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Full text of "Die französische legislative und der ursprung der revolutionskriege 1791-1792"

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ISTORISCHE STUDIEN 



VERÖFFENTLICHT 
VON 

Dr. E, EBERING. 



HEFT I. 

DIE FRANZOSISCHE LEGISLATIVE UND DER URSPRUNG DER 
REVOLUTIONSKRIEGE, 1791-179*. VON HANSULAÜA C 



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BERLIN 1896 
VERLA« TON E. EBERINO. 



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DIE FRANZÖSISCHE LEGISLATIVE 

UND DER 

URSPRUNG UER REVOLUTIONSKRIEGE 

1791-1792 

MIT EINEM ANHANG POLITISCHER BRIEFE 
AUS DEM WIENER K. UND K. HAUS- HOF- UND 

STAATSARCHIV 

VON 

HANS GLAGAU 

OR. PHIL. 



BERLIN 180« 
VERLAG VON E. EBERING 



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MEINER MUTTER 



GEWIDMET. 



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Vorwort. 



Nur einige wenige Worte zur Genesis dieser Abhand- 
lung. Sic sollte sich ehedem auf den Grafen Narbonne be- 
schränken. Seine Thätigkeit als Minister in der Revolutions- 
zeit schien mir noch nicht angemessen gewürdigt, die Gründe 
seines plötzlichen Auftauchens auf der historischen Bühne, 
seiner rasch eingreifenden Wirksamkeit, seines jähen Sturzes 
nicht recht aufgeklärt. Dabei glaubte ich es mit einer mehr 
episodischen Figur zu thun zu haben, d. h. ich nahm an, 
ich wUrde von meinem Holden eine knappe Skizze entwerfen 
können, ohne mich in die grossen Fragen der Epoche zu 
verlieren. 

Ich hatte mich geirrt. Bald überzeugte ich mich, dass 
eine Persönlichkeit wie Narbonne, ich meino eine Persönlich- 
keit nur zweiten Ranges, nicht anders als im breiten Rahmen 
der Zeitereignisse zur Anschauung gebracht werden darf, weil 
sie sich von diesen Ereignissen in ihrem Thun und Lassen 
im wesentlichen bestimmt zeigte. Demgemäss änderte sich 
meine Aufgabe; der einzelne musste hinter den Begeben- 
heiten, von denen er abhängig war, zurücktreten und diese 
in den Vordergrund gebracht werden; ich hatte also einen 
der wichtigsten und verwickcltsten Abschnitte dorRevolutions- 



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- VIII - 



geschiente, die Epoche vom Fluchtversuch Ludwigs XVI. 
(20./21. VI. 1791) bis zur Erklärung des Krieges an Oester- 
reich (20. IV. 1792). darzustellen und die Gestalt Narbonnes 
in dieses Gemälde nach ihrem Verhältnis hineinzuzeichnen. 
In den Mittelpunkt des Ganzen aber gehörte die Kriegs- 
frage, wie sie die politischen Zustände in Frankreich in 
steigendem Masse beherrschte. 

So musste ich, ohne dass es anfänglich in meiner Ab- 
sicht gelegen hatte, an dem vielumstrittenen Problem des 
Ursprungs der Revolutionskriege rllhren. Ob ich die Er- 
kenntnis desselben gefordert, haben andere zu entscheiden. 
Nur eines möchte ich hervorheben: Sollte ich Uber die 
Arbeiten meiner Vorgänger hinausgekommen sein, so wttrde 
ich es wohl dem (.Imstande zu danken haben, dass ich die 
Lösung der Frage nicht so sehr in der Durchforschung der 
Kabinettspolitik suchte, als vielmehr in der Vertiefung unserer 
Kenntnisse von den politischen Verhältnissen im Inneren 
Frankreichs. Nicht auf die Geschichte des diplomatischen 
Verkehrs legte ich das Hauptgewicht, sondern auf die Ab- 
wandlungen in der Parteibewegung, auf den Fortgang der 
Verhandlungen in der Legislative, ein Bestreben, das schon 
der Titel der Abhandlung ausdrucken soll. 

Die Direktionen des Berliner Geheimen Staatsarchivs 
und des k. u. k. Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs 
gewährten mir zu ihren Schätzen bereitwillig Zutritt. Die 
Ausbeute in Berlin war sehr gering, in Wien dagegen weit 
ergiebiger: eine Reihe recht bemerkenswerter Akten, die 
ich hier fand, habe ich beigelegt. 

Den Hauptbestandteil dieses Anhangs bilden Berichte 
Pellencs, eines ehemaligen Sekretärs Mirabeaus, an den 



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Grafen Lamarck. Ueber Persönlichkeit und Stellung des 
Verfassers, sowie über den grossen historischen Wert seiner 
Korrespondenzen hat Jules Flammermont (in der Zeitschrift 
„La Revolution franc.aise w Bd. XVI, S. 481 ff.) schon vor 
einigen Jahren Aufschluss gegeben; sein treftlicher Artikel 
Uberhebt mich hier einer längeren Einleitung. 

Bemerken möchte ich nur, dass ich einzelne Briefe 
und des öfteren längere Briefstellen, weil sie mir der Mit- 
teilung nicht wert schienen, unterdrückt habe. 

Auch einige wichtige Berichte Mercys an den Fürsten 
Kaunitz habe ich auszugsweise beigefügt. Sie beschäftigen 
sich zumeist mit bisher noch nicht gekannten Unterhand- 
lungen, die die Häupter der Feuillants mit dem Wiener 
Kabinett anzuknüpfen suchten in dor Zeit vom Ausbruch 
des Krieges bis zu ihrem Sturz. 

Ueberhaupt aus diesem Zeitraum stammt der grössere 
Teil der Dokumente. Weil sie Uber die französische Partei- 
verhältnisse unentbehrliche Aufschlüsse geben, glaubte ich 
sie beifügen zu müssen. Kann man doch die Haltung der 
jakobinischen Bewegungspartei nur dann recht würdigen, 
wenn man die Machinationen der Feuillants kennen gelernt 
hat. Man wird dann gestehen: die Erhebungen vom 20. Juni 
und 10. August waren nicht das Work zügelloser und ziel- 
loser Demagogie, vielmehr führten sie auf den einzigen Aus- 
weg, der die Nation vor den Gefahren der fremden Ein- 
mischung und der Reaktion bewahren konnte. Eben die viel- 
geschmähten Jakobiner waren es, die den Grundgedanken, aus 
dem der Revolutionskriog entsprungen war, mit eiserner 
Konsequenz zum Heile Frankreichs fortbildeten. Indem sie 
Ludwig XVI. und die Feuillants stürzten, retteten sie ihrem 



- X - 



Vaterlande die nationale Selbständigkeit und die bürgerliche 
Freiheit. 

Es ist mir ein Bedürfnis, dem Leiter des Wiener 
Archivs, Sr. Excellenz dem Herrn Ritter von Arneth, für 
sein geneigtes Wohlwollen, sowie für seine vielgerühmte 
Liberalität ehrfurchtsvoll zu danken. Ebenso schulde ich 
Herrn Professor Dr. Max Lenz, meinem hochverehrten 
Lehrer, der mir durch seine Studie Uber Marie Antoinette 
Vorbild und Pfadweiser war, für vielfache Anregungen 
wannen Dank. 

Berlin, im März 1896. 



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Inhaltsverzeichnis. 



Seit« 

Erstes Kapitel: Versuch einer Reaktion beim Schlosse der 

Konstituante. 1 

I. Die Koalition zwischen Alexander I.nmeth und La- 
fayettc. 3 

II. Verschiedenes Verhältnis der Königin zu den Häuptern 
der Koalition. Marie Antoinettcs Politik. ß 

III. Das Blutbad auf dem Marsfelde. Die Revision der 
Verfassung. 13 

IV. Annäherungsversuch der Koalition an Kaiser Leo- 
pold II. 21 

Zweites Kapitel: Gegensatz zwischen Regierang und 
Legislative Im Oktober and November 1791. 

I. Beibehaltung des Feuillant-Ministoriums durch don Hof. 32 

II. Dekrete der Legislative gegen di« Emigranten, die 
eidweigernden Priester und die rheinischen Kurfürsten. 39 

III. Das Veto der Regierung gegen das Emigrantengesotz. 48 

IV. Dio Parteibewegung in den beiden ersten Monaten 
der Legislative ö3 

Drittes Kapitel: Narbonnes politisches Programm. 

I. Die Ernennung Narbonnes. 60 

II. Die königliche Sitzung vom 14. Dezember 1791. 66 

III. Narbonnes Ziele. 70 

IV. Geheimes Verständnis zwischen Narhonne und Brissot 78 



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- XII - 

Srite 

Vierte» Kapitel: Mächtiger Aufschwuug «Irr Kriegspartei. 

f. System der (ürondistcn. 86 
II. Dio Wiener Note vom 21. Dezember. 94 
III. Di«- Januardebatten über dio Dozembernote. 104 

Fünftes Kapitel: Der Widerstand gegen die kriegerischen 
Tendenzen 

I. Kohespierres Partei in ihrer Stellung zur Kriegsfrage. 122 
II. Die Denkschrift der Lameths an Kaiser Leopold. 130 

III. Dclcssarts Diplomatie unter dem Einfluss der Lameths. 136 

IV. Zwiespalt im Ministerium. 147 

See liste» Kapitel: Entscheidender Vorstoss des Wiener 
Kabinett* gesell die Legislative. 

I. Antwort des Kaisers auf die Denkschrift der Lameths. 157 

II. Die Note vom 17 19. Februar. 168 

Siebentes Kapitel: Narbonucs Stur/. 

I. Angriff der Feuillants auf den .lakobineikluh. 178 

II. Ausbruch einer Kabinetlskrisis. 186 

III. Der eiste Eindruck der Wiener Fehruarnoie auf dio 
Legislative. 195 

IV. Der Kampf /.wischen den Ti iiiiuvii n und Narbonne um 

das .Ministerium. 2* »2 

Achtes Kapitel: Zusammenbruch des Fciiillniit*Miuistcriuiiis. 

I. Die Sitzung der legislativen Versammlung vom 10. 
Marz. 217 

Ii. Scheitern des letzten Annäherungsversuches der La- 
meths an die Favettisten. 232 

Neuntes Kapitel: Kriegserklärung. 

I. itilduug eines girotidistischen Ministeriums. 237 
II. Parteihewcgung im März und April. 246 

III. Die letzten Negoziationen zwischen Wien und Paris. 257 

IV. Die Sitzung der Legislative am 20. April. 265 
V. Das Problem des Fi>pruugs der Kevolnliutiski iege. 269 



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- XIII - 

Seite 

Anhangt Politische Korrespondenzen ans dem Jahre 1792. 



I. Mercy an Kaunitz, Krüssel, d. 7. Januar 1792. 279 

II. Narhonne an Mercy, Lille, d. 21. Dezember 1791 283 

III. I'i-Ilfiic an Lainarek, Paris, d. M. Januar 171)2. ^Mi 

IV. • l.'«. • 'Ml 

V. Mercy an Kaunitz, Krüssel, d. 31. Jannar 1792. 288 

VI. Pellenc an Lainarek, Paris, d. 2. März 1792. ^9ij 

VII. 4. 29! 

VIII. 5. — — 293 

IX. - 9. - — 295 

X. - - II 297 

XI. — — Iß. — 299 

XII. - 1(5. 302 

XIII. — — - 27. - 303 

XIV. — - 28. — 305 
XV. - 31. - 30ß 

XVI. Pellenc an Lamarck, Paris, d. 2. April 1792. 309 

XVII. - - 3. - — 312 

Will. Mercy an Kaunitz. Brüssel, d. 17. April 1792. 313 

XIX. Pellenc an Lamarck, Paris, d. 14. April 1792. 314 

XX = - _ — 1& — = 3Jfi 

XXI. M'M-cy an Kaunitz. P.rflssel, d. 10. Mai 1792. 318 

XXII. - 30. :J2o 

XXIII. Pellenc an Lamarck, Paris, Ende Mai 1792 321 

XXIV. Remarques sur l'6tat actuel du nionient. 333 

XXV. Pellenc an Lamarck. Paris, d. 24. Juni 1792 33fi 

XXVI. Aus einein Schreinen Mercys an Kaunitz, Krüssel, d. 

27. Juni 1792. m. 

XXVII. Mcivy an Kaunitz, lirlK-el. d. 2. Juni 1792. 339 

XXVIII. (Beilage zu No. 27) Ahbee Louis an Merry, Paris d. 

2G. Juni 1792. 341 

XXIX. Pellenc an Lamarck. Paris, d. 29. Juni 1792. 342 

XXX. - ~ - - 30. — - 3Jfi 

XXXI. - - — 13.-15. Juli 1792. 352 

XXXII. Mercy an Kaunitz, d 31. Juli 1792. 360 

XXXIII. Ahhec Laiuinrt aud< n llaion I ■ ll/.(;i\ . -t, d.i;.,Iuni 1792. 3>>3 

XXXIV. : = = = 29. - - 364 

XXXV. Pellenc an Lamarck. Paris, *l. 5. August 1792. 365 



Die französische Legislative 

und Her 

Ursprung der Revolutionskriege 

1791-1702. 



Erstes Kapitel. 



Tersuch einer Reaktion beim Schlüsse der 

Konstituante. 

In der Nacht vom 20. zum 21. Juni 1791 floh 
Ludwig XVI. mit seiner Familie aus Paris der Grenze 
seines Reiches zu. Damit erklärte er nach langem heim- 
lichen Widerstreben der Revolution offen den Krieg. Er 
hatte eine umfangreiche Denkschrift hinterlassen, in welcher 
er den ausserordentlichen Schritt zu begründen suchte. 
Hier unterwarf er die Gesetzgebung der Konstituante einer 
vernichtenden Kritik. Keine von den Grundlagen, auf denen 
die politische Entwicklung Frankreichs in den letzten beiden 
Jahren beruhte, wollte er anerkennen. Er riss alles nieder, 
um dem stolzen Bau der unumschränkten Monarchie wiederum 
Platz zu machen 1 ). Diesen gedachte er mit Hülfe der be- 
freundeten europäischen Souveräne aufs neue aufzuführen. 

