ©t. ©. V. für oen norb*
oeutfchen Vunb fowie beranächft baS ©t. @. V. felbft eine abweidtjenbe Veftim*
mung, wie fef)r fie anberenfalls nach bem ^n^alte ber generellen Veftimmung
beS §. 61. ©t. ©. V. auch angezeigt gewefen wäre, nicht aufgenommen hoben.
Anlage I. ju ben SJiotioen beS norbbeutfd)en ©trafgefefcentmurfs ©. 172:
3n ber Xfwt ift bte 3ulaffung beS ©trafantrags oor gefdfnebener Ehe mit
bem inneren ©runbe unb ber Stbficht ber Vorfchrift beS §. 172. ©t. ©. V.
oölltg unoereinbar.
2Benn nad) ber mafegebenben Sluffaffung beS ©cfefceS mit ber Unterfud&ung
wegen Ehebruches ir eine noch befte^enbe S^e nid)t eingegriffen werben fott, unb
bie Vefirafung eine» ©Ratten wegen 6^ebrud)eS mit bcm Söefen ber nod^ fort»
bauemben Glje nid)t oerembarlia) erachtet wirb, fo muB bie« aud) oon bem 9ln-
trage gelten, weld&er bat)in gerichtet wirb, biefe Veftrafung ^erbeijufü^ren.
©ollte femer ber ©eginn ber 2lntragSfrtfl bereits an bie bem Antrag»
berechtigten befamtt geworbene ^^atfacbe beS (SljebrudjeS gefnüpft fein, fo würbe
ber berechtigte jumeifl in bte 3roangSlage gefegt erfebeinen, ben Antrag auf SBe*
fhafung, um beS Stentes baju nidjt burc| ben Ablauf ber ftrtft oerluftig ju
gehen, bereits oor ber ©ntf Reibung über bte Trennung ber (She jiu ftellen. —
$)abei fommt in 83etradf)t, bafe eine 3u^ücfnahme beS unter bem (Imbrucfe ber
begangenen Sreueuerle&ung gesellten SlntragS fobann nicht mehr juläfftg ift,
§. 64. ©t. ©. 53.
$amit würbe ber SluSföhnung ber ehegatten unb ber @rh<*ltung ber ©h^
ber erftcbtlichen Xenbenj beS ©efe^eS offenbar auwiber, ein fchwerwiegenbeS
^inbernip entgegenfteUt.
©er 3tpp. dichter hat fonach, inbehi er ben oor eingetretener föechtsfraft
beS GhefcheibungSerfenntniffeS geftettten unb fobann nicht wtebcrlwlten Eintrag
für ftatthaft unb wirffam erachtete, bie §§. 61. unb 172. ©t. ©. 33. burch
unrichtige Slnwenbung oerle|t, unb baS 2lpp. (£rf. unterliegt fonach ber Ver-
nichtung.
S)a aber ferner unbefitrttten ift, bafj ber aum Slntraae berechtigte ©hemann
einen wirffamen ©trafantrag nicht gefteüt unb bie gefe|ltchc StntragSfrifi nicht
») «ergU ^otja, fcntamrf einem ©t ®. ». @. Ä»8.
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benuftt \)at, fo mar in ber Sache baS erftricbtcrlicbe (Srf. nahm ab.umnbern,
bafj Die Verfolgung bcr 2lngeft. wegen (Ehebruches für unftatthaft ju er-
achten fei. ')
§. 173. 2lbf. 2. 6t <B. 8. Die T)oll3tehung. bes 8eifalafe stDifdjen
0tief»ater unb Stieftochter ift fhafbar, 6a beibe im DerfySltnij? Don
t ,Derfd)tt>agerten auf unb abfleigenber Cinie** im 6inne bes §. 175.
2lbf. 2. et <B. 8. flehen.
(Srf. beS I. Straffen, o. 19. San. 1880 c/a. bracht, rooburd) ber 9te*
otfionSantrag »enoorfen morben ift.
§. 180. 0t. <P. 8. Das 8etreiben eines polUelUcherfeits conjeflfionirten
8orbells (teilt fleh als ßuppelei bar.
(Srf. beS I. Straffen. ». 29. $an. 1880 c/a. ftochen, rooburch ber $e*
utfionSantrag beS Angefchulbigten oenoorfen roorben ift.
«
© r ü n b e.
$)ie Segrttnbuna. ber SRemfton fufet auf ber Sinnahme, bafe baS galten
eines Horbells mit poltaeilicher ©eftattung nicht unter bie Strafbeftimmung beS
§. 180. St. ©. 8. faße. 3Kit fted&t t)at baS angefochtene Urteil baS ©egen*
tl)cil angenommen. SDte Söortfaffung bcS §. begreift rect)t eigentlich bie $anblung
fold^cr, bie ein ©noerbSgefchäft barauS machen, Räbchen 3U bem 3mecfe ju galten,
bafc Tie jur Ausübung ber Unzucht gegen ßohn benufct werben rönnen, unb baS
Strafroürbige folgen ©efchäftS mirb baburef) nicht berührt, ob bie $olijei ilmt
•Qinbemiffe bereitet ober nicht.
SKit Unrecht finbet bic fteoifion in ber Scfhmmung beS §. 361. £iff. 6.
St. ©. 53. ein HRoment für eine befebränfenbe Auslegung beS §. 180.-, benn
bie Seförberung ber Unjudjt fann auch ba, roo ledere fclbft nicht unter Strafe
aefteßt ift, gar rootjl ffrafroürbig fein; bie geroinnfüchttge Ausbeutung fittlicber
^erfornmenbeit unterliegt aanj anberen 9tücffid)ten ber Strafgefefcgebung, als bie
niebrige ©efinnung unb Eingabe einer feilen $>ime. ©S ift ein §rrtbum, menn
bie 9teoifton in oer Äuppclet nur eine befonbere $orm ber ^t>eilnahnie an
einem Un$u<htSoergehen erblicft, ba ihre SorauSfefcungen auch bei jtraflofer Un*
judjt jutreffen, ber ©rab ü)rer Strafbarfeit gerabe in folgern ^aHe um fo höber
lein fann. Unb eine gegenteilige Argumentation au« ber ^tftehungSgefchichte
einer entfprechenben StrafbefHmmung be$ ehemaligen preu§. St. ©. ». fann
fchon barum nicht ju einem anberen 9tefultate führen, roeil baS St. ©. 8. für
ba£ beutfebe bleich aud ftch felbft erflart werben muH, unb ber Nachweis, ba§
einer SJorfchrift beSfelben eine gleiche Seirimmung einer früheren ©efefegebung
3u ©runbe liegt, nicht babin führen fann , alle für bie Auslegung ber lefcteren
in «erreicht fommenben Momente auch für ba« Ser|tänbni& jener Sorfehrift ent>
fcheiben ju laffen.
Aber auch barin ift bem angefochtenen Urtheile ^echt ju geben, bafj es
in fubjeftioer S3ejiehung mehr nicht erforbert, als bie Wicht, ber Unzucht 33or*
fchub m leiften , baS Seroufetfem ber SRechtSroibrigfeit folcher ^anblungSroeife
aber für ben ^batbeflanb beS Vergehens unerheblich erachtet unb einem
oerjeihlichen ^rrthum nur bei ber StrafauSmeffung öerücfiichtigung ange*
beü)en läßt.
1) 3>€itfelben örunbfa^ Bdtt baö U. beö l ©ttafftn. ». 23. 2Kätj 1880 c/a. «au
auf, wobur* *>a& Sorert. aufgt^oben »orten tjt.
56 3>eittfd)eB ©ttafredjt. «rtcnntnifie fce« ««ASgtrt*«.
8§. 18— 21 M 23. bts <B. v. 3. 3oli 1876. Die etrafe bes §. 23. trifft
ben Tluftraggeber aud) bann, wenn er nid)t gewuft tyat, bafc 6er Be-
auftragte feinen (Bewerbe! d)ein eingelöft habe.
@rt o. 25. «Rod. 1879 c/a. Sübecfe, butd) weldjc« bic 9t. beS Angefl.
juriufgewiefen werben ift.
© r ü n b e.
9tod) bem Haren Wortlaut be« §. 23. be« ©. t>. 3. 3uli 1876, betr. bic
Sefieuerung beS ©ewerbebetriebeS im Umrjerjiefjen :c, ift bic bort bem Auftrag
geber angeorofite Strafe oermirft, wenn bie in ben §§. 18—21. bejeidmeten
jirafbaren §anblungen im Auftrage unb für 9teajnung bcffelben ausgeübt ftnb.
3>ies8 ift im uorliegenben gafle in ©etreff beS 3Ritangefl. 2. tum bem ^weiten
9U(f>ter fcftgefteUt, olme baß in ber ©egrünbung be§ Urtycitö, bq. in ber fteft*
fefcung ber Strafe em föedjtSirrtljum Sage tritt.
Die Ausführung ber 5R. 33., baß bei Auftraggeber nur bann ftrafbar fei,
wenn er gemußt gäbe, baß ber oon i|m ^Beauftragte einen ©ewerbefdjein nid^t
eingelöft gat, läßt fufc roebet aus bem §. 23. be« citirten ©efefceS, weites ein
berattiqeS Srforbcrniß ntdu aufftellt, nod) au? allgemeinen ftrafred)ttid)en
©runbfäfcen ableiten, ^nbem baS ©efefc demjenigen, in beffen Auftrage unb
für beffen 9led)nung ein dritter, olme einen ©emerbefdjcin eingelöft ju t)abcn,
ein ber Steuer com ©ewerbebetrieb im Umherliefen unterworfenes ©eroerbc
betrieben hat, mit Strafe bebroljt, olme bie Strafbarfeit oon ber f enntnife ab-
gängig ,;u madjen, baß ber dritte einen ©ewerbefdjein nicht eingelöft habe, legt
eS bem Auftraggeber bie Verpflichtung auf, nur folgen ^erfonen einen Auftrag
iu crtljeilen, welche nadb ber beftehenben Steuergefcfegebung einen berartigen
Auftrag übernehmen bürfen.
§. 246.' bee 6t <B. B. llntcrfä)lagung be* Ilommifftonsgut*, be$. be*
(Erlöfes.
<Srf. ». .2. ttan. 1880 c/a. aBitte, butet) welches bie SR. «. Des Angefl.
jurüdfgeroiefen worben ift.
© r ü n b e.
$ie tftüge wegen ©efefceSöerlefmng ift grunbloS.
SSenn ber App. dichter barm ben * Xt)otbeftanb ber Untcridjlagung
gefunben Ijat, baß ber Angefl. entweber bie itmt in Aommiffion gegebenen
SBaaren ober ben (SrlöS für bicfclben ocrbraudjt hat, fo fann barin ein Slcchts-
irrtfmm ntd)t norgefuuben werben, jumal baS angefochtene (*rfenntniß feftficUt,
baß Inhalts beS abgefajloffenen ÄommifiionSoertrageS baS JtommiffionSgut als
anoertrautes ©ut unb ber ©rlöS für bie oerfaufte 2öaare als Afferoat $u bc-
^anbeln war.
§§. l. t 2., 7. 6e» (B. ». 7. Tlpril 1869. (Ein von ber Regierung (in Preußen)
bejiellter (Drtsfommijfar tfl ale foltber nicht ohne Heiteres befugt, lln-
orbnungen su erlajfen, beren Hid^tbefolgung bie etrafbarfeit begrünbet,
fonbem nur, wenn er baju bie (Ermcicbtigung ber Hegierung erhalten ^at.
@rf. beä IL Straffen, o. 14. giooember 1879 c/a. Son ber mann, burdj
weld;e« bas8 ®rf. II. ^nfi. oernidjtet worben ift.
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<Tv«ii»{/tt»x £h>»l«/(i» . =.„» , ,,,,»,,, ,, , . ,u ,, j, . , „„,,4,, . r n
jütutiu)C9 fetrarrecpt. vrrtennntnie cc» mciais^einrotö. q7
© r ü n b c.
2)ie v Jt. 8. ift begrünbet.
9(acf) bcm 4?- 1. bc3 ©. o. 7. Slpril 1869, 2)fafjregetn gegen bie 9tinber
peft betreff cnb (Sunb. ©. 331. 6. 1&5), finb, wenn bie Winberpcft in einem
©unbeSftaat ober in einem ©rentfanbe ausgebrochen ift, bie juftänbigen
sßerroaltungSbebörben ber betreffenben Söunbeäftaaten oerpfttd&tet unb er*
raad&tigt, alle SDtaferegcln ju ergreifen, wcla)e geeignet finb, bie ©tnfcf)leppung
unb besiebentlid) bie SBeiteroerbreitung ber ©euebe ju oer^üten unb bie im
£anbe )clbft aufgebrochene (Seuche 3u unterbrütfen. 3 U °^f cn 2Haf?regeln
affjört na$ §. 2. a. a. 0. aud) bie SCbfperrung einzelner ©eböftc unb
Drtötbeüe.
SBcld^c Seljörbcn in ben cinjelnen Staaten 3ur 2lnorbnung ber fraglichen
Spcrrmafercgeln auftänbig fein follcn, wirb in bem genannten ©efefce nic^t f eft -
gefefct, bie $efttmmung hierüber oielmefjr ben Ginjelftaaten überlaffen (ocrgl.
§. 7. beS ctt. ®efefcc£). 9lad& v ber einfdjlagcnben ©efefegebung finb bie$ in
Greußen bie Regierungen (oergl. §. 3. ber o. 20. $C3. 1808, §. 2. 9fo. 3.
ber Steg, ^nftr. o. 23. Oft. 1817, §. 10. ber Merl), ßab. 0. o. 8. 3Iug. 1835
unb §§. 2-4., 6., 7. ber SB. o. 27. 3Kärs 1836). §ieran ift audfj burd£> bie
fpä'tere ©efefegebung, namentlich bureb baS ©. com 25. ^uni 1875, betr. bie
5lbrocbr unb Untcrbrüdung oon Sßiebfeuapen, niäjtö geänbert, ba baffelbe nacb
§. 1 . Slbf. 2. auf baö Verfahren $ur 3tbroetjr unb Unterbrücfung ber 9tinberpcft
feine Slmocnbung fmbet.
3n bem oorliegenben ^aU ift nun oon bcm Snftanjrid&ter als erroiefen
angenommen, bafe ber Slngefl. eine Sperrmaferegel wiffentlid) oerlefct habe, welche
$roar nicht oon ber Regierung, wofu" aber oon einem oon biefer beftellten Orts
fommiffariuä erlaffen ift. S)cr aweite Siebter erachtet bieS für gleichwertig,
ohne feftguftellen, welche SBefugnitte bem Äommiffar im gegebenen galle beigelegt
finb, tnbem et baoon ausgebt, bafe ber äommiffar m foleber ermächtigt fei,
2lbfperrungj8maftregeln anjuorbnen. $)iefe 2luffaffung erfdjeint rechtöirrtbümltd).
Sie märe nur richtig, wenn bem ÄommiffartuS burch bad (Sefefc ober burch eine
auf ©runb be« ©efefceä crlaifene, für bie SKegieruna oerbmbliche Verfügung ber
(£entral^erroaltungöbet)örbe eine berartige öefugnift beigelegt märe. 3ln einer
folgen Skfttmmung fehlt e£ jebod) unb inSbefonbere fann au£ bem oom peiten
Richter allegirten §. 22. ber oeränberten ^nftruftion jum ©. o. 7. 2lpril 1 80*.»
(% ®. fßl. 6. 147) nid^t entnommen werben, bafe ber Ortöfommiffar genercU
ermächtigt fei, bie 6petrmafcregeln fclbftftänbig an^uorbnen. £5ie Uebcrroadhung
ber Slu*fübrung ber nötigen 6perrmaferegeln, melcbe im §. 22. oit bem
Äommiffar übertragen wirb, fc|liefet ba« oict weiter ge^enbe 3lea)t, bie nötigen
Sperrmaferegeln an^uorbnen, nic^t in fid^.
§iemaa) unterliegt ba& angefod^tene <Srfenntni§ ber Söermdjtung. @ine
alsbalbige ^reifprca)ung be3 Stngefl. fonnte jebod^ nia)t erfolgen, oielmebr mar
bie ©ao)e gut anbenoeitigen ^c4anblung unb @ntfd)eibung in bie TL Snftanj
surücfjuroeifen. $enn ber Umftanb, bafe ber Äommiffar als folcfjer triebt o^nc
SÖeitereS befugt mar, bie bier fraglichen s i)ia§rcgeln anjuorbnen, fc^liefet nic^t aus,
bafe er nid^t im oorliegcnbcn ^all bie ermäd^tigung baju feiten« ber Regierung
erhalten, ober leitete felbft bie 6perrmaferegel angeorbnet unb ber Äommiffar
in 2luSfuf)rung biefer ^erorbnung bie ißemagclung ber %f)üx oerfügt bat. 3"
bem einen, wie in bcm anberen §aH mürbe eine oon ber 3uftänbigen SBcfjörbc
angeorbnete €pcrrmn^regel oorliegcn. 3Mc Sacbc ift ba^er behuf« ber SBor^
nabme ber hiernach weiter crforbcrlidf)cn t^atfächlidhen ©rmittelungen an bie
jweite ^nftanj 3U oerweifen.
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Oo AJcuqajte ©trayreuji. vineumiunc ras wetaisgencats.
■
§. 548. @t <B. B. Regiftet uno Bücher, welche »on einem Beamten
lediglich 5U 6cm gweefe, als Beweismittel gegen ihn felbft 3a bienen
geführt »erben, gelten nicht als öffentliche im ©inne bts §. 348.
0t. <B. B.
<£rf. beS ü. ©troffen, r>. 23. 5Deg. 1879 c/a. 3ft|e, wobur<h bie gteuifton
für begründet erachtet worben ifi.
© r ü n b c.
9Benn ber erfte Stifter unter ben öffentlichen Stegiftern unb Büchern,
welche ber §. 348. beS St. ®. 93. als ©egenfianb eines fall eben SintragS Aber
eine red^ttieb erheblidje 2;^atfadc)e im 2Uige fjat, foldt)e SöüAcr unb iKegifter
nerßanben wiffen will, welche für baS mit ber betreffenben Segörbe oerfehrenbc
s #ublifum ober biefera gegenüber als 93cwciSmirtet ju bienen befHmmt finb, fo
ermeift fich biefe 2luffaf|ung nicht als erfdböpfenb, inbem bie Stücf ficht auf baS
mit ber SBcprbe oerfehrenoe Sßublifum, alfo concrete ^erfonen, rodele mit ber
üBcbörbc in SBerfeljr treten, nicht allein entleibet. S)aS SKerfmal ber Deffent*
lidjfcit bringt es nämlich mit fich, bafj jene Urfunben für bie Allgemeinheit
ber 2trt beftimmt finb r bafj fic bie 3Jcöglidjfctt gewähren, nicht blofe im
^ntereffc ber Sicherheit beS SRechtSoerfehrS als Beweismittel für unb gegen
äebermannju bienen, fonbern auch, bafe ffe «uS allgemeinen SItucf flehten ber
ftaatlidhen 9Bot)l^eit rechtlich erhebfiche X^atfatyn autbentifd) fcftftcttcn, ohne bafj
gerabe, roie btefcS 3. 55. oon ben SßerfonenftanbSrcßtftem gilt, bie Söahrung von
(Itnjelmtcreffen beS$ublifumS bie entfeheibenbe unb auSfchttcfclichcSHücfficht bilbete.
SDaS angefochtene @rf. ergiebt nun nicht, bafj eS fich ber richtigen 58e*
griffsbefttmmung in biefer Unteren Begehung bemufjt gewefen ift, inbem es bie
üeffentlichfett ber in ftragc ffebenben fiiftcn unb Sücher allein barauS herleitet,
baft fie uon bem Slngcfl. gemäfj ber SDienfHnftruftion im ftntereffe beS Staates
behuf« ©ontrolirung ber t>on ihm gemachten Einnahmen unb Ausgaben geführt
roorben feien. $enn folche Bücher unb SRegifter, roclche oon einem Beamten
nicht um biefer ihrer objectioen BeweiSfraft willen, fonbern nur ju bem ftxocdc
geführt werben, sunächft nur gegen ben Beamten felbft als Beweismittel ju
bienen, fallen nach bem Bemertten nid;t unter ben DeffenttichfettSbegriff, felbft
roenn berjenige, $u beffen ©unften bie BcweiSfraft roirfen foH, ber Staat felbft
ifi. 2)er Severe fleht aisbann biefen Urfunben nur als ^rioatintereffent, nicht
als Vertreter beS öffentlichen 2öof)leS gegenüber. 3 U benfelben gehören aber
alle biejenigen, welche nur beS inneren $>ienfteS ber Behörbe wüten jur Sluf*
rechthaltung ber Orbnung unö ©ontrole geführt roerben, unb beShalb mögen fie
aua) thatfächtlich für fidt) aüetn als SeroeiSmtttel auch ©ritten gegenüber, welche
bei ihrer ©ntftehung nicht mitgeroirft t)abtn, nicht unerheblich fein, in fich felbft
eine autbentifche SBeroetSfraft su tragen nidbt befrimmt ftnb unb als unbefchroorene
^eugniffe noch beS ^hijutretenS beS eiblichen 3cugniffeS non 6eiten ber Beamten
felbft bebürfen, um für unb gegen dritte ihre ooue Sebeutung ju gewinnen. (SS
fmb btefeS biejenigen Südber unb Stegifler, bereu ^älfchung 2c. tn §. 351. bes
St. ©. 33. jum ©egenflano eines befonberen ©rfchwerungSgrunbeS bei ber Unter*
fchlagung eines Beamten gemalt wirb.
S>er ©efichtSpunft, ba§ bie 00m 2lngefl. geführten ßifien unb Bücher jur
(Sontrolirung ber oon ihm gemachten (Sinnahmen unb SluSgaben beftimmt ge*
mefen feien, reicht baber für baS 3Jler!raal ber Deffentlichfeit nicht aus, fonbern eS
mufete 3ugleich geprüft werben, ob unb in welchem Ütt afce bie (Anträge jur fier*
ftellung objectioer 2öahrheit, b. h- jum Seweife für unb gegen Hermann, we^er
fich barauf berufen möchte, ober sur Gonftatirung beftimmter rechtserheblicher
Zfyatfafyn aus allgemeinen »fliehten beS öffentlid^en 2öohleS h^ben bie-
nen foUcn.
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2tatff<$e£ ©ttafrecfct. (Menittniffe b<3 9tettf)8geTid)tsL 59
164. 0t <B. B. TDifientlidb falfa)e Tlnfdjul&igung öura) ^eige
6cm Tlmtsoorfre^er. (Preu|en).
@rf. beS IL (Straffen. ». 23. $e$. 1879. c/a. «RoadE, wobura) baS 93ot*
cncnntntB oettattgt woroen tjt.
© r ü n b c.
2)er erfie Sfttdjter bat bie aefejltdjen HKerfmale ber wiffentuä) fallen
2lnfa)ulbtgung — §. 164. beS 6t. ©. & — Üwtfädjlia) fcftgcftellt.
SEBenn ber 2tngefl. gcltenb raoajt, bafj bcr StottSoorfieljer, bei welkem
oorltegenb bte 2fajeige am 25. Steril 1879 gemalt morben, eine SBe&örbe im
©inne be$ §. 164. ni$t fei unb fta) für feinen ©inroanb auf ben §. 50. ber
ÄreiSorbnung t>. 13. 3)ej. 1872 unb auf ben §. 6. beS @efe|e3 über bie ^3oli§ci-
oerwalrung o. 11. 2Wära (nidjt ÜRai) 1850 beruft, fo ift bieS nid&t mtreffenb.
9tadj §. 50. bcr ÄretSorbnung finb bie Organe ber AmtSoerwaltung in ben
2(mtfibejtrfen „naä; näherer Söorförtft btefeS ©efefeeS" aDerbingS ber Amts*
üorfteOer unb ber AmtSauSfajufj. IDura) §. 59. baf. ift aber bie felbftjtänbige
SBerwaltung ber ^olijei, fo weit fie nidjt burä) befonbere ©efefce bem ßanbratge
ober anbercn ©eamten übertragen ift, bem SlmtSoorfteber beigelegt. 3»n feiner
©tgenfdrjaft al$ ^ßolijeioerwalter be8 2lmt3be$irt3 ift ber SlmtSoorfterjer berufen,
SInjeigen fhaf barer ipanblungen entgegenjune^men, nötigenfalls weitere (Sr*
mittelungen 3U bewirf en unb Die ©aa)e, fo fem er nidjt felbft befugt ift, bie
Strafe fefoufefcen (§. 63. baf.), an bie jur ©trafoerfolgung suflänbtge Se&örbe
abjugeben (ogl. §. 4. ber SJerorbnung o. 3. ftan. 1849). 5Da ber AmtSoorfleber
tnernacfc ein Organ ber Staatsgewalt ift, weldjem bie Verpflichtung obliegt, 2ln*
jetgen ftrafbarer £anblungen beljufs ber öerbeifü&rung bcr 53eftrafung Bolge ä u
geben, fo tfl er aua) im Sinne beS §. 164. beS ©t. @. 8. eine Setjörbe, bei
welker feigen ber bort angegebenen 2lrt gemalt werben tonnen; ber §. 6. beS
©ef. r*. 11. 3Kärj 1850 fommt hierbei überhaupt nidjt in »etradjt. £>erfelbe
)ät)lt bie ©egenfiänbe auf, burd) weldje bie nad) §. 5. bafelbft unter ©traf*
anbrotjung gu erlaffenben ortSpolijeiltajen #orfd>riften fic^ erftretfen bürfen. Um
folcfje S3orf<|riften, welche unter .Rufrimmung beS SlmtSauSfdrjuffeS $u erlaffcn ber
AmtSoorfteber übrigens naä) §. 62. ber ÄreiSorbnung befugt ift, Rubelt es fta)
\)itx nity.
§. 29. 147. Hr. 3. K. (Bern. <P. r>. 21. 3uni 1869. Die Beilegung
es (Titels „eraminirter fjeilbiener" feiten« einer als Qeilbiener ge-
prüften Perjbn fann nid?t als "Hnwenbung eines bem Ölr^t är>nlidr;en
Titels gelten.
@rf. beS HI. ©troffen, o. 24. $>ej. 1879 c/a. ©d)oobt, woburdj bog
SSorerf. oernicr;tet, unb ber Slngefd&ulbigte freigefprod)en worben ift.
© r ü n b e.
§. 147. 5Rr. 3. ber 9t. ®cw. 0. bebrobt nid&t biejenigen, welche ben
©lauben $u erweefen fuäjen, ba§ fie geprüfte 9Jiebt$tnalperfonen feien, fonbern
in engem 2lnfä)luffe an §. 29. ber 9t. ©ew. 0., nact) wetdbera ber füa) als 2lrjt
ober mit gleid)bebcutenbem Xitel Sejeicfjnenbc einer 3lpprobatton bebarf, bieje^
nigen ^erfonen, welche o^nc Approbation fid) als Slrjt bejeia)nen ober fia) einen
ciijnlic&en Xitel beilegen, bura) welche ber ©laube erweeft wtrb, ber «Jnljaber fei
eine geprüfte 2Jiebiäinalperfon. Jöiernaa; ift bie Beilegung einer unmittelbar auf
2lpprobation im ©inne ber ©emerbcorbnung Ijinweifenben öejeicrjnung ober eine«
äbnlicben Xitel«, welcher bie 2lnnalmte einer folgen Approbation erweefen fann,
ba« wefentlia)e X^atbeftanbÄmertmal ber jur grage fie^enben gefeilteren *Be*
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60 3>eutf$e« ®ttafrtd>t. (Srtenntniffe beS «tei*8gert*t$.
fltmmuna. Sei Slnroenbung berfelben ht bet peilen SUternatioe ifl bie fteft^
fteHung oafier aunäd&fl barauf ju rieten f ob ein „äljnlid&er ^ttel" gebraust
roorben ifl 3>iefc ^eftfteüun^ ift aber nidjt rein t^atfädjUcfcer 9?atur. ®er
gebrauste ^ttcl fott ber Sejetcljnung „Strjt" äfjnlidf) fem; lefctcrc Ijat nad&. bet
©ero. 0. eine tedfmifd&e Scbeutuna; fie gebührt, be^ro. in ber Spejittliftrung als
3a^n=> unb Xbierarjt, nur bemjenigen, welcher nadj beftanbener oorgefd&riebener
Prüfung oon ber juftänbigen Segörbe bte Approbation als Slrjt, bejro. als
3alm* ober Xlnerarjt, erhalten tat. Sei ber grage, ob eine anbere Sejeid)*
nuna ber Srrjtbejeldbnung ähnelt, ift ber Stifter ba^er nidbt auf auSfdtjlte§lld)
tl)atfäd^lict)em ©ebiete. @S ift ju prüfen, ob bie geroäblte Sejeidfmuna. nad)
3nl)alt unb Sebeutung bem gefefelicb firirten Segrtffe beS STr^ted nafjefommt.
hierbei fönnen felbftoerftänblid) bie llmftänbe beS fonfreten ^adeS oon erbeb*
ltcf)er Sebeutung fein, immer aber mufe baS ©rforbernifj geroabrt bleiben, bafe
bie gerollte Sejeicfmung int)altltdtj einen bem Strjte ä^nlia)en Xitel barjuftellen
geeignet ift. Ob bann roeiter bie Sejeid&nung bie 2fanabme einer Prüfung als
txti erroedfen fann, ift auf ©runb aller etnfd&lagenben Scrtjälrniffe ber tlwt*
fäcf)lta)en Seurtljeilung überlaffen.
Sei Stnroenbung biefer ©eftdjtSpunfte ift bie oom angesagten aufgeteilte
Nuge unnötiger Slmoenbung beS §. 147. 9lt. 3. ber ©ero. 0. als begrünbet
anjuerfennen. ftretltcb fjat ber erfie Stidjter, beffen geftfieHung ber sroeitc
Siebter für bebenfenfrei erachtet, in feiner ©cblufjfeflftellung ausgesprochen, bafc
3lngefl. fta) einen einem Slr^te abnltcfjen Xitel beigelegt Imbe, bura) melden ber
©laube erroeeft roerbe, bafj er eine geprüfte ^Jtcbisinalpcrfon fei. SDiefe geftfteüung
ifl inbeffen auSfcbltefjlidb gegrünbet auf bie itorerroägungen, meiere ausführen,
bafj ber oon bem 2tngefl. gebrauste Xitel „eraminirter £eilbiener" na<$ ben
tlmtfäajlia^cn Serbältniffen geeignet geroefen fei jur örroeefuna, beS betreffenben
©laubenS. 3)er „älmUdje Xitel" ift alfo in ber Sejetcfmung „eraminirter ßeil-
biener" gefunben. 35icfe ^eftftellung trifft aber ntcf)t bte oom ©. oorauSgefe^tc
Beilegung eines „ä^nlia^en XitelS". Ob Slngefl., melier nad& ben Sitten oom
s ÜJebijinalfollegium §u Hamburg als geprüfter £eilbiener jugelaffen ift, fidb als
geprüfter ober eraminirter §eilbicncr bejeidjnct, fann fad&lia) feinen Unterfdtneb
begrünben. $)aS 3Bort ,,.§eilbiener" roetft aber auf ein feit längerer Rtit in
Greußen befter)enbeS ^nflitut ^in, meines feiner 9cü$lid)feit roegen au$ naa)
bem ^fnrrafttreten Oer ©ero. 0. auf ©runb oon §. 6. beS ©efefceS beibehalten
ift, unb fi$ in feiner Sefd^ränfung auf fleine #irurgifdt)e Operationen fo be*
ftimmt oon bem Segriffe eines SlrjteS im 6inne ber ©ero. 0. unterfd&eibet,
bafe oon einer 2lel>nlia)fett beS XitelS „ipeilbiener" mit ber Sejeid^nung „3lrjt"
niebt gef proeben werben fann. @S fefjlt baber für bie Inroenbunä beS §. 147.
9tr. 3. ber ©ero. 0. an einem roef entließen XljatbeftanbSmerfmale. 5^ gleicbroobl
bas Sßublifum nacb ben Annahmen beS erften unb jroeiten 9iicl)terS getäufc^t,
fo ift bie Xäufcbung boeb ni$t bura^ bie Slnroenbung eines bem Slrjte äbnlicben
XitelS berbeigefübrt. 2)emnacb unterlieat baS angefochtene ©rfenntnift roegen
unria)tifler 3lnroenbung beS §. 147. 3tr. 3. ber Semiajtung.
§. 286. 3lbf. 2. et. <B. B. (Eine nad> §.286. 0t. (B.B. fhfafbare öffentUAc
'huefpietung obne obrigf ertliche €rlaubni^ liegt auch bann vor, roenn
bet fut bie Beteiligung an ben Untetnebmet xu geroätjrenbe Prete
mit bet (Begenteiflung für eine anbm Ceijhing foltber (Bcflalt oerfnüpft
ifl, 6a^ et im XDege bet @d)5^ung niebt etmittclt 3U toetben
oetmag.
fixt. beS II. Straffen, o. 9. 3<m. 1880 c/a. ^eoer, rooburd^ baS «or
erfenntnife oemidtjtet roorben ift
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2>ttttfc$e8 Straftest. (Jttenntaifie b«8 «ci*«gcti*t*. fil
© r ü n b e.
$)er 2lpp. Mietet irrt, wenn er $war jugiebt, bafe ber ^rei« für bic
2f)eilnaf)me an ben mit bem ©efudt)e be« 5£h*ater« be« Singet! uerbunbenen
;Hu«fpielungen in bem ©intritt«gelbe für ba« Xfytattt entgolten fei, nicht« befto*
weniger aber eine 9lu«fpielung im ©inne be« §. 286. ©L ©. SB. bc«t)alb nicht
als oorhanben anerf ennen miß, weil bie §öhe be« gejagten ©infafceS nicht erfennbar
fei, rooju erforbert werbe, bafe ber leitete bureb 2lu«merfung eine« greife« für
ben ^eaterbefuc^ an unb für fich »on bem Unternehmer felbft angegeben ober
baburch, bafj ber Sßerth ber Eheateroorfteuung in ©elb erfennbar oorliege, bur<h
©ered&nung ju ermitteln fei.
5Denn jum Siefen ber 2lu«ipietung gehört m biefer SRtd&tung nur, bafc
für ba« Slnreit, im SKege ber §lu«lofung ein befhmmte« $ermögen«objeft ju
gcroinnen, ein £mfa$ geletftet werbe, unb biefer ßtnfafe uerliert feinen ßlmrafter
al$ folcher baburch nicht, bajj er mit bet ©egenletfhmg für ein aubere«, oor*
Uegenb in bem ©enuffe einer I^eateroorftellung beftehenbe« Anrecht ber 3lrt in
3?erbinbung gebraut wirb, bafj beibe Seiftungen in it)rer 3«bi»ibualitar nicr)t
befonber« tjeroortreten. ©elbft in bem $aüe mürbe biefer Umfianb einen Unter*
fctjieb nicht begrünben, wenn fidt) im Söege bet ©dbäfcung unb Berechnung ber
©tnfafc nic^t ermitteln lie&e, wie biefe« ber ftall fein mürbe, toenn, toic ber
2lpp. dichter annimmt, ber eigentliche Söcrth eine« £h*aterbtllet« ft<^ jeber
Sd)ä§ung entziehen, babura) alfo auch eine XuSfdjeibung be«felben au« ber ©e*
fammtleiftung unmöglich werben foUte. $er ©ebanfe be« ©efefcgeber«, welker
hat oert/tobern wotten, bafj burä) bie 2lu«ficht auf einen ba« gebraute Bermögen«*
opfer mehr ober weniger überfteigenben ungewiffen ©ewinn bie ©pietteibenfd&aft
obne oorgängige Prüfung unb guftimmung oer Setjörbe öffentlich erregt werbe,
bleibt oouftänbig bcrfelbe, mag Die gemalte SermogenÄaufwenbung auf bie $e*
Heiligung am ®lücf«fpiele allein ober jugletd) an einem anberen an fich unuer*
werflieben ®enuffe abfielen unb bie 3ulaffung eine« berartiaen Verfahren«, wo*
bura) ber ©acbe nach bie 9ca<htheile be« öffentlichen ®lücf«fptcl« fyttbtiQtftyxt,
bie bagegen jugelaffcnen 9tepreffiomafjregeln aber au«gefcblojfen werben, würbe
nur m einer ooUftönbigen Umgebung be« ©efeje« ben 2öeg bahnen. 2lucb auf
ben 3wecf, meldten ber Unternehmer babei für fich erreichen wollte, faim e« nicht
anfommen; benn nidt)t ber 3wecf, welcher felbfi ein löblicher unb ju billigenber
fein fann, fonbem ba« jur (Erreichung be«felben gewählte Nüttel entfeheibet für
bie ©trafbarfeit ber $anblung, unb e« ericheint Deshalb auch nlcichgiltig, ob 2ln*
geflagter beabfuhtigte, ben Befuch feine« Sttjeater« unb baburch ferne (Stnnafrau
ju erhöhen, inbem er für benfelben betrag, anftatt wie früher ben blofeen Sheater-
befuch, ie&t jugleich bie Setheiligung an ber Su«fpielung gewährte.
§. 263. 0t. <B. B. Der Dermögeneoortheil beö §. 263. St <B. B.
umfaßt nicht nur bie bejinitioe Vermehrung 6es Permögene, fonbern
auch bte thatfächlich gün|tigere <Befialtang ber Dermögenslage in Be*
3iehung auf Kealifirung r»on be|hittenen Hea>ten.
{Sxl be« III. ©traffen. o. 10. San. 1880 c/a. woburch bie «Heoifion
jurütfgewiefen worben iji.
© r ü n b e.
S)ie oorigen ^Richter haben folaenbe« fefigeftettt. 3^^°)^ °em ßigarren^
fabrifanten 8. unb bem Slngell. 3ß. oeftanben mehrere, jum ^h e ^ un ^ e '
ftrittene ©ajulb« unb $orbcrung«Derhältni)fe. ^befonbere hatte 8. gegenüber
bem 9lngefl. einen SBechfel aeeeptirt, beffen betrag jwar gefchulbet, aber nach
feiner Behauptung burch eine ihm gegen ben Singen, aufiehenbe gorberung auf*
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62 3)«utf*«8 Straftest. (Jrtemrtmffe b«8 9tei#Sgert#t$.
gewogen war; audj ^atte ber Slngefl. erflärt, bafj tym ber SBedbfel nur jur
6td)erbeit bis jur 2lbreä)nung über bicfe gorberung bicncn fottc. S. gerietb, in
©elboerlegenfjetten unb fudjte feinen Gigarrenporratf) ju perfaufen. 3m 2Rai
1878 machte tym ber Singet! wiffentlid& Die unwahre SDfttt^etlung, et l)abe brei
Sremer Äaufleute gefunben, meldte bereit wären, ben ganjen Gtgarrcnporrauj ju
guten greifen }u taufen unb binnen 3 Xagen an 33. felbfl ju sohlen; bie ßigarren
müßten fofort in ba£ öauä beS an einem anberen Orte wofmenben Slngefl.
gefAafft werben, wo bielBremer Äauffeute fie abnehmen wollten ; er, ber Slngefl.,
werbe r-on bem 2Öunfd&e geleitet, bem 33. au« ber SBerlegent>eit ju Reifen. (53
war nidjt baoon bie föebe, bafj bie Gigarren jur Secfung jene« SBed&felS bienen
foUten, au$ t>atte ni$t bie 2Xbfidt>t r fie &u biefem 3wedte bem Slngefl. &in$U'
geben, jumal er ben materiellen 9lea)t$beftanb ber 2Sea)felforberung beftritt, unb
ber 2öed)fel erft am 4. Oft. fällig war. 9tur burdj bie ü)m Pom Slngefl. auf
bie angegebene SBeife eröffnete SluSftd&t auf fofortigen 33aaroerfauf unb empfang
be£ greife« würbe er §ur Ueberlieferung ber Gigarren in bie £änbe unb bie
SBofmung be£ Slngefl. bewogen. S)ie Äaufleute aus 33remen tarnen nid&t, wo&l
aber crflärte na$ einiger 3ett ber Sngefl., er behalte bie Sigarren als S)ectung
beS am 4. Oft fälligen SBed&felS, flagte na$l)er benfelben ein, unb liefe bie
Gigarren, beren 2öert$ auf 7000 ütt. gefd&äfct ift, öffentlich mit einem (Srlöfe
oon etwa 3700 Wl. perfaufen, ofjne baS 33. in bie Serwert^ung berfelben jur
$ecfung beS SöedjfelS eingewilligt £atte. S)abura), bafe ber Slngefl. ujm pr
SDecfung für bie md>t unbeftrittene, jebenfaUS erfl nad& Monaten fällige 2ßeajfeU
fotberung bie Zigarren als baS einzige üftittel jur öefriebigung brängenber
©laubiger aus ben §änben fpielte, würbe 33. jutn Äonfurfe gezwungen. Sluf
©runb biefer befonberen ^eftfteUungen tyaben bie porigen 9lid)ter fajlie&Ucf) für
thatfäcpa) feftgefkUt erad&tet, bafe ber Slngefl. im 3ttai 1878 in ber Slbfid&t, fict)
emen redJtSwibrigen SkrmögenSoortfjeil ju perfd&affen, baS Vermögen beS 33.
baburdf) befdjäbigt Ijabe, bafc er in btefem burd& 33orfpiegelung falfä)er Sfjatfad&en
einen ärrtjmm erregte, unb ben Slngefl. wegen ©etrugeS (§. 263. 6t. ®. 33.)
perurüjeilt.
S)er Slngeflagte bat Slenifion perfolgt unb finbet ft$ befd&mert, weil auf
ben feftcjefteUten £j)atbeftanb ber §. 263. niajt ^abe angewenbet werben fönnen.
tn ber 9teoifionSfd)rift, ujeilö in ber f)ieftgen «er^anblung ifl pon ujm
namentudfj gerügt, bafe t& an ber fjefrftellung einer SBermögenSbefajäbigung beö
ber Slbfid^t eineÄ red^tiSmibrigen 3$ermögen3oort()eil3 für ben Slngefl., unb
be£ ©aufaljufammen^ang^ swifdjen ber angenommenen ^rrt^umSerregung einer-
feit« unb ber $ermögen3bef$äbigung anbererfeitö fe^le.
SDie Sefd^merbe ifl unbegrünbet.
s Jla<^ ber ^eflftellung ber porigen Stifter bewirfte ber Slngefl. burd^
«orfpiegelung ber falfd^en £ljatfadf)e, Wremer Äaufleute wottten in feiner Söolj*
nung bie Siganen be£ ©. gegen f^leunige Saarja^lung an lederen faufen unb
abnefimen, bie Uebergabe ber (Siaarren am ilm feitewS beÄ 8. S)er (Saufal*
jufammen^ang jwifd^en jener SSorfpiegelung, bem baburdb ^erporgerufenen 3rr*
tljume beS 33. , unb ber Uebergabe ber Sigarren, ebenfo bafe bie Slbftdjt be«
Slngefl. bei ber Sorfpiegelung auf Semirfung ber $rabition, alfo auf ben
IXebergang beS Sefi^e« oom föigent^ümer 33. auf ü)n, ben Slngefl., ging, ift
aufeer 6treit.
9n ber Uebertragung be« Seft^e« ber Zigarren oon 33. auf ben Slngefl.
lag aber für ben lefcteren fdjjon beSljalb ein SöerraögenSPort^eil, weil er
baburdjj bie t^atfäd)li(^e 3Köglid^feit ber Verfügung über ein wertbpolleS ©ut $u
eigenen, feinen SJermögenSbeftanb angefjenben ^meefen erlangte; biefer SSortfjeil
ifl bie unmittelbare ftolge jebe8 ©efifo, unb eben bie 3Högli(^feit tfjatfädilufcer
Verfügung unb JBerwertljung be8 bettnirten ©uteS madbt ben 33eftft als fola)en
icpon iu entern jtfermoaenswerto. söct oen reajutepen iöcjietjungen jrotiqien -ö.
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unb bera Sfagefl, welche burch baS Seftetjen gegenteiliger, theilS jwetfeüofer,
theilS beftrittener ftorberungSoerhältniffe unb ine bebrängte Sage beS quo) an
beren ©läubigera nerfchulbeten S. charafterifirt waren, Derfdmffte ber 8efi$ bet
Zigarren bem Stagefl. ben befonbeten Sortheil, bafe et babur d) ein öefriebigungS
mittel, welches bem unmittelbaren Sereiche fowotjl beS 6ct)ulbnerS als auch ber
übrigen ©laubiger endogen mar, für feine 2lnfprüa> in bie £änbe befam, wo»
burch er bis m einem erbe blicken betrage nd) vox 93erlufi fchüfcen tonnte, unb
biefen Süortfjcil I>a: ber ©eftj} ber Zigarren bem 2tngell. nicht bloS ber SJtögltchfeit
nach, fonbem in ©irflidtfeit gemährt. 2)er SermögenSDortheil beS §. 263. be*
greift aber nicht bloS eine bejtnitioe Vermehrung beS Vermögen«, fonbem auch
bie tbatfäa)lia) günftigere ©eftaltung ber Vermögenslage in SJejiehung auf
9tealiftrung oon Stedten, befonberS von befrrittenen s Jlea)ten. 2)er dinwanb beS
SngelL bafe ber öejtfc frember Sachen an fta) nicht nothwenbig ein Vermögens*
oortyeil, fonbern ^äufig eine Saft fei, beruht auf einer Verwedtfelung ber
ZfctfaAe beS VeftfceS als folcher unb ben unter Umftänben mit biefer ^atfaaje
perfnüpften obligatorifdjen Verpflichtungen, welche le&teren ihren ©runb auch
gewöhnlich nicht in ber oorttjciltjaften Xhatfache beS VeftfceS felbft, fonbern in
Denjenigen §anblungen Imben, welche ben (Srwerb ober bie Öortbauer beS %k*
ftfceS bewirf en. $a| inSbefonbere ber Xhatbeftanb beS VetrugS nid^t babur ch
aufgehoben wirb, bat; neben bem erlangten VermögenSoortheil läflige Verpfitch<
tun gen eytfitren, beten ©elbwerth ben Vortheil fogar überfteigen tonn, ergiebt
fid) barauS, baf$ jeber Vetrug minbefienS bie Veroinbltchfeit, baS babura) ©e*
wonnene §u erfefcen ober ju reftituiren, unmittelbar naa) fidE» jieht. UeberbieS
gebärt jum Xliatbeftanbe beS VetrugeS nicht einmal bie ©rlangung eine* Ver*
mÖgenSoortheilS, fonbern nur, bafe bie Erlangung eines fo leben beabfidcjtigt
würbe; bie Slbficht beS Singet! aber mar auf ben ©eftfe ber (Sigarren unb bie
au« bemfelben entfprtngenbe tfwtfächliche VerfügungSmögltchfeit gerietet, nicht
auf bie barauS fia) etroa entmicfelnben weiteren folgen beS SinilrechtS ober
Strafrechts. Sludj ber (Sinwanb beffelben, bajj er oon bem söenu ber Zigarren
erft bann einen Vorthetl gehabt habe, als er fie §ur SDecfung feiner Slnfprüche
oerfaufen lief, ifi unbegrünbet, benn bafj er fie auf biefe UÖeife für ftch uer*
merken tonnte, mar eben ber Vorthetl, welchen ü)m bie blofee Shatfadje beS
VefifceS »erlief
2>er VermögenSoortheil, welcher bem Sngetl. aus bem erftrebten unb
erreichten ©eft^e juging, mar ein rea^tSroibriger. 2)er non i^m getäufajte
hatte nia)t bie 2lbfta5t, ttjra bie Möglichkeit beliebiger Verfügung ober irgenb einen
anberen i&ortbeil ju gemähten, ben ber $3eft$ als folcher bem Sefi^er ocrjdjafft,
unb inSbefonbcre nicht bie iilbficht, ihm burch ben iBefitj bie ä)cöglichteit ber
Leerung non ftorberungen einzuräumen, fonbern er wollte lebiglich oen ^öerfauf
ber ßigarren an bie ©remer Äaufleute gegen Zahlung an ihn felbfi ausführen
laffen; eben biefeS wollte ber finget l. nicht, ba ibm bewußt war, baf> ein folcher
SSerfauf oöllig aufeer grage jtanb. ^eber Jöeftfe, aufeer jum $md ber erflärten
Slbftcht ©.'S als beS (&genthümer$, enthielt aber eine SJerle^ung ber Siechte beß
eigenthüraerS. unb jmat hi« eine bewufete SSerlefeung. Sttefe s JtechtSwibrigfeit
befteht für fiep neben Derjenigen, welcbe in bem 2lfte ber ©efifcerlangung burch
abfielt liehe Xäufchung lag; ber 3lngetl. haftete feit beginn feines $efi^eS für
dieftitutton nicht bloS aus bem SDoluS, fonbern auch weil aus bem beeinträchtigten
Eigentumsrecht jeber $tit bie SSiubifation gegen ihn begrünbet war. SUta) ent*
ftanb bie objeftioe StechtSwibrigfeit beS Seft^eS nicht erft aus einer eigenmächtigen
öcnufeuug beffelben ju weiteren com ©igentbümer nicht gematteten Maßregeln.
s iiicnn ber Slngefl. einwenbet, ban f. aus freiem -Willen bie Zigarren traötrtc
unb naa) ber Xrabition ihm beliefe, fo ijt in leitetet öejiehung überfehen, bafe
bie blofee 3iichtbefeitigung eines rechtSwibrigen 3ujtanbeS bie SlechtSwibrigfeit
nicht «ufhefo, in erflerer Ziehung aber, bafe ju bera XrabitionSafte buraj
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64 StartfäeS Strafrtät. «rtcnntniflc be8 8iciif>8geTiä)t8.
falfd^e Vorfptegelungen, baS fpejtfifche Littel $ur Ausführung bcS betrüge« im
®egenfafce anbeten 5l5crgc^cn r bewogen war, unb bie 9techtSwtbrigfeit beS vom
xUngefl. geübton x^cütu^ mdu baburdj wegfallen tonn, bafj fdwn bie ©ntftehung
bcrfclbcn eine unerlaubte war. 2luch gaben bie §wifchen 33. unb bem Angefl.
fchwebenben Scbulboerhältniffe bem lederen feinen Anfpruch auf ben iöcfig ; benn
felbft wenn bie 2Becbfelrorberung, ju beren t^eilroeifer 2>ecfung nachher bie Gigarren
ueräujjert mürben, materiell ju ^ted^t beftanb, was uon V. nicht anerfannt mar,
unb wenn fdron im ÜJtai bie 3öl)lung berfelben ^ätte verlangt merben tonnen,
währenb bie ^ättigfeit erft im Ott. eintrat, fo ging biefer 9lnfprua) boa) nur
auf Ballung, nicht auf Sachen, bie fpäter jur Vefrtebigung bienen tonnten. S)afj
bie befonberen VorauSfefcungen, unter benen ber SBechfelacceptant oor bem Ver-
falltage jur ©icherheitSleiftung herangezogen merben tarnt, hier uorgelegen hätten,
ift oora Stngefl. nid^t einmal behauptet; auch oerlangte er eine folaje Sicherhetts*
leiflung nicht, unb V. beroiUigte fie nicht. (Sbenfowenig finb, um bie 9ted>tS*
mibrigfeit beS VeftfeeS su befeitigen, bie VorauSfefcungen eine« ^Retentionsrechts
oorfjanben.
2>er SCngcll. befreitet enblich, bafc burch feine ,§anblungSweife eine Ver*
mögenSbefdjäbigung beS V. bewirft roorben fei; er beruft fta) barauf, ber @rlöS
aus ben ©igarren habe bie @a)ulb beS V. an u)n oerraiubert. Auch biefer Singriff
auf baS oorige Urtbeil entbehrt inbeffen ber Vegrünbung. Sie bem V. »erur*
fadste SßermÖgenÄbefa)äbigung traf fuer mit bem oom Angefl. bcabfidjtigten 35er»
mögenSoortheile äufammen; jene unb biefer beftanben in bem Vefifcc ber (Sigarren,
melden V. oerlor unb ber Slngett. gewann. 2>afj V. aufeer ©tanb gefegt würbe,
über einen roertfjoollen ©cftanottjeil fernes Vermögens thatfächlich naef fernem
Veueben unb ju feinem 9Zufcen ju oerfügen, mar ber VermögenSnachtbeil, ben
er burch bie $äufchung beS Slngetl. erlitt-, ob fich an biefen unmittelbar burd)
ben Vcftfcoerluft herbeigeführten s Jlac^tb.eU noch anbere mittelbare Vcfchäbigungen,
roie bie Unmöglia)feit, brängenbe ©laubiger ju befriebigen unb ber in ^olge
tneroon eintretenbe ÄonfurS, angefd)lojfen haben, brauet nid)t erörtert ui merben.
$af? V. bie SReftitution ber Zigarren f orbern tonnte, fleht ber Annahme feiner
Vefa)äbigung nicht entgegen, ba baS Älagredjt auf einen entäogenen Vermögend
beftanbüjeil bem thatfächlichen £abcn beSfelben nicht gleia)ftebt; bie 9Köglichfeit
eines Ausgleiches ber burch bie falfdjen Vorfpiegelungen bcS Angefl. oeränberten
Vermögenslage mittels Stejritutton unb (Sntfd^äbigung, roenn nötlng burch Anrufen
ber (Senate, fd&licfjt nicht aus, fonbern beroeift gerabe, bafj bie Vermögenslage
bura) einen ungerechten Vorteil auf ber einen, unb einen ungerechten ^cad^tr)eil
auf ber anberen Seite oeränbert mar. $ene nachherige Verwerfung ber ©tgarren
Sur theilroeifen Sedung einer ^orberung, bie fta) ber Angefl. gegen V. jufdjrieb,
hebt aua) tn bem ^aüe, wenn babei feine neue 6chäbigung burdt) eigenmächtige
«efriebigung eines befhittenen 2lnfpruchS ober burcf> ungünftige Afaufpreife oor^
gefommen fein foUte, bie X^atfadhe nicht auf, bafi bis jum Verfaufe V. baS
(beinige nicht in £änben h attc ; ourc h Verwerthung würbe bewirft, bafj
baS bura) $äufchung ©rlangte bem ©etaufchten niebt fortwährenb entjogen blieb,
fonoem ihm in ber §orm ber Aufrechnung ganj ober theilweife wieber suruef-
gegeben würbe, aber biefe Ausgleichung erfolgte erft, nad)bem bie Vefchäbigung
bereits gefächert war, unb fonnte bie ^hatfache ber Vefchäbigung, unb bamit
baS VegriffSmerfmal beS oottenbeten VetrugS, ebenfoweng ungefchehen machen,
als roenn ber Slngefl. baS burch betrug erlangte nachher in Natura bem Vc<
fchäbigten juruef gegeben hätte. S)afj ein bura) Säufchung jur 3 Q ^w«9 ^ x
roirflid) beftehenben unb anerfannten 6a)ulb inbucirter 6d;ulbner nicht nottjwenbig
als befchäbigt angefehen werben mufe, h ot feinen ©runb barin, bafj fner fajon
im 2lugenblicfe ber Zahlung fich 2öertb gegen SBerth oollftänbig ausgleicht, ein
Verhältnis, roelcheS uon bem jroifchen V. unb bem Slngefl. beftehenben wefentlich
abroeicht; ber Slngefl. verleitete ben V. nicht jur 3ahlung einer gorberung, am
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fceutföe« Strafet. GrtcimtttifTe fcc3 9leiä)§äcrid)t3. 65
roenigfien einer anerfonnten unb bereits fälligen gorberung, fonbem nahm üjm
burd) Säufcbung ein Vcrmögenäobjeft ab, auf beffen Sushänbigung er feine
ftorberung befafj unb $u befifcen auch nicht oorgegeben bat, unb liefe im Slugen*
blief ber Abnahme auch nicht ba« oolle 2lequtoalcnt feinem Vermögen roieber
juaehen, fonbem machte itm in biefem 2lugenblidfe um ben ganjen s J3erth beS
«efiftc« unb alle aus bem &c|t&e &u jiehenbe 58ermögen£üortt)eile ärmer.
§§. 292., 295.» 305., 307. 6t. Pn>5. <D. etattyaftighlt 6er Qlufna^me
6er erfebwerenben Umjtänbe in ber Hauptfrage unb ber uneingefa)ränften
Beantwortung Unterer feitene ber (Befajroorcnen mit 3<* ober Hein.
@rf. beS II. Straffen, u. 13. 3<m. 1880 c/a. 3}curawSfi, woburch bie
Sceoifton beS Stngefajulbigten jurüclgewiefen werben ifi.
© r ü n b e.
Söäre tn ber 6t. ^roj. D. oom 1. gebr. 1877 oorgef abrieben, bafj über
foldjc uom Strafgcfefee befonberS norr^ergefebene Umftänbe, welche bie Straf*
barfeit oerminbern ooer erhöhen, ben ©efdjworenen ftetä befonbere fragen
Oflebenfragen) oorgelegt werben muffen, fo mürbe allcrbingS mit ©runb in
Zweifel gebogen werben fönnen, ob bann, wenn unrichtiger 2öeife bie fraglicben
Umftänbe mit in bie Hauptfrage aufAcnommen finb, bie einfache Bejahung ber
ftragc feiten« ber ©efchworenen ate eine genügenbe Beantwortung betrachtet
werben fönnte. SlUein eine berartige Vorfctyrift enthält bie St. $ro$. £). nicht.
3war Reifet c« im §. 295. ber St. $roj. D., bafe über berartige Umftänbe
„geeigneten g-ollS" ben ©efchworenen befonbere fragen oorjulegen finb.
8Iuj8 btefer Söeftimmung läfjt fiel) aber nicht folgern, bajj überall ba, wo
foldje Umftänbe in ftrage flehen, aua) abgefeljen oon bem gaU bc$ §. 296. ber
St. $roj. D., ber Stifter febon oon Slmtswegen eine befonbere grage fteHen
mu&. $>er §. 295. ber St. ^roj. 0. ifi oielme^r bafjin §u oerftejeu, bafe bie£
bann ju gefebehen ^abe, wenn ber einzelne gall baju geeignet ift, ba$ Reifet,
wenn e3 nach richterlichem (Snneffen jwecfmäfjiger erfcheint, eine befonbere $rage
ju fteUen, anfrort ben erfchwerenben Umftanb in bie Hauptfrage aufjunehmen.
$n ben SWotioen jum §. 295. (§. 253. beS Entwurfs) wirb allerbina^ gefagt,
baj} ftcr) bie SluSfc^eibung foldjer Umftänbe au3 ber Hauptfrage unb u)re $er=
weifung in bie ÜRebenfrage al« jwecfmä&ig empfehle, weil fte burdb Vereinfachung
ber Hauptfrage ba3 Verftänbniji berfelben erleichtere unb }ugleid> ben ©efd&wo*
renen eine Slnleitung in Betreff beS ^bftimmungSoerfahrenS gewähre. 2Öie
wenig aber barauS ju fchlicfjen ift, bafj nach bem Söillen beS ©efefegeberS ber
Siebter bie bcgleitenben Umftänbe immer in eine befonbere $rage oerweifen
müffe, ergiebt fich au« ber ©eflimmung be§ §. 305. Slbf. 2. ber St. ^roj. 0.
$>enn bie h^r ben ©efchworenen gegebene 93efugnife, bie ^rage tf)etlweife 3U
bejahen, theilweife ju oerneinen, ift it;nen wefentlia) mit Slucfficbt auf gälle ber
uorliegenben 2(rt eingeräumt warben, weil nämlich, lllie e ^ Ul ben 3){otioen jura
§. 30&. (§. 262. be3 Entwurf«) h^ifet, bie 9tothwenbigfcit einer Stellung ber
fragen fich oft unb namentlich ba geltcnb macht, wo erfchwerenbe Um^
ftänbe, welche bie ©efchworenen nicht für erwiefen anfetjen, in bie £<*upt*
frage aufgenommen finb.
Hat man hernach baoon auszugehen, ba§ eS pro$cffualtfch ftatthaft i|t,
bie erfch'werenben Umjtänbe, wie t& im oorliegenben $aU gefchehen ijl, in bie
Hauptfrage mit aufzunehmen, fo fann e3 auch oei bem Langel einer entgegen*
Sehenben Vorfchrift nicht für un$uläfftg erachtet werben, bafe bie ©efchworenen bie
$rage mit einem einmaligen „3a, ber 2Cngefl. ift fdntlbig mit mehr alö 7 Stirn*
inen" beantworten.
*r$iv 1880. L ^«ft b
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(j(5 3>cutfd)c8 SttafteAt. 8rtcm i tnifl< te8 9ici*ägcridE>t8.
2)lan barf unb muft in foldjcm ?^flUc aui.cbmcn, baft bie ©cfdjmorencn
feine SRcrnnlaffung gefunben Imbcn, oon ber ilmen im §. 305.Slbf. 2. ber St. Sßroj. 0.
frcigclaffencn Scfuguijj, eine ftvagc tljcilmcife 511 bejahen nnb tOcilwcifc ju »er
neinen, ©ebraud) 51t madjen, ober mit nnberen Söorten, bafj fic bic gaiue ftrage
uncingcfdjränft Ijabcn bejahen wollen. SDcr com 23efd)merbcfül)rcr für feine
gegentfjettiae 2Infid)t in SBcjng genommene §. 307. fielet ber l;icr »ctttctcncn
?lnficfjt niebt entgegen. £cr 2lbf. 2. biefcö ^aragrayljcn, weldjen ber ©cfdjwcrbc*
füljrcr im 2lugcl)at, ift erft burd) bic 9tcid$tag$fommiffion eingefügt unb bc
•iwctftc lebiglid), im ©egenfafee jum 9legicrung8cntwurf (§. 2G4.), welket bic
Angabe be« StimmcuucrtyältniffcS ausfließen wollte, ein (£rfcnnbarmad)cn bc£
lederen l)erbei3ufül)ren. darüber ober, wie im Ucbrigcn eine grage beantwortet
werben mufe, enthalt nid;t ber §. 807., fonbern ber §. 305. ber et. $roj. 0. bic
mafegebenbe $Heftimmung.
§. 38L 6t. pro$. (D. Unjutäjiiajeii 6er (Einlcgung 6er lUoiftou
mitteilt (Telegramme.
©cfd)lu§ bc<3 III. Straffen, o. 24. 3an. 1880 c/a. 33rüfcr, woburd) bic
9tcuifion bc$ 2tngcfd)ulbigtcn jurüdgewiefen raorben ift.
GS ift bem Äöntgl. £anbgertd)t barin beijuftimmen, bafj eine einlcgung
ber 9tcuifion burdj Telegramme ber SBorfdnüft bc§ ©efctjcS nid)t cutfprid)t, mo^
nad) bic (iinlcgung entroeber 51t ^rotofoll bc$ ©crid)t8fd)rcibcr$ ober fdjriftlid)
gefdjeben foü, ba "ein Telegramm ntä)t für eine oom 53efd)mcrbcfiU)rcr aiuSigcbcnbc-
6d)rift gehalten werben fann. (§. 381. ber 6t. $ro$. D.) (*3 fehlte baber
oon Seiten bes 2fagcfl. $3. au ber (Sinlcgung überhaupt, unb finb au§ biefem
©runbe bic 9tet>ifioni8anträgc bcffclbcn niä)t 3U beachten.
§§. 359 n 358., 581. @t. proj. 0>. Unroirtfamfeit ber Qlninclbung unb
Kcd)tfcrtigung »on Hccbtemittcln feltcns eine« ntcfyt im Vorverfahren
bie Vertilgung geführt Imbcnbcn Anwalt» für 6en erjrcrc erj> nad)
Ablauf 6er Qlnmclöungefrifr gcncbmigcn6cn fingen.
(Srf. bc« II. Straffen, n. 10. San. 1880 c/a. ^ragjcjaf, woburd) bic
9tcotfion beS 2lngefd)ulbigtcn surttefgewiefeu worben. ift.
© r ü u b c.
©egen ba<3 in 2lnwefcnf)cU bc§ SIngcfl. mit ben Ur%il£grünbcn am
7. 9?oo. 1879 oerfünbete Urtycil ber Straff ammer l)at ber 9tecbt3ariwalt 91. am
14. bcffclbcn 9)ionat3, unb $war lebiglid) burd) bic (5l;efrau beS 3lngcfl. baju
ocranlafjt, bie 9teuifion angcmclbet unb naa)bcm bem Slngcfl. beglaubigte 2lbfdjrift
bc5 Urtl)eil3 am 24. bcffclbcn 3)?onatÖ sugeftellt war, am 26. beäfelben Monats
bic 9tcoifionöfd;rift eingereiht, (srft am 28. 9ioo. 1879, nadibem bic gcfc^lidöc
Stnmclbung^frift mit bem 14. bcöfelbcn 3Ronat« abgelaufen war, bat ber angelt
bic 9tumclbung ber 9tcoifion, wie ben ^n^alt ber 9tea)tfcctigungi8fc4rtft, ju ^rotofoll
bcS ©erihtSfa)rcibcrj5 genehmigt.
ßiernah liegt eine red)t$citige Stnmclbung ber Dlcoifion nid)t oor.
9cad) §. 338. ber St. ^roj. 0. fielen bie juläffigcn JHcc^tömittcl gegen
gcridjtlic^c Gntfdjcibungcn fowo^l ber StaatSanwnltfc^aft atö bem $c;
fdjulbtgtcn ju. Sofern bic Ginlcgung beö 9tcd;t!gmittel3, wie foldjcS nad)
§. 381. baf. bei ber Stcoifion ber gall, burd) bas ©. an eine bcftimmlc Jtrift
gefnüpft ift, t;at bieS bic S3cbcutung, bafj ber jur Ginlcgung 5)crctt)ttgtc
innerhalb biefer grift feinen äßiltcu, oon bem 9tcd)t$mittcl ©ebraud; su machen,
Funb gegeben l)aben mu§.
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£eutf<$c3 StrafreAt. Srtenntnific tcS MeidjSaeriAtä. 67
Räch §. 339. fantt ,für bcn Scfdmlbtgtcn bcr Sßertheibtger, jeboch
nicht gegen bellen auSbrücflichcu äBiflen, RcdjtSmittel einlegen, unb nach §. 340.
fönnen bcr gefefctiche Vertreter eines 23cfcbulbigtcn, bcSglcicben ber (Seemann
einer bcfchulbigten #rau binnen ber für ben bcfchulbigten laufcnben ^yrift felbft*
ftänbig oon ben 5uläffigcn Rechtsmitteln ©ebraud} machen. SDic §§. 338. bis
340. eruhöpfen bie allgemeinen Scftimmungcn über bie jur (Anlegung eines
Rechtsmittels befugten ^erfonen, unb bie 6t. $roj. D. bietet feinen 2luf)alt bafür,
baß eine oermuthetc SSoHmacht jur ©inlegung oon RedjtSmittcln als ben RedjtS*
anmalten juftcljenb angenommen ift. (Sbcn bcSljalb fann bie nad) 2lblauf bcr
flnmclbungsfrift oon Seiten beS 23efchulbtgten crfolgenbe (Genehmigung bcr oon
einem Rechtsanwälte, als folgern, gcfchcbcncn Slnmclbung beS Rechtsmittels nidjt
bie 2tfirfung hoben, baß baS Rechtsmittel als oon bem 23efd)ulbigtcn innerhalb
bcr gefe^licncn ftrtft angemclbct gilt.
2>orliegcnb ftanb bem Rechtsanwalt R., als er am legten Sage bcr bem
2lngcfl. äuftehenben $rift bie Reoifton unter bem tarnen beS 3lngcfl. anmclbctc,
bcr §. 339. bcr 6t. $1*03. D. nid)t jur Seite, weil er im ooraufgegangenen
Verfahren bte 3krthcibigung beS 2lngcfl. nicht geführt Iwttc, alfo nicht „$er*
tljeibiger" im Sinne biefer Utorfdrttft mar. Seine Slnmclbung entbehrte bcr
rechtlichen 2öirfung für bcn 2lngcfl unb l;at folc^c auch burch bie nad; 2lolauf bcr
^InmclbungSfrift erfolgte ©enehmtgung bcSfclbcn nicht erlangen fönnen.
. 47., 48. 0t <B. 8. grolfchen bcn cfigcnfchaftcn einer perfon als
ertjfug imb als illittclsperfon liegt in abstracto fein lüibcrfprucb.
(Srf. beS m. ©traff. 00m 17. 3an. 1880 ca. Sdj., woburch auf 3urücf<
roeifung ber 23efchwerbe erfannt worben ift.
© x ü n b c.
S>er Söefchrocrbefühcer behauptet SBerlefcung ber oon bcn oorigen Richtern
Sur Slnrocnbung gebrachten Strafgefefce, nämlich ber §§. 47. unb 48. St. ©. 23.
unb beS §. 1. beS ©ef., betreffenb ßurotberhanblungcn gea,en bie jur Slbmcljr
ber Rinberpeft crlaffenen SBtehctnfuhroerbote, oom 21. 2)cat 1878. £>ie oorigen
Richter h^ben feftgcfteüt, bafj ber 33efchn)erbeführer r welcher oom flWitangeflagten
23. oicr Dchfen gefauft Imtte, bie fich noch auf preufjifchem Territorium befanben,
,ui 23. ging, i^n ocranlafjte, roiber ein oon Sadjfen erlaffcneS Verbot bie oicr
öchfen über bte fäd^fifd^c ©renje hereinholen ju laffen, bafj 23. in $olgc beffen
baS Sich h CTC tah°l cn liefe, bafj bcr 23cfchmerbeführcr herbei ben 25., ber baS
(Stnfuhrocrbot nicht gefannt höbe, als 9)ctttelSperfon unb SBerfjeug benufcte. ba*
bura) baS ©. oon 1878 übertrat, unb bafj bicS oon ihm oorfafchch gefchah,
weil er baS Verbot gefannt unb bann fofort bie nötigen Seranftaltungen ge*
troffen fyabc, um fid) noch fchleunigft in ben 23efifc beS 23iehS ju fefeen. Sluf
©runb biefer geftflellungcn ift ber 23efchwerDeffihrer nach bcn §§. 1. unb 2. beS
WefefecS oon 1878 *u ©efängnifj ocrurthcilt. S3on 33. bagegen ift burch bie oorigen
Richter fcfigcflellt, bafj er, obgleich Sichhanbler unb nia^t über 15 km oon bcr
©renje wohnhaft, baS öinfuhroeroot nidpt gefannt, unb ben RadhioeiS nicht 3U
führen oermocht habe, bafe er obne fein Scrfchulben burch befonbere llmftänbc
rjerhinbert geroefen fei, oon bcmfclben Äenntnil 3U erlangen, baher er in 2ln*
roenbun^ beS §. 3. beS ©efc^cS oon 1878 wegen fahrläfttgen 3umiberhanbelnS
ju ©clbftrafc oerurtheilt ift. S)er Sefa^ioerbcführcr ftnbct eine SBerlcfcung bcr
Eingangs angeführten Strafgcfcfce barin, bafj 58. einerfcitS für einen fulpofen
©cfcfeeSübertretcr, alfo fclbfl wegen ber SBcrbotSübertretung oerantwortlidfj,
anbererfeits für ein blofecS SBerfaeug beS 53cfchwerbcführerS erflärt fei, worin
ein SBtberfprud) liege; bafe er ferner für baS Söerfjeug eines anberen unb boä)
nic^t für un3uredmungSfähig ober gewaltfam geswungen erflärt fei, folglich als
f.*
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(J3 3>eutfcf>c3 ©trafrc<f>t. (Sttcnntniffe t»c6 ÖlttdjSgctid&tS.
blofjcS SScrftcug nidjt Ijabc betrautet roerben biirfcn; fobann barin, bafe er
nid)t allein für ein SBerfjcug beS VcfdjrocrbefüfjrcrS, fonbern gleichseitig für
beffen 3)UttcliSpcrfon erflärt fei, roaS ebenfalls einen SBiberfprudp enthalte, ba
„9)tittclSpcrfon" einen beroufjten Vermittler ber ©efd^äfte anberer bebeute, bafe
bafjer, wer eine aJlittelSperfon sur VerÜbung einer ©traftfjat gebraute, nid&t
Urheber ber ©traftbat, als rocld&cn bie norigen Stifter ben Vefd&rocrbcfülnrcr
oerurtyeüt Ratten, fonbern nur Slnfttfter babe fein fönncn, roäfjrenb bodf) eine
Slnjnftung nid^t angenommen fei unb, ba 33. nur wegen eines fafyrläfftgen Vcr*
geljenS oerurtljeilt roorben, audfj nid&t fmbe angenommen roerben fönncn; aus
biefen ©rünben wirb bie ftreifpredjung beS VefäroerbefüljrcrS beantragt.
2)er in ber geftfteüung beS angefochtenen UrtfjeileS gefunbene 2ö«>erfprud)
jroifcljcn ber Vejeiddnung beS V. als eines SöerfjeugeS unb sugleid) als einer
s JWittclSpcrfon, unb bie Behauptung, ba& bie ©igenfd&aft beffeloen als einer
s J)iittelSperfon beS VcfdjwerbcfüljrerS ber 2lnnaf>me, legerer &abe als Später
— Urheber — geljanbelt, roiberftreite, erlebigt fid; baburd), bafj ber unbeftimmte
2luSbrucf „ÜJfittelSperfon", welker an fich auf fcljr ocrfd)icbcne 2lrten ber Vcr-
mittelung frember 0cfa)äftc ober j^ntereffen pajjt, toeber ein ^anbeln burä)auS
nad) frember Seitung unb olme Veroufjtfein beS Vermittlers oon ben ^werfen
beS anberen, benen er bient, nod) aud& bie oollftänbigftc beroufjte ©elbftftä'nbig-
feit beffelben auSfcfjliejjt. 3m erfteren galle wirb er als SBerrjeug beS anberen
benu{jt, bafjer ein SBibcrfprudb jroifdjen ben (ftgenfdjaften einer ^erfon als
aöerf^eug unb als MttelSperfon in abstracto nidpt anerfannt roerben fann.
28eld)en fonfreten ©inn aber bie oorigen 9tid^ter mit ilpm 2luSbrucf ,,3RtttclS«
perfon" nerbunben f)aben, ift oon if)ncn eben burdfj bie 3ufammcnfiellung mit
bem 2luSbrucfc „Söerfyeug", in Verbinbung mit ber 2lnnal)me, bafj V. baS Vcr*
bot nidjt fannte, flar gemaajt. $)emnad) wirb buref) ben erfteren 3luSbrucf aud)
nidjt, roie ber 35efd)wcrbcfiil;rer behauptet, ber SluSbrud roiberlegt, bafe er felbft
als Später ge^anbelt Ijabe. (SS Kommt oielme^r barauf an, ob V. unter ben
fcflgcfteUten Umfiänben mit Siedet als fein SBcrfjeug, unb ob er fclbft, wenn
er fidj beS V. als feines SßerfjeugcS bebiente, mit 9ied)t als Später angcfcf)cn
locrbcn tonnte.
9iun ift aber bie Venu&ung einer anbern perfon als blofccn Littels
ober SföerfaeugeS nieijt blos, wie in ber SBcfd^roerbc auszuführen oerfud)t ift,
bann möglid),' wenn bie ledere unjuredjjnungSfäfjig ober burdfc überlegene ©eroalt
ge$roungen geroefen ift. $wax mufj, roenn 3emanb burd) einen anbern su einer
^anblung beftimmt ift, unb ftrafloS ober nur rocgen galjrläffigfcit ftrafbar fein,
jugleid) aber ber anbere rocgen ber ,§anblung als einer norfätjlid) oerfdfnübetcn
beftraft roerben foU, ein befonbercr ©runb norbanben fein, roeldfjer baS 6traf"
gcfc<5 roo^l auf ben lebteren, niefit bagegen auf ben erfteren anroenbbar mad^t,
unb biefer ®runb roirb regelmäßig in ber Vcrfdjiebentjcit ber fubjeftioen £agc
ber beiben ^perfonen liegen. SDafj er jcbod& in einem ^ftonte allgemeiner Un-
5urcd)nungSfäf)igfcit ober in einer abfoluten ©croalt liege, ift nid&t not^roenbig.
S)enn ba bei uorfäfclidjcn ©clitten bie Äcnntni§ beS ^anbelnbcn oon ben bie
(Strafbarfeit bebingenben Umftänbcn 3U feinem Vorfatj, alfo aud^ ju feiner
6 traf bar feit erforbcrlidjj ift, f erlieft t aud^ bie Unfenntnife unb ber 3^t|um über
berartige llmftänbe bie ©trafbarfeit aus (§. 59. <St. ®. V.), unb fo fteljt cS im
uorlicgcnben ^alle, ba ber oom 93cfdf>roerbefül)rer beftimmte V. nad^ ber $eft*
ftellung ber oorigen Stifter non bem einful;ruerbote feine jlenntnife Imtte, alfo
baffclbe nid^t norfä^Iid^ übertreten fonnte. 33ei bem Vcfd^roerbefü^rcr bngegen,
ber baS Verbot fannte, unb fid) beS V. sur Verocrfftelligung ber Viefjcinfuljr
bebiente, roaren bie SDicrfmalc ber uorfä^lid^en ^^äterfd^aft oollftänbig uorljanben.
5)enn ba, nad^ ber $eftftellung ber oorigen Stifter, ber Vcfd^rocrbefübrcr burd)
ben oon tym ^icrju beftimmten V. bie Vicljeinfu^r beroerfftelligen liefe, ol^ne
ba& ber ßcfctere herbei fi(^ als »orfäfclidfjer Uebertreter beS einfu^roerboteS
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2>eutfd)c§ ©trafredjt <£rtamtnific fccS Bki$3geridn$. 69
firafbar machte, ofme bafj alfo bic SBorauSfefcung einer SlnfHftung oorlag, fiubct
auf ben Söefchwcrbcführer ber allgemeine 9lcd^tjSfnfe 2lnwenbung, bafe, wer
fta) einer fremben £anb jur SuSjiihrung einer Xi)at bebtent, für biefe %i)at
ebenfo haftet, als wenn er fie unmittelbar felbfl ausgeführt hätte, alfo, fofern
md)t fonftige ^ier nicht in Betracht fommenbe Sßerljältniffe bicfeS auSfchliefjen,
im einne bcS St. ®. 53. aß %i)ätcx bafür haftet.
$>a& 23. feinerfeitS aiuS bem ©runbe, weil er bem ©efefee oon 1878
gemäfj als in fatyrläffiger Seife feine Unfenntnifj beS Verbotes ücrfdjulbenb
angefchen merben mu§te, wegen faljrläffigen 3uwiberbanbeln£ ftrafbar mar, frnt
auf bic Stellung be$ ©efchwerbefübrerä $u ü)m feinerlei öejug. S)enn auch
wenn er an feiner llnfcnntnifj unfdmlbig gcroefen märe, ober wenn er wenig*
ftcnS ber burch §. 3 be3 ©efefceS oon 1878 für gewiffe ^crljältniffe aufgefteUtcn
$räfumtion ber fal;rläffigcn llnfcnntnifj nicht unterlag, blieb feine Stellung $um
JÖefchroerbeführer genau bicfelbe, unb mürbe inSbcfonbere in ber SÖCjicjjuug, bafe
er nun etwa leichter oom 23efchmerbcführcr hätte befhmmt, ober mit mehr ©ruub
als beifen Söcrfjeug angefehen werben fönnen, nichts geänbert. $ie Uriacbe,
warum er nicht wegen oorfäfelichcr Uebertretung be£ (SinfubrüerbotcS $u bc*
ftrafen, warum alfo ber S3efa)wcrbefü§rer, ber iljn ju beffen Uebertretung oer*
anlafete, nicht als Slnftifter, fonbern als S&ätcr su bcl;anbcln war, lag in ber
£fmtfad>c ber Unfenntnife oon bem Verbote als folajcr, nicht in ber 3lrt, wie
bicfelbe herbeigeführt war.
§§. 205., 227. t 259. I>cm errennenöen Hicbtcr fleht oie Beurteilung
ber »frage $u, ob ein an partieller (flcijtcojtörung leiöenber Slngcfl. fid)
im Sujtanoe ber DerhanMungefä^igfeU beftnoct.
erf. b. III. Straffen, o. 17. San. 1880 c/a. £aacf, woburch bie ftcoifion
ber StaatSanwaltfchaft aurüefgewiefen worben ift.
® r iin b e.
S)er Slngeflagte hat nadj ben ftcjiflcllungen be£ angefochtenen örf. ben
Sd^mieb 2. mit einer geile förperlia) mifrtmnbclt unb ben Seefahrer 2*. mit
einem SRcoolucr bebroht. 23cibcä ift am 12. Üluguft v. 3- gcfdjcfjcn. £>a£
^anbgericht in Altona nimmt aber an, bafj 2lngefl. fich 3u biefer 3^it in einem
^uflanbc franfl;aftcr Störung ber ©ctfTcStbättgfeit befanb, bura) welken feine
freie SöiUcnSbeftimmung auSgefcbloffcn war, unb fnricht Um frei, weil bemnarb
nicht für fcftgcftcHt angefeben werben fönnc, bafe er bie erwähnten Straf*
traten uorfäfclid; begangen habe.
Dcach §. 51. bc0 St. ©. 23. ift eine ftrafbare £anblung nidjt oorljanbcn,
wenn ber Später [\d) jur ^cit ber söegeljung ber .t»anblung in einem ^uftmtbe
franf^after Störung ber ©eiftcStljätigfcit befanb, burd) wcldjcn feine freie SBtt*
IcnSbeftimmung au§gcfd)loffeu war. S)ura) biefe ^eftimmung bcsS St. ©. 23. ift
bic gtcifpredjung bcs3 Stngcfl. auf ©runb ber bewirften jcftficllung materiell
ooUfommcn gerechtfertigt. XU von ber Staatäanwaltfdjaft emgewenbete iHcuifton
gegen baä Urtl;cil beftreitet bieS nid)t; fie maa;t nur gcltcnb, bafe mit einem
(9ciftc*franfen eine gerichtliche Sßcrlmnblung uumöglia) fei, unb folgert barauä,
6q& ba5 @eria)t gegen ben nad; feiner 2lnnalmic gciftcörranFeu Stngett über bic
3eit hinöuf, wo cf ju biefer Ueberjeugung gelangte, bic ^auutocrbanblung
nicht habe fortfefoen unb alfo auch "i<ht 3W einem bcfinitiiicn frcifprcchcnbeu
(frfenntmfe fyabc gelangen fönnen; bie ^crljanblung l;abc uiclmehr bi« 311 ber
Seit ausgefefct werben müffen, 31t weldjer ber Slngcfl. foweit h^öcftcüt fein
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7() £eutfd)cä ©ttafrcdjt. ©rtcnntniff« bc3 fflcidj&jeridjtä.
werbe, bafe mit iljm eine ^auptocrljanblung möglidj fei. £>tc ©taatSanmaltfd&aft
fjält §§. 203., 227. unb 259. 6t. «ßroj. 0. für ocrlefct unb beantragt, baS an*
gefod)tcne Urteil aufsubeben unb btc Vertagung ber ^auptocrlrnnblung bis mx
$}ieberl)erftcllung beS Singe! legten ju bcfd;licfecn. Die belogenen gefcfclidjcn
#orfd)rtften entfdjciben btc oorliegenbc ftrage nidjt; §. 203. gefitattet nur bem
über bic Eröffnung beS $auptocrfal)rcnS entfdjeibenben ftidjter bic uorläuftge
Ginftcllung beS SBcrfatjrcmS 51t bef fließen, wenn ber 2lngefd)ulbtgtc nad> ber
£lwt in ©etfteSrranftjett oerfallen tft; §. 227. überweift bem Script bic
Gntfa^eibung über Anträge auf SluSfejiung ber öauptucrljanblung, unb nad)
§. 259. fdjlicfet bie ftauptucrljanblung mit (Haftung beS UrtljeilcS, welches
nur auf greifprcdmng, Skrurtljcilung ober ßtnftcllung bcö SJerfafjrcnS lau-
ten faun.
©lctd)wof)l mufj eingeräumt werben, bafj nadj ber DJatur ber ©adje unb
bem ©inne beS ©cfc|}cS, ii>ic er fid) inSbcfonbcrc aus §. 203. ergtebt, eine
.^auptoertjanblung nur mit Slngcflagten geführt werben foll, bic nidjt burd)
©ciftcSfranffjcit ocrljinbert finb, bem 3wctfe iljrer 2lnwefcnl)eit entfprcdjcnb in
ber itolrnnblung tljre ^ntcreffen oernünfttg 311 oertreten, tljtc 9tccf)tc ju magren
unb il;re Skrtljeibigung in oerftänbiger unb ucrftänblidjcr SiScifc 511 fül;rcn.
daraus allein aber, bafj Scmanb $ur 3eit ber uon il;m begangenen %% at fid;
in einem 3wftönbe franflmfter ©törung ber ©eifteSt&ätigfcit befanb, burd) mcl*
djen bie äuredjnung ber Sljat auSgefdjloffen tfl, folpt an fid) nod> nidjt, bajs
biefer 3 u T tano fl "$ Sur 3 c ü ocr SBerlwnblung in einer Sßctfc oorljanbcn war,
bic tyn an ber uernünftigen ©eltcnbmad&ung feiner 9ica)tc ucrliinbcrn tonnte,
©ollte ber 9tid;tcr uon biefer ^orauSfefcung ausgegangen fein, fo wäre aller*
bingS feine £auptocrl)anblung mit bem Slngeflagten unb folgeweife aud) fein
2tbfd)lufe ber ©ad&c burd) llrtljcil, fonbern nur bic 2luSfc|jung beS üüerfaljrenä
bis jur s iBicbergencfung juläffia gewefen. DaS Sanbgcridjt Tpridjt nun aus,
bafc illngcflagtcr an ber firen ^bce leibe, uon Unbcfanntcn befdjimpft unb oer-
folgt 3u werben, unb ftdj baburd) in söejicl;ung auf eine beftimmte Stiftung
feiner ©ciftcStljätigfeit in einer franfljaftcn ©törung berfclbcn befinbe; cS fpridjt
aud) auS, bafe btc 2lufl)cbung beS geiftig franfen ^uftanbcsS bei tym mdjt $u
erhoffen fei; cS gcfteljt tym aber fonft ein richtiges logifdjcS Deuten, ÜHeben
unb ^anbeln su.
Daraus erljeUt, bafj eS nur eine partielle auf einzelne firc 3°ccn ober
falfd)e 2$orftellungen befdjränftc franffjafte ©törung ber ©eifteStljätigfett bcS
2lngeflagten untcrftcHt Ijat, bic ftdj Icbiglic^ in einer beftimmten 9liajtung offen-
bare, mäljrenb im Uebrigcn ber ©ebraud) feiner SHcrftanbcSfräfte unb bic %ici*
beU feines ^anbelnS nidpt bcfd;ränft fei. S)a cS nun aua; mirflid) bic ^3cr-
Ijanblung mit bem 2lngcflagten bewirft, feine ßiflärungcn entgegen genommen,
feinen $crjid)t auf 3 cu 9 cn berüdfta;tigt unb bic 5cflftcllung ber Zfyat auf fein
(^cftänbnife geftüfct Jat/fo mufe angenommen werben, bafj cS 3ur 3cit ber $cr-
ijaublung einen geifiigen 3 u f tan0 2lngeflagten als uor^anben angenommen
fjaL weldjer bic S3orna^mc biefer iyer^anblung mit t^m crmöglia^tc. 2)ic söc
urtlieilung ber Sragc aber, ob ein Slngeflagtcr fidj in einem folgen 3uftanbc
geiftiger ?yrcil;cit befinbe, bafe mit iljm in gültiger Sföcifc ftrafgcria)ttic^ ucrljanbclt
werben fönnc, ftc^t lebiglid; bem crfcnncnbcn 9tia)tcr ju.
iQiclt alfo uorltcgcnb baS 2anbgcrid;t biefe 58er^anblung für mög*
lid) unb juläffig, fo war cS au<$ uom ©cfe(j nidbt bcl)inbcrt, ftc ju bc>
wirfen unb bic (Srgcbniffe berfclbcn einem fccifpccdjenbcn Urteile jum ©runbc
$u legen.
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2>eutf<f)c3 @trafred)t. (Srfcnutniffe t-cS «ct^erid)t«. 71
§. 113. £t. ®. B. Pen feitens einer (Bemeinoc $um 6Au^e it>rc«
außerhalb ocö (Femein5ebc$lrfc8 belegenen prioateigeutbum« beftellten
Perfoncn »oimt nidjt 6ic (Dualififation als Dolljtrccfungebeamtc im
einne 6t8 §. 113. et. <£. inne.
(*rf. beS II. Straffen, oom 27. $an. 1880 c/a. ©ölbencr, moburd)
bic Sicuifion ber St. 21. oerroorfen roorben ift.
© r ü n b e.
SDaS Urteil ber Straffammer geljt tfmtfä<i)lid) bouon aus, baß bic Stabt
gemeinbe Berlin 511 Srcptoro, außerhalb bcS ftäbtifdjcn StktdnMlbeS im Drt$*
bewirf Xrcptow belegene ^arfanlagcn etgenthttmlic^ befifet, unb baß ber SNagi*
(trat 3U Berlin ben 3cugen & als 2luffehcr unb Jiöäd&ter btefer anlagen
angcjleUt f)at. £iernad) ift 311 verneinen, baß 8. ein Beamter ift, weiter im
Sinne beS §. 113. bcS 6t. ©. 33. 3ur VoUftrccfung von ©efefcen ober r»on 23e*
fehlen unb Slnorbnungen ber VcrioaltungSbel)örben berufen ift. SMefc Sigen*
fdjaft rootjnt nidt>t olme Weiteres ben mit ber Söafnrung ber $rtoatrecf)tc ber
©emeinben betrauten ©emeinbebeamten bei, uielmcljr ift in biefer öetfebung oon
loefcntudfocm (rinflnfe, ob bie ©emeinbe auf ©runb ber il;r für itjren iöc^trC 3U*
ftetjenben ©yerutingeroalt bcS Staates bie Stnfieflung für biefen üöcjirf bewirft
Imt. Heber benfclben l)inauS Ijat bie ©emeinbe 9tcd)te ber Staatsgemalt nad)
außen Inn ntd)t wafn^unclnncn. 3" 2lu|el)ung beS SdjufceS UjvcS außerhalb
bcsS ©cmeinbebe3irfcS belegenen ^rioatcigcntfjumS ftcljen ber ©emeinbe lebiglid)
bie SKecfytc jeber anbern ^rioatperfon 3U. 25ie angegebene Vefdjranfung ift
burd) ben §. 50. ber fyelbpoliset ^ Orbn. 00m 1. N Jioo. 1847 3um 2luSbrucf gc*
bracht, TOonacf) bie ©emembe bcfdjließen fann, baß für ben gangen ©cmcinbcbciirf
ober für einjelne Sljeilc bcffclben ftclbjütcr bcftcllt werben, meiere bann burd)
bie 2lnftcüung bie Gigenfc&aft als VoüftrccfungSbcamte ber ©emeinbe erlangen.
®aß abgefeljen oon ber Ijiernad) ntcfjt maßgebenben Slnftcllung ber Stabtgemeinbc
Berlin eine Sljatfadjc oorltcgt, burd; weldje ber Beuge 8. für bic sunt Statte
bejirfe Treptow gehörigen ^arfanlagcn als VoUftreauugSbeamter bcftcllt morben,
ift weber feftgeftcüt nöd) behauptet. S)tc öefugttife bcS 3 eu fl cu & &l£ ©eauf^
tragter beS ©tgentljümcrS, perfoncn, locldjc er bei 53efd)äbigung ber Sßarfanlagen
betroffen, beljufs geftfteüung tfjrcr ^erfönltd)fett feftjunetjmcn, fommt für bic
ftragc, ob bcrfelbc VoUftrecfungSbcamter im Sinuc bcS §. 113. St. ©. 23. ift,
nidjt in üBctraajt.
§§. 194. @t, (F. 8. *£inc offene Ijanc-clegcfcllfcbaft fann $war unter
ihrer ,f irma vor (Pcricbt flagcn, ijt aber nidjt berechtigt, unter 6crfclben
Einträge auf 0trafberfolgung wegen BeleiMgung ju gellen.
förf. bcS III. Straffen. 00m 31. Sott 1880 c/a. bitter, moburdj bas
l>orerrcnntniß ocrnid)tet unb auf greifpred)ung erfannt morben ift.
© r ü n b c.
S)ie Verfolgung einer Sclcibigung tritt naa^ §. 194. St. ©. 53. nur auf
Slntrag ein. Söcnn ber äum 2lntrag 33ercd)tigtc cS unterläßt, ifjn ju ftcllcn, fo
ift fic nidjt ju verfolgen. 911S $um 2lntragc berechtigt fann nur btejenige ?|Scrfon
angcfcl;cn werben, bereu (Sljrc burd) ben in ber 5)clcibigung enthaltenen iUtuS^
bruef ber 3JMßad)tung oerlc^t ift. Vorlicgcnb ift nun ber Slntrag auf ftrafrcdjt*
lidjc Verfolgung bcS 2lngcflagten nid;t oon beftimmten cinjclncn ^ierfonen,
fonbern oon ber finita ©. unb SD. gcftcllt unb mit bem tarnen biefer ^irma
untenei^met. ^ic Jinua cincS ÄaufmanueS ftcllt aber nidjt beffeu s #cx]on bar.
Sie ift naa) ben iBcftimntungcn bcS ©. V. 2lrt. 15. nur ein 3iamc, unter
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welkem im $anbel ©efchäfte betrieben unb Unterschriften abgegeben werben.
Ginc offene &anbcl£gefeUfchaft, wie fie fyicx ofme jebe nähere Darlegung unter*
ftcltt wirb, fann jroar unter ihrer ftirma Siebte aller Slrt erwerben unb uor
Script flogen (£. ©. 93. 2lrt. 111.). SMefe Berechtigung ift aber über ben
Umfang ber eigentlichen ^anbclSgefchäfte unb ber bamit jufammenhängenben
auilrecj)tlichen VermögenSoerhältmffe hinaus nicht auSjubchncn. $cr 2lnfpruch
ouf äufjere Sichtung, olfo baS Stecht auf Gbre, gehört bahin nicht. Gr ifl oieU
mehr mit 9Jothmcnbigfett an bie ^erfon ber berechtigten Snbioibuen gefnüpft.
Die Verfolgung einer Verlegung bcS Rechtes auf Ggre fann baf>cr nur ben
einzelnen baoon betroffenen ^erfönlidjfeUcn juftchen unb nur burdj biefe per*
fönlid) unb felbft bei Veteibtgung einer s Mt^a\)i ju einer ^anbclSgcfeUfchaft
uerbunbener ^Jcr fönen nicht anftatt berfelben burd> U;rc nur tn IwnbelS* unb
fonftigeu vermögensrechtlichen sOcgicljunpcn in befchränfter äöeife jur Vertretung
legitimirte $irma veranlaßt werben. S)ie blofje Unterjeicbnung beS 23crfolgungS*
antragcS burdj bie ftirma würbe cS fogar unbeftimmt laffen, ob alle ober welche
2;ijciUjabcr ber ©efcllfchaft fieb für bcleibigt galten unb bie ftrafreä)tlid)C Ver*
folgung wollen (£. ©. V. Slrt. 8(5. 3ßr. 4. unb 2lrt. 102.) $te Vemgnahmc
beS 6taatSanwaltcS auf bie befonbere Vefltmmung beS §. 187. 6t ©. 8., wo^
nadj bie quo) bei £>anbelSgcfeu"fd)aften unb ^men mögliche Ärebitgefährbung
ber Vclctbigung in bem befonberen Salle ber Verleumbung glcichgcftcllt wirb,
fann fd)on bcSlmlb nid)t für jutreffenb befunben werben, weil nicht auS §. 187.,
fonbern lebiglich wegen Seleibigung auS §. 186. gefrraft unb bie ÜJtöglidtfeit
einer Ärcbitgcfährbung ber girma nur für bie 5tage ber 6trafauSmeffung er*
wogen ift. GS fann Daher nicht oerfannt werben, baß baS blecht, bie ftrafredjt*
liehe Verfolgung ber Vcleibiguug ju beantragen, auch bann, wenn fie bie Ve*
leibigten vermöge ihrer SheUnaljme an einer &anbelSgcfcUfchaft betroffen fyat,
nur biefen perfönlicb juftefjt unb nicht anftatt tbrer oon ber fiixma ber ^anbclS*
gcfcUfdjaft ausgeübt werben fann. weil cS fein Vermögensrecht ift unb auf
inbioibueUer Vefuanife beruht. Snfofcrn alfo ber Eintrag nur oon ber ftirma
als foleber unb ma)t oon ben cin3elncn fid) als bcleibigt anfeljenben %$tiU
babern ber ©efcllfchaft geficUt ifl, liegt ber 3ur 6trafoerfolgung crforberliche
Antrag nicht oor, unb burfte baljer jitr 3cit feine Verurteilung beS Singeft.
ausgebrochen werben.
Söenn bie SRcoifton weiter barauf gcftüfot wirb, bafj eine ftanbelSfirma
überbauet nicht bcleibigt werben fönne, fo muß auS ben oben erörterten ©rün*
ben bie iUidjtigfeit biefer 2luffteHung anerfannt werben, inbem eS bei firmen
an ber ^>crfon fcl)lt, auf wcld)e eine Velcibiaung belogen werben fönntc, unb
aud) bie unter bem tarnen einer ^anbclSgefcUfcbaft äurammcngcfafjtc ^erfonen-
mctjrl)cit ein oon ben inbtuibucllen ^Serfonen, bie i^re 2l;eUncf)mer finb, oer^
fdjicbcneS StecbtSfubjcft bleibt, bie Veftimmungcn bcS 6t. ©ef. aber, wcld)c bie
Üüiöglidjfeit einer Vcleibiguncj oon Vel;örbcn unb uolitifdjen Hörperfd)aften er*
geben, feine 2lu3befmung auf anbere unter ÄoUeftiobeseidjnungen begriffene
$erfoncnmcl;rl)eiten gcflattcn, unb ber fa)on früljer erwähnte §. 187. eine auf
bie eigentliche Vcrlcumbung fkh befchränfenbe befonbere 93eftimmung enthält.
§. 56. 21r. 2. unb 3. unb §. 242. 6t. Pro$. <D. §. 161. et. <B. B.
Tic 5 c ag"if>anfähigfeit wirb nicht bind) ücrurtbeilung wegen Beihülfe
$um Illcineibe begrünbet, infofern auf erflcrc nicht auebrücflicb erfannt
worben Ift. — tte Jrage bec Dcrbäcbtigfcit eines §cugcn als Cheil-
nchmer ber 0trafthat ijl thatfädjlicher Tlatur. — Die vom ^Ingcfl. in
ber fjauptrerhanblung ungerügt gclaifenc Uerlefung von Qlftenjlücfcn
auö früheren llntcrfuchungcn vor feiner üernebmung bilbet feinen ac-
fe^lichen Dcr|lo|i.
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fceutfäeö ©trafst. ©rtenntnifie fccS töciäSgcrtdjtö. 73
Erf. beS III. 6traffen. oom 24. San. 1880 c/a. £ampe, woburdj bic
Steoifion beS Hngefchulbigtcn verworfen worben tfi.
© x ü n b c.
$)er erftc aaCngriff ftüfet fid) auf §. 56. s Jir. 2. bcr St. $ro3. 0., unb
finbct biefc gefefelichc Söcjtimmung baburdfj ocrlcfct, bafe ber 3 eu 9 c mcldjcr
burcb bic ^uftisfanjlci in SBücfcburg wegen 93eitnilfe jum 9)lcineib 3u<httwuS*
ftrafe ocrurtljcilt mar, bemtod; oor bem 6d)wurgerid)t als 3cugc beeibigt ifl.
ES bebarf bier nicht beS EingcljenS auf biejenigen Erörterungen, woburejj bcr
söcfcötücrbcfüljrcr beizulegen oerfuebt bat, bafe bic ^uWanjlei gegen 2). nach
§. 101. beS 6t. ©. SB. auf baucrubc Unfälngfett, als 3cuge ctblidj oernommen
m werben, hätte erfennen muffen, ungeachtet bcrfclbc nur einer 23cil)ülfe $um
lUcincib fdjulbig befunben war. S)enn es ift aufeer Siocifcl, ba& bic ^uftij*
fanjlci auf folebe Unfähigfett nicht erfannt hat; nun aber ift bic lefetere nicht
eine gefefcltchc $;olge bcr erfannten 3u<htl)auSftrafe als foldjcr (ugl. §. 31. bcS
6t. 0. 8.), nod) auch eine gefe&lidjc unb oon feibft cintreteube ^olgc bcr 33er*
urttjcilung wegen 2ttcincibS, fonbem eine SHebcnftrafc, auf welche jwar in ben
burcb §. 161. baf. bezeichneten ftäHen immer erfannt werben fott, bic jebod) erfl
bann eintritt, wenn baS Erf. fic auSgefprochen bat.
$er zweite Angriff finbet ben §. 56. <Hr. 3. bcr 6t. $1:03. 0. baburd)
oerlefet, bafe wenn er nicht burd) bic Serurttyeüung wegen S8eU;ülfc p
ÜKetnctb für unfähig $um etblid;en 3 eu aaife erachtet werben bürfe, bo<h bcSljalb
nicht habe beeibigt werben fönnen, weit er Ijinfkhtlid) bcr ben ©cgenftanb bcr
Untetfu$ung oor bem 6cbmurgcrtcht in Sremcn bilbenben Xl;at als Sbeilneljmer
ucrbädjtig gcioefen fei. £inft(htlid& btcfcS Eingriffs fann baoon abgelesen wer*
ben, bafe bcr SBefcbwerbefüljrer wäl;rcub beS .§auptocrfaf)rcnS in Bremen biefen
©runb, bic Seeibigung bcS 23. m untcrlaffen, nidjt gcltcnb gemalt, auch jefct
nicht angegeben bat, bcr SBcrbacbt, weldjer 2lrt oon Sljcilnaljmc auf bemfelbcn
rufje, unb bafe bic ©rünbe bcS oorigen UrtbcilS baS ^orbanbenfein cinciS folgen
itebacbtS überhaupt wiberlegcn. ^ebenfalls fann bie ftrage ber SHerbächtigfeit
cincS 3 cu 9 en a ^ ^cilnebmcr an bcr ben ©egenftaub einer Unterfudjung bil-
benben £ljat nur auS ben tljatfäcblicbcn SBerljaltniffcn beS einzelnen gallS beur*
tf>eilt, unb bcSljalb in bcr SteoinonSinftanj eben fo wenig entfdneben werben,
wie bic %xaat, ob gegen einen 2lngefl. ber 6a)ulbbeweiö geführt fei. 2lucf) be*
burfte e3 fctneS auSbrücf lieben SJefcbluffcS bcr oorigen 9ticptcr, bn^ 33. beeibigt
werben bürfe, weil fein Serbad)t bcr $bcilnaf)me gegen ibn Dorljanbcu fet;
benn ein hierauf gerichteter Slntrag war ntd;t gcfteUt, unb in Ermangelung eines
folgen brauste nicht bic Befolgung bcr Siegel, wonach jeber 3cugc ju beeibigen
ifi, befonbcrS motioirt ju werben, fonbem cS Ijätte bic Abweichung oon bicTer
Siegel eines SefchluffcS unb einer Sßotioirung beburft.
2)cr brittc Angriff beS SfcfcbwerbefübrcrS rügt, bafe bcr 3Sorfi|cnbc bcS
6d)tourgerid)tS nach '^erlcfung bcS SefötuffcS über Eröffnung beS |iauptocr-
fafjrenS nicht fogleich bic Scrne^mung beS 2lngcfl. über bie ©cfd)ulbigung folgen
liefe, fonbern oorher ben wcfentlithen 3"halt bcr ^crbanblungen in ben früher
gegen 50., bie Eheleute aß. unb ben Angcfl. fclbfl geführten Untcrfuchungen, an
welche fid) bic sycr^anblung in Bremen anfd&lofe unb aus benen fic ftch ent*
widclte, ben ©efehworeucn mitteilte, eben fo ben ^nl)alt bcr beiben ©c^veiben,
woburch bic Unterfudjung gegen ben 35cfd^wcrbcfül)rer auS ©rünben bcr gerid)t^
liefen 3ufiänbigfeit oon bcr 5uftt$fnn3lei in Sücfeburg an bic Ätronanwaltfdjaft
in Heroen, unb oon biefer an bic 6taatSanwalt)a>ft in Bremen abgegeben
würbe, unb bafj hierauf bcr iüorl'i^enbc gewiffe »Schriftftüdc ocrlefen liefe,
namentlich bie 33.'fchc Stcfuröfdjrift, weldje ju Derjenigen eiblichen ^emebmung
bcS ^efd;wcrbcfül)rerS 2lnlafe gab, bic ben ©cgenflanb ber jefetgeu s J)feinetbS-
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74 $eutfd)c« Straftest, ©rtcnntnifte fcc§ föei$3flcrt*ts.
unterfud&ung gegen bcnfelbcn btlbct, ba$ Urtbeil ber ^uftijfanjlei in 23üdfeburg,
meines bie Unjuftcinbigfeit berfelbcn ^inft<^tltdE) beS SerfabrcnS gegen ben So
fd)rocrbefüf)rer au$fprad&, baS ErfudOungäfdjrciben bc$ lippcfdjcn 2lmtö &agen*
bürg an ben Unterfud)ung3rid)tcr in Bremen, in ftolge beffen bie ctblid&e $er*
uc()mung be3 $efd[)roerbefüf)rcra gcfdml), unb baS gkototoU über biefe cibUdjc
Scrnefmtung , roorauf bie jefcige s Jftctneib8unterfudfmng fid) grünbet. 3n biefen
2)iittf)cilungcn nnb Seriefungen fmbet ber Scfd&roerbefüfjrer eine Serlc^ung ber
burdf) §. 242. ber <St. $roj. £>. oorgefd&riebenen Orbnung be£ ScrfatyrenS.
2lber aud; biefer 2lngriff ifl nid)t genügenb motioirt. S)a bie @t. s }ko3. 0.
roeber eine SSerlefung ber 2lnflage, noä) eine Erläuterung bcrfclben bnxä) ben
Staatsanwalt fennt, unb bie blofce SBerlefuug bc8 ©efdfuuffcS über Eröffnung
be<3 $auptocrfaf)ren3 unter folgen $erf)ältniffen, rote fie l)icr burdd ben 3"*
fammenl)ang ber 3lnflage mit ©erfd&tcbcncn früheren ^rojeffen gegeben roaren,
Ijäufig ntdjt ausreißt, um ben ©efdjroorenen bcutlidf) $u machen, um roa§ c<8
fid) bei bem folgenben 9?erf)ör bcS Slngcflagtcn über ben ©egenftnnb ber 3lnflngc
Imnbelt, unb ba bie @t ^03. 0. ba$ beriefen non llrfunbcn unb anbern abS
^Beweismitteln bienenben Sd&riftfrüden, namentlid) audfo uon früher ergangenen
©traf urteilen nt#t au^fd^Ucfet (§. 248.), bilben bie Iner com Öefdjroerbefüljrcr
gerügten 3)iittbeilungen unb SJerlcfungcn nid)t fd&on an fia) einen Sßcrftofi gegen
ba£ ©efefe. ©ic fönnen jroar 3U einem SScrftofe roerben, inSbcfonbcre roenn fie
in einer 2lrt gcfd&cben, bie geeignet ift, nadjtljeilig auf bie Sßertbeibigung beS
Slngefl. cinauroirfen. Slbcr ber 2Jefdf>rocrbcfüf)rer bat roeber im Saufe bc$
£>auptucrfal)rcn3 g.cgcn bie TOtljeilungen unb Sßcrlefungen einen Einfprud) cr>
Ijoben, nod; aud) lefct behauptet, baß baburd) ein Wadjtbcil für feine s -8crtl)cibi>
gung entftanben fei; audj I)at er nidjt bie $3cf)fluptung aufgehellt, bafj ba£ gegen
U)n ergangene Urteil f roenn Ijicr naa) ben Umftänben bc£ fiattS eine (3cfc^e3^
ücrlcfeung uorgcfommcn roäre, auf bcrfclben beruhe. (§. 37(5. 6t. ^roj. 0.)
§. 6t (P. B. IDaarcnbcjleUung unter ber ffllftblicbcn Porfpiegc«
lung ber fofortigen Bc^a^lung naa) ftattgefunbenem (Empfange feitens
eines infoluenten bereits manifejtirt babenben Uattftnanncs quafifoirt ftcb
als Betrug.
(Stf. besS III. ©troffen, 00m 24. 3an. 1880 c/a. Ulbricht, rooburd) bic
9lcvifion bc§ 3lngefa)ulbigtcn uerroorfen roorben ifit.
© r ü n b c.
SäujS ber tljatfäd&lidfjen ^cftflellung bc3 SUorbcrric^terS ift $u cntncljmcn,
baf] ber Slngcflagte bei ben in bem Grf. genannten firmen Söaaren in größeren
Soften befteUt liatte, obrooljl er fid) im 3uftnnbe üoüfiänbiger Sermögcnkofigfcit
befaub, in ucrfd)icbcncn $rojefefaa;cn manifeftirt Imtte unb feljr rooljl roufetc,
bafj er baarcj3 ©clb nic^t befafj, unb beim Empfang von Sönaren roeber eine
fof ortige nod^ eine alsbalbigc 33oarjol;lung werbe leiften fönnen; ferner, bafe ber
3lnge(l., um jene ginnen jur Slbfcnbung ber Sßaarcn an il;n ju uerleiten, i^nen
fälfdjlic^ üorfpicgclte, bafe er bie überfanbten 3öaaren fof ort nad) Empfang ber»
felben bcjablcn, '6310. einen oon il;m über ben Kaufpreis aeeeptirten 2)rcimönat8»
roeddfel cinlöfcn roerbe, unb ba3U im ©taube fei, obroofjl er bei Slbfcnbung ber
iBcftellbricfe nid^t beabfid)ti^tc, bic 2öaaren überhaupt jcmalö 3U bejahten, roie
benn bic Scrfäufcr aud) etne .R'Ujlung nidjt erlangt Ijabcn; bafe ber 2lngefL
burd^ bic SBorfpicgelung ber falfa^cn tyatfafyc, er tmbc bic 2lbficbt f bic firmen
3U befriebigen, unb burd) bic Untcrbrüdfung ber warjrcn Xfyatfafyz, bafj er noll*
fommen ucrmögenSlo^ fei unb bereits manifeftirt Ijabc, jene firmen in ben
^rrtbum werfest unb ftc bierburdj beftimmt l;at, ilmt 3Baarcn §u überfenben, fo
bafj fie einen «ermögen^fdjaben erlitten Ijabcn, ben ftc nid^t erlitten Imben
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$euifd)e3 @trafre<$t. (StfenntKiffc tcS «cidö§fjcri<^tS. 75
würben, wenn fte gcroufjt Ijättcn, bafe ?tngcft unnfanbbar fei unb feiner roaljrcn
2lbfi$t cntfpreienb, Ballung nidjt leiften werbe.
SDamit ift ber £hatbeflanb be3 $etrugc$ gegen ben 2utgcfl. in ausreißen*
bcr SGBcifc fcftgeftcUt. ©in Kaufmann f welker oermögenSloS unb fid& beroufct
ift, bic übernommenen 33erbinblid)!eitcn mdfjt erfüllen ju tonnen, aud) uon ber
3lbfid}t auSgcfyt, bic bcficllten 2öoaren ntcfjt 311 bejaMen, f;nnbclt betrügerifa);
roenn er Seftellungcu mad&t, beren ßffeftuirung, wie er tueife, nur unter bcr
$orau£fc&ung ber gablungSfäljigfctt be$ ÖeftellerS erfolgt. $cm Kaufmann,
welcher itjm burcr) Uebcrfeubung bcr SSoarcn frebitirt, ift uon uorntjercin jebe
9lu3fid)t bcr Sefriebigung entjogen; bic, mit bem guten 2öittcn be3 tfunben,
S3cfricbigung au«3 bem von üjm bciuirften Umfafc 511 erlangen, nur bic, roiber
ben SlUUcn bcffclbcn aus beffen 2>crmöa,en im s löcgc bcr 3wang8ooUftrecfung
3al;lung ju geroinnen; bafe rocnigftcnS einer uon beiben SBegcn offen fterje, ift
bie notljroenbige SßorauSfefcung jebeS gctuärjrtcn ÄrcbiteS, bcäfjalb f)at bcr
^orbcrrid&tcr mit 9Red)t in bcr jrocifad&en Säufajung bc3 Slngcfl. bie* ^crlc^ung
ber $fttdn gefunben, rocldjc ber 2lngcfl. burd) Angabe beä roal)ren ©ad)ucrl)altc3
feinem s ittuhmtraljentcn gegenüber erfüllen mufete, unb burd) beren Öctfcitc*
fefcung er ben §. 203. et. ©. 23. übertrat.
§. 266. et <P. B. 3m 6inne bes §. 266. 6t. <B. ö. (Untreue) ijt
„abficbtUd)" glcid)bebcutcn6 mit „»orfÄfeliay \ — 5um Ibatbciranbc bcr
Untreue ift niajt erforberlid) , baj| bcr Dormunb ben 2Tad>tt>ei( bes
Illünbelö um feines Dortrjcils willen t3croollt r>at.
(*rf. bc-3 III. ©traffen. uom 28. San. 1880 c/a. Soormann, rooburd)
auf bic ftaatSanroalttidjc Sfteuifton baS SBorcrfemtfuifj ucrnidf)tct roorben ift.
(3 t ü n b c.
9iad) bcr tl)atfäd)lia>m fteftficllung bc3 Sorbcrrtd&terjS t)at ber Slngefl.,
weldjer SJormunb bcS uneljelidjen ÄlinbcsS bcr if. £. roar, mit bcr 9)htttcr einen
^rojefc gegen ben ©cbroängcrcr auf 3a()lumj uon Sauf*, ©ntbinbungS* unb
SüoÄcnbcttfoficn im betrage uon 00 3Jff., foroic auf 3«()lung uon Alimenten
für ba$ Äinb geführt. S)er SKcrflagte ift unter bem 18. i^uni 1878 3ur 3 ft f) s
lun>3 uerurtfjcilt. ©djon oor bem (Srfcnnrniffc Ijatten Sßormunb unb Butter mit
bem ©djtuängerer einen bcmnäd)ft gcrtcbtlid) uerlautbartcn unb oberoormunb*
fdjaftlid; genehmigten SSergleid) abgefdjloffen, nacb roelcbcm bcr ©dforoängerer im
©anjen 900 9Jtf. Slbftnbung jaljlen foHtc. 2luf bie ^ergleid)3fummc tyat ber
edjtuängercr an bie *Dlutter abfcljläglid) ben betrag uon 315 W. gejault. 6ic
bat bauon bem Sängcfl. auf beffen 2öunfcb ben Söctraa uon 150 Wl als 2tntljeil
beS aflünbelS Zugegeben, unb sroar jum cinftrociligen ©ebraud^e, jebod) unter bcr
Ü5cbingung ber bemnäebfitgen 3u r ^cf c ^ at tung. 5E)er 2tngcfl. bat baS (3clb jur
Tilgung eigener ©c^ulbpoftcn oerroenbet unb jroar obne bie Nüttel jum fofor*
tigen (Srfn^e gu beffen. 2)a£ ^anbgcridjt ^at ben 9lngcfl. freiaefproeben ; c<3
gebt bierbet nnd^ ber Segrünbung feinet Urtfjcil^ baoon au$, bap ba3 ^Hcqixifit
bcr 2U'Ft$tliAfcit in §. 266. (St. ©. 53. babureb bebingt fei, bafe bie Slbfic^t auf
ben Öiadr)tr)cil alä ©rfolg ber ^anblung gerietet ift, fo baft c8 nid)t genüge,
roenn baö ^panbeln trculoÄ mit bem ^icrouBtfein bcr 2öibcrred()tltcbfcit unb
barauö für ba& SSermögen be3 ^flcgcbefoblenen fjcroorgcljcnbcn 9iadr)tf;eilcS ge*
fd&eljc. (Sine fotdr)c Slbfidfulid^fcit fei auf ©eitc beS SlngcU. nid&t oorljanbeu
geroefen.
2>ic ©taatöanroaltl'djaft bat 9icuifion eingelegt, rocil ba3 Urteil roegen
falfcbcr 2lnrocnbung bc« §. 260. ©t. ©. 33. auf einer Skrlcfcung bcS ©cfet5c§
bcrulje. ^l;rem Anträge ift ftatt $u geben.
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7fi 2)cutf*cä ©traftcdit. (Srlctiutnifie bc$ Äeid>ö«rid>t$.
2)aS Strafgefefcbud) wenbet bie 2öorte „2tt>fi$t, beabfidjtigen unb ab*
fid)tlidj'' fcincSwegS auSfdjliefjlid) in bcm oon bcm 33orberri$ter angenommenen
Sinne an.
SBobl wirb in einer 2ln$al)l oon Straf befummungen, in roelcben bie
2lbfid)t fd^lcd^t^in ober eine näfjer flefennjeidmete 2lbfuf)t als SjjatbeflanDSmerf'
mal tycroorgeljoben wirb, bie 2lbfi<$t ajeid&bebeutenb mit ober 3Jtotio
beS ftanbelnS genommen, al0 ber auf einen gereiften Erfolg ber §anblung ge*
richtete SBiUe.
Sin anberen ©teilen aber ift bie Slbfidjt als gleidjbcbeutenb mit SBorfafc,
abfiebtlicb gleidjbcbeutenb mit uorfäfclid) ober wiffentlid) gebraucht. 3n Uebcr*
cinftimmung mit bem gemeinen Sprad&gebraudje wirb ^ier ba£ ahmlitlidic
^anbeln wie fonft baS oorfäfclidje ober wiffentlidjc §anbcln in ©cgenfa|$ ju
einem §anbeln aus SBerfeben unb 9Zad)täffigfeit acfteUt. ©S umfafjt biejcnigen
»yälle, in welcbcn ber Später jwar aus anberen ÜJfottoen fyanbclt, aber mit bcm
$croufjtfeirt, oajj feine %\)at eine söerlcfouna. ber tym obliegenbcn $flicbt ein*
fdjliefet, bo{j fie mit einem uerbotenen (Srtolgc oerfnüpft ift. ©cSljalb ift fie
oon bem ©efefce in berfelben 2öeife unter Strafe gefiettt, wie wenn ber Später
ben redjtSwibrigcn (rrfolg unmittelbar gewollt bätte.
53ci ber ftcftftettung beS Sinnes, in meinem ber 2luSbrucf jcbcSmal ge*
braud;t ift, fommt oorncmlia) bie 9iatur ber flrafbaren £anblung unb ber 3roccf
ber betreffenben Strafbefttmmung in 8ctra<f)t.
SBaS nun baS in §. 266. 6t. ©. & bebroljte SBergcljen ber Untreue
anlangt, fo befielt baS SBefcn bcffelben barin, bafj eine ju ben bort aufgehellten
Kategorie cn gehörige Sßcrfon burd) eine &anblung ober Untertaffung bie ibr in ber
fragfidjen (Sigcnfdmft obliegenbcn $flid)tcn ocrlclst unb auf biefc Söeife bie ibrer
3luffid)t unterteilte s ^3crfon ober Stiftung, ben Auftraggeber u. f. w. bcnadjt^ciligt.
SHefcm Glmraftcr beS Vergebens cntfpridjt cS, wenn in fubjeftioer $o
5icl)ung nia)t mcljt geforbert wirb, als ba& ber Später mit bem $ennifetfcm
geljanbclt babe, bafe er feine SßfUdjten in ber oorbejekfmeten Süeifc jum s Jlacb»
ttycil beS SJiünbclS u. f. 10. oerle^c.
Söic bei ber llnterfdjlagung ber 9fad;tl)cil beS ßigentl)ümerS, bie 9ied)tS*
wtbrigfeit ber Zueignung regelmäßig ber ben Später beftimmenbc öeweggrunb
nid)t fein wirb unb nicfyt 511 fein brauet, fo ifl eS $um Jlwtbcftanbe ber Un*
treue nifyt erforberltd), bofe ber $ormunb, «erroaltcr, ^öeooUmäd)tigtc u. f. 10.
ben 9Jad)u)eil bcS ®efä)äft$l;crrn um be« 9tacbtljcilej3 mitten gewollt bat. @3
mufe t)ict mic bort genügen, bafe ber ©efd;äftöfübrcr, wenn er um be5 eigenen
$8ort(jetle6 mitten, aus Seu^tfhtrt, um einem britten etroaö jujuroenben, ober
aus anberen ©rünben gebanbclt ^at, bnS 93ciou§tfein b^ttc, ba^ Dasjenige,
was er ttmt, sum SiadMeile beS TOnbelS, 33oUmad)tgcbcrS, ©efa^äftSfjerm
gereiche.
%m ^weiten 3tbfa^e beS §. 266. wirb eine Straffd)ärfung für btejenige
Untreue auS(jefuroc^en f welche ber Xf)äter begebt, um fieb ober einem anberen
einen SkrmögenSoorujeil su oerf Raffen. (SS läßt fid^ nid)t annebmen, ber ©e>
fe|jgebcr ()abe einen fo feltencn unb Kaum fcftjuftellcnben ^all unter Strafe
ftelicn wotten, wo ber ^bätcr ben eigenen SBortbcit unb ben Stäben beS ©c*
fd)äftsj)crrn, einen jeben um feiner felbft willen neben cinanber erftrebt, um
ben bäufigen unb gcfäl;rlicben ^all ftrafloS su laffen, in welcbem ber Später
fid; in feinem ^anbeln allein burd) ben eigenen ^ortbcil beftimmen, aber bureb
ben Umftanb mdjt abbalten läftt £ bajj jener eigene ÜJortbcil, wie er wciB, mit
einem 9iad;tbeilc für ben ©efcbäjtSberrn oerbunben ift, fo bafe er jenen niebt
erreicht, ol)ne bafe er biefen bcm ©efcbäftSljcrni zufügt. iUclmebr ift anju^
nebmen, ber ©efefcgeber ^abe fid) für bic im §. 266. bejcicbnctcn ^erbältniffe
beS ^ßrioatreebts oon bemfelbcn ®cfid)tSounft leiten laffen, wie im §. 92. unter
3. für bic bort genannten ^erbältniffe beS öffentlichen 3lcd)tS. Sli^ic im §. 92.
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ScutfäcS ©trafred&t. (Jrtenntnifle fee3 9iei*8cjeric$t8. 77
mit ©träfe bebrobt wirb, wer uorfäfclidj ein itjm aufgetragenes ©taatöocfdjäft
5um 9Zad)tI;etl beffen fütjrt, ber tljm ben Auftrag crtljcilt bat, fo wirb in §. 266.
ba« abfid)tlid;e £anbeln unter 6trafe geftellt, oljnc bafj Ijter mit ber 2lbfid)t
etwa« Ruberes bcjeidjnct roirb, als baS mit beut SSorfag.
©droit im preufj. ©t. ©. 23. §. 246. mar für bie Untreue nidjt meljt
geforbert. <5<3 mar bort ber unjroeibeutige StuSbruct oorfäftlid) gebraucht,
daraus aber, bafj ba« beutf^e 6t ©. 23. ben 2Iu£brucf ooriäfclid) an biefer
©teile in ben 9luSbrucf abftdjtltd) umgeänbert hat, fann eine 2lbänberung bc8
©inneS nid)t abgeleitet roerben. £)enn in ben SWotioen jum ©ntrourf be$ beut*
fd)cn 6t. ©. 33. ftnb bie SHenberungen, reelle an bem SCfmtbcfronb bcS Vergehen«
im (Sntrourf im Vergleich mit bem preufj. ©t. ©. 23. oorgenommen roorben finb,
bcröorgehoben unb begrünbet, babei ifl aber bie eben bejeidmete 2lenberung
übergangen, ein 23eroctS bafür, bafc iljr eine tiefere 2Jebeutung nid)t beigelegt ift.
3>ie tyatfäcpdfje geftftellung bcS SanbgcricbtS unb ba$ barauf gegrünbete
Urteil berufen hiernaa) auf einer Verlegung be« §. 266. be« ©t ©. V.
§. 274. 1. 0t. (B. B. llnterbrücfung ober Dernichtung einer jtempelpfUöV
tigen Urtunbe 5um gtoetfc ber Stempclbinter^iebung ijt nur als Icfctere,
nicht aber aus §. 274. 1. 0t. (B. B. 3U bcflrafen.^
@rf. bc« III. ©traffen. com 4. gebr. 1880 c/a. Äodj, rooburdj auf 8er*
nid)tung bei VorerfenntniffeS unb greifpredjung erfannt roorben tfl
© r ü n b e.
Slngefl. h<*t nad; ben tt)atfädE)lid)en fyeftftcöungen be<8 23orberrid}terS eine
^unftation, welche er über ben jroifchen u)m unb einer ftrau 23. über fein
ütfotynlwuiS abgefa^loffenen Äaufoertrag aufgenommen hatte, olme innerrjalb ber
gefefclidjen §rift oon oierjehn STagen ben flaufftempel mr Urfunbe j\u oerroenben,
tn ber 2lbfia)t oerniebtet ober unterbrüeft, bem ©tcucrftSfu« burch (£ntjiefmng be«
©tempelbetrage« unb ber ©tcmpelftrafc einen 9tod)theil jujufügen. @r ift beäljalb
oon ber ©traffammer bei bem tat Amtsgericht ju ©kleben aus §. 274. 5tr. 1 .
beS ©t. ©. 23. ju einer ©efängnifeftrafe oerurtljeilt.
SDie oon bem Slngetl. eingelegte Steoifton rügt Verlegung biefe« §. 274.
beS ©t ©. 93.
$ie ©traffammer nimmt an, bie tfaufpunftation jmbe bem SKngefl. um
beSroiüen nid^t allein gel; ort, roeil ber Käuferin fein jroettcS Grcmplar auSge*
fertigt roorben fei, 3lngcfl. |abe alfo eine Urfunbe oernicfitct, roeldjc ifmt nicht
au3fd)lief)lich gehörte. (SS fann bah in gejteüt bleiben, ob nicht fdjon btefe f ehr
bebenflidje ftcftftellung einen «RecbtSirrtljum einfa^lie^t, roegen beffen ba« oorber*
richterliche urtyeil ju oemiajten fein roürbe. S)cnn eine Vernichtung au« biefem
©runbe roürbe nur su einer gurütfoertoeifung 5 cr ©ad^c führen.
S)cr 2lngefl. ift aber unter Hufljcbung bc8 erftinftanjtidjen Urtheil« fretju*
fpred)en, roeil e$ an einem anberen 2Jferfmale bc« gefc^lid)en Xljatbeftanbcg fcljlt
3unäa)ft läfet fid) bie 2lbfia;t be£ Sljätcr« bem ©teuerft!§fu§ bie ©tempcl-
flrafe ju ent^icljen ntd)t unter bie oom ©ef. geforberte Slbfidjt fubfumiren, einem
Slnberen 9lad)thcit ^uju fügen. 3m ©innc bcsS ©efcfceö liegt c& nid)t, bie oon bem
6d)ulbigcn oenoirfte ©elbftrafe unter ben ©cfid)t$punft cincsS oom giäfuS ge-
malten @rrocrbe§, bie Vereitelung be« ©trafanfatjeS unter ben ©eTtdjtSpunft
eines bem $i$tu& jugefügten 9lad)tl)cilej8 ju stehen : oietmeljr bat aud) bie ©elb«
frrafe allein bie 93ebeutung eine« oon bem ©djulbigen ju eroulbenben Uebcl«,
roelche« mit Zwangsmitteln jum SoUjug ju bringen tft, roenn ftd) ber ©djulbige
ber oerroirften ©träfe p entjieljen fud)t.
©obann fe|jt ber §. 274. eine roibcrrcd)tlid)e S8enad)tbeiltgung oorauS, unb
ba berjenige, beffen 9iad)tl)eil beabfid)tigt ift, nia)t ber <£igentf)ümer ober ber
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78 3>catfc$e3 ©trafred)t. ertcnntnifa fceS «ctcf)^cri*t§.
aKttctgcnt^ümcr bcr Urfunbe ju fein braucht, ein rechtliches ^ntcreffe auch auf
©citen beS benachteiligten Anbeten, njeld^cö burdj Vernichtung bcr Urfunbe
Beriefet wirb. Slber nach bcr Vorfdjrift beS ©efe^cö genügt bie Verlegung eine*
folgen SHccbtS beS Ruberen allein nicht, um bie Vernichtung ober Unterbrücfumi
bcr Urfunbe ju einem ftraf baren Vergehen }u machen; c£ mufj Ijinjutrctcn, ban
ber Später nicht an unb für fid) berechtigt ifi, über bie Urfunbe 511 uerfügen,
bajj U)m bie Urfunbe nid)t ober ntdjt auSfchlicfelich gehört. 60 gereift bei llr*
funben, welche über ^rtoatred;tSgcfd;äftc errietet Unb, baS ©efefe aujicr bem
SHechte beS ©igcnthümerS unb ber uJUtcigenthümcr aud) ben prtoatrcchtlichcn
Sntcreffcn folcher ^erfonen §uin Schufee, welche ein unmittelbares unb bireftcS
Siedet an bcr Urfunbe nicht haben, welche aber bie Urfunbcn cinfehen, tt)rc Vor-
legung junt Vcweife if;rer 9ted)te forbem bürfen.
SDtc ftrengen Verpflichtungen, wcldjc ben Kontrahenten gegen ben Steuer
fiSfuS auf Entrichtung beS gcfcfclichen (Stempels obliegen, gewinnen nun aber
einen flrafrcd)tlid)en Sdjutj nicht erft burch bie -iDfithcranjicImng beS bem Unter-
brüefer ober Vcrnicbter einer ftcmpctpflidjtigcu Urfunbe nid;t äufieljenbcn Gigen*
tfmmS. Vielmehr ift oft gerabe bcr Gigenthümer ber Urfunben aud; berjenige,
weldjer für ben Stempel haftet, öcgen feine Stempclbinterjichung mufi ftd)
alfo auch ber ftrafrechtliche Schüfe richten, welcher bie Sicherheit bcr Stempel-
erhebung forbert, unb in bcr Stcmpclftrafc finbet.
Sluf biefen Schüfe oerweift auch baS preuj?. Stempelgefefe, wenn bie
fkmpclpflidjtige Urfunbe oerheimltdjt wirb. 9cad) bem ©ef. oom 7. 3Wär$ 1822
§. 34. fönnen auch ^rioatper Ionen oon ben StempclfiSfalcn aufgeforbert werben,
fich über bie gehörige Beobachtung ber Stcmpclgcfefee auszuweiten, wenn erheb-
liche ©rünbe oorhanben finb, biefe Beobachtung ju bezweifeln. Stftber biejenigen.
welche folcher Slunorbcrung nicht ftolge leiften wollen, f ollen bie ftiSfale ben
Veiftanb ber ©c richte nachfuchen, unb swar, wie fich aus ben analogen Vc*
ftimmungen beS ©ef. 00m 19. ^uli 1867 §. 27. für bie neuen Sßrooinjen er*
giebt, bcr Strafgerichte, pr bie ftraf richterliche Unterfuchung wegen Stempel*
hinterjiehung h°t aber bie ftcmpclpflichtige Urfunbe nur bie Vcbeutung eines
ber oerfchicbcncn möglichen UcberführungSmUtel, beffen Untcrbrücfung fo wenig
unter ein befonbercS Strafgefefe ju fteucn ift, wie bie Vcfeitigung anbcicr
Spuren eine« begangenen Vergehens.
2ßic baS ftSfalifcbc Stempclintercffc ben Sduife beS § 274. beS St. ©. V.
ntdjt bebarf, fo würbe ihm biefer Schüfe in jatjlrcichcn fällen nicht 3U Xljcil
werben. @S läßt fich barnach nicht annehmen, bafj bie Vernichtung ober Unter*
brüefung einer ftempclpflichtigen Urfunbe, wcld;e 3um Vehuf bcr (»tempclhinter*
jicljung erfolgt, unter ein anbcreS ©cf. gefteüt worben wäre, als bie einfache
Stcmpclluntcrjiehung, bafi ju ben im §. 274. 9ir. 1. gebachten s Jiad)thcilett eines
Slnbercn auch folcher 9tacbthetl bcS ©tempclfiSfuS 31t rechnen wäre. ©er Vor*
berrichter ^at §. 274. auf ben oorliegenben %a\i unrichtig angewenbet.
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ftteratur.
(eingegangene SScrfe:
2lllgemeine ©eridjtSseitung für baS Königreich Saufen,
herausgegeben von Dr. griebrid) OSfar non Sdnuarje in
S)re§bcn f ©cneralftaatSanroalt fiir baS Königreid) Sadjfcn. 13. 3afjr*
gang, 1879. Seidig, ftucS Verlag. (91. *9lct«tanb.) 8.
Sie Umgeflaltung ber ^ufltsßcfc^öebung Ijat aud) auf bicS alte bewährte^
Unternehmen infofern (Sinflujj geübt, als fie eine tljeilroeife 2lbanbcrung
bcS urfprünglid&en Programm« bebingte, meldte inbeffen bejügltd) beS StrafrcdKS
nnb Strafverfahrens als belanglos ju gelten Ijat. Sie ©erid)ts$eitung wirb in
3ufunft jährlich in 6 $cftcn ju einem greife oon G 5)lf. erfreuten.
SaS erfie Jpcft bcS 14. Jahrgangs 1880 enthält aujjcr Sinei äRotio*
grapl)icen „über bic ^ppot^cfatifd;e Succcffion" non £errn D. 21. ©. ^Jräfi*
beuten Dr. Sieben haar in Bresben nnb „jroet Bälle ans ber SjJrariS" oon
$>errn £anbgcrid)tSratlj SRubolf Ortmann in Bresben, 5Jiittl)cilungcn auS ber *
$rariS beS materiellen GiuilrechtS unb einen 2luffafc über bie „&Juchcrfrage
in Ungarn."
Sic ©efefee unb SBcrorbnurtgen nebft ben fonfligen ©rlaffen für
ben prcufn1d)cn Staat unb baS bcutfa)c SHctch 1870 — 1879. 2luS
ben ©efejjfammlungen für baS Königreich ^reufeen unb baS bcutfdjc
9teid). $hronologtJ$ sufammcngcftcllt unb fommentirt non ©. 21.
©rotefenb, WcgtcrungSrath. 7. ßieferung. Süffelborf. Srucf
unb Verlag ber £. Set) mannten 23erlagShanblung 1879. 8.
Sic norliegenbe Lieferung umfafjt bie IcgiSlatioen (gr^eugniffe nom
G. attär$ bis 7. September 1879. Ser praftifebe äöerth bicfeS baS gefammte
ÜJiaterial erfchöpfenben 3BerfcS, roeld)eS bcS 33cfi&cS aller tociteren Hilfsquellen
oöllig überhebt, ifl an biefer Stelle bereits mehrfach hcroorgeljobcn tuorben,
unb fann juriftifdjen Äreifen nicht genug feine ^Beachtung empfohlen werben,
jumal bic SSerlagSljanblung ^infitytliq ber 2luSftattung allen 2lnfprücben su ge
nügen befrrebt gemefen ift, ©er SubfcriptionSpreiS für baS gefammte SBerf
betragt ca. 50 Wll
Scr ©crichtSfaal, ßettfehrift für Strafreeht, Strafproufj,
©ertchtltche 3Jcebi$in, ©cfängnifjfunbc unb auSlänbifdje
Literatur, herausgegeben oon Dr. Rr. D. n. Sehnjarjc, ©eneral«
fiaatSanroalt tn SrcSben, S3b. 31, $eft 7 unb 8. Stuttgart. Verlag
oon $crbinanb 6nfc. 1880. 8.
Sie in ben gegenwärtigen ben 31. ftaljrgang befcMiefjenben heften ent*
haltcnen 2(uffä&c bel)anbcln nadjftehenbe Xtjemata: „lieber bie ©rcn3cn bcS
Kriminal* unb SiSsiplinarftrafrecbtS bei ^füdjtoerle&ung, ber 6ioil^eamten unb
a)?ilitärperfonen." SSon St. §cc!er, ^uftiäratlj unb SioifionS * Stubitcur ju
Breslau. „Vergehen, welche ftd) auf bie Religion begehen" non öerm SRechtS*
anmalt Dr. SBillnon) ju $ofen. „^ur fiel;re non ben eckten UnterlaffungS'
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I
8Q Siteratut.
bellten". Son öerrn Dr.2f>. ©cbroalbadj ju ©trafiburg. „3u bcn §§.56., 57.
D. 9t. 6t. ©. S. unb §§. Gl., 62. öfterr. GntrourfS." Son (5. Ullmann. 3m
8. §efte bcfinbet fia) ferner eine oon £errn Dr. o. ©chroarje oerfafete Stogra<
phie beS berühmten RccbtSlebrerS Dr. Äarl ©eorg o. Pächter, welche ftreuu-
bcn beS Serftorbenen fc^r roillfommen fein bürfte.
Seiträge jur (Erläuterung beS beutfeben Rechts, in befon*
berer Sejiebung auf baS preufeifche Recht mit @in(djlufj beS fcanbelS*
unb SöecbfelrecbtS. Segrünbet oon Dr. 3. 3t. ©ruebot, heraus-
gegeben oon Raff 010, RcicbSgericbtSratb, unb Mnfcel, SanbgericbtS*
ratb, 3. golge, 3. 3ab*9<*"9/ 2. bis 4. §eft. Serlin. Serlag oon
ftranj Sabten, 1880. 8. ©. 153—628.
Die ben erften £beil auSmacljenben Abhanblungen ber oorlicgenbcn
.§cfte umfaffen: „Springs Definition beS Stents", von &errn Amtsrichter
Jtühnaft in Rummelsburg in „Der (Sinroanb ber unjuläffigen Jllageänbc*
rung nach bem neuen ^rojcferecr)t in formeller Seäicbung", oon &errn Sanb*
richtet Silber t SBefterburg in Duisburg. „®iebt eS noch eine Abroeifung in
angebrachter Art?" oon ßerrn Sanbrichter Albert SBefUrburg in Duisburg.
„eibeSocrfäumnife unb SerbanblungSocrfäumnif3. 3u §. 430. ber beutfeben
G. ^ro$. D." von ßerrn Amtsrichter Soft in Sergen. „Die Segrünbung oer
änteroentionSflagc auf Verausgabe abgepfänbeter 9Jlobilicn." Son £errn ©e*
ridjtSaffeffor Dr. 0. ©lafenapp in Serlin. „lieber bie reebtjeitige Annahme
# beS einem Abroefenben überfenbeten Antrages jum Abfchlufe eines Scrficbe*
rungSoertrageS nach bem ^reufj. Sanbrecht unb bem £anbclSgefcfcbudj." Son
öerrn ©eh- 3ufH3ratf) Dr. 0. Ärärocl in Naumburg. „Die burch ben ^rojefe*
rtchtcr vermittelte Sormerfung." Son &errn fianbriebter Äinbet in Salle.
„ÄoHifion jroifcbcn äMbferoitutcn igib ftorfifultur." Son §erm ©eh- Öber-
^uftiarath $artS. „2öirb na* preufe. Stecht bie oäterltche ©eroalt über einen
©rofjjäbrigcn burdh ben ohne Sorroiffen beS SaterS begonnenen Setrieb eines
eigenen ©eroerbcS aufgehoben?" Unter rocfcntlidher Scnufeung eines Urteils
bcs frühern Reichs *DberbanbclSgericbtS, mitgetheilt oon einem 9Jtitaliebe btefcS
©crichtShofcS. „lieber baS ^rinjip beS forum contractus." Son §crrn
Dr. jur. Alcy. Bieter in ficipjig. Den peiten SCt)cil bilben cioilrechtliche
(Sntfchcibungcn beS Reichsgerichts unb jroar mit befonberer Se$iebung auf baS
preufe. Stecht.
Das Unrecht unb bie allgemeinen Sehrcn beS ©traf*
reebts oon Dr. (Sbuarb £er|j. 1. 8b. Hamburg. Serlag oon
^ offmann unb Gampc. 1880. gr. 8.
Der &err Scrfaffer behanbelt in 4 Abfdmitten: baS Unrecht, feine an*
geblichen Arten unb Rechtsfolgen, bie Sertefcung beS RccbtSfcbufcobjcfteS , ben
©chufebegriff unb feine demente, unb baS $hatmomcnt, unb ftellt ftch bie
Aufgabe, bie $>nftbarfcit geroiffer unter einanber sufammenbängenber heute in
ber ©trafrcchtsiüiffcnfchaft in Anfeljen ftcljcnbcr allgcincincr ©äfoe an bem Ein*
fluffc ju prüfen, welchen fic auf bie bogmatifchc ©eftaltung einer Reihe ber
roichtigften Ginscllchren ausüben. Die DarftellungSrocife ift äuperft anstehenb,
unb bie reiche 8enu|uit0 beS oorhanbenen HiatcrialS, foroic bie fritifchc Sc*
hanblung bcffclben muö bie oorlicgcube ©djrift, auf bereu weitere Sefprcchung
roir noo) nach ihtem Abfchluffc jurüdffommcn roerben, als eine rocrthoolle Sc*
rcicherung ber triminaltftifchcn Literatur erfreuten laffen. Dr. B.
< -~: >
«erlin, 5>ru<f so« iB. «flfcnfldn.
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JHe (ffntntörfe ücr dänifdien Juffygefetje-
Bon «ßrof. Dr. 31. Seichmann in Bafel.
2öie £err ©eridjtSrath Dr. uan ©minberen oor nicht langer $eit i n
biefem %xä)ir> (XXV. 120 ff.) mit oollem Stecht beflagte, bafj bie wichtigen
ftortfchritte feinet £eimat auf bem ©ebiete ber 9lcc^t^pftcge unb ber 9te$t£*
roiifcnfd^aft namentlich in S)entfd)lanb nur wenig befannt mürben, fo barf oiel*
leicht mit noch größerer Berechtigung ein folcheS Bebauern auSgefprodjen roerben
^inftd>tlic^ ber bäntfehen Literatur unb ber nun fd>on feit 2 fahren oeröffent*
listen Entwürfe einer ßioiU unb ©trafpro^efeorbnungunb ber @e*
richtSoerf affung für 3)änemarf. 9lachbem bie beutfe^en Sleic^öjufttjgefe^e
in Äraft getreten finb unb bie öfierretchifche ©t. $roj. 0. in längerer ©eltung
ftcb im ©anjen bewährt hat bürfte bie Hoffnung einigermaßen berechtigt fein,
ba| neben ber englifdjen ©trafgefefegebung, über beren (Entwurf in oerbanfenS*
werther 2Öeife iperrflSrof. ©. UWauer näher berichtete, auch ben bäntfehen Gnt*
würfen ein wohl oeroienteS ^ntereffe geroibmet werbe, öanbelt eS fich ja hier
um gefefcgebertfehe Arbeiten, bie in bie $anb ber tüchtigften unb heroorragenb«
flen HRännet gelegt, baS im 2lu3lanb nur irgenb geleiftetc Vortreffliche unb
Ütachahmendwerthe nach reiflicher (Srwägung, wenn möglich, in noch ooflenbeterer
ftorm, für $änemart feftyuftelien beftimmt unb. 9cur baä Berou&tfein, bafj bis*
her niel geeignetere Strafte bie Slufmerffamfeit auf jene Entwürfe noch "icht
gclenft ^aben, läfet mich ben Berfuch wagen, oon jener «Seite uießeicht eine
auch fritifch werthoofle 2leu|erung über biefelben an$uregen, burch bie ber in
UebenSwürbigfter gorm an bie 9techt<5oerftänbigen beS SluSlanbeS ergangenen
Slufforbetung sur ©iitwirfung an bem hochwichtigen SBerfe entfprochen würbe.
6o oielfach auch, au« 2lnla| ber öfterreichifchen unb beutfehen ©efefcgebungS«
arbeiten ber jüngflen ßeit, bie 2lnforberungen an ein ©trafprojefegefefe, ba£ oöUtg
auf ber §öhe unferer jefcigen wiffenfehaftlichen ©rrungenfehaften ftehen foll,
erörtert worben finb, beftehen boch noch in Bielen fünften tiefgreif enbe 9Jtei*
nungäoerfchtebenheiten, wie foldje j. B. oor Äurjem in ber ftrage ber Bebeu-
tung ber fticchtsbelehrung be8 Borftfeenbcn für bie ©efchmorenen ju Sage traten.
s Jßog ber ©injelne auch noch fo fehr oon ben Vorzügen einer ernft burchgeführten,
emgehenb bie frembe Siteratur unb ©efefcgebung in Betracht jiehenben Arbeit
») Ciinige «enberungen (in §§.48., 49.. 448., 457. unb 460.) beantragte am 24. Ort. 1879
»bg. 2ienba(her unb öen. (fteue freie treffe »out 26. Oct. 1879, «t. 5448.).
*r$io 1880. *. fteft 6
82 entwürfe ber bätrifäcn Suitygefcfce.
überzeugt fein unb in mannen fragen mit feinem Urteile auch beÄf>alb
jurücfhalten, weil für einen SluSlänber bie 3wecfmäfeigfeü unb $)urchführbarfett
für baS beftimmte fcanb, namentlich auch rüafid^tlid^ beS bisher ©efefc ©ewefenen
)\\d)t ju entf Reiben tfi, fo wirb jweifeHoS ber mit größerem ©djarffinne unb
ausgebreitetem Erfahrung 2luSgerüftete hodjerwünfehte wefentuche S)ienfte leiften
fönnen. &ierju anzuregen, ift mein &md.
35ie renibirte bäntfdje Verfaffung non 1866 §. 74. oerheifjt (wie fd&on
bie t>on 1849) möa,licbft balbige Durchführung beS $rin$ipS ber De ff entlich'
feit unb HRünbltdbfeit im Verfahren, fomie Einführung ber äuru für
Verbrechen unb polittfehe 2>elifte. 2)ur<h tönigl. SReffr. com 28. ??ebr. 1868
würbe eine auS ben angefehenften Triften u. f. w. beftebenbe Eommtffion
ernannt, welche bie betr. „OTttjgefeJje" auf ©runb eines ber früheren Entwürfe
non 1864 aufarbeiten foUte. 3 UI " Vorfifcenben würbe £err ©ebeimeetaatSraab,
Dr. jur. et phil. Ärieger (mehrmals HJtinifter, auch Sufhäminifter, a. o. 3Jätgl.
beS £öd)ftengerichtS unb beS SanbStbingS) ernannt; ju Sftitgliebern: 1) ber
jetzige ^uftijminifter , £err Dr. jur. Vellern ann (früher $rof. an ber Unioer*
[ität Kopenhagen, 3Ritgl. beS SaubSthingS, — 2) £err Dr. jur. Älein (in $wet
*DJinificricn Sufttammijter, 3Kitgl. beS plfcthincjs, lange ^Jräfibent beS 6ee* unb
§anbelSgcrichtS in Kopenhagen, — 3) §err Sitearb, SepartementSchef tm^u-
ftijmimftertum , a. o. 2Ritgl. beS fööchftengertchtS), — 4) öerr Uff in g (früher
s JJiitgl. beS lederen ©erichteS, jefet einer ber Srtrertoren ber ytattonalbanf , 2Ritgl.
beS £anbStf)ingS), — ö) £err $rof. Dr. jur. ©ooS (a. o. 3Ritgl. be£ fiöchta*
gerichtS), — 6) <perr Slboofat Siebe, Gräfes beS SanoStlnngS, — 7) ^err
Moofat Vrocf, SKitgl. beS £anbSthingS, — 9) $err Siimeftab, SHitgl. beS
höchften ©erid)ts unb golfthinaS, — 10) §err 5Ruholm, 9Jtitgl. beS Dbergerid)tS
in Kopenhagen. 3roci äJittglteber finb injmifchen uerftorben.
£)ie Arbeiten ber Gommiffion mürben ausgegeben 2Jtär$ 1878 unb
umfaffen:
1. Entwurf ber 6t. Sßroj. D. — Ubfajt til \)ov om Straff eretSplejen,
3JiartS 1875, Äjöbenhaon 1875 (IV., 184 <5. Xert: SRotioer IV.,
188 ©. umfaffenb, lü Slbfchnitte unb 492 §§.
2. Entwurf ber ©crichtSoerfaffung u. f. ro. — Ubfaft til hoo om 2)omS<
magtens, ben offentlige SlnflagemunbighebS, ^olittmnnbipbebons famt
Sagförerr-äfenatS > Orbning. — ftebr. 1876, ftjöbenhaon 1876 (II.,
53 6. Sert; 2Kotioer 75 6.) umfaffenb 6 Slbfchnitte unb 153 §§.
3. Entwurf einer E. $roj. 0. — Ubfafl ttl §ov om ben borgerlige
9ted)tSpleje, 3uni 1877, Äjöbenhaon 1877 (205 <§. Stert; ^otioer
268 6.) umfaffenb 10 Slbfchnitte unb 652 §§.
5öci oorjügli^em Xuui zeichnen fidj biefe ^ublifationen auch au£ burd;
fplcnbibe, umfangreiche s Jlotijen geftattenbe SluSfiattung. Verfchiebene ©rünbe,
meift politifdjer s Jlatur, h^en bisher Vorlegung ber Entwürfe an ben Reichstag
gclnnbert.
(SS fommen l)kx nur bie 2 erften Arbeiten jur Vefpredjung unb auch
oon biefen hauptfächltd; nur bie erfte. 3)iefe bejroecft baS ^Jrinäp ber Oeffent-
liebfeit unb Mnblichfeit (Unmittelbarfeit), foroie ba« Slnflageprincip ftreng
unb confequent burchjuführen gegenüber ben abroeichenben, bisher in ©eltung
geroefenen, namentlich gegenüber bem 3"^fitio"Sp^cip- Nähere (Sinficht in
ben bisher geltenben bänifchen ©trafproieß ju geroinnen, roar faum möglich, ba
gute ältere SiSerfe burch bie neuere ©efefcgebung oielfach wenig brauchbar
geworben waren, fo baß nur in UnioerfttätSoorlefungen eine richtige 2tnfchauung
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Die (Sntoürfe t>et fc5nif<$en Suftia^efe^e. g3
uom geltenben Stecht gewonnen werben tonnte. (£rft in btefem 2tugenblicfe
ermöglicht baS foeben erfdnenene jmeite £eft ber „Nordisk Retsencyklopädi
(cntfjaltenb : Den danske og norske Proces, ved Joli. Ipsen " kriminal-og Politi-
nets-assessor) 6. 178 — 215 folgen ©inblict, wobei melletdit bie fehnlichft
erwünichte Umgestaltung bct ©efcfcgebung ju einet fürjeren Öebanblung, als
$iele erhofften, ueranlafjt fyaben mag. 2)en wefentlichften 2lntljctt an bem
StrafprojefjorbnungSentwurfe bürfen mir §errn $rof. ©ooS sufchreiben, ber
unermüblich thätig ift, bie ©runbfäfee eine« auf ber £öhe ber äßiffenfchaft
ftcticnben berartigen ©efefeeS barjulegen unb ber namentlich beftrebt ift, ba<S
3uruinftitut, na* Anleitung ber englifd)*amerifamfdjen $rarte, in ber für ba3
;}nlanb theilweife wünfd)baren llmgeftaltung einzubürgern. 63 mag hierbei
auf öerrn $rof. ©ooä'ä gebiegene Verfechtung biete« ^nftitut« uor bem brüten
norbiföen ^uriftentage ') in feiner ©chrift: Om Lägdotnmere i Straffesager,
Kbhn. 1878 unb namentlich bie uor treffliche Einleitung ju einer Vor*
lefung über bänifchen 6t. $proj. (erfreuen in ber Indbydelserskrift til kjöben*
havns Univertets Aarfest til Erindring om kirkens Reformation, Kbhn 1878:
Strafleretsplejens almindelige Grundsätninger p. 56—93), bie mir in beutfdjem
©ewanbe lebhaft begrüben mürben, oerwic)en fein.
3lu£ bem ©erichtSoerfaffungSentwurf e mag erroäbnt werben, bafe
al£ orb entließe ©erid;tö(;öfe fungiren follen: 1) ein h°$uer ©cricr)rjS^of,
2) fe<$8 £anbgerid)te, 3) Untergerichte: abS befonbere: ber 9leicf)3geri<f>t$*
tjof („9Ug3ret" nach §. 08. ber Verfnftung), ©effionen bc$w. ber Wehrpflicht^
ange Legezeiten, geift liehe unb Militärgerichte nebft mehr abminiftratioen.
£>a$ See* unb ftanbelSgericht in Kopenhagen wirb bem bortigen, mit 1 iüor*
fifeenben unb 15 Richtern $u befefcenben itanbgerichtc eingefügt, inbem für btefe
Sachen 4 funbige dichter hinzutreten. %m lu)<hften ©erichte foHen an ben
6ifeungen minbefienS 9 dichter, in ben £anbgcricf)ten minbeftenS 5») Xfyil
nehmen. 2)ie Untergeri&te finb mit ©injelrichtern unb ©crichtsf Treibern 3u
befefcen. SHefelbcn fyabin auch (Sompctenj für Sitte ber freiwilligen @ c *
richtSbarfeU.
2öa3 bie 3«siehung oon ©efchwornen betrifft, fo ift fähig jum ©efchroo*-
nenamte jeber, ber jum golfething wahlberechtigt ift (nergl. Vcrfaffung §. 30.),
auch nicht burch törperliche Mängel ober ungenügenbc Äenntnifj bc$ ©änifchen
aufeer6tanb ift, bie Pflicht eine« ©efchworenen m erfüllen. (Entwurf II. §. Gl.)
©ewiffe höhere Beamte (§. 62.) finb auSgcfchloffcn; befreit, wer auäfchliefelich
ober überwiegenb ftch mit feiner £änbe 3lrbcit ernährt. (§. 63.) ©ewiffe Ver-
femen (§. 64.T fönnen Befreiung begehren (ungefähr bie beS §. 35. be$ beutfdjen
®. 93. ©.). kern beutfd)cn Wccht entfprechen im ©anjen bie 53eftimmungcn über
bie Ur* unb ^ahreSliften, wie über bie Sprudjliftcn. (§§. 66 — 93.) 2)er oor*
tefcte (5.) 2U>fdmitt beS ©efefeentwurfä Ijanbelt oon ben Rechtsanwälten unb
beren Vereinen (§§. 137 — 145), woran fich im 6. 9lbfchnitt UcbergangSbcftim
mungen fchliefcen.
lieber bie jefcige ©erichtSoerfaffung giebt Nähere« Spfen a. a. O.
(©. 3 24).
') S5gl. Üagbladet 1878. 9tr. 200. 201. 202.
») Stud) bei 3urttfo#ai. «gl. SWottec gu Gntnmrf n. §. 17. ff. — 3>rei Winter reerten
cmuifuti im {Entwurf I- §. 257.
6*
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84 2Hc entwürfe ber bänif*«« Sujttjgefetje.
28tr gehen nun junt ©trafprojefjentrourfe über, beffen roichtigfte fünfte,
olme aUjufehr in baS detail einzugehen, erroähnt werben foüen.
L antritt
Slllgemeine Veftimmungen.
1. 2lnroenbung£gebiet ber ©t. ^iroj. 0. — ^n §. 1. befHmmt ber
(Sntrourf, baj? äße ©achen, in benen csJ fid) um Veftrafung ^anbclt, foroett fie
nicht ben ©efefcen gemäß ohne befonbereS ©trafoerfahren abgemalt werben,
ober oor befonöere ®ericht«höfe gehören, nach ben Veftimmungen biefe« ©efefceä
ju erlebigen finb. $a$u treten nach §. 2. ©achen, betr. Aufhebung eines Ver*
eines, Uebertretung beS Verbots ber Verbreitung frember ©Triften, $riebenS*
bürgf djaften.
Ön Verbinbung mit ber ©traffache unb nad) ben betr. Vorfchriftcn wirb
abgeurteilt, auf Slntrag beS 2lnftägerS, über fianbcSoerroetfung, ÄonfiSfation,
©icherheitSmafjregeln gegen geifteSfranfe Verbrecher, ÜHottififation oon ^njurien,
Verluft beS (Erbrechts '), Slmtäoerluft (roo biefer nic^t als ©träfe uorgefefnueben),
Verluft uon 9tang, Xitel, Orben ober e^rcnjct^cn, foroic über 9U<htigteitSerflä*
rung einer tro§ Verroanbtfchaft ober ©chroägerfchaft — wenn biefe unbcbingteS
(S^el)inbemi6 btlben — ober trofc beftehenber @he eingegangenen (Sl)e.
2luS ftrafbaren ßanblungen entftanbene Gioilforberungen fönnen nach
§. 4. com Verlebten mit ber ©traffache »erfolgt werben, foroett lefetere baburd)
nicht to cfcntlidje Verzögerung erleibct. 3 )
2Bo bie VeutthcUung ber ©trafbarfeit einer £anblung baoon abfängt,
ob 5ur 3eit ber Zfyat ein beftimmteS SHechtSoerhältnifj beftanb, geflieht biefe im
©trafoerfahren nach beffen formen. $ie etroaige (fntfeheibung beS Gioil*
rtchterS präjubicirt ber Beurteilung ber ©traffrage nicht.*) (Sine
SluSnabmebefttmmung, wie fie Dcfterreid) §. 5. !ennt, oerroerfen bie üttotioc.
§• 8- ff-
2. ©adjlidje ßompetenj ber ©cridjte. £e nad) ber gröfjcrcn 3Ötch
tigfeit bcr einzelnen ©traffachen roerben bicfelben ben Untergerichten ober 2anb*
gerieten jugerotefen §§. 8. ff. Sei ben lederen roirfen ©efehroorene mit, roo
XobeSftrafe ober lebenslängliche ©trafarbeit angebrol;t ift, foroie in ben fällen
ber Äap. 9 — 11. beS ©trafgefefeeS unb bei angebrotjter ©trafarbeit, fall« ber
2lngefd)ulbtgte ober fein Vormunb nicht 3lburtbeilung ohne ©efchroome roählt.
3ft;)cmanb, angefchulbigt eine« bcr Verbrechen oer Äap. 23—27., früher wegen
eines folgen ju ©trafarbeit oerurtheüt roorben, fo finbet Bujictjung oon ©e*
fajroorcncn ftatt, wenn ein Verbreerjen in fyaQi fteljt, für DaS bei erftmaliger
Vegefjung ©trafarbeit bie niebrtgftc ©träfe ift, ober 10 %al)xt feit Verbüjjung
ber früheren ©träfe bis ju bem neuen Verbrechen oerflofien. 3 n ocn üor baS
fcanbgertcht getjörenben ©achen, roo ©efchroorene nicht sugejogen roerben müffen,
') Deuntzor in Nordisk Retsencyklopacdie 1878. p. 91 — 93.
*} %n baS belgifdje öefe^ »>om 17. aprit 1878 »»urbe 3U «rt. 4 bcr neuen St.^ßroj.O. ein
^Ufafe: „Toutcfols le tribunal criminel pourra urdouner le renvoi devant le tribunal civil, s'il
eatirao que cc renvoi est motivf pi»r la ii»'ccs«it<! d'une plus longue inatruetion" — nid)t v1»;mv •
nommen. »ergl. Nypels le livraison p. 4G. — «nberS Oeflencid) §. 4. (3)1 aper, Kommen«
tar II. 26. H.)
3 ) »bweicbcnb obige belgif(b,e 8t. ^ßroj. O. 8trt. 15 — 19. — 2Me entgegengefetjte ?rragc
unterfaßte neuerbing« €>aripoloS in Rivisia penale VIII. 185— 20G. «us'ber neueften frah-
jbflfdjen 3«bitatur i^ 3U nennen ber arrot du 31 d6c. 1878 (Nimes); »gl. Morin, Journal du
droit criminel art. 10414 (mars 1879 p. 89). — Ueber § 261 3D. W. St. fc. O. »gl. 3)0(^0»,
®er 9iei(b>8trafproje6 (2) 8. 153 ^ote 6, 154 unb bie Gominentare.
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25ie (fntoütfc btt bäntföcrt 3uftidgcfcfee. 85
fann bie ,3u3ielning berfelben vom Änttäger unb 2tngeflagten beantragt werben
(§. 11.) S)a« ©eridf)t Ijat oon §tmt«wegen feine Sompetenj unb bie 9tot(jwen*
bigfeit ber ,3u$tef)ung oon ©efclnuorenen ju prüfen. 2ßo bie ßntfajetbung ab*
bängt oon ber im einzelnen f^aHe oerwirften Strafe ober ber (Srflärung be«
2lngeflagten, Imt e« bie SDietnung be« Slnf läger« (ogl. jeboä) §. 197) »orerfl au
befolgen unb fann erfl nad; ber ^auptoerfjanblung au« folgern ©runbe abweifen.
5£iefe SKbweifung fann in berfeloen nid&t erfolgen, weil bie oor fianbgeridjt oer*
?ianbelte Sad&e oor baS Untergeria*)t gehöre ober nidfjt ©efd&worenenfacije fei,
aü"S ntd^t bie Verweifung oor bie 3uro ber gcfefelid&en 2öaf)l be« Stngeflagten
wiberftreitet unb oor ber 2lu$loofung ©infprua} erhoben wirb. (Sine bura)
Urtheil erfolgte Verweifung oor ba« Untergerid)t binbet biefe«, wie eine an ba«
£anbgeria)t gefa>l)ene Untere«. (§. 13.)
2>te £anbgeria)te urteilen bei Sfteotfton unb Vefdnoerbe gegen Urteile
ber Untergebene, ba« Ijödfrfte ©eric^t übet Steoifton unb Vefajwerbe gegen fold&e
ber £anbgerid&te, fowie bei Vefd&werbe über Verfügungen eine« SDlttglteb« als
Unter) ua)ung«rtd)ter«. (§. 14.)
Voruntcrfud&ung unb anbere accefforifefje ^rojef banblungcn in Sad&en biefe«
©efejje« werben oon Unterrictytem al« UnterfudfjuugSricgtern wahrgenommen ; bod&
fönnen für Sad&en ber Sanbgeriajte ober be« ^bdiften ©erid&töljofeS ttmbrittjter
als Unterfu$ung«rid&ter befteUt werben. (§. 6.)
3. 2lblel)nung ber ©eridjt«perfonen beljanbeln bie §§. 15—22 unb
entfpred&en im 2Befentli$en ben Veftimmungen ber beutfa)en unb bfterreid&.
et. $roj. 0.
4. Slnflageberedjttgung, 2lnflageprincip. ftür bie Verfolgung
firafbarer ^anblungen forgen bie öffentlichen 2lnfläger mit unb neben ben $oli*
jei* unb VerwaUuna^bef)örben, fowie Sßrioatanf läger. (§§. 23. 33.) 2lm ftöd^ften
©eridjt fungirt ein DberfiaatSanwalt. £>er Suftipiinifter fann bem betr. Staat«»
anwalte auftragen, eine Sad&e $u oerfolgen, baoon abjuftefjen, fowie 3tea)tSmittel
einjutegen. (§. 25.) $a« 9iäf>ere ergeben bie §§. 23—30.
s Jiur auf 2t n trag eine« Vercd&tigten treten bie ©eria)te in Xpigfeit.
$te Slnflage fann fallen gelaffen werben, fo lange fein Urtel ober ^urofprua)
gefällt ift; fällt bie Auflage nad& beginn ber «pauptoerljanblung fort, fo erfolgt
^reifpred)ung; fonft ftettt auf ©erlangen ba« ©eriäjt Vefdjeinigung über ben
Jortfall ber Verfolgung au«. (§. 32.)
2>ie ^oliseianwälte (^Polijcimciftcr) haben nad& §. 35. 9lnf lagerest in
geringfügigeren Sadfjen. Sie, ebenfo wie bie Staatsanwälte, flagen gemäfe §. 36.
oon StaatSwcgen an; bo<$ ift erforberlia^
1) Verebt be« ^uftUminiilcr« oc * 2lmt«beliften unb in eimeinen fpejicllen
Sällcn (§. 36.) — 3Jtotioc S. 30;
2) Antrag ber betreffenben Dbrigfcit bei einzelnen Gelitten ;
3) Antrag oon SJJrtoatcn, wenn baoon bie öffentliche Verfolgung abfängt,
wobei alle aWitfd&ulbtgcn jur Verantwortung gejogen werben müffen.
Unauffdfjiebbare Stritte finb oorjune^men, wo bic £t)at oermuthltd) bem
betreffenben uubefannt unb feine Slnflage wa^rfajeinlta;. SBirb ber Vefef)l ober
Antrag oor Fällung bc« Urtelö ober Slbgabe beS ^un;fpruo58 mrücfgejogcn, fo
fällt weitere l*erf)anblung fort; bei ^Jrioatanflage in ben pUen ber §§. 159.
175.254. be£ 6trafgcfe|e«. 3u jeber ßeit ift bic« möglta) bei 2lnwenbung bc«
§. 299. ebenba.
28o ber Staatsanwalt bei Saasen feiner Gompetenj Scbulbigerflärung
erwartet, fann er nur infolge jufti^minifterieller Vorfa^rift iKnflageer^ebung
unterlagen ober einjietten, fall« nidjt ba« ©efe^ foldfje« ^allenlaffcn gefiattet,
o^ne jener erlaubnife ju erwäfmcn ober (in fällen ber 2lnwenbbarfeit ber
7. u. 64. be« Strafgcfefee«), wenn l)öd()ftcn« eine unbebeutenbc Strafe in
2luSficf)t fteljt unb Verurtljeilung für fpäteren Jlücffaü" feine Straffa)ärfung bc
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86 2>ic entoürfe bcr b&nifdjcn guffygtfetje.
grünbet ober wo bcr Sßriuatanflöger (aufeer obigen $äUen) nach 2lnflageerhebung
feinen Slntrag surücfjieht unb ber Staatsanwalt (ein öffentliche« ^ntereffe an
bet Verfolgung annehmen fann. $ie (Sntfcbeibung über gallenlaffen ber Slnflage
foll oom OTtymtntfter eingeholt werben in ben fällen ber §§. 36. lefcteS 2lltnea
unb 70 Strafgcfefc. $ie nähere Vegrünbung ber Stellung ber Staatsanwalt*
fetjaft gegenüber bem ^uftiaminifter ift in ben ÜJcotioen jum ©ntwurf n. S. 51
gegeben. ')
enthält ein ^rioatanflagebelift jugleicb ein Öffentlich oerfolgbareS S)elift,
fo finb bic öffentlichen 2lnfläger berechtigt, auf Slntrag, jencS mit Unterem ju
»erfolgen. 3)iefer 2lntrag fann jeberjeit äurücfgejogen werben. 2Bo biefclben
ungerechtfertigt Slnflageerbebung oerweigern, fann ber ^rioate als ^rioat*
anfläger auftreten gemäfe ber Vorfehriften ber §§. 441 ff.
5. Stellung beS 2lngef lagten. derjenige, welchen ber SSerbaeht einer
ftrafbaren §anblung trifft, gilt als Slngeflagter („anfcrS fom figtet" 8 ), wenn
Unterfuchung gegen ihn oon bem UnterfuchungSric^ter ober bem urtbcilenben
(Vertcbtc eingeleitet ober biefclbe oorbereitet ift bureb oorläufige $eftnahme
(„Slnholbelfe''') ober fonftige gegen ibn gerichtete aJto®eln. 3ft 2lnflage er>
Ijoben, fo fann ber Slngeftagte einen Sertheibiger erwählen, ber in ben Sifcungen
fein 33efteS wahren unb bei Slbfaffung oon $rojefefchriften ihn unterfrüfcen foll.
Dieben einem foldjen baS 2Bort ju ergreifen, ift ber 9lngeflagte nicht fjehtnbert.
Mehrere Vcrthcibiger fönnen bei ber £auproerhanblung cor tfanbgertcht juge-
laffen werben. SSaljrenb bcr Voruntersuchung fann ein SÖahloertbeibiger fd^rift*
lia)e Anträge an baS ©erid)t ftellcn, auch Vefchmerbe beim Dbergericht einreichen,
bei SlugenfdiciTiScinnahmc unb Vernehmungen jugegen fein, bie foätcr benu^t
werben follen. £er ftreiS oon ^erfonen, bie als Verthcibiger jugclaffen werben,
ift ein weiter, etwaigen 9)cifjbrauch hat baS ©eriebt ju hebern. (§. 45.) 3ft
bcr 2lngcflagte oerbaftet, fo fann er münblicb unb febriftlich mit bem Verthcibiger
oerfebren, jebod) fo lauge Slnflage nod) nicht erhoben ift, nur unter (Jontrole,
bie ber Siebter für nötlng erachtet; bei Si&ungen fann er fich mit ihm — foweit
nicht baS ©cgentheU beftimmt ift — beraten.
Von 9lmtSwegcn ift ein Vertheibiger p beftcllen in lanbgerichtüchen
€ad;cn, falls ©efchworene mitwirfen follen ober VcrmögenSbefcblagnahme in
ftrage fommen fann, fowie wo bcr SRorfifecnbc bicS nicht für unnötfng erachtet.
(§. 48.) Sei Sachen oor Untergericht fann ein folcher in befonberen fallen,
gcwöbnlicb nur auf Vegchren, beftcUt werben, falls bie VermögenSoerhältniffe
bcS 2lngcflagten fo befebaffen, bafj er, ohne baS Öiötljige fid) ober fetner ^amilie
ober jur ftortfefcung feines ©ewerbcS ju entziehen, einen Vertbetbiger bejahlen
fann. j$üt unauffebiebbarc 3^«9cnocrnehmungcn u. bgl. ift felbft nor Anfinge*
erljebung ein öffentlicher Vertheibiger ju befteucn, wenn baoon in ber &auut-<
ocrhanblung ©ebrauch gemacht werben foll. (Sbenfo bei Sachen oor bem höchffen
©cricht. %\ix münblichen unb fcbrtftlichcn Vcrfcfjr mit bem Sfngetlagten fteben
SlmtSoertbcibiflcr freier ba, als Söahlocrtheibigcr unb erhalten nach Umfang ber
©ad)c fcfaufcfcenbe Gntfdjäbigung. Veftellung eines öffentlichen SßertbcibigcrS
cntjiebt bem Slngcflagtcn nicht baS 9ied)t, felbft für feine Verthcibigung Sorge
5U tragen.
6. ©cridjtSjtanb, örtliche 3uftänbigfeit. %üx innerhalb beS Äönig*
rcidjS begangene Verbrechen ift baS gewöhnliche forum, baS foniui ber began-
') 3» ber ©itsung untcrflcfit ber ©taatdaniratt ber *£i|&unq3)50li3ci bc§ Qterid)t$. ötciür
aud) 5Barfjl)a, SJerttjeibiguna, <55. 737. 738. VlnberS f^uetjä in .^oltjcnborff'ö §anbbud) II. 78.
-) &kc\t\i bic feinen Üntcrfdicibitn^en (93efcf)iilbiflteT, Änqef dtjuttifttcv , Ängettagter) bcr
neueren ©t.^roj.O. fpredjen fieb bie 2Höttoc S- 37. aucJ; ätjulict" ö. ajötbernborf j üt »ugöb.
ÄUg. Stj. Ib7l) Dir. 326. ®. 4974.
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Die (intttürfc btt b&tnfd^ext Suftijgefelje.
gencn Xljai, wobei eoent. bie legte §anbluna in Betracht fommt ober oor einem
ber mehreren an fich competenten fora bie &erhanblung erfolgen fann. (§. 62.)
Sin S3orb eines bänifeben 6cbtffeS ober oon ber 3Jcannfdwft beffelben begangene
«erbrechen werben abgeurteilt, wo baS Schiff bei ber 9iücffcl)r löf^t ober
labet. (8. 63.) S3or bem ©ertöte beS 23ejirfS, in meinem ber 2tn$uflagcnbe wohnt
ober, o|ne Söohnung im Sanbe, fiefa aufhält, ober, falls er nicht im fianbe be*
troffen wirb, beS lefeten 2öofm* ooer Aufenthaltsorts fönnen oerfolgt werben
1) bie oor bäniftfe ©erichte gehörenben, außerhalb beS ÄöntgrcidjS begangenen
Verbrechen, 2) Sachen, bie oor ben ^olijeianwalt gehören unb StntragSbelifte,
3) anbere Serorechen, wo bie Seoingungen beS §. 62. fehlen. S)änifche, im
2luSlanbe anfäffige erterritoriale Beamte unb baS ©efanbtfcbaftSperfonal gelten
in Äopenhagen anfäffig, wenn fie feinen anbem SBobnfifc im Sanbe höben, was
auch flilt bei bänifeben Unterbauen, bie nach Verträgen nicht an ihrem je&igen
ober früheren SBobnftfce oerfolgt werben fönnen. (§. 64.) 3n lederen %äutn
fann auch baS forum deprehensionis jur Slnwenbung gelangen. 3n bringenben
gäHen fönnen oorläufige ©abritte auch oon an fiep nicht competenten Unter*
gerieten oorgenommen werben unb fönnen bie höheren ©erichte Abweichungen
befchliefjen, wie auch bie Parteien bei ^rioatanflagen. (§. 67.)
2>aS ©eridjt urtheilt oon SlmtSwegen, ob bie Sache oor baS jufiänbige
forum gebracht ift. SBct ber t §auptoerbanblung unb ^rioatanflagen fann 2lo*
weifung wegen Unjufiänbigfeit nur gefchehen { wo oor SBerlcfung ber Slnflage*
fdhrift ober SluSloofung ber ©efehworenen (Smfpruch erfolgt, welcher wegfällt,
wenn ber 2lngellagte früher baut ©elegenheit hotte. S3orunterfuchung , jowic
fonftige ^rojcfchanblungen aufeerfjolb ber öauptoerhanblung, oorgenommen feitenS
eine« incompetenten ©erichtS, fmb beSljalb nicht ungültig. 3 lin fö cn mehreren
fompetenten fora hat ber 2tnfläger bie SBabl $or bem ©ertchte, baS bie 33er*
folgung juerft einleitet, fann bie Sadbe an ein anbereS ©eridht übergehen, wenn
in einer Sßrtoatanflageiacbe ber Slngeflagte einwilligt, bei öffentlicher Slnflage baS
©eridht auf Antrag beS 2lnflägerS wegen 3 c ^gcu u. bgl. bicS swecfmäfetg erachtet.
Ueber Bereinigung mehrerer 6traf fachen ©erhalten fich §§. 70—75., über
Rechtshilfe §§. 76—78., über StuSfcblufe ber Oeffentlichfeit 8§. 79—82. (hierbei
werben in gewiffen fällen jwei ©erichtSjcugen jugejogen ooer befttmmten $er*
fonen ber Zutritt bewilligt). ®ie SitJungSpolijci betrifft §. 83., ben Inhalt ber
^rotofoüe §§. 84—90., bie ©erichtsfprache unb $olmetfcber §. 91., bie Au-
fteilung ber Labungen, (Sinrücfung in Leitungen §§. 93.— 104. @S folgen Sc*
frimmungen über ftetS mit ©rünben ju oerfeljenbe llrt heile ((Srfenntnttfe) beS
urtbetlenbcn ©ericbteS („©ommo" genannt), oon benen gewiffe (Sntf cheibungen,
j. f&. beS UnterfudhungSrichtcrS betr. Slbwcifung ber beantragten 33oruntcrfua)ung
ober ber Slbweifuna, beS Antrags ber SSerweifung 3ur ßauptocrhanblung feitenS
beS ©erichtcS, fowte Wchlüffc über Serhaftung, ^auSfuchung u. f. w. als eben*
falls ju begrünbenbe „ßjenbelfer" gerieben werben '), gegenüber ben jahlreicheu
Sefchlüffen mannigfaltigfter 9lrt („Seflutninger"), ogl. 3ttottoe §. 57. ff.
£>ie geheime 2lbftimmung erfolgt naa) bem 2)ienflalter, baS jüngfte s JJtitalieb
frimmt juerft.') §. 106. entfpricht im ©anjen §§. 197. 198. beS beutfehen
©. Serf . ©.
l ) Dtcfc Untertreibung ift nidjt neu. »gt. 3*>fen 1. r. @. 85.
») 2>ie entqegengcfefctc Seftimmunq fceS §.19. Bjtett. et.^toj.O. tabclt öcoct in Revue
de Gand VI. 374.
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gg 2>te Cfntoürfc ber b<inifd}en Suftiagefefce.
»
2. giftnitt
SSon 3roangS* unb SeroeiSmitteln. .
1. 2)ie Seftimmungen übet 2)urd)fudMng oon SBofmimgen, 9täumlicbfeiten,
^erfonen unb papieren (§§. 112—124.), foroie über $Befd)lagnabme (§§. 125.
bis 128) jetgen baS JBeftreben, fo wenig roic irgenb mit ben 3roecfen beS ©traf*
oerfabrenS oereinbar, in baS <QauSred)t, bie perfönlicbe $reibett, ßigentbum u. bgl.
einzugreifen. $)urcbfucbung oon gtauenSperfonen foU unter «eaebtung ber
©cbambaftigfeit, nötigenfalls unter 3ujiebung ehrbarer grauen unb bann obne
Slnroefenbeit oon 2J?ännern gcfdt)eben, foroeit nid)t bamit oerbunbene 2lugenfdjcin£*
einnähme bieg forbert. ©egen fiefctereS fpradt) ftcb jüngft aud) SSargba, 33er*
tbeibigung ©. 515 aus. 1 ) UebrigenS fotien bie bei ber Äopenbagencr @ntbin*
bungSanftalt angepeilten Beamten, ©ebienftete, £ebeammen betr. ©<$roangerfcbaft
ober (Sntbinbung bafelbft, foroeit nt du bureb baS ^euanin gerabe bic Söbtung
ober fonftige ftrafbare §anblung gegen ein Äinb aufgeftärt roerben foU, oom
«Jeugniffc befreit fein (§. 130. 3.) engere ©renjen als §. 90. @t. Sßroj. D.
jtebt §. 122. binftcbtlid) ber Sefcblagnagme oon Jsbrieffcbaften unb Xelegrammen.
2. 3 c ug.nifj. 2öem etwas über ben ©egenftanb ber Unterfucbung bc*
fannt ift, ber ift jeugnifepfltajttg, roaS aud) für ben einen ©rfafcanfprud) neben
bem öffentlichen 2Infläger ^crfolgenben gilt. befreit finb aujSer ben genannten
^erfonen:
1. bie ©eiftlidjcn ber ©taatSfirdjc unb anerfannten religiöfen ©efcUfdt)aften
betreffs beffen, toaS ibnen bei ber Seilte') ober im Uebrigcn in ber
(Sigenfcbaft als ©eelf orger anoertraut mürbe;
2. Skrttjeibiger betreffs ber in biefer @igenfd)aft empfangenen Sflit*
tbcilungen.
SOSilligt ber ju ©ebeimbaltung 23erecbtigtc ein, ober ift fonft flar, bafe
3eugnifjablegung feinem 2öunfd)e nia)t roiberftreitet, fo finbet btefelbe ftatt. Söcr
oon Begebung eines SkrbrecbenS 3Jiittl;eilung machte, fann jur eiblicben <&rf)äu
tung ocrbaltcn roerben, um ju oerbinbern, bafe Unfdnübigc oerurtbcilt roerben.
£>en Beamten fann im ^ntereffe beS ©taatcS für öffentliche Angelegenheiten
3eugnifeablegung oom betr. aJMniftcr oerboten roerben. 3eugni| fönnen oerroct*
gern unb finb hinüber ju belebren:
1. roer bamit ftcb ober eine ber 9br. 2. crroäbntcn ^erfonen ber Sefrrafung
ober ©ajanbe ober febroerem SSermögenSoerluft auSfefcen mürbe;
2. ber (Sbeaatte, Gltern unb Äinber beS 2lngeflagten;
3. in ^rcfjfacben, roer felbft bie &erantroortung übernehmen roill ober roenn
3 3)?onate feit Scfanntmadjung beS ©rfcbeinenS ber ©ebrift in einem
öffentlichen Statte oer hoffen finb.
$)te ^erfonen, welche, roenn überhaupt ocrnebmungSfätjig, nur itttciblidt)
oernommen roerben bürfen, giebt §. 140. an. 2ln ©teile beS (SibeS treten in
beftimmten fällen anbere 33etbeuerungSformeln. S)ic Söeeibtgung erfolgt gc*
roölmlicb erft in ber ipauptoerbanblung unb jroar oor ber SluSfage, wenn nicht
baS ©eriebt erft fpätcr barüber befcbltefjen roill. Außerhalb berfelbcn beftimmt
baS ©criebt, ob fie oor ober nacb ber 2luSfage 511 gefdjehen bat. Sßor ber
2luS[age fdjroört ber 3euge: r ,bie reine 2Babrf>eit fagcii unb nicbtS jur Ruf-
•) 9Jg(.baä»on fiolhenfcorff tn f. $antbud> I. ®. 325 citirtc belgifcfie CS. ». 20. Äprit 1874
urt. 25. (Annuaire IV. 419.)
3 ) 3)te »eftimmung im D. L. 2. 5—20. roar nur für ^rotcftameii gegeben. Obige gilt
für Äatbotiten, ta fattifd) »cnigjien« tic t>rote[tantif*c Ätrdjc tie »eiebte hidjt mcb.r tennt,
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3>ic Sntofirfe ber bfittifäen SufHagefefce. 39
flärung bcr ©a*e ®ienli*e$ t>erf*roeigen au tooHen" — na* berfelben, „ba&
bic Auäfage gan* unb coli roa&r unb nt*t3 r>erf*roiegcn ift." $>er 9ti*ter
fd^ärft bie fieiligteit beö @ibe3 ein unb be3ei*net bie gefe|jli*en Strafen. 2)ie
geugen roerben au* na* Umftänben befragt, welche auf ifjre ®laubroürbigfeit
©influfj ^aben fönnen, namentli* über SBeftrafung, unb wirb befonber« beamtet,
ob 3*uge auf eigene SBabmebmung unb (Srfafjrung fi* flü^t. Ungcborfam beS
3eugen jicfjt $aft na* fi*, bis er fiel) gefügig jeigt, bö*ften£ aber bis $u 6 ÜJto*
naten 1 ), auf einmal ober im ®anjen. (§. 145.) Allgemein wirb Ungeljorfam
gegen SJorlabung, neben ©rftattung§pfli*t ber Unfoften, mit 20—200 Stv. ©träfe
geafmbet, in 3urnfn*en btjS 400 Stx., nötigenfalls au* fofortige «orfi*rung
anaeorbnet. SCuf grofje Entfernung rairb bie nötige $ücffi*t genommen, $er
«poltjeianroalt fann ju unbeeibigt abjugebenben (Srflärungen unter Slnbrofjung
oon ©clbftrafc bis ju 4 Är. oorlaben.
Heber ben ri*tcrlt*en Augenf*em unb ©a*ocruanbige fyanbeln bie
§§. 148—165.; »eflimmungen, wie fie bie beutf*e ©t. ^roj.D. §§. 87—93.
giebt, finb befonberen ^nfrruftionen oor behalten (ÜJtotioe ©. 75). Sei förper*
lieber 23efi*tigung einer tfrauenSperfon bej. ©*roangerf*aft unb ©eburt treten
an ©teile ber £ebeammen nur bann 2lerjtc, wenn jene ni*t bic nötigen Kennt-
niffe fjaben, um bie betr. $rage au beantworten. (§. 152. a. ©.)
3. ÜDtöglicbft geringe ftreibeitSbef*ränfung bejraecfen, na* An-
leitung ber SBerfaffung, bie§Borf*riften über oorläuftgcgefrnabme („2lnbolbelfe")
unb 33erl)aftung, Jpaft, Unterfu*ungSf)aft („pngSUng") in ben §§. 169. bis
196. eoUuftonSfjaft , ) ift ermähnt (§. 183,3.), aber mögli*ft balb aufju*
beben. (§. 189.) ftreilaffung gegen Kaution fann m*t ftattfinben bei ju
befür*tenbcr Golhifion; eS foU oon $aft Abftanb genommen roerben, wenn
Kaution binrei*enb roirtfam erf*eint, um auf Befolgung oon sßorlabungcn u. bgl.
redpnen m bttrfen. ©ie raub beftcllt in baar ober in SBertbpapieren ober bur*
felbflf*ulbnerif*e $ürgf*aft jroeier anfäffiger Bürger. 2lu* eine oerfallene
Kaution fann ganj ober tbeilroeife roiebercrlangt roerben bur* ©tellung beS SBor«*
gelabencn innerhalb 14 Sagen ober SJtittbeilungen, roel*e jur ^erbaftung beS
Ungcborfamen ffibren. (§. 193.) ^erfonen unter 18 %a\)xtr\ fönnen geeigneten-
falls unter 3luffi*t juoerläffiger fieute, bcr Gltem ober 9tnbercr, etwa gegen
6i*erbeitSleiftung, gefteOt roerben, au* 93eroa*ung beS Slngeflagten $u §auS,
auf feine Soften, na* ©t*erbcitsftellung ^tefür unb Slngclöbntfj bewilligt
werben; ferner ©eftelluna, cor ^olijei gu bestimmter 3 C * 1 linD 2Jef*laglcgung
auf ^Ja§ ober anbere üegttimationÄurrunben oerorbnet roerben. (§. 190.)
S3ei Ianbgerid()tli*en, jur ^auptoerbanblung geroiefenen ©acben fann Gut*
roei*en beS 3lngeflagten auf Antrag be« 2lnfläger3 unb na* Anbörung bcö SBer*
tbeibtger« aur SJermögenÄbefdE/lagnabme fübren, bic aber le^troillige Sötllenä*
beftimmunaen ni*t audf*liefet unb bej. i^rer 9öirfung gegen gutgläubige
5Drittc na* ben cioilprojefiualif*en 9^orf*riften über Slrreft beurteilt roirb.
3n Abroefen^eit beS Slngeflagten fann geroöbnli* ^auptoer^anblung ni*t
flattftnben, roobur* aber ©*ritte gegen 2Ritangeflagte unb nötbige Seroetöauf«
nabmen ni*t gebinbert roerben. 3 n oor ben ^olijeimeifter geroiefenen
©a*en unb bei ÜJrioatanflagefacben fann fie ftattfinben, roenn nt*t ber 9li*ter
perfönli*c Slnrocfenbeit für nötbig era*tet. (§. 200.)
4. 2)a5 Scrljör beS Slngeflagten (§§. 201. ff.) fott i^m ©ctegenbeit
geben, fi* über bic gegen ü)n erbobenenen ©ef*ulbigungcn unb 5öciocifc au?5u^
') ®cgcn "biefe „dur<5c oxcc«sivo de six mois" tgl. Qftepcr in btt ßevue de Gand VI 383.
J ) ®egcn (SoÜufiDnSbaft: aJarglja, »erttjcitigunci 8. 3#>, öeinje, im ©criebtöfaat,
XXVn. »eilagefceft - «udj gegen §. 1*3,4. u. §.'l7f>,4. ter Ocfter. @L liroj. O. «viirtc
man ftcb ©argba (©. 372) erflären t&mien.
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90 2>« Cnöoürfe ber bänif&n ^uftiigef^c.
fpredjen, betreff enbenfallS auf einjelne fünfte gerid&tet werben, nicht ober auf
©efiänbnife abjielen, nod& ujn ju naajtt)eiligen &eu&erungen burdt) Verfpredfjungen,
Sügen u. bgl. oerleiten. Ueber bie Veantwortung ber einjelnen fragen barf
fidt) ber 2lngeflagte nid^t mit bem Vertbeibiger beraten. (§. 204.)
3wangSmittel finb oerboten unb wirb auf bie Solgen etwaigen Unge^or*
famS bingewiefen. (§. 205.) Slud) ber ^rioatantläger rann abgehört werben unb
gilt als bie ©ad&e fallen laffenb, wenn er obne @ntfd)ulbigung ausbleibt ober
tief) weigert, m antworten; fall« Verlwnblung ber ©adje überhaupt fner auläffig,
fann bei Verfolgung eines ©djabenSertafceS im »valle beS UngeborfamS beS 35er*
lebten ber Siebter bicS auf bie für ben Slngeflagten günftigfte SBcifc nuslea.cn
unb namentlich fid) an beffen 2luSfage galten. (§. 20(3.) Vefdjlagnabme Tür
Sofien unb ©drjabenSerfafc, fowie oorläuftgeS Sßerbot gegen «ereine unb Ver-
breitung oon Schriften regeln bie §§. 207—210.
3. Kiftnttt.
Vorerfjebungen, Vorunterfud&ung.
$ie §§. 211—226 ^anbeln oon ben Vorerfjebungen . ^adfjforfc^ungen,
Grmittelungen unb entfpred&en im ©an$en ben §§. 158—168. ber beutfc|en
©t. ißroj. 0.
©ericbtlidjje Vorunterfudjung finbet nid)t ftatt bei ©a$en, bie oor ben
^olijeianwalt gehören, unb bei ^refefaa)en, im Uebrigen nur auf Slntraa unb
falls eine beftimmte Herfen angeflagt wirb, ©er 2lntrag get)t aus oom ^lolijci*
anwalt auf eigenen Antrieb ober jufolge Vef$lufj beS Staatsanwalts ober oom
Staatsanwalt, wo er an ©teile beS ^oliaeianwaltS tritt (mit Billigung beS
SuftijminifterS). 9ßotf)wenbige ©dbritte gegen einen 93erbäc|tigen als Anfang
einer Vorunterfudtjung fönnen in orängenben fällen obne Antrag oorgenommen
werben unb wirb ber ^olijeianwalt befragt, ob er Vorunterfudlmng beantragt.
§. 229. erinnert an §. 178. b. beutföen 6t. ^roj. 0-, §. 230. an §. 188.
Vcjüglidj ber weiteren ©d&ritte liegt ein 2)?cl)r DeitS* unb 3Jfinber*
IjeitS* Antrag oor (§. 231.): 3ener geljt batjin:
„2Bo ber Antrag auf Vorunterfudmng angenommen tft, t)at ber 9Uct)tcr
oon AmtSwea,en obne weitere Anträge mit möglicher ©cbnellia,feit
alle jmetfmäfeigen ©dritte oorjunebmen unb alle gefefclicij juläfftgen
Drittel jur Grreicbung beS 3 roc dfS ber Vorunterfucfjung anjuwenben.
Sie Parteien finb berechtigt, einzelne UntcrfucbungStjanblungen $u
beantragen, worüber ber Stifter entf Reibet; bei Verweigerung burd&
„Äjenbelfe".
„Auel) aufjer ben AuSnalmtef allen, wo ber ©taatSanwalt oor bem
Unterfucf)ungSricf)ter Hagbar wirb, fann er Anträge an benfelben
fleUen."
SDer 9Winberl)eitSantrag fud&t baS aceufatorifa^e ^rin$ip ftrenger fefi*
jutjalten (3Rotioe ©. 41, 99 ff.) unb lautet:
„betreffs ber nott)wenbigen ©abritte befcpc&t ber Stifter. gewöhnlich
in $olge Antrags ber Parteien. $er ^oujeianwalt tjat beSljalb fein
Vegehren betreffs Vorunterfucbung mit ben nötbjgcn näheren An-
trägen bej. Vorlabung oon 3 eu 9 en u - bflt 8U freuen. Aud) aufeer
ben Ausnahmefällen, wo ber ©taatSanwalt oor bem Unterfud)ung$*
ria)ter f lagbar wirb, fann er Anträge an benfelben ftellen.
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Sie (Entwürfe fcer banifätn 3ufhagefe^e. 91
„Sd&ritte, reelle oon ben Parteien ntd&t in Eintrag gebraut fmb,
fönnen com 9iid^tcr oon 2lmt3roegen befajloffen roerben, roenn et fie
für ben 3roecf nötbig f)ält f namentlidf) im ^ntcreffe be£ 2lngeflagten.
„Srgtebt fid&, bafe bem Antrage feine golge gegeben roerben fann,
roirb bie3 bura) „Äjenbelfe" auSgefprocben."
£>ie Sßolijei fjat bie Auftrage beS 9Ua)ter8 auszuführen unb barüber ju
berieten. 2öirb ber Verhaftete oor ©erid&t oebra^t ober fteüt fto) ein 2lnge*
flagter freiwillig mit bem 2lnflägcr, fo ift fofort jur Verlmnblung ju breiten,
fonft ergeben Vorlabungen. (§. 233.) $ie Parteien haben Zutritt &u ben
Vorunterfud&ungSbftnblungen, ebenfo ber Staatsanwalt unb ber ©efangene,
falls er im betr. Vejirfe olme befonbere Vefdjroerbe an ben Ort gebraut roerben
fann. Ausnahmen finben ftatt:
1. roo ber Siebter gemäfe feiner StfeungSpoli;iei anberS oerorbnet;
2. roo 2lnroefenf)eit oeS 2lngeflagten bie freie SluSfage einer ^ierfon (nnbern
roürbe, fann er entfernt roerben, roie ebenfalls
3. roo er ber Unterfudnmq roabrfdfoeinltcb entgegenroirfen roürbe.
^ebenfalls mujj ber 2tngcflagte fpäter, roenigftenS bei 2Ibfdf)lu& ber Worunter*
fu^üng mit bem ^rotofoll befannt gemadfjt roerben. äöerben 33eroeife aufgenommen,
bie fpater oerlefen roerben foUen, foll er geroöfmlid) jugejogen roerben. (§. 234.)
555 ie Sßrotofolle fönnen oon allen |^ ntereff tr ten eingefefjen
roerben, aufeer roo bie ©rünbe beS §. 183,3. bagegen fpred&en, in roeld^em $aüe
bei Slbfqlufe ber Vorunterfuebung eine 3>urd^fid^t ju geftatten ift. $>ie Vergöre
unb Vernehmungen erfolgen buraj ben Sftidjter, bem bie Parteien im Slllgemeinen
roenigftenS bie fünfte flu bejeiebnen höben, über bie einzelne ju berufenbe 98er*
fönen abgehört roerben fotten: eigene Befragung burch bie «Parteien fann
lugelaffen roerben. (§. 238.)
j)ie Vorunterfudntng bort auf, roo ber Staafc8nnroa.lt bteS begehrt, roeil
bie Sache oor baS erfennenbe ©ertcht gebracht roirb, roobei Slbfdjrtft ber 2ln*
flagefebrift mit 9iotij ber eingäbe uorjulegen ift, ober roo bie Verfolgung fort«»
fällt burch fchriftlicbe ober münblicbe ©rftärung. SDer ftaatSanroaltlicbe Vefchiufc
binbet bie oorgefefcte Veljörbe nicht, bie innerhalb 2 SJtonaten (abgefeben oon
Sßieberaufnabme) Fortführung oerlangen fann. (§§. 240. 241.)
SDer §. 243. erinnert an §. 195. ber beulen 6t. sproj. D. $er Staats*
anroalt ^at nach 2tttttheilung beS 2lbfd)luffeS ber Vorunterfudhuna, binnen
14 Xagen Stntlagefchrift beim erfennenben ©eriä)t einzureichen, fonft gilt er al«
auf Verfolgung oerjtd&tcnb. (§. 245.)
4. Sl&fdjmtt
1. 2lnflageerhebung unb 3roifchenoerfal)rcn.
$)er Staatsanwalt bringt bie Sache oor baS Sanbgerid&t mit einer fd&rift*
lieben 2lnf läge, bie namentlich feine Steuerungen über bieVeroeife gegen ben
Slngeflagten, noch über bie Rechtsfrage enthalten foll. SDem Vorfifeenben
rtnb ein Veraeidmifj ber VeroeiSmittel (in 2lbfäjrift für ben Hngeflagten), bie ber
Staatsanwalt oerroenben roill, mit Vermerf, roaS fie erroeifen Tollen, unb bejüg*
liehe Stnträge einzureichen.
S)er §. 251, 1 — G. jäblt bie ©rünbe auf, bie, roenn eoent. nid^t binnen einer
$rifi gehoben, ben SSorfi^enben oeranlaffen, mit 2 giid&tem über fofortige 2tb*
roeifung ju entf Reiben; fonft erfolgt SWitt^eilung ber Hbfd^rift ber 3lnflage unb
ht& ©eroeüSücrjeiajniffesJ an ben 2lngcflagtcn mit geräumiger $riftanfebung jur
©rflärung über 2öal)l eines VertbeibigerS unb fonfttge Anträge (auf Worunter*
fua;ung ober beren Veroollftänbigung, 2lbroeifung, ©efc^roorenenjuäiebung, beab*
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92 2>«e enteürfc ber b&nifäen SufKjgtfcfce.
ftd)tigte ^Beweisführung). Sei oerfmfteten 2lngeflagten werben bie Anträge oom
Unterfud&ungSrid&ter au Sßrotofoll genommen, nad)bem fie über ifjre IRcd^tc belehrt
finb. (§• 254.)
®a$ ©eridfjt entfd&eibet fobann in nid&t öffentlicher Si&ung, ber bie
^ntereffenten anwofjnen fönnen, unb ju ber ber 2terbaftete 311 Sßrotofoll 2ln*
trage fieüen tonn, über 9totf)wenbigfeÜ einer Söoruntcrfucfyung, SBeroollftänbigung
berjielben, um jeben Sßerbadjt $u entfernen, fowie Slbweifung oon AmtSwegen,
ferner über Antrag ber SBerweifuna oor ©efd&worene gegen bie allgemeinen
SJorfdjriften ober wo bie« jwifd&en oen Parteien beftritten ober gegen Antrag
beS 2lnfläger£ entheben werben fofl, enblid^ über anbere Schritte im Sfntcreffe
ber SeweiSfüljrung, ausgenommen 3eugen* unb Sa^oerftänbigeneinberufung unb
brängenbe ÜHafereqcln. (§§. 256. 257.)
Söirb bie ©a<J)e jur SBorunterfud&ung oerwiefen, fo ift eoent. bie 2ln*
flagefdfjrift gu ergänzen (§. 258.); SBerweifung jur §auptoerlmnblung fann
ganj ober tljetlwciie oerweigert werben. (§. 259.) ftür bie $rage ber (Sinbe*
rufung oon ijeugen ßtebt §• 260- ©end)tSpunftc an bie $anb, unb fann biefelbe
oon 6id&erf)ettgbcftellung für bie Unfoftcn abhängig gemalt werben. $ie *8er*
weifung ber 6adjc jur £auptoerf)anblung wirb auf bcr Anflagcfd&rift oermerft,
unb treten bamit beftimmte folgen bes SlnflagcjuftanbeS ein. (§.261.) 2>ie
Anberaumung be£ Dermins gefd)tef)t mit möglicher Ötütffidjt auf ben Angeflagjen.
Söenn bei ber £auptoerf)anblung fid) 2Jtoterial für eine neue Anflöge ergiebt,
fann baffelbe mit ocrtjanbelt werben, wenn bcr Angesagte unb bcr befieUte 93er*
t&cibiger barein willigen ober bie betr. Ztyat in bcr ©ifcung gefdjcljen, unb bas
©erid)t fonft fein ^inbernife oorlicgenb eradjtct. (§. 266.)
SBeränberungcn in bcr Anflaae, welche nid)t in einem wcfentUdjen ©rabe
bie SSertbcibigung oeränbern ober crfdfnoeren, finb juläffig oor Fällung bcS Urteil
ober Stellung bcr fragen an bie $uri;. Anbcre Aenberungen bej. beS redf)tUd[jen
ßljaraftcrS ober befonberer Umftcmbe ber $fmt finb juläfftg nur
1. wenn fie oor ber Skrweiiung $ur £aur>tüerf)anblung erfolgen ober
wenigftenS biefe babura) ntdjt oerjögert wirb,
2. ober wo neue 33eroeife ober ftafta gegen ben Angesagten ju £age ge=
fommen, meldte Anlafe jur SBieberaufnalmtc bieten würben, wenn Die
6ad>e fallen gclaffen würbe. (§. 267.) öicr fann ber Angeflagtc auf
AuSfeJsung oerjtd&tcn (§. 268.), unb fann bei SBermutlmng, bafe foldje neue
Söcwcife erbracht werben fönnen, auf Antrag be£ SHnflägcrö bie 6adt>e jur
$8oruntcrfud)ung aewiefen werben (§. 269), wie aua), wo bieS ju
©unften bcö Angesagten ausfiele. (§. 271. cfr. 3)iotioc 6. 115.)
üöegcn cor bcr £>auptocrImnbliutg befanut werbenber neuer Seweife ober
ftafta fann nodj) nadjträglidf) $ortgana, bcr 6ad)e oerweigert werben (§. 270.,
SDfotioc 6. 1 18.) 3ür beugen, bie nad) (Stnrcidjung ber JJcugenliftc geforbert werben,
giebt SBerljaltungSmaftrcgeln §. 273., für AuSfefeung oer 5Bcrf)anblung §. 274.
2. Allgemeine SBcftimmungeu über bie ^auptoerl;anblung oor
#anbgcrid)t.
2)ie §§. 277. ff. treffen Seftimmungen über bie ^erfonen, weld()e bei bcr
Öauptoer^anblung zugegen fein müffen, über GrfoferidUcr, ®eria)tSfa^rciber, s Jted^tö*
anwalt unb ^ert^eibiger. 3« 2lbroefcnl)cit bcö lutgett fann bie Sacfye nur auS^
naljmjSweife oerl;anbclt werben, bei (irfranfung bcffelbcn nur, wenn ^eifpred^ung
sweifcllo* ift; oorbcljaltcn ift jettwetfc Entfernung beffclben auä bem 6i^ung§-
faale (§§. 282. ff.) 2)ie <pauptoer^anblung ift münblia); fa^riftlicije 2luf3eidhnungcn
finben ftatt; für SluSfagcn ift freier Vortrag oorgefcljricbcn, aufjer ba3 ©efe^
geftatte ^öorlefung. (§. 287.) 2)cr 3Jorft^enbc erteilt ba3 3Sort unb entjicljt
c^; betreffs ©djluB ber S3cweiSaufnal)mcn im ©anjen ober in cinjclnen fünften
ober Sieberauinaljmc wirb bcfc^loffen. (§. 288.) Kommt Slbwcifung ober 2(n*
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2>ie entwürfe fctr Wniftfen ^ufrijgefe^e. 93
flageberecbtigung in $ragc, fo fönnen bicfe fünfte befonberS jur fttage »erftellt
werben. (§. 290.) 3)aS ^er^ör beS 2Ingefl. gefd&iebt burdj öen ^orfifcenben,
bodj fönnen Üticbter, ©efdnoorene, 2lnf läger unb $ertbeibiger fragen an ibn
beantragen, bie erfteren, naa)bem fie bog äöort baju erhalten, btreft fold>e an
ibn ober bie B cu 9 cn oocr ©adwerftänbtge ftellen. $ie Setoetöerbebung tft ju*
näcbft 6ad>e ber ^arteten; niebt gelabcnc 3 eu 9 en fönnen, abgefeben oon §. 273.,
oerbört werben, bod) olnic ^intprud) auf [iaatlic&e ©ntfd&äbigung fettend ber fie
oorfübrenbeu gartet, wonad) bie ©egenpartei fie befragen fann. 60U auf 99c*
gebren einer Partei Berufung oon ^ofumenten unb 2lftenftücfen erfolgen, fo
entfdjcibet ber 33orft^cnbe, ob fie burdj bie Partei ober ben ©ericbtSfcbreiber gc*
febeben foll. (§. 21)3.) Unjuläffigc JragftcUungen werben gebtnbert unb tritt ber
iBoriifcenbe ein, wo e8 bie ferforfa^ung ber ^äa^r^eit obe*ba$ 3 n tereffe beS niebt
oertbeibigten Slngefl. erbeifa)t (§. 294.) söom ©ertebt ober 00m Sorft&cnben gc*
labene Beugen unb eadwerfianbige werben 00m SJorfi&enben oerbört, wenn er
bieg niebt ben Parteien überlaffen will. 3n jenem ftalle fönnen befonbere fragen
beantragt unb mit feiner ©enebmigung geftellt werben. 3 c ugen unb Sacboer*
ftänbige bürfen bem Slngefl. ober fonftigen ^erfonen fragen nid)t ftellen, aber
fie bürfen beantragen, bafe fie felbft ober anbere Beugen ober bec SlngefL über
angegebene fünfte befragt werben, um itjrc 2luS!"age ju ergänzen ober 3U beridjtigen,
ober über fünfte, bie rür ibre 2lu$fage oon äüicbtigfeit finb. (§. 297.) $)ofu*
mente, welche bei ber Xtyat in ibcfcblag genommen ober bcroorgcbraa)t ober jur
2lu3fübrung gebraust ober beftimmt gewefen fein follen ober wclcbe unmittel-
bare Slufflärung über bie Xtyat ober baS ^erbältnifj beS Slngefl. $u ibm geben,
finb ju oerlefen, wo bie Seweiäfübrung bieS erforbert.
6cbriftftücfc unb Sitten, welcbe (Irflärungen ober 3cugniffe entballen, finb
gewöl;nlicb niebt als SBeweüSmittel ju oerwenben, ausgenommen:
1. ^rotofotle über §au£fucbung, $Jcfd)lagnabme, 93cficbtigungen, ©utaebten,
aufgenommen aufeerljalb ber .^auotocrlmnblung;
2. bem ©eriebte eingereihte ©utaebten unb 2lugenf dbeinäprotof olle ;
3. (Srflärungcn be$21ngefl. in ^ßrotofollen, wenn er fieb weigert, ju ant*
worten ober feine jefcige (Srflärung oon ber früberen abweist;
4. irtlärungen ber Beugen, ©acboerftänbtgen, falls biefe oerftorben ober fonft
niebt oon Beuern oernommen werben tonnen ober oon früberen abweiden
ober fie fieb weigern, auSjufagen, naebbem3wang8mittelfrucbtlo$ gewefen;
5. (Srflärungcn unb Bcugniffe in amtltcber (Sigenfdmft, barunter 2lu3$ügc
über frühere Sefhafung beä Slngeflagten.
2öa£ bei Siorerbebungcn protofoüirt worben, fann als beweis benufct
werben, wenn ber Sluffcgub bü& jur 2lnbängigmacbung ber Sadje gegen ben 2ln=
geflagten ben ^erluft oon Scmctemitteln b^beigefübrt bätte ober ber Slngctl.
in beren Söenufcung eingewilligt bat ober einwilligt. (§. 298.) SSerlefung früberer
(abweiebenber) 5lu£fagen gefcbieljt, naebbem bem «ctreffenben ju oouftänbiger
s Jluäeinanberfc&ung ©elegcnbeit gegeben ift. S)er ©runb ber SBcrlefung foll com
sßorfifeenben erflärt unb orotofollirt werben, wie aud; h\i oermerfen ift, ob eine
Beugen* ober eacboerftäubigenauSiagc beeibet würbe ober nidjt unb ledere« wejj*
balb. (§. 299.)
®ie Parteien fönnen angemelbetc 53cwcijSmittel mit Einwilligung ber ©cgen^
partei faüen laffen, waö ba« ©criebt ntd;t binbet. (§. 301.)
Ueber bie 2lu£fagen fönnen fieb biefclbcn äufeern, unb bat ber Hngeflagte
flet« baö le^tc Bort.
3)ie ^»auptoerbanblung fcbliefet mit bem auf 3lbtoeifung, gttityrcd&ung
ober üerurtljeilung lautenben (Srtenntniffe gemäb freier iÖcroci$tl)corte. 3)ie 6aa)e
gilt gerieb tstjangig, folange bb3 ber SJoUjug ftattftnben fann ober bie 2lften wegen
eine« 9tecbt!5mittel<8 an ben bödjften ©criebt^bof gefenbet finb. $a§ ©rfenntniö
wirb 00m SSorfi^enben aufgezeichnet ober in feinem «luftrage oon einem anbern
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94 $«< fcnttoütfe ber bSnifdjen gufhjgefctje.
Richter, ofme ber Stimmenabgabe ju ermähnen, fobann oom Vorfifeenben unb
©erichtsf ctjreiber unterzeichnet unb Detlefen bej. bem abmefenben Verurteilten
mitgeteilt. Huf Segelten wirb 2ibfchrift erteilt, rote folche« auch ber ©taatSan*
waltfchaft jugefteHt wirb. (§. 305.)
2)aS @erid)t fann nur oerurthetlen roegen beS ober ber Verbrechen, bte
bte Slnflage betrifft, roaS namentlich bej. ber näheren Umftänbe ber #anblung
unb bc« rechtlichen G^araftcr« ber £hat gilt, roie biefelben bte 2lnflage enthält.
2lu8naf)men finben flatt:
1. wenn ba« in Vejug genommene ©efefc ober bem 2tngefl. rechtjeitig mit-
geteilte Säftenpttcfe ermeifen, bafj ber Inhalt ber Auflage nic§t bie
wirf lief) e Meinung bcS 2lnf läger« enthält ;
2. roo bie bemǤlngcflagten jugeftanbene Vertheibigung trofc Slbweidjung
oon ber Stnflage al« genügenb gelten mufe, fobai oon ber Vejeichnung
be« rechtlichen GljarafterS ber Zfyat in ber Slnflagefchrift abgewichen
werben fann;
3. roo bte Slnflage roeilcr geht, al« ba« Urtel;
4. roo folche Verwanbtfchaft jroifchen ben Verbrechen, auf roelche 2lnflage
unb Urtel lauten, beftcht, bafj Verfchtebenheit an unb für fid) feine
Veränberung in ber VertheibtgungSweife her beifügten fann unb fonft
nichts oorliegt, was nach bem angegebenen ©eftchtspunfte Abweichung
au3fchlie|t. (§. 309.)
3. Vefonbere VefHmmung über £auptoerf)anblung cor ©efdjroorenen.
$n ^urofachen roirfen nach §• 311. jroölf ©efchroorene mit, eoent. noch
ein ober jroei (SrgämungSgefchroorene, unb muffen minbeftenS 24 (bej. 26, 28)
jugegen fein, roobet fooiele oerroorfen werben föunen, als bie S)ifferenj jroifchen
12 unb ber 2lnjal)l ber anwefenben beträgt (§. 316.). l ) 2)er Vorfifecnbc nimmt
bte 12 bte ©efchroornenbanf bilbenben ©efchroorenen in Gib mit ben Söorten:
,,©ie follen geloben unb fchrooren bei ©ott bem Mmächttgen, 2lUroiffenben
unb ©ereefiten, in ©aehen aegen . . . getreulich unb ernfUich bie Siebten
eine« ©efchroorenen ju erfüllen, nicht mit einem Snchtgefdjroorenen oor mu
feheibung ber ©ad;e fich ju befpredjen, nach beftem Vermögen forgfältig bte
Veroeife gegen roie für ben 2lngeflagten ju prüfen, ohne fich our( i Stecht,
9Jtifegunft ober ^reunbfehaft leiten ju laffen, olme 9iücfft<ht auf ©unft ober
©efchenfe, SDcaeht ober 2lnfchen 3hre ©timme allein nach geroiffenhafter
lleberjeugung abzugeben";
roorauf fie bte $anb erhebenb fchrooren:
„ich gelobe unb fdjroöre eS, fo roahr mir ©ott helfe unb fein heiliges SBort"
ober fonft gefefclich juläffiae Verficherung abgeben. (§. 322.)
©obann roirb ber »tageflagte über tarnen u. bergl. befragt, rooran fich
Verlefung ber Slnflagefchrift unb Verhör beS 2Ingeflagten f cijltc üt . fiegt er ein
oolIftänbigeS, unbebingteS ©cftänbnifj ab, fann ber Vorftfcenbe, falls nicht Wichter
ober ©efchroorene fich baaegen erflären, VeroeiSaufnahme fallen laffen (§. 324.).
©onft werben bie Veroeife oom 2lnflägcr, oom 2lngeflagten unb feiten« be« ©e*
rieht« oorgefüfjrt, worüber jebe«mal ber 2lngcflagte ftd) äußern fann (§. 325.).
s Jtach ©djutf} ber VeroeiSaufnahme nimmt ber Slnflägcr, bann ber Verthetbtger
unb Slngeflagter baS SBort, um fich «ber ba« 9tefultat unb bie Rechtsfrage
ju äufjern. £>er 2lnfläger bat bem $3orfi&enben einen fchriftlichen Entwurf ber
fragen oorjulegen, bie ber ^urn gefteUt werben follen; berfelbe wirb ber ©egen»
partet $u ihrer fpäteren Grflärung mitgetheilt. (§. 327.)
4wnt)bu(l) II. 120. 9lotc 11.
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3Me (Sntwörfe ber MnifAen 3«ftÜgef«öe. 95
9tacf>bem bie Berf>anblung awifchen bcn ^arteten gcfd^loffen, fefet baS ©e=
riebt (oorläufig) bie ber 3uru ju fteHenben fragen feft; btefelben werben aber
erft Detlefen nach ©dilufj beä 9t6fmn63 be8 Borftfeenben unb fönnen juoor einer
erneuten Prüfung oom ©ertcht unterjogen werben, $n Böllen, wo bie Stag*
fteUung bcfonberS fchmicrig erfcheint, ift Befchlufi (Kjenbelfe) bariiber ju faffen 1 ).
9iad) fteftfefeung ber fragen ergreift ber SBorfi^enbe ba£ 3öort. @r fiteilt
bie ^auptpunfte ber Berhanblung jufammen unb entwicfelt bie in Betracht fontinen*
ben ÜiechtSfäfee. Sludtj foll er, wo bie Beweisführung baju Slnlafj giebt,
bie Slufmerffamfeit ber 3nro auf folcfjc fünfte lenfen, bie und) Erfahrung bei
Prüfung be« ©ewichtS ber SÖerocifc in Betracht fommen, bodfj ^iebei auSbrücflich
bemerfen, bafj bie 3uro felbftänbig unb auf eigene Beantwortung
ju entfehetben ^at, ob bie fünfte, welche er bejeichnet fyat, im oorliegenben
AflUc von SBichtigteit ftnb unb tu e l dj c j5 ®e wicht jum Schaben ober Bortheil
be3 Sngeflagten ben betreffenben Beweifen beizulegen ift. Diefer Vortrag
barf nicht unterbrochen werben. (§. 328.)*)
S)ie ©efchworenen werben in ber ftragefteHung befragt, ob ber Slngeflagte
bc£ (ber) Berbrea)en fchulbia. ift, wegen bellen (beren) bie Slnflage in gefefclidier
/)-otm erhoben ift. Wcwöljiilid) foll ber Inhalt ber fragen nicht weiter erjtrccft,
noch enger begrenzt werben, als fich au£ ber Slngabe ber Slnflage ergiebt, in
faftifäet wie restlicher Beziehung, aufeer
1 . eS liegen Umjiänbe oor, welche ein oon ber Slnflage abweichenbe* Urtel
begrünben,
2. ober wo zufolge ber Beweiserhebung notbwenbigerwetfe mehr 3)ierfmale
Zur Bezeichnung ber angetdnilbigten Xhat, als in ber Slnflage gefchehen,
aufgenommen werben muffen. (§. 329).
3Me ©efchworenen höben zu entfd>eiben, ob allgemeine ober befonbere
StrafauSfchliefeungSgrünbe oorhanben ftno ober gefefelidtje ©trafmilberungS* ober
(SchärfungSgrünbe (wenn bie Slnflage foldje erwähnt), niebt bagegen (abgefehen
oon Slnflagebercchtigung) 1. über Verjährung, 2. über bte gragen ber §§. 7.
unb 58. etrafgefeö, 3. Stüdfaü*. 2Bo bei 3Rr. 1. unb 3. ber 3eitpunft ber
unter Slnflage geseilten Xhat in Betracht fomrat, entf Reiben fte bie betr.
Srage. (§. 330.)
6ie haben nid>t ju entfeheiben über Borhanbenfein oon Umftänben,
bie bei ©trafbemeffung innerhalb beS gefefelid>en (Strafrahmen« in Betracht
fommen, auch nicht in ftäUen, wo baS ©efefe wegen erfchwerenber ober mit*
bember Umftänbe, jeboch ohne nähere Bezeichnung berfelben ober lebiglid)
unter Slngabe einzelner Beifpiele bie ©renje für bie ©trafauSmeffung erwettert
hat. (§.331.)
SHe Hauptfrage gebt auf: 3fi bet Slnaeflagte fchulbig? unb ift mit be«
jahenber Slntwort entfebieoen, bafj 6trafau£jchlte§ungSgrünbe nicht oorliegcn,
aufeer es h a0 * Da ^ ©cricht btoüber nach §. 330. $u beftimmen.
3ur Bezeichnung beS Berbredt)enS wirb bie im ©efefee gewählte Bereich-
nung gebraucht ober fonft oerwiefen auf bie betr. Bejhmmungen, wobei bie
im ©efefee enthaltene nähere Betreibung in bie grage aufnehmen ift. (§. 332.)
>) Die au8Wr«ngeii ber SRotiM in biejer Siebte, wie tbenfo bie über 8tnflageerb,ebnnä
nnb -»enberung unb bie WedjtömitteUebre, fteflen bte (»lanj^untte tiefet gtofeen öortreff tieften
«rbeit bor.
*) 9tatüilid) bin id) febr erfreut über bie neuefte Sebanblung ber bitr üteitig getcorbeneit
fünfte burd) ßerrn ^rof. @tbütje (im «rd)h» XXVII. 157— 186) unb fcerrn $rof. löieper in
^otßenborff'8 $anbbud) II. 190., öerroeife übrigen« oud) auf bie @<6rift be« ßerrn tyrof. ©ooS
Z. 13 ff. unb für ba8 uraflrittene englifeb-ameritanifebe Wecfct auf bte gelegene «rbeit wn
Proffatt, Trial by Jury, San Franciaco 1877, p. 373—469.
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96 2>ie Cntoürfc ber bfinifc^en 3uf*i3fltf*1}<-
©inb bei ber ^Beweisführung Seweife ju £age getreten für Umftänbe,
bic bie ©traf batfeit auSfdjliejjen, ober benen na$ rDictnung bc£ ©crid)t£ biefe
$Birfung oieÜeid)t beigelegt werben tann, fo ift barüber eine befonbere f^rage
als 3ufafefrage julä[fig f wie eine folc^e befonbere grage ftctS bei ftrafmilbernben
Itmftänben ju ftellen ift auf 2lntrag beS 2lngeflagten ober feinet fettleibiger«,
welcher Antrag nur mrütfgewiefen werben fann, too baS ©ertdjt erachtet, baft
btefe Umftänbe gefefolidj feine ©trafmtlbcrung begrünben ober aud) oon %mt&*
wegen nad) Anleitung beS ScmeiSergcbniffeS. (§. 334.) SetreffS ©traffc&ärfung
ift ebenfalls befonbere 3ufafcfrage ju [teilen unb jwar ftetS, 100 ber 2lnf läger
bies forbert (§. 335.); überall ift Ijterbci bic faftiföe ©runblage mitauf$u*
nehmen. (§. 336.)
2luS ben nun folgenben SBefttmmungcn mag Ijeroorgcljobcn werben, bafc
jebc nad)tl)eiUge Beantwortung einer §aupt* ober 3ufa&trage ftetS unb überall
minbeftenS 8 ©timmen forbert. Ueberjeugen fid& bie ®efa)morenen oon ber
9!otl;wenbigfeit weiterer $rageftellung, fo ift bie SJerljanbtung aufzunehmen.
(Sradjtet baS ®ertd)t, bafe ber ^nfjalt eine« für ben Stngcflagten ungün*
fügen ©pru$S erweift, bafe er auf 9tcdjtSirrtf)um beruht , fo fpri^t eS frei;
crad)tet eS, bafj bic ferljanblungen nad) (£rfat)rungSgrunbfät}en feine binreidjenbe
faftifdjc ©runblage ju einem ungünftigen ©prud) ju Sage brauten, fo fann eS
bie ©ad&e ju neuer £auptoerljanblung uermeifen, in welker ber DberftaatS*
anwalt bis 3um ^urnfyrud) bic ©aa)c fallen laffen fann — worauf $reifprcdjung
erfolgt. (§. 350.) fitebei entf Reibet ©timmenmet)rf)eit. Äommt baS ©cridjt bei
ber neuen £auptoert)anblung einftimmig }u bcmfelbcn s Jtefultat, wie baS erfie
©eridjt, fo erfolgt ftreifprednmg. ©onft ift baS Urtcl auf ben bem Slngcf tagten
günftigften Suryfprud) $u begrünben. (§. 351.)
3üo ©cfd)worcne nid)t mitwirfen, foll, wie in Defterreid) §. 22., bie
ftrage nad) ber ©djulb als juerft ju beantwortenbe oon ber ©traf frage ge*
trennt werben. (§. 357.)
5. fdföiittt.
lieber baS f erfahren oor Untergertd)t.
$ür bie Sßcr^anblung oor Untergcridjt gelten mutatio rautandis analoge
Scftimmungcn. (§§. 359. ff.) $n ©aa)en, bie oom ^olijcianmalt »erfolgt werben,
fütjrt SluSbleiben beS 2lnflägerS nid)t notljwcnbig aur StuSfefcung ber $auptoer*
tjanblung. fttnbct ber iHidjter ®runb, bie ©adje Ju oerljanbeln, fo werben bie
auf Segehr beS 2lnflägerS oorgclabcnen Beugen oernommen. 3f* ber 3lngeflagte
ausgeblieben unb wirb feine Sinwefcnbcit nidjt für nötfjig cradjtct, fo gilt ber*
felbe beS SDeltftS geftänbig. 2)er 9tid)ter fann aber 23cweiS aufnehmen, wenn
er bieS crforberlid; l)ält. 2öill ber 2lngeflagte fid) auf bic gegen itm erhobenen
Sefäutbigungen nicf>t äujjern, fo fann ber SHidjter biefe al« erwiefen anfeljen,
wo bic Umftänbe nid)t bagegen fpreeben. Slnerbictet ber 3lngcflagte in einer
oiclleidjt auf ^rfennung einer 23ufje auSlaufenben ©ad^e, um ber erurtbeilung
^u entgegen, 3°^ un 9 emet üom 9üt^tcr paffenb cra^teten, fo fann ber $id>ter,
taHS er an ber ©$ulb beffelbcn $u jwctfeln feinen ©runb fjat, eine foldje ent^
gcgcnnc^mcn in oon if)m beftimmten ©ctragc, wobei er unter ben gefe&Udjen
betrag iKvabudKit tann, fall« ber anwefenbc ^nfläger einwilligt. ©oU ein h iub
unter 15 ^abren oerurtbcilt werben, feine (Sltern ober Söertreter erflären fic^
aber bereit, ibm eine förperlitfce ,güa)tigung }U §auS ju erteilen, fo fann ber
Stifter, wenn bic Umftänbe bafür Tpredjen, o^nc Urtel bie ©ac^e bamit erlebigen,
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Sie entwürfe ber bfiniföen Sumwcfctje. 97
ba& bie 3üchtigung in ©egenwart eine« ^oltjcibcamtcn gefdjehen foU. Slud) ^icr
ift (Sinmilligung ber ©egenpartei crforbcrlid^. Sei geringeren leiteten fann er
cS bei Verwarnung bewenben laffen. 3" beiben Jällcn finbet Bennert im
^rotofoU ftatt nebft SBcgrünbung.
6. Slbfänitt.
SSon ben ftechtSmitteln.
3>cr (Entwurf Reibet f)ier 9teoifion, reelle bie Diichtanrocnbung oon
SlcchtSoorfcbrirten rilgt — bei ollen lanbgeric^tlid^en Urteilen juläffig — unb
SHcwfion gegen untergertchtliche Urteile, wo neben jenem ©efichtSpunft ber einer
gan3 neuen SBcrbanblung oor leerer Snfiana jur ©cltung fommt. ©egen
„fljcnbelfer" unb „$eflutmngcr" bc£ Unterfudwngj&richtera unb beS urtljcilcnDen
©ertd)t8 rietet fid> bie $ef erwerbe.
fyur bie Steoifion lanbgcrichtltcber, [ei c3 mit ober ohne ©efdjworencn'
jujichung ergangener llrttjeilc, fowie ber S3cfd^lüffc beö §. 35U. feitenä bca ©e*
ri^tö()ofe35 fmb al« ©rünbe angegeben:
L $ro*effualtfd)e, unb jwar oorerft 9, benen fidj aU lOter
anfäUeöt (§. 374):
„wo in anberen al£ ben ermähnten ftäUcn pro.wiuale ^orfchriften
»erlebt mürben unb e£ zweifelhaft ift, ob beren Beachtung nidu 511 einem
anbern 9tefultate geführt hätte."
^n 3urnfad)en werben baneben 8 befonbere erwähnt unb groat unter 9lr.4.:
„wo bie 33orfct>rtftcn über bie ftragefteUung unbeachtet geblieben ober
auf ©runb oon WecbtSirrthum ober in offenbarer SBerfennung ber in
ber Sßerbanblung Uegenben Momente eine crforberlidje gragefteüung
unterblieb, fall« nicht ber 2tu3faU beö SuryfprwbcS bemetft, bafc ba3
2krfcl)cn ol;ne ©influB blieb."
II. materieürcdftlidje: 5 ©rünbe. (§. 377.)
Steuiftan im ^ntereffe be3 2lnflager$ fann nidjt ftattftnben wegen 33er*
Icking oon projeffualtfchen Söorf djriften, bie im Untere jfe be3 ^naef tagten gege-
ben finb unb umgetehrt. SDer Staatsanwalt fann nur im Sntcrejfe ber Sfaflage
iKeoifion einlegen. (§. 372.) £5ic SBeurtbcÜung beä früheren ©eridjtö, welche
§afta al& erwiefen ober nia)t bewiefen feien, fann nicht oom ^öcr)ftcn ©eridjt
annuttirt werben, aud) nicht ber ^urnfpruch, au&er im ftaHe bc3 §. 377, 3. 2)ie
(yrij* 3ur ßtnlcgung beträgt 3 Xage, $uv weiteren SBegrünbung 1 2öod)e. Stnb
bei Snmclbung unb SÖegrünbung bie Triften unb formen nicht beobachtet
ober ift ber Sefchmerbeführer jur SReoifion unberechtigt ober finb nur gcfe&Uch
nia^t genügenbe ©rünbe angegeben, fo oer weigert ba$ £anbgeria)t gortgang ber
©acbe. §ätte baö 2anbgcrid)t fof ort abweifen foHen, fo fann bie* 00m fjöc^ften
©ertdjt gesehen. Dtimmt e$ bie 6ad)c an, fo beftcllt cS naa) Uinftänben bem
Bngcflagtcn einen SBertheibiger. 2lnwefcni)cit in ber <5i&ung ifl bem nicht »er»
hafteten 2lngcf tagten geftaitet; fonft foU bcrfelbe nur au$ befonberen ©rünben
feinem eintrage gemäß juge^ogen werben. SEBcift baS hb<hfte (Bericht bie 6ache
in bie I. Snftanj jurütf, fo ift biefe an bie 9tea)t3anfid)t beä r)öd>ftcn ©ericht«
gebunben. 2)aS Urtcl fann oon Beuern angegriffen werben. (§. 396.) $>a$
ijöchfte ©ericht erfennt in ber Siegel nur, foweit 2lenberung beantragt ift, hat
aber jum Sßortheil bcö Stngeflaatcn in Betracht ju jiel;cn
L bei 5yerurthcilung 5U xobeSftrafe alle auS ben oorliegenbcn 33ewetfen
ftch ergebenben ©rünbe, bie 00m 2lngeflagten ober für ifjn gcltcnb ge>
macht werben fönnten,
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98 2>" «nttoilrfc tot bänifc^en Suftiaflefcfce.
2. in anbeten gälten fold&e ©rünbe, bie bewirten, bafj ein neues gunfügereS
Urtel oom ©ertdjt ofme Vermeifung $u fällen ifi.
2lud) 9J?ttangeflagte, bte baS Rechtsmittel nicht einlegten, tonnen, wenn
nötfug, berüeffichtigt werben.
$ic SReoifion gegen untergerichtliche (Srfenntniffe geht an baS Sanbgcricht
beS betr. ßreifeS unb hängt, ihrer ^uläffigfctt nadf), ab oon ber §öbe unb 2lrt
ber ©träfe mit Untertreibung jwifchen bem 2tnfläger unb bem 2lngeflagten.
2Bo ein allgemeineres ^[ntereffe ober loeitreiajenbe folgen für ben 2lngeflagtcn in
$rage ftehen, f ann fie bem illigt werben. (§. 3if7.) Sie ifl nicht eingefchränft
auf ©rünbe ber Verlegung gef etlicher Vorf Triften, fonbern erftreeft fia) auch
auf bie VewciSfrage, fall« baS ©egentheil nicht oon beiben Parteien erflärt
wirb, $n ber £auptoerhanbtung foll eine neue VewetSaufnahme fiatt*
finben. (§. 404.) eine für ben Singet tagten günftigere 6ntfa)eibung tarnt ergeben,
felbft wenn nur ber Snfläger baS Rechtsmittel eingelegt Ijat. 2öo nur ber &n<
geflagte bieS that, fann feine reformatio in pejus erfolgen. (§. 400.) Sludj ^ier
fann baS (höchfle) ©ericht nochmalige Verlrnnblung, bie fonjt unjuläffig, auS-
nahmSmeife geftatten. (§. 406.)
Radjbem in ben §§. 407—419 bie Vefdjmerbe belwnbelt ifi, behanbelt
baS nächfte Äapitel bie SBieberaufnahme eines StrafoerfahrenS.
£at ber Staats* ober ^olijeianwalt eine Sache, in ber noch nicht eine
befHmmte ^erfon oerfolgt mürbe, jurücfgelegt, fo tann, abgefehen oon Verjährung,
ju jeber 3^ SBieberaufna^me ftattfinben. 2Bar eine befummle tßerfon oerfolat,
aber roegen mangelnben SlnflagerechtS bie Verfolgung fortgefallen ober eingeteilt,
fo tann bie 2Bieberaufnaf)me feitenS beS berechtigten ober auf fein Segehren nach
ben allgemeinen Stegein erfolgen. (§. 421.) §ört Verfolgung ohne ÜrtelSfprua)
auf, ober toirb Fortgang ber Verfolgung als ungegrünbet oerroetgert, fo tann
bie 6ache gegen ben Slngeflagten nur roieberaufgenommen werben, wenn neue
Shatfadjcn ober Veweife oor ©ericht gegen ihn au Sage fommen. Ob biefe Ve*
bingungen oorliegen, entfa)etbet baS ©ericht. (§. 422.) 3ft ber Slngefl. roegen
eines anbern ©runbeS als beS §. 421. erwähnten freigefprodtjen roorben, fo
fann ber 2lnflagebere<httgte auf 5ßteberaufnahme antragen:
3. wo anzunehmen, bafj bie ftreifprecfmng herbeigeführt würbe burdjj un*
richtige ©rflärungen ober lluSfagen oon $eugcn 0Dcr Sachoerftänbtgen
ober burch Vcnufcung falfcher ober gefälfchter SJocumente ober burch ein
Verhalten beS Staatsanwalts, ber dichter ober ©efchworenen, wie eS
bie §§. 120., 123—125., 131., 133., 134., 141. Str. ©. erwähnen;
2. wo (erfl nach bem Urtel) neue Xtyatfatyn ober Veweife $um Vorfchein
fommen („komm for Dagen u ), bie allein ober in Verbinbung mit
früheren geeignet finb, ju Verurtheilung ju führen ober ben gretfprechungS*
grunb ju heben. (§. 423.)
dagegen fann ber Verurteilte ober fein Vormunb, Vertreter barauf
antragen:
L. wo anzunehmen, bafe Umfwnbe, wie fte in §. 423, 1. erwähnt finb, ober
ähnliches pflidt)twibrigeS Verhalten beS beftellten Vertheibtger« jutn 2luS*
fall ber Sache beigetragen haben;
2. wo Xhatfadt)en ober Veweife, bie bei ber früheren Verhanblung nicht
oorfamen („som ikke komne frem under den tidligera Sag") oorgebrad)t
worben unb anzunehmen, bafj fie allein ober in Verbinbung mit früheren
Veweifen ftreifpredmng ju begrünben geeignet fmb;
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Die (Entwürfe bet Mniföm Sufhagefefce. 99
3. wo äroei ober meutere ^erfonen bura) rjcrfd&tebene (Srfenntniffe wegen
berfelben %\)at uerurujeilt würben, unb au« SBergleid&ung berfelbcit
l)eroorgeljt, bafe einer ober einige ber 23etreffenben unfdnübig 1 ) fmb.
(§. 424.)
^Betrifft baS Urtel eine in ber öffentltd&en Meinung entefyrenbe §anbtung,
fo finb nad(> Xob beä Verurteilten ber ©begatte, Altern, jiinber, ©efa)wifter ju
jenem Slntrage berechtigt, kommen foldje $acta ober Sewetfe jur Äenntnifj be8
©eria)t3 ober be« Staatsanwalts, fo follen fie bie Vetreffenben baoon unter*
rieten. (§. 425.)
Unter beu Vebingungen ber §§. 423., 424. fann Söteberaufnafyme bewilligt
werben, and) wo 2tnwenbung einer ftrengeren ober milberen ©trafbefiimmung
ober 2itaf)l tjöjerer ober niebrigerer ©träfe innerhalb ber ©renjen beffelben
Strafrahmens in ftrage ftef)t, infofern »orau£$ufef)en, bafe ein wefentlid? ftrengereS
ober milbeicS Urtel erfolgen wirb. (§. 426.)
Äeine SBieberaufnatyme f)at fiatt bei Urteilen beS UntergeridjtS ; eben*
foroenig fo lange bie grift 5ur 9teoifion läuft ober nod) nid^t in biefer ^nftanj
erfannt ift. Verbüfmng Hubert nidjt.
SDer Antrag ge&t bei Urtel beS ^öc^ften ©erid&ts unb im ftatt beS §. 423, 1.
an biefeS, fonft an baS Sanbgerid&t, baS in erfter 3nftanj ober jufolge 9*eoifion
erfannte.
©ofortige ßurütfweifung eines offenbar unbegrünbeten ®efud>S läjjt §. 429.
ju. ©onfi wirb baffelbe ber ©egenpartei nur ©rflärung binnen 1 2öo<|e mttge*
u)eilt. Söilligt ber Staatsanwalt in ben 9lntrag beS Verurteilten ein, unb er*
achtet baS ©eriajt ben Antrag als begrünbet, fo finbet f ofortige Slnlmnbnafyme
ber ©adje fiatt: im Uebrigen wirb in münblidjer Verljanblung über Bewilligung
entfdneben. @in neues Urtel erfolgt fofort:
1. wo baS ©ertd)t in UebereinfHmmung mit bem 3lnfläger ben Antrag
auf §reifprea)ung ober milbere Seftrafung begrünbet f)ält unb ber
2lnf läger ganj ober tt)eilweife feine Slnflage fallen läfet;
2. bei Anträgen bej. SÜa^l ber ©trafart, bie gered&tfertigt erfahrnen.
©onft erfolgt eine öauptoer&anblung. Sludj nur auf gefcljefjenen Antrag
beS SlnflägerS fann ein bem &ngeflagten günfttgeS Urtel gefällt werben (§.436.a.(§.).
SBtebereinfefcung wegen oerfäumter Triften betreffen bie 438., 439.
S)er fiebente Stbfdjnitt Rubelt, §§. 440.— 445., non ber fubftbiären
*ßrioatanflage, in §§. 446 — 455. oon ber gewö^nlia^en *jkioatanflage. $)ic
s 4Jrioat(an)fläger fönnen fic^» betreffe einzelner ©dritte an ben Unter fudjungS*
ria)ter wenben. Vor beginn ber Vertwnblung foll ber Sftidjter möglidrft einen
Verglei$ jwifdien ben Parteien Ijerbeijufüljren !ua)en. £n ben §§. 456 —461.
ift bie 9tebe non Verfolgung oon 6ioilanfprüa)en gemäfe §. 4., mä^renb §. 462.
SluSlieferung ber in geridjtlidjen ©ewafjrfam genommenen ©egenftänbe betrifft.
$er aajte 2tbfa)nitt fwnbelt com ©trafoolljuge, ber bem ^olijeiraeifler,
unter 2Juf[ta)t beä ©taatjganwalt«, nifte^t. ©elbbu^en, bie no$ nic^t ooUftrcrft
würben, fallen mit bem £obe beÄ Verurteilten fort. (§. 471.)
') ©n intereffanieS (Srtenntnife t>et cour de Cassation de Neuchfitel *>. 20. Ott. 1879 in
Sit. 48 fceS Journal des Tribunaux (paraissant ä Lausanne) p. 723—729.
7*
£er neunte 21 bfdjnitt betrifft bte Äoften beS SScrfa&rcnS unb vom ®e*
ricfjt oerbängte Sujjen.
2)er $c^ntc enblid) enthält UebergangSbefttmmungen.
üJ?ö<$te ein gütiges ©efebtef bie mübcoollcn Slrbeiten ber SRebaftorcn mit
(Srfolg frönen, bamit biefe um Uir ,§eimau)lanb tyodmerbientcn Männer fidj nod)
ber Segnungen 511 erfreuen oermögen, bte biefe neue ©efefegebung fidjer bringen
mürbe. s Jiod> roiffen mir nidjt, mclä)e ^eränberungen granfrei d) an feinem,
fdjon oielfad; abgeänberten 6trafprocefjgcfcfc befdjlieücn roirb. 2)a& aber obige
Entwürfe 311 ben Ijeroorragcnbftcn legü&latorifdjen Arbeiten jätjleu, baoon ftnb
mir feft überzeugt.
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Hie Reform bt» fran?iWd)c» Strafprozeß)
sBon ^rofcffor Dr. 3. 9)taycr in 2Bicn.
I.
$er framöfifdje Code d'instruction criminelle vom 3al)rc 1808 noHjog
jut Seit feines (Srfd&einenä einen eminenten ^ortfd^ritt gegenüber bem früheren
6tran>ro$effe. SlOetn man barf fi$ nid)t oerheljlen, bof manche [einet SBcfttm*
mungen md)t mcf)r in einflog fteljen mit ben Slnforbcrungen bet neueren ©elftes*
ridjtung unb ben ©ebürfnifTcn einer gcroiffcnlwften ^Rechtspflege, roeld;e unferer
3cit $ur ©Ijrc gereichen. 60 rourbc benn aud> ber Code im Saufe ber 3citcn
mehreren partiellen Reformen unterzogen, beren Senbem bat)in ftrebte, bie
ajfifebräudje 311 f)inbcrn, meldte bie Ausübung ber öffentlichen ßlage $ur $olgc
Imbcn fann, unb bie gärten berfelben, beren unucrmeiblictje $olge, m milbern.
Crin ©cfejj 00m 4. 2lpril 1855 hatte bem UnterfuchungSridjter bie 33ctugntfj ner*
liefen, bie Aufhebung jebeS $erraaf)rung8befcl)l$ (mandat de depöt) anorbnen
ju fönnen. (Sin ©efefc com 17. $uli 1856 fmt bie griften abgefürjt, bie $8or*
Untersuchung oereinfacht unb bie 5lat^3fammcr f welche al3 ein unnüfccä SRäbcrrocrf
(im rouage inutile) eraebtet rourbe, aufgeboben. £)a$ ©efefo vom IG. 9)lai 1863
hat für bie „flagrante delits" eine abgefürste Sßrojcbur eingeführt, meiere, olmc
bie SÄrtheibigung einer einjigen ihrer Garantien berauben ju rooücn, in geroiffen
fällen bie immer bebauernöröerthen ©citfdjroeifigfeitcn ber frtminellcn v |Vrojebur
abfebafft (Snblich tun baS Oefe^ oom 14. 3nü 1865 über bie promforifchc
Freiheit bem UiUcr|ucfmng8rid)ter gefiattet, in geroiffen fällen bie gärten ber
^räoentio^aft *u befettigen.
SHUein, ganj abgefchen non ben SBcrbefferunaen, beren bie franjöfifdjc
©trafproje&gefefcgebung in biefer öejic^ung noch fähig ift, h at feine ber uon
uns angeführten Reformen an jenem burdj ben ©efefcgeber oon 1808 aboptirten
Snfteme gerüttelt, foroeit foldjeö ben ©ang ber SBorunterfuchung Tclbft umfaßt,
bie 9(cdjte ber 2lnflage unb ^ertljcibtgung roährenb be8 6tabium3 be$ ^orucr*
l ) 9iad) bcin neueren ftai^i3flfcfien ffleformentrourf nrift iRottoenbcriAttu bearbeitet (Pro-
jet do tendaiit ä reformer le Codo d'instruction criminelle pr/nontf, nu nom do Mr. Jules
Urevy, President do la ItlpuMiijuo franenise par Mr. K. J«o ltoycr, Uurdo de* fckeuux, Mi-
nislro de la Justice. — Imprimerio du Senat. Paris 1870.)
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102 2)it SRcfotm beg franjöfifdjen ©trafyrojefieä.
fahren« feftfteüt, bic bcm Unterfuchung«richter behuf« ber Sahrhcit«erforfchung
jur Verfügung gcftclltcn ÜJtittel, biejenigen bc« 2lngeftagten, um ftd) gegenüber
ber Stnflagc $u rechtfertigen, normirt, bicfeÄ Softem, auf meines mir in bc*
taillirterer 2öcife jurücffommen werben, läfjt ftd^ fchon jefet in wenigen Söortcn
refümiren. $>em ©efefcgeber fällt e« nicht ein, für bie §reihett ber Sßerttjeibi*
gung oor jenem Momente Sorge ju tragen, in bem ber «efdnilbigtc oor feinen
erfennenben 9tid)tern ju erfcheinen hat,, bie ^ertheibigung beginnt erft mit bem
9lugenblicfc, in meinem bie 2Bürfel — ob ^erurtheilung, ob ftrcifprcdmng —
fallen. 9315 baf)in ift er weber berufen, noch autoriftrt, auf jjeftflellungen ju
bringen, aucld^c geeigneten Salles feine Unfchulb ^eroortreten lajfen, nicht befugt,
bie Folgerungen au« ben ©utachten ber Erperten, meiere ber Unterfuchung«*
rid)ter gebogen \)at, ju biSfutiren; er tfi ntdjt einmal im Saufe be« Verfahren«
oon ber eraften s 3fatur ber auf ihm laflcnben 2lnflaa,e informirt, noch oon ben
$}elaftung«momenten , auf melden folche beruht; feine Konfrontation mit ben
SBelaftung^eugen ift nicht obligatorifd>.
9tor allju berüchtigte Setfptelc folgten im Saufe ber legten 3al>re Schlag
auf Schlag, um ben Bewei« ju erbringen, bafe bic oerfpätete Freiheit ber
münblichen ^auutoerljanblung nicht immer einem unfchulbigcn 2lngeflagten ge»
nügen fonnte, um bie falfchcn $räfumtionen für feine Schulb, welche ohne fein
SÖiffen gegen ü)n angehäuft mürben, ju entfräften. 3)a« Schweigen, bie Ein*
fdntchterung ober bie 2lbwefenheit eine« beugen, beffen 2)epofition ben Singe*
flagten entTaften follte, bie Ungläubigfeit ber 3>uro gegenüber einem in lefcter
Stunbe oorgebrachten ,3eugniffe, ba« $erfcbwinben oon 53ewei«ftücfen, beren
Vorlage bie Sßertheibigung begehrte , fyaben Scrurtheilungcn jur golge gehabt,
bereit ^rrthum nicht immer rechtzeitig erfannt worben ift. Sah nid^t fich
bie ernftefien Sebcnfcn erheben gegenüber bcm 2Bcrtt)e aemiffer ßrpertifen, ber
Autorität oon Schlußfolgerungen, roelche ba« Sterbtft Der 3uru herbeigeführt
hatten, nach bcm i enc ©cgenftänbe, jene Erhebungen, auf welche fich bie Ejper*
tifc bejog, nicht mehr oorljanben, ober burch ben Sauf ber 3t\t oerwifdbt waren
unb bamit jebe 2)i«fuffion über biefelben unmöglich würbe V $at man nicht fclbft
wahrgenommen, baß Slngef tagte fich S^m ©cftänbnife eine« imaginären 5ter*
brechend hinreißen ließen unb bamit gegen fich felbfl ein Mjubij fchafften,
welche« bie Hufridjtinfeit ihre« fpäteren SBiberrufS nicht }u erfepttern oermochte?
E« war unter bem Einfluß ber gerechtfertigten Bewegung, welche berartige Ent*
hüüungen jur golge Ratten, baß fich bie ött/entliche SDkinung mit Unrecht fragte,
ob man nicht ben ©runb biefer 3rrü)ümer ber Suftij in ben ©ebrechen bc«
fransöfifchen Straf projeffeö gu fuchen habe. ÜRan oerglich bie SBefiimmungcn bc«
Code oon 1808 mit jenen, welche in ben meiften ber benachbarten fiänber ba«
5ßorocrfahren bcl;errfd;en, unb man gelangte jur Sffiabrnchmung, baß granf-
reich, welche« mit Seginn biefc« ^ahrhunbert« ber ©efefcgebung (Suropa« jene
freiheitliche Dichtung oorgejeichnet hatte, auf welche erftere« noch \)tut ju ^agc
ftolj ift, fich aümälig bura) bie langfamen, aber ftetigen gortfehritte ber anbern
Nationen überflügeln liefe unb bafe ber franjöfifche Code nicht meljr jenen $rin*
5ipien entfprach, welche bie h^oorragenbften unb aufgeflärteften (Sriminaliften
bc« heutigen Europa aufgefteüt unb formulirt haben.
Sie ftanjöftfdtje Regierung fonnte biefer 2;t»atfact)e gegenüber nicht ruhig
bic $änbe in ben Schoofj legen. Schon im ^ahre 1870 würbe eine aufjerpar*
lamentarifche ©ommiffion mit ber Prüfung bev ^Reformen beauftragt, welche ba«
2öerf oon 1808 erheifchte. 2)ie ©reiguiffe, welche balb barauf folgten, gematteten
ihr nicht, ihre 9Jiiffton ju ooüenben. 2lllcin im SJlonate Df tober 1878 oercinigte
fich eine auf ben äjorfchlag be« hcroorragenbften franjöfifchen ^uriften, bamaligcn
^unisminifler« 3)ufaure, au« ben glänjenbften fünften unb Eriminaliften, unter
i3uuehung mehrerer 3)eputirten, gebilbete Eommiffion ju bcm 3 ,0C( ^ C / bie burd)
bic %fytoxk unb Erfahrung geforberten ^erbefferungen an ber fransöfifchen
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«
3>ic ffleform Ud {ronjöftfdicn 6traforojefle8. 103
©ejefcgebung norjunebmen. 35anf bcm Eifer ihrer 2mtglieber ^at biefe Eom»
miffion bereit« innerhalb weniger SJtonate einen ©efefcentwurf oorbercitet, wel-
cher fieb über bie ÜJfaterien be« erflen Suc^e« be« Code d'instruction criminelle
erftreefte. (De la police judiciaire et des officiers de police, qui l'exercent.)
SDie fojiole *Recbt«pflege, vom criminellen ©cfichl«punfte au«, beftel)t
au« jwei nerfdnebenen Elementen, reelle beibe ber gleiten ftürforge würbtg
finb. 2)0« ^ntereffe ber Anflöge, welche forbert, bafj ba« Verbrechen nicht un*
gcflraft bleibe, auf ber einen, ba« ^"^reffe ber Vertbeibtgung auf ber anbem
Seite, welche« nicht minber gebietcrifeb cr^cifdjt, bafe bie ©ihjne nicht irriger*
roeife ein anbere« §aupt al« ba« be« ©chulbigen treffe, 9Uemanb befreitet beut
ju Stage mehr, bafj bie Unoerlefelicbfcit ber Unfcbulb ein niebt minber allgemeine«
^ntereffe bilbet, non bcmfelben Stang unb berfelbcn äöicbtigfett, wie bie ©ewifr
i)eit ber 9ieprcf)ton unb bajj bie ©tcberheit unb Wiuje ber ©cfellfcbaft mehr bura)
eine unuerbiente Verurtheiluncj al« burch ba« ftraftofe 2lu«gchen eine« 33er*
bredjer« bebrobt werben. SBett baber baoon entfernt, ba« äntereffe ber 23er»
thetbigung al« ein in jmeiter Sinie ftebenbe«, oon prioater Vebeutung, al« im
©egenfafe mit bcm ber ©efeUfehaft befinblich unb biefem mehr ober minber unter*
georbnet betrachten }U wollen, Jat man erfannt, bafj bie ®erecbtia,feit ibren
3n>ecf ocrfe^lt, wenn ihr Eingreifen niebt bie Sßirfung erjielt, bafj fte ben Uiv
fdmlbigen ebenfo febr berubigt, al« fic ben ©chulbigen jittern maebt. Um jeboeb
in biefem Säiiberftrcit ber Sntercffen bie 2Bagfd)ale mit möglicher SRigorofität
gleich 3U halten, um mit Erfolg ben ^rioaten gegen eine ungerechte unb unter-
brücfcnbe Verfolgung ju fänden, ohne bie öffentliche Älage $u entwaffnen, wel*
eben Sieg ber SBabrlJcitöcrmittelung foll ber ©efefcgeber oorfchreiben unb welche
^rärogattoe foll er bem 3lnf läger unb bem 2lngcflagten äugefiehen? Offenbar
mufe man bie Vcweife ber ©chulb fammeln, cJ>e man ben Stifter um bie 2tn*
wenbuna be« ©efefce« angeht. Unter welken Vebingungen oolljiebt fich biefe
^acbforfdmng? 6« giebt feine ftrage, über beren Rötung bie ©efefcgebungen je
nacb ben ^citocr^äUnifTcn unb ben politifeben «Strömungen mein: au« einanber
gegangen ftnb.
n.
3mci ©gfieme ber Vorunterfudmng macben fidr) bie #errfcbaft in ber
©efebiebte be« ©trafprojeffeö ftreitig, in abweebfetnber Slnwenbung, je nadjbem
ber ©cbanfe ber inbioibuellen ^rcil^eit in bem öffentlichen ©eifte ben ©ieg über
bie fdjledjt befinirten ^Rechte ber ©cfcUfcbaft ju erringen, ober cor biefen in bem
SJiafje, al« fie präjifere ©eftaltung gewonnen, fidr) ju oerbunfeln febeint; ba«
eine ©nftem nennt man ba« affufatorifche, ba« anbcie ba« inquifttorifebc.
2>a« affufatorifche ©irtlem war im alten 9tom in ©cltung. 3)a« ©.
überliefe bem Eifer ber Vürger bie 3 m n ft rtoe ber ©trafocrfolgung. SDer ©taat
al« fola)er interoenirte niebt, bie ©cfellfdjaft |atte feinen fpe3iellen Vertreter.
ES gab feine öffentliche ßlage, fonbern einen einfachen ^rojefe jwifchen ^rioat*
perfonen, beffen Einfa^ fowot)l für ben 2lngefl., wie für ben oerwegenen 2ln*
f läger Verluft be« Vermögen«, ber Freiheit ober bc« Scbcn« bebeutetc. SDie
bureb bie Stömer in ©allien eingeführte ©ericht«Dcrfaffung oerfebwanb nicht noU*
ftänbig mit ben Snoaftonen ber Barbaren. 3>iefe «ölfcr brachten mit fidr) bie
©cmojjnheit, in ber S3erfammlung ber freien 2Jtänner öffentlich ihre Urtljcilc ^u
fällen. SU« ©runblage bienten ilmen 3 cu 9 n ^ c ; nöthigenfaU« ©otte«urthcile.
25ie feubale ^"ttij anerfannte in gleicher Seife ben ®runbfa£, bafe 9liemanb
anber« al« burd) feine „Pairs u gerichtet werben fönnc. 2lllein bie fönigücr>e
@ericbt«bnrfeit, in bem 9)caafje al« folchc fidr) in granfreich feftfe^te, war oon
abroeichenben $}kin$ipicn bel)crrfcr)t. 2)ie gerichtlicheu ^unftionen würben ben
burch bie 2ehn«herren unb ben £errfcher bcftcUten 5Ria)tern anoertraut. Von
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104
2>ie Sieform fcc« {ta«t3Öfifd)ett @trafvtojcfjc8.
Seginn ab obopttrtc man bcn ©cbrauch, bic Söcroetömittcl in 2(bwefeut)eit k$
2tngeflagtcn $u fucben. £tc £>cpofitioncn bec beugen, ftatt öffentlich in feinet
©egenwart ftattjuftnbcn, fanben außerhalb ber Si&ung burd) belehrte Sommiffäre
ftatt; im ©cbeimen niebergefebrieben, mürben fie bem v Jtid)tcr olme Riffen beä
2lngeflagten äugcftcUt.
3)iefc£ Softem, rocld;cS man bnS inquifitorifche benannt l)at, rocil es in
ber £l;at an bic ^rojebur ber Snouifition erinnerte, machte rafa)c gortfebrittc.
£a£ ©etjcimniö umfüllte alle fltyafcn ber Unterfudmng. Selbft bie
Deffcntltdjfeit ber §auptuerbanblung uerfebtuanb mit ber Orbonnanj t»on 1531).
Mit ber iöefeftiguug ber föniglicbcn bemalt marb bie öffentliche Silase ben
„Procureurs du Kor (einer Schöpfung Philipps be8 (Schönen) überlaffen unb
ben „Lieutenants criminels" (ben erften franjöfifcben Unterfucbungärichtcrn),
welche burch eine Drbonnanj $ ran S I. im ^aljre 1522 in ba£ Seben gerufen
würben, (i nbUd) erhielt burd) bie Drbonnanj oon 1670 ba$ geheime $roscf$*
ocrfal;ren feine befinitiue ©eftalt. 2$om erften biet $u bem lejjtcn £age in lln*
fenntnifj ber ^orerhebuugSnfte gehalten, erfdjeint ber Scfcbulbigte uor feinen
v Jtid)tern, olme bafe er in ber £agc mar, fid) über bie 3eugnifie 8 U erklären,
bic man Ujm nicht befannt gibt unb bic er meber ju coutroliren, noch 511 bte*
cutiren oermag, auf baö 2lblcugncn bet ilmt jur Üaft gclcaten Xt;atfac|cn —
aü5 au$fd)lte&lid)e Vcrtbcibigung — befebränft. 3n Dcr Unficberhcit, in welche
ber Stifter felbft bureb biefe Untcrfudmng obne äLUberfpruch, noch möglicbc
Konfrontation fia) werfest fie^t, glaubt er fein ©ewiffen ju entlaftcn, inbem er
bem SÖcbrlofen mittelfaibcr Xortur ein ©cftänbni& feiner Verbrechen entreißt
unb ilm bem Sdmffot erft bann $u überliefern wagt, nad)bem er ein ©eftänbnife
oljnc SNkrtb erlangt hat.
£ie Mißbrauche ber geheim geführten SontnUrfudtjung Ratten eine foldtje
Mißbilligung in golge ber berühmten ^rojeffe von Calas, Sirven unb de la
Harre erregt, unb bie Siütffcbr ju fcbüfccnbcn- ©arantien mürbe fo gebieterifd;
burd) bie öffcntlidjc Meinung geforbert, bafj bie conftituirenbc Sterfammlung,
ohne bie organifebeu ©efefce, mclcbe fie über biefe Materie jii ertaffen beabfiebtigte,
abzuwarten, mittclft 3)cfrctCiS uom 8. unb 9. Cctobcr 1789 eine prooifori|cbc
33cbanbluiujj8jueife ber Strafprojeife anorbnete, mobureb bic am meiften bc*
mangelten iüeftimmungcn ber Crbonnanj oon 1670 reformirt merben foHteu.
£ie conftituirenbc SUerfammlung begnügte fieb nicht, bie öeffentlidtfcit ber
.'oauptocrlmnölung mieber ^cr^nftcUcu, fie molltc aua) bic Ocffcntlic^fcit bc$
ii>orocrfal;rcujJ fiebern.
söiö jur Verhaftung bc3 23cfdmlbigten foHte ber Untcrfud;ung£ricbtcr im
£aufe feiner Erhebungen jjwci angefebene Vcifi&cr jut Seite haben.
in fontrabtftoriidjcr SBeifc mtt ber Vcrtbeibigung nbioicfeln. Mittheilung aller
^rojcjjafte folltc an bcn 93cfd)ulbigtcn auf jeben bahin gerichteten 2lntrag er*
folgen. SDicfclbcn ^rinjipien luurben burd) ben Code des delits et des peiues
(bruumire an IV unb bind) ba3 @cfe^ DOW 7 pluviose au IX) aboptirt.
ber 3n>ifd)cn.^cit hatte baö ©efe^ uom 10. September 1791 bic prooiforifcbc
.'paftentlaffung olme (Sautiou für alle megen einfacher Vergehen (dölits) ^)c»
fchulbigtcu ju 9(cd;t erflärt, eine Mafjnahmc, meldjcr bic burd) bcn Code uom
Brumairn angenommene JUaffification eine bcträd)tlichc Wuäbelmung gab.
(i'^ ift flar, ba& [)kx, mic in uiclcn anberen SD/atcrien r bic ©cfejjgcbcr
ber McDolutiou, von einem natürlichen 3ccaftionöbcbürfniffe gegen bie 3rrtl)ümer
ber Vergangenheit geleitet, ftd) über baiS 3^ c ^ hinauf reiben liefeen. Qnbcm fic
bie Freiheit ber Vcrtheibigung fiebern wollten, hatten fic bic Stechte ber änflagc
unb bie s Xothwenbigfcit ber Stepreffion auf baö Spiel gefegt. !^ie Vcrfaffer bc^
Code uon 1808 aböptirten ein Vcr mittlungäfvftcm': fic mühten ficf> ab, bic
beiben grofjcn ^ntcrefien ju beliebigen unb bic uerfchicbcucn Elemente, wcldjc
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3Mc Reform tcä {raii3ofifd>en etrafprojefjcä. 105
Urnen bie oerfdnebenen Venoben ber ©efdndjte juführten, ju uerbinben. £)cr
feubalen Gpochc entlehnten fie bie Deffcntlichteit ber £auptoerhanblung, btc 3urn,
bie münbliche ^Beweiserhebung, baS Sttcruf ungerecht; bem monarchischen Regime
entnahmen fie bie ^nftitution bcS öffentlichen 9)iiniflerium£, bie 6äumigfeit bet
Sticbter, bie geheime £Joruntcrfucbung, ben ©ebrauaj bet fd^riftlicfj anf genommenen
2$oruntcrfua)ungSafte. Sie glaubten genug im i^ntereffe bc£ ^efdjulbigten gctl)ait
Mi haben, inbem fie ihm unparteiifche dichter fieberten, ben 93etftaub eines $er*
thetbigerS, unb bie Deffentlia)feit ber ^er^anblung mit bem 2lugcnbuct gemährten,
in bem, nach abgef chlofiencr Unterfuchung, er feine Unfchulb, falls fie
oerfannt mar, ju Sage treten 3U laffen fich anfdntft. 2tUetn es mürbe ihnen
übertrieben erfd>iencn fein, bem SSngeflngtcn mährenb beS SoroerfahrcnS ein
^ntcroenttonSrecht yyugeftc^en unb ihm eine 3lfttonSfrciheit >.u bewilligen, welche
fie mit ber 2BabrheitScrmtttlung unoerträglicb erachteten. GS genügte ihnen
jufolge, ba& bie Slnflage oollftänbig frei mar, nach ih«m ©utbünfen baS ©ebinbe
ber uiemeife &u fammcln, mährenb eS bem Slngcflagten unbenommen bleibt,
Stürf für Stücf baS 2öert beS UntcrfuchungSricbterS an bem grofeen Sage ber
ftauptuerfmnblung }u jerftören.
SHit einem SSÖorte, fie unter orbneten baS fojiale Sntercffe ber 2>er*
theibigung bem fokalen 3utcref|e ber 2lnflage, flatt betbe als in gleichem 9iange
ftchenb ju behanbeln. 3J{an roirb barüber nicht erftaunt fein, bafe an bem, ben
tiefen Grfcbütterungcn nachfolgcnben Sage, ju einer &t\t, * n ocr inmitten ber
allgemeinen Verwirrung fo oicle ^rioatoerbrechen ungeftraft geblieben roaren,
bie ©efeufchaft nach 9tul;e unb Sicherheit nerlangenb, baran backte, fich siegen
bie Sßerfonen mit einer biScretionären ©eroalt ju wappnen, auf bie ©efahr hin,
geheiligte ^ntoeffen ju Beriefen. Mein einer ruhigeren unb mehr um bie
iHechte beS SnbioibuumS befümmerten Epoche ift bie Slufgabe $u geworben,
fich fragen, ob eS erlaubt, ob eS nothwenbig, ober ob eS nicht im ©egentheil
crorbitant unb gefährlich ift, ber Verthcibtgung bis an bie Schroette beS 3lffifen*
IjofeS ober beS correftioneUen Berichte« fo ju fagen ben SJtunb $u fchliefecn.
in.
2ßan oergleiche in ber Tfyat °* e 2ltttonSfrcu)cit, welche ber Slnflage ge*
roäljrt ift unb bie ber 2>ertljcibigung entgegengeftcUtcn §tnbcrni|fc wäl;rcnb beS
StabiumS beS VoröcrfahrcnS, unb man wirb fich n on ber Ungleichheit ber beiber*
fcitS eingeräumten Stellung überzeugen müffen. X tc 2lnflage ift ben vereinigten
Jlräftcn zweier Beamten anoertraut, bem (Staatsanwälte unb bem UntcrfudmngS*
richtcr, oon benen ber eine Anträge fteüt, ronhrenb ber anbere alle im 5[ntcrcffc
ber SÖahrbeitSermitnlung geeigneten 2)< abnahmen anorbnet. £)aS öffentliche
SKinifterium fann ju jebem 3citpunfte in bie UntcrfucbungSaften Guificht nehmen;
ber Untcrfuchungsrichtcr fann alle Gonftatirungcn, alle Grpertifeu, jebe Sefdjlag*
nähme, welche er für jrocctbicnlich erachtet, anorbnen ober fclbft bewirfen, ohne
baoon bem &efd;ulbtgtcn Äcnntnijj ju geben, ohne bafe biefer in ber Sage ift,
berfelbcn beizuwohnen ober fich oabei oertreten 511 laffen. £cr Öefchulbigtc
bleibt im Qintergtunbe; ber Schleier beS ©cheimniffe« ocrhüUt ihm oft, was
ihn am nädjften intereffirt; ifolirt wie er ift, wirb ihm SlüeS auf baS Sorg*
fältigfle ocrhehlt. ©t hol allerbingS ein erftcS Verhör beftanben, in welchem
ihm ber dichter bie ihm $ur Saft gelegten 3;h flt f flC hcn unb bie ^aitptfäd^lic^en
^JclaftungSmomcnte fuubgicbt. 2lUein biefe ^crbad)t?grünbc fönnen fich minberu
ober ocrmel;ren ; btc 2lnflage Fann ihre 53cfd)affcnheit änbern; BUeö biefeS, ohne
bafj er bauon flenntnife §at. Qi ignorirt oft bi$ auf ben tarnen bie $ciaftung§>
jeugeu unb in Ermangelung feiner ^enntnife beS UmfangS ber 2lnflage oer*
fdjanjt er fich hinter ben fompromittircnbftcn 2lblcugnungen. Gr fann um bie
2lbl;ör foldjer 3 C »3 C »» welche feine Unfchulb an ben 2ag treten laffen, bitten,
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106 Reform bcS ftanjöflfdxn ©trafprojeficä.
bicfclbc ober nidjt oon ftcdfjtSroegen forbern. @r oermag ni<f)t bie ©uta$ten
ber Sacbocrftänbigen ju fontroliren, roeber in Selbftperfon, nod) burdf) einen
oon tym befignirten 6ad}oerflänbigen: er fann oon ben Stften erft 6infidfc)t nef>*
inen, nadjbcm bie Unterfuajung gefd[uoffen, cS alfo ju fpät ift, um eine jener
UnterfudbungSmafjnabmcn ju orooojircn, roeldfcje baS SDunfel gelittet f)ätten unb
bie uielleid&t bog Tribunal ober ber 2lffifcnf)of in ber §auptoerbanblung ifjm
niebt bewilligen roerben. 5$a nodf) rnetjr, man läfet ifm in Unfcnntntfe über jene
s Jiecbte, bie baS ©efe^ felbpt iljm gemährt. 2llleS tn 2tUem, ift baS geltenbe
Softem bcS Code d'instruction criminel nichts anbercS als baS ber Drbonnanj
oon 1670 mit milberen formen.
IV.
©egenüber biefen fignalifirten Uebelftänben muftte man naturgemäß ein
Heilmittel in ben fremben ©efefcgebungen fudfjcn. $>aS Berfafjren, roelcbes
ben cntfd)iebenften ©egenfafc jur geheimen Borunterfuebung in $ranfrcidt) bietet,
ift Dasjenige, roelcbeß in dnglanb ©eltung bat unb alle ©runbfäfcc ber alten
affufatorifdjen unb öffentlichen ^rojeffc ber germanifdjen Lotionen beroaljrt bat.
3n ©nglanb gibt cS feine StaatSanroaltfcbaft, roenigftcnS ni<f)t in bem
fontinentalen Sirme. Slud^ bie neucfle SßarlamentSafte, meldte mit bem
1. San. I. Ätoft getreten ift, fdjjafft feine fontincntale StaatSanroaltfd&aft;
ber bejieljenbe SRedfitSsuftanb bleibt aufregt, unö nur fubfibiär für gcroiffe %äUt
finbet ein @infdf)reitcn ber neugegrünbeten 3lnflagebeprbe unb aueb nur in ber
'JUdjtung flatt, um ben anerfannt gröbfien SJMfebraudben bcS SßrioatanflagefnficmS
ju fteuern. Sttuf bie itlage beS Befcbäbigten ober jcocS beliebigen 2lnflägcrS bin
wirb ber Befcbulbigtc burdfj ritterlichen Bcfcbl oorgelaben ober oerbaftet.
<5päteftcnS 24 Stunbcn nadj feinet* Beratung wirb er bem Siebter oorgefüljrt,
ber ifm oemimmt. %n pUen fernerer Statur, in benen ber ftricbcnSricbter nur
mit oer Borunterfuebung betraut ift, beginnt bie Berlmnblung unmittelbar
*tt)ifd[)en 2Infläger unb Bertyeibigung. 2lnflägcr unb 2lngeflagter finben fid& in
Begleitung eines ober mehrerer SHecbtSbeifiänbe ein; biefe jinb cS, meldte bie
^eugen befragen (Gross examination), cbenfo ben Bcfcbäoigten, falls fieb biefer
einem Bcrhöre unterwirft. $)ie Deffentlid)feit ift eine unbefebränfte, unb baS
©efefc, roelajeS bie 3lnorbnung einer gebeimen Bcrbanblung geftattet, roirb nur
äufeerft feiten angeroenbet. $>cr s Jltdf)tcr moljnt ber Berljanblung gcroiffcrmajjen
als Sc^iebSricbtcr bei. 3la<S) bem 3lbfd>lu*B ber Berbanblung fann er ben iöe*
fd&ulbigten nücber in $reibeit fc&en, roenn ifym bie 2lnflagc ber Begtünbung 111
entbebren fdtjeint ober ibn uor bie 2lnflage^urr> oerroeifen unb in biefem $allc
i^n entroeber yrooiforifdj) gegen (Saution in |^rcit;cit fc^en ober bie ^raoenti»"
baft gegen it)n oerfügen. %n biefem lefetcren pll roirb ber Bcfcbulbigtc im
©cfängnifj fcftgebaltcn, ol)ne bie ©efd&ränfungcn ber franjöfifcbcn „mise au secret".
®r fann frei mit feinen sßerroanbten, feinen ^rcunben oerfebren unb feinen Ser*
tljeibiger «t ieber beliebigen 6tunbe unb o^ne 3 cu 9 cn fet)en. ^ie Gntfdtjctbun^
cjen, roeldje ber 5ricbcnSrid)ter in feiner ©igeufebaft als UnterfudOungSrid^tcr
täUt, ftnb ber Berufung an ben ©ericbtSbof ber „Queensbench" unterroorfen.
9lur in ben ftäuen eines geroaltfamen XobcS ifl ein fpcjicllcr ricbterlid)er
Beamte, ber „Coroner", mit ben felbftftänbigen (Srfjebungcn ber ^obeSurfacbc
unb ber Ermittlung bcS XbäterS betraut. 3 U biefem Smd beruft er eine
UntcrfudjungSjuro, rocldjc bie 3 cu 9 en oernimmt unb bureb tl>r Berbift feftftellt,
baö ber Xbäter unbefannt, ober eine näber bejeiebnete ^erfon ber präfumtioc
Xbätcr fei.
Äurj, baS affufatorifebe 6nftem bel;errfcbt in ©nglanb alle $^afen bcS
BoroerfabrenS. 9l\ä)t bem Siebter, fonbern bem 2lnfläger obliegt bie Sammlung
ber Bcroeife. $ic ©trafoerfolgung finbet nidt)t oon SlmtSroegen ftatt. S)ie Ber*
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3>ie Reform beä fratt&iJfiföen ©ttaforojefle«. 107
hanblung ftnbet öffentlich unb fontrabiftorifch jwifchen Mitflöget unb Sngeflagten
ober oielmehr smifeben ihren 2(buofaten fiatt. $>iefc$ Softem entbehrt nicht ber
Parteigänger, welche feine Vorzüge betonen, öier, fagt man, beponiren bic
3eugcn in ber Deffentltchfeit, uno ihr ^eugnil ro ^ unmittelbar fontrolirt,
nicht bloö burdj ben SJefcbulbigten unb feinen SBertheibiger, fonbern burd) bic
öffentliche SMeinung felbft; fein befonberer UnterfuchuiigSrichter, welcher oon
oornljerein geneigt ift, einen Schulbigcn ju finben; fein dichter, welcher fdjon
im Boraus gegen ben 2lngcflagten Partei nimmt, inbem er ben 3eugen iw
(ebnen bei gcfchloffenen %1)üxtn oernimmt, um feine SluSfage ju erhalten, ihn
mit %xaQt\\ ju brängen unb einem ©erichtöfd)rciber feine Antwort ju biftiren,
bie er unbewu&t in eine 2luSbrucf« weife probt, welche nicht immer ber wirflichen
Sluöfagc entfpricht. Grfl an bem 2terhanblung8tage cntroicfelt jebe gartet ihre
SRittel be3 Singriffs unb ber Sertheibigung unb wenn ber 2lngettagte als Sieget
aus biefem Kampfe h^roorgeht, ift feine &hre beftnitio gerettet. Äein Serbacht
ber Siachajcbigfett noch ber ^arteilichfcit fann auf bem dichter haften, ber auf
©runb etner öffentlichen, oft ein laute« Gdw hcroorrufenben ^erlrnnblung
entfeheibet.
konnte man inbeffen baran benfen, in ben franjöfifchen Strafprozeß
ein bcrartigeS abfoluteS Softem ehijuführen, welcher aufjerbem fd&wierig — nicht
nur nach ber franjöfifchcn ©erichtSorganifation, fonbern auch mit ben herrfchenben
Sitten oereinbar ift? 3>ie erfte Gonfcquenj märe bie ©efeitigung ber guter*
oention bc3 Öffentlichen 3)UniftcrtumS im Strafprojcffc. H Jiun aber ift bic
^nftitution ber StaatSanmaltfchaft im eigentlichen Sinne — um einen 2luSbrucf
$upin'S ju gebrauchen — , eine Schöpfung beS franjöfifchcn ©eiflcS. Schon im
XVIII. .^ahrgunbert fchrieb üUJontcSquicu, inbem er oon ben „Procureurs du
Koi" fprach: „Nous avons aujourd'hui une loi adrairable, c'est celle, qui
veut que le prince, etabli pour fair exöcutcr les lois, prepose un officier dans
chaque tribunal pour poursuivre, cn son nom, tous les crimes, de sorte, que
la fonetion de delateur est inconnue parmi nous." 2ßer bie Abneigung ber
franjöfifchcn Seoölfcrung gegen 2>enunciationen fennt, roic ihre furcht, fich ju
compromittiren uno in aufregenbe Debatten einjumifchen, ift beffen gewifj, —
woUte man bie Strafocrfolgung ber Onitiatioe ben ^rioatperfonen anheimgeben —
bafj man bie Verbrecher ungeftraft ju laffen ober bod> ben gefährlichften s Jtan»
fünen ober niebrigften üetbenf (haften ben 2Beg ju eröffnen risfiren mürbe.
S)em franjöfifchcn ©eift miberftreitet nicht minber W Regime ber Deffent-
lidjfcit. Ohne oon ben Schroierigfeiten ju fprechen, welche heraus entfielen
fönnen, in «ginblicf auf bie Ermittlung ber Sdmlbigen unb inSbefonbere ber auf
freiem ftufec gebliebenen s JUiitf djulbigcn , welche in ßcnntnifj beS augenblicf liehen
StanbeS ber Unterfuchung barüber informirt finb, ob bie %iw$t ober bic 33c-
feitiguitg ber Uebcrführungsftücfe angezeigt ift; glaubt man, bafj eS leicht fein
wirb, pofitioc unb juoerläfftge (Srflärungen oon ben 3 Cu 9 cn 8 U erlangen,
welche man jenem fapttöfen gragefpiel auSgefcfct hatte, bem bie ©efchicflichfeit
ber Gnglifchen 2Iboofatcn in ben „Croas examinatiou" eine fold^e Scrübmtheit
uerbanft? 3« $ranf reich ift cS nicht ohne Schwicrigfeit ber %aü, bafe man
oon ben 3 cu 9 en tu Dcr ^auptoerhanblung bie üteprobuftion itnrer fchriftlich ab'
gelegten 2luSfagen erhält. (Slaubt man, bafj bie fianbbewohner, ohnebieg fo
ängftlich, wenn eS fich bavum hanbelt, einen Machbar, cor beffen 9?ache fic
jittern, anjuf lagen, esS wagen würben, ftd; in aller Offenheit in ©egenwart beS
^efchulbigtcn, leincr Singehörigen unb Sreunbe auÄjufprechen, währenb fic im
Uebrigen ber mehr ober böswilligen tfritif beÄ SSerthcibiger« auögefc^t wären?
