Beiträge zur
Landes- und
Volkeskunde
von
Elsass-Lothri
Jjartoarti eTollrgr ILibraro
FROM THE FUND OF
CHARLES MINOT
Claas oi 1828
BEITRAGE
ZUR
LANDES- UND VOLK HSK UND!:
VON
ELSASS-LOTHRINGEN
XXXI. HEFT
Dil-:
HER R SC II A F T R A P P Ü LT S T HIN.
IHM- HNTSTKIIIJ.NT, UND liNTWICKI.UNC
vor;
RUDOLF BRIEGER.
STRASSDURG
J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel)
1907.
BEITRÄGE ZUR LANDES- UND VOLKESKUNDE
von Elsass-Lothringen.
-
Band I.
1 Die deutsoh-franzöalsohe Sprachgrenze in Lothringen von
Const. This. 34 S. mit 1 Karte (1 :300.0uü). (Vergriffen.) 1 50
2 Bin andeehtlg geistliche Badenfahrt des hochgelehrten
Herren Thomas Murner. 66 S. Neudruck mit Erläutergn.. insbe-
sondere Ober das altdeutsche Badewesen v. Prof. Dr. E. Martin. Mit 6
Zinkätzungen nach dem Original. 2 —
3 Die Alamannensohlaoht vor Straaaburg S57 n. Chr. von
Archivdirektor Dr. W. Wicgand. 46 S. mit einer Karte und einer Weg-
skizze. ^ ~ m
4. Lenz, Goethe und Cleopho Flbioh von Straaabnrg. Ein urkund-
licher Kommentar zu Goethes Dichtung und Wahrheit mit einem Portrait
Araminta's in farbigem Lichtdruck und Ihrem Facsimile aus dem Lenz-
Stammbuch von Dr. To h. Froitzheim. % S. 2 50
5 DiO deutaoh-f ranz öslsoho 8praohgrenze im Eisaas von Dr
Const. This. 48 S. mR Tabelle, Karte und acht Zinkätzungen. 1 50
Baad II.
6 Strassbarg im französischen Kriege 155« von Dr. A. Hol-
laender.68S. 150
7 Zu Strassburgs Sturm» and Drangperiodo 1770 bia 76.
Von Dr. J oh. Froitzheim* 88 S. 2 —
8. Geschichte des heiligen Forstes bei Hagenau im EIsbsb.
Nach den Quellen bearbeitet von C. E. Ney, Kais. Oberförster. I. TeU
von 1065-1648. 114 S. 2 -
9. Rechts- und Wirtschaft«- Verfassung des Abteigebietes
Maursmünster während des Mittelalters von Dr. Aug.
Hertiog. 114 S. 2 -
10. Goethe und Heinrich Leopold Wagner. Ein Wort der Kritik
an unsere Goetheforscher von Dr. Joh. Froitzheim. 68 S. 150
Band III.
11. Die Armagnaken im Elsas». Von Dr. H. W i tt e. 158 S. 2 50
12. Geschichte des heiligen Forstes bei Hagenau im Elsas».
Nach den Quellen bearbeitet von C. E. N ey , Kais. Oberförster. 11. Teil
von 1648—1791. 158 S. 2 50
13. General Kleber. Ein Lebensbild von Friedrich Tel eher, Königl.
bavr. Hauptmann. 48 S. 1 20
14. Das' Staatsrechtliche Verhältnis dea Herzogtums Loth-
ringen zum Deutschen Reiche seit dem Jahre 1548 von
Dr. Siegfried Fitte. Mit Karte. 103 S. 2 50
15. Deutsohe und Keltoromanen in Lothringen nach der Völ-
kerwanderung. Die Entstehung des Deutschen Sprachgebietes von
Dr. Hans N. Witte. 100 S. Mit 1 Karte. 2 50
Band IV.
16 Der letzte Puller von Hohenburg. Ein Beitrag zur polltischen
und Sittengeschichte des Elsasses und der Schweiz im 15. Jahrhundert
sowie zur Genealogie des Geschlechts der Puller von Dr. H. Witte.
IV u. 143 S. 2 50
17. Eine Strassburger Legende. Ein Beitrag zu den Beziehungen
Strassburgs zu Frankreich »m 16. Jahrhundert von Dr. A. Hollaender.
28 S. 1 —
18. Der lateinische Dichter Johannes Fabriolus Montanua (aus
Bergheim im Elsass) 1527—1566. Selbstbiographie in Prosa und Versen
nebst einigen Gedichten von ihm, verdeutscht von Theodor Vul-
pinus. 30 S. , , -80
19. Forstgeaohiehtllohe Skizzen aus den Staats- und Gemeindewaid*
ungen von Rappoltsweilcr und Reichenweier aus der Zeit vom Aus-
gange des Mittelalters bis zu Anfang des XIX. Jahrhunderts von Dr.
Aug. Kahl, Kaiserl. Oberförster. Mit Uebersichtskarte. IV u. 78 S. 2 —
20. Die Festung Bitsoh von Hermann lrle. Dritte vermehrte Auflage
mit einem Anhange enthaltend die Umgebung von Bitsch. Mit 2 Ansichten
und Plan von Bltsch. nebst Karte der Umgegend. 52 S. 1 50
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BEITRAGE
ZUR
LANDES- im» VOLKESKUNDE
VON
ELSASS-LOTHRINGKN.
SECHSTER HAND.
(HEFT XXVI -XXX).
ST R ASS RUR f,
J. H. Ed. HEITZ (II EITZ & MÜNDEL).
1907.
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Siraßbnrg, J. H. Ed. Hcitz (Heitz & Mündel).
Inhalt.
Heft XXVI. Roehol), Heinrich, Matthias Erb. Ein elsässischer
Glauben6zeuge aus der Reformationszeit. Auf Grund
archivalischer Dokumente. i*6 S.
Heft XXVII. Engel, Karl, Straßburg: als Garnisonstadt unter dem
ancien regime. Mit sechs Kartenskizzen. VIII und
146 S.
Heft XXVIII. Geny, Joseph, Die Fahnen der Straßburger Bürger-
wehr im 17. Jahrhundert. Mit 12 farbigen Fahnen-
abbildungen VIII und 47 S.
Heft XXIX. v. Kortzfleisch, Der oberelsässische Winterfeldzug
1074/75 und das Treffen bei Türkheim. Nach archi-
valischen Quellen bearbeitet. Mit zwei Kartenbei-
lagen. VIII und 178 S.
Heft XXX. Hoepffner, E M Der Pfarrer Georg Jakob Eissen. Seine
Freunde und seine Zeitgenossen. Ein Straßburger
Zeitbild aus dem 18. Jahrhundert. Mit einer Silhouette
VI und 127 S.
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0
Die
Herrschaft Rappoltstein
Ihre Entstellung und Entwickelung.
Von
Rudolf Brieger,
Dr. phil.
Strafsburg.
J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel)
1907.
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Meinen Eltern.
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Inhaltsübersicht,
Seit«
Einleitung 7—13
Erstes Kapitel. Die Herrschaft Rappoltstein von ihren An -
fängen bis zur ersten Teilung von 1298 14 — 21
Zweites Kapitel. Die Teilung von 1298 21—34
Drittes Kapitel. Die Teilung von 1373 and die Zeit von
1298 bis 1373 34-46
Viertes Kapitel. Die Zeit von 1373 bis 1500 46-63
Fünftes Kapitel. Überblick über die Herrschaft Rappoltstein . 63—69
Sechstes Kapitel. Das Verhältnis der Herrschaft Rappolt -
stein zur Landgrafschaft und zum Reiche 69—76
Ortsregister 77—78
Erklärung der Abkürzungen.
I, II, III, IV, V geben den betreffenden Band an vom Rappoltsteinischen
ürknndenbuch (759—1500), herausgegeben von Karl Albrecht, 5 4 Bände,
Colmar 1891-1898.
AD = Schoepflin, Alsatia diplomatica, Mannheim 1772ff.
AI = Schoepflin, Alsatia illustrata, Colmar 1751 ff.
DRA = Deutsche Reichstagsakten.
Fehr = H. Fehr, Die Entstehung der Landeshoheit im Breisgau, Leipzig 1904.
Grimm — • Weistümer, gesammelt von J. Grimm, 1840 ff.
H. Urb. I II, 1 II, 2 = Eabsburgisches Urbar in „Quellen zur schweizer.
Geschichte", Band 14—16 (Band I: Das Urbar über die Einkünfte.
Band II, 1: Quellen. Band II, 2: Register, Glossar usw.), herausgegeben
von R. Maag, P. Schweizer und W. Glättli. 1894 ff.
MG SS «= Mommenta Germaniae historica Scriptores.
Overmann == A. Overmann, Die Abtretung des Elsafs an Frankreich im
Westfälischen Frieden in „Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins",
Neue Folge, Band XIX, S. 79 ff.
REL = Das Reichsland Elsafs - Lothri ngen. Landes- (REL I und H) und
Ortsbeschreibung (REL m, 1 und III, 2), herausgegeben vom Sta-
tistischen Bureau für Elsafs-Lothringen, Strafsburg 1899—1908.
Schmidlin = J. Schmidlin. Ursprung und Entfaltung der habsburgischen
Rechte im Obereisais (Studien aus dem Collegium Sapientiae zu Frei-
burg im Breisgau. 9. Band. 1902).
Territorien = Die alten Territorien des Elsafs nach dem Stande vom
1. Januar 1648 in „Statistische Mitteilungen über Elsafs- Lothringen
27. Heft, Strasburg 1896.
UB = Urkundenbuch. Weist. = Weistum. Z. Zeitschrift.
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Einleitung.
In seinem Aufsatze : „ Die Abtretung des Elsafs an Frankreich
im Westfälischen Frieden" geht A. Overmann auch auf die
staatsrechtliche Stellung der grofsen Herrschaft Rappoltstein im
Oberelsaff ein 1 . Overmann sagt, dafs bis heute über die staats-
rechtliche Stellung von Rappoltstein grofse Unklarheit geherrscht
habe; auf deutscher Seite sei man stets geneigt gewesen, die
Selbständigkeit Rappoltsteins zu überschätzen; einige (Jacob,
Albrecht usw.) glaubten, dafs Rappoltstein Reichsstand und völlig
unabhängig gewesen und daher 1648 nicht an Frankreich ab-
getreten worden sei; die Rappoltsteiner selbst hätten Rechte für
sich in Anspruch genommen, die sie nie besessen; auch hätten die
Franzosen zu dieser Verwirrung beigetragen, indem sie zu Anfang
des 18. Jahrhunderts, „sei es aus Unkenntnis, sei es auf die immer
wiederholte Behauptung von der ehemaligen Reichsstandschaft hin",
der Herrschaft Rappoltstein dieselbe Stellung eingeräumt, die die
ehemaligen reichsunmittelbaren Gebiete der französischen Regierung
gegenüber besafsen. Nach Overmann wäre die staatsrechtliche
Stellung der Herrschaft Rappoltstein „vielmehr diese" gewesen:
„Die Herrschaft hat, solange sie existierte, stets unter österreichischer
Hoheit gestanden, da sie zur Landgrafschaft Obereisais, d. h. zu
dem landgräflichen Gerichtsbezirk der Habsburger gehörte und
nie davon eximiert worden ist" 8 Zum Beweise seiner Behauptungen
fuhrt er zwei Urkunden an. In einer österreichischen Urkunde
von 1411 • heifse es von der Herrschaft Rappoltstein: „die
doch in vnser lantgrafeschafft gelegen ist", und dann sage in einer
anderen Urkunde von 1451 4 Kaspar von Rappoltstein von sich:
„für minen gnedigen herren von Osterrich, in des lantgraff-
1) S. 95 ff. 2) S. ebd. S. 96.
3) DI Nr. 46. 4) IV Nr. 1225 S. 595.
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8
Einleitung.
schaft ich geaezzen bin". „Dieser Mangel an Gerichtshoheit", meint
Overmann, sei „der entscheidende Grund" gewesen, dafs Rappolt-
stein nicht reichsunmittelbar hätte werden können; 1521 sei
Rappoltstein lediglich „aus Versehen" in die erste Reichsmatrikel
hineingekommen, aus der es auch sofort wieder verschwunden seL
„Der Herr von Rappoltstein war vielmehr des Landgrafen vom
Oberelsafs ,Landsafs und Untertan', wie es Kaiser Maximilian II.
1570 den Tatsachen entsprechend bezeichnete, und wie es die
Herren von Rappoltstein selbst von jeher anerkannt hatten." 1
So sei in der Tat die Herrschaft Rappoltstein, als sich aus der
Landgrafschaft Oberelsafs ein Territorialfürstentum entwickelt habe,
„österreichischer Landstand geworden" 8 . Ein Beweis für die
abhängige Stellung Rappoltsteins sei auch der Umstand, dafs die
Herren von Rappoltstein im 16. Jahrhundert nur für ihre Person,
nicht für ihr Land — wegen des Widerspruchs von Osterreich —
die Reformation hätten annehmen dürfen; das „jus reformandi"
hätten sie nicht besessen, „weil sie nicht reichsunmittelbar gewesen"
seien, sondern österreichische Landstände. „Eine gewisse Aus-
nahmestellung" habe die Herrschaft Rappoltstein allerdings gehabt,
so u. a. das Recht, Zölle, Schätzung usw. zu erheben, auch sei
sie im Besitze der niederen Gerichtsbarkeit gewesen. „Nach alle-
dem" sei es „selbstverständlich", dafs die Herrschaft 1648 an
Frankreich abgetreten worden sei. Die Franzosen hätten dann
von 1648 ab die Herrschaft Rappoltstein, als zur Landgrafschaft
Oberelsafs gehörig, unter ihre Oberhoheit genommen und die-
Grafen 3 von Rappoltstein als ihre Vasallen und Untertanen be-
handelt Die Rappoltsteiner hätten sich nur die Rechte gegenüber
den Franzosen gewahrt, die sie unter der Oberhoheit des Hauses
Österreich besessen. Sie hätten genau gewufst: „weil sie [die
Herrschaft Rappoltstein] zur Landgrafschaft Oberelsafs gehörte,,
darum ist sie abgetreten worden." 4
Eine ähnliche Ansicht, dafs Rappoltstein von Österreich ab-
hängig gewesen sei, hat der jüngst verstorbene Th. Ludwig in
seinem Buche: „Die deutschen Reichsstände und der Ausbruch
1) Ebd. S. 96 f. 2) Ebd. S. 97.
3) Erat der letzte vom Mannesstamm der (jüngeren) Rappoltsteiner^
Johann Jacob (1673 f), nannte sich „Graf und Herr zu Rappoltstein". Vgl.
Albrecht in BEL.
4) Overmann S. 98.
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Einleitung.
9
der Revolutionskriege " 1 geäufsert. Er führt eine Denkschrift
Colberts von Croissy vom Jahre 1660 an, in der u. a. „die
Landsässigkeit" der Rappoltsteiner „mit zahlreichen Belegstücken
unwiderleglich" erwiesen wird 8 . Ein Beweis „für die wichtigste
von Colberts Angaben, die Abtretung von Rappoltstein", sei in
einem Aktenstück des Diplomaten Pfeffel 5 vom Jahre 1790 4 zu
sehen, in dem es heifse: „Nous savons que les comtes de Ri-
beaupierre se rangerent volontairement sous la supremacie du land-
graviat de la haute Alsace et qu'ä l'epoque de la paix de West«
phalie portoient depuis longtemps l'empreinte du vasselage et du
landassiat autrichien." Auch Ludwig ist der Meinung, dafs
Rappoltstein 1 648 an Frankreich abgetreten sei ß . Auch er Bagt,
dafs die Rappoltsteiner tatsächlich nicht reichsunmittelbar gewesen
seien, sondern österreichische Landsassen. Die Pfalzgrafen von
Birkenfeld • Bisch weiler hätten nach dem 1673 erfolgten Tode des
letzten männlichen Rappoltsteiners dem König Ludwig XIV. per-
sönlich den Vasalleneid geleistet und von diesem die Investitur
mit der Herrschaft empfangen. Als aber 1712 Christian von
Birkenfeld-Bischweiler offene Briefe für Rappoltstein erwirkt habe,
heifse es, obwohl das Investiturrecht festgehalten sei, doch zu Ein-
gang, dafs Christians Vorfahren die Herrschaft mit Souveränität
besessen hätten. Seitdem sei Rappoltstein nicht anders als die
wirklich reichsständischen Territorien behandelt worden, und es
seien ihm noch 1780 umfassende offene Briefe bewilligt worden 6 .
Andere Forscher behaupten — im Gegensatz zu Overmann
und Ludwig — , dafs die Herrschaft Rappoltstein von der Land-
grafBcbaft unabhängig, ja reichsunmittelbar gewesen sei. Fritz
hält zwar die Herren von Rappoltstein nicht für reichsunmittelbar;
dies hätten sie „als Lehnsleute der Baseler Kirche" nicht werden
können, und so sei es ihnen auch 1562 nicht gestattet worden,
nach dem Grundsätze „cuius regio, eius religio" die Reformation
in ihren Gebieten einzuführen 6 . Aber im übrigen zeichnet Fritz
die Rappoltsteiner, die er einmal „elsässische Territorialherren" 7
1) Strafsburg 1897. 2) S. ebd. S 3 f.
3) Einem Agenten und Anhänger der Pfälzer. 4) Ebd. S. 7 Anin. 1.
5) „ Frankreich erhielt vor allem den ganzen österreichischen Territorial-
besitz mit Rappoltstein", ebd. S. 7.
6) In : Territorien S. 63.
7) Ebd. S. 19 (Anm. 17).
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10 Einleitung.
nennt, als völlig unabhängig. So meint er auch, dafs über die
Nichtzugehörigkeit Rappoltsteins zu den Abtretungen des West-
fälischen Friedens „nicht der mindeste Zweifel" obwalten könne,
„trotz aller damaligen und späteren französischen Gegenreden" l .
Kahm der genannte Forscher für Rappoltstein nicht die Reichs-
unmittelbarkeit in Anspruch, so war K. Jacob 8 der Ansicht,
dafs Rappoltstein zu den reichsunmittelbaren Territorien im Ober-
elsals gehört habe 8 und deshalb 1 648 nicht an Frankreich ab-
getreten worden sei 4 . Dieselbe Meinung vertreten — etwas mo-
difiziert und mehr begründet — Albrecht, du Prel 6 und
Reufs. Nach Albrecht 6 „waren die Herren von Rappoltstein
von Hause aus reichsfrei". Albrecht behauptet, die Rappolt-
steiner hätten Reichslehen besessen und die Reichsstandschaft ge-
habt, von 1479 bis 1554 seien sie nachweislich zu den Reichs-
tagen berufen worden und hätten von 1512 an zu den Ständen
des oberrheinischen Kreises gehört. Albrecht fährt fort: „Wenn
sie sich — hin und wieder im 15. Jahrhundert, häufiger im An-
fange des 1 6. Jahrhunderts — österreichische Landsassen nannten,
so bedeutete das ursprünglich keinerlei Abhängigkeit von der
österreichischen Landgrafschaft Oberelsafs." „Nur insoweit sie
österreichische Lehen innegehabt" hätten, seien sie den Herzogen
bzw. Erzherzogen von Osterreich verpflichtet gewesen; zu den
Reichsumlagen hätten sie, insoweit diese auf die vorderösterreichischen
Lande entfallen seien, ihren Beitrag entrichten müssen; daneben
seien sie aber selbständig vom Reiche veranlagt worden. „Um
dieser drückenden Doppelbürde zu entgehen", habe sich Wil-
helm II. von Rappoltstein (1602 — 47) unter den Schutz der
Österreichischen Erzherzoge gestellt, die dann auch energisch für
1) Vgl. auch Bardots Aufsatz: „Les acquisitions de la France eu
Alsace en 1648 " in: „Annales de l'universite* de Grenoble" XII (1900) p. 153 f.
Bardot meint, wie Fritz, dafs Rappoltstein nicht unmittelbar gewesen sei.
Es habe zur Landgrafschaft Oberelsafs gehört. Vgl. Overmann S. 97.
2) „Die Erwerbung des Eisais durch Frankreich im Westfälischen
Frieden", Strasburg 1897.
3) S. ebd. S. 75. 4) Ebd. S. 281.
5) Die Ansichten du Preis, der ron der „altererbten Reichsstand-
schaft" der Bappoltsteiner spricht (s. BEL III, 1, s. S. 271 f.), stimmen im
-wesentlichen mit denen Albrecbts überein.
6) S. BEL in, 2, S. 859 („Rappoltstein").
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Einleitung.
Ii
seine Exemtion von den übrigen Reichslasten eingetreten seien.
Als 1547 der 20jährige Sohn Wilhelms, Egenolf IV., jenem ge-
folgt sei, habe sich Ferdinand ?on Österreich die Jugend des
Egenolf zu Nutzen gemacht, indem er diesem die Reichsun mittel-
barkeit zu entreifsen gesucht. Die unwahren Erklärungen, die
König Ferdinand 1549 am Reichskammergericht habe abgeben
lassen (nach denen die Rappoltsteiner dem Hause Österreich
„vnder vnd zugethan" sein sollten), Beien zwar widerlegt worden;
„de facto aber, wenn auch nicht de iure" hätten die Rappolt-
steiner die Reich8unmittelbarkeit verloren. Auch die Bemühungen
Schwedens beim Westfälischen Frieden hätten nichts genutzt,
die Herrschaft Rappoltstein wäre nicht unter den Staaten auf-
geführt worden, denen die Reichsunmittelbarkeit gewährleistet
wurde.
Auch nach R. Reufs 1 wäre Rappoltstein ursprünglich reichs-
un mittel bar gewesen und erst später österreichischer Landstand
geworden. Die Rappoltsteiner, die seit dem 14. Jahrhundert eine
wichtige Rolle in der Geschichte des Elsafs gespielt hätten, wären
im 16. Jahrhundert in Abhängigkeit von Österreich getreten; ab
sie sich damals von allen Seiten durch die österreichischen Lande
eingeengt gesehen, hätten sie verzichtet „ä öchanger une inde'pen-
dance dangereuse contre une Subordination fäodale qui prometta.it
de leur 6tre tres utile" 2 . Diese gewinnbringende Freundschaft
habe gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts nachgelassen, als die
Rappoltsteiner versucht hätten, die Reformation in ihren Landen
einzuführen. Dies sei am Widerstande des Hauses Österreich, des
„Suzeräns" der Rappoltsteiner gescheitert 1648, auf dem Kon-
grefs zu Münster, hätten dann die kaiserlichen Kommissare die
Herrschaft Rappoltstein „comme un sujet de la maison d'Autriche"
behandelt, und sie habe nicht die Garantie des Paragraphen er-
halten, in dem die unmittelbaren Staaten des Elsafs aufgezählt
worden seien. Ludwig XIV. habe späterhin Rappoltstein den
Titel einer Grafschaft verliehen, und die Rappoltsteiner wieder in
ihre Rechte und Einkünfte gesetzt Obgleich sie nicht mehr reichs-
unmittelbar gewesen seien, hätten sie doch „tous les droits utiles
1) In : „LAlsace au dix-eeptieme aiecle", Tome premier, p. 497 ff.
Paris 1897.
2) Es hatte verloren „de bonne heure son immediatete*", s. ebd. p. 497.
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12
de la souverainetd", so auch das Recht der hohen und niederen
Gerichtsbarkeit, genossen l .
So haben wir gesehen, dafs über die staatsrechtliche Stellung
Rappoltsteins die verschiedensten und einander widersprechendsten
Meinungen herrschen. Von vornherein ist es klar, dafs Akten*
stücke aus dem Jahre 1790, oder Briefe aus dem 16. Jahrhundert
(Kirchner), oder ein Memoire von 1661 usw., alles Aufserungen
subjektiver Natur und aus verhältnismäfsig später Zeit, allein nicht
die Lösung der keineswegs einfachen Streitfrage bringen können,,
so wichtig sie vielleicht auch für uns sein mögen : aus solchen
Aufserungen lernen wir die jeweiligen, zu verschiedenen Zeiten
überaus verschiedenen Ansichten über die staatsrechtliche Stellung
der Herrschaft kennen.
Hier handelt es sich nicht um die Frage, ob Rappoltstein an
Frankreich abgetreten, nicht um die Frage, wie im 17. Jahrhundert
das Verhältnis der Herrschaft zu Osterreich gewesen, sondern wir
haben es hier nur mit ihrer Stellung zu Österreich in der früheren
Zeit zu tun. Hierüber gibt es drei Ansichten : Nach der ersten war
Rappoltstein ehemals reichsfrei und frei von der Landgrafschaft %
nach der zweiten hatte es unter der Landgrafschaft gestanden,
war also mittelbar 9 , nach der dritten war es zwar frei von der
Landgrafschaft, aber lehnsabhängig von Basel *. Für uns kommen
nur die beiden, hinsichtlich der ursprünglichen staatsrechtlichen
Stellung Rappoltsteins extremsten Ansichten von Overmann und
1) pag. 504. Der Vollständigkeit halber wäre noch die Schrift von
Kirchner: „Elsafs im Jahre 1648" (Duisburger Schulprogramm 1878) zu
erwähnen, obgleich sich der Verfasser nur andeutungsweise über das Ver-
hältnis Rappoltsteins zu Osterreich ausspricht. Auch er geht auf Ferdinand I.
und die Absicht der Kappoltsteiner , die Reformation in ihren Gebieten ein-
zuführen, zurück und führt aus einem bei dieser Gelegenheit von Ferdinand
an Egenolf von Rappoltstein gerichteten Briefe das Wort an: „Du bist kein
Landesfurst, sondern unserer landesfürstlicher Obrigkeit Hintersasse." Kirchner
erwähnt dann nur (S. 15 f.), seit etwa 1650 sei es eine Streitfrage gewesen,
ob die Herrschaft Rappoltstein im Westfälischen Frieden an Frankreich ab-
getreten sei , oder nicht , doch ohne eine irgendwie begründete Lösung der
Frage zu geben. Jedoch mufs er der Meinung sein, dafs Rappoltstein 1648
nicht an Frankreich abgetreten worden sei, denn unter den von ihm auf-
geführten Gebieten, die in jenem Jahre an Frankreich gefallen sind , ist die
Herrschaft Rappoltstein nicht erwähnt (S. 82).
2) Albrecht. 3) Overmann. 4) Fritz, Territorien S. 63.
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Einleitung.
13
Albrecht in Betracht, denn sie allein berufen sich auf Urkunden.
Die historische Untersuchung hat daher die Frage zu beantworten,
waren die Rappoltsteiner wirklich „von Hause aus reichsfrei",
oder hat vielmehr die Herrschaft Rappoltstein „stets unter öster-
reichischer Herrschaft gestanden"? Die Möglichkeit, diese Frage
zu entscheiden, ist uns gegeben durch die zahlreichen Urkunden,
die sich im Rappoltsteinischen Urkunden buch vereinigt finden und
die uns — wenn auch für die älteste Zeit die erhaltenen urkund-
lichen Nachrichten sehr spärlich fliefsen — ein annähernd genaues
Bild über die Entwickelung der Herrschaft Rappoltstein zu ge-
winnen ermöglichen. Erst aus der Klarlegung der historischen
Entwickelung der Herrschaft Rappoltstein lassen sich Schlüsse
auf ihre staatsrechtliche Stellung ziehen. Es wird sich darum
bandeln, festzustellen, welcher Art die treibenden Momente waren,
die zur Bildung der Herrschaft geführt haben. Kam es in
Rappoltstein überhaupt zur Ausbildung der Territorialhoheit oder
einer dieser ähnlichen Gewalt? Besafsen die Rappoltsteiner die
hohe Gerichtsbarkeit? Denn diese ist ja wohl stets die wesent-
lich rechtliche Grundlage landesherrlicher Gewalt Dann werden
wir endlich das Verhältnis zu den oberen Gewalten zu klären
versuchen. Wie war das Verhältnis der Herrschaft zur Land-
grafschaft ? Ist sie aus dem landgräflichen Gerichtsbezirke jemals
herausgetreten? Und wie war das Verhältnis zum Reiche? War
Rappoltstein reichsunmittelbar oder nicht? Besafs es die Reichs-
standschaft V Dies werden die Fragen sein, deren Lösung die Be-
antwortung der Frage nach der staatsrechtlichen Stellung Rappolt-
steins ermöglichen dürften.
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Erstes Kapitel.
Die Herrschaft Rappoltstein von ihren Anlangen
bis zur ersten Teilung von 1298.
Die ersten Anfänge Rappoltsteins liegen ganz im Dunkeln.