Wenn der Kfinig hoffte, ein grosser Teil seines Volkes 
würde mit ihm im Kampfe gegen die Revolution zusammen- 
stehen, so irrte er sich. Sobald man von seinem Vorhaben 
erfuhr, erhob sich im Lande allgemeine Entrüstung. Der 
nationale Stolz empörte sich bei dem Gedanken, dass der 

l ) Lafayette (Memoire« III, 83) urteilt mit Recht: ,.ce mani- 
feste etait une complete abdiention de la royaute constitutionnelle" 
Vgl. Max Lenz, Mari»' Antoinette im Kampf mit der Revolution 
Preuss. Jahrb. Bd. 78. S. 250 ff. 

Glagan, Die fran*. Legislativ»». 1 



- 2 - 

König den Beistand fremder Mächte gegen die eigenen 
Unterthanen in Anspruch nehmen wollte. Man klagte ihn 
laut des Meineides an. Hatte er doch noch vor Jahresfrist 
die Verfassung feierlich beschworen, noch vor zwei Monaten 
diesen Eid durch eine gleichlautende Erklärung gegenüber 
dem Auslande bekräftigt. Durch die Flucht hatte er sein 
königliches Wort gebrochen. An der Spitze der verbalsten 
Emigranten und fremdländischer Armeen wünschte er 
Frankreich unter das Joch der alten Knechtschaft zu beugen. 
Dagegen war die Uberwältigende Mehrheit der Nation ent- 
schlossen, für die Behauptung der durch die Revolution er- 
worbenen Freiheit Gut und Blut einzusetzen. 

Es sollte nicht dahin kommen. Die königliche Familie 
wurde auf der Flucht aufgehalten und zur Rückkehr nach 
Paris gezwungen. Aber welch' eine Rückkehr! Wohl 
niemals musste sich königliche Majestät so tief erniedrigen 
lassen. Von allen Seiten strömte die Bevölkerung in hellen 
Haufen herbei, um die erlauchten Gefangenen zu 'betrachten. 
Drohungen und Beschimpfungen winden gegen sie laut. 
Durch die erbitterte Menge musste sie sieh mühsam den 
Weg nach der Hauptstadt bahnen lassen. In den Palast, 
von welchem aus grosse Ahnen über das herrliche Frank- 
reich ruhmvoll geboten hatten, hielt Ludwig XVI. einen 
traurigen Einzug, entwürdigt, aufs tiefste gedemütigt, all- 
gemeiner Verachtung preisgegeben. 

Der Fluchtversuch des Königspaares bildet in der 
Geschichte der französischen Revolution ein Ereignis von 
einschneidender Bedeutung. Den 21. Juni wird mau wählen, 
will man den begebnisreichen Zeitraum von der Berufung 
der Generalstände bis zum Sturze des Königtums zerlegen : 
in ihm scheiden sich zwei historische Epochen: die eine ist 
der Schöpfung, die andere der Verteidigung der Konstitution 
gegen die angestammte Dynastie gewidmet, 

Den ersten Abschnitt dieser zweiten Epoche, der vom 
Juni 1791 bis in den April des folgenden Jahres reicht, soll 



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- a - 

unsere Abhandlung zur Anschauung zu bringen suchen. 
Eben jener unglückselige Fluchtversuch leitet ihn ein, ein 
Geschehnis, nicht allein auf die besonderen Verhältnisse 
Frankreichs von Einfluss, indem es hier den Anstoss zu 
einem Reaktionsversuche gab, sondern von allgemeiner 
Rückwirkung auf den gesamten Kontinent; führte es doch 
zu der ersten Verwicklung der Revolution mit Europa, zu 
der ersten Einmischung des Auslandes in die französischen 
Angelegenheiten. 

Zunächst hatte die Konstituante aus dem grossen Er- 
eignis die Folgerungen zu ziehen. Sie musste sich Uber 
die Frage schlüssig machen, ob sie den Monarchen, der so- 
eben erst seine tiefe Abneigung gegen die Revolution zu 
öffentlichem Ausdruck gebracht hatte, noch mit der neuen 
Ordnung zu vereinigen hoffen konnte. Sollte sie den König 
noch anerkennen oder sollte sie die Republik aufrichten? 



I. 

Die Koalition zwischen Alexander Lameth und Lafayette. 

Das Schicksal des Königs lag in der Hand der grossen 
konstitutionellen Partei. Sie nahm in der Nationalver- 
sammlung die linke Seite ein, hatte aber die doppelte Stärke 
der Rechten, die sich aus den strengen Royalisten ver- 
schiedener Färbung zusammensetzte. Die Linke hatte die 
Revolution geleitet, sie genoss das Vertrauen der Nation. 
Sah man von einem Dutzend radikaler Elemente ab, unter 
denen Robespierre, Buzot und P6tion hervorragten, so zer- 
fiel die Majorität wieder in zwei Fraktionen ; an der Spitze 
der einen stand das sogenannte Triumvirat, Alexander 
Lameth, Barnave und Duport; die andere wurde von 
Lafayette geführt. Seit dem Oktober 1789 hatten sie unter 
einander den Kampf um die Hegemonie geführt, um die 
Volksgunst und den Besitz der Macht gewetteifert. 



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— 1 — 



Im Mai 1790 trug Alexander Lameth im Jakobiner- 
klub an der Spitze der Extremen den Sieg davon. Lafayette 
wurde aus der Gesellschaft hinausgedrängt und gründete 
den Klub von 1789. Es handelte sich hier keineswegs um 
eine reaktionäre Abspaltung: wenn man auch massvoller 
als die radikale Partei Lanieths sein wollte, so war man 
um so eifriger bestrebt, an den Grundsätzen der Revolution 
festzuhalten 1 ). Doch in dem gewaltig vorwärtsdrängenden 
Strom der Bewegung vermochte es der gemässigte Klub 
zu keinem rechten Ansehen zu bringen; wählend der 
Jakobinerklub sieh zu wachsendem Eintluss erhob, Hessen 
jenen selbst seine Begründer bald im Stich. 

Auch in der Konstituante erhielten die Triumvirn mit 
der Zeit über den General «las Uebergewieht, Sie wussten 
ihre Partei trefflich zu organisieren, sie verfügten Uber die 
begabtesten Redner: sie beobachteten eine geschickte Taktik. 
Ihr Anhang wurde immer zahlreicher, so dass sie seit. April 
1791 die eigentlichen Kührer der Majorität waren-). 

Trotzdem nahm Lafayette noch eine glänzende Stellung 
ein. Als Geueralkommandant der Nationalgarde, die ihm 
mit begeisterter Verehrung anhing, herrschte er über Paris. 
Die Mitglieder der Munieipalität und des I) »paitementsrates 
zählte er zu seinen Anhängern: der Oberbürgermeister 
Bailly und der Präsident des Seine-Departements, oVr 
Herzog von Larochefoncauld. waren seine genauesten 
Freunde. 

Bald nach Mirabeaus Tode erregte auch in Alexander 
Lameth und seinen Parteigängern das unaufhaltsame Ansteigen 
der revolutionären Hoehllut schwere Bedenken. Um nicht von 
ihr alle schützenden Dämme hinwegspülen zu lassen, ent- 
schlossen sie sich endlich, der Bewegung, die sie bisher 

1 ) Zinkeisrn, .Jakol>inerklul> 1. H()f)Ji. 

2 ) Montlosier. Memoire* II. 73 t'.: M u " de St.il-I. Meimwivs et 
considerations I, 300. 



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emporgetrieben hatten. Einhalt zu gebieten. Doch allein 
fühlten sie sich zu sehwach. Nur in Gemeinschaft mit 
ihrem alten Feinde Lafayetto glaubten sie dazu im stände 
zu sein. 

Schon wenige Tage vor der Flucht des Königs bot 
das Triumvirat dem General die Hand zur Versöhnung 1 ). 
AN dieser dann am 21., Juni in der Konstituante beschuldigt 
wurde, dem Hole insgeheim Vorschub geleistet zu haben, 
trat Barnavo grossmiitig für ihn ein und schlug den gefähr- 
lichen Verdacht erfolgreich nieder 2 ). Noch an demselben 
Tage wurde ein Bündnis zwischen den Häuptern der beiden 
konstitutionellen Fraktionen geschlossen. Schon am Abend 
kündigten sie den Radikalen im Jakobinerklub feierlich 
Fehde an. Robespierre, Danton und Marat hielten hier 
vor einer zahlreichen Zuhörerschaft aufrührerische Reden. 
Sie reizten zur Absetzung des Königs, zur Erklärung der 
Republik auf. Wie erstaunte man, als plötzlich die alten 
Nebenbuhler. Alexander Lanieth und Lafayette. Arm in 
Arm. gefolgt von ihrem starken Anhang, den Saal betraten 8 ). 
Sie forderten zu massvollem Verhalten auf und wiesen 
darauf hin. dass es nur der Nationalversammlung zustehe 
über die Zukunft des Staates zu entscheiden. Darauf ver- 
liesseu sie den Klub, und es folgte ihnen die Mehrheit der 
Anwesenden. 

Der Triumph der Koalition zeigte, dass sie Herrin 
der politischen Lage war: ihr entschiedenes Einschreiten 
gegen republikanische und radikale Tendenzen, dass sie ein 
konservatives Programm verfechten wollte. Gerade die 
Führer der vorwiegenden unter den beiden verbündeten 
Parteien, die Triumvirn. hatten die Feberzeugung. dass 

Lafayette. Mt'-iiiuires 1 V. 1*2. 

T'.nloiigoi.n. Ivliimml, Hish.ire de Franee depuis la revo- 
lution de 178!>. IL 8. Aura. 

:! > Alexandre Lmneth. H ist. '»in- de fassemblee Constituante, 
1, 420. 



_ 6 _ 



man Ludwig XVI. trotz seines Fehltritts auf dem Thron 
erhalten müsse. Sie betrachteten die Monarchie als das 
geeignetste Bollwerk gegen die Umsturzbestrebungen des 
extremen Jakobinismus. Man sieht, die Häupter der Kon- 
stituante waren in einer Stimmung, wie sie für das Königs- 
paar nicht günstiger sein konnte. Es war daher natürlich, 
dass sich zwischen beiden Teilen, dem Hofe und der Koa- 
lition, leicht ein Verständnis herstellte. 



n. 

Verschiedenes Verhältnis der Königin zu den Häuptern 
der Koalition. Marie Antoinettes Politik. 

Barnave war einer der drei Kommissare, welche die 
Nationalversammlung abordnete, um die königliche Familie 
nach Paris zurückzugeleiten. Durch seine taktvolle Haltung 
gewann er das Wohlwollen der Königin ; er drückte ihr seine 
Teilnahme aus, zeigte wohl auch Reue über die scharfe poli- 
tische Haltung seiner Partei und gab zu verstehen, dass er 
mit seinen Freunden fürderhin auf dem Pfade der Mässigung 
zu wandeln wünsche. Er zeigte sich bereit, die königliche 
Sache zu retten. 

Marie Antoinctte war mit seinen Eröffnungen wohl 
zufrieden und ging gern darauf ein. Schon nach Mirabeaus 
Tode hatte sie mit Barnaves Parteigenossen Verhandlungen 
anknüpfen lassen 1 ). Die alten Beziehungen wurden wieder 
aufgenommen, jetzt in grösserem Umfange als früher. Die 
Königin gab das Versprechen, nunmehr sich aufrichtig der 
neuen Ordnung anzuschliessen und die Konstitution mit 
Ludwig aus freiem Entschlüsse anzuerkennen. Im übrigen 
wollte sie bei allen wichtigen Regierungshandlungen den 

' » Diary und letters of Gouverneur Morris ed. Sparks (übers, 
ins Französ. von Gandais) II, 311. Tageb. 30. IV. 1791. Mont- 
losier, II, 8. 76 ff., S. 128 ff. 



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geheimen Weisungen dos Triumvirates folgen, leber die 
hervorragenden Aemter. vor allem über das Ministerium, 
sollte Alexander Lametli und seine Freunde verfügen. 
Diese scheinen dagegen dem Hofe Aussieht auf eine wesent- 
liche Stärkung der Prärogative des Königs eröffnet zu 
haben, ein Versprechen, das sie bei der bevorstehenden 
Revision der Verfassung einzulösen hofften 1 ). 

Während Marie Antoinette mit dem Triumvirate ein 
Bündnis einging, verlangte sie ausdrücklich, dass Lafayette 
von allem Vertrauen ausgeschlossen bleibe '). Entsprach es 
doch ihrer leidenschaftlichen Natur, wenn sich ihr die Politik 
vorzugsweise in den Persönlichkeiten, die sie vertraten, 
darstellte. In Barnave sah sie den fein erzogenen Bürger- 

1 i Montlosier, II. 1;">. 