9iach ber Scfchaffenheit bc3 franjöfifchcn ©eifte3 würbe eine bermatBen
öffentlich geführte Vorunterfuchung in ben meifien gällen ben Rmd haben, bie
3)icinung in einem bem Slngcflagten günftigen ober ungünftigen Sinne ju
lenfen unb im Vorauf ba3 Urthcil be« ©erid^tiS ober ber Surn ju biftiren.
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108 ®k Reform fcc3 franj&fltöen 8trafpro}cfic&
enblicr) bilbct ba<8 brüte dharafteriftifche UnterföeibungSmerfmal bc3
Gnglifdtjcn Straf ocrfahrcnS bic paffioc Stelle beä Unterfu<hung$richtcr3. 3n i>cm
UMaüe, bafi bic nnchtigften S^afsttafpmeit ber Votuntetfudnmg, bic Shatbeftanbä*
erhebung, bie öefchlagnahmen , bic $au3fuchungcn unb oft baä erfte Verhör,
untergeorbneten Beamten anoertraut finb, beren bircete unb eignet Snitiatioe
cntfprtngenbe ^ntcroention unpopulär fein würbe. 35iefe finb bie ©rioägungen,
ou« welchen, ofmc bie Vorjüge be*8 affufatorifchen Verfahrens an fidh in $rage
ju fteüen, beffen Slmocnbung für granfreid) ben SBcrfaffcrn bc$ oorlicgenben
Mcform^rojcftS ju oerfuchen unmöglich fd^ien.
V.
Snbem bie Einführung bc« (Sngltfchen Softem« aliS ©anjaS auÄ ben cor*
fkljenben ©rünben für unangemeffen erachtet wirb, brängte ftd^ bie ftrage auf,
ob c£ nicht möplid) fei, ein öffentliches ©lement bcffelben loSmlöfcn unb beimbe*
galten — nämlich baS Clement beS contrabif torifchen Verfahrens jtoifchcn
9lnflagc unb 35crtheibigung in gehörig organifirter SBeife? Die
^rufung ber fremben ©efefegebungen — hW cS in ben SJtotioen — bietet
in biefer ,vMn[id)t eine 2luStoahl merfroürbiger Veifptcle. Xie ofterreuinf djen,
beutfehen unb bclgifchcn Strafprojcfeorbnungcn, toiewohl auf bem inquifitorifd^cn
^rinjipe berufjenb hoben cS nicht ocrab)äumt, ben Vefcbulbigten in Äenntnijj
ju galten oon ben oerfchiebenen ßrcignifjen in ber gegen ifjn eingeleiteten Straf*
uerfolgung, allcrbtngS innerhalb ber ©renjc unb unter ben Vorbehalten, wcldje
burch baS Sntereffe ber Strafoerfolgung geboten erfdtjicnen. §icr ift ber Vc*
fdnilbigtc nicht, wie nach bem franjöfifchcn Verfahren, allein oon ©eficht su
@cfid;t einem dichter gegcnübergefkllt, welcher irjn in llnfcnntnife ber gegen
ihn erhobenen Auflage tjaltcn (ann unb fouoerain über bie Ütichtung ber oon
ijjm eingeleiteten Untcrfudjung entfd)cibet. 9iaa) bem bclpif etjen ©efefce ift
ber Vefajulbtgtc mit einem RecbtSbciftanbe oerfchen, ber i^m m ben oerfdnebenen
^l;afen ber $rojebur, fei cS fofort, fei es fpätcftcnS bret Jage nach bem erften
^er^örc jur Seite ftcfjcn (ann; bic ^räocntiohaft fömmt nur in fehmeren unb
auenafjmSweifen ftäücn jur Sinwcnbung; berart, bafj ber in Freiheit befinblidjc
Vefchulbigte alle Elemente feiner Rechtfertigung oorbereiten fann.
9{aa) ber öftcrrcierjifd^cn Strafprojeporbnung fann ber Vefdjulbigtc ben
Veiftanb eines VerthcibigtrS beanfpruchen, mit welchem er in ©egenwart eines
dritten fidh wäfjrenb ber Vorunterfuchung befpredjen (ann unb unetngefchränft
nach 3wftcÖun9 ber Mlagefdjrift. $er Vcrtheibiger fann in jebem 2lugcnblicfe
(Sinftdjt oon ben Slftcn ber Vorunterfuchung nehmen, infofern biefeS mit bem
3wecfe ber Vorunterfuchung oercinbar erachtet wirb.
S3Dic bcutfdt)e Strafprojcfjorbnung ftcllt in gleicher üföeife unb juroeilen
felbfl oon 2lmt8iocgen bem Sbcfchulbigtcn einen ÜJertheibiger jur Seite, ber in
fämmtlichen Slften ber SBorunterfuchung fpejicU in bie Vernehmungen feincö
Glicntcn unb bie Sßrotofollc über bic 3 cu 9 cnocr j)öre ©inftcht nehmen fann.
Obwohl biefe ©cfeöe nun oerfdhiebenfach bie Slugbehnuna, ber bem Vcfchulbigten
im Voroerfahren gemährten 5 rc ^ c ^ 5 ur 5 ü ^ run ^ f cmcr Verthcibigung bc=»
greifen, fo oercinigeu fi<h bo^ biefe brei ©efctjgcbungen in ber 5lnerfcnnung
eines unb beffeloen ^rinjipcS: ber 9tothwenbigfeit ber Verthcibigung
oon beginn ber ^roäcbur ab $u organifiren, ohne jeboaj bie Straf*
oerfolgung ju hebern.
Solche« ift in gleicher Söeife ba« ^rinjip, mclchcS bem ben frnnjöfifd^ert
Kammern unterbreiteten (fntumrfc 51t ©runbc liegt, beffen heroorfpringenbfte
iBeftimmungcn gröfetcntheilS nur Korrelate biefer funbamcntalcu 9icform bilden,
©cleitet oon bem Vorbilbc biefer brei genannten ©cfetjgcbungcn oljnc in eine
fclaoifche 9iachahmung ber einen ober ber anberen su ocrfaUcn, oiclmchr bic-
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felbcn eine bur«^ bie anbere ergänjenb, bemüht fid) ber ©ntwurf in billigem
UMa&c bie 3tccj)te bet 2lnflagc mit . baten beS SJcfdmlbigten $u combiniren,
beiben gleichzeitig bie Littel bietenb, jebem 00m ©eficbtSpunfte feiner ^ntereucn
aus, baS $un(cl, welches baS Verfahren umhüllt, $u flären.
VL
SBeoor wir $u einer betaiflirten Auslegung ber cinjelnen 2lrtifel über*
gehen, wirb eS nicht unnüfe fein, eine fummarifdjc ©fi^irung ber loefcntlichftcn
uorcjcfchlagenen Neuerungen $u geben unb barjulegen, welcher logifdje Verbanö
jwi|d)en benfelben beftebt. 2)aS neu bura) ben Entwurf in bie franjöfifcbe
©efefcgebung eingeführte ^rinjip beftebt borin, bafj 00m beginne ab unb mährenb
beS ganzen ©angeS beS VoruerfahrenS ber Vefdmlbigtc felbftftänbia in bie
Sage gefegt werbe, bie Elemente feiner Vertheibigung uoruibereitcn. Mein cS
»erficht fid) üon fclbft, bafj eine berartige &cfugni£ oollftänbig illuforifa) fein
würbe, wenn ber häufig ungebilbete unb unioiffenbe 2lngeflagte fid) fclbft über^
latfen wäre. ©S wirb Deshalb notf>wenbtg, ihm, oon ben crflen Stritten ber
ütorerhebung ab, ben iöeiftanb eine« VertljeibigerS jur ©eite ju fteüen, welker
nad) bem gegenwärtigen Suftem erft mit bem ber öffentlichen Verhanblung un-
mittelbar oorbergehenben ^eitpunfte juläffig wirb. S)ie 2lmoefenbeit bicfeS
^Hcc^tdbeiftanbed wirb von SHccbtS wegen ftattfinben unb eine bieSbejügliche
Belehrung bat allemal an ihn ftattjuftnben, fobalb ber Untcrfuchuna^ricbter ju
einer VoruntcrfucbungShanblung f freitet, bie, ihrer 9iatur nach, in fontra»
btftorifdjer 3öeife bura)gefüt)rt werben fann, ohne baj? bie materielle SSahrheitS*
crmittlung barunter leibet.
$er Sefctnilbigte wirb in gleicher Söcife baß Siecht haben, bie Vornahme
gemiffer UnUrfucbungShanblungen begehren ju bürfen, welche ber UnterfudjungS*
ridjter unterlaffcn hätte, unb bie bcrmafjen geartet waren, bafj ftc jur gcftfteliung
feiner Unfdjulb ober boa) eines milberen VerfctyulbenS bettragen würben. Slllein
eS fönnen fid) bezüglich ber Opportunität berartiger beantragter 21 ftc 93c*
benfen ergeben. (SS ift baber oon 2öertb, bafj bie StaatSanwaltfchaft, als
Stöächterm ber .^ntereffen ber Slnflagc, jum 2öorte gelangt, fo oft bie Vertheibigung
fid) boren lägt daraus folgt, bat! bte ©taatSanmaltfcbaft ber Vorunterfucbung
auf ©runb beffelben SitelS unb unter benfelben VorauSfejjungen, wie bie 95er*
theibigung, beijuwohnen berechtigt ift. SJei 3)ieinunQSoerfa)icbenl)eit jwifeben
benfelben entfebetbet ber Unter fuchungSrichter. Wan fonnte jebodj nicht
baran benfen, bem Sedieren feine aftioe unb fpontane SRolle ju entwichen, um
aus bemfelben ein einfach paffw«* SBerfyeug ui machen, welches nur in $olge
ber Anträge beS Staatsanwalts ober ber Vcrtbeibiger in ©ang gebracht werben
fonnte. Ter UnterfudnmgSridjter foU unparthetifth, aber nicht unthätig fein.
3h*n bleibt bie Aufgabe, bie Unterfuä)ung unter ben Sugen ber qtartyeien
ju leiten.
9lllcin mit bem Slugenblidfe, ba& er auf ©runb eines fontrabiftorifchen
Verfahrens (Sntfcheibungen ju fällen berufen ift, barf er nicht in lefcter ^nftans
über bie oon ihm angeregten fragen entfdheiben; es ift babcv nothmenbig, ihn
einer höheren 3wtiSb\ftion iu unterorbnen, welche in fouoeräner äBeife über baS
in allen fällen, in benen fich eine aJteinungSocrfchiebenheit geltcnb macht, einju*
fchlagenbc ©erfahren 511 entfdheiben, unb über geroiffe ^ra^en, welche in all$u*
gewichtiger äBeife bie ^erantwortlichfcit beS UnterfuchungSrtchterS h^auSforbem,
enbgtitig ju befinben haben wirb, ©on biefer 3lbficht geleitet, h^t ber ^nttourf
bie WatbSfammer, welche burd) baS ©efefc oon 1«56 als ein „unnütKS
Stäberwerf" aufgehoben würbe, wiebcihcrgeftellt, inbem bcrfclben allerbingS,
nach ber gegenwärtigen örganifation , eine abwcid;cnbe unb notlnucnbige
aiolle sufäUt.
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HO 3Me «eform bcS franjBftfäen ©trafowjefi««.
Waä) bem nunmehrigen Sofieme bleibt bem Unterfu<hung«richter bie
Aufgabe, ben ®ang ber Untcrfudmng ju leiten, allein ber 9tath«fammer obliegt
e«, balb in erfter, bolb in legtet ^nflanj bezüglich oller ^njibentpunfte, welche
im Saufe ber S3orunterfud>ung, fei e« burch bie Sertbeibigung, fei e« burd; bie
SlnFlagc, angeregt werben, enbgiltig ju entfeheiben.
lieber ber ÜtatbSfammcr (Ohambre du Conseil) cnblid) wirb al« Icfctc
unb fouoeräne ^uriöbiftton bie 3lntlagefammer (Chambre des mises en
accuaation) ju flehen fommen. £)o3 fid^ in fontrabiftorifchen formen bemegenbe
Verfahren oor berfelben (atlerbing« bei gefchloffenen Spüren) wirb e« bem
2lngeflagten ermöglichen, alle unb jebe Sertheibigung«mittel oor bem legten
6tabium ber ^auutoer^anblung $u erfchöpfen.
SBenig in ber %fyat jeboa) mürbe e« bebeuten, roenn man beut öefdmlbigten
bie 2öohlthat eine« 3krtheibigung«fchutjc« in bem ^oroer fahren fiebern wollte,
infofern ber Sertheibiger nicht in tantnife aller ^^afen ber Sorunterfuchung
gehalten mürbe. G« mirb ü)m bafjer geftattet fein muffen, ju jebem ,3eitpunfte
oon ben 9lften (Sinfia^t ju nehmen — unter bem allerbing« behnbaren Sorbehalt
berjenigen gäüe, in benen biefe aflafenahmen ber 2Öal)rbeit«ermittlung (einem
nicht minber elafufa>n Segriffe) f$äbli$ fein fönnte. — (sine ber wefentUcbften
Sefugniffe be« Sertheibiger« mirb in bem Ütedjtc befielen, ba« 2lbhören folcher
3eugen ju f orbern, welche bie Auflage ju benennen unterlaffen Ijat; ferner in
bem fechte, ber Slbbör berfelben beijumohnen ober bod; junt minbeften if)tcr
Konfrontation mit bem Sethetligten, tuelc^e biefer jeberjeit ju forbern befugt ift,
öorbet)altlidf> ber Sefdjwerbe an bie WattjSfammcr im Serroeigerung«faile.
©nblich, roie mistig immerhin auch ber Seiftanb eine« Serthetbiger« ift,
mirb e« llmftänbe geben fönnen, unter benen c« für ben Sefchulbigten gerabeju
Wothwenbigfcit mirb, an bie Erfahrungen unb 2Siffenfdwft eine« fpejiellen
Sadmtann« }u appcliiren, um bie Elemente feiner Sertbeibigung oorjubereiten.
Xiefe« ift ganj befonber« bann ber jjafl, wenn ber UnterfudjungSrtctyter eine
(Srpertife angeorbnet fyat-, bie Sefugnifj, einen ©egeneyperten aufstellen,
rotrb ba« einjige 2Jftttcl bieten, um bie 9tichtigfcit ber Prüfung oon jeber 2ln*
fechtung frei m galten unb um, ju einem nicht oerfpäteten 3*itpunfte, 6r*
Meinungen ju firiren, beren ©puren in ber fpäteren %a\t ber .§auptoerhanblung
»erwifcht fein mürben.
2Ufo: SBciftnnb eine« Scrtheibiger«; fafultatioe ^nteroention
beffelben bei bem größten Xfytilt ber Sorunterfuchungöaften; Stecht
be« ungehinberten Serfefjr« mit bem Sefchulbigten innerhalb oor*
gejeichnetcr @renjen; ba« s Jted>t auf eine ©egenerperttfe unb©egen*
enquete; bie 28ieberherftcllung ber 9tat$£fammer; bie Umroanblung
be« folaenben geheimen Verfahren« oor ber Slnflagcfammer in
fontrabtftorifdjem ©inne. 3fl9 cn mir biefen eingreifenben Reformen nodfc)
biejenigen neuen Seftimmungen bei, beren $md eine roefentlidje Erleichterung
ber ^rartö ber prooiforifchen £aftentlaffuna ift, unb mir haben im Söefent*
liefen bie ©tunblage jene« neuen 6o|tem«, auf welcher ber franjö-
fifche ©ntmurf beruht, ffijjirt.
Slüein biefe einfache 2lut$ählung jeigt genügenb, bi« ju welchem fünfte
fich bie DeFonomie be« geltenben Code oeränbert finben wirb. $>ie beabftchtigten
Reformen finb berart, Dafe ungeachtet ber gemachten 3lnftrengungen, um bie
neuen Seftimmungen in ben Karaten ber alten Slrtifel unb ber alten Slbfchnitte
einjujwängen, eine oollftänbige Umaeftaltung für unoermeiblich erfannt loorben
ift r jum minbeften, fomeit ba« erfte Such bc« Code in Setracjt fommt, ba«
einjige, welche« im gegenwärtigen Slugenblicfe ben legi«latiocn Serathungen $u
©runbe liegt, tiefem Sua)e, be}iehung«weife bem ©anitel über bie Worunter*
fuchung mufeten, um ben ©efefcen ber 3)iethobif su entfprechen, bie alten unb
neuen, auf bie 2lnflagefammer bejüglichen Seftimraungen ^inäugefügt werben.
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$tc ««form beö franjÖft|(^en ©ttafarojtfoS. m
2Ba8 bie anbeten, mit nicht rainbcret Ungebulb erwarteten Reformen betrifft,
welche fidj auf bie SuriSbtftion 0C t 93erbanbtungSa.ericbte, auf baS Nefum6 beS
2tfftfenpräfibentcn , bie 8ilbung ber ©efcbworenenhfte, bie Neoifion ber ©traf*
urteile u. f. tu. bejieben, fo werben fie ben ©egenflanb einer fpäteren Prüfung
unb eine3 neuen Entwurfes bilben, welchen bie Regierung ber Äammer su
unterbreiten ftd) oorbctjaltcn hat.
Dbwotu* man nun jwar bemüht war, fiel) in ber Umgeftaltung beS erften
33ud)cS einer eraftcren unb miffenfebaftueberen Terminologie, als [olebe bem
Code eigen ift, ju befleißigen, fo mar man bod) beftrebt, in ben beibehaltenen
Sirtiteln auch ben ©efefccStcrt fo oft aufredet ju erhalten, als bie Raffung meber
m $unfelbeiten noch au SBiberfprüchen mit ben oorgcfcblagencn Neuerungen
führte. $)iefc gormultrungen, fo wenig fie ben Slnfprud) auf 9Mcnbung er*
heben fönnen, fmb burd> eine lange törayis geheiligt; eS würbe verwegen
erfdjienen fein, biefelben einem übertriebenen Streben nach ©lelcbförmigfeit au
opfern, auf bie ©cfabr tym, bie SuriSprubenj einer Unfic^er^eit au überliefern.
3)tan bat baljer ben alten Code auemal refpeftirt, wo ber ©eifi beS neuen hier-
mit nicht in SSiberfprud) trat.
65 erübrigt unS nun, in bem Jolgcnben barauleaen, auf welche 9öeife
ber Entwurf in ben oerfchiebenen *pljafen ber SBorunterfua)ung bie eben ent*
wicfelten ^rinjipten oerwirflicbt hat.
2)iefeS naebsu weifen unb ben Entwurf felbft beS Näheren au prüfen, in*
foweit beffen Neuerungen im ©inaelnen ein rechtSucrgleichenbeS ^ntereffe
mit ben öfterreiebifeben, beutfdjeu unb ben anberen bcnwrragenben Strafprojeß*
orbnungen beS Kontinents baibieten, behalten wir einer aweiten Slbhanblung
oor. §ter wollten wir unS nur barauf befebränfen, in engem 3lnfdt)lufe an baS
ben gegenwärtigen Entwurf begleitenbe 3Kotioen*@rpof6 bie widjtigften Neuerun«
gen beS franaöltfeben NeformprojeftS au fignaltfiren , biefelben im §inblitf auf
bie biftorifebe (Sntwicflung beS franjöfifcben StrafprojeffeS au erflären unb enb*
lieh oarjulegen, in welchem ©eiftc ber ©efej&geber folche geplant fehen miß.
3Öci bem natürlichen ^ntereffe, welches einer ©efefcgebung anhaftet, bie in ihrem
mehr als ftebenjigjäbrigen SJeflanbe einen fo fehwerwiegenben ßinfluß auf ben
Strafprozeß beS gefammten Kontinents gewonnen hat, beren Glemente, bei allem
Streben nach Selbfrftänbigfeit, baS bie neueren ©efefce behinben, bennoch nicht
BoUflänbig auS biefen fiep uerbrängen laffen, erfchien es uns angezeigt, biefeS
Neformprojeft — übrigens nur ber Vorläufer einer baS gefammte fran^öfifche
formelle unb materielle ©trafrecht umfaffenben s Jteformbemegung — ben weiteren
^achfreifen jvgänglidt) ju machen. Ohne beraeit in eine tfritif beffelben uns
emaulaffen, au welcher ein Anlaß ftch bieten burfte, wenn wir beobachtet haben
werben, wie ber ©efefogeber im ©injelnen bie oou ihm entwicfelten ^rinjtpien
jut Ausführung gebracht hat, fönnen wir bod) biefem fchon jefct bie 2tnerfennung
nicht »erfaaen, baß biefeS partielle Neformmerf einen fühnen unb boch jtel*
bewußten Schritt auf ber SÖalm einer gefunben ©ntwicfelung beS franjöfifchen
StrafproaeffeS bebeutet. 3nbem bie franaöfifche ©efefcgebung fich mit ben aner*
fannten $rinjipien ber beften neueften Strafproacßorbnungen in Ueberemfhm*
mung au fefcen bemüht ift unb auf bie bisherige ifolirte ©ntwicflung 93crjid)t
leiftet, macht fie ein fowohl ftcb wie biejenigen ©efetaebungen, beren SBorbilb
fie folgt, gewiß et)renbeS 3«9cftänbniß, baS oon bem Stanbpunft einer möglicbft
gleichmäßigen (Sntwicfelung beS StrafprojeßrechtS in ben oerfchiebenen ctoilifirten
Staaten im Sntereffe ber Gulturgemeinfcbaft mit ©enugthuung begrüßt
werben fann.
Di
I
Ute itüdtnrirlmng 5er (Betfloshranhdett ttitd Straf-
Knmündidkett
(§§.51. 55. <2t. ©.£.).
auf bn* XljatbeftöubSincrfttMl bcr gieret, baS drlaugtfcin mittete einer
ffrafbaren §anblung (§. 259.), baS ^crgcljcu bed nun SHcljrcren begangenen
$audfriebcubrudj8 unb ber in gleicher SBcife begangenen Mrbertoerlefcnng
(§§. 123. Slbf.3, 223». Gt«.»).
&on &crrn Sanbridjtcr ®. §crbft in SanbSbcrg a. 23.
1. Die ad)tjäl)rige G. h>tte bem 6., bei bem fic in pflege bcftnbltd) war,
eine erheblichere ©elbfummc weggenommen, unb biefe an if>re Butter, bic fic
einige 3ctt banad) befuebt fyatte, auSgchänbigt. ©egen bie wegen Hehlerei 311
jiuci oerfdnebenen WMtn oorbeftrafte Butter bcr (&. roar bie Unterfudjung
wegen Hehlerei auä ben &?. 259. 261. 262. 6t. @. eröffnet worben. 3>t
bcr <gauj)tucrljanblung würbe bic 2lngeflagte wegen Unterfcblagung ocrurtfjeilt.
2. $)ie boc^betagte i. war unter ©rfc^einungen uerftorben, welche ben
58erbad)t fdjutbfjafter ÜNitwirfung dritter an bem £obe entfteljen liefen. 2)ie
angefteüten Ermittlungen betätigten biefe Slnnabme mdjt, lieferten aber ben
9tadjweia bafür f bafj bic X. von iljren ©nfellinbcrn 21. u. *ü. in gröblichftcr unb
rotjfter 2Beife nti^anbelt worben. $n ber gegen Icfctere wegen gerne iufcfcaftlid)
begangener Äörperoerle&ung eingeleiteten Unterfudjung würbe bie Semeiäfrage, ob
ba3 eine ber beibeu @ntelfinber 20. jur 3^it ber Begebung bcr in grage tretenben
s JNi|I)anblungen baä zwölfte fiebenäialn: bereite oollenbet, oernetnt.
3. ©egen <L unb 3). war bie 2(nflage wegen gcmeinfd&aftlid) begangenen
#au§friebenöbrud>8 erhoben worben. 3)cr Verlauf bcr ntünbltajcn ^erljanblung
führte jur ^Bejahung ber ftrage, bajj 2). jur 3cit bcr Segeljung ber §anblung
fiep in einem guftanbe franfbaftcr Störung bcr ©eifteStfjätigfeit befunben, butd;
welken feine freie äßillenSbeftimmung auSgef Stoffen war.
$iefe, tbcils oor bem ^nfrafttreten ber 3). 6t. $roj. D., tljeilS unter
bcr §crrf#aft bcr Unteren jur Slburtyeilung gelangten gäUe bürften bereits
geeignet fein, bic praftifdje SBcbeutung unb $olgewid)tigfctt ber aufgeworfenen
fragen barjut^un. Sie £eran$iehuug beS ÜJiilitärftrafgcfe^oS, inäbeionbere ber
47. 115. bafelbft, unb bcr bort wefentlich. wetbenbe (Siuflufi beä SJefefjte auf
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3>te fRütfwirfung ber ÖctfteStranl^eit unb ©crafunmünbigtett \\$
bte frrafrechtlidhc ^oroftcriftrung würbe in Veranlaffung beS SSacht- unb
Patrouille * fcienfkS bte pcaftiidje Vebeutung beS ber geseilten ftrage oer*
meintlich ju ©runbe liegenben SJJrtnjipS betätigen. 1 )
3n bem ftalle 511 1. würbe an ©teile ber nach §. 261. 6t. ©. SB. in
Slntrag gebrauten 3ud)thauSfirafe aus §. 246. bafelbfi auf ©efängntfi erfannt.
gii ber Slnflagcfacbe 511 2. breite es ftdj, nachbem bte erft in ber §aupt*
oerljanblung ftreitig geworbene #rage ber 3 e ü btx ben ©egenftanb ber 2lnflage
bUbenbcn X^at ju ©unfien beS 58. entfehieben worben, in Ermangelung eine«
Straf antrage« ber X. um ftretfpredfmng, bcjüehungSweife nach SJtojjgabe beS
§. 259. ber 6t. $roj. D. um ©infteüung beS Verfahrens gegen ben 18 jährigen,
liatangeflagtcn V. ober um Verurteilung aus bem oon einem 6trafantrage
unabhängigen §. 223 a. 9t 6t. @. V.
3n ber 2tnflagefache ju 3. enblidf} ^onbelte eS ndn, beim Vorliegen eines
redjtjeittgen 6trafantragcS gegen ben 3Jtitangeflagten (£., um bie gtyirung eines
6traffafceS oon einer aßodfje bis ju einem ^abre, ober bie 2lrbitrirung eines
6trafmaBeS in ben ®ren§en oon einem Sage bis $u brei s JJtonaten bejichungS*
weife einer ©elbftrafe bis $u 3(X) maxi
2)er 6traffaII ju 1. fw* in ber münbltchen Verhanblung eine t^atfädjlic^e
Umänberung überhaupt nicht erfahren. $n ©entäfehett ber jefct mafegebenben
§§. 204. 205. ber 6t. $ro*. £>. hätte bie bemnädjfte ftrafred&tiid&e (S^aratterifirung
ber $hat bereit« bem IrröffnungSbefdhluffe ju ©runbe gelegt werben muffen, min*
beftenS tonnen.
3n ben fällen ju 2. unb 3. bagegen ift eine fold&e mefentliche Umgeftal*
tung beS tljatfächlichen Material« eingetreten. ©rft burch baS ©rgebnife ber
§auptoert)anblung ift in Abweichung, ja im Sßiberfpruch mit ben bisherigen
termittelungen für bargetfmn erachtet worben, bafj bie in ben ©tnjelheiten Oes
Vorgang« unb ben bcgleitenben llmftänben fonfretifirten, unb mit ben ben ®e*
genftanb ber 2lnflage bilbenben öanblungen erfichtlid) ibenttfehen SDti&hanbtungen*)
bereits in einer früheren $tit ftattgeljabt, §u melier ber SDJitangeflagte V., ber
überbicS ausweislich beS fpäter bef Rafften ©eburtSattefleS in ber Voroernehmung
fein ©eburtsjahr unrichtig angegeben, baS jwölfte SebenSjahr noch nicht oollenbet
hatte. Ungleichen mar in ber llnterfuchung ju 3. trofc ber oorgängigen pou&ev
liehen Vernehmung beS r. baS Vorhanbenfein einer ©eifteSfranfheit beS ßefcteren
auch nicht einmal behauptet, gefdf>weige nachweisbar gemacht worben.
£)ie 2öieberfehr berartiger (£rfdjeinungen ift nach Einführung ber
6t. ^03. 0. oermeintlidh erfreulicher 2öeife feltener, nicht aber auSgefdhloffen.
25er oorgängigen Vernehmung ungeachtet, würben erfahrungSmäfeig oon bem
2tngcflagten bic erheblichen %\)at\aa)tn unb ©inwenbungen erft in ber $aupt*
1) Saß SWilitftrftrafgcfebbu* fcfieifcet au§trücfli<f> bon bem 3)ienftbcjcl)le ben „$efef)t in
2)ien^fa4en" unb begreift nad) bei »uSbructSttjeife bet iDiotioc (ipöutgbauö @. 81) na^ mtli=
tänfä« tjertBnnnli^et 6»ta^n>eife unter erftcrent jeben »efel)l irgenb eines militArifdjen SJor»
gefegten, unter teuerem nur benjenigen Sefept eines bienfllid) Vorgelebten, welcher eine Xicufi-
augelegenbeit berrint." Der ftrafauSfdjuefeenbc §. 47. betrifft, ebenfö n?ic ber §. 92. Tl. ©t. ®. 99-
nur $efeble in 3)ienftfacben.
Sie auöfübrung ScbUtje'S, JebrbuA 6. 97, babin, bafj e§ im 2RititätPanbc eine ^fli^t
be« unbebingten (btmben) öeb,orfam*J gebe, fowic bie ?tntnertung »on 2JleroeS im ^anbbudie
SB. 3. ®. 1011 SRot 2., ba§ ber Untergebene, wenn er ficb, ber ©träfe be3 Ibeilncbmerö ent»
Steden »ifl, bem SBefcble ungeborfam fem muß, ft£b baburd) aber ben in ben §§. 92. ff. ange-
broljten Strafen be« Ungeborfamö auäfefet, bebarf bemnad) ber dmfepräntung. öergL 5.
ketter, Wtlttarfrrafgefeebud) II. «uftagc e. 90, „»eil bie ^fliefct be« ©eb,orfamö bann aufbort,
wenn fie mit böbereu s 4ifljd!ten in ^olltfion tommt."
2) Uebcr bie Sbentität ber ©traftbat trotj abweidjenber 3ci*^cfhwmung »ergl. Üoeme, bie
@L ^roj. C. §.263. 5Rot 3a. ©.640, in gleiten @. 477 9iot 30.; ©dnoarje, dommentar *ur
©t ^ro 3 . JO. ©. 363, 423; Oppenboff, ©trafterfabren ©. 4 ülot 14., ©. 8 «ot 24., ©. 161
Mot. 2., ©. 234 Hot & :c
%x$it> 1880. 2. $cft. 8
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H4: Äüdtoirlung ber ©eißeSfranHjeit unb ©trafunraiinbigteit.
oerhanblung geltenb, unb bic roefentUdjiten <Sntlafhing3$eugen häufig crft nad)
eingeleiteter Ünterfuchung namhaft gemalt. $a, im geroiffen Sinne liegt bie
(Srjdjeinung in ber Statur ber Sache begrünbet, bafe ber mit ben begleitenben
Umftänben ber Xljat am ©enaueften oertraute Angeflagte au£ ben bie Auflage
ftügenöen Behauptungen unb ben barüber in Jöejug genommenen ©eroeiSraitteln
bie fia) barbietenben Sdnoäcbcn unb bie hiergegen mit Erfolg ju rid)tenben An-
griffe entnimmt.
3)aju fommt, bajj nad) §. 77. beS ®. 33. @. bie Straffammer mit
fünf, bie iöefd)lufefammer aber mit brei Üttitgliebem befefet, unb bafe nad) §. 23.
Abf. 3. ber 6t. $roj. 0. ber SJeric^terftatter in ber 33efd)luf$fammer oon ber
■äKitioirfung in ber Straffammer auSgefd)loffen ifl. Angenommen, bie 3Hehrbett
ber 3)fitgueber ber 53cfd)luj3fammer bejaht — abgefeljen oon ber auch in ben
SDlotioen (oergl. ßoeroe a. a. 0. 6. 554, unb 6d)toarje 6. 348) als faa>
gemäfe gebilligten @rroägung, jtoeifelhafte fragen ber (§ntfd)eibunc| beS erfen*
nenben ftu$tex£ ju überladen — in Üebercinfhmmung mit ber (Staatsanwalt*
fdjaft bie eine ober anbere, für bie ftrafrcdjtUdje Gharafterifirung bireft ober
inbireft toefentlichc 53eroeiS; ober 9tcd)tSfragc, bic oon ben in ber Straffammer
hinjutretenben Drei 3Jiitgliebcm , ober in 8erü(ffid)tigung beS §. 262. ber
St. ^roj. 0. auc^ nur oon ^roei berfclbcn, im entgegengefe^ten Sinne entfefaie*
ben roirb, fo bürfte heraus bereits bie Folgerung abfliegen, bafe aus ben &e*
ftimmungen ber ©t. $roj. 0., inSbefonbere aus ben SBorfdjrtften ber §§. 152.
201. 204. 263. 266. bafelbft ein irgenbroie AuSfölag gebenber Anwalt für bie
bcarifflidje Sprung beS AuSbructS „ftrafbare §anblung" im Sinne beS ©traf'
gefefce« nid)t $u entnehmen ift. 2He StaatSauioaltfcbaft ergebt nach 3Jtoftgabc
öeS §. 152. 6t. Sßroa. 0. bie Anflöge, unb bie Sefchlufefammer eröffnet in ©e*
mäjfyeit ber §§. 2. 201. bafelbft bie Untcrfudjuna,, roeil ihrer Anficht jufolge bie
Segnahme beS ©eibeS bura) bie acr)tjäcjrigc 6. )ich als ftrafbare ^anblung bar*
ftellt, ober ber bem Xhäter eines AntragSoergehenS nriffentlid) geletftete ©etftanb,
um benfclben ber Seftrafung $u entziehen, ungeachtet beS wegen beS Antrag«*
oergehenS nicht geftellten Antrag^, [ich a & ciiic ftrafbare §anblung im 6inne
öcS §. 257. % 6t. ©. Jö. chatafterifirt, 3 ) roährenb bie Straffammer bei abweichenber
Auffaffung in ooüftänbiger Uebereinftimmung mit Den §§. 263. 266. St. $roj. D.
ju einer anberen frrarred)tlid)en ^Beurteilung ber $hat, beuehungSroeife jur
greifpredjung beS Angesagten gelangt, ©afe bie für crioiefen angenommene
Xhat im ©inne beS §. 266. 6t $ro$. 0. für bie Anflagebehörbe unb bie
5Befd)lufefammer „nothioenbiger 2öeife" eine ftrafbare §anblung ift, erfcheint
aua) in 5öerücf|id)tigung ber oben angebeuteten praftifdjen (Srtoägung ber 3Jto*
tioe jutreffenb. 2)afe aber biete %t)at an fid) ober auch nur für ben Spruch*
riebter eine ftrafbare JpanDlung ift, mit anberen Sorten, bajj feine ftrafred)tliche
Auffaffung mit ber ber StaatSantoaltfd)aft unb Sefchlufefammer übereinfrimmen
folle unb müffe, biefer Annahme unb ben barauS etwa abjuleitenben Scblufj*
folgerungen treten bereits bie mehrcitirten §§. 204. 263. 266., welche bie flJiög*
lichfeit berartiger abroeid;enber Auffaffungen jur SßorauSfcfcung haben, btirch*
greifenb entgegen.
S)ie in ber Unterfuchung ju 1. eingelegte Sfteoifion rourbe, leiber ohne
(Sntfcheibung in ber Sache, auS formellem ©runbe jurüefgeroiefen. GS mag
bemnad) aua) biefe ^rage eine nochmalige Erörterung tyte pnben. 4 )
3) Stagl. SJitttet, ^antbu* 8. 3, @. 739; Oppentioff, §. 257; ötp«, im öcri*tSfaal
33. 27. 6. 3U8 ff.; unt »omämlid) «inUing, tie Motmtn unb iljre Uebertretung 33. n. ©. 4ÖH
9iot 680., ©. 565 ff. 2C.
4) ©cridjtöfaal, 33. 29. ©.379 ff., 429 ff.; »ergL ». Suri, §tt>\vct\ unb »egünftigung cbenbo
©. 31; »inbmg a. o. O. @. 573.
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^
2>tc fflüdtttttung ber ©cifteSttanfljeit utrt> ©trafaraniurtrigtcit H5
L
Sa« bic ©rforberniife beS §. 259. 6t. ®. 33. oerneinenbe Urteil fufet
im 2öefemlid)en auf folgenber Vegrünbung:
SDie Sinnahme einer ©ttaftyat bebingt, „bafj ber 2>cltft£begriff burd) einen
hanblungäfähigen lüicni dien oenuirflidn", Dan baS in Erfüllung be£ Sljatbeftanbes
Wcf d;cl)cnc burd) ein juredmungäfähige«, menfd)Ucheä ^nbioibuum oerurfacht ift.
2üid) baä X^atbeftanbömerfmal „ftrafbare jpanblung" im Sinne be8 §. 259. hat
bie „VerroirEliajung eine« rechtlich releoanten ä8illen$" jur bebingenben Vorauf
ie&ung, unb bie) cm VegriffSerforbernife genügt nad) 2luffaffung unb 2tnorbnung
bee dt. 6t. ®. Jb. bie äihllenSfähigfeit unb 2Menj8u)ätigfeit bc$ £inbe£ unter
12 <3(u)ren nid)t. dnäbefonbere erhellt aus ben 3Jcotioen ju ben §§. 51. 55. La,
ohne bafj bie 2i5ortfat)ung ber beregten Vorfdjriftcn entgegentritt, bafe im 5>eutfd)en
6trafgefefc „bie VerftanbeSreife'', „einfiel", „^nteUigenj" al$ ein« ber ©runb*
erforbemiffe ber 3ured)nung8fähigfeit anerfannt unb bie biefem ©rforbernifj er-
mangelnbe 6trafunmünbigfcit, unter gleichzeitiger gefc^geberifdjer girirung einer
iJUtcr^grenje, al£ (Srunb mancjelnber ^uredmungSfähigfeit aufgeteilt ift. Siefer
Langel mad)t (in ber hier fraglichen fubjectioen «ejiclrnng) ba£ s Botten beö
achtjährigen Äinbe« ju einem im <öinne be3 6trafrechU8 bebeutungalofen, ben
Sillen 5u einem nid)t releoanten, unb entzieht ber U$ermirflid)ung biefeö MllenS
in ber älufeenroeU, ber Xfmt, ben Gharafter einer ftraf baren «ganblung, fo baß
fid) „an feine £fjat eine Hehlerei nidjt anfd)liefjen fann."
S)em gegenüber foll nun bie Ableitung beä ^Begriffs „ftrafbare §anbluna/'
auö allgemeinen t^eoretifa)en Strafrechtägrunbfä&en unftatt^aft fein, fo lange ftd)
au$ bem 6trafgefefc eine fiebere Vegriffäbeftiramung ergiebt.*)
(&& foll inhaltlich beffelben Strafunmünbigfett mit Unjurechnungsfctyigfeit
nid)t ibenttfd), fonbem bie jöegrenjung ber ftrafrcd)tlid;en Verfolgung auätoeislidj
ber 2JJotioe nur beatialb geschehen fem, mal jüngeren Ätnbern muthmafclich
bie jur erfolgreichen ueberroinbung oerbred)erifa)er triebe nothioenbigc moralifd)e
ü)iberftanbfl|(u)igfeit abgebt.
ii& foll enblich — unb bie Raffung ber §§. 51. bü& 54. im ©egenfafee
ju ber beä §. 55. foü. mit Sicherheit biefe 2luffaffung beftätigen, — bie ^anblung
eine« ftrafunmünbigen Ätinbeä, welche objeftio bie 2)terfmale einer mit Strafe
bebrohten Xi)at enthält, fid) immerhin aü8 ftraf bare ajaraftcrifiren, fofern nur
fefügeft eilt wirb, ba& ber jugenbliche %t)ättx bereit« fo weit entroicfelt mar,
um bie Unerlaubt^eit feiner §anblung eingehen, mäl;renb, fad« Untere« uer-
neint mirb, allerbingö oon einer ftrafbaren ^anblung hier cbenforoemg bie Siebe
fein fann, wie bei bemjenigen, beffen freie 25MUen£bcftimmung burd) ©eifte3^
franft^eit ober S^^B au^gefchloffen ift.
^m Ülnfchlufe an ben oorliegenben ftall fei juuadjft in thatfäd)Ud)cr
jiehung bemerft, baß eine ^eftftellung ber (Anficht ber achtjährigen @. in bem
oorangegebenen 6inne nid)t ftattgehabt unb nicht ftatthaben tonnte, roeil beren
üüorlaöung unb Vernehmung oon feiner 6eite für erforberlid) eradjtet mar.
Unbebenllich ift in red)tlid)er SBejielmng zugeben, bafe 6trafunmünbig^
feit mit Unguredmung£fäl)igfeit nicht gleichbebeutenb ift. SDic 6trafunmünbigfeit
bejiehungÄioeife bie mit ü)r oerfnü^fte Verftanbeöunrcife ftellt fid) oielmehr al«
eine ber Verurfaa)ung«u)eifen ber ^uredjnung^unfähigfeit, bie 6trafmünbigfeit
aiä ein£ ber (Srforbemiffe bar, oon ber bie ^urechnungSfähigfeit abhängig ift.
S)em entfpred)enb wirb aud) in ber gegenteiligen 2lu«führung fogar anerfannt,
bajj unter Uraftänben bie 6trafunmünbigfeit 3u^d}nung«unfähigfeit hcrbeU
führe. S)ie $rage, ob etwa „bic ^nteUigcnj, mit (Sinfdjlufc ber erforbcrlidjcn
5) »crgL au$ (»eh^tfitaal ». 30. 6. 305 jc.
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l\Q ' 3>ie Slü<ftt>irtung ber ©djteöttantfjcit unb @tra[unmnnbigteit
9ieife, als alleinige Vcbingung ber 3urechnungSfäljigfeit aufgefteflt roerben
fann", 6 ) würbe an lieh Die tfntfcheibung in feiner äßeife bebingen. ®enn bie
Verlegung Des ©duuerpunfteS in Die 3n lc ßi9 en 3r bie anDererfettS als „Ginficht"
(Jöeiüujtffein, Unter fcheiDungSoermögenv) als „baS UnterfcheibungSoermögen",
b. I). Die jälngf cit eines ^nbtoibuumsj, Die Vefchaffcnheit, Verhältniffe unb folgen
feiner £anDlungcn $u erfennen (libertas judicii)«), als „Sßflichtfähigfeit" ») neben
bem „prartifdjen Elemente, Der ^JiUfür (Freiheit, fya()igfett ber ©clbftbeftimmung,
Freiheit ber UittllenSbeftimmung) k." erforbert roirD, roürDe, falls fic nicht cor*
tjanDen, nicht minber not^menbig sur Verneinung ber 3urcdntung$fälngfeit unb
Der Daraus abfliefeenben Äoniequenjen Einleiten. ÜiJo^l aber erhellt aus jenem
t^eilroeifen 3ugeftanbnif, bafe iebenfaUd bie Söortfaffung ber §.51.55. 6t. ©. V.
ber abroeichenDen Sluffaffung einen faltbaren SluSgangS* unb ©tüfcpunft ju lie*
fern nic^t im Staube ift. $>enn jur VegrünDung ber Sinnahme, ba§ bei ber
mefjrberegten fteftftellung einer unjureichenDen geiftigen (Snttoicfelung Des jugenb*
liefen £jjäter£ eine ftrafbare £anDlung nicht oorliege, Fann boeb. nur lebigltch
unb allein, ba ber §. 51. fid) auf ben 3 u f tan b ber Veroufettofigfett unb franf*
Ijaften Störung ber ©eifteSüjätigfcit befchränft, auf ben bie ©trafunmünbigfeit
behanbelnben §. 55. 1. c. Ve$ug genommen roerben. 3Öenn nun beffen Wortlaut
in cinjelnen ^äücn unb unter gereiften Umftänben bie (Sharafterifirung Der Ztyat
als ftrafbare .üanblung auSfchltefjt, fo fann jebenfallS bie 2öortfaffung ber Vor*
fchrift, Der jeDe UntertcheiDung fremb ift, ein VeroeiSmtttel nicht liefern, unb
minDeftenS Der Verallgemeinerung nicht entgegenftehen, bafj barin bie ©trafun*
münbigfeit fa)lea)t()in als UujuredjnungSfätügfeitSgrunb anerfannt morben ift.
55er §. 55. enthält benn aua) feiner Raffung nach barüber, ob bie %fyat bcS
©trafunmünbigen eine ftrafbare ^anblung fei ober nicht, überhaupt nichts. ©r
orbnet nur an, bajs Die ftrafrea)tlia)e Verfolgung beS noch nicht jro elfjährigen
^nbioibuumS unjuläffig ift, olme fia) barüber auSjufpredjen, aus welchem (drunbe
biefe Verfolgung unterbleiben foll. SDer 21 im ahme bafc baS noch nicht §mölf
3al)re alte Kinb jurechnungSunfähig, Dafi fein Xtyun fidj beSfjalb als ftrafbare
»Qanblung nidu Darftelle, unD bafe Dalmer bie ftrafredjtliaje Verfolgung ju unter-
bleiben l>at, fteljt bemnaa) ber Wortlaut nicht entgegen, ^a, bie 2)iotioe beftä*
tigen oermeintlia) Die Michtigfeit Diefer Folgerungen als bie Dem §. 55. &u ©runDe
liegenben.
SDtc 3Diotiue $u ben beregten Paragraphen, auf bie auch gegnerifdjerfeits
Vejug genommen wirb, unb bie bcstmlb in ausführlicherer ®cftalt Slufna^me
finben mögen, lauten bah in:
§. öl. „(iinen großen Vorjug für bie 9tedf)tfprechung mürbe es nun un*
oerfennbar barbieten, roenn es möglich roarc £ biefe 3luSfchliefeungSgrünbe (ber
freien 2öillenSbcftimmung) in einem )o feft umfehriebenen Shatbeftanbc
hinäufteücn, bafj ber 3iia)ter im einjelnen gallc nur baS Vorhanbenfein btefeS
XhatbcftanDcS $u ermitteln ^ätte, oon Denen baS ©efefc im Voraus unb gauj
allgemein entfchieDen ^ätte f Daß DaDurch Die 3 ure ^ nun 9^fÄ^igfcit unD
folgeroeife Die ©trafbarfeit auS^efchloffen fei."
„SDaS stecht beS btaateS, gegen Den Verbrecher nicht blofe
©icherheitSmafsregcln ju ergreifen, fonDern ihn $u ftrafen, beruht auf bem allge^
mein menf glichen Uru)eile, bafe ber gereifte unb geiftig gefunbe iDienfdh aus*
reichenbe 2ÖillenSfraft habe, um bie Antriebe su ftrafbaren .^anblungen nieber--
juhalten unb Dem allgemeinen SRechtSbewujjtfein gemä| su hanbeln."
6) ferner, ©runt^e DcS ^rcu6if*en «ccfttS §. «8. ©. 60.
7) SDicijer, l'c^rbiu^ t>t& fieutidjen 6ttatrcc^t» B. 144, 146.
8) o. &rafu>febuig ( ?e^rbuc^ ber gcridjtlidjen ^fpd)opatb,ologie 6.21. S5ergt. ferner ©cttcbfcg-
faal ». 29. 6. 385 unb Die bort (Stritten.
9) »inbing a. a. O. S. 54 ff., inöbefonbetc ©. 7u fi.
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ÜHe SRüoftoirfung ber (BkifUSlrantbeit unb ©rrafunmünbigteit. 117
\
Äu §. 55. „Da£ preufnfdje @trafgefefcbu<b macbt bic frrafredjtlidje Set*
folgbarfett eines 3J?enfd)eit nidjt oon einem beftimmten ScbenSalter abbängig.
3m ©egenfafce ^ierju bat bte roiffenfd&aftlid&e Deputatton fid) in ausführlicher
^Begutachtung bafür erflärt:
bafc e3 ratbfam erlerne, bei 3uroiberbanblungen gegen Strafgefefee
bie ©trafbarfeit einc3 3Jlcnfd&cn erft mit bem jroölften 2eben§ja^re
eintreten ju Iaffcn, unb bic Seftrafung von 3"roiberbanblun(;en
in einem früheren Lebensalter lebiglid) ber $au£ti$en 3 uc b* 5 U
überlaffcn — jeboeb mit ber ÜDfafjgabe, baft bic fompetente Scbörbe
bur(b ba<8 (SefctJ ermächtigt roerbe, *u beftimmen, ob ber Slngcfcbut
bigte einer ©ratebungS* ober SBeffcrung^anftalt für ocrroaf)rloftc
Äinber $u überroeifen fei. 9
Der §. 55. fd»lteftt fidj biefem ©utaebten an, unb fct)rt babureb, bafc
er annimmt, ber 2J?cnfcb ermangele biä }u einem gereiften fiebenS*
alter einer ftrafrecbtltcben äurcd&nungöfäljigfcit überhaupt, ju ber
beutf$ted)tli(&en Sluffatfung surücf."
3um 2luSbrucf gelangt finb biefe ÜKotiuc bann in ber $orfd)rift be£
§. 55. bafnn
„3Her bei SBegclntng ber .^anblung ba$ jroölfte l'cbcnSjabr niebt noll*
enbet bat, fann rocgen berfelben nid)t ftrafrccbtltd) uerfolgt roerben."
Darin liegen nermeintlicb bic betben Folgerungen beftimmt genug auSge*
fprod&cn, baß bic 6trafunmünbigfeit 3«^ea^nungSunfdl;tgfcit bea,rünbct, unb
bafj biefe 6trafunmünbigfcit unb folgeroetfe bic 3urcä)nungäunfäbigfcit aus*
nabmSloS biß jum oollenbetcn sroölften £cbcn$jabre anbauert.
Die 3J?otioc befagen nid)t$ barüber, bafe etroa nur jüngeren flinbern —
ooraiuSgcfe^t, bafe baruntcr ntebt alle Äinbcr unter 12 ^abren fcblecbtbin r>cr^
fianben roerben f ollen — bie jur Uebcrroinbung oerbreeberifeber Antriebe erfor*
berlicbc moraltfd)C SibcrftanbSfäbigfeit abgebe, bcjiebungSrocifc baf? biefe 3ßiber>
ftanbsfäbigfeit ibneu nur mutbmafjticb ermangele, unb bie tbatfäcblicbc SBiberlcgung
biefer SBcrmutbung unb bie gegenteilige ftcftftellung im einjclnfalle möglich, ja
überbaust juläffiq fei. Dtcfer inSbcfonbere auch oon Oppcnboff, Gommentar,
7. 3lufl., S. 122 ftote 3. oertretenen 2lnficbt bürften ftd) SBortlaut unb ©egrün-
bung ber mebrbcrcgten Siorfcbrift gleich fehroerroiegeno cntgcgcnftcllcn.
üftag ba§ im §. 5(5. 6t. ©. 93. »orgefebene Kriterium jureidjenber ctbtfcbcr
unb intcllcftucllcr 2lu$bilbung unb Gntroicflung, bic jur Grfcnntnifj ber Straf*
barfett ber $bat crforberlta^e ßinfiebt bic allcrbingS, rocnigficnÄ nach ber
Suffaffung bc§ 6trafgefefcbuch£, ucrmcintlidj al3 ein« ber demente ber 3 urc( b*
nungSfäbigfctt ftcb barftellt — 10 ) baS sutreffenbe fein ober nidjt, mag fernerinn
bie ^ragc, ob unb rocla)e ?llterggrcnäc als 9lnfangSpunft ber 3urea^nung5fdbtg^
10) Skrd. fc. SKetjer a. a. C. <3. 146, «erner a. a. 0. @5. 162: ©Aülje Sc^rbu^ @, 12.'5;
®crid)töfaat S. 29. <£. 385 unb 444, foroic bte bortigen Sitatc. Ginfdjräntcnt' Cinting a. a. O.
@. HO ff. „öntweber nämlid) fieben ftc bic sur Gr!cnntni6 ber @tra|barteit einer Ibat cr-
forbertiebe Giuftdjt aU et» aügemcineö Wequifit ter SuredjmmgSfäbigteit nur gclegcntlicb tcr
Crttfibnung biefer ^erfonenftafien au§brücflKf) ^cr»or, geben alfo won einem falfcb'cn begriff ber
3ureAuung3?a&igtett auö. ober fte »erlangen für bie Strafbarfeit biefer beiben ^crfoncnltaffen
anfjer ber .gurecDnung^fStrigteit (in richtiger Untgrenjung) noef» alö v .ßluä bic ^abigteit jur Cr-
fennttrifj ber Wecbtöfötgen ibrer »ibcrTcaStücben öanblungcn SBenn man fieb. aber »er-
gegennjSrtigt :c, fo wirb man nid>t länger aweifcibaft bleiben, bafj eine foldje feine Difttnltion,
bic fic bie jweitc Auslegung in bic unb 58. bincinträgt, biefen »öllig fremb ift, unb bafi
fid) biefe erftäreu an« ber üblidien falfcben ©ejiefjung ber 3 urcc b nun 9 § fäbigteit ftatt auf bie
Worin auf baö „ftrafgcfet<lid)e Verbot ber ipanbtung." So »erlangt baß ©efeß für bic
SPeTtrafung iugenblidjcr unb taubftummer ^erfonen/ n>ie auch, allein riditig, niebt mebr al« ibre
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1 1 g Die Mtfteirhmg ber ©cifteStrantfait unb Srrafunmünbigtcit.
fett |u firiren ift, de lege ferenda eine offene fein. 11 ) 3n bem in ©eltung be*
finblicben Straftest ift bie Folgerung, baft 6trafunmünbtgfeit 3uredmung3*
unfäbigfeit begrünbet, gejogen, gleid)oiel, ob ber barauS 511 fotmulirenbe SJegriff
ber 3üred)nung£fäbigfeit ein rid&ttger ober unnötiger, mi eng ober ju rocit
ift. ^nbaltlicb* ber angejogenen Sflotioe ermangelt ba3 menfd>lid&e Snbioibuum
bis ju einem geroijfen SebenSaltet ber ftrafretbtlidjen 3urecbnung8fäbtgfeit über*
baupt. Unb biefe Folgerung ift nidjt etwa eine mutfjma&Udje, in jebem einjel*
nen ftalle ber fteftftellung bureb befonbereUnterfucbung bebürftige bejicbungSroeifc
eine foldje überhaupt aulaffenbe, fonbern fic ift in ©eftalt einer unangreifbaren
unb unroibcrlegbaren 2lnorbnung auäbrücflidj au3g,efprod)en, eS ift eine SllterS*
grenje firtrt unb bejttglid) ber innerbalb biefer jettlicben ©renjpunfte ftebenben
^nbioibuen eine ridjterlidje 9tad)prüfung pofitio au8gefd)loffen. „©erabe ba£ (Snt*
fdjeibenbe, mann fie (bie 3uredjnung3fäf)igfeit) ba ift, mann niebt, bem Stifter
*u fagen, ift aber für ben ©efefcgeber röegen ber (Somplicirtf>eit unb ^einbeit
oeS Begriffs fo febroierig, bafe cS baS ©eratbenfte fein bürfte, auf einen folgen
Söerfud) ooUftänbig ju oerjia)ten unb nur bie 9Uterj&grcn$e ju ftatuiren,
bis su roeldjer abfolute ©elif tSurtf ä^tgf ett angenommen roerben
f oll." (SBinbing.) 93id jum oollenbeten zwölften Sebengjabre gilt ba$ geifttg
noeb fo entroicfelte Jlinb, baS auSgefprodjcnfte SBunberfinb, in fttafred&tlidjem
©inne al$ nurea^nungäunfä^ig, unb erft oon biefem SllterStermin ab tritt bie
ricbterlidje 9tad>prüfung unb ^eftftettung in ftrage unb ©eltung. ©erabe baS
„praftifaje Strafrecbt" bietet alfo oermeintlid) ber bem §. 55. St. ©. unter«
gelegten 8d)cibung in oerfdjicbene ©rabftufen feinen 9taum, unb bie etroaige
^eftfteHung äurcid)cnber „pfnd&ifa^er ©ntroitfelung, um bie Uncrlaubtbeit ber
$anblung eingeben", — ein SHerfmal, ba« überbieS geroife nidjt geeignet ift,
bie „Gomplicirtbeit unb ^einbeit" be8 begriff« ber auretfnungSräbigfeit *u löfen
unb flar su legen — bürfte nid)t nur überflüfftg, fonbern unjuläffig erfajeinen.
2lUerbing8 ift nun oon bem Ober* Tribunal in bem (SrfenntniB 00m
3. 9)iai 1872 auSgefprod&en. ,s ) „bafe bie i^ugenb beS ZfyatexS niebt feine 3 Us
rccbnunggfäbtgfeit unb bamit bie ftrafbare £anblung, fonbern nur feine 6traf*
barfeit befeitigt, alfo jeber SBebeutung für bie <5trafbarfeit ber $b*ilnef)mer
entbebrt."
3nbe& biefer 2lu3fprud) entfebetbet, aber löft nid&t bie #ragc ber ftraf*
reajtlia^en Sebeutung ber Strafunmünbigfett. Qx roeidbt fernerhin, mag aueb
Oppcnboff in ber mebreitirten iftote 3. anerfennt, oon bem in ber @ntfd)etbung
beffelben ©ericbt3f>of$ 00m 3. 3ßoo. 1874 (SRcd&tfpr. b. 0. 93. 15. 6. 734) aner*
fannten ©runbfafce, „bafi aud) ber jenige, melier fid) einer anberen ^erfon, bie
roegen ibreä jügcnblidjcn SlltcrS ftraf red)tltd) übcrljaupt nia)t oer*
folgt roerben fann, in ber angegebenen 2lrt als medianifdbeg s Htittel jur
2Iu^fübrung einer an fidt> ftrafbaren ^panblung bebtent, in ScMig auf biefe
.^anblung reebtlid) alä> Xbäter ju betrauten ift", ab, unb ftefyt mit ber ©nt-
fa^eibung be« roürttembergifa^en (SaifationSljofS 00m 29/31. 2)ej. 1875 im
3Biberfprud). ")
6elbft ber in Sejug genommenen ßntfdjeibung 00m 3. üftai 1872 liegt
aber erftdjtlidj bie Folgerung ju ©runbe, bafe, fall« bie 6trafunmünbigfeit bie
11) Sergl. (Scib 2. e. 69 ff.; für tie Wotfa>eirt>tfltttt bet «Uet^grenjc ». Ärafft*©bing
a. a. O. S. 35, 37, 41, 43 ic, „ba reo teilt 2Utcr3tertmn ber beginnenben ^raftedjtlidben 35er
antwortliditeit feftgefc^t ijl iftrantreid)), ergeben fieb benogenöroertbe UJhfiftänbe in ber iKccbt
fpreiung."
12) ÜR. b. O. »■ 13. 6. 293, *r*h> 33. 20. ©. 249. 2>a8 »on «Binbing a. a. C. B. 573
Wot. 837. femerbin angejogene ©rtenntnifi Dorn 2. 3){ai 1873, itR. b. O. ». 14. & 332 betrifft
bie rütfn>irtenbc 53cteurung ber 3trafloftgteit bc$ Äntragftoergebenö im 0tnne beä §. 247. @t. @. 3?.
13) Sicrgt. «inbing am tjorangefübrten Orte; ^immerle 2)eutfcbe ^trafgcric^tö-'lJrariö @. 55.
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Sie Wfidwhlung btt ®eifte8ttanHjeit unb ©trafunmünbigteit \\Q
3ured)nungSfäl)igfeit beseitigt, bie eharafterifirung ber £hat beS Strafunmün*
bigen als „ftrafbare §anblung" auSgcfcbloffen erfcheint.
Ucbereinftimmung bcrrfdht übrauSndjtlicb ioo^I barüber, bafe, nad) ber
SluSbrucfSroeife BinbtngS, 14 ) baS Strafgefc&budh „ftraflofe ftrafbare £anblungen
fennt", bajj „ber SäuSbrucf „ftrafbare £anblung" boppelftnnig balb baS ftrafbare,
bolb baS ftraflofe Selift bejetdfmet". ^nbem Strafgefefc als folgern, im ©egen*
fab ju ben in ihm btreft ober inbirett anerfannten „allgemeinen theoretifchen
StrafredhtSgrunbfätsen", ifi beS&alb aud& eine ameifclsfreie BegriffSbeftimmung
beS mebr beregten 2(uSbru<fS ftcherltdb nicht enthalten.
3n gleicher Söeife erfcheint fernerhin bie Annahme gerechtfertigt, bajj fidh
ber Segriff ber 3uredhnungSfäl)tgfcit jroar aus ben Befttmraungen beS Straf*
gefefceS erfcbliepen läfct, bajj er aber in bemfelben nic^t ftrirt unb befinirt ift.
aber barauf hin roirb boc^ eine Behauptung etroa bahin, bafc baS beutfdfje
Strafgefeb. biefeS ©runbpfeilerS beS Strafrechts überhaupt ermangele, faum auf*
gefteUt werben fönnen.
2Rit s Jtedjt weift d. £olbenbotff in feinem §anbbu<f>e barauf bin, bafc
baS beutfc&e Strafgefefebucb feinen ^all ber erlaubten £öbtung erroätme, baj?
nach ber 5 fl ff UT Hl ocä ©efcbeS jebe abftchtlicbe Söbtung, abgefehen oon ben
fällen ber SRotbroehr, beS -DtothftanbeÄ u. f. ro., alfo beifpielSroeife bie Boll*
ftredfung ber SobeSftrafe, eine oerbreeberif che , bafe ber ^echtSroibrigfett ber
<panblung nicht befonberS gebadet, bafj biefelbe aber unjmeifelhaft oom ©efebgeber
oorauSgejefct fei. ») ®ie nämliche BorauSfcbung gilt aber minbeftenS im gleiten
Umfange in Setreff ber 3uttdmung§fäf)igfeü\ Bezüglich ihrer unb in bem bie
Spejtaioortchriften umfaffenben unb beherrfdhenben allgemeinen %f)tik unter ber
ÜRubrif: ©rünbe, welche bie Strafe auSfcbliefjen, fogar pofittoe 2lnhaltcpunfte
com ©efefegeber auSbrücfltch aufgefteUt, unb bie oben angeführten a)iotioe beftä*
tigen oermeintlich, bafe inhaltlich berfelben bie unter jenen Straf auSfchlie&ungS*
grünben neben ber ©eifteSfrantlieit enthaltene Strafunmünbigfeit als 3 ure( h nun i$*
unfäl)igfeitSgrunb hat anerfannt roerben follen. Unb biefe 2luffaffung ber SUtotioe
bürftc als bie jutreffenbe erf cremen.
(SS ift an einer anberen Stelle bie eingeljenbere Begrünbung oerfudht
toorben, baft bie SBillenSbeftimmung unb 2BilIenSbethätigung beS Strafunmün*
bigen ben ©rforberniffen eine* ftrafred&tlidj „releoauten" 2SoUenS nic^t enlfprieht.'«)
§anblung ift Betätigung beS 5BtllenS, Berförperung ber USillenSbcftim*
raung. 3)ie SBUIenSbeftimmung, baS inhaltliche SBoHen, roitb bebingt bureb bie
unter 37iitroirfung ber Selbfibeftimmung oor fich gehenbe 9J?otioation ber SSinenS'
Fraft. 2)aö ÜJiotio erroädhü au5 bem Obfiegen, bem 3"* * ^errfchaftgelangen
ber einroirfenben Sorftcllung gegenüber ben roiberftrebenben Sorftellungen. S5te
Befähigung ju biefen rechtzeitigen unb jureichenben ®egen* unb MlfSoorfiellun*
gen, bie baö Obfiegen ber 2lnrci$e unb triebe ju ftrafbaren .panblungen als
geeignete ©egenreijc unb ©egengeroidhte oerbinbem, fyabtn bie (rntroicfelung ber
feelifchen Anlagen unb Vermögen beS Kentens, ^ühlenÄ unb SöoüenS bis ju
einem c^eroiffen SDurchfchnittSmanc, bie 9lu«bilbung ber Serftanbe«« unb @emütf)3*
reife bu8 ju einem geroiffen S)urchfd)nittögrabe jur SorauSfe^ung („@tnfuf}t",
„^flidhtfäbigfeit")- 9iur ein biefen drforberniffen entfpredhenbeS, bem Sorhan*
benfein biefer Befähigung entftammenbeS ©ollen fommt im Strafgefefebuch, tnfo>
fern e« ftch um bie Strafbarfeit eines ShunS unb nicht um ben Straffchub
gegen eine ^anblung breht, als bebeutungSoolleS überhaupt in Betracht. Siefc
14) a. m. ät. Orte @. 4<j9, 9iot 680.
15) »• 3. ©. 422; öergl. SBmbina S. 1. ©. 51.
16) ÖmcbtSfaal 33. 29. @. 382 ff., 444 ff., fcic bortigen Gitate öornämli* ergfinjen
Mtrcf) bie SBejugnaeime auf S9inbing§ formen unb ibxt Ucbertretung 1. 6. 135, 138; *. 2.
Ö. 1 ff., 26, 35, 40 ff., 54, 56, 70 ff , 77 ff., 466, 467, 573.
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120 3)u ytütfttirtuttg ber dkifteStrantbeit unb €>trafunmünbig(eit.
ba« SBefen beS SBollenS toefentlich becinftuffenbe BerflanbeS* unb ©emüthSreife,
bic SBorauSfefcung beS ftrafrechtuch releoanten 3BoffenS ermangelt bem ßinbe,
unb jroar ermangelt fie bemfelben nach ber 2luffaffung beS StrafgefefceS fehlest-
hin unb ausnahmslos MS zum oollenbetcn zwölften Lebensjahre.
®iefe 2luffaffung bürfte fernerhin in nachftehenber ©rtoägung eine nicht
umoefentlichc Unterftü^ung ftnben.
Störungen unb Hemmungen pfnchifchßt (mtroicfclung in ©cftalt beS Stäb*
finnS unb tjocfgrabtgen SchroachfinnS finb als ©eifteSfranfheiten, als ^uftänbc
franfhaftcr Störung ber ©etfleSthätigfeit, burdj welche bic freie SBiHenSbeftim*
mung auSgefchloffen roirb, anerfannt. 17 ) S)ic (frfcheinungSformen unb Sethäti*
gungSioeifcn, meiere bic Unfcüjigfeit pfndufcher Seiftungen biefer ©eifteSgefiörten
fennzeichnen, fefjren nun bei ben tinbern toieber. 2)ic Unficherbeit unb Unflar*
tjeit beS etfufchen SeroufetfeinS, baS reflerartige $anbcln auf unmittelbar finnliche
dinbrüefe unb Slnreijungen, ber s Dtangel ber Selbftbehcrrfdjung, baS fehlen zu*
retchenber Äcnntntfj ber Slufeenroelt, bic Unfähigfeit zur 2lbfrraftton, bie Verlang*
famung beS 2)enfprozeffeS, bic Trägheit ber ^beenoerbinbung. bie Unzulänglich
feit rechtzeitig cingreifenber unb zur öerrfchaft gclangenber öülfS* unb ©egen*
oorftcllungen — in biefer SÖeife äufeert fidt) bic Äinbljeit unb ber Schroachftnn,
unb mit 9ledt)t fagt man uon ben ©chraadjfinnigen, bafj fie auf ber ©ntroicfelungS
ftufe ber Äinbhett ocrblieben. £)iefc ©leichartigfeit ber (Srfdjeinungen roeift oon
felbft auf eine ftrafredjtlidje ©leicbftellung beS SchroachfinnS unb ber ittnbheit
Inn. ©eibe, Äinber unb Scbro achfinnige, bezeichnen bie angeführten SDtotioe benn
aud) als jurechnungäunfähig, unb nur ber Unterfchieb maltet ob, bafc ber
Schroachfinn unb folgeroeifc bie UnzurcchnungSfäbigfeit ber geftfteüung in jebem
(Einzelfalle bebarf, roährenb baS Äinb, unberüeffichtigt um bie pfijdjifche £eiftungS*
fähigfeit im dtnzelnfatle, fchlechtfurt unb ausnahmslos bis zur firirten 2llterS*
grenze ber Sinnahme ber UnzurcdjnungSfähigfeit oerfällt.
211S roefentlicheS 2fterfmat, ats 2;h a t° c f tan o^moment fefet ber §. 259.
St. ©. S. baS ©rlangtfein mittelft einer frrafbaren £anblung oorauS. Xljäter
einer „fdfmlbhaftcn , rechtSoerletjenben, mit Strafe bebrobten" ftanblung, einer
„frrafbaren" im Sinne beS §. 259. Eann nur ein menfchlicbcS ^nbtoibuum, unb
roieberum nur ein zu einem ftrafredjtlid; rcleoanten SöoHen befähigtes, ein
bcliftfähigeS menfchlicheS Snbioibuum fein. 2>iefe Befähigung crmangelt bem
noch nicht zwölfjährigen, unb fomit zurechnungSunfähigen Äinbe. Sein $hun
entfällt bamit bem Segriff ber ftraf baren £>anblung, „feine Sugcnb macht cS un*
möglich, bafc fidt) an feine £hat eine Hehlerei anfchliefet." ,8 )
SDic fich nahe Iegenbe, aber unzutreffenbe ^bentificirung beS Sftenfdjen
mit einem zurechnungsfähigen 9)tenfcf)en in Serbinbung mit ber 2hatia$e, bafj
bie pfndfufchc (Sntroidfclung beS ÄinbeS nicht fpnmgrocile, fonbern ganz allmälig
fich ooüzieht unb fomit in ber (rrfd^cinungS* unb änfchauunaSform beö täglichen
ficbcnS bie @nb* unb 2lnfangSpunftc ber oon bem ©cfe&gcbcr in ber ^irirung
beS 2llterSterminS gezogenen ©renze in einanber oerlaufen, bn{5 [ich barin bic
Äluft oerbeeft, roelche bie ©rabftufen beS zurechnungsfähigen unb unzurechnungS*
fähigen SöolIenS in ber firirten 2tltcrSgrenze fehetbet, ift eS oermeintlich, tocldt)e
fich unroiflfürlid^ ber Annahme entgegenfiellt , baj? ftraf restlich ber SÖJiße beS
ÄinbeS bis zum zwölften SebcnSjabre tn fubjeftioer Beziehung nur unb nur als
Littel in ber £anb eines bcliftSfähigcn ^nbioibuumS in gragc fommt.")
17) ». StrafftfCbing a. a. O. &. 46 ff., Strjccsta 5>anfcbud) ». 2. S. 254.
18) ©Utting @. 573 a. a. O., öergt. au* t>. »uri ÖericfttÄfaal ». 29. &. 14 ff., ™$
befonberc S. 31.
19) SBetgL bc^ügtieb ber ftcb in betreff ber ©tratunmünbigteit in iHttctficbt auf bic gcfctjlicbc
Hlter^orenje 'erübrigenben ?rcfnleUung bc§ Unxurcdinungäfäbigtcitägrunbcö in ©cfklt ber ©eifte§.
trantbcit ©criAtSfaal a. a. O- ®. 1W, 387, 441.
„aöerbingS beftebt ebenfo wenig eine fdwrfc ©renje jwifeben ber geifligen ©efunbbcit unb
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3>ie fRücfttnrttmg ber ©cifltfltranl^ett imb ©trafunmünbigleit. \2\
3Mefclbe Styätigfeit, bic 9Begnaf)me einer frcmbcn beioeglid&en 6a<$e *c
burdj ein oieriäljrigeS Äinb ober gor burdj ein toof)lbreffirte3 Stüter oerübt, fjat
ein Sebcnfen in ber ftrofredjtlidjen (Sf)arafterifirung ber Xtyotfadje nie entfielen
laffen. Unb bodf) ftitb bie $fmtfad()en, oenoirflic^t burdj ein niebt jtoölfjäf)rige$
Äinb, ein abgerichtetes $&ier ober einen fünfilid) fjergefkUten Automaten, ftraf*
reebtlicf) glcidjbebeutenb. Sfadj ba8 oerförperte SBoUen beS ÄinbeS gehört bem
3ufaU an.»)
IL
SÄan fdt>cibet befanntlidd bie „notbroenbige", „begriffsmäßige" Xhetlnaljme
oon ber „jufälltgen", „rairf lieben". $n bem SBerfe: „bie notfjroenbige Xgeilnaljme
om Skrbrecfren", §. 54. S. 326 ff. bie e#te begrtffämäjjige SBerbrecbermcbrbeit
in bie ©ruppen „be3 gegenfeitigen 3ufammemoirfen!8'' un ^ o u j ammen ,
toirfenS in einfeitiger Dichtung" fdjeibenb, jäljlt Sd&ü$e erftcrer ben 3toeifampf,
bie Seftedjung, bie ^erbredjen unb SSergetyen on ber @|e unb an ber $efd>led)ts*
fittlidtfcit ju, roäbrenb er ber jweiten Äategorie ben Auflauf, 2lufruf)r unb an*
bere oertoanbte $crgef)cn, — beren 2tuf5äl)lung er im £ef)rbuä)e burdj Seaug*
nabme auf bic §§. 115. 116. 122. 83. 124. 125. 128. ff. St. ©. 33. oerooll*
ftänbigt — überroeift, bagegen bie ftalle, in benen bie 3Jtetyrf>eit ber 9Jiitf<$ulbigen
eine lebigtid) fonfrete ober faftifdje, nidjt eine „begriffsmäßige" ifi, als ber ,,2tn=»
roenbung ber allgemeinen ©runbfäfce ber ^erbrecfjerfonfurrena fdjon nad> ber
berrfcfyenbcn Sebre oerfallenb" austreibet. ,,8cgriff3mä&ig'', fo {abliefet er bic
foflematiicbe lleberftdjt. „ift nämltcb nur erforberlicb bic ujätige Süetbetligung
einer getotffen Wlefyxtyit an bemjenigen £f)atafte, an melden ber Verbrechens-
begriff gefnüpft ift . . . 2BefentIid)e $orau3fe§ung be£ codc. necessarius ift
eine getoüfe 3WeI;r^eit äufammcnioirfenbcr (Subjefte, nidjt eine 2)?ctjrt)eit oon
«erbrecf>im."
$te golgeridjtigfcit biefer 2luffaffung erfennen ©euer unb SJtener 3 ')
an: fie geben, too^l in Uebereinftimmung mit Scproarse, n ) inSbefonbere ju,
ba§ ein ü)?itfd)ulboerl)ältni§ be£ einen ÜJfttbetyciligtcn betfpielStoeife bei ben
UnjudjtSoerbredjen in $olge UnjurcdmungSfälngfeit au3gefd)loffcn fein fann.
©erabe hierauf aber grünben beibe 9ted)t£lef)rer ben fennjeid)nenbcn Untcrfdjicb
ber fogenannten nottjioenbigen, begriffsmäßigen £f)eilnal)me oon ber zufälligen,
roirfliqjen Sfjcilnafjme, inbem fie {jeroorljeben, bafe nur fdjeinbar eine SJtjcilnntjmc
oorliegt, toenn nur einem ober gar feinem ber an ber Uebeltfjat Söetfjetligten
eine oerbrecberifdje 6d)ulb jur Saft fällt.
2)afj bic mangclnbe Ermittelung ober Ucbcrfiujrung beS 9)titbctI)CÜigten,
fcer Ocifkstrantbeit, wie jttnfdjcn @efutit)^cit unb ftrantbeit auf bem rein fomatifdjcn öebtetc,
unb bort »rie bter fommen ^uftanbe »or, »on benen jid) mit ©idjerbeit mdjt wirb beftimmen
Icnlen, ob btefelben no* in ter breite ber GSefunbbeit liegen, ober als trantbafte bereits be»
Idqnct »erben muffen" ((gtrjecjita ^anbbu* S. 2. €5. 226).
20) SBinbing a. a. O. 3»>.
21) öanbbud» *. 3. ©• 324, (rrgänjungen S3. 4. ©. 141; ß. Detter i'e^rbud) @. 194.
22) (Sotnmcutar ©. 142 „gelbjivcrftänbticb ifi r»om Comctott ntd)t bie SRebe, wenn ber
Ibatbe^anb be§ Delitz an ft^ jirci ^erfonen al5 2Sjäter »orauSfefet, 3. ©. 2/ncU, Gticbrudi,
Bigamie, S3efte(bimg jc. (fogen. ronourRus necessarius) — oie SBerbrc*en be§ ÄnfntbrS unb be«
9tuflaufS icycu eine iUch.^tin oon ^erfonen borauä; bei bem 2>uelle ic. finb jebodi begriff lid) nur
jnxi 'llcrfonen tbätig, bei oem aufrubre ic. eine unbeftimmte aJcclirjabt; bort tocrtörp'ert ftd) baS
25clilt glcidjfam in ben beiten Xfjfitern, bier nimmt bic »cremte Xbätigteit ber XbStcr nad)
tftußcu, rabem bie öanbtung tcS Cinjclnen an ftd) frrafbar, in bem 3ufammcnn?irfcn mit ^Inbcren
einen fd)tr>erercn Cparattcr an, n?cldier ben ©efcUgeber befthnmte, ein befonbereS SBergeben ju
ftatuiren. ^ierburd» n?irb nidjt auägcfdjloifcn, ba§ einer ber 2l)äter wegen UnäurecbnungSfäbigteit
oter au§ irgenb einem anberen Omnbc jirafto« ausgebt."
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122 ®« ÄftAmrhmg ber (BttfteStranfyett unb 6traftmmünbig!rit.
bejfen 3:ob ober flucht ben Segriff bet nothroenbigen Sheilnabme, ebenfo roie
ben ber imrllidjen unberührt läßt, bebarf nid^t ber Segrünbung.
SBobl ober brangt ftch bic ftrage auf, ob jene Folgerung, baß nur eine
getoiffe HJlebrbeit jufammenroirfenber 6ubjefte, nicht eine 2Jle§rf)eit uon 23er*
brevem erforbert roirb, baß bie Unjurec^nungjgfä^igfeit eine« ber 2Hitbetheiligten
für ben 33erbrechen«begriff einflußlos ift, auch bezüglich ber hier jur Erörterung
gezogenen ©traffäüe gilt.
5£>tc §§. 123. 2Ibf. 3. unD 223a. et. @. 33. befhmmen:
3ft bie £anblung non einer mit SBaffen oerfehenen Sßerfon
ober non Mehreren gemeinfehaftlich beaangen roorben, fo
tritt ©efängnißftrafe »on Einer 2öod)e bis m Einem ^ahre ein.
3ft bie Körperoerlefcung mtttelft einer Söaffe, in«befonbere eines
Keffers ober eine« anberen gefährlichen SBerfjeug«, ober mittelfi
eine« fnnterliftigen UeberfaH«, ober oon Mehreren gemeinfehaft»
Iic^, ober mittel^ einer ba« £eben gefährbenben «ehanblung be*
gangen, fo tritt ©efängnißftrafe nicht unter jroei SHonaten ein.
$n Uebcreinitimmung hiermit bebt femer ber §. 119. bie gemcinfchaftliche
99egeljung ber SSiberfe&lichfeit gegen ftorftbeamte Jt burdj Mehrere, ber §. 293.
bie in gleicher Seife erfolgte SBegefuing be« SagboergeljenS unter befonberer
6trafanbrofning beroor, roäbrenb nach §. 6. 9lr. 1. beS 5 or ft°* c &f ta ^9 e f c fe eä
neben ber ©elbftrafe auf ©efängnißftrafe erfannt roerben fann, wenn ber ^orft«
biebftaljl oon brei ober mehr ^erfonen in gemein fchaftltcber SluSfübrung begau*
gen ift, unb nach §• 2. beS ftelb* unb ^orftpolijeigefe^e« biefelbe SorauSfefeung
für bie ©trafjumcljung al« SchärfungSgrunb in Betracht fommt.
Enthalten biefe ©trafoorfchriften bie 3SotauSfefcungen ber gälle ber fog.
nothroenbigen Xtyiinahmc?
Schon hinrtchtlich ber obigen sroeiten ©ruppe echter Sierbrechermehrbeit,
ber „ftälle einfettigen Mammcntoirfen« 4 ', machte 6cf)ü|e ("Jiothroenbige Xbeil*
nähme, 6. 368 ff.) mit Siecht geltenb, baß „bie 23egriff«mäßigfett biefer Wehr«
heit auf praftifcher, nicht logifcher 3Jafi« beruhe", baß „ber ©runb, rocS^alb
ba« ©trafgefefc für jene SJichrbeitSthatafte nicbtSbcftoroeniger befonbere
Vergehen aufftettt, nicht ein logifcher, fonbern ein praftifcher ifl", unb er
fügte hinju:
„2luch h^ r forbert, wenngleich au« ganj anberem ©runbc al« bei jener
erften ©ruppe, ba« (Strafrecht begriffsmäßig für Ein Vergehen eine Mehrheit
oon oerbrecherif<§ jufammenroirfenben ©ubjeften, unb $toar folgen, unter
benen minbeften« einige al« ÜKittbäter erfcheinen."
E« liegt außerhalb ber h^r gefteeften ©renjen, ju unterfuchen, ob unb
in roie fem biefe SBcrfcbiebenbeit bc« ©runbeS bie barau« abfließenben $olge*
rungen beeinflußt unb umgeftaltct. ©elbft ba« für bie ©ruppe be« SlufruhrS,
Auflauf« 2c. fo roefentliche ÜJkrfmal ber 3ufammenrottung be§iehung«roeife ber
3ufammenrottung m einer s JJccnfcf)enmenge, — ba« oermeintlich in Söejiehung
auf bie erforbcrliche Slnjahl ber mitroirtenben ^erfonen ber thatfächlichen Er*
tuägung anheimfällt, in iöejiebung auf bie erforberliche ÜJcitioirfung«roetfe biefer
Mehrheit oon ^erfonen aber in bem s JBefcn ber aWitthaterfchaft rourjelt, — fehlt
ben h^r fraglichen fällen be« gemeinfcf>af Hieben £au«frieben«bruchS unb gc*
meinfehaftlicher 5törperoerle&ung, unb roeber SÖortlaut, noch SfnhQlt, @^ nn un0
^ufammenhang ber beregten 6trafoorfchriften bieten jur jfonffcuftion al« be^
griff«mäßige 33?ehrheit«oergehen einen preichenben 3lnhalt.
9lUerbtng« finb in ber fachlich getoiß jutreffenben Entfdjeibung oom
29. 3)Zai 1877 ■) bie 6ä^e au«gefprochen, baf ber §. 223a. fich nicht al« eine,
23) «rdito -£>. 3. 535, öergt. SimmetU a. a. O. ®. 157, yir. 65.
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SR ilrftßtrf uiifl bcr (^ciftc^f T&nfbcit unb Streif untnünttcifcit 1 O Q
mit bcr leisten oorfäfclidjen ßörper»erle|}ung oerbunbene unb nur als ein ©traf*
fdjärfungSgrunb berfelben ju betra*tenbe $iSpofition, toie e$ bei ber Sefiimmung
beS 2lbf. 2. beS §. 223. ber %a\l ift, c&arafterifirt, bie ßlaffe ber fogenannten
gefährlichen Äörpen>erle$unaen uielmebr als ein oon bem ©egriff ber leisten
Hörperoerlel3ungen generifch oerfcbiebeneS 2)elift befteht.
S)iefe (Sntfcbeibung, roeldje fi* auf bie Verneinung ber 9tothroenbtgfett
eine« Antrag« im ftalle beS §. 223a. 91. 6t. ©. $8. befdjränft, präjubijtrt aber
bie i)kv offene ftrage na* ber dualifairung als begriffsmäßiges 3J?ct>rtjcitöoer*
geben erfi*tli* garnt*t. Tonn na* ber weiteren 2luSfübrung berfelben @nt*
Reibung beruht baS biefeS 2)eltft oon ber leisten unb f*rocren körpert>erle{jung
tennjei*nenb f*eibenbe 3Jioment „auf ber gefährlt*en 2trt ber Begebung".
3nt)altli* beS §. 223a. ift aber bafjelbe $>elift au* ofme 3Ritroirtung einer
Mehrheit oon ^erfonen, fernerhin mittelfi einer SBaffe, mittelft ^interlifttgen
UeberfallS 2c. begehbar. 2>er Segriff biefer 35erbre*enSform tann alfo eine
3Jk^t^ett mitroirfenber ^erfonen ni*t erforbem.
SBobl überctnftimmenb roirb baS in ben §§^ 123. 223 a. roieberfehrenbe
XlwtbeftanbSmeTfmal benn au* auSbrücfli* als 3Jiittbäterf*aft im ©inne beS
§. 47. ©t. ©. 8. aufgefaßt unb bejetd^net; **) unb bamit unterfällt eS ber aU*
gemeinen Siegel. 211« fol*eS ftcUt eS n* aber oermeintli* re*t eigentli* ni*t
als S)eliftS*, fonbern als ©traf bar!eitS*ÜJter total bar, 85 ) unb jroar in bem
boppelten ©tnne, baß eS einerfeitS bie 9Ri*t*9iotbroenbtgfett beS ©traf antragt,
anbererfeitS bie (Srböbung ber ©trafbebrobung beffelben DeliftS jur $olge bat.
2Bie in bem §. 223. 2Xbf. 2. baS :Ceru>anbif*aftS*$erbältmß ju bcr oerle&ten
^Jerfon, fo ift in bem §. 223 a. bie «egebungSroeife als ©traff*ärfungSgrunb
aufgehellt roorben. 3)ie SluSfübrungSroeife ber ©traftljat ift -fpejialiftrt roorben;
bie beliftli*en Momente felbfi aber haben, roie au* bie 2Bortfaffung ber be*
regten ©trafgefe^e: „$ft bie §anblung" unb ,,3ft bie Äörperoerlefcung" „begann
gen", beftätigt, etne begriffliche Umänberung ni*t erfahren.
©inb bemna* bie allgemeinen ©runbfäfce ber Stl)eilnaljme, inSbefonbere ber
3Ritthäterf*aft entf*eibenb, fo wirft ft* bie ftrage auf, in roel*er SBeife baS
in ben fraglt*en ©trafgefefcen jum 2;t)atbeftanbSmerfmal — im ©egentafc jum
S5eliftSmerrmal — erhobene Moment ber TOtljäteriajaft bur* bie 3ure*nungS
unfäijigfeit beS mitroirfenben 3)titbetlpeiligten beeinflußt wirb?
2)er ©runbfa^, bafe bie ^cifpred)ung beS fiauptur^eberS au* bie beS
Xl)eilnel;merS jur Jolge bat, finbet auf bie Stiturbeber feine 2lnroenbung M ), —
biefe 2luffaffung rotrb taum einen begrünbeten SBBiberfprudj erfahren, glei*oiel
auf roel*en ®runb fiel) biefe ^reifpre*ung jurücffüljrt. 6r fliefet einfa* auS
bem icau ab, baß eben nur etne f*einbare ^beilnnbme vorliegt
^)aß beSt)alb in ben Eingangs aufgeführten fällen bem a*t&et)n jährigen
21. bie Serübung einer Äörpcroerle|ung, unb bem geifteSgefunben, oollfinnigen 6.
bie 5ßollfübrung eines &auSfriebenSbru*S jur Saft fällt, bafe ftc Xfyättx ber
Vergeben ber §§. 223. unb 123. finb, erf*eint unbebenfli*. 2lber fie finb eben
audt) nur %f)üttv. S)er nt*t sroölfjäljrige 21. unb ber geifteStranfc 2). finb Wfc
ttjätige aber nt*t TOfd)ulbige.
24) »erfll. ©cftwaijc a. a. O. <&. 381 unt) ttr^ämungtit @. 29; Cweuboff §§. 123. 223 a;
Cr!, fceä Ob. flpp. ®cr. 3)re«ben »om 19. SKärj 18<7, ^immcxle a. a. O. 8. 157. CM bcö
CbcrtribunalS »om 10. October 1873, 24. fybxwx 1875, «t$n> ». 21. 6. 492, ». 23, @. 195 jc.
rfcan crfleren f?eifet tt: „2)ct «uötrutf gemcinfdjaftlicf) begeben im ©cblufefatje teS §. 123.
gleidjbebeuttnb mit bem «uättuef gcmcinfdiaftlicb ausführen im ©innc be« §. 47. <5L ®.
25) «inting 0. a. O. ». 1, ©. 103, 90, 9Zot. 166., 19. :c; SJofm im ©anbb'udj 53. 3. ©. 160.
26) «ritio ». 7. 8. 216.
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124 2Hc Mcfroirtung ber ®etfte3trantt)eit unb ©trafantnünbigtett.
2)enn ber §. 47. ©t. @. ®. befrimmt:
SBenn Ufte^rere eine ftrnfbare §anblung gemcinf^aftlid; ausführen,
fo nürb Sehet al$ £f)äter beftraft.
Uebereinfttmmung fyerrfdjt roo^l barüber, bafe bie 3ftittl)aterfd|aft im ©inne
ber üorctttrtcn sßorfc^rift ein fd)ulbfjafte8 3ufammenroirfen »JWefjrerer, eine
beroufetc unb gerooüte ©emeinfcbaftlidjfeit be$ nerbred&erifdjen Sillens unb feiner
SSerförperung bebingt. 87 ) 2>ie UnjuredjnungSfätgfeit be£ einen ber beiben SJttt*
t&ätigen 88 ) fdjliejjt bie 3Wöglid)feit einer folgen fdwlblmften SJlitroirfung aus. 29 )
2)ie Set^eiligung finft ju einer nur fdjeinbaren, in 2Birflidjfeit nid)t oortjan*
benen £t)eilnajmte j&erab; bie Xljätigfeit ber beiben menfd>lid)en ^nbinibuen lägt
nur in ber beliftSfctyigcn ^erfon bie $D)äterfd)aft befielen.
25er im §. 47. roieberfeljrenbe 2luSbrucf „ftrafbare £mnblung" ift begrifflief)
gleic&bebeutenb mit ber gleidjlautenben Sejeidmung im §. 259. @t. ®. !8. r bie
aus biefer begrifflichen Bcbeutung ad 1. gesogenen Folgerungen finben beSbalb
oermeintlia) in unoeränbertcr ©cftalt audj auf bie Ijicr fraglichen ^älle wu
roenbung.
55ie etwaige (Srroägung, ba§ in ber gleichzeitigen Senkung unb Söcr
iocrtf)ung beS UnsuredmungSfalngen burd) baS beliFtSfäbtge ^nbioibuum in bem
lederen fid) ein boppelteS 2BoUen unb beffen $errotrflicj)ung erfülle, crfa)etnt
unftattljaft. $enn bie Mtl)ätcrfd)aft hat bie gemeinfdjaftltdjc 2luSfübrung einer
ftrafbaren föanblung burd) Niedrere jur SBorauSfefcung. ©ie erfordert olfo bie
Qkrförperung jroeier an ftd) feibftftänbiger SiUenSridjtungcn. Sie aJtöglidjfcit,
in bem 3urecf)nung)8fälugen eine snuefadje Xljäterfdmft, cincrfcitS in ©eftalt ber
6elbftauSfül)rung unb anbcrcrfcttS in ber etwa gleid)3ettig burd) tlm in gorm
ber fogenannten 2(nftiftung oerurfadjtcn 2$erroirflid)ung eine« unjurec^nung«^
fähigen 2öoflen§ beS 9Jttttf)ätigen ju fonjentriren, fdjeitert beSbalb aud) bereits
baran, bafj eS bcrfelbe ucrbredjertfdjc 33StHc ift, ber als ein einheitlicher in ber
Serroirflidjung burd) ©clbftbegehung unb burd) gleidfojeitige ^crtuertlnmg beS
Unzurechnungsfähigen in bie (Srfd)einung tritt. $)ie Grroägung, baft bie gleid)
jeitige Beteiligung beS Jäters an berfelben <Straftfmt in ber ©cbulbform ber
Slnftiftung beS 9Jtittf)ätcrS bie 2lnnafmte einer mehrfachen fclbftftänbigen 3ßiUenS'
ridjtung unb bie 3uläffigfeit einer boppeltcn Wtrafung ausschliefet, 80 ) muß fjicr,
mo nur eine fdjeinbare ^^eilna^me uorliegt, in noch burd)greifenbcrer JÖeife Sin*
roenbung finben.
Sil« 2&atbeftanb3merfmal ift aber bie 9JJitthäterfd)aft in ben §§. 123. u.
223 a. 6t. ®. 8. auSbrütflicb aufgehellt. Sie SlnmenbbarCeit biefer Strafgcfctjc
bebingt alfo oor Stllem baS S3orf»änbenfein otefeS 3ÄerfmalS, baS eine erl)öl)te
6traffa§ung unb bie ©ebingungSlofigfeit ftrafredjtlidjer ©elangbarfeit jur ^olgc
Ijat. 3)ie in ber ©trafunmünbigfeit be5tel;ungSn)cife ber (SteifteSfranflieit mur >
jelnbc 3urea)nung«unfäl;igfeit beS S. unb S). bebt bejüglid) i^rer ben Betriff
ber ftrafbaren .^anblung, unb bamit ben ber gemeinfd&aftlidjen 2luSfü^rung einer
ftrafbaren .§anb'lung auf. 5ßeber ein ftrafreajtlid) in Betraft fommenber ®e"
fammtroiUe, nod) eine ©efammttfjat liegt uor.
27) §aelf<$ncr Si)(lcm 93. 1. 6. 375 ff., Semer Üetitbu^, ©. 193; ©Aütje ©. 144;
Oppen^oft Wot. 10. §. 47; ©diwaac a. a. O. ©. 14(); (»euer im fcanbbucf) 2. @. 407;
iütcDcr »5. 221; ^>al)u bcutf*e4 6trafgcfc|}bud> III. IlifL §. 47. s Jiot. 2. ic.
28) 2)aß beim SJorbanbenfciu gtocicr üelitt^f5bigcr SDiittljäter bie UnjuretönungSfabigleit
einer briUcn mütbätigen ^erfon ehiflttgtofi ift — »ergt. bie 9iot. 22. oben — erfefteint and) be*
jüglid) ber bicr fraglid?cn ftälle unbcbcnllid).
29) ö. üJJencr, @. 222; Opfcnljoff 9?ot. 2. 10. 13. jum §. 47.
30) CWcnbofi 5tot. 19. 47; $abn a. a. O. §. 47. ©. 52; §, 2Rei)cr a. a. O. 6. 220
9tot 11.; »ergt. bcjüglicri ber Sbeilnabme an einer ©traftbat unb ber fid) baran anfdjlicfteubcn
«egünfhgung unb £>cbterci ». «uri im e»crid)töfaat ». 28. ©. 206, ». 29. S. 34; öerjog
cbenba 30. @. 367 ff.
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2>ie ftüdwhrfuitg ber ©eifle^franttjcit «nb Gtrafumnttnbialeit. 125
3n ben bcibcn fällen $u 2. unb 3. ift eine Äörpernerlefcung burd) 21. unb
ein ^ausfriebenSbrud) burdfj G. oerübt, nid&t aber finb biete Vergeben oon
3Jtef)reren, bem 21. unb unb 6. unb $). gemeinfdjaftlicfj begangen. ©er
üDtangcl eines 6trafantrag$ gegen 2t. beteiligt bcö^alb bic ftrafrc<Jtlidje Verfol-
gung beffelben auef) auä §. 223., unb bic Un$ure$nung8fäf)igfcit bc£ f)at jur
,3olgc f bafj 6. nur aus §. 123. 2lbf. 1. wegen £au3meben$brud&!8 , bei betten
2ll)nöung bie 3Jiitlf)äligfcit bc8 2). al3 ftrafmeljrenbeS 2Jtomcnt innerhalb ber
Straf grenzen biefeö 2lbf. 1. ju berücf nötigen fein roirb, ftrafbar ifk-
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f eutfdje* $ ttafredjt
§. )72. @t. (B. B. llnsuläfiiöfeit 6es etrafantrages roegen (Ehebruchs
vor eingetretener Hecbtsrraft oee iE^efdjeiöungeerfenntntjTes.
(Stf. be<3 ID. erraffen- 3. 3™- 1880 c/a. SKüller unb c/a. 9iiecfe,
roobura) bie Sorentfchetbungen aufgehoben roorben finb.
I.
© r ü n b e.
$>ie etjefrau be« ©efchrocrbeftihrerS HR. fteflte am 15. 9Rai 1879 gegen
leiteten einen ©trafantrag roegen (SfjcbruchS unb Jtorperoerlefcung, gegen bic
2öittroe 28. einen ©trafantrag loegen ©hebruch«, erhob aua) gegen ihren (5r)c^
mann eine ßlage auf e^efc^eibung, erlangte aber bie ©cheibung erft im Sep-
tember 1879 nach einer auf ©nmb bcS rechtäfräftig geworbenen Urteils oom
2. äfiüi 1879 erfolgten ©ibeSleiftung. 9cachbcm hierauf ba3 fdjon eingeleitet
geroefene ©trafoerfahren roegen 6f)cbrud)3 gegen beibe 2lngeflagte unb roegen
coneurrirenber Äörperoerle$ung gegen ben ©efdjroerbefiitjrer burchgeführt roar,
uerurtr)eilte baS fianbgeridjt Bremen am 14. Oft. 1879 ben ^efehroerbeftihrer
roegen ©r/ebruc^S 3U einer 3ufafcfrr Q t c oon 'S 3Jionat ©efängntfj ju ber gleich*
jettig roegen tförpcrocrlefcung oerhängten Gmfa^ftrafe oon 4 3Jionat ©efängnifi,
bie aRitangeflagte 20. roegen @^ebrua)ä ju 2 Neonat ©efängnijj, unb beibe' 2ln<
geflagte ju ben Äoften.
$>er 83efc^roeTbefür)rer behauptet, bafi feine 3Serurtr)etlung roeaen (Ehe-
bruchs auf Verlegung einer SHedjtenorm beruhe, weil e$ in biefer Söesiehung
an einem gültigen ©traf antrage fehle, unb ba& feine Verurteilung roegen
tförperoerlejjung aufgehoben werben muffe, roeil babei bie ^Rechtsnormen über
ba3 «eroeiäoerfahren oerlefet roorben feien. 2>ie 2lngeflagte 3Ü. hat fem Rechts«
mittel oerfolgt.
Sie erfte Sefchroerbe be« 9Jc. tft begrünbet. Sei ber Auslegung be$
§. 61. 6t. ©. SB. ifl, foroeit e3 ftet) um bie 3cit hanbelt, in weiter cm ©traf*
autrag geftelll werben fann, baoon auszugehen, bat? jeber ©trafantrag, ba er
bie SJeroirfung einer ©trafoerfolgung bepeeft, jur sBorauSfetmng bat, bafj eine
©trafoerfolgung gcfefclich möglich fei, bafe er alfo mit rechtlicher Söirfung nicht
j^u einer 3 CU " gcftelö roerben fann, roo ber ©trafocrfolgung ein gcfc<ches
§inbemife im 2öcgc ficht. $a nun ber §. 172. @t. ©. bic ©trafoerfolgung
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Staufens ©trafrecht. (frteitntnifte beS föcl^Sgerifyä. 127
wegen Ehebruchs, außer oon bcm ©trafantrage b.S bcleibigten Regatten, nodh
baoon abhängig mad)t, bafe wegen ©hebrucbS bie @be gef Rieben fei (§. 69.
©t. ©. 53.), entbehrt ber uor ber ©Reibung gepeilte ©trafantrag jener Voraus*
fefcung ber 9Jlöglic^feÜ einer ©trafperfolgung, oon welker feine 9Strffamfeit
bebingt ift, unb mufc beShalb für wirtungSloS unb nichtig gehalten werben.
91 ad) erfolgter ©djeibung bat bie Gtyefrau ÜJi. einen ©trafantraa, nidjt geftellt.
(£S log alfo jur $eit oct Vcrurtheilung beS VefcbwerbeführerS em rechtlich m*
läffiger unb wirffamer ©trafantrag überhaupt nicht cor, unb burfte b<u)er Die
Verurteilung wegen (ShebrudjS nid^t auSgcfprothen werben.
Sie aus btefem ©runbe notbwenbige Slufhcbung beS porigen Urteil«,
fo weit baffelbe gegen ben Vefchwerbcfül)rer wegen @hebrud)S ergangen ift, mufe
ihre Söirfung auch auf bie wegen beffelben Vergehens perurtbeilte Söittwe 20.
erftreefen, obgleich biefelbe fein Rechtsmittel oerfolat hat. Senn bei ben 2ln*
tragSocrgehen gä^lt ber ©trafantrag ju ben oom ©traf gef e& normirten mate*
riellcn Vebingungen ber ©trafbarfeit, unb enthält, wenn fein gültiger ©trafantrag
porfyanben ift, bie bennod) auSgefprocbene Verurteilung eine ©efefceSocrlefcung
bei 2lnwenbung beS ©traf gef cfecS. £)a nun baS im Vorftebenben über ben
©trafantrag gegen ben Scfowerbefübrer ©efagte aud) auf bie SBittwe 2B. ju*
tritt/t, unb fia) baS oon jenem angefochtene Urteil auch auf biefc erfrreeft, fo
war in biefer Snftanj 3u erfennen, als ob bie SBittwe 28. gleichfalls bie 9teoifion
eingelegt ^ättc. (§. 397. ©t. $roj. D.)
(SS mufjte alfo baS porige Urteil, fo weit eS ben Vefdhwerbeführer unb
bie SBittwe 20. wegen (£\)tbiuä) oerurtheilt t)at r aufgehoben, unb infoweit, bcm
§. 394. ber ©t. ^roj. 0. gemäfj, auf greifpre^ung beiber »ngetlagten erfannt
roerben.
II.
© r ü n b e.
Sie 6l)e beS Kaufmann« 9i. mit feiner ©rjefrou, ber SJtitangeflagten %t.,
gebornen ©. ift burch bie glcid)lautenben (Srfenntniffe beS ©tabt* unb ÄreiS-
geridjts ju 9Ji. u. 6. 9)tär3 1878 unb 2lpp. ©er. bafelbft p. 7. Sej. I. 3. wegen
öcS pou ber 9Ritangeflagten jugeftanbenermafjen mit bem ÜWitangeflagten 9tcftau*
rateur ©. $u S JR. begangenen (fhebrua)S getrennt morben.
Sie TOangeflagte 91. hatte jwar gegen baS (Srf. II. Snftanj, welches ihr
unterm 11. %an. 1879 behänbigt worben war, baS ihr juftehenbe, oon ü)r als
91. V. bejeidhnete Rechtsmittel eingelegt, pgl. preufj. Verorbn. n. 14. Sej. 1833
(@. ©. ©.3021., 1.); — fowie §§. 15. 16. ber preufj. Verorbn. p. 21.3uli 1846
(®. ©. ©. 291), baffelbe aber nicht ber Vorfcbrift beS §. 17. baf. entfprecheub
innerhalb ber in §. 21. ber Verorbn. o. 14. Sej. 1833, §. 17. ber Verorbn. o.
21. %ul\ 1846 porgefdhriebenen $rift eingeführt unb gerechtfertigt. SaS ergan*
gene ©djeibungSurtel hat baher erft mit bem Ablaufe ber RechtSmittelfrift, alfo
mit bem 23. anärj 1879, bie ÄechtSfraft erlangt; oergl. bie 21. ©. 0. 2h- 1- $it 16.
§. 1.; ^lenarbefchlufe beS Ob. $rib. p. 18. gebr. 18Ö6 SR. ©t ©. 94).
Der (Shemann ber 9JiitangeIlagten 91. hat ben nach §• 172. beS 9L ©t. ©. V.
jur frrafredjtlichen Verfolgung wegen ©hebrudhs erforberlidhen Antrag gegen
beibe 2lngef tagte juerfl unterm 23. Slpril 1878 geftellt unb unterm 15./18. §ebr.
I 3., fpäterhin aber nicf>t wieberholt.
Ser Antrag auf ©trafoerfolgung ifl fonach geftellt worben, beoor bie 6he
wegen beS in 9iebe ftehenben ©hebru^S getrennt worben war.
Sie Vorberria)ter haben angenommen, bafe berfelbe redhtjeitig gejiellt fei,
weil eS nach VorfdnHft beS §. 61. beS ©t. ®. V. nur barauf an!omme, ob sur
3eit ber ©tellung beS Antrags ber Ehebruch, alfo bie in ftrage fommenbe £anb*
lung, bereits begangen gewefen fei.
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J28 -Deutle« 3twfre*t. (Srlenntmfie bei ttcuftdgericW.
2tuf biefe ©runblage t)tn ift bie Verurteilung ber Slngcflagten erfolgt.
$ie 9t. sö. behauptet Verlegung be3 ©efefceS, weil erft mit bcr rechts*
fräftig erfolgten Sc&eibung bie Strafbarfeit beä (jtyebrucba begrünbet unb ber
Antrag auf Strafoerfolgung fonaa) im oorliegenbcn gall oerfrübt fei.
2)ie 31 23. erfa)eint audj begrünbet.
S)ie breimonatlidt)e in §. 61. beS St. ©. 23. georbnete ifrift für ben 2ln*
trag auf ftrafrecbtlicbe Verfolgung eines SlntragSbeliftS beginnt mit bem Sage,
feit meinem ber 2lntrag3beredntgtc oon ber ^anblung unb ber ^erfon be$
Xljäter« Äenntnife erhalten bat- 5)cr Seginn ber grift fc^t mithin oorauä, ein*
mal, bafe bie in Siebe ftebenbe ftrafbare ^anblung nad) ibrem im ©efefcc oorge*
[ebenen ftrafreebtueben £t)atbcftanbe begangen unb fobann, bafe fte in biefem
ifjrem £fyatbeftanbe nad> sur tfenntnife bc£ SlntragSberecbtigtcn gelangt ift.
S)amacb fann juoörberft bie grage aufgeworfen wcrDen, ob nia)t bie ber
Straf beftimmung beS §. 172. be$ 9t. ©t. 0. 53. hinzugefügte 23ef$ränfung: „wenn
wegen be£ l&tytbvuxSfi bie @f)e gefdneben ift", eine 23ebingung für bie Straf-
barfeit biefe« 23erger)en£, nidjt bloS für bie Stattyaftigfeit ber Strafoerfolgung
barftcllt unb mitbin bem Sbatbcftanbe bcS (sbebrud)« feinem Segriffe nacb an*
gebort. S)arau8 mürbe bann gefolgert werben mü|)en, baß nidt)t bie begangene
$anblung ber Verlegung ber e^elicben treue, wcldje ben au£ ber fittli$cn ^er*
fc&ulbung bc3 %t)ättt& ^crjulcitcnben Strafgrunb für bie 23eftrafung be§ Gbe*
brudjS barbietet, an ft$, fonbern oielmeln- biefe £anblung, infofern auf @runb
berfelben bie (Sbe gef Rieben ift, ben Xtyatbeftonb be£ im §. 172. beS St. ®. 23.
oorgefebenen Vergeben« bilbe, unb bafj mitbin ein oor eingetretener 9iecbt3fraft
be$ Sa)eibungaurtbeil3 r beoor bie in s Jtebe ftebenbe ftrafbare $anMung bem
ganjen Umfange tyreS objeftioen XlmtbeftanbeS nad) oorlag, gefteüter Strafan*
trag ungeeignet erfc&eine, ben Ablauf ber in §. 61. baf. oorgefd&riebenen g-rift
ju binbern.
öür bie 23ejaf)ung ber aufgeroorfenen grage fann geltenb gemacht werben,
bajj jroar ber Strafantrag bc$ beteiligten, fobalb er oon bem ©efefce für er*
f orber lieb erachtet wirb, feiner überroiegenb prosenuaUfd)en 23ebeutung nacb ntcr)t
bie Strafbarfeit be8 Vergehens, fonbern lebiglid) bie 3utäffigfeit ber Strafoer^
folaung bebinge, bafj aber ein ©leidjeÄ nidjt oon einer in ba$ Strafgefefc fellift
aufgenommenen #orau3fe&ung gelten fönne, nad) roelcber bem fraglichen Ver-
geben ber Gbarafter eines öffentlichen S)elift£ nur bann beigelegt wirb, wenn e£
in feinem Erfolge bie Trennung ber @be tjerbeiaefü^rt bot.
£)iefer Sluffaffung finb eine SRctye oon dntfdjeibungen beutfdjer fjoebfter
©eridj&böfc, inSbefonbere aua) be3 Db. Xrib., foroie ja^lreicbc wiffenfdwftlicbc
Autoritäten gefolgt (oergl. Dppenl). ßomm. j. 9t. St. ©. 23., 7. 2lufl., ^r. 15.
su §. 172.; Grf. b. Db. Xrib. o. 19. #uni 1861, o. 20. ^an. 1869, o. 6. 9too. 1873;
Dppeiu). ^Mecbtfpr. 83b. 1. S. 450, *b. 10. S. 34, Sb. 14. S. 697; Scbmarje
bei o. §olfeenborff Sb. 3. S. 297, 300).
(£« fann inbeffen oon ber Seantroortung ber gebauten, in älUffenf^aft
unb s Jted)t«übung ftreitigen grage (oergl. u. a. (Srf. b. Ob. Xrib. o. 19. gebr. 1873;
Oppen^. 9lec^tfpr. »b. 14. S. 145; gr. Steuer, 6omm. a- §• 172. 9ir. 13.;
^ugo s JDZeoer, Strafrec^t S. 615) abgelesen werben, weil, oöllig ba^ingcftellt,
ob Die erfolgte Trennung ber (£l)e fidb nacb §• 172. beÄ St. ®. S. alä ein ©e*
fianbtt)eil beS Sbatbeftanbe« beÄ Sergeljen« bc« @l>ebrua)e3 barftcEt, in erfter
Üinie fdwn ber Umftanb alä entfd>eibenb ju erachten ift, ba§ ba« Strafgefefe bie
wegen beö ßt)ebrucb* erfolgte Sdjeibuna unjweifelbaft — wenn niebt al<8 eine
Sebingung ber Strafbarfeit, fo boa) jebentallS al« eine notfjwenbigc SorauS*
feuung bcr Strafoerfolgung erfennen läfjt.
^)ft nämlicb bie Strafoerfolgung unmittelbar burdt) ba« emfdjlagenöe
Strafgefe^ bis ju bem 3eitpunfte aü^gefcbloffen, ju welcbem bie @be gefebieben
ift, fo ergiebt fiel; barauS mit natürlia)er eonfequenj, bafj ber nacb §. 61. be3
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T - ' •
2>ottfc&<§ ©traftecfit. CSrtetmtniffe 1x9 SRritf3qeri<fct3. 19Q
6t. ©. 8. erforberlidje Hntrag, weldjer beftimmt ift, bic 6trafüerfolgung nach
SDtafjgabe beS ©efefceS herbeizuführen, inbalt* unb bebeutungSloS erfc&etnt, fo
lange er biefe 2Sirfung herbeizuführen nid>t geeignet ift, unb bajj mithin aus
entern berattigen oerfrübten Anträge weber 9iecbte hergeleitet, noa) s JtecbtSnacb*
t^eile baran gefnüpft werben tonnen, bajj er nicht geftellt ifi, beoor bie Sdjetbung
rechtskräftig reftftanb.
©leides folgt aus ber 9iatur eine« auf 6trafoerfolaung gerichteten Sin*
trageS audj in fo fern, als berfclbe ben SBillen beö Verewigten erfennen laffen
ntuB, bie Verfolgung ber fraglichen 6traftbat nach SJcafcgabe beS 6trafgefei&eS
alsbalb herbeizuführen unb fonach nicht non bem Eintritte einer Vebingung, alfo
auch n '4t ^on bem noch ungewiffen eingreifen ber fänftigen ©befebetbung ab"
hängig gemacht werben rann.
3u bemfelben (Srgebniffe laffen enblidj auch bie (SntftebungSgef Richte, fo*
nrie bie inneren beftimmenben ©runbe beS ©efefceS gelangen.
S)ie neueren Strafgefefeaebungen werben bei ber Vefiimmung über bie
frrafrechtliche Verfolgung beS Ehebrüche« neben bem ©eftebtspunfte beS ©erlebten
Rechtes beS beleibigten ©hatten oorzugSmeife r>on ber Sfoicfficbt auf bie fittliche
SBürbe ber 6h* un & beren ©rfwltung, fo roeit fie möglich erfebetnt, geleitet.
Von folchen ©runbfafcen h atten f<$ on eine ^ c ^ e früherer beutfeher
6trafgefefegebungen (oergl. baS $reufe. 212.9t. Z§.2. Sit 20. §§. 1061. 1062.;
baS $reufe. ©t. ©. V. §. 140.; bog braunfa>. #rim. ©. 33. o. 10. ^uli 1840;
baS ßübeefer 6t. ©. V. o. 20. ^fuli 1863; baS Vaner. 6t. ©. V. v. 10. 3iot).
1861) bie Verfolgung beS ©bebrucbS nicht allein oon bem Slntrage beS Verleg
ten, fonbern auch baoon abhängig gemacht, ba& bie @he wegen beS (SbebrucbS
gefchieben fei. £)aS SU. 6t. ©. V. ift biefem Vorgange gefolgt. @S erfa)eint
nicht ohne Vebeutung, bafj einzelne jener ©efefegebungen aus ber gebuchten Vor*
fchrift bereits bie weitere Sonfequenz gezogen unb ouSbrücflidt) beftimmt hatten,
bafe ber 6trafantrag erft nach reebtsfräftiger 6cheibung ber @c)e geftellt werben
fönne, fowie bafc ber Entwurf sum 6t. ©. V. für ben 9ftorbbeutfd)en Vunb, fo*
wie bemnächft baS <St. ©. V. felbft eine abroeiebenbe Vefiimmung, wie fehr fte
anbernfallS nach bem Inhalte 5et generellen Veftimmung beS §. 61. beS 6t. ©.33.
auch angezeigt gewefen wäre, nicht aufgenommen hat (r-ergl. Anlage 1. ju ben
3Rotioen beS 9torbbeutfchen 6trafgefefcentwurfS 6. 172).
^n ber %bat ift bie ßulaffunQ beS 6trafantragS cor gefchiebener
mit bem inneren ©runbe unb ber Slbficft ber Vorfchrift beS §. 172. beS 6t.©. V.
nöllig unoereinbar.
Söenn naa) ber ma§gebenben 2luffaf)ung beS ©efefeeS mit ber Unterfud&una
wegen ©bebrucbS in eine noch beftehenbe ©he nicht eingegriffen werben foli uno
bie Veftrafung eines ©blatten wegen (S'Kbiuäiö mit bem SBefen ber noch fort-
bauemben ®h e oereinbarlia) erachtet wirb, fo mufe bie« auch oon bem Sin*
trage gelten, welcher bahin gerichtet wirb, biefe Veftrafung herbeizuführen.
6oUte femer ber Veginn ber 2lntragSfrift bereits an bie bem Antrags*
berechtigten befamtt geworbene %t)at\att)t bes (Ehebruchs gefnüpft fein, fo
würbe ber berechtigte jumeift in bie ^roangälage gefefet erfebeinen, ben Antrag
auf beftrafung, um be« Rechtes basu nicht bureb ben 2lblauf ber ftrift nertuftig
ju gehen, bereits uor ber ©ntfeheibuna über bie Trennung ber ©he ju gellen. —
2)abei fommt in Vetracht, bafj eine 3"^ U( ^ a h^e beS unter bem (Sinbrucfe ber
begangenen Sreuenerle^ung geftellten SlntragS fobann nicht mehr juläfftg ift
(§. 64. 6t. ©. V.).
S)amit würbe ber 2luSföhnung ber e^egattert unb ber Erhaltung, ber (£he f
ber erficbtlichen £enbem beS ©efe^eS offenbar juwiber, ein fchwerwiegenbcS
^inbernife entgegengeftellt.
®er 2lpp. dichter hat fonach, inbem er ben oor eingetretener 9tcchtSfraft
beS (ShefdheibungSerfenntniffeS geftettten unb fobann nicht wieberholten Antrag
ftr^io 1880. 2. Wt. 9
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I0O Jücut]cpe0 ?5trairccpt. writnntinfle oes iHeicßögeriainj.
für ftatthaft unb wirffam erachtete, bie §§. 61. unb 172. be8 ©t. @. 85. burcfi
unrichtige 2tnmenbung oerlefct, unb ba$ StppettationSerfennttüj? unterliegt fonach
ber Vernichtung.
3)a aber ferner unbeftritten tfi, bafe" ber jum 3lntraae berechtigte (Shemann
einen wirffamen ©trafantrag nicht geftellt unb bie gefefcliche SlntragSfrift nicht
benujjt hat, fo war in ber 6adbe baS erftrichterliche ©rrenntnifj bahin ab§u*
änbern, baß bie Verfolgung ber 2Ingeflagten wegen (thebruchä für unfiatthaft ju
erachten fei.
§. 9. bes preujj. <Fewerbejlcuer«c£. o. 30. Mlai 1820 un6 §. 16. be*
Preu|. <£. betr. Slbänberung 6ee 6. wegen (Entrichtung ber (Bewerbe*
jteucr ». 19. Juli 1861. Steuerpflicbtigfeit bes gewerbsmäßigen üer-
miethens möblirtcr Simmer.
©rf. beS I. ©troffen, o. 12. 3an. 1880 c/a. Sdt)., woburch ber ÄaffationS-
refurS beS öffentlichen 3Rintfterii für begrünbet erflärt worben ift.
© r ü n b e.
SMe erhobene Äoffotion ift gerechtfertigt.
d& tarn jwar zugegeben werben, baff, falls lebiglich bie SBeftimmungen
be§ ©ewerbefteucr*®. o. 30. 2Jiot 1820 jur Slnwenbung ju tommen hätten, e3
als sweifelhaft betrachtet werben tonnte, ob ba£ äiermiethen möblirter 3"nroer
gan$ allgemein, ohne 9lücf ficht auf bie Sflöglichf eit eine« h^roon ju erjielenben
höheren, jum Sebenäunterbalt geeigneten ©ewinneS fonach inSbefonbere ohne
fliücfficht barauf, an welche ^erfonen unb auf welche 3*itbauer jeweils ba£ 9?er*
miethen ftattfmbet, bie ©ewerbefteuerpfli<httgfeit begrünben würbe, ba ber ganje
©runbgebante beS ©ewerbefteuer*©. t>. 30. 9Kat 1820, wie er befonberä in ber in
§. 2. bcffclben erfolgten Slufjählung junt 2lu£brucf gelangt ift, ferner ber Um*
ftanb, bafe bie in §§. 9. unb 10. beö genannten ©efefeeS unter ben SRubriten a., b.,
c, d. aufgeführten ^Serfonen naa) 3iff cr 12 - C. ber Seilage B. $u biefem
©efe&e hinfichtlich beS Steucrgefe^eS an f idt> einanber gletchgeftcüt ftnb, bafj
weiter bie §öhe beS @tcuerfa&e£ augenfcheinltch einen erheblichen s Dteingewinn
untcrftellt, bie Annahme nahe legen, bafj baS ©eioerbefteuergefefc in §. 9. lit. b.
bie #crmtctf)ung möblirtcr 3intmer in einem gemiffen engeren Sinne begreift
unb in biefem 6inne ben fonft nicht gebotenen franjöftfchen SluSbrucf „chambres
garnies" beifügte.
@3 fann femer zugegeben werben, bafi auch tn ber ©ewerbeorbnung o.
17. 3an. 1845 bie bafelbft in §. 49. für ba§ gewerbSweife SSermiethen möblirter
3immer geforberte befonbere poltjeiliche ©enehmigung, fowie bie in §. 21. bef*
felbcn gegebene «eftimmung auf bie Vermiethung möblirter 3immer in einem
gewtffen engeren Sinne hinweift.
2lUetn oon entfeheibenber Sebeutung für bie jefct in 9lebe fiehenbe ©e*
fchulbigung ift §. 16. be3 ®efe^e§ oom 19. 3uU 1861, betreffenb einige 2lbän*
berungen beö ©cfe^cS wegen (Entrichtung ber ©ewerbefteucr oom 30. 3Kai 1820.
3Bie fchon quS bem SSortlautc beö §. 1 6. heroor^cht, welcher bie ©ewerbefteuer*
pflichtigfeit an baS geiocrbSweife Syermiethen einer beftimmten 3ahl unb 2lrt
oon möblirten 3intntcrn fnüpft, unb bie Beifügung bcö 2luöbrucfed „chambres
<?arnies M unterläßt, follte hiermit bie VorauSfe^ung ber 6teuerpftichtigfcit in
einer flarcn 2Bci|"e neu geregelt werben. 3)ic innere Scbcutung btefer Siegelung
crljcllt aber aus ben Vorarbeiten bc§ ©eicfccS, unb jwar pnächft aus jenem
©efefcentwurfe unb beffen ÜJiotiocn, welcher bem burdt) bie 2lüerhöchfte Verorbn.
o. 22. S)e3. 1859 einberufenen prcu&ifchcn Sanbtage oorgelcgt würbe.
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SeutfötS Straftest. (Srtamtnifie bc8 «ei<$«geric$t$. 131
1
§. 13. be« 6e$eid)iteten ©efefcentrourfe« lautet baf)tn:
,,ba« geroerb«roeife betriebene 93ermiethen möbltrter 3in"Ktt unter*
liegt fortan ber ©eroerbefteuer nur bann, wenn oon bemfelben
©eroerbtreibenben brei ober mehrere h^bare ghrnner oermiethet
roerben."
SluÄ ben HRotioen ju biefem §. 13. tft erfia)tuch, bafe beffen SefUmmungcn
einerfeit« oerhüten wollten, „fdjjon jebe« SBermiethen möblirter 3iroroer ohne
9ttic!ftcht auf ben Umfang aus fteuerpni<f)tig anjufehen", bafj man aber anberer*
feit« für ben SJermiether möblirter Limmer bie ©teuerpflichtigteit ntdt)t erfl bann
beginnen laffen rooHte, wenn ba« l&crmiethen in ber 2lrt eines föotelbetriebc«
erfolge, fonbern fchon bann, roenn e& überhaupt einen geroiffen größeren Um*
fang, nämlia) ben in §. 13. be« ©ntrourf« bezeichneten, annehme.
@« befagen in biefer lefcteren §inftcht bie SWotioe 3U §. 13. be«
lecntrourte«:
„SRoc^ ben beflefjenben SefHmmungen wirb noch eine SCnjar)! oon ^erfonen
oon ber ©teuer betroffen, bei benen e« fid> um einen eigentlichen ©eroerbebctrteb
enttoeber gar nicht ober boch nur in einem geringen Umfange fjanbelt, inbem fie
ba« SSermtet^en möblirter 3wimer nicht jur ©eroinnung i|re« £eben«unterhalt«,
fonbern roefentlidt) nur in ber &bficht betreiben, baburch bie ÜRUtel jur $edfung
eine« StJjetleS ihrer 28ohnung«miethe ju erhalten. ©abura), bafj ba« SBermiethen
oon jroei 3immern allgemein unbefteuert gclaffcn roirb, unb bie ©teuerpfltchtigfeit
erft mit bem Sßcrtmcttjen oon brei ^eijbaren 3inrotem beginnt, roirb biefelbe
auf ben erheblicheren ©ero erbebetrieb bejdtjränft, bei bem e« [ich um mehr at£
um bie Abtretung eine« Xlmis ber eigenen Sofmung hanbelt. 3n«befonbere
bürfen bie gälte, roenn Söotjnungen eigen« ju bem Qmt&t gemietbet roerben, um
moblirt roieber oermiethet ju roerben, Batet ber Steuerung nur feiten entgehen,
ba ju folchem ftmtdt in ber Siegel nur größere 2Bot>nungen al« oon jroei 3im*
mern (aufeer ben jur eigenen unmittelbaren ©enufcung be« SJUetfjer« beftiramten
Staunten) gemietet roeroen möchten. 2)urch bie Befreiung ber Söieberocrmiether
oon nur jibei möblirten 3inun^ni oon ber ©eroerbefteuer erroächft ber 5?laffe C
eine nicht unroefentliche Steuererleichterung, ba biefelbe oon ber Uebertragung
be« 2lu«falle« ber auf jene Heineren ©eroerbetreibenben oeranlagten ©teuer
gegen ben 3Rütelfafc frei roirb."
inhaltlich oeg #ommiffion«berichte« be« &aufe« ber 2lbgeorbneten erflärte
man fta) mit bem §. 13. attfeitig einoerftanben unb fprtcht — toie berfelbe befagt
— ber oon einem SJtttgliebe beantragte 3ufafc:
„3n Stobe* unb Srunnenorten bleibt ba« SBermtethen oon gmunem
an 33abe* unb ©runnengäfte geroerbfteuerfret",
nur au«, roa« bereit« bürde) ein Sfteffript 00m 6. SCuguft 1821 allgemein ange*
orbnet ifi, unb rourbe berfelbe, um jebem 3Jtifeoerftänbnifi oorjubeugen, an*
genommen.
$n biefer Raffung rourbe bie Seftiramung be« §. 13. bem neuen, bem
nächften Sanbtage oorgelegten ©efefcentrourfe unter Se3ug auf bie frühere JBe*
grünbung unb bie hierüber gepflogene Erörterung einoerleibt unb erhielt biefelbe
bie ^Billigung be« ftmbtag«.
3)a« mit ber Äaffation angefochtene Urtheil ^at hiemach §. 16. be« ®e*
fefce« 00m 19. 3ult 1861 irrig au«gelegt, inbem e« bie 2lnroenbbarfeit beffelben
oon bem Sermicthen möblirter 3 immer an ftembe, nur oorübergehenb
ort«anroefenbe ^erfonen auf Sage ober fonfttge furje Triften abhängig ge-
macht )at
9»
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J32 EeutfdXS Straftest, CMeimbtiffe be« Wet<$8fleric$tg.
§. 350. ®t. <B. B. Unterfcblagung in amtlicher Cigenfchaft empfan-
gener (Belöer feitens eines Beamten ift auch bann oorhanben, wenn
6er betreffenbe Beamte öienfHiä) nic^t 3Ut Annahme Unterer oer-
pflichtet mar.
S)er ehemalige ftäbtifdtje ©aSbirigent ©hinter hatte in feiner ©igenfehaft
©emeinbebeamter ©elber, tueld)e ihm oon ©aSfonfumenten jur Abführung
an bie ftäbtifdje ßaffe überfanbt morben waren, unterfdjlagen unb gegen baS
feine Serurthcilung auSfprechenbe lanbgerichtlidtje Urteil bie SteoiftonSbefchwerbe
erhoben, weil bog ftäbtifche «Reglement nicht ifm, fonbern einen befonberS ju
biefem ßweef angebellten Äaffirer jum empfange berartiger Ölungen er*
mächtige.
2)ur<h ©rf. beS I. ©troffen, o. 19. %an. 1880 würbe bie 9teoifton jurüct»
gewiefen.
© r ü n b e.
3m §. '650. wirb ein fog. uneigentlicheS MmtSoergchen , bie Gebern
gegenüber nad) §.246. beS 6t.®.©. ftrafbare Unterfa)lammg als erfch wertes
Vergehen bem Beamten gegenüber fchärfer bebroht, in fo ftm ber ©eamte bie
Unterschlagung an ©elbern ober fonftigen ©adjen oerübt, bie er in amtlicher
©igenfdjaft empfangen ober in ©ewahrfam hat.
S)a bem Wortlaute jufolge, beim 3Rangel eines auSgebrücflen @rfor*
berniffeS ber 3uftänbigfeit (oergl. j. SB. §. 348. beS ©t. ©. $.) ober ber er-
maßt igung beS betreffenben Beamten jur (Srnpfangnahme ber ©elber, unb in
Uebereinftimmung mit bem ©runbe ber erfchmerten ©traffafeung, ber ftrengeren
Slnforbcrung an bie ireupflicbt unb ^eblicfcfeit beS Beamten, im SBerbältniffe
jur ^rioatperfon, ber begriff ber „amtlichen ©iacnfdEmft" in §. 350. nicht
bura) bie objeftioe SBorauSfefiung bebingt ift, bafj ber angefcbulbigte öeamte
im ©injelfalle ju ber, ben aablenben ©chulbner befreienben annähme ber ©el-
ber 2c. oerpflichtet ober boch berechtigt fei, fo erfdbeint bie Ausführung beS
9lngeflagten, bafe er jur fcftgefteüten Sinnahme oon ©elbern, bie auswärtige
©chulbner ber ftäbtifchen (^aSanftalt bafelbfi ihm jugefenbet, bicnftlich nicht
ermächtigt geioefen fei, ungeeignet, bie 2lnwenbung beS §. 350. auf u)n als
ftäbtifchen Beamten auS3ufd)liefeen.
5Jiad) 3nt)alt beS angefochtenen Urteils ift erroiefen, bafj Slngcflagter bie
bortfelbft näher ermähnten ©elbbeträge, welche bie beiben girmen SB. u. 5- ber
©aSanftalt für Lieferungen berfclben an fie oerfdbulbeten unb welche bie*
felben „an ben SIngcflagtcn als SMreftor ber 2tnftalt" etngefenbet hotten,
pflichtroibrig nicht an bie ©tabtfaffe abgeführt, oielmehr in feinem eigenen 9lufeen
oerroenbet hot.
^ierbura) in SSerbinbung mit bem auSbrücflich in Skjug genommenen
©eftänbniffe beS 2lngcf tagten ift für bargethan erflärt, bafj bie betreffenben
firmen bie ber ftäbtifchen Äajfc fchulbigcn ©ummen bem 2lngef tagten, als bem oer*
meintlich jur Empfangnahme befugten 2)iref tor ber Slnftalt, oon ber bie Lieferungen
erfolgt maren, jugefenbet haben, unb bafr biefe ©eiber oon bem Slngeflagten in
ber hcroorgehobenen ©igenfdbaft als SlnftaltSbiref tor , ohne bie .ßahlenben über
bie beftehenben Äaffen* ic. Einrichtungen §u oerftänbigen, angenommen unb oon
ihm rcchtSioibrig angeeignet ftnb.
$cr Stngeflagte hat bemnach ber irrigen Sluffaffung ber ©chulbner ent*
fpre<fcenb unb im «emujjtfein btefer Söillenömeinung ber ^ahlenben Sieträge,
welche an unb für bie oon il;m uermaltete ©aSanftalt (jelciftet würben, als
SHreftor berfclben angenommen, foljin, wie baS ßaubgeridu jutreffenb feflfltellt,
als ftäbtifdjer Beamter in amtlicher Etgenfchaft empfangen.
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— *—
35eutf$e« @trafre*t. Srtenntmffe b«8 Wei<Waeri<$tS. 133
§. 243» 2. 0t <B. B. <£ine 3tlarftbu&e gilt als umfchloffener Kaum
im Sinne bts §. 245, 2. 0t <B. B.
Erf. be« DL Straffen. 0. 20. 3an. 1880 c/a. Sah«, burdh welches bie
Stemfion bes 2lngefchulbigten jurüefgeroiefen roorben ifl.
© r ü n b e.
£er «ngeflagte 3. aus SB. ift burch Urteil bes SanbgerichtS ju 91.
r». 3. J(k§. 1879 roegen cinc3 aus einem umfchloffenen 9iaum mittelfi Einbruchs
uerübten SMcbftahls beftraft roorben. $>er umfchloffene s Jlaum ift in einet
SDkrftbube gefunben, bie burch Umfleibung mit ifemroanb, meldte burch 9tägel
unb ©triefe am ^otyroerf befeftigt geroefen ifi, unzugänglich gemalt mar. S)ie
Steoifion bes Singer tagten rügt Verlegung bes ©efe^cö, inbem §. 243. bes
6t. ©. V. unb nicht ber allein zutreffenbe §. 242. ber Veftrafung jum ©runbe
gelegt fei. 6ie führt aus: 5Der umfchloftene 9laum flehe mit bem ©ebäube nach
§. 243. auf gleicher Sinie; er müffe baher einen £beil ber Erboberfläche bilben,
unb bie Umfchliefcung beffelben müffe unbeweglich fein. Vetbes liege nicht cor,
beshalb roerbe um 2luft)ebung bes oerurthcilenben Erf. gebeten.
SDic SReoifion ift nicht begrünbet $as 3i St. ©. V. hat nicht für erfor*
berlidt) gehalten, ben begriff bes umfchloffenen Siaumes in §. 243. zu befiniren,
weil ec bem gemeinen Seben angehöre unb ohne gefefcgeberifche Erflärung bem
allgemeinen Verfiänbnifj jugänglict» fei. $as ©eridjt t ^nftanj aber fyat mit
Stecht ba8 roefentltche SDkrfmal biefes Vegriffs barin gefunben, bafj ber Zugang
ju ber betreffenben Vobenflädje burch eine zu biefem 3roecf geeignete feflc Vor*
ridjtung abgefperrt geroefen fei. ®er Staunt, auf welchem im »orliegenben
ftall bie Vube, aus welker geftof>len roorben ift, errietet roar, ifi baljer mit
mdfrty auf beren tonftrufttonsmäfeige Vefchaffenheit unb mit ftücfficht barauf,
bafj fie mit einer feften Vorrichtung umgeben rourbe, bie baju beftimmt unb ge*
eignet roar, Das Einbringen oon UMenföen abzuhalten, mit r)iodu für einen
„umfchloffenen SHaum" im 6inne bes ©efefces erflärt. $>er §. 243. fieUt zwar
ein ©ebäube unb einen umfchloffenen jHaum mit gleicher 9Öirfung für bie Ve-
ftrafung ber baraus begangenen SMebftäljle neben cinanber, aber fdron biefe
iJlebeneinanberfteHung genügt, um erfennbar ju machen, bafe bie begrifflichen
s J)Jerfmale in beiben ^Beziehungen nicht übereinftimmen. $af ber umfchloffene
9taum einen Xfytil ber Erboberfläche bilben mu§, fann zugegeben roerben; eS ift
aber nicht abjufehen, roarum ber Sftaum, auf welchem bie fragliche ©übe h^rge*
[teilt ift, als ein folcher nicht anjufehen fein follte. ^)ie Unberoeglia)feit ber
Umfchliefeung unb ber ba^u bienenben Vorrichtungen ifl fein ©egriffsmcrfmal be3
. urafchloffenen Slaumeö. Einer feften unb bauemben Verbinbung ber bie Um*
fchüefjung beroirfenben Vorrichtungen mit bem Erbboben bebaef e$ ebenforoenig,
roie ber hierburch ober ourd> eigene 6chrocre beroirften UnberoeglichEeit biefer
Vorrichtungen, bie foroohl in Vauroerfen, als in hölzernen Vretterocrfchläcjen
beßehen tönnen. 60 fem nur bie Vorrichtung, roie bas Urthcil annimmt, feft
unb oollfiänbig genug roar, um bas Einbringen oon SDienfchen in ben bamit
umgebenen 0laum abzuhalten, Cann auch in bem Innern einer mit bem Erb*
boben nicht feft oerbunbenen 3Jtorftbube ein umfchloffener 3taum gefunben roer*
ben, felbft roenn biefelbe zum RexteQtn unb SBieberauffiellen befiimmt ober ihre
gortfehaffung an eine anbere 6teUe ohne irgenb roeld)e 3«ftörung möglich ge*
roefen fein follte. 3)ie behauptete ©efe^eeoerlefeung liegt alfo nicht cor, unb roar
bie fteoifton be« 2lngeflagten baher ju oerroerfen.
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r
mDjuÜibtä ©ttaftcttit ßrtcttntitifle tcö SReicfjÄaeriifitS
§. 12. p«u§. Stempel «(B. r». 7. Jtlärj 1822. Die feitene 6er ©teuer»
heberte intbümlidi erfolgte ßaflation eines geringeren ate gefekliä) er«
foröerlid?en Ötempete befreit ben Derwenbungspfllchtigen ntä)t ohne
»eitere» von ber ©tempeljfrafe.
(Srf. be« n. Straffen, o. 20. Sau. 1880 c/a. $. unb ft, woburch ba«
freifprechenbe 5appeUatton«urtel aufgehoben unb bie Sache jur nochmaligen 33er*
hanblung unb @ntfd)eibung in bie Borinftanj jurücfgewtefen worben ift.
® r ü n b e.
2)er 2lppeUation«richter geht baoon au«, bafj bie 2lngeftagten, inbem fie
ben in ftrage fte^enben SKtettj^Dcrtag ber Steuerbehörbc jur Äaffirung be$ gefefc*
lieh erforberltä)en Stempels ohne Befchränfung beffelben auf eine befummle
Summe rechtzeitig übergeben, bie ihnen burch ba« ©efefe auferlegten Berpfftdh*
tungen erfüllt haben, weil fie annehmen mufjten, bafj ber betrerfenbe Beamte
bie Beftimmungen über bie $öhe be« ju oerwenbenben Stempel« fennen unb
ben erforberlichen Stempel oerroenben mürbe.
SDiefe Sutffübrungen laffen fich mit ber 91 B. nur bahin »erflehen, bafj
bura) bie Ueberreichung ber Urfunbe an bie Behörbe behuf« Berechnung be«
Stempel« ber Stempelpflichtige formell unb unter allen Umftänben aufjer Ber*
antroortlichfeit für bie richtige Stempeloerroenbung trete unb lefctere auf bie
Behörbe übergehe.
<5« ift biefe« rechtsirrig. 2>enn an fich erfcheint ber SBerroenbungSpfttaV
tige al« berjenige, welcher allein für bie unrichtige Berwenbung be« Stempels
ebenfo roie für bie oöllige Jiichtoerwenbung gefefclich aufglommen §at, unb auch
»erantraortlich bleibt, menn er fich Erfüllung feiner Verpflichtung ber Bei*
rlfe einer 3Jlittel«perfon bebient. @8 folgt bie« fchon au« ber Borfchrift be«
12. bc« preufelfchen Stempelgefefce« com 7. aHära 1822, roonach al« Siegel
bie ftempelpftichtige Berhanblung auf ba« erforberliche Stempelpapier gefchrieben
werben, bei (£ntftef)ung ber Urfunbe baher fchon oon ben babei Beteiligten bie
richtige Stempeloerroenbung erroogen roerben mufj. 2luch fonjt läjjt ba« ®efefc
ein Slufgebcn biefe« Prinzip« nicht erfennen, namentlich oerorbnete ber jefct
aufjer Söirffamfeit getretene §. 20. be« ©efefce« nur eine oereinjelte SluSnabme
für Üöechfel bahin. bafj bei biefen bie Stempelung oon ber S3er)örbe erfolgen
raupte, roa« mit ber Schwierigfett jufammenhing, folche auf ba« erforberliche
Stempelpapier ju fchreiben ober ba« lefctere in unangefchnittenen Sogen umju*
fchlagen. 3fi jroar burch oerfchiebene (srlaffe ber gmanjbehörbe ben Steuer*
behörben eine mehr ober weniger nur fafultaiiue SDatwirfung bei Ermittelung
be« Umfange« ber fonfreten Stempelpflicht eingeräumt, finb namentlich biefelben
burch ben im erften (Srfcnntmffe erwähnten Grlafj oom 11. 2tugujt 1856 m einer
Belehrung be« ^ublifum« über bie £öhe be« Stempel« angeroiefen, welcher für
eine ihnen oorgelegte Urfunbe burch Äafftrung ju oermenben ift, fo würbe bodj
für benjenigen, welcher auf ©runb einer berartigen unrichtigen Belehrung einen
ju geringen Stempel oermenbet, barau« nur folgen, bafj e« ihm an ber recht«*
wibrigen 2lbficht bei ber Zfyat gefehlt, unb feloft biefe Sinnahme würbe weg*
fallen, wenn ber Später ben ^rrtbum ber Behörbe erfannte unb fich bennoa)
Die Bermenbung be« &u geringen Betrage« gefallen liefe. Slber e« ift ju berück
fichtigen, bafj jur Begrünbung einer Stempel - Äontraoention e« für ba« Ber*
fchulbungSmoment nicht nothwenbig ber Borfäfcltchfeit bc« öanbeln« bebarf,
fonbem aueb bie ftahrläfftgfeit in Betraft fommt. ®ie gahrläffigfeit wirb aber
nicht fchon baburd) au«gef epioffen, bafj ber Pflichtige bie quantitatioe Bemeffung
feiner Pflicht einem anberen, unb wäre biefe« au$ eine Behörbe ober ein Be>
amter, überträgt, ohne ihm bamit in Ermangelung einer gefefeltchen Borfa)tift
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EcurfcfcS 6rrafrtc$t. erftttntmffc *e8 Wti<$«flcrid)t«. 135
pgleidj bie Verantwortlichfeit für bie Sftidjttgfeit ber ^Berechnung aufäubürben,
welche im anbem Salle bem ^Pflichtigen felbft obliegt unb oon beren 2lufred)t"
erbaltuna, bie Durchführung beS ©tempelgefcfceS mit bebingt ift. "Heben ber
3;^ätigfeit ber 33ef)örbe mujj beöl;alb auch noa) eine folche beS Pflichtigen be*
ftcfjcn, roelc|e bejwecft, [ich über bie föichtigfeit ber oon ber Veljörbe ober auf
Den s Jtath unb bie Seiehrung ber Vehörbe oon ihm felbft getroffenen ©tempel*
berechnung ©ewifibeit ju oerfchaffen, unb nur wenn biefe nacfjgewiefen roäre ober
folche anberweite Umfiänbc oorliegen, welche bie unrichtige Stempeloerwenbung
als baS ©rgebnifj eine« unoermeiblicben 3 u f a ^^ barfteUen, mürbe fich eine Ve*
freiung oon ber frrafrechtlichen Verfcbulbung anerfennen loffen.
§. 348. Tlbf. 2. 0t. 05. B. <fSlfd)ung. 6er einem Beamten amtlich
anvertrauten Urfunbe. Begriff ber „Urfunbe 44 im 6inne bes §. 343.
2lbf. 2. 6t. ©. B. fliebterforbernifi ber rechtlichen <Erbcblid)feit ber in
ihr beurfunbeten übatfadicn.
Der fiehrer Slöarbajfi ju 6. hotte ben ihm oon bem ÄreiSfcfmlinfpeftor
<S. am 29. üfltärj 1879 behufs 2lufnahme ber Schülerjahl unb Beifügung feiner
Unterschrift übergebenen 9teoifionSberieht, infofem berfelbe eine Um betreffenbe
unaünftige ßenfur enthielt, abgeänbert unb war bemjufolge in jioei ^nftanjen
aur ©runb beS §. 348. SXbf. 2. St. ©. 33. oerurtheilt morben. Dura) (Stf. beS
II. ©traffen. 0. 23. San. 1880 mürbe bie hiergegen erhobene % V. jurücf*
geroiefen.
© r ü n b e.
Der SlppellationSrichtcr djarafterifirt als Urfunbe jebeS ©chriftftücf, roel*
cbeS geeignet ift, eine Xtyatfaty ju beroeifen, unb inbem er barauf, bafe baffelbe
jugleich ein Urtlieil beS SReoiforS über bie Seiftungen beS SehrerS unb ber
Schüler enthält, feinen 2öertf) legt, ^ebt er befrimmte äußere £hatfacr)eti Ijeroor,
5U beren VeroeiS er baS Sßrotofou für geeignet erachtet.
3roar roenn bamit eine abfcbliefjenbe Definition beS UrfunbenbegriffS ge*
geben fein fofl, erroeift fich folche infofern als $u eng, als, roie gleich unten er*
örtert roerben roirb, nicht bloS (Schriften, fonbern auch anbere förperliche ©egen*
ftänbe ben Veartff ber Urfunbe ju erfdjöpfen oermögen unb als VerociSobjeft
nicht bloS aufeere Stachen, fonbern auch ©rgebnijfe ber SReflerionSthätigfeü
in Betracht fommen. 3lber in Slnroenbung auf Den oorliegenben ftatt, roo eS
fia) um eme fchriftliche Urfunbe unb zugleich um ben VeroeiS äußerer ^fjatfacr;ert
hanbelt, liegt barin für ben Slngeflagten feine Verlegung.
DaS ©trafgefcfcbuch h«t bie »egrtffSbeftimmung in §, 247. 2lbf. 2. beS
©t. ©. 83., an roelebeS eS fich in biefer Sebre ber £>auptfache nach angefchloffen,
nicht mit übernommen. ©S h at oielmehr, roie bie 3)7otioc beS (SntrourfcS 6. 131,
132 Aar auSfprea)cn, bie allgemeine VegriffSbcftimmung, roie fie als befannt
unb fefrftehenb oorauSgcfefct roar, $um 2luSgangSpunfte genommen unb oon
biefem ©efichtSpunfte aus biejenigen Urfunben bezeichnet, roelche als ©cgcnftänbc
beS Verbrechens im einjelnen BaUe erfcheinen fonnten. $n biefem gemeinen
Sinne finb Urfunben leblofe, oon 3Wenfchenhanb gefertigte ©egenftänbe, roelche
jum Veroeife oon Sbatfadjen geeignet finb, gleicbgiltig, ob eS fich babei um Vor*
gänge beS äußeren SebenS ober um fog. innere %t)atfaä)in, bie ber ©ebanfen*
roelt angehören, hanbelt.
Sowie nun einzelne Seftimmungen beS <St. @. folaje Urfunben nur
aisbann ftrafrechtlicb in Betracht jiehen, wenn fie baneben noch weitere fpejielle
(Sigenfchaften an fich tragen, namentlich baS Verbrechen ber Urfunbenfälfchung
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i juciin oj cö vOltqttcldl uiicnriLiUiiC ccq irtcicn&ncTiQiiv.
aus §. 267. 6t. ®. 33. nur an öffentlichen ober folgen $rioaturfunben began*
gen werben fann, welche gum Semetfe oon Siebten unb $echt«oerhältniffen oon
(srheblichfeit ftnb, fo ergiebt fid^ barau« attbererfeitö mit Sßothwenbigfctt, bafe,
reo e« bei ber Kegalbefinition eine« 2>elift* an bem @tforberniffe folcher befon*
beren Gigenfcbaften fehlt, fowett baS ©efeft nicht 2lnhalt«punfte für eine ab*
weichenbe Sluffaffung an bie ßanb giebt, nur ber gemeine Urtunbenbegriff ohne
ba« (Srforbernife rechtlich erheblicher 3$atfa$en geraeint fein fann. $)afe bejüg*
lieh be« hier gegen ben 2Ingeflagten jur 2tawenbung gebrauten 2lbf. 2. be«
§. 348. 6t ©. 23. ein 2ibaehen oon ber Siegel beabfichttgt fei, läfet fi<h nicht
anerfennen. 3 un5 ^fl fprtdjt bagegen ber Wortlaut be« §. 348. felbfi £>enn
ba berfelbe ira erften Safce Urfunben im 2luge $at, meldte fich auf rechtlich er-
hebliche Zfyatfafytn begehen, fo mufe 2lbf. 2., welcher ber rechtlich erheblichen
Xfyatfatytn nicht ermahnt, bat)tn oerftonben werben, bajj biefe ©igenfehaft für bie
barunter faUenben Urfunben nicht oerlangt werbe. 2tudj bie etwa h^ an B^
jie^enbe Analogie ber Urfunbenfälfchung trifft hier nicht ju. S)enn e« %oxtodt
fich in §. 348. nicht auSfchlicfelid) ura ba« Moment ber Urfunbenfälfchung burch
einen Beamten berart, bafe ba« Söeamtenoerhältnife al« folche« für fich allein unb
ohne s Jlücf ficht auf bie befonbere amtliche Stellung be« %\)<xttx& ju ber (Snt*
ftehung ober Aufbewahrung ber Urfunbe ben 2lu«fd)lag giebt. (Sntfcheibenb oiel*
mehr ift, bafj lefctere bem Beamten amtlich anoertraut ober zugänglich mar, alfo
ba« ä3ertTauenäüerhältni§, welche« einen Beamten oerpflichtet, für bie ^ntaft*
erhaltung be« ihm anoertrauten ©ute« Sorge ju tragen, unb biefe Stücfficht rauf?
bei jeber Urfunbe Paft greifen, auch wenn fte ihrer fonfiigen Sefchaffenheit
nach al^ unerheblich für ben 23ewei« oon SfteÄten unb föechtöoerhältniffen ber
©egenftanb einer plfchung feiten« eine« 5ttict)tbeamten nicht würbe fein tonnen.
$a« 2Uinea 2. forrefponbirt in biefer Ziehung genau mit SUinea 1. bafelbft
2)iefe« beueht fich °uf einen ^Beamten, welcher jur Aufnahme öffentlicher Ur*
tunben befugt ift unb biefe SBeurfunbung falfdt) bewirft, jene« betrifft ben ©e*
amten. ju beffen 2>ienfttreü3 bie Entgegennahme unb Aufbewahrung oon Urfun*
ben, fei e« fchlechthin unb regelmäßig ober im einzelnen §aHe, gehört, unb
welcher biefer Verpflichtung burch Verlegung, ber Urfunbe in ihrer ßpiflenj,
©ebrauch«fäf)tgfeit ober materiellen 3lidt>ttafcit entgegen hobelt. $n beiben
ftäUen bilbet bie Aufeeradjtlaffung einer befonberen 2$ertrauen«pflicht in Sejie-
Jung auf bie $erfleUung ober (Srh<*to*ng einer fonfreten Urfunbe ben ©runb
ber StrafanbrotSung im ©egenfafc gu bem §. 267., welcher ben $eweü8fd)ufc für
9tecbte unb 9lecht«oerhältnifje oorjügltch im Auge tyat unb baher ftdt) nur auf
folcfje Urfunben bezieht, welche biefe« 23cwei«fchu&e« befonber« bebürfen.
§. 300. @t. Proj. <D. Unjulaftigfeit 6et Keotfion wegen einer an-
geblich oom üorji^enben bts @cbwurgerid)t8 burd) ben 3"h a ^ feines
*3d)luf?oortrages begangenen (Befe^eooerlefeung, fowie Unflatthafligfeit
6» Eintrages auf protofollarifchc J^irirung 6er oom Dorfl^enben er-
feilten Kechtebelchrung bebufo Anfechtung bee Urteile.
@rf. bc« m. Straffen, o. 28. $an. 1880 c/a. Weltmann, woburch bie
SReoifion be« 3lngefchulbigten jurüefgewiefen worben ifi.
© r ü n b e.
S)ie 9teoifton beantragt bie Stufhebung be« Spruch« ber ©efchwornen
be« barauf gebauten Urtt)eil« ber oorigen dichter, weil bie $orfct)rift be« §.
ber St ^ßroj. 0., wonach ber Eorfifcenbe be« Schwurgericht« bet (Srtheilun
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2>cutfd)e« ©trafrt^t Crtaratnifie tag WeidtfgetiäH«. 137
Sted&tSbelehrung an bic ©efäwornen nicht in chtc SBürbtpng bct Seweife ein*
jugehen Ijat, baburct) oerlefct worben fei, bafi bei ber gegen ben Sefchwerbefüt)rer
am 11. ®ej. 1879 geführten SdjwurgerichtSoerhanblung ber SBorft^enbe in fetner
3tecf)tSbelehrung barauf ^ingerotefen ^abe, ein richterliches SßrototoH, in biefem
3jall baS ^rotofoH beS Unter fuchuna^ricbterS oom 4. 3an. 1879 über bie Se*
eibigung beS SefchmerbeführerS, liefere fo lange einen unumftö&lichen SemeiS,
als nicht ber pofttipe ©egenbewetS geführt fei unb hiermit ber Sorftfcenbe feine
jubera gar nicht jutreffenbe 2luffaffung beS hier cor gelegenen SemeifeS ben @e*
fchwomen gegenüber, für welche fie unzweifelhaft mafegebenb gemefen fei, auS>
gefproa)en habe.
2)aS ^rotofoU über bie &auptoerhanblung oom 11. 2)e*. 1879 enthält
über baS angefochtene Verfahren beS Sorftfcenben feine weitere Angabe, als bafe
ber lefctere Die ©efdjroornen über bie rechtlichen ©cfichtSpunfte belehrt £abe,
welche oon ü}nen bei ßöfung ber ü)nen gcftclltcn Aufgabe in Setracht ju Riehen
fein würben. (%ol 97a.)
9iad& §. 274. ber 6t. $roj. 0. fann bie Seobad&tung ber für bie §aupt«
oerhanblung oorgefchriebenen ftörmltchfeiten nur burch baS ^rotofoü bewiefen
werben, unb ift ber biefe görmlichfeiten betteffenbe Inhalt beffelben nur burch
ben 9kdt)meiS ber Oälfchung anfechtbar. $er Sefchwerbefül)rer t)at eine fold)e
gälfchung nicht behauptet, fonbern ftch mit ber Sehauptung begnügt, ber Sor*
ftfcenbe Ijabe jene Seiehrung über bie SeweiStraft beS vßrotofoUS 00m
4. $an. 1879 erteilt, unb bafür bie SDütglteber beS Schwurgerichtshofs als
3eugen benannt.
Unter ben in §. 274. ber St. Sßroj. 0. erwähnten ftörmlichfetten finb,
mit Slücfftcht namentlich auf §. 273. baf., überhaupt biejenigen Vorgänge beS fiaupt*
Verfahrens ju oerftet)en, welche für beffen SRedjtSbeftänbigfeit oon Etnfluf finb.
Such liefert nach bem Sinne beS §. 274. baS ^rotofoü über baS §auptoerfahren
nicht nur infofern einen blofj burch Darlegung einer gälfehung wtberlegbaren
SemeiS, bafc für feftftehenb erachtet werben mufj, was baS sprotofoll als ge*
fdt)et)en befunbet, fonbern audt) infofern, bafj als nicht gefchcf)en anjufchen ift,
worüber es fdnoctgt, fofem es ftch um einen Vorgang oer eben gebachten 2lrt
hanbclt. es fehlt alfo fchon an ber gefefclidf) notl)wenbigcn Unterlage für bie
erhobene Sefdfnoerbe.
ES ifi aber überhaupt nicht bie 2Ö>fuht ber Sßrojefeorbnung, bie Steoifion
ju gewähren wegen einer ©efefccSoerlefeung, welche angeblich ber Sorfifeenbe beS
Schwurgerichts burch ben Inhalt, welchen er feinem ©chlufjoortrag gab, begaw»
gen. 2Sof)l fann bie protofollarifche gefiftellung eines für bie SftcchiSbeftänbigfeit
beS Serfai)renS erheblichen Vorgangs ber ßauptoert)anblung in ber Siegel oon
ben ^arteten beantragt werben; fowofjl biefer Slntrag, als auch beffen etwa er*
folgte gurüefweifung müffen gleichfalls ihre Seurfunbung im ^rotofoll ftnben,
unb eS ftänbc, wenn biefeS oerweigert wäre, eine SewetSführuna, über bie
Stellung unb 3"*üo!weifung beS 2lntragS in ?yragc. 2lber biefeS gilt nicht für
ben Schlufeüortrag beS Sorftfeenben. S)ie Sorfchrtft, bafe bie Seiehrung beS
Sorfifcenben an oie ©efchwomen feiner Erörterung unterjogen werben foU
(§. 300. ber St. «PT03. 0.), läfet felbfl jeben 2lntrag biefer 3lrt als un$uläffig
erfcheinen. Söenn baS ©efe| febe Erörterung ber oon bem Sorfifcenben ertbeü>
ten Seiehrung auSfchliefet, fo fann eS nicht ftatthaft fein, bafe bie protofoUartfche
^irirung biefer Seiehrung, um auf ber ©runblage beS gJrotofoHS baS Urtheil
anfechten §u fönnen, beantragt werbe. Xk Stellung unb üHotioirung eines
folgen Antrags fönnte, ohne ba§ bie Seiehrung einer Erörterung unterzogen
würbe, nicht wohl erfolgen. Eine berartige Einrichtung ifi aber auch »« ber
Stellung beS Sorfvfeenben unb bem Qmtd ber ihm aufgetragenen Seiehrung
faum ju oereinigen. ES fommt babei tnSbefonbere noch ta Setracht, bafe jwar
oon ber 3leichStagSfommiffton bem Entwurf (als 2lbf. 3. §. 259. unb als §. 301a.)
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-«ort ...xr^ . p f~iu -Jir rr.f.i.j.i,.' fT . w . a oo JtA/.»»;.*»»«
l3ö jt>cuT|Cpc» ©rrcrfTfu/t. vrntnnnnnc Dt» miujsficriajia.
Sefiimmungon beigefügt roorben waren, na$ welken auf Antrag bet Staats*
anroaltfdjaft unb bct Sertfyetbtgung beftimmt bejeidmete Säfce ber SftedfjtSbelel)*
rung oon bem Sorftfcenben fchriftlicg ju faffen, ben ©efdjroornen m oerlefen unb
bem Sßrotofott beiäufügen geroefen mären, unb wonach eine burdjj baS ^grotofoH
feftgeftellte, einen SRedjtSirrtbura entfjaltenbe SRedjtöbelefjrung bie Sieottton be*
gtünbet |ätte, — bajj aber bicfe (Sommifjton3befa)lüffe in ftolge be« Söiberfprudf)«
ber oerbünbeten Regierungen in britter Sefung befeitigt mürben unb ber 6nt*
tourf in ber §auptf adje roieber bergeftefft roorben ift ifyrotofolle b. 9ftettf>8tag>
fommiffton 6. 498, 588, 998; Stenogr. «ertöte 6. 986). @S erfajeint enbu$
inSbefonbere bie ©elwuptung, ber SBorfifcenbe gäbe bie feiner Stufgabe gezogenen
©renken überfd&rttten, inbem er in eine SBürbigung ber öetoeife eingegangen
fei, au$ barum nid)t geeignet, im Söege ber Steotfton oerfolgt ju werben, roeü
unzweifelhaft ber SBorft&enbe feine Seleljrung bem einzelnen ftall anpaffen barf,
unb puftg gan3 swecfmäfjtg fo oerfa^ren wirb, aua) bie ben SetoeiS betreffenben
©runbfäjje beS SßrojefjrecfjtS ©egenftanb ber stecht 3 belelnrung fein fönnen unb
baljer bie Sefttmmung ber ©ren$e, oon melier an bie ©elefjrung eine berartige
SluSfdjrettung in ft$ fAliefeen mürbe unb ob bie Ueberföreitung oon ©tnflufj
auf ben Sprud) ber ©efcbwornen geroefen, ju peinltd&en Erörterungen führen
unb faum jemals ein fixere« SKefuitat ergeben roürbe. -
92aa5 SBorftefjenbem ifi bie Sfonatjmc begrünbet, bafj oon ber Staate
anroaltfo^aft ober bem SBertljeibtger ein 2lntrag auf protofollartfaje ^ejlfteHung
be£ ^t^altö ber oon bem Sorfifcenben be3 6a)wurgerta)t8 erteilten Belehrung
ober ctnjelner Sä&e berfelben, um luerburä) eine ©runblagc für bie Anfechtung
be£ Urteils m gewinnen, nicht gefteüt, bafj auch nicht auf anberem 2Bege btefer
9tachweiS oerfucht werben barf, bafj oielmetjr bie föeoifion auf bie Behauptung,
ber üBorftfeenbc nabe, inbem er bie Belehrung, roie gefa)eljcn, erteilt, eine @e*
fefecäoerlefcung begangen, nid)t gcftüfct roerben fann, meber in ber Dichtung, bafj
ber Sorfifcenbe bie ©renken einer 9ted)tSbclef>rung, inbem er in eine SBürbigung
ber iöemeife eingegangen fei, überfchritten, noch in ber 9Ud)tung, baf? in ber
WcchtSbelehrung ein föed&tÄirrtf/um enthalten geroefen fei.
§§. 575. 377. rix. 6., §. 378. et. Pro$. <D. nidjtiatcit eine« in nicht
Öffentlicher 0ifcung oertün&etcn Urteile.
©rf. beS II. Straffen, o. 30. 3an. 1880 c/a. Cif dt)fe r woburdfj ber 9te*
otfion ber StaatSanwaltfcbaft ftattgegeben unb baS freifpredjenbe Urtfjeil unter
^urücfoerweifung aufgehoben morben ift.
© r ü n b e.
StuS bem SifcungSprotofolIe über bie $auptoerc)anblung o. 6. S5ej. 1879
ift nicht ju entnehmen, bafj bie oom ©eriajte foßletd) beim beginne ber öaupt*
oer^anblung auögefajloffene Dcffcntlidjfett be« Verfahren« cor ber Urt&etlSoer-
tünbigung roieber ^ergefteUt roorben ift. %m ^inblicfe auf §. 274. St.^roä.O.
raufe ba^er angenommen roerben, bafj, roie bie 58ef<$roerbefüljrerin in ben 9te-
oifion^anträgen aud^ auSbrücfUa) behauptet, bie SSertunbung beä Urteil* in
mö)t öffentlicher ©i^ung gef$ef)en ift. 3)arin liegt eine berief ung ber 33orfdf>rift
be« §. 174. beS ©. 33. roeldjc befagt:
,ftk «erhinbung be« Urteil* erfolgt in jebem ^atte öffentltaV' Ob
bamit, roie bie Sefdfjroerbefüfjrerin behauptet unb ber Slngeflagte befrreitet, ber
SReoifiottögrunb be« §. 377. ftr. 6. ber 6t. äfcoj. D. gegeben ift, fann atterbing«
nao^ ber Mung biefer ©efefceSftelle jroeifelhaft fein. S)iefelbe lautet:
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2)artf$c8 6ttafte$t Crtomtniffe txS Wci^SgeridjtS. 139
„@itt UtÜjetl ift flet« al$ auf einet SBetlefcung be« ©efefceg betubenb
anzufeilen: 6. roenn bog Urteil auf ©tunb einer münblidjen &et*
banblung erganaen ifi, bei meldet bie 33otf<$tiften übet bie Seffent*
ltdjfeit be$ Serfal)ten3 oetiefct finb."
2Han fönnte faaen, bafe bie UrtbetLSoetfünbung, feinen Sbeil bet münb*
Ud^en 33etbanblung Mibe, auf beten ©tunb ba3 Utt^eil ctlaffen fei, inbent oiel*
me^t ntfolge §. 267. bet St Sßtoj. D. ba« Urteil oot bet Setfünbung in fo
toett fcgtiftUdj abgefaßt roetben müffe, um bie UtujeilSfotmel Detlefen ju tonnen,
mithin fdfoon oot oet SBetfünbung ba£ Uttfjeü ootbanben fei.
SBd^tenb inbeffen bie §§. '61b. 376. bet 6t. $to$. 0. einen ratabeftenS
möglichen, utfäd&lid&en ,3ufammenf)ang pifajen bet SJetlejiung einet 3tedjt3notm
unb bem angefochtenen utt^eile oorauSfefeen, ettlätt bet§. 377. bet 6t. SjStoj. D.
ba« UttfjeU als fietä auf einet 33etlefcung beä ©efefceS betu&enb, wenn einet
feinet pUe ootliegt, fefct alfo biefen GaufalneruS unbebingt ootauS. $ie
Uttfjeiläoetfunbung ift abet ein ioefentlid)et $beil bet UttfjetlSfällung, weil oot
bet 93ettunbung baS Uttfjetf feine teätU$e dyiftenj Ijat. Sic 2lbfaffung unb
bie SSetfünbung be« UttfjeitS bilben sufammen bie UtüjeilSfällung, toela^e jufolge
§. 259. bet 6t. ^toj. D. unb §. 170. be3 ©. SS. ©. als £f)etl bet .öauptoet*
banblung etfajemt. $emnad) Tmb bie Söotte beS §. 377. 9fr. 6.: ,,2öenn ba£
Uttfjetl auf ©tunb einet münblidjen SBetlmnblung etgangen ift", fo ju tatet*
ptetiten, bafe fte aud) bie Utü)etl3oetfünbuna, umf äffen. %omi fleht im @ht*
Hange, bafj bie 9tegietung3motioe ju bem gleiäjlautenben, jefctgen §. 513. 91t. 6.
bet <S. $toj. 0. (§. 489. 91c 6. beö ©nttoutrS) auäSbtücflia^ bemetfen, bafe untet
3lt. 6. au(j bet §all get»ött, wenn bie SBotfdnuften übet bie Deffentlidtfeit bei
bet Setfünbung bet (Sntfajeibung oetlefet ftnb.
2)a3 oon bet S3cfa)metbenü;tetin feibjt angetegte öebenfen, ob bie $ot*
f Stiften übet bie Deffentlidtfctt beß SßetfabtenS a\& fold)e amufc^en feien, roelaje
lebiglid) ju ©unjlen be3 Slngeflagten gegeben finb, unb ob Deshalb auf bie 9te*
oifion bet 6taatSamoaltf<$aft bet §. 378. bet 6t. $to$. 0. anroenbbat, mithin
bie ootliegenbe, gegen ben fteigefptod&enen 2lngeflagten eingelegte SReoifton un*
flatu)aft fei, etfd&eint als nietet begtünbet. ©et ©tunbfafc bet Deffentliajfett be£
Getrabten« oot bem etfennenben ©etid&te ift ein gunbamentalptinjip sut 6ia)e=
tung oet 9lea)töpflege füt ben 6taat felbft unb füt alle Staat^bütget, btlbet alfo
nia)t blofe eine 6#u&iüe()t füt ben ^ngeflagten, fo bafe auä) bie 6taati8an»aU*
[Aaft $ut 2Bcu)tung biefe« ©tunbfa^e« betufen unb batin butdtj ben §. 378. bet
©t. Sßto*. 0. nidjt bt\ä)xänlt ift.
§. 115. 6t. (B. B. Bercdjtigung 6er U)aa)tnannf(t)aften naa) preu|.
(Befc^cn im 3ntere|fc ber öffentlidjen @id)erbelt Petfonen in üerroabwng
3u nebmen unb 3ur Üaajtseit bebufe beren »orlaufiget (Ergreifung mit
(Bemalt in ba» von tynen betoobnte ^aue 5U bringen.
(Stf. bed I. Sttaffen. o. 2. gebt. 1880 c/& Soede, roobutd) bie SReoifion
beS 2lngefc^ulbigten ptücfgeroiefen rootben ifi.
© t ü n b e.
S)et SIngeflagte fud^t au^ufü^ten, bie 2lmoenbung be« §. 113. be3
6t. ©. & fei naaj ben eigenen annahmen be3 SetufungSgett^tÄ tedjtSittig
meil biefen $ufolge bet feine 23etfmftung anotbnenbe Sieutenant o. % nia)t in
ted)tmäfeiget »ienftauSübung fia) befunben, 2lngeflagtet feinen 9lft be£
SBibetftanbe« begangen unb o^ne $olu« ge^anbelt ^abe.
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I
140 A>cur|a)C9 tötraTTea>u enermttufle «CS Jteicpskjertcqtö.
3fttbcffen frttfct fich biefe Ausführung lebiglicf) auf eine lüefenhafte, uwoü*
fiänbiae unb mifjbeutete S)arfleEung beS im angefochtenen Urteil wirf Ii d) für
ermtefen erflärten ©adwerhalts.
keineswegs nämlich ift bie beanfianbete ermäc^ttgung beS ermähnten
DffijierS aus bem anfänglichen Verhalten in ber fraglichen 9lacht, fonbern
barauS hergeleitet, ba& Slngeflaater ben mehrfachen 2lufforberungen beS t>. 9t. ,
als (SommanbeurS ber 58ranbmaa)e f baS 2tnreben ber uerfammelten VollSmenge
bei Reibung ber Serhaftung &u unterlaffen, !eine golge geleifiet, Dielmehr burch
wieberholt unpaffenbe 2lnfprachcn jur oermchrten Aufregung beS VolES, jur
^ortfefcung unb Unterhaltung beS nächtlichen Tumults wiffentlidh beigetragen
habe; bafc ßieutenant o. 9c\ in feiner, bem 2lngef tagten bemühten Eigenfchaft als
fommanbirenber Offizier behufs SEBieberherftellung ber nächtlichen 9tuhe unb
Drbnung, beren ©törung auf baS ungefefcliche ©ebahren beS Angesagten jurücf*
juführen fei, unb jugleich im bienftlichen 3ntereffe ben lederen jur >$tit, roo
bcrfelbe noch au f htm Xrottair oor feiner SBohnung geflanben, nerhaftet erflärt
unb hierauf gegen ben in ben jpauSflur fpringenben unb beffen £hür fchltefeen*
ben ängeflagten unter geroaltfamer Oeffnung ber Xhür bie angefünbigte §eft*
nähme burch oic ihm untergebene aWannfchaft, jeboch erfi alSbann habe uoH*
uehen laffen, als Angeflagter auf bem §auSftur ber Aufforberung jur fretToiüi*
gen ftolge nicht entfprochen habe.
Senn baS angefochtene (Srfenntnijj auf biefe tfwtfächlichen Vorgänge
hin, beren 2Bahrhett baf)ier nicht in grage ju fteHen ift, bie rechtm ölige
&ienftauSübung ber gegen ben Angesagten einfdbreitenben bewaffneten 9Jiacgt,
tnSbefonbere beren mtlitärtfeher Vorgefefcten, feftftellt, fo ift barin ein unter*
liegenber 9techtSirrthum nicht ju erfehen.
9lach ben in ^reufecn geltenben VefKmmungen, inSbefonbere nach bem
jur Ausführung ber preuf. Verfaffung 2trt. 5. erlaffcnen ©efefee r-om 12. $ebr.
1850 jum ©dm&c ber persönlichen Freiheit (@. ©. ©. 46) §. 2. 9ir. 1. unb §. 3.,
foraie nach ber burch Hab. D. o. 8. 2lug. 1850 genehmigten, an baS oorgebachte
©. fich anfchliejjenbcn Snfrruft. f. b. SBachen t>. 27. ^uli 1850 (3.9K.©1.©.358) §.3.,
finb bie Offiziere unb 3Jtonnfchaften ber 2ßaa)en befugt unb bejro. ocxpfCid&tet,
ohne richterlichen Haftbefehl bie norläufige Ergreifung unb ^efrnahme einer
Sßerfon $u bemirfen, wenn biefelbc bei Ausführung einer ftraf baren §anblung,
ober gletdh nach berfclben, betroffen ober »erfolgt wirb. Siefe VorauSfefcung
ifi uorliegcnb fcftgcftellt, inbem baS Berufungsgericht bemiefen erachtet, bafe ber
Angesagte beraufet 2)tittelpunft unb Urheber ber ftattgehabten nächtlichen föuhe*
ftörung war, fot)in minbeftenS als Xhäter ober Anstifter ber burch §. 360. 9er. 11.
beS 6t. ©. ö. mit ©träfe bebrohten ^anblung fich barftettte.
3lufeerbem finb nach bem ©efefc ». 12. ^ebr. 1850 §. 6. unb ber 2Bach*
inflruftion §. 15. bie Söachmannfchaften auch befugt, Sßerfonen in (polizeiliche)
Sßerraahrung ju nehmen, roenn bie Slufrechterhaltung ber öffentlichen
©ich erfi ei t unb 9tuhe biefe 3Kaferegel bringenb erforbert, unb bie Snfrruftion
n. 27. $uli 1850 §. 6. ermächtigt weiter bie Söacben, „oermöge eigener 2lmt8*
geraalt" bie ^erfonen oorläufig ju ergreifen unb feftjunehmen, welche ben 3ln*
orbnungen ber 5Bache nicht Balge leijten, befonberö in ftäHen, wo e& auf
©chltchtung eine« XumultS, 3erpreuung oon Aufläufen — ober Skrhinberung
eines bie öffentliche s Jtuhe ftörenben ©tra§enunfug« an!ommt.
3luch biefe Sebingungcn finb im angefochtenen Urteile bem Slngetlagten
gegenüber als uorhanben angenommen.
5)a fobann ber ßieutenant n. als fommanbirenber unb S3orgefe|ter
ber 2öache eingefdt)ritten ift, unb gemäft §. 7. ber angesogenen Sftftruftion non
1850 bie norgefefeten Dffijiere baS Sftect)t haben, tn ben gefe^lich juläfftgen
fällen bie oorläufige Ergreifung :c. non ^erfonen ben SBachen mit Verpflichtung
ber golgeleifhing ju befehlen, fo ifi bie ^efugnifj beS SieutenantS o. 91.,
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3*utfd)e3 @trafre*t. CMwtntnifie be8 Weid^geti^tS. 141
bejw. ber it)m untergebenen Sßad&mannfdjaft an fiaj, hie £>aftnafmte be£ Singe*
flagten anjuorbnen unb aufführen, unter ben fonfreten SJerhältniffen nicht ju
beanftanben.
SlUerbmgS ift Lieutenant 0. 91. mit ber 2öa$mannjdjaft in ba£ 00m Sin*
aeflagten bewohnte $au£ jur 9tacht$ett mit ©eroalt emgebrungen, nadjbem
Slngeflagter ber fa>n oor ber Söofmung erflärten Verhaftung bura) 3urüihte^eit
in ben gefebjofienen §au3flur fid) ju entgehen oerfuchte; allein nach §. 10. beS
©efefceS unb Der ^nftruftion oon 1850 barf jum $mtdt ber oorläufiaen (5r*
greifung einer Sßerfon, welche — roie im gegenwärtigen galle — bei SluSfüh*
rung einer ftraf baren öanblung ober gleich nach berfelben »erfolgt wirb, bie
uerfolgenbe S&tachmannföaft auch jur ^aAtjett in eine Söolmung einbringen,
unb §. 12. Slbf. 1. ber Snftruftton oerpfltchtet fogar bie Stachen, eine er*
forberliaje (Ergreifung 2c. nötigenfalls nad) Anleitung beS ©efefceS uöm
20. 3Jcär$ 1837 über ben SBaffengebraud) beS ÜRilitairS „mit ©eroalt ju
erjrotngen".
$>aS 3nftanjgerid;t $at ferner rechtlich jutreffenb feftgcfteUt, bafj t>on bem
2lngeflagten ber bewaffneten Üftadjt in rechtmäßiger SluSübung beS SHenfiteS
Durch ©eroalt SQJiberftanb geleiftet roorben ift.
2)ie SluSfüfjrung ber 9t wonach eS an ben objeftioen unb fubieftioen
erforbemiffen eines Dura) §. 113. beS et. ©. bebrohten SBiberftanbafteS
naa) ben eigenen t&atfädjlidjen annahmen beS Berufungsgerichts mangeln foll,
ift verfehlt.
SDie beanftanbete geftfteUung roirb burch bie für beroiefen erflärte £hat*
fache, bafe Slngeflagter auf Dem §auSflur nach oorgängiger Sliajtbefolgung Der
Slufforberung pm freiwilligen 3Jtitgehen unb naa) Dem ber äJtannfdwft 00m
Lieutenant 0. :U. hierauf erteilten ioefehl, ben Slngeflagten an^uf äffen, um
fia) t>on ben ihn nunmehr angreifenben §ufaren ju befreien (fia) loSjumachen)
eine gegen biefe gefthaltung gerichtete, mit phpfifcher Äraftanfhengung uer*
bunbene Slrmbemegung gemacht, gerechtfertigt.
freilich ift in II. ^nftanj biejenige ©rroetfung beS Vergehens
nach §. 113. beS 6t. ®. V. in bcr Sljätigfcit beS Slngeflagten erfannt roorben,
welche baS ©cricht I. ^nftanj als „thätlichen Angriff" beS Slngeflagten gegen
bie beroaffnete 3)cacht gefennäetchnet hatte, inbeffen hat baS Berufungsgericht
barin — befugt — bie anbere gleich bebrohte gorm beffelben Vergehens,
nämlich ber äüiberftanbleiftung burä) ©eroalt, ausgeprägt gefunben, ofme
im ftrafred)tlia)en begriffe $u irren.
©nblid) ift aua) bcr entfprecfjenbe 5Dolu« beä Slngeflagten auäreiajcnb
feftgeflellt, ba angenommen ifl, ba§ Slngeflagter in Äenntnip ber eigenfa^aft
Des 0. SR. als beS bie 2Bac$mannfdjaft rommanbirenben DffisierS bie näfjer be*
jeia)nete ^anbberoegung jum 3roecte ber Befreiung non ben i&n behufs ber
gejlna^me angreifenben ^ufaren gemalt l)at.
. 263. 6t <B. B. Berechtigung 6ec poUjetbe&ör&e, 5ur riacf>t5cit In
le H?oh ruinös einer ungebührliche I)anMungen begeb.enben Perfon ju
6ringcn un6 biefelbe auf 7lnfua)en eines JlUtberoohners 5U verhaften.
@rf. beS II. Straffen, o. 3. gebr. 1880 c/a. ^enneria). rooburch ber
91. S. ber ©taatSanroaltfchaft ftattgegeben unb baS SBorerfennimp unter 3"^*'»
nerroeifung oernia)tet roorben ift.
© r ü n b e.
©egenüber ber Sfoflage, roelche bahin ging, bafe Slngeflagter ben ««acht*
roächter 6$., welcher mit bejfen Verhaftung wegen $3ebrof>ung unb Uebertrctung
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auS §. 360,11. beS 6t. ©.8. beauftragt unb in rechtmäßiger AmtSauSübung
begriffen war, tfjätlid) angegriffen habe, ift oon bem App. dichter bie grage ber
9ied)tmäfjigfeit ber §anblungSmeife beS Angeflagten gegenüber ber beabfidtjttgtett
Verhaftung nicht erjchöpfenb erörtert, bie greitprechung oielmehr auf bie Vor*
fraae gegrünbet worben, ob 6d>. sunt Eintritte in bie 2Bof)nung beS Angeflagten
wäijrenb ber Nachtzeit überhaupt berechtigt gewefen fei.
2)ie Verneinung biefer grage mirb barauS hergeleitet, bafe einer ber
Ausnahmefälle ntdjt oorliegt, worin zufolge ber §§. 9. unb 10. oeS ©efe&cS mm
©a)u|e ber persönlichen f^rei^eit com 12. gebr. 1850 (@. ©. <S. 45) baS Ver*
bot, jur Skchtjeit in eine frembe 2öohnung einzubringen, ^titrocgfäHt, namentlich
Angesagter oon ben betr. ^oltjeibeamten meber bei Ausfuhrung einer frrafbaren
tanblung betroffen, noch gleich nadt) berfelben oerfolgt roorben, ber auSgefproctjene
med beS amtlichen ©infchrcitenS beS SßolizeiocrwalterS 9c\, welcher ben Stacht*
roächter 6d). zu feiner Unterftüfcung herangezogen, oielmehr ber geroefen fei. ben
Angesagten burct) feine geftnahme ju oerhinbern, fernerroeit ftrafbare §anblun*
gen, fei es burch SDKfjhanblung feiner grau ober Erregung ruheftörenben fiärmS,
5U begehen.
5Dicfe ßntfcheibung beruht in mehrfacher Veziehung auf einem Rechts*
irrthum.
Ein folcher liegt junächfi in ber Annahme, ba§ AngeKagter nicht bei
einer frrafbaren §anblung betroffen roorben fei. S)enn nach ber Anflöge unb
bem Inhalt beS erften (IrfenntmffeS, baS in biefer ©ejiehung oon bem App.
dichter nicht abgeänbert roorben ift, hatte Angesagter in feiner 28ot)ttung burch
Särmen unb fonftige Ungebüt)rlichfeiten "panbfungen oerübt, welche ftct) rechtlich
als grober Unfug barfteUen.
©r roar bah er bei Verübung einer frrafbaren ipanblung betroffen roorben,
feine oorläufige geftnahme mithin nach §• 2. 9tr. 1. beS ©efefceS o. 12. gebr.
1850 geftattet.
ES fommt ferner für bie grage, ob bie oorläufige Ergreifung unb geft*
nähme einer Sßerfon erfolgen bürfe, roelche bei Ausführung einer frrafbaren
§anblung ober gleich berfelben oerfolgt roirb (§. 2, 1. beS ©efefceS oom
12. gebr. 1850) unb folgeroeife für bie weitere grage, ob auS biefer Veran*
laffung baS einbringen in eine Söolmung jur fRac^t zeit gemattet fei (§. 10. baf.) f
nicht auf ben gleichzeitig oerfolgten weiteren 3wecf an, welchen bie AuSfüt)rungS*
beamten bei ihrem Vorgehen etwa befolgten. 6ie tonnten fet)r wohl bejwecfen,
ben Angeflagten oon ber Verübung fernerer Straftaten abzuhalten, ohne bafe
bie Ausführung ber geftnahme beS Angeflagten unb bie barauf gerichtete Ab ficht
unberechtigt würben, ©er $oli$eibeamte hat nicht ju prüfen, welches bie 2Btr*
fungen unb gotgen ber geftnahme finb, er hat nur ju prüfen, ob für letztere bie
gefeilteren VorauSfefcungen beS §. 2. oorliegen.
3fl biefeS ber gaü, fo wirb baS ihm burch baS ©efefc oerliehene Stecht
burch bic iKebcnrücf|idjt, bafj bei Ausübung beffelben ber zu (srgretfenbe für bte
fernere Störung ber SRechtSorbnung unfchäblid) gemacht wirb, eher oerfchärft als
abgefchwächt.
GS hat ferner ber App. dichter bte thatfädjliche Unterlage beS erften @r*
fenntniffeS unoeränbert beibehalten unb nact)bem ber erfte dichter als erwiefen
angenommen, bafj bie Ehefrau beS Angeflagten an bte $olizetbet)örbe baS An»
fuejen geftellt, ihr gegen ihren in ber äÖol)nung befinblia)en Eh cmann Schuß ju
gewähren, ba berfclbe AUcS zertrümmere, fie felbft gemifchanbelt unb aus ber
äöohnung geworfen, baburet), bafe er baS Vorjjanberifein eines Ausnahmefalles
auS §. 9. beS ©efcfceS oerneinte, ber Aufforberung ber Er^f* 011 um S<hufc mit
Unrecht bie Vebeutung für bie Vefugnifc ber ^olizeibeljörbe zum eintritt in bte
3Öohnung zur Nachtzeit abgefprochen.
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»rnl 'f
2)tntfd)t8 ©trafrcdjt. Qhrfcttntniffe te§ SRcicfiSgtridjtS. 143
SRadjj §. 9. begreift bas Verbot beS Einbringens jur 9iad&tjieit ntd^t ben
ftaü" eines aus bem Jnnern ber SBolntung beroorgcgaugenen 2lnfud)enS unb ein
fold&eS mar I)ier oon ber @f)efrau beS SIngcflagten an bie $oli3etbef)örbe geftellt.
3)enn biefer $aH wirb ni$t baburdf) auSgefdjloffcn, bafj bie ©befrau beS $na,e*
floaten p ber 3eit, «I* ty* §ülfea,efudj) an bie ^ßoltjctbe^örbe aelangte, fidj
auper bem §aufe befanb, weil tfjr bemann fie auS bemfelben fnnauS*
geworfen.
2)a8 ©efefc oerlangt nur, bafj baS ftfilfegefudf) aus bem $nnem ber
SBofjnung Ijeroorgegangen fei, bafj alfo Slemanb, ber fid) im ^mt^m ber SBobnung
befanb, baffelbe unmittelbar ober mittelbar nad) aufjen fyat gelangen laffen.
28elä)eS Littel« fid& ber 2lnfu$enbe bebiente, fein 5lnfua)en $ur 2flanifeftation
3U bringen, ift für bie 6ad&e ofjne Gelang, er fann barjer audjj burd& freirotHigeS
Sßerlaffen ber 2Bo§nung bie §ülfe herbeiholen, inforoeit es fid) barum fmnbett,
ftd& in ber SBofmung felbft ben crforberlidjen 9ted&tSfd()u& m oerfdfmffen. §ier*
nadb ijt eS, nac^bem für bie @§efrau bie Seranlaffung jur ttagetjung polizeilicher
£ülfe mäfpenb tyreS SlufentfmltS in ber SBolntung entftanben-, noa) roe*
niger oon Sebeutuna, bafj baS SBerlaffen berfelben ein errungenes mar unb
gerabe einen 2$eU ber SBiberrcd^tli^fcit bilbete, gegen roeld&e baS §ülfea,efud[j
ji$ richtete.
§§. 223a. 224. 0t <B. 8. §. 255. Tlbf. L §§. 222. 24S. 250. 6t.pr05.4X
§ulftffigteit ber Porlefung bec ih^tlidjen Cflttejre in 6er l}auptt)eri)anb*
hing über bie 00m Bngeflagten oerübten gefährlichen üörperoet-
le^ungen.
@rf. beS I. ©traffen. ». 5. gebr. 1880 c/a. rooburd& bie SReotfion beS
SJfogeflagten jurüefgemtejen morben tjl
© r ü n b e.
2>er §. 255. 3lbf. L St. $roj. D, aeftattet bie Serlefung ä'ratlid)er Slttefte
über Äörperoerlefeungen, meldte nid&t &u Ben ferneren gehören. Unter ferneren
$örperoerlefcungen fönnen aber nur bie in §§. 224. unb folgenben 6t. ©. 33. oor*
aefefjenen Äörperoerlefcungen oerftanben merben. §. 223. 6t. ©. S. betrifft bie
teilten $örperoerle|ungen unb §. 223 a. fteüt leotglidf) eine fdjmerere Öuali*
fifation biefer leidsten Äörperoerlefcungen auf, mie fold&e audf) fcfjon §. 223. Slbf. 2.
a. a. D. ins 2luge fajjt.
®., melier megen oorfäfclidjer ^örperoerle^ung an 6. — unb par,
mie bie beigefügten ©rünbe jeigen — megen ©ebrauefs 'eines SabelS, als einer
©äffe — nad& bem 6t. ©. 8. §. 223. unb 223a. — oerurt&eilt mürbe, erfd^eint
biemad^ nic^t megen einer ferneren Äörperoerte^ung, fonbem meaen einer
ourd^ 5ß3affengebrauo^ erfd^merten leidsten ^örperoerle^ung ocrurtljeut.
SDie SRid^tigfeit biefer 2luffaffung ergiebt fid^ aus §. 227. 6t. ©. 35., mo*
felbft hinfidjtli(h beS Begriffes einer ferneren ^örperoerle^ung auf §. 224. $tn*
refen ift, foroie aus ber @efdf)id[>te ber Raffung beS §. 255. Slbf. L
Sßroj. 0.
Qn ber Vorlage lautete bie betreffenbe 6tette (§. 216) balnn, bafe aratlid^e
Stttefte über leidste ÄÖrperoerle|ungen oerlefen merben fönnen.
2)urä^ S3efci)lu§ ber 9teia)gtagÄfommiffton entftanb bie Slenberung ber
Vorlage ba^in, ba| ärjtlid^e Slttefte über Äörperoerlefcungen, meiere nidpt ju
ben ferneren geboren, oerlefen merben fönnen; unb in ben angefügten
©rünben mürbe auSbrücflid) bemerft, ba^ ^örperoerlc^ungen , roeld&e niä)t ju
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144 £>tur|cpe9 «©rrayrecpt. tfricmum^e dc» vtetcpBgcncptö.
bcn fchroeren gehören, jene finb, welche unter bie Sefrimmungen be« 6t. ©. $3.
§. 223. (teilte Äörperoerlefcungen) unb §. 223a. ( gefährliche Äörperoerle&un*
gen) fallen.
$eich«tag«rierhanblung«>2Inlagen 1876 6. 252 unb 394. £>emgemä& mar
bie Sorinj*au3 nach §. 255. »bf. 1. 6t. $ro$. D. befugt, in ber fiauptoerhanb*
lung ba« ärjtliche Sitteft be« praftifchen Strjteö Dr. ©., wie gefefehen, ju ©er*
Iefen, unb bie toifton be« Slngeflagten, welche bic ^tchtanroenbung ber „stecht«*
normen in §§. 222. 250. 6t. Sßroj. 0." unb bie unrichtige Slnroenbung be«
§. 248. 6t. ^roj. 0. rüat, fteUt fich al« unbegrünbet bar. SDenn ein ben
§§. 222. 250. 6t. $roj. v. unterfteüter gall liegt hier gar nicht oor; von einer
unrichtigen 2Inroenbung be« §. 248. im Matronenhafte mit §• 255 - Slbf. 1.
6t. $roj. D. tann aber, wie gezeigt, hier feine 9tebe fein.
§§. 267. 381. 0t. Proj. <D. Beginn 5er Jtift jur Heoif*oneanmel6ung
bei publlfatton öco Urtheilo ohne (Brfinöe mit 6em (Lage 6er gujrellung
6er Urthetkauofertigung.
58erf. be« n. 6traffen. n. 6. ftebr. 1880 c/a. Ärüger.
© r ü n b e.
$n ber 6traffache roiber St. hat smar bie 2tngeflagte gegen ba« in ihrer
3lnroefenheit oerfunbete Urtheil ber 6traffammer oom 18. 3Des. o. 3. erft fa
ber am 30. $e$. o. 3., alfo nach Slblauf ber im §. 381. Slbf. 1. ber 6t. $roj. 0.
uorgefchriebenen einroöchentlichen ftrift, bei bem erfrinftanjlidjen Berichte einge*
gangenen 6a)tift bie Steoifion eingelegt. S)a inbejfen au«roei«lich be« 6i£ung«*
protofoll« bie Sßerfünbung be« llrttjeilö juroiber ber Sorfchrift im §. 267. a. a. 0.
ohne gleichseitige Eröffnung ber Urthetl«grünbe erfolgt ift, ber §. 381. in
feinem erften Slbfafce aber eine ben gefefclichen S8orfa)riften entfprechenbe Ser*
fünbung be« Urteil«, infonberheit bie gleichseitige Manntmadmng ber Urtyeilä*
grünbe, welche ben 2lngeflagten in ben 6tanb fefet, roegen Stnlegung bcö stecht«*
mittete feine ©ntfchliefeung 3U treffen, norauSfefct, fo fann bie ^rift sur ©inlegung
ber SRcotftOR im untergebenen $aile überhaupt nicht 00m Sage ber SBerfünbung
be« UrtheibS, fonbern nur 00m Sage Oer ßuftellung beffelben gerechnet werben,
unb ba bie 3uftcllung ©tfenntniffe« an bie 2lngetlagte nicht gesehen ift,
mufe bie Steolfion unter allen Umftänben al« rechtseitig eingelegt angefehen
roerben.
3luf ben feiten« ber aingeflagten in ©emäfeheit be« §. 386. Sl&f. 2. a. a. 0.
geftettten Slntrag oom 22. $an. b. 3. wirb baher ba« ßanbgeridjt unter 2luf*
bebung be« Sbefchluffe« oom 15. $an. b. 3- unb Ueberfenbung ber Sitten aufge«
forbert, ber Singef tagten eine 2lu«fertigung be« ergangenen Urtheil« aufteilen JU
laffen unb bemnächfi eintretenben gatt« ba« Rechtsmittel anberroeit su inflruiren.
§§. 273. 376. 0t. Pros. §• ,s 3. 0t. <B. B. flichterforbernijj 6er
jpijirung 6er Sluofagen 6er in 6er IjauptoerhanMung nernommenen
geugen im ©i^ungsprotofoll mit Tlusnahme bei üerhanblungen üot
6cm 6d)öffcngerlcht. — (Ein öffentliches ^ergernig im Sinne 6es
§. 183. 0t. (D. B. roir6 nicht auofd) lieblich 6a6urd) begrünöet, 6a^ 6ie
unjücbtigc J^an6lung an einem öffentlichen (Drte vorgenommen rouröe.
drt. be« N. 6traffen. 0. 10. ^ebr. 1880 c/a. (Sonrab, rooburch auf
SSerroerfung ber 9ter»ifion erfannt roorben ift.
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2)«tttfdj«8 (Straftest. 6r!atntnif(c fce$ 9lei(f)§gctid)t3. 145
© r ü n b e.
Slngcttagtet ftnbet, roaS ben junäd^ft ju prfifenben projeffualen SRemfionS*
grunb betrifft, ben §. 273. 6t. >JJroj. D. baburdj) Beriefet, baf? bie 2luSfagen ber
in ber §auptoerlwnblung t>or ber 6traffammer r-ernomraenen Seugen in bem
6i|jungSprotofolle ni$t rotebergegeben feien, was er als nottyroenbig barauS ^er*
leitet, bajj na<$ Slbf. 1 bafelbft bie roefentltd&cn ßrgebniffe ber §auptoerfcanblung
aus bem Sßrotofoll crfi^tlid^ fem müffen.
$ebod& mit Unred&t, wie bie fnftorifd&e gntroicTehmg biefer ©efefeeSoor*
f cfjTtft etfennen läfet.
©oroofjl naä) §. 232. Slbf. 1. beS bem 9ietd>Stage oorgelegten ©ntrourfeS
ber ©t. $ros. 0. 6. 38 baf. verb.:
„baS ^rotofoll mu& ben ®ang unb bie ©rgebniffe ber ^auptoerljanblung
im Söefentlid&en rotebergeben, foroie bie im Saufe ber 33erfmnblung ge*
ftcUten Stnträge, bie ergangenen <£ntf Reibungen unb bie UrtljeilSformel
enthalten",
als naä) ber gaffung beffelben, roie fold&e bei ber erflen fiefung in ber 9ftet<JjS*
tagSfommiffion fta) geflaltete:
„baS ^rotofoll muf? ben (Sang ber $auptoerf)anblung bergeptalt roieber*
geben, bafj fi<§ barauS bie Vornahme aller roef entließen ftörmlid&feiten
ergiebt, mufe ferner bie ©rgebniffe ber Vernehmungen, foroie bie im
Saufe ber Verljanblung gefiellten Anträge, bie ergangenen (Sntfdjeibun*
en, eine Angabe ber r-erlefenen Urfunben unb bte Urü)eilSforrael ent*
alten",
mar eS, roie bie SßrotofoHe ber 9teicijStagSfommiffion <5. 418—420 ergeben,
nia)t jroeifelbaft, bafj baS SifcungSprotofott über jebe ^auptocrljanblung ben
TOefcntlid&en $nf)alt ber ßeugenauSfagen enthalten müffe.
Sei ber jroeiten Sefung ber flommtffton bagegen, oergl. Sßrotofolle
©. 991, 992, trat bie entgegengefefete Sluffaffung beroor. £>er Antrag, ben
2lbf. 1. in feiner jefeigen ©eftalt ju f äffen unb ben jejigen 2lbf. 2.:
„SluS ber ipauptuer^anblung oor bem 6dE)öfteng,eridf)te finb aufeerbem
bie roefentlia)en (Srgebniffe ber Vernehmungen tn baS ^rotofoH auf*
junehmen",
beizufügen, beruhte auf bem beftimmt auSgefprod&enen ©ebanfen, bafj, roo
nur eine revisio in juxe als 9teä)t3mittel ftattfinbe, baS SßrotofoU bie roefent*
lia)cn (Srcjebniffe ber Vernehmungen mdjt p enthalten brause, ober bodb aUeS
erforberlta)e fd&on burdf) ben SluSbrucf in Slbf. 1. ,,©ang unb ©rgebniffe ber
^auptoer^anblung" gebeeft roerbe. s Jhir mit 9tü<fftcbt auf bie Verufung in
Ochöffenfa(hen laffe ftaj bte Slufnahme ber VernehmungSergebniffe red&tfertigen.
2lucf> ber Vertreter beS VunbeSrathS erflärte eS für unnötig, bie roefent*
liefen ©rgebniffe ber Vernehmungen in bem JProtofoDe befonberS jjeroorjuheben
unb legte nur SRaraenS ber oerbttnbeten Regierungen barauf ©erota^t, bafj, roie
gesehen, binftdfjtlich ber 6d)öffengerid^te ber Vefa)lufi erfter fiefung aufredet er*
halten roerbe.
<5S erlangt biefe Steufjerung aud& namentlich bem in ber Äommiffion er*
bobenen Sebenfen gegenüber Sebeutung, bafe nad| ben Ser&anblungen erfter
Sefung bie ©orte ber SftegterungSoorlage „©rgebniffe ber §auptoerf)anblung im
2ßefentlid)en roiebergeben" eine 2lufnaf)me beS roefentlia^en 3«^teS ber 3eugen*
auSfagen als not^roenbig in fidfj fdbliefsen foll, unb biefe baber burd) bie jefeige
Raffung beS ©efefeeS, roeldbe jene Söorte beibehalte, nid^t befeitigt roerbe. 2)enn
bei bem I)iernad& oorliegcnben ©noerftänbniffe jroifd&cn bem SiegierungSoertreter
unb ber 3Kajorität ber Äommiffton btu)in, bafe bie grage, roela^e Vernehmungen
in bem SßrotofoIIe ju fiyiren feien, aus bem Hbf. 1. auSfd&eibe unb in Slbf. 2.
fetbfrftcmbig unb jroar m einfä)ränfenber Sßeife geregelt roerbe, erhalten jene
«C^tD 1880. 2. «Cft 10
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146 3>tutfd)C§ Straftecfjt. ötfctmtniffc bc$ $Reidj8gcrid)t§.
2Borte einen oon bem früfieren abweiebenben Sinn bal;in, bafj unter ben (5r*
gebniffen bet £auptoerbanblung , • weldt)e im 28cfentlicben wiebergegeben werben
muffen, nur foldje (Srgcbmffe oerftanben roerben fönnen, welche nicht au« ben
Vernehmungen, ba« Reifet ben bie Sache felbfl betreffenben 2lu«fagen, im ©egen*
fafee ju ben fonfttgen, bureb ©rflärung ber au oernebmenben ^erfonen feftju*
[ieUenben, für ba« «erfahren erheblichen Umftänbe, j. V. au« §. 67. St. ^roj. 0.
beroorgeben.
2)ie nachfolgenbe parlamentarifcbe Vehanblung ber $ ra 9 e D at n ^ ts Don
ben (Srgcbniffen ber $ommifuon«ocrbanbtungen 2lbweicbcnbe« ergeben, unb liegt
fein £mbernifj oor, biejen lefcteren bei Stillegung be« ©efefce« eine entfebeibenöc
Vebeutung beizulegen.
$)abet foU ntd^t oerfannt werben, bafj ein berartige« Verfahren, wclcbe«
oon jeber geftlegung be« Vewet«fioffc«, foroeit er fid^ au« ben Vernehmungen
ergiebt, abfielt, jo feljr folebe« auch in ben fällen, roo jebe Nachprüfung in einer
höheren gnflanj au«gef<bloffen ift, bem 3Jlünblic^Fc ttSpr injip c entfpreeben mag,
m praftifchen Scbwterigfeiten, namentltcb ju einer erfebwerten Durchführung be«
Sicberaufnahmeoerfabrcn« wegen falfdjcn Seugniffe« (§. 402. 3iff. 2. 6t.^roj.O.)
führen fann. StUein einerfeit« oermag btcfcö am®efefce nityiä ju anbern, unb
mm anbern fmb biefe Salle feiten unb roirb auch hier, ba metfien« in ber Sifcung
fclbft bei ober unmittelbar nach ber Vernehmung bic Verbacbtgrünbe in Vejiebung
auf ba« falfcbe ^eugnijj bro^tteten, mittelft ber Vorfcbrift in §. 273. 2lbf. 3.,
wonach ber Vorftfcenbe bie ooUftänbige Nieberfcbretbung einer ert)ebUa)en 2lu«fage
ober 2leufeerung in bem ^rotofoHe, roenn e« auf beren SBortlaut anfommt, an*
orbnen mufe, Stbt)ülfc m erlangen fein.
Vei biefer Sachlage fann bie fuf) weiter ergebenbe ftrage babingeftellt
bleiben, ob bie mangelnbe ^rotofollirung ber .ßeugenauSfagen für fieb allein
febon einen toifion«grunb ju bilben vermöchte, unb ob nicht oielmebr nur in
Verbindung mit beftimmten re<bt«erbebltcben (Srgebniffen einer Vernehmung,
welche bie Sleoifion jur Vegrünbung anführt, beren Vewei« aber roegen man*
gelnber ^rotofollirung nic^t bcrsuftelten ift, fid) roürbe fagen laffen, bafe auf bem
Langel ber ^rotofollirung unb ber Verlegung be« §. 273. ba« Urtbeil im Sinne
be« §. 376. bafelbft beruhe.
dagegen trifft ber weitere $Heoifton«grunb ju, welcher fich auf eine Ver*
tefeung be« §. 183. St. ®. V. bejieht.
5Die Straffammer hat nämltd) ba« Stterfmal, baß_ ba« bura) bte unjüa)tige
§anblung bc« 2lngef tagten gegebene 2lergerntjj ein öffentltd^e« geroefen, au«*
fcbUefeüa) be«h"lb angenommen, weil ber Xreppenflur be« ^aufe«, wo bie
£anblung oorgenommen würbe, einem jeben jugänglich unb be«tmlb ein offen t*
Itcher Drt fei. Slbgefehen Daoon, ob ba« ledere jutrtfft, fann bie allgemeine
ßugänglicbfeit bc« Orte« für fidt) allein ber bafelbft oorgenommenen ^anblung
nicht ben (Shatator Oer Deffentlichfeit oerleihen, ^m ©egentheil läfet ftch nad?
Vefcbaffenheit ber Umftanbe auch an einem öffentlichen Orte eine nicht öffentliche
^anblung uornebmen, ebenfo wie umgefehrt eine öanblung eine öffentliche fein
fann, ungeachtet beren Vornahme an einem nicht öffentlichen Orte erfolgte. S)er
Oejfentlichfeit«begriff ift bei bem oorliegenben Vergehen niebt mit bem Orte,
fonbem mit ben ^erfonen in Vejtehung gebracht; ba« Slergemil wirb ein öffent*
liehe« nicht baburef), bafe bie ^anblung awar an einem jeben jugängtichen Orte,
aber unter Umftänben begangen würbe, wo britte Sßerfoncn folche nicht bemerfen
fonnten ober bemerft fyabcn, ba« perfönliche ©efühl be« baburch gegebenen
9lergerniffe« baher burch beren Wahrnehmung bei britten unbetl;eiligten ^erfonen
nicht hervorgerufen werben fonnte. (5« ift oielmehr, wie biefe« auch bic 2ftotioe
3U bem §. 183. <5t. ®. V. 6. 87 unb 88 mit Veftimmthcit au«fprechen, ab-
weichenb oon ber 9lecbt«anftcbt, welche fich auf ©runb be« §. 150. St. ©. V.
gebilbet hatte, baoon au«jugehen, ba| eine ^anblung nur bann al« öffentlich
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jD€hi1C9<b ©ttaiTCajt. lÄncnitttniie vis inctujö^crtujtö. 147
gefc^c^cn ju betrauten, wenn fte in einer 2lrt unb äBeife oorgenommen rourbe,
öq|> fte unbeflimmt von weichen unb roie Dielen Sßerfonen wahrgenommen wer
ben fomttc, bat) alfo Sßerfonen, roeldje oon ber £t)at felbft nia)t umfaßt waren,
ber lederen beiraot)nten unb folcfie entioeber bemerft ^aben, ober, wenn fie ü)re
»UTmeniamreu Darauf gertegtet, Ratten Demerten tonnen.
§. 75. <B. 1). <B. Betedjtigung 6er @traftammer be* 3uftdn6igen Canb-
getia)t8, öen ton it^r gefaften Ueberroeifungsbefdjlui an ba» @a)ö(fen-
geriet» fo lange eine Bcranntmatt)ung beweiben an 6ie Beteiligten
noer) nia)t (iattgefunben tyat, wieder aufgeben.
dxl bc« III. Straffen, o. 11. gebr. 1880 c/a. @orbt, rooburo) bie Sie*
otfton be« 2lngeflagten äurütfgerotefen roorben ijt.
® r ü n b e.
2He Straffammer be« 2anbgeriä)t« ju §. hat bie Sfageflagten 20. 6. unb
§. G. au« 2. bura) Urtt)eil oom 15. S)ej}. 1879 roegen oorfäj}lia)er SBefdjäbigung
frember Saasen mit je 6 2JJonaten ©efängntjj beftraft. Sie hatte anfänglta)
bura) 23efa)lujj oom 24. Dft. in Uebereinftimmung mit ben u)r bura) §. 75. be«
@. ©. unb §. 35. be« preufe. Uebergang«*©. o. 31. 3ßärj 1879 auftet)enben
$efugniffen, bie <Saa)e auf Eintrag be« Staatsanwalt« jur Serhanblung unb
@ntfa)etbung bem Sa)öfrengeria)t in 2. überrotefen, et)e aber — fo oiel erftdjtlia)
— irgenb etwa« $ur äluäführung btefe« 23efa)luffe« gefa)eben mar, benfelben
auf ferneren 2lntrag be« Staatsanwalt« bura) anberweiten &efa)lu| o. 18. 9too.
wieber aufgehoben unb bie SBerhanblung unb ©ntfa)eibung oor ber Straffammer
felbft befdjloffen. 3n ber $auptoerf)anblung bat nun ber SSerüjeibiger ber 2ln*
geflagten noa) oor ber Serlefung be« $Befa)luffe« über bie Eröffnung be« §aupt»
oerfahren« ben Snfompetenjetnwanb erhoben unb Serweifung oor ba« Saroffen*
geria)t beantragt.
5Dcr Antrag ift aber jurüdgewiefen unb im Urteil au«gefproa)en, ba&
tlmt jvolge nia)t Imbc gegeben roerben fßnnen, weil ber frühere 93efa)lut3 oom
24. Oft. mit 9tüdfta)t auf bie lofale Unjuftanbigfeit be« Sa)ötfengeria)t« in 2.
aufgehoben fei unb bie Staat«anwaltfa)aft beantragt ^abe, bie ©aa)e roegen
6a)roere be« gatt« oor ber 6traffammer oer^anbeln.
2>ie SReoifion ber SKngeflagten maa)t hiergegen geltenb, bafe bie Straf*
tammer ibre 3"fiänbigteit mit Unreajt angenommen, ba fte bura) ben 93efa)lufe
oom 24. Oft. Die 33erljanblung unb (§ntfa)eibung ber Saa)e bem Sa)öffengeria)t
in S. überrotefen ^abe unb biefen Sefa)lu| nta)t o^ne 2öeitere8 Ijabe roieber auf"
heben tonnen; Slngcflagte hätten bura) benfelben einen Slnfprua) auf SBer^anblung
im fa)öffengeria)tlia)en Verfahren erroorben, ber irrten nia)t oerfümmert roerben
bürfe; nur ba« Sa)öffengeria)t felbft, unb aua) btefeS nur auf Slntrag ber Sin*
geflagten, fyaht Unjufiänbig!eit au8forea)cn formen; ber UeberroeifungSbefa)lut3
be« Sanbgerta)tö fei unroiberruflia) unb befeitige beffen Sefugnife, Die Saa)e
roieber an fta) m }iet)enj felbfi roenn. roaö befhitten roirb, ba& ^Solijcigcricrjt 2.
öTtlid) nia)t juftänDig fein follte, bleibe bie Ueberroeifung an ba& Sa)öf|engeria)t
überhaupt beftehen. 3>e«halb roirb beantragt, bog Urteil aufjuheben unb bte
Saa)e an ba« Sa)öffengeria)t ju & ober an ein anbere« jur weiteren SSerhanb*
lung unb ©ntfa)eibung ju oerroeifen.
3)ie 3uläfftgfeit ber auf §. 377. 9tr. 4. ber St. Sßroj. 0. geftüfeten 91^
oifion fann nia)t bejroeifelt roerben; benn aua) bie bem Urtheil oorau«gegangcnen
@ntfa)eibungen unterliegen ber $eurü)eUung be« s Jteoifion«geria)t« (§. 375.) unb
10*
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148 3>ctttf<f>e§ Straftest, ertcntttnific fce§ ffleid^eric^tS.
ber (Stnroanb ber Unjufiänbigfcit ift oon ben Slngeflagten rechtzeitig uorgebracht.
Sie ift aber unbegrünbet. &er UeberroetfungSbefchluij beS £anbgerict)ts §. war,
als et jurüefgenommen mürbe, bislang weber bem 2lmtSgertcht, an welches über*
roiefen mar, noch ben Slngeflagten eröffnet roorben, unb fonnte alfo auch ben
leiteten 311 biefer 3«t noch fein 2lnfpruch auf (Srlebigung bet ©aaje im fdjöffen*
gerichtlichen Verfahren barauS erroaa)fcn fein. Ob ber §. 269. ber 6t. Sßroj. 0.
bie UnjuftänbigteitSerflärung, weil bte Sad)e oor ein ©ericht nieberer Orbnung
gehöre, auch bann oerbietet, wenn baS erfennenbe ©ericht felbft fie Dörfer nach
§. 75. beS ©. 2$. ©. bat)m überroiefen hatte, fann bahin geftcllt bleiben. Stenn
bie Straffammer beS an fia) mftänbigen SanbgerichtS mar jebenfatts berechtigt,
ben oon ü)r am 24. Ott. gefaßten Ucberrocifungsbefchlufe, fo lange noch feine
23efanntmachung beffelben an bie Sethciligtcn ftattgefunben (mite, roieber aufeu*
heben unb, abgefehen uon ber 2Birffamfeit biefcS 33ef<hluffeS, fehlt eS an jeber
rechtlichen ©runblage für bte beantragte ^nfompetenscrflärung.
3roar ergiebt ber §. 29. beS @. 35. ©., bajj oor bie Schöffengerichte auch
biejenigen Straffachen gehören, bie it)nen nach §. 75. überroiefen finb; eine in
julaffiger SÖJetfc erfolgte Aufhebung unb 3 ur "^ na h mc DC $ UeberroeifungS*
befchluffeS entjietjt ihm aber, rote in jeber anberen, fo auch in biefer Richtung
jebe fernere äöirffamfeit. Sie s JKotioe ber 3urücfnahme unterliegen ber 9taa>
Prüfung beS 3ficDifioni8rtdt)ters5 nur inforoett, als fia) barauS bie Folgerung her*
leiten laffen mürbe, bajj baS Urteil auf einer 3?crlefcung beS ©efefceS beruht.
£)iefer gatt liegt nicht oor.
3Jlit bem Söeajaa beS UebcrrocifungSbefchluffcS »om 24. Oft. burch beffen
am 18. 9too. befchloffene Aufhebung tft mithin jeber 9tecf)tSgrunb befeitigt unb
aujjer äüirffamfcit getreten, ber bie Unsuftänbigfeit ber Straffammer hätte be*
grünben fönnen.
£te SSerroerfung beS Antrags auf Unäuftänbigf eitler flärung oerlefete feine
Rechtsnorm, unb bie Steoifton mar gtt oerroerfen.
§§. 376. 34. St. pro$. <T\ Vk Ablehnung ber Vernehmung eines
^eugen in bcr fjauptoerhanblung , roeil bie in feine XDifienfcbaft ge-
sellte Ihatfaehc für bie (Entfchcibung tbatfdd>lid? unerheblich fei, foroie
bes Eintrages auf Tlbtjibirung von Doraften bejüglidj bcr Bemeffung
bcr (Blaubroürbigfeit eine« §eugen, roeil biefer Antrag ebenfall« für
bie 5U treffenbe (Entfcbeibung r-olljtänbig unerheblich fei, gilt, roeil fie
ber Begrünbung entbehrt, als Befchranfung ber üertheibigung unb be-
rechtigt 5ur tteoiflon.
(£rf. beS IL ©troffen, d. 10. gebr. 1880 c/a. ©eelfjaar, rooburch baS
SBorerfenntnife aufgehoben, unb bie 3urüdfoerroeifung ber Sache in bie 3nflan$
auSgefprod)en roorben ifl.
© r ü n b e.
$ie SReoifton rügt, ba£j bie SBertheibigung in mehreren, für bie (Sntfchei*
bung roefentlichen fünften burch bie uom ©ertchte im £aufe ber §aupt*
t>erhanblung befchloffene Ablehnung ber oon Seite bcS ScrtbeibigerS ber
betben üBefchioerbeführer geftellten «eroeiSanträge unjuläffig befchränft roor-
ben fei.
$on ben mehreren 3 cu 0 en - mcldtjc bic ^euifionSfchrift als mit Unrecht
roegen Uncvl)cblid)tctt ( ^urücfgeroiefen auuebt, fann cinjig ber als 3 CU 9 C uorge*
fchlagcne Slbbaubcfiucr ©. noch in Betracht gebogen werben, ba naa) 2lblchnung
aller uorgcfchlagcncn «eroeife burd; ben ^orfiBcnbcn in ber ^auptoerhanblung
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2>tutf<$e3 Straftest ertcraUniffe bc$ «ci$3geti($t8. 149
nad& «uSroeiS bcS 6ifcungSprotofollcS lebigli$ noty bie &ernel)mung beg ßeugen
©. beantragt toorben ift.
2)ie SBemebmung biefeS 3 cu 9* n würbe vom ©ertaste beSljalb abgelehnt,
weil bie in bie ©iffcnfä)aft beffelben gefteUte 23)atfad&e für bie Chttfd&eibung „tgat^
fäd^lid) uncrr)ebli(b" fei. 3>iefe Segrünbung ber 2lblef)nung fann jebodf) als ge*
nügenb nic^t gelten. $ie 2tngeflagten Ratten sufolge ber &eftimmung beS §. 34.
ber 6t. $ro$. 0. ein 9ied)t, biejentaen 3:^atumftänbe m erfahren, meiere ba3
©eriajt ju bem 2lu3iprud)e »eranlapten, bafj bie ju beroetfenbe SD)atfadje un*
erbcblta) fei. S)ie Raffung ocS ablebnenben Sefd&luffeS fonftatirt nur bie red)t>
lia^c SBirfung unbeftimmt gclaffener £batfa$en, toäbrenb allein bie E&atumftänbe,
meiere als urfac^e ber Slblelmung geltenb gemalt roerben foüten, ben 2lnge*
flagten bie üjncn äufommcnbc 3fofflärung liätten bieten f ernten. lue Slblelmung
iß fomit in unjuläffiger 9Beife erfolgt, unb ba fid) nidfjt bemeffen läfjt, rocldfjen
Ginflufj bie SBcrnernuung beS 3eugcn auf bie (£ntfa?eibung geübt fmben mürbe,
fo ifi bie lefctere aUs auf biefer SBerlefcung beruljcnb ju eradjtcn.
SDic Sieoifion befämpft enblicb bie 2lbler)nung be3 oon ben Slngeflagten im
Saufe ber $auptoerf)anblung gefteflten Antrages, bie für Semeffung ber ©laub*
roürbigfett beS beugen pcfjtcr Ä. als roefentltcl) ju raürbigenben Sitten über eine
gegen biefen megen ©iebfta()l5 ober Unterfd&lagung eingeleitete Unterfudmng $u
erholen. £a£ ©eriä^t r)at bie 2tblelmung beS Eintrag« auSgefprodjen, toeil ber«»
felbe für bie in ber oorliegenben Straffad&e ju treffenbe ©ntfä^eibung „oollftän*
big unerbeblia)" fei. 2lud) biefe SBegrünbung genügt ben gefe$lid()en ©rforber*
ni)fen nufjt. 6ie lafjt unaufgeflärt, ob redfjtlid&e ober t^atfädjlid&e ©rünbe ba«
©erid&t bewogen rmben, ben Antrag als unerbebltcf) ju erflären. %üv bie 2In*
geftagten erfdjeint es aber im $tnbli(f auf §. 376. ber 6t. $roj. 0. oon Gelang,
Äenntnifj $u erlangen, ob fid)' bie Slblebnung auf ©rünbe erfterer 2lrt ftü|t.
SBcäüglia) ber üBebeutung beS Langels für btc ©ntf^eibung beS UrtljcibS gilt
baS bei Erörterung ber eben beurteilten 2Jefa)iuerbe SBemerfte aud& tytx.
§. 271. €>t. Pro$. <P. Die erfl meiere Cage naa) 6djlu| ber Vn-
banMung erfolgte ^bfajjung bes Öi^ungsprotofollce begrünbet feine
Hcoifion.
©rf. bc§ II. Straffen. 0. 10. gebr. 1880 c/a. Bergmann, rooburd) bic
^eoifion beS Slngcflagten 3urücfgcn)ie|en roorben ift.
©rünbe.
liegt jroar in bem SBefen beS Jroto!oHS, bafe baffelbc fidr> unmittelbar
an ben Verlauf ber Slfte, über meldte baffelbc 3luSfunft erttjeilcn foll, anfd)lic§t,
unb t& ift baber eine aus §.271. ber 9t 6t. ^ro}. 0. fidt) eraebenbe ^Jflia)t ber
bei beffen 2lufna^me in ber ^auptoerbanblung beteiligten Beamten, roaS an
ibnen liegt, 311 u)un, bafe mit bem 6d&luffe ber ^auptocrbanblung aua) baS
©i^ungSprotofoll buxd) Beifügung ber erforbertid&en Unterfa^riften feinen 3lb*
fa)lufe erhält. 2lber barauÄ folgt niebt, ba|, toenn unter ben gegebenen tbat*
fäajlidjen SScrbältniffen bie foforttge SJeenbigung nid^t erfolgen fann, ba& tyxo>
tofoll baburc^ allein febon feine ©laubroürbigfcit oerliert. ©enn ba roeber bie
SSerlefung beS ^ßrotofoUS, nodj bie ©enebmigung ber bei bem 2krfaf)ren fonft
betbeiligten s ^crfoncn erforbert wirb, fo beruht bie ©laubmürbigfeit beS
^ßrotofottS allein auf ber ©croiffenbaftigfeit unb 6orgfalt ber baffelbc aufner)-
menben Beamten. 2Bic fncrnad) im SlUgemeinen rtieffiebtlia) beS gefammten
SnbaltS, fo mu& aua; im $efonbercn bejüglic^ ber 3cit bcS Slbf^luffe« baS
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150 i'Cutiaicg ©ttayTCciju wrncnntntTic Des wctajsgcncpts.
Pflichtgefühl bet SeurfunbungSbeamtcn entf Reiben, roelcbc ju erioägen ^oben,
ob ju bera 3eitpunft, rao fic ben ^n^alt beS ^rotofoüs burdj ifjrc Unterfdnitt
als richtig befiätigen, bie bariu befunbeten X^atiadjcn ihrer Erinnerung auch
noch gegenwärtig finb. Von biefem ©efichtSpunftc aus läfet fich baljer bic 9te*
oifton nid^t burdj bie Vebauptung begrünben, bafj ba£ SifeungSprotof oll erft mehrere
Sage nach Schlufj ber Verhandlung abgefaßt roorben ]ei, unb mufe Slngeflagter,
foroic baffelbe für ihn beroeift, folcheS auch gegen fid) gelten laffen.
§§. 230. 232. 6t. <B. 8. I^ie tbatfäcbUcbe ,feWellung, ba& bie burd)
lleberfafyrcn aus ben klugen gefegte 31ufmerffamfeit nicht eine fold)e
roar, roelä)e bem Slngeflagten »ermöge feines Berufes befonbers oblacj,
fann nicht als re^teirrt^ümlicb burd) bie Heoifkm angefochten ©erben.
<£rf. beS III. erraffen, o. 11. gebr. 1880 c/a. Stietjen, rooburd) bie 9te»
oifton bet ©taatSanroaltfchaft aurüefgeroiefen roorben ifl
© r ü n b e.
®er Sauer 2:. au« SSI. roar befdjulbtgt, ju Vr. ben 3lrbetter 9t mittclft
eineÄ ftuhrroerfs, baS er leitete, fahrläffig Förperlia) befd&äbigt ju haben, obwohl
er jw ber aus ben SÄugen gefegten SlufmcrFfamfeit oermöge feines VerufeS be-
fonberS verpflichtet geroefen roäre. <£r ift beSfjalb auS §. 230. 2lbf. 2. beS
@t. ®. V. angeflagt. ®aS fianbgeriebt $u Bremen bat aber burd) Urteil oom
13. $ej. 1879 baS Verfahren eingeteilt, roeil ber Vcrlefetc feinen 6trafantrag
gestellt habe unb nicht an^u nehmen fei, tat? 2lngeflagter ju ber auS ben Slugen
gefegten 2lufmerffamfeit oermöge feines VerufeS befonberS oerpflid)tet roar, noch
bafe er in feinem Verufe tljätig roar, als er ben 91. überfuhr.
35er Staatsanwalt roenbet gegen biefeS Urteil 9teoifion ein.
SDie Verfolgung burd; gabrläfftgfcit oerurfad)tcr Äörperoerlefeungen tritt
nac^ §. 232. beS ©t. ©. SB. nur auf Slntrag ein, infofern nicht bic Äörper*
oerlefcung mit Uebertretung einer 2lmtS*, VerufS* ober ©eroerbSpflicbt begangen
roorben ift. ®en Söegriff ber mit Verlegung biefer befonberen pflichten began*
genen fabrläffigen Äörperoerlefcungen ftellt §. 230. bahnt auf, bafe ber Xtjäter
m ber 2lufmcrffamfeit, roelcbc er auS ben äugen fe&te, oermöge feines 2lmtS^
berufeS ober ©eroerbeS befonberS oerpflidjtet geroefen fein mujj. (Sine foldje
befonbere Verpflichtung beS Slngeflagten erfennt bao Urtbeil nicht an; es be*
fdjränft fich barauf, ju fagen, bafe er bei Rührung beS SBagenS, mittelft beffen
91. überfahren ift, bie 2lufmerffamfeit aufeer Slugcn fefctc, roelche jeber ^üljrcr
eines jftuhrroerfs aufroenben mufe. 3)amit ift aber nur eine allgemeine $fltd)t
jebeS SBagenführerS, nicht eine befonbere anerfannt, bie ben 2lnge!lagten oermöge
feines 33erufcS als Sanbroirth treffen roürbc. ffienn ferner baS angefochtene
Urtheil in bem h«r oerroenbeten ^ubrroerf fein folcheS finbet, beffen Leitung —
jumal in ben Strafen einer 6tabt — bei 2luSübung beS Betriebes ber £anb*
roirtbfdjaft oorfommc unb oon ber man annehmen fönnte, ein Üanbmann fei als
folcher berufsmäßig baju auSgebilbet, fo beroegt es fich h»cr auf bem ©ebtetc
thatfächlicher, überbicS noch b"tch örtliche ober inbtotbueUc iBcrhältntjfe becin--
flutten ©rroä^ungcn. 2luf biefc (Srroagungcn jlü^t es bic Folgerung: bafe bic
2lufmerffamfcit, Die ber 2lngcflagtc auS ben 2lugen gefegt Ijat, nicht biejenige
geroefen fei, beren 2lufroenbung ihm befonberS roegen feines ÖcrufeS oblag,
unb bafe er nia^t in feinem Berufe thätig geroefen fei, als er ben 2>amniftfatcn
überfuhr.
S3cruf ifl jebe felbftgeroählte SebenSthätigfeit, welche bic Verpflichtung
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SDeutfäeS (Straftest ©rtemttntffe bcä fflet$«geru$ta. 15 1
begriinbet, fich bcn Aufgaben beffelben mit befonbeter Sorgfalt §u wibmen unb
jugkid) eine höhere Serantwortlichfeit für 2lnwenbung ber erforberlichen Ginftdjt
unb Sadtfunbe herbeiführt, als welche unter gleiten Serhältniffen bei jebem
Slnbern geforbert werben mu&. ^n biefem 6inne ifi aber aua) ber betrieb ber
Sanbwirthfchaft als ein Seruf aurjufaffen.
SDic 9teoifionSbefchwerbe will junächft aus ben befonberen 33crl)ältniffen
beS lanbwirthfchaftiichen Betriebes beS Slngeflagten folgern, ba& er ju einer
klaffe oon fianbwirthen ju rennen fei, bei benen bic Senfung aller unb auch
ber leichteren guhrwerfe ju ihrem Berufe gehöre. %n biefer Sesiehuna. fleht
ihr aber entgegen, baß ber Umfang, bis *u welchem bie burch ben Sßetrteb ber
Sanbnurthfc&aft begrünbeten öerufSpflichten auScjebebnt werben tonnen, 00m
©efefc nicht beftimmt unb infofern alfo baS freie SßrüfungSrecht beS Richters
nach ben fonfreten Scrhältniffcn beS gaHS nicht burch gefcfcliche Schranfen ein*
geengt ift. Sic ©rgebniffe biefer Prüfung fönnen baher an fich unb foroeit fie
nia)t auf irrigen 9techtSanfchauungcn beruhen, feine SBcrlefeung beS ©efefceS be*
grünben. 3 U öi^fen ©rgebniffen aber gehört ber SluSfprud), bajj bic 2lnioenbung
ber unterlaffcnen Slufmerffamfeit nicht ju ben bem 2lngeftagtcn wegen feines
SerufeS befonberS obliegenben pflichten gehöre unb ba| berfelbe bei ber in
Siebe flehenben §anblung fich nic^t in ber SluSübung feinet Berufes befun*
bcn habe.
2öaS bie gerügte ©efefjcSoerletsung burch unrichtige ©efefceSanmenbung
betrifft, fo Fann bic 2luSbrucfSweife beS §. 232. beS 6t. ©. 53., wonach ber Straf*
antrag erforberlich ifi, wenn bie $örperoerlc§ung mit Uebcrtretung einer Sc*
rufSpflicht begangen ift, nur balun oerftanben werben, bafj eS für wefentlich h°t
erflärt werben f ollen, ob oon bem §anbelnben nad) ber ihm innemohnenben,
unb oermöge ober sunt 3wecf ber Ausübung feine« SerufeS erworbenen befon*
beren Sachfunbe eine befonnenerc unb aufmerffamere ftanblungS weife ju forbern
war, als bic oon jebem dritten 3U beanfpruchenbe. Sie fahrlafftgc Äörperoer*
lefcung ift baher mit Uebcrtretung einer iöerufSpflicht begangen, wenn ber Xfyättx
baS ber erforberlichen Umficht unb Sorgfalt oermöge feines Berufes $u
ermeffen unb anjuwenben im Stanbe war, gleichwohl aber Diejenige Slufmerf*
famfeit aus bcn 2lugen fc^te, |U beren 2lnwcnbung hernach, eine befonbere &cr*
pflichtung für ihn beftanb. biefem Sinne finbet baS angefochtene Urtheil in
ber oon bem 2lngeflagten bei ber 33crle§ung beS 9t. aus ben 2lugen gefegten
Äufmerl famfeit nicht biejenige, beren 2lufwcnbung iljm befonbcrS wegen feines
Berufes oblag, unb rechtfertigt bamit auS §. 232. beS St. ©. $8. bic oon ihm
unterteilte 9iotf)wenbigfcit eines Straf antragcS beS «erlebten, welcher nicht
oorliegt.
SaS angefochtene Urtheil besieht fich Dann weiter barauf, bajj ber 2ln*
geflagtc auch in feinem Berufe nicht thätig war, als er bcn 9t. überfuhr. Sie
Uebertretung einer SerufSpflicht ift aber begreiflich nicht baoon abhängig, baß
ber faljrläffigc Langel an Slufmcrffamfcit bei einer Shättgfett oorfam, bic jur
2luSübung beS Berufes fclbft ju rechnen war. Sic betreffenbe ^eflftcllung
würbe baher rechtlich nicht genügen, um bie Folgerung barauf ju ftü&en, bafj cS
im oorliegenben Ball eines Strafantrags beburft habe. Sagegen genügt h«r$u
bie oorauSgehcnbc geftftcUung, wonach bie aus ben Slugen gefegte 2lufmerffam=
feit nicht biejenige war, welche bem 2lngeflagten oermöge feines 53crufcS bc*
fonbcrS oblag, unb ba biefc fteftftcllung ol;ne 9tccf)tSirrthum batjin führt, baß
bem 2lngeflagten bei ber fahrläfftgen Jförpcrocrle&ung beS 91. bic Uebcrtretung
einer SerufSpflicht nicht jur Saft fiel, für biefen §aH aber baS (Srforbcrntfj beS
Strafantrags nach §. 232. beS St. ©. 23. beftcht, fo liegt ber crftrichtcrlichen
Gntfcheibung feine ©efc&cSocrlc&ung 3U ©runbe, wenn fie baS Verfahren wegen
mangelnben 2lntragS eingeteilt hat.
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152 2)tutfa)c§ ©trafre$t ©rtemitaific toC0 ftei$3gerid>tä.
§. 253. @t. <B. B. Hidbterforberniß 6er Bebrohung mit einer an fid)
unberechtigten f)an6lnng jur t f irirung 6ea Ih«tbeftan6es 6er <£rprejfung
im @inne 6« §. 255. 6t. <B. B.
@rf. be£ L Straffen. n. 12. ftebr. 1880 c/a. ^lörä^eimer, rooburd)
bie föeoifion beS Slngeflagten aurücfgetoiefen roorben tft.
© t ü n b e.
2)a3 erfennenbe ©erid)t hat fcflgeftellt, bafe ber 2lngef tagte jum &xotd
ber Erlangung eines red)t$tDibrigen BermögemSoortheilS bcn (Seeleuten eine
Sd)ulburfunbe über 2323 fl. jur Unterzeichnung vorgelegt unb biefelben, als fie
gejögert, ju unterzeichnen, burch bie $uu)ung: „er fd)mci&e fie um, toenn fie bie
Urfunbe nid)t unterfd)reiben ober ©imuanb gegen bie gorberung ergeben roür*
ben", nid)t nur ju ber Unterzeichnung ber Urfunbc, fonbern aua) jura tinter*
laffen jebeS ©inroanb« aegen ben nom Slngeflagten auf ©runb berfelben ernurf*
ten beoingten 3^lungäberet)l nebft Siqutberfcnntnifj für ben 33ctrag oon 4037 3)t.
genötigt $at, obtoohl ihm bie Eheleute nur bic Summe oon 2250 WL
fd)ulbig geworben roaren.
$)aS ®erid)t h<*t angenommen, bafc ber 2lngeflagte, melier bamals fd)on
früher entftanbene gorberungen an bie ©freute im ©efammtbetrag oon
10642 5W. Uqutb gefteüt t)attc r jene ß^eleute burd) bte Söorte; „er fdjmeifce fie
um", mit ber fofortigen ©eltenbmad)ung biefer liquiben ^orberungen im Boll*
ftrecfungSroege, toobur* ein oollfiänbigcr finanzieller töuin ber Schuldner unb
ihre Vertreibung oon feavß unb £of herbeigeführt roorben märe, bcbroljt unb
Werburg jene jubem unflugen, än"gftlid)en unb aud) nod) mit anberen Sd)ulben
belafleten ©^eleute zur Unter Zeichnung ber fraglichen Urfunbc, trofc ir)red
tt>atfärf)ltdt) falfd)cn §nljaltS, unb jur Unterlaffung fpäterer @infprad)e ge*
nötigt habe.
2)er 2lngeflagte behauptet nur in feiner 9ieüifionSbefd)töerbe: eS fei mit
Unred)t ber §. 253. be$ St. ®. B. angeioenbet roorben, rocil gum £f)atbefianb ber
Grpreffung eine unberechtigte Srohung erf orberlitt) fei, eine fold)e aber im
oorliegenben ^aDe nid)t jutrejfe, weil ber Slngeflagte baS s Jted)t gehabt fyabt,
bie ^ülfSooUfrrecfung hwftchtlid) fetner früher entfitanbenen unb liquib geroor*
benen Sorberungen §u oeranlaffen unb fonad) aud) berechtigt geroefen fet, ben
©bleuten biefe UJJafjregel in 2lu3fid)t ju (teilen.
SDtefc 2lnfid)t ift, foroeit au« ihr bie Unanroenbbarfeit bc3 §. 253. gefol*
gert roerben roiü, eine irrige.
S)er §. 253. erforbert feineäroegS eine SDrorjung mit einer an fid) unbe*
rcd)ttgten £anblung. (r£ genügt oielmel;r jebe Drohung, burd) rocld)e ein
toirffnmer 3 roa "3 ausgeübt roirb, fofem ber Bermögcniäüortheil, rocld)cr »er*
mittelft berfelben angeftrebt roirb, al£ ein rctt)täroibriger fid) barfteüt. Unter
biefer BorauSfcfeung wirb aud) eine Drohung mit einer £anblung, n)eld)er
unter anbern SorauSfc^ungen unb nad) onberer iRid)tung eine Berechtigung ju*
fommen mürbe, sunt recht&uibrigen pfi;d)tfd)cn 3^ange im Sinne bc£ §. 253.
be§ St. @.
S)cmgcmä6 fonn bie an fid) oorhanbenc Berechtigung be£ Slngeflagten,
feine liquiben 3'otbcrungen gcltcnb ju machen, unb bie 2lu£übung biefer Bcfugnife
ben (Eheleuten <p. aud) in 3lugfid)t ju fteüen, nid)t in Betracht fommen, ba ber
Slngcflagtc nad) ber thatfäd)lid)en 5*eftftellung bei? erfennenben ©erid)tö bie
^Drohung mit ber fofortigen ©cltenbmad)ung jener ^orberungen nid)t ju bem
3mea*e angeroenbet ^at, um einen rcd)tlid) begrünbeten 3lnfprud) burd)5ufe^en,
fonbern 3U bem 3 roc ^ c f R$ c » ncn red)t)8n)ibrigen BcrmögenSoortheil
3u oerfd)affen ; nämlid) bie Eheleute $ur Slnerfennung einer theilroeife
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>
SeirtfäeS ©trafst (frtcnntatfft t>eö Wetd)$gerid)t8. 153
redEytlid^ nid^t begrünbeten unb oon il»nen au$ beanftanbeten ftorberung ju
nötigen.
SDer 2lngeflagte behauptet nun jwar in ber $eotfion3bcfchwerbe ferner,
er t;abe fid) fein Stecht jur fofortigen ©eltenbmachung ber tiquiben ^orberungen
im 2Bcge ber ipülfSooUftrecfung oon ben (Eheleuten §. burdi ben ihm von ben*
fclbcn in ber fraglichen Urfunbe gemährten 2krmögen3oortheil „abfaufen"
laffen, allein eine foldje Behauptung ftellt fich als ein Singriff auf bie ber 9taa>
Prüfung ntä)t unterliegenbe thatfächuche geftftellung bor.
s Jiaci) ber lederen Inn ber 2lngeflagte nicht bie 6tunbung feiner liquiben
^orberung gegen ©ewäbrung eines, wenn auch wucherlichen, aber bod^ getefclich
erlaubten Sortheilö mit ben Eheleuten oereinbart, fonbern er hat bie Slbftdjt
ocrfolgt, fich ben oben bcjeichnctcn rechtäwtbrigcn VermögcnSoortbeu' ju
r»erfdt)affen, unb ju biefem 3n)ecfe jene Eheleute burch bie erwähnte SDrofning
jur Unterjeia^nung ber Urfunbe unb nir Unterlaffung r>on ©inwenbungen gegen
bie aus ber Urfunbe hergeleiteten 9lnfprüa)e genötigt.
§. 51. Hr. 2. unb §. 57. @t. PW5. <D. Berechtigung 6er (Ehefrau eines
rechtefräftig »erurtbeilten Slngeffagten $ur 5eugnl|oermeigerung in ber
fpäter gegen einen als ühcilnehmcr an berfelben Chat 3lngeflagten
erhobenen Unterfucbung. Beim üerjidjt auf bics Hecht fyängt es
lebiglicb vom <£rmeffen bes ttiebtere ab, bie Zeugin unoereibigt 5U
uerne^men ober ju »ereibigen. — §. 503. 8t. Pro$. <D. 3 n bem Be-
treten bes Beratbungs3immere ber (Befcbroornen feitene bes Dorjlfeenben
berufe (Erteilung einer Belehrung in t folge einer an ilm von einem
(flefebwornen gerichteten Jtage liegt feine (Bcfäbrbung ber Beratung
ober Befctilu^faffung ber (Befdjroornen.
©rf. beS L Straffen, o. 12. £ebr. 1880 c/a. ©., woburdfc auf 3urücf*
wetfung ber Stcoifion beS 2lngefchulbtgten erfannt worben ift.
© r ü n b e.
. . . Dfme (Srfolg rügt bie Sleoifton bes^alb, roeil burdt) Sefcblujj be«
Schwurgerichtes oom 18. S)ej. 1879 bie oora SSert^eibiger beantragte Seeibigung
ber Scbufoeugin Äunigunbe ö. abgelehnt würbe, bie Verlegung ber §§. 51. 57.
377. 3iff. 8. 6t. $roj. D.
$urcb dxt be« 2(ppcaations8 * ©er teJt)tö^of eö $u Äöln oom 13. 3)iärj 1879
mar neben ber jefeigen wegen SMneibeS, bann wegen Verleitung unb wegen
Hnfiiftung aum Steineibe bcid&ulbigtcn ß^riftina ©. auch ©ottfrieb fr u. Sßaul £.
wegen 3fteineibe3 oor baä Schwurgericht oerwiefen worben, ba ßfjriftina ®. ber
^beilnabme (burdt) 2lnftiftung) an ben in ber früheren Unterfudt)ung gegen fie
roegen ©renjfteinoerrücfung oon ben Seiben gefdt)roorenen Steineiben mitbcfqjulbigt
roar. SBenn nun auch bei ber <2chrourgericht^oerhanblung am 25. unb 26. 2lpril
1879 ©ottfrieb fr unb $aul roegen 2JceineibeS reajtijfräftig uerurtheilt roor*
ben finb f während bie Scrhanblung gegen (Ehriftina 0. beljufö Prüfung beren
3urcchnung§fähigfeit sur 3«t ber befchulbigten Shaten ausgefegt unb erft am
17. SDes. 1879 wieber aufgenommen würbe, unb wenn nun bei teuerer Schwur*
gerichtSoerhanblung ©ottfrieb %. unb tyaul £. al« 3 cu Ö cn gegenüber ber 2in*
geftagten ©hriftina ©. unbeeibigt oernommen würben, fo hing e« gleichwohl oon
bem richterlichen ßrmeffen ab, ob bie hierbei al& Scrju&jeugin oon Seite ber
Ghriftina ©. oorgeführte Äunigunbe ©hefrau be$ $aul unbeeibigt 5U
pernehmen ober ju beeibigen fei. Senn e$ fann feinem 3weifel unterliegen,
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154 SDeutfdjeä ©trafred)t (Srtcnittmffc fecS föcidjSfleridjtS.
bafj namentlich $aul obwohl et fd&on am 26. Slprtl 1879 red)tSfräftig ab*
geurtbetlt unb in ben 6trafort bereits abgeliefert worben, gleichwohl jur B^tt
ber 6d)wurgericf}tSDerhanblung gegen Gbriftina ©. am 17. unb 18. ftej. 1879
bie ©igenfebaft als mit ihr Vefcbulbigter ober Slngetlagtcr nicht oerloren hatte.
3McS erhellt aus ber 6t. $roj. 0. felbft, welche beifpicliSroeifc in §. 250. 2lbf. 1,
§§. 402. 406. „oon bereits oerurtbeilten 2ttitfebulbigen" unb oon „21ngeflagten
nach bereits burdj recbtSfräftigeS Urtbeil gefcbloffenem Verfahren" fpriebt; ferner
ift oon ©elang, bafe in §. 56. 3iff- 3. bie unbeeibtgte Vernehmung oon $er*
fönen, welche l;inficbtlicb ber ben ©egenftanb ber Unterfucbung bilbenben tyat
als Sbeilneimtcr oerbaeptig ober bereits abgeurteilt finb, norgefebrieben ift;
auch finb nach §. 51. 3iff- 2. unb 3. jur Verweigerung bcS 3eugnifte& ocr @h c *
gatte beS Vefdjulbigten, auch wenn bie @be rtic^t mehr befteht, femer bie mit
bem Vefdjulbigten in ber bort näher beseiteten 2Beife oerfebwägerten ^erfonen,
aueb wenn bie Gbe, burd) wcldjc bie 6d>wägerfdjaft begrünbet ift, nicht mehr
beftebt, berechtigt.
2tuS allen biefen Veftimmungcn tritt flar ber 3BiUe beS ©efefcgeberS $u
Sage, bafj ©begatten, fowic nabe Vcrwanbte unb Verfcbwägcrte beS einmal 33c*
fcbulbigten bie 3cugfd)aftSleiftung über bie bcnfelben betreffenbe Xtyat felbft bann,
wenn äufjerlid) oer©runb ber3eugfcbaftsbefretung weggefallen $u fein fcheint,— mag
baS eheliche, fchwägerfcbaftlicbc Vanb fia) gclöft Vben, ober mag ber Vefcbulbtgte
bereits rccbtSfräfttg abgeurtbcilt fein — follen nerroeigern bürfen. Offenbar
will baS ©efefc 9liemanben in bie wibernatürlicbe 3roangSlage bringen, gegen
fieb felbft als 2lngeflagten ober entgegen feinen, burch beftebenbe wie beftanbene
Ghc, nabe Verwanbtfcbaft ober 6cbwägcrfcbaft begrtinbeten ^ntereffen unb ®e*
füllen nacbtbeilige 3luSfagen abjulegen.
Von biefem ©cftcbtSpunfte aus war aua) bie bei ber 6cbwurgericbtSoer*
banblung ber (Sbriftvna @. am 18. 3)cj. 1879 gefdjebene Belehrung ber fluni*
gunbe ©befrau bcS bereits oerurtbeilten 3Jtitangeflagtcn, über iljr 9lcd)t jur
Verweigerung beS 3cugniffcS ber Vorfdjrtft beS §. 51. 3iff- 2- unD Slbf. 2. ber
6t. ^roj. 0. oottf ommen entfprecbcnb , unb wenn Äunigunbe aueb ouf baS
stecht ber 3cugfcbaftSentfcblagung oerjidjtete, fo t)incj c§ boa) gemäfc §. 57. ber
6t. $roj. 0. lebiglicb oon bem richterlichen ©rmeffen ab, Tie unbeeibigt ju uer»
nehmen ober ju beeibigen, ba, wie erörtert, ber %aü beS §. 51. 3iff. 2. ber
6t. $ro$. 0. als VorauSfcfcung ber Slnwenbung bcS §. 57. a. a. 0. geaebcu
roar. demnach fann in ber unbeeibigten Vernehmung ber 3 cll 9 in Äunigunoe
roeber eine unriebtige 3lnroenbung beS §. 51. unb §. 57., noch eine Verlegung
beS ©efe&eS im 6innc bcS §. 377. 3iff- 8. 6t. ^iroj. 0. erblich roerben. —
9^irgcnbS im 6i|ungSprotofoIIe oom 18. S5ej|. 1879 ift fonftatirt, bafe
Sioifcben ben im SBerathungSsimmcr ocrfammelten ©efehroornen unb anbern $er-
fönen irgenb ein 3*crfef)r ftattfanb, ober bafi bie ©efehroornen oor 3lbgabe ihres
6prud)eS einer weiteren Sclcbrung beburften unb folebe beantragten, roelcbe
ihnen nom Vorfi^enben oerroeigert 'roorben fei, nad)bcm fic }u biefem 3wccfe in
baS 6i^ungSjimmer juräcfgefcbrt geroefen feien.
3roar bat ber Söorfi^cnbe nachträglich felbft $u ben 2lften fonftatirt, bafj,
naebbem bie ©efchroornen eine gett lang im ©cfchroornenjtmmcr nerfammclt
roaren, ein ©efchroorner in baS ScrathungSjimmcr beS 6cbrourgerichtS fam unb
eine bie Slrt ber Slbftimmung betreffenbe ^rage ftclltc, baft aber ber ©orftoenbe
benfelben fofort in jenes 3i«twe^ surücfroieS, bann felbft borthin aing unb ben
oerfammelten ©efchroornen erflärte, bafj, roenn fic weiteren 2luf|cbluB ober 55c=-
lehrung roünfcbten, fic in ben 6i£ungSfaal jurüefgeführt roerben müßten, worauf
aber erflärt worben fei, man bebürfc feiner Belehrung ober 3luffd;lüffe, unb er
fidj fofort wieber entfernte.
3lflein in biefem Vorgange liegt weber ein Verftofj gegen §. 306. ber
6t. $roä. 0., ba ja felbft naa) ber ßonftatirung beS Vorft^cnben bie ©efdjwornen
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f
Benthe« ©trafre^t ©rfcwttnific be8 9let<$«geri($t3. 155
Feine wettere Seiehrung wollten, noch eine Serlefcuna, beä §. 303. 6t. $roj. 0.,
bcnn bcgriff3mäfeiq fann nur ein bie 6elbfiftänbigfett ber Serathung unb $e*
fchlufefaffung bcr ©efchwornen gcfährbenber 2krfer)r aU Serlefcung beS ©efe^cö,
auf welker bcu8 Urtljeil beruhe, im 6mne bc3 §. 376. 6t. Sßroj. 0. geltend
gemalt werben. 9iun hat aber bie SHeoifion aufjer bcr allgemeinen Behauptung,
baß ber $orfi&enbe im SerathungSjimmer ber ®efa)ioorncn gcroefen, nichts an*
äufüfjren oermodtjt, unb aus ber Äonftatirung beS ^orfifcenben crt)cttt, bafe er
feincSmegS in einer jur ®cfäl;rbung bcr Scratlmng ober Sefchlufefaffung bcr
©efchwornen geeigneten SOBcifc ftd^ geäußert ober fich mit benfclben in Sterfebr
gefefct höbe, folgliä) fleHt fich auch bie 9tüge ber SJcrlefeung beS §. 303. 6t. ^roj. 0.
als unbegrünbet bar.
§§. 267. 268. @t. (B. B. Hechiswibrigfeit bcr Tlbfic^t bei bcr einfädln
Urfun&enfälfdmng; Jlichterfbr&erniß bes eingetretenen €rfolgcs eine»
DermögensoortheUs bc5». eines Schabens als nottnoenbiges Jtlerfmal
bes Derbrechens aus §. 268. St. (B. B.
(Srf. beS L 6traffen. o. 12. gebr. 1880 c/a. Stau, woburch auf 9teoifton
ber 6taat£anwaltfchaft bog freifprechenbe Sßorerfenntntfj aufgehoben unb auf
3urücfocrtocifung ber ©ad)c in bie 3nftan$ erfannt worben ift.
© r ü n b e.
2>a$ angefochtene Urteil f^nt redfjtlidt) unbebenflia) bie SRatur ber betben
auf ben Tanten be$ 50. auSgefMten $äftbcwiuMgungSfchcine als bciocl8crt)eblidhe
^rioaturfunben, bie unberechtigte, fobin fälfehliche Anfertigung berfclbcn burch
ben 2lngeflagten unb ben feitenS beffelben mm Swecfe ber Säufdmng bewirften
©ebrauch ber gefälfdjten Urfunben feftgeftellt. Xrofcbem wirb bie ftreifprechung
bc£ Slngeflagtcn bura) ben Langel einer rechtSwibrigen Stbficht nach §. 267.
unb bcr im §. 268. beS 6t. ©. 8. befonbera bezeichneten rechtöroibrigen 2lb=
ficht begrünbet. Sährcnb baS *)ßreu&. 6t. ©. §. 247. ben Segriff ber
ftrafbaren llrfunbenfälfchung mittclft beS (SrforberniffeS einer 2lbfict)t, fia) ober
31nbern ©ewinn $u oerfchaffen ober Slnbern einen 6chaben duftigen, ein*
engte, oerlangt ba$ % 6t. ©. 53. im §. 267. roegen bcr ba3 öffentliche ^nter*
effe nahe bertlhrenben, in bem SJtifcbrauche eines roidhtigen 93eglaubigung3mtttel3
fich auöprägenben unb felbjtftänbig ftrafoaren £äufdmng junt Stfwtbeftanbe Der
Urfunbenfälfchung im Allgemeinen lebiglich bie „redjtßwibrige" 3lbfid)t unb
behanbelt bie 3lb|icht, fich ober 2lnbern einen Sermögen£oorthetl ju oer*
fchaffen ober einem Snbern 6chaben zufügen, in §. 268. lebiglich aU «Strafe
erhöhungggrunb.
3ur einfachen llrfunbenfälfchung reicht baher j e b c bei Anfertigung unb
©ebrauch ber tirfunbe obmaltenbe recbtSwibrige 2lbftcht beS ^^äterS aus.
Utechts wtbrig aber ift bie Abficht, wenn bcr Söitten auf Herbeiführung
eine« rechtlich erheblichen 3uftanbe3 ober SerhältniffoS fich richtet, welche ber
2lngc!lagte m erjiclen bewufet unbefugt ift, wenn bie gefälfehte Urfunbc al5
Nüttel gut Beeinträchtigung bcr fechte dritter benu^t werben foH.
3)cufe in biefem 6inne bie ÜHech^wibrigfeit bcr Wicht im (Sinjelfalle an*
genommen werben, bann ift bie nähere 9tatur berfclbcn, inabefonbere ber
mangelnbe SSorfafe einer materiellen Schäbtgung bcr Scthciligtcn ober baö (Snb*
el be3 3lngcflagten überhaupt, fei biefeS auch mit bem objeftio geltenben
gefetelichen 3uftartb an fich oercinbar, für ben Shatbcftanb ocr Urfunben*
Tälfctjung im Stllgcmeinen eben fo bebeutungSloS, afa bie etwaige Ueberctnftim*
mung ber Urfunbe mit bem burch biefelbe beglaubigten 6aa)oerhalt.
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156 3*iitföeS etraftt^t. ©rtewttuifie be$ 9lcid)ägcri$tS.
®a« ©crtd^t ertärt nun in her oorlicgenben Sadje für erwtefen, e« babc
„ber betreffenbe, bcn Sngef labten in feiner ©igenfebaft al« ©refutor fontro*
lirenbe Beamte" burc§ Die ©inreidjung ber Urfunben „in ben ^rrtbum
oerfefct werben follen, bafj bem Sa^ulbncr 2lu3fknb gegeben fei unb ba^er bie
©refution *ur 3eit nid»t ju uoUfirecfcn", unb weiter, Angesagter tyabe bie $rifi<
fdjetne gcfdjricben, um bie ©refution übet bie ijjm beftiramte ©refutionsfrift
^inauSjuf Rieben.
$ierburct) wirb alfo feftgcftellt, bafj ber Söitten be« Angesagten bei 2lu
fertigung unb ©ebraueb ber beiben gefällten Urfunben auf eine 2äufd)ung
be« betreffenben Gontrolbeamten — bamit aud> wot)l ba« bcn ©refution«auftrag
ertyeilcnben ®erid)t« — ging.
©ben fn'erburdtj aber würbe bie red>t«wibrige Abfielt naä) §.267. De«
6t. ©. erfüllt, ba bie betreffenben Beamten ein 3led)t auf wabrbeit«*
gemä&e SJtittbeilung ber auf bie ©refution bejügtieben ^erljältntffe Ratten unb
Angeflagter biefen, auf bienftlidjen unb öffentlich re$tlid)cn Slücffidjtcn berufen-
ben Aniprucb bcmujjt beeinträchtigte.
3m Söiberfprud) mit biefer Auffaffung folgert ba« angefodjtcne Urtbcil
au« ben bem Angeflagten befannten ungünftigen 2$ermögcnSumftänben be« ju
cjcquirenben Scbulbner«, au« ber oorau«nd)tud)en ©rfolgloftgfctt einer fofort
auf ben ganzen Sd&ulbbetrag gerichteten SMfirccfung, au« bcr Dem Angeflagten
com ©laubiger eingeräumten Sefugnife, Jlatcnjablungcn 5u bewilligen unb au«
bem Streben be« Angeflagten, möglichft oiel für bcn ©laubiger ju erlangen, ba«
■Jtichtoorhanbenfein ber rcd)t«wibrigen Abflaut.
AHe biefe Momente finb aber nach ben obigen Ausführungen ungeeignet,
bie Mcd)t«wibrigfcit bcr Abftd}t bc« Angeflagten binwegjuräumen, bcr Xtyat bc«
Angeflaatcn bcn ©baraftcr bcr Urfunbcnfäljcbung ju entstehen, meldte lefctere
fpcjicll felbft bann bcftcljen bleiben würbe, rotte auch ber Angcf tagte nur ein
falfcbe« $emci«mittel für eine an ftd) waf>re tyatfatyt IjcrftcUcn unb gebrauten
wollen.
3m Weiteren erfdjeint auch bie eocntueUe SSürbigung bcr bura) §. 268.
be« St. ©. ö. bebro^ten qualiftjirten 31 rt ber Urfunbenfälfcbung, welche bem
Angeflagten jur Saft gelegt ift, rcdjt&trig. $n öcn ©ntfd)eibung«grünben näm>
lieb wirb mittelft bcr, bem unmittelbar uorbergebenben Safcc als; Unterteilung
be« ©egentbeil« fieb anfd)liefeenben Raffung ber 2i>otte: „Aber fclbft wenn
erwiefen wäre 2c." baoon ausgegangen, bafe, folltc etwa an (ich eine Urfunben*
fälfdnmg mit rcd)t«wibriger Abficbt anzunehmen fein, fic bod) feine burd)
§. 268. oorgefebene erfdjwertc Urfunbenfälfcbung barftellcn würbe.
SUafür wirb nur gcltenb gemaebt, bafe 2lngcflagter feinen — red)t«wibrigen
— Söortbeil „gebabt' 1 , einem Anberen fein iftadulKÜ ober SScrmögenSoortbeil
„oerfdjafft, entftanben, zugefügt" worben fei. 2)a« Sanbgcrtcbt ftellt
biemaa) ben eingetretenen ©rfolg eine« $ermögen«oortbeil«, bejw. eine«
Schaben«, al« notbwenbige« 2fterfmal be« sBcrbrcdjcn« au« §. 268. auf, wäbrcnb
btefc« ©efe^ nur be«balbige 2lbficbt al« ®egrtff«criorbcrnife ocrlangt. ß« muftte
fobin, ba btc negattoe Sa^lufjfeftfieUung burdj irrige iHecbt«anfid)t wefentlid) be*
cinflufet erfebeint unb be«balb mit bcr Darauf gcftüfctcn ^vreifpredjung nidjt
befteben bleiben fann, ba« freifpreebenbe Grfenntni| aufgclwocn unb bie Sadje
jur anberweiten Sßcr^anblung unb @nt)d)eibung äurüdoerwiefen werben.
S)iefc ©rörterung wirD in«befonberc aueb bcn näheren ^nbalt be-S ©rc*
fution«auftrage«, bic für SluSfübrung unb Uebcrwacbung ber £mlf«oollftrctfung
beftebenben bicnftlidjen ^orfebriften, fowic bie bi«bcr nur angebeutete ?yragc ins
Sitae $u raffen b«ben f ob etwa 3lngeflagtcr fid) cntfa)ulbbar jur Anfertigung ber
Urfunben fubjeftio berechtigt erachtet f)abe.
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$tutf<$e§ ©trafrcdjt. etfcttirtniffe tot« «ei*3fleric$te.
157
§. 385. 2ibf. 2. 6t. Pr<>3. 0. Un$utöfitöfeit ber KeDijlonebegrünbung
mittelft einee Telegramme.
©rf. be« n. Straffen. ». 13. ftebr. 1880 c/a. 9?eul>au3, rooburd^ bic
Steoifion beS Slngefcfmlbigten prücfgetuiefen toorben ift.
3)ic SReoifionSanträgc unb bcrcn Segrünbung finb jroar innerhalb ber
gcfcfcUdficn fttift bei bem i'anbgericbtc eingegangen, allein fte finb in bie 5orm
einer telegrapluidEjen £epefd)e gefleibet, roeldje' ber Sufttaratf) £>. an ben $or*
fi&enben ber Strnffammer gerietet bat. (£8 reicht biefeS nid)t auS, ber &or*
fa)rift be$ §. 385. 2Ibf. 2. ber 6t. $roj. 0. jjti genügen, fciernaa) mufj bie
2tngabc ber toiuonSanträge unb beren Öegrünbung, foroett fie nidf)t ju Sßro*
tofott be£ ©ericbtSfa^reiberä erflärt werben, nidjt bloS föriftlia) gefd^en, fon*
bern biefe Schrift audj oon bem SBertljetbiger ober einem StedjtSanroalt unter«
3eid(met fein. j)iefer ftreng formalen 3?orfd)rtft gegenüber, roeldjc bie bei
S^riftcn biefer 2lrt geforberte Garantie für bcrcn §orm unb ^nlmlt lebiglid)
in ber Unterzeichnung, alfo ber auf bem Original, mcld&eS an baS ©erid&t ge*
langt, befinblit^en Unterfdjirift bc8 SfcrtljeibigerS ober 9kdjt3anroalt3 ftnbet, fann
e3 nietyt ausreißen, bafj, roie e£ bei einem Telegramme ber %aü fein mürbe,
baffelbe jroar bie Diaraenäuntcrfdjrift beS 2lbfenber8 trägt, biefe aber (ein Ort*
ginal, fonbern an ber @mpfang£ftelle ber ®cpefd;c, unb jroar nidjjt einmal nou>
roenbig auf ©runb einer bei ber 2lbfenbungSfitctte befmblid&en Originalunterfctyrift,
gefertigt ift, baber bic ©etoäljr für bie ^bentität ber Sßerfon beS 2lbfenber8 nidjt
bietet, meldte ba8 ©efefc in ber bem @cricf}t oorliegenben Originaluntcrfa)rift
glaubt finben ju müffen.
§§. 60. 66. 244. 6t proj. <D. Die fluefefcung bet Beeibigung eines
§eugen in ber I}aupünftan$ unter ber 2lnnabmc t baß bemfelben unbe-
bingt (Blauben $u fa>nfen t »erjlöjjt gegen §.' 60. 6t! Pro5. <D.
@r!. be$ L Straff. 0. IG. gebr. 1880 c/a. 3Riru8, n>obur<$ bieföeoifton
ber «StaatSamoaltfd&aft für begrünbet erachtet unb auf 2lufbebung be$ 5Bor*
erfenntniffe« erfannt roorben tft.
in ber #auptoertyanblung oernommenen ßeugen Ütf. unftattfmftetroeife unter*
blieben fei.
2)iefc ftüge tft begrünbet.
9Jadf) §. 60. ber 6t. $roj. 0. ift jeber Beuge ju beeibtgen, fofem
nidt>t ein im ©efefce oorgefefjener ©runb für bie Unterlaffung ber ©eeibigung
uorliegt.
2)a$ itonbgerid&t (jat jebod) in ber ^auproerfjanblung, nadfjbem e$ auf
ben Antrag be« SerttjeibigerS befd&loffen Imtte, bie beeibigung be8 ßeugen
bt£ nadO feiner 2>emef)mung auäjufetsen, au(^ nad^ ber le^teren bie Steeibigung
m6)t oorgenommen, o^ne bic Unterlafjung ju bef^liefeen unb burdfj geftfteUung
eine« gefefelia^cn ©runbeg $u rechtfertigen. @in foleber ©runb tft aud) fonft
auä ben 3ttten nia)t erftc^tlic^. Somit erfd^eint §. 60. »erlebt
© r ü n b e.
© r ü n b e.
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158 2)eutfc&e§ Strafre<$t (Srienntniffe be§ Wcid)«geric$t&
3)ie Snnafmte, bafj baS Urteil auf btefer ©efefceSoerlefeung beruhe,
ift um fo mefyr begrttnbet, als baS £anbgertd&t in feinen UrtbeilSgrünben im
SBiberfprud) mit ber Semerfung, bie 6a)luf3fcftftellung gtünbe fid> lebiglidf) auf
bie Angaben beS 2lngcflagtcn, audfj auf bie 2luSfagen beS 3^"9 C " 3W- $mfi(gtU#
ber 6$ulbfrage ©ewidjjt gelegt $at. $aS ©erid)t l;at jwar beigefügt: „eS fei
bem 3«igen, obwohl er nityt beetbigt worben, unbebingt ©lauben m fdjenfen",
allein biefe ©rflärung fann, wenn aud) baS ©cridjt über baS @rgebni§ ber S3e*
wetSaufnaljme nach feiner freien, aus bem Inbegriff ber ^erbanblung gefd)öpften
Ueberjeugung ju entfd)eibcn fwt, um fo weniger in söetradjit fommen, als ber
3euge im ^allc feiner Seeibigung fid) hätte ocranlafjt fefjen tonnen, anbere 9ln>
gaben ju machen, bc^w. bie fd)on oon ihm gemalten ju änbern, mobur<h eine
anbere ©ntf Reibung hätte herbeigeführt werben tonnen.
§§. 275. 222. 223. St Pros. <D. riicfjtaue&cbnung 6er ^orm»orfd)rifi
übet bie Untcruiajnung bee Urtbeile burd) bie mitwirtenoen Kitbter
auf (BericbtsbcjAlüffe. — Begriff ber (Beridjtsftelle im Öinne bes
§. 223. Qibf. 2. 6t pros. <D. — Bcfcbranfung ber Dertbelbigung
bei nid)t erfolgter Benachrichtigung 6ee üertheibigere von bem Cermin
3ur Derncbmung eine« geugen, toeil „foldje nid)t mehr möglich". Hiebt-
ibentität bee lederen Begriffe mit „(Befahr im Üer3uge" im §. 223.
et Pro3. <D.
<£rf. fceS III ©troffen, o. 18. gebr. 1880 c/a. X^iemer, woburdj bie
s Jtcotfton beS 2lnflefa}ulbigten für begrünbet erachtet unb bie 3urücfüerweifung
ber 6ac$e in bie ^nftanj nerfügt worben ift
© r ü n b e.
Sie in ber StcoifionSbegrünbung ber Slngcflagten ©hefrau X. gegen bie
formale ©üittafeit beS 23efd)luf|eS nom 4. 2)ej. v. & erhobenen Sebenfen ftnb
unbegrünbet. ' S)cr bie fommiffarifche 3Jerncc)mung ber am (Srf feinen oerhin*
berten dsntlafhmgSjeugen anorbnenbe ©eridjtSbcfäjlufj ift unterzeichnet: „$>aS
©djrourgericht Tl." £)ajj ber Öefd^lufj nicht com Sorft&enben, fonbern com
©ertöte gefaxt ift, err)ettt unmittelbar aus ber tlnterfdjrift. gür ein legales
3uftanbefommen beS 33efd)iuffeS fprid)t bie $ermutlmng, unb feine 53efttmmung
ber 6t Sßroj. D. forbert, bafr®erid;tsbefchlüffe oon allen befchliefjenben Richtern
unterjeidbnet werben foUen. 6elbft für ben (fröffnungSbefchluf? ber Straff ammer
ift eine foletye 5$orfdt)rtft nict)t gegeben, obwotjl fid> biefelbe gegenüber ben ©e*
ftimmungen in §. 23. ber St. $roj. 0. »iclleicht empfohlen haben mürbe. 2)ie
ftormüorfdjrift über bie Unterzeichnung beS UrtheilS burch bie mitroirfenben
s Jtid)ter famt aber beim fte&lcn jebcS gefc^lid)en Slu^altS für eine auSbclmenbe
'3lnn)enbung nid)t auf SÖefdjlüffe erfireett werben.
2luc9 infoweit ift bie yteoifton ber X. unbegrünbet, als bie Slngeflagten *
itid)t bei Söeme^muna ber 3eugin 20. äugejogen ftnb unb baS $$ernel)mungS*
protofoll nid)t ben &ertf>eibigern norgelegt ift. Slngeflagte waren nerljaftet,
Ratten ba^er naa; §. 223. 2lbf. 2. ber 6t. $ro$. 0. 9lnfpruc^ auf Slnwefenbctt
nur bei folgen Terminen, weldje an ber ©eridfjtsftelle beS ^aftorteS abgehalten
würben. S)ie 3^gin SB. ift aber ma)t an ber @erid)tsfxelle, baS ift ben für
bie S^ätigfeit beS ©erie^ts beftimmten Räumen, fonbern in i^rer SBo^nung ner<
nommen. S)aS girotofoll war ben SBertbeibigem aHerbingS aud) o^ne befonbern
Slntrag uorsulegen. @S ift aber unerfinblid), ba§ bie 9ticl)tbeobachtung biefer
^orfdjrift bie ^ert^eibigung in irgenb einer 2ßeife ^at benad)theiligen fönnen.
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©eatfAeS «Straftest. ©rterattnifie fceS 9iei$$fleridf>tS. 159
SDagegen hat bcr auf §. 223. 2ttf. 1. bcr 6t. $toj. geflüfete SReoiftonS*
antrag für begrünbet erachtet werben müffen. &on bem am Sage oor ber
6chwurgerichtS)i&ung oom 5. S)e$. anberaumten Sermine jur SBemehmung ber
nach (Eröffnung beS ^auptoerfahrenS oorgefdjlagencn ©ntlaftung^jeugin 2& finb
bie fertheibiger ber Ülngeflagten nic^t benachrichtigt roorben. 5Dte SSernehmung
war am 4. S)ej. 3JiittagS wegen nachgewiesener &erl)inberung ber 3 eu 9 in wty*
renb ber raupen SahreSjeit bef Stoffen unb foüte fo jettig ausgeführt werben,
bafj baS ^rotofoll noch in ber Sdjimtrgeridjtöfu^ung uorgelegt werben fonnte.
2)er UnterfuchungSttchter hat bie Vernehmung am 4. Sej. 3 U^r Nachmittags
oorgenommen, bie Benachrichtigung ber 6taatSanwaltfchaft unb ber Vertheibigcr
oon bem Sermine jeboch „als nicht mehr möglich" unterlaffen. 2)iefe &enaa>
ridjtigung burfte aber nach §. 223. nur unterbleiben, wenn biefelbe „wegen
©efaijr im f erjuge" untunlich mar. „©efahr im Veräuge" ift aber nicht gleich*
bebeutenb mit „Aufenthalt für bie 6ad>e" in §. 191. 2lbf. 3. ber 6t. »roj. 0.
2lugenfcheinlich hat fidt) aber ber UnterfuchungSrichter allein burch bie 6r*
wägung beftimmen laffen, bafj bie Benachrichtigung ofme Aufenthalt für bie
Sache nicht erfolgen fönne, benn ein SSerluft beS Beweismittels bei längerer
3ögerung ober eine anbere ©efahr im Berjuge ift überall nicht angezeigt. SDem*
nacb iflk ber Stertheibigung $u Unrecht bie tooefenheit bei bcr Beweiserhebung
oerfchränft unb Sie Üftögltchfeit jur Ausübung beS tfrageredjts aus §. 239.
Abf. 2 ber 6t. ^roj D. genommen roorben. 9iun haben §war Angeflagte biefen
SBcrftofe gegen bie gefefeltche SSorfd^rift in ber $auptoerhanblung nicht gerügt,
aud) einen S3ertagungSantrag nicht gefiellt. <qierauS fann jeboch in fchlüfftger
Seife ein ftillfchweigenber Bericht um fo weniger entnommen werben, als eS
an jeber BorauSfefcung für bie Annahme fehlt, bafj Angeflagte oon ber 95er«»
lefcung ber betreffenben SSorfd^rift ober auch nur oon ber 9li<$tbcnad&ri$tigung
ber fettleibiger Äenntnifj gehabt baben. 3 n legerer Besiehung ift tnSbefonbere
barauf ^injuweifen, bafj bie Nichterwähnung ber Anwefenheit ber Bertheibiger
in bem oerlefenen ^rotofoUe nicht aud) erfennen läfct, bafj bie Benachrichtigung
unterblieben war. 6eitenS ber Bertheibigung ift jwar ebenfalls in ber §aupt=
uerlwnblung ein Antrag auf Vertagung unb auf SiUcberholung ber Bernehmung
nicht gcftellt. 5Diefe Unterlaffung ber beftellten Bertheibiger fann aber ben
^Rechten ber Angesagten nia)t präjubijtren. (Sine Teilung beS oorgefaflenen
BerfehenS liegt mithin nicht oor. Anlangenb aber ben 3ufammenj)ang ber
Unterlaffung mit bem Urteile, fo ift ein folcher jwar nicht erfid^tlid^; eben fo
wenig fann aber behauptet werben, bafc fid^ ntdjt oaS Stefultat ber SSeme^mung
burd^ geeignete g ra 3 en ber SBertljeibigung geänbert unb biefe 2lenbcrung auf ben
3ßa^rfpru§ ber ®efdf>women oon ©influfe gewefen fein würbe. S)ie SKöglid^feit
ift temenfaß3 oon ber ^anb ju weifen, unb fie aenügt gegenüber ber gefefc*
wibrtgen ©efd^ränfung ber SSertfjeibigung ^ur 2lufljebung beS urt^cilS. 2e$tereS
war aber nid^t nur in 3lnfel)ung ber ß^efrau fonbern auc^ in Slnfe^ung beS
(SfjemanneS X. auWeben, welker in feiner s JteoiftonSbegrünbung ebenfalls 33er*
le^ung bcr §§. 222. unb 223. ber 6t. $roj. 0. rügt. SlUerbing« Ijatte aUein
bie e^efrau X. bie Sabung ber 3 eu 9 in SB. erbeten. S)er eröffnungSbcfd^luB
^atte aber bie Silngeflagten ber gemeinfchaftlid^en SBranbftiftung Ijinreiäcnb oer^
bärtig erflärt, unb bie @f)eftau X. hatte in bem 2lntrag auf Sabung ber 2ö.
als Xtyatfafytn, weld^e biefelbe befunben werbe, folc^e bezeichnet, welche jur Gnt^
fräftung ber auf Sranbftiftung gerichteten Slnflage überhaupt bienen follten r
nicht etwa nur auf ü)re eigene ^öetheiligung fich bejogen. Sei biefer 6achlagc
aber fehlt es an jebem jureichenben ©runbe, bie für ben gaU ber fommiffarifcheti
3eugenoemehmung jum 6rfa^ ber ©eftimmungen über bie SemeiSerhebung in
ber $auptoerhanblung gegebenen Sorfchriften allein in Slnfehung beS Slngeflag*
ten ju beachten, auf beffen Eintrag bie Labung erfolgt war. 3)er 2Borlaut ber
§§. 222. unb 223. bietet für eine foldtic 2luffaffung überaU feinen Inhalt,
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2)iefe Sefrimmungen fpredfjen allgemein von bem gafle, roenn bcm @rfd&etnen
eine« 3eugen * n DCt &auptoerl)anblung §inberniffc entgegenftefjen unb unter«»
f Reiben nid>t, ob ber ,8euge von 3mt« rochen, von ber Staatöanroaltfdjaft ober
auf Antrag be« ober eines ber Slngcflaaten be$ro. unmittelbar gelaben roar.
■JRitlnn mufjte au$ ber SBert&eibiger be« Slngcflagten %. von ber Sernefjmung
ber 2B. in ßenntnife gefegt werben. S5ie Unterlaffung biefer *Benad(jrid)tigung
läfet ba&er auc^ bie oon %. auf §. 223. ber 6t. $ro$. D. geftüfete 9teotfion be*
grünbet erfd&einen.
§. 10. 2lbf. 2. bes inarfenfAuV®. 30. Hot>. 1874. Begriff bee
freien ©ebrauoje einee IDaaten^eiajene im ginne bes §. 10. Qlbf. 2.
bes martenf^u|i-(B. v. 50. Tlov. 1874.
(Srf. be« I. ©traffen. v. 23. $ebr. 1880 c/a. $ürcn, rooburdf) bie 9te*
nifion ber (Staatöanroattfdfmft für begrünbet cracfjtet unb auf gurütfoerroeifung
ber 6ac!)e in bie 3nftanj erfannt roorben ift.
© r ü n b e.
$>te $retfpredf)ung be« Stngeflagtcn (oon ber Sfaflage be« SSergefjenS
reibet §. 14. be« SMarfenfcbufcgefefee«) unb bie SIbroetfung ber Diebenflagc frühen
fic^ auf bie Slnnafjme, e« liege bie 33orau«fefcung be« §. 10. 9lbf. 2. be« ©efcfeeS
oom 30. 5Rot>. 1874 über ben 9ttarfenf<$u& nor. 2)tefe Slnnaljme finbet jebod)
in ber tfjatfädjlidjen ^eftftellung, bafj ba« 3Baarenaei$en, wegen beffen ©ebraucfye«
ba« 6trafuerfat)ren gegen ben 3tngcflagten eingeleitet roorben, „fä)on feit bem
3at)re 1857 in $eutfd)lanb t-on ben ftabrifanten ber fraglichen 2Baare allgemein
gebraust roorben ifl," feine genügenbe ©runblagc, ba biefe Sefrimmung einen
befianbenen freien ©ebraud) oorau«fet$t, batyer nicljt anroenbbar x% roenn eine,
fei e« audjmeljr oberminber groBc^l oon ©eroerbtreibenben mifebräucfjliä)
ba« befonbere SBaarenjeid^en eine« einjelnen ©eroerbtreibenben für ©rjeugniffe
ber gleiten ©attung gebraucht f>at, wie benn au cf) bie 9J?ottoe ju biefer ©efefce«*
beftimmung bartbun, bafj fie ftä) nur auf geroiffe non 2Uter« tytt übliche ober
bergebraebte SBaarenjeid^en bejieljt; nadf) biefer Stiftung aber mangelt eine tljat*
fä$li$e ftefijteUung.
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fiteratur.
.^al)tbud) ber bcutidjcn ©ertdjtSnerfaffung, f>erau$gegeben
auf SBeranlaffung beä 9teia>8*3ufti3amte8 von @arl $faffenrott>.
©erlin, Garl §e«mann'3 «erlag. 1880. 35 2Jog.
2>affelbe jcrfäat in jroei Steile, beten erfier bie Äui&füfjrungSbeftimmungen
ber $unbe8ftaaten jum s Ma>8*©erid)t3Derfaffung^efefc, inSbefonbere über bie
©inrt$tung ber ©eridjte unb bie fted&täner^ältniffe ber Stifter, bie Serträge
Sjifc^en ben Sunbeäfkaten über @eria)t«gemeinf haften, ©efhmmungen über bie
orbereitung unb Prüfung jum 9Hd)teramt, eine Ueberfiajt ber ©efolbungSoer*
Ijältniffe ber Md&ter unb Beamten ber ©taat3anroaUfa>ft, öer 9knjton3öerf)ält*
niffe u. f. m. enthält, roäf)renb ber jroeite nd) mit ber Organifation ber oberfteu
3uftianerroaltung8'93et>örben unb fämmtli$er beutfd&er @eridi)te befa>aftigt unb
neben einem s Jted)t$anroaltS* ein OrtSoeraeidmife aufweift, in meinem für jebc
Ortfdwft bie entfpreajenbcn ©erid)t3bef)örben, ©eroü&flaffe unb ba« etwaige
3Borf)aubenfein einer fjityeren fie^ranjlalt unb ©amlfon angegeben ift. @o fetjr
aud) ber Jletfe beS §errn SBerfaffer« bei §erftellung be$ SScrfeS anjuerfennen
ip, fo bürfte boa) ein 2Rangel I>ert>onul)eben fein, beffen 3?ermeibung aUerbtngS
ba& $u$ ju einem nodfj tompenbiöferen gemalt l)n ben mürbe, nämlidf) ba3
$cf)len ber 9lnfiu)runa, ffimmtltqer riAterlia)en ©eamten ber einzelnen @eriä)te.
ylamentlia) genannt finb nur bie ^räftbenten, Sttreftoren unb erften ©taatSan-
roalte, wetyrenb baS SHcd&tSanwaltSüeraeic&mfi eine ooDftänbige fiifte bringt. $>a«
im Sureau beS Suftisminifterii rebigirte Sa&rbud) ber ^reujjifd&en ©eridbt*«
oerfaffung enthält bagegen aud) bejügliä) ber ridjtcrlidjcn ^Beamten ein ooUfiän*
bige3 Serjeid^niB. ©leid&wotyl muß ba« oorliegenbe äöert immerhin als bebeu*
tenbe Seiftung anertonnt merben.