Dennoch hat man 1 gemeint, die Herrschaft bis in die Merowinger-
zeit zurückverfolgen zu können, da uns der Name Rappertsweiler
schon im 8. Jahrhundert (zum ersten Male 759) 8 begegne. Diese
Vermutung liefse sich vielleicht durch die Tatsache stützen, dals
Rappoltsw eiler, der Hauptort der späteren Herrschaft Rappoltstein,
in mehreren Urkunden jener Zeit in Verbindung mit Orten und
Marken genannt wird, die zum grofsen Teile später zur Herr-
schaft Rappoltstein gehört oder Beziehungen zu ihr gehabt haben.
Dies ist der Fall in Urkunden von 769 *, 768 und 777 4 . Aber
wir können nicht mit Bestimmtheit sagen , ob zwischen jenen
Orten und der späteren Herrschaft Rappoltstein irgendein Zu-
sammenhang besteht Erst 1084 6 begegnet uns urkundlich
zum ersten Male das Praedium Rappoltstein, und zwar im Be-
sitze der salischen Kaiser. Das genannte Jahr mufs der eigent-
liche Ausgangspunkt unserer Darstellung sein. Urkundliche Nach-
1) Albrecht in I S. XIII (Einleitung), und ihm folgend Fritz in Terri-
torien S. 62.
2) I, Nr. 1 „Ratbaldouilare".
3) I, Nr. 1. Neben Rappertsweiler erscheinen: Bergheim („in fine uel
in uilla Bercheim marca"), Saasenheim („Saxones"), Heiteren („Heiderheim
marca"), Enzen („in uilla Enghieeheim marca") und Dessenheim („in fine
Fessinheim marca") (der von Dessenheim begegnet später unter den Rappolt-
steinischen Lehnsmannen).
4) I, Nr. 2 f. Mit Rappertsweiler werden zusammengenannt: Gemar
(„Ghermari"), St Pilt („ Andaldouillare"), Grussenheim und Oberbennweier
(„ Oberbebonouülare ").
6) Ebd. Nr. 7.
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Die Herrschaft Rappoltetein bis 1298.
richten über die Zeit und Art der Erwerbung durch die Salier
fehlen uns gänzlich. Der alte Schöpf lin 1 vermutet, dafs jene»
Prädium durch Adelheid von Egisheim, die Mutter Eonrads II. *,
den fränkischen Grafen, den späteren saüschen Kaisern, zugefallen
sei. Er beruft sich auf eine Stelle in Wipo's „Leben Kaiser
Konrads" », die aber zunächst nur die verwandtschaftlichen Be-
ziehungen zwischen den Saliern und Egisheimern dartut Sie kann
nicht beweisen, dafs das Prädium im Besitze der Grafen von
Egisheim gewesen. Da der „comitatus Egisheiraensis", wie
Schöpf lin 4 selbst sagt, „nullibi quidem memoratur", vermögen
wir in direkter Weise Verbindungen der Egisheimer mit den
Rappoltsteinern nicht nachzuweisen. Aber immerhin ist es mög-
lich, dafs solche bestanden haben, wie man vielleicht aus einer
Fehde des Grafen Gerhard I. (1038) mit Reginbold von Rappolt-
stein 5 schliefsen könnte. — „Predium quoddam", so heifst es in
der bereits angezogenen Urkunde, die am 21. März 1084 6 von
Heinrich IV. zu Rom ausgestellt worden ist, „nomine Itappoltsiein
hereditario iure ex parte patris nostri imperatoris Heinrici ad noa
pertinens tarn in rebus mobilibus quam immobilibus, idem castellum
cum vniversis appendiciis ac utriusque sexus mancipiis, areis, edi-
ficiis, pratis, pascuis, etc. etc., situm in pago Alsacie in comitatu
Heinrici" — „tradidimuB — ea ratione", dafs der Baseler Bischof
und dessen Nachfolger über das Prädium das freie Verfugungs-
recht haben sollen. Wie wir aus einer späteren Urkunde (von
1162) schliefsen können, hat zum Prädium Rappoltstein, das da-
mals an Basel kam, die Hälfte von Rappoltsweiler 7 gehört. Das
1) AI II, S. 108.
2) Vgl. Bresslau, Jahrbücher des deutschen Reiches unter Konrad IL, S. 3.
3) MG SS XI S. 258, 45 f.: „Maioris Chuononis mater Adalheida ex
nobilissima gente Liutharingorum oriunda fuerat quae Adalheida soror erat
comitum Gerhard i et Adalberte ; vgl. auch in „Herimanni Augiensis Chro-
nicon": „ Gerard us comes de Egesheim in Alsatia, cuius filia Adelhaidis
Conradi Salici imperatoris mater fuit ex Heinrico Franconiae duce", s. MG
SS V, S. 19.
4) AI II, S. 72.
5) I, Nr. 6 (vgl. auch Schmidlin S. 77, Anm. 1).
6) I, Nr. 7.
7) In wessen Besitz die andere medietas von Rappoltsweiler damals
gewesen, wissen wir nicht. Vielleicht war sie in den Händen der Kaiser,
oder gehörte schon damals dem Baseler Stift. Oder sollte sie zu jener Zeit
Allod der Rappoltsteiner gewesen sein?
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IC
Erstes Kapitel.
Prädium lag „in pago Alsacie in comitatu Heinrici", befand sich
also im Grafschaftsverbande. Kaiser Heinrich besafs es, wie wir
hörten, „hereditario iure ex parte patris". Daraus ist zu
schliefsen, dafs das Prädium nicht Reichsgut war, sondern
Besitztum seiner Familie. In einer zweiten Urkunde vom
10. März 1140 1 wird die Schenkung von 1084 vom Kaiser
Heinrich V. rückgängig gemacht. In dieser Urkunde erscheint
das Prädium unter dem Ausdruck „Castrum quoddam, quod vocatur
Rapolstein ". Zum dritten Male 2 stofsen wir auf Rappoltstein in
einer Urkunde Kaiser Friedrichs 1. 8 , die zwar undatiert ist, aber,
wie wir mit Sicherheit erweisen können*, aus dem Jahre 1162
stammen mufs. In ihr setzt sich die Geschichte dieser Schenkung
fort. Die Baseler Bischöfe hatten sich bei der, in ihren Augen y
gewaltsamen Entziehung ihres Besitzes durch den in kirchlichen
Dingen bekanntlich skrupellosen Heinrich V. nicht beruhigt, waren
vielmehr bei Friedrich I. um Rückgabe Rappoltsteins vorstellig
geworden 5 . Und sie hatten diesmal Erfolg, denn der Kaiser ver-
stand sich wirklich dazu, „prememoratum Castrum Rapolstein cum
medietate subiacentis ville Rapolswilre et omnibus aliis pertmentüs "
an Basel zurückzugeben.
1) I, Nr. 8.
2) Absehen können wir von der in I , Nr. 9 = MG SS X , S. 99 an-
gezogenen „Erwähnung der Herrschaft Rappoltstein". Es ist dort eine
Stelle aus dem Chronicon des Bertholdus Zwifaltensis zitiert, in der
(zwischen 1137 und 1138) vom confinium Rappoltstein die Rede ist.
Albrecht nennt letzteres in seinem Regest „Herrschaft Rappoltstein". Er
selbst bemerkt (s. ebd.), dafs der Ausdruck „in confinio Rapold istein situm"
„in sehr weitem Umfange genommen" sei, da der Ort Ebersheim, der als in
diesem confinium gelegen bezeichnet werde, weit von Rappoltstein entfernt
liege. Confinium bedeutet an unserer Stelle nichts weiter als vicinitas (vgl.
Du Cange s. v.: „confinium = vicinitas, locus, ubi fines duarum terrarum
conveniunt"). Ebersheim hat niemals zur Herrschaft Rappoltstein gehört,
letztere hatte weder Güter noch Rechte in diesem Dorfe. Also kann von
einer „Erwähnung der Herrschaft Rappoltstein" keine Rede sein.
3) I, Nr. 24. — Die Urkunde ist zu Pavia ausgestellt.
4) Ebd. S. 36, Anm. 3.
5) „decrevimus .... commendare, quod dilectus princeps noster Orth-
liebus, Basilienßi8 episcopus, audienciam nostram aliorumque predecessorum
nostrorum crebriori querimonia affatim propulsavit super castro Rapolstein,
quod ecclesia Basiliensis legittima donatione — quieta et iusta possessione
tenuerit" etc. etc., s. ebd. S. 35 f.
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Die Herrschaft Rappoltstein bis 1298.
17
Fast 60 Jahre lang, bis 1219, hören wie dann in unseren Ur-
kunden nichts von Rappoltstein oder von einem nach ihm benannten
Edelgeschlechte. Erst im letztgenannten Jahre begegnet uns ein
Anselm von Rappoltstein und dessen Bruder Egenolf In einer
Urkunde vom 19. Mai 1219 8 verpflichtet sich Anselm, so hören
wir, „mit seinen Burgen und Leuten dem Herzog Theobald von
Lothringen gegen jedermann beizustehen". Für den Fall, data er
seinen Bruder Egenolf, wenn dieser aus Palästina zurückkehre,
„nicht zu gemeinsamem Handeln in dieser Hinsicht zu veran-
lassen" vermöge, verspricht er, „mit seinem Bruder Land, Leute
und Burgen zu teilen und für den auf ihn selbst fallenden Anteil
seinen Verpflichtungen gegen den Herzog nachzukommen" 3 . Al-
b recht 4 hat recht, wenn er meint, dafs die „zum gröfsten Teile
aus dem Egisheimer Erbe stammende Herrschaft ursprünglich —
vielleicht mit Ausnahme der Burg Grofs- Rappoltstein und einer
Hälfte von Rappoltsweiler — freier Eigenbesitz der Herren von
Rappoltstein gewesen" sei, weil eben in dieser Urkunde von 1219
Anselm den oben erwähnten Vertrag mit dem lothringischen Her-
zoge schliefse, „ohne irgendeinen Lehnsherrn zu nennen oder aus-
zunehmen". Aber auch den Schlufs werden wir aus jenem Ver-
trage ziehen dürfen, dafs die Rappoltsteiner, mit denen solch ein
mächtiger Fürst, wie der Lothringer, ein Bündnis schliefst 6 , da-
mals schon sehr angesehen gewesen sind. Ganz zweifellos war
auch ihr Besitz bedeutend gröfser, als wir dies erkennen können.
In den Urkunden (und sonstigen Nachrichten), die in die Zeit
vor 1298 fallen, erscheinen nur Rappoltsweiler, Gemar, Kaisers-
berg, Bebeinheim, Sigolsheim, Ammerschweier, Urbeis, Sulzmatt,
Saulcy , Fraize und einige wenige andere Dörfer als Orte 6 oder
Banne 6 , in denen die Rappoltsteiner Güter oder Rechte besafsen ;
aufserdem waren die drei Burgen Rappoltstein, Altenkastel und der
Stein in ihrem Besitze.
Trotz der ungemein dürftigen älteren Nachrichten über unsere
1) I, Nr. 50 f. 2) Ebd. Nr. 51. 3) Ebd. Regest.
4) In REL III, 2, S. 858.
5) Dafs die Rappoltsteiner bis zum Beginne des 16. Jahrhunderts nicht
unbedeutende Allodien hatten, werden wir weiter unten sehen. Vgl. auch die
Nachricht von Luck (17. Jahrhundert) vom Jahre 1268 in I, Nr. 106.
6) Über diese Orte vgl. die folgenden Kapitel.
2
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18
Erstes Kapitel.
Herrschaft hat man 1 vermutet, dafs ihre „Hauptteile schon um
die Mitte des 13. Jahrhunderts vereinigt" gewesen seien, ins-
besondere, dafs die Herrschaß Hohenack damals bereits im Be-
sitze der Rappoltsteiner gewesen. Albrecht sieht nämlich in
einer Urkunde vom Jahre 1241 2 , die „apud Escermure", d. h.
zu Hachimette (Escheimer) 8 ausgestellt ist, den Beweis für Beine
Behauptung. „Da diese [die Herrschaft Hohenack] 1241", so
lesen wir bei ihm, „in unbestrittenem Besitze der Herren von
Rappoltstein war (Ulrich II. verhängte in Escheimer über einige
Übeltäter die Todesstrafe, übte also die hohe Gerichtsbarkeit aus),
und da wir deutlich erkennen können, dafs ausgedehnte Strecken
Landes (Fraize, Plainfaing und Saulcy) in dem an die Herrschaft
angrenzenden lothringischen Gebiete im Jahre 1219 den Rappolt-
steinern gehörten (Anselm I. überliefs dem Herzog Theobald I.
von Lothringen die Hut von Saulcy 4 ), so liegt die Annahme nahe,
dafs Hohenack schon zu Ende des 12. Jahrhunderts in den Händen
der nachmaligen Besitzer war, anfangs als freies Eigen (vgl. den
oben erwähnten Bündnisvertrag von 1219), später als Pfirter bzw.
österreichisches Lehen (Urkunde vom 27. Oktober 1317 bzw. vom
2. August 1346)."
In der von Albrecht angezogenen Urkunde 6 handelt es sich
um das AUodium, „quod dicitur de Rimeimont", das dem Kloster
Paris gehörte. Hätte Ulrich von Rappoltstein 1241 wirklich „suo
iure" die Todesstrafe in der Herrschaft Hohenack verhängt, dann
wäre allerdings Albrechts Schlufs berechtigt. Prüfen wir jedoch
die Urkunde. Die Stelle, die Albrecht offenbar zu seiner Be-
hauptung veranlafst hat, lautet: „Nos (Ulrich von Rappoltstein)
igitur . . . tantam violentiam iam iniuriose illatam ferre non valentes
ipsos maleficos decreuimus vltionis gladio puniendos." Aber
1) Albrecht in REL III, 2, S. 858 und (10 Jahre zuvor) in I S. XIV
(Einleitung), wo er sogar sagt: „Ausgangs des 12. oder zu Anfang des
13. Jahrhunderts".
2) S. I, Nr. 75: „Ulrich von Rappoltstein spricht — die Todesstrafe
aus" (Regest).
3) Hachimette (Escheimer) heutiger Kanton Schnierlach, s. Albrecht
in REL III, 1, S. 378 unter dem Stichwort „Hachimette": „1241 wurden
in Hachimette durch Urteilsspruch Ulrichs von Rappoltstein einige Übel-
täter durch das Schwert hingerichtet."
4) I, Nr. 50. 5) S. ebd. S. 76.
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Die Herrschaft Rappoltstein bis 1298.
19
vorher heifst es: „Dum vero memorate ecclesiae fratres *
(seil, von Paris) causam suam tamquam viri paeifici coram nobis
(nämlich Ulrich von Rappoltstein) terminare deliberassent *,
cum supradicti8 reformare pacis concordiam cupientes" usw. Hier
kann doch von einer Verhängung der Todesstrafe durch Ulrich
von Rappoltstein keine Rede sein. Dieser sagt lediglich als Ver-
mittler und Schiedsrichter des Klosters Paris im Auftrage der
Klosterbrüder aus, dafs die Missetäter mit der Schärfe des Schwertes
zu bestrafen seien, aber keineswegs, dafs er von sich aus, aus
eigener Machtvollkommenheit, dieses Urteil verhänge. Wie kamen
die Rappoltsteiner zu dieser Vermittelungsrolle ? Sie standen in
einem sehr engen, freundschaftlichen Verhältnis zum Kloster, das
sie oft mit Gütern begabten 3 . Häufig schlichteten sie Streitig-
keiten zwischen den Klosterbrüdern und deren Widersachern 4 .
So ist die erste Prämisse (Ausübung des Hochgerichtes), auf der
Albrecht seinen Beweis aufbaut, falsch. Ebenso ist es mit dem
zweiten Grunde, die Herrschaft Hohenack müsse deshalb um jene
Zeit im Besitze der Herren von Rappoltstein gewesen sein, weil
diesen grofse Strecken Landes in den angrenzenden lothringischen
Gebieten gehört hätten. Gewifs werden damals schon die Rappolt-
steiner nicht unbedeutende lothringische Besitzungen gehabt haben,
wenngleich wir einen Zusammenhang mit der Herrschaft für die
ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts nur für Saulcy und Bel-
froi nachweisen können. Fraize, Plainfaing und die anderen Orte
treten in den uns zur Verfugung stehenden Urkunden erst später
auf. Immerhin ist es sehr wahrscheinlich, dafs alle diese Dörfer
und Burgen und noch weitere grofse Gebiete im Lothringischen
schon damals in den Händen der Rappoltsteiner gewesen sind.
Aber was würde dieser Besitz lothringischer Lehen mit dem der
Herrschaft Hohenack zu tun haben? Somit läfst sich mit Hilfe
der von Albrecht angezogenen Urkunde schlechterdings nicht er-
weisen, dafs die Rappoltsteiner 1241 die hohe Gerichtsbarkeit in
der Herrschaft Hohenack ausgeübt haben.
Auch auf die Vogtei hat man hingewiesen. Albrecht be-
1) Über dies in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts gegründete Cister-
zienserkloster vgl. REL III, 2, S. 824 f.
2) Von mir gesperrt
31 I, Nr. 73 (1239) u. a. a. 0.
4) Ebd. Nr. Nr. 77, 83 u. a. a. 0.
2*
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20 Erstes Kapitel. Die H e rrschaft Rappoltstein bis 1298.
merkt 1 , dafs nach der eben bebandelten Urkunde die Kappolt-
Steiner „eine Art Vogteirecht über Paris gehabt".' Allein sie
haben, wie wir aus einer anderen Urkunde von 1343 De-
zember 11 2 ersehen, das Vogteirecht stets nur beansprucht, niemals
ausgeübt. Damals erklärt Kaiser Ludwig ausdrücklich, auf Grund
ihm vorgelegter Abschriften der betreffenden Dokumente des
Klosters Paris, dafs Heinrich von Rappoltstein, Herr zu Hohenack,
keinerlei Vogteirechte über das Kloster Päris zu beanspruchen
habe, „wand ein Rieh sol Grawes 8 ordens da vorgenant pfleger
sin". Ferner ist hervorzuheben, dafa weder in der von Albrecht
zum Beweise seiner Behauptung herangezogenen Urkunde von
1241, noch in irgendeiner anderen das Kloster angehenden, sich
ein Rappoltsteiner „Vogt" des Klosters Päris nennt. Hätten die
Rappolt8teiner dieses Vogteirecht wirklich besessen, so würden sie
sicherlich nicht verfehlt haben, sich in Urkunden als Vögte zu be-
zeichnen! So läfst sich also, soweit wir dies auf Grund des uns
zur Verfügung stehenden Materials zu erkennen vermögen, nicht
erweisen, dafs die Herrschaft Hohenack bereits 1241 rappolt-
steinisch gewesen, und dafs die Hauptteile der Herrschaft Rappolt-
stein, deren wichtigster Glieder eines jedenfalls Hohenack war, um
die Mitte des 13. Jahrhunderts vereinigt gewesen sind.
Die Burg Hohenack, die doch wohl der Ausgangspunkt der
rappolsteinischen Macht in der Herrschaft Hohenack gewesen ist,
wird erst in den siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts an Rap-
poltstein gekommen sein. Vom Jahre 1279 berichten die Ann.
Coln. mai. 4 : „Dominus de Rapoltzstein Castrum Hohenac . . .
cognatis suis abstulit fraudulenter et in Columbariam transferebat."
Mit diesen „suis" dürften die Pfirter Grafen gemeint sein 5 , in
deren Besitz wir die Burg 1271 6 urkundlich nachweisen können.
In den Kriegsläuften von 1287 7 wird Burg Hohenack den Rap-
1) I, S. 116, Anm. 2. 2) I, Nr. 542.
3) Dieser Ausdruck bezeichnet Päris als Kloster des Cisterzienserordeus
(s. I, S. 631. Index).
4) MG SS XVII, S. 204 f., auch in I, Nr. 137.
5) Albrecht (I, S. 116, Anm 2) möchte lieber unter „suis" die Rappolt-
steiner verstehen, auf Grund seiner von uns als irrig erwiesenen Annahme,
jene hätten schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts „eine Art Vogteirecht
über das zur Herrschaft Hohenack gehörige Kloster Päris gehabt".
6) I, Nr. 114.
7) I, Nr. 160 (= MG SS XVII, S. 204, 14) (aus Ann. Colm. mai).
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Zweites Kapitel. Die Teilung von 1298.
21
poltßteineni verloren gegangen sein, denn 1288 1 mufs sich Her-
mann von Rappoltstein erst wieder in ihren Besitz setzen.
Uber den Umfang unserer Herrschaft in der ersten Hälfte des
13. Jahrhunderts läfst sich somit oichts Sicheres feststellen. Nur
das können wir mit Bestimmtheit behaupten, dafs Rappoltsweiler,
Gemar und die drei Burgen Rappoltstein, Altenkasten und der
Stein den Grundstock der Herrschaft gebildet haben. Von Be-
deutung für Rappoltstein war das Jahr 1293. Damals eroberte
König Adolf Gemar und teilte — so berichtet uns das Chronicon
Colmarense * — den Gesamtbesitz der Herrschaft: ein Drittel be-
hielt er für sich, die anderen zwei Drittel sprach er den Rappolt-
steinern wieder zu. Nähere Nachrichten über diese Teilung fehlen,
wir werden jedoch durch die Teilungsurkunde von 1298 entschä-
digt, die wir im folgenden Kapitel zu betrachten haben.
Zweites Kapitel,
Die Teilung von 1298.
1298 fand die erste grofse, uns urkundlich überlieferte Tei-
lung der Herrschaft statt. Von vornherein ist zu bemerken, dafs
wir nicht zu viel von unserer Teilungsurkunde 3 erwarten dürfen.
Denn ganz augenscheinlich wurde damals nicht die ganze Herr-
schaft geteilt. Es fehlen u. a. besonders die lothringischen 4 Lehen
Fraize, Plainfaing usw., sodann Heiteren, Fessenheim, Egisheim,
Sulzmatt und anderes mehr, alles Orte, von denen wir bestimmt
wissen, dafs die Rappoltsteiner damals dort Besitz hatten. Ob
andere verloren gegangene Urkunden Sonderabmachungen 5 über
die Teilung enthielten, oder ob die Teilung nur strittige Güter und
Rechte betraf, ist nicht zu ersehen. Jedenfalls gibt uns die Ur-
1) Aus Ann. Colm. mai. I, Nr. 176 (= MG SS XVII, S. 215f.).
2) S. auch in I, Nr. 210 MG SS XVII, S. 260).
3) Ebd. Nr. 223 f.
4) Bis auf den Zoll zu St. Did.
5) In der Art, wie die besondere Urkunde über das in der Teilungs-
urkunde genannte Gemar s. I, Nr. 224.
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Zweites Kapitel.
künde von 1298 kein vollständiges Bild der ganzen Herrschaft.
Diese wird 1298 in drei Teile zerlegt.
Zum ersten gehören RappoUstein *, die Stammburg der Herr-
schaft *, sodann die Burg „der Stein" 5 (diese begegnet uns 1288 4
zuerst im rappoltsteinischen Besitze), ferner die Neue Stadt und
das Oberdorf von Rappoltsweiler , auf die wir weiter unten ein-
zugehen haben, ferner „alle die reben nide wendig des Alten burg-
weges vnze an die Nüwenstat vnd dannan vnze an bruckelin die
da der herschefte sint", und schliefslich Bergheim, Rohrschweier
und Rodern.
Es ist fraglich, woran wir bei Nennung dieser Orte zu denken
haben.
In Bergheim & war das Gericht in den Händen des Kaisers,
des Reiches". Die Rappoltsteiner waren (1309) 7 daselbst be-
gütert, wie auch in Rohrschweier*, wo sie einen Dinghof be-
safsen 9 . Unter „Berghem" und „Rorswilr" werden wir also
zweifellos Gut zu verstehen haben. Über Rodern 1 " fehlen uns
1) Über Rappoltst ein vgl. auch oben S. 14ff. „RappoUstein, die gröfste
und älteste der drei Burgen, eigentlicher Stammsitz der Herren von RappoU-
stein, vermutlich im 11. Jahrhundert . . . erbaut"; s. REL III, 2, S. 858.
2) Seit wann die Burg rappolsteinisch gewesen, wissen wir nicht, je-
doch gewifs seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts ; als Basler Lehen erscheint
sie 1341 (I, Nr. 521, S. 391) urkundlich zum ersten Male.
3) „Die kleinste ... der drei Burgen, vermutlich im 13. Jahrhuudert
erbaut '« (REL III, 2, S. 858).
4) I, Nr. 172 (aus Ann Colm. mai. = MG SS XVII, S. 215, 40 ff.), 1304
wurde sie gegen die Burg Girsberg vertauscht. I, Nr. 256 (= MG SS XVII,
S. 230, 36.)
5) Über Bergheim vgl. REL III, 1, S. 75 f. [nach Schoepflin AI II,
S. 113].
6) Urkunde vom 25. April 1301 (I, Nr. 238) : König Albrecht verspricht
dem Burchard von Geroldseck 150 Mark Silbers auf Dörfer und Bäume zu
(Ohnenheim und) Bergheim „vf alleme deme rehte, daz wir vnde daz Riehe
do hant an lüten . . ., an gerihte".
7) J, Nr. 276.
8) Über Rohrschweier vgl. REL III, 2, S. 908. Von 1282 (I, Nr. 148)
bis 1284 (1, Nr. 155) hatte die Herrschaft die Vogtei über einen dem Kloster
Moyenmoutier gehörigen Hof vom Herzog Friedrich IV. von Lothringen zu
Leben.
9) 1313 (I, Nr. 303) — bei seinem Verkauf an Österreich — begegnet
er uns zum ersten Male.
10) Über Rodern vgl. REL III, 2, S. 904.
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Die Teilung von 1298.
23
die Nachrichten. Schliefslich gehört zu diesem ersten Teile: „swas
n idewendig des Mulebaches ist aue Qeraer vnze an den Karlis-
pach 1 ane die reben, die nidewendig des Mulebaches ligent, die
sol man teilen, aber da nach daz gut, daz da lit zwischent deme
Wegebach vnd dem Hunenwilr weg, daz sint vier ackere, horent
har zü, vnd die mule an der lantstrasse vnd das stuke reben,
heisset der Baldemar".
Den zweiten Teil umschlofs folgendes: die Burg Alten-
kasten *, die 1262 3 zum ersten Male im rappoltsteinischen Be-
sitze erscheint, sodann die „Alte Stadt" von Rappoltsweiler und
endlich oberhalb des Mühlbaches: Ellenweiler, Zellen berg, Reichen-
weier, Bebeinheim, Mittelweier, Bennweier, Ostheim und Katzen-
wangen, Namen, von denen uns eine grofse Reihe hier zum ersten
Male begegnet. Auch hier gibt uns die Teilungsurkunde über
sie keinen näheren Aufschluß, doch können wir solche zumeist
anderswoher gewinnen. So für Ellenweiler 4 aus einer Urkunde
von 1362.% in der es heifst, dafs vor dem „iudex curie Argen-
tinensis" die „nobiles viri domini Johannes et Vlricus fratres do-
mini in Rapolzstein" dem N. N. verkaufen „redditus annuos . . .
super villa Ellenwiler hominibus, vniversitate G , districtu et
banno eiusdem, siluis, agris, pascuis, iudicio, iurisdictione" usw.
Die Rappoltsteiner übten also 1362 und wohl schon um 1300
im Dorfe und Banne von Ellen weiler, und zwar augenscheinlich
über alle Eingesessenen , die Niedergerichtsbarkeit aus 7 , waren
1) Nach Stoffel (bei Albrecbt in I, S. 640, Index) abgegangener Ort
zwischen Gemar und Rappoltsweiler.
2) „ Altenkasten, später Hobrappoltstein, die am höchsten gelegene der
drei Bargen, vermutlich im Anfange des 13. Jahrhunderts erbaut'* — s. REL
III, 2, S. 908 („Rappoltstein 3").
3) I, Nr. 99.
4) Über Ellenweiler, „abgegangenes Dorf zwischen Gemar und Rappolts-
weiler", vgl. REL III, 1, S. 251.
5) I, Nr. 746.
6) „Universitas = Gesamtheit der Leute eines Ortes, Gemeinde"
(Schweizer in H. Urb. II, 2, S. 293, Glossar.)
7) Wir haben hier wohl ähnliche „festgeschlossene Bannkreise", wie
sie jüngst H. Fehr für den Breisgau erwiesen hat, vgl. bes. Fehr S. 18, dann
insbesondere Seeliger in „Die soziale und politische Bedeutung der Grund-
herrschaft im früheren Mittelalter" (XXII. Bd. der Abh. der philos.histor.