'-') Lafayette. Mein. IV, 12: . .La f. ne pai tieij-a en quoi que ce 
soit .... aux rapports eontidentiels des MM. de Lametb avee 
la cour <-t saus vouloir, ni jnstilier. ni Idane-r res rapports, il 
«•st constanf, eu.\-memes Pont dit. ipie la premiere Kondition que 
la reine mit ä Ha conlianee pmir » ux. e'ost qu'ils n'en auraient 
aueune pour Lafayett. vgl. IV. 1 7 Ii., III, 262. Diese Behaupt- 
ung Lalayettes wird diu« Ii A< -us- -erungen Marie Antoincttes in 
ihit n Brieten ans dieser Zeit an Mct< v bestätigt. Vgl. Arnetb, 
Marie Antoinette. .loseph II. und Leopold Tl. S. l!>3ff. Am 
Hl. VI. 175»! srhp-ibf oje K-.r.igin an den Gesandten: ,.J'ai 
lieu dV-tre ass.z content« de ee eöt.'-lä, eVst-a-dire des Duport. 
Lametb et Barnave. .I*ai dans ee nioment-ci une espeee de 
eorrespondatiee avee ]es deux derniers que personnc au monde 
ne sait, meine lenrs amis. . . . (."es denx-lä sont los f.euls 
avee lesquels on peut (raitei—. Xueh nachdrücklicher be- 
tont Matie Antoinett- diesen Punkt im Briefe vom 7. VIII. 1791. 
('Arneth p. lOOfl'.i ..Lo seid avantage. qui'il peut avoir, cest 
qu'etant l'ami des Duport, Barnave et Lametb il y aura peut- 
etre d'entamer qwdques nögofintions avee eux, cor encore 
une fois, il u' y a qu'avee r,-s trois-la, qu'on puisse 
tenter quelque ehoso". Vgl. a. Fersen. II, 213: (betitelt 
Klinkowstroem. ,.Le eomt»- de Kursen et la Cour de France"; 



— H — 



söhn, der sich aus begreiflichem Ehrgeiz in die Revolution 
geworfen hatte, um dem Stande, dem er angehörte, Ehren 
und Rechte zu erobern, die ihm bisher versagt waren. 
Seine Verirrungen konnte sie entschuldigen. Das Wohl- 
wollen gegen ihn übertrug sie auf seine Partei. Indes auch 
später bevorzugte sie ihn vor seinen engeren Freunden, 
Alexander Lameth und Duport'j. 

Unversöhnlich aber hasste sie Lafayette. Sie betrachtete 
ihn als das Haupt der sogenannten Minorität des Adels, 
die sich, ihrer Pflicht vergessend, gegen den König, ihren 
Lehnsherrn, empört und all' das Missgeschick, welches Uber 
ihn hereingebrochen, verschuldet habe-). Sie, welche der 
Hort der Monarchie hätten sein sollen, schon weil sie mit 
dem Könige die Vorrechte der Prärogative genossen, oft 
zum Schaden der unteren Klassen, hatten sich zum Ver- 
derben der Krone mit der Opposition verbunden. Der 
Fronde, die sich nach ihrer Auffassung der Felonie 
schuldig gemacht hatte, wollte sie niemals vergeben, ein 
Entschluss, den ein bemerkenswerter Vorgang ausdrückt, 
der sich eben nach der Flucht zutrug. Die Königin wollte, 
vor dem Tuilerienpalast gerade angelangt, den Wagen ver- 
lassen, in welchem sie die martervolle Rückfahrt durch die 
erregte Bevölkerung zurückgelegt hatte. Da näherte sich 
ihr ein Angehöriger der Minorität des Adels, der Vikomte 
von Noailles, um ihr seinen Arm anzubieten. Mit einer 
kühlen Handbewegung lehnte Marie Antoinette den Dienst 

Fersen an Gustav III. (21. III. 1702 ; „MM. Barnave, Duport et 
Alex. Lameth . . . dirigent 1»; parti eoustittitionnel et sont les 
intermediaires aupres du roK Vgl. a. Malouet, Memoir. II, 159 : 
„Je sais que la repugiiance du roi et de la reine pour M. de 
la Fayette etait extreme 1 '; vgl. II, 122. 
') Memoires de Weber II, 132. 

,J ) Memoires de M me de Oampan p. 294 ff.; ferner: lEuvres 
du Comte Roederer, publ. par son fils, III, 188 ff.; vgl. Sybcl, 
Geschichte der Revolutionszeit, I 4 , 242. 



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f» — 



ah, um ihn darauf von einem treuen Royalisten zu 
fordern 1 ). 

Noch kurz vorher hatte .sich ihr Stolz über Lafayettes 
Betragen empört. Kühl und gemessen hatte er sie an der 
Spitze des glänzenden Stabes der Nationalgarde, unter dem 
sich mehrere hohe Adlige befanden, empfangen. Er schien 
ihr über den gedemiitigten Monarchen triumphieren zu 
wollen. Der General dagegen mochte daran denken, welchen 
Gefahren ihn das Königspaar ausgesetzt hatte, indem es 
vor einer Woche seiner Obhut entschlüpfte, obgleich ihnen 
bekannt war. dass Lalayette sich der Nationalversammlung 
mit seinein Kopfe für die sorgfältige Ueberwachung des 
Hofes verbürgt hatte. .Jetzt Hess er die königliche Familie 
mit rücksichtsloser Strenge hüten. Die Thüren des Schlaf- 
zimmers der Königin mussten stets geöffnet bleiben, damit 
sich die diensthabenden Nationalgardistcn jederzeit von ihrer 
Anwesenheit überzeugen konnten. Alle zwei Stunden störte 
der Lärm der Ablösung die hohe Frau im Schlafe. Unter 
ihren Fenstern hatte man eine Art Feldlager eingerichtet, 
dessen Lärmen die l'nruhe noch vermehrte-). "Wie be- 
greiflich, dass Marie Antoinettc durch diese schmachvolle 
Behandlung in ihrer tiefen Abneigung gegen Lafayette so 
bestärkt wurde, dass sie ein Jahr darauf erklärte, lieber 
untergehen zu wollen, als diesem Manne ihre Kettling zu 
verdanken. 8 ) 

Aber jetzt hoffte sie noch auf den Anbruch 
einer Zeit, wo sie den General und seine Anhänger ihren 
ganzen Zorn empfinden lassen würde. Denn gründlich täuschte 
sich das Triumvirat, wenn es sich in dem Glauben wiegte, 
dass das Königspaar nach der furchtbaren Niederlage in 



1 1 Moi.tloM« r, II, 

•-'i Fers.n, II, b. Tng.-b. l t. II. 17«. »-J. 

3 , Mnlouet II, lllff'.: Mad. d.- bta.-l. II. öl.: Mad. dr Ciui- 

pau s. a:K 



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_ 10 _ 



Wirklichkeit die Revolution anerkennen wollte. Weil jene 
im Begriffe waren in ihrer Politik eine Schwenkung zu voll- 
ziehen, setzten sie leicht eine gleiche Sinnesänderuner hei 
tiein Hofe voraus. Schon die fortdauernde Abneigung der 
Königin gegen den liberal gesinnten Adel hätte sie darüber 
belehren können, dass man in den Tuilerien nicht ernstlich 
an Aussöhnung mit der Revolution dachte. Vielleicht hätte 
der schwache König sich dem überlegenen Prinzip endlich 
für immer gebeugt. Aber Marie Antoinette hatte dem un- 
bedeutenden Gemahl in der Politik stets ihren starken 
Willen aufzulegen gewusst. So auch jetzt. In ihrer Seele 
lebte die Sehnsucht in ungebrochener Kraft fort, die 
.Monarchie in ihrem alten Glänze wiederherzustellen. Gerade 
die Demütigungen, die sie in letzter Zeit schweigend hatte 
dulden müssen, festigten ihren Entschluss, mit der Revolution 
nie und nimmermehr zu paktieren 1 !. In ihrem Unglück 
hatte sie ganz den Sinn für das Mögliche bei der Durch- 
führung ihrer Absichten verloren. 

Freilich wollte sie sich in die neue Staatsordnung 
schicken, aber nur vorläufig und zum Schein. Sie sah ein, 
dass der König sich zur Bekämpfung der Republikaner zu- 
nächst auf die gemässigten Parteien stützen müsse 2 ). Er 
sollte wieder Sympathieen in der Bevölkerung gewinnen. 
Die Häupter der Konstituante trachtete Marie Antoinette 
indessen durch ein studiertes Betragen in Sicherheit zu 
wiegen, ihr Misstrauen einzuschläfern, um sie später um so 
ärger zu enttäuschen, um so tiefer ins Verderben zu 
stürzen"). Denn hasste sie Lnfayette. >o sah sie auf 
Alexander Lameth und seine Genossen, ausgenommen viel- 

\i Lfiiz, Mario Antoinette u. s. w. IV .Jahrb. Bd. 7H, S. 
*jr>8— 273. 

5, F. nilb t. II, :vm. 

'■'') Arneth, p. 120"»: ne s'a<:ir p<>ur noiis <p>o de les (die 
Partt'ihüupter) endonuir et de leur dünner cuniianoe on nous 
pour los mieux dejouer apivs". 



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- 11 - 

leicht den einzigen Barnave, mit einer gewissen Verachtung 
herab. Der Frau, die mit starrer Konsequenz auf ihr Ziel 
lossteuerte, erschienen Männer als gesinnungslose Schwäch- 
linge, die sich schnell genug aus radikalen Wühlern zu einer 
Hofpartei gewandelt hatten. Und schien nicht ihrer Sinnes- 
änderung vor allem ein eigennütziges Motiv, nämlich der 
Wunsch, sich der Regierung zu bemächtigen, zu Grunde 
zu liegen? Darum machte sich die Königin keinen Skrupel 
darüber, ihre Kräfte solange auszubeuten, bis die Minen 
ihrer eigenen Geheimpolitik don gegenwärtigen Zustand 
zersprengen milssten. 

Wie bei dem Fluchtversuch ruhte auch jetzt wieder 
der Schwerpunkt ihres Systems auf der Hilfe, die sie vom 
Auslande gegen die Revolution in Anspruch nehmen wollte. 
Ihr Bruder, Kaiser Leopold, sollte die europäischen Mächte 
zu einem Kongress an der französischen Grenze vereinigen. 
Hier sollte über das Schicksal Frankreichs unter seinem 
Vorsitz beschlossen werden. Die Konstitution musste 
annulliert, die ganze Umwälzung seit 1789 als Rebellion 
verurteilt werden. Ludwig XVI. werde volle Freiheit ver- 
schafft, ihm allein als unumschränktem Selbstherrscher die 
Berechtigung zuerkannt werden, über die Staatsordnung 
seines Landes zu verfügen. Dieses Programm des Kongresses 
sollte durch imposante Truppenmassen unterstützt werden. 
Schon der drohende Einmarsch derselben in das französische 
Gebiet werde das Volk entmutigen: es werde vom König 
Verzeihung für die Vergangenheit erflehen und seine Ver- 
mittlung zur Beschwörung des Ungewitters anrufen 1 ). 

Noch war aber für diese Aktion der geeignete Zeit- 
punkt nicht erschienen. Die Königin meinte, dass eine 
furchtbare innere Krisis in Frankreich den [Eingriff* des 
Auslandes vorbereiten und erleichtern müsse. Sie erwartete 
den Ausbrucli derselben erstlich von den Wirkungen der 

l ) Aroeth, j>. 20G: Feuük-t. II. 31U. 



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— 12 

„monströsen" Vorfassung, zwoitons von den wilden Kämpfen 
zwischen den beiden grossen feindlichen Faktionen, zwischen 
Konstitutionellen und Jakobinern. Die öffentliche Sicherheit, 
Handel und Wandel würden dadurch gefährdet werden: die 
Anarchie werde sich ins Unerträgliche steigern. In der 
Mehrheit des Volkes werde dann aber die Sehnsucht nach 
der Rückkehr eir.es geordneten Zustandes erwachen. Mit 
Abscheu werde es sich von der Konstitution als der Quelle 
alles Unheils wenden, um mit eigenen Händen seine früheren 
Idole zu zerbrechen. In der Herstellung der absoluten 
Monarchie werde es die einzige tiewähr für dauernde Ruhe 
und Ordnung erblicken. Bei dieser Stimmung der Nation 
werde es leicht sein, die Demagogen zu stürzen und im 
Sinne Ludwigs Uber die Ordnung des französischen Staates 
zu entscheiden 1 ). 

Unseliger Pessimismus! Durch das l'ebermass des 
Uebels hoffte das Königspaar schliesslich das Oute zu 
wirken. Und um zum Ziele zu gelangen, gab es der Politik 
einen Doppelsinn, der ihm verhängnisvoll werden sollte. 
Denn allenfalls Hessen sich die konstitutionellen Parteihäupter 
täuschen: aber die Masse des Volkes beobachtete argwöhnisch, 
wie ein tausendköptiger Argus, den Hof. Mit natürlichem 
Instinkte ahnte sie, dass auch nach der Katastrophe von 
Varennes die verhasste ,.Oesterreieheriu u , wie man .Marie 
Antoinette nannte, nicht eher ruhen werde, bis sie das Aus- 
land gegen die Revolution in Harnisch gebracht habe. Indem 
die Koalition die Berechtigung dieses populären Mißtrauens 
nicht anerkannte, beging sie einen schweren politischen 
Fehler. Wo man allgemein einen ferneren Missbrauch der 
Regierung zu Gunsten einer Reaktion von dem Hofe besorgte, 
da machten Alexander Lameth und seine Freunde den un- 
zeitigen Versuch, durch Aenderungen an der Konstitution 
die Machtbefugnis des verdächtigen Monarchen zu erweitern. 

l ) Fcrstn, I, litt, 230, 211-213, 2JÖ. 



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— — 



III. 

Das Blutbad auf dem Marsfelde. Die Revision der 

Verfassung. 

Die überwiegende Mehrheit der Nationalversammlung 
war, wie wir schon oben andeuteten, von vorne herein zur 
Erhaltung des Königtums geneigt, eine Absicht, gegen welche 
sich auch sonst in ihrem Schosse wenig Widerspruch erhob. 
Wohl aber gab es in den unteren Bevölkerungsschichten 
der Hauptstadt eine radikalere Strömung, die im Gegensatz 
zur Konstituante die Abschaffung der Monarchie und die 
Aufrichtung der Republik anstrebte. 

Die Häupter der Koalition wollten warten, bis sich 
mit der Zeit die Wogen der erregten Volksmeinung wieder 
glatten würden. Sie vermieden daher ängstlich, vorläufig 
über Ludwig XVI. etwas festzusetzen. Sie hatten ihn 
suspendiert unJ in strengen Gewahrsam genommen. Die 
Nationalversammlung hatte die Zügel der Regierung er- 
griffen. In ihren Händen lag jetzt die Verwaltung des 
weiten Reiches. Damit verkörperte sie schon den Zustand 
der Staatsverwaltung, der einen Monarehen überflüssig er- 
scheinen Hess: der Republik fehlte nur der Xame 1 ). 