$)ie ©efängnifenerbefferung unb ber ©trafoolUug im
$eutf$en SÜfetq non Äarl gulba, ßanbgeric^törat^ in SWarburg.
9Rarburg. 9t. @. <£lwertfa)e »erlagabua)&anblung. 1880. 56 Seit
2)er SBerfaffer biefer fteinen 33rod^üre ifl ein unermüblid^er $8orfämpfer
für bie ©efäugnifwerbeff erung ; feit langen ftaf>ren eingeljenb mit bem ©tubium
biefer brennenben ^rage bef&äftigt, fjat er bereit* mehrere SHbfwnblungen über
bie ©efängnifjreform gef abrieben unb in ber gegenwärtigen fid^ entf dneben für
bie päbagogifdjen ©runbfäfte be8 ßrofton'fAen ($rogreffw*) ©nfiem« au«gefproa)en.
©o bebeutenb aber aud& oa$ SBerbtenfi (SroftonS genannt werben tonn, unb wie
Diel aud; auf feine 9te<$nung binfidjtlid; ber Serbefferung ber troftlofcn £age
be3 früheren ©efängni&roefen« ju fefcen tfi, fo tonn er bo<$ nid&t, roie ber $err
Kr^ie 1880. ». $eft 11
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\ ß2 StUtatur.
35erfaffcr rotll, für ben eigentlichen (Srfinber be* ^Srogrcffiofpflcm« gelten, jumal
fidj fcfion in ben firchlichen ^önitenjien be* ÜJtittelalter* beutliche Spuren jene*
Softem* oorftnben. SDajj ferner ba* *ßaffiren ber oerfclnebenen 3roifcf>en*
anftalten feiten* ber Verbrecher im 2fllgemeinen roefentltchen (Sinfluf? auf beren'
moralifdje Vefferung au*juüben oermag, möchten mir bem .§erm Verfaffer eben*
fall* nicht ohne Söettere* mgefiehen, roie wir auch nicht geneigt ftnb, anjuerfennen,
bafj ba* Sfteijügigfeit*gefefc unb bie ©croerbefreiheit ben ipauptantheil an ber
3unahme ber Verbrechen Oabe (S. 33). 9Jtag auch augegeben werben, bafj
religiöfer 3nbifferenti*mu* oiel baju beizutragen im Stanbe fei, bie 3^1 ber
Verbrechen ju oermehren, fo fchetnt boch bie oom £errn Verfaffer betonte (Snt*
chriftlichung Berlin* (S. 40), roo nach feiner 3tnna|me oon einer Million (Sin*
roofjnern faum 15000 an bem öffentlichen ©otte*bienfl tbeilnefnnen, minbeften*
auf einem ftarfen Rechenfehler zu beruhen. (Sine ert;ebltc^e Entlüftung ber
©efangenenhäufer mürbe übrigen* nach be* Verfaffer* Meinung eintreten,
menn jeber zum britten 2M befhafte Verbrecher leben*länglich ber Hufjenroelt
entzogen unb in ein 2lrbeit*hau* eingefperrt mürbe. S)a bemnächft bem 9leid)**
tage ber Entwurf eine* 9leiä)*gefäna,nifegefefce* zur Verathung zugehen wirb,
fo fann bie oorliegenbe 2Ibhanblung immerhin al* empfel)len*wcrthe* Material
bezeichnet roerben. Schließlich fei noch erwähnt, bafj ber Verfaffer bie Elifion
oon Ehrenfrrafen unb ^olizeiauf ficht au* bem St. ®. V. oerficht, wogegen zu
bemerfen ift, bafj ber ÜJtafel, meldten ein entehrenbe* Verbrechen unb 3ucbtl)au*
zurücfläfjt, zeitleben* in ber öffentlichen ÜJleinung auf bem entladenen Sträfling
al* unau*löfchliche Vranbmartung zu laflen pflegt, wäljreub anbererfeit* trofc
be* ©trafooUjuge* burdt) 3folirhaft ober mittelft be* 3^1*^en Softem* fdfjroerlia)
bie polizeilichen Ueberwachung*mafjregeln für gerotffe Kategorien oon Serbrechern
gänzlich befeittgt roerben fönnen.
$)ie SReformbcbürfttgfeit ber Unterfuchung*haft. Von Dr.
211 oi* 3 U£fcr » Q - °- vtofcffor an ber Unioerfität $rag. Verlag
oon SDominicu*. 186 Seit.
$)er £err Verfaffer, roelcher fich bereit* früher burch fein 2öerf „®te
Unterfuchung*haft oom Stanbpunfte ber öfterr. Strafprozefjgefefcgebung" al*
Reformer befannt gemacht hat, tritt in ber gegenwärtigen, äufjerft beachten**
roerthen ÜJionographte al* ein entfehiebener Verfechter ber Slbfchaffung refp.
roefcntliä)en Veeinfchtünfung ber Unterfuchung*(mft, biefe* nach feiner 3lnfid;t
Zur 2lu*übung ber ©erechtigfcitSpflcge nufelofen Hebel*, auf, unb entroicfelt bie
Unhaltbarfeit oe* bi*hericjen Sujtem* an ben einzelnen, feine 3uläffigfeit geftatteu*
ben fällen be* öflerreichifchen, beutfehen, franjöfifchen unb englifchen Strafrecht*.
Sieht er (S. L9) in ber Verhaftung eine* Verbrecher* auf fr if eher Xtyat nicht*
Slnbcrc* al* bie Sufl nach fofortiger Vergeltung, welche* SWotio boch roohl nidjt
al* ein eyclufio jutreffenbe* ju bezeichnen fein bürfte, fo roünfcht er biefelbe
auch in ben fällen ju befeiti^en, in welchen ber gegenroärtige 9lecht*zuftanb ihre
Vcrhängung roegen ber ©röfje be* begangenen Verbrechen* rechtfertigt, ftn
biefem fünfte fönnen wir mit bem £errn Verfaffer nicht übereinftimmen, benn
ba« Vegehen gewiffer Äategorien oon Verbrechen fann, auch wenn fein flucht*
oerbacht ju fonftatiren roäre f nacb unferen $Kecf)t*anfchauungen nicht getrennt ge*
bacht roerben oon ber foforttgen ^nhöftwahme be* £häter*. 6* ift alfo roohl ein
etroa* allju ibealifiifcher Anflug oon Humanität, roenn ber Serr Verfaffer meint
S. 30), bafe fogar ber ÜWörber unter Umftänben im Saufe ber Unterfuchung
eine Freiheit ohne Abbruch für 2Bof)l unb stecht be* ©anjen genie&en fönnte.
Vei roettem mehr mufe bagegen ber Vorfchlag ber möglichen Slbfürjung ber
©oUufion*haft 2lnerfennung beanspruchen, ©ine befchleunigte Unterfuchung roirb
jebenfall* oiel jur Erreichung biefe* 3iele* beitragen, äbfolut unentbehrlich
roirb bagegen naa) unferm ©rmeffen bie 6oaufion*haft gleichroohl nicht roerben,
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«fcrriur. 163
roenngteid) äugegeben werben fann, ba& es in i^rer Ijeutigcn £orm oftmals bcm
fubjcftioen (Srmeffen eine« (Sinjelnen überlaffen bleibt, bort bte 2tbftd>t bet S3er*
bunfelung $u wittern, roo feine 3 nur einer foleben anzutreffen ift. ^a3 bie
Unteriudmng£lmft al£ ©träfe beS ^rojefeungeijorfamS betrifft, fo wirb in bem
^uc^e bte }roang$roeife «Stellung beS Verbädjtigten jum «erhöre nl£ Littel jur
materiellen 2Ba$rbeit£erforf(!umg als gered&tfertigt erachtet, unb bemnädrft bie
grage einer eingeljenben Erörterung unterjogen, ob bie Unterfud)ung8f)aft wegen
gluc&toerbadjtS aufredjt ju ermatten fei. SBir müffen bem $errn 33erfaffer in
biefer 8e}iefjung beipflichten, bafj, toenn biefer <paftgrunb überhaupt in ftrage
fommt, es in jebem fonfreten ftaHc einer genauen ©rröägung ber für ober gegen
ben eoentueUen ftluc^toerbacbt Tpredjenben ©rünbe bebarf, feineSroegS aber eme
generalifirenbe üftorm nad& biefer Stiftung Inn juläffig fein barf. 6e^r be^erji^
genäroerthe 2Öorte finben ftd) in bem bie (Sautioro&frage betreffenben ftapltel, wie
benn audj bie oon bem öerrn Scrfaffer aufgehellten s Jteformüorfdjtäge bejügltd)
ber 9Jlobtftfation unb 3JoUjiel;ung ber UnterfudnmgSlmft lebhafte« ^ntereffe roaä>
rufen. s )?ur fo roeit mürben mir ntdjt getjen, ber Empfehlung be3 §au3arrefk£
ftatt ber Vert)ängung ber Unterfud&ungSljaft baS 2Bort ju reben. Von ber
©cfyroierigfeit unb Äoftfpieligfeit ber SuSfü^rung einer folgen Maßregel ganj
abgefe&en, mujj bie leiste glu^tmögliajfeit, bie inbeffen ber £err Verfaffer be<
ftreitet, inbem er aud) für ben ern)tli<$ $lief>enmottenben bie ©efängntfjmauern
al$ fein genügenbeö föcmmnifj eraajtet, in erfter &intc in tfrage fommen. £)afj
ferner für bie Einführung einer bcm S3iUigfeit3prtnjip entfpred)enben Entfd&äbi*
gung für eine bur# bie UntcrfudumgSljaft in geroiffen fällen berotrfte ©ä)äbigung
be3 ErroerbcS be3 Vefcljulbigten plaibirt wirb, entfpric^t bem allgemeinen 6taiü>
punft be3 VudjcS. 2)ie SSärme, mit melier in biefem fünfte in bie SiSfuffton
getreten roirb, wirft roofjltfnienb, roenngleiä) nidjt ju oerfennen ift, bafe root)l
nodj eine geraume fyit »ergeben bürgte, e&e fid) ber Staat bereit finben
wirb, auf bie angeregte $bee einjugefjcn. Gin befonbcrciS ©eroidjt roirb in
ben 6d)lufjfapiteln barauf gelegt, ba& bei ©urd&füljrung ber reformatorifd)cn
^rojeftc beS öerrn ^crfaffcrS bie Vcfdjlufjfaffung über bte Vornafmte ber Unter*
fud)ungSf)aft forool)l, roie bte Scttung ber gcfnmmten Vorunterütdmng au£ ber
$anb beö Unterfudjung8rid)ter£ genommen unb in bie be$ ©taatsanroaltS gelegt
roerben müfete. s Mx müffen uns beä StaumeS l;alber enthalten, auf ben mit
befonberer ©djärfe bei Urteils oertretenen ^oeengang beS fierrn VerfafferS
etnjugefjen, glauben aber, ba§ berfelbe nad) mef)r roie einer Wartung als be*
a$ten3roertl) anjuie^en fein bürfte.
©tatifHf ber jum 9teffort be$ 2ftiniftertum3 bcS ^nnern
gefjörenben ©traf* unb ®efangen>2lnftalten pro 2lpril
1878/79. SBerltn 1880. ©ebrueft in ber SteidjSbrucferei. Äommtf^
fton^uerlag oon 3Karquarbt & ©d;encf. %o\. 308 ©eit.
SDaä in jroeijä^rigen 3citinteroallen erfd^einenbe SBerf jerfällt in eine
erläuternbe lleberftajt, ftatiftifa^c Tabellen unb einen Slnfwng, ent^altenb bie feit
ber ^ublifation ber legten ©tattfttf ergangenen 6ircular*9leffripte. S)a baffelbe
feine alljugrofee Verbreitung ju finben pflegt, fo f)eben roir na4)fte^enbe 3)?tt*
iljcilungen auS> i^m 3ur 5tenntnifinaf)me ^erauS.
I. ©efangenperfonal unb 33croegung beffelben. SJetinirt roaren
bei Seginnn beä ^a^re« 1. Sprtl 1878/1879: 22435 SWänner, 3787 SBetbcr,
ber Zugang im «aufe beS $al)re$ betrug: 84411 3Jiänner, 21842 Leiber, ber
2lbgang: 82985 ü«änner, 21678 2öeiber. ©eftiegen ift bte ©efammtsafjl ber
S)etinirten gegen beß 3a\)t 1. Slpril 1877/78, in roeldjem fie ftd) beziffert auf:
100212 Banner unb 24866 93eiber, um 6634 Männer unb 763 2öeiber. ©eit
ben legten 8 3<M>«u oon 1871 bti 1878/79 ergiebt ftd) eine ^unaljme ber Se-
il*
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1 64 fittewt«.
tinirten um 13,3 pGt. Uebereinftimmenb mit bicfet ftotifiifd&en geftftettung fmb
nach bcn im 3- SR- 331. oeröffentlicbten 3ufammenftcllungen in bcn naajfteljenben
Sauren Untetfucbungen eingeleitet worben: 1871: 88233. 1872: 102077.
1873: 104878. 1874: 120400. 1875: 120061. 1876: 133734. 1877: 145587.
1878: 155326-. @S (mben atfo bie neu eingeleiteten Unterfucbungen in bcn et*
mahnten Safyxtn um 76 p@t. zugenommen, unb jwar wegen ©eltfte gegen bie
öffentliche Drbnung um 67 pGt, wiber bie ©ittltcbfeit um 148 p$t, wiber ba£
Seben um 118 p@t. ; barunter SWorb unb Sobtfcblag 143 p@t., aus (Sigennufc
um 49 p@t., wegen gemeingefährlicher S)elifte (Vranbftiftung) um 67 p(£t. $n
ben beenbeten Unterfucbungen waren ^erfonen im 2lltcr »on weniger al£ 18 fahren
angefchulbigt:
1869 1870 1871 1872 1873 1874 1875 1876 1877 1878
6615 5766 7985 8806 8274 10652 9578 10839 12349 13318
demnach ergtebt bie 3 una ^ me oer beenbeten Unterfudjungen gegen
jugenbliche ^erfonen 101 pSt.
t Seamtenperfonal. 2lm 31. 2)törj 1879 fungirten im ©anjen 2117
Beamte an ben oerfebtebenen ©trafanftalten. Von ben 37 SDireftorcn gehörten
25 bem Offtjicr* unb 7 bera Unteroffijierftanbe an, wäbrenb uon ben ^nfpeftoren
unb ©efretairen 46 refp. 113 aus biefen beiben 6tänbcn übernommen roaren.
II. Verpflegung ber ©efangenen. 3fm ©efammtburchfdmitt be*
trugen bie VerpflegungSfofien pro Äopf unb VerpflegungStag : für ©efunben*
»crpflegung 32,25 $f. gegen 33,41 in 1877/78 unb für Jfranfenoerpflegung
44,23 <ßf. gegen 46,37 $f. in 1877/78. 3m täglichen Storcbfchnitt würben
24635 gefunbe ©efangene oerpflegt gegen 23385 in 1877/78, wäbrenb Äranfcn*
fofl 1962 ©efangene aegen 1805 in 1877/78 erhielten. £)ie Vergünftigung,
einen Xt)eil be« 2Ir beitönerbicnft * Slntbcil« jur Verbefferung ber Verpflegung
r-erwenben ju bürfen, genoffen 27818 ÜJtänner unb 4338 ÜBeiber.
III. 21 r b ei t «betrieb. Vefchäftigt würben 88,38 pGt. ber 2>etinirten
gegen 89,33 pGt. im ^ahre 1877/78, unb jwar 29,64 p6t. für ben eigenen
Vebarf ber Slnftolten (2«,69 pGt. in 1877/78), 1,58 pGt. für eigene Rechnung
ber 3lnftalten jum Verlauf (1,87 pGt. in 1877/78), unb für dritte gegen fioljn
68,78 pGt. (69,44 p(St. in 1877/78). $)er Vrutto*2trbcit8crtrag bei ber
Vefchäftigung für Rechnung dritter gegen £of>n betrug 2579885 31 $f.
(2649324 W. 42 9Jf. in 1877/78), ber ftetto*2lrbeitSertrag 2231353 m.
79 *Pf. (2288895 Wl. 40 *flf. in 1877/78). Verbienftantbeile würben ben ©e*
fangenen gutgefchrieben 427017 m. 46 <ßf. (437575 2H. 44 $f. in 1877/78).
IV. Schul* unb Religionsunterricht fowie Sibüotbefen. 2lm
Schulunterricht nahmen ZtyciU 7194 männliche unD 1363 weibliche ©efangene,
im ©anjen alfo 8557 (8246 in 1877/78). SDer Vücherbeftanö ber Vibliotbefen
betrug 178047 (174144 in 1877/78).
V. Sfolirung. $er 3folhrhaft würben unterworfen 9121 Männer unb
1274 Söeiber ober 7,85 pCt. ber ©efammtjabl ber fcetinirten (7,83 pGt. in
1877/78). 3m fortlaufenben $urcbfcbnitt erftreefte fich bie Sfolirbaft auf 12,96
pSt. (13,22 p(£t. in 1877/78). (Sinjeljcllen mr ^folirung bei Sag unb Wacht
waren 3788 oorhanben, wäbrenb bie 2lnftalten weitere 3479 ^folirfchlafjellen
befafeen. Vejügticb ber 3ud)tl)au3gefangencn hatte bie $auer ber Sfoltrung bei
598 Männern unb 14 SÜBeibcrn weniger al£ 4 SBochen, bei 7 ÜKännern über
6 3af>re betragen.
VI. J)ij8jiplinarbeftrafungen. S)iSjiplinarifch beftraft würben 16651
9)iänncr unb 2690 SBciber, unb jwar wegen Unbotmäfjigfeit unb 2Biberfeßlichfeit
6177 HRänner unb 826 Leiber, wegen Vergeben in Ve$ug auf ben Arbeits-
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Sittratur. X65
betrieb 4934 SWänner unb 1243 SBetber unb toegeit anberer ©ergeben gegen
bie fcauSorbnung 19966 2J?ämter unb 4070 SBetber. $ie »erhängten ©trafen
beftanben bei 9596 HJfännern unb 1824 SBeibern in Gmtjiebung ber Äoft ober
ber SDiSpofition über ben SlrbcitSoerbienftantbeil, bei 21278 Scannern unb 4302
SBeibern in etnfamer (Sinfperrung in einer StrreftyeUe mit unb ol)ne (Sntjietyung
ber Äoft ober ber SMSpofttion über ben SlrbeitSücrbtenftanttyetl, bei 83 Scannern
unb 13 SBeibern in Sattenarreft (1876 in 126 unb 1877/78 in 104 fällen), unb
bei 120 männlidjen .Aw&tfjauSgefangencn in förperlidjcr 3ft$tigung (1876: 138,
1877/78: 102). 8fa|er ben burä) Mofje $tSäiplinarfrrafcn geatjnbeten ©ergeben
famen no$ 48 ftäüe (1877/78: 29) gerid)tlia)cr ©eftrafung wegen roäfjrenb ber
foft oer übten 5Delifte oor, unb smor jagten ju teueren 24 ^Meutereien unb
3HajeftätSbeleibigungen.
VII. Äorrefponbenj unb ©efuctye. 3)ie eingegangenen ©riefe be*
Differten fia) auf 90259 (1877/78: 83612), bie abgefaßten auf 78043 (1877/78:
73655). ©efucfce fanben ftatt 18743 (1877/78: 19008).
TOI. ©efunbfKitSjuftatib unb Sterblid&fett. $)er S)urd&f<i)mttS;
beftanb an tfranfen fieUte fieb jur $ur(bfcbnittSfopfftä'rrc auf 4,10 p(R, (1877/78
auf 3,80 pGt.). 2)ie ungünftigfien ©erf)ältniffc an Äranfen jeigten ©erlin
(Stabtooigtet): 12,02 p(£t., ©orlifc: 8,78 p£t. unb §alk: 6,32 piZL, toäljrcnb
im 3af>rc 1877/78 Simmern 9,38 p(St., ©örlifc 8,92 unb .fcalle 7,12 p@t. auf-
roiefen. 2)te günftigften Proportionen ergaben
Saarbrücfen mit 0,64 p<R gegen 0,90 pGt. 1877/78,
tfaugarb „ 1,29 „ „ 1,20 „
$amm „ 1,37 „ „ 1,28 „ „
$ie 3abl ber ©efiorbenen betrug 569 Männer unb 85 SBeiber ober in Projenten
2,44 gegen 2,45 in 1877/78, rocujrenb im ganzen Staate im %atyct 1878 oon
100 Sebenben etwa 2,75 pGt. flarbcn. 9toturli$en £obeS ftarben 559 9)tänner
unb 84 SBetber, bura) UnglücfSfälle 1 HRann, burd) Selbfhnorb 9 3Jlänncr unb
1 SBcib. ©on ben einzelnen Slnftattcn Ratten biejenigen $a Simmern unb 2tn*
bernacb feine SobeSfäüe, roäbrenb in ben übrigen Strafanftalten ber pvojentfafc
ber ©eftorbenen uon 1,07 bis 3,97 oariirtc. $ie fiärfften Proportionen fanben
ftatt in Sauer: 4,94 pGt., SBartenburg; 4,56 p£t. unb ftorbon: 4,22 pGt.
Sungen* unb S)armpl)t^ifen foroic anbere gönnen oon Suberfulofe bilbeten ben
ftauptprosentfafc ber ©erworbenen: 49,73 pGt. üflänner unb 46,43 pGt. SBeiber
(1877/78: 50,81 refp. 57,66 pGt.). ®ie größte Sterbltajfeit jcigte baS ^cbciiö-
alter jroifd^en 30 unb 40 Satyren: 193 aKänner unb 33 SBetber, ober 34,53
refp. 39,29 pGt. (1877/78: 28,54 refp. 36,04 pßt.) unb bann baSjcmge puffen
45 unb 60 Sauren: 160 Scanner unb 18 SBeiber ober 28,62 refp. 21,43 p(R
(1877/78: 32,19 refp. 27,03 pGt.), tuäbrenb im «Itcr oon 16 bis 20 Sauren
nur 10 gjlänner unb 1 SBetb, alfo 1,79 refp. 1,19 pGt. (1877/78: 1,01 refp.
0,90 p(R) unb unter 16 galten nur ein männlid&eS Snbioibuum f tar b.
ntger als % %a1)t betrug bte $aft bis sunt XobeStage bei 107 Sönnern unb
13 SBeibern ober 19,14 refp. 15,48 pGt. (1877/78: 17 21 refp. 10,81 pGt.),
über % bis 1 Satyr bei 97 Üttannem unb 14 SBeibern ober 17,35 refp. 16,67
pGt. (1877/78: 19,23 refp. 12,61 pGt.), über 2 bis 3 ^atyre bei 140 3Rännern
unb 22 SBeibern ober 25,04 refp. 26,19 pGt. (1877/78: 22,27 refp. 34,24 p<£t.),
über 15 Safjre bei 11 Scannern unb 2 SBeibern ober 1,97 refp. 2,38 p6t.
(1877/78: 1,01 refp. 0,90 p(R). £n ©eifteSfranfbeit oerficlen in 23 2tnftalten
(gegen 13 in 1877/78) 53 Männer unb 13 SBeibcr (gegen 22 refp. 11 in
1877/78). «Die Sfletynabt biefer (Jrfranften, 27 äflänner unb 8 Söetber, befan*
ben ficty im 2llter sioifdjcn 30 bis 45 S^brcn, unb siuar betrug bie ^aftbauer
bis aum 2luSbruc^ ber Äranfeit bei 22 Scannern unb 10 SBeibern ober 41,51
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Ififi öitcratar.
refp. 76,92 pßt.. (1877/78: 40,91 refp. 27,27 pßt.) weniger al* 3 Monate,
©ereilt würben 6 3Känner unb 2 Sßeiber (1877/78: 2 2Hänner unb 1 SSeib).
IX. ßaffenoerwaltung unb ^inanjergebntffe. $ie einnahmen
erreichen ben Setrag oon 2673132 Wl 72 $f.
wäfjrcnb bie 2lu£gaben betrugen . . . . 8451876 >r 23 „
bie Verwaltung erforberte mithin 3ufd&ufj . 5778743 3tt. 51 $f.
X. Vorläufige ßntlaffungcn auf ©runb be8 §. 23. 6t. &. 58.
ßntlaffung£anträae würben geftcllt oon 355 ©efangenen, genehmigt bagegen
129 Antrage. 2Biberrufcn würben gemäfj §. 24. 6t. ©. ©. im Äalcnberjaljre
1878 8 oorläufige ßntlaffungen.
SßerfonalflatifMf ber 3"$lD<*u8gefangenen.
I. 3ugang im Saufe beS 3al>re$. ben «igegangenen 3 u $ ts>
IjauSgcfangenen waren 8007 Äöpfe ober 95,(38 pßt. (1877/78: 95,32 pßt.) auö
^reufcen, 277 Äöpfe ober 3,27 pßt. (1877/78: 3,55 pßt.) auS anbem beutf^cn
Staaten unb 89 tfäpfc ober 1,05 pßt. (1877/78: 1,13 pßt.) au* bem 3lu«lanbc.
$ie ^ßrooinj 6d)leficn lieferte bie gröfjte 3 aI ^ ber 3ngegangenen: 1348 SJJänner
unb 284 Söeiber, bann Vranbenburg 1142 9Ränner unb 195 2öctber, wäfnrenb
auf 6djle$wig *§olftein unb ^ofjenjollern bie gcringften fitffetn famen, nämlidj
109 ÜMänner unb 23 Söeibcr refp. 10 9Hänncr. &em Vcfenntnifjfifianbe naa)
waren 5243 goangelifc&e ober 61,95 pßt. (1877/78: 62,39 pßt.), 3105 tfatfw*
lifdje ober 36,69 pßt. (1877/78: 36,62 pßt.), 109 äübifdbe ober 1,29 pßt.
(1877/78: 0,99 pßt), unb 6 Slnbcrggläubige ober 0,07 pßt. (1877/78: 0,00 pßt.);
cfjelieb geboren waren 7787 ober 92,01 pßt. (1877/78: 91,72 pßt.), unctjclicb
geboren: 676 ober 7,99 pßt. ( 1877/78: 8,28 pßt.), oerbeiratjjct: 3354 ober
39,63 pßt. (1877/78: 38,72 pßt.), oerwittwet: 589 ober 6,96 pßt. (1877/78:
7,47 pßt), gefd&ieben: 229 obet 2,71 pßt. (1877/78: 2,30 pßt.), unoertjetratbet :
4291 ober 50,70 pßt. (1877/78: 51,51 pßt.). 6<f)ulbtlbung unb war pöbere
als elementare batten genoffen: 73 ober 0,86 pßt. (1877/78: 1,09 pßt.), elcrnen*
tare: 7068 ober 83,52 pßt. (1877/78: 83,52 pßt.), feine: 1322 ober 15,12 pßt.
(1877/78: 15,39 pßt.) Unter ben 3ugcgangencn befanben fidfo u. 31. 2655 mann*
ltd&e unb 197 meiblidje ^nbuflriearbeiter, 2065 männliche unb 223 weibliche
Sanbarbetter, 38 Staate unb Äommunalbcamte unb 36 Sierße, ©eiftlid>e, fic^rer,
(Meierte unb 6d)riftftcü*er. Obne SBerufSangabe waren 14 3Jlänncr unb 172
Söetber. ftiebftabl unb llnterfd)lagung bitbeten bie meiften Verurtbcilungg»
urfad&en: 5788 ober 68,39 pßt. (1877/78: 69,87 pßt.), bemnädtft Verbrechen
gegen bie Sittlid)fcit 557 ober 6,56 pßt. (1877/78: 6,47 pßt.) unb s 3Keineib 546
ober 6,45 pßt. (1877/78 5,30 pßt.), mäljrenb wegen Verbrechen gegen bie per*
fönlid&e ftreiljeit nur eine Verurteilung erfolgte. 3 U lebenslänglicher SutyU
bauSftrafe würben 75 ober 0,88 pßt. oerurtbeilt (1877/78: 0,84 pßt.), ju 15
Saferen 30 ober 0,35 pßt. (1877/78: 0,40 pßt.), ju 1 3abr 1848 ober 21,70
pßt. (1877/78: 23,75 pßt.). $riu)ere Veftrafungen Ratten erlitten 5663 üflänner
unb 991 SBeiber ober 78,61 pßt. ber Zugegangenen (1877/78: 78,25 pßt.) unb
jwar waren einmal: 1152, zweimal: 1096, breimal: 1075, otermal: 847, fünf-
mal: 640, fecpmal unb öfter: 1844 beftraft.
II. Slbgang im Saufe beS ^a^reö. 6495 Männer unb 1149 Söetbcr.
Vcgnabtgungen erfolgten für 82 ÜDtänner unb 15 Söcibcr. ßntmetebungen famen
in größerer' Slnja^l nur oor in ben 6trafanftalten ju &allc unb Äaffel, fowie
in bem ^tlialgefängniffe su SJcünftcr (je 3).
III. Veftanb am SafjreSfcbluffc: 16517 Männer unb 2536 Söeiber.
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Sitctotur. 167
$er ©Höffen* unb ©efd&roornenbtenfh eine ^ufammen*
fteüung unb Erläuterung ber auf bie Schöffen unb @efd>toornen be*
gügtic^cn gefefclid&en Veftimmungen oon G. oon Söolf, ßgl. Sächf.
tfanbgertd&tSratl) in 3"Jicfau. fieipjig. 3)rucf unb Verlag ber 91 ob 5
berg/fd&en Vu$l)anblung. 1880. 80 $f.
5Dad Heine, mit ©efdnd unb gleife jufaramengeftellte Vud& ift nidjt für
baä juriftifdje, fonbern lebiglid) für ba§ fiatenpublifum gefd&rieben unb enthält
ba<3 in bem ©ericbt$ocrfaffung£gefefo unb ber Strafprojefcorbnung jerffteute, ben
Sc&öffen* unb ©efd&ioornenbienft betreffenbe Material foftematifdfj georbnet. SDie
Kommentare oon Sctyioarj, £öroe unb $u$elt (wt ber §err Verf affer, inforoeit e«
ifnn nötf)lg erfdnen, benufct, unb aud) in ben Slnmerfungen ber Säc§ ftf d)en 2lu&»
füljrungäbeftimmungen gebadjt. Von nidjt ju unterfc&äjjenbem Vorteil für bie
Verbreitung be£ fonft empfehlenswerten VudfjeS märe eS übrigens geioefen,
wenn aud> ber Sßreufeiföen SluSfüfjrungSgefefee in entfpred&enber Sffieife (5rroä>
nung gefä^en märe.
3ur fieljre 00m oerfudjten unb unoollenbeten Verbrechen
oon Dr. fiubtoig 60 fjn ju ftalle a. S. ©rfler Vanb. begriff unb
Umfang. VreSlau, Verl 0. 2Bil&elm Äoebner. 1880. 699 Seit.
Vor uns liegt ein girobuft roiffenfd)aftli$er ^ätigfeit, roeld&eS an ber
•panb ber streichen an ben Verfu$Sbcariff anfnüpfenben Jtontrooerfen ftd) bie
Stufgabe be£ s Jtad&ioeifeS fteßt, wie berfeloe in feiner heutigen ©eftalt als 2lnfang
jur Ausführung burdjauS unhaltbar fei. $ie ja^lrei^en Morien geben bem
§erm Verf äff er ©elegen^eit, in fritifd^er äöeife bie in ihnen aufgehellten, fo
abmeidfjenben ©runbfäfce eingehenb ju prüfen, wobei er ju bem Sdhluffe gelangt,
baß ferne berfelben im Stcmoe geroefen fei, eine genügenbe ttöfung ju genuu)ren.
Sträubt fid) ber Verfaffer gegen bie bisherige Annahme, ben Verfug auf jebeS
bolofe Ver brechen für anroenbbar ju er Hären, unb fteUt er bemjufolge bem oer*
fugten baS unoollenbete Telift gegenüber, rooburch er bie Äontrooerfe für be-
tätigt erachtet, ob fid> jtoifchen bem ftrafbaren unb ftraflofen ©ebiet eine ©renje
Steden laffe, ober ob bieS rocmgflenS bei ben einzelnen Verbrechen möglich fei,
ob fie nur fd&einbar befiele ober fid) in ben eimelnen fällen oon felbft ergebe,
fo fteUt er für baS unoollenbete Verbrechen ben Sajj auf, bafj, roenn eine §anb*
lung mit Strafe bebroht fei, fie ledere aud> für ihren ganjen Verlauf unb in
ben oerfchiebenften Stabien, Anfang, ÜJHtte unb 6nbe, berauSforbere, unb oer*
ficht bie (gyiftenj beS VerfucheS nur bei benjenigen $>eltften, beren GonfumttonS.»
merfraal in einem Erfolg beftefje. $>aS mit ®rünbltchfeit unb einfielt gefertigte
25$ert enthält fo oiele neue unb bafmbrechenbe ©ebanfen, bafj ju münfd^en
märe, wenn biefelben jur Söfung fo mandjer nod^ in X^eorie unb SßrajiS be*
fle^enben 3roeifel beitrügen.
Äontrooerfen, betreffenb bie Strafprojeforbnung unb ba$
©erid^tÄoerfaffungÄgefe^ oon 6. 21 Voitu«, ÄöniaL ^reu&.
Dbertribunal^rat^ a. 3). 2. £eft. »erlin, Verlag oon $uttfam*
mer & 2ttü$tbrec$t. 1880.
3n bem oorliegenben §eft, beffen oorangegangene« ber berjettigen 9te»
baftion nic^t oorgelegen ^at, totrb in grünblid^er unb auSfüfjrlidöer Söcife eine
Slnja^l Äontrooerfen be^anbelt , meldte fi<^ u. 21. an ben §. 199. St. $roj. D.,
bie §§. 56. 57. 244. 2lbf. L St. ^05. 0., ben §. 156. St. ^roj. D., §. 97.
St. $ro3. D., ben §. 27. 9lr. 2-7. unb §. 29. ©. V. ©., §. 50. @. V. ®. u. f. n>.
fnüpfen. ElÄ glci^ auSgejeid&neter ^Jrafttfer wie ^eoretifer Ijat ber §err Ver*
faffer t& oerftanben, bei Prüfung ber einzelnen Streitfragen unter Vergleid&ung
ber biefelben in ben oerfdnebenen Kommentaren be^anbelnben Erörterungen,
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bert twn ifjm nerfocbtenen 2fafdjauungen einen überjeugenben G&arafter beim*
lea.en. @in in 2tu3ficbt gefießteS britteS §eft mit 6acV unb ^aragrcrpf/enregifter
wtrb ben erften Sanb fcblie&en.
Beiträge jur Erläuterung be« $eutfcf)en $ecbt$ in befon*
berer SBejiebung auf ba£ sßrcufcifcbc 9tcdjt mit @tnfa)lu{} be8 §anbel3*
unb s .I8edf)felrecf)t$, bcgrünbet r»on Dr. 21. ®rud)Ot, herausgegeben
non Staffow, 9tei$«gen$tj8rat(), unb flünfeel, 2anbgeric$tSratb.
ftranj Sailen. 1880.
3n bem fünften ßeft be3 bcwäbrten äöerleS begegnen wir roieber einer
Steide r-on namhaften ©cfriftftellem üerfafjter Slb^anblungcn unb einer umfang*
reiben Siteraturtritif, währenb ba$ Skilage^eft eine Slnja^l ber widjtigften ©nt*
Reibungen beS 9leicb3gertd)t3 enthält.
S)aS 2Sucbergefe&. Wit Erläuterungen auf ©runb ber SKotioe,
ber Äommtffion8beri<f)te unb ber s Jtei^«tag«oer^anblungen, tyxaiß*
gegeben non Dr.jar. (Sari töeinroalb, 2lmtarid)ter. fieipjig. Srucf
unb Verlag ber Äofeberg'fäcn Sucbljanblung. 1880. $retS 75 *ßf.
5Die gegenwärtige Arbeit ocrfolgt ben ^rotä, an ber $anb ber 9Kotioe,
ÄommiffionSbericbte unb 9teid$tagSoert)anbIungen bem fcaien baS Serftänbnife
beS neuen ©cfe&eS mefentlicb $u erleichtern, unb fann bie üöfung biefer Aufgabe
als eine wofjlgelungene bekämet werben.
Äommentar jum Strafgefefcbucb für ba3 $eutfd)e iRei($ von
Dr. 3ujtuS DlSljaufeu, Siebter am tfgl. üanbgericbt I. ju Berlin
u. f. w. II. Lieferung (ödjlufe be£ I. SöanbeS). «erlin 1880. 93erlag
von ftran$ Pallien. $rei$ 3 2R. 50 *Pf.
2)a« uon uns bereit« im 4./5. $eft beS 27. Sabrgangd über baS obige
$Öerf abgegebene Urtljcil finbet in ber oorliegenben II. Lieferung feine ooüe
Öejtätigung. $>cr §err 2fcrf affer bat eine SIrbeit gefdjaffen, welcbe, inbem fte
ju bem üblichen SßräjubisientultuS feine Neigung aufroeift, bejüglicfc Ujrer felbfl*
ftänbigcn ^ofition unb ber ©djärfe beS Urteils bie beroorragenbfte Öead&tung
perbient.
Backoffner.
»erlin, Xrucf oon «9. «ttycnfUin-
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I
Mt Interpretation De* §. 48. 5er $traf-Jlro?efc
#rimun0.
Sott $errn Dber-SanbeS*©eric$tä*9tatl) Dr. $u$Ä in Sfena.
$er §. 48. bcr 6t. $roj. D. lautet:
SXe Sabung bcr 3cupcn gef$ief)t unter fcmweiS auf bie gefefe*
liefen folgen bc3 Ausbleibens.
2)ie fiabung einer bem aftioen §eere ober ber aftioen SWarine
angefjörenben Sßerfon beS SolbatenftanbeS als 3 cu Ö cn «folgt bur<$
©rfu^en ber üftilitairbe^örbe.
©er jroeite Stbfafc beS §. 48. ftiramt toörtlid) überein mit §. 343. ber
GimWproj. O.
3n Verfolg biefer SBorförift oerorbnen fobann bie §§. 50. ber St. qSroj. 0.
unb 345. Abf. 4. ber Sioil <• «Pn>3. 0. rttcfiia)tli$ ber Strafe wegen unent-
fdnilbigten 2lu$bleiben3 ber $t\iQtn glek&mäfeig:
$>ie fteftfefcung unb bie Sollftretfung ber Strafe gegen eine bem
aftioen §eere ober ber aftioen Alarme ange&örenben fcttairperfon
erfolgt auf (Srfuc^en buräj baS SRilttairgeridjt, bie 58orfiu)rung einer
folgen ^Jerfon burd) @rfua)cn ber üRilitairbetjÖrbe.
Unter oerfdnebenen ©eridjten unb $erioaltunaSbef)örben ift bereit« bie
ftrage ftrettig geworben, ob bie Sßreu&ifc&en 8anb*@enbarmen jum aftioen
fteere ju rennen feien, auf welche §. 48. Abf. 2. St. ^roj. 0. unb §. 343.
(fiüil»$ßro$. 0. Antoenbung finbet. SBäljrenb oon ber einen ©eite bie %xaqt
cbenfo benimmt bejaht als oon ber anDeren oe -meint wirb, hat man noa) eine
britte Anftc&t aufgeftellt, roonadj bie Sßreu&ifdjen ©enbarmen jroar ntc^t jum
9teid)ä&eere, tootjl aber jur ^5reufeifa)en Armee unb oon biefem ©efid&ts*
punfte aus im Sinne ber oben gebauten reidjScjefefelic&en öefUmmungen jum
aftioen &eere gehören. <Die @ntfa)etbung ber tn jnebe fte&enben $rage ift
oon befonberer äSttyigfeit beSjjalb, weil fueroon bie ©efugnife ber ßioilbebörben
abfängt, bie 3eugni&ftrafen na$ §§. 50. unb 69. ber St. ^roj. 0. unb §§. 345.
unb 3o5. ber ßioiU^roj. 0. jur Antoenbung ju bringen.
*ri)it>1880. S.U. 4. $eff. 12
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170 3»r Snterprctation befi §. 4& ber 6t. $ro*. O.
L 3n bem ©bift oom 30.3uli 1812 (©. 6. 141) ift unter 9er. VIL
beftimmt, ba§, um ba« 5kbürfni§ erefutioer ©eroalt für alle Steffort« oollftanbig
su beliebigen, Dem tfrei«bireftor m ber ©enDarmcrie eine beroaffnete SJiacht
beigegeben werbe, welche burdj eine binreid)cnbe 2lnAat)l oon Orftueren unb Deren
ü^eilnaljme an ben 'Mreaugefcbärten De« tfrei«oireftor« in Die engfte ^erbinbung
mit bet Äreiäbehörbe geftellt werben unb einen integritenben Derfelben
bilben folle.
2. 2n bie ©teile be« ßbift« ift fobann bie Sßerorbn. oom 30. $> e *. 1820
über bie anDerweite Organisation Der ©enDarmcrie getreten (© 6. pro 1821
6. 1); — in Dem ftaat«politiiehen groeefe Der ^nftitution ift DaDurdj nicht«
Seänbert, btefer 3we<f oielmebr in unzweifelhafter 5 a ff un 9 auc *J ^ ier J um ^ ugff
ruel gebraut worben. (£« folle für alle ^rooinAcn, — fo Reifet e« — „jur
®rb,altung Der öffentlichen Sicherheit, SHul^e uno Orbnung eine gleichförmig
organifirte ©enbarmerie befte^en; Diefe ©enDarmeric foll in s Jlücf riebt auf Oefo*
nomie, $i«Aiplin unD übrige innere i<erfaffung militairifch organifirt unD
bim Oberteil eine« ©eneral« al« TOttair • (Stjef , — in Metjung ihrer
Birffamfeit unb SDienftleiftung aber ben betreffenDen (SioilbebörDen, Dem Wli*
nifterium De« ^nnern, untergeorbnet fein." $>ie iöeftimmung Der ©enöarmcrie,
für bie innere Stühe, Sicherheit unb Orbnung au forgen, ift bann weiter im
einzelnen geregelt in ber unter Denselben Saturn ergangenen , r ^)tenft^nftruftion"
(©.6. pro 1821 S. 10), in«befonbere in Don §§. zS. big 27. SU0 Honfequen*
biefer Seftimmung erfcheint Die SSorfchrift — §. 17. — , bafe ber (SioilbebörDe,
bejw. bem fianbratt) Aufieln, bie ©enDarmerie in ihrer ^ienftführung unmittelbar
mit 2lnweifung jtt oerfehen unb au leiten, auch too fie gefehlt tjat, au belehren
unb Aurecht au weifen; ferner bafe bem s Dc in ift er ium bc« Innern bie '-Ber*
theilung ber ©enbarmerie unter Slücffprache mit Dem @hcf ber ie Iben übertragen
ijt — §. 5. — , ferner — bafj fie trofc ihrer militairiiehen Organifation Doch
nicht unter bem ©eneral»Äommanbo oDer einem anberen 9Jtilttairbefehl«baber
ber ^rooinA, mithin auch bie in ber Stabt befinbliche ©enbarmerie nicht unter
bem ©ouoemeur ober JSommanbanten biefer Stabt fteht — - §. 19. — . 2lnberer*
feitsS jeigt Reh ber militairifche Gborafter ber $nftitution Aunäehft in ber
Organifation: — (Sintbeilung in 33rigaDen unb 'Jlbtbeilungen mit Offizieren
unb Söachtmeiftem — §§. 2.-4. — ; ferner barin, bafc bie ©enbarmerie ben
©erichtäftnnb be« ftehenDcn £eere« hat — §.11. — , unD ba§ in Stnfetnmg ber
SuriSbiftion unb Strafgewalt bie Forschriften für Da« ftehenbe £eer aua) auf
bie ©enbarmerie 2lurocnbung finöen f ollen — §. 11. — .
3. S)ie SJerorbn. oom 31. 3)eA. 1820 ift bie ©runblage geworben pt
ber 93er orbn. oom 23. 3Jtoi 1867, betreff enb bie Organifation ber ©enbarmerie
in ben neu erworbenen &mbe«theilen. — ©. S. 6. 777. —
3n aDen wefentlicrjen §auptgrunbfäfcen ftimmen beibe Serorbnungen meift
wörtlich überein. SDie nicht militairifche «Seite ber ^nftitution jeigt [ich auch
t)iet in bem 3roecfe: bie ^olijeibehörben in (5rl)altung ber öffentlichen Stühe,
Sicherheit unb Orbnung im §nnern bc« Staate«, in ber ^anbhabung ber
be«t)alb beftet)enben ©efefce unb Slnorbnungen ju unterftüfeen — §. 16. — , in
ber llnterorbnung ber ©enbarmen in Sinterung tt)rer üBJirffamfeit unb 3)ienft*
leiftung unter bie betreffenben ©ioilbehörben — §. 21. — , in tt)rer bi«Aiplinarifchen
Stellung, inbem Awar ein ©enbarm burch einen 9efc|tttfi be« <5l)erS ber ©en*
barmerie, alfo feine« militairifchen SSorgefe^ten, au« bem 2)ienft entfernt werben
fann, il)m aber gegen biefe Gntfcheibung ber 9terur« nidjt an ben Äricg«*
minijter, fonbern an ba« Staat«minifterium jufteht — §. 10. — , enblidf) barin,
bafj aua) hier bie ©enbarmerie nicht bem ©eneraWfommanbo ober einem anberen
ümiitairbefchtefmber ber ^rooins, fonbern ifjrem eigenen 3)tilitairoorgefe^ten
unb ber (Jioilbienftbe^örbe untergeben ift — §. 23. -.
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3ur Snterptetation be« §. 48. bet 6t. tyroj. O. 171
4. $)er müüatrifdje (Sfjarafter ift gewahrt burdj bie bcr Drganifatton in
bcn alten ^rooinjen genau entfpredjenbe (Sint&eilung in Angaben mit ber et-
forberlidjen 2lnjat)l oon Offneren, Obertoad)tmetftern unb berittenen unb jjrujj*
gen barmen — 9tr. 2. u. 3. — , fetner in bcr iöeftimmung, bafe bie ©ntlaffung
unb ißenfionirung ber Of friere naa) benfelben ©runbfä&en erfolgt, wie bie ber
Offiziere beS ftetjenben £eercS — § 6. — , unb bafe bie Ütfitglieber ber @cn*
bannerie auSbrücf Ud) ißerfonen be« ©olbatenftanbeS genannt werben, bie ben
@eri$t«flanb De« fte^cnDen £eere« ^aben — §. 15. — .
5. %n einer nid)t oeröffentltcbten $abinet«*Orbre o. 4. SJej. 1829 werben
unter f Rieben: Gruppen be« ftebenbett $eere« unb Gruppen, bie nic&t jum
ftetjenben £eere gehören. 3 U oen lederen werben geregnet: $rieg«referoe unb
Sanbweljr, ®enbarmerie unb ^noaltben.
6. $n bem 2lUcrl)ödjften ©rlafie oom 17. ^uli 1862 (©. S. 6. 224),
betreffenb bie ftlaffififation ber jum v J$rcu&iicben öcere unb jur Marine gehörigen
äJttlitairperfonen, finb unter A. II. als \u bcn $erfonen be« ©olbatenftanbe« in
ber Slrmee gehörig bie „©enbarmen" siocimal genannt (19. u. 2.d.). 2)iefelbe
Jllaffififation ift fobann wiederholt in bcr Einlage jur Sßerorbnung, betreffenb
bie 6infül)rung be« ^reufetfeben Wilitair*6trairea)tö im Morbbeutfdien S3unbe,
oom 29. 2>e$. 1867 (SB. ©. öl. S. 203).
7. ^n bem SBunbeSgefefce, betreffenb bie Sßerpflidjtung $um ÄriegSbienfr,
oom 9. SRoo. 1867 (ö. @. <H. 6. 131) wirb ba« £eer eingeteilt in ba«
ftetjenbe ipeer unb in bie ianbwcljr. 2öer jutn ftebenben §cerc gehöre, ift ^ier
nid>t beftimmt; motjl aber in ber oben gebauten Älaffififatiön.
8. S)er §. 2. be« @infüf)r. ©. jum ÜKilttair*Strafgefefcbu<$ für ba«
Seutföe gicid) o. 20. $uni 1872 (8t ©. 8t S. 173) oerorbnet:
„ÜJW bem 1.01t 1872 treten im ganzen SunbeSgebiete alle TOttair*
ftrafgefefee, foweit fie materielles 6trafred)t jum ©egenfknbe baben,
aufcer Äraft. ^n $ ra ft bleiben bie 33orfd)riften über bie SBeftrafung
ber oon fianbgenbarmen begangenen ftrafbaren jpanblungen."
9. ^m §. 38. beS 91.ÜJM.©. o. 2. Wai 1874 (9t ©. 551. ©. 45) enblidj
werben Diejenigen aJtititairpecfonen aufgeteilt (A. K. J.), welche jum aftioen
^eerc geboren. &ie ©enbarmen finb Dabei ntdjt genannt, ©iefelbe Slufjäblung
finbet nd) roörtltd) wtcberfjolt im §. 5. Jbeil iL ber 3)eutfd>en 9Be^rorbnung
t>. 28. ©ept. 1875 (Gcntcalblatt be« 3). s Jt. 1875. 6. 535 ff. 1 )).
10. ©eitere ©eftimmungen in Setreff ber ©enbarmerie entbalten nod^
baS ^Sreufeifcbe Reglement über bie Giotloerf orgung unb Stoilanftellung ber
aWtlitairperfonen beS $eere3 oom 20. ^uni 1867, wo im 9lbf. 4. §. 1. „Öanb*
genbarmen unb Seute bcr berliner 6c^ugmann!d)aft" 8 ) sufammengeftellt unb ben
3Jtilitniran martern gletcb cradjtet werben; bicfelbe C3tcia)ftcllung ber ©enbarmen
unb 6cbu$mannid)aften ift wiebcrbolt in ber ^crorbnung über StnftcUung ber
ÜKilitairanwärter in (Slfafc Sotljringen 3 ), oom 26. ^an. 1878. — %n bem SunbeS'
gefe|e, betreffenb bie ©cwäljrung ber s Jted)t£bütfc, oom 21. ^uni 1869 (8 ®. 531.
©. 305), werben bie ©enbarmen ben 6id)crl)cit$beamten jugejablt, inbem eä
bort — §. 8Q. — beifet: „bie 6tcberbcit«beamten eine« 33unbe8ftaatc3, in«*
befonbere bie ©enbarmen finb ermächtigt .... — ". SDa« ^reufeifebe ©efe^
über bie ^enfionirung ber unmittelbaren Staatsbeamten oom 27. s J3iärj 1872
(©. 6. 6. 268) finbet nad) ber auSbtücflidjen üBorfc^rift be« §. 4. aud) auf bie
') %m «ciASgcfeljbtatt ift bie 2B«f|rotbmmfl nt*t »eröffcntlidjt; fcic iüertünbigung ift,
toie Sab an D Staatötecbt III. ©• 136 ^«ote 3. meint, Don 9icid)«rocgen überfeben worben.
3) t>. SSaltbet, bie aJlilitairgefeöe bc3 Eentfdjen «eic^ö V. 101.
») J>. SBattbct a. a. O. V. 137.
12*
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172
3ur 3nter*retation btd §. 48. Der @t. ^roj. O
Dberroadjtmetfier unb (^enbarmen bcr Sanbgcnbarmcrte Slnroenbung, wogegen
bte $enüonirung ber Offiziere uadj ben für bie Offiziere beä ^etc^Sljiecreö
gettenben 45orf0ciften erfolgt. 3 n bem Reglement über Organifation Der $elb*
genbarmerie oom 15. Sluguft 1872 roirb Der Wurf tritt au« bcr ^elDgenDarmme
in bie ßanDgenDarmerie Der (Sntlajfung auä Dem aftioen £ccre gleia>
gejteüt — §• 21. — .
(§8 ift niä)t ju leugnen, bafe bte oorftefjcnb aufgeführten oerfd)iebenen
gefetjlidjen jBeftimmungen, wenn fie int einzelnen in ©etradjt genommen roerben,
an na) tuo^l geeignet finb, forootyl Die Jöcjatjung, als Die SSemeinung Der l)ier
in Siebe jiefaenben $rage ju begrünben. 2Benn man Da$ ^auptgerotdjt auf Den
3m ecf Der ©enDarmeric legt, fo roirD man fid) Der 8htftd)t juneigen, Daß Diefelbe
niajt einen Xtytii bcS aftioen £ecre£ bilbe, Da fie nadj Den auSDrütf Hajen grunD*
iegenben ©efefceSoorfdjriften Da$u beftimmt ift, 9tulje, OrDnung unD @ia)erljeit
im Innern DeS Staates aufregt ju erhalten oDer boa) jur Slufrcdjtljaltung
beijutragen. §ält man anbererfeitä bie Drganifation für entfajeibenb, fo roirb
man bie 3"öct)örigfeit jum aftioen §eere behaupten muffen. £)enit bie Organi*
fation ift burcbauS mtlitairifdier 2lrt. eine fotaje ^erfa)ieben^eit in ber 2luf*
faffung ift benn aua) fdron frütjer in ben beteiligten minifterieUcn SRcffortö
ijeroorgetreten. $n einem SBcrid)tc ber .tlöniglidjen 3 mmc biat-Äommiffion jur
9teoifion ber Mitair gefefce oom 4. $e$. 1829 rourbe ju Den, niajt jutn ftefjenDcn
£eere gehörigen Gruppen geregnet: bie ÄricgSreferoe, SanDrocljr, Die©enbar*
meric unb §noaliben (G. 24. Vol. 26, 85). ein SRcffript beS UttinifterS be3
Innern oom 19. gebr. 1850 fpridjt oon ben Sabungen ber ©enbarmen unb
anberer ©eamten ber erefutioen ^olijei; — in einem ferneren Schreiben
beffelben SttinifterS oom 3. SDe$. 1850 roirb bemerft, bafe bie ©enbarmen ibrer
Organifation nadj als im aftioen 2>ienfte bcftnbliajc 3)itlitairpcrfoncn fcf>r
füglid) angefe^en roerben förtnett, uub in einem britten ©abreiben beffelben
3)finifter3 oom 21. Quli 1859 Reifet cS roieber: al£ ©enbarm gehöre ber 4 Jl.
jtoar ju ben ^erfonett beS ©olbatenftanbe«, aber niajt ju ben aftioen 2)iilitair*
perfonen, ba, roie au« §. 2. ber SScrorbn. o. 30. 3)ej. 1820 fjeruorgetjt, ber
S)ienft ber ©enbarmerie fein SDiilitairbicnft ift.
2lud) bie 9led)tfpred)ung l)at bie oorliegenbe $rage in oerfänebener Söeife
"beantwortet, ©in (Srfenntnifj be3 früheren DberappclIationSgcriajtS in ©erlin
oom 4. Oft. 1873 - Dppenfjoff, 9ied)tiprcdjuug $8b. XIV. ©. 600 — jäfjlt
bie ©enbarmerie niajt §um 2)eutfdjen £>eere, rooljl aber jur bewaffneten 2Jtadjt;
äugleid} roirb bie 2lnfid)t aufgeteilt, bafi ein ©enbarm ben Gioilbeamten bc3
(Staates jugereapnet roerben müffe. dagegen füljrt ein ©rfenntnife bc« früheren
Dber^ribunal« oom 10. ^an. 1878 — Oppentjoff, föed&tfpredumg 53b. 19.
6. 16 — au3, ba§ bie ©enbarmen nid;t bem Greife ber öffentlichen Beamten,
fonbern lebiglid) ben SKitgliebern ber bewaffneten d)iad)t, roela)e in oerfd)iebenen
3$orfä)riftcn beS ©trafgefc^bud;« ben Beamten gcgenübergeftellt unb oon i^nen
unterldjieben roerben, jujujäljlen fittb.
2Benn rtutt aber aud) foroo^l ältere al« neuere S3efHmmungcn in ben
oerfd)iebenen ©efe&en unb s ^erorbnungen f Sartbe^gefe^en roie s Jteia)Sgefe$ert
eine oerfdjiebene Sluffaffuitg über bie 9icdjt3fieUung ber ©enbarmen sulafjen, fo
fd)cittt biefen fämmtlid;en «cfttmmuugcn gegenüber bie in 9tebe fteljenbe ftrage
burd) baS ©ruubgefe^ bcr militairifa)cn Organifatiott be3 s Jieid;«
enbgültig entfdnebert ju fein.
^er §. 38. be3 9teid;8militatrgefc^ejS oom 2. 3Hai 1874 ^at in ab^
fdjliefjenber aßeife unb unter 3lufl;ebung aller entgegenfite^enben älteren 3Sor*
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3ur Interpretation be« §. 48. ber @t. ^roj. O. X73
fcbrtften beftimmt, welche ^erfonen jum aftioen £eere gehören %\it biefe %xaQt
ifi Da« gebadete ®eie$ nunmehr allein entiebeibenb. 2lu« ben ÜMotioen $u ben*
felben 1 ) ergiebt neb, flar unb beutlicb, bafe „eine genaue fteftftellung be«
SöegriffcÄ ber aftioen 2Irmee unb eine fefte Begrenzung ber Kategorien oon
3Jfilitatrperfonen, welche baju geboren," in ber Slbficbt be« (S^efe^ed gelegen f^t
2)iefe 9lbfia)t be« ©efe$e« bat baburd» ihren äußeren 2lu«brucf erhalten, ba&
bie jenigen ilMlitairperfonen, welche ba« aftioe §eer bilben, im (Sittjclnen im
©efefce felbft aufgeführt finb — §. 38., Entwurf §. 31. — ; alle Diejenigen,
welche Ina nicht erwähnt finb, gehören amt nicht jum aftioen Speere; bte ©en»
barmen finb nicht ermähnt, folglich fönnen fie aud) nicht bem aftioen Speere bei*
gewählt werben, hierauf allein aber tommt e« bei ber oorliegenben ftrage an,
nicht blo« Darauf, ob bie ©enbarmen al« „Sßerfonen be« ©olbatenftanbe«"
anjufeben finb. SDiefc ftrage fann uneröttert bleiben, benn felbft im Bejahung«*
falle mürbe bo(b noch niebt entfebieben fein, bafc fie aud) bem aftioen §eere
angeboren. £>ie §§. 48. ber ©t. ^Jroj. 0. unb 343 ber StoiU^roj. 0. fpreetjen
nicht blo« oon „^erfonen be« ©olbatenftanbe«", fonbem oon folgen Sßerfonen
be« ©olbatenftanbe«, bte bem aftioen $eere angeboren, unb bie 3frage, meldte
^erfonen be« ©olbatenftanbe« bie« finb, ift, roie gefagt, burd) §. 38. be« s Jteid)«*
3Mitairgefe&e« oom 2. Üßai 1874 beantwortet. Sur ba« 9teicb«recbt wirb bie
^ier entroicfcltc 2Innd)t otelleicht aud) feinem Söiberfprucbe begegnen, bagegen
wirb weiter behauptet, bafe ba« ©enbarmerie*Korp« war nicht jum 9tetcb«*
beere, jebod) jur $reufjifd)en Slrmce gehöre, fciefe Behauptung ruft bie
^otbroenbigfeit h^roor, weiter $u erörtern, ob eine gireufjifche tatee al«
nicht oöllig ibentifcb mit bem jum 9let<^s5t; cere gehörigen Sßreufjifcben
Kontingent erifttrt, unb ob eine für fidt) beftehenbe „^reufeifcheSlrmee" ftoat«*
rechtlich überhaupt eriftiren bürfe.
G« ift mahr, bafj c« eine 9teich«armee im ftreng einheitlichen ©inne nicht
atebt; bie 9teid)«armee ifi oielmehr, roie £abanb*) mit Siecht bemerft, eine ju*
fammengefe&te Einheit; bie ©inbeitltcf)feit ber Sanbmacht be« deiche« bebt bie
gefonberte driften^ ber Kontingente ber einjelnen Staaten nicht auf, fie bebeutet
lebiglich ba« Banb, welche« biefe oerfchiebenen Kontingente jufammenhält. S)er
Begriff eine« einheitlichen 9ietd)«beere« wirb oor Slüem fefion burch bie ©onber*
ftellung oon Sägern, SBürttemberg unb ©achten au«gefcbloffen. üftan fann baher
roohl nod) oon einer KontingentS'öerrlicbfeit ber einjelnen Bunbe«ftaaten in
Be^ug auf ba« $eerroefen fprechen, Tnfofcrn 3. 33. bie gcfefcltche SBehrpflicht al&
eine llnterthanenpflicht bem ßanbc«hcrnt geleitet unb auch biefem ber ftafyntn*
etb, roenngleia) mit Sem 3 u fafc c f/ oen Befehlen be$ Kaifer« unbebingt Bolge $u
leiften", gefd;rooren roirb; — unb infofem bte Berroaltuna be« £eerroefen$ im
©rofeen unb ©anjen, inSbefonbere bie Ernennung ber iüffijiere, bem &mbe3*
herm juftc^t.
S)ie Sluäübuna, ber Kontingents *§errltchfeit barf aber in feiner Seife
mit ben ©runbprimtpien ber einheitlichen örganifation aller Kontingente in
KonfUft fommen. $)icfe ©runbprin3ipien beruhen oornehmlich auf brei @in*
richtungen: auf bem Oberbefehl beä Kaifer« in Krieg unb fö^ben, auf ber
Befrreitung ber gefammten Kofien be« ^cerroefen« bura) baS 9teich unb auf ber
oölliß übereinftimmenben gleidjmäfeigen Örganifation. Bon einer oöllig über»
einfitmmenben Örganifation fönnte aber füglich nicht bte Sftcbe fein, roenn ber
Sirmee eine« einjelnen ©taate« al« folcher Gruppen augejählt mürben, bie bem
oon biefem ©taate nun 9leidb«hcere ju ftellenben Kontingente nicht anjugebören
brausten. S)ie gefährliche tragroeite eine« folgen ©ebanfen« liegt auf ber
l ) «nlagen 3U ben SJet^anbtungen fce£ Weid)8tage§, 2. SegiSlatur-^eriobe, 1. ©efjlon,
1874, 6. 53.
») @taat8red)t be« ®«utfd)en Wei^ III. ®. 6.
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174 3 ur 3nteq>rctation tcö §. 48. ber et. $roj. O.
§<mb. Söäre e« suläffig, oon einet „*ßreufeifd)en Slrmee" in bem parti*
fularen Sinne 511 fprechen, bafj iljx 3. 33. ba« ©enbarmcrie*Äorp« angehört,
mährenb baffclbe bem „ reu feil" djen Kontingente" al« einem ^tjeil be«
Seutfdjen £eerc« nicht zugerechnet mürbe, fo roäre nicht abjufehen, roarum nid>t
auch anberc ©Uebftaaten befHmmtc bem Äontingente nicht beijmäblcnbe Xruppen*
förper gleichfam al« ein Sonberheer ju galten berechtigt fein füllten. 2)er
©runb unb Bobcn, auf meinem ba« $)eutfcbc 9teich beruht, mürbe bei ber
Sinnahme folcher 3)?öglichfeit burce) unb burch crfd)üttert roerben. S80 immer
man auch oon berechtigten ©igenthümltchfeiten ber einzelnen Staaten fprechen
fann, auf bem ©ebiete be« §eerroefen« ift ba*u abfotut fein 9taum.
SHUein im ^inbltcf auf eimelne Befttmmungen ber 9tcich«oeTfaffung,
welche bie „flkeufjtfche Slrmee" befonber« t)ert>or^eben, fchetnt, roenigfien« für
Greußen, eine anbere Sluffaffung geftattet tu fein. £er Slrttfel 63. »erorbnet,
bafj belmf« ©r^altung ber unentbehrlichen (Jinheit in bet Slüminiftration u. f. ro.
bic fünftig ergehenben Slnorbnungen für bie „Sßreujjifcbe Slrmee" ben Äom«
manbeuren ber übrigen Äontigente mitteilen feien; uno Slrtifel 64. beflimmt,
bajj ber Äaifer berechtigt ift, für bic oon fönt, fei eS im ^reufcifcjen §eere
ober in anbereu Kontingenten, ju befefeenben ©teilen au« ben Dffijieten aller
Äontingente be« 9letc^<8tjeereö p wählen. 3Ran fönnte oielletcht, anfeheinenb
nicht ohne ©runb, barauf ^inroeifen, bafe tytx fogar bie 9leid)«ocrfa)fung bie
Sßreufjtfche Slrmee al« folebe auöbrütflicb betont, unb bafj hierin bie reich«*
§efe^lidt)e Slnerfennung einer befonberen ^reufjifchen Slrmee ju finben (ei.
Ibgefehen jeboct) baoon, baf? burd) bie Einführung ber gefammten $ reufeit <h cn
©efefcgebung im ganzen deiche — Slrt. 61. — burch bie äußere Formation
be« £>eutfcf)en $eere« nach SJkeufetfcbem 9J?ufter — Slrt. 63. Slbf. 2. — , burd)
bie Uebertragung ber Serroaltung ihrer Kontingente Seiten« einzelner Bunbe«-
ftaaten an ben König oon Sßreufcen, bie ^reufeifebe Slrmee unzweifelhaft eine
heroorragenbe Stellung im ©eutfd&en £eere einnimmt, t^re befonbere $croot*
bebung Daher nicht auffallenb erfcheint, fo ift biefelbe auch in ben genannten
&erfaf|ung«bcftimmungen nur im ©egenfafce ju ben übrigen £eutfef)cn Konttn*
genten ermähnt, bie „^reufjifche Slrmee" t)Ux alfo aud) nur in bem Sinne
be« bem 3)eutfcben £ecre angebörigen ^reufetfehen Kontingent« aufjufaffen.
93om militairftaatöred^lie^cn ©efid)t«punfte au« hat ber Segriff „^reu&tfctje
Slrmee" feine höhere ©ebeutung, alö etroa ^reufeifdie« SlrmeeforpS im ©egen*
fafce jum ©äcbfifcbcn unb 5öürttcmbergfd)en 2trmeeforp3. 2)ie Beibehaltung be«
tarnen« „^reufeifc^e Slrmee" fc^eint au« mannigfachen ©rünben noch unent*
behrlich, aber auch unoerfängtid;, ba gerabe in 8ejug auf ba« Ärieg«roefen
fechte be« Äönig« oon Sßreufeeu unb fechte be« $eutfchen Äaifer« fich oott-
ftänbig beden. ^iefe äuffaffunq mirb bureb bie SBefttmmungen ber Steich«*
oerfaffung burchau« unterftü^t. SJor 2lllcm ift Slrtifel 63. hcroorjuheben, wonach
bie gefammte fianbmacht be« 3tciche« ein einheitliche« $eer unter bem
Befehl be« Äaifcr« bilben fott. S)a ba« ««eich fein einheit«ftaat, fonbem nur
ein pberatioftaat ift, fo hat e« auch o\A foldje« ftreng genommen feine eigene
Sanbmacbt; ber ?lu«brurf „Sanbmacht be« 9ictd)c«" fann bal;cr nur bie gu einem
einheitlichen ©anjen, nämlich bem Teutleben .peere, ju oereinigenbe Sanbmacht
ber einzelnen ©liebftaaten begreifen, ß« foU aber auch, mie noch befonber«
heroorjuheben ift, nach ber Bcrfaffung«beftimmung bie gefammte ßanbmad)t
ber einzelnen Staaten 3u biefer Bereinigung jufammentreten, felbftoerftänblich
nach näherer Sßorfchrift be« ©efe^e«. Glne Sanbmacht eine« einzelnen Staate«,
bie nicht einen Sfjeil be« SDeutfchen §cere« bilbetc, eriftirt h^^" ac ^
äöa« im einzelnen su biefer tobmadjt gehört, bie einen Stbeil be« Seutfcben
aftioen Speere« bilbet, ba« ift im üflilitairgcfcfc oom 2. mal 1874 näher
beftimmt, mo, rote fdjon früher bemerft ift, bie ©cnbarmen nicht aufgeführt finb.
S)er 2lrtifel 58. ferner oerorbnet, bafj bie Äoften unb Saften be«
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3ur 3ntcrfrretation l>e« §. 48. fcer 6t tyroj. O. 175
•
gefammten J?rieg8roef en8 oon ollen ©unbeSfkaten gleidjmä&ta §u tragen
ftnb — bie ßoften für bie ©enbarmerie auf bem ©tat oe8 Bttinifteriumä oeg
Innern trägt Greußen allein — ; Artifel 62. ^anbelt oon ber ©effreituna be$
AufioaubeS für ba8 gefammtc $)eutfd)e §ecr; Artifel 63. orbnet bie gugrung
fortlaufenber Hummern ber Regimenter burd) ba& ganje 2)eutfdfje §eer an.
^icrnad) fann man wohl mit Sabanb 1 ) fagen, bafe bte einzelnen Staaten jroar
etne Armee für fia) ^aocn, aber nid)t nad) eigenem belieben, fonbern nur eine
fo befdjaffene Armee, rote baS fteid) itmen erlaubt unb roie ba$ SReiä) i^nen
befiehlt.
Angenommen jcbodf), cS eriftire eine befonbere $reufctfdtje Armee, bie
ntajt al8 oöllig ibentitd) anjufejjen roäre mit bem jum $)eutfc&en §eere gehörigen
$ßreufjifd)en Kontingent, fo roürbe biefelbe aua) ber $reufjifd)en £anbe£<
gefe Hebung unterteilt fein müffen. 9tun oerorbnet aber Artifel 4. 9lx. 14 ber
9teitt)äoerfaffung: „Der Seaufftd&ttguna Seiten« be« Reiche« unb ber ©efefc*
gebung beffelben unterliegt bog SKtlitairroef en be« 9tet#eS unb bie
Äriegämarine.
tiefer Artitet ift nid)t anber« ju oerftefjen, als bafj, roo immer in ben
Sm Steide gehörigen Staaten ba« SHilitairroefen in ftrage !ommt, bie gefe^lidtje
rbnung beffelben lebiglid) oom 9tetdf)e 5U regeln ift unb nid>t oon ben (StnjeU
floaten. (SS giebt fein ©efefcgebungS* unb SBerorbnungSredjt ber @in$elftaaten
über ba« 3Jcilttairroefen. @£ giebt alfo aud) fein StanbeSmilitairroefen im prtn*
flipiellen ©egenfafce jum 9leia)«milttairroefen. 2öa« jum 2flilitairroefen über*
fjaupt gehört, ba« befiimmt bie 9teta)8gefefcgebung; roaS biefe Sefthnmung nid)t
erhalten |at, tft nid)t 5 tun SPtfilitairroefen $u rennen. $)iefe Säfce werben oon
allen namhaften StaatSredjtSlefjrern anertannt. Stönne bemerft in feinem
6taat«re<$t be« 2>eutfd&en fteid}«, 2. Stuft, 33b. IL 6. 131:
„3)0« 3ledjt be« Reichs }ur ©efefcgebung über ba« 3Jcilitairroefen ifi ein
ber s Jteia)3getoalt aiiöfd^liefelidt) gufte^enbe«, eS befielt baneben fein Siedet ber
ein3elftaaten mef>r."
ßabanb, StaatSred&t »b. m: S. 7: „Äein Staat ift befugt, feine Armee
nach eigenem belieben ju organiftren, fonbern ba« SR et dt) erteilt bie *8orf Triften,
naa) benen bie« gef$ef)en mu&."
(Sbenfo $()ubid&um, Serfaffung be* 9iorbbeutfdt)en SBunbeS S. 377.
Allein tnerburd) ifi ba« iHcrfjt ber ginjelftoatSgeroalt ntcfjt auSgefäloffen,
^nftitutionen einzuführen, welche genau ber militairifdt)en Organifation naä>
gebilbet ftnb, unb föed&tSfäfce auf fte für anroenbbar ju erflären, roeld&e juerft
nur für ba« §eer gegeben finb. ©« erfdjeinen bie einjelfiaaten roop befugt,
bie fianbgenbarmen, bie ^oli^eimannfdjaften, bie ^euerroejjrforoä unb bcrgl. in
SBejug auf ©int^eilung, Formation unb AuSrüfluna in oöllig gleicher ©eife, roie
bie ^truppentörper, ju organiftren, audj bie für oa« 9)itlitatr gegebenen rei*3*
gefefeli^en $ltd)&* unb $erroaltung3oorfd)riften auf fte burd^ ßanbeSgefe^ für
anroenbbar ju erflären, roie bie« tyatfäddlid) nid^t blo« in ^reufeen, fonbern aud^
in anberen Staaten, j. in Saben unb Reffen, gefdje^en ifi. Ala ©runbfafc ifl
jeboo^ feftju^alten, ba§ biefe 93ett)ätiguna ber Autonomie ber 6in§elftaaten nie*
mal« in einen Söiberfpru* Ttd^ feften barf mit einem SReid&ägefefce. ©a nun
bie (Eioil* unb Straf '^roje^Orbnung Reic^ägcfefee ftnb, fo fdnnen aud^ bie in
üjncn enthaltenen S3orfd^rtftett tttd^t uulifürlut abgeänbert roerben, foroeit bie
fön^elftaaten ntdjt burd) bie @infübrung«gefe|e ober fonft oom 3teid)e baju aud*
brüeflid) ermächtigt ftnb. 5ßon biefem ©efidjtiSpunfte au8 erfo^eint e« aud) nid)t
fiatt^aft, etwa bie ©enbarmen unter Anerfennung ber Ridjtigfeit ber Anficht,
bafe fte nio)t bem aftioen jgeere angehören, auf lanbeägefefcUd&em ©ege ben*
l ) @taat«te(%t HL ®. 7.
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qjxx yttircprctanon oe» §. w. ott s&t. v ro 5- Sa
jemgen ^erfonen anjureihen, auf welche bic ©efttmmungen bet §§. 48. unb 69.
ber St. $ro$. 0. unb §§. 343. unb 355 bcr Gioil^roj. D. Slnwenbung finben
foflcn. S)ie gebauten ©efefceSbeftimmungen enthalten 2lu8nahmen oon ben
fonfi gcltenbcn allgemeinen &orfd)riften unb ber allgemeinen Unterwerfung bet
(Staatsbürger unter bie richterliche Huidjt Innfidntiri) ber Reugnifepflicht unb be3
3eugnifc|wange$. 5Denn eä mufe bie £abung einer bem aftioen öeere ober ber
atttoen ÜWarine angehörenben Sßerfon be8 ©olbatenftanbeS burc? ©rfucfcen ber
TOttairbehörbe, nicht burdt) ba$ ritterliche $oUftrecfung8oraan, ben ©erichtS-
üolljielicr , gefct)et)en, unb bann erfolgt bie geftfe&unq unb SMftrecfung ber wegen
unberechtigter SBerweigerung be£ 3 eu 0 n ^ e3 ä u oerijängenben ©trafen burch baä
3Jitlitairgericht, nidt>t burch ben amtirenben Gtoilridbter. 2)ie Äompetem beä
leiteten bei ben hier in Siebe ftehenben fünften ifi alfo reidjSgefefclid) empfiublidt)
eingefchränft, fein 3lrm allein reicht jur SBahrung ber richterlichen Autorität bei
SBerlefcung ber 3eugenpfud)ten aUJ ^ un jj et ^ n ^ t befugt, für biefe 93er*
legung bie SRechusfühne unmittelbar herbeizuführen, ©leichgültig ifl es, ob biefe
oon bem gemeinen $rojeferechte abmeichenben 2lu8nahmeoorfchrtften ju Ungunften
ober ju ©unften ber 9JJilitairperfonen gegeben finb; eine SluSbehnung berfelbcn
auf anbere nicht bem aftioen Speere angehörenben ^ßerfonen mürbe jebenfall«
eine unjuläfftge Slbanberung reichSgef etlicher Seftimmungen burd) bie SanbeS*
gefefcgebung enthalten.
hiernach glaube ich mich Dahin refumiren ju foUen:
1. bie ^rage, welche ^erfonen be« ©olbatenftanbe« jum attioen §eere
gehören, ifl jefct allein burch §. 38. be$ 3MlitairgefefceS oom 2. 2ßai 1874
ju beantworten;
2. in biefem ©efefce finb in abfchliefeenber SBeife biejenigen Mttairperfonen
aufgeführt, welche bem aftioen #eere angehören;
3. bie ©enbarmen finb nicht aufgeführt, gehören folglich auch nicht bem
aftioen §eere an;
4. e$ giebt feine ^reufcifche 2lrmee in bem (Sinne, ba§ ftc nicht oöHig
ibentifch märe mit bem bem 5)eutf<hen §eere angehörigen $reufjif<hen
Äontingente;
5. bie für bie ^erfonen be$ aftioen #eere3 in ben töeict)Sgefefcen enthaltenen
SluSnahmebeftimmungen bürfen auf anbere ^erfonen nicht auSgebelmt
ro erben.
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$\t MMU>m$ iier preuftifdien Hefewtrtare bei ber
Stoatöonmaltfdjaft. 1 )
Von iperrn 2öa#ler, ©rftem 6taat«awoalt am fianbgeridjt Berlin II.
Duellen: ©efeft übet bie jurifttfdjen Prüfungen uitb bie Vorbereitung sum
tytyeren Suftfsbicnft o. 6. 2Hai 1869 (®. 6. @. 656).
©erid)t«üerfaifung«gefe& t>. 27. San. 1877 (31. @. 81 6. 41) §. 2.
Siuäfü&runaSgefeb jum $>eutf$en ®eria)t«üerfaffung«ge[efe ». 24. 2Jprit
1878 (©. 6. 6. 230) §§. 1. 2. 63.
9tegulatü> ». 22. 2lua. 1879 ju beut @efe|e über bie juriftifctyen
Prüfungen unb Die Vorbereitung «rat höheren Suftijbienfte
o. 6. 9)?ai 1869 3K. VI. 6. 246).
TOtljeilung, bie grofee 6taat«prüfung betreffen^ n. 26. gebr. 1880
(3. 3H. 81. 6. 42).
21. V. n. 20. SWara 1880, betr. bie Vorbereitung sunt fcö&eren ^ufty»
bienfle (& 2«. 81. 6. 56).
L
S)o« ©efefc n. 6. 2M 1869 (@. ©. <5. 656) über bie jurifh'fa)en Prüfungen
unb bie Vorbereitung jum böseren ^uftijbtenfle befhmmt, bafe bie ^eferenborien
roäfnrenb ber einjährigen Vorbereitung«$eit im praftifdjeu 2)ienft aud) bei ber
6taatäanroaltf<$aft $u bef duftigen ftnb (§. 7.). S5ie Vefdmftigung ift fo einui'
richten unb ju leiten, bafj bie iHeferenbarten fta) in fämmtlietjen @efä)äft«ätt)eigen
be« ftaat«ann)altlid&en $>ienfte« eine fol$e (5infi$t unb praftifdje ©eroanbttyeit
erwerben, wie fie jur felbftftänbigen Verwaltung be« 2lmte« eine« Staatsanwälte«
etforberliaj ift. (§. 8.)
2)a« ju jenem ©efefe ergangene 9tegulatio t>. 6. S)ej. 1875 befttmmte im
§. 21., bafe ber Vorberettung«btenft ber SReferenbare bei ben ©eriefcten erfter
') 3« tan Mit bem 8anbgeri<$t8-$räfibenten e>$aptx in 8iegnnj: „Ueber bie Slug*
bilbuna ber Weferenbare*, ht (Skucbot'S «rd)h> ©t>. 24. @. 629 t>eröff<ntlt<fitcn Äuffa& ift bie
«cfdtäftt^ung ber ftefettnbaie bei bet @taat«ann>aUf<6aft unb We$t$ann>aUfcbajt au$gefd>loffcn.
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I
178 $M «usbitbung ber ^reufjifdjen SRcfeteiibarc bei bet <gtaat8<mu>aUf<$aft.
Snftanj in ben alten ^roninjen einen 3cttraum oon minbeften« 2 fahren
umf äffen foffe.
demgemäß mürben bie 9leferenbare in ben oerfchiebenen Oberlanbe«*
crid^tiSbcjitfen auf 2 bis böcbften« 3 Monate ber 6taat£anroaltfchaft jut 2luö*
ilbung überrotefen. liefet 3cttraum mar ferjon unter bet <perrfcbaft be« alten
s ^rojefered)t^ oicl §u furj, um bie jungen 3»flij^amten in ba« materielle unb
formelle ©trafreebt einzuführen unb ihnen bie oerantroortliche «Stellung be«
©taabSanroalt« jum iBcroufetfein ju bringen. Glicht bie Prüfung be« Sachmateriat«,
bie Fertigung ber Hnflage unb bie (Stnftellung bc$ Verfahren« an ftd^ bilben
bie ©ebroiertgfett be« ftaat«antüaltlicben Verufe«, fonbern bie Objeftuntät unb
ber ©erecbtigfetfcSftnn — wenn id) mid) fo au«brücfen barf — , ber jeben (Schritt,
jebe Verfügung bifriren muß. 35er Staatsanwalt muß fich in jebem Slugenbltcl
ber großen Verantroortlicbfeit beroußt fein, beren alleiniger Präger er ift, be«
Unheils, ba« er bind) eine unbegründete i'lnflage ober Unterfudmng anrieten
tann, unb be« Schaben«, melden er bem allgemeinen $ed)t«bettmßtfein jufügt,
inbem er in einem $aUe auflagt, in bem anberen analogen ftalle etnftellt, eine
3)töglicbfeit, melier jefct einigermaßen burdj bie §§. 152. al. 2. unb 170. ber
6t. $roä. D. Dorgebeugt ift.
Unter ber ^errfdjaft ber neuen €>trafpro3eßorbnung mürbe jener 2 biB
3monatlicbe UeberroeifungS^tooum abfolut unjureicbenb geroefen fein, jumal
ju ber ffenntniß unb llebung be* neuen 8trafpro*eßrecbtS, roenigften« in ben
alten ^rooin^en, ba« ©efängnißroefen unb bie ©trafoollftrecfung einfcbließlich ber
©nabenfachen, bie 2luf ficht über bie äfmtöanmalte, bie ÜJfttroirfuna, in Grnt*
münbtgung«fachen unb bie SufttaoerroaltungSgefefee fpäter al« Slurgaben ber
jtaatöanroaltlicfjen 2§ätigfeit hinzugetreten fmb.
S)a3 neuefte S^egulatio be« £errn Suftijminiftcr« o. 22. 2tug. 1879
(3. 9». Vt 6. 246) beftimmte jeboch im §. 20. nur, baß ber JReferenbar mährenb
eineä Zeitraum« oon minbeften« anberihalb fahren bei einem Sanbgericbt ein»
fcbließlidj ber 6taat«ann>altfchaft ui bef<|aftigen ift, unb ermächtigte im
§. 21. bie ^räftbenten ber Dberlanbe«gerichte, unter befonberen Umftänben bie
gleichseitige Vefchäftigung be« Sieferenbar« in mehreren 3roeigen be« Vorbereitung«*
Sienfted ju geftatten.
#ene Vefttmmung mar unjureichenb, ba ein gleichmäßiger 3«traum ber
33efcf)äftigung für bie ©taatSamoaltfcbaft nicht fipirt mar.
tiefem Uebelftanbe hat bie Allgemeine Verfügung o. 20. SRärj 1880
(3. SR. VI. 6. 56) abgeholfen, inbem fte sub I. beftimmt:
„$er im §. 20. für bie Vefcbäftigung ber Stefcrenbare bei einem
£anbgericht einfchlicßlicb ber Staat«anroaltfcbaft beftimmte Zeitraum
oon minbeften« anbcrthalb 3«h ren wirb ÖU f ben 3 c ^ aum öon
minbeften« fünfzehn Monaten oerfürjt. Die Vefd)äftigung bei
ber Staat«anroaltf<haft muß minbeften« eine S)auer oon
6üJtonatenumfaffen. Ob unb inroieroeit mährenb eine* %i)tik&
biefer Seit eine gleicbjeittge Vefcbäftigung bei bem fianbgericht ftatt*
finben fann, bleibt bem gemeinfehaftlichen ©rmeffen tt& ^räfibenten
be« Sanbgericht« unb be5 drften StaatSanroaltÄ oorbehalten."
Von biefem Steferuatrecbt, bcu8 jroeclmäfeig — entgegen bem §. 21. beS
^tegul. oom 22. 2lug. 1879 — ben VorftanbSbeamten ber l'anbgerichte übertragen
morben ift, wirb nur au^nahmgioeife unter befonberen Umftänben im ^intereffe
ber Sieferenöare ©ebrauch gemacht werben tonnen. Vei einer befchäftigten
6taatganroalt|a)aft ift ba« 2lrbeit$r>enfum ber s Jlciercnbarien, fall« nicht eine
UcberfüUung eintritt, fo groß, baß fte baneben eine anbere Shätigfett nicht über*
nehmen fönnen. S)ie görberlichfett eine« berartigen S)uali«mu« ift auch für
ihre 2lu«bilbung ju beämeifeln.
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2)ie StoSbilbung b« ^reufjifö«n fflefercttbart bei b« <Staat8an»aUfd>oft 179
3n g?rage bürfte überhaupt nur eine Sefchäftigung in (Stoilfachen fommen,
bie aber für bie ©tfcung«tage ber Gioilfammern ben SReferenbar ganj ben
laufenben ©efdjäften ber ©taat«aniualtfcbaft entheben mürbe.
©ine ajeidHettige Vcfchäfttguna. bei bem Unterfu<hung«rid)ter ober ber
©traffammer be« Sanbgericbt« ^alte idt) für unjuträglidt) unb unjuläffig, ba ber
9teferenbar nid^t gleichzeitig al« ^nquirent, Mläger unb befcbliefeenber ober er*
(ennenber Siebter* fungiren unb urteilen fann, ohne an feiner Dbjefttoität nach
ber einen ober anberen Dichtung hin ©chiffbruch ju leiben.
2.
Sie (Sintbeiluna be« 6monatlichen VorbereUung«btenfle« bei ber Staat«*
anroaltfdjaft ^alte ich tn folgenber Söeife für smedmäfeig:
a. Ueberroeifung an einen ©ecernenten bebuf« 2lu«bilbung in allen ftoetgen
ber bisherigen ftaat«ann>altlichen ^ätigfeit unb ber ©traföoüftrecrung
auf 4 SDionate.
Uebung im praftifchen $ienft be« ©efretariat«.
b. SluÄbilbung unter bem ©rflen ©taatöanroalt in ^uftiaoermaltungöfa^en
auf 2 9Jlonate.
Uebung in fdnHftUdjen Arbeiten,
liebung im praltifd^en 2)ienfl be« 9tecbnung«büreau«.
Ober, unb biefer SJtobu« bürfte bei fleineren ©taatöanroaltfchaften oorjujiehen fein:
SBefdjäftigung roie ad a burdt) 6 lUonate,
b an eben 3nfchretbung einjelner 93ermaltung«fachen unb Uebung
in fdjriftlicben Arbeiten,
1 3Jtonat ©efretariat,
1 3Wonat 9leoifion«büreau.
Ueber bie SIrt ber Sefchäftigung ber 9teferenbare laffen fid^, aufjer ben
§§. 15—17. be« SRegul. u. 22. 9lug. 1879, allgemeine «Regeln nid^t aufhellen,
um fo meniger, al« bie ^nbioibualitäten ju berüeffiebtigen ftnb. S)er Sine lernt
fpielenb, toa« bem Slnberen aufeerorbentlich ferner fällt.
ftefoulwlten ftnb al« allgemeine @efid)tSpunfte:
a. fiefung reponirter unb furrenter Sitten,
b. ©tubium ber ©efefcgebung unb U>ertt>altung«oorf Triften,
c. SluSbilbung im mündlichen Vortrage,
d. 2lu3bilbung in febriftlichen Arbeiten.
Ad a. aKan erlangt fnerbureb bie erforberltche Äenntnife ber $orm unb
be« ©efcbäft«gange«, lernt bie 2famcnbung ber geglichen iUorfdjriften unb er*
fieljt formen für ähnliche ^älle, foroie SBorbilber für eigene Arbeiten.
Ad b. S)ie praftifebe 2lu«bUbung mufj mit ber tbeorettfebett fiet« öanb
in £anb geben. (£« ift beafjalb grünblicbe« ©tubium ber Xljeorie be« ®eutf<hen
©trofreebt« unb ©trafpro$effe« notbmenbig unb mit ber praftifchen Sefcbäfttgung
ju oerbinben.
©ne ßenntnif? ber in golge ber Drgantfatton erlaffenen ÜHinifterial*
Verfügungen, ©efchäfterStaroeifungen unb ^nftruftionen ift babei unerläßlich-
Ad c. Um ad b. prüfen m fönnen, bient ber münblicbe Vortrag al«
SRitteL Kit ben Vortrag be« 9tefcrenbar« über ba« tljatfäcblicbe aJtatertal bc«
©injelfalle« reibt fid) unter ber Leitung be« Secementen bie Vefprecbung ber
rechtlichen Veurtbeilung unb bie Vebanblung be« $alle«. (Sine getreue unb flare
£arftellung be« ©achoerr)ältniffe«, eine gehörige Vegrünbung ber oorjufcblagenben
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180 ZXe »uSbitfeunfl fcet ^rcu&ifc&eit töefertnbare bei t>er 6taat8an»altfd>aft.
i
Verfügung, eine fafelid&e Slenberung, gute ©prache unb angemeffene« benehmen
wirb jjierbei in'« Sluge ju f offen fein.
(Sin ^piatbiren unter ber 2luffid(>t be« ©taafcSanroalt« in ©traffammer*
ober ©d)öffenit$ungen roirb am 3djluf? ber 2lu«btlbung«jeit flattfinben tönnen.
Ad d. UWan begegnet häufig in ber Sßrart« ber auch oon mir geseilten
2luffaffung, bafe bie jungen Suftijbcamten fett ber ftbfchaffung ber früheren gnetten
Prüfung (SReferenbariat« * (Ironien) nicht beffer geroorben finb. 3)iefelbe bilbete
einen 21bfcbnitt in ber praftifeben 2lu«bitbung, überliefe nicht Alle« ber Initiative
be« 9lcferenbar«, fonbern »erlangte ein erneute« ©tuoium ber X^eorie unb eine
gcrotffc praftifche ©eroanbtljeit, bie fieb fpäter bei bem Steferenbar im ©egenfafc
ju bem 2lu«fultator nerroerthen liefe. (Stroaige fonftige ©djroächen mürben
roährenb ber 3*1* ° C) S unbefolbeten 2lffeffortburoi geseilt.
©egenroärtig mitb ber ©ericht«*2lffeffor aläbalb mit frohem ©ehalt an-
geftellt unb fmt al« 2lmt«richter einen Stücfhalt an einem Äoüegtum nid^t mehr.
Unb auet) ber junge 9teferenbar fommt fi$ trofc uerminberter Äenntniffc
bebeutenb gröfeer al« früher cor.
(£« roirb bte Aufgabe ber ^irari« fein, ihm feine ©chroächen ad oculos
$u bemonftriren. (Sine berfelben finb bie fdjriftlidjen Arbeiten.
J^n bem ^Bericht be« Sßröfibenten ber ^uftij Prüfung« *Äommiffüm an
ben Suftijmtntfter o. 10. gebr. 1880 81. 6. 42) unb in ber Allgemeinen
Verfügung be« Scheren o. 20. SJcarj 1880 (a. a. D. ©. 5G) ift biefelbe au«*
brüeflich l;croorgeIroben, in ber lefcteren aber sub III. beftimmt:
„$er 2lu«bilbung ber SKeferenbare in fä)riftlichen Arbeiten ift bie
mögltchfte (Sorgfalt sujuroenben. $u oiefem ßroeefe finb bei ber r>er<
minberten Sebeutung ber ©chriftltehfeit im ^rojeffe bie anberen bei
ben ©ertöten unb bie bei ber ©taatSanroaltfcbaft »orfommenben
©efchäfte jur Schulung ber 9teferenbare in fchüftUchcn Abarbeitungen
mehr al« bi«her gefchefjen nufcbar ju machen."
Waä) TV. berfelben Verfügung f)at ber Steferenbar fed)S ber oon il;m
roährenb be« $orbereitung«btenfte« beim 2anbgericf)t, bei ber ©taat«anroaltfchaft
ober beim Oberlanbe«gericht angefertigten fchriftltdjen Arbeiten au«suroä'hlen unb
3u ben S)ienftafteu (Anlageheft) einzureichen.
S)er Arbeit ift eine Aeufeerung be« betreffenben ©eridjtSmitgliebeS ober
©taat«anroalte« über bie praftifche Sßerroenbbarfeit beizufügen unb babei in«be*
fonbere ju bemerten, ob bie tlmtfächlichen ^ertjältntffe richtig unb oottfitänbtg
angegeben finb.
Sei ber ©taatSanroaltfdmft roirb ftdj ^infort ju berartigen fd&riftlid&en
2lrbeiten, aufeer gröfeeren Anflogen, in ben l)ö^eren Drt« erforberten ©utacljten,
ben Berichten in ©naben*, ©trafau«fet}ung«*, ©trafumroanblung«fachen unb
$echt«mtttelfchriften au«reid)cnbe ©clegeuheit barbteten. 3lufecrbem pflege ict)
je 2 ober 3 Stefcrenbarten intereffantc Streitfragen au« ber ^ufttjucrroaltung
unb bem ©trafprojeferechte jur Bearbeitung innerhalb 4 s Jöo^en aufjugeben
unb bie Arbeiten al«bann mit meiner Sleufeerung bei ben Beamten ber ©taat«*
anroaltfa^aft unb ben 9tcfercnbarien circuliren ju laffen. 2)ie Arbeiten felbft
oereintgen ftd^ ju einem 2lntagebanbc ber ©encralaften betreffenb bie 9teferenbarien.
211« 2:^emata ^abe idfj beifpiel«roeife gegeben:
öebarf e« einer Aufteilung be« entmünbtgung«befd^luffe« an ben
(Sntmünbigten?
2Kufe jebe eibe«ftattli(^e $erft<^crung f fpcciell bei Einleitung einer
2lbmintftrauon, oor einem richterlichen Beamten erfolgen?
©inb unter ben öffentlichen Beamten im §. 14. ber ©ebüf)ren<0.
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Die «uäbittmna bet ^reu&i|<$en Weferenbate bei ber Staatdamraltfcfeaft. X81
o. 30. 3um 1878 nur unmittelbare Staatsbeamte ober auch mittel*
bare, Äommunalbeamte :c. ju ocrflehen unb finbet auch auf biefe
legteren Dag ©. o. 24. s JÜfär$ 1873 Anmenbung?
3ft eine ßeichenbeftchtigung burdj ben Amtsrichter ofme 3 u 3» e ^ un 9
eine« *)3rotofollrür)rerS juläifig?
Jöebarf unb inwieweit ber Antrag auf Sorunterfudjung gemäjj
§. 177 6t $ro$. 0. einer Speäalifirung?
2Bte regelt fich baS Verbältnife beS erften Staatsanwalts als
©efängniBoorfteberS unD beS UntcrfuchungöriduerS bezüglich ber SDiÄ*
eiplin (DtSdplinarftrafcn, ^eiuaje, JÖttefe, Untcrrebungen, 9teoi|ion
beS ©efängniffcs jc.) nach ber neuen Sirafpiojefcorbnung?
©ebören auch 3ufteüungen ju ben ^ec^tSt)ülfe)ac^en -ber Staats*
anmalt! '^aft?
3ft ber erfuchte Staatsanwalt gemäfe § 164. ©eridjtSoerfaffungS-
gcfefceS befugt unb oerpflichtet, eine iöcidjcinigung über bie frucbtlofe
3wangSooUftrecfung wegen ber principalen ©elbftrafe ju »erlangen?
3n welchem VerhältniB ftel)t ber erfte Staatsanwalt $u bem
©erictytSooUäieljermcfcn ?
Äann bei ©cftänbnife beS angesagten nach ber Strafprojefcorbnung
bie Aburtelung ohne Verbtft ber ©efajworcnen erfolgen?
Sebingt ber §. 128. <5t. $ro$. O. auch bann, wenn burch ben
Staatsanwalt Die Verhaftung beS polizeilich ^eingenommenen bei bem
juftänbigcn Amtsrichter beantragt wirb, bie Vorführung an ben
Amtsrichter beS VejirfS, in welchem bie geftnatjme erfolgt iß, unb
bis bat)in bie Ablehnung jenes Antrages, mit befonberer f>tiidfic^t
auf «erlin?
inwieweit ftellt fidt) ber ftorftbie&flajjl im Sinne beS ©efefceS oom
15. April 1878 als Vergeben bar unb bebarf ber Eintragung in baS
S3erjeic^nife ber beftraften üßerfonen?
©ewirft bie angeorbneten fommiffarifchen 3 eu 9 enocrnc ^ mun 9 cn
gemäß §. 222. St. ;jjro$. D. baS ©cricht ober ber Staatsanwalt?
2Birb ein auch in Abmefenheit beS Angeflogten erlaffeneS unb
uertünbetcS ©rfenntnife, gegen welkes ein weiteres Rechtsmittel
nicht fkttlmft ift, mit ber Verfünbigung rcchtSfräftig unb ooUftrecf bar ?
3n welchen gälten fennt bie Strafproje&orbnung ein ßontumacial*
perfahren?
SMe Auswahl ber S^ntata wirb mit ber AuSbilbung ber Referenbare in
Straf«» unb ^uftiperwaltungSfachen §anb in $anb gehen. (SS gilt bezüglich ber
lederen weniger in baS tägliche Secernat, als in ben Umfang unb bie 23e=>
beutung ber Suftijoerwaltung etnjuweihett VcfonberS inftruftio nach biefet
Richtung wirb fich baS AuffichtS«2)ercernat über bie AmtSanwalte einfchlie&lich
ber Remfionen unb baS ©efängmfemefen erweifen. Auch bie RechtShülfefachen
bieten nur $u oiel Stoff ju cruces unb rationes dubitandi.
3.
3<f> möd)te noch mit einem SBorte auf bie ©efdjäftigung ber Referenbate
im SBüreaubienft unb im ReotfionSbüreau hittweifen.
Ueber beibe finb cor Ausheilung beS VefchäftigungSjeugniffeS Special*
attefte beizubringen.
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132 ® ic Knttttbmig ^reußtf^en Weferenfcare bei ber ©taatSanwaUfc^aft.
$>atum unb SHenft ift fett bcm 1. Oft. 1879 überhaupt unb für bcn
Vorbereitungäbienft Der ifteferenbarc inäbefonbere um fo erheblicher geworben,
als bie Slurbewabruna, ber ©trafprojefjaften regelmäßig im ©etretariat erfolgt.
3n ben ©ertchtSfchretbereten be* UnterüicbungSrichterS unb ber ©traffammer
befinben fie fieb nur oorübergebenb. $)a übcrbieS auch in (Sioilfachen bie .
2lften eine oerminbertc ©ebeutung haben, fo ift recht eigentlich bic ©taat&»
anwaltfchaft geeignet, wäfjrenb ber VefchäftigungSjcit am fcanbgericht ben Vüreau*
bienft fennen ju lernen.
©ine auSretchenbe Äenntnifj beffelben, ber ©inridjtung unb Siften, Hebung
im ©rpebiren, Aufnahme oon ©efudjen innerhalb be£ ©eicbäftSfretfeS ber Staats*
anroaltfehaft, geftftellung ber Vorftrafen, Aneignung ber nötigen ©efd)ictUchfett
in ber ©efchäftsfübrung finb für ben angehenben ^uftijbeamten unentbehrlich-
9cur berjentge fann ein tüchtiger ftuftijoerwaltungSbeamter werben, ber ben
fogenannten tleinen $icnft, bcn *JJ/ecbani£mu£ De£ geiammten 3uftij*©ubaltern*
bienfteS einfchltefelicb bcr Ueberwadjung De« $anäleiwefen£, grünblich fennt.
3Jlit bcr Uebung beS ©efretariatSDienfteS, bes8 3 u ft eUun !^" ,c fcn^ ber
0teniftrirung unb £ebung ber ©trafen unb Soften, beS VerfebrS mit ben
©erichtSoolftiebern ift eine genaue durchficht ber ©eicbäftSorDnung für bie
©etretarinte ber Staatsanwalt] duften bei Den fianbgerichten o. 2. Sluguft 1879
(SInlage III. jum 3. 9R. VI. SRv. 32 oon 1879), bie Vorfchriften über Da« 3u*
ftelluugSroefen unb ber ©erichtßooÜjieberorDnung 0. 14. 3uli 1879 (Slnlage jum
9Ji- VI. 9U. 30 oon 1879) nebft ©efcbäftSanweifung für bie ©erichü&oolljteber
0. 24. $uli 1879 (Slnlage mm ü)c. VI. Ste. 31 oon 1879) ju oerbinben.
©anj neu geftaltet lieh bie Vefd)äfti t mng Der fteferenbare im Sfteoifionö*
büreau. 3 um tyzÜ ro * r0 biefclbe mit berjenigen in ^uftijoerwältungSfadjen
burch ben (Srftcn Staatsanwalt forrefponDiren, Da 3. V. bie Stufftellung DeS
jährlichen VauetatS, Die gonDSoerwaltung, DaS flautionS*, Haffen* unD 2lffcroatio*
roefen Durch ben s Jtechnungöreoifor oorbearbeitet loirD.
^m Uebrigen wirD es bei ber ©a)wierigfeit bcr SJtaterie genügen, wenn
ber Üteferenbar einen allgemeinen (£inblidf in bie ©cfcbäftStbätigfeit beS StechnungS»
reoiforS, namentlich in Die bezüglich beS ©ericfySfoftenanfaljeS, ber §ebung ber
Äoften unb ©elbftrafen unb ber Ausgaben ber Ämtö- unb fianbgertchte ju
siebenben Erinnerungen etnfchliefelich ber (Srlebigung berfclben, femer tn bie
Betreibung oon Vefibwerben, bie 9tcotfion bcr ©eridusfehreibereien unb ©elre*
tariate, fotoie Der ©erichtSoolljieber gewinnt.
©d)ltefeltch möge mir noch eine Vemerfung geftattet fein.
$er §. 18. Des 9tegul. 0. 22. 2lug. 1879 enthält fonform bem §. 19. De«
Sfteaul. 0. 6. ®c$ 1875 bie Veftimmung, bafj ftefereubare nach 3ftafegabe Der
beftehenben gefe glichen Vorfchriften mit ber Vertretung eine« ©taatS*
anwaltS beauftragt werben tonnen.
Waü) Dem § 8. De«. ®. 0. C. Sßlai 1869 ift eine folche Vertretung un>
juläffig. §. 2. beS SluSführungSgefefceS jum $)eutfd)en ©eriduSoerfaffungSgcfctj
0. 24. 9lpril 1878 ftatuirt fie nicht, unD §. 67. beffelben oerbietet fie gcrabeju.
Tie Tragweite beS §. 18. cit. wirb fid) baljer — abgefeben oon bem
JaU be« §. 66. (oorübergehenbe Vertretung) — auf Die Uebertragung ber ©c
|d;äfte be8 Slmt«anmalteS burch ben 3ufti5winiftcr an einen tKefercnbar be*
fehränfen (§. 63. SluSf. ©. 0. 24. Slpril 1878).
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W\t ScIjatiiHuttg btz |totljflandc0 unb btibefonftm
Die JJerfdjulüuna in ierbetfüljrimö öeflTelbeiu
S5on £errn Dr. K. ©ob ju SDürtyeim.
3)er 9totf)ftcmb gehört ju benjenigen ÜWaterien, in roeldjen bic Straf*
red)t£roifienfd)art unb bic $ßlulofopl)ie nad) ^a^r^unbcttc langem 5°rfa)en feine
SHefultate, fonbern eine üteibe oon ßomrooerfen ju oerjeidmen haben. $>urd)
biefen Streit ber $&eorie ift bie legiölatioc -bebanblung be£ 9iot^ftanbeS er*
fd)ioert, unb treten un£ oon SaimuD 1. Perachim zö. b. unb ben SBeftimmungen
beö corpus juris an biß ju unierer neueften ftrafred)tlict>eri Äobififaiion, bem
©trafgefe&bua) für ba$ $)eutfd)e 9teid), bie oerföiebenartigften gefe&lid)en SBe*
flimmungen entgegen. $m ftolqenben fei e$ qeftattet, einen 45crfuc§ ber 33 e*
Ijanblung beS 9lothftanbeS unb tnSbefonbere beS SRequtfttea „unoer fdjulbet"
ju geben.
I. $)er 9totl)ftanb ift ber 3uftanb, in meinem bie SJerlefeung
ber $ed)te anberer bie $orau3fe$ung für bie (Srtjaltung ber
eigenen ift.
1. Sin föedjt ju fol^er Skrlefcung ftcfjt nur bem bebroljten Seben unb
bem fcfctoergefährbcten \Mb ju. fiefeterem beStuilb, roetl bei fajraerer tfeibeS*
gefafjr fteta bie gortbauer ber ©riftenj überhaupt in $rage gefteüt ift. 1 ) 9lia)t
bem 9ted)te aber, fonbern ber Silligfeit entfpringt bie Straflofigfeit, roenn baS
oerlefcte Mcdn qualitativ geringer als baS jju ertmltenbe ober qualitatio gleid),
aber quantitatio geringer ober beibe qualitatio unb quantitatio gleidj finb.
2. ^rreleoant ifi ber Unterfd)ieb,*) ob ber 9iott>ftanb burd) ein SRatur*
eretgnifj ober burd] bie §anblung eines dritten herbeigeführt ift. <£S ift mithin
fein ©runb oorljanben, formell eine Trennung, wie tS bie ©efefee 8 ) getfmn,
materiell eine oerfa)iebenartige öe^anblung eintreten ju laffen.*) ©leidjgültig
1) Steffeln, feie SBefugnifie be§ StotbfianbcS unb ber 9iotbn>ebt nacb öftcrreidjifdjetn SRecbt,
©. 21.
2) ffiääter, fcanbbu* bc$ Ägl. ©ä*f. unb beS SMring. Straftest«, ©. 383; fceffter,
i»ebrbu(b beS <Strafrec&t8 §. 40.; Äriig, 3fbeen, ©. 45, Gl; ©aunteifter, ©emertungen, ©. 9 1 *,
Santa, ber ihfafredjtlitfje iKottjftanb. ©. 210, 214: «. 3JI. Qkib, Sebrfm<$ be3 Hemleben ©traf,
ret^t« 221—2^7; 2Harquarbffn, bie i'etjre »om 9tott)ftanbe im Streb, be« Crim. fflecfctä ». 1857,
© 396
3) H. @t.Q».». §§.51., 54.
4) 2>a8 tbürina. unb Ottenburg. ®. 93. »et Drohungen begrünbet febon SetbeSgefabr, bei
SRatuxereignifien erft ilebenSgefabr Wot^jtanb.
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184 »efanbtmtg beS «HotbfUmbeS unb inSbcf. Serfdjutbung in Herbeiführung beffetbert.
ifi e£ ferner, ob bie föanblung be8 dritten ein 9tft pf^d^ifc^er ober p&nftfd&er
©eroalt ift. 5 ) 9Ba3 bie fontrooerfe $rage betrifft, ob beim Angriff eines Söajjn*
finnigen 9cott)ftanb ober 9cotbroef)r gegeben fei, fo ifi §älfd)ner, 6 ) ber biefe
©cfatjr mit einer oon einem fteuer ober einem §unbe bro^enben ibenttfteirt, ni$t
bei^uftimmen, fonbern mufj ber 6d)rocrpunft auf ben objeftio redjtäroibrigen
Singriff, gegen roelcbcn StoUjroefjr geftattet ift, gelegt werben. 1 )
3. &er ^rrtbum fommt in boppelter SBeife in Betraft: a. bezüglich ber
©efet^r; b. besüglid) ber Littel jitr Rettung.
ad a. Üiegt ein ^rrt^um be$ügltcb ber ©cfatyr oor, fo feljlt ein notfj*
roenbigeä 9icquifit beS 9cotbftanbci8, gegenwärtige ©efaljr, fturebt oor einer
wahren ober oermeintlic^en ©efaljr aber fdjioädjt baS 58eurt&eilung$oermöa,en
be<8 einjelnen unb trübt ben $Uitf. ®iefe Momente bürfen beim ^frrtbum mdjt
unberüefftebtigt bleiben. (Srftredt fict) batjer ber #rrtt)um ni$t biö jur ftabr»
läffig,fcit, fo ift ber bie £anblung entfd>ulbigenbe ftaftor in gleichem ©rabe
roirf|am, roie beim rotrf liefen 9iotbftanb. 8 )
ad b. Beim 3mfpim bejüglicb ber üJiittel jur Rettung oerfjält eS ftet)
gerabe fo mie beim ^rrt^um bejüglidj ber ©efaljr. ©trena aber ift ju unter«»
treiben äwifetjen dlottjftanD unb üNotbrocbr. %n elfterem fte&t baS 3Hea)t bem
9tcd)te gegenüber, in letzterem bem Unrechte.
9liemanb fann gehalten werben, fieb einem roiberrea^tltcben Singriff burdj
bie ftludjt ju cntjieben, wot)l aber roirb ber jenige beftraft, ber im 9lot()ftanbe
bie wecbteoerletjung ber $lud)t oorjietjt; 9 ) er mad)t fo ju fachen burd) feine
ßntfdjeibuna erft bie Sage §u einer Wotljlage für fid), ber aber bte Jöegünftigung
beS §. 52. 91. 6t. ©. 53. nufy ju Ztyeii roirb. söci ber Söatjl beS StettungSmtttelS
ift ein (£rccfj möglid). 10 ) ^C5Üglia) ber Beurteilung beffelben bürfte ber oom
©rcejj ber 9totl)wcl)r bonbclnbe 2lbf. 3. beS §. 53. 9t 6t. ©. 93 ll ) Sßlafc greifen.
©3 liegt fein ©runb oor, bie (Sinwirfungen oon *3'Utd)t, Beftürjung u. f. ro. bem*
jenigen, ber in 9totl)wclvr Ijanbelt, entfc^ulbigenb ju gut fommen äu laffen, im
tfiottjftanbe aber Neroon abjufeben.
4. SöasS bie oiel oentilirte $ ra 9 c betrifft, ob nur eigene ©efaljr ober
aud) bie eines anberen unb roeffen einen 9cott)ftanb für ben $anbclnben begrünbe,
fo ift bie (sinfcfyränfung auf 2ln gehörige 11 ) ebenfo ju oerwerfen, roie bie bura)
Berufung auf bie 9Jcoral 18 ) nidjt ju rcd)tfertigcnbe SluSbelmung auf alle SDcenfdjen.
©rftcre follibirt aUerbingS mit ber gjfornl; benu eS Ijanbelt nad) §. 54. SR. 6t. ©.33.
berjenige forreft, ber einen 9Ud)tangel)örigcn mit bem $obe ringen ftefjt unb fkfj
febeut, ju feiner Rettung frcmbeS 9ted>t ju ocrlc&en. 5£)ic übergroße 2lu8befynung
tabelt treffenb ferner. 14 ) 9tid)tigcr bürfte ftolgenbe« fein: äUo ber ©efäbrbete
jus juris laedendi ^at, tbcilt bicfeÄ 9ted)t jeber dritte, ber ibm ^ilft. 6o er-
flärt fic^ aud) bie Berechtigung beS SlräteS jur Perforation. 1S ) SÖo jeboc^ anbere
5) «. ÜK. ©eib a. a. O. 6. 222: SWorquartfen ®.40O.
6) §Sl|d)ner, ^reuß. ©trafreAt II. @. 263.
7) «wita, baä Wecty ber 9lotb»el)r «©. 185, 186; SJeffeU) a. a. O. 6. 55; «üben, $anb-
bud) be« ©trafrecfitS L <&. 301; Stöftlin, ©riftem be« 3)eut(d?en Strafrec^tö @. 112.
8) Ä. W. Söcfleti), q. a. O. 6. 33; Sreibenba*, Äommentat jum ^effifdjen 6t. ®. *.
<S. 575.
9) ©reibenbad) o. a. O. €5. 531.
10) «. m. Äöftlin a. a. O. B. 119.
11) §. 53. »bf. 3. 3)ic Ueberfcbreitung ber ^otrjrocfjr ifl nid)t fhafbar, roenu ber Später
in »ej'tümuifl, gurebt ober ©Breden über bte CUrenjen ber »ertljeibigung bmauägegangen ift
12) §. 54. W. 6t ©. S.
131 tspiammter, 3)arfteUung ber frrafred)tti*cn »ebeurung beö <Kotbßanbe« &. 80.
14) SBerner, de impauitate propter lummam necewitatein proposita p. 10, 12.
15) ©canjont, Äom^enbium ber ©eburtdbätfe @. 442 ff. H. $1. 3gn. ^i'ut.wr, bie ftom«
petenj bcö ^cburtäticlfcrä über i'eben unb lob, bgt iüiiitennaier, über bie ©renicn unb 4)e»
binejungen ber 6ttajtofigteit ber Perforation; «eue« «rd)io b. (Srim. üH. VUI., 596; hagele,
de jure vitae ac neexs quod competit medico.
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©efanblung be§ 9?otbjhmbe8 unb htSbef. Skrfdjulbung in ^erbeifttbrung beffctben. 185
9tücffi<$ten bic Strafloftgfeit beS felbftfjanbelnbcn ©efäfjrbetcn oertangen, bleibt
nur bet dritte firafloS , ber su Ujm im järtlid^cn 5ßcr^äUnif|c mec&felfeitiger
Soffnungen unb Befürchtungen ftefjt. 16 ) Unter 2lnaef)örigen wirb biefcö Ber*
Ijältnijj — oft mit Unrecht — präfumttt; fonft wirb ber fonfrete ftaH entf treiben,
ob $reunbfd)aft, danfbarfett, Pietät ein folctjeS begrünben. 1 *}
5. die 9cotbroef)r ift gegen bie auf bem 9ßott)re<$te baftrenben &anblungen
unbebingt auSgefctyloffen, währenb bei ÄoUifioncn anberen (SlmrafterS ber 2tn*
gegriffene bura) gewaltfame ©elbftoertheibigung fein 9ted)t erhalten borf.
6. 2)ie unbegrünbete 2luSbefmung, welche bie Verpflichtung jum Befielen
eines s Jtot[jftanbeS gefunben, fo bafe au« ber Uebernafjme eines 2lmteS ber $mariQ
abgeleitet werbe, einen im Slmte begrünbeten s Jtotf)ftanb ju befielen, ift in tf)re
©renken jurüefgewiefen. BöHig unftattfjaft ift eS, jebe beliebige Amtspflicht fo
ju interpretiren, baß man fie unter allen tlmftänben unb um jeben $reiS er*
füllen muffe, bajj bie einem wertvollen SiedjtSgute bro^enbe ©efa^r, ja felbft
bie djoentualität beS SobeS §ur Berlefcung Oer Amtspflicht nicht ermächtige.
(SS greift bie (Erwägung $la{$, bafe ba jebe oerbotene «panblung eine Berlcfeung
einer Pflicht enthält unb bie Üebertretung beS ©ebotcS: ,,$>u foUfl nicht tobten!"
Sewife ebenfo fchwer, wenn nicht fernerer wiegt, roie bie beS ©ebotcS für ben
taffenbeamten ober ©efängnifemärter : „$u follft bie 6a)lüffel jur Äaffe ober ju
ben befangenen nicht herausgeben!" 18 ) 2)aS ©efefe fann feinen Heroismus
oerlangen. Beruht boch gerabe auf btefem ©runbfafc bie ganje eyiftenj ber
9tothftonbStheorie! SBenn cS gemiffen «ßerfonen nicht gemattet ift, ü)re Rechts*
güter auf Soften anberer m erhalten, fo fann bieS nur auf ®runb einer ereep*
tionellen Bcftimmung ber ©efejje gesehen. S)er SJcatur ber 6ad>e nach mußten
biefe Ausnahmen auf baS geringft mögliche HJtaafc befd&ränft werben unb treffen
unferer heutigen ©efefcgebung zufolge nur ben©olbaten 19 ) unb ben©eemann. 2ü )
n. Befonbere Beleuchtung oerbient bie Berfchulbung in $ erb ei*
füfjrung beS 3tothftanbeS. diejenigen fünfte, bie bisher erörtert mürben,
bilben baS ftacit ber jeweiligen Auffaffung beS ©runbdjarafterS beS juriftifdjen
Begriffes 9cothftanb. @S bifferirt bafjer bie Interpretation ber SRequiftte beS
^otbftanbSparagrap^en. 3n weniaer bireftem ßufammenhang, nicht in einem
GaufalncruS jur prin$ipieu*en Auffaffung ber SDiaterte ftefjt bie ftxaQt: 3Jc y 6
ber ^otfjftanb ein unoerf chulbeter fein? unb ift trofc oerfdnebener ©runb*
anficht eine gleichartige Beantwortung berfelben oielfadj möglich. DiichtS befto*
weniger aber oerjeichnen ST^eorie unb ^rariS bie bioergtrenbften ©rgebniffe
iljrer ^^ätigfeit. 6d(>on baS ältere ©trafredjt befunbet in feinet eyemplificirenben
2i>eife eine flar ^u 3:ag tretenbe Unfiajer^eit, bie fia) jum £f)cil in einer ber
9totMtanbStheorie gerabe $u ^>o^n fprea^enben engherjigfeit, $um X^eil in einem
d)arafteriftifa)en Schweigen äufeert. (SS bürfte bal;er angejeigt fein, bie ©efc^tä)te
beS 9tequiftteS „unoerf$ulbet" feiner heutigen 6tcllung in ber äüiffenfdjaft unb
©efe^gebung ooranjufdncfen.
1. S)ie intereffanten 3totl;ftanbSfäae im Salmub 21 ) erroä^nen bie 6a^ulb^
frage nietyt.
2. ^irn J)tömifa;en 9tedf>t oerlangt eine ©teile, bafj bie Sage eine un*
oerfc^ulbete fein muffe: 2lud>, fagt fiabeo, finbet feine Älagc ftatt, wenn ein
6d)iff burc^ bie ©ewalt beS ©turmeS auf bie 2lnfertaue eines anberen getrieben
worben ift, unb bie 6dnffSmannfdwft bic £aue gefappt ^at, falls baffelbe auf
feine anbere 3öeife als bura) baS Äappen ber Saue wieber losgemacht werben
16) S?i4t ober 3. ©. ber (SISubiger »egen feiner S^eitnabme am ®cfd)i«fe feines ©ebutbnerd.
17) SBefjelt) a. a. O. @. 32.
18) »reibenba* a. a. O. @. 536, 537.
19) mi ©t. ö. §§. 49. 63. 64-80. 84-88.
20) 23entfcbe ©eetnannSorbnung §. 32.
21) Talmud Pesachim pag. 25 b., Talmud Baba Mezia pag. 62 a.
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13(3 «^anblung bcd 9iotyjlanbc8 Unb inöbef. Serfäulburtg in fccrtttifiumiitfl beffclbtit.
fonnte. ©affelbe belogen £abeo unb ^roculuS auch auf "bie Öifchernefoe
ber 6$ift$leute gefa)ehen, fo fönne au« bcm aquilifdjen ©efe^e geftajt werben. 22 )
Welcher Strt muß ^tec bie Schulb ber Sd»ffer fein? $arf ber ©afe „in lege
Aquilia et levissiraa culpa venit" Slnwenoung finben? SBiberfpruch jur
angeführten ftet^t bie folgenbe SBeftimmung: In capitalibus criminibus a Prin-
cipibus decretum est, non nocere ei, qui adversarium corrupit: sed in his
demum, quae poenani mortis continent: nam ignoscenduni censuerunt ei, qui
sanguinem suum qualiter qualiter redemptum voluit. 25 ) SSinbicirt man ber*
felben eine über ben in Sehanblung ftel;cnben $aH ^inauÄge^enbe, eine bie
grunbfätjlia}e Sfafdwuung charafterifirenbe Tragweite, 24 ) fo folgt au« it)r ein
doppeltes : ba« bebrohte fieben Ijalt ftdj im 9tothftanbe frraffret unb bie &er*
fchulbung alterirt bie ftrafrea)tlid)e ^Beurteilung nicht $ie Ungleichheit beiber
©teilen liegt auf ber §anb! derjenige, melier ftc| burch ein crimen capitale
in einen 9totf)ftanb be« £eben« oerfe&t, genießt bei feiner Rettung bie ©e*
günftigung feiner Sage, ber ©djiffer bagegen wirb geftraft, wenn ilm eine ©djulb
betrifft. 6oll heraus ein prinzipieller ©tanbpunft be« 9iömifa)en 9iedt)td eruirt
werben, fo mürbe fia) ber äüiberfprud) löfen unb fidj ergeben, baß ein oer*
fdjulbeter 9iothftanb ber ©traflofigfeit weniger Einbuße t^ut beim
gcfä&rbeten geben, al« bei ©efährbung anberer (Mter, *. 8. be«
Üigenthum«, ober baß bie SBerfchulbung weniger bei ©efährbung
eine« höheren aU eine« nieberen ®ute« in Betracht fommt. ©inen
weiteren (Schluß geftattet non beiben 6teUen bie erfte. ©in 6a)iff wirb fchwerlidj
mit Wicht auf bie Snfertaue eine« anberen getrieben; elementare (Sreigniffe
ober $ahrläffigfeit be« ©teuermann« werben bie 6df>ulb hieran g,ewöhnlid) tragen.
2öenn nun fcgon biefe culpa be« Steuermann« ber ©traflofigfett im SBege ftebt,
fo folgt barau«, baß ein bolo« herbeigeführter ÜRottyßanb im föömifdjen
5tea)t ebenfo wenig ein wahrer war wie heute.
3. $>ie libri poenitentiales entpalten bie intereffante SJeftimmung, 25 )
baß bie Söbtung im 9iothftonb ben Glertfcr nicht irregulär macht, währenb
fonft nicht nur bie Üöbtung, fonbern jebe 2Jtitmirfung in ber aller mittelbarften
Söetfe, j. 33. al« 3 cu Ö e ben defectus perfectae lenitatis, mit ftch bringt. ©in
nothwenbige« ©rforberniß hiegu ^ 0flj8 fehlen iebweber SBcr fchulbung —
„si aliqua culpa non fuit," wobei gerabe ba« beigefügte aliqua, benn man hätte
ja einfacher „si culpa non fuit" fagen tönnen, ba« 2ltom einer SBerfdmlbung
au«fd)lteßt. 2)ie« fann jeboch nur auf ben einzelnen befajränft werben,
unb wirb nicht minber bann ein wahrer 9tothftanb oorliegen, wenn etwa« culpa,
beren $öhe fid) nicht beftimmen läßt, unterläuft. @o wirb gewiß ber nicht
ftrafbar gewefen fein, ben naa) Skrgeubung feine« Vermögen« ber junger ju
efeln ©peifen treibt. 26 ) 2>a«- 6d)ulbmoment ber Sergeubung änbert ben
wahren s Jiothftanb«a)Qrafter nicht.
4. 3m fanonifchen fechte ift nirgenb« ba« üJrincip au«gefprochcn,
baß bie Sage eine unoerfchulbete fein muffe, unb wirb untere« 2Biffen« ber culpa
nur einmal gebaut : c. 4. X. de reg. jur. 5, 41. Quod non est licitum in
221 L 29. §. 3. D. ad leg. AquiL 9, 2.
23) 1. 1. D. de bon. eor. qui ante 48, 21.
24) fjanta, a. a. O. @. 44.
_ 25) Poenit Civitatense CXLVII Item si clericiu homicidium voluntaric fecerit, debet
depon i ab ordine et beneficio et VII annis peoitere. Et casualis homicida VanniB, n tarnen
aliqua culpa praercsserit Sed si bomicidium fuerit necessarium , Tel aliter evadere non potuit
et si culpa aliqua non fuit, non est irregularis.
26) Qui manducat carnem immundam aut morticinam diUaceratam a bestiis XL dies
poeniteat. 8ic enim neecssitas cogit famis, non nocet, quodiam aliud est legitimum, aliud quod
nocesaita« cogit.
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©e&anbümg b<§ 9tott)ftanbe§ unb ittSbef. Skrfcfmtbung in ^rteifiibTimg beflctbcn. 187
lege, necessitas facit licitum. Nam et Sabbathum custodiri praeceptum est:
Maccabaei tarnen sine culpa sua in Sabbatho pugnabant; sie et hodie si quis
jejundura fregerit aegrotus reus voti non habetur, ©erabe bie Sßerbinbung be£
„sine culpa" mit bem rücfbalt&ofen principe be3 t>orf)ergel)enben „quod non
est," ber flare ©d&lufj, ba| ber Äampf am Sabbatb beatwlb ni$t ftrafbar,
weil er unoerfäjulbet geroefen, foroie bie tenbenjiöfe Einengung ber &ef)re non
6 cito bc8 fanomfdden Stedjtä, beredjttgen jur 93ef)auptung, ban icijon ein
geringer ©rab non culpa (jinretdbte, um einen oorfommenben $au" ber
^Öcgünftigung eine« 9totyftanb3oerf)ältnif)e$ ju ent^en. 2)afj ma)t3beftomemger
ni$t jebeä ^söcrfdjulben I)ter ^lafc greift, bafc baffelbe ferner in einem oer*
nünftigen 3ufammcnl)ang mit ber fpäteren §anblung neben mufjte, ratrb burd)
baS nor^crgc()enbc nt$t roiberlegt. (Sr träfe fonft j. JB. bie »Dtaccabäer, roenn
fte ben Ärieg prooocirt, ber «orrourf einer r-erfdjulbeten s Jtotf)lage; benn fie
mufjten an jebem Jage eine£ Singriffs gewärtig fein, ntc^t weniger ben tfranfen,
ber in ftolge fdjlemmerifdjer (Syceffe bie ©efunbfjeit nerlor unb baS haften*
gebot übertrat.
5. SDie Unterfudjungen ber fcoftrin im 3eitraum ber begin*
nenben ©loffe big jur epoebemadjenben Sdf>öpfung Sa)n)ar$enberg'8
bieten ber S)arfteUung ber 9totl#anb3le^re ein ebenfo unerquttfli<beS als
unergiebiges gelb. ®te SRotfjroenbtgfeit eine« unoer fdjulbeten 9totyftanbe3 betont
unfereS aßtffenS nur %alob de Bello-Visu. 87 ) (SS fann jeboa) aus ber ganjen
2Crt unb SBetfe ber Stuffaffung unb SBcljanblung gef Stoffen roerben, bajj fa)on
ein geringer ©rab oon culpa bie 9tot^lage iljre« prioilegirten
©baratterö entfleibete.
6. S)ie »einliefe ©ertdjtSorbnung Äarl'S V. roibmet bem auf ben
9totf)biebflaJl befa)ränften SRotfrftanb bie 2lrt. 166 unb 175. ®er SBerfdmlbung
gefa)iet)t feine ©rroäfmung, roaS «eranlaffung ju controoerfen 2luffaffungen gab.
Sööljmer, 88 ) ber ben 2lrt. 166. „satis confuse coneeptus" nennt, fagt bejüglidj
biefer grage : Magis dubium an intersit, utrum fato ita ferente, an facto imputabili
in eam conditionem reus perveneritV Ego nil mutandura censeo. Nam homo
ex delicata sui aestimatione tarn acribus stimulis agitatur a natura, ut non
possit non appetere et conquirere, quibus innato araore satisfieri potest: tum
Stimuli actiones ejus dirigentes sunt connati et naturae humanae velut proprii:
quam diu ergo hac praeditus est excurationem meretur, quoad actiones iisdem
convenientes. Quum ergo naturam humanam exuisse dici nequeat, qui
deglutiendo Patrimonium, egestate premitur, naturaliter consequi videtur, ut
quae tanquam homo naturae suae convenienter urgente necessitate facit,
impune fecisse intelligendus sit. Quin ob vitam praeteritam culpandus sit,
non nego. SBenn Äod) 29 ) hierauf erroibert: Putat Böhmerus — meditat. ad
art. 166. §. 153. Simeonem P. II. Diss. de ablatione rei alienae in casu
necessitatis th. 16. — exinde, inquit, non dune sequitur, quod poenitentia
duetus, nequet ad corporis sui conservationem res alterius suas facere. Peccat
siquidem ille per culpam respectu prodigalitatis, erogationis et dilapidationis
bonorum, non vero respectu conservationis vitae, quod suum non est, sed Deo
et societati civili debetur, atque conservandam expresse praeeipitur — ad
firmantem sententiam contra Zieglerum satis probasse. Sed mini contra
videtur, egoque arbitror, negantium sententiam veritati prineipiisque juris
magis esse conformera, ob principium supra §. 36. et n. deduetum. Licet
enim Boehmero concedam, quod vita dissoluta, sine ullo animo laedendi, agi
27) Jacob de Bello-Visu, aurea practica criminalis lib. 1. cap. 8. nam. 47. 48. ,jura non
sueurrunt ei, qui se ipsum in nccesHitate ponit."
28) Böhmer, meditatione« in C.C.C. ad art 166. u. 175.
29) Koch, inatitutiones juris criminalis §. CLXilV. note.
13*
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Jgg $ef>aM>lirafl be« WotbftonbcS irafc in§bef. Scrfftultomi} in fcerbeifübrurtg beffelbcrt. .
possit; inde tarnen non sequitur, necessitatem, quae ejusmodi vitam dissolutam
excipere solet, non nosse imputari, fo ftellt Böhmer bic SRid)tigfeit be« Sior*
rourfe« in Slbrebc, quia culpa non est ordinata ad furtum, sed mere occasionalis.
Qui enini, feuert er fort, aggressione vel facto illicito autor conflictus est,
illuni ipsum, quocum manus consent, laodit eoque solo noraine a vindieta
non immunis est, sed sibi imputare eventum sinistrum debet, quem culpa sua
proxime causavit. Contra qui prodigalitate inclarescit, peccat quidem, nulla
tamen injuria certum individuum dissipatione sua proxime afficit, ad eoque
animadversionem non ineurrit, quae restringere aut prohibere sui conser-
vationem posset. 2)te 8öl)mer'fa)e 2lu3fül)rung glaubten mir i^rem ganzen
Umfange nadj rotebergeben ju bürfen, weit einerfeits foroobl bie öejanblung
bc3 9iotl#anbc3 überhaupt at« in£befonbere bie ber $erfd)ulbung beflelben in
bireftem 2Btberfpruä) ju bem engen pebantifajen SBortlaut be$ t$efeije3 ftefjt,
anbererfeitö aber nur eine berartige Interpretation geeignet war, bie Äluft
auffüllen sroifäen praftifdjem Sebürfnifj unb Unjulängli^feit gefefclidjer
23cftimmungen. 2öer alfo §ab unb ©ut uerfdjioenbet l)at unb in rechter
,§ungcr$notl) flicht, ift ftraUoS; benn ba£ culpofe 3Woment ber 3?er*
jotoenbung ift im JBerpltntfj jum S)iebftat)l ein jufällige« unb
fteljt mit iljm in feinem bireften 3ufammenljang. 2öer bagegen einen
Streit proöoeirt ober eine oerbotenc ,§anblung begebt unb im erften %aät
ben ©cgner, im sroeiten irgenb ^emanb uerlcfct, ifi ftraf fällig. Sajabc, bajj
ber lefetere §all nid)t mein: präcifirt ift, bamit man erfeljen fönnte, ob, roenn
aueb bic verbotene Zfyat nur bie äufecre ^cranlaffung eine« 9tothoerf)ältniffc3
btlbet, ber Xljäter bie ©cgünfiigung eine« folgen fa)on eo ipso oerliert ober ob
erft ein snnfdjen ber verbotenen Xtyat unb ber fpäteren 5totf)fianbSt^at
bcfteljcnbee (kufalitätöücrljältnijj bie Straflofigfeit aufbebt.
7. 2)ie fäajfifdjen $urtftcn gaben bem 9iot()ftanbe eine »öttig oer*
änberte S8afü8 f Strafmilberung anftatt ber früheren Straflofigfeit. Äein Söunbcr,
bafe t)ier bie geringfie 3Jcrfa)ulbung bem %l)ättx fdjabete. 30 )
8. $er 9Uturrca^tSlc()rer ©rotiuS unb ^ufenborf fei in Jitür^c
ermähnt. ©rotiuS 31 ) behauptet nia)t, bajj bie ^ottylage eine unocrfdwlbcte
fein müffe. 3Benn er »erlangt, bafj uor allem ber Sßcrfudj gemacht werben
muffe, auf anbere Sföetfe ber Wotl; ju entrinnen, 3. SB. bie Dbrigfcit um eine
©abc angegangen werben müffe, unb benjenigen, ber biete« 9flittel ucrfcfjmäljt,
culposus nennt, fo beftebt beffen culpa nidbt in ber Herbeiführung ber ÜHotl),
fonbern im 5tufcerad;tlaffen anberweitiger SuettungSmittel, ift alfo feine culpa
in bem bisher non un£ betonten Sinn, ^ufenborf st ) nermifet on ber £ljeorie
beS ©rotiu« bie Unterf Reibung 3roifa)en uerfä)ulbeter unb unoerfd)ulbeter
9iotty. Seine 8elmnblung biefcS $unfte8 nerbient jebodj roegen ber jurifitfd)
uöUtg irrelenanten Stefultate feine nähere Beleuchtung.
9. ßinen Uebcraang 3ur ^eoric be« XIX. 3a&*bunbcrt3 bilbetc
eine s Jteihe uon roif|cnfd)aftlia)en Slrbeiten, bie bic Sergeroalttijungcn
an ber 9iotpanb«lcl)re befämpfen. Slnlangenb unfere ^rage, fo untcr)cheibet
Strijf 33 ) jroifajen affectata necessitas, s M b. i. boloS erftrebter unb necessitas,
quae data opera fit, 35 ) b. i. einer fi$ fclbfl gemalten. 31t« Seifpicl ber le^tcren
figurirt ber S5iebflaf)l beffen, ber nad) SScrgeuoung feiner §abe in 9iotlj gcratl;cn.
©ine fola)e 9iotl) nennt er nec justa nec excusabilis, sed Uli imputanda qui in
3(J) tterlich, conclus. pract. V. c. 44, n. 41.
31) Hugo (Jrotiu8, do jure belli ao pacis 1. II. c. II. <}. VII.
32) Pufendurf, de jure naturae et gentium lib. II. c. VI de jure et favore necemitatis §. 1. ff.
33) Stryk, de jure neces«itati«.
34) ©ttT)t a. a. O. t. HI. §. V, Wrflt. »etli*, Deels. 193 n. 6; ^ClJfliuS, quaest. 77 n. f>6.
35) ©ttvt a. a. O. c. III. §. II.
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©ebanbfong bc$ 9cotbftanbe8 unb inSbef. Sierfdmtbung in fcerbeifübrung bcffelbcn. l$9
eam se conjecit. Ofme $rage ift bicfc ©eite her am roenigftcn gelungene unb
befriebigenbc tyeil ber 6 tri; Hajen ^iffertation.
10. ®ieöfterrei^ifa)e 36 )unbbaterifa)c(Jobtfifatton 37 )reprä[enttrt
bie ftäf)igfeit „invenire et statuere legem, qua singuli casus regeren tur." 2öaS
bie Serfcbulbung betrifft, fo rotrb mof)l eine auSoebncnbe Interpretation
„beS fia) muthroillig in ben 3^ ot^fianbftür jettö" am $lafee fein. S)er
Slicf ber ®efc$gebung war fein fo freier, bafe erft boloS herbeigeführter Wotfy
ftanb bie Straffreiheit aufhob, So m fagen als 2lequioalent für ihre
3ugeftänbniffe, als ©arantie gegen aWißbraua) bcrfclbcn »erlangt bie ©efefc*
gebung einen fdfjablonenhaft tabellofen SRothftanb.
11. $te Sßartifularftrafgefefcbüdjer beS XIX. ftabrhunbertS jet^
fallen bezüglich beS 9cotbftanbcS in äiuci ©ruppen, je nad)bem feiner auSbrücflich
(Srroähnuna geflieht ober nicf)t. 3u erfterer gehören baS SlUgem. preufj. £anb*
recht £h- II-, Sit. 20., §§. 19., 20., 21.; baS öfterreid). St. &. & o. 1787 §. 5.,
baS o. 1796 §. 8., baS o. 1803 §. 2., baS o. 1852 §. 2. lit. g; baS baierifchc
6t. ©. 33. o. 1813 2lrt. 121. unb baS u. 1801 2Irt. 61.; baS preufe. St. @. 33.
o. 1851 §. 40. leftterer gehören 1. ber baicr. (Sntrourf eines Strafgefcfe'
buche« u. 1822 2trt. 85, 2., baS St. ®. 33. für baS ©rofeherjogtbum «oben
t>. 1845 §. 81., 3. baS allgemeine Kriminalgefefebud) für baS Königreich
.Ipannooer o. 1840 §. 84. , 4. baS Krtminalgefepud) für baS ßerjogtfmm
«raunfchioeig o. 1840 §. 34., 5. baS St. ®. ©.für baS ©rofeberaogtbum Reffen
v. 1841 2lrt. 45., 6. baS reoib. St. ©. 39. für baS Königreich Sachten o. 1868
31rt. 92., 7. baS Kriminalgefefcbucb für Hamburg o. 1869 2trt. 30., 8. baS
6t. ©. 33. für 9iaffau u. 1849 2Crt. 42., 9. baS St. ©. 33. für granffurt
o. 1856 «rt. 45., 10. baS St. ©. 33. für baS Königreich 58ttrttcmberg o. 1739
?lrt. 106., 11. ©q« thüringifche St. ®. & 2trt. 65.
$ie unter 9tr. 10. unb 11. aufgeführten ermähnen baS SJerfchulben
beS Zfyätivä bei Herbeiführung ber ©efahr nicht, bie unter 9tr. 1. bis
8. unb baS 91. St. ®. 33. u. 1871 §§. 52., 54. berühren es unb oerlangen
eine ®efahr, bie entroeber
a. nicht abftchtlich herbeigeführt . . . 33aiern
ober b. unoerfchulbet Sraunfdjroetg, St. 0. 33.
ober c. ohne flrafbareS SBcrfdmlben . . . granffurt, Hamburg, SHaffau,
•peffen, 33aben
ober d. nicht als unmittelbare ^olge einer
ftrafbaren £anblung herbeigeführt ift ©achfen.
HL 2üle biefe 33eftimmunacn Dürften fid) w ) bei näherer Untcrfudjung als
unhaltbar erroeifen. SBorerft fei einer mcrfroürbigen .ynfonfequenä ermähnt,
3G1 Coiurtitutio Criminalis Tbercsiana %xt 11. §8. 2lbf. 2.
37) Codex jur. Havar. crim. pars I. cap. 1. §. 4., §. 32.
38) SMclfatf) maftgebenb für bie 93ebanblung t>eS ^otbOanbeS toon Letten ber ©trafqcfc£-
büd)cr War ber baierifdjc CJntrourf »on 1822, iiidjt'jebod) bwüglid) tcS ÖrunbcS tcr ^tTaflou^tctt
9iur tie ©trafgefefee »on ^annooer, *Jat>en unb Oraunfcprocig leiten tiefelbc aitä ter VLnwu
redinnngSfäbigtcit tftx, roäbrenfc fie anbeten unb oueb fca8 iR. ©t. ®. fie bur* anbete "ÖiücT-
fidjten tnotüuten. SÜgemeiue tr«ifjenfcbaftüebe Äncrtcnnung finbet tie« nidjt. Ru irrigen SDici*
Illingen betleitcte bie Xrennung »on 9iotfjflanb unb üDrobung, bie ftd) fajl burdigängig nacb bem
bam'fcben 9Nobclk burd) bie öefefegebung jiebt. 3n biefem ©inn bie ©efe^geber „Stiubcr ber
ortucrbacb'fcben Sd?ule" )U nennen, rjl ridjtig, unrid)tig bagegen, bei anberen alö ben oben auö-
brüdlid) äenannten an bie UnjurecbnungöfäbigtcU^tbcorie ju benten. 35icfelbe n>irb 3tt?ar beim
bannoöcr'fdien ©efe^e »on 9Eöä*d)ter gcläügnet mit ©ejugnabme auf l'eonbarbt (Kommentar 3um
bannotoer. @t. @. ©. ©. 3ß2). SBcnn legerer jebod) fägt, „eS bar? ni*t angenommen werben,
baß baö eigentliche ^rinju; ber gefe<jlid»en 3Jorfcbrift in ber Unjuredjnungöfäbtgleit ber im y^otb-
ftanbe bcfinblicben ^erfon liege," fo ftctit bieje tbeoretiftbe Strgumcntation im SSiberfrrucb mit
ber ©eftimmung beS ©efe^tS, roetebeö in feinem SÄrt. 84. oon 'örilnbcn fpridjt, aus* beneu bic
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190 ©ebanbhmg beä 91otf>ftanbe3 unb ürtbcf. SBerfdwtbung in Herbeiführung beffdbcn.
bcrcn fich Beuerbach, ein ^cil feiner 2tnf)änger, foroie bie im ©inne feinet:
?RotbftanbStf)corie gefchrtebenen ©efefce fd&ulbiq gemacht. SBenn im 9?othfianbe
bie 9Jtöglid)feit einer SStrffamfeit beS ©trafgefebeS aufgehoben ifi, roeil biefer
Buftanb unzurechnungsfähig madjt für bie SÖahl jroifchen Sufl 3um Verbrechen
unb fernerer Vufee ünb baS 2luge ber brohenben SSarnung ber ©efe&eSftrafe,
meldte hier ben Gfwrafter ber Slbfdfjrecfbarfeit oerliert, tJcrfc^IieBt, roenn alfo
nur bie gegebene AurechnungSfähigfeit ben ÜJtafifiab ftrafredfjtlicher ©eurtheilung
bilbet, fo bebarf bie ftrage feiner (Srörterung, wie roeit ber UnjurechnungS*
fähige felbft btefen 3uftanb oerfchulbet Imt.
1. SBenn nun, um m ben 8efttmmunaen ber einzelnen ©efefce überzugehen,
ad a. baS baier. 6t. ©. oon einem abftchtlich ^erbetgefü^rten ßufianbe °er
•Jtotf) fpricht, fo ift eS, abgefefjen oon ber inconfequenten $ur<|führung ber
UnjurechnungSfähigfeit , auf bem ©tanbpunfte uon 1751 fielen geblieben,
©einem SBortlaut nach ift nur bolofe Herbeiführung ftrafbar; nicht minber aber
fo reicht bie qefe^lirfjc SBefttmmung für bie $rariS nicht aus, roenn bloS crfUreS,
fo ifit bie Meinung, nur ein bolofe« SScrfd&ulben fei ftrafbar, als irrig $u
cremten unb bie bte<3bc$üglid&e gefefclidje Seftimmung unjuläffig.
ad b. $)q<8 braunf<$roeiatfdf>e, rmnnoücrfd()e unb töeid&Sftrafgefefcbudj ent*
halten baS SHequifit „unoerfchuibet.'' 93ci ber Äommentirung wirb jeboch bem
9teicf>Sftrafgefefebuch unb bcm oon <Qannoocr ein ©inn untergelegt, auf ben mir
unter d näher eingehen. Ääme es bei ber ^Beurteilung eines DiothftanbS*
üerfjältniffeS barauf an, ob eine JBeridfmlbung fchlecbtfnn oorlicge, fo mürbe
bie eigentliche ftrnffrcic 9tothlage ju einer ©eltenheit werben. TO Stecht
mürbe bemerft, bafj faft jeber Diothftanb fich auf eine halb aröfjcre, balb Heinere
$8erfd)ulbung jurüefführen laffe. Verfchulbung märe eS bann, roenn 3emanb
etroaS ©eroagteS unternimmt, glcidjotel ob bie föanblung als bolofcS ober fulpofcS
Verbrechen erfcheint; ja ber Slrme, ber im größten junger einen gefährlichen
$tebfiaf)l begeht, roäre ftrafbar, roenn er feine Slrmuth oerfchulbet hätte. 59 )
ad c. %laä) ben ©efefcen oon granlfurt, Hamburg, öeffen, Vaben unb
9taffau barf ber 9tothftanb nicht „burch_ ftrafbarcS Scrfchulben" herbeigeführt
fein. — $)ic Interpretation biefeS ^Begriffes im hefftfdjcn ©t. ©. V. roirb unter
d berücffidf)tigt. — SBährcnb ber ungenügenbc, unpräcife SBortlaut „unoerfchulbet"
eine richtige Vehanblung nicht auSfchlictit, mufe bie 2}Jöglichfeit einer folchen bei
bem Stequiftte ohne „ftrafbareS Verfdmlben'' in 3lbrebe gefteüt roerben.
Vielleicht tragen jum SBeroctfc jroei %ä\lt bei. (Sin ftifchbieb fällt in'S Söaffer.
©chncll fafjt er nach einem oorübergleitenben Äahn. $>iefcr ftürjt um, ber
Snfaffe ertrinft, er rettet fich. Unberechtigtes ftifchen ift jroar ftrafbar; bennoch
roirb bie 5totl)ftanbStlmt ftraffrei bleiben muffen, benn ber %l)ättx hat biefe
ungerooUte, mittelbare $olge feines DcliftS nicht oorauSgefehen. 40 ) Ober aber
— in einem mauerumgrenjten, flehten £ofraum liegt ein £mnb an ber Äette,
ben ich ne<fe unb reijc. -3)en einzigen 2luSgang bilbet eine ^Ijüre, oon ber aus
HttWCbniUM wegfällt unb unter 7. ben Wotbftaub anführt. 2>er Qitbatt ber ftSnbifdbcn SJerbanb-
lungen fiBäcbtcr, ^anblm* bcö tgl. fäcbf. mit ttjüring. et. M. & 3S4 ff. ) fprirtt cbcnfo>renig
für SBädner, ba bie Kammern über biefen wtditigen unb jugleid) fd)r fehwicrigen ^untt [\<h nid)t
nätjer au3gcf|prod)cn baben. (Vconbarbt a. a. C 1 . o. 3H6). (^egeu üBdchtevö Zweifel bejüglicb bc-5
braunfdjwcigifcbcn ÖcfebeS fpri*t ber Jöortlaut tcr s Diotiüe (Diotiuc u. f. n>. 1840 '&. 1%), Kr
Wotbftaub gehört ju ben ttrttnbtn, lvcldjc tte Strajbarlcit ber llebcrtrctnngen wegen Ü)tangcl
ber 3 u "dinungSf»ibtgteit auSfcblicßcn.
39; 2>cputatio nägutaebten ber (£ä*f. I. Äammcr @. 81. Äcbnlid) argumenrirt
Stammler, 25arftcüung ber ftrafrecbtlicbcn 5Pebcutuug bes iiiottiftautC'3 8. 08 unb nenut baS C£r»
forbernife „untocrfdjulbct" eine «euunmung, bie in ihrer »ttübruclaweife uiebt 3U billigen fei,
fenbem einfcbränlenb gebeutet »erbcu rnüffe.
40) Sädjtcr a a. O. ©. 37<5. Srcibeubad) a. a. O. 8. Ö70.
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©cfanbfong be« Wotyftonbe« unb tnSbef. SSerfd&ulbuug in Herbeiführung beweiben. \ 9 \
eine Ijobe treppe in ben ©arten füfirt. 2Cn ifjr fifcen brei fpielenbe Äinber.
3$ toeip, bafe, wenn bet &unb, ben idj meljr unb meijr reije, fid^ loßreifct, nur ein
fd&neHer ©prung nad& ber Sfjüre unb beten fofortigeß ©d&liefjen 00c feinen
räd&enben Ääbnen mid) föüfet ^mmer loilber jerrt baß Stüter an feiner flette
— ba plöjmdp! fprengt er bie geffcl — ein ©prung — i# bin an ber $f)ür —
ein Ähtb oerfjinbert baß ©abliefen berfelben. 3$ fa)ltefce fie bod&, flürje babura^
baß Äinb bie Xreppe Ijinab unb rette midfj; benn jrotfd&en bera $unb unb mir
ift bie gefd&loffene Xf)ür. $aß föeijen eine« §unbeß ift jroar feine abfolut
frrafbare £anblung, nicijtßbeftoroeniger wirb ber fa^einbaren 9totfyftanbßtf)at —
ber Änabe fiel ftdj tobt — bie iöegünfhaung ber Straffreiheit nid&t au $&etl.
3$ mufjte roiffen, bafj bei eoentueller §lu$t bie fpielcnben ßinber mir ben
2lußgang uerfperren mürben.
$aß Sßerfmltnife ber beiben ftälle ifi bejüglid^ SBeurtbeilung ber 2?er*
fdjuibung unb ber 9lotbftanbßU)at ein umgefeljrteß. SDer ^ifibieb firafloß in
33e§ug auf lefctere, bleibt oerantroortlia) für baß unbered&tia^ gifeben; ber anbere
fhaffrei besüalidj beß 2tufre«enß eineß ipunbeß, bat in fabrläffiger Söeife ben
£ob eineß SJcenfcfjen ocrfd&ulbet. 9teleoant für Die Qualiftfation eineß üftotf)*
flanbßoerljältniffeß ift alfo nidbt ber fftafbare ober niAt flrafbare (S&arafter
eineß oortjergeljenben Sierfd&uloenß, fonbern ber intellettueHe ßufammenfjang
*roifd&cn biefem unb ber 5Kotf>ftanbßf)anblung; beß^alb fmb bie Seftimmungen
ber angeführten ©efefee nid&t ju bittigen.
ad d. S)ie 33efhmmung beß 6t. ©. SB. für ©ad&fen, bafe bie ®efal>r nidfjt
bie unmittelbare $olge einer ftrafbaren $anblung fein barf, blieb bem £eyte
nac& auf bie ©cfc&gcbung ©adfrfenß befdjränft, fa)ien jeboa) bem mobemen
9fotf)ftaiibßbebürfnif|e nad) ber tjier berührten ©ette in fofern ju entfpred&en,
alß bie Kommentatoren beß 9t. ©t. ©. 93., 41 ) beß fjannooerfdEjen") unb ^effifdjen 43 )
©t. ©. 33. bie einfd&läcugen Seftimmungen ber refp. ©efefce in biefem ©inne
interpretiren. Sorcrfl tfi feffyufejjen, ftä'tte melier 2lrt baß fädtfifdfje ©t. ©. 53.
im 3luge l)at. 3)er $>eputationßbcridf)t ber fäd^Rfd^cn L ßammer") erflärte fia^
gegen baß 9tequtftt „unoerfdfmlbet," weil bann ^emanb, ber fid& burdf) Seid&tfum
unb SBerfd&roenbung baß (Slenb gebraut f)at unb baburdj in roaf)rc $ungerßnotf;
aeratljen ift, bennodD beftraft mürbe, dagegen fönne ein entfdfnilbigenber 9Jotf)'
jtanb feineßroegß angenommen roerben, roenn f^emanb burä^ eine flrafbarc
$anblung einen 2lnberen in ben ^uftanb ber ©elbftoertbeibigung gefegt bat unb
baburdb felbft in ©efa^r geraden if^. Diefe gätte follen burdj bie neue Raffung
genauer gefonbert roerben. 2öä$ter 4S ) erblicft in folgenben ^othPanbß=
^anblungen bie unmittelbare $olge einer ftrafbaren Xptigfeit:
a. in bem auß bolofen ©rünben oerurfaajten ^ot^ftanbe, um burd^ bie
9totf)jtanbßtf)at einen geroiffen ^med $u erreichen;
41) O^»)cn^off, «ommtntar ^um SR. @t. @. ©. ©. 123: — es barf bie eingetretene
Qkfafjr tiidrt bie unmittelbare Sfortfl« eigenen Berf(^ulbcn8 fein, ©^»arse, Äommcittar junt
81. St. ®. @. 236: — ber 9iotf?ftanD ift bann niebt auSgeftbloffen, teenn bie Sage, in »etefier fitb.
ber Xbäter beftnbet, jtoar nid»t nntterfcbulbct ift, bie ©efafjr aber rtictjt bie unmittelbare ftolge
tiefer ©erfdbulbung ift. 3)er £a^u(j beä §. 54. tritt nidjt ein, n?enn Rottftanb unb bie ßanblung
in einem jo unmittelbaren SaufalnejuS ftct>cit, baß ftc als Urfao^e unb &olgc unb gleia;fam alä
eine (Einheit ft<^ barfteflen.
42) Vccubartt a.a.O. <S. 364. Xic XuSbruddmeife bed öefetje« läßt annebmen, bag
niefit eigene« 3krfd)ulben fcblecfttbin bie ©traflorigteit auäfdbließt, fonbern unmittelbares.
43) ©reibenba* a- O. @. 578 burtb ftrafbare« ©erfiulben ift bie Xfyal betbeigefilbrt,
wenn a. tiefer ©efabr eine Xbat borberging, bie an fid> ftrafbar ift, unb b. fta^ auö biefer bie
®efabr ergeben bot, ttic auä ber Urfaa>e bie ©irtung.
44) Eetout. iieridjt ber L SL @. 14a
45) ffi5(^ter a.a.O. 6.377.
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* 192 »cfanblung bcS WotftfonbeS unb inSbcf. SÜcrfdjuIbung in $erbetfül)tung beffclben.
b. in bet ©efatjt beffen, bet butd) eine nnbetted)tlid)e föanblung fid) einet
beted)tigten ®egenn)ei)t auSfeftt, mobuta) et an &eib obet ßeben
gefä^rbet totrb;
c. im 9totf)ftanbe beffen, bet eine fttafbate öanblung untet Umfiänbcn
begebt, untet melden et bei geljötiget üyotftdjt bie lommenbe 9iot()lage
ootauSfefjen fonnte.
Wad) ben SWottoen jaulen eigentlich nut a. unb b. f)ietl)et, roätjtcnb
jebod) für bie SBeJanblung be£ $aHeS c, foroie anbetet ba£ zugefügte „fttafbat"
eine 2lnbcutung gibt, eine ^öeftimmung, beten Unjuläffigfeit untet c nadtfuroeifen
oetfudjt wutbe. $on ben Gommentatoten Ijält fie nut Steibenbad)
auftedjt.
(Srfol^loö finb fetnet bie SSetfudje „unmittelbare ^olge" fo 8U oetbeut-
lid;en, ba§ jebet ^ttttmm auSgefcfyloffcn ifi; aud) biefer begriff teia)t füt bie
tiefte Sebanblung nid)t aus. 46 ) SBcujtenb aennjj bet bolofe Stanbftiftet, bet,
um emen 2lu3iueg au£ bem btennenben £aufe su ftnben, einen anbetn in bie
flammen ftöfit, fttaffällig ifi, witb bem cutyofen bie löegünftigung be£ ©efetjeS
nidjt oetfagt roetben bütfen. 55)tc 9iotb ifi *u>at bie unmtttelbate $olge feinet
2$etfd)ulben£, bod) et fonnte biefclbe au8 ftolge ootauSfetycn. 47 )
2. diejenigen ©efefee, bie bet SBetfdjulbung gat nid>t etmä^nen, finben
ben Söeifatt Setnet'S, 48 ) oet eine jebe bie£be*üglid)e 3?orf4>rift nidjt nut als
übetflüfftg, fonbetn aud) als gcfätytUdj oettuitft, unb ^anfa'S. 49 ) läßt ftd)
jebod) nidjt leugnen, bofj Urnen bas 93cbenfen entgegenfte&t, baS SBotfjanbenfem
einet culpa fei ttteleuant. Um fo mcljt aU bie $f)eotie auf ben ucrfd)tcbenften
2öcgen $u biefet golgetung gelangte, gft 3. 33. ein ©efefc untet bem Ginfluffe
bet fteuctbad;'fd)en S^eotic juStanbe gekommen, fo tann, wie oben bemetft,
bie 5ßctfd)ulbung gat nicf)t in SScttadjt gebogen roetben. Sdjrocigt baS ©efefe
tjietübet, fo fügt e$ ftd; bet Gonfequenj, beftetitt eS anbetS, fo befinbet eS ftc§
in unlöSbatem Söibctforudj mit feinet ptincipicllcn 2luffaffung. fetnet ctblicfte
eine gtofce 2tnsal)l uon 6d)tiftftcUctn in bem s Jlequtftt „unoetfdnubct'' eine ganj
unbegrünbete $ef#tänhing. (SS fei geftattet, oon ilmen nut Äöftlin unb
S3etnet anjufüljten. (Stftctet 50 ) etflätt bie SBeftimmung füt ein bet 9ted)t3*
fidjetljeit butdjauS gefällteres 6djroanfen, roobei bie mit bet einen ßanb
gemähte fttcifjeit mit bet anbeten im Äeime etfticft roetbe. Se^tetet 51 ) fül)tt
betattige Sef^tänfungen auf baS unjuläffige poHjeilic^e Sefttcben jutücf, 9Jli^
btäuc^en ootjubeugen.
IV. 2lu3 bem ©cfagten gc^t bie Unjulänglidtfeit bet gefe|lic^en Sefttm"
mungen, fomie bie Unjuläffigfett einet 3ö«otitung bet ^tage ^etuot.
bütftc baljet eine 2lbmenbung oon bem oielbettetenen 3GÖcge inbicitt fein, um
in bem, toaS fic^ aus ben aUgemetnen ©tunbfä^en übet 3utcdjnung etgibt, bie
Söfung bet ^tage ju fua^cn.
Sft bemnac^ eine ©cfaljt boloS oetanlafet, um eine verbotene ^anblung
SU begeljen, fo l)at btcö SSet^ältnife mit bem -ftotbftanb gat nidjtS gemein; benn
fym liegt 2lbftd)t als 2lnfang3uunft, Xl)at als Gnbpunft $tt ©tunbe; bic
46) ^anta a. a. O- S. 252.
47) 25ic ÄommiiTton ber II. babifebeu &ammcr (33er. 9h. 2. S. 47) tjvitte jwar ju §. 71.
bic gafimta tjorgefrfitaiicH, bic Öcfatit müfjc burtj ba>3 l^crfAultcu t)ctbciflcfüt)tt fein; in bev
flcbrucftcn ausgäbe bcö (rativurf^ blieb bad ffimrt jeboetj fort. Ob nur au3 bem oon Srcibeu-
ba<f> a.a.O. ^.579 angeführten ^rnntc, „tttfj cö mebr bic tcmpcrcUc altJ bic caufale ^olge
ausbifltfe," türftc awetfetpaft fein.
48) »erner a. a. O. <£. 20 ff.
49) 3anta a.a. O. @. 253.
5<)) ftöftlin a.a. O. (S. 119.
51) .^älfctjncr, yttu% etrafrec^t II. @. 278.
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»efattMimg bcS 9totf)Panfce§ unfc üi^bcf. «erföutbunfl in fcerbeif ü&rmia, fcefielben. 193
bapnfdfjcn liegenbe ©cfaljr ifi restlich gleich 9iull. 5 *) 2öar eine berartige
2lbftcf)t jroar nicht uorljanbcn, bie ©cfatjr jeboci) bie ftolge einer $anblung, bei
beren Begefjen bie Siothroenbigfeit einer fuäteren SRcchtSöerlc&ung uorauSjufehcn
war, fo wirb biefer burch fftwläfffafeit begrünbeten £anblung bie Segünftigung
bee s Jiotl)ftanbeg ni<^t ju Sljeil. 2lUe anbcrS gearteten ftälle begrünben einen
ftraflofen 9totf)fianb.
SDaS Strafgefefc wirb nun jroar oon einer fnaupen ftormulirung beffen,
wojS fid) au i > allgemeinen ^rinciuien ergibt, Stbftanb nehmen müffen. Slngcjeiqt
wirb jebod) fein, um feine principieUe Stellung ju fairen, b. h- um bie
■fteleoanj ber Berfdjulbung bei ber ftrafrecbtlichen Beurteilung beS 9iotf)ftanbc£
aufjer 3rocifcl ju fefccn, etwa folgenbe Bestimmung ju treffen: 3ft ber s Jtotlj>
ftanb burch eine, fei cS ftrafbarc, fei es nicht ftrafbare #anblung
herbeigeführt, fo entfeheibeu bie allgemeinen (Srunbfäfce über
Zurechnung, über ben 3ufammcnf;ang ber uorhcrgcljenben Scfyulb
mit ber 9cotl;ftanb3hanblung unb fomit über bie Beurteilung ber
Unteren.
52) m\\t\X) a. a. D. <». 26.
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!iürd)tm0 tcl(0rapljtfd)er $tptfü)tn.
3Jon £errn £anbgerid)t«ratlj Dr. Hermann Ortloff ju SSeimar.
3n einer bei bem oormaligen ^ufttjamt ju STCLf^cbt (©roftber^ogtlmm
Sa$fcn*2lkimar*@ifenad)) in ber ©refution«tnftan3 anhängigen Sd)ulbflagfad&e
be« Kaufmann« @. 9t. 311 Seipjig gegen bic unter ber ftirma unb S. Araber
in 9lflftebt ein tyufy unb ^coberoaarcngefäjäft bafclbft betretbenben ©efebroifter
Sfjcrcfe unb 6elma Araber maren am 10. Süli 1879 für bie, auf 400 HR.
40 s Jtf. beregneten ßaupt* unb SRcbcnforberungen bc« Älägcr« burd) ba« beauf«
trogte (Sfctutton«perfonal be« $oüftrec!unc$gericJ)t« öau«gcrätl)e unb äöaaren
pfänbung«roetfe in ber SBofnwng ber klagten in sBcfcblag genommen, unb
behufs bc« öffentlichen SBerfauf« mar 2krftcigerung«termiu r>on bem ^uftijamt
auf ben 18. Slugnft 1879 in ber Srabcr'fdjen 2öol;nung anberaumt roorben.
2lm 14. 2Iuguft 1879 erfdnenen bie ©efd)roiftcr Xraber bei bem ©laubiger
©. 91. unb baten um bringenb, feinen 2lnroalt an$umeifen, bie geria;tlicBe 23er*
Weigerung ifjrer 3Jiobilten ftftircn ju laffen, offerirten aud) für ben ftall ber
©cmäljrung ibrer Sitte eine Xfjeiljaljlung — inbeffen oergeblidj, ba ber
©laubiger auf ba« 93efttmmteftc roicberf)oltc, bafj er feinem Slnroalt eine ber*
artige ^nftruftton nid)t erteilen merbe.
Neffen ungeachtet gab ty. Araber fofort in Seipjig an ben 9tedjt«*
anmalt ©. in Sena, ben flägerifdjen JrojeBfüljrer, folgenbc« Xclcaramm auf:
„Araber« gejault maxt 70, überlaffe iBerfteigerung telcgrap^ifa) ^ufii$amt
fiftiren."
91. (9iamc be« ©laubiger«). Araber.
ferner richtete biefelbe am borgen bc« 15. 2lugufl r»on 9teubnifc eben*
fall« unter yjJifjbraucf) be« Samens itire« ©laubiger« an ba« Suftijamt 3U
9lllfiebt ba« Telegramm: „(Srfudje ergebenft «erfteigerung fifttren."
ga|t gleichzeitig mit biefer $cpcfd)c traf bei ber gebauten ©eridjt«behörbe
eine gleiche bc« 9tcd)t«amualt« ©. ein, roorin berfclbc, burdj bie oermeintlicbc
llnterfd)rift feine« ©croaltgeber« unter bem empfangenen Telegramm getäufdjt,
feine (Siiuuiüigung gut Siftirung be« 3roang«üollftrecfung« ' ^erfauf« crflärte.
9(unmcl)r befdjlofe ba« Suftuamt auf ©runb beiber 2>epefcf)en bie Aufhebung
bc« 5$erftetgcrung«termm«; Der 9)tifjbraud), meieren %\). Str. in beiben £ele>
grammen mit ber Unterfdfrift ifjrc« ©laubiger« getrieben, inbem fie unter bic
£>riginal'3)epefdje oljne 9tuftrag ober Ginroittigung beffelben feinen tarnen fe^te,
fam erft einige Sage banad;, naetybem c«' iljr gelungen mar, bie broljenbc
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ftdlfdjung tckgtaMfä« <Depefd)en. 195
3roangj8oerfteigerung ju Untertreiben, 3ur Äenntnifc beS ©läubtger<8 unb beS
*oUftrc(funö3(iert^t5. ©rjtercr braute bie ^anblungSroeife ber %h. Xv. jur
Anzeige, loclt^c in ber barauf aea,en fte eingeleiteten Unterfuchung 3roar
jugeftanben aber 3U bcfdjönigcn üerfuebt raurbe.
S)ie 3ln!lage beS Staatsanwalts ju SÖetmar rourbc gegen bie Xf). Xt.
auf O.runb bc£ §. 268. 3. 1. unb 267. beS 9t. 6t. ©. 93. erhoben; bafi fte
in recfjtSnnbriger 2lbfid)t $rir»aturfunben, welche 3um öeweife uon stechten von
(5rl)cblid)fcit waren, in ber Slbficbt, ft<^ einen SermögemSoortbcil — nämlich bie
2lufhebung eines gegen Tie uerfügten 3 roan 9$ ö *tf au fö üon 3Jtobilien — ju
»erraffen, burd) unbefugte Stieberfdjrift unb unterfcbriftlicbe SSoUjic^ung ber
Originalbcpefcbcn mit bem 9camcn beä ©läubtgerS fälfajlia) angefertigt unb von
beiben ^rioaturfunben babureb, bafj fie bie ßufteflung ber $epefcbenau3fertigungen
an bie 2lbreffaten neranlafcte, jum 3roe<f einer Xäuiajung ©ebraudj gemalt
3U ^aben.
S)urd) $efd)luf? ber I. Straffammer beS SanbgeridjtS ju Söetmar r>om
2. Februar 1880 mürbe ber Slnflage entfprccbenb baS ^auproerfa^ren gegen
XI). Xx. vot bem 2anbgerid)t au Söeimar eröffnet, unb in ber £auptoerbanblung
bafelbft uom 18. ^ebruar 1880 mürbe bie 2lngef tagte wegen jmeier $älf jungen,
in ber 2lbfidjt, ftd) einen SöcrmögenSoortbeil su »erfebaffen, auf ©runb ber
§§. 267., 268., 74. beS 9t. 6t. ©. jeboeb unter annähme milbember
Umftänbe , 3u einer ©efammtjrrafe r»on jroölf Xagen ©cfängnifj uon ber
II. 6traffammcr bcS gcbad;ten SanbgerichtS »erurtljeilt. («orfifccnber £anb<
gcricht£*$)ircftor Dr. $rte3.)
2lu£ ben ©rttnoen 3um Strafurtljeil mag bic Slnfübrung be£ Xl)ai>
beftanbcS enthält baS oben SJfttgctbeilte — ^olgenbeS, ma£ 3ur rechtlichen
Söcurthcilung Dienen foll, heruorgeboben merben:
„3n biefem Verhalten bor älngcflagten liegt ber £batbcftanb ber fälfa>
Itdjen Anfertigung non ^rioaturfunben, roeldje jum Vcioeifc oon Dichten unb
StecbtSnerljaltniifcn von (Srbeblicbfeit finb.
5Der §. 267. be3 6t. ©. V. enthält Feine Definition bcS Portes „Urfunbe";
e$ ift aber nach ben SDtotioen unb ben 9lnfid)ten aller Äommcntatorcn jrocifelloS,
bafj ber 2luSbrucf allgemein 3U uerfteben unb nict)t auf fcbriftlicbe 2luf3etdmungen
3U befchränfen ift. Sollte man aber audj eine befebränfenbe Auslegung $la(j
greifen laffen, fo mürbe boeb immer barilber fein 3 roc tf c l befielen fönnen, bap
eine fd)riftlidj abgefaßte, mit Untcrfc^rift Dcrfcljenc, biSpofttioe SÖillenSerflärung
in ber Xfyat eine Urfunbe ift. 9Jcit einer folgen haben mir cS Wer su t^un.
^n bem erften fälfdjticb angefertigten Telegramm 3cigte ber angebliche 3^erfaffer
eine angeblid) gclcijtctc, in ber Xtyat gar nicht erfolgte 3 a h^"9 v< > n 7 Ö 2Warf
an unb ermächtigte feinen 2lnmalt, bic Verweigerung 3u fiftiren; in bem 3»oeiten
aber beantragte er fogar bireft bei bem ^uftijamt bie 6iftirung. S)te8 maren
fdjriftlid) abgefaßte, mit bem 9tamcn beä angeblichen Serfaiferä unterjeichnete
bi^pofttioe 2ÜiHenScrflärungcn. Daft biefe Ürfunben nicht in bie §anb
be« 2tbrcf faten gelangten, fonbern in ber Söermaljrung bcS
2;elegraphenamtc« jurücf blieben, änbert felbftocrflänblich an bem
Segriffe ber Urfunbe gar nichts.
3)ie 5Hid)tigFeit biefer 2Infict)t ift namentlich auch anerfanut in Oppenhoff,
Äommentar, 2lu6g. VII. 31t §. 267. not. 223. unb finbet fieb übcr3cugenb au^
geführt in bem bort angebogenen (Srfcnntnife bcjS preufj. DbcrtribunalS. 9tach
biefen 2lu5fü()rungen fteht eine fog. Original * 3)epcfche einem ©riefe in ber
JBebeutung einer Urfunbe gan3 gteid), nur mit bem Unterfcbtcbe, ba^ im
Selegraphenoerfehr ba& Original bei ber 33cf)örbe 3itrücfbehalten unb eine
telegraphifch l;crgeftellte Äoptc an ben 2lbreffaten hinamSgegeben roirb. Ob auch
biefe Äopie im 6inne bcS 6t. ©. al5 eine Urfunbe 311 betrachten unb ob in
einer fätf glichen Slnfertigung einer folgen ber $b«tbeftanb ber Urfunbenfälfchung
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196 gßfömtg tctcgra»jbtf<£>er IDtpefdjen.
m erbltefen ifi, ba« fann l)ter auf ftd) berufen; benn mit 9tedjt f>at bie 2tttflaflc
für bic fälfd&Itdje Slnfertigung ba$ ©croiebt auf bic Origmal*£>epcfcJ>en unb nic$t
auf bic ben 2lbreffaten zugegangenen Sluäfertigungen gelegt.
60 unbestreitbar ^iemad^ bie ßigenfdmft bet von ber 2tngcflagten
angefertigten ftepefdjen als qirioaturfunben tft, ebenfo unjroeifclfiaft ift e£, bafj
bicfelben 3um 33croeifc uon 9iecf)tcn unb N Jtea)t^ücrt)ättni|fen oon Grbeblta)fett
finb .... 2)ie 2lngeflagte bat oon ber fälfdjltd) angefertigten 2>epef<be 511m
3roecfc einer Säufcfjung ©ebraueb gemalt. Sic fjanbcltc in ber 2lbftcf)t, ftdj
einen $crmögcn3öortf)ctl gu r»erfd)affen, roela)er barin ju crblicfcn mar, bafj fie
ben brobenben «RroangSoerfauf abroenbete.
3)a bie langeftagte nid)t in ber 2lbftd)t Ijanbclte, tbren ©laubiger ju
fdjäbigcn, ba lefctercr aud) fpäter uollftänbig bef riebigt roorben tft unb ba bic
2lngeflagte in ibrer großen 9totl; fieb ber Strafbarfeit if)rer öanblungen nidjt
»oll beroufet geroefen fein mag, rechtfertigt fta) bic 2lnnabmc milbcriiber Umftänbe
unb bie Slnnabmc beS geringften Strafmass non einer 5öSod;c für jeben gaU,
foroie bic crmämgtc ©efammtftrafc."
SDcr Staats anmalt menbete gegen biefeS Grfcnntnij? ba$ 9teebt3mittel
ber 9teoifion an ba3 9letd)£gerid)t jir©unftcn ber Slngeflagten (§. 238. 2lbf. 2.
ber 91 St. <ß. 0.) ein, roeil bie SBerlcfcung einer 9iorm beS materiellen 9teeb&,
nämliaj bc3 §. 268. 3. 1. eil. §. 2G7. bc$ 9t. St. ©. bejtebunaSroeife be$
§. 263. be3 9t. St. ©. $3. infofern oorliegc, als ©efetje, nämtia) §. 268. 3. 1.
§. 267. cit., ntdjt richtig angeroenbet roorben feien, unb ein ©efefc, nämlid)
§. 263. be3 9t. St. ©. $3., außer Slmocnbung geblieben fei, roetcbeS auf ben in
bem angefochtenen Urtbcile fcftgeftclltcn Slmtbeftanb hätte angeroenbet roerben
muffen. $\\ ber Scgrünbung biefeä 9ted)t£mittel£ roirb bie Behauptung tror*
angeftcllt: bic Slngcflagtc ^abc oon ben Originalbcpcfdjcn einen ©ebrauaj
üum $md einer 2äufa)ung überhaupt nicht gemacht, auf bie beiben in 9tcbe
ftehenben $epcfcbcnau3f erttgungen aber, roclchc in ber Xtyxt $u bem gebauten
ärocefe mißbraucht roorben, finbc ber 33cgrtff ber Urfunbe feine 2lnrocnbung.
äöeiter roirb ftolgcnbeä ausgeführt:
1. Sie Urfunoeneigenfcbaft einer 3ur 3lbfenbung übergebenen Original*
bepefc^c roirb nid;t beftritten, auch nicht, bafj bic fälfa)Udje Unterfertigung ^eiucS
fremben 9lamcnS unter einer folgen Urfunbe eine ^älfefmng enthalte; allein
jum gcfejjlichen begriff gebore aud) noch, bafe oon ber gefältelten Urfunbe §um
3roecf einer Xäufa;ung ©ebraueb gcmaajt roorben fei. 3)icfcr ©ebraud) ber
„Urfunbe" im Sinne beS §. 267. 91. St. ©. fönnc in ber SluSbanbigung
ber 2lufeeid)nung an ben Xclcgrapbcnbcamtcn nidjt gefunben roerben, roeil
ber biefem gegenüber gemachte ©ebraueb nia)t ben bcroetöcrljebtidjcn ^n^alt ber
Urfunbe jum ©egenftanbe Imbe, fonbent fidj lebiglia) auf bic ^bentität bc3
2lbfcnbcr§ begebe, in 3ietrcf| roeldjer bic 9iicbcrfcbr(ft nid)tö beroeife.
2)ie 9licbcrfcbrift, roeld)e ber Xetcgrap^cnftation jum 2lbtelcgrap^iren
übergeben roerbe, fommc bem 2lbrcffatcn, bei roelcbem nad) ber ^cnbcnj beS
2lbfcnberö ber ©laubc erroerft roerben folle, baft baö Telegramm oon SDcmjenigcn
bcrrütjre, beffen 9tamc gemifibraud)t roorben, gar nid)t ju ©efiebt. 3)ie auf*
gegebene Urfunbe enthalte nur baö, roas ber 2lbfcnber bem Gmpfänger ber
S)epcfa)c böbe fagen ro ollen, btefe bagegen ba£, roaS er i^m gefagt f>at.
cfr. (Jrfcnntnift bcö D. 2l.*©cridn$ ju 9)tüna)en uom 21). $c*. 1873 in
Stcngtcin'5 3citfd;r. III. S. 220 unb §. 10. ber 9tciAö*Xclegrap^enorbnung
v. 21. Sunt 1872. 9t. ©. m. S. 217.
2. Sic 2lu£ferttgung ber £cpefa)c, b. f>. bic bem (Smpfänger ber
3)cpcfd;c oon ber 2lnfunftö*Station 3ugeftelltc 9iicbcrfdirift fei niemals eine
„Urfunbe", nia)t einmal bic 2lbfd)rift einer foleben, fonbern nur eine einfache
Slieberfc^rift beS Selcgrapbiftcn über biejenigen ^clegrapljcnjcicbcn, rocla)e i^m
von ber 2lufgabcftation jugegangen feien.
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£)te Xelegraphenämter, bie Originale her aufgegebenen 2)cpefd)cn bebaltcnb,
feien nicht Veförberer biefer Originale, fonbern fie gäben bem 2lbrcffaten nur
eine Äopte, ofme alle Uebcrnabmc einer ©arantie weber für bie 2lutbenttcüat
ber 2lufgabebepefd)e noch für bie Srcuc ber Äopie. (SHcnfcbcr in ber 3eit-
fdjrift f. beutfeh. Stecht XIX. 9tr. VIII.) 2lber aud) nid>t ju feinem Manbatar
beftelle ber 2lufgeber ber 2)epefd^e baS £elegrapbenamt, mclcbenfalls bie aus*
gefertigte S)epefdje cS als fa^rtftlidjer 2(ft oerpfliebten tonnte, fonbem er oer*
einbare mit ihm eine locatio conduetio operis, wobei ber SBitte beS 2lbfenberS unb
bie Verpflichtung ber Selegraphcnoerwaltung baljin gebe, baft feitenS ber
lejjtercn auf ber 2JnfunftSflation eine Atopie ber bort eingegangenen Stclegrapben*
3eid)en angefertigt unb bem 2tbref[aten jugeftcllt werbe, demgemäß fdbreibe aua)
baS £elegrapbcnamt bem Slbrcffaten nicht unter eigener Unterfd)rift unb in
Vertretung beS SlufgeberS, fonbern eS ftelle bem 2lbreffaten bie mit ber Unter*
febrift beS Stufgebers oerfehene 2lufgabcbepefd)e in einer ungarantirten einfachen
• Diieberfcbrift beS Sfcelegraphenbeamten $u.
3. 9iaty alle bem fönne auch in bem oorliegenben ftalle, in welkem
jwei Slbreffaten burd) Aufteilungen oon ®epcfcbcnauSferttgungcn getäufebt
worben, niebt wohl bebauptet werben, bafj ju biefem Qioidi oon ftUfdjuco
angefertigten „Urfunben" ©ebraueb gemaebt worben fei; bie Säufcbung fei oiel*
mehr bureb ein meebanifdjes 3Kittel bewirft roorben, roclcbem bie Urfunbeneigen*
fdmft nicht innewohne.
S)ie gan^e ftrafbare Manipulation ber Ülngcflagtcn ftelle fidj bemnacb
als betrug Smcbium bar unb erfülle ben £b a tbeftanb beS §. 203. beS
5t. 6t. ©. welcher auf bie föanblungSweife ber 2lngeflagten in Slnroenbung
ju bringen geroefen roäre.
§n feinem ©abreiben bei Ueberfenbung ber 3lften an beu Ober ^Reichs*
anroalt bemerfte ber I. Staatsanwalt bei bem Sanbgericbt m Weimar, bajj er,
entgegen feiner in ber 2lnflage oertretenen Slnftcbt, bie Weoifion cingewenbet
babe, um bie norliegcnbe, auf alle s JtcdjtSgebtete übergreifenbe tyvin*
3ipienfragc ber Slnwcnbung beS Urfunbenbegriffs auf ben telcgrapbifcben
Verfebr bureb eine ©ntfebetbung beS böcbftcn ©erid)t$hofeS 3u bem erwünfebten
SluStrag m bringen.
$tefe£ erfannte am 15. WM 1880 „im tarnen beS mdfi" im III. ©traf'
fenat unter bem Vorfifc beS Dr. o. Veucrle unb ajiitwirfung ber 9t ©. 9t.
Schüler, Dr. u. ©räocni|}, SUtafemann, Dr. SBoljc, Dr. ©piefj unb
©djecle, fowic beS 9teicbSanmaltS ©tenglein, ba§ baS angefochtene Urtbcil
aufzubeben unb bie Slngeflagte fojtenloS freisufprea^en fei. 3n ben
biefem Urtbeil beigegebenen ©rünben wirb oorangefdjicft, bafj bie oorigen
Stidjter mit 9lccbt angenommen bitten, bie beiben in §xage ftebenben 2)epefcbcu
feien ihrem ©egenftanbe nacb sunt Veweife non 3ted)ten ober 9tecbt«oerbältniffen
uon ©r^cbli^fcit, benn bie ftrage, ob burd) Aufgabe uncdjter S)epcfcben eine
Urfunbenfälfchun^ begangen werbe, müffe junäcbft auf folebe S)epe"cben ein*
gefc^ränft werben, bie nadj ibrem ^[nbalt überhaupt eine Urfunbc barftellcn unb,
ba e3 fid) im norliegenben ^att um §älfa)ung oon ^riuaturfunben banbelt, auf
folebe 3)epefcben, welche jum SBeweife oon Steckten ober iHecbtSoer^ältniffcn oon
@rf)eblicbfeü fein fönnten. (@« folgt nun bie tbatfäcblicbe 2luffübrung.)
Sei ber aufjerorbentlidjen SBicbtigfeit unb Tragweite ber weitexen
Vegrünbungen mögen biefelben wörtlich wiebergegeben werben wie folgt:
„3)ie oorigen dichter h fl bcn fobann feftgeftcllt, bafe bie 3lngeflagte bie
beiben ©cbrtftftücfe felbft febrieb unb mit Untcrfcbrift oerfah; auch ergiebt
fich aus ben tbatfäcblicben ^eftftellungcn, baft bie Slngeflagte hierbei in ber
^Ibficbt banbelte, gegen ben bereits erfolgten auSbrücflicben Söiberfprucb ihtcS
©läubigcrS bie ju ©unften beffelben angeorbnetc Verjteigerung ihrer ©aeben
unb ber ©achen ihrer ©chwefler burch eigenmächtiges Eingreifen }u hintertreiben,
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198 fcÄWwrfl tdegratfiifcficr $q>efcf)en.
unb baf$ fic bicfe 2lbfid^t baburd) jur Ausführung bringen wollte, bafj ber Inhalt
ber ©chriftfttiefe an ben flägcrifc^cn Anwalt unb an baS Suftijamt abtelegraphirt
würbe, faxe Abfid)t mar alfo eine rcdjtSiüibrigc unb ging auf einen SBcrmögenS*
uortheil. Aua) mar Incrnad) il>r s -8orfafc bei ber Anfertigung ber 6d>riftftücfc
unter ber SßorauSfefcung auf Anfertigung oon Urtunbcn genutet, wenn in ber
oon ihr bcabftdjtigten Vorlegung berfelben auf bem Telcgraphenamt ju beut
gebauten 3wctf ein ©ebraudj berfelben als Urfunben lag.
Um biete lefctere $rage bewegen ftd^ bie Ausführungen ber 9tcoifionjS*
fd)rift. (Sbenfo geht bie in ber Literatur unb Stechtfprcdjung in $3ejiehung
auf bie Abfenbung unechter Telegramme erörterte fixciQt hauptfädurch balnn,
ob bei einer SSenoenbung biefer Art von bem an fid) eine Urfunbe barftellenbcu
unechten ©dnüftftücf ber Originalbcpefcbe, als oon einer Urfunbe, (Gebrauch
gemadjt werbe. 2)ie ©ntfdjeibung bet ftrage fann nur barauS entnommen
werben, ob bei ber SJerwcnbung eine« unechten, unb footel feinen Inhalt betrifft,
eine Urfunbe barfteüenben Sd)riftftücfS biefcö als Littel jum Öeweife einer-
Tbatfadje biene unb bienen folle, unb biefer beweis fann mieberum möglicher*
weife bem Telegraphenbeamtcn ober bem Abrcffaten gegenüber geführt werben
foUen. 35er Üfcbraud) mufe aber nach bem gcfefclid)en begriffe ber $älfd)ung
(§. 267. beS Straf gefcfcbuchS) jugleid; ben $med einer Täuidnmg gehabt haben.
T)a nun bie oorigen dichter thatfäd>lich fcftgeftellt haben, ber ,3mecf oer
2lngeflagten fei auf Täufdjung beS McdjtSanwaltS 0. unb beS ^ufiuamtS
AUftebt gegangen, tommt es für ben »orlicgenben ^all nur barauf an, ob bem
®. unb bem äuftijamt gegenüber ber Inhalt ber beiben 2)epefd)en abftd^tlid)
jum 2kweife einer unwahren Thatfadje benüfct fei.
Db Sdnüftftücfe oon ber Angesagten auf bie angegebene SBeife oerwenbet
worben finb, ift an fid) eine reine Tljatfrage. S)ie oorigen 9lid)tcr ^aben fic
aber in biefer gorm nicht mit ausbrüeflichen Söorten beantwortet, währenb
anbererfeits hierin fein projcfiualtfchcr ^erftofj gefunben unb feine ^erlcfcung
einer 9ted)tSnorm beS Verfahrens behauptet ift. (§§. 384. 392. ber Straf*
projefcorbnung.) 33ei biefer «Sachlage tmnbelt es fid) barum, ob aus ben tfmt*
fächlichen gcftftcllungen beS angefochtenen Urteils, wie fic oorliegen, abgeleitet
werben fann, bajj bie Angcflagte oon ben Sdjriftftücfen einen (Gebrauch ber
bezeichneten Art wirflidj gemacht fjat, fo bafj bura) bie Bestellungen bie SBer*
urtljeilung wegen Urfunbenfälfdjung getragen wirb, ©ben bieS mufj aber oer*
neint werben.
3war ift cS richtig, bafj bie Angeflagte ben @. unb baS ^uftijamt oon
einer unwahren Xlwtfadje tiberzeugen wollte, nämlich oon ber äöiUenSerflärung
beS di. (©läubigerS) tunfidjtlidi ber Siftirung ber Verweigerung. Aber baS
Littel, beffen ite fia) ju biefer Täufchung beoiente, war nur bie ^minfprud)-
nafjme ber 2elegrap|cnan|"talt jur Ucbermittelung ber angeblichen äBitten^
erflärung, unb um biefe« Nüttel in Söirffamfcit ju fe^cn, probujtrte fie ^war,
ber Drbnung beö Tcle^raptjenbienfte« gemäfe, bie oon il)r auj^fertigten ödjrift*
ftücfe, nidjt aber, um biefe al«8 sBcmei&mittcl ber äBiüen^erflarung jur ©eltung
ju bringen. S)em 5telegrapl;enbeamten gegenüber foüte ein Scwei« überhaupt
nid;t geführt werben. S)ic Abrcffaten ber beiben Telegramme aber fonnten
burd) bie Sd)riftftü(fe in ber ©igenfd;aft berfelben als Urfunben über bie
5öiUcnScrflärung beStjalb nid)t überzeugt werben follen, weil ber Angeflagten,
inbem fic t>a& aWittel ber tclegrapl)ifd)cn 5öenadwid)tigung wählte, befannt war,
bafe i^re Sdjriftftttcfe ben Abrcffaten nid)t $u ©cfidjt famen. (£in beweis burd)
Urfunben fann nur geführt werben, infofem biefelben wahrnehmbare Dbjefte
finb unb wirflia) wahrgenommen werben.
äitenn ber (Smpfänger eines Telegramms ben Inhalt beffclbcn für wahr
hält, unb nad; biefer feiner Annahme Iwnbelt, wei^ er jwar, wo bic in $)cutfa>
lanb eingeführte Drbnung beS TelegraphenwcfenS befteht, oafj regelma&ig eine
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ftitfdmttg tcteflrapbifd)« 2>e»>ef#en.
199
fchriftlid) abgefaßte $)epeiche auf bcr Abgangäflatton überreizt unb niebergelegt
ift, jebod^ fann er feinen ©tauben an oen 3 n ^lt beS Telegramme« nicht auf
ift, ba et für beren ©chtbeit bei ber Unmöglichfett einer Prüfung ber (bc^rift*
jüge feincrlei ©ernähr hat, oielmehr nur erfährt, baft irgenb 3cmanb, beffeu
$erjöntid)feit nicht fonftatirt ift, ba« ©djriftftücf mit einer StamenSunterfchrift
gebraut unb bie Abtclcgrapljtrung beffelbcn ocrlangt hat. ^nforocit er bent
Telegramm glaubt, oerläfet er ftch lebigltch auf bie im Allgemeinen Durch bie
Erfahrung benötigte Annahme, e« werbe &iemanb ©runb unb Abftdjt gehabt
haben, u)n m tauften; einen SBemei« für bie 5Rid)tigfeit biefer Annahme im
tonfreten ftall tjat er nicht, unb fann ilm erft nachträglich burä) bie aufgegebene
2)epefd)e erhalten, wenn er fidf) in bie Sage bringt, btefe einjufcbeu unb auf
bie tfennaeichen ber Authenticität ju unterfuchen. 2)ajj bie 2)epefche auf biefe
Söetfe jum Beweismittel werben, alfo in bcr (Sigenfchaft als Urfunbe bienen
fann, ift jeboch unerheblich für bie %xaaz, obfdjon ber Aufgeber fie in biefer
©tgenfehaft bcnüfct habe, unb folange otefeS nicht fefigeftellt ift, oielmehr auS
ben bewiefenen Sc^aifad^en ftd), wie hier, ba£ ©egentheil ergiebt, fehlt eS am
Thatbeftanbe ber Urfunbenfälfchung. 2)ie Steoifton erfebeint alfo, foweit fie bie
2$erurtf)eilung ber Angesagten raegen Urfunbenfälfchung anficht, als begrünbet.
Sticht begrünbet ijt fie bagegen inforoeit, als fie bie Anwenbung ber
©trafbeftimmung über betrug forbert. $cr §. 263. be« 6trafgcfc&buchS oer-
langt jum ^^atbeftanbe bcö Betrugs, bafi ber tyättx baS Vermögen eine«
Anbeten befchäbigt habe. 9fun folgt barauS, bafj bie Angeflagte oen 93er«»
mögenSoortbeil ber ©iftirung ber ihren ©achen brofjenben Skrfteigerung erreicht
bat, nic^t, bafe ihr ©laubiger an feinem Vermögen befchäbigt worben fei; er
erhielt nadj ber fteftjteHung ber oorigen dichter oielmehr bie ooUe SBefrie bigung
feiner ^orberung unb fann fie fogar früher erlangt höben, als fie ihm ju
geworben fein mürbe, toenn bie äterfteigerung jur Ausführung gefommen märe ;
Demnach mar mit bcr £anblung«weife bcr Angesagten auch baS «ewufjtfein,
bafe fie ihren ©läubiger am SScrmögen fchäbige, nicht oerbunben. S)afj fie bie
Abfielt nicht hatte, eine ^ermögcnSbefcf)äbigung 3U beroirfen, hoben bie oovigen
dichter gleichfalls feftgeftcUt. 3)er ©läubiger ber Angeflagten mürbe alfo jufolge
ber geftjteüungen beS oorigen UrtheilS roeber gefchäbigt noch tollte er gefchäbigt
5)afe auch nicht bie Uebertretung be« §. 360. 3ftr. 8. be« 6t. ©. SB. oor*
liegt, ergiebt fidt) barauS, bafe theil« bcr eine $epefche annehmenbc Telegraphen*
beamte, wenngleich et einen Nachweis ber Echtheit ber Unterfchrift bcr ftepefche
forbern batf, nicht baS SRecht hat, ben tarnen be« Uebcrbringer« ber le&teren
ju erfahren, alfo fein „juftänbiget" Beamter im 6innc be« citirten §. ift,
u)eiLs bie Angesagte einen ihr nia)t jufommenben tarnen ndj beigelegt $u haben,
nicht befdfmlbigt roirb, bie eine oon ben beiben 3)epefchen fogar mit ihrem wahren
Warnen neben bem ihres ©laubiger« bezeichnet hat unb felbjtocrftänblich nicht
baoon bie Siebe fein fann, bafj fie etwa bei ber jweiten ®epefche, welche nur
bie Unterfchrift ü)reS ©läubigcrS trägt, ben tarnen beffelbcn ftch beigelegt habe."
Glicht 5um erften ^Jale ifi bie oorliegenbe $rage ©egenftanb cingehenber
Erörterungen gewefen. Anerfannt war, ba| bie Xelegraphcnanftalt nicht oor
ihr niebergelegte ©rflärungen ju beurfunben habe, fonbern nur 33eförbcrung$'
anfiatt fei — ©oltbammer'« Archio XI. ©. 766. $aj3 Qxl beS IV. (Sioil-
fenats beS preufe. Dbertribunalö o. 2. 2M 1861 nahm an, bafe burch bie bem
Telcgraphenbürcau übergebene fdtjriftlichc Aufgabebcpefchc bem erforberniffe ber
ichrirtlidjen Errichtung eine« Vertrag« genügt werbe, cfr. Oppenhoff , Kommentar
jum ©t.@.»., l.Aufl. (1871) 9tr. 116. su §. 267. tiefer fügt noch yei:
„Ob in ber AuShänbigung berfclben an ben Telegrapbenbcamten ein
©ebraua) jum ,3wecfe bet iäufchung ju finben fei, unterliegt bet tf>at-
werben.
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200 Stfffäung tefcgr<u>(?ifd)cr fcepefäen.
iädjlidjen Prüfung, wirb aber in ber föegel ju bejahen fein, ba jeber
Tclegrapljenbeamte Slnftanb nehmen wirb, ein aufgegebene« Telegramm
5U beförbem, fobalb er bie Ueberjeugung f)egt, bap e« nid)t von Sem-
jenigen auSgcfye, beffen Unterfcbrift c« trägt, fonbern wiberreä)tlid) non
einem dritten mit biefer Unterfcbrift nerfe^en worben fei; ber ©ebraud)
jlelt bann unzweifelhaft auf eine Täufdning be« Beamten ab."
Scbwarjc im Kommentar 311 §. 267. ftcllt unter $3e$ugnafimc auf fäcbf.
©crid)t«*citung VII. 33. bie Aufgabe eines Telegrammen unter falfdjcm Stauten
ber ^älfajung einer Urfunbe gleid;.
91cuerudj bagegen wirb befebränfenb gefagt: ba« Original eine« bera
Xelcgraul)enbeamten jur SBcförberung übergebenen Telegramme« fönne fidj al«
Urfunbe barftellcn, inbeffen fei e« grage bc« e inj einen % alle«, ob in ber
Ucbergabe beffelben an ben Telegrapbiftcn ein ©cbraudjmaajcn $um 3 roe tf
Täufcgung 3U erblicfen fei, in ber Siegel fei e« nidjt ber $all — cfr. banertfaje
©ntfebeibung III. 589. Stenglein, ijeitfdjr. III. 220. ©oltbammer'S 2lrebir»
XXII. 285 ff.
$)ie ftreittge $raae einer weiteren Prüfung unb bie norliegenbe Gnt*
fdjeibung bc« III. Strafienat« be« 9leid)8gcriä)t£ einer ttritif ju unterwerfen,
bat uorerft faum eine praftifdje ^ebeutung, nid)t cl)er, al« bi« ein anbercr
©traffenat bie $rage wieber einmal ju entfebeiben baben wirb unb uiellcidjt
einige 9ioti$ tum ben Stimmen, welcbe ftd) über ba« SBcbenflid)c einer ^eft*
Haltung an jener (Sntfajcibung baben laut werben laffen, ju nehmen niä)t oon
ber §anb weift. Sterfaffer wagt e«, feine 23ebenfen gegen bie §altbarfcit ber
gebauten (Sntfdjeibung unb beren S3cgrünbung barjulegcn, weniger etwa, weil
er uor Salden fid) mit ber monograptyifdjcn ^Bearbeitung ber Setyre uon ber
gälfdjung unb bem betrug befafet gehabt gat, 1 ) al« uielmefjr, weil er fid) ge*
wötynt f)at, bei Söfung ftreittger 9Jccj)t«fragcn bie telcologifd)e SJeftimmung eine«
Seben«* unb S?erfebr«oerl;ältnif[e« im 2luge 3U bebalten, bie in ifmen ru^enbe
Drbnung«* ober 9ted)t«ibee ju ergrünben unb biefc jur Auslegung uon ©efefeen
mit ju oerwertf)en, fo bajj ba« betreffenbe Skrfebr«* unb 9ted)t«inftitut, oijne
3wang ju crieiben, nadj uulgärer Sluffaffung aud) fernerhin leben«* unb fort'
bilbung«fäf)ig erfd^einen fann.
Sie oorlicgenbe Gntfdjetbung fd)eint mir in ibren (Sonfequenjen, inbem
fic eine £anblung«weife, beren 3lecbt«wtbrigfeit fie felbft niajt oerfennt, bie aber
nad) uulgärcr 2tnfd)auung al« jweifello« fteafbare plfa)ung betrautet wirb, ber
friminellen Seftrafung nid)t unterteilt, ber ©idjertyeit bc« Telegrapljcnöerfcbr«
erbcblid; Eintrag ju tfjun, oon juriftifc^cm ©tanbpunft geprüft aber an einer
befdjränfenben Untcrfcbeibung ju leiben, welche ba« ©efefc nidjt gemalt l;at unb
welche ber ©efefcgeber woljl nia)t $at machen wollen.
S)ie SBegrünbung berfelben fcljlt m. 6. barin, ba§ jic nur bann einen
oon ber gefällten Urfunbe gemalten ©ebraue^ annimmt, wenn biefer un*
mittelbar Sern gegenüber gcfdjcfjen ifi, welker fi$ in ber Sage befinbet, ben
uom Tl;ätcr enblic^ bejwccften SBewei« oon Siechten ober SBcrjicbten bcj.
$öillen«crflärungcn in SRc(bt«oer^ältniffen ^u empfangen ober für weisen ein
fold)er Scwei« oon ©r^eblidjfeit ift. $>ie« würbe im Telegrap^cnocrfebr nur
bann ber gaH fein, wenn ber Slufgcber ber $)epcf(^enurfd)rih ba« Telegraphen^
amt beauftragte, biefe (erforberten ftalle«) bem Slbreffaten al« S3cwci«mittcl ber
2öi[len«erflärung 3ur ©eltung ju bringen, ober wenn ba« Telegrap^cnamt, o^ne
einen fold;cn Auftrag, auf Verlangen be« Hbreffaten biefem bie Urfc^rift Ijcrau«*
gäbe, fo bafj fieserer alfo in bie Sage oerfe&t wirb, fclbfl bie (S^tljeit ber Unter*
1) 0- Ortlofj, «ügc f 8K»lf*img, «Betrug. I. II. 3«na, gr. ftrommamt, 1862.
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I
$älfd)ung tetcgrctt>fjtfdKt Sepefdjtrt. 201
fdjrift ju prüfen. <£in jura 3wecf ber Täufdnmg nur be3 Abreffaten unb nur
biefem unmittelbar gegenüber gemachter ©ebraueb einer gefälfebten $)cpefd)en*
urfchrift würbe bemnacb oen Thatbeftanb ber S)epefa)enfälfchung erfüllen, Boraus*
gefegt, bafj bie Urfchrift fonft aua) objefttr» bie Urfunbenetgenfchaft befäfee.
$>ie entfä)cibuna«grünbe fagen: ber Abreffat fönne feinen ©lauben an
ben ,) tili alt be3 Telegramms nicht auf bie 3)epefä)e numi, folange Um nicht
eine Beglaubigung berfelben jugegangen ift, ba er für beren @a)theit bei ber
Unmögltcbfcit einer Prüfung ber Scbriftjüge {einerlei ©ernähr habe; infoweit er
bem Telegramme glaube, oerlaffe er fid) lebiglta) auf bie im Allgemeinen burch
bie Erfahrung betätigte annähme, c& werbe Jäemanb ©runb unb Abfid)t gehabt
haben, tlm ju täufa)en; einen Beweis für bie 9tia)tigfeit biefer Annahme im
concreten §alle jjabe er nid)t unb tönne ifm erjt nachträglich burd) (Sinficht*
nähme unb Prüfung ber AuthenticitätS'aJierfmale be£ 3)epefa)enoriginat$ erhalten.
2)iefe£ ju unterfdjreiben, roirb 9liemanb Bebenfen tragen. 2)amü bei
^emortretenben 3roeifeln an ber @d)ü)eit ber Unterfchrift einer &epefchenurfchrift
eine, foldje Prüfung burd) ben Abreffaten möglich fei, mag aufjer bem &md,
bafj bie Telegraphenämter aud) für fia) bie erforberlid)en Belege haben, burd)
§. 29. ber Telegraphenorbnung für ba£ 3)eutfa)e 5teid) oom 21. 3uni 1872
aud) biefer Beweis ber (itytytit burd) bie SSorfd)rift ju fichem beabfta)tigt
geroeien fein, nämlich in ber Beftimmung, bafe bie S)epefd)enoriginale eine gewiffe
3eit lang aufbewahrt werben foUen.
Allein es märe fd)limm um bie Sicherheit beS Telegrap|enoerfehrS in
redjtlidjen Angelegenheiten beftedt, wemt nid)t Littel unb SBcge ge{d)affen mären,
bem 3Wi&braua) biefes BerfehrSinfittutS juüorjufommen. Söelche @rfd)roerungen,
welche Umftänblia)teiten mürbe e$ mad)en, menn man ju jeber S)epefd)e, meld)e
für s Jled)te unb s Jled)töoeT^ältniffe erheblich ift, um baoon einen materiellen ©e*
brauch machen ju tonnen, erfl eine Beglaubigung ber 6d)t^eit ber Unter««
f cb rif t unter bem S)epefd)enoriginal befd)affen mtifjte? 3)ie 2>epefchenauSfertigung,
welche ber Abreffat empfängt, märe nichts roeiter als eine oorläuftge Bcnadj*»
ria)ttgung an biefen, bafj eine Urfd)rift beS unb beS ^n^alteS bei ber Aufgabe*
ftation liege. Unb mag hätte baoon ber (Empfänger, menn er biefer Urfd)rift
nia)t ©lauben fajenfen tonnte, fonbern fletS erft einfielt banon nehmen ober
eine Beglaubigung ber Authentiätät einforbern imune ? 2)ann brauchte man bie
^oftfarten-flommumfation $u mahlen unb ber ganje 3^ecf ber Telegraphen*
anfialt — bie fd)leunigfk Uebermittelung ber ©ebanfen- unb SöiUenSäufeerungen —
märe noch baju für treuere« ©elb uerfeblt.
@S mag in biefer Beziehung auf bie oerbienfUiche Ab^anblung beS
^ujtitiariuS ber ©eneralbireftion ber Telegraphen ju Berlin, beS ©eb. jOber*
toftrath Dr. D. S)ambad) aud bem Saljre 1871 in bem ©erid)töfaal XXIII.
. 242 ff. befonberS aufmerffam gemalt werben: „SDaö $elegrap(>en^trafrecf)t'',
worin namentlid) auch ber jutreffenbe ©ebanfe au«gefproa)en mirb, bafe bie
©efefegebung bi& ba^in nicht ber (Sntmicfelung biefer neuen 5Ber(ehr«gebiete8
(ber Xelegraphie) entfpred)enb gefolgt fei
S)ie in ^artifulargefe^en, in bem S8etricb«reglement für bie ^orbbeutfd)en
Xelegraphenftationen unb in bem 2Biener internationalen Telegraphen Vertrag
enthaltenen Befhmmungen erhielten im ^)ahre 1872 in ber obenerwähnten
Tetegraphenorbnung für baö S)eutfd)e Sleid) ihre 3ufammenfaffung unb Läuterung.
SDtefe hat benn aud) erfannt, bafe bie im „Allgemeinen betätigte Annahme, eS
werbe ^iiemanb ©runb unb Abfid)t h^ben," ben Abreffaten im S)epefa)ennerfehr
ju täufchen, jur Sicherung gegen 2fttfjbraua) bed Telegraphen nicht ausreiche,
^ra §. 10. baf., welcher oon ber burch bie Telegraphenbeamten auSsuübenben
„Äontrole ber 2)epefd)en" hobelt, heifet t&:
„S)er Aufgeber einer $rhmtbepefche ifl nerpflid)tet, auf beSfattfige«
«erlangen bie ed)theit ber Unterfchrift feiner 3)epefa)e naa)-
«r^io im 3. u. 4. «eft 14
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202 SWrntfl tcltarat>t)ifc&er £e*>ef<frett.
juroeifen. ^rioatbepefdjen, beten Inhalt gegen bie ©efe&e »et*
ftöfet u. f. ro., werben surücfgeroiefen."
stimmt man ba$u Abf. 2. be« §. 6.:
„Einhaltungen, SKanbjufäfce, Streid^ungen obet Ueberfchretbungen
müffen oom Aufgeber bet ®epefd)e obet oon feinem Beauftragten
bef peinigt roerben,"
fo ergicbt fich, bafj burd) btefe neue ©efrimmung ben £elegtapfoenbeamten sur
Sicherung be« SBerfeljrö überhaupt unb im Sefonberen ber Abreffaten gegen
£äufdnmgen bie offenbar nicht blofj polizeiliche, fonbern öffentlich rechtliche
Befugnip wie Verpflichtung betgelegt roorben i% bie Echtheit ber Unter*
fünften aufgegebener 2)epefchenorigtnale mdjt minber wie beren ettoa gefe|>
roibrigen ober gefährlichen Inhalt, mag in lefcterer Vejiefiung fdron Art. 20. be«
Söiener internationalen Selegraphenoerttage« georbnet hatte, ju prüfen, ja fogar
jenen Echtheitäberoei« ju forbern; falls berfelbe nicht erbracht mürbe, fonnte
fonach bie Aufgabeftation bie Abfenbung ber $epefche ebenfo oerroeigern, wie
bie ber ihrem Schalt nach anftöfjigen 2)epefche.
2)a8 gebadjtc 9leid)3gefefc fanftionirt m. E. in obigen ©efhmmungen ein
hierin auf 3öa^rf;eit in bet $anb bet Xelegtaphenämtet, welche« auöjuüben fic
im 3TOeifelSfaue befugt, ja fogar oerpflichtet ftnb. 6ie ftnb bemnach jum ©cbu$
bc>3 2)epefchenoerfehr« ©üter ber 28af>rheit ex lege! E« liegt ihnen in btefet
53eäiehuna eine Verantwortlichfeit für ben etma unbeachteten SKfjjbraudh ber
^elcgraphie ob, ben S)epefchenaufgeber jum 3wecf ber £äufd)ung fich erlauben
fönnten — aber aud) nur innerhalb ber oben angegebenen ©renjen. S)ie 3Eele*
araphenbeamten fyobtn fomit au« bem ©efefc einen befonberen rechtlichen
Anfprud), ntdjt über bie $epefdjenunterfchrtften getäufcht su roerben, unb ber
9iccht«grunb hicroon ifi junächft barin ju fudjen, bafj fte fclbft in jebem galle
roiffen mtiffen, wer ihnen mir flieh ben Auftrag ertheilt, bie unb bie 2BilTen«*
etflärung an ben Abreffaten bureb ben $)rabt $u beförbem, meil ihnen eben eine
Verantmortlidtfeit bafür, nicht bloß in Betreff ber reglementSmäfeigen Ausführung
biefcS Auftrage«, fonbern auch rocgen ber ©cfe&mäBigfeit be« ©epefchemnhalte«
unb oor Allem roegen ber Ed)theit«fonttole im Verfehr oon Aufgeber jum
Empfänger gefefelich auferlegt roerben mufc, roenn ber Verfehr bie feine Ertjtenj
bebingenbe Sicherheit erhalten foU.
SBirb nun ber $elegraphenbeamte über bie Echtheit ber Unterfchrift ge*
tauf cht, fo roirb e« folgeroeife auch ber Abreffat, roelcher an ftd), aber noch viel
mehr nun nach 0CI " obigen §. 10., bem Megraphenamt Vertrauen fchenfen mufe,
bafj e« feinen Zweifel an ber Echtheit ber Unterfchrift ber ®epefd}enurfchrtft au
hegen Veranlagung fanb. Söeil alfo nach be* Einrichtung unb Vefnmmung be«
Xelcgraphenoerfehr« ber Abreffat regelmäßig nicht in ber Sage fein fann, jene
Echtheit ju prüfen, hat 9teid)«gefe§ jebenf oM auch in richtiger Erwägung
biefe« Umftanbe« bie Seiegraphenämter als *Rcich«behörbcn jur Sicherung ber
^rioaten gegen Säufdjungen mit jener rechtlichen Vefugnifj unb Verpflichtung
jur EchtheitSprüfung oerfe{jen.
De lege ferenda fönnte t& fich f^ a 9cn, ob ber blojj telegraphenpoli$eilid)e
6ä;ut5 be« §. 10., roelcher ohne Untcrfdjieb ber SDepefdjcn im ^rioatoerfchr, in
bie §anb ber Seiegraphenbeamten gelegt roorben tfi, oollftänbig auSreichenb er*
fchetnt, unb ob c« fich nicht empfehlen roürbe, für ^älfchungen oon S)cpefchen
über §amilien»Angelegcnheiten, Börfenberichte, polittfehe unb anbere Ereigniffe,
wobei Säufchungen über ben Berfertiger bej. Urheber oorfommen, eine geringere
©träfe anjubrohen unb fie unter bie Ueberttetungen im Strafgefc^buch mit auf'
junchmen, fall« man fie nia)t auch wie Urfunbenfälfchung behanbeln wollte.
ftälfehungen ber unjäh^gen Xele^ramme, welche im 6inne be« §. 267.
be« 8i 6t. ©. 5ö. al« Urfunben anjufeben finb, wie $auf* unb SJcrfauf«-
jDfferten im §anbel$oerfehr, 2öaarenbeftcUungen f überhaupt alle tea)t«petbinb'
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2rfilfd)ung telcgra^bifc^r Jtyef *«• 203
U#en SöillenSerflärungen, fmb aud& nacfj ftambadj q. a. 0. ©. 291 ff. oljne
3weifel nad& §. 267. ju befhrafen, ohne baß er aber ben von un£ (jeroor*
gehobenen ©cfic^tjSpunft berührt. @r fagt:
„2öer ein fold&eS <Sä)riftfrü(f, weld&eS bie Urfunbenqualität beftjrt, mit
Dem tarnen eine« 2lnberen fälfdjltd) anfertigt, ober ein ea)te8 edfjrift'
ftücf biefer 2lrt oerfälfd;t unb baffelbe bemnää)ft ber Xelegrapfien'Station
mr 93eförberung übergiebt, mottet ftdj unbebenflia) einer Urfunben*
fälfd&una fajulbig. Denn er fälfdfjt eine „Urfunbe" unb tnaäjt audfj
oon biefer gefälfajten Urfunbe „sunt $xotd ber Säufdmng" ©ebrauaj,
ba er biefelbe beförbern läßt unb in bem Empfänger ben
©tauben erroetfen will, baß ba£ Telegramm oon demjenigen f)er*
riu)re, beffen 9tame gemißbraudjt worben ift."
9Jun möd&te idjj aber, wenn man, wie ber in. Straffenat be£ dltityS*
aeriä)t<8 biefe Snftajt, weld&e mir gan$ bte richtige erfd&einen will, reprobirt, an
jene Scftimmung be« §. 10. ber föeid&Stelcgrapfjenorbnuna anfnüpfen unb be*
inerten, baß auf alle ftälle, wenn ein gefälfc|teg 2>epefä)enoriginal, wclajeS
fonfit bie ©igenfdjiaft einer „Urfunbe" tjat, ber £elegrapjjenftatton jur $efor*
berung übergeben wirb, jum ^roed einer $äufa)ung baoon ©ebraud) gemalt
wirb. Um nämlidfo jur 2äufa;ung beS 2lbreffaten, bie regelmäßig als etgent*
lidjer 3 roc ^ ocr ®epefcbenaufgabe beabftdjtigt wirb, $u gelangen — ber mate*
rieüe (Snbjwctf ber 83enad)tljciligung ober 33eoortf)eilung mag f)ter außer Betraft
bleiben — muß nadfj ber gefefclieben @inri<f)tung beS 2elegrapljenocrfef)rS ber
3)cpefa)enfälfd[)er cor 211 lern als SBorauSfefcung ber (Srreid)ung feinet 3mecteS,
ber Xäufdptg beS Slbreffaten, bie £äufd>ung ber 2lufgabeftation über bie
(Sdjtljeit feiner Untcrfd&rift «i erreichen fltreben unb als SBorjwecf, gleid&jeitig
als Littel, ^ur enblidjcn Sauf ajung beS 2lbref[aten beabfidjtigen unb erreiajen.
@r muß, wenn man iljm nadjreflectirt, bei ber £fjatplammg fein SäufduingS*
mittel, bie gefälfd)te Urfunbe, juerft gegen ben Xelegrapfjenbeamten in %n>
wenbung bringen, unb eS ift biefem gegenüber bie Urfunbe formell baffelbe,
was fie bem Sibreffaten gegenüber fein fou* unb fann, wenn er oon u)r 6infia)t
nimmt. £)er beweis int) alt nur ift für (öfteren materiell unerbeblid); eine
„Urfunbe" ift unb bleibt bie 2>epefd(je aber objeftio immer für ben Xelegrap^en*
beamten, mag tljr JJnlwlt nun an einen dritten, ben (Smpfänger, gerietet fein
ober nid)t. $ür jenen bleibt fie bcj. i^rer Unterfd)rift releoant, SewetS*
mittet, Beleg für baS StuftragSoerfjältniß beS 2tbfenberS unb Urheber«
ber 35epefa)e unb beS beförbemben 2elcgrapf)enbeamten, au« weitem £e$terer
uir Verantwortung gebogen werben fönnte. Stuf ben ©inwanb, baß biefer
^orjwecf ber 2äufa)ung beS £elegrapf)ettbeamtcn, weil ein untergeorbneter, niäjt
maßgebenb für ben Begriff ber ®ebraud)maä;ung fein fönne, ift su erwibem,
baß ftdf) angcfid)ti8 ber Sej^immung in §. 10. cit ber pifa)er, um jur 2:äufa)ung
über baS in ber Urfunbe befd)riebene s Jtedf)t ober 9tea)t3oer^ältniß ju gelangen,
bei feiner Slwtreflerton fagen mußte, nur, wenn eS i^m gelingen würbe, bie
äontrole ber ^elegrap^enbeamten bura) ^äufa)ung über bie (rd;i(;eit feiner
SDcpefd)enuntcrfa)rift gu umgeben, biefer ben SÄuttrag jur Slbtelegrap^irung ber
SDcpefcbenurfdirirt au«fül)ren würbe; barau« ergiebt fia), baß ber ©ebraua) ber
gefälfdjten Urfunbe juerfi jum 3wedt ber ^äufAung ber Slufgabeftatibn
unbebingt gemad)t werben muß, wenn ber weitere ßweef ber 2äufa;ung bed
2lbreffaten erreicht werben foH. S)enn entbeeft ber Xelegrap^enbeamte ber 2luf*
gabeftation bie Uneaptljeit, ober jwcifelt er nur an ber Qfyfytit, unb wirb auf
fem (Srforbem $m baoon Sewei« niajt erbraajt, fo wirb bie Seförberung ber
2>cpefd)e an ben Slbreffaten unterbleiben, liefen ©efia)tj8punft l;at ber
ÜT. ©traffenat nid)t berüdf iid^tigt ; freilia) foUte in bem oorliegenbcn 9ted)t3faH
bem Xelegrap^enbeamten gegenüber bie Urfunbe, um biefe als Beweismittel ber
SBittenSerflärung beS ©laubiger« ». jur ©eltung ju bringen, in Sejug auf bie
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-t^t? '.-7:»-«"«. ■* .\ -. ^.»r-ii*'^ -•.-vf.~ t -
204 ftSlfäung tdegrapfrfc&er 2De^ef(6cn.
(srefutionäüjtirung, quoad nidbt angeroenbet werben, roof)l aber foUte ber Beamte
ber äufgabefiation burd) bie Aufgabe be« gefälfdjten $)epefdjenorigtnal« in ben
unbegrünbeten, falfd&en ©tauben oerfefct roerben, ber aJtttunterjetd&ner 9t. f elbfl
beauftrage ifjn, feine rea)tlid)e äBiUcn«erflarung burd) ben 2>rat)t bem
Slbreffaten jur Äenntmfj bringen. 2Ber möd)te ba noä) befreiten, bafi oon
einer Urfunbe, roeld&e junt Seroeife von Stedden ober föe<$t«per&ältniffen non
@rf)cblidf)feit ift, unb meldte in re$t«roibriger 2lbftd(jt ge* ober perfälfdfjt ift, jum
3roea* einer SDaufd&ung ©ebraud) gemacht roorben unb ber £batbeftanb ber in
§. 267. be« 6t. ©. 33. mit ©efängmfc bebroljten Urfunbenfalfd)ung erfüllt fei?
@« brauste tn. @. in ben entfa)eibung«grünben ber I. ^nftanj
tyatfä$U$ gar nidjt fcftgcfteUt $u roerben, roen ber tfälfajer burd} bie Aufgabe
ber S)epefd)c ju tauften beabfidjtigt f)abe, e« genügte, wenn überhaupt nur
„jura 3roecf einer Säufdfjung" angeführt roar. 5Da« (Sefefe untertreibet nid)t in
33e3ie^ung auf bie SJkrfon be«jenigen, roeldjem gegenüber aum Rmd ber
Säufdjung ©ebraudf) gemadfjt roorben (ein mufj, roenn ber Xfjatbeftanb ber
Urfunbenfälfdfjung erfüllt fem foH. 6el>r richtig fagte Dppen&off, ©omment.
1. Stuft., 9lote26. ju §. 267. be« 6t. ©. „ättfbefonbere roirb nta)t erf)eifd)t,
bafe bcrfelbe bei bem bura) bie Urfunbe ju beroeifenben 9le$t«perf)ältnij3 felbft
irgenbroie beteiligt fei; es reicht jeber einem dritten gegenüber gemadjte ©e*
braud) Inn; ebenforoenig ifk erforberlid^, bafj bie 2lbftd)t baf)in gerietet fei, bie
9ted)te Desjenigen ju Vertexen, roeld&er öurdj ben ©ebraudj getäufa)t roerben foü."
Slud) eme anbere Autorität, 6d)roarje in ©oltbammer'« Sirrin XXII.
6. 4 fpridjt ftdj ba^m au«, bafc ber ©ebrauefc ootljanben fei, roenn ber
Slngefdbulbigte burd) einen dritten bem Ruberen, beffen Säufdjung porjugS*
weife beabfid;tiat roar, bie Urfunbe porgelegt f>at, ber dritte aber in gutem
©lauben ben Auftrag jur Vorlegung au«fiü)rte, alfo SBerfjeug be« Singe) djul*
btgten roar. %n ber Säufdfmng be« dritten über bie (£a)tf)eit ber Urfunbe,
roenn fie einen roefentlid&en Öefianbt^eil ber ©efammttyat enthalte, bejro. in
ber Uebergabe ber Urfunbe an biefen dritten fief>t 6 d) roar je fdjon ben
gemalten „©ebraud)," roie er in §. 267. be« 6t ©. 8. PorauSgefefet roerbe,
unb führt ba« ber $rari« entlehnte Seifoiel an: 21. übergiebt bem ©. eine
falfdje Urfunbe, um auf ©runb berfelben mit bem <L, auf roeldjen bie $äufd)ung
por$ug«ioetfe beredmet tft, irgenb ein 9tedjt«gcfa)äft §u per^anbeln, roobei K.
rootjl roetfi, ba£ G. fid) m ber Serfwnblung nid)t bereit finben laffen roerbe,
roenn bie Urfunbe nia)t für ed)t gehalten, aud) S. fid) öabura), ba^ gerabe
33. e« geroefen, roelajer ben Auftrag übernommen, befiimmen laffen roerbe, in
bie SBerljanblung einjutreten. S)er oon ^B. bem ß. gegenüber roeitcr gemalte
©ebraui ber Urfunbe fteüe ftd) nur al« gortfefcung be« oorau«gegangenen
©ebraud)« ber Urfunbe oon bem gegenüber bar.
©anj baffelbe fann man non ber Uebergabe bec S)epefd)enurfd)rift feiten«
be« ^älfd)er« u)rer Unterfdjrift an ben 2elegrapt)enbeamten fagen: beffen
Xäufa^ung ift ein bebingenber unb be«fyalb fe^r roefentlid)er Seftanbt^eil ber
@efammttf)at, bie Säufd^ung be« 2Ibrcffaten r roenn and) porjua«roeife beabfid)tigt,
ift nur burd) jene ju erreia)en, alfo mufe fie mit beab)"td)tigt fein; bie Uebergabe
ber Urfunbe an ben Selegrap&enbeamten enthält baber einen ©ebraud) jum
3roecf ber $äuf<bung, al« roeld)e fid) alle« Weitere al« beabfid^tigte ^ortfeftung
ber perbred)erif$cn ^anblung barfieUt. unb jroar al« beregnete golge ber mit
jenem ©ebraud) ooUenbeten Urfunbenfälfa)ung.
Stte ®ntfa)eibung«grünbe be« III. 6ttaffenat« be« 9teidj«gerid)t« Ijaben
M im 2öefentlia)en bem in ©oltbammer'« 2lrci)tP XXII. 6. 285 abgebrueften
©rfenntnife be« banerifdfjen Üaffation«^ofe« p. 29. ®ej. 1873 angefa^loffen,
in beffen ©rünben u. m. gefagt roorben ifl: „9lur Derjenige ©ebrau^ einer
gefälfdjten Urfunbe, ber bem ju $äuf<$enben gegenüber unb ju bem «Sroetfe
ftattfinbet, um in biefera eine Xäufa)ung ^mfid^tlic^ be« ^n^alte« be« galfinfate«
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»
. gfitföung telegrafier ®e»>etc$en. 205
flu erregen, fann als betrüblicher ©ebraudj im Sinne beS §. 267. a. a. 0. in
©etrad)t fomraen, benn erft bei folgern ©ebraudje maebt baS »JälfchungSwerf
ftcb [einem 3wecfe unb Inhalte gemäfj nach aufeen geltenb." . . . .
„SUIein an bejn Selegrap^cnbeamten, welchem Slug. St. bie gefälfehte Urfunbe
jur Seförberung übergao, würbe offenbar eine Stauf clntng norfiehenber Slrt
roeber beabfiä)ttgt noch oerübt, benn roeber mar biefe SlratSperfon felbft bureb
ben Inhalt ber SDepefd&e in oermögenSrechtltcher ©esiebung berührt, noch auch
fottte biefelbe tyietburq befiimmt werben, fnnftchtltch beS rechtlichen ^ntcreffcö
eines Ruberen eigene (Sntfchliefcung ju treffen. $hr würbe nichts angefonnen,
als bie2)epefche wortgetreu an bie2lbreffe gelangen ju laffen; biejenige $erfon,
an welcher oorliegenben ftalleS eine Xäufchung im oben erörterten Sinne behielt
würbe, mar baber peifeUoS nur ber ©erichtöooßjieher Seh- liefern gegenüber
aber, bem bie Driginalbepefdje nicht ju ©eftebt gefommen, fann nur bie rechtliche
SRatur beS ihm burch baS SCelegraphcnamt jugepeUten Telegramms, ber telegra*
pbifcb ©ermittelten Äopie ber Driginalbepefche, in Betracht fommen; benn biefe
mar es, welche befiimmt war, auf fein §anbcln (Sinflufe ju äufeern."
tiefer, an fleh etwas beftedh enben Ausführung fann nur baS entgegen*
gehalten werben, wag oben non mir barjulegen oerfuebt worben ift: bie Raffung
es SBortlauteS beS §. 267. cit. läfjt feinen Unterfchieb in ber $erfon beS
3utäufchenbcn erfennen; ber SBeurtheilung, wer ju tauften beabfichtigt fein
müjfe, tft ein unbebingt freier Spielraum gelaffen; eine ausfcf)liefeliche,
beftimmte SHreftioe aber aus bem (Snbjwecf unb ^nbalte einer Urhmbe
entnehmen ju wollen, legt ber Seurtljeilung beS ^ragefalleS eine oom ©efefc*
geber ftdt>cr nicht gewollte unb eine in oer Sßatur beS Xelegrapheninjtttuts
jweifelloS nicht begrünbete ©efchränfung auf, welche bemfelben einen guten
Stheil feiner ©ebeutung entzieht, weil feine Sicherheit — Treue unb ©tauben
— wefentlich burch Beraubung beS ftrafredjtlichen Schubes gefährbet erfchetnt.
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fer ttertMan) fufammenlfängcnöcr Straffadjett-
SSon <perrn 2anbgeridf)t3ratl) Dr. §erm. Ortloff in SBctmar.
$em oorliegenben ©egenftanb fmb oon beut ^erfaffer fd^on meljrfadje
Sorfrubien geroibmet roorben, unb mit Spannung \al) er bcr üöfung bcr in
polttifdfjer rote in projeffualer 23cjte(nmg red&t fdforoierigen fttage burd> bic s Jteid)3*
gefefcgebung entgegen. 3 ucr ft im 3a()re 1872 würben oon ü)m „bic pro*
jcffualifdjen Äonfequenjen ber SBorfdjriften ber §§. 74. unb 79. beS 9leidj$*
ftrafgefe|bu<fj$" in o. §olfeenborff'3 beutfd&ec 6trafred&tSäeitung 6. 199 bis
208, bann „bie pro^effualifdjen SJorauSfetiungen ber ©efammtftrafe" in
6df)roarj*e'3 ©ertdjtSjettung, 1873, 6.130—146 barjufteöcn oerfud&t. hieran
fd>lof$ fi<x> im 2lr$io für gemeines bcutf<f)c3 unb preuf?. 6trafred|t (oon ©olt*
bammer gegrünbet) Sb. XXI. 6. 176—181 ber 2tuffafc: „2)aS 9tcdjjt3l;ülfegeie&
n. 21. ftuni 18H9 unb bie ©efammtftrafe" unb enbltd& bie Hb&anblung im
©eridjtffaal (1874) XXVI. 6. 369—390: „$>er ©erid&tSftanb bc« Mammen*
fyangeä im ©ntrourf ber beutfdjen 6t. $ro$. 0. tnSbefonbcre im $er§ältnifj jur
©efammtfrrafe." $aft bic &öfung ber ^ragc, roieroeit ein ©erid[)t3fianb
äufammenljängenber 6traffad>en ^Jla^ $u greifen l>abe, feine leiste mar, ergiebt
bie bea$tenSroert&e 2lbf)anb(ung in ©oltbammcr'S 2lr^in 1873, £eft l. r
6. 72 ff. oon SB. ftrantfe: „S)ie ©renjen jroifdjen bcr 6trafgeroalt bcr etnjelnen
beutfdjen SunbeSttaaten." SDort finbet man ben Safc auSgefprod&en, bafj aufjer
ben ©ebingungen be£ §. 4. bcS beutfd^cn 6t. ©. $. eine Uebcrtragung von
6trafanf prüfen, roeil fic eine SBerrttcfung ber jioifd^en ben uerfdnebenen 6traf*
geroalten gefefelid) georbneten ©renjien enthalte, unter ben beutfdjcn 53unbe3
jtaaten nid&t jkttfhtben fonne, aud) nidfjt ba, roo nadf) §§. 74. ober 79. beS
beut)d)en ©t. ©. SB. für bie im ©ebict oerfdnebenen ^unbeSfiaatcn oerübten
mehreren .§anblungen eine ©efammtftrafe ju erfennen fei. $afj biefen2Sorfd)riftcn
audj bei bem 3Rangel einer einfyeitUdjen 6trafgeroalt roentgftenS im 2öcfentlid)cn
nad&getebt roerben fönne, aber bei folgern üDlangel nidfjt nachgelebt roerben
müffc, fjat J^nde bort nadjjurocifen uerfudfjt, entgegen bcr 2lnfidjt beS
3?erfafyerj5. 3u beffen ©cnugtjmung roirb cj3 gercid&en, bafj biefer 6a& im
§. 13. ber beutfd&en 6t. *£roj. 0. Slncrfennung gefunben tjat. tiefer benimmt:
„ftür jufammen^angenbe 6traffadjen, roeldjc einzeln nad& ben SBorfdjriftcn ber
§§. 7 — 11. jur (örtltdjen) 3 ll ftönbigfeit ocrfdjicbcner ©erid&tc gehören würben,
ifl ein ©crid)t$jtanb bei jebem ©crid)t begrünbet, rocld;c$ für eine berfelben
äitftänbig ifit. 6inb mehrere äufammcnpitgcnbc Strafiadjcn bei Derfdjicbcncn
©erid^teu anhängig gemad;t roorben, fo fönnen biefelben fämmtlidf) ober gum
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2>cr ®erid;t3fianb aufotnmtn^dngcttbcr ©traffadjra. 207
burch eine ben Anträgen her StaatSanwaltfchaft entfprechenbe herein*
barungbiefer ©ertöte bei einem unter ihnen oerbunben werben. Äommt eine
folche Vereinbarung nicht $u 6tanbe, fo entf Reibet, wenn bie 6taatSanwaltfcbaft
ober ein Angefchulbtgter hierauf anträgt, baS aemeinfä^aftlid^e obere ©ericht
Darüber, ob unb bei welchem ber ©eridjte bie SJerbinbung einzutreten jjabe.
3n gleicher SDBcife fann bie SSerbinbung aufgehoben werben." cf. §§. 2—5.
ber 6t. $ro*. 0.
@S ifi fchon früher oon bera Serfaffer barauf ^ingeroiefen worben, ba§
bie SSorfdjrift in §. 74. beS 6t. ©. 53. : „©egen Denjenigen, welcfier burc|
mehrere felbfrftänbige £anblungen, mehrere Verbrechen ober Bergenen, ober
baffelbe Verbrechen ober Vergehen mehrmals begangen unb baburd) mehrere
zeitige $reiheitsfirafen oerwirft |at, ift auf eine ©efammtfirafe ju erfennen"
u. f. w. eine swetfeHoS ^wingenbe ifi. Um biefer aber ju genügen, märe ton*
fequenter 2öeifc in §. 13. cit. ber St. $roj. 0. anfiatt „fönnen" f ollen —
ich will nicht fagen „müffen" — ju gebrauchen gewefen. 2>afe ntdt)t in allen
Ratten eine Verbinbung }ufammenf)ängenber Straffachen möglich ifi, mufj ja
zugegeben werben; eS fann an fidj ja nur oon ber ßufammenfaffung ÜO n Unter*
fuajungen aus oerfchiebenen ©erichtSbejirfen m einer einzigen £auptoerhanblung
unb UrtheilSfällung bie Siebe fein, bie bem ©eriebt beS ßufammenhangeS über*
?iauot gerabe befannt geworben finb, aber auch bei mehreren berartigen Unter*
uebungen ifi unter Umftänben bie ßufammenfaffung bei ©inent ©ericht nicht
wof)l ausführbar, thetlS wegen einer unoerhältnifjmäfjigcn Verlängerung ber
UnterfuchungShaft, welche bie eine ober anbere Unterfudbung mit fid) bringen
müfjte, weil fie nicht fo batb beenbigt fein fann, währenb bte anberen Unter*
f Übungen jum Abfcblufj fertig ftno, fo bajj eine Verurteilung unb ©traf*
oerbüfjung wenigfienS infoweit eintreten fann, tbeilS weil bie S3efä)affung ber
Beweismittel aus weiter $erne, wo baS 2)elift oerübt war, 3u befa)werlid) unb
fofifpielig ift, tfjeils weil bie Aburteilung unb Vollflrecfung ber ju erfennenben
Strafe oon bem ©ertebtsbeätrf beS begangenen VerbrecfienS aus ftrafpolttifchen
©rünben nötlng erf feinen miß u. f. w. Aus biefen dfrünben erfcheint ein ab*
foluter 3 roan Ö ber Verbinbung mehrerer befannt geworbener Straffachen $ur
einheitlichen Aburteilung nicht wohl im §. 74 cit. in bem SBorte „ifi" oom
©efefegeber gemeint *u fein, aber fooiel wirb barin bodfj ju finben fein, ba&,
um etne ©efammtfirafe ju ermöglichen, oon ben Strafbehörben baS au
biefem ftmtdt Möglich fie gethan unb nur aus ben triftigften ©rünben
eine Ausnahme oon ber #ufammenfaffung ber anhängigen Untersuchungen bei
Ginem ©ericht gemacht werbe, natürlich in ben ftäUen, wo cS fta) nur um eine
©efammtfirafe Imnbelt, alfo nicht in Raffen beS §. 78. beS 6t. ©. V.
Um nun aber bie Pflicht ber 6trafbehörben, auf bie möglich fte $u>
fammenfaffung coneurrirenber 6traffachen fnnjuwirfen, ju fennjeichnen, wie fie
nach ber Raffung beS 8. 74. 6t. ©. 33. geboten erfcheint, hätte m. @. im §. 13.
cit. ber 6t. $roj. 0. anftatt be« facultatioen „fönnen" baS regelmäßig obliga*
torifdtje ober inflructionelle „fotten", wie wir es in ber 2)cutfchen (Jioil*
pro5e|orbnung an manchen Stellen fmben, gebraucht werben follen. Schon in
ben früheren Slbhanblungen Imt Serfaffer barauf ^ingeiütcfen, wie er in ber
Ataris bei feinen Bemühungen, bem 2öorttaut beS §. 74. % St. ©. 53. mögltchft
gerecht *u werben, öfter auf partifulariflifche Ablehnungen ber angeregten 3u*
fammenfaffung ge|to§en ifi, unb jwar inbem man ftch auf bie angeblich entgegen*
fiehenben Strafproaefjgefcfce beS betreffenben ©injelfiaatcS berief.
9lun aber fam bie oon ü)m langerfchnte Befiimmung ber beutfehen
St. Sros. 0. unb enthielt ben leiber jahmen tuSbrucf : „fönnen", woburch wenig
gebeffert ju fein fchien.
@S wac aber eine Befiimmung in ber beutfehen 6t. $ro$. 0., welche, aus
bem oreufjifchen ©trafprojejg entnommen, geeignet erfchien, eine Aushülfe jur
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tyf\ ö ü&cx (öcridbt^ftcint lufcitiuti^itficiiKicnt'cr streit f&cf)cit.
Ausführung bet SSorfchrift be$ §. 74. 6t. ©. 93. ju Raffen, nämlich im §. 492.
ber ©t. ^Sroj. 0.: „3ft 3emanb burd) oerfchiebene rechtskräftige Urteile au
©trafen oerurthetlt roorben, unb ftnb babei bie SBorfchrtften übet bie 3uerfennung
einer ©efammtjtrafe (§. 79. be$ 6t. @. ©.) aufeer Setracht geblieben, fo ftnb
bie erfannten ©trafen burd) eine nachträgliche gerichtliche ©ntfeheibung auf
eine ©efammtjrrafe aurücf zuführen" — unb *roar nadj §. 494. alin. 1. oon bem
©ericht erfter ftnftaiu ohne münbliche Sßerhanblung. S)iefe imperattoe 3Sot>
fdjrift begrtifet Serfaffer mit großer ftreube unb benufct fie gern sum 9tadr)roei3
bafür, bafe bartn eine aroeifellofe SHrcftioe für bie ©traf beerben liegt, fdjon
in ben ©tabien beS ©trafocrfahrenS oor ber £auptoerhanblung im ©inne ber
oben auSgefprod&enen Anficht, sur SBerroirHidjung ber im §. 13. au erlennenben
gefefcgebcrifcfjen Senbenj mitauroirfen.
Seiber aber begegnet man ungeachtet ber SSorfchrtft beS §. 74. beS
6t. ©. S. nid)t immer einer ©enetgttjett ber ©trafbebörben, möglidjft nad)
§. 13. ber ©t. ^roj. 0. ju oerfahren, unb es tritt biefe Grrfdfjetnung namentlich
öfter in ben Heineren ©taaten, roo häufiger ber ftall ber f. g. fubjectioen (Son*
nerität oorfommt, p Sage, unb — jtoar fpielt baS 3Wotio auroetlen babei bte
Hauptrolle — bafe bie SBoHftredfung ber ©efammtftrafe in bem Qtaatt r roo fie er*
fannt roorben, beffen ßaffe für bie anberen ©taaten, in benen fonfurrirenbe
ftelifte oerübt roaren, mitbelafte; baber feltfamer Söeife bie Steigerung, bie in
anberen ©taaten anhängigen ©traffacfjen aur 3Jlttaburtheilung au übernehmen!
als ob ftd) bie« im ganzen 3Rcicr)e nidjt burch 9teciprocität ausgliche!
(SS roirb lebigtid) oon einer richtigen unb im ©inne beS 3lcid)«ganjen
banbelnben ^ubteatur ber gemeinfehaftlichen Dbergerichtc unb namentlich im
heroortretenben ftalle beS beutfdjen 9ieid)Sgerid)tS abhängen, ber beutfdjcn ©traf-'
prariS über ängfHidje, partifulariftifche 9tttcfftchten hinweg ju helfen, berartige
(Müfte jurütfjuroeifen unb ben beutfdjen ©trafbe&örben ber (Sinselftaaten bc*
greiflich ju machen, baft fie an ber ©eltenbmadjung beS beutfdjen ©trafred)ts
tm deiche mitauroirfen fyahtn, nicht blojj im ©injelftaat!
GS oeröffentlicht SSerfaffer hier eine neuerlich (am 12. 2lpril b. 3f.) er*
gangene §ntfcheibung be« gemeinfchaftltchen ^hüringifd^en OberlanbeS*
geridjtg ju ^cna, roorin bie, fdjon oor fahren oon bem Serfaffer au«*
gefprocheneit, ^auptgefichtSpunfte 5ur@eltung gebracht erfcheinen; tä roirb nämlich
bahin an ba« Sanbgericht SBeimar @ntfd)eibung ertheilt: „bafe, ba bie bei bem
gemeinfehaftlichen Sanbgericht 3Jleiningen anhängigen ©traffäHe oon ber SBcfc^uI*
bigten im 2Bef entlichen eingeräumt, baher oorauSfichtlich roeitere S3eroeiä^
erhebungen, inSbefonberc in ber .^auptoerhanblung, nicht erforbert roerben,
biefelben aui geringfügiger erfcheinen al3 bie bei bem Sanbgeridjt 2Beimar
anhängigen ©traffälle, inöbefonbere ber in Äleinromftabt oerübte 2)iebfiahl, fo
bajj für lederen sup. sup. f. ^. bte einfa^ftrafe au3$uroerfen fein bürfte, ba
femer bie lefetgebachten ^äHc noch roeitere 23orunterfud)ung«haublungen unb
eoentueU Seilabungen oon 3 cu 9^n -\ur §auptoerhanblung erforbern roerben, ba
©rünbe §u einer getrennten Skrbanblung ber ©traffälle nicht oorlicgen,
inSbefonbere bie 3f«lcffic^t auf beretnftige EoUftrccfung ber bei cintretenber
Sßerbinbung 31t erfennenben ©efammtftrafe feinen 2lnlafe geben fann,
bie beantragte, burchauS jroccfmäfjig crfchcincnbe ^erbinbung ber mehreren
©traffäHe abjulebnen, inbem bie im einzelnen ^aUe etntretenbe finanzielle
Söelaftung be« einen ©taateö ftd) burch 9leciprocität ausgleichen roirb, ganj
abgefehen baoon, bafe berortiae ftücfitchten in ber ©t. <Proa. 0. bei ben 3Jor-
fdjriften über öehanblung jufammenhängenber ©traffachen nicht jum gefefe*
liehen 2luSbrucf gefommen ftnb, auf @runb beS §. 13. ber 6t. ?|5ro$. 0. bte
beantragte SJerbinoung ber bei bem ©rofcberjogL ßanbgcricht SBeimar unb bem
gemeinfchaftltchen Sanbgericht 3Heiningen gegen bie ic. eifenfraut anhängigen
©traffätte unb jroar bei bem (Srftcren einjutreten hat."
:
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fr» »*• ■ ■
©er (Sericfitöflanb äufammenftfrtgtnfcet @twffacb«t. 209
S)iefc (Sntfcbetbung ifi bcfonberS nod) aus bem ©runbe beadfjtungSmerth,
weil fie als ©runbfafe für bie 3 u ^änbigEeit ber fonfurrirenben ©cridjte aus*
fpriebt, bafj baSjemge ©eriebt, weldjeS bie (Sinfatjfrrafe — poena major — an
fid) ju erfennen haben würbe, bie übrigen, geringeren Verbrechen bej. beSbatb
eingeleiteten ober etnjuleitenben Unterfudjungen an ficr) jju sieben Ijabe. SBürbc
biefer Sa|, ber ganj in ber Statut ber Sache begrünbet liegt, roeit gcwiffermafjcn
ber höhere ©lutoann jenem ©eriebt beiwohnt, oom 9teichSgeria)t auSgefprochcn,
fo wäre bem ßin* unb ßerfchubben ber Straffacbcn, um fie loS ju werben, für
immer ein $id gefefct. man fönnte nämlich nach ber Vorfdf)rift beS §. 12. ber
St. 0.: „Unter mehreren nad() ben Vorschriften ber §§. 7 — 11. juftänbtgcn
©erid)te gebührt bemjenigen ber Vorzug, welches bie Unterfucbung juerfi eröffnet
fyat," peifeln, ob nicht bie f. g. $räoention entfebetbe. Slttein über biefen
Zweifel roirb man fofort bureb ben für baS f. g. föebuftionS' ober 9cacf)tragS-
verfahren in §§. 492. ff. ber St. $ro$. 0. befonberS im §. 494. alin. 3. auS-
^efproebenen ©runbfafc überhoben: ,,$ommt eS auf bie geftfefcung einer
©efammtftrafe an (§. 492.), unb roaren bie oerfefnebenen hierbureb abjuänbernben
Urtbeile oon oerfebiebenen ©engten crlaffen, fo ftebt bie (Sntfcbcibung bemjenigen
©eriebt $u, welches bie febwerftc 6trafart ober bei Strafen gleicher £rt bie
l)öcbfreStrafe erfannt bat, falls fnemadj aber mehrere ©erid)te juftänbig fein
würben, bemjenigen, beffen Urtbcil julefct ergangen tft. 2öar baS b^madb maß*
a,ebenbe tlrtbeit oon einem ©eriebt böberer Sjnftanj crlaffen, fo fefct baS ©eriebt
erfter ^nftan*, unb war eines ber Strafurtheile oon bem Reichsgericht in erfter
«Qnftanj erlaffen, baS 9teid)Sgeücht bie ©efammtftrafe feft."
hiernach mun man annebmen, bafj auch für bie Bereinigung mehrerer
Unterfudjungen nach §. 13. ber St. $ro$. ö. berfelbe ©runbfafc, welker für
baS 9iacbtraggoerfabren, jum 3wecf ber Straf enrebuftion, auSgefproa)en ifl,
anjuerfennen fein wirb, obfebon baS ©eiefc fid) nicht auSbrücflicb bort geäufjert
bat — eadem ratio, eadem le^is dispositio!
(SS wirb bei ber ßonfurrcnj mebrerer in oerfebiebenen ©ericbtSbejirfen
anhängigen Unterfua;ungen oon ben Staatsanwälten an erfter Stelle auf eine
Verbinbung berfelben nach §. 13. ber St. *ß. 0. unb, wenn gerichtliche Vor*
unterfudjungen eröffnet finb, an ^weiter Stelle auch oon ben UnterfucbungS*
rid)tern Jjinjuwirfen fein, oon lederen auch infofern, ba&, wenn ber Staats-
anwalt bie Verbinbung nicht beantragt ober eine Vereinbarung nicht ju Stanbe
fommt, ber 2tngefdfmlbigte, in beffen ^ntcreffe eine fola)e 3 u faromenfaffung jur
6rreia)ung einer wirflid[)cn ©efammtftrafe, bei welker er meifl günftiger weg^
fommen wirb, als wenn oon anberen, einjelnen ©eriajten naa)träa,itd() noi
3ufa^frrafen erfannt werben müffen, liegt, oon bem UnterfucbungSrta)ter auf
feine Söefugttife aufmerffam gemadbt, oon legerer ©ebrautb mad^t. S)ieS wirb
namentlia) oon rücffäHigen Serbredbern bann gern gefä)eben, wenn fie aus
eigener ober frember ©rfa^rung wiffen, ba§ bei bem ober jenem ©eriaX welkes
baS Strafurt^ieil im ^ragefatte m erlaffen baben würbe, eine milbere Straf-
prariS geübt, namentlich bie 2luffaffung über bie 2lnnabme mtlbernber Umpänbe
weniger ftreng ift als bei einem ber anberen fonfurrirenben ©eridjte. SSer*
tbeibiger loerben felbfloerftänblid; i^r 3lugcnmerf oorjugSweife auf eine berartige
Sergleta^ung ber StrafprapiS ju richten b^ben unb oon ber in §. 13. aua)
ben 3lngefcf)ulbigtcn nachgelaffenen SJefugnifj ©ebraua) ju machen fueben.
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W\t eigentlidjen MnterlaflimgööeUkte twd) iiem
Deutzen Straf öffetjbudf, 1 )
SSon $errn Dr. 21. ©eligfofjn su Berlin.
2öer bie Siteratur über UnterlaffungSbelifte burdjgeljt, wirb unrotllfürlicr)
an bic (Strnnologie be£ lucus erinnert, benn unter ber Ueberfdfjrift „Unter*
laffungSbelifte" werben oon ben meiften Tutoren f)auptfäd&lid& bie fogenannten
uneigentlicljen UntcrlaffungSbelifte abgefjanbelt, oon benen bann in meljr ober
weniger gelungener 2öeife nadjgeroiefen roirb, Safe fie feine UnterlaffungSoergefjen
finb, fonbern $u ben Äommiffiobeliften gehören. $Hefe faft ftänbige ,3ufammen*
unb ©egenüberftettung ifi äroar ber (Srfenntmfj beS Begriffs ber eigentlichen
UnterlajfungSbclifte nia)t fd&äbliä) geroefen, f>at aber ein nähere« eingeben in
bie 9totur berfelbcn ge^inbert.
S)ie Unterfd&eibung ber ©egeljungSbettfte oon ben UnterlaffungSbeliftcn
— mir oerjlcfjen unter biefen nur bie eigentlichen — beruht barauf, bafj burd&
erftere ein $rolnbitir>, burdf) ledere ein Ißräceptiügefefc übertreten roirb.
Diefer Unter fdbeibung liegt ein inneres fad&lidfje« Moment ju ©runbe.
(Sin ^rolHbitiogefefc fann nur übertreten roerben burd(j eine $anblung ober
llnterlaffung, roelc|e eine Skränberung in ber 2lufjenroeU bewirft, roäfjrenb bic
}tidf)tbcfolgung einer ^räceptiüüorfdjrift mit biefer 9ttdf)tbefolgung abgesoffen
ijt unb nie oon einem burdj fie oerurfad&ten (Srfolge begleitet roirb. 2 )
Slubo 3 ) ifl ber 2tnfid)t, bafe ber Unterzieh äroifd&en ben 33egeljuttg>
unb UnterlaffungSbeliften ein rein äußerlicher, auf ber zufälligen s Jtebaftion bcS
betreffenben 6trafgefe|bud^g Paragraphen beru^enber fei, aucin feine ©rünbe
erfcf>einen nicht überjeuaenb.
SBaS er über bie rebaftionelle Slbänberung bcS §. 217. bcS ©trafgefefc*
buchS — ßinbeSmorb — anführt, trifft nidjt bie $rage, um roeldfce es fich
Ijanbelt, benn §. 217. befjanbelt in beiben Raffungen nur ein SeaehungS*, nie
ein UnterlaffungS * Verbrechen. SRubo conjrruirt au£ ben eigentlichen unb ben
uneigentlichen Unterlaffung« * Vergehen einen ©efammtbegriff „UnterlaffungS*
belifte," ben er aUerbing« mit Stecht als einen nur ganj äußerlichen ©egenfafe
1) Obiger «uffafc tt>ar bereit« bollenbet, atä bie Sbfanblung be$ öerrn Dr. <S<H>watbad>
„3ur Seiire ton ben ed&ten UnterlafjmtgSbelitten" im ©eriditSfaal »b. XXXI. erfcfjien.
2) Vlebnlid} @lafcr, abbaiibumgeu aua bem ßfterreid). ötrafreebt 1858. @. 291.
3) Wubo, ftoinmcnt« 0. 410.
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ju bcn 93egehung«oerbrechen befämpft, roährenb bie SRote in Dppenhoff«
ßoramcntar,*) gegen meldte er an ber bej. ©teile polemifirt, bie grunboerfebiebenen
Begriffe ber eigentlichen unb uneigentlichen Unterlaffung«belifte ftreng au«ein*
anbehält. 2ln einer anberen ©teile 5 ) erfennt 9tubo jroar SOtiffet^aten an, bei
benen jum S^atbeftanb au«fcbliefelicb eine Unterlaffung nothroenbig ift, unb mit
bem 2tugenbti(f, roo btefc Unterlaffung gefebehen, auch bie 2mffetbat felbfi
uoUenbet ift; er beftreitet aber beren Berechtigung ju einer felbfrftänbigen
©tettung im fteajtSfojiera, Witt fie oielmebr benjenigen Begehung«oerbre<hen
gleid^fteUen, „welche auch lebigliaj ftormaloerbrecben roaren unb junt Sthat*
bejianbe baber nur eine §anblung an unb für fid), feine«roeg« aber aua) einen
burch btefeloe oerurfaebten @rfolg erforbem."
2Benn 9tubo hier unter „(Srfolg" nicht etwa einen engeren, fpecießeren
begriff oerftebt, als ben, melden mir „Beränberuna, in ber 2lufeenroelt" nannten
— unb bie« febetnt, rote au« ber ©leiebftettung b'iefer $elifte mit ben eigent-
lichen Unterlaffung«beliftcn &cn>orgeIjt, nicht ber $all ju fein, — fo muffen mir
ba« Borbanbenfein foldjer formalen Begebung«belifte überhaupt leugnen.
S)ie Uebertretung eine« Verbot« fann, roenn fie für ben Uebeltljäter
ftrafrecbtlicbe folgen fyabtn fott, nur burch eine äu&erli<h wahrnehmbare
ftanblung 6 ) gefielen. Sine folcjie bewirft aber, roenn man ben ©tanb ber
S)inge oor unb nach ihrer Sornabme berüefftebtigt, fchon burch ihre ©rijten3
eine Beränberung in ber Slufeenroelt. @« in" für un« ofme eine folebe ber Xfjat*
beftano eine« Äommiffiobelift« unbenfbar, unb bc«balb ju bebauem, bafe 9tubo
fein Betfpiet für feine gormatocrgefjen anführt.
3)ie UnterlaffungSbelifte ftnb $eltftc, beren £b<rtbeftanb in ber roiber*
rechtlichen ^Nichterfüllung einer oon bem ®efefc bei ©träfe angeorbneten pofitioen
^ätigfeit befielt. 5)iefe« 9ttd)tcrfüllen fann jroar äußerlich mit einer pofitioen
^anblung $ufammenfaffen; trojjbem wirb audj bann ba« Verbrechen nicht burch
biefe ipanblung, welche oielmebr für ben $batbcftanb bc« Unterlaffung«beltft«
rechtlich unerheblich ift, fonbem einjig unb allem burch bie Unterteilung
begangen.
Ilm bie« an einem Betfpiele ju erläutern, fo hat berjenige, welcher in
einer ©efeUfchaft oon einem beoorjtehenbcn 2Korbc Äenntmfc erhält unb ben*
felben nicht fofort ber Bcbörbe anjeigt, fonbern in ber Unterhaltung fo lange
fortfährt, bi« e« jur Sinnige ju fpät ift, ba« Sergehen be« §. 139. be« ©traf*
gefefjbucb« nicht baburch begangen, bafj er in ber Unterhaltung fortgefahren ift:
a« 2)clift märe auch fonfummirt roorben, roenn er bie 3mifcbcn}eit S um
©chlafen ober ©pajicrengehen benufct ^ättc. $er ^atbcftanb be« Sergehen«
ift mit bem 9iiebtan*eigcn abgesoffen, bie gleichseitige pofitioe £l)cingfcit liegt
fchon außerhalb beffclben.
3u einem anberen 3tefultate mag man freilich burch Suben'« $)ialeftif
gelangen, roclche, inbem fie 3. $. bem SSorte „9cicbtbarreicben" ba« SÖort „@nt*
Riehen" fubftituirt, eine negattoc Xfyätiattit in eine pofitioe umroanbeln ju
fönnen glaubt." 7 )
ßmfler ift fchon bie S)cbuftion 212 er fei'« 8 ) ju nehmen. $erfclbe oerroirft
nämlich bie Unterfcheibung jroifchen S9cgchung>> unb Unterlaffung«bcliften, roie
4) «Kote 15. ju §. 43. et ©. ®.
5) Sommtutar @. 428.
6) 2>urcb eine Untcrla^uno tann yoax aud) ein S3cge^ungä»erbred)en berübt toetben
— fogenannte uncigenttitbe UnterfaffunaStelitte — , aber bann muß ju ber Untcrlaffung fiet«
nod) eine ^ofitiöe ^anbtung ober ein biefer fllcidjjtebcnbeS ÄtntS- ober ä^ntidbeö Set^ättniB f)in*
jntteten, nnt ben äußeren 3ured)enbaren (Erfolg berborjubringen.
7) 8uben, «bbanblungcn jc. I. ©. 470.
8) 2Hcrtel, «riminaliftifdje Sibhanbtungen 1867.
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212 tigetttti<$en Unttrtaffuitg«Mitte na$ bem bentfcf>en ®ttafg€f«^6n^.
mir fic gegeben haben, als eine restlich unbebeutfame, unb fefet an ihte Stelle
bie (Sintpeilung in pofüioeÄ unb negattoeS Hnrecht, je nadjbem eine löerle&ung
ber 2lnforberuna, be« ©taat3 auf ein non laede mit Sejug auf oon ilmt
anerfannte Skrhältniffe ober auf bie ftörberung trgenb roeldjer für it)n intereffanter
3roecfe vorliegt, %üx biefe von igm gefunbenen Kategorien behält 3Jterfel,
toenn fte mit «Strafe bebrobt fmb, bie Terminologie „ßommtffio* unb Dmiffio*
belifte" bei.
Sediere tonnen nun nad) ben Ausführungen, in melden er au« feiner
eintfjetlung bie Äonfequensen jtefjt, auch burch pofitioe öanblungen (Sügen beS
beugen, ©elbjroerftümmelung unb 2lu8roanberung be« ©efnrpfftd&tigen u. f. m.)
begangen werben.
2In biefer S^orie tft junäcpft au^ufe^en, ba§ fte an bem HRangel, bem
fie abhelfen will — ber „rechtlichen Unbebcutfamfett" — felbft laborirt ; roenigftenS
haben mir bei 311 er fei feinen anberen prafttfchen Untertrieb aroifdjen feinen
Dmiffio* unb Äommiffiobeliften angegeben gefunben, als bafe bie ©trafen ber erftcren
fidt) oon ben auf äufeerlid) oerroanbte Äommiffiobelifte gefegten t^eild ihrem
•iDtafje nadt), theilS barin unterfchieben , bajj fie nicht als entcfjrenb gelten.
(©. 95.) tiefer „praftifcije" Unterfd&teb crföehtt aufeerbem boch etroaS probte*
matifch, benn meines finb j. 23. bie bem Sögen beS Beugen, oet ©clbft*
oerftümmelung unb SluSroanberung beS SfBc^rpftidt>tiQcn r ber Wchtanjeige oon
Verbrechen äufjerlidh oerroanbtcn Äommiffiobelifte, bie härter bejtraft mürben?
$)och nicht etma baS geroöfmliche Sügen, bie nicht quatifictrte ©elbfberftümmelung
unD 2luSroanberung, bie 9tid)tanjcige überhaupt? ÜJterfel nennt nur ein ©cifpieC
nömlid) bie nicht qualificirten sDefraubattonen im Vergleich mit bem nicht
qualificirten Setrucje!
ferner bürfte gegen biefe ©egenüberfiellung beS negatioen unb pofitioen
Unrechts einjuroenben fem, bafj ber ihr $u ©runbe liegenbe angebliche ©egenfafe
in 2Bitflid)feit fein foldjer ift, unb bie ®ren§e jtoifchen beiben m concreto fic$
nur ferner feftftellen laffen bürfte.
3$ ^be auch nur einen ©d&riftfteHer gefunben, melier fich SKerfel
angefchlaffen, nämlich Ortmann. 3 )
tiefer trägt überbieS baburch, bafe er bie 3JlerfeTfdhe Stnftcht bahin
reproburirt, bie Slnforberung beS ©taats bei ben SegehungSoerbrechen gehe auf
ein neminem laede, ein paffio»perfönltcheS SJtoment ber Verlegung in bic
Theorie hinein, roelcheS für baS Veruänbnifj berfelben gerabe ni<$t förderlich ift.
2Bir fönnen bemnad) trofc 3Jlerfel'S Singriff unfer UnterfchiebSmertmat
ber UnterlaffungS* oon ben VegehungSbeliften festhalten unb muffen bann babei
beharren, bafj erfiere burch eine pofitioe Xtjätigfeit nicht begangen roerben
fönnen; bic 9tichtoornahrae einer £anblung fann fchon begrifflich nur burch baS
Unterlaffen berfelben gefd&eben.
,3u einem eigentümlichen 9tefultate fommt 93 inbi na, 10 ) ber, über 3fterfel
hinauSgchenb, „ben Vorfafe bei UnterlajfungSbeliften fi$ ftctÄ burch pofitioe
3lfte rcalifiren" laffen roiH.
2luS feinen nicht leicht oerftänblichen ©ebuetionen fei folgenber ©afc, ber
feinen ^beengang Hat erfennen läfet, angeführt:
„Söer befcbliefet, ein Serbrechen nicht anjujeigen, realiftrt biefen SBillen
baburd), bafe er anberroeite ^anblungen oornimmt, beren Vornahme ihn an
jener 3(njeige Innbert, mögen biefelben auch m ©ajlafen ober im Abhalten oon
©cfellfchaften ober in SJcranftaltung einer Xreibjagb beftehen. 2)a| biefe
Sinberungöhanblungen häufig fo gar nicht jur ©ache gehörig auÄfehen, änbert
ihre 3Ratur nid)t"
9) ®ttafrc^t§.3tttun(j ©t). 13. ©. 468.
10) »mfcnig, Normen II., 447-454.
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I&ie eigentlt<$cn ttntertafiungSbelitte nadj bcm betftfäen 6trafgefefebiu$. 213
2)emgemä§ ftnbet Sinbing auch, bafj SDtener in feinem Sehrbuche fef>t
Untecfjt bar an tfnte, wenn et c£ alä eine ©pi^jutbigfeit Suben'3 table, ju
fagen, bafj ^ier eine pofitine Begehung — nämlich bura) Vornahme berjenigen
Shätigteit, welche ber Setreffenbe ftatt bet im ©efefce norgefdjjriebenen etwa
ausübe — ftattfuibe.
2Han uergletche hiermit folgenbe ©teile aus 93inbtng'8 formen
(II. ©. 189).
9ta$bem et ben Unterfdneb jwifc&en 93egef>ungS* unb Untcrlaffunggbcltft
batin gefunben, bafj bet Hiebet be« erfteren „bie ©efdnehte um eine $anblung
bereichert" höbe, währenb bet be« leiteten „oom ©tanbpunft be3 objeftioen
SBeltlaufS au&" ignorirt werben müffe, fährt et folgenbermafjen fort :
„S)tefe wefentltche SBerfchiebenheit non föanblung unb Unterlaffung beSlwlb
leugnen $u wollen, weit auch bet fd^einbat untätige äRenfd) immet etwas töue,
ift ein mit unoerfiänbltcheS beginnen, ©elbft wenn biefet ©runb richtig wäre,
waS nia)t einmal bet $aU — benn bie 3Jlenfchheit pflegt wenigftenS im «Schlafe
untätig ju fein — , fo ift boch eine X^ätiafeit, bie ein 2ftenfcb oornimmt,
währenb et fein $euft begebt, für ben ©trafeiebter eine rechtlich irreoelante,
b. b. feine X^ätigfeit." Um non fleineten Söiberfprüchcn abjuieben — t& wirb
j. im erften ©afee Schlafen als eine noräunehmenbe ^anblung bejeidfmet,
währenb ^iet gegen eine betartige ^Bezeichnung polemifitt roitb — , fo rann in
bcm lefctcititten ©afce nach feinem 3ufammcnbange unter bcm „fd)cmbar untätigen
9Jtenfchen" nur bet Urheber eine« UnterlaffungSbeliftS oerftanben werben; man
mufjte beS^alb am ©dhluffe beS ©afceS ftatt bet SBorte „währenb et fein $)eltft
begebt" ntelraehr „währenb et eine gefefcltch gebotene §anblung ju tfmn untet*
läßt" etroatten.
2tber felbfl, roenn Sinbing ben ©afc nut non einem gänjlidE) ^atmlofen
^td^tiSt^uct aufteilen wollte, fo butfte et, ba ein folget bet bem non ihm ju
fiatuirenben Unterfdjiebe jwifd&en 5öegchung§* unb UnterlaffungSbeltften gar nicht
inteteffirte, fich nicht entbred^en, aus biefem ©afce bie Gonfequen$en für fein
theraa probandura, b. f). alfo mit ©ejug auf ben Segcber be8 UnterlaffungS*
beliftd ju jic^en. $ie£ nerabfäumt er aber, unb ben ©runb hierfür oermag
ich nur bartn $u finben, bafj 39 in b in g emfalj, bafj er burch bie allein mögliche
©chlufjfolgerung in 2Biberfpruch mit feiner $heortc ber Unterlaffung8*$Bergef)en
treten wütbe.
2öit, bie wit olme ftücf ficht barauf bie Gonfequenjen gießen, feiert aller*
bingS ba« Unhaltbare biefer Stjeorie ju 2aa,e liegen.
S)ie Unterlaffung<8belifte befielen, wie gefagt, in ber wibcrred)tlid;en
Unterlajfung einer oom ©efefce bei ©träfe angeoroneten pofitioen £f)ätigfeit.
©ie Tmb bemnad) mit ber Untetlaffung oollenbet; be3 ©intrittÄ eine« burd)
bicfelbe utfädjlii bewirf ten ©rfolgS bebarf e« ju ibrer Sßerfection ni^t. 11 )
©anj unerheblich ift e« inbej nicht, wenn in golgc ber Unterlajfung ein
red)töwibriger ©rfolg eingetreten ift, nielmehr wirb biefer in ber 5leael bei
2lbmeffung ber ©träfe non ©ebeutung fein, auch wirb für ben SCbatbeftanb
emjelner Unterlaffungjsbelifte non bem pofitinen ©efe|e geforbert, bafe objectin
ein (Srfolg eingetreten ift, ohne bafe ein faufaler 3ufawrnumh<uuj $wifchcn bem
Unterlaffen unb bem Grfolg befteht. ©c|on ben 9iömem war e« jum öewufet*
fein gelangt, bafj ber Erfolg, welker tn golge ber blofeen Unterlaffung ein*
getreten, bem Unterlaffenben nicht urfächltch imputirt werben fönne. ©ic fiellen
ben ©afc swar nicht in biefer Allgemeinheit Inn, wenben ihn inbefe praftifd) an,
inbem fte 3. 8. baß «erbrechen berjenigen, welcher ben non feinem trüber geplanten
11) 2X8balb «tf^cint baS $au}>tbeifoi<l, roctdjeS Serner (i'ebrbucf) 7. «ufl. 1874. B. 161)
bie Unterlafiungsfceutte anführt — ber ber L 4. D. 25, 3 — unglütfltd) getränt: ^icr
t u. tt. ein Äommifftobelitt tor.
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014 eifleittlttbett UntcrlaffimflSbctittc na* fcem beutföen @trafgefefcbu<$.
Satermorb, trofcbem er um if)n roufjte, bem Sater nid^t angejeigt hatte, niä)t
mit ber XobeSftrafe, welche ben Satermörber traf, fonbem nur mit Delegation
belegten. 18 )
ffiie ift nun bie «Stellung beS beutfdjen StrafgefefcbuchS ju bem oon un$
entroicfelten begriffe ber UnterlaffungSbelifteV
3n feinem allgemeinen %fytik finben mir feine Sorfchriften betreffs
biefer Delifte; au£lnlf£roeife bemerfen bie üRotioe ju §. 1., bajj „ipanblungen"
hier in ber allgemeinen Sebeutung btefe<8 2öorfc3, roeldje aua) bie Unterlaffungen
mitumfaffe, gebraucht fei.
2Bir unb bemnacb in ber Sage, ben obigen Segriff aud) für baS Straf*
gefefcbud) fefthalten 311 bürfen, unb jioar um fo unbebenflicher, als mir aus
bem fpeciellen erfehen fönnen, bafe e8 fid) feineSroegS oon bem bura) bie
2ßiffenfcbaft gewonnenen Segriff entfernen rcoüte.
©0 führt beifpieläroeife ber §. 139., melier ba<3 UnterlaffungSbelift
xar Qoxijvj bie ^td^tanjcige gcroiffer Serbreeben, roie be$ §od)oerrat^, 3Jtorbe3
jum ©egenftanbe hat, als jum Dbatbcfianbe gehörig an, bafj baß Serbrcd)en
(ober minbeftenS ein ftrafbarer Scrfud) bcffclben) roirflid) begangen roorben ift
Sluf ben erften Sita* fa)eint baS §roar bem Safce, bajj c$ $u Der $erfeftion ber
UnterlaffungS*Sergef)en eines urfächlichen (SrfolgS ber Unteren nicht bebürfe, ju
roiberfprechen ; baß aber ebeufo, roie bie rönüfdjen Triften, aua) bie 9tebaftoren
beS SrrafgefefcbuchS ^ier einen inneren caufalen 3ufaramenfwng jroifd)en bem
llnterlaffen unb bem barauf folgenben Ser brechen ablehnten, erfetjen roir roieberum
au« ber für bie 5)ti<^tanjcige angebrochen Strafe — ©efängmjs — , rocld)e in aar
feinem Serhaltuiffe ju ben auf bie Segehung ber bezüglichen 9Serbred)en fclbft
gefegten Strafen fleht.
Unb felbft roenn ber §. 357. ben SlmtSoorgefctJten, welcher eine frrafbarc
£anblung feiner Untergebenen im 2lmte roiffcntlia) gcfd)e^en läfet, mit ber auf
biefe ftrafbare ^anblung felbft angebrofjten Strafe belegt, fo geflieht bted nid)t
etroa, rocil ba£ ©efefc ben bie Serlnnberung unterlaffenoen Sorgcfefcten für ben
Urheber ober 2:i)eilncl)mer beS ScrbrechenS anfiebt, fonbern bie erorbitante Se*
ftrafung f>at ihren ©runb barin, ba& ber ©efe(jgcDer ben Srud) ber 2lmt3pflid)t
auS friminalpolitifchen ©rünben befonberS fd^roer gefrraft roiffen roollte.
£ter ift roobl auch paffenb bie ftrage 3U erörtern, ob bie (Sigenfdjaft be£
Delinquenten als faufmännifa)er Sanferutteur ober als Seamter ben Segrtff be*
Untcrlaffung&SergebenS auSfchliejjt
2BaS 8unäa)ft ben Sanferutteur anlangt, fo ift sroar ber einfdjlä'giqc
§. 283. 5Rr. 2. unb 3. beS @t. ©. ». burch §. 3. beS <sinfül)r. @. jur Äont. ö.
v. 10. ftebr. 1877 aufgehoben unb an feine Stelle ber §. 210. 3tr. 2. unb 3.
ber $onf. 0. getreten; roir mürben aber foroo^l nad) früljerem, als nad) je|igem
9led;t obige ftrage oerneinen müffen.
Der 3:^atbeftanb bc« Serge^enS erfa;öpft ftd) objeftio in bem Unterlaffen
ber ^i^ ruT| 9 ocr Süa)er refp. ber ©ilan^jiebung.
Die $f>atfaä)e, ba^ ber Delinquent feine 3 a ^^«öcn eingefteüt, ober bafe
über fein Vermögen ba« tonfurSöerfaljren eröffnet roorben, ifl roeber eine notb/
roenbig pofitioe ^anblung bcffelben, nod) fte^t fie in einem caufalen 3"fammcn<
^ange mit ber fhafbaren Unterlaffung, fie ift uiclmehr, ebenfo roie ba£ Segehen
beS s JJlorbe3, ^odjoerrathS u. f. ro. im ftaUe be« §. 139., nur eine 00m pofitioen
©efeöe jufällig oerlangte Sebingung ber Strafbarfeit ber Unterlaffung. Slua)
ba^ Delinquent Kaufmann fein mu| — bie tfonfur&Drbnung oerlangt baä jioar
nia)t auSbrücflid), eS ift bieS aber, ba nur ben itauüeuten bie be5üglid)en ^fl ta)ten
obliegen, felbftoerftänblid) — ifl für un£ unerheblia).
12) L 2. «. 9. D. 48, 9.
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/
3>ie eigentfifytt UnfcrTaffmtgSbeWte nac$ bcm beutfäctt @trafgefetjbu<$. 215
$er «Staat ©erlangt §icr eben eine ftanblung nicht oon feinen fämmtlichen
Untertanen, fonbern nur oon einem befttmmten %tyik berfelben.
S)ie 9tatur ber Unterlaffung biefer §anblung Seiten« ber Pflichtigen fann
fich baburd) nicht embem, bafe e« Anbere giebt, welche nid^t biefe ^flicht (mben,
ober etwa baburaj, bafe Diejenigen, welchen biefe Pflicht obliegt, Seute finb, roeldje
fonft, b. b- nicht mit ©ejug auf ba« $elift, eine pofittoe S^ätigfeit entwickln,
alfo t)\tc ©efebäfte treiben.
©anz biefelben ©rünbe treffen auch für bie UnterlaffungSbelüte ber 8e*
amten au.
$u welken Abnormitäten überbie« bie 9lia)tfubfumirung ber hierher a>
?iörigen ©eamtenbelifte unter bie Unterlaffung«^ergeben führen toürbe, jetgt
olgenbe« Seifpiel. Sterjenige, melier au« einer 2Boljming, in ber er olme
Jöefugnifj oerweilt, auf bie Aufforberung be« berechtigten fich nicht entfernt
(§. 123. be« 6t. ®. 39.), begebt, wie unten näher gegeigt werben wirb, ein Unter-»
laffungsj'SSerge^en.
2ßenn mir nun nur ben §. 123. hätten, melier allgemein für alle ben*
felben begriff oon §au«frieben«brucb feftfteüt, fo mürbe wotjl s 3liemanb baran
benfen, etwa ben Beamten, melier ud) biefe« bergeben« fdjulbig machte, oon
ber s Jtegel au«zunef)men unb ihn allein tein Unterlaffung«beltft begeben zu lafjen,
Denn bann fönnte man mit bcmfelben fechte auch bem S)icbftal)l, SKorbe unb
jebem anderen fteliftc, wenn e« oon einem Beamten begangen mürbe, eine be*
fonbere Natur zuerthetlen.
Oiun enthält ba« ©trafgefefcbuch aber nod) ben §. 342., welcher bei bem
£au«frieben«brucbe eine« Beamten bie ©träfe oerfd&ärft unb ba« fonft notb*
wenbige AntragÄrequiftt befeitigt, unb biefe« foHte genügen, um au« einem Unter*
laffung«* ein Äomraiffiobelift zu machen!
Au« bem Segriffe ber Unterlaffung«beltfte ergeben fia) folgenbe borau«*
fefcungen berfelben:
a. ba« eine pofitioe Xptigfeit bei Strafe anorbnenbe ®efe|s,
b. bie Unterlaffung biefer Xf)ätigfeit,
c. bie fubjeftioe aüiberrc^tlia)feit ber Unterlaffung.
SöaS bie erfle SBorauSfefcung anlangt, fo folgt fie mit 9cotf)menbtgfeit au«
bem im §. 2. be« ©t. ©. 93. jum Au«brucf gelangten Sßrinzipe nulla poena
sine lege.
Di an mufj mbefj bie 9iorm oon bem ©trafgefefce wohl unterf Reiben ;
erftere ift hier ba« bie Xljätigfeit anbefeljlenbe ©efefe, le&tere« fefct bie ©träfe
für bie Unterlaffung fefl.
@« roäre nun eine ju enge Interpretation, rooüte man behaupten, biefe
borau«fe&ung liege nur bann oor, menn ber bie ©traffanftion au«fprea)enbe s ^ara
grapl) be« ©trafgefefcbuch« sugleidb and; bie lUorm enthielte ober — negatio au«*
gebrüeft — biefe SBorau«fe§ung hege bann nicht oor, wenn ba« ©trafgefefcbudj
bie Unterlaffung einer Sljätigfeit, meiere man in ftolge ber 53eftimmung eine«
anberen ©efefce« ober einer polizeilichen Anorbnung ober in ftolge ber Auf-
forberung eine« berechtigten oorjunef)men hat, mit ©träfe belegte.
$)enn e« änbert an ber Statur be« Unterla)fung«*$8ergeben« nic^t«, bafj
$. 93. ber §. 139. gleichzeitig bie Anjeige oon geroiffen Verbrechen anbefiehlt unb
bie Nichtanzeige beftraft, bafe bagegen ba« ^anbcl«gefe|buch bie 3 ic ^) un 9 °er
Silanj anbefiehlt unb ba« ©trafgefe^bua) in bem — jefet aufgehobenen — §. 283.
beren 9tichtziehung unter geroiffen Umftänben mit ©träfe belegt.
©chroarje erfennt jroar in feinem Kommentar (Sycur« VII. au«brü<flicb
nur ben galt be« §. 139. al« Unterlaffung«^ergehen an, aüerbing« ohne An*
führung oon ©rünben, tro|bem fcheint er felbft in ben (£$curfen HL unb X,
<
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216 $ie eigcntlitfen ÜntcrlafiuugSbeWtc na* bem beutfäen (Strafgefcfcbutf).
aud) bcn Sanfcrutt, Huflauf, fonrie baS 3 uro iberhanbeln gegen ein in einem
DffenbarungSeibc gegebenes Skrfprechen 13 ) ben UnterlaffungS*93ergehen jujählen
ju wollen.