Klasße der königl. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften [1903]), S. 120,
jetzt auch Fr. Rörig in Westd. Ztschr. XIII [1906], Ergänzungsheft S. 17-33.
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*4
Zweites Kapitel.
im Besitze der Bannherrschaft. Mit „ELlenwilr" wird also Ge-
richt und Gut gemeint sein 1 . In Zellenberg 2 , das — gleich
Ellenweiler — hier zum ersten Male als rappoltsteiuischer Be-
sitz genannt wird, hatte — nach einem Güterverzeichnis von
ca. 1120 8 — das Kloster Mauersmünster einen ganz bedeutenden
Grundbesitz. Audi die Herren von Horburg waren in Zellenberg
begütert, in ihren Händen mufs 1298 das Niedergericht gewesen
sein, denn in einer Urkunde von 1315 * hören wir, dafs damals
Burchard von Horburg seiner Frau Lucio von liappoltstein ein
Wittum (von 600 Mark Silbers) anweist „vffe Cellenberg, bürg
vnd stat, dorf, leben vnd eigen, twing vnd ban vnd vffe allen
den gutern vnd rehten, die in dem banne gelegen sint". So wird
nicht Gericht unter „Zellenberg" zu verstehen sein, sondern wohl
Grundeigentum 5 . Ebenso wird es sich damals in Bennweier 6 und
Reichemveier 1 , wo die Herren von Horburg gleichfalls das Ge-
richt besafsen, verhalten haben. Für Bennweier können wir Gut 8
nur vermuten, in Reichen weier, dem „Hauptort der in württem-
bergischem Besitze befindlichen, mit der Grafschaft Horburg ver-
einigten Grafschaft Reichen weiler", können wir es nachweisen °.
Aufser Reben 10 besafs die Herrschaft in Reichenweier noch den
1) 1, Nr. 3G0, S. 204 (1321) u. a. a. 0. Vielleicht stand den Kappolt-
steinern dort auch die Steuer zu, wenigstens belehnen sie 134*2 N. N. mit
einem Fuder Weingeld „vfs der sture" des Dorfes E. (I, Nr. 527).
2) Über Zellenberg, das 1287 vergeblich von Anselm von Rappoltstein
belagert wurde (Chron. Colm. s. auch in I, Nr. 161), vgl. REL III, 2, S. 1238.
3) Schoepfliu AD I, Nr. 249, S. 198: das Kloster besafs: ,.ad Oellam-
berch casa dominica cum granica, de terra dominica jurnales LXX, prata
ad carradas IX, de vineis ad carradas X, mansa servilia VIII.**
4) I, Nr. 322.
5) Vielleicht auch die 1373 genannten „gezöge " zu Zellenberg „mit
dem von Wurtenberg" (II, S. 89}; über dieses „gezö-e" vgl. das folgende
Kapitel.
6) Über Benuweier vgl. REL III, 1, S. 72. In einer Urkunde vom
14. Oktober 1329 (s. I, Nr. 405, S. 399) heifst es, dafs Walter von Horburg
besessen habe: „ v Benwiler daz dorf, twing vnd bau".
7) Über Reichenweier vgl. REL III, 2, S. 869. Die Stadt Reichen-
weier, die 1324 von den Herren von Horburg an die Württemberger verkauft
worden war (I, Nr. 379), empfangen diese 1329 als Lehen von den Hor-
burgern. Aus der betr. Urkunde (I, Nr. 402) können wir schliefsen, dafs
das Gericht in Reichen weier 1298 horburgisch gewesen sein mufs.
8) der Rappoltsteiner. 9) I, Nr. 191. 10) I, S. 162
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Die Teilung von 1298. 25
•
Kirchensatz und den Laienzehnten K Uber die grundherrlichen
Verhältnisse von Mittelweier 8 , Katzenwangen * und Ostheim 4
sind wir nicht unterrichtet. Das Gericht zu Ostheim dürfte wohl
schon zur Zeit unserer Teilung horburgisch gewesen sein 6 . Das
gleiche wird höchstwahrscheinlich von Mittelweier und Bebeln-
heim zu gelten haben, denn diese beiden Orte gehörten wie Ost-
heim zur Grafschaft Horburg - Württemberg. Vielleicht besafs
Rappoltstein schon damals in jenen drei Orten die (bei der zweiten
Teilung von) 1373 erwähnten „ gezöge i{ 6 . Im Bebelnheimer
Banne finden wir die Herrschaft bereits 1249 7 begütert. Unter
„Bebeinheim" wird also rappoltsteinischcs Gut im Bebelnheimer
Banne, und vielleicht auch jene „gez6ge" zu verstehen sein. Zum
zweiten Teile gehört ferner das Trotthaus zu Kienzheim 8 . Das
dortige Niedergericht haben anscheinend die Herzöge von Österreich
gehabt 9 . Das Hochgericht 10 besafs Habsburg, das die Hoheit
über Kienzheim erlangte. Dies zum österreichischen Amte Lands-
burg gehörige Dorf ruufste auch Steuern an Habsburg ent-
richten 11 . Die Herrschaft Rappoltstein hatte dort keine hoheit-
lichen Rechte. Es folgen die Zinse zu Benfeld 11 , Sand 13 und
1) I, Nr. IUI, kombiniert mit V, Nr. 1168
2) über Mittelweier vgl. REL III, 2, S. 690.
3) Uber Katzenwangen, „verschwundenes Dorf, südöstlich von Benn-
weier 44 , vgl. ebd. I, S. 505.
4) Über Ostheim vgl. REL III, 2, S. 818 f.
5) Erst 1448 ( IV, Nr. 252) hören wir vom württembergischen Vogt von
Reichenweiler [dem Richter], der verschiedene Leute „gemant habe . . . vor
geriht zu Ostheim". Die Horburger waren die Vorgänger der Württembergcr.
6) Über diese vgl. weiter unten Kap. IV. 7) L Nr. 81.
8) Über Kienzheim, wo zahlreiche Klöster und weltliche Herren be-
gütert waren, vgl. REL III, 1, S 513. Der Kienzheimer Dinghof, der
unter der Vogtei der Herren vou Horburg stand, wurde 1291 vom Kloster
Zürich an Kl. Lützel verkauft (s. Züricher Urkundenbuch [Stadt und Land-
schaft] VII [1905] Nr. 2167).
9) 1370 (II, Nr. 79) bezeichnen die Schultheifsen verschiedener Dörfer,
u. a. auch der von Kienzheim, den Herzog von Osterreich als ihren Herrn.
Doch ist dies, wie gesagt, kein zwingender Grund für die obige Vermutung.
10) H. Urb. I, S. 16. Es „rieht 44 , wie es im Urbar von 1300 heifst,
dort „ttfb vnd vreven 44 .
11) H. Urb. I, S. 16. 12) Über Benfeld vgl. REL III, 1, S. 71.
13) Über Sand vgl. ebd. 2, 8. 957 f. Die Rappoltsteiner waren in Sand
und Benfeld begütert (1, Nr. 195 [1292]). Das Gericht zu Sand war (um
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Zweites Kapitel.
Osthus 1 . Sodann erscheint Rappertsweiler * t in das sich die
Kappol tstein er teilten. Der rappoltsteinische Historiograph Luck
[17. Jahrhundert] berichtet, „vielleicht auf jetzt unbekannte Archiv-
aufzeichnungen gestützt" 3 , die Rappoltsteiner hätten im Jahre 1268
„dem bischoff von Basel vil ihrer eigen thumblichen gütter, wie
auch Rappolschweiler zu einem lehen vffgetragen" 4 . Sollte diese
Nachricht den Tatsachen entsprechen — Luck würde sich allerdings
ungenau ausdrücken und mit Rappoltsweiler die Hälfte dieses
Ortes meinen, da die andere Hälfte damals seit mehr als 100 Jahren
im Besitze von Basel war — , so würde ein Teil der Stadt bis 1268
rappoltsteinisches Allod gewesen, der andere mufs den Rappolt-
steinern zwischen 1162 (s. o.) und 1298 vom Baseler Stifte zu
Lehen gegeben sein 6 . Rappoltsweiler umfafste (um 1298) die
Alte und die Neue Stadt 6 und das Oberdorf. Den Rappolt-
steinern gehörten Acker, Reben und das sogenannte „Bannholz",
ein „walt der da der herschaft ist, gelegen hinder Rapolzsten vnd
Altenkasten" 7 . Aufserdem besafsen sie das Marktrecht 8 und
die Kirchensätze. Sie erhoben das Ungeld 9 (das ist einen Stadt-
eingangszoll 10 ) wie auch die Bette 11 , wie wir aus einer Urkunde
1300) wahrscheinlich in den Händen der Grafen von Öttingen (Schoepflin
AD II, Nr 971).
1) Über Osthus vgl REL III, 2, S. 818.
2) Über Rappoltsweiler vgl. REL III, 2, S. 860: „Rappoltsweiler wird
als Dorf genannt 1162 (I, Nr. 24) und 1256 (I, Nr. 92); mit Mauern um-
geben zwischeu 1284 und 1287 (I, Nr. 162 f.), als Stadt zum ersten Male ge-
nannt 1290" (I, Nr. 185); vgl. über Rappoltsweiler auch oben S. 14 ff.
3) Albrecht in I, S. 101, Anm. 4. 4) S. I, Nr. 108.
5) Seit 1162, s. o. S. 16. Erst 1341 erscheinen die Oher- und Nieder-
städte von Rappoltsweiler „mit twingen vnd bennen" urkundlich zum ersten
Male als Basler Lehen, I, Nr. 521, S. 391.
6) Von diesen heifst es: „Man sol wissen, daz die zwo stette, die Alte
vnd die Nüwe, sollent wunue vnd weide gemeine haben vnd niesseu an holze,
an gehirge vnd an velde", I, S. 161.
7) I, S. 162.
8) „Swas merkete sv hant, die sollent gemeine sin", I, S. 161.
9) „vnd swaz vngeltz da ist an dem tor vnd zu dem zaphen", ebd.
S. 162.
10) H. Urb. II, 2, S. 293 (Glossar von P. Schweizer) „ungelt = Um-
geld, Abgabe bei Getränkeeinfuhr in städtischen Ortschaften"; vgl. auch
v. Below im Handwörterbuch der Staatswissenschaften ' VII, S. 339 f.
11) Über die Bede vgl. v. Below ebd. II, S. 335 ff.
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Die Teilung von 1298.
27
vom 5. Dezember desselben Jahres ersehen, und endlich Zinse.
Über die gerichtlichen Verhältnisse sagt uns unsere Urkunde
nichts. Aber die von uns schon mehrfach angezogene von 1341
August 29 1 ist geeignet, über diese Frage Auskunft zu geben.
Dort werden nämlich als Baseler Lehen der Rappoltsteiner ge-
nannt: „die nidern stette Rapoltzwiler mit twingen vnd bennen
vnd mit allen rehten" und ebenda „die obern zwo stette zü Ra-
poltzwiler mit twingen vnd bennen Also Zwing und Bann war
1341, und somit wohl auch schon im Jahre der Teilung, in den
Händen der Rappoltsteiner, die auch andere hoheitliche Rechte
wie Steuer, Zoll und Marktrecht innehatten.
Über ihren Besitz und ihre Rechte zu G e m a r *, das für sie
von nicht geringer Bedeutung war, sind wir durch eine besondere
Urkunde unterrichtet, die Albrecht in dieselbe Zeit wie die Tei-
lungsurkunde setzt 8 . Gemar hat sicherlich zu den ältesten Be-
sitzungen der Rappoltsteiner gehört 4 , wenngleich wir es erst im
13. Jahrhundert in ihrem Besitze nachweisen können. Bei der
Eroberung von Gemar im Jahre 1293 6 scheint König Adolf Ge-
mar konfisziert zu haben 6 , und zwar das Dorf Gemar und den
Niederhof, nicht den Oberhof 7 . Vor 1298 sind diese Besitzungen
wieder an die Rappoltsteiner gekommen. Damals besafsen sie den
Niederhof „vnd alles daz darin höret" 8 , die Wette, die Frevel
„vnd gemeinlich an eile die reht, die vallen mögen in dem selben
Nidern hvp hofe von dem hovp gute, wand daz den meiger an
1) I, Nr. 521, S. 391. 2) Über Gemar vgl REL 111, 1, S. 333rF.
3) I, Nr. 224. 4) S. oben S. 21. 5} Vgl. ebd.
6) Dies hat schon Albrecht (in 1, Nr. 210: „Des Königs Anteil scheint
in Gemar bestanden zu haben*') vermutet. Kr gründet seine Annahme auf
eine Stelle in der Colmarer Chronik, die über die — nach der 1293 erfolgten
Eroberung von Gemar — stattgefundene Teilung der Herrschaft folgendes
berichtet: „Res domini de Rapolstein in tres partes dividuntur, quarum una
domino Heinrico, altera filio fratris, tertiam ipse in suam traheret potestatem.
Ob id heredes omne ius in Gemere et hereditatem in regiam potestatem
tradiderunt" (I, Nr. 210 = MG SS XVII, S. 26u\
7) Wie bereit« Albrecht (REL III, 1, S. 333 f.) richtig bemerkt hat.
Der Oberbof erscheint nämlich noch häufig im 14. Jahrhundert als freies
Eigen der Rappoltsteiner (vgl. 1, Nr. 348, S 256 [1318], I, Nr. 600 [1348]),
zuletzt 1369, wo es heifst: „der hof, der da lit vor der bürckge zu Gemar
in der etat . . ., der herren von Rapoltstein lidig eygen" (II, Nr. 60).
8) I, S. 163.
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28
Zweites Kapitel.
höret", dann den Zwing und Bann (offenbar über diesen Ding-
hof), ferner „die brfigel in dem Riet", desgleichen die Mühle, den
Ladehof nebst der „var", wie den Wald Nassenowa, endlich den
Oberhof mit Ackern und Matten (6 Acker, 10 Mannesmatten usw.)
Die Brüder Anselm und Heinrich von Rappoltstein , die sich in
Gemar teilten, erhoben dort Pfennig-, Hühner- und Gänsegeld l .
Sie hatten eine Menge hofhöriger Leute *, die teils in den Ober-,
teils in den Niederhof gehörten. Auf die Frage nach der Ver-
teilung der öffentlichen Gewalten in Gemar gibt uns die Urkunde
von 1298 wiederum keine Antwort. Aber 1337 8 hören wir, dafs
damals Johann von Rappoltstein vom Landgrafen von Elsafs zu
Lehen empfängt: „Gemer das dorf mit twinge vud banne". Wie
damals wird schon zu unserer Zeit das Niedergericht in Gemar
rappoltsteinisch gewesen sein. Vom Hochgericht hören wir in
dieser Periode nichts.
Beim dritten Teile endlich stofsen wir zunächst auf Hohenack 4 .
Dies, sowie all* das Gut, das die Rappoltsteiner jenseits des Waldes
(seil. Nassenau) haben, sollen die drei von Rappoltstein gemeinsam
besitzen. „Zü disemo teile höret" — fährt die Urkunde fort —
„das trottehus vnd das gelt ze Amerswilr 6 (Ammerschweier),
lute vnd gut", und weiter auch zu Sigolsheim ü . In Ammer-
schweier waren die Rappoltsteiner bereits um die Mitte des
1 3. Jahrhunderts begütert 7 , und damals wohl auch schon in
Sigolsheim 8 . Höchstwahrscheinlich war ihr Grundbesitz im
Sigolsheimer Banne zur Zeit unserer Teilung sehr bedeutend,
wenigstens hatten sie in den vierziger Jahren u des 14. Jahr-
hunderts daselbst beträchtliche Güter. Das Hochgericht in Ammer-
schweier 10 und Sigolsheim 10 war in den Händen der Herzöge von
Österreich 11 . Diese erlangten die Hoheit über die beiden Dörfer.
Vom Niedergericht in Ammerschweier erfahren wir erst 1469'%
1) I, S. 163 f. 2) Ebd. S. 164 ff 3) I, Nr. 487, S. 334.
4) Über die Burg Hohenack vgl. oben S. 20 f.
5) Über Ammerschweier vgl. K EL III, 1, S. 28.
6) Über Sigolsheim ebd. 2, 8. 1038. 7) I, Nr. 85 (1253).
8) Vgl. I, Nr. 54 (1219). 9) I, Nr. 540 (1343).
10) H. Urb. I, S. 17 (vgl. auch ebd. S. 56). Ammerschweier und Sigolsheim
mufsten auch Steuern an Habsburg entrichten, s. ebd.
11) „die lantgraven sint in Obern Elzas", s. ebd.
12> TV, Nr. OfiO.
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Die Teilung von 1298.
29
wo ein Schultheifs der Herren von Rappoltstein (wie der beiden
anderen Mitbesitzer 1 ) — im 15. Jahrhundert war ein Drittel der
Stadt in ihren Händen — erwähnt wird. Das Sigolsheimer Nieder-
gericht muf8 um die Mitte des 14. Jahrhunderts 2 rappoltsteinisch ge-
wesen sein, dann aber scheint es der Herrschaft verloren gegangen zu
sein s . Ferner werden der Weinzehnt zu Kaisersberg „die
lute ze Morswilr" 8 , und endlich Leute und Gut zu Weiler • ge-
nannt. Die gerichtsherrlichen Verhältnisse von Weiler kennen
wir nicht. Das Hochgericht in Morschweier 7 übten die Habs-
burger aus, die die Hoheit über den Ort erlangten. Sie ver-
fügten dort über einen ziemlich grofsen Grundbesitz 8 .
Dies die Aufschlüsse unserer Urkunde über die Teilung
von 1298.
Eine Erscheinung konnten wir immer wieder beobachten, dafs
nämlich mit Anführung eines Ortes nicht der ganze Ort gemeint
1) IV, Nr. 853: „Ammerschwiler, zu gehörig dryer herren, mit nainmeu
grave Hans von Lupfifen, den frey herren von Roppclstein (Rappoltstein) und
der landvogty Hagenowe".
2) I, Nr. G21 (Urkunde von 135Ü). Heinrich von Rappoltstein gibt
seinem Oheim Fr. v. Parroy den Kirchensatz, Laienzehnten, Trotthaus und
„die lute zu Sigoltzheim mit dem gerihte" zu Lehen.
3) Vgl. Urkunde von 1494, V, Nr. 1226.
4) Über Kaisersberg, kaiserliche Stadt, vgl. REL III, 1, S. 5: 6 f.:
„Der Grund und Boden mufste erst von den Grafen von Horburg und den
Herren von Rappoltstein für 250 Mark käuflich erworben werden. Das ge-
schah 1227 (I, Nr. 63). Aber obgleich der Käufer, König Heinrich (VII \
. . das Versprechen hatte abgeben müssen, hier niemals eine freie Stadt
anlegen zu wollen (s. die betr. Urkunde in I, ebd.), so entstand doch sehr
rasch eine städtische Anlage, die 1344 von Karl IV. von fremder Gerichts-
barkeit eximiert wurde (s. Mofsmann, Cartulaire de Mulhouse, I. Band
[1883], Nr. 2882) und sich dem elsässischen Zehnstädtebund anschlofs."
5) Über Morschweier vgl. unter „ Niedermorsch weier" in REL III,
1, S. 770.
6) Über Weiler, „abgegangenes Dorf bei Ammerschweier bzw. Minn-
weiler", vgl. REL III, 2, S. 1191.
7) H. Urb. I, S. 17. Auch Steuer und Herberge besafs Habsburg, s. ebd.
8) Ebd. II, 1, S. 426 f. In der (Maagschen) Ausgabe des habsburgischen
Urbare scheint an einer Stelle Morsch weier und Morschweiler (südl. von Mül-
hausen) verwechselt zu sein. Das dort (II, 1, S. 421) genannte „Mores-
wiler" ist jedenfalls nicht identisch mit dem daselbst (Anm. 8) angezogenen
Morschweier, vielmehr mit Morschweiler. — Auch das dort erwähnte Weis-
tura ist von letzterem Orte (s. ganz richtig bei Grimm, Weist. IV, S. 94
und im REL III, 1, S. 770).
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30
Zweites Kapitel.
ist, sondern nur Güter und Rechte verschiedener Art. Bevor wir
uns ein Bild von dem damaligen Umfange unserer Herrschaft
machen können, müssen wir noch auf die übrigen Besitzungen
der Rappoltsteiner eingehen, die in der grofsen Teiiungsurkunde
nicht erwähnt werden.
Im Anfange der siebziger Jahre der 13. Jahrhunderts, wahr-
scheinlich schon viel früher, war das Dorf Heiteren 1 im Besitze
der Rappoltsteiner. Uber die Verhältnisse in Heiteren gibt uns
eine ganze Reihe von Urkunden Aufschlufs, die zwar erst aus
den Jahren 1314 und 1315 stammen, die aber auf alte Beziehungen
zur Herrschaft hinweisen. Man hat Heiteren „uraltes Eigen der
Rappoltsteiner" * genannt. Das ist nicht unmöglich, wenngleich
nicht zu erweisen. Bei Heiteren sind wir einmal in der glück-
lichen Lage, die verschiedenen Verhältnisse, die uns hier inter-
essieren, klar zu sehen. Drei Urkunden s , deren Vergleichung
Licht zu schaffen vermag, stehen uns zur Verfügung. Besonders
wertvoll ist es, dafs hier — zum ersten Male — die Beziehungen
der Rappoltsteiner zu den Landgrafen zutage treten.
Diese Urkunden, die sich über alles so genau verbreiten, be-
richten uns nirgends von irgendwelchem Grundbesitz der Rappolt-
steiner in Heiteren 4 . Das dürfte wohl darauf hindeuten , dafs
ihr Grundbesitz dort nur gering gewesen ist 6 . In der ersten
hier einschlägigen Urkunde von 1314 Mai 13 6 beurkundet
Oswald von Ulzach, ein Bürger zu Colmar, dafs er das Dorf
Heiteren eine Zeitlang von der Herrschaft Rappoltstein als
Lehen innegehabt, und setzt die Rechte auseinander, welche dem
Landgrafen von Oberelsafs und der Herrschaft Rappoltstein auf
das Dorf zustehen. Er sagt, dafs er das Dorf habe „mit allen
1) Über Heiteren vgl. REL III, 1, S. 418.
2) Albrecht in REL III, 1, S. 418 u. III, 2, S. 858 („Rappoltstein").
Heiteren erscheint zwar 1507 — bei der Auftragung rappoltsteinischer
Allodialgüter an die Abtei Murbach — als Eigengut, aber fälschlich, es war
damals rappoltsteinisches Lehen von Osterreich (1434 erscheint es zum ersten
Male als solches, s. III, Nr. 948).
3) I, Nr. Nr. 311, 312, 315.
4) Erst 1440 werden Güter der Rappoltsteiner zu Heiteren erwähnt
(III, Nr. 1116).
5) Die Abtei Heiligkreuz besafs — nach einem Güterverzeichnisse von
1144 — (s. Schoepflin AD I, Nr. 680, S. 478) „novem mansus" in Heiteren.
6) 1, Nr. 311.
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Die Teilung von 1298.
31
rehten vnd mit allen den nvtzen, als ein herre sin dorf haben
8ol. Das gerihte was min, der gezog, dv satzunge vnd entsatzunge
vnd ellv dv reht, dv in demselben dorfe sint, waren min vnd
hvb es gewalteklich vnd rehteklich ze allen minen rehten" ! . Die
Rappoltsteiner waren also Dorfherren, sie hatten das Dorfgericht.
Sie erhoben auch Steuern : Oswald von lllzach beurkundet nämlich
unter anderem, dafs er einmal jährlich die Fremden besteuere,
die ihm auch Fastnachthühner entrichten mtifsten *. Die Fremden,
die sich in Heiteren niederliefsen , standen wie die übrigen Dorf-
bewohner vor dem rappoltsteinischen Gericht „vmb alle Sachen" 3 .
Sie mufsten alle Einungen der Herrschaft Rappoltstein halten.
Ferner besafs der von lllzach Zwing und Bann 4 : die Rappolt-
steiner waren also auch Bannherren von Heiteren.
Die Hochgerichtsbarkeit zu Heiteren hatten sie aber
nicht, diese war vielmehr in den Händen der Landgrafen vom Ober-
elsafs, die sie durch ihren Vogt in Ensisheim ausübten. Bei schweren
Verbrechen, Totschlag oder Diebstahl, wurde der Delinquent zu-
nächst zwar dem rappoltsteinischen Richter überantwortet Dieser
aber durfte den Übeltäter nur während einer Nacht im Gewahrsam
halten und mufste ihn am nächsten Morgen dem Vogte von En-
sisheim übergeben, der über den Verbrecher „an des lantgraven
stette" richtete \ In die Gefalle des Gerichtes teilten sich der
Landgraf und der Rappoltsteiner, „des dorfes" Bannherr 6 . Dem
1) Ebd. S. 222.
2) Ebd. S. 223 „ich gewerfete si jerglich ze einem male als ander min
lvte, sie gaben mir och vasnaht hvenre".
3) „Karo och ein man von fremden landen, vnd liefs sich der da nider
in dem dorfe vnd wart da sesbaft, . . ., vnd was der lvten was, die stvnden
vor minem gerihte von rehte vmb alle sachen" — „da geschahen frevel von
wunden vnd von andern dingen, die wile ich da gewaltig was, das rihtete
ich von rehte, noch anders nieman", — ebd. S. 223.
4) „Twinges vnd bannes was ich gewaltig von rehte", und weiter unten
heifst es: „Dv selben reht, als hie vor geschriben ist, sol ein ieglich ban-
herre han . . ., der ze Heiterhein vber das dorff ban herre ist", s. ebd.
5) „ich han och alsvs vernomen: geschehe da ein totslag von ic-
manne oder ein dvbe, vnd werde der deweders gevangen vnd dem rihter
geantwirtet, der sol es vber naht gehalten vnd dem vogte von Ensisheim ant-
wirten, der sol drabe rihten nach rehte an des lantgraven stette"; s. ebd.
S. 223 (vgl. auch Nr. 312, S. 224, Z. 13 ff. u. Nr. 315, S. 226, Z. lff.).
6) „fiele auch dehein gut oder besserung von der deckeime oder
von des gerichts wegen, das da geschee, das sal halp sin des lantgrauen,
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3*
Zweites Kapitel.
Landgrafen standen noch folgende Rechte zu: 60 Viertel und
6 Sester Haber die sogenannte Herbergsteuer, „eine ge-
nossenschaftliche Dorfabgabe, die sich auch auf die Dinghöfe,
wenn auch nicht als solche erstreckte" 8 . Heiteren hatte diese
Herbergsteuer, obwohl es unter den Rappoltsteinern als Dorf- und
Bannherren stand, den Landgrafen „von dem dorffe" — „für ein
herberg" zu leisten, wie es in der zweiten unserer Urkunden, der
von 1314 Juni 7 s , heifst. „Vnd wenn man in die gegit, so
solnt sü keine me nemen in dem jor", und soll man den Land-
grafen geben „von jeder hertstette alle jar ein hün". Aufser-
dem hatten sie Rechte auf die Zugezogenen, die ihnen mit Leib
und Leben verfielen 4 : es war dies eine Art Wildfangrecht 6 .
Diese Fremden mufsten, wie wir aus der eben angezogenen Ur-
kunde 6 und der vom 30. Januar 1315 7 (die sich hierüber ge-
nauer verbreiten) ersehen „den lantgrauen dienen vnd och den
banherren eine zit in dem jor von wunne vnd von weide ein ge-
wonlich gewerff vnd vasenacht hunre geben" 8 .
Zweifellos hatten die Rappoltsteiner am Ausgange des 13. Jahr-
vnd das ander halp sol sin myn des vorgenanten Conrats von Wittenhein,
wann ich thwing vnnd han in dem selben dorff han zu rehtem lehen von
raynem berrn herr Johanfs von Bopoltzstain vnd auch das gerichte".
S. Nr. 315, S. 226 (vgl. auch Nr. 313, S. 224, wo es heifst: man solle die
„besserunge" in zwei Teile teilen, „daz halb dem lantgraven vnd daz ander
halb dem banherren zu. Heiterhin
1) I, Nr. 312, S. 224: „Man sol ouch jerlich gen von dem dorffe den
lantgrauen sechzig viertel habern, sehs sester ie für ein fiertel, für ein her-
berg,"; vgl. die ganz ähnlichen Worte in I, Nr. 311 u. Nr. 315. Vgl. end-
lich auch H. Urb. I, S. 5.