Auch in dem Prozess. den die Konstituante drei 
Wochen nach der Flucht gegen den König einleitete, wagte 
sie sich nicht Öffentlich zu seinen Gunsten zu erklären. 
Vielmehr unterwarf sie ihn einem Verfahren, welches sein 
schon tief gesunkenes Ansehen noch herabmindern musste. 

Um Ludwig den Fluchtversuch nicht zur Last legen 
zu müssen, wandte man eine lächerliche Fiktion an: die 
königliche Familie, hiess es. sei wider ihren Willen von 
Feinden der Revolution aus Paris entführt worden. Man 
klagte nun die getreuen Helfershelfer des Königs als Ur- 
heber des Fluchtplanes an. 

l i Bacomt. III. lHUtV. 



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— 14 - 



Sein Protest gegen die Verfassung in der Denkschrift 
vom 20. Juni konnte nicht bemäntelt werden. Man gab 
zu. dass er damit ein Vergehen begangen habe, das seine 
Absetzung fordere. Aber da biete leider das Gesetz keine 
Handhabe, und es sei iufolge dessen nicht möglich, über 
ihn abzuurteilen: doeh müsse man die Lücke in der Kon- 
stitution sogleich ausfüllen. So rettete nur ein zufalliger 
Maugel in der Verfassung den Monarchen; eigentlich hatte 
er seinen Thron verwirkt 1 ). Man Hess ihn den Kopf noch 
einmal aus der Schlinge ziehen. 

Die Führer der Koalition glaubten ein juristisches 
Meisterstück zu Wege gebracht zu haben. So meinten sie 
den König zu retten und sich die Sympathieen der Be- 
völkerung zu erhalten. Sie wollten es allen Recht machen. 
Darum sprachen sie Ludwig nicht ausdrücklich mit klaren 
Worten frei, darum setzten sie ihn noch nicht in sein 
Königtum ein, sondern erklärten, dass die Nationalver- 
sammlung bis zur Vollendung der Verfassung die Regierung 
führen werde. Erst wenn der König sie angenommen und 
aufs neue beschworen habe, solle er in Freiheit gesetzt 
werden. 

Die Schwäche, welche in diesem zweideutigen Ver- 
halten der Konstitutionellen lag. ermutigte indes Marat. 
Danton, Desmoulins und Genossen zu dem Wagnis, gestützt 
auf die radikalen Tendenzen der unteren Klassen, die 
Nationalversammlung durch einen Pöbelaufstand zur Ab- 
schaffung der Monarchie zu zwingen. Auf dem Marsfelde 

') lhu hi'7. < r H >ux. Hist..iiv parlem. XI, .V2f. Einer der 
Verteidiger Ludwigs, Salles, sehloss seine Keile: „Ainsi done. si 
la loi existait, il n'v aurait |ias le nioindre dourc pour moi. 
Louis XVI a proteste ( untre son serment: il serait eense avoir 
abdiene: niais ertte loi nYxiste j»as. En eoneluant, Messieurs, 
ä er nuo vons la derretiez, jr dis <|ii'.-l|.' ne ]»eut pas etre 
applit|uef au r><i." 



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versammelten sie am 17. Juli «regen 6000 Menschen zur 
Unterzeichnung einer Petition, in der man die Volksver- 
tretung zur Absetzung Ludwigs XVI. aufforderte. 

Nunmehr musste die Konstituante eine Bewegung mit 
blutiger Hand unterdrücken, die sie durch eigenes Ver- 
schulden zu einer gefährlichen Macht hatte werden lassen. 
Denn hätte sie, statt in ängstlichem Zaudern zu verharren, 
entschieden ihr Votum für den König abgegeben, so würde 
sie die Demagogen leicht im Zaum gehalten haben. Die 
Dämpfung des Aufruhrs auf dem Marsfelde durch Bailly. 
Lafayette und die Nationalgarde schloss zwar mit einem 
vollständigen Siege der Nationalversammlung, die republi- 
kanischen Schwanngeister stoben in bleichem Schrecken aus- 
einander. Allein es war ein Triumph, der rasch genug 
vorüberging, insbesondere weil ihn die Konstitutionellen 
nicht auszunutzen verstanden. 

Das zeigte ihi Vorgehen gegen den .Jakobinerklub. 
Als einzelne Deputierte jetzt die gewaltsame Auflösung der 
gefährlichen Gesellschaft dringend forderten, war sowohl 
Lafayette als auch das Triumvirat einer so energischen 
Massnahme abgeneigt. Jener hätte darin einen Verfassungs- 
bruch gesehen: er ahnte nicht, dass er nach einem .Jahre 
auf einem minder gesetzlichen Wege die Jakobiner be- 
kämpfen würde. Alexander Lameth aber hatte soeben den 
Klub der Feuillants begründet. Bis auf ein halbes Dutzend 
hatten alle Deputierten der Konstituante dem alten Jako- 
binerklub den Kücken gekehrt und sich der neuen Schöpfung 
angeschlossen. Duport. der «las Afliliationswesen des alten 
Klubs in grossartiger Weise organisiert hatte, hoffte alle 
Tochtergesellschaften auch an den neuen anzuschliessen; 
er erwartete zuversichtlich, dass die Feuillants die Jakobiner 
überflügeln würden, und wollte daher nichts von einer 
Aufhebung der politischen Gesellschalten wissen. Die 
Zukunft lehrte bald, wie er sich in seinen Berechnungen 
geirrt hatte. Den Jakobinerklub aber rettete eben die 



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- iü - 



Kurzsichtigkeit seiner Gegner vor dem drohenden Unter- 
gang 1 ). 

Vorzüglich aber war es Ein bemerkenswerter Umstand, 
der die Aktionsfähigkeit der Koalition bald wesentlich 
hemmte, nämlich der persönliche und prinzipielle Gegen- 
satz, der sich unter ihren Führern wiederum geltend 
machte. Kurze Zeit nach dem 17. Juli trat er bei einer 
wichtigen Frage, die die Revision der Verfassung betraf, 
hervor. 

Das Triumvirat wollte hier das Uebergewicht, das 
ihm der Tag auf dem Marsfelde verschafft hatte, zu einer 
Modifikation der Konstitution benutzen. Sie dachten der 
königliehen Autorität gegenüber der Nationalversammlung 
eine seihständigere Stellung zu geben. Nur in diesem 
Falle, meinten sie, würde der Monareh und sein Ministerium 
im stände sein, einem Weitergreifen der revolutionären 
Tendenzen sieh kräftig entgegenzusetzen. Denn dahin ging 
ihr Streben, mit dem Schlüsse der Konstituante aucli der 
Revolution ein Ziel zu setzen. ..Wenn die Revolution noch 
einen Schritt weiter gebt 1 ', rief Barnave warnend aus. „so 
kann sie ihn nicht ohne Gefahr thun; auf der Linie der 
Freiheit würde der erste Schritt zum Sturze des Königtums, 
auf der Linie der Gleichheit zur Antastung des Eigentums 
führen."-). 

Wenn auch Lafayette diese Anschauung teilte, so 
stimmte er den Moditikationsplänen des Triumvirates doch 
nicht so unbedingt zu. Er war wohl für die Vornahme 
einzelner Verbesserungen an der Verfassung, aber nicht für 
eine Unibildung derselben von Grund aus, wie sie Alexander 
Lanieth und seine Freunde ersehnten. Urteilte er doch über 
ihren Weit weit günstiger als diese. 

l i Jos*']»h Droz. Histnhv du regne <le Louis XVT. Paris, 
1842. III. 408. 

«) Buchez, XI, «*,»;. 



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1 IT - 



Es zeigte sich hier, dass die beiden verbündeten Par- 
teien doch einen recht verschiedenen Charakter hatten. 

Die ehemals radikale Fraktion Lameths hatte in den 
letzten Monaten eine reaktionäre Färbung angenommen. 
Sie bereute, früher im Eifer zu weit gegangen zu sein, und 
hätte gern gesehen, wenn man ein paar Schritte wieder 
zurückgemacht hätte. Diese Neigung wurde nach dem 
Fluchtversuche durch ihre Annäherung an den Hof verstärkt. 
Seitdem sie die Regierung besassen, hatten sie ein natürliches 
Interesse daran, ihr eine sichere Grundlage zu geben. Sie 
fanden, dass die neue Verfassung der Exekutive zu wenig 
Spielraum lasse; sie hätten gewünscht, dass man dem König 
z. B. das absolute Veto, die Ernennung der Richter und 
andere Rechtstitel zurückgegeben hätte 1 ). 

Dagegen hatte sich bei Lafayette und seinem Anhang 
nicht eine solche Umbiegung der politischen Grundrichtung 
vollzogen; sie wollten im wesentlichen ihren alten Grund- 
sätzen treu bleiben 2 ) und sich nicht in eine rückläufige 
Bahn begeben. Die Verfassung betrachteten sie als ihr 
Werk; sie waren stolz darauf und duldeten es nicht, wenn 
man dieselbe einer herben Kritik unterwarf 8 ). Mit naivem 



1 ) Lacretelle, Hiatoiro de la Revolution francaise (Paria 
1824) II, 318. — Bertrand de Molleville, Hiatoire de la revolution 
de France (Paria 1801) V, 21 G f. Lafayetto, Memoirea III, 103. 
— Weber, Memoirea II, 94: „La eonatitution qu'ila adoptaient 
quant au fond leur (dem Triumvirat) paraiasait vicieuae en 
pluaieura points importants, et peu solide". Vlg. a. II, 128 — 
(Euvrea de ßarnave, hgg. von Beranger (Paris 1843) Bd. I, 161, 
Examen critique de la Constitution. 

2 ) Droz, a. a. O. III, 443. „Cet eleve de TAmerique (La- 
fayette) n'etait pas inconaequent comme lea deputea dont je 
viena de parier (daa Triumvirat); il suivait sea principes avec 
toute l'impasaibilite de aon caractere". 

3 ) Lacretelle, II, 344; Weber, II, 128: er nennt Lafayette 
einen „adorateur de la Constitution jusque dans ses defauts u 

Glagau, Die frana. Legislative. 2 



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— 18 — 

•Selbstbewußtsein rühmte Lafayette die Erklärung der 
Menschenrechte, die an ihrer Spitze stand, als seine Schöpfung. 

Dazu kam, dass der General nicht ein so persönliches 
Interesse wie Alexander Lameth daran hatte, auf die 
Stärkung der königlichen Autorität hinzuarbeiten. Er war 
ja vom Vertrauen der Königin ausgeschlossen, während 
seinem ehemaligen Nebenbuhler die Summe der Regierungs- 
gewalt zufiel. So hatte Marie Antoinette von vornherein 
unter die beiden ehrgeizigen Häupter der Koalition den 
Samen der Zwietracht geworfen. Sie hatten im Verlaufe 
der Revolution um den Besitz der Macht gerungen und 
sich schliesslich zu einer gütlichen Teilung der Beute ver- 
standen. Indem nun die Königin Lafayette ihre Ungunst 
bezeigte, machte sie ihn in dieser Beziehung von der Gnade 
seiner früheren Gegner abhängig. Wenn seine Parteigänger 
einflussreiche Aemter erlangen wollten, konnten sie sie nur 
durch Vermittlung des Triumvirates erlangen. 

Eben bei der Durchsicht der Verfassung trat wieder 
ein Gegensatz zwischen Lafayette und Lameth hervor, der 
sich erstlich auf ein allgemeineres Moment, auf den ver- 
schiedenen Grundcharakter ihrer politischen Bestrebungen, 
dann auf den besonderen Umstand ihrer ungleichen Stellung 
zum Hofe gründete. Man konnte sich nicht einigen und 
betrachtete einander mit wechselseitigem Misstrauen *). 

vgl. a. Lafayette, III, 119; Bertrand de Molleville, V, 252; Droz, 
III, 477. Er nennt die Anhänger des Generals „trop epris de 
la Constitution pour souffrir qu'on y apportÄt de grands change- 
ments". 

l ) Droz, a. a. O. III, 468. „Ces hommes (die Häupter der 

Koalition) n'etaient pas cependant parfaitement d'accord. 

Plusieurs, longtemps divises, s'etaient rapproches depuis trop 
peu de jours, pour qu'il ne restät plus de trace de leurs an- 
ciennes et reciproqucs defianccs. H y avait des differenccs dans 
leurs opinions, dans leurs manieres de sentir et de juger". Vgl. 
Toulongeon, II, 59 f. 



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19 



Nur zu geringfügigen, nichtssagenden Modifikationen 
liessen es die Freunde des Generals kommen. Sie wollten 
auch nicht den leisesten Anschein der Reaktionslust auf 
sich fallen sehen. Besonders fürchtete Lafayette für seine 
Popularität. Sie hatte schon durch die Teilnahme an dem 
Blutbad auf dem Marsfelde eine unheilbare Wunde erhalten. 
Und gerade auf dem Einfluss, den er auf das Volk und die 
Nationalgarde ausübte, beruhte seine politische Macht. Er 
gedachte sie nicht für den undankbaren Hof und dessen 
neue Berater dahiuzuopfern. 

Noch einen gewagten Versuch machte das Triumvirat, 
um zu einer ausgiebigen Aenderung der Verfassung zu ge- 
langen. Ohne dass Lafayette darum wusste 1 ), verständigten 
sie sich mit Malouet, einem der einflussreichsten Führer 
der rechten Seite. Er sollte einen scharfen Angriff auf die 
Verfassung eröffnen, den jene zum Schein abwehren, bald 
aber unterstützen wollten. Malouet war aber seiner eigenen 
Partei nicht Herr; sie versagte ihm im entscheidenden 
Augenblick ihren Beistand. Denn die Rechte wünschte 
wie der Hof, dass die verhasste Konstitution durch sich 
selbst zu Grunde gehe; Verbesserungen hätten ja ihren 
Ruin und damit die Gegenrevolution vereitelt oder zum 
. mindesten hinausgeschoben. 