3dj finbe an ivaftorat, meldje und ju einer folgen pofitioen Xhätigfeit
oerpfüchten, beren Untcrlaffung burch baS ©trafgef efcbudj gealjnbet wirb, f olgenbe :
1. ©enereUe Sefthnmungen:
a. ©efefcliche,
a. im ©trafgefefcbuche auSgefprodjen,
ß. in anbeten ©efe^en enthalten,
b. polizeiliche Slnorbnmtgen;
2. Spezielle Hufforberungen:
a. oon ©etten ber Dbrigfett,
b. oon Seiten eined grumten.
üftan batf babei inbefj nicht uberfchen, bafj auch in ben $äHen sub 1 b.
unb 2 ftctS ein ©efe(j ju ©runbe liegen mufe, welches ber Snorbnung bej. 2luf*
forberung nachzufommen befiehlt.
SDie jroeite SSorauSfcfcung hoben mir fdjon oben betont: bie S&ätigfeit
beS Verbrechers mufj einjig unb allein in ber Untcrlaffung befielen, ohne bafj
burdj biefe ein (Srfolg oerurfacht roorben ift.
©eaen biefen ©afe, ber faft oon allen ©chrtftfiellern in ähnlicher SSort*
faffung aufgehellt wirb, roenbet fid^ Öinbing. 14 )
9tod)bem er cntmirfelt, bafe berjenige, welcher oon einem Verbrechen nichts
wiffe unb eS bcStyalb nicht anzeige, fein Sklift begebe, wäljrenb berjenige, welcher,
oon tym wtffenb, eS nicht anzeigen wolle, eine« Vergehens fich fdjulbig mache,
führt er für bie ©traflofigfett beS erftcren ben Langel beS SBtllenS, etwas ju
tl;un ober ju unterlaffen, als ©runb an: bie „reine llntl;ätigfeit" ^abe hier
aufier Vetracht ^u bleiben. 3 U Dcc „reinen Unthätigfeit" wirb bann in einer
2lnmerfung bemerft: „in ber Ärug, 3Keoer, ©d) war je ben ganzen Zfyoi*
beftanb beS ed;ten UnterlaffungSbeliftS aufgeben laffen wollen."
£ter mufj bei Vinbing ein SJJifjoerftänbnifj obgewaltet haben; benn wie
wäre eS fonft ju erflären, bap er ben ©cgenfafc ju ber „reinen Unthätigfeit,"
meiere nad; ben citirten Tutoren ben ^atbeftanb beS eigentlichen UnterlaffungS*
beliftS ausmalt, in ber mit bem roibcrrcd)tlic^en SBillen oerbunbenen Unthätig*
feit fud)t, wäljrenb er bod) einzig unb allein in ber mit einem äufeeren Erfolge
oerbunbenen Unthätigfeit ju finben ift?
3u biefer ©egenübcrftellung fam man aud) nothgebrungen burd» bcn an
ben betreffenben ©teilen ftatuirten Untertrieb ber eigentlichen UnterlaffungS*
belifte oon ben uneigentlichen.
$afj cö 3U bem Mitte nicht ber Äcnntnifj oon bem beoorftehenben Ver-
brechen ober ber fubjeftioen ffiiberrechtlichfeit bebürfe, Jjat feiner oon Vinbing
©enannten behauptet.
2Sie ©chroarje z- V. bie „reine Unthätigfeit" auffaßt, erfieht man aus
folgenben jroei ©teilen:
„S5ie Unterlaffung ber oorgefchriebenen Denunziation oon gewiffen Ver*
brechen fefct ebenfalls ben Hillen oorauS, bie Denunziation ju unterlaffen;
oon einer culpa ift &iet nicht bie SHebe. @S roirb hier ein befonberer ©rfolg
ber ^anblung nicht oorauSgefefct; — in ber Jganblung felbfl fchliefet fich ber
S^atbefianb oöttig ab." 15 )
13) 35ic neue Stüttyroacfe-Orbnung unt> Sont«r8«ötbnu«g teiuten ein fottfecS «erfpre^en
iiitbt mel)r.
14) »infcing, Tonnen II. 449 ff.
.15) €(^»013«, Äomtnentar 6. 27.
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3>ie ei^entli^cn UntcTiafiungSfccUltc na$ Dem teutfdjcn ©trafflefc^bu*. 217
„S)er gan^e £f)at&cfianb erfd^öpft fich fjicr in ber Ilnterlaffung, ohne
irgenb roeldje SKücf ficht auf baS (Srgebnifj ber Nichterfüllung; baffelbc fann nur
als StrafbemeffungSgrunb in ©etradjt fommen. Gbenfo ift in biefen fällen ber
dolus nur als baS SBewu&tfein baoon aufjufaffen, bafe bie $orauSfe&ungen oor*
Ijnnben fmb, unter benen baS gefe&Uche ©ebot ju erfüllen ift. 1 ' 18 )
s Bir fönnen bemnach wohl trofc beS hinbin g'fchen Angriffs, ofme ferner
beforgen ju müffen, baß wir ju ^hfcoerftänbmffen Slnlafo geben tonnten, an bem
Sa§e feftijalten, baß ju bem Sbatbeftanb beS UntcrlaffungSbcliftS nur ein Unter*
laffen ober eine „reine Untfjätigfeit" beS Verbrechers gehöre.
JpierauS folgt für unS, bajj wir biejentgen 2)elifte beS $cutfd)en Straf*
gefe&buchS, in welken ein „©eftatten" ober „Bulben", wie i. SB. in ben §§. 285.
365. 2lb|". 2. :
„£)cr Snh&bcr eines öffentlichen SBerfammlungSortS, welcher ©liicf3*
fpiete bafelbfi geftattet . .
„2)er SBiru), welcher baS ©erweitert feiner ®äfte über bie gebotene
SßoUjeiftunbe hinaus bulbet . .
mit Strafe belegt wirb, nicht ben UnterlaffungSbeliften johlen bürfen, benn eS
ift in biefen fallen ben SBirthen nicht eine pofitioe ^ättgfeit jur Pflicht gemacht,
beren Unterlaffen mit Strafe bebroht toirb, fonbern eS ift ihnen eine foldje bei
Strafe »erboten; eS roäre unrichtig, roenn man „bulben" ober „geftatten" mit
„nicht hinbeni" ibentificiren wollte. 2lu<h bie Söeleibigung barf nicht $u ben
UnterlaffungSbeliften gejohlt werben, benn wenn biefelbe auch unter Umftänben
bura) eine Untcrlaffuna, fich manifeftiren fann — j. SB. burch Ditdjtaufftehen bei
einem Xrinffprudt) auf ben fianbeSherm, — liegt boch aud; l;icr baß Straf»
bare nicht in ber Unterlaffung einer oom ©efefee oorgefebrtebenen pofitioen
Shätigfeit, oielmehr in ber Uebertretung eines $rohibitiogefe&eS; eS ifl oerboten,
bie @h te cineS Slnberen, inSbefonbere beS Staatsoberhauptes, baburch, bafj man
eine Nichtachtung berfelben an ben Sag legt, ju oerlejjen, feineSmegS aber oom
©efefce oorgefchrieben, burch gewiffe pofitioe #anblungen Achtung ober @ht*
erbietung $u erweif en.
$>ie britte $BorauSfe(jung, bie fubjeflioe SöiberrecMichfeit ber Unterlaffung,
fönnen wir bahin analofiren: ber Unterlaffenbe mu| baS 23cwufetfcin baoon
haben, ba& bie sBebingungen beS gefefclichen Verbots oorhanben finb.
Ob er bcmfelben fobann boloS ober fulpoS nicht nachfommt, ift §war in
ber Siegel für ben Xhatbeftanb beS $cliftS gleichgültig, aber bei ber Straf*
abmeffung oon ©emicht; bisweilen fann inbeß in golge pofitioer SBeftimmung,
wie im $aUe beS §. 322. beS St. ©. 33. :
„2Ber oorfäfclich ein jur Sicherung ber Schifffahrt bcfiimmteS
geuerjeichen ober ein anbereS ju biefem 3wecfe aufgehelltes 3 c *$ cn —
Teiner $>ienftpfucht juwiber nicht aufftellt, ....
nur bie S3orfä|lichfeit ber Ilnterlaffung geahnbet werben. Selbftoerftänblich ift
ba^ e<8 auf baS 9)iotio ber Ilnterlaffung für ben Sfwtbeftanb nie anfommt, baB
©ielmchr bie Shatfache, bafe ^emanb aus Neugier fidt) an einem Auflauf betheiligt,
auS Trägheit feine ^anbelsbücher geführt ober, weil baS geplante Scrbredjcn
gegen feinen geinb gerichtet gewefen, feine Slnjetge gemacht, ^öd»ftcnö für bie
Öemeffung ber Strafe oon Gelang ift.
Schwarje f^eint ber Slnftcht ju fein, ba^ bie UnterlaffungS»SScrgehen
überhaupt nicht fulpoS begangen werben fönnen, inSbefonbere behauptet er oon
bem $alle beS §. 139. in ber oben citirten Stelle, berfelbe „fe&e ben SBitten
oorauS, bie 5Denunjiation ju unterlaffen, oon einer culpa fönne hier nicht bie
ftebe fein."
16) ©cömarse, Kommentar ®. 45.
«rddip ist», s. it. 4. $eft- l- r >
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•• • : * •
218 Sit cwntlüfcii Untcrlaffung&elUtc na* Dem frcutfdjen otrafflcfctfbit*.
$>em (jegettüber fönntc man gefpannt fein, erfahren, tote Scbioarje
folgenben RaU beurteilen mürbe: ^emanb erfährt uon einem beoorftebenbeu
3)iorbe, bcfcblicfet, tlm ju benunsiren, unb geht jur ^olijei. Unterwegs trifft et
einen Befannten unb oerplaubcrt mit btefem, ba er nod) $cit ju haben glaubt,
eine Stunbe. 2115 er enblicb jur ^oli^et fommt, ift c$ bereite ju fpät bad
^erbredjen ift mittlem) eile begangen worben. ^icr ermangelte bod; wol;l ber
Delinquent bc£ uon Schwarbe erforberten 28illcn£\ bie Dcnunjiation su unter*
laffen, unb trofcbcm wirb man u. G. nicht umhin fonnen, ben Xljatbcftanb be3
§. 139. für norltegenb ju cradjtcn.
ferner 17 ) feblägt einen Mittelweg ein: er läßt baS Strafgcfcfcbud) bei*
fpiclSweifc beim einfachen Banferutt „wegen ber ^iidjtigfcit besS ObjcftS" bie
Aaljvläiftgleit beftrafen, bei ber 9itd)tan$eiqc oon l^crbrcdjen bagegen nicht, trr
giebt inbefc feine ©rünbc für eine foldjc Untcrfd)cibung an, fo baß bicfelbc nur
um fo meniger für [tdj gewinnen fann, al3 c§ aud) uuerfinblid) bleibt, warum
im $alle bei $. 283. mehr auf bem Spiele fteljen foll, als im galle be3 §. 139.
lleberbtcS ftcljt ferner mit fid; fclbft im ^iberfpruch, iubem er an einer anberen
©teile 18 ) alle mit Strafe bebrobten llnterlaffungcn, fclbft wenn ftc au£ blofjcr
gahrläffigfeit heroorgegangen, beftraft wifjen will.
2öirb nun ein Bergchcn feinet (äfjaraftcrS al§ UntcrlaffungSbclift babureb
uerluftig, baf? ju ber ,,&Sibcrred)tlichfeu'' noch eine fpeciclle Wicht, etwa bie
Gläubiger ju benad)tljciligcn, 3^oiibcm bie Boitbcile bc£ BerbrecbcnS ju
fiebern, ^emanben oer 9cfc^Uct)cn Strafe recbtSroibrig $u entheben, ^injutritt?
3ft h- einen $au herauszugreifen, ber betrübliche Banferutt (§. 281.*-
bc£ St. ©• B. 19 ) ein Unterlaffuugsoerbrcdjcu?
$ur Beantwortung biefer §rage mufc man fid) oergegenwärtigen, bafe Ijter
ber Banfcruttcur ein ^räccptiDgcjcu — ba3 ©ebot, Büdjcr 511 führen — , nädjft*
beut aber aud) eine s ^rof)ibitiuuorfd)rtft — feine ©laubiger nicht $u benachteiligen —
übertritt. SDic Uebcrtrctung ber le&tcrcn braucht jiuar nicht uollcnbet ju fein,
ba fdjon bie Slbfidjt ber ilcbertretung genügt; jcbcnfaUS muß aber ju bem
Unterlaffung$bclift nod) bie Wid)t, ein ßornmilftubclift 311 begeijen, bn^ufommen.
2)ian fann bcäljalb aud) ber Behauptung Scbapcr's;, 20 ) in ben gäüen ber
§§. 281., 283. be£ St. ©. B. beruhe bie StrafjäUigfctt in ber Bcrnacbläfftgung
ber Pflichterfüllung, woljl für ben 283. — eiufadjcn Banfcrutt — , aber nicht
für ben §. 281. — betrüblichen Bauferutt — suftiiumcn. Schon bie ungleich
fdjwcrere Strafe muR barauf führen, bafc im Ic^teicn ^a\lc }UI Straffälligfeit
mehr »erlangt wirb, aU im erftcren.
(SsS fann bal;er roeber ber betrügliche 53anferutt, noch ber $att be5
§. 257 21 ) ober be§ §. 346 beS St. ©. 33. 311 ben Unterlaffungäbcliften gc*
rechnet werben.
«Icachbem wir im Sorftchcnben ben Begriff unb bie Borauäfefcungen ber
UnterlaffungsSbclifte feftgeftcllt hoben, wollen wir jc^t unterfuchen, in Betreff
weld;er allgemeinen Bestimmungen uufereö St. ©. B. bie Statur biefer Delifte
eine oon ben Bcgehung^beliften abmeichenbe Behanblung rechtfertigt.
Sd)on in ben „einleitenbcn Befttmmungen" regt §. 3. bie ftragc an,
an welchem Orte ba$ Unterlaffung^belift begangen ift, ob an benyenigen, wo
ftch ber Delinquent 311 ber '$cit t wo er bie $anblung oorjunehmen oerpflichtet
war, aufhielt, ober bort, wo bie $aublung oorgenommen werben mu^te.
19) im §. 200. 3- tev Äont. 0.
20) ßoHjentorff, ^antbuefi <S. 120.
21) ^i« ift felbifrerftäntticl) nur an eine turd) Untcvkfjuiia bcaaitflcnc <Hcüünftic}unc\
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Sie eigentlichen UnteriafiuuflSMiltc m<S) bem beulten @trafge|e<}(ju^. 219
$icfe für bcn <Strafpro3cfe (§. 7. bcr 6t. $ro3. D.) ^öci>ft mefentliche,
auch für bcn Siüüprosef} (§. 32. 6. 0.) nicht unwichtige JJragc würbe ich
311 ©unftcn bcr legten 2lnficht beantworten, benn man fann fuh nur in ©ejug
auf bcn Drt, reo man etwas ju tljun fdjutbtg mar, einer ftrafbaren Untertaffung
fdmlbig matten. $)afe man $ur 3eit ber Unterlaffung fid) oiellcid)t anberS wo
aufhält, ijt für ben 2^atbeftanb beS Delifts unerheblich.
$)aS forum delicti commissi bei bcr 9iichtaufftellung eines ^eueneicbcnS
(§. 322. St. @. V.) j. V. ift nicht ber Drt, wo ber Verpflichtete jur 3ctt ber
norsunct)utenbcn §anblung zufällig war, fonbern ba, wo baS 3 c ^ en aufzuhellen
mar: bei entgegengefc&ter (Sntfcbeibung brauste fid) bcr Verpflichtete nur für}
uor bcr ju bcr Aufteilung beftimmten 3<>it a n einen Ort beS ÄuälanbS, wo
eine bem §. 322. entfpredjenbe Strafbeftimmung nicht befteht, ju begeben, um
nach Ablauf biefer 3^it ftrafloö wieberfehren ju fönnen.
ferner nehmen bie UnterlaffungSbelifte nodj binfidjtli^ bcr §§. 43.
(Verfug), 47 (3)iittt)äterfd;aft) unb 67 (Verjährung ber Strafocrfolgung) eine
SluSnahmeftellung ein.
(Bin Verfug im «Sinne beS §. 43. fann hier nicht flattfinbcn, benn rate
fann cS bei einem Mitte, welches nur in bcr Unterlaffung einer $u einer go
Hüffen 3cit oorjunehmenben 3:^ätigFeit beftebt, ^anblungen geben, meiere einen
Anfang ber Ausführung biefeS ©eliftS enthalten?
£aS Untcrlaffen cor ber 3"t ift nicht $)eltft, fonbern ftrafloS; mit bem
Unterlagen ju ber beftimmten 3cit ift baS Selift fefcon begangen, ein Anfang
feiner Ausführung fann fym begcifflicr) nic^t oorfommen. Anberer Anficht ift
JHubo. 3)erfelbe fupponirt ben §aU, baß ein ®efe($ ben 2Beichenfteller, ber eS
oorfäfcueh unterläßt, um 12 Uhr Die 2Beiche $u ftetlcn, mit Strafe bedroht, unb
will bann benjenigen SSeichenftetlcr, welcher in ber Abficht, biefe Untcrlaffung
herbeizuführen, fich um 11 Uhr bis jur Sinnlofigteit betrinft, wegen VerfuctjS
beftraft wiffen, falls er roiber feinen SBiUen jur Vefinnung äurütfgebradjt unb
genöttjigt morben, bie Söeiche jur feflgefefcten Stunbe ju ftellcn. 23 )
&ier liegt inbefe u. (S. ein Verfud) im Sinne beS §. 43. nicht oor.
Srinfen bilbet, felbft roenn eS ©emufetlofigtett jur ftolge hat unb bie Unfahigfeit,
eine Stunbe fpätcr eine SSkiche gu fteUen, jur weiteren $;olge haben mufjte, noch
immer nicht einen Anfang ber Ausführung beS 9lichtftellenS ber SBeiche. ©S
lagt fia) ö bem Srinfen noch nicht bie 23e$iehung auf ein beftimmtcS Verbrechen
erfennen, unb bcShalb fann eS u. 6. nur unter bie ftraflofen oorbereitenben
£anblungen fallen, Sflitthäterfcbaft fann bei ben UnterlaffungSbeliften nicht
oorfommen, benn jeber, welcher Sie gebotene £anblung nicht oornimmt, begeht
als AUemthäter eine ftrafbare Untcrlaffung: ber Umftanb, bafe noch 3tnbere außer
ihm [lA in glcidjer Söeifc ftrafbar machen, ifl für ben $hatbeftanb feines S)eliftS
unerheblich. 2öaS enblich bie Verjährung ber Strafuerfolgung anlangt, fo foll
btefet.be naa) §. 67. ?lbf. 4. beS St. ©. V. mit bem $age, an welchem bie
^anblung begangen ift, beginnen. 2öann ift nun bei unfereu Miften bie firaf*
bare Unterlaffung begangen? Ebenfalls j 0 ^ or t ö anu, wenn bie Verpflichtung
gu einer ppfitioen Xhätigfeit oorl;anben war unb berfelbcn nicht genügt würbe,
aber bamit ift bie {jrage noch nicht erfchöpfenb beantwortet, benn bie Vcr*
pflidjtung wirb ftetS eine mehr ober weniger perennirenbe fein, fo bafe baS burch
bie Untcrlaffung begangene SDelift fid) erneuern wirb. $)ic Verjährung wirb
bemnach erft bann beginnen fönnen, wenn baS ©clift fich nidt)t mehr erneuern
fann, fei eS, bafe bie Vorbcbingungen jur Verpflichtung weggefallen finb, fei es,
bafe bie betreffenbe ^ätigfeit oorgenommen worben ift.
22) Uiubo, ftommentar S. 410.
15*
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220 ® ie öfloitn^en UnterfoflungSfcelüte na$ bem fccutföcn 3ttafg«fc^bud).
©cljwarje untcrfd^etbct je naebbem baS 3fittereffc, melä)eS beut (Gebote
31t ©runbc liegt, ftcb auf bie momentane Befolgung beffelben beft^ränft ober
ittcrljältniffe berührt, weld&e burd& bie DrbnungSwibrigfeit begrünbet werben,
unb will im erften ftall mit bem Momente, mit meinem bie Unterlaffung ein-
tritt, in bem jweiten mit 2luft)örcn beS gebotSwibrigen 3ufianbeS bie Söerjä^rung
beginnen laffen. 28 )
3u einer Derartigen Untertreibung liegt tnbefe fein ©runb oor. Söenn
mir 3. 3J. ben ftaU beS §. 139. ©t. ©. 93., ben man jur erften Kategorie jablen
müßte,**) nehmen, fo mürbe naa) ©d&warje baS 5>crgc^en beSjenigen, melier
oon einem nad) 6 3al>ren ootaunebmenDen üRotbe erfährt unb tfm ntcfyt an*
jeigt, 3ur beS roirtlic^ begangenen 3JtotbcS bereits oerjatyrt fein.
Sei ber 2luffüf>rung ber UnterlaffungSbelifte beS beutfd&en 6t. ©. 93.,
meldte mir unferer SBetrad&tung biefer £>elifte no# sunt ©djlufc anfügen wollen,
werben mir unfere obige <5intf)eilung ber bie pojitioe Stjätigfett gebietenben
gaftoren ju ©tunbe legen.
Das @t. @. 93. orbnet eine pofitioe Sljätigfeit, ofjne bafj nod& eine anbete
generelle ober fpejieUe aiufforberung Ijinaujufommen brauet, um ben Delinquenten
ber angebroljten Strafe au unterwerfen, in ben §§. 139., 320. Slbf. 1., 357.,
361. SRt. 4. unb 9^ 3G7. 9tr. 11. unb 12. unb 368. 91t. 4. an.
3u ben ftätten, in welken baS ©trafgefefcbudt» nur bie ©traffanftion
für bie Unterlaffung ber burcij ein anbereS ©efefc gebotenen pofttioen ^^atigfeit
enthält, gehören bie Seftimmungen ber §§. 281. 9lr. 3., 322. 2lbf. 1. unb 368.
9tr. 2. @S ift aber nidjt $u überfein, bajj ber §. 322. ntd&t bloS Beamte trifft,
weldje bie ilmen gefefcUd) aufgetragene SluffleUung oon $euer*eic§en untetlaffen,
fonbern fid& auf alle bejie^t, bie oermöge eines DienftoerbältniffeS $ur 2luf*
Stellung fold&er uerpfli^tet finb. Da« Unterlaffen einer buta) eine genetelle
polizeiliche 3lnotbnung anbefohlenen £f)ätigfeit witb gealmbet in ben §§. 367.
Sht. 14. unb 368. 3tx. 2. unb 8., baS 9ha)ttfmn einer bura) fpcjicllc 2luffor*
berung feitenS ber Obtigfeit gebotenen in ben §§. 116. 3tbf. 1., 360. 9it. 10.,
365. 2tbf. 1. unb 367. $r. 13. unb 14. Der §. 116. Slbf. 1. untetfäeibct fieb
oon ben btei mit ihm jufammcngcfteUten baburdj, baß Ijier bie 2luffotberung
ntä)t fpejieU unb allein an ben Delinquenten, fonbern an bie 2ftenf einmenge,
in ber biefer fi# befmbet, gerietet fein mufc. Der §. 367. SKr. 14. mar
zweimal anjufü^ten, weil bie «Sid&erungSmafjtcaeln oon ber ^Soltjei fomoljl
generell, als au<# fpejiell für ben ©injelfatt getroffen worben fein tonnten.
211S ©trafbeftimmungen gegen foldje, weldje ttofe Slufforbetung einet
gefefelidf) baju berechtigten ^tioatpetfon eine befttmmte 2t)ötigfett ootiunebmen
untetlaffen, cntljätt baS ©ttafgefefcbuci) bie §§. 123., 342. unb 365. 2lbf. 1.
©d)ü|c 85 ) jaf)lt ben %aH beS §. 123. — eS Rubelt fia) f)ier felbfl-
uctftänblid^ ni^t um ben butdf) einbringen, fonbetn um ben butd& ©idb*nid()t»
entfetnen begangenen fiauäftiebenSbtudj — ju ben uucigentlid&en Untcrla))ungS=
beliften; c3 fd^cint, ba| er baju burd) eine unrid)tige 2luffaffung ber oon i§m
felbft gegebenen 33cgtiff«beftimmung bet leiteten gefommen ift.
9tac^bem ©d)ü|e nämlia^ ben (£intl)eilungi§gtuub, auf bem ber begriff
ber uncigentlid^cn Unterlaffungöbclifte beruht, in ber ocrfdjiebencn ßtfäjeinungiS^
form ber ©ttaftfjat, je nadjbem biefclbe in ®eftalt eines pofitioen obet nega*
tioen ^aubclnS aufttete, gefunben bat, t>etmeä)felt er anf(beincnb „©traftbat"
mit bem ©attungSbegriff ,,§auSfriebenSbrua)", inbem er berüdftebtigt, bafe legerer
fowoljl bura) ein $anbeln als ein Unterlaffen begangen werben fönne.
23) ©tfitoarje, Jtommcntar ©. 285.
24) 6*trarjc fclbfl jätjlt ju tcrfelbcn bcifoiclSrceifc bi« 9iic^tanjcinc ton bcborftcljcnbeu
8ecfammunt<K!L
2.')) äd)ü|}C, 2cbtbu& 2. «ufl. «S. 101.
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3>ic eiflcntlidjcn Utttcrtaffungöfcetitte nadj bem fceutfijcn ©trafgcftfcbudj. 221
2Sir Dermögen aber ba3 SKoment, roeldjeä ben negatioen £auSfrtcben$ -
brudj von ben eckten UntcrlaffungSbeliften fd&eibet, nid)t ftnben, au<J bei ifjm bc*
fteijt baS 2)elift in einet blofecn Untcrtafiung be$ Xljäter«, otme bajj ein burdj
bie Unterlaffung üerurfadjter ©rfolg erforbert roürbe.
2>afj e3 aufäUigerrocife nod) eine pofttioe ^ätigfeit giebt, roelaje ba$
6t. @. ö. unter „^auSfricbenSbruäy fubfumtrt, fann bo<J) nimmermehr bie
•Jtatur be£ negatioen ^auSfriebenjSbrudjS änbem, fo bafj biefer etroa baburd>,
bafj man u)n in einem befonbeten Paragraphen unter anberer ^Benennung ab*
fcanbelte, roieber au£ einem uneigcntlia)en ein cd^teS UntcrlaffungSbelift roürbe.
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1
W\t Verleitung ?um fallen täibt
Son £errn fteferenbar % S o igt in $atte.
Ueberau
§. 1. Einleitung. ®ef$ic$tlidjer SRütfblid.
flapltel I. ©ie begriffliche 2luffaffung. §.2. ©ie ftällc ber 35er*
lettung mm fallen @ibc — feine begriffliche ßinbeit, §. 3. ©ie Serleitung
mm §alfd)eib — fad)lict) fclbftftänbigeiS ©eltft. §. 4. ©ie Serleitung mm
ütteineib — erfolglofc Slnfttftung. §. 5. Scrtjältmjj be$ §. 49. a. 3U §. 151).
91 6t. ©. S.
Kapitel II. ©er 2l)atbeftanb. §. 6. ©er 2ötUc bo8 Serleiter*.
§. 7. ©er 28ille be3 m Scrleitcnben. §. 8. ©er objeftiue Xfmtbejtanb. §. 9.
SDer Serfu$. §. 10. ©ie 2l;etluat)me. §. 11. ©ie Strafe. §. 12. ©er
töütftritt.
§. 1. Einleitung, ©cft$ict)tlicr)er 9tücfblicf.
©ie „Verleitung mm falfdjcn Eibe" umfaßt bie Serleitung gum 30? ein erb,
b.J. roiffcntlici) falfdjcn Eibe unb bie Verleitung mm $alfct)cib, b. t). mm gut*
gläubig ober tjöcbftenä fot)rläfftg fttlfcb gefebroorenen 6it»e. Sdjon mcr)rract)
fjaben bie Parlamente über bie 3roecfmäf$igfeit ber Statutrung biefer Scr*
bred&enSbcgriffe biöfutirt, unb im SKnfdjlufj baran l)at bie ©oftrin über it)re
sjuläffigfeit geftritten, t)at ctngct)enbe Stubien über ben Segriff unb ^n\)a\t
biefer ©elifte gemalt, or)ne bi$i)cr m anerfannten ^irinjtpicii, gefdnncige m
einer (Einigung in Einheiten, gelangt ju fein.
2ro$ ber ©idjttgfctt bc3 EiboS im germanifc^en ^rojeffe bebrot)te bad
alte beutfaje 9kdjt nur bie erfolgreiche Serleitung jum SJfeineib mit ©träfe. 1 )
Ob ba£ fcmonifdje 9tcct)t bic crfolglofe Serleitung beftrafte, ift beftritten.*)
^ebenfalls l;at aber nad) ber l)errfct)enbcn unb looljlbegrünbctcn 2tnfidt)t roeber
1) Styl, i'iöst, Die fatfd)C «usfafle u. f. ». ©raa, 1877. ®. 168.
2) £älfdjner glaubt rcea/n c 1. de hom. VI f>, 4, taS fanonifebe ÜRec&t f)abc He erfolg
tofe Slnfiifüüia, allgemein, alfo aueb tie 311m 2)Jcinetfr, beftraft. Xacjciien (Seicr in £oltjcntotff,
fcanDbucb, »b* IV.* ©, 115 «nm. 5.
uigiiizea
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Xk Scrlcituiiu jum fallen (Site. 22.'}
2lrt. 107. ber ©. D y wie ferner 3 ) behauptet, noa) baä 21. £. 9t., wie e$
bic 2Bäd)tcr'fa)e 2lnfid)t 4 ) ift, noa) aua) ber code penal, nrnS 3ol;n 5 ) au*
Sunebmcn fd^cint, bic crfolglofe SInftiftung im 2lugc. £cr 2trt. 107. ber ty. 0. D.
betrifft fdjon bcSlwlb bie gelungene 2(nftiftung, weit biefe fonft überhaupt nidjt
bcbroljt roärc. 2>cun ob ber 3lct. 177., toclcber oon ber „bilff beiftanb fürberung
ober loie DaS afleä nainen l;at" banbclt, fte miteinbegreift, tft mefjr al3 jrocifcl*
tjaft; unb bann finbet man bei feinem Kommentator ober ©rfltfrer bcr^J. ©. 0.
eine Deutung beä 2lrt. 107. im ferner 'fd)en Sinne. 6 ) S)a8 31. 8. 9t. va*
bangt in §. 1414. II. 20. nur über ben Slnftifter eines begangenen 2Jteincit>cs3
«Strafe, beörotjt in §. 1415 eod. ben, roelcber burd& Seloljnungeu einen 3eugcn
*ur 2luSfage ber üöatjrfjeü ju beftimmen fud)t, unb ber §. 42. eod., auf melden
lieb achter beruft, gilt bem ^bäter, md)t bem £beilncbmcr. SDer 2lrt. 305.
bcS code pönal enblidj begebt fid) feinem flaren SSortlaut nad) nur auf bic
2lnftiftung ju erfolgtem ÜJJeineib, auücrbcm bemerfen bie 3)iotiue ausbrüettidj :
„Mais pour que la subornation puisse ütre punie, il est neeessaire que le
faux tömoignage, qui eil est l'objet, ait ete r£alise\" 7 ) URoberne ©efc^se
abnben oielfaa) jeöc oerfua^tc 2lnftiftung, 8 ) meift freiließ unter bem falfcbcn
(Ücücbtäpunft, bafe in ber Slufforbcrung ein &erbrcd)cn ju begeben, bereite ein
^erfud) bcffelben liege. 0 ) 3uerft tft in §. 14. beS Olöenburgifajcn ©cf. uom
28. 3utii 1845 Die erfolgtofe Slnftiftung jum 3)kincib aU fpcjieller ££)atbcftanb
eines ^erbrcdjcnä aufgetreten. 9tad) langen Sicr^anblungen ift ein glcidjcS
2)elift im §. 13a bc$ ^reufe. St. ©. aufgehellt unb trofc beftiger Slnfeinbung
in ba$ 9t. St. ©. Ö. §. 159. übergegangen. 10 ;
Öegcn benjenigen, qui alium dedmerit in perjurium ignorantem,
enthält bass gennanifebe tote fauonifa^e 9tcd)t Sttafoerfügungen.
3n fpätcren ©efctjgebungen ftnöen ftd) feine Jöcftimmungcn gegen ben
SJkrleitcr sunt Balfdjctb. (Srft bei ber üJeratlmng beS ^reufe. St. ©. JB. uer*
fudjten bie rbcinifdjen ^uriften — frcilidj uergeblid) — einen balnn jielcuDeu
^aragrapb bem ®. 33. cin3itfd)altcn. u ) 2lucj) ben Gntroürfen §um 9iorbDcutfd)en
5öb. St. ©. 33. mangelte es an einer Derartigen Scfiimmung, btö bie angeführte
Sdjrift Sdjulfec'S Den 9teid)3tag oon Der 9iotbrocnbigfeit einer folgen überführte.
Sic ift im §. 1G0. 9t. St. ©. & foDifoirt. -
S)a3 bcutfdje 9teid) ftebt mit ber söeftrafung ber (crfolglofen) Verleitung
3um9)ieineib nia)t oercinjclt bn. 2)0^ ungarifd;e St. @. Sö. oon 1878 bebrol)t
in §. 222. benjenigen, roela)er einen 3lnbern }u einer falfdjen eiblicben 2luj^fage
in einem Strafprojefe ober ju einem Ü)ictneib im Giuilprojefj §u oerlcitcu fuajt.
SJer öfterrcidniebe (£utrourf oon 1874 ftcllt unter Strarc, menn c5 ^emanb
unternimmt, einen 2lnbcrn jur Begebung eines -Dieineibeä ju ocrleiten, unb Der
baju ergangene 9lit)jfd)uji'-3lutrQg §. 171. betrifft nur rcbaftioneUc 2lcnbenutgen.
2lber meber biefe ©efe^btta^er nod; bic anberer Staaten, foroeit fte mir ^ugänglicb
toareu, roenben fid) gegen Denjenigen, roeldjer ju einem galfapcib üerlettct* l^at
ober ju ocrleiten fua)t. 12 )
81 ücbrbucfe t?e§ fcctttföcn etrafrctfnd, 10. Stuft. ©. 304.
4) ©ä(f)fifd)e ^criditä^^citunti XX., 5.
5; XaS <©trafrcd)t in yiorMcuticülant), S 76.
6) 9at (Sollcruö unt v Jictnu>3 in Satiiti^, Woffarium @. 164.
7) Helie, thforie du tode penal, lomo III. Kruxcllcs, 1851, p. 399<
8) 5. ©. §. 9. Ccftcr. et. Ö». 99. UD« 1852.
i>) &o §. 37. ftrim. (». Ö. für JBraunf<t)»cig 1840, 9lrt 64. St. &. 23. für Sstbfcn 1855.
10) Uebcr bic betr. ©eftimmnngen tcr einzelnen Gutro. unt fctc jiainntcceet^anbUtngtti
f. bic erfctjopfcirtc Dorpetlimg von SdmtyK, bic Qmeititng 3um falfdjcn aW» fclbttftauDiA«
JBcrbrecbcn, 8. 3 ff. 3>ijt. aueb l'isjt a. a. O. ®. U>4 unu bic bortificn l£ittttc
11) S. bie ansfiiljrlicttc tSntftcb»ing<3gcf(tnd>tc bei ©d)iilL".c a.a.O.
12) SScvcjt. jebod) ö- 3Kct)cr, ^mubjHge tcö Slrafrcdjtö uad) tev bcntfdjcu ^efebgebu
unter 99<rüctiicb,ttgung auoläncifäer 9tcd)tc. <3. 223 ff.
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224
2>ie aktteitunn ginn falfc^en ©bc.
Kapitel L
$tc begriff Urijc Sfajfaffitng.
§. 2. $ic ftälle bct Verleitung jum fallen ©ibe — feine Begrifflid^e
©inhett.
Vis jum Safn: 1870 ^atte man in ber Verleitung jum 2Reineib (§. 130.
^reufe. 6t. ©. V.) unbebenflid) einen gall ber Slnftiftung gefeiten, welcher wegen
bcr 2Üid)ttgfcit bcS (ribcö für ftrafbar erflärt war, aueb wenn tein SJceincib
gcleiftct würbe. Sie Verleitung $um ftalfcheib als felbftftänbigeS etaentyfim»
lid>cS £)eliEt J>attc meber Theorie noch ^rayiS berüdfid)tigt. 3Da erfaßten bie
Schulfce'fche Sdjrift unb [teilte für bie tfriminalifirung jeber Verleitung ju
einem (fubjeftio ober obje-ftio) fallen @ibc einen ganj anberen neuen ©efichtS*
Dunft auf. (Sin Sfjeil bcr Softrin ift biefer 9lnfid)t gefolgt/ 3 ) bcr weitaus
größere 2l)cil f)at ihr bagegen allen inneren ©ehalt abgefprochen. Schulfce
bebucirt f olgenbermaften :
2)er (£ib ift baS wtchtigfk VcweiSmittel. 5Dic Verleitung &u einem
unrichtigen (gib ift gälfdmna bicfcS VeweiSmittelS. 3ft bcr unrichtige
©ib gefa)rooren r fo ift baS Verbrechen ooHenbet, ift er nicht gefchworen,
fo ift baS Verbrechen oerfucht. ®abei ift cS aleichgültig, ob
bcr gefchroorene ©ib ein wiffenttid), fahtläffig ober gut*
gläubig falfchcr ift. $>er neue @cftcr)t§punft beS Verbrechend ift:
Verleitung junt falfchcn ©ib ift gälfdmng cineS VeweiSmittelS ; fein
Sthotbeftanb: oorfä^liche rcdjtSwibrige täufchung ber Organe bcr
©erechtigfeit.
2Rir fcheint, in biefer Sluffaffung ift Nichtiges mit $alf$em gemifcht.
©chulfce betont }U einfeitig bic v lüitlenSrichtung bcS VerlciterS unb beamtet
nicht, bafe baS VcweiSmittel, welches bcr Vcrleiter falfchcn will, auch fcinerfcitS
einen Hillen hat, er überfielt bie SSillcnSrichtung beS gu Verlcitcnbcn.
2ßcr burch Vermittlung eines Slnberen einen oerbrecherifdjen ©rfolg h cr *
beiführen will, fann Ha) beS 2lnbcren in jwiefachcr 2öeife bebienen. (£r fann ihn
entweber jum s Jfitroiffer feines ocrbrechcrifchcn Vorhabens machen, fann ben
$lan beS Verbrechens in ihn legen unb ihn beftimmen, bie %i)at mit eigenem
älUUen auS3ufüljrcn. <So rul;t in ihm bcr €d)werpunft ber »erbrecherifchen
tyHtifthit, unb oon feinem £anbeln macht ber Vcrleiter ben gcioünfd)tcn ©rfolg
abhängig. ®ann ift er ber Später, ber Vcrleiter bcr Mifter. 3)aS ift bie
begriffliche 6teüung beffen, welcher einen anberen jum 3JI ein eib anftiftet ober
aujuftiften fud)t. Ober cS fann $cmanb im Vertrauen auf bic 2cid)tgläubigFcit
ober Vcfchränfthcit bcS 2tnbercn ihn oon bcr angeblichen Jftcdjtmäfcigfcit feines
foanbelnS ju überzeugen roiffen, fann ihn in Qrrtljum oerfefcen unb fo bewegen,
gutgläubig (ober höchftenS fahrläffig) etroaS ju ttjun, roaS rcchtSwibrig ift. S)ann
gilt bcr erfte, bcr ^lanfaffcnbc, zugleich als ^lanauSführcnber, er ift ber allein
feine 2lbucht burdj ein SBerfjcug oerwirf liehen läfct. Vorfafc unb ^^äterfetjaft
müffen immer in bcrfclbcn ^erfon oereinigt fein, fo beim ^nceft, bcr SoppcU
ehe, ben 2lmtSüerbrcct)en, fo auch beim ÜKeineib. 9Ber roiffentlich baju ocrleitet
Ijat, bafe ein 2lnberer gutgläubig einen falfdjen 6ib leiftet, roer, roie fid) bic
älteren tfriminaliften mit Vorliebe auSbrücfcn, einen Slnbcrcn als „©chrour*
mafd;inc" bcnfi|t, M ) fann nach attgemeinen i)tcchtSrcgeln roeber als 2lnftifter 3ur
13) h 5?- £• SWcjjer, l'ctivb. tcS ©trofre*«, 2. Hüft. S- 580 «nm. 3.
11) e. »begfl im &cr. ©aal von lötö e.277.
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2>ie SJttleitung aum falf^cn <5ibc. 225
9tcchcnfchaft gejogen werben, beim bcr Slnbere fyat feinen SWeineib gefchworen,
nod) felbft als äfteinetbiger, benn er feinerfettS wollte überhaupt nid^t fchwören.
3ßohl aber fann man ihn als Später eine« neuen eigentümlichen
2)cliftS betrauten, wobei ber Slnbere nicht SSerf$eug, fonbern 3iel
feiner »erbtet ertfe^en ^^ättQfeit ift, man tonn ihn anfet>en, mie©chulfce
will, alö gältet eine« Beweismittels.
(2S liegt mitbin ein prinjtpieller ©egenfafc jmifchen ber £anblungSwcife
be)Tcn, ber einen Slnberen oerleiten will, einen 2JUineib ju leiften (§. 159.
91. St. ®. B.) unb beffen, ber ben Slnberen jur Slblegung eine« $alfd)eibeS ju
bewegen fuc^t. (§. 160. 9t. 6t. ©. 93.) S)ort ift er Slnftifter unb null nichts
weiter fein, bcr Slnbere foU ber Xbäter werben; Ijier ift er Später, ber Slnbere
3iel feiner ftrafbaren päne. 3n §. 160. fälfa)t er ein Beweismittel, in §. 159.
will er einen Slnberen beftimmen, bafj ber Slnbere ein Beweismittel (na)
felbft) fälfc^t.
2Jtag man aber aud) ber herrfchenben Sefjre, welche bie 3Jlögli(|feit einer
Trennung oon Borfaft unb SluSfütjrung bei bem falf^cn (Sibe leugnet, fein
©ehör febenfen, ber Dualismus jwifä)en Berfübning $um HReineib unb sunt
galfdjeib bleibt beftchen. 2öer einen Slnberen beftimmt, wiff entlich einen fallen
(sib abjulegen, ift Slnftifter; wer ifm ju einem gutgläubig falfä) gefchworenen
ßibe bewegt, gilt bann felbft als 3)ictneibiger.
2)aS beutfdje ©t. ®. 39. l;at bie ©cbul&'fche X^eorie aboptirt, aber eS f)at
fic mit Siecht nur mit ber ÜDiobtftfation aboptirt, bie „unternommene Verleitung
mn 9Keineio" auSjufebeiben oon ber „Serleitung §um ftalfcbeib'': äu&erlid) buräj
©tatuirung jweier befonberer Paragraphen; innerlich burä) gefifefeung erheblich
oerfchtebener ©trafen unb Stufftellung befonberer St^atbefiänbe.
§.3. S)ie Verleitung aum galfd;cib — fadjlid& felbflftänbigeS £eltft.
GS ift unzweifelhaft richtig, bafj ein Berbrecher ben gewollten @rfolg nicht
blofj burch eigene Sljätigfctt ^"eijufiu)ren oermag, fonbern bajj er aur Ber*
mtrflidmng feines $mdt& Äräfte benufcen fann, bie außerhalb feiner $erfon
liegen, unb trofcbem ber oerantmortltche Später bleibt. 2Ber fid> frembeS 0ut
bura) feinen £unb apportiren lägt, ift gewifc ebenfo beS 2>iebftaf)U8 fajulbig, als
wer es eigenhänbtg weggenommen bat. 3 U M*f« Bermittelung fann fia) ber
Berbrecher unter Umftänben auch oer gutgläubigen ^^ätigfeit eines anberen
SJtenfcben bebienen. ©Itern laffen burch ihre bona nde fmnbelnben Äinbcr
©etretbe oon frembem gelb holen, bann werben fie als $)iebe beftraft. Söer
einen Slnbern oorfä&lich oerleitet, auf einen SDritten, ben ber furjftchttge Slnbere
für einen $fahl au fchiefeen, 15 ) oerföüt bem §. 211. ©t. @. B. dagegen,
behauptet bie herrfchenbe 3tnfid)t, wer einen Beamten oeranlafet, gutgläubia eine
3{ea)tSmtbrigfeit im Stmt oorjunehmen; wer einen Slnberen bewegt, mit feiner
Berwanbten gutgläubig oerbotenen Beifchlaf ju oollateben; wer einen 3 cu 9 cn
oerleitet, gutgläubig einen falfchen ©ib abauleiften, ber foll nicht als $h atcr be-
trachtet werben bürfen. 3ft biefe Trennung nothwenbig? unb warum biefer
Untcrfchieb? fiiSjt 16 ) fpricht fich fehr energifch Dagegen aus. @r führt brei
©rünbe ins gelb.
1) behauptet er, „finbet bcr Begriff ber fingirten Xhäterfchaft auch a «f °i^
jur Begrünbung (beS ©cgcntheilS) herangezogenen Beifpiele uneingefebränfte
Slnwenbung." 17 ) 2) ©elbft äugegeoen, bafe ber Berleiter jum SlmtSbelift, jur
15) 3)a8 betannte Seifpict iu ©cf)ii|§c'§ i^xbud) tcä Ecutföen ©traircd^t3 2>. 152
8(nm. 9. ©. 148 «mn. 3.
16) a.a.O. @. 188 ff.
17) a a. O. ©. 191.
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226 35,4 Sttlettttitfl jinn fatföcn (Site.
$Blutfd)anbc ti. f. 10. nidjt als Später angefeljen tverbcn Wime, rocil aHerbingS
eine getoiffe Qualififation be8 Stl}ätcrö 4>orau£fefcung biefer $erbred)ctt iß, fo
ift biefen ber «erleitet jum ftalfcbeib nid)t alet(foiifteücit. Denn bie @ibcäpflia)t
ift nid>t bie Dualität geroiffer Verlottert, fonbern umgefebrt, allen ^erfonen,
tvcldje jur (SibcSleiftung berufen werben, tvirb erft baburd) btefe Dualität oer*
lieben. &a$ «erbot DcS SJtcincibeiS befielt für alle @intüOt)tter beS (Staates.
3) 2)er §. 1GC>. enthält „eine ganj unbegreifliche «cgünftigung bc$ Sctjulbigeu." 18 )
SDenn ber 9Reineibige wirb mit 3ud)tl)au£ bis ju 10 Saferen, ber «erlciter 311m
^alfdjcib, ber ü)tn an Straftoürbigfeit gleidiftet)t, mit ©efängntfj bis ju G 2) t V
naten beftraft.
2lm wenigften fttdtptyaltig tfi ber letzte ®runb. Denn er rietet ftd? nid)t
gegen ben bem ©efet^e innetvolntenben ©cbanfen, fonbern gegen bie $öfje beS
6trafma&e8. lieber feine iöereebtigung ift unten in §. 11. ju t)aubcln. 3 U
verwerfen ift aud) bie Debuction }u 1., benn e;3 liegt il)t ein 3irfelfct)lurj 31t
©runbe.
SDie f)errfd)enbc Slnfidjt ftellt bie Sc^re von ber fingirten 2t)äterfdjaft
auf, aber fic fcfct einige 2lu§nat)mcn feft. äßenn nun SiSjt 19 ) behauptet, ber
^Begriff ber fingirten Xi)äterfct)aft, fonfequent burdjgcftibrt, umfaffe aud) bie 2lu3*
na^mefäde, fo le^rt er einen 6a|, ben bie anbere Htctnung gar nietjt leugnet,
aber er begrünbet bamit nod) nict)t feine gegenteilige Slnfidjt, Dqb Die SluSnabmcn
unberedjtigt feien uub aud) in biefen Sauen bie Xl;ätcvfd)aft fingirt tveroen
muffe. Der crt)eblid)fte ©runb, unö auf il)n legt iSi^t felbft ba3 ^auvt*
geivid)t, ift ber $iueitc. ^ufofern er bie gcgncrifd)e 3lnfid)t miberlegt, ftintme id)
ifjm bei, aber bie 6d)luwolgerungen, welche SiSjt aud iljm $icl;t, tann id) nidn
als ^utreffenb anerfennen. Der »gauptbetvetö ber t)crrfd)cnben Slnftc^t, prägnant
forniulirr, lautet: Die ^flidjt, bie SMjrljeit aufyufagcn unb mit einem ©ib ju
erbärten, bcftcl)t allein für ben ©d)ioörenben. Datjer fanu fic aud) nur von
tl;m verlebt roerben. Die (SibeSpflicbt ift alfo eine befonbere Dualität
beS Scbmörenben, gleichwie ba3 9lmtibclift bie befonbere Dualität aB 5k<
amter, bie 53lutfd)anoe Die befonbere Dualität ber «ermauDtfcbaft vorauäfefct.
$n ".Kkf)rl)cit ftctjt aber bie (£ibc-3pflid)t ntd)t auf glcid)er Stufe mit ber
£)camtencigcnfd)aft u. f. w., benn fie Ijaftet nidn an beftimmten, baut qualifijirten
^erfonen, fonbern e£ ift eine Wlid)t ^ebermannä, erforbcrlidjcn $cM einen Gib
511 leiften. Sie GibeSpflicbt ift niebt eine Dualität, bie befätngt 3 CU 3 C oöcr
Partei $u fein, fonbern bie Dualität, al$ 3 CU 9 C 00cr ^^rtei 31t fungiren, verbinbet
3ttr (SibeSpfliajt. 20 ) SBenn alfo bie (Sriftenj einer befonberen Dualität beö «cr^
leiteten barüber cntfd)icbc, ob ber «erlcitcr al<S Selbfttt)ätcr 31t beftrafen fei
ober nid)t, fo märe mit $ug ber §. U>ö. 311 oenoerfen unD ber «erleiter |U1K
^•alfct;eib atö 3J?cuteibtger su bcbanöeln.
^ct) meine aber, bafi nid>t foroobl eine befonbere Gigcnfdmft ber Verfem
für bie 2lUiSfd)lietjung ber fingirten Xljätcrfdiaft 2lu5fd)lag gebenb ift, als viel
mcljr ber Gljaraftcr ber öanbluug, bie ein 2lnbercr gutgläubig uorneljmcn
füll, ©emiffe ^»anblungen jmb von oornbevein um il)rcr felbft roillcn juriftifd)
erbeblia), anbere ftnb an unö für fvS) gleidjgültig uub iocrDc:t erft burd) einen
red)t3n>iörigen (rrfolg uon ^ebeutung. „ftanölungen ber erften 2lct fiub bie lUuö
fübrung oou Slmtdgefcljäften, bie «oUjiclntng bed 6cifd)lafe5, bie 2lbleiftuit' : i
cincsJ ©ibed; t "ganblungen ber 3iocitcn ©atluitg ftnb, um bei ben obigen ©et*
fpielcn ju bleiben, baö 6d)ieBen mit einer Flinte, baö Slpportirenlaffen bnra)
feinen ftunb. Die red)tlid)c ©td)tigCtit jener $anblunaen bcftcl;t neben anberen
barin, öaf? oa$ Wcfc^j fic von vornherein beftimmten ^afonen, mctfl nur oo;i
LS) a. a. O. 6. 188.
1!>) 0. a. O. 6. IM.
•J<») «gl. gtyl *. 0. O.
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2He aJerleitnnfl 3um falfdicu £ibc. 227
einer, ©erlangt ober gcioiffcn ^Serfonen unterlagt. ®aS ©efefe fchreibt oor, bafj
nur ber ^Beamte 2lmt3r)anblungen fid) unterbieten barf. Unmöglich fann man
im Sinn biefeS ©ciefceS, welches burch feine 3Sorfd^rift alle 9tichtbeamtcn oon
ber hornahme irgenb melier 2lmtStf)ätigfeit ausfließt, folgern: freiließ unter
ber horauSfejjung, baß ein 9tt$tbeamter einen Beamten burch 5Caufd)ung ju
einer rcchtSioiörigen 2lmtShanblung betoogen ljat r foll ber 9ltchtbeamtc bod^ als
Beamter gelten, ©rabe in biefem fünfte tritt ber Unterfchieb meiner aiujfaffung
oon ber berrfdjenben Slnftdjt flar $u £age. Severe beftätigt jioar aud), bafj
9£id)tbeamte, melden einen Beamten jur gutgläubigen hornabme einer rechts*
mibrigen amtlichen St^ätigteit oerleiten, nid)t nach ben Paragraphen betraft
werben fönnen, roeld^e fid) gegen oorfäfclich rechtSioibrig tyanbelnbe Beamte
rieten. Senn ben Mchtbeamten gebricht es an ben perfönlichen ©igenfehaften,
welche fie jur Ausübung amtlicher 8cfd)äfttgung befähigt. 2öohl aber muffen
nach biefer Meinung fonfequenter SBeife ^Beamte, entiocber überhaupt ober
roenigftenS berfelben Äategorie, welche einen Kollegen jur gutgläubigen hotl*
§iet)ung einer Ungefeblichfeit ©erführt hoben, als Selbfttljäter beurteilt werben,
eben weil fie im hefifc biefer persönlichen Dualität finb. Aber grabe bieS ift
*u beftreiten. Senn nid)t barauf fommt es an, ob ^emanb im Allgemeinen
oerartige ©efchäfte wie baS oorliegenbe ausführen barf, 81 ) fonbem bacauf, ob
^ernanb $u bem fon treten ©efdjäft berechtigt, b. f). jur Vornahme biefeS
ÖefcbäftS gefefelia) berufen war. 9tur biefer foll nadt) bem ©efefc eoent. nach
ber herorbnung ber oorgefefcten heljörbe 3:i;äter fein, unb fein Anberer fann
baher als foldher fingirt roerben. So fommc ich 3 U Dem ®dt)lujj: s Jciemanb, mag
er ©eamter fein ober nicht, roelcf>er einen ^Beamten jur gutgläubigen Vornahme
einer rcchtStoibrigen SlmtSljanblung oorfö<ch oerleitet, fann als ©orfäfclicher
%t)ätcx biefer rechtStoibrigen AmtSbanblung beftraft werben. 3)enn baS ©efeß
hat ben herleiteten auSbrücflidh unb nur biefen ju biefer iganblung berufen.
(Sbcnfo ift bie geschlechtliche Bereinigung oon oomherein getoiffen ^erfonen er*
laubt, anberen, beftimmten hcrioanbtcnfrctfcn, unterfagt. "Jiur ber, welcher in
biefem fireife fleht, fann fich ber Ucbertretung biefeS herbot« fdjulbig machen.
■?iid)t aber fann ein dritter, welcher oorfä&lich einen hertoanbten, ber oon bem
herwanbtfchaft!3Dcrl)ältui& feine ftenntnife l)Qt, ocranlafjt, ben heifchlaf mit feiner
herroanbten 3U oolljiehen, als incestuosus beftraft werben. 3 U Den ^anblungcn,
welche oon oomherein burd) baS ©efeö beftimmten ^erfonen auferlegt werben,
gehört auch ber @ib. SaS ©efefe oerlangt burch ben ilJiunb bcS Richters, ba&
biefe Sßerfon biefen ßib leifte. $nHm baS ®efc& nur biefen einen jum Sdnuur-
pflichtigen erflärte, hat eS auch nur biefem bie flJföglichfeit beS üoriäfcltdjcn
falfdjen ©chrourS cjcioäfjrt, jeben auöern bagegen oon ber Xbäterfchaft btefcS
Verbrechens außgeichloffen. 5 oI 9 li( ^ Dnr f QU£ Ö berjenige, welcher einen
anberen oorfä^lid) beftimmt f)at, einen objeftio falfchen Gib gutgläubig abzulegen,
als 6elbft*-Uicineibigcr beftraft werben, wohl aber barf man Um als Später
eines anberen felbftftänbigcn MiftS 3ur irtechenfehaft jiehen, beffen Shatbcftanb
nllcrbingS, roie Schulde behauptet, fich i" bie Säufdjung ber Organe ber
Rechtspflege burch Sälfchung eines heroeiSmittclS jufpi^t.
Unb boch ift bie ^errfc^enbc Theorie ber „perföulichen Dualität" nicht
ohne jurtftifchcS ^ntereffe. S)enn biefe Dualität ift meift biefe horauSfcttung,
unter welcher ^emano burch baS Öcfcg ju einer beftimmten ftanblung berufen
wirb, wie bei ben 2lmtSl;anblungcn; siuoeilen bie g 0I9 e baoon, ba& ^emanb
00m ©efefc mit einer beftimmten Xbätigfett beauftragt ift, fo bei ber GiDcSleiftung;
immer ein äuftercS mechanifdjcS s J)ierfmal, rooburch eine ^anblung als folche
bejeichnet wirb, mclchc 6tellocrtrctung nicht julä&t; nie aber ber ©ruub bafür,
21) (üu ÄiafKtibcainter verleitet 3. ©. einen anbeten Äafienbeamtcn bona fidc amtli^c
©cltet ju tci trauten.
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228 ®' € *eiX«t«nfl ä um fatft^eu (Site.
bofe 3 c ro Q ttbf welcher bcn berufenen jut gutgläubigen, aber red^tSroibrigcn 2tiuS*
fütjtuitg feinet $l>ätigfeit oerleitet hat, nia^t als ©elbfltydter behanbelt wirb.
Sie Verleitung $um ftalfd&eib hat m. @. ein ooüftänbigeS Slnalogon in
ber fog. intelleftueHen Urtunbenfälfdhung. $)er 6df)roörenbe roirb oerleitet, un*
roiffcntlich bie Unwahrheit ju betraf tigen, ber Veurfunbenbe, unroiffentlich bie
Unwahrheit einzutragen. 2Sarum roirb nicht naa) ber SiSU'fdhen X^eorie ber
Serleiter jur falfdjen Veurfunbung einfach als Utfunbenfälfdjet angefefjen? fta)
finbc feinen anberen ©runb als ben, bafj bie Eintragung nia)t eine nebenfadjltche
jurifttfdh uncrbcbluiic ^anblung ift, fonbern bafj fte gefefolia) nur unb allein Dura)
beftimtnte ^erfonen geliehen fann. Unb biefer §. 271. ift feine einfame ®röfce
bcS beutfajen 6t. ©. V., ber §. 400. beS ungarif^en 6t. ®. V. enthält biefelbe
Vefhmmung, ebenfo ber §. 295. beS öfterreidjif djen (SntrourfS, unb bie 5ttuSfa)u&*
antrage Ijaben bie eigenttjümliä^e Stellung beS VerleiterS noch fetjärfer uointirt
burd) bie Slbänberung beS §. 295. bat)in:
„2J?it ©efängnif? . . . roirb beftraft, roer baburdfj, bafj er einen
äur 5 ü ^ run 9 öffentlicher Vüajer . . . berufenen täufdt)t, biefen
3ur fallen Veurfunbung oeranlafjt.
§. 4. S)ie Verleitung jura SWeineib — crfolglofe 2lnftiftung.
(SS roirb mrocilen behauptet, bafj nur bei foleben Verbrechen eine 2ln*
fuftung möglidh fei, welche ber SlnfHfter felbft begeben fönne. 6o leugnet
gudjS") bie ÜHögltdjfcit einer 2lnftiftung junt ÜWetneib überhaupt, roeil fi<h
berfelbe „in ber Wgdje beS Sh&etS inbunbualifirt." @S gilt inbefj je^t für
auSqcmaaX bafj ftemanb f ehr roohl $u einem 2d\lt anfttften fann, welkes er
felbft nicht auszuführen uerntag. SDie ©efe^gebung hat biefe 2öaf)rljeit ancr*
fannt, inbem fie fopar bie unternommene Verleitung jum äfteineib in ü)r
Verein $ieht, unb bie ©ertaste haben fia) fortlaufenb mit berartigen fallen ju
befräftigen.
$>er §. 159. 91. 6t. ©. V. rietet ftdt) gegen benjenigen, ber einen Säuberen
befiimmen roill, oorfäjjlicf) einen falfdjen (sib ju fcfjroören. SDiefe VefUmmuna,
fmbet ben Veifall berer, roeld&c jebc erfolglofe Slnftiftung im $rinjtp beftraft
roiffen wollen unb benen bie alleinige Veftrafung ber erfolgreichen 2lnftiftung
als finguläre Vefa)ränfung erfcfjemt; He roirb bagegen »on benen getabelt, welche
bie Vebrobung einer refultatlofen 2lnfliftung für eine Vebrofjung aller Sogit
halten unb bie 6traflofigfeit berfelben bura>uS als Siegel aufteilen. Db aber
baS le|tere bie 9tegel ift unb bie Veftrafung einzelner erfolglofen 2lnftiftungen
als 2lüSnaf)me auftritt ober baS Umgefebrte gilt, baS beurteilt fia) oerfdfneben,
je nachbem man baS Verljältmfj beS SlnftifterS jur Zfyat felbft auffafjt.
ÜDian \)at bie feblgefdjlagene Slnftiftung als felbftftänbigeS Vergeben ber
Verführung aufgeftellt; 83 ) man Ijat fie, roenn fie aud^ eine gorm ber Xfeilna^mc
an einem anberen Verbrechen fei, um beSroillcn für ftrafbar erflärt, roeil fie ju
einem Verbrechen anreihen roill; 34 ) man hat enblich in ihr einen Verfuch bej»
Verbrechens felbft gefunben. 25 ) $n aUen biefen fällen ift bie SlnfHftung, aua)
roenn fie niajt ju bem erroünfchten ^Refultatc führte, an unb für ftdh ftrafbar,
unb bie felbftftänbige Veftrafung ber Verleitung §um 3)ieineib (§. 159. 3t.6t.(M.)
ift ein 2luSfIufj bet Siegel.
22) ®cr. @aat 1865, ©. 390.
23) @tri)t, de mandato delinqu. I. n. 49. Älcinfctrob, fDflematifcfie Cnttricflung ber
Qkimfcbegriffe. §. 188.
24) ©tübcl, Xl)cttnat)mc 6. 106, 3ittlcr, 8lr<$iö bc3 Sita. TRcd>t3 1839, @. 439, neueren*
'Mtvitx, Cetjrb. ©. 218.
25) Sfilfaner, elftem U. @. 352, »ÖfUin, 6pj\cm 6. 321, Ortmonn in ®otttoammer'#
Slrdjiü XXII. <B- 385 ff.
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2>ie SScrlcitung jutn falf<f)cn ©bc. 229
SlnbererfcitS ^at man ben Später in bcn TOtelpunft bcr ftrnfrechtltcben
9Iuffaffun(j eine« SBerbrcdtjenS gefiellt unb jebe anberc £anblung, bic bei biefent
Verbrechen mitmirfte, als X&etfna&me angefehen. Sann fann natürlich oon einer
Skftrafung ber Slnftiftung nur bie 3tebe fein, wenn ber Später bie Vcgeljung
ber ftrafbaren £anblung rocnigftcnS oerfudjt f)at. Sagegen ift bie Slnftiftung
olme erfolg ftrafloS. 36 ) 3Ra^ btefer Stnfdjauung ift bie ©traflofigfeit ber mifc
lungenen Slnftiftung bie 3tegel unb bie Veftrafung ber Verleitung jum SJteinetb
(§. 159. 3t ©t. ®. V.) bie SluSnahme. Siefe Sluffaffung hat, roie früher baS
«Prcufe. et. ©. &, fo jefet baS 6t. ®. V. für baS Seutfche Reti (§. 48.
9t 6t.©. 8.).
£rofebcm enthalt baS etrafgefefcbuch eine Steide oon Paragraphen, welche
über erfola/ofe Slnftiftungen etrafe ©errängen, ja burd) bie 9tooelle uon 1876
ift jebe Slufforberung ju einem Verbrechen i. e. 6. beorobt. 2llle btefe Paragraphen,
befonberS aber bie Verleitung ^um SWeineib, finb auf oaS ^efttgfte angegriffen. w )
Sajj berartige $äUe friminalifirt werben fönnen, ift m. @. trofc aller prinzipiellen
Siebenten, bie bagegen erhoben finb, nicht ju bezweifeln. Ser ©nwanb, bafi bie
Slnftiftung eine Slrt ber Teilnahme fei, uon Zfytilnafymt aber nicht bie 3tcbe
fein fönne, folange nur einer gehanbelt habe, ift nicht fttcbhaltig. Vom prin*
jipiellen etanbpunft gehören $ur Sheilnahme freiließ minbeftenS jwei. Slber
toarum au« friminaUpolitifchen ©rünben nic^t fdwn ber bebroht werben fönne,
ber fufc einen Teilnehmer ju einer ftrafbaren £anblung fuä)t, ift nicht abmfehen*
Saju finb bie erforberlichen HRerfmale jeber ftrafbaren £anblung, SöiUe unb
SKillcnSäufjerung, auch bei ben erfolglofen Slnftiftungen oorhanben. Saher mufo
man oom togifa)en etanbpunft bie Vefirafung folcher Slnftiftungen für burd&auS
Buläffig erflären. Sagegen baS $ür unb Söiber ü)rer 3mecfmäfjigfeit $u er*
örtem, baS ift Aufgabe ber Äriminalpolitif.
6o erfcheint bie Verleitung jum SJleineib begrifflich als erfolglofe Sln-
ftiftung, formell als fetbftftänbigeS Seltft Sie Äonlequenjen, bie aus biefer
Soppelnatur heroorgehen, werben fpäter ju Sage treten.
§. 5. Verhältnis beS §. 49. a. ä u §. 159. 3t. 6t. ©. V.
3m 9lnfchlu§ an baS belgifd)e ©efefe oom 7. ^uli 1875 (loi contenant
des dispositions pönales contre les offres ou propositions de commettre certains
crimes) mürbe baS beutfehe 3t. @. o. 26. gebr. 1876 erlaffen, wonach jwar nicht jebe,
roohl aber biejenige erfolglofe Slnftiftung beftraft wirb, welche burch bie ftorm
ihrer Sicherung auf bie ßrnftlichfeit be« 2ttilIcnS fchlie&en läfjt. Ser hierher
gehörige Ztyii beS §. 49. a. lautet:
„Söer einen Slnberen jur Vegefjung eines Verbrechens .... auf*
forbert, .... wirb, foweit nicht baS ©efefc eine anbere etrafe an«»
broht, .... wenn baS Verbrechen mit einer geringeren etrafe (als
£ob ober lebenslängliches ßuchthauS) bebroht ift, mit ©efängnifc u. f. w.
beftraft @S wirb jeboch baS lebiglich münblich auSgebrücfte
Sluftorbcrn .... nur bann beftraft, wenn bic Slufforberung ....
au bie ©ernäh^ung oon Vortheilen irgenb welcher Slrt ge*
fnüpft worben ift. Sieben ber ©efängnifjftrafe u. f. w."
Sic Slufforberung, einen SJtcincib $u begehen, ift ein Unternehmen jiun
3Jteineib ju oerleitcn, unb eS fragt fidf>, ob §. 49. a. in ibeettcr Äonfurrem mit
§. 159. fteht
26) 93emcr, 2e^rc öon t>cr X^cilnaljme <S. 254, 308 ff., ftittta, 3ufammentreffcn mehrerer
gdjunjiger ©. 43 ff., ÄrSwct in Oottbammer'« »rdji» S3t>. X. ®. 662, @cftütjc, 9iotfm>ent>ige
Xlieitnatjme ©. 245, öetjer m .OoHjenborff'« ^anDbiidi »b. II. 6. 344, 2cnimc, 8«f»rbud) 6c8
fccutfrfjen ©traftcdjtS ©. 138, ©temann im ®er. ©aal 1876.
27) Warnen«. 3obn a.a.O. ©. 74 ff., f. aud>#r5wcl in »oltbammer'« «v*ii> X. ©. 662.
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230
2>ie Skrleituncj 311m falfdjen Citoe.
®cr §. 73. ft. et. ©. V. greift überall ba nicht piafc, wo ba$ eine Selift
blofj ein Spezialfall eine« anberen aber aui trgenb einem ©runbe befonberä
beroorgehoben ift. ©reibe bura) biefe §eroorhebung fpricht ber ©efefcgeber bie
& bftcht aus, für biefen $aU ber 2lnwenbung bc3 für ba« generelle ©elift ftatuirten
Paragraphen uorjubeugen. €0 5. V. beim gamiüenbiebftabl gegenüber §. 242.
SBobl aber tiat ibeefle Äonfurrenj ftatt, wenn bcuS eine £elift burdj bie jufäüige
$orm, in ber e£ in concreto auftritt, juglcid) ben 2hatbcfianb eine« anberen
erfüllt. 9ll£ einfacher Spezialfall oon §. 49. a. fann §. 159. jebod) nicht an*
gefehen werben. ߣ ift wahr, beibe ftcllen im SlUgemcinen ftällc ber Vcftrafung
einer oeriuehten Üluftiftuug bar. 2lber ihr pofitioer Xljatbcftanb ift fciucäweaö
ibentifd). Unter bem „Unternehmen einer Verleitung $um SReineib" »erftebt man
nicht blofj bie „2lufforbcrung" jttm SJteineib, fonbern eine ganje 9teilje oon
äötllen5äu§erungen, meldte smar bie Herbeiführung eines s J)leincib8 bejroccfen,
aber in beut begriff ber „#ufforbcrung", noch baju in ber Vefchränfung be$
§. 49. a. 31 bf. 3., nicht enthalten ftnb. $ie 2lufforberung beä §. 49. a. ift bie
febriftlich oerfuchte 2lnftiftung ober biejenige münbliche, meiere für bie Begehung
befonbere Vortheile jufagt; bie Verleitung bc8 §. 159. bagegen ift ein oiel
oagercr begriff, fie fann burch äße möglichen Littel gefdhehen, fie fann inäbe«
fonbere geichchen burch lebiglich münblicheä 2lufforbern, unb ber §. 159. wirb
angewenbet, auch wenn an bie 2lufforoerung nicht bie ©ewährung oon Vortheilen
gefnüpft mar. S)ie S^atbeflänbe oon §. 49. a. unb §. 159. beefen fu$ alfo nicht,
ultenn baher bie Verleitung $um 9Jteineib eben in biejenige Rorm fidh fleibet,
welche ber §. 49. a. oorauSfefct, fo ftänbe nach meiner Slnficpt wenigftenä ber
Sinnahme einer ibecllen flonfurrenj in fachlicher Vejiehung nichts entgegen.
2lber ber §. 49. a. felbft enthält einen Safc, welcher ihn auerbingS oon einer
etwaigen tbcellen Äonfurrenj mit einem anberen Paragraphen be£ St. ©.
auSfchltefet. „5Ber einen Slnbcren u. f. ro. aufforbert, wirb, foroeit nicht baS
©efefe eine anbere Strafe anbrol;t, . . . beftraft. 2)urd) biefen 3ufa&
roerben alle Paragraphen, welche an ftdj mit §. 49. a. ibeell fonfurriren fönnten,
unabhängig oon btefem gebellt, unb ihre Strafe, mag fie milber j. V. §§. 110,
111. 91 St. ©. V , §. 38. Secm. D., mag fie härter fein als bie bc8 §. 49. a.
3. V. §. 159, fommt in Slnwenbung ohne 3u$ichung beS §. 73. 9t <2t. ©. ö.
2)aher ift oon einer ibecllen Äonfurren$ jwifchen §. 49. a. unb §. 159. unter
feinen Umftänbcn bie s Jtebc.
63 ift feftgejkttt, bajj §. 159. einen $aU ber erfolglofen 2foftiftung be»
Imnbelt. äUitym mufe in ber Seele beö Vcrleitcr« ber Vorfafc oorhanben fein,
einen 2lnbcrcn jur SlKcgung cineö oorfäblich falfchen (SibeS ju bewegen. §. 159.
gebraucht jeboch ftatt bc« Sorte« „anjtiften" ben SÄuSbrucf „uerleitcn." 2)ie
berrfchenbc 9lnficht \)at beibe 2luäbrücfe für gleichbebeutcub erflärt unb banaa)
bchanbelt. S)ie äl^otioe jum St. ©. V. bemerfen: ,,ba« SSort „ocrleiten" ift
beibehalten worben, ba e$ hinreicht, um bie einjelnen ^cltte ber 2lnftiftung ju
erfchöpfen." 3h ne " h QOCn Bochow, 28 ) Schwarje 39 ) u. 21. angefchloffen.
^nbeffen bie iüiotioe fyabtn nia)t bie Äraft einer iiJegalinterpretation, unb e5
wäre in ber Sljat nidjt eingehen, warum ber ©efe^geber swei oerfchiebene
*J8| in ^olutncorffs ^antbu* 33t. Hl. $. 241.
21») .uommeutar }nn ©t 33. 6. 438.
Hopittl U.
§. G. S)er 2ßille beS Verleitcrsg.
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4
Sie Setkittino, \um jatfrfjcu ISifcc.
231
SHuSbrücfc gebraust Ijätte, roenn man ntd^t aud) ücrfdjiebcnen Sinn bamit uer*
binben fönute unb inü&te. 3" äSabrbcit ift bie 3bentifi$irung bciber begriffe
nur eine s JicminiÄcen$ au baS preufeifc^e 9ted)t, meines in §. 34. 3. 1. alS Sin*
ftiftcr ben be;cidmet, ber einen 2lnbercn anreijt, oer leitet ober beftimmt bat.
ftimmung beS preufjifcbeu ^tedjtö fein ©croiddt beigemeffen werben, ^dj folge
bafjer mebr ben Ausführungen i-'iSät 'S 90 ) unb Sdjul&e'S, 31 ) wcl^e allerbingS
einen Unterfd;icb jroiidjcn anfttften unb ocrleiten behaupten. 2lud) baS ö. X.
Imt auSbrüdltd) auSgefprodjcn, bafe „ocrleiten fia) utdjt an ben im 34. 3tr. 1.
OJkeufe. 6t. ©. h.) aufgehellten 3le<i)tSbcgriff einer ftraf baren £l)eilnal)mc am
leljnt." 32 ) greilid) tarnt ber Untertrieb nidjt auf Seiten ber Littel liegen.
£enn roeber in §. 48. nodj in §. 159. bat baS gcioäljltc Littel (sinflufe auf ben
£batbeftanb. Söolu" aber liegt er auf Seiten beS Sillens. 2öcr als 2ln*
ftiftcr geftraft werben f oll, muji intenfioer auf ben äöillen beS
Slngeftiftctcn eiugcroirft tyabtn, als ber herlciter auf ben Söülen
fceS herleiteten.
ftreilid) wirb in Dielen fallen ber herleiter mit gleid) ftarfer ^ntenfität
ben Söiuen eines 2lnberen ju beeinfluffen Derfudjt haben als ber Slnftifter, unb
bie einige herfdnebenheit jioifc^cn beiben liegt Darin, baß fuer baS Dbjeft nicht
Tootcl äiUberftanb entroicfcltc als bort. Unb uma.cfeljrt wirb äuroeilcn ber 2tn-
ftifter rocgen ber Schroad>beit feinet ObjcftS nicht mehr äßillenSauSbauer 3U
äufeern haben als unter anberen Umftänben Derjenige, ber als herleiter beftraft
roirb. 9lber unter §. 159. fällt auch bie Sljätigfcit beffen, ber auf ben Hillen
eines Sänbercn fo fchroach emgeroirft l;at, ba§ feine herleitung offenbar feinen
©rfolg haben fonnte, nmbrenb fie, märe ftc berfclbcn ^ierfon gegenüber ftärfer
aufgetreten, in 2Birflid)fcit ihr tnti^t hätte. Denn nach §. 159. roirb
jebeS Unternehmen ber herleitung jum 3Jleineib bebrof)t, nach §• 4 & nur baS*
jenige, roclchcS einen Slnberen $ur Begebung beS üJictneibö beftimmt fyat.
„Anfüllen" im Sinne beS §. 48. unb „oerleitcn" im §inne beS g. 159. finb
Daher nicht ibentifche begriffe. 3)aS ledere ift behnbarcr als baS erfte, aber
roenn SiS.U 33 ) fagt, baß man bei it)rcr Unterfd^eibung fidj nur an baS nega*
tine ÜWerfmal galten fönne, ofme bei ber Interpretation ber herleitung an bie
Definition ber Slnfiiftung gebunben ju fein, fo meine ich, cS läfet fio) bod), roenn
auch nicht mafelloS befiniren, fo bod> pofitio feftfe^en, roaS anftiften unb roaS
uerleiten ift.
Die SBillenSridjtung beS 2lnftifterS unb herleiters fiimmt barin übercin,
ta§ hetbe uorfä^li^ einen 2lnbcren $ur uorfä&lidjen ?lblegung eines falfdjen
@ibc« ccranlaffen roollen. 2lbcr baS oorfä^lic^e §anbeln bcS 2lnftifterS mu§
oon foldjer ^ntenfität fein, ba& eS geeignet ift, einen 2lnbcren jur hegelnmg
eines 9)lcineibS ju beftimmen; für bie Strafbarfeit beS herleiterS rcidjt jcbcS
berartige oorfä^lire ^anbclu au£, rocla^cS b egroerf t, ^jemanben jur Slblegung
cineS aWeineibS ju oeranlnffen. ®afj bureb foldje jrocifelbafte hegriffe Unfidjcr*
^eit in ber 9ted)tfpre(bung eintreten fann, ift nid^t ^u bcjroeifeln, aber bie ©djulb
trifft baS ®efe^, nia^t bie Auslegung. —
$)er herlciter in §. 1GO. bat ben horfafc, einen 3lnbcrcn 3ur gutgläubigen
Slbleiftung eines objeftio falfa^en GibeS 511 berocgen. SDer StuSbrucf „oerleiten"
nerbient in biefem $aragrapb oolle heiftimmung. „Unfriften" eignete fid) fd)on
um bcSroillen nidjt, weil biefer hegriff bie Äenntnif» bcS 2lngeftiftctcn uon ber
(Strafbarfeit feines Unternehmens norauSfe^t, unb anbercrfcitS banbelt eS fic^ um
30) a. a. O. 6. 177 ff.
31) tat ^ottUonimcr'g »rdiiö JBto. 18 ©. 215 ff.
82) (Srt. t>. 5. tDtärs 1857, «olttammcr'a flrd)tü 5. 2. 538.
a. a. O. @. 178.
2lber einer felbftfiänbigen ^"Icrptctation
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232 ® ic Verleitung 3Uin fatfe^en ©be.
ein fclbfifkänbtgcS S)elift, welche«, rote oben ge$eigt, audf> fadjlid) nt<f)fcS mit ber
Slnftiftung gemein ^at.
§. 7. $er Söille be« 3U hcrlettenbcn.
Sie 2BilIen«rid)tung be« Slngeftifteten (8. 48.) unb ju hetleitenben (§. 159.)
ftcljt in bcmerfen«wertbem ©egenfafc. S)cr 2tngeftiftete Iwt fid) jur hegefjung
eine« SDteincib« beftimmen laffcn. Sarin liegen brei SRerfmale. S)er 2lngcftiftcte
weife feinerfeit« um bie Unridjtigfeit ber ju bcfd;wßrenben £twtfacbe; er Imt ben
horfafc a,efafet, trofcbcm ben (£ib abzulegen; unb biefer horfafo ift grabe bura)
bie Slnfttftung beroorgerufen. S)ie Littel, bie ber Slnftifter benufct bat, finb bie
wirf f amen heweggrünbe pewefen, welche ben oerbred&erifdjen horfafc be« 2lnberen
erzeugt Imben. Malier ift iiidjt roegen 2lnftiftung junt ÜD2eincib ju bestrafen,
roenn ber utfäd&lidje B^^men^ang awifeben ber £anblung be« 2lnftifter« unb
bem horfafe be« ängeftifteten unerroiefen ift, mag pofttiu befannt fein, bafj ber
Söorfa^ }um 3Jicineiö au« anberer Cluefle al« ber 2lnftiftung enifprungen ift,
ober mag negatto nur nt$t ämifd&en 2lnftiftung unb Säbleiftung ba« herbältnifj
oon Urfactye unb Söirfung nad)wei«Udj [ein.
dagegen ift bie 2BiIIen«ricbtung be« ju herleitenbcn für ben X^atbeftanb
bc« §. 159 - ooüfommen gleichgültig. 6r ift erfüllt mit bem Unternehmen su
oerletten, ofjne 9tütfftd)t, ob ber $u herlettenbe bem ftrafbaren 2lnunnen oon
Slnfang an unjugänglidj geroefen ift, ober jwar ben horfafejum SReineib gefaxt,
aber bann roieber aufgegeben f)at. (Selbft roenn ber 3U hcrleitenbc bie XfyaU
fadje, ju beren eiblia)en söct^eurung er beroogen werben foll, trofe entgegen*
ftebenber herfid&erung feine« herleiter« au« irgenb einem (Srunbe für roaljr
tjalten füllte, roürbe ber herteiter bod) naaj §. 159. ju beftrafen fein.
diametral entgegen bem horfafc bc« Slngefttfteten ift ber be« herleiteten
im §. 160. 2)er herleitete mufj unroiff entlief) einen falf<$en @ib, einen
$alfd)eib, wollen. $a aber in beiben fällen bie 2lbleiftung be« falfdjen ©ibeö
infolge ber ©inroirfung eine« 2tnberen erfolgt, fo finb mutatis ruutandis bie
fonftigen ©rforberniffe in ber 2BilIen«ricbtung be« herleiteten biefelben roie bie
be« Slngeftifteten; ber herleitete mujj oon ber 9ttdjttgfeit feine« 6ibe« überjeugt
fein, roenn aua) feine Ueberjeugung auf $abrläfftgfeU beruht; er mufj ben @tb
als einen richtigen fdjwören wollen; unb biefer Söille mujj burc§ bie herleitung
beroorgerufen fein. Dcöljalb ift aud) eine heftrafung be« herleiter« unftatt*
jaft roenn ba« faufale herfjältnijj 3wtfd)en geleiftetem @ib unb herleitung nia)t
nad)wei«lid) ift.
§. 8. 3>er obje!tioe X^atbcftanb. 34 )
S5er ^^atbeftanb ber Slnftiftung oerlangt, bajj ber oerbredjerifdje horfa^
rocldjer burd) ben Slnftifter im SSCngcftifteten erseugt ift, au« bem herein beS
2öollen« in ba« ©ebiet ber £fjat eingetreten ift. 2)er $um 3Reineib Slngeftiftctc
mu§ ba^er ben roiffentlid) falfc^en (Sib geleiftet ober roenigften« ju leiften oer^
fud)t baben. ß« mufe ferner ber begangene ÜHeincib grabe ber fein, rocldjen
ber Xbäter infolge ber Snftiftung begeben rooUte. 5)cr §. 48. enthält
baljcr einen boppcltcn urfäa;lid)en ^ujammcniHin^: einmal ben, ba& ber horfa^ f
ba« herbrec^cn ju oerüben, bewirft ift buraj bie Slnftiftung, unb bann, bafj ba«
oorliegenbe herbredjen wtrflia) eine golge jene« horfa^e« ift. ®« febeiben be«*
^alb aUe bie ^äüe au«, wo jwar bie 2lbfid)t ansuftiften unb al« SBirfung baoon
34) CS empfiehlt ficfi äur fcfiärferen «»S^tSguna ter ©cgenfS^c Stnjttftung 3um
3Jieineib, bie SBcrleituitg jum SRcincib unb bte Verleitung jum galfd>cib in fiele
parallele 3U ftellcu.
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®ic 33erletttmg jum fatföttt (Stoe. 233
bie Slbftcht, bie fkafbare £anblung auSjuführen, oorhanben ift, aber ni$t flar
ift, bafi bte nachher oerübte Sergehuna, in Ausführung biefer SXbftd^t gefchah,
fei e$, bafi in ber Zfyat bem 2lngeftifteten fein burch ben SlnfHfter erweefter
Sorfafc leib würbe, unb er fobamt einen neuen felbftftänbtgen <£ntfchlu& fafjte,
ober bafe nur ber SeweiS bes ßufammenhangcS jwifchen £fwt unb (Sntfchluj?
nid&t gelingt.
3)er objefttoe Shatbeftanb beS §. 159 befchränft ftch auf bie $f)ätigteit
beS 93crleitCT5S. $ür ben ju Scrleitenben tücift biefer Paragraph nur baS nega*
tioe Äriterium auf, bafj er in ftolge ber Verleitung feinen ältetnetb geleistet
haben barf. 5Die S&atigfeit be« «erleitctÄ aber ift in baS eineSBort $ufamraen*
gefaxt: „unternehmen." 2Ber es unternimmt, einen Snberen ju einem
2JJetncib ju oerleiten, oerfällt bem ©efefc.
S)er 2luSbrucf „unternehmen" wirb im 6t. ©. S. in oerfchiebenem ©inne
gebraucht, balb bebeutet er Serfuch unb Sollenbung, j. S. §§. 81., 82., balb
bezeichnet et ben Verfug allein, 5. S. §. 357., fo auch §. 159. ©rabe nun, roie
baS Sethältnifj oon „oerleiten" unb „anftiften" befttitten ift, fo ij]t man fich auch
über bie ©renje ptfeben „unternehmen" unb „oerfuchen" nicht einig. ÜDie eine
2lnftcht 35 ) halt beibe Söörter für glcid)bebeutenb, unb bie $raytS beS 0. X. ftanb
bamit in ©inflang. 36 ) $rofcbem fcheint mir auch tytx bie entgegengefefete üflei«
nung jutreffenber ju fein.' 7 ) SDaS 6t. ©. S. fennt ben ted&nifdjen Segriff
„oertuchen". @S gebraust baneben oerwanbte' Segriffe, rote „unternehmen".
9lid)tS jwingt, beibe 2luSbrücfe für ibenttfeh su nehmen. %a, biefe 2luffaffung
raufe bei unbefangener Betrachtung fogar bem 6inn beS ©efefeeS wiberfprechenb
erfcheinen, ba biefeS nothwenbig einen rationellen ©runb gehabt haben mufj,
oerfebiebene SluSbrücfe ju gebrauchen. Vielleicht ift bie 2lbftd)t beS ©efefcgeberS
geroefen, ju oerhüten, bau bei Slnwenbuncj beS §. 159. bie einzelnen Üftcrfmale
beS SerfuchS (§.43. St. ®. S.) pofitio feftgeftellt mürben; 38 ) oietleicht auch, bafe
nicht jebe in ber Aufwallung gefcheljene 2lufforberung unter §. 159. gebogen
würbe; 39 ) {ebenfalls ^at er ohne authentifche (Srflärun(j, roie etroa in §. 82., fich
eines anberen SBorteS als oerfuchen bebient, unb beffen Segriff ju ftfiren ift
©aaje felbftftänbigcr Auslegung. Serfuch ift ein ffreng begrenjter Segriff, es
ift bie Sethätiaung beS (SntfchlutleS, ein Serbrechen $u begehen, burch £anblungen,
welche einen Slnfang ber Ausführung enthalten. „Unternehmen" ift ber weitere
oagere StuSbruct, burch beffen 2lnwenbung ,,ber X^atbeftanb beS §. 159. in feljr
bebenfltchcr 3Beife oeraUgemeinert, ja oerflüchtig,t tft. <ao ) 2)tan fann baher für
ein Unternehmen im 6inne beS §. 159. jebe |old)e X^ätigfeit ertlaren, burdj
welche ber Sorfaft, einen 2lnberen jum SReineib ju oerleiten, oermirflicht werben
foH. S)a§ Unternehmen besetdmet ben Umfang, wie weit ftch ber oerbrecherifchc
Sorfa^ realiftrt hat, es ift ber 3)ca§ftab ber bislang wirtlich gefchehenen Ser»
leitung. Serleitung helfet nun, wie oben gezeigt, bte ^fjätigfeit, welche be^weeft,
sunt ajieineib ju oeranlaffen. Unternehmen, als s JJcafcfiab für ben Umfang ber
erfolgten Serwtrflichung jenes 3w e ^ btütft ba§ jeber Anfang ber
Serwirflichung für ben ^h nt bcftanb bcS §. 159. ausreicht. 2J?an fann baher
„unternommene Serleitung" befiniren als btejenige äufeere 3^ätigfeit, welche
ben Sorfafc, einen iüieineib herbeijuführen, tn bte s&irflichfeit umfe^en foll.
Ü)Jan mu§ jugeben, bafe bemgemäfe §. 159. auch folche .^anblungen bebroht,
welche als SorbereitungShanblungen nach allgemeinen ^rittjipien ftrafloS
35) Serncr, e<^rb. <S. 394. Wüborff, et ©. 33. «nm. 2. iu §. 159.
36) Ctt. d. 13. 6cpt 1871. ®o(ttammcr r ÄrA. St). XIX. e. 677.
37) öcrtrctcK t>on Scfinjarje, Äomtnentar 6. 438. £i§3t a. a O. ©. 175 ff.
38) Sgl (»oUtommer, »rcö. »t>. XXn. e. &95.
39) edjiDQrac, a. a. O. @. 123.
40) ©Aultjc, »ctlcituiig e. 27.
mt^iD 1880. 3. H. 4. C«fl. 16
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234 ® ie Stolcttung ä«m fallen «Sitot.
ftnb. S^^fonbctc brauet bie £ljättgfeit beS 5?ertcitcr5 in nod; feine Sejiefyung
31t bem Söitlcn beS Hnberen getreten ju fein. (Sin ©rief mit ber Slufforberung
jum 9)leineib, ber nia)t feine Slbreffe erreicht l)at, würbe allerbingS bie ©traf*
barfeit bcS ©Treiber« begrünben. £rofcbem ^alte id) bie Gntf Reibung in
Oppendorf, 41 ) bafc bie unternommene Serleitung eines Unaured&nungSfägigen
ebenfalls unter §. 159. falle, für falfä). S5enn bie Serleitung Ijat, grabe weil
fic ein ftall erfolglofcr Slnftiftung ift, jur SorauSfefcung, baß fic in abstracto
bie Slnftiftung bewirfen fann. $l)r wefentltd&er llnterfdjieb oon ber Slnftiftung
liegt in bem nid)t erreid&ten Grfolg. %nmm aber mu§ ber Serleiter benfelben
2Beg betreten fjaben, ber jur Slnftiftung tjinfüfjrt. $eber anbere 2öeg ift fftaf'
rcdjtlid) unerfjebltd). Sie Serleitung eines Un3ureä)nungSfäl)igen fann aber nie
}UC Slnftiftung werben. GS ifl baljcr aud& feine Serleitung im ©inne beß
§• 159.
60 l)at ber §. 159. ftatt cor allem, roenn bie Serleitung ntdfjt oon Grfolg
gewefen ift. SBoljl aber fann unter Umflänben ber Slnbere einen Gib geleiftet
Imben, unb §. 159. ftnbet Slnmenbung, fei eS, weil ber Serleiter jwar einen
3Keineib wollte, ber Slnberc aber gutgläubig ober fatyrläffig gefd&woren f)at,**)
fei e§, bafj ber Slnbere 3war einen s JJleineib gcfä)woren tjat, aber aus eigener
^nitiattoe, fei cS cnblidj, bafe ber Slnbere jmar einen 9J?eineib abgelegt f)at,
aber baS Littel, weldjeS bie Slnftiftung bewirft e, nidjt feftgeftettt roerben fann.
Senn in allen biefen ftällen fteljt rocntgftcnS fo oiel feft, ba& ber Serlciter
fcinerfeitS unternahm, jum s JDicinetb 311 ocrleiten.
Sie Slnrocnbung bcS §. 160. ift bura; einen gcrotffen Grfolg ber Scr>
leitung bebtngt. Ser galfdjeib muß gefa^rooren fein, ober ber Serleitcr mu§
menigftenS oerfudjt (im tcdjn. 6.) tjaben, einen Slnbcrcn jum 6ä)mören ju
ueranlaffcn. Sabet muß, roie bei ber Slnftiftung, ein boppelter ÄaufalneruS uor*
hanben fein, ©er Gntfdjlufj bcS Scrlcitctcn, gutgläubig einen falfdjjen Gib $u
leiten, muß eine fiolQi ber Serleitung fein, unb ber abgelegte Gib roieber eine
$olgc jenes GntfäluffcS. 6oütc aber Serleitung — GntföluB — galfdjcib
üorbanben fein, jebod) nicf)t erhellen, bafj baS folgenbc immer eine $ru$t beS
norbcrgcfjenbcn ift, fo ift §. 160. unanroenbbar. 9iur wegen oerfudjter Ser*
leitung 3um ^alfdjctb fann m. G. beftraft werben, wenn 3war infolge ber Ser*
leitung ein falfd^cr Gib geleiftet ift, ber Serlcitctc aber wiffcntlia) falfd) gc<
fdjworcn fjat, wäljrcnb ber Serleitcr unabweisbar auf einen blofe objeftiu falfajen
Gib f)inwtrfte.
§. 9. Scr Serfucij.
$cbc ftraf6arc ^onblung fann in boppeltcr Sejicljung 3Jtobififationcn
crlciben: in £tnftä)t auf il;re SoÜftänbigfeit unb in £>inftcfjt auf ibte ©elbft*
ftänbigfcit. daraus ergiebt fia) bie £eljrc vom Scrfud) unb non ber Sfjeil*
naljmc.
Ser §. lüO. bietet in biefer Scjiclmng nichts Gigcntln'imltdEjeS. Sie Ser>
leitung äum ^alfa^cib ijt ein formell wie faa)lid^ felbftftänbigeS 2)elift, ju beffen
Serfua^ 3wcicrlci gehört. S)er Serlciter mu{? einen Slnfang bamit gemalt ^aben:
a) einen Slnbcrn oon ber ^tidjttgfeit einer unwahren 2^atfad;c 311 überreben,
unb b) il;n 3U bewegen, biefe Slmtfadjc als eine nad^ feiner Ueberjeugung
rtd;tigc 3U bcfd;wörcn. Sie Serlcttung jum gal)*d)eib ift nad) bem ©t. ©. 33.
ein Serbredjen, unb bcSfwlb wirb bcrSerfuä) auSbrücflid; für ftrafbar erflärt.
©eljr beftritten ift cS bagegen, ob btc Slnftiftung refp. Scrleitung jum
ajktneib Scrfud) unb Xljcilna^mc julaffcn: ein ©pejialfall ber allgemeinen ^ragc,
ob an $anblungcn, btc fia) iljrcr Diatur nad) als Serfud)S' ober Sljeilnaljmc
41) et. ©. Wx. 2. § 159.
•Iii) oben §. 7.
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2>ie Stateittmg 311m falfcben ©be. 235
banblungen qualt^ircn, mögen fic auch in einem befonberen Paragraph felbft*
ftänbig frimtnalifirt fein, fclbft wieber Verfuch ober Sheilnabme möglich fei.
2)er Verfua) ber Anstiftung jum 3)iemeib ifi ein Sali oerfuchter X^eilna^me,
ber Verfuch bet Verleitung $um aHehteib ein $aU oerfuchten Unternehmen«
(VerfuchS).
S5er Verfuch, am Verbrechen eine« 3lnbercn $heil ju nehmen, ift natürlich
benfbar, unb wer „oerfuebte Anftiftung" für wiberfmnig erflärt, 43 ) fämpft höcbftens
gegen ben AuSbrudf, nicht gegen bic Sache an. Aber regelmäßig tft bie oerfudf)te
Xt)eilnaf)me ntdht ftrafbar, nur einjelne, befonbcrS fernere gäUe finb einer ©träfe
unterroorfen. $5abin gehört ber §. 159., benn bic „unternommene Verleitung"
jum 3ftcineib ift im SBefentüdEjen eine „uerfuchte Anftiftung" jum SKeinetb.
$nbcm foldfcjc VerfuchShanblungen bem fpccteUcn Steile beS 6t. @. V.
eingereiht finb. finb fic formell 3U delicto sui generis geworben, unb man ^at
behauptet, bafe nunmehr auch ber allgemeine Xljeil in feinem oollen Umfang
auf fic anwenbbar fei, bafe alfo ein Verfug beS Unternehmens ber Verleitung
p SHeineib ju fonftruiren unb nach ben Siegeln beS VerfuchS su beurteilen
fei. 44 ) 9Jcit Stecht tjat man biefe Auffaffung oerworfen. Sic führt ju einem
ÄulüiS ber gorm, tn meinem ber materielle Vegriff ber formalen SSahrhett ge-
opfert wirb. S)enn ba „unternehmen" nur ein weiterer unbegrenzterer Vegriff
als „oerfuchen" ift, fo muß ein Verfug bcS Unternehmens unmöglich fein, tuenn
ein Verfuch beS VerfuchS nicht möglidj ift. Gin Verfuch beS VerfuchS ift aber
an ftch begriffSrotbrig. ^ebe ftrafbare §anblung ift entweber ooflenbet ober
ocrfudjt. SDer Vcrbredjer feinerfcitS miß, fobalb er einmal mit ber Ausführung
ber £h at angefangen bat, immer ihre Vollenbung. 311 fagen, er wolle oon
oornherein nd) mit bem Verfuch begnügen, märe ein Sötberfpruch gegen bie
mcnfcblidje -Jtatur. 2)er Xtyattt fann aber genötf)igt werben, früher ober fpäter
in feiner ^hätigfeit inne ju halten. SDann ift unter allen Umftänben feine
§anblungSweifc, foroeit fic oorlicgt, nach feiner eigenen Abfid)t ein Verfuch beS
ooßenbeten Verbrechens felbft. aiian fämc fonft baut, in ber Äette oon XfyaU
fachen, weld;c ben 3Scg bilben 00m Anfang ber Ausführung bis jur Vollenbung
ber ftrafbaren £anblung, jebe einzelne gegenüber ben uorhergegangenen als
Vollenbung, eje^enüber ben folgenben als Vernich anjufeben. 2ln ber hier ner*
theibigten Auffaffung fann ber Umftanb nicht hinbern, bafe aus friminal^politifchen
©rünben einzelne VerfuchSlmttblungen mit befonberer Strafe bebroht finb. Sie
bleiben begrifflich immer VerfuchShanblungen, unb ein Verfuch ihnen gegenüber
ift ein Verfuch beS VerbredjenS fclbft unb bafjer ntd;t nach §. 43. beS 9t. St. ©. V.,
fonbern als Slwt bcS friminalifirten Verfuch« ju beftrafen. 45 )
ßs ift baher ber Verfuch, pm afteineib anjuftiften, wohl möglich unb nach
§. 159. ftrafbar. Aber nicht möglich ift ber Verfuch, cS su unternehmen, 5um
üDtcineib ju ocrlcitcn. $enn jebe folche .^anblung fällt fclbft unter ben Vegriff
beS Unternehmens ber Verleitung unb baher unter §. 159* 6 )
§. 10. S)ie ^hc^«tt^me.
S)ie sweite ^obififation, melier ein 2)cli!t unterliegen fann, betrifft feine
Selbftftänbtgfeit. 5Die §rage, ob es eine ^hcilnahme «n ber Slnftiftung aum
3Keineib gtebt, läßt fich erft beantworten naa; (Sntfd;eibung ber Vorfrage, ob
43) @tper in ^ol^entorfi'g $>anU\ II. ©. 370, «um. 4. ScfutUjc in Öoltt?otnmcr,
StA. xvrn. k. 211.
44) So iS^ütäe, ?cfitb. ©. 314, 8lnm. 21.
45) So mit befonberer »ScMrfc ßfilfebner a. a. £). II. 0. 212. 3 a ^riä in (SoUtammer,
2lr*i» III. 6. 171.
4(J) 3)od)on> in ^ot^enborff, ^»anbbueb III. 0. 241. Obpenboff, Sommcntar 9iote 9
§. 150. e^warje a. a. O- 6. 121, 123. ViSjt a a. O. ®. \M.
16*
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236 SMe Setleitirag jum folf^cn ©De.
man überhaupt Ebeilnabme an ber Stiftung, b. alfo an ber $fjeilnaf)me
gelten taffen l)abe.
Von ben einen 47 ) wirb allgemein nidjt blofe bie SJtbglidjfeit, fonbern audj
bie ©trafbarfeit ber X^eilna^me an ber ^Ijeilnaljme behauptet, weil bie Sin*
ftiftung (öei^ülfe) ju einem Serbredjen fclbft ein Verbrechen barftefle, ju welcbem
ein dritter anfttften ober ßtilfe leiften tönne. S)enn §. 48. s Jt. 6t. @. SB. be>
brof)e jeben, ber einen Stnbern m einer ftrafbaren §anblung anftifte, unb in
§. 49. fei „Später" im weiteren Sinne gebraust. 48 ) Jilnbcre freuen bie Kon*
feouenjen, meldte fieb aus fo weitaeljenber Stuffaffung ber Söejrimmungen ber
§§. 48., 49. ergeben unb futgen biefetben auf bie ftäHe ju befdjränfen, wo bie
©trafwtirbtgfeit biefer $beilnafmte in jweiter Sötern nod) am meiften in bie
Slugen fpringt, mäbrenb fte — meift unter ber SBegauptung begrifflieber Un<
möglidjfeit — bie ffiüt au$fd)tiefeen, welcbe bie 33cbeutung „ftrafbare §anbluna"
ins Unenblicbe fortipinnen mürben. <5o fajlicfet 9tüborff 49 ) bie SBeifjülfe jiit
Slnftiftung unb Sci^ülfe aus, 6d)ü^e 50 ) ftatuirt Slnftiftung jur $eif)ülfe, oer*
wirft bageaen 5üeif>ülfe jur Slnftiftung ober SBetfjülfe. S)a3 SJkeufe. 0. X. natnu
früher Slnftiftung jur Slnftiftung an. 51 ) 3u einem feften ©efidf)t3punft fann
man nur gelangen, roenn man oon ber Slnftdjt ausgebt, weld)e in ber £f)ätta'
feit beS §auptoerbrecber3 (im ©egenfafe ju ben Teilnehmern) ben @a)roerpumt
ber ftrafred)tltd)en SBettadjtung finbet unb alle fonftigen §anblungen nur mit
Sejie^ung auf biefe ^ätigfett beurtfjcilt unb beftraft.
$er SDjätcr benimmt (S^arafter unb Strafe beä Verbrechens. SllS Teil*
neljmer fann nur ber geftraft werben, weldjer in ber 2lbftd)t, jenes Verbrechen
3U förbern, gejubelt ^at. $5abci ift aber nid)t notbwenbig, bafe jeber Sheil'
neinner in unmittelbare 23e3ielmng |iim £auptrt)äter getreten ift. @r rann
bie ftrafbare Xtyätigfeit, roeldje er beabfiebtigt, bura) 3 ro tfd)enperfonen ausführen
laffen, eS fann eine ganje Steide oon Vermittlern entfielen in ber Steife, baj?
jeber bie enblicbc Zfyat will, mag er aud) nur mittelbar burdj Slnftiftung ober
Unterftüfeung Ruberer barauf bewirft bßben. ^mmer aber ift crforbcrlicb,
bafe bie ^tbötigfeit jebeS ©injelnen auf ftörberung beS eigentlichen Verbrechens
abgejtelt Ijat. 5 *) 9Rag baljer bie ftorm ber potenjirten SEtjcilnalnne Slnftiftung
jur Slnftiftung, 3lnfttftung jur öeibülfe, Setbülfe mx Slnftiftung ober SBcüjülfe
jur «eüjülfe beiden, fie ift ftrafbar, wenn fie eme Slnftiftung ober SBct^ülfc
*u einem befonberen fachlich felbftftänbigen SDelift barftellt; fte ift ftraflo3,
wenn fie nur Slnftiftung ober SBcförbcrung ber Sbeilna^mc bepedtc, auf
weldje unmittelbar fie fid; ria^tete, bagegen Slnftiftung ober 93eibülfe jum SDtltfi
entweber ganj aufeer Sla)t liefe ober weuigftcnS in i(»r feine Slnftiftung ober
Skibülfe jum S)elift ju finben war. 6o ift j. ftraffrei bie Slnftiftung jur
Söeilnilfe, wenn ber Sluftifter jwar weife, bafe e& fia) um Untcrftufcung eine^
3)elift« b anoc ^» a ^ cr mela^c0 Mift§. ^reilid) aber ift ber ©runb biefer (Shv
grenjung nidjt bie logifa)c Unbenfbarfeit ber übrigen gällc, fonbern „bie Zcn-
benj be3 pofitioen $ed)ts jur beftimmten Slbgrcn^ung." 53 ) Sicfc Slnfidjt Ijat
aua) ba« ebematige D. %. au^gefproa^en. 54 ) Sin ber Slnftiftung jum 3)teineib
als fola^cr ift baber feine 2bcilnal)mc möglid). S)ie L X(;atfadben, weld>e fia; beim
erften Slnblicf berartig ju qualifijtren fdjeinen, finb entweber Teilnabme am
9)tctneib felbft ober ftrafre^tlid) irreleoant.
47) OwkhM, Somntcntar §. 48. «Rote 6. ©(Stwa^e a. o. O. ©. 161.
48) Oppcnboff, a. a. O.
49) Äomm. ©. 176.
50) Sebtb. 6. 151, «nm. 4.
51) ßrt. ö. 14. «pril 1853 unb 19. San. 1850.
52) 6o 2Ret)er, i'ebrb. @. 218, «nm. 11. ©cbulfee in ©oUbammcr, Htcb. «b. XVIII.
3.218. 2emme, l'cbrb. bcö ^reuß. ©trafrcdjt«. »erlin 1853. e. 338 ff.
53) 3)tcpcr a. a. O.
54) Crt. ö. 17. «ptit 1874. (»ottbammer, Slrcf). »b. XXII. @. 238.
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2Hc SBcrlcitirag jum fatfdfcn (Site. 237
3m 9*. St @. V. ftnb nutt eimelne gättc ber 2lnftiftung, unabhängig
oon einer pofitioen 2öirfung im Slnjuftiftenben, unter Strafe geftellt. 33ci ihnen
inSbefonbcre ift bie ÜJJögltdjfeit ber Xheilnahme aufcerorbentltch beftritten. 2Ran
ftüfct fich entweber auf Die formelle Seite beS ©. V. unb miß 3$eUnafjme überall
ba ftatuiren, wo eine §anblung eines befonberen Paragraphen im fpecießen
Stylit gewürbigt ift; ober man leugnet bie Strafbarfeit, weil materiell jener
Paragraph eine 2lrt ber Xfytilnabmt enthalte unb 2heilnaf>me §ur Xheilnahmc
ftraflosS fei. Xreffenb hebt ^ohn 65 ) ba« ÜJtoment heroor, welches für bie £öfung
biefeS Streite mafegebenb ift. Sticht beSfwlb, führt er a. a. D. auS, fatm bie
2l;eilnahme für suläffig erflärt werben, weil eS fich um ein felbftftänbtgcö
2)elift hanbele, noch bc^^alb iljre ßu^fftgfeit geleugnet werben, weil baS Vcr*
brechen begrifflich eine 2lrt 2ln|tiftung fei. „Vielmehr wirb bie ftrage nur bie
fein, ob .... bie $anblung eine folche ift, bei welcher begriffsmäßig bie Zf)äU
nähme ftet) benfen läfjt."
3$ h«öe oben bie Anficht oertheibigt, bafj 2lnftiftung jur Slnfliftung
(^hcilnahme an ber £heünahme) in bem Sinne immer benfbar unb ftrafbar
ift, bafe beibe 2lnftifter baffetbe fcbliefjlicbe Verbrechen wollen. ®inc ganj anbere
$rage entfleht gegenüber ben $)eliften, welche — fachlich Sbeilnahmehanblungen
— als eigene Verbrechen aufgehellt ftnb. 3ft an biefen Scliften unb nur an
biefen ^heilnahme benfbar, ohne bafe biefelbe naa) ber 2tbftcht beS Xf>eilnehmerS
ber £aupttt)at gelten foll? Solche Selifte finb bie fog. ftrafbaren 2lufforberungen
unb bie Serleitung jum 9Jtcineib. Die 3ohn'fche SJtethobe, tyitx $ur 2lnmenbung
gebracht, führt $u entgegengefeftten SRefultaten.
Sie Xl)at beS §. 111. befiehl in ber öffentlichen Slufforberung ju Ver*
brechen. 2)aS ift etwas pofitioeS, in fich felbftftänbigcS. (SS ift wobl benfbar,
bafj $emanb grabe ju biefer Stufforberung anftiftet ober hilft ohne fich um bie
Verbrechen, welche barauS heroorgeheu tonnen, im einzelnen ju forgen. 3hm
genügt eS, ba& ber öffentliche 2tnrei$ gegeben ift. SDaher giebt cS Zfycilnatymt
am SDelift beS §. 111.
2Öer einen Slnberen anftiftet, ju Verbrechen aufjuforbem, wirb als 2ln*
fiifter $u §. 111. beftraft. £ie Xfyat §. 159. befielet in ber erfolglofcn Ver*
leitung $um 2fleineib. @S ift aber nicht benfbar, bafe ^emanb oon oorn*
herein grabe jur crfolglofen Verleitung anftiften will. Sonft gebräche
es ihm an ber (Smfthaftigfeit beS SßiHenS. Vielmehr wirb jeber beabsichtigen,
einen Slnberen baju amuftiften, bafe biefer einen dritten $ur wirflichen Ve*
gehung eines SKeineibS beftimmc. 2)aher ift eine Sheilnabme am ©eltft
beS §. 159. nicht benfbar. Vielmehr wirb jeber, ber bureb Vermittlung eines
2lnbcrcn $um Sßeineib anftiften will, wenn biefer nicht aeleiftet ift, als Selbft*
thäter aus §. 159., nicht als Slnftifter ju §• 159. beftraft.
$>ie Veihülfe, bie Semanb bem ^nftifter gewährt, ift (ober fann fein)
Veihülfe 511m 2Heinetb; bie Veit)ülfe, bie bem Verleiter ju tytii wirb, ift ba*
gegen ftrafloS. S)enn fic fönnte naa) ber Slbficht beS §elfenben höchftenS Vci^
hülfe sum fünftigen 59letneib, nicht jur erfolglofcn Verleitung baju, fein, würbe
bann aber nur geabnbet, wenn ber 3Reineib wenigftenS §u leiften oerfucht ift.
öS ergiebt ftch fonach baS praftifch wohl ju rechtfertigenbe Sefultat:
2lnftiftung refp. Veu)ülfe jur 2lnfttftung su begangenem 9Mneü> wirb als 2ln*
ftiftung refp. Vethülfc «tm SKeineib beftraft; 2lnftiftung jur (jufällia) erfolglofcn
Verleitung fällt als mittelbare Verleitung unter §. 159.; bie Veitjülfe jur er*
folglofen Verleitung ift ftrafloS.
3)te bei weitem herrfchenbe Anficht folgert aus ber felbftftänbigen Äon-
ftituirung beS ©elifts in §. 159. einfach bie ÜRöglichfeit ber Xhetlnahme. 5 «)
») in $»olt}cnfcorff, ^anbb. 8t. III. @>. 111.
») C^cntfoff, Komm. 91. 12. jii §. 159. S$üfce, 2tt,xb. @. 315, Hnm. 22.
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238 *ert«tung jum fatf^at Gftx.
3>ie tytx oertretene Meinung ftnbet fidj, roenn auch theilmeife anberS motioirt,
bei £iSU") unb Sohn. 58 )
3>ie Verleitung jura ftalfcheib (§. 160.) läjst unbeftritten iebe 2lrt oon
Sheilnafmte 3U.
§. 11. 2>ie ©träfe.
A. S)te $auptftrafe. 3>ie ©träfe ber Wnftiftung befttmmt ftd^ gemäfe
§. 48. 2lbf. 2. 3*. 6t. ©. V. naa) bemjentgeit ®efejj, roclcheS auf bie ftanbtung
2lnroenbung ftnbet, ju roelcher rotffentltch angefttftet ift. 35er Slnftifter jum
SKeineib ift bemnach mit 3ud)thauS bis ju 10 fahren ju beftrafen.
3)ie ©träfe ber erfolglofen Verleitung $um Sfleincib betragt nach
§. 159. Qviäjtyauä bis $u 5 ^a^ren. 3>ic unoerhältni&mä§ige &ärte biefer
©träfe ift oft angegriffen, befonbcrS oon o. Äräioel. 59 ) ©eine S)ebuftion rietet
fid) sroar junächft gegen §. 130. beS SJk. ©t.©.V., welcher, nach ber allgemeinen
Veftimmung beS *ßreu§. 9te<htS über ben BJcmimalfafc ber 3ud)tf)auSftrafe, $uö)t>
hauS oon 2 bis §u 5 ^aljren anbrof)te. 2lber bie ©ebroere ber ©träfe, namentlich
im Verhältnis ;ur öffentlichen 3lufforberung ju Verbredjen, tritt nach bem
3t. ©t. ©. V. faft nodb greifet heroor. 3tad) §. 111. roirb ber, welcher
öffentlich ju einem 3Jtcineib aufforbert, mit ©elbftrafc MS 600 3Jtarf ober
©efängnifi bis ju 1 %afyx beftraft; nach §. 159. ber jenige, ber baffelbe prtoatim
thut, mit 3ud)tl)au3 oon 1 bis 5 ^fthten. Umgcfchrt freilich barf man nicht
überfeljen, bafe ber ernftlidjc 3lntrag unter oier Slugen jebenfaHS feiner föealiftr*
barfeit näher fleht, als bie Slufforbcrung an bie unbeftimmte SJlenge. S5eShalb
halte ich megen ber Vebeutung beS GibeS eine 3uchthauSftrafc auerbingS für
angemeffen.
35er Verleiter xum ^alfcheib unterliegt einer ©efängnijgftrafe bis ju
2 ^abren. 3$ meine, oiefe Strafe ift oiel ju niebrig gegriffen, unb in biefer
93c3iebung ^at 8iS3t «Recht, wenn er ben §. 160. 3t. ©t. @. V. eine unbegreif*
liehe «cgunftigung beS ©djulbigen nennt. 3)er Verleiter tun fyalfdjeib will
roie ber 5um 3Jieinctb ein fälfdjlicheS Anrufen ©otteS unb eine Xäufdjung
beS Richters. $hr hauptfädjlicher Uitterfdjieb bcftcljt barin, baf? jener un*
tuiff entlief), biefer wiffentlich gehanbclt fehen will. 35er Verleiter jum
ÜHcineib appellirt an bie ©djlechtigfcit feines DbjeftS; fein Verbrechen ift freeber,
aber auch plumper. 35er Verleiter 3um 5alfcr)eib rechnet auf bie 2eid)tgläuoig-
feit feines ObjeftS; fein Verbrechen ift gcfdjminfter, aber befto nidjtSwürbiger.
Unmöglich fann biefer Untcrfdjteb ber 35elifte eine folchc Vcrfd)icbcnf)eit ber
©trafen begrünben, wie fic in ben §§. 159., 160. ftatuirt ift. 35er Verleiter
jum galfdjeib follte mit 3ucf)thauS, ober ber $um 3)icineib mit ©efängnifi be*
[traft werben, gür baS richtigftc cradjtc ich cS, in beiben gätten ©efängnifj
bis 5 3af)re anjubrohen.
B. 2)ie 5lebcnftrafen. 5)cn 2lnftifter treffen im ganäcn Umfang bie*
felbcn ©trafen, benen ber a)ieincibige oerfaßen ift, §. 48. 2lbf. 2. s Jt. ©t. 3. V.
35aher ift er infolge feiner Verurteilung 3ur 3nchthauSftrafe oon 9lechtS megen
bauernb unfähig $um 25ienft im .^ecr unb ber 3)iarinc, foioie sur Vefleibung
öffentlicher 2lemter, §. 31. 9t. ©f. ®. V. 35er 3Keineib ift femer eins ber
roenigen Verbrechen, mit benen bie 3ucrfennung oon Wcbcnftrafen obligatorifch
oerbunben ift. GS müffen bem aWeincibigcn unb bal)er aud; bem 3lnftiftcr bie
bürgerlichen (rl)renre<hte aberfannt roerben," unb ift aufeerbem bie bauernbe Un*
fähigfeit beS Verurteilten, als 3euge ober ©achoerftänbiger oernommen ju
57) @. 185 ff.
58) ^ot^enborff, »nnfcb. 5Bt>. III. e. 111.
59) ©oUbammcr, «r*. X. 6. 660 ff.
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werben, auSjufpred&en. S5arm ift bic Utrfäljigfeit jur etbeSftattlidfjen Verführung
inbegriffen, bagegen ift bem SSerurtljeilten bie ftähigfeit, einen cioilprojeftualcn
(5ib in eigenen Angelegenheiten ju f abwären, belaffen.
$en herleitet $um ÜJicineib (§. 159. 91 6t. ©. 2J.) treffen oorerft bie
notfjwenbigen folgen jeber Serurtbetlung jur 3ud&tbaugfrrafe (§. 81. 9t St. ©. 8.).
dagegen erhoben fta) gtetdb naa) Gmanation bc3 6t. ©. 33. öebenfen über bas
33erf)älmijj be3 §. 159. §. 161. 3)ie überwiegenbe 2mfta)t war für 2ln*
roenbung beS §. 161. auf §. 159. $a$ D. X. aeeeptirte biefe Sluffaffung.
2Jton braute brei ©rünbc namentlid& $u üjrer 33eribeibtgung oor:
a) S)ie gefcbtd&tli^e Gntwidelung. 3n $reufjcn b<*be bie SBerlcitung p
9Jfemeib immer biefe $olge gehabt. (53 l)abc nur bcSljalb feiner befon*
beren SBefrimmung beburft, weil naa) §. 12. 3. 4. $reufc. 6t. ©.
ber SBcrluft ber bürgerlid)cn (Sljrc immer bie Unfätugfeit, als 3^ u 9^
ober 6adf)oerfmnbiger eiblidj oemommen ju werben, naa) fta) gebogen
l)abc. £)er $)eutfa)c §. 159. rttbre aufjerbem unmittelbar auä 2frt. 64.
s ilbf. 2 be$ 6äd)fifa)en 6t. @. ^er, metöjer auSbrücIUa) bie erfolg*
lofe Verleitung jum 9Jleincib mit biefer 'Jlebcnfrrafe almbc.
b) 2)ie gefefclid&e Slnorbnung. S3ei jeber Sßerurtbeilung wegen 3Mneib3
foUe auf bie Sßcbenftrafen beS §. 161. erfannt werben. $cr neunte
2U>f$nitt beS 6t. ©. 8. nun trage bie Ueberfd&rift „Hfleineib", e£ feien
beSljatb biejenigen Seftimmungcn biefc£- 2lbfcf)nitt$, meldte bem §. 161.
oorangefjen, im 6inne beffclbcn als 6trafbeftimmungen über ben
SReinetb §u erad&ten.
c) S)ie innere 9totl)wcnbtgfeit. 3)enn ber SSerleiter Ijabe biefelbe frrafbarc
unb oermerflidje ©efinnung als ber 2Remeibige, ifmt gebühre baljer aua)
biefelbe 6trafe.
3luf bie ©rünbe bat im 23efentlia;en baS 0. Z. feine Sfafidjt gcftüfct. 60 )
(gm 23efcf)lufj be£ oereinigten 6enatS für 6traffad)en I;at aber bann nadj noa>
maliger (Srwägung burdf) (£rf. 00m 4. $c*. 1871 61 ) biefe 2luffaffung oerworfen.
3efet fjält nur noqj %. 9Jleger 62 ) an ibr feft. 3n ber Sfjat fmb bic ©rünbe,
weläje gegen bie Untcrorbnung be3 §. 159. unter §. 161. ftreiten, oon über*
jeugenber 2Bal;rl)eit. $enn äunäd&jt weifi bie gefaua)tlid(je (£nttoicfelung gar nia^t
auf bie Interpretation, meldte i^r untergefa^oben roirb. SBielmcljr ift grabe ber
2lbfa^ bes reeipirten 6öa)ftfa)en 2lrt. 64., iücld>er bie entfpred^enbe 2lnorbnung
entbielt, im 9t 6t. ©. auSgelaffen. 3lnbrerfeit3 ift bie Auslegung nid&t an
bie Duette, au^ melier boÄ ©efe^ l;eroorgegangen ift, gebunben, fonbem fic
erfolgt heraus aus ben *Beftimmungen beS ©efe^eä felbfT. Sobann fann bie
Ueberfd^rift beS neunten Slbft^nitts nidjt oon ber il)r unterlegten Scbeutung
fem. S)enn biefer Slbfcbnitt roeijt SBeftimmunaen auf, toelajc ' notorifa*) nidjt
al« „SKemeib" aufraffen fmb, j. 8. §. 160. tfeberljaupt Tmb biefe Sluffd^riften
ni$t raafegebenb für ben ftrafrea)tlia)en Gljarafter jebeS einzelnen ^Jaragrapben
im 2lbfdmitt, fonbern fie 4)araftcrifiren nur ben 2K>fdjnitt im Allgemeinen. 63 )
önblia) ift bie 2lnfd>auung, ba§ ber Jöerleiter jum 3Jleineib wegen feiner oer*
merfli(|en ©efinnung gleite 6trafe mit bem 3Hcineibigen oerbiene, nur de lege
ferenda oon SSertI), ba baS je^ige pofttioe Siedet biefer 3tteinung jebenfallS nid^t
geroefen ift. S)enn es bebrobt ben 3)kincibigen mit 10 ^a^ren 3uä)tbauS, ben
iöerleiter mit böa)iienS 5 ^aljrcn. 64 )
60) ®rt. ö. 26. Styril 1871, 23. ^uni 1871, 13. ©ept 1871. öottbammer, tlxä). fflb. XIX.
6. 456 ff., ©. 610 ff., 6. 677.
61) ©oltbammcr, «rd). 8b. XIX. 6- 782 ff.
62) et ö. ». für ben Worbbeitffcfcen «unb, @. 125, Slnm. 1. 3U §. 161.
63) 3tgt. ©ottbantmer, «rd). 8b. XIX. @. 778.
64) 60 Dwenfjofj, Äommentar 9lr. 2. 3. 30 §. 161. ©djnjarjc, Äommentar 6. 440.
ftüborff, «omraentat 6. 334, «nra. 1. 8d)iuje, 8e^rt. @. 316, «nm. 23.
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I
240 ®k »crtettunfl jum fallen ßibc.
S5er herleite* jum f^alfd^eib fann neben bet ©efängnif$rafe jum 93er*
luft bet bürgerlichen ^cenred^te oerurtbetlt roerben. Von einer 2tnroenbung
be« §. 161. auf §. 160. ijt oon feiner Seite bie 9tcbe geroefeu.
§. 12. $er ttüdtritt.
%v& ben allgemeinen ©runbfäfceu über 2lnftiftung unb Verbrechen folgt,
bafj 2tnfttfter rote 2Tngeftifter ffraflo« ftnb, roenn fic oon ihrem oerbreebertfehen
Vorhaben, einen ajletneib $u leiflen, abftanben, beoor e« nur jum Verfuä) fam.
$>a« freirotUtgc 3Iufgcben nach Anfang ber Ausführung fiebert nach
§. 46. 9t 6t. ©. 53. bem Verbrecher Otraflofigfcit 3U. 2(ber man b<*t gejroeifelt,
ob bann aud) bem Anfiifter biefe Mbc $u3urocnben fei. Semer, 65 ) o. Var, 66 )
ÜDteoer, 67 ) u. 21. hoben fidf) für unbebingte Straffreiheit erflärt, Scbü&e 68 )
roenigfien« bann, roenn ber Anftifter feinen Auftrag jurüefgenommen hat. SDie
meiften aber gingen oon ber Anficht au«, bafj bie SSirfungen ber tätigen fteue
nur bem ju ©ute fomraen bürften, welcher fidj burd) feine ,§anblung«roeife
berfelben roürbtg gemalt habe. 3)c«balb wollen fic trofc s Jtücftritt be« %\)ättt&
ben 2lnftiftcr nach rote cor oerhaftet fein Iaffcn, roenn auch juroeilcn oon bem
falfäen ©eftcbt«punft au«, bafe in feiner Anstiftung ein 33crfu<$ be« Verbrechen«
ju finben fei. 69 )
2)anad) bleibt ber Anjliftcr jum 9Weineib ber Strafe oerfallen, roenn
aud) ber Angefttftete freiwillig bie Ablcifrung be« SJteineib« aufgiebt. 2)em
Verleiter jum SDleineib (§. 159.) gegenüber fönnen feine berarttge Vebenfen
au« etwaigem Stücftrttt be« 3U Verlettcnben entfielen. $cnn ber X^atbeftanb
feine« Verbrechen« ift mit feiner St^ättgfeit erfüllt, bie be« ju Verleitenben ift
oon feinem ©eroteht.
Sehr sroeifelfjaft tfl e« aber, roelche Söirfung ba« freiwillige ßurücftreten
be« Anftifter« Imt unb roelche ba« be« Verleiter«, roenn ein folchc« überhaupt
im SBereid^ ber 3Jlöglia)feit liegt.
!. 2)er ftüdtritt be« AnjHftcr«.
S)ie ältere X^corie jog eine ungerechtfertigte parallele stutfö^cn ber An»
ftiftung unb bem mandatum be« Gioilrecbt«. ^nbem fic bie 2lnftiftung nad)
Analogie be« lederen bcl;anbelte, fam fic ju bem Sdjlufe — nicht blofe, ba§
nachträgliche ©enehmigung ber Anfuftung gleid) ju erachten fei, fonbern auch,
bafe blo&e 3nrüd3ichung be« Auftrag« ben Anftifter oon feiner Vcrantroortltcbfcit
befreie. 70 ) 2Kit Stecht bat man aber bie Segriffe be« Strafrecht« au« ben Ueffeln
einer cioiliftifchcn 2lnfdjauung«roeife gelöjTunb felbftfiänbiger Betrachtung unb
ftirirung unterzogen. Anftifter ift ber, roelcher einen Anberen ju oerbrecherifchcr
iljätigfeit beftimmt h<it. Gr fann nur frei ausgehen, roenn er bie oon Umt
heroorgerufene oerbred)crifd)e ^hätigfeit l;inbert, mag er bur<h 3 ur " c * 1ta ^ mc
feine« Auftrage« ben ftrafbaren Sorfafc be« 2lnberen jerftört ober burch t^at*
fächliche« Giltgreifen jenen oon ber Ausführung be« Verbrechen« abgehalten
haben. £cr Änftifter 3um 3)ieineib ift nur bann firaffrei, roenn er oerhütet,
bafe infolge feiner Slnftiftung ein 3Reineib geleitet toirb.
65) ©runfcfd^e 0. 30. üc^rb. ©. 195.
66) 8ut 2t§xt »om SJ«tfud> unb £f)eilnaf)me 60.
67) Jcbtb. €5. 226.
68) o. a. O. @. 155.
69) ©o 3ad>ariä, 2cf>re »>om Scrfuc^ n. @. 269. ÜJiertet in Seiöte'S föeAtöleftton XII.
©. 140. §älfd)iicr, a. a. O. n. @. 360. ©dbnxme a. a. O. <3. 129. ®epct in ^pHjcnbotff'ä
§anfcb. U. @. 371. Obbenboff Wr. 1. ju §. 46. Grt. bcS O. Z. ». 15. 3»ni 1876, m folgen,
torff'« feanbb. IV. 0. 164.
70) 6o Icmmc, ^reafe. ©t. W. @. 342. atnolb, im Qttx. ©aal 1859, ©. 139.
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*
•
3>tc Verleitung jum falfäen ©t>c 241
2. 2>er SRücftrttt be$ VerleitcrS.
3Jlan $at biefen $aH oon brci oerfdjiebencn Stanbpunften beteuertet:
a. S)er Sbatbeftanb ber Verleitung ift eine 53er[ud^3J)anblung, bie man
al3 felbftftänbtgeS SDelift auffaßt. (Sin Verfud; baju ift nicht möglid),
baber ift §. 46. 9L 6t. ®. V. auSgefaMoffen. 71 ) @in Verfuch ju §. 159.
ift aUerbtngS unbenfbar, unb bamit Die ätawenbung bc3 §.46. auf ben,
ber ba3 Unternehmen beS §. 159. oerfudjen wollte, hinfällig. S)aS ift
gewiß richtig. 2>amit ift aber bie %xciqc nodj nicht beantwortet, ob man,
bie Verleitung, im ©inne beg §. 43. felbft als Verfuch }u §. 48. auf*
gefaßt, nict)t für §. 159. bie 2lnwcnbung be£ §. 46. ftatuiren bürfe.
b. S)ie Verleitung jum SDieineib ift, obwohl begrifflich Verfu^^anblung,
als eigenes $eltft t)mgeftettt f fein Xfjatbefianb ijt mit ber Vornahme
einer Verfutfjstjanblung erfüllt, ein oollcnbeteS S)elift läßt aber bie
tätige 9teue alz StrafauSfdjlteßungSgrunb nicht au. 72 ) W Sfaftdjt
fiellt roieberum ben formellen ©eftdjtSpunft in ben Vorbergrunb. Sie
praftifdjen Äonfequensen, bie fid) notbwcnbifl barauS ergeben, finb fet)r
bebenflidj. (53 muß banad) ber, welcher bloß ocrfud)t r)at nnjuftiftcn,
auf jeben %aü betraft werben, währenb ber, weldier wirflieb angeftiftet
t)at, unter Umftänben oon 6trafe oerfebont bleiben fann. UnwtÜfürlta)
Drängt ficr) bie ftrage auf, folltc nicht hier ber Sa& wahr fein:
suramum jus — summa injuria?
c. S)ie Verleitung jum HJkineib ift, obwohl formell fclbftftänbigcS ®etift,
bod) begrifflich Verfug, unb bttyaVb haben bie Vorfdiriftcn über 3tutf*
tritt oom Verfuä) für fte ooüe ©eltung. 73 ) $iefe Shtfictjt ift eine ein*
fadjc Äonfequenj beS SafccS, baß in ber SDoppelnatur fclbftfiänbig
frimtnaliftrter Verfud>3rmnolungen baS materielle SBefcn bem formellen
Sein überlegen ift. SBenn ber ©efefcgeber bcrgleia)en $elifte auffteHt,
fo mtü er bamit bie ©efäfjrbung ber ©efellfa)aft unb ^ecbtSorbnung
beftrafen, weld)e aus ber ernftlidjcn 3fbfid)t be$ Verbrechers, feinen
Vorfafe ju oerwirflichen, entfpringt; aber er fann ibn unmöglich um
beSwillen, weit er feine Xfyat ftrenger bebrobt als fonftige Verfuge, ber
Vorteile berauben wollen, meiere jeber Verbrecher, ber oon feinem
«Jtfan abläßt, genießt. $iefe Slnfidjt will niajt bem 9tea)t bie notlj*
wenbige 6trenge nehmen, fonbern eS oor unbilliger .^>ärte bewahren.
@S wtberftrettet nicht, baß §. 46. beftimmt, ber Verfuch als foldjer
bleibt frrafloS. SDcnn cS foll bamit nicht gefagt fein, baß eine Jpanblmtg,
bie begrifflich Verfuch ift, jum fclbftftänbigen 2)eltft erhoben unter
gewtffen VorauSfefcungen nicht 6trafloftgfeit begrünben tonne, fonbern
ben ©egenfafc sunt „Verfuch als folchen" bilbet bie öanblung, roelche
für fich allein ein begrifflich felbftftänbigeS 2)elift ift, tn Vcäielning auf
eine anberc aber Verfuch barfteUt, 5. V. oeriuehter mv& Durch Söranb*
ftiftuna. £ier fann natürlich bemjenigen, ber Den 3Jforbplan aufgiebt,
nicht Freiheit oon ber 6trafe wegen Vranbftiftung gewährt roerben.
^ oerträgt fich auch mit ber oben oertretenen Meinung, baß im ©efe^
(§. 159.) nicht „oerfuchen", fonbern beu? umfaffenberc „unternehmen"
gebraucht ift. 3)cnn fidjcrlict) ift e« im ©eifte bcS StechtsS, melche!8 ben
ftrafloö läßt, welcher 00m Verfuch jurüeftritt, baß auch Derjenige nicht
71) Sodjo», in fiotyenfcorffS §anbb. B. '241.
72) fu<$elt, »a§ hl Oft. $*. u. f. m. 9!r. 1. ju §. 159. OM>enfan", a. cu O. 9it 9. ju§. 159.
73) @d Ädjwaqe, a. a. D. 5. 123. l'iSjt, a. a. O. @. 183—184. ©oUfiamracr,
üxä). vni. @. 337.
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ber Strafe oerfäHt. roeldjer feine VorbereitungSfjanblungen frei*
raiUig aufgiebt.
55er Serleiter junt ftalfdjetb ijt ber Später eines fclbftfiänbigen
ißerbrcdjeng. Säjjt er avß freien 6tüdcn von bem Verfudj ber Verleitung ab,
fo bafj fein falfdjer (gib gefdporen wirb, fo finbet §. 46 9L 6t. ©. SB. nad> all*
gemeinen 9ted)t$regcln auf ü)n Slnroenbung. Seiftet aber ber Verleitete ferner*
feits au5 irgenb melden ©rünben ben falfd&en ©ib nidjt, m bem er fid> gut*
gläubig ^atte beroegen laffen, fo unterliegt ber Verleiter ber ©träfe beä Verfug.
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Jietttfd)« Strafredjt.
i
§. 22. 6e8 R. Prc|]-(P. v. 7. !ttai 1874. Die SlmDcnbbarfeit 6ee
§. 22. bce R. p«fj»(B. befcfyränft fid? nicht auf foldje £traftbaten t
welche burcr; im 5nto"bc bewirftc Verbreitung von Prejjcrscugniflen
begangen worben. 3 n an cincn Drucfer ^um gtoeet 6cs Krudes
gefcfyetjenen Itlittrjcilung bes Itlanuffriptes liegt Feine außerhalb free
(Bcbictee free §. 22. Pre£-(B. befindliche felbfifiänoigc firaf bare Ijanblung.
Unter „Verbreiten »on Drucffcbriften 44 im Sinne bce §. 22. cit. ijr aua)
bie fiorreftur von Drudbogcn 5U oerfkben.
<Srf. beS L ©traffen. v. 23. %tbx. 1880 c/a. dtletfe, woburd) bic 5te>
oifton ber ©taatSanwaltfdjaft jurüdgewtefen worben tft.
© r ü n b c.
1. TO Unredjt behauptet bic ^teoinonebegrünbung bc£ Staatsanwalts,
baft §. 22. be£ 31. ^refc®. 0. 7. äftai 1874 nur auf foldje ftrafbare ,§anblungcn
2lnwenbung finbc, njcldrjc burcr) im ^ntanbe bewirftc Verbreitung oon ^refc
erjeugntffen begangen worben.
2)er llmfianb, bafj gemäß §. 4. bc$ 6t. @. 33. wegen bet im Sluölanbc
begangenen Verbredjen unb Vergeben eine Verfolgung naa) ben Strafgcfcfccn
beS 2>eutfd)en 9teid)3 nur auSnafjmSwcife fiattfinöct, oerringert niäjt für Die
ftällc, wo biefc VorauSfc&ung an fid) oorlicgt, ben Umfang bcS 6d)ufoe3,
weiter anbrcrfeifcS in ben 6trafgefcfecn enthalten ift. Sic überhaupt in jenen
StuSitatmtSfättcn bic Slnwcnbbarfcit ber beutfä)en Strafgeld oorawSgcfcfct wirb,
fo treffen aud) bic 6c$u{jbcfttmmungen berfetben in oollem Umfange ju, mag
biefer Sdjufe im allgemeinen bcutfdjen ©trafgcfcjjbud) ober in einem befonberen
bcutfdjen ©efefce jum StwSbrudc gelangt fein. (Sine ungünftigere ftrafredjtlidje
#cr)anblung ber im 2fo3lanbe oerübten ftrafbaren £anblungcn, als ber im %n*
tanbc oerübten, ergiebt fid> nidjt aus allgemeinen s Jtcd;t$grunbfät$en unb wirb
gerabc burdt) bic einzelnen 33eftimmungcn ber p§. 4 — 6. beS 6t. ©. V., aus
weldjcn l)eroorgef)t, bafj foldt)c .^anblungen fnnftdjtlid) it)rer Vcrfolgbarfett nadt)
Umftänbcn nodj eines weiteren SdjufceS genießen, als bic im ^nlanbc oerübten,
wiberlegt. ©ine Vefcfjränrung ber 2Inwcnbbarfctt bcS §. 22. beS s Jt. ^rejj*©. auf
im $nlanbe oerübte ftrafbare ^anblungcn ftcf)t ferner mit bem ganj allgemein
Iautenben SEÖortlaut biefer ©efefeeSbeftimmung unb bem inneren 3wec?e berfclben
in äötberfprua).
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• I
244
2)eutföc5 ©ttaircAt. (fcrteimütifje bcS fReid>Sgeri(St&
2. $ie Steoifton rügt weiter „9cicf)tanmenbung be« §. 95. beS St ©. 8."
unb leitet biefe Stüge barau« ab, bafe „nach bem Ehalte ber Sitten ©. ba$ ju
Süricf) in feinem Dörfer oorgefunbene 9flanuffript bc£ Pamphlets „ „ber Sauer
unb feine Sd)icffalc" " oon Dr. S. fid) befc^afft unb baäfelbe, wie nach Sage ber
Sache angenommen werben muffe, aud) anberen Sßerfonen nach Äenntnifenahme
beä Inhalts, bcifpiclswcife ben Srucfern, mitgeteilt habe", worin ein felbfi*
ftänbige£ Vergehen liege.
$)te $ragc, ob eine folcfjc .^anbtung ein fclbftftänbigcS Vergehen bilben
mürbe, fann an ftd) uncrörtert bleiben, ba ber bie ©runblage ber ßauptoer*
Imnblung unb be3, feinen oon bem tljatfäc^lidtjcn ^nl;alte bc3 VefchlujfeS über
ber Gröffnung be£ JgauptuerfahrenS abroeia^enben Sachverhalt feftftettenben,
llrttjcibS ber Straffammer bilbenbc Vcidjlufe über bie Eröffnung bcS 6aur»t*
oerfahrenS im ©inflang mit ber Slnflagefdjrtft bem 2lngeflagten in tf)atfäc|Ucher
ftinftcht nicht eine folche fclbftftänbige, non ber auf Vcröffentlidhung unb auf
Verbreitung ber incriminirten ©ruetfehrift genuteten 3:pttgfcit unabhängige,
.^anblung jur Saft legt, utetmehr lebiglid) auf eine burd) Söeröffenttid^una unb
Verbreitung ber 2)rucf fdfjrift „ber Vauer St. unb feine Sdjuffale töeftll. bie
grofec Schlägerei)" oerübte Vcletbigung be£ beutfdjen tfaifcrS unb oeS dürften
Viömarcf gerietet ift. llebrtgenö fönnte in einer an bie 2>rucfer gerabe mm
3mccfe bcS 2>rucfc3, alfo $um 3mccfc ber £erftcllung ber $rucffdjirift behufs
ihrer Veröffentlichung 'unb Verbreitung liegenben SJUttheilung beS 3Jtonuffrtpt£
nicht fd)on eine fclbftftänbige, bem ©ebtete beS §. 22. beS $refc*©. entriufte,
ftrafbare £anblung crblicft werben.
3. SScitcr rügt bie 3leoifion unrichtige Auslegung beS §. 22. bei SH.^refi*©.,
ba unter ber in §. 22. bejeiebneten „Verbreitung oon 35rucrfd;rtften" eine folc^e
^anblung ju oer|tef)en fei, „burdf) weldje ©jemptare einer Schrift einer BÄchr*
Ijctt non ^erfonen in ber Sl'cife äugänglid; gemadjt werben, bafe fie oon bem
^n^alte bcrfelbcn Äenntnifj nehmen fönnen", (i. aber ftd) nidjt auf eine ber*
perfönlid) mitgemirft Ijabc, imSbefonbcrc bei ber Äorceftur ber 2)rucfbogen thätig
gewefen fei unb bie S)rucffd;rift unter feinem tarnen als Verleger f)abe er*
td)cincn [offen.
$)a3 urtljcilcube Gierich t hat jebotf) auch * n °^f cc C>itiftc3r)t baS ©efefe nidf)t
ocrlefct. ÜJttt ben Korten „burch Verbreitung oon ©rueffchrrften ftrafbaren $rb>
1) aiW wirb in §. 22. bc3 -}>rcfjgcfe$e$ niept etwa jene fpecielle Sfjätigfcit
gemeint, weldje in §. 21. bcffclbcn burch bie SSortc „berjenige, welcher bte
S)rurffd)rift gewcrbömäöig oertrteben ober fonft öffentlich oerbreitet h<*t (Ver-
breiter)" charaftcrifirt toirb; oielmcljr will mit §. 22., wie ber ganje 3 roc< i oc *
§. 22., bie (Sntftchuitg biefer ©efe|e^beftimmung unb bte 3Kotioe }um ©nttourfe
ergeben, ber in ber Jcftfefrung einer fursen Verjährung^frift gegebene Schüfe
allen burd) bie greife oenibten Verbrechen unb Vergehen gewährt werben,
inöbeionbere allen Matcgonen ber unter §.21. bcö ^reBgcfefec5 fattenben fhaf*
baren ^anblungen unb allen burch bie treffe begangenen unter bie allgemeinen
Strafgcfcfee fallcitbcn ^anblungen. S)ie in §. 22. gegebene Schufebeftimmung
umfaßt bal;er aud) jene ftrafbare Shätigfeit, welche in ber Veröffentlichung einer
2) rucffd)rift flraf baren Inhalts fich äufjcrt, unb bie jur ^erfteuung ber ©ruefr
fchrift, 5. V. burd; tforreftur ber 3)rucf bogen, entfaltete ^hätigfeit, bie üJlitwirfung
jur .\)crftcllung be^ ^rcfeerjeugniffeS. Uebrigen^ gilt, fo weit bie 9teoifion f)kt*
bei bem Slngcflagten in thatfächlichcr Vejiefmng noch eine anberc 2lrt ber
Xhätigfeit jur Saft legen will, als ber Vefchlu§ über bie Gröffnung beS ^aupt*
oerfahrenö ihm 3ur Saft legt, auch ^ cr oet oafe ber i3n() a tt oeö lefeteren
bie ©runblage für bie Veurthetlung be^ dichter« bilbete.
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3)«utf*e« ^trafretft. Stfenntnifle fce? fflci*§getid)t«. 245
Preujj. Pcrorön. v. 5. 3uli 1S47. ,fortfrifien$ öcr 6as Spielen in aus-
wärtigen in öcn preuf?ifa)en Canoen nicht ^ugelaffenen L'ottcrien, fowie
bae Collectiren für leitete »erbictenoen Dcrorbn. v. 5. 3uli 1847.
©ntfeh. beS II. ©traffen. v. 24. gebr. 1880 c/a. ©öbel, woburch bic
s Jtemfton beS SKngefl. jurüclgewiefen worben ift.
© r ü n b c.
$ie ^nftamrichter haben olme erftchtueben 9tcd>tSirrthum tlMtfüchttch fefl*
geftettt, bo§ ber 2lngeflagte im 2lpril 1871) im ^nlanbe (in ber ^rooinj SBeft*
preufjen) fid; bem 93crfaufc eines SoofcS ber Hamburger Stabt^Sottcric, roeldje
in preufjen nicht jugelaffen ift, untersogen Imt. Sicfe ^eftfiettung enthält bie
erforbemtffe jur 2lnmenbung beS §. 1. ber preufe. ^crorbn. v. 5. 3uli 1847,
reelle in bem f)icr in Betracht fommenben XI)eilc noch in ©eltung ftcf)t unb
feineSwegS, rote bie 91. auszuführen oerfucht, ihrem ganjen Inhalte nach
aufeer Äraft gefegt ift.
S)ie gebaute Serorbn. (©. S. 1847 S. 2G1) betrifft nadj ber iljr gegebenen
Sejeichnung:
1. baS Spiel in auswärtigen Sotterten,
2. bic Unternehmung öffentlicher Sottericn ober 2luSfpielungen burch Sjkioat*
perfonen. Semgemäfe ift im §. 1. mit 6trafe bebroljl:
L berjenige, welcher in auswärtigen fiotterten, bie nicht in ben preufj.
Staaten befonberS jugelaffen itnb, fuielt, — melier ftch bem Ver-
laufe ber Soofe Dergleichen auswärtiger Sottericn untcrjicljt ober
einen folgen SSerfauf als 2JftttetSperion beförbert,
2. berjenige, welcher innerhalb SanbeS, ohne auSbrücfliche ©e*
nehmiejung ber 2Jliniftec beS $nnern unb ber ^inanjen, öffcntlidjc
lotterten unternimmt ober ©lüefsbuben errichtet.
$aS preufc. St. ©.53. o. 14. Hpril 1851 enthält unb jwar im §. 208.
eine Strafanbrofmng nur aegen benjenigen, ber ohne obrtgfeitlichc Grlaubnift
öffentliche Sotterien (ober öffentliche 2IuSfpiclungen beweglicher ober unbeweglicher
Saasen) oeranftaltet, betrifft baber, wie baS Grforberniö obrigfettlicber (£t*
laubnifj ergiebt, nur baS SScranftalten öffentlicher Lotterien im^nlanbe unb
bezieht fia) nicht auf baS Spielen in auswärtigen, nicht befonberS sugclaffcncn
Sotterien unb auf bie fonftigen oben unter 1. ermähnten ipanblungen. So weit
fie biefe betrifft, ift bie ^erorbn. o. 5. ^uli 1847 im Sinne beS 2lrt. 2. beS
©inführ. ©. ^um preujj. St. ®. 23. ein bcfonbcvcS, eine Materie, in §inftcht
beren baS St. ©. 83. nichts beftimmt, bchanbelnbeS Strafgefcfc unb beSfmlb neben
bem St. ©. 83. in Äraft erhalten.
2Jttt Siecht hat ber 21. 31. eine SBeftätigung biefer 2luffaffung barin gc«
funben, bafe burch §. 3. beS ©. o. 7. 3J?ai 1853 (®. S. S. 180) bic 3Serorbn.
ö. 5. 3uli 1847, fo roeit biefelbe nicht burch baS St. ©. 5). o. 14. 2lpril 1851
abgeändert roorben, in ben hohcnjollcmfchcn Sanben eingeführt unb alfo mit ber
angegebenen @infehränfung, roelche Reh auf baS ^eranftalten öffentlicher Sotterien
ohne obrigfeitliche ©rlaubni§ bejieht, als ein in ben bisherigen preufj. Sanben
noch in ©eltung ftehenbe^ ©efefc anerfannt morben ift. Gine weitere Seftätigung
erbringt bie SSerorbn. t>. 25. §[uni 1807 (©. S. S. 921), welche in ben im
$ahre 1866 mit SBreufecn oercinigten, näher bejeichneten SanbcSthetlcn im
2lrt. L baS St ©. für bic preui Staaten einführt unb im 2lrt. IV. v Jtr. l .
als ber Strafe beS §. 268. beS St. ©. 33. ocrfallen, benjenigen erflärt, wer in
auswärtigen Sottericn, bic nicht mit fgl. Genehmigung in Den preufe. Staaten
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246 3)eiUfrte5 ©traftedtt. (Srtciratniffc feeS 9lei(f>8geri<$t*.
befonberS jugclaffcn roerben, fpielt, roer fid> bcm Serfaufe bcr Soofe $u bcr*
gleichen auswärtigen Soltcricn unterzieht ober einen foldjen ^erfauf als 9JfUtelS'
perfon beförbert. GS crcjtcbt fidj hierauf, bafj biefe föanblungen an ftd) nicht,
rote bie 9t. $3. oermeint, burd) ben §. 268. beS St. ©. 53. betroffen mürben, unb
bafe bura) jenen 3lrt. 2. Nr. 1., roeldjer ben in ©eltung oerbltebcncn £beit ber
5>erorbn. t>. 5. $uli 1847 roiebergiebt, eine materielle ®leid)l)cit beS StrafgefefceS
in ben neuerroorbenen unb ben alten SanbeSthcilen l;at hergefteUt roerben foQcn,
ba forooljl bie 5>erorbn. o. 5. $uli 1847 als bcr §. 268. beS preufj. 6t. ©. SB.
©clbftrafe bis ju 500 Malern aubroljt.
Gben fo roenig als burd) ben §. 268. beS preuß. St. ©. 8. ift bie
Skrorbn. o. 5. 3uli 1847, fo roeit cS fid) auf baS Spielen in auswärtigen,
nicht jugclaffenen Lotterien unb auf ben Vertrieb ber Soofc fola)er Sotterten
bejicfjt, burd; ben §. 286. beS St. ©. 33. für ben norbbeutfetycn 23unb, beziehentlich
für baS 3)eutfd)c Neid), aufjer Äraft gefefct. 3>affclbe enthält roeber in bem
§. 286., roeldjer, abgefchen oon bcm höheren SJtaa&c ber angcbrof)ten Strafe,
mit bem §. 268. beS preufj. St. ©. 23. übereinftimmt, nodj fonft 23cftimmungen,
rocldje fid) auf jene 9)catcrte beziehen unb f)at baber bie ©eltung ber Serorbn.
o. 5. Suli 1847 nicht berührt (§. 2. beS Ginführ. ©.). $)ieS ift audj in ben
SDtotiucn 511 bcm §. 286. nad) richtiger SluSlegung berfelbcn jum 2luSbrucf ge*
bracht. SBenn barin gefagt ift, bafj bie 2$orfd;rtftcn über baS Spielen in au*»
länbifdjcn Lotterien unb baS ÄoUcftiren für biefclbcn burd) ben §. 286. nidjt
berührt roerben, fo finb barin, roie baS juuor gebaebte ßrforbernifj obrigFeitlidjcr
Genehmigung ergiebt, bie 2>orfd)riften über baS Spielen in auswärtigen Sottericn
unb baS .Mcfttrcn für biefclbcn oerftanben unb babei bie einzelnen 23unbeS<
länber in'S 3lugc gefafjt.
2)ic Scfttmmung beS §. 8. beS 9t St. ©. 23., roonad) 2luSlanb im Sinne
bicfeS StrafgefeßcS jebeS nid)t $ura 5)cutfd)cn Neidje gehörige ©ebiet ift, ^at
ba, roo es fid) um Auslegung beS früheren ßanbeSftrafred)tS ^anbelt, feine Sc*
beutung. Surd) bie SScrfaffung beS S)eut[djcn Steides x>. 16. 2lpril 1871 (2lrt. 3.
u. 4.) unb burd) ergänjcnbe ©efefee ift in SBe^ebung auf bas Sotterieroefen
eine ©cmcinfd)aft bcr cin3elnen 23unbcSftaatcn nid;t begrünbet. $n biefer S3e*
jiebung ^at ber 33egriff beS 2luSlanbcS eine Slcnberung nid)t erfahren.
§. 370. Tlr. 5. 6L (B. B. Hobe Öaatfartoffeln gelten als Habrungs-
mittel im 9tnnc ocs §. 370. 21r. 5. 6t. <B. B. <£in „alebalMgcr
DetbrauflV 4 i\t nicht glcicbbcbeutenb mit „fofortigem unb unmittelbarem
Verbraucb" unb fann auü) bann angenommen roerben, roenn bie ent*
roenbeten Ilabrungömittel oon bem" Diebe erft 5U fjaufe 5ur Der»
fpeifung zubereitet" roorben finb,
ßntfa). beS IT. Straffen. 0. 24. $ebr. 1880 c a. SBintcr, roobura; bie
9Zid)tigfeitSbefd;roerbe bcr DbcrftaatSanroaltfdmft jurüefgeroiefeu roorben ift.
© r ü n b e.
2)afj bie Äartoffcln, aua; im roljcn 3uftanbc, ju ben mcnfa;lid)cn
Nahrungsmitteln gehören, mürbe fid; nur bann mit ©runb beftreiten laffen,
roenn unter „Nahrungsmitteln" nur biejenigen ^robufte bcr ^flanjcn* unb
il)ierroclt oerftanben roerben fönnten, roeld;e entroeber ohne befonbere 3ubereitung
ju genießen ober burd) mcnfdjlidjc Xhnttgfcit bereits fo jubereitet finb, bafe fic
fidj juni unmittelbaren ©enuf3 eignen. Sltlein bcr Sc^riff oon Nahrungsmitteln
in bcm Sinne, roie baS SiSort im täglid;cn Ccbcn unb nidjt minber in bcr
Sprnd;c beS ©cfe^cS (ogl. j. 23. baS N. ©. 0. 14. 9)Mi 1870, betr. ben «erfefjr
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2)eirtf<fie« @trafre*t. (Sttemitmffe US 9lci<b&gertd)t«. 247
mit Nahrungsmittel jc.) gebraust wirb, geht weiter unb umfaßt alle Diejenigen
Littel, njeldbc ber (Ernährung beS menfchuchcn ÄörperS bleuen, mag auch bereit
©eniefebarfeit erft bura; eine oorberige Zubereitung bebtngt fein. 2luä) (jebt ber
llmfknb, bafe eS fid) hier um 6aatfartoffeln fwnbelt, nicht of>ne weiteres ihre
©igenfehaft als Nahrungsmittel auf, ba bie 5Hrt unb Söeifc, wie ber ©igen*
tfjümer über baS ^irobuft oerfügt, bem lederen nic^t ben (Shorafter als
Nahrungsmittel rauben fann, fo lange baffelbe nidjt baburch objeftio §ur @r*
nährung beS DJtenfa>en untauglich geworben ift. ©S fann fich baher nur fragen,
ob, roie ber 8efa)werbeführer behauptet, bie 2lnwenbbarfcit bcS §. 370. Nr. 5.
beS 6t. ®. V. beim Vorhanbcnfein ber übrigen 2Rcrfmale biefer 6trafuorfa)rift
im oorltegenben ftatt baburdj auSgcfchloffen roirb, bafj bnS ©efefc »erlangt, eS
müffe bie ©ntroenoung jum ßweefe oeS alsbalbigen Verbrauchs gefchcheu fein.
©iefe ftrage ntufjte oemeint werben. Sie SBorte „sunt alsbalbigen 93er*
brauch" füllen offenbar bicfclbe Vefchränfung einführen, welche baS frühere
preufj. 6t. ©. V. — baS nach ben Sorten beS norbbeutfe^en 6t. ®. V. in biefer
^ejicljung bem lederen 3ur ©runblage gebient t)at — in ber Veftimmung beS
§. 349. Nr. 3. enthält, bafj nämlich beim Vorhanbenfcin einer geroinnfüd;ttgen
8H>ftdjt bie 6trafe beS 3)tebjtahlS eintreten foCe. $aS „Verbrauchen", b. h- in
SBejiefjung auf Nahrungsmittel, baS Versehren berfclben roirb geforbert, um
namentlich ben $att beS VerfaufS ber enttoenbeten Nahrungsmittel, rooburaj bie
eine milbere Vehanbluug nicht reajtfertigcnbe geroinnfüchtige 2lbfuf)t bargclegt
roerben roürbe, auSjufdhlieften unb aus bemfelben ©runbe ocrlanat baS ©efefc
ein „alSbalbigcS" Verbrauchen, rocil bei einem 2lnfammeln oon Vorräten für
fpätere Zeiten gleichfalls baS üütotio ber ©ewinnfucht in ben Vorbcrgrunb treten
würbe. 6chon hieraus ergiebt fich, bafe baS „alsbalb" nicht in ber Vebcutung
oon „fofort" unb „unmittelbar" oerftanben werben barf. SDicS folgt aber weiter
auch aus bem gefe^geberifchen ©runb für biefe Veftimmung, welcher offenbar
barin 311 Jüchen ift, oa§ cS oerbältnifjmäfng weniger ftrafbar erfdjeint, wenn
3emanb nicht auS ©ewinnfucht, fonbern um feinen junger 3U ftitten ober, um
ein augenblickliches ©elüfte ju beliebigen, NahrungS* ober ©enufmiittcl oon
unbebeutenbem SBerth ober in geringer Stenge entwenbet. Ob bie 6tiHung beS
i^ungerS ober bie Vefrtcbigung eines augenb lief liehen ©clüftcS unmittelbar nach
ber föntwenbung ober erfi 3U $aufe nach ber nothwenbigen Zubereitung erfolgt,
oeränbert ben (Shorafter öer ^anblung nicht, in fo fem nur lefetcrc sur Vefrie*
bigung jenes pfmftfchcn 2lnret3eS gefchehen ift.
§. 263. 6t. (P. 33». 3n ber in einem (Ercfutionsanttagc gcfd?ehenen
IMquiMrung nicht entftonoenet flogen iji fein betrug 3U ftnben.
Gntfdh- beS III. 6traffen. 0. 25. ftebr. 1880 c/a. ©eutfeh, woburch bie
oerurtheilenbe Vorcntfcheibung aufgehoben, unb ber 3lngeflagte freigefprochen
woroen tjt.
© r ü n b e.
$er Slngeflagte J)at bei bem Preisgericht 31t ©. gegen mehrere 6chulbner
fleinc 6chulbpopen etngeflagt.
^n ben oon ihm gesellten GfefuttonSonträgen hat er je 10 $f. ^Jorto
für baS (SjefutionSgefuch berechnet unb um SJtitcinjiehung biefeS Betrages ge-
beten, ohne bafe bem 2lngcflagten ein ^ortooerlag erwachfen ift. SDic berechneten
$ortt finb jum Ztyit oon bem bie Grefution oerfügenben Nieter abgefegt, 3um
Xheil ift bie TOeinsiehung oerfügt, in einem ber le&teren galle ift auch ber
betrag eingegangen, in einem anberen eine öupothef auf bas ©runbftftcf beS
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248 Etutföc« Straftest örfcittttnific toe« 8let#Sgeri*t3
Sdjulbner« wegen be§ um 10 oermehrten SchulbbetragS eingebogen worben,
in anberen fallen ift bie Grefution fruchtlos aufgefallen. 3)ie Stifter beibet
Borinftanjen haben ben 2lngefTagten wegen oerfuebten unb wegen oollenbeten
Betrugs oerurtheilt.
G£ wirb baoon aufgegangen, baß ber 2lngeflaate in allen jenen fraßen
bic unwahre 2^atfad)e behauptet habe, baß er für »bfenbung beS einjelnen
GrcfutionSantragcS 10 $f. $orto bejaht habe.
3)urch bie Borfpiegelung biefer falfchen $hatfad>e habe er in benjenigen
Köllen, in welken bie Grefution auch wegen be£ angeblichen ^ßortooerlagS oer*
fügt worben ift, in bem dichter einen Srrtfmm erregt, er habe baS in ber 3lb>
fiept gethan, fidj in jenen je 10 ^f. einen redjtSioibrigen BcrmögenSoortheil ju
oerfdjaffen. So weit biefelbcn mitehtgejogen ober auf ba$ ©runbftücf beä
SdwlbnerS eingetragen finb, fei ba§ Vermögen ber Sdtjulbner befchäbigt. GS
fei aud) ber ursprüngliche 3ufammcnhang uorljanbcn, inbem bie Grefution auch
wegen jener 10 $f. jufolge beS bei bem s JUa)ter erroceften 3rrt(jum3 oerfügt
worben fei.
Gntfprcdjcnb wirb in ben übrigen fällen, { n ocncn entweber bie Gfefution
wegen bc<8 ^ortobetragS nia)t oerfügt ober in benen fie fruchtlos ooUftretft ift,
ber Bcrfud) fcftgefteüt.
$)ie oon bem 2lngetl. wiber ba£ Grf. be£ ObcrlanbcSgerichtö % vom
23. 2)ej. 1871) eingelegte yiid)tigfeitöbefd)werbe rügt Berlefcung unb unrichtige
Slnwcnbung oon ©efefcen unb Stechtägrunbfäfcen, inSbefonbere ber §§. 263., 43.
unb 74. beS St. ©. 33.; fie ifl begrünbet.
®ic Borbcrrichter beiber ^nftanjen haben bic Bcbeutung ber ritterlichen
.ftoftenfcftfteUung oerfannt, unb bamit 9tedjt£grunbfäfcc oerlefct, unb ben §. 263.
bc3 St. ©. 93. falfa) angewenbet. Ser Sitcl jur 3mangf ooßftrecfung, auf ©runb
beffen ber Kläger bic Grefution beantragen burfte, erftreefte fidt) jugleich auf bie
bem Kläger erwachfenen Soften, infonberhett auf bie Äoftcn, welche ihm butch
ba§ GretutionSgefuch fclbft erwuchfen. 2>cr Setrag ber erwachfenen Äoflen ift
oon bem Kläger ju fpccifijircn (allg. ©er.-O. Xi)l 1. Sit 24. §. 22.).
$n ber Specififatton liegt nun aUerbingö bie Behauptung, eS feien
bem Älägcr bie oon ifjm bezeichneten Soften erwadjfen. ^nbeffen genügt bie
Sc^auptung, e5 feien bem Mager jene Äoften erwachfen, nicht, um biefclben
erigibcl ju machen; oiclmchr bebarf e3 einer gerichtlichen §eftfteuung; unb für
bic gerichtliche Jeftfküung ift wieberum bic Behauptung bc£ .Klägers ohne
Belang; ber dichter hat oiclmchr auf ©runb ber oorgclegtcn Bereinigungen
311 prüfen, ob ber bic Grefution beantraaenben Partei bic oon ihr behaupteten
Äoftcn crwadifcn finb. ®ie richterliche Prüfung erftreeft ftd) eben barauf, fefl*
aufteilen, ob bic «Hoftcn uadjgctotcfen finb, ob Behauptung beS 2lntragfteü"crS
unb söefchcinniumi fid> beefen (aüg. ©er *Orbn. 1. Sit. 23. §. 27.).
hiernach ift eine Xäufchung be£ SRichterä wohl baburd) möglich, baß bic
Partei falidjc Bcfchcinigutnücn über ihr angeblia; erwachsene Äoften oorlegt;
wenn aber ber dichter oon ber Beibringung folcher Bcfdjcinigung abfieht, wenn
, er bic Grefution wegen be<8 oon bem Kläger berechneten ^ortobetrag« oerfügt,
blof? weil ber Kläger behauptet, cS fei ihm biefer ^ortobetrag erwachfen, fo
lieht er baoon ab, bie ihm auferlegte richterliche Sßrüfuna eintreten ju laffen.
2)er Bcrflagte ift hier nia)t gcfdjäbigt bura) eine Xäufrf)ung bef föichterö,
fonbem baburdj, ba§ ber 3lid)ter eine iljm oblicgenbe Function nicht ausgeübt
hat. 3n biefem ftalle Imt ber Kläger unrechtmäßiger SBeifc Äoften geforbert,
aber er hat teintn Betrug begangen. 3^un haben oie Borbcrrichtcr nicht fcfl*
gcftellt unb bie Bcrhanblungen 3cigen niefit an, baß ber 3lngeflagte falfdje Belege
oorgclcgt habe, ber Slngcflagte fonntc alfo auch wegen Betrug nicht auf bem
©efichtfpuntte oerurtheilt werben, baß er ben ^rojejjridjter tn einen ^rrthum
oerfe^t habe.
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A)«ur|wt9 «öttaitecvt- «ticnntmiie oe» wetcnBgeriajts. 24"
6ben fo wenig burftc ber Sngeflagte aber in ben Raffen, in welken ein
Srrtfcum be« ^rojefertdfjterS gar nidjt erregt ift, ber 9ttct)ter oielmetyr bie tl)m
gefefclid) obliegenbe Äontrole baburdj auSaeübt fyat, bajj er unbef peinigte unb
ni<$t erwad&fene ^ortoauälagen abgefegt {Jat, wegen oerfud&ten Söetrug« per*
urtbeilt werben
§. 164. 0t. (B. B. etrafbarfeit 6er falfd)en 2lnfd)ul6lgung einer bereits
au|er^alb 5er Derjabrungefrtft Uegenoen ftrafbaren fjanMung.
@ntfd&. beS III. Straffen, o. 25. ^ebr. 1880 c/a. SWartini, woburefc bie
flteotfton be« Sfagetlagten surüdfgewiefen worben ift.
© r ü n b e.
Waä) bem Urteil beS fjerjogl. £anbgerid&t3 ju &at ber 2lngeflagte,
weld&er burdfc @rt. be$ l)er$ogl. antjaltiid&en ©djwurgertd&töfwfs o. 4.3uni 1860
wegen oorfäfelid&er »ranbftiftung, netübt in ber 9tad)t oom 20. junt 21. 5uli 1869,
burd) 3nbranbfefcung eine« bewohnten ©eitengebäubeS be« ©ej)öfte3 ber 2ötttwe
93. $u 9t., ju einer 3ud)tl)au$fitrafe oon 5 Jahren oerurtyetlt ift, unb biefe
©träfe oerbüfet fmt, am 9. San. 1879 bei ber ^erjogl. ©taatSanwaltfd>aft au 3-
eine 2tnjeige gegen bie Söittroe 83. erftattet, in welc&er er biefe bejüd/tigt, jene
©ranbftiftung oerübt ju fjaben.
S)aS ^erjogl. Sanbgerid&t fteUt auf ©runb biefer Sfjatfad&en o^ne 9tedf)t3*
irrt^um fejt, bafe ber Slngeflagte bei ber genannten ©taatäanwaltfd&aft eine 2tn*
jeige gemalt l)at, burd) welche er bie äBittwe 91. 23. geb. wiber beffereä
&iffen, ber 93egefjung einer ftrafbaren fianblung, einer oorfäfclid&en öranb*
|iftung,^befd)ulbtgt, unb beitraft bemgemäfj ben angeftagten aus §. 164. beS
3war wenbet ber Slngeflagte in feiner auf Seriejung beS ©trafgefefceS
gegrünbeten SReoifion ein, baS Sßerbred&en ber S3ranbftiftung fei *ur 3eit ber
änjeige längft oerjä&rt gewefen; unb fo oiel bie Slften erfennen laffen, ift bieg
in ber Sttjat nad> §. 67. beä Steide unb Sri. 71. beS @t. ®. 23. für baS
§er$ogtf)um 2lnt)alt>2)ejfau*(Sötf)en o. 28. 3)tai 1850 ber %a\l geroefen.
Reffen wirb baburdj ber £f)atbeftanb unb bie ©trafbarfeit ber fallen
anfc^ulbigung nidr)t au^gef^toffen.
S)urd^ ben §. 164. wirb, feinem 2öortIaut na<$, auc^ ber gaU gebeeft, in
welkem ^wn^nb ber Siegelung einer ftrafbaren öanblung befc^ulbigt wirb,
bestiglid^ beren nur bie ©trafoerfolgung gegen ifn burd) 3Jerjäf)rung auö*
gefetoffen ift.
llnb wenn auef) ber Umftanb, bafe eine Slnjeige bei ber ®e^örbe, unb
bie $efdf)ulbigung gefe^lid^e ^atbeftanb^momente bitten, bie 2tnna(mte nahe
legen, e§ fei, wenn nidjt bie 2lbfid)t be3 S)enuncianten, eine Unterfud^ung gegen
ben &efd)ulbigten ^erbetsufü^ren, bod) baS SBewujjtfein beffclben norau^gefe^t,
bafe burd^ bie Sinnige bie ©efa^r einer folgen Unterfud^ung für ben ©efiul"
bigten erwa<$fe, fo ift auf ber anbern ©eite tu erroägen, ba§ fold)e ©efa^r
feinejSwegS baburd^ befeitigt wirb, bafe bie ©trafoerfolgung objeftio burd) 43er*
jabrung auögefa^loffen ift. S)ie ©tra^oftgfeit aber für biejenigen gafle au«p
fpred^en, in benen naa) ber fonfreten ©ad;lage fd^on bei ber 2ln*eige flar
norliegt, ba& bie Serjäljrung gegen bie ^erfon beS ^cidjulb igten abgelaufen
fei, raadtjt Unterf Reibungen not^wenbig, für weld)e ba« ©trafgefe^ feinen 2tn-
^alt bietet.
^iemaef) ift bie Steoifion be£ 2lngeflngten ju oerwerfen.
Ari.v 1880. XV. 4. ©eft 17
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250 ©eutfäe« ©trafrcd&t. CfrtenitrrUfie US Wet(fi3geri*t8.
§. 267. 0t. <B. B. 3n 6er llebergabe einet gefällten Urfunbe an
einen von it/rem Cljarafter unterrichteten Boten groeefe (Eintyänoiaana
oerfelben an 6en ju täufebenoen dritten liegt fein jum lijatbejtanb
6er Urfunöenfälfdjung erfor6erlia)er (Bebraud) 6er Urfunbe.
ßntfd). be« m Straffen, o. 28. $ebr. 1880 c/a. »erger, woburd) baä
Borerfenntutjj aufgehoben unb auf 3urürfoermetiung erfannt worben tft.
© r ä n b e.
$>er Sdjneibermeifter @. B. in üuettenborf ift oon ber Straff ammer
be8 J&erjogl. £anbgertd)t$ $effau am 9. $ecbr. 1879 wegen Urfunbenfälfd)ung
ju einer ©efängmfjftrafc von 2 3Jlonaten oerurtfjeilt.
2)er 2lngeflagte l)at am 30. 2Iug. 1879 unter bem tarnen be8 öffentlichen
gleifct)befd)aucr!5 ß. in Ducllenborf olme Sßiffen unb SBillen beffelben ein 3tugnrfe
bariiber auSgefteUt, bafe fid) bei forgfältiger mifroffopifdjer Unterfud)ung ber it>m
r»om ©aftmirtrj %. Ä. in üuellenbotf übergebenen Steile eines an biefem 2age
gefd)lad)teten Sd)wcine3 £ria)incn nid)t oorpefunben (mben. $ie $leifd)tl)eUe
waren U;m oon bem 3)ienftmäbd)en be£ Ä. im £aufe beS abroefenben & übet*
geben, er c)at ifjr ba« 3eujjntjj mit ber Slufforberung au«gei)änbigt, baffclbe bem
Ä. ju übergeben, hierbei aber bem St. nid)t 3U fagen, bafe es nid)t oon 8. au«'
geftellt fei.
2)ie Straffammer be8 £anbgerid)t§ erachtet bamit aU feftgefteHt, bafc ber
2lngeflagte oon ber Urfunbe junt ftmede einer Stäufdjung ©ebraud) gemaejt
l)abe, benn e$ fei oon ber Urfunbe $u bem 3mecfe ©ebraua) gemacht, bamit fte
oon Ä. als ed)t unb oon & amtlid) auSgefteÜt irrig entgegengenommen unb
bentifct werbe.
5E)te Straffammer nimmt femer an, ba£ 3cugni§ beS öffentlichen $leifa>
befd)aucr3 biene ofmc weiteres ftormenforbernife als Beweismittel für bie
orbnungSmäfiige Beobachtung ber lanbeSpolijetlidjen Borfd)riften beim Sd;lad)ten
oon Schweinen, fjabe in 2lnfel)ung feines 3"()altS ooue BeweiSfraft, unb fei
bafjer eine öffentliche Urfunbe. £ie red)tSwibrige 2lbfid)t beS 2lngeflagten bei
ber gälfdmna. ftellt bie Straffammer enblid) mit 9tüdftd)t barauf feft, bafj Sin*
geflagtcr fia) bcwujjt gewefen ift, ba& er jur Anfertigung ntd)t ermächtigt mar,
unb bafj er eine ^olge rjetbcifüljrte, weld)e bem befteljenben 9lcdtjti5auftanbc
juroiberlief.
Slngeflagter hat SReoifion eingelegt, welche er bamit begrünbet, bafj ber
Sljatbeftanb ber plfdnmg nad) §. 267. beS 9t. St. ©. B. burd) bie tl)atfäa)licbc
fteftftcllung nicht erfd)öpft mürbe.
$ie fteftftcUung beS ^orberridjter^, tocld)e fid) auf ben ©ebraud) ber
Urfunbe jum $\vcdc ber 'Xäufchung bezieht, ift unhaltbar. &ie »ebeurung ber
Urfunbe befterjt barin, bafe fie Beweismittel ift. 3)ie Urfunbenfälfdjung bqie^t
fid) gerabe auf biefc mcfentlid)e Bebeutung ber Urfunbe. 2)cr ©efe^geber forbert
$roei .panblungen, bie falfaje $crfteUung unb ben ©ebraud) jum 3roecfe ber
2;äufd)ung, beibe beziehen i'id) auf baS Bcrocismittcl. S)er ©ebraud) jum 3wedc
ber 3:äufd;ung fann hiernad) nur barin gefunben werben, bnfe bie falfdje Ur*
funbe unmittelbar jum ^rocefe ber £äufdjung als Beweismittel benu^t wirb.
S)er 2lngeflagtc tyat fid) einer 9JKttel£»erfon bebient, weld)c baS waljre Saa>
oerrjältnife fannte. ©etäufd)t werben follte ber ©aftwirt^ Ä., alfo fonnte aua)
erft irjm gegenüber oon einem ©ebraud) ber Urfunbe bie SKebe fein. S)ie
Ucbergabe ' be« fnlfdjcn ^eugniffeS an baS SWäbctjcn war eine Borbereitung
biefeä ©ebrauchS; eS fonnte in ^rage fommen, ob baS Räbchen $um ©ebraueb
ber Urfunbe angeftiftet war, aber in ber Ucbergabe ber Urfunbe an ba$
Tabellen, bamit biefe es bem ©nftwirtb überbringe, fonnte otjne 9tecr)töirrthum
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I
S)eutfc$*8 @trafre*t QMcmttniffc M 9lei4SAeri*t8. 251
noch nicht ein ©ebrauä) jum 3roec?e ber Xäufdjung gefunben werben. £cr
Sßorberrichter Im* nicht feftgeftcllt, ob bic SDHttelgperfon baS falfd^e 3eugnifj
roirflid) überbracht, unb ob fie bobei oerfchroiegen l;abe , bafj baS 3*U8 n ife »on
bem ftteiüpefdjauer 2. nicht herrühre, SBärc baS ntd)t ber %atl geroefen, fo
mürbe eine ooUenbete Urfunbcnfälfehung nicht oorltegen. ©onadj fehlt e£ in
biefer Sejiefmng aHerbingS an einem für bic 2lnroenbung be8 §. 267. genügenb
feftgcfteUtcn Sthatbefianbe.
§. 183. 6t. <B. B. 2Ue untüchtige IjanMungen im 6tnne bes §. 183.
@t. <B. B. fmb alle ben (Bcfcbledrtetrieb anreUenben Jjanblungen an-
jufe^en, ohne 6ajj ilmen eine Hicbtung auf Befrieblgung jene« Triebes
bei5Üroobnen hätte. Durch öie lofale Tlnfcbauung , ba| in berartigen
fjanblungen ilnjlttlicbeß nidjt 5U fmben fei, roirb it»rc @trafbarteit
nicht ausgefcblojTen.
entfd). bcS III. Straffen. 0. 28. gebr. 1880 c/a. SBtibben, raoburch bie
Sieoifion ber ©taatSanroaltfchaft für begrünbet eraa)tet unb unter 3urücfoerroeifung
baS SBorerfenntnife aufgehoben roorben ift.
© r ü n b e.
S>ie oon ber ©taatSanroaltfdmft erhobene unb auf SJcrlefeung oon Tonnen
beS ©trafrech t$ geftüfcte SReoifion mar für begrünbet ju achten.
S)er 3nftanjrta)ter tyat t^atföcblic^ fcftgeftcllt, bajj bie 9lngeflagten, unb
unter ihnen auch bie ad)t in ber Sieoirtonsfchrift aufgeführten ^erfonen, in einem
öffentlichen Sofate in ©egenroart einer größeren Slnjahl oon 3Jtenfchen ba£ fo*
genannte „freien" betrieben rmben, bajj fie ftd), Surften unb 9)täbd)en bei ein*
anber ftfcenb, meiftenS umarmt fmben, unb mehrere s #aare oon ber ©enbarmerie
in einer Stellung betroffen roorben fmb, roeldje als eine „mehr liegenbe" ober
al« eine „ähnliche t)atblieaenbe" unb als eine folaje Oejcid^net roirb, bei toeld)er
ber Surfte unten, ba3 3Jläbchen auf jenem aelegen hat-
Sei ber rechtlichen ^Beurteilung biefer itlmtfac^en ift nun ber dichter
baoon ausgegangen, bafj bic gegen fämmtliche Slngef tagte feftgefiellten §anb*
lungen jroar nicht alä ftttliche unb anftänbige aufjufaffen feien, bafj fie aber
auch nid^t als un5üd)tige im ©inne oon §. 183. bc$ ©t. @. angefehen werben
fönnten, roeil hierbei oie länblichen SBerhältniife unb ber Umjfanb in Betracht
gelangen, bafj man in ber ,§eimath ber 2lngeflagten in ben fraglichen ßanb*
lungen nnftttltcheS überaß nicht ju befinben pflege, unb roeil ju bem Segriff ber
unjüchtigen £anblung erforbert roerbe, bafj biefelbe, roaS oorliegenb nicht er*
rotefen fei, birc't ober inbireft auf SBefriebigung be« ©ci'thlecht^triebe« ab-
gezielt habe.
btefen ©rünben tfi ber ^nftanjrichter }U Verneinung beS hauot*
fächlichften XhatbepanbSmerfmaljS gelangt, (ir Imt in beffen golge feine SBer*
anlgffung gefunben, auä) in SBctreft ber anberroeiten Xhatbeftanblmcrfmale be3
ber Slnfwgc 3U ©runbe liegenben Vergehens im ©injelnen fid; au^^ufprechen,
vielmehr mit einer negatioen ^eflftcüung beS gefe^lichen ©efammtbeftanbeS
fia) begnügt.
3n ber 9ieoiftonSfchrift roerben nun bic beiben oben ermähnten ©rünbe
unb (srroäaungen, rocla> ju einer gmiprechung ber 31ngetlagten oon ber
prinzipalen SHnflage geführt haben, als rccht&rrthümlid) bejeichnet unb mit stecht.
2Baö ben §ule^t erroäljnten ^unft anbelangt, fo ermangelt bie Sluffaffung
be£ QnftanjrichterS, burch roelche eine oon bem ©efefcgeber nicht beabfichtigte er*
hebliche (xinfehränfung ber ©trafbarfeit herbeigeführt röerben roürbe, überalt einer
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I
252
2>eutf(f)e8 Strafrccfit. (Srtenrttntffc be8 fflei$§gericf>t«.
jurcid)cnbcn SBegrtinbung. @S fcmn barauf bingerotcfen werben, bafc fte auch m
ber Subifatur feinen Inhalt ftnbet; bie 3Hchr*ahl ber oormaligen oberften
©eric^tsStjöfe hat fieh in Uebereinftimmung mit 6er in ber 9ieoifionSfd)rifi an*
gezogenen (rntfebeibung beS Geichs *CberhanbelSgericbtS bahin auSgefprodjen,
unb bcuS 9ictd)Sgcricht bat fid) biefer Sluffaffung angefd)loffen, bafj $u bem Se*
griff ber untüchtigen £anblung neben ber gegen (Sitte unb Snftanb, gegen baS
todjam* unb ©ittlichfeitSgefütjl gröblich oerftoBenberi (Sigcnfchaft nur bie gefchlecht*
liehe SBejiehung berfelben erfordert roirb; banad) genügt e£, baf? bureh bie SBor*
nähme ber £anblung ber ©efdjtcc^tötrieb angeregt ober erregt roerbe, eS ifl
nicht nöthig, bafj ber §anblung eine Dichtung auf öefriebtgung beS Triebes
beiwohne.
(Sben fo roar in betreff beS anberen, in ber föeoiftonSfchrift ^eroor*
gehobenen 2JtomentS ber 2luffaffung beS 3nftanjrid)tcrS in fo fern nid)t beiju*
treten, als btefclbe auf bem allgemeinen ©afee beruht, baji aud) eine foldje
§anblung, oon melier feftgeftellt ift, bafj fie nicht bem Slnftanbe unb ber ©iUe
entfpricht, in ihrer ©trafbarfeit aus §. 183. abhängig fei oon ber 2lnfd)auung
ber ^Berufs* unb §eimathSgenoffen ber 2lngeflagten. 6S ift oielmet)r baoon
auSjugehen, bafe es aüerbingS unfittlidje unb, bei bem ^pinjutritt beS erft*
©traf barfeit felbft burd) ben in einer ©emeinbe ober in einem Scjirfc allgemein
oerbreiteten 3 u ft anD Don Unfittlid)fcit unb oon Sßcrberbthett ber SÄuffaffung
über ©Ute unb Schamgefühl nicht aufgehoben mürbe. £ienu fommt, baf} ber
änftanjric&tcr bura) ben oon ihm hierbei gebraudjten SluSbrucf „pflegt" eine
Unftdjer^cit in feine 2lnfchauuna> unb SluSbrucfSroeifc hineingetragen \)at,
roeldje baä in bem ©age juerft 2luSgeiprochene in geroiffer öejiehung roieber
aufzuheben geeignet ift; benn mit bem gebauten 2lu$Drucfe roirb begriff tid) ba§
s 3eftet)en eine« geroohnheitSmäfeigen, ber Siegel ober ber SWehrjahl ber $älle ent*
fpredjenben 3uftanbeS, jugtetch aber baS 2>anebenbeftehen einer gegenteiligen
2lnfa>uung bejcidjnet, unb eS ift nicht erfennbar, ob ber dichter mit bem StuS*
gefprodjenen etroaS WktyxcxcS I^abe auSbrücfen roollen als roie, bajj ein gro§er
£t)eil ber 33eiootjncr im £eimathßbejirfe ber 2ln0eflagten ober fclbft bie wh\)i'
fjeit bie Sttuffaffung oon ber s Jiia)tunfittlid)feit ber feftgeftellten §anblungen theile.
eine foldje SlufftcUung roürbe. jeboeb roeber ben begriff ber untüchtigen §anblumj
in objeftioer Ziehung ju änbern, noch a "<h to fubjeftioer Söejiehung baS $e*
roufjtfein ber Shäter oon ber ©trafbarfeit ber $anblung auSjufcbltcfjen im
©taube fein. GS roar fonadj bie oben ermähnte rechtliche (Stroägung m ber in
bem Urthetle gebrauchten %oxm überhaupt nicht als geeignet ju befmben, um
als 9lecht^grunb für Sßerncinung eines XhatbeftanbSmerfmate einem ^alle
ber oorliegenben 2lrt oerroenbet }U roerben.
2)ic unrichtige Sluffaffung beS ©trafgefc^e^, oon roclcher ber J^fnfian^
ridjtcr ausgegangen, unb auf welcher baS UrtheÜ beruhte, mufete 3U Aufhebung
bcS lederen unb ber bcmfelben ju (ikuube liegenben thatfäd; liehen geftfteUungen
führen, fo roeit ScibeS, Urteil unb geftpeflungen, fich bejicljcn auf bie grei*
fprechung ber acht in ber 9tcüi!"ionSfd)rift benannten 3lngeflagten rochen beS
Vergehens auS §. 183. beS ©t. ©. 33. unb auf i<erurthcitung oon breien ber*
felben roegen Uebertretung aus §. 360. 9er. 11. beS ©t. ©. 93.
Gntfch. beS I. ©traffen. o. I. SJiärj 1880 c/a. ^ungmann, rooburd)
bie dtemfion bcS Slngcflagtcn jurücfgeiuicfcn roorben ift.
§§. 227. 'Jlbf. 2., 137. 217. 377. §ijf. 8. @t. p. (D. HlAtbercchtigung
5es Qlngeflagtcn, bie Qluöfe^ung ber 3U einer fpateten auj urfprünglicb
anberaumten @tunbe beginnenden f^auptoerhanMung 5U beanfprua)en.
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2>eutf$e8 ettafte*t Cttcnntnifie be« «ei^etidjt«.
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® t ü n b e.
©er Hngeflagtc unb bcr von tfjm gewählte Sertbetbiger waren jur SfrauvU
oerhanblung auf ben 3. $an. b. M. SBormittag« 11 Uhr rechtzeitig oorgelaben
roorben. m tonnte jeboch mit bcrfelben erfl am Nachmittag biefe« Sage« nach
4 Uhr begonnen werben. 5)er 3lngeflagte mar erfchienen imb ftetltc unter
Sejugnabme barauf, ba§ fid) fein Sertheibiger au« 2Jtongel an $tit bereit« ent*
fernt Imbe, ben Antrag auf 2lu«fefeung ber SBerbanblung. 3)a« ©eridjt oerroarf
ben Antrag mit ber (Srroägung, bafe nach §. 227. 2lbf. 2. ber St. gJroj. 0. eine
Scr^inberuna be« SJertheibiger« bem Stngeftagten fein ÜRecht gebe, bie 2lu«fcfcung
ber 58ert)anblung 311 oerlangcn. ipterin finbet bie Weotfion in ©emäötjeit ber
§§. 137. 217. 377, 8. bcr 6t. ^roj. 0. eine unjuläffige ©ef^ränfung ber Qier*
tbeibigung, welche $ur Aufhebung be« erlaffenen oerurtbeilenben ©rfenntntffe«
führen muffe. Sie fucht biefe ^Behauptung baf)in ju begrünben, bcr am 3. $an.
b. 3«- Nachmittag« abgehaltene Dermin tonne nicht al« bcr auf ben Vormittag
biefe« £age« anberaumt geroefene betrachtet roerben, fonbern erfcheinc al« ein
neuer Dermin, in roelchem bie SHnroefenheit be« ^ertheibiger« burd) eine aber*
maligc 93orlabung hätte ermöglicht roerben muffen. $>iefe Scgrtinbung mufj
jeboch für unjutreffenb crad)tct roerben. S)ie ßabuna be« Slngcflagten unb feine«
ißertheibtger« mr £auptoerhanblung auf eine beftimmte Stunbc Inn nicht bie
löebcutung, ba| biefclbc aroetfello« gcrabe \u biefer 3 C ^ oorgenommen roerben
foüe, roiörigenfall« für ftc ein anberrociter Dermin roerbe anberaumt roerben.
Vielmehr iiept bie SBebeutung biefer üabung barin, bafj fid) ber 2lngeflagte rote
fein ^ertheibtger oon ber in berfclbcn feftgefefcten 3ät an bereit ju halten h«be,
in ber &auptoerbanblung ju erfebeinen, bi« biefelbe entroeber wirf lieh ftattfinbe
ober fie oertagt roerbe. 2)a« 2lu«bleiben be« ^ertheibiger« in ber am 9ia<$*
mittag be« 3. $an. b. ftattgefunbenen $auotoerhanblung roar fonad) ein
rechtheh nicht entfajulbigtc«, unb e« hat barum ba« ©ericht, inbem e« ben auf
biefe« 2lu«bleibcn geftüfctcn Antrag bc« SJlngefla^ten auf Anberaumung eine«
neuen Dermin« unter jpinroeifung auf §. 227. Slbl. 2. bcr 6t. $roj. 0. ablehnte,
fta) feine«roeg« einer #crlcfcung be« ©efefce« $ur Saft fallen laffen.
§§. 65. 12L 153. (F. D. (£., §. 577. §iff. 1. St. Proj. <P. Bei Der-
tnn&crung 6e* ordentlichen üorfi^enben einer Straffammer ober eine*
@traffenate tyat &ae altejtc flänbige ITUtgUeo ben üorjifc 3U führen.
(Ein Derflo| hiergegen begrünbet Heoifion.
©ntfer). bc« II. Straffen. 0. 2. 9Jcar$ 1880 c/a. 3 er ahn, rooburch bie
gteoifion für begrünbet erachtet unb auf 3urücfocrroeifung erfannt roorben ift.
3n $olge Scrfefcung be« 2anbgericht«bireftor« ^. al« orbentlichen SBor*
ft&enben ber Straffammer be« Sanbgcricht« $u ^ot«bam hatte in bcr Sifcung
00m 12. Wov. 1879 ber £anbgericht«rath mit iKücffic^t auf bie $öhe feine«
S)ienftalter« ba« ^räfibium übernommen.
Sngeflagte legte bernjuifolge s Jleoifion ein, roeil nicht 6 , fonbern ber fianb«-
gcrta)t«rath al« Dao ältefte ftänbige 9Jhtglteb ben SBorftft l)ättt führen müjfen.
SDic 5teoifion rourbe ftattgegeben.
2)er junädtjfi su prüfenbe SReoifion«grunb, welcher fich auf gericht«'
oerfaffung«rotbrige Sefe^ung be« erfennenben Bericht« begeht, erroeift fich th«^
roetfe al« jutreffenb.
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254 EeutföeS etnMt «rtemttniffe t*8 9lci<$3geti<$t3.
3roar J^at fich bie Vchauptung bct Slngetlagten, baß Sanbgerichtärath 6.
jum Gintritt in bic ©traffammer als Stefloertrcter nicht berechtigt gewefen fei,
Den eingetretenen aiutUdjen Grabungen zufolge nicht beftätigt, inbem nacf> einet
Verfügung, locld^c ber £anbgericf)t«präfibent zu ty. in 2Ibänberung be« gemäß
§. 2. Stbf. 1. ber allg. Verfügung be« preuß. ^uftijmimftcrS o. 2. Suli 1879
fa. 9ß. OL 6. 209) Don bem ^räfibenten be« Änmmergertcht« getroffenen
©cfchäft«oertheilung«plan« auf ©runb ber in §. 2. 2lbf. 2. baf. erteilten @t
mädjtigung am 6 9ioo. 1879 erlnfjcn hat, Sanbrichter §. unb £anbgericht«rath 6.
ju regelmäßigen Vertretern aller ftänbigen ättitglteber ber ©traffammer in ber
bezeichneten Reihenfolge ernannt finb, baher, nachbem Sanbrichter «p. burch netter
bezeichnete auswärtige ßofaltcrmine an ber Xneilnabmc an ber Straffammer*
fifcung o. 12. s Jcoo. üerfunbert mar, £anbgertcf)t«ratb @. mit s Jtecht zur Äom*
pletirung ber Cammer l)erangejogen worben ift.
3ur Rührung be« Sßorfiö C!S DC i Dcr oorltcgenben Verhanblung war Sanb*
gerid)t«rath 6. bagegen nicht befugt unb in fo fem ift bic üReotfton begrünbet.
3)er §. 65. bc« ©. V. ©. beftimmt, baß im galle ber Verlunberung be«
orbentlict)en Vorfifcenben einer Cammer be« SanbgeridjtS ben Vorfifc ba«jentge
ÜJcitglieb ber Cammer füljrt, welche« bem $)ienftalter nach unb bei gleichem
SDienftalter ber ©eburt nach ba« ältefte ift, unb c« läßt ftch zugeben, Daß bei
ftrenger 2öortau«legung unter ben v Dhtgliebern, welche zum Vorfiji berufen finb,
ftch auch bie lebiglich al« SteUocrtrcter eingetretenen oerftehen laffen, ba für
bie 3)auer be« StcUoertretung«oerhältniüe« fie in ben $ienfrfrei« ber Vertretenen
eintreten unb alfo gleich biefen bie Stechte unb pflichten ber ftänbigen W\t*
glieber ausüben.
9}icht«beftomeniger muß bie Anficht für richtig gehalten werben, baß ba«
@efe|j unter bem üttitglieb, welchem e« bie Vertretung be« orbentlid&en Vor»
ftfcenben im Vorfifc überträgt, ba« ältefte ftänbigc TOglieb oerftanben roiffen will.
s Benn nach ben §§. 02. unb 03. a. a. 0. ba« ^räfibium oor Vcginn beö
©efd>äft«jahre« auf bie £)aucr beffclben bie ftänbigen SDlttglieber ber einzelnen
Äamraern unb für ben %aü ibrer Versilberung bie regelmäßigen Vertreter zu
beftimmen hat, fo bcfdjränft ftd; bic SHcgulirung biefer Vertretung auf bie 2ßit>
glieber ber Cammer mit 2lu«fchluß bc« Vorftfeenben. alfo auf bic beififeenben
dichter, ftür ben Vorfifecnben fyat ba« ^räftbium feinen Vertreter zu be^
ftimmen, weil berfelbc im §. 05. burch baS ©efefc befttmmt ift. hieraus ergiebt
fich, baß ba« burch 3lnorbnung be« spräftbtum«, hier bc« ^räftbenten, zur Sc*
tretung berufene SRitglieb immer nur zur Vertretung eine« ber beiftfeenben
dichter Ijerangejogen werben fann, unb baß im Boll ber Verhinberung be« Vor
fi&cnben bie Heranziehung biefe« oertretenben 3)?itglieb« nur bcö^alb erfolgt,
weil ba« ftänbigc ältefte 9)Iitglieb ben Vorft^enben zu oertreten hat unb bcSfjalb
feinerfeitö als beififeenber dichter zu oertreten ift, bic Ucberna()inc beS Vorft^
feiten« bc§ älteften ftänbigen 9)?itgliebe3 ifl fn crna $ ^ n biefem galle bic $c»
bingung für bie 3Witwirfung De« oertretenben SKitglicbeS in ber Cammer, unb
eS tann bnl;er ba« Severe niemal« zur Vertretung be« orbentliajen Vor^enben
berufen fein.
Uebrigen« fprechen auch noch fonftige innere ©rünbe für bie Stichtigfett
biefer 9lu«legung.
^unächfi fommt in Vetracht bie gefammte Stenbcnz bc« §. 65. ©crfelbc
gehört zu jener ©ruppe oon Vorfchriften, welche in bie Vefefcung niAt bloß ber
Äammcrn bei ben l'anbgertchtcn, fonbern zufolge ber §§. 121. unb 133. baf.
auch ber Senate bei ben Oberlanbe«gerichten unb bem 9lcich«gertchtc Diejenige
(Stabilität bringen folltcn, bic man zur möglichftcn Vcfcittgung jeben GinRuffe*
anberer Organe unb zur Stärfung ber richterlichen 6elbftftänbigfeit glaubte
f orbern zu follen. demgemäß bejtimmte §. 61., baß bie Verkeilung be« Vor^
fite« in ben Kammern, au^gcTtommen biejenige, welche ber ^räftbent fclbfl fia)
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2>cutfd)<$ Ärrajtecijt. (Jrlcnntniflc bcS 9leicf)Sgeri^t8. 255
anfd^lie^t, oor Vegutn be« ©efd^äftöja^rcS nach ber Stimmenmehrheit be«
$räfibcnten unb ber S)ireftoren erfolgt, ferner §. 62., bafc bie cor beginn be«
@efchäft«jabre« auf bie Stauer bcifeloen fetten« be« ^Jräfibium« getroffene Ve-
ftimmung ber einzelnen 9Jlitglieber unb beren regelmäßigen Vertreter nur au«
befonberen ©rünben mieberum geänbert werben folle.
äßenn nun §. 65. für ben tfall ber Verbinberung be« orbentli$en Vor*
fiftenben beffen Vertretung bem älteiten iölitglieb ber Äammer übertragt, anftatt
folc^e ber au« ber Statur be« Äollegtalfoftem« fich oon felbft ergebenben Siegel
ju überlaffen, bafc ba« Sienftalter ber mitmirfenben 2Kitalieber entfeheibe, fo
fann biefe« nur auf ber Wicht berufen, auch * n biefem #alle eine möglicher'
weife wechfelnbe, oon bem ©rmeffen eine« ©injelnen abhängenbe Vertretung ju
oermeiben, wie folche eintreten tonnte, wenn wegen Verbinberung be« regeU
mäßigen Vertreter« ein jeitroetliger Vertreter geraäfc §. 6b. baf. oon bem $rä*
fibenten allein ernannt würbe, welchem al«bann in $olge feine« leeren 3)ienft*
ober £eben«aiter« bie Priorität im Vorftfc gegenüber bem älteften, ftänbtgen
s DUtgliebe gebühren mürbe.
@« ift femer im Stuge $u behalten, ba& e« fich im ftalle ber Verbinberung
au« §. 65. nicht um bie Vertretung be« orbentüchen Vorfifcenben für eine
einzelne ©ifcung ober ein einzelne« ©efebäft hanbelt, fonbern um bie gefammte
$hätigfeit, welche fich au« bem Vorfafc ergiebt, unb bafe ber Vorfifc auch eine
3tcihe oon gunftionen umfafet, welche, wenn fie aueb außerhalb be« ÄoUcgium«
unb unabhängig oon bcmfelben ju erlcbigen ftnb, immerhin eine genaue tantntfj
ber ©efdjäft«* unb Sßerfonalocrhältntffe ber betreffenben ©ericbt«abtbeilung
wünfehenöwerth unb bt« ju einem gewiffen aJtoafje unentbehrlich machen. S)tefc
oorwiegenb praftifebe ©eite ber ©adje weift aber ebenfalls auf ba« ältefte
Ränbige TOglteb mit Gntfchiebenhett hin.
tönblich ftelu biefer Auslegung auch bie jRücfficht auf bie nothwenbige
Kontinuität be« Vorftfce« jur ©eite, ba woüte man ben jcbe«mal eintretenben
Vertreter unter ber Vorau«fefcung, bafc er ber ältefte ber mitwirfenben dichter
ift, pr Uebemahme be« Vorfifce« für bewiefen erachten, unter Umftänben in
jeber ©i&ung ein Sßechfel be« Vorfi&e« eintreten tonnte.
3n ber gegenwärtigen ©ache mufjte baher, nachbem ber orbentlichc Vor*
fi&enbe an ber llebernahme be« Vorfifce« in ber <pauptoerhanblung oerhinbect
war, berfelbe oon bem älteften orbentlicheu SJiitgliebe ber ©traffammer unb, un*
geachtet feine« höheren SDienftalter«, nicht oon bem eingetretenen ©telloertreter
geführt werben.
S)er oorliegenbe Verftofe fällt unter §.377, 1. ber ©t $ro$. 0., ba e« fich
um einen Langel in ber Vefefeung be« ©eriebt« in fo fern hanbelt, al« ber
Vorfifcenbe, wenn er auch bie Vefälngung al« beiftfcenber dichter mitjumirfen
befafj, boch ber Vefugnife, ben Vorftfc ju führen, ermangelte. 2luf eine Erörterung,
ob ba« Urtheil auf bem HJlangel beruht, war hiernach nicht einzugehen.
§. 34L St. Pro5. <D. Unwirffamfeit 6ee in einem Prototolle bee
iBefängniiinfyeftors abgegebenen Persichte bes Angenagten auf (Ein-
legang öer Heoljlon.
©ntfeh. be« III. ©traffen. o. 3. Wläx^ 1880 c/a. SSitte, woburd) bie
!Reotfton be« Stngeflagten für begrtinbet erachtet werben ift.
® r ü n b e.
25er Stngeflagte hat am 12. SDcj. 1879 ju «ßrotofoü be« ©efängnife*
infpettor« erflärt, er beruhige fich ^ ber ihm burch fchwurgerichtliche« @rf.
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256 3>euttdx8 Straftest (Srtcnntntne US 3Ui<$8acricf)t8.
p. 10. J)c$. 1879 auferlegten bretjährigen 3uchthau«ftrafe, bitte biefetbe fofort
antreten ju bürfen unb ipn mit bem nächften $ran«port nach ber Strafanftalt
abführen ju laffen.
@r lwt batauf in einer fchriftlicben (Srflärung o. 15. SDej. bie (Srflärung
o. 12. 35ej. wiberrufen unb ba« fteqtfmittel ber föeoifton eingelegt. @r hol
bemnächft bie SRcüifion burch Sufftellung oon elf IBefchmerbepunften begrünbet.
^a* Slblauf ber ftrift bat bie bura) eine Vollmacht nicht legithnirte <£ty>
frau be« 2lngcf tagten noch einen Nachtrag geliefert. 3luf ben lederen ift ferne
ftücfftcht ju nehmen.
2)ie Steoifton be« Slngeflagten fann al« unjuläfftg nicht angefehen werben.
(£« ift baoon auSjuge^en, bafe ber 2ter3tcht auf bie föeoifton, wie bie ©inlegung
ber toifton, nach §. 381. ber 6t. Sßroa. 0., au ^rotofoü be« ©eri<ht«fchreiber«
ober fd^riftlid^ m gefAehen f>ot. 9iach §. 341. ber 6t. $roj. 0. fann ber nicht
auf freiem ftujje befmblichc 93efd)ulbUue bie ©rflärunaen, reelle fi<h auf
9techt«mittetbeaiehen, ju ^rotofoll be« ©ericht«fcbreiber« befijenigcn ©ericht«
geben, in beffen ©efemgnife er ftd) befinbet unb, fall« ba« ©efängnife fein gerid)t*
liehe« ifl, be«jenigen Amtsgericht«, in beffen Sejirf ba« ©efängnifc liegt, £ier
wirb oorau«gefe&t, bafj fieb bie SBeftimmungen ber ^roaefeorbnung über bie pro*
tofollarifche jorm nicht blofe auf bie (Anlegung ber s Jtedbt«mittel bejie^en; bie
Hnmenbung auf ben 33erjtcc)t ober bie 3urücfnahme ift alfo gerechtfertigt.
s Jiun fann auch ba« ^rotofoll be« ©efängnljjtnfpeftor«, wenn f%on ba«>
felbe oon bem 2lngeflagten unteraeichnet ifl, als eine fchriftliche (SrfTärung be«
5öcrjid)tö nicht angefehen werben. 3>enn abgefehen baoon, bafj e« bebenflich er*
f feinen bttrfte, auf biefem Umwege bie protofollarifche ftorm, gleichgültig oon
melcbem Beamten ba« ^ßrotofoll aufgenommen worben ift, al« eine allgemein
mläfftge au geroinnen, roäbrenb ba« ©efefc fte auf ba« ^rotofoH be« ©ericht«
fchreiber« be|d)rdntt bat, fo geht aud) au« bem Inhalt be« ^rotofotld be« ®e*
fängnifjinfpeftor« felbft nid)t jjeroor, bajj ber Slngeflagte feinen ^erjidjt bem
©ericht gegenüber l)at abgeben wollen, unb bafe ba« ^rotofoll mit feiner <5r<
mädjtigung an ba« ©ericht abaegeben ift; bei ber f$riftli$en Grflärung aber,
welche oon einem Slngef tagten felbft au«gef)t ober bie in feinem Auftrage nie ber
gefchrieben, oon itmt unteraeid)net wirb, ergiebt fid) biefe Sejieljung regelmäßig
au« ber äußeren §orm.
§. 245. 0t (B. B. Begriff ber „legten Strafe 44 unb be« „neuen Dieb*
flaute 44 im Sinne bes §. 245. 0t <B. B.
@ntfd). be« I. Straffen, o. 4. 2Härj 1880 c/a. Äu^nt, woburc^ bie 93ot<
cntfdtjeibung aufgehoben worben ift.
© r ü n b e.
2>er Slngeflagte ift in ^olge gerichtlicher 95erurtheilung feit bem ftabre 1855
h\& §um %ofyxt 1865 oiermal wegen nactj einanber begangener $iebftähle fuccefftoe
beftraft, auch nach ber am 22. 3uni 1865 beenbigten ©trafoollaiehung wegen
be« am 31. %. 1863 oerübten (oierten) 3)iebftahl3 burch @rf. be« JtreiSgerichtf
5U 33. o. 26. aftära 1878, wegen eine« am 20. £ea. 1877 begangenen weiteren
(fünften) Siebftaftl*, au 14 Xagen ©efängnife, oerbüfet am 14. Sföai 1878, oer^
urthcilt worben.
Srofcbem ift gegen ben Slngettagten wegen be« oon u)m jeftt aur 2w
gelegten SDiebftahl« o. 6. 3lug. 1879 nicht ber §. 244., fonbem ber §. 242. bei
6t. ©. 8. aur 2tnmenbung gebracht, weil stoifcBen ber ©trafoerbüfeung roegen
be« oierten SDiebftahl« (feit 22. ^uni 1865) unb ber Begehung be« 2)iebftoh^
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3>tutf<$eS (Straftest fcrtcnntnifte b«3 SW($8geri<$tß. 257
t>. 20. S)e}. 1877 ein längerer als 10 jähriger 3eitraum oerflrichen, fjierbutdj
aber in ©emäfcbeit beS §. 245. beS ©t. ©. bie Seftimmung be« §. 244. aus*
gefchloffen fei
©efrügt wirb biefe 2luffaffung be<8 St. ©. 33. §. 245. auf bcn angeblich
nicht oölüg unjroeibeutigen Söortlaut be£ §. 245. unb beffen Sßcr^ältniftcö m
§.244., welche geflatten unter ber „legten Strafe" bie rclatio (im Serhältniffe
SU bem ihr junächft folgenben 2>iebftahl) legte unb unter bem „neuen" S)iebftal)l
benjemgen $>iebftahl m oerftehen, ber auf bie ihm unmittelbar oorauägegangene
Strafoerbüfeung gefolgt fei. Sbafyin foH auch bte 2lb ficht beS ©efe^gebersS oem
natürlichen 9tecbt$gefühl entfpredjenb geben, roie infonberheit aus bem geflieht*
liehen 3ufammen^ange bcS §. 245. beS % St. ©. 93. mit §§. 60. unb 219. beS
preujj. St. ©. 8., foroie aus ber nicht ju unterftellenben, fonft eintretenben
S$ärfung ber 9lücffaUjtrafe gegenüber bem preufj. St ©. 58. erhelle.
S)iefer 9iechtSauffaffun9 fann nicht beigetreten roerben.
$er ooaig flare SBortlaut beS §. 245. beS St. ®. 8. lä'jjt feinen ^tocifel
barüber erflehen, ba§ bie in §. 244. für ben 9tücffall unter ben bort bezeichneten
SöorauSfegungen getroffene Straf fagung nur bann auSgefchloffen bleibt, wenn
feit ber ^crbü&ung ober bem (Srlaffe bei wegen SMcbflahlS ertannten „legten",
b. ii- ber unmittelbar cor bem jegt mi Aburteilung oorliegenben 3)iebftahle,
r»or bem „neuen" 2)iebftahle, oerbüjjten 2c. Strafe bis zur Begehung biefeö
neuen $icbftat)ls 10 ^ahre oerfloffen finb. $)amit ftnb gegenfäglich ohne rocitercS
für ben begriff ber 9lücffaQfrrafe biejenigen 3roiichenräume für bebeutungSloS
erflärt, welche äroifchen ben übrigen, ber legten einfa)lagenben Strafe oorauS*
gegangenen söeftrafungen bezro. S5iebftä^le liegen.
tiefer Sinn beS §. 245. beS 91. St. ©. 23. ift um fo einleuchtenber, als
im erflen Sage beffelben r»on ben „früheren Strafen" bie 9tebc ift, im zweiten
bagegen bie im SBerhältntffe junt jegt abjuurt^eilenben (neuen) S)iebftot)l »er*
büite legte Strafe als 2luSgangSpunft ber Berechnung für ben entfebeibenben
10jährigen 3roifehenraum angeorbnet roirb.
Solcher unjroeibeutigen Raffung beS (SefegeS gegenüber mangelt bem
Unternehmen einer logifchen ober gcfchtdjtliäjen Auslegung beS §. 245. jeber
rechtfertigenbe 2lnla&
SBare aber felbfl ber gefeglia)c SBortauSbrucf nicht gerabeju jroingenb,
fo mürben boch bie für bie gegenteilige Anficht beS ßanbgericbtS geltenb gemalten
Momente in feiner Söeife mafjgebenb fein. (Sinraal nämlich ift e£ für ben Sinn
beS §. 245. oölltq unerheblich, bajj bie auSnahmSroetfe 9ticbtanroenbung ber
^ücffaafrrafe im oorherge^enben §. 244. be« 9». St. ©. ©. felbfi feine Stelle
gefunben hat.
Ohnehin ergeben bie Materialien, bafe bie betreffenbe Sefttmmung an fid^
im erflen ©ntrourfe be8 St. ©. S. für ben norbbeutfdjen ©unb §. 219. mit ber
33egriff3beftimmung unb Straff anftion beS 3tücffatt8 oerbunben mar unb nur
fpäter im fiaufe ber 33erl)anblungen roegen befchloffener 2lenberun^ beS urfprüng"
liehen ©ntrourf«, in einem befonberen §., ben §. 240. be«, mit bem jegigen
§. 245. be« 91. St @. übereinftimmenben, reoibirten (Sntrourfg be$ 91. St. ©. ».
aufgenommen roorben ift.
Söenn fobann, unb jroar oorjugSroeife, im angefochtenen drfenntniffe auf
ben Rufammenhang be« 91 St. ©. $8. mit ben §§. 60., 219. be« preufeifchen
St. ©. S. hingeroiefen unb barau« hergeleitet roirb, e« fei anzunehmen, bafe e«
bei ben betreffenben Söeflimmungen be« legieren ho&e belaffen roerben foHen, fo
ifi e5 fchon oon com herein mißlich, einen an fich flaren 2lu«brucf beS 8t St. ©.59.
aus ben 2lnorbnungen etneÄ früheren ßanbeägefegeä, fei e« auch be$ preufe.
St. ©. 53., erläutern ju roollen.
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2)eutfd)e3 »Straftest. Ctleitntnifle fct§ SRetcr/ögetiduS.
$)ie Serecbtigung folgern Verfahren fehlt aber jebenfafltö aisbann,
wenn ba£ % 6t. ©. 33. bie betreffenbe SRaterie prtncipiell abroeiebenb georbnet
unb überbieS anbere Raffung geroäblt l)at.
2)icfer (Scftc^töpunft trifft oorlicgenb au.
SSäbrenb ba<8 preufe. 6t. ©. 33. in feinem allgemeinen $fjeil bureb §. 56.
überhaupt geftattete, bei Serbreeben ober Vergeben imftalk ber 2ötebert)olung
beffclben Verbrechens ober ^crrjcljcn« nach redjtSträftiger Sßerurtfjeilung toegen
ftücffalte eine erhöhte 6trafc ju oerbängen unb in §. 60. biefe 6trafert)ölning
auSfcblofe, roenn feit bem ^citpunftc, in welchem bie ^reibeitsftrafe ober (Selb*
bufje be$ julcfct begangenen früheren Verbrechen« ober Vergebens ab'
gcbüfct 2c. 2c. roorben, 10 3abre oerfloffen waren, auch bureb §. 219. in ber
©eftalt, roie fte itm Durch @ef. o. 9. 2Jcarj 1853 gegeben, oon ber befonberen
iKücffaUftrafe roegen 2)tebftabl3 :c. :c. alSbann obfar), „wenn entroeber in 2tn*
fetjung beS lederen ober in Slnfelnmg be« früheren Verbrechens ober Vergebens
bie 6trafer^öl;ung roegen Wurf falte gefefclicb auSgefcbloffen ift, §. 60.", t)at ba£
3t. 6t. ©. 33. l)m]ia)tltcb bcS mtfaU Slnbere« beftimmt.
3m 9i. 6t. ®. V. ift ber ftücffall als allgemein juläffigcr 6traffcharfungS*
grunb befeitigt, utelmebr aus frrafpolitifcben 9tücfficbten nur bei befttmmten
cinjelnen, gegen baS ©igentbum gerichteten 6traftbaten unter ttyeilrocifer $e*
aebtung beren C&leicbartigfcit beibehalten, fo roeit 3Biebcrbolung nacb entfpreebenber
5Beftrafuug im ^nlanbe erfolgt ift. Mufeerbem beruhte ber 6cblufjfafo bes
& 219. bcSpreufe. 6t. ©. 33. in betreff beS SluSfcbluffcS ber s JtücffaUfrrafe beim
j)iebftablc ausweislich ber ÜJiotioe jum abanbemben ©cf. o. 9. SHärj 1853
roefentlid) auf einer billig erfebeinenben Slnroenbung beS im §. 60. beS preujj.
6L ©. 33. angeblich enthaltenen generellen $rin$ipS.
S)a nun biefer §. 60. in baS 9t. 6t. ©. 33. nicht übergegangen, burd)
§§. 244., 245. beS s Jt. 6t. ®. 58. für ben Segriff beS 9tücffall<$, (oroeit berfelbe
noch als 6traffcbärfungSgrunb anerfannt roirb, unb für ben SluSfcblufc ber 9tücf
faüftrafe eine oon §. 219. beS preufe. 6t. ®. V. ab roetebenbe gaffung gerollt
roorben ift, mufj ber S. 245. beS s Jt. 6t. ©. 33. auch ber gefeßgeberifchen 21 b f idt)t
entfprechenb lebiglid; nach feinem einfachen Wortlaut, ohne §erüberncu)tnc
früherer bamit unoereinbarer, preufufetjen 33eftimmungen, uerftanben roerben.
$ie in ber ©egenertlärung ber Slngeflagtcn beworgebobene Analogie
einer Verjährung ber 6trafoerfolgung unb 6tratooUftrecfung öurch 3eitablauf
enblich ift in ber ihr betgelegten 33cbeutung für bie oorliegenbe ftragc
unoerroerthbar.
2luS ber bisherigen (rntroicflung folgt oon felbft, ba| nach ben $eft<
ftellungen beS SanbgericbtS alle gefefclicbcn VorauSfefcungen sur 2tmoenbung beS
§. 244. beS 6t. ©. 33. gegeben finb unb ber 6cblufjfa§ beä §. 245. nicht eingreift.
Prcufj. ßab.-(Drbrc v. 10. H«n- 1324 Tit. 5. §. 61. ©teuerorbnung v.
8. «febr. 1819. §. 48. et. (B. B. §. 2. 2ibf. 2. (B. v. 21. Sept. 1S60.
S. I U. <B. o. 8. 3ull 1868. (Ein Brennercioerroalter, roelcher mit ber
'3lbftcbt einer eteuerhinter3iehung, unbeflarirte (£inmaifd)ungen bureb
Tlnberc oornehmen lä§t t ij! ale lüfik* mit ber Defraubatlorwflrafc 30
belegen, infofern jenen bie Tlbjlcht ber 6teuerr»erfür5ung nicht befannt
roar. — Hur bei gleid)5eitiger (Entbecfung mehrerer nontraoentiontn
ifi bie ßontraoentionefhafe In einmaligem Betrage feftsufefcen.
©ntfeh- be$ II. 6traffen. o. 5. 3Karj c/a. 6eiffert, rooburch boi 3Jor
erfenntnife aufgehoben unb auf 3urücfoerroetfung erfannt roorben ift.
I
2>eutfd)c« ®ttafred)t. (Sttumtnifle te« 3kid)$gCTtd)tß. 259
© r ü n b e.
SDtc % 33. beS D. 6t. SU. erfd)ctnt in tyrem gnnjen Umfange begrünbet.
£>ie Snflanjric^tcr fyaben tfjatfädjlia) feftgcftellt, bafe §u Sa), in ber
Brennerei beS 31. oon ben Slngefl. 31. oom 1. Oft. bis 24. SDej. 1874, oom
1. San. bis 31. Oft. 1875, G. tum @nbe Sept. 1875 bis 1. SMoi 1876, SD. oom
1. Slpril bis ^fingften 1876 (Sinmaif jungen, bic ben Steuerbeamten gar nia)t
angesagt roorben, oorgenommen tjaben, unb bafj ber S. bie genannten oter Sin*
geflagten ju ben oon bieten begangenen ftrafbaren §anblungcn burn) 9Jtiftbraua)
beS 2Infef)enS üorfäfclia) beftimmt rjat.
gerner nehmen bie 3nftan5ria)tcr an, ba§ ben Stngefl. St., 8., 3).
bie 2lbfta)t einer 33erfür$ung ber ©teuer nia)t naa)genriefen ift, bem Slngefl. S.
aber biefe 2tbfia)t beigewohnt l)at, bafe jur Begebung ber £anblungen jener uier
Slngeflagten bie fieben ^Bottic^e ber iKitteigutSbrcnncrci gcmtfebraudjt roorben
finb unb ber 9t in ben 3al;ren 1875 bis 1876 im ^nlanbc als Brennerei*
treibenber bei Slnitellung, bejro. ^Beibehaltung beS örennereioerwalterS S. fatyr*
läffig ju Söerf gegangen ift.
Sluf ©runb biefer Bestellungen finb uon öem erften s JUa)tcr, beffen @rf.
baS 2t. ®. mit einer ^Waftgabe bezüglich ber fubftitutrteu ©efängnififtrafc beftätigt
l;at, bteSlnqefl. 31., @., 3). bcrSttaifdjfteuer^efraubation, — ber Slngefl. 6.
ber Slnftiftung baju nia)t fdnübtg erflärt, bagegen St., (£., S). wegen 2)laifa>
fteuer*Äontraoention, S. wegen Slnftiftung baju mit 300 üJi. ©etöftrafc JU gleiten
Sattheiten mit foliöarifc^cr Haftung, für Den UuoermögcnSfall mit einer barnaa)
bemeffenen ©cfängnifjftrafc beffrart, bie fämmtüdjen ®ottia)e ber JUittcrgutS-
brennerei ju Sa), für eingebogen unb ber % für bie ©clbftrafe oon 300 9H.
für haftbar erflärt.
I. 2>ie 5R. beS 0. St. 21. rügt sunäa)ft felc&ung ber §§. 47., 48.
beS St. ©. Jö., ber Dh. 5. ber preuß. SlUerb. Äab.*Orbre o. 10. $an. 1824, fo
wie beS §. 61. ber Steuer»©, o. 8. $yebr. 1819, in fo fern ber Slngefl. S. ju*
aleia) mit ber ©efraubationSftrafe ju belegen unb bie .^aftbarteit beS 31. ent*
fprea)cnb ju erweitern gewefen fei.
tiefer Singriff ift für jutreffenb su eraa)ten.
$aa) ber gebauten SlHerl). #ab.<Orbre o. 10. ^an. 1824 0lr. 5. foll baS
unbeflarirte <Stnmatfa)en mit einer DrbnungSftrafc oon 100 £ljalcrn beftraft
werben, bagegen bie ©efraubationSftrafe aus §. 61. ber Steuert, u. 8. gebr. 1819
giciajseitig eintreten, roenn bie Slbfidjt einer Steuerocrfüraung nadjgcroiefen ift.
SBie bie ^nftanjridjter annehmen, bat ber Slncjert S., als er bie $or*
ual)mc unbcflarirtcr 6inmatf(^ungcn bura) bie oier ÜJhtangeflagtcn herbeiführte,
babei bie Slbnrfjt einer Steuerocrfiirjung geljabt. GS fteljt aua) au|er 3 ro cifcl,
ba& babura) Serfüraungcn ber Steuer oerurfac&t toorben finb. 5Rad> allgemeinen
©mnbfäfcen beS Strafrcd)tS ift ^eber für baSjenige ocrantmortli^, roaS er feiner
2lbfid)t gemä^, fei eS felbft ober burd) Slnbere, oollfübrt. $at ber Slngefl. 6.
in ber 2lbfid)t ber Steueroerriirjung bie oier Ülttitangeflagtcn 3ur Sornagme ber
unbeflarirten ßinmaifa^ungen oorfä^lia) beftimmt, fo fönnen tljatfäa^lia) nur jmei
'^älle in gragc fommen. ©ntroeber rao^nte ben 9Hitaitgef tagten glei^falls bie
Slbfidjt einer Steueroerfürjung bei — ober eS fehlte ijnen biefe Slbfidjt. ^m
erfteren %aüt mürben bie 3Jlitangeflagten roegen Steuerbefraubation aus §. 61.
ber Steuert, o. 8. gebr. 1819 unb ber Slngefl. ©. als Slnftifter gemäfe §. 48.
beS St. ©. 33. aus bemfelben ©efe^c ju beftrafen gcroefen fein, ^m anberen
galle Ijat ber Slngefl. S. jur 33erroirflia)ung feiner Slbfiajt ber Steueroerfürjung
na) ber 3Diitangeflagten als in fo roeit roiüenlofer 23erfseuge bebient unb mar
baljer als Sbäter ber in'S Söerf gefe|ten Steuerbefraubation ju beftrafen. 2)er
Umftanb, bap aua) im lederen galle bie 3Jütangeflagtcn beS S. burd^ ^omaljme
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260 Xeutfdjeä Straftest, ertennhttfie be8 WcicMgericfct«.
unbeflarirter (Sinmaifchungen eine ffrafbare §anblung bergen, fommt rüdf»
fic^tlidE) be3 leiteten nicht in Vetracht, ba ihre fkafred&tliqe Verantroortltchfeit
über ihr eigenes Vcrfchulben ftdE) nicht ^inauS erfireeft, oa£ ohne ihre fDZitfd^utb
Vollführte bafjer bem Slngctl. S. allein jur Saft fällt. Um 6. als ben £f>äter
bet unter Venufcung ber TOangcflagten oerübten 2)tatfchfteuer*3)efraubattcmen
ju erachten, genügt e8, baß bie ÜJlitangef tagten ohne ben auf Verfügung ber
Steuer abjtelenben 3)olu3, welcher ben SÜngefl. 6. leitete, gehanbelt haben, in
fo fern alfo roillenlofe SBerfjeuge be$ ßefcteren roaren, roenn fie auch bewußter
SBeife bie unbeflarirten (Sinmaifchungen oorgenommen unb in fo fern auch u)rer*
feit« rcdf)t3rotbrig gehanbelt haben.
$ic ©rflärung ber ^nftansrichter, baß ben 2§fogefl. 3t., V., <£., SD. bie
2lbfta)t einer Steuerocrfürjung nicht nachgeroiefen fei, hätte fonach baljtn führen
müffen, ben 3lngefl. 6. gemäß ber 9tr. 5. ber 3HIerf>. ßab.*Orbre x>. 10. San. 1824
außer wegen ber änftiftuna ju ben Äontraoentionen auch au3 §. 61. ber
Steuert, o. 8. jtebr. 1819 roegen 9Mfchfteucr*®efraubation ju befrrafen.
$)urch bie bloße Veftrafung beffeiben roegen Slnftiftung §ur 9Jtoife|fteuer*Äow>
traoention finb, ba babei ba« Moment ber Slbficht einer ©teueroerfünung ju
Unrecht gänjltch außer Vetraeht gefteüt roorben ift, bie gebauten gefeßliajcn
Vcftimmungen unb, roenn auch nicht ber §. 47. be8 6t. ©. V., roeil eine 2Rit*
thäterfchaft nicht in Sftebe fteht, boaj ber §. 48. bafelbfl »erlebt.
II. 3(ua) ber auf Verlegung ber s J!r. ö. ber Slllerf). Äab.*Orbre o. 10. f}an.
1824 unb beS §. 2. 2lbf. 2 beä ®. o. 21. Sept 1860 gefügte Singriff ber % V.
ift begrünbet.
2>er gebadete §. 2. 2tbf. 2. beftimmt, baß im gälte mehrerer ober roieber*
tjolter Äontraoentionen bcrfelben 3lrt bei gleichseitiger ©ntbedfung bie
AlontraoenttonSftrafe, inSbefonbere bie burch bie Silier^. Äab.*Drbre o. 10. 3an.
1824 ad 5. oerfjängte Orbttungöftrafe oon 100 Jätern, gegen bie fubfibiarifa)
Verpflichteten, gleidEnoic gegen bie eigentlichen ZfySHx ober ^Ci)cilnef)iner nur in
bem einmaligen betrage feftgefefct werben fann. S)ie VorauSfcfcung ber SBer*
hängung ber Strafe in bem einmaligen Setrage ift baher, roenn, rote ffitt,
mehrere ober roicberholte Äontraoentionen berfelben Slrt oorltegen, bie gleich*
jeitige (Sntbecfung. darüber, baß biefe VorauSfefeung ^trifft, fyabtn bie
Snftanarichter fich nicht auSbrücflich auSgefprochen. @S fommt babei in Betracht,
baß ber erfle dichter unb, beim Langel einer abroeichenben Veurtheilung, auch
ber 31. 9t. für erroiefen angenommen hat, baß burch ben Ober * Steuer *$on*
troleur Seh- am 10. ^an. 1876 unb burch ben Steuerauffeher am 11. iDiai
1876 eine burch 3^fü^ en - bejw. Ueberfüllen oon SKaifche oerubte Äontraoenrion
entbeeft roorben ift. Sie tbatfächliche VorauSfe|ung für bie nur in bem ein*
maligen öetrag geschehene Verhängung ber ÄontraoenttottSftrafe ift baher oon
ben 5ftf*an$richtem nicht feftgeftellt.
hiernach unb ba 31t I. unb II. mit SRücfficht auf §. 1. bc$ 8t ©. 0.
8. 3uli 1868 eine roeitergehenbe ßaftbarteit be§ ?t. in Betracht fommt, unter*
liegt gemäß 2trt. 116. be$ ®. o. 3. 3Jiai 1852 ba3 angefochtene «Äppeaation«'
©rfenntniß in fo roeit ber Vernichtung, als baffelbe unter ^tieberfchlagung ber
fämmt liehen Soften beS Stecht^mittel^ baS Grf. bahin beftätigt h^t,
baß bie 2lnge!l. 31., V., 6. unb 2). roegen 3Ratfchfteuer*Äontraocntion
unb ber Slngefl. @. roegen 2lnfhftung baju ^ufammen nur mit 300 SR.
©elbftrafe ju gleichen 3mtheUen mit folibarifchcr Haftung unb für ben
UnoermögeroSfatt mit einer b am ach bemeffenen ©efängnißftrafe §u be*
frrafen finb,
baß ber Slnc^efl. S. in ben burch We Äontraoentionen betroffenen
fällen gleichjeitig oerübten 9Mfchfteuer*5Defraubationen nicht fchulbig ju
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3>eutf*e9 Straftest fcrteiratmfie 6e8 Weit$Sgm$t«. 261
unb ber % nur für ben angegebenen SJetrag ber Äontraoention«*
©elbftrafe für haftbar ju erflären tfl
§. 223. a. 6t. <B. B. Begriff bes gefährden IDertjeuge« Im @inne
bee §. 223. a. 0t <B. B.
Gntfch. be« III. ©traffen. o. 10. 9Jtärj 1880 c/a. öartmann, woburdt)
bie toifion surücfgewiefen worben ift.
© r ü n b e,
3)ie Sleoifion ift unbegrünbet.
amttelfi ber Einführung be« §. 223. a. in ba« 9t 6t. @. würbe be*
abft<J)tigt, au« bera Äreife ber leidsten ftörperoerlefcungen eine Älaffe von
bestimmten Vergehen au«sufchciben unb befonber« ju qualiftctren, beren ©traf*
barfett nid^t burcb ben (Srfolg ber Äörperoerlefcung, fonbem burdt) bie Slrt ber
Begehung unb ba« Nüttel, beffen ft$ ber Stüter $ur Begebung bebient hat, be*
ftimmt wirb.
§. 223. a. a.a.O. unterwirft baber einer erhöhten ©traf barfeit u. a. bie*
jentaen tförperoerlefcungen, welche mittelft einer Söaffe, iraSbefonbere eine«
ÜJieffer« ober eine« anberen gefährlichen Süerfjeuge« begangen finb.
9laty biefer Segriff«bejummung beruht bie Ausführung ber toifton, baß
§. 223. a. a. 0. nur folche Äörperoerletjungen habe treffen motten, meldte in
§olge be« angeroanbten Littels burdb beffen SBeftimmung al« „©äffe", ober
burdj beffen objeftioe abfolute (Sigenfchaft al« gefährliche« Sßerfyeug fta) al«
fernere unb gefährliche d&arafteriftrten, fowte, baß mithin eine mittelft eine«
©terglafe« jugef ügte Äörperoerlefcung, ba lefctere« roeber nadj feiner Öeftimmung
eine Söaffe, nodt) ein an fidt) gefährliche« 2öerfjeug barftelle, nia)t unter bie
SSorfdtjrift be« §. 223. a. a. a. D. falle, auf re$t«trrtf)ümlta)er 2tuffaffung.
§. 223. a. a. a. 0. unterf (Reibet nicht begriffsmäßig jwifdhen SBaffen unb
gefährlichen SBerfyeugen, fonbem e« raerben bem umfaffenben begriffe „Saffe"
„Keffer unb anbere gefährliche SBerfyeuge" untergeorbnet unb naa) bem ihnen
gleidt) ber Sßaffe betmohnenben objeftioen ÜJterfmale ber ©efätjrlichfeit gleich*
geftettt.
$5er Segriff ber 9öaffe ift alfo nicht in bem tedmtfehen ©inn eine« SBerf*
jeuge«, welche« sur ^Beibringung oon Verlegungen beftimmt, fonbern in bem
weiteren ©inne eine« Söcrfjeuge« gebraucht, welche« jur 3ufügung oon 33er*
lefcungen geeignet ift, unb bie Vorfcbrift be« §.223.a. be« ©tr. @. V. umfaßt
fem ad) ade j?örperoerle|$ungen, meiere mittelft gefährlicher SBerfyeuge, b. h- foleber
SBerfyeuge zugefügt finb, bie ihrer gewöhnlichen äötrfung nach Die menfdjliche
©efunbheit ju gefährben unb erhebliche Äörperoerlefcungen h^oorjubringen
geeignet finb.
2luf bie ben SBerfyeugen bei ihrer Anfertigung gegebene Vefiimmung
unb bie biefer SBejtimmung entfprcäjenbe regelmäßige Verwcnbung fommt e«
Darnach überhaupt nicht an, fonbern auf bie objeftioe ©efäbrltd)feit berfelben im
galle ihrer Serwenbung jur 3ufüaung einer $örperoerle&ung.
Slnbererfett« fann bem Sefchtuerbcführer groar juaegeben werben, baß
nicht lebe« Söerf $eug al« ein gefährliche« anjufehen ift, welche« unter Umftänben
unb je nach ber ^anbljabung Deffclben im einjelnen $alle erhebliche Äörperoer*
lefcungen jur §olge haben fann. @ntfcheibenb ifl aber auch h^ nt^t bie ©igen*
fchaft, welche einem ©erzeuge an fich, alfo nadt) fetner Sefttmmung unb Dem
burdh biefelbe gegebenen regelmäßigen ©ebrauche beiwohnt. Vielmehr entfa^eibet
lebiglich bie objeftioe ©cfährltchfeit, unb e« ift ©adtje ber ^nftansrichter im
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262 ©eutföc« <?ttafrtAt (Ertenntniffe fcc« SReiASgeriAt«.
fonfrctett $aHe nad) bcr 9(rt unb Sefd&affenbcit beS 5ßcrf$cugeS ju beurteilen,
ob baffelbe fid) als ein gefährliches SBcrtjeug im Sinne beS ©efe^cd barfteHt.
£er $orberrid)ter fyat baber aud) im oorliegcnben $aüc ntd^t rechtlich
geirrt, roenn et baS r»on bem Slngcflagten bei feinem Singriffe auf ben SSerlefcten
oerroeubete ©ierglaS feiner SJefchaffenheit nach als ein gefährliches SÖerfjeug
erachtet I>at, obrooln* fid^ baffelbc — maS bei 2luSmeffung bcr Strafe railbernb
in ©etracht gejogen ift — als eine eigentliche Stngrifföroaffc nicht barftellte.
§. 263. 0t <B. B. §. 381. 6t. proj. <D. §. 78. <B. 1). (5. Der Derfauf
von TDaarcn unter unrichtiger Be5cidmung ihrer HrfprungejMtte gilt
als Betrug, infofern nicht feftjtel?t, oajj ber XDertb ocrfclben fremjenigen
ber eebten XDaaren gleicbflebt. — (Begen 6ae Xlrtbeil einer amtegeridbt»
lieben 6traframmer ift ausfcbliepch bei biefer bie Kevifion cinuilcgen.
@nt)d>- bei III. Straffen, r». 10. 9Jiärj 1880 c/a. Sttienccfer, rooburcr)
ba« freifprec|enbe Siorerfenntnife aufgehoben unb auf 3uriicfoern)eifung erfannt
morben ift.
© r ü n b e.
Sie Straffammer bei bem fcerjogl. Amtsgericht ju Wernburg fteHt fefi,
bafe ber Slngeflagte 9i., welchem ber Sterfauf bcr ^rünbel'fcpen 2>omänenbutter
in bcr Stabt Wernburg übertragen mar, 81 Mo Sutter ber 9Jtolferei 2llgermiffen
bei föübeSheim als )Örünbcl 7 fd)e $)omänenbutter oerfauft unb ben Käufern gegen
2lnnaimic ober Ärcbitirung bei für nurflidje SÖrünbel'fajc 2)omänenbutter oer*
abrebeten ober genehmigten ^reifes oon 70 bis 80 $fg. pro Stüct übergeben
bat; bafe er juoor bureh Umformung ber ^Butter mittclft einer mit bem Örünbel fernen
Streichen oerfeljcnen £ol3form feinen Äunben bie falfche Ztyatfatyt oorgefpiegelt
unb in benfelbcn ben ärctyunt erregt tyat, bie fragliche Butter fei oon ber
Srünberfchen Somänc, bafe er fie burch biefen Srrtlmm $um 3lnfauf nerleitet,
unb bafe er biefeS in ber 2lbftd)t get^an hat, fidj bie tfunbfdmft ber betr. Käufer
ju erhalten unb feine SBaare mit ^rofit loS ju werben: ein SBermögenSoortljeil,
welcher in fo fern ein rechtSwibrigcr mar, als ber Slngeflagte ben Käufern
gegenüber feinen Slnfpruäj barauf hatte, unb bie Käufer ohne bie Säufchung ju
bemfclbcn bie §anb nicht geboten Imben mürben.
S)ie Straffammer nimmt inbeffen an, cS fei nicht nachgewiesen, bafe bie
oon bem Slngcflagtcn gelieferte Butter f cr)lccr)tcr als bie &rünDel'icbe Romanen*
butter gemefen fei, wenn id;on fie nach ^"fl^auSiagen anbcrS auSgefetjcn habe.
5)ie blofec ^crlcfcung bc« SlffcftionSintereffeS, wcldjcS etwaige übrigens nicht
fonftatirte ftunben an sörüubel'icher Butter gehabt haben möchten, fönne als
^ermögcnSbefcbäbtgung nicht aufgefafet werben, bie gleichfalls nicht inbiutbueü
fonftatirtc fubjeftioe Vorliebe etnjaiger Äunben für #rünbcrfd;e Butter non
anberer gleich roerthuoller tonne als oermögensSredulicheö ^ntereffe nicht betrachtet
werben. (SS fehle beshalb an bem jum ^hatbeftanbe beS SetrugS erforberlichen
JBermögenSfcbQben; aus biefem förunbe furicht bie Straffammer ben Slngefl. 9t.
unb bte SJcitangefl. ii., unb 0. oon ber Auflage beS ÖetrugS buret) ben
SÜerfauf non Butter frei.
3n biefem legten ^heile bcr SBegrünbung ift junächft bie thatiächliche fyfa
ftellung niebt ^u finben, bafe bie Äunbcn beS 2lngeflagtcn, roelche 8rünbel fche
Suttcr fauften, eine Vorliebe für biefe 8uttcr nicht gehabt hätten. @S roirb
nielmehr nur auSgcfprochcn, bafe bie er fönen ber Äunbcn nicht fonftatrrt feien,
bafe aua) eine fubjeftioe Vorliebe für jene Butter nicht inbiotbucll, alfo für
bie einaclnen ermittelten ^erfonen ber ihinben fonftatirt fei. (Siner folchen
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I
5Dcutf<6e3 ©Itafwdit. (Sttcnnttiint fcc8 Wtidi&jeriditS. 263
Äonftatirung beburfte c§ aber auch nicht mehr, nadjbem bte Straffammer bereit«
im Slflgemetnen feftgeftellt fyat, baß ber 2lna,eflagte anbere Öutter umgeformt
unb al£ Örünbel'fdje Sutter oerfauft r)at, um fid) bte Äunbfcbaf t ber betreff cnben
Ääufer 5U erholten, unb bafe bie Käufer ohne bie Säufcbung ju bem oon bem
2lngeflagten erftrebten Ütortbeil bie £anb nicht geboten haben mürben.
Sobann ift nicht erfennbar, ba& bie Straffammer fyabt fcftfteUcn wollen,
bte oon bem 2lngcfl. 9t. als örtinbet'ft^c Sutter oerfaufte Sutter ber tfftolferei
2llgermiffen Imbe nic^t bloß biefelbe innere ©üte wie S3rünbel'f($e Butter gehabt,
fonbem fie habe aud) in Wernburg 3U jener 3*it im gleiten greife gefhnben,
wie ©rünbel'fcbe Butter.
SlUerbingS gebraucht baS Urteil einmal ben 2ltu8brucf: „glcidj wertboolle
93uttcr" f inbeffen btefer 2lu£brucf ift mchrbeutta, er tonne aud; bebeuten: Butter
oon gleichem inneren Söertbe; unD au$ bem 3nfammcnbange beS UrttieilS gef)t
nicht beroor, bafe er in einem anberen Sinne genommen roorben fei.
9cun entfebeibet aber für benjentgen Söertb, melden bie Ääufer einer
SBaare beilegen, nicht allein ber objeftioe Umftanb, bafe biefelbe tbatfäcblicb
einer anberen ähnlichen SSaare an innerer (Mte unb ©rauebbarteit oöUig gleich -
ftc^t. %üv ben Serfebr ift entfebetbenb, wie nad) ber in ben beteiligten Greifen
berrfebenben Meinung über bte SBaare gcurtbetlt roirb. 2Benn bie Ääufer
allgemein ober lofal einer beftimmten ^robuftionSftätte bas Vertrauen fd)enfcn,
baft ihnen oon bort bie Sßaare in ber ihnen fonoenirenben Qualität gleichmäßig
geliefert werbe, wie ftd& aud) nach ben Ümftänben be£ gatls annehmen läßt, fie
haben eine 3Saare, welche unter ber ^Bezeichnung biefer $robuftion$fiätte an*
geboten wirb, auch nur unter ber SBorauSjefcuna itjrer 2lea)t^eit faufen wollen,
fo läfet iljr Hnfprud) auf bie 2lea)t^eit ber Söaare nict)t mit ^Berufung barauf
*urücfa>eifen, bafe if)rc Vorliebe nur auf einem 2lffeftioiti3intereffe beruhe, bafe
oie gelieferte 2Baare, wenn fc^on ftc nicht oon ber ^robufttonäftätte berrü&re,
oon ber fic nach ber 33e$eidEmung bei bem SBerfaufe herrühren foll, bodf) eben fo
gut fei. 3>a3 rechtliche Qntereffe, welches ein Ääufer babei bat, bafe er nicht
über bie ^robufttonSftätte ber i^m oerfauften 2Baare getäufa)t toirb, läfet fia>
nid)t blofe bura) eine 5iergleia)ung ber obieftioen inneren Jöefa)affen^eit ber
ächten unb ber gelieferten Sßaare finben. @a fommt auch in öragc, ob ber
Ääufer bie unäajte Sffiaare nia)t gefauft höben würbe, wenn er geroufet hätte,
wober fie flammt.
3luf ber anberen Seite ift ju erroägen, bafe im 93erfet)r oielfach 2Baaren
unter falfdjer Sejeicbnung be« UrfprungSorte« ober ber ^robuftion§fiätte an*
geboten, oerfauft unb gefauft werben, obne bafe fta) in jener ©e^eiebnung, nacb
ber Gepflogenheit be« ^ßerfaufe«, mebr finben läfet, als eine „2inpretfung ber
Söaare".
)Slan roirb be^balb um bie oälle be^ jtrafbaren SctrugeiS oon biefen
fallen abjugrenjen, nacb einem fieberen objeftioen Äriterium Hieben müffen. @in
foldie« bietet fid) aber neben ber $ergleid(mng ber objeftioen inneren ©efebaffenbeit
ber beiberlei äöaaren in bem greife berfelben bar, in roclcbem bie Meinung
ber Ääufer über bte innere ©üte ber ffiaare i^ren 2lu5brucf finbet. 2öie in ben
beteiligten Greifen ber Ääufer bie 2led)tbett Der ^irobuftionSftärte jene roefent*
liebe Sebeutung b«t, ba werben aua) bie Ääufer für äebte hn Sergleicb jur un*
äebten Sßaare einn böberen s ]}rei« jablen.
£ätte bie Straffammer bei bem b*r$ogl. SmtSgericbt fefrftcUcn fönnen,
bafe bie unter ber Söeseicbnung „Srünbcrfcbe SDomäncnbutter" oerfaufte Sutter
ber SU/olferei 2llgermiffen bei §tlbeSbeim niebt blofe ber sörünbel'fcben Butter an
innerer ©tite gleicb ftanb, fonbem bafe fie jugleicb, roenn fie unter ber richtigen
^ejeiebnung ibrer Urfprungöftätte oerfauft rourbc, um jene Seit in Wernburg
2lbfa^ ju bemfelben greife fanb, wie iörünbcrfcbc ^omänenbutter, fo würbe ftd)
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2><utf*e« ©trafwAt. Cfrtetratmffe beS 8tei*8geri<fct8.
bie 9RiAtanroenbung beS §. 263. beS 6t. ®. ö. aHerbingS gerechtfertigt haben.
Allein folche Bestellungen Irot ber $orbcrrichter nict)t aetroffen.
SDie Sfteoifion, welche bie ^er^ogt. ©taatSanroaltfchaft aus biefem ©runbe
roegen Serlefeung beS §. 263. beS St. ®. 33. eingelegt hat, erfdt)eint fuentach
begrünbet. ©te ift auch niläfftg.
AHerbingS ift bie Sfteoifum bei ber ©traffammer in Wernburg eingereiht;
allein, roenn auch baS ^erjogl. anhaltifc^e ©taatSmtmfierium in ©emä^eit beS
ber föidtjtuna augeroiefen hat, ba§ biefelbe bie 3^ätigfeft etueS erfennenben
©erid^tö L Snfianj uno j,{ e ^hättgfeit eines befchltefcenben ©erichtS fo roeit auS*
üben foll, als follegialifcbe Entfärbungen in grage fommen, welche bei ber
SBolIjrrecfung oon ©trafurtljeilen au« betn Sejirf biefer ©traffammer notbmenbig
werben, fo folgt boch aus biefer Art ber ßompeten^beftimmung, bajj bie SKeoifton,
welche nach §. 381. ber ©t. $roj. 0. bei bem ©ertcf)t, beffen Urtt)eil angefügten
wirb, eingelegt werben mufj, bei ber 6traffammer am ©ifce beS Amtsgerichts
einzulegen ift, benn fie hat erfannt. ©ie hat alfo auch biejenigen ftunftionen aus*
juüben, welche ftd^ auS ber ©inlegung beS Rechtsmittels ergeben, hiernach ift
ber SBiberforuch, meiner in ber ©egenerflärung ber SSert^eibigung oom 11. gebr.
1880 oegen bie Suläffigfett beS Rechtsmittels erhoben wirb, unbegrünbet; baS
Urtt)eil ber ©traftammer unb bie bemfelben in ©runbe liegenben t&atfäd&lidicn
geftfteUungen finb, fo roeit fie fidj auf bie $reifpredning ber Angesagten oon
ber Anflöge beS betrüge« beim Serfauf oon ©utter unb ber Seigülfe baju be*
Siefen, aufgeben, unb bie ©adje ift sur anberroeiten Sertjanblung unb @nt*
f Reibung biefer Anfchulbigung an bie ©traffammer bei bem Amtsgericht Sem*
bürg 5urädauoerroeifen.
§§. 49. 218. 0t. <B. B. Dtc unentgeltliche üerfchaffung eines Tibortiu-
mittel« für eine Schwangere, bebufe IDie&eretlangung ber ftatamenlen
ftellt fia) nic^t als Hlitt^äterfc^af^ fonbern ale $ülfeletfhmg bar.
entfdt). beS I. ©traffen. o. 11. anärj 1880 c/a. (Sble unb Änöbel, wo*
burdt) baS Sßorerfenntnifj aufgehoben unb auf 3urücf oerroeifung erfannt roorben ift.
3n ben entfdt)eibung«grünben beS angefochtenen Urtl)eilS ift tfmtfächlich
fefigefteUt, bafe bie Angefl. % @. als fte fd&roanger roar, in ber Abfitht, $u ihrer
^eriobe roteber äu gelangen, foljtn ihre fieibeSfrucht abzutreiben, aus einer Saffe
©abebaumtheeS, roelcher ein $u biefem .ßroedte bienlidt)eS Littel ift, jroei ^djtucf
tranf unb nia)t aus freiem SSiUen, fonbern beS^alb baoon 3U trinten aufhörte,
roeil Tie fich erbrechen mufete, unb ber £&ee einen bitteren, äufeerft üblen ©efehmaef
unb ©eruch h fl t tc -
hiermit erfcheinen alle ^hötocfi^bSmerfmale, roelche }u bem in obigem
Urtheile angenommenen Serfudtje ber Abtreibung ber ßeibeSfrucht nadt) §§. 43.
46. 218. be« ©t. ©. 33. erforberlich finb, feftgeftellt, inbem bie fchroangere % ®.
ben (gntfehlufe, ein SBerbredtjcn ju oerüben, nämlidt) ihre $rudt)t oorfä^lich abju*
treiben, burch ^anblungen, roelche einen Anfang ber Ausführung biefeS 9Ser^
brechenS enthalten, nämlich burch £nnfen ber pei ©dt)ludt beS jur Abtreibung
ber Leibesfrucht tauglichen ©abebaumthceS, bet^ätigt t>at, roobei baS beabfichttgte
Verbrechen nicht $ur SoUenbung gefommen ift, roeil bie 6. bie Ausführung
ber beabsichtigten öanblung aus äußeren, oon iljrem ffiiüen unabhängigen
ßinbemiffen, nämlich roegen fof ortigen Erbrechens unb wegen beS äufeerft üblen
©efchmacfeS unb ©erucheS beS 3:heeS, aufgegeben hat-
©runbe.
t
»trajrecpu tzrtenmmne ccs »teiajsflcrtQta. "65
2)ie föeoifionSbefdfjroerbe behauptet 310«, bic Vorinftonj ^obe bie §§. 43.
unb 218. bc8 6t. @. V. unrichtig angeroenbet, weil @. md)t abfolut unfähig
geroefen fei, fieb nach unb nach an ben üblen ©efebmaef be$ ©abebaumtbeeS ju
gewöhnen, meiner au« tbättaer SReue ben baS erstemal unbebingten Verfucb
nicht TDcitcr fortgefe|t fwbe, unb weil baS flippen oon nur jtoet ©cblucfen fein
Srinfen unb fein Anfang ber Ausführung be$ beabfid^ttgten Verbrechens
geroefen fei.
Allein biefe Ausführungen erfahrnen lebiglid) als 3Biberfprucb ber tfmt*
fachlichen geftfiellungen ber Vorinfknj unb oerbienen, ba eine re#t3irrtf)ümlicf)e
Auffaftung in lederen nicht gefunben werben fann, feine Veachtung.
3Hit $ecbt bagegen befebroert fid^ bie SDlttangefl. 81. St. beSfialb, weil fxe
auf ©runb ber oon ber Vorinftana feftgefieliten ^atfa^en als Täterin ober 3flit*
Täterin beS Verfud)S ber Abtreibung ber ßeibeSfrudjt an @. oerurtbeilt
würbe, wäbrenb fic nur als ©crjülfin in, Vetracbt fommen fönne.
»
©egenfiber Der A. fleflen bie (Sntf Reibungen beS angefochtenen UrtljeileS
feft, bafe, nach bem ©eftänbniffe ber 6., „biefe, auf bie Aufforberuna ber
St., $u trinfen, bie Stoffe unb aus biefer jwei ©eblucf" nahm, unb bafe bie A. Ä.
ber (£., als ihr biete ba« Ausbleiben ber Reinigung nach erfolgtem Veifcblafe
mittbeilte unb um §ülfe bat, „fein 2lbortiomittel gereift haben mürbe, menn
fie nur an eine llnregelmäfjigfeit ber $eriobe gebaut hätte."
2)iefe tbatfad)lid^e fteftfteüung erfeböpft niä)t ben 5:^atbeftanb beS oon ber
Vorinftanj allein hier ongeroenbeten §. 218. Abf. 3. beS ©t. ©. V. S)enn ^ier«
nach finben bie ©trafoorfebriften in Abf. 1. unb 2. a. a. 0. auf benjenigen
Anroenbung, melier mit Einwilligung ber ©cbwangeren bie Littel ju ber Ab-
treibung bei ü)r angeroenbet ober ü)r beigebracht (rat; aüein bie Stuf"
forberung, baS Abortiomittel ju trinfen unb bog ©arreidjen beffelben, fann
roeber als Anwenbung nod) aljS Seibringen betrachtet roerben.
2luS ben 3Rotioen sum ©trafgefefcbucbSentwurfe (ju §§. 213—215. ©. 71)
erfüllt, bafe ber ©efefcgeber jroifdtjen bem Verbrechen ber Abtreibung ber 8etbeS*
fruc^t bureb bie ©cbwangere ober mit beren Einwilligung burä) einen Anbem
unb bem Verbrechen besjeniqen, ber ü)r bie Littel bierm oerfebafftbat, unter*
fcheibet; biefer Abficht bee ©efefcgeberS ift auch im ©efefceSterte felbft AuSbrucf
gegeben; benu roährenb in §. 213. Abf. 3. beS Entwurfs, übereinftimmenb mit
§. 218. De« 6t. ©. V., oon ber 6trafbarfeit beSjenigen, welcher mit Einwilligung
ber ©chroangeren bie ÜDtittet §u ber Abtreibung ober Söbtung bei ihr an*
geroenbet ober beigebracht bat, fpria)t, behnt §. 214. beS Entwurfs, über*
einfiimmenb mit §. 219. beS ©t. ©. bie ©trafbarfeit unb jroar in höherem
3)?afee aud) auf ben au£, welcher gegen Gntgelb bie Littel bei ber ©chroangeren
angeroenbet, beigebracht ober auch nur oerfebafft hat.
£>a nun bie @ntfcheibung«grünbe nicht oon einem eigenen Anroenben
ober beibringen beS Abortiomittel« oon ©citen ber A. J?., fonbern nur baoon
ausgehen, ba| fie baS felbflbereitete Abortiomittel unter Auff orberung, e5 ju
trinfen, ber $. @. barreichte, worin nur ein Verfchaffen, fohin eine ^cil*
nähme an ber 2hat ber (S. burch ^ülfeleiftung nach §. 49. be« ©t. ©. 8.
erblicft werben fann, weil ber Xhatbeftanb bed Verfchaffen« beS AbortiomitteB
gegen ©ntgelt im ©inne be«8 §. 219. bc« ©t. ®. V. hier nicht feftgefteUt ift,
unb ba htetnach bie &anblung ber A. St. gemä{? §. 49. Abf. 2. beS ©t. ®. S.
nicht mit ber oollen ©träfe nach §. 218. bejw. §. 44. be3 ©t. ©. V. geahnbet
roerben fann, unb inäbefonbere ber §.218. Abf. 3. beS ©t. @. 33. oon ber Vor*
inftanj unrichtig angeroenbet erfcheint, ftellt fich bie Jieoifion ber A. St. al$ be*
grünbet bar.
Sr^lo 1880- 3. u. 4. $cft. 18
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266 2>eutfd)e3 Gttafrtcbt. (Srttnnmiffe bt8 9ta<$3gerid}tt.
Preuji. ücrorbn. o. 25. 3uni 1867 TJrt. 4. Hr. L §. 286. 6t (B. 8.
Bei brieflichen (Dffetteit auelän6ifcber in Preu§en nict>t $ugelaftener
Cotterieloofe ijl 6a? (Bericht öee tbo^norte 6es 'Jlöreflaten $ur 2lb-
urtbeilung 6er 0traftbat fompetent <fort6auer 6er (BfiUigfeit 6er
üerorbn. v. 25. %\inl 1867. 2inmen6ung 6es §. 286. H. 0t. <B. B.
an 0tcllc ber au|er fuaft getretenen Dotftyttft 6ee prcu|. 0t <B. B.
Gntfa. beS m. ©troffen, o. 13. 3flärj 1880 c/a. J., woburd) bie ftcoifion
beS Slngetlagten oerworfen roorben ift
© r ü n b e.
$er Slngefl. SotteriefoUefteur in Hamburg b>t nacb ber t§atfäd)lict)en
^eftftellung bcS üanbgcricbtö $u ©öttingen buretj 2lbreffcnf<breiber an jetjn oer*
1 ergebene ©mwobner ber in ber Jprooiii^ £annooer belegenen ©täbte Rauterberg,
Staffel, £er$berg, Böttingen Briefe, in benen 2tufforbcrungen jum Äaufe von
Soofen ber in s $reufjen nidjt jugelaffencn Hamburger ©clblotterie enthalten waren,
uon Hamburg aus oerfanbt. 2)cr $orbcrrid)ter b Q t ^iernaeb ttmtfäcblicr) feit*
geftellt, bafe ber Ülngeflagte $u Rauterberg, Gaffel, £crjberg, ©öttingen ji$ jebn»
mal bem 3krfaufe oon Roofen ber in ^teuften nidjt jugelaffenen Hamburger
(Mblotterie unter3ogcn babc, unb bat ben 3lngeflagten auf ©runb btefer ttjat*
fäcbUd;en ^cflftcllung in ©emafitjeit bes 2lrt. IV. ber ^ecorbn. o. 25. ^uni 1867,
§. 3. bc3 (iinfübr. ©. sunt St. @. 23. unb §. 286. et. ©. ju einer ©elb-
ftrafe von 200 m. oerurttjctlt.
älngeflagtet ftü&t bie von ibm gegen baS Urteil eingelegte toifion ju*
nädjft auf §. 377. DU. 4. 6t. 0., allein er fiajt bic Äompetenj bc8 Sanb*
gcridjteS Böttingen mit Unredu an. 9iaaj §. 7. 6t. *J5. 0. ift ber ©eria)t$ftanb
bei bemjenigen ©erlebte begrünbet, in bef|en Sejirf bie ftrafbarc §anblung
begangen ift; für jufammcnijängenbe Straf iad)en, roelctje einzeln naa) biefer
5>örfdjrift jur ^uftänbigfeit oerfajiebencr ©eriajtc gehören mürben, ift ein ©erid)t&*
ftanb bei bemjenigen (Ücridjtc begrünbet, rocla)eS für eine berfelben juftänbtg ift.
ßiernacb genügt eS, menn eine ber feftgeftcllten ftrafbaren &anblungcn im
©eriebtöbejirfe beS Ranbgcricbte« ©Otlingen begangen ift.
2)ie Strafprojefeorbnung b Q t ^efttmmungen barüber, melier Ort als ber*
jenige anäufetjen ift, on welchem bie ftrafbare ^anblung begangen ift, md)t
getroffen. $n bei" Straf re$t*miffcnfcbaft t)at " lQ n jroar oerfudu, biefe $iage
abftraft unb für bie oeridnebcnen gällc gleichmäßig 311 beantworten, inbeffen
ift roeber in ber 2l)eorie eine allgemeine Üei>creinftimmung ber 2lufid)tcn, noeb
in ber ^rartö eine gleicbmäBigc Hebung betbeigefübrt. s JJtan roirb fia; alfo
barauf bcfd)ränfen bürfen, bie Jragc für ben oorlicgenbcn gall cinerfeitö naa)
bem Sinne unb ber iragroeite bc$ jur 2lniuenbung gebrauten Strofgeiclje«,
anbererfeitS naa) ber 9iatur unb 53ebcutung ber angeflagten ^anblung ju unter*
fudjen. 5Dcr im oorlicgenbcn ftalle jur s ilnroenbung gebrachte Slrt. IV. s Jir. 1.
ber preufe. 33er orbn. com 25. Sunt 1867 lautet nun jo:
„S)er ©träfe beä §. 268. beö preuö- 6t. ©. oerfällt, mer in
außtöärtigen Rottcrieen, bie niebt mit llnferer efenebmigung in
Unferen Staaten befonberä jugclaffen werben, fpielt, wer fia) bem
Serfaufe ber Roofe ju berglctcben Rotterieen unterjiet)t ober einen
fola)en ^erfauf al« STCittelaperfon beförbert" . . .
5Jlacb ber «orfebrift ber 33erorbnung ftnb biejenigen airöroärtigen Sottericen
oom preufcifcbcn Staatsgebiete amSgefcbloffcn, roelcbe für baffclbe nid)t befonberö
jugelaffen finb. ftmtalmlb beS preufeifeljen Staat^gebtetesS foll nur bic preu&ifa)e
Staatdlotteric, neben berfelben foücn nur folebe jugelaffen werben, für weldje
befonbere preu&ifc^e (Srlaubnife ertbeilt ift.
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DeutfdjeS Straf rcdjt. (irtenrtrniffe beS Weid)$gerid)tS. 267
§iernaa) hat baS in ber Scrorbnung eingefd&loffene Verbot bie Sebeutung,
bafj bct Vertrieb, baS Angebot, bcr Serfauf oon Soofen bct rtiAt jugelaffenen
Sotterieen innerhalb beS preufeifa)cn Staatsgebietes unterbleiben foH. ©in 33er*
bot biefer Slrt f>at einen äf)nlia)en ^arafter wie ein ©infuhroerbot, roela)eS ben
Uebertritt oon Siel) ober anberen bura) baS Verbot betroffenen @aa)en über bte
SanbeSgrcnje auSfd)ltef3t. (Sinem folgen Verbote t)anbelt niä)t allein berjenige
entgegen, melier, roährenb er fia) im preu&tfa)en Staatsgebiete perfönlidf) auf-
hält, itoofe anbietet ober oerfauft, fonbern aua) berjeniae, melier oon auSroärtS
»riefe mit oerbotenen Soofen naa) ^reufeen oerfenbet ober auf fola)e SSeife Soofe
anbietet. %m 6inne ber Serorbnung roirb cS alfo liegen, baS ©trafoerbot Der-
felben aua) auf §anblungen ber lefcteren 2lrt anuirocnben.
3m 6inne jebeS ©trafgefefceS fa)liefet ferner bie .§anblung beS Sin*
gefd&ulbigten nia)t mit ber perfönlia)en £t)ätigfeit beffclben ab; oiclmehr giebt
eS fautn eine ftrafbare ^anblung, bei melier nidjt in irgenb einem Umfange
eine bura) bie X^ättgfeit crjicltc unb beab[ia)tigte Sötrfung jum X^atbeftanoe
ber ftrafbaren §anblung gerechnet unb in ben begriff berfelben hineingezogen
rotrb. äfl nun beabfta)tigte Sötrtung an einem anberen Orte eingetreten,
als an meinem ber 9lngefa)ulbigte perfönlia) thätig geroefen ijt, fo läßt fia) bie
ium Sfiatbeftanbe ber J&anblung mit geprenbe SBirfung nia)t auSfa)eiben, um
auf fotä)e 2Beife ben Ort ber begangenen &anblung allein ju beftimmen naa)
bemjenigen Orte, an meinem ber Später feine perfönlia)e Xl)ätiafeit entroitfelt
bat-, oielmefjr mufj, roenn baS eine ber beiben Momente — £l)ätigfeit unb
Söirfung — baS anbere naa) fia) ziehen unb fo für bie »eftimmung beS ©crid&ts*
ftanbeS mafcgebenb roerben foff, ein ©runb oorhanben fein, roela)er jenem baS
llebergeroia)t oerfa)afft.
Seftefjt nun aber im oorliegenben $alle ber Sharafter ber fkafbaren
£anblung barin, bajj bie oon bem s ilngefa)ulbigten beabfia)ttgte SBirfung inner*
^alb eines beftimmten ©ebieteS in Sßirffamfeit tritt, bafe oerbotene Soofe inner-
halb beS preufhfa)en Staatsgebietes oertrieben, angeboten unb oerfauft roerben,
fo erfdfoemt berjenige außerhalb jenes Staatsgebietes belegene Ort, oon roela)em
aus ber 2lngefa)utöigte jene Sßirffamfeit in ber 2lbfia)t unb mit bem Erfolge
erjielt, bafj fie an irgenb einem Orte beS preufjifa)en Staatsgebietes in bie (Sr*
fa)einung tritt, für ben ©harafter ber ftrafbaren §anblung ohne söebeutung.
211S Ort ber ftrafbaren §anblung fann fyki allein berjenige in 33etraa)t
fommen, an roela)em bie oon bem Slngcflagten erjicltc 2Birffamfeit mit feinem
2ßiUen in bie @rfa)einunq tritt. 3m Sinne beS StrafgefefeeS hanbelt ber 2ln-
gefc^ulbigte an biefem Örte, inbem er für feine ftrafbare ^anbluna Äräfte in
©eroegung fe|t ober benu^t, bura) roela)e er baS oon i^m erftrebte 3 icl
bort erreicht.
Sluf biefe Söcifc erlangt nun smar baS preußifdje SanbeSftrafgefefe inner*
halb beS beutfa)en 9leia)eS eine thatfäa)lia)e Sötrfung über bie preufetfa)en
©renken ^inauS, allein ber 3tatur bcr ©adje roiberfpriajt eine foldtje Söirfung
nia)t, fie greift namentlid^ nidjt über bie bem einjelnen beutfdjen ©taate gezogenen
©renjen in baS ©ebiet eines anberen beut)#en ©taateS hinüber, ©egen
^anblungen, roelche baju beftimmt finb, innerhalb eines fremben ©taatSgebieteS
unmittelbar roirffam ju roerben, in bie bortige fltedjtSorbnung einzugreifen,
roelaje Siedete unb ^intereffen biefeS ©taateS auf foldjc SSeife oerlefcen, barf fiä)
ber betroffene ©taat, aua) roenn bie ipanblungen jenfeits feiner ©renken in »oll-
jug gefegt roerben, bura) ©trafoerbote fdjüfecn. Äann es nid)t bejroeifelt roerben,
bafe er ben Xtyäut in foldfrem Jalle beftrafen barf, roenn er ihn fpäter innerhalb
feiner ©renjen ergreift, fo barf aua) auf ®runb beS §. 7. ©t. $ro$. 0. bie 2lb-
urtheilung ber %fyat oon einem ©eridfjtc beS bura) bie <panblung in oorgebaa)ter
SBeife oerlefeten ©taateS erfolgen, benn biefeS ®efe| untcricheibet nidjt ätoifä)en
Unterfuchungen, roela)e roegen «ergehen eröffnet finb, bie bura) £anbe§gefefce
18*
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2G8 ©eutfdfce« ®trafre<$t <&rfenntmfie bc« fflei<$«geri$t«.
unb folgen, weldtje wegen Vergehen eröffnet finb, bie burdfj föetchSgefefce oerboten
rmb; eS eröffnet auch in jenem ftalle einen ©ertchtsftanb, beffen Söirf famfett ft$
auf baS ganje 9teid)Sgebiet erftreeft.
2)afe nach allem baS Sanbgcricht ©Otlingen für bie fämmtlichen gegen ben
SIngef tagten jur Unterfucr)ung aejogenen Straftaten juftänbig mar, bebarf
hiernach feinet weiteren SJcathweifeS. (ftolgt eine SluSführung, burch welche ein
Angriff beS Slngeflagten jurüclgewiefen wirb, ber auf bie mangelnbe geftfiellung
feine« 5)oluS gegrünbet ift.)
©benfo unbegrünbet ift enblidb bie lefcte Scfchmerbe, meldte SSerlcfeung
beS §. 286. St.©.S8.'S bejiehungSroeife beS Slrt IV. ber «erorbn. o. 25. Sunt 1867
behauptet.
fltodr) ben SDlotioen jum JteichSftrafgefcfebuche werben bie Sorfdjriften über
baS Spielen in auSlänbifchen fiotterteen unb baS Jlolleftiren für btefelben burd)
ben §. 286. 6t. ©. ©.'s nicht berührt, rote fefwn oor bem 9teid)Sftrafgefefcbuche
ber entfprechenbe §. 268. beS preufe. 6t. ©. 8.'S unb Slrt. IV. 9tr. 1. ber
Serorbn. o. 25. 3uni 1867 neben einanber beftanben haben. 9tach jener autljen*
tifchen (srflärttng unb in fiinblicf auf biefe (^tftehungSgef dachte läßt fidf) ntdjt
annehmen, ber §. 286. habe bie 3)?aterie beS ßotteriefpieleS in einem über ben
3nf)alt jene« Paragraphen ^tnau3gel;enben Umfang orbnen unb entgegen bem
auSbrücflichen SluSfprudje ber 9Hottoe bie roeitergetjenben partifularen Strafoor*
fünften, namentlich auch ben mehrfach angebogenen Slrt. IV. ber preufe. Serorbn.
o. 25. 3uni aufheben wollen. SlUerbingS roirb in ben SWotioen baS Spielen
in auSlänbifchen i'ottericen erwähnt, in ber Süerorbnung baS Spielen in au$*
wärt igen Sotterieen unter Strafe gefteüt. ^nbeffen oon bem 6tanbpunfte ber
Sßartifulargefeljgebung aus ift jeber anbere beutfcr)e 6taat StuSlanb; fo läjjt auo)
in Slb weichung oon bem Sprachgebrauch beS StrafgefefcbucheS ber Siluöbrucf bie
u7?otioe auflegen, ^fn feinem galle fann man annehmen, bie 2Hottoe würben
fid) auf bie angebogene furje SBemerfung befdjränft tjaben, wenn bie Jßartifular*
oerorbnungen nur foioett Ratten erhalten werben fotten, als eS fictj um b<$
Spielen in Sotterieen oon nicht beutfdrjen «Staaten ^anbelte.
§at aber ber Slrt. IV. 9lr. 1. ber Sßerorbn. o. 25. ^uni 1867 bürde) ba§
9teicr)Sftrafgefefebuch nicht befeitigt werben follen, fo ift er auch baburch nicr)t
befeitigt unb nicht mobifairt, bafe ber §. 268. beS preufe. St. ®. SB.'« aufgehoben
worben ift, wäfjrenb ber angebogene Slrt. IV. für bic oon ihm aufgeteilten
£tjatbeftänbe bie Strafe beS §. 268. beS preufj. St. ®. ©.'S anbrohte. $ielmef)r
ift nach §• 3 - beS ©inführ. ®. $um 9tet<hSftrafgefe|bud)e bie entfprechenbe Sor*
fefirift beS §. 286. 81 ®t ©. SB.'S an bie SteUc ber aufeer Äraft gefegten SSor*
fchrift beS preufe. Strafgefe^bucheS getreten, auf welche ber angejogene Slrt. IV.
oerweift.
2)aburch ftnb nun jwar bie in Slrt. IV. bejeidmeten Vergehen unter bic
erheblich härtere ©träfe beS §. 286. 9t. St. ©. 8.'« geflettt, nach welchem auf
©efängnifj bü8 px jwei fahren ober ©elbftrafe bi« 3000 «De. ernannt werben
fann, wäjjrenb früher nur auf ©elbftrafe bis 500 Xfyakx erfannt werben burfte;
unb hiergegen liefje fid; geltenb machen, ba& ber ©efefcgeber beS beutfehen Straf»
gefe&budjeS nia)t wohl beabfichtigt hoben fönnte, bie Strafe eines preufeifchen
VanbeSgefefceS ju erhöhen. Slttein ber §. 3. beS einfuhr. ©. unterfchetbet nicht,
eine $olgc feiner Söeftimmuug ift aber, bafe biejenigen lanbeSgcfefclichen S3or*
fchriften, welche ftch abhängta gemacht haben oon einer anberen buret) baS
9teichSftrafgefe^buch erfe^ten l&orfchrift, nunmehr oon bem Snhalte ber ent*
fprechenben 58orfchrift beS 9teichSftrafgefc§bucbeS abhängen. Sobann entfpricht
biefe ftolgc aber auch oem inneren Serhältniffe ber lanbeSgefe^lichen SJorfchrift.
S)enn bie Sejugnahme auf §. 268. war in bem Slrt. IV. ber angebogenen Ser
orbnung feine "blofj äußerliche, otelmchr fteUte ber ©efe^eber bie in Slrt. IV.
genannten .§anblungen unter bic Strafe beS §. 268., weil fte, ben hier bebrobten
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SeutföcS ©trafrtdit (Ertenntniffc *eS fflei$«fleri$t3. 269
.§anblungen oerroanbt, ihm in gleichem Sftafee fhrafbat ctf Lienen rote biefe felbjt.
Uttit btefer Bbficbt bleibt aber Sie bureh ©inführung be« 9teich«flrafgefefcbuchc«
eingetretene Seränberung ber ©träfe in @m!lang.
2iaerbing« entfielt nun eine Serfchiebenhett jroifdjen ben ftrafrechtltchen
93eftimmungen ber alten preufcifchen ^rooinjen unb benen ber neuen ^rooinjen,
für roelaje allein bie SSerorbn. o. 25. 3uni 1867 gilt. 3)enn bort bleibt e« auch
jefet bei ber burd) bie Sßerorbn. x>. 5. Suli 1847 für biefelben Vergehen an*
gebrof)ten ©elbfhafe oon 500 Xfmler. SllTein biefe Serfd&iebenheit ift nicht burd)
eine unpaff enbc Auslegung ober Slnroenbung oon §. 3. be« @tnfüf)r. ®. jum
9teieh«ftrafgefefebucb, fonbern allein baburd) herbeigeführt, bafc bie preufcifcbe
©efefogebung für bie alten $rooinjen nicht ben ©chritt nadmetban Oat, roeldjer
für bie neuen ^rooinjen burch Einführung be« föeid)«ftrafge|efcbuche« oon felbft
gemalt roorben ift.
2tiu8 biefem ©runbe ift bie fteoifion be« 2lngeflagten in ooHem Umfange
ju oerroerfen.
§§. 4. 74. 259. 0t. <B. B. UnjulaiTigfeit ber gleichzeitigen Befirafung
6es Bettlers wegen „Tlnftcbbrlngen" unb „tnitroirfen sunt 2lbfai$ u .
Bei Begebung bet Hehlerei im Sluolanbe burd) ben 3lu*tänoet unb
Itlitroirfung beficlben 3ur U)eiteroerau|erung ber geflohenen @acben itn
3nlanbe ift bie bieofeitlge Strafverfolgung auegefthlofen.
(Srf. be« I. ©traffen. u. 15. 2Rärj 1880 c/a. Sagraol, rooburd) bie
s Jteoifton ber Staatäanroaltfdfjaft jurüefgeroiefen roorben ift.
@ r ü n b e.
2lnflage unb (fröffnimg«bcfchluf$ legen bem 2c. &, einem 2lu«länber, jur
fiafl, )ii granffurt a. 9)t. feine« üßorthcil« roegen ju bem 2lbfa|e mehrerer ©tücfe
6pro$entiger ©elbbonb« ber ÜJftffouri*$acific*($ifenbahn nebft (Soupon«, oon benen
er roufete ober bod) ben Umftänben naa) annehmen mufete, bafe fte mittelft einer
ftrafbaren öanblung — burd) fchroeren 1876 oerübten SMebftahl — erlangt
roaren, bei llnbern mitgeroirft unb foldt)ergeftalt fidt) gegen §. 259. be« ©t.@.$.
oergangen ju haften. 3)a« angefochtene Urtheil nimmt als erroiefen an r bafe
2lngcflagter bie fraglichen 2öertf)papiere ju ftranffurt a. Üfl. roiffenb, bafe fie
geflöhten, oerfauft habe, aber $uglcicb al« nicht roiberlegt, bafe er biefelben bereit«
früher oon einem Slnberen $u $ari« — in böfem ©lauben — behuf« Erlangung
be« ©igentbum« erroor ben höbe.
§ierau3 entnimmt ba« Sanbgericht, bafe bie bem Slngeflagten jur Saft
fallenbe Hehlerei nicht in ftranffurt a. Oft., otelmer)r in $art« oerübt fei, roeit
ber am erfieren Orte beroirfte SSerfauf naa) Sachlage fein felbftftänbigc« Vergehen
barfielle unb erflart be«halb bie angebliche ^anblung al« eine oon einem 2lu&
länber nicht im ^nlanbe begangene ipanblung, nach §. 4. be« 6t. ©. 93., baher
nicht ftrafoar.
- 2)0)8 in biefer Söeife begrunbete freifprechenbe @rfenntnife greift ber
©taatSamualt als auf recht^irrigen SorauSfe^un^en beruhenb an, inbem au«"
äuführen oerfucht roirb, e« fei mit Unrecht bte feftgeftettte 3:cjatfad)e be« oora
2lngeflagten im Manbe beroirften $8 er f auf 8 ber SEBerthpapiere unter ben oor*
liegenben Umftänben für bebeutung«lo§ erflart, ba bie im 2luSlanbe begangene
Hehlerei burch ben 3Serfauf im 3 n ^ aitoe fortgefe^t roorben unb fohin ba«
„Änfichbringen" unb ba« ,,3umabfa&mitnnrfen" im §. 259. be« ©t. @. 53. fief)
hier nicht au«fchliefee. $)te ©efetje«oerlc^ung roirb bahev ber ©aa)e nach auf
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270 ©eutfd&cö Straftest, «rttnntntffe t>c3 Wei$ Ägeri^t«.
SRtchtanwenbung beS §. 259. beS 6t. ®. bej. irrige Unwenbung beS §. 4. beä
©t. ©. gefiüfct.
^nbcffcn erfcfieint bie föeoifton unbegrünbet
$te Slnfkgc ^atte St^ätigfeit beS 2lngeflagten im ^nlanbe au$>
brücflid) lebigltch Den bafclbft oom 2lngeflagten für Rechnung ber riebe ober
3wifchenhehlcr gegen Sßrooifion, nicht für eigene Rechnung, bewtrften Verlauf
bet bezeichneten Obligationen ic E)eroorgef)oben unb barauS bie bem Slngeflagten
allein oorgeworfene ,,3Jtitwirfung ^um Stbfafee bei Anbern" in ftranffurt a.fflL
hergeleitet.
3)iefer formulirten Slnllage gegenüber tft oon ber ©traffammer ew>
fpredjenbe negatioe $eftftellung erfolgt, weil ber im ^nlanbe fiattget)abte
fauf unter ben fonfreten Verhältniffen beS $aHeS eine felbfiftänbtge frrafbate
§anblung nicht befaffe.
(Sin ber ermahnten ©chlufjfeflfiellung unterltegenber SRechtSirrthum in
Slmocnbung materieller ©efefce ift unerficfytlidj. Dbfdjon baS Sanbgeriajt bie
nähere juxiftifd^c Statur beS SiechtSgefchäftS, woburch 2Ingeflagter jur %nnt*
habung ber fraglichen Obligationen gelangt, nid^t fpejicll be3eid^net r nimmt baS*
felbe bod) nach 2luSbruct unb 3 u fa mmen fa n g oer ©ntföeibungScjrflnbe ün
3ufammcn^ange mit ber Raffung ber Snflage, wie auch bie SReoifion fclbfi
unterteilt, unsweifelhaft an, bafc Slnaeflagter bereits in $aris bie Söerthpapiere
oon einem dritten mittelft eine« auf Uebertragung jum ©igentfjum abjielenben
Titels unb befmf* eigener Verfügungsgewalt aiuSgetjänbtgt erhalten habe. 3ha
biefer ©inn, alfo cm „Slnfichoringen" in ber Vcbcutung beS §. 259. beS
St. ®. V., lä&t fich mit bem im angefochtenen Urteile mehrfach wieberfehrenben
HuSbrucf „ßrwerb" oerbinben.