2) Schmidlin S. 96.
3) I, Nr. 312, S. 224. Über die Steuer der habsburgischen Vogtleute vgl.
H. Urb. I, S. 5 (und Schmidlin S. 94, Anm. 3).
4) „Kam och ein man von frömden landen, vnd lieft sich der da nider
in dem dorfe vnd wart da seshaft, des vnderwunden sich die lantgraven,
das er ir solte sin", s. Nr. 311, S. 223. (Vgl. auch Nr. 312 und Nr. 315,
wo das „frömden landen" noch näher erläutert wird, so in Nr. 315 „die
vber den Howenstain [„zw. Kt. Basel und Solothurn", s. I, S. 633] oder vber
den Swartzwald kemint oder vber die Virste kemint oder über die Sels
[Nebenflufs des Rheins] kemint" usw.)
5) Über dieses vgl. Schröder RG 4 , S. 808. 6) I, Nr. 312.
7) I, Nr. 315. 8) S. 224 ebd.
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Die Teilung von 1298.
33
hunderte jene bedeutenden Güter in SuUmatt J , welche die von
Laubgassen von ihnen zu Lehen trugen *. Auch Weier im
Tal war vielleicht damals rappoltsteinisch 8 . Bereits vor 1290 4
besafsen die Rappoltsteiner „Vessenheim das dorff 5 ", das noch
1451 „mit twingen, bennen, gerihten" in ihren Händen war 6 .
Schliefslicb gehörten ihnen, um ihre hauptsächlichsten Besitzungen
anzuführen, die Lehen in Lothringen. Wir hörten schon im
anderen Zusammenhange von ihrer „Hut" im Banne von Saulcy 7 .
Im Jahre 1255 8 gab dann Herzog Friedrich III. von Lothringen
dem Ulrich von Rappoltstein „in augmentacionem feodorum", die
die Herren von Rappoltstein von ihm und seinen Vorgängern
„primitus'' besafsen, die Hälfte der Feste Belfroi 9 . Auch Fratze 10
und Piain faing 11 dürften dazumal rappoltsteinisch gewesen sein.
Welcher Art dieser Besitz war, erfahren wir aus einer Urkunde
von 1342 Oktober 17 ,a , in der bestimmt wird, dafs alle lothrin-
gischen Lehen Heinrichs von Rappoltstein nach dessen Tode an
den Herzog Rudolf von Lothringen fallen sollen. Es heifst da:
„omnia bona et possessiones . . . videlicet in Plainfain, in Frasse
[Fraize] et in Saucis [Saulcy] homines, allodia, nemora, prata,
agros, piscaturas, census, iurisdictiones cum omnibus iuribus"
usw. Wie weit diese hoheitlichen Gerechtsame reichten, wird
nicht gesagt.
Zweifellos ist der Umfang der Herrschaft Rappoltstein um
1300 weit gröfser gewesen, als wie wir heute festzustellen ver-
mögen. Immerhin aber ist das Wachstum deutlich erkennbar. Zu
dem Grundstock Rappoltsteins (Rappoltsweiler, Gemar und den
drei Burgen bei Rappoltsweiler) sind (bis ca. 1300) hinzu-
gekommen: Bergheim, Rodern, Rohrsen weier, Burg Hohenack,
Ellen weiler, Ammersch weier, Sigolsheim, Bebeinheim, Kienzheim
und andere Orte mehr. Auf die Verschiedenartigkeit der Güter
1) Über Sulzmatt vgl. REL III, 2, S. 1101. 2) S. unten S. 43.
3) Über Weier im Tal vgl. unteu 8. 56 f. 4) IV, Nr. 1187.
5) Über Fessenheira vgl. REL III, 1, S. 289. 6) IV, Nr. 399.
7) S. oben S. 18. 8) Nr. 89.
9) Der Herzog und der Rappoltsteiner vereinbaren die gemeinsame Er-
hebung eines Fufszolles daselbst.
10) Für Fraize können wir es direkt urkundlich nachweisen; s. I, Nr. 157.
11) Im heutigen Departement Vosges.
12) I, Nr. 534.
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34
Drittes Kapitel.
und Rechte der Herrschaft in diesen Ortschaften machten wir
schon aufmerksam. Auf die treibenden Kräfte, die bei der Ent-
wicklung Rappoltsteins mitgespielt haben und die auch schon in
dieser Periode deutlich erkennbar sind, obwohl noch alles im Flufs
begriffen war, werden wir, nach Betrachtung des ganzen Zeit-
raumes (bis 1500), einzugehen haben.
Drittes Kapitel.
Die Teilung von 1373 und die Zeit von 1298 bis 1373.
Im Jahre 1373 1 fand wieder eine Teilung statt. Umfafstc
sie auch wiederum Dicht die ganze Herrschaft, so gibt uns doch
die Urkunde 2 , die sich über das Abkommen ausführlich ver-
breitet, ein gutes Bild des Wachstumes der Besitzungen. Die
Brüder Ulrich und Bruno von Rappolt stein nehmen die Teilung
vor. Sie sind übereingekommen, „einhelliklich einer mutmofse
vmb die herschaft von Rapolczstein vnd vmb alles daz gut, das
dartzü gehört" 8 . Betrachten wir die einzelnen Stücke der Teilung.
Dem Ulrich von Rappoltstein fallen zu : „die große burgk Rapolcz-
stein" *, die zwei Oberstädte 6 von Rapjnltsweiler (und Zubehör), der
1) Der Herausgeber des rappoltsteinischen Urkundenbuchs setzt das
Kegest einer nicht mehr aufgefundenen Teilungsurkunde in das Jahr 1368.
Diese Annahme ist aber zu verwerfen: In jenem Regest (II, Nr. 54, S. 35)
heifst es: „den kauff zu Judenburg, soll er [Ulrich von Rappoltstein] auch
geltten". In der (Teilungs-)Urkunde von 1373 wird nun auseinandergesetzt,
was wir unter diesem „kauff" zu verstehen haben: „der kouff von Juden-
burg, das ist die halb burgk zu Judenburg vnd waz dartzu gehört, es sient
zolle oder zehenden 4 *. Dieser Kauf war aber erst am 9. Juni 1372 erfolgt.
Damals verkaufte Odena von Awelin seinen Teil an der Burg Judenburg
an die Rappoltsteiner (II, Nr. 99). Die Teilung kann daher nicht vor 1372
erfolgt sein.
2) II, Nr. 111 (1373 Juni 30). 3) Ebd. S. 89.
4) Soviel wie Rappoltstein (über dieses vgl. S. 16).
5) Die Oberstädte von Rappoltsweiler bedeuten zweifellos soviel wie das
Obere Dorf und die Obere Stadt, die 1298 namentlich aufgeführt werden
(vgl. auch eine Urkunde von 1319 [I, Nr. 352, S. 260], in der es heifst:
„in dem Obern dorfe vor der Obern stat ze Rapolczwilre").
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Die Teilung von 1373.
Zehnte („das zehendelin") zu „Hagenoch trotte" y f der Weier in der
Sülze *, und die Burg Hohenack 9 , die früher Pflrtsches *, jetzt öster-
reichisches Lehen 6 war. Es folgen „die vier kilchspel in dem tal, das
ist Zelle, Vrbeys, Schön Erlach . . . vnd Vrbach mit allen rehten vnd
zügehörden". Sie gehörten zu der (hier nicht besonders genannten)
Herrschaft Hohenack, die also damals schon recht grofs gewesen
sein mufs und das ganze Urbeistal umfafst zu haben scheint.
Möglicherweise besafsen die Rappoltsteiner schon in den ersten
Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts die hohe Gerichtsbarkeit in der
Herrschaft Hohenack 6 , sicher hatten sie damals das Jagdrecht in
diesen Gebieten 7 . In Zell 8 hatten die Rappoltsteiner 1351 einen
Dinghof und „die hüben, die in den selben dinghof gehörent" ».
„Vrbach 10 daz tal, lüte vnd gut mit allen[d] den weiden vnd
gütteren, die dar zu börent", erscheinen gegen 1330 11 zum ersten
Male (urkundlich) als Basler Lehen der Herrschaft, die dort einen
Dinghof besafs 12 . Vom dortigen Gericht hören wir in dieser Periode
nichts.
1) Weingeld der Rappoltsteiner zu Hagenach („abgegangener Ort bei
Reichenau", vgl. REL III, 1. S. 379), 1292 erwähnt Die Herrschaft besafs
dort Gut (Trotthaus u. ä. m.). S. I, Nr. 273 und 276 und a. a. 0.
2) „Die Sultz (nach Albrecht [in I, S. 627, Index] im Gemarer Bann
gelegen) erscheint 1352 zum ersten Male (s. I, Nr. 645). In dem 1357 er-
folgten Schiedssprüche wird gesagt, dafs sie „von alters her" bei der Herr-
schaft Rappoltstein gewesen (I, Nr. 710).
3) Über sie vgl. das oben S. 20 f. Gesagte.
4) I, Nr. 388 f.
f>) I, Nr. 382 und a. a. 0.
6) I, Nr. 507: Heinrich von Rappoltstein, Herr zu Hohenack, ermäch-
tigt den Ritter Bernhard Pfaff von Rappoltsweiler, „daz er mitt den ge-
richten, so in seinem tbeil der herrschaffit Hohennackh gelegen, daz er mit
vollem gewaltt vber ihre leüth soll richten".
7) Heinrich von Rappoltstein belehnt (s. I, Nr. 545) den Joh. Pfaff
von Rappoltsweiler mit dem Rechte „zu niefsen die wildtbenn, zu vischen,
hagen vnd jagen in der herschaft Hohenackh". Beide Male, 1339 und 1343,
besitzen also die Pfaff in einem Teile der Herrschaft Hohenack das Hoch-
gericht, bzw. das Jagdrecht. Wir haben hier eine Unterherrschaft unter
Rappoltstein vor uns.
8) Über Zell vgl. REL III, 2, S. 1287.
9) I, Nr. 642».
10) Über Urbach vgl. REL, III, 2, S. 1134 f.
11) 1, Nr. 407.
12) Urkunde von 1398 (II, Nr. 619, S. 469).
3*
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30 Dritte» Kapitel.
In Urbeis 1 und Schnierlach 8 war die Herrschaft gleich-
falls begütert. Urbeis dürfte schon vor 1318 * im rappoltsteinischen
Besitze gewesen sein, Schnierlach offenbar vor 1340 4 . In beiden
Orten finden wir die Niedergerichtsbarkeit in den Händen der
Herrschaft: 1351 wird ein rappoltsteinischer Schultheifs zu Urbeis 5 ,
1374 ein solcher zu Schnierlach 6 erwähnt. — „Vnd das gut
jensit der Virst gegen Welschem lande", fahrt die Urkunde fort, „das
ist Freße, Plempfen [Plainfaing], Saßis [Saulcy] mit allen den rehten,
nützen vnd Vellen, so dartzü gehört." 7 Sodann wird erwähnt der
„Kauf zu Judenburg" 8 . Die Judenburg 9 erscheint 1317 ,0 zum
ersten Male im rappoltsteinischen Besitze (wie zumeist in Ver-
bindung mit Burg Hohenack). Sie war Pfirter 11 , dann öster-
reichisches Lehen 12 der Herrschaft. Vor 1 329 13 verpfändet Hein-
1) Über Urbeis vgl. REL III, 2, S. 1135 f. 1252 erscheint ein Anshel-
mus procurator de Rapolstein (von Urbeis), s I, Nr. 83. 1254 kauft Ulrich
von Rappoltstein ein Haus und eine Mühle in Urbeis. 1351 übergibt Heinrich
von Rappoltstein, Herr zu Hohenack, seiuem Vetter Joh. von Rappoltstein,
Herrn in der Oberstadt, „Vrbeis vnd Schönerlach vnd alle die dörffeie vnd
guttere, so darzü gehört" s. I, Nr. 628. {Die Orte weiden österreichische,
früher Pfirtsche Lehen genannt).
2) Über Schnierlach vgl. REL III, 2, S. 1010f.; über die rappoltsteini-
schen Güter zu Schnierlach s. I, Nr. 6*28 und a. a. 0.
3) In einer Urkunde von 1318 (I, Nr. 342, S. 251), durch welche die
Grenzen zwischen Kloster Paris und der Herrschaft Hohenack bestätigt
werden, beifst es u. a., dafs die Grenze gehe „vuz an das steinine bnieckelin
obewendig des dorfes ze Vrbeis".
4) Damals schlichtet Joh. von Rappoltstein eine Streitigkeit „in villa
de la Putraye, que wlgariter Schoneilach nuneupatur"; s. 1, Nr. 512, 8. 384.
Ferner heilst es in der Urkunde von 1338 September 26, durch die der Ritter
Albrecht von Awelin mit der Judenburg usw. belehnt wird, dafs letzterer nichts
tun solle gegen den, der die Herrschaft Hohenack innehabe, „noch wider daz
tal ze Schönerlach noch wider deheine lüte oder guter", I, Nr. 501, S. 377.
5) I, Nr. 628 „Eberlin vnser schultheisse ze Vrbeis".
6) 11, Nr. 117, S. 100, N. N. „von Schoenerlach , min [Ulrichs von
Rappoltstein] schultheiss".
7) Die Art dieser Rechte lernten wir oben S. 33 kennen. Sollten diese
lothringischen Lehen, gemafs der Bestimmung von 1342, nach Heinrichs
Tode 1351 (s. I, S. 706, Stammtafel unter Heinrich *) an Lothringen zurück-
gefallen sein, so mufs zwischen 1351 und 1373 eine Neubelehnung erfolgt sein.
8) Über diesen vgl. auch S. 34 Anm. 1.
9) Über die Judenburg vgl. REL III, 1, S. 293.
10) I, Nr. 338, S. 247. 11) I, Nr. 362. 12) I, Nr. 382.
13) I, Nr. 400, S. 293.
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Die TeiluDg von 1373.
37
rieh von Rappoltstein u. a „sine bürg ze Judenburg" an den
Ritter Albrecht von Awelin, der im Jahre 1338 1 von Rappoltstein
„Judenburg die bürg vnd die guter, die dar zü hörent, die ge-
legen sint zwischent dem Starkenbach 2 vnd der First", zu Lehen
empfing. 1372 3 fand der „Kauf zu Judenburg" statt: die
Rappoltsteiner kauften zu ihrem Besitze Odena's von Awelin Teil
„an der bürg Judenburg vnd alles, das dar zü gehört, es sige
walt, wasser, wünne, weide, cinse, zölle, lüte vnd gut". Endlich
bekommt Ulrich die Kirche zu Breisach 4 und die Niederkirche zu
Gemar 5 .
Es folgen die dem Bruno von Rappoltstein zugefallenen Be-
sitzungen: zuerst die Burg HohrappoUstein (ÄUenkasten) 6 , Basler
Lehen der Herrschaft 7 , sodann die zwei Niederstädte von 'Rappolts-
weiler. In dieser Periode besafsen die Rappoltsteiner in den
Nieder- und Oberstädten von Rappoltsweiler, die uns unter diesem
Ausdrucke 1341 zum ersten Male begegneten 8 , jedenfalls schon
geraume Zeit die niedere Gerichtsbarkeit 8 ; vom Hochgericht hören
wir damals nichts. Ferner „Gyrsperg die burgk" 9 „mit allen rehten
vnd zügehÖrden". Die Rappoltsteiner hielten 1302 10 die Burg
1) I, Nr. 501.
2) Starkenbach = die Bechine, mündet in Escheimer, s. REL III, 2,
S. 1194, unter Weifs 6.
3) II, Nr. 99 (1372), vgl. auch III, Nr. 948 (1437), IV, Nr. 492» (1453)
und a. a. 0.
4) Schon 1338 rappoltsteinisch (1, Nr. 498).
5) Bereits 1330 war ein Rappoltsteiner Kirchherr von Gemar (I, Nr. 409).
6) Uber diese Burg vgl. oben S. 23 (s. auch I, S. 390 unten). In einer
Urkunde von 1371 (II, Nr. 89, S. 66) beifst es: „Castrum Rapoltzsteine
superius in volgari Altenkastel nuneupatum'*.
7) In der mehrfach angezogenen Urkunde vom 29. August 1341 (I,
Nr. 521) wird angedeutet, dafs das Eigentumsrecht des Baseler Stiftes auf
die Burg Hohen-Rappoltstein nicht ganz sicher erwiesen ist (Regest in I,
S. 390). In ihr beifst es: „werdent ßi [die Rappoltsteiner] deheinest bewiset,
daz si die vorgenante bürg Altenkasten von deheime andern herren durch
reht haben sullent, von dem mügent si die selbe bürg entphahen vnd haben,
alse es in dise lihunge der selben bürge von vns niht geschehen were, also
daz doch dise andere lihunge ane alleine vmbe Alteukastcn in allem rehte
blibe, alse si hie geschehen ist." S. 391 f.
8) S. oben S. 27.
9) Bei Rappoltsweiler gelegen, vgl. REL III, 2, S. 858, unter „Rappolt-
stein 3 U .
10) Nach einer Nachricht von Luck (17. Jahrhundert), s. I, Nr. 245.
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Drittes Kapitel.
vorübergehend besetzt, 1304 1 erwarben sie dieselbe durch Tausch
gegen ihr Schlofs„der Stein". Laut einer Urkunde von 1316 Septem-
ber 1 8 besafsen sie dort „twing vnd ban, wune vnd weide, holtz
vnd velt vnd die fischentze" 3 , also die Bannherrschaft. 1401 4
erscheint „der Stein die Burg, genant Gyrsperg" als luxem-
burgisches Lehen Rappoltsteins. Sodann werden genannt die
„gezöge mit dem von Wurtenberg, daz ist zü Bebeinheim 6 , zü
Mittelwilr 6 , zu Osthein 6 , zü Benwilr 6 , zu Zellenberg 6 , zu Hone-
wilr 6 vnd was zü der herschaft von Horburg gehörte in den vor-
genanten dÖrfferen vnd anderfswo".
Was haben wir unter diesen „gezöge" zu verstehen? Ant-
wort vermag uns vielleicht eine Urkunde vom 1464 Dezember 13 7
zu geben, in der vom „gezoge" bzw. „gezogde" und dem „har-
kommen" des Dorfes Hunaweier die Rede ist Dort heifst es u. a. :
es sei „ouch gewonheit vnd harkommen, wenn ein parson vs der
herrschaft vnser gnedigen Herrschaft von Roppelstein komment oder
ziehent gen Hunnenwilr, das sy ouch der selben vnser gnedigen
herrschaft billich dienen sollen, vnd ob sy ioch dodannen zügen
vnder einen andern herren es wer gen Richen wilr oder an ein
ander ende, vnd widerrumb gen Hunnenwilr zuhet oder doselbs
wohnet, das er ouch der selben vnser gnedigen herrschafft fur-
basser dient" 8 usw. Unter den „gezögen" (die die Rappoltsteiner
zusammen mit den Württembergern in Hunaweier und den anderen
Orten hatten) müssen wir also wohl das Recht der Herren von
Rappoltstein auf die Leistungen und Dienste der Leute verstehen,
die aus der Herrschaft Rappoltstein in diese (namentlich aufgeführten)
Orte zogen. Diese Leute mufsten, mochten sie dann auch von
dem betreffenden Orte anderswohin „vnder einen andern herren"
1) I, Nr. 256. 2) I, Nr. 330.
3) Fischentze izt das der Herrschaft zustehende Recht zu fischen.
4) II, Nr. 660; vgl. auch in Urkunde von 1458 (IV, Nr. 637), wo der
Name „Klein Rappoltzstein, das man nempt Girsberg" begegnet.
5) Über diese Orte vgl. das vorhergehende Kapitel.
6) Über das zur württembergischen Herrschaft Reichenweier gehörige
Hunaweier vgl. REL III, 1, 8. 469 f.
7) IV, Nr. 803, N. N. „entscheidet als Obmann die Streitigkeiten
zwischen der Herrschaft Württemberg und der Herrschaft Rappoltstein, betr.
das Eigentumsrecht auf Einwohner von Hunaweier".
8) Ebd. S. 342.
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Die. Teilung von 1373.
gehen, bzw. dorthin zurückkehren, der Herrschaft Rappoltstein
„furbasser" dienen. Dieses Recht wird finanziell wichtig gewesen
sein. Unsere Deutung des Ausdruckes „gezöge" findet eine Be-
stätigung in einem ungedruckten Weistum von Hunaweier vom
Jahre 1441 », das für uns vom gröfsten Interesse ist. Da es sich
auch hier wieder um das Dorf Hunaweier handelt, vermögen wir die
Verhältnisse noch klarer zu sehen. „Item. Die hersch(aft) Ro-
poltzstein het etlich ltite doselbs zu Hunnen wilr" — heilst es in
dem angezogenen Weistum — „die Iren gnadn mit gewerff vnd in
andren muglichen Sachen dienstbare und die Iren sind und sin
süllend als daz von alter harkome ist" usw. . . . „Item dieselb Ire
lüte doselbs gebent Jerlichs der hersch(aft) roppoltzstain ein
märtzengewerff 2 ungelt bovü als och Ir gnad ist" 8 ... „Item.
Was lüte ouch usz der herschaft von roppoltstein Stetten Stetten 4
thal gebieten und Herrschaften gen hunnenwilr zühent, dieselben
solten ouch doselbs der herschaft roppoltzstein sin vnd nit der
von wirtenberg, anders wissent die erbern lute nit denn esz also
harkome sige uszgenome waz usz der aret (wohl die Hart) und
usz der lintpach, belib der herschaft wirtenberg." 6 Wir sehen,
aufser der Herrschaft Württemberg hat auch Rappoltstein in dem
württembergischen Dorfe Hunaweier Leute, die „die Iren sint vnd
sin süllend". Sie mufsten, wie die aus der Herrschaft Rappolt-
stein Verzogenen , deren Besitzern Gewerf entrichten tf . Weiter
hören wir 8 : „Item, git Jores ein Jeglich der herschaft von rop-
poltstein burger doselbs VI d dere herschaft von wirtemberg luten.
Darumb haben sy die almenden wunne vnd weide, wasser holtz
und velt, twing und bann zu messen daselbs und die zu ge-
brochen glich wise vnd in allen denen rehten als der hersch(aft)
von Wirtenberg lüte doselbs one gewerde." In keinem der Orte,
1) In Colmar, Bezirksarchiv E. 886. Papierregister S. 169 f. (vgl. III,
Nr. 1144, S. 542). Für die liebenswürdige Abschrift dieses Weistums sei
auch hier Herrn Dr. Ludw. Bergstr&Tser zu Colmar i. £. gedankt.
2) Im Text durchstrichen.
3) S. 169 ebd.
4) So im Text
5) Für Ostheim können wir direkt urkundlich württembergische („Die
von Ostheim, dez von Wurtemberg luten", s. IV, Nr. 1147) und rappolt-
steinische Leute (s. II, Nr. 628, S. 478) nachweisen.
6) Sie standen unter einem besonderen Schultheifsen, s. Papierregister ebd.
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40
Drittes Kapitel.
wo Rappoltstein diese „gezöge" hatte, besafs es, wie wir oben
sahen 1 , hoheitliche Rechte, auch nicht in Hunaweier 2 , auf das
wir hier zum ersten Male stofsen. Dort scheinen die Grafen von
Württemberg die Bannherrschaft ausgeübt zu haben 5 .
In der Aufzählung folgt Burg und Stadt Gemar. Noch
1354 4 begegnet uns, wie 1337 5 , „Gemar daz dorf" mit Zwing
und Bann ab landgräfliches Lehen der Rappoltsteiner. Zwischen
1354 und 1369 6 mufs dann das Strafsburger Stift die Lehns-
herrlichkeit über Stadt (bzw. Dorf) 6 Gemar von den Landgrafen
erworben haben. Die Burg Gemar war dem Strafsburger Bischof
schon 1350 7 von Joh. von Rappoltstein aufgetragen worden. Von
1369 6 an erscheinen dann „Gemer die burck vnd stat" stets ver-
eint als Strafsburger Lehen. Unsere Urkunde gibt uns genauen
Aufschlufs von dem sehr bedeutenden Grundbesitz der Herrschaft
in und um Gemar: „die matten, die wir sünderlingen da hant" —
sagen Ulrich und Bruno von Rappoltstein — „der matten sint
hundert nüntzehen vnd ein halb tagewan". Mit dem Besitz der
Bannherrschaft, welche die Rappoltsteiner, vielleicht ja schon seit
dem Ausgange des 13. Jahrhunderts 6 , ausübten, war also in Gemar
ein beträchtliches Grundeigentum verbunden.
1) S. oben S. 24 f. Allerdings wäre es nicht unmöglich, dafe das 1329
(I, Nr. 405) ans Strafsburger Stift gefallene Zellenberg (über dieses vgl. oben
S. 24) damals im Besitze des Strafsburger Domherrn Hugo von Rappoltstein
gewesen ist. 1366 (II, Nr. 33) hatte das Strafsburger Stift an diesen ver-
kauft: „Cellenberg veste, bürg vnd stat, mit allen den rehten, nützen,
vellen, gulten, zinsen , sturen ackern, matten, reben, wünne vnd weiden".
Hugo von Rappoltstein starb 1386 (s. II, S. 695 Stammtafel).
2) Über Hunaweier vgl. REL III, 1, S. 469 f.
3) Nach einer Urkunde von 1434 (III, Nr. 803) hatten sie nämlich über
Zwinge, Banne und Almende von Hunaweier zu entscheiden.
4) I, Nr. 682 : aufserdem werden daselbst noch der Dinghof, der Kirchen -
satz und die Wälder Nassenau und Breitengiefsen als Lehen von den Land-
grafen aufgeführt.
5) S. oben S. 28.
6) 1369 urkundlich zum ersten Male als Stadt genannt (II, Nr. 66);
1363 (I, Nr. 756) finden wir Gemar zum letzten Male als Dorf.
7) I, Nr. 622*: Bischof Berthold von Strafsburg beurkundet, dafe ihm
Job. von Rappoltstein, Herr in der Oberstadt, die Burg Gemar, sowie den
vorderen und den hinteren Hof daselbst als Lehen aufgetragen und von ihm
zu Lehen empfangen hat.
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Die Teilung von 1373.
41
Ferner fielen dem Bruno von Rappoltstein zu: Ohnenheim
Ellenweiler 8 und Hausen 3 . In den erstgenannten Orten und wohl
schon damals auch in Hausen besafs Rappoltstein die Bannherr-
schaft Ohnenheim war seit 1301 4 rappoltsteinischer Pfähdbesitz.
Damals hatte König Albrecht dem Burchard von Geroldseck
150 Mark Silbers verpfändet auf Dorf und Bann „Onheim vnde
vf alleme deme rehte, daz wir [AlbrechtJ vnde daz Riehe do hant
an lüten, an gulte, an gerihte" usw. 4 . Dieser Burchard hatte die
genannten Rechte auf Ohnenheim sofort 6 dem Heinrich von Rap-
poltstein übergeben. Hausen, „ein zur Reichsfeste Blicksburg ge-
höriges Dorf* 3 , gelangte 1315 6 in die Hände der Herrschaft, wie
Ohnenheim zunächst gleichfalls als Pfandgut. In jenem Jahre
versetzte König Friedrich der Schöne Hausen an Heinrich
von Rappoltstein 6 . Nach kurzer Unterbrechung 7 gelangt das
Dorf wieder in den Besitz des Geschlechtes, in dessen Händen
wohl (wie vor 1416 8 ) damals schon die Bannherrschaft gewesen
sein wird. — Weiter werden genannt der Weinzehnt und die Leute
zu Ammerschweier. Die Herrschaft besafs aber auch die hier
fehlenden (1298 genannten 9 ) Güter und Rechte daselbst °. Es
folgen Leute und Gut zu Minnweiler 10 , wo die Abtei Murbach
die Bannherrschaft hatte l0 . Die hohe Gerichtsbarkeit (Steuer usw.)
1) Über Ohnenheim vgl. REL III, 2, S. 813.
2) Über Ellenweiler s. oben S. 23 f.
3) Über Hausen vgl. REL III, 1, S. 404. 4) I, Nr. 238.
5) Für eine Summe, die er Heinrich von Rappoltstein schuldete
(I, Nr. 239).
6) I, Nr. 317 „villam Hausen prope Columbariam nobis et Imperio per-
tinentem cum hominibus".