Nach dem endgiltigen Scheitern einer gründlichen 
Revision in der Nationalversammlung suchte das Triumvirat 
Ludwig zu bestimmen, bevor er die Konstitution anerkenne 
aus eigener Initiative eine Durchmusterung derselben mit 



>) Bouüle, Memoire», p. 289: Aus dem Briefe des Grafen 
Gouveniet vom 26. VIII. 1791 : ..Quant a cette derniere partie du 
plan de Barnave il n'y avait danB le Beeret que Lameth et 
Duport; car la tourbe constitutionelle leur inspirait encore assez 
d'inquietude pour qu'ils ne fussent sürs de la majorit£ de l'As- 
semblee qu'en comptant sur le cote droit 1 * Vgl. Malouet, II,G9ft'., 
S. 73f. Aum.; vgl. Bertrand de Molleville, V, 211 f. 

2* 



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— 20 — 

einem aus der Konstituante gewählten Ausschusse vorzu- 
nehmen 1 ). Sie selbst aber gaben diesen Plan auf, als die 
Mehrheit der bei Larochefoucauld versammelten Häupter der 
Koalition, wahrscheinlich unter dem Vorgange Lafayettes, 
sich gegen jede Kritik der Verfassung durch den König er- 
klärte. Auch sie rieten ihm nun, ohne weiteres die Kon- 
stitution anzunehmen 8 ). Nur einen Passus schmuggelten sie 
in die Erklärung ein, in der Ludwig XVI. die Konstituante 
von seinem Entschluss, die Verfassung anzuerkennen, be- 
nachrichtigte', einen Passus, der andeutet, wie schmerzlich 
sie das Scheitern der Revision empfanden. Sie Hessen den 
König sagen, dass er zwar die Verfassung annehme, ob- 
gleich er in derselben die eigentliche Handhabe vermisse, 
um sie wirklich zur Ausführung zu bringen, um energisch 
auch in die Verwaltung aller Teile eines grossen Reiches 
einzugreifen. Doch wolle er die Erfahrung allein über ihren 
Wert oder Unwert urteilen lassen. 

Zu dem Misserfolge der Revision kamen furchtbare 
Niederlagen, welche Alexander Lameth und seine beiden 
Freunde durch die wohlgezielten Angriffe der radikalen 
Partei in der öffentlichen Meinung erlitten. Durch die Kon- 
sequenz ihrer Haltung den Gegnern ohnehin überlegen, 
warfen Brissot und Robespierre den ehemaligen Leitern des 
Jakobinerklubs Verrat an ihren Grundsätzen vor. Dieser 
deutete unter dem rauschenden Beifall der Tribünen und 
dem Hohugelächtcr der rechten Seite der Nationalversamm- 
lung auf ihr geheimes Einverständnis mit dem Hofe, dem 
sie sich verkauft hätten, hin. Sie wussten sich nicht zu 
verteidigen, gelähmt durch das beschämende Bewusstsein, 
dass sie sich in der That mit der Vergangenheit in Wider- 
spruch befanden. 



») Bacourt, III, 267 f. 

'*) Bertrand de Mulle ville, V, 217. 



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— 21 



Und nicht nur in den Angelegenheiten der inneren 
Politik bewegte sich das Triumvirat gegen den Strom der 
Volksmeinung; es war auch durch die letzten Ereignisse 
eine auswärtige Frage brennend goworden, deren Lösung 
Alexander Lameth durchaus nicht im Sinne der öffentlichen 
Meinung herbeizuführen suchte. 



Annäherungsversuch der Koalition an Kaiser Leopold II. 

An dem Horizonte der europäischen Politik stieg eben 
von Südosten her das erste dunkle Wölkchen auf, das auf 
einen herannahenden Konflikt zwischen Oesterreich und 
dem revolutionierten Frankreich deutete. 

Als Leopold II. von dorn Misslingcn der Flucht gehört 
hatte, glaubte er dem französischen Königspaaro in der Not 
seinen Beistand nicht versagen zu dtirfen. Am 6. Juli 
erliess er daher von Padua aus, wo er sich gerade aufhielt, 
ein Rundschreiben an die vornehmsten europäischen Höfe, 
in welchem er sie aufforderte, mit ihm gemeinsam zu 
Gunsten Ludwigs XVI. eine Erklärung an das französische 
Volk zu erlassen *). Der Entwurf derselben, den er bei- 
fügte, war in den schärfsten Ausdrücken gehalten. Ka- 
tegorisch forderte man die augenblickliche Freilassung der 
königlichen Familie; nur diejenige Verfassung würde man 
als zu Recht bestehend anerkennen, deren Festsetzungen 
Ludwig XVI. aus freiem Willen zugestimmt habe. Im 
Weigerungsfalle würden die vereinigten Souveräne Europas 
alles aufbieten, um die skandalöse Usurpation, welche sich 
die französischen Demagogen gegenüber ihrem Herrscher 



') v. Vivenot, Quellen z. Gesch. d. deutschen Kaiaerpolitik 
Oesterreichs während der französischen Revolutionskriege, 1, 186 f 



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_ 22 — 



angemasst hätten, zu unterdrücken, schon damit sie nicht 
anderen Völkern zum bösen Beispiel werde. 

Noch bevor diese Paduaner Erklärung den Häuptern 
der Konstituante bekannt sein konnte, trafen sie Anstalten, 
um den Kaiser über das Schicksal seiner hohen Verwandten 
zu beruhigen. Denn sie fürchteten von einer Einmischung 
des Auslandes in die heimischen Angelegenheiten für Frank- 
reich die schlimmsten Folgen: eine Verschärfung der inneren 
Krisis, den Sturz des Königtums und die Entartung der 
Revolution zur Pöbolherrschaft *). Auch glaubten sie bei 
der Zerrüttung der Staatsfinanzen und dem schlechten 
Zustand, in dem sich das Heer befand, nicht auf eine 
glückliche Wendung des Krieges rechnen zu dürfen; eine 
Gegenrevolution, die schliesslich die Grundlagen der Re- 
volution zerstört hätte, erschien ihnen bei einem unglücklichen 
Waffengange mit einer übermächtigen europäischen Koa- 
lition fast gewiss. AU 1 dem hofften sie durch eine recht- 
zeitige Verständigung mit dem Kaiser vorzubeugen. 

Um eine solche anzubahnen, überreichten die Häupter 
der Konstituante am 11. Juli dem österreichischen Geschäfts- 
träger in Paris, dem Herrn von Blumendorf, eine Denk- 
schrift, die dieser seinem Chef, dem in Brüssel residierenden 
Botschaftor Grafen Mercy, übermitteln sollte 2 ). Hier weisen 
die Häupter der Revolution — so nennen sich Lafayetto 
und das Triumvirat — ohno Schonung auf den für das 
Königtum höchst nachteiligen Eindruck hin, den der Flucht- 
versuch im ganzen Lande hervorgebracht habe. Die wichtigste 
und nächste Aufgabe bestehe für Ludwig XVI. darin, das 
allgemeine Vertrauen wiederzugewinnen. Nicht nur durch 
Worte, sondern durch Thaten müsse er den redlichen Willen, 



l ) Correspondalice diplomatique du baron de Stael-Holstein 
par Leouzon le Duc (Paris, 1881) p. 254. Vgl. S. 226 f.; Bacourt, 
III, 184. 

*) Feuillet de Conches H, 162 ff. 



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- 23 - 



sich der Revolution anzuschließen, bekunden. Er solle 
einen Teil seiner Familie und die angeseheneren Emigranten 
zur Rückkehr in die Heimat bewegen, ferner die Aner- 
kennung der neuen Verfassung bei den mit Frankreich ver- 
bündeten Mächten erwirken. 

Um dem Kaiser die Lust zur Einmischung in die fran- 
zösischen Angelegenheiten zu benehmen, warnen ihn die 
Parteiführer eindringlich vor der Gefahr, der er sich bei 
einem solchen Vorhaben aussetzen würde. Im Falle eines 
Krieges werde eine rührige Propaganda die revolutionäre 
Lehre von der Volkssouveränität in der Welt ausbreiten 
und die Grundpfeiler der absoluten Monarchie unterwühlen. 
I>ie Ideale der Freiheit und Gleichheit würden dann alle 
Könige Europas mit dem Sturze bedrohen. Darum fordere 
das Interesse der fremden Fürsten die Erhaltung des 
Friedens, und dass Ludwig XVI. seine Krone bewahre. 
Denn das ansteckende Beispiel eine? entthronten Monarchen 
könnte die Existenz derjenigen gefährden, die ohnehin nicht 
sehr sicher auf ihrem Throne sässen. Schliesslich melden 
die Partoihäupter ihre Absicht, den König gegen die radi- 
kalen Wühler aus allen Kräften zu schützen. 

Die Denkschrift war in einem hochtrabenden, lehr- 
haften Tone abgefasst und verfehlte schon deshalb ihren 
eigentlichen Zweck, den Wiener Hof den Gemässigten ge- 
neigt zu machen. Den Grafen Mercy verdross vor allem 
die drohende Schilderung der Macht des revolutionären 
Prinzips. „Sie suchen alle Throne durch dio Ankündigung 
ihres unsinnigen Planes, sie umzustürzen, einzuschüchtern", 
schrieb er ärgerlich an Kaunitz, indem er ihm das Memoire 
Ubersandte. Den Führern der Konstitutionellen weigerte 
er jede Antwort auf die Denkschrift, indem er sich für un- 
zuständig erklärte. 

Nach dieser Niederlage entschloss sich das Triumvirat 
zu einem zweiten Annäherungsversuch an den Wiener Hof. 
. Ende Juli baten sie Marie Antoinette ihrem Bruder einen 



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— 24 — 



Brief zu schreiben, den sie selbst entworfen hatten 1 ). Die 
Königin Hess sich dazu bereit finden, obwohl sie die in dem 
Schreiben ausgesprochenen Ansichten gar nicht teilte. Sie 
konnte das Ersuchen nicht abschlagen ohne den Ver- 
dacht Alexander Lameths zu erregen. Doch insgeheim 
verständigte sie Mercy von ihren wahren Absichten. 

Jener Brief unterscheidet sich recht wesentlich von der 
oben aufgeführten Denkschrift. Gegen ihren hochmütigen 
Ton sticht seine kleinlaute, höfliche Haltung merkwürdig 
ab. Man verspricht mehr, als man fordert. Bereitwillig 
erkennt man die Notwendigkeit an, der königlichen Präro- 
gative eine grössere Ausdehnung zu geben. Man weist mit 
grossem Nachdruck auf das Friedensbedürfnis der franzö- 
sischen Nation hin. Durch keinen Dienst könnte sich die 
Königin die gemässigten Elemente ihres Volkes inniger ver- 
pflichten, als wenn sie ihren Bruder bestimmen würde, zur 
Sicherung des Friedens für Frankreich beizutragen. Kein 
Umstand wäre geeigneter, die königliche Autorität wieder 
zu heben. Die Häupter der Konstituante würden sich zum 
Danke hierfür aufrichtig an das Königspaar anschliessen 
und es mit ihrem wirksamen Einfluss unterstützen. Auch 
der Kaiser würde dadurch seinem Interesse am besten 
dienen. Als Preis für die Anerkennung der neuen Ver- 
fassung durch ihn verheissen die Parteiführer die Erhaltung 
des Bündnisses zwischen Krankreich und Oesterreich. 

Worauf wird aber der bedeutsame Unterschied, welcher 
zwischen dem Briefe und jener Denkschrift besteht, zurück- 
zuführen sein? Wenn ich nicht irre, ist er dem Umstände 
zuzuschreiben, dass dieses Schriftstück nur von dem Trium- 
virate ohne die Mitwirkung der anderen konstitutionellen 
Fraktion abgefasst wurde. Der scharfe Hinweis auf die 



*) Arneth, S. 193. Marie Antoinette an Mercy d. 31. Juli 
1791. Vgl. a. S. 188 ff. den Brief Antoinettes an Leopold II. vom 
30. Juli 1791. 



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— 25 — 



Notwendigkeit einer Modifikation der Verfassung, die un- 
verhohlene Friedenssehnsucht, der Wunsch, an dem Kaiser 
gegenüber den Radikalen einen Rückhalt zu linden, das 
alles sind Züge, die dem Charakter der Partei Alexander 
Lameths eigentümlich sind und sie von ihren Verbündeten 
unterscheiden. Lafayetto und seinem Anhang entsprach 
mehr die Neigung, sich, wie es in dem Memoire geschehen 
war, auf die Wirksamkeit des revolutionären Prinzips zu 
berufen. Weil der General mehr Fühlung mit der öffent- 
lichen Meinung hatte, würde er den flehentlichen Ton, in 
welchem man den Kaiser durch Vermittlung seiner Schwester 
um Frieden bat, nicht gebilligt haben. Wie leicht aber war 
es dem Triumvirate, dem verbündeten Parteihaupt die 
ferneren Verhandlungen mit Leopold zu verbergen, da nur 
sie das Vertrauen des Hofes genossen. Eben bei diesem 
Anlass nennt auch die 'Königin ausdrücklich Alexander 
Lameth und Barnave als die einzigen, mit denen sie einen 
schriftlichen Gedankenaustausch pflege, den diese selbst vor 
ihren Freunden geheim hielten 1 ). Und diese Gelegenheit 
benutzten die Triumvirn, um Marie Antoinette einen Brief 
in die Feder zu diktieren, der die Grundzüge ihres politischen 
Systems trug. 