Von biefer unbebenftichen ©runblage au« ift feine rechtSirrthümlichc
SlnfchauungSwcife beS Vorgerichts erfennbar. ©er Angesagte als ^ichtbeutföcr
fann nach ben bieSf eiligen ©trafgefe&en jufolge ber hier eingreifenben Siegel ber
§§. 3. 4. beS ©t. ®. V. nur bann oerfolgt werben, wenn er innerhalb beS
©ebietes beS 2)eutfchen Geichs im ^nlanbe eine fftafbare ßanblung be<
gangen \)at.
begangen wirb, auch «* örtlicher Vejiehung, eine ftrafbare £anblung
ba, roo bie jum Ve griffe beS MiftS erforberlichen §anblungcn oorgenommen,
ber ftrafrechtüche SC^atbeftanb oerwirflicht ift.
211S jutreffenbe ShätiafeitSafte jur fierfteCtung beS burdt) ben §. 259. beS
©t. ©. 33. bebrohten Vergehens ber ©a^enhehlerei (Sßarttrerei) werben hu
©efefee — neben ben fonfligen VorauSfefeungen — ein „Verheimlichen, Slnfaufen,
3umpfanbnehmen", ein fonftigeS „3lnftchbringen" ober ein „TOwirfen jum 2lb
fafcc ber betreff enben ©achen bei 2lnbern", fchon ^anblungcn erf orber t, benen
bie eigennüfcige 3ÖiüenSria)tung beS -ilngeflagten auf Sicherung ober Verwerfung
ber oon einem 2lnberen mittelft eines ©elitts bcwufjt erlangten ©achen gemeinfam
ift. $>urd& jebe biefer, auf benfelben ©cgenftanb fich bejiehenben öanblungen
wirb baS Vergehen beS §. 295. begangen, b. h- abgesoffen unb oolienbet.
2) a nun ber obigen Ausführung gemäfe 2lngeflagter bie $artirerei in
Vetreff ber fraglichen SBerthpapiere burch „3lnfichbringen" berfelben in $ari$ f
fofjtn im SluSlanbe, oerübt hatte, fonnte er baffelbe bereits ooUenbete 2)eltft
burch ^anblungen, bie in Fortführung feiner oon Anfang an oorhanbenen
3BiUenSrichtung, ber (Srftrebung eigenen Vorteils, fich weiter fpäterhin im 3^
lanbe funbgaben, bafelbfl nicht nochmals begehen.
3) em in granffurt oorgenommenen Verfaufe ber anberen Orts fchon
oerhchlten ©achen fehlt bie (Sigenfchaft einer felbftftänbigen, einer neuen, für
ben ftrafrechtlichen begriff beS s JteatS erheblichen ^panblung (§.79. ©t. ©.#.).
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3>aitf$cS @trafred)t «rferattaifie be« «eid)8gm<ht8. 271
©obin {>ot baS angefochtene Urzeit mit SRecht angenommen, bafc im
Snlanbe oon bera Slngeflaäten ba« SBergeben ber $artircret nicht begangen,
unb bafe beShalb bieSfeittge ©trafoerfolgung auSgefcbloffen ift.
SDaran würbe felbft bann nichts geänbert werben, foütc auch, wie bie
9teoifion, jebodj ohne ©tüfce bureb beSbalbige tyatfädjltdje $efifiellung, behauptet,
Slngeflagter febon bei bem in SßariS ftattgebabten Erwerbe ber Obligationen
iBerwertbung an ber $ranf furter Sörfe beabsichtigt haben.
SJnberS fönnte e£ fich nur »erhalten, wenn — wa£ hier nicht jutrtfft —
im SluSlanbe ber Stageflagte iebtglicb oorbereitenbe ober SerfudjSljanblungen,
als folebe oorliegenb nicht ftrafbar, oorgenomraen unb ben 23>atbejtanb beS
Vergehens na* §. 259. beS 6t. ©. ©. erfl im ^nlanbe burdf) entfpredhenbe
§anblungen erfüllt f)ätte.
§. 193. 0t. <B. B. §ut Tlnrocnbung bes §. 193. St. <B. B. genügt
nicht öle ,feft(Wlung oee Bewujjtfeins r>on bem e^rfranfenben (C^araftet
ber ftunbgebnng, fonbern es wirb auch bie $lbfttt)t ju bcleibigen
erforbett
Ert. beS II. «Straffen, t). 16. SKärj 1880 c/a. $otber*Egger, woburdf)
baS SBorerfenntnifj aufgehoben, unb auf 3urücfoerweifung erfaimt roorben ift.
© r ü n b e.
$er 8. % oerfagt ben 2lngeflagten ben 6chufc beS §. 193. beSbalb, weil
biefelben jroar befugt gewefen feien, ihre Öefcbwerben über bie Verwaltung beS
ÄonfurSoerwatterS Ä. biefem gegenüber jur Sprache ju bringen, bie Slngeflagten
jeboeh in bem ber 8ef<f)ulbtgung ju ©runbe gelegten Schreiben bie ®ren§en
einer fachlichen Erörterung biefer Söcfcfjroerben überfebritten unb ohne genügenbe
Serantaffung ber in biefem Schreiben enthaltenen Heuierungen fich bebient gärten.
Sterin liegt eine redjtsirrtbümlicbe 2tnwenbung beS §. 193. 2)enn wenn bie
2lngeflagten, roie ftc behaupteten unb ber erfte dichter feftftcfltc, bie fraglichen
Steuerungen $ur 2öaf)mef)mung berechtigter ^ntereffen gemacht Ratten, fo gingen
fie beS Schu^ beS §. 193. babureb noch nicht oerluftig, baß fie mögltcherroeife
unbewufet bte ©renjen einer fachlichen Erörterung überfebritten unb fich
Steuerungen bebtenten, roelche jur Erreichung ihre« 3wecfS nicht nothroenbig
ober bienlich waren. Sie erscheinen metmebr in biefem Ball nach §. 193. nur
bann ftrafbar, wenn aus ber ftorm ber Sleufeerungen ober ben Umftänben, unter
benen fie gefdwhen, baS 23orhanbenfein ber Öeleibtgung h^toorgeht. SefctereS,
bafe baS SBorbanbenfem ber Seleibigung au« ber §orm Der Sicherungen beroor*
gehe, ftellt nun *war ber 21. 9t. ebenfalls feft, aber er irrt in ber Auslegung
btefeS ErforberniffeS, roenn er roeiter aufführt, bajj cS auf bie 2lbficht ber Stn*
gesagten, ben ÄonfurSoerwalter Ä. ju bcleibigen, nicht anforame, c« oielmchr
aenüge, baB fich bie 2lngcflagten bei 2lbfaffung bes Schreibens be$ objeftio
beleiDigenben Eharatterä ber ihnen jur iJaft gelegten 3leufeerungen beroufet
geroefen feien. S)enn ber §. 193. oerfteht unter bem iBorhanoenfeht ber Se*
leibigung gerabe bie Slbftcht ju beleibigen. 2ßenn im Jv etile ber SorauiSfe^ungen
befi §. 193., bie geftftellung be« Serou&tfeinS oon bera ehrfränfenben (Ityaxatttv
ber Äunbgebung genügte, to roürbe ber §. 193. überhaupt überflüifig geroefen
fein, ba biefeö $erouf)tfein $um itnubcftanöc jeber ^Beleibigung gehört, roäbrenb
eben im %aüt beä §. 193. baÄ sßorhanbenfein einer ©eletbigung nur unter
befonberen 3SoraiuSie|ungen angenommen werben follte.
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272 2>eutfcfc* ettatredjt. Srlenntnifit tc§ Leibgerichts.
§§. 263. 43. 0t. <B. B. Betrugeoerfuü) liegt vct, roenn Dura) un-
wahre* ülageoorbringen nn6 bura) Be3ugnar;me auf eine Durch Der-
fthmetgung erheblicher Outfachen erwirfte öffentliche Beurfunbung in
Dem proufriebter 6er (Blaube an Die behauptete Berechtigung erwedt,
un6 berfelbe Ijier&urtr; 5um (Ettal Deo beantragten Itlanöatee bc-
roogen werben |olL
6r!. beS HL Straffen, o. 17. 2Äär$ 1880 c/a. Ephraim, woburdj bic
DüchtiafeitSbefchwerbe ber StaatSanwaltfchaft für begrünbet erachtet, unb unter
Aufhebung ber angefochtenen ©ntfcfjeibung auf 3urttcfoerweifung erfannt worben ift.
© r ü n b e.
5Die ^nftansriebter flellen feft, bafe bie 9t bie für fie im ©runbbud&e oon
©mogulSborf 2lbbau 9lr. 32. unb 23. eingetragene @rbtrjeib8forberung oon
60 9K. bureh notarielle (Seffion »om 28. 2lug. 1867 bem £anbelSmann ab-
getreten §at, bafe bie ftorberung oon Jg. auf bie Sefifcer be3 ©runbjtücfS
ömoguDSborf 3lbbau 32., bie G.'fchen Seeleute, übergegangen ift, bafj bie 9t
eben biefelbe ftorberung burch notarielle ßeffion oom £uli 1877 an ben 2ln*
geflagten 6. abgetreten hat, bafe auf welchen bie $orberung auch umgefchrieben
roorben ift, oon ber früheren (Seffton an noch oor ber Erwerbung Äenntntfj
erlangt, trofebem aber biefe ftorberung am 29. 2tug. 1877 bei bem tfreiSgertcht
ju edmbin gegen bie G.'fchen unb 3R. J fd»en @fjeleutc, ala Söefifeer ber beiafteten
©runbfiücfc, cingeflagt, auch jum S3eroeife feines Stnfpruch« auf bie ©runbaften
6moguU5borf 2tobau 3ßr. 32. unb 23. 8emg genommen unb bic Einleitung beä
ÜflanbatSproaeffeS beantragt, jeboä; nach Einleitung be$ orbentlichen Verfahrens
unb Erlaffung eine« 33ewei3refolut8 bie ßlage surüefgenommen ^at. %n biefen
2$atfa$en ftnbet ber bie erfhnftanjliche ftreifprechung befiätigenbe jweite dichter
nicht ben ^t^atbeftanb be£ SctrugSoerfuchS, inbem er baS Erforberntfe ber
3rrthum3errcgung oermifet. Er erachtet bie einfeitigen Sßarteibehauptungen
nicht geeignet, in bem dichter ben ©lauben an ihre ©aljrhcit au begrünben, unb
roiU nur bei Vorlegung oon Sewetöurfunben, roenn bie S5ofumente unb bie
barauf gegrünbeten nJarteibehauptungen falfch unb, bie 2fanaf)me gelten laffcn,
bafi ber dichter in einen ^rrthum oerfefct werben foEte. 2)iefe SBorauäfefcungen
werben oorliegenb oermifjt, roeil ber dichter bie Älage nicht im erbetenen
UWanbatSpro3ejfe, fonbern im orbentlichen Verfahren inftruirt unb baburdh nicht
bofumentirt tyat, bafe er in einen Srcthum uerfefct roorben ift.
S)ie Argumentationen bc3 peiten dichter« ftnb nicht frei oon Siechte
irrthum, unb bie auf «erlebung beS §. 263. be« 6t. ©. 33. gefügte WcbtigfeitS*
befdtjroerbe ber Staatäanroaltfchaft hat für begrünbet erachtet roerben müffen.
3n bem oon bem Slngefl. E. gegen bie E.'fchen unb 3)i.'fchen Eheleute
angeftrengten ^rojeffe enthielt ba§ Älagoorbringcn in fo weit eine unwahre
Xt)ai)a<$)t, als üläger mit ber ©eltenbmachung ber ftorberung einen Utechts*
erroerb behauptete, welchen er nicht gemacht haben fonnte, roeil bie Stechtä*
oorgängerin bie betreffende ftorberung fchon lange oorher anberroeitig abgetreten
hatte. $ur öegrünbung ber richterlichen Ueberjeugung oon ber Wahrheit beS
Jtlagoorbringerä roar 95'ejug genommen auf bie bem ^ßrojeftgerichte zugänglichen
©runbaften, au& welchen bic gorberung roie ber Ueoergang berfeloen auf ben
Äläger heroorging, unb ti roar um ßrlafe eine« ÜJcanbatiS an bie Söertlagtcn
gebeten. 6omit roar bie JÖcurfunbung über ben Ueberganc^ ber gorberung auf
ben Kläger in eine unmitttelbarc 33c3ictmng ,;unt J^lagoorbnngen ju bem ^meefe
gebracht, bamit ber dichter bie rechtliche Ueberjeugung oon ber in Wahrheit
nicht eriftirenben Berechtigung be§ Äläger« erlangen unb Durch (Srlafe beÄ
aJtanbat^ bie 2krf tagten lofort in eine rechtlich erfa)rocrtc Sage aum Äläger
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2>cntfäe« ©trafrecfjt. «rfenntnifie tc« fflci<$3geric$tS. 273
bringen foHte. %tnt Beurfunbung fclbft abet war, roenn auch echt unb formell
gültig, burdt) Uuterbrücfung einer roabren Zfyatfafyi errotrft; benn in ber (Seffton«*
afte, auf welche bie Umfchretbung erfolgt roar, Ijattc bie eingetragene ©läubigerin
oerfdt)rotegcn, bafj jic bie oon ihr cebirte ^orberung bereit« oor ^aljren anber*
roeitig abgetreten hatte. ^Qat aber 2lngeflagter burch unroahre« ftlagoorbrtngen
unb burd) Bezugnahme aur eine burch Oerfchroeigung erheblicher ^t)atfadt)en er*
roirfte öffentlichte Beurfunbung in bem ^roje'&richter ben ©lauben an bie
behauptete Berechtigung erroeefen unb benfelben bierburdt) jur (Srlaffung be«
beantragten äJianbat« oeranlaffen inollen, jfo ift nicht m oerfennen, bafj unter
ben übrigen 2torau«fefcungen hierin ber Oerfudt) eine« Betrug« burch $äufa)ung
be« ^rojeferichter« liegen fann. $afc ber ^rojefjrichter ba« erbetene SJtanbat
nicht erlaffen, ben ^rojefj otelmebr im orbentlidben Verfahren inftruirt fyat, ift
gegenüber ber ftrage be« Berfuch« ohne Bebeutung. 9iach oorftebenben @r*
luägungen hat ber jroeite dichter burch unjuretchenbe rechtliche 3Mrbigung be«
feftgefteaten Zf)atbtftante& ben §. 263. be« 6t. ©. B. oerle&t.
§. 253. 6t <B. B. Die oon einem Qlnbercn als bem Schul&ner ftatt»
finbenbe Zahlung einer Jbrberung ober 6lc Eerbürgung eines Tritten
fann an (ich nicht alo ein recbteroi&riger üermögeneoortbeil angefehen
roeroen.
@rf. be« III. Straffen, o. 17. 9Jtärj c/a. ßehmann, rooburd) auf 2Iuf*
hebung ber Oorentfcheibung unb 3urüctoerroeifung erfannt roorben ift.
© r ü n b e.
3)ie SReotfüm beantragt Aufhebung be« oorigen Urtbetl« unb ftreifpredbung
be« Befchroerbefubrcr«, weil ba« Gtrafgefeö, iroSbefonbcre ber §. 253. be« 6t.©.B.,
burdt) Sttnroenbung be« Begriff« ber (£rpreffung auf ben fcftgejtelltcn Xhatbeftanb
ocrlefet roorben fei; baneben roirb gerügt, bafj e« an ber genügenben geftficllung
be« S)olu« be« Befcbrocrbefübrerö fehle, rocil im angefochtenen Uctljcil ba«
Beroufjtfem beffelben oon ber s Jied>t«roibrigfeit be« ahgeftrebten Bermögen«*
oorthcilÄ fich nicht bejaht finbe.
$ür beroiefen tyabtn bie oorigen dichter erachtet, bafe ber Befdnocrbe-'
führer com Baier feinet 6d)ulbner« bie 3 a ^ un 3 c * ncr 9 c 9 cn ocn latent ihm
guftehenben ftorberung burch Drohung su erlangen oerfucht (abe; fic ftcllen feft,
bafj ber ©ntfd&lufj, ben ®. sen. jur 3 a &fang ocr ^chulö feine« 6obne« ju
nötl)igen, oom Befcbroerbefübrer ju bem 3mecfe gefafjt roorben fei, um fich einen
rechtänübrigen Bermögen«oortbeil $u ocrfd&affen, bafj er alfo ben ©ntfctjluf?
gefaxt h^be, eine fftafbare ©rpreffung ju oerüben, ©egen bie bamalige gälugfeit
ber ftorberung gegen @. jun. ift fein 3weifcl oorgebracht. %n roie fern bie
3ahiung berfelben burch ©. sen. für ben Be|a)rocrbefübrer ein Bermögcn«*
oortheil geroefen fein roürbe, ift nicht erörtert.
Unter ber ^orauSfejnmg, ba§ fie biefeS geroefen roäre, unb bafe ber SSor-
thcil aueäh ein rechfcSroibriger geroefen fein roürbe, ift bie im Oorftehenben mit*
getbeilte thatfächltche JeftfteHung be« Seroufetfein« bes SefdjroerbeführerS oon
biefer Slcchtgroibrigfeit genügenb, ba eine üöcftrcitung be« Öerou|tfctni8 unb ein
Antrag, baffelbe jum ©egenftanbe einer befonberen geftftettung m machen, nicht
erfichtfich ift. 6o lange eine foldje ©eftreitung unb ein folcher Antrag nicht
oorliegen, h<*t wan baoon augjUßehen, bafe mit ber 23ejafmng eiue« 3 n, e c ^ 00c *
einer Slbficht auch baS Jöeroujjtfein beö Slngeflagten oom ©egenftanbe beö $meä$
ober ber 3lbficht bejaht, bafj alfo mit ber Kernteilung ber oorigen dichter, ber
3roecf be« Sefchroerbefuhrcr« fei auf bie ©rlangung eine« recht« roibrigen
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£>m j <tnä,**xj;*j» isw»(«Aii>i ^»iMtM4 M ;nA v«a co«;^^*«-;^*«
V / 1 .£/Clin(DCy ^XTuTTrCOl. VSIICTiniTIlllC CC9 »u C . CU lQj[9w
SBcrmögenSoortheilS gerietet gewefen, auch feftgeftettt fei, baß er biefe Rechts*
wibrigfeit erfannt fjabe.
$te ^rage, ob eS im 6innc beS §. 253. beS 6t. @. 8. für einen rechts*
wibrigen ScrmögenSoorthcil gehalten werben muffe, wenn 3emanb bie 3 a ^ un 9
einer recbtSbefuinbigen unb fälligen $orberung nicht oon feinem ©cbulbner,
fonbem oon einem ocrpfltc^tetcn dritten erlangt, bat eine oerfebiebene Beantwortung
gefunben. @S (janbelt fich babei einerfeitS barum, ob bie 3 öl ^ un 9 e * nec folgen
gorberung burch einen dritten überhaupt ein SermögenSoortbett für ben ©lau-
biger genannt werben fönne, anbererfetts barum, ob, wenn biefeS ber §att, ber
SBortheil nach §. 253. für recbtSmibrig ju erachten fei.
$ie 3 a ^""9 oun& ben 6a)utbncr felbit enthält im 6inne beS §. 253.
nach richtiger unb berrfebenber 2lnficbt feinen SBermöqenSoortbeil für ben ©lau*
biger, fo fern bie ©rlangung beS ©elbeS unb bie Tilgung ber gorberung ft$
gegen einanber aufbeben; ber Öefife beS ©elbeS ifi jwar ofme 3ioeifel ein 6ot»
ttjeil, aber nur weil er cS ifl, wirb burch bie 3<*btong, welche bie ftorberung
aufbebt, baS Vermögen beS ©läubigerS nicht oerminbert. 2)ie 3oblung burc§
einen ^Dritten bewirft in berfelben Söctfe für ben ©laubiger ben Sortbetl beS
©elbbefi&eS unb ben fompenfirenben 9tot$tftett beS Untergangs ber ftorberung.
2lber wäbrenb bie 3 Q htonß burd) ben 6d)ulbner jeigt, baß berfelbe in bieiem
Slugenblicf unb für biefe gorberunq äablungSfähig mar, ber ©täubiger alfo in
ber aufgehobenen gorberung nicht oloß einen formellen Slnfprudj, fonbem einen
wirflidjen SermögcnSmertb oerliert, iucdr)alb eben an fia) bie Zahlung ^ r $ n
feinen $$ermögenSöortheil herbeiführt, läßt bie 3 a hfo"9 0" t( ^ cincn dritten nad>
oerfdnebenen Stiftungen bie ÜWögltcbfcit eines folgen Vorteils offen. 3nS>
befonbere fann ber Sajulbner infoloent fein, burch bie ^nteroention beS dritten
alfo bie ftorberung als ein für ben ©läubiger werthlofeS SermögenSftücf gegen
ben reellen SBertl) beS empfangenen baaxtn ©elbeS aufgehoben werben, ober eS
fann in biefer Söeife bie 3ahlung, wcnigftcnS früher, als fie oon bem ©djutbner
felbft $u erlangen wäre, erlangt werben. Unter berartigen SorauSfejiungen
würbe baber baS Vermögen beS ©läubigerS burd) bie 3 a ^ un 9 Dcg dritten
materiell allerbingS bereichert werben, demnach bilbet bie teßtere nicht fehlest*
hin einen SermögenSoortbeil für ben ©läubiger, fann fich aber burd} bie
fonfreten Umfiänbe beS gegebenen $alls als ein foteher barfteHen. Buch liegt
eS in ber 9iatur ber 6acbc, baß ©rpreffungSoerfucbe gegen S)ritte befonberS
burch bie ©chwiertgfett, oom Scbulbner felbft 3 a btong ä u erlangen, oeranlaßt
fein werben, $n ähnlicher 9Beife liegt bie Veranlaffung, weSbalb ber ©laubiger
bie Verpflichtung eines dritten als Bürgen oerlangt, in ber entweber fdjon cor*
hanbenen, ober für bie 3 u f un ft möglichen Unftct)ert)ett ober 3 a hl un fl^ un f fl higfeit
beS ^auptfdmlbnerS. unb fann bie öürgfehaft nur beShalb in jebem ftaü. ein
Sortheil für ben ©läubiger genannt werben, weil babei an ein £rebiroerbältni&
gebaut wirb, welches nicht fofort loieber aufgehoben werben foll, alfo bie 2ßög»
lichfeit einer jufünftigen ©efährbung beS ©läubigcrS regelmäßig mit fich bringt,
währenb eS bei ber 3 a h^«ö bureft einen dritten nicht auf ben sufünftigen,
fonbem auf ben gegenwärtigen wahren ©erth ber gorberung für bie $rage an^
fommt, ob ber Gläubiger öaoon syortr)eil habe. ®iefe ^rage forbert bei ber
2lnflage wegen ßrpreffung eine Antwort burch bie thatfächlicbe ^eftftellung ber
erften dichter, welche fich, bem begriffe beS §. 253. gemäß, auch Q "f bie Slbficht
beS Hnaeflagten ju erftreefen hol-
3)ie Utechts wibrigf ei t beS VermögenSoortheilS beS §. 253. befiniren
bie ÜJ^otioe mit ben ®orten, baß ber ber (Srpreffung ©cfnilbige auf ben Sßortheil
fein stecht gehabt hoben bürfe. 2luS biefem ©runbe würDe bie 3oh^ung feitenS
beS ©cbulbnerS felbft, auch wenn fie für einen Söortheil gehalten werben fönnte,
iebcnfaUS fein rcchtSwiöriger «ortheil für ben ©läubiger fein, ©egen anbere
^erfonen aber, als bie ihm obligatorifa) Verpflichteten, \)at ber ©läubiger fein
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2>eurföe8 etraftc*t «rtenntniffe be* W«t<^eri*tB. 275
9te$t auf 3^lung. Qmax ift aua) bie 3 ö ^ un 9 Dur 4> einen dritten feineStoeg«
ein recbtSioibrtger 2lft; ba£ ift jeboeb an ftcb, unb obne SBerücfficbtigung be«
barauf oertoanbten recbtStotbrigen 3Jlittel$ ber ©etoalt ober $robung, aud) feine
anbere bureb btefe$ 3)tittel erlangte SemöaenSjutoenbung. $er §. 253. oerlangt,
nad) ben 2ftotioen unb bem flaren 3 rocc * ber Strafbefttmmung, niebt, bafj febon
in ber Buioenbung als foldjer eine ytecbtsoerletjung liege, fonbern er oerlangt
nur, bafe auf bie 3uroenbung fein tfteebtaanfprud) befiele, ©et einer anberen
2tuffaffung toürbe man bei oielen jtoeifeHofen ©rpreffungSbanblungen oon bem
Sergeben be3§. 253. niebt mebr fpred&en tonnen; benn ricMg ift, bafj bie 9tecbt$*
roibrigfeit beS iBortbeilS niebt lebiglicb in bem unerlaubten äJiittel ber Erlangung
bura) ©eroalt ober $robung befieben foü, ba neben biefem Littel ber 33er*
Übung be« Vergebens noeb bie föecbtätoibrigfeit be3 2iortf>eil3 geforbert toirb.
$nbem bafjer ber ©efd&roerbefübrer oerfudjte, oon bem ü)m niebt oerpftic^teten
Sater feinet Scbulbnerä 3 a blnng S u erhalten, ging feine Slbfidjt auf einen im
Sinne be8 §. 253. reebtSiotbrtgen $Bermbgen£oortf)eil, oorauägefefct, bafj biefe
3a^lung naa) SJiafegabe beS Obigen unter ben fonfreten Umftänbcn für i§n über*
baupt als ein Sortbeil ju erachten war. $n fo weit ift btu)er bie föeoiftonS*
befa)roerbe unbegründet
Sie oorigen Siebter finb oon ber 2tnfidjt ausgegangen, bajj bie 3 ö *) lun 9
einer beftebenben unb fälligen gorberung bura) einen 'Dritten fdjon an fia) für
ben ©laubiger ein $krmögen$Dortf)eU fei, toährenb fie. roie jebe 3 al ^ u "9 ein <*
folgen goroerung, an ftcb nidjtö weiter ift, als eine Seränberung in ber ftorm
ber babureb betroffenen 33ermögen3tüertf}e. 2lu8 biefer Sttfföt ber oorigen
Siebter erflärt e3 neb, bafe biefelben niebt feftgeftcüt rjaben, in wie fem bie Um»
ftänbe be3 fonfreten ftalls bie 3 a b l M9 Dc ^ ©• sen - f ut f cincn @°& n 3 U cincm
^crmögenSoortbetl für ben Sefdnoerbefübrer gemalt bnben mürben. $5ie
6d)lufe|eftftellung beS angefoebtenen UrtbeilS, ber @ntfd)lu| beS 23efcb»oerbefübrer3
fei auf einen ^ermögcnSoortbeil gegangen, genügt niebt, ba üjr eben bie
irrige 2lnfidjt au ©runbe liegt, ba§ bie Ballung fd)on an fta) ein Sortbeil fei.
§. 95. 6t <B. B., §. 19. 6e» <B. o. 21. <Pft. 1S78. ber Weitergabe
eineo geitungsblattcs, bejfen beleibigenber anmalt ihm befannt ifo liegt
feiten« be» Irabenten feine Beleibigang, wenn Unterer bie XDeiter-
oerbreitung lebiglicb, um feiner DertragepfUcbt näcbjufommen , be-
toirfte. — I>ae ßolleftioabonnement auf oetbotene fo5ialiftifd)e 6a)riften
fiellt fta) als Derbreitungeaft oon Erucffcbriften im £inne bes §. 19.
öeo <B. o. 21. Oft. 1878 gegen bie gemeingefÄbrlicben Begebungen
ber 0o3ialbemofratie bar.
@rf. bt& IH. Straffen, o. 17. OHar* 1880 c/a. ^eterfen, toobura) auf
3luf^ebung ber Jßorentf Reibung unb 3urüctocrtocifung erfannt roorben ift.
©runbe.
$)er Staatäanroalt beantragt bie flufbebung be« angefoa^tenen Urtbeil^
unb 3urücfocrroeifung ber ©acbe in bie oorige ^nftanj ju anberroeiter ^er*
banblung unb ^ntfebeibung, roeil Oer §. 95. be« ©t. ®. 8. unb ber §. 19. beS
®. o. 21. Oft. 1878 gegen bie gemetngefäbrlia)en ©eftrebungen ber Sozial*
bemofratie oerle^t morben fei.
3ur änflage roegen ÜKajeftät^belcibigung (§. 95. St. ©. 50.) fietten bie
oorigen Siebter 3°^9 cn ^ €l5 f c ft- erroiefen ^abe nur erachtet werben fönnen,
ba§ bie 3lngeflagtcn in ^olge eines SSertragS, melier fic banb unb jur lieber*
gäbe ber in ber 2lnflagefc&rift bejeid)neten 3^ i ^ n Ö^°^ ttet verpflichtete, bie
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276 3)eutt*c« CtowfKgt CrtcrnttTtific t*S ffl<i<$8cjeri<$t«.
Weitergabe bcr leiteten, welche Selcibigungcn bet 3fiajefiät beS ÄaiferS enthielten,
beforgt haben, ofme bafj biefer Aft ber Weitergabe mit bem Inhalt ber Blätter
in irgenb einem 3 u f amm enbnnge geftanben hätte. 3)abei erörtern bic oorigen
dichter, e£ fönne aUcrbingS in ber Uebergabe eines, eine SDlajeftätSbeleibigung
entbaltenben 3eitungSblatteS eine erneuerte felbftftänbigc sBeleibigung liegen,
wenn bie Uebergabe mit bem SBeroufetfein erfolgte, bafe bura) ben Snljalt bic
SWajcflät belcibigt werbe, unb nicht etwa ber iräbent burch Vertrag oerpflicbtet
fei, baS Vlatt einem an bemfelben berechtigten dritten einjubänbigen unb bie
SCrabition blofj in ber Abftcbt, biefer Pflicht 511 genügen,' oorgenommen babe* ? fie
Dergleichen bic ^anblungSroeifc ber Angeflagtcn mit ber eines Abonnenten etneS
&efefabinetS, ber baS eine Seleibigung entbattenbe sölatt, nachbem er eS gclcfen,
auf bicJöitte eines anbeten Abonnenten biefem übergtebt, unb fügen fyimu: auch
et fenne bann ben fkafbaten Inhalt unb gebe benfelben miffentlicg einem
©ritten jum Sefen, fönne fich babureb aber einer SBeleibigung nicht fchulbig
machen, ba er nicht berechtigt geroefen fei, bem britten TOberedjtiaten baS Slatt
ooräuenthalten, unb nur, um feiner Verpflichtung $ur Weitergabe ©enüge ju
leiften, bem dritten bie 35rucffchrift trabirt habe, hieran fchliefit fich ber Au&*
fprudj: es fei nicht als thatfächlich feftgefteut ju erachten, bajj bie Angeflagten
(Seine 3Jcajeftät ben tfatfer beleibigt hätten.
3)er üöefcbroerbefübrer ftnbet bietin einen s Jted)tSirTthum, inbem er an*
nimmt, ber SBorberricbter Imbe geglaubt, bafe eine an unb für fich ftrafbare
$anblung ftrafloS fei, wenn ber .§anbclnbe fich bureb Vertrag ju biefer ^anblung
oerpfliehtet hatte, roäbrenb s 3iiemanb einen Vertrag erfüllen bürfe, roenn t«h bem*
nächfl ergebe, ba& burd; bic (Erfüllung ein Strafgefcfc roerbe oerlefct roerben.
3)ieier Angriff auf baS oorige Urtljeil ift nicht begrünbet. Sie erfien üRidjter
gebenfen beS unter ben Angesagten beftebenben, auf Umlauf ber gemeinfehaftlich
bcftellten 3eitungSblättcr unter ihnen gerichteten Vertrags nicht, um barauS ju
folgern, bic Seftrafung wegen öcleibigung fei auSgefchloffen geroefen, roetl sroar
eine fold)e in bet Stabition oom ©inen jum Anbem liege, aber tro|bem biefe
Srabition eine gültige unb binbenbc 2krtragSpflid)t geroefen fei. Vielmehr
ftcllcn fie ben Aft bcr Xrabition als eine ^anblung bar, bic nidjt objeftio als
folaje ben $h at °eftanb °er $elcibigung erfülle, fonbern ju einer Selcibigung,
unb jroar ju einer erneuerten felbftftänbigen Seleibigung, im ©egenfafce ju ber
in bem Serfaffcn unb Druden beS SlatteS liegenben, erft burch ihren ©runb
unb 3 rocc f werben fönne, unb oerneinen, bafj biefcS fubjefttoe ßrforbemifj beS
SfmtbeftanbcS hier oorhanben fei, weil ©runb unb 3roed ber oon ben Angeklagten
oorgenommenen Xrabition lebiglich ber unter ihnen abgefchloffcne Vertrag unb
beffen Erfüllung geroefen fei Sic oermiffen alfo ben jur 9JcajeftätSbeleibiguna,
nothroenbigen ftraf baren Sorfafc, unb jroar inbem fte als baS thatfächlichc
33cmeiScrgebnife auSfprechen, bafe bic Angeflagten nicht biefen, fonbern einen
anbern ittorfafc, ben ber Vertragserfüllung, gehabt haben; bic an fta) nicht
nothroenbige pofitioe ftcftfiellung bicfeS lederen SBorfafeeS, bic freilich nicht
möglich geroefen roäve, roenn nicht auch ber Vertrag felbfl erroiefen roar, ift
nichts AnDercS als eine ©rgönjung unb &cfefhgung ber negatioen ^efrftellung,
auf roela)c eS hier anfam, bajj ein $cleibigungSoorfa§ nicht oorhanben geroefen
fei. 3 roa * enthalt baS angefochtene Urteil bie oom Sefchroerbeführer barauS
üitirtc öemerfung, eS fönne in ber irabition eines 3citungSblattcS eine $e-
leibigung liegen, roenn fie mit bem Seroufetfein gefchehe, bäfj ber 3nba.lt beS
8latteS beleibigenb fei; hiermit haben fie abet nia)t ben oom sBefchroetbcfühtet
hineingelegten Sinn oetbunben, ba§ jebc Srabition mit biefem Seroußtfein fchon
baS oollftänbigc Vergehen enthalten, roorauS aUerbingS folgen roürbe, bafe ju
einer foldjen 5trabition s Jciemanb burch Vertrag oerpfliehtet fein fönne; fonbern
fie haben nur eine VorauSfe^ung auSgefprochen, ohne roelche baS Vergehen
jebenfaHS nicht oorhanben fei, unb fügen fofort hi«5», bafe, auch roenn biete
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3>eutf$e8 ©trafred&t. (Srfcnntnific beS Wei$«gerid)t3.
277
VorauSfefcung jutreffe, ber £ljatbcjurnb ber Veleibigung bennodO nidjjt oorliege,
wenn bie £rabition nur in ber 2lbfid&t gefeiten fei, einer Vertraggpflicht nadj*
äufommen. 6in üiec^tsirrt^ura liegt biefer SDebuftion nid&t ju ©runbe. 5öer
ein 3eitong$blatt beleibigenben, tlmt befannten ^nt;alt5 meitergiebt, fyat beStjalb
allein ben ^n^alt nidjt ju oertreten, benn in bem blojjen SBeitergeben be8
SölattcS liegt feine 3ötebergabc beS 3nf)altS «I* ber Meinung bc3 £rabenten,
unb nidjt einmal ein für fid> allein lnnreid)enber Vewetö, bafj ber £rabent ben
Snbalt gutljeifee ober bie 2lnfid)tcn be£ VlatteS t&eile, alfo, wenn biefe 9Jiängel
ntd)t bur$ einen l)injufommenben unb nad&gemiefenen VeleibigungSoorfafc be*
fertigt werben, feine Veleibigung.
3ur Slnflage wegen 3uroiberhanbetnS gegen baS So^ialiftengefefc erflären
bie oorigen Ätc^tct für ntc^t bewiefen, bafc bie Slngeflagten oerbotene S)rucf*
fünften »er breitet Ratten; fie Ratten auf bie 3citung8blätter auf gemeinfebaft*
liebe Äojten abonnirt unb biefelben unter ficf> cirfuliren laffen; baS ©efejj* »er«
fte^e unter „Verbreitung" biejenige £anblung, moburdf) Die verbotene ©cjjrift
unter ba£ SJJublifum gebraut unb ifjr eine weitere Verbreitung oerfd&afft werbe,
als im ftalle beS ftraflofen Abonnements; bie Slngeflagten wären in ba$
Abonnement nur eingetreten, um fid) bie Jtoften be$ Vlatten gu oerringern, unb
burdj irjreit Vertrag oerpflicbtet gewefen, baS Vlatt weiter }u geben; fie Ijätten
e3 nur ü)ren Socit in ber ßefegefeHf^aft, nid)t fremben ^erfonen gegeben; in
einem einjclueu #aU babe jmar ber eine 2lngeflagte ein« ber (Sjemplare einem
befreunbeten dritten oertraulid) überlaffen, aber in Ermangelung roeitercr tlmt*
tätlicher Vcfd)ulbigung$momente finbc bcuS ©eridfjt fjierin nur eine ftraflofe oer*
trauliche 3)ftttfjeilung.
$>afj eine Verbreitung nid^t anzunehmen ift, wenn ein ßinjelner ftcfj bie
oerbotene Schrift für fia) allein beftellt unb lieft, ergiebt fidt> aus bem Sßortjtnn.
2öie grofe bie Änjahl oon Sßerfonen, benen bie Schrift äugängltd) gemalt wirb,
fein müffe, bnmit nad) bem äSortfinn oon einer Verbreitung bie 3tebe fein fönne,
läfjt fid) nicht unbebingt für jeben Sali im Vorauf beftimmen; bie 3 Q hl °^r
Slngeflagten ift aber iebenfallS grofj genug, um bie 2Inroenbung beS 2lu3brucf$
jujiilaffen. Ob berfelbe auf bie §anblung«roeife ber 2tngeflagten au$ anberen,
als bem blofjen 9Bortfinn entnommenen ©rünben für jutreffenb ju erachten fei,
bafür fann bie Analogie anberer ©efefce, in benen ber 2lu3brucf oorfommt, nidjt
unmittelbar entfeheibenb fein; benn bas ©. o. 21. Oft. 1878 ift ein für ganj
fonfrete 3roecfe beregnetes, welches junädjft unb DorjugSroeife aus biefen feinen
3roec?en interpretirt werben mujj. ^luct) fehlt e$ bei bem §. 19. biefeS ©efefeeS
an bemjentgen ©runbe für bie Auslegung ber „Verbreitung" als einer Ver*
breituna in baß ^ublifum, welker bei anberen gefeilteren Veftimmungen auß
ber 3ufammenfteUung ber „Verbreitung" mit ben Vegriffen ber „Oeffentlic^feit",
ber „SRenf djenmenge", besg „^ubtifumÄ" entnommen werben fann.
Um ben fojialifttfdjen auf ben Umfturj ber befle^enben Staats* ober
©efcllfdjaftSorbnung geria)teten Veftrebungen entgegenjuwirfen, follte oorne^mli($
werben; ^u biefem 3 roc ^ ^t baß ©efe§ bie Vefugnifj eingeführt, bieienigert
3)rudff4rirten ju oerbieten, welche Se^ren folc^cr 2lrt enthalten; bie 2lufnabmc
ber lefcteren in bie ©ebanfen unb bie Uebcrjeugung ber Station erfd^ien al£ eine
ber ©efa^ren, benen oorgebeugt werben follte. Um bie 6törung ber öffentlicben
Crbnung, bie Verlegung ber JHec^te oon ^ßrioatperfonen bureb öffentliche 2ln*
griffe unb Verunglimpfungen, unb um bie Definition be£ 2lußbrucfß „treffe",
bamit ber Bereich beß ^reßgefe^cö feftgeftellt werbe, (mnbelt e« fich babei nia)t;
oud; auß biefem ©runbe fann ber Vegriff ber „Verbreitung" in ben §§. 85.,
184., 186. beä St. ©. V., §. 3. beS 5Heitt)öpre|gefe^eß über bie Auslegung beS
Vegriffö ber Verbreitung im §. 19. beS ©o^ialiftcngcfc^eS nid^t entfd;eiben.
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278 ®eutfd>(8 Straftest. ^Srttnntntffe tti SReid>8gtrid)W.
SBcnn alfo bie vorigen dichter bie 2lngetlagten für nicht fcfjulbig bet
Verbreitung verbotener ©Triften galten, roeil bie Unteren nicht in ba« Sßublifum,
ba« Reifet nicht in eine unbeftimmte 3Jtenge oon s JDtenfd)en gebraut feien, fonbem
nur unter bem gefchloffenen Äreife ber 2lngeflagten felbft circulirt Ratten, fo
ftcht entgegen, bafe ber §. 19. be« ©ojialiftengefejje« nicht oom ^ubltfum, auch
niä)t oon einer Veröffentlichung an eine unbeftimmte 3)icntd)enmenge fpridjt,
unb ber 2lu«brucf „Verbreitung" nach feinem Söortfinn eine berartige Veröffent»
lichung nicht ooranSfcftt, fonbem auch auf bie HJtittbeilung innerhalb eine« be»
fiimraten ^erfonenfreife« fpradjlidj fejr roohl angeroanbt roerben fann.
Sagegen fann e« feinem 3 roci t c ^ unterliegen, bafe, roenn ba« ©ojialiflen*
gefefc einer jeben Sereinigung beftimmter Sßerfonen, rote au«gebefmt fie auch
lein möge, bie ©infü^rung oerbotencr 3)rucffcbriften oom 2lu«lanbe ober ben
Slnfauf inlänbifcber oerbotener ©rueffchriften jur Seftüre innerhalb ber Ver*
einigung hätte geftatten roollen, jener 3»ö«f, bie 2lu«brcitung fo^ialiftifcher fielen
in Sbeutfchlanb bura) ba« Verbot ber @ä)riften $u oerhinbem, unmöglich erreicht
roerben fönnte. 55)ie 2Bahl eine« fo offenbar untauglichen Littel« fann man
bem ©efefcgeber um fo roeniger jutrauen, ba im Uebrigcn ba« ©ojittlifiengefefc
feine Littel roohl erroogen unb ohne ängftlictje ftücfficbt auf bie ben ^rioat'
perfonen nach bem fonftigen stecht jufte^enbe freie Veroegung unb (Sntfchliefeuna
gewählt hat. Ohne bafe e« baljer erforberlich roäre, ein befonbere« ©erotd)t auf
ben Umftanb gu legen, bafe ba« ©efefc aufeer ber Verbreitung be« §. 19. noch
eine „öffentliche" Verbreitung (§. 24.) fennt, bie mit jener nicht gleidtjbebeutenb
ift, genügt e«, bafe bie Slnroenbung be« erftern 2lu«brucf« auf bie unter Slnflage
gefteüte &anblung«roeife ber Vcfdmlbigten bem Wortfinn unb bem ©prachgebrauebe
eben fo, rote bem flaren 3 n, ccfe be« ©efcjje« entfpricht.
2)a« oorige Urteil beruht baf)er auf einem 9Hea)ti5irrÜ)um, inbem e« bie
Hngeflagtcn oon bem Vergeben ber Verbreitung oerbotener S)rucff Triften auS
bem ©runbe freifpradj, roeil biefelben folebe ©ajriften nicht in baß Sßublifum,
fonbern nur innerhalb ihrer eigenen ©efellfcbaft $ur Äenntnife gebraut Ratten.
2lua) ber srocite ©runb ber ^tetjprccbung, ben bie vorigen Stifter barin finben,
bafe bie 2lngeflagten burch Vertrag verpflichtet geroefen feien, bie 3eilung3blättcr
unter fid) circuliren ju lajfen, ift ein rccbt«irrtbümlicher. tiefer Vertrag tyat
gegenüber ber 3lnflage roegen Uebertretung be« ©ojialiftengefcfee« eine anbere
Vebeutung, al« gegenüber ber Slnflage roegen 9Jtajeftät«bcletbigung. 2)a eine
ajtajeftät«belcibigung nicht fdron in ber Weitergabe ber Vlätter oon ßanb $u
$anb ol)ite Äüdjubt auf bie bamit oerbunbene 2lbftcht liegt, ^at ein Vertrag,
ber $u foleber Weitergabe oerpflicbtet, in biefer föiduung niebtö Unerlaubte« jum
©egenftanbe, ift alfo in fo roeit fclbft niajt« Unerlaubte«. S)a« ©ojialiftcngcfe^
bagegen unterfagt gerabe bie SBeitergabe ber oerbotenen Vlatter, fo fern biefelben
baburdt) oerbreitet roerben, unb obne iebe 3tücffid)t auf bie bamit oon bem (Sin*
jclncn oerbunbene 2lbfia)t; folglich in ber barauf gerichtete Vertrag rechtlich
roirfungälo« unb bie Vertragöpflicht unoermögenb, ba« gefe&licf) Untcrfagte unb
unter etrafe ©eftellte ftraflo« ju machen. (£bcn fo roenig läfet fieb bie Unan*
roenbbarfeit beß ©oualiftengefeße« barau« ableiten, bafe jeber einjelne Slngeflagte
ftraflo« auf bie oerbotenen ©chriften höbe abonniren bürfen; benn bierau« folgt
nicht, bafe jeber ßinjelne bie ©a)riften, roorauf er abonnirte, auch an Slnbere
jum 3 rocc ^ Dcr Seftüre ^abe roeiter geben bürfen, fo fern biefe Weitergabe eine
„Verbreitung" enthält, dasjenige aber, roo3u feiner oon ihnen burch ein ©injel*
abonnement berechtigt roerben fonnte, roeil e« gegen ba« ©trafgefefc oerftiefe,
fonnte, roie fieh oon felbft oerftebt, nicht baburch ju ctroa« Erlaubtem roerben,
bafe fich bie 3lngeflagten ju feiner Slu«führung burch üolleftioabonnement
mit oerminberten itoften in eine tlmtfächlich bequemere Sage brachten.
Ob bie übrigen VorauSfefeungcn oorbanben finb, oon benen ba« ©ojialiftem
gefe| bie ©trafbarteit ber Verbreitung abhängig macht, in«befonbere ob unb
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2>eittfd)e« @trafre<$t. Srtemttmffe beS «ci^gcri^tö. 279
wann baS Verbot bet in ber SCnflaae bejeichneten Stattet erlaffen mürbe, unb
oon ben einzelnen Sngeflagten bie &erbreitung«atte oorgenommen fhtb. ob fie
bei SBomabme betreiben baö Verbot fannten, ober ob fie ofmc Jtenntntfe Deffelben
hanbeltcn, in welkem Ball eine geringe ©träfe einzutreten hat (§§. 19., 21. be«
®. oom 21. Oft. 1878), barüber ift bemnäcbft in I. 3nftan$ ba« (SrforberUd&e
m ermitteln. Saffelbe gilt oon ber ftrage, in rote fern bie einzelnen 55er*
brettungßatte mit Stücffiajt auf bie ©abläge, namentlich bie getroffene 2krab*
rebung, alä felbftfiänbigc Vergehen ober nur al« ©in Vergeben ju bebanbcln fein
roerben, unb in rote fern bie)e sßerabrebung ein Qcmctnfc^aftltc^ed öanbeln jur
$olge hatte, fo bafe jeber einzelne Slngeflagte auch für bie Stjatigfeit ber anberen
oerantroortltd) geroorben ift (§§. 74., 47. 6t. ©. ©.).
2)cm Obigen gemäjj ocrbletbt e« binfichtltcb ber Snflage roegen 3)?ajejtät$*
beteibigung bei ben ^eftftellungen unb ber barauf gebauten Gntfcbeibung be«
angefochtenen Urtheit«, wogegen (jinficbtlic^ ber Slnflage roegen Uebertretung be«
So3taliftengefefcc« ba« Urtivit mit ben ^ier^er gehörigen ^eftftcHungen aufgeben
unb bie Sache ju anberroetttger Veruanblung unb (5ntfdt)eibung an bie oorige
Safrans $urücf$uüerroeifen roar (§. 393. 6t. $ro$. 0.).
§§. 18. 54. 55. bes K. (F. o. IL faiti 1S70 übet ben Scbufe ber Ur-
heberrechte. Bei unbefugter Sluffübtung eince bramatifeben iberfes ijr bie
guerfennung einer <Entjcbäbigung ober (Belöbu|e unabhängig von bem
6cbabennacbroeife.
©rf. be« I. Straffen, o. 18. ÜWärj 1880 c/a. Sacbemeoer, rooburdj bie
SReoifion für begrünbet erflärt roorben ift.
© r ü n b e.
$>ie Steotfton tfi begrünbet, fo roeit ba« angefochtene llrtheil bie 9teben'
flagc auf ^uerfennung einer ©elbbufce jurüctroetft. $er ^urüefroeifung liegt ber
s Jtecbt«fo& $u ©runbe, e« fei bie ^uerfennung einer ©elbbu&e oon bem ftaebroeife
eine« burd) bie beftrafte föanblung erroaebienen Schaben« abhängig. ©iefer
s Jtccbt«fafc ift unrichtig. §§ 54. unö 55. De« ©. o. 11. 3uni 187u über ba«
Urheberrecht an Scbriftroerfcn 2c. macht bie ^nerfennung einer (Sntfdbäbigung
— unb an ihre Stelle tritt nach §• 18. Hot. 4. be« genannten @efe§e« bie
©clbbufee — im Jolle Oer unbefugten Aufführung eine« bramatifeben, muftfalifchcn
ober bramattfcb*mufifaitfchen 2£erfe«, rote Die 3)tottoe be« ©efefcentrourf« ergeben,
um nicht Den 2lnfpruct) auf (Sntfcbäbiaung oermöge ber faftifchen 6chroierigfeit
De« s Jiacbroeife« eine« Schaben« illuforifch flu machen, nicht oon Dem 0lachroeife
eine« Schaben« für Den ^ereebtiaten abhängig, ionbern Do« ©efefc befttmmt un*
abhängig baoon in §. 55. Die Verpflichtung jur (Sntfcbäbigung unD bie £öbe
berfelben.
§. 253. 0t. <B. B. 3« & ur * Drohung errungenen (Bewährung
eine« (Belbgefcbcnfee an bie ©rtearmenfafle 5um groctf ber @ühne einer
fhafbaren fjanblung fann blc ^uawbung cinee rechterolbrigen Der-
mögenooortheils gefunben roerben. — (Einet Ortsarmenfafle jtcht bie
Berechtigung 3itr üermögeneerroetbung ju, ftc gilt alfo ale britte
Perfon im einnc bes §. 233. @t. (B. B.
(hl be« II. Straffen, o. 19. 9ftärs 1880 c/a. Serbin anb, roobürch auf
3urücfroeifung ber 9leoifion be« 3lngeflagten erfannt roorben ift.
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280 2)eutfc&t8 '2>tTafrecf|t. Cfrfennrnifie bc3 IRetdi^encbtS.
© t ü n b c.
beruht auf einer SBerroechfelung be« 3roecf« unb Sftotio« ber Xfmt
mit ber babei oorltegenben Slbficht, roenn Slngetlagter bei ber von ihm oerfuebten
Erlangung eines ©elögcfd;enfcÄ ju ©unften ber 2lrmenfaffe nicht bie 2Ibftcbt ber
Erlangung eine« 93ermögen«üortbetl<8 ju ©unften eine« ©ritten gehabt Imben
null. ÜBollte 2lngeflagter burd) feine ßanblung, b. b- bie bem ö. gegenüber
auSgefprocbene ©robung, jenen SBortbeil herbeiführen, fo lag berfelbe auch in
feiner SHbfidt)t, unb e« ift gleichgültig, welken Srned c * ° urc b °i e ©ffeftuirung
biefer Slbficbt ju erretten gebaute, b. b- roeld^e SBefriebtgung er in bem (£r*
folge feiner Xfyat erftrebte. @« mürbe be«f>alb bie (Strafbarfeit ber lefcteren
baburdj nic^t au«gefd>loffen fein, baß 2lngeflagter nid^t au« ©igennufe, fonbern
um, roie er fieb auSbrücft, einem ftreoler eine mögltd&ft fernere <5üfme aufouer*
legen, gehanbelt t;at.
2öa« fobann bie Sinnahme ber Straffammer betrifft, bafj Slngeflagter ber
9leä)t!8roibrigfett be« oon ihm für einen ©ritten erftrebten SJermögenSüor*
tbeil« ftcb beraubt geroefen fei, fo mögen immerhin in biefer Ziehung, Söebenfen
obroalten, welche inbeffen im Söege be« oorliegenben 9ted)t«mittel« eine (Erörterung
nicht ju finben oermögen, ba bie tt)atfädf)licf)en Slnnabmen be« Sftftanjrichter«
basier feiner Nachprüfung unterliegen unb ber ©influfe eine« ^edt)t«trrtbura«
nicht erfichtlich ift. 2öenn enblich bie toifton heroorhebt, bafe bei ber fteft*
fteflung, e« habe opm 2lna,eflagten einem ©ritten ein Sßermögen«üortheil ju*
geroenbet rcerben follen, bte 3lnroenbung ber richtigen föed&tSgrunbfäfce nidfc)t er*
fennbar fei, fo ift e« richtig, bafe biefer ©ritte ein ptmftfcbe« ober moralifebe«
ÜHecbtöfubjeft fein mufj, ba« bie Befähigung beftfct, ben beabftebtigten Vermögens*
oorthetl ju erwerben. sBorltcgcnb aber ergiebt bie Sortfaffung be« ©traffammer*
©rfenntniffc«, bafe baffclbc unter „ber Slrmenfaffe" bte Ortöarmenfaffe oerftanben,
unb bafe biefelbe auch ohne 3iücf|icbt auf ihr fpejieüe$ Söerbältmfe jur ©emeinbe
unb bem ©emeinbeoermögen für fidt> $ur 2?ermögen«ermerbung berechtigt ift,
ergiebt ba« Mg. Sanbr. Xl)l L Xit 9. §§. 45., 49. unb §. 5. be« preufe. ©.
oom 24. Kpril 1854 (®. 6. S. 214).
§. U3. 0t. <B. B. §§. 7. 8. 5. 6es pteujj. <B. junt 0tt)ufe ber perjon-
Ucben Freiheit r-. 12. Jebr. 1850. §. 12. 3njhuMon ». 23. Oft. 1817.
Die polizeiliche groangsgeftellung gilt nicht als Verhaftung, poliut-
beamte, welche oon 5er tompetenten Beerbe ben Auftrag erhalten
haben, bie gwangegejWlung einer perfon »o^unebmen, bürfen in
Preußen groeefs berjelben bie Wohnung eines Dritten betreten.
(£rf. be« II. ©troffen, v. 23. 3Jtär$ 1880 c/a. Otto, woburd) bie SReoifion
äurücfgewiefen worben ift.
© r ü n b e.
©ie ©cbufcleute ©t. unb 6. h atten DOn ^ rer oorgefefcten ©ienftbehörbe
(bem ^olqeiprfifibium in Berlin) ben Auftrag erhalten, bie oormatige Xänjerin X.
im ftntereffe ber fittenpolüeilichen Äontrole ämang«weife ju geflellen. 3 um
3wecf ber 2tu«fübrung biefeS Auftrag« begaben fic fidt) in bie Üöohnung ber
$rau ©., bei welcher fowotjl bie X. als auch ber Slngeflagte 3iwwcr gemietet
hatten. 25on ber grau ©. mürben bie ©chufetcute in ein 3inuner be« 2lngeflagten
geführt, in ioela>§ balb barauf bie X. unb jugletch ber 9lngeflagte eintraten,
©ie ©chu^leute, melche fieb atä ^oltjeibeamte legitimtrten, forberten bte X. auf,
ihnen ju folgen; ber Slngeflagte erhob äöiberfpruch unb forbertc feinerfeit« bie
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3>culftfe§ Straftest, fetenntniffe be« 9lri<$$geri*t3. 281
Beamten auf, unter bem föinroeiS, bafj bieg feine Söobnung fei, baS ^immer au
oerlaffen. $>ie ^oltjeibeamten entfernten na) barauf unb polten jroei «bcbufcleute
311 ihrer tlnterftüfcung gerbet. Sil« eine roiebcrholte Aufforberung an bie
mitjitgchen, erfolglos blieb, fafete ber ©cbufcmann Q. bie %. am Arm. 2>er
Angesagte trat baamifchen, paefte ben 6. am föalfe unb roarf ihn unter
Schimpfreben über baS ©oplm. 9113 barauf bie brei anbem ©chufcleute ben
Angesagten anfafeten, um auch it)n jur 3öacbe su bringen, roiberfe^te ftcb, ber
Angesagte in tätlicher Söeife unb unter ©dumpfreben feiner Abführung.
©er ^mptorant fuebt in ber 9t. 33. auSauführen, Dajj bie ©djufcleute nicht
in rechtmäßiger Ausübung ihres Amts gehanbelt Ratten, weil bie Anroeifung jur
©iftirung nidjt auch bie Anroeifung in fid) fchliefee, biefelbe in einer fremben
2iJohnung 511 beroirfen, weil ferner Der mit ber ©efteUung einer $erfon beauf*
tragte ^olijeibeomte babureb nicht baS ifttty gewinne, $ur Ausführung ber
©efteUung bie Söofmung eines ©ritten roiber beffen Söitten au betreten, unb
roetl bie ©ifrirung ber Z. überhaupt unberechtigt fei, ba bie ©iftirung einer
oorläufigen (Srareifung unb fteftnabme gleichftebe unb Die burch ba« ©efefc vom
12. $ebr. 1850 beftimmten SBorauSfefcungen für eine folche äRa®el nicht
vorlägen.
AUc biefe (sinroenbungen erroetfeu fich als unjutreffenb.
S)aS ©efefe oorn 12. gebr. 1850 ftetit bie Sebingungen feft, unter melden
eine Verhärtung ober eine oorläuftge Ergreifung unb ftejtnahme erfolgen fann,
beschäftigt fich Dagegen nicht mit ber grage, unter melden 33orauSfefcungen eine
3roangSgefteUung ftattfinben barf. 3rrtyümli$ 9 tS > rocnn oct äniptorant bie
3roangSgeftcflung als eine Art ber oorläuftgen Ergreifung unb §efrna^me be*
trautet. SDlit biefer tyal bie ^ro^Ö^ö^^ung, meldte auch in ben ©efefcen
(oergl. §. 341. beS ©t. ©. Ö. # Die §§. 215., 229. unb 235. ber 3t. <|3ro*. 0.)
als> ctroaS oon ber oorläuftgen fteftnahme unb ber Verhaftung oerfcbiebeneS
beljanbelt rotrD, nichts gemein. Söätjrenb bie oorläuftgc ^ejlna^me nur juläffig
ift, roo Die ©erot&beit ober Dod) ber Verbackt einer 00m gefigenommenen be*
gangenen ftrafbaren §anblung oorliegt, ift baS stecht, 3em<"*ben aroangSroeife
$u gefteUen, ein Ausfluß ber ben Stehörben allgemein (§. 11. ber ©efdjäftS*
inftruftion oorn 23. Oft. 1817) ober in beföränftem Umfange (§. 20. ber Serorbn.
oorn 3. 3an. 1849, §. 50. ber ©t. $roj. D.) betgelegten ©refutiogeroalt. Äraft
ber lefeteren erfcheint aud) bie $oli$eibef)örbc befugt, eine ^erfon $roanggroeife
gefteUen 5U laffen, roenn fte foldbe« im fittenpolijeilichen ^utereffe für erforberlic^
bält. Db im oorliegenben gaß baS ^olijeipräTtbium genügenbe Veranlaffuna
hatte, bie Z. unter futenpolUeiliche Äontrole ju ftellen unb Diefc ju bem 3 roe »
3n)ang§roeife oorfüljren 3U laffen, ift eine Jrage, melcbe I;icr einer ®ntfd&eibung
nicht beborf. S)ic sur SoEftrccfung oon 2lnorbnungen be» MiaetpräftbiumS
berufenen ©chu^leute hatten nur ju prüfen, ob iljr Auftraggeber überhaupt befugt
mar, eine jroangjSroeife ©efteUung ju oerfügen, nid)t aber, ob bie lefctere im
gegebenen §all fia) fachlich rechtfertigen laffc. ©ie befanben fich baher, inbem
fte ber jur ©rtheiluug eine« Derartigen Auftrags befugten SBchörbe pflidhtmä&ig
golge leifteten, in fo weit in ber rechtmäßigen Ausübung ihres 2lratS. ©ie
burften biefen Auftrag aber anbererfeits nur unter Beobachtung ber formen,
welche bie ©efe^e unb inSbefonbere baS ©efe^ 00m 12. gebruar I80O, jum
©chu| ber perfönlichen Freiheit, oorfchreibt, ausführen. SCBäre es baher richtig,
roaS ber 3mplorant behauptet, bafe eS nach ben SBorfcbriften beS ©efe^eS vom
12. Seh. 1850 ben ^olijeibeamten nicht gefiattet gemefen fei, in bie äBohmmg
beS Angetlagten einjubrincjen, um Dort Die 3mangSgefteHung Der %. auSjufütjren,
fo roürDen Diefelben niefit m ber rechtmäßigen Ausübung ihres Amts fich befunben
haben. $)te hierauf fiep bejiehenben Ausführungen DeS 3niptoo.nten finD jeboch
unrichtig. SDa ber Auftrag allgemein bahin ergangen mar, bie %. aroangSroeife
ju gefteUen, fo fonnten bie ^oliaeibeamtcn au bem 3roect auch in eine frembe
«r*io 1880. 3, u. 4. $eft 19
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282
DeutfdjeS £trafred)t. (£rtenntni\|e t>e§ Nachgeriete.
©ohnung bringen, in fo weit nicht bo3 ©efefc bem entgegenftanb. ße&tereS ift
nicht ber ^all. 2)er §. 7. be« ©. t>om 12. $cbr. 1850 geftattet oielmehr, „auf
©runb eines oon einer gefefclid) baju ermächtigten üöeljörbe erteilten Auftrag*"
Qud) wiber ben SüiUen beS .^okerS w eine SBolmung einzubringen. 2)a3
äöort „baju" bejteht fidt> auf ben erteilten Auftrag, Welchen Inhalt biefer
Auftrag haben mui, fagt ba3 ©efefc nic|t f unb inSbeionbere wirb nicht gejagt,
bat? ber Auftrag auf ba£ betreten einer befiimmten 2Bot)nung lauten ober bem
Inhaber berfelben gelten muffe, @8 mufj baljer unter „Sluftrag" jeber oon einer
gefe^lich baju ermächtigten JÖehörbe erteilte Auftrag oerftanben werben, beffen
2luötityrung baS betreten einer fremben Söofmung nou)wenbig macht Sic
lHid)tigfeit biefer Auslegung ergiebt fich auch aus bem §. 10. be$ ©cfejjeS oom
12. ftebruar 1850. SBäre bie Slnftcht be3 ^mplaranten richtig, fo fönnte auch
eine Verhaftung ober vorläufige $eftnahme nur in ber eigenen Sütohnung be£
geftjuneljmenben ftattfinben. 9hm helfet e$ aber in §. 10. a. a. 0.:
gum $md ber oorläufigen Ergreifung unb geftnahme einer
$erion, welche bei 2lu3führung einer ftrafbaren §anblung ober gleich
nac^ berfelben oerfolgt würben* fo tote pm 3 roecf oct ^Bieber*
ergreifung eines entsprungenen ©efangenen barf ber oerfolgenbe
ober jugejogene ©eamte, ingleid>en bie oerfolgenbe ober jugejogene
2Baa)tmannta)aft, auch jur Dtadjtjeit in eine äßolmung einbringen.
55afe \)itx unter „Sßofmung" nicht blojj bie eigene Söofmung be£ Ver-
folgten ju oerfteljen tffc, ergiebt ber Söortlaut (in „eine" SSotmung) unb ber
3wecf biefer SBcfttmmung un^weibeutig. 3Jtit ben 3öorten „auch jur 9tacht5eit"
hebt bag ®efe§ bie im oorljergehenben §. 8. gemachte Öcfchränfung ber im §. 7.
erteilten (Ermächtigung für einen befrimmten %a\l roieber auf, ftellt alfo in fo
weit bie im §. 7. enthaltene Sftegel wieber her. Äann baljer im $aH be$ §. 10.
eine frembe SBohnung, baS ^ci^t bie 2Bofmung eines burch bie ^oUgielrnng bc3
Auftrag« nicht berührten dritten, betreten werben, fo mufe ein ©letdjes auch in
bem %aü beS §. 7. angenommen merben.
©5 ift baher nid;t rcdjtSirrthümlid), wenn feftgefteüt toorben ift, bajj bie
Beamten in rechtmäßiger 2luSübung i^resS 3lmtö ftcjj befanben, alä fie in ber
SBofmung beS 2lngeflagten bie X. jum 3. roecI ^ ter 3 U3fln 9S9efteHung ergriffen,
unb eben fo wenig ift ein 9iecht3trrthum in ber weiteren geftfieUung ju erblicfen,
bafj ber Slngeflagte bei biefer (Gelegenheit mit ©eroalt SBioerftanb geleiftet habe.
Db ber 2lngeflagte baS üBewufetfcin oon ber SHechtmäptgfett ber 2lmt3auMbung
gehabt fwt, famt (»er fd)on beSh<ub bahtn geftellt bleiben, weil ber 3lngeflagte
lid) in ben äBorinjtanjen auf eine Untenntnift in Betracht biefcS Umftanbeä nicht
berufen hatte, unb jebenfaCtö nur unter biefer SßorauSfe&ung eine fpejieUe ^eft-
ftellung bc& SewufetfeiwS beä Slngefchulbigten oon ber Stechtmä&igfeit ber 2lmtö-
auMbung nothwenbig gewefeu fein würbe.
& 163. üereinsjoll-^. ». L Jnii 1869, §. 57. 21r. 3. St. <B. %, 497.
•ci. proj. CD. Die im 153. Decein83oll-(P. angeorönetc fubftöiärc
Pcrtietungepflicht ber (£h cmänncr ün & Leitern für ihre ^he^ue" re fP-
Hinter wegen Derletjung ber 3ollgcfe^licheit Dorfcbriften greift nicht
Dlafe, wenn erflere ale Ulitthäter für ein gemetnfehaftlich ausgeführteip
^olloergeben betraft werben. — @traf»erh<Snguna gegen einen 2ln»
gefebulöigten über 12 aber unter 18 %&W n au f <Brun6 eine« bie
Zahlung bes Dicifachen oon bem Betrage einer hinterjogenen Abgabe
anbrobenoen (Befetiee. l>ae pro^e^geriebt i)t nicht befugt, oon ben
bem verurteilten ^Ingeflagten 5ur L'ajt 511 legenben üofien bie burch
Decfchulbung eine« Dritten veranlagten Tluelagen au83ufd)eibcn.
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$eutfd)C$ Straftest. (Sttenntnifie teS NeiA«8cri*tf. 283
@rf. be« in. Straffen, o. 24. 2Rärj 1880 c/a. ßammlabe; t^eiltoeife
Verwerfung ber jkat«anwaltlichen Stetrffion.
® r ü n b c.
Soweit bic 9leuifion ber ©taat«anwaltfcf)aft geltenb madfn\ bafe ber 2ln<
geflagte 21. (5. auf ©runb be« §. 153. be« Verein«joM. auch für bic (Selb*
ftxafcn hätte haftbar gemalt werben fotten, meldte gegen feine ©hefcau wnb
gegen feinen ©olm auSgefprod&en ftnb, ift fie $u oerwerfen.
2lUerbtng« haften nach §. 153. ©hemänner für ihre @^eftauen unb Äinber
rücffichtlicf) ber ©elbbufjen, äollgefälle unb $ro$efjfoften, in welche bie ju oer-
tretenben ^erfonen wegen Verlegung ber jollgcfe&lichcn ober 3ounerroaltnng£*
Vorschriften ncrurtheilt worben finb, bte fie bei Ausführung ber ihnen oon ben
fubfibtartfer) Verhafteten übertragenen ober ein* für allemal überlaffenen $anbel«*,
©ewerb«* unb anberen Vorrichtungen ju beobachten Ratten.
Allein um einen ftall biefer Art fjanbelt e« fta) im oorliegenben ftalle
überhaupt ntdjt.
S)ie bret Angellagten finb, weil Tie jur gemeinfcijaftlichen Ausübung
einer 2)efraubatton fidt) oerbunben haben, abgefeäen von ber burdf) §. 146. be«
Verein«joU=©. uom 1. 3uli 1869 angebrot)ten befonberen Strafe, ein jeber al«
aJiitt^äter jur 3a^lung be« oierfachen Setrage« ber burch bie gemeinfa)aftlia)e
$efraubation hmterjogenen Abgabe oerurtheilt, meldte oon allen benjenigen jou-
Pflichtigen Söaaren ju entrichten gewefen wäre, bie alle pfammen, ein jeber
für ft<h, einen Xtytil unoerjollt über bie ©renje ju bringen oerfudjt haben. SBci
A. 6. unb feiner ©Ijefrau ift noch wegen weiterer in ihrer s JSerfon begrünbeter
llmftänbe eine Erhöhung biefer ©trafen erfannt.
Safe barüber hinau« noch ber angesagte Vater, felbfl wenn gegen ben*
felben feftgefteflt roorben märe, wa« nicht feftgefteUt ift, bafj grau unb ©olm bei
ber $)efraubation in feinem Auftrage aehanbeü, fubfibiär für bie Strafe ber
(sjjefrau unb be« ©olme« haftete, entfprtcht bem ©efefce nicht.
&ätte ber Vater, abgefeäen oon ber eigenen Vethciligung, feine Angehörigen
5ur 2)efraubation attgefliftet, fo würbe für bie gegen ü)n at^ufpreebenbe ©träfe
§. 48. 6t. ©. V.'« in $rage gefommen fein; ba er fidh fetbft beteiligt $at, war
§. 47. in Anwenbung gu bringen. 92un fann aber nidbt eine noch roeitergehenbc
Strafbarfeit be« Vater« unb HJcitthäter« au« §. 153. bc« 3oüoerein«*@. ab*
geleitet werben. Vielmehr l;at biefer §. 153. ben ganj anberen $att oor 9lugen,
wo nicht bie Sefraube, fonbern eine $anbel«*, ©ewerb«* ober anbere an
t'ia) erlaubte Verrichtung übertragen ift, §um Veifpiel ber Transport joüpfltchtiger
haaren oon einem Orte nach einem anberen. 2Bcnn bei Ausführung eine«
folgen in einem einzelnen gatte ober ein* für allemal erteilten Auftrage« Ehe-
frauen, Äinber ober anbere in §. 153. genannte Sßer fönen unter ben bort
genannten Vorauöfefeungen eine 3)efraubatton begeben, fo haften ber Auftrag
geber be« an fid) erlaubten ©efehafte«, ber Vater unb ^eaatte, unb bte
anberen in s Jir. 1. unb 3. aufgeführten ^erfonen, fofent bie ^ottübertretung
nicht ohne ihr Riffen aiuSgcfüh« ift, für bie Strafe fubfibiär. 2>a« ©efe^
legt alfo nicht bem bei bem Vergehen mitbet heiligten Vater unb (sl; egatten
über feine eigene unb foltbarifchc Verpflichtung für bie oerwirfte ©träfe eine
Haftung für bte gleiche ©träfe feiner 2Jtttthäter auf, fonbem e« legt bem bei
bem Vergehen nach ftrafrechtlidtjen ©runbfäfccn niit betheiligten Vater unb
(Shegatten eine fubfibiäre Haftung auf, roeldje fleh ber ftrafre4tlia)en Haftung
nähert. 3He Stichtigfeit biefer 2lu«legung ergiebt fich namentlich au« bem (Segen-
fa^e, in welchem bte §§. 149. unb 153. be« Verem«äoll*©. *u einanber ftehen.
Vlad) ben Ueberf Triften ift in bem erftgebad&ten §. 149. bie Strafe ber 3:^eil-
19*
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284 3>eutf*e5 @trofrc*t. (Srtetmtmffc be8 Wet<f>3gericbtS.
nannte georbnet, im §. 153. bic fubfibtatifdje SerttetungSoerbinblichfeit brittcr
^erfonen. 68 laüt iut nicfjt anber£ annehmen, als bafc bic über biefe Untere
Stubrif getroffenen Sorfchriften folchc ^erfonen, meiere bei ber fkafbaten £anb*
lung aß SJtothäter, Hnflifter ober ©efjülfen beteiligt fmb, nicht betreffen.
dagegen ift bie Steoifton ber StaatSamoaltfchaft nach ben anberen oon
ihr oerfolgten Widmungen begrünbet.
£>er Stngefl. (£9. <S. tyatte jur 3 eit 0 * r £f) ot ba3 ätoölftc, ober nia)t ba3
adjtjefmte SebenSjahr oottenbet; er befafj naa) bet fteftftcuung bc$ SorberrtchterS
bie sur @tfenntnife ber Strafbarfett feiner äanblung erforberliche einfielt. @3
war beSfjalb gegen ihn §. 57. 3iff. 3. 6t. ©. S.'S auch in Sejiehung auf bic
nach §. 135. be« SBereinsSjoU*©. auSjufprechenbe ©elbfrrafe in Slnroenbnng 311
bringen. 9cur hat baS ntdjt in ber Söcife $u gefo)ehen, bafc auf bie ßälfte ber
burch §. 135. angebrohten Strafe ju erfennen ift, oielmehr fyaV fio? auch in
biefem $aüe, roo an fuf) ber oierfache Setrag ber hinter jogenen Abgabe oer*
roirft mar, bie gegen @f). (£. auäjufptechenbe Strafe ju beroegen äioifdjen bem
3)iinbeftbcttage ber angebrohten Straf art, roie biefelbe nach §. 27. St. ©. S.'S
feftjufteUen ift, unb ber §älfte ber nach bem feflen SÖtaBftabe be<8 §. 135. et*
mitteilen Strafe al$ beä juläffigen ^öchtfbettageä ber angebro^ten Strafe.
3tu3 biefem ©runbe fann auc| bie Strafe nidu oon bem 9teoifton£gerichte
auSgefprochen werben, oielmehr ifi unter Aufhebung biefeS ZfyiltS be£ UttheileS
bie Sache nach §. 394. St. $to$. D. an bie nötige ^nftanj behufs anberroeitet
fteftftellung biefet Strafe sutücfauoetroeifen.
©nbltdh ift biejenige Sef<hränfung, roelche bet Sorbertichter bezüglich
ber 3>erurtf)eUung bet btei Slngeflagten §u ben Äoflen au$gefptodf>en l)at, einfach
aufgeben.
$)a£ ftmbgericht hat ben Dermin §ur §auptoethanblung 0. 16. $>e$. 1879,
in meinem nut bet SERitangefl. St. G. etfe^ienen roat, aufgehoben unb eine Sor*
rubrum] bet beiben anbeten 9)tttangeflagten $u bem neu anberaumten Termine
um beöroiUen abgelehnt, roeil bie 3uftellung beS mit ber fiabung $u ber $aupt*
oerhanblung behänbtgten Sefdf)luffe3 über bie ©röffnuna beä §auptoetfahten3
nicht orbnungSmäjjtg befunbet mar. 3 roar ^ atte oet ©ertchtSoollsieher auf einet
2lu3fettigung bet Labung befunbet, bafe et biefe Sabung, eine Slbfdjtift bei .Bu»
fteUungSuthmbe unb 2lb|dfjrift beS Sttaffammetbefchlutteä, ben genannten SJtit*
angesagten jugefieUt habe, auch roat in bet Sabung bet Sefchlufj bet Sttaffammet
bed Sanbgerid^tö 00m 22. Sfooember 1879 als beiliegenb angejogen, bet ©crtd^tÄ-
oottjie^et Jiatte abet bie 3ufieUung5urfunbe roebet auf bie llrfdjrift bed 5U3U*
jlellenben Straffammerbefd)luffe^, nod^ auf einen bamit ut oetbinbenben Sogen
fiefe^t. 2hi£ biefem @tunbc ^at ba5 ootberticDtetUdje urt^eil bie bura> 3luß*
e^ung jene« Termine« etroao^fenen Äoften oon benjenigen Soften, ju beten (£t*
fiattung bie 3lngeflagten oerurtbcilt fmb, au£gefdf)ieben.
Wlit «Hc^t etblicft bic fteoifton bet Staatöanroaltfd^aft in biefet 2tuS<
f Reibung eine Serle^ung be8 §. 497. St. ^roj. D.
©in s Jled^t, Äoften, roelo)e burdf) eine unrichtige Se^anblung bet Saa)c
o^ne Schulb ber Setheiligten erroachfen finb, niebcrjufchlagen, ober, maS auf
baffelbe hinausläuft, auf bie StaatSfaffe ju übernehmen, ijt ben (Berichten nur
bejüglich betöcbühten burch §. 0. beS ©etichtsfoflengefe^e« 00m 18. 3uni 1878
eingeräumt. 3)a§ in biefem gafle burch Wc 2luSfefcung befonbere ©cbübren,
roeldje nach §. 78. be3 @erichtöfoftengefejje)3 §u beregnen roären, etroachen feien,
ethettt nicht.
S)ie burch eine etwaige Serfchulbung oetanlafeten Slu^lagen abet auf
bie StaatSfaffe ju übetnehmen, fehlt t& an einem gcfe§lia)en ©tunbe. £>ie
StrafproäeBorbnung h«t eine ähnliche Sorfdfjrift wie §. 97. 6. $ro$. D. nicht;
nur für einzelne gälle ift bem Sttafgetichte bie Sefugnifj ettheilt, beugen, Sach*
oerftänbige obet ben Scrthcibiger jur Prägung oon Stoffen $u oerurtheilen,
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axulfäefl etrafrecftt Srfetmtntffe bc« fflei$8geri<$t3. 285
meldte burd& btefe ^erfonen oerfdfjutbct finb (§§. 50., 69., 77., 145.). Jtoftat
folget SCrt finb benn aua) bem Sngeflagten mit jur ßafl ju legen. Mein ein
%aü btefer 2trt liegt Inet nidfjt oor. Soroett aber, abgefefjen oon ben burdb bie
angebogenen SBeftimmungen ber ©trafprojefeorbnung getroffenen fällen, 2tu«lagen
infolge einer SBerfd&ulbung britter $erfonen erroad&fen, ifl ben 2lngeflagten ju
überlaffen, ben elroa begrünbeten ülegrefe gegen btefe ^erfonen auf (Srftattung
ber jenen jur Saft gelegten Äoften ju nehmen. 2öie btefe britten ^erfonen bem
©ertöte gegenüber aufeer ©euefjung bleiben, fo bleibt iljm gegenüber ber 2ln*
gesagte, weiter $u ben Äofkn be« ©trafoerfafjren« oerurüjeilt wirb, aud)
bcjügltd^ jener SluSlagen ber allein SBerpflid&tete. 6eine Sßerurtljeilung ju ben
Sofien |at ftd£> alfo aua> auf btefe auflagen ju erftreäen.
§. 141. 0t <B. B. t §. 64. m @t <B. B. Die Jrage t toie toeit fl*
ber ,flü$tige jur Dollenbung 6er <falmenfuto>t entfernt fcaben müfle t ifl
tyatfäö)Uö)er Hatur.
(£rf. be« EU ©troffen, o. 31. 2Här* 1880 c/a. ©elbe, tooburdfj bie
tteoifion beä Hngcflagten für begrünbet eradjtet, unb auf Burüdoerroeifung er*
fannt roorben tft.
© r ü n b e.
$>te Steoifton beantragt 2Iuff)ebung be« oorigen tfrtljeil« wegen 25erle|ung
be« ©trafgefefce« (§. 141. be8 ©t. ©. 8.) unb ftreifpredmng be« 3lngeflagten.
$)te gerügte §8erlefcung be« ©trafgefefee« wirb barin erblicft, bafj jur 3eit, al«
ber 2lngetlagte bie tfnn jur Saft gelegten §anblungen begangen, ber ©olbat X.,
beffen $af)nenflud)t oom 3lngetlagten beförbert fein folle, feine Äafeme in ber
2lbfi<f)t, nicljt roieber baf>in jurüdjufefjren, bereits oerlaffen gehabt, alfo bie
^afmenffuäjt bereit« oollenbet Imbe, baljer nur nodf) eine 23egünftigung, nidjt
eine öeförberung feiner ftaljnenflud&t möglid^ geroefen fei.
$He oorigen *Ri$ter ftetten tfjatfäd)ltd) feft, X. $abe in ©iotlftetbung am
15. Oft. 1879 fld^ auf ben Safmfrof in kauften begeben, um abjureifen unb fid)
feiner mtlitairifd&en SJienftpfltajt für immer ju ent$ie§en; ber Sngeflagte Iwbe
ftd& mit ifmt fdron brei jage oorfjcr unb an bem genannten Jage tt)eil£ in
feiner ©ofmung, ttjetl« in mehreren SBirt^fd^aften fwuptfä<pä) roegen 33e*
fd&affung ber (ftoilfleibung in fortgefefetem engen Serfebr befunben, ifmt bie
Günlflcioung oerfd&afft unb jum '$rotd ber ^Heifc jtoci Koffer paden Reifen, ben
einen baoon für i^n auf ben Sa^ntjof getragen, ibn in feiner Sffiolmung bie
Uniforraftüde au«- unb bie Gioilfleibung an^en laffen; bie eigenmächtige ©nt-
fernung be« %. oon ber Xruppe fei bemfelben lebigliaj bura) bie Seibüife oc&
Slnqeflagten mögltdj geroorben; ber leitete |abe, toäl)Tenb er in ber befdjriebencn
Söctfc t|ätig geroefen, rooftl geroufet, bafj t& fta; bei ber beabftdfjtigten 2lbretfe
be« X. oon «aufcen um beffen ^lud)t in« 2tuSlanb unb um ba« Serlaffen ber
ftafme gel;anbelt §abe.
3)te $afjnenfluc$t befreit na«^ §. 69. be8 2J?il. ©t. @. 33. oon 1872 in einer
unerlaubten Entfernung (§§. 64., 66., 68. biefe« ©. 8.) mit ber 2lbficr)t, fta) ber
SSerpflid^tung ^um 2>ienftc bauernb ju entjie^en. Söte roeit ber glüa;ttge ftd^
entfernt fjaben müffe, bamit bie 5of)ncnflud)t oollenbet fei, ift eine ?Jraae ber
fonfreten Umftänbe unb l)ängt namentlia) aua^ baoon ab, roela^e ©röjie ber
Entfernung fid^ ber ftlüdf)tige felbft al« ba« Littel ber 2lu«füf)rung be« 33er*
ge^en« gebaebt unb oorgefe^t ^atte. %m oorliegenben ^aüe mar, gcmä§ ben
tljatfädjltdjen geftfteüungen, roelc^e burd^ bie Statur ber ©adjc unterjlü|t roerben,
oon ©eite beä %. nid)t ber ©ang oon ber tfaferne bis wf ben ©a^n^of al« ba«
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286 3)<utf<fie« ©rraftertt. (Siteimtraffe be8 WctASgerirttS.
bic glud&t ooüenbenbe Witid gebaut, fonbern bie Steife in'S SuSlanb, unb bem
2tngeflagten roar bicfcÄ be!annt. 2U£ baljer X. auf bem Salmrjofe oerbaftet
rourbe, war bic $afmenflud)t nidjt oollenbet, fonbern bie 2lu8fübrung berfelben
fa^on im ©eginn oerfunbert. $)emnadj fielen jene oom Slngeflagten bem Z.
aeleifteten SHenfte ni^t in bie §t\t nadj ber 3$otfenbung ber ^atjnenflud&t. 6te
fielen fogar gröjjtentfjeilä nodj m bie 3*^ fi<& X. «uf ben Safmfjof begab,
würben alfo aua) bann gröfetcntfjetlg cor ber SMenbung be3 Vergebens geletftet
roorben fein, wenn e8 möglta) märe, mit bem ©angc nad) bem Safjntjofc bie
ftaljnenflud&t für bcenbigt ju galten.
2>emnadj ifl in bem 2lu£fprucf)e ber oori^en 9tia)ter, bafe ber Slngeflagte
burcf) bie ermähnte £anblung3roeife bie 2)efertton beS %. oorfä^liä) beförbert
babe, bafe alfo ber §. 141. be£ St. ®. 93. jur Slnrocnbung $u bringen fei, ein
s Jted)tSirTtf)um in leiner SSeife ju finben.
§. 49. a. 6t <B. B. Die Qlnnatjme eine« nierjt ernftlia? gemeinten aber
für ernfHiO) gehaltenen (Erbietens 3U einem XVrbredjen ift gleich roic
öaa (Erbieten fträfloe.
(Sri. beä Hl erraffen. 0. 31. 9)tär$ 1880 c/a. Ärumbbolj, rooburd&
baS SSorerfenntnife oernicf)tet unb auf ftreifpredjung erfannt roorben ift.
© r ü n b c.
2>er 2tntraa ber ftemfton ge§t auf 9luff>ebung be$ oorigen Urtrjcilö, fo
roeit cä ben 93efd&roerbefüfn*er betrifft, unb auf $reifprecrnirig bc£ lefcteren.
Segrünbet ift ber Antrag auf bie ©erjauptung einer unrichtigen 2Inrocnbung bes
§. 49. a. be« 6t. ®. 8.
9la$ ber ftefrftellung ber oorigen 9tict)tcr batte ber 2)iitangeft 2). bem
©efcf)trjerbefüf)rer unb anberen ^erfonen bie falfcfje SBorfpiegelung gemalt, er fei
im (Staube unb SBiUenS, gegen SSorauäentridjtung eckten ©elbeS irmen falfcbe
fteiefySgolbmünjen anzufertigen unb ju liefern ; ber Sefdjroerbef übrer fjatte biefer
33orfpiegelung geglaubt unb ba£ ©rbieten, bie falfajen ©olbmün$en ju liefern,
für ein ernftlicb gemeinte« ge&aUen unb angenommen, roärjrenb SD. babei nur
bie 2lbfia)t gehabt fjatte, fia) ©elb ju oerfctyaffen ; ber ledere ift baf)er roegen
öetrugg, ber $efa)roerbefüf>rer nebji Slnberen au3 bem §. 49. a. bc3 8t. ®. «.
oerurt&etlt.
9ta# ber im 6trafgefeöbua) jur ©eltung geforamenen Set)re oon ber
Slnftiftung bleibt foroofyl bie mtjjluncjene Stnftiftung, eine folaje alfo, meldte ben
9BiHen be£ SKnjufäftenben nidjt befummle, aLS aud) bie erfolglos gebliebene 9ln
ftiftung, meldte jroar ben SSiUcn beSjenigen, ber bie $f)at begeben follte, be*
ftimmte, aber niajt einen Anfang ber 2lu5füt)rung jur $olge r;attc f {traf (od;
i^ieruon roaren $unäd)ft nur einige fpcjieüe 2lussnabmcn gemacht (ogl. §§. 8ö. f
110., 111., 112., 159., 100. bc« 6t. ©. ö. unb äfutlic&e Öpejialbeftimmungcn
im 9Ril. 6t. ©. 33. §§. 78., 99., 100. unb in ber 6cemann3 0. §. 88.). eben fo
unterlagen nacb ben ©runbfäfcen beö ©trafgefe^buebs baS Komplott, roela>3
nidjt einen Anfang ber 2lu8fürjrung jur ^olge ^atte, unb bic SSorbcrcitungS-
banblungcn feiner Strafe, unb aua) Neroon roaren nur einige befonbere
^ättc aufgenommen (ogl. §§. 83., 86. bc3 6t. ©. §§. 59., 103. beS SRil.
6t. ©. S.).
3)ic s Jlooeüc oon 1876 roolltc oon biefen ^Hegeln in Sejie^unc^ auf $er
brechen eine aügemeincre 2lu£nabme eintreten laffen. 2)er ©runb fueruon lag.
abgefe^en oon einem 3Sor!ommni§ in 33clgicn, in ber ^üdftajt auf bic ©efäljr>
liajfeit beö SÖerben« oon 2:ijätcrn ober 9)iittf)ätem jur öegefjung oon 3?er-
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3>eutf*e8 Stwfreät. (Sttcnntntffe tc8 8let<&8geric$t8. 287
Breden für bic öffentliche Sicherheit; bic 9Rotioc bemerften: „eS liegt auf ber
£anb, bafj bic Ausführung oon «erbrechen erfchmert unb in ftolge beffen wahr*
fdjeinlicf) minbet häufig werben wirb, wenn fdjon ein berarttgeS Unternehmen
oom ©efefte für ftrafbar erflärt ift; wenn cS $u ben Aufgaben ber ©trafgefefc»
gebung gehört, bie Sicherheit ber Staatsangehörigen, fo weit eS burch ©trafen
t^unlich ift, ju oerbürgen, fo erfchemt eS geboten, ben ©efaljren entgegensutreten,
welche bem Ginjelnen für feine $erfon unb fein eigentfjum bie ©traflofigfeit
ber mißlungenen Sluftiftung unb beS (MtetenS jur Begehung oon Serbreien
bereitet." (6tenogr. Scripte über bie Verfmnblungen beS Reichstag« 1875/76,
III., 180.)
S)er hierbei geltenb gemachte jurtfttfehe ©efichtSpunft mar ber ber erfolg*
lofen ober ohne Slnfang ber Ausführung ber 2f) at gebliebenen 2lnftiftung unb
beS ohne %i)at gebliebenen flomplottS- biefcS ergiebt fich fomohl aus ben
ÜMotioen, als auch aus bem Berichte ber Äommifüon beS SRetdjStagS unb ben
(srflärungen bei ber Veratfmng im Reichstage oon ©etten ber 3Jtitglicber beS
leiteten unb ber Vertreter ber Regierungen. ^nSbefonbere macht ber $ur
Begehung eines Verbrechens ©rbietenoe burch feine $ropofttion fid) einer Vor»
bcreituncjshanblung burch ,§inmirfen auf eine SSillenScinigung fduilbtg; unb ba
er jugletch bie befinitioe Raffung feines oerbrecherifchen @ntf<f)luffcS noch oon
ber (Einwilligung beSjenigcn, beut gegenüber er fiefj erbietet, abhängig macht,
liegt in ber bie Vebingung beS bcfmttiocn @ntfa)luffeS erfüüenben Annahme beS
(SroietenS baS SRoment einer ben SÖUlen beftimmenben Stoftiftung.
demnach erfcheint, nach bem ©cbanfen ber Rooellc, beim Grbieten 3ura
Verbrechen unb ber Sinnahme beS (SrbtetenS bie befinitioe Vefrimmung beS
SSillcnS beS ftaj (Srbietenben jur Vegehung beS Verbrechens als baS Söefentltche.
3)er Vergleich mit einer ohne ÜBirfung gebliebenen unb bennoch frraf baren 2luf^
forberung ift l)icx auSgefchloffen burch baS Voraufgehen beS ju Veftimmenben
mit bem erbieten. 2>a6 baS ledere oon oorn herein ernfttich gemeint geroefen
fein müffe, barüber ^errfc^tc in allen ©tobten ber Verathung bie ooUfommenftc
Uebercinfttmmung ber gefefcgebenben ftaftoren; ein nicht ernftlich gemeintes @r*
bieten foUte unter bie ©trafbrohung nicht fallen. 2tuS biefem ©runbc fann
auch bie Annahme eines nicht emillich gemeinten (SrbietcnS nicht unter bie
©trafbrohung fallen; entfeheibenb hierfür ift ber ermähnte innere 3ufammen
hang ber ©ad)c, ba biejenige Annahme getroffen werben follte, welche ben ernft-
liehen, aber bis baf)tn nur bebingt gefaxten Gntfchlufe beS ftd) ©rbietenben burch
bic Grfüüung ber in ber Annahme beftehenben Vebingung $u einem unbebtngten
tfntfchlufe umwanbelt, was nid)t möglich ift wenn oon Anfang an ber fia) 6r*
btetcnbc baS Verbrechen nicht begehen wollte, fonberu bura) baS Vorgeben eines
oerbrecherifchen 2BiUenS qanj anberc ^weefe oerfolgte.
Ungeachtet biefe Äonfequcnj ftet) fchon auS bem ©ebanfen beS ©cfefecS
ergab, beabftchtigte bie Äommiffion, um jebem ^rrthum bei ber praftifchen 2tn-
wenbung bcffelbcn ooräubeugen, eine auSbrücfliche &eroorhcbung. ©ie fchlug
baher oor, ju tagen:
„gleiche ©träfe trifft benjenigen, welcher fich — sur Vcgchung eines
Verbrechens — in ber 2lbficht erbietet, für ben $att ber Annahme feinem
Erbieten gemäfj $u hobeln, fowie benjenigen, welcher ein foldjjcS Qx-
bieten in ber 2lbficht annimmt, bic Vegefjung beS Verbrechens ju förbern."
(©tenogr. Verichtc III., 479.)
3)urch ihren Verichterftatter liefe fie hierzu bemerfen:
„darüber herrichte in ber Äommiffton ©moerftänbmfe, baß in ben
jenigen fällen, in welchen ber Offerent unb ber jenige, welchem offerirt
worben tft, nicht bic ernfte Abflaut gehabt hoben, Den anbern §ur 93er*
Übung beS $eliftS nt beftimmen, bejw. feinerfeits baS $>eltft §u oerüben,
wenn ber anberc feine Einwilligung baju gebe, baß alfo in benjenigen
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288
2)eutt*c« ©twfre$t. (Srtenntnifie beß ffleicWfleritftä.
fällen, in roelct)en ber ernfte unb be[Hmmte 2öitte mangelt, an$ufHfteit,
bejro. in ftolge ber Slnftiftung, baS Verbrechen 3U begeben, bic Straf»
barfeit nicht begrünbet ift" (2)af. IL, 838.)
3)er SunbcSfommiffar erflärte:
„er fönne nur beftättgen, bafj bic Regierungen mit bem in bem 2lbfa|e
auSgefprochenen ©ebanfen ciuocrfianbcn feien." (2)af. IL, 844; III., 470.)
S)ie $ajfung ber ßommtffion rourbe bann aroar nidt>t angenommen, aber
nur be8t;alb, rocil bie baburdj) tjemorge^obene 2lbficht fidj oon fclbft oerftehe unb
gerabe bie auSbrücfliche ^eroorljebung berfelben gu ^rrtbümern in ber Slnroenbung
führen fönne, inbem man hinter bem SluSfpredjen beffen, roaS fid) oon fclbft
oerftehe, einen befonberen Rmd unb befonberen Sinn fueben unb baburch bic
richtige 9foffaffung beS ©efefceS ocrfehlen werbe (ogl. baf. IL, 83G f 844 2c).
Slugenfcheinlieb fleht aber, unb hierüber nmrbe auch bei ber 93eratljung fein
3roeifel gelaffen, bei jener ben magren 9BilIen beS ©efe^cS auSbrücfenben
Raffung ber Äommiffion ber auf ben fuh (Srbietenben besügltche Sa§ mit bem
Safe, melier fid) auf ben 2lnnel)menben bejietjt, in untrennbarem 3ufammen*
bange: berjenige follte ftrafbar fein, melier in ber 9lt>uct)t ber görberung beS
Verbrechens ein (Erbieten annehme, roelcheS mit ber Slbficht nerbunben geroefen
fei, im ftall ber Stnnabme bem (Erbieten gemäfe ju ^anbeln.
Such ber prafttfd)e ^wtd beS ©efefceS läjät biefe Auslegung als bic
richtige er f feinen. S)ie Slufforbcrung jur Begebung eincS Verbrechens ift
gefährlich, rocil nicht oorauSgefehen werben fann, ob fic nicht bie Slnnalmie jur
^olge ^aben werbe, foU baber beftraft werben, auch wenn fie im Eontreten $all
Sie Slnnaljme nicht jur ftolge ^atte. 3lbcr bie Sinnahme eines nicht ernftlid)
gemeinten, fonbern nur fimulirten (ErbietenS ift nicht gefährlich, weil ber nur
Scheinbar fid) (Erbietenbe aud) für ben %aU ber Sfonafyme baS Verbrechen niajt
oerüben wollte. (Sine anbere ftrage ift eS, ob in einem fonfreten Sali bie 2ln
nähme eines blofj fimulirten (ErbietenS ctroa in bem fid) ©rbietenben ben wirf*
liehen (Entfcfuufe ber Veger)ung erft neu fjeroorgerufen, alfo wie eine erfolgreiche
2lufforberung geroirft habt; non biefem ©eftchtSpunft roürbc es fuh nicht
mehr um bie änmenbung beS bie Slnnabme eine« Erbieten« bebrot)enben ©efefces,
fonbern um baS ©efefc über bie 2lufforberung, bejm. bic 2lnfiiftung jum 33er-
brechen Imnbeln. $>er uorlicgcnbe gaü giebt feine Veranlaffung, biefen ©efichts*
punft weiter ju «erfolgen.
Wlit ber obigen Stillegung fte^t ferner ber SBortlaut be3 @efe^eS im
(Sinflang. S)enn wie bei jener Raffung ber flommiffion, fo be^ie^t fidt) aud) in
bem angenommenen ©efc^e ber Safc: „wer ein fola^cS Grbictcn annimmt" auf
ben oorljcrgc^cnben Safc: „mer fid^ jur Scgctjung eine« 2fcrbred(jenö erbietet",
rote ba5 referens auf ba« relatum; bcuS 2öort: „ein fold^cS Erbieten" uerroeift
auf ben uorf)ergej)cnben Sa^ als auf feine (Erläuterung unb ©rgänjung; roar
alfo im lederen ein emfUid&e« ©rbieten oerftanben, fo fann im nad^folgenbcn
Sa^ aud) nur ein folajeS, alfo ein emitlidjeÄ (Erbieten a\& gemeint gelten. 2lud)
in biefem fünfte fc^ltcfet fid) baS ©efe^ genau an fein ^orbilb, baS belgifdjc
©efefe oom 9. 3uli !875, an, tueld^eS an ber betr. Stelle fagt: „quiconque aura
aeeept^ semblable proposition."
S)ie Slnna^mc eines ntc^t ernftlid) gemeinten, aber für ernftlic^ gehaltenen
(SrbietcnS ift uor ber SWoral of)ne ^lucircl nicht roeniger uerroerflieb, als bic
Annahme eines emfilichen GrlüetenS. ^«^effen fann bie moralifebe Söürbigung
nicht ben SluSfchlag geben, roo bie juriftifchen Unterlagen ber Interpretation befannt
unb gegeben finb. 2)iefeS ift, roie im 93orftehcnbcn erörtert, h^r ber Jfall, fo»
roohl in thearetifcher §inficht, ba bic Annahme beS nicht ernflltchen drbieten^
roeber bem begriffe ber Slnftiftung, noch bem beS Komplotts entfpricht, als aud)
in praftifdjer öinficht, ba eS an |uh für Slnbcre nicht gefährlich ift. S)ie SKottoc
beS citirten befgifchen ©efe^eS, rocldjeS gleichfalls nur bic Annahme eines ernft
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I
*
StaitfäeS ©rrafwd&t. (5r!«rattttiRc te§ ?Rci$«gmd)t«. 289
lid^cn (SrbietenS mit Strafe bebtofjt, fagen bemnach jmar mit oottem SRcd^t:
„l'aceeptation de la proposition n'est pas moins immorale que la proposition
meme; le danger qu'elle fait courir est plus imminent; il est donc juste qu'elle
n'eehappe pas ä la repression." aber fie fefcen babei ftillfchweigenb oorauS,
baß bie angenommene ^iropofttion eine crnftliebe mar, benn fie tonnten oon einer
©efäfjrlichfett ber 2lnnahrae nicht fprechen, wenn ber ^roponirenbe baS Sier*
brechen niemals begeben wollte.
hiernach ^aben bie oorigen Siebter ben §. 49. a. beS 6t. ©. SJ. auf ben
$}efd)roeTbefüf)rer mit Unrecht in »nwenbung gebradjt, unb war ber 93c*
fd>werbeführer oon ber 2lnflage freijufpred^en.
3n berfelben rechtlichen Sage befmben fid) aber nach ben tljatfäd&Itc^cn
^efrfteüungcn ber oorigen föidjter auch bie Olngefl. ©chanfwirth Z. unb @befrau,
ftabrifant 9)?. unb Gfjcfrau, unb ffrämer Scf., ba auch ihnen gegenüber baS
Erbieten beS 2>. jur ^Begehung beS Verbrechens ber galfc^münjeret fein ernft*
lid) gemeintes mar. @S mußte bafjer ba« oon M. angefochtene Urzeit auch in
fo weit, al« eS biefe Hngeflagten für fcbulbig befunben unb aus bem §. 49. a.
beS 6t. ©.8. oerurtfjetlt bat, in ©emäßbcit beS §. 397. ber 6t. $roj. 0. auf*
gehoben unb auf greifprea)ung erfannt werben.
§. 283. Hr. 1. @t <B. B. §. 210. ttr. 1. ftonf. <T\ Der nad) §. 283.
£t. <B. B. jkafbare Diffcren^anbel ifl nid)t auf eigentliche Differenj-
gefdjäfte cin3ufd)ränfen t fonoern umfaßt au* foldje (Befcbäfte, bei
melden IcbigUcb 6ic ^Ibfiajt ber (Einforberung ber Diffcren3 jur
Cieferungejcii vorliegt.
Grf. beS II. 6traffen. v. 31. 2ttär$ c/a. 2Bolff, woburd) bie fleoifton
beS 2tngeflagten jurüefgewiefen morben ift.
© r ü n b e.
35ic behauptete Sßerfcnnung beS (SrforberniffeS für ben Segriff beS ein*
fachen SanferuttS auS §. 283, 1. beS 6t. ©. baß ber banreruttirenbe flauf*
mann burd) SHffercnjhanbel mit 2Baaren ober SBörfenpapieren übermäßige 6unrmen
oerbraudjt habe ober fdmlbig geworben fei, liegt nicht cor. 3Jtag immerhin au*
gegeben werben, baß unter eigentlichen Sbiffercnjgefehäften nur folche 3citgefchäfte
nU oerftehen finb, bei welchen bie Erfüllung in s Jtatur burd) Lieferung ber oer*
!auften SBaare cinerfeitS unb 3ahlung beS ÄaufpreifeS anbererfcitS uertrag>
mäßig auSgefdfloffen, ©cgenftanb beS ©cfd)äftS oiclmchr nur bie ©elbfumme ift,
um welche ber oercinbarte Kaufpreis oon bem am Stichtage befiehenben SBörfcn*
ober SJiarfprcife ber Söaare überfliegen roirb, bejw. gegen biefelbe jurüdbleibt,
fo fann bod) hiermit ber Söeariff beS S)iffcrenjhanbcl^ im 6inne beö 6traf*
gefe^eö um fo meniger als erfchöpft angefeljen werben, ald praftifch berartige
©efchäfte im Sörfenoerfehr eine nur gan$ untergeorbnete 9toHe fpielen, baS
©efe^ ben Äeim feiner SSirfungSloftgfeit baher fa)on bei femer Grlafjung in fia)
getragen haben mürbe.
2)aä ©trafaefe^ beruht auf ben ©ebanfen, baß ber Kaufmann, welcher
für feinen ©ewerbebetrieb bie Gigcnfdjaft ber 6olibität beanfprucht, Sßaaren
unb Sörfenpapicre nur für bie 3roetfc bicfeS ©ewerbebetriebeö unb im Bereiche
beffelben fauft ober oerfauft, mithin aües8 fern hält, was als ein neben feiner
eigentlichen faufmännifchen Scntfe hcrlaufenber, auf oöllig unficheren Äombi*
nationen beruhenber unb wefentlia) oom 3 u f a ^ abljängenber 6pefulationShanbcl
ftch barfteHt. dergleichen Dperationen werben bem Spiele gleichgefteUt, wie fie
auch ber (Sache nach etwas EnbereS nicht finb; fie beeinträchtigen baS Vertrauen
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290 2>ctJtfÄc< ©trafrccbt. GMenttttnff*. befi SRei(6$geri<f>t$.
auf bie baucmbc Ärebüfähigfeit unb rechtfertigen, währenb fonft bcr unoer*
fdjulbete Sanferutt einer 23eftrafung nicht unterliegt, wenn e« ftd^ um babureh
oerbrauchte übermäfjtge Summen h<ntbelt, bie gefejjliehe $iftion, bafe folche jura
eingetretenen 33ermögen«öerfall unb ber baron gefnüpften 3ahlung«einftellung in
mehr ober weniger urfachlicher ©ejiefmng fielen. $iefe unfolibe SSetfe be«
©ef<häft«bctrteb« unb bie babureh herbeigeführte SBcfchäbiguug ober ©efärjrbung
ber ©laubiger foll ber frrafrcchtltchen Sl^nbung oerfallen.
Pr biefe Stücfftebt be« ©efefcgeber« aber bleibt es nach einer geroiffen
fötehrung gleichgültig, ob ba« ©efebäft nur ben 2tnfpruch auf bte &ifferen$
begrünben ober neben bemfclbcn auch biejenige auf reale Erfüllung bcjtefjen foU.
3Me ledere bat bei 3cttgefcbäften nur au«nabm«weife Sebeutung, 5. 8. wenn ber
Ääufcr ftch Leerung oerfchaffen will für Sieferungen, tocld&c er fclbfl am (Stich-
tage ju machen hat. 3u ben meiften fällen ift e« thatfächtich ben contrahirenben
Xhctlen ober einem oon beiben nur um bte Sifferenj 5U tbun. 9öo aber biefe«
Moment in ben SJorbergrunb tritt, liegt für ben Xhcil, toeteber bie Stbftcht oer*
folgt, jur SteferungSjcit nur bic SDiffcrcnj $u forbern, wenn fidt) folche \u feinen
©unften hcrauSftetlen folltc, im anberen 'Jafle aber bicfclbe auf Verlangen be«
(Gegners ju Rahlen, für btefen ein $tfferemgef<häft oor, unb ber gewerbmäßige
Setrieb toller ©efd}äftc geflaltet ftch *um SDiffcrens^anbel im 6inne ber 3tff. 1.
be« §. 283. $>enn auch hier trifft Dasjenige ju, 10 a& ba« Verwerfliche ber
9tgiotage begrünbet, baß ba« ©eferjäft nicht bem faufmännifchen (Srwerb burch
Setfhtng unb ©cgenletfhtng, wobei betbe Shcile ihre Rechnung finben, fonbem
bie Sucht nach müliclofcm ©ewinne auf auSfchlteBltche Äoften be« anberen £beil«,
gleich bem Spiel ober bcr SBcttc, bienen foU. S3et folchem $anbcl liegt auch Die
00m ©efefegeber gerabe in ba« Slugc gefaßte ©efahr bcr Zerrüttung be« SJer*
mögen« oon Seiten be« nur auf bte $ifferenj fpefulirenben Kaufmann« recht
eigentlich oor, ba, wer effeftioe Erfüllung beabfichtigt, bei bem 5lbfchluffe oon
„Seitgcfdjäften ben ftuffanb feine« Vermögen« wegen bcr bann gebotenen größeren
2lufwenbungcn mehr in Betracht 3iel)cn wirb.
S)agegcn fonntc e« nicht in bcr Stbftcht be« Straf gefefce« liegen, ben
Begriff bc« SMffcrenahonbel« auf eigentliche 2) iffcrcnjgefchäfte im obigen Sinne
ein^ufchränfen, welche in einem großen 2l)citc be« beutfehen föechtÄgebtete« cioil*
reebtlich feine Älagc auf ßrfüllung begrünben unb auch fchon be«halb alö
Seftanbtheil be« .§anbel«ocrfehr« nicht erheblich in ba« ©croicht fallen.
$)ie Behauptung be« Slngeflagten, baß bei ben oon ihm aba,cfcf)loffenen
Börfengef (haften, welche für ihn im 3af)re 1878 allein einen burdb Berechnung,
bejw. Zahlung, ju beefenben 2)tffcrenjoerluft oon 138 824 3Jr. 25 $f. §ur ^olge
hatten, er feinerfeit« bie Wicht effeftioer Lieferung ober Sinnahme gehabt habe,
ift 00m erften dichter al« wiberlegt angenommen, unb bcr 3lppelIation«richtet ift
3U Feinem abweichenben Grgebniffe gelangt.
S)ic 3"ft a wchter haben baher ohne 9lccht«irrthum bic ftattgehabten
Serlufte bem getriebenen ®iffcren3hanbcl ^ugcfchricbcn.
§. 246. 0t. (F. B. <£s liegt feine UnterfAlagang ooc t wenn ber (Eigen«
tbümer eines TDcchfel« ttot^ ber »cn ihm bei gcthhmg, ber IDecbfcl-
fummc jugefagten Verausgabe bes XDcc^fcls, teueren weiter begtebt
©rf. be« II. Straffen. 0. 2. 2lpril c/a. Gohn.
3)cr 3lngeflagte hottt bei Suriicfjahlung ber einer SBittwe St. gewährten
3)arlehnc biefer bic bemnächfie 3u*ücfgabe ber betreffenben SBcchfel jugefagt unb
war, ba er bicfclben gleichwohl weiter begeben fwNe, in 5 ol 9 c appellation«'
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2>«itf$e* (Srtenntniffe be8 3l«<$3gcricbtS. 291
ridjterlicber Entfdjeibung, wegen Unterfcblagung betraft worben. SDaS 9ietd&S*
geriet bob auf föeoijton beS Slngeflagten baS ^orerfenntnife auf unb ertonnte
auf 3uriicfoerweifung.
® t ii it b f.
2)ie auf ®efe|eSoerlefeung geffti|tc 93efdjwerbe ermöglicbt allgemeine
Prüfung ber ©cfe&cSanwcnbung, unb biefe ergiebt, bafj ber 91. SR. baS ©efe$
unriebtig aufgefaßt bat. S)crfelbe ftellt feft, ba§ bic oon ber Söittwe St. ju
©unften beS 2lngef legten aeeeptirten unb bemfelben jut Sieber fycit oon Marleben
übergebenen Iffieebfel nacb beten 33c$at)lung bureb bie Scbulbnerin unb, nad>bem
ber SBeajfelgläubtget alsbalbigc SutüdQabt ber SSecbfel oerfproeben ^atte, niebt
mefjr Eigentbum beS Sefeteren, beS Slngeflagten, fonbern im Sinne beS §. 246.
beS St. ©. 58. für tbn ffembe Söecbfel gemefen feien. S)er SIngeflagte mar aber
bur$ bte Ucbergabe ber auf tbn als ©laubiger lautenben unb oon ber Sejogenen
aeeeptirten SBecbfel als Eigentümer berfelben legitimirt (SCrt. 36. ber beutfeben
2B. £).). $>ie Sßecbfelfcbulbnerin Ijatte bagegen baS Stecht, $u oerlangen, bafe ibre
S^eilsa^lun^en auf benSBcdjfeln abgefebrieben, unb bafe Üjr gegen 3af)lung beS
Heftes ber ftorbcrungSbeträge bie quittirten Söeebfel oerabfolgt mürben. 35er
Scbulbnerin, roelcbe oon biefen öefugniffen feinen ©ebraueb madjte, ftanb lebiglicb
baS perfönliebe Steajt $ur Seite, aufeer ber Quittung bie 91ti<fgabe ber über bie
beriebtigte Sdfmlb auSgeftellten 3Öecbfel *u f orbern (Sanbr. $bl. I. Zxt 16.
§. 125.). 2>ie Sßecbfel, roelcbe im 53eft$e beS urfprünglieben Eigentümers oer*
blieben, rourben bureb Tilgung ber SBecfrfelforbcrungcn feiten« ber 2lcccptantm
noeb niebt beren Eigentfmm, unb nur bureb bie öeTauSgabe ber SSccbfel bätte
fie foldjeS erlangen tonnen. SDer 2lngeflagte blie6 oielmefjr trofc ber 3ofyluug
feitenS ber Scceptanttn Eigentümer ber SSecbfelurfunben unb mar fogar, ba
bie 3ablungen ber 2kceptantin auf ben SBecbfeln nt#t uermerft roorben waren,
nacb Söecbfelrecbt wenigftenS formell in ber Sage, als Eigcntfnimer über Mefelben
ju oerfügen. $)ie SOBcdjfel bilbeten fomit für ben 9lnaeflagten leine fremben
Sachen nacb bem 9kcbtSbegriffe beS |. 246. beS 6t. ©. 8. 3>aS angef. Erf.
nimmt jroar an, bafe bie fräglieben SSecbfel, naebbem ber 2lnge!lagte ber SBecbfel*
fc^ulbnerin gegenüber bie 3<*blung ber Beträge ber Söecfyfelforberungen aus*
brüdlicb anerfannt battc, oermöge beS SBerfprecbenS alSbalbigcr 3urticfgabe ber*
fetben, niajt mebr Eigentum beS 2lngeflagten, fonbern im Sinne beS §. 246.
beS 6t. ©. 8. für if)n frembe Söecbfel geroefen feien. 2lücm ber oon biefer
©efefceSbefhmmung aufgeftellte Segriff ber fremben Sacbe trifft niebt auf foldje
Saajen ju, roelcbe ber Eigentümer einem anberen ^erauBjufleben nur perfönlicb
oerpflicbtet ift. S)ie üttotioe ju bem in ber entfebeibenben 9tic§tung unoeränbert
gebliebenen §. 241. beS ©efe^entrourf« beben beroor, bafj ber SJri^atbeftonb ber
Unterfcblagung bic $ällc einer roiberrccljtlicben Verfügung über frembe Vermögens*
redete unb fomit aueb üoer perfönliebe Slnfprücbc auf Soeben niebt umf offen foHe.
3)er Entwurf wollte oielme^r einem in ber SBiffenfcbaft erörterten unb auf eine
Erweiterung be§ XbatbcftanbcS abjielenben Sebürfniffe baburc^ 2lb^ülfe oer^
febaffen, bafe er ^äüe jener 2lrt unter ben begriff ber Untreue gefallt b«t
(§. 261, 9ir. 2. be<8 Entro., §. 266. 9h. 2. be$ St. ©. 33.). 3;näbefonbere macben
bie SWotioe barauf aufmerffam, bafe baS ©efefc nur oon einer förperlicben be*
roeglicben Sacbe fpreebe, roeld^c ©egenftanb bcS Eigentbum« eines anberen
fei. ipierju roirb weiter bemerft, bafe ber Entrourf bie in ber SBiffenfdmft, roie
in ber SlecbtSanfcbauung bcS SolfS unb in ber s Jiatur ber Sad^e begrünbete
SHcrwanbtfcbaft ber SSergeben bcS ©icbfiablS unb ber Unterfcblagung feftgefjalten
babe unb ben 3$atbefianb ber leiteten einfacb als bie recbtSwibrige Aneignung
ber fremben beweglidjen Saaje, in beren Labung ber ^^äter fieb bereits bc*
finbc, bejeic^ne. ^nbem ber 31. 91. bie oom erften 9ttd)ter aufgeftellte 2lnficbt
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292 Eentföe« GtraMt «rtcnntnifie b«5 Wei<$*getic$t«.
als roefentlidfjen SJebenfen nidjt unterliegenb anfab, bafi ber 2lnge!lagte oon bem
2lugenblide an nur Snfcaber bcr Söedrfel unb nid&t mel)r (ftgentljümer berfclben
geroefen fei, als er anerfannt gehabt fjabe, ba& er oerpflicbtet fei, bie bejahten
2Bedf)fet jurüdjugeben, biefe aber fcfjon bterburdfi für tyn frembe ©egenftänbe
geworben feien, meld&e er herauf für bie 2ötttwe 6t. oerwabrt fiabe, beruht bie
tt)at\ää)l\fy ^efifteflung ber Sorinfknj auf einem 9ted(jtSirrt&ume.
§. 263. @t. <B. B. 3n bem t)erfpretben t nad) llebergabe öe« ßauf-
objeftes fofort Gablung 311 leiten, fann, wenn ber Käufer mußte, 6a|
er ja^lungsunfäbig mar, 6ae Heguifit bea Betruges gefunben werben.
@rf. beS UI. Straffen. 0. 3. Hpril 1880 c/a. Otto, woburdfc bie föeoifton
beS Staatsanwalts für begrünbet erachtet, unb unter UrtfjeilSauftebung auf
flurüdoerwetfung erfannt worben ift.
® r ü n b e.
©et ftteifdjer D. oon ©rbmannSborf bat oon bem Sädermeiftet in
39örnidjen jmei Sdjweine getauft. @S fottten für ben Stein in auSgefdfjlad&tetem
3uftanbe 11 3fl. 50 5ßf. gejault werben. ©er SföitangeFl. £>. fottte bie Sememe
oon bem Sßerfäufcr abbolen. ©r f)at fun$ugefe&t, ba fönne fr bann gleidf) mit
nad) ©rbmannSborf fahren; bort mürben bie Sdjweine gcfd)laä)tet unb geioogen,
baS roerbc nid&t lange bauern, bann tonne fein ©elb friegen.
D. ift nun imdf) am 10. 9?oo. 1879 nacf> SBörnid&en gefahren, b at bie
beiben Sd&weine na<ij ber tl)atfäcf)Udjen $:eftftellung beS SBorbcrrid&terS oon bem
5ßerfäufer übergeben erhalten, unb ift mit benfelben unter SWitnabme beS $er*
fäuferS %. nad) ©rbmannSborf gefahren, roo bie Sdf)mcine geftod&en unb au«*
gefd)lad)tct worben finb. (SS l)at ftd|j ein ©ewid&t oon 14 Stein ergeben, ber
$rei« ift fjiernac^ für bie beiben Sdjwetneauf 160 9Jt. feftgeiteUt; ber angeklagte
bat ftd) nun aber außer Staube erflärt, ben ben $reiS fofort ju saljlen; er
bat ifmt aud& fd&liefclid) bie Verausgabe ber Sdfnocinc oertoeigert. ©iefelben
finb no<ij in berfelben 9tadf)t, als fie fd&on oon bem Slngeflagten weiter oer*
äufeert waren, unb ftdb in britter $anb befanben, polijetlidf) mit $cf<f)tag belegt.
©te Strafkammer erwägt, ba§ 2lngeflagter auS bem «ermögen beS
Beugen % etwas oljne ©egenleifhmg erhalten I)abe. ©aS SSermögen beS 2c.
fei alfo oefdjäbigt. 5 crTtct ro * r0 ermaßen: 2lngeflagter fmbc aud> einen redjts*
wibrigen SßermögenSoortbeil ertanqt; beim fr b<*be annehmen müjfen, ba{j er ben
$reiS nadj 2luSfcblad)tung ber Sememe erhalten roerbe. (Snbtidij roirb feft^
geftellt: ber Xngetlagte babe Tub Htntx in bcr 2lbftd^t, ben 2c. jur ^ergäbe
ber Sdnoeme o^ne fof ortige @egenleiflung )U ocranlaffen, einer Xäufd^ung beä
%. fdmlbig gemalt; er §abt gar nidfjt in ber Sage befunben, ber 3«fage
ber Saarsablung -tu entfpredjen.
3tber ber @crid)t«bof bat in ben SBorten: „(£r — 5. — fönne bann
— nämlidb nad) erfolgter 2luSfd(jlad()tung — fein ©elb frtegen", eine SBor«
fpiegelung falf(ber ^f)atfai$cn ober eine Unterbrtidung roabrer ^otfad^en, unb
eine l)ierburdj bebingte Erregung ober Unterbaltung eine« ^rrtbum« nia)t er*
blidt, oielmc^r barin nur eine ftraflofe 2äufd^ung gefunben. ©er Slngeflagte
unb feine toegen Segünftigung angcflagte (Sljefrau finb be^b^lb freigefprod^en.
3Wit föed&t erblidt bie 5Reoifiort be$ Staatsanwalts in biefer grcifpred&ung
eine SBerlefcung beS §. 263. be« SU. St. ©.
©a§ ber Slngeflagte ficb nid^t in ber Sage befanb, bem SJcrfäufer ben
^reiS bcr Sdjroeinc fofort üu bejablcn, ifl ebenfo eine Xfyatfaty xok, ba§ er
bie 2lbfia)t niö^t ^attc, ben $reü8 fofort jaulen ju roollen.
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3>tutf<feeS ©trafredit. £*ttcnntniffe fceö Hei*8<icric$t«. 293
SBenn nun bcr 2lngeflagte, obfdwn er wufjte, ba§ er ben $retS ntdt>t
fofort jaulen fönne, unb obfcfjon er bcabftcfjtigte, bie Sajweine otme 3 a ^ un 9 3 U
erwerben, ben SBerfäufer bur$ feine ©rflärung, „er fönne ba& (Mb nad) ber
2lu3fdjlad)tung friegen", unb burdj feine (Sinlabung, mit tfmi nad) feinem s Botm*
orte ju fahren, unD bie beSfaÜß getroffenen 5teranftaltungen in ben @lauben
oerfefctc, Slngeflagter fei in ber ^age unb bereit, ben Sßrei« ber ©djweine
fofort ju bejahen, nadjbem biefelben gefa)lad>tet worben feien, unb wenn er i^n
Ijierburd) befttmmte, bem 2tngeflagten bie 6d>weine anvertrauen, fo waren
bamit alle XljatbefianbSmomentc be3 ^Betrug« gegeben. ift aud) fein ©runb
oortjanben, einen folgen %aü bem Greife oon fällen beä ftrafbaren Betruges
$u entäiefjen, al$ ob berfelbe auSfdjliefclia) ein eioilunredjt barfteüe. aüerbinaS
haftete bcr SBerflagte aus feinem 3$erfpredjen auf fofortige $aar$at;lung ebenfo*
wotjt in bem oorltegenben faHi, wie in bem, wenn er ben ^Bcrfaufer nidjt
getäufetyt l)ätte. Sber ber Sßerfäufer, welcher 3 a ^ un 9 3 U 9 um 3 U 9 enoartet,
übergiebt bie Söaare nidjt, um füg auf ben 2Beg ber Älage oerweifen ju laffen
unb ben Käufer auf biefem 2Bege jur 3al)lung §u äwingen, roenn etwa« oon
bem Ääufer ju erlangen ift, fonbern ber SBerfäufer übergiebt in bem Vertrauen
barauf, bafj ber Käufer erfüllen fann unb fofort erfüllen roirb. 2)ie £äufa)ungen r
roeldje in biefer Sejicljuna ausgeübt werben, finb aud) nidjt weniger gefäbrlia)
als anbere formen beS betrug«. ®a$ 6trafgefefc ift alio auef) fjier feinem
SBortlaut entfpredjenb ofme (Sinfc&ränfung anjuwenben.
§§. 242. 246. et <B. B. IDi6errecb,tUa?e Aneignung oon JDaaren-
»orrätyen feiten« bee Perfaufeperfonal* qualiftyrt fld> nicht als Unter-
fa)lagung, fonbern als Diebjkbt
<£rf. be$ 1. Straffen, ». 5. Slpril 1880 c/a. Sternijjfe, woburd) auf
3urücfweifung ber 9teoifion erfannt worben ift.
@ r ü n b e.
$ie fteftftettung:
,,6t. tjabe bem ^leifd^er St. roätjrenb fie bei bemfelben al3 Saben*
fdjleufeerin biente, bura) mehrere, wenigften« jwei, fclbftftänbige $anb*
hingen ftleifdjwaaren unb ©clbbcträge oon ungefähr 50 9H. bem St.
gehörig, biefem in ber 2lbfiajt rea)t8wtbriger 3ueignung weggenommen"
begreift alle gefefclia)en SUferfmale be£ wiebcrljolten £iebftal)l&.
©in unterliegenber s Jted)t3irrtfmm, inabefonbere eine irrige 2luffaffung be3
Segriff« btefe« ^ergeljenS ift unerftgtlid).
SSenn bie ÜDtitangeflagte fpejictt behauptet, fie Ijabc ja bie angeblich ent*
frembeten ©egenftänbe bereit« felbft in Söefifc gehabt unb bedtjalb an bcnfelben
bödmen« eine Unterfa^lagung. feinen $iebftal)l, begeben tonnen, fo überfielt
fie, bafj in ber oorenoätjnten gefifteOung, wonad) fie bie beseidjncten, üjr fremben
beweglicben ©egcnfiänbe bem Ä. weggenommen tjat, im 2lnfa)lu0 an ben
Söortlaut be« ©efe^e«, jugleia^ bie Xljatfadjc enthalten ift, ba^ nia)t fie, wie
jur 2lnwenbung be$ §. 246. beg 6t @. S. erforberlidtj wäre, oielmeljr ber
^entljümer unb S)ienfif>err St. fictj im ©efifc bejüglia) bem ©ewaljrfam 3ur
3ett ber Aneignung befunben f;at.
tiefer @ewal;rfam beS St. ift aud) red;tj8$utreffenb angenommen.
3)a bie 6t. als ,^üabcnfc|leu§erin"' im ©efc^äftc be« Ä. biente, i^re 33er^
ridftungen biejenigen einer Serfäuferin für fllednwng be3 ^rinjipaljS in beffen
iiaben waren, fo tjatte fidt) biefer beS ©ewa^rfamö feiner SBaarenoorrättje unb
be* bafür erlöften, in ber Äaffe aufbewahrten ©elbe« niajt entäufeert, bereit
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294 2>e«tfd)e§ »troitecfjt. Crtenntniffe be§ Neit$«geric&t§.
bicfen eigenen ©ewahrjam melmehr bei, ba er benfelben, fo weit erfennbar,
nicht burch befonbere 2tfte ber Slngef tagten übertragen hatte, oielraehr in ber
^age unb gewillt war, feine auäfchlie&liche Verfügungsgewalt aua) ber Unit
bienftlid) untergebenen, in feinen ©efchäftöräiimlichfctten nur ju fpcjieüen SMenft*
hanblungen ermächtigten 2tngeflagten gegenüber jeberjeit auszuüben.
$u einer näheren 2tu£einanberfe£ung btefer auS ber (Stellung be3 Ä. unb
ber (£igenfchaft ber Ungefragten „als SabenfchleuBerin'' oon felbft fid) ergebenben
SBerhältniffe ^atte baS ßanbgeria)t beim Langel beS^albigcr (Sinwenbungen ber
2lngef lagten, bie fta) fetbft ata „Serfäuferm'' bejeidmete, feinen nötlngenben Hnlafc.
3>a£ angefochtene Urtheit beutet nicht entfernt Momente an, welche auf
eine freie felbftftänbige ^nnehabung ber Slngeflagten 3U eigenem ©ewahrfam,
namentlich etwa barauf fd)liefjen (äffen, bafj ü)r bie Sachen im Sinne be£
§. 296. beS 6t. ©. SB. „anoerttaut" gewefen feien, würbigt oielmehr ÖL 94. v -
ben „^ertraucnSbruch" ber Stngeflagten lebiglidtj bei 2tu8raeffung ber ihr wegen
beS »erübten SHcbftahlS naa) §. 242. be^ 6t. ©.33. jujuerfennenben Strafe.
§. 20. Prcjj/©. ». 7. Mai 1S74. Die üerantwortlichfeit bes Hebafteurs
einer periooifcbcn geitfehrift ift nur bann wegen Aufnahme einee r»or
feiner Deröffentlichung nicht 3ur ttenntnij? genommenen jlrafbaren
Oktifel» ftraflos ju erachten, wenn bie Hichtfenntni^ aujier feinem
Willen lag.
<£rf. beS II. Straffen. t>. G. 2tpril 1880 c/a. tflug, woburdj bie ftaat^
anwaltliche SKeoifion gegen ba£ feeifprechenbe Vorertenntnife für begrünbet er«-
achtet unb unter Aufhebung beffelben auf 3urücfoernieifung erf annt roorben ift.
© r ü n b e.
Sie oon ber StaatSanwaltfchaft wegen ber ftretfpredjung bcS 2tngefl. XL.
eingelegte, auf Verlegung be£ ®. o. 7. 3Kai 1874, fowie ber §§. 185., 186. beS
St. ©. 8. geftüfcte toifion muf? für begrünbet erachtet werben. Stach bem feft>
geftettten Sadwerhaltc mar ber 2tngefl. ÄL oerantwortlictjer SRebafteur ber täglich,
mit Ausnahme be£ SDcontagS, erfcheinenben Rettung „®eneralan$eiger für Stettin
unb bie $romng Komment" jur 3eit ber Verausgabe ber 9tr. 131. berfelben
vom 8. ä"ni 1^79, in beren 3mciten Beilage ber oon ber Straffammer für
beleibigenb erachtete ^Bericht bcS üJtamjer Journal« uom 4. beSf. 2Jct3. über eine
„Solbatenfchinberei" fid) abgebrueft finbet. 3 U ber ^reifprechung beS Slngefl. ÄL
gelangt bie Straffammer auf ©runb ber Xhatfachen, ba& ber Mangelt. Ä., ber
§aftor jener 3 e ^ tun 9f ben infrirainirten 2lrtifcl felbftftänbig unb ohne Sorwiffen
be£ ÜHebafteurS ÄL jur SluSfüllung eines leeren StaumeS in ber betreff enben
Beilage aufgenommen hat, weil e£ ©ebrauch fei, bajj berartige 3Jlitthetümgeu
burch ben gaftor felbftfiänbig ausgewählt würben unb ber flontrole beS Jttcbafteurä
nicht weiter unterlägen, betfen £h Q tigfeit oielmehr nur auf bie ^nferatentheilc
be§ ©cncralanjeigerS fich erftreefe. S)arin, bafe eS hernach Sache beS Slngcfl. SL
gewefen, biefer e« aber unterlaffen habe, ben fraglichen 2lrtifel oor 3lufnabmc
beffelben bem Stebaftcur Ä(. oorjulegcn, finbet bie Straffammer „befonbere um*
ftänbe" im Sinne beS §. 20. 2lbf. 2. beS ®. über bie treffe o. 7. Wlai 1874,
welche bie Annahme ber Xhäterfa)aft be^ oerantworUichen StebafteurS ÄL
auSfchlöffen.
S)iefc 3luffaffung oerfennt jeboch, wie bie 5ReoifionSfchrift mit stecht geltenb
macht, Sinn unb 33ebcutung ber angeführten ©cfe^eSoorfchrift. ®amach ift ber
oerantwortliche Slcbafteur einer periobifchen Srucfichrift, weil er fich a l* ^ cr '
faffer berfelben nach au|en hin barftellt, rücffichtlich ber burch biefelbe begrünbeten
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2>eutf<$t8 @twfre<$t. «rttnntmffe fce« ftei^eriAtS. 295
ftrafbaren £anblungen grunbfä&licb verantwortlich, unb $war als Xhäter ju bc*
ftrafen. ©eine Stellung legt ihm bie Pflicht auf, ju »acuten, bajj bic unter
Snfünbtgung feiner Verantwortlichfeit erjebemenbe SDrucffchrift einen ftrafbaren
Inhalt erhalt; er hat pofitioe Xbätigfeit nach ber Dichtung aufeuwenben, bafe
ber 3fth a l l ber S)rurffd)rift ben ©efefcen gemäfj fei. unb Deshalb ju prüfen unb
au befttmmen, waS in biefclbe Stufnabrae finben (öU. Uebcrläfjt er bieS einem
dritten, fo billigt er int voraus baS Verfahren beffelben unb macht bei ber
Vorabfebbarfeit beS Erfolges ber Veröffentlichung oon ftrafbaren Slrtifeln beffen
§anblung ju ber feinigen, hiernach finb bte Umfiänbe, meiere in bem freien
äßttten beS 9tebafteurS gelegen ftnb, nicht befonbere Uraftänbe im Sinne beS
gebauten §. 20. Slbf. 2.; vielmehr fefcen, rote bie ÜDtaterialien ju bera (Sefefcc
o. 7. 3Jcat 1874, inSbefonbere ber Vericfjt Der OictcbStagSfommiffton, ergeben, bie
befonberen Umfiänbe folche $äüe voraus, in welchen ber verantwortliche 9te*
bafteur von bera ftrafbaren Slrtifel cor beffen Veröffentlichung Jtenntnifj ju
nehmen ttjatfächlich nerhinbert roar, bie 9itchtfcnntnifj baher aufjer feinem
äütUen lag. Solche Umfiänbe ftnb aber nicht feftgefteUt
§§. 35. 199. et. Pros. & <£ntfcbetbungen im öinne bes §. 35.
dt. Pros. A n0 ai ^ e un Strafverfahren r>orfommen6en richterlichen
2lnorbnungen. — Dem Slngeflagten i|t gemä|§ §. 199. @t. J>ro3. <D.
bie Tlnflagefcbrift 3U3UlteUen. tEs involvirt eine cBefefceeverleftung,
roenn bem 2lngeHagten in ber IjauptverhanMung anjtatt ber £>u»
jtclluna bie 2lnflagefcbrlft nur vorgelefen roorbcn t unb fettend beffelben
bemsufolge ein erfotglofer Dertagungeantrag eingebracht roorben
6rf. beS II. Straffen, u. 6. 2tpril 1880 c/a. <^aw lowSft, woburd) bie
Steoifion unter Aufhebung beS angefochtenen VorcrfenntniffeS für begrünbet er*
achtet unb auf 3urücfverweifung ernannt roorben ift.
© r ü n b e.
S5ie 9tevifton ftüfet fidt) barauf, bafj bem verhafteten 2lngeflagten bie 2ln*
ftagefebrift nicht bureb #ufteüung, fonbem bureb Vorlefung mitgctbetlt unb ber
in ber ^auptoerhanblung vor beginn beS ßeugenaufrufs baraufbin gefreute
2lntrag auf Vertagung ber Sache unb vorherige 3iachholung beS Verfäumten
bura) ©ericbtsbefchlufj abgelehnt roorben fei.
SDiefe Slbletmung wirb barauf gegrünbet, bafj bie Verfügung beS Vor*
fifcenben, welche biefe Vorlefung anorbnetc, als (Sntfcbetbung tm Sinne beS
§. 35. ber St. «ßtoj. 0. nicht angelegen roerben fönne. (SS foll bamit unoer^
fennbar ausgebrochen roerben, bafe bie Vefanntmachung biefer Verfügung, weil
ledere feine ©ntfebeibung geraäfj §. 35. fei, nicht ira JfiJege ber $uftettung su
erfolgen gehabt habe.
@s ifx jeboa) roeber richtig, bafj bte Verfügung, rooburdj ber Vorftfcenbe
jufolge §. 199. baf. bem Slngeflagten bie 2lnflagefcfarift mit ber 2lufforberung
mittijctlt, innerhalb ber ju beftimmenben ^rift in ber näher bezeichneten Dichtung
(Srflärungen, welche feine Vertheibigung betreffen, abäugeben unter bem Vegriff
einer „(Sntfcheibung" nicht falle, noch würbe, wäre biefes felbft jujugeben, bamit
bie grage entfdbieben fein, ob, wenn ber §. 199. bte „3Jttttbeilung" Oer 2lnflage*
fchrtft an ben Slngetlagten oerlangt, eine blofce Vorlefung genüge.
Unter ben (Sntfcheibungen im Sinne bes §. 35. tinb alle im Straf*
oerfahren oorfommenben richterlichen 2lnorbnungen jufaramengefafet, einfchlteBlich
berjenigen, welche lebiglich proaepleitenbe finb. äßan fann in biefer Vejiebung
oon ben lüiotioen ju 27. bis 34. beS (Jntro. ber St. ^roj. D., welche biefe»
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296 3>eutf*c« <Strafr«d>t. ©rfentttuifte bei ffleirtSflettAt*
S. 29, bejtimmt auSfprea)en unb, was bic S^rminologie beS ©efefceS in biefem
fünfte betrifft, burd) bic Verhanblungen ber RetchStagSfommiffton feine 2lb*
änberung erfahren haben, ganj abfegen, benn bie §§. 338. ff., 346. ff., 354. ff.
unb 374. ff. ergeben in ihrem 3ufammenf)angc baffelbe. 2)er §. 338. ff. begeht
fich auf gerichtliche (Sntfcheibungen unb bie babei ootfommcnben Rechtsmittel
überhaupt; in ben §§. 346., 354. unb 374. werben bie einzelnen gegen richter*
liehe ©ntfeheibungen je nach ber ^erfon beS 9ti<hterS, welcher folche erlaffen unb
bem Verfahren, worin fte ergangen, juläffigen Rechtsmittel ber Vefchwerbe, ber
Berufung unb ber 9teoifton erörtert, unb wenn babei in §. 246. 2lbf. 1. aus*
gefprochen ift, bafj bie Vefcfnoerbc aegen bie Verfügungen beS Vorftfcenben su*
läffig ift, fo weit baS ©efe$ biefelben einer 2htfedjtuna nicht auSbrücflich ent-
jteht, fo wirb bamit beutlich genug ausgebrochen, baji aud) bie Verfügungen
beS Vorfifcenben, mögen folche immerhin nach ber Stellung bcffelben im Straf*
projeffc baS aJiaterieüe ber 6aa)c nicht betreffen, fonbern nur auf ben Fortgang
beS Verfahrens abfielen, ben Gharafter oon ©ntfeheibungen an fich tragen,
weldje baher, wenn fie nicht in 2lnwefenf)eit ber baoon betroffenen s #erfon
ergehen, berfclben gemäfj §. 35. ber 6t. v ^roj. D. mittels 3ufiellung befannt ju
machen fmb.
gührt btefe ^Betrachtung baf)in, bafj bie Verfügung, welche ber Vorfifcenbc
gemäfj §. 199. ber 6t. s }koj. D. erläßt, bem Sngcflagtcn mittels 3 u ftellung unb
nicht mittels Verfunbung befannt gemacht roerben mufj, fo ergiebt [ich barauS
mittelbar, bafj baffelbe auch oon ber 2lngeflagefchrift ju gelten fyat, welche eine
2lnlage biefer Verfügung bilbet. 2>ie 3 u fi^ un 9 a °er befteht nach §• 37. ber
6t. $ros- D. in Verbinbung mit $. 156. ber ßtoil*^iroj. 0., wo eS fich nicht
um eine SluSfertigung h an belt, in ber Uebergabe einer beglaubigten Slbfchrift
beS äUjufteUenben SchriftftücfS, woju nach §• 35. 2U>i- 3. ber 6t ^03. £>. noa)
bie Verpflichtung beS 3 u f^ e üung^ beamten tritt, bem nicht auf freiem Sufjc
Vefinblichen baS jugeftellte 6chrtftfrücf auf Verlangen oorjulefen. 2)iefe Vor*
fünften finben baher auch hie? Slnwenbung. GS laffen fich jebodh auS ber
©efdSnchte beS §. 199. nicht weniger gewichtige 2lnf)altSpunfte bafür gewinnen,
bafj unter ber bafelbfl oorgefchriebenen ajtittheilung ber 2lnflagefchrift bie form*
liehe Aufteilung hat oerftanben fein follen.
3)er (Sntw. ber 6t. ^ßroj. 0. \)attc m §. 178. bie Vefanntmadjung ber
2lnflagefa)rift in ein fpätereS 6tabium oerlegt, inbem fie gleichzeitig mit bem
Vefchlujj über Eröffnung beS £auptoerraln;enS, fpäteftenS mit ber Stabung be$
Ülngeilagten erfolgen follte, unb jmar war bort auSbrücflia) beftimmt, bafj fowohl
bie Slnflagefchrift, wie ber (SröffnungSbefchlufj bem 3lngeflagteu ^uauftellen feien.
$)te 9tetchStagSfommiffion nahm jeboch in bem oon ihr in erjter 2efung
als §. 165. a. eingefugten je&igen §. 199. (ogl. bie "JkotofoUe 6.315—321) an,
bafj, abgefehen oon Schöffcnfachen, bem Slngeflagten im ftntereffc feiner Ver*
theibigung bie älnflagejchrift fdt)on oor ©rlaffung be§ VcfcbluffeS über Eröffnung
beS ^auptoerfabrenS mmutheileu unb bamit bie vorerwähnte 2tufforberung ju
oerbinben fei. aJlufjte baraufhin jwar in §. 178. beä (Sntw. — ber §.214. beS
jefcigen ©efe^eS — bie 3nf tc nung ber 3lngcflagefchrift bemnächft wegfallen, fo
laffen boch bie Verhanblungen nirgenbS erfehen, ba^ man bezüglich ber oom
Entwurf gewählten ÜJiittheilungSform h a ^e abweichen wollen, fonbern es läfet
bie Vemerfung beS ^ommiffionSmitglicbeS, weld;e bie 6treicf)ung burch bic
SiebaftionSfommtirion herbeiführte,
„bafj bic 5 a f)nng oeS §. 178. neben ben Vefchlüffcn ber Äommiffion
3U 161. unb 165. wohl nicht befielen bleiben fönne, ba bie frühere
3uftcllung ber 2tnflagcj"chrift burch biefe Vefchlüffe angeorbnet fei"
(ogl. KommiffionSprotofoUe 6. 331),
unbebenflia) ben 6chlufe ju, bafe bic ftommiffion oon ber regelmäßigen Vefannt^
machungsform auch «i^t fyat abweichen wollen, unb' baß Die unbedingte
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2>eirtfd>c8 6trafrt4t. (Jrtenhtmffe be8 Mei^jcri^tS. 297
SBorfdbtift im §. 199. (be$ gegen«) artigen ©efebe«) enthalten fet. Siegt hiernach
eine Verlegung ber §§. 35. unb 199. ber 6t. $ro$. D. oor, fo raufe audtj femer
anetfannt werben, ba& ba£ Urteil ouf bicfcr Verlegung beruht.
$laä) §. 198. ber 6t. $ro*. D. foll bie Slnflagefchrift in 6chwurgericht$*
unb SanbgeridjtSiadjen nidt)t btojj bie bem Slngeltagten jur Saft gelegte Zfyat
nadt) ihren gcfefeUc^cn SKerfmalen unter 3tngobe be8 an&uwenbenben 6trafgefefce3
bc$eidmcn, fonbern auch bie ^Beweismittel unb bie roefentlidjen @rgebni]fe ber
fiattgehabten Ermittelungen angeben.
25er 2lngeflagte gelangt Damit nidt)t blofj in bie Sage, feine Vertheibigung
gegen bie mögud&e (Eröffnung beä Joauptoerfa^renÄ ju rieten unb biejenigen
©rünbe mit äBirffamfeit geltenb ju machen, welche geeignet finb, baS §aupt*
»erfahren überhaupt ju befeitigen, fonbern er erhält auch für ben galt ber @r*
Öffnung beffelben baburdj, bafj er ©inficht erlangt in ba3 53ewei3material, welches
ber 6taat£anwalt gegen ihn oorjuführen unb bie Slrt unb SBteife, wie er bas*
felbe su benufcen gebenft, ein fehr mistige« $fitfSmtttet für feine SBertfjeibigung
in ber ßauptoerf>anblung felbfl.
(fg rann baljin gefteUt bleiben, in wie meit 2tngeflagter baburet), bajj er
fiel) mit ber an u)n erfolgten münblichen Eröffnung ber Slnflagefchrift begnügte
unb bi3 jur ^auptoer^anotung ungeachtet oerfdtjtebener, itjm gebotener ©elegen*
Reiten unb Seranlaffungen SRemebur be£ 9Rangel£ mittels orbentlidtjer 3uftcHung
weber felbfl, noch burdb feinen Vcrtheibiger beantragte, ju erfennen gegeben ^at,
bafj er auf biefe 3ufteuung fy t 0 fe Vorbereitung feiner SBertbeibigung burch
£erbeifcr)affung neuer Beweismittel 2c. feinen Sßettb. lege, ^ebenfalls träfe felbfl
im bejaljenben $alle biefer 3krjid)t boä) nicht bie Rührung ber Vertheibigung in
ber £auptoert)anblunQ felbfl unb biejenigen Vorteile, welche bie Jfenntnifj beS
SnrjattS ber 2Jnflagefchrift fchon an unb für ftch bafür gewährt. Um biefer
Vortheile oerluftig gu toerben, hätte ein neuer felbftftänbiger Verzicht hinzutreten
müffen. @in foldjer aber liegt nidt)t oor unb fann namentlich barin nicht ge-
funden merben, bafj 3lngeflagter nid)t fofort bei Seginn ber 6cf)wurgerid)tS*
oerhanblung mit Vilbung ber ©efchwornenban!, atfo $u einem 3^itpunfte f wo
bie unterbliebene 3uftettung praftifche 9tad)thetle für ihn noch nicht äufeern
fonnte, fonbern erft nachher als in baS Materielle ber Oerhanblung eingetreten
werben foüte, ben oorltegenben Langel heroorgehoben unb barauf ben 33er*
tagungSantrag gegrünbet yat.
§. 123. 6t. (£. 8. £>ur Begehung eineo fjauefriebenabruches ijt es
nicht ausreichend, baf bas öejifcthum eingefriedigt ifr t »ielmebr mu|
bie §ufammengehörigfeit beffelben mit einem bie 2lueoebnung be»
^auefriebene baranf erwirfenben bewohnten fjaufe fejtgefreUt »erben.
<£rf. beS II. 6traffen. v. 6. Slpril 1880 c/a. Slomlin, moburdh unter
Vernichtung be« angefochtenen VorerfenntniffeÄ auf 3urücfoerroeifung erfannt
roorben ift.
© r ü n b e.
S)er erfte dichter unb ibm folgenb ber 9L 91. beurteilt ben ©arten,
welchen ber 2lngetlagte in ber Slbficht betreten, um oon ba ben ©erichtSgefangenen
Vrannttoein unb Söurjt jujuftecfen, al« ein befriebete« Sefi|thum im 6inne be«
§. 123. be& 6t. ©. V. lebiglich be^holb, weil ber ©arten oon brei 6eiten oon
einem 3^*"; au f Dct nierten 6eite, nad) bem $elbe }U, oon einer ^eefe um*
fajloffen fei, welche jwar lücfenhaft fei, inbeffen bie Umfriebung beutlich er*
fennen loffe.
S)iefe Vccrrünbung erfchöpft jeboch ben begriff beS befriebeten SefitthuiwS
nicht, fo bafj nicht bie Ueberseugung gewonnen werben fann, ba| bei ber Ve*
8r4i» i»a 9. u. i. «tft. 20
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298 2)<ntf<I>c8 Straftest. (Srtcttntitifft bc§ fRet(!b&}cridjt&.
jetdmung be« ©arten« al« eine« befriebeten 8eft&tf)um« ein 9led)t«trrtf)um nid)t
unterlaufen tjt
35er timjianb, baf? ein Selikum eingefriebigt ift, reia)t nid>t au«,
um baffclbc für betriebet $u erachten. @« gehört t)icr^u eine Mammen*
gcf)örigfeit be« $3efifctl)ura« mit einem betoobnten £aufe, meldte bie 2tu«bcc)nung
be« £au«frteben« auf baffelbe enoirft. Soldje 3ufammenge!jörigleit be« ©arten«
mit bem ©efängnifjarunbflücf ift niebt genügenb feftgeftcilt. Süie ^nftanjridjter
Ijaben nur tjernorgeboben, baß ber ©arten Dem 3ufti$ft«fu« gehört. S)afj ber*
felbe §u bem ©efängni&grunbfrücf gehört, ift nid)t mit l;inreiä)enber 23cutlid)fett
feftgeftellt; nod) weniger aber erhellt, bafi ber ^nbaber be« ©efängnifigrunb>
ftttcf« äugleia) änljaber be« ©arten« mar, bie £anblung be« 2lngeflagten — ba«
betreten be« ©arten« — alfo ben £au«fricben bc« ©rftcren ftörte.
§. 173. 6t. (F. B. Hicbtetlöfdjen ber Qlffinität jaufeben üerfdwäaerten
bura) Sluflöfung ber öiefelbc bearünbenben (ErjcC ,fortbaucr ber @traf-
barteit bes Beifcblafs j»ifd)en bcrfd)it)ttgertcn in biefem Jalle.
@rt. be« III. Straffen, v. 7. 2Ipril 1880 c/a. 2lm«^ein, roobura) auf
3uriicfoerroeifung ber SReoifion erfannt roorben ift.
(ßatfwrina 2lm«f)ein, bie oerrotttrocte Stiefmutter be« 2Billjclm 2lm«bcin,
batte mit lefcterem ben Jöcifdflaf öou>gen, unb waren beibc bemjufolge beftraft
roorben.)
© r ü n b e.
$ie behauptete 2*crlcfeung bc« Straf gefefce« liegt nidjt oor. 9lad) §. 173.
be« St. ©. 33. roirb ber 33cifd)laf jrotfdjen $crfcbroäaerten in auf* unb obfieigenber
iiinie mit ©efängnifj bi« ju jroet 3«b r ttt beftraft: oie gegen bie 2lngef tagten er*
kannten Strafen liegen innerhalb biefe« Straf ma|e«, §. 173. ift alfo nietjt burd)
bie Strafjumcffung oerlefct. 6« ift audj nidjt burdj feine 2lnrocnbung t>er*
lefet. Sie ©cfdjlcebtögemcinfdmft ber (Regatten fcbliefet bie 9Jtögltd)feit einer
gefa)Ied)tlia)en Sierbinbung jroifdjen bem einen ©begatten unb ben leiblichen
tfinbern be« anberen ©begatten für ba« fittlicbe ©efüljl auf immer au«.
S)e«ljalb f)at a ud) öon jc^cr bie Stiefnerroanbtfcbaft ein bauernbe« ©be
Ijinbernijj jmifd)en ben bezeichneten Stterfonen gebilbet — §§. G., 7. J. de nuptiis
(1. 10.) can. 1. caus. 35. qu. 10. yteid)«*®. u. 6. gebr. 1875 §. 33. — 3n
ben angejogenen Stellen ber 3ted)t«quettcn wirb auSbrücflid) hen>orgef)oben:
cinerfeit«, bafe ba« ©ljcl)inbernifj in bem bezeichneten $alle überhaupt erft in
A-rage Eommen fann, nadjbem bie ©l;c, roeldje ba« 2lffimtät«ücrl)ältni§ begrünbet
bat, aufgelöft ift, anbererfeit«, bafj in biefer 2Je3icI;ung bie Affinität burd) ben
%ob be« einen ©Regatten niebt erlöfcbe.
5Hun beruht bie ftttlidje 3lnfchauung, meldte bie aufeerehcliebe ©eidjlcdjt««
gemeinfe^aft jroifcben Stiefoater unb Stieftocbtcr ober äraifc^en Stiefmutter unb
Sticffolm al« fünb^aft anfielt, unb ba« @e|efc, meiere« fie unter Strafe ftcüt,
auf bemfelbcn ©runbe. 2Benn fiaj bie SBertfeibigung bem gegenüber barauf
beruft, ba| bie Affinität bura) bie Slufföfung ber ©he erlöse, bureb meiere fie
begrünbet rourbe, fo ift biefe 2lnftdjt in ber ^ter fragliajen SBejiefnmg fo tm*
ridjtig roie bejüglid) be« ©bcoerbot«. ©anj nerfeblt ift bie S3egrünbung, roeldje
bie 9teoifton«fd)nft für biefe 2lnfta)t au« ber oerfdnebenen Sejei$nung entnehmen
will, meiere ba« a5ern)anbtfa;aft«ncrl)ältnife in §. 17;'). bc« bcutfa)en St. ©. *B.
unb §. 141. bc« preufe. St. ©. 58. gefunben Ijat. 9kch §. 141. bc« preufe. St. ©. 53.
mar mit Strafe belegt bieUnjucbt jroiicben Sdbroiegercltern unb Scbroicgcr'
finbern, jroifcben Stiefeltern unb Stieffinocrn; burd) §. 173. be« beutfeben
St. ©. 33. ift unter Strafe geftettt ber «cifdjlaf jungen 35erfd;u)ägerten auf*
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S)eutfd>cS 6trofre*t «ttemitroffc be« Nei<Wgerk$t8. 299
unb abftetgenber Shtic. Somit ift bcr X^atbeftanb bezüglich bcr ^erfonen er-
weitert, inbem auch bie weiteren Süfcenbcnten unb Seicenbenten hereingezogen
fmb; bezüglich ber Sauer be« fä)roägerfa;aftlia>en SSerhältmffe« ift aber eine
SIenberung nicht eingetreten.
& 288. @t. <B. 8. gur 2lnn>en&ung 6es §. 288. et. <B. 8. genügt
6te '2lbfiü)t t ourd) Deräu^erung 6er Dermögenabejtantobcile biefe 6er
Sroangsoollftrecfung 5U ent$ieben; nicht erforderlich ift dagegen öie
^IbjldVt, 6ic Befriedigung Oes (Erefutionsfudjere überhaupt ju vereiteln.
©ntfdj. be« L «Straffen, t>. 8. Slpril 1880 c/a. ©logauer, moburcr) auf
3urüdfroeifung ber 9tichtigfeit«befchmerbe erfannt roorben ift.
© r ü n b c.
Unrichtige 2lnroenbung be« §. 288. be« ©t. @. 8. wirb barau« hergeleitet,
bafe ba« Dbertanbe«gericht red)t«irrthnmlich bie oom ©efefc erforberte 2lbftd)t
be« Schuldner«, bie öefrtebigung be« ©täubiger« ju oereiteln, fchon burch
bie 2lbfuht, bie brohenbe 3roang«üollftrecfung in beftimmte &ermögen«ftücfe
$u oereiteln al« erfüllt anfefje.
3n biefer Sejiehung beruht bie fteftftettung:
„bau bcr Slngeflagte am 3. San. 1H78 ju Kempen bei ber tym au«
einem — gegen tön ergangenen — 3öcd)f elerfenntmfe oom 12. ÜÖtarj 1877
— feiten« be« 2. — brohenben 3n)ang«noD[firecfung in ber 2lbficf)t, bie
Sefricbigung be« ©laubiger« £. ju Bereitete, fein 3Jcobiliar, alfo 83e-
ftanbt^eilc feine« Vermögen«, oeräufcert habe,"
auf ber ü)atfächlichcn Unterlage, bafc mr 3eit biefer SBeräufjerung Steaellagter
oon ber beantragten (srefution £enntni§ erhalten, unmittelbar oor bem uierfaufe
be« 3Jiobiltar« f gegen welche«, wie er mußte, bie bereit« eingeleitete 3ro<mg«'
ooUftrecfung ficb sunäcbft rieten mürbe, von bem beoollmächtig,ten fi.'fchen
Sdnotegerfohn 91. unter jpinroeifung auf bie burch biefe« Mobiliar gemährte
Sicherheit eine 3^hlung«frift oon einigen Sagen erroirft, trofcbem aber ba«
Mobiliar fürs barauf an einen ©ritten oerfauft unb bamit bie 2tbficf)t Eunb
gegeben f>abe, biefen 3krmögen«beftanbtbeil bem <Srefution«antrage bc« & ju
entziehen unb bie Stefriebigung be« ©läubtger« au« ihm ju oereiteln.
Sa« angefochtene Urteil roetft fobann ba« ©ehufcoorbrütgen be« Sin-
Seflaaten, er fei bamal« nicht oölltg zahlungsunfähig gemefen unb ^abe nicht
eabfichtigt, ben & um feine ftorberung ju bringen, burch bie (Srtuägung ob, bafc
jum ^hotbeftanbe be« »ergehen« au« §. 288. be« 6t. ©. 83. bie Wicht, ben
@rehition«fucher ju benachteiligen unb beffen ©efriebtgung überhaupt >u oer*
eiteln nicht erforberlich, oielmehr bie Slbficht genügenb fei, burch SBeräufeerung
ber $ermögen«beftanbtheile biefe ber 3roang«üoUftrecfung ju entziehen unb bie
burch fie crflrcbte Scfriebigung ju oereiteln, lehnt be«lmlb auch einen com an-
gesagten angebotenen Sercci« be« Vorhaben«, fein ©runbftücf au« freier ßanb
ju oerfaufen unb alle feine ©laubiger su beliebigen, al« für ben ihö^ c ft anD
bebeutung«lo« ab.
Sie % ift unbegrünbet.
§. 288. bejroecft — nach Vorgang mehrerer früherer beutfehen Sanbe«'
gefe^c — ber Söortfaffung unb ben aJlotioen jufolge, burch ©trafbrohung
Unternehmungen bö«roiHiger ©chutbner ju Innoern, melche barauf jielen, bie
mittel« einer in 2lu«ficht genommenen 6pejialerefution angeftrebte Sefrie*
bigung einselner roachfamer ©laubiger bura) S3efeittgung non (§refution«gegen-
ftänben ju oereiteln.
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300 2>cutfd>«8 ©trafrcdit. ertemttmftc m «eid)Sfleri*t8.
3)a3 angefochtene Urteil bat in öetraebtung biefcS mafjgebenben ©eftcbt&'
punfteS bie tytxnaä) bureb §. 288. bc§ St. ©. 8. erforberte 2tbficbt bc£
5ilngeflngtcn in üöllig sutreffenber Söeife als uorbanben angenommen.
Seic Scbui&fcftftcUung, bem lerte bcS ©efefce« ftcb anfcblie&enb unb
formell ben X^atbeftanb erfd^öpfenb, läjjt ba^er eine recbt3irrthümlicr)e Sluffaffung
überall md)t erfchen, rechtfertigt oielmehr bte erfolgte Schulbigfprediung.
§. 283. rtr. 2. et. <B. B. §. 210. K. ttonf. (D. Tlotlsbücber, »eiche
nur bie (BrunMage für Me (Eintragung in bie tjanbetebücber enthalten,
gelten nicht als Ijanbelebücber im Sinne bce §. 285. @t. <B. ö.
©ntfd). bcS II. ©traffen. r». 9. Stpril 1880 c/a. Sange, rooburd) bic
9teoifion 3urücfgennefen roorben ift.
© r ü n b e.
$cr 2lngeflagte erblicft eine un^tätfige 3k»"cbränfung fetner 33ertbetbigung
barin, bafi ber Antrag auf ßinforberung feiner 9totijbücber, roeld)e nach feiner
Sclmuptung einen uorjüa. lieben 9ladm)ete über fein Hermögen gewähren f ollen,
uom erften Siebter beSt)alb abgelehnt roorben fei, weil SNotiabficber feine §anbcB*
bücber im Sinne ber 9lrt. 28. unb 32. bcS £. ©. 33. feien. $er Slngeflagtc
bält lebteren ©runb für unjuretcbenb, weil bie Drbnungämäfjtgfeit ber öud>
fübrung jroat für ben Stiebtet bann in Hetracbt fomme, roenri eö ftet) barum
l;anbele, roclcbc ©laubroürbigfett btefen 33üd)crn beijumeffen fei, ber Straf*
ridjtcr aber bie Drbnungsmä&igfeit ber bücber nur nad; ber Dichtung bin t ut
prüfen r>abe, ob fie bie ftorberung beS §. 283. 2lbf. 2. unb 3. erfüllen. SlUein
eine berartige Untcrfdjcibung ift bem ©efefcc fremb. Söcnn ber §. 283. bc£
St. ®. 33., bejm. jefct ber §.210. ber 9t. ftonf. D. ben ßaufleuten, welche ihre
3atjlungen eingeteilt haben, eine Strafe roegen einfachen 3Janferutt3 anbrobt,
wenn fie $anbelÄbücbcr ju füt)ren untcrlaffcn haben, beren Rührung ibnen
gefc&licb oblag, ober fie unorbcntlia) geführt haben, bafj fie feine Ueberficbt
ihres Herrn ögcnSjujtanbcS gewähren, fo fann ber $tnwet$ auf bie gefefcltcbe
Herpflicbtung jur Rührung oem £anbel3bücbem nur auf bie beifälligen Hör'
fdjriftcn bei ©. 33. bejogen werben. Unter §anbcl£bftd}ern im §. 283. 9tr. 2.
bei St. ©. 33. finb bal)er auch nur folebe Hücker ju oerfteben, roie fie baS
Sq. ©. 33. im 2lrt. 28. unb 32. im Sluge bat. 3)a& aber 9toti$bücber, welche nur
bic ©runblage für bic (Eintragungen in bic viaubelSbücber entbalten, nicht als
£>anbelSbücbcr im Sinne bc« §. ©. 33. anjufeben finb, ifi uom erften Siebter
SUtrcffcnb ausgeführt unb be3t;atb mit Stecht bie beantragte 33eroeteert)ebung
abgelehnt.
§§. 218. 2lbf. 3 M 219. 6t.<B.B. Die Oinwenbung bee §. 219. 6t. (F. IV
fefct nid)t »orau«, 6a^ bie 6d)roangere als Crjäterin ober (Bebülfin
für fcbulbtg ertannt ift.
entfeb. be« III. Straffen, u. 10. 2lpril 1880 c/a. Steffen, rooburdb auf
3urttdroeifung ber s Jteoifton erfannt roorben ift.
© r ü n b c.
2)ie Steuifton ber SJlitangefl. St. beantragt bie 2tuft)cbung beS oorigen
UrtbcibS megen Hcrlefcung bei Strafgefcöeg unb bie greifpreebung ber Söeidnoerbe'
fürjrcrin. 2)cr 2lntrag roirb barauf geftti^t, baü bic Ücfetere au« bem §. 219.
bc$ St. ®. 8. atö ^bätcrin ucrurtl)eilt morben fei. ungeachtet bic ©efdnüorenen
bie ^rage nad) ber Xhätcrfcbaft ber Slngcfl. 3-, oeren Scibeöfrucht abgetrieben
fei, oerneint hätten.
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2>cutfäe8 ©trafre^t. (Jrtcnntniflc fcd «eu^fleri^tS. 301
Ucbcr bcn Sinn be« §. 219. baf., reeller burdfj feine Raffung ju oer*
febiebenen Auslegungen Anlafj gegeben, bat ba« 9teidfj«gcricht in ber Seflicfning
bereit« eine (Sntfd&eibunq abgegeben, ba& bte 2öorte:
„wer einer ©d;roangeren, weld;e ihre £eibe«frucht abgetrieben ober
getöbtet bat",
bic öebeutung haben, ba§, um bcn Paragraphen in Anwenbung flu bringen, bei
ber ©ehwangeren ber Erfolg ber Abtreibung ober Söbtung eingetreten fein müjfe
(ogl. Urteil be« I. Straffen, oom 9. gebr. 1880 gegen ©$. unb ©enoffen),
bafä bagegen, wenn biefer Grfolg nicht eingetreten, fein au« biefem Paragraphen
firaf barer Serfua) angenommen werben bürfc, fonbem bie ^Beurteilung oer
tanblung be« dritten nach §. 218. einjutreten habe, ©iefe Vorausfcöung ber
nwenbung be« §. 219., ba§ ber Grfolg crrcid)t fei, ift im gegenwärtigen galt
oorljanben.
©ie flitirten Söortc be« Paragraphen führen aber auf bie weitere ftragc,
ob berGrfola burdf) bie ©djjwangere felbft al«£f)ätertn herbeigeführt fein
muffe, eine 3$orauSfetmng, bic nad) bem ©prua^e ber ©cfdfnoorcncn im gegen*
roärtigcn galt nicht oorlicgen mürbe, ©iefe 3*age mufe, ungeachtet ber äöort*
faffung be« ©efefcc«, oemeint werben.
©er Abf. 3. be« §. 218. bebroht benjenigen dritten, welcher mit Gin*
roiHigung ber ©ehwangeren bte Littel äitr Abtreibung ober Xöbtung bei iljr
angewanbt ober ihr beigebracht hat; bie ^fjäterfc^aft ober TOtbätcrfchaft ber
©cpwangeren ifi \)kx nicht bie Sßorbcbingung ber ©trafbarfeit be« dritten,
fonbem e« ifi bie £anblung be« fieberen, bie jtdb nach bem aHaemeinen Xfyiii
be« ©trafgefefcbuch« mcijien« al« Seihülfe jur fyai eine« Ankern barfielfcn
mürbe, }u einem felbftftänbigen Verbrechen gemacht, unb ber ©ritte auch bann
3U firafen, wenn fich bie ©chwangere blofj bulbenb »erhielt, ober wenn ftc au«
befonberen ©rünben, j. 23. weil ihre freie SBillenöbefrimmung au$gefa}loffen war,
nicht im frrafrcchtlieben ©innc für fchulbig ber St^ätcvfc^aft angefehen werben fann.
3n biefer Vefltebung für ben galt be« §. 219. eine Abweichung eintreten
$u laffen, war nicht bie Abfi^t be« ©efefcgeber«. ©a« preufjifcbe ©efcfclmd)
(§. 181.) hatte ba« §anbeln be« ©ritten gegen Entgelt unb ohne Entgelt nicht
geforbert. ©ie3Jiotioe jum jefngen ©trafgefcfcbuch fprechen au«, bafe ber §. 219.
e« bei ber ©etheiligung ©rttter al« einen befonber« firafmürbigen $aH beroor*
heben wolle, wenn ber ©ritte bic §anblung gegen Entgelt begangen hat; fie
fagen ferner, bafi für biefen %ctt ber ^Imtbcttanb be« §. 218. Abf. 3. nur nach
einer anbern Stiftung hin oeränbert werben folle, unb jwar bilbet biefc 35er*
änberung feine (Sinfcbränfung, fonbern eine ©rweiterung gegenüber bem prcujjtfcben
©efefcbucb, welche aber oon bem Verhalten ber ©ehwangeren oöHig unabhängig
ifi: nicht blofe berjenige ©ritte, welcher bie 2Jtittel anwanbte ober beibrachte,
fonbern auch berjenige, welcher fie nur oerfchaffte, foU, weil er gegen ©ntgelt
hanbelte, ber ©träfe be« §. 219. unterliegen.
©ie 9Jtotioe erflären ferner, bafc ber §. 219. nicht anber« mr Anwenbung
gebracht werben foll, al« wenn bic Abtreibung ober Xöbtung wirtlich erreicht ifi.
©iefer öefrimmung entfpridjt bte oben citirte (Sntfcbetbung. Aber auch hierin liegt
feine Abänberung be« in §. 218. Abf. 3. oorau«gefe£ten £f)atbcftanbe«; auch
wenn ber ©ritte ohne ©ntgclt hanbelte, fann er au« §. 218. Abf. 3. nur bann
gejiraft werben, wenn ber erftrebte ©rfolg eingetreten ifi; ifi er nicht eingetreten,
fo fann ber ©ritte nur in fo fern jur ©träfe gesogen werben, al« feine
^anblung ftd) nach bcn allgemeinen ©runbfäfcen al« eine Art ber 2bcM na hroe
flu bem in §. 218. Abf. 1. bebrohten Verbrechen ber ©ehwangeren fclbft auf*
faffen laßt.
Um biefe« bei bem §. 219. befümmt hetoorjuheben, finb jene freilich nicht
genau abgemeffenen äöorte gebraucht: „wer einer ©ehwangeren, welche ihre
grua)t abgetrieben ober getöbtet hat", ©ie 3Rotioe fagen barüber, bajj bie
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302 SXutföe« 2>trafred)t Crrtenntitifie beS Wei$äfleri*t$.
VorauSfefcung bcr Sefirafung auch in bera quatiftjirtcn ftaU beS §. 219., alfo
eben fo wie in bent %aU beS §. 218. 2lbf. 3., bic fei, ba| bie Abtreibung ober
Xobtung burch bie oerfchafften, angewandten ober beigebrachten Littel erfolgt
fei. ÜRur unter biefer VorauSfcfcung fottte alfo bie &anblung beS dritten, mag
fte unentgeltlich ober gegen Entgelt oorgenoraraen fein, als ein befonbereS felbfi*
ftänbigeS Verbrechen beganbelt werben.
liefen ©ebanfen beS ©efefceS, wonach aus ben fällen beS §. 218. 2tbf 3.
ein %aU. qualtfötrt mit bcr ermähnten Erweiterung herausgehoben werben
foüte, mürbe man oerfeblen, menn man im ©egenfafce ju §. 218. 2lbf. 3. unb
beffen ^h^efan 0 einfehränfenb, bei bem §. 219. bie fcheinbar burch ben
Sortlaut gegebene VorauSfejjung f orbern wollte, bafj bie Schwangere als
£f)cüerin gef}anbelt fyabtn unb ftrafbar fein mtiffe, unb wenn man mit bcr
9teoifionSfehrift baS Verbrechen beS dritten, wenn objeftio ber (Srfolg ein»
getreten ift, nicht als ein felbftfiänbigeS SJelift, fonbern als blofee Vetyülfc ju
einer Xfyat ber Schwangeren behanbeln wollte, ^ft es aber »om ©eicfc nicht
als eine berartige blofee Seihülfe aufgefaßt, fo fehlt jugleich bie formelle juriftifehc
Veranlaffung, es in ber Strafbarfeit oon bcr Schulb unb bcr SCf>ätcrfdt>aft bcr
Schwangeren abhängig ju machen. 2tlS fclbftfiänbtacS S)clift läfjt cS anberer*
feitS, wie jebcS fetbftjtänbige Verbrechen, wieberum Sic oerfchiebenen Arten bcr
£heilnafime Anberer, aud; ber Schwangeren, ju.
SBenn baher baS angefochtene Urtheil, bem Spruche bcr ©cfchworcncn
aemäfe, bic Vcfchwerbcführerin als Shäteri" auS §. 219. beftrafte, ungeachtet
Die ^fjäterfchaft ber 3- au3 §• 218. oerneint war, unb wenn eS gegen bic
bie Strafe ber Veiljülfe su ber Xfyat ber Sefchwcrbeführcrin auSfprach, fo ifk
weber in erftcrer, noch in lefcterer Vejichung ein 9ic$t£irrtyum erfichtlich.
SDemnach war, wie gefcherjen, ju ernennen, unb über bie Äoften biefer ^nftanj
nach §. 505. ber St. ^ßroj. 0. Anorbnung §u treffen.
§. 286. @t. (F. B. Das Anbieten oon Coofen an etnseinc JJnbirnbucn
in Deren prroaträumen Tann ficg ate öffentliche Dcranjtaltung einer
Cottcrie ober 2lu»fpielung im @inne be* §. 2S6. et. (B. 8. bar*
ftellen. Die Dollenbung *bes Deltfts jinöct burch fiunbgcbung öes
giebungeplanee unb Cooeojfcrte jratt.
entfeh- beS I. Straffen, o. 12. April 1880 c/a. Raxl
S)cr Angcflagte hatte in oerfchiebenen Drtfchaften in ^rioatbäufern Soofc
ä 50 $f. jur AuSfpietung einer Uhr nebft einem oon ihm gefd)ni&ten §ol,^
gehäufe auSgeboten, unb jwar follten nach bent feinerfeits mitgethcilten $Ian
90 berartige £oofe an ber Lotterie theilnchmen. (SS war ihm gelungen, mehrere
berartige üioofe unterzubringen, bis er poltjeiltcherfeits an ber $ortfefcung beS
SooSocrtricbeS gehinbert würbe. 2luf ©runb beS §. 286. St. ©. angeflagt,
warb Ä. com Sanbgericht freigefprochen. hiergegen legte bic St. X. bie
SReoifton ein, unb iourbc biefelbe unter Aufhebung ber Vorcntfcheibung unb
3urücfoerwcifung ber Sache für begrünbet erachtet.
© r ü n b e.
5)aS angefochtene Urtheil giebt bafür, warum bie für erwiefen erfannte
Xfyat nicht für ftrafbar erachtet worben, einen jweifachen ®runb an, einmal,
bafe nicht eine öffentlich oeranftaltctc SluSfpiclung einer beweglichen Sache im
Sinne beS §. 286. beS St. ®. ©. anzunehmen, unb fobann, baf? bic AuSfpielung
mangels ber ©ewinnjiehung nicht oollcnbet fei. Vcibe felbftftänbig bie frei'
fprcdjcnbc Gntfchcibung tragenbe ©rünbc finb oon ber StaatSanwaltfchaft als
Verlegung beS ©efc^ bc3eia)net, unb in beiber .fnnficht ift bie 9teoifton begrünbet.
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SeutfcfjeS ©ttaftet^t ©rtenntniffe fccS SReicfySflCTicfitS. 303
2)aS ©eriäjt ooriger ^nftanj ift bei ber tfiatfä<$U$en fteftftettung, ba| im
oorliegenben %a\lc bie 2luSfpieIung feine öffentlich neranfialtete fei, oon einem
recbtSirrthümlichen Sßerftänbnifj beS SBegrtffSmerfmatS „öffentlich" ausgegangen.
SDer Segriff beS Dcffentltdjcn ifi roie im gemeinen fieben, fo aud> im ©t. @. 33.
ein fehr mannigfacher. Söäljrcnb er einerseits in einer 33e$icl;ung jum Staate
ober einer potitifdjen Korporation ju finben ift (öffentliche 2lemter, öffentliche
2ßah^"r öffentliches ßtgenthum, §§. 31., 33., 132., 361. 7 unb 370. "•*•)» be-
beutet er anbererfeits überhaupt baS faftifche Vcrhältnifj menfchltchen 3utammen-
leben« (öffentlicher triebe, öffentliche Meinung, öffentlicher Verfauf, öffentlicher
3roecf, 126., 130.*-, 187., 324., 317., 320., 250. 3 -, 360. 14 -, 365., 285.,
366. 3 ' 6 - 8 • 9 - 10 -, 367. 12 -) unb roieber anbererfeits lebigtich bte Beziehung auf eine
üDJchrfjeit r-on ^erfonen, fei es, bajj eine $anblung fich gegen eine fofehe richtet
(cor einer SHenfchcnmengc, §§. 85., 110., 111., 130.*-), fei es, bafj fie oon
mehreren wahrgenommen roirb (§§. 183., 186., 187., 200., 360. 13 -), ober fei es,
bafj fie bie SBetljeiltgung anberer ermöglicht (§§. 115., 124., 125.). (SS ift baficr
untunlich, roie norliegenb mit ftcranjiehung beS §. 183. gefegehen, aus ber
fpejiellen Scbeutung in einem ©efe&eSparagrapben 6d)lüffe auf einen gleich*
finnigen ©ebraudj in einer anberen Strafbeftimmung ju jiehen. 3)aS 6(mrafte>
riftifche beS SluSbrucfS fann uielmehr nur in jebem ©iitjelfaue aus 3 u f ami " en *
hang unb 3roecf ber betreff enben Straf fafcung entnommen roerben. %m §. 286.
beS 6t. ©. fann als ber legislatorifche ©runb für baS unter (Strafe geffctftc
Verbot fein anberer gcbaajt roerben, als bafj bie §anblung, roelche in finanzieller
ober poliseilicber §inficht in bie obrigfettlichcn 3 u ftänbigfeiten eingreift, bie
(Spicttuft anberer anregt unb bejro. ausbeutet. Söllig gleichgültig ift eS ba*
gegen für ben 5£^atbcftanb beS MiftS, ob bie £anblung oon anberen wahr-
genommen roirb, ober ob bie ©e ia mmt he it eines ÄreifeS tjon 3Jcenfdben
baoon berührt roirb. $ür bie Strafbarfeit ber Veranftaltung einer Sotterie
unter einer Slnjahl beliebiger unbeftimmter ^erfonen ifi es ohne S3ebeutung,
ob bicfelbe burdj Slnfcblag ober öffentliche Starter bem (Sü^elnen jur Äunbe
gebracht roirb, ober ob baS Unternehmen benfelbcn bcfonberS münblich ober
Schriftlich jur Äenntnifj fommt. 2luch im lefetem ftalle ift eS „bem großen
spubtifum zugänglich gemacht", fobalb bie JEunomachung unb Offerte $ur xheil-
naljmc fich au f e ^c n beftimmten burch eine 3ftbimbualbesiehung beS S3erufcS,
ber persönlichen Vefanntfchaft, gemeinfamer ^ntereffen, Verbinbung u. a. ähn-
licher Begrenzungen feft abgefdjloffenen ßrciS befchränft. 3)iefer aus ber ©cfcfceS'
befiimmung felbft fich ergebenben Auslegung entfpridjt auch biejenige, roelche
gleichartige formen in anberen ©efefegebungen gefunben fmben, fo beruhte ber
wörtlich gleichlautenbe §. 268. beS ehemaligen preufc. St. ®. 33. auf auSbrücf-
liehe 3lncrfennung in ber ©efefcgebung, bafj als Unternehmen öffentlicher som
Staate nicht genehmigter Sottcrien ( 2ll!g. fianbr. 3JL IL Sit. 20. §§. 248., 249.),
rooju auch ohne auSbrücflichc ©enchmigung beS Staates errichtete ©lücfSbubcn
unb SBeranftaltungcn öffentlicher äuSfpictungen gerechnet mürben (Vcrorbn. oom
7. 3)ej. 1816, ®. S. 1817, S. 4 §. 4.), jufolge Mlaration beS UntcrfchiebS ber
öffentlichen »on ^rioatauSfpielungcn {St. 0. u. 20. 3ßärj 1827, ®. S. S. 29)
folche nicht ju betrachten feien, roelche in ^rioatjirfeln $um 3roccf eines gefelligen
Vergnügens ober ber 3)tilbthatigfcit, ober behufs Sertoofung gcmeinfchaftU(|er
Sachen »orgenommen roerben.
S)a baS Urtheil beS SanbgcridjtS niebt feflftettt, ob unb roeldje S3ejiehung
jroifcben ben Stbnehmcrn ber Soofe unb bem Singet tagten ctroa bcflanben, fo
genügt bie Shatfactfe, bafe ber ledere fidt) mit bem Slnbicten ber Soofe nur an
einjelncn ^nbünbuen in beren ^rioaträumen geroenbet, beren SluSroahl ihm frei
ftanb, nicht, um baS SegrtffSmcrfmal ber öffentlichen SluSfpiclung ju oemeinen.
2)as Verbot richtet ftd) ferner gegen bie Veranftaltung ber fiotterien
ober SluSfpielung, unb roenn auch ju ber Sottetie ober 2luSfpielung neben
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304 $cutfd)c8 ©ttafrt^t (Srtcraitnifie tocS HcidbSgeri$t«.
>
ber Gntmerfung be$ $lane$ unb bem 2lbfafc bcr Soofe bic ©eroinnaiebung mit
gehört, fo crforbert bod) ba3 33 er auf; alten mäu, baf? ba$ Unternehmen ,;u
©tanbe gefommen, bejto. ju (Snbe geführt fei, fonbern liegt fd&on bann »or,
wenn ber 3ictynng3plan anbern funbgegeben unb bie £f)ciina(jme an bem Unter»
nehmen burd) (Srroerb eine« 3tnred)t§ auf cucntueHen ©ciuinu angeboten toorben,
xoaä alle« uad) bcm Urteil I. ^nftanj I»« zutrifft. $a§ bie 3w^ung burdfc
bnS S)a3roi^entrctcn ber ©enbarmerte gebinbert, bcjtetyentlidfj in golge beffen
oon ber Unterbringung fämmtlidfjer planmäßiger Soofe abgeftanben ift, tjebt
ben Xtjatbeftanb beS §. 286. be« 8t. ©. nid&t auf.
§. 43. @t <B. B. ©trafbarfeit bee Derfuä)8 tro^ bcr Benutzung abfolut
untauglidjer mittel $ur Herbeiführung bee beabftebtigten aber niebt
eingetretenen Erfolges.*)
^lenarentfd^. b. fombimrten ©troffen, o. 24. üflat 1880 c/a. ©onntag,
roobura) bic 9teotfton oerroorfen toorben tft.
© r ü n b e.
$>a3 angefochtene Urteil beS £anbgerid£)ts Imt fefigeftellt, bafe bic Sin*
gefragte 6. ben (5ntfdf)luB, baS Serbrecben bcr 2lbtreibung ju oerüben, burdj
£anbtungen, roeldje einen Anfang ber Aus&fübrung btefeä SerbrecbenÄ enthalten,
betbättgt fjat, inbem fic toäfjrenb ibrer ©d&roangerfdbaft ju bem Qmdi, ^ rc
fieioe^fruajt abzutreiben, mebrmate eine tyr oon bem 9Jlitangefl. 6. jugeftcUte
bittere, buntelfarbige ^lüfftgfctt, roetdjc fie zur fterbeifübrung be$ oeabfiebtigten
(SrfolgS für geeignet ^iclt, ju jid) itamn, unb bafc bcr Angefl. fo. bie Angcfl. ©.
mt Scge^ung be3 Verbrechens bcr Abtreibung baburd^ oorfä^Ua) beflimmt bat,
bafj er tyr, toäbrenb fic r roic er wufjte, fdjroanger mar, mehrmals eine ^lüfftgfeit,
roeld)c er zur Abtreibung bcr SeibeSfrud&t für geeignet dielt, juftcütc unb fie
überrebetc, biefelbe jur Grrciäjung biefeS 3 roc "^ einzunehmen; unb bat auf
©runb biefer Sfjatfad&en, unb toeil baS angeroenbetc Mtel bic beabfid&tigte
SBtrfung niebt gehabt, alfo baS bcabfiajtigtc $erbredf)en niebt zur Menbuug
gefommen, bic Serurtbcilung ber SlngefL ©. roegen SBerfucbS bcr Abtreibung
ber £cibc£frud)t im ©innc bcr §§. 218. unb 43. be« ©t. ©. bic beS An*
gefragten wegen Anftiftung zu biefem Verbrechen im ©inne beS §. 48. beS
©t. ©. 8. erfannt.
Seibe Angefragten festen biefc Verurteilung megen Verlegung ber
^orfd^riften bc« ©t. ($. 53. über ben SSerfud^ an; fie grünben bie gegen baS
UrtljciX eingelegte Sleuifion auf ben in bemfelben entbaltenen Sludfprudb, bafe
niebt erioiefen fei, ob baS angeroenbete Littel, rocl(^e5 bie bcabfid^tigte 9Birtung
nid^t gehabt, überbaupt ben beabfidfjtigten 3 ro ccf ju erfüllen geeignet geroefen,
unb finben in bcr glcidfjmofyl erfolgten 2lnmenbung be« ©cfefoeS einen 93erftofe
aegen bie 9tc<$t8norm, bafe ber ^Jerfud^ mit abfolut untauglichen aJlitteln
ftraflo« fei.
Da bic als unriebtigerroeife nid^t angemenbet bejcicbnctc 9ledbt«norm
bireft im ©t. ©. 23. niebt aufgeftcllt ift, unb bic ©trafloft'gfcit be« SSerfucbä,
roenn biefer oljnc StcebtSirrt^um feftgcftcllt morben, auf ben angegebenen ©runb
bin ausS §. 46. be£ ©t. ©. S. niebt herzuleiten ift, fo !ann bie $rage nur bic
fein, ob aus bcm Segriffe be$ (ftrafbaren) 2Jcrfud)3, mic ibn bcr §. 43. bcö
©t. @. S. giebt, ber gebadete 9lecbtöfa^ als beftebenb ju entnebmen ift.
SDie SBeantioortung biefer ^rage böngt junäcbft oon bcr Auslegung ber
3Bortc bcS ©efe^eS ab, ba& jur ©trafbarfeit bcS 3icrfua)3 eine Set^ätigung beä
•) ©ne Äririt tiefer $lenarentfcfKibun;i t>on tem ^errn «. Dr. jar. ^. 5obn ju
£>alle »erben rcir im 5. §eft 3um «bbrutf bringen. 2). «.
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$<utf$e3 etwftedjt (Srtwntniffe fcc« 9W<$*geri$tS. 305
©ntfdjluffeS, ba« ©erbrechen au begeben, burdfj £anblungen gebore, roeld&e einen
Anfang her 2lu«fübrung biefe« SBerored&en« enthalten. Die legten geführten
Sßorte ftnb einer Doppelten 2tu«lcgung fä&tg unb baben aueb eine foldfje »er^
fd^tebene Auslegung gefunben. 2Ran bot fic tbctl« »on folgen föanblungcn
»erftauben, roefd&e im ©tanbe ftnb, ben jur 2$ollenbung be« Scrbrcdjen«
gebörenben (Srfolg b^tbeijufübren (Anfang ber SMenbung be« !öerbre<ben«),
anbererfeit« »on folgen, roeld&e ber ^ätcr für geeignet \)&U, biefe Söirfung
ju äu&ern (Anfang ber 2lu«fübrunq be« Zfyättzä).
%üx bie ©ntfd&eibung, ob Da« 6t. @. 83. mit ben bereiten SBorten bie
eine ober bie anbere biefer Stuffaffungen habe jum 2lu«brucf bangen motten, ift
t& »on erheblichem SBcrtbe, bie (Sntftebung biefer SBortfaffung in'« 2lugc $u
nehmen. Siefelbe ift nicht neu. 2lu« ber fran^öfifeben ©efefegebuna, berftammenb,
bat fie in gleicher ober bod^ febr ä^nltd^er Söeife ©ingang in faft aflen frraf*
redt)tlidjen Äobififationen im loufenben ftabrbunbert, »ornehmlidb aueb in benen
Deutfcblanb« gefunben. Slucb ba bat fie ben gleiten 3roiefpalt ber SKeinungeu
aur fjolge gebabt. @« tfl berfelbe ©egenfafc, welcher, roie bem ©efe|e«au«bru<f
gegenüber, fo aud) in ber tbeoretifdjen ©egrünbung ber Straf6artcit be« 33er*
fueb« au« recbtöpbilofopbifcbcn unb ftiminalpolttifdjen ©rünben feit bem ißeginn
einer roiffenfcbaftlicben Äonftruftion ber ©runbbegriffe be« Strafrecbt« aufgetreten
ifh 2115 ba« 6t. ©. SB. für ben norbbeutfd&en SÖunb entftanb, mar ber fted&t«*
gebanfe »on ber 6trafbarteit be« in bie äußere ßrfebeinung getretenen »er*
breeberifeben ©ntfdjluffe« obne 9tüdfid&t auf bie ÜNöglicbfeit feiner objeftioen
a3crroirfltdt)ung in »erfchiebenen 3ftecbt«gcbieten Deutfcblanb« geltenbe« s Jiedt)t, er
fanb ftd) mehrfach in ber bt«bcrigen ©e)e$gcbung »ertreten (»gl. 6trafgefefcbücbcr
für Olbenburg 1814, Jpannooer 1840, Sa$fen*5ättenburg 1841), unb ^atte aud)
trofc ber bem §. 43. beffelben entfpred&cnben Definition be« 3>crfucb« in einer
9teibc non Strafgcfefebücbern 2fa«brucf aefunben (»gl. bie »on öraunftbioeig
1840, $effen*$armftabt 1841, «Raffau 1849, ^ringen 1850, Äömgreicb 6acbfcn
1855, gletdjroie S3abcn 1845). 6dfjon biefer Sachlage gegenüber läßt e« fieb
nicht annehmen, bafc ba« jene ©efcjjgebungen erfe&enbe neue ©efc&bucb mit ber
in Siebe flebenbcn Raffung biefe Streitfrage babe jum 2lu«trag bringen mögen.
Äommt nun aber &tnju, bafe bie 2)totioe tum ©efcfcbud) au«brütfltcb auÄfprecben,
bafj e« nidjt in ber 2lbfid)t liege, bie in mebreren Strafgefe&büd&ern unter*
nommene Regelung ber Streitfrage, ob ober in mie weit ber Serfud) mit
untauglichen Mitteln ober an untauglidjem Objeft fkafbar fei, aud) ^ier »or*
annehmen, bann mufj man nad& bem SBortlaut be« ©efc^c« beibe 3lu«legungen
für gleia^berca^tigt galten, unb fann au« ber 2lu«bru(f«roeife be« ©efe^e« eine
(Sntfd&etbung au<| nidjt inbirett herleiten, fonbern mufe biefer Böffung be«
Paragraphen bie Sebeutung für ben begriff ber 2lu«fübrung«hanblung oor*
bcbalten.
3ene entfa^eibung roirb »ielmebr gegenüber biefer Stellung bc« ©efe^
geber« ju ber ^rage über bie ©renjen ber 6trafbarfeit be« ^erfud[)« lebiglidf)
au« ben inneren ©rünben für biefe 6trafbarteit überhaupt entnommen roerben
Fönnen unb müffen, unb bie 9te»ifton fann nur bann ©rfolg baben, wenn bie
Unridbtigfeit be« lanbgeridjtlidjen Urtbeil« au« ben bem §. 43. be« 6t. ©. $3. ju
©runbe ju legenben flrafred^tlidden ^rinjipien, roie fie bie Söiffenfdjaft feftgcftellt
bat, fid^ ergibt. Darüber nun fann fein 3roeifel auffommen, baB im Scrfucbe
ber »erbredjerifdbe SCÖiüe biejenige (£rfa)einung ift, gegen roeldfje ba« 6trafgefetJ
fieb ridjtet, im ©egenfa^ ju bem in ber SMenbung 31t Sage tretenben, au«
bem »erbretberiftben SBillen bc r oo^9C9 a "Ö^en rca)t«roibrigen Erfolge. 2ln unb
für fieb mürbe jebe SBejiebung auf bie Sollenbung al« ben ©egenfafe be« 35cr^
fua^« aufjer 31ü<f fid^t §u bleiben baben unb mebr niajt 3U »erlangen fein, al«
ba& ber »erbred^crifa^e ©cbanfe fidb in äufeeren ^anblungcn funb gegeben b fl bc
SlUcin roeil e« mana)e ^anblungen giebt, bie au« »erbrca)erifd;em (Sntfa)lu&
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306 2>eutfd&e* ©trafre*t. Srteimtntffe be8 Wetd&Sfleric&t«.
heroorgegangen, bod^ an fich fo roenig als ber ©ebanfe beS Verbrechens objeftio
eine ©efahr für bie öffentliche 9techtSorbnung in ftd) tragen, unb weil ohne
foldje ©efährbung ein Strafrecht nicht gegeben, fo oerlangt eine oiel oerbreitete
fiefjre, bafj bie föanblungen, wenn fie als SBerfuch firafbar fein follen, in einem
ßaufaloerhältnijj §ur Söotlenbung, in welcher biefe für jebe ©träfe not^joenbige
©efährbung ober Verlegung beS 5Redt>t^ enthalten ift, flehen muffen. 3Gur foldjie
ftanblungen follen firafbar fein, bie, wenn bie SoUenbung nict)t burd) felbftftänbige,
oom SBiuen beS 33)äterS unabhängige Umftänbe gefjhtbert roorben wäre, bte
SoHenbung mürben px ftolge gehabt ^aben. Sie SBiffenfd^aft $at baS Unbalt*
bare biefer X^eorie überjeugenb nadtjgeroiefen. ®er Äaufatoufammenhang
äroifchen einer öanblung unb bem burch biefelbe bcabftchttgten Erfolge ift niemal«
burch baS S)afein ober fehlen eines einjelnen 3 ro ^ cnctc ^ m ff e)8 unbebingt
gegeben ober aufgehoben, fonbern jebe* auf ben enblichen SuSgang Einflufe
aujjernbe Eretgni§ ober SBcr^ältnife giebt ftetS als einzelner flaufalitätSfaftor
nur eine gröfecre ober geringere ÜKöglid^feit ober SBabrfeheinlichfett beS ledern,
niemals bie ©ewtfiheit feines Eintritts ober 9UchteintfittS. SDie ^teigebung ber
Jcbe 3Jlöglichfeit einer SSoDenbung auSfchliefeenben föanblungen oon ber Straf*
»arfeit als Serfudt) mürbe nicht bie Sefchränfung beS ftraf baren SerfuehS nur
auf bie eine tljeilweife SSoUenbung enthaltcnben, roeil eS foldt)e rtidtjt giebt, fonbern
bie Straftoftajett jebeS SöerfudhS jum 9tefultate fyaben. S)cnn faufal für ben
Erfolg ift etne §anblung nie, menn ein Erfolg nidt)t eingetreten: ber -JUcht*
eintritt $cigt eben, ba§ Tie nicht faufal mar. 2lber eS barf auch weiter gefagt
roerben, bafc eS im 2tUgemeinen berartige öanblungen, bie unter allen Umftänben
ungeeignet feien, ben beabfichtigten Erfolg heroorjurufen, in 23irflichfeit gar
nic|t giebt, im Einzelfalle bagegen jebe ^änblung, bie nicht jum Erfolg geführt
hat, als eine $u beffen ^eroorbringung abfolut ungeeignete fich ermiefen hat.
Sluf ben Untcrfchieb amifdhen .^anblungen mit abfolut untauglichen unb mit nur
relatio untauglichen SÜlitteln tarnt bie Strafbarfeit ober Straflofigfeit beS 2ter*
fud)S nicht c^egrünbet roerben, unb roiH man nicht ledere bei allen ^anblungcn
mit untauglichen Mitteln ftatuiren, fo läfjt Reh fein ©runb bafür geltcnb machen,
biefclben bei ben erftern eintreten 511 laifcn. 2lud) bei ihrer Slnwcnbung fyai
ber Shäter baS gethan, waS er als $ur SBerroirfltchung feinet oerbredjerifchen
EntfchluffcS geeignet angefehen fwt, unb bamit feine Auflehnung gegen bie
StechtSorbnung bethätigt. Sein ^rrthum über bie Sauglichfeit feiner §anblung
fann auf beren Straf barfeit feinen Einflufe hoben. ©afj baS beabnehtigte Ser*
brechen bei bem Sterfuche ftehen blieb, ^at jebeSmat in einem S^thum beS
ShäterS feinen ©runb, roeil er bie baS Ausbleiben beS Erfolgs beroirfenben
Umftänbe bei feinem Panc jur SBerwirflichung beS gefaxten EntfchluffcS nicht
richtig in 9lnfchlag gebracht hat. ©leichgültig mu§ eS aber bleiben, in ©ejielmng
auf roclche thatfächlichen SBorauSfcfcungen, bie nöthig roaren, um baS Serbrechen
5u ©tanbe ju bringen, er geirrt hat, ob baS ber Sollenbung entgegengetretene
^inbernife im Verlaufe ber ^anblung eingetreten ober bereits bei beren
beginn oorhanben roar, ob bie oom Xbäter nicht in Rechnung gesogenen
ÄaufalitätSfaftoren aufeer ihm liegenbe 3Scrhältniffe ober XfyätiQhitcn finb, ober
ob er über bie Söirffamfcit feiner eigenen öanblungcn geirrt, ob über bie
Söirffamfeit eines gebrausten ÜWittelS feiner 5lrt ober s J)?enge nadt) ober feiner
2lnrocnbung nach, ob über baS als «Kittel gebrauchte Dbjeft felbft ober über bie
ihm bcigcmcffcnen ober übcrfchcncn Qualitäten.
ES ift mithin nicht irrig, roenn baS fianbgerid^t jur Strafbarfeit beS
$erfudt)S mehr nicht erforbert hat, als bafe bie .^anblung oon bem £hätcr in
bcr SBorfiellung unternommen roorben, fie werbe ,jur Herbeiführung beS beab*
fichtigten Erfolges führen.
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Literatur.
(jrgänjungen unb Erläuterungen ber ^rcufeifdjen WedfjtS*
bü$er burd) ©efe&gebung unb 9Bif|"enfd)aft unter Senu&ung ber
3uftijminiftcrtal*Silften unb ber ©efe^SHeotfionSarbeitcn. ©edjfte 9lu3*
gäbe, neu bearbeitet oon Dr. üubwig oon Diönne, SlppettationS-
geriet« ^icepräfibenten a. 35. »erlin 1880. 9t. o. Scdfer'ä Verlag,
3Karquarbt & ©äjcndf. 4 Sänbc. 378 3 /4 Sog. 4.
Seit bem g<u)re 1864, in weld&em bie fünfte 2lu£gabe beS obigen SBerfcä
erfdnen, fjat fict> bie ©efefegebung in rieftgen 3)tmenfionen erweitert, unb fotoorjl
üRec^tfprcdiung als SBiffenfdjaft tfjeilmeife oöllig neue ©tanbpunfte eingenommen.
$)er $err SSerfaffer mufete Demzufolge bie gewonnenen Sftefultate ber 9teujeU
unter SluSf Reibung be« Veralteten ber Umarbeitung feine« fompenbiofen SBerfcS
$u ©runbe legen unb (ja* bie« in einer SBeife getljan, bafj mit SRedjt ber oor*
liegenbe Äommentar bcS Slllgem. £anbred&t£ fomof)l in Betreff ber S)arftellung8*
roeiie wie ber SlusSroa^l be£ Materials als bie bebeutenbfte Slrbeit begrüfet *u
werben oermag, welche auf bem betreffenben (gebiete bisher geleiftet worben ift.
gefammten Sftefultate ber Sfjeorte unb SßrarüS be£ neueren Ätrd&enredbtS (IV.
@. 88, 231), beS VerfaffungSretyeS (IV. 6. 263—327), beS «otnrnnbfd&aft«.
redete« (IV. 6. 534—589) unb ber bie ^reijügigfeit unb ben UntcrftüfcungS*
wofmftfc betreffenben ©efefce aufgenommen, öatte wäf>renb be£ über 6 Saljre an*
bauernben (£rfdf)einen£ beS SSerfeS bie 9Jed)tfpred(jung mandjeS if>r (Sntleljnte
unb in ben früheren Steilen SBiebergegebene überholt, fo würbe in ben 9t ad)*
trägen beS 4tenVanbe£, welker allein einen Umfang oon 145 Sogen aufweift,
auä) biefem Umftanbe 9ted[mung getragen, unb ^ier bie neueften (Sntfd&eibungen
beS 9ieid)§oberl)anbel&', SKeid&S* unb DberoermaltungggcrtdjtS eingereiht, nebenbei
aber aud& bie in^wifcljcn erzeugten ©efefceSprobufte, infoweit fic auf bie
lanbrcdHlid&en Materien belogen, jum Slbbrudf gebraut. Gin umfangreid&eS auf
ba£ forgfältigfte gearbeitetes <$ronoloqtfdf)c£ unb Sacbregiftcr giebt ber anerfennenS'
werben Arbeit einen würbigen 3lbfa)lufe, unb felbft nad) erfolater ttjeUweifcr
9teufobtftfation ber lanbrccfytlidjen ©efefegebung bürfte ba£ Wonne fd&e ÜBerf noef)
anf lange 3cit IjinauS als &ülfSmittcl ju eingetjenben ©tubien ju oerwerujen fein.
Seljrbudfj beS ^reufeifd&cn SßrioatredfjtS unb ber ^rioat*
red)t£normen beS 9leid>ä oon Dr. fieinridf) Wernburg, ©el>.
3ufttjratl>, ^rofeffor an ber Unioerfität Berlin, 3)iitglieb beS £crren*
Kaufes. II. Vanb. 3meite, neu bearbeitete Auflage, £alle, Verlag
ber Vud&jwnblung beS 2öaifenfwu|"eS. 1880. 8. 970 6eit.
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308 Sitcrotut.
3)ie frühere SRebaftion be« 2lrchio« hat ftd^ bereits über ba« Wernburg' fchc
SSerf übcreinflimmcnb mit ber gefammten ßritif anerfennenb auSgef proben, unb
ifl bie gegenwärtige in ber Sage, bie« Urtljcil bezüglich bc« oorliegenben jrociten
Vanbc« m abopttren. 3)ie in fur$er ^rifi nothwenbig geworbene Neuauflage
bc« 2Bcrre« bat ben ocrbtenftooUen £crm Sßcrfafjcr bewogen, eine umfaffenbe
3nf)alt«öermchrung unb auch Vcrbefferungen, wo ihm folchc erforberlich crfdfnenen,
eintreten 3U laffcn. (Sine erhcblidfjc Veroollfiänbigung bürfte in ber foftematifchen
Vehanblung bc« in ber früheren 2luSgabc oermifjten Scdjfclr echte« ju finben
fein. Von befonberer SBtchttgfcit für ben Söerth bc« ba« Obligationen* unb
bie prioaten ©ewerbe* unb Urheberrechte umfaffenben SBud^cS, welche« tiefe«
unb einaehenbes 6tubium ntrgenb« oerfennen läfjt unb ba« gefammte Material
mit meisterhafter Jtlarhctt bcf^errfdjt, ift bie Vcnufcung ber einfehlägigen SReich«*
aericht«entfchcibungcn unb ber neueren Sitcratur. (Sin umfangreiche« unb forg-
faltig gearbeitete« 6adt)* unb üuellenregifter bilbet ben Vefchlu)} be« al« £anb*
wie Seljrbudt) gleich oorjüglid&en unb cmpfct)lenStoert^en SBerfc«.
S)te gefefclichen unb reglcmentarifchen Vorfchriften über
bie Vorbereitung 5um höheren 3uftijbienfte in Sßreu&en,
Hufammengcftcllt unb erläutert oon Äah, ftgl. ^ßreufe. 2lmt«richtcr.
Verlin 1880. «erlag oon ftranj Valien, tot. 74 Seit. $rei«
3,20 3».
S)a« oorliegenbe 2Bcrfd)cn ift angeregt toorben burch bie mehrfach in
lefetercr Seit auftaud&enben Älagen über bie nicht oöllig genügenbe wiffenfehaft*
liege Vorbereitung ber jurifttfd;cn Äanbibaten unb bie tn golge be« jefeigen
VorbereitungSbicnfte« nicht ermöglichte ftreng wtffenf ertliche S)urdt)bilbung ber
■Kcferenbare, welche burch prattifdt)e Schulung nicht erfefct ju werben oermag.
Stögen biefe Vcbcnfcn auch nur jum $heil gerechtfertigt fein, fo fann man bod)
bem £erm Verfaffer 2)ant wiffen, bafj er bura) bie oon Unit gewährte 3ufaramen-
ftcHung ber bie Vorbereitung unb Prüfungen jum höheren 3fuftijöienft regelnbcn
gefefclichen Vcftimmungcn mit jahlrcidt) eingeflochtenen fachlichen 9lnmcrrungcn,
inSbefonbere praftifchen Slnmeifungcn, j. V. über bie Grforberniffe ber Delation
unb be« münblidt)en Vortrag«, ben Vetheiligten Söegioeifung unb Dath erthetlt
hat, au« bem praftifchen Voroercttung«btcnft mit bem für bie Prüfung erforoer*
liehen Cuantum wtffenfchaftlicfier Äcnntniffe hcroorjugehen. 6« fann bemnach
ba« Vuch ben erwähnten Greifen bringenb empfohlen werben.
Sic $intcrlegung«orbnung 00m 14. HKärj 1879, prafttfeh unb
theoretifch erläutert, mit Veifptclen unb Formularen oerfehen, *um
©ebrauch für Verwaltung«behörbcn, ©crichtc, 3techt«anroältc,
oon 5. ßunsc, Degierung«rath. Vcrlin 1880. Verlag oon granj
Vehlen. Vroch- 182 Seit. *ßret« 3,60 2H.
®er gegenwärtige mit großer 6orgfalt gearbeitete Äommentar oerfolgt
in erfter Einic bie Aufgabe, ben Verwaltung«ocamten burdLj eingehenbe ©r*
läuterungen, Vcifpiclc unb Formulare bie 6chwierigfeiten ju ebnen, welche fi<h
bei Sinnahme unb ^erawSjahlung oon 2)cportten ergeben, unb ben Hinterlegung«»
bctheiligten bie s JJtöglichteit jur Stellung formgerechter 9lnträge 5U gewähren,
währenb anbererfeit« für bie Äönigl. ^auptfaffen Erläuterungen, betreffenb bie
^Buchführung, 3lcchnung«legung unb weitere Manipulationen, erteilt werben.
5Da« Vuaj wirb bemnach al« ein nach oerfchiebenen Dichtungen hin brauchbare«
$ülf«mittel willfommcn fein.
SaS^rcufnfche^elb* unb ^orftpolt jeigef efe 00m 1. Slpril 1880,
au« ben Materialien unb mit befonberem «ejuge auf bie sur
Ausführung beffclben ergangenen Verfügungen be« 3Jlinifier«
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fiitwatut.
309
für Sanbroirthfdjaft, Romainen unb ftorflen com 12. u. 29. 9M 1880,
erläutert oon 2B. & ©üntljer, Äöniglid)em Erften Staatsanwalt
beim Sanbgericht juSielefelb. VreSlau 1880. fr U. Äern'S «erlag
(3Rar SDhiÜer). 151 Seit. $reiS fort. 3 W.
2)er £err Verfaffcr, welcher ftch bereite burdj jroei frühere bem gorfl*
jfrafgebiet angehörige Äommentare befannt gemalt, ^at in ber gegenwärtigen,
gleichzeitig für Suriften uu* £ ß i cn beftimmten Sdjrift bie roidjtigficn tca)mfa)en
unb juriftifchen fünfte beS gorftpolueigefefceS mit Erläuterungen uerfehen, inbem
er, inforoeit ihm bieS erforberlicb ersten, auf bie c^cbem gültigen Veftimmungen
ber ^clbpolijeiorbnung oon 1847 zurütf griff. 3n feinen Ausführungen ift eS
ihm gelungen, bie oorgefafeten SJfeinungen zu aerftreucn, als ob baS oorlicgenbe
©efefe einen oQm brafonifdjen (ibarafter inooloirte, roenngleicb nicht »erfannt
toerben foQ, baß ber ©efefcgeber manage 5E)iSpofitionen bei weitem milber hätte
foffen fönnen, als er bie« getljan tat — ^ebenfalls mufe baS 2öerfa)en als eine
ancrfennenSrocrthe Seifhing erachtet roerben.
2)a$ ^oenitenjre^t oon Dr. fterbinanb 3JtannS. 2. oermehrte
Sluftoge. »erlin 1880. 130 Seit, ^uttfammer & 3Rühlbrea;t.
S)cr £err Verfaffer fleUt fich in bem burdb fdjarfe ftiftion ausgezeichneten
SBertajen bie Aufgabe, ben früher nicht bemängelten SBertf) be« SßoemtenzrechtcS
einer haarfdjarfen Prüfung zu unterwerfen, rodele er in anerfenncnSrocrthcfter
2Beife jur Durchführung bringt.
Theorien, beleuchtet er inSbcfonbere bie §altlofigfeit ber bie condictio mit ber
Seiftung oerbinbenben SeiftungStbeorie unö roenöet |ld) bann jur eingehenben
Ventilation ber ^oenitenjtheorie, nad) welcher ftd) baS *poenitcnzrecht bem rechts*
gültigen Vertrage mit bem Erfolge gegenüberftellt, bog ber Vertrag als befeitigt
unb als nicht ju Stanbe gefommen ju gelten habe. %m Saufe biefer Prüfung
unterzieht er bie baS Sßoemtenzrecht oorfehenben Stellen, mSbefonbere lex 27. §. 1.
mandati 17. 1. unb lex 5. §. 2. praescriptis 19. 5. (S. 91) einer ein*
gehenben Erwägung in Vetreff ihrer Sluthenticität unb eutfdbeibet fich auS
formellen roie materiellen ©rünDen bezüglich ihrer roie inSbefonoere ber lex 3.
unb lex 5. cond. caus. dat. 12. 4., welche leitete bem Ulpian jugcfdtjrieben
roerben, für bie Unmöglichfeit ber 2lufrechterhaltung ber bisherigen Slnfidjt, bafj
fie Sßrobutte flaffifdher ^dhriftfteüer feien. 2Rag auch in mancher Vejiehung feine
Beweisführung auf berechtigte SBroerfprüdje ftofeen, fo fann bort) nicht oerfannt
roerben, bajj bie Argumentation, welche ftd) bezüglich ber lllpianifchen Stellen
für eine bujantinifche Kompilation auSfpricht, infofern als jutreffenb anerfannt
roerben mu§, als bem §errn Verfaffer bartn beizupflichten ift, bafj bie Schreib»
roeife beS Ulpian in feiner 9öeife mit jenen in Ärotifel gezogenen Stellen
harmonirt. Unter biefer VorauSfefcung unb bem Einbrucf ber fo erheblichen
Abweichung ber Anfchauungen ber Älaffifer unb Äomjnlatoren, welche ledere
felbfi bie oon ihnen oorgenommenen oielfachcn unb einfdmeibenben Slenberungen
flafftfcher Stellen einräumen (cf. Verorb. de confirmat digest. ad Senat et
omnes populos §§. 10. u. 15. de confirmat dig. ad raagnum Senatum §§. 10.
unb 15.), fann eS nicht bebenflidt) fein, ben gegen baS ^oenitenjredbt erhobenen
Einroenbungen eine geroiffe Berechtigung einzuräumen unb baS Vucf) als ein
äufeerft intereffanteS zu bezeichnen.
S)aS 2)eutfche Straf prozefjredjt mit 9lüdficht auf bie ^uflizgefe&e
bcS ©cutfdjien SRei(3heS in ben ©runbjügen fpflematifch bargcftcUt.
Ein Supplement zur 3. Sluflage ber 0. ^olfcenborff'fchen Encn*»
flopäbie ber ^HechtSroiffenfchaft oon Dr. 3ticharb Eb. 3 ohn, ©el;.
^uftizrath u. ^rofeffor b. Stechte in ©öttingen. Scipjig. 2)uncfer
unb ^umblot. ©r. 8. 81 Seit.
oielfad)e ©iberfprüche h<*öuSforbemben
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310 «tcwtirt.
$>ie äußerft beachten*mertl>e Sirbett be« berühmten ,§errn Verfaffer«,
welche fich felbft äl& eine Ergänzung ber $olfcenborff 'fchen'Encoflopäbie bo
jeidjnet, enthält unter Venufcung ber einfchlägigen ©efammtliteratur eine fuftema*
tifetje «ehanblung be« ©trafprojeffe« unb Entwicfelung ber bie Strafprojeßorbnung
ftüfeenben t^corctifc^cn ©runblagen. Sie muß in ihrer präcifen 2)iftion nicht
nur al« ein fdjäfcbare« £ülf«mittet für ba« ©tubium be« ©trafprojeffe« erachtet
werben, fonbern wirb auch ^infic^tli^ ihrer eingehenben rritifchen (Erörterungen
^raftitern angelegentlich empfohlen werben fönnen.
3ur Äritif be« ungarifchen @trafgefe|jbuche«, über Verbrechen
unb Vergeben, oon Dr. £l;eobor SRcin^olb Schübe, ^JJrofeffor an ber
Unioer fität m ©raj. ©eparatabbruef au« ber „SKagoar £bemi*".
Vubapeft. 53ud)brucferci ber Slftien ^ OcfcUfd^aft »thenaeum 1880.
Sroc^. @r. 8. 31 Seit.
S)er gelehrte unb auf bem ©ebiet be« ©trafrecht* heworragenbe $err
Verfaffer fjat in ber oorliegenben ben wesentlichen 3 n h° lt eine« oor etwa
2 fahren feiten« be« Äönigl. Ungarifchen ^uftijminifterti oon ihm eingeforberten
©Machten« urafaffenben ^Monographie einen fdtjä&baren Beitrag ju ben rritifchen
Erörterungen geliefert, welche fowobl ber Entwurf wie bie Emanation be« un*
garifchen ©trafgefefcbuchc« ocranlaßt h at - 3JZit fdmrfer ©onbc tritt er ber
fid) balb an ba« beutfehe unb öfterretchifchc, balb an ba« belgifche ©efefc an-
lehnenben, nicht weniger al« 486 Paragraphen aufweifenben Äobtftfation näher
unb gefleht freimütbig ein, baß ihr in«befonbere ber Langel ber Ucberfichtl ichfeit
in ber ©toffoertbcüung innewohne. Bei Vehanblung be« ©trafenfnftem« (©.9)
wirb mit 9Fledt)t bie Beibehaltung ber 2obe«ftrafe burch ben Strang anftatt bura)
ba« Fallbeil, lueil ihr ein entehrenber Eb araEtcr anhafte, befämpft unb gegen ben
erheblichen Umfang ber lebenslänglichen greiheit«ftrafe platbirt. 2luch fann bem
£errn Vcrfaffer barin beigepflichtet werben, baf? ba« ©efefc mit fyrci^citÄftxaf-
mitteln überlaben ift. E« Eennt nämlich ^udjtbau«, ßerfer, ©taat«gefängniß unb
©efängniß. ©leich begrünbet erfcheinen Die (©. 13 u. 18) gegen ben bie Xtytih
nähme unb bie ßonfurrcnä ber jtrafbaren $anblungen beljanbelnben V. refp.
VIII. Slbfchnitt be« ©efefee« gcltcnb geraachten 2lu«ftcUungen.
3n Betreff be« II. (befonberen) XgeU* be« ©cfe&e« Irot fich bie Arbeit
einer größeren Äürje befleißigt, läßt aber auch fliegt oerfennen, baß bie
Xcrtirung be« ©efefee«, wie 5. B. bei Definition be« üöcorbc«, nicht unwefentlichen
Bebenfen begegnet. v Jlud; hinudtflich ber ©rabation be« Sttebftahb&oergehen«
jum Verbrechen, im $att oer SBkrthbetrag be« ©eftohlenen 50 ©ulben über*
fteigt, wobei außer bem biefclbe Eigen thümlichfeit aufweifenben öfter, ©efefc wohl
noch ber einftmalige ©trafunterfchieb swifchen furtum maguura et parvum oor*
gefdnoebt haben mag, tonnen bie Bebenten be« £crrn Berfaffer« wohlbegrünbct
erfcheinen. Xrofc aller feiner ÜDlonita gelangt er inbeffen am Schluffe ju bem
Wefultate, baß ba« ungarifche ©trafgefefcbuch in feiner heutigen ©eftalt al« ein
guter Anfang jur äßeiterentwicfclung anjufehen fei.
3)ie Deutfcje ©trafprojeßorbnung unb ba« ©erichtSocr*
faffungSgefcft neben ben 2)eutfchcn Einführung«- unb ^reußifchen
2lui§rührung«gcfe|en. SMit Kommentar in Slnmcrrungen oon % SDa l a c ,
Dbcr^©taat«änwalt. 2. umgearbeitete unb jtarf oermehrte Auflage.
$rei« 8,50 ajf. Berlin 1881. Verlag oon ftranj Vahlen. ©r. 8.
445 Seit.
3mar ift nur ein fur$er 3citraura feit bem Erfcheinen ber crflen Auflage
be« Kommentar« ocrfloffen, gleichwohl ^at ber §crr Verfaffer ©elcgenheit gehabt,
eine erhebliche s Jteoifion be« Serfe« oorjunehraen unb auch in ber Umarbeitung
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iiteratur. oll
bieienigen Stetten au^umerjen, roclche, weil fie bie frühere preujjtföe Siedet*
fpredmng roiebergaben, mit bem neuen ©trafprojefirecht nicht red^t im 3ufammen-
hange ftanben. %n ber gegenwärtigen Ausgabe finb an ©teile ber preufeifchen
Subifatur bie ©ntfdjeibungen beS SicictjSgerichtS getreten, moburch ber
pratttfdje 2öerth beS VucheS erheblich erhöht worben ift. gerner finb bie neueren
Siteraturerfcheinungen beS ©trafprojcffeS, wie 5. V. bie Äommentare oon £öwc,
tßudjelt, X\)iio, SÖceuer u. St, in ausgiebiger SEBeifc gewürbigt worben. 3n
fnapper aber gebiegener Ausführung bringt baS SßerE in ber neuen ©eftalt aUe£
SBiffenSwerthe unb enthält nebenbei bie $reufe. AuSfÜhrungSgefeße unb Ver*
orbnungen in größter Vollftänbigteit, fo bafc feine Senkung mit Stecht fowohl
bem 2^eoretifer wie ^raftifer empfohlen werben fann.
Sie Rechtsmittel beS GtoilprojeffeS unb ©trafprojeffeS
nach ben Vefiimmungen ber beutfehen 9teiehSgefe&e oon Dr. Auguft
0. ÄrieS, $rioatbojent an ber Unioerfität ©Otlingen. VreSlau.
Verlag oon äüilhelm Äoebner. 1880. ©r. 8. 517 Seit.
Sic Sarftetfung biefer in ihren Einzelheiten trefflich begrünbeten unb
beachtenswerten ©chrift umfaßt gleichseitig ben (Steil* unb jtriminalprojefj unb
behanbelt bie in beiben oorfommenben Rechtsmittel. AIS ®runb für bie fdjeinbar
auffällige 3ufammenftellung beiber Sßrojeffe unb ihre Vergletchung fa)webt bem
bura) feine fritifa)en Arbeiten rühmlichfi befannten <0crm Verf affer ber Umftanb
üor, bafj trofc ber erheblichen Sifferenjen swifchen beiben Sßrojeffen bod> ihre
Rechtsmittel eine jiemlich gleite Aufgabe oerfolgen unb in ihrer Äonfrruftton
unb ©ntwicfelung eine erhebliche 2tel;nlia)feit aufweifen. Safe biefe Anficht als
berechtigt gelten mu&, erhellt überbieS aus ben attotioen jur ©trafproje&orbnung,
in benen auSbrücfiich auf bie Anlelmung lejjterer an bie Vefhmmungen ber
ßünlproaefjorbnung oerwiefen wirb. Seim Eingehen ber Argumentation auf bie
einzelnen Momente ber Uebereinftimmung ber Rechtsmittel beiber ^rojeffe hol
ber Verfaffer bin unb roieber mit ©chwierigfeiten ju fampfen, unb bürfte nach
unferem (Srmeffen bie im 1. Äapitel enthaltene Vcrglcidjiung beS ©traf* mit bem
GioUprojefj auf ©runb ber aufeer ben föauptparteien noa) feiten« anberer an
bem Ausgange beS $ro3effeS intereffirtcr $erfonen erfolgenben Vetheiligung
ihre Vebenfen ^erauSforbcm. ©ehr erhebliche Verfd)tebenhcit jeigen beibe
^rojeffe bei bem Vergeht unb ber 3u*ücfnahme ber Rechtsmittel fowie be$üglich
ber ftorm unb grift ihrer (Sinlcgung, wäljrenb bie ©runb^üge ber Söirfung fich
in beiben oöllig beefen. 2Sie in biefem bie generellen UebcreinPimmungSgrunb*
fäfce bc^anbelnben erften £f)cil bcS 9ßcrfeS bie Erörterungen be$ ^errn 33er=
fafferS einen crfcfjöpfenben 6l;arafter aufioeifen, fo aua^ bie an ber §anb ber
Literatur erfolgenben 33etraa)tungen über bie ßntroirfelung ber einjelnen 9tea^tS=
mittel, unter meldjc er aua) bie SBieberaufna^me be« Verfahrens im ßioilprojefe
fubfumirt, roäljrcnb bie SioilprojeBorbnung fic als felbftfiänbige Älage qualipsirt.
2)aS SRefultat ber ^arallelifirun^ berjenigen öeftimmungen, roeldje fia^ bejüglia^
ber 2Bieberaufnahme ber Älage m beiben ^rojeffen finben, ift, bicS erfennt ber
.öerr SJerfaffer felber an, gegenüber bemjenigen bei ben anberen s tfed)tSmitteln
(Berufung, ftemfion unb Sefchroerbe) ein toefentlid) mangelhaftes.
S)ie 2lbfa)affung beS ©trafmafieS. (Sin 5öorfa;lag jur Reform
ber gütigen ©trafred)tSpflege. Von Dr. med. (Smil Äraegelin,
^rrenarst. ©tuttgart. Verlag oon fterbinanb Gnfe. 1880. 8. 78©eit.
SDJotioe ber oorliegcnbcn ©djrift maren bem §erm Vcrfaffer bie toilben
SluSroüchfe ber alten VcrgeltungS* unb Abfa^rccfungStheorie. Von bem Verfug
ber Äritif unb Sleubegrünbung beS VegriffS ber 5D?oral auSgehenb unb bie
Anficht befämpfcnb, bafe bie Sehren ber ©ittlichfeit als integrirenbe Veftanbtheile
ber göttlichen 2ßeltorbnung ju gelten hoben, roenbet fich bie ©chrift inSbefonbere
gegen bie ßntmtcfelung beS VegriffS ber friminaliftifchen #urechnung8fähigfeit
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UltXCllüX.
unb bic auf bcm ber fcarbarifdjen Ätnbljeit be£ 3tafdjengefchrcchtj8 cntftatmnenbctt
9tachegebanfen beruhenbe tabellarifche Berechnung bea (Strafmaßes (6. 17).
2)ie ganje ^olemif rieftet fidt) bemnäcbft gegen bie oermetntlich oon ben fdjäblictyten
2Üirfungen begleitete ftirirung beS (Strafmaßes a priori unb gelangt nach einer
frittfehen Beurteilung ber 3uläffigfett ber einjelnen ©trafarten unb befonberer
BcrücfFta)tigung ber oefannten jiemlich abgehauen 3Jitttelftäbtfchen Slnftchten,
ju bcm fonoeroaren Sftefultat, bafj eine gcbcu)liche SBirfung ber Strafe nur bann
legerer innewohnen fönne, roenn bem dichter nicht ba£ s Jtca)t jufiehe, bie 2lrt
ber ©trafoerbüfeung nach beren Stauer ju beftimmen. JsBtclmc^r ©erlangt ber
Berfaffer auf ©runb ber ^nbioibualiftrung oöllige Unbestimmtheit bcS
(SntlaffungSterminS, mobura), wie er meint (©. (52), ben ©trafanftaltS*
beamten eine grünbUdje päbagogifche ßinwirfung auf ihre Pfleglinge ermöglicht
mürbe. Bei oölliger föeorganifation beS ©efängni&rocfenS roill er ben «nftaltS*
bireftoren, ju welchen er übrigem? lebiglia) ^erfonen oon höchfter allgemeiner
unb fadmnffenfchaftlicher Bilbung ernannt m fehen oerlangt, baS bereits heut 3u
Xage ben ^rrenärgten bejüglidj ihrer Pfleglinge juftehcnbe ittecht eingeräumt
wiffen, bie Häftlinge nadt) ©utbünfen, b. h- roenn fte für gebelfert gelten, ju ent*
laffen ober fte länger p tnhaftiren. Söä^renb er femer ber (Erweiterung beS
BcurlaubungSfüftemS baS 2öort rebet, polemiftrt er gegen bie Beibehaltung ber
s 2UterSgremc in ü)rer Bebeutung für bie Strafrechtlichen folgen einer §anblung.
2lm ©chlufje feiner auf fehr gewagten BorauSfefcungen fteljenben Argumentation
gelangt übrigens ber Berfaffcr 3u ber Ueberjeugung, bafe juriftifdEjcr ©eits feine
Borfdjlägc als Utopien bezeichnet roerben bürften. SOöir um Heu tim inenu nicht
forrigiren, benn bie Annahme ber Borfchläge ber oorliegcnbcn Schrift, infoweit
fidj iic&terc in bem gelbgefchrei „Bort mit bem ©trafma&" concentriren,
roürbe nichts anbereS ^ctBen, als unfer beutiges ©traffoftem über Borb werfen
unb ben dichter fo ziemlich für überflüjfigerrlären. ^öffentlich werben wir oon biefem
ibealiftifchen ^talt**» btfj&t Anbruch über furj ober lang ber §err Berf affer
prognofticirt, oerfchont bleiben.
ferner machen wir auf folgenbe neue Erlernungen aufmerffam:
2>te ©trafprojefjorbnung für baS beutfehe Steich, erläutert
oon Dr. (s. Sßuchclt, iHcichSgerichtSrath. 8. Lieferung. Seipjig.
2)ru<f unb Verlag ber Sfcofcberg'fchen Buchfmnblung. 1880.
Allgemeine ©erichtSjeitung für baS Königreich ©achfen. $erauS*
gegeben oon Dr. ftriebrid) DSfar oon Schwarbe in ©reiben,
Äönigl. ©ächf. ©eneralftaatSanwalt. ©rofefreuj. Dleue ftolgc, L %at)x*
gang, §eft 1—3. Seipjig. gueS «erlag («. föctSlanb).
£>ie3ufti$gefe&e für baS beutfehe SReitt). ©erichtSoerfaffungS*
gefefc, (Sioilprojefcorbnung, ©trafproje&orbnunq, ÄonfurSorbnung.
XertauSgabe mit @inführungSgefc&en, Sßreufj. AuSführungSgefefcen,
weiterer etnfehlägiger ©efetje unb «erorbnungen, in ßeinewanb c^eb.
8. I17©ett. <ßreiS5äR. ß. ©chwann'fche^erlag^hanblung.
borf 1880.
©ine prattifche unb bt&fyalb fcljr empfehlenSwerthe ©ammlung.
R. Backofifner.
4ktUn, Haut i . :t iL«. tBüfcitflriil.
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„älit tfl bie gorfdjrift bes §. 128. ber beutfdjen Strafprojcfjorbnung,
roonad) ber in (Semäßljeit öcs $. 127. eod. uorläufirj J eftgenammene
untferjüglid) bem 3Untsrid)ter be« $e?irhs, in roeldjem bic IFeftnaljme
erfolgt i|t, uormfuljren tfl, m nerfteljen; — ift insbefonbere ber
Smtsridjter beredjtigt, bie Amtuljntc ücö iljm Porgefüljrten aus
bem törunbe abmieten, roeü bie jufKinbtge Stttatsanwaltfdjoft fidj
om Sit? bea ämtögeridjts beftnbet?"
Von &errn Oberlanbc«gcti(^t!8< Senat« =^räfibcnten Xeffenborf
5U tfönigSbcrg i. ^r.
<S3 befiimmen:
§. 127. @t. *ßro$. D.
„9öirb ^emanb auf frifäjer Zfyat betroffen ober »erfolgt, fo ift, wenn
er ber glud)t uerbäduiä ift ober feine Sßerfönlichfeit nicht fofort feft*
geftellt werben fann, Jebermann befugt, ihn auch ofme rid)terlid)en
Haftbefehl oorläufig feftjunetjnten.
2)ie 6taat5anioaltfd)aft uub bie ^olijei» unb Sicherheitsbeamten
Pub aud) Hnn pr oorläufigen fteftnahme befugt, roenn bic Vorauf
fertigen eine« Haftbefehls oorliegen unb ©cfabr im Verjuge obwaltet.
Vet [traf baren ^anblungen, beren Verfolgung nur auf Slntrag
eintritt, ift bie uorläuftge ftejtnahme uon ber Stellung eine« folgen
Antrags nid)t abhängig."
unb §. 128.:
„2>er geflgenommenc ift unoerjüglich, infofem er nicht roieber in
Freiheit gefefet wirb, bem Amtsrichter beS VejtrfS, in meinem bie
geftnaljmc erfolgt ift, oorjuführen. £>er Amtsrichter l;at ilm fpätefUnS
am Sage nach ber Vorführung ju oerne^men.
Hält ber Amtsrichter bic ^eftnahme ni^t für gerechtfertigt ober
bie Örünbe berfclben für befettigt. fo uerorbnet er bie Rreilaffung.
AnberenfallS erläfjt er einen Haftbefehl, auf melden bie Veuimmungen
beS & 126. Anroenbung finben."
S)iefe Vorfdjriften erfreuten fo flar unb befiimmt, bafj man meinen
tollte, il;re Auslegung biete feine befonberen Schwierigfeiten, unb ein näheres
Eingehen auf fie fei unnüfce Arbeit. (§rftereS ift nun par auch meine Meinung,
welche 2)leinung bie mir befannten Kommentatoren ber St. $roj. 0., wie id)
auS ber Äürjc unb Raffung ber bezüglichen 9toten entnehme, feilen, allein biefe
Uebereinftimmung ^errfc^t nicht au(h in ber Auslegung felbft, inSbefonberc nicht
in ber Veantwortung ber oben auf gern orfenen ftrage. ©efehalb, unb ba bie
lefetere aud) in ber $rajiS ftreitig geworben ift, inbem Amtsrichter — im
aßiberfprua) mit ber ^oliaeibehörbe uub mit ber StaatSanwaltfcfcaft — bic
»v$io ifcso. 5. fltft. 21
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314 §. 128. 6t. ^roj. O.
Sinnahme ber ihnen in ©emäfehcit beS i?. 128. cit. oorgcführtcn Sßer*
foncn unter bcr Vegrünbung abgelehnt haben:
bafj, ba bic juftänbtac StaatSanwaltfdjaft fid) am Sifcc beS XmtS'
gerid)ts befinbe, bic Vorführung cor biefc $u erfolgen habe,
bie #rage mithin bic (Sigenfchaft einer brennenben Streitfrage angenommen
hat, feheint mir beren nähere Erörterung angezeigt unb nühlid), unb jtoar um
fo mehr, als bcr Streit auf Soften oon Verhafteten [oorläufta, fteftgenommenen]
geführt wirb, beffen atsbalbigc (Srlebigung mithin cbenfo in beren, als im
öffentlichen ^ntereffe liegt.
£)ie 2lnfid;t, bafj bic im §. 128. cit. angeorbnetc uuocrjüglidjc Vorführung
beS fteftgenommenen oor ben Stmtöttd^tcr jur VorauSfefcung habe, bafj bic 511
ftänbige StaatSanwaltfchaft (Staatsanwalt, bcj. 2lmtSanwalt) fid) nicht am St&e
beS 2fmtSgcrid)tS befinbe, wirb anfd^einenb oon Soerac oertreten. 3n beffen
— bisher unübertroffenen — Kommentar jur Strafprojefwrbnung heifit eS
Note 3 ju §. 128.:
„$allS fid; am Si(je beS Amtsrichters aud) bie $uftänbige Staats*
anwaltfdjaft bennbet, mirb ber fteftgenommene 3imäd)ft bic f er
uorjufüljrcn fein; bicfelbe hat, falls fte nicht bie ftrctlaffung oerfügt,
alSbalb bic Vorführung oor ben 2lmtSrichter su benürfen unb jugleid)
bie geeigneten 2lnträge ju ftellen. 2lnberenfaUS ift bcr tfefigenommenc
mit Uebergehung bcr StaatSanwaltfchaft unmittelbar bem Amtsrichter
oorjufütjren."
SJJein oorheriger 3 u fafe : „anfdjcinenb" bejie^t fidtj auf baS: „wirb" in
biefer 9iote, weldje 2luSörucfSwetfe bem 3 10 ^ifel staunt giebt, ob bic 9lotl;*
wcnbtgfeit ober nur bie 3 ulft nigfctt ber Vorführung oor bic StaatS-
anwaltfchaft ^at behauptet nierben foüen. ^nfofern bic oben ermähnte *prariS
unter bem (SinfTufi biefer 3Zote fteljen foUte, oerfteht fte biefclbc in bem erftcren
Sinne, benn bie ätfeigeruna beS SlmtSricfiterS, in fällen ber gebauten 2lrt bic
Vorgeführten anjune^men, läuft auf bic (srflärung hinaus, bafe bic Vorführung
oor bie StaatSanwaltfchaft gefcßlia) geboten fei.
©egen biefc Stuffaffung beS §. 128. fpridjt fid) Xf;il 0 auS, wenigjtcnS
läfjt bie N Jiote 7. S. 113 fcineS JiommcntarS:
„2)ie Veftimmungen (beS §. 128.) fichern bem geftgenommenen bic
unocräügliche Herbeiführung einer gerichtlichen ©ntfeheibung, mäfjrcnb
nach etnjelnen beutfehen Wefelen bie Vorführung junäc^fl oor bic
StaatSanwaltfchaft ju gefchehen hat. $reuf$. ©efeö oom 2. gebr. 1 8f»0
unb «preufe. St. ^roj. ö. oom 25. £uni 1867 §. 125."
barauf fd)lieBen, baft er bie Vorführung oor ben 2lmtSrict)ter ausnahmslos für
geboten holt.
$n oon £ol6enborff'S £anbbud) beS beutfehen StrafprojeferedjtS finbet
fich (Vb. I. S. 361) bie 2tnfid)t oon &oewe wörtlich citirt mit folgenber
^arenthefe:
„obgleich baburch nothmenbigertoeife emVerjug in ber gefefelicf) an-
georbneten Vorführung oor ben 2ImtSrid)ter entftehen müjjtc,"
in welcher qSarentfjefe wohl el;er eine Vcanftanbung, als eine Slboption biefer
Anficht ju finben ift.
Sil ben Kommentaren oon 0. Schwane, ^uchelt unb 3)alcfe ift bic
#rage mit StiUfdjweigen übergangen. 2)afj fie SlngertchtS ber bie Vorführung
oor ben SlmtSrichter fdjledjttjin anorbnenben Vorschrift beS §. 128. bie Vor-
führung oor bie StaatSanwaltfchaft in ben qu. ftäHen, b. i. bic fHH-
fehweigenbe Suppofition einer 2luSnahme, welche StuSnahmc nadj ber 3 a ^l °cr
hierunter fatlenben tfeftnahmen, 3- Vettlcrn unb fianbftrcichcm, jur s Jtegel
werben würbe, für felbftücrftänblich crad;tet haben folltcn, lä|t fich nicht an-
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§. 128. @t.*to}.0. 315
nennen, oielmet)r rechtfertigt biefeS StiUfd)weigen ben Schlufe, bafe bie Vorfdjrift
in einem oon rt)rem Söortlaut abmeutenben Sinn nicht »erftonben worben ift.
2Benn £oewe feine Anficht offne Vegrünbung geloffen h«t, fo bat er
barmt, wie bie SBortfafiung: „wirb" anbeutet, bic Anficht felbft wohl nicht als
jwetf eisfrei bcacidmen, fonbern nur ju erfennen geben wollen, bafe ti)re 33e =
grünbung, weil nalieliegenb, entbehrlich fei.
Siefe Vegrünbung fann benn auch in ber %i)<xt in erfter Sinie nur
barauf hinauslaufen, bafe nact) bem ber Strafprojefeorbnung p ©runbe liegenben
yinflageprin3ip bie Vorfdjrift beS §. 128. cit. jur ftillfchwetgenben Boraus*
fe^ung habe, bafe bie $ax Strafoerfolgung berufene unb juftänbige Staatsanwalt*
jd)aft fict) nicht am Sifce beS Amtsgerichts befinbet.
AHcrbingS beherrfdit biefeS ^rinjip (cf. §. 152. ff. unb §. 150. ff.) ben
Strafprojefe, unb jwar bergeftalt, baß bie Vornahme richterlicher Unter fudjungS*
Iwnblungen oor Erhebung ber öffentlichen tflage in ber Siegel burch einen bejüg*
liehen Antrag ber StaatSanwaltfct)aft bebingt unb nur auSnahmSmeife auch ohne
Antrag in ben ftäHen ber ®efal)r im SSerjuge jugelaffen ift (cf. §. 125. u. §. 163.).
Xiefem ^rinjip entfpräct)e es, wenn ber oorläufig $eftgenommene, falls bie
3uftänbige StaatSanmaltfdjaft ben Srfc beS Amtsgerichts theilt, sunädjft biefer
oorgefürjrt mürbe, benn fie allein hol über bie Erhebung ber öffentlichen ßlage
ju befinben unb fann ben ftefrgenommenen f 0 fort roieber auf freien gufe fefcen,
be$. ben oon bem Amtsrichter erlaffcncn Haftbefehl roieber aufheben.
Allein gcrabeju einen äöiberfpruct) mit biefem $Prin3tp oermag ich in
ber Vorschrift beS §. 128., wenn fie nach tywm Söortlaut ausgelegt wirb, nicht
5U erfennen, fo bafe alfo auch ber ßufammenjjang beS ©efefceS feine oom SÖort*
laut abroeichenbe Auslegung gebietet. Scr (sefefceSjufammenhang in bem be^üg*
liefen Abfchnitt 9.: „Verhaftung unb oorläufige ^eftnahme", führt fogar auf biete
Auslegung hin, benn berfelbe ergiebt, bafe jum Sdnifc ber perfönlichen Freiheit
bie Beftnafmte ber SHegcl nach nur auf ©runb eines ritterlichen Haftbefehls
erfolgen barf, für bie auSnahmStoeife pgelaffenc geftnahme ohne einen folgen
Befehl aber bie fdileumgfte 9iad)holung beffelben unb m bem Vetjufe bie un*
Bezügliche Vorführung oor ben (näd)ften) Seichter als nötjjig befunben worben ift.
Sie Vorschrift felbft enthält feinerlei Anbeutung barüber, bafe unter
Umfiänben bie Vorführung oor bie StaatSanmaltfchaft m erfolgen höbe, ins*
befonbere ift eine fold)e nicht in bem 3uüf<hc n f Q | e: ti^txn er nicht roieber in
Freiheit gefegt wirb" ju finben. Siefer 3mifchcntafc fehlte in bem bem Reichs-
tage oorgclegten ©ntrourf unb ift erft oon beffen Äommiffion aufgenommen
roorben, um einem bort geäufeerten ßweifel barüber ju begegnen: ob berjenige
s 4$rioatruann ober $rioatbeamte, welcher eine s #crfon in flagranti feftoenommen,
biefe nicht, ohne fie bem Amtsrichter oorjuführen, fofort wieber freilajjen fönne.
(cf. ^rotofoUe ber MeichStag*3uftt>flom. $ur St. SJkoj. 0. S. 175.)
Ser aus bem ©cjc^eSjufammenhang gegen bie wörtliche Auslegung ber
qu. Vorfchrift unb für ihre Vefchränfung auf bte ftälle ber s Jlic9ttefiben$ ber ju«
ftänbigen StaatSanwaltfdjaft am Si|e beS Amtsgerichts hergenommene ©runb
erweijt fich aber bei einem 9tucfbluf auf bie <gntftehungSgefcr)ichte ber Vor*
fchrift als ganj unhaltbar, benn bie letztere läfet feinen 3 roe *f e ' barüber p, bafe
ber ©efefcgeber mit ber Vorfdrrtft baS bat ausbrüefen wollen, was ibr SBortlaut
befagt, b. i.. bafe bie StaatSanwaltfchaft als nothwenbige Bwifcheninftanä
bei ber Vorführung fd;l echt hin hat auSgcfdbloffcn werben fouen.
Sie Vorfchriften ber cit. §§. 127. Abf. 1. 11., 2. 11., 128. Abf. 1. finben
fich unb jwar im Sßefentlichen gletct)lautenb bereits in bem I. (fog. Sßreufeifchen)
Entwurf (cf. §§. 111. unb 112.), nur bafe ber oben erwähnte ßrotfchenfafl beS
§. 128. fehlte, ^n ben 3Rotioen ju biefem Entwurf (S. 90—91) wirb junächfl
hcroorgelioben, bafe bie aufgehellten VorauSfe|jungcn, unter benen eine oorläufige
§eftnahme ohne richterlichen Haftbefehl erfolgen bürfe, im ©efentlichen mit ben
21*
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3iG §• 128- et*w a .o.
befiehenben ©efefegebungen übereinftiramten, fich aber oon bcr SDUljtsa^l berfelben
baburch unterfdneben, bafe man baoon Hbftanb genommen habe, bie mannigfachen,
auf biefem (Gebiete benfbaten gäüe oon einanbei ju fonbern unb ba£ Verfahren
für jeben einzelnen berfelben bura) befonbere Vorfchriften ju regeln, 9cacb einem
furjen Hinweis auf bie besüglidje Äafuiftif ber franjöfifchen unb oerfchiebenen
beutföen ©efefcgebungen, foioie barauf, bafe baS enalifchc Me<ht, Neroon abroeühenb,
ud) mit ber 2lnorbnung begnüge, bafe in mögltchft Eurjer grifl ein richterlicher
auSfprud) über bie oorläufige geftnahme herbeigeführt werben müffe, heifet c£
im unmittelbaren Slnfdjlufe hieran roörtlich:
„$ie Veftimmungen ber §§. 112. unb 113. fiebern bem geftge*
nommenen bie unoerjügliche Herbeiführung einer richterlichen i£nt*
fcheibung unb erteilen bem SlmtSrichter, bem jener oorgeführt wirb,
bie Vefugnife, bie fofortige greilaffung be3 geftyenommenen an3u*
orbnen, wenn er nach Anhörung be£ leiteten bie geftnahme nicht
für gerechtfertigt ober bie ©tünbe berfelben für beseitigt erachtet."
Snbem alfo bie 9)iotioe bie unoerjügliche Herbeiführung einer
richterlichen Gntf Reibung betonen, enthalten fie hier unb auch weiterhin
nicht bie geringfte Slnbeutung barüber, bafe biefelbe feine unbebingte fein folle,
bafe oielmehr in benjenigen fällen, too bie juftänbige StaatSanroaltfchaft ben
Sifc bejo SlmtSgerichtS theilt, bie Vorführung oor biefe ju erfolgen fmi>e. Unb
boch legte bie bamalige fcage ber ©efefcgebung, inSbefonberc ber preufeifchen,
eine Vebeutung gerabe hierüber fehr nahe.
$n ben Anlagen ju biefem (Sntrourf ift in bem @rfurfe über bie Unter*
fudmngshaft ber oorläufigen gefi nähme ohne richterlichen Befehl befonberS gebaut
unb baä preufeifd&e ©efefe oom 12. gebr. 185U jum ©dmfc ber perfbnlichcn
Freiheit in ben bejügltchen Stellen abaebruef t worben. %n biefem ©efefc befrimmen :
§. 4. „3eber oorläufig hergenommene mufe fpäteftewS im £aufe
be3 folgenben Xaqt& entroeber in Freiheit gefefet, ober eS mufe in
biefer 3eit baS ßrforberliche oeranlafet werben, um ihn bem Staats*
anmalt bei bem juftänbigcn ©erid)t oorpführen.
S)er Staatsanwalt mufe entroeber bie fofortige greilaffung
oerfügen, ober unoerjüglid) bei bem ©ericht ben Antrag ftcllen,
bafe über bie Verhaftung Vefd)lufe gefafet roerbe. 3ft Semanb aufeer-
halb be£ VejirfS be£ juftänbigen ©erichts oorläufig feftgenommen
roorben, fo fann er oerlangen, junäajft oor ben Staatsanwalt beS
VejirfS, in roelchem er ergriffen roorben, geführt ju roerben . .
§. 5. „$eber Verhärtete ober oorläufig ^genommene raufe
fpäteftenS ira tofe bes. folgenben XageS nach feiner Vorführung oor
ben juftänbigcn dichter fo oernommen roerben, bafe . . ."
Hiermit ftimmten bie Vorfchriften ber preufeifchen St. ^Sro$. 0. für bie
neuen $rooinjen oom 25. ^uni 1807 (§§. 125—126.) ira SÖJefentlichen überein.
Slua) nach biefen raufe ber oorläufig gefigenommene (binnen 24 Stunben) ftets
junächft ber StaatSanwaltfdwft jur Verfügung geftellt roerben, roelche, fall« fie
nicht bie greilaffung oerfügt, binnen 24 Stunben nach ©rapfang ber 2lnjeige bei
bem iuftänbigcn dichter ben ßrlafe beS Haftbefehl ju beantragen h<*t.
2Benn biefen Vefitmmungcn gegenüber unb entgegen ber (fog. ^reufeifche)
Csntiourf bie unoerjügliche Vorführung ber oorläufig geftgenomraenen oor ben
dichter fchlechthin oorfchrieb, ohne in ben ÜDtotioen bie nach jenen obligatorifchc
Vorführung oor ben Staatsanwalt, bcgio. beren Veibehaltung für geroiffe gallc
— auch nur mit einem üBorte ju ermähnen, fo feheint mir bie« unroiberlegbar gu
beroeifen, bafe im ^ntereffe einer möglichft befchleunigten richterlichen Vefchlufe*
nähme bie Staatäanroaltfchaft als befonbere ^wifchen Onftattj überhaupt nicht
hat jugelaffen roerben follen. ')ad)t unerroogen roirb bierbei geblieben fein, bafe
bie äulaffung einer folgen %n\tani naa) bera Vorgange jener ©efefte bie ©e>
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§. 128. 6t $r<?3. O. 317
Währung einet, wenn aud> nur furzen, bcfHmmten VefcfcluBfaffungS^rift
bebinge, unb bafj eS nid^t unbillig fein würbe, bicfeftrifl für bic Staatsanwalt»
fd^aft ebenfo lang, wie für ben Amtsrichter, ju bemeffen.
$)cr bent 9teid)8tage oorgelegte (Sntrourf enthält in ben §§. 116. unb
117. genau biefelbcn Vorfdjriften unb auch bic bezüglichen 2Wotioe (cf. SMotioe
©. 159) ftimmen mit ben oben rotebergegebenen Sftotioen beS erften ©ntrourfS
unb aroar roörtlidj überein. SBeber in ber Äommiffion, noch int Reichstage ifl
Sur Sprache gebraut, ober auch nur angebeutet roorben, bafe bie Vorfdjrift beS
§. 117. (jefct 128.) jur VorauSfcfcung habe, bajj fid) bie juflänbtge StaatSanroalt*
Schaft ntebt am Sifce beS Amtsgerichts befinbe. 2)ie Äommiffion, beren Vera*
jungen an ©rünblidtfeit nid&tS ju roünfd>en übrig laffen unb mr @enüg,c
ergeben, bafj ftc r foroeit es fid^ um bie StaatSanroaltfchaft fyanbelte, auf. bie
Gr^altung ober gar (Srroeiterung ber 9Jtad)tbefugnijJe bcrfclben nichts weniger
al« bebaut, im ©egentheil überall beftrebt geroefen Ifl, biete Vefugniffe möglichft .
5,u befdjränfen, — 'bie ßommiffion bat offenbar an bie SRöglidifeit einer foleben
Auslegung ber Vorfdjrift gar nid)t gebaut. &ätte fte bie le&tere für möglich
gehalten, — ber Amtsrichter mürbe iljr hierbei roohl nicht oorgefchroebt haben, —
fo mürbe fie oorauSftchtlicb ein — an ftdj allerbingS felbftoerftänbltcheS — : „ftetS"
ober „ausnahmslos" jufä&lich bcfd)loffen Imben.
2Ste roörtlidh gerabe bie ßommiffion bie unoerjügliche Vorführung bor
ben Amtsrichter oerftanben hat, baoon geben bie bereits oben erwähnte @üv
fügung beS äroifchcnfa&eS:
„fofem er ntd^t roieber in Freiheit gefegt roirb",
foroie ber fernere Umflanb .Reugnifj, bafä auf Anregung eine« ihrer SJiitguebcr bie
WcbaftionS^tommiffion beauftragt rourbe, in bem qu. ^aragrapljen aud) bem ®eban*
fen AuSbrucf $u geben, baf? eine ^ßrioatperfon ben oon ihr ^eftgenommenen nur
ber ^oliüci jur roeitcren Veranlaffung $u übergeben brauche, ihn aber nid)t noth*
roenbig felbft bem Amtsrichter oorführen muffe, (cf. SßrotofoHe S. 176).
tiefer Huftrag ifl unerlebigt geblieben. Ob bic s JtebaWon£*Äommiffton einen
bezüglichen .Rufats für bebcnrlicp, ober, roeil felbftücrflänbltdj, für überflüffig cjc*
halten hat, fonftirt nid;t. AllerbingS mürbe bic ^rioatperfon mit bem oon ihr
nächtlicher Söeile fteflgenommenen ferner ju bem fdjlafenben Amtsrichter ge*
langen. 1 )
©laube ich hiermit ben 9tad)roeiS geführt ju haben, bafj in ben fällen
beS §. 128. cit. bie Äonfurrem ber ©taatSanroaltfcbaft als nothroenbige 3rotfd)cn*
inftanj fd&ledjthin auSgefchlojfen ifl, fo läfjt biefer SHadhroeiS bic hieroon ocr>
fdhiebene ftrage:
Ob in benjenigen Ratten ber Vorführung, roo bic juflänbige
StaatSanroaltfchaft fidj am Stfce beS Amtsgerichts beftnbet, bic Ver»
mittelung ber Vorführung oor ben Amtsrichter burdj bic
StaatSanroaltfdjaft gefefclich juläfftg ifl,
unberührt unb offen. 3d) halte biefe Vermittlung für juläffig unb — unter
llmflänben —
inforocit baburd) bie oom ©efefc gewollte unoerjüglicbc
Herbeiführung einer richterlichen @ntfd>eibung nicht oer*
jögert roirb,
für jroecfmäBig, rocil bie jur Erhebung ber öffentlidhen Älagc allein berufene
StaatSanroaltfcbaft hierbura) in ben 6tanb gefegt roirb, falls fte bie @adjc jur
1) ^nfccm tie "^rifat^erfon ben itjt tmrdö bie 9Zatur bet Skt^dUttffic C|Ctt>iejenen fßea jut
nä*Pen ^oIqcittjad)e einfdjlaqt unb ittren Äneflanten bort ©e^ufä SJorfüftrung »or ben ftmtö«
riebter abliefert, ©ertefet fte m. (£. ben §. 128. nitbt, unb beborf e8 jur SBabrung bietet ©orfebrift
ntebt be« t>on einzelnen ilommentatoten (cf. k.8. Buckelt ®. 266 9iote 6.) babin borgefcblagenen
«uötunUömittclß: 3)er ^rttarmann entlätjt in ©emärjbeit be« §.128. feinen Sltreftanten in
«cgenirart ber i3otijei, unb biefc nimmt ibn in ®cm5&beit bes §. 127. «L 2. fofort »ieber [eft
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318
§. 128. 6t Vroj. O.
Verfolgung md)t für angetan hält, bie foforrigc ^reilaffung beS ^genommenen
$u ocranläffen unb fo bem AmtSridftcr bic Vernehmung, bcjw. bcn Grlafe beS
Haftbefehls $u erfparen, anbcrnfaüs aber bem Amtsrichter mit bcn Vcrt)anb*
lungen mgletch baS etwa fonft noch oorhanbene Material ju unterbreiten.
SDem nal;eltcgcnbcn (Jinwanbc, bafe bie Vorführung uor bcn Amtsrichter
^ierburd) immerhin einigen Auffdmb crlcibc, Ijalte ich j$olgcnbcS entgegen:
Söcnn bie S8orfd)rtft bcS §. 128., welche bem Amtsrichter jur Vernehmung
beS Vorgeführten bis §um Gnbc bcS nächftfolgenbcn SagcS, olfo 1—2 Sage,
3cit läfet, jeben Auffajub $wifchcn geftnabme unb Vorführung, — jebe Ver*
mittlung ber lederen fdjlcdjtbtn aaSfchlicBt, bann borf auch bie ^rioatperfon
ihren Ärreftantcn nidf)t zur ^olijcimadjc führen, — bann mufj bic ^oli^ei oon
jeber Vernehmung cincS ^genommenen Abfianb nehmen, — bann mütten bic
Amtsrichter bei fich einen regelmäßigen Sftadjtbicnft einführen, gegen welche
ledere Neuerung ftd) Xhtlo (S. 133 s Jir. 5.), Äeller 9Jr. 2. $u §. 128. unb
mentator befürwortet worben ift.
^ält man aber bcn Auffdjub in biefen fällen mit bem „unocrjüglicb"
beS §. 128. oereinbar, inSbefonbere, wie bie genannten Autoritäten es thun, bie
einftweiligc 2)etention ber beS 9taa)tS fteftgenommenen im ^oliseigefängnifc für
ftatthaft, fo wirb aud) ber bura) jene Vermittlung ber Vorführung ocrurfaa)tc
furje Auffdjub nicht in Vetradjt fommen fönnen.
2>ie Vermittlung roirb fid) je nach ber 2ftt ber Vorführung ocrfdjicbcn
gestalten, bcj. gan$ in 28egfaU fommen.
2)afj unter „Vorführung" nicht blof3 bic perfönlicbe VorftcUung, fonbern
auch ber fidU ju begreifen ift, wo ber ^eftgenommenc bei Ucbcrfcnbung ber Ver=-
Imnblungen bcrgcftalt jur Verfügung geftcllt wirb, bafj er jeberjeit fofort
perfönlich oorgeführt werben fann, ift meines SßiffcnS unbeftritten. SBcnu
£oewc (©. 435 Dtote 4.) bezüglich ber lefeteren Alternatioc bemerft, bafe im
ftall ber fteftnahme außerhalb beS AmtSftfceS beS AmtSridjtcrS ber geftgenommenc
fofort nad) biefem Cxt tranSportirt werben müffe, fo fann ich bem nur beipflichten,
benn cS fehlt tyitt jene VorauSfefcung ber nicht förperlichen Vorführung.
Grfotgt bie Vorführung, förperlich, fo ift baS Amtsgericht ber für
fie geioicfcnc Ort. S)aS AmtSlofal ber 6taatSanwaltfcbaft ift in ber Megel jur
Aufnahme uon (befangenen ganj ungeeignet. S)ie auf bic Vorführung bezüglichen
Vcrhanblungcn barf ber Amtsrichter, foweii bicS ohne erheblichen ^cttocrüift
gefchehen fann, junächft ber 6taatSanwaltfd)aft oorlegen.
Erfolgt btc Vorführung burch Ucbcrfcnbung ber burch bie
fteftnahme bcjüglichen Verhanb lungen, fo Dürfen bie Icfctercn unter bcrfclbcn
VorauSfefcung sunächft ber <Staat3anwaltfdjaft jugefteüt, bej. oom Amtsrichter
corgelcgt werben.
Haben baS Amtsgericht unb bic 6taatSanwaltfd)aft in ein unb bcmfelbcn
©ebäubc ihre ©efchäftSjimmer, fo wirb hierburch in ber Siegel ein Auffchub
überhaupt nicht oerurfacht roerben; — finb beibe Vchörbcn räumlich getrennt,
fo roirb fich bic Vermittlung ber llebcrfenbung burch bic StaatSanroaltfdjaft in
ber Siegel bergcftalt bcfdhlcuniacn laffen, baß bicfclbcn in fürjefter ftrtft an bcn
Amtsrichter gelangen. 6inb bie lofalcn ober fonftigen Vcrhältniffe ber Art, ban
biefe Vermittlung einen roefcntlidjcn 3citocrluft bebingt, fo ift oon iljr Abftanb
ju nehmen.
S)ic 3rocdmä^igfeit ber Vermittlung ber Vorführung burd) bic 6taatS
anroaltfehaft mögen folgenbe Vcifpiclc illuftriren:
Am Vormittage finbet eine Vorfühnmg oor bcn AmtSridjtcr fiatt. tiefer
hält bic Sache jur foforttgen ^vrcilaffuncj bcS ^eingenommenen nidht für angethan,
oernimmt — wegen ©efdjäftSüberbäuruna. — bcnfclben am l^achmittagc bcS
näd^ften SagcS unb erläßt fobann ben £nftbcfcl)l. Am folgenben Sage gelangen
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§. 128. ©t. ^roj. 0. 319
bic Aften an bic 6taatSanroaltfct)aft, reelle nach §. 126. jur Prüfung ber
Sache, bc,v (Sr^cbung ber öffentlichen Älagc eine SSoctjc Reit bat. Vct näherer
Prüfung finbet fic, — bie in Vctracht fommenben ^Jcrfönlid^fcitcn fmb it)r oiel*
leicht anS anberen Itntcrfucbungcn berannt, — jur ©trafocrfolgung feinen
genügenben Stn^alt nnb crfud)t beSrjalb ben Amtsrichter um 3Bicberaufr)ebung
beS ^»aftbcfcljtö.
^pättc ber Amtsrichter bic auf bic $cftnabme bezüglichen Vcrr)anblungcn
Sunächft ber — uicUeic^t im 3immer nebenan befinblichen — StaatSamoaltfchaft
oorgclegt, fo mürbe er fret) bic Arbeit unb bem Vorgeführten bic längere &aft
erfpart haben.
©in anberer gatt: 6S roerben mehrere 5ßerfonen rocgen VerbadjtS beS
2JtorbeS oorläufig feftgenommen unb bem Amtsrichter oorgefütjrt. @r oernimmt
fic, nimmt ben Augenschein ein 2c. SSärcn bic Verr)anblungcn unmittelbar ber
Staatsanwaltschaft jugcftellt worben, fo hätte biefc fofort bic Voruntersuchung
bei bem am Orte bcfinblichcn UnterfuchungSrichter beantragen fönnen unb biefen
baburdj in ben <3tanb gefegt, bieje wichtigen crflen Untcrfuchungölmnbtungcn
fclbft üor$unchmcn unb bic eigene Anfcr)auung für bic Unterfudmng nutzbar
$u machen.
Safe übrigens baS ©efefc, inbem cS bic unocrjüglichc Vorführung oor ben
Amtsrichter oorfebreibt unb bic StaatSanroaltfchaft als nothroenbige 3roifd$cninfian3
nicht anerfennt, hiermit nicht ben fteftgenommenen bem Amtsrichter gemiffermaßen
oorläufig ganj §u eigen bat geben wollen, bergeftalt, baß bic Verrjanblungen,
bcj. ber fteftgenommene fclbft niebt oor beffen ^rctlaffung ober oor ©rlaß beS
Haftbefehls ber StaatSanroaltfchaft ju ©cficht gebracht werben Dürften, ergiebt
fich flar aus ber Vorfdjrift beS §. 211. AI. 2. f wonach ber Amtsrichter im $atl
ber Vorführung beS Vefct)ulbigten mit guftimmung Dcr staatSanwaltfdmft obne
3u3ier)ung oon Schöffen jur ^auptoerhanblung fdjreiten fann, wenn ber
Vefchulbigtc nur wegen Uebcrtrerung oerfolgt wirb unb bic ihm 3ur Saft gelegte
£hat eingefteht. tiefes Verfahren, in welchem jährlich im beulten gleiche
etliche Saufcnb Vettlcr unb Vagabunben abgeurteilt werben, ^at alfo 3ur nottp
wenbigen VorauSfefcung, baß, wenn aud) nicht bie Vorführung fclbft junädjft oor
bic StaatSanwaltfehaft ju erfolgen f)ai, boch bie auf bicfelben bezüglichen Vcr*
hanblungen ihr oorgelcgt werben, benn ohne bic StaatSanwaltfehaft unb ihren
Antrag rann ber Amtsrichter nicht ocrbanbeln. —
3n ber $rariS wirb gan§ oeridjicben oerfat)rcn. 3^ managen großen
Stäbten erfolgt bic Vorführung ftetS burch Vermittlung ber am Ort bcfinblichcn
Zufiänbigcn StaatSanwaltfehaft. bergeftalt, baß bie ^oU?»eibcI;örbc bic auf bic
^eftnalnnen bejüglichen Verbanblungcn unter einftweiligcr 3 ur ücfbct)attunß ber
?ycftgenommencn im ^olijeiarreft ber StaatSanwaltfehaft oorlcgt, unb lefctere,
fofern fie nicht bic ^rcilaffung anorbnet, bicfelben mit it)ren Anträgen fofort an
ben Amtsrichter bez. UnterfuchungSrichtcr weiterlebt 3n anberen großen
Stäbten erfolgt Dagegen fowobl bic perfönlicr)c Vorführung ber ftcftgcnommcncn,
als auch oic Uebcrfenbung ber bezüglichen Verr)anblungcn ftetS unmittelbar oor,
bez. an ben Amtsrichter unb zwar in ber Siegel unter gleichzeitiger VcnaaV
richtigung ber StaatSanwaltfehaft oon ber öeftnahme. Auf biefc Benachrichtigung
wirb bic StaatSanwaltfehaft allcrbingS nicht Oermten fönnen, wenn anbcrS fic
Darauf ©ewicr)t legt, oon ben in ihrem Vcjirf oerübteu Straftbaten fictS in
fürzefter Jyrift tfenntniß zu erhalten. Öcfcbicbt bie Uebcrfenbung ber Verhanblungcn
burch törc Vermittlung, fo wirb biefc Sdnreibcrci erfpart.
2)ic ^oltjcibchörben oerfahren aud) infofern oerf Rieben, als bic einen bic
uoii ihren Veamten feftgenommenen ^ierfonen bem Amtsrichter unmittelbar, bie
anberen aber bicfelben zunächft fid) «nb burch tyw Vermittlung bem Amtsrichter
oorführen laffen. $n Greußen ift baS erftere Verfahren oon bem "gerrn Üfiimjrer
beS Innern gebilligt worben, inbem berfclbc in einer aus Anlaß cincS (Special*
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320 §. 12a 3t $roj. 0,
falls crlaffcncn Verfügung rom 8. Januar 1880 (cf. GentrakVlatt für bic innere
Verwaltung pro 1880, 6. 20) bic Auffaffung, wonach bie oon ben -^olijci- unb
«SichcrheUSbcamten f eftgenommenen ^erfonen in ber Flegel bem 3uftänbigen
Amtsrichter unmittelbar oorsufübren finb, mit ber Vefchränfung auf biejenigen
gäüe, in melden ber Stfc bcS Amtsrichters fidj in bem £ienftbcurf beS auf*
greifenben Beamten befinbet, für äutrcffcnb erflärt unb fid) zugleich batjin auS*
gesprochen fmt, bafe in ben fta'Hen, wo ber Amtsrichter feinen 6i| nicht inner *
halb biefeS DienftbcairfS hat, ber betreffenbe Veamte bic oon ihm geftgenommenen
an bie DrtSpolijcibehörbc absuliefern haben werbe, oon welcher bemnächft mit
tl)untiä)fter Vefcgleunigung baS (Srforbcrhche wegen ber Vorführung oor ben
Amtsrichter $u oeranlaffen fei. $Sie ber Stnlaft unb ber SBortlaut biefer Vcr*
fugung ergeben, läfjt bicfelbc bie $rage nach ber Vermittlung ber Vorführung
burd) bie am 6i| bcS Amtsgerichts bcfmblichc jiujMnbigc ©taatSanmaltfchaft
völlig unberührt unb tjat inSbcfonberc ein hierauf bezügliches Anfügen ber
©taatSanwaltfdwft an btc ihr als &>ülfsbcamte unterstellten ^olijci- unb öidjcr*
heitSbeamtcn nicht als unjuläffig erflären, ebenforoenig aber auch fia) in jenen
gftüen für bic auSnahmSlofc unmittelbare Vorführung burd> bie aufgreifenben
Veamten auSfprechen wollen unb auSgcfprochen.
Auf eine redjt er^cblid^c unb oon ben Kommentatoren allgemein ancr*
lanntc Ausnahme — auf bic nächtlichen fteftnahmen — ift bereits oben ^in*
gewiefen. GHnc weitere Ausnahme ergiebt fid) aus ber ^otljroenbigfcit, bem
Amtsrichter mit bem Vorgeführten äuglcich baS VcweiSmatcrial jur Verfügung
m ficUen. Abgefehen etwa oon ben ^cftnaljmcn wegen VettclnS unb Sanb*
ftreichcnS, werben $ur ftiyinwg beS VemeiSmatcrialS fdjriftlichc Vertäte ober
Verlmnblungen unentbehrlich fein. 3u bem Vcbufe wirb ber aufgreifenbe Veamtc
feinen 2öcg §um Amtsrichter nicht feiten über baS ^oli$ci*Vürcau nehmen müffen. —
3d) refumire:
1. $cr Amtsrichter ifl gcfeftlich nicht berechtigt, bic Annahme ber ihm in
©cmäfehett bcS §. 128. «St. $roj. D. oorgeführten fteftgenommenen, bcj.
ber auf bic Vorführung bezüglichen Verhonblungcn aus bem ©runbc
abäulchncn, weil bic juflanbigc 6taatSanwaltfdjaft fich am Sifc bc£
AmtSgeridtfS befinbet.
2. Vefinbet fic^ bie juftänbige etaatSanwaltfaaft am 6ifc beS Amtsgerichts,
fo ift, infomeit bieS ohne 3citocrluft gefdjehen fann, bic Vermittlung
ber Vorführung burd) fie, bes. ihre SJtttwirfung babei unb jwar im
ftall ber nicht törperlidjcn Vorführung: burch Ucbcrfcnbuna, ber bejüg-
hchen Verhonblungcn an fie, im $aU ber förpcrltd;cn Vorrührung nor
ben Amtsrichter aber: burch Vorlage ber Verhonblungcn fcitenS bcS
Sejtcrcn an fie, juläffig.
3. 2)icfc Vermittlung, bcj. SDfitwirfung ber 6taatSnnwaltfd)aft ift jwctf <
mäfeig, wirb jeboch (cf. 9lr. 1) burch ihre Anorbnung, bcj. ihre 3u>
ftimmung bebtngt. —
Sirb oon biefen bem Söortlaut unb bem ©eift bcS ©cfcfccS gleichmäßig
9ledjnung tragenben ©ctidjtSpunftcn ausgegangen, fo werben bie beteiligten
Vehörbcn unter Vcrücffichtigung ber tofnlcu Vcrhältniffc — leicht ju einem
(Sinocrnchmcn gelangen unb wirb fich, ohne bafe cS einer ©efc&eSänbcrung
ober Defloration bebarf, eine gleichartige s £raris berauSbübcn, welche ebenfo fcljt
bem ^ntcreffe ber oorläuftg ^eftgenommenen, ab bem ^«tereffe einer prompten
Strafjuftij entfpridjt. —
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I
Der Ißwxi* ?ur JJram
3?on £errn Sanbricijter ©. §crbft in ©olbin.
ßaum wirb unb ift ein ©emeinfpruch wot)l fo oft gebraust unb ebenfo
oft mißbraucht al£ jene« 2üort:
©tau, tjjeuret ftreunb, ifl alle $fjeotie
Unb grün bes& Sebent golbner 23aum.
bebarf $ur 2Mrbigung nicht be$ oetgleichcnbcn &inmeife$ auf jene ©äfce:
Verachte nur Vernunft unb SBtffenfchaft,
2)eS 3Henfchen atterf)ö$fk Äraft! ic.
fonbern nur ber Jpinbeutung barauf, ba§ c3 aJ2cpr)iftopt)cleS ift, ber jenen 3luS*
fprudj tljut, unb baf? er ir)n thut, nachbem er bcnfclbcn mit ben bebeutung^ooHen
SBortcn eingeleitet:
^d) bin beS trotfnen %on& nun fatt,
s JJtufj wteber recht ben Teufel fptelcn.
$>afe plle, 9teid;tf)um unb 9}tannig.faltigteit bc« ©toff<8, wie Um bie
$rari3 jufu^rt, jur ©idfjtung unb Klärung, ja jur Ilmformung theoretifcher 2uf>
faffung beiträgt, foll gewiß nicht »erfannt werben. 3ft oic ptttttw ^ cr "
wertyung, boep ber (Snbjwecf ber rechtlichen üßorfchriften unb 2lnorbnungcn, aber
gleichzeitig aud) bie Feuerprobe, welche bie begriffliche, bcaiclrnngSwetfe gefefc-
geberifche ftormulirung ber SChatbeftanbSmomente ju befielen hat; unb nicht
feiten ift e8 gcrabe bie praftifdfje 2lnmenbung, welche bie Unjulän glichfeit jener
ftormulirung barthut.
2lnbererfeit$ aber ifl e8 bie Theorie, welche ber $raju8 bie Sehcrrfchung
bcsS ihrer Gntfchcibung untcrfallenben (Stoffel ermöglicht, ihr jur 9lnwenbung
ber jutreffenben iöorfebriftcn auf bie thatfäehlichcn $er$ältmffe, unb jur Untere
ftellung ber faftifchen (Sreigniffe unter bie entfeheioenben rechtlichen SBeftimmungcn
bie geeignete ^anbljabe unb mafegebenbc SRichtfcfmur bietet, burch erneuerte ein*
heitliche Gntwieflung unb SluSbilbung ber begriffe ba3 Material fchafft, ba<3
wieberum in ber fortfehreitenben ©efefcgebung SScrwerthung ftnbct.
„2)058 zweifache Clement bc£ ^Rechts, oaS theoretifche unb ba£ praftifetje,
gehört bem allgemeinen SBefen be$ Stecht« felbft an ." (©aotgnn.) 211« Söefen*
l)eit bc« Stecht« mujj e« bemnadf) auch einheitlich fowoljl in ber ©efefcgebung,
als in ber 9techtfprechung $ur 2lnerfennung gelangen.
$em gegenüber ift bie Älaac über Die ©djetbung unb Trennung, um
nicht $u fagen ben ©egenfafc unb SBibcrjrreit oon Theorie unb ^rariS mehrfach
laut geworben.
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322
Äu3 bcr $ra?t3 jut ^ßrapg.
-Jtod) in bcr Vorrcbc junt £anbbud)e bc3 bcutfchen SttafrccbtS betonte
ü. öolfccnborff bic (Srfcbcmung, „als ob in ben legten ^^rjefjnten unserer
SteebtSentwuflurtg ©cricbtSprariS unb Xfycoric fid^ immer mehr unb mehr oon
einanber entfernt haben", unb erft bie nunmehr ocrroirfliajte einheitliche ©ipfclung
bcr fjö$ft richterlichen Entfärbungen wirb üieücic^t im Stanbc fein, bie »or<
banbenc Kluft aHmältg auäjufüllcn.
„(S-ntgciftigung", „Vcrftocbung'' unb „9iacbbetung" — unb anbererfeitä
,,juriftifcbe &aarfpaltcrei", „©picierei mit imaginären Gegriffen", „phantajtifcbe
(rrjeugniffe ber ©elcbrfamfcit" — ba<§ finb bie wcchfclfettigen S3efd)ulbigungcn,
in benen bic ßrtreme fid) $ufpi&en.
üängft ift c$ sunt guten 3Jtobeton geworben, beffen Klangfarbe burdj
politifdjc Erwägungen unb anbere, außerhalb be$ Wcd;t<S liegenbe Wütfücbten
bem Vorwurfe be8 SMtrinariSmu« ju bclafkn, über bic ©ebrauctjsfä^tgfcit bcr
©efefee abfprccbcnb ben Stab ju brechen.
^nbefe jebc« 2>ing bat nach Sickenbergs 2Iu8fprudj feine $wei Seiten.
SBiclIctdjt lofmt eS bcr SRttlie, auch einmal bic Kcbrfcitc ju betrachten, bic Strafe
gefefcgebung in bem Spiegel ihrer praftifdjen Verwerfung §u beleuchten. Unb
ba,ut bürfte gerabe bic mit bem 1. Oft. v. 3- iu'ö Sebcn getretene SReugcftaltung
bcr ÜHed)t$pflcgc einen paffenben 2lu3gang8punft bieten, ^i^tönenb genug finb
ja bic ^ropbejeiungen, mit benen auch biefe IcgiSlatorifcben @rrungcnfc$aftcn
bcS beutfeben ÖlcicbS begleitet roorben finb. $m oollen Umfange wirb norauä*
fia)tlid) auf fie bic Mahnung v. Schwarbes anwenbbar werben, mit bcr er
ben Kommentar jur St. ^roj. 0. einleitet.
„(SS ift eine befannte Erfahrung", fo lauten bic 9Borte beS rcebtSgelebrtcn
^Jraftiferö, „baß bic ^rnriS oft Scbwicrigfeitcn , welche man bei Durchführung
cineö ®cfe^c§ erwartet hatte, leidet überwinbet unb Zweifel, mit beren fa^arf=
finniger Sluffinbung unb ^Beantwortung man fieb befebäftigt hatte, nicht auffommen
läßt, bagegen Komputationen febafft, meiere oon feiner Seite erwartet roorben
unb baljcr bureb jene S)ctailbcmerfungcn nid)t gclöft werben fönnen. £icr fann
nur bic Kenntniß ber maßgebenben ©runbfäfce unb bic fdjarfc Sluffaffung unb
^YcftftcUung be£ in bem ©anjen wie in bem Einzelnen befolgten SuftcmS eine
nUfettig befriebigenbe $ülfc gewähren."
S)od; bic Umformung ift noeb im wollen Sfficrbcn begriffen, dagegen ift
mit bem Oftober r». 3. wieberum eine Epoche beS JHccbtSlcbewS $unt Slbfc^tufe gelangt.
3n bem ©ewefenen ruht bcr Keim bcr ftortbtlbung unb Entwtcflung bcS
Sßcrbcnben. 3n bem beworbenen fieb balb möglichft aurcebt su finben, in bem
immerbin mächtigen unb prächtigen Neubau bcS beutfeben WcichcS fieb mobnliebft
einzurichten, wirb bic lobnenbe Aufgabe bcr 3 u h m f t t cul -
2)aß ba3 Veraltete $u biefem Neubau reebt gute Vauftcinc geliefert, baß
wir bem Vergangenen in »ielcn Schiebungen reichen Danf febulbcn, foll gewiß
nidjt in 2lbrcbc gcfteUt werben, ^nbefe: w®° oicl Sicht ift, ift ftarfer Schatten".
S)a;g in bcr scitlta) abgcfdjloffcncn ^ccbtScntwicflung abgelagerte (Srgcbnife gehört
bcr ©cfdjtcbte an. eröffnet bic SJiügltcbfcit cincö objeftioen tRücfblicfs/ einer
fachlichen Dinchprüfung, ob bic fdjwcr laftenben Vorwürfe wirflid) nur in bcr
angeblich boftrimiren (Scfcfcgcbung wurjcln, ober ob nicht bie 2lngriffc bcr 53c =
grünbung tbcilwcifc überhaupt ermangeln, unb tbcilwcifc bic gerügten Sftififtänöc
burch bic s 4^rari3 minbcftenS fchulbbaft mit ocranlaBt finb?
(Sinigc bcr Streitfragen, weldje oermeintlich gcrabc in bcr früheren ( s 3cfc^
gebung ihren Urfprmig unö Vcffanb fmben, follcn bann in bem Weiteren jur
(irörtcrmtg gebogen, unb ihre üöfung ucrfud)t werben.
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«US ber $rap8 jut Profis. 323
L
Tvafl allgemein ift juoörbctfl bic JUagc ob her lieber fülle bet neuen ©efefec.
©cgenfäfec berühren fid). 3cnct 3WcpI)iftopt)eUfd;c <Safc:
G§ erben fief) ©efefc' unb Mcdjte
äBie eine cw'ge tfranfljcit fort; u. f. ro.
ift burd) ben Vorwurf ungeftümer £aft Der ©efefefabrifation abgclöft roorben.
;)cbod) „Qefefee finb", nad? bem 9lu£fpru$ be3 ^ürften JöiSmatcf, „wie Slrjcncien;
fic finb gcwöbnlicrj nur Teilung einer JtranKjett burcl) eine geringere ober uor
übergebenbe tantyeit". Sief genug muf? alfo ba£ Seiben wol)l eingcwurjclt
gewefen fein, baö bic Slnwcnbung fo waffenfjaftcr SJtebifamcntc notbwenbig
gemalt l>at; bic fo oerfdnuene ©efe$c84leberftürjuna weift auf einen ber Teilung
ober bod? minbeftcnS ber Söeffcrung bebürftigen Bujtanb beftimmt genug jurütf.
Unb bafe trofc aller IcgtSlatorifdjen Ueberprobuftion bodj immerhin mancjc
©ebietc ber gefcfcgebcrifdjen Umformung nodj bringenb crfmrrcn, bafür bürftc
beifpiclSmeife ber $ur 3eit in ©cltung bennblidje, im 2öcfentlt<r)en auf ber $reuf>.