7) 1348 gab Karl IV. dem Burchard Mönch ... von Basel die Voll-
macht, das Dorf Hausen mit allen dazu gehörigen Gütern durch freundschaft-
liche Vereinbarung mit Heinrich von Rappoltstein an sich zu bringen
(I, Nr. 604). Doch schon 1351 (I, Nr. 639 [vgl. auch Nr. Nr. 651,654]) wurde
Hausen von jenem Burchard, im Auftrage Karls IV., wieder an einen Rappolt-
steiner (Job. von Rappoltstein) verpfändet.
8) Nach einer Urkunde von 1416 besaßen die Rappoltsteiner das „dorff
Husen . . . mit aller herlichkeit, mit twinge, banne, lüten, gerihten, gewerffen,
vngelte, freueln, zöllen".
9) S. oben S. 28.
10) Über Minnweiler vgl. REL III, 2, S. 644 unter „Meiweier". Das
„Castrum in Minrewire" besetzte Hermann von Rappoltstein 1288 (I, Nr. 176
= MG SS XVII, S. 215 f.); bereits 1291 wurde diese Burg dem Grafen
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48
Drittes Kapitel.
zu Minnweiler übten — nach dem habsburgischen Urbar von ca.
1300 1 — die Habsburger aus, die die Hoheit über das Dorf er-
langten. Aufser dem Weinzehnten zu Kienzheim und der Kirche
zu Reichenweier besafs Rappoltstein in beiden Orten die hier
nicht aufgeführten Güter *, von denen wir 1298 hörten. Endlich
wird die Kapelle St. Margareten zu Rappoltsweiler 3 genannt.
Darauf folgen wieder, wie in unserer ersten Teilungsurkunde,
Sonderbestimmungen über Rappoltsweiler, die in der Hauptsache
mit denen von 1298 übereinstimmen, nur ausführlicher gehalten
sind 4 .
Wir fanden, dafs nicht nur unter den verschiedenen, in
gleicher Weise in unserer Urkunde stehenden Namen die ver-
schiedenartigsten Güter und Rechte zu verstehen waren — einmal
war das Gericht, ein andermal Gut, oder auch beides gemeint — ,
sondern dafs auch bei namentlicher genauer Aufzählung der Güter
und Rechte diese keineswegs vollständig genannt waren.
Vergleichen wir die beiden besprochenen Teilungsurkunden
miteinander, so fehlt 1373 mancher 1298 erwähnte Ort. Wir
dürfen hieraus aber noch keineswegs den Schlufs ziehen, dafs die
Kappoltsteiner in jenen Orten alle ihre Güter oder Rechte einge-
büfst hätten. Es bedarf hier einer genauen Untersuchung. Bei
Rodern, Rohrschweier und Bergheim scheint es allerdings zuzu-
treffen, dafs die fehlenden Orte nicht mehr rappoltsteinisch waren ;
denn aus einer Urkunde vom 1313 März 25 erfahren wir, dafs
Ulrich von Worth zurückgegeben; 8. I, Nr. 189 (Urkunde König Rudolfs).
Der Dinghof gehörte der Abtei Murbach, die dort ,,twing vnd bann besafs".
Das betr. Weistum s. bei Hanauer, Constitutione ... de l'Alsace S. 343 ff.
S. bes. S. 344.
1) H. Urb. I, 8 17.
2) 1311 und 1371 erscheinen Trotthaus und Reben zu Kienzheim als
Lehen von Basel (s. I, Nr. 521 und II, Nr. 89); über die Güter der Herr-
schaft in Reichenweiler vgl. Rappoltsteinisches UB a. a. 0.
3) 1344 zum ersten Male erwähnt (I, Nr. 553).
4) Statt der „zwo stette die Alte vnd die Niiwe" (1298) beifst's hier:
„die stette obenant vnd nidenant zu Rapolczwilr", mit welchem Ausdrucke
die zwei Ober- und Niederstädte gemeint sind, die uns 1341 (s. oben) unter
diesem Namen begegneten. Neu erscheinen Abmachungen über die Mann-
schaften (II, S. 90). Ferner ist neu die Bestimmung der Nachfolge der
Töchter, im Falle, dafs keine männlichen Erben vorhanden sein sollten (vgl.
auch Urkunde vom 17. Juni 1371 [II, Nr. 89], durch die der Baseler Bischof
die weibliche Nachfolge für die Baseler Lehen der Kappoltsteiner gewährt).
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Die Teilung von 1373.
4S
„die etat zu Bergheim *, die da ein dorf hies", mit „Rödern, Rors-
wilr" usw. an Österreich verkauft worden ist *. Die Rappolt-
steiner hatten aber trotzdem keineswegs alle ihre dortigen Güter
und Rechte aufgegeben: im Banne von Bergheim war ein nicht
unbedeutender Grundbesitz in ihren Händen geblieben s , und auch
im Rohrschweierer Banne waren sie nach 1313 begütert 4 . Von
Rodern wissen wir nur, dafs Rappoltstein dort Zinse hatte. Völlig
fehlen Sigolsheim 6 und Kaisersberg 6 , doch war die Herrschaft
ihren damaligen Besitzungen nicht verlustig gegangen. Ja in
Kaisersberg hatte sie noch ein Jahr vor dieser Teilung Güter er-
worben 7 ; hier war ferner, schon im Anfange des 14. Jahrhunderts,
ein wichtiger Zoll (von Beffroi bis Kaisersberg) rappoltsteinisch 8 .
Wie uns die Teilungsurkunde von 1298 kein auch nur annähernd
vollständiges Bild der Herrschaft Rappoltstein gab, so ist es dem-
nach auch hier. Aber es genügt nicht, die 1298 er Urkunde zum
Vergleiche heranzuziehen, wir müssen vielmehr, um uns ein auch
nur einigermafsen richtiges Bild von dem damaligen Urnfange der
Herrschaft zu machen, das uns für die Zeit von 1298 bis 1373 zur
Verfugung stehende Urkundenmaterial verwerten. So haben wir
vom Jahre 1339 9 ein Güterverzeichnis von Sukmatt 10 , wo die
Rappoltsteiner wohl schon seit der Mitte des 13. Jahrhunderts be-
gütert waren 11 . Es zeigt, dafs sie dort nicht weniger als 166 £
Schatz Reben, 53 Juchert Acker und Matten, wie zahlreiche
Gülte besafsen. Rappoltstein war also in Sulzmatt aufserordentlich
reich begütert, hoheitliche Rechte hatte es nicht. Auf das nord-
1) Über den Streit der Rappoltsteiner mit Habsburg wegen Bergheims,
insbesondere über diesen „Zwangsverkauf* 4 Bergheims und der obengenannten
Orte vgl. H. Urb. II, 1, S. 784.
2) I, Nr. 303. 3) I, Nr 546. Nr. 748, S. 579.
4) I, Nr. 321.
5) Über Sigolsheim vgl. oben S. 28 f. Eine Urkunde von 1398 Septem-
ber 19 (II, Nr. 619) fuhrt den Kirchensatz, Trotthaus, Leute und Zehnten zu
Sigolsheim als Baseler Lehen der Rappoltsteiner an.
6) Über Kaisersberfc vgl. oben S. 29. 7) II, Nr. 99.
8) I, Nr. 899. 9) I, Nr. 508.
10) Über Sulzmatt vgl. REL III, 2, S. 1101; Weistum des Strafsburger
Dingbofes, in den zwölf Hubgüter gehörten, s. Grimm IV, S. 134 ff. [im
REL nicht erwähnt].
11) S. Nachrichten aui den Jahren 1279, 1289, 1295 usw., s. I, Nr. Nr.
135, 177, 213 und a. a. 0. ; vgl. auch oben S. 33.
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44
Drittes Kapitel.
westlich von Sulzmatt gelegene Weier im Tal 1 , das wir seit
1306 2 im unbestrittenen Besitze der Herrschaft nachweisen können
— vielleicht war der Ort schon 1293 3 rappoltsteinisch — , werden
wir weiter unten näher eingehen 4 . Weiter nach Norden gehend,
stofsen wir auf das zur Judenburg 5 gehörige Diedolshausen 6 , da*
gewifs bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts zur Herrschaft ge-
hörte, denn 1317 7 nennt sich ein Rappolsteiner in einer Urkunde
„wissenhafter vogt des gotzhufs ze Judelinfshus" 8 . 1329 9 be-
urkundet der Ritter Albrecht von Awelin, dafs er von Heinrich
von Rappoltstein, Herrn zu Hohenack, als Pfand erhalten habe:
„sine bürg ze Judenburg 5 , das dorf ze Jüdelinshus vnd den
zol, den man do sammet vffen der Strasse, die da gat vber die
first, das banholz vnd das wasser von dem Starkenbach 10 vf vnze
vffen die first". Awelin verspricht, die Leute im Dorfe Diedols-
hausen in allen Rechten und Gewohnheiten „mit diensten, sturen
vnd gewerfe vnd och mit gerihte" halten zu wollen, wie es
Heinrich von Rappoltstein und dessen Amtsleute getan. Die
Rappoltsteiner, hatten dem Ritter auch Nieder- und Hochgericht *
verpfändet 11 . Von irgendwelchem Grundbesitz der Herrschaft
ist nicht die Rede 12 . Ferner war damals 13 das weiter nörd-
lich gelegene Lebertal im Besitze der Rappoltsteiner: „allü dv
lehen, [von ihnen selbst als Lehen ausgegeben] gelegen in
1} Über Weier im Tal vgl. KCL III, 2, S. 1187. 2) I, Nr. 269.
3) Dominus (Anshclmus) de Rapolstein villam Turckbeim predatur
pecoraque abigit in domicilium suum Wilre" aus Chron. Colm. MG SS
XVII, S. 258 (I, Nr. 206, S 149).
4) S. weiter unten Kap, 4 5) Über diese vgl. oben S. 36 f.
6) Über Diedolsbausen vgl. REL III, 1, S. 216f., wo es u. a. heust:
„Der Name Judlinshus, d i. das feste und ständige Haus des Judeliu, wird
seit 1317 unterschieden von , Judenburg der bürg'.* 1
7) I, Nr. 337.
8) Das Gotteshaus befand sich im Dorfe Diedenshausen (vgl. REL ebd.) ;
1317 üben die Rappoltsteiner eine Art Obereigentumsrecht in Diedenshausen
aus: so soll das Kloster zu Alspach „keine slate gut vmb Judelinfshus nit
kaufe oder ... an sich ziehen", ohne Wissen und Willen der RappoltBteiner
(s. I, Nr. 337, S. 246).
9) I, Nr. 400, S. 293.
10) Starkenbach =■ La Bechine, ergiefst sich unterhalb von Hachimette
in die Weifs (s. REL III, 2, S. 1194 unter „Weifs 6").
11) I, S. 293. 12) Er dürfte also nur unbedeutend gewesen sein.
I.TS Urkunde von 1320, s. I, Nr. 355.
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Die Teilung von 1373.
45
.Leberahe tal von dem Isenbach 1 das tal vf, vnd von der Lieuer-
schelle 2 och das tal vf ie wederhalp des wassers, alse der sne
smilzet, vnd swas da zwüschent lit, lüte vnd güt, wald vnd wasser
vnd allü dv reht, dv dar zv hÖrent vnd von vns lehen sint".
Die von Eckerich trugen diese vorgenannten Güter von den
Rappoltsteinern zu Lehen. Letztere besafsen demnach nicht un-
beträchtliche Allodien im Lebertal. Bedeutende Güter hatten sie
im Banne von Kagenheim 8 , nämlich (1320) 4 15 1 Feldäcker,
10 Mannesmatten usw. Auch ein Viertel des „Gerichtes, Zwing
und Bann" dieses Ortes war in ihren Händen \ Noch 1499 6
erscheinen sie als Dorf- und Bannherren Dies Dorf lag ziemlich
weit von der Hauptmasse der rappoltsteinischen Besitzungen ent-
fernt. Doch blieben die Rappoltsteiner, die Gerichts- und Bann-
herren waren, in seinem Besitze. Die gleiche Erscheinung
zeigt sich bei den Dörfern Saasenheim 7 , Linkenheim 8 u. a. m.,
besonders deutlich bei Birlenbach 9 . Bereits im Anfange des
14. Jahrhunderts 10 besafsen die Herren von Rappoltstein in
diesem im äufsersten Norden des Elsafs (südlich von Weifsen-
burg) gelegenen Dorfe Zwing und Bann. Birlenbach verblieb
durch alle Jahrhunderte hindurch (bis zum Jahre 1612 ll , wo es
verkauft wurde) in den Händen der Bannherren, der Rappolt-
steiner. Um von den zahlreichen Orten abzusehen, in denen Rappolt-
stein offenbar nur ganz geringen Besitz hatte, ist noch auf „Ueies-
bach" hinzuweisen, das vielleicht mit Heidenbach 12 identisch ist.
1) „Isenbach" (Flufs an der Bannscheide von Markirch und St. Kreuz)
s. I, S. 639 (Index), vgl. REL III, 1, S. 563.
2) Lieuerschelle (Liverselle), auch Oberdorf genannt, alte Bezeichnung
eines Teiles von Markirch, s. REL III, 2, S. 580.
3) Über Kagenheim (nördlich von Schlettstadt) vgl. REL III, 1, S. 505.
4) I, Nr. 354.
5) Heinrich von Rappoltstein verleiht an N. N. „daz vierteil dez ge-
rihtes, twing vnd ban", ebd.
6) V, Nr. 1498.
7) Über Saaseuheim vgl. REL III, 2, S. 951 f.
8) Über Linkenheim vgl. REL III, 1, S. 578 (und a. a. 0.), über Saasen-
heim und Linkenheim vgl. I, Nr. 733, V, Nr. 1367.
9) Über Birlenbach vgl. REL III, 1, S. 95 f.
10) I, Nr. 466, S. 346. 11) Schoepflin AI II, S. 187.
12) „Heidenbach, abg. Weiler Gemeinde und Kreis Münster bei Colmar";
REL III, 1, S. 490.
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46
Viertes Kapitel.
Die Herrschaft hatte dort 1 nicht weniger als 60 Feldäcker 2 ; dafs
sie das Gericht in Heiesbach besessen, hören wir nicht Jeden-
falls war dieser grofse Grundbesitz in Heiesbach — mag dieses
Dorf nun bei Münster oder sonstwo gelegen haben — nicht im-
stande, die Entfaltung der rappoltsteinischen Hoheit über den ge-
nannten Ort herbeizuführen.
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, alle Orte namhaft zu
machen, in denen damals die Herrschaft Kappoltstein Be-
sitzungen hatte. Die angeführten mögen genügen. Das Wachstum
Kappoltsteins in der Zeit von der ersten bis zur zweiten Teilung
tritt deutlich zu Tage: hinzugekommen sind — um nur das
Wichtigste zu nennen — Zell, Urbeis, Schnierlach und Urbach, so
dafs damals die ganze Herrschaft Hohenack rappoltsteinisch ge-
worden sein dürfte, ferner Diedolshausen mit der Judenburg und
dem Lebertale; sodann die Dörfer Hausen und Ohnenheim (letztere
zunächst nur als Pfandbesitz), endlich Saasen-, Linken- und
Kagenheim.
"Viertes Kapitel.
Die Zeit von 1373 bis 1500.
Die letzte uns urkundlich überlieferte Teilung der Herr-
schaft Rappoltstein fand im Jahre 1419 s statt. Nur Rappolts-
weiler, { Gemar, die rappoltsteinischen Burgen, die lothringischen
Lehen der Rappoltsteier und unbedeutende Rechte 4 werden in
der betreffenden Urkunde namentlich aufgeführt, obwohl wahr-
1) Nämlich im Banne von Heidenbach.
2) I, Nr. 466 S. 346 (zwischen 1311 und 1336): „item N. N., . . ., het
sine leben enpfangen von minem herren" . . . Joh. von Kappoltstein „vnd
bet bi geswornem eide behebet, daz er nüt me wüsse der lebene denne sehzig
veldacker in dem banne ze Heiesbach' 4 . Diese Stelle (daz er nüt me
wüsse usw.) ist auch deshalb von Interesse, weil man aus ihr wohl sehen
kann, wie leicht Grundbesitz verloren gehen konnte, wenn keine hoheitlichen
Rechte mit ihm verbunden waren.
3) III, Nr. 180.
4) Wie Kirchensätze, Zehnten usw.
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Die Zeit von 1373 bis 1500.
47
scheinlich damals die ganze Herrschaft geteilt worden ist Aus
diesem Grunde können wir bei Betrachtung der weiteren Ent-
wicklung unserer Herrschaft jene Teilung nicht zum Ausgangs-
punkte unser Darstellung machen. Wir werden daher eine geo-
graphische Einteilung, und zwar die in die sieben späteren Ämter *,
zugrunde legen.
Das (spätere) Amt RappoUsweiler umfafst (1648) 3 die Städte
Rappertsweiler und Gemar, das Dorf Thannenkirch, sowie die
Burgen Hohrappoltstein, Girsberg und Grofsrappoltstein.
Waren 1373 dem Ulrich von Rappoltstein die Ober-, dem
Bruno von Rappoltstein die Unterstädte von RappoUsweiler zu-
gefallen — war also der ganze Ort damals rappoltsteinisch ge-
wesen — , so befanden sich 1386 * nur noch die beiden Nieder-
städte im Besitze der Herrschaft. Die zwei Oberstädte „mit den
gemeinden, liiten, twingen vnd bennen" waren seit 1378 5 in den
Händen des Grafen Heinrich zu Saarwerden, Herren zu Hohenack.
1398 6 finden wir die Herrschaft Rappoltstein wieder im Besitze
von ganz RappoUsweiler (der Ober- und der Unterstädte). Von
grofsem Interesse ist ein Weistum vom Jahre 1441 7 , das uns
über die Rechte der Herrschaft in RappoUsweiler auf das ge-
naueste unterrichtet. In ihm werden die Grenzen des Zwinges
1) Vgl. III, S. 118: „vnd ouch alles ander gut zu der herschafft Rap-
polczotein gehörende" wird geteilt. Vgl. auch S. 117 „Vnd vff das, so hat mir
Ylrich herre zu Rappolczstein . . . min lieher bruder Smaheman vnder
vil anderen geteilden der mfttmassen gebotten" die nachfolgenden
Schlösser usw.
2) Natürlich stets unter Berücksichtigung, dafs diese Ämter damals
noch nicht (oder wenigstens nicht alle) ausgebildet waren.
3) S. Territorien S. 58; über die anderen Ämter vgl. ebd. und REL
III, 1 und 2.
4) Urkunde von 1386 Februar 3, s. II, Nr. 619, S. 469.
5) II, Nr. 156, S. 141.
6) II, Nr. 619, S. 469. Smafsmann von Rappoltstein gibt dem Kapitel
des Basler Stiftes einen Gegenbrief über seine von Basel herrührenden Lehen
und führt u. a. auf: „die stette Rapoltzwilere obenan vnd nidenan mit allen
iren tzwingen, bennen etc. etc., rehten vnd zügehörden, hohen vnd nideren,
(wahrscheinlich ist unter diesem Ausdruck auch das Hochgericht gemeint)
vnd die reben, die min vordem von alter har gehept band, der aint fünft -
zehen acker".
7) S. Grimm, S. 360 f. (vom Bearbeiter des rappoltsteinischen UB über-
sehen, vgl. III, Nr. 1144).
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48
Viertes Kapitel.
und Bannes von Rappoltsweiler beschrieben *. In § 2 * heilst es,
dafs die Rappoltsteiner dort „gerichte hohe und nider, büsz und
besserungen grosz und klein" besitzen. Ferner hatten sie den
(Korn ) Markt, Zoll, Ungeld, Gewerf und die Mühlen der Stadt 3 .
Das währte nicht lange: bereits 1451 4 wurde der vierte Teil der
Stadt an Philipp, Pfalzgrafen bei Rhein, verkauft, und noch
1477 6 waren die Pfalzgrafen im Besitze dieses Teiles 6 .
Deutlich zeigt sich der Fortschritt der rappoltsteinischen
Macht im Hauptorte der Herrschaft: diese ist in unserer Periode
in Rappoltsweiler in den Besitz der Hochgerichtsbarkeit gelangt.
Dazu gesellte sich dort ein ganz bedeutender Grundbesitz: 1398 7
hören wir von 15 Ackern in Rappoltsweiler, 1436 8 dagegen von
60 Äckern im Banne dieser Stadt.
Ob die Rappoltsteiner schon in den dreifsiger Jahren des
1 5. Jahrhunderts Güter oder Rechte in Thannkirch gehabt haben,
können wir nicht sagen °, jedenfalls vor 1470. Zu seinem dor-
tigen Besitze kaufte Wilhelm von Rappoltstein — laut einer Ur-
kunde vom 1470 Oktober 2 10 — den Anteil hinzu, den bis da-
hin das Spital zu Schlettstadt innegehabt hatte, nämlich — „alle
die herlicheitt vnd gerechtikeitten, . . an nüczen, feilen, freuelen,
holczeren, ackeren, matten, wunnen, weyden, lehenen vnd anderm,
. . . ., zu Tannekilche, dem dorffe, tzwingen, bennen, dartzü an
hohen vnd nideren gerichten daselbs". Am 24. August 11 desselben
Jahres übergab Heinrich von Rathsamshausen dem Wilhelm von
Rappoltstein alle Gerechtigkeiten und Herrlichkeiten, die er ge-
habt, „an Tannekilche dem dorffe hindann Rappolczstein dem
1) § 1.
2) „ Primo zwing vnd ban, wunne und weide, holz und veld, wasser, ge-
rihte hohe vnd nider gein Rappoltzwiler zu der statt gehörende und hebet
der ban an uf dem Isenrain (, Ausläufer des Tännchels 4 [s. REL III,
1 , S. 4£8]) und gat der snesmilz nach, zwischent den von Lehero und den von
Tannenkirch der eck nach untz herfür an den Tennichel (. . . Felsen, nörd-
lich des Strengbachtales bei Rappoltstein [s. REL III, 1, S. 1104]) und den
Tennichel herabeenet Gräsebers matte", ..." — s. ebd. S. 360 f.
3) S. ebd. S. 361. 4) IV, Nr. 1123, S. 594.
5) V, Nr. 170, S. 92. 6) Ebd. Nr. 226 zu vergleichen.
7) II, Nr. 609. 8) III, Nr. 920.
9) Unmöglich ist es nicht. 1434 (V, Nr. 794) setzt Smafsmann von
llappoltstein einen Tag „gen Taunenkilch" au.
10) IV, Nr. 1045, S. 483. 11) IV, Nr. 1040.
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Die Zeit von 1373 bia 1500.
49
slosse vnd gegen Lebro dem dorffe zü gelegen, an allen nuczen,
vellen, sturren, gewerffen, vngelten . . fischerien, hohen vnd
nydern gerichten vnd herlicheitten". 1473 1 endlich beurkunden
dann die Vertreter der Rappoltsteiner, dafs letztere die (von
Dietrich und Heinrich von Rathsamshausen und dem Spitale er-
worbenen) „dru theil an dem dorffe Tannenkirch mit twingen
vnd bennen mit aller herlicheit, dartzü gehörende" innehaben. So
besafs die Herrschaft am Ende des 1 5. Jahrhunderts in Thannenkirch
die Bannherrschaft und das Hochgericht. Es ist bemerkenswert, dafs
beim Kauf des Dorfes das Hochgericht sogleich miterworben wurde.
Wie HohrappoUstein * mufs auch CrroßrappoUstein 8 unsicheres
Baseler Lehen der Herrschaft gewesen sein, denn wir hören
1493 4 , dafs „die irrung" (zwischen Basel und Bamberg) „vmb
die lehenschafft der slos Altenkastel 2 vnd Rappoltstein" 5 noch
nicht geschlichtet sind. Zum Amte Rappoltsweiler gehörte end-
lich die Burg Girsberg*.
Das (spätere) Amt Gemar umfafste Gemar, Heidelsheim 7 ,
Jebsheim 7 , Mussig 7 , Illhäusern und Ohnenheim.
Schon 1387 8 verpfändete Bruno von Rappoltstein das ihm
1 373 9 zugefallene Gemar (Strafsburger Stiftslehen) an einen Strafs-
burger Ritter. Die Pfandschaft mufs aber vor 1399 wieder an
Rappoltstein gekommen sein, denn 1399 April 18 10 verkauft
Smafsmann von Rappoltstein , mit lehensherrlicher Zustimmung
des Strafsburger Bischofs, Burg und Stadt Gemar für 12000
1) V, Nr. 4. 2) Über Hohrappoltstein = Altenkastel s. oben S. 33 u. 37.
3) Grofs- Rappoltstein — ,,die grofse burgk Rapolczstein" der 1373 er
Teilung, vgl. oben S. 34.
4) V, Nr. 1168. 5) = Grofsrappoltstein.
6) Uber Ginberg (bei Rappoltsweiler) vgl. oben S. 37 f.
7) Diese Orte kommen für unsere Arbeit nicbt in Betracht, da sie erst
1613 durch Kauf an die Herrschaft Rappoltstein gelangt sind (Schoepflin,
AI II t S. 112).
8) II, Nr. 287 : „ die bürg vnd stat zu Gemer . . ., twing vnd ban, . .
9) 8. oben S. 40.
10) S. II, Nr. 628: „barg vnd stat Gemar, . . . vnd mit twing vnd ban,
loten, gemeinden, geribten, sturen, zustüren, Schätzungen, betten, gewerffen,
. . vngelten, banwine, freuein, geuellen, zällen, geleiten, herbergen, mülen,
engern diensten, meigerien, hoTen, duphüsern etc., wilde bennen, ambahten,
etc. etc. mit aller herlichheit vnd friheit vnd andern rehten , nutzen , ge-
uellen vnd zngetarden, hohe vnd nieder" (8. 477) ; das Rückkaufsrecht be-
hält er sich vor.
4
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50
Viertes Kapitel.
Gulden an den lütter Rudolf von Hohenstein. Möglicherweise
hatten die Rappoltsteiner schon damals die hohe Gerichtsbarkeit
in Gemar 1 . 1406 2 war nur ein Viertel von Burg und Stadt
Gemar in ihrem Besitze, das andere Viertel stand dem König
Ruprecht von der Pfalz zu — 1419 5 finden wir dies Viertel wieder
im rappoltsteinischen Besitze — , während die Hälfte des Ortes in
den Händen des Markgrafen von Baden war. 1441 * fand auch
in Gemar eine Erneuerung der rappoltsteinischen Rechte statt.
Wir hören aus dem betreffenden Weistum, dafs „Die herlicheit
zü Gemar der gerihte, hohe vnd nider, ist beiden herren gemeyn" 4 .
Der Badenser besafs nämlich immer noch die Pfandschaft von
Gemar 6 ; erst 1471 6 gestattete er den Rappoltsteinern, diese Hälfte
einzulösen. Auch für Gemar ist für diese Periode der Erwerb
der Hochgerichtsbarkeit charakteristisch. Mit dieser und der
Bannherrschaft war auch hier ein grofser Grundbesitz verbunden ''■
Die Herren von Rappoltstein waren auch Markherren der
Gemarer Mark*. Als solche begegnen sie uns 1459 9 urkundlich
zum ersten Male. Als erster Obermarkherr erscheint 1476 lü
Wilhelm von Rappoltstein. Markgenossen dieser Gemeinmark
waren die Gemeinden Rappoltsweiler n , Gemar 11 , St. Pilt 11 , Orsch-
weier 11 , Elsen- 11 und Ohnenheim ll . Ob die Herren von Rappolt-
stein schon damals 18 die hohe Gerichtsbarkeit in der Mark be-
sessen, die sie später ausübten 13 , entzieht sich unserer Kenntnis.
1) Der Ausdruck „mit — rehten — hohe vnd nider" (s. vorige S.
Anm. 10) ist nicht mit Bestimmtheit auf Hochgericht zu beziehen.
2) S. IT, Nr. 728: Burgfriede, betr. Gemar, geschlossen zwischen dem
römischen König Ruprecht, dem Markgrafen Bernhard I. von Baden und
Smafsmann, Herrn zu Rappoltstein.
3) Ulrich von Rappoltstein erhält bei der Teilung der Herrschaft
Rappoltstein die Hälfte von Gemar, III, Nr. 180, S. 117.
4) III, Nr. 1144.
5) 1461 verkauft er sie an den von Geispolsheim, (für 1500 rheinische
Gulden), s. IV, S. 487, Anm. 1.
6) S. IV, Nr. 1055» 7) S. oben S. 40.
8) Die Gemeinmark (häufig blofs Mark, auch Ried, oder Gemarer Mark
genannt) zuerst 1357 (s. I, Nr. 710, S. 548) urkundlich erwähnt, vgl. auch
BEL III, 1, S. 330.