So kündigt sich, wie bei der Revision der Verfassung 
in einer Frage der inneren Politik, auch hier in der Be- 
handlung der auswärtigen Angelegenheiten ein Gegensatz 
zwischen den Häuptern der beiden konstitutionellen Fraktionen 
an, der in der Folgezeit unter dem Drucke entscheidender 
Ereignisse zur Sprengung der Koalition führen wird. Auf 
das engste verflocht sich von vorneherein die innere und 
die auswärtige Politik. Weil Alexander Lameth und seine 
Freunde in Frankreich nach einer, wenn auch massigen 
Reaktion strebten, mussten sie mit allem Eifei darauf be- 
dacht sein, einen Konflikt mit dem Auslände, der das revo- 

4 

») Ameth, S. 194. 



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- 26 - 

lutionäre Fieber wieder gesteigert und den Radikalen die 
Oberhand verschafft hätte, zu vermeiden 1 ). Die Unruhe 
kriegerischer Ereignisse hätte von Anfang an die Hoffnung 
auf eine Rückbildung der Auswüchse in der Verfassung 
vereitelt. Sie fuhren daher in ihren Bemühungen, den 
Wiener Hof zu gewinnen, fort. 

Mitte August erschien bei dem Grafen Mercy in Brüssel 
ein Abgesandter des Triumvirates, der Abbee Louis, wie er 
kurzweg genannt wurde. Der Zweck seiner Sendung wardarauf 
gerichtet, den österreichischen Botschafter, der seit dem 
Oktober 1790 Paris verlassen hatte, zur Rückkehr dorthin 
zu bewegen. Hätte nämlich dieser Schritt schon an sich 
von der friedfertigen Gesinnung des Kaisers gezeugt und 
damit zur Beruhigung der Gemüter, die den Ausbruch 
eines Krieges befürchteten, gedient, so wäre er von doppeltem 
Werte in dem Augenblick gewesen, wo Ludwig XVI. die 
Verfassung annehmen sollte: Leopold hätte dadurch den 
Willensakt seines Schwagers als freiwillig anerkannt und 
gebilligt; der vornehmste Monarch Europas hätte dann 
durch die offizielle Absendung seines Gesandten nach Paris 
den durch die Revolution in Frankreich geschaffenen Zu- 
stand feierlich sanktioniert. Mercy erkannte sofort, was 
die Häupter der Feuillants mit ihrer Forderung bezweckten. 
Er lehnte ihre Erfüllung nicht geradezu ab, antwortete aber 
so ausweichend und unbestimmt, dass der Abbee recht un- 
zufrieden mit dem Erfolge seiner Mission zu seinen Auf- 
traggebern zurückkehrte 2 ). Mit Genugthuung bemerkte er 

') Bacourt, III, 184. Auch hier wird darauf hingewiesen, dass 
namentlich das Triumvirat auf eine Beschwörung dos vom Aus- 
lande drohenden Angriffe Bedacht nimmt „Cette crainte (vor 
einem Kriege) a fait naitre dans la tete de quelques membres 
de rAssemblee, et Ton nomme surtout MM. Duport, La- 
meth et Barnave le projet de negocier avec l'Empereur" etc. 

2 ) Arneth, S. 203 f. Marie Antoinette an Mercy 21. VIII. 1791. 
Mercy selbst berichtet an Kaunitis d. 13. VIU. (Wiener Archiv) 



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- 27 



die Besorgnis der Konstituante vor der Einmischung des 
Auslandes. Weil er glaubte, dass diese Befürchtung die 
Lage des französischen Königspaares freundlicher gestalten 
würde, hielt er es für heilsam, sie nicht nur nicht zu be- 
schwichtigen, sondern noch zu steigern 1 ), ein Verhalten, 
das Leopold sowohl billigte, als selbst unterstützte. 

Auf jenen Brief, den das Triumvirat durch Marie 
Antoinette an ihn gerichtet hatte, antwortete er sehr kühl. 
Reine Erwiederung glich mehr einer Antwort auf die hoch- 
mütige Denkschrift vom Anfang Juli. Denn nun brachte 
er seinerseits das dynastische Interesse zu scharfem Aus- 
druck. Er könne mit den übrigen europaischen Höfen nur 
eine Verfassung anerkennen, die im Sinne der Erklärung 
Ludwigs XVI. vom 20. Juni laute, und nur dann, wenn 
sie vom König aus freien Stücken angenommen sei 2 ). Er 
wiederholte also kurz und bündig die Forderungen, die er 
in der Deklaration von Padua aufgestellt hatte. 

Doch dachte der Kaiser nicht mehr im Ernst daran, 
die Erfüllung jener harten Bedingungen von der National- 
versammlung gewaltsam zu betreiben. Er hatte in der 
letzten Zoit erfahren, dass es unmöglich sein würde, die 
übrigen Souveräne zu einer gemeinsamen Handlung zu 
Gunsten Ludwigs XVI. zu vereinigen. Die Interessen der 



„Mes reponses k ce negociatcur (Louis) ont ete oirconspoetes et 
vagues, mais fermes. Je lui ai obsorve .... que relativement 
a ma rentree en France, olle ne pouvait dependrr que des or- 

dres de ma Cour M 

l ) Mercy an Kaunitz, 13. VIII. „Je prevois bien que ma 
promenade de huit jours a Londres offusquera s*ns doute, et 
donnera quelques soupcons a l'Assemblee Nationale; mais cette 
mefiance ne parait que pouvoir etre salutaire dans la 
conjoneture presente, et cette reflexion a determine 
ma marche". 

») Ameth, 8. 202. Leopold an Marie Antoinette. 20. VIII 
1791. 



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- 28 - 



verschiedenen Mächte gingen zu weit auseinander, als dass 
sie sich leicht unter einen Hut hätten bringen lassen : die Auf- 
forderung des Wiener Hofes zur Bildung eines europäischen 
Vereins gegen Frankreich hatte nirgends Beifall gefunden. 
Und Leopold war ein zu vorsichtiger Diplomat, um sich 
auf eigene Faust in einen langwierigen Kampf mit der 
Revolution zu verstricken. Auch war es von vorneherein 
von ihm keineswegs auf einen Krieg, sondern auf möglichst 
wirksame Demonstrationen abgesehen. Durch die drohende 
Miene, welche das Ausland Frankreich gegenüber annahm, 
sollte die Konstituante schon aus der Ferne eingeschüchtert 
und dazu angehalten werden, Ludwig eine erträgliche 
Stellung zu verschaffen. Das ängstliche Gebahren, das die 
Häupter der Nationalversammlung bei dem blossen Gerüchte 
der Bildung einer Koalition an den Tag legten, bestärkte 
den Wiener Hof in der angenommenen Haltung. Man glaubte 
in der That in der Hofburg, dass die massvollen Tendenzen, 
welche sich in der Zeit nach dem Fluchtversuche in Frank- 
reich Geltung verschafften, lediglich dem Schrecken zu- 
zumessen seien, den der Kaiser durch sein energisches Auf- 
treten der Konstituante einzujagen wusste. Die Erhaltung 
des Bourbonenthrones, die Niederwerfung der Republikaner 
am \1. Juli und die allmähliche Rückkehr der Ruhe und 
Ordnung in Paris führte Leopold und sein Kanzler Kaunitz 
auf die mittelbare Einwirkung der österreichischen Politik, 
auf den moralischen Druck, den das geplante Konzert auf die 
furchtsamen Parteiführer ausübte, zurück '), eine einseitige 
und daher irrtümliche Anschauung, die eine in den inneren 

l ) Vivenot, II, 2, Meinoiro Kaunitzens vom 21—28. April 
1792. Hier zeichnet, der Staatskanzler die Wirkung der Haltung 
seines Hofes im Sommer 1791 auf die französischen Angelegen- 
heiten summarisch mit den Worten: „Quoique divers empecho- 
ments ne permissent point alors Vetablissement et la realisation 
de ce concert, les prineipes en fureut agrees par les coure invi- 
tees et Tapprehenaion de leur reunion prochaine opera l'effet 



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— 29 — 



politischen Verhältnissen Frankreichs tief begründete Ab- 
wandlung wesentlich als das Ergebnis der versuchten, nicht 
einmal vollzogenen auswärtigen Einmischung betrachtete. 
Heben wir es gleich hier hervor: es war dies ein Vorgang, 
der die spätere Politik des österreichischen Kabinettes in 
verhängnisvoller Weise beeinflussen sollte. Denn fortan 
herrschte unter den leitenden Staatsmännern in Wien die 
Auffassung, dass die Entwicklung der französischen Ange- 
legenheiten in hohem Grade von der Initiative des Kaisers 
abhängig sei. 

Schon damals missfiel so manchem Franzosen der ängst- 
liche Eifer, mit dem die Lameths sich für die Erhaltung des 
Friedens bemühten; schon damals erhob der Mann seine 
Stimme, dem unter der folgenden Legislatur vom Schick- 
sal eine grossartige Rolle beschieden war: Brissot tadelte 
mit scharfen Geisseihieben die schwächliche Furchtsamkeit 
der Häupter der Nationalversammlung dem Auslande gegen- 
über. „Man sagt uns", rief er zornig aus, „die fremden 
Mächte werden Uber euch herfallen. Meinetwegen; wenn 
ihr aber deshalb eure Grundsätze, eure Würde und die 
Verfassung so ganz vergesst, um nur noch nach der von 
aussen kommenden Gefahr auszuschauen, dann zerreisst sie 
schleunig; denn ihr seid ihrer nicht mehr wert. 1 ' Er höhnte 
Uber die kleinmütige Besorgnis, dass Frankreich augenblick- 
lich einen Angriff nicht abzuschlagen vermöge, indem er auf 
Englands glorreiches Beispiel wies, das während der furcht- 
baren Wirren, die seine Revolution im Inneren begleiteten, 
doch zugleich im Auslande Schlachten gewonnen habe 1 ). 

Diese Worte Brissots fanden bei den Jakobinern leb- 
haften Widerhall. Und dieser Klub gewann wiederum ein 

que le Roi de France fut relache, et que son inviolabilite, ainsi 
que le mainüeu de gouvernement inonarchique furetit etablis 
pour base de la nouvelle Constitution". Vgl. Ranke, Ursprung 
der Revolutionskriege, S. 85. 

l ) Buchez, XI, 2—1*2. Rede Brissots im Jakobinerklub. 



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— 30 — 

stetig steigendes Ansehen, je unzufriedener man [im Volke 
mit der Haltung der Koalition wurde. Bei der Spaltung 
am 15. Juli waren nur sechs Deputierte der alten Gesell- 
schaft treu geblieben, fast alle hatten sich den Feuillants 
angeschlossen. Aber mit der Herrlichkeit des neuen Klubs 
ging es rasch zu Ende. Duport hatte gehofft, die Tochter- 
gesellschaften in den Provinzen von dem Mutterklub loszu- 
reissen ; er täuschte sich ; sie blieben mit wenigen Ausnahmen 
ihm treu 1 ). Ebenso kehrten viele Abgeordnete aus den 
Feuillants zu den Jakobinern zurück. Mitte September 
hielten nur noch 56 Mitglieder der Konstituante bei der 
neuen Schöpfung Alexander Lameths aus 2 ).' 

Nun bereute die Koalition, die Klubs nicht aufgehoben 
zu haben, als es noch in ihrer Macht gestanden hatte. Sie 
machte noch einen schwachen Versuch, das Versäumte 
nachzuholen. Den ihm ergebenen Justizminister Duport- 
Dutertre veranlasste das Triumvirat, die Jakobiner bei der 
Nationalversammlung zu denunzieren 8 ). Diese hatte jedoch 
nicht mehr den Mut, die einzige Massregcl, die vielleicht 
einen nachhaltigen Erfolg gehabt hätte, anzuordnen, näm- 
lich die Auflösung aller politischen Gesellschaften zu be- 
schliessen. Sie gab nur ein unzulängliches Gesetz, das 
bald in Vergessenheit geriet. Also selbst in der Konstituante 
entglitten Alexander Lameth und seinen Freunden die 
Zügel der Herrschaft. Es gingen sogar Beschlüsse durch, 
welche ihren Intentionen geradezu entgegenliefen 4 ). Ihre 



») Buchez, XI, 480. 

2 ) Zinkeisen, Jakobinerklub II, 19. Vgl. Roederer, (Euvres 

VI, 603. Anm „ce 25 aoM, un tres-grand nombre de 

deputes ont quitte les Feuillants et sont revenus aux Jacobina; 
ce qui a fait dire que la chuto des Feuillants n'attendrait pas 
la chute des feuülcs." 

3 ) Zinkeisen, II, 34 t). 

4 ) Bacourt, UI, 186. 



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- 31 — 

Beziehungen zum Hofe traten, so behutsam sie auch 
gepflogen wurden, immer offenbarer hervor und erregten 
allgemeines Misstrauen. Bei der reaktionären Gesinnung, 
die sie in den letzten Monaten an den Tag gelegt hatten, 
fiel leicht auf sie der Verdacht, dass sie in aller Stille 
eine Uebereinkunft mit den Feinden der Revolution vor- 
bereiteten. 

Das Volk aber Ubertrug den Hass, mit dem es die 
Parteihäupter betrachtete, auf die ganze Konstituante. Mit 
Befremden glaubte es zu bemerken, dass es von seinen Re- 
präsentanten nicht mehr verstanden wurde. Es erhob gegen 
einen grossen Teil derselben den Vorwurf des Verrates; sie 
hätten fUr schnöden Gewinn ihre Ueberzeugung verleugnet. 
So sah sich die Versammlung, welche während zweier Jahre 
von der populären Gunst getragen worden war, bei der Be- 
endigung ihrer Arbeiten von der Menge verachtet und ver- 
höhnt. Während Barnave, der einst gefeierte Liebling, 
beim Verlassen der letzten Sitzung sich kaum den Be- 
schimpfungen des Pöbels entziehen konnte, wurden Pelion 
und Robespierre mit EhrencrWeisungen überhäuft. Denn 
ihnen gehörte die Zukunft. 