Ärim. D. 00m 11. 2)ej. 1805 fufeenbe, unb in ber gcfcfcgeberifctjcn ©cftaltung
bc$ Saljrcä 1845 $um 2tbfd)lufe gelangte *Wtlitärftrafpro$efe ein frrcitlofcS »croei«--
ftücf liefern.
SBor 2lHem ift e« fernerhin „bic moberne Stecrjnif ber ©efefcgebung", ber
SDtiftfaUcn unb ÜJlifebtUigung in fo Ijoljcm ©rabe ju Ztyii geworben.
Unb bodj bleibt baS 2öort ©lafcr'3:
„(SS ift ^eutsutagc nid&t möglid) ein ©efefc ju geben, ofme bafe
bem begriffe eine gewiffc Setynbarfcit innewohne, unb baS ift eben
bic moberne Secfjmf ber ©efe^gebung."
barum nietjt minber wafyr.
3ft c& ettpa nur bic 6prad>c ber ©efefec, welche eine Umformung erfaßten
Ijat, ift cö nur bic ©efefegebung, bic mit folgen bcfmbaren SBejcidjnungcn unb
Scgrirrcn operirt unb operiren mufi? ober ift nid)t in 2öirflia)feit bic gefammte
SDcnf- unb 2tu§brucfc§mcife be3 laufenben ^al^rljunbcrtö ueränbert unb umge*
ftaltet roorben ?
„.^cutjutage willen wir", fo fagt Sange in ber ©cfdjtdjte bcsS SflatcrialiSmuS,
,,bafj man nur abftraftc, fclbftgefc^affenc begriffe befiniren fann, roic fic ber
s IJtatl)cmattfcr brauet, um fia) ber quantitattoen 23cfcf)affenl)ctt ber £iugc iu'3
Uncnblidjc nät)crn 3U tonnen, ofme fidb jeboa) jemals mit feinen Wormeln ju er-
fd^öpfen. 3 c0er Sßctfuet), ®ingc 3U befiniren, f ablägt fcfpl; man fann ben (Sprad)
gebraut eines SBortcS willfürlicf) firüen, aber roenn biefeS SBort eine .ttlafic
oon ©egenftänben nacb iljrem gemeinfamen Sföefen bcjcidjncn f oll r fo jeigt fid)
ftetö, früher ober ipäter, bafj bic 3>ingc anberS sufammengefjörcn unb anbere
maftgebenbe Gigenfdjaftcn l;aben, als urfprünglia) angenommen rourbe. S)ie alte
Definition wirb unbraudfjbar unb mufj bureb eine neue erfcöt werben, bie iljrer^
fcitS burdjausS nidjt mebr 2lnfprudf) auf ewigen iScftanb Ijat, al3 bic crflc."
Kaum beftreitbar ift rool)l bic Folgerung, bap bic ftaatlia^cn, bic politifdjen
unb [oktalen SScrljältniffc ber legten ^a^nelmtc ooUftänbig anbere geworben
finb, inglcid)cn, ba§ uornämlia; bic 9iaturmiffcnfd)aftcn m il;rcr (Sntwidflung unb
2lugbilbung einen Sluffdjroun.q genommen unb anberericitö einen rücfwirfcnocn
(Sinfluü geäußert ^aben unb duöcrn, ber ft^ faft überall gleiap fühlbar maa^t.
©taatöpolitifdje ßreigniffe, mafftg unb gewua^tig genug, Ijabcn bic geträumten
Hoffnungen nerförpert unb DcrwtrHid)t. „Die Ärife, weldje ba§ pl)ilofopl)ifd)c
Kenten ber ©egenwart erfdjüttert, Ijat alle hergebrachten ^becn in einer 3Bci|c
in ©ä^rung uerfc^t, bafe feincg ber l)crfömmlia;cn ihJovtc mebr in Ucbcrcin
ftimmung ftc^t mit einem allgemein anerfannten ^cgrifföinljalt" (Noire). 5)ic
9Kannigfaltig!cit ber (Srfd&einungSformcn ^at fia^ uncnblidj erweitert; überall
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324 ^tt ^Jwril jut ^Jrartf.
finb 3wifcf>enfhifett, Unterarten unb Uebergänge etngcfd&obcn, btc bcr beflimmten
Sonberung unb 2lbgren 3 ung, ja bcr Senenramg unb SBejcichnung erharren.
Unb btefem gäbrenben ftlujj unb fliefeenbem ©erbcprojcfj fann fich bie
©cfefegebungSweife fclbftrcbcnb nidjt cntjictjen. 9lothgebrungen mufj fte mit
bchnbaren Gegriffen regten, wenn fic nicht ©efafjr laufen null, in fürjefter ftrift
bereit« eine Umgeftaltung ber Sorfchriften in 2lu8fid)t 3 u nehmen, ober ber
9iothwenbigfeit eine« gefünftelten, äwangSweifen ©inpaffcnS bcr ftcugeftaltung
in bie ©efe&eSüorfchrift ju oerfaHen.
2113 beß Sßuluer noch allein regierte, ba beburfte man nicht beS gewife
behnbaren Bufafce« „erplobtrenber ober fta) fclbfl entjünbenber ©toffe", unb ehe
ba« Sebürfnifi ber 6elbftoerwaltung mit ihren oielfachen Ebftufungen fid^ (Sin*
gang unb ©eltung oerfchaffte, ba mar ber Begriffsinhalt bcr Scjeichnung Hmt
unb Beamter noch greifbarer unb fafebarer. 2)en 2lu3brücfen: „Scfchäbigung an
ber ©efunbhcit", „(Sntftellung in erheblicher 2Mfe", „^ortheü", u. f. w. läfet
fia) eine 2)el>nbarfeit nicht abfprechen, aber paffenbere unb 3utreffenbere, einer
Üßiftbeutung weniger jugänglichc Sejeichnungen werben faum aufjuftnben fein.
Ober tu etwa in unferer .^eit, trog be£ deicht fmmS ber beutfeijen (Sprache,
btc Sdtjroicrtgfcit eine minber erhebliche, für jeben Segriff baS fennjetchnenbe
©ort ju finben, jeben Segrifräinfwlt auf einen eraften, gefchweige benn auf
einen geläufigen, geraeinoerftänblidjjen 3lu£brudf ju bringen? *)
Nichtig maej es fdfjon fein — unb nach 6dfjroar$e'3 3 cll 9 m & W ^ i a
bic erfahruugSmäfttg mieüerfehrenbe 6rf Meinung — bafj in bcr praftifchen $anb*
habung be3 ©efcfceS bisweilen 3rocifel entftehen, bie, faH3 fic bei ber s Jtcbaftion
in 0tücfficht gesogen ober überhaupt oorhergefehen mären, möglicher SBctfe burd;
eine präjiferc ^ormulirung oon oornherein hätten befeittgt werben fönnen. Sber
nicht minber auffällig mag eS ben bei ber ^ertigftellung bcS ©efcfccS Jöctheiligtcn
ebenfo oft erfcheinen, ba| trofc ber wicbcrholt präjifirten ©runbfäfce unb trofc
ber biefen ©runbfäfcen angepaßten 2ßortfaffung bisweilen ©chwicrigfeiten auf*
tauchen, bejielmngSweife ©ebenfen aufrecht erhalten werben, bic fcijlcchterbinga
faum erwartet werben tonnten, unb beren StafemSberechttgung nur in fünfHia)fier
Söeifc gefriftet werben fann. ■)
@inc oermetntlich immerhin lohnenbe unb erfolgreiche Sßrobe ift cS, bei
cntftchcnbcm Zweifel in bcr 2luÄlcgung ben oerfchiebenen ©cbanfcninhalt, bcr
möglichermeife in ber betreffenben ©cfe&e3i)orfchrtft enthalten fein foll, ja fcharf
unb genau auf ben entfprechenben SuSbrucf gu bringen; unb e£ wirb wcnigflcns
ber Siegel nach gcrabc bie oergleidhenbc ©egenüberfteHung ba« 9tefultat ergeben,
bajj bic im ©efefe gewählte Söortfaffung nur ben einen Inhalt beeft unb nur
bic eine Auslegung gerechtfertigt erfcheinen läjjt. s )
1) Bergt, bic „<Romu>torigtcitSmerftnale" beaicbung§n>cife „Delittämcrtmalc", »inbingö
formen unb tbre Ucbcrtrcrunqcn «b. ]. 8. 103, Sb. 2. »orrebe d 7 n. |. ».
2) Sktqleicöe in tiefer Sejietjung bie im §. 244. 6t. ^roj. O. angeotbnete s Jiotb»cnbigteit
bcr Crftredung ber 93en>ei6aufnat)me auf bie fämmtlicfeen torqclabenen beugen, bie beSfallftflcn
»crt>anblungeh bei bcr $}orberatbung, {jaljn SJiatcriattcn jur @t. ^roj. O. €». 852 ff., foroic bic m
Scjug auf biefe Sorfdbrift immer unb immer »ieber notbtoenbig geworbenen b&a)ftricbterlicben £nt*
fdjeibungen tom 10. Januar, 12. Januar, 10. ^ebrnar, 14. frebruar, 7. «brit, 10. Hpril, 24. »pnl,
«lefbtfpr. beä «eid)Sgerid)tS ©b. 1. «. 215, 219, 333, 357, 549, 551, 571, 660.
2>er §. 207 be8 (Sntnmrfä, bcr bie ©eftimmung bc« Umfang« ber ©cwetöaufuabme bem
ricfcterlitben Cfrmeficn überwies, ift hn §. 244. ber ©t ^roj. O. 'bewufjt unb beabfiebtigt ab*
geänbert, unb bei bcr ftirirung tiefer Umgeftaltung neben bcr Ifycorie bie 'JJrarte ber einjelncn
iöunbcöftaaten in umfangreiebfter SBeifc erörtert »orben.
3) Bergt, betfridöroeife bic nad) §. 74. ber Gro. *l<roj. O. ju beiabenbe gfrage, ob bic
gegen amtögencf)tlt4e »crfügutiqen k. ftd> riebtenbe »efct)»crbc in febriftlicber, »om Bwoattfk
jiranqc unabbängiger ^orm ftattbaft ift? (Snbemann, bcr beutfebe (ShjiPfJrojcß ©b. 2. @. 493
bagegen Eitting, bcr «ctcb^-drctl-^rojeö @. 222.
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«u« ber ytapi jur »praris. 325
Söieberholt ift gerabe bic äußere gaffung al$ einer bet ©runboorjüge
ber neueren ©efefce, inSbefonbere aua) beS beutfehen ©trafgcfclbud^ie« anerfannt
worben. 4 ) Unb biefe 2tnerfennuna, erfc^cint in Doppelter Stiftung begrünbet.
CSiit md)t weg $u beutelnber Sorjug beä ©efefce« ift t§> boch, mit einem bo
ftimmten Söorte einen beftimmten, genau begrenzen Begriffsinhalt $u oerbinben,
unb in bem fonfequenten ©ebrauch bejfelben SÖorteS für benfelben Segriff ber
(Srflärung unb ©rläuterung ein maßgebenbeS unb burdjgreifcnbe« «gülfSmittel
5U fdwffen. Unb bie m biefem 3n>ede gewählten 2Ut3brücfe finb fd)arf unb genau,
unb gleichzeitig geläufig unb gemein oerflänblich, fo baß noch bei ber Beratung
ber St $roj. 0. ©neift bie Sorgfältigst ber ffiortfaffung bc« Strafgefe&e«
rülmtenb heroorheben, unb bie in ftrage gcftcHtc Sluflöjung ftrafred^tlid^er Segriffe
unter ber Segrünbuug ablehnen fonntc, baß, wenn e£ möglich fei, einen ber im
©efefc gebrausten SluSbrücfe burch einen populären, gemeinoerftänblic^eren ju
erfc^en, fchon ba£ Strafgefefc ihn gemäht h«ben mürbe. 5 )
Surdjficbtig genug ift benn auch baS Schaufelfnftem, in bem bie gegen*
faßlichen Singriffe fich bewegen, ©inmal foll e8 bie mangelnbe Stbftraftion unb
bie barum unzulängliche ^räjifion ber begrifflichen Bezeichnungen fein, welche
eine Unbeftimmtljeit unb Unfidjer&eit ber 2lu£brucf3weife zur golge Ijat — unb
bann foll e« roieber baS Slbftrafte, ba£ bem Umgangstone grembe ber 2Bort*
falfung fein, baS fich ber ©emeinoerjtänblidjfeit unb ber ©ebrauchsfäbigfett beö
®efe$eS für bie oorroiegenb Beteiligten beS „mittleren &urchfchnittSbilbungS»
grabe«" hinbernb entgegenftellt. Unroiberleglia) fürwahr ift bie Behauptung,
baß bie ©efefce für baS Bolf beftimmt finb, aber oermeintudj nicht minber un*
antaflbar ift bie 2Bahrheit, baß fic in ber Sprache beS geroöhnlichen Sebent, in
ber 2luSbruclSmeife beS SerfehrS nicht gemacht werben fönnen unb bürfen. 6 )
3)aS alltägliche ßeben nimmt eS mit ber Schärfe ber Sogif nicht fo genau. 2)aS
ajmenbe ilMitempfinben unb auslegenbe Sötitbenfen rechtet nur mit Dem ©emeinten,
nicht mit bem (Geäußerten. 3)em gefprochenen unb gefchriebenen 2Borte wirb
ber gewollte unb beabsichtigte Begriffsinhalt ftiüfchweigenb angepaßt, wie fehr er
auch immer bem SluSbrucf wiberfpricht. Slber biefe oerftänbnißooUe Harmonie,
biefe fich wecbjelfeitig ergänjenbe unb erläuternbc Uebereinjtimmung hält auch
nur fo lange cor, als nicht ein wiberftrebenbeS ^Wereffe bie grammatifchc unb
logifche Auslegung herauSforbert. 3eber Streit eröffnet ber gegenfäfelichen s Jluf*
fallung Das weitefte gelb, nur bie Auslegung beS in ber SluSbruaSweife beS
aütägltchen Gebens abgefaßten, jur rechtlichen (Erörterung gelangenbcn Vertrag«»
entwürfe* gehört wohl ju ben 3)leifterftüdcn reefttfprechenber $rar;iS, bie, ab*
hängig oon ber SBort* unb Safcoerbinbung, ber Siegel nach ein ©rgebniß liefert,
baS jeoenfalls ber etwa uorbanben gewefenen 2öillen5übereinftimmung ber Vertrag*
fchließenben faum entfpria)t, ober richtiger faum entfpredtjen fann.
2)ie ©efefce ber Jteujeit follen weiterhin lüefenhaft fein, fie follen bie
©ntfdjeibung rechtlicher Streitfragen umgehen, bie $rariS mit ber ßöfung recht»
licher B 1156 »^ „intommobiren", bie womöglich mühelos ju befeitigen ber ©efe^
geber im Stanbe gewefen fein würbe. Sludj bcuS Strafgefe^buch hat folche
AJücfen, folche ber 2Biffenf(boft unb Rechtsprechung überantwortete Probleme auf-
juweifen; ja, bie Soroerhanblungen (äffen fogar jur ©enüge erfennen, bajä bie
beäüglichen fragen beabfichtigt unb bewußt offen gelaffen worben finb. S)ie
üehre oon bem fogenannten fortgefe&ten Serbrechen, bie Strafbarfeit besiehung«*
4) 8crgL ». Äirc^mann, ba§ ©trafgefejjbmf) für ben 9iorbleutfd)cn S3unb 6. 11.
5) JjSatm, aHtatcriaticn jur ©t ^roj. O. @. 919.
6) «erat bic treftenbe $tu8füt)tung SoettltrS, X^eoric unb ^lajid »b. 1. ©. 18: „2>a3
Qitl bet s <Hebahoten toot löblid), aber bie mt unb SEBetfc, wie man e8 erreichen tvoütc, mar »cmt-lt
unb bat mand)ertei s Jiad>t heile b^etbeigefübrt. Senn man tuvfte mdit ju einer ungeübten, ber
nötigen ©diätfe entbebrenben «uftafiung ber tfied)tö»ert)ältniffc berunterfteigen, fonbern man
rau&tc bie ftätjigtetten beö »ölte«, bas Wedn 3U oerfteben, entwicleln, b,eben, ibnen etroag jurauttjen."
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326 * ö « *«* J« $Wfl&
weife (Btrafloftgfcit beS VerfudjS mit untauglichen Mitteln, bie mangelnbe begriff*
lid)e ^irtrung ber ^urechnungSfähigfeit Je. finb Öcifpielc biefer angeblichen
Untcrlaffungdfünben. Zweifelsfrei lag eS in ber 3)tacht beS ©efe&geberS, auch
biete ftreitigen, ber Klärung unb Sichtung in mehr ober minber hohem ©rabc
bebürftigen fragen in ber einen ober anberen ÄÖeifc ju entfeheiben. @r mürbe
traft biefer Machtbefugnis bie oielletcht nach furjer 3cit als irrthümlidh nach'
gewiefenen Sluffaffungen ju gefcfclicher ©eltung erhoben, bie fanftionirten Rechts-
jä&c, bemnächft als unhaltbar erfannt, ber Sfoltrung unb (srftarrung überliefert
haben, bis eine anberroeite gefefcgeberifche goratulirung bie nothgebrungene 2tb
hülfe fchafftc. Grft in jüngjtcr ^cit ift glüeflicher Steife jener §. 45. ber $clb*
$olt$et*£). com 1. s )too. 1847 ju ©rabe gegangen, ber in bem bie 2lnroenbung
ber SDtebftahlSftrafc bebingenben, mit bem Motioe ibentifijtrten Mcrfmale „in
geminnfüchtiger Hbfuftt" eine $orauSfct$ung aufftelltc, bie entmeber bie Slnwenbung
beS SpcjialgcfcfccS in ber Mel^ahl ber gälle auSgcfchloffcn crfchcincn liefe, ober
ihrerfeits in ber roillfurlichcn ^irirung eines auSfchlaggcbenben SöcrtheS beS
(Sntwenbctcn begrifflid) bei ©eite gefchoben, besiehungSweife burch biefeS mehr
ober weniger frembe ftequtfit erfefct mürbe. 7 )
Doch bie gefefcgeberifchen ßrjeugniffe finb oielfach mit bem Mangel ber
3nfonfequcn$ behaftet!
£>icfer Angriff erfcheint in ber Slmt begrünbet, unb neranlafjte bereits
©chü&c 3U ber treffenben Ghnrafterifirung beS (sntftehungSpro3cffcS beS Straf*
gefcfccS, bie er mit ben SBortcn fdjlofe: „man barf ftd) über bie Mangel beS
beworbenen nidjt, fonbern eher barüber oerwunbern, bafe cS überall bewolmbar
fid; erweift." 8 )
Snbefe wirb ober richtiger fanu woljl bie 2tnforberung ernftlid; erhoben
werben, bie in bem Uöerbeprojcfj ber ©efejje wurjelnbe Urfachc berarttger ßr*
fd)einungcn 311 befeitigen, bat wohl ber 9lnfprud) auf Slenbcrung ber (Sefefr
gebungSweife ein Anrecht ooer auch nur eine 2luSficf)t auf ßrfolgV Selbft bie
etwaige Abhülfe, bie Mitwirfung ber gefejgcbenben SScrfammlungen bejüglich
beftimmter Wefcfce refp. bejüglid) einer gewiffen Kategorie oon ©efc&en auf eine
Annahme ober Verwerfung en bloc einjufchränfen, würbe bei ber größeren ober
geringeren politifchen 33cbeutung unb Tragweite eines jeben ©efefceS eine uner*
füübare ftorberung f c { n> <gi c iuürbe fernerhin baS 3nftanbefommcn 3ahlrcid;cr
©efefce oerhinbem, unb bie uiftanbefommcnben ber Vorige berauben, bie ihnen
in ben Seratfmngen unoerfennbar unb unbeftreitbar wicberljolt 31t Xtycü
geworben finb.
Unb nun einmal bie ©egenprobe. Sinb bie gcfc&gebcrifchcn Seiftungen
ber Vergangenheit, inSbcfonbere bie ihrer ÄeH mit Stecht "gerühmten unb ancr*
fannten Vorfchriften beS 2lllgemeinen &anbred)ts oon bem fehler ber mangelnben
^olgerichtigfcit, Unebenheit unb llnflnrljcit etwa frei? &te flraf rechtlichen 5öe*
ftimmungen finb oorwiegenb bereits ber Scrgcffenheit anheimgefallen. 2lber ein
fo langer 3^i^um ift uermeintlid) bod; noch nidjt oerfrrichen, ba& bie fritifchen
söemerfungen beS 2IltmeifkrS ber ^reufeifdjen MechtSmiffenfchaft, tfoch, mit benen
er bcifpielSweife ben 18. Sitcl beS II. Zfyzilä einleitete unb begleitete, barum
minber treffenb unb bebeutungSooll geworben, ober bafe bie mifjbilligcnbe .ftritif,
weld)e ftörftcr, nicht minber rechtSfunbig unb rcchtSocrftÖnbig, einer gan3cn
Weihe lanbrcchtlidher «orfchriften gegenüber ausübte, an übe^eugenber ftolge-
rtd;tigfeit eingebüßt hätte. 2öo bie Schatten ber alten ©cfc&gcbung, 3um Zl)tii
7) öaelfdmcr, 2i>fkm l>c$ fcrcufjifcfccn iStrafrcd)t§ Ob. 2. i». 426, 437 ff., 439; ^inbinq
a. a. O. »t>. 2. ©. 540 ff.; iWertcl im ^anbbuefte »t. 3. @. 622 [f., 628 ff.; <»dm>ar3c,
Äommcntar 242. 6. f>92; octgl. t)ic »nmertung »on 56ülon>8 jur ?relb« unto gorft^olij««'
Ortuunfl '5- 0. 12 Dahin: „$)ct »egriff Der (w\*<) (intwcittung ift gaitä tcrfclbe, »«e Hx
2)tcbftabU."
8) «r*» 20. ©. 350.
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«iiS ber i3rari§ jut v l*wpä. 327
in roefentlidjen fünften burd^fefet dou prinjipiell abrocid&cnbcit Umgeftoltungen, 9 )
in bic neuere 3«t hineinragen, ba l>ctrfd)t bod) minbeftenS feine gröfjere SUax*
hett unb golgerit^tiafeit, unb nur bie 3cu)re lange Befolgung ber in ben höchft*
ritterlichen (Intfcheioungen 511m 2äfaSbrucf gelangten Stillegung bcr ©cfefccsftcllen,
welche an Jfcaft unb s ltttrfung authentifcher Interpretation bisweilen naljc genug
heranftreidf>en, oermoebte bie güUe ber in benfelben nad) ©ortfaffung unb In-
halt liegenben 3toetfel unb SBebenfen }u »erbcefen.
Unb auf bcr anberen Seite ift c£ roieberum bie $onfcqucn$ be£ Straf-
gcfcfecS bejichungSroeifc feiner Auslegung, bie Jabel erregt bat.
3)a3 bem Segriff bc<5 s Jted)tSftaate8 entftammenbc (Srforbernife „rcdjt*
mä&iger Ausübung bcS 2ImteS" im Sinne bcS §. 113. 0). St. ©. foll bic
ftaatlid)C Crbnung unb beren <Qanbl)abung gcfäbrbcn, bie McchtSficherljcit brach
legen. läßt ftd) nid)t in ülbrebe fteucn, bafj bureb bic Aufnahme bcS bc*
regten 2JferfmaL3 in bic Strafbcftimmung „ber Ertrag bcS Staates an ©traf*
urteilen" ^Töbgcminbcrt, bafe eine Sittel oou fällen ftraffrei roirb, bic nod;
nach §. 89. beS feumfdjen StrafgcfejjeS geftraft raerben fonnten unb würben.
2lber roelche ©efdhrbuna. unb Schäbigung crroächft bem StaatSrooljlc aus ber
forgfältigften Söahrung jenes ^cchtögrunbfafccS?
2)er ^Beamte, beffen näd)fte Aufgabe es bod) in bcr Zfyat ift, ftdr) mit ben
i^m obliegenben amtlichen fechten unb Mieten oertraut 51t machen, wirb ge*
nöthigt, bic ©renjen biefer amtlichen Söcfugniffe genau innc ju holten, — um
bann mehr beS StraffchujjcS im oollften Umfange thcilfjaftig 3U werben.
$n Se^ug auf bie ben fogenannten 2lrreftbrucb behanbclnbe S3orfd)rift
beS §. 137. SD. <bt. ©.93. hatte bereit« 3ohn im §anbbud)c 23b. 3. S. 194 auf
bie begriffliche 9tothroenbigteit beS rürfroirfenben (SinfluffeS ^ingerotefen, beu
jene« einmal anerfannte (Srforbernife ber ^Hcchtmäfjigfeit bcr 2lmtSauSübung auf
bic anberrociten, bie 3uftänbigfeit beS Beamten erforbernben Strafbeftimmungen
ausüben mufe; er hatte inSbefonbere betont, bafj bic bem Straff chu^ ju unter*
fteüenbe öeichlagnahmc eine formell unb materiell rechtsgültige, ber befchlag-
nehmenbe Beamte gerabe in bem fraglichen ftalle ber 23efchlagnahme juftänbig
fein muffe. 3 n bem (srf. 00m 18. s Jioo. 1879 10 ) fyat ber höchfte ©erichtSlpf
beS beutfehen Meiches ben Safc auSgefprochcn, „bafe bcr recbtlidjc Erfolg biefer
2) ta&rea,el (ber Sefchlagnahme) bauon abhängig, bafc bic mit 2lrrcft belegten Sachen
Sur 3«t oer Süehanbigung beS SlrreftbefehlS bcr rechtlichen ober thatfächlichen
3) iSpofition beS jenigen unterliegen, an ben ber toeftbefehl ergangen ift", unb in
bem Urtheil oom 25. $um b. 3. roiber ©eppert bcjüglia) beS §. 156. beS
3). St. ®. 33. bic rechtliche Sluffaffung gebilligt, baß 3ur Grfüllung beS SfchatbeflanbcS
nicht bie Suftänbtgfeit bcr Schörbc &ur 2lbnal;me einer eibcSftattltchen SJerfichcrung
in abstracto genüge, fonbern eine folche ^ufumbigfeit in concreto erforberlid;
fei, unb bafe bie je im gegebenen galle mangelnbe ^orauSfc^ung einer folcben
3uftänbigfcit bie ^ichtanroenbbarfeit ber beregten 35orfa)rift bebinge. ")
@incn förmlichen Stothfcbrei l)at enblidt) bie übelbeleumunbeie angeblich
übergroße SJcilbe beS Strafgefe^eS heroorgerufen , unb, roenigftenS bcjüglich
einiger Straf anbrobungen, bie abänbembe legiSlatorifchc ^hätigfeit fobalb in
üöemegung gefegt.
9) a5crgtcict?e 3. ». Die Srimtnatotbnung bom 11. 35ej. 18()5, bic ^erorbnung bom
3. San. 1849 unb baä (»efe^j bom 3. SDtoi 1H52; ba3 2MlitärfMflcfct> mm 3. «pril 1845
Ib. IL.; bie 8t. O., bie ^erotbnung t>om 1. 3«ni 183;^, unb ba§ (»ejet? »om 21. 3uli 1846;
ba« a. il. SR. unb beflen ja^treidje ttrgänjiitifleti.
10) »r*ib »b. 28. ©. 34.
11) «Jergt So^oto im §anbbud)e S9b. 3. <S. 239; eAworjc, Äommentar §. 156. @. 432;
8*ü^e, t'eljrbu* ©. 309 contra Cppentjoft, Äommentar «ote 2., 3. äinn §. 156.
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öat man bei ber nicht megjuleugnenbcn Steigerung ber Straffälle auch
ben Umftanb gebüljrenb in söerücffichtigung gejogen, bafe baS Inkrafttreten besS
St. ©. 33. in bic 3*it nicht lange oor Veenbigung beä großen, ruhmreichen ÄrtegeS
fiel? ÜBJeifen etwa bie gerichtlichen unb ftaatSanwaltf ertlichen Siftcn aus ben
fahren 1867 unb 1868 nicht eine ganj gleite Gehrung ber Verbrechen nach,
bie auf bie (Sinfüljrung eines neuen, milberen Strafgeldes boch fc^lc^tcrbingd
nicht jurücfjufübren ift. ^ft jener burdjauS nicht oercinjelte, nur in ber ftorm
wechfelnbe, ebenfo oerfehrte alö unoerftänbige (£inwanb ber beS SföibcrfknbeS
gegen ben @rcfutto*Veamtcn befchulbigten BngeElagten, bafe fic ifjrcrfeitS an bem
^elbjugc Xtyiil genommen, etwa eine ganj unerflärliche ©rfcheinung, ober ift er,
nic^t minber als bie Straftat fclbft, ber SluSflujj beS burch bie .Kriegsgefahr
übermäüig gefteigerten SelbftbemufjtfeinS, ber Ütadjwirfung beS tfriegSjufianbcS,
ber feine' eigenen, in oielen Begehungen anomalen fechte unb Regeln forbert
unb befolgt?
©ewijj foll ber 2lbfchrccfungStheorie als foldjcr nicht gchulbigt werben.
Slber vollauf gerechtfertigt erfcheint boch bie ÜWafjnahmc, ber fid) häufenben
5liJieberfehr ber Straffälle gegenüber oon bem anoertrauten Strafmaße im oollften
Umfange ©ebrauch ju machen. $ft oa $ gefeiten? Sie tflage ob beS Ueber*
hanbncljmcnS beS SchanfbctrtebeS ift weit genug laut geworben. Snbtfc beburfte
eS nicht einer ganjen 9teihe hö<hftrichtcrlid)er (£ntfcheioungen, um in ben fällen
beS unbefugten, flraf baren Betriebes beS SdjanfgewerbeS nur bie3ugrunbe*
legung ber Stcuerftrafe bei ber Strafabmeffung einzubürgern V — ein £inauS*
geljen über baS niebrigfte Strafmafi werben uorauSfichtlich nur M$fi oercinjelte
Strafurtheile aufjuweifen im Stanbc fein, (Sine oergleichenbe ©egenüberfteUung
ber Straffäfce beS beutfehen unb preufcifdjen St. ©. V. hat roiebcrholt bereite
ftattgehabt. *£ie refultirt uorwiegenb in ber öerabfefcuna ber 20jährigen 3üä)U
hauSftrafe auf eine fünfzehnjährige 3^loauer, forote ber Erweiterung ber Strafe
gremen nach unten hin bei Vergehen. 2)ie burd; bic 9iooclIe uom 26. gebr. 1876,
welche jene klagen mehr ober weniger fmt oerftummen laffen, herbeigeführten
Vcränberungen befchränfen fich in ber hier fraglichen Beziehung, abgefehen oon
ben öerabminberungen in ben §§. 103., 183., auf bie gtrtrung anberweiter
Strafminima in ben fällen ber 113., 114., 117. ( s Biberftanb gegen bic
Staatsgewalt) unb beS §. 223. a. (#örpcrucrlc|mng), bezüglich berer überbiefe
beim Vorhanbenfein milbernber Umftänbe bie früheren Straf grenzen aufrecht
erhalten finb.
2Öo lag nun in bem Strafgefcfe fclbft bie Verpflichtung, ja nur bie Be*
rechtigung auSgefprochen, fich noch ^er 2luSbrucfSwcifc Beyers „in ber
9tähe beS Minimum aufzuhalten?"
3Baren jene klagen über bic gefährbenbe üDiilbe überhaupt begrünbet, fo
waren fic {ebenfalls auf baS Strafgefefc urfachlich nicht äurücfzufüijren. (Sin
©efefc als unpraftifch bezeichnen, baS bie praftifche öanbljabung unb Verwerfung
im wollen Umfange frei läfjt, — baS boch in ber Zfyat fich «i eine falfchc
2lbreffe richten, fich auf Unfoften beS angeblichen SoctrinariSmuS ber eigenen
Verfdmlbung entladen.
Sie oorftehenbc ftragc leitet oon felbfl ju einer weiteren Umfchau in
bericlben Dichtung, ju ber Betrachtung über, wie fich &te Stechtfprechung bem
©trafgefc^ gegenüoer geftcllt, lejjtercS fich in ber praftifchen .^anbhabung ge-
flaltet hat? 12 )
12) SBenn trflent» ciij ^egrift Debnbat unto öictteutig, fo ijl e« »o^l ber «uSbnitf ,,)>rattifd)".
Qu bcrfcbitDeitartiac ln\.\< roerbeu ta, unter eiiifeitiger Betonung bald biefeä, balb jeneä Mc^>
fiebtspunttes, untcvicbicbälöiJ 3ufammcn9«mifCb,tV 3fl *• bie fad)* unb wmunjtgcmä&c «nwenbung
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&u« ber $rari§ jur 'prartö.
329
9)ian roar gewohnt, bic ^rariS, rote fte in bcn ©ntf Reibungen beS be*
jiehungSroeife bet f)öd)ften ©eridjtShöfe in bic ©rfcheinung trat, uns mit ber
%\)toxk in oergleichenbc Schiebung ju bringen.
5?aum yat roohl bet (SrfahrungSfafc einen begrünbeten SBiberfprucb $u
fürdjtcn, bafj bicfe ^ödjft ritterlichen Urteile jene SSerfchmelaung beS theorctifdt)cn
unb prattifc^en Elemente« aufroeifen, baß fie baS (Srforbetnife einheitlicher unb
grunbfäfolichet (sntfdheibuna roa^ren. 2öenn ber 9tegel fcheinbare Ausnahmen
gegenübertreten, fo fällt in S ®eroid)t, bafj bie Sporte it)re Säjje einheitlich aus
einheitlichem Suftem entroicfelt, unb in einem einheitlichen Präger jum Abfehlufo
bringt, bafj fie nach ber AuSbructSroeife ferner' 0 „oermöge ber ^rinjipien auf
bie uliaffe ber (Sinjelnheiten einbringt", ju ben gewonnenen 9techtSfäfcen im forn*
binirenben Kenten praftifdje Belage fud)t, — bafj bewegen bie Stechtfprechung
„bem tüdifdicn Spiele ber roecbfelnbcn Majorität" nicot ganj entzogen ift, bafe
bie UrtbeilSfinbung ju bem gegebenen SJiatertal bie Rechtsnorm auf|'ud)t, unb
bajj bei biefem Suchen bie thatiächUchen SBerhältniffc unb begleitenben Umflänbe
beS (sinjelnfalleS fich oft ftarf genug in bcn SSorbergrunb orangen mögen.
$)ie ocrgleichenbc ©egenübetfiellung auf bic hb^Rrichtcrli^cn ©ntfehei*
bungen befdjränf en, beifjt boch roohl ein 9techeneyempcl mit unjurreffenben $aftoten
auffteHen. Unjutreffcnb nach beiben Seiten hin.
®enn einerfeits fommen in Anfafc bic Momente, bic o. Äirchmann 18 )
jur ^egrünbung ber roiffenfchaftlichcn SBebeutung ber ftubifate bahin heroorhebt,
• ausgezeichneter ^uriften unb Kenner beS Utechts finb, bafj ihnen alle &ülfSmittel
für * bic richtige Seurtheilung brr ^rage einfchliefjlid) ber Ausführungen ber
nieberen ^nftanjen unb ber SKed)tSanroältc, foroie aUc früheren $räccbcn$*3ätte
ju ©ebote ftehen" — 3J?omentc, benen fich bic bcn SBorinftanjen jur Saft fallenbe,
oft genug mit Schroierigfeiten oerfnüpftc Älärung beS thatfächlichen SadroerhalteS,
foroie baS gesteigerte ArbeitSpenfum anreihen, um einen Untcrfchieb oon oorn*
herein erflärlich ju machen.
2lnbererfeitS oer fehlt in ber ©ejiehung, bafj bie enbgültigcn ©ntfdheibungcn
ber legten ^nftanj nur einen üerhältnifnnäfjig geringen ber sur Slburthei*
lung gelangenben Unterfudtjungen umfaßt. SDie 3)khrjahl ber ©traffällc fommt
bereits in bem erften Urteil su befinitioer Grlcbigung. Skr oerblcibenbe 9teft
finbet in ber jroeitrichletlichen ©ntfeheibung feinen Abfdjlufj, in bem ein weiteres
Rechtsmittel entiocber überhaupt nicht eingelegt roirb, ober eingelegt , ohne
materiellen erfolg an ber flippe ber formellen 9iichtigfeitSbcfdjroerbe, einfchltcfjlich
ber ber 9iachprüfung ber ^Rechtsfrage unjugänglichen, bie SBorentfdjeibung fichern-
ben thatfächlichen ^eftftcllunq, feheitert.
£er quantitatioe Sdjroerpunft bet s Jtechtfpred)ung ruht crfichtlid) in ben
Sorinftanjen, unb es fragt fich nur, ob hier baS gleiche 8Ub fich roiberfpicgelt?
Üttan oerglcichc einmal baS Spruchergebnifj sroeicr angrenjenben ®erid)te, wie
ber fflccbtSnorm auf bie ber Snrfcbäbung unterfaücnben tbatfctcblicben SJerbäUniffc, ift cö feie ein«
beitlicbe Auslegung berfelbcn ©orfibrift, bic gletcbinafei^e ^Befolgung beffetben WecbtSgrunbfa&eS
ober gar baS Parre ^eftt?alten an bem «ämlictjen ^nnji<>? iu ei bie rafcfye «uffihbung ber
Äueftblag gebenben töetbtöregel für ben »orliegcntcu ^all, ober bie UrtbetlSfinbung naS) ber
flieget bcö fogenannten gefunben SWenfcbentierftanbcsi, unbetihntnert um bic ^ofttiuen Scrfttriftcn
beä Weltes? ift e§ bie bisweilen jur ^räfumtion, um niebt ,-,n fagen ^-ittion fid) ge^attenbe
Jöcriicfficbtigimg ber Örtlicben ober gar ber ^erfönlicbcn Serbältnifje, ift & bic 3 wttf b i < ,, ^* te » t
ber ju trenenben ober getroffenen (Sritfcbcibung, baö ^n. Sctracbtsiebcn be§ <£rfolgeö ober anberer«
fcit§ bic »broägung ber bcn (Srfotg abjnjetfcnben SPlittclV :c. (Sä ift crfitbtlitt), ju »ic »crfdjicbenen
Folgerungen btc $ u fl run telegung ber einen ober anbercu ^3rSmiffc tnnfiibren mu§-
Cime cbenfo intcreffante als tebuciebe (Srfcbeinung bürftc c8 fein, mie noeb bei ber Sorbe»
rattjung ber «ätrafproK&orbnung 3ur fllecbtfcrtigung ber oft cntgegcngcfcfctcn (Srunbfd|je auf bie
^raytö ber einzelnen «unbeöftaaten benjabrljeitenb unb beftätige'nb «ejug qenommcu wirb.
13) ©t. ®. ». für bcn 9iorbbcutfcben »unb. g. 12. '
attyC 1880. 6. *<ft 22
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330 ber ? rfl P s i m JWfc
fie ju einer StaatSanroaltfchafl oerbunben maren. SSeld^c ftülle ber 2?er*
fdnebenheit in ber Veantroortung ber ZtyaU unb StedjtSfragc, meldte Siüancirung
in ber 2lbroägung beS Strafmaßes! Unnrillfürlich wirb ber 33unfd) oollftänbiger
Vereinheitlichung ber Ütcd^tfprc^urtg auftauten, ber ja felbftrebenb bem (Gebiete
unlösbarer Probleme anleint fällt. Slber bic Öilbung möglich^ großer ©ertd^ts^
bcäirfe, bic, gleidmicl ob in crjtcr ober jioeitcr ^nftans, oic ftbrocichungen, um
nicht §u fagen ©egenfäfce, in Sejitg auf $hatfrage, Sted)t3frage unb Straf3umeffung
einigermaßen auS3ugleid)en in ber Sage finb, möchte, in oollfornrnner SBürbigung
ber anbererfeitS barauS abfließenben SlachtheilCj immerhin ju begrüßen fein.
Unb nun bie praftifche £anbl;abung bcffclbcn StrafrcchtcS bei bemfclbcn
©eridjte!
©rfid^tltdf) ift boer) bie Aufgabe, bic bem Strafricbter $ufäfft f faum eine
leid^tcrc , geschweige eine minber oerantwortliche als bie Obliegenheit beS
mit ber (Sntfdjcibung oon ^Hcd^töftrcitigfcitcn betrauten ©ioiltid^tcrS. §ier tritt,
minbcftcnS überwiegenb, nur bic 2lb* refp. 3ucrfennung oon Vermögensrechten
in %xa$t. ®ort hanbelt es fid}, wenigftenS in ber SDicljräafjl ber ^-äüe, um baS
föftltchfte ©ut ber perfönlia)en greil)cit r unb anbererfeitS um bie fchwcrwuchtigcn
Singriffe gegen (£igentt)um, ©efunbljeit unb Scben, um bie gröblichen Vcr*
lefcungen ber fittlichen unb ftaatlichen ©runborbnung.
Vcrmcintlid) ift fernerhin baS Strafred)t faum eine einfachere, rechtlichen
ßwetfcln unb Scbenfen ingleichen abiocidjcnber 2Uiffaffung unb Slnfdjauung
minber zugängliche SkchtSbiS3iplin.
Ober fann ein ben beqeitiaen SebenS* unb 3SerfcbrS<$Berbältniffen ent* '
fprechenbeS, bem Schule beS 3ufammenlebens genügenb Stcdjnung tragenbcS
Strafgefefc ein fo fa)lichteS, cinfadjcS fein? 3ft beffen Verfaferung mit faft allen
©ebieten oeS öffentlichen unb ^rtuat^HechtS enoa geeignet, ein emgehenbcrcS unb
umfangreicheres Stubium su erübrigen? Sdwn bic Scfchäftigung, bic %a$x?
Ijunbertc bem 3luSbau unb ber SliiSbilbuug ber ftrafrcchtlichen formen geroibmet,
che an baS angeblich „fompli3irte" beut)a)c ©trafgefefe gebaut mürbe, biirfte bic
ftragc entfeheiben.
s Jüohl gehört ja baS ©trafgefe^ im Sinne beS SSorteS ju ben ©efefcen,
„welche recht eigentlich für baS Volf gemacht finb." Snbeß etroaS 2lnbereS ift
eS, eine £anblung im Semußtfein ihrer äöibcrrechtlichfeit, ja ihrer Strafbarfeit
oerüben, — etroaS SlnbereS 3U miffen, 3U erfennen unb 3U beftimmen, welchem
Straf gej'efe bic betreff enbc ^anblung untcrfällt, ob baS Zfyun als 2)iebftahl
ober Unterfchlagung, als Staub ober . Grpreffung, als Stötfngung, grciheits=
beraubung ober Äörperocrleöung 3utrcffenb 3U dwrafterifiren ift. &ier gilt rcdjt
eigentlid) baS SBort beS geiftrctd;en, praftifd) erfahrenen Lichtenberg:
„Um ficher Stecht 3U thun, braucht man fcljr roenig oom Stechte ju miffen,
allein um ficher Unrecht ju thun, muß man bic Stechte ftubirt hoben."
©ewiß ift cS ein gutes 35ing um „ben ©enius beS gefunben S)knfchen^
oerftonbeS". Slber bic „ftunft bleibt Äunft", unb baS Strafrecht SBiffenfchaft.
2)ie fichrc oon ber Xhcilnahme ow Verbrechen, bem Vcrfuch, ber Vorfäfclichfeit
unb gahrläffigfeit, ber ßurechnungSfälngfeit 2c. macht oermeintlich ein rechts-
roiffenichaftlicheS Stubium gerabe fo nothroenbig unb erforberlich als bie Xheoric
ber ^anblungS* unb VertragSfälngfcit, ber ocrtraglta>n 2ÖillcnSbeftimmung unb
28iUenSüberetnjtimmung, ber Schulbocrhältniffe, beS (SigenthumS u. f. n».
3ft tro^ aUebcm SWttß unb ©rab ber Vcfchäftigung, bie bem Strafrecht
im ©egenfafc jum ^ßrioatrecht ju Xheil mirb, eine gleiche ober boch entfprechenbe?
3)ie in neuerer $t\t roieberum mehrfach oentilirtc J ta 9 c na( h ÖCt ^l^'
änbcrungSbcbürftigfcit beS StcchtSftubiumS liegt unferer Slutgabe fern. 2)ic 9In^
nähme bürfte jeboa) mohl faum auf SiHberfpruch ftoßen, baß in ber Sßrartö bie
Steigung 3U einer eingehenberen S3efchäftigung mit bem Strafrecht eine ocrhältniß^
mäßig feltene unb geringe ift. S)ic nicht roeg3uleugnenbc SChatfachc, baß eine
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Bus ber $rayi§ jur fxa^. 33 \
■
grofec Slnjahl bcr in ben Borinftanjen 3ur Berhanblung unb STburt^eilung
gelangenben ©traffachen beS „jurifhfchcn ^ntereffeS" gar roenig bietet, möchte bie
(Irfcbeinung rocnigftenS jum Xtyil erflärlich, unb baS Beftreben ocrftänblid>
machen, bie BerufSthätigfcit auf bie Gioil unb ©traffachen ju oertheilen. Sticht
cianj ernfllich genteint ift roohl bie $enn3cichmmg bietet ftrafrtajterltchen Berufs*
thättgfeit bafun, „ben in aller $lüchtigf ett eingebogenen ©eift beS ©traf*
rechts in jebem 3JJomcnte oon Beuern auf jroei neben il;m ftfccnbe unb roirfenbe,
mit gleicher SDiacht unb 9lechtShcrrli<htcit auSgcftattetc ©chöffen träufeln $u
laffen, unb biefelbcn in bie ©cheimniffe beS gar nicht fo einfachen, bejüglid) ber
©trafaumeffung juntal fogar etroaS tomplijirten 91. ©t. ©. S3'Ä. unb fo nebenbei
natürlidj auch ber SteichSprojefiorbnung einsuroeihen". (Sin begrifflich etwas
fchärferer, weniger belmbarer SluSbruc! mürbe baß Ueberrafchenbc ber (S&arafteri*
firung beS ©t. ®. B'S. rool)l herabgeminbert unb erfi$tlicf>er gemalt haben, bafj
bie cBtrafeumcffung mit ber ^tyirung ber ©cfammtftrafcn im galle realer
Äonfurrenj ibenti^irt morben ift- Snbefj fpärltct) genug möchte unter fo
betroffenen Umftänben ber BefruchtungSproaefj bannmehr freilidE» auSf allen, unb
eine all$u grofec Ueberfülle an Belehrungsmaterial mag jener flüchtige ©in*
faugungSprojcfi roohl nicht herbeiführen.
(£ntgegengcfefcte Behauptungen finb nad) bem ©a{je beS $rotagoraS
gleich wahr, unb entgegengefe^te ^ntfdbcibungen bisweilen gleich richtig. 2lber
bod) wohl nur unter gewijfcr Borausfefeung unb Begrünbung.
gn bem 2)orfc £ mar eines ©onntngS 2lbcnb oon einer im Aufbau
begriffenen SJtauer eine 2uuahl ©teine aus bem Berbanbe loSgelöft unb herab*
geroorfen. 5Die in Begleitung mehrerer anberer junger Seutc bort befinblich
geroefene 20jährige, geifleSgefunbe B. mar geftänbig, einige ber ©teine, ihrer
2lngabe nach, um bie 9J?aurer ju neefen, loSgertffen unb jur (Srbe geroorfen ju
haben, ©oroohl oon ber 2)orfgemeinbe, für welche bejiehungSweife in berem
Auftrage bie 3)lauer erbaut rourbe, als oon bem Bauunternehmer mar ber Antrag
auf ftrafrecbtliche Verfolgung geftellt roorben. SDie Eröffnung ber Unterfuchung
rocgen ©achbefdjäbigung rourbe wenigftenS in ber erften Snjtanj unter ber
Begrünbung abgelehnt, „bafj ber auf Befähigung gerichtete Borfafc unb oaS
Bcwujstfein bcr 2lngeflagten baoon fcf)le". ©lücflicb gewählt ift bie nach 2Bort*
faffung, ©afeoerbinbung unb Inhalt otelbeutige 2luSbru<fSweife geroifj nicht, ©oll
ber „3lngcfchulbigten" baS Bewufjtfein bcr einroirfenben £l;ätigfeit, b. h- beS
SlnfajfenS an bie «Steine, beS $in* unb $erbewegenS unb ber baburch oerur*
fachten SoSlöfung aus bem Berbanbe; foll ibr baS Bcwufetfein biefer fchäbigenben
SBirfuna ihrer XMtigfeit, foH ihr baS &ewujjtfeitt ber Borfäfcltchfeit , baS
Bewufetfein beS BorfafceS in ber Dichtung auf ben fchäbigenben erfolg 2c.
ermangelt baben?
2Bohl gemerft; baS Berou^tfetn ber SHechtSroibrtgfcit, biefeS bebingenbe
©rforbernife bes beliftlichen BorfafceS, ift nicht angeäroctfelt roorben, unb fonnte
fchlcchtcrbmgS nicht angesroeifelt werben. ©S fehlt jeglia)er Inhalt bafür, bafe
bie 2lngcfchutbigte bie oon ü)r ooaführte ^anblung für etne nicht oerbotene auch
nur hülle erachten fönnen.
es ift fernerhin beEannt, bajj baS Dbertribunal, l4 ) aUcrbingS in 21b*
rocichung oon ber anberroeit oertretenen 9techtSauffaffungJ 5 ) ben ©a& befolgt §at,
„bafe ber jum S^atbcftanbe beS §. 303. erforberliche Borfa^ nicht unmittelbar
auf bie Befähigung gerichtet }u fein braucht, bafe oielmehr bic Borfä^lia)feit
ber §anblung oerbunben mit bem Beroufjtfein genügt, bafe biefelbe im geroöhn*
liehen Saufe ber 2)inge bie Befchäbigung jur §olgc hoben roerbc." 2luch biefe
14) (frt. 5. SDcj. 1873, *. 6. fyxil 1876, «r*iö »t. 2k ©. 567, »t>. 24. 6. 370;
SdjflUc a. a. O. @. 501.
15) ^>älf*ncr, ®tijkm »D. 2. 8. 545, @*marjc §. 303. K.
22*
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Streitfrage läfjt ber obige 33efchlu& oermeintlich ganj unberührt; im gegebenen
«alle roirb ^orftelluna^' unb SöillcnSinfjalt erfichtlich von bem Seroufjtfein um*
fafct. 2)ie Slngefd&ulbigtc erfaßte bie einjclnen Steine unb rifj fie aus ber $er*
binbung lo& $iefe £o$trennung peefte ihr betätigtes äßollen ab, unb Unteres
rourbe Durdh ben Setoeggrunb motiotrt, bie Arbeiter ju neefen. Üßtenn ber Sin
gefdmlbigtcn, worüber roenigften« ihr ©eftänbmfj in ber ^oroerlmnbtung feinen
&ufid)lutf giebt, etroa bie Ucberlegung unb 58ergegcnroärtigung fern geblieben
ift, auf roie Ijod) fid^> ber oon ihr oerurfacfjte SdjaDen belaufen mürbe, fo er*
übrigt root)l eine weitere Segrünbung, bafe biefer llmftanb ben begriff ber oor*
f abliefen Sachbefdjäbigung $u beeinfluffen nicht im Staube ift. SDte (Sinroirfung
auf bie bereit« fc|tgemauerten Steine mar eine gewollte, in biefer (Sinroirfung^
roeife erfüllte fut ber fdfjäbtgenbc ©rfolg, unb biefer fich als Skrlefeung ber 3n*
tegrität ber Sadje barfteUenbe (Srfolg mar fogar beabfichtigt. ©er $orfteü"ungS*
intjalt beefte fich im oorliegenben Straffalle genau mit bem 2ötUen8inlwlte f unb
e§ ift in ber Sljat nid&t erfennbar, meines jum 3:^atbeftanbe ber oorfäfelichen
Sacbbefchäbigung erforberliche Moment ber Slngefduilbigten nicht beroujt ge*
roorben, bejiehungSroeife geroefen fein foHV
©er im &ienfte be3 91. befinbliche 6. mar in beffen Scheune mit bem
2Iu£brefchen oon ©etreibe befchäftigt. S)ort erfdf)ien bie wegen 3)iebftat)ü8 mehr*
fad) oorbeftraftc 3). mit ber Sitte an (£., ihr bie Söegnatjme einer Quantität
bc§ bort lagemben Strohs ju geftatten; ein 2lnfinnen, ba£ 6. mit ber Ent-
gegnung: er l;abe fein ©troh, roenn fie folcheä ^aben roolle, folle fie fia) roa£
holen! bc^iehungSroeife, nach ber in sroetter ^njtons roieberholten 3eugenbefunbung,
mit ber 2teufecrung beantroortete:
Äomm frofe bir ein 33unb.
2öäf)renb ber Stbroefeuljcit beS 6. aur üMittagSjcU entnahm bie 3). einige
SBunbc bcS Strohe«, ba« 6. oor ber Scheune hatte liegen laffen, unb berief fich,
fpätcr roegeu SDicbftaljLS unter Slnflage gcftcllt, ju ihrer ^Rechtfertigung, allerbingS
erfolglos, barauf, bafe 6. iljr bie ShJegnaljme be£ Strohe« geftattet ober boch
nidrt oerboten Imbc. 3)er mitangcflagte 6. rourbe in 2Ibänbcrung ber 3>orcnt-
fdjeiüung freigef prochen, eine 3lnftiftung, fo lautete bie beSfallfige Scgrünbung,
fönnc in ber beregten 2teufeerung beö (S. nicht gefunben roerben. @£ fönne
roeber als erroiefen angenommen roerben, bafj 6. burch bie im Saufe bcS ©c*
fprädjeS auf bie 2lnfprache ber bingeroorfenen Söorte ben @ntfchlu& ber
lederen jur Begehung bcS StrohbiebftatjlS tyabt heruorrufen roollen, noch bafe
leitete lebiglia) burd) biefc ©orte 3ur 2luSfüljrung beS ©icbfta^l« beftimmt
roorben fei. 3)ie i^r burety baS 3tn^aufcn oon Stro^ oor ber Sd^cunc ge*
botenc ©elegenfjeit, fid^ baS 5)cttftrol; buxti) ©iebftaljl ju oerf Raffen, ^abe
i^r nid)t entgegen fönnen, unb mit 9tütffid)t auf iljre Sergangcnljeit fei an il)rcr
Sereitroilligfeit, biefe ©elegenljeit aua) oljne eine an fie ergangene 2tufforberung
äu benu^en, nid^t $u peifeln.
2)aS Urt^eu ift unangefochten geblieben, unb ber fubjeftioirte ©runbfafc:
in dubio mitius, mag aud) biefe 9kgatio*geftfielIung refp. geftfteHungen tragen.
S)ic begriffliche gormulirung ber Xf)eilnal)me aber, roie fie baS beurfdf)C Strafe
gcfe§ bietet, roirb für ba£ ©rgebnife fc^roerlich oerantioortlia) gemacht roerben fönnen.
SBenn bie £>. nidbt lebiglic^ burc| jene SIeufeerung 3ur Segc^ung beS
©icbftat;l§ beftimmt rooroen ift, fo roürbe bamit nodtj nic^t einmal bie 2lnnal)me
auSgcfchloffen fein, bafe nid^t beffen ungeachtet eben in jener tafjerung ber ben
SöiucnSentfchluB motioirenbe unb fomit urfachlic^e SeftimmungSgrunb rourjelte.
3)ie besfallfige 2luSfül;rung roürbe beS^alb fogar ber ^eftftellung, ba§ eine oor*
fä^lidje SBeftimmung ber 5D. für oorliegenb ju erachten, nicht entgegenftehen.
äofet aber „bie gan^e Sachlage", inSbefonbere bie oorgängige 2lufforberung
ber 2). an ben ($., bie Folgerung gerechtfertigt erfcheinen, bafe ber (Sntfchluü
Sur biebifchen (Jntroenbung beS Strohe« in ber SD. in ber £hat burch bie tänU
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Äug ber $rap$ jur ?raji3. 333
gegnung überhaupt nid^t erft hervorgerufen roorben ifi, fo bränat ftdj bod) immer«
5m bic nahe lieäcnbc ftrage auf, ob nicht bet 2). burch Sftath unb %i)at £ülfe
gclciflet, ob nicht tf)r bereits uorhanbener, bet Selbftbeftiramung erroachtener
(Sntfdjlufe burch bie ihr geworbene Entgegnung geförbert unb geftärft, bic Sc*
gehung ber £hat „burch bie gebotene — unb fügen roir ^inju benufctc —
Gelegenheit" unterftüfct unb erleichtert ijt? Sern 6. fällt jur Saft, bafj er, bcr
für baS 6troh unb beffen Sicherheit als beauftragter Arbeiter beS 21. ju forgen
hatte, bie oon ber X. flar genug in AuSficht gefteüte Sntrocnbung nicht nur
nicht gemifebiHigt, fonbern gegenteilig burch bic aufmuntembe Acufjeruna.:
Äomm, \)ok 3)tr ein ©unb! geförbert, bie 2). in bem oerbrccherifchcn ©ntfchluffe
beflärft, unb auf bie AuSffihrungSroeife gerabe3u hingeroiefen, bafs er fernerhin,
ftatt baS feiner Obhut anoertraute @ut in geficherte SBerroahrfam ju bringen,
lüährenb feiner Abroefenheit ber 2). bic befte unb bequemfte ©elegcnhett jur
^erroirflichung ihres (SntfchluffeS geboten fmt- AnbererfeitS Jat bie feft*
ftchenbermafeen biefe bargebotene ©elegenheit benujjt, unb ber in ber mehr bc-
regten Aeufeerung liegenbe pftjdnfche Ginflufe, fei eS, bafj er bic SBilbung unb
baS 3 u f tanocfommcn oc $ oerbrecherifchen (SntfchluffeS geförbert, fei eS, ba§ er
bie Ausführung unb Serroirfltchung beffclben erleichtert unb gefräftigt hat, tritt
in bcr cinroaubSroeifen Scjugnahmc bcr 2). auf bic angebliche 3uftimmung unb
©enehmigung feitenS beS @. flar genug 3U £age.
3}e$üglich bcr ßrafrechtlichen Gharafterifirung jener oicl ermähnten
Aeufecrung als £ülfeletftung mag ftatt aller weiteren Gilaie bic Ausführung, bie
ferner bereits bem ^reufeifchen Strafgefefcbuch roibmete, ^lafc finben:
„SDodj roirb man ben Segriff bcr Anleitung nicht fo eng faffen bürfen,
bafj bic ftrafbaren $älle, roo bic geiftige ©tnrairfung fi<h nicht gerabe
als ein Anreisen, SScrlcitcn ober Sefrimmen jur 3#at burch roirffamc
Seroeggrünbc aufraffen läfet, ftrafloS roerben. (SS mürben fonft ^-alle
fhafloS bleiben, bie faft intellettueHe Urheberfchaft, unb bie ftraf barer
finb, als bie Ülathfchläge über an$uroenbenbe Littel unb über bie
Art unb Söeife bcr Ausführung; roaS offenbar nicht im Söillen beS
©efejjgebcrS gelegen haben fann." 16 )
2)afj eS fernerhin „ohne Csinflufe ift, ob bie $ülfe eine nothroenbige ober
fclbft nur förberliche geroefen ifl ober nicht" (Schroarje), barin ftimmen oor*
auSfichtlich bic bchauptetermafecn „oiclfach überflüffigen Äommcntare" unb &hr*
büchcr beS beutfdjen StrafgefefceS übercin, unb bamit roirb jener heroorgehobene
Umftanb, bafj bic mehrfach oorbefrrafte 2>. auch ohne bie Aufforberung, bic
(Gelegenheit sur biebifchen (Sntroenbung ju benu{jen, bereit geroefen fein roürbc,
bebeutungSloS.
2öcitcrhin finb cS bic mehrfach abroeidfjenbcn ScgriffSbcftimmungcn beS
preufeifchen StrafgefcfeeS, welche oft in ber Auslegung unb praftifchen Germer*
thung beS beutfehen ©trafgefefcbucheS nachroirfen. AIS SBeifpicl mag ber §. 15(1
beS erfieren bienen:
„2öer burch eine SSerlc^ung ber ©chamhaftigfett ein öffentliches
Aergernifj giebt",
bcr trofc bcr bcrou&tcn unb bcabfichtigten Umformung bcr ShatbeftanbSmcrfmale
im §. 183. £. 6t. ®. 33. balnn:
„2öer burch eine untüchtige ^anblung öffentlich ein Aergernijj giebt,"
immer roieber in bic 9tecf)tfprechung refp. JlcchtSocrfolgung hincinfpiclt, unb ben
bemnächft eingehenber ju crörtemben, fcnnseichncnbcn Untcrfchicb bcr Strafbc*
ftimmung beS §. 183. gegenüber ben 6trafanbrohungen ber §§. 3ÖO. 3ir. 11.
185. 2c. üerroifcht
16) ©niHDfa^e jum yx. et i». ». «o. 46; »crgl. 6$»at3C a. a. 0. «2. 166, 168; 6d)üt>e,
s J2o^»Dtnl)igc £I)eiUtaf)inc €>. 285 :c.
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334 auS b " y* a & 5 ut ? ta P 8 «
2luch bog beutfd&e Straf gefefcbuch ift oon Streitfragen unb aHeinungSoer««
fchiebenbeiten nicht befreit geblieben; eS t^eilt in biefer «ejiehung baS gleite
Scbtcffal mit allen anbeten s JtcchtSbiSjiplinen. S)te Befolgung beffelben Rechts*
grunbfafecS, bie $anbhabung beS nämlichen SßrinjipS bureb baS nämliche ©eridfit,
felbftoerftänbltch, ' ohne fieb einfettig einer rooblbegrünbeten neuen Anficht unb
Sluffaffung p oerfcblie|en, erfdjeint aber gcrabe ht ber ftrafred)tlid)en stecht
fpredfjung ein nothroenbigeS Erforbernift.
2>er £anbelSmann £. rourbe burch ben SlmtSoorfteljer angeroiefen, ben
an bie Sorfftrafje angrenjenben $aun jurütfsurücfen; eine Söeifung, bie er mit
ber (Entgegnung beantwortete: Dber auch nicht! 2luf ba§ nunmehrige ©ebot beS
Seamten, er fotte febroeigen, erroiberte 2.: 2)aS brause ich nicht! ES erfolgte
bie Verurteilung beS 2. wegen Seleibigung.
3n einem anberen galle erging fidj Ä., wegen Erreaung ru^eftörenben
SärmS, oon bem amtlich einfdjreüenbcn 9tadjrroäd)ter jur 9luge oerroiefen, in ber
2leufjerung: Sie haben mir nichts ju fagen, Sie ^iepcnfop! — unb CS mürbe,
roenigftenS in ber erften Snftanj, °* e Einleitung ber Unter fudfmng unter ber
Ausführung oerroctgert, bajj ber ÄuSbruä ^iepcnfop nur einen Äopf bezeichne,
ber pfeift, unb bafe barin eine Scleibigung nicht enthalten fei.
®aS beutfc|e Strafgcfefcbucb bat bcfanntltch eine SBegriffSbcfttmmung ber
8cleibigung nicht aufgeteilt, unb eS mag babin geftellt bleiben, ob eine ber er*
malmten (£ntf Reibungen auch nur ben 3Herfmalen einer Definition entfprid&t
ober entfpreajen fann. S)ie nämliche ScgrtffSbeftimmung ber JQeleibigung
bürfte beiben Entfcbeibungen boa) rooljl nicht uorgefd&roebt haben.
SDtc fctcnftmagb SD. hatte ihren Sienft eigenmächtig oerlaffen, fidj einige
3eit banach in ©emeinfebaft mit ihrem ©ruber ohne äßijfen unb Sitten ber
£ienftherrfchaft nach ber SBobenfammer ber lefcteren begeben unb oon bort ihren
tfoffer weggeholt 6ic rourbe unter ber fteftftellung, bafj fic, unb jioar gemein*
fchaftlich mtt einem Stnberen, roiberrechtlich eingebrungen, roegen JauSfricbenS*
brucbS oerurtheilt, inbem, erftcbtltcb im 2lnfdhlufj an baS llrtheil oeS DbertribunalS
(SR. b. D. 53b. 9. ©. 463), aufgeführt rourbe, baf3 ein Einbringen im Sinne beS
§. 123. 3). St. ®. 33. auch bann oorliege, roenn ^emanb frembe Ääumlichfeitcn
roiber ben juuermuthenben Söillen beS Inhabers betritt.
Unter gleicher fteftftellung rourbe 5- beS ^auSfricbcnSbrucbeS für fchulbig
erachtet, ber, jufammen mit einem 2luberen, in ber 9lacr)t ein umfrtebctcS, mit
einem SBolmhaufe oerfeheneS frembeS ©artenbeft&thum betreten unb bort über*
nachtet hotte, unb roegen beS nämlichen Vergehens rourbe ber Änecht ©. beftraft,
ber, gleichfalls jur SRacbtjeit, in bie flammer ber S)ienftmagb beS SC. ctngcfticgcn
mar, „ba, fo lauteten bie EntfcbeibungSgrünbe, ©. offenbar gegen ben SBillen
beS EigenthümerS in baS §auS eingebrungen, unb eS gleichgültig ifi, ob bie
Sienflmagb ihn hierju aufgeforbert Imt, roeil ber lederen ju folchcr Slufforberung
feine SefugniB $uftanb."
Ebenfalls roäbrenb ber 9kcht hatten bie beiben Äncchte 3K. 9t. baS rings
umfchloffcne ©ehöft beS S3auerS 3c. betreten, hotten aus ber auf bem öofe be*
finblichen S^äbchenfammer bura) baS genfter ÄleibungSftüdfe ber bort fchlafenben
3)ienftmagb hcrauSgclangt, roaren in berfclben -Dtacbt naa) bort jurürfgetehrt,
hatten bie Sachen jurüdgebracht, bie Dienftmagb bura) ©eroerfen mit ben Sachen
beläftigt, unb fta) bann oon bem ©ehöft roieber entfernt.
Die auS §. 123. S>. St. ©. 8. erhobene Auflage rourbe jurüdgeroiefen,
roeil „in ben ben Sefdmlbigten jur Saft fallenben ^»anblungcn nur ber £hatbc*
ftanb bcS groben UnfugS(?), nicht bcS baS Veroufjtfein einer ©törung bcS
JeauSfriebcnS burch ^anbeln gegen ben funbgegeben SBillen bcS EigenthümcrS
oorauSfe^enben ^auSfriebenSbrucheS ju pnben fei."
sticht lange bonaa) rourbe roieberum St., ber in Slbrocfcnheit bcS nach bem
$olabiebftahl3gcfe& nicht oereibeten q3rioatförfterS X. bellen Statt betreten unb
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Stuö bct ^JtayiS jut ^JrayiS. 335
aiuS bcm lederen bie non £. ihm bei VerÜbung beS öoläbiebftahlS abgenommene
Statte roegaeholt Ijotte, rocgen ^auSfriebensbruchcg beitraft.
Waffen mit tykt bie ^rage uncrörtert, ob ftd^ bog Vergehen be3 ,§au3*
friebenSbrucheS bereits in bem'Vetrctcn beg fremben, befriebeten Vcfü)tbum3
miber ben oermutbeten ober $u oermutbenben 2BiUen be£ $tfobnung§*j n h Qü cr<8
(Grfcnntnijj be§ DbcrtribunabS), in bem Gintreten unter ^ufjcracbtlaffung ber
Siegeln bc3 gewöhnlichen VerfchrS (Sohn), bcjtebunggroeife, roie in bem frag-
ten J-allc, unter gröblicbfier Verlegung bcS gewohnheitsmäßigen VraucbeS erfüllt,
ober ob ein foanbeln „miber ben präfumtioen ÜSHUen" nicht ausreißt (Schmarre),
ja gar ber Vrudf) eines funbgegebenen 2Biü*en£ erforbert roirb, roie ihn ber ab*
lefjnenbc Vcfcblufj jur VorauSfebung bat — ein Grforbcrntfj, bellen Siotbroenbiglcit
aUcrbingS ben Sd)u& beS ^austrieben« mehrfach in ftrage [teilen möchte. ®cm«
felbcn ftrafrccbtlicbcn tßrtagip, einer einheitlichen wccbtSauffaffuna, entflammen
bie oorerroäbnten Gntfcbeibungen fidjerlicb nicht, unb bie unoermtttelt unb un*
motioirt tun unb berfebroanfenbe ^ugrunbelegung entgegengefefcter ^rinjipien
innerhalb bcffclben ©ericbtSbcäirfS bflrftc baS Veroufjtrocrben ber jtrafrechtlichen
Worin 3U förbern nicht gcrabc geeignet fein.
3m geroiifen Sinne auffällig ift ja ber übel belcumunbeten Mibe bcS
StrafgefcfcbucbeS gegenüber bie fiebern ber ^rariS nicht feiten fühlbar machenbe
."parte ber Strafbeftimmung bcS 3lbf. 3. beS §. 123., bie, ber Annahme milberober
Umflänbe unjugänglich, ausnahmslos eine einroöchentliche ®efängni§frrafe als
Strafminimum anbroht. ^nbefe baS tjt ja nun roof)l ber Gnbpecf beS pofttioen
Strafrechts, in ber $echtfprechung unoerfümmert $ur Snroenbung ju gelangen,
unb cS oorlommenben ftaUS ber Vegnabigung 3U überlaffen, etroaige gärten
unb Schärfen anzugleichen. '
3fm Strafrecbt beanfprucht jumal im ^inblicf auf bie Vereinheitlichung
ber ftrafrechtlichen Verfolgung, jebe Gntfdjeibung eine ben (Stnjelnfall überragenbe
Vebeutung. Qnforoeit nicht bie l)ier aufjer Sicht bleibenöe VeroeiSfrage SluSfcblag
gebenb ift, bebingt bie Annahme ober Slblefmung beS einen ober anberen töecbtS*
grunbfafccS, bie 3ugrunbelegung biefer ober jener SftecbtSauffaffung bie Strafbarfeit
bcstebungSroetfe Straflofigfeit einer ganjen Jfategoric oon ^anblungen. Gine
Ginengung ober Grroetterung ber Straf oorfebrift nach ocn begleitenben Umfiänbcn,
ein Slnpajfen berfelben an bie jeitlichen ^Bewegungen unb Vefirebungen, eine
Regelung ber -Jcorm naa) ben $ebürfnififragen beS SageS, nach ben perfönlichen
unb örtlichen Verbältniffen mufj ber Äanbhabung beS StrafgefcfccS fern bleiben,
roenn nicht eine fchroantenbe 9le<htSun)icherheit als unroiUfürliche $olgc abfliegen
foll. Gine ^anblung, bie in ber Vlüthepertobe beS ©rünbungSfcbroinbelS ber
ftrafred)tlichen Verfolgung unerreichbar roar, fann in ber Qtit entnüchtember
VerfebrSflocfung nicht nachträglich belangbar roerben, unb bie in ber politifchen
Strömung ber ©egenroart ftraffreie ^hätigfeit fann ber Strafbarfeit nicht oer*
fallen, roenn ber Parteien ©unft ftcb änbert. >Jtoch immer behauptet baS ©cfühl
in bem deiche bcö ©eifteS fein gefonbertcS ©ebiet. 2lber in ber praftifchen
Verroerthung beS Straf gefe^bucheS ift für baS mitfühlenbe Gmpfinben nur ein
fehr befchränfter 5Raum. Äategorifch forbert bie fhafrechtliche 9iorm ihre ©eltung
unb Slnroenbung, roie fehr auch immer ba8 SKitleib auf eine ^reifpredwng hin«
bräunt, unb ba3 ben ©eliftSraerfmalcn nicht entfprechenbe Verhalten erheifcht
Straffreiheit, roie fehr auch immer bie Verroerflichfeit, ja ©emeingefährlichfeit ber
%\)at auf bie 9cotf)roenbigfeit einer gefe^geberifchen llmgcftaltung beö pofitioirten
VerbrechenSbcgriffS binneift.
5)em „$urchfcbmtt$bilbung$grabe" ift eS an fic^ nicht leicht uerfiänblicb,
bafe baffclbe Strafgcfcfc oerfchiebenen ÜDieinungcn unb 2luffaffungen gar oft be*
grünbet unb berechtigt jugänglich i^. Gine nicht unwefentlichc Veftätigung beä
SprüchroortS oon ber road/fernen Scafe bcS Rechts roirb ber in erfter Sinie
betheiligte £aie barin finben, ba^ unter ber ^errfchaft bcffelbcn ©trafgcfe^eS
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336 Äu§ fcet 'P M * tt $ ut * ra f ie -
oon bemfelben ©erichte Ijeute biefct&e §anbluno, beS 8. für ftrafloS crflärt wirb,
bic noch geftern, oon bcm 6. oerübt, mit ©träfe belegt worben ifi, unb morgen,
oon bem 3). begangen, mieberum firafrechtlid) geahnbet wirb.
35a& weber bcm ^rajubijienfult, noa) Bern ftarren gehalten an bem
einmal angenommenen ©runbfajjc baS 2Bort gcrebet werben foll, bebarf oer*
meintlid) nicht befonberer $eroorhebung. Stur baS unbeftimmte, oftmals mehr
oon ber ©timmung als ber (srwägung abhängige ©ebwanfen, bie prinjtplofe
(Sntfcheibung untec abroedtfelnber 3 u 3runbclegung entgegengefefeter ^rtajtpUn
erfchemt bcbcnflidö unb unjtoccfmäBig. 2luct) barin möchte eine jwccfbicnliche
ißrartS faum 511 finben fein, etwa mit bem ©chleier ber gefügigen thatfächliehen
geflfteUung bie 2lnerfcnnung ober 3 uru ^ roc M un 9 cntc 3 ftratrc<$tU$en ©runb*
fa^ejS $u oerbeden. S)enn baS ©trafrecht bient erfichtlich höheren ^nteceffen.
2öirb ein SlechtSfafc oon bem hofften ©erid&tShofe aufgeftcllt, fo mag immerhin,
falls er überjeugenbe Söahrheit md)t enthält, in abroci^enber «egrünbuna
erfannt unb entftieben werben. 3lber bie (Sntfdjctbung beS ©runbfafoeS felbft
mufj mr ftrage gebellt werben, bis fid^ in immer neuer unb neuer ©rörterung
unb dnoägung ber ©egenfafc }u einheitlicher 2luffaffung flärt; nicht aber burqj
SBctwerf ber einen ober anoeren 2lrt baS Urtbeil gefiebert werben, um einer
Vernichtung beS StechtSfpruchS im ©injelnfaHe oerjubeugen. 17 )
Unb gerabe in biefer SBcjtefjung bürfte fd&werwiegenb genug bie ©rwägung
inS ©ewtd)t fallen, bafj, ganj abgefeljen oon ber 93ebeutung, welche bie höchft
ritterlichen ©ntfe^eibungen an fid^ ju beanfpruchen geeignet jinb, wenigftenS in
einer aHehrjahl oon gäUen ben entgcgengefejjten tlnftd&ten gleich triftige ©rünbe
jur ©eite fielen, bie erfl nach 3ai)rc lang fortbauernber Prüfung ihre Söfung
finben. Vis balnn berarttgen ^räjubijien ausnahmslos ju folgen, bürfte
theoretifch folgerichtig unb praftifer) förberfam er f feinen.
3wei Sebenfen mögen fchliefelicb im Vorübergehen noch far$ berührt
werben, welche in SBejug auf bic Umfe&ung beS ©trafrechtes in bie $rartS
ber S)eutfchen ©t. $roj. D. entfprtngen, — bie burch baS mehr ober weniger
auSgefprodjene SJltfjtrauen gegen bie ©taatSanwaltfchaft oeranlafetc fiabmlegung
ber ftrafoerfolgenben Vehörbe unb anbererfeits bie mangelnbe einheitliche
©ipfelung ber föechtfpredmna,. SBenn irgenbwo, fo erfcheint hier bie Slüge ber
„Äautelenfucht unb Äautelenjagb" begrünbet. 9)cag immerhin bie 2)ienftfertigfeit
unb 2lmtSberettmilIigfeit in nereinjelten gaffen bis &ur ©renje beS 2lratSmife*
braucheS gefteigert fein — gerabe in berartigen fällen finb »orausfichtlich bic
lauteten unb (SicherunqSmittcl oon bem mit bem Stechte genau befannten unb
oertrauten Beamten faft ausnahmslos ju umgehen. „Um mit Sicherheit Unrecht
m tfmn, mufe man bie Siechte ftubirt haben." %n bem oerbletbenben, bodj ftreit*
loS bie Siegel auSmachcnben fällen bilben bie cinengenben unb einfehränfenben
Vorfchriften eine fteffel, bezüglich bereit bie Erfahrung lehren mufe, in wie weit
unter ihrer öerrfchaft nad) ber SluSbrucESwcife oon Suc^S 18 ) „eine prompte
unb gerechte 5ufrij" burchführbar bleibt.
2>en ^weiten ^ßunft anlangenb, fo hatte bereits £cin&e la ) bem Entwürfe
jur ©t. ^Proj. D. gegenüber warnenb heroorgehoben, wie cS in ber £>aub ber
©traffammer bejiehungSweife ber beantragenben ©taatSanwaltfchaft liege, bic
17) Sergl. Xixt «uSfü^runfl 9?Ö»8 bei *et »etatbuug ber @t. *ßroj. O. ßafjn, aRaterioticn
6t. "}koj. O. 6. 884, fcer bie s J?otl)»entigteit öorflänflifler fd»riftti*et Sbfaffung ber Urtfjeitö«
(irünbe burd) ben §üm>ei3 rctbtferriaen ©erfucfjte, ba& bei einer nad)tT«äqltd)en ^irtrung bie
fcauijubätiatcit barauf gerietet fein roerte, baö Urtbeil »or ber Vernichtung feitcnS be§ ftaf)ationö«
bofcS 3U fetjütjen, ba& 311 biefem 3»cde nicbt feiten ben Ibatfac^en ber äufjerfte 3u>ang »erbe
angetban werben, unb babureb 3»ar bie eintegung beS Äaffationäreturfeö intmUglidt) gemaebt,
aber nitbt aum sbortbeite be« materieflen ÜRecbteö.
18) (»cri(btö|aal »b. 30. ©. 400 ff.
19) ©benba ©. 87.
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Äus tat jut ^rajiS. 337
enbgüttige Crntfcheibung bcr Stechtäfrage nach bcr 3luffaffuna bcS SlctdjsSgcric^t^
ober nach berjenigen be3 OberlanbeSgertchtS erteilen ju laffen.
2)ic Grrociterung bcr territorialen ©re^en in ben Sanb- unb DberlanbcS*
©ertöten im ©cgeufafc }u ben jtreiä* unö 2lppellation&=©erichten finbet in
9iücf ficht barauf, bafc nach §. 50. beS ©efefceS vom 24. 2lpril 1878 nur bic nach
£anbe3recf)t ffrafbaren .§anblungen bem Äammcrgericht überroiefen morben finb,
bereit« in bem fanget einheitlicher Stcchtfprechung, Inufichtlid) ber Uebcrtrctungcn
il;r ©egengeroicht. 3n betreff bcr ben Schöffengerichten zugehörigen ober übcr>
roiefenen Sergehen (§§. 27. 75. ©. ©.) tji in ^reufecn ber 3Jioni$mua in
eine breijefmfaltigc Vielheit serfpalten, unb jur 3ctt fteht oorau3fidt)tlt(fi bic Sc*
ftätigung baftir noch ob bie in ben s Uiotiocn ju bem ermähnten §. 50. in
söejua, genommene SRücfroirrung ber rei$$gciichtlichcn Gmfcheibungcn bic Ginheit*
lichfett Der 9iecf)tfprcchung oollftänbtg ju erfefcen im Stanbe fein wirb.
IL
Bit Atntöctgcnfdjaft ber im I;omniunal unb gfrioatbienft bctinbltrljcn lotftrr
unb Tr lbljütf r.
1.
SEcr oormaLS im 35ienft ber ©emeinbe %. befhtblidj geroefene unb in
biefem $)ienfh>erhältnifc nach SJtafcgabe be8 §. 51. ber gelb* s $oU$ciorbnung oom
1. 9too. 1847, fomic bc« §. 33. bc$ £oljbicbftahl£gcfe&e3 oom 2. ^uni 1852
nereibetc Ä. mar im 3af)rc 1874 oon bem 9tittergut£bcfi&er t>. %. $u SX als
ftörfter unb gclbfmtcr auf unbefrimmte $tit angefteut morben. %n biefer neuen
3)ienftfiellung fyattt eine ©enehmigung bejtehungäroeife eine Prüfung unb S8c^
ftätigung unb fomit auch eine nochmalige Bercibigung be£ k. im Sinne bc3
§. 51. refp. 33. ber angebogenen ®efet$e nicht ftattgehabt. Grft naa) Ginleitung
bcr bemnächft $u erroähnenben Unterfuamngen hatte nachträglich eine Söcfannt*
machung be3 £anbratl)3amte3 im ÄreiSblatte bahnt ftattgefunben, bafj nunmehr
bem jjerrfchaftlichcn %öxftcx Ä. bic Sefugnife jum 2öaff engebrauch in ©emäfeheit
bc« ©cfcfceS nom 31. 3Jcan 1837 unb bcr auf baffelbe' $c$ug Imbenben 3n*
ftruftionen crtheilt morben fei.
3m Sommer 1875 mar ber Gigcntfjümcr oon bem Ä. innerhalb be§
feinem Schule untctftcUtcngorftbe$irfc$ beim^oljbiebftahl betroffen morben. hatte
bem Ä. einen ^^aler mit ber Sitte eingehänbigt, oon einer Sln^cigc abgehen.
bcr gegen rocgen Beftechung aus §. 333. 55. St. @. «. eröffneten Unter*
fuchuna, erfolgte in sroeiter Snftnnj ftveifprechung. £ur Öegrünbung würbe
aufgeführt:
®ie oon ben ^rioatbefifcern mit bem ^orftfdfmfc beauftragten Sßerfonen
feien Beamte, roenn fic nach SJto&gabe be$ §. 33. bc3 2). ©. oereibet roerben.
Ginc foldjc Becibigung fei inbejj nur unter Beobachtung ber Grforbernifte bc£
§. 32. bafelbft ftatthaft. liefen Grforbcrniffcn fei nicht genügt, inäbefonbere
ber oon bem tf. oormals als beßcUter gclb^ unb Söalbhütcr bcr ©emeinbe %.
gclciftctc Gib nia)t geeignet, für feine gegenmärtige ^unftion ©eltung ju bean*
fpruchcit. 5Dcr im §. 33. a. a. D. oorgefchriebene Gib fei fein 2lmt3eib unb
Ijabe niajt bic Süirfung eine« folchen. SlUcrbingS hätten bic im §. 32. s Jlr. 2.
feftgefc^ten 2?orbebinaungen ber Sßcrcibigung auf bic ©laubroürbtgfeit besS Sc-
trefteuben ihre nächfte Sejicfmng. ©emi& aber fönnc einem ^rioatroalblmtcr,
bem ber im §. 31. a. a. 0. ben gerichtlich ocrcibctcn Jotftfdmfcbcamtcn beigelegte
©laube fehle, nicht bie Gigenfchaft eine« öffentlichen Beamten beigemeffen roerben.
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VIR 2lu3 b« ^mriS atr'Crariä.
$>a£ in feinem ©nbergebnife oermeintlich gutreffenbe Urtheil ifi nicht an*
gefönten roorben. ©£ mag ^iet nur auf ba£ Vcbcnflicbc ber Schlußfolgerung
btngeroicfen werben, ber bereite bie Grroägung entgegentritt, bafe bie ertjö^tc
©laubroürbigfeit im Sinne beS §. 31. be£ §. 3). ®. oon ber nach SJtafegabe
be£ §. 33. bafclbfi ftattoe^abten Vereibigung abhängig gemalt, nicht aber an bie
möglicher SBeife vollgültige Vcftallung unb Veeibigung als Beamter angefnüpft
ift; baß nach ber auSbrücf lieben Vorfcbrift bc£ §. 359. 3). St. ©. V. fogar bie
Scifhmg bcS 3)ienftetbc£ gleichgültig ift, unb bajj bcifpieLStueife auch bem jroeifeHoS
mit 3lmt£eigenfcbaft auSgcftatteten ^olijeibeamten bie erhöhte ©laubroürbigfeit
im Sinne ber citirten Vorfcbrift crmangelt. §ür bie Vejabung ober Verneinung
ber hier allein fraglicben SlmtSqualität ift bcSlwlb ein Inhalt au£ bem beregten
Momente ber ©laubroürbigfeit überhaupt niebt ju entnehmen. Von Vebcutung
mürbe bie bie ©laubroürbigfeit bebingenbe Vereibigungim Sinne be£ §. 33. L c.
oielmcbr nur infofern werben, als biefclbe ettoa als URobuS ber Slnfkllung, als
2lft ber 2(mtSübcrtragung m ebarafterifiren ift, ähnlich roie bie fpejiette Qualität
ber ©fenfeabnbeamten als ^olijeibcamte uon ibrer Vereibigung in bem Reglement
abbängig gemalt roorben ift. (Grf. oom 5. gebr. 1873; Slrchio 33b. 21. 6. 192.)
bereits »or bem oorerroäbnten Vorgange mar bie oerebcliebte ©. oon
bemfelben Ä. auf ber feiner Veaufficbtigung gleichfalls anoertrauten Söicfe beim
©raSfcbneibcn angehalten roorben. Tic @. fcjjte ber oon Ä. beabftebtigten
4 4$fänbung gcroaltfamen SSiberftanb entgegen, unb ü)r herbeigeeilter ©bemann
bebroljtc ben St. mit bem Verbreeben oeS SobfcblagcS. ©. rourbe roegen Ve*
brobung auS §.241. 2). St. ©. V. oerurtbeilt. 9iacbbem in ber jroeitricbterlicben
Gntfa)eibung barauf I)ingeroiefen mar, bafj baS Vergeben beS SStbcrftanbcS gegen
einen ftorftoeamten eoent. Vcamtcn in ftrage trete, rourbe bie Unterfucfmng
gegen bie ®. auS §. 113. eingeleitet. 3)ie Ermittelungen ergaben, bajj bie
Söiefe, auf ber bie ©. betroffen roorben, ju ber frorft nicht gehörig. 2)te ©.
rourbe in atoei ^nftanjen freigefproeben, inbem aufgeführt rourbe, bafe bie ©igen*
fd;aft als gorftauffeber überhaupt nicht in Vetracbt fomme, fonbem nur bie als
gelb- unb äöicfenauf feher. 2)ie Veamtenqualität eine« oon einem ©utsbcftfccr
angefteUtcn ftelbbüterS fei bura) bie Vcobacbtung ber frörmlichfeiten, roelcbe in
ben §§. 50. 51. oorgefebrieben, unb namentlich bureb feine Vereibigung bebingt.
(@oltb. 2lrcb. Vb. 6. S. 841 ; SR. b. 0. 9b. 13. S. 869.) Ä. fei ohne Ver-
eibigung unb ÜJlitrotrfung ber Veljörbe angefteüt, unb bie frühere ©ibeSleiftung,
bie fieb auf bie bamalige ftunftion befdjränfe, nicht geeignet, bicfcS ©rforbernif?
ju erfe^en.
3)ajj ber bie beiben ©ntfebeihungen fiüfeenbe WecbtSfafc bcrfelbe ijt, ift
erfiebtlicb. 3>aS le^terroäbnte Urtheil rourbe auf eingelegte 9ücbtigfeitsbefcbrocrbc
bureb ba<5 Cbertribunal oemichtet (Slrcb. Vb. 24. S. 609). „S)a3 angefochtene
©r!enntnife, fo lautet bie l)kv intereffirenbe Vcgrünbung, gcl;t oon ber Rechts*
auffaffung au3, bafe bie Veamtcnqualität eines oon einem ©utSbeft&er angeftcllten
gelbbüterf bureb bie Vcobacf)tung ber prmlichfeiten, roelcbe in ben 50. 51.
ber s ^5. 0. oorgefchrieben unb najncntlich bureb feine Vcreibiguna bebingt ift.
3)icfc 3luffaffung ift nicht jutreffenb. SDcr §. 51. ber fr % 0. ftellt bie Vc>
bingung für bie erhöhte ©laubioürbigfcit ber ^elbbütcr, nicht für beren Vcamtcn*
eigenfehaft auf. ftür bie grage, ob ber ^elbhütcr cinc5 ©utSbcfi^erS bie
stechte unb Pflichten cineä — mittelbaren — Staatsbeamten fyat,
fommt cS barauf an, ob baS lanbliche ©ut su einem ©emeinbeoer*
banbc gehört ober nicht, 52. «p. 0., alfo einen fclbftflänbigcn
©utSbejirf bilbet. Sollte ctroa bie Slnftcllung bcS tf. nach Einführung ber
ÄreiSorbnung erfolgt fein, fo rourbe rocitcr in Vetracht ju sieben fein, ob unb
welchen Ginflufj biefcS ©cfcjj auf bie 2lnftcUungöbered)tigung bcS ©utsherrn
refp. bie 3lmtSeigcnfd)aft ber oon ihm angefteUtcn gclbhütcr geäußert hat." :c.
5)aS nach erneuerter Vcrhanblung ergangene 3rocitrichterltche Urtheil gc>
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, . . ,- ^ ■ J 1 . , v ,r. • -vy k . . \
*u3 ber $rapä jttr ^rortS. 339
langte nunme&r $ur grctfptc^uno in bct tfmtfäd&Udjen Erwägung, ba& bie ©.
bie SlmtSeigenfdjaft bcS Ä. ntd^t gefannt f)abe.
2.
2)ie 2lmtjScigenfd)aft bejm. eine gewiffe 2lintSqualität als Grcfutiobcamter :c.
fommt in boppclter öcjiejjuna in Setradjt. Sic bilbet cincrfcifcS ba3 Mitta*
merfmal ber ben 6d)uft ber Organe ber (Staatsgewalt abgroedfenben 33orfd)riftcn,
unb ftcllt ftdj anbcrerfcitS als bebingenbeä (Srforbernijj ber fogeuannten 2lmt3*
beUfte bar. 3m §. 153. beS ©. 2J. ®. ifl ben SanbeSregterunaen bie 33cjeia)nung
ber als «pülföbeamtc ber StaatSanwaltfdjaft fungirenben Beamten flaffen beä
^olijei- unb 6ia)cri)eitSbienftcS überladen worben. Unbebenflid) erfdjeint e« in
ber Xf)at „baß ber 2luffid)t3bienft — bie Ausübung ber fioxft' unb 3agb*Mi$ci
— in ben Äöntglid)cn gorjten als 6idjerf)eit3bienft anjufeljen ift." Scffcnun*
geartet finb in Greußen auäwetölidj ber aJlinifterial'2krfügung vom 15. Sept. 1K79
jclbfi bie mit beut ftorfifdmfc beauftragten Äöniglidjcn ftorftbeamten ber beregten
Seamtenflaffe im 6inne be3 §. 153. beS @. 2J. ©. nicfjt bctge$äf)lt worben, unb
fomit für bie Beantwortung obiger $ragc auä ben betreffenden Bcfrtmmungcn
irgenb weldje Hnfjaltcpunfte nia)t m entnehmen. 6inb bemnadj bie gorft;
beamten fd)led)tt)in ju einer Scfdjlagnaljmc unb SDurdjfudjung nad) Maßgabe
ber §§. 9-i. ff. ber 6t. Sßroj. D., abgefcl)en oon ber äuäfütjrung einer in
©emäfjlpit ber citirten 3Sorf$riften in rca)t3gültiger 2Beife angeorbneten
$cfa)lagnalnnc 2C., J0 ) nidjt befugt, fo legt boa) bereite baS in SRücfjidjt tretenbc
33crgefjen refp. $Berbrea)cn ber Seftedjung im 6inne ber §§. 331. ff., ber Körper*
oerlefcung in Ausübung bc£ 2lmte3 naa) 2*orfd>rtft beS §. 340. SD. 6t. ©.
u. f. m. flar, bafj bie ftrage nad) ber 2lmt5eigenfd[)aft ber ^rioatförfter nad) wie
uor oon praftifdier (irficblidjfeit unb Sebeutung ift.
%l& aufjerljalb ber ©renken ber Ijüer gesellten Aufgabe liegenb, fd)etbet
bcSljalb bie jur nad)roei«lid)en SScrooHftänbigung biefer praftifdjen Sebeutung
ettoa geeignete Erörterung aus, ob unb in roeldjem Umfange ber §. 16. be£
$orftbiebflafjlj3gcfe&e3 00m 15. 2lprtt 1878, unbefdjabet ber angebogenen Sor*
fünften ber 6t. ^roj. 0., ben nia)t als $ülf3beamte bejeidmeten Beamten ober
gar bem 2öalbeigcntf)ümcr unb bem oon biefem befleHtcn 2luffef)er bie 33ef#laanaf)me
ober boa) bie äßegnatyme unb ^fänbung ber Söerfjeuge gemattet. 21 ) Öebingenbc
^orauöfe^ung ber in s Jlticffid)t tretenben Stmocnbung bc^ §. 113. 3). 6t. ©.
mürbe immerhin bie Vorfrage bleiben, ob ber Sßfänbcnbc refp. SBcfdjlagncljmcnbc
mit 2lmtj8cigcnfa;aft überhaupt ocrfcl)cn ift, unb erft In'eran würbe fia)
baö weitere 33ebingni§ anreihen, ob bie Ausübung biefc^ SlmteS eine rea>
mäßige war.
3. .
3n ben Sel)rbüa)em unb Kommentaren jum SD. 6t. @. S3. t)at bie obige
gragc eine cingcfjenbcre «erürffta)tigung nur ocrcinjclt gefunben. 3u ben
20) ©tftwane, Jtomincntar jut ©L ^5roj. O. @. 238.
21) Oclilfchli'iiicrriecnibarDt, ®efe|j betreffenb ben Soritbicbfia^t §. 16. £. 45; ^atefe,
©hrafrcdit unb ©traf^rojeu II. Sufl. @. 522; ». »iUon^tcrnberg, ^lb« unb ^orlt-^olijet-
Wcfefc §. 53. 6. 72; wrgl. baS Urtbcil be3 9tci(6«flcrid)t« »om 26. flpnl t. 3. 'äicditfprc^ungcn
»6. 1. @. 671. „55on einer SJctteftung ber §§. 102. 105. ©t. ^03. O. unb §. 153. ®.
tann f*on bcötjalb teinc Webe fein, »e>( flc nid>t bierber paffeu, ba cS jidö na* ber ftepfteuuna,
ber »orinftani Icineöt»eg5 um eine Surtbfucbumi bcr^Jerfon be« I., gefdjwcige benn um bie »n--
orbnunoj unb ben Soüjitg einer fotdien S)urd)fuCbung banbelt, fonbern ecr ^agbbcamtc Ä. baS öon
©4. getragene <J6eroci?r njcgaunebmeu ober 311 pfänben beabfidjtigt tjattc."
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340
§§. 117. ff. bafetbft fjebt 3ol)n im §anbbud)e 8b. 3. ©. 138 crldutcntb fjcroot,
bafe ba£ gorft' unb ^öbrcd^t neben bent 58 ermögen Sterte „bic 2lu§übung
ber ftorft» unb 3agb=$oli$ei" umfaffe, bafj „baSjenige, toaS 3ur 2lufredjtcrf)altung,
ber oie %ox$' unb ^öflb^oUjci betrcffenben 58orfd)riften gcfdnefjt, abS Bus*
Übung ber bem Staate jufieljenben ^oliscigctoatt gefdjcfjc. 2)a3,
worauf e3 anfommt, tft, bafj eS $orftbeamte giebt, meldte nur bie ^rioatredjte
bcffcn, bcr fic angejieüt, ioaf)r3unefnnen I>aben, roäforenb anbere §orftbeamtc
aujjcrbcm aud) nodi mit ber Ausübung ber 3agb* unb ftorft-^otyei betraut fmb,
nod) anbere oielleidit auSfdjlicfelid) auf bic ftunftionen ber lederen 2lrt befd&ränft
fein mögen".
än Sejug auf bic 2lmtöqualität fü()rt fernerhin 2Weioc3 ebenba ©. 936
aus „bafe in ^reufjen (nad) ber tonftanten 2Innaf)me beS DbertrtbunalS) ben
^rioatf orftbeamten , wenn fic ben im §ol$biebftabtegefc§ oom 2. $uni 1852
geforberten Gib gelciftet Imben, auSbrüdlidd amtlid&e ^unftionen oom ©taate
übertragen werben. ?iur in einzelnen fällen, fo fä|rt bcrfclbe fort, ift fte —
bie Slbleifrung eines Sttenfteibeg — bic auSbrücflidic 93ebingung ber Beamten*
Qualität , nämttd) .... bei ben ^rioatforftbcamten , toclaje in $reu§en nur
burd) bie Seifrung bcS im ©efc&e oom 2. 3mti 11352 oorgefdjriebcnen (fibe$ bie
(ftgcnfdwft eine* ©eamten erlangen; unb bei ben ©emeinbe^elbbütem, loeldjcn
nur bei ber 8eobad)tung ber für ifjre 2InfteHung in ben §§. 50 bte 52 bcr ftelb*
^olijci'Orbnung angeorbneten $örmlid)tcitcn bie Seamtenqualität aufteilt,
ftörmlidjfciten, ju benen bic 9tblciftung eines SMenfteibeS gehört." 3n bcr 9tote 8.
wirb auf bie (Sntfdjcibung oom 28. ©cot. 1865 91 b. 0. 53b. 6. ©. 46 öcjug
genommen, jebod) glctd)jcittg ba§ ab ioeid)enbe ©rfcnntniB oom 9. 3ult 1860
m. 10. 6. 498 citirt. »)
Gnblid) merft 0. föönne in bem ©taatSredjt für bie preufjifdje 3Jionara)ic
8b. 2. b. ©. 102 an:
bcfdjräntt, für melden fie oeretbigt ftnb. UebrigenS gehören ju ben
Beamten bcr gertd)tlta;cn ^ßolijci audj bie Söalb* unb ftclbbüter bcr
©emeinben unb ^rioaten, oorauSgcfc&t , bafj biefe oon ber oor
gefegten Regierung mit SBeftaHung ocrfefjcn finb."
Die «Rote 3. bafclbft aber enthält folgenbe (Sinfajränfung:
„$ic in bem fcoljbiebjtalj&gefefce jur Ermittelung bcr ^oljbicb^
ftäble oereibeten ^orfifa^u^bcamten ftnb nidjt mit ben Söalb* unb
ftelbbütcrn 3U oenocdtfeln. ^xc Slnftcllung geljt nad) §. 32. fclbft«
ftänbig oon ben ©emeinben unb ^rioaten au£, unb bcr ©ejirfs*
regicrung ftcfjt nur bic Genehmigung il)rcr ^creibigung ju. 2>ic
foidjcrgcftalt oereibeten $orftfdm$bcamtcn fittb jebod) feine üBcamten
bcr gend)tlid)en ^oltjei, fonbern Icbiglia^ 3^gen oon befonberer
©laubioürbigfcit."
^arbcnreiä;ct ift baS 53tlb bcr bejüglid) bcr beregten ftragc bis in bic
neuere ^cit immer unb immer roieber ergangenen l)öd)ftrid)tcrltd)en Gntfa^eibungen.
3n bem Grfcnntnife oom 29. ©cpt. 1859, 2lrd)iö «b. 6. 6. 841, tourbe
bcr ©a^ au£gefprod)en,
bafe ber ^crrfdjaftlta^c gclbpter bem oon ber ßJcmcinbc angcftclltcn
glcidj 3U erachten, ba| legerer unjroeifetyaft naa) §. 67. Z\). U.
22) 33etglci4c ©ahn, 35. @t (5*. 33. §. 359., Oppcnt)off, Sfommcntat ebenda; 3ünmcrle,
beutfefcc ^trafreettö fxarii §. 350. Wx. 47. 2)cr in ^riöatticnflen 5. 33. eines ©tantcSfjcrm
ftcl>cnti« ^orftwart ift alö 3?camter anjufeben, »renn er jufllcicfi für Den ^oii'tfAuy *on @eitcn
teö Staates »cr^flidjtct wutfce. «aoeT. Äaff. ®rt. öom 27.' «prit 1877.
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3fa$ fcet $rapä iux $rayi& 341
Sit. 7. unb §. 69. Sty IL Sit. 10. 31. 2. 9t. 311 ben mittelbaren
Staatsbeamten gehörig, unb deshalb audj erftcrer 3U ben öffentlichen
Beamten ju jählen fei;
in bem Urteile 00m 20. Sept. 1661, 9t. b. D. Bb. 1. 6. 540,
bafc ein gehörig r-ereibeter ^rioatförfter bie 9tea)te eine« öffentlichen
Beamten im Sinne beS §. 102. St. ®. B. habe, ba junt SBefen eines
jeben Staats* ober öffentlichen 2)ienftcS bie 2lufrccbtcrbaltung bet
Sicherheit unb örbnung im Staate gehöre, bajj eine Uebertragung
foldjcr gunftionen auch burch generelle öefege ohne SBtbcrfprudj
mit §. 69. %\). II. SCit. 10. 21. 2. 9t. gefchehen fönnc, unb bafj ba«
^oljbiebftahlägcfetj burch bie Bezeichnung ber betreffenben ^erfonen
als Beamte eine folche Sttöpofition getroffen habe.
3n bem Subifate 00m 28. gebr. 1865, 2lra)io Bb. 13. S. 869, mürbe $ur
2lmtSeigenfchaft beS gelbhüterS beffen Bereibtgung nach SKafegabc ber Borfdnüftcn
ber $clb^oli3eiorbnung erforbert, unb in gleicher Jüeije in bem (Srf. 0.
28. Sept. 1865, 9t. b. 0. Bb. 6. S. 347, anerfannt, bafe bie Beamtenqualität eines
©emeinbe*gelbbüterS burch bie Beobachtung ber für feine Slnftelluna, in ben
§§. 50. bis 52. ber gelb*^. 0. norgefchriebenen görmlichfeiten bebingt fei.
$ie beiben ©ntfeheibungen oom 27. gebr. 1867 unb 16. ^an. 1868, 9t. b.
D. Bb. 8. S. 140 unb Bb. 9. S. 17, ftimmen bar in überein, baff ber non einem
^rioatroalbbcfifcer befteUte, nach ben Borfchriften beS £oljbiebftahlSgefe&eS ner*
etbete görfter Beamter fei, unb glcichlautenb fteUte baS llrtheil 00m 23. ^uni 1869,
9t. b. D. Bb. 10. S. 445, ba« $räjubi$ auf, bafe ber oon einem ^rioaten ange»
fteUte ftörfter nur bann als Beamter anjufehen, menn er nach ÜJtafegabc bcS
<p. 3). ©. »ereibet fei.
3n Stbroeidmng hieroon mirb in bem Urteile u. 9. 3uli 1869, SR. b. O.
Bb. 10. S. 498, unb gleichlautenb in bem (srf. 0. 27. Januar 1875, ebenba
Bb. 16. (0. 87, ber 9ted)tSfafc 31« (Geltung gebracht, bajj ber oon einer ©ememöe
befteUte gelbhüter felbft bann Beamter ift, menn bei ihm bie BorauSfe&ungen
beS §. 51. ber $elb*$. D. nicht jutreffen, ba bie ftunfttonen beS gelbhüterS poliäei*
lieber Statur, unb hieraus in ©cmäfeheit bet §§. 68. II. Zit 7., 69. £1). IL
Sit. 10. 21. & 9t. ftd) ergebe, bafc fic burch bie oon ber ©emeinbc als ber bc*
treffen ben ^olijeibehörbe erfolgte 2lnfteUung bie Dualität eines Beamten
erlangt haben, bie Bereibigung bagegen nur bie erhöhte ©laubroürbtgfeit bebinge.
3n eingebenberer Begründung rechtfertigte aueberum bie (sntfdt). uom
15. 3uni 1871, 3. 9)t. Bl. oon 1871 S. 178, bie 9tedt)tSauffaffung, bajj ben gorft«
fdm&beamten, welche oon $riüat*58albeigenthümern unter ben im £. ®. ©. t>or*
geichriebenen Bcbingungen an^eftellt ftnb, ber (Sharafer im Sienfte bcS Staates
ftehenber öffentlicher Beamter tn fo roeit beijulegen fei, als es na) um ben ihnen
anoertrauten gorftfdjufc hanbele. GS ftehen ihnen, fo lautete bie weitere 2lus*
führung, in btefer Beziehung nicht nur bie sunt Sdntfee beS 2lmteS gegebenen
Borfchriften 3ur Seite, fonbern ihre SlmtShanblungen unterliegen auch ben in
Betreff ber 2lmtSoerbrechen unb 2lmtSoergehen gegebenen gcfcfclichen Beftimmungcn.
(Snbltch liegt ben Grfcmttntffen bcffelbcn Gerichtshofes oom 21. 9Jtai 1873
unb 9. gebr. 1876, 9t. b. 0. Bb. 14. S. 3VK), Bb. 17. S. 104, übereinftimmenb bie
2lnfict)t $u ©runbe, baf? ein naa) ben Borfchriften bcS §. 5). ©. oeretbeter ^rtoat*
förfter unb ein in gleicher SBeife angeftellter ^rioatauffeher als ein jur Bollftrccfung
oon ©efe^en unb 2lnorbnungen ber BcrmaltungSbchörbe berufener Beamter
anäufehen ift.
2)cS bem ©runbfafce ber Urtt)etle 00m 9. 3uli I8t>9 unb 27. ^att. 1875
entfprechenben erfenntniffcS oom 29. 9too. 1876, Slrch. Bb. 24. S. 609, ift oben
bereits Ermahnung geliehen.
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342 auS fc€r ^ ra ^ § ?> m
3)ie ^öd^fiti<^tcrlt^cn (Sntf Reibungen ftimmen bartn überetn, bafj ber
oereibete ftörftcr unb $elbhüter ber ©emeinben unb ^rioaten bic Qualität eine«
^Beamten, ja bic eines ©refuttobeamten befifct, unb bafj, roie in mehrfacher
5fiiiebcrfcl)t auSbrücf lieft betont roorben, biefer ittuffaifung inäbefonbere ber §. 09.
ZI). II. Stit. 10. 31. 2. ft. nieftt cntgcgenftefjt.
Sie roeieften, abgeben oon ber SJerfdjiebcnartigfeit ber einzelnen Sc*
grünbungSroeifc, barin oon cinanber ab, bafj bezüglich DeS oon ber ©emeinbc
bcsiehungSroeife, inhaltlia) be$ Icjjt citirten llrtheiLS, bc§ oon bem Inhaber eine«
felbftftänbigen ©utSbejirfeg ancjeftcUtcn gelbfyüterS bic Siothrocnbigfeit ber Seob*
achtung ber beregten SBorfcftrirten ber %. $. 0., nämlicft ber ^creibigung, in
einsehen @rfenmnif)en oerneint, in anbeten bejaht wirb.
©ie Frage, ob unb in welcher Söeifc etroa anberrocit eine Seftätigung
ber SlngcftcUtcn burd; bic 2luffid^töbc^örbe jtattgelmbt ^at, ift jur Erörterung
nidjt gebogen roorben.
S)ie wieberholtcn, trittfeften 2lu$ftcÜungen mehr ober roeniger oerfallencr
Definitionen be3 Begriffs 2lrat unb Beamter möchten flar legen, bafj eine er*
fcftöpfenbe ©cgrtffSbeftimmung in ber %$at mit nicht unerheblichen Scftwierigfetten
oerfnüpft ift. £te Einführung ber StaatSoerfaffung, bic Einbürgerung ber
©elbftoerwaltung in ihren oerfdiiebenartigen Slbftufungcn, bie £eransiehuna, be§
StoienelementeS jur Ncdutpredjung u. f. ro. f)abcn Umformungen herbeigeführt,
beren umfangreiche Folgerungen in ben tftahmen ber lanbredjtlicften 33eftimmungen
unb ber biefclbcn alänbcrnben unb ergänjenben ©efefce bisweilen feftwer genug
hincinpaffen. S)ic immer unb immer roieber notlnoenbtg geworbenen h°$fa
richterlichen Entfdbeibungen betätigen bann ocrmeintlidh auch bie oben bereit«
angebeutete 9luffaffung, bafj bei ber girirung be8 ^Begriffs 2lmt nach Sage ber
©efefcgebung „oielfacfte Zweifel unoermeiblich finb", unb bafj erft bic „©efcfceS*
fabrifation" ber 9tcu$eit geeignet fein Dürfte, eine ben praftifchen SBebürfniffen
gleichseitig Rechnung tragenbe, ungejroungene £öfung ber hier fraglichen Öebenfen
3U fchaffen. 23 )
3JM bem 1. Oft. o. 3. unb bem 1. 3uti b. 3. ftnb bie bis baljin in ©eltung
befinblich geroefenen ^orfchriften burch bog gorft-2)iebftahl&'©. o. 15. 3lpril 1878
unb ba« Felb* unb ^orft^olisei^©. o. 1. Slpril 1850 aufjer Äraft gefegt. S)ie
öragc mufj bcmcntfprechenb, um baS ©ebiet ber $rari£ nia)t ju oerlaffen, näher
bahin jugefpifct roerben, an welche jßorauSfc&ungcn jur 3eit bie SlmtScigenfcftaft
ber oon ben (J&emeinbcn unb s 4>rioatcn angeheilten görfter unb gelbhütcr gefnüpft
ift? Skr beSfaUftgc Verlauf ber Unterfuchung roirb gleichseitig bic Folgerungen
begrünbet erfcheinen laffen,
1. bafj jroar auä) bie oon ben ©emeinben unb ^rioaten auSgchenbc 2In-
ftellung ber gelb- unb ftorfthüter (görfter) 2tmtöcigenfchaft ju übertragen
geeignet ift unb geeignet mar, bafj jebod) biefe Uebcrtragung oon ber
üöcftätigung ber Slnftcüung burch bic 9luffidjt3behötbc abhängig, unb
2. bafj nach Sage ber ©efe^gebung bic Sßereibigung ber mit bem Ftoftfdnifc
betrauten ^Jerfonen nach 3)iafegabe bc$ Forft*S)icbftahtögcfc|e« für bic
Slmtöaualität bcbcutunaöloS ift
23) 3Rctt>cö, im ^antbu* St. 3. S. 935 unb bic bortiflen Gitatc; ö. Stönnc, Staat3rc*t
für bic ^rcugifctic a)ionar*ic, 3*b. Ia. ®. 2iK); Ptftcr, Xljcöric unb ^raxi§, ©b. 2. @. 31)7;
&. aJJcpcr, a. a. O., ö. ^adjariae. 2>cutfd)c6 etaat«- unb «unbcörcdjt III. ftufl.e. 8, lGfj.;
^oc^ile, (Ärunbfd^c be« Gemeinen 2)«utf*cn @taat3rcd)t§ ©. f>22, 777; üabanb, @taat«rcd)t
beß 2>eutf#cn «ieicb«SBb. 1. @. 389, 401; «oemufl, öaftuufl be« ©taote« @. 53, 131 ff. :c.
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«u§ ber *pra?t« aur $roriS. 343
4.
•
$n ben tyier einfchlagenben gäücn fjanbclt c« fid> um bic Slnmenbung
be« $cutfä)en Strafgefefcbuch«. Äaum 3tDeifclf>aft fann c« bafjer fein, bafi für
bic Beantwortung ber ftrage nach ber ämtöcigenfehaft im Stnne be« Seutfchen
Strafgefefee« befjcn 3>orfd^riftcn in ctftet Sinie maßgebenb finb unb [ein muffen.
21nbcrerfeit« beftätigt Söortlaut unb 3nljalt be« §. 355). <D. 6t. ©. s& bic
anfeheinenb in X^coric unb $rari« gleich ^errfd^enbc 2luffaffung, bafc bic beregte
3Sorfd)rift eine erfct)öpfcnbe Bcgriff«beftimmung nid)t enthält, bafj naa) ber
2lu«brucfömeife ©chwarje'« „bic ftrage be« SHenfte«" unb „ber Slnflcllung rote
überhaupt ber begriff bc« Beamten in ber £auptfache nur oom Stanbpunftc
bc« ^artifularrcchtc« 311 beantworten ift."
3n bem gleiten Sinne t)Qt ft$ aud) ber oormalige hödjfte ©erid&fcSljof
Sßrcufeen« wicberholt au«gefprochen. 3n ocn t ©tfeimtnijj oom 9. 9ioo. 1870,
SKrdfno 33b. 24. S. 555, ift ausgeführt, öafe nach bem bejogenen §. 359. unter
Beamten — Srägern eine« öffentlichen Amtes — im Sinne be« 6t. ©. B. alle im
$ienfte bc« Meia)« ober im unmittelbaren ober mittelbaren SDicnfte be« Bunbe«*
ftaate« angefteUten s ßerfoncn ju oerftchcn finb, bic berufen, al« Drgane ber
Staatsgewalt jur görberung ber gweefe bc« Staate« tt)ätig ju fein, bajj bagegen
bic 2anbe«gefefcc beftimmen, welche ^Jerfoncn in bem einzelnen Sunbe«ftaate ju
ben unmittelbaren ober mittelbaren Staatebeamten ju rennen, unb bafe nach
§. 09. II. Sit. lu. 21. & 9t. bie Beamten ber bem Staate untergeorbneten, b. h-
organifch in beffen Bcrfaffung eingreifenben unb unter 2luffid}t fte^enben Kollegien
mittelbare Staatsbeamte finb. 24 )
^mmcr^in aber treten bie ftaat«red>ilichcn formen ber (sittjclnfiaaten ben
im §. 359. 3). St. ©. 8. fifirten ©rforberniffen gegenüber nur fubfibiär in
9iücfftd)t; bic ÜDierfmale, ioeld)c ba« ;Reid)«ftrafgefe£ jclbft jur begrifflichen
^ormulirung bietet, finb erper £>anb 21u«fchlag gebenb unb cntfdjeibcnb. 211«
rocchfclmirfenbc, fid^ gegenfeitig crgänjenbe unb bebingenbc ©rforbemiffc ftcllcn
fia) „bie Slnftcllung" unb „bic amtliche gunftion", ein „unmittelbarere« ober
mittelbarere« SMenjtoerhältnift bc« iReich«* ober eine« )Öunbe«ftaatc«" bar; Irr-
forberoiffe, bic oermeintlia) ben anerfannten ^Wertzeichen be« 2lmtc« überhaupt
cntfprea)en, „ber befonberen Verpflichtung in $orm öffentlicher 2lnftellung, unb
materiell ber BorauSfe&ung, baß c« wirfltd) ein Staat«bienft ift." (.ßachariac.)
6« fönntc bie Sinnahme fia) nahe legen, ba§ im 2lnfd)lufj an biefe reich«*
gefefclichen Bebingntffe bic Söfung ber mct)rbereaten ftrage bireft in ben befug*
liehen ®efe6c«oorfchriftcn be« Bunbc«ftaatc« 3U Jüchen unb ju finben fei. £afc
bic in ber ^elb^olijei^O. o. 1. 9too. 1847, fowic bem £ol3bicbftahl«gcfc§e oom
2. Qunt 1852 enthaltenen Spejialbeftimmungcn ftrcitlol'en Slnhalt 3ur Beant-
wortung ber jyrage nicht bieten, bürftc bic 33egrünbung«wcife ber zahlreichen
höchftrichterlichcn föntfehetbungen beftättgen, unb bie Erörterung bc« gorftbieb*
ftahLSacfcjje« oom 15. 2lprtl 1878 wirb bic 2luffaffung rechtfertigen, ba§ beffen
^orfchriften bic etwaige 2lmt«cigenfchaft ber mit bem tforftfdmfc betrauten ^cr-
fönen auch nicht einmal ju regeln befhmmt ftnb.
S)ic einfchlagenbcn, auch ben angebogenen ©ntfeheibungen mehrfach in
SBcjug genommenen aagemeinen ftaat«rwhtlichcn Vorfchriftcn bc« 2lHgemeincn
^anbrecht« lauten bahin:
24) Skrgt <SrL »ora 3. Suli 1873, «rd)it> 93b. 21. ©. 192, „im §. 359. tfl nur bic »camten.
qualitat im Stagcmcinen im 6inne bcS @t fcftgcftellt, unb feine s Jiorm für bie Äeftpcflung
gegeben, ob eine bcjnmmte ^erfon bic gcfctjtid)en aJorau^feöungcn für bie »uöübung ber
^untrionen einer fpejküen Äategoric »on »eamten erlangt t>at"; Wimmerte, a. a. 0., <£. r>70,
„für bic ^eurtbcilung ber »Irrage, ob eine «nftetlnng als Beamter »orljanben ift, ba ba«
ÖL ©. ^. eine eigentlut;e «egriffsbcjhmmung nid)t gegeben l)at ( bie iöcflimmungen ber üanbeö»
gcfcjjgebung toon »or3üaliö)cr ajebeutung." t&xl b. SBürt. Äaffahon«t)ofc8 ö. r>. 3uni 1878:
Äircbmann, @t. «. ©. 211; aKener, a. a. O. @. 377, 667, 695.
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§. 68. $h- U. arit. 10. Sltlc Beamten beS Staate«, reelle »um
3)iUitairftanbc nicht gehören, finb unter ber Benennung oon Gioil*
bebienten beartffen.
§. 69. dergleichen Beamte flehen entracber in unmittelbaren
2)icnften beS Staates ober geroiffer bcmfelben untergeorbneter
Kollegien, Korporationen unb ©emeinen.
& 71. Sitem bie Vefefcung ber oerfchiebenen 3lrten oon (Sinti*
bebienungen äufomme? wer gu bergleid>cn Vebienungen gelangen
fönneV unb toaS für Vorbereitungen unb Prüfungen ba$u »orber*
gehen muffen, ift nad) ber Verfchiebcnhett ber Rächer unb Stufen
foldjer Vebicnungcn burd) fpejiclle ©eiefec unb ^nftiuftioncn bestimmt,
©ine genauere (Srroägung ber Vorfdjriften möchte flar legen, bajj bie*
fclben in Vejiehung auf bie tjicr fraglichen gällc, in benen cS fid) um bie Stn*
ftettung ber betreffenben ^erjonen burch bie ©emetnbe, ja burd) s ^rioat=(rigen*
thümer tmnbelt, ber Erläuterung unb ©rgänjung felbft bebürftig finb, bofe fic
inSbefonbere eine Erörterung nicht erübrigen, ob biefe 2lrt unb Söeife ber 9ln»
ftellung unb ber barauf geftü&ten bienftlicöen <yunftionirung mit ben begriff lid;en
VorauSfefeungen ber SlmtSübcrtragung unb amtlicher Sljätigfeit nicht im äüiber*
fprua) fie^t?
a.
3)ie oorfiehenb bereits beroorgefyobenen reid)Sgefc{jtlidjcn 9tequiftte ber
ämtSeigenfchaft onlangenb, fo 90t „bie 2lnftellung" gleichseitig bie s JMitroirfung
ber ftoatlid)en Autorität jur bebingenben VorauSfefeung. SDtc wcnigftenS
herrfebenbe unb oermciutlich sntreffcnbe 2lnfuf)t bejeic^net bas SlmtSoerhältnif? als
ein öffentlich rechtliches, nach publijiftifc^en ©runbfäfeen 3U bcurtheilenbeS. ÜJenn
in Stbiocidjung Neroon ber §. 151. £()• II. Xit. 6. Des & £. 9t. bie 9ied)te unb
Pflichten ber Beamten ber ©emeinbe unb Korporationen nach iljren VcftaUungcn
unb SlmtSinftruftionen, übrigens aber nach ber Seljre uon ben VoUmnd)tSaufträgcn
beurteilt roiffen null, fo ift biefe, ber beseitigen 9teä)tSauffaf|uug ertuachfenc,
pofitioc Vorfchrift fclbftocrftänblict) majjgebenb, unb bezüglich beS Verhältnifjes
ber Kommunal * Vcamten bie Folgerung gerechtfertigt, bajj „roenigfienS eine
analoge Veurtheilung nad; ben allgemeinen VertragSgrunbfä'fccn gemattet ift". * 5 )
^ebenfalls erfdjeint gcrabc btefe Vorfchrift geeignet, bie 3luffaffung nidu un>
tuefentlid) ju unterftüfecn, bajj in ber Xtyh neben ber einfeitigen Berufung feitcnS
ber Staatsgewalt ber Vertrag als VcgrünbungSaft beS amtlichen VerbältniffeS
als gleichberechtigt fid; bnrfteHt, bafe inSbefonberc bie oertragSmäöige Konfiituirung
beS in ber Ucbertragung unb ltebernahmc oon fechten unb pflichten jur 33er*
rairflid)ung ftaatlid)cr 3roccfe beftehenben Verl)ältniffeS ber begrifflichen Vebeutuug
beS SlmtcS nicht entgegenfteht. 2ßic ber ethifdje Inhalt beS ehelichen VerhältntffeS
ber (Singrcn^ung in bem 9taf)men rotUftirlicher »erträglicher Vereinbarung fich
entsteht, fo befchränft fich in ber hier fraglichen Vcjiefmng bie SßiHenSbiSpofttion
ber Kontrahenten auf ben VcgrünbungSaFt beS amtlidjen VerbältniffeS, auf bie
freier 2ßiUenSübcreinftimmung entftammenbe Uebernahme oon Obliegenheiten unb
Vefugniffen, bereu StuSübung unb Ausführung ben ©runbfäfcen beS öffentlichen
Rechts folgt.
,3fmmerhin aber d^aenfteriftrt fid) bie 3tmtSübcrtragung, mag fie auf ©runb
eines Vertrages ober Kraft einfeitiger Ventfung erfolgen, * ü ) als ÄuSflufj ftaat*
25) (Srtennrnific fccS ObertribunatS 00m 21. Ott 1872; ©trietfiorfl, «td)it) «b. a r >. 0. 36«,
Cbcnba »t. 58. & 239, »t>. 75. 280.
2C) Üoeniiig, a. a. O. @. 53, 131; 3immerlc, a. a. O. §. Äji». 9iote 8. „Cfiue Unter-
fdjeibung, ob t>ie «nftcaunfl auf einer fönnlicben ©eftaUung ooer auf einem tkrtragöwrltältniö
beruht, $ für Die 3xage nacb ber «camteneigenfebaft niAt ju machen. "
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SluS ber <ßrari§ jur tyrnris
345
lieber Slemtcrlwljeit. Dirne mit fid) in 2i>iberfprud) ju geraden, fann ber 6taat
in oerfaffungämäfeiger gorm bic SluSübung öffentlich redjtlidjcr Functionen, ins*
befonbere bic Vefugnifc zur 2lnfteuung oon Beamten aur Korporationen, ja
^rioate als „fubjicirte Xräger" eine« X^cil5 ber Staatsgewalt übermitteln.
£)ie in biefer äitetfe zur Vermirftichung ftaatlicher ßroeefe berufenen s Jterfonen
reiben fic^ oon felbfl ein in ben ftaatlidjen Organismus, inbem ber ötaat fia)
entweber eine 3Kitwirfung bei ber Slnftellung in ©cftalt einer Prüfung,
Genehmigung unb Veftätigung oorbehält, ober boch ben Slngejiettten gegenüber
baS ftaatliche SluffidjtSrecht zur ©cltung bringt. 21 ) Vebingenbe Vorausfefcung
bleibt jebod) immer eine unmittelbare ober mittelbare SDiitwirfung bes 6taateS,
eine burd) bie ftaatliche Autorität ftattgehabte SlnfieEuncj. ,Mdn aus ber Vor*
nähme polizeilicher Functionen, jo lautet bie jutretfenbe Vegrünbung beS
(SrCenntniffeS oom 4. SDej. 1873, 2lrd>io ©b. 22. 8. 131, folgt bie Beamten*
Qualität, fonbern umgefchrt fefct bie Vefugnijj ju biefen Functionen baS Vor*
ijanbenfem ber Veamtenqualttät oorauS", — baS Fehlen ber lederen macht bie
2lmt£auSübung zu einer unbefugten unb unterteilt jte ber ©trafanbrohung beS
§. 132. 6t. ©. 58.
3)er ainftettung mufe fid) aber baS weitere SDlerfmal beS §. 359. 1. c.
ergänjenb anfchliefccn; e$ roirb eine 2lnftellung im mittelbaren ober unmittelbaren
2>ienfte beS s Jteict)eS ober eine« VunbeSftaateS, eine Berufung zur Vornahme
amtlicher Functionen, eine Uebertragung ber Verwaltung unb Ausübung eine«
SlmteS erforbert.
®afj bie ftunftionirung ber gelbmeffer an fidt) feine amtliche ift , ergiebt
bereit« ber §. 36. ber ©cwerbe-Drbnung, ber bie 2lrbeitSlcifrung auSbrücfltch
als „©ewerbe" Cennjeidtjnet. Deffenungeachtet Imnbelt biefelbe Vorfchrift oon
einer „öffentlidt)en ainftellung" 28 ) unb „söeeibigung" biefer ^erfonen, unb ber
2tbf. 2. bafelbji beföränft bie Vefugnifc beS VunbeSftaateS jur 2luSftattung ber*
artiger ©ewerbetreibenben mit einer befonberen ©laubwürbtgfcit auf bie oon ben
„oerfaffungSmä&ig ba^u befugten Staats* ober Äommunalbehörbcn ober Äorpo*
rationen angebellten ^erfonen". 2)ementfprechenb fajreibt baS ^reufeitche
Reglement oom 2. ÜJiärj 1871, @ef. 6. 6. 101, bie Vereibigung unb öffentliche
2ln|tellung ber Felbmeffer oor, ber §. 2. bafelbfi macht biefe SlnfteUuna, oon einer
oorgängigen Prüfung ber Unbefcholtenhett unb 3ut>erläffigCeit abhängig, unb ber
§. 3. unterwirft bie ^Ungeteilten ber Disziplin ber Regierung, währenb bie
äurücfaielmng ihrer Veftallung einfach nach s J)tojjgabe ber bie Mcfnaljme ber
Approbation regelnben Vorfchriften ber §§. 53. 54. ber ©emerbeorbnung erfolgt. 251 )
©ine Umformung ihres VerhältniffeS ju einem amtlichen tritt erft ein,
wenn fte zu einer ftaatSjwecf liefen %t)äti$Uit berufen, bei „ben SluSeinanber*
fetjungsbeijörben ober ber Veranlagung unb Verwaltung ber ©runbjteuer an*
beS angezogenen Reglements it)r DtSäiplinaroerhältnijj, unb „ihre befinttioe
Entfernung aus bem StaatSbienfte erfolgt im Disziplinarwege".
SDaS bie SlmtSanfteUung oon ber ocrtraglia^en 2)ienftmietl>e fc^etbenbe
Äennjeic^en beftel)t barin, bafj im erfteren galle bie Berufung gu einem Äompler
ft aa t w ccflidjcL' linuigfcit . ,ui einem abgegrenzten Umfanae bienftlia^er Ver»
ric^tung erfolgt, ju beren SluSübung unb 2luSfiil)rung bie StnfMung berechtigt
unb oerpflic^tet. 3)iit Stecht bezeichnet man bie SlnfteUung als bie ©infefcung in
27) tfrt m Obertribunatäöom 29. Januar 1879, «rd)ib »b. 27. ©. 219. „2>ie »cpätigung,
m\d}t bie für fcit »eamteneigtujdjaft crfortcrliO>e ftaattidje (xrtnäc&tigung entbfilt, »ertritt bei ben
mittelbaren bie bei ben unmittelbaren ©taatöbienem eintretenbe SBerufüng."
28) »ergt über ben »egrift ber «nftcüung im @inne ter §§. 31«., 319., m. 3). 6t. 0». 9?.
OkricbtSfaal Sb. 27. @. 407 ff.
29) »ergl. O^enboft, Äommentar §. 3f)9.; ^artmann, etrafgefefte §. 36. ber Uktoerbc-
ürbnung.
*r$tp 1880. 5. ^<ft. 23
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346 Äu * bcr 3 ur $rari«.
eine 9lmtSfielIe, als bie Berufung $u einem 2mte, welches baS begrenze ©ebiet
ftyirter bienftltdjer Sfjätigfeit umfafjt, roährenb bie gelegentliche Beauftragung
mit eimeinen Berrtcbtungen, bie ber fidt> je barbietenben Gelegenheit erroad»"ene
uertraglicbc Uebernahme einer ®efc&äft«bef orgung, bie BefteUung — nicht 2ln*
ftellung — als Dbferoator, Sequester, Transporteur ic, ber BertragSnatur ber
SDtenftmicttie unterfällt. 30 )
(snblicb bebarf eS in Befdjränfung auf obige <yrage noch ber aöeroorbebung,
bafj „baS Slmt foroobl bie SluSübung öffentlicher ^toditbefugniffe beS Staates
als bie pljrung priüatred}tlicber öicfcbäfte bcS Staate« mm Inhalt" ^aben
(£oentng), unb bafj baS übertragene Simt ein Nebenamt bilben, bie 2lmtSetgen*
fa)aft ftcb auf eine ganj beftimmte unb begrenzte amtliehe gunftionirung neben
einer anbenoeiten Bcfcbäftigung unb BenifSthätigfeit befebränfen fann. 9mr in
33caiel)ung auf otefc bienftlicbc Berrichtung tritt bann mcljr bie 8lmtSqualität in
bie ©rfdjeinung.
Dtad; §.32. ber <ßoft*Orb. 2I6fcbn. IV. ift bie Sinnahme ber Boftillone
Sadje ber ^oft^alter. inhaltlich beS §. 34. bafclbft ftet)t ber Sßojtilion 5«m
^oftbalter im Berbältnife eines ^rioatbienerS mr fcienftherrfebaft. „Bon bem
Slugcnblufe bagegen, mo ber ^oftillon eine ^oftbienjtleiftung angetreten fjat, ftebt
er unter ber Strafgeroalt ber ^oftanfialten unb beren Beamten. (£r geniefet
roährenb ber Sicnftleiftung in Bejug auf ben $)ienft bie Borred)te ber Staats*
beamten, rotrb anberroeit aber aud), roenn er fidj im ^ofibtenfie Bergeben
erlaubt, nach ben Borfdjriften für Beamte beftraft."
©ans ainUici) ift bie Stellung ber $rtoat*(£i)enbahn*Beamten. 2luSroeiSlid)
beS @ifenbabn.»9xeglements roofmt ihnen eine amtliche ©igenfebaft nur bejüglid)
ber SDienftoerrichtungen inne, welche bie §anbhabung ber Bahnpolizei mm
©egenfianbe tjaben, roäbrenb fie !)inftdt)tltd^ il)rer anberroetten S)ienftleiftungen
als Schaffner 2C. nur als ^rioatyerfonen in Betraft fommen. 31 ) #n grunb*
faßlicher Uebereinftimmung hiermit ift tum bem Dbcr»BerroaltongSgericbt ber
Saft ausgebrochen, bafe bie ©ifenbahnbeamten eine amtliche Stellung nur in
foroeit einnehmen, als fie bie gunftton ber ^ßoli^ei ausüben, unb baf fie nach
bem ©efammtdjarafter ibrer bienftlia)en Stellung unb SC^ätttjCctt als Slngeftellte
unb nia;t als Beamte gu qualifqtren finb; 32 ) unb in ber mtnifterieHen ©irfular*
Berfüg. oom 10. ^uni 1873 ift barauf bingeroiefen, bafj bie Berroaltung ber
2lmtSbtenerfteHcn fia) ber Siegel nad) als ein ^Nebenamt ermöglichen raerbe. 33 )
30) 3°tyflr «• <>• @- 780. „$)er ©ouöcrain bat bie Befugnis, aud) <Pcrfonen , tt>ct*c
nidit ©taatsbiener ftnb, Aufträge jur Ausführung cinjetner öefcbäfte im öffentlichen ^ntereff«
crtt)cilcu, jetod) imrt *>orau«gefe^t, bafe fie niööt wrfafiungSmäBig butd) ©eamte au63iifül)ren
fmt. <£o »enig ein fotcfceö öcjdjäft ein %mt im 9ic*t«fbine ift, ebenfotoenig »irb ber hiermit
Beauftragte burd) einen fotdjen Auftrag ein SBeamtcr ober ©taatöbiener." (Sri. be8 Obertriounaia
t>om 11. Dtt. 1877, «rd«ü ©b. 25. €. 572. „2)afj biefetbe — bie Uebcrtragung ber ftirnttion —
burd> bie jujtänbige Serginfpettion erfolgte, ift nieftt entfdicibenb , »eil bie Übertragung nidjt
erfidjtlid) in Ausübung bcr biefer Beb^rbe ^uftebenben Smtdgeroalt, fonbern lebiglid) auf &runb
eines mit bem Slngettagten emd)teten SBcrtrageS erfolgt ift, unb teiueäroegä ade oertragSmäBigen
üeiftungen, ju benen fid)3emanb einer SBebörbc gegemiber t>etbflid)tet, amtlidje fuxb, eö fiel) t>iel-
mebr nur aus bem ^nlfalte bc8 SJertrageS ergeben tann, ob es pd) um bie ©egrünbung cincS
anberen al* eine* blofe bribatrecbtlicben «erbaltniffe«, bicr alfo um mebr al« eme ®ieintmiett)e
geoanbcU bat." Bergt, femerbin bie Begrilnbung beS bie Amtseigcnfcbaft beS £ranS{>ortcurä
unb ber ^otterie^^inuebmer oenieiuenben Urtbeile bejfelben (ScricbtdliofeS oom 7. SD2ai 1875,
Slrd)» ®b. 23. ©. 551, unb bom 7. Ott. beffelben Satjre« »25. 553.
31) tfrt. b. Ob. Xrib. o. 4. ®ej. 1873, »rdjiö »b. 22. ©. 132. Bergt. rüdft*tlid) ber
SlnftcUung im Sienfte ber Äöniglicbcu Balmocnraltung, bqiebungöaeife ber unter ®taat«t>cr*
»altung ftet)enben Bahnen bie Urtbeile beffelben töcricbtstjofeS ». 3. yioo. 1875 unb ia 2>ej. 1873
Bb. 23. ©. 551, Bb. 21. ©. 527; mgleicben binficbtlid) ber yiotbrecnbiglcit it>rer Bcreibigung
jum ^rcede ber gunttionirung als Cxrctutiu-Beamte bie (Sittfctf. ö. 5. j$ebr. 1873 Bb. 21. 6. 19a.
32) (intfeb.. ». 6. 3uni 1877, ^ebtuS unb ». aKeötrn. «ntf*. b. Ob. Ben». ®. Bb. 2. @. 175.
33) b. Braucbitfd), bie OrganifationSgefctje ber inneren Berwattung. Bb. 2. 6. 53.
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«u« ber $ra*i« aur $rartf. 347
b.
Richen roir im Slnfdblufj an ba3 gewonnene SReiultat bie lanbeSgefe&'
Hajen &orfd)riften in Setradjit, fo fällt junäd^fi bet jur löegriffabilbuna, roefentliche
§. 1. XI). II. Sit. 10. S.&8L batnn in'« ©eroicht, bafj bie SBeftünraung ber ajlilitär*
unb Gioil SJebicnten »orjügltch barin befteht, bic Sicherheit, bic gute Drbnung
unb ben 3Bol)lflanb bes Staates unterhalten unb förbern ju ^dfen. Sfcarin
liegt suüörberft eine 23eftätigung beS obigen SafeeS begrünbet, bafj aud; in
Sßreufeen bie auf bie ftörberung beö aiioljlftanbe« abjroecfenbe 2Bahrung Der-
mögenSrechtlicber ^ntereffen ba« 2lmt aum ©egenftanbe (jaben fann. SBeber bem
begriff be3 2tmteS, noa) ber pofitioen (^cfe^esSoorf^rift roiberftreitet e3 baher,
wenn beifpieläroeife ben ^orfibeamten neben ihrer anberroeiten $unfttontrung
oielieicht fogar uorroicgenb unb hauptfächlich bie Rührung urioatred)ttid;er @e*
fchäfte in ©eftalt ber ^crroerilrnng beS &olae£ 2c. obliegt.
2lllerbinga barf Ijier, reo e$ fid) um bie Siratscigenfchaft ber »on ber
©emeinbe ober förioaten angefteHten görftcr unb gelbl^üter hanbelt, nicht aufjer
2ld)t bleiben, bajjj bie Uebertragung ber 2lu3übung ber Staatsgewalt fettenS beS
Staates an bie ihm untergeorbneten $Hea)tSträger fiü) auf einen begrenzten
Umfang beföränft, nur bie Jßerroirflia)ung einzelner Staatsaroecfe umfaßt, unb
baf? eine äßahmehmung ftaatliajer ttedne über btefe ©renae hinaus auSgefchloffen
ift. 34 ) §ier genügt es, ju fonftatiren, bafj eine üofitioe lanbeägefejjliche söeftim*
mung, welche bie gleichaeittge görberung unb äüaf)mel)mung prioatrea)tlia)er
Sntcreffen neben einer amtlichen gunftionirung bur$ biefelbe $erfon für un-
ftatthaft unb mit ber SfottSeigenfehaft für unoercinbar erklärte, nia)t eriftirt.
©treittee ift tnbep motu bie Sinnahme, baß bie SMtigfeit bc*s ftelbhüterS
auch bic ©idjerung beS (Eigentums abaweeft, unb ebenfo folgerichtig bie Sluffaffung,
bafe bie ©ienfileiftung unb 2)ienftoeuia)tung ber ftörfier fieb wenigftens theü>
weife in ber görberung ber für ben Staat fo wefentlichen §orfl*Äultur, foroie
nicht minber in bem ödjufec ber SBalbprobutte erfüllt. 2)ie beiberfeitige gunftuv
nirung ift fomit erftchttid; öffentlid? rechtlicher Statur, unb jroar a)arafteriftrt fie
fidj fpejicU als bie oon 9lid)tbeamten nicht toalj^unetimettbe Ausübung ber bem
Staate auftehenben ^oliaeigematt. 2Rag an fia) ber SJeariff ber $oliaei im
weiteren ober engeren 6inne ber mtreffenoc fein; nach bem §. 10. Zf). II. %it. 17.
31. 2. % gehören jum Stmte ber ^ßolijei bie nött)igen Slnftalten aur (Spaltung ber
Sicherheit, Orbnung unb aur Slbroenbung ber bem ^ublüo ober einaelnen 3Kit*
gliebern beffelbcn bcoorfichenben ©efo^r, foroie ber erfte Angriff bei ben bie
(cidjcrl)oit ftörenben Vorfällen. T ;c räumliche Slu^behnung ber ^elbmarfen,
Salbungen unb gonun, beren Slbgelegenfein oon ben ©täbten unb Dörfern,
bie immer roieberfc^renben forffc» unb ]relbpoliaeilic$en Ucbertretungen unb bie
baburd) bebingte 9btbrocnbig!eit einer fpeaieHen Sicherung ber gefdtjrbeten ©igen*
Ummcobjcfte i)tU feit geraumer 3eit bie gefonberte 2Bat)ruelmumg bed auf ben
Sd^uß ber 5 or ft* unb §elbmar! abaroeefenben SicherheUäbicnfteS burch befonberiS
berufene ^erfonen ratsam unb gebräuchlich gemacht. S)a^ Strafgefefcbuch
felbft f)at e3 für erforberlidfc) erachtet, foaar bie 2Balöeigcnthümer, gorft* unb
^agbbercchtigtcn, fo roie bie oon biefen beficllten Sluffeher fchlcchthin unbeaa)tlich
ber etroaigen Slmtöeigenfchaft biefer 2luffcher ben §§. 117. ff. mit befonberem
Straf fdjug auSauftatten , unb ben Angriff gegen biefe ^Jerfonen innerhalb ber
©renaen ihrer ^ea)t«au)3übung bem Slbfchnitte über ben äüiberftanb gegen bie
Staatsgeroalt einzureihen.
34) „SMefe «igenfc^aft »ofoit m$t o^nc SßeitercS ben mit bet Sßaijrmtfl ber ^riöatte^te
bet Oemcmßen bettauten ©emeinbebeantten bei, bielmetyi ift in biefer Jöcjiebung son Sinflup,
ob bie Gemeinte auf ötunb bet ibt für i()tcn ©ejirt j«fteb,enben ©yccutitgewalt be« Staates bie
2lnfteUung für biefen »cjirt benrirtt twt. lieber benfelben frnauS t>at bic »emeinbe Weckte
ber Staatsgewalt nad) Äu^en b,in nic^t tt>abtauuebmcn." Urtbeil M W. ®. b. 27. 3an. 1880
9t. b. 9t. 33b. L ©. 279.
23*
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S)aS ßrforbcmtfj einer bera begriff beS 2lmteS entfprechenben $unftio*
nirung ift bamit gegeben, unb es fragt fieib nur, ob auch eine Slnftellung
burch ftaatlidje Autorität, eine red;tlid) bebeutfome Berufung su biefer gunftioni*
rung oorliegt?
SDie oorwiegenb mafjgebenben Paragraphen beS X. SitelS be^ SlUgemeinen
SanbrcchtS ftnb oben bereits citirt worben. 3)ic Streitfrage, ob in benfelben
eine „genaue, logifdje Definition" beS Begriffs 9lmt bcjtcbungSrocifc Beamter
enthalten ift, ift eine alte. Sic mürbe bereits in ber bericjjtlidjcn Stnfrage beS
DbcrlanbgerichtS SDiaricnroerber unter ber Ausführung oerneint, ba| in ben
Bcfttmmungen nur eine negatioe BcgriffSabgrenjung aufgeftellt fei, wärjrenb bic
barauf ergangene Ä. D. o. 16. %um 1806 barin eine erfa)öpfcnbc Kennzeichnung
unb hinlänglich flarc Untertreibung ausgesprochen finbet. 35 )
2lü*erbingS erfajeint bie erftcre Anficht bie jutreffenbere, bafj bem ^anbrecht
eine foldje Begriffs beftimmung ermangelt, Smmcrlnn aber wirb bic noch in
bem 2öetSfe'fchen ^echtSUriton, Artifel Beamte, oertretene 2Jceinuna,, bafj
jwtfchen öffentlichen Beamten im engeren unb im roeiteften Sinne 5U fdjeiben
fei, baB ber leiteten Kategorie, welche jwar „juglctch $ur Erreichung geroiffer
StaatSsroecfe mit oerroanbt werben", bic Rechte unb Pflichten ber StaatSbiener
absprechen unb nur bie oom Staate felbft angepeilten ^erfonen als öffentliche
Beamte im eigentlichen Sinne ju charafteriftren feien, wenigstens für $reufjcn
bereite als ju eng burd) ben SBortlaut beS §. 69. bafelbft wtberlegt, ber bie im
Dienftc gewiffer, bem Staate untergeorbneter Kollegien, Korporationen unb
©emeinben jichenben Beamten auSbrücflid) ben im unmittelbaren 3)icnfte beS
Staates bennblichen Beamten gleich ftellt.
Söürbe fomit minbeftenS bcjüglich ber oon ber ©emetnbe angebellten
^erfonen bereits in bem beregten §. 69. eine entfeheibenbe Unterftüfcung bafür
3U finben fein, bafe ben Kommunen eine 2lnftellungSbefugnifj im Sinne beS
§. 359. St. ©. B. in ber Zl)<xt sufteht, fo ergeben boch anbermeite ©efefceS*
oorfchriften , bafj jene Borfdjrift bie Kategorie ber mittelbaren Beamten beS
Staates {ebenfalls nicht erfchöpft. S5aS Allgemeine ^anbrecht fefbft bclmnbelt
beifpielSweife in ben §§. 19. ff. Sb. II. Sit. 17. bie Uebertragung ber offene
fichtlich einen Bcjtanbthetl beS jtaatlichen §ohcitSre<hteS ausmachenden ©ertchts*
barfeit, unb 3war bezeichnet r erfennbar in Abweichung oon bem mehrcitirten
§. 69., ber §. 20. biefeS Titels auch ^erfonen unb ftamilien, unb ber §. 23.
bafelbft bie Beftfeer geroiffer ©ütcr als qualifyirt, bergleichen ©erichtsbarfeit su
erlangen, währenb in ben §§. 76 ff. cbenoa bic Aufteilung ber bic ©erichtsbarfeit
AuSübenben, ber ©eria)tShalter, burd) bic .Onljaber ber ©erichtsbarfeit unter
näher beftimmter fkatltcher SJtitwirtung geregelt roirb. Selbjt roenn man aber
bem gegenüber bie in bem §. 69. a. a. 0. enthaltene Aufjählung für eine aus*
fchliefelichc erachten roolltc, fo roürbe biefe Annahme boch immerbin nur $u ber
Folgerung führen, bafj bem Sanbrechtc biefc emfchränfenbc Auffaffung inne-
wohnt. (SS fel;lt jeber Anhalt bafür, bafj bamit auch für bie fommenbc 3eit
eine gefefegeberifche Erweiterung ber Beamtenfatcgorien Qat auSgcfchloffen werben
follen, bafj bem Staate in Beranlaffung jener einmal crlaffencn Borfchrift bic
Berechtigung ermangelt, im 2ßcge ber ©efe^gebung ben ÄreiS ber Beamten
auSjubchncn, unb aua) bie oon anberen Rechtsträgern jur Serwirflichung ftaat*
lichcr 3roccfe angeftellten perfonen für Staatsbeamte ju crflären. 5Dcr oben
gleichfalls angeführte §. 71. $[;. II. %it. 10. weifl beflimmt genug auf bic
öpejialgefefce fyin, welche bic Jbefucjnifj jur öefe^ung ber oerfetnebenen (Sioil^
iöebicnungen §u orbnen beflimmt ftnb. 9tach 3)tafegabc ber §§. 38., 45., 49.,
67. ff. ber ^nftruftion oom 30. 3Jlai 1820 finb bie oon ben StanbcSherrcn an*
gcftcllten ^erfonen, unb inhaltlich beS ©efefceS oom 14. Slpril 1856, betreffenb
35) ungemeine 3utifHf$e 3Ronat8fd)rift »on mm. 8b. 9. fc 472 ff.
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«uS itx gravis jur ^rajri«. 349
1
bic länbliche OrtSobrigfeit, bic oon ben ©utShcrrcn $u polijeittcbcr *unfttonirung
in »orgefchriebcncr Steife berufenen ^Serfonen ftreitloS Beamte, urib ber §. 22.
bcS (£baufieca,elb'XarifS oom 29. gebruar 1840 , f jä(jlt fogar bic Gfjauffecgclb-
päcbtcr ben Beamten bei", ^n ben Borarbeitcn urnt Sßreufjtfdjcn Strafgefefc,
©oltbammer'S 3Jcaterialten Bb. T. S. 138, 517 ff., mürbe nnerfamtt, „bafj unter
ben öffentlichen 2lcmtcrn nicht allein bic Königlichen, fonbem auch bie Kommu*
nalen, StanbeSherrlieben unb anbere 3U begreifen feien," unb ba« ©eamte, btc
oon einer Korporation ober oon einem fonfrigen ^nbaber einer öffentltdjen
©eroalt ober gcwtffer SRegierungSredjte (mebiatifirten gürften, StanbcSljerren,
©utSberren 2c.) gerodelt, berufen ober bcjteUt fmb, im unmittelbaren Staats*
bienfte ftetjen.
$afj bie im StaatSbienfl befinblichen, mit bem gorfrfchufo unb Suftuhfö*
btenft in ben ffaatlicben, refp. Königlichen 23albungen betrauten Königlichen
Beamten fötale im Sinne beS §. 359. St. ©. B. fui>. bebarf nicht roeitcrer
Begrünbung. 56 )
$m älnfchlufe an bie (SingangS angeführten höchftrichtcrltchen Gntfcheibungcn
roürbe fidj alfo in Betracht beffen, ba§ ber §. 69. Z\). II. Sit. 10. nur ben
Kollegien, Korporationen unb ©emetnben eine SlnftettungSbefugnife äumeift, bie
Untersuchung barauf 311 befchränfen hoben,
1) ob unb in welchem Umfange ctroa in Spejialgcfcfccn, abroeichenb
oon jener allgemeinen Regelung, bie 2tnfteflung5bcfugni& anöeren SReehtS'
inhabem übertragen roorben, unb
2) ob in biefen Spejialgefefccn etroa bic 2lrt unb gorm ber SEfafiettung
gleichzeitig geregelt, unb oon ber Beobachtung biefer fpesiell oor«
gef<hriebcncn gorm bie Uebcrtragung ber SttmtSeigenfchaft abhängig ift?
Bezüglich ber gelb* unb gorfifjüter flnb in bem feit 1. ^uli b. 3. in
Kraft getretenen §. 62. bcS gelb unb gorMoltjcigefcfccS bic 3luSfchlag gebenben
Bcfttmmungen enthalten, ©ie aus benfelben in Berbinbung mit ben Borfcforiften
bcS ^orftbiebftahl^gefe^ejS abfltefjenben golgerungen werben baS oben bereits
auSgefprochene Wefultat ergeben, baß eine nach 3Jta§gabe beS lefet citirten ©efefces
fkttbabenbe Beeibiaung ber görftcr 2tmtSqualität in übermitteln nicht geeignet
ift. Gtne Nachprüfung ber überbieS gleidjlautenb bcantroorteten grage, ob eine
ben Borfchriftcn beS $ol$bicbftahl#gefe|jeS oom 2. ^uni 1352 entfprcdjenb ftatt*
gefunbene Bccibtgung ber als gorftbeamte bezeichneten ^erfonen, letztere mit
aimtScigenfchaft ausstatten im Stanbe roar, f Reibet bamit aus. 3)aS ©leiche
gilt, eben im £>inblicf auf bic Siegelung unb fcöfung ber grage in bem neuen
gclb*$oltjeigefe|} , t)tnfid)tli<^ ber Hnflellung unb Bereibtgung ber gelbhütcr in
Beobachtung unb nach 9)iafjgabc ber Borfchriftcn ber gelb * ^olijei > 0. oom
L 9(00. 1847.
Bon Bcbcutung bleibt nur bic in ben eben angejogenen Gntfcheibunqcn
bcS oormaligen Obertribunals oom 29. Sept. 1859, 28. gebr. unb 28. Sept. 18&5,
unb anbercrfeitS oom 9. 3uli 1869, 27. 3an. 1875 unb 29. s Jioo. 1876 fkeitig
geworbene unb abroeichenb beantwortete grage, ob bic Beobachtung ber förmlich*
feiten beS SpeaialgefejjcS bebingenbc BorauSfefcung ber SlmtSqualität bcS gelb*
büterS ift, ober ob btefc (Sigenfchaft rüctfichtiidj ber oon ben ©emeinben unb
Inhabern, fclbftftänbigcr ©utsbejirfc angcjtcUtcn ^erfonen bereits aus ben all-
gemeinen ©cfcfceSoorfdjrif ten folgt, unb bejahenben gaüS, an roclchc weiteren
Bebingungcn btc 9icd)tSgültigfeit einer berartigen 2lnfteOung gefnüpft ift?
36) SSergt. fcie StufjäMung tict bctteffenfcen SBcamtcutatcaoricu, OeMfcbtäger * 5Pemf>artit
0. a. C. &. 6<) 9lote 2.
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350
8u3 bcr ^raji« 31« $tapg.
a.
SIS SuSgangSpunft mu§ auch rficfftdjtlich bcr neben ben allgemeinen
Borfdjriften in $rage tretenbcn @pe,ualaefe&e unoeränbert ber 6afc bleiben, bafj
bte SuSübuna, bcr StaatSgeroalt, tnSbefonbere bie £anbhabung ber $olt$ei unb
bannt auch bte Berufung oer jur 2luSfübrung ber polizeilichen X^dtigfeit er«
forberlichen nr.b geeigneten Organe an fich nur bem Staate juftebt, unb ba§ es
bcr Ucbertragung bietet ftaatSrccbtltcbcn Befugni§ auf anbere $crfonen, gleich*
oiel ob phnftfdjc ober »uriftifche, bebarf, roenn eine Slnfteüung fcitcnsS ber lederen
ju Siecht befieben unb ju amtlicher ftunftionirung befähigen foH.
$)er sureid^enben Begründung ermangelt aber bte in einer ber ©ngangS
ermähnten (Sntfdjeibunqen äroeiter §nffon$ auSgefprochene Folgerung, baf? bte
Sanbgemeinben eine *ßolt$cigeroalt nie gehabt, unb ba§ bie Snbaberfdjaft einer
berartigen ©eroalt für bic Berechtigung ju einer rechtsgültigen 2lmtSübertragung
einflußlos fei.
$>em entgegen hatten bereit« bie mehrfach citirten ©rfenntniffe bcS Ober*
tribunalS 00m 9. 3uli 1869 unb 27. Januar 1375 bie ©emetnbe als „bie be*
tteffenbe ^Soliseibehörbe", roeldje jut 2lnflellung bet ftelbhüter juuanbig fei,
bezeichnet, unb biefc 3lnnabme erfetjeint folgerichtig. Süchtig tfi, ba£ bie Sanb*
gemeinben Inhaber bcr ^oUjeigeroalt nicht roaten, bafe tnSbefonbere burch ©efefc
00m 14. 2lprit 1856 bie ©utSpolijei tf)eilS als eigene, theilS als fommiffarifajc
roieberfjergefteUt, unb erfl burch §. 46. ber ÄreiS*0., inhaltlich beffen bic föanb*
habung ber ^oltjei im tarnen beS Königs erfolgt, aufgehoben tu. SCbcr barauS
folgt nichts gegen bic Berechtigung ber ©emeinben zur 2lnfteHung beamteter
^elbhüter.
SDafi bie HuSübung ber ftaatlidjen ©eroalt nicht in ihrem ganzen Umfange
übertragbar ift, ergiebt ftdj> »on fclbft. Stur ein ber öffentlichen ©croalt
roirb übermittelt, nur befummle öffentlich rechtliche ^unftionen roerben beftimmten
StedjtSträacrn anoertraut. 211S ein foldjeS ©tüdf ftaatlichcr (Srefutiocjeroalt ftettt
fich bie ^soli3cigeroatt bar, beren Ucbertragunq bic SfafielhtngSbefugmft bcr $elb*
hütcr bereits mit umfaffen roürbe. $ie amtliche Verrichtung beS ftelbbüterS ift
noli^cilicher Statur, unb bilbet roieberum einen integrirenben Bcftanbtljeil ber
$oli3eigeroalt, unb zroar einen Beftanbthcil, bem eine gefonberte 2öahrnef)muna
unb ftanbbabung unb eine fpezieHe SlmtSthatigfeit non 3llterS her zu $hcil
gcroorben ift. @S ift nicht erjtdjtltch, roeshalb bie Uebettragung ber SluSübung
biefeS SheitS bcr ^olijeigeroalt einer befrimmt genug abgegrenzten polizeilichen
3$ätig!ctt unflatthaft unb unausführbar fein fofltc?
Stach §. 19. 5£fjcil IL Sit. 7. X. 2. St. haben bie $orfgcmeinbcn bic Siechte
öffentlicher Korporationen (Sit. 6.), unb auSroeiSlich bcr §§. 159. ff. II.
Sit. 6. bafelbft fleht ben Korporationen ber Siegel nach bic Befugnife zu, ftch
ihre Beamten felbfl ju wählen. %m §. 37. Str. 5. Sheil II. Sit. 7. ift unter
ben „©emembeleifhtngen" bie Berforgung bet S)otfhirten unb anberer im 2)ienfte
ber ©emeinbe befinblichen ^ktfoneu aufgeführt, im §. 59. ebenba ifi bem Schulden
bic genaue Befolgung bet £)orf* unb SanoeS-^olizeiorbnungcn , su benen nach
Koch 'S jutreffenber (Erläuterung bic ?yclb*^olijeiorbnung gehörig, unb in ben
§§. 66. 68. bafelbft bie Pflicht auferlegt, bie ftelb« unb ©artcnbicbfiählc an^u-
jeigen unb bic Slachtroächtcr, Birten unb $lurf<hüfecn mit ©ruft 3U ihrer 6d)ul*
bigfeit anjuhalten; Borfchriften, bie hinlänglich barthuu, bafe bic ©emeinben jur
2lnflellung bcr ju polizeilicher ^unftionirung berufenen jyelbhüter berechtigt unb
ucrpfltchtct Ttnb, unb baß bem ©chuljcn baS SluffichtSrcdht über biefclben über-
tragen roorben ifl.
Sticht minber flar flcHt ftch °ic 3lnftcllungSberecötigung bcr ©emeinben
unb 3"h a bcr felbftftänbigcr ©utsbejirfe nach ben S^orfchriftcn ber ÄrciSorbnung.
3)er angeregte 3roetfcl, ob bic ©utsbejirfe als juriflifchc ^erfonen ju charafterifiren,
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I
«u3 btt $rari« jur tyapi. 35 1
unb fie fomit na$ 2lrt ber $otfgemetnen forporationsbcredjttgt, ober ob ftc nad)
bcr xtä)Üiö)tn 9tatur eines fommunalcn SierbanbeS auSgeftattetc Präger oon
s Jled)ten unb ^fltd)ten finb, 37 ) muft f)ier, als in ben Folgerungen nidfjt roefentlid»,
außer 5Hd)t bleiben. $)cnn nad) §. 46. bcr Ärei$*0. erfolgt bie SluSübung bcr
^olijei Flamen« be$ Staates. *Nadj bem §. 59. bafelbft finb bie 3iratöoorftänbe
Vermalter ber $oli$et, nad) Den §§. 22.tr-, 31. ff. cbenba bie ©emeinbe* unb
©utöoorfteljer beren Organe unb ©entilfen. $n biefer @igenfd)aft finb bie
©emeinbo unb ©utSoorflefjer aber gleidjjeittg Vertreter be3 JtommunaloerbanbeS,
benen bie in bem §. 30. aufgeführten poli$eilid)en Sterte unb $fli$ten über*
miefen morben finb. 38 )
Ueberctnftimmenb lautet bie in ber Sted&tfprcdjung unb im VcrroaltungS'
toege p 2luSbrucf gelangte 2tuffaffung, 39 ) bafj ben AfreiS*, 2lmt3- unb ßom-
munaloerbänbcn bie Slnfteflung polizeilicher Organe, unb fomit erfidjtlidj audf)
ber Rclbljütcr geftattet fei, unb jioar, tote baS ©rfenntnife beö DbertribunalS
jutreffenb t;eroorf)ebt, weil eine auSfdpefjlid&e 2BaI>rnebmung ber oerfd)iebencn
ftunftionen burd; einen Beamten eine tl}atfä$li<$e Unmöglidjfett ift. ©ine 33c-
ftätigung für bie fltidjtigfeit biefer 2lnfid)t liegt in bem ßntro. jum §. 46. beS
tfompetenj*©. 00m 26. 3uli 1876 auÄgefprod)en. 3" bemfelben mar oot*
gefdjrieben:
2>er ÄreiSauSfdjufe befcpefjt enbgültig über bie Veftätigung bet
©utSoorfief)cr :c.
SMefe Seftimmung finbet gleidjmäfng Snroenbung auf bic Sc*
ftätigung ober s JUd)tbefiätigung ber oon bcr ©cmeinbeocrfammlung
(©emeiribeoertretung) ju roät)lenben OrtSfleuererfjeber, ©emetnbe*
färetber, gorftbeamten, gelbtjtiter, foioie auf bie Ernennung oon
©tefloertretern.
SDtefe in bem 2lbf. 2. miebergegebenc Sluffaffung ift nun jroar oon ber
Äommtffion aeeeptirt unb anerfannt morben, bafe überall ba, mo es nad) SDtafj*
gäbe beS ©efefceS ber ©ejtätiguna oon ©emeinbebeamten überhaupt bebarf, biefe
fortan in ©emäfjtjett beS §. 26. bcr ÄreiS'D. ju erfolgen fmt. dagegen mürbe,
um ber Sanbgemeinbeorbnung nid)t oorjugreifen, cS abaelcqnt, über bie ^rage,
mcla)c geroäblten ©emeinbebeamten einer Jöeftätigung beourfen, an biefer ©teile
eine ©iSpofition §u treffen. 2)te bcöfaUfige ftrage ift beSfmlb na$ ber ju-
treffenben 2lnfict)t o. Vraudjitfays nad; ben bisherigen ©efefcen 311 beantroorten. 40 )
$ie nämltdje WteilungSbefugnif) ber ©tabtgememben ergeben bie Vor*
fünften bcr ©täbteorbnungen. ^nlialtlid) beS §. 56. ber ©täbte*0. 0. 24. 9Rai 1853
liegt beifpielSroeife bem ^Dtagiflrate bie ^flid)t ob, bie ©emeinbebeamten, nadjbem
bie ©tabtoetorbneten barüber gehört morben, anjufteHen unb ju beaufiidjtiaen,
nad) §. 58. 2lbf. 3. ftejt bem Sürgermciftcr jur Erhaltung ber nöthiaen SMS*
siplin baS 9ted)t ju, bie ©emeinbebeamten nad; SJcaigabe ber gcfcfclicffen Vor*
fünften ju aj^nben, in bcr Silier^. Äab. Orb. 00m 22. %an. 1826 ifl bie 2ln*
fteHung bcr ftäbtiftficn Beamten auSbrücflid) auf ©runb oertraglid^er Vereinbarung
Ijeroorgc^obcn, im §. 76. unb ff. baö Dberauffid&tSrec^t be« ©taatc« geregelt,
unb im §. 80. bie 2lnrocnbung bcr betreffenben ©efege auf bie 2)icnfloergcl;en
bcr Sürgcrmcifter, bcr s JJlitglicbcr bc3 Vorftanbc« unb ber fon fügen ©emeinbc*
beamten auSgcfprodjen roorben.
37) Gebens unb e. WUrpm a. a. O. 33b. 1. @. 115 ff.
». »rau*itf<i> a. a. O. »b. 1. 6. 33 ff., 33b. 9. &. 53.
39» ffltinifter.*2!nftruthon ü. 20. Qfpt. 1873, Verfügung ». 20. SWärj 1874, ». 8rau*ttfdi,
a. a. O. 33b. 2. @. 19, 54; 2Jlinifterial-33latt b. 3n. Skr». ©. 199, Gr!, be« ObcrtribunatS »om
21. 3an. 1875 unb 21. ftebr. 1879, flrdnc «b. 23. 8. 549, 33b. 27. 5. 108.
40) ü. 33raud?irfd) »b. 2. ®. 23-5.
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352 » u * *«P* »uttyraji«.
2115 oormaliger ^n^abcr einer ©utSpolijei unb bemnächfter Inhaber eines
fclbftftdnbtgen ©utSbejirfeS war alfo ber StittergutSbeftfcer o. X. in bem (singangs
angeführten ftaHe jur Slnftellung beS Ä. ate ^elbbüter befugt, unb fomit baS
oernichtenbe Urteil oom 20. 5Koo. 1876 gerechtfertigt.
2lber mar biefe STttflellung oon bent suftänbigen ©ewaltinbaber auch in
rechtsgültiger, ben gefcfclicbcrt ^©rforberniffen entfpreebenber Söeife erfolgt?
inhaltlich beS, wie aus ber oorftchenben 2luSfübrung erhellt, noch bt
©eltung befinblichen §. 19. Xtyii II. Sit. 7. 2tHg. 2. SC in SBerbinbung mit
ben §§. 159., 160. Xheil II. %it 6. bafelbft mufe bie oon ben $>orfgemeinben
als öffentliche Korporationen getroffene 2öahl oon Beamten „ber oorgefefcten
Schörbe jur Genehmigung angezeigt werben."
Stach .bem mit bem §. 4. ber SSerorbn. o. 20. ©ept 1867 oöUig gleich*
lautenben §. 4. beS ®. o. 11. aflärs 1850 bebarf
„bie Grnennung aller Sßolijeibeamten, beren Slnftelluna ben ©emeinbe*
behörben äuftefu, ausnahmslos ber Betätigung ber StaatSrcgierung."
^n biefer oorbehaltencn Betätigung ber 6taatSregierung liegt recht
eigentlich bie ftaatlidjc äftitwirfung jur Slnftcllung in ©eftalt geeigneter Prüfung
unb ber barauf gefrü|ten Berufung ju amtlicher Shätigfeit. 3)ieTe Betätigung
ift anbererfetts aber auch *>ag bebtngcnbe ©rforbernife jur Einreibung ber be*
treffenben ^erfonen in ben ftaatlichen Organismus, bie BorauSfefcung ber erft
bamit gum 2lbfchlufj gelangenben Ucbertragung ber SImtSqualität unb ber aus
lefcterer abfliefeenben Berechtigung §u amtlicher ftunftionirung.
Sie btcnftlicbe Verrichtung unb ^^ätigfcit ber ^clbhüter ift polizeilicher
ÜRatur. 35icfer ©^araftcr il;rer bienftlicben iieiftung berechtigt ©emeinben unb
Inhaber felbftftänbiger ©utsbejirfe jur 2lnftcUung oerfelben ol;nc Beobachtung
ber Borfcbrtftcn ber $elb*$olijciorbnung bereit« nach allgemeinen gefefcltchcn
Beftimmungen. 2c|tere müffen bann mehr, aber auch ihrem ganzen Umfange
nach gemährt werben, eS mu§ bie für bie ^olijetbcamten, unb bamit auch für
bie fpejieüe Kategorie berfclben, bie $elbbüter, oorgefchriebenc ftaatlicbc Beftäti-
gung ftattgehabt baben, oon ber bie ftcchtSoerbinolicbfcU unb SRccbtSgiUtigtcit
ber 2lnftcflung unb ber 2lmtSübertragung abhängig ift.
©ine foldje Betätigung bcS ftörfterS unb ftelbbütcrS JL, bem gleichseitig
auch eine Bcretbigung nach 9)iaf>gabe be« &oljbiebftahl3*@. o. 2. 3uni 1852, fo*
mie ber ^clb^olyei 0. o. 1. 9too. 1847/ für ben Bejirf beS Rittergutes ©.
ermangelte, roar nicht erfolgt, unb barauS fließt, ba nur bie aus feiner
poüjeiltchen ftunfttontrung erroachfene amtScigenfdmft in grage tritt, bie
Folgerung ab, bafj ihm lejjtcre nicht innewohnte.
2)ie feit bem 1. 3uli b. 3- in Kraft getretenen Beftimmungen bcS ftetb'
unb $orft'$olisci>@. o. 1. Slpril bringen biefe in ben allgemeinen ©efetjeSoor-«
fehriften enthaltenen Bcbingungcn unb Grforbcrniffc benn^auch jur befttmmten
unb auSbrücFltchcn ©eltung unb 2lnwcnbung.
„Jelbhüter (^orftljüter) im einnc bicfcS ©cfcfccS, fo lautet ber
§. 62. baf., ftnb bie oon einer 6tabtgcmcinbc , oon einer Sanbge*
meinbe ober oon einem ©utSbefifecr für ben gclbfchufc (^orftfchu^)
angcftcHtcn ^Jerfonen.
$)ie 2lnfteUung ber fyelbhütcr (^orfthütcr) bebarf ber öeftattgung
nach ben für ^olijeibcamte gegebenen Vorfchriftcn, unb, forocit folchc
nicht beftehen, ber Söcftätigung bcS ÜanbrathS (SlmtShauptmannS,
ObcramtmannS)."
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8u§ ter tyrap* jttr $Mp3. 353
9lid()t etwa, ba§ bie jtoatlidje SBeredjtigung in 3roeifcl gebogen werben
follte, hn SBege ber ©efefcgebung nidjt nur bie 23eredjtigung §ur Slnftcllung oon
Beamten, fonbern gleicbjettig aud& bie 2lrt unb SBeife, bte ftorm unb SJorbc*
bingung einer foldjen 2lnftcüung umzuformen unb umzugestalten. 9M)l aber
liegt in ber £l;atfadje, ba§ baS neue Spejialgefefc jenes SDcoment ber 23cftätigung
auSbrücflidf) mit aufnahm, ein 93elag bafür, bafc jene allgemeine ©efefceSoorfc&rtft
nur auf baS ©pczialgefefc übertragen, bafe in legerem eine SluSnabme nidjt
gefa^affen worben, unb bafj jened für baS gelb* unb gorft^oli$etgefe& nur
wieber&olte @rforbcrni§ in ben angesogenen allgemeinen ©ei efceSoorf Triften in
ber %l)at bereite enthalten mar.
S>ajj bie naef) SKafcgabc bcS §. 62. 1. c. erfolgte Slnftcttung allen SBebtit-
gungen einer 2lnfteü"ung im ©inne oeS §. 359. 3). St. ©. 58. entfpridfjt, unb
baß bte in biefer 9Beife angefaßten ^erfonen Beamte fmb, bebarf nadj ber
obigen 2IuSfüf)rung feiner weiteren SÄec&tfertigung. 2)ie Erweiterung, welaje
bte beregte SBorfajrift ben Sefiimmungen ber 0elb*$olijeiorbnuna gegenüber
enthält, ift erftcfjtlic^. GincrfeitS ift oie ßrmäStigung jur Slnftcllung jebem
©runbbefifcer f$le$t$m, gleid&oiel ob er ^nfmber eines felbftftänbtgen, besiefyungS*
weife eines ju feinem ©emetnbeoerbanbe gehörigen ©utSbejirfeS ift ober nityt,
übertragen. 2tnbererfeitS begreift baS ©efefc neben bem Sdjufce ber ftelber
leu&jeittg aud) ben ber gorften. „£)ie Obliegenheiten ber gelb* unb Aorffyütcr
efie^en nadfj ber SluSfübrung ». SBülowS im Allgemeinen in ber Scauffid&ttgung
unb $efd)ü(jung ber $elocr unb ftorften", unb umfaffen bie 2ln$etgepflid&t „aller
oon ifjnen entbeeften ftrafbaren ipanblungen, mögen foldje in btefem ober in
anberen ©efefcen uorgefefjen fem."
Dieben biefen, bie 3orft*$olijei regelnben SJorfd&riftcn ift bereits fett
L Oft. o. 3- öaS ben in ber ftorft 2c. oerübten ^iebftajl an £olj unb anberen
SBalbcrjcugnifien betreffenbe ©. ». 15. Slpril 1878 in ©cltung befmblid&.
S)cr §. 23. beffelben fdjrcibt oor:
„2Serfonen, weldje mit bem #orftfo)u|} betraut finb, fönnen, fofern
btefelben eine 2lnsetgegebü^r nid)t empfangen, ein für allemal gerid)tlid)
beeibigt werben, wenn Tie
1) Äöniglidfje Beamte ftnb, ober
2) oom 2öalbeigentf)ümer auf SebcnSjett, ober na<§ einer oom £anb*
ratl) (2lmtSl;auptmann, Oberamtmann) bef peinigten , breijäljrigen
tabettofen gorftbienfijcit auf minbeftenS brei 3af)rc mittels fdjrift*
ticken Vertrages angefteUt ftnb, ober
3) su ben für ben gorftbienft beftimmten ober mit gorftocrforgungS*
td&ein entlaffenen HRilitärperfoncn gehören.
3n ben fällen ber 91r. 2. unb 3. ifl bie ©enc^migung bcS
33e5irf3ratf)ee erforberlidfj :c"
®te gormel ber SBeetbtguna lautet nad& §. 24. baf)in:
ba§ er bie 3uwiberljanblungen gegen bicfeS ©efefe, meldte ben feinem
6d)u£e gegenwärtig anoertrauten ober fünftig anjuoertrauenben Scjirf
betreffen, gewiffenfwft anzeigen, bei feinen geriajtlid&en Vernehmungen
über btefelben nach beftem 2Siffen bie reine 2öal)rf)cit fageu, nid&tS
oerfdfjweigen uno nid^ts f)inaufc|}en, audj bie ujm obliegenben Sd&äfcun*
gen unpartciifd(j nad) beftem Riffen unb ©emiffen berotrfen werbe.
3m §. 25. enblia) ift angeorbnet:
5ft eine in ©cmäfefjeU ber oorftelienben öeftimmungen, ober nad)
ben bisherigen ^efe^lid^en Sßorfd^riften jur ©rmittelung oon
gorftbiebftäljlcn beetbigte ^erfon als Beuge ober 6a^oerftänbiger gu
oernc^men, fo wirb eS ber (SibeSletftung glcid^ geartet, wenn
ber iu 33cmc|menbe bie 9lidbttgfctt feiner 3luSfage unter Berufung
auf ben ein für allemal geleifteten @ib oerna)ert.
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354 *< r 8« UtatfS.
2öcld»e Bebeutung h«t nun btefe nach SJlafigabe "her angebogenen Be*
frimmungen erfolgte Beeibigung? 3ft fte inSbefonbere geetgenfehaftet, ^mtgeigen*
fc^aft ju übertragen?
3)ie angebogenen zahlreichen Gntf Reibungen be$ oormaligen ^ödjflen
Gerichtshofes ftimmen barin überein, bajj bic unter ber ^errfdjaft bc£ ^olgbicb'
ftabl£gefc&cS oom 2. Sunt 1852 nad) a)tofjgabe unb in Beobachtung ber bort
erteilten Borfchriften oereibeten ^erfonen a& Beamte, unb jroar fpejieff als
(SrefutiO'Beamte $u erachten finb. SMefelbeu ©ntf Reibungen legen aber emerfeits in
ihrer immer unb immer erforberlieb geworbenen SBieberfeyr/ anbererfcttS in
ihrer mehr ober weniger eingef>enben Bcgrttnbung dar, bafe ba8 ©pejialgefefc, bc*
treffenb ben ^oljbiebftabl, eine btrefte unb auSbrücfltdje Söfung ber Frage nicht
giebt, bafj es einen fireitlofcn 2lu£fpruch über bie 3lnfteUungSberea)tigun(j unb
eine mit ber SlnfMung oerfnüpfte 2lmt3eia,enfchaft ber angefteUten unb oeretbeten,
mit bem §forfrf<$u$ betrauten $crfonen nicht enthält.
S)ementfprea)enb führt fia) baS ©rgebnifc ber bie 2lmt$qualität bejahenben
Solgerungen auc^ minbeftenS oorroiegenb auf 2lnaIogicfd)lüffe jurücf.
©in ben ^orftfdjutj unb bie 2luSübung ber ^orft'^olijei regelnbcS Gefe{$
mar ntä)t oorlwnbcn. $)ie %t)at)ad)i, bafj baS .§okbiebftahl3gefefe in mehrfacher
Beziehung oon einer auf bie Sicherung ber ftorft unb ihrer ©rjeugniffe ab*
jrocefenben $hätigfeit ber »jörftcr fjanbelte, legte ben 9tücffchluB nahe, bafe biefcö
Gefcfc gleichseitig jene i'ücte auszufüllen beftimmt fei, bafj bie bort genannten
Sßcrfonen, jumal tn Mcfficht auf ihre Bereibigung unb bie ber Icfetercn oorauf«
gegangene Genehmigung burch bie ©taatsbehöebe, berufen feien, jene nottj*
roenbige, auf bie Sicherung ber gorften abjtoecfenbc polizeiliche Funftion wahr-
zunehmen.
©er amtliche, ober minbeftcnS amtsartige Gharafter ihrer 25icnjlleiftungen,
inSbefonbere bie Ermächtigung zur Bornahme oon §anblungcn, beren Berridjtung
anberroeit Beamten übcrioiefcn ift, unb bic an fich nur burch Beamte ausführbar,
bic Gleidjftellung ber unmittelbar oom ©taatc mit ben oon ben ^rioateigen*
thümern mit bem Forfrfchufc betrauten ^erfonen, bie Bezeichnung berfelbcn als
Forftfdnifcbeamte, bie Gharafterifirung ihrer XfyätiQhit als bienftlidjeS Auftreten,
ihre Bereibigung nach oorgängiger Genehmigung fcitenS ber Regierung, fomie
bie erhöhte Glaubrotirbigfeit ihrer SluSlaffung finb bic Momente, welche für bie
Bejahung ber ftrage naa) ber SlmtSqualität oornämlich geltenb gemadjt
roorben n'nb. 41 )
$)ie BorauSfefcungen biefer Folgerungen finb burch bic beiben Gcfcfce
oom 15. Slpril 1878 unb 1. 3lprtl 1880 in Doppelter Beziehung umgejkltet worben.
3enc Surfe, roclche baS Bcbürfnifj einer gefefclichen -[Regelung unb bic
praftifchc 9iothwcnbigfeit eines geeigneten Schule« ber bic ^orfien fichernben
^erfonen, unb bamit bie Sroetfbtenlicbfcit einer ergänzenben 2luSlcgung anregte,
ift aufgefüllt; eS ift ein Gefcfc in Äraft getreten, wclc&eS ben Slnforberungcn in
beftimmter gcfejslicncr %oxm im oollftcn Umfange Genüge leiftet.
2lnbercrfcitS finb bic in bem £)olzbieoftahl8gefe&e enthaltenen ©runb*
lagen, auf benen fich jene Slnalogiefchlüffe aufbauten, mit bem ?lufjer*#rafttretcn
btefcS ©cfe^oS in ©eafall geraden. $n bem gorftbiebflahlögefc^e haben bic
in ^rage tretenben Beffimmungen be3 ^olsbiebflahlögcfe^c« in ben crhcblichftcn
fünften eine Beränbcnmg erfahren, ©ine oerglcichcnbc ©cgcnübcrftcUung ber
ctnichlagcnbcnBorfdjriften biefer beiben ©efetje roirb biefe 6chluf?folgcnmg beftätigen.
•11) 2krjil. Irrt, oom 2U. £cpt. 18(51, t». O, St. t @. 'AO unt oortiämlid} oaö
Urtpeil oom 15! Sinti 1871, & m. SB. ®. 178 ff.
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»ufl bet <ßrariä jw $to|i*. 355
3fn bcm ©efefce 00m 2. $uni 1862 waren bie mit bcm ftorftfd&ufc be*
aufragten ^erfonen in bcn §§. 21., 28., 30., 31., 33., 35. als f^orft- refp.
ftorftfchufcbeamte aufgeführt. $m §. 21. mar benfclben bie 3Jiitmirfung jur
(Ermittelung unb S3erfolaung oon ^oljbiebfiä^len außerhalb ber ftorft über-
tragen, im §. 22. bie SBefchlagnafjme übermiefen, im §.30. mar bie£abung ber
$orftbeamten burdj it)rc S5tcnftbehörbe oorgefchrieben, im §. 31. mar ibre SBabr*
netjmung auSbrüdTich als eine btenftlidjc, unb im Sd)tu&fa&e beS §. 33. il)r
2luftrcten oor ©ericht als ein McnfHicheS bejctdjnet morben, wäbrenb nach §. 35.
bie eine 2lmtSentfefcung nad) fiä) aiehenbe Verurteilung bie SBirfungSlofigfeit ber
3kreibiaung unb ftaatlidjen ©cnehmiguna nur ftolge haben füllte.
S)cm gegenüber ift in bem $orftbicbftahlSgefcfe oom 15. Spril 1878 in
einer gerabeju auffälligen SSeife jebe 83ejei<hnung oermieben worben, welche in
[ich unb bireft auf eine amtliche ftunttionirung, bejiehungS weife auf eine amtlid)e
©igenfdmft ber in bem ©efefee aufgeführten Sßerfonen Anbeuten fönnte. Qa, bie
forgfame rebaftioneUe Raffung beS lefctcitirten ©efefceS, gerabe in Abweichung
unb im ©egenfafce ju ben SBcftimmungen beS ,§ol$biebflahlSgefejjeS, rechtfertigt
bie Annahme, bajj bie ftrage nadj ber 2lmtSeigenfdjaft ber mit bem ^orftfdjufc
betrauten ^erfonen in bem erfieren ©efefcc erfi"ct>tlicr) überhaupt nic^t hat $um
Austrage gebracht werben follen.
5)er o6en ad 2. srnm Sdbluffe bereits berührte, uon ber Sefchlagnahme
ber jur Begebung beS ftorfibiebftabls geeigneten 2öerf$euge fmitbelnbe §. 16. ift
nicht, roie Der einen ähnlichen Inhalt roiebergebenbe §. 22. beS §. 2X
unter ben baS Verfahren regelnben Slnorbnungen, fonbern unter ben
materiellen Storfchriften beS ©efcöeS enthalten. 3« einer ©djlufjfolgerung auf
bie \)kx fragliche AmtSeigenfdjaft aber ift bie beregte VefHmmung beS §. 16.
umforoeniger geeignet, als bie in biefer Vorfchrift, welche über bie berechtigten
^erfonen {einerlei 2luffd)lu6 giebt, oorgefehene SBefchlagnahme oon ber 2tmtS*
eigcnfdjaft ber Scfchlagnclnnenben gänzlich unabhängig, neben ben Beamten auch
ben niebtbeamteten 2öalbeiacntt)ümern aeftattet fein \oürbe. 42 )
2)ie §§. 23., 26., 27. beS ftorfc®. ®. fprechen oon $crfonen, welche mit
bem ftorftfchufc betraut finb. SSeber biefe noch anbere SBorfdjriften enthalten
eine Seftimmung barüber, wer ut einer berartigen Betrauung ermädjtigt, gefchweige
benn wer ju einer 2lmtSetgenf<haft gewährenben Slnftellung berechtigt ift. 9tor
ber §. 23. bafelbft erwähnt neben ben in bem §. 3. 9tr. 3. unb §. 9. genannten
Vcftohlenen bie Aufteilung fcitcnS ber SÖalbeigenthümer — eine Erwähnung,
bie in beren Sefchränfung auf bie SSereibigung unb in ber Sebeutung ber
leöteren ihre ©rlebigung finbet. S5er §. 31. beS ©., ber eine erhöhte
©laubwürbigfett ber auf bienftlicher Söahrnehmung ruhenben StuSlaffung aus*
fprad), bat Aufnahme nicht gefunben. £ie fernerhin auS bem bienftlidjen Auf*
treten im Sinne beS §. 33. £. 2). ®. entnommene Sprung beS ©ertdjtS ift
im §. 24. Abf. 2. beS ftorft*$. ©. nad) bem Sejirfe aeregelt, „ber bem 6dntfce
beS üBceibigten anvertraut ifi". $>ie «eseidmung ftorftbeamter, bejw. ftorftfdmfc
beamter ift in ben §§. 24., 25. ftorfWD. ©. burd) bie AuSbrücfe, „ber m Sc*
eibigenbe", „ber m Vcrnehmenbc" erfe^t, unb nach §. 27. bafelbft bie 2abung
ftatt burd) bie 5)iennbchörbe burch bcn Vorgefeöten $u oeranlaffcn, eine 2luS*
brucfiSweife, bie inhaltltd; ber Äammerocrhanblungen aud) auf btc im ^rroat*
bienfle ftehenben görfter ju bejietjen ift. 4S )
42) „Sielmefir wifl fie — bie Sorfcörift beS §. 16. — auSfcrütfen: baß, im ??aflc b«
Xtjätet bei «uäfütjrunq eine« gf^^^^fta^ 8 °tor unmittelbar na* berfetben betroffen ober »er»
fotat »irb, bie (ber Ginjjictmnfl unterliegenben) SSJertjeuge aud) bur<t> einen 9Ji£btbeamtcn in
^cfdjtag genommen »erben bürfen, »ätirenb in jebem anberen ^atle jebe aSefcfelagna&me nad>
tüJakabe ber aügemeinen Seftimmungen ber ©trafproiefjorbnung nur burtf> bie im §. 98. bafelbft
beäeicfineten »eamten »orgenommen »erben bürfe.' 7 OcMfctjiäger^ernbarbt, a.a.O. 8. 45;
»ergt. 3)alcfe 1. c. 57.
43) Oeblfd)läger=5Beniljarbt, a. a. O. ©. 73 Wote 8.
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356 *«* b « r siir^taytS.
3)emna<f) oerbleiben überhaupt nur bie beiben Momente, roeldje einen
2tnl)alt *ur Gbaraftcrifirung ber betreffenben ^er fönen als 93eamte nadj SDlafe-
gäbe beS ^orftoicbftatjlögcIc^cS abgeben fönnten, bie Vcretbigung unb bie infjaltlidj
ber GibeStormel gelobte 2tnjeige unb Verfolgung „ber 3uroibcrf)anblungen gegen
biefeS ©efefc", foroie bie ju ber Vereibigung gleidifaUS in Vejiefnmg fte^enbc
eoentuclle Verewigung jum SSaffengebraudj.
£e§tercm Momente crmangelt fogar bie flraft eines 2lnalogiefdf)luffeS.
2IttcrbingS* befitmmt ber §. t. beS ©. oom 31. 3Mr$ 1837:
Unfere ^orft» unb ^agbbeamten, foroie bie im kommunal* ober
$rioatbienft ftef)enbcn, roenn fic auf SebenSjcit angcfteHt, ober bic
Äted)te ber auf ^cbcnSjcit Angebellten baben, naaj Vorfdjrift beS
®. o. 7. $uni 1821 oereibigt )tnb 2c., Iwben bic Verewigung, oon
ibrer Söaffe ©ebraudj ju madjen.
Snbcfc eine nur oberflädjlidje Verglcidjung biefer Vorfd&rift mit bem
§. 23. beS %. ®. ©. ergiebt, bafj bie (srforbemiffe einer Veretbigung nadj SJtofr»
gäbe beS lefct citirten ©cfefceS anbere finb, als bie Vebingniffe einer Verewigung
*um 2Baffengebrau$, bafc bie Vereibigung ftd& fogar nur als eine ber VorauS-
fefcungen jener Veredbtigung barftettt, unb bafj fomit bie oon ganj anberen
SHcquiftten abhängige Verewigung jum Söaffengcbraud) unmöglich cntfdjcibenb
für bic $rage fein fann, ob bereits eine biefer VorauSfefcungen, bie Veetbigung,
2lmtSetgenfa)aft ju übermitteln im Stanbe ift.
SBie ber bereits cittrtc §. 23. beS gorft*$. ©. betätigt, tonnen bie unter
ben dli. 1. bis 3. bafelbft aufgeführten wfonen, roela)e mit bem ftorftfdEjufee
betraut finb, ein für alle mal geriqjtUdf) beeibigt werben, unb nadj bem §. 25.
roirb eS ber (sibeSleiftung gleid) geartet, roenn ber ju Vernefjmenbe bie 5Rid)ttg*
feit feiner 2tuSfage unter Berufung auf ben ein für allemal getrifteten (£ib oer*
fidjert. SMe eine analoge Vorfdjrift ent^altenbc Vcftimmung beS (SntrourfcS jum
ftelb.» unb ^orft-^olijeigcfe^ ift befanntlidt» abgelehnt roorben. ©er §. 66. beS
fe&tcitirten ©cfefceS fdjreibt oor:
„ftelbbüter, ©brenfelbljüter ober ^orftyütcr fönnen für fämmtlidjc
in ©incr ©eridjtsftfcung §u oerfjanbelnben fyelb* unb ^orftpolijeifad&cn,
in roeldjen fie als beugen oernommen roeroen follen, in biefer 6i^ung
burdt» einmalige fieiftung beS 3c u 9 c neibeS im Voraus beeibigt werben."
SBortfaffung unb Snljalt biefer Vorfd&riften finb oermeintlia) nid)t nur
nidjt geeignet, bie fortbauernbe Slnna^me einer burdb biefe Veeibfcnmg fjerbei*
geführten Ucbertragung ber 2ImtSeigenfdjaft ju unterftü^cn; fic Itcfern gegen*
tfjcilig, inbem in ifmen 3roecf, Vebcutung unb Sragroeite ber Veetbigung flar
auSgefprod&en liegt, einen burd&greifenben Velag bafür, bafj fuf) biefelbc in bem
bcabfidjtigten projeffualtfcben 3roecfe erfüllt, unb bafj bie 2lmtSqualität ber be-
eibigten $erfonen oon ber Veeibtgung nia^t berührt roirb.
3uoörberft fällt in biefer Sejictjung als weiteres SBeroeiSmoment in'S
©eroid^t, bafe aueb Äöniglia^c SBeamtc, bic botf> fhcitloS mit SlmtSeiaenfcbaft aus-
gerüftet finb, ber Vcrcibigung naa^ äRafwabe ber §§. 23. ff. beS ^orft^. ©. felbfi
neben bec ctroa bereits erfolgten 3lbleiftung eines $5ienft* refp. 3lmtSeibcS bc-
bürfen, roenn eine ©efräftigung i^rer Vefunbung in gorm beS §. 25. bafelbft
flattbaft fein foll. $ie bernnaa^ für bereits beamtete in aan* gleia)cr Sföeife
crforbcrlid&e Vccibiguna, fann fomit nifyt eine Folgerung ba^tn ftü|en, bafe bie
gleid)befdbaffenc Vercibtgung in Sejug auf anbere ^ierfonen erft biefe 3lmtS*
cigcnfa>ft fa^affe. S)aS ^oljbiebjlablSgcfc^ befa^ränfte ftd) auf bic Slnorbnung
einer ein für allemal crfolgcnbcn Vercibigung unb ftattetc bie fo beeibeten $a>
fönen in ber beroorgebobenen 2Scifc mit einer befonberen ©laubroürbigfett aus.
Heber bic in baS Strafrcdjt cingrcifcnbc Söcbcutung unb 6bara!tcrifirung biefer
Söccibigung unb ibrer Söirfung enthielt cS feine Veftimmung. SlnbcrS baS
$orftbicbftal)lSgefe§.
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%u$ ttt *}3rap§ jur $ta*i«. 357
$cr beregte' §. 155. beS 6t ©. 33. lautet bahrn: 1
5)er 2lbleiftung eines ©ibeS wirb gleicfcgea$tct, wenn
3) ein Beamter eine amtliche SBerftcherung unter Berufung auf feinen
2)ienfUib abgiebt.
©S ift febon fireitig geblieben, ob bet 93cgriff beS Beamten im 6inne
biefer «orfebrift fidb mit bem beS §. 359. 2). 6t. ©. «. bedt? 44 ) SDte fich auf*
brängenbe ©rwägung, bie noch in Dem §ol$biebftahtSgefc&c geeigneteren 33obcn
finben fonnte, bahnt, bafe im 155. 6t. @. 8. bie Statt^aftigfeit amtSeiblidbcr
s8crficherung an bie 2lmtSeigenfchaft beS ^erfia)ernben gefnüpft, unb ba& fomit
in ber in bem 6pe$talgcfeö gcwährlciftctcn 3uläfjlgteü einer berartigen §Ber*
fieberung beren bebingenbe sBorauefefeung in C^eftalt ber 2lmtSqualität beS 2Jer*
fiebemben gefefclich anerfannt fei, ermeift fich bei näherer ^Betrachtung als nicht
ftidj^altig.
2) ie mehrcitirlcn §4?. 23. 25. 1. c. enthalten nichts barüber, bafj ber (gib
ein 5)ienftetb, bie Sßcrficherung auf ben ein für allemal geleiftetcn ©ib eine amt-
liche fei. 6te befagt fernerhin nichts barüber, wie bieS in folgerichtiger SBeife
ber §. 79. ber 6t. $r. 0. unb übereinftimmenb ber §. 375. 2lbf. 2. ber
5). 6. Sßr. D. in SJejug auf bie öefunbung ber 6adt)oerfiänbigen oorfdjrciben,
bafe bie Berufung auf ben geleiteten ©ib genüge. $>er §. 25. 1. c. orbnet mcl*
meto an, bajj eine 3Jerfidt)erung unter Berufung auf ben ©ib „ber ©ibeslciftung
gleich geachtet werbe", eine Sefthnmung, bie in ber SJat nur bie Auslegung
311 (äjjt, ba& bie Skrficberung ber an fich erf orber lidtjen förperlichen ©ibeSleiftung
gleichwertig, (entere auSnahmSmcife $u erfefcen beftimmt, 45 ) unb ba{j fie auch
im 6inne beS 1. 155. 2). 6t. ®. 8. einer förperlichen ©ibeSleiftung gleich
ju erachten ijt.
SDarin liegt nun aHerbmgS mbireft gleicbjeittg eine Slbänberung ber
ShatbcftanbSmerfmale ber §§. 154. 155. S>. et ©. 93. auSgefprochen. Qnbefj
biefc Abweichung ift bereits bei ber ^erathung ber Geichs '3ufti3.»@efe|e $ur
6prad)e gebracht worben, unb fleht mit ben anberroeiten ©efefceSoorfchriftcn hn
©mflange. 6chon im §. 2. beS ©inführ. ©. jum SX 6t. ©. 2). ift bie Siegelung
ber gelb* unb ^orftpoHjct ebenfo wie bie ftrofrec^tlic^e Slbnbung beS §olj*
(gorft ) Srtebftahis bem £anbeSfrrafrecf)t oorbehalten, unb im §. 3. beS ©inführ. ©.
nir 6t. ^ro$. 0. für bie ftorft* unb $elbrügefaa)en ber SianbcSgefefcgebung bie
Slnorbnung eine« befonberen Verfahrens einfchlieilich ber ©eeibigungSrorm über*
laffen roorben. 48 )
2tuS bem 2Berbeprosejj ber 6trafprojefcorbnung unb beS ©ericbtSoer»
fajfung^gefefeeS ift junächft erfichtlicb, bafj inhaltlich beS §. 3. 9ir. 5. beS ©ntw.
beS ©inführ. ©. julefct ermähntem ©efe^e bie 5 0t f^ uno ^elbrügcgerichte als
,,befonbere ©erichte" jugelaffen werben follten. S)iefe 53cftimmung beS ©nrrourfs
ift burch bie 9teich$tagS*#ommiffton unter bemnächfler 3wftimmung beS Geichs*
tag« befeitigt unb bie beregte SBorfcbrift beS §. 3. beS ©infuhr. ©. jur 2). 6t. Sßr. 0.
an beren 6telle gefegt roorben. 3ion ber in lefcterem Paragraphen reichSgcfe^lich
gemährten iBefugnifj h at °ie ^reufeifche SanbeSgefe^gebung in bem ©rlafj beS
gorftbiebftahlSgefe^eS. foroie eines befonberen f^elb- unb 8oTftpoli$eigefefceS
brauch gemacht.
3) crfelbe ©ntraurf jur 2). 6t. ^roj. 0. wollte bie SBerficberung unter
Berufung auf ben ©ienfletb für Seamte beäügli<h beS ihr Slmt unmittelbar
44) ©ebtttse üetjtbud) 6. 308 IRote 10.; ©c^watje, «ommentat ©. 431 ; 2Rcüer, a.a.O.
©. 577 Wote 7.; Dagegen 5Do^oto im £>anbbud)e »t. 3. ©. 235; D^pcnl}off ( a. a. £>. §. 15T).;
». ÄiTdjmann ©. 104.
4ö) Oeljlfd)läger.»enihartt ©. 63 »ote 1.
46) »etgl. areftiö 5&t>. 22. ©. 307 ff., ©cfaxirae, Äommentar a«t @t. ^roj. D. §. 3. «bf. a,
bei» liinfübr. Ö. ©. 112; i!5we, Äotnmeutar ©. 193 Röte 3., ©. 194 SRoteb.; ßabn, iDcatctiaUen
m. 1. ©• 53 ff., 2Ö8 jc; Oei?Mchlager-iöcnibartt ( a. a. D. © 64 Scott 1.; ». *ülo».©tcrntbctg
©. 86 s Jtote 1.
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358 ÄuS * cr ^ ra ^ s l m
bctrcffcnbcn Scudtiffc* geftatten. 2tucb bicfer SBorfdjlag tourbe oon bcm Steide
tage oertoorfen. 33ci ber ©elegenbcit würbe inbefj ber 3Jlifeflanb , bec ftcb au$
ber Häufung ber GtbeSleiftungen ergeben, unb einerseits eine söcrroeitläuftgung
ber ^er^onblungen unb anbererfeitö eine £erabtoürbigung ber Gtbe£letfiung jur
golge baben toürbe, rücffidjtlicb ber fyclb^ unb gorftrfigefadjen auäbrücflicb aner*
fannt, unb bestyalb auf ©runb jene« 3. b. feinfül;r. ©. jur 6t. ^Jroj. 0. ber
Sanbeägefe&gebuna, bie (üxmädjtigung ilbcrroicfen, in ber tbr oorbcljaltcnen 9te*
gelung bee gericbtlicben 9krfat)ren3 aueb bie ftorm su beftimmen, in ber in
rechtsgültiger unb rccbtSoerbinbltcber 3Beife bie söefräftigung bc3 3eugniffe3 ""b
©utaebteus ftattt)aben folltc. 5Dem anerfannten iüebürfnife, bie brotjenben Uebel-
ftänbc ju befeittgen, ift in ben §§. 23. bte 25. beS SX @. unb anbcrcr<
feit« in bcm §. 06, beß gelb* unb gorft*$ol. @. ©enüge geleitet, unb 3toar
bcrgeftalt ©enüge geleiftet toorben, baß in bem lefctcitirtcn ©efe&e bie Söccibigung
ber betrettenben gierfonen auf eine einmalige förperltcbe GibeSleiftung für jebc
©ericbtöftjning bejdjränFt, in erfterem, bem gorfibtebftablSgcfe&e, bie Söerftcberung
auf ben ein für allemal geleifteten Gib als* „förperlicbe GtbcSleijtung" felbft
qualiftjirt roorben ift.
darin finben aber aud) 3rocdf unb Sebeutung ber beregten ©cfcfocSoot'
fünften iljren Äbfölufs.
die me^reriüäbnten §£. 23. ff. bc£ gorji*$). ©. ftnb, gcrabe im .§in-
blief auf ba$ gelb* unb fjorft * s 4ioli jeigef f toeber bem JÖebürptifj crioadnen,
nod; oerfolgen fic bie "Jlbiicljt, bura) TOnurfung ber ftaatlia)en Autorität 5ur
äJerroirClicbung ftaatltdjer 3roecfe in ©efialt ber 8etf)ätigung ber gorft*$olijct
btc 5öered;ttgung jur SlnftcUung oon ^Beamten auf Äommunen unb $rioatbeit$er
ju übertragen, unb ben fo angcftcHten ^erfonen 2lmt$seigcnfcbaft ju überroeifen.
©ie befebranfen ftd; oielmel)r, bie grage nacb ber 2lmtäqualität unberübrt unb
offen lajfenb, barauf, lebiglia) $ur öejettigung projeffualifcber Uebelftänbe, bie
Grmäcbttgung ju erteilen, in ben fid) an bie ©efe|e3oerle&ungen anfcbliefecnben
Unterfucbungcn, für roeldjc bie ^nbaltSbeftimmung be8 §. 25. 1. c. ja au«'
fd)liejjlicb oon löebeutung ift, bie 2lusfunft3ertl)eilung tn einer gorm §u betraf tigen,
toeldje oo.n ber allgemeinen Siegel abtoeiebt. 9ud)tig tjt, bajj bie in §. 24. baf.
»orgefebene GibeSnorm glcicbjeitig bie ©elobung begreift, 3 Uttn0er !i an bl un Ö cu
gegen bog gorft*5)tcbftabl£gefc{j geroiffenbaft ansteigen. 2lber biefe ©elobung
bilbet im 3uf ammen b an 9 c mit bem roeueren 3nf)alte ber GibcSformcl nur bie
oerallgemeincrte ©runblagc unb Sßorau&fefcung einer ein für allemal ftatt&abenbcn
GibeSlcifiung, toelcbe eine Berufung auf biefclbe ermöglicht, gür aüc niebt
Jtöniglicben Beamten, alfo für alle im mittelbaren StaaUbtenfte, in^befonbere
im Äommunalbienfi fte^enben Beamten, foroie für bie oon ben $rioat*2}3alb*
cigentbümeru ÄngefteUten ift bie 5öerca)tigung jur Scfräftigunggiioeife in ber 2luß-
nabmeform oon ganj beftimmten, im §. 23. oorgefd&riebencn (Srforberniffen, roelcbe
oon ben Jücbingungcn einer aimtßanfteUung niebt uniocfentlic^ abioeidjen, abbängig.
S)urcbauÄ folgerichtig unb ber Sebcutung ber Öeeibigung cntfprecbcnb roieb, ab*
meiebenb oon ber *öeftätigung ber gelb' unb gorftbüter, 47 ) bie ©enebmiguug
feiten^ beS üBesirfSratbeö unb sroar niebt sur Slnftcllung, fonbem ^u ber
bie aöiebcrbolung jebeßmaliger förperlic^er ®ibcslciftung erfe^enben 2kreibtguug
erlljeilt, unb bie äiiirfungglofiflfcit bicfer SBceibigung ift nacb §. 25. 3Xbf. 2. 1. c. an
bie 3wrücfjiebung biefer ©enebmigung gefmipft, o^ne ba§ bie 8eobacbtung
trgcnD eine« JJi^iplinaroerfabrcn« erforberlicb roäre.
demgegenüber ift bie Regelung ber gorft*$olijei burdt) ein befonbere«,
fieb fclbft alegorft'^olijeigefe^ bescia^nenbeö ®efe§ erfolgt, unb in bemfelben
finb, cntfpredjenb bem §. 71. Zi). II. Zit. 10. 21. & 9t. bie fragen geregelt, toem
47) ütogleiAc bie betreff enben «Behren in fcer 9?ote 5. ®. 84, to. $ölo»^teniebcrg
«. a. D,
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ÄuS ber <|3rari« jur fyraxi«.
359
bic 2lnftelIungSbefugni§ jufleht, oon welchen VorauSfefcungen bicfelbe abhängig, •
unb in welcher $o*m bicfclbc rechtsgültig oor$unchmen ifi.
2>ic ftienftoerrichtung bcr ftorftlnUet ift, cbcnfo wie bic bcr fttlbtyttet,
polizeilicher Statur. Sie Sfitahrnehmung biefer polizeilichen ftunftton tffc , unter
f" ^eiliger Ueberweifung an bic im .königlichen 3)icnfte für ben ftorfl* unb
Ibfcbufc angeflellten ^etfonen im §. 63. 1. c, auf bic im §. 62. baf. befttmmten
:rfoncn übertragen. %n bemfelbcn 6pejialgefefe finb biejemgen Rechtsträger,
welche ju einer 2lnfleHung befugt finb, bezeichnet, unb cbenba ift bic ftaatücbe
3)citwirtung bei ber biefen Rechtsträgern überlaffcnben 9lnftettung in ©efialt
einer SJeftättgung burd) bie StaatSbctrörbe ausgebrochen.
SDarin ift bie gefefcliche Siegelung ber Materie im Döllen Umfange erfd)öpft.
©dwn bcr ©egriff beS Sßoli.ici iHmtcS rechtfertigt bie Folgerung, bafj auch
anbere ^Jolijcibcamte innerhalb ihrer örtlichen uno fachlichen 3 u ftänbigfeit, alfo
alle Beamten , bic ohne >Öef chränfung auf ein beftimrateS faßliche« (Gebiet
fd)lcd)t^in $u polizeilicher Stjätigfeit jeber 2lrt innerhalb gewiffer SBejirle berufen
finb, ju einem polizeilichen Eingreifen, jur Sicherung beS (SigenthumS unb jur
terbcifütjrung einer 2lbnbung ber innerhalb bcr ^elbmarfen unb ftorften verübten
trafthaten berechtigt finb, unb bcr §. 2. Dir. 3. beS ^elb- unb $orft*$ol. ©.,
ber neben ben gelb* unb gorfthütern ber „anberen jufiänbigen Beamten" auSbrutf"
lidj Erwähnung tlmt, beftätigt biefe 2luffaffung.
finb bura) baS Spejial*©. v. 1. 3lpril 1880 ganj beftimmte ^erfonen betraut,
bereu Obliegenheit in ber bereits hertwrgehobcnen SBetfe bic Veauffichtigung unb
Sicherung ber Salbungen unb $elbmarfen unb barin zugleich bic Pflicht sur
2(n$eige unb jur (srwirfung bcr Verfolgung aller innerhalb biefer ©ebiete be*
gangenen ftrafbaren £anblungcn im trollen Umfange begreift.
daneben eine noch engere Vcamtentatcgorte $u fehaffen, beren amtliche
^unrttontrung fta) inhaltlich ber EibeSnorm beS §. 24. beS gorft-S). ©. auf bic
bereite tron bcr Stenftocrrichtung bcr gorftbüter mit umfaßten „gcroiffenlmften
Slnjcigc bcr 3urotberhanblungen aegen baS gorftbiebftahlSgefefe" bcfa)ränfen mürbe,
lag roeber ©runb noa) Vcbürfmfi uor.
©omit bleibt — in fo fern bicfclbc nicht bereits in trorfiehenber Erörterung
ihre (rrlcbigung finbet — nur noch Eutg bic $rage zu berühren, roic fich bie in
©emäfcheit beS ®. oom 2. Sunt 1852 ftattgehabte Verewigung bcr
HJrioat* unb Äommunal'ftörfier, oorauSgefe&t, bafj lefetcre 2lmtSeigcnfchaft ju
übertragen geeignet war, bem oiel citirten ^elb* unb tforft^olizeigcfcfc gegen-
über gefteflt?
ücfctereS ©efefc ift öffentlich rechtlicher 9latur. ftaburd) ift oermeintlicn
bic auSnahmSlofc Slnroenbung feines Inhaltes tron bem 3eitpunftc beS 3n*
tfrafttrctenS an bebingt. $as ^oljbtebftabbSgefe^ ifl aufgehoben. 2>amit finb
bie Obliegenheiten, bie inhaltlich biefeS ©efe^eS ben nach SJiafjgabe beffclbcn
angeftcllten ^erfonen überroiefen waren, in äßegfall gcrathen, unb mit bem
Wegfall ifl auch bie biefe Obliegenheiten umfaffenbc Berufung gcgenftanbSloS
unb hinfällig geworben.
3ur Vornahme ber Verrichtungen beS ben ^orftfc^u| regelnben neuen
©efe^eS finb aber beftimmte Vcamtc berufen, beren 2lnftellung an cbenfo bc*
fthnmte, in bem ©efefc felbfl uorgefehene VorauSfefcungen gefnüpft ifi. Eine
ÄnfteUung naa) 3)cafegabe biefeS neuen ©cfe^eS ift aber nicht erfolgt.
2UlerbingS ifl im §. 25. beS gorfrS. ®. bie fortbauembe SBirlfamfeit
einer nach bisherigen gefeilteren Vorfchriften ftattgehabten Vereibigung
d.
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anerfannt. S)iefc Söirffamfeit etfiredtt fid^ aber nad) bem Söortlaut beS cittrten
§. 25. nur auf bie in Siorjteljenbem djaranertfirtc (Srmäajtigung, tf>r B^«^
unb ©utaa)ten unter Berufung auf ben ein für aüemal geleiteten @ib $u
oerftdjem.
3ft bie oorflebenb ju begrünben ocrmdjte 2tuffaf)ung jutreffenb, bafj bie
Skeibigung in ©emäj^eit ber §§. 23. ff. be8 $orft*$. ©. für bie ftrage naa)
ber Stratsübertragung unb SImtSeigenfdmft überhaupt einflußlos ift, fo bebarf
es feiner weiteren 9tea)tfertigung, ba£ audj ber einer folgen Seeibigung nur
glcidfjgeftelltcn SBereibigung naa) ben bisherigen ©cfefcej8ootfa)riften eine fold&c
Sinung niä)t innewohnen fann. ©erabe bie @rroägung, bajj biefer Vorbehalt
im (Sinne bcS §. 25. 1. c. auSbrüdlia) für notyroenbtg cradjtet roorben, läßt aber,
sumal in SBürbigung ber „mobemen $ea)nif ber ©efefogebung", bie jebe über*
flüffige Slnorbnung forglia) oermetbet, bie 2lnnal)me bercajtigt erfajeinen, bafj
oljne jene referoirenbe ©eftimmung mit bem ©efefcc uom 2. ^uni 1852 aua; bie
iniwitlia) beffelben ftattgefunbene ^ereibigung rotrfungSloS geworben iein mürbe
— ein s Jtefultat, baS bejüglia) ber anbermeit gefefcUa) geregelten 2tmtSqualität
ber ftorftfdjufcbeamten fidj um fo jtoingenber aufbringt.
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Ute Den tmtauglidjen Uerfudf betreffende JUettar*
entfdjeiöunö De« üeidjögeridjte-
«on §errn 3t. 31. Dr. jur. Subroig Sohn $u <Qalle a. ©.
SDtc Bereinigten ©traffenate beS SfteicbSgerichtS gaben unterm 24. 3M 1880
ben ©runbfafc aufgehellt, ba{? bic ©trafbarfeit bc$ söcrfuchcS eine beftimmte
Cualiftfation ber ijjanblung nicht erforbere (©ntfeh. be£ !Reid^^gerid^tö in ©traf*
fachen I. 93b. 5. £eft. ©. 439). liefern ^räjubije gemäfe unb lebiglicb auf beffen
9Wotioirung Scjug nehmenb, bat locitcr ber I. ©traffenat in fetner dntfdjeibung
oom 10. ^uni 1880 auch ben 33crfud^ am untauglichen Objeft für firafbar erflärt
(a. a. 0. ©. 451).
$amit ift jroar bie fa)limmfte Äontrooerfc, meldte ba£ ßriminalrecbt feit
bem beginn be£ gegenwärtigen 3 a $^unbettö beroegt, oon unferem höchften
©erichtShof entfebieben, nidf)t aber unfercr Meinung nach gelöft; benn roeber bic
©rünbe, auf welche bie spienarcntfchcibung fiä) ftüfct, noch Die SJefultate, ju benen
ber barin als richtig »erfod&tene fubjefttoe ©tanbpunft hinführt, Dürften Danach
angethan fein, bie Anhänger ber gegnerifd)en X^eorie oon ber Unhaltbarfett ihrer
2tnfta)t ju überzeugen.
&on ber 2lnnahme auSgeljenb, bafj bie Segalbeftimmung be$ §. 43. 9t.
©t. ©. 93. einer boppeltcn Auslegung fähig fei, inbem bie SBorte „Anfang ber
Ausführung" an fiep foroobl im fubjettioen wie im objeftioen ©inne aufgefaßt
werben fömtten, ^aben nämlich bie vereinigten ©traffenatc be3 9letd^ööerid^t3S
geglaubt, auf bie ©rünbe recurriren m mtiffen. auf meieren bie ©trafbarfeit beS
i&erfucbeS beruht, inbem beim ©dfjroetgen be£ ©efcfecS ber §. 43. nur bann als
uerlefct anjufeben fei, wenn bie angefochtene @ntf Reibung bie Danach $u be*
ftimmenben ©renken überfd^rttten haben mürbe.
©djon biefer 2lu£gang£punft erfcheint un£ bebenftidj. Slbgcfe^en von ber
weiterhin ju erörternben ftrage, ob bie SefHmmungen unfereS ©efcjjbudjcS uns
in ber £f>at oollfiänbig über bie legtSlatorifche Senben* im ©tich laffen, wirb
oon bem Reichsgericht a priori ber fog. untaugliche Jßcrfuc^ bem begriff be£
SBerfucbcS untcrftellt. 3mar brennen mir nia)t, bafj in ber roiffenfdjaftliä^en
SÖehanblung ber Äontrooerfe allfeitig ber gleiche modus procedendi cingefcfjlagen
roorben ift; niä)t foroohl barum, ob ^anblungen, meiere nicht geeignet ftnb, ben
5um £l)atbeftonb eine« «erbrechend erforberlichen Erfolg herooräurufen, ben
Gharafter oon Setfuchöhanblungcn an ftcb ju tragen, fonbem barum, ob ber
©taat $u ihrer Seftrafung berechtigt fei, tyat fia) seither ber ©treit unter ben
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3(;2 2>ic ben untaußlichcn iScrfud) bctrefittrte ^Icuarcntf^cibung fccä 9leid>Sgetid)ta.
Anhängern bct ocrfdjiebenen X^eoricn gcbrc^t. Grwägt man aber, bafj bic
Strafbarfeit einer ^anbluna, oon beren Sfmrafter abfängt, fo leuchtet ein, bafe
bie differenj eine tiefere ijt, als bieS auf ben erften #licf ber $att 8 U f e * n
fcheint. denn biejenigen, meiere ben Staat für nicht berechtigt crtlären, ben
fog. untauglichen SBerfucb $u beftrafen, währenb fie im Uebrigen bie Straf*
barfeit beS #erfuchcS nicht bcjiDeifcln, erflären bamit, bafc fic ber oermeintlichen
species bie $Befdjaffent)ett nicht utgeftchen, welche bem genus nach tyxtx Snftcht
innewohnt. 3p bie« aber ber #all, 10 oerbietet es fta) oon ihrem Stanbpunft
aus oon felbft, jwei ftategorien oon jpanblungen, beren s Jlatur fte für oer*
fchiebenartig erachten, unter ben gleichen begriff ju stehen. Vielmehr hört bamit
ber untaugliche Jüerfuch auf, eine 2lbart bes 3ier)ucheS ju fein; es bleibt nichts
übrig, als ihn aus bem begriff htnauSjuweifen, oon bem er ftd) generifch unter*
febeibet. demgemäß laufen nach unferem dafürhalten bie 2lnftrengungen ber
objeftioen Xheorie erft in petter üinie barauf fyvncaa, baS Straf recht bes
Staates in engere ©renjen m oenoeifen, als fte bte fubjefttoe ^h^^ fjejogen
wiffen will ; in erfter fiinie jmb fte oielmehr barauf gerichtet, bem 2ücrfucbSgebtet
ein Stile! ju entreißen, baS ihre Gegnerin ihrer Anficht nach au Unrecht offuptrt.
Sßenn umgefehrt bie fubjefttoe Theorie ben Strafrahmen weiter auSbehnt,
als bics bie objeftioe geftatten will, fo erflärt fte bamit fttUfchweigenb unb cor*
weg, bafj fie eine @l)arafteroerfchiebenheit ber unter beut einheitlichen begriff
jujammengefafjten ^anolungen anjuerfennen nicht in ber fcage )ei. freilich fittD
oabei bie wenigften ihrer Anhänger fonfequent; benn alle biejenigen, welche ein
anbereS Strafmafj für ben s Jcormaloerfuch , ein anbercS für ben untauglichen
^eii'udj ftatuirt fehcii wollen, negiren bamit im ^tachfag bie Homogenität Der
jganDlungen, welche fie im &orberfa§ als gleichartig unb eben Deshalb als jum
nämlichen begriff gehöricj ausgeben.
daraus ergiebt ftd), baß ber 2luSgangSpunft ber reichsgerichtlichen Snt
fcheibung infofern nicht glücf lieh gewählt war, als nicht fowotjl bie Aingc, ob ber
untaugliche isüerfud) ftraföar, als oielmehr bie, ob er unter ben begriff beS SBer*
fucheS, welcher in unferem (Scfcfebuch fei eS auSDrüdlich, fei es ftillfchweigenb Sin*
erfennung gefunben Iwt, fällt oDer oon ihm nicht berührt wirb, $ur Unterfuchung
ftanb. S)enn bie bamit iinpiicite ftatuirtc UnterfcheiDung $wi|chen begriff unb
Strafbarfeit ift unfercS ©rachtenS eine unnatürliche; es ift naa) unferer Meinung
ein innerer äüiberfpruch, oon einem oerbrechenfehen JHerfuch, ber nicht ftrafbar
wäre, 3U fprea)en. Erfüllt eine &anblung bie äJterfmale Des ge| [etlichen *öe*
griffeS, fo ift bamit iljre Strafbarfeit oon felbft geboten; ift Dies nicht ber
#all, fo ift fie eo ipso ftrafloS. %nx bie 3)tittelbtlbung, baß eme %\)at auf ber
einen Seite oon ber Definition betroffen, auf ber anberen bennoch oon Strafe
oerfchont fein tonnte, bleibt fomit fein Maum übrig, demgemäß h atle Da * deiche*
gcricht, um bie ülcoifton ju prüfen, nicht in bie disfuflion ber Spejtalfontro*
oerfe, fonbern in bie beS JöegriffS bes 58crfucheS eintreten müffen; es war ein
Hüthum ber S&ffenfchaft, wenn Tie, mit iljrem JÖcifpiele ber tfubifatur ooran*
gehenb, geglaubt hat, aus beut 2Befen ber Strafe Sa)lüffe auf Dte üöefchaffenheit
Des ^er)ua)eS sieben unb anberS ben Umfang Des Begriffes, anbers ben Der
Strafbarfeit beftimmen ju bürfen.
SUenn nun aber bie Strafbarfeit einer £anblung mit beren tyaxattcx
forrefponbiren mufe, fo liegt barin bie ÜKechtfertigung, weshalb wir ben SlusgangS*
punft ber ^lenarentfcheibung nur als inforreft, nicht als unrichtig bezeichnet
haben, denn banach mufj man ju bem nämlichen SHefultate gelangen, gleichoiel
ob man baS Siiefen bes ^erfuches erforfdjt unb feine Straf Darf cit als beffen
2luSflufj anficht ober ob man ben ©runD feiner Strafbarfeit ermittelt unb Daraus
Den Sct)lufj auf feine SÜefchaffcnheit ableitet. 2Jtag auch immer ber erftere shteg
ber entiprechenbere fein, mDem bie Strafe nur eine (jolge ber oerbrecherifchen
in, fo ift Doch Darum ber zweite modus proceUendi, wenn auch 8 enn B
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fte ben ntttongU^en Skrfurt t>cttef1enbc ^tenartntföettimg bei 9iei$Sgeridjt8. 3($
umftänblid)er, fo bodj nod) nidjt unsuläfüg. £cr ©dnoerpunft ber (Sntfdjcibung
be£ 9teia>8gerid)t$ liegt fomit in feiner 2luffaffung über ben ®runb ber ©traf*
barfeit be£ Serfudje«.
3wei Styeorien flehen fid) Ijier feinblia) gegenüber; bie eine eradjtet ben
SBerfud) um feiner objeftioen ©efäfn:lid)feit willen für jtrafbar, bie anbere wegen
be£ burä) ilm junt realen 2lu£brucf gelangten oerbrea)erifd)en ÜBitlenS. ^ene
fwt batjer baS Siefen beS SerfudjeS als potentiell re$tSöerle&enb ju dbarafte*
rifiren, wäljrenb biefe tyn als bie üDknifeftation beS dolus auffaffen mup. $)ie
$olge Neroon ift , bar, man oon bem juerft gebauten ©taubpunft aus bem
Uierfud) einen objeftioen Xhatbefknb beilegt, oon bem julejjt gebauten ©tanb*
punft aus bagegen ifmi benfelben abfprid>t; bort fallen unter ben Segriff nur bie
Jpanblungen. 1 melden baS ^ßräbifat ber objeftioen ©efä&rUdtfett gebührt, biet
unter Ü)n alle öanblungen, weta)c ben 33ewetS ber oerbre(f>erifa)en 2lbfid)t fjer*
ftellen, ofme baf es im uebrigen weiter auf beren Sefdjaffenjjeit anfommt. ®arin
wurjclt bie Ütteinungsbioergcnj 3wifd)en ben Hnljängern ber objeftioen unb
ber fubjefttoen £f>eorie.
2)as $eid$gerid)t Imt ftdj ju ©unften ber lederen auSgefprod)en, allem
bie Ijicrfür erbrachten ©rünbe erachten mir nidjt für burd»a)lagenb. 2>enn
banadj foU eS feinem ßwcifcl unterliegen, „bafj im Serfud) ber oerbredjerifdjc
SWUle biejenige (Srfd)einung fei, gegen weldje baS ©trafgefefc ftd) rietet, im
©egenfafc ju bem in ber SToüenbung ju Sage tretenben, aus bem oerbredjerifdjcn
aSiUen tyeroorgegangenen red)tSwibrigen Gefolge."
3roar lägt fia) nidjt in Slbrebe fetten, ba& bie fpe$iftfd)e 33erfdnebenl;ett
äwifdjen 3*erfud) unb Menbung bartn befielt, bafj bort ber oom 2krbrecj>er
bcabfidjtigte Erfolg ausbleibt, bicr bagegen eintritt; ber barauS gezogene ©d&lufj
aber, ba| beSlmlb baS ©trafgefefe im erfteren $alle lebiglid) gegen ben oer«
bredjerifajen SBillcn reagire, erfä)eint uns in 3Jfafee bebenfltdj. 2)enn
babei wirb unerwogen gclaffen, bafj mir oon ber Statur feincSwcgS berart organiftrt
ftnb, bafj mir auf jebem uns beliebigen 2Bege einen (Srfolg, um beffen §erbei*
füljrung es uns 3U tlmn ift, fieben ju rufen oermödjten. SBielmeljr finb
mir barauf angeroiefen, eine ber Duellen ju eröffnen, weldje ber oon uns beab*
ftajtigten Seränberung bie aRögliä)feit tyreS Eintritt« gewähren. SÜaS nia)t ein*
mal in ber Sßotenj faufale Äraft befi^t, mu& it)rer erft reäjt in ber Realität ent'
beeren. ^QQben mir bcsimlb bie potentielle ^aufalitat als bie unerta§lia)e $or"
bebingung ber aftueUen anjufe^en, fo ge^t barauS bernor, bafe nur ber feine
2lbfia)t ju oermirflia)en im Stanbe ift, ber eine £anblung oornimmt, roeldjer bie
^ä^igteit innewohnt, bie Dbjeftiottät ber ©ubjeftioitat entfpreo)enb ju mobtneiren.
Xntt bie beabfid^tiate SJeränberung nidjt ein, fo ^at bamit nidjt bie Dbjeftioität
i^re S3ebcutung in oer SBeife ocrloren, bafe nur nod) bie aöillenSfeite in Setrad^t
fommt, oielme^r unterliegt unferer Beurteilung noty barüber ^inauS bie
potentielle fiaufalität, roelAe baburd) unberührt geblieben ift. hiergegen oerfto&en
biejenigen, roeldje beim 5üerfua) baS 6d)ulbmoment lebiglia) in bie fubjeftioe
©p^äre oerroeifen.
©ne oielfad) oerbreitete Slnfia^t fuäjt freiließ biefeS ü)r entgegenf!e^enbe
Argument baburd> aus bem Söege ju räumen, bafe fie jebem ernfüttfien, auf ben
(Srfolg geria)teten Streben potentielle ßaufalität jufd)reibt. Sßäre bie SBorauS*
fe^ung richtig, fo märe ber oon mir erhobene (Sinroanb roiberlegt, ba bonaa) ein
objeftioer Unterfc^teb jrotfe^en ber einen unb anberen Äategorie oon ßanblungen
nidjt erfinblia) märe, ^a) merbe Ijierauf im Serlauf ber weiteren »ebuftionen
bcS 9teia;j5gcria;tS jurtirffommen; ^ier mag bie Semerfung genügen, bafe bie
gegnerifd)e 2luffaffung eine boppelte ficljre oertritt. ^anbelt es fta) nm ben
2:i;atbeftanb beS SBerfua)eS, fo erflärt fie alle ^anblungen für potentiell faufal;
banbelt es fi$ um ben ber SoUenbuna^, fo toeifett fie il;ren ©tanbpunft. £>at
Semonb in Unfenntni^ oon ber 93efü>trenl)eit bcS oon i^m angewandten ^iittelS
24*
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8(J4 ten untauglidjcn SJcrfud) betrcftentie ^Icnareiüfcfyetomtfl be$ Weidjägcridjt«.
Patron in bie ©pcifen eines Anbeten gemifdjt, um ihn «i oergiften, fo wirb bie
s J)iöglid)feit beS SobeS für itid;t auSgefchloffen erflärt. 3ft aber nachträglich ber
£ob, gleidmicl in golge melier anberroeitigcn ümfiänbe, eingetreten, fo fällt eS
Memanbem ein, baS 33orhanbcnfetn oon SUatron im 3Jtagen obet in ben (Sin*
gcroeiben burd) bie Obbucenten fonftatiten ju laffen. darin liegt baS fliU*
fd)meigenbe Slnerfenntnifj, bafe bie ^Behauptung, roonach jebcS 3Jtittel geeignet
fein fott, bie Slbficht beS ShäterS ju realtfvren, fich benn bod) nicht aufrecht er*
halten lägt. ©o lange uns bie 9kturroiffenf haften lehren, bajj mir genötigt
finb, um eine beflimmte SBirfung ju probusiren, ju beftimraten Mitteln ju greifen,
finb mir nadt) meinem dafürhalten im Ärtminalrecht nicht berechtigt, baS ju
leugnen, mag mir außerhalb beffelben nicht ju beftreiten oermögen.
damit ift aber Sie söegrünbung beS fubjeftioen 6tanbpunfteS in ber
lSntfdt)eibung beS 9teichSgerichtS nid)t nur abgesoffen, fonbern es wirb fogar
ber gegnerijehen X^eoric bie &on$effion gemalt, bajj bie Sluffaffung Des &erfuÄes
als s JJiamfeftation beS oerbrecherifchen äÖtllenS baS ftrafbare ©ebiet unangemeffen
weit auSbehne, inbem man na^eju baju gelange, bie nuda cogitatio jur :Hcd)cn
fdmft $u jic^en. Slnftatt jeboa) ben Äonflift ju löfen jroifchen bem, toaS bie
ftolgertchtigfeit erforbert, unb Dem, toaS bie ^rinjipien beS StrafrechtS oerfagen,
menben fic^ bie (SntfcheibungSgrünbe nunmehr gegen bie objettioe Xljeorie. 2lUein
es leuchtet ein, baft bamit, bafj bie gegnerifche 2tnfi<ht miberlegt mirb, bie
s Jtidt)tigfcit ber eigenen nod) nicht bemiefen ift; roeber ift bie SDlöglidjfctt au«*
gef^loffen, bog beibc Parteien oon ber Söahrhctt gleich roeit entfernt finb, noch
bie, ba| bie eine oon ilmen, rocnngleidt) au« unjureidjcnben ©rünben, an fich
billigenSroeruje Ütefultate oertheibtgt. SÖir möchten jeboch nod) einen Schritt
meiter gelten unb ben 3roeifel anregen, ob bie objeftioe $beorie in ber tyat an
ber Stelle eine Slöjje aufroeift, an ber baS SieichSgertcht fie befämpft.
3n ben (^tfdjeibungSgrünbcn wirb nämlich ihre £ef)re bat)in gefennjeuhnet,
bajj banad) nur biejenigen ^anblungen ben Ehatbeftanb beS ftrafbaren ißerfuches
erfüllen follen, melden baS s #räbitat ber objettioen ©efähruchfeit jufommt. Jür
ioentifch bamit mirb bie Anficht ber ßriminaliften gehalten, meiere beim Verfuch
oon einem Äaufal$ufammenhang fpredjen unb nur biejenigen §anblungen für
ftrafbar erachten, toeldje bie Vollenbung herbeigeführt hätten, roenn (ein oom
Hillen beS &hätcrS unabhängiges (Jreignifj eingetreten roäce.
äüenn mir auch nicht oertennen, bafe in ber fiittemtur oielfach barauf
fein ©emicht gelegt morben ift, ob man bie Straf barfeit beS 33erfuche£ in ber
einen ober ber anberen SÖieife a^arafterifirt, fo ift bieS boch nicht burchmeg
geliehen. 3 ,öar 8 euet0at ^f benroirmobl als ben söegrünber ber objeftioen
6a)ule bejetchnen bürfen, beibe SluSbrucfSiocifen für fononym gehalten, inbem er
fich ju bem ©runbfa$ befannte, Dar, ber ^erfuch nur bann unter *<Bönalfanttion
ju ftellen fei, „menn bie Joanblungen felbfi nach ihrer äußeren ^efdjaffenbeit
(mittelbar ober unmittelbar, menig ober oiel) mit bem beabfichtigten Verbrechen
im urfachlichen 3ufainmenhang flehen, objeftio gefährlich leien." (geuer*
bach, Sehrbuch beS peinlichen Rechts §. 42.) 2luch ^achariae unb bitter*
maicr hoben nicht meiter Simulien einer objeftiu gefährlichen unb einer folgen
äanbluug gefchieben, bie üd; mirffam gezeigt hätte, menn fein oom iiUUcn beS
^häterS unabhängiger Umfianb ben Üaufal^u|ammenhaug gelöft ijaben mürbe,
oener charafterifirt nämlia) ein „unjulänglicheS Littel" bahin, bafe bei feiner
^Imoenbung ber (Erfolg eingetreten märe, menn nicht ber 3 u f Q Ü bie äBirfung in
concreto oereitelt hätte, (^achariae, bie Sehre oom Jüerfuch ber Verbrechen
5öb. L 6. 240); er nimmt mithin ebenfalls an, ba& bei entgegengefefcter ÜJor*
auSfcfcung ber ihötbeftanb ber ^ollenbung oorliegen mürbe. 2)icfcr bagegen
mill ftrafbaren 4$erfuch überall ba angenommen hoben, roo
„baS (Eintreten ber 3Menbung beS Verbrechens an ber ilngefchicfltch'
feit ber Ausführung fo icheitert, bafj bie (^ntbeefung unb Abwenbung
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3>ie fcett uittaunti*ett öerfu* frttreffenbe ^tettatentftfeibuufl bei ffleicf>«flerirtt«. 3(55
bcr Menbung beS Verbrechens ober bcr Crreidjung bcr Bwccfe
beS Jäters leidet war ober bic SBoHenbung bureb bie 2lrt bcr 2IuS*
führung beS ^^äterS, burd) bie mangelhafte, ungefchiefte, unooUjtänbtac
ober in ju geringer Quantität gesehene änwenbung beS an fidt>
tauglichen Littels ober burd) gewiffe oorbanbene Gigenfdjaftcn unb
3uftänbe beS 3U Söoflenben ober baburch gehinbert würbe, bafj wegen
eines nach bcr SJhätigtcit beS UebcrtreterS ^injuforamenben UmftanbeS
bie SMenbung in bem einzelnen Me unmöglich würbe."
(Wittermaier, bie rechtliche Scbeutung beS 2lu$brucfS „2lnfang
bcr Ausführung", im ©erichtSfaal pro 1859, 6. 439.)
Ohne ba§ cS nötfjig wäre, b^r in eine flritif ber Söcittermaier'fcben
$erfuchslchrc näher cinjugehen, finb wir auS bem oon ihm gelehrten „@runb*
fafc" jebcnfaH« ju ber 2lbfrraftion berechtigt , bajj auch Danach bie Menbung
als eingetreten an3ufeben wäre, wenn baS in concreto j\u Sage getretene
§tnbernifj als weggefallen fingtrt wirb. $n ber neueren $tit bat jeooch bie
objeltioe S^eorie fid) oorfidjttger auSgebrücft. ^nSbefonberc |at ©eoer barauf
bmgebeutet, baft nur biejenigen SterfuchShanblungcn unter ben objeftioen ZfyaU
beftanb bcr Verbrechen fallen, welchen, in ©ebanfen 00m Erfolge toSgelöft, bie
p^igfeit innewohnen würbe, 3U if)m 311 führen, (©euer, über bic (Strafbarfeit
untauglicher VerfuchShanblungen im @ericr)t8faal pro 1806 ©. 58.) danach
würbe ftd) aber bie formet, welche baS Reichsgericht als bcr objeftioen £fjeorie eigen»
thümlidj anfielt, ein wenig änbem. drüeft nämlich bie ^äfjigfcit bie 9ttöglid)feit auS,
fo tonnen wir nicht fagen, bafj, wenn ein fonfretcS §inocrnife ntcr)t eingetreten
wäre, ber aftuelle Äaufa^ufammen^ang 3ur (Srfcheinung gefommen, oielmehr
werben wir nur behaupten bürfen, bafj ber potentielle ßaufaljufammenhang be*
fteben geblieben märe. 3$ null midj burefo ein Scifpiel flarer machen. 2Bir
werben wohl oon bemjenigen, bcr einen SBücbfenfcbufe auf einen OJfcnfdjcn in
bcr SMßance oon jelm «Schritt abfeuert, anerfennen, bafj er 3U einer ^anblung
gegriffen hat, welche bie ftäbigfeit beftfct, ben £ob berbei3uführen. ftmti 2llter*
natioen finb bamit jugleich gegeben: bie aftöglicbfeit beS Belingens unb Wifr
lingenS. 3Ber bieS bejtretten wollte, würbe nadj meinem dafürhalten baS SBefen
ber Üffiöglicbfeit oerfennen, benn nur bann, wenn ein ©reigntfj fowotyl eintreten
wie ausbleiben fann, finb wir befugt, es als möglich su be3eid)nen. Verfehlt
nun ber 6cf>üfce fein Siel; fo i|t bamit bie ihm günfttge Sllternatioe jur ^eft^iens,
bie i^m ungünfiige jur ©rtfiettj gelangt. 3>enfcn wir uns biefen Umftanb hin*
weg, fo fommt bie Sadfjc wieber balnn 3U ftchen, wie He oorher geflanben hot.
2öir fönnen barum nicht fagen, bafj, wenn baS ^inbeniiB nid^t eingetreten wäre,
ber ©egner getöbtet worben wäre, oielmehr müffen wir uns auf bie Behauptung
befchränfen, baf3 nur bic 3WÖglid)feit beS Eintritts ber einen unb bamit oon
fclbft auch bcr entgegen gefegten Slltematioe beftchen geblieben wäre. S)ieS ifl
aber auch bcr @inn ber objeftioen Schre im 9lllgemeinen. S5enn wenn alle ihre
Slnhänger fidfj bartn jufammenfinben, ba§ Tie ben ©runb ber 6trafbarfeit beS
ScrfucfeS in feiner ©cfährlicbfeit crblicfen, fo oerlaffen fic unbewußt ben ©tanb-
punft, oon bem fic ausgehen, wenn fie, — baS eingetretene ipinbemife als weg-
gefallen ftnairt — ben aftuetten Äaufaljufammenhang als oorhanben annehmen.
3)enn ber begriff ber ©efaf;r briieft nur bie Üflöglfchfeit beS Eintritts eines
fchäblichen ©retgniffeS auS; er fe^t mithin ebenfalls bie beiben 2llternatioen als
gegeben oorauS, oon benen ich foeben gefprochen. in meinem 9tadjbarhaufe
eine ^euerSbrunft ausgebrochen, fo werbe ich meine 9ttobUicn als gefährbet be-
trachten; bie SWöglichfeit, ba§ fie oon ber flamme ergriffen unb bamit oon felbfl
aud^ bie entgegengefe^te, ba| fie oon ihr oerfchont werben, ifl bamit eingetreten.
2Beht ber 2Binb baS ^euer nach ber meinem £aufe entgegengefe^ten Dichtung
hin, fo würbe ich unoorfirhtig ^anbeln , wenn ich erflären moUtt, ba§ mein
Mobiliar anberenfatts rettungslos 3U ©runbc gegangen wäre, oielmehr werbe
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,°»66 ®' e ben untauglitfcn 3$erfuc$ betreffende ^lenareittfcfjeilmncj *c8 fteid)8geric$t«f.
iri) midi auf bie ^Behauptung bonliränfen, baft cS möglicher SBcife ofjne bie
®ajmifchenfunft beS SHaturereigniffeS ein 9taub beS entfeffetten Clements ge*
worben wäre.
demgemäß ocrlangt bic objeftioe "Xtytoxic, wenn wir ihre 2luSbrucfSwcifc
forrigtren, 3ur Strafbarfeit beS SBerfudjeS folche föanblungen, welche bic Soll*
enbung jur $olge hätten Ijaben fönnen, wenn (ein oom 2ßitten beS ShätcrS
unabhängiger Umftanb eingetreten roärc. SScnn baljer baS 9teid)Sgericht, in
feinen £ebuftionen fortfahrenb, erflärt:
„$te ©iffcnfdjaft $at baS Unhaltbare biefer Xtyoxfc (sc. ber
objeftioen) überjeugenb nachgewiefen. $)cr Äaufaljufammenhang
äwiichen einer £anblung unb bem burch bicfclbc beabfichtigten Grfolgc
ifl niemals burdj baS £)afcin ober $eljlen cineö cinjelnen 3wifchcn*
ereigniffeS unbebingt gegeben ober aufgehoben, fonbem jebeS auf ben
enbfichen SluSgang Ginftafs äu§ernbe ilreignifj ober Verhältnis giebt
ftets als einzelner ßaufalitätsfaftor nur eine größere ober geringere
3)?ögttchfeit ober 28a!;rfa)einUd)feit beS lederen, niemals bie ®erotfjl;cu
feines Gintritts ober 9iidjtcintrittS."
fo roirb bamit ber Stcxn ber objefttoen Sefjre nicht getroffen, 2)cnn barauS, bafj
roir nidjt berechtigt finb, bie Sjkognofe ju ftellen, bafc ber Vcrfudj in SBottenbung
umgefchlagen roärc, folgt nicht, — unb hierin liegt ber <Sd>roerpunft ber $hcoric,
gegen bic baS DteidjSgeridjt ftch roenbet — bafe wir nicht roenigftenS ju berjenigen
befugt fein tollten, ben Eintritt einer ^olgc bei einer abroeidjenben VorauSfefcung
als möglich ju beliehnen. SllSbann müfiten roir benjentgen §anblungen, welchen
nicht potentielle ßaufalität inncroohnt, baS ^räbtfat ber ©cfährlichfeit ober ber
gäbigfeit, baS oom Verbrecher beabftdjtigte Grcignifj in ber Sinnenroclt fytxbti*
äufutjrcn, abfprecheu unb bamit ben Gtmrafter beS fhafbaren VcrfucrjeS oerfagen.
hiergegen machen bic ©ntfcheibungSgrünbe beS 9teid>SgerichtS geltcnb, bafe
man bamit bic 6traflofigfcit beS VerfudjcS überhaupt fanftionirc.
„3)enn faufal für ben Grfolg — fo roirb bebujirt — ift eine
^anblung nie, roenn ein Grfolg nicht eingetreten; ber 9iichteintritt
«igt eben, bafj fie nicht faufal roar. 2tber cS barf auch weiter ge»
jagt werben, baß cS im 2lllgcmeinen berartige öanblühgen, bie unter
allen tlmftänben ungeeignet feien, ben bcabfttf)tigtcn (srfolg fytxvox»
prüfen, in SBirflich feit gar nicht giebt, im Ginjelfalle bagegen jebe
ßanblung, bic nicht jum Grfolge geführt f)at, als eine ju beffen
öcroorbringung abfolut ungeeignete fidt) erwiefen hat-"
3$ rann nicht jugeben, baft bic objeftioe Zfytoxii p bem Wcfultate führt,
welches baS 5Kcicf>Sgcricht als bie 5lonfequcn3 ihrer fieljrc anfleht; weber burch
ben erften noch burch ben §wetten ©a(j beS jitirten ^affuS ber GntfcheibungS*
grünbe wirb fie meines GrachtcnS ad absurdum geführt.
Von jenem wirb fie nicht betroffen, weil bic aftucHe Äaufalität beim
S3erfuch nicht in ^raae fteht; burch biefen wirb fie nicht crfd)üttert, weil bic
barin auSgefprodjcne $nfid)t in ihren beiben Xhcilcn nach meinem dafürhalten
auf einer unhaltbaren petitio prineipii beruht. SBebcr ift eS gerechtfertigt, alle
&anblungcn, welche nicht bie 9tbftd;t beS ShötcrS realifiren, als „abfolut un
tnuglid)" nt bejeichnen, noa; jeben 2öcg, ben er einfehlägt, um ben oon ihm
gewollten Gtfolg in'S Scben »t rufen, als hierzu geeignet ju erflären.
3n jener Sesiehung wiH eS mir feheinen, bafe wir uns einer contradictio
in adjeeto fchulbig machen, wenn wir oon einer „abfoluten Ungccignetljcit" im
„fonfreten %aüt" fprechen. S)cnn ber öegriff beS ©ccignctfcinS brüeft nur bic
3)löglichfcit aus, ju einem beftimmten 3^le auf gewiffc SBeifc 311 gelangen unb
hat eS baljer lebiglia) mit ber Slbfiraftion su thun. Gr bleibt beSfjalb unaltcrirt,
gleichoicl ob bie beabfichttgte ^olge in concreto eintritt ober wegfällt. Grflären
wir bic Slnwenbung oon digitalin für geeignet, ein neroöfcS ^erjleiben $u heben,
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SDte ben untauglichen SJcrfucfj betreffende ^tenarentfcbeitmitg fceä Steid)Sgeri<$t§. 3^7
fo finb wir nicht berechtigt, einem Slrjt, bem eS nicht gelingt, baS Ucbet auf
bem bejeichneten Söege ju befettigen, entgegenhalten, ba§ er „eine abfotut un*
geeignete" SehanblungSweife etngefdjlagen ^abe. 2)ic ^ät)tgfett einer £anolung,
einen ©rfolg ^erbei^ufflliren, tft nielraeljr eine iljr immanente ©igenfdfjaft, welche
ftc burä} außerhalb berfelben liegenbe Momente nid)t erlangen unb nicht oer*
lieren fann. 28er anerfennt, baft ein ©chlag mit einem ferneren ^nftrument
auf ben ©cf)äbel geeignet tft, ben £ob eines iücnfdjen nach ftdj &u Rieben, b,anbelt
mitlfürlid}, roenn er benn bodj ^interbrein bie Xfyai anberS bei eintretenbem,
anberS bei auSbleibenbem $obe qualifijirt unb ftaj ubcrbieS ein Urteil über
ihren Gbarafter wäfjrenb beS SchwebejuftanbeS zutraut, in meinem eS ungewiß
ift, ob bie eine ober anbere SKltematiue pr ©ntftemtng gelangen wirb, ftdj
glaube nicht fehlzugreifen, roenn ich annehme, bafj bie (sntfdjeibung beS Weichs*
gerichts inforocit oon ber in ber Siteratur häufig roieberfebrenben SBerwecbSlung
oon Sauglichfeit unb SBirffamfeit nidt)t unbccinffuBt geblieben ift. $)enn hierauf
läuft eS hinaus, roenn Äöftlin, ber barin nur aß$uwiü*fährige 9kdEjfolger ge*
funben hat, jebe ^anblung, welche beim SBerfudj flehen bleibt, für ungefährlich
nuSgiebt (ßöftlin, 9teuc Mcoifion 6.371), ober roenn £älfdjner unb mit ihm
bie übrigen 2lnbänger ber fubjeftio*objefttoen £t)eorie erflären, bafj jeber SSer*
fudt) — bie ©riftenj beS DbjcftcS üorauSgefefct — bie Untaugtidjfett beS Littels
jum Sßorfcbein bringe (£älf<hner, ©tjftem 33b. I. ©. 186). Slnftatt m er*
roägcn, bafe bie pfjigfeit nicht mehr unb nicht weniger bebeutet als bie 3Jcöglichfeit,
oon jroei cinanber auSfchliefeenben SHternatioen bie eine 511 ocrroirflidjcn, rennet
bie gegnerifdje Sünfic^t nur mit realen ©röfjen. £rttt in concreto ber £ob ein,
fo wirb baS Littel als geeignet, bie ©efaljr als oorhanben bc jcidt>nct ; bleibt er
in concreto aus, fo roirb baS ©egentheil oerfichert. ©ehört aber bie Sflögltchfett
ber 3ufunft <m, fo unjuläfftg mit Gegriffen, bie eS mit it)r ju thun haben,
ba $u operiten, roo cS fidj um (Sreigniffe hanbelt, bie bereits in ber Vergangenheit
liegen. 2Ber eine <panblung für gefährlich erachtet, wenn ber ©chufj beS 9JtÖrberS
ben 2:ob beroirft, für ungefährlich bagegen, roenn er fein 3iel fef)lt, überfielt,
bafe in bem einen unb anberen ftalle bie ©efaljr $u erifiiren bereits aufgefrort
^at: fürSegriffe, bie in ber Slbfiraftion rourjcln, ifl bie Realität bie ©tätte, bie
i^nen ben Üntergang bereitet. Wut auf jenem, nic^t auf biefem ©ebiete Ijat ftd)
bal;er ber 6treit über bie Sauglidjfeit unb Untouglidt)feit einer £anblung ju
bewegen.
%n btefer S3ejie^ung roirb bie objeftine Xbeorie mit einem 2;rugfdf)lu6
befämpft, roenn ifn; bie fdt)on an ftdj auffallenbe Scljauptung, bofe ber 9Kcnfdt)
in ber Söa^l feiner Littel fd&ranfenloS fei, entgegcngeljalten roirb. Ratten
biejenigen, roelcie fid^ ju bem <5afc befennen, ba§ eS feine £anblung gebe, ber
nidt)t in ber Slbftraftion ÄaufalitätSnatur inneroob^ne, fid) nidjt bie 6ndöc bnburc^
erleichtert, bofe ftc ben ©egnern itjre SBiberlegung überlaffen l)aben, ol)ne it)rer=
feitS ©rünbe für it)re 2lnfi<$t ju erbringen, fo roürbe bie Äonflufion, §u ber ftc
iljre 3«^"^* t)ättcn nehmen müffen, auf bie ^rrigfeit ber Se^re, bie fte uer»
t^eibi^ert, oon felbft ^ingeroiefen l)aben. 3)enn nur berjenige roirb meiner Slnfid&t
nach tn ber fiage fein, ben SBeroeiS, ba§ bie potentielle Äaufalität jeber 2öillenS*
bettjätigung eigenthümlich fei, ju führen, ber oon ber SBorauSfcjjung auSgcl)t,
bafe jebem Umftanb, ob,nc ben ein anbercr nid)t eingetreten roäre, baS 5ßräoifat
„Urfac^e" gebühre, ©egen bie baburdf) gebotene ^bentifijirung beS objeftioen
©eltjufammenhangeS mit bem Äaufalsufammenfmng Ijabe ic^ mich bereits an
einer anberen ©teile geroenbet; 1 ) l;icr bleibt mir nur noch übrig, meine 23e*
bauptung ju rechtfertigen, wonach baS ^beorem, bafe jeber .§anblung potentiettc
Äaufalität innewohne, auf einem Xrugfcfclufc beruhen )6fL
1) 3n meiner ifebre: „5Jom öcrfuAtcn und unttoüenbeteu SJerbrcdien" §. 18. @. 488 fg.
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3ß8 Sie ben untaufjli^eit $etfu<$ Oerteffeube «Ulenatentföeibung beS fflei<$3gerirttS.
$>ie fubjeftioe Theorie projebtrt nämlich, um $u bcm 9tefultat, ba3 fie
als richtig pertbeibigt, ju gelangen, in fotgcnbct 2öeife: 6ie beruft fieh auf baS
eine ober baS anbere Söeifpiel, in roeldjcm ein ©reignife, bem mir bie ftahigfeit
abfpreeben, ftcb $ur SobeSurfacbe ju geftalten, ftd) in concreto allem STnfcpem
nach roirffam gezeigt ()at, unb fie oerlangt beähalb oon un£ ba8 Slnerfcnntnifc,
bafj mir ihm bemnach ju Unrecht ben (Slmrafter ber potentiellen Äaufatität oer*
fagt Ratten. So führt fie un« por bie 2tugen, bafj eine pfndnfche Erregung ober
ber ©enujj eines borten StücfcS 3ucfer3 fia> biSroeilcn letbal erroiefen habe, unb
fie toitt barauS gefolgert reiften, bafj forooljl bem einen roie bem anberen Um*
ftanb bie ftäbigtett beiwohnt, ein 2J?enfd)enicben ju nerniebten (0. 53uri, $ie
Sebren Pom SJerfucb im ©eriebtsfaal pro 1867 @. 72, öerfelbe: abfjanblungen
au« bem 6trafrecr)t. ©tefeen 1862 6. 68; §erfc, lieber ben Serfucb mit un-
tauglichen Mitteln. Hornburg 1874 6. 38).
9tad) meiner Meinung wirb hierbei ber Segriff ber „ftähiafeit" oertonnt;
benn bamit bejctdjnen roir, wie bereits bemerft, eine einer ©acbe ober einer £anb-
lung immanente ©igenjebaft. 6<bon barauS ergiebt fid), bafj ber Sdjlufe oon ber
Söirffamfeit in einem inbioibueDen $aU auf ben (Sbarafter ber $bat ein unbe*
rec^tigter ifl; ber Vauf ber ^Begebenheiten oermag an ihrem 2Befen nichts ju
änbem. Vielmehr werben mir un$, um ein Urtgeil hierüber ju geroinnen, an
bie Elbfrraftion ju roenben haben. 9iur bie $oten$ bleibt oon bem ©ang ber
(sreigniffe unberührt.
$äblen mir Slrfenif unter bie £öbtung8mittel ober crflarcn mir einen
6ä)ufj für geeignet, ein SJienfcbenleben ju ©runbe *u richten , fo ift für uns
hierbei niebt ber llmftanb beftimmenb, bafj roir bie Söirfungen, bie fid) auf bie
eine ober anbere 2öeife erzielen laffen, in einer mebr ober minber großen
3lnjabl oon hälfen ju fonftatiren Gelegenheit batten, fonbern ber, bafj ibnen bie
eigentpmliebfeit inneroofmt, in abstracto eine £obes8urfacbe beroorjurufen. SOBie
aueb immer ba£ einzelne Snbioibuum organifirt fein mag, fein ßeben ftebt, oon
ben fonfreten 33ert)ältniften abgcfeljcn, alle 2Me auf bem ©piele, fo oft cS ber
Crmroirtung beS einen ober anberen 3)fittel£ ausgefegt roirb. ©erabe barin jeigt
Reh bie ^abiflfeit leiber, ben £ob berbeisufübren, ba§ in jebem gegebenen ftall
bem Sttjäter ungtinftige Umftänbe eintreten muffen, roenn bie oon ihm eröffnete
2Jiögltd)feit fid) in concreto roieber oerfcbltefeen foü*.
©an* anberS fleht e$ mit ben ©eifpielen, mit benen bie fubjeftipe Theorie
ibre ©egnerin befämpft. 2öir roiffen blo$, bafj fid) an bem ©enufj beS 3ucfer8 eine
©rftiefung, an bie Erregung beä 2tffe!teS ein ©ebirnfcblag angcfcbloffcn ijat. Rk^cn
roir bie mebi^inifebe 5iöiffcnfd;aft ju 9latl;e, fo erfahren wir nur 1 , ba§ roir c8 b»cr mit
einer eigentbümlicben Äomplifation oon SBerbältniffen ju tbun haben, bie unS jtu
irgenb einer 3lbflraftion nicht berechtigen. ©0 lange uns aber nicht ber 9iaaV
roeiS geführt roirb, ba§ bem einen unb anbem Umfianb, auf roel<ben bie XobeSurfache
gefolgt ift, potentielle Äaufalität innewohnt, finb roir nicht in ber Sage, ju beur*
theilcn, ob roir ihn al$ für ben eingetretenen ©rfolg roefentlich ober als wirf*
fam JU erachten h fl ben 2 ). 3<h möchte roeit eher geneigt fein, einen 3>eran*
laffungSjufammcnhang ftatt eine« ßaufaljufammenhangcS anzunehmen, ba eö
mir unerfinblid) ift, auf roclche Ungunft ber fonfreten 3?crbältniffe roir ba5 9)iife
lingen ber %l)at in bem einen unb anberen ^atte jurtief^uführen hätten.
S)er ^eblfchlufe, mit bcm bie fubjeftioe Theorie ihre ©egnerin befämpft,
liegt mitbin barin, Safe fie nicht erflärt: rocil eine Ütlwt in abstracto bic
ftäbigteit befijjt, eine ^olge hemoriurufen, barum fommt ihr auch ba« gleiche
^räbifat in concreto fit, fonbern bafc fie umgefehrt folgert: rocil eine $bat fid)
in concreto roirffam erroiefen hat, barum ijt fie aua) in abstracto gefährlich.
2) liebet ben Unterfcftieb jwifcbcu trefenUid^ unb wirtfam, ^roifdben Staaulafiuna unb
®mnb cf. bie citirte S^rift e. 163, 1G4, ®. 4W, 491, @. 539 fg., @. 576-5S0, ©. 659,660.
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Sic ben untauglichen 8erfu$ betreffende Wenauutföeitmng be8 WeidjSgerichtö. 359
Slnflatt 311 bebmiren: Söeil ein «Schüfe in abstracto geeignet ift, ein 3JJenfchen*
leben au oernichten, wohnt U)m biefer (J^araftet auch im tnbioibuellen ftalle
innc, folgert fie umgefebrt: bte gefammte 2Jtenfchheit ift bei bem jcbeSmaligen
©cnufe non $ucfer bem Stöbe aiuSgefe^t, weil einmal ein beftimmteS Snbioibuum
auf bie bejetdfmete SQScife au ©runbe gegangen ift.
SBicUcid^t fprtngt ber f5c^lfd>lufe noch mehr in bie 2lugen, wenn mir ein
fraffereS öeifpiel wählen, in welchem mir an ber Slnnabme eine« SSeranlaffungS*
aufammcnbangeS nicht fonberlich fdjwantcn werben. Dörnen wir an, cS habe
ftemanb einen 3lnbercn in eine ©d>eune gefperrt, in welche balb barauf ber
23U|} eingefeb lagen unb ben ©efangenen getöbtet hat. Ohne SöettcreS leuchtet
ein, bafe roir nicht berechtigt finb, barauS ben Sa£ au abftrafjircn, bafe eine oor^
ubergebenbe Freiheitsberaubung geeignet fei, ein SJlenfdfjenleben au oernichten.
©ine innerliche SBerfchtebenheit aber awifeben ben $öHen, mit benen bie fubjeftioe
5£^eorie cyemplifijirt, unb bem, welchen idt) ihnen gegenüber gefteltt habe, oer*
mag ich nicht anjuerfennen. 2öer nicht gewiUt ift, ^icr au erflären: bie «Möglich*
feit beS SobcS roar burch bie Freiheitsberaubung eröffnet, unb ift himerbrein
baburdj, bafe ber Slifc nicht nieoergefahren ift, in 3BegfaO gefommen, bleibt bic
2(ufflärung fefmlbig, warum er bort behauptet: TO bem ©cnufe beS 3uäcrS
waren beibe Sllternattoen gegeben, im weiteren «erlauf aber ift bic eme mt
Sefijiena unb bie anbere aur ©rifiena gelangt. Wach meiner Meinung ift mel*
mehr weber bort noch t)tct ber ©oben ber potentiellen ßaufalität betreten; benn
nur bann, wenn bie Erfahrung uns lehrt, bafe baS Ausbleiben einer Söirfung
auf inbtotbuellen Umftänben beruht, nicht umgefebt, wenn fie unS fagt, bafe fie
bie 2)?öglicbfeit ihrer (Sntftchung bem unberechenbaren 3ufaU oerbanft, finb wir
3U einer 2lbfrraftlon berechtigt.
Damit bürfte zugleich bie ^anbhabe gewonnen fein, einer aweiten
Kategorie non SBeifpielen, bie uns bie fubjeftioe Theorie entgegenhält, unb
welche fie, ihrer inneren SSerfdnebenbeit ungeachtet, mit ber bereits befprochenen
in eine üinie fteUt, erfolgreich ju begegnen. 6ie weift barauf hin, bafe bei ge*
wiffen ÄranfheitSerfchcinungen ©ubftanaen, welche an fid) nicht fchäblicher Watur
finb, ben Zob au befchleunigen »ermögen, unb fie aiebt barauS abermals ben
(Schlufe, bafe banaa) ber begriff ber Sauglidjfeit ein unbegrenabarer fei. Sßeit
bie 3ufüf>rung oon 3ucfer Der Diabetes SBorfchub leiftet, fo glaubt fie bamit
ben WachweiS geführt au haben, bafe auch biefer 6toff ber 30hl ber XöbtungS*
mittel eingereiht werben muffe. (Ärug, $)ie fiehre nom SSerfuch ber Serbrechen
6. 23; — ßerfc, a.a.O. ©. 24.) Allein babei überficht fie, bafe bic Möglich*
feit, bamit eme Solgc heroorsurufen, hier eine beftimmte Äranffjeit au ihrer $or*
bebingung hat. ©er ^e^lfchlufe beftcht fomit barin, bafe He fich nicht barauf be*
fchränft, ben $udtx als geeignet au bezeichnen, einen SDiabetifer }u töbten, fonbern
bafe fie Umt indisdinete baS $räbifat-- s J)tittel aufpricfjt $)cnn mit ber Äonaeffion,
bafe ber ©ecjriff ber Sauglichfctt balb einen gröfeeren, balb einen geringeren Umfang
einnimmt, je nachbem bie SBorauSfefcung , non ber in abstracto bic ÜHögüchfeit
ber einen unb anberen Sllternatioc abhängt, bei bem ganjen genus ober nur
bei einer beftimmten species zutrifft, wirb man noch nid^t auf ben fonfreten
©tanbpunft gebrängt, bie Söirffamfeit einer 3^üt über ihre l^ä^tafcit, eine ^olge
ju »ermitteln, entfcfieibcn 5U laffen. 6agt uns bie Erfahrung, bafe bie 2lnwen*
bung eines SomittoS bei einer mit 3Ragengefchwüren behafteten ^erfon geeignet ift, ben
$ob burd; Sluterbrechen herbeizuführen, fo nerlaffen wir nicht baS ©ebtet ber 2lb*
ftraftion, wenn wir uns innerhalb ber baburdt) bebingten engeren ©renken be»
wegen unb eine £anblung anberS unter ber gegebenen, anberS unter einer ab*
weia)enben SßorauSfefcung qualifijiren. ©rflären unS bie Sterbe, bafe bie 3^öbtung
eines 6äugtingS burch 3"fwhning non ©pirituofen bewirft werben fann, fo finb
wir barum nicht bel;inbert, im Uebrigcn ben nämlichen 6toff unter bie WahrungS*
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370 ® ie ben «ntaugtitften »etfucfj betreffende ^lettaremföeibunß be« fflei<68geri<$t«.
mittet ju jä^lcn, bem mir innerhalb eine« engeren, in abstracto abtrennbaren
Streife« eine fc&äblidje @if|cnfd^aft jufd&reibcn.
25er Unterfc^ieb awifdjen ber 2lnfidfot, tucldje mir oerfcd&tcn, unb ber,
wcld&c bie 2lnf)änger ber fubjefttoen Sfjeorie oertreten, liegt fomit audb bier
barin, baß mir bie 2lbftraftton über ben (£f)arafter ber Zfyat entfd&eiben laffen,
wäljrcnb biefe fic nad) tljren fonfreten folgen beurteilt unb bamit ber ^benti-
foirung oon $auglid()tctt unb 3Birffamfcit ocrfäHt.
Steinen mir ^inju, baß bie gcgncrifcoc fiebere nodf) ein gut «Stücf weiter
geljt, inbem fic oon un« oerlangt, baß mir ntdjt blo« in ben Seifpiclen, bie fic
erbringt unb oon benen ba« praftifc&e 2eben nid&t« weife, bie potentielle ßaufalität
al« erwiefeu, fonbern baß wir augleidj audf) nadf) ifyrem weiteren Sdjluß, baß
jebe Objcftioirung be« Söillcn« bie gäbjgfcit beftfce, bie Sinnenwelt nad& beffen
belieben ju mobtfijircn, al« bamit motioirt cradjtcn follen, fo werben wir woljl
ifjrc Offcnfioc niefct für banadf> angctljan craajten, bie Stellung ju befefrigen, bie
fic in ber £)efennoe einnimmt.
3nbcm ba« 9tctä)«gerid()t im ©egenfafe baju ben 9iadljwei« ber Unljalt*
barfeit be« objeftioen Stanbpunft« aUS geführt anfielt, präjifirt c« feine 2luf>
faflung über ba« Sßcfcn be« ftrafbaren SBerfuaje« am Sd&luffe feiner 6nt*
fd)eibung«grünbe baljin:
,,3)aß ba« bcabfid&tigte SBerbred&en beim 93erfudb ftcb.cn bleibt, bat
jcbc«mal in einem ^rrtb^um be« £f)äter« feinen Örunb, weil er Sic
ba« SStujoblciben be« Grfotge« bewirfcnben Umftänbc bei feinem $lanc
Sur 58ermirflidmng bc« gefaßten Gntfd)luffe« ntd^t ridb^tig in Slnfölag
gebraut f>at. ®lcid)gültig muß c§ aber bleiben, in Scjicljung auf
welche tliatfädfjlidjen 5Borau«fc|jungcn , bie nötbtg waren, um ba«
Söerbre^en ju Stanbe ju bringen, er geirrt f>at, ob ba« ber 93oII*
enbung cntgegentrctcnbc öinberniß im Verlauf ber §anblung ein*
getreten ober bereit« bei beren beginn oorfjanben war, ob bie oom
Später nidb.t in töed&nung gezogenen ÄaufalitäbSfaftorcn außer i&m
liegenbe ^crb,ältniffc ober Xljättgfeiten finb, ober ob er über bic
28tr!famtcit feiner eigenen .^anblungen geirrt, ob über bie SSirffamfctt
eine« gebrausten Littel« feiner Slrt unb 9Jtcngc naefc ober feiner
Slnwcnbung nadj, ob über ba« al« Littel gebrauste Dbjcft felbft
ober über bie tym beigemeffenen ober überfe&enen Cuantitäten."
£anad) wirb alfo ber Srrtljum al« ba« Gljarafteriftifon bc« ftrafbaren
Skrfudfje« cradjtet. oermag bie« nidjt al« rid&ttg amuerfennen. 3öeber
oerf)inbert ber ftrrtljum bc« Später« ben Ucbcrgang be« SJerfud&e« in ben 2b,at*
beftanb ber Sollcnbung, nod) iffc er im Stanbe, ben ÜHangel im $b>tbefianb in
einen 3krfudl) umjuwanbeln.
$n biefer SBejicljung ift, foweit \$ felje, bie Siteratur barin einig, bafc
bie fieiftung eine« 3Jkincibeö oor einer oermeintlicb; juftänbigen S3cb,örbe nid^t
al« ein SBerfud) be« bejei(bneten sßerbred^en«, fonbern al« ein SWangel im Xfyat*
beftanb ju crad^ten ift. Söirb oon bem $rrtl)um ausgegangen, fo müßten wir
eine Xljat, oon ber Ijeutc allgemein anerfannt wirb, baß i&rer Seftrafung ber
im §. 2. unfere« ®cfe^bud()e« fanftionirte ©runbfafc „nulluni crimen sine lege
poenali" entgegenfteb^t, ben 6trafbeftimmungen über ben SBerfudfc unterwerfen.
^n jener üBc.ueljung ift e« unfdjwcr mit fyäUcn ju eremplifistren, in benen
ber 3rrtl)um ben ßrfolg ^erbeigefübrt, ber olmc ib,n nid)t eingetreten wäre, ftin*
airen wir, baß ftemanb in bem 2öab,ne lebt, baß 3Jfagncfia unter bie ©ifte,
Slrfcnit unter bic Heilmittel jö^le, fo brausten wir nur anjune^men, baß er, im
begriff, einen 2D?cn)d)en au« bem SSegc ju räumen, bic Subftanj, ju ber er
nadj IKaßgabe feiner Äcnntniffc oon ben 9?aturgefcfecn m greifen entfdf)loffcn ift,
mit ber. bic $m ntdjt smerfbienlid^ erfd^cint, üerwca)fclt, unb wir überjeugen
un« un|d;wer, baß ber £ob nia^t bic Salinen ge^t, bic il^m bie ^orfieuung
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2>ic feen untauglichen »erfudi frctuficnbe ^tenatcntfd&ettmng bc8 »eit^SflcrirfjtS. 371
weift. Ober nehmen wir ein einfacheres Seifpiel. ©upponiren wir, baß ber,
welcher bemerft, wie mit einem ©ewehre nadj ihm gejielt wirb, in bem 2lugen*
blief bei Seite fpringt, in meinem ber £abn in ©emegung qefefet wirb. SSollte
cS nun ber 3 u f flU '/ 0Q & $ n b* e Äugd bie ihn nicht getroffen ()ätte, wenn er
feinen Stanbpunft nicht gewechfelt haben würbe, erreicht, fo müßten mir bie
etwa erfolgte Söbtung als ^erfuch qualtfyiren: baS Gharaftertftifon beS 3rr*
tljumS im Sinne ber ^lenarentfc^cibung würbe ihr nicht fehlen.
Dioeh mehr überzeugen wir uns oon ber bebenfltchcn Seite ber Xfjeorie,
welker baS 9tctchSgericht anhängt, wenn wir bie Säfee, bereit Prüfung uns
gegenwärtig obliegt, mit benen Dergleichen, bie wir bereits befprochen haben.
2itöhrenb uns in Siefen auSeinanbergefe&t wirb, baß ber ftaufalitätSprojeß ber*
art befchaffen fei, baß fid) niemals mit ©emißbeit befttmmen laffe, welken Sücr*
lauf er genommen haben würbe, wenn baS eine ober anbere ©reigniß nicht eiip
getreten wäre, wirb in jenen in ooHem ©egenfafc bierju bie Anficht oertreten,
baß gerabe ber tlmftanb, in SBcjug auf ben ein ^rrtbum beS SbäterS oorpcfallcn
ift, für bie ©riftenj beS ©rfotgeS oon entfeheibenber Söebeutung fei. 35aS $rin$ip,
welches bei ber objefttoen %bcorie als unhaltbar bezeichnet worben ift, wirb
bamit für bie fubjeftioe Sfjeorie wtcberbcrgcftcllt. 2)ennoa) ift cS, wenn man
fid) mit ihm überhaupt befreunben fönnte, bort noa) mehr als fykx erträglidj.
.\)anbclt cd fich um ein delit nmnquö, fo wirb man noch weit eher geneigt fein,
ftd) ju ber Slnnabme 311 bequemen, baß ein oom Hillen bcS £f)äterS unabhängiger
Umftanb beu erfolg, ber fonft eingetreten wäre, ocreitelt hat, als in bem ftallc,
in welchem ein Schuß auf einen Seichnam abgegeben wirb, $>ie ^rognofe wirb
noch crfdjwcrtcr, wenn bie Realität eine noch unfidberere ©runblagc fiir fie Dar
bietet. SDennod) follcn wir, wenn bie ÜMöglichfcit bcS (SrfolgeS erft eintreten
müßte, ju bem €d;luß berechtigt fein, ber uns oerfagt wirb, wenn fie bereits
oorlicgt.
3)aju fommt noch, baß bie ßntfdjeibungSgrünbe eine boppelte 9lrt bcS
3rrthumS ftatuiren, einen ^rrthum in SC^atfadjen unb einen ^rrtfjum, ber mit
bem Langel, bie 3"^ n ^ oorber3ufebcn, jufammenfällt. §at ber ^tjater anftatt
eines gclabenen ©ewebreS ein ungelabeneS ergriffen, fo wirb oon jener, bat er
nicht geahnt, baß bie Äunft ber Sierße baS Söerf jerftören werbe, ju bem er ben
©runo gelegt hat, oon biefer SpcjieS gefprochen. 2)aß bamit jwet heterogene
Birten unter ben nämlichen begriff gejoaen werben, oon benen ber einen bie
£)ioergenj jwifchen ber SBorftcttung unb oem beftchenben Hufianb ber Außenwelt,
ber anberen bagegen bie ^^fongrucnj jwifchen ber Wicht unb bem Sauf ber
Gegebenheiten eigentümlich ift, baß in fyolge beffen auch Smci 2trtcn beS 2icr*
fucheS ihrer inneren ^erfdnebenbeit ungeachtet als homogen ausgegeben werben,
unb baß cnbltd) eine SpejicS beS ^rrtbumS in baS Äriminalreit eingeführt
wirb, oon bem baS Gioilrecht nichts weiß, wirb babei überfehen. Xritt ber Er-
folg ein, fo Imt fein 3rctbum oorgclcgen, bleibt er aus, fo war ein 3rrtbum
oorhanben, unb ift es noch ungewiß, ob bie eine ober anbere 2llternatioc jur
(xriftcnj gelangen wirb, fo bleibt bie (Sntfdjcibung ber $rage, ob ein $rrtbum
obgewaltet Imt, noch ausgefegt: fo lautet ber ©runbfajj bei ber einen $lrt bcS
SBerfudjcS. ©ei ber anberen bagegen, bei ber bie 3)iöglichfcit ber 2Menbung
auSgcfdjloffcn ift, wirb wieber ein abweidjenbcS ^rittjip aufgejtellt: ber ®ang
ber (rreigniffe ift nicht im ©tanbe, einen nicht oorhanbenen 5 rtt () um 5 ut ^ nts
ftchung, einen oorhanbenen Srrthum in 2\5egfall ju bringen, ©egen bie 2)upli*
aitat ber begriffe, ju ber bie fubjeftioe Theorie greift, haben wir uns batjer ju
wenben, wollen wir baS ^unbament, auf bem fie ruht, erfd)üttern. Söir haben
fomit ihre 2lnhättger ju ber Söahl jwifchen ber einen unb anberen 2lrt beS
3.?erfuchcS ju brängen, ben 2luSwcg aber, baß fie fich, je nachbem es baS $0
bürfniß ber jcbcSmaligcn Situation crheifdjt, balb für bie eine, balb für bie
anbere cntfdjctben, ifmen befinitio 3U oerlcgen.
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372 üntanaß^tB »erfucfi bctteffenbe ^(enatmtf^eibuug be« Weia}8flert$t3
Söirb oon it)nen an bet fefigehalten, für meldte bie 3nfongruen$ jmifcben
2lbftet)t unb ©rfolg als entfcheibenb angefehen wirb, fo tft bamit oon tljnen Set
untaugliche Serfuch, ber baS 9fterfmal beS fafttfehen ^rrtbumS nidt)t entbehren
fann, preisgegeben. üflit bem ©eroufetfein beS bie Unmöglichkeit beiS GrfolgeS
bebingenben UmfianbeS wäre bie ©mjUidjfeit ber 2lbftcht unoereinbar. Rur fo
lange ber Später nicht roeife, bafj fein Singriff ftdfj gegen einen 2eidt)nam rietet,
ober baf? baS ÜWittel, baS er anwenbet, nicht |it ben ©iften johlt, ober baf} er
in ftolge einer SScriücdt)fclunt^ anftatt eines gelabenen ©eroe^rcö ein ungelabeneS
ergriffen t)at, ift ihm bie 2lbfidjt, einen 9Jienfd)cn ju tobten, ju imputiren.
gäflt bagegen bie 2ßahl ber fubjeftioen ^fjcoric 5U ©unften ber 2lrt beS
SBcrfucheS, ber bur<h ben faftifcfjcn ^rrthum efearaftertfirt mirb, au«, fo mürbe
fich baS normale SBer^ältnijs in fein ©cgentbeil umfehren : roaS nach ber lieber««
aeugung 2111er ftrafloS ift, märe [traf bar. unb maS banad) flrafbar ift, märe
ftrafloS.
2>enn aisbann märe ber SBcrfud) etnerfettS nicht auf bie Verbrechen ein*
üufcoränfen, beren fubjeftioe Seite bie SSillenSqualiftfation erforbert, mela)e bie
äüiffenfchaft mit „2lbficht" au bezeichnen pflegt. SBirb jugegeben, baß eS ber
^rrthum auSfchltefjlich mit ber Sorflellung, ju t^un (jat, fo märe ein Verfuch
aua) innerhalb ber Seliftc anjuerfennen, bet benen ber dolus in bem 8eroufjtfein
oon ben SJferfmalen beS SlwtbeftanbeS befielt. S)ie ftolge Neroon märe, bafe
SJtangel im 3#atbeftanb unb üBerfud) sufammenfatten mürben. $ie 3IuSmanberung
eines oermeintlich Wehrpflichtigen, bie Seiftung eines 2JceineibS oor einer oer*
metntlich fompetenten ütehörbc, ber Ghebrud) mit ber eigenen grau mürben ber
Gtjnrafteriftif beS faftifchen SrrtfjumS nicht entbehren. 2üer baS fubjeftioe
Moment beS SBerfucfjS in ber 2lbftd)t fief)t, barf fid) nicht htnterbrein mit bem
SÖeroujjtfein begnügen.
2lnbererfeitS märe ber Rormaloerfuch oon bem ©ebiete auS3ufchlte|jen,
baS oom fafltfdjen 3rrtt)um bcfjerrfdjt mirb; benn für ifm märe baS für ent*
fdjeibenb erflärtc Stterfmal nicht oon mefentltcher Sebeutung. Von einer SDioergenj
roifa^en ber SBorfteUung unb ber $Sirflid)feit fönnte meber in ben fällen bie Rebe
ein, meldte fid) jeber Reflerion entjichen, noch in benen, in melden ber Sauf
ber üöegebenbcitcn mit ihr |armonirt- roeber bort noch ^ter märe ein Srrtfjum
erfinblia). SSir mären baljer allenfalls in ber Sage, ben wegen Serfud&eS $u
beftrafen, beffen Solch an einer SJJanjcrrüftung abprallt, nicht aber ben, ber einen
Slnberen ©ift beigebracht hat, beffen Söirfung bura) ein ©egengift paralofirt
wirb, ober ben, ber ftd) in bem 3)loment, in roelchem er einen 6dr)ufj abfeuert,
nicht oerfjc<, bafe nia^t jebe Äugel ju treffen brause. S^nen fönnten mir nicht
mr 3?crantroortung jiehen, weil ein ^rrtljum in Xhatfachen, roelche nicht oon
ber SSorfleHung umfafjt merben, unbenfbar erfcheint: biefen nicht, roeil bie 6ub*
jeltioität fich mit ber Dbjeftioität in Ginflang befinbet, eS mag bie eine ober
anbere 2llternatioe eintreten.
2>emgemäj3 haben nach unferer Meinung bie ©ntfcheibungSgrünbe beS
Reichsgerichts, roeit entfernt, bie Strafbarfeit beS untauglichen SJerfucheS na^-
jiuweifen, im ©egentheil bargethan, bafe es un^uläfftg ifl, bie Äategorie oon
^anblungen, bie man hierunter begreift, unter ben $hötbcftanb au jiehen, unter
ben ber ÜRormalocrfuch fällt.
3>ie Sehre, welche Äöftlin in feiner Reuen Rcoifion oertreten hat, hat
er in feinem ©oftem preisgegeben, 8 ) unb bie, welche er preisgegeben, bat btc
2lnerfennung Seitens unfereS hö<hften ©erichtSfwfcS gefunben, baS ift baS
wunberbare ©efehief, welches fie im Saufe oon laum oicr S^ennien bura>
gemacht hat.
3) cf. meine citirtc ©cfcriit 6. 148, 149.