9) IV, Nr. G49, S. 242. 10) V, Nr. 95 und a. a. O.
11) Vgl. ebd. Nr. 967 und a. a. O. 12) So Albrecht in BEL, a. a. 0.
13) S. die Ordnung der Markgenossen der Gemarer Mark bei Grimm
V, S. 361 ff. (1580).
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Die Zeit von 1373 bis 1500.
51
In Illhäusem ', einem erst im 15. Jahrhundert entstandenen
Dorfe 2 , waren die Rappoltsteiner in unserer Periode begütert 3 .
Ob sie in Ohnenheim, wo sie schon um 1300 die Bannherrschaft
besafsen *, im Beginne des 15. Jahrhunderts auch die hohe Ge-
richtsbarkeit erworben haben, läfst sich nicht mit völliger Gewifs-
heit sagen ö . Das Dorf, ehemals nur Pfandbesitz 6 , erscheint um
1440 7 als „eigentum" der Herren von Rappoltstein, die es 1507 8
der Abtei Murbach zu Lehen auftrugen.
In dem die Orte Bergheim 9 , Rödern 9 und Rorschweier 9
umfassenden Amte Bergheim 10 besafs Rappoltstein damals keine
hoheitlichen Rechte.
Erst im 15. Jahrhundert erlangte Rappoltstein die Hoheit über
Zellenberg und Bennweier, Orte, die mit Hausen und Weier
aufm Land das Amt ZeUenberg bildeten. Nachdem das Strafs-
burger Stift das 1366 11 verkaufte Zellenberg wiedererworben
hatte, verpfändete es „bürg vnd stat Zellenberg vnd daz (von da
stets mit diesem zusammen genannte) dorf Benwilre", am Aus-
gange des 14. Jahrhunderts, dem Grafen zu Saar werden, Herrn
zu Hohenack". 1435 13 finden wir diese Ortschaften im Pfand-
1) Über Illhäusem vgl. REL III, 1, S. 478 f.
2) S. Schoepflin AI II, S. 112.
3) 1482 (V, Nr. 628) verleiht Wilhelm von Rappoltstein dem N. N.
einen Gulden Geldes „vffhufs, hofevnd gartten mit allem begriff vnd zugehörd
zft den hüseren an der Yllen gelegen genant daz würtzhufs"; vgl. auch V
Nr. 1533 (1500).
4) S. oben S. 41, vgl. auch IV, Nr. 2 „twingen, bennen" usw. Die Abtei
Münster im Gregorientale besafs einen Dinghof zu Ohnenheim. Das betr. Weis-
tum (in REL nicht erwähnt) s. Grimm IV, S. 238 ff. (von diesem in den An-
fang des 15. Jahrhunderts gesetzt). Nach diesem Weistum hätte Münster die
Banuherrschaft in Ohnenheim gehabt, während diese nach unseren sonstigen
Nachrichten Rappoltstein zustand. Wie ist dieser Widerspruch zu lösen?
5) In einer Urkunde von 1443 (IV, Nr. 2) heifat es: das „dorff On-
heim, . . ., mit luten, gerihten, twingen, . . . bennen, wonnen, weiden, meigeriien,
sturen, betten, herbergen, almenden . . . begriffe vnd rehte hohe vnd nyder".
Ü) S. oben S. 41. 7) IV, Nr. Nr. 725, 727, 729 f.
8) Schoepflin AD II, Nr. 1440.
9) Über die Güter in den Bännen dieser Art vgl. oben S. 22 f. u. 42 f.
10) Doch Bergheim war vorübergehend, von 1486 (V, Nr. 775) bis 1498
(V, Nr. 1277) im rappoltsteinischen Pfandbesitze.
11) S. oben S. 40, Anm. 1.
12) Urkunde von 1394 s. II, Nr. Nr. 386, 388, bes. S. 320.
13) III, Nr. 820ff.
4*
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52
Viertes Kapitel.
besitze des Grafen Friedrich von Leiningen, der am 8. April ge-
nannten Jahres 1 das „slofs Cellenberg bürg vnd statt, ouch das
dorffe Benwilre mit lütten, twingen, bennen, gerihten hohe vnd
nohe" (als Pfandgut vom Strafsburger Stift) an Smafsmann von
Rappoltstein verkaufte. Von da blieb dieser Besitz in den Händen
der Rappoltsteiner, bis 1488 2 als Pfand, seit diesem Jahre als
rechtes Mannlehen vom Strafsburger Stift. Mit der Bannherr-
schaft wurde von vornherein das Hochgericht miterworben. Deut-
lich zeigt sich auch hier das Bestreben der Rappoltsteiner, ihre
Herrschaft zu konsolidieren 3 . Hausen 4 wurde im Jahre 1389 5 ,
nach der Achtung des Bruno von Rappoltstein, dem es 1373
zugefallen war, der Stadt Colmar überwiesen, die aber den Ort
nur kurze Zeit besessen zu haben scheint. Vor 1416 6 war
Hausen wieder rappoltsteinisch. Seit der ersten Hälfte des
15. Jahrhunderts — wenn nicht schon früher — übte die Herr-
schaft dort neben der niederen 7 auch die hohe Gerichtsbarkeit
aus *. Am Ende dieses Jahrhunderts ist Hausen, das bis dahin
nur rappoltsteinischer Pfandbesitz gewesen, in das Eigentum der
Herrschaft übergegangen 9 . Es war Reichslehen I0 . Das ferner
zum Amte gehörige Weier aufm Land 11 (Burg und Dorf) ge-
langte erst am Ausgange des 15. Jahrhunderts in die Hände der
Rappoltsteiner. „Das gesesse [die Burg] genant Wiler by Har-
1) III, Nr. 841. 2) V, Nr. 910.
3) Auf Bennweier brauchen wir Dicht näher einzugehen, da seine Ge-
schicke in dieser Periode dieselben sind wie die von Zellenberg.
4) über Hausen vgl. oben S. 4t. 5) II, Nr. 311.
6) III, Nr. 148, vgl. oben S. 41. Damals verpfändeten die Herren von
Rappoltstein das Dorf Hausen „mit aller herlichheit mit twinge, banne, lutea,
gerihten 4 *.
7) Vgl. auch IV, Nr. 259 (1448) , wo vom (rappoltsteinischen) Schult-
heifsen zu Hausen die Rede ist
8) In einer Urkunde von 1434 (III, Nr. 823), die sich auf jene Ver-
pfändung von 1416 zurückbezieht, wird das Hochgericht namentlich auf-
geführt: „Husen . . . mit aller herlicheit, lüten, gutern, zwinngen, bennen
usw. usw. gerichten, hoch vnd nider".
9) V, Nr. 1044: Bruno von Rappoltstein verkauft N. N. Gülten „von
vnd vff vnserm dorff Havssen". Auch die Bette besafs Rappoltstein „vnd
besonder aüff der bette, die wir jarlich doselb fallendt haben u (vgl. auch
V, Nr. Nr. 1238, 1423).
10) Vgl. V, Nr. 1044 und a. a. 0.
11) Über Weier vgl. REL III, 2, 3. 1187.
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Die Zeit von 1373 bis 1500.
bürg, das dorffei daby mit sampt dem gericht, zwingen, pennen,
hohen und nydern gerichten vnd ander ir gerechtikeit" 1 wurde
1478 vom Erzherzog Siegmund von Österreich an Sraafsmann von
Rappoltstein verkauft, der diese Besitzungen als österreichische
Lehen empfing l . In Weier aufm Land befand sich also das Hoch-
gericht, sogleich von Anfang an, im Besitze der Herrschaft.
Das nun folgende Amt Markirch umfafste (1648) Markirch,
Eckerich, St. Wilhelm, Klein Leberau und das Lebertal.
Markirch * mufn, wie man mit Recht vermutet hat, noch im
16. Jahrhundert „sehr unbedeutend" 5 gewesen sein, da es in der
schon mehrfach angezogenen Urkunde von 1507 4 nicht erwähnt
wird. St. Wilhelm 5 oder St. Blasien treffen wir 1397 zum ersten
Male im rappoltsteinischen Besitze. Am 25. Februar beurkundet
Bruno von Rappoltstein, dafs er eine Gült auf seine „lutenn in
dem talle zu Sant Wilhelm, vff twingen, bennen, wassere, wun-
nen, weyden, gewerffen, sturen, betten, vollen gerihten" 6 ver-
kauft hat. Unter letztgenanntem Ausdruck haben wir vermut-
lich die hohe Gerichtsbarkeit zu verstehen. In unserer Periode
dürfte Rappoltstein wohl schon geraume Zeit alle die 1507 * der
Abtei Murbach aufgetragenen Allodialgüter im Lebertale besessen
haben. Jene Urkunde von 1507 7 berichtet, dafs die Rappolt-
eteiner in „eigenthumbs weifse" besafsen: das halbe Schloß Ecke-
rieh mit aller Herrlichkeit und Zubehör B , mit den Dörfern
St Blasien (auch St Wilhelm genannt) 9 , Eckerich 10 und Klein-
Leberau 11 „mit den lütten, zwingen vnd bännen, den gerichten,
hoch vnd niedere, stür, gewerffen, vngelten, wasseren, fischhentzen,
wunn vnd weyden, aller herrlichkeit vnd gerechtigkeit". Sie
übten also damals, gewifs seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, die
1) V, Nr. Nr. 244», 264.
2) Über Markirch vgl. REL III, 2, S. 624.
3) Albrecht ehd. 4) Schoepflin, AD II, Nr. 1440.
5) REL III, 2, S. 985. 6) III, Nr. 1185. 7) S. Anm. 4.
8) Teilung der Feste Eckerich, durch Schiedsspruch vom 19. September
1399 festgesetzt (II, Nr. 634, vgl. auch II, N. 636); die andere Hälfte war
lothringisch (IV, Nr. 447 f. und a a. O ).
9) Über dieses s. oben.
10) Die von Hattstatt besafsen 1459 (IV, Nr. 644) „zu Egkerich" Leute
und Gut.
11 ) Über Klein-Leberau, einen „ganz oben im Lebertale gelegenen Weiler",
vgl. REL III, 1, S. 523.
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54
Viertes Kapitel.
niedere und die hohe Gerichtsbarkeit im Bereiche des späteren
Amtes Markirch aus.
Zum Amte Hohenack gehörte Burg und Herrschaft Hohenack
mit Diedolshausen und der Judenburg, sowie die vier Kirchspiele
im Urbeistale: Schnierlach, Urbach, Urbeis und Zell.
Der rappoltsteinische Besitz von Burg und Herrscliaft Höhen-
ack wurde von 1377 — 1437 unterbrochen. Nach dem Tode
Ulrichs von Rappoltstein (dem Hohenack 1373 zugefallen war)
im Jahre 1377 1 brachte nämlich Herzlande, Frau von Rappolt-
stein und zu Hohenack (die Tochter des genannten Ulrich), als
österreichische Lehensträgerin *, ihrem ersten Gemahl, dem Grafen
Heinrich von Saarwerden, und nach dessen Tode (1397) 3 ihrem
zweiten Gatten, Hans von Lupfen, Landgrafen von Stülingen, als
Heiratsgut zu: „Hohennag die bürg vnd die vier kilchspol" 4 .
Nach Herzlandcs Tode (1400) 5 wurde vom Herzog Leopold IV.
von Osterreich bestimmt, dafs „die vestin Hohenack vnd das
gancze tal da selbs . . . dem . . . von Lupfen vnd sinem ersten
elichen gebornen sun, . . ., verbliben" solle. Nach deren Ableben
sollten diese Besitzungen „vnuerseczet, vnuerserit, lideclichen ane
alle irrung" an die Rappoltsteiner gelangen. Dies geschah dann
auch, und am 15. März 1437 ö empfing Smafsmann von Rappolt-
stein „Hohenack vnd Judenburg, die bürge, vnd die vier kilch-
spei . . ." vom Herzog Friedrich zu Osterreich wieder als öster-
reichisches Lehen. 1441 7 fand, wie in Rappoltsweiler, Gemar
usw., auch in der Herrschaft Hohenack, eine Erneuerung der
rappoltsteinischen Rechte statt, über die sich ein VVeistum ganz
ausführlich verbreitet. Aus ihm geht hervor, dafs die „Herr-
lichkeit Hohenack" damals Hohenack, die Judenburg und die
vier Kirchspiele im Tale umfafste.
Vom Hochgericht in Hohenack, das die Herrschaft ja viel-
leicht schon im 14. Jahrhundert ausgeübt 8 , hören wir: „Item
waz das blüt und tod beruert, der besserung ist dem herren
1) II, Nr. 143. 2) Vgl. z. B. II, Nr. 616.
3) II, Nr. 595. 4) Vgl. II, Nr. 156, S. 141 und a. a. 0.
5) II, Nr. 646, S. 500. 6) III, Nr. 948.
7) S. Grimm V, S. 357 ff. (vom Herausgeber des rappoltsteinischen UB
gleichfalls übersehen, s. III, Nr. 1144): „Die herlicheit und recht zuo dem
Blosse Hohennack gehörende von den lüten usz den kilcbspielen".
8) S. oben S 35.
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Die Zeit von 1373 bis 1500.
[von Rappoltstein] lip und gut. und welher ein todslag tet und
gefangen wurd uf das slosz, ob dem richtet man zuo Schoener-
lach 1 , do 8ol der stoc sin und der galge zuo Ergkers matte" 2 .
Zwing und Bann der Herrschaft zu Urbach s begegnet uns erst
liier zum ersten Male. Rappoltstein wird auch in Zell, mithin im
ganzen Urbeistale, die Bannherrschaft gehabt haben 4 . Über die
Gröfse des rappoltsteinischen Grundbesitzes im Urbeistal sind wir
nur mangelhaft unterrichtet. Wir wissen nur, dafs in den Ding-
hof der Herrschaft im Urbachtale 5 1 1 Huben gehörten fi , von dem
zu Zelle 5 ist uns nichts Näheres bekannt. Die vier Kirchspiele
Urbeis, Urbach, Zelle und Schni erlach werden 1398 7 , und auch
sonst stets, als österreichische Lehen der Rappoltsteiner genannt,
während das Urbachtal [„Vrbach daz tal "] und der dortige Ding-
hof als Basler Lehen 8 erscheinen. Auch in Diedenshausen, wo
die Herren von Rappoltstein bereits um 1317 (s. o) das Hoch-
gericht be&afsen, mufsten 1441 die Rechte der Herrschaft er-
neuert werden, denn auch dort waren mannigfache Gerechtsame
(die Leute und der Zoll zu „Jüdelinshus") von 1377 — 1437 nicht
in ihrem Besitze. Das Weistum 9 , das von der Erneuerung be-
1) = Schnierlach. 2) Grimm ebd. S. 367. 3) Ebd. 8. 358.
4) Über das (rappoltsteinische) Niedergericht zu Urbeis und Schnier-
lach s. oben S. 36.
5) S. oben S. 35. 6) S. Grimm ebd. S. 360. 7) II, Nr. 616.
8) II, Nr. 619. Albrecht meint (in REL III, 2, S. 1134), die ältere
Geschichte des Urbachtales sei „dunkel"; so habe noch am 26. Juli 1398
( II, Nr. 616} Herzlande, Herrin zu Rappoltstein und zu Hohenack, Gräfin von
Saarwerden, von Herzog Leopold von Österreich: Hohenack und Judenburg,
die vier Kirchspiele des Urbeistales, darunter Urbach, zu Lehen empfangen.
Am 19. September desselben Jahres erkläre jedoch Smafsmann von Rappolt-
stein „auffallender Weise", dafs das Basler Stift ihm u. a. „Vrbach daz tal"
und den Dinghof im Tal verliehen habe. Albrecht identifiziert hier, wohl
kaum mit Recht, das Kirchspiel Urbach mit dem Urbachtal. Ersteres er-
scheint niemals als Basler Lehen. Aber, selbst angenommen, diese Aus-
drücke seien identisch, so wäre auch hierbei nichts Auffallendes. Denn die
Herrschaft Hohenack war (bis zu welcher Zeit, ist nicht zu sagen) rappolt-
steinisches Afterlehen von Basel, noch 1361 Januar 22 empfängt Herzog
Rudolf IV. von Österreich u. a. „Hohenack" (zu dem ja auch Urbach ge-
hörte) vom Basler Stifte zu Leben (s. I, Nr. 735).
9) S. Grimm V, S. 859 f. (wiederum von Albrecht nicht berücksichtigt)
§ 16: „Primo zwing und ban gein Judelins husz gehörende hebet an bi
Starkenbachbrucke und gat der Linkenhint nach, als die snesmilz gat, untz
gein Veithin, untz gen Frehsz (Fraize), und von Frehsz untz an Ouwelingen
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56
Viertes Kapitel.
richtet, enthält eine genaue Beschreibung des augenscheinlich recht
grofsen Bannbezirkes. Vom Hochgerichte heifst es: „Vnd was in
dem obg. 1 zwinge vnd ban verschuldet oder begriffen wurt zu
richtende, das blüt berürende, sol man richten in der matten bi
Starkenbachbrucke, und sol das hochgerichte stan an dem reine
obwendig der matten, also ouch das es alter harkomen isi" 1 Zweifel-
los hat, wie wir sahen, Rappoltstein im 15. Jahrhundert im ganzen
(späteren) Amte Hohenack die niedere und die hohe Gerichts-
barkeit ausgeübt.
Südlich vom Amte Hohenack lag das Amt Weier im Tal*,
zu dem der Ort und die Burg gleichen Namens, sowie die
Dörfer Griesbach, Günsbach, Walbach und Zimmerbach, und
die Burgen Plixburg, Girsberg und Wasserburg gehörten. Alle
diese Orte und Burgen wurden erst im 15. Jahrhundert rap-
poltsteinisch bis auf Weier im Tal, das vielleicht schon 1293*
zur Herrschaft gehörte. 1306 schlössen die Rappoltsteiner einen
Vertrag mit den Girsbergern, des Inhalts, dafs ihnen „bliben"
solle „bürg vnd stat ze Wilre, twing vnd ban mit allem rehte" 4 .
Weier im Tal war Basler Lehen 5 der Herrschaft; seit dem Aus-
gange des 15. Jahrhunderts können wir es als Sitz eines rappolt-
steinischen Amtes nachweisen *. Es ist nicht unmöglich, dafs Rappolt-
stein in dieser Zeit aufser der Bannherrschaft auch das Hoch-
gericht besessen 6 . Der Dinghof in Weier im Tal, offenbar Girs-
bergisches Eigen, wurde 1410 7 von Hans von Girsberg — zu-
sammen mit der Burg Girsberg* — an Rappoltstein verpfändet.
ban und von Ouwelingen bann untz an Egkirch (Eckerich) ban and von
Egkrich ban untz Scboenerlab ban vnd da dannan wider untz an Starken-
bachbruck."
1) S. vorige Note.
2) 1499 (V, Kr. 1436) hören wir vom „ambt Weiller", bei den mit-
genannten Orten Rappertsweiler, Gemar, Zellenberg usw. findet sich dieser
Ausdruck nicht.
3) S. oben S. 44. 4) I, Nr. 261.
5) Urkundlich begegnet es 1346 zum ersten Male als solches (s. I,
Nr. 576), doch war es dies schon längere Zeit, s. ebd.
6) In Urkunden von 1442 (III, Nr. Nr. 1167, 1171) ist von ihrem
„Gericht" zu Weier die Bede, womit Hochgericht gemeint sein könnte.
7) III, Nr. 31.
8) Nicht zu verwechseln mit Burg Girsberg („genant der Stein") bei
Rappoltsweiler, über diese vgl. oben S. 37 f.
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Die Zeit von 1373 bis 1500.
1422 1 — nach des Girsbergers Tode — werden dann der Ding-
hof zu Weier* und die „vestin Girsberg mit twingen, bennen,
ackern" in den Eigenbesitz der Rappoltsteiner gekommen sein.
Die beiden Dörfer Günsbach und Griesbach 3 , sowie das Schloß
Plixburg 4, sind den Rappoltsteinern erst gegen die Mitte der
dreißiger Jahre des 15. Jahrhunderts zugefallen. 1434 5 kauften
letztere u. a. „Blickesperg das slofs" 6 . . . „item zwee dorffer Gans-
pach vnd Grüspach in dem Monstertale gelegen mit iren zu-
gehorungen" von dem bekannten Kanzler Kaspar Schlick, der
diesen Besitz seit 1430 7 innehatte. Die von Hattstatt, mit denen
die Herren von Rappoltstein wegen dieses Kaufes in Fehde gerieten,
entsagten 1438 * ihren Ansprüchen auf diese Dörfer. 1495 ft be-
lehnte Kaiser Maximilian den Wilhelm von Rappoltstein aufs neue
mit Günsbach und Griesbach und dem Schlosse Plixburg 10 , die
Reichslehen waren 11 . Ungefähr um dieselbe Zeit, wie diese Be-
sitzungen, kam die Feste und das Tal Wasserburg 158 an Rappolt-
stein. 1428 13 verpfändete nämlich Ulrich vom Huse von Isenheim
„ die bürg Wassenberg vnd das tal daselbes mit laten, gerichten, ge-
werffeü, renten . . ., wunne vnd weyde mit aller herlicheit" an Smafs-
1) III, Nr. 235.
2) Das Weistum über diesen Dinghof, die „gerechtikeyt" des rappolt-
8teinischen „dinckhofs ze Wilr ynn Sanct Gregorien thall" s. Grimm IV,
S. 181 ff. Der Dingbof wurde 1507 der Abtei Murbach zu Lehen aufgetragen
(Schoepflin a. a. 0 ).
3) Über Günsbach und Griesbach vgl. REL III, 1, 8. 362 u. S. 372 f.
4) Über d. P. vgl. ebd. III, 2, S. 841 und Becker in Ztschr. f. Gesch.
des Oberrheines N. F. XVII, S. 94.
5) III, Nr. 824.
6) „item die mule doselbs mit den matten" usw. s. ebd.
7) Altmann, Regesta Imperii XI, Urkunden Kaiser Sigmunds II,
Nr. Nr. 7730, 8720, vgl. III, Nr. 642, S. 315 f., Anm. 1.
8) III, Nr. 1051. 9) V, Nr. 1276.
10) Das Gericht wird bei Guns- und Griesbach in den uns überlieferten
Urkunden nicht besonders erwähnt, doch hat es Rappoltstein zweifellos be-
sessen (von der Plixburg heifst es : „Blicksperg das Blofs . . . mit allen seinen
herlicheiten" s. V, Nr. 1276) ; die Rappoltsteiner hatten das Gewerf in diesen
Dörfern (V, Nr 948).
11) S. V, Nr. 1276.
12) Ober diese vgl. REL III, 2, S. 1184. Territorien, S. 61, Anm. 10.
Schoepflin, AI II, S. 120 f.
13) ni, Nr. 569.
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58
Viertes Kapitel.
mann von Rappoltstein. Schon ein Jahr darauf 1 gelangte Schlofs
Wasserburg und das ganze Tal mit allen Rechten, als Peterlinger
Lehen, an denselben Rappoltsteiner. Ein Weistum von 1441 8 gibt
uns Kenntnis von der damals auch in Wasserburg erfolgten Er-
neuerung der Rechte der Herrschaft. Die Rappoltsteiner besafsen
die Bannherrschaft 8 in Wasserburg und dem dazu gehörigen Tale.
Das Hochgericht war gleichfalls in ihren Händen 4 , wie auch der Wild-
bann Auch Walbach 6 und Zimmerbach 1 sind erst im Beginn des
15. Jahrhunderts zur Herrschaft Rappoltstein gekommen. 1410* ver-
setzte der schon erwähnte Hans von Girsberg auch „die zwey dörffere
Walbach vnd Zimberbach mit den lüten, twingen, bennen, ge-
werffen, gerihten, freuein, vngelten . . ., ackern, matten, wunnen
vnd weiden" an Smafsmann von Rappoltstein. 1422 9 mufs dann
(dieser östliche Teil von) Walbach und das (halbe) Dorf Zimmer-
bach 10 den Rappoltsteinern als Erbe zugefallen sein. Sie „hatten
wahrscheinlich schon vorher den westlichen Teil [von Walbach],
1) III, Nr. G25. Peterlingen, im schweizer. Kanton Waadt.
2) S Grimm, S. 341 f. und VI, S. 406 ff (von Albrecht s. III, Nr. 1144
wiederum übersehen, auch im REL nicht erwähnt). Die Angaben der
Weistümer, verglichen mit den sonstigen urkundlichen Nachrichten, lassen er-
kennen, was wir mitunter anzunehmen haben, wo keine Weistümer ergänzend
erzählen.
3) S. oben „mit aller herlicheit" und Grimm V, S. 341: „Primo zwinge
vnd ban zü Wassenberg gehörende, und hebet an an dem margstein, der da
stat zwischent der Münichmatte , so der von Hadstat ist, und der Eichel-
matte, die der herren von Rappolzstein ist" (s. ebd. § 1).
4) „§ 2. Item etc. . . . gerichte hohe und nider sint mins herren (des
Rappoltsteiners) , und stat daz hohe gerichte an der hatteatat in mins jung-
hern ban; vnd wer den Up verschuldet zu besserende, umb (welch) sache
daz ist, wurt erkant den herren üb und güt". S. ebd.
5) Ebd.: „Item die wiltbenn, gehört der herschaft us Rappoltz-
stein" [§ 8].
6) Uber Walbach vgl. REL III, 2, 8. 1170.
7) Über Zimmerbach vgl. ebd. S. 1241. 8) III, Nr. 31.
9) III, Nr. 235.
10) „Die andere (nicht rappoltsteinische), nordöstliche Hälfte von Zimmer-
bach war Reichslehen und in den Händen der Herren von Hattstatt von
1285 bis 1585, sowie vorübergebend (1379—1432) der Familie vom Haus"
8. REL (vgl. auch eine Nachricht von 1450 Juni 4 [in den Annales Rappolt-
steinenses s. IV, Nr. 322], in der die Rede ist vom „stabhalter des schult-
heifsen ampts zu Zimmerbach Rappoltsteinischer seiths" und dem Stabhalter
des Schultheifsenamtes des Junkers von Hattstatt).
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Die Zeit von 1373 bis 1500
59
eine Dependenz von Weier im Tal erworben " l . Diesen letzteren
trugen die von Hattstatt, bereits vor 1421*, von der Herrschaft
Rappoltstein (als Pfandgut) zu Lehen. 1438 3 mufs diese Pfand-
schaft von Walbach wieder an die Rappoltsteiner gelangt sein. .
Auch in Walbach und Zimmerbach besafsen diese die Bannherr-
schaft. Ob sie die Hochgerichtsbarkeit ausgeübt, können wir nicht
feststellen. Im Jahre 1507 wurden Walbach und (Vi) Zimmer-
bach von den Rappoltsteinern der Abtei Murbach zu Mannlehen
aufgetragen 4 .
Das letzte der sieben rappoltsteiuischen Amter Heiteren, mit
dem Hauptorte gleichen Namens 6 , umfafste aufserdem die Dörfer
Baigau, Weckolsheim und Hattenschlag. Ob die Rappoltsteiner in
Heiteren 6 , das erst in unserer Periode 6 als österreichisches Lehen
erscheint, in den Besitz der hohen Gerichtsbarkeit gekommen
sind — die Bannherrschaft war ja damals längst in ihren Hän-
den 7 — , wissen wir nicht. In der Urkunde von 1 507 8 finden
wir auch genannt die rappoltsteinischen Orte „Wethelsheim 9 , dafs
dorff vff der Hard, mit der dörffern aller lütten, zwing, bannen,
vnd aller gerechtigkeit, item Hatenschlag 10 zwing und bann mit
aller bannsgerechtigkeit , der do mit Logelhoim anstössig ist".
Weckolsheim 9 , wo die Herren von Rappoltstein (15<»7) Zwing
und Bann besafsen, dürfte wohl erst in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts an die Herrschaft gekommen sein. Erst 1486 11
können wir — urkundlich — die ersten Beziehungen zwischen
Weckolsheim und der Herrschaft Rappoltstein nachweisen: da-
mals kaufte sie einen Meierhof zu Weckolsheim. Vor 1500 finden
1) K. Schmidt in REL III, 2, S. 1170. 2) S. III, Nr. 221.
3) Ebd., Nr. 1051, S. 501: Anton von Hattstatt bekennt, dafs „die
eygentacbafflt" von Burg und Stadt Weier im Tal, „darinn der teil zu Wal-
bacb, den der vorgenante min juncherr von Rapoltstein von mir Anthonien ver-
pfendt hatt, desselben mins juncliern eygen ist".