Von folgenschwerer Bedeutung war es aber, dass ge- 
rade den Häuptern der Konstituante, Alexander Lameth, 
Duport und Barnave, vom Hofe die Leitung der gesamten 
Staatsverwaltung ausgeantwortet worden war. Sie hatten 
in der Öffentlichen Meinung ein vollständiges Fiasko erlitten; 
trotzdem jedoch glaubten sie, einmal im Besitze der Re- 
gierungsgewalt, ihr politisches System der jungen Legislative 
aufzwingen zu können. 



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Zweites Kapitel. 



Gegensatz zwischen Regierung und Legislative 
im Oktober und November 1791. 

I. 

Beibehaltung des FeaiUant-Ministeriums durch den Hof. 

Unter den Ratschlägen, die dem Hofe von allen Seiten 
zugingen, als er sich Uber die Annahme der Verfassung 
entscheiden sollte, befand siel) ein Gutachten, in welchem 
mit rücksichtsloser Offenheit die höchst gefährdete Stellung 
des Königtums beleuchtet wurde 1 ). Wir werfen einen Blick 
darauf, weil der Verfasser geschickt und scharfsinnig die 
springenden Punkte der Lage des Hofes beim Uebergange 
von der konstituierenden zur legislativen Versammlung her- 
aushebt. 

Wolle Ludwig XVI., führt er aus, seine Krone be- 
haupten, so dürfe sein Betragen der Bevölkerung in keinem 
Falle zu argwöhnischen Mutmassungen Anlass geben. Im 
Mittelpunkte seiner Politik müsse das Bestreben stehen, das 
stark erschütterte Vertrauen des Volkes zu seiner Regierung 
wiederzuorwecken. 

Mit der irrtümlichen Anschauung der Häupter der Kon- 
stituante, dass die revolutionäre Bewegung beendigt sei, 
räumt der Verfasser gründlich auf. 

l ) Bacourt, IU, 193—220. Die Denkschrift ist von Pellenc, 
einem ehemaligen Sekretär Mirabeaus, verfaast. 



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— SS — 



„Fürwahr, man täusche sich in diesem Punkt* nicht!" 
ruft er warnend aus, „die Revolution ist nicht, allein nicht 
zu Ende geführt, sondern wir befinden uns noch heute 
mitten im Stadium der Umwälzung; es ist sogar zu 
erwarten, dass das Ungewitter. das uns noch bevorsteht, 
viel stärker als das soeben überstandene sein wird " Drei 
Momente würden eine neue Revolution herbeiführen: die 
Furcht vor der Einmischung der fremden Mächte, die Zer- 
rüttung der Finanzen, endlich die mangelhafte Beschaffenheit 
der Verfassung. Durch das erste und zweite werde die 
Konstitution in ihrem Bestände Uberhaupt in Frage gestellt. 
Das Volk sei daher in der höchsten Aufregung; es besorge 
den Verlust der eben erworbenen politischen Rechte. Dazu 
komme, dass die praktische Anwendung der Verfassung 
ihre grossen Fehler aufdecken und vielleicht ihre Unbrauch- 
barkeit erweisen werde. 

Wehe dem Könige aber, wenn man seinem zweideutigen 
Verhalten das ungünstige Ergebnis in der Ausführung der 
Konstitution zuschreiben könne. Nicht ihren Mängeln, 
sondern seinen schlimmen Absichten würde das Volk in 
diesem Falle die anwachsende Unordnung im Reiche Schuld 
geben, eine schwerwiegende Anklage, die wahrscheinlich zur 
Abschaffung des Königtums führen werde. Denn von einer 
Aenderung der Regierungsform werde man alles Heil 
erwarten. 

Diesem Ausgange könne der König vorbeugen, wenn 

er durch alle seine Akte in der Nation die Ueberzeugung 

erwecke, dass er aufrichtig die Verfassung ins Werk zu 

setzen wünsche. Zur Lösung seiner schwierigen Aufgabe 

bedürfe er aber vor allem eines umsichtigen, tüchtigen 

Ministeriums. Das bisherige habe sich nicht leistungsfähig 

erwiesen, er müsse es entlassen. Dazu biete die Annahme 

der Verfassung die beste Gelegenheit. Das Volk werde 

solchen Wechsel nur mit Freude begrüssen als ein Unter- 

3 



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- S4 - 



pfand für die ernste Absicht Ludwigs, sich der neuen 
Ordnung anzubequemen. 

In der That, für einen Urteilsfähigen stellte sich die 
Wahl eines starken Ministeriums zur Stütze der wankenden 
Monarchie als unabweisbare Forderung dar. Das Kabinett, 
das bisher am Ruder gewesen, setzte sich aus unfähigen, 
subalternen Naturen zusammen. Jetzt brauchte der Hof 
jedoch notwendiger als früher wirkliche Staatsmänner, die 
die Würde des Monarchen gegenüber der Nationalversamm- 
lung zu wahren wussten, zugleich aber durch ihren 
selbständigen Charakter dem Volke für die Ehrlichkeit 
ihrer Absichten bürgten. 

Auch in den Tuilerien fühlte man dunkel, dass ein 
Wechsel im Ministerium geboten sei. Der Minister der 
auswärtigen Angelegenheiten, Graf Montmorin, hatte dem 
Könige seine Entlassung angeboten ; der nahm sie an und be- 
rief an seine Stelle den Grafen Moustiers, den französischen 
Gesandten in Berlin. Den bisherigen Marineminister ersetzte 
er durch Bertrand von Molleville. Auch die Departements 
für Kriegswesen und Justiz sollten Personen, die dem Hofe 
genehm waren, Ubertragen werden. Den Minister des 
Inneren, Delessart, wollte man je nach seiner fernereu Auf- 
führung behalten oder verabschieden 1 ). 

An der Ausführung dieses Planes wussten aber Ale- 
xander Lameth und seine Genossen den Hof zu hindern. 
Denn diese Ernennungen hätten zur Aufhebung ihres Ein- 
flusses auf das Ministerium geführt. Wollte der König doch 
gerade die ihnen ergebenen Minister Duport-Dutertrc und 
Duportail ihres Portefeuilles berauben. Sie widersetzten 

*) Ueber die vom Hofe geplanten Veränderungen im Ministeriuni 
giebt Bertrand von Molleville in seinen Memoiren (Bd. VI, S. 
90 f.) Aufschluss. Seine nicht immer zuverlässigen Angaben 
werden hier durch einen Brief von Morris (vom 4. II. 1792, 
Diary I, 505 f.) bestätigt. Auch bei Bacourt ■ III. S. 238 f.) ist 
darüber manches zu finden. 



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sich daher auf das entschiedenste der Berufung von 
Moustiers. Sie hatten leichte Arbeit. Denn die Männer, 
welche Ludwig gewählt hatte, waren von vorneherein 
unpopulär; ihre der Revolution feindliche Gesinnung war 
nur zu bekannt. Das Triumvirat that noch das Seine, um 
sie in der Öffentlichen Meinung als eingefleischte Aristokraten 
in Verruf zu bringen. Sie bearbeiteten den König durch 
Tumulte in der Hauptstadt 1 ), Hessen in der Nationalver- 
sammlung gegen die in Aussicht genommenen Kandidaten 
reden, bis Ludwig seinen Plan, das Ministerium nach seinem 
Sinne umzubilden, fallen Hess. 

Hätte der Hof Männer von erprobter liberaler Ge- 
sinnung gewählt, so würde er sich jetzt des Triumvirates 
leicht haben entledigen können. Und das wäre ihm viel- 
leicht zum Heile ausgeschlagen; denn die Führer der 
Feuillants hatten ihren früheren Einfluss beim Volke fast 
ganz eingebüsst 2 ). Ihre Partei war zu einer unbedeutenden 
poHtischen Clique zusammengeschmolzen. Wenn sich das 
Königspaar ihnen dennoch anschloss, so stellte es sich da- 
mit von vorneherein auf die Seite der Minderheit. Es 
glaubte das wagen zu dürfen, weil es, wie wir uns erinnern, 
in dem gegenwärtigen Zustande nur eine Zeit des Ueber- 
gangs sah, durch die es sich, so gut es anging, durch- 
schlagen müsse, bis mit Hilfe des Auslandes die Restauration 
angebahnt werden könnte. 

Besonders Marie Antoinette war gar nicht ungehalten 
darüber, dass ihr Gemahl bei der Umbildung des Ministeriums 
gestört wurde. Sie hatte es schon bereut, dass sie 



>) Morris, diary I, 506. Bertrand de Molleville, VI, 92, 
Bacourt, III, 252. 

a ) Bacourt, III, 212. Der gut unterrichtete Pellenc sagt von 
den Lameths schon im Anfang September: „ils ont perdu presque 
entierement leur influence dans le royaume", vgl. a. Bertrand 
VI, 15. 

3' 



- 36 - 



Royalisten von erprobter Treue den Gefahren habe preis- 
geben wollen, denen sie als verantwortliche Minister aus- 
gesetzt gewesen wären. Sie selbst drang schliesslich 
in den Grafen Moustiers, den ihm angebotenen Posten ab- 
zulehnen 1 ). 

Ludwig XVI. bot nunmehr nach dem Wunsche Ale- 
xander Lameths und seiner Freunde einem ihrer Anhänger, 
dem Grafen Segur, das Ministerium des Auswärtigen an. 
Dieser wollte schon annehmen, als er auf eigentümliche Art 
erfuhr, wie der Hof in Wahrheit gesonnen sei. Das Königs- 
paar hatte ihn empfangen und dringend um die Annahme 
des Portefeuilles gebeten; er hatte ihnen seine liberalen 
Anschauungen entwickelt und den Entschluss kundgegeben, 
sein Ressort verfassungsmässig zu verwalten. König und 
Königin beteuerten zu wiederholten Malen, dass eine solche 
Haltung ihren Intentionen vollkommen entsprechen würde. 
Ihren Versicherungen schenkte Segur Glauben und sagte 
zu. Als er eben den Empfangssalon verlassen wollte, be- 
merkte er in einem Spiegel, wie die Königin, die ihn eben 
noch auf das liebenswürdigste behandelt hatte, von ihrer 
Leidenschaftlichkeit hingerissen, gegen ihn hinter seinem 
Rücken eine zornige Gebärde machte. Segur war ein An- 
hänger der Minorität des Adels. Da ahnte er, wie bitter 
man in den Tuilerien die neue Staatsordnung hasste, wie 
man nur den Augenblick, dieselbe umzustürzen, herbei- 
sehnte. Er fürchtete, dass man ihn verderben wolle, und 
legte schleunig das schon angenommene Portefeuille unter 
irgend einem Vorwande 1 ) in die Hände des Königs zurück. 

l ) Fersen, I 198. Die Königin schreibt an Fersen unter dem 
26. IX. 1791: „J'ai vu M. du Moutier qui desire fort aussi ce 
congres. ... II refuse le ministere et je l'y ai meme engage. 
C'est un homme a conserver pour un raeilleur temps, et il scrait 
perdu". Vgl. Arneth, S. 219, Lafayette, IV, 171. 

s) General comte dn Segur, Histoiro et inemoires, Paris 1873. 
Bd. I., 8, 9. 



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Seine Ahnung hatte ihn nicht betrogen. Eben in dieser 
Zeit schrieb Marie Antoinette an ihren Vertrauten, den 
Grafen Fersen, inbetreff S£gurs Wahl zum Minister: „Ich 
wünschte, er nähme an; er weiss zu reden; dessen bedarf 
es nur in diosem Augenblick, wo wir keine guten Minister 
für uns haben können: vielleicht wird das ihn ins Verderben 
stürzen, was auch kein grosser Schade wäre. 1 ) 

Nach dieser Abweisung gab Ludwig dem bisherigen 
Minister des Innern, Delessart, das Departement der aus- 
wärtigen Angelegenheiten. Für sein ehemaliges Ressort 
präsentierten die Lameths 2 ) dem Könige einen unbedeutenden 
Pariser Advokaten, Cahier aus Gerville. Er war ein Freund 
des Justizministers Duport-Dutertre, ihres eifrigsten Partei- 
gängers im Ministerrate. Um so mehr hofften sie ihn zu 
beherrschen. Auch besass er eine gewisse Popularität, so 
dass seine Wahl der öffentlichen Meinung annehmbar sein 
musste. 3 ) 

Lauter unbedeutende Kreaturen des Triumvirates, wie 
Duportail, Tarbe\ Duport-Dutertre, Delessart, Cahier, sassen 
im Konseil. Sie Hessen sich gehorsam von den Feuillants 
lenken, waren fleissigo Verwaltungsbeamte, die wohl in 
ruhigen Zeitläuften ihren Pflichten genügt hätten, aber um 
so untauglicher, das Staatsschiff aus stürm bewegter See in 
den sicheren Hafen zu steuern 4 ). 

I. 199. 26. IX. 1791. 
2 ) Die Grafen Lameth waren drei Brüder, Alexander, der 
bedeutendste, und Charles waren Mitglieder der Konstituante 
gewesen; Theodore war soeben zum Mitglied der Legislative 
erwählt 

*) Bertrand de Molleville, VI, 132 f. 

4 ) Montmorin beklagte sich über die Unfähigkeit seiner 
Kollegen dem Grafen Blumendorf gegenüber: „qu'ils etaient de 
pauvres sujets et plus bien pour etre premiers commis d'un bureau, 
qu'il n'etait donc pas etonnant que les choses allaient si mal et 
qu'il n'y avait pas de inoyen« d'y faire quelque chose qui vaille," 
(Blumendorf au Mercy 8. IX. 1791. Wiener Arch.; 



— 38 — 

Auch der Marineminister Bertrand von Molleville, der,> 
wie es scheint, vom Hofe gegen den Willen der Lameths 
ernannt wurde 1 ), war ein Mann ohne eigentlich Staats- 
männische Begabung. Durch kleinliche Jntriguen dachte 
er die Legislative zu meistern und die königliche Macht 
emporzubringen 2 ). 

Das Königspaar verzichtete also auf die günstige Ge- 
legenheit, der Legislative ein homogenes Ministerium an die 
Seite zu stellen. Marie Antoinette Hess den Dingen ihren 
Lauf, in der Hoffnung, dadurch um so schneller die er- 
wünschte Krisis und die Gegenrevolution herbeizuführen*). 
Sie rechnete auf den Gegensatz zwischen den Feuillants, d. h. 



l ) Bertrand, VI, 92 vgl. S. 21. f. Fersen (II, 213) behaupte^ 
Bertrand sei von den Lameths placiert worden, Morris (I, 506), 
von den Fayettisien. Beide sind schlecht berichtet Wahr- 
scheinlich wurde er von seinem Freunde Montmorin dem Hofe 
empfohlen. Dass das Königspaar ihm näher stand, wie den Ge- 
schöpfen Alexander Lameths, geht aus einem Briefe Lamarcks 
an Mercy vom 30. X. J 701 hervor: „II me parait que c'est par 
estime pour M. de Moustiers qu'ils (le roi et la reine) n'ont 
pas voulu de lui dans le rainistere. Je sais aussi qu'ils ont dit 
qu'ils regrettaient. d'y avoir place M. Bertrand, parce qu'ils en 
sont satisfaits." Bacourt III, 259. 

3 ) Malouet, II, 122. „Bertrand de Molleville qui ne manquait 
pas de courage et de fidelite, mais qui n'avait ni les lumieres, 
ni les talents nweessaires dans les circonstanees difficiles." Vgl. 
S. 123. Vgl. a. Dumas, Memoiros II, 95 f. 

') Bacourt, III, 249. Der Graf Lamarck berichtet am Anfang 
Oktober über die völlig passive Haltung des Höfas: „Si on 
cherche a penetrer les causes de l'indeoision et du laisser-aller 
qui dominent aux Tuileries, on decouvre que par paresse d'esprit 
et de caractere .... le roi et la reine n'ont plus d'esperances 
que dans les hasards de l'avenir et dans l'intervention etrangero 
que laisse entrevoir le congres annonce et qu'ils pensent qu'en 
attendant il suffit de quelques demarches privees de leur part 
pour assurer leur sürete personnelle.'' 



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— 39 



den ehemaligen Häuptern der Konstituante, und den 
Jakobinern. Der unter den beiden Parteien entbrennende 
Kampf sollte allgemeine Verwirrung hervorrufen und der 
König diesen Zustand geschickt ausbeuten, um sich schliess- 
lich mit der Hilfe des Kongresses der Mächte die unum- 
schränkte Herrschaft wieder zu erobern. 1 ) 

Vor der Hand verzichtete Ludwig XVI. eigentlich auf 
die Regierung ; er Uberliess die Staatsverwaltung einer Partei, 
die sich durch reaktionäre Gelüste dem Volke verdächtig 
und missliebig gemacht hatte. Das Ministerium trug ihre 
Farben. Wenn die Legislative sich die Sympathien der Be- 
völkerung zu erwerben wusste, konnte sie leicht mächtiger 
als jenes werden. 



II. 

Dekrete der Legislative gegen die Emigranten, die eid- 
weigernden Priester und die rheinischen Kurfürsten. 

Während das Ministerium im Oktober und November 
zwar teilweise umgebildet wurde, im ganzen aber seinen un- 
ansehnlichen Charakter bewahrte, fühlte die junge Legis- 
lative nach einigem unsicheren Umhört asten festen Boden 
unter ihren Füssen. 

In der ersten Zeit waren die neuen Abgeordneten 
wenig angesehen bei der Pariser Bevölkerung. Während 

») Feuillet, II, 393. Die Königin an Mercy (28. IX. 1791) 
„La differenee de ses (der Legislative) prinoipes avec celleci 
(Konstituante), l'interet des personnes influontes presentement en 
Opposition avec etiles <jui vont arriver, tont doit produire de 
grands mouvements. II s'agit 'Ven profiter .... C'eat pour cela 
que je persiste dans raon opinion qu'un Congres a Aix-la-Chapelle 
de toutefi les puissane^s 1 1 n i ont. interet ä ee que la Monarchie 
francaiae seit eunservee, est le seul nioyett de nous etre vqritnble- 
ment utile/ 4 



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- 40 - 

die Konstituante durch den Reichtum und die Vornehmheit 
ihrer Mitglieder nach aussen hin einen blendenden Glanz 
entfaltet hatte, konnte ihre Nachfolgerin in solchen Vor- 
zügen nicht mit ihr wetteifern. Die Mehrzahl der neuen 
Deputierten gehörte dem Advokatenstande der Provinzial- 
städte an ; sie konnten weder durch hohe Titel noch durch 
berühmte Namen Eindruck machen. Man berechnete die 
iSumme der jährlichen Einnahmen der 750 Abgeordneten 
auf nicht Uber 300000 Livres. Es fiel auf, dass fast keiner 
eine eigene Kutsche besass. Ihre Wege mussten sie zu 
Fuss in Galoschen und mit Regenschirmen zurücklegen 1 ). 
Den an äussere Pracht gewöhnten Pöbel langweilte ein 
Schauspiel, das dem Auge wenig Abwechselung bot. Die 
Zuschauertrihünen des Sitzungssaales blieben daher ge- 
wöhnlich leer. 

Die Geringschätzung, mit der die Bevölkerung auf die 
Legislative herabsah, wuchs, als sie durch einen ihrer ersten 
Beschlüsse den König beleidigte. Sie setzte fest , dass Lud- 
wig fernerhin nicht „Ew. Majestät", sondern nur „König der 
Franzosen" angeredet werde; er dürfe nicht durch einen 
vergoldeten Sessel vor dem Präsidenten ausgezeichnet werden, 
sondern müsse sich, wie dieser, mit einem schmucklosen 
Stuhle begnügen. Da aber der König seit der Annahme 
der Verfassung wieder populär geworden war 2 ), so erhob 
sich unter dem Volke Uber die verletzende Neuerung lauto 
Entrüstung. Die Nationalgarde misshandelte einige der Ab- 
geordneten auf offener Strasse und schalt sie „Barfüsser* 4 . 
Die Versammlung glaubte dem Drucke der öffentlichen 
Meinung weichen zu müssen und nahm schleunig am folgen- 
den Tage den Aergernis erregenden Beschluss zurück 3 ): 

l ) Bacourt, III, 246, vgl. a. S. 251. f. Stael-Holstein, S. 260. 
Morris (Gandais) I, 462. 

3 ) Dumont, Souvenirs S. 833 f. 

Buchez, XII, 57 ff. Arn 5. X. wurde der BeschlusH über 
das Ceremoniell gefasst, am 6. X. zurückgenommen, vgl. Lescure, 



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— 41 — 



sie trat einen beschämenden Rückzug an, der gewiss nicht 
ihr Ansehen erhöhte. Ihr Dekret zeugte von der miss- 
trauischen Stimmung, die sie gegen den Hof hegte. Die 
Mehrzahl der Mitglieder war eben in der erregten Zeit, die 
dem Fluchtversuch folgte, gewählt worden 1 ). 

In kurzer Zeit aber erwarb sich die Legislative allge- 
meines Vertrauen, als sie sich cntschloss, die Angriffe, welcho 
der Verfassung von äusseren und inneren Feinden drohten, 
kräftig abzuwehren. 

Zunächst wandte sie sich gegen die Emigranten. Die 
Auswanderung hatte seit der Annahme der Konstitution 
durch den König einen erschreckenden Umfang angenommen. 
Die Wege, die nach der deutschen Grenze führten, waren 
von dem llüchtigen Adel bedeckt; man eilte nach Koblenz, 
als wäre dort die neue Hauptstadt von Frankreich. Drohend 
kündigte man an, in Bälde werde man an der Spitze ge- 
waltiger Heere zurückkehren, um die Leiter und Anhänger 
der Revolution zu züchtigen. Zu Tausenden verliessen die 
Edelleute die Heimat; sie betrachteten ihre Auswanderung 
als Ritterpflicht-). An der Grenze nahmen ihre regellosen 
Haufen Aufstellung. 

Das Volk wurde durch die Gerüchte von ihren feind- 
seligen Plänen in fortwährender Aufregung erhalten. Täglich 
(Ullten die Zeitungen, auch die gemässigten Blätter, wie der 
Moniteur, ihre Spalten mit übertriebenen Berichten 1 ) über 
die geheimen Komplotte, die die Emigranten gegen ihr 

Correspondance score te aur Louis XVI u. s. w. de 1777 a 1792. 
II, 552 f. Lacretelle, Precis, I, 204. 

1 ) Beaulieu, Essais »III, 38 f. Lacretelle, Precis I, 204. 

2 ) Lacretelle, Precis I, S. 191 f. Bertrand de Mollevillc, 
VI, 171, f. 

3) Blumendorf, an Mercy 29, IX. 1791. W. A. „En effet, les 
gazettes et les journaux abondent en bruits exageres et absurdes 
d'une invasion tres prochaine k tenter par les princes et les 
emigrants francais, d une coalition furuiidablu des cours de l'Europe 



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- 42 - 



Vaterland mit den fremden Mächten schmieden sollten. Nach 
den Erklärungen des Kaisers aus Padua und Pillnitz be- 
sorgte man ernstlich eine Unterstützung der Auswanderer 
durch das Ausland. In seiner erregten Phantasie malte 
sich das Volk den bevorstehenden Rachezug des wütenden 
Adels in grellen Farben aus, wie er an der Spitze einer 
furchtbaren Koalition im Triumphe jeden Widerstand mit 
blutiger Hand niederwerfen, wie er den drückenden Zehnten, 
die verhassten Frohnden, das Joch der alten Knechtschaft 
wieder auf den Nacken des freien Mannes legen werde. So 
wurde die Seele des Volkes von den düsteren Ahnungen 
einer Gegenrevolution gequält. Die Legislative konnte daher 
auf seine Zustimmung rechnen, als sie sich seiner Not 
annahm. 

Den Kern der Emigrantenfrage berührte Brissot in 
seiner grossen Rede vom 20. Oktober. „Alle eure Gesetze 
gegen die Emigranten werden nutzlos sein, wenn ihr nicht 
damit gleichzeitig eine wesentliche Massregel verbindet, die 
allein geeignet ist, ihren Erfolg zu sichern; sie betrifft euer 
Verhalten gegenüber den fremden Mächten, die diese 
Empörung unterstützen und ermutigen" 1 ). Der Redner 
deutete damit auf die rheinischen Kurfürsten, namentlich 
auf den Erzbischof von Trier, der bei seiner tiefen Ab- 
neigung gegen die Revolution sich nicht scheute, den 
franzosischen Prinzen und ihrem Anhang allen möglichen 
Vorschub zu leisten. Ohne zu berücksichtigen, da.ss er als 
Nachbar die Pflicht hatte, Demonstrationen gegen Frank- 
reich in seinem Gebiete nicht zu dulden, Hess er es ruhig 
geschehen, dass die Emigranten unter seinen Augen ihre 
Korps zum Einfall in die Heimat formierten und aus- 
rüsteten. In Rrissots Hinweis lag ein scharfer, aber be- 



ut, de la march«' trti« rapproch «V »lc Icurs armees pour operer 
um; contre-revolution on France". 
>) Buchez, XII. 168 f. 



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- 48 - 



rechtigter Tadel gegen die französische Regierung. Sie 
hatte dem Unfug der Emigration nicht gesteuert. Weil sie 
auf keinen Fall in auswärtige Verwicklungen geraten wollte, 
hatte sie nicht gewagt, die benachbarten Staaten in 
entschiedener Weise aufzufordern, die Ansammlungen der 
ausgewanderten Rebellen zu zerstreuen. Sie Uberliess der 
Legislative die dankbare Aufgabe, die Würde der Nation 
zu wahren. 

Die linke Seite der Nationalversammlung erörterte unter 
ßrissots Führung die Emigrantenfrage sogleich unter einem 
grösseren Gesichtswinkel: sie warf die Frage auf, ob Frank- 
reich im europäischen Staatenkonzert die seiner Macht 
gebührende Stellung einnehme. Brissot gab einen raschen 
Ueberblick über die europäische Lage und gelangte zu einem 
negativen Ergebnis. Er suchte nachzuweisen, dass selbst 
die unbedeutendsten Staaten es in letzter Zeit gewagt hätten, 
ungestraft Frankreich und seine Verfassung zu beschimpfen. 
Es sei endlich an der Zeit, die Herabwürdigung, welcho die 
Nation durch das zaghafte Gebahren der Regierung 
erfahren habe, durch eine feste, stolze Haltung auszutilgen. 
Man müsse das Ausland dazu zwingen, Farbe zu bekennen: 
entweder die französische Emigration aus soincm Gebiete 
zu verjagen oder sie offen zu unterstützen, entweder die 
neue Verfassung anzuerkennen, oder sich laut gegon sie zu 
erklären. 

Vergebens bekämpften die Lamethisten Dumas und 
Jaucourt in Brissot den Volksschmeichler: sie bezeichneten 
alle Massnahmen gegen die Emigranten vorläufig als über- 
flüssig. Fast einmütig nahm die Legislative am 9. Novem- 
ber einen Beschluss gegen die Emigranten an, in dem diese 
als der Verschwörung verdächtig bezeichnet und aufge- 
fordert werden, bis zum 1. Januar in dio Heimat zurück- 
zukehren, widrigenfalls man sie als Vaterlandsverräter be- 
handeln werde. 

Wichtiger als diese Festsetzungen war der Auftrag, 



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- 44 — 



den die Versammlung in einem Artikel dieses Dekretes 
ihrem diplomatischen Ausschuss gab. Er sollte in Ueber- 
legung ziehen, welche Massregeln der König gegenüber den 
angrenzenden deutschen Reichsflirsten ergreifen müsse, die 
in ihren Gebieten Ansammlungen von flüchtigen Franzosen 
duldeten. Damit war die auswärtige Frage auf die Tages- 
ordnung der Legislative gekommen. 

Zugleich wandte sich die Nationalversammlung gegen 