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Ä>ic b«n untauglichen 3krfutf> belrtflenfce ^lenaretttfdtjeitutig bcö föet*8getidjt3. 373
Slber meüeicht erregen nur bie (^tfcheibungSgrünbe beS StcichSaeridjtS
unferen Sötberfpruch. @S wäre benfbar, bafs baS r»on ihm uertheibigte 9tcfuXtat
fid) aus onberen, jeitber oon ber fubjeftioen % ^eorie nicht erbrachten Slrgumenten
aufredet erhalten lictjc. SöoUen mir eS Daher nicht an ber nötigen Borficht
fehlen laffen, fo haben wir uns auf ben ©tanbpunft ju ftellen, als wäre uns
ber Beweis geführt, baß bie X^atfeitc beS BerfuchcS IcbicjU^» in ber Dbjeftt*
uirung beS Sillens, ohne bafj eS weiter auf bie Dualififation ber £anblung
anfäme, beftänbe. SBürben fia) barauS Äonfcquenjen ergeben, welche bie 2Biffen*
fchaft als irrig oerwirft, fo wäre bamit bcuS 3tel, beut bie fubjeftioe X^eorie
jufteuert, al£ il;r abgefchnitten §u cradbten, unb mir würben baljer nicht weiter
mit ben äöegen ju rennen haben, auf Denen fie eS au/erreichen trautet.
S)te gegnerifd;e Sehre als richtig angenommen, mürben fich barauS fol*
genbe fieben Folgerungen ergeben, bie fie als haltbar nachjuweifen bat, roenn
|tc weiter im Äriminalrccht ihre seitherige ©teile ju behaupten entfdploffen ift:
1. 2Bäre ber Berfuch lebiglich als Objeftioirung beS nerbrccherifchcn
SÖiUenS aufjufaffen, fo märe fein $elift benfbar, baS il)m nta)t juaangliap roäre.
%\id) bie Verbalinjurie mürbe tlm nia)t jurüerrufen. Äöftlin ift baffer ganj
fonfequent uorgegangen, roenn er benjenigen, ber in ein frembeS $auS geht,
um feinen 9ta$bar au beleibigen, wegen Berfua)S beftraft roiffen roill, obgleid;
big balnn lein Saut über bie Sippen gefommen ift. (Äöjtlin, 5leue Steoifion
©. 442.) S)ie gleiche ©ntfdjcibung wäre $u fällen, wenn ein ftreraber, ber
©pradjc beS SanbeS unfunbig, anftatt ein injutiöfeS s litort aussprechen, ein
järtlicheS ©pitheton bem beilegt, auf beffen Beleibigung er eS abgefehen hat.
SBknn aber bic Anhänger ber fubjefttuen Xfytoxit na^eju einmütig erflären,
bafe ein Berfuch ber Verbrechen, wela)e burd; ein gefprochencS Söort jur Äon*
fummation gebraut werben, abjurechnen fei, fo werben fie bamit bem s $rtn3ipe
untreu, uon bem fte ausgehen. ü)?it ber gewöhnlich roieberfehrenben Slrgumen*
tation, bajj man nur bie 2Bahl habe, baS 2üort als gefprodjen ober als nicht
gefprodtjen anjufehen, ift f^rgegen nicht amufämpfen. 3Jtit bem gleichen, wenn
nicht mit größerem 9te$t lie^e fid) bie Behauptung aufftellen, bafj, ba nur bie
Slltematioe jwifchen Seben unb Stob gegeben ifl, bie 3)iöglia)feit eineö Sttorb*
uerfuchCiS entfa)winbe. Sielmehr hoben wir 2lufflärung bar über ju »erlangen,
weshalb bei ber wörtlichen SBeleibigung bie ihr oorangehenbe Cbjcftiuirung bc?
2öillen« ignorirt, bei ben übrigen Verbrechen bagegen regelmäßig berüefftchtigt
roirb, weshalb ba« unbefugte Betreten eine« fremben 9laume« animo furantii
für ein Verfudt) be« S)iebpahlS, baS einer fremben Sßohnung animo injuriandi
für fein Verfuch ber wörtlichen Bcleibigung ausgegeben wirb, — unb biefe 2luf*
flärung wirb umS oon feiner ©eite crtheilt.
2. $>en VorbereitungShanblungen wäre weiter ber (Sharafter be« Ver<
fuchea nicht abjufprechen : bie Dbjeftimrung be« 2öiffen$ ^ätte ftattgefunben.
2lm Slnfang be£ 3 a h r ^ unocrtg f a ^ °er Streit barüber, ob bie voluntas delin-
quendi mit bem conatus delinquendi ibentifa) fei, entbrannte, fiubcn wir auch
in ber £ljat, bafe Diejenigen, welche ben untauglichen Verfudtj in feiner (Sigen*
fchaft al5 SBerfua) beftraft fehen wollten, ftch Der in ?Hebe ftehenben Äonfequcnj
nicht entjogen hßben. (cf. ®eib, ßehrbudt) be« !Deutfchen 6trafrechtö Öb. II.
6. 301 unb ©. 306, 307.) ®er Kommentator be« ^effifchen ©trafgefe&buche«,
Breibenbach, h«t baher oon feinem ©tanbpunft au« nicht Unrecht, roenn er
erflärt: ber ©taat tönne ü)n äroar sroingen, bie Borbereitung$h<mblungen nicht
ju betrafen, nicht aber f>abe er bie 3Jladt>t, ihm bie Ueberjeugung ju rauben,
baß fte unter ben Begriff beS Berfua)eS fallen. (Breibenbach, Äommcntar
über ba« ©rofeherjogl. §cffifche ©trafgefefebuch Bb. L 2. Slbth- ©• 141 9cote 7.)
2öer einem Slnberen auflauert, um ihn ju tobten, ^ätte ftch mithin, roenn roir
ber fubjettiuen 'Itieonc folgen, eines 3Korboerfuche£ fchulDig gemacht; baß baS
pofittoe öefeö ihn Deshalb nicht beftraft, würbe baran begrctfUcher äüeiie nichts
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374 ben ttntoufltt<^en SJerfucfc betreffende $lenarentf<$eibung beS 9ki*«geri$t8.
•
änbent. 23olIte man hiergegen erinnern, bajj in fubjeftioer 53esief)ung ein
Unterfdueb srotfa)en bem, ber fid) bie Littel sur JBegcljung eine« Verbrechens
befc^afft, unb bem, melier e« ausführt, obroalte, fo roürbe man uerfennen, bafj
ljierin baS 3ugeftänbntB liegt, bafj bie Objeftürität auf ben Ütitllen surüctroirft.
iUJenn berjenige, roela)er fidj mit ber gelabenen ißaffe auf ben Ütteg madE)t, um
einen a)ienf$en $u ermorden, fia) nidjt non bem, roaS biö baf)in oon feiner
6eite geiajejjcn ift, ben oon u)m beabftdjtigten (Srfolg ocrfpridjt, fö Imt bie«
barin feinen örunb, bafj er fidj ber UnmögUajfcit, bafj barauS ber Xob Ijcroor*
ginge, beroufjt ift. 2lllcin gerabe hierauf foll e$ ja nad> ber 2lnftd>t ber fub*
jeftinen üeljre nia)t anfommen; roo&nt bodj naa) ihr jeber ,§anblung potentielle
Äaufalität inne!
SJeSbalb fdjeinen mir biejenigen i^rer 2lnt)ängcr fu$ nid>t frei tum 3SilI*
für ju erhalten, meldte fner mit ber objeftioen Sljeorie gemeinfd)aftlid)e Sadje
machen, ftdj im Uebrigen aber gegen fie roenben (}. sö. o. Soßmar je, Sierfud)
unb Menbung in o. Jolfeenborff'S fcanbbud) m. II. 6. 277 unb ©. 290 ff.).
SJJfan hat aber nur bie SÖatyl, entroeber jebe Objeftioirung be£ SBillenS jum
^erfud) 3u ergeben ober mit bem begriff ju bredjen, beffen Äonfequcnjen man
nia)t ju ertragen vermag, ni$t aber fteljt ber 2luSrocg frei, fi$ jum £hcit ber
einen, jum ber anberen Partei anjufdjlicfjcn.
3. 2)ie allfeitig perlrorre$$trte Slnnafjmc eines üBerfu<$cS oom 2terfucf)e
märe nid)t ju umgeben, ^nooloirt ber ©djufj gegen einen ficidmam, ber in baS
<pcrä bringt, einen Verlud), fo roürbe er, roenn er fein ,3icl feljlt, einen $erfucJ)
oom Vcrfua) jum &orf$cin bringen, älter einem lebenben äJtenfd&eu eine un*
|d)äblid)c <5ubftan$ in mörberifajer Stöftdjt injijirt, Ijätte fidj eines 2>erfud)eS
fdmlbig gemalt, l)ätte er baffclbc ßrperiment mit einem Äörpcr oorgenommen,
ber furj oorljer oom «Sdjlage getroffen roorben ift, id; rottete nid)t, roie ia) feine
Ztyat anberS als auf bie ganj glcidjc Stteife qualifaircn fottte.
$)ic gleiaje Komputation träte ju Sage, roenn cS fia) um einen „93erfuäy
eines ©pcjialbcliftS Ijanbclt, roclchcS materiell bem öcreid^ ber Vorbereitung an*
gebort ; an ber , t Dbjeftiüirung" ber „Objefttoirung bcS Hillens" roürbe eS nidfjt
fehlen. Um bie)er bcbenfltd&en Situation ju entgegen, l;at man nidjt ben 8e*
griff angetaftet, ber Sdnoierigfeit auf 6cl)roierigfcit thürmte, fonbern man l;at
oorgejogen, einen neuen in'Ä Äriminalredjt einzuführen : ben ber formell ooll-
enbeten, materiell oerfuc^ten Verbrea^en. 2Rit it)m ^at t& folgenbe Seroanbtnife:
Um cinerfeita nidjt mit Der fie^re 511 brechen, roonaclj ber Slmtbcftanb ber s -öoll=
enbung oorlicgt, roenn bie ucrbred^erifa)e Xtyat fia) mit ben gcfefclid)en 9Kerf*
malen eines 5DcltfU8 bedt, unb um anbercrfeitS fia^ nidjt oon bem jeitfjerigcn
ilterfud^Sbcgrirt loSjufagcn, ber ju ber als unjuläffig empfunbenen @rfa)cinung
tyinbrängte, fa)lug man einen ^ittclroeg ein. 3)tan erflärte alfo: gigurirt in
einer pofitioen ©efe^gebung ein VcrbrcdjenSbegriff, rocldf)cr bie fc^roerfte 9le(f>t«-
ucrlcfcung unter ©traffanftion fteüt, unb fommen baneben Gelitte oor, roela)e
gcroifjermafeen als beren Siorftabicn in betrauten finb, fo ift bamit eine ^roltter*
bilbung in ber äiieife gefa)affen, baö bie unter ben Sljatbcfhnb beS geringeren
Verbrea)enS ju fubfumirenbeu «ganblungen formell unter ben begriff ber £on^
fummation, materiell unter ben beS ^erfua^eS fallen. Um mid) anfcibaulidjer 51t
madjen, roill ia) ein ^icifpiel roäljlcn, roeldjeS baS beutf^e ©efc^budE» an bie £anb
giebt. 2)anac^ liegt oollenbeter §o^oerrat^ oor, roenn bie oerbrcdberifd&e Xl;atig-
feit fo roeit gebieben ift, bafe ?tc fia) unmittelbar auf bie Herbeiführung ber
Jüeränbcrung beS XerritorialbeftanbeS ober ber üßerfaffung richtet. (§. 81.
Dir. 2. 3. 4. §. 82.) daneben roerben noc^ anbere, oorberettenbe ^anbiungen
unter befonbere 6traffanftion geftellt. (§§. 8:5—86.) 3n i^nen hatten wir
fomit formell oollenbete, materiell oerfud)te 2)clifte 3U fe^en. 60 gebaute man
beiben Seiten geredbt \u roerben; mit ben ©runbfä^en über bie Vollenbung fanb
man fid& ab, inbem man ber $onn 9tcd^nung trug, mit benen über ben SBerfud),
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■» I
$>ie ben untaUfllicfcn ©etf ud> betreffende Wenaretitfäetbmtfl tc8 9ki#3a,erid)t§. 375
bet nidjt feinerfeit« wieber einen Verfug gemattete, tnbem man ben Inhalt be<
tonte. 2lufgeftellt mürbe bie fcehre oon Kuben (Slbhanblungen au« bem gemeinen
teuren ©trafrecht Vb. I. 6. 5 ff.), ausgebaut oon 3aa)ariae (Von bem Ver*
fuc^» bet Verbrechen in ©oltbammer'« SJtraj. pro 1855 ©. 170 ff.) unb aeeeptirt
im bie«feitigen unb jenfeitigen Kager (o. 609 mar je'* Äommentar. 3. 2luff.
@. 121. — fcälfchner, ©Oftem Vb. 1. 6. 212, 213. — u. 21. m.) Mein
fthon bie einfache (Srwägung, bafe man baburet) ju bem bcfremblichen 9iefultate
fommt, ben fdjroereren Verbrecher milber, ben leichteren ftrenger ju bebanbeln,
reicht meiner ÜJietnung nach \)\n, ben betretenen 2lu«weg als unjuläfftg ab$u*
fdmeiben. 4 ) 253er unbefugter ätteife bewaffnete Raufen bilbet, märe ber ©träfe
be« §. 127. befinitio oerfaüen; hätte er bie« aber mit f)o$oerrätl)crifcf)em dolus
gethan unb feine 2lbfia)t jurüefgejogen, fo märe er oor jeber Verantwortung fidler.
4. 9(id)t minber ift bie ihiifjenfchaft einig in ber 2lbwel;r ber, ^bentifU
jirung oon Anfang unb Verfuch, unb mit Stecht: $cr Verfuch ift eben ittc^t ein
aliquoter %\)tii ber Vollenbung, fonbem oon ihr quaittatio oerfchieben. Ääme
e3 nun auf bie öbjeftioirung be« äöillen« an, fo läge fein ^inbernifj oor, ben
wegen „oerfuchten Steineibe«" p beftrafen, ber ihn nur theilweife begangen Imt;
ber Süille, ein Verbrechen ju begeben, tann fic^ nicht marfanter au«orücfen als
babura), bafe er ftd) bereit« auf bie 6tr*ecfe oorgewagt hat, beren Verlängerung
ben Xhatbeftanb ber Vollenbung au«ma$t. Sie fubjeftioe Xtytozit fommt fner*
burdh in ein ganj eigentümliche« Dilemma : UM fic ihren begriff fefthalten, f 0
märe fie jroar in ber Äage, ben ju beftrafen, ber fich $u einem Steineibe erbietet,
nicht aber ben, melier einen %\)t\l ber @ibe«norm au«gefchworen hat. S)enn
ber Verfudh — fo lehrt fie einmütyig, unb Sterin fann ich ihr nur beitreten —
ift (eine pars quanta ber Vollenbung. S)er weitere ^ortfcfjritt in ber oer*
brecherifchen §anblung würbe ba^er bie ©träfe in äßegfall bringen, weldbe in
bem früheren ©tabium bereit« oerwirft war. Vielleicht wirb man mir auch ju*
geben, bafe bie ©ewalt einen Veftanbtheil be« staube«, bie Drohung einen folgen
ber föroreffung, bie ^rrthumöerregung enblia) einen folgen be« betrüge« bilbet.
$te fubjeftioe Xtytoxiz geriete aUSbann auch i)itx in bie ganj nämliche 9toth-
ÜJeht fie oon bem ©afc au«: SDet Verfug ift nicht« raeiter al« objeftioirter Söille,
fo ftänbe ber Veftrafung ber erften ber fcanblungen, au« benen fiel) bie Verbrechen,
mit benen ich cremplifairt habe, $ufammenfe§en, fein £inberni& entgegen. Richtet
fie [ich bagegen nach bem, welche bie Annahme jurücf weift, al« ob ber Verfug
einen Veftanbtheil be« fonfummirten $elifte« au«mad)e, fo würbe fie jur ent-
gegengefefeten ©ntfeheibung gebrängt werben. £)enn unocrföhnlid) ftehen fidt)
betbe ©äße gegenüber; ber eine führt $ur ^bentifisirung 00m Anfang unb Ver*
fuch, bie ber anbere mieber perhorre«jirt. 2Benn baher bie fubjeftioe Xtyeoxic
nicht gewiUt ifi, einen Verfuch ber fulpofen Verbrechen, bei benen bie Vollenbung
ihren ©egenfafc im Veginnen finbet, $u ftatuiren, fo ift ihr 2lriom „ber Verfua)
ifi objeftioirter SBiflc" gefallen.
5. äßirb femer ber Xt)at)titc be« Verfuch« eine beftimmte Cualififation
abgefprochen, fo ift — e« fei nur be« äufammenhange« unb ber 3Bichtigfeit ber
©aa)e wegen gemattet, h^auf nochmal« jurücfjufommen — ber ©rfolg nicht 51t
oermeiben, ba§ man jwei Slrten unter einen Vegriff jieht, bie innerlich oerfchieben
inb. S5er einen wäre ber 3*rth u ro f btt anberen bie ^nfongruenj jrotfehen 2lb-
icht unb (Srfolg charafteriftifch; jener wäre ber Äategorie oon Verbrechen, welche
ubjeftio ba« s Jtequifit be« Vewufetfein«, biefer ber, welche ba« ber Slbficht er*
forbern, eigenthümlic^. innerhalb ber lefcteren klaffe wäre wieber balb bie eine,
balb bie anbere species anwendbar, je nachbem bie Unmöglichfeit ber Verwirf*
lichung ber Slbficht oon Jpaufe au« oorliegt, ober bie oorhanben gewefene SDiög*
lichfeit im Saufe ber Vegebenheit entfchwmbct. Db e« fich um ben Söiberftanb
4) ef. int UeOriflen flegen bie Ijertfdjenbc »nfic^t: a.a.O. ©.üOÖff. @. 371 ff.
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376 ben «ntauflufyit &erfu# betreffende $lenatentfd)etoung fceö föeid)§geri#t«.
gegen einen ^Beamten, bet ucrmemtlid^ in ber 2lu3ttbung feines ^Berufe« begriffen
war ober um eine Sranbftiftung, bie im Äeime erftieft wirb, banbelt; tuer wie
bort \)at fid& ber 2Me objeftioirt. ©ort Ratten mir einen SßerfudE) anäunetymen,
weil ein 3rrtf)um, f)ier, weil fein $rrtf)um oorliegt. j^e nad&bem ein ©<§lag auf
ben SdnVDcL etneä ßeidmamä ober auf ben Hopf eines Sebcnben geführt wirb,
Ijätten mir bie gleite ßntfd&etbung auö bem abweidjenben ©runbe \u treffen.
6. „Langel im Xljatbeftanb unb SBerfuc^" finb oerfd)iebene begriffe, fo
lautet ber wiffenfa)aftli($e, oon feiner ©eite angefochtene ©runbfafc. Sie finben
fid) bie 2lnl)änger ber fubjeftioen Xljeorie mit iljm ab? — fo bürfen mir xoo\)l
mit 9tea)t fragen.
3)ie einen unter ifjnen geben uns barauf jur Antwort, bajj ber Unter*
fdneb jwifcf)en beiben Segriffen lebiglidj ber fubjeftioen ©pljäre angehöre
(Jföfllin, ©gftem §. 84. s Jtote 1.), bie anbeten ent^ie^en ftd^ einer präjifen 2tu&«
fünft. %n Shiahrtjeit ift aber ber ©tanbpunft beiber ber nämlidje; beibe finb
barin einig, baß Mangel im S^atbcftanb unb Sierfua) einanber beefen. S)enn
oon jenen toerben mir, wenn mir ben ©a)leier ein menig lüften, bem Hern ber
©adje nad) bebeutet, bajj bie bona fides ben dolus aiu&fd)liefjt, bafe hingegen bei
oorljanbencm dolus beibe ^Begriffe jufammenf allen. Sßirb ein Sßutatiobeltft be*
gangen, fo mirb oon iljnen oon einem' Mangel im Xfjatbeflanb, wirb bie oer*
meintlicty frembe ©adje entwenbet, oon einem ^Jerfuä) gef proben, ©eben wir
baljer oon ben aiSalniucrbrcd&cn ab, bei benen ber Später ben eigenen ©eje^geber
fpielt, fo läuft iljre £c^re barauf InuauS: 3 m pofitioen 9te$t ift üttangel im
Slwtbefianb unb Söcrfud; ibeutifd). 2BaS nid;t mit ber oollen ©träfe gealjnbet
werben fann, ift unter bem Xitel ^erfua) milber ju beftrafen. Sic SBerljeifjung
be$ ©efcfecS, „nullum crimen sine lege poenali" ift babei ganj nebcnfäa^lia).
(Sine bünbige Antwort bagegen wirb unsS oon benen oerioeigert, wela)e
ber ftrage bie prinzipielle Mdnigfeit, bie wir ujr beilegen, abfpredjcn. £)cnn
baxaiß, baß beim >Bcrfucf) ein Mcrfmal, ba$ bem Stjatbeftanb ber Menbuna
cigentf)ümlia) fei, in äikgfali fommc, wollen fie ben ©djlufe gebogen wiffen, bafc
baä plus ober minus babei feine Stolle fpicle; c$ fei baljer, fo bebauen fie, im
©runöc genommen jiemlid) irreleoant, ob ein Glwrafteriftifon mel;r ober weniger
au» bem *Berbred)eiu8bcgriff auägefdjicben werbe (o. ©a) war je in o. folgen*
borff« $anbb. *b. II. ©. 293, cf. aud& o. SBurt, lieber ba3 Söefcn De« #er*
fua>3 in öoltbammer'S 9lr#. pro 1877 ©.205, 2(»6). 2Inftatt fid) ber Unter*
fudjung ju Unteraichen, in welchem Merfmal ber Xt)atbeftanb beS SBerfudjjS oon
bem ber JBollenbung bifferire, weifen fie un$ im ©egentljeil barauf Inn, bie
©aa)c auf fid) berufen ju laffen, weil baS fonfummirte 2)elift uod) burefy anber*
weitige Mcrfmalc dmraftcrtftrt werbe, auf bie e3 Ijicrbci — nid^t anfomme. $\)xi
fceljrc läßt fic^ mithin bal;in jufammenf äffen:
Öeljlt bas 3)ierfmal im &l)atbeftanb ber 3>oHenbung, wel^c« bie Sifferenj
jwifc^cn biefem unb bem be3 S3erfu4»ö bilbet, fo liegt $erfu$ oor; trifft eine
abweidjenbe ^orau^fe^ung ju, fo ^at fid; baburd^ — auc^ md)t ba£ ©cringfte
geänbert.
Sluf bem ©ebietc beS materiellen 9tedöt« fonferoirt baljer bie fubjeftioe
ilt\)xc ben ßuftanb, ben fie auf bem beÄ ^roAcfercddtS oerwirft, ^n ber gemein"
rcdjtlidjen SDoftrin war eö 9ted)ten£, ben, beffen oollc ©a^ulb ntdjt erwiefen war,
mit einer 5öerbaa)ti&ftrafe ju belegen — unb ber 3i*rt&unt ift ber befferen 6r*
fenntnife gcwid[)en. 33on geuerbad) war c8 ni$t minber ©cri^t^gebraua;,
wegen mangelhaften Xljatbcftanbeö eine milberc ©träfe $u oer^ängen, ~ unb
ber Srrtlmm ^at fic^ bi« in unfere 2age l;inein erhalten. 9tur ber 9iame Ijat
fid) geänbert, bie ©aetyc felbft bagegen ift geblieben; wa£ im Mittelalter unter
bem Sitcl „Mangel im Sljatbcftanb" mit einer aufecrorbentlia)cn ©träfe belegt
würbe, ba£ wirb am SluSgang unfere« ^a^r^unbert« unter bem Xitel „SJerfudj"
mitber gealjnbet.
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S)te ben untauglichen Eerfud) betreff cnfce «pienatentföetoung be« 9lei<f)Sgcrtc$t8. 377
Slber aud) $iet frtftet bie fubjeltioe ßcfire ihr Däfern nur baburd>, bafj fie in
boppelter ©eftalt auftritt. SJttt ber objeftioen £f)eorte thetlt fie bcn Scr*
fuchSbegrtff, foroctt er ihr jufagt; bagegen roenbet fie fid) oon ihr ab unb
greift bem eigenen, foroeit Langel im Xfwtbeftanb oorliegt. $)ie 2)upli*
jität ber Segriffe, mit benen fie operirt, ift mithin auch 1)kx bie StofiS, auf
ber fie ruht.
ü)ie $olge baoon ift, bafe fie eine Slrt beS SBerfud&eS fennt, ber bcS objef*
tioen X^atbeftanbe« oöUig entfleibet ift. $)arauS ergeben fid) bie bebenfliajjten
tfonfequensen. Unfd)toer laffen fid; gälte fonftruiren, in benen nicht ein einjiaeS
Süterfmal beS 93erbrc$enbegriffc£ übrig bleibt, unb oergeblia) fragt man H4
toarum bie fubjeftioe Theorie mit bem ©runbfafc be£ mobernen ÄriminalrcchtS
„fein Verbrechen ohne ©trafgefefe" nicht lieber offen bricht, anftatt ben Umroeg
cinjuf plagen, ber ju feiner Scfeitigung füt)rt.
•Nehmen mir an, eS h QOC 3iemanb etn ftlbcmeS ©efäjj, ba£ er irrthümlid)
für ünu mdu gehörig hält, in ber 2lbi'idjt, eine ©ad)befcf)äbigung ju begeben, in
ein vebättitti geftellt, oon bem er annimmt, bafj barin 6alpeterfäure enthalten
fei. SBollte eS ber 3ufall, bafe er es ju feiner eigenen SBerrounberung ocrgolbet
herauszöge, inbem er eS in golge einer $Berrocd;Slung bem galoanoplafttfcben
JJrojefe auSgcfefet hätte, fo märe bie offenbare Sertbserhöhung ber eigenen Sache
als oerfuchte 3öerthSocrminbcrung ber fremben 6adje ju beftrafen.
9tid)t minber entfd)rombct jeber £lwtbeftanb in bem SBeifpiel, baß id) ber
fubjeftioen &hcorte bereite anberroeitig entgegengehalten habe. 6 ) Söürbe ^emanb,
burd) Wacht unb 2)unfclt;eit getäufcht, einem 6d)lafenben in ber abfielt, bie
£eibcSfrud)t einer ©d^angeren ohne Deren SBiffen abzutreiben, einen Xranf ein*
geben, fo mürbe man oon einem Verlud) aud) bann fpred)en muffen, wenn fid)
herausftellen follte, bafc roeber bie ^erfon, gegen bie fid) ber Singriff ber s Jteflerion
nad) richtete, id)toangcr, noch bie, gegen bie er in SBirflidjfeit aufgeführt roorben
mar, roeiblidjcn ©efcblecbts, nod) baS angeroanbte Littel irgenb mic geeignet mar,
einen 2lbort $u beroirfen.
„9tid)t bloS Langel im X^atbeflanb, fonbern aud) ber äJtongel beS ZtyaU
beftanbcS ift Verfud)", — fo lautet baS $ogma ber fubjeftioen ©djule. Unb aud)
noch bie lefcte Äon jeffton, bie fic uns macht, mürbe oerfdjroinben, roenn baS
pofitioe Stecht bie gleiche ÜÖcftrafung beS oerfudjten unb beS ooUenbeten SBer*
bredt)enS anorbnen mürbe. Ob ber £ob ber Xtyat oorauSgegangen ober i^r
nachgefolgt ift, mürbe oon ihrem «Stanbpunft auf oon ba ab nidjt ben geringften
llntcrfchicb begrünben. 2)cr Langel im Stmtbeftanb mürbe bamit nod) bie le&te
iBirtung oerlicren, rocld)e fie ihm jufdjreibt. 6in glctc^ed ©trafmafe — unb bie
6eftion eines ScidjnanuS fönnte gctrofl in allen fällen unterbleiben.
7. Slber noch oor 2horeöfd)lufe ftürsen bie Anhänger ber fubjeftioen
Theorie mit eigener öanb baö ©ebäube, baö fie aufgebaut tyabtn, erbarmungS*
los um. %n ber Ächrc 00m fog. freiroiUigen 9tücftritt fichem fie nämlich &em
^häter nur bann ©traflofigfcit ju, roenn c« ihm gelingt, ben (Srfolg, bcn er in£
Seben ju rufen beabfiebtigt, 3U paralyfiren ober ab juroenben. 3)amit fommen
plö&Udj bie potentiell faufalcn Gräfte 5um Sorfchein, beren ©yiftenj ftc bis bahin
beharrlich in Slbrcbc geftellt höben, — nicht jene potentiell faufalcn Gräfte, oon
benen fic ju Unrecht annehmen, bafj fie in abstracto überall offen ju Stagc
treten, fonbern jene, oon benen fie ju Unrecht leugnen, bafj fic in concreto
latent oorhanben finb, unb nur eines günftigen ^mpulfeS bebürfen, um reale
©cftalt anäune^men unb fid) toirffam ju erroeifen. S)cnn roenn jebe ^anblung,
roclchc nidjt bie Sßollenbung herbeiführt, ber gähigfeit, ben (Srfolg 3U cntioicfeln,
entbehren foü, fo ift eS ferner oerftänbUd), rocShalb eS ber ^ttjätigfeit bcS s8er*
brccherS bebürfen foate, um ein (Srcignifj abjuroenben, oon bem behauptet rotrb,
5) a. a. D. <5 156.
«U*iC 1880. &.$eft 25
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378 ® ic ben untauglichen 3Berfuc$ betrcfftnbc ^lenarentfc^cibunfl b«3 ttci$Sgcri#t*.
bafj beffen ©tntritt bem Vereich ber ttnmögltchfett angehört, ©äre e« gleich*
gültig, ob 3emanb ^ nm Oberen ßuefer Arfenif beigebracht t)at, fo mü&te
man entmeber bort wie hier bie Dbjeftioirung be« ©egenwillen« für au«reidhenb
galten, itm oon ber bereit« oerwirften ©träfe 311 befreien ober 2lufElärung geben,
we«hatb nur in biefem, nicht in jenem %allt bie Slftioität erforberlid) ift, um bem
möglichen Sauf ber Vegebent)eiten eine anbere SBenbung 311 geben. 2öer juge*
fteht, bafj bort eine paralofirenoe Sfyättgfeit entbehrlich ift, rocil bie Dtatur bem
3ucfer bie Äraft oerfagt h«t, eine $obe«urfache ju »ermitteln, hier bagegen noth*
roenbig ift, weil bem 2lrfenif bie ftähigfeit innewohnt, bie Vebingungen, auf
benen ba« Seben beruht, ju oeraugten, folite fidt) nicht jträuben, im erften
flapüel ber Verfudj«lehre bie Säfce al« richtig anjuerfennen, bic er im lederen
nicht länger ju befreiten oermag.
3n ber Xbat ift auch ber fubjeftioen Theorie bie Vcbenflichfeit ihrer
Situation in ber «ehre 00m freitoilligen SRücftritt nicht entgangen. 3fn3befonbere
hat fich 0. Vuri nicht ben Ronfequenjen entjogen, bie feine Sluffajfung über ba«
2öefen be« Verfuge« erheifchen. $ie Vett)ättgung ber 3urücf$iehung ber 2lbitcht
ift ihm beähaib auereichenb, bem Verbrecher bie ©träfe be« Verfucbe« ju er*
laffen, fo bafe er, wenn beffen ungeachtet bie 2öirfung eintritt, eine 3lh noun 9
nur „wegen fabrläffig unter laffener Slbwenbung bie SHöglicbfett einer Äaufalität"
für gerechtfertigt ertlärt. ($n feiner Äritif be« §. Liener 'fehen Sehrbuche« im
©erichtöfaal pro 18 < 6 6. 186, 187.) S)ie ©ache roirb jeboeb baburch nicht ge*
belfert. S)enn einmal bleibt oer Söibcrfprua) befielen, bafj bem Verfucb hinter*
brein potentielle Äaufalttät 3ugefchriebcn roirb, bie ihm oon oornherein abge»
fprodjen roar, htbem in ihm nunmehr bie Duelle gefehen roirb, roclchc bie
SJcöglichleit ber fpäter eingetretenen Veränberung eröffnet hotte, ©obann tritt
noch ber weitere 28iberfpruch h"W*/ bafj man bemjenigen, ber fich oon Jpaufe
aus einer unichäblkhen ©ubftanj bebient, ba« oerfagen müfjte, na& man bem
gewährt, ber burch feine Xr^ätiQfeit bie 3Jföglicbfcit, bie er erfchloffen hatte, wieber
beseitigt unb bemgemäfj nur ben 3uftanb herftcllt, ber bort oon oornherein oorlag.
•ZBcr einem Slnberen SRagnefia in bie ©peifen gemifebt hätte, wäre, wenn er in
^naftioität jurüeffinft, ber ©träfe wegen oerfuegten üDlorbe« unwiberruflich oer*
fallen; wer bagegen Vlaufäure anwenbet unb ein ©egenmittel oerabreicht, würbe
in bem ihm ungünfttgflen ^attc nur wegen fahrläfftger Xöbtung haften.
S)ie fubjeftioe Theorie tyat baher, wenn fie fonfequent oorgeht, ba« Wlifc
gefchief, bafj fie jwar in ber Sage ift, ben wegen oerfua)ten ÜJtorbe« $ur 93er*
antwortung ju jiehen, ber 31t ©nmpathiemitteln greift, bafj ftc aber oerhinbert
wäre, ben wegen be« gleiten Verbrechen« ju bestrafen, ber einem 3lnberen ©ift
beibringt unb fi<h be« Patron« al« oermeintlichen ©egenmittel« bebient, mag
auch immer ber £ob fein Opfer nicht oerfchonen. $ie Dbjeftioirung be« Söillenä
wäre ber gegenteiligen 2ÖUlen«bethätigung gewichen, unb bamit wäre oernichtet,
ma« ber Später gel Raffen. 3öer ben Vogen ju ftraff anfpannt, barf fich
nicht wunbern, wenn er ihm in bem entfeheibenben 2lugenblicf ben $ienft
oerfagt.
Rechnen wir h^a"; °°B °^ ©ntflcibung bc« Verfudje« oon jebem objef*
tioen Shcubeftanb 3ur Veftrafung oon ^anblungen führt, bie nach unferem
natürlichen 9ted)t«gefühl beffer unoerfolgt bleiben, fo ift ba« Vilb, welche« bie
fubjeftioe $h e °n e gewährt, in feinen Umriffen ffi33irt. 35er §au«herr, ber bie
©tuben feiner üöohnung parquetiren läfet, bamit ein ihm mt§tiebige« 3)litalicb
feiner gamilie burch bie ©lätte be« Voben« 3U galle Eomme; ber Vater, welcher
feinem franfen ©ot>n, bem bie 2lcrjtc 3ur SBiieberherftellung feiner ©efunbhcit ben
Aufenthalt an ben italienifchen ©een angeraten höhen, ba« hieju nöthige Steife*
aelb oerweigert, weil er auf bie reiche ©rbjehaft fpefulirt; ber mifjgtinjtige
Vauer, ber, um ba« Vieh feine« Nachbarn magerer iu machen, 3U Veherung«*
mittein feine 3ufludt)t nimmt,— fie atte wären reif sur Auflage wegen Verfug«.
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2>ic bot untauglichen Serfud) betreff cnfce ^JTenarentfcbeibung be§ nrid)3geticbt§. 379
✓
S)ie fubieftitic $heorie, melier ed nicht entgebt, bafj fie bamit mit unferem
9tecbt$beroufjtfein in Äonflift gerate ruft bedbalb bie ©runbfäfce bed ^tojeferechtd
$u §ttlfe, um bem, road fic auf bem ©ebiet bed materiellen Htecbtd lehrt, bie
©pifec abzubrechen, ©ie giebt und m oerfieben, bafj fie in ben fällen, in benen
bie unjuläffigfeit ber Veftrafung in bie 2lugen fpringt, bura)au8 nicht bet
friminalred)tlicf)en Verfolgung bad SBort rebe, inbem in it)nen bie Objcftioität
nicht geeignet fei, ben Seroeid ber ©cfmtb herzufallen, (o. Vuri in ©oltbammer'd
Strato pro 1877 ©. 312 unb im ©ericbtdfaal pro 1868 ©. 330.) SlUein bet
3tueroeg ift meiner Meinung nach aud boppeltem ©runbe unftottbaft; einmal ift
Die Veroeidfrage für bad materielle Stecht ohne Vebeutung, unb fobann roirb bie
©adje oon ben Slnhängern ber fubjeftioen $l)eorie nur ba auf bad ^rojeferedtf
binübergefpielt, roo ber 2öiberfprucb sroifdjen bem, road fie oon und beaebren
muffen, unb und bod) gern erfparen möchten, ^eroortritt. §anbelt ed fiaj um
eine Vergiftung mit 2lrfenif, fo bleiben fie auf bem Voben bed materiellen
9ted)t8, ^anbelt ed fiel) um einen Verfug mit fompathetifchen Mitteln, fo meieren
fie auf ben bed SJkojcfjrecbtd jurücf.*)
freilich oerfennc ich nicht, ba| bie Veroetdfrage oielfadj banad) angetf)an
fein wirb, bie ßrnftlicf)feit ber Slbfia^t in jjrage }u fieUen. 3fm ©cgentpeil
räume id) ein, bafj fte oon fo roefentlicber SSebeutung ift, baß in bem SJiafje,
in welchem bie 2Öal)rfa^einlid)fcit für ober gegen ben eintritt ber bem Später
günftigen Sllternatioe fpricrjt, unfere 3roeifel fallen unb feigen. SBerben roir
aud) bei ben oielen Söegen, welche bie -Jtatur bem Staffen zur Verfügung geftellt
bat, bad £eben ju ocrnidjten, oon ooraberein nicht geneigt fein, oon ^emanbem,
ber einem 2lnbercn einen ©cblag mit ber %au$ gegen bie ©djläfe gegeben t)at,
anzunehmen, bafj er babei in mörberifeber 2lbftcbt geljanbelt bat, fo iß bied bod)
für und fein ©runb, und eined prinzipiellen Urtbeild über ben ©harafter ber
%f)at ju enthalten. 2Öir banbeln ba^er nia)t unbillig, roenn roir in ben Sei*
fpielen, welche ber fubjeftioen X^eorie unbequem finb, bie Verbunfelung ber
Sachlage buraj ^incinmifcjiung oon projeffualifeben ©runbfäfcen entgegentreten.
9tur mit ber quaestio juris, nicht mit ber quaestio facti haben roir und gegen*
roärtig zu befdjäftigen.
Unter ben obroaltenben Umfiänben werben roir cd begreiflich finben, bafj
roir b^r bei bem fünfte angelangt fmb, an welchem ber Äampf 2lUer gegen
2llle, ber unter ihnen beftebenben VunbeSgenoffcnfdmft ungeachtet, entbrannt ift.
2Ser aud Unfenntnifj ein Littel anmenbet, roelcbed nicht fähig ift, ber Ver*
roirflidjung feiner 3lbfta)t zu bienen, tyat fia) eined ftraflofen, roer ed bagegen in
golge einer Verroea)dlung mit einem ^ierju geeigneten Littel ergriffen tyat, t)at
|ta) eined ftrafbaren Vcrfucbcd fc^ulbig gemalt, — fo lebrt bie fubjeftio*objeftioe
^I;eorie. x \\)x roiberfpriebt ihre «Schroetter, bie fubjeftioe 'Xljcorte , roelc^e bad
©ebiet ber ignorantia (Unroiffenbeit) nid)t räumen roiü, roenn bie anbere Partei
bad bed error im engeren ©inne (Verroedjdlung) weiter in Dffupation behält:
bie eine 2lrt bed ^rrt^umd abroeiebenb oon ber anberen |U be^anbeln, erfa^eint
i^r mit $Re^t ungerechtfertigt, ^nnerljalb bed flcineren Äreifed geben niajt minber
bie 3lnficbten audeinanber. o. Vuri uclit im fog. ^obtbeten einen ^corboerfudb unb
bält eine milbere ©pra$e nia)t am $la^e (in feiner Äritif ber ^er^feben
Vroebüre im ©ericbtdfaal pro 1875 ©. 154, 155). £erfc folgt ü)m in ber
Clualififation ber %l)at, tritt jeboct) für eine ^jerabfe&ung bed gefe^licben ©traf*
minimumd ein. (Heber ben Verfucb mit untauglichen SKitteln ©. 89, 90.) $ie
übrigen Slnbänger ber fubjeftioen Xtyoxit tbeilen roeber ben einen, noch ben
anberen ©tanbpunft. ßammaf d) roill ben Verfuch mit fompathetifchen Mitteln oor
6) Um Wemanbem Unred)t ju tbun, tybe id) beroor, ba^ fieb in ber neueften 8ttcra«
tur, auf beren Seriicfpcbtiflung id) mid) bcfcfjränft babe, oon ber .öineinjiebunfl pTojeffualifcber
©runbfä^e freigehalten baben: u. Sdjroarje, J^er^, Öamntafch.
85«
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380 ® ic bcn untaufllk&en SSerfud) betreffend <pienarentföeibung U9 ffletd)3gerid&t8.
t
6trafc retten (Sammafd), $a$ Moment objeftfoer ©efä^rttd^fett im ©cqrtff bcS
$erbrcd)cn3ücrjud)e3 6. 78); gegen ibn wenben fid) roieber bie, bie imücbrigen
mit iljm juiammenaeben. 9lo$ 2tnbcre [teilen einen anberen ©runbfafc für bie
Untauglicbfeit ber bittet, einen anberen für bie Untauglicbfeit be« Dbjcfteg auf.
(cf. bie bei ®cib a. a. 0. sub 4 unb 5 mitgeteilten 2lnfid)ten 6. 307.)
Giern oerfage id) eS mir, baS Stlb, ba£ un$ geboten wirb, im weiteren
Umfang entljüllen. 9lur baö möd)tc id) nod) tjeroorljebcn, bafe biejentgen,
rocldjc niebt mit o. 2*uri annehmen, bafj ber 3Keineib in ber Wicbt, bafj über
einen 2lngef tagten ein ungerechtfertigtes XobeSurttieil gefprodjen werbe, ben
£f)atbefiaiib bcS sföorboerfucbeä erfülle (ßin^ett unb 3Jtebrj)ett Der 3ierbred)en,
Sbcilagebeft jum @erid)t8faal pro 1879 6. 8) — unb aud) ^icr geben bie 2In-
fidjtcn ber 3lnl)ängcr ber fubjeftioen £beorie auSeinanber (cf. 3. 5J. o. 6 d) war je,
Kommentar ju §. lö4. ©. 4.J0) — bamit ber Scbre untreu werben, weldje bie
Dbjcftioirung beS Hillens für einen ^erfud) auSgicbt.
Siegen aber bie Xinge fo, roie icb fie gefebilbert, fo bürfte bie $tit gc-
Fommen fein, bafj mir Don ber fubjeftioen Xtjcoric für immer febeiben. 3)ie
&bre, bie mir it»r oerbanfen, ift }war oon einem ctyrroürbigen Silier unb oon
einer beftedjenben (£infad)l;eit. S3erett3 bie ©loffatoren baben fie aufgehellt,
unb ber Safe, auf ben fie funbirt ift, läßt fid) in bie Söorte jufammenfaffen :
„$u b«ft gewollt — alfo b°ft 3)u oerfud)t." Slber bie ^rrtbümer, bie fic eut*
bält, unb Die s Jßunben, bie fie ber s Jtecbt$ficbcrbett feblägt, finb $u fd)wer, als
baß unö bie Trennung oon tr)r erfpart bleiben fönnte. s I\Jir fagen und oon Ujr
loö mit bem oollen ^cwufjtfein , bafj jebe Sb^uc, bie berufen ift, an u)rc
©teile 3U treten, eine größere aöürbc auf unferc ©cbultern legt.
2Öenben wir uns nun einen Slugenblicf ber objeftioen Xtyoxit ju. Son
ber Cebrc be3 fog. freiwilligen 9lücf tritt« abgefeljen, finben wir in ibr bie näm*
lidjen Säfte wieber, bie wir bei ber #eipred)ung be3 fubjeftioen StaubpuuftS
tennen gelernt unb al£ irrig jurüefgemieien Imben — eine auf ben erften #ltcf
l)öd))t befremblicbe (Srfcbcinung, bie ibre 2luffäUia.feit jebod) gegenüber ber Xt)al*
jacbe ocrliert, bafj bie beiben Xbeoricen, welaje tid) in ber beutfeben Söiffenfcbaft
feit Anfang bc£ gegenwärtigen $abrbunbert$ gegenüberfteben, unb beren Uriprung
in bie 3cit De * itolienifeben ^raftifer l^inautrcic^t, in allen fünften uneinig
finb, nur nid)t in bem, in welajem ber 6ife aller 2Jtcinung*bifferenj liegen
mußte, — im '■öegriff. 2)ie Voluntas sceleris ift ber einen wie ber anberen
mit bem Conatus delinquendi ibentifeb. Cogitare, agere, nec perticere — ©nt*
fd)UiB, 33ett)ättgung bed (SntfcbluffeS unb Langel ber ißollenbung btlbcn in bem
einen wie im anberen Sager bie tfonftitutiomerfmale be« söerfucbeÄ. 5)er gan^e
Streit bat fid) scitljer nur barum gebrebt, bafe bie eine Partei anberS ben Um*
fang bcö ^Begriff*, anberS ben ber 6trafbarfeit normirt, wäbrenb bie anbere
auf^ ber .Hongruenj leiber bebarrt. 2)ie fubjeftioe Xfyotit lebrt mitbin: ^ett
tktbätiguug be« oerbreeberifdjen Sffiillen« ift Skrfucb; bie objeftioe bagegen
fnüpft t^aum noeb ben weiteren 3ufa^: ber sßerfueb jerfällt in jwei Sitten, in
eine [traf bare unb in eine ftraflofc. 7 )
^m s iöcfen ber Sacbe tritt babureb feine 2lenberung ein. Unfcbwer
würben wir un$ bieroon übetjeugen, wollten wir bie Sticbtigfeit bed objeftioen
©taubpunftc^ au ben oäfeen prüfen, beren $robe ju befteben bie fubjeftioe
Sbeoric uiebt oermoa)t bat. glaube jeboaj, mieb ^tcr ber weiteren 2lu£*
füljrung entbalten ju muffen; icb b a be mieb b» cru ber bereits anberweitig, in
meiner ^ebre oom oeriuebten unb unooüenbetcn 58crbrecben, auSgelaffen. 8 ) 93er*
7) a. o. O. §. 4. 8. 105 ff.
8) a. a. 0. 8. 203 ff., ©. 411 ff.
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2>tc ben untauglichen »erfucb. betreff cnbe $tenarentfd)eibung beö ffleid)3gericbt8. ^81
§ef)le ich mir bodh ohnehin nicht, bafj ich benjenigen, roeldje ftch mit bcm Inhalt
meiner 6d)tift oertraut gemocht haben, mit bcm einen ober anberen ©ebanfen,
ben ich bisher ^ier auSgefproc§en habe ober nodt) weiterhin 311 cntroicfeln mich
genötigt feljen werbe, nid)tS *RcueS biete. 9tur in jroei fünften habe id) ge-
glaubt, mid) über baS Sebenfcn, bereits anberweitig ©cfagteS tbcilroetfe §u
roieberholen, ^inioegfe^en 3U btirf en : in ber SBcfpredjung ber Äoniequenjen, ju
benen ber fubjeftioe 6tanbpunft Eintreibt, unb in Der Interpretation bcS pofitioen
©efefceS, ber ich mich balb ju unterbieten aebenfe. Dort überroog bei mir bie
(Srroägung, bafj bie Söefämpfung ber oerfa)ieoenen 2f;eorieen, gegen bie ich mid)
in meiner Sonographie roenben mufjte, mir ben .Sroang auferlegt t)atte, in
meinen Argumenten eine gcioiffe Oetonomic innezuhalten, Da ich, wenn ich mid)
mit oollcr Äraft gegen bie eine gefehrt hätte, ber anberen waffenlos gegenüber-
gefianben hätte, fo bafj mir ein fonjentrtrter Singriff gegen ben fubjeftioen ©tanb*
punft nicht übcrflüffig ju fein fd^ien. ioier mar mir ber Umfianb mafegebenb,
ba& id) einerfeitiS in ber DarflcHung ber Äontrooerfe, mit ber mir uns gegen*
märtig ju befestigen haben, jeitf)er baS pofttioe Siecht nur geftreift habe, 9 ) unb
bafe id) anbererfeits meine Aufgabe nur halb erfüllen mürbe, roollte id) bie 5)e=
fprechung ber reichSgerid)tlicheu @ntfa)eibung mit ber SBiberlcgung ber ©rünbc,
auf bie |ie fid) ftüfct, für abgesoffen erachten. 3 n au " cn übrigen (Stürfen ba-
gegen lege ia) mir bie ftrengfte 6elbftbefa)ränfung auf. Deshalb befdjeibe ich
mid), oon ben s Jtefultatcn, ju benen ich in meiner 6chrift gelangt bin, nur meine
Definition beS SBerfuchcS unb meine 2Iuffaffung über bie hier in 9tcbc fteljenbe
Äontrooerfc oorjutragen, unb baran nur roenige Semerfungen anjufnüpfen.
Slnlangenb äunädjft bie oon mir aufgeftellte Definition, fo lautet bicfelbc
mit einer Keinen rebattioneUen ^eränberung, bie td) mir tyier roohl ber befferen
3krfiänbUa)feit megen geftatten barf, roie folgt: 10 )
ÜEBer eine £anblung, meiere geeignet ift, bie jum X^atbeftanb
eine« Verbrechens erforberlid)e ftolge Ijeroorjurufen, in ber 2lbjid)t
oornimmt, bafe biefelbe in concreto eintrete, macht fia) — bereit 2luS >
bleiben oorauSgefcjjt — eine« SßerfucheS fdjulbig.
Damit ^abe ich bie 2lrt beS sßerfucheS, roelche bie objeftioe ^corie um
ibrer @efär>rlict;feit roiüen für ftrafbar erachtet, $um begriff felbft erhoben.
3Jieine Definition umfafet baher nur bie Verbrechen, roela)e fubjeftio baS 9icquifit
ber 21bfia)t unb objettio baS ihres Korrelates, einen Grfolg, erforbern. ,311 ben
2lugen berer, roela)e fic^ ber Ueberjeugung nicht oerfcbließen, baft bie Unter*
fdjeibung jroifa)en ^Begriff unb 6trafbarfeit als tyaitloä aufjugeben unD eine
^öeränberung ber ©^araftetiftif beS 5öerfucheS je nach °er J&erfchiebcnheit ber
6truftur ber oerfchiebenen DeliftSfategorien, roelche uns im pofitioen Siedet ent*
gegentreten, als feiner einheitlichen v J2atur miberfprechenb abjumehren ift, wirb
meine Steuerung roohl nicht auf fonberlichen 2Biberfprua) fto&en.
9Ber fia) ihr gegenüber ffeptifch oerhält, roirb oieHeid)t feine 3rucifel 5U
ihren ®unfien gelöfi fehen, menn er ftch baoon tiberjeugt, bafe ber begriff, ju
bem ich Anlangt bin, bie ^ßrobe auShält, ber ber seitherige erlag. 2Üer enblid)
gjaubt, fia) weiter im hergebrachten ©eleife beroegen Ju fönnen, febeint mir bie
Situation nicht richtig ju roürbigen. ©elbft menn er bie Delifte, bei benen ber
dolus in bem SBeroufetfein oon ben HJterrmalen beS £h Qt beftanbcS beftcl)t, opfern
roollte, auS ber Duplizität ber Söeariffe fäme er bamit noch immer nicht heraus.
Der ^erfuch, ben man l;cut beim $torb unb bei ber Dtothjucbt ftatuirt, jcrbrbdelt
in jroei mechanifd) miteinanber oerbunbene ^heile, roenn man über ber äußeren
Einheit, bie im Langel ber «olienbung befiehl, bie innere SBcridjiebcnheit, bie
9) a. a. O. §§. 14. unb 15.
10) a. a. O. h. 367. 3)ie icbattionette Scränbcttrag, Die idj mir ertaubt imIh-, beucht
fadjlid) barin, ba§ id) in bie Definition biet m$ ÄequifU ber Hbfttbt aufgenommen habe, ba<3 id)
tn metner ©djnft erft aus \t)x ju ennoicfeln hatte.
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382 3>ie ben «"tauglichen öerfud) betreff enbe $lenarentfd)cibung be8 Wei<63gerid)t8.
■
fidj fubjeEttü unb objeftio bemerflid) maa)t, nidEjt oergifet. jener SejtcfMng
ma<$t fie fid) babura) bemerflia), bafe bie 2lbfta)t bort auf eine objeftioe, ^ier
auf eine fubjeftioe ftotge gerietet ift ; in biefer SSejiebung babura), bafj bort fid)
bie oerbred)erifa)c #anblung jum Sfjatbeftanb ber SSoucnbung raie ©tunb ju
$olge, ^ier roie Littel ju groctf oerf)ält.
Stutf aber eine 2lenberung notl), fo möd)te id) bie 2lufmerffamfcit berer,
bie eS mit ber Prüfung einer neuen Sefyre ernft nehmen, auf einen $unft (nn*
lenfen, oon bem ia) fürchte, bajj er letd)t ju einem £rugfd)lujj Söeranlaffung
bieten fönnte.
^a; Ijabe ben Skrfua) auf bie 33afiS ber potentiellen Äaufalität geftellt.
2)te Unterteilungen hierüber liegen nod) in ben roiffenfd)aftltd)en Anfängen;
nod) wenig ift ber ©oben beaefert. SJaju fommt, bafe baS Material, mit oem
mir eö hierbei $u tl)un fjaben, fo fpröber 9totur ift, bai eS oft ben barlnäcfigiten
2Inftrengungen einen ift|en SBiberftanb leiftet. 9lur all§uleia)t fönnten fta) baf)er Die-
jenigen, roela)e bie fjierin liegenben ©a^roierigfeiten untcrfdjäfeen, rjerfud)t fällen,
bie Safte, auf ber meine fteftnition ruljt, als unhaltbar anjugreifen, aus einem
6afc, beffen Söiberlcgung Urnen gelingt, bie ^rrigfeit beS SßrinaipeS abzuleiten,
ober mit ber Sefeitigung einer Äonfequenj, mit ber id) oieHetd)t ju rocit gegangen
bin, ben Segriff für gefallen ju erflären. 2)arum jjalte icj eS für angejeigt,
biejenigen, roelcbe eS nia)t über fid) geraumen, ben beiben Säfcen : „$5er $erfua)
ift objeftioirter SBille unb bie ftaufalität ift ber ^ßrojefe oon Sterben ju Sein/' ju*
juftimmen, im ^ntereffe ber 6ad)e jur boppelten 3$orfid)t ju mahnen, bamit nta)t u)r
©efammturtbeil burd) herausgreifen oon Details beirrt, unb babura) ein begriff
»erbäa)ttgt werbe , ber uns bie rairffamfte Sßaffe gegen bie fubjeftioe X^eorie an bie
<ganb giebt, inbem er bie 2lbgrenjung beS ÜDtangets im £f>atbeftanb gegenüber bem
&erfua) ermöglicht 11 .) SBon benjenigen bagegen, wela)e baran feftyalten, bafe ber
SBerfud) mit bem heraustreten beS t>erbrea)ertfa)en ©ebanfenS in bie Slufcenwclt, bie
Äaufalität mit bem SBijj ber @oa in ben Slpfct beginnt, empfinbe id), bafe bie
tfluft, bie mid) oon tfmen trennt, ju grofe ift, als bafe fie je überbrüeft
m erben fönnte.
es bleibt mir nur noa) übrig, einem nabelicgenben 3Mfeoerfiänbni&, §u
bem meine SDefinitton oerleiten fönnte, entgegenzutreten. Sßirb nur ü)r 2Sort*
taut berücf nötigt, fo wirb ber 2lnfa)ein erwetft, als ob eS bei ber objeftioen
Seite beS 2krfud)eS nur auf $wei -IRomente anfomme: auf bie Zfyat unb auf
bie ftolqe, bie burd; fie in abstracto entfielen fann unb in concreto entfielen
fott. 2tüein ber Segriff ber gä^igfeit wirb nid&t babura; alterirt, bafe bie Äette
ber ©reigniffe, bereu Prüfung uns untcriter)t, eine größere ober geringere ©treefe
einnimmt. Qalttn wir bie Öerocgung, mit ber ber S)olct) gegen ben Üörper
birigirt wirb, für geeignet, ben Xob ^erbewufü^ren 18 ), fo madjen mir fdjon einen
boppelten Sdjlufe; mir erflären bie htt" D l«"9 f u ^ fä^tg, eine Serrounbung, unb
bie Serrounbung roieberum für fä^ig, ben Xob beroorjurufen. 2Benn uns nämlid) bie
@rfal)rung leljrt, ba§ ein Umftanb geeignet ift, jju einem jroeiten, ber sroeite
roiebetum ju einem britten unb uierten su führen, fo ergiebt fid) barauS oon
felbft bie gäl;igfeit beS erften ©liebes, bie Serbinbung mit bem legten bersufteHen.
darauf ftü^t tid) unfer Siöiberfprua) gegen bie SeroeiSfraft beS SeifpielS, baS
bie fubjeftioe £l)eorie uns oorgefül^rt bot, um bie potentielle Äaufalität für iebe
2Men$bctl)ätigung in 3lnfprud^ ju nebmen. 2ßir fprea)cn fclbftocrftänblic^ Bern
11) cf. bie toon mir gef^ene »bgrensung beS einen «Begriffs gegenüber bem anberen
a. a. O. §. 15. <§. 435.
12) Skr erft ten ©rieb beä 2>otc6e8 in bie ©ruft für geeignet erflären rooüte, ben lob
ju bercirten, »ürte überfeben, baß er nur bie bem Übäter günftige alternative unb nid)t jiigtct^
and) Deren CSegentbeil berüdfiditigt. SBirb jugegeben, taß Die letjtere in concreto §ur 3>c|i3icnä
gelaugt, wenn Der flBrper nidjt berübrt wirt, fo ift fcamit aud» ancrlannt, ba& ftd) bie Cbaucen
beS OHUngenS unb üJiiBlingenS bereite in einem früheren ötabium gegenüberfteben.
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Sie ben untauglicben «erfucb; berrefienbe $lenarentf<beibung be« «««^«gertc^tö. 333
(Stahringen eines feften ÄörperS in bie ßuftröljre lelneSroegS bie gähigfeit ab,
eine (Srfttcfung ju beroirfen, roohl aber betn ©enufe beS 3uc!crS bie , ben 93er*
f$lufe beS tfcblfopfeS herbeizuführen.
2BaS fobann bie ©trafbarfeit beS SterfucbS mit untauglichen Mitteln unb
am mit ausheben Objeft anlangt, fo geljt meine Meinung baf)in:
bie barunter fallenben ^anblungen tragen meber ben (Sfjarafter beS
SSerfuchS an ftcf>, noch entbehren fie beS oerbrecherifeben GharafterS.
3$ habe mich beSbalb genötigt gefeiten, mich foroobl gegen bie fubjeftiue
wie gegen bie obieftiue Ityeorie ju roenben. Mit jener habe id) auch überbieS
mich im gegenroärtigen 2luffa$ auSeinanber gefegt; mit biefer habe ich liier nur
eine furje «emerfung auSjutaufchen. 13 ) 2öenn $euerbac§ unb feine Anhänger
bie £anblungen, roelcbe eine ©efährbung von ÜtecbtSgütem nicht enthalten, als
immoralifcb, nicht aber als uerbred)erifcb anlegen, [0 laffen fie unerroogen, bafj
fie ihnen eine Dualififation geben, melctje nicht ber Sfteflerüm beS £häterS ent*
fpridjt. £ätte man nid)t baS Sobtbeten jum ÄuSgangSpunft genommen, unb
mithin ber Seurtheilung einen ftaH ju ©runbe gelegt, bei bem eine £aufchung
barüber, bafe baS ©ebet nicht bte phigfeit befifct, ein 9Jlenfcbenleben ju oer*
nieten, auSgefcblolfen erfdjeint, fo mürbe fidb muthmafelich ber 3rrthum nid)t
bis in unfere Sage hinein erhalten fjaben. Sßürbe man mit Seifpielen ernteter
9ßatur non £aufe aus eremplifijirt haben, fo mürbe bie (Srroägung, bafj bie 2tb*
ficht non ber ^otftellung unberührt bleibt, roofjl ju ber Uebcneugung geführt
haben, ba& nicht ber immoraufebe, fonbem ber rjerbred&erifcbe 2BiUe bie iäu&en*
roelt betreten unb bamit bie ©tenje Übertritten habe, meldte aufeerlmlb beS
©ebieteS ber ftrafenben ©ereebtigfeit liegt $er 6chlufe ber objeftioen Theorie,
baj? eine £hat, roelche nicht bie 9Jterfmale beS SerfucheS erfüllt, bamit eo ipso
ben uerbrecherifchen Gharafter abftreife, ift baljer als unjutreffenb jurücfjuroeifen.
$*on ihm haben mir uns abjumenben, moflen mir nicht ben Äern tfjrer fiehre
ber £ebenSfraft berauben. 2öir bürfen bie Vorgänge um unS herum nicht länger
unterfcbäfcen. Stenn nicht oerein^elt ficht baS Reichsgericht ba. Ilm nicht auf
(Srfcbeinungen jurücfsufommen, beren ich bereits an einer anberen ©teile gebacht
habe, befdjränfe ich mich hier barauf, auf bie ©ntfeheibungen beS heiftfe^en, beS
roürttembergifcben ÄaffationShofeS unb beS ^enenfer Ober=>2lppeUationSgerichtS
aus ganj neuefter $üt ju oermeifen. (3immerle, 3)eutfche StrafrechtSprariS
»b. IL 6. 28 9tr. 7. unb ©. 29 9lt. 10.) Heber 2>eutfcblanb hinaus macht
fid) eine rücfläufige ^emepng bemer!bar.
3n ftranfreieb, in einem Sanbe, in roeldbem ber fubjeftine ©tanbpunft
non jefjer nur geringe Slnerfennung gefunben f)at, ^at ber ÄaffationS^of unterm
12. Slpril 1877 fiefa bahin entfliehen: 14 )
II y a tentative punissable dans le fait de Hndividu qui dächarge
une arme a feu ä travers les vitres de la fenetre d'une chambre
sur le lit, qu'occupait habituellement ä la meme heure celui qu'il
voulait atteindre, encore bien que par des circonstances ind^pendantes
de la volonte* de Tagent t la tentative alt manque son effet . par suite
de l'absence fatuite de la personne que le raeutrier avait en vue.
Ce n'est pas lä une impossibilit-e absolue, qui puisse faire obstacle
I l'application de l'art. 2. C. P.
13) cf. im Uebrigett 0. a. O. 6. 395—446.
14) «uf ta§ ^räjuöy »om 4. 9io». 1876 — $atto», a. a. O. ®. 33 — worin ber
Umftanb, tag ber 2)ieb ben Stlmofenflod, ben er belebten »oute, teer fonb, at« ein oon feinem
SBiUen unabbängigeS, bie ^ollenbnng auäfcbliefecnDe« fjtnbernh) angefeben roirb — babe i* im
Xejt niebt ©qug genommen, »eil icb ber 5Dteinung btn. bafi ba« Objett beim Diebflabl eine
anbere ffloüc fpielt als bei allen übrigen SctbreO)en; cf. bierüber §. 16. e. 447 fr meinet mebrfao}
gebatbten ÜDionograpiuc-
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384 ®* e w^auBl^« 1 *ttfu^ betreffende ^lenarentf Reibung be§ föekbSgeridjtö.
(Sirey: Receuil genial des lois et des arrets. #aljrgang 1877.
Dalloz: Jurisprudence generale. 3 a () r Ö an S 1^78 6. 33.)
— unb idj glaube nidjt, bafc baS ^räjubij, baS unter ben bortigen Suriften
Ijo&eS 2lufleöcn fjernor gerufen Ijat, unfer 9ftca)tSgefül)l perlest, foroeit eS ftd) um
bie Strafbarfeit ber Zfyat banbclt.
3n ©nglanb, beffen ©efefegebung ftdj mit ©pesialbcliftcn als bem «Surrogat
bcS 58crfud^e^ beljilft unb barum uon und nur mit 33orfi$t ui oerroertljen ift,
tjat ein unter ber Königin Victoria erlaffcneS Statut ein älteres, meines für
ben Styatbeftanb ber unternommenen Abtreibung ber ficibeSfrucbt eine oor^anbene
Scfyroangerfdmft als SBorauSfcfcung Ijingeftellt batte, tnforoeit au&er tfraft gefegt,
als eS bei Begebung beS Verbrechens Seitens eines dritten feine 9tücfit4t
barauf nimmt, ob bie jJrauenSperfon „be with child or not." Um fo auf»
fallenber ift eS freiließ für uns, baß auf ber anberen Seite roieber auf bie
#efdmffcnt)cit ber Littel ©cioicbt gelegt roirb, inbem — oon bem medmmfdjen
Gingriff in ben Körper abgelesen — nur bie Slnrocnbung oon „any poisou or
other nosious thing" als attempt to produce abortion beftraft wirb.
(Blackstone's Commentaries on the Laws of England, Vol. IV.
5. 217.
Stephens' New Commentaries, Vol. IV. 6. 173.)
3n Belgien IcJjrt $auS, ber im Uebrigen am objeftioen Stanbpunft feft*
Ijält, bafe man jroifc^en abfoluter unb relatioer Unmöglic^feit unter f Reiben muffe;
nur bort, nid)t l)ter fei Strafloftgfcit gerednfertigt. 211S öeifpiel für jene
füfyrt er ben gall an, bafj ^emanb in ber £>unfcll)cit auf einen öaumftamm,
U)n für einen 3)ienfd)en fjaltenb, einen Sdmfj abgiebt, als ein $etfpiel für biefe, bafe
quelqu'un tue un coup d'armes ä feu dans la ehambre oü croit
apercevoir la personue dont il veut se venger et qui fortuitenient
se trouve ailleurs.
(Haus: Principes g&ieraux du droit pdnul Beige, 93b. I. 9tr. 490.
460. 461. 6. 347.)
®a in bem einen wie im anberen ^alle bie £f)at in $olge eines fafttfdjen
3rrtl)umS ber gä^igfeit ermangelt, eine Söötung ju bewirten, fo fann idj jnrifdfen
beiben eine innere &crfd)icbenljcit nidjt anetfennen. 3>er ©runo ber abroeia)enOen
Scljanblung bürftc oielme^r lebiglid) auf eine ftonjeifton, ju ber uns baS 9ted)ts*
benmftffein aroingt, jurücfyufübrcn fein.
3n Italien oertritt Garrara eine Auffaffung, bie im 2öcfentlid)en mit
ber oon .paus übercinftimmt, unb bennoeb fteljt er, tjicruon abgcfeljcn, ber fub*
jcfriücn 3:t)Corie Derart fern, baß er als eine „aberrazione" bie (Sntfdjeibung
di un tribunalo superioie di Sassonia bejeidmet,
che nel 1851 cindanno come rea di tentato aborto una ragazza, la
quäle aveva sorbito un arbortivo credendo esser gravida mentre
realmento uon locra.
(Carrara: Lezioni sul grado uella forza fisica del delitto, §. 85.
6. 64 unb S. 61 u. f. S. 62.)
So treten unS überall acnndjtige Slnjctdjcn entgegen, meiere beutltd)
genug bafür fprcdjen, bau btc objeftioe Schule 311 weit gcljt, locnn fie bem un*
taugltdjcn Verfug indistinete ben ocrbreajeriidjen Glmrattcr abfpric^t. 5>or
2lUem biirfcn mir uns bod) niajt ber Ucberjcugui'g ucrfdjlic&en, ba§ aud) unferem
fyödtftcn ©crta)tSl)of bie ©runbfäfce über ben $lmtbeftanb ber Verbrechen Ijcilig
ftnb, uuö bafe eS iljm nid)t entgangen ift, bafe er mit feinem ^räjubije mit einer
^ubifatur, bie ootber in bem gröfeten Xbeile 2>eutfa^lanbS gc^crr|a)t unb in ber
S)oftrin oielfad) Jbiaigung gefunben baue, in äüibcrfprudj trete, iöir Ijaben
bal)er bie ^flid)t, ben ©rünben naefouforfeben, roeldje roobl Vcbenfen fo fc^roerer
9lrt überwogen Imbcn. ÜJiir ift fein anberer crfinMtcb als ber, bafc baS iRcic^S'
gcrid)t fid) beioufet geroefen ift, bafe eS ein gut Ztyeil unferer 9k$tSfi$erl)eit
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2>ie fccn irotaugli^en Sktfud) betrefftnbc Wenarentfdjetbimg beS «eidjSgeri^tS. 385
preisgebe unb mandbe unferer ©trafbeftimmungen iüuforifdh ma$e, wollte es ben
untauglichen Verfuch als ein rechtlich tnbiffcrenteS ftaftum wagten, $n ber
93ermengung oon begriff unb ©trafbarfeit fcheint mir baber baS norjüglic^ftc
jQinbemife ju liegen, welches jeither ber ©ntwicfelung ber objeftioen 2$eorie im
2Sege geftanben $at. erwägen mir, bafj biefe Xbeorie ihre ©egnerin balnn
brängt, ftd) mit Äonfeouenjen ju befreunben, welche bie 2Biffenfdmft als irrig
oerwirft, bafj fie über fic ben ©icg baoon getragen, foweit eS fich um bie Straf*
lofigfeit ber VorbercitungSIwnblungcn in ihrer ©igenfdjaft als 23crfuch Imnbelt,
uno bafj fic cnblich, wie mir balb fetjen merben, mit $ecf)t barauf ^inbeutet,
bafj bie §ragc, bie bereits ju ihren ©unften entfehieben ift, mit ber, bie itjrcr
Söfung noc^ h arrt » in einem untrennbaren 3ufammenhang fteht (2ftittermaier,
a. a. 0. ©. 197, ©. 403 ff.), fo biirftc ber Sdjlufe nicht abwegig fein, bafj ein
©trett oon über 70 fahren nur barum nod) immer mit roedjfelnbem ©lüefe
geführt wirb, weil ibre eigene Sehre einen fehler in fidr> birgt. Scfcittgen mir
it)n, fo bürfen mir uns ber Hoffnung hingeben, bafj baS, waS mir auf bem einen
©ebiete errungen, uns auf bem anberen nicht wirb entriffen merben, unb bafj
nach abermals fiebert Bennien ber triebe uns ben öeftfiftanb roiebergeben roirö,
ben mir heut als tnterimifttfcb ocrloren ju betrachten haben.
■Jtabc liegt bie Vcrmutfning, bafj ich bamit auf einem Umroeg bie ©traf"
barfeit beS untauglichen VerfudjeS wieber ein3uführen gebenfe. S)ieS ift jeboch
fcincSwegS ber $aü. 5Bci ber Oefonomie, bereu ftcb ber ©taat bei ber £anb*
habung ber ©trafjuftij 311 beflet&igcn r)at, barf ber ©trafrabmen nicht über bie
Vebürrniffe ber tftccbtSorbnung hinaus erweitert werben, ytur oon jmei Ver
brechen Ijabe ich bie Üeber3cugung erlangt, bafj bie ©traflofigfeit ber ^anblungcn,
welche man unter bie Äategorie beS untauglichen VeriudieS 3äf)U, $u einer
©chäbigung unfcrcS 9ted)tSbcwufjtfeinS führen würbe. Seim 9JJorb unb bei ber
Abtreibung ber 8cibeefrud)t; beim s J)corbe, foweit niebt bie Vergiftung in 93etradu
fommt, aus bem ©runbc, weil oft ber Slugenblicf entfebeibet, ob bie Xhat geeignet
war, ben £ob beroorjurufen, bei ber Abtreibung ber fietbeSf nicht unb beim
^florbe, foweit cS fid) um bie Vergiftung banbelt, aus bem ©runbe, weil uns
nur all3uhäuftg baS Stcfuttat ber unter fudntng über bie Vefcbaffcntjcit unb bie
Quantität beS angewenbeten Littels im ©tich läfjt. $>ort icheint mir bie
fubjeftiö-objefttoe Theorie bie richtige SKittc getroffen ju hoben, hier werben wir
über ihre 2chrc hinausgehen muffen, wollen wir oermeiben, bafj bie 33cfcitigung
beS angewenbeten SJcittelS ober bie Ungewifjijeit ber S)ofiS, oon ber (Gebrauch
gemaebt ift, ju ftreiiptcchungcn führe, welche ber ©adjlage nicht entfprechen.
s ißir würben baher 3ur Vilbung einiger ©pejialbelifte greifen müffeu. ©omohl
bic ©runbfäfee über ben 3;h fltt) cftanb ber Verbrechen würben gewahrt, als auch
bie Vcoürfniffe beS praftifeben SebcnS berücf fichtigt werben, wenn wir, — um
bei bem ftall flehen 311 bleiben, ber bic ^Menarcntfcbeibung beS Reichsgerichts
ocranlafjt hat, — bem §. 218. 9t. ©tr. ©. 2ö. eine etwa bahnt lautenbe 3ufa&*
bcjtimmung geben würben:
(Sine ©dhwangere, weldje, in ber 9lbfid)t, ihre Frucht abzutreiben
ober im 2Rutterleibe ju töbtcu, Littel anwenbet, welche nicht ober
nidjt erweislich h^ r 8 u geeignet ftnb, wirb bejtraft.
Sie 2lnwenbung oon fnmpathetifcf)cn Mitteln ift hinunter nicht
mit inbegriffen.
S)ic Dteucrung, ber ich baS 2ßort rebe, erscheint auf ben erften Vlicf
auffaHenbcr, als fie in 3öat)rtjeit ift. 93ei ber 2lnftiftung h aöe » roir unö
bereits baran gewöbnt, neben ben im allgemeinen $l)cil getroffenen Slnorbnungen
im fpejieüen Shcil befonberen Gelitten 311 begegnen, ^icr oerfeunen wir nicht,
bafj wir oon feinem begriff mehr 3U oerlangen berechtigt ftnb, als er 3U leiften
im ©tanbe ift. Seil bie 2lnftiftung ihrem SBcfen nacb eine ftrafbare ^anblung
©eitenS beS dritten oorauSfe|t, fcl;cn wir uns genötigt, ergän3enb einjutreten,
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386 2>ie ben untauglichen Serfucb, betreffend $lenarcntfd>eibung be8 «eiä)«gerichts.
wenn roir über ben UmfaitQ beS SegriffeS ^tnan^ bic StcchtSorbnung ju fdntfeen
entfcbloffen finb. Vom Verfucbe bagegen begehren roir, bafc er uns ©pe^ialbeltfte
erfpare. Steigt aber fein Umfang nicht über ben ber potentiellen Äaufaiität
hinaus, fo ift mit ihm baS außerhalb berielben liegenbe ©ebiet noch nicht gebeert.
Sinb roir Deshalb genötigt, einzelne Süorbereitungö^anblungen unter $önal*
fanftion ju fteflen, inbem roir nidtjt oerfennen, bafj fie oon bem begriff beS SBet*
jucbcS nicht beherrfcht werben 15 ), fo roerben roir uns roohl auch cingefiehen
müjfen, bafj roir an ilm, foroeit baS Stabtum ber SluSfübrung in Jöetracht
fommt, ju grojje Slnfprücbe fteUen, roenn roir ihm sumuthen, Aufgaben ju
löfen, bie er, als außerhalb ber potentiellen Äaufalttät liegenb, oon ftch
3urücfroeijt.
9iur eine ftrage bleibt unS jur Vefprecbung noch übrig, nämlich bie, ob
roir uns nach unferem pofitioen Stecht für ober gegen bie Strafbarfeit beS fog.
untauglichen VcrfuchS ju entfebeiben b«ben.
2)aS ©efefe b,at fidt) hierüber jeber 2Inbeutung enthalten. 2luch bie 3Jtotioe
gewähren uns !eincn 2lnhalt; auS iijncn entnehmen roir im ©egentheil, bafe
eine gcfc^tic^c Regelung ber Äontrooerfe in Stücffic^t barauf, ba& ber Streit
roeber in ber SSijfcnfchaft, noch in ber Äobtftfation $u einem Hbfcbluf? gelangt
ift, aeftiff entließ oermieben roorben ift. 2öir tyabm unS baber äunäcbft Stechen*
fd>aft über ben Snfyalt ber Aufgabe , roclche ber ©cjc{jgebcr an ben prafttfe^cn
Sticbter gefteflt tyat, gu geben, bcoor roir beren Söfung näher treten.
Sooiet roirb man mir roof)l oon oornhercin jugeben, baß roeber ber Umftanb,
bajj bie SDoftrin ben überjeugenbfien 9tachrociS oon ber Unbaltbarfeit einer
Strafbeftimmung erbringt, ben ^Richter ber Verpflichtung enthebt, bic lex lata
gut 2lnrocnbung au bringen, nod) ber, bajj ftc umgefchrt mit ben burchfcblagenbften
©rünben ben oerbredberifchen (jharafter einer Kategorie oon &anblungen bar«
thut, ihn berechtigt x eine Verurteilung aussprechen. $)arauS ergiebt lief),
bafj bie $rage ber Strafbarfeit bcS fog. Verfug mit untauglichen Mitteln unb
am untauglichen Objcft für ihn feine Vebeutuna, hat, gleichviel in welchem 6inne
fie einmütig oon ber SBiffcnfdmft entfehieben roirb.
©egenüber ber Vcftimmung beS §. 2 SR. Str. ©. V., welcher oorfchreibt:
©ine §anblung fann nur bann mit einer Strafe belegt roerben,
roenn biefe Strafe gefefclich beftimmt roar, beoor bie §anblung be-
gangen rourbe,
roirb er fich otclmchr ber Unterfuchung $u Unteraichen haben, ob bie £anblungen,
roelche man unter bem Manien beS untauglichen VerfucbS aufammenfafjt, unter
ben begriff fallen, ben ber ©efefcgeber auSbrücflidj ober ftittichroctgcnb fanfttonirt
hat, ober oon ihm nicht betroffen roerben. erfteren $a\li roirb er fonbemna*
torifch, im lederen abfolutorifa) $u erfennen haben; bic abroeichenbe Anficht
ber $oftrin, foroeit fie fich auf bie $rinjipien beS Strafrechts früfct, fönntc baran
nichts änbern.
SegiSlatorifch ifl baljer baS Uebergehen ber Äontrooerfe nicht empfehlend
roerth- SBirb ber untaugliche SSerfuct) oon bem Segriff, oon bem ber ©efe^geber
ausgeht, umfafjt, fo ift eine 2lnorbnung feiner Straflofigfeit geboten, roenn un-
gerechtfertigte Verurteilungen oerhütet roerben foüen; roirb er oon ihm nicht
berührt, fo ift roieber eine Strafbeftimmung nötbig, bamit nicht greifprechungen
ber IcgiSlatoiifchcn Xenbenj juroiber erfolgen.
3m bireften ©cgenfafc h^rju fpricht 9Jtittermaier feine Slnficht bahin
auS (a. a. 0. S. 439):
„2US eine jroecfmämge Einrichtung mu& bie Dichtung ber neueren
Äobiftfationen gebilligt roerben, in ben ©efefcbüchem feine Vorfchrift
15) a. a. O. ©. 381 ff.
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2>ie fccn untaußtitfcn öerfud) bctwficnbe $lenarentfd)eümng be« «ei$ggeri#t«. 337
über ben S3crfud& mit untauglichen Mitteln aufzunehmen, oielmehr
bem Ermeffcn ber 9ttä)ter unb ber ©efchmorenen unb bem ©inRufe
ber ftortfehritte ber 2Biffenfd)aft bie Entfärbung einzelner plle ju
überfaffen."
2lu« boppeltem ©runbe mu§ ich bem wiberfpredjen. 3Kag auä) immer
ber ^ortfehritt ber 2BifTcnfct)aft ba^in führen, ba& man eine Sücfe im ©efefcbudj
empftnbet ober eine barin enthaltene Slnorbnung bebauert, nimmer tft er barum im
Stanbe, — unb bieS habe ich jumächft einjumenben — ber lex lata eine barin
nid)t enthaltene Beftimmung (jinjujufügen ober eine barin uorfyanbene Be>
ftimmung in SBegfaü $u bringen. Sobann tjanbelt e« fiaj nid)t um eine quaestio facti,
fonbem um eine quaestio juris im eminenteften Sinne, roenn nicht bie ft-ragc,
ob eine fonfrete Ztyat, fonbern bie, ob eine ©ruppe abftrafter ,§anblungen unter ben
begriff ju fubfumiren tft, oon bem ber ©efefcgeber ausgebt, aur Entfärbung
ftet)t. 3)e)fen ungeachtet hat bie üHittermaierfchc Huffaffung auch bei ben
fpäteren äobififationen einen na^eju ungeteilten SBcifall gefunben.
2Men mir baher bie Strafbarfeit be« fog. untauglichen S3erfudh§ an ber
£anb untere« ©efe^budhcsS entfebeiben, fo fmb mir genötlugt, in bie ityc
)räjubi3ieUe Erörterung einzutreten, roie benn eigentlich ber Berfucb«begriff be*
Raffen ift, ber fia) ber legi«latorifcbcn Slncrfennung erfreut 9iid)t fonberlid)
chroicrig wäre unfere 2Iufgabc, roenn bie Behauptung berer begrünbet wäre,
welche bem beutfdjen ©efeft, gegenüber bem prcufjtfcbcn, ben $ortfchritt nachrühmen,
ba§ c«, roeit entfernt, fiep bamit $u begnügen, bie Bebingungcn ber Strafbarfeit
be« Berfucb« anzugeben, eine Definition be« Begriffe« felbft aufftelle. (0. Schwade
a. a. 0. S. 110. — $äberlin, Einige Bcmcrfungcn über ben Berfud) nach
bem 9t. St. ©. B. im ©ericbt«faal pro 1872 S. 253, 254.) SlHein ber oer-
meintltche Borzug beficht in 2öar)rt)eit in einem 9tcbaftion«feblcr. 2öie nämlich
bie Sftotioc ergeben, rootltc ber beutfehe ©efefcgeber oon bem preufeifchen nur in
fofern abweichen, alö er bie Bebingungcn, unter benen bie bereit« oerroirftc Strafe
in SBegfall fommen foüte, au« ben bie Strafbarfeit begrünbenben 3Jferf malen
au«fcheiben unb au« ihnen einen felbftänbigen Straf auf hebung«grunb bitben.
9hm lautete aber ber hier in Betracht fommenbe §. 31. bc« preufj. St. ©. B.:
35er Berfucb ift nur bann ftrafbar, roenn bcrfelbe burch ^anblungen,
roclche einen Einfang ber 2lu«führung enthalten, an ben £ag gelegt
unb nur burd) äußere, oon bem Sillcn be« Später« unabhängige
llmftänbc gehinbert roorben ober ohne Erfolg geblieben ift.
Demgemäß hätte ber beutfehe ©efefcgeber, um feine Intention ju erreichen,
ben $affu« oon „unb nur" bi« ju ben ©orten „Erfolg geblieben" ftreieben unb au« ihm
einen neuen Paragraphen formen mtiffen, oorau«gefe$t, bajj er glaubte, ben Erfolg
unter ben bie Strafbarfeit begrünbenben Umftänbcn nicht weiter ermähnen
ju bürfen.
Der §. 31. würbe al«bann folgenbe ©cflalt angenommen haben:
Der Berfuch ift nur bann ftrafbar, wenn bcrfelbe burch §anb>
hingen, welche einen Anfang Oer 2lu«führung enthalten, an ben Sag
gelegt ift.
3n biefer Raffung hätte er freilich an ben beiben gewichtigften Mängeln,
auf welche bie 2i*iffenfchaft bereit« wenige Sabre nach ber Emanation be«
preufeifchen Strafgefefebucbe« hinaewiefen hatte (3achariae, a.a.O. in ©olt-
bammer'« Slrd). Bb. III. S. 16Ü), auch noch fernerhin laborirt: weber hätte
er ba« Detift bezeichnet, um beffen SUuSfübrung e« fid) hanbelt, noch be« dolus
al« eine« wefentlichen bie Strafbarfeit be« Berfucpe« bebingeuben Utomente«
gebacht. 2Öar baher aua) ber beutfdje ©efefegeber nicht ber aftübwattung über*
hoben, noch weiter nach ber einen unb anberen Stiftung hin an fein Borbilb
oerbeffernbere §anb ju legen, fo burfte er boct) unter allen Umftänben bie Stuf*
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388 3)ie ben untauglichen 8etfucb, betreffend Wenarentf Reibung be3 8tei<h«gericbt8.
gäbe, bic er ftd) gefteft hatte, nicht in bem SJtafce aus bem 2luge oerlteren, bafe
er bic Sebtngunaen, unter benen er ben Serfuch für ftrafbar erachtete f ben
3Kerfmalen machte, burch ben ber Segriff feine Glmrafteriftif erfährt Der
§. 43. unfereS ©efefcbucheS entfprid)t baljer ber IcgiSlatorifchen ^tentton nicht.
Die Definition, bie er feinem Söortlaut nach giebt, beruht auf einer nicht beab*
fidjtigtcn Sermengung ber 2Jierfmale beS Segriffs beS Serfuchs mit ben feine
Strafbarfeit begrünbenben SorauSfefeungen. Dies wirb felbft oon benjenigen JU*
gegeben, welche bem beutfd)en ©efefe ba$ ßob fpenben, bie ßongruenj jroifä^en
begriff unb Strafbarfeit hergeftellt ju haben, inbem ftc beffen ungeachtet ben §. 43.
91. St. ©. S. in einer oon bem Sinne beS §. 31. preufj. 6t. ©. S. nicht ab*
rocichenben SBcife interpretiren. Sie untcricheiben nämlich nach roie oor jroifchen
Sorbereitungä* unb 2luöfüt)rungSt)anblungcn, pifdjen einem prafbaren unb
ftraftofen Serfuch unb erfennen bamit an, ba| ber §. 43., ber anfdjeinenben
Definition ungeachtet, feine fachliche Abweichung oon feinem Sorbilb enthält.
Damit hat fia) bie s $räjubisialfrage, beren Erörterung uns obliegt, um
ein Urtivit über bie Strafbarfett ber Unternehmungen mit untauglichen Mitteln
unb am untauglichen Dbjeft nach pofitioem SRecbt 3U geroinnen, oerroicfelter ge*
ftaltet, inbem fie und anftatt ber einfachen Aufgabe eine hoppelte auferlegt.
sRidjt Mos l)aben roir uns ber Untersuchung $u untergehen, ob ber untaugliche
Serfuch unter ben begriff fällt, ber gemeinfchaftlich b«c SorbereitungS* unb 2luS*
führung$hanblung umfafjt, fonbern auch noch weiter ber, ob er oon bem begriff
betroffen roirb, ber jene oon fich jurücfroetft, biefc in [ich aufnimmt.
Die erfte Jrage glaube ich bejahen, bic jroeitc oerneinen ju müffen.
Der Segritt/ nämlich, ber bem 9lrt. 2. Code penal unb allen tfobiftfationen,
welche bie Strafloftgfett ber SBorbereitungälmnblungcn anorbnen — unb ju ihnen
jäblt unbcftrittcnermafjen auch bic beutfehe — ju ©runbe liegt, ift fein anberer
als ber, toelcher ber fubjeftioen unb objeftioen Theorie gemeinfehaftlich ift.
Durch bic Xrabition ift er oon ben ©loffatoren auS $u uns gefommen, ohne
bisher oon irgenb welcher Seite eine Anfechtung ju erleiben. Danach ift ber
Serfuch nichts roeiter, als bie Objeftioirung beS ocrbrechcrifchen SöillenS. Da
man jeboch erfannte, bafj man ju rocit geljen roürbe, wollte man jebe Sethätigung
beS dolus, ber voluntas sceleris, beftrafen, fo machte ftd) bereits unter einem
Zi)t\i ber italicnifchen $raftifcr bic Ueberjeugung gcltenb, bafe ein Stücf aus
ber Strecfc, roclchc ber Segritt beherrfcht, auSgefchieben unb für ftrafloS erflärt
roerben mü&te, — eine Sluffaffung, bic im 2lrt. 178. C. C. C. ihre gcfefeliche
Sanftion erlangt ^at. hieran fnüpftc bic neuere 3uriSpruben$ Q n f fie betonte
ben Unterfchicb smifdjen' ben SorbcrcitungS* unb 5>luSführung$hanblungen unb
Serlegte bcStmlb ben Segriff in eine ftrafbarc unb ftraflofe Unterabtheilung, ohne
bie eine ihm 3U entziehen unb ihn auf bie anbere ju rebujiren. 16 )
Der untaugliche Seri'uch entlpricht baher bem trabitionellen Segriff. Die
brei giequiftte, roclchc bic Söiffenfdmft einmüthig als feine v JJtertmale aufftellt:
l£ntfd)lufi, Sethätigung beS (SntfchluffeS unb Langel ber Sollenbung, finb ben
Unternehmungen, in benen ber ©rfolg mit Mitteln angeftrebt roirb, bic feine
SJitttel finb, 17 ) unb bie fich gegen s Jted)tSgüter richten, bie aufgehört haben, Rechts*
güter ju fein, 18 ) nicht absprechen.
Dagegen fällt ber untaugliche Serfuch nicht unter ben Segriff, welcher
burch bie Untertcheibung pifchen einer ftraflofcn unb ftrafbaren SpejicS entftcht.
Die burch bic ^nfongrucns jroifchen Segriff unb Strafbarfeit gefchaffenc
Sachlage ift nämlich seither nicht genügenb geroürbigt roorben. 2öärc jwifchen
ben SorberettungS* unb SluSführung^hanblungen nur ein seitlicher ober fonft
16) a. a. O. 6. 104 ff., ©. 202 ff.
17) a. a. O. @. 411, 412.
18) a. o. O. @. 316.
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— -
2>ie ben tmtaugti^cn SBerfutf betreffende <ptenaretttfäetbung De« fflei*«gericf)t8. 389
ein nur äufeerer Unterfd^icb crftnbli^, fo roäre e« roofu* benlbat, bajj ein ©renj*
ftein gefegt roirb, roeldjer ba« eine ©ebiet oon bem anberen fdjeibet, ben Segriff
felbft aber imangetaftet läßt. 2Rit bem 2lugcnblicf aber, in roel^em man ju ber
Ueberjeugung gelangt, ba| bie beiben Äategorien in ü)tem ß^arafter btffertrcn
ober mit bem, in roelcbcm man ber einen Straffreiheit jugeftc^t, bie anbere unter
^ßönalfanftion [teilt, ift e« erforberlid), ben Sorbereitung«banblungen ein 3Jicxt*
mal abjufpredjen, ba« ben 2tu6fübrung«banblungen jutommt, ober umgefebrt,
biefen ein 9Jierfmal jitutfcbreiben , ba« jenen abgebt. 2lü8bann tritt ber (Srfolg
ein, bajj ein Sbeil au« bem gemeinfdmftlid)en begriff au«fcbeibet unb ber barin
jurüdbleibenbe in tym oollftänbtg aufgebt; ber frühere Segriff ift bamit befeitigt,
ein neuer tyat ibn oerbrängt. 3$ roill mieb burd) ein Setfpiel oerftänbltdjer
machen. SBäre bie Objeftioirung be« Söillen«, ba« cogitare, agere, nec perficere,
SBerfuc^, fo mürbe foroobl ber 2tnfauf eine« ©eroebre«, al« ba« 2lbfcuern eines
Scbuffe« auf einen ÜJtcnfdjen, bort toie b*cr ben erforberlidjen dolus oorau«gefefct,
ben Xbatbcftanb be« 9)forboerfucbe« bilben. hieran mürbe fieb auep nichts
änbern, fo lange man sroifcben ben beiben Stbätigfeiten feinen anberen Unter*
föteb feben mürbe, al« ben, ba& bie eine bcr anberen seitlitt) oorangebt. 3ft
man biergegen ber Ucberjcugung, bafe bie £>ifferen$ tiefer liegt, unb erflärt man
be«balb, baß eine «panblung erft mit bem 2lft unter ben £batbeftanb be« ftraf*
baren ÜJiorboerfudbe« falle, mit roelcbem ber Angriff auf ein Wenfttjenlebcn be*
gönnen bat, fo mürbe ber Slnfauf be« ©eroebre« nid)t ba« 9Jierfmal an fid>
tragen, oon bem nunmebr bie Strafbarfett abbängig gemaebt ift, roäbrenb um»
gefebrt ba« Slbbrücfen be« £abne« bie Gl^arafteriftif empfinge, roeldje oon ba ab
ber Sorberettung«banblung abgebt. $er gemeinfcbaftlicbe begriff ber Objeftioirung
be« Sitten* roäre bamit jertrümmert; ber neue Segriff roürbe lebiglid) ba«
Stabium ber 2Iu«fübrung umfaffen, — bie ßongruenj jroifcben Segriff unb
Strafbarfeit roäre roieberbergeftellt.
$amit treten roir in unferer Unterfud&ung roteberum in eine neue tyfyah
ein. 9ttd)t barum ^anbelt eS fid), bie ©renjlinie au«ftnbtg ju madjen, jeufeit
beren bie Objeftioirung be« 2Billen« einen oerbred)ertfd)en ßbarafter annimmt,
fonbern ein Silb über bie Sefdmffenbeit be« Serfud)e« geroinnen, ber bem
©efe&geber oorgefebroebt ^ar.
9)ian fönnte geneigt fein, biegen ju erinnern, bafe id) mid) afljuleicbt
barüber binroegfefcc, bajj bie Hobtftfationen an eine Umroanblung be« trabttionetten
Segriff« niebt gebaut unb ärotfd^cn bem Stabium ber Vorbereitung unb bem ber
3lu«fübrunq nur einen jettlicben Unterfd)teb gefeben boben. Mein ber ©inroanb,
fo plaufibel er aud> auf ben erften Slicf ju fein |d)etnt, fällt bureb bie ßrroägung,
baß roir al«bann bie Sorberettung«banblungen, bie unter Sßönalfanftion geftellt
finb, al« ftrafbare Serfud)e ber Serbred)en, benen fte bienen follen, qualifotren
müßten. 2>ie« halte idi aber für unjuläfftg; bie Objeftioirung be« Ottilien« bat
aud) bem pofttioen 3ied)te nacb aufgehört, bie ^^atfeite be« Verfuge« überbaupt
ju bilben.
S)ie Seroequng nämlid), roeldje oon ber neueren Söiffenfd&aft ausgegangen
unb ju ber Störte angeroaebfen ift, bafe fte bie Äobiftfationen mit fidb fortgeriffen
bat, b at zw tiefere (Sinroirfung ausgeübt, al« bie« in ben Intentionen berer
lag, bie fie ju leiten oermeinten. %\)xt ©eftrebungen roaren jroar nur barauf
gerietet geroefen, bie SorbereitungSbcnblungen ber Seftrafung ju entjiebcn, aber
fte baben babureb ba« barüber bin^öebenbe 9iefultat tierbeigefütjrt, ba§ ber
trabitioneUe Serfucb«begriff al« ju roeit gefaßt oon ber S)oftrin unb ber Segi«*
lattoe prei«gegcben roorben ift. 9ttd)t jufällig ift bie« gefc^cn. 2Ber ba«
Sebürfnife empfinbet, anber« bie Vorbereitung«» unb anber« bie 2lu«fübrung«*
banblungen ju betjanbeln, fteüt bamit — barüber bürfen roir unß nid)t länger
täufeben — bie 9tid)tigfeit be« Segriffe«, ber beibe ©ebiete ibrer b^terogenen
9tatur ungeaebtet jufammenfa|t, in %vaQt. $)a« cogitare, agere, nec perficere
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390 ® ic ben «ntougtic^cn 3Jerfu$ betteffcnbe ^lenartntfdjeibung be$ 8ieic6§gerid>t§.
reicht oon ba an nicht mehr Inn, ben X^atbcfianb be3 SBerfucheS erfüllen.
Äeine ©trafbeftimmung wäre heut m Sage im ©tanbe, ben 2Infauf oon ©ift
roteber in einen conatushomicidii, ba£ hochoerrätberifcheÄomplott (§.83.9t.©t.©J8.)
in einen Sflorboerfua*) gegen einen ©unbeäfürften (§.81. 9it. 1.) $u oerroanbeln.
3m ooUen ©egenfafc 511 bem Sluäfpruch oon Sreibenbach roerben mir 00m
©tanbpunft ber mobemen äöiffenfchaft erflären muffen:
2>cr Staat fann uns jroar jroingen, bie 93orbereitung3f)anblungen
äu betrafen, nicht aber ift er im ©tanbe, fie in 2$erfuchSbanblungen
umjugeftalten.
S)er Srud) mit bem trabitionellen Segriff §at ftd) fomit in ber Softem
unb in ber ©efefcgebung, wenn auch unbemerft, fo boch barum nicht unbemerfbar
oolljogcn. äüie wollten roir fonft bie ©rfcheinung erflären, bafc roir heut ein*
müttng — oon ber ertremen Stiftung ber fubjeftioen X^eorie, welche ben 9ftifj*
brauch beä ©ebeteS als einen echten 2ttorboerfuch eradjtet, abgefetyen — e« oon
uns ablehnen mürben, einen 3Jleineib, ber in ber 2lbficf)t gefchrooren roirb, ein
auf äretyeitsftrafe lautenbeS ©rfenntntjj tjerbeimfü^ren, als einen Serfuch bc3
im §. 239. s Jt. 6t. ©. *8. oorbergefebenen SeltfteS ju qualifijiren? $er 2lugen*
blief, in welchem roir un£ jum 5öerou§tfein bringen, baß fieb unfere Wicht nicht
aufregt erhalten liefee, mürben Serfua) unb $ethätigung beS oerbrecherttchen
SBillenS äufammenfallen, ift jugleich ber Slugenblicf, in meinem ba<8 cogitare,
agere, nec perficere aufhört, in ber 2Biffenia>ft unb in ber ©efefcgebung feine
Stolle ju fpielen.
£ie ©ache roirb jeboeb baburch fomplisirter, ba§ an bie ©teile beS oon
ben ©toffatoren aufgehellten begriff eS jroei neue getreten ftnb, bie oon ben
Äobififationen ihrer inneren SBeridnebenbeit ungeachtet unter einen einheitlichen
©efictjtSpunft gebraut roorben finb. SDer noch nicht überrounbene fott^um, wo-
nach ber Sßerfuch in ber Sßoücnbung feinen ©egenfafc Imben foll, 19 ) t)at uns
oerijinbert, biefer (Srfcheinung bie ihr gebübrenbe Slufmerffamfeit %u fdjenfen.
SBon ben fulpofen Gelitten roirb nämlich gelehrt, bafe fie nur bie Untcrfdjcibung
jroifc^en (Triften* unb -Jticbtertftenj beä ^batbeftanbeS julaffen, oon ben bolofen
2)eliften roirb bagegen angenommen, bafe ber üöollenbung ba£ beginnen gegen*
überfiele- S)ort roie ^icr ift bamit bie 2Bat)rt)eit nur t)alb getroffen. Sei jenen
roirb ignorirt, bafe uns im pofitioen 3tcd)t Vergeben begegnen, bei benen bie
Söoüenbung im Slnfang it)ren ©egenfafe finbet, bei biefen roirb nidjt erroogen,
bafe überall, roo ber Eintritt eine ftolge über ©ein unb 9ticbtfcin entfdt)eibct, bie
Slnroenbung beä seitlichen 3Jfafeftabe3 auj8gefdt)loffen erfc^eint daraus erflärt
eö fid), bap fi$ ein boppelter SSerfucfcSbegriff in bie tfobtfifationen eingcfc^lidjcn
tjat. S)er oerfct)iebene ©egenfafc, ber unberoufet jur Sßollenbung gebilbet rourbe,
hat bal^in geführt, bafe ber Öierfuch bei ber einen ©ruppe oon Gelitten einen
Jöeftanbtheil bei8 söerbrechenS aufmacht, bei ber anberen in ber Sefiucnj ber
oom Später beabfichtigten golge befteht. 6chon im Code pönal treten un§
beibe Segriffe entgegegen, bem einen ift ber commencement d'execution, bem
anberen bie potentielle Äaufalität eigenthümlia^. S)er barin oorhergefehene, burch
M ©efe^ oom 28. 2lpril 1832 nur unroefentlich oeränberte 3lrt. 2. lautet nömlich:
Toute tentativo de crime qui aura öte* manifestee par des actes
exterieurs et suivie d'un commencement d'execution, si eile n'a 6te
suspendue ou n'a manque son effet que par des circonstances
fortuites ou independantes de la volonte* de l'auteur est conside'ree
comme le crime meme.
Scheiben roir jroifchen ben bie ©trafbarfeit begrünbenben unb ben fie auf'
fjebenben Umftänben, fo roerben roir bie Unterbrechung einer ^hätigfeit nicht ju
jenen, oielmehr ben freiroilligen SRücftritt ju biefen au rechnen fmben. 9tiemanb
19) cf. herüber a. 0. O. @. 23-31.
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3>te bat untaugfitftn «erfudb. betrtffcnbc ^Uttartntfcbdtoung beS Wei^Sgctit^t«. 391
ift jur Verantroortung ju fliehen, roeit er oerfnnbert roorben ift, weitet ju gehen,
fonbern weil baS bis bahin oon feinet Seite ©efchehene ben ©runb für feine
Vcftrafung abqtebt. $)emgemäfe bleiben als ©trafbarfeitSmerfmale füt bie eine
©ruppe üon Gelitten nut bie SBorte „commencement d'execution" übrig.
8et bet anbeten ©ruppe oon SDeliften werben un£ bie bie ©trafbarfeit
begrünbenben flHerfmale 00m ©efefc bireftcr angegeben. S)ie 2!)ätigfeit be£
Verbreeberg rottb bahin dmrafterifirt, bajj fte, roenn fein jufälltger, oon feinem
2Men unab&ängiget llmftanb eingetreten wäre, bie Verroirflichung feiner Abficbt
herbeigeführt hätte. 2>er Code penal bat fomit bie £el)re ber objeftioen Xheorie,
bie roir bereit« bei ber Vefpredmng ber ^lenarcnticbeibung be£ 9teich8gericht3
fennen gelernt haben, eyjipirt; er »erlangt, bafj ein oom SBtUcn beS Stüters
unabhängiger Umftanb bie abftrafte ÜDiöglid)feit in concreto in 2üegfall bringe —
eine Auffaftung, bie in feiner (Sntftebungggefchicbte eine nidjt unwichtige Unter*
ftüfcung ftnbet. 80 )
©teilen roir nunmehr bie Äongruens pifdjen begriff unb ©trafbarfeit
her, fo h^ben roir bie beiben Arten beä Verlud^, oon benen ich gefprochen habe;
ber eine ^JaffuS be3 Art. 2. macht ben Verfucb sum VeftanDtncil ber Vollenbung,
ber anbere ftellt ihn auf bie Söafie ber potentiellen Äaufalttät.
3)afe ia) babei nicht roillfütlich j^u s Berfe gegangen bin, bürfte barauä er*
hellen, bafe bei ber ©ruppc oon Verbrechen, bei welchen oon bem eintreten ober
Ausbleiben einer objeftioen $olge bie ßriften^ unb iRicbtej iftenj be« XhatbeftanbcS
abhängt, roie V. beim s Moxb, bei ber Abtreibung ber Leibesfrucht, ber Vranb*
ftiftung bie 2Borte commencement d'execution ihren 3)ienft oerfajjen. Von
einem realen Anfang fann bei ihnen nicht bie 9tebc fein; baS (Sreignifc, ba£ ihr
ÄonfummationSmcrfmal aufmacht, ift ber jeitlichen Unter fajeibung sroifchen Ve*
ginnen unb Veenbigen feiner -Jtatur nach unzugänglich. Sollte man hingegen
bie ©orte commencement d'execution im fubjeftioen ©inne auff äffen unb fie
auf ben oerbrecherifchen @ntfchlufj beziehen, fo mürben fie bie Vorbereitung^«
hanblungen in fia) begreifen unb ju einer Interpretation führen, roelche ancr*
fanntermafeen ber legtelatorifcben Stenbenj roioerfpria)t
SÄuf bie Verbrechen Innwieberum, bei benen ber Vollenbung eine pars
quanta be£ XhatbeftanbesS gegenüberfteht, ift bie Veftimmung be$ Art. 2. C. P.,
welche oon ber ^efoienj einer golge hanbett, unanroenbbar. Seim Staub, bei
ber ^othjucht, beim Vetruge ift, roenn roir uroS ba3 fonfrete ^inbernifj h mroc 9*
benfen, nicht bie 3Jlögltd)feit gegeben, bafj baä vom Ztyätcx beabfichtigte Üreignifj
au£ bem, roaä er gethan bat, heroorgehe, fonbern nur bie Vermutung am
^Jlafce, bafc e$ ju ber ipanblung gefommen roäre, bie er burä) bie ihr ooran*
gehenbe oermitteln wollte. SJlit Dem objeftioen ^ufammenbang, ben bort beß
©efefc oor Augen hat, ift baher ber fubjeftioe ßufammenhang, ber hier in Ve*
tracht fommt, unoereinbar. 21 )
2öoUte man enblidh beibe Veftimmungen, bie roir gefannt Baben, oer*
bunben bei ber einen unb anberen ©ruppe oon Mitten, $ur Anwenbung
bringen, fo roücbe man fich barüber hinwegfegen, bafj bie eine ber anberen
roiberftrebt; ber Vetfud) roürbe bamit als ein Veftanbthetl ber Vollenbung
chatafterifirt roetben.
%n ber Xhat unterfcheiben auch einzelne beutfehe ^artifulartechte sroifchen
ben beiben Arten be£ Verfuch«, bie fie fennen, ber einheitlichen Ve^eichnung
ungeachtet. S)er Art. 29. be« Xhüringiichen, ber §. 36. bt& Vraunfchroeigtfchen,
ber §. 29. beö Sübecfer, ber Art. 44. bed Dlbcnburger ©trafgefe^e« u. A. m.
finb barin einig bafj bei ber einen species bem Verfuch baS ©nbe, bei ber
anberen bie eyiftenj ber sum ^hatbeftanb crforbcrlidjen ^olge gegenüberjteht.
20) a. a. O. 0. 698, 699.
21) cf. im Uebrigen a. a. O. @. 570—580.
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392 2)ic fccn untauglichen SJetfud) betreff enbe Wcnarcntfcficibung beS Weict)ggerid)tg.
8on ben bciben Gegriffen ift aber ber, welcher ben 8erfucfj als einen
SBcftanbtOcil ber 8olIenbung bebanbelt, ftd)cr oerwcrflicb; nichtSbeftoweniger ^at
er im £aufe ber 3eit feinen ihm überlegenen Nebenbuhler immer mehr oer*
brängt. ^nbem man ben boppelten ©cgenfafc, melden bie 8oUenbung julä^t r
überfab, fyat man geglaubt, bafe ihr aud) bei ben Gelitten, bei benen eine objeftioc
ftolge über (Sein unb Nicbtfein beS £f)atbeftanbeS entfebeibet, ber Anfang gegen*
überftebe. 3 a ^ ac i flC tft baljcr ber Slnucbt, bafj ber 2lrt. 2. C. P. nur eine
rebaftionette 8eränberung baburd) erfahren habe, bafe er beS : „effet" unb beS
©runbcS feinet Ausbleibens ermähnt, roätjrenb ftcb bie StaatSratbSfommiffion
nia)t ocr^etjlt bat, bafe ber Nidder oljne ben oon ihr betroffenen 3 u f fl & nic &*
in ber Sage fein mürbe, baS delit manqu£ ju betrafen. (Sachariae, 2)ie&hre
»om «erjueb 8b. L 6. 179, Note 3. — Chauveau et Hölie, Theorie du Code
P6nal 8b. III. Note 2. $u Slrt. 2. unb 8b. I. Nr. 677.) 8ieUeicbt ift es feinem
©tnfluffc mit 3U$uf treiben, bafe anbere beutfdje v J5artifularrccbte auSbrücflicb ben
2lnfang jum 8erfud) erhoben haben, ohne in 8etracbt ju pben, bafe bieS ber
2öeg ift, ber *u einem 8erfua) ber fulpofen 2)clifte führt. 2irt. 29. beS
reoibirten Säcbft|d)cn ©. 8., Slrt. 64. beS Jgeffifcben, 'Art 32. beS Hamburger,
§. 106. beS 8abenfifcbcn 6t. ®. 8. u. 21. m. orbnen, roenn auch in ber äöort*
faffung »erfebteben, fo boch bem Sinne nach übeeeinftimmenb an:
3ßie ein 8erbred)en beginnt, eS aber nicht oollenbet, ift — ben dolus
oorauSgcfetJt — roegen 8erfudf)S ju betrafen.
8leiben mir hierbei einen Slugenbltcf fteben. So niel bürfte ohne weitere
SluSeinanberfefcung erbellen, ba& ber 8er|*ud)$begriff, ber baS rounberbare
Sdncffal gehabt hat, fid) einer immer größeren Slnerfennung ju erfreuen, mä^renb
über il)n oas 8erbammungSurtbeil einmütbig gefproeben roirb, jur (£ntfcbeibung ber
Äontrooerfc, bie uns beschäftigt, nid^t heranziehen ift. Soll nämlicb ber 8erfucb
ein 8eftanbtl)cil ber 8oüenbung fein, fo folgt barauS oon felbft, bafj ber %i)ättx
fid) ber Glittet bebienen unb fid) gegen bie NedjtSaüter menben mufe, beren bie
Strafbcftimmung ©rwäbnung tbut. änSbefonberc ift jebc Unterfucbung nad) ber
8efd)affenbeit ber Littel auSgefchloffen. öat ber ©efefcgeber jum v Xbatbeftanb
ber ©rprejfung bie Drohung, ju bem beS 8etrugeS bie Erregung beS ^rrtbumS,
ju bem bea Naube-3 bie 3lnroenbung oon 3roang oerlangt, fo müßte ich wenigftenS
nicht, in melden weiteren Unterfa)eibungen mir uns tykxbti ju ergeben haben
foüten. 8a )
2iHr baben uns ba^er nad^ bem &ä)id)al beS anberen 8egriffcS, — ber
bie 8erbred>en bel;errfd)t f beren Xbatbeftanb, menn ber ©efe^geber feine
Aufgabe red^t oerfte^t, fieb jeber 2lngabe über bie 8cfcbaffenbfit ber Uliittel ent*
^ält,* 3 ) — umjutbun, um ju eruiren, ob unb eo. unter melden 3Jlobififationen
er in unferem ©efe^budb 2lufnabme gefunben bat. 5)er §. 43. enoäbnt feiner
ntdjt , bagegen !ommt er im §. 46. 3tr. 2. sunt 8orfd)em. Seine Uebergebung
in jenem ^aragrapben our f tc mieberum auf ein rebattioneÜeS 8crfetjcn jurücf^
jufübren fein. Sollte, roie bie ÜJtotioe ergeben, oom §. 31. beS preufe. ©efe^eS
ntd;t weiter als bereits enoäbnt, abgetotdjen werben, fo war nur bie „8er*
binberung wiber MUcn" aus ben bie Strafbarfeit fonftttuirenben 8orauS^
fe^ungen' ju climiniren, nidjt aber burftc barüber l;inauS ber ^JaffuS geftrt^en
werben, ber bie 8cbingungcn angiebt, unter benen baS auf bie ^erbeifübrung
eines „(SrfolgeS" gerichtete Streben einen oerbrcd;crifcben (S^arafter annimmt.
2)er §. 43. hätte baher, wenn wir ben §.31. ^reufe. ©. 8. 3U ©runbc legen,
für bie 8erbrechenSfatcgorie, bei welcher ber 8erfuch feinen 8eftanbtbeil ber
8ollenbung ausmacht, noch bie weitere 8eftimmung enthalten müffen:
22) <f. im Ucbrtgen btnüber a. a. O. <&■ 632 fg. 2)ic ^rage, in toeldber SScife für ten
Wcufco:akrfud) ein anbettteitiger (irfaft ju fdjaffen ift, liegt au&ctbalb l>e8 gegenwärtigen 2^etna§
cf. bierübcr 582 ff.
23) cf. o. a.0. @. 348 unb e. 372 fg.
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3>ie ben untauglichen afcrfu# betreffend Ipltnorcntfcbcibung be§ Reichsgerichts. 393
2)er SSerfud) ift weiter firafbar, wenn ber vom Später bcabfichttgte
©rfolg, auf beffen Herbeiführung feine §anbluna gerietet war,
burc^ äufeerc, oon feinem SöUlen unabhängige Umftänbe auSgeblie*
ben ift.
Samit wäre auch im beutfd&en ©efefe bie potentielle Äaufalität bcS SSer*
fudjcÄ, bie im §. 31. be3 Sßreufe. ©t ©. 93. unb im 2trt. 2. C. P. butchblicft,
jur Stnerfennung gefommen.
2>te ftrage,
ob ber 33erfucf> mit untauglichen Mitteln unb am untauglichen Dbjeft
nach unferem ©efefcbuch für ftrafbar gu erachten ift,
ift baher nad; meinet Ueber$eugung im oernetnenben Sinne ju cntfchcibcn.
3u bem ganj gleichen Stcfuttat führt aber auch eine noch weit einfachere
Grwägung. S3on feiner Seite wirb wohl beftritten werben, bafe ber beutfehe
©efejjgeber burch ben §. 43. oor 2lllcm ben Slormaloetfuch h a &e treffen motten,
äßirb nun aber jugegeben, bafe ber fog. untaugliche SBerfudj eine oon ihm oer*
fehiebene ©harafteriftü! hat, — unb ich fllaube bieS jur ©enüge bargethan ju
haben — fo ift e$ logtfct) unbenfbar, bajj mit ben auf ihn berechneten Straf*
beftimmungen ein ihm heterogener Xlmtöeftanb mit umfaßt fein fönnte.
2tbminifulirenb treten noa) folgenbe oier Argumente hinju:
1. %tyxt bie Seftrafung beS fog. untauglichen Serfuch« baju, mit ben
©runbfäfccn über ben Sbatbeflanb ber $crbrcd;en in 2Biberfprudt) 3U treten, fo
werben mir nicht geroiüt fein, bie legiSlatorifche SSerhetfeung, wonach feine
§anblung einer Strafe unterliegen foll, bie nicht bereits oor ihrer Begehung
angeorbnet war, baburch illuforifdj ju machen, bafj wir nur fyalb gewahren, was
ber ©efefcgeber coli oerfprieht. 3Högen wir auch immer empfinben, baf? wir
baburd) ber 9ied)t£orbnung ben Schufc, beffen fic bebarf, entziehen; wir finb
barum nicht berechtigt, bie Sücfe prätorifch ju ergänzen. §at ber ©efefegeber
Straflofigfeit angeorbnet, wenn bie SWcrfmale ber Gelitte, bie er oorhergefchen,
nicht oor liegen, fo giebt uns ber Langel im Xlwtbeftanb fein Stecht, auf eine
milbere Strafe ju erfennen.
2. SBenn ber §. 46. 9tr. 2. bemjenigen, ber ben (Srfolg abwenbet, Straf*
freiheit jufichert, fo ift bamit bie ^orbebingung, bafj ohne bie Scthätigung feines
gegenteiligen ©ntfchluffeS feine 2lbftcht fid; hätte rcalifiren fönnen, oon felbft
gegeben. äöo bie SRöglichfeit einer SSeränbcrung nicht oorltegt, bebaTf c£ nicht
ber 2lftioität, um fie in SBegfatt ju bringen. SDie* potentielle Äaufalität ift bamit
als bie SSorauSfefcung, welche bie Strafbarfeit beS SJerfuche« bilbet, in unferem
©efefcbud) anerfannt.
3. 2BoÜte man bieS nicht annehmen, fo würbe ber SBiberfpruch entftehen,
bafc man bem gefährlicheren Serbrecher conccbircn müfste, was man bem un-
gefährlicheren oerfagt. 2Ber ©ift beigebracht hat unb ein ©egengift giebt, würbe
lieb ber Straffreiheit erfreuen. 2Üer bagegen ftd> beS Patron« als eines
SöbtungSmittclS bebient hätte unb fich barauf inattio ocrhielte ober auch feine
Sinneeänberung baburch bethätigen würbe, bajj er Qudix eingiebt, wäre ber
Strafe beS §.44. oerfallen. Son einer „5lbwenbung beS erfolget" fönnte nur
bort, nia)t aber hier bie Siebe fein.
4. Unter ben bcutfdjen Sßarttfularrechten, weldje ben fog. untauglichen
Serfuch unter ^Önalfanftion geftellt haben, macht fich Die Stiftung bemerfbar,
bafe bie Slnwenbung oon fgmoathetifchen Mitteln ober oon folgen, benen ber
Später aus Uuwiffenheit eine fchäbliche @igenfd)aft beimißt, erccptionell befjanbclt
wirb. Um bei ben in ber SteichSgerichtSentfcheibung jitirten ©efefcgebungen flehen
3U bleiben, orbnen für begleichen ptte auSbrücflich Straflofigfeit an: Reffen
Slrt. 67., 9taffau Strt. 63., Thüringen 2lrt. 23., Süraunfchmeig §. 36., cf. aua)
*r$l» 1880. 5. <>efU 26
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394 bnt «ntauflli*€n SUrfu* betteffcnbc ^tenarcntfäeifcung t?eS fflcidj$geric$t3.
£cmitot)cr 2lrt. 34. 9h. 2. 6orocit bagegen bic SBefirafung bc« JßerfucfyS mit
untauglichen Mitteln ober am untauglichen Objeft angeorbnet ifit, wirb faft burdt)-
weg butd) bie 23erfd)iebenl)cit be£ 6trafmaBe3 bem Langel ber potentiellen
Äaufalität 9led)nung getragen (6ad)fen ' 2lltcnburg 3lrt. 27., cf. au$ 2lrt 26.
lefcteS alin., «raunfdjroeig §. 36., Saufen 9trt. 42. 9tr. 2. f 2trt. 43., öaben
§§. 110. III., Springen 2lrt. 24. alin. 3., 2lrt. 25.). SBenn nun ber beutfaje
©efefcgeber, roie mir iljm, fei cS $um Sobc, fei t& jum ifcabel nadrfagen, gegen*
über ben früheren spartifularreäjten bem 3uge größerer SJtilbe gefolgt ift, fo
fdjeint mir bamit bie 2lnnaf)me unvereinbar, bajj er gerabc ba eine biö bahin
unbefannte ©trenge ^eruorgefe^rt haben foHte, roo bie üöiffcnfd&aft nodj barüoer
red&tet, ob überhaupt ©träfe am $lafce fei.
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§. 124. $t Uro?. <0.
Eon §errn ©cf). Dber*£ribunal$rat§ a. 35. EoituS.
$>ic SdjlufebefHmmung bcS 2. 9Xbf. bcS §. 124. 6t. $roj. 0., nad) weldjcr
bcr Unterfu$ung£rid)ter, wenn er bie 2luft)cbung be£ gegen ben Sttngcflagten
erlaffcnen $aftbefel)l3 gegen ben ©iberfprud) bcr StaatSanwaltfdmft anorbnen
will, „unoer$üglid>, fpätcftcnS binnen oier unb jwanjig Stunben, bie @ntfa)eibung
beS ©ertcfytä na$fud)cn mufe," tmt unter ben Kommentatoren eine 2Keinung>
oerfd^ieben^ett barüber fyeroorgerufen, ob biefclbe lebiglid) eine ^nftruftion für
ben UnterfudjungSridjter enthalte, beren fJltc^tbcfoIguna nur eine 9lüge gegen
benfclbcn nad) jidj sieben fönne, ober ob bie üöerabfaumung ber grijl einen
(sinflufj auf baS oon bem Sanbgeridjt bei feiner (Sntfdjeibung ju beobadjtcnbc
Eerfaljren fjabe. S)er erfteren 2lnfid)t ift:
2öwe, melier S. 430, 9. bemerft: „Stte Seftimmung, bafj ber
Unterfud)ung3rid)ter fpäteftenS binnen 24 Stunben bie Gntfdjeibung
ber Straf fammer nadjjufucben l;abe, ift nur inftruftionell; mit bem
Slblauf ber ftrift ift eine redjtlidje golge nidjt oerbunben."
X\)ilo S. 128, 4. unb o. 8om&arb<S. 88, 4. fprea^cn fidj in bemfetben
Sinne au«.
@ntgegengefe|ter Widjt ifl
SftemcS S. 122, 27.: „Söirb bie grtfi ni$t innegehalten — fagt
er — oöer finb oor ber Abgabe ber Sitten neue ioeweife erfjoben
worben, beren ßrgebnifi ber Staatsanwalt bei feiner (Srflärung nod)
nid^t gefannt l>at, fo giebt bie Straffammer bie 2lften bem Unter*
fud)ung3rid)ter jurücf, um juoörberft erfi bie nochmalige (Srflärung
be$ Staatsanwalts ju erforbern, ba injwifdjen bie Sachlage eine
neue geworben ift."
(Sr tyeilt im 2lnfd)luffe hieran bie abweidjenbe Slnftc^t Öbwe'3 mit unb
fagt in beren 2Biberlea,ung:
„9hm tft e£ jwar richtig, baß ba3 ©efefc an anberen Stellen
— j. SB. §§. 275. 348. 302. — griffen gefefct £at, an beren 3?io>
beaditung feine befonberen Solgen gefniipft finb, beren $erlefcung
alfo f)öd)ften3 im 2)t£$ipiinarwege gerügt werben fann. — *}u biefen
fann jebo$ bie be$ §. 124. niept gejäljlt werben, weil fie etnen ftall
trifft, ber an jebem Sage eine anbere ©eftalt annehmen fann."
$u$elt oerweift S. 259, 4. 2lbf. 2. bei «efprcdnmg beS §. 124. mit
bem S3emerfen, bafc Söroe'S 2lnfi$t oon ber feinigen abweise, auf feine 2lnm. 2.
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396 §• et S -P"5- °-
$u beut, bic Vernehmung beS Verhafteten am Sage nad) feiner ©inlteferung
anorbnenben §. 115., bie aud^ ^ter piafc greife. ©ort ifl jeboch ®. 245, 2. in
Ve^ug auf bie folgen einer Verzögerung ber Vernehmung beS Verhafteten
nur gefagt:
„2)ie ^uroiberhanblung gegen §. 115. fann §ur 2lnroenbung beS
§. 341. 91. 6t. ©. 33. führen."
GS ift bafjer ofme nähere Erläuterung nicht erfennbar, roorin bie ©tfferenj
jroifd)en Söroe'S unb Sßuchelt'S 2lnfid)t in ber Ijier in s Jtebe fle^enben Vc*
Sichung befte^t, ba bie Vemerfung beS ©rfteren: eS fei mit bem Slblauf ber
grifft eine rechtliche fyolge nicht oerbunben, nur auSfprcd&en foU, bafj fich in bem
UnterfuchungSoerfahren an bie Verfäumung ber ftrift folgen nicht fnüpfen,
nicht aber, baß ben tlnterfuajungSrta)ter wegen einer burdt) tt)n ocrfdutlbeten
Verlängerung ber .§aft beS 2lngeflagten eine Strafe nicht treffen fönne.
3)ie Materialien jur 6t. $roj. 0. bieten einen 2Int)alt jur ©ntf Reibung
ber 6trcitfrage nicht bar. ©er Cmtroutf su berfclben machte im §. 113. bie
(Sntlaffung beS Verhafteten roäfjrcnb ber Voronterfudumg oon bem (Sinoer*
ftänbntfe beS UnterfuchungSrtchterS unb beS 6taatSanroaltS abhängig, dagegen
rooüte bie 3uft. Stom. bei erfter Sefung ben Erftcren nur oerpftidjten, cor oer
Aufhebung beS Haftbefehls ben 6taatSanroalt ju l)örcn (Prot. 6. 159, 162).
Vei smeiter Sefung rourbe jebod^ ber ©ntrourf — mobifijtrt burdt) ben bemfelben
himugefefjtcn 6d)lu&fafc bcS Stbf. 2. : „Verfagt bie 6taatSanroaltfd)aft u. f. ro. —
roieberhergeßellt (Prot. 6. 864, 865, 1132, 1133). SDie griftbeftimmung blieb
bei ber Vefprechunq beS Paragraphen gänjlich unberührt.
Söroe'S SlnfW&t roirb cor ber oon ÜtteroeS oerttjeibigten ben Vorzug
oerbienen.
S)ie 6t. pro3. 0. beftimmt aufcer ben — hier aujjer Vetracht bleibenbcn —
oon ben bei ber Unterfudfmng betheiligten perfonen inne ju ^altenben,
thcilS im ©efefc firirten, tt)eil5 oom SUa^ter ju befiimmenben Triften, audj folche,
welche nac^ fpejiellen gefe^lic^en Vorfchriften im ^ntereffe eine« geregelten ®e-
fchäftSgangeS oon ben ©erichten, 9iia)tem unb ben Veamten ber 6taatSanroalt*
fchaft bei ihrer 2lmtSoerroaltung ju beobachten finb. SBährenb bie Verfäumung
ber Triften jener erften Kategorie ausnahmslos (Sinflufj auf bic Unterfudmng,
äu&ert, finb bie Triften ber lefcteren 2lrt theilS folche, beren <Rt$tmne«
haltung mit folgen für baS Verfahren in ber Unterfudmng felbfl oerfnüpft ift,
theilS folche, welche lebiglich auf ^örberung beS ©efchäftSbctriebeS abjielen, bereit
Verabfäumung bafjer, ohne unmittelbare folgen für bie Unterfuchung, mir
für ben betreffenben Veamten im SDtSätplinarroege ober burch gerichtliches 6traf *
urtljeil SJiachtheile mit fidt> führen fann.
28 eiche ftriftbeftimmungen ber einen ober ber anberen btefer beiben
le^tgebad)tcn klaffen angehören, ift roeber aus ben allgemeinen Vcftimmungcn
bcS 5. 9lbfchnitteS bcS 1. VucheS ber 6t. $roj. D. ju entnehmen, noch ift ben
cinjelnen bejüglichen Paragraphen bie Unterf Reibung burch eine beftimmte
Terminologie erleichtert.
Vei einer Slnjahl oon Paragraphen roirb bic präflufioe 5Katur ber ^rifl
auch ohne auSbrüdlichen 2luSfpruch beS ©efefceS (§§. 100., 126.) für srocifclloS
gelten müffen, fo j. V. im gaUe beS §. 208. 2lbf. 2. ^n anberen fällen leuchtet
bagegen oon fclbft ein, bafc ein (Sinflufe auf bie Siechte Vetheiligter mit bem
Verlauf ber oorgefchriebenen grifl nicht bcabfichtigt ift, roie beifpielSroeifc bei
§. 348. 2lbf. 2., §. 115., §. 488. 2lbf. 3. $n biefen lederen Ratten haben bic
griftbefhmmunaen nur ben 6h arQ ^ cr gefd)äftlicher 2lnorbnungen.
3u biefen roirb auch ber hier in Siebe ftehenbe §. 49. ju rechnen fein.
3n ber gaffung unterfcheibet Reh berfelbc nicht oon ben erwähnten §§. 115.
unb 348. äbf. 2. ©r enthält eine in beftimmte Söorte gefaxte, bie Shätigfeit
beS UnterfuchungSrichterS regelnbc Slnroeifung. darüber, roaS im gatte ber
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§. 124. et ym- o. . 397
Nichtbefolgung bcr leiteten gefdjehen folle, fprid^t er fid> nicht auS. 9WeweS
rechtfertigt auch feine oben mitgeteilte anficht nicht buret) §inweifung auf ben
Inhalt beS Barographen, ober burd) Folgerungen aus anberen einfchlagenben
3?orfchriften ber St. ^roj. 0., fagt otelmehr nur : fei bie ftrift nicht inne ge*
baltcn, fo muffe baS öanbgericht bie 2lften bem UnterfuchungSrtchter bet)ufs (8t*
forbernS nochmaliger ©rflärung beS Staatsanwalts jurtiefgeben, ba „injwifchen
bie Sachlage eine neue geworben fei."
2lllein §u ber Slnhafmte, baß bie Sadblage eine anbere geworben fei, \)at
bie Straffammer feinen ©runb, wenn it)r ein Sichreres nicht oorliegt, als baß
ber UnterfuchungSrichter ben ihre (Sntfctjeibung einljolenben ^Bericht um einen
£ag oerjögert hat SDiefelbe ^at oielmchr baoon auSjugehen, baß, wenn in ber
Ztyat in ben, bem Votum beS Unter fud)ungSrichterS, bejm. beS Staatsanwalts,
für unb wiber bie Aufhebung beS Haftbefehls sunt ©runbe liegenben ^^atfac^cn
fpater eine Slenbcrung eingetreten märe, bcr UnterfudmngSrichter bteS fofort
ber Straffammer behufs ©erüeffichtigung bei ihrem 8efd)luffe angejeigt haben
mürbe. 33ei Sefämpfung ber Anficht Söwe'S fagt 2J2eweS auch nur: biegrift
aus §. 124. fönne 3U berjenigen, an beren Nichtbeachtung ftdj feine befonberen
folgen fnüpften, aus bem ©runbe nicht gejohlt werben, meil fie einen ftall treffe,
bcr an jebem Sage eine anbere ©efialt annehmen fönne. Allein bie bloße
SDiöalichfeit einer eingetretenen 2lenberung ber Sachlage fonnte bem ©efefec wol;l
um f 0 roeniger ju einer 2lnorbnung, roie bie oon äftemeS oorauSgefefcte, 2Inlaß
geben, als mit ber Diücffenbung ber Sitten an ben UnterfudmngSrichter unb bcr
oon biefem httbeijuführenben nochmaligen (Srflärung beS Staatsanwalts unauS*
bleiblia) eine — größere (§. 78. ©. V. ©.) ober geringere — Verlängerung ber
ftaft beS Slngef tagten oerbunben ift, alfo gerabc baS jenige eintritt, auf beffen
Scrmeibung bie Vefttmmung einer fo furjen Sjfrift, roie bie 24fWlnbige, abhielt.
%üv Söroe'S 2lnfteht, baß jene ^riftbeftimmung lebigltch infrrurtionett fei,
fpriebt aber auch, bafc, roenn bie 9ttd)ttnnehaltung ber ftrift auf baS Verfahren
beS £anbgertchtS ßinfluß hätte äußern follen, bieS ol;ne ^weifcl bti ber Stellung
beS Antrags auf Aufnahme bcr betreffenben Veftimmung in ber 3uft # om - w*
mät)nt, inSbefonbcrc ausgesprochen fein roürbc, roorin benn bie — ftd) feines*
roegeS oon felbft ergebenben — folgen beftchen follten. Statt beffen ift — roie
fchon angebeutet — fo wenig bei ber Vegrünbung beS 2IntragS als bei feiner
iöerathung bcr griftbeftimmunq mit feinem 2öorte Erwähnung gethan, gc*
fehweige benn oon folgen ber griftoerfäumung bie 9tebe gewefen — ein VeweiS,
baß bie erftere allfeitig für nebenfächUch erachtet worben ift.
S)ieS muß aud; auS bcr 9lrt ber föebaftion gefolgert werben. $enn, oon
ÜJceweS Anficht ausgegangen, würben nicht bloß bie 2öorte: „unoer jüglich,
fpätcftenS" oöHig müßig ftehen, fonbem eS mürbe auch an cutet Veftimmung
fehlen, wie bcr 3eitpunft beS Ablaufs ber $rift §u berechnen fei, ba bie St. ^03. D.
nur an biefer Stelle eine nach S tun ben bemeffene grift beftimmt, unb nur
Innfichtltch bcr nach Sagen, 2öod)en unb ÜJJonaten feftgefefcten griften Vorfdjriften
über ben ©nbpunft berfclben enthält (§§. 42., 43.; oergl. auch Ulimann in
0. $olfcenborff'S St. ^roj. % »b. I. S. 182).
^iernad) bürfte bie ftriflbefHmmung feinen anberen 3mecf ocrfolgcn, als
welcben bie Oeflerreichifche St. ^ro}. D. com Safyxt 1873 burch bic allgemeine
S3orfchrift beS §. 190. ju erreichen beabfichtiejt, wonach „fämmtliche am Straf*
oerfahren bethciligte SBehörben oerpflichtet fmb, auf bie möglithfte Slbfürjung
einer UntcrfuctjungShaft hinjuwirfen."
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IJcutfdjc* Strafwdjt-
QIrt. 2. ber KciAsDcrfaflf. d. 16. ^Ipril 1871. §§. 11. 17. 6es preujl <B.
über bie pollsciverroaltung vom 11. I11ar$ 1850. iln^uläfilgreit 6er
<Pleid)jMlung einer 3ur (Einführung 6er Kin6»ier;fontrole getroffenen
fllafregcl mit 6em Verbot 6er Dietpeinfubr $ur Oltwcbr 6er Hin6crpeft
un6 2lnroen6ung 6er @trafbeftimmungen 6es Heid)8-<B. ». 21. lllat 1878
auf üerftöfie gegen er|lere. rtiä)tbefugnifi 6er Regierungen, ein Heia)»-
gefefc auf einen «fall, für toeUben es nidjt gegeben ijt, anjmoenben.
Qvl beS II. Straffen, u. 20. ftebr. 1880 c/a. 0., rooburef) bie SReoifion
beS 2lngefd)ulbigteu für begrünbet erachtet unb auf gurütfoerroeifung ocr Sadje
in bte üBortnftanj erfannt roorben ift.
@ t ü n b e.
Sic 9teui[ion (be$ 2lngeflagtcn) crfdfjcint begrünbet.
$ic Straf fammer l)at feftaefteflt, bajj Slngcflagtcr im 3ult 1879 im 3n>
lanbc aus gaforläffigfcit ben auf ©runb be£ 9teia>3gcfcfce5 uont 7. 2lprU 1869
•wr Slkrljütung ber Ginfdjleppung ber s Jtinberpeft erlafjencn Sefctyränfungen ber
Gtnfuljr lebenoer SSicberfäucr junriber gcfjanbelt Ijabe.
SDicfc geftftcllung wirb barauf gegrünbet, bafe bie Söerorbnung ber ßöntgl.
$reufe. Regierung Ut Breslau oom 6. 2lpril 1879 (Weg. 2lmtSbl. 1879 6. 93)
für beftimmte Sejirfc unb inöbefonbere für bie ©emeinbe 3Jtorfgrunb, ben ©ofni*
ort bcö 2tngef tagten, eine SKinbüterjfontrolc nad) 2Uafegabe bes §. 9. ber reui*
birten 3nftruftton uom 9. 3um 1873 jum MeicfySgefefce oom 7. 2tpril 1869
(3t. ©. ÖL 1873 e. 147) cingeridjtet unb ju biefem 3n)ecfe in §. 6. baf. bic
2$ierjbefi&cr für oerpftidjtct crflärt tjabe, jebe in itjrem ^ic^ftanbe burc^ Xob,
©eburt, Sßcrfauf :c. eingetretene SBerünbcrung bem 2tmt3oorftanbe fogleidf) unb
fpätefteng innerhalb 24 Stunben anzeigen. $n §. 8. bafclbft roerben auf
Üebertretungen ber getroffenen Slnorbnungen bie 6trafbeflimmungen beS ^teta^S^
gefcfcce oom 21. WM 1878, betreff enb ßunriberrjanblungcn aegen bie jur 2lb*
roerjr ber Sltnbcrpeft crlaffcnen $icljemful)rr>erbote (SR. ©. 331. 6. 95 ) f für an*
menbbar erflärt, unb JHngettagter foU* folä)e baburd) »erlegt tjaben, bajj er atn
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2)cutfäe§ ©trafu^t. (Ertcnntniffe tce fflei$3geric$t8. 399
13. ^uli 1879 eine rotlje $uf) mit klaffe an eine grau au« Defterreid) oerfauft
unb am 14. $uli jur $ortfd)affung übergeben Ijabe, ofyne fneroon bem 2lmt«*
oorftanbe Slnjeige ju erflatten.
2)er 3nftanjrtd)ter fjat Ijiernad) eine jur ©infüljrung ber 9Unbuie^fonttoIe
getroffene aJtafjregel al« eine SBefdjränfung ber (ginfüfyrung Iebenber Söicberfäucr
angefetyen unb bem 9teid)«gefefce oom 21. 3Jtai 1878 unterftellt. 6« ift biefe«
unridjtig, unb c« mürbe nidfjt roeniger irrig fein, roenn babei bem ermähnten
§. 8. ber 9tegierung«oerorbnung irgenb raeldfjer ©influjj für biefe ftrage einge*
räumt roerben follte, ba, aud) abgefeljen oon ber burd) §. 15. be« $reufj. ©efefce«
oom 11. 2Rä« 1850 über bie ^oliseioerroaltung für bie $olij cioer orbnungen ber
Regierung infofern beftefyenben Sefdjränfung, al« fie nidjt mit einem bcftefjenben
©e|e|3e in Söiberfprud) treten Dürfen, bie £anbc«gefe|gebung überhaupt naä)
2Irt. 2. ber 9tei$«ocrfaffung 00m 16. Stpril 1871 ber 9ieid()«gefe&gebung gegen*
über 3urü<f treten mufe, ein 9teidf)«gefefc alfo nid>t auf einen galt anroenbbar er*
flären barf, für roeldjen e« nid^t gegeben Ift.
SßoIIte man aber in ber gebauten Sefümmung ber 9tcgierung«öerorbmmg
eine fclbftftänbige, nur burdj Scjugna^me auf ba« 9teid;«gefc& 5um 2lu«brucf
gebraute 6trafanbrofmng finben, fo mürbe if>r ebenfaül« bie gefefoliaje ©ültigfett
nad) §. 17. be« ©efefce« oom 11. aJtärs 1850 abgefprodjen werben muffen, ba
fie bie im §. 11. bafelbfi geregelte Äompetenj überfieigt.
2)0« ©efefc oom 21. 3Kai 1878 aber ift allein erlaffen gegen bie lieber-
tretung ber $efd>r anhingen unb Serbote in öejielmng auf bie (Sinfufjr Iebenber
üföieberfäuer. Stofe aber hierunter ntäjt aud) anberrocite 9Jta§regeln 51t begreifen
finb, roeldje auf ©runb be« (Sefe^cS oom 7. Slpril 1869 gegen bie @infd)leppung
ber iHinberpeft in ba« 93unbe«gebiet unb bie 2Beiteroerbreitung in bemfelben er*
laffen merben fönnen, ergiebt §. 2. biefe« ©efe|e« mit fnnreidjenber Seftimmtfjeit.
6« roerben bafclbft unter fünf Sßofüionen bie oerfa^iebenen ÜKaferegeln jufammen*
gcfiellt, roetaje, je nadjbem baburd) bie (Sinfdjjleppung ber Ärantyeit ober beren
Söeiteroerbreitung ober enblid) beren SBieberauSbrud) nad; (5rtöfd)ung ber Seua^e
foroeit möglid) oerfnnbert roerben foll, ftd) at« juläffig erroeifen. Unter 3iff. *•
bafclbft finb Sefd)ränfungen unb Verbote ber (Smfujjr, be« £ran«porte« unb bc«
§anbel« in ©eutg auf lebenbe« ober tobte« Stinbotef), 6d)afe unb Riegen,
tt)ierifd)e Sftotytoffe unb fonftige oermöa.e ibre« ©ebraud)«pede« al« Präger ber
Ärantyeit geeignete ©egenftänbc al« etne foldje üttafjrcgel erflärt unb babei su*
gleidj bie (Itnfüfyrung einer s Junbuiepontrole im ©renjbejirfe al« äuläffig be*
jeiebnet. fiternaef) f)at ba« ©efefc biefe Äontrolc jroar mit ben (Sinfufjroerboten
unb Ginfu§rbcfd)ränfungcn in Serbinbung gebraut unb al« lefctere oorbereitenb
unb beren 2)urd)füf)rung erleid&ternb, jebod) juglei$ al« eine befonbere für fid)
befteljenbe unb nid)t in bem (smfutyrücrbole, bejic^ungSroeife ber (Sinful)r*
bcfd;rän!ung mit einbegriffene 9Jlaferegel fl$ gebaut. 2)amit in Uebereinftimmung
bcbanbelt aud) bie auf ©runb be« §. 8. be« ©efc^e« oom 7. Stpril 1869 er*
laffene ^nftruttion oom 9. $vlU 1873 (9t. ©. 931. 6. 147) im §. 9. verb.:
„3n ben bebro^ten ©renjfreifen finb für fämmtlid)e Drtf haften, roeld^e
innerhalb 15 Kilometer oon ber ©renjc entfernt liegen, folgenbe Ston
trolmaferegeln einjufüfjren:"
bie Slinboiebfontrole al« eine felbftfMnbige Äontrolmaferegcl.
betrifft biefem 2lIIen aufolgc ba« Strafgefe^ oom 21. 9Jtoi 1878 nid;t
einmal bie Uebertretung ber gefammten in §. 2. 3iffer 1. be« ©efefce« oom
7. Spril 1869 pgelaffenen oerfd)icbencn Slrtcn oon einfutjroerboten unb 2k*
fd^ränfungen, fonbern nur eine gan$ beftimmte ©attung bcrfelbcn, nämlid; nur
bie Serbote unb bie 93efd)ränfungcn ber ßinfutjr Iebenber äöieberfäuer, auf
beren ftrenge 53eobad)tung im ^ntereffc be« 3ro^3 ein befonberer Söcrtf) gc*
legt roerben mu6, unb ju beren 2lufrcd)ter^altung c« be«fjalb oerfd)arfenber
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400 BeutfäeS ©trafreAt. erfenntnifte fceS fflcid>8geridjt«.
©efid&tSpunfte, unter roeld&e 3. 93. bic Öeftrafung ber Ja&rlä'ffigteit unb bic
gkäfumtion au8 §. 3. 3tbf. 2. be$ ©cjefceS gehören, forote fkengerer ©trafan*
brofjungen beburfte, fo läjjt ndf) bic für bcn ©rfolg nur meljr ncbenfäd)licf> in
baä ©eroid&t fallenbe unb nur inbireft rotrfenbc SJiaferegel ber SSiefjfontrole bar*
unter nid&t begreifen, ftür btefe oielmcljr bleibt bie Söorfd&rift be« §. 328. be3
6t. ©. 93. nadt) roie r»or in j?raft, unb ba bie Straframmer e£ unterlagen &at,
bie %l)at unter biefem richtigen ©efiajtSpunEte ju prüfen, fo war, wie gcfd)ef)en,
$u erfennen, of>ne bafj e3 weiter barauf anfam, ju erörtern, ob, roie ber 93e*
ld)roerbcfü^rer aufführt, eö nad() 3nf)alt ber ^olijeioerorbnung einer 2ln$eige an
ben 2lrat£oorfie()er überhaupt ni^t beburft Jjabe.
Berlin, Dtutf ton W. «öjenfltin.
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s
gg. 99. unb 100- St *ro?. ®. ober: $ot bie Staatsannmltfdjaft,
fobitlö bie in Bcfdjlag genommene iloftfe iiimng narfj §. 100. 3Uif. 3.
St Urof. eröffnet morben ifl, Hnfprudj nnf Benntnißnoljme oon
ihrem 3nl)altc?
©on $errn ©eh- Dber*2:ribunal*rath a. 3). ©ottu*.
2)ie im fRcid^ötage (©tenogr. ©er. ©. 448) wegen be* ßufammenhange*
ihrer ©orfajriften gemeinfchaftlid) beratenen §§. 99. unb 100. ©t. $ro&. D.
haben ju bet für bie ©trafrecbt*pflege wichtigen unb zugleich wegen ihrer prin*
jipieflen ©ebeutung für bie (Stellung ber ©taat*anwaltfchaft gegenüber betn
SRidjter erheblichen Streitfrage Slnlafj gegeben: ob ber etfteten, fobalb bie nach
ÜJtafegabe be* §. 99. auf ber $oft in ©efcblaa genommenen ©riefe unb anbeten
Sendungen eröffnet worben finb (§. 100. 2lbf. 3.), ein Hnfpruch auf Äenntnife-
nähme oon ihrem Inhalt jufteht, ober ob ber dichter biefelben, wenn fie nach
feiner Meinung für bie Untersuchung feine ©ebeutung faben, bem (Smpfang**
berechtigten, otjne Sftüctfprache mit ber ©taat*anwaltfchaft, fofort jurücfjugeben
berechtigt ift. tiefer leßteren Sinftcht ift uon^olfcenborff. 6 giebt bie«
nicht nur baburcb $u errennen, bafä er in feinem „ftanbbucfc be* ©eutfdjeu
©t. $roj. Stecht*" ©b. 1. ©.321 «Rote 4. bie Sbfäfie 1. unb 4. be* — oon ber
durchficht ber bei einer $)urcbjucbung in ©efdjlag genommenen Rapiere t)an-
belnben — §. 110. auf ben l;icr in 9tebe ftebenben §. 100. für auwenbbar er*
achtet, fonbem fpricht e* au* ©. 322 burch bie ©emerfung au«:
„Db ba* uom dichter eröffnete, aufjer ©cjiebung §um Untersuchung*^
5ioecf ftehenbe ^oftftücf ber ©taat*anwaltfcj)aft jur ftenntni&nahme
mttjutheilen ift, fönnte beim ©chrocigen be* ©efc§e* 3ioeifelt>aft er*
fcheinen, bürfte aber nad) Analogie be* §. 110. 3- 4 - S u
ncinen fein."
$ie 2öorte: „aufeer ©ejtchung §um Umctfuchung*awccf ftehenbe" ergeben
beutlich, bafj er bie Prüfung, o b ber Inhalt ber ©enbung ©influfe auf bie Unter«
fuchung äufern fönne, ohne SHücfficht auf bie 3Jlögltchfeit einer anberen Slnficht
ber ©taatSanwaltfchaft, bem dichter überweift. — Stfefelbe Meinung äußert
Heller ©.92.6. (Kommentar pr ©t. $roj. 0.) ®r bemerft oorweg, baf?, wenn
ber dichter bei einer oon ber ©taat*anwaltfdmft oorgenommenen ©efchlannahme
oon oomherein bie ©orau*fefcungen berfelben gemäfe §. 99. nicht für porliegenb
erachte, er gar nicht jur Eröffnung be* ©riefe* fomme, oielmebr fofort bie ©efcblag*
nähme aufhebe unb bte 3Mcf gäbe ber uneröffneten ©enbung an bie Sßoftanftalt anorbne.
iBrdfit 1880. ß. $cft. 27
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402 SS- m unt llK) - ^ v0 3- °-
„AnberenfaHS — fo fä^rt er fort — eröffnet er biefelbeu, unb je
nach bem Inhalte wirb fich jetgen, ob foleber auch bie uorljer auf
Xhatfachen gegrünbeten SSorauSKfcungen reitfertigt. SSerneinenben
ftallS erfolgt bie 3urücfgabe ber an fich mit Stecht befchlagnahmten
©egenjtänbc."
Soch läBtÄellcr oon biefer oon ihm aufgehellten Siegel in Setreff beS
oor Erhebung ber öffentlichen $lage in Anfprucb genommenen Amtsrichters eine
— bemnächft ju befpreebenbe — Ausnahme eintreten. — Entgegengefefster Anficht ift
Söroe S. 394. 10. (St. ^roj. 0.): „Sic Etnficbt in bie eröff-
neten ^oftfenbungen — Reifet es bort — ftefjt ber ©taatSanroaltfchaft
in allen §äUen ju; bie Scftimmung beS §. 110. Abf. 1. ift nur bei
Surd;fuchuugen anroenbbar."
Stefelbe SReinung giebt Koitus im ^rinjip baburch ju erfennen, bafc
er ©. 147. 3. (Äommentar ju ber 6t. $roj. 0.) sunt Abf. 3. beS §. 101. —
nach welchem berjenige X^etl eines jurücfbchaltenen SrtefeS, beffen SSorenttml'
tung nicht burch bie fltücf ficht auf bie Unter fudjung geboten erfcheint,
bem Empfangsberechtigten abfehriftlich mitgethcilt werben Toll — bemerft:
„hierüber roirb, fo lange ber Scfdjulbigte nicht aufcer Anflagc
gefegt, ober ein red)tSfräftigeS Urzeit in ber ©a<hc ergangen ift,
bie ©taatSanroaltfcbaft 311 entfeheiben haben."
£)alde läfct sroeifethaft, melier Anficht er ift. Er fagt ©. 74.2. (S. St
$roj. 0.):
„Ser Staatsanwalt hat bie oon ü)m mit 83efd)lag belegten Sriefe
uneröffnet bem Siebter jujuftellen. Söefchlie&t berfelbe bie Eröffnung,
fo hat er bie ©riefe roieber bem Staatsanwalt mitpthetleit."
Siefe ©chlufjroorte führen bei ihrer Allgemeinheit ju ber Auffaffung, bat;
ber Stifter bie s .ßoflfenbungen, nachbem er bie ©aifirung als gerechtfertigt an
erfannt unb bie Eröffnung bcrfelben angeorbnet habe, nicht mehr aus bem
©runbe an ben Empfangsberechtigten jurüdgeben bürfc, roeil er ihrem 3 n h°lt
eine SBebeutung für bie Unterfuchung nicht beimißt. $n einer bort in Sejug
genommenen 3tote ju bem §. 110. fagt Saide jebodj nach ^oranfefnehtng, bafe
nach biefem Paragraph öer dichter ben Inhalt ber Rapiere ju prüfen, bie irre^
leoanten ben SBetheiligten suritcf zugeben, bie mit bem ©egenftanbe ber Unter-
fuchung im 3ufammenhangc ftefjcnben bagegen bem Staatsanwalt 3U über*
geben habe:
„©elbfroerftänbltcb bezieht fich auch biefe Seftimmung auf bie auf
ber $oft mit 5öefa)lag beleaten «riefe. §. 101." — „Qn ber Sßor
unterfuchung unb nach Eröffnung beS £auptoerfabrenS fielet bie Ent*
fcheibung, ob ber ©rief fofort bem SBetbciligten auSjuhönbigen, ober
bem ©taatSanroalt oorjulegen ift, bem Stichler tu."
AuS biefen Steuerungen roirb aüerbingS §u fchliejjen fein, bafe £) aide
— foroeit eS fich nicht um baS Verfahren beS Amtsrichters im SJoroerfahren
hanbelt — bie Anficht fiöroe'S nicht theile.
Sie fog. Materialien bieten einen Anhalt jur Entfcheibung ber «Streit*
frage nicht bar.
Ser §.91. beS Entro. ftimmte — abgefehen oon ber burch bie $uft. Rom.
herbeigeführten, bie Uebertrctungen betreffenben Einfchaltung — mit bem §. 100.
©t. SBroj. D. überein. 38aS in «e$ug auf ben erfteren in ben SJlotioen gefagt
ift, pnbet bafjer auch auf ben lederen Anroenbung. Siefelben fprechen fich i e *
boch über bie oorliegenbe grage nicht aus (©. t>4, 65). ©ie ermähnen nur,
baß bie Eröffnung einer in Sefchlag genommenen $oftfenbung nur burch ben
dichter angeorbnet roerben bürfe, Iaffen aber bie «frage, roic nach Eröffnung
ju oerfahren fei, ittSbefonbere, ob ber dichter ber StnatSanroaltfcbaft bie ttenntnijj-
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fc§. 99. m\X> 100. et. Ikoj. C. 403
nannte oon bem .gn&alt ber geöffneten ©riefe u. f. ro. oorenthalten bürfe, ober
fte geftotten müffe, unberührt.
2lud) bei ben ©eratfmngen über bie betbät. Paragraphen in ber Suftij*
Atommiffion ift bic Streitfrage nidjt ©egenftanb Dir Erörterung geroefen. S)ie*
ielbe bat fid) jroar emgetjenb mit ber (SröffnungSfrage befdjäftigt, bie bem Südjter
be$ro. oer ©taatSanroaltfchaft nach ftattgehabter (Eröffnung beS ©riefeS in ©e$ug
auf ben 3nl)alt bcffelben juftehenben ©cfugniffe aber md;t befprochen; Protofoll
©. 104—107, 846—848. 2)affclbe gilt com 3leta)Stage. 3n bemfelben ifl bic
,§eiltgfeit beS ©riefgehetmmffeS unb bie SJtothroenbigfeit ber SBahrung beffelben,
unter immer roteberfehrenber £>inroetfung auf ben — nach roef entlich anberen
©orfdtjriften befjanbelten — ftall" £ebochoro£fi, in fehr lebhaften, jeboa) oom
2lbg. Dr. fiaSfer (<&tenogr. ©er. ©. 452) als „nerroorren" bezeichneten S)e*
batten jum Qxotdt ber ©efdjränfung ber ©efugniffe ber ©taatSanroaltfchaft geltenb
gemalt roorben. 2luf bic \)kx oorltegenbe ftrage begehen fid) bagegen nur
gelegentliche ©emerfungen beS 2lbg. Dr. iJaSfer ©. 449, ©p. 2.: „nur ber
dichter bürfe ben ©rief eröffnen unb oon bem Inhalt beffelben allein Äenntnife
nehmen, bis ber 3">ecf beS ©efefceS als oorliegenb oon ihm anerfannt fei," unb
beS 2lbg. ©truefmann (6. 451, 6p. L): „ber Staatsanwalt neunte nur ben
äußeren 2Wt (ber ©efa)lagnahmc) oor, aber bie genauere Prüfung, baS Sefen
beS ©riefeS, müffc oon bem Stifter oorgenommen roerben; benn eS fyeijje im
erften ©aß beS §. 91. (beS @ntro. §. 100. 6t. pro$. D.): bafe bie Staatsanwalt^
idmü ben ihr ausgelieferten (Begcnftanb, unb swar ©riefe unb anbere ^Joft*
fenbungen uneröff net, bem Siebter norlegen müffe; ber Staatsanwalt befomme
alfo gar nicht einmal oon bem Inhalt ßenntnifj, fonbern ber dichter habe bie
weitere Prüfung oorjunehmen." ftiefe Sleufecrungcn jweier Slbgeorbneten haben
aber oon (einer Seite eine ©efpredfmng erfahren, unb fdwn aus biefem ©runbe
fann ihnen ein ©influfe auf bie Gmtfcheibung einer fo mistigen ftrage nicht ein*
geräumt roerben. 6S ijt aber auch ©truef mann'S £inroetfung auf ben §. 100.
St.proj.D.nid)t jutreffenb, ba— roie bemnächft bescheren nad&geroiefen roerben fott
— barauS, bajj ber Paragraph bem Stichler bie ©cfugnifj norbe^ält, ben ©rief ju
eröffnen unb baburch ben ©chlufeaft ber ©efd^lagna^me ju oofljie^en, ein
SJtehtereS nicht folgt, au8 bafj er fetnerfeits jur Äenntntfjnahmc oom 3nt)alte
beffelben berechtigt fei, nicht alfo, roie 6trucfmann meint, bap er ber Staats*
anwaltfdrjaft bieS 9tedt)t oorentt)alten bürfe.
2>a enblia) auch ber ©ericht ber 3ufl |om. o. 28. Oft. 187G 6. 26 bie
6trcitfragc nicht befpriapt, roirb bic ©ntfcheioung berfelben lebiglich auS bem
Inhalte ber einfchlagenben gefefcltchen ©orfa)riften h^snleiten fein.
$>ie Prüfung berfelben läßt Söroc'S 2ln|lcht als bie richtigere erfreuten.
o. ipolßenoorff beruft fia) für feine Meinung, ba& bem dichter bie
©ntfeheibung, roie über bie Eröffnung ber faiftrten Poftfenbung, fo auch barüber
alletn suftetje, ob ber Inhalt berfelben jur Äenntnife ber ©taatSanroaltfchaft su
bringen fei, lebiglich auf bie Analogie beä §. 110. k (Hbf.) 4.
ßunächft enthält aber bie ©orfchrtft: „2)er mtdt}ter hat bie — bei einer
©urchfuchung norgefunbenen — ju einer ftrafbaren £anblung in ©ejiehung
ftehenben Rapiere ber ©taatSanroaltfchaft mitjutheilen", nicht eine auSbrttct*
lia)c ©eftimmung, ba§ ber dichter bem 6taatSanroalt bic (ginftcht in bte
Papiere nicht ju gefiatten brauche; man gelangt oielmehr au« berfelben, in ©er*
binbung mit bem erflen 6ab Oes §. 110., nur ju ber ^onflufion, bafe bie
Prüfung beS Spalts ber papiere bem dichter oorbehalten fein folle. 6d£)on
aus biefem ©runbe roürbc eS bebenEltch fein, eine fo fütguläre ©orfchrtft, roelche
— unter Slbänberung beS, bie durchficht ber Papiere auch bem ©taatSanroalt
gefiattenben §. 99. beS ©ntro. jur ©t. Proj. 0. — oon ber ^ufl. Äom. (Prot.
6. 120 122, 853) befchloffen ifl, auf ben §. 100. analog jur 2lnroenbung
$u ortngen.
27*
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404 §§• unt5 loa @t - ^ r °J- °-
$iefe analoge Slmoenbung ©erbietet fiä) aber aua) beSljalb, weil ber
3. 110. einer anberen SHeajtSmaterie, als ber §. 100. angehört, baS Saa> unb
s jtea)tSoerbältnife in bemfelbcn wefentlia) oon jenem oerfa)ieben ift, unb bie
®efia)tSpunfte, roela)e ut crjffVm bei ber 2tuSfa)ltef?ung ber ©taatSamoaltTdjaft
oon ber Prüfung ber Rapiere leitenb fein tonnten, bei Dem §. 100. auSf Reiben.
tiefer lefeterc ^aragrapb befa)äftigt fia) auSfa)liejjlia) mit ber ©efa)lag«
nabme oon ©riefen unb anberen Senbungen auf ber $oft. SDiefe für fia) be*
jtebenbe 3Jiaterie finbet tyren 2tbfa)lufe in ben §§. 99—101. Sei biefen ©e*
fa)lagnaf)men tyanbelt eS fia) nia)t nur in ber föegel um einen einzelnen ober
bod) um beftimmt be$eia)nete ©riefe — wie aua) in ber ^uft. Äom. S. 122 Jjer*
oorgeboben tourbc - fonbern fie werben nur oorgenommen, roenn bie Staats»
anioaltfa)aft fa)ou ©eranlaffung ju bem ©erbaute l)at, bafj gerabe biefe ©riefe
für eine anhängige ober in ber Vorbereitung begriffene Unterfudmng oon ©c
beutung feien. $n einem folgen ftaUc ber StaatSamoaltfd)aft bic (Sinfia)t beS
©riefcS aua) bann su entstehen, wenn ber Stifter jenen ©erbaa)t bura) X1)at<
faa)en unterftüfct befunben, alfo bic im §. 99. angegebenen VorauSfefeungcu
ber 3nläffigfeit ber ©efa)lagnabme als oorliegenb anerfanut unb bentaufotge bie
öeffnung beS ©riefeS angeorbnet fjat, müfcte für eine nia)t gu rca)tferttgenbe
£äljmung ber StaatSantoaltfa)aft in ber Erfüllung if)rer 2lmtSpflia)ten gelten.
28efentlia) anberS finb bic ©orauSfcfcungeu ber in ben §§. 102—111. bebaubcltcn
„25ura)fua)ung ber SBolmung unb anbercr Flaume, fotoie ber ^erfon unb ber
Saa)en." Um eine fola)e ju rea)tfertigcn, oerlangt baS <$efefe (§. 102.) ein
iWe^rcreS nia)t, als bafi ber baoon ©etroffene „als Sfjäter ober Xfjetlncljmer
einer firaf baren .panblung ober als ©cgünftiger ober gebier oerbädjtig ift," es
genügt felbft, „wenn ju o er mutzen ift, ba§ bie S)ura)fua)ung jur Sütffinbuna.
oon ©eroeiSmitteln führen werbe." §inben fia) bei einer folgen „$ura)fua)una"
Rapiere beS oon ibr ©etroffenen (§. 110.), ju beren ©efajlagnainne ber fic
leitenbe ©eamte fia) oeranlafet fief)t, fo fanu bieS etioaS 3ufäUigeS, aufeerbalb
ber 2lbfia)t, meldte ber Staatsanwalt bei ber £)ura)fua)ung ©erfolgt fjat, liegenbes
fein. £>icr liegt alfo baS ^ntereffe b«B loteten, oon bem $nbalte ber Rapiere
bebufs Prüfung, ob berfclbe „ju einer flrafbaren £anblung in ©eatclning ftebe"
(§. 110. Hbf. 2.), ÄenntniB $u erbalten, ungleia) ferner, als in fällen beS §. 100.
(SS märe baljer burd)auS unberca)tigt, barauS, bafe bic St. Sßro*. 0. in ben 2)ura>
fua)ungSfällen beS §. 1 10. ben Marter sur 3Jtittbeiluna, in ©efdjlag genommener
Rapiere an bie StaatSGnwaltfa)§(t erft bann ocrpfltdjtet, wenn biefelben naa)
feiner 2lufia)t ju einer ftrafbartn §anbluug in ©ejie^ung flehen, fa)lieBen p
raollen, bafe bie StaatSamoaltfa)aft aua) nia)t ein 9tea)t auf bie Ginjiajt foleber
©riefe unb fonftigen Senbungen bobe, njela)e auf ber Sßoft unter ben roefentUa)
anberen ©orauSfejpngen beS §. 100. auf ijjren Eintrag beSbalb in ©cfa)lag m>
nommen morben |mb, rocil ,,^b a tfoa)^n oorliegen, aus benen ju fa)tiefeen ift,
bafe ibr,3nbalt für bie Unterfua)ung ©ebeutung ^abe." (§.99.)
$äüt aber für bie Streitfrage bic oon o. ^pol^enborff für fein ©otum
allein geltenb gemaa)te ^inroeifung auf bic SÜnalogie beS §. 110. Sbf. 4. fort,
unb ifl bemjufolgc nur ber ^ntjalt ber §§. 99. bis 101. felbft cntfdjeibenb, fo
fpria)t für iöroe'S 3lnjidbt in erfter Sinie, bafe es $ur s Jiea)tfertigung ber ent*
gegengefc^ten SluSlegung oeS 100, um fo mct;r eines auSbrüdflia)cn 9luSfprua)S
beS ©efefees beburft bätte, als eS fia) bei ber ©cfa)lagnabme oon ©riefen auf
ber ^ioft in ber Siegel um fa)ioerc Straff alle, inSbefonbere um ftaatSgcfäl;rlia)c
©erbrea)en ^anbelt, baS ©efe^ mitbin, bei aüer Wüdfia)t auf SBa^rung beS ©rief*
getyeimniffeS, Slnftanb $u nebmen batte, ben Sauf ber ^ufti} ju bemrnen. 3>aft
eine fola)e auSbrüdlia)e ©orfa)rift i^rer 2lnfia)t jur Seite fle&c, beljaupten
o. ^ol^cnborff unb Heller nia)t; (Srftcrer giebt oielme^r mit beftimmten
Korten ju, bafe bas ©efe^ barüber fa)roeige.
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§§. W. mit 100. ©t. ^toj. 0.
405
3n ber %fyat fehlt eS aber nic^t nur an einer ©eftimmung, bafj ber
Richter allein ben faifirten ©rief lefen unb ohne (Sinoernebmen mit ber Staate
anmaltfchaft barüber entfcfjetben bürfe, ob fein ^n^alt für bie Unterfudjung
©ebeutung h<*be; fonbern eS ift auch in ben brei Paragraphen nirgenb auS*
gefproeben, baß bie @r Öffnung nur burch ben Richter felbft ftattfinben muffe,
rote o. ßolfeenborff unb Ä eller in ben oben mitgeteilten ©cmcrfungen an*
aunebmen fchetnen, unb o. ©a^roarse 6. 231. 8. (Kommentar jur St.^roj. D.) burdf)
oie2öorte: „bie Eröffnung fann nur burd) ben Richter erfolgen", aus*
gef proben, aud) bei ben Debatten im Reichstage oon2lbgeorbneten unb bemßommtffa*
riuS ber Regierungen, ®eh- 0. R. 91. öanauer mit mehr ober weniger ©eftimmt*
beit geäußert rooroen ift Senn berläbf. 3. beS §. 100. überweift bem Richter
lebiglia) bie „ßntfcheibung über bie Eröffnung", b. h- boch nur: bie ©eftimmung
barüber, ob bic Eröffnung — objcftit» — ftottyuftnben ober ju unterbleiben habe.
2)afür, bafj ber Richter perfönlidb fich ber Eröffnung ju unterstehen habe, fte
alfo nicht einem anberen suoerläffigen ©eamten übertragen bürfe, fehlt eS an
jeher Slnbeutung. ^enen Sorten: „ßntf Reibung über bie (Eröffnung", ift aber
um fo größeres @eroia)t beijulegen, als im 3lbf. 1. beS §. 110. in ©ejug auf
bie bei einer 2)urd)fuchung in 5öefd|IWg genommenen $apiere bie wefentltcb
oerföiebene gaffung gewählt ift: „@ine ^Durchficht — ftctjt nur bem Weiter ju."
6ntf)ält aber hernach baS ©efefe eine ©orfchrift fo wenig barüber, baf?
auch bei einer rechtmäßig erfolgten ©efcblagnahme nur ber Stifter, mit
SluSfcbliefjung beS Staatsanwalts oon bem Inhalte beS faifirten ©riefe« Äenntnife
nehmen unb ihn in ©ejug auf bie Unterfucbung prüfen fofle, noch auch felbft
barüber, baß bie Eröffnung beS ©riefe« oom Richter allein auszuführen fei, fo
muß angenommen werben, baß ber Staatsanwalt, fobalb bie oon ilmt ausgeführte
©efcblagnahme ridjterlidj)erfeitJ& beftätigt, unb bie Eröffnung beS ©riefeS auf
richterliche Slnorbnung — gleichoiel oon welchem ©eamten — bewirft ift, in bie
ihm in ben §§. 158., 159. eingeräumten Rechte eintritt, alfo ben Inhalt beffelben
prüft, um feinerfeitS beurteilen Ml fönnen, ob er auf bie llntcrfuchung oon
ßinfluß ift.
$)tefe aus ben ©eftimmungen ber §§. 99. unb 100. jur Rechtfertigung
ber Slnftcht oon Söme fid) ergebenben ©rünbc finben aber auch eine wef entliche
Unterfiüfcung barin, baß auch de lege ferenda eine ber entgegengefefcten Meinung
entfprechenbe ©orfchrift in bem ©rabe jweefwibrig erfreuten müßte, baß nicht
wohl angenommen werben fann, baS ©efefc höbe — unb überbieS fttUfchweigenb —
mit bem §. 100. ben ihm oon Söwe'S ©egnern untergelegten ©inn oer*
binben wollen.
S)enn oon biefer Anficht ausgegangen, -»würbe ber 3 roec ^ ber ©efd)lag*
nähme oon ©riefen auf ber $oft unausbleiblich in oielen fällen aus bem ©runbc
oereitelt werben, weil ber Staatsanwalt außer 6lanbe ift, ben Richter über alle
bie in cinanber greifenben Umftänbe, welche bic ©efchlagnahme hoben nötfng
erfcheinen laffen — jumal in oerwicfelten Unterfuchungen — im ©orauS fo ooll*
ftänbtg $u informiren, ihm bie in'S 2luge ju faffenben ©eficbtSpunfte fo
fpejicll ju bezeichnen, um ihn ju befähigen, ftch beim Scfcn beS ©ricfeS ein Ml*
oerläffigeS Urthetl barüber ju bilben, ob bie barin enthaltenen 9ftittheUungcn
unb Steuerungen auf ben @ntfchlu§ beS Staatsanwalts, Slnflagc \u erheben,
ncht auf anbere ibm befanntc Umftänbe einen fixeren Inhalt, fei es jur
©eurtheilung ber 2lrt eines SeliftS, fei eS in ©ejug auf bie £f)äterfcbaft, bar-
bieten. Um biefem SKißerfolge burd; feine bem Richter ju ertheilenbe Information
oorbeugen m fönnen, müßte ber Staatsanwalt felbft oon bem 5 n ^ a l te ber
faifirten ^oftfenbung mehr ober minber fpejidl unterrichtet fein, was nur auS-
nahmSmetfe ber gall fein wirb.
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406 85 w - »«*> 10a £t. $toj. O.
SDtefe Stacbtheile für bic StrafredjtSpflege treten befonberS in'S fiid^t,
roenn erroogen wirb, bafj fidt> bic §§. 09—101. niebt bloS auf ade m ©rteffonn
in juläfftger ©röfje eingehenben, fonbern auch auf jebe anbere 2trt von $oft*
fenbungen jebroeben Inhalts, alfo auch auf bic mit ben oerfdnebenartigften
$rucf)achcn angefüllten, auf ber $oft beförberten $acfete unb bergt, bejiehen.
än einem folgen gälte müfete fieb ber Staatsanwalt, j. £). auch bei norliegenben
beftimmten SJerbadjtSgrünben für baS im §. 85. 6t. ©. 33. bejeidmete Ser*
brechen, bei ber erflärung beS Richters beruhigen, bafe er etroaS auf bieS Sßer*
brechen SeaügltcJeS in ben in Skfdjlag genommenen ©cgenftänben nicht ge*
funben Imbe. ©r mürbe auch aufeer Stanbe fein, eine SBefdnoerbe gegen ben
©efcheib beS iRichterS ju begrünben. 3)enn hierzu müfjte er beftimmt rotffen
unb bem Ijotjeren 9Ucf)ter glaubhaft machen fönnen, bafe ber 3nfjalt ber $oft*
fenbung für bie Unterfucbung ©ebeutung fm&e; biefe Äenntnife fönnte er aber
nur bur<h bie — ihm com dichter oerraeigertc — (Sinficbt beffelben erlangen.
(5S läßt fiaj auaj nicht behaupten, bafe ber auf Söabrung beS ©rief*
geheimmffeS abjielenbe 3me<f ber §§. 99. unb 100. @t. $roj. 0. oereitelt roerbe,
wenn ber 6taatSanroalt|cbaft bie (Sinftcht in ben eröffneten ©rief geflattet roerben
müffe. $>enn baS ©efefc aiebt baburch, bafe eS — roie oben nachgeroiefen —
bem 9%id^ter nur bie (Sntfdjeibung über bie ©efefemäfeigfeit ber erfolgten ©e*
fcblagnabmc unb barüber, ob bie Eröffnung ftattjufmben Imbe, überroeift, ofme,
über bie lefctere hinaus, auch in ©ejug auf bie einfielt in ben geöffneten ©rief
einföränfenbe ©eftimmungen su treffen, genügenb beutlich ju erfennen, ba& eS $ur
2Bahrnef)mung beS ^ntereifeS ber bei ber $oft)enbung ©etheiligten für auSreichenb,
unb eine Älage ber Sefeteren übet bie (5infid)t beS Staatsanwalts in ben Jnhalt
ber für fie beftimmten Senbung für unbegrünbet erachtet, fobalb ftd> ber dichter
nach uorgängiger, buref) bie Scblufjoorfcbrift beS §. 99. geleiteter Prüfung über*
äeugt, baj 2 bat fachen oorliegen, welche barauf fdjliefeen laffen, öaf> Oer Inhalt
ber Senbung für bie Unterfuchung Sebeutung habe, bie ©efchlagnahme mit*
hin mit Stecht erfolgt fei.
$n ber Ztyat mürbe auch eine Sefiimmung, bafe ber eröffnete ©rief allein
com Stichler gelefen roerben bürfe — felbft abgefeben baoon, bafc baS ©efefe
bemfelben, roie oben nachgeroiefen, nicht »erbietet, ihn burd) einen Anberen
öffnen ju laffen — in biefer Allgemeinheit unausführbar, baher unjroecfmäfetg
fein. (SS aeiat ftd) bieS beifpielSroeife in fällen, roo ber Siebter bie Spraye, in
welcher ber Sörief ober bic $)rutffd)rift abgefaßt ift, niebt oerfte^t, alfo bie Mlfc
eines S)olmetfd^erS in 2tnfprucb nehmen unb bemfelben $u biefem Rmta bie
6d)rift behufs Anfertigung einer Ueberfc^ung bcrfelben für bie Elften aus»
|änbigen mufe. ferner, roenn Serbacbt oorliegt, bafe bie ^oftfenbung jur 3}er*
Übung eines 93erbrca)cnS beftimmte ©egenftänbe enthalte, beren Unterfuä^ung
burd^ Saa^oerftänbige erforberlitb ift. 3n folgen fällen mürbe jene ©eftimmung
ba^in fübren, bafj ber %xil)aU ber ^oftfenbung jroar bem jur ^Serfcbroiegenbeit
ni^t verpflichteten S)olmetfcber (©er. iö. ®. §. 191.) bejro. 6acboerftänbigen, niapt
aber bem $ur 2öal)mel)mung beS gntereffcS ber 6trafrecbtSpflege berufenen
StaatSanroalt befannt roürbe. SMe^nltdb, roenn bic 33cfa)lagnal;me §u einer Qtit
ftattjtnbet, roo üdj bie Slftcu muh abgefcbloffener ^orunterfuebung bei bem £anb<
geridjt befinben, um über bie Eröffnung beS ^auptoerfahrenS 8efa)lufe ju faffen,
ober roäbrenb ber 3roifcl)enseit jroifcben ber Anberaumung beS Dermins jur
^auptoerbanblung unb biefer felbft. $n folgen fällen ift ber ißorft^enbe, bejro.
ber Slefcrent, genötbigt, in einer Sifcung beS HoQegiumS foroobl barüber, ob bie
Söefcblagnahme gerechtfertigt, bie ^ßoftfenbung baber ju eröffnen fei, in ©egen*
roart ber jur 2lnroefenbeit berechtigten Beamten Vortrag ju halten, als auch
eoent. bie 6chrift behufs Prüfung ihres Inhalts ju ocrlefen. S)ie ©eheim*
haltung beS lederen im ftalle feiner SebeutungSlofigfeit für bie Unterfuchung
roürbe baher uam yu ermöglichen fein.
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§g. !«). unfc 100. 6t. Uro*. O. 407
$)ie oorfteljenb gegen bie 2lnud&t oon o. £olfcenborff unb ©enoffen
geltenb gemalten ©ebenfen bürften bie oben auSgefprodrjene Meinung red)t"
fertigen, bafj, felbft roenn man — was ntd&t nadnoeiSbar ift — in ber ^uft. Äom.
ober im flfleidiStage baoon ausgegangen wäre, ber 9tt$ter foUe befugt fein, bem
Staatsanwalt ben 3nfyalt &e« ©rtcfeS u. f. ro. oorjuentljalten. roenn biefer nad)
feiner alleinigen 2lnfid)t für bie Unterfudjung feine ©ebeutung ^abe, eine
foldje 2lnorbnung im öinblicf auf bie ber StrafrecbtSpflege Daraus brofjenbe
eroftc ©efä^rbung im öefcfc auSbrü<flid& auSgefprodjen fein müfete.
2öie bereits angebeutet, roeidjen bie 2lnfid)tcn oon £>alcfe unb Heller
infofern oon o. $olfcenborff ab, als fie 3roifcf)en bem im ©oroerfafjren oon
ber StaatSanroaltfd)aft angerufenen 2lmtSrid)ter einer* unb bem Unter fudjungS*
ri$ter unb bem 3tia)ter nadE) eröffnetem .^auptoerfaljrcn anbererfcitS unterfd&etben.
2Bä£renb o. ftolfcenborff eincS fold)cn Unterf^iebe3 nidjt (frroäfmung t&ut,
alfo bie Gnttfcbetbung Darüber, ob ber^nljalt beS ©riefeS für bie Unterfudnmg
oon ©ebeutunc; fei, aud) bem im ©orucrfaljrcn fungirenben SlmtSrid>ter allein
oorbef)alten roiffeu roill, fagt
Salcfc in biefer ©ejieljung in ber Siotc 5. ju §. 100. im äßiberfprucf)
aud) mit SÖroc, welcher S. 394. 9. bem s Jlid)ter aua) im ©orbereitungSoerfafyren
bie (rntf Reibung, roie über bie ©cfcfjlagnaljme, fo über bie Eröffnung juroeifl:
„3m @rmittelungSoerfal)ren mufe ber föidjter bem 2lntrag,e auf
(Eröffnung beS ©riefeS ftattgeben, rocil er bie 3roetfmäfugfett ber
UNafjregel nia)t ju prüfen bat;"
unb in ber bort oon ilmt in ©ejug genommenen 2lnm. 2. ju §. 110. Reifet eS
im 2lnfd&luf? an bie ©emerfung, bafj ftdj bie ©orfd&rift bicfcS Paragraphen felbft*
oerftänblid) aua) auf bie auf ber $oft mit Söcking belegten ©riefe (§. 100.)
bejie^c:
„ftanbelt csS ftcb um eine ©riefbefd&lagnafjme im ©oroerfatyren,
fo fteTjt bie (Sntfd&cibung barüber, ob ber $nf)alt beS ©riefe« für bie
Unterfudumg oon ©rbcblicbfeit ift. lebiglict) ber StaatSanmaltfdfwft
ju, unb fyat ber 9üd)ter alfo in biefem #aHe ben ©rief, nad&bem er
benfelben geöffnet unb oon bem ^nljalt Äenntnifj genommen, of>nc
s JBeitereS bem Staatsanwalt oorjulcgen."
gelle« bemerft 6. 92, 6. 2lbf. 2. oorrocg:
pr ben oor ber ©r&ebung ber öffentlichen Slnflage in Slnfprudf)
genommenen 2lmtSrichter fomme bei ber Prüfung beS 3nl>altS
ber ^oftfenbung ber §. 160. St. $ro$. 0. in ©etra$t,
unb fätjrt bann fort:
„53enn beim ©orfjanbenfetn ber übrigen ©orauSfefcungen (ber
©cjcblagnafmie oon ©riefen auf ber j'jft) oom Amtsrichter auf ©runb
ber itym gegebenen Stufflärungen bie ©ebeutung beS ^rt^altd
ber befchlagnafmtten ©riefe für bie Unterfuc&ung anerfannt werben
mufe, fo fann er fie nid&t freigeben, 3. ©. roeil er ben ©cmeiS für
öoilftänbig geführt unb bieaKaßregel beSfmlb für überflüffig erachtet,
lieber bie 3roetfmäjjigfeit 311 befinben, ift Sache ber StaatSanwattfchaft."
2)ajj baS ber Slnfidjt 0. £olfccnborff'S cntfpted>cnbe ©erfahren im ©or
oerfa^ren noaj in Oberem @rabe, als roäbrenb ber ©orunterfudjung unb nad;
eröffnetem <öauptüerfal)rcn bebenflid) unb unjroccfmäfeig erfa^eint, ift nidjt 3U oer^
fennen. @S fe< aber im @efe^ an jebem 2hu)alt §u einer folgen Unter
fajeibung. 3)er §. 100. fpridjt aan3 allgemein oom „9tia)ter", unb cS roürbe
fta) um fo weniger rechtfertigen laffen, oon ber ©orfa^rift bicfeS ^ßaragrapben
ben 2lmt$rid)ter im ©oroerfafren auS3ufcbliefeen, al« ber im 9lbf. 3. beS §. 100.
in ©ejug genommene §. U8. im (ac^lufefn^e beS 9lbf. 2. biefen ^all auS^
brücflidj oorfie^t, mithin im §. 100. bie SluSna^me in ©etreff beS 2lmtSrid>terS
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408 §5. uut IUI. St yxo h . D.
tot Soroerfabren befonber« mürbe amSgefprodtjen morben fein, wenn fic bct ?Ib*
fid&t beS ©cfe^e« entfpräcfce.
(£3 ifi au$ au£ bcm non Äeller in 93egug genommenen §. 160. St. $roj. D.
— nad& weitem bct 2lmtSriä)ter ju prüfen fjat, ob eine com 6taat3anroalt be*
antragte UnterfucijungSfmnbluna. nad& ben Umftänben be$ ftaHeS 9e[e^Itd^ juläfftg
fei — eine Unterfiü&ung für ferne 2lnfid&t nid^t ^ermneljmen. 3)iefer allgemeinen,
ben 35orfd^riften über bie Vorbereitung ber öffentlichen Älage angeprenben
Sefhmmung berogirt ber auf bie S3efd)lagna^me uon Briefen u. f. m. auf ber
$oft bejüglid&e §. 100. gänbe aber ber §. 160. l)ier Stnroenbung, fo bürfte er
mit minbeften« gleid&em $Hedf)te non r». §olfcenborff unb Söroe für ü)re
Meinung, bajj baS 2öort „9tid&ter" im §. 100. aud) ben ämtSrid&ter im 8tn>
oerfafjren umfaffe, roie »on Äeller für bie entgegengefefete anficht in ©ejug
genommen roeroen tonnen.
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3ft es perkmä^ig, Die Peantroortung 5er frage nadj mübentben
Umpiinben ben töefdjwarenen überlaflfenf
SBon $ertn ©taatftmmalt Sßetetfon in 6djneibemüf)l.
8efanntUcb bat juerfl ba« frcmjöfifäe Straftest baS ©ofiem bet foge*
nannten milbcrnbcn Umftänbe bei bet 6trafjumeffung eingeführt. Diacbbem fid)
bie fiärten beä Code p6nal ttllju etnfdfmeibenb geltenb gemalt Ratten, befhmmte
ein ©efc^ oom 28. Styril 1832 bcjügliö) fämmtlieber Serbred&en, bafe eine
£erabfefcung ber Strafe unter baS orbemlid&e Strafmaß bei bera Sor^anbenfein
milbember Umftänbe (circonstances attänuantes) einjutreten twbe.
$)urcb baS nämlicbe ©efefc mürbe femer »erorbnet, bafe bie grage, ob
jene circonstances att^nuantes im gegebenen gatte norlägen, ber 3urn jur @nt*
fäjeibung überlaffen fei.
»iefera Seifpiele folgten bie meiften neueren beutfdjen ©trafprojejjorb*
nungen, bie fid^ me&r ober weniger oon ber framöfifeben ©efefcgebung beein*
fluffen liefen, na$. — 2Wmälig mürben aber in miftenfcbaftUcben Bearbeitungen
berartig fd&roerroiegenbe Siebenten gegen bie 9Ucbtigfeit biefer (Sinridjtung erhoben,
bafc bie Stebaftoren beS (SntmurfS jur neuen 2>eutf<ben ©trafprojefeorbnung ben
franjöftfcben 6tanbpunft a\ä oeraltet bejeidbnen unb bemgegenüber oorfdblagen
tonnten, bie grage nacb bem Sortjanbenfein milbetnber Umftänbe bem bie ©träfe
jumeffenben Siebter allein $u überlaffen.
SMe 9ieta>8taggfommiffion fam jebodE) nadj eingebenben Debatten ju ber
entgegengefefeten Suffaffung. Äonform ben meinen früheren ©efefcgebungen
mürbe bie dntf^eibung ber [frage ben ©efdfjmorenen mrücfgegeben unb nur
bejügltcb ber 6timmenjäblung eine oon ber bei ber Sd&ulbfrage oorgefebriebenen
etroaS abroeid&enbe, für bie norliegenbe ftrage aber niebt in Setradjt fommenbe
Snorbnung feftgefteüt.
©egenüber biefer neuen gefefolidjen (SntfAeibung tonnte eine meitere @r-
örterung be$ oorliegenben %t)tma& überftüffia erfebeinen, roenn nidfjt bie Hoffnung
aufregt erhalten bliebe, bafe bie ©trafprojefeorbnung bod) in mannen fünften
einer Stadjprüfung unb ©menbtrung über furj ober lang ju unterbieten fein
mirb. 2lud) bei ber norliegenben $rage bürfte eine nochmalige Prüfung ber in
ber ?$rari£ erhielten unb bureb bic rriminalrecfjtlicbe Statiftit geroonnenen ©rfab*
rungen faum ju umgeben fein, ba biefelben meines <£rad)ten£ immer lauter unb
brtngenbcr gegen bie jefcige Regelung unb gegen bie Seftimraungen beS §. 297.
6t. ^roj. 0. fpredjen.
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410 3fl cs> -.werfmä&ic-,, bie Seflntiwrtuna ber graoif nad) milbetttben
3lUe jene ®rünbe, toeld^c für bic jefeige Einrichtung aeltenb gemalt
würben, finb tfeeüs unäutreffenb, ttjcilS ben anberroeiten feferoeren Sebenfen gegen-
über unerfeebltcfe.
Sei SBeratfeung ber ^ufrijgcfefce in ber StetchStagSfommiffion rourbe oon
mehreren 2Jlitgliebern berfclben junäefeft (jcroorgeljoben, eS fei in ©eutfcfelanb
als gemeines Slecfet an$ufefeen, jene %xa$t naefe mttbemben Umflänben ben @c*
fdjroorenen ju überlaffen, ba in nur äujjerft wenigen ^artifulargefe^gebungen,
roie j. 33. im Äönigrcid) ©aefefen, eine anbere Siegelung beftimmt fei. ^ier^egen
bürfte mit Wed)t einjuroenben fein, bajj bei einer bireft aus bem fran^öfifcfeen
Siecht entlehnten .^nftitution oon gemeinem beutfefeen Steckte roof)l mefet bie
Weöe fein fann, unb baß bie 3eitbauer, roäferenb melier jene Sßartifularredjtc
in Straft roaren, faum hinreichen möchte, um bie Autorität beS SllterS, ber SiolfS-
fitte unb ber (rrfafjrung ju begrünben. S)aS ganjc ©ef$roorenengertcfet felbft
ift ja noefe eine in S)cutfd)lanb oerhältnijjmäjjig redjt junge ©mriefetung, beren
iBcrftänbmfj noefe fcincSroegS in &eib unb $Hut beS SSolteS übergegangen ifl, unb
• über beren 3roecfmäfjigfeit noefe feeut ju Xage in ^uriftenfreifen viel unb lebhaft
bebattirt wirb, ©anj befonbcrS aber ift bie fdjrourgeriajtlicfee ftrageftellung eine
berjenigen 2)iaterien, bie noefe jum 3rocifeln, jum prüfen unb jum (Srperimen»
tiren Slnlafj giebt. — ßine gemeinredjtltcfee (Irfaferung fann beSfealb für baS
oorliegenbe Sljcma ficfecrlicfe niefet entfefeeibenb fein.
Gvfeeblicfeer fönnte ein anbereS 2JJoment erfefeeinen, roel(feeS oon ©eiten
eines befannten juriftifefeen ÄommiffionSmttgliebeS ju ©unften beS jefctgen 2kr*
faferenS oorgefüfert ift. ©S rourbe nämlidfe oon biefem barauf feingeroiefen, bafe
bie iui) auf bie milbernben Umftänbe bejügüdjcn SöefUmmungen beS je&igen
©trafgefej$bud(je8 gerabe mit Slütfficfet auf bie ben ©efeferoorenen beigelegte gunftion
rebigirt finb, mit biefer alfo berartig oerfnüpft erfefeeinen, bafe eine cinfeitige
Slenberung bcbenflicfe erfefeeinen müfetc. (SS mufj 3unäcfeft geleugnet roerben, bafe
bie Siebaftoren beS ©trafgefcfcbuefeeS irgenbroie auf baS bamalS gerabe geltenbe
©trafoerfaferen iRücfficfet genommen feätten. @g n)äre bieS niefet nur unnötig,
fonbern auefe unmöglich geroefen. ©in für bie Sauer bcfiimmteS materielles
©cfcfcbucfe burfte fid) gar niefet an formelle SBcftimmungen anlehnen, beren balbigc
(Smenbirung fdjon bamalS oorauSjufefeen roar. (Sine fol(fee 2tnletmung tonnte
auefe gar nicf)t erfolgen, ba bamalS in ganj Seutfchlanb gültige formelle Sor
feferiften noch nidtjt ertftirten. 2lber felbft roenn man roirftiefe annehmen roollte,
bie SRebaftoren hätten gerabe bei Öefrimmung ber bei oielcn Seliften jugelaffenen
milbernben Umftänbe ein befonbereS ©eroidit auf bie Sorfc^riften einzelner bei*
bamals geltenben ^ro^ejjorbnungen gelegt, fo roürbe man bei genauer ©id^tung
ber ÜWotioe oielleid^t fogar ju bem ©c^lufe gelangen, bafe fie {ebenfalls nid&t jene
©efe^gebungen im 2luge l;atten, mit benen bie jefeige Siegelung ber grage über*
einftimmt. $n ben 3)iotioen 311m Gntrourfe beS ©trafgefeßbud^e« nämlia) fxnb
Sur ^Üuftrirung beS ©nftcmS ber milbernben Umftänbe einzelne ©efe^gebungen
in ü)rcn hierauf bcjüglic^en materiellen unb proseffualifd&en 33eftimmungen auS*
fü^rlic^ oorgefüfjrt. 5)rei oon biefen ©efe^gebungen — nämli* bie öfterrei^ifc^e,
bie braunfd)roeigifd)e unb bic Ijamburgifc^e — fihb foldjc, roela^e bie »orliegenbc
Syragc ber ria)t erlitten (yntf Reibung unterbreiten. S)ie beiben anbern oorge^
führten ©efe^gebungen fmb bie fransöftfdje unb bie bclgifcfie. ^afl fa^eint eS
alfo, als roenn mit 2lbfu$t nur bie ber ritterlichen ©ntfdjeibung günftigen
beutfe^en gcfe^lichen s Jlormen $ur Prüfung übergeben fmb. — ©in ^inblicf auf
bie anbern ©efefcgebungen ift in ben ÜJlotioen, beren ©nftem ber milbernben
Umftänbe fpäter im s )öefentlichen aboptirt rourbe, feinenfalls ju finben. —
Uebcrfjaupt roürbe eS ücrfeljlt geroefen fein, bei Slormirung beS (SnftemS
ber milbernben Umftänbe ben fd)rourgerid)tlid)cn ^rojefe in befonberc ©rroägung
ju hieben, ba in einer großen :Hc iiic oon fällen, roie 3. 33. bei allen f (ferneren
unb ben im Stücffall begangenen Siebftählen, bie Aburteilung burc^ ben 9li(feter
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llmftänbm beu WefdworencN \\i überladen*
411
allein erfolgt. — ^enec behauptete ©nflufe bet ©trafprojefrBerfaffung auf bie
gormulirung beS jefct geltenben ©trafrechts mufe fonach entfehieben geleugnet
werben.
GS wirb ferner su ©unften ber jefcigen ^iormtrung angeführt, bafe bie
iogenannten railbernben Umftänbe ben im ©trafgefefcbuch befonberS ^eroorge-
hobenen 3flilberunaSarünben gleichjufteüen finb, unb ba& fie ftd) nur als Grfafc
Tür eine fpesieüe ÄafuifttE aller etwa benfbaren SJKlberungSmomente barfieUen.
Söeil nun, fo wirb bebujirt, jene fpegiellen 3JUlberungSgrünbe unjmeifelhaft unb
allgemein ber Beurteilung ber 3urn unterworfen werben, fo liegt fein ©runb
bafür oor, bie allgemeinen ÜMilberungSgrünbe, bie in itaem 2Be|en oon jenen
erfteren nicht oerfebieben ftnb, anberS projeffuatifch gu behanbeln. S 2US unein*
gefchränft richtig ift ber Borberfafc nicht zugeben. Auch bie lange S)auer ber
UnterfucbungShaft wirb als ein ©trafmilberungSgrunb im oierten Abfdfmitt
unteres ©trafgefefcbucheS aufgeführt, oljnc bafe bie ftrage, ob eine Anrechnung
ber ttaterfudningShaft ftatt^ufinben trat, je unb irgenbroo ben ©efchworenen oor*
gelegt mürbe. Werabe bie Analogie mit biefem fünfte führt baju, bie behauptete
2öcfcn5glei4)t)cit jwifchen ber $rage nach ben fpejiellen üDcilberungSgrünbcn —
^ugenb, thätige SReue 2c. — unb ber allgemeinen 5 rQ ge nQ ch milbemben Um*
ftänben entfehieben ju leugnen. ©rftere ift eine Stjatfrage, ledere ehte ©traf*
jumeffunaSfrage. — ®ie (Sntfcheibung barüber, ob Seraanb unter 18 Saljre alt
ift, ob ber %\)at eine baut anreijenbe HJUfehanblung oorangtng, unb ob Semanb
ben (Sffeft einer Branbftiftung burch eigene freiwillige £t)ätigfeit abgemenbet hat,
grünbet fidt> lebiglich auf tljatfächliche Erwägungen, bie bem fiaienrichter nach
bem ganjen Sßrinjipe ber 6t. Sßroj. D. unbebingt §u übcrlaffen finb. Ob bagegen
eine Xh ot i^rem ©cfammt^ljaratter nach mit 3uchthauS ober mit ©efängmfj §u
fühnen ift, Dürfte lebiglich §rage beS ©trafmafeeS fein. 6S ift $mar nicht ju
oerfennen, bafj ber dichter bei Beurteilung ber grogc nach milbemben Umjtänben
auch rein thatfächliche Berhältniffe ju erwägen haben wirb. $>er Stichler wirb
ftcher hierbei $u prüfen haben, welches jugenbltcbe Alter etwa ber Shäter gehabt
hat unb welche Anregung ber ^ hat ooranging. ©enau biefeibe Prüfung mun
aber erfolgen, wenn bie ©trafjumeffung innerhalb beS s JtahmenS beS orbentlichen
©trafgcfefceS ju finben ift. AuS ben^ nämlichen ©rünben, jufolge beren man
bem dichter bie ^rage nach Oer 6trafmilberung entzieht, fönnte man auch bie
jentge, ob ©trafmilberungSgrünbe oorliegen, Den ©efchworenen juweifen unb
baburch bie richterliche $bätigfeit ju einer gebanfenlofen Ausführung beS %uv\)*
fpruchS toabfinfen laffen. Deicht bie fpealeu hcroorgelwbenen ©trafmilberungS-
grünbe, fonbern bie ©trafminberungSgrünbc ftnb ihrem SSefen nach «1* gleich*
artig mit ben allgemeinen <Sttafmilbcrüng3grünben aufjufaffen, mag ber SGBortlaut
beS wunberbaren §. 213. ötrafgefefcbuchS, beffen oerfehlte Raffung jefet wohl
allgemein anerfannt unb am fchlagenbften oon ftohn in ©öttingen nachgemiefen
ift, noch fo fehr für bie entgegengefefete Anficht fprechen. ©erabe baS abfätttge
Urtheil, ju welchem bie Äonfequenäen beS §. 213. allgemein geführt haben,
beweift am S)eutlichften, wie wenig eine gleiche Sehanblung ber fpejtetten unb
ber allgemeinen milbemben Umftänbe ftichhaltig, unb wie bebenflich eine Ber*
mifchung oon thatfächlichen unb oon ©trafjumeffungsfragen ift. %ebt einjelnc
6chwurgerichtSft^ung, in welcher Die ^rage nach miloernben Umftänben bebattirt
wirb, läfjt genugfam erfennen, bafe biefe ?yragc junächft eine 6trafjumeffungS*
frage ift unb fich in ber Sßrarte ftetS als folche geftalten mufe. 5Rach ber Utechts-
theorie foll ber Laienrichter ohne jebe Berücffidjtigung ber ©träfe, beren
ßumeffung ihm nicht äufteljt, fein Urtheil abgeben. 3n ber 5prayiS geftaltet fich
aber bie 6ad)e anberS. S)er Berthcibiger beeilt fich, Den ©efchworenen fofort
bie gefe^lichen Strafanbroljungen oorjuführen, um ju bem ©rgcbntf? ju fommen,
renen überfein fich D ^ e iJ^ncn gefteUte ^ Q 8^ unwillfürlich in eine ihnen fafetichere
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412
3ft es jwccfmnfeiö, bie »canhoorhinfl bet grase nad) milbernben
$lu#brucf3roeife unb bebattiren nicht barüber, ob ber oorltegenbe gafl railber
liegt, als $ätie ber 2lrt gcroöfmlich ju liegen pflegen, fonbern barüber, ob ber
Slngeflagte mit Sückaus ober nur mit ©efängnifj ju beftrafen ift. Unb fte
hanöeln borin ooUfommcn richtig unb logifch. 2öenn ber ©efe^geber für aufeer*
orbcntliche ptte eine aufjerorbentlicr)e Strafe feftftettt, fo ergebt ftcf> bei &nroen*
bung be£ ©cfefceä nothroenbig bie Sftage, wie ho<h benn jene aufeerorbentliche
6trafc ift, bamtt ftch erfennen läfjt, ein wie toeiteS ober engeä ©ebiet oon ftäUen
biefer $rage gar nicht ju umgeben, raät)renb fte bei ben fpejiett aufgeführten
Strafmilberungggrünben ot)ne jeben ©elana ift.
2)a fonacr) bie betreffenbe $rage fetjr* leicht oon ber ^^otfrage, aber in
feiner SSeife oon ber Straf$umeffung$frage ju trennen ift, fo mu& fie auch mit
ber legieren oereinigt beantwortet werben.
Glicht nur tfjeoretifdje, fonbern auch rein praftifd&e ©rünbe finb bei fteft«
fefcung ber jefcigen gefefclieben 9torm ju ©unften berfelben oorgebracht raorben.
Man hat behauptet, bie ©efchroorenen mürben in oielen letzteren fällen ben
Scr)ulbigen freifprecr)en, roenn esS nid)t in ihrer SKacht ftänbe, ihm mtlbembc
Umftänbe jusubifligen. 3Jlit Vorliebe roirb hierbei aus ber franjofifehen 9te<$tS*
gefliehte ^eroorgeboben, roie bie urfprüngliajen harten Sefttmmungen be3 Code
ju berart jahlreichen ungerechtfertigten §reifprecr)ungen führten, ba§ fchliefjlieh
bie (Einführung ber milbernben Umftänbe jur SBahrung ber ©ereajtigfeit notf)*
menbig erfdnen. $ene fransöfifche Erfahrung fpridtf unzweifelhaft für ba3
Softem ber milbernben Umftänbe überhaupt, bebingt aber feineßroegS, bafe bie
Jrage nach oem $ort)anbenfein berfelben oon ©efchroorenen beantwortet roirb.
Siefen roirb in ber Segel baS ©eroufetfein genügen, bafc bie 3(nnacjmc oon
milbernben Umftänben im fonfreten JaH juläffig ift. 2öenn man bieg nicht
ooraußfe&t, oielmehr fich ju ber Meinung berechtigt $ält, bie ©efchroorenen
mürben boch leicht gegen beffereö Seroufetfeht ben Schuftigen freifprechen, fatt$
bie äöeioilligung ber milbernben Strafe nicht in ihrer eigenen 3)tacr)t liege,
nun bann fpricht man über ba$ game 3 n ftiM ber ©efchroorenen ein ftrifte*
Unheil ber SJerbammung. 2Ber eine berartige 3Reinung oon bem Pflichtgefühl
ber ©efchroorenen h at / öc * h Qnö ^t fch* unrichtig, roenn er folgert unjuläng*
liehen Richtern noch eine ßrroetterung ihrer Äompetenj jubilligen roiU, anftatt
bafj er ben 3Jiuth haben müfjte, mit aller Energie bafür ju plaibiren, ba£ Urtheil
über Schulbig ober Sßidjtfchulbig ben orbentlictjen dichtem jurüefaugeben. Söer
mit ber Schwachheit unb Äurjfichtigfeit ber ©efchroorenen reebnet, bürfte auch
noch ein anbereS Moment jju erwägen haben, häufig genug fommen jur
Cognition ber ©efchroorenen foldje ftäUe, in benen bie Sdjulb beS 2lngeflagten
jroeifelhaft, feine moralifche Söerfommenheit aber unftreitig ift. tiefem Stngetl.
gegenüber roirb ber ®efchroorene leicht oerlocft, groar ein Schulbig aussprechen,
zugleich aber im ©efühl ber 3n^if e 'höftigfeit ber Sache milbernoe Umftänbe ju>
zubilligen. So fönnte unter gcroiifcn ^orauäfe|ungen, bie jefct in bie ^änbe
ber ©eichroorenen gelegte ^acht gerabc eine ungerechte öärte beförbem unb ben
Hillen beß ©efe^geberS ocreitcln.
5Jon ungleich größerem Vertrauen in bie Umftcbt ber ©efchroorenen jeugt
eine anbere in ber SleichÄtagS^ommiffion bei SBeratfmng ber oorliegenben 5 tQ 9 c
aufgeftellte Behauptung, bcr^ufolge bie ©efchroorenen bie §rage nach milbernben
Umftänben meift richtig ju beanttoorten pflegen unb jebenfaÜS oft beffer beur-
theilen fönnen, als eine mit 3lechtßbegriffen auSgerüftete Schulbfragc. 5)afi
Üe^tere mag zugeben fein, ba§ (Srfterc roirb aber entfehieben beftritten. @S
roirb ber 9lact)roci3 oerfucht roerben, baft bie ©efchroorenen jene $ragc Überhaupt
nicht richtig beurteilen fönnen, unb bafe fie biefelbe bemgemä& auch bl ber
3J?ehrjahl ber Öäüie falfct) beantroortet haben.
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ttmft&nbcn txn @ef$j»ovenen $U überlafien* 413
$ajj bie ©efd&worenen jene grage nid&t rtd&tig beurteilen fönnen, folgt
auS bet SRatur beS ©dbwurgeriebts unb bem Segriff ber inilbemben Umftänbe.
„SDurcb bie Rulaffung milbernber Umftänbe", fo fagen bie SJtotioe jum
©ntwurf be£ ©trafgeTefcbuajeS, „foH bem Stifter bie ^ftid^t befonberer Prüfung
auferlegt werben, ob nia)t, fall^ bem ©efefcgeber felbft bie Umftänbe beS fonfreten
ftaUS oorgelegen gärten, eine milbere ©trafbeftimmung etngeorbnet fein mürbe.
2)er Entwurf (jum ©trafgefefcbuaj) ttjut babura) baffclbe, maS onbere ©efej}*
gebungen burdf) Aufnahme beS AuSbrucfS leichtere $älle ju erregen fud&en."
„3n ber Annabme milbernber Umftänbe", fo bemerft ©neift bei Sera*
tjjung ber in 9tebe ftefjenben grage, „liegt ber AuSfprud), bafe eine befonbere,
ungewöhnlich niebrige Kategorie beS betreffenben SDeuftS vorliegt."
Sei ber Seantwortung ber grage na $ wilbernben Umftänben mufj alfo
einerfeits ber 28iUe beS ©efefcgeberS interpretirt unb anbrerfeitS ein Sergleidb
mit anbern ©traffällen ber nämlidjen Art gejogen werben. 3n beiben Sejte*
jungen finb bie ©cfdfjworencn infompetent. $n erftcrer Sejieljung ift genaue
Jtcnntnife beS ©efefceS felbft unb ber 3uläfftgen AuSlegungSwetfe, in ber anbern
Sejidjung frrafrecbtlicl)e SßrajiS unb (Irfajjrung nötfug. «Rur bei bem SerufS*
riajter läfct ftcb beibeS vorauSfefcen. 9tur ber SerufSrid&ter fennt genau bie
§öbe beS orbentltcben ©trafmafjeS unb fann burd) Sergleid&ung mit anbern ge*
fefeudjen Straf anbr Olingen ermeffen, roie fernere ober milbe plle ber ©efe^
geber bei fteftfefcung ber orbentlidfjen 5Jciniraalftrafe im Auge gehabt fyat —
Sei bem ©efebworenen mufe in ber Siegel vorauSgcfefct werben, bafj er jum
erften 2Jlale bei Aburteilung eine« S)eliftS ber vorliegenben Art mitjumirfen
berufen ift. 6r f>at alfo {einerlei AntmltSpunfte bafür, ob ber ibm vorgefübrte
ftall milber als anbere berartige $äu*e liegt, unb ob biefer leiajtere Stjarafter
beffelben als ein ungewöhnlicher aufoufaffen ift. 35er ©efdtjworene wirb alfo
niemals bie if)m oorgelegte grage im ©inne beS ©efefegeberS in Erwägung
sieben, fonbem fidf) vielmehr oon nagen ©efüblSregungen unb ben oft einfeitigen
Anführungen beS Staatsanwalts unb beS SertfjeibigerS leiten laffen. ©erabe
bei biefer $rage roitb cS barauf anfommen, ob ber Angefl. ftd> in einer pefuniär
bevorzugten Sage befinbet, bie u)m bie Annahme eines gemanbten unb rebefer*
tigen SertheibigerS ermöglicht, ba ber ®cfa)n)orene bei bem Langel jebeS anbern
9)iafeftabS auf bie im ^Uubooer it)m vorgeführten Erwägungen ^ingeroiefen ift.
©erabe weil ber ©efd&worene nietet in ber Sage ift, bie ibm oorgelegte $rage
oon einem feften ©cftcbtSpunfte aus §u betrauten, finb in ber SßrayiS jene $&üe
fo häufig, in benen ber Stifter bei Abwägung beS Strafmaßes ju ganj anbern
9tefultaten fommt, als ber ©efdjworene burch Abgabe feines Spruchs beabfiebtigte.
Aud^ ber Stifter bot bei ^eftfe^ung ber ©träfe nadt) feiner tbeoretifeben unb
prattifd)cn Äenntnil äu erwägen. 2Benn er bann tro| beS SerbiftS ber ©e*
febworenen, welkes bem Angetl. mübembe Umftänbe jubilligt, biefem inncrljalb
ber i^m mfte^enben ©renken eine t;arte ©träfe auferlegt, bann fyat biefer 3®^*=
fpalt äwijqjen ber beiberfeitigen Auffaffung ftets etwas s ^einliä)eS unb für bie
©efd[)worenen ^emüt^igenbcS. — @S ift aber in ber SßrayiS gar nia)t fo feiten,
ba^ bie ©efebworenen lan^c unb ctngebenb bie ^rage nad^ milbernben Umftänben
beratben, um bann ju i^rem ©taunen p ^bren, wie bem Angeflagten eine
ebenfo t;ot)e ©träfe, als wenn fie jene $rage oemeint fjätten, jubiftirt wirb,
©flatanter fann wop faum nad^gemiefen werben, bafe biefe ftrage t™i ©traf*
äumejfungSfrage ift, unb bafs bem ©efebworenen bie nötige praftifa)e unb
juriftifebe Unterlage §ur Seantwortuna berfelben mangelt.
(£S fann alfo aud) niebt überragen, wenn uns eine ftatifiifd^e 3ufammcn*
ftellung oon ^urijfprüc^en lebrt, bafj bie ©efebworenen bie ^rage nadj milbernben
Umjlänben im ©rofeen unb ©anjen berart beantwortet Ijaben, bafi ber Segriff
ber milbernben Umftänbe als eine Ausnahme oom orbentlidjen ©trafmafee völlig
im ©tia)e gelaffen ift.
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414 3ft e$ iroecfmä&ifl, t>ic ^eantoortuna Der $raae nad) milbernben
9tadj ber ©tatiftif bct preujjifchen Schwurgerichte haben bic ©efcbworenett
im Safyn 1878 in bcn 5638 gälten, in bencn bie ftrage nadj milbernben Um*
fxänben ir)nen oorgelegt worben ift, 2710 mal folge angenommen unb 2928
»erneint — 6ie haben hiermit beflartrt, bafc bie oom ©efefce gewollte befonbere
StuSnahme in faft ber £älfte ber ^ätte 5ßlafe greift, unb ba« ganje, oon allen
^aftoren forgfältig erwogene ©oftem ber ©trafmafee ju einem ganj anberen
geftaltet. 3 n biefer Begehung ijt an ©teile bcS ©efefcgeberS bie ^urn getreten,
weil fie eben baju berufen unb bodj nicht im ©tanbe ift, einen gefe|geberifet)en
2BiUen $u interpretiren.
3^od^ prägnanter ergiebt fiä) bie Unjulänglid)fett biefer ^Interpretation,
wenn man bie $urt;fprücbe bei ben einzelnen S)eltft£fategorien betrautet. @ine
fiatiflifdje Sufammenfiellung für baS Satyr 1878, welche übrigen« in oorliegenber
Bejiehung faft gleite 3ahlenoert)ältmffe, wie bie Vorjahre, aufweijt, bürfte bie£
nad) weifen.
(SS finb im ^tt 1878 erfolgt:
Sei ben Verbrechen
1. gegen bic ©ittli<$feit
2. beS £obtfd)lag8
3. be8 fltnbeSmorbS
4. ber $örpert>erlefcung
5. bc£ ferneren SMebflatilS im wieber*
Rotten ftüdffalle
6. beS staube«
7. beS Betruges
8. ber Urfunbenfälfd^ung
9. beS betrüglidjen BanferuttS . . .
10. ber Branbfliftung
11. ber 8lmtSoerbrechen
S)aS eflatanteflc ÜRifjrjetr)ättni& ergiebt jid) bei bem Verbrechen beS
ÄinbeSmorDeS, für welches baSÖah* 1877 fogar 58 Bejahungen ber milbernben
Umftänbe gegenüber oon nur 13 Verneinungen auf weift, 3)er ©efefcgeber jjat
bei fteftfefcung beS ben ÄinbeSmorb betreffenben §. 217. ©trafgefefebuchS eine
nicht unerhebliche, aber auch nicht befonberS fwh* orbentliche ©träfe angebrollt,
um baS Seben ber Neugeborenen ju fdjü|en unb um ein Bewufetfein D on ber
©djwerc biefeS h Q nfig oorfommenben unb oft nicht ermittelten Verbrechens ju
ermeefen. 2>ic $rariS ber %\\xy tmt biefe W)\ityt oereitelt unb als Siegel auf*
440 Bejahungen i ber milbernben
494 Verneinungen i Umfianbe,
21 Bejahungen j b
22 Verneinungen I
43 Bejahungen i b
13 Verneinungen i
161 Bejahungen j b
137 Verneinungen I
83 Bejahungen
106 Verneinungen
107 Bejahungen
192 Verneinungen
271 Bejahungen . b
961 Verneinungen ( 00 -
| bo.
bo.
821 Bejahungen t h
460 Verneinungen i °*
95 Bejahungen | fa
43 Verneinungen i
35 Bejahungen i b
41 Verneinungen (
135 Bejahungen | b
50 Verneinungen i
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Umftän&tti ben @cf(öworenen ju überladen t 415
geftettt, bafc bie r-orfäfcliche Vernichtung eine« jungen ÜJfenfchenleben« burch eine
©efängnifjftrafe oon 2 — 4, höchften« t»on Diahren ©efängnife genügenb gcfüfmt wirb,
wätjrenb auf einen noch fo ntilbe Uegenben unb folgenden «Dfeincib jebenfaü«
3ud)thau« gefegt ift.
2öte feljr bie ^urw geneigt tft, bei ber Zubilligung mtlbernber Umftänbe
ihren ©efühläregungen nachgeben, bürfte au« ben Verbitten übet 2tmt«üer^
brechen heroorgehen. gür öiefe hat ber ©efefegeber im öffentlichen ^ntereffe
eine weit fchwerere ©träfe beftimmt, al« wie fic bei gleiten unb ähnlichen $e*
liften «ßrioatperfonen ju Sheil werben fönnen. $er gewollte ©ffeft ift aber
nicht erreicht worben, weil Die Surn in ber «Hegel bie nur al« 2tu«nahme suge*
laffene ©efängnifjftrafe anwenben läfjt. — -
6« fann hiergegen geltenb gemacht werben, bafe burch bie oon ben ©e*
fchworenen über bie ftrage nach milbernben Umftänben getroffenen @ntfa)eibungen
ein heüfamc« Äorreftio gegen allju große gärten ber ©efefcgebungen gegeben
wirb. £)ie oben angeführten ©eifptele fönnen tnelleicht m bem «Jcucffchluffe
führen, baß, gerabc weil bei einzelnen Mitten wie bei Ätnbe«morb unb bei
Slmtöoerbrcchen meift milbernbe Umftänbe jugebifligt werben, bie orbentUdje gc*
f etliche Strafe in biefen ftäUen für ba« Volf«bemußtfem ju unbillig unb %vl hart
ift. Sei einer berartigen £)ebuftion jeboch, bei welcher übrigen« überfein roirb,
baß bem ©efchworenen al« folgen bie tfenntniß be« orbentlichen Strafmaße«
überhaupt abgebt, fteüt man ben ©efchworenen über ben ©efefegeber, ben ©inbruet
be« einzelnen galle« über bie gorberung be« öffentlichen Sntereffe«.
©efefct ben Jall, bie orbentliaje Straf anbrohung einer firafgef etlichen
Veftimmung roäre rotrflich mit ^Hücffic^t auf allgemeine ©rroägungen unb auf ba«
öffentliche Sntereffe unbtüig hoch gegriffen, fo roürbe boch immer ber «Richter
ber fompetentere Seurtheiler fein, in roie fern bem grunblegenben ©ebanfen be«
©efefegeber« unb in roie fem ber praftifchen ©eftattung be« einzelnen gaUe«
Rechnung ju trogen ift. «JJtan roirb alfo bei ber Erwägung ber »frage nach
milbernben Umftänben immer roieber auf eine ben ©efchroorenen nicht jUjumu*
thenbe Interpretation be« gefefcgeberifchen ©ebanfen« surücfgefüfirt.
©er ©efchroorene foU roeber bie ftunftion be« ftrafaumeffenben «Richter«,
noch bie be« ©efefcgeber« übernehmen. Seibe« roirb burch bie jefeige Siegelung
ber twrltegenben §rage in geroiffer &inftcht nothroenbig hetbeigeftu) rt - ©& ift
an ber 3eit, biefe« ben ©efchroorenen juertheilte S)anaergefchen£ ju beffen ©er*
ftänbniß ihnen bie üualififation oöllig fehlt, roieber jurücfjunehmcn, um eine
mit bem Sinne be« ©efefoe« überein|timmenbe Straf jumeffung herbeijuführen.
dr« ift oiel unb oft über eine ju milbe «#rart« in ber iganbhabung ber Straf*
geroalt geflagt roorben. «Dian hat hierfür metft ben «Richter unb ba« Strafgefefc
oerantroortlich gemacht. 3n oielen gälten bürfte e« gerechtfertigter fein, biefe
Serantroortlichfeit einem Strafoerfahren aufeubürben, roelche« bie geftftettung
ber Strafmilberung ber hierju unqualifijirten $urö überläßt. Unfere St. Sßroa. 0.
jeigt genugfam bie $enben$, bie richterliche tfompetcnj unb Verantroortlichfeit
SU heben, roarum traut man aber bem «Richter nicht $u, bie grage nach milbernben
Umftänben beffer al« bie ©efchroorenen 311 beantworten?
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3$ur Urafredjtüdjftt ^eurtljetlunj in Sdju^enofffnfdjnfteii.
$on Gerrit Dr. GorbeS.
2öenn auch bcr ©chmerpunft biefer abfmnblung naturgemäß in ber firaf*
rechtlichen ©cite be8 Z\)tma& liegt, fo wirb bodj eine oorhergehenbe Beleuchtung
unb Prüfung ber #rage au <$ national-öfonomifchen ®efid)t$punften, foroic
eine genaue girirung bcr ©efdjäftSprarte ber 6d)u&genoffenfa)aften unb if>re3
3ioecfeS nicht 311 oermeiben fein.
©erabe bie SSerfennung ber 23cbeutung bcrfelben für baS faufmännifaje
fieben, ber ©lauben, bafe c& fidt> bei ben 6a)ufcgenoffenf$aften geroiffcrma&en
um Bereinigungen jur (Stn$iet)itng rechtsungültiger ivorberungen fmnoelt, läfct
ben prafttfeben fünften oft an bie fira fr ertliche 6eite ber 5 ra 9 c ntft einet
geroiffen Voreingenommenheit herantreten, meldte für bie @ntfd;cibung berfelbcn
r»on feinem geringen ©inffuffe ijt.
Unfer faufmännifcher Bcrfchr beruht auf einem roeitüerjioetgten ^erfonat-
i£rebit*Si)ftem.
2)ie oon ben gabrifanten entnommenen 5öaaren, btc ©rjeugniffe ber
Sjkobujenten werben erjt nach einer längeren 9lci^c oon 3Konaten oon ben ©rofj*
änblern befahlt, biefe hoben roiebet eine geraume Qtit auf 8efriebiaung bureb
ie Älembänblet, ledere eben fo lange auf 6$ablo3f)<ütung burch ote Äonfu*
menten ju matten.
3e länger nun biefe Söartejeit be$ BertauferS — ba3 glel — ift, beflo
me^r ifi er ber ©oentualität auSgefefct, bafj fein ©dmlbner ben übernommenen
Verpflichtungen nicht nachkommen roerbe, befto fiärfere Garantien mufj er für
feinen „©lauben" an bie 3ahtong3fähigfett bcffelbcn haben.
HJlan hat nun gerabe bei un3 in 35cutfchlanb, reo baö ufanccmäfjige Rid
mehrere i'ionate über baS ber 9iacbbarlänber hinausgeht, bie umfangreitfjften
(Stperimente gemacht, um ftch biefe ©arantien su oerfebaffen.
S)ie einfachen Anfragen bei einem ober mehreren ©efchaftSfreunben er*
uuefen fid) bei bem enormen Söachfen beS ©efchäfts^erfehr« in ben legten
Jahrzehnten, namentlich aber bei ben burd) $ublijirung be« <fretjtigigfett£*@e<=
fefce« begünftigten, beftänbigen gluftuationen in ber faufmännifchen äBelt, al&
burd>au£ ungenügenb.
$ie großen ©elbtnftitute, bie frühere preufjifche SJanf unb ibre Nachfolgerin,
bie 9teich$banf, finb jroar im ©tanbe, oermöge ber 3ufammenftellung ber Seob*
achtungen ihrer gilial-2)irettoTen bie Ärebitroürbigfeit ber in ben ©efehäftöbereich
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4,
3ur ftrafredjtKaVn 9?eurU)euung ber ©dju^eiioffenf^aften. 4x7
ber Sauf ©eljörenben ju tariren unb nadj bcm Slefultate biefer ©chäfcung bcn
oon ihr $u geroährenben Ärebtt im ©injelfaKc ju befhmmen.
2)iefe in einer befonberen Ärebitufte jufammengefiellten Beobachtungen
finb aber nur bem $>irettorium felbft zugänglich unb ber Senufcung burdj britte
^erfonen entzogen.
S5er mit geringeren Mitteln unb im geringeren Umfange arbeitenbc
Kaufmann, bem folche Littel nicht jur Verfügung fielen, mar in ber 3nmng«*
lage f entroeber auf ©runb weniger, nicht immer unparteiifcher lieferen jen Ärebit
tu geben, ober burdj Serfagen De« Ärebtt« felbfi ben Äuffchroung feine« ©e*
fa;äfte5 m uerbmbern.
um biefem allgemein anerfannten Uebelflanbe abhelfen, ber nicht nur
in pefuniärer Sejiebung bie Verlaufet fthäbtgte, fonbem auch tmrd) ürboljuna.
be« ÜJftjjtrauenS auf ba« ganje fommersieUe Seben ben fcf)limmften ßünfluf} tyatte,
trat cor ungefähr einem Sabraelmte eine 9fo$at)l oon Äaufleuten jufammen, um
fich gegenfeitig — nach bem oben ermähnten $rin$ipe bcr größeren Saufen —
genaue Mitteilungen über bie $ahlung«fähigfeit ihrer einzelnen Kommittenten
\u machen unb fi<^ fo oor bem überhanbnehmenben $ertrauen«*2Jti|brauche ju
1<hüfcen. @« mürben £>ire!torien in ben größeren ©tobten errietet, an toeldjc
bie einzelnen 2Hitglieber ihre Anfragen richteten unb beren Anfragen ftc felbft
roieber nach beftem 3Btffen unb ©eroiffen beantworteten. 3Kit biefen gef^äftö-
führenben ßentralftellen, beren Hauptaufgabe e« mar, auf ©pejial^Stafragen
©pejial^Jicferenjen $u fammeln unb m oerujeilen, rourbe bemnächft noch eine
peite 2lbu)eilung oerbunben, melier bie Aufgabe jufiel, bie tarnen derjenigen
tn einer fitfte jufammenaufteUen, meiere naa) Der oerbürgten 2lngabe eine« m\U
gliebe« bereit« bie Regeln be« faufmännifegen ßrebit« übertreten, ein ÜJlitglieb
burd» Nichterfüllung ber 3ahlung£oerbinblich!eit aefd^äbigt Ratten. 2)iefe Sifte
rourbe bann ben SDiitgliebem, bie fich burch Unterfchrift jur ©e^ehn^altung ber*
felben oerpflichtet hatten, monatlich jugefaubt.
Skr ®efd>äft«gang geflieht in ber 3Beife, bafe ba« gefchäbigte TOglieb
formularmäfeig ba« 2)irertorium benachrichtigt, bafi ber — nach tarnen, ©tanb
unb Söolmort $u bejeidmenbe ©chutbner — ben SBetrag ber gaftura nach pHigfeit
berfelben nicht befahlt höbe, unb bie Slnmahnung be« ©ajulbner«, eoent. roenn
berfelbe nicht roiberfprochen, bie Aufnahme beflelben in bie monatliche ^rioat-
mittheilung beantragt.
®em ermähnten Antrage gemäfj roerben bemnächft bie al« rüdfiänbtg
angegebenen 6d)ulbner aweimal unter §inwei« auf bie ©efchäftöführung be«
Snftitut« jur 3 a hl un 9 aufgefordert. Sletben btefe 2Rafmungen frucbtlo«, fo er*
folgt bie Aufnahme ber Schulbner in bie monatlichen ^rioatmittheilungen.
3n einer folgen ÜKittbeilung, bie — roie gefagt — nur für bie 2Jtitgtieber
beftimmt, oon biefen nicht weiter oerbreitet roerben barf, ift nid;t« weiter ange*
geben, al« bie in bem urfprünglichen Antrage be« äMitgliebe« enthaltene unb
oon fcejjterem oerbürgte Ztyatfaty, bafe ber nach tarnen, Stanb unb SBohnort
iu bejeichnenbe Schulbner N. N. bie ihrem Setrage nach anjugebenbe, fällige
$ofl nicht berichtigt habe. 1 )
£>ie ©efchäft«fübrungen ber einjelnen 6ohu|genoffenfchaften unb Sßrioat*
Unternehmungen unterfcheiben fich nur in unbebeutenben fünften oon einanber,
beren Slufjäljlung in Anbetracht be« 3wecfe« ber 2lbhanblung nicht nothroenbig
erfct>eint
1) Dr. fRofö^er bat in feiner Äritif ber neueften wirtljidjaftli^en <5nh»idfeluna im
3)eutfO)en iHeia^e - 3ittau, ^atjffdje 5Bu(^^anblung — über bie Äuöbreihina, ben %wed unb
Die öefd)äftotl)ätiafeit ber (ad)u^enoflenjö)aften ein trefflid)eä (5ypof6 üeröffentliojt, roeldie«
bei bem geilen Jeber fonftigen cmgebenben Erörterung in ber ^adjliterahir birett alö b«bn»
breebenb bejeidjnct »erben barf, unb roeldjem ber »erfoffer biefer »bbanblung baß tbatfäd)lid)e
Material ju berfelben »erbanft.
Är^io 1880. ß. |>tft 28
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418 3»r ftrafredjtHdien 93curtt>eiluiift bei Schn&aenoffenfdjafteit.
£>er je^igen SBcfpred^ung ift bte ©efd^äftöfü^rung beS BereinS: „Mutua
confidentia" ju ©erlitt 3U ©runbc gelegt. $n Setreff ber anberen Sdjufcgemem*
fünften conf. Stofdjer 1. c.
$ic erfte Abtheilung ber ©efdjäftsthätigfcit ift hier von geringerem Ritter*
efje, ba baS (xrtheilen oon AuSfünftett über einzelne Sßerfonen in $riuatbriefen
nach unfern j ewigen Anfdjauungen weber in nationaUöfonomifchcr, noch in
ftrafrechtlidjer S3ejie^ung 31t Bebenfen Anlafi giebt.
AnberS uerhält eS ftch mit ber 3meiten Abteilung.
$te 3ufammenftelhmg ber nirf)t3Ql)lenben ©chulbner in Siften, meldte ben
BereinSmttgltebern, refp. Abonnenten monatlich jugefkllt werben, fmt aHerbingS
aud) 3imäcbft ben 3roecf ber ?ßropl)i;layc r ben 3 roc ^f BereinSmitgliebem in
ber oben gefchilberten Art baS 9cid)t3ablcn einer fälligen $oft burdj ben ©dmlbner
SU uermelben unb ben ÜDlitgliebem fomit an^eimjugeben, ob fie unter biefen
Umftönbcn bem föumigen ©chulbner Ärcbit geben wollen ober nicht. Aufeerbem
ift aber, wie aus ben ^rofpeften, refp. Statuten ber Vereine hervorgeht, mit
ben Siften unb ben ooraufgetjenben Anmabnungen ber 3^ecf oerbunben:
burd) moralifdjc Ginwirfung bic nid)t jal;lenben ©d^ulbner
jur S3e5dl)lung ber rücfftänbigcn Soften ju neranlaffen.
SDte Berechtigung biefer ©d)ulbncr*£tften ift namentlich unter Berücfftch*
tigung beS oorftcljenb angegebenen 5HebcrtäröccfcS berfelben oon fompetenter
©ette in 3 roei f el gejogen worben. $)ie ©egner gelten non bem ©runbfa&e au«,
bafe ber ©laubiger nur ben gerichtlichen 2öeg benufcen bürfe, um ben ©chulbner
3ur 3 a ^ un 9 S u Stuingc«, unb bafe icbcö anbere Wittel 3ur (Eintreibung ber
©djulb unftatthaft unb ftrafbar fei.
©ie weifen femer barauf hin, bafj burch bie ßiften auch btc fchulblofe
3al)lungSunfähtgfcit unbarmherjig an ben Oranger gefteHt werbe, unb bafj enblta)
bic auf ©runb irrthümlidjer, ober gar böswilliger Anmelbungen ergangenen (Sin*
tragungen in bic Siften leicht Anlafj ju unoerbienten Äränrungcn unb ©äjäbi*
gungen pünftlicfier 3 n ^ cr 9 c ^ en fönnte. 2 )
3)icfc auf ben erften ©lief fcheinbar 3utreffenbcn ©inwenbungen ftnb bei
näherer Betrachtung unhaltbar.
Auf ben erften IJSunft — bic ©trafbarfeit ber Ciften — wirb fpätcr ein*
gegangen werben.
£)er fernere Vorwurf, bafj auch ©chulbner, bic nicht Rahlen fönnen, in
bic Siftcn aufgenommen unb mit ben böswilligen ©dmlbnern in gleiche State
geftellt werben, trifft fetneSwegS 31t.
©S ift weber in ben Siften, nodj in ben ^rofpeften unb ©tatuten ber
©efcllfdjaften, noch in ben SJtoljnfdjrctbcn oon böswilligen ober leichtftnnigen
©djulbnern bie $ebe. SDie Siftc erwähnt nur bic 9tichtbc3ahlung einer ©chulb
in einem eins einen ^ a ^ e *> °a alfo in ber Sifte überhaupt fein Urtheil über
bie ©chulbner gefällt worben ift, fo fann aud) non einer ©leichftcUung ber
wirflich 3ahlung3unfähigcn ©dntlbner mit ben böswilligen ©cbulbnern nicht bic
Siebe fein, ©enfelben Vorwurf fönnte man demjenigen machen, ber etwa oon
ben Bewohnern einer ©tobt fpria)t, ohne babei bie ©ercdjten oon ben Unge*
redeten 3U unterfdjeiben.
Gbenfowenig fann man etwa annehmen, bafj alle in ber Sifte ner*
3cidjneten ^erfonen als böswillige, refp. leichtfinnige ©chulbner Inngeftellt werben
follen. £ie (Smpfänger ber Siften, welche als SÖcttglieber bic ©ejchäftSprayiS
ber ©dnifcgenoffenf chaften fennen, wiffen ganj genau, bafj ©chulbner jeber Art,
fowohl fcjjulbloS 3ahlungSunfähigc, wie böswillige jahlungSfähige ftatutengemäö
in bie Siflen aufgenommen werben müffen.
UebrigenS barf hierbei nicht überfehen werben, ba§ jebe 3^1"«^""*
2) Conf. SRofdjcr L c. Fol. 154.
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3ur frrafredjtHthen 3?eurtf)eilung ber ©chufcgenoffenfäjaftett. 419
fälngfett — auch bie unoerfdjulbete — eine Jranfe Stelle beS SBerfehrSlebenS
bebeutet, 3 ) beren Stufbecfung in ben meiften fällen bie Teilung beschleunigt,
rainbeftenS ber ©efährbung Ruberer oorbeuat.
©egen ben legten Vorwurf, ba& bie Giften leidet burch irrtümliche, refp.
böswillige Stnmelbung pünftlidjer 3ahler mißbraucht werben fann, tfi junä^ft
ju bemerfen, ba§ eine ^nftitution beShalb noch nicht eine f flechte genannt werben
fann, weil ber 2Jiifcbraudh berfelben möglich ift.
©S würbe nur bann ein gerechtfertigter Säbel autreffen, wenn bie Schüfe*
gemeinf haften nidt)t alle 3)iiu)e aufwenbeten, um einen folgen 3Hifebrauch ju
ner^üten.
2)ie Schufegemeinfchaften ^aben ftdj aber einer folgen UnterlaffungSfünbe
nicht fdmlbig gemalt.
än fämmtltchen ajrofpeften wirb es ben ÜJiitgliebern frrengfienS jur
Pflicht gemacht, nur wirtliche Schulbner jur Stnmalmung unb enent Eintragung
in bie Sifte anjumelben. 4 ) Streitige $ofien werben überhaupt nicht in 93c-
hanblung genommen.
2Jei einzelnen ©efeUfchaften 6 ) ifl fogar bie (Einrichtung getroffen, bafe ber
9lame beSjenigen (SmfenberS, welcher eine auf Unwahrheit beru^enbe 2lnmel*
bung eingereiht unb berajufolge eine ^erfon unrechtmäßig als rücffiänbigen
Sthulbner bejeidmet Ijat, mit SBermelbung beS Sachoerhaltes mährenb eines
3af)reS in allen Sifien genannt werben unb aus bem herein ausgeflogen
werben foH.
@S mufe ferner, wie erwähnt, jiatutengemäfe oor Eintragung in bie Sifte
eine jmeimalige 2lnmahnung beS SchulbnerS erfolgen, unb nur, wenn biefe 2ln*
malmung ohne Antwort bleibt, wirb baS ©adEroerhältnife in ber oben betriebenen
SBeife in ben giften oermelbet.
(SS ift enblich wohl in Betracht §u gießen, bafj eine ungerechtfertigte
Ärebitgefährbung in biefer $orm ein leitet greif bares 6 ) Älagobjeft barbietet, unb
bafe nch aus biefem ©runbe ber eine ©rprejfung beabfichttgenbe ©d)eingläubtger
fidjer nicht ber Schufcgememfchaften unb ihrer Giften bebienen wirb. 7 )
£)ie Vorwürfe, bie man ben ©chufcgenoffenfehaften, ihrem ßmeefe unb
ihrer ©efdjäftSprariS macht, finb tjiemacü) unhaltbar. (SS finb im ©egentheile
bie ©chuögenoffenfchaften unbebingt nothwenbig gur Herbeiführung eines gefunben
ÄrebitwefenS ; fie fmb ein notbwenbigeS Korrelat ju ber Aufhebung ber @a)ulb*
tjaft, ber Sefchränfung ber 3wangSoolIftrecfunp, ber ©ewerbefreu)eit unb ber
^reijügigfett. £)te Sicherheit, welche ber Ärebttgeber in früherer %tit in ber
©chwerfälligfeit beS ©efchäftSoertehrS, in ber Stabilität ber ftirmen befaß, finbet
i^ren nothwenbigen (Srfafc in ben genauen unb forgfältigen Wachforfduingen unb
Ermittelungen ber $auSfunftS*23üreauS, in ben ßtften ber Scbufcgemeinfchaften.
Grftere bie ^rophnlare, lefctere bie Therapie beS ÄrebitwefenS;*) beibeS Drga*
nifationen, welche bie Solibität be$ ^anbeLS ju heben unb bie fchäblia)en föle*
mente au« bemfelben ju entfernen im höchften ©rabe geeignet fmb.
@S fragt fich nun, ob bie oorftehenb aefchilberte ©efd)äftSprarte ber
Schu^gcmeinf chaften unb ber forrefponbirenben ^rioat* Unternehmungen, info*
3) Slofcbct 1. c. Fol. 156.
4) SHoffher i. c Fol. 154.
5) 3. <B. Mutua eonfidentia in ©er! in.
0j JRofchcr L c. Fol. 154.
7) 2)cr Sorwurf, ba^ fi* eine 6d)uhacnwmf<haf( fctbdtaffen fonnte, aiffcntlt* iljre
Jöilfe »ur ©intreibuna einet 9Hd)tf<hulb m bieten, ift hier nid)t in $ctra<bt ju iieften. «bge«
feljen oat)on, ba§ bie achtbaren tarnen Der SJtüglteber unb ber bebeutenbe @ef*dft6umfang
biefer Snftitute bie Utrmoalid)feit einer folchen ^)anblunaisu)eife Werburgen, aürbe eine Scrjujj-
gemeinfebaft ib,re eigene (Sriftenj untergraben unb fotntt gegen iljr eigene« Sntereffe baitbeln,
wenn |b ftaj au foldjen (Jrprefjungen herbeiliefe.
8) 9to|chcr Fol. 147.
28*
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420 3«t ftrafrechtlicben Beurteilung ber SdmfegenoRenfd)aften.
fctn biefelben ©chulbnerltften führen, ftrafr ertlich $u Vebenfen SCnlog geben
tonnten.
$ie einfebjagenben Paragraphen be« bcutfd&en ©trafgefefebucheS finb
§§. 185. 186. 187. 240. 253.
3ur Älarftettung ber ©act)e empfiehlt e£ fid), bie grage, ob bie Veröffent*
liebung in ben ©chulbnerltften ftrafbar ifi, oon ber ftrage, °& btc 3)robung mit
ber Veröffentlichung in ben Giften ftrafbar ifi, abgefonbert ju behanbeln.
$ie ©trafbarfeit ber Veröffentlichung in ben ©chulbnerltften fönnte eoen*
tuell aus ben §§. 185. 186. 187. gefolgert werben.
Pehmen rotr juoörbcrfi ben gatt an, bafj bie gorberung, roegen bereu
9tichtbejalblung ber ÜRame in ber £ifte oeröffentltcht wirb, rotrfttch bettelt, bafe
alfo bie £ljatfache, welche in ber Stfte behauptet ift, erweislich roahr ifi. ,)n
biefem %a\ic roäre fclbftoerftänDlidfc) bie Slnroenbung ber §§. 186. 187. cit. avß<
gefd)loffen, unb e£ fönnte nur ber §. 185. in $rage fommen.
5)tc Veletbigung aus §. 185. fönnte juoörberft barin gefehen roerben,
bafj ein ©chulbner oor ber Deffentltchfeit ober oor einem größeren Sßerfonen*
freife al& foldjer bloSgefteüt wirb. 9 ) tiefer anficht pellen fi<h jebodt) bie geroich*
ttgften Vebenfen entgegen. Vor 2lUcm bürfte baran feftjuljalten fein, bafc ber
§. 185. im ©egenfafee ju §§. 186. unb 187. nur bann Slnroenbung ftnoet, roenn
nicht blofj eine £hatfad)c behauptet roirb, fonbern wenn ein Urtheil gefällt roirb.
©o fagt auch §älf ebner (uergl.: $a$ Verbrechen gegen ba<8 9iecht ber ^rioat*
perfonen, 1868, ©. 266):
„SBtrb jroar nicht oon einem Siechte, bie 2öahrhcit ju fagen, bie
Siebe fein fönnen, fo ift ba£ Äunbgcben wahrer Itmtiadiett boch
jebenfalie an fich etwaö rechtlich Erlaubtes, bar, barum nicht al£
rotberrechtlich crfct)einen fann. 2lnberS oerhält e$ fich bagegen, wenn
ber X^ätcr bei bem SluSfprechen roahrer Xhatfachen nic^t flehen
bleibt, roenn er bie Äunbgcbung ber ^atfad^en in irgenb einer 5Mfe
oerübt, mittelft bereu er in ber Slbficht ju beleibigen fein
eigene^, fittlichoS Urtheil barlegt.'*
3n ber Veröffentlichung einer wahren £lwtfachc als folcher fann alfo
eine Velcibigung nicht gefct;en roerben, otelmehr mujj ein weawerfenbeS Urtheil
auSgefprod)cn fein. 10 ) Siegt nun in einer berartigen Veröffentlichung überhaupt
ba8 2lu«fprecben eines UrtbetlS? 3Jtan fönnte herbei geltenb machen, bafj ourdj
bie Veröffentlichung ber betreffenbe ©chulbner als fäumiger ©chulbner bärge*
ftellt roirb, unb bafe ^tcrin juglcich ein beteibigenbeS Urtheil liegt. $)iefe Debuftion
erfcheint jebod) unrichtig. &urch bie Veröffentlichung in ben fiiften roirb lebiglich
bie ^hatfache fonftatirt, bafj ber ©chulbner in einem einzelnen gafle nicht 3 a 5 ?
lung geletftet tyat. 3Rtt biefen Vehauptungen fönnen, roie ba8 Äammergericht in
einem freifpreebenben (srfenntnifj rotber Stomas unb ©enoffen oom 11. Januar
1879 treffenb aufführt, brei Kategorien gemeint fein:
9) £>iefer 2(nfid)t fcheint baö £ammergerid)t ju ©erlin ju fein in beut (Srfenntnifi
roiber JRofenftocf unb ©enoften com 10. gebruar 1880, in welchem eS unter «nberent Ijeifet:
,,SHe Stufnabme in fold)e Senachricbtigung (welche fäumige ©chulbner bejeidinen unb oor ge-
fd)äftlid)en Verluften j^ü^en foU) ift unter allen Umftanbcn eine ©eleibigung, namentlid)
einem Äauf manne gegenüber. Senn ber ©a)ulbner nirb baburd) alo ein folcber, ber nid)t
bloö uutit gejablt bat, ]onbem aud) tn 3ufunft nid)t jaulen rotrb, unb oor bem man fid)
liüten mu§, roenn man nid)t gefdiäftlidje SSerlufte erleiben totU, oor ben 9luaen feiner ©e«
fd)üft*genoffen gcrabc»u an ben Oranger gefteat. 3)ie« ift felbft bem toirftieb fäumigen
Scbulbner gegenüber, ber naö) Urtheil unb 9ted)t jat)len muß unb ntdjt jablt, unftattbaft."
10) Couf. C5rfenntni& beö Cber>«ooeUationegeria)t8 ju 3)re«ben oom 13. 8U>nl 1H74,
ilügem. ©cricbtdjeitung *b. XVI11. <§. ü8T>, toelcbefi gleicbfaag auSfübrt, ba& eine öffent-
lid)e iDfaljnung nid)t febon an fid) eine SJcleibigung barfteHe; femer (Srfenntnifi beö £)b. app.
Wer. ju 2)re6ben oom 3. «uguft lHtiO, «Ugem. ©eridjtSieitung, 3abrgang IV. 1860 @. 38«;
GrfenntniB beffelbcn ©eridjte« üoml9.april 18G9. «Ugem. ©eriebtejeitung »anb XVI. @. 303.
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-7*
1 .
1
3ur ftrafredjtHdjen JBeurtfjeilung ber Sdjufcgenoffenfdiaften. 421
„1) foldje ^erfonen, welche baS SlufforberungSfchreiben bcr ©dju|*
genoffenfchaft nicht beantwortet Robert;
2) folc^e ^erfonen, bereit 2tntwortfchreiben oom oermeintlichcn
©laubiger nicht für genügenb erad^tet wirb;
3) folct)e ^erfonen, welche fiel) ihren 3fl^ung^Derbinblid^feiten ent*
Siefen, bic alfo entweber jahlungSunfälnge, ober böswillige ©djulbner ftnb."
$fi alfo bie Veröffentlichung nadj biefen brei ^Richtungen f)in aufjufaffen,
fo liegt, infofern bie beiben erfien Kategorien hiermit gemeint finb, in ber*
felben weber baS 2luSfprechen eines UrtbeilS, noch otel weniger aber eine« bie
@hrc beS Vetreffenben fränfenbcS Urtbeit
S5aS Kammergericht bemerf t aber tn bem citirten Urteil weiterhin fct>r treff enb :
„S)ie «Dlögltchfeit, bafj bie fiifle nach Stiftung ber legten Kategorie
aufgefaßt werben fann, reicht aber nicht auS, bie Slufnaljme in ber*
felben als eine ©cleibißung im Sinne beS §. 185. aufjufaffen." 11 )
hiermit fällt bie $ebuftion tn bem unter ber früheren Slnmerfung (6. 420)
citirten, oerurtr)eilenben ©rfenntniffe beS Kammer gcrid)tS in fidt> fclbft mfammen.
®ie ^rämiffe, oon melier biefeS Urteil ausgebt, bafe nämlich bcr betreffenbe
6a)ulbner als ein „fäumiger" bejeidmet wirb, ift fchon an fieb nicht richtig.
2lber felbft, wenn jugeftanben wirb, baß in ber Veröffentlichung bic Ve*
xeidmung als „fäumiger" ©djulbner liegt, 1 ') wenn alfo auch hierin felbft baS
2lu3fpreajen eines UrthetlS gefetjen mürbe, fo märe bieS Urteil bennoch fein
bie @f)re beS Vetreffcnben fränfenbeS. Unter fäumiger ©chulbner, refp. unter
ber britten, in bem fammergeric&tltd&en ©rfenntmffe aufgeführten Kategorie finb
feineSwegS bloS böswillige ©djulbner ju perftehen. 2)aS &eichSgertd)t bemertt
hierüber in bem freifprechenben (Srfenntnijj 9leumann roiber ftrobwein Pom
16. $uni 1880 fer)r richtig:
„SS mürbe aüerbtngS in einer fola)en Veröffentlichung eine VeleibU
gung liegen, menn baS fiefepuHtfum biefer $rtpatmittheilungen, ober
auch nur ein St^eil beffelben, oemünftigermeife ju ber Annahme ge<
langen fönnte, ber in bic Siften aufgenommene ©chulbner oerweigere,
obgleich baju im 6tanbe, alfo böSwiüigerwetfe, bie 3öhfong f roaj &
aber nicht angenommen werben fann. 3)cnn gerabe @efcf)äftsleute
wiffen, baf? in oielen, ja in ben meiften fällen baS ^iichtjahlcn eines
SdjulbnerS nicht in beffen böfem 3BiDen, fonbern in ben oerf (hieben*
artigfien ©rünben, welche beffen augenblickliche Unoermögenheit herbei*
führen, ihren ©runb höbe. Unperfcrjulbete 3 a hlungS'Unoer*
mögenheit fann aber als ehrenrührig nicht angefehen
werben."
Sluch bie frühere ^rariS ber ©erichte, fowie bie Zfytom, ging fchon oon
ber 2lnficht aus. ba§ ungünfttge Urtheile über bie Vermögenslage eines 2lnberen,
felbft wenn baburcr) ber Krebit beS Verlebten gefährbet werben foHtc, einen
Verftofe gegen §. 185. nicht inooloire. (Cfr. @rf. b. Ob. STpp. ©er. ju Bresben o.
2. SDej. 1872 ht 6chroarjc'S ©ertchtjeitung für baS Königreich ©achfen Sanb XVIU.
6. 53.; ferner: Vemer etraf recht ©. 441; Oppenhojt 6. 329.) 2)ie 5Richtigfeit
biefer Slnftcht folgt aus bem begriffe ber Veleibigung. S)iefelbe ift, mie Dppen^
hoff (6t. ©. 8. 6. 328) treffenb beftnirt, eine oorfäßliche, rechtSroibriac
Äunbgebung, melche eine ©eringfdjäfcung eines Slnbern als s JKenfa)en unb als
Bürger jum ffluSbrucf bringt. Sie Vcjeichnung „fäumiger Schulbner" ift, ba
11) (Si ift oben fd)on oarauf tjingeaiefen, ba^ bie (Smofänaer bcr giften genau wiffeu,
bafe ©Aulbner jebet ?lrt, ntd)t nur ber legten Äategorie, in Die giften eingefeht »erben.
12) 3tu8 ben ©tatuten einiger ©*ufiqenoffenfcf)Qften ift frei»* ju folgern, ba§ ber
©Aulbner ak- f&umig beftanbelt wirb, ©otriel bem 2?erf affer befannt ift, baben aber bic bc
treffenben Wenofjcnfrfjaften in ©ejug auf biefen $untt in jüngfter Seit eine (Statuten&nberung
eintreten laffen, fo ba& aua) bie« 5?cbenteu fortfaUen bürfte.
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422 3ur ftrafred)tlid)en 33eurt^eilung bet edju&genoffenfdjaften.
hiermit audf> bie unoerfd&ulbcte 3ablungSunfät)igfeit gemeint fein fann, feine
Äunbgebung einer ©eringfd)ä$ung gegen einen 2lnbern als 9Jienf<ben unb als
Bürger. 6ie fann böcbftenS nur bie faufmännifd&e Gbre beS 2lnbern treffen
unb infofern eine Ärebitgcfäbrbung inootoiren. IS )
3Ran mufe ^ier ftreng jroif^en ber allgemeinen, wahren @f)re, bie auf ber
ftttlidben ^ntegrttät beS SKenfdjen, als folajer, beruht, unb ber fogenannten Sc*
rufSebre beS Kaufmanns unterf Reiben. £>iefe erftere, auf ber fittlicben Integrität
berubenbe ßljre eines 2)ienfd)en wirb aber gewifj niebt babunb »erlebt, bafe ber*
felbe als rücfftänbiger Sajulbner bejeielmet roirb. 2Han fann *ablungSunfäbig
unb trofcbem ein burcbauS ebrenroertber 3Jtcnf$ fein. 3)te im Plenum gebaltenc
^Kebc beS ÄommiffionS*9Ufercnten im 9teidfjStag, Dr. 9Jtcncr, jeigt beutlidf) bie
2lbficbt ber SegtSlatoren. ©r trennt auSbrücflidf) bie @bre beS 3Jtenf<ben als
folgen »on ber @bre beS Kaufmanns unb fonftatirt, bap bie lefctere oerlc^t werben
fann, ofme bafe bie erftere fjierbura) in irgenb einer SBeife tangirt roirb. @r fä^rt
bann wörtlicb fort:
„Söenn Seraanb uon einem Kaufmann fagt, ber 9ftann bßbe geftern
einen fälligen 2Bccf>fcl niebt bejaht, fo fann baS, roenn er bamit
irgenb roeldje Umftänbe oerbinbet, mittelft bereu er 3enen als einen
lei(btfinnigen aKenfcfien binftellt, otelleidbt audfj eine Seleibigung
ber perfönueben @bre fein." —
Dr. 3Kener fagt alfo mit anberen Söorten, bafe eine fol<f>e tafecrung
nid)t an unb für fieb fdfjon eine Scleibtgung ift.
$afc bie SBeröffentlubung einer folgen Zfyatfafyt für ben ^Betreffenben
juglcidb etwas UnangenebmeS mit fia^ bringen fann, barf l;icrbei nid&t ins ©c*
roid)t fallen. 60 fagt au(b £älf<bncr L c. 6. 265:
„(5S oerftebt fid) oon felbft, bafc baS 2luSfprcdf)en ber Söa^r^eit nia?t
als Seleibigung erfahrnen fann, roenn bie betreffenbe Steuerung in
feiner Schiebung jitr (Sbre eines Slnbcrn ftebt, folltc biefer audb,
irgenb ein ^ntereffe an ber 3$crbeimlicr)ung ber fraglichen
Xbatfad^en fyabin unb fid) bureb ib^ Äunbrocrben ocrlefct
füblen."
3Kan fönnte nun biefen 3)ebuftionen entcjcgenbalten, bafe in ber 3?er*
öffentlicbung ber 6(bulbenliften jebenfaUS bie 2lbudf)t liegt, bie betreffenben $er*
fönen als böswillige ©ebuttmer binsuftellen. (Sine fold^e 3lnf (bauung roiberfpriebt
aber burd&auS ben fonfreten SBerbältniffen. (SS mufe in biefer Sejiebung auf
bie Eingangs biefer 2lbbanblung befmblicbe auSfübrlicbe SarfieUung beS roirtb*
fdjaftlid)en 3roecfeS ber Scbufegenoffenfcbaften bingeroiefen roerben. SHuS biefer
2)arfiellung gebt beroor, bafj eS feineSroegS nur im Qntcreffc ber 6d?ufcgemehv
febaften liegt, ibren HRitgliebern bie -Kamen böswilliger ©dmlbner mitjutbeilen,
fonbem bafe ü)nen eben fo febr baran gelegen fein mufj, ftcb bie tarnen foldber
6<bulbner mitmtbeilen, bie aus irgenb ro eifern ©runbe 3ablung ju leiten
niebt im Stanoe finb ober aus irgenb einem ©runbe nia)t sablen.
Slbgcfe^en bieroon würbe, fclbft roenn bie Slbfiajt oorläge, bie betreffenben
^erfonen als böswillige 6dfjulbner barjuftellen, fieb biefe SSeröffcntlidbung als
ein untauglid^cS URittel qualip^iren, ba, wie oben na<bgewiefen ift, feiner ber
Gmpfänger ber Stftcu biefelben in biefem 6inne auffaffen fann, au^erbem aud^
bie TOtbeilung ber Siftcn an britte ^erfonen auSbrüdlid^ »erboten unb fomit
ntdjt beabft(btigt ift.
13) <£o au* Da8 Äaittmcrgeridjt in bem Srfcnntni^ toiber 2^oma8 t>om IL palmar
1879: „Unuerfdjulbeteö 3a^lunaÄum)eratöflcn aber allein amrbigt 9liemanb fterab, aud) einen
©cfd)äft?uiann nia^t, befien Ärcbit nur burd) eine ba Ii inßel)enbc ©ebauptuna, flefdijrbet werben
fann. eine foId)e S^ehauptunfl ift tebod) nur im ftalle be« 187. ftrafbar, roenn nidjt anbere
2:natfad)en, j. 2in{prud)önaljme neuen Ätebitö feiten« eine« fdjon ^nfolocnten al8 bie
r«erdd)tlid)en erfdjeinen.
lieber bie eüent. ©traf barfeit einer folgen Äitebitßefdbrbung auö §. 187. »ergl. weiter unten.
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3ut ftToftett)tlid)en Seutt^etlung fcer (Scbujjgenoffenfdiaftett. 423
53enn fieb nun aus bcn vorangegangenen ftebuftionen ergtebt, ba& für
ben $aU, bajj bie ${)atfad&e erweislich wafyr ift, ber §. 185. niegt Slnwenbung
finbet, fo bürftc weiter in ftrage fommen, ob ber §. 186. ober §. 185. beS
©trafgefefcbucbcS niebt für ben $aH jur ©eltung fommen mufe, wenn bie 6a)ulb
niebt erweislich ertftirt. Studj biete ftrage glaubt ber Sßcrfaffcr oerneinen $u
müffen, unb jmar gleichfalls aus bem fo eben ausführlicher entwidelten ©runbe,
weil nämlich bie Xljatfadje ber 9cicbtjabUmg einer befiefjenben ©dnilb nicht ge*
eignet ift, einen 9J?enfd)en als fo leben in ber Meinung Slnberer ^erabjufefeen.
Sie $crabfefcung bet fogenannten faufmönnifeben @hre unb bie ©cfäbrbung beS
ÄrebitS ift aber nur im ftalle beS §. 187. ftrafbar, b. b. wenn bie SBebauptung
wiber bcffereS SBiffen gefcbiefjt. £>iefe 2lnficf)t folgt notbwenbigerweife,
n>enn man bie oben entwidfelte Ausführung, betreffenb ben §. 185., für richtig
hält, unb fte ift bemgemäfj auch in ben bafelbft jitirten ©rfenntniffen auSgc*
fprod&en. 6ie folgt aber aud) auS einem Vergleich beS §. 186. unb §. 187.
beS ©trafgefeftbuebes, ba nur in lejjterem Paragraphen bie ©cfäbrbung beS
ÄrebitS Erwähnung gefunben h at - (&ergl. auch in biefer SBejie&ung baS 6rf.
b. Äammcrgcr. in 6ad)cn wiber %fyoma& com 11. Januar 1879.) 25afj bie«
gefebeben, Iwt in bem 28efcn beS flrebituerfebrS feinen guten ©runb. 6in altes
beutfd&eS ©prücljmort fagt mit Siecht: „2Ber Ärebit fucf)t, baut fein fiauS an bie
©trafen unb mufe bie Öeute über fieb reben laffen." 2ßer ben ßrebit Slnberer
beanfpruajt, räumt babureb feinen ^Mitbürgern baS Siecht ein, über feine 95er»
bältniffe ju forfd&en unb fieh ein Urtbeil barüber ju bilben. «erlangt ber HtebU*
fueber, bafj anbere Sßerfonen ihr SBermöcjen bei ihm wagen, fo barf er eS bem
^ublifum auch nicht oerübeln, wenn bei bem $orfd)en über feine SScrbältniffe
fabrläfftgerweife ähatfachen ermähnt werben, welche fieb oicUeicht fpäter nicht
als erweiSlicb wahr barfkllen.
$)afj, falls bie ©cbulb nicht criftirt unb bieS bie SDireftion weife,
ber §. 187. 2Imucnbumi finben mu§, fann nicht jweifelbaft fein. 3)enn wenn
bie 3$atfa$e ber Sad&tjabtang auch nicht bie @bre beS 3)ienfd^en als folgen
tangirt, fo mufj man boct) äugefteben, bafe ein Singriff auf bie faufmännifebe
Gbre unb eine Ärebitgefäfjrbung oorlicgt, unb eS fann, falls baS 2luSfpred)en
einer folgen S^atfacbe müSer beffereS 2Btffen gefchef>en ift, bie 2lnwenbung beS
§. 187. feinem Sebenfcn unterliegen.
Söenn wir nun nacb oorfiebenben 2)ebuftionen bie 3lnwenbung ber §§. 185.
unb 186. beS 6trafgefe^bucbeS fc|on an fieb als auSgefd^loffen anlegen müffen,
fo fommt nod) WM bafe auS §. 193. bie 6trafloftgfeit folgt.
^m 9lctd)Stage würbe bei ber Sefd^lujsfaffung über §. 193. ber 2luSfülj=
rung oon ?Recbten u ) burdf) einen 3 u f a ^ : /» Dic 2Öa^rnet)mung bereebtigter ^nter*
effen" glei(bgeftellt unb babei namentlid) auf bie fogenannten f auf männif eben
Mefercmen binoerwiefen.
S)arauS erbeUt ntdjt allein, bafe bie berechtigten ^ntereffen burajauS nia^t
auf eigene befd&ränft fmb, bafe alfo aueb baS SDireftortum fieb auf §. 193. bc*
rufen fann, fonbern aud&, bafe baS 6treben, fia^ oor «ermögenS^Jac^tbeilen ju
fd^ü^en, oollfommcn als beredjtigteS ^ntereffe oom ©efc^e anerfannt wirb.
2)aS ©efe^ gebt fogar, inbem eS ungünfiige, aber gewiffenlwft gegebene
jHeferenjen für flrafloS erflätt, noa^ weiter, als eS für unfere gegenwärtigen &e*
^auptungen notbwenbig ift. ^ier tjanbelt eS — bie ungünftigfte Slnficbt ange*
nommen— ftcb im fdjtimmften %aUt nur um ben beweis, ba§ ein ungünfligeS,
faufmännifebes Urtbeil auf ©runb einer beftimmten ^^atf ad^e ftrafloS fei,
nämlicb baS Urtbeil „fäumiger Scbulbner" auf ©runb ber Xfyatfatyt, ba§ ber
6cbulbner bie fällige ftorberung niebt bejaf»lt bat; wäbrenb baS ©efefc aueb un*
günfiige s Jteferenjen, wenn fie nacb beftem 9Biffen unb ©ewtjfen gegeben, für
14) Conf. Oppcnboff, @t ©. 33. S. 354.
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424 3ur ftrafrc^tltdjen «Beurteilung ber ©dmfcaenofienfd)aften.
ftrafloiS etflätt, obwohl gerabe biefe SHeferenjen jum größten Xfaik fubjefttoc
Urteile übet bie 3ablungSfäbigfeit beS qu. Stritten enthalten.
@S ift Demnach, ba eS fidj um SBahrnebmung berechtigter ^ntereffen
banbelt, bie fogenannte objeftioe ©eleibigung nut in bem ^aüe ftrafbar,
baS Sorbanbenfein einer Seleibigung auS ber Öorm ber Steuerung ober aus
Den tlmftänben, unter welchen fie ^croorgel;t, 15 ) — mit anbeten Worten nur
in bem %aUt, wenn bie Slbficbt, ju beteiligen, nicr)t allem baS Söcwufetf ein
ju beleibtgen als erwiefen betrachtet werben mufe. 10 )
$af$ aber ber (Snbjtoecf ber Eintragung in bie Sifte nur bafnn get)t, um
bie Mglieber oor gefepäf Hieben Serluften $u bewahren unb oor einem weiteren
Ärcbttgeben ju warnen (bafe bagegen bie einjutragenben ^erfonen felbft bem
herein unb bem SMreftorium ganj gleichgültig finb — alfo oon ber 31 b ficht
ber Seteibtgung nicht bie SRcbe [ein fann). braucht nicht roeiter nach ber obigen
6d)ilbcrung beS ©efcbäftSbetriebeS ermätjnt &u roerben. @S ift alfo — felbft
menn man objeftio eine Söeleibigung refp. üble 9to<hrebe in ber Eintragung in
bie monatliche Sifte finben will, — fubjeftio biefe 93eleibigung ftraflos, ba fie in
Söaljrnebmung berechtigter 3fntereffen gefdt)et)en.
©afe ber §. 193. auch im Salle beS §. 186. beS StrafgefefebucbeS, b. b-
wenn bie Xhatfachen nicht erweislich waf>r finb, jeboch im guten ©tauben be-
hauptet finb, Stnwenbung finbet, fönnte einem Sebenten faum unterliegen,
(«ergl. in btefer Sejiehung baS (Srf. b. Ob. fcrib. o. 12. 2JMra 1879 in Dppent)off
ftecbtSfpr. ©anb 20. 6. 134, welches bie Stnwenbung beS §. 193. bamit motioirt,
bafe eS febr rootjl oorfommen tonne, bafe nicht roiber beffereS Wiffen geltenb
gemachte Xfjatfachen, wenn auch nicht bie entfeheibenben S3eroeife jur jQano finb,
nichts befto weniger jur Söabrung eines Rechtes ober rechtlichen SntereffeS ftch
als geeignet erweif en.) 2tuch felbft ber Umftanb, baft ber Setreff enbe nicht ge*
nügenbe (Sorgfalt $ur ©rfennung ber 2Batjrr)ett angemanbt, barf bie 2lnwenbunq
bcS §. 193. beS 6trafgefe£bucbcS nicht ausfließen. 3 n biefet Stejieljuna, bemertt
baS Obet'Zribunal in bem Grfenntniffc oom 21. üJiärj 1879 bei Oppent). SkechtSfpr.
53b. 20. 6. 154 febr richtig:
„$)ie Entfcheibung ber ftragc, ob eine Anzeige jur Ausführung ober
jur ^Bertheibigung oon weckten, ober jur Wahrnehmung berechtigter
^ntereffen gemacht worben fei, fann nicht baoon abhängig gemacht
werben, ob ber 2tnjcigenbe oollcn ©runb hotte, mr Stnjeige ju
fdjreiten, b. h- ob fo gewichtige SBewetSmomente für Die jur Steige
gebrachten SC^otfac3t)en oorliegen, bafj voller ©runb jur 2lnjeige ge*
geben war."
Scbenfen fönnte möglicherweife für bie 2lnwenbbarfeit beS §. 193. bie
ftrage erregen, ob ein 2lnberer als ber ©laubiger felbfl, b. b. h^r bie $ireftion
ber Schu^gemctnfchaft $ur Wahrnehmung ber berechtigten ^ntereffen beS ©lau-
Ingers legitimirt fei.
SRun ift es aber burchauS nicht richtig, bafj ber §. 193. lebiglich auf bie*
jenigen ^erfonen befchränft ift, welche unmittelbares ^wtcrefTe an bem ju wah*
icnben fechte nad)weifcn fönnen. 3 U c ^ ncr berartigen 33efd)ränfung nöthigt
ber SBortlaut beS ©efefceS feineSwcgS, unb bie ^ubifatur hat auch bem §. 193.
eine weitere Slnwenbung gegeben. 6o fteUt baS Ober*£ribunal in bem ©rfennt*
niffe oom 21. ^ebruar 1877 — Oppenf)., JRechtSfpr. «b. 18. 6. 151 — auS>
brüeflich ben ©runbfa^ auf, ba§ bie Wahrnehmung berechtigter ^ntereffen feines^
wegS auf eigenen ^ntereffen beS 2ßaljrnchmenbcn befchränrt ift, baß fie oiclmehr
auch in ber Wabrncbmung oon ^ntcreffen 3lnbcrer gefnnben werben Fann. 5)en
glejchcn ©runbia^ oertritt baS Obcr^ribunal in bem (srfenntniffc vom 2. 2lpril
1879 — bei Oppens, JtechtSfpr. Sb. 20. e. 174.
ift) §. im. c. f.
Iflj ('fr. Cppenl)off, 6t ©■ 5B. 6. :i54.
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t
3ur frrafred)tltchen «Beurteilung ber @d)ü&0enofienfa)aften. 425
3ie^t man nun in Vetracht, bafj bie Snreftion bet ©chufegemeinfchaften
als üttanbatar beS ©IäubigerS fjanbelt, fo wirb man ihnen bcn Sd&ufc beS
§. 193. fchroerlich in ben gaffen ber §§. 185. unb 186. oerfagen fönnen. Ob
baS Wlotxv lebiglich bic SBahrnelnnung berechtigter ^ntereffen ift, ober ob jugleich
bie 2lbftcht beS ©elboerbienfteS oorroaltet, ift für bie 2lnroenbbarfeit beS §. 193.
oollftänbtg unerheblich ; benn eS ift, rote bieS baS £>ber*Xribunal in bem Erfennt;
niffe oom 6. gebruar 1878 bei Oppenf)., föechtSfpr. Söb. 19. ©. 57 ridnm aus*
fü^rt, für bie Rrage ber ©fiftenj eines Rechtes ober berechtigten ^ntcrcffeS bei
Vornahme beletbigenber «ganblungen .lebiglich ber Qmtd, nicht baS 9Jtoth> biefer
$anblungen entfeheibenb.
9tachbem roir fomit ju bem Stefultate gelangt finb f bafe bie Aufnahme in
bie «Schulbnerliften, fofern btefelbe in gutem ©tauben feiten« ber fttreftion
gefchefjen, als firafbar nicht erachtet werben fann, motten roir uns nunmehr ju
ber grage roenben, ob bie in ben Mahnbriefen erfolgenbe 2lnbrof)ung, bap bic
6d)ulbner bei erfolgter 9tid)tjaf)lung in bie ßiften aufgenommen roerben fotten,
fich unter einem Paragraphen beS Straf gefefcbuchcS fubfumiren (äffe.
hierbei bürften in erfter Sinie bie §§. 240. unb 253. beS ©trafgefefcbuchcS
in Vetracht fommen.
2BaS ben lederen Paragraphen betrifft, fo tonnte berfelbe bann nur
2lnroenbung finben, roenn ber 8lnbro(jenbe baS Veroufjtfein ^atte, bafj er einen
rechtSioibrtgen VermögenSoortheil fudjt. ©laubt er, ba& ber 2tnfpruch rotrflich
äu SRed^t befielt, fo ift ber §. 253. auSgefchloffen, unb felbft ber Umftanb, bafe
baS Mittel ju ber Verroirflichung beS Rechtes ein roiberrechtUcheS fein foQte,
ftempelt noch feineSroegS ben erfrrebten VermögenSoortheil felbft ju einem roiber»
restlichen. 17 ) 2luch fann bie $ireftion felbftoerftänblich nicht beShalb aus
§. 253. ftrafbar roerben, roeil ber betreffenbe ©laubiger etroa baS Veroufitfein
ber 9techtSroibrigfeit hatte. S)enn derjenige, welcher fahrläffig hobelt, roeil er
bem 9tatf)e beS 2(nbcrn folgt, ofjne bie $ragrocite ber ^anblung ju überfehen,
roirb, roenn ber 9tatbgebenbe hierbei beabfidjtigte, baburch ben Slnbern ju oer*
leiten unb ben gewollten Erfolg herbeizuführen, immer nur als Söerfjeug beffen,
roelcher feinen Jrrthum mißbrauchte/. au betrachten fein. (Cfir. ©chroarje, Äom*
mentar 6. 151, Oppenhoff, 6t. ©. V. 6- 493 unb Oppenf)., fted)tsfpr.
2öb. XV. S. 84.)
3lber auch oer §. 240. mufc als auSgcfchloffen angefehen roerben.
SDerfelbe ic tu feinem Inhalte aemäfj bie Unbrohung mit einem Vergehen
ober einem Serbrechen oorauS. 3ft nun aber bie Veröffentlichung in oen
Sdfnilbnerliften felbft, roie roir oben nachgeroiefen haben, feine ftrafbare joanbtung,
fo ift audb folgerichtig bie Vebrotjung mit ber Veröffentlichung feine wöthigung.
(Cfir. G-ntfch. b. SfteichSger. o. 7. 9iot>. 1879 in ben Simulien Vb. I., 6. 50.)
Gbenfo folgt, falls bie Veröffentlichung felbft feine Veletbigung ift, auch
mit 9Zott)rocnbigfeit, bajj bie Snbrofmng mit ber Veröffentlichung in ben ©dimlbner*
liften feine Veleibigung an fi<h fein fann.
(5S ift fomit bie gefchilberte Eintragung oon ^erfonen in bie 6<hulbner*
lifte, fowie bie oorherige Snraabnung biefer perfonen immer ftrafloS, roenn bie
Eintragung refp. Slnmahnung feitenS ber 5)ireftion ber ©chu^genoffenfehaft nicht
roiffentlich rocgen einer ^ichtfchulb gefchah-
17) Sebenfen lönnte bieS j. SB. bann erregen, roenn bie einjurreibenbe gorberuna »er«
täbrt ift. Slber aud) t)ier fdjeint bie Stttroenbuna beö 253. fo lange aneflefa^lofien, alö
nic^t ber <Sd)uIbner bie Seriä^runa eingeroenbet ^at. Senn bie SBerjäfjrung entfränet nad)
ridjtiger »nficbt nur bann ba8 9ted)t, roenn fit Dom ©djulbner geltenö gemaajt roirb. Slucf)
tann bie Sireftion nid)t rotRen, ob nirfit bura) anbere Umftdnbc bie 93eriät)rung unter'
brodjen ift.
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Weber iit JUwenbung be0 §♦ 244. in JL St. pro?. &
SBon $errn Staatsanwalt oon Sßrittroifc u. ©affron in ©öttingen.
®er bem SteiajStage oorgelegte (gntrourf einer 6t. $roj. 0. befiimmte
im §. 207., baß baS ©eriäjt ben Umfang ber ©eroeiSaufnafmte 311 beftimmen
babe, obne gerbet burd) Anträge, $erjid)te ober frühere ©efdjlüjfe gebunben ju
fein. $)icfe Scflimmung ftiefe aber in ber föetajStag^Äommiffion auf lebhaften
Sötberfprua), inbem man barin eine un.suläfjtge Sefd&ränfung beS 2lngcf tagten
foroof)l al& be£ Staatsanwalts in ber ®urd)fübrung ber 8eweife fanb. 2lud)
eradjtete man eS im #inblict auf bie oölligc üöefettigung ber Berufung, roic fic
ber Entwurf wollte, für bcbenfltd), bem ©erufrt eine fo große biSfrctionäre @e-
ioalt in biefer Sejie^ung einzuräumen. £rofc beS lebhaften SBiberforucbS ber
Regierung würbe bafjer ber §. 207. in ber Raffung angenommen, wie jeftt ber
Ülbf. l. beS §. 244. ber St. $ro3. 0. lautet demgegenüber befa)lo| ber
2hmbeSratf), baß minbeftenS für bie fa)öffengcrtcbtUdf)en unb für bie ^rvoatflage*
fadjen, für weldje bie SBerufungS ^nftanj wteber tyergefteUt mar, bem ©eridfjt bie
Seftimmung beS UmfangS ber Beweisaufnahme einzuräumen fei; unb biefer
Siuffaffung fdjloß fieb bie Äoramiffion mit ber 9Waßgabe an, baß in ber SBeru-
fungS^nftanj oem ©eridfjt biefe Befugniß nur infoweit eingeräumt werben follte,
als bie Berbanblung in bcrfelben eine Uebertretung beträfe ober auf erhobene
$rioatflage ftattfinbe. S)er 9tei<f)Stag ftimmte biefem 33efd>luß feiner Äommiffion
bei, unb fo fjat ber §. 244. feine iefcige ©eftalt befommen.
3n ber 9teid)StagS*$ommiffton machte fi$ bei Beratung bicfeS $ara^
grapben im fjo&en SWaße baS Beftreben geltenb, ben Slngeflagten in ber 2>urd&*
füljrung ber oon ujm gemünzten Seweife möglid&ft wenig m befd&ränfen.
Sßon bem Slbgeorbneten 3Sölf rourbe bieS unter anbem aueb bamit bc»
grünbet, baß, fo lange audj nur ein, roenn au$ ganz irreleoanter ©ntlaftung«*
äeuge unoemommen bleibe, ber 2lngefl. fia) einreben fönne, baß er ungerecht
oerurtljetlt fei.
S)te Bebcnfen, meld&e aus ber Beforgniß oor einem etwaigen 9)ttßbraucb
biefeS 9ied()te£ feitcnS beS 2lngeflagtcn, namentlid& burd) Sabung einer gu großen
3aj)l oon Beugen, entfteben fönnten, rourben in ber Äommiffion ntdjt für buxty
greifenb cradfjtet. $ie Slbftd&t ber Äommifüon ging offenbar balnn, bem 9tedjt
beS 2lnge!lagten auf ©rbebung ber oon ifmt angebotenen Bewctfe eine möglidftft
große 2luSbef)nung ju geben.
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»
Heber toic «nnjenbuna, befi §. 244. ber S. ©t. fJwj. Ol 427
©an* onberS jebodt) $aben fid& bie ^rariS unb bie Stimmten ber Äommen*
tatoren *u ber Seftimmung be« §. 244. 2tbf. 1. geftellt, unb $at namentlicr) baS
5ieta)Sgericr)t biefelbe nid&t nur nid^t auSbetjncnb, fonbcm oielmeljr möglidftft ein*
fd^ränfenb aufgelegt.
3n bem (Srfenntnifj com 12. $an. 1880 ») fü^rt eS au«, bajj ber ®runb'
fafc, bafe baS ©ertdjt über ben Umfang ber ÖeroeiSaufnarjme *u befmben unb
oon gan* Aroedflofen ©rfjcbungen Slbftanb *u nehmen Imbe, fo fef)r in bem 2Befen
einer gefunben 6trafrccr)tSpflcge begrünbet [et, bafe eS ber auSbrücfücben §er*
oortjebung biefeS SafceS in ber 6t. $roj. 0. gar nvfyt bebürft t)ätte. fcemaemäjj
betrautet ber $öcf)fte ©erid)tSbof bie SBefrimmung beS §. 244. 1. nur als ein
biefem ©runbfaft roiberfprecbenbcS 2tuSnabmegefefc, unb roenbet es nur inforoeit
an, al£ eS bura) bie Haren ©orte bcS ©efcfccS biersu gelungen roirb. 2>aS
9teidE)Sgerid&t ftedt bie SBorte: „gelabenen Beugen unb Sacjroerftänbige'' ben
ferneren: „foroie auf bie anberen fjerbeigefd&atften ScroeiSmitter gegenüber, ber*
acftalt, ba| unter ben Segriff ber lederen 3eugen unb ©adjoerftänbige niemals
Fallen tonnen. 2 ) $n folgerechter $urcr)führung btefer SKuffaffung bat eS weiter
angenommen, bafj bie rjorfd;riftSmäi$ig gelabenen unb erfd)ienenen 3 eü 9 en * n
ber ^auproerljanblung oernommen werben muffen, unb bem ®erid)t eine $rü*
fung Der ftrage, ob beren 2luSfagen crt)eblid& feien, niebt auflebe. 3 ) i^eboeb roeift
baS Sfteid&Sgeriajt in bem (Srfenntnife oom 3. HRärs 1880 4 ) mit 9k<f)t barauf bin,
bafj, roenn aua) bie Prüfung ber @c^ebli$feit ber berbeigcfa)afften SeroeiSmtttel
bem ©eriebt entjogen fei, baffetbe bodf> nacb bem jrrafred)tlicf)cn Stoerf unb im
Sntereffe ber 2Baf)rung feiner SBürbe berechtigt fein muffe, foldt)e Serocife abju*
fdmeiben, bie oöllig beterogene, mit ber 6ac$e in gar feinem 3ufammenf)ang
ftefjenben Umftänbe beträfen. %n äfmlicbem 6inne Ratten ft$ febon in ber
StetcbStagS'Äommiffton bei ber arociten Mefung ber 6t. $ro*. D. ber Ibgeorbnete
SaSfcr auSgefproct)en unb erflärt, bafc bie 3 cu öen jebenfallS über jur 6adje
©ebörigeS oorgefajlagcn fein müfeten. S)ie SRicrjttgfctt btefer 3luffaffung fann einem
3meifel füglta) niebt unterliegen.
Söofjin füllte es führen, roenn beifpiclSroeife baS ©eridEjt gejroungen
roerben tonnte, in einer Ünterfuajung über einen in $ofen begangenen 9Jtorb,
3eugen über ben Verlauf irgenb einer gleichgültigen SansgcfeUfcbaft in Äöln ju
»erne&men. SBerfennen läfet ftcb freilicb niebt, bafe bie Prüfung ber grage, ob
ber 3 cu 9 e m & öer 6acbe 3 u f flw wenbängenbe5 befunben fotte, leicht in eine
Prüfung ber ©rljebliä^feit ber in feine 2Biffenfdt)aft gefleHten £t)atfadjen um*
v fd^lagen fann.