4) Schoepf lin AD II, Nr. 1440. 5) Über Heiteren vgl. oben S. 30 ff.
6) III, Nr. 948 (1437) und a. a. 0. 7) S. oben S. 31 f.
3) Schoepflin AD II, Nr. 1440.
9) = Weckolsheim, über dieses vgl. REL III, 2, S. 1186. 1303 waren
die Habsburger Vogte des Murbachischen Hofes in Weckolsheim (HU I, S. 14).
10) Über Hattenschlag vgl. die folgende Seite.
11) V, Nr. 781, vgl. auch ebd. Nr. 652: „gerechtikeit zu Wegkelhi-
heinn". Aus welchem Jahre dieser Eintrag ins rappoltsteinische Urbar
(16. Jahrhundert) stammt, wissen wir nicht (s. ebd.).
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60
Viertes Kapitel.
wir dann den Ort nur noch einmal — in einer Urkunde von
1498 1 — erwähnt. Dort ist die Rede von der Weckolsheimer Ge-
meinde und dem rappoltsteinischen Schultheifsen. Haäenschlag 2 sehen
wir im Jahre 1498 1 im Besitze der Herren von Rappoltstein, die es
— nach Schoepflin 3 — 1495 von den von Reichenetein gekauft
hatten. Jene waren in diesem Dorfe gleichfalls Bannherren, be-
Bafsen „zwing vnd bann mit aller bannsgerechtigkeit". Früher
als die eben erwähnten Orte mufs endlich Baigau 4 rappoltsteinisch
geworden sein, nämlich zwischen 1361 6 und 1448 6 , nicht erst
gegen 1 500, wie man noch jüngst angenommen hat 7 . Die Rappolt-
steiner waren, wie aus dem oben angezogenen Weistum von 1448
hervorgeht, Bannherren von Baigau 8 , sie besafsen dort das Nieder-
gericht 9 . Auch hatten sie den Jagdbann. Über das Hochgericht
sagt unser Weistum nichts aus. Nachdem die Herrschaft sich zeit-
weilig (1491 10 — 1493) mit den Neuensteins in den Besitz des Dorfes
geteilt hatte, war sie seit 1493 11 wieder alleinige Inhaberin von Baigau.
Aufserhalb dieser (im Jahre 1648) die Herrschaft Rappolt-
stein umfassenden sieben Amter haben wir noch bedeutende zur
Herrschaft gehörige Besitzungen. Es kann nicht unsere Aufgabe
sein, auf alle rappoltsteinischen Güter und Rechte einzugehen.
Wir werden uns auf die wichtigsten beschränken.
1) V, Nr. 1396. 2) Über Hattenschlag vgl. REL III, 1, S. 432.
3) AI II, S. 117. Einen urkundlichen Beleg gibt Schoepflin nicht.
4) Über Baigau vgl. REL III, 1, S. 50 (1288 war Baigau noch Reichs-
gut, s. Böhmer, Acta imp. selecta, S. 360). 1300 hatte Habsburg in Baigau,
das zum Amte Ensisheim gehörte, die Hochgerichtsbarkeit. S. HU I, S. 16.
Auch Baigau erscheint 1507 fälschlich unter den rappoltsteinischen, der
Abtei Murbach aufgetragenen, Eigengütern. Es war, wie Heiteren (über
die3en Ort vgl vorige Seite), österreichisches Lehen.
5) Der von Laubgessen empfängt damals von Habsburg „Balgdwe daz
dorf, twing vnd benne" zu Lehen; H. Urb. II, 1, S. 445.
6) Das betr. Weistum vom Jahre 1448 s. Grimm, V, S. 354 ff : „Orde-
nung zuo Baligou, so min gnedige herschaft zuo Rappoltzstein etc. beibin
hat 41 . (Von Albrecht übersehen, auch im REL nicht erwähnt.)
7) K. Schmidt in REL III, 1, S. 50, (nach Schoepflin AI II, S. 117).
8) S. Weist., bes. §§ 1, 6, 10.
9) „Der scbultheisz unser gnedigen herschaft zuo Rappoltzstein" wird
erwähnt, s. ebd.
10) V, Nr. 1050 „Balgenaw mit zwinngen, pennen mit sambt dem geriht
daselbs".
11) V, Nr. 1201.
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Die Zeit von 1373 bis 1500.
61
Von dem teilweise sehr grofsen, schon oben erwähnten Grund-
besitz der Rappoltsteiner in Sigolsheim, Kienzheim, Sulzmatt usw.,
der auch zu dieser Zeit in ihren Händen gewesen ist, werden wir
ganz absehen, desgleichen von den Orten, wie z. B. St. Pilt, Eng-
weiler, den Dörfern Münzenheim \ Bischweier \ Appenweier 1 und
Andolsheim l , der Herrschaft Ochsenstein *, die nur vorübergehend
zur Herrschaft gehört haben.
Wenden wir uns von Süden nach Norden. In Egisheim *
besafs die Herrschaft Rappoltstein einen Dinghof. 1414 4 fand
eine Erneuerung des Dinghofbuches statt. Zweifellos ist dieser
Dinghof identisch mit jenem „dinghoff zu Egensheim", den (der
schon öfters erwähnte) Wilhelm von Girsberg 1410 5 an Smafs-
mann von Rappoltstein versetzt, denn niemals hören wir vorher
etwas von einem rappoltsteinischen Dinghofe zu Egisheim, und
später wird der Dinghof der Herrschaft Rappoltstein stets der
„Girepergk dinghoff" 6 genannt. Zu ihm gehörten — nach jener
Aufzeichnung von 1414 — u. a. 2 Juchart und 460 { Schatz
Reben, 15| Juchart, 16 Mannesmatten, 23 Ruthen und 4i Tag-
wannmatten, „aufserdem 2 matten und ein mettelin", und endlich
28 Juchart und 80} Ruten Acker, „aufserdem 2 acker und 2 bletzer;
4 rütten holtz". Diese so überaus umfangreichen Güter, die in
den rappoltsteinischen Dinghof zu Egisheim zinsen, dürfen wir
wohl mit Recht als Besitz der Herrschaft Rappoltstein ansprechen.
Die Herren von Rappoltstein waren möglicherweise die gröfsten
Grundherren in Egisheim, hoheitliche Rechte besafsen sie dort
nicht. Österreich erlangte die Herrschaft über den Ort, wohl auf
Grund der Vogtei 7 . In Ammerschweier kaufte im Jahre 1434 8
1) Diese Orte waren Lehen von Württemberg, vgl. II, Nr. Nr. 91,
160 und a. a. O.
2) 1487 (V, Nr. 844f.) bis 1490 (V, S. 640 oben [Index]) rappolteteinisch
als Metzer Bistumsleben.
3) Über Egisheim vgl. BEL III, 1, S. 276 f.; schon 1262 (I, Nr. 100)
besafsen die Rappoltsteiner einen Hof zu Egisheim.
4) III, Nr. 107. 5) III*, Nr. 31. 6) S. Grimm a. a. O.
7) Habsburg besafs die Vogtei über einen der Abtei Murbach gehörigen
Hof zu Egisheim (s. die betr. Urkunde von 1259 bei Aloys Schulte, „Geschichte
der Habsburger in den ersten drei Jahrhunderten", Innsbruck 1887, S. 84 f.,
Anm. 1).
8) IH, Nr. 824.
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62 Viertes Kapitel. Die Zeit von 1373 bis 1600.
■
Smafsmann von Rappoltstein zu dem schon damals nicht unan-
sehnlichen Besitze 1 noch 21 Juchart Reben und einen Hof
hinzu. Die bedeutenden Güter der Herrschaft in Reichenweier 2 ,
die sie wohl schon früher dort besafs, begegnen uns urkundlich
erst in dieser Periode. Weiter waren die Herren von Rappolt-
stein im Wineenheimer 3 Banne und in Grussenheim* reich be-
gütert. 1470 5 hören wir von 11 Tagewannmatten , die sie im
Winzenheimer Banne besitzen, „im Grufsenheimer rieth" waren
1463 6 24 Tagewannmatten rappoltsteinisch. Hoheitliche Rechte be-
safs die Herrschaft in keinem der beiden Orte und Bärme. Öster-
reich, dem das Hochgericht 7 zu Winzenheim und das (Nieder-?)
Gericht 8 zu Grussenheim zustand, gewann die Herrschaft. Interes-
sant sind die Verhältnisse zu Innetiheim 9 . Im Banne dieses
Dorfes hatten die Rappoltsteiner einen sehr bedeutenden Grund-
besitz: 1423 10 verleiht Smafsmann von Rappoltstein an N. N.
u. a. „hundert acker vnd 2 dawen [== tagwan] matten gelegen
in dem bann zü Innenheim in drigen velden". Hoheitliche Rechte
fehlten Rappoltstein; das Reich, in dessen Händen die Bannherr-
schaft 11 war, erlangte die Hoheit über diesen Ort. In MtUzig n
haben wir die gleiche Erscheinung zu beobachten. Auch dort
waren ansehnliche Güter rappoltsteinisch 13 . Jedoch vermochte
dieser Grundbesitz nicht, die Hoheit der Herrschaft über den
Ort herbeizuführen. Ebenso war es in Rothenkirchen u und im
Tränheimer xb Banne; in diesem gehörten Rappoltstein 32 Acker 16
1) S. oben S. 28. 2) Über Reichenweier s. oben S. 25.
3) Über Winzenheim vgl. REL III, 2, S. 1218.
4) Über Grussenheim REL III, 1, S. 372. 5) IV, Nr. 1029.
6) IV, Nr. 774. 1
7) H. Urb. I, S. 17; auch die Steuer war habsburgisch. S. ebd. II, S. 427.
8) H. Urb. II, 1, S. 427.
9) Über Innenheim, das Reichsgut war, vgl. REL III, 1, S. 484.
10) III, Nr. 250.
11) 1403 Februar 4 verleiht Kaiser Ruprecht dem Ritter Thomas von
Endingen das Dorf Innenheim mit Zwing und Bann (s. Chmel, „Regesta
Roperti Regia Romanorum •* Nr. 1437, Wien 1838).
12) Über Mutzig vgl. REL III, 2, S. 745 f.
13) 1452 verleihen die Rappoltsteiner Gülte auf „zehen acker reben in
Mütziche bann an einander gelegen' 4 , ein anderes Mal auf 3| (andere) Acker
Reben". IV, Nr. Nr. 424», 428.
14) Über Kothenkirchen vgl. REL III, 2, S. 919.
15) Über Tränheim vgl ebd. S. 1120 f.
16) IV, Nr. 154 (S. 105), V, Nr. Nr. 606, 614. Das Kloster Schwarzach
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Fünftes Kapitel. Überblick über die Herrschaft Rappoltstein. 63
und in Rothenkirchen 28 Feldäcker K Schliefslich wären noch —
um nur die wichtigsten Orte zu erwähnen — •Oberhausbergen *
und Scharrachbergheim 3 zu nennen, die um die Mitte, bzw. gegen
Ende des 15. Jahrhunderts an Rappoltstein kamen. In beiden
Dörfern stand ihnen die Bannherrschaft zu, in Scharrachbergheim
war mit dieser ein beträchtlicher Grundbesitz verbunden 4 .
Fünftes Kapitel.
Überblick über die Herrschaft Rappoltstein.
■
Führen wir uns jetzt nach dieser Übersicht über die Einzel-
heiten in grofsen Zügen das Wachstum der Herrschaft Rappolt-
stein vor Augen. Den Grundstock der Herrschaft hat jedenfalls
Rappertsweiler mit seinen Burgen, sowie Gemar gebildet. Um
1300 sind Rappoltsweiler, die drei Burgen Höh-, Grofs- Rappolt-
stein und Girsberg, Gemar, die Judenburg (?), die Burg Hohen-
ack, Weier im Tal und Heiteren Mittelpunkte kleinerer oder
gröfserer Rappoltsteinischer Komplexe. Um 1400 ist die ganze
Herrschaft Hohenack mit dem Urbeistale hinzugekommen, ferner
das Lebertal, sodann u. a. Hausen und Ohnenheim. Um 1500
finden wir fast das ganze im Jahre 1648 die Herrschaft um-
fassende Gebiet der sieben Amter, sowie zahlreiche Ortschaften
aufserhalb derselben, im Besitze der Rappoltsteiner. Hinzu-
gekommen ist vor allen Dingen die Südwestecke (Wasserburg,
Griesbach, Günsbach, Burg Girsberg, Walbach usw.) und der Nord-
westen (Thannkircb, ein grofser Teil des Lebertales).
hatte einen Dinghof zu Tränheim. Das betr. Weistum (in REL nicht er-
wähnt) s. Grimm I, S. 736ff. und V, S. 430 ff.
1) IV, Nr. 410» [1451J und a. a. 0.
2) Über Oberhausbergen Tgl. REL III, 2 S. 792. Von der Mitte des
15. Jahrhunderts an war Oberhausbergen „mit aller herlicheit" rappoltsteinisch,
vgl. IV, Nr. 408» und a. a. 0.
3) Über Scharachbergheim vgl. REL III, 2, S. 991. Vor 1474 (V,
Nr. 35) war Schlofs und Dorf Scharachbergheim „mit allen güttern, begriffen,
gerichten betten, sturen . . ., mit aller herlichheit vnd zftgehorde" rappoltsteinisch.
4) S. V, Nr. Nr. 35, 676 und a. a. 0.
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64
Fünftes Kapitel.
Wenn wir von der „Herrschaft" Rappoltstein sprechen, so
verstehen wir dtrunter den ganzen „Komplex von Besitzungen
und Rechten, welche in der Person" 1 der Rappoltsteiner „zu-
sammentrafen" 1 . Schon in der fränkischen Zeit hören wir von
Herrschaften, die sich um einen Fronhof gruppierten. Die Herr-
schaft Rappoltstein setzte sich zusammen aus verschiedenen Herr-
schaften oder Herrlichkeiten („Egkerich herlicheit", Herrlichkeit
zu Diedenshausen, Herrschaft oder Herrlichkeit Hohenack usw.),
deren Mittelpunkt gewöhnlich eine Burg war, und in denen dem
Besitzer eine Reihe ungemein verschiedenartiger Rechte zustand.
Wir haben zu scheiden zwischen Herrschaftsrechten privaten und
hoheitlichen Charakters. Unter letzteren verstehen wir solche, die
direkt oder indirekt vom Staate abgeleitet sind. Aber es ist zu
betonen, dafs auch diese hoheitlichen Rechte private Verkefirs-
objekte waren: sie konnten nach Belieben vertauscht, verpfändet
oder verkauft werden. Zuweilen ist es schwer, eine scharfe
Grenze zwischen diesen Arten von Rechten zu ziehen (z. B. bei
den oben ausführlich behandelten „Gezögen"). An Rechten pri-
vater Natur besafs die Herrschaft Zehnte mancherlei Art,
Kirchensätze, Gülten, Grundzinsen, Renten, grundherrliche Rechte,
wie auch endlich die grundherrliche Gerichtsbarkeit. Von hoheit-
lichen Gerechtsamen: die Hochgerichtsbarkeit, die Bannherrschaft
(niedere Gerichtsbarkeit), Steuern (Schatz, Bede, Gewerf, Ungeld
usw.) , Zölle und ähnliches. Wir gewahren ein buntes Durch-
einander von privaten und hoheitlichen Gerechtsamen. Erstere
finden wir überall da, wo die Rappoltsteiner begütert waren. Sie
haben, so wichtig sie auch in finanzieller Hinsicht gewesen sein
mögen, allein für sich bei der Entwicklung der Herrschaft
keine Rolle gespielt, sie haben erst dann staatliche Bedeutung er-
langt, wenn mit ihnen hoheitliche Rechte verbunden waren. So
begegneten uns grundherrliche Rechte der Herrschaft Rappoltstein
auch aufserhalb ihrer Amter, dort wo es niemals zur Ausbildung
der Hoheit gekommen ist: in der württembergischen Herrschaft
Horburg (Reichenweier *, Bebeinheim * usw.), in den zu Österreich
gehörigen Ortschaften (Egisheim *, Ammerschweier 4 , Sigolsheim 5
usw.) und noch in vielen Orten, die anderen Herrschaften ge-
1) Fehr. S. 76. 2) S. oben S. 24, 62. 3) S. oben S. 61.
4) S. oben S. 28, 61. 5) S. oben S. 28.
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Überblick über die Herrschaft Rappoltstein. 65
hörten. In der Mehrzahl dieser Dörfer und Banne, so in Heies-
bach *, Sulzmatt 2 , Egisheim 8 , Ammerschweier 4 , Sigolsheim 6 ,
Reichenweier 8 , Grussenheim*, Mutzig 8 , Innenheim 8 , Rothen-
kirchen 7 hatten sie einen ganz bedeutenden Grundbesitz, aber
nirgends standen ihnen hier hoheitliche Rechte zu. Wie stand
es aber mit der Verteilung dieser letzteren?
Rappoltsweiler 8 , der Hauptort Rappoltsteins, war der Mittel-
punkt eines Bannbezirkes, in dem die Rappoltsteiner Hoch- und
Niedergericht ausübten. Auf der in der Nähe gelegenen Burg
Girsberg 9 hatten sie gleichfalls die Bannherrschart, zweifellos auch
auf den Burgen Höh- und Grofsrappoltstein 10 . Von Rappolts-
weiler weiter nach Südosten gehend, stofsen wir auf Ellen weUer 11 ,
Gemar 1 * und Ohnenheim 13 . In all diesen Orten war die Bann-
herrschaft rappoltsteinisch, in Gemar 14 auch das Hochgericht
Nordwestlich und westlich von Rappoltsweiler finden wir die
Hauptmasse der Allodien der Herren von Rappoltstein, denen in
jenen Gebieten, in Thannkirch ,6 , Eckerich 16 , dem Lebertale 16 Bann-
herrschaft und hohe Gerichtsbarkeit zustanden. Südlich vom Leber-
tale 16 aus lagen die Judenburg mit dem Dorfe Diedenshausen 17 , von
da aus südöstlich die Burg Hohenack und die vier Kirchspiele 18 : auch
in diesen „Herrlichkeiten" war die Herrschaft im Besitze von Hochge-
richt und Bannherrschaft. In der Südwestecke folgen die Bannbezirke
der Dörfer und Burgen Wasserburg 19 , Griesbach 19 , Günsbach I9 ,Plix-
burg 19 , Girsberg 20 , Weier im Tal* 1 , Walbach", und Zimmerbach 22 .
Allerorten besafs hier die Herrschaft das Niedergericht, zu dem
sich auf der Wasserburg auch noch das Hochgericht gesellte.
Lenken wir unsere Schritte von dieser Burg dem Rheine zu, so
stofsen wir südöstlich auf Baigau M und Heiteren M , östlich auf die
Dörfer Hattenschlag 26 und Weckolsheim* 5 , wo die Rappoltsteiner
1) S. oben S. 46 f. 2) S. oben S. 43. 3) S. oben S. 61.
4) 8. oben S. 28, 61 f. 5) S. oben 8. 28, 43. 6) S. oben S. 62.
7) S oben S. 62 f. 8) S. oben S. 47 f. 9) S. oben S. 38.
10) S. oben 8. 66; in unseren (uns überlieferten) Urkunden wird sie
nicht besonders erwähnt.
11) S. oben 8. 23 f. 12) S. oben S. 49 f. 13) S. oben S. 41, 51.
14) S. oben S. 50. 15) S. oben S. 48 f. 16) S. oben S. 53 f.
17) S. oben S. 44, 55f. 18) S. oben S. 54ff. 19) S. oben S. 57 f.
20) 8. oben S. 56 f. 21) S. oben S. 56. 22) 8. oben 8. 58 f.
23) S. oben S. 60. 24) 8. oben S. 31 f. 25) 8. oben S. 59 f.
5
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66 Fünftes Kapitel.
gleichfalls allerorten Inhaber der Bannherrschaft waren. In deD
nordwestlich und nordöstlich von Colmar gelegenen Ortschaften
Bennweier l , Zellenberg 1 und Weier aufm Land 2 sehen wir Hoch-
gericht und Bannherrschaft vereint in ihren Händen. In Hausen
bei Colmar 3 besafs Rappoltstein wohl nur die Bannherrschaft Die
genannten Orte und Burgen gehörten samt und sonders zu den
späteren Amtern. Der rappoltsteinische Grundbesitz innerhalb
dieser Amter war, wie z. B. in Heiteren 4 und Diedolshausen 5
augenscheinlich oft sehr gering: Klöster, weltliche Herren hatten
vielleicht das Zwei-, Drei-, Vier- und Mehrfache in dem betreffen-
dem Dorfe. Aufserhalb dieser Amter besafsen die Rappoltsteiner
die Bannherrschaft in den südöstlich von Schlettstadt gelegenen
Ortschaften Saasenheim 6 und Linkenheim 6 und den nördlich von
ihnen liegenden Dörfern Kagenheim 6 , Fessenheim 7 , Birlenbach 6
und einigen anderen mehr.
Mit dem Besitze der Bannherrschaft und des Hochgerichtes
dürfte wohl fast stets der von Steuern, Zöllen und ähnlichen
hoheitlichen Rechten verbunden gewesen sein, doch ist die Er-
wähnung dieser Rechte in den Urkunden oft eine formelhafte, so
dafs es völlig verfehlt sein würde, sie zu einer genauen statistischen
Besprechung zu benutzen 8 .
Mannigfaltig wie die Art und die Verteilung dieser Rechte
war auch ihre Ableitung. Die Herrschaft setzte sich [um 1500]
zusammen aus Lehen vom Reich, aus solchen von Österreich, von
Württemberg 9 , von Lothringen, von Luxemburg usw., aus Lehen
von Stiftern und Abteien wie Basel 10 , Bamberg, StrafBburg,
Metz Murbach und Peterlingen und endlich aus Eigengütern. Es
1} S. oben S. 52. 2) S. oben S. 52 f. 3) S. oben S. 41, 52.
4) S. oben S. 30. 5) S. oben S. 44. 6) S. oben S. 45.
7) S. oben S. 33.
8) Eine Ausnahme bilden Rappoltsweiler und Gemar, über die dortigea
Steuern, Beden usw. berichten uns ausführlich die Teilungsurkunden (s. oben
S. 26 ff., 48 f.).
9) U. a. die nur vorübergehend in rappoltsteinlschem Besitze befind-
lichen Dörfer Münzenheim, Bischweier, Andolsheim und Appenweier (vgl.
S. 61), den Rirchensatz in Rappoltsweiler (III, Nr. 111).
10) Auf die aufserordentlich bedeutenden Güter, die die Rappoltsteiner
in Ammerschweier , Sigolsheim usw. vom Baseler Stifte zu Lehen trugen,
können wir nicht näher eingehen.
11) U. a. Herrschaft Ochsenstein s. oben S. 61.
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Überblick über die Herrschaft Rappoltstein.
67
würde zu weit führen, die Ableitung aller Rechte 8 zu betrachten. Wir
beschränken uns hier in der Hauptsache darauf, generell zusammen-
zustellen, von wem die Herrschaft dieses oder jenes Dorf (samt
dem Gerichte) zu Lehen hatte.
An Reichslehen besafs Rappoltstein: Gimsbach, Griesbach,
die Plixburg, Hausen, Ellen wei ler und Ohnenheim; als Lehen
von Osterreich: Baigau, Heiteren, Weier aufm Land, die
Herrschaft Hohenack mit Burg Hohenack und den vier Kirch-
spielen Zell, Urbeis, Schnierlach und Urbach, endlich die Juden-
burg und (?) Diedolshausen ; als Lehen von Lothringen: Saulcy,
Fraize und Plainfaing 3 ; als Lehen von Luxemburg: die Burg
Girsberg bei Rappoltsweiler. Basler Stiftslehen der Herrschaft
waren: Rappoltsweiler, Grofs- und Höh - Rappoltstein , Weier im
Tal und das Urbachtal; Strafsburger Bistumslehen: Gemar, Zellen-
berg und Bennweier. Das Bistum Bamberg beanspruchte die
Lehnsherrlichkeit über die Burgen Grofs- und Höh- Rappoltstein
(strittig zwischen Bamberg und Basel). Lehen von Peterlingen
war: Burg und Tal Wasserburg. Allodien der Herrschaft waren
endlich: Weckolsheim, Hattenschlag ($), Walbach, Zimmerbach,
St Wilhelm, Klein -Leberau, Eckerich, Thannkirch, Saasenheim,
Linkenheim u. a. m. 1507 4 wurde der gröfste Teil dieser
Allodien der Abtei Murbach von den Rappoltsteinern zu Lehen
aufgetragen. Zuweilen wird die Lehnsabhängigkeit eine ursprüng-
liche gewesen sein; öfters aber haben die Rappoltsteiner (wie
1507 an Murbach), wegen der damit verbundenen Vorteile, ihren
Eigenbesitz mächtigen Herren oder Stiftern übertragen und als
Lehen zurückempfangen.
Die Ableitung der Rechte von so viel verschiedenen Lehns-
herren trat bei der territorialen Bildung in den Hintergrund. Wir
lernten die Verschiedenheit der Rechte privater und hoheitlicher
Natur, deren sehr verschiedene Verteilung und Intensität kennen:
2) Auf die gleichfals aufserordentlich mannigfaltige Ableitung der
Güter sei hier nur verwiesen.
3) Wie lange diese Besitzung als lothringisches Lehen in den Händen
der Rappoltsteiner gewesen, entzieht sich meiner Kenntnis.
4) Ob allerdings alle in der betr. Urkunde (s. Schoepflin AD, Nr. 1440)
genannten Orte Allodien der Rappoltsteiner waren, ist mehr als zweifelhaft,
da auch Heiteren und Ohnenheim als solche erscheinen, ohne es in Wahr-
heit zu sein.
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68 Fünftes Kapitel. Überblick über die Herrschaft Rappoltstein.
hier fanden wir die Herrschaft im Besitze der geschlossenen Ge-
richtsbarkeit über gewisse Gebiete, dort nur im Besitze vereinzelter
privater Rechte.
Aber wir konnten die Beobachtung machen, dafs sich um die
rappoltsteiniBchen Burgen, um Kappoltsweiler herum ein fester
Grundstock gebildet hatte und dann wieder um andere Mittel-
punkte herum in anderen Teilen der Herrschaft. Wenn wir
fragen, warum es hier, warum dort zur Bildung der Herr-
schaft Rappoltstein gekommen, was diese geschaffen, so ist
deren Entwicklung nicht herzuleiten aus grundherr-
lichen Rechten, sondern aus hoheitlichen. In den Ge-
bieten, in denen es zur Ausbildung der rappoltsteinischen Herr-
schaft gekommen ist, insbesondere im Bereiche der späteren Ämter,
waren, wie wir sahen, überall hoheitliche Rechte in den Händen
der Rappoltsteiner, vor allem hohe Gerichtsbarkeit und Baunherr-
schaft. Die Gerichtsbezirke der Bannherrschaft und
des Hochgerichts wurden die territoriale Grundlage
der späteren Amter, der eigentlichen Herrschaft Rap-
poltstein. Und auch aufserhalb der Amter erlangten sie überall
da die Herrschaft über dieses oder jenes Dorf, wo es ihnen ge-
lungen war, solche Rechte zu erwerben, wie z. B. in Saasen- und
Linkenheim. Ihr Grundbesitz war hier fast allerorten nur gering.
Umgekehrt hatten sie, wie wir sahen, an vielen Orten einen reichen
Grundbesitz, wie in Egisheim, Ammerschweier, Reichenweier, ohne
dafs von irgendwelchen rappoltsteinischen Hoheitsrechten die Rede
sein konnte. Diese waren im Besitze von Württemberg, Habsburg
oder anderer Herrschaften. Manchen Ortes allerdings, wo es zur
Ausbildung der Herrschaft Rappoltstein gekommen, gesellte sich
ein sehr bedeutendes Grundeigentum zum Besitze der Gerichts-
barkeit, wie in Gemar, Rappoltsweiler, Kagenheim und sonst. Aber
der Grundbesitz an sich schuf nicht die herrschaftlichen Gewalten,
die zu territorialen Bildungen irgendwelcher Art führten, und was
Fehr 1 vom Breisgaugrafen sagt, trifft also auch für die Rappolt-
steiner zu: „nicht als gröfste Grundherren" gewannen sie die
Hoheit über ihre Herrschaft.
War auch die Entwicklung der Herrschaft Rappoltstein nicht
herzuleiten aus grundherrlichen Rechten, so war dort die grundherr-
1) 8. 76.
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Sechstes Kapitel. Rappoltsteins Verhältnis zu Landgrafschaft u. Reich. 69
liehe Verfassung von grofser Bedeutung für die Bildung herrschaft-
licher Gewalt. Naturgemäfs bildete sich die Herrschaft Rappolt-
stein zuerst um Burgen, um Fronhöfe, die zu Dinghöfen geworden
waren. Die Gerichtsbezirke schlössen sich an die bestehenden
grundherrlichen Institutionen an. Die grundherrliche Verfassung
war nicht die rechtliche Grundlage der Herrschaft, oft aber die
tatsächliche.
Wir verfolgten die Entstehung und Entwicklung unserer
Herrschaft und fanden, dafs hoheitliche Rechte zu ihrer Bildung
gefuhrt. Wir bemerkten die aufserordentliche Intensität dieser
Rechte, insbesondere der Hochgerichtsbarkeit und der Bannherr-
schaft. Fast allerorten im Bereiche der Ämter dürfte Rappoltstein
die hohe Gerichtsbarkeit besessen haben. Aber besafs es des-
wegen Territorialhoheit? Eine Antwort auf diese Frage werden
wir erst dann zu geben vermögen, wenn wir das staatsrechtliche
Verhältnis der Herrschaft, ihre Stellung zu den oberen Gewalten
geklärt haben.
Sechstes Kapitel.
Das Verhältnis der Herrschaft Rappoltstein zur Land-
grafschaft und zum Reiche.
Nach unten hin war die Herrschaft dort, wo sie die Bann-
herrschaft oder gar die Hochgerichtsbarkeit besafs, fest abge-
schlossen; gleichviel unter welchem Rechtstitel die Rappoltsteiner
diese Gerechtsame innehatten — ob als Reichslehen oder als
anderes Lehen — , alle ihre Untertanen standen in strengem Pflicht-
und Abhängigkeitsverhältnis. Aber nach oben hin war das Ver-
hältnis unbestimmt. Hier machte sich die verschiedene Lehns-
abhängigkeit doch bemerkbar. Weiter war unklar und unbestimmt
das Verhältnis zur Landgrafschaft Österreich, als Inhaber dieser,
wird sich oft, wie in Heiteren, wo das Hochgericht in seinen
Händen war und die Rappoltsteiner nur die Bannherrschaft be-
safsen, eine Reihe von Rechten gewahrt haben. Manche Teile
der Herrschaft dürften zwar ganz frei gewesen sein, andere aber
werden niemals aus der von Österreich abhängigen Landgrafschaft
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Sechstes Kapitel.
ausgetreten sein. Diese Unbestimmtheit zeigt sich auch in den
Nachrichten, die direkt über das Verhältnis der Herrschaft Rappolt-
stein zur Landgrafschaft, zum Reiche oder über Reichsstandschaft
melden. Wir haben zwei Nachrichtenreihen. Aus der einen geht
hervor, dafs die Herrschaft im Verbände der Landgrafschaft ver-
blieben ist, während die andere Reichsunmittelbarkeit und Reichs-
standschaft dartut.
1. Verhältnis zur LandgTafschaft.
Uber die Beziehungen der Rappoltsteiner zu den Landgrafen
erfahren wir zum ersten Male Näheres in den oben ausführlich
kritisierten Urkunden über Heiteren aus den Jahren 1314 und
1315. Nur in diesem einzigen Falle sind wir, für einen Ort der
Herrschaft Rappoltstein (nämlich für das eben genannte Heiteren),
über die Verteilung der Gewalt zwischen den österreichischen
Landgrafen und den Rappoltsteinern unterrichtet Für die öster-
reichischen Lehen der letzteren dürfte dies Verhältnis, wenigstens
noch öfters, ein ähnliches gewesen sein. Dafs Rappoltstein zur
Landgrafschaft gehört und keine exzeptionelle Stellung ein-
genommen hat, dürfen wir vielleicht indirekt aus einer Nach-
richt von 1342 1 scbliefsen. Damals verspricht Jobann von Rappolt-
stein der Herzogin im Sundgau [der Elsafs gehörte dazu] „beraten
und beholfen zu sein und für den Fall, dafs sie nicht mehr im
Lande sei, ihrem Landvogte in gleicher Weise zu dienen". Johann
von Rappoltstein unterstand also dem Landvogte. Die Urkunde
vom 9. Juni 1396 2 , durch die König Wenzel dem Bruno von
Rappoltstein die besondere Gnade erweist wegen der Güter, die
er von ihm und dem Reiche zu Lehen hat, nur vor dem Land-
vogt im Elsafs und den Reichsmannen daselbst vor Gericht zu
erscheinen, sagt nichts über das staatsrechtliche Verhältnis der
Herrschaft Rappoltstein zur Landgrafschaft. Dafs sie zu dieser
gehört hat, wird direkt in der von Overmann angezogenen, von
uns schon oben berührten, Urkunde aus dem Jahre 1410 8 aus-
gesprochen. Damals tritt Katharina von Burgund, Herzogin zu
Österreich, kraft des ihr in der Landgrafschaft Elsafs zustehenden
Rechtes („als wir in vnser lantgrafschafft zu Elsas solich reht
1) I, Nr. 533. 2) II, Nr. 453.
3) III, Nr. 46, S. 52, vgl. Overmann, S. 96, Anm. 4.
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Kappoltsteins Verhältnis zu Landgrafscbaft und Reich 71
haben"), Erbe und Güter verstorbener Bastarde an sich zu ziehen,
dem Smafsmann von Rappoltstein dieses Recht ab für seine Herr-
schaft, „die doch in vnser obgenanten lantgraveschafft gelegen
ist". Dafs ein Rappoltsteiner selbst, Caspar, 1451 1 in einem
Briefe sagt, er sei in der Landgrafschaft gesessen, bemerkt gleich-
falls bereits Overmann *. Auch das Regest einer (verloren ge-
gangenen) Urkunde von 1469 3 dürfte in dieser Hinsicht anzu-
sprechen sein : Wilhelm von Rappoltstein leistet dem Herzog Karl
von Burgund, als dem Inhaber der von Herzog Sigmund von
Osterreich verpfändeten Landgrafschaft Oberelsafs (und der Graf-
schaft Pfirt), den Eid der Treue. Dafs die Herrschaft nicht aus
dem Landgrafschaftsverbande ausgetreten ist, beweist ferner, wenn
ich recht sehe, ein Brief Kaiser Friedrichs III von 1487 März 2 4 :
dem Wilhelm von Rappoltstein schreibt der Kaiser, unter Be-
zugnahme darauf, dafs Erzherzog Sigmund von Österreich „be-
weget wirdet", den Wilhelm vom Rappoltstein „vnd annder vnder-
sassen der furstenthumb vnd lannde, zu vnnserm haws Osterreich
gehörig, so er ytzo besitzet vnd regiret", ihrer Pflichten zu ent-
binden. Falls an ihn, Wilhelm von Rappoltstein, — fahrt Friedrich
fort — oder andere „vnser vnd vnnsers haws furstenthumb vnd
land vnnderthan begert wurde", solle er sich dessen weigern.
In diesem Briefe wird der Rappoltsteiner Untersafs und Unter-
tan der österreichischen Fürstentümer und Lande genannt Als
weiterer Beweis, dafs die Rappoltsteiner in der Landgrafschaft
verblieben sind, dürfte eine Urkunde von 1495 Juli 16 6 zu
gelten haben. In dieser beurkunden Wilhelm, Smafsmann und
Bruno von Rappoltstein eine mit dem römischen Könige Maxi-
milian geschlossene Vereinbarung über die in ihren [rappolt-
steinischen] Herrschaften Rappoltstein, Hohenack usw. (jetzt oder
künftig) zu erschliefsenden Bergwerke. Die Rappoltsteiner ver-
sprechen die Hälfte des Ertrages ihrem [„demselben vnserm"]
„ allergnedigisten herren dem Romischen kunig vnd seinen erben
als lanndsfursten" [die andere Hälfte soll ihnen selber zufallen].
Sie bitten, dafs „sein ku. mt. vnd ir erben als vnnser aller-
1) IV, Nr. 1225. 2) S. oben S. 7 f.
3) IV, Nr. 953: „il (Wilhelm von Rappoltstein) promett a mondit
seigneur toute teile obeissance et fidelite comme des aultres barons et nobles
dicenlx pays cy rendans".
4) V, Nr. 832. 5) IV, Nr. 1283.
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72
Sechstes Kapitel
gnedigister herr vnd lanndsfurst" sie und ihre Erben „bey solichen
. . . bergwerchen . . . schützen vnd schirmen" möge. Wir hören hier
also, dafs dem König als Landesfürsten, nicht nur als Lehnsherrn,
das Bergregal in rappoltsteinischen Gebieten zusteht. Aus allen
diesen Nachrichten geht hervor, dafs die Herrschaft Rappoltstein
zum gröfsten Teil — vielleicht sogar vollständig — im Verbände
der Landgrafschaft gewesen und verblieben ist, nur der kleinste
Teil war möglicherweise eximiert.
2. Verhältnis zum Reiche.
Die älteste Nachricht, die über die Stellung der Rappoltsteiner
zum Reiche Aufschlufs gibt, stammt aus den ersten Jahrzehnten
des 16. Jahrhunderts: Ulrich von Rappoltstein erhebt in einer
Urkunde von 1431 \ in der er durch seinen Fürsprecher klagt,
dafs 200 seiner Bürger im Walde zwischen Gemar und Colmar
ermordet seien, von Colmar den Anspruch auf Schadenersatz,
„nach dem er dann des heiligen Romischen, richs friier herren
einer vnd gelid wäre" 2 . Dieser Anspruch wird dem Rappolt-
steiner von niemandem, auch nicht von den Schiedsrichtern be-
stritten. Und wenige Jahre darauf, am 3. April 1434 3 , erklärt
Kaiser Sigismund die Else Wetzel, die Gemahlin Smafsmanns von
Rappoltstein, und deren (wie Smafsmanns) Kinder, die er in den
Stand des Vaters erhebt, für reichsfrei, sie sollen „des heiligen
Romischen richs fryen sin, heissen vnd von allermeniclichs genant" 4
werden „vnd ouch fryen recht, ere vnd wirdikeit . . . haben".
1) III, Nr. 683: „Die Brüder Ludwig III. und Stephan, Pfalzgrafen
bei Rhein und Herzoge in Bayern und ihre Räte entscheiden die zwischen
Ulrich, Herrn zu Rappoltstein, und der Stadt Colmar obschwebenden Streitig-
keiten ".
2) S. ebd. S. 333 (S. 334); vgl. auch einen Brief von 1473 des Rates
von Basel an den Ritter von Epptingen, in dem der Rat spricht von den
„herren von Rappoltzstein, die doch gelider des heiligen Richs als ouch wir
syent" s. V, Nr. 10 (1473).
3) Die (schon von Albrecht [s. m. Einleitung] angezogene) Urkunde
s. III, Nr. 781: „Der Römische Kaiser Sigmund erklärt die Ehe Smafsmanns,
Herrn zu Rappoltstein, mit Else Wetzel für eine rechte Ehe und die vor der
kirchlichen Einsegnung erzeugten Kinder (Caspar, Wilhelm, Stephanie,
Beatrix, Emich und Verena), ebenso wie alle zukünftigen Kinder für ehelich,
lehenbar und erbberechtigt; desgleichen erklärte er Else Wetzel und ihre
Kinder für reichsfrei".
4) S. ebd. S. 375.
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Rappoltsteins Verhältnis zu Landgrafschaft und Reich. 73
Aber nicht allein reichsfrei, sondern auch reichsstandisch
waren die Rappoltsteiner: 1422 1 erscheint Smafsmann von Rappolt-
stein in der Liste der Reichsstände, die sich dafür entschieden
haben, den hundertsten Pfennig zum Kriege gegen die Hussiten
steuern zu wollen. Derselbe Rappoltsteiner wird 1426 2 unter den
Reichsständen genannt. Sodann sind 1431 3 in einem Verzeich-
nisse der Reichsstände (Grafen und Herren) vom Reichstage zu
Nürnberg auch „die von Rapoltzstein" aufgeführt. Merkwürdiger-
weise finden wir in den Listen der Reichsstände, die 1475 4 auf
die Aufforderung Kaiser Friedrichs III. im Reichsheere vor Neufs
anwesend oder vertreten waren, keinen Rappoltsteiner erwähnt.
Vielleicht sind sie aus irgendeinem uns unbekannten Grunde
damals vou ihrer Pflicht zum Erscheinen entbunden worden, denn
in den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts begegnen sie uns
wieder als Reichsstände: 1495 5 schreibt ihnen Maximilian, dafs
sie nicht, wie es ihre Pflicht gewesen, zum Reichstag nach Worms
gekommen seien, und ein Jahr darauf fordert er sie durch einen
Brief zur Truppenstellung gegen den französischen König auf „en
leur qualite' d'etats d' Empire" 6 . Zur selben Zeit endlich nennt
Maximilian die Rappoltsteiner unter denjenigen Ständen, an die
der Landgraf im Elsafs wie dessen Sekretär und Rat die Auf-
forderung richten sollen, auf dem zu Frankfurt angesagten Reichs-
tage zu erscheinen 7 .
Die Rappoltsteiner begegnen uns im 15. Jahrhundert also
nicht nur in den Listen der Reichsstände, dies würde allein noch
nichts beweisen, da nicht selten Herren in den Verzeichnissen er-
scheinen, die die Reichsstandschaft tatsächlich nicht besessen haben,
Maximilian selbst bezeichnet sie als Reichsstände. Jedenfalls er-
gibt sich, und dies ist gegen Overmann zu sagen, dafs die Rappolt-
steiner im 15. Jahrhundert reichsunmittelbar gewesen sind und
dafs sie die Reichsstandschaft besessen haben.
Anders im 16. Jahrhundert Noch 1521 finden wir Rappolt-
1) DRA VIII, S. 167.
2) DBA VIII, S. 471. König Sigismund wendet sich wegen des gegen
die Hussiten zu stellenden Kontingentes an verschiedene Reichsstände, u. a.
auch an Smafsmann von Rappoltstein.
3) DRA IX, Nr. 530. Gleyen- Anschlag gegen die Hussiten.
4) IV, Nr. 57, S. 34. 5) V, Nr. 1290. 6) V, Nr. 1332 f.
7) S. ebd. Nr. 1307 (gedruckte Instruktion Maximilians).
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74
Sechstes Kapitel.
stein in der ersten Reichsmatrikel. Nach Overmann 1 geschah
dies „aus Versehen", da es „sofort wieder daraus" verschwand.
Es handelt sich aber nicht um ein einmaliges, zufälliges und ver-
sehentliches Auftreten, sondern um ein Recht, das die Rappolt-
steiner ununterbrochen seit dem 15. Jahrhundert bis zum Jahre
1554 hatten, so dafs sie mit gutem Fug in den Reichsmatrikeln
geführt wurden *. Dann verschoben sich in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts freilich die Verhältnisse: die Rappoltsteiner
erscheinen nach 1554 nicht mehr in den Matrikeln. Und das
dürfte allerdings nicht zufällig sein: Rappoltstein wird in der Tat
in der nächsten Zeit, jedenfalls vor 1562, seine Reichsunmittelbar-
keit eingebüfst haben. Damals hatten sie nicht das „jus refor-
mandi", „weil sie", wie Overmann sagt, „nicht reichsunmittelbar
waren", oder wie wir richtiger sagen werden, weil sie nicht mehr
reichsunmittelbar waren.
Welches war demnach die staatsrechtliche Stellung Rappolt-
steins? Dafs die „Herrschaft", wie Overraann will, „solange sie
existierte, stets unter Österreichischer Hoheit gestanden, da sie zur
Landgrafschaft Oberelsafs .... gehörte 8 ", läfst sich, wenn wir unter
Herrschaft den ganzen Komplex rappoltsteinischer Besitzungen
verstehen (s. o.), nicht nachweisen; ein oder das andere Dorf ist
vielleicht stets frei von der österreichischen Jurisdiktion geblieben.
Der gröfste Teil Rappoltsteins ist aber zweifellos
Btets im Verbände der Landgrafschaft gewesen und
verblieben und deshalb 1648 mit dieser an Frankreich
abgetreten worden. Und aus diesem Grunde ist auch die
generelle Behauptung der Herren von Rappoltstein, sie wären erst
im Laufe des 16. Jahrhunderts von Österreich, dem Inhaber der
Landgrafschaft, abhängig geworden, unrichtig. Das Verbleiben
des gröfsten Teiles der Herrschaft oder vielleicht der ganzen
Herrschaft im Rahmen der Landgrafschaft, dieser Mangel an Ge-
richtshoheit, ist aber nicht, wie der genannte Forscher will, „der
entscheidende Grund" gewesen, dafs die Rappoltsteiner nicht hätten
reichsunm ittelbar werden können.
1) S. oben S. 8.
2) Albrecht in KEL III, 2, S. 859. Ich stutze mich hier ausschliefc-
lich auf Albrecht, da mir das betr. Material nur bis 1522 (s. DRA, Jüngere
Reihe II, S. 434 und III, S. 265 und S. 275) zugänglich ist.
3) Overmann S. 96.
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Rappoltateins Verhältais zu Landgrafschaft und Reich. 75
Sie waren im 15. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des
16. — und in diesem Punkte stimmen wir mit Albrecht überein —
reichsfrei, reichsunmittelbar und reichsständisch. Die Rappoltsteiner
haben sich im 17. Jahrhundert, in ihren an die französische
Regierung gerichteten Memoiren, keineswegs 1 nur „Rechte vindi-
ziert, die sie nie besessen". Sie konnten sich mit Recht darauf
berufen, die Reichsunmittelbarkeit und Reichsstandschaft, wie die
hohe Gerichtsbarkeit — auch dieses leugnet Overmann — aus-
geübt zu haben.
Wie ist jedoch der Widerspruch zu erklären, dafs die Rap-
poltsteiner eine Zeitlang gleichzeitig im Verbände der Landgraf-
schaft und doch wieder reichsunmittelbar waren? Dies rührt da-
her, dafs zunächst das personliche Standesverhältnis für Teilnahme
am Reichstage noch mit mafsgebend war. So konnten aucli die
Herren von Rappoltstein als Reichsfreiherren, als Inhaber aufser-
ordentlich intensiver Herrschaftsrechte, Reichsunmittelbarkeit und
Reichsstandschaft beanspruchen, obwohl sie nicht aus dem Land-
grafschaftsverbande ausgetreten waren.
Wie haben wir uns aber dann den tatsächlichen Umschwung
der Verhältnisse zu erklären? Was bewirkte den Verlust der
rappoltsteinischen Reichsunmittelbarkeit und Reichsstandschaft im
Verlaufe des 16. Jahrhunderts? Zu jener Zeit (zweite Hälfte des
16. Jahrhunderts) können wir in Deutschland ganz allgemein das
Ringen zweier Momente beobachten, das jenes persönlich - stän-
dischen Momentes mit dem territorialen. Letzteres drang damals
mächtig vor und wurde nach längerem Schwanken allein mafsgebend
für die Anteilnahme am Reichstage. So vermochten auch die Rap-
poltsteiner, die keine wirklichen Territorialherren waren, ihre Reichs-
freiheit nicht zu wahren. Im Oberelsafs war Habsburg Verfechter
dieses territorialen Prinzips Sein gewaltiger Machtvorstofs wurde
ein weiterer Grund für 4ie veränderte staatsrechtliche Stellung
RappoltBteins. An sich bedeutete zwar die Zusammensetzung der
Herrschaft aus so viel verschiedenen Lehen keine Gefahr. Ver-
hängnisvoll wurde aber für sie im 16. Jahrhundert die Lehns-
abhängigkeit von Österreich, zu einer Zeit, wo „die Bestrebungen
Österreichs nach Ausdehnung seiner elsässischen Machtstellung
ganz besonders scharf zutage traten" *. Und Habsburgs Bestre-
1) Overmann S. 95. 2) Overmann S. 106.
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76 Sechstes Kapitel. Rappoltstcios Verhältnis zu Landgrafschaft u. Reich.
bungen wurden gewaltig gefordert durch den Besitz der ober-
elsässischen Landgrafschaft. Auf diesen Rechtstitel gestützt, ver-
mochte es leicht, Rappoltstein in Abhängigkeit zu zwingen \ weil
es diesem niemals gelungen war, aus der Landgrafschaft auszutreten .
Albrecht irrt, wenn er meint, die Rappoltsteiner wären, „nur
insoweit sie österreichische Lehen innegehabt, den Herzogen bzw.
Erzherzogen [von Osterreich] verpflichtet" gewesen. Sie waren
ihnen vielmehr verpflichtet, soweit ihre Besitzungen zur Landgraf-
schaft gehörten.
Also der Umstand, dafs das territoriale Moment das allein
ausschlaggebende für Anteilnahme am Reichstage wurde, -ferner da&
gleichzeitige mächtige Vordringen Österreichs und endlich die wesent-
liche Zugehörigkeit Rappoltsteins zum Verbände der von Öster-
reich abhängigen Landgrafschaft bewirkten, dafs der Zwitter-
stellung unserer Herrschaft im 16. Jahrhundert ein Ende gemacht
wurde. Nicht freiwilÜg, wie Reufs will, werden sich die Rappolt-
steiner unter den Schutz der Erzherzoge gestellt haben. Sie sahen
sich vielmehr in der Zwangslage, Habsburg immer gröfsere Zu-
geständnisse zu machen. Ahnlich verfuhr Osterreich mit der
Abtei Murbach, die zunächst noch von der Landgrafschaft eximiert
gewesen war *. Wieviel leichter vermochte es dies bei Rappoltstein,
das höchstens zum kleinsten Teile eximiert war.
Was endlich die Frage anlangt, ob Rappoltstein Territorial-
hoheit besessen hat oder nicht, so dürfen wir jetzt mit aller Be-
stimmtheit sagen: es war zwar fast überall im Besitze der hohen
Gerichtsbarkeit, aber als eine von den oberen Gewalten abhängige
Herrschaft hat es keine Territorialhoheit gehabt, nur eine nach
unten hin dieser ähnliche Gewalt.
1) Vgl. bereits Overmann S. 107: „Ihrem Kern nach beruhte diese
[Österreichs] Machtstellung auf der alten Laudgrafschaft; nur so läfst sieb
die Oberhoheit über Rappoltstein . . . erklären ".
2) Ebd. S lOOff.
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Ortsregistcr.
77
Ortsregister.
A. «= Amt: B. = Burg;
Kl. — Kloster.
Seitenzahlen.
Die Zahlen bedeuteu die betr.
Altenkasten (auch Altenkastel),
B., (= Hoh-Rappoltstein, vgl. auch
dieses), 17, 21, 23, 26, 37, 49.
Ammerschweier 17, 28f., 33, 41,
61 f., 64 f., 68.
Andolsheim 61, 66.
Appenweier 61, 66.
Baigau 59 f., 65ff.
Bebeinheim 17, 23, 25, 33, 38, 64.
Belfroi, B., 19, 33, 43.
Benfeld 25.
Bennweier 23 f, 38, 51f., 65, 67.
Bergheim, A., 51.
Bergheim 14, 22, 33, 42f., 51.
Birlenbach 45, 66.
Bischweier 61, 66.
Breisach 37.
Colmar (Columbaria) 20, 30, 41, 66.
72.
Dessenheim 14.
Diedolshausen 44, 46, 55 f., 64 f.,
67.
St. Die* 21.
Ebersheim 16.
Eckerich, B., 53, 67.
Eckerich, Dorf, 53, 64f., 67.
Eckerich, Herrlichkeit, 64.
Egisheim 21, 61, 64f., 68.
Ellenweiler 23f., 33, 41, 65, 67.
Elsenheim 50.
Engweiler 61.
Ensisheim 31.
Enzen 14.
Escheimer 18, 37.
Fessenheim 21, 33, 66.
Fraize 17f, 19, 21, 33, 36, 55f.
Gemar, A, 49 ff.
Gemar 14, 17, 21, 23, 27 f., 33, 37,
40, 46, 49 f., 63, 65, 67 f., 72.
Girsberg (B. bei Rapportsweiler)
22, 37 f., 47, 49, 63, 65, 67.
Girsberg (B. bei Weier im Tal)
56 f., 63, 65.
Griesbach 56f. 63, 65, 67.
Grofs - Rappoltstein s. unter
Rappoltstein.
Grussenheim 14, 62
Günsbach 56f., 63, 65, 67.
Hachimette 18.
Hagenach 35.
Hattenschlag 59f., 65, 67.
Hausen 41, 46, 51 f., 63, 66 f.
Heidenbach 45f.
Heidolsheim 49.
Heiesbach 45f., 65.
Heiteren, A., 59ff.
Heiteren 14, 21, 30ff., 59, 63, 65f M
67, 69 f.
Hohenack, A., 54 ff.
Hohenack (Burg und Herrschaft)
18ff, 28, 33, 36f., 46, 54 ff., 63 f.,
65, 67, 71.
Hoh-Rappoltstein s. unter Rap-
poltstein.
Hunaweier 38ff.
Illhäusern 49, 51.
Innenheim 62, 65.
Jebsheim 49.
Judenburg 34, 36 f., 44, 46, 54, 63,
65, 67.
Kagenheim 45 f., 66, 68.
Kaisersberg 17, 29, 43.
Katzenwangen 23, 25.
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78
Ortsregister.
Kienzheim 25, 33, 42, 61.
Leberau 49.
(Klein- Leber au) 53, 67.
Lebertal 44 f, 46, 53, 63, 65.
Linkenheim 45 f., 66.
Markirch, A., 53f.
Markirch 53.
Mauersmünster , Kl., 24.
Min n weil er (Meiweier) 41 f.
Minnweiler, B, 41 f.
Mittel weier 23, 25, 38.
Morschweier 29.
Mor Schweiler 29.
Moyenmoutier, Kl., 22.
Münzenheim 61, 66.
Massig 49.
Mutz ig 62, 65.
Niedermorschweier 29.
Oberbennweier 14.
Oberbausbergen 63.
Ochsenstein, Herrschaft, 61, 67.
Ohnenheim 41, 46, 49, 51, 63, 65,
67.
Orschweier 50.
Ostheim 23, 25, 38.
Osthus 26.
Päris, Kl., 18ff., 36.
St. Pilt 14, 50, 61.
Plainfaing 18t, 21, 33, 36, 67.
Plixburg, B., 56f., 65, 67.
Rappoltstein, praedium, 14ff.
— castellum, 15 f.
— Burg, 17, 21 f., 26, 49.
— auch G rofs-Rap poltetein ge-
nannt, 17, 34, 47, 49, 63, 65, 67.
H oh - Rappoltstein (*» Alten-
kasten) 23, 37, 47, 49, 63, 65, 67.
Rappoltsweiler, A., 47 ff.
Rappoltsweiler 14ff, 17, 2lf.,
23, 26 f., 33 f., 37, 42, 46 ff., 63,
65 ff., 68.
Reichen weier 23 ff., 42, 62, 64 f.,
1 68.
Rodern 22, 33, 42t, 51.
Rohrschweier 22, 33, 42f., 51.
Rothenkirchen 62f., 65.
Saasenheim 14, 45f.
Sand 25 f.
Scharrachbergheim 63.
Schnierlach 35 f., 46, 55, 67.
Sigolsheim 17, 28f., 33, 43, 61,
64ff.
Stein, der, B., 17, 21 f., 38.
Sulzmatt 17, 21, 33, 43f., 61, 65.
Thannkirch 47ff., 63, 65, 67.
Tränheim 62f.
Türkheim 44.
Urbach 35, 46, 55, 67.
Urbeis 17, 85t, 46, 55, 67.
Walbach 56, 58t, 63, 65, 67.
Wasserburg, B., 56ff, 63 , 65,
67.
Weckolsheim 59t, 65, 67.
Weier aufm Land 51 ff, 65. 67.
Weier aufm Land, B., 52.
Weier im Tal, A., 56ff.
Weier im Tal 33, 44, 56t, 63, 65,
67.
Weiler (abg. Dorf bei Ammer-
schweier) 29.
St. Wilhelm (= St. Blasien) 53,67.
Winzenheim 62.
Zell 35, 46, 55, 67.
Zellenberg, A., 51.ff.
Zellenberg 23t, 38, 40, 51t, 66ff.
Zimmerbach 56, 58t, 63, 65, 67.
Druck too Friedrich Andreas Perthes, Aktiengesellschaft, Gotha.
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iE
TSV.