9Jcan roirb ba^er aua) ber weiteren gorberung be« Sleicb^geri^tö burdt)*
aus beitreten muffen, roonadf) ein SBefcf)lufe, ourdt) roeldr)en ein gelabener Beuge,
6aa>crftänbiger ober anbereS ^erbeigefc^affteS 23eroei3mtttel roegen 3)tangelS beS
3ufammen^angeS mit ber <Sadt)e abgelehnt roirb, einer fef>r einge^enben begrün*
bung bebarf.
S)enn nur fo roirb ber 9leoifionSridt)ter in ben ©tanb gefegt, ju erfennen,
ob baS ©eridtjt nidt)t re^tsirrt^ümlidc) m eine Prüfung ber (5r^eblidt)feit »er-
fallen ift.
2>a£ 5leidc)Sgericbt ^at biefer Euffaffung, betreffenb bie Prüfung ber Srage
bcö 3uf ammenbangeS allerbingS bei einer ®elegent)eit SluSbruct gegeben, 6 ) bei
1) Gntfctieibuna beS SRcicfißflericfjtS in Straff aAcn 33b. I. CS. 62.
2) (5ntfd)eibung in Straffadjen »b. I. ©. 198.
81 6ntfd)ei&un0 in ©tranadjen 3^b. L <B. 2211.
4) (Sntfcbetbunfl in €traffad)en 33D. I. @. 242.
5) entfdjcibung beö SReid)ögerid)tä SBb. 1. ©. 244.
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428
Uebet Mc «m»enbun0 bc§ §. 344. bcr St. ©t. $hoj. 0.
weiter es ficf> um fjerbeigefdjaffte Elften Ijanbelte, ober eS ifi biefelbe unjmeifel*
Ijaft aud) bei 3eugen unb SQ^oerftänbiaen oöüig jutreffenb.
Semgemäfj wirb aua? bem ©eriegt bejro. bem Borftfcenben bie Befugnife
eingeräumt werben muffen, oon bem 2lngeflagten bejro. Staatsanwalt oor 53c*
eibigung beS 3 cu 8 cn c ^ c 2lngnbe ber fünfte ju »erlangen, über meldte berfeJbe
geprt werben fou. @S roilrbc bcr Söürbc ber Bcrpnblung unb beS ©eridjtö
ebenfowenig wie ber Bebeutung beS (StbeS entfpred&en, wenn 3eugen erft bc*
etbigt mürben unb bemnäd&ft alle an fic gerichteten fragen oom Borftteenben in
©emä§l)ett beS §. 240. 2. als ungeeignet ober nietyt jur 6a<$e geprtg jurfief*
gewiefen werben müfjten. Berweigern auf bie betreffenbe ftragc bie ^arteten,
unter SBorbcljalt ber an fic fclbft ju fteßenben fragen, bie Slüsfunft barüber,
worüber bie .»Jeugen gehört werben foüen, fo wirb baS ©eridjt ope SRe$tS*
irrtpm befdfjlte&en fönnen, bafe bie 3eugen wegen nid(jt erfid&tltcpn 3ufantmen*
pngeS ber oon benfelben ju befunbenben $ptfa$en mit ber ©aep äurücfju*
weifen feien.
9öenn fonadj bie gelabenen unb erfdtjienenen 3 eu 9 en nut ocr * n % ox *
tepnbem bargelegten ÜKafegabe unter allen llmftänben oemommen werben muffen,
o ftellt fic| bie <5acp anberS betreffs ber geseilten 3 e ügen. $)aS ©efe$
treibt nur bie Bernefcmung ber gelabenen, mep ber gefieuten 3™9 cn »or,
unb bemgemäfj napt fcpn sDalcfe 8 ) unb SÖwe 7 ) in ben erften Auflagen ihrer
Kommentare an, bafj in Betreff ber 3^ugcn, bie erft in ber §auproerpnblung
geftcllt würben, bem ©eriep bie Prüfung ber ©rpbltcpett sufierje. 3>iefer 2luf*
faffung pt fic& baS fteiepaeriep angefajloffen, 8 ) inbem eS fid^ fireng an bie
SBorte beS ©efcfceS plt, uno namentlich bie gesellten 3 eu 9 en niep als m ben
„anberen prbeigefepfften Beweismitteln" gehörig betraepet. tiefer Mia)t
ber fianb, buref) Benennung oon im 3uprerraum ober fonft im ©ericpSgcbäubc
anwefenben flterfonen, bie Bcrpnblung beliebig in bie Sänge ju $iepn. *
©benfo mufj eS burdjauS gebilligt werben, wenn baS 9tetdpgericp bem
©eriep in Betreff ber gelabenen, aber in ber öauptoerpnblung ni<p crf<$ienencn
3eugen bie Befugnife beimifjt, beren (Srpbltcpeit }u prüfen, unb je nadj bem
(Srgebnife biefer Prüfung bie &auptoerpnblung auSjufefcen ober ntdp 9 ) $ie
BcmeiSaufnapte mufe fidfj nadf) ben Bcftimraungen beS ©efefeeS auf bie im
(Sinne bcffelbcn gegenwärtigen Beweismittel erfireefen. Slber ntrgenbS tft bem
Staatsanwalt ober bem Hngefl. baS SRecp eingeräumt, bie SluSfc&ung ber Ber^
lianblung 3U oerlangen, lebiglic^ auS bem formalen ©runbe, bafe ein gelabcncr
3euge ausgeblieben ifl. SlnoernfaUS mürbe eS ber Slngefl. in ber §ano laben,
burey Sabung oon ^erfonen, oon benen er weife, bafj fic bemnäc^ft in ber ^aupt*
oer|Qnblung nic|t erfc^einen fönnen, bie Beenbigung ber 6adf)e beliebig l)tnauS-
5ufd)ieben. Steigert r«4 ber 2lngefl., anzugeben, worüber ber ausgebliebene 3eufle
geprt werben foU, fo wirb er olme SBcitereS oom ©eri$t als uner|eblidt) oer^
worfen werben fönnen.
2luf ©runb biefer Sluffaffung wirb auc| ber ©cfafjr, ba§ bcr 2lnqcflagte
burc| gehörige rec^tjeirige fiabung fämmtlic|er 3Jiitgltebcr eines ©criqitS als
3eugcn bie Berljanblung wiber it)n an biefem ©eria)t unmöglich madejt, oorge^
beugt werben fönnen. $)ie gelabenen 9li^ter leiften bcr Sabung infofern feine
$olge, als fie nierjt als 3 cu 9 en erfc^einen, unb werben bann, fclbft roenn fic
als s Jtic|ter anwefenb finb, als 3cugen o|ne 9led>tSirrtf)um als ntcr)t erf Lienen
anjufclen fein. %n bem, bem ©cric|t nunmehr aufte^enben Bcfc^luB über bie
6) Saide Äommentar 1. »ufl. 9lr. 3. ju §. 244.
7) 8ö»c Äommentat 1. Kufl. 9tr. 2. ju §. 144.
8) entfdjeibung in ©traffadjen »b. £ 6. 198, 248.
0) entfdjetbunQ in ©tra Men SSb. I. @. 175, 196, 316.
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J ■ •
* • .
Ueber bie «ttwcnbuttg be« §. 244. ber ft. (St. ghroj. O. 429
®r^cbli(|fcit if)te« 3 cu 9 n ^) eig Kirnen fie unbebenfliclj Sljeil nehmen, ba l^terbei
ber ©ttafau«febltcfeung«gtunb be« §. 22. 5. ©t. $ro$. 0. ntd>t ^lafc greift.
3n Betreff ber anbeten ^erbeigcfd^afften Bewei«mittel tyat ba« Steich«*
geriet in bem 6rfenntni& oora 19. Slpril 18ö0 10 ) au«gefprocben, baö al« foldf>e
im ©inne be« §. 244. nur biejenigen ju betrauten feien, bie in ber gefefelid)
oorgefchriebenen SBeife jur §auptoerhanbluug herbeigefebafft finb. da« 9ieid)S*
geriebt giebt in bem angesogenen ©rfenntmjj ein BerjeichniB ber ÜHöglicbteiten,
unter melden Beweismittel al« gefe|lich berbeigefdjafft betrautet werben tonnen.
(SS geboren hiernach baju:
1) die oom 6taat«anwalt bezeichneten unb oon ihm herbeige'
febafftett, bem Slngefl. mitgeteilten Beweismittel.
§§. 198. 199. 20Ü. 213. ©t. $roj. 0.
2) diejenigen Bcwei«mittcl, beren ^erbeif Raffung ber Slngefl.
bei bem Borfiöcnben beantragt fyat, fofern biefelben oom Borfifcenben
unter Benadjtichtigung be« ©taat«anwalt« sugelaffen unb herbeige*
fdwfft finb.
§. 218. 219. ©t. $roj. 0.
3) diejenigen Bewei«mittel, beren $etbetfchaffung ber Borfifcenbe
oon 2lmt«weaen angeorbnet \)at.
§. 220. & *ßroj. D.
4) diejenigen Bewei«mittel, beren $erbeifchaffung ba« Weridjt
in ber £auptoerhanblung felbft angeorbnet bat.
§. 243. ©t. $ro$. D.
demgemäß bat ba« 9teidj«gerid)t ein ©cbttrtftücf, welche« jwat in ben
3lften befmblicb, ba« aber oon feiner ©eite oot ber ^auptoertjanblung al« Be*
wet«nüttel in Bejug genommen mar, nicht al« hetbetgefchafft im ©inne biefe«
Paragraphen betrautet unb baber bie StuSbefmung ber Beweisaufnahme aueb
auf ein folc&e« Beweismittel, wenngleich fte in ber $auptoerhanblung beantragt
roorben ift, nicht für obligatorifd; erflärt.
diefe 2tnfidf)t be« flteid)SgericbtS ericheint nicht unbebentlia). 3 un ä$ft $
ba« oben erwähnte SBcrjcic^ntfe ber ^töglichfeiten, in melden Beweismittel in
• gefefclich oorgefchriebener s J5teife $ur $auptoerhanblung betbeigefebafft werben
fönnen, nicht ganj ooUftänbig.
@« ift nämlich ber %a\l fein: wohl benfbar, bafe ber Slngefl. entroeber
felbft, ober bureb feinen Bettheibiget, fei c« ein 2lftenftütf ober irgenb einen
anberen förperltchen ©egenflanb jur £auptoethanblung gefc&afft, unb oon feinem
Vorhaben oother rechtzeitig ber ©taat«anmalticbaft *JHittyetlimg gemalt b Qt -
diefe 3lrt ber ^erbeifebaffung oon Beweismitteln ift im erwähnten SBcrjeid^ntfe
nicht mit aufgeführt, mujj aber unjroeifcl^aft al« eine ben gefeilteren 55orfd>riftcn
oöUig entfprec^cnbe angefehen werben.
3n Uebereinftimmung hiermit hatte ba« tffcichSgeticht in bem (Srtenntnife
oom 3. ÜJfätj 1880") angenommen, bafj (Sioilptojefeaften, bie auf 2lnttag be«
BettheibigetS oon einem Amtsgericht ber ©traffammer oot ber §auptoetbanb*
lung eingef chieft waren, al« berbeigefebafft im ©inne biefe« paragrapben anju^
fetjen unb ba^er bie *Bewei«aufnabme auf biefe, obne Siücfficbt auf bie ßrbeb^
lid)fett, au«jubebnen fei. — darüber, ob bie ^Benachrichtigung be« ©egnet« oon
ber beabfiebtigten ^erbeifchaffung biefe« iöewei«mittel« erfolgt war, enthält biefe«
(hfenntnife ntdfjt«. Slber felbft wenn eine folebe ©enaebriebtigung unterblieben
ift, wirb 9lngeficbt« ber Seftimmung be« §. 244. 1. ©t. $roj. 0. ba« ©criebt
bic 3lu«behnung ber Beweisaufnahme auf biefelben ntdjt ablehnen fönnen. Slucb
bie unterlaffenc Benennung eine« unmittelbar gelabenen 3eng,*n an ben (Segnet
10) entfa)etbunfl in ©traffacben Üb. I. ©. 38:5.
U) enl|5eibun0 in ©traffaAen 9». L @. 241.
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430 Uebcr bie «mwnbunß be« §. 244. ber SR. St. ^roj. £>.
bcgrünbet für baS ©ericht ntd^t baS Stecht, bic ©rheblichfeit beffelben ju prüfen,
oielmebr fann nach §. 24ö. 6t tyxoy 0. eoent. nur bic SluSfefcung ber £aupt*
oerhanblung »erlangt werben, ^benfowenig wirb baS ©ericht berechtigt fein,
ein feiner Slnficbt nad; unerhebliches S3eroci5inittcl jurüetjuwetfen, weil bic Sc*
nennung beffelben oon bem ©egner nicht rechtzeitig erfolgt fei.
$raftifd)c Rücfficbtcn, wie fte ber unbebingten 3ulaffung gejteüter beugen
entgegengehen, treffen J)ier nicht JU, ba burch bie Hiorlegung eines ©egenjtanbeS
ober felbft bie etwa erforberlich werbenbe Bcrlefung einer Urfunbc ein erheb*
licher 3ritaufwanb nicht in ülnfprucb genommen unb jebenfalls bie Beenbigung ber
Berhanblung baburch nicht getnnbert werben fann.
Sßenn baS oorgebraebte Beweismittel weitere ©rmittelungen erforberlich
macht, 83. raenn eS auf bie ^eftftellung ber Echtheit einer Urfunbc anfommen
follte, fo wirb bie ©cgenpartei oon bem 9led)te, in @emä§b«t beS §. 245.
St. $roj. 0. bie SluSfejjung ber $auptoerbanblung ju beantragen, ©ebraud)
machen tonnen, bejm. wirb ba« ©eriebt weitere Ermittelungen oon 2lmtSmegen
anjuorbnen hoben. 3>ie ©ntfebeibung aber barüber, ob bie Berhanblung aus*
$ufe§en, wirb baS ©ericht lebiglid) baoon abhängig machen, ob ba« neue oorge-
brachte Beweismittel erheblich ift ober nicht, unb ift fonach ber ©cfnhr, ba& bem
SIngcfl. bie iüiöglichfcit gegeben wirb, burch berartige neue Beweismittel bic
Berhanblung enbloS Innjufcbleppen, genügenb oorgebeugt.
Rad) aHebem muß angenommen werben, bafe ber Slngefl. ein Recht auf
2luSbelmung ber Beweisaufnahme auf alle oon ihm $ur <gauptoerhanblung un*
mittelbar, fei eS mit ober ohne Benachrichtigung beS Staatsanwalts, berbeigefebaffte
„anbere Beweismittel" ^at. 3n bem (srfenntnifi oom 26. ^uni 1880 12 ) fa)lie§t
fich baS Reichsgericht biefer Slurfaffung jwar infoweit nicht an, als eS oom Ingen,
erft im Termine überreichte Schriftftücfe als „herbeigefchaffte" im Sinne biefeS
Paragraphen nicht angefeben wtffcn will, dagegen erfennt eS in biefem Urtt>eil
auSbrücflich an, bafe Bejtanbtbetle ber 2lftcn, infoweit fte fich föon 00 * tet
^auptoerhanblung bei benfelben befanben (in bem in Rebe ftehenben %aü war
eS bie 3)enun$iationSfchrift), als hcrbeigcfdmfft ansehen finb, wenn auch feiner
ber ^rojefebetheiligten ju ber §erbeifcbaffung eine Sbötigfeit aufgewanbt bot.
S5iefe le&tere Slnftcbt fleht offenbar in bireftem SBibcrfpruch ju ber im @rfenntnifj -
oom 19. Slpril 1880 auSgcfprochenen, eS mufj ihr aber nach obigen Ausfüh-
rungen unzweifelhaft ber Borjug eingeräumt werben, ©elten aber alle bei ben
Elften befinblichen Schriftftücfe, fei eS, ba§ Reh bie Parteien oorber auf biefelben
belogen haben ober nicht, als berbeigefebafft, fo läfjt fid> bie Behauptung, bafc
im Xermin erft tibergebenc Schriftftücfe fich nidht als foldje anfehen tieften, faum
noch holten.
©enn baS Reichsgericht in bem <5rfenntnife oom 19. Slpril 1880 bicS
bamit ju begrünben oerfucht, bafj bie Beweisaufnahme nur auf folche Beweis*
mittel nothwenbig auSgebehnt werben müffe, bic gcmcinfchaftlich geworben feien,
baS heifet alfo wohl oon beren beabfichtigten Benutzung beibc Xheile Äcnntnife
erhalten hoben, fo ftet)t bem bie bereits angebeutete (Srmägung gegenüber, ba§
3eugen, bie oon einer Seite oorfchriftSmäßig geloben finb, jcbenfalls oer*
nommen werben müffen, auch wenn ber ©egner oon ber ßabung feine Äenntnifj
erhalten bat-
dagegen fann eS zweifelhaft fein, bafj Schriftftücfe, welche bem ©ericht
nicht oorliegen, bejm. oorgelegt werben, unb auf bie ber Slngefl. erft im öaupt*
oerhanblungStcrmin Bezug nimmt, nicht unter bie Regel beS §. 244. 1. fallen,
fonbern, bafj in Betreff beren bem ©eriebt bie Prüfung ber (Srbeblicbfeit zuflebt.
etwas 2lnbcreS follte auch wohl in ben ©rünben beS (SrfenntniffcS oom 9. ^uni
n 1 U 9t lA^ PtC * UnÖ 9leid)e0cri * tS ' herausgegeben oon ber 8Reid)«an»altfö)aft
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lieber bie toenbunß be« §. 244. ber 9t. <St. ^troj. D. 43 1
1880 1S ) nicht auSgefproa)en werben, obfdjon aus benfelben nicht flar erhellt,
ob baS in 5tebe ftehenbe (Srfenntnife im Dermin jur 6teHe geroefen ift ober ntd>t.
Sludr) bei berartigen Seroeigmitteln roirb ebenfo rote bei 3 eu 9 cn b max
nicht bie @r^eblid)feit, roo^l aber bie ftrage 3U prüfen fein, ob baS Verociömittel
mit ber Sache äufammenbängt unb oerncinenben ftaHS bie« VeroeiSmittel feiten«
beS ©ertehts aurütfgeroiefen rocrben fönne. S)enn baS ©ericht fann unmöglich
gejroungen werben, einen ganzen Äramlaben aller möglichen, mit ber 6ad)e in
gar feinem Rufammenhange ftehenben S)inge oor ftch ausbreiten $u laffen.
Selbfroerftanblid) fann unb mufe baS (Bericht trofc ber Vcftimmung beS
§. 244. 1. Urfunbcn, beren Vorlefung unjuläffig ift, roiej. V. Seumunbjeugniffe,
al£ VcroeiSmittel jurüdroeifen. Von ber (Hebung einjelner VeroeiSmittel fann
abgefehen roerben, roenn 6taatSanroaltfd)aft unb Slngefl. barait einoerftanben
finb. 3ft aber ein 3?erjidjt auf ein VerociSmittel einmal auSgcfprochen, fo fann
eS nicht roiberrufen roerben. 14 ) 9cimmt im Saufe ber Verljanblung ber Staate
anroalt ober ber Slngefl. baS VeroeiSmittel roieber auf, fo fle^t nunmehr bem
©ericht bie Prüfung ber ßrrjcblidjfcit m. Senn burd) ben beiberfeitiaen Ver-
lieht ift baS VeroeiSmtttel ooflftänbig beteiligt, roirb oon einem auf baffelbe Vejug
genommen, fo fann eS nicht mehr als fjerbeigefetjafft im Sinne beS §. 244. 1.
gelten. Slm ffäufigPen roirb ein folcher SBerjtcrjt bei 3 eu 8 cn un0 Sachoerfiänbigen
eintreten, biefe roieberum roerben in ber Siegel, nad) erfolgtem Ver3iAt, alsbatb
baS ©eriehtsgebäube oerlaffen, unb ftel;en basier, falls oon Beuern auf fte Vejug
genommen roirb, bem ,ffli)t erfchienen", oöflig gleich.
Sollten biefe ^ßerfonen aber auch jufäüig im ©ericrjtSaebäube jurüdfgeblieben
fein, fo fömtten fie im Sali einer neuen Vejugnahme auf fie, nur als „geftellte"
3eugen, bejro. Sadjocrftänbige betrachtet roerben, unb auch be$üglid> folcher fteht,
rote bereits bargelegt, bem ©ericht bie Prüfung ber (Srbeblidjfeit ju.
9Benn beim Vorhanbenfein mehrerer Slngeflagten ein 3 cu 9 e m betreff
eines ober beS anberen berfelben benannt ift, fo genügt eS, roenn nur ber be-
treffenbe SlngeFlaatc unb ber Staatsanwalt auf benfelben Deichten.
betrifft jebod) bie oon einem 3eug*n 311 befunbenbc Sti^atfac^c alle Singe"
floaten, fo fann feine Vernehmung aud) nur mit 3nftimmung Silier unterbleiben,
feloft roenn er auch nur oon einem ber Slngeflagten benannt fein foflte. 15 )
Ohne einen folgen fibereinfrimmenben 3Jcr$id)t mufe bie VeroeiSaufnahme
in oollem Umfange ftattfinben, aud) roenn ein oolIftänbigeS ©eftänbnifj oorltegt.
— dagegen iji ©aide ber Meinung, 16 ) baß auch ohne einen fola)en Versieht
baS ©ericht oon einer VeroeiSaufnahme in alten ben fällen Slbftanb nehmen
fönne, in benen eS gar nicht jur (Sntfcheibung über bie Sdnilbfrage fommt, 3. V.
im $aH ber Verjährung, beS 3WangelS beS Strafantrages u. f. ro. tiefer Sin*
fic^t mufe jebodj rotberfprochen roerben. ©S ift feineSrocgS auSgefdjloffen, ba§
burch bie VeroeiSaufnahme feftgefteüt roirb, bafj ber anfeheinenb oorliegenbe
StrafauSfd)UefjungSgrunb nicht oorliegt. 6S mag beifpielSroeife nach Inhalt
ber Slftcn unb nach ber 3«tangabe im Skfchlufj über Eröffnung bes ^auptoer»
fahrenS ben Slnfchein hnben, bafe baS in 9iebe ftehenbe Sergehen länger als
0 ^ahre oor ber erften richterlichen Verfügung oerübt ift. S)ie SBeroeiSaufnahme
fann aber fehr roohl ergeben, ba§ alle biefe 3eitbeftimmungen irrthümlia) fmb, unb
baS betreffenbe Vergehen erfl 4 #ahte oor ber erflen richterlichen Verhanblung
begangen ift. Selbjtoerftänblich roürbc fid) baS ©ericht, roenn fonfl bie ^bentität
ber %l)at nicht in 3roeifel ftc^t, einer Slburtheilung berfelben nicht entliehen
13) «Red)tfpred»una be$ 3teid)ögerid)tö in Straf fa^en, herau«geaeben oon ber
»altfö>ft «b. IL & 48.
14) (gntf(heibunaen beg 9teid>«aerf<r)tö in Straffadien 8b. L & 34.
15) ©(hroan Äommentar SRr. 3. »u §. 244.
16) «Dolde Äommentar 2. «ufl. #r. 8. ju §. 244.
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432 Ue6ct *> {e Hnwenbung. be« §. 244. Der <R. (St. «ßroj. O.
fönnen. Ober eS I)anbelt ftch nach bem (Sröffnuno^bcf^Iufe um eine einfache
fförperoerle&ung im Sinne beS §. 225., unb eS ift ein Strafantrag ^n^lt« ber
2fttcn nicht gcftellt. SDie Beweisaufnahme fann ergeben, bafe eine gefährliche
Äörperoerlefcung im Sinne beS §. 223 a oorliegt.
$m gali ber cmfdjeinenb oorliegenben Strafunmünbigfeit (§. 53. St.
©. B.) fann bie Beweisaufnahme ergeben, bafj ber 2lngefl. jur &e'\t ber Be*
gehung ber Xfyat baS jwölfte Lebensjahr bereite überfc^ritten ^atte. — Siegt
in berartigen fällen unzweifelhaft ein StrafauSfchUejjung^grunb oor, fo barf
erwartet werben, bafe ber Staatsanwalt unb gewifj auch ber Slngefl. auf bie
Beweisaufnahmen Oermten.
2luch ift e$ juläffig, bafj bie Beweisaufnahme sunächjt nur auf ben präju*
bijiellen $unft, ob ein StrafauSfchliefmngSgrunb oorhanben ift ober nicht, 17 ) auS*
gebetjnt unb bcmnädjft erfannt wirb, ob baS Berühren einjuftellen fei. 3 U
einer folgen Befchränfung ber Beweisaufnahme ift aber jebenfaUS bie 3uftim»»
mung ber Parteien erforberlid), ohne eine folct)e mufe ber ooHe Beweis erhoben,
unb barf bie SDiöglichfeit, audEj olme «ßuftimmung beS ©erichts burch Durchführung
beffelben baS 9itchtoorhanbenfein eines Straf auSfchliefjungSgrunbcS barjutfmn,
bem Staatsanwalt nicht abgefdmitten werben.
%uä) auf bie feiten« beS Borüfcenben ober beS ©erichts oon 2lmtSwegen
berbeigefchafften Beweismittel mufe bie Beweisaufnahme Langels eines aUfeittgen
Berichts auSgebelmt werben. 18 ) Staatsanwalt unb Stoßen, haben auf biefe
Beweismittel ein Utecht erlangt, biefe finb in ber %l)at gemeinfehaftlich geworben,
beiben Stheilen fteht es frei, fie in ihrem 9lu^en ju oerioerthen, unb fte fönnen
baher nicht fallen gelaffen werben, wenn nicht beibe %ty\k Darauf oerjicfiten.
Die Vernehmung eines gelabenen unb erfchienenen 3cugen fann nicht
um beSmiHen abgelehnt werben, weil er ber Bcrhanblung oor feiner Vernehmung
beigewohnt h«t. 19 )
Denn bie Beftimmung beS §. 58. St. Sßroj. 0., wonach jeber 3euge einzeln
unb in Slbwefenheit ber fpäter 2lbsuhörenbcn oernommen werben foH, h a * nut
reglementare Bebeutung, ihre 9cichtbeoba$tung ift 5war orbnungSwibrig, auf
Verlegung bcrfelben aber fann niemals baS Urteil bergcftalt beruhen, bafj bie
Aufhebung beffelben geboten wäre.
©benfo müffen bie gelabenen unb erfchienenen 3*ugen oemommen werben,
ohne 9tücfficht barauf, ob ihre Bereibigung suläiiig ift ober nicht, benn baS
©efefe gemattet auSbrücf lieh , auch ^erfonen, bie nicht beetbigt werben fönnen,
als Saugen ju oemehmen, unb nichts hinbert baS ©ericht, einer unbeetbeten
2luSiage Dollen ©lauben beijumeffen. — 2lnberS Dagegen liegt bie Sache betreffs
ber Sadwerftänbigen. DaS ©efefc fchreibt bie Beeibigung ber Sachoerftänbigen
unbebingt cor, unb ift baher eine 'sßerfon, bie nach 8§. 5(5. unb 72. St. ^toj. 0.
ben Sachoerftänbigeneib nicht leiften fann, niajt als Sachoerftänbiger im Sinne
ber St. ^roj. 0. anjufehen. 20 ) (£S würbe baljer feine Bemehmung, falls er
nicht auch als 3 cu 0 e 3" h^en ift, als aufjer allem 3 u f a,u 'ncnhang mit ber
Sache betrachtet unb baljer abgelehnt werben müffen. Sluch ift baS ©ericht trofc
beS §. 244. 1. nicht oerpflichtet, gelabene unb erfchienenc Sachoerftänbige $u
oemehmen, welche in ©emäfetjeit beS §. 74. St. ^roj. 0. abgelehnt werben. —
Dagegen Imt &öwe Unrecht, wenn er meint, 21 ) bap baS ©ericht auch ben als
Sachoerftänbigen abzulehnen befugt ift, bem biefe ©igenfdmft sweifeUoS nicht
beigemeffen werben fann.
17) 6rf. b. JR. ©. ü. 12. 3uni 1880, herausgegeben oon ber 9tri$8anu>alrfd)aft m. II.
©. 188.
18) (intfdjeibung in ©trafjadjen «b. I. <£. 388.
19) Gntfdjdbunß in ©traffadjen fflb. I. S. 383.
*)) £d)tt)ari Kommentar «Jhr. 1. ju §. 74.
21) göroe $k 4. au §. 244.
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Heber bie Hmoenbuna be3 §. 244. ber % 6t. «|Sroj. Ö. 433
GS mtvb fidfj immer erft burd& bic Vernehmung f)cvau$ftellen ; ob bie in
tÄcbe ftetjenbe ^erfon ein facfroerftcmbtgcS Urteil über bie in Siebe ftefjenbe
$rage fyaben fann ober niä)t, aud) bleibt e§ bem ®erid)t noUftänbig überladen,
roclqen Söertt) e8 bem abgegebenen ©utaebten beimeffen roil @S muffen fonad)
alle al« Sadperftänbige gclobcnen unb erfdnenenen $erfonen oernommen werben
unb tonnen nid&t beSlmlb äurütfgcroiefen werben, weil fie offenbar leine
Sadwerftänbige finb.
S)a3 ©erid)t bleibt felbftoerftänblidf) audj trofc aflfeitigen SBcrgid^teö befugt,
bie Veroetäaufnaljmen in üoüem Umfange eintreten ju laffen, ober ju beftimmen,
bafe nod) bcS ©inen ober beS 2lnberen SeroeiSmittel benufct roerben fofl. 3)er
§. 244. 1. fd&ränft baS ©ertd&t nur in Vejug auf 9lbfranbnal)me, nidjjt aber auf
ISrtjebung oon Vcroeifen ein, e£ fmt oöUia freie &anb, bie SBeroctöaufnabmen
audj über bie geseilten Anträge l;inauö, foroett eS tym erforberlidfj erfdpeint,
auSjubefnten.
$>cr 2lbf. 2. beS §. 244. giebt ju Vemerfungen feine Vcranlaffung, benn
bafj in ben Verrjanblungen in ber SerufungSinftanj, inforoeit e3 ftdj um 33er*
getien (abgcfeljen oon ben gäHen ber ^rbatflage) tjanbclt, ber 2lbf. 1. in ooßem
Umfang $la§ greift, folgt au« ben SBorten bcS @efcfce3, unb ebenforoenig fann
eS jroeifelfjott fein, ba§ alle bie über ^nroenbung beffcXbcn oben erörterten
©efid)t$punfte, audj wenn ber Slbf. 1. in ber VcrufungSinftanj jur Slnroenbung
fommt, ityct uoHe Vebeutuna, beroatjren. 68 barf roob,l faum Ijeroorgeljoben
5u roerben, bafe aud) bei benjenigen Sargen, bie nid&t an fief) jur 3uftänbigfeit
ber 6d)öffengerirJ)te gehören, fonbern benfelben in ©emä&beit beS §. 75. ©er.
Verf. ®. pr @ntfd>eibung überroiefen roerben, bie Angaben be£ §. 244. 2.
>n,lafc greifen.
3)ie ©efthnmung be3 §. 244. 1. ©t. $roj. D. enthält unaroeifelfjaft eine
grojje ©efa&r unb roürbe, roenn u)r eine auäbe&nenbe Sfoälegung ju Xtyil ge*
roorben roäre, ju ben allergrößten Unjuträglidjfetten geführt gaben.
$l>corie unb 9JrariS b,aben fidt> aber übereinftimmenb bemüfjt, einem Wifa
braud) biefeä ©efefeeS oorjubeugen, unb t& ift bieS aud> im SBefentlid^en gelungen.
3um minbeften ift eine d)ifanöfe Vereitelung ber ^pauptoerlrnnblung unmöglia)
gemalt unb aueb, einer allju übertriebenen Sttu8bc|nung ber SBeroeüSaufnafjmc
rann, roenn audb nidf)t überall, fo boa) nielfad> mit Grfotg entgegen getreten roerben.
StnbererfeitÄ läßt ftdf) nid&t oerfennen, bafe e« notfroenbig roar, bem in
tb,atfäd&li$er Sejie&ung auf eine Snftanj angeroiefenen »ngeflagten eine au«*
reid()enoe ©eroä^r für eine oollftänbige aufnähme feiner 6ntlafrung3berocifc 311
geben. 2)er 6taafc8anroalt ift buref) biefe ©eftimmung in ben 6tanb gefefct, auef)
gegen bie 2lnfid[)t beS ©erid;tä feinen Seroei* burd^jnfüljren.
S)iefe Vorteile bürften bie ^ad^tbeile unfere« ©efe^e3, inforoeit biefelben
nidr>t fd^on burd^ bie ajrartö befeitigt Unb, überwiegen. Tie lefctere ^at ba3
ißerbtenft, eine an ft<^ fetyr bebcnflidje ©efe|3e3befrimmung in roefentlid^e Ueber<
einftimmung mit ben ^orbenmgen beS ?Red)t5gefü^, ber 2öiffenfa)aft unb be$
Sebent gebrad^t ju l)aben.
*td)h> 188a 6. ©eft.
29
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JJcutfd)« Straftest.
§. 28. '2lbf. 4. i>es H. <F. r». 21. (Dft. 1878 gegen öic gemeingcfabr«
lieben Begebungen 6er eo$ialoemofratie. ötrafbarfeit Sc« gegen 6ie
auf (Bruno »on Einordnungen erlafienen Verfügungen nach erfolgter
Publlfatlon ßanoelnocn ohne iErforocrni§ oes naebroeife* 6er lienntnijj
jener Qlnor&nungcn.
üntfä. be« n. Straffen, o. 13. 2lptil 1880 c/a. (Buhl, rooburd) auf
3urücfroeifung ber Steoifton ctfannt rootben ift.
© r ü n b c.
©et 2tngeflagtc bcfdjroett fidt> rocgen unttdt)tiget Suiroenbung bc« 9t. ©.
». 21. Dft. 1878 gegen bie gemcingcfäljrlicben üBeftrcbungen bet 6o3ialbemoftatie.
(£t geht bauon aiuS, bafe roebet i^m felbfi, als et am 29. 5loo. 1879 naa)
s Jteimcfcnbotf, reo tt)m butd) SSetfugung bet pteufc. Stegietung m tyot&bam
v. 4. Se*. 1878 bet Stuf enthalt roäbtenb bet äöitffamfeit bet am 28. Rm>. 1878
auf bie &auet eines ^aljte« oom pteufe. ©taatöminiftetium untet Genehmigung
be« 2)unbe8tatl)« angeotbneten 2Rafenat)men oetfagt rootben war, jutücfteljtte,
nodd bem 9ttd)tct, meldtjem et nad) feinet am 30 beßf. Womt& etfolgten )8et<
Haftung am 1. S)e§. ». 3«. jn $etlm ootgefurjtt rootben, befannt geroefen fei,
bafc am 28. s Jloo. 1879 eine SBefanntmadmng von 6eiten be« preufj. ©taafcS*
miniftetium« untet ©cneljmigung be« 93unbe«tatl)« übet Sßettängerung bet am
28. 9ioo. 1878 auf ©tunb be« §. 28. be« ©. ». 21. Oft. 1878 gettoffenen 2ln
otbnungen auf Die S)auet eine« rociteten äatjte« etlaffen rootben roat. 2>er
SÄngef tagte null fomit aud) nadj feinet (Sntlaffung au« bet Jpaft am 1. $ej.
o. 5«. im guten ©lauben nadj Sfleinicfenbotf 3utücfgcfet)tt fein unb ift bet 2ln*
ficht, bajj e« bed^alb einet befonbeten ©töffmmg an it)n feiten« beö 2lmt«
ootfteljer« ju 9ieinicfenborf flbet bie fetnetrocite Untetfagung be« Aufenthalt«
beburrt haben roütbe, um für ü)n eine beroufjtc Ucbetttetung bet 5?otfa)tiften
be« in Sejug genommenen WeiASgefefce« ju begtunben.
S)a& angefochtene Utt^eii ftellt feft, bafe bet 2lngeflagte $u Neinüfenborf
Ausgang« ^ooembet unb Anfang« ^ejembet 1879 ben auf ©tunb bet Sin-
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gtattföti Sttafredjt. dterntttliffc bcö 9tcid)6acri*t6. 435
orbnun'gcn bc^ prcufj. StaatSminiftcriumS o. 28. Roo. 1878 unb 28. Roo. 1879
gegen u)n crlaffencn 3luSroeifungSocrfügungcn bcr Regierung ju s $otSbam oom
4. S)ej. 1878 unb 28. Roo. 1879 mit Äenntnifj berfclbcn, bcjro. nadj erfolgtet
öffentlicher Vcfanntmachung juroibergehanbelt unb fo gegen §. 28. 2lbf. 4.
beS R. ©. 0. 21. Oft. 1878 gefehlt habe. Söiefe t^atfädjlidje geftfleaung er*
fc^öpf t bie £j)atbeftanbi3merfmale ber angeroenbeten ©efefceSbeftimmung. ©er
2lngef(agtc befreitet nicht, Äenntnife oon bcr&uSroeifungSoerfügung 0. 4. S)cj. 1878
gehabt ju haben, er tjätt nur für notjjrocnbig, bafc igm Äenntnife aud> oon bcr
ermähnten 2lnoronung beS StaatSminifteriumS 0. 28. Roo. 1879 unb oon ber
Verfügung Ijätte jufommen fotten, meldte oon bcr Regierung ju ^otSbam biefer
änorbnung gemäfj am nämlichen Xage über Verlängerung ber 2lufenthaltS*
oerfagung crlaffen roorben fei. 2tttcin bcr erfte Stifter ftcltt auSbrücHia) feft,
ba^ bem 2tngcflagtcn bic äuSroeifungS^rfügung ber Regierung in $otSbam
o. 28. Roo. 1879 j'pätcftcnS bei feiner gerichtlichen Vernehmung am 1. 3)cj. beSf.
^nljreö befannt geworben ift, unb bafj er trofcbem nach Reinitfcnborf jurücfgefcljrt
ift. £iefc thatfädjlicbc fteftftcllung ift mit bem gegenwärtigen Rechtsmittel nia)t
anzufechten. 2lufjcrbem ift foroohl bie Slnorbnung beS preufe. StaatSminifteriumS
o. 28. Roo. 1879, burd; roelaje bie unter bem 28. Ron. 1878 getroffenen 3Jtofc
nahmen mit ©enefmtigung beS VunbeSrathS auf bie 3)auer eines weiteren
3af)reS getroffen mürben, roic bic gemäfj berfclbcn am 28. Roo. 1879 erlaffcnc
Verfügung ber Regierung $u $otSbam, welche bie &uSroeifungSoerffigung 00m
28. Rod. 1878 auf bie Sauer eines ferneren Jahres erftreefte, in bcr im §. 28.
bes 9t. @. oorgefchriebenen Söcifc öffentlich befannt gemacht roorben. Rad; bcr
Raffung ber Vcftimmung beS §. 28. 3lbf. 4. beS angebogenen ReicbSgefe&cS h°t
auch berjenige bie bort beftimmte Strafe oerroirft, roelcher ben fraglichen er-
laffcnen Verfügungen nach erfolgter öffentlicher Vefanntmachung auroibcrgehanbelt
bat. S)aS ©efeö fteUt bie beiben gälte rechtlich gleich, roenn jemanb ben Ver*
fügungen mit Äenntnifj, ober roenn er nach beren erfolgter öffentlicher Ve*
fanntmachung juroibcrljanbcltc. £er Gntrourf beS ©efe&eS lwt te °i e wegen
Xheilnahmc an oerbotenen Vereinen ober oerbotenen Verfammlungen, roegen
^ergäbe oon Räumtid)feiten ui foldjcn, cnblich roegen Vetheiligung an Ver-
breitung, 5' ort teöung ober SBicbcrabbrucf oon oerbotenen ober in Vefchlag
genommenen SDrucffchriftcu ober an oerbotenen Sammlungen angebrohten ©trafen
für oerroirft erflärt, roenn mit Äenntrttfj ober nach erfolgter Vefanntmachung
beS Verbots ben Vorfchriften juroibergehanbett roorben fei (§§. 12. 2lbf. 1. u. 2.,
13., 14. u. 15. beS @ntro.). Sic Reid)StagSfommt)fion h at Kboch bie SBorte
„mit .Kenntnife ober nad) erfolgter Vcfanntmachung beS Verbots" überall an ben
angeführten Stellen — in bem ©efc&c nun in ben §§. 17., 18., 19. unb 20. —
geftrichen, roeil fic jur 2lnroenbung ber Strafoorfchriften bic flenntnifj beS Ver-
bots ober bcr Vefchlagnalnuc für erforberlich erachtete unb bcr Anficht war, bafj
in ber Xhatfachc ber Vcfanntmachung allein ein ©rfajj für ben ÜRangcl einer
rechtSroibrigen Slbficht unb fonad; eine gcfefcliche Vermutung für fold»e nicht
gefchaffen roerben bürfc. 9)Jan hielt bie Sorte „mit Äenntnifj beS Verbots"
bcjro. „bcr Vefchlagnahmc" für überflüffig, roeil fic nur ein felbftoerftänblichcS
£ljatbcftanbSerforbernt| aussprechen, Dagegen bic SSortc „nach erfolgter Vefannt«
machung" als unoercinbar mit ben allgemeinen ©runbfäfeen über bic rechts*
roibrige 2lbficht. Sic Üommiffion fc^tc bcShalb unb, roeil fic eine milberc Strafe
für benjenigen als geboten anfah, roelcher gegen baS Verbot h^nbcltc, nachbem
es öffentlich befannt gemadjt roorben, ohne baß er oon bem Verbote bura) bie
Vcfanntmachung ober' auf anbere SBcife Äcnntnifi erhalten habe, in bem §. 15. a.
— nun §. 21. beS ©efeöcS ~ eine befonberc auf ©clbftrafc bis ju 160 SM.
ober Saft befchränfte Strafe feft, roährenb roegen 3uroibcrhanblungcu intt Äenntnife
beS Verbote höhere ©elbftrafeu ober ©cfängni^ftrafen angebroht rourben (>Drucf*
fachen beS beutfehen Reichstags oon 1878, 4. öegislaturperiobe, Seffion I.,
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436 StattfdjeS ©trafrecbt. (Srfntntniffe be$ 5Reid)8gerid)t*.
9ir. 23. 6. 21), bic 3Rotioc jum Gntrourfe felbft aber bereits anerfannt Ratten,
bafe bie 3unriberbanblungen im $aüe mangelnber Jtcnntnifj beS Verbots als
„aus minbercr Sahrläffigfeit begangen" in SBctradjt gu gießen unb bur$ 3"*
laffung r>on ©clbftrafc unb burdj Mfeljcn oon einem fefigefe^ten 6trafminimum auet)
geeignet berürf fi^tigt feien (baf. 9lr. 4. 6. 18). ,§abcn cS nun bic gefebgebenben
^aftoren trobbem bei ber im (Snttourfc bes ©efefccS enthaltenen Veftimmuna,,
beS jefcigen §. 28. 2lbf. 4. beS ©efebcS, bclaffcn unb benjenigen mit 6trafe
bebrobt, welcher ben im 2lbf. I. aufgeführten iMnorbnungen ober ben auf ©runb
bcrfelben erlaffencn Verfügungen mit Stenn tnifj ober nach beren öffentlicher
Vcfanntmadnrng mtoiberhanbelt, fo mujj angenommen werben, bafj fie bei biefer
Vorfchrift ben befonberen Stadjroctg ber Äenntnifj ber getroffenen Slnorbnungcn
nidjt als unbebingte VorauSfebung ber 6trafoertoirfung angefehen, bie uorfc^riftö-
mäßige öffentlid>c Scfanntmachung oielmehr für auSreichcnb erachtet haben.
§. 223. @t. <B. 8. Bejrimmungen 5er Can&esgefefegebung, roonacb bie
Ucberfd)reitung bes gücbtigungsrecbtes feltene eine* Cehrere, ungeachtet
bie Züchtigung irprer äußeren <Erfa?einung nach unter §. 223. 6t.(B.15.
fällt, frimincll nicht gefhaft »erben foll, flnb rotrfungelo«.
Gntfct). beS III. 6traffen. n. 14. Sprit 1880 c/a. Sranbt, rooburcr) auf
Sieoiuon beS 6t. X. auf Aufhebung beS freifpredjenben VoterfenntniffeS unb
^urücfoerroeifung erfannt roorben ift.
® r ü n b e.
3Racr) ber ttyatfäcblidjen ^ejtftcllung beS fürftl. itaubgeriebts $u Sctmolb
hat ber angesagte Lehrer bei ber 3^tigung beS Änabcn ©. baS rechte 'üJiafe
Übertritten; inbeffen ifi bic 3üd)tigung für bie ©cfunbljeit beS Knaben ohne
jebe naejt^etlige $olgc geblieben.
2)aS itanbgericht hat beör)alb ben Seigrer oon ber 9lnflagc rocgen förper-
lieber 9Jttfehanblung freicjcfprocfjen; cS nimmt unter Vejugnahmc auf bic l'ippc'fdjc
®cfc$gcbung an, bafj ein gerichtlich ftrafbarer 3Jcij?braud) beS 3tt c ()tigungSrechtS
nicht oorlicgc.
2)aS ©efefc über baS VolfSidmlioefen com 11. Scj. 1849 oerorbnet:
§. Vif). Ueberfchrciten bie Lehrer bei Seftrafung ber Äinber ba$
redjte 3)iaB, oerfahren fie babei mit Reiben fet)aftlict>feit unb über-
triebener ctrenge, fo bat ber 6d)uloorftanb, wenn bic oon ihm jeben*
falls *u oerfuehenbe gütliche Beilegung nicht 3U erreichen ftcht, ber
Dbcrfcbulbchörbc Sinnige $u machen.
§. 96. aWachen aber bic Lehrer oon bem 3"d)tiguni^rechte einen
foldjcn Ulüfebraua), baß fie ben flinbem förperlidjc Verlebungen ju«
fügen, fo haben fie eine friminclle JBcftrafung ^u gewärtigen. 284.
beS ifriminalgefcbbudjS.)
3m 2lnfd)lufj an biefe gcfefcliche Vcftimmung fdjreibt ba^5 3^fularrcffcipt
beö fürftl. tfabinetSminiftcriumg o. 28. 3Wai 1862 (©. ©. 8b. 5. 6. 102) ben
ntcrgertajtcn oor:
a) 2öenn bie öcm gcjüdjtigten Äinbc «igefügte 8cfd)äbigung fo crbeblid) ift,
bafe fie eine längere als brei aRonate bauernbe töranfheit u. f. ro.
(§. 159. sub 2. unb 3. bcS 6t. ©. sö.) $ur ^olge gehabt hat, bic Slften
an baS ilriminalgericht einjufenben,
b) in fällen oerurfad)ter geringfügiger ©cfunbheitSfiörungcn (§. 159. sub 4.)
^olijeiftrafcn su erfennen,
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•Deutfäeä <srrafre<f)t. etfenutitific beS 9tetd)Sgeri*t«. 437
c) anbete ftälle her Ueberfcbreitung beS 3ücbttgungSrecbtS ber Setter jebodj,
in benen feine Äranfyeit eingetreten ift, welcbe alfo für bie ©efunbbeit
ber ©djüler obne nachteilige folgen geblieben finb (j. f&. bei flcinen
Sugillationen, bei lebiglict) nor^anbener ferner j^after SmjcbweHung ober
augenblicflicber Ungelenfigfcit ber gefangenen Äorpertbcile), an bie
betreffenben ©cbuloorftänbe jur Söeförberung ber biS$iplinarifcben l^nbung
*u oerweifen.
3Hit Siecht maä)t bie eine 2?erlc|una, ftrafrecbtlicbcr formen rügenbe
SReoifion ber ©taatSamoalfd&aft geltenb, bafe fi$ ber begriff ber Äörperoerlefcung
jefct nacb bem 9leicbSftrafgefepucb beftimme.
dagegen lä&t ftd) ber ©cblufefolgerung ber ©taatSanwaltfcbaft barin nidjl
beipflichten, bafe in ftolge oeränberter ©egriffsbeftimmung ber Äörperoerlctjung
ber ©inn ber &orfdjnften beS SBolfSfcbulgcfejjeS ein anberer geworben wäre.
3lucb craiebt fldfr aus ber SBergleidmng ber ©efrimmungen einerseits ber §§. 95.
uub 96. unter einanber unb mit ben einfdjlägigen Jöeftimmungen beS .Kriminal*
gefc&bucbs 0. 5. 2lug. 1843, bafj baS SSolfSfcbulgefefc feine oon ber gortbauer
ber ©ültigfctt biefeS JlriminalgefefcbucbS an fid) unabbänqtgc Slnorbnung in bem
©tnne getroffen bat, in weldjem baS l)ixtulaxxt\txivt biefelben erläutert.
3n biefem ©inne mürbe bcöfjalb baS $ol!sfcbulgcfefc aud) jefct noeb in
2lnmenbung 3U bringen fein, menn ifmt nia^t bie Autorität ber rcid)Sgefefc*
liefen Seftimmung beS 6t. @. *B. entgegenftänbe.
yiaä) §. 223. beS ©t. ©. SB. mirb 3eber, welcher porfäfelidj einen 2lnbereu
förpcrltdj mi&banbelt ober an ber ©efunbbeit beiebäbigt, wegen iCörpcrocrlefeung
mit ©efängnijj bis $u brei Sauren ober mij ©clbftrafe bis nu cintaufenb wlaxt,
nacb §. 340. mirb cm Beamter, welker in 2luSübung ober in SBcranlaffung ber
2tuSübung feines 2lmteS oorfä&licb eine Äorperoerlefeung begebt ober begeben
lafjt, mit ©efängnifi nid&t unter brei 9Jtonaten beftraft.
SorauSfefcung ber ©trafbarfeit ift bie 2Biberredjtli<$feit; fo meit alfo
bie SanbeSgcfefcgcbung innerbalb ibrer3uflänbigfeit einem Beamten ein3ücbtigungS*
reebt erteilt, fällt bie in Ausübung unb innerbalb ber ©renjen beffclben oor*
genommene ^anblung niebt unter baS ©trafgefefc, auch roenn fie objeftio als
eine Äörperoerlefcung im ©inne beS ©t. ©. 8. fid) barftellt. 33ie fianbcSgefcfc'
gebunq mag benn Söeftimmungcn bariiber treffen, gegenüber oon welcben Scbülern
eine 3üd)tiiuing juläfftg fei, was als 3 u 4>tigung gegenüber oon ©cbtilern au*
sufeben, welcbe 3ücbtigungSmittel in 2lnroenbung $u bringen feien, unter melden
$orauSfe|jungen bnS 3ü^tigungSrccbt auszuüben fei, unb bie einjelnen mgelaffenen
SücbtigungSmittcl anjuroenben feien. 2lber SBeftimmungen in ber SRtcbtung, ba§
Ucberfdjreitungen beS 3ticbtigungSrecbtS, ungeaebtet bie 3ücbtigung itjrer
äuieren (Srfcbeinung nacb unter ben §. 223. beS ©t. ©. 53. fällt, unb obne
ffiücfftcbt auf bie 31t ©runbc liegenbc SöittenSbcfiimmung, lebiglict) barum, weil
fie obne nachteilige folgen für bie ©cfunbbcit ber ©cbüler geblieben finb,
friminell nicr)t geftraft, fonbern auSfcblic§licb ber biSjiplineUcn 2Ibnbuna oor*
bcbaltcn werben follen, geboren niebt mebr jur Siegelung ber ©cbulbiSjipltn, ftc
würben beanfprueben, ben im ©trafaefefebueb normirten Xlmtbeftanb ber Äörper*
oerle^ung unb bie gericbtlicbe 3uiiänbigfeit einjufebränfen, unb aus biefem
©runbe fönnen ftc ber Scftimmung beS 9iei<bSfrrafrecbtS gegenüber niebt auf*
reebt gebalten werben.
2Bcnn alfo baS angegriffene Urtbcil feine 2lnnabme, bafe ber Slngeflagte
im oorliegenben »Jall baS tbm juftebenbe 3ücbtigungSrecbt in geriebtlicb firafbarer
2lrt niebt Übertritten ^abe, auSfcblie§ltcb barauf ftü^t , bafj baS fiippe'fdje
«olfSfcbulgefefe eine ftrafrecbtlicbe Verfolgung ber tebrer nur eintreten laffc,
wenn eine ©efunb^eitSbefcbäbigung beS gejücbtigten ÄinbeS oorliegt, eine folcbe
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438
Seutföe« ©rrafredjt. Grfenntnifie beö 9tricf)8{jcrid)t$.
aber im oorliegenben gaHe nid)t eingetreten fei, fo üerlefct es bie angebogenen
Seftimmungen beS 91. ©t. ©. 93.
9lun ifl allerbingS nid^t jebe ba£ redjte 9)taß überfd)reitenbe 3ü$tigunö
frimineU ftrafbar; es ifl oielmcfjr anjuerfennen, bafj eS Ueberfcbrcitungen giebt,
meiere nur biöjtptineU ftrafbar bleiben, aber bic ^yeftfteüungen beö 3$orbcrrid)tcr3
reiben nidjt au£, um erfennen ju laffen, ob bei richtiger ©renjfdjeibung jroifdjen
biösiplinell unb friminett ftrafbaren 2luSfd)reitungen beS Seljrcrß bic oon bem
58orberrid)ter fcftgeftelltc föanblung auf jener ©eitc Hege.
3unäd)ft fann bie ©renje nur in ftragc fommen, roenn e$ feftftef)t, bafj
bcr Scfjrcr in Ausübung beö 3ücf>tiflunggrecf)t3 gefetylagen I)at.
Gine -iDli&banblung, roeld&e nur unter bem Sorioanbe biefer Sluöübung
eines 3 U( $ti9U n 93red)tS erfolgt ift, ift wtberredjtlidj unb fällt beöf)alb unter baö
©trafgefet*.
©oUtc aber baö 3üc!)tigung!3recbt ausgeübt werben, fo ergebt fid) bic
$ragc, ob ein 6rje| in ber 2lu£übung beffclben uorliegc.
(5S fommt bieSfallö oor allem in $etrad)t, bafj bie (irjtcf)ung bic förper*
lidje unb geiftige ©ntwufelung bcö 3W n 9^ förbern fot; bafj aud) baö
3üdjtigung£red)t nur }u befferer @rreid)ung biefes 3roedeS eingeräumt ift. 3)er
Umfang bcö 9ted)t£ wirb burdj biefen $mtd beftimmt unb begrenjt. Objeftiu
liegt eine Ueberfd)rcitung oor, wenn bic 3üa3tigung nid)t innerhalb ber ©renken
fid) f)ält, weldje burd) bie ©cbulgefcfcc gebogen ftnb ober aus ber begrifflichen
9iatur be£ bem Sefjrer eingeräumten 3ftd>ti9ungörcd)t)S fid) ergeben. 55er ber
l)croorgcbrad)t werben, welaje nid^t als bic notbwenbigen ober natürlichen folgen
einer innerhalb bcS regten 9Jtofeeö fid) baltcnben, weil jenem $ma ent
fpred)enbcn 3ttd&tigung anjufeben finb, wie bic (jrregung förpcrlidjcn ©djmerjcS
ober fonftigen 2Jlijwcf)agenS, leiste 2tufdjwcllungen, rote fic burd) ©daläge ent*
flehen, ©inb bic folgen anbere unb fdjwerere, fo fann nicht angenommen
werben, bafj baS ©efefc, welches bem Sichrer baS äüdhttgungSredjt einräumt, bic
§eroorbringung foldjcr folgen bem £el)rer $ugeftct)en wollte, (jtne 3"d)tigung,
burd) welche bic förperlid)e ober geiftige Integrität bcS ÄtnbeS gcfätjrbet, eine,
©efunbbcitsbefchäbigunq oerurfaebt roirb, liegt außerhalb beS ÄreifcS ber bem
iieljrer eingeräumten SüdjtigungSbefugnifj. ©in Scljrcr, welcher fd)ulbf) öfter
Söeife burd) bie 3üd)tigung einen foldjen fehwereren Grfolg Ijcroorbringt, fann
fid) nid)t mehr auf fein 3ü<$li9ungSrecbt berufen.
©elbftoerjtänblid) mufj od ber ^Beantwortung bcr gragc, ob ber £cl)rcr
ftrafredjtlid) fiir einen ©rfolg ^aftc, bcr nia)t inncrl)alb be§ ÄrcifesS ber
25irfungen liegt, roeld)c als bic natürliche ober naturnotljrocnbigc ^yolgc einer
innerhalb bcö' redeten 3Jca§eS fic^ Ijaltcnbcn 3üc^tigung 511 betraebten finb, unb
ob ihm berfclbe äum SBorfafc ober roenigftcnS sur Äulpa $usurcdmen fei, auf,er
ber Sefc^affcn^cit unb 2lrt ber ^anbtjabung bcS ©trafmittclS unb bcr ©ebroere
ber eingetretenen »yolge aud) bie 3«btöibualität beS gcjücbtigteu Minbeö, etwaige
3artl)ett bcr Äonjtitution, abnorme förpcrliajc ober pfi)cbifd)c ^üjpofition in
Setrad)t gejogen werben. 3 ur ^eftrafung wegen oorfä^lid) er flörperücrlcfcuua.
gehört, ba^ bcr l'cl)rer wij'f entließ baö 3üd)tigung§rcd)t übcrfdjrittcn Ijat, bafe
er bei bem, ma<3 er tl)at, bcr 2lu§fd)rcitung fia) bemufet gewefen ift.
©obann umfaRt ba« 3tta)tigung!ärcd)t, wenn e£ innerhalb ber aus 5yor-
ftebenbem fid) ergebenben ©ren^e bleibt, suglcid) baö Urtbcil barüber, ob in
einem einzelnen ^-alle eine ^ctfdjulbung bcö 3ö9ling3 oorlicgt, unb, wenn bicä
bcr ^aU ift, ob ein genügenber unb geeigneter 2lnlaj3 gegeben fei, eine 3äd)tigung
eintreten laffen, wclcbeö oon mel)reren erlaubten ^ü^tigungömitteln unb in
mcldjem ©rabc baffelbc an^uroenben fei.
3>ic ©orge bafür, ba& baö 3 u< *)tt9ung3rcd)t in biefer Steife gercd)t unb
SioccfmäBig ausgeübt werbe, ift junäd)ft Aufgabe bcr ©a)ule: fic roirb tyreu
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Seutföeö Straftest, ertenntntfie bcd 9teid)*9ert$tS. 439
dienet blSjiplmeU jur aSctanttoortung $ie&en, votxm er ftd& in biefen Schiebungen
ücrfc^it. eine firafredjtlid&e SBeranttoorttidjfett liegt nid^t fa>n um beStoiUen
por, weil btc innerhalb ber oben gezogenen ©ren$e uorgenommene Mäßigung
auf einem objeftip unnötigen Urteil über baä 23erfa;uloen beä 3ögTing3 ober
über ba£ -Mab bec anjutoenbenben Strafe beruht: bagegen wirb oie innerhalb
jener ©reme poruenommene 3ü$tt0una friminell firafbar, wenn ber Sebrer baö
ü)iu überladene Snedjt porfäfcltclj in ber 2Beifc mi§braud)t, baf? er roif fentlid)
einen Unfdjulbtgen süajtigt, ober bat"; er abfielt Ii a) eine mit bem $erfa)ulben
in feinem 3fo$ältnif3 fte^enbe ©träfe oerfügt, bafe er jüd&tigt, um ju rnife.»
Ijanbcln, ober baf» er ein 6trafmittel anroenbet, beffen Slnmenbung gefeftlitlj
unterlagt ift, unb sugletd) erfennen läßt, bafj es nidjt auf eine bem $>md ber
^ajulftrafen bienenbe 3üiti8 un 9> fonbem auf eine 3Rifcfwnblung abjjefehen mar.
£>iemad) genügte e£ nia)t, roenn ber SBorberridjter bic rriminelle Straf-
barfeit beä Slngeflagten baburd> allein audgefdjloffen erad&tete, bafj bie 3üdjtigung
nadf) feiner tfcftfreHung olme nadfjtljeüige plgen fär ben Änaben geblieben tft,
66 war oielmeljr m unterfudjen unb feftpftetten, ob au$ eine Ueberfdjreitung
naa) ber julefct gebauten Wcfjtung auSgefdfjloffen Hb
§§. 185. 194. 61. 64. 6t. <B. B., §§. 416. 431. St P»3. <D. Die
Slujfaffung 6er ©taateanroaltfo^afi, bafc fie naa) (Erbebuna, ber offen!*
Ud>en Rlage aue §. 416. 0t. PC05. <D. traft eigener ge|efelta>r Be-
fugntfc banMc unb r>on biefem tflomente an gänUitt) unabbänaig fei
oon bem Debatten ber urfprünglid) 'Hntragebereajtigten, insbejonberc
von ber Hüdnafymc bce Strafantrag«, ifl reAteirrtbümliO).
<£rf. b. III. Straffen, p. 14. Slpril 1880 c/a. ©ünt^er u. Sdjmibt,
ruoburdf) btc s Jteoifton ber Staat3antoaltfa)aft jurüefgetoiefen toorben ift.
§. 266. Öt. Pro5. <D. <£in Urtt>etl t in welkem nur ausgefproAen
tpirb, 6af> ber Slngefl. ber u)m 3ur L'aft gelegten Straftat burdj tbeil-
roeifee <Be|tänbni§ unb geugenausfagen mit allen Itmjtänben überführt
fei, olme auö) nur entfernt bie £batfaö)en anzugeben, roeltbe ber Straf-
tbat vi ßrunbe liegen follen, perlest ben §. 266. bestp. §. 377. 7.
0t. proj. <P.
@rf. b. L Straffen, p. 15. Slprtl 1880 c/a. Oppenheim, rooburd) auf
?luff)ebung be3 $orcrfenntniffe3 unb 3urü(foerroeifung erfannt toorben ift.
§§. 223. 232. 61. 65. 0t. <B. B. 3tn Geltungsgebiet bes Preufc.
% C. H., be5». ber preufj. Dormunbf&afteorb. ifl 'bie unebelia)e Hlutter
als foltbc nirt)t gefeiJUa>e Vertreterin ibres ftfnbee unb fceabälb niebt
bereinigt, roeaen einer bem llinbe 3ugefÜgten JUi^banblung ben Straf-
antrag 3u ftellen.
6rt. b. II. Straffen, p. 16. 3lpril 1880 c/a. Subbel, moburdb bie
s Jiia)tigfeiti8befdtjtoerbe ber Dber*Staat$anroaltfd>aft ^urürfgeroiefen roorben ift.
@ r ü n b e.
2)ie auf «erle^ung ber §§. 223. 232. 61. 65. beS St. ®. gefiü^tc
% 53. beS preu&. DberftaatSantoaltö ju Ä. fann für begrünbet nid)t erad>tet
toerben.
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440 Scutföe* ©ttafredjt. Grfenntniffe beö Nrid^Qeridjt*.
9tach ber thatfächltchen ftefrfteflung bcr Snftanjtidjtet ^anbelt t& fidt) cor*
liegenb — wooon auch bic 2lnttagefchrift ausgebt — um eine leiste norfäfcltche
Äörperoerle$ung im Sinne beö §. 223. be« St. @. V., nicht um eine nach §. 223a.
baf. quaUfairte Äörperoerle&ung. $)ie Strafoerfolgung tonnte beSfjalb nach
§. 232. baf., ba auch bie Uebertretung einer 2lmt3*, Veruf«* ober ©ewerbSpflicht
nidht in 9tebe fteht, nur auf 2lntrag eintreten. $)afj ber oon ber unehelichen
Butter be« mifehanbelten unb, beoor ihm ein Vormunb beftellt worben, im 3llter
uon etroa 2 fahren oerftorbenen ßinbe« gepellte Strafantrag baju nicht ausreicht,
hat ber 21. 9t. ohne 9techt«irrthum angenommen. 3)urch §. 65 be« St. ©. 93.
ift ba£ Stecht, innerhalb ber im §. 61. baf. angegebenen ftrift auf Veftrafung
anzutragen, bem Verlebten, roelcher ba« achtzehnte Lebensjahr ooüenbet hat unb,
wenn ber Verlebte minber jährig, unabhängig oon beffen eigener Vefugmfe, bem
gefefclichen Vertreter beffelben beigelegt.
51(3 Verlebter im Sinne biete« §. 65. ift nur berjenige ju erachten,
welcher burdh bie bie Straftat bilbenbe £>anblung fclbft betroffen, — in feinen
fechten burch biefelbe unmittelbar gefränft toirb. 9tachthcile, welche nicht burd)
bie Straf that für fidt), fonbern erft in weiterer golge au« berfelben fich ergeben,
tonnen bie ©genfd&aft be« Verlebten nicht begrünben. Vei einer leichten oor-
faßlichen Äörperoerlefcung ift be«halb nur ber, gegen welchen biefelbe gerichtet
war, ber Vcrlefcte. 2)iefe 3luffaffung liegt offenbar ber Vorfchrift be« §. 232.
2lbf. 3. be« St. @. V. ju ©runbe, inbem bamach für erforberlich erachtet ijt,
für ben gaU, bafe ©hefrauen ober unter oäterlicher ©ewalt fiehenben Äinbern
eine leichte r»or faßliche ober eine fahrläffige Äörperoerlefcung zugefügt worben,
ben ©hemännern unb Sötern ein felbjtftänoigeS 2tntrag«recht au«brücfltch beizu*
legen, obwohl au« foldhen Äörperoerle^unaen gerabe ben ©hemännern unb
Tätern 9tachtt)eile erwachfen werben. 5)er 5t. 93. ifl be«halb barin nicht 6eip*
flimmen, bafe ber 2J?utter be« oerlefeten ßinbe« wegen ber ihr obfallenben 9Bar*
tung unb pflege beffelben ein felbftftänbige« 2Intrag«recht §uftanb.
Sluch als gefe&Uche Vertreterin fann bie uneheliche SHutter be« mi&han*
belten Äinbc« nicht erachtet werben.
S)er in ben SWotioen zu bem §. 65. be« St. ©. 33. (S. 76) auSgefprodhenc
(Sebanfe, bafj ba, wo bie SDtutter, ohne eigentliche Vormünberin ju fem, als gc
fcfcliche Vertreterin minber jähriger Jttnber erfdheine, biefelbe als jur Antrag
ftcllung berechtigt an$ufehcu fei, unb bie mit 9tücfftcht herauf ftatt ber 2Bortc
bc« Entwurfs : „ber Vater ober Vormunb" in ben §. 65. aufgenommene Vc*
Zeichnung: „ber gefefcliche Vertreter" führen bahin, ben Vegriff be« gcfefcltchcn
Vertreter« nach oer £anbe«gefefegebung zu beftimmeu.
Vorliegenb, wo ba« ©eltung«gebiet be« Sßreufj. 31. 2. 9t. unb bcr
preufe. Vormunbfchaftöorbn. n. 5. $uli 1875 in 91ebe fteht, ift ber oon ber un-
ehelichen ÜJtutter gcftcllte Strafantraq nicht berjenige be« gefefclichen Vertreter«.
$war fmb in ben §§. 621. ff. be« 21. £. 9t. XI). II. Sit. 2. ber SJcutter in Ve
Ztehung auf bie Verpflegung unb bie ©rz^hung be« unehelichen Äinbe« gewiffe
Stechte beigelegt: auch Beftet)en zwifchen beiben, bem nahen Verwanbtsfchaft«*
nerhältniffe entfprechcnb , gegenfeitige 2llimentation«pflicht unb (Srbanfprüdjc
(§§. 633. bi« 638. §§. 656. bi« 659. baf.). (Sbenfo wirb nach §• 49. beS 2t.
S. 9t. II. Zit. 1. (ogl. §§. 29. 30. be« 9teich«gefebe« über bie Veurfunbung
be« ^crfoncnflanbe« :c. t». 6. gebr. 1875, 9t. ©. VI. S. 23), im ftatte ber
Vcrhcirathung, bie Einwilligung ber uneheltdjen 9)tutter erforbert. $>cm gegen^
über ift im §. 645. bc« 21. S. 9t. II. Sit. 2. ber ©runbfafc aufgeftettt, bafe
bie perfönlichen 9tcchte ber Gltern über uneheliche Äinber fich nicht weiter er«
ftreefen, al« e« ber 3wecf ber ©rzietjung erforbert, unb nach §• 014. baf. unb
2lnhang §. 95. foU bem unehelichen Äinbe, beffen 9Rutter nicht mehr in oäter>
lieber ©ewalt jteht, oon 2lmt«wegen ein Vormunb beftellt werben, tiefem lag
naa) §• 1. 3. 231. ff. be« 21. S. 9t. II. 2it. 18. bic Sorge für bic Pflege*
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<
Seutföe« (Straf re*t. <5rfeimtmfie bc« 3leicf)§gerUf)tö. 44 \
befohlenen in Sfofehung aller ihrer Angelegenheiten, tnSbefonbere auch beten
Vertretung ob. 9tadj §. 12. ber VormunbfcbaftSorbn. 0. 5. $uli 1875 wirb übet
ein uneheliches tönb ber Vater ber unehelichen üßutter, fo lange bog Vormunb»
fd)aftSgericht nicht einen aitbem Vormunb beftellt, qcfe^ltd^er Vormunb, unb in
§. 27. baf. ift bcm Vormunbe bie ©orge für bie Nerton unb bie Vermögens^
angelegenheiten besS SlflünbelS, fowie bie erforberliche Vertretung beffelben juge*
wiefen, währenb nach §. 28. baf. ber SJfutter nur beffen (Srjiehung unter ber
3luffid^t beS 93ormunbeS suftebt, wenn ü)r biefelbe mdjt aus befonberen ®rünben
entjogen ift. Sil« gefcfoltche Vertreterin ihrer minberjäbrtgen Äinber ift hiernach
bie uneheliche 3Hutter weber in ben Vorfdjriften beS 21. 8. 91, noch in ber
neueren VormunbfchaftSorbn. 0. 5. 3uli 1875 anerfannt.
2Benn aber nach §. 232. beS 6t. ©. V. bie 6trafoerfolgung wegen leidjter
oorfäfclicher ßörperoerlefcung, welche nicht mit Uebertretung einer 2fattS=% VerufS*
ober ©emerbSpflicht begangen worben, nur auf 2tntrag eintreten fott, fo barf
oon bem (£rforberniffe beS Anträge« allein roegen folcher Umftänbe, welche bie
^erfon beS Verlebten betreffen, nicht abgefefjen werben. 25er Antrag auf ©traf*
oerfolguna fonnte oorlicgenb roegen beS Alters beS oertefcten ßinbeS nur burch
ben gefefelichen Vertreter beffelben gefiellt roerben. SDafe unb rote bie Veftcllung
eines folchen herbeizuführen war, ift im §. 16. ber VormunbfchaftSorbn. 0.
5. Suti 1875 oorgefchrieben; inSbefonbere £>atte bamach bie uneheliche 9J!utter
bie Verpflichtung, alSbalb, nachbem bie Stotbmenbtgfeit ber Einleitung ber Vor-
munbfehaft (ich ergeben, bcm VormunbfchaftSgericht Anzeige ju machen. 3ft burd)
ben injroifchen erfolgten Job beS tfinbcS bie VefteHung eines gefefclicben Ver«
treters unausführbar geworben, fo folgt barauS nur, bafj ber com ©efefee sur
Strafoerfolgung erforberte Antrag nicht befchafft roerben fann, nicht aber, bafe
eS eine« folchen Antrages nunmehr nicht bebarf, unb bie Strafoerfolgung oon
AmtSwegen juläffig wirb.
®te gegen baS AppeUationSerfcnntnifj, welches wegen Langels bes ©traf*
antrageS bie ©trafoetfolgung für unftatthaft erflärt, erhobene 91. V. ifl hiernach
aurücfjuweifen.
. 59. 137. 0t <B. B„ §. 9. Pt. önbhafl. ©rbn. 0. 15. m&t$ 1869,
30. Pr. <B. über ben (Elgentbumecrwerb ». 5. fllai 1872. Die in
«folge öer@ubba{lationoeinleUung eintretende Befcblagnabme bes (Bruno*
flücfß erftretft fia) nach preu§ifchem Recbt auch auf bie abgefonberten
,frücbte t welche noch auf bem (Brunbjrücf oorban&en jlnb. 2luoge-
fchlojfen bleibt aber bie Strafbarteit ber (Entziehung aus ber Befcblag-
nahme, wenn ber Jbrtfchaffenöe ba« üorhanbenfein oon Ihatum*
flänben nicht rannte, welche 5um gefefcllcben Ibatbeflanbe bee Vergebene
gehören.
@rf. beS II. ©traffen. 0. 16. 2lpril 1880 c/a. ©cheffler, woburch baS
Vorerfenntntjj oemichtet unb auf 3utü<foerweifung erfannt wotben ift.
§§. 34. 243. 2lbf. 2. @t. PM3. (D. (Ein (Bcricbtsbefthluß, mittelfl beffen
ein Eintrag auf Vernehmung »on beugen abgelehnt wirb, „weil bas
(Bericht bie 0ache für genügenb aufgeflört eraa>te u t erfchclnt nicht auo-
reifend begrünbet.
@r!. beS III. ©troffen. 0. 17. Slpril 1880 c/a. VartelS, woburch auf
Aufhebung beS VorerfenntniffeS unb auf 3m u ^erwctfung erfannt worben ift.
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442 $cutfd)rt (Straftest. (Srfenntniffc beä 9leid)8ßert<f)tö.
§§. 134. 146. (Ben). <D. ». 21. 3uni 1869. Die tCil^uno 6er Arbeit»,
löhne bureb Auszahlung in £ons, welche ale Gablung för XDaaren
bienen, welche von bejrimmten l)änMern $u belieben fmb, unb oic «Ein*
löfung 6er Bona bureb bie ,fabrirTafic t oerjtöfct gegen bic Bcjrimmung
bco J34. iBcw. <P.
@rf. beS I. Straffen, o. 19. 2lpril 1880 c/a. Wrüneberg, woburd) auf
3urüdroeifung ber Meoifion erfannt worben ift.
§§. 255. u. 244. Qlbf. 1. 6t. Pro$. <D. Der & 255. 6t. Pro*. <D.
begrünbet fein Hecht auf Derlcfung öer frort aufgeführten ed>rifljtücfe t
wenn bas (Beriet letztere für unerfyeblid) erachtet. Sdjriftjiücfc, welche
ber Slngeflagte $u oen Elften eingereicht b.at t gehören nicfyt fdjon be«-
balb ^u oen bVrbeigefcbafften Beweismitteln im 6inne bc* §. 244.
'2lbf. L et. Pro5. <P.
(*rf. bc$ I. Straffen, u. 19. 9lprit 1880 c/a. wobutd& bic totfton
bc* 2tngcft surürfgewtefen worben ift.
61. 65. 6t. (F. B. <£in tFcneralbcuollmäcbtigter ift befugt, für
oen verlebten Auftraggeber einen etrafantrag $u ftellen, infofem in
ber tpencraloollmacbt Vugleid) eine auf bic Stellung von ötrafanträgen
bezügliche epczialooll'macbt enthalten ift.
GrF. beS IL Straffen, u. 20. 2lpril 1880 c/a. J$lefd)mann, moburd) auf
2lufljebung bess ^orcrfcnntmffcS unb 3urütfoctwcifung erfannt worben ift.
£ie $rau ©. hatte auf @runb einer if;r uon ihrem ©bemann jur $er*
maltung bcö ber minorennen Sodjter bcSfclben gehörenben §aufc£ erteilten
©eneraloollmacht bem 2lngetl. % eine bort befinblichc 3Bol)nung nermiet^et unb
uor beffen 2lu$3uge ir)r Retentionsrecht geltenb gemacht, um bemnächft gegen ihn
auf ®runb beä §. 289. @t. ®. SJ. Strafantrag j>u [teilen, ba bcrfclbe gleichwohl
heimlich feine ÜDtobilien au$ ber SBohnung gefcqafft hatte. 2>a3 mit 2lburthcüung
ber Sache befaßte Sanbgericbt Berlin II. erfanntc inbeffen auf ßinftellung beS
«erfahren«, ba bic Stellung cincS Strafantrages auf ©runb einer ©eneratuoll*
maa)t unjuläffig fei.
®ie bic töeuifion für begränbet erachtenbe (Snlfcheibung lautet:
@ r ü n b e.
SBenn ber Sefchwcrbeführer in ber oorliegenben Sadjc feine 83efd)werbc
au£fd)liefeücb bureb, ben £inrociS auf bic ©runbfä&e rechtfertigen su fönnen
glaubt, welche baö preuft. £anbrcd)t JhX I. £it. 13. über ben VoUmachfcSauftrag
aufftellt, fo erfebeint bic$ allerbingS nicht jutreffenb, benn bic bort gegebenen
«orfchnften bejte^cn ftd) (ogl. §§. 18. 19. a. a. 0.) auefdjlic<d) auf baö Ge-
biet bcö s 4>riüatrcd^tß. 3 n ll) i c w ^ c » nc Slu^übung oon $efugni)ien r roelcbc
in bem Ö^cntlidjcn ")ied)t rourjcln — unb um eine berartige 5)efugnife b^anbelt
efi ftd) f)icr burd) 53cooUmäd)tigte juläffig ift, muß in erftcr üinic auf ©nrnb
ber (^efeue emfdjicbcn werben, weldje ben betreffenben Xtyii bc$ öffentlichen
^ed;tö regeln, l)ier alfo beö Strafgcfc^bud)C!8.
S)aö bcutfdje Strafgefc&bud) bcjcidinet 3um ^Ijeil bic ^erfonen auäbrüdlidb,
melden baö Mtedu sufteben foü, Straf antrage ju ftcüen (ugl. §§. 4. V JU*. 3. 102.
103. 170. 182. 189. 195. 190. 288.); wo bieS nid)t ber §all, ift nad) ber 38c*
ftimmung bcö §. 05. beö St. ®. iö. ber 33erlc^tc ber sum Antrage iöcrcdjtigtc.
(imc 6tcttocrtrctung bcö lederen im engeren Sinne, b. \). eine Vertretung im
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2)eutfö>a Strafrcrf)t. Crtcnnhitfie bcä JReia)daeriö)t$. 443
2öiUcn beffelben, bergeftalt, bafe bcr SBiOe beS Vertreters als bet SBiUe beS
Vertretenen gilt, fennt baS Strafgefe&buch nur in ben fällen beS §. 65. Abf. 2.
unb 3., mofelbft bie Vertretung ber 9Jttnber jährigen unb ber beoormunbeten
®etftcSfranfen unb Xaubftummcn für juläffig erflärt wirb. 9ttan wirb batjer
auch barüber hinaus eine Stefloertretung in biefem Sinne (Vertretung im
3öiUen) grunbfäfelid) um fo gewitfer ausschliefen haben, als jebe wahre Stell;
uertretung wegen ber bartn enthaltenen ftiftion, bafe ber SBiÜe beS Vertreters
gefefclich als ber SBille beS Vertretenen gilt, nur auf ©runb gefefclicher @rmäa>
tigung suläfftg unb baö Antragsrecht feiner ÜRatur nach, als ein hödjft perfön*
licheS Utecht Derjenigen $erfonen erfeheint, meldjen baffclbe burch baS ©efefc
ocrliehen ift.
@S mürbe aber unrichtig fein, menn man aus biefen Vorbetfäfcen ben
Sdfjlufj sieben roolltc, bafe beShalb ein ©eneralbeooümächtigter unter !einen Um*
ftänben befugt fein fönne, Samens beS Vollmachtgebers einen ©trafantrag su
fteüen.
Surd) bie oorftehenben Ausführungen wirb junächft nicht auSgefchloffen,
baft ber Antragsberechtigte in einem gegebenen $all einen dritten ermächtigen
fann, für ihn ben Strafantrag ju fteüen. (SS ift bieg feine Stelloertretung im
engeren 6innc, feine! Vertretung im SföiUen, fonbern eine Vertretung in bcr
^illenSerflärung. 3n folgern ftall erflärt bcr Vertreter ben rotrflichen SöiUcn
beS Vertretenen; er hat rechtlich lebiglich bie Stellung eines Voten. Sie 3 U *
läffigfeit biefer Art ber Vertretung ergiebt ftdj barauS, bajj eine öorm für bie
Stellung eine« Strafantrags nicht oorgefebrieben ift unb Unterer baljer burd)
alle Littel, meldte eine Äunbgebung beS 2Btü*enS geftatten, innerhalb ber burch
ben §. 156. St. $ros. D. gezogenen ©renjen geftellt roerben fann. Saraus folgt
weiter, bafe auch in einer ©eneratooÜmacbt, burch welche ^emanben bie Vcrroal*
tung eines ganzen Vermögens ober eines cmselncu VermögenSftücfS übertragen
roirb, gültig bie (Srflärung abgegeben roerben fann, bafc ber Auftraggeber in
aßen fallen, in welchen oon Seiten Sritter ftrafbare Angriffe auf baS bcr Ver >
waltung beS Venollmächtigten untcrftcUtc Vermögen, bejw. ftrafbare Eingriffe
in bic bamit sufammcnhängcnbeii VcrmögenSrcdjte gefchchen, mit einer Straf»
ucrfolgung einoerftanben fei, unb bcr Vcooümächtigte ermächtigt fein follc, für
ben Auftraggeber ben Strafantrag gu fteHen. Auch in folgen ftällen, in welchen
in ber ©encralöoümacht zugleich eine auf bie Stellung oon Strafanträgen be^ug*
liehe Spejicdnollmacht enthalten ift, ift ber ©encralbeoollmächtigtc unbebingt jur
Stellung beS Strafantrags etntretenben $alls befugt, er ift als baS Drgan,
welches ben Söillen beS Verlebten, bie Strafocrfolgung eintreten au laffen, sunt
AuSbrucf bringt, aufjuf äffen. 9Jton wirb aber noch einen Schritt weiter gehen
muffen. Sa nach ben beftehenben iRedjtSgrunbfä&en bcr ftiüfchweigenb erflärte
Söiüc bem auSbrücflidj erflärten glcichftcbt, fo weit nicht baS pofitioe "Jtecbt in
einseinen fällen baS ©egentbeil anorbnet, fo mu6 auch, ohne bafe in ber ©cneral*
oollmacht auSbrücflich unb fpcjuell ber 3wftimmung beS Auftraggebers, eine (traf*
rechtliche Verfolgung wegen bcr etwa crfolgtnbcn Vermögensbeeinträchtigungen
eintreten s" laffen, gebadjt ift, bcr ©eneralbeooHmächtigtc sur Stellung beS
Strafantrags befugt erfcheinen, wenn unb fo weit im einjelncu Salle angenommen
werben fann, bafe bic Stellung beS Antrags bem wirflichen ilUucn beS Auftrags
gcberS entfpricht. (SS wirb biefe Schlußfolgerung regelmäßig bei aßen Anträgen
Sur Verfolgung folchcr ftraf baren ^anblungen juläffig fein, burch mcltfc bic
Stechte beS Vollmachtgebers in Vcjicbung 'auf baS bem VcooUmächtigten jur
Verwaltung anoertrautc Vermögen gefchäbigt werben, welche alfo ftrafbare Gin*
griffe in bie ocrmögcnSrcchtlichen ^ntereffen enthalten, mit beren Ußahrung bcr
©eneralbeoollmächtigtc gcrabc betraut ift, weil man nicht annehmen barf, baft
bcr Vollmachtgeber auf bic Ausübung eines s Jted;tS hat oerjichten wollen, welches
unter Umftänbcn als baS einsige, jcbcnfaUS aber als bas wirffamftc Littel
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444 5>eutfdje8 ©trafredjt (Erlcimhtiffe t>cS JReid)$ßeri4tÄ.
erfdjeint, weiteren SermögenSocrluften oorjubeugen unb bcn Grfafc bcr bereit«
entfianbenen oorjuberetten. ^rcilicb würbe biefer ©eblufe in ben fällen nicht
zutreffen, in welchen bie bei bcr firafbaren &anblung Setbeiligten in einem SBet*
bdltniffc jutn Verlebten fteben, welche e£ zweifelhaft erfebeinen laffen, ob auch
in biefem ÖaHe bie rücffid?t^lofc SluSübung bcS 2lntraa$redjt3 bem roirf lieben
SBiüen be3 Verlebten entfprechen würbe. $n folgen %äütn würbe e& fid^ aber
auch nicht um Sßahrung eines auSfchliefelich üermögenSreddtlid^en 3 n tattffc3
hanbeln, unb roürbe beöljalb bie 2lnnabme einer buret) bie Grt&eiluna bcr ©eneral*
Dollmacbt erfolgten ftiafiroeigenben SöillcnScrflärung bc§ Vollmachtgeber«, eine
©trafoerfolgung eintreten ju laffen, in fällen biefer 2lrt nicht juläfftg fein, rocil
eine ftillfchmeigenbe 2i$tllen$erflärung immer nur ba angenommen werben barf,
wo bie oorliegenben X&atfaajen einen fiebern €a)lufe auf ben wirfltc&cn SBillen
geftatten.
Segt man bie oorftehenben s Jted)t3grunbfä&e jum ©tunbe, fo erfajeint bie
angefochtene Gntfcheibung re<ht3irrthümlich. GS hätte sunädjft bie ©cneralooll*
mad)t, welche bie Gt)efrau ©. oon bem gefe&lidjert Vertreter beS GigenthümerS
bc£ £mufe$ erhalten haben will, oorgelcgt unb auf ©runb berfelben geprüft
werben müffen, ob nach, bem ^nlwlt berfelben angenommen werben bürfe, ba&
bie Stellung beS ©trafantragS bem wirflidjen Sffiillen be3 Vollmachtgebers ent»
fpredje, eine ^age, bie nur bann ju oerncinen fein würbe, wenn Die ®cneraU
oollmadjt etwa befonbere, bisher nicht jur ©prad&e gefommene Sefdjränfungen
enthält, ober wenn ein bic 'Sicherheit ber fonft berechtigten Schlußfolgerung auf
ben SBillcn beä 2tuftraggeber3- beeinträdhtigenbe« perfönlichcS Verhältnis jmifdjen
bcr 2lngefchulbigten unb bem SlnttagSberecbtigten feflgeftellt werben tonnte. Von
foleben Ausnahmefällen abgefeben, würbe anzunehmen fein, bafe bic ©eneralooH*
macht, welche ber ®. bie 3lbminiftratiou beS $aufe$, ben Slbfcblufe oon afliet&S*
oerträgen über bie barin befinbliajcn s 3täume unb bie ©eltenbrnadjung be$ $fanb*
rechts an ben oon ben SJiiethern eingebrachten ©adjen überträgt, biefelbe auch,
Sur ©teUung beS ©trafantragS in ben Ratten be$ §. '289. beö ©t. ©. V.
ermächtigt.
§§. 21. 22. Stempel.®, ©. 7. Itlfirj 1822. Itr. 1. 6er allg. Porfcbr.
5um Stempcltarif. §§. 23. 104. I. 2. 11. C. K. Das einem ÄaufWr-
trage über Mobilicn beigefügte ücr^ciajntf) oon (Pegenftänben, welche
nicht einen 3nbegriff oon Sachen auemachen, ftellt 0* nicht als 3n*
oentariam im Sinne öes larifs jum Stempel»®, r». 7. itläcs 1822 als
^noentarium bar. Die im Kaufverträge enthaltene Qlbrcbc eines XDieber-
faafsreebtes 6es Vcrfäufcrs begrünbet neben öem ßauffrempel bic
Stempelppicbt nad) ber pofttion „üerträge" 6es ermahnten (Tarifs.
Gr!. be$ II. ©troffen, o. 20. 2lpril 1880 c/a. 3Jiüllcr u. ©en., woburch
auf t^eilweife Vernichtung beS SorerfcnntniffcS unb SScrhängung erhöhter
©tcmpclftrafe erfannt worben ift.
@ x ü n b e.
3)ic % be§ preufe. Oberftaatöanwalt^ fann infoweit für begrünbet
nicht erachtet werben, alö biefelbe geltcnb mad)t, bafe §u bem in bem tfaufoer*
trage oom 7. Oft. 1878 in Sejug genommenen ^cr^eichniffc ber oerfauften
s J)lobilien nad) ber 2;arifpofition „^noentarien" ju bem ©tempclgef. o. 7. 'JJiärj
1822 ein ©tcmpel oon 1 2)iarf 50 ^f. ju oerwenben gewefen.' ^ad) bem für
bic 3luÄlegung hcrbcisujichcnben §. 104. be$ 31. S. 9t. Z\)l I. lit. 2. wirb
unter ^noentarium bo4 ißcrjcichniB aücr ^u einem Inbegriffe gehörigen ©tücfc
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5)eutf<f)eS ©trofrcdjt. Grfemitnific bee fRctd)ögert<f)f$. 445
•
oerftanben, unb nach §. 23. baf. machen mehrere befonbere «Sachen, bic mit
einem gemeinf^aftlidjen Flamen beaeidmet §u werben pflegen, einen Inbegriff
non Sachen auS unb merben jufammengenommen als ein einzelnes ®an$e be*
hanbclt. Um einen folgen ^begriff fyanbüt eS fia) bei Den in bem gebauten
25üetäcid;niffc unter 2lngabe ber einsclnen greife als oerfauft aufgeführten 9)iöbel,
£auS* unb tfüchengeräthen, Äleibem unb Letten nicht. (Sine Vcrbinbung biefer
Sachen ju einem üJanjen t;at erfichtlich nicht beftanben. Siefelben erfcheinen in
bem Verjeidmiffe lebiglidj als befonbere Sachen, Die in eine anbere Beziehung,
als bafj fie gleichseitig oerfauft mürben, nicht gefegt waren. Sic Sarifpofition
„^noentarien" finbet öaher oorlicgcnb feine SlnrocnDung.
dagegen macht bie 9t. V. mit Stecht geltenb, bafe bie in bem Jlaufocrtrag
oom 7. Oft. 1878 ju ©unften beS VerfäufcrS getroffene Slbrebc eines lieber*
faufs einen befonberen Stempel von 1 'JJtorf 50 >)}f. erforbert.
Sie 2lbrebe beS SBieberfaufS enthält feine ben Äauf fclbft berührenbe
Vebingunö, unb macht beStjalb bie Söirfung beS tfaufS nicht roieber aufhören;
fie giebt uielmehr bem Verfäufer nur ein obligatorifches Stecht gegen ben Käufer,
— bahin geljenb, baß biefer ihm biefelbe Saa)e gegen einen beftimmten, fei es
im Voraus feftgefcfctcn ober feiner >$i\t $u ermittelnbcn SJkciS roieber uerfaufe.
Sie Stipulation beS 2SieberfaufSrechtS ift bafjer ni du eine auflöfenbe Vebingung
beS ÄaufoertrageS. (SS ergiebt fieb bicS namentlich barauS, bafj, roenn ber Ver*
fäufer oon bem ihm oorbe^aUencn ftedne Gebrauch mad)t, baS burd) ben Söieber*
fauf gefebaffene s JtechtSoerhältnifj nicht, wie bei einer auflöfenben Vebingung,
babura) ieine üöfung finbet, bajj ber Verfäufer gegen SKücfcmpfang ber Sache
baS Kaufgelb erftattet, fonbern bafj eS beS 2lbfa;lutfeS eines neuen, ben SBieber*
fauf feftfefcenben Vertrages bebarf, bei meinem ber Kaufpreis burdmuS nicht
nothroenbig berfelbe fein mujj, wie bei bem erften Äaufocrtrage. 2öährcnb baher
baS s il. £. SR. bei ben übrigen in ben §§. 258. 260. 272. 333. ermähnten, bei
Staufen üblichen 9iebem>ertragen bie Statur ber auffdnebenbcu ober auflöfenben
Vebingung auSbrücflich l)croor^ebt, ift bicS bei bem iffiteberfaufe, offenbar nicht
ohne ÖJrunb, unterlaffen, mögen auch bie ©runbiäfce über auflöfenbe Vcbingungcu
bei Vcftimmung ber au* bem Vorbehalt beS üttieberfaufS fid» ergebenben gegen*
feitigen JHea)te unb Verbtnblichfeiten ben SHebaftoren beS s il. & ?K. oielfach cor*
gefdjroebt haben.
Ser iiBieberfauf geroä^rt ba^er nur ben Stitel ju einem neuen obltgalo*
rifa)en ^er^ältni^. (£r ift ein pactum de contrahendo unb al£ fold)e£ ein be-
fonberer Stebenuertrag, melier tro^, feiner äufeeren acccfforifa)en Statur ein,
aufeer^alb ber aus bem Äaufe fclbft fia) ergebenben iftedjte unb ^erbinblia)feiteu
liegenbeö SHedjtöDer^ältnife, — bie Verpflichtung beS fläuferS ^u einem fünftigen
Verfaufe, neu begrünbet, baljer einen oon bem flaute oerfa)iebenen ©egenftanb
hat. S)iefe rechtua)c Statur öcS BiebetfaufS fommt bei Hluioenbung ber 3er. 1.
ber allgern. 4>orfa)riften jum Stempeltarif in SBetradjt. ^arnad; foü, roenn eine
fchriftliche Verljanblung uerfdjicbene ftempelpflia)tige ©cgenftänbe ober Öefchäftc
enthält, ber betrag beS Stempels für jeben biefer ©egcnftänbc unb jebeS biefer
©efchäfte befonbers berechnet, unb bie &erhanblung mit ber Summe aller biefer
Stempclbeträge jufammen genommen belegt werben, infofern ber £arif nia)t
auSbnicflich Befreiungen für befonbere ftalle biefer Slrt enthält. 3 U bem
aJtobitien*Äaufüertrage o. 7. Oft. 1878 roar baher nicht nur ber Stempel nach
ber Sarifpofttion: „Äaufoerträge", — V s ^rojent beS oerabrebeten ÄaufpreifeS
oon 849 Wlt 10 $f. mit 3 s Ml, — fonbern auch für ben ben Sffiieberfauf bt-
treffenben befonberen Vertrag ber Stempel nach ber ^ofition: „Verträge'' non
1 Mf. 50 s£f. ju oerroenben. SBegen ber ^tichtoerroenbung be« inSgefammt
erforberten Stempels non 4 S M. 50 tyf. hat jeber ber Äontrahenten nach otn
Vorfchriften §§. 21. 22. be« ©tempelgef. o. 7. 9Rär$ J822 bie Strafe beS oic;v
fachen Betrages, alfo non 18 2Rf., oerroirft.
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44C SeurjdjeS Strafredjt. (frfenntniffe bcö 9tcid)§acrid)t$.
@* war ba^cr gemäfe 3lrt. 116. beS ©ef. v. 3. 3Kai 1852 ba« angef.
(srfenntnijj inforocit aufgeben, als jcbcr ber 2lngef tagten nur mit einer ©clö-
ftrafc von 12 s JÜtf. belegt worben ift. unb in ber 6ad)c fclbft gegen jeben ber
beiben 2lngeflagten auf eine ©clbftrafc von 18 Wlt §u erfennen, im llcbrigen
aber bic m. 23. jurücfjuweifcn.
§. 2$7>. et. <B. B. fr 210. ftonf. <D. Der Austritt eines f>anbcls*
gefellfdjafters aus 6er fjanbclegefellfcbaft befreit benfelbcn bei fpäter
jtattfinoenber 5 a blungscinjtcllung nidu von ber Strafe bes cinfadien
Banfcrutts, wenn feftgejtcllt worben ift, baf> bie ^ablungseinKellung
nur eine »folge ber 5ur ^nt ber fjanbclsgcfellfcbaft vorbanbenen üet-
mögensüberfdiulbung gewefen ift.
(Sri. bcS III. Straffen, v. 21. Slprü 1880 e/a. Klopfer, wöburd) auf
Verwerfung ber iWeoifion erfannt worben ift.
§§. 56. 57. 6t. Pros. <P. 21ur in beit im §. 56. 6t. Pro$ <D.
aufgeführten »fallen ift bie Dcrcibtgung von 5 cu 9 cn verboten» unb bei
Perfonen, welche $u bem Bcfcbulbigtcn in einem IVrbältnifi fiebert,
welches fte jur Verweigerung bes gettönifics nach §. 51. 6t. Pro.v (l>.
bcrcditigt, hängt es von bem richterlicben vErmejfen ab, ob fic 3U »er«
eibigen ftnb (§. 57. 2lbf. L). <£in c£rfenntni|i, welches nicht erficbtlicb
werben laf»t, baf; ein 3 CU S C » ÄU f i^iUn j&eugnifjaiiefage er|ieres
beruht, 511 einer ber im £. 56. aufgeführten üategorien gehört, noch
ba£ bei ihm bic XVrfchrift bes i?. 57. QInwenbung finben tonnte, ift auf«
^uheben.
Grf. be§ III. erraffen, u. 21. 3tpril 1880 c/a. 9tabfc, woburd) auf
2lufl)ebung bc3 VorerfcnntniffcS unb auf ^uriiefoerweifung erfannt worben ift.
p. 249. 255. 6t. Pro5. <P. Die Derlefung ber protofollirten Aus-
lage eines 6achvcrftänbigen in ber ftauptvcrbanblung ohne llonfta-
tirung ber eine folche Derlefung nad) ber 6t. pro.v <D. geftattenben
(Brünbc, gleichwie biejenige von ältlichen (Butachten, infofern fte
nicht Qlttejte über nicht fchwere Uörperverle^unaen enthalten, i|t un-
jrattbaft.
(?rf. be§ III. Straffen, v. 21. SÄpril 1880 c/a. Siücfert, woburd) auf
2lufl)ebung be<8 SBorerfcnntniffeS unb auf 3urücfocrweifung erfannt worben ift.
§. 221. 6t. <P. B. & 265. 6t. pro$. <P. £s liegt feine ßinbesaus»
fet^ang feiten© ber ülutter vor, wenn letztere bem nicbergclegten Uinbe
fo lange ihre »fürforge angebeiben läf>t, bis es mittel» frember tfilfe
Aufnahme unb Pflege finbet. Das llrtbcil bat ftcb barüber, ob' bie
Ibat von einem anberen (Bcficbtspunfte als ftrafbar qualifoirt, nur
bann ausjufprcdicn, wenn ein Eintrag auf lErftrccfung ber Derbanblung
nach biefer Hiditung geftellt worben ift.
Grf. be§ III. Straffen, u. 21. Slpril 1880 c/a. SSolfmcr, woburd; auf
Verwerfung ber ftaat$anmaltltd)cn iHcotfion erfannt worben ift.
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Scutfcfjeö ©trafrcdjt. Grfcimtniffc bcö jKei(f)gflcri*t«. 447
© r ü n b c.
©egenüber bcr crftinftait^icllcn ^eftftcllumj, bafj 2tngcEl. bcm von ibr
auf bcr fogenannten ©aalbiele bcr v 4J. ? fdjcn äSofmung niebergcfefcteu tfinDe iyre
^ürforgc fo lange Ijat angebeigen laffen, bi§ baffclbe oon ben s ^.'|a^cn (itjclcutcn
gefunben war, bafj fic aua) naeg ben igr befannten ^crfönlidnxitcn biefer
leute ftürforge unb pflege für baS Äinb Ijat erroarten bürfen, fann bic Sicoifion,
fo weit fic £erlefcung beS §. 221. beS ©t. ©. 43. rügt, für begrünbet nid)t
erachtet roerben. S)cnn ift bcr ©inn biefer geftftcllung, bafj Slngefl. baS ilinb
niegt bem 3ufalle preisgegeben, bafj fic fiel) oon bcmfclben oielmcljr erfl entfernt
bat, als fie bereite frembe &ülfe UjattadjUa) eintreten fay, fo ift alicrbingS mit
rKca)t baS SegriffSmcrfmal beS 2luSfefcenS »erncint roorben.
Slud) inforocit ift bie Stcoifion nidt)t begrünbet, als #erlc|jung beS §. 263.
bcr 6t. $rt>3. 0. gerügt ift. (SS ift freilid) anjuerfennen, bafe baS bcr iilngefl.
3ur Saft gelegte fonfrete Sgun beim ^injutritt weiterer tgatfäcglicgcr Momente
ben £l;atbeftanb beS in §. 169. bcs 6t. ®. 58. oorgefeyenen s JteateS bcr Unter-
brüefung beS $crfonenftanbcS eines Ruberen erfüllen fann, unb cS ift bcr
©taatSanroaltfdjaft aud) 3ujugcbcn, bafj bcr ^njtansricytcr }ur Prüfung ber £gat
aus biefem ©efidjtSpunfte feyon oon 2lmtSrocgen oerpfUcgtct geroefen ift. Jju
beSfallfigen Bestellungen im Urteil mar berfclbc nur bann gehalten, wenn ein
Slntrag auf Grftrccfung ber £>erganblung naeg biefer Slicgtung gcflcllt ober bod)
eine Äunbgebung fcitcnS eines ber ^>ro3efjbetgeiligten erfolgt mar, meldte als
eine Slufforberung an baS ©cricyt angefeljen roerben mußte, ben neuen ©cficyts-
punft einer Prüfung 3U untcrjicljcn. 2öenn bieS nid)t ber $all roar, roie nadj
bem ^rotofoll für bic oorlicgenbe ©aege ansuneymen, fo läfjt fiel) eine ütopflid)
tung beS ©ericyts, alle bic »erfeyiebenen ©efieytSpunftc, aus beneu bcr $all etroa
geroürbigt roerben tonnte, in ben UrtyetlSgrünben ju erörtern, nidjt behaupten.
Jjn ber <Qauptfa<f)e yängt es oon bcr tyatfäcglicgcn iöeurtycilung ber (srgebniffe
ber SScrganblung ab, ob bie Sßerganblung unb UrtgeilSfinbung auf ben anbern
©eftcgtSpunft ju erftrerfen ift. GS fönntc aber nur, roenn bic 9iid)tcrfrrecfung
auf einen föecytSirrtyum, fei eS in Öejug auf baS $ro$efjrccgt ober auf ba*
materielle SKecyt jurücfjufü^ren ift, bic iHeoifion auf bic Stjatfacge bcr 5Rtd^t-
erftreefung geftüöt roerben. 3m oorliegenbcn gaU feylt cS an jebem 2lngaltS^
pun!t für einen berartigen, ber Wieytcrftreefung 311 ©runbc liegeuben 3rrtl)um.
GS fann bayer roeber barauS, bafj bie Gntfcyctbung nicf)t auf ben anbern ©c-
ficfjtSpunft auSgebclmt rourbc, nod) barauS, bajj bic UrtgcilSgrünbe eine Wecgt-
fertigung biefer Unterlaffung niegt enthalten, ein MeoifionSgrunb abgeleitet roerben.
115. 0t (F. B. ^lueläncufcben X>ampffd)iffen, welche in beutfebe
Bobcnfecyäfcn einlaufen, jtcfyt in Ic^tercn nid)t 6as Kccbt öer (Ertcrri-
torialltdt ju.
§rf. beS I. 6traffcn. u. 22. 2lpril 188() c/a. %a^tv, roobur<§ auf 3wn»cf
roeifung bcr 9tc»ifion erfannt roorben ift.
© r ü n b c.
S)ie Slngeflagten, ©c^iffsfapitän unb ©teuermann it., eines ben ^obenfec
befafirenben ©djroetjer Dampfers, unb Seibc ©tyrociser, ftnb bura) Urt^cil beS
bayer. Sanbgeria^tS Ä. roegen 2i5iberftanbS gegen bic 6taatSgcroalt (§. 118.
6t. ©. unb roegen groben Unfugs §. 360. 11. oerurtgeilt roorben.
Siefe ftrafbaren ^anblungen rourben tl;eilS auf bem oorbcjeid)netcn
©duffe im banerifc^en Sobenfeeyafen 311 Einbau, naeybem bie 3lngefl. mit bem
©c^iffc in jenen §afen eingefahren roaren, tpeils auf bet ausgelegten SanbungS^
brüefe begangen.
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448 2>eutf<be§ etrofredjt. grfcnntmfic bcö $Rri<b§aerid)tS.
Sag Vergehen beS SSiberfianbS gecjen bic Staatsgewalt tnSbefonbcre ift
nad> bcr gcftftctlung beS crfcnncnbcn ©eTidjtS an bem ^oHjcirottmciftcr SD?, in
Sinbau ocrübt worben, als berfclbc baS ©d)iff betreten ^atte, um ctnxrige
„Schüblinge" in ©mpfang nehmen, fobann aber bie Sanbung eine« auf 3ln<
orbnung bcr $oltjelbcf)örbc in Rorfdjach auf bem 'Sdjiffe nach Sinbau, bc^ufö
feiner &anbung bafelbft, „oerfebubten Vaganten" auS SSürttcmberg unterfagte unb
5u oerhinbern fudjte, weil ihm auf ©runb einer Vereinbarung jmtfeben JÜanern
unb ber ©djrocU, wonach au« bcr ©dmxij auSgcwicfenc 3lngct)örigc Gürtlern*
bcrgS, SBabcnS unb OefterreichS nicht nach £inbau gebracht, fonbern bireft an
bic ©tcnjbcbörbcn ihrer ^cimathflaaten abgeliefert werben foüten, am 1. SJtärj
1879 uom ©tabtmagtftrat Sinbau bic fdjriftlidjc Söeifung erteilt worben mar,
folche «Jkrfoncn in fiinbau nid>t auSftcigen ju laffen, fonbern bic Rücf fahrt ber*
fclbcn 511 ocranlaffcn. >»
Sic 3:i)atbcftanbjSmcrfmnle ber ben 2tngcfl. jüc Saft gelegten firafbaren
föanblungcn finb in ben UrtbeilSgrünbcn crfdjöpfcnb feftgcfleUt.
Sie OieotfionSbcfdjwcrbe bcr beiben Slngefl. mad)t jeboeb junäa)fl geltcnb,
baS £anbgerid)t Kempten fei jur s Jlburtbcilung jener Jpanblwtaen auS bem ©runbc
nidjt juftänbig gewefen, weit bicfclbcn 00» Schweibern auf einem fchroeijerifchen
©djiffe begangen worben, unb weil nach einer SBcfanntmadmng 10m 4. SWärj»
18(38 (SBaueriicbeS Regierungsblatt ©. 385) für bie fcäfen bcS SJobafecS cbenjo
wie für ben SBobenfec fclbft eine internationale Orbnung gefdjaffeu roorben,
wonach ©dufte, welche fieb auf bem 33obenfec ober in einem &afen beffe'tben bc<
finben, ftetS ber Äompctcnj ber ©eridjte beS £anbcS, meinem fie ang^ören,
unterworfen feien.
Siefc Rüge ift unbegrünbet.
Rad) §. 3. beS ©t. ©. üb. finben bie ©trafgefc^e bcS Scutfcben Rcid)*
auf alle im Gebiete bcffclben begangenen ftrafbaren §anblungcn 2lnwenbun4f
auch menn bcr Später ein SluSlänber ift. \
Siefc ^eftimmung finbet im »orliea,enben ftaüe Hnwenbung, weil ber
üofen oon Ötnbau, wie baS Sanbgcricbt feftgeftettt hat, ein SBeftanbtljeil beS
iiönigl. bäuerlichen Staatsgebiets ift. *
Sie behauptete erterritorialität beS fehweijerifchen SampfbootS ©t. ©allen*
ift aud) bann nicht bcarunbet, wenn man bie oölfcrrcchtlicben ©runbfä&e über \
ben ©d)ifffa^rtSocrfebr auf bem ÜJiccrc aud) auf ben 53obenfce anroenben wollte. \
Senn nach jenen ©runbfäfccn ftnb frembc jpanbclSfduffc, welche in §äfen
eines anberen ©taateS fid) befinben, ber ©taatSbobeit, fonad) aueb ber ©ertcbtS- l
bnrfcit bcS lederen untermorfen. (Sbluntfd)li, baS mobeme 33ölferrect)t, 3. Stuft. \
319. 321.; ^peffter, baS europäifc^e mihxxzfy, ti. Slufl. ©. 102.) «oter- !
oon abmcidjcnbc Seflimmungen unb inSbefonbcre bie oon ben ©efc^roerbefüt/rerti
behaupteten Sorfc^riften finö in ber oon ben Äönigreidjen öaoem unb Söürttenv
berg, bem ©rotiberjogtbum Saben, bem tfatfertbum Oefterreich unb ber fd)ioei3e-
rifetjen (fibgenoficnfchaft oereinbarten internationalen ©dufffabrtS* unb ^afen-
orbnung für ben Sobenfee 0. 22. ©ept. 1867 (SatyeriföeS Regierungsblatt oon
18Ö8, ©. 385 ff.) nidjt enthalten.
SaS erfennenbe ©eric^t hat feftgcfteüt, bajj baS Sampffc^iff ,,©t. ©allen"
als .v>anbclSfcbiff 5U betrachten fei. Sa baffclbe ju ber 3eit, in meldjier auf i^m
bic abgeurteilten .^anblungcn begangen mürben, fich im §afen oon Sinbau,
fonaa) im ©eridjtSfprengel bcS SianbgcrichtS Kempten befanb, fo h öt
ledere auf ©runb beS §. 3. bcS ©t. ©. S., beS §. 73. 1. beS ©. V- ©. unb i
beS §. 7. ber ©t. $ro$. 0. mit Recht als juftänbig eraebtet. \
Sie ReoifionSbefchroerbe ber Slngefl. behauptet fobann coentuell: ©et
Xhatbeftanb beS §. 113. beS ©t. ©. S9. liege nicht oor, meil ber ^oliaeitott-
meiftcr 3M. nicht befugt geroefen fei, ohne Einwilligung beS ©dhiffStapitänS ^.
baS fehroeijerifege Sampffdiiff 3u betreten, äöenn fich berfclbe gleichwohl gegen
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3)eutfd)e8 @traft€d)t. Chrfenntniffe be8 9leid)öflerid)t&-
449
ben äBillen $.'« auf bcm Schiffe aufgehalten, fo Imbe er fu$ nicht in her rcd^t-
mäßigen 2lu«übung feine« Straten befunben, fich oielmebr eine« Uebergriff« in
bie wed&te be« Äapitän« febulbig gemalt, roelcb lederet nach feinen ©ienftoov
fünften au«fcbliej3ltch berechtigt geroefen fei, bie $oiijci auf bem Schiffe au«'
2tü*ein aud) biefer ©mroanb ift ein irriger. Soroeit berfelbc au« ber
angeblichen (Srterritorialität be« 5Datnpffd^iffÄ St. ©allen tjcrgclcitct roerben roiü,
ift berfelbe ferron bureb ba« oben 2lu«gcführte roiberlegt. 2Benn auch, wie be*
bauptet ift, bem Sdbijf«fapitän nach feinen ©ieuftoorfcbrtftcn bie Shu&übung
polizeilicher Sefugniffe auf bem Schiffe an fieb sufteht, fo ift biefer Umftonb
unerheblich, roeil jene Sefugniffe, fo lange ba« (Schiff im £afen oon fiinbau fid)
befanb, fonad) ber bäuerlichen Staat«bobeit unterroorfen mar, gegenüber ber
le|teren roirfung«lo« geroefen finb. 6« läßt otelmeljr bie in ben Urtbcil«grunben
enthaltene Reftftcllung, ber ^olijeirottmeifter Wl. habe fid) in ber rechtmäßigen
2lu«übung feine« 3lmte« befunben, einen iHed)t«trrtljum ntcht erfennen.
S)ie 9ieoifion«bcfchroetbe ber SCitgctl. macht enblicb gcltenb: 2)cr XtyaU
beftanb be« §. 113. liege aueb au« bem ©runbe nicht oor, roeil %. oon feiner
Se^örbe angeroiefen roorben, bcn Vaganten in Üinbau an« £anb ju fefeen
unb roeil fonadp foroobl ft. Ql« SR. nur im 33eroußtfem ihrer Serpflicbtung, bieten
2öefef)l gu ooUjicljen, gelmnbelt fjätten. $urch btefe« tlmtfäd)licbc SBerhäftniß fei,
fährt bie 9leoifion«fcbrift fort, ber jum Sbatbcftanb bc« §. 113. bc« 6t. ©.
erforberlicbe Solu« au«gefcbloffcn. „Ob ba« Stecht gehabt b«bc, Scbroeijer
nach ben S3efiimmungen be« beutfeben Strafgcfefcbuche« beantwortet roerben tonne,
roeil Ijier sroei rechtmäßige polizeiliche ©eroalten cinanbet gegenüber geftanben
unb lebiglid) über bie ©tenjen ibrer Äompetenj in Streit geraten feien."
SDiefe s Jtüge ifi gleicbfaH« erfolglo«.
3)ie llnricbtigfeit ber Behauptung, baß fieb im oorücgenben gall jtdci
gleichberechtigte ^olijeigeroolten gegenüber geftanben feien, eroiebt fid) foron au«
bem oben Eingeführten, roonach im £afen oon fiinbau ba« fchroeuerifche Schiff
ber Staatshoheit unb fonadt) auch ber ^olijeigeroalt be« banerifchen Staates
unterroorfen roar. 2)en jum $batbeftanb be« §. 113. be« 6t. ©. 2b. etfotber^
liehen 2)olu« aber bat ba« erfennenbe Bericht thatfächlidt) feftgeftellt, inbem e«
ausführte: 2)ie 2lngeflagten hätten gemußt, baß Beamter unb in 2(tt«übung
feine« 2lmte« begriffen geroefen fei.
2>iefe fteftfteHung unterliegt, foroeit fie thatfäcblicher 9iatur ift, ber 9cad>
Prüfung nicht, unb ein berfelben ju ©runbe liegenber s Jlecht«irrthum ift nicht
erfithtlich. 3)a« Beroußtfein oon Der 9iecbtmäßigfeit ber 2lmt«übung auf Seiten
be« Beamten ift $um SChatbeftanbe be« §. 113. be« 6t. ®. 8. nicht erforberlicb.
§§. 540. 544. 149. 386. 2. 6t. Proj. (D.; §. 51. C. Proj. ö>. Tic
3U Protofoll eines (Bericbtsfcbreibere abgegebene (Erflärung eines '2ln*
getlagten t auf ba» ^ufldnöige Hecbtemittel 5U lUTOducn, ifl unroiber-
ruflieb, hieran roirb nid)ts geänbert babura), bag ber TJngetlagte fid)
nod) in »äterlicber (Beroalt befanb, 6a grunbfä^liä) fclbjl ein mlnber-
ji'ibriger 2lngeflagter jur Tlbgabe ber auf bas Strafverfahren bc$üa»
lieben (Erflcirungen fclbflflänbig berednigt ift. l»er Pater eines grof>»
jährigen» nod) in feiner (Beroalt befinölieben ^nQeflagten ift nid)t im
Sinne bes 340. St. Pro$. (D. als bejfen aefefelicrjer Vertreter an-
jufehen.
(Srf. be« 11. Straffen, u. 23. 2lpril 1880 c/a. Änafla.
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450 3>eutfd>8 ©trafredU Grfennrmffe De« SRricf>äaerid)t$.
& 175. 0t. (8. B. Eer Begriff 6er roi&ernatürlid)cn Hn3ud)t 3rotfa}en
Perfonen mfinnlid)en (Befa)lecr;ts ift nic^t auf 6ie j&ik 6er Pa6erajtie
o6er 6er immissio seminis in einen ftörperttyeil eines an6eren ITtanncs
befcbränft.
Gtf. be« II. ©(raffen. r>. 23. Bptil 1880 c/a. ^teufe, mobutd) bic 9tc«
oifion be« Slngeflagten oerroorfen würbe.
© t ü n b e.
$ie ©troffammer t)at für etroiefen etadjtet, bafj bet SBefd&roerbefüljrcr
\id) auf ben auf bera dürfen licgenben 9Jtitangeflagten §. gelegt, nadjbem ftd)
beibe sunt $f)cil entf leibet hatten, unb bafe bet SJeföroerbefütirer bann feinen
©ef$led)t!Stf)eil an bcm Unten Dbetfdjenfel beS fi. fo lange gerieben, btö bcr
Samengufj erfolgte. 3 n biefen öanblungen ift olme ^edjtSirttlmm bet 2f)at<
beftanb beS §. 175. be$ 6t. @. 3. gefunben roorben. 2)iefe Seftimmung Imt
jroei $äüe bet roibetnatürlid)en ©efcpledjtiSbefrieoigung im 2luge, bic .sodomia
ratione sexus, Unaud)t unter perfonen beffelben ©efd)led)te, befdjränft auf Sßet*
fönen männlidjen ©efdjledjt«, — unb bie sodomia ratione generis, bic fogcn.
öeftialität. 3)ie sodoniia ratione sexus roat audj im gemeinen 9tedr)t feineSfaH«
auf bie ^äbetaftie befct>ränft; bet 2ltt. 116. bet peinlichen ^alSgeriehtSorbnung
ftrafte jcbesS „unfcufche treiben jaufctjen SKaim unb SJtonn uitb jrotfc^cn Söcib
unb 28eib." SBcber bet SBottlaut nod) bie ®ntjte^ung§a,efd)to5te beS §. 175. ge-
mähten einen 2lnl)alt für bie 53efchtänfung be£ 58egtin8 bet roibetnatütlia)en
Unjudjt auf bie ^äUe bet ^äbetaftie obet bet immissio seminis in einen Äörper^
tyeil eines anberen 2Ranne£. 2UlerbingS wirb man bei einem Vergehen, gegen
beffen (Sinteichung in ben tftetS bet Gelitte gegen bie @ef(hlecht£fittltd)tevt nad)
ben Biotinen beS s Jteich$ftrafgefefobud)e8 überhaupt Sebenfen angetegt rourben,
an einet frtiften 2lu3legung fefttjalten unb uon biefem ©eftdbtöpunfte au£ auf
bie oerfaptebene Scbeutung be« begriff« oon „untüchtigen $anblungen" unb oon
„Unjucht", ©erota)t legen müffen. 2lbcr fclbft oom ©tanbpunfte biefet cinfdjtän;
fenben ^»Ictptetatton fann man nur ju bem ©tgebniffe gelangen, bafj untet
bet roibetnatürlichen Unjucht ein Slnalogon bcS naturgemäßen SBeifd)laf3 ju oet*
ftet)en ift, unb bafe bähet, roenn auch nicht jebe untet 9)ittroitfung cineiS anbetn
s Utanne$ uetübte unb auf 93cfttebiaung eines ©eia)led)tättiebe<S abjtclenbe £anb*
hing, fo bod; jebenfaÜS ein in biefet Wicht gefchehenet 9Jttfebtaud) beS ÄötpetS
eine« anbetn Ültannc« ju einem 9>ethalten, roelche« bet ©ulbung eine« natut*
gemäßen 23eifchlafe8 äfmlich ift, bem 6ttafgefefce unterfättt. $ie SBornahmc
foldjet beifd)laf8ä^nlio)en $anblungen ift im untetgebenen ftaüi angenommen
tootben unb tonnte offenbar aud) ofmc 9ted)t8irtt^um in bem t^atfäc^Udjen feft-
gefteUten SBcrJjaltcn beS 3lngeftagten gefunben metben.
§. 284. @t. (B. 8. X»ic (Bcrocrbsmätiigfeit 6es ^asaröfpieU fe&t jtoar
eine fortaefefete auf (Beroinn gerichtete (C^ätigfeit woraus, 6agegeh ifr
6ie •Jlbfidjt auf <Er3ielung eines Sufcbuftes 3U 6en übrigen (Einfünften
nia)t in 6em Öinne ein Begriffsmerfmal, 6af> 6er XDille 6es Itters
auf (Eröffnung einer regelmäfig 06er gar 6auern6 fliefjenöen (Einnahme-
quelle gerietet fein mü|te.
@rf. be« III. ©ttaffen. 0. 24. 2tptil 1880 c/a. ^ebet, roobutdb nuf 3ie^
oifion be« 6taat8anroalteS auf Aufhebung beß syotetfenntniffe« unb 3« r il^c^ :
roeifung etfannt rootben ift.
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25eutfö>8 ©haftest, (frfenntnific bed föridtfaerichte.
451
§§. 60. 65. 66. 222. 225. 244. 250. 254. 0t. PW3. <D. Die im
Dorverfaijren ftattgefunbene Beeibigung eine» ^eugen, ohne baß 6ie
im §. 65. Qlbf. 3. @t. Pro3. ©. beseiteten I>orausfet$ungen ber Be-
eibigung vorlagen, begrünbet feine 1lufr;ebung bes ergangenen Unheils.
— Die bloße Deriveifuna bes FommiiTarifch. vernommenen §eugen auf
6en im Dorvcrfattren geleiteten (Elb ift unfrattfyaft. (Ebenfo begrünbet
es Hevijlon, wenn von bem sur Derneb,mung eines §eugen anbe-
raumten Termine bie Parteien nicht vorher benachrichtigt werben, olme
baß bie Unthunlidhfeit ber Benachrichtigung wegen (Befabr im Dc^uge
entjränbe, ferner wenn bie Dertefung einer geugenausfage olme üertuh-
bung bes (Bombte un b olme voraufgehenben <Bertd>tebcfd>lufi jrattge-
@rf. beS III. ©traffett, v. 24. Slpril 1880 c/a. SRucf, roobutcf) auf Sfof*
Hebung beS SorerfenntniffeS unb 3urücföerroctfung erfannt roorben tft.
• §. 246. 0t. <B. B. 3» öer thatfäcblicben Jtfrftcllung ber 3nftan3ria)ter,
baß ber Jflietyer einer £aä)e (pianino), welcher biefelbc verpfänbet,
bie Slbficht unb Jfifytgfeit gehabt habe, jene roäbrcnb ber Dauer feiner
2llietb,83eit vom Pfanbnehmer wieber eln3ulöfcn unb fie bem Der*
mietbar 3urütf *u (teilen, unb bent3ufolge eine Unterfdjlagung nicht be-
gangen habe, ifi ein Rechtsirrthum nia)t 3U finben.
(Sri be« III. erraffen. 0. 24. Styrü 1880 c/a. ÜEüller, rooburd) auf
Verwerfung ber ftaatöanroaltlidhen Steoifion etfannt roorben ift.
§§. 258. 259. 266. I. Jl. TL ß. H.; §. 246. et. <B. B. Das preu-
jjifthe Tlllg. Canbr. verbietet nicht ein Slbtommen, 3ufolge beffen naa)
Zahlung bes in bejrimmten (Terminen 3U entrid)tenbcn Jfllethsgclbes
ber abgefchlojfene ITttethsvertrag bie (Eigenfebaft eines ßaufes erhalten,
unb bas <Eigcntbum ber bereits vorher übergebenen ©acbe auf ben
bisherigen Hlietfyer übergeben foll. — Der Umjranb, baß ber Ibäter
eine frembe @aa)e als eigene verpfänbet, mithin un3roeifelb.aft einen
21ft ber Ausübung bes (Eigentums unberechtigt vorgenommen bat, ift
nicht immer entfäjeibenb für bie Jejijrellung bes Cbatbcjtanbes ber
Untcrfchlagung, »eil bas (Befcfc bie Qlbftdjt bes fcbäters, fld> 3um
«Eigentümer 3U machen, mitbin ben XDillen ber Pcräujjcning vor-
ausfefct.
Ott. be$ III. straffen, v. 24. Stvril 1880 c/a. 3öaltf)er, roobutcf) auf
&emi$tung bc£ ^orerfenntniffeö unb 3uriitfocrroci|ung erfannt roorben ift.
§. 175. 0t. <B. B. Unter „tvibernatürlidjer Unzucht" ijt im (Begenfafc
3U ben ,,un3üa) tigen Ijanblungcn" in ben S§. 174. 176. 1S3. St. <B. B.
hur ein jolcbes Ch,un 3U vergeben, welches barauf gerichtet i|t, bem
«Befcbled}t8triebe in einer ber naturgemäßen Befriebigung bes (Triebes
3ivifchen perfonen verriebenen (Befcblecbts* analogen tDeife Befriebigung
3U verfd) äffen.
Grf. be8 III. ©ttaffen. v. 24. Slvril 1880 c/a. ©etbel, rooburd) auf
theilroeife Aufhebung be$ ^oretfenntniffcä unb greifprea)ung erfannt roorben ift.
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452 2>eutfäe3 ©trafrerfit. (Jrfetmtmn'e be8 9teid)aQerid)t8.
® r ü n b c.
2öa« bie auf wtbernatürlidje Unjucht (§. 175. 6t. @. 33.) gerichtete
Slnflage betrifft, fo erflärt ber Sorberridjter ben angeklagten für fdjulbig, je
wibernatürlichc Unzucht jwiferjen fic3t> unb bem 17 jährigen 6., bejierjentUA bem
im 15. ScbemSjahr flehenben 9Jt., alfo jroif^en ^erfonen männlichen ©cfeglecht«,
begangen $u haben.
$ie <panblungen, welche al« wibernaturliche Unsudfjt betrachtet worben
finb, beftehen nach ber thatfäd&lichen ^eftftellung, wa« ^unä^ft ben ftafl mit S.
angeln, bartn, ba& ber ftngeflagte biefen in feine 2Öot)nung mitgenommenen
jungen 3)Jenfd)en veranlagte, ben 9tod abjulcaen unb bie ipofen herunter ju
fheifen, bafe er atöbann S.'« blofje ©ruft befühlte, bafe er weiter beffen entblößte
@efchlecht«thcile befühlte unb rieb, mit einer wad)«artigen SJtoffe einrieb, hierauf
mit SGÖaffer abwufcrj, biefe Manipulation fofort roieber holte, and) bie Üorljant
äurüctjog unb fid) in biefer SBeife längere Qtit ra ^ ocn ©efd)lecr)ts3tr)etlen be«
Knaben m fdjaffen machte. 3)ie gleiten Manipulationen nahm ber Slngefl. bei
öfteren fpäteren Jöefudjen be« 6. mit biefem cor, wobei ber burch bog be-
rühren unb Reiben feines ©liebe« auf folehe« ausgeübte 9lets öfter beffen
Ereftion bewirf te. Slehnlidj waren auet) bie Vorgänge in bem fallt mit 9)t\
©obann ift feftgeftellt, bafj bie 3lbfta)t be« Sngetl. in bem erfieren gaUe auf
Erregung unb Sefriebigung feine« unb ©.'« ®efchlecht«trieb«, bei bem ©ebatjren
mit bem Änaben wenigften« auf Erregung unb Sefriebigung feine« eigenen
©efct)lecht«trieb« gerietet gewefen fei. 3n ben Urtheil«grünben wirb nun aus
geführt, bafe im §. 175. nicht blofe bie päberaftie unb ©obomie im engeren
©mite bebrot)t, nicht bie Vornahme eine« beif$lafär)nlichen 2lfte« t>orau«gefe$t,
fonbetn ber X^atbefianb be« Paragraphen fchon bann unb ba gebeert fei, wenn
unb roo mehrere ^erfonen männlichen ©efd)lecr)t« an einanber unjücbtige §anb*
lungen ju bem ftmdt oometjmen, um burd) folcfje ben ®efo)lect)t«trieb be« einen
ober bc« anberen SBetheiligten ,ui beliebigen ober minbefien« $u erregen.
3)iefe 2luffaffung be« §. 175. be« ©t. ©. 59. (ann al« richtig nicht ancr-
fannt werben .
Sd)on bie 2l)atbeftanb«be5etchnung führt auf eine engere 2lu«legung.
2)enn barau«, bafe ba« in bem Paragraphen bebrotjte Jpanbeln al« „wibernatur-
liche Unzucht" bejeicrjnet ift, barf gefchloffen werben, bafj ^ier , im ©egenfaö
ben „unjticl)tigen &anblungen" in §§. 174. 176. 183., nur ein foldje« $t) un
oerftanben ift, welche« barauf gerichtet Ift, bem ©efchtccht«trieb in einer ber
naturgemäßen Sefriebigung be« Srieb« jwifchen ^erfonen oerfduebenen ©cfdt>lcd>t^
analogen 9öeife Sefriebigung ju nerfchaffen, baft alfo jebenfaH« ein am Körper
ber anberen 3JJann«perfon verübter beifo>lafähnltcher Slft, roenn auch nicht gerabc
ein Einbringen in ben Äörper, erforbert wirb.
S)iefe 2tu«legung ber gefe&Uchcn 33eftimmung ftnbct benn auch eine gc-
mistige Untcrftüfeung in ber ©efd)id;te tt)rer entfte'hung. 3roar hat bie ältere
prari« aufeer ber sodomia ratione generis unb ratione sexus aud> bie sodomia
rationc ordinis naturae unb eine fogen. sodomia impropria gefiraft, unb bei
^nroenbung älterer beutfe^er ©trafgefe^büd)er, roeldje roibernatürliche llnjucht
ohne Erläuterung be« Segriff«, übrigen« unter befdjränfenben Sorau«fe6ungen f
mit 6trafe bebrot)t hatten, berrfdjten über ben Umfang be« Sergehen« Zweifel.
2lber ber §. 143. be« preujjifchen 6t. @. welcher, aufeer in ber ©trafbe-
ftimmung, mit bem 175. wörtlid) übereinfiimmt, fyattt aufeer ber sodomia
ratione generis nur bie sodomia ratione sexus inter masculos umfaßt, unb
babei tmuptfächlich bie qßäberaftie im Huge gehabt. Unb bie 3Rotine ju bem
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Seutföje* Straftest, (grfenntniffc be$ Steid^eriajtS. 453
©ntrourf unfereS 6t. ®. $3. erläuterten ben §. 175. baljtn, bafj buräj benfelben
bie auf ©obomte unb pberaftie bezüglichen Sefttmmungen beS preufjifcfjen
6t. ©. 23. aufregt erholten werben.
Seru&t ^ternad) baS Urtljeil, tnforoeit baffelbe ben Ängetl. roegen roiber-
natürlicher UnjuAt in ©träfe oerurtfjeilt, auf einer unrichtigen ©efefteSanroen*
bung, fo mar baffelbe inforoett aufgeben unb ber 2lngefl. oon ber MeSbejttg*
liefen Slnflage freisprechen.
§§. 20. 21. H. Pt. <B. t>. 7. mai 1874. Der Rebafteur einer perio-
öifä)en 3)ructfd)rift haftet für 6en gan3en JiAatt mit €lnfd)ln| bes
3nferatentt»eil8 t falte für lederen nicfyt eine anbete perfon ala »erant*
roortliä) be3eiä)net rooröen ift. §u ben „befonberen Umftänben" be*
§. 20. pr. CB M meiere bie ^Innaljme ber £&äierfd)aft be» Kebafteure
auofcf)lie£en, gehört nicht bie Cbatfadbe, baf berfelbe mit bec Leitung
bee bie fhafbare fjanblung ent^altenben ^nferatentyeilB nirfjt befaßt
tft. I>er 3dtige Hacbroeis *bes Derfaffer* ober (Einfenöew eines r»er*
öffentlichen ftrafbaren Tlrttfcls fdjlieüt bie üerant»ortlid)feit bes He-
bafteuro nur infofern au«, als bie Derfolgung au« §. 21. Pr. <B. roegen
^abrläfitgfeit eintritt.
örf. beS I. 6traffen. 0. 26. 2lpril c/a. 6tein, roobur# bie 9temfion
jurüefgeroiefen roorben ift. .
® r ü n b e.
Slbgefetjen oon 6trafauSfd)liefjungSgrünben, roeldje baS allgemeine 6traf*
red^t jebem 2lngcfä)ulbigten gegenüber anerfennt, fann $roar bie ftrafreä)tlid)e
Haftung beS 9lebafteurS einer periobifd&en SDrucffd&rift als Später bur$ „be*
fönbere Umftänbe" auSgefa^loifen roerben, allein mit 9tedjt ^at baS DberlanbeS««
geriet einen folgen auSnafnnSroeifen 6trafbefreiungSgrunb barin nidjt gefunben,
bafe, wie in ber 9t. 93. roieberbolt betont wirb, Skrflagter nadj ber angeblia)
bei ber SreSlauer 3ettung befteljenben ©efcbäftSoertljeilung mit Prüfung ber
für ben ^nferatentljeil beftimmten SXrttfet nia)t befafet fei.
311S „befonbere Umftänbe" im 6inne beS $re|gefefeeS fonnen nur aufjer*
geroölmlidje Umftänbe gelten, roeld)e audb einen geroiffenjaften 9tebafteur olme
eigene« 33erf djulben fjinbern, im (Sinjclfalle bie gefefcliä) gebotene 3$ätigteit
S)er Rebafteur einer periobtfä)en Drucffc^rift ift aber für ben ganzen
^nljalt oerantraortud) unb rau| bofür 6orge tragen, baü ifmt bie fettige Äennt*
mfenafjrae unb Prüfung jebeö einzelnen SlrtifelS mit @infa)lu§ ber ^nferate ge*
fiebert bleibt.
3>ic Berufung ber % 33. „auf ben Organismus einer grofeen 3eitung
unb auf bie fpejieHe 9tebaftion beS äftferatenu)eil$" ift baber jur Söegrünbung
ber 6trafloftgfeit beÄ Serflagtcn um fo weniger geeignet, cdä gerabe Sßerflagter
geftänbigerma^en bie betreffenbe Kummer ber 33res8lauer 3"t«n8 olS Stebaftcur
gejeidmet fiat unb nidjt feftgeftellt ift, bafj etma in ©emat^ett be$ ^re^gefe^eä
§. 7. Slbf. 2. ehte anberc perfon al« für ben ^nferatentijeil oeranttt)ortlid)cr
Äebafteur bejeittjnet roorben fei.
2öenn f4lie|licb bie 9i. für ben föebafteur ben 6a^u^ beS tyt. @. §. 21.
beöljalb onfprid)t, roetl er oor 3>erfünbtgung beS erften Urt^eilä ben mirfUdjen
2;t)äter benannt ^abe, fo roirb oerfannt, ba| burc^ seitigen ^ac^meis be5 S^er*
raffer« ober (SinfenberS eine« bur$ bie periobifc^e Grefte oeröffentlicf;ten, int)altücf)
ftrafbaren SlrtifelÄ bie «er antra ortlia)feit be« Jtebafteur« nur infofem auSge^
fa)loffen ift, als bie Sl^nbung roegen ^rläfftgteit aus ^x. ©. §. 21. erfolgt,
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454 3>eutfdjeö Straftest Grfenntmffc bcö JRctcfjägcrichte.
bafe aber berjenigen er antra o r t lid>f eit gegenüber, roelcbe auf ben — oorliea,enb
angeroenbeten -- §. 20. fia) grünbet, jener Nachweis fetnen ffrafrechtlidjen Sd)u&
gewagn.
§. 360. Hr. IL et. 05. B. (Brober Unfug Ift lebiglicb in 6er Der-
lefcung 6er öffentlichen ^ntereffen refp. öffentlichen (DrSnung, nicht aber
in 6er ungebührlichen Betätigung in6i»i6uell bezeichneter perfonenfreife
ju finöen.
@rf. beS L 6traffen. oom 27. 9lpril 1880 c/a. Äittner, rooburdtj unter
Aufhebung beS SBorerfenntnijfcS auf 3urücfoerioeifung erfannt worben ift.
© r ü n b e.
3)er 3tngefl. ift, unter ftreifprcdjung oon ber Slnflage eines Vergehens
im Sinne beS §. 183. beS 6t ©. 93., wegen groben Unfugs im Sinne beS
§. 360. 11. be« St. ®. 8. oerurtheilt worben.
SDerfelbc bat, wie aus ben Urtt)eilSgrünben ber 1. ^nftanj er^ettt, am
12. Slooember 1875 in ber 2Bohnung be« StfcblerS §. in Obert)orfe in ©egen*
wart mehrerer Jttnber beS lefctcrcn an ber Ghcfrau beS unb an ber in jener
Söofjnung ju SBefud) anwefenben @t)efrau beS Sattlers U. untüchtige ,§anblungen
oorgenommen.
$>aS ©cricht, meines auf ©runb beffen feftgeftcllt bat, ber 2lnaett habe
burdt) jene fianblunacn groben Unfug oerübt, führt in feinen UrtfjeUSgrünben
auS: ,,$ie IprariS ber ©ertdjtc erforbere jwar jur Strafbarfeit we^en groben
Unfugs in gewiffem Sinne Deffentlicbfcit. &odj brause feinenfalls bie £anolung,
in welcher ber Unfug gefunben werben follc, felbft öffcntlict) oorgenommen &u
fein; eS genüge, bafe bicfelbc bie öffentliche Drbnung im Allgemeinen gejtört
habe. S)ieS fei aber aud) bann ber gatt, wenn in einer ^rioatwolmung, meiere
ja unter bem 6d)ufce ber öffentlichen Orbnung ftetje, ein fo grober ©rcefe, rote
ber bem Sngefl. jur Saft faUcnbe, oerübt werbe."
$ie Steoifion beS 2utgeft roirb barauf geftübt, baft ber §. 360. 11. beS
St. ®. 93. auf baS feftgeftettte Sad;oerl)ältni& nic§t habe angeroenbet toerben
fönnen.
2>iefe 9lüge ift begrünbet.
• 3ene ©efefeeSfteUe enthält feineSwe^S eine allgemeine Strafanbroqung
gegen jeben ftörenben Eingriff in bie unter bem Sd)u£e ber öffentlichen Dronung
ftebenben ^ntereffen unb 3lea)te ©ritter. ßtncS groben Unfugs macht fidt> oieU
mehr nur berjenige fdntlbig, welcher bie öffentlichen fjnterefjen, bie öffentliche
Orb nung baburd) »erlebt, baft er baS ^Jublifum als folcheS, im ©egenfah *u
einseinen ^erfonen ober inbioibuell begrenzten ^erfonenfreifen gefährbet ober
ungebührlich beläftigt.
9tad) ber thatf Schlichen ftcfrfteüung beS erfennenben ©erichtS finb bie bem
2lngetl. 3ur i'aft gelegten §nnblungen ut einer ^rioatroohnung gegenüber ben
9J?itglicbcrn ber bort wohnhaften $amiüc unb einer $u SBcfudh anroefenben $rau
oorgenommen roorben. (Sine über bieten abgefebl offenen ^J3erfonenrreiS hinaus*
ger)enbc, fiefj auf boS ^Jubltfum, bie M gemeindet! erftreefenbe Störung ber bc
icidnicten 3lrt ift nicht feftgeftcllt. Css ift oiclmcljr aus ben UrttjeilSgrünbcn
crfichtlich, bafe baS l'anbgcridn äu ber gleichroobl erfolgten ^cfrflellung eincS
groben UnfugS jufolge einer rechtSirrthümlichen »uffaffung, nämlich baburch ge
langt ift r baß cS baoon ausging, jener 9tcat liege, obwohl eine Störung ber
öffentlichen Orbnung in ber oben hetoorgelwbcncn Dichtung nicht zutreffe, auc
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SeutfäeS Straftest, (Jrfcnntniffe bcfl 3teicf)«0eri#t«. 455
bcm ®runbe oor, weil in bcm groben ©rcefe an fid& eine Störung ber öffent*
liefen Orbnung im SXUgeraeincn $u fmben fei.
§. ISO. @t. <B. B. Äuppelei, begangen burdj Dermtetyen uon gimmern
im Berouitfein, ba| legiere von ben Mieterinnen 511 unjüctjtigen
^werfen benu^t werben.
(5x1. be$ IL ©traffen. 0. 27. 2lprtl 1880 c/a. 2)tuf>S, woburd) bie 33or^
entfd&eibung aufgehoben unb auf 3urüdfoerweifung erfannt worben ift.
© t fi n b e.
©8 mag bem erfien 9U<f>ter jugegeben werben, bafc aus ben Umftänben
allein, bafj ÜDcäbd&en, meldte unter ßontrolc ber «Sittenpolizei ftanben, bei ber
2lngefl. gewohnt Ijaben, bafj bie leitete oon bcnfclbcn einen üerljältnifemäfetg
f)o[jcn 2age$fa$ genommen unb gewufjt habe , bafj bie 2Jiäbd)en ba$ Limmer
benufeten, um Männern gegen Gntgelb ben Seifcijlar su geftatten, niä)t nett)
wenbtg gefolgert werben müjjte, baf> bie Singe!!, ficrj ber Huppelei fd&ulbig gemalt
l)abe. $nber<3 aber würbe bie 6adje liegen, wenn bie 2lnge!l. entweber beim
&etmte$en ber 3iwmer gemußt hätte, bafe itjre SWietljertnnen bie äimnter ju
bem gebadeten untüchtigen 3mecfe benu^en mürben, ober rcenn btefelbe trofc ber
tnjwifchen erlangten Äenntnifj ben 3Jciethoertrag ftiüfchweigenb ober auäbrücflich
erneuert ptte. £)enn unter biefer $Borau$fe|ung mürbe in ber ©ewäbrung
einer SBofjnung ein SBorfchubleifien ber Un$ud)t burdfj ©ewäbrung oon ©eiegen*
Reiten im Sinne be$ §. 1Ö0. beä 6t. ©. S. erblicft werben muffen, roeil baburcr)
günfHgere Sebingungen für bie Ausübung ber Unzucht gefdwffen mürben, als
ofme oie Einräumung einer Sßofmung an bie ^rojtttuirtcn gegeben roaren.
<£ine Prüfung in biefer Stiftung, ju melden bie im Urteil mitgeteilten
SluSfagen ber 3 c "9 cn auSreidjenbe SSeranlaffung geben mufeten, ^at ber erfle
dichter nicht oorgenommen, unb jmar offenbar oe«^alb nicht, roeil er uon ber
redjtSirrthümlicben 2lnfd)auung ausgeht, bafj noch weitere pofitioe $anblungen,
Zuführung uon HWännern, Slüfforberungen an bie s J)(ietberinnen, Männer aufau*
fuchen ober ju empfangen u. f. ro. f nötfng feien, um ben Jfmtbeftanb ber Äuppelei
in erfüllen. @8 roirb babei überfein, bafe fchon in bem wiffentltchen Sermieten
einer SÖohnung an berartige grauenjimmer, oerbunben mit ber 3)ulbung ber
Unzucht etn SBorfchubleiften ber lederen enthalten ift, unb baburch ber X^atbe*
ftanb ber Äuppelei unter ber Sorauäfefcung, bafj baS Sorfchubleiften gewor)n<
beit«mäjjtg ober au« Gigennufc gefd&ehen ift, erfüllt roirb.
hiernach roar ba$ angef. ©rfenntnife nebfl ber bemfelben nun ©runbe
liegenben ^eftfiellung aufzuheben unb bie Sache jur anberroeiten löerhanblung
unb ßntfdfjeibung an bie oorige ^nftanj jurüdjuoermeifen, um ju prüfen, ob
oon biefem rechtlichen ©efichtSpunfte aus ber Slmtbeftanb be« §. 180. bes
St ©. 93. feftgeffcüt werben fann.
§§. 24. 25. K. <B. ». 21. Oft 1878 gegen 6ie gemeinfseiicbcn Bc
fhebungen ber ^oxialbemofratie. 'Sie öffentliche Derbreitung einer
Drurffa)rifl fiellt fid) bie ilcbergabe unb Tluehänbigung einer Tlnprei*
fung oon Heilmitteln im Um^ieen bar.
Gr!, beö III. Straffen, u. 28. SlprÜ 1880 c/a. §eerig, woburdEj auf bie
ftaatäanwaltüde ^eoifion ba5 Sorerlenntnife oemichtet unb auf 3 ur ü^ Dcrroc i'
fung erfannt worben ift.
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456 2)eutfdjes Straftest. (Sitenntniffe beS Sfcidtfaeridjts.
© r ü n b e.
9ta<h ber t^atfäd^lid^en ^eftfiellung beS VorberrtdjterS ifi bcm $ngefl. bie
Vefugniß jur öffentlichen Verbreitung von 2)rucffchriftcn endogen worben. 9tod>
ben ben Slftcn beiliegenben Verbanblungen ifi baS Verbot bcr JlreiS-
hauptmannfehaft ju Snncfau auf ©runb beS Sojialiftengefe&eS erlaffen, eine ba*
gegen erhobene Vefchwerbe aber oon bcm Äönigl. 9Kinifterium beS ^imcrn jurüct*
gemiefen worben. 2)cr 2tngefl. b a * nun innerhalb unb außerhalb feine« SBofnv
ort« einen aus jerflcinerten Kräutern gemifchten Ztyt uerfauft. Veim Verläufe
beS X^ee'g unb jum Smedfe oon beffen 2lnpreifung f)at er benjenigen ^erfonen,
mit weisen er als Slbfäufern, beziehentlich als ju gewinnenben Slbfäufern in
Verübrung gefommen ift, eine $rucff<hrift übergeben und auSgehänbigt, betitelt:
„S)aS befte §auSmittel gegen Äranfheiten ift unb bleibt ber nach
Vorfchrift beS £errn $of* unb SWebljtnalrafl&a Dr. 6. in Bresben
bereitete Äräutcrtbce."
®ie Straff ammer finbet hierin ben Xtwtbeftanb einer Verbreitung, aber
nicht ben ^atbeftanb einer öffentlichen Verbreitung, unb bat beShalb ben »ngefl.
aus §§. 24. unb 25. beS ÜleichSgefefeeS gegen bie gemeingefährlichen Veftrebungen
ber ©ojialbemorratie fretgefprochen. $ie 9leüifion ber StaatSanwaltfchaft rügt
Verlegung biefer gefepchen Vefhmmungen.
2)aS Urteil beS VorbcrrichterS giebt ©rünbe bafür, baß in bem feftge*
fteßten S^atbeftanbe eine öffentliche Verbreitung nicht gefunben ift, nicht an.
9tun bilbet bie OeffentUc^feit ben ©egenfafc oon ber ©efchloffenheit; eine
öffentliche Verbreitung, eine öffentliche ÜKittf)cilung fter)t im ©egenfafc ju einer
9Jtittbcilung an einen befd^ränften, gcfchloffenen ÄreiS einzelner, befrimmter $er*
fönen §u einer ocrtraulichen 3Jftttbettung. ^n ber Verbreitung einer 2)rudfa)rtft
an folebe ^Serfonen, an welche ber Slngefl. innerhalb unb außerhalb feines
SöoljnortS oerfaufte unb oerfaufen wollte, barf h^rnaa) allerbingS eine
öffentliche Verbreitung gefunben werben. Vei Slnfünbigungen, welche ba$u be*
ftimmt finb, Äaufluftige anjuloefen, geht baS Vefrreben beSjentgen, welcher bie
^nfünbigung in feinem ^ntereffe oeroreitet, baljin, einen möglichft großen tfretS
uon Käufern ju gewinnen, alfo auf ein allgemeines Vefanntmerben, eine öffent
liehe Äunbgebung.
Vei folchcr Sachlage hätten befonbere thatfächliche Umflänbe angeführt
werben müffen, wenn bie Annahme gerechtfertigt werben foüte, baß im oorlie*
genben ftall bie Oeffcntlichfeit ber Verbreitung nicht oorliegc.
§. 285. Hr. 3. @t. (F. B. t §. 210. Vit. 3. H. fionf. <!>. I»cc Üorfcbrift
bce Tlrtifel 29. f> ©. 8. über bie jährliche »tlansjiebung ift nicht
mit einer erfi na* bem @chlu| bes <Pefd)äftejabre8 begonnenen Siefmng
bcr Bilan5 genügt.
Grf. bcS III. Straffen, u. 28. 2Ipril 1880 c/a. 90., woburch bie 9leoifion
bcr StoatSauwaltfchaft für begrünbet erachtet unb auf 3urü<focrweifung erfannt
worben ifl.
§§. 217. 577. l\x. S. et. p. <P. Tas Unterbleiben bcr Dorlaöung bee
bcm (Bericht red^cittg benannten Dcrtheibigcrs 5ur ^auptvcrhanblung
berechtigt ben Qlngeflagten ^ur Heoifion.
(SrF. bcS L Straffen, o. 29. 3lprit 1880 c/a. Heinrich, woburch aur
Aufhebung bcS VorcrfcnntniffeS erfannt worben ift.
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SewfäeS GtafHftt ßrfenntniffe bei «Rei^8öcrl^tt. 457
® r ü n b e.
$te gfteoiftonSfchrtft behauptet Bertefeung beS §. 217. ber 6t. f. 0., unb
eS ifl bte ©efdjwerbe begrünbet. 3ftittelft f$rimtd)cr, oon bem Angefl. unb bcra
Rechtsanwalt 58. unterjeicbnetcr eingäbe 00m lti., präfentirt am 18. üttoo. 0. 3 »
würbe bcm (Script bie Anjeige gemacht, bafe ber Angefl. bcn genannten Anwalt
ju feinem SScrt^cibiger gemault habe, unb gebeten, benfelben oon bcm Setmine
in Äenntnifc 911 fefcen. $er Dermin jur ^auptoer^anblung war bamals äwar
bereits auf ben 4. ®ej. 0. 3- anberaumt gewefen, ber Angefl. hatte jebod) |iet*
oon noch feine SRadjricbt erhalten. @rft am 21. 9ioo. 0. 3- würbe üjm bie be*
treffenbe Sabung jugefieHt. S)er SSert^eibiger hingegen würbe nicht oorgelaben.
2)af)er fam eS, bafj ber Augefl. wäbrenb bet §auptoerbanbtuna einen 9ted)tS*
beiftanb nicht jur 6eite hatte. AUerbingS hätte berfelbe auf feine betreff enbe
fdjriftlicbe Eingabe in ber $auptoerbanoIung Sejug nehmen unb btoburd) bie
AuSfefcung berfelben otelleiebt herbeiführen lönnen. * Allein m einem beSfaüTtgen
Antrag mar er roeber gefefelicb oerpfltchtet noch genügen!) oeranlafjt. 3)enn
naebbem baS ©eri#t ßenntni§ oon bem oon ujm gewählten SBert^eibiger erhalten
I;atte, tonnte er ber 2Remung fein, bafe berfelbe auch sunt Termine oorgelaben
roorben fei, ihm mithin nach §. 227. 2(bf. 2. ber 6t. 0. fein 9tecbt suftebe,
wegen beffen Ausbleibens bie AuSfcfcung ber SSerhanblung $u oerlangen. (Sine
freiwillige Unterwerfung beS Angefl. unter bcn ihm burch bte unlerlajfene 93or*
labung beS oon ü)m acroäbltcn BerthetbigerS jugefügten -Jtocbtbeil fann hiernach
nicht angenommen uno barf um fo roeniger unterfteHt werben, als berfelbe gerabe
burd) bie Söahl eine« BertbeibigerS ju erfennen gegeben hat, bafj er ftcb ju
feiner eigenen Vertretung nid^t im 6tanbc fühle, ©elbftocrftänblia) ift es enblicb,
bafc bie fiattgefunbene Verlegung beS §. 217. ber 6t 0. eine roef entliche
Befcbränfung ber Vertbeibigung beS Angefl. enthält. 2)aS Urteil muffte mit*
hin nad) §• 377. 8. ber 6t. 0. aufgehoben werben.
§. 533. @t. <B. B. Die guwenbung eines <Bel6gefa)enfes an einen
Beamten, wenngleich fie äußerlich an einen Tlnöercn ab ben 5U Be»
febenfenoen geflieht, ftellt fitfi ab Befleckung bar, wenn fie 5U bem
^roetfe erfolgt, nm crjleren 5U einer fein pflichtgetreueo (Ermeffen au»-
tdblie|enben ^anblung ju bewegen.
(Srf. beS I. 6traffen. 0. 29. April 1880 c/a. 6ucbanecf.
Behufs ©rlongung einer ^letfdhbef($auerfielle hatte ber Angefcbulbigte an
ben AmtSoorfieber SB. ein 6cbretben gerichtet, in welchem er betonte, bafj er
bie Bemühungen beS 20. nicht umfonft haben wolle, ©letebjettig war oon ihm
an bie ftrau be3 2B. ein in einen 3 ette l gewicfelteS äroanjigmarfflücf mit ber
Sitte, für ihn ein gutes 2Bort etmulegen, abgefanbt worben. SCBegen Sefteajung
anc^eflagt, würbe 6. oon ber 6traffammer bei bem Amtsgericht Oicuftabr a. b. 6.
fretgefprochen, weil fi<3t) bie Seflellung als glcifchbefchauer nicht als eine pflicht*
wibrige ^anblung qualifiiire. 2luf bie hiergegen feitenS ber ©taatSanwaltfchaft
eingelegte SReoifion erfannte baS 91 ®. auf Vernichtung ber angefochtenen @nt-
feheibung unb 3urücfocrweifung.
© r ü n b e.
2)urch bie gretfprechung beS 6. oon ber Anflöge ber Söcftechung ift
§. 333. beS 6t. ®. 93. ucrlefet.
2)ie (SntfcheibungSgrünbc beS angefochtenen UrtheilS würben jwar feinen
"HcchtSirrthum enthalten, To weit üe auSfprcchcn wollten, eS fei jur 2lnwcnbung
beS §. 333. beS 6t. ©. bie beabfichtigte SBeftimmung beS Beamten ju einem
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458 5>eutf(f>ea Straftest. Grfetmtmffe beö 9tei(heßeri<ht«.
pfliäjtroibrigen Verhalten erforberlich; bagegen irren bie (Sntfd&etbungSgrünbe,
fofern fic bei ber 8lnroenbung beS §. 333. beS 6t. ®. auf bcn oorliegenben
^att lebiglicb barauf Stücffidjt nehmen, ob bie §anblung beS üBeamten, welche
als baS ßnbjiel ber öingabc oon ©clb erftrebt wirb, an fiä) in ben ÄretS ber
2lmtS* ober SMenftpfUd&t beffeiben fällt, unb herbei nicht unterfeheiben, bjro. nicht
erörtern, ob ber Beamte burd) bie Eingabe oon ©elb beftiramt roerben fott, eine
in feinem (Srmcffen fiehenbe föanblung felbft unter Unterbrüdung ber ihrer 2tor*
nannte ober ü)rcr Vornahme gegenüber einer befthnraten Sßerfon entgegenftehenben
(Srroägungen oorjunehmen, ob alfo ber Beamte ju ber ^flichtoerlefeung, roelchc
barin läge, bajj er fein (Srmeffen nicht nach feiner geroiffenhaften Ucberjeugung
ausübt, oeftiramt werben foHte; auch in bera lederen gatte mürbe bie beabfia>
tigte Sefhmmung eines Beamten ju einer eine Serlefcung einer SlmtS* ober
SHenftpflicht enthaltenen öanblung im 6inne beS §. 333. beS ©t. @. 8. oor*
liegen. 2öürbe nun thatfachlich feftgefieflt roerben, ba§ ber Slngefl. baS ©elb*
gefchenf, roenngleich eS äußerlich an bie (Sfiefrau beS 9fattSoorfieherS SB. gerietet,
biefem lefcteren jugeroenbet, unb jroar ju bem 3roecfe, um bie' bei einem pflicht*
haften (Srmcffen jenes Beamten ber Scfiettung beS Sngefl. als gleifd)bcfi auer
entgegenftehenben (Srroägungen ju befeitigen unb ihn fo ju bie) er Scfieuung,
unter ^erlcfcung feiner 2lmtS- ober S)ienftpfliajt, ju beftimmen, fo mürbe bie
9foroenbbarfeit beS §. 333. beS 6t. ©. ». nicht oerneint roerben lönnen.
@S muftte Inernad) baS angefochtene Urteil, inforoeit eS ben 6. oon ber
2lnflage ber ©eftechung freifprtcht, fammt ber bem Urteile in biefer SBejic^ung
üu ©runbe tiegenben tbatfächlichen geftfteßung aufgehoben unb bie «Sache info-
roeit jur anberroeiten 2krf)anblung unb 6tttfa)eibung jurüctoerrotefen roerben.
§§. 10. Qlbf. 2. 14. be» !nartenfa)uk-(B. v. 30. Hot). 1874. Dura) bie
bereits oor (Eintragung eines XDaarcn5eia)cn8 in bas §eid}enregi|ler
gefa>cbene Nachahmung erlangt biefelbe nidjt ben Cbarafter als ^teU
5eia^en. Die Benutzung eines I^eiles bee 1Daaren3eld)ene fann nla)t
als Benutzung bes letzteren felbfl gelten.
@rf. beS II. ©troffen, o. 30. Slpril 1880 c/a. *ß.aafchfe, roobur<h auf
Vernichtung ber SBorentfd^eibung erfannt roorben ift.
© r ü n b e.
2)te 91. 95. erfdf>eint begrünbet, wenngleich bie in berfelben behauptete
Verlegung beS §. 10. 2lbfd£m. 2. beS s JWarfenfa)u^gefe^eä o. 30. «Rod. 1874 niajt
üodiegt. 2)er §. 10. Sbfant. 2. lautet:
2luf 2Baaren3ei$en, roela^e biöljer in freiem ©ebraudje aller ober
geroiffer Älaffen oon ©eroerbtreibenben fia) befunben ^ben, ober
beren ßintragung nidjt juläffig ift, fann bura) Stnmelbung ^iemanb
ein 9ted)t erroerben.
2)er gefe^geberifche £roe<f biefer öeftimmung ift offenbar ber, bafe 3eid)en,
roela)c bisher ©emeingut aller ober geroiffer Älaffen oon ©eroerbtreibenben ge*
roefen finb unb ftdfj einer geroiffen Beliebtheit bei ben Äonfumenten erfreuen,
bura) 2lnmclbung niajt in ben Jöefi^ eines (Einzelnen, unb 3roar beSjenigen ge*
langen folien, roelcher jufäHtg juerft bie Slnmclbung befajaffen roürbe. (5ö hanbett
ftd) babei um Radien, roeldje, roie bie üRotioe (S)ruc?facben beS 9leia)StageS
1874/75 5tr. 20) unb ber Wortlaut be« ©efefeeS („bisher" in freiem ©ebraud)
aller oOcr geroiffer Älaffen oon ©croerbtreibenoen) ergeben, oon 2lltcrS her in
biefer 23eifc oerroenbet roorben finb. 3)er im oorliegenben ^all oom Sngefl.
gefteüte SerociSantrag bcjroccftc aber, nachäuroeifen, baß baS 9Baarenjeichen" ber
^önfoping'fchen 3ünbhöläcr fajon oor bem 2flarfenfehu&gefe|, bejro. oor ber ein»
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3)aitfäe8 ©trafrecht. Ertenntnljfe be« 3dci(^öflerid»t«. 459
trammg be« fttitytttö in ba« 3 e i# cnt egtfter, oon oielen beutfd&en ftabrifanten
nachgemacht worben fei. $>aburcb ift e« aber fein ^tetjeichen geworben; e« mar
immer ein 3ei<$en eine« einzelnen 3-abrifanten oon oerbältnifemäfeig neuem
$)atum, welctje« mißbräuchlich nachjuabmen oiele ^abrifanten in ihrem ftntereffe
gefunben hoben mögen. 2Bäre ba« Reichen böbutfh * m ^reijeichen geworben,
fo hätte folgerichtig auch bie Sönföping'fche ^abrif ihr eigene« 3 e *<$ Ctt nidfjt
wirffam anmelben fönnen, wäfjrcnb boeb bie gan^e Xenbenj be« ©efefee^ gerabe
ba!)in ging, berartigen Nachahmungen ein 3iel ju fefeen.
Wogegen mufite ba« Erfemttnlfj au« einem anberen ©runbc oerntchtet
werben.
®er jweitc dichter erachtet e« für unwcfentlicb, baß bie ^önföpinger
©efcüfc^aft noch ein weitere« Ettfette, beftebenb in jwei SBeltfugeln, §ur SBejeicr)*
itung ihrer SBoaren oerwenbet unb auch für btcfesS burch bie Eintragung in ba«
.ftanbelSregifler au Setpjig ben aefefclichen 6cbu& erworben habe. $>enn ber
Erwerb jweier neben einonber beftebenber 6d)ufcmarfen für biefelbc SSaare fei
nad) ben SBeftimmungen be« 9Rarfenfcbu§gcfe&e« oölltg juläffig, unb merbe burdj
bie Eintragung be« srociten SBaarenaeicben« ba« burch bie Eintragung be« erften
erworbene föedjt in feiner Sßetfe altertrt. Ein Vergehen gegen ben §. 14. be«
s l}?arfenfcbufcgefe$e« lieae aber fd&on bann oor, wenn i^emanb nur ein« biefer
3öaarenjei($en miberreebtlich benufce. $5iefe StuÄfütjrung ift rec$t3irrt&ümUd).
Nach ber tbatfäcblicben Annahme be« erften Nichter«, unb oon biefer febeint auch
ber jroette Stifter au«$ugeben, ift ba« weite SÖaarenjeitben nicht in ber 2Beife
erroorben, bafe ber gabrifant berechtigt fein wollte, für eine unb biefelbe 2öaare
entroeber ba« frühere ober ba« neue SBaarenjeichen $u oerroenben, fonbern fo,
bafe auf ber betreffenben SBaare immer beibe 3 c töen, ba« alte unb neue, oer*
eint *ßlafr fmben Tollten. 2Sar bie« ber $aU, fo bilbet ba« frühere unb ba« fpätere
3eict)en in ir)rer ^Bereinigung rechtlich nur Ein 2Baarensei<hen. Sarau« folgt,
baß bie 33enufcung eine« %l)t\l& be« Söaarenjetchen« nicht al« eine 53enujjung
be« SSaarenjeicben« ber ^Berechtigten aufgefaßt roerben fann; benn bilbet febe«
3öaarenjei<hen eine Einheit, fo ift auch jebe« 3 c "hen, welche« auch n ^ w einem
Ztyil oon einem rechtlich gefeilten Sßaarenjeichcn abweicht, ein anbere«. 3)ie«
wirb im §. 18. be« 9Jtarfenfdf)u£gefetje« ftwar al« grunbfä^ücb richtig anerfannt,
jugleieb aber ber Gefahr oorgebeugt, weldfoe au« biefem ©runbfafc, beffen Äon=
fequenjen bie SBirffamfett be« ganzen ©efe|e« in fattg,* fieUen würben, entfpringt,
tnbem beftimmt wirb, bafe ber bem Inhaber be« 3eichen« na^ Inhalt bieje«
©efe|e« gemährte 6chu^ baburch nicht au«gcfa;loffen würbe, bafe bie 3 ei $ c,t
u. f. w. mit Slbänbcrungen miebergegeben finb, welche nur bur<h Slnwenbung
befonberer Slufmerffamfeit wahrgenommen werben fönneu.
$er jweite 9?i<htcr hätte baher ben Einwanb, bafe noch ein wettere« Eti-
fette, beftehenb in jwei 3öcltfugctn, oon ber TOengefeÜfdmft ber ^önföping'fchcn
^abvif angemelbct fei unb benu&t werbe, berüefftebtigen unb bemnächft prüfen
müffen, ob bie thcilmeife Nachahmung be« 3öaarcn$ei<hcn« auf ®runb be« §. 18.
be« ©efefcc« tro^bem flrafbar fei.
§. 147. 6t. (P. B. Die *2lnroeit6ung bc» §. 147. 6t. (B. B. gegen ben-
jeni^en, weither fid) naebgeabmtee ober »erfälfdhtc* (Pclb oerfebafft unb
baffelbe in Perfebr bringt, fe^t nid?t ooraue, ba| er bie JalfifKate al»
echte« (pelb in Derfebr bringt.
Erf. be« II. Straffen. 0. '60. 9lpril 1880 c/a. Söitfin u. ©en., woburaj
auf Seuoerfung ber 9lcoifion erfannt worben ift.
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460 Sartft* CHMfHi»!. (htenntniffe M ftd^Sfleti^tt.
\
© r ü n b e.
3)tc ©efdfjroorenen rjaben mit mef)r als fieben ©ttmmen bejaht bic fragen:
1) 3ft bet Slngefl SB. fdjulbig, im 3a|re 1878 nad&gemad&teS auSlcm*
bifd&eS SJJapiergclb, tuffifcfje 9tubelf<|eine, ft$ oetfc^afft unb ju Scrlin
am 25. 9ioo. 1878 bcn ©ntfcrjlufe, biefelben in Scrfebr p bringen,
burd(j §anblungen betbätigt ju Ijaben, roeldje einen Slnfang ber 3fu£=
füfjrung biefer beabfidgtigten, aber mc^t jur Menbung gefommenen
£rjat enthalten?
2) äft ber 3fogeK. Gl), fdfjulbig, «I Berlin am 25. 9loo. 1878 ben Gnt*
fajlufc, nad&qema$teS auSlänbifa)eS ^apiergelb, ruffifd&e s Jlubelfcfjeine,
roeldbe er ftcf) nerfd&afft fjatte, in ben $erfefrt ju bringen, burdfc
^anblungen betätigt $u Imben, meldte einen 2lnfang ber SttuSfürjrung
biefer beabfid&tigten, aber nidjt jur Sollenbung gefommenen Xfyat
enthalten?
3) 3ft ber >2lngefl. <p. fd&ulbig, ju »erlin im 5Rot>. 1878 bem SB. unb
bem Gf>. jur Segeljung ber ftrafbaren £anblungen ju 1 unb 2 but$
bie Xfyat nnlTentltcf) ^ülfe geleitet ju tjaben?
®ur$ bie SluSfprüd&e ber ©efd&roorenen ift gegen bie 2tngeH. SB. unb
% ber Sfwtbeftanb beS Sfcrbredjenä gegen bic §§. 147. 43. beS 6t. ©. & unb
aegen ben Slngefl. ö. ber Xrmtbeftanb ber 8ettjülfe baju — §. 49 baf. — na#
ben ©efefceSroorten feftgefteUt.
yiaty 3tu)alt beS Si^ungöprotofoUsS ift ber oon ben Sertrjeibigern ber
2lngefl. SB. unb Gl). gefMte Antrag, in bie fragen 1 unb 2 baS SBort: „als
cd&teS" cor „in 33erfel>r ju bringen" einpfählten, burä) ©eriä)tSbefd)lufj al«
gefefcliä) unjuläfftg abgelehnt, weil ber Antrag nid)t bie llmfd)reibung refp.
bioibualifirung eine« bereits im ©efc^c oortjanbenen, fonbem bie roillfürliaje
§injufügung, eine« barin nid&t oortjanbenen unb beSIjalb ganj neuen Begriffs
refp. ÄritertumS ber Strafbarfeit inooloire.
Ob aus ber Slbteljnung biefeS Antrages einen Hnfed&tungSgrunb $u ent*
nehmen aud& ber Slngefl. projeffualifd^ bereä)tigt ift, fann fjier babingefteHt
bleiben, ^ebenfalls ift nimt anzunehmen, baß ber §. 147. beS 6t. ©. w. bic
6trafbarfeit bcSjenigen, melier nadtaemacljteS ober nerfälfdjteS ©elb fiä) uer ;
fd&afft unb foldjeS in $8erfef)r bringt, baoon abhängig mad)t, bafe berfclbe eS als
edjteS in ißerfe^r bringt. 3roar roitb auä) hierbei, wie im §. 146. unb in bem
juerfi beaeid&netcn ftaUe beS §. 147., als $oluS bie 2tbftd)t, bafj baS nad&ge*
maä)te ooer oerfdUfä)te ©elb als ed^teS in SBerfefyr gelange, norauSgefe^t. 3)a*
gegen erforbert bie äufjere ^anblung beSjenigen, melier nachgemachtes ober
nerfälfd^teS ©elb, baS er fid) ücrfajafft, in «erfeljr bringt, nid^t baS aflerfraal,
bafe er eS als ed)teS in SSerfc^r bringe. (Sine fold^e Seftränfung bejügltd) beS
objeftioen XbatbeftanbcS ifl in bera §. 147. nid&t ju erfennen. 2luc^ roetm bei
bem ^noerfe^rbringen beS nad^geraaddten ober uerfälfd^ten ©clbeS bem 2lbnebmcr
bie ßrflärung abgegeben roorben, bajj baffelbc unecht ober ocrfälfd^t fei, finbet
beu 147. nadfj feinem Söortlautc roie nac^ feinem gefc|li(^en ©runbe 3ln^
tuenbung. ®ie Slufnabmc ber SBortc „als edjtcS", ioelc^e eine ©efe^ränfung
beS im ©efefce oorgefe^enen X^atbcftanbeS herbeigeführt fjaben mürbe, ifl ba^er
burd) bcn ©eridjtsbefd&lufj mit :Kcd^t abgelehnt roorben.
48. 49. 61. 65. 75. 74. @t. (B. ö. Die bei bto^enbet Sroange-
»olljherfung beroirftc DerÄu|erung uon 0ad)en butd) 6en berufenen
(Erben roäljrenb einer naa) preu|. Kedjte laufenben i)eUberationefrift
füllt unter ben §. 288. @t. ®. B. — Der bei ber ^luöfü^rung einer
ftrafbaren ISanblung tjülfe leiftenbe Qlnfltfler fann nidjt ^ugleid) wegen
^Infllftung unb lSülfeleijhing beftraft »erben. — Der (FeneralbevolU
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I
<Deutf*e8 @trafred)t. (Srfemrtmfie be« 9trid)8aerid)t3.
461
mäö)tigte, toelcber jur vermögensrechtlichen Eertretung berufen Ijl, er-
fd^eint aus eigener (Entfcttltefeung berechtigt jur Stellung »on @traf-
anträgen toegen ffrafreebtlicbet Derfolgung einer gegen ben betreffenben
oermögenoteebtliccien ßompler, gerichteten ^anblung, infofetn nicht per»
ftnliaje Beziehungen oon jfrafced)tlia>r Bebeutung 3«>ifcr)en bein Ibäter
unb bem Derlekten befreien. — Dura) eine injroifa^en eingetretene
©eijiesrrantyelt bes Dollmactitegebera erlifd)t bie Befiignij| be« CBeneral-
beooUmäctttigten 3ur Stellung bes @trafanttag«.
(£rf. be« III. «Straffen, o. 1. «Kai 1880 c/a. Bochmann u. ©en., reo-
bur<h auf SBerntchtung be« Sttorerfenntniffe« unb 3urücfoenoeifung etfannt
toorben tft.
$5te Sfteotfion ber 2lngefl. rügt ^erlefcung materieller Strafgefefce unb
JBerlefeung oon firafprojeffualifchen Sorfchriften. %n erfierer öeAiefmng tft e«
jutreffenb, roenn bie SReoifion abführt, bafe ber §. 288. 6t. ©. 8. oorauSfefce,
baß e« ftd) um ein auf ©efrtebigung be« ©laubiger« gerichtetes 3 roan S8° c rfahren
hanbelt, welche« breite, unb bafj ^ierbei SermögewSbeftanbthetle in ber 2tbfid)t
oeräufeert ober bei «Seite gefchafft finb, um bie Jöcfricbtgung be« ©laubiger« ju
ocreiteln, allein ba« tft auch oon bem 3Sorberrid)ter nicht erfannt.
$ach ber ttjatfäc^liajen geflfteUung oertdmlbete ber oerftorbene ©cjemann
ber äBittwe 9JI. bem ^oftyalter X. in ©ctjilbberg (Selb au« einem 2Bechfel.
2üäf>renb t»en SDf.'fd&en ©rben bie gefefcliche S)cliberatton«frift lief, beantragte
ber ©laubiger wegen feiner gforberung bie Sequestration be« SR.'fdjcn Vorwerfe«.
2)ie Secweftratton rourbe oon Seiten be« ©erichte« oerfügt. 2>te aßittroe Wl.
hat aber oor 2lu«ftthrung ber 6 e quo [trat ton ba« lebenbe ^noentar bei Seite
gefchafft. SBenn nun au$ bie Sequeftration al« erefutortfehe, auf Öefriebigung
be« 2tntragfteller« gerichtete Jlltoferegel währenb laufenber ®eltberatton«frift in
ben s Jtaa)la| be« oerftorbenen Schulbner« nicht hätte oerfügt unb ooUftrecft
werben bürfen, fo erwägt bodj ber Sorberrtchter jutreffenb, bap ber öegriff ber
brotjenben (Srefution ntctjt eingefebränft fei. 6« genügte in ber Sfmt, bafj, roie
hier, nadjbem bereit« ein reccjt«rräfttge« Urihetl erlaffen mar, ber ftaü einer
3wang£ooUfh:ecrung brohte, unb in Sbejiehung herauf mar e« gleichgültig, ob
bamal« ber angesagten 2JI eine 2)eliberation«frifi lief ober nicht." 3Öenn
mit s Jtucfficht hierauf ber ^orberrtchter feftftellt, bafe bie SBittwe 3Jt. bei einer
ihr broljenben 3wang«ooÜfrrecrung in ber 2lbfkht, bie SBefriebigung be« ©laubiger«
§u oeretteln, ©eftanbtljeile ihre« Vermögen« bei Seite gefchafft Iwt, fo läßt fid)
annehmen, bafe er bte ^eftftellung in bem Sinne getroffen hat, bajj bie SSer-
äufierung nicht blo« mit Mcfficht auf bie bamal« oerfügte Sequeftration, fonbem
baj? fte mit '9tücfficht barauf erfolgte, baö bei ber bamaligen Sacblage überhaupt
bie ©rehttion toegen ber gorberung be« 51ntragfteUer« brohte, fei e« auch, bafj
biefelbe erft nach Ablauf ber S)eliberation«frift jum Sollauge gefommen märe,
©in 9iecht«irrthum liegt alfo ber thatfädbjichen JeflfteÜung nicht ju ©runbe.
6« tft auch au« bem Fortgänge ber thatfächlichen ^eftfiellung erfennbar, bar,
ber dichter angenommen h^ bie SBittioe 3R. fei bte @rbin ihre« ©h^ntann« ge*
roefen, unb, ba nach oreuB- ^echt bte 2>eliberatton«frift ben Sinn hat, bafj ber
berufene @rbe innerhalb berfelben ber ©rbfehaft, melche er ohne auSbrücflichc
Slntretung mit bem SlnfaH enoarb, entfagen barf, fo ift e« nicht recht«irrthümlich,
menn ber 35orberrid)ter feftftellt, bafe bie Wl. Seftanbtheile ihre« Vermögen« bei
Seite gefchafft tyat, roährenb ü)r bte 3toang«oollftTecfung brohte.
dagegen ifi ba« ©trafgefefc oon bem Sorberrichter in einer anberen in
© r ü n b e.
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462 3)eutfd)eg ©trafre^t. ^tfcnithrific beS atei$öaerid)t3.
auf biefelbe sBcifcitcfd^affung beftraft, roeil er bic Sittroe ÜK. §u ber oon bcr<
fclbett begangenen ftrafbaren &anblung burdj lleberrebung oor)ä$lia) beftimntt
jjat, unb weil et iljr jur Segeljung beS SergebenS burd) bie %^at wtfjentlicb
£ülfe geleiftet l>abe. ftür jebe biefer öanblungen ift eine (sinjelftrafc oon oier
Monaten, für beibe sufammen ehte ©efammtftrafe oon fedjS 2Jtonaten für ange*
meffen erachtet unb auSgeforodjen. v Jlun fann aber eine ©efammtftrafe naa)
§. 74. nur auSgeiprodjcn werben gegen ben jenigen, weld&er burd) mehrere
felbftftänbige "panblungen mehrere Sergef)en begebt. S)er Hnfttfter toirb aber
wie ber Xtyättx beftraft, unb fo wenig ber 9JUttyäter augleid) als Später unb
als ©eljülfe beS anbern Xtyatexä beftraft werben fann, fo roenig fommt bei bem
2lnfttftcr eine Seiljülfe, welche er bei ber 2tu$fiu)rung gewährt tyat, noaj als
befonberS ftrafbare ,§anblung neben ber 2tnftiftung in Setracbt; oielmef)r fann
nur bei ber ©trafjumeffung barauf Mücffidjt genommen werben, bafj fid) ber
2tnftifter jugleia) bei ber »usfütjrung beteiligt bat. 2luS biefem ©runbe ifi
baS Unheil, foroeit eS gegen erlaffcn ift, aufgeben, unb bie ©ad)e jur
anberroeiten Serbanblung unb ©ntfd^eibung an ben Sorbemd)ter jurücf juoerweifen.
3)enfelben (Srfolg ^at bie auf Serlefeung ftrafpr Ojcfjualif (|>cr Seftimmungen
gerichtete SReoifion bejügud) aller 2tngeflagten.
(Sine Serfolgung auS §. 288. tritt nur auf Eintrag beS ©läubigerS ein.
©laubiger mar ber ^oftbalter 21. $. X. $er ©trafantrag ijt geftellt oon S. X.,
weldjcr benfelben mit bem tarnen feine« SaterS unterf ^rieben l)at. S)er Sorber*
rid)ter ftettt feft, bap S. X. (Scneralbcoollmäd&tigter feines SaterS fei. 2lud>
ift ermähnt, ber Sater fyabi oon bem Slrreftbrua) unb ber eingeleiteten
©eaueftration Äenntnifj erhalten unb genommen, ^n Schiebung auf bie $erfön-
lidjfeit beS ©läubigerS 21. <p. X. mürbe in ber $auptoerbanblung nom 6. ^ebr.
oon ©etten ber Sertbeibigung geltcnb gemad)t, bafj berfelbe geifteSfranf unb
beSljalb bie oon ilmt'auSgefteUte ©eneralooUmadjt erlogen fei; ber Serttjeibiger
beantragte nunmehr unter Scjugnal)me auf baS 3 e ugni§ öe§ Dr. ijj. Sertagung
ber ©acbe. hierauf rourbe baS Urteil eröffnet; in bem Unheil ift biefer Se^
meiSantrag gänjlid) übergangen, naä) Stngabe ber s JteoiuonSfcbrift foU berfelbe
abgelehnt fein, lieber ben ©egenftanb felbft fpridjt fid) baS Urtbeil babin auS,
eS ftünbe md)t nur mcfjt feft, fonbern fei fogar burd) bie cibltcbe 2luS|age beS
S. X. roiberlegt, bafj beffen Sater für blöbftnnig ober walmfinnig erflärt unb
unter bie Sormunbfcbaft geftellt fei.
3)ie Sleoifion ber älngcflagten erbeifa)t bie (Erörterung ber sroei fragen,
ob S. X. auf ©runb ber oon bem Sorberri^ter feftgefteflten 3:§atfad?e r bafe
itmt oon feinem Sater ©eneraloollmaa)t erteilt roorben, ben ©trafantrag Hamerns
feines SaterS ftcllen burfte, unb fobann, ob bie weiter feftgeftellten ^atfad^en
auSreicben, um bie 2lnnal)me ju begrünben, bafe S. X. $u ber fait, als er ben
©trafantrag ftellte, nod) ©eneralbeooHmät^tigter feines SatcrS roar.
^n erfierer Scjie^uug erfc^eint eS bebenflic^, ba| baS ©t. ©. S. jroar
ben ©trafantrag gefe|jlid)er Sertreter erwähnt, fonft aber nur oon bem ©traf *
antrage beS Serlcfcten rebet, oljne biefem auSbrücflic^ ju geftatten, ba$ er fieb
bei ber ©teUung beS ©trafantragS nertreten laffen fann. gfnbeffen läfet ftdj
barauS ptiäc^ft nidit ableiten, ba^ ber Seriefete in jebem einzelnen $aH ben
©trafantrag aua) perfönliä) ftetlen müfete, bafe er fia) ni$t in ber ©rflärung
feines auf bic ftrafrecbtlia)e Serfolgung gerichteten SBillcnS oertreten laffen
fönnte. ^anbclt ber ScooUmäcbtigte nia)t traft eigener @ntfd)liejjung, fonbern
in 2luSfübrung einer auf bie jrrafred&tlidje Serfolgung beS ©dnilbigen geriebteten
5BiUcnSbeftimmung beS Sollmac^tgeberS, fo roirb bureb i^n nur bie für ben
einzelnen %aU oon bem Sollmacbtgebcr gefaxte, auf ftrafredjtlicbe Serfolgung
ber in ^rage fiebenben ©traftbat gerichtete föntfcblicfeung beS SolImad)tqebcri
ooUsogen unb ber ©taatSanroaltfa^aft ober bem ©cridjt übermittelt. 2)afe eine
berartige, auf bie 2lbgabe ber ©iUenSerflärung befd/ränfte Sertretung beS 2in^
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3)eutfd>3 Straftest, erfermtniffe bcg 3lrid>3gerid)t8. 46$
tragSberechtigten juläffig fei, fann nicht in 3 ro ^f c t Ö^ogcn werben. Vebenthcher
ifl eS, eine SteHoertretung im 28iHen, b. h- in bet @ntj$Ucjmng über ber
Stellung beS StrafautragS &u geftatten. 2)eun auch in benjenigen pllen, in
benen bie Einleitung beS StrafoerfahrenS oon einem 2lntrag bes Verlebten ab*
hängt, fommt bie 9tücfjicht auf beffen ^ntereffe niti^t allein in $rage, baS öffent*
iic^e tfntereffe, bie 9ittdficht auf bie ^erfon beS ZfyättxS, meldte bei ber gefamraten
Strafrechtspflege mafjgebenb finb, treten auch hier nicht gänjlich jurücf.
$nbeffen läfet fia) auS §. 65. beS 6t. ®. V. nicht ableiten, eS ^abe jebe
SteUoertretung im SöiHen bezüglich beS Strafantrags auSgefchloffen bleiben
f ollen. ES ift bort nur oon ber Vertretung minberjähriger, beoormunbetcr,
geifteSfranfer unb taubftummer ^erfonen bie $ebe. ES wollte aber offenbar in
bem ©cfefcbud) bie Vertretung in Vejug auf bie Stellung beS Strafantrags bei
2lntragSbelttten nicht erfchöpfenb georbnet toerben. 3ft °aS Vermögen beS
Staats, ber Äirche, einer ©ernembe, einer Korporation, einer Slftiengefettfchaft,
einer Stiftung bur* eine ftanblung befääbigt, welche nach ber Veftimmung beS
6t. @. V. nur auf Antrag oerfolgt wirb, fo läjjt fid) nicht annehmen, ba| bie
begangene firafbare ^anblung in biefem galle ot)ne Antrag ocrfolgt werben ober
bafe fie ftrafloS bleiben foüe, oielmebr ifl %\ix nom Sttafgefefc oorauSgefefct, baft
bie allgemeinen ©runbfäfce über bie 3uläf jxgfeit ber Vertretung auch bei Stellung
beS Strafantrags jur Sfowenbung fommen. Sie jur VermögenSoermaltung be*
rufene Staats*, Stachen* ober ©emeinbebehörbe, ber Vorftanb ber 2lfttengefell*
fdEwft, ber ^brnhuftrator ber Stiftung ift auch jur Stellung beS Strafantrags
für bie oon ihm oertretenen ^ntercjfen befugt, ©ine ähnliche Stellung wie biefe
Slbmimftratoren hat aber berjenige ©eneralbeooUmächtigte eine« SßrioatmanneS,
meinem Durch beffen Sßillen bie Verwaltung oon beffen Vermögen ober eine«
VermögentheilS unb bamit bie Vertretung beS Vollmachtgebers innerhalb beS
in ber Vollmacht bezeichneten ÄreifeS oon Vermögensrechten übertragen ijt. Sötc
jene ift er baju berufen, bie feiner Sorge anoertrauten VermöaenSintereffen
Durch Ergreifung ber geeigneten 9te<htSmittet ju fdfjü&en; er barf beShalb auch
im Zweifel tarnen« beS Auftraggeber« ben Slntrag auf ©ewährung beSjenigen
Schubs, welchen baS Strafrecht im gaUe ber Verlegung jener oermögenSrecht«
liehen ^ntereffen burdf) bie Verfolgung beS Sd)ulbigen gemährt, er barf in jenen
fällen ben Strafantrag fteHen, unb jtoar auch wenn in bem allgemein gehaltenen
Auftrag bie Erhebung oon Anträgen auf Veftrafung nicht befonberS ermähnt ift.
ES läfjt fid^ annehmen, bafe auch tner ber ©cfejjgeber oon ber Voraus*
fefcung ausgegangen ift, ber jur oermögenSrechtltchen Vertretung Verufene unb
bafür Verantwortliche fei innerhalb beS iljm aufgetragenen ®efa)äftSfreifeS rote
jur Ergreifung ber geeigneten Eioilred^tSmittel fo auc§ jur Stellung beS Straf*
antragS für ben Verlebten bergeftalt berufen unb befugt, bafj feine (rntfdjltefjung
unb Erflärung wegen frrafrec^tlia;er Verfolgung einer gegen ben betreffenben
Äompley oon Vermögensrechten gerichteten «ganblung biefelbe SBirffamfeit l>at f
als wenn fie oon bem Sprütjipal fetbft ausgegangen wäre. Stuf biefe SBeifc
wirb einem entfd&iebenen praftifchen Vebürfnip genügt. ES ijt jebod) eine Ein*
fchränfung beijufügen. 2Öenn nämlict) jwifchen bem ^h^ter unb bem Verlebten
perfönlic^e Vejiehungen beftet)cn, welche ftrafredt)tlich oon Vebeutung finb, fo
tarnt bie Ermächtigung $ur Entfcheibung über bie Stellung beS StrafantragS
nidejt als in bem allgemein gehaltenen Auftrag inbegriffen angenommen werben.
• ülud) aus anberen ©rünben tonnen fich im einzelnen %a\L jola)e 3 ro ^ 1 UDe ^
ben Umfang beS generellen Auftrags ergeben.
äm oorliegenben $all ijt nunmehr nia)ts feftgeftcllt, als bajj ber ^ojitjalter
& %. feinem Sohne V. X. ©eneraloollmacht ertheilt fyat. 3n welchem Um^
fang, unb ob Darnach aus ber VeooQmädhtigung bie Vefugni^ $ur Stellung beS
Straf antragS abzuleiten fei, ijt nicht erörtert, wie benn auch bie Vollmacht in
ber ^auptoerhanblung gar nicht sur Vorlage gefommen ift. 2Senn fobann auch
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464 2>eutfcfcS Strafrecht, etfcmrtntffc bei JHeid)&aerid)t8.
in bcn Urtbeilägrünben ermähnt ifi, bafe ber $atcr X. von bem 2lrrcfibrud)
Äenntmfe erhalten unb genommen habe, fo ifl bod> nicht feftgeftellt, bafe btejenigen
sßorauäfefcungen iwrltegcn, nach melden im oorliegenben §atte nur eine ©teflU
»ertretung in ber ©rflärung be« auf ©efirafung gerichteten 2öiflenS besä ^oft-
Rätter« 91. £. X. oorliegen mürbe. @3 ift alfo ein gültiger ©trafantrag nicht
erroiefen.
ferner ift aber auch in Betracht ju pichen, bafj ber eine roie ber anbere
^aU bie im entfeheibenben 3«tpi«tft fortbauernbe $anblunggfüf)igfeit beS $ofi-
halter« 21. £. X. oorauSfe|t. Siegt bie in ber £auptoerhanblung behauptete
unb unter »eroetö geftellte öanblungSunfähigfcit be8 ^ofujalterS 31. SC. oor,
fo tönnte fein 2BiIIe, bie *8e?trafung ber Slngeflagten herbeizuführen, überhaupt
nicht in ^rage fommen. ^anbelte e£ fiä) um feinen 3BilIen, fo hätte er mrm
beftenS ju ber 3«t, mo er bem ©ohne ben Auftrag jur ©tettung beS ©traf^
antragS erteilte ober fich mit bem oon biefem gestellten 2lntrag einoerftanben
erflärte, f)anblung£fäfüg fein müffen. ^anbelte es fich aber bei bem ©trafantrag
um eine eigene @ntfa)lief3ung be£ ©olme&, fo mar biefer ©trafantrag nur gültig,
roenn bie berafelben erteilte Vollmacht nicht burdfj eine injmifdjen eingetretene
§anblung8unfähigfeit beS Vater8 erlofdtjen mar, in meinem galle bie Vollmacht
felbfroerftänblich nicht roieber gültig gemorben märe, roenn ber Vater bis jur
©teUunabcS ©trafantragS feine §anbtung£f(ü)igteit roieber erlangt hätte.
S5ie Ungültigfeit ber Vollmacht roürbe aber nicht, roie baS 2anbgeri<f)t
annimmt, erft Damit eingetreten fein, bafe ber ^ofthalter 21. §. X. für roafm-
finnig ober blöbfinnijj erflärt ober unter Vormunbfchaft gefteUt roorben roäre;
ifl berfelbe einer ©eittejofranfheit ©erfüllen, roelche feine §anblung3fäf)tgfett aus
fctjlietjt, fo ift bie Vollmacht mit bem eintritt ber ©eifteSfranfheit erlogen (W.
fianbr. Sa. I. Xit. 13. §. 196.). Xtit in 3rocifel gesogene £anblung3fähig£ett
ift nun nicht feftgeftellt, noch roürbe bie fteftjteHung aufregt erhalten werben
fönnen, nad)bem ba3 £anbgericht einen bieten $unlt betreffenben Vemeiäantrag,
ber Slngeflagten au« einem unrichtigen restlichen ©runb unberücffid)tigt ge-
laffen l)at.
2htS biefen, burch bie thatfächlichen Anführungen ber ^Heoifionöfdfcjrift
gebeerten ©rünben ift ba$ erftinftanjliche Urü)eil mit ber bemfelben ju ©runbe
liegenben thatfächlichen ^eftftcllung aufzuheben, unb bie ©adtje, ba tS noch auf
thatfächliche Ermittelungen anfommt, jur anberroeiten Verhanblung unb ©nt<
fdjeibung an baS Sanbgericht äurücfjur-erroeifen.
§. 26S. 6t. <B. B. Die tterfälfdmnfl einer bem Bcjlfcer gehörigen
Urfunoe jum 2>wecf 6er Befcitigang cince Me Jejrjrellung feiner ^cbulb
ermögtiebenben Bcroeismittets ^r oie 6trafoerfolgung gegen ibn, er»
febeint ntd)t flrafbar.
©rt. be« III. ©traffen. n. 1. 9Kai 1880 c/a. SBegencr, rooburch auf
Verwerfung ber Steoifion erfannt roorben ift.
© r ü n b e.
3)ie 2lnflage roegen Urfunbenfälfchung hatte folgenbe $hatfac$en behauptet :
2)em SB. roaren auf fein lnfud)en oom Unterfudhungörichtcr feine in gericht-
Ud)cm ©eroahrfam fich befinbenben ©efchäftdbücher unb unter biefen auch ba£
Äaffcnbuch, roelche« bie (Eintragungen über 3Jcahllohn oom 1. $lov. 1873 btö
ult. 3lpril 1878 enthält, jurüefgegeben roorben. 2)iefc ihm gemährte Söergünfh
gung habe ber Slngefl. baburd) mißbraucht, ba| er aus bem crroähntcn Äaffen*
buch eine 2ln$ahl ©eiten, auf welche Ibra oergütete« a)?ahllohn oerjeichnet war,
herauSrifj unb auf anberen ©eiten, auf welchen urfprünglich nur bie 9RahUohn<
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».-I
$eutfd)eö ©traftedjt. CEifanttitijfe l>eö JRchfcSgmcf^. 435
einnahmen eine« 9JionatS aufgeführt roaren, bie üftonatsbeseichnungen berart
veränberte, ba§ bic (Sinnabmen cittcö 3JtonatS als für mehrere SJtonate oalctürcnb
erfdnenen. $ic 2lbftd^t SÖ.'S bei biefen SBerfälf jungen ging ba^in, feine lieber-
fül;rung bejüglid) ber ihm jur Saft gelegten Steuerbcfraube ju vereiteln unb ftdf>
ber Scjablung ber ihm brotjenben fdnvcrcn ©clbftrafc 3U entjiebcn. Son bem
verfälfdjten Äaffcnbucb ^abe er jum Qrocd c i ner Säufdmng baburd) ©ebraueb
gemalt, baß er baffelbe im Sluguft bejm. September ben Sucbbaltern M. unb 6.
vorlegte, um baffelbe jur Aufarbeitung eines ©utadjtcnS barüber, ob unb iuroic*
roett fid) auf feinen ©efdmftSbücbcrn unb papieren eine von 20. begangene
Steuerbefraubc feftftellen laffe, ju benufeen.
$aS £auptverfahrcn ift eröffnet, ivctl ber Slngcfl. bringenb verbädjtig
erfdjien, in recbtStvibriger 2lbfid)t eine ^rinaturfunbe, roeldjc jum Scioeife oon
Stechten unb föcchtSvcrbältntffen oon (Srljeblichfeit ift, nämlich fein Äaffenbudj,
verfällt unb oon bcmfclben junt gtveefe ber Xäufc^ung ©ebraueb gemadjt ju
haben, in ber 2lbftcbt, fi«b einen recbtSroibrigcn Skrmögcnsoortbcil $u ocrfd;affcn
(Serbreeben gegen bie §§. 267. 2(58. sub 1. beS 6t. ©. ».)•
$)a£ Urtheil beS SanbgerichtS {teilt feft, bajj ber Slngcfl. bie in bem Sud;
erfi$tlid)en Seränberungen in ber Slbfidjt oorgenommen tjabe, bic ©cfammt*
fummc ber 2)tapot)neinnal)me burd) Scrtbcilung einer ÜRonatScinnabme über
mehrere Monate ju verringern unb bamit bic oon bem Sadjvcrftänbigen SR. bc *
regneten Seioeife abjufdnoädjcn refp. ju vernieten. 5DaS Urteil erroagt in*
befjen, bafe baS Such, foroic cS als einfaches 9tati&budj ooilicgt unb im ^inblicf
auf bie oon bem Slngefl. ielbft bamit urfprünglicb ocrfolgtcn ^mdi nid)t als
Urfunbe im Sinne beS §. 207. beS 6t. ©. S. aufgefaßt roerben fönne, auch
^abe eS meber burd) ben oon bem UnterfudMngSrichter baoon gemachten ©ebraud)
noch burch ben oon bem Slngefl. fpätcr bamit bcabfichtigten ©ebraud) ben ©baratter
einer ^rioaturfunbe im geglichen Sinne befommen; ber Angefl. ift beSfwlb 001t
biefer Anflöge freigefproeben.
®ie 9teoifton ber Staatsanwaltschaft rügt Serlefcung einer 9icdjtSnorm
bei Amoenbung beS StrafgcfcfeeS auf bie bem Urthcil ju ©runbc liegenben Jcft*
jtclluna.cn. Serlcfct fei ber Segriff ber Urfunbe, unb fomit feien bie §§. 267.
unb 208. beS 6t ©• S. ocrlcfct.
Nun ift ber Segriff ber Urfunbe fein rein tbat fachlicher. 2ßirb berfelbc
auS recht^irrthümlichen ©rünben falfa) angeioeubct, fo unterliegt baS betreff enbc
Urtheil Oer Anfechtung mittelft ber Jteoifion.
deshalb muB baS lanbgcrichtlichc Urtheil erfennen laffcu, onS ©rünben
welcher 2lrt, ob auf thatiächltchen ober aus s Jicd)tSgrünben b;m oorgclegtcu
Such bic Urfunbemiualität abgefpcochen roirb, anbernfaUS mürbe eine Nachprü-
fung in ber v .Heoifion3inftan$, ob ein 9tecbtßirrtl)um ber^eftftellung be3 5Jorbcv-
richtcr» ju ©runbe liegt, unmöglich fein. (Sä fann inbeffen bnhingcftcüt bleiben,
ob bie (Srroägung bcö iöorberrichtcrä biefem GrforbcrniB genügt. 2)enn baö
oorberrid)tcrlichc Urtheil ift av& einem anberen ©runbe aufrecht ju b^ten.
SDürfle man nämlich annehmen, bafj ba& von bem 2tngefl. in feinen
(Einträgen oeränberte Sud; bic Scbcutung einer Urfunbe babe, fo mürbe bennod)
bic angcflagtc unb feftgeftettte ^anblung bcffelben ben Glwrafter ber Urfunbcn^
fälfehung nicht barftcllcn. 3 unflc hft * am ülc 2lbfid)t bc3 2lngcfl., fich ber Ser
urtheilung ju einer ©clbftrafc 511 entziehen, nicht als bic 9lbu<ht aufgefaßt werben,
Üch einen ißermögenSoorthcil 311 oerfchaffen ober bem ^iSfuS einen 6chaben ju*
äufügen. 2)ie Strafe ioirb um ihrer fclbft roillen verhängt, nicht in ber Slbficht,
ben SermögcnSocrfehr 3U vermitteln, oiclmeljr ift baS Strafübel nur baä Littel
für ben Strafjioecf. deshalb läßt jich bie Gntjiehung einer frimincUcn ©elb^
ftrafe nicht unter ben ©eficbtSpunft eines bem giSfuS zugefügten ^crmÖgcnS^
nachtheilS bringen, unb ebenfoiocnig bic 93cmahrung oor ber Scrurtheiluug ju
einer ©elbftrafe unter ben ©cfichtSpunft ber Erlangung eines ScrmögcnSoor^
«rd,io tm «. w. 31
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46G ©eutfäe« ©trafst, ©rfeimtniffc bes «Rei^öfteri^tg.
tljeilS. 3)arnadj würbe jebenfattaS §. 268. auSaefd&loffen bleiben, Sobann Ijanbelt
aber audj ein Sfaaefl., welcher eine ibm fclbft jugebörtge Urfunbe, wäbrenb (tc
fid) in feinem 93efifee befinbet, oernid)tet ober oerfälfcbt, um für bie Strafoer*
folgung baS ^Beweismittel ju beseitigen, auf ©runb beffen feine Sdntlb feftgeftellt
werben fann, nid)t in ber rea)t£wiDrigcn 2lbfid)t, welche §. 267. 511m £tjatbe*
ftnnbe ber Urfunbenfälfcbung forbert; er madjt fid) buref) eine $anblung, reelle
nur biefen ©borafter Iwt, überhaupt nidjt ftrafbar.
60 memo, fid) ein Slngefl. ftrafbar mad)t, melier in ber wiber iljn ein*
geleiteten Untcriudjung, auf bie gegen iljn erhobenen Sefcbulbigungcn fdjwetgt
ober in Söejiefning auf biefelben lügt, fo wenig oon ifjm in biefer Söejiefmng
ein 9tcd)t auf 3ßaf)rbeit in ftrafbarcr Söeife oerlefct wirb, fo wenig liegt if)m
eine juribifdjc tyfiifyt, bie ibm gehörigen, in feinem $efi§c befinblicben SeroeiS*
mittel für feine Scbulb 311m ßweef feiner S)eftrafung uorjulegen, ober in t&rer
Integrität ju erbalten, in bem (Sinuc ob, bafe feine 3uwtberf)anblungen gegen
biefelbe mit Strafe ju atynben wären.
3(u8 biefem ©runbe ift bie SMemfton ber StnatSanmaltfdmft surücfjuweifen.
§§. 268. 267. 264. St. <B. 8, (Eine B)ea)felfälfd)ung liegt aud> bann
»or, wenn auf einem noeb ber llntcrfcbrift eine« Ausftcllers erman-
gelnben IDecbfelformularc 6er Harne bes Äcccptantcn fälfeblicb angefertigt
werben tjt — Die Abjicbt eines recbtswlbrigen Permögensoortbeils
fann aua) in bem (Erftrcben eines Marlebens, auf welche» ber Betreffenbe
feinen Anfprud) ^attc, erfüllt werben. — Der Ibatbejtanb ber febwereu
Urfunbenfälfcbung bes §. 26S. 6t. B. ftyliefjt bie ibeelle fionfurren^
eines Betrugsocrfucbes nicfyt prlnjlpicll aus. —*t>cr §. 264. St. (F. 8.
ijt nidjt baburd) bebingt, bafj ein neuer oollenbetcr Betrug begangen
werben.
(Srf. be« L Straffen, 0. 3. 2Rai 1880 c/a. Sin ber, woburdj auf 8er*
werfung ber föeoifion erfannt worben ift.
222. 230. 6t. <B. B. 3 n ocm Qluflagerbalten unb gewerbsmäßigen
Derlciben oon Ijängegerüjten ifl ber befonbere gewerbliche Pflichten be-
grünbenbe Betrieb eines Gewerbes ju pnben, aleid)r»iel ob ber Betref-
fenbe für bies (Bewerbe nidjt jugetoiTcn ifl uno feine Steuern 5ablt.
ßrf. be« II. Straffen, o. 4. 5Dtoi 1880 c/a. $üter, woburd) bie 31. 53.
bc3 Slngefl., welcher in ftolgc ber Söbtung eine« 3)cenfcben burd) herabfallen
uon einem jerriffenen #ängegcrüft *u Strafe oerurt^eilt worben war, juruefge*
wiefen worben ift.
§. *. 61. pro5. <T. 6obalb einem 2lngetlagten eröffnet worben
ijt, ba£ bie Cabung eines oon ihm bezeichneten ^eugen sur Iiaupt-
»erbanblung oerfügt fei, ijt itym feine üertbeibigung befd)ränft, wenn
ungeachtet feines bas Ausbleiben bes §eugen rügenben Eintrages auf
Dertagung unb Cabung bes geugen, obne ba§ ein biefen Antrag
wiberlegcnbcr <Bcria)tsbcfcbluCj gcfafjt worben ift, in bie Derbanblung
eingetreten wirb.
6rf. bc« III. Straffen, u. 5. Mai 1880 c/a. Süfdjing, wobureb bie
Steoifion be« 3lngefl. für begrünbet eradjtct unb unter Sluftjebung ber ^orent*
fc^eibung auf 3urücft)erweifung erfannt worben ift.
§. 2S3. 6t. <B. B. §. 210. ßonf. (D. v£s ift nia)t Dorausfefeung für
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fSeutföeS <Strafre$t. ©rfennrniffe beö 9triö)«aertd)t8. 467
bie 2lnroen6ung bes §. 283. St. (B. B. t bafj ein Kaufmann, roelcber
feine faufmännifdjen Pflichten ocrlcfct t/at t auä) noch, $ur 5eit Ott
5at)lungecinfrellung flaufmann geroefen fei. Cicgt 6er (Bruno oer
gablungöeinjlellung in htm Ausfalle 5er früheren fjanoclefpcfulationcn
uno ifl jene roegen foleber Scbulben mit erfolgt, roeldjc roäbreno 6eö
faufmänniferjen Betriebe« cntfianoen jln&, fo fiiioet oae (Pefefe Qlnroen-
bung, mag bic Sablnng&elnftellung roäfyreno ober naa) Aufgabe bee
(BefAäfts eingetreten fein.
(srf. beS HI. erraffen. t>. 5. 3Wai 1880 c/a. föoljlcrt, moburdd bic 9ie>
oifton her ©taatSanroaltföaft für begrünbet eradjtet unb unter 2lufb>bung be3
angefodjtenen ^orerfenntniffeS auf 3urücfuern)ctfung erfannt roorben ift.
§. 286. 6t. (P. B. t>erloofuna von Jrücbten in öffentlichen Cofalen
ab Slusfpiclungen im Sinne See §. 286. St. <B. B.
(Srf. be« L 6traffen. v. 7. 3Jtat 1880 c/a. Stberbaudj, rooburd) auf
Stufbebung be« freifprecfjenben SBorerfenntniffeS unb 3urücfoerroeifung erfannt
roorben ift.
© r ü n b e.
2>ie 9teoifton ber ©taatSanroaltfd&aft ift begrünbet £>cr Segriff ber Sotterte
unb ber HuSfpielung im §. 286. beö 6t. ®. 8. enthält nidbt ba3 ©rforbernifc
ber ^eilna^me 3Jtef>rcrer an ber ©eroinnjieljung, btefeä (Srforbemifj für bie
©trafbarfett einer Lotterie* unb bejro. SluSfpielungSoeranftaltung ifl oielmebr
gegeben bur$ ba« SBcgriffSmerfmal „öffentliay oeranftalteter fiotterien unb 2lu3*
fpiclungen. £a$ $ßorf)anbenfcin biefeö XfjatbeftanbSmerfmalS ift aber bamtt
feftgeflellt, bafc bie 2lngeflagten ib,re SBaaren, foroeit fie ©pieler bei bereu 2ln<
gebot in öffentlichen Sofalen fanben, jur 2lu8fpielung brauten, $abei ifl e3
gjeiajgültig für ben begriff, ob — roaS für ben cioilrcdjtlidjen Gfjarafter eines
topieloertraQ« oon SBebeutung werben famt — bie 3* e &ung ber für bie einjelnen
«Spieler entfdjeibenben 9iummer in einem ©efammtaft erfolgt, ober ob für jeben
beteiligten eine äufeerlicr) getrennte, ibm bie ootte (Sfjance beS ©erotnneS ober
^erlujleä geroä^rletftenbe StuSmittelung beS für Um cntfd&eibenbcn 3"faH£ «folgt;
unb ebenfo ob ber @infauf£prei3 für ote Srjeilnatyme an bem proponirten 6piele
nur für ben ftatt be« $erlufle$ befltmmt ift, im Salle beS ©eroinnen« aber ein
(Sinfafc gar niebj bejaht roirb.
Sie grage, ob im einjelnen $aUe bie Stütffidjt, roeldje ben (SJefefcgeber
ju feiner 6trafanbrob,ung beftimmt Imt, autrifft, muf? für bic Slnroenbung beS
befteljenben StrafoerboteS aufeer betraft bleiben, unb tonnte nur etroa einen
StrafauÄmeffungSgrunb abgeben.
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Eingegangene SBerfe.
ffitc liquibirt man bic SßrojcBfofUn gegen ben ©egner.
$arftcllungbe3 ÄoftenfeftfcfcungSoerfabreitS nebfi erläuternber Aus-
gabe ber ©ebüfjrenorbnung für Sted&täantoälte mit Tabellen
unb alpfjabctifdjem ftegiftcr. — 3um praftifd&en ©ebraud&c beraub
gegeben oon $ermann Liener, 2anbgerid)t$ratf) in ÜJrünftcr i. 3ß.
$rei3 2 2JII 101 6. («erlin 1881, «erlag oon $ran$ «aljlen.)
Slufgabe ber oorliegenben Sdjrtft ift e£, bie oielfad&en bei bem Soften*
fefti'e^ungSoerfaljren eintretenben Streitigfeiten $u ebnen unb bie nidf)t nur im
Üaicnpublifum fonbem aud) bei Stiftern unb Slnro ölten oftmals ^lafc greifenben
^roeifcl nadfj 9Röglidf)feit ju jerftreuen. 2)afj biefclbe bem £erm «erfaffer toobl
gelungen ift, wirb bic $urd}ficf)t beS mit jafjlreid&en «eifpielen unb Tabellen
oerfeljenen empfe&lenSioertben «udje« ergeben.
«eiträge jur Erläuterung be$ beutfe^en 5Rcct)t3 in befonberer
«e^chung auf ba$ preujjifdje 9ted)t mit (Stnfd&lufe beS $anbel$* unb
2öedjfelrecfet£, bearünbet oon Dr. 3- 31- ©ruäjot, berauSgegeben
oon Stafforo, MeicfyggertdjtSratf), unb jtünfcel, ^aubgericj)t3ratl).
dritte golgc, 4. Jahrgang. G. fieft. («erlin, 1880. Verlag oon
Sranj «al)lcn.» 6. 806-944.
2)ie rülnnliajft berannte 3eitfdjrift enthält in bem oorliegenben 6. £cft
nadjftefjenbc 2lbfjanblungcn : lieber SluiSUgung ber ®efefcc, rritifc&c «emer
fungen »on <perrn 2lmt$ricbtcr Dr. 2)euttd)iuanu in Stuljm. — $ur ^^ a 9 c
aus ber nüfclidjen «erioenbung nacb §. 262. £1). I. 13. 21. 2. 9t. «on
einem preujjifd)ett fünften. — ftinbet §. 332. 2lbf. 1. ber 6. D. au$
Slniocnbung, wenn bie «etoetSaufnabmc oor bem Sßrojcfjgerid&t ftattftnbcn foll?
«on .perrn ^anbria)ter #ifdjer in (Sonifc. — S)ie «efugnifj be3 ©eridjts
3ur Trennung ber «crfjanblung unb Gntfdjeibung nad) ber beutfdjcn ßioilprojefe-
orbnung. (6cf)lufj oon 8fof. 20 bic f. ^abrgangeä). «on .§errn £anbrid)tcr
Scheper« in 2>ortmunb. ätitdfotige (rntföcibungcn öc* tHeid^sgtjcrid^tiS unb
ittteraturbcfprcdningcn. beigegeben ift ein oiityaltiSocrjcidjnife beä 24. 3af>r*
gangeS (dritte #olgc IV.) unb ein Sad&rcgtfter.
3al)rbud) für bie @ntfd)eibungen beä ammcrgcrid)t$ in
caajen ber nid&tftrcitigen ©cridjü&barfcit unb in Straf fachen, beramS-
gegeben oon 9tetntyolb ©e|). Öb. ^uftijrat^, unb öSfar
Äünfcel, ßanbaeria^tSratf I. «anb, 1. $eft. $rei£ 2,40 9)iarf.
(«erlin 1881, «erlag oon #ranj «af)len.) 8. 6. 164.
2>a3 bisherige ,,3at)rbud) für cnbgitltige Gntfdjetbungeu ber preufjifcfyen
2(ppellatton$gcrid)tc" Imt mit bem 3d>lufj bc# 8. «anbeS bem gegenwärtigen
literarifa)en Unternehmen H>lafe gemad;t, unb ift le&tcreS belauf olge geroiffer
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Stteratur 469
ntafjen als beffen gortfefcung ju betrauten, nur ift fein innerer üffiertb als
ein bebeutenb erster ju be$ei<|nen. (Seit Emanation ber neuen ©erie$t$orga*
nifation b«t bie Äompetcnj beä Äammergericbti8 eine erbcbUcbe Erweiterung
erfahren, unb ift e£ anjuerfennen, bafe bie beiben Herren Herausgeber be£
^abrbucgS fieb ber Aufgabe unterzogen I;aben, alle widrigeren Entfcbeibungcn
btcfeS ®eridjt3j)ofe3 in Soeben ber nicbtftrcitigen ©ertebts bar feit b. f). in ben
burd) ba« StuSfübrungSgefefe 311m beutfeben ©ericbtSoerfaffungSgefefe ben 2lmtg;
gericj)ten jugeroiefenen unb ba3 SRccbtSmittcl ber weiteren SBefdbiucibe ju*
laffenben SIngelegenbeiten fomie in folgen Straf fadjen, weld;e ber ^uriSbiftton
be£ föeicbägertcbtS in ber föeoifuntöinfianj niebt unterliegen, foubern in lefcterer
auäfa^liefelid) bem Äammcrgeridjt überwiefen finb, jur allgemeinen Henntnifj
ju bringen.
Somit ift ein Organ gefcfwffen, welches für ben ^raftiler einen nidjt ju
unterfcbÄfeenben 2Sertb inooloirt, benn er ift mit feiner Hülfe in bie Sage oer*
fefct, fid) in leichter Söeiie über bie oon bem bödmen Sanbe^ericbtS^ofe aufge j
[teilten unb bei ber SRccbtfprecbung befolgten s 4irinjipien ju mformiren. 2liid)
follcn gewiffe Entfcbeibungcn in Äoftenfacben in ben Sercia) ber Erörterungen
gesogen werben, unb in einem 2hu)ange Slbtmnblungen Uber fragen au£ bem
Gebiete ber mdjtfrreüigen ©eriebtsbarfeit, Entlaubungen anberer OberlanbesS*
geriete refp. £anbgeri$te, unb jwar legerer, infofem fic mittelft weiterer 53e
1d)iocrbe einem 2lng,riff nidjt unterworfen toorben finb unb prinzipiell roiebtig
erfebeinen, foroic hterarifaje Hnjeigen 2lufnabme finben. 2)em oorliegenben
1. -fteftc, weldjeö 93 Entfärbungen (allgemeine ©runbiäfce über bie SRecbtömittel
ber 33efd)u>erbc unb rocitcren Sefcbwcrbe, £anöel$* unb aJiuftcrregifter, Staubet
regifter unb Ebefcblie&ung, 9tocblafc, 2ßormunbfcbaftS> f ©runbbuebfacben, Enteig*
nungöoerfabren unb Äoftcnfacben) umfafet, roirb in Jfurjem baS ben Scblufo be<5
I. 3ianbe3 auSmacbcnbe 2. §cft folgen. $ic Anlage be£ ^abrbudjS entfpriebt
ben Entfärbungen be£ HeidjSgericbteS, aueb ift bie äufeere 2luäftattung eine mobl*
gefällige, ^ebenfalls roerben mir noeb öfter ©elcgcnbeit nebmen, inforoeit e3 na)
um ben ftrafred)tlid)en X^cil bcS Unternebmenä ^anbclt , auf baffelbe aurücf*
jufommen.
S)aS Hinterlegung ömefen bei ben SlmtSgeridjten nacb ber hinter»
legungäorbnung oom' 14. s JJiärj 1870 unb ber Verfügung oom 9. i^uli
1879 mit 9lnmerfungen unb Sacbregtfter oon 0. iHuborf f f %mt&*
riebter. (SMiffelborf 1880, «erlag ber Sdnoann'fcben $crlag$banblung.)
EL 8. S. 131. $reiS 1 SWarf.
2>a£ oorliegenbe ^anbttd)e Söerfcbcn, weldjeS neben einer ttberficbtlicben
3ufammcnfteUung ber über baS öinterlegungSwcfen geltenbcn ©runbfä&c bie
(Mefebeäterte mit ben erforberlicben «erweifüngen enthalt unb bie Üöfung mandjer
3roetfel feitenS beS $ublifum$ in roirffamftcr 3öeifc förbert, fann als ein juoer-
läffiger 9tatbgeber auf bem betreffenben ©ebiete empfohlen werben.
Sag iHccbtSmittel ber 9teoifion im Strafprojeffc oon Earl
3)iori^ Samm, Ä. 6äcbf. DberappeHationeratb. (Seipjig, S)rucf unb
Verlag ber »lojsberg'fcbcn ^ud)l;anblung, 1881.) 6. 49. $rei3 80 *|Sf.
Scr ^err «erfaffer bat in feiner bie toifion im Strafprojeffc beban
belnben foftematifd^en 3)arftellung bie ©runbfäfce jencsS wiajtigcn s Jte(bt«mittcl^
noeb ben ocrfcbiebcnftcn 9ticbtungen Inn unter ftetem HrnnmS auf bie ent»
fpreebenben ^arograpbeu ber 6trafproze^orbnung beleuebtet unb 'mebrfacb aud)
(Uiftaucbenbe Äontrooerfen an ber .s>nnb Oer üJtaterialien fowobl aiä ber ^itcratui'
oum ©egenftanb cingebenber 5Üefprcd;ung gcwäblt, fowic fclbftftänbige Erörterungen
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470 Siteratur.
berfelbcn nic^t unterlagen, ^nbem er bie bisherige ^ubifatur beS 9lcid^3gett^t«
unb bie ©prud&praris beS SDreSbener DberlanbeSgeri<$tS in ausgiebiger SCBcifc
bei feiner flüffigen unb geroanbten Slrbeit benufcte, bürfte er fidj für feine Heine
©dfjrift, reelle baS ©efammtraaterial in erfcjjöpfenber Söeife bef)anbelt, oiele
ftreunbe erworben §aben.
$ie Äarten unb Warfen beS tägltdjen SerfeljrS oon
Dr. SBil&elm ^rioatbojent ber SHecbte an ber 2Btener Uni*
oerfüat. (SBien 1881, üWanj'fd&e Ä. St. &ofoerlag> unb UmoerfitätS*
bucf)f)anblung.) 8. ©. 48.
•
3n ber oorliegenben, einen ©eparatabbruc? ber „DefUrreicbifd&en ©erid)tS*
Rettung/' bilbenben fleinen ©ö^rift finben mir eine in amiefjenber Söeife abge*
fafjtc 2lbf)anblung über bic fid& im tägltd&en £eben als SBejcbeintgungSmittel oon
gorbcrungSrcd)ten barftetlcnben Urfunben, furjroeg „Rapiere" genannt, auf welche
man trofc tfjrer juriftifeben SBtcbtigteit im geroöf)nltd)en Seben nur feiten baS
gebü^renbe @eroid)t ju legen geneigt ijl S)er $err Skrfaffcr tyat fid^ be*
nuu)t, baS innere 2öefen jener in oier Äategorieen geseilten Rapiere (Rapiere
auf tarnen [9tamenpapiere, SRectapapiere], $apiere auf ben ^nljabcr [Billets
au porteur], fiegittmattonSpapiere unb VeroeiSurfunben im engeren Sinne,
meldte ben 3roecf ©erfolgen, ju beroeifen, bafe eine beflimmte ^Serfon in einem
geroiffen 93erf)ältntf? junt Verpflichteten fte^t, roie 3. 53. Sßfcrbebafjnfarten) unter
Vemtfcung ber oorfjanbenen Literatur in erfdfwpfenber Söeife foroofjl naep ü)rer
Uebertragbarfeit, als naä) bem tlmen ju Xfjeil roerbenben 5. V. in bem Serluft
ü)rer ©ültigfcit für ben %aU unbefugter Uebertragung beftebenben cioil* rote
friminalrecbtlidfjen ©<imfe ju beleuchten. SIS übertragbar gelten auSfa)liefeltd)
bie Inhaber* unb SegittmationSpapiere (richtiger 8egittmationSjeidf)en), rote 5. 39.
©parfaffenbüäjer, ^oftamueifungen, ©e^äcffdjeine, ©arberobenmarfen, gjfanbfdjeiue,
als ntd&t übertragbar: bie 9iamcnpaptere unb VeroeiSurfunben im engeren ©tnne.
2lntnüpfenb an bie ben einzelnen papieren geroibmeten Vetraäjtungen roerben
fobann iljre gemeinfamen (Sigenfdjaften, inforoeit biefelben ben 3ioec? ber (Srteidf)*
terung ber VerfebrSoerbältniffe oerfolgen, einer Vefpredfmng unterzogen, unb
roirb befonberS betont, baß biefelben ftd) barm tonjentriren, bafe bie Rapiere mit
wenigen SluSna^men feinen VerpfltcbtungSarunb ja rote 3. V. bei ©piel,
Vier, ©peife, 3cttung5pofrmarfcn ntd&t einmal einen £ert enthalten, unb bafe fte
im Allgemeinen nidjt amortiftrbar ftnb, ba bie Stauer ibrer ©ültigteit geroöbnlidj
nid^t ber gefefcltcben 2lmorttfationSfrifl gleicbfommt. 3Jtögen bin unb roteber audj)
gegen bie Ausführungen beS £errn VerfafferS, roie otelIeid)t in bem fünfte,
baß ber Vefuj einer $fcrbebaf)nmarfe als baS au$fd)lieBlidje VeroetSmittel beS
bejaljlten ftaljrpreifeS ju gelten bobe, unb ü)r etroaiger Verluft bie rea^tltdjc
9totbroenbigfeit nochmaliger 3 a ^ un 9 inooloire (©. 33), foroic bafe bic Ueberlra*
gung einer bereits t^eilroeife benufcten ßorrefponbenä^abrfartc auf eine anbere
^jkrion bctjufS 3luSnu^ung ber nod) nicfyt jurüdtgelegten ©treefe als roiberrcd)tlia),
ja boloS $u gelten ^abe (©. 35), SBcbcnfen auftauten, fo fann boa) nta^t oer^
fannt roerben, ba§ fidt) in ber fleinen ©cfyrift eine grofee 2lnjal)l anregenber
©ebanfen oorftnbet, roelc^c i^rcr möglia)ft roeiten Verbreitung baS SBort reben.
©aS beutfebe ^eid^Sfttafredjt auf ©runb beS 9leia)Sfrrafgefc^
buajeS unb ber übrigen ftrafrecf)tlia)en SteicbSgefeUc unter SterücfHaV
tigung ber 9iea;tfpreajung beS 9ftei$SgericbtS ft^ftematifd) bargeftcllt
oon Dr. ftranj ©buarb oon £iSjt 0. ö. ^rofeffor ber Ülecpte in
©iefecn. (Berlin u. Seip^tg, Verlag oon 3. ©uttentag [5). 6oaiuj
1881.) 8. ©. 473. Sro. #b.
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Stterotut 471
$)em jüngft erfci)ienenen beutfehen 9teict)S*$rcßrechte auS bcc $eber be«
bewährten $errn Serfaffer« ift fchnefl ein anbere« nicht minber widrige« 2öerf,
ba« beutfdtje 9ieicf)«ftrafTecbt, gefolgt, welche«, rote bic Sorrebe in befcheibener
Söeife hetoortjebt, einen SBcgwcifer in ba« Strafrecht barfiellcn fotl, wäljrenb c«
tbatuntltd) fi<| }u rühmen oermag, baß eS weit mehr al« ein folq)er ui letften
berufen ift. Sei oer()ättnißmäßiger ßürje roeift ba« Such eine große «ollftän*
bigfett auf unb bietet in theoretifcher roie praftifd^er ©ejiehung SBorjüglic^eS.
%n flarer SSeife gejeidmet treten un« in ber Umleitung bie ©runbbegriffe be«
Strafrec&t« unb oemnächft bie Beleuchtung be« Strafgcfefce« al« Quelle be«
Strafrechtes entgegen; bie (SntftehungSgefchichte be« 9tochSftrafgefcfebucheS wicfclt
fid) in ollen ihren $hafen oor unS ab, unb angereiht hieran ftnben roir bie
2lufaählung ber feit bem 3af)re 1867 ergangenen 9teichSfirafgefe$e foroie ber
ftrafrect}tlichen Literatur. §n einem weiteren Äapitel wirb fobann baS ©eltungS*
gebiet ber beutfehen Strafgefefce behanbelt, rooran fid^ bemnächjt ber «erbrechen
unb Strafe umfaffenbe allgemeine unb ber auf oöüig felbftftänbigen ©runblagen
rufjcnbc bic einzelnen Mitte behanbelnbe befonbere Xtytil fnüpft. 2lbmeichenb
oon bem Softem beS StrafgefefcbucheS unb fonftiger üebrbüeher tbeilt ber §crr
«erfaffer bie Selifte in oier große &auptabfd(mitte: ftrarbare £anblungen gegen
bie 9ted)t£güter beS einzelnen Staatsbürgers (ßeib unb Seben, perfönliche Freiheit,
Vermögen, «erlefeung ber ^nbtoibualrechtc unb gegen immaterielle 9iechtSgüter),
gegen rechtlich gefd&ü&te .^ntereffen beS $ubltfumS (gemeingefährliche 3>elirte be«
StrafgefefcbudjeS, Uebertretung beS 9cahrung«mittelgefefeeS com 14. 3M 1879,
ftrafbare &anblungen gegen ben öffentlichen ^rieben, anoere gegen ba« fjntereffe
beS SjJublifumS gerichtete S)eltfte), gegen uneigentliche 9iecf)tSgüter (Rrafbare
.öanblungen an ©elb, Urfunben, gegen bie Religion, an $erfonenjtanb unb
dhe, gegen bie Sittlichfeit, ^mtSbelifte;, gegen ba« ©emeinwefen (gegen Seftanb
unb Sicherheit be« Staates, Staatsgewalt unb ihre Organe, ©ang Der Staats*
oerroaltung). Saß ber £err «erfaffer feiner £)arftelluna beS Strafrechte« auch
bie firafrechtlichen 9lebengefefce eingereiht bat, roirb in oemfclben ©rabe anju*
erfennen fein, als ber ftete §inwei« auf Die ^ubifatur beS 9teidjSgerichtS, be*
aüglid; roclchcr übrigen« mehrfach ©elegenheit jur Äritif bcnujjt roorben ift.
$aß femer bie einfehlägige Siteratur überall ibre «eiwenbung gefunben h<"\
unb auch bie Äontrooerfen nicht übergangen roorben fmb, bebarf roobl feiner
weiteren @rwäfmung. S)er mit roiffenfchaftlicher Strenge gepaarte frifche Styl
heimelt befonberS in bem SBerfe an unb roirb nicht unroefentlict) jur Verbreitung
bcffelbcn beitragen. 2lud) hat bie SicrlagSbuchhanblung lefeterem eine »orjüg^
lici)e 2lu«itattung gegeben.
ßehrbuch be« gemeinen beutfehen StrafprojeferechteS oon
Dr. 2lugufl ©ener, ^Jrofeffor ber fechte m München. (Seipjig,
1880, ^ueS'S «erlag, 91. s JteiSlanb). 8. 6.911.
2Bir begrüßen in bem oorlicgenben fchä^baren 9Berfc be$ rühmltchfl be^
fannten <perrn «erfaffersS eine 2lrbctt, welche un« in grünblicher unb einfict)tigcr
2Beife bie (Sntwicfelung bc« beutfehen Strafprojcferecht« oor 2lugen führt unb in
lichtooll flarer S)arfteHung bie ^rinjipien bejfelben in feiner heutigen ©efialt
beljanbelt. ^aft fönnte man fagen, baß ein ähnliche« 9öerf, welche« neben beu
fvftematifchen Sarfteüung be« h^öen Straroerfahren« audb in fo fritifcher
2öeife bie hiftorifchen unb rationellen ©runblagen beffelben beleuchtet, noch nic^t
oorhanben ift. ^n ber Einleitung begegnen wir ber ©ntroicfelung be« beutfehen
Strafprojeffc« oon feinen Uranfängen unb begleiten ihn in feiner Fortbewegung
burd) ba« 2Jiittelalter bis in bie neuefie 3^it. Glicht unbeachtet ift ferner ber
englifche unb fran3öfifchc Strafprozeß geblieben, auch feiner ©ef Richte unb feinen
©runbfäfcen ift in crfd)öpfcnbcr SBeife Rechnung getragen. 2ln eine eingehenbe
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472 Sitctdtut.
Erörterung ber beutfehen paitifularrerätlichen unb öfterretd^iidjen Strafprozeß
orbmingen feit 1848 refp. 1850 reiht fu$ bemnäd)fi bic ©cfduchte ber ,uir Seit
gültigen beutfehen Strafprojeftorbnung, SSefprcdjung bor leitcnbcn ©runbfäfcc
le&tcrcr, bic lanbeSrcd)tlid)cn äuSfüliruugSbeftimmungcn unb bemnädjft eine 2be*
trachtung ber ©cfetjgcbungcn Italiens, Spaniens, ber Schmeiß, $äncmarfs,
S<$webenS, RorwegeuS, ber Rieberlaubc unb Belgien«? an. $ic ©runblagcu
unb ber ßtinraftcr ber einzelnen ©efcOgcbungcn werben hier cingehenb gefdulbert,
unb bcmcrrcuSaic.it bc 5lbmeid)ungcn heruorgehoben.
Sobann finbet man neben ber yinfübruug ber befonberS wichtigen Schriften
ber italicnifd)en ^raftifer unb Ricöcrlänber bie Literatur bcS beutfehen Straf-
Prozeßrechtes in iljrer oollftänbigftcn ©efialt. 2Mc Softcmotif bcS SücrFcs
fclbft erfd&eint in allen fünften übcrfichtlid) , unb bie Sdnlberung ber
^rinjipien unb .öauptgrunbfäfce bcS StrafoerfabrenS an ber £>anb ber Sitcratur
unb reidjSgeridjuicbcn ^ubüatur als eine ausgezeichnete Üeiftung. 3 uuac hft
werben im erften XffdX bie jur 2luSübung ber Straf rcdjtSpflegc beftclltcn ^cr*
fonen, bie Straf gcridjtc, StaatSanwaltfdMft unb ^ertheibigung bcbanbclt. 2luS
fnbrlid) erörtert fdjliefU fid) tjicran im jrociten Zfycil baS Strafocrfabren an.
$as Verfahren im 2lllgcmeincn, bic einzelnen richterlichen $|kozeßbanblungen,
ber «erlauf bcS Verfahrens in erfter Mtanz, bie Rechtsmittel, bic RechtSfraft
beS Unheils unb bie SLMeberaufnalmte eines burd) redjtSfräftigeS llrtbeil ge*
fchloffcnen Verfahrens, befonbere Slrtcn bcS Verfahrens unb StrafooUftrccfung
unb Soften bilben bic ein3elnen 2lbfebnitte biefcS £(jeils, in welchem neben bem
gcltenbcn Recht aud) bcfonbcreS ©ewidjt auf bie aefdncbtlichc Entwicfelung ber
cin3elncn Veflimmungcu gelegt wirb, tfurz, bie ftüue beS Gebotenen ift fo groft,
baft baS ©eucr'fche Lehrbuch, tocld^cS aud) bic Süden ber ©efefegebung nicht
unbeachtet lägt, einer weiteren Empfehlung nicht bebarf.
RcichSgcfefe, betreff cnb ben 2Bud)cr, oom 24. 2Wai 1880,
erläutert oon Dr. ftriebrid) DSfar oon Schwarze, Ä. S. ©eneral;
ftaatSanmalt, SJiitgüeb unb Veridjterfiatter ber Reichstags ilommiffion
über bic Süucherfrage im $ahre 1879 (Separatabbrucf aus ber
„®efe^gcbung beS beutfehen Reiches mit Erläuterungen". Erlangen
1881, Oering oon ^alm unb Enfe (2lbolph Enfe). gr. 8. 109.
$>er gelehrte $err Verfaffer, oon ber Rei<$StagS*Äommiffion zur Bbfaffung
eines Berichtes über bic brennenbe 2Sud)erfrage berufen, §at in bem oorlie
genben Kommentar Gelegenheit genommen, feine Slnfidjtcn über baS 2Bud)crgeie£
5um SluSbrucf zu bringen unb gleichseitig ben oom ©efefcgeber eingenommenen
Stanbpunft flar zu ftellen, um fo bem mit ber ( §anbt)abung beS ©cfefccS bc*
trauten ^uriften bic oft fchmierigen 3Uegc ju ebnen. $jn bem erften ober allge-
meinen Sbcil finbet fid) bie Otefchidjtc bcS bereits in ber preufnfehen ^anbtagS*
fi^ung 1878 79 befünoorteten ©efetjeS unb eine ^ülle allgemeiner SBemer-
fungen über ben SBuchcr, roobei mit Recht betont wirb, bafe cS 5U feiner
^cit ber ©efeßgebung gelungen fei, fo fchr fic fich auch burd) ftrenge 3 inS *
uerbote bemühte, eine genngenbe Rcmcbur gegen mucherlichc ©cfd)äfte auSfinbig
$a macficn. dennoch mupte firfi fieb berufen fühlen, nachbem bie Sud)crfreit)cit
längere ^eit Innburd) ju s Jkd)t beftanben, bicfelbe ctnjubämmen. ^mmer mehr
unb mel;r Stimmen erhoben ftd) gegen fic, benn bic ucrbcrblidjc übätigfeit bcü
SudjcrerS bcfdjränftc fid) nicht auf bic $crfon ber Ucbcroorthcilten, fonbern
.^og auch wettere Greife in s J)iitlcibcnfchaft. 3)ic folgen bcS ftraflofcn 2öucherS
waren ju intenfio, als bafe man fic weiter unbeachtet ju laffen oemtochte. 3"
einem weiteren, bem 4. JTapitcl, werben fobaun in ciugchenbcr Seife bic ftrnf^
rechtlichen ^eftimmungen beS ©udjcrgefcöeS erörtert unb bie gegen baffclbc
geltcnb gemachten, fwuptfächlich in bem Langel einer auSgicbigcn Definition
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Oiterahir. 473
be£ Begriffs „2öudf)er" fonjentrirten (Sinroenbungen nadj oerföiebenen 3K<$tungen
I)in ocntilirt. SMe fid) f)ieran fnüpfenbcn Beforgniffe werben baburdi gu 3er '
ftreuen oerfudjt, bafe behauptet rairb, t& ftnbe fi$ in bem ©efeti eine berartige
Häufung ber ben begriff „ftrafbarcr 2Bud)cr" cjualtfijtrcnben Momente, bafe man
fid) fdnoerlidj über ba£ Borl)anbenfein beS $>eltft£ in einem fonfreten gollc
täufd)cu fönnc.
©leiduoof)l wirb eine s JJial)nung an ben >lttd^tcr nid)t unterlagen, jebe
Sur Äonteftation gcftclltc Sinnige mit beionberer Borfidjt ju prüfen, ba oft au$
bie Unmoralität be3 6d>ulbncrS in ftrage fommc. S)ie cioilrcd)tltdf)en Befund
mungen bcö ®efe$eä foroie bie 9ttitfanroeubung bcffclben roerben in befon*
bereu flapitcln belmnbelt, unb bejüglid) legerer au ber $anb ber Biotine bie
UWomcnte für unb gegen foldjc erörtert. SDer öerr Bcrfaficr fpridfjt fid) in
flarcr unb übcrjcugcnber 2öeife gegen bie 2lnroenoung beä ©efe^ces auf früber
entftanbene s Jlcd)tsoerf)ältmffe au«. Skr fpejielle Xljeit bcS Buddes giebt ein-
geljenbc Interpretationen ber im ©efefceStcrtc gebrausten Begriffe unb oerroeift
in feinen Bcfpredwngen ftctS auf ben 3nbalt bcS JilommiffionSücrid)t3. $aft
mit Mntffidjt auf bie erfdjöpfcnbe friti)d)c Bearbeitung be<S Stoffes Dem flehten
s Jikrfc eine Ijercorragenbe ©tefle in ber cinfdu*ägtgcn Literatur gefiebert ift, bebori
loolil faum ber (Srroäfjnung.
2>ie ©efctjgebung bcS beutfd&en fRetcficö mit Erläuterungen
u. f. ro., ljerau*gcgebcn oon Dr. (Srnft Bejolb. Erlangen 188<>
unb 1881. Bcvlag oon $alm u. (£ufe (9lbolpb (*nFc).
1) $>eutfd>eS ^atentgefefe oom 25. 9)toi 1.S77, erläutert oon Dr.
3f. föofentfjal, Beigeorbneter ber ötabt ßöln, ©crid)t£affeffor
a. Bogen 12—29. Sd>lufe mit <5ad)regifter.
2) McirtSgefefc, betreff enb ben SSudjer, oom 24. 2flai 1880, erläutert
oon Dr. ftriebrid) Dsfar oon Sdnoarje, S. ©eneral»
ftaatSanroält u. f. n>. (Oben befprodjen.)
3) $eutfd)c Mnaocrfaffung, 4. Slbtljeil., VII. (flefefcc, Ber*
fügungen unb Befanntmaa^ungcn in Betreff ber s ilu«fül)rung
ber 9Jiunsgefcfegebung. Born Oftober 1875 bis Df tober 1880.
4) ©cutfdje Bant oerfaffung. 9lad)trag. Berorbnungen, Ber»
fügungen unb Befanntmad/ungen in Betreff ber Banfocrfaffung
1875-1880.
2>er ©cridjtSfaal. 3eitfd)rift für Straftest, Strafprojefs, gerichtliche
5Kcbi ( Un, ©cfängnifcfunbc unb auSlänbtfdje Literatur, herausgegeben oon
^r. 0. oon 8d)roar$e, ©encralftaateanroalt 511 Bresben. (Stuttgart, Bcrlag
oon 3-crbinanb Gnfe 1880.) Bb. XXXII. $eft 1. 3ur Scfjre oon ben 2ln*
iragSöcliften oon $rof. Dr. 21. Samueln in Bern. — 3u §. 34. ©. B. ©.
erioibcrung oon Dr. 2;cuffcrt, s ^rof. ju Breslau. — 2lu$länb. 9lc^t —
beitrage $ur Erläuterung bc^ 3trafge|*eBbud)cä oon 2Imt$rid)ter Dr. Äronecfer
a. f. tu. £>eft 2. 3Roa^ ein 5öort über falfdjc 2lnfa^ulbigung unb cf)rcnrüf>*
vige s J{ad;rcbe im 8innc be>- t?s>. 1 64. il 18»> s Jt. <5t. ©. B. Born ®ü). 3ufte-
ratt) Dr. fcerjog in ^enn. - 2lit6fül)rung ber (^cie^eMbertretung (§. 43.
6t. @. B.) unb .üanblung, burd) meldjc ba§ Wefe^ oerle^t roirb (^. 73. 6t. ©. B.) f
tinb ibcntifdje Wegriffe. Bom V'anbgcricbtöratl) ©aag su Gonflanj. — lieber
Vlnftiitung 511111 3}icinciöc bei Un'.uucdjnung^fäljigen. Born ^ofgeria^töbireftor
J>r. Zimmermann 511 ©annfiabt. — Üitcrariia^e Slnjcigeu — auSlänbifd;ciS
))kti)i. — Jeft 3. lieber baS fogenaunte erploration^ocrfaljrcn bei ®eifte<c*
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474 fcttewtutt
Rötungen. Som öofgerid&tsbireftor Dr. 3iraraermann. — 3ur ße§re oon
bcr temcn Unterlajfung oom £anbgerid)tSratb Stubolf Ortmann in Bresben.
— Heber 9flittl)äterfa>ft unb «eibülfe. »om Dbergerid&tSpräftbenten @. s Jtub*
[trat in Olbenburg. — Ucbcr ben gegenwärtigen 6tanb ber Se^re oon ber
.«onfurrenj für Mifte. »on $rof. Dr. gart filier in <£jernoiot&. — $eft 4.
Heber ben franaöfifd&en (Snttourf, betreffenb bie 9teform beS Code d'instruction
criminelle. »on @. UUmann. — (Streitfragen aus ber ©t. ^ro*. 0. »om
£>ofgcrid)ts8bireftor Dr. 3intmermann. — S)ie reid^ögerid^tttc^e Sluffaffung beS
§. 199. ber 6t. ^roj. 0. »om 2lmtSriä)ter Dr. 2Banjed in Stofenberg, £>. 6.
— 9Jtittf)cilungcn au3 bem 52. 3abre£berid)t ber 9tyein. SBeftp^äl. ©efängnifj*
gcfcüfcbaft über bas »eteinSjabr 1878/79. SSom Sanbgertd&tSrath §elltotg ju
Duisburg. — 9Hi«ceHen. Siterar. Sinnigen. — §eft 5. »erfua) unb Äaufa*
lität oon o. »uri. — Reellen . fiiterar. 2Injeigen.
Slllgcmcine ©cri<f)t3jeitung für bog Äönigr. ©adjfen. §erau&
gegeben oon Dr. griebr. 08far o. Scbtoarje in SresSben, St. 6.
©cncralftaatöamoalt u. f. io. XXIV. Saljrgang. 1880. £cft 4.
unb 5. i'eipjig, ftueS'ä «erlag (9t. 9kiölanb).
9toä) einige äöorte über bie römifa^e 9iea}t£rcgel nemo pro parte testatus
pro parte intestatus decedere potest. »on Dr. Siebe nbaar, D. 21. @. SS."
^räfibent a. 2). in Bresben. — 2Jiittf)eilungen au$ ber $rari8 be£ materiellen
Gioilrecbtö. — 3 u f amm cntretcn polijcilidber unb ftrafredutlidjer ©eficbtöpunftc
in berfelben &an btung. 3)enunjiattonSrec|t eines SeljrerS wegen einer iljm im
©dmlbaufe jugefügten Seleibigung gegenüber ber Strafbefugnis ber 6d)ulbct>örbc
raegen eingriffe in bie Sdjubrbnung gegen ben Später. — ,§aft in geridjtS'
polijeilicben »orcrörterungen unb «§aft in gcrtdjtlieljer Unterfucfjung; ba3 »er-
Ijältnifj beiber ju einanber. — Säjtourgcriebt, 2lntrag auf §aftcntlaffung. Jtom*
petenj $ur ©ntfebeibung über bicfelbe. -- ßntfebetbungen be« St. ObertanbeS'
geriebts $u Bresben. — 6trafrcd)t. lieber Unterbredjung ber »erjäbrung
bura) £anb hingen eines unjuftänbigen 9Uä)ter3. — »cleibiguna, 2lngnffe auf
eine politifd&e $artci. ftmoierocit enthalten fic jugleia) einen Singriff auf bie
s JNitglieber berfelben?
$a$ gelb- unb Jorftpoliseigcfcfe oom 1. 2lpril 1880 mit @r*
läutcrungen oon Dr. SDaubc, StaatSanroalt bei bem fianb*
geriet £ jiu «erlin. Äart. 8. S. 170. $reiS 2 2Karf. «erlin
1881, »erlag oon §. 20. 2MIer.
$)ie Bearbeitung ber neuen Auflage be§ oorftef)cnben ÄommentarS, roclcber
fpcäieü jur »criuenbung in ben Greifen ber Ortöpoltsei^cbörben, Slmt^anroältc,
6d)öffcn unb Stifter benimmt ift, erfüllt ein praftifd&e3 «ebürfnife, unb bürfte
ftd) ber gcbütjrcnbcn 2lncrfennung inobl ju erfreuen ^aben. ^eroorjubeben ifl
befonbera bie «erüdtfiebtigung ber bi^ber erfd)icncnen Siteratur, meldte ^in unb
roieber 3)iobififationen ber in ber früheren Auflage oertretenen 2lnftd|ten bebingt
bat, foroic bcr bereits ergangenen 9ted)tfpred)ung bcS 9teia^Sgerid)tö. S)ic bem
©cfe(jej§terte untcrftcllten Erläuterungen jeugen oon großer Älar^eit bcö Urtljcils
unb Sßräjifion ber SDarftcttung.
Äontrooerfen, betreffenb bie ©trafprojefeorbnung unb baä
@erid}tSoerfaffungögefe^ oon (L 21. »oituS, Ä. $reufj. Cbcr^
tribunalÄratb a. 2). 3. §cft. 6d)lu§ be« erften Sanbc*. («crlin
1881, »erlag oon ^uttfammer u. 9JtÜl)lbrca)t.) — »cfprca}ung erfolgt
im näa}ften .^efte.
5R. SBatfoffner.
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§. 227.
§. 230.
§. 232.
§ 242.
§§. 243.-215.
§. 243. 2lbf. 2,
22 36 (2) 222
34 441
285
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22
52 219
43
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-245. 256
241L 32 56 290 293 451 (2)
_218. 113
253. 222 279
& 252. 269
§. 263. 35 37 61 74 141 2*7
262 272 292
§ 264- 466
§.266, 15
4. 267. 143 250 46Ü
§. 268. 155 461 4M
t 274. »bf. L II
§.283. 32 40 4 Iii 466
§. 283. 9lr. L 282
§. 283. 5Rr. 2. 8QQ
. 283. 9tr. 3, 156
.284. 42 45Ü
. 286. 266 322 467
. 286. 8lbf. 2. _60
. 288. 209 460
. 316. Öbf. 2. 42
. 328. 27
, 348. 58
JJ48. «bf. 2. 135
^50. 132
. 360. 464.
. 370. Str. 5. 246
. 377. SRr. 8. 466
Sirafprottfi
S. 34.
2. 35-
§. BL ^r. 2.
§^56,
§. 5& Sftr.
§ . 57.
60,
'§. 65,
§ . (»6 .
§. 137.
2, iL
§. 14!L
§. 199.
& 21L
§. 222,
S- 223.
§. 227. 8bf. 2.
1 242.
t 243, Hbf. 2.
Wrbunug.
148 441
295
153
446
12
153 446
]. r >7 451
151 451
451
252
449
295
252 m
143 158 451
158 451
252
22
441
5 244,
5!_244, Hbf. L
\. 248.
2ÜL
250.
2Ö4.
,. 255.
j 255. WbJ. L
310.
§. 31L
$. 344.
§. 316,
§ ■ 377. 3lr. 1.
§. 3TL 9tt. 6.
§. 312. 9h. 8,
§. 328.
% 38L
i 886.
■ 416.
431.
497.
152 451
412
143
446
12 151
451
442 446
143
446
439
134
112
Iii
158
65
65
131
153
65
65
151
449
256
449
138
42 144 148
252
138
252 456
155
66 (2) 144 262
449
432
452
252
jflUiiir'dtrifirfrfcM.
§. 64. 285
(Orrüijlo-öfrfDffiinisQtftb.
§§. 65. 121. 133. 253
S. 75. 147
§. 78. 2S2
Cioilproirfi^rbnnns.
§. 5L 443
476
üucaen.JRcgiftet.
eeite
Kfidjo ftonkiirodrbiiiiiig.
§. 2iii 'dm ua 4M
21Ü 5Rr. L 289
$. 91r. ». Iii
Bfi^fl fic'tlt.
<R. ®. D. 8. 3ult 1868
§. L 258
91. @. o. HL 3uni 1869
§§. iL 13. 37
JR. @cro. C. o 3uni
1869§*.12i'.147.9tr.3. 59
§§. 134. 146. 442
93erctn3.3on«@. v. t.Suli
1N69 §. 153. 282
JR. ©. ü. 11. Juni 1870
§5}. 18. 54. 55. 279
91. Serfaffuitfl». Mi. ttpril
1871 Slrt 2 :i98
JR. $rcfr0. ». 7. 2Kai
1874 §. 20. 244
§g. 20. 2L 453
§. 222: m
3Rarfenfd)u&'ö. p. 30 .Wdp.
1874 §. 10. SIbf. 2. im m
§.11 458
R. D. 2L C«. 1H78
§. lfi 38
Seite
225
455
431
8t ©. t>. 2L Oft. 1*78
§. HL
24, 25.
§. 2& Hbf. 1
} : rruf:. ffufttir S. f. U.
3nftr. r>. 23. Oft.
1817 «.'80
@teucr*Ö. ». 8. gebr.
1*19 $. 6L 258
öerocrbefteuer ©•
D. 30. SRai 1820
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Stempel'®.
V. 7. 3Rärj 1822
§. 12. IM
§§. 2L 22. Iii
Ä. O. o. 1& 3an.
1824 «Rr . 5, 258
93. ü. 5. 3uU 1847 245
®. ü. Ii. 2Rärj
1850 §§. IL IL 398
@. D. 21. ©ept.
1860 §. 2. »bf. 2, 258
ö. ü. 19. 3uli 1861
§. If. 130
33. u. 25. 3uni 1867
Hrt. 1 «Rt. L nüü
Seite
<3ubbaftatiotiß'C
o. 15. «Kar^ 1869
$.9. 42 441
@. 0. L «prü 1869
§§. L 2. L 56
o ü. 3Rat 1869
S- & 5U
©. über ben Giaentbum*«
er», o. 5* SRai lt>72
§.30. 441
93raufteuer ©.
p. 31 SRai 1872
§§. 29. 30. 28
®. ö. 25. 3uni
1875 §.24. 22
©. ü. 3. 3uli 1876
§§. 1 8 . 21. 23. 56
Stuöfiibj. ©. d. 21 Hpril
1878 §. L 50
©. P. 3. SRai 1879 §.9. 50
llrrnfi %jjmtntt Canirriit.
23). L lit. 2.
§§. 23. UM. Iii
I. Iii
V). I. Sit. 9,
2b.. f. Sit. iL
<S§. 258. 251L 266.
32
451
Google
* * N •
Abortiumittel. Unentgeltliche Beschaffung
für cir.c ©cbwaugere 2&L
Abtreibung bcr ÖeibeSf nicht 300.
Üf tcnflftdPe aus früheren Unterfucbungen,
Borlefung ungerügt gelaffener Z2.
Anflagefcbrift. jjujtettuna 205.
Anmclbung von Rechtsmitteln (><>.
Annahme eines nid^t eruftlid) gemeinten aber
für ernftlicb gehaltenen ©rbietenS ju einem
Verbrechen 2ä6.
Anfcbulbigung, roiffentltcb falfche, buTd)
Sinnige 6ei Dem AmtSuorfteber QiL einer
bereits außerhalb ber BerjährungSfrift lic-
genben ftrafbaren .panblung 24!). '
Anfti'tung. Sticht gleichzeitige Beftrafung
wegen -pulfeleiftung 4M.
Arbeitslöhne, Tilgung folcher burth BonS,
welche als 3at)lung für iffiaaren gelten. 442.
Acrgernife, öffentliches 144.
Arreftanlegung, wann fie Dorhanben 3L
Anettbrud) burch ben berufenen (hben i W .
Attcftc, ärmliche, 3ulafpgfett ber Berlcfung
foldter in ber ^auptverhanblung Iii
A u f f ü h r u n g , unbefugte, bramatifdjer SBertc
279.
Auftion. Abgabe unb Annahme üon -schein«
geboten bei folcher 35.
AuSbilbung ber preufj. JReferenbarien bei
ber ©taatSamoiiltfcbaft Uli.
Ausfuhrt) erböte, ttiffcntlicbe Berlefcuna2L
AuSIanb. Hehlerei im A. burch einen Aue •
länber begangen, unb SNitroirtung beS lep«
teren jur SBeiterueräufjerung ber geftoblcnen
Sachen im Snlanbe. 263.
Auslegung beS §. 48. St $toj. £). 169, —
§. 9JL unb UKL ©t. Broj. £>. 4TTT7 —
ber
beS §.'124. St. »ro$. 0. 3H5, — beS~044.
©t. Broj. O. 42Ü beS §. 498. SbTIL
©t. Broj. O. L
Auslagen ber in ber ^auptuerb/inblung Der-
nommenen Saugen. Wditfinrung folcher
im ©ifcungSprotofoll 114. Berleiung ber
protofoüirten A. eines ©acbwrftänbigen in
ber .üviupruerhanblung 44ü
Ausfpielung, öffentliche 60, 4üL
Babninftruftlonen 49.
Banferutt, einfacher 32» tfA^ 4liL ©traf*
barfeit etnee bereits uorTer 3nblungöein
ftellung aus ber ©ojietat auSgefcbicbcneu
(McUfAaftew 446.
B e a m t e. Uuterfcblagung in amtlicher eigen-
fchaft empfangener ©elber 132, Befteduma
452.
Becibigung oon 3eugen. Auefe&ung ber»
felbcn lüL
Bcbörbe. juftänbige, jur Anorbnung von
©cbu&maforegeln gegen Biebfeucbe 2L
B e i f ch l a f , jroiicben ©tiofuater unb ©tieftod)ter
5t>. naifchen Berfcbroägertcn nach Auflöf ung
bcr bie Affinität begrünbenben Ctbe 2ÜÖ.
B e l e i b i g u n g. Berechtigung beS (Sbemannes
jur Verfolgung ber feiner Grbefrau augc>
fügten Beleibigung nach beren $obe 40.
i'iicbtberccbtigung einer .£anbelSgcfcllfcbaft
unter ihrer Jirma ©trafanträge wegen B.
ju ftellen IL fteftfteüung ber Abficht ber 3'.
271.
Beftecbung eine« Beamten 45L
Betrug burch Abgabe unb Annahme uon
©djeingeboten bei einer Auftion 3 r >. Um*
fang beS Bennögen^oortbeilS HL B burch
iSaarenbefteüung unter ber fälfdtlicben Bor>
fpiegeluug foiortigcr Bezahlung feitens eines
iufoloenten Kaufmanns 7L 2H2. SGÖaaren«
uerfauf unter unrid)tiger Bezeichnung ber
Urfpruncisftcitte 262» B. burd) unwahres
ÄlagtDorbringen 222,
Befcblagnabme eines @runbftücfS. Umfang
berfelben in %ol%t ber ©ubbaftation«5einlei>
hing 441.
SBilanj, faufmänntfd)c. ©rforbernife ber
Aufteilung iü, 45G.
Borbell, polizeilich tonjeffionirteS 55.
Braumaljfdjrotc 28.
Braufteuer«2)efraubation 2h.
Briefliche Offerten auSlänbifcher Lotterie«
loofe. Äompetenj bes Berichtes beß iffiohn-
orte:- be» Aorcfiaten an Aburtheilung ber
©trafthat 266.
d by Google
478
©ad)« 9t egifter.
2>äntfd>e Suftijgefefce. entwürfe 81.
3)ampffd)iffe, au«länbtfd)e. «3rterr»ortali.
t&töfragc 447.
2) ar lehne. Annahme wiifentlid) burd) ftraf»
baren Betrug erlangter ©.31.
3) iebftahl, neuer. Begriff 256, wiberred)t<
lidje ilnetanung uon 2Saarenrtorrätben
feiten« be« Berfauf«perfonal« 293.
25if f crcn^tjanbel, frrafbarer 289.
2>ramatifd)e 2öerfe, unbefugte Wuffübrung
271».
X rucffd)riften. Verbreitung foUher beleibt»
genben Snbaltö 243. ÄoUettiuabonnement
auf uerbotene ©rurffdmften 275. haftbar«
teit be« Stebattcur« "für ben gamen Snbalt
einer periobifeben 5). 4:">3. Begriff ber
öffentlichen Verbreitung einer 2). 455.
Cr bebrud). ©teüungbrt ©traf antrage« 52, 126.
(S he fr au eine red)tölräftia. Verurteilte.
3eugnijjt>erweigerung berfelben tn einer
fpäter gegen einen al« Sbeilnebmer an ber<
leiben Sbat angenagten 153.
G bemann. f>auöfricben8brud) beim (Sin«
bringen in bie 2Bob,nung8rdume, in roeldjeu
ber äöobnungSbefifcer ber (Jbefrau ein «Dtit
wobnerecht eingeräumt bat 36. Beredjtigung
;ur Verfolgung ber ber ©befrau jugefugtett
Beleibigung nad) bereu £obe 40. ©ubfibiärc
Vertretung*pflid)t für bie (Söefrau wegen
ber uon biefer begangeneu 3olirontrauenttonen
282.
Gib, falfdjer. Verleitung ju bemfelben 222.
Altern, fubfibiäre Vertretungspfltcbt für ibje
Äinber wegen ber uon ihnen begangenen
3ollfontrauentionen 282.
Gtitj^djeibungen im ©trafuerfabren. Begriff
Entwürfe ber banifdjen Suftingefefce 82.
Crpreffung 152. 2)urd) mittelft JDrobung
errungene ©emäbrung eine« ©elbgefcbcnre*
an bteOrt«armenrdfjc jum 3mede ber ©übne
einer ftraf baren .panblung 279.
Grterritorialitatßf rage bei ben in beutfaV
$&fcn einlaufenben au31änbifd)cn $ampf=
fd)iffen 447.
&♦
ftälfdjung telegrapbifdjer 2)epefd)en 194.
@. Urfunbenfälfdjung.
at)nenflud)t 285.
et)ler. Verzweigen foldjer beim Bferbe«
uerfauf 37.
geftnabme, uorläufigc. Unuerj,üglid)e Vor-
führung uor ben SHmt«rid)ter beijoldjer 313.
granjöfifttjer ©trafprojefc. 9teform bem-
felben 101.
* 144 9^C1)^ P onöanmeli)unfl, ! ^ e 0 tnn f old > er
öeijte«frantbeU. Stücfwirtung 112.
©eifte«fiörung, partielle, fteftfienung ber
VerbanblunaSfäbigfeit bei foldjer 69.
©elb, uerfdlfcbteä. 3n Verfebrbringen
beiielben 459.
©elb ftraf c, im ©tabium ber VoUftretfung 9.
©eneralbeuollmädjtigter. Stellung eine«
©trafantrage« burd) foldjen 442, 461. Gr-
lofdjen ber Befugnifc bierju bureb injwifcbeii
eingetretene ©eifteSfranfbeit be« Vollmad)t
gebert 4<>1.
©cri<bt«befd)lüffe. Unterjeid)raing berfelben
158.
©ericbtfifdjreibergefdjdfte. 3«lnffnng ber
töeferenbarien ju tbnen 50.
öcridjtsftanb jufammenbängenber ©traf«
fad)en 206.
©efdjworene. Betretung ihre« Beratbunge-
»Immert feiten« be« Vorftfccnben bebufö
Belehrung 153. Beurteilung ber graue
nad) milbernben Umftänben burd) fic -109.
©cfellfdjafter. ©traf barfeit eine« bereite
cor ber 3ablung8etnftellung au8 ber ©otfetat
gefebiebenen ®. wegen Banferutt« 446".
©ewerbefteucr «Äon trauen tion 56.
©lüdfpiel 42.
©otte«läftcrung 43.
.Öanbel«gefellfd)aft, offene. 9Ud)tbered)ti«
gung berfelben, unter ibrer girma ©traf«
antrage wegen Beleibigung ju ftellen 71.
^auptuerbanblung. Antrag auf SKu8f efcung
ber ju einer föäteren alö urfprünglid) anbe»
räumten ©tunbc beginnenben 252.
.?)ajarbfpiel. Begriff ber ©ewerbamäfngfeit
450.
gebier ei 31, 269.
jpeilbiencr. eraminirter. Beilegung beö
Sltel« al« foldjer 59.
Snterpretation , f. StuSlegung.
3rrtbum bei Berufung beo Sluefubruerboteß
27.
ft
Kinbcefaugfe^uug 446.
Älagc vorbringen, unwahre«, inwiefern eä
Jid) al« Betrug qualipsirt 272.
Äorperuerlefeungen. Äompenfation bei
ibnen 27.
ÄolleTtiren für au«wärtige Sorterien 245.
ÄommifiioniSgut. Unterfd)lagung beffelben
;i6.
Äompenfation bei Äörperuerlefeungen 27.
Äonfurrenj mehrerer felbftftänbiger ^>anb-
lungen ift in bem auf einmal ftattfinbenben
©ieboerfebaffen falfd)en®elbe« nid)t ju pnben
4<1.
Ä o ft en. ^iquibation nid)t entftanbener Äoften
in einem <£refution«antrage 247.
Äuppelei. fonfumirt burd) ben Betrieb eine«
polijeilid) fonjeffionirten BorbeU« 56. 2)urd)
Bermietben uon 3immern jum 3»erf bei
Broftitution 455.
xJ by Google
GaäyJRegifter.
479
Öefjret. Ueberfdjreitung brö 3üd)tigung3»
red)te3 436.
8ooö, f. Sotterte.
lotterte, auswärtige. Berbot beS (Spieleiiö
in iljnen 245, 266. Beranftalten einer öffeut-
Hdjen tiotterie burd) Anbieten von «oofen 302.
9Dtaifcbfteuer.2>efraubation 258.
>Diarttbube, gilt als umfd)lofiener 9laum 188.
SDteineib. 3eugni§unf&i)tgfeit burd) Berur»
tbeilung wegen Beibülfe jum ÜK. 72.
SR t et b er. Berpfänbung gemietbeter ©egen-
ftänbc 451.
Üttilbernbe Umftänbe. Beantwortung ber
Jtage nad) ibnen burd) bic ©efdjworencn 409.
9tad)tieit. Beredtfigung ber 38ad)hnann<
fdjaften bcbufS Bertjaftung einer Berfon
jur 51. in baö non jener bewobnte 6au6 ju
Dringen 139. Ginbrtngen ber Bolijei'bebörbe
jur 9t. in eine 2Bol)tmng 141.
>JUl)rungßmÜteI. Siebftabl 246.
9totbftanb 183.
9totijbüd)cr gelten nid)t a\i £anbel$büd)er
300.
C.
Crtäfommiffar. <£rlafj burd) Hnorbnungen
Durd) it)n 56.
^ierbe. Berfdjweigen non $eblern beim
Berfauf 37.
Bolijeibeamte. ©inbringen berfelben jur
9tad)tjeit in SBobnunaen 141 . Beredjtigung
uim betreten ber ffiobnungen berienigeu
Bcrfonen, beren 3TOung$geftellung fte im
Auftrage ber fompetenten Beböroe Dorju.
nehmen boben 28o.
Boftfcnbungen. ÄenntniBnabme ibreö 3n*
iyjltö nad) ibrer Befdilagnabme burd) bie
<btaatöanwaltfd)aft 401.
BrarU. Aue ber 321.
Brefeerjeugniffe. Berrretbung foldjer 243.
9ted)tö mittel. 8(nmelbung unb 9ted)tferti>
gung 66. Unwiberruflicbreit bei SBerjictjtö
auf fold)e 449.
9iebatteur einer pertobifüxn 3cttf d)rift.
Stuöfd)lieBung [einer Berantwortlid)feit bei
einer aufter feinem fßillen liegenben 9tid)t-
fenntnif? eine« aufgenommenen ftrafbaren
Ülrtifels 294. £aftbarfeit für ben ganjen
3nbalt mtt<$infd)luft beS3nferatentbeu8453.
JKeferenbarien. Befähigung berfelben ju
@erid)töf*reibergefd)aften 50. MuSbilbung
bei ber etaatSanwaltfdjaft 177.
Reform bei fra^öftfdjen ©trafproAeffeö 101.
9tegifter unb Budjer eines Beamten gelten
nidjt al» öffentli^e im Sinne be« §. 348.
St. ©. B-, infofem fie lebiglidi jum 3roerfe
alö Beweismittel gegen ibu felbft ju bienen
geführt werben 58.
9teid)8gefe6e. 9tid)tbefngni& ber Segle«
rangen jur Änwenbung foldjer auf gälte,
für weld)c fie nid)t gegeben woroen 398.
9tinberpeft. Unjuläfftgreit ber @lcid)fteüuug
einer jur (finfitbrung ber 9tinbi)iebronrrolc
getroffenen s 3)taBregel mit bem Bcrbote ber
Bietjeinfubr jur «bwebr ber 91. 398.
9tei?ifion. Unjuläffigrelt ibrer (ytnlegung
refp. Begrünbung mittelft Selegramm 6ü,
157. 3t. wegen einer angeblid) uom ©<towur«
gerid)ts«Borfi&enben burd) ben 3nbalt feine«
2d)lu&oortrageö begangenen ©efeBeSuer«
Ie&ung J36. Beginn ber $rift jur 9teoi-
nonSanmelbung 144. Begrnnbuug ber St.
Durch Slblebnung ber Bernebmung oon .Un-
sen 148. 9tid>tbegrünDuna ber 9t. burd)
ücrfpätete Slbfaffung beS ©ifcungSprotoroUS
149. Begrünbung ber 9t. burd) ^übrung
beS BorfifeeS feilend eines gefefchd» nid)t
baju berufenen 9tid)terö 253. Unwirffamreit
ber in einem Brotofoll beS ©efängnifj'Sn«
ipeftorö abgegebenen Berjid)tS bei Ängefl.
auf (Anlegung ber 9t. 255. Begrünbung
ber 9t. bei bloßer Berweifnng ber tommiffa»
riid) uernommenen 3eugeu auf ben im Bor«
eerfabren gelciftcten <5tb 451. Bei SRiditbe'
nadiridjtfgung ber Parteien non bem jur Ber»
nebmung eines 3eugen anberaumten Dermin
451. Bei Unterbleiben ber Borlabung bei
bem @erid)t red)tjeitig benannten 3eugcu
jur .^auprt)erf)anblung 466.
9tuclwirfung ber ©eifteSfranrtjeit unb «Straf»
unmünbigfeit 112.
2ad)üer|tänbigcr. Beriefung feiner pro-
totoUirten Stuöfage in ber .»pauproerbanb-
lung +16.
<Sd)u&genoffenf<baften. (Strafreaitlidie
Beurtbeiluna berjelben 416.
©ojialbemorrattc. 9iid)terlid)e B^üfung
ber polijeilidjerfeitä erlaffenen Berbote gegen
bie gemeingefabrliä)en Bestrebungen ber
@. 38. ©trafbarfeit ber gegen bie auf
@runb Don Sinorbnungen erlaffenen Ber«
fügungen nad) erfolgter Bublitation ^>an«
betnben 434.
©oAialiftiftbe Srucffdjriften. Äoneftiu-
Abonnement auf foid)e 275.
@taatöanwaltfd)aft. Slugbilbung ber Br.
9teferenbarien bei berfelben 177. tfenntniB-
nabme ber mit Befdjlag belegten Befrfen«
bungen nad) ibrer Eröffnung 401. Slbbän«
gigfeit nad) Grbebung ber önentlitben Älage
r>on bem Berbalten be« urfprünglid) 2ln«
trageberedjtigten 439.
©trafantrag wegen (Sbebrntfie. 3eit feiner
©tetlung 52, 126. Unjuläjfiafeit ber »Stel-
lung bei @t. im ©ebiete bei ». Ö. 9t.
feitenS ber unebelid)en 9Jtutter wegen einer
ibrem Stnbe jugefügten 9Jti<äbanblung 439.
Stellung bei bt. burd) einen öeneralbe«
üoUmädjtiateu 442.
Digitized by Google
480
©ad) ' Wegifter.
©träfe, lefete. Begriff 256.
6trafproaef$, fTanjöfifcbcr. Reform m
felbeit 101.
Straffadjen, »ufammcnbdngenbe. @ericht*<
ftanb foldjcr 206.
©trafunmünbigfeit. iTtücfcoirfung ber=
elben 112.
rafuerfolgungöantrdge. 33efdm>erbc
gegen ihre 3urücftoeifung 31.
Subbaftation. (gtnleitung berf elben gilt
für folche Stealgldubiger roeld)e fie nicht
beantragt haben, nicht als broljenbe 3roartg<^
ooUftrecfung 47.
le legramm. Utnuldffigfeit bcr ßinfegung
Der Stcotfion mittelft eine» folgen m. £ie
$?egrünbuug bcr JHeuijion burd) SC. 157.
ftdlfcbung uon St 194.
Sobtung, fabrläffige 466
Ucb erfahren, falnldfftges 150.
UebertoeifungebefdiluB an baä Sdiöffcti'
gciidit. äx>ieberanfbebung befielben fettene
tcr Straftammer Deö jui'tdnbigcn £anbgc<
victjtö 147.
Um ftanb c, crfdjwcrcnbc. Stattbaftigfcit ba
Aufnahme fold>cr in bic Hauptfrage 85.
£)b e$ jroecfmdfjig fei, Die 33caiihoortuiici
ber ftragc nad) milbernben Umftdnberi ocu
Oöefdfrcorenen *u überlafien? 400.
U nebe Ii die SDttttter. Unjuläfftgreit bcr
Stellung eine* Strafantragee im (Gebiet
Deö 2t. tf. ?H. megen einer ihrem fcinbc *u
getilgten IH'ifibauDlung 4.19.
Unfug, grober 454.
Unterlauf ungöbelifte, eigcntliax 210.
U u t er feb lagung eine* Schaftes* 32. £eß
.Homntiffionßgutee 56. 3« amtlirfier (Sifle;t<
icbaft empfangener Selber feiten* eine* SBe-
Hinten 13-2. Sttaffc&Udje JVftfteuung bcr
Slbfidit unb gdbigfeit jur äöiebereinlöfiun;
einer uerpfdnbcten Safte 451.
Untreue 75.
Unjucbt, luiberoatürlidie, ^tr-ifeben $crjonen
matinlidien (SJefchleebfec •*.'><>. begriff bcr
luioernatürlicben U. tin (9egenfa$ ju unweb
Hflen jpanDluugcu 451.
Untüchtige «Oanblungen. begriff 251.
Ur tun ben, ftempclpfiirhtige. Vernichtung
foldier jum 3wecf bcr Steinpelbinteryebung
77.
Urfunöcnfdlfcbnng 135, 155. Uebergabe
einer gcfdljchten Urtunbc an einen uon ihrem
(ibardfter unterridjtcten Voten 3wecfß Üluö-
banbigung berfelbcn an einen nt tdufdienben
dritten 2.T0. Straflofigfeit bcr gdlfdmng
einer eigenen Urfunbe Snietfö Vefeitiguug
uon Veroeiömittcln für bic Strafuerfolgung
bc« (f igentbümers 461. obcelle Alonfurrcuj
mit Vctrugeoeriud) 466.
Urtbeil. -Jliditigfeit eines nicht in öffentlicher
Sifeung uerfünbetett U. 138. 91. einee U.
obne entfernte Angabe ber ber Straftbat
ju Örunbe liegenben Sbatfaajen 439.
Sater eine« großjährigen nod) in fetner ©e=
»alt befinblKbeu Hngeflagten gilt uid)t als
beffen gefefclid)er Vertreter 449.
Veräußerung, ftrafbare, bei brobeuber
3uMiig6ooUftreefung 80.
»er ei bt gütig uon 3eugen. Vefcbränruna
fold)er 44«;.
Verleitung jum falfctjen (Bbe 222.
Verloofung uon fruchten in öffentlichen So
ralen 4(»7.
Vermietben, genjerbßmä&igcS, mbblirter
3immer 130.
VermögenSuortbeil. Umfang beficlben
beim betrüge 61.
Verpfänbung gemietbeter C^egenftdnbe 451.
Verfdiroäaertc. VcifaMaf jroifd)en ibneti
nad) Muflöfurtg ber bic Slfnnität beariin
bettben Ghc 298.
Vcrfud). Strafbarfeit bee V. tro*! Vcnufcutig
abfolnt untaugliaier SDcittet jur ^erbeifülv
rung bee beabfiditigten aber nidjt eingeti\
tenen ©ifolgeo 301. .uritif ber Den untaua
lieben s i>. betreffenben ^lenarentfdjcibung beö
Sieichifgcriditö 861.
l*crtt)ctbiguiig ^efdirdntung berfelbcn
50, 158, 466. Unterbleiben bcr Sorlabitng
beö reebtjeitig benannten Sertbeibigere 450.
Scheid) nife uon öegenftdiiben, roeldje nicht
einen Inbegriff uon ©acben au^madieu, gilt
nid)t al« Snuentar im Sinne De* Stempel,
tarifcf 444.
9?crjid)t auf Sinleguiig ber iUeuifion. U:i»
»mfantfrtt bee in einem IBrotofotl bed 0c
fdugtti§.3nfpertor3 abgegebenen $S. 2/>5.
llnmiDerruflidifcit beo einem öerid)töfd)reiber
511 ^rotofoll erfldrtcn 35. 449.
ebicueben. Vergeben gegen ©perrmaf^
regeln bei ibnen 27.
«Bollftrecfungjfbeamtc. Uli folaie gelten
nid)t bie uon einer ©emeinbe jum Sd)ut>
iljreö au&erbalb beo öemeinbebejirfg belegc-
ren ^tiuateigentbumö beftcllten ^erfonen "i 1.
33ormunb. Untreue 75.
iBorfijjenber. ©er bei Sicrbiubcrung bee
orbentl. 33. ben «Jorfifc ju fubren bat 2"^.
SB.
fflaarenbeftellungen, betrügerif dje 74, 993.
2ßaarcnoerfauf mit unrichtiger üiejcidv
uung Oer ItvfprunqMtätte 202.
©aarenoorrdthe, rotbcrrechtlicbe Slneig.
nung folcher feiten^ beß 33errauf6perfonalS
gualifiiirt fid) alt I^iebflahl sftö.
jBaarcnjeidjeii, eingetragene. ©ibeired)t
liebe SPenu^iung 458.
SB a di t m a n n I di a f t e n. 33t rechtigung Derlei ben.
bebufä Verhaftung uon Vcrfonen, utr üindit
jeit mit ©emalt in baß uon lederen be-
wohnte Jöauö ju bringen 13J>.
3Bed)fel. SBeiterbcgebiing beffelben tro^ Der
bei 3ahlung Der Secbfelfumme juaefagten
.£>eraußgabe
Sßed)felfälfd)un g 4m.
2i}cd)felftempclfteuerfontrauentiou 37.
ffierf jeug, gefdbrlid)ee 261.
Digitized by Google
§adp?Hegifter.
481
ieitfdjrtft, periobifdje, f. SRebafteur.
jeitungöblatt. ÜBeitergabe cineö einen be»
leibigenben 3nbalt aufraeifenben 215.
3euge. 8lblet)nung beß erft in ber Jf>aupt'
»erl)anblung benannten 50. Slblebnuug ber
SSemebmung eine* ßcugen in bec ^>aupt«
oerbanbUing, »eil bie in feine ©iffenfdjaft
geftellte Sbatfa^e für bie (Sntfdjcibung un-
erbeblia) fet 148. Kudfcfcuna ber »eeibi-
gung 157. Äblelmung be$ 8nrrage8 auf
3cugenüernebmung burd) @erid)tßbcfd)luf>,
weil baß ®erid)t bie ©adje für genügenb
aufgeflärt erad)te 441. $3ejügiid) roeldjer
iperfonen bie SBereibigung ber 3cugen »er=
boten 446. UnftattbaftigfeU ber blofeen
äJerweifung be8 rommtffartfd) vernommenen
3eugen auf ben im SJornerfabren geleifteten
Gib 451. «erbädjtigfeit be8 3 72.
3eugnif}unfaf)igfett bei 3ierurtl)eilung
wegen 2?eibülfe sunt ÜKeincibe 72.
3eugni§uern)eigerung ber Ehefrau eüteß
redjtefraftig Sterurtljeilten gegen einen fpdter
als Sijeilnebmer oerfelben Sljat 2lngeriagtcn
153.
3 immer, möblirte. ©teuerpftidjtigfeit biß
gemerbßmäfjigen ütfermietbene foldjcr 130.
3üd)tigungsred)t. SEBirlungeloftgreit ber
lanöeögefcßlictjen 2?eftimmungen, roonad) bie
rdmineUe iBcftrafung ber UeberfAreitung
ber burd) ben öetjrer ausgeübten 3. außge«
fcfil offen bleiben foU 436.
Swangögefteltung, polijeilidje, gilt nid)t
als »crbaftung 280.
3n>angSoollftrecfung. Süeraufjerung üou
$}ermögenöbeftanbtbetten bei brobenber 3-
:W. Wtd>rerforberni& ber 8bft<fjt, bie »e-
friebigung be« ©rerutionßfua)erS überbauet
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unten w T>iertäl)rifleu* ftatt „ einjährigen".
oben „3uftijuern>altung3gefd)afte" ftatt „$un>
uerioaltungägefelje" .
unten „ber" ftatt „bie".
oben „5Huorbnung" ftatt „Sleuberung".
unten „vereinige ia)" ftatt „oereinigen fiaV'.
oben „ber erftere" ftatt „Saturn uno ©ienft".
„ „ber" ftatt „bie".
unten „«ff er Daten" ftatt „«fferoatj»".
oben „bei ber" ftatt „leiber"
„ „ben" ftatt „bem*
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„ 375 „ 10 „
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„leine" ftat
en" ftatt „juriitfrufen".
„bie".
abjuwebren" ftatt „abjuredmen".
unten „mir" ftatt „nur".
„ „Sor" ftatt „Son".
oben „lefcten" ftatt „lederen".
„ „ber" ftatt „bie".
unten „©träfe" ftatt „©pradje".
bei ber" ftatt „leiber".
„fortuite" ftatt „fatuite".
obetl „noxious" ftatt „nosious".
„ 384 „ 39 „ „ „condannü* ftatt „eindannö*.
„ „loera" ftatt „locra".
feblt binter „bilben": „wollte",
unten „einer* ftatt „eine",
oben „reeipirt" ftatt „ereipirt".
unten „getrennt" ftatt „gerannt".
„ 391 „ 8 „ „ feblen binter „ber Sollenbung" bie fflorte:
„unb wieberum al« fem ^eftanb*
tbeil ber Sollenbung".
oben „iöer" ftatt „öle*.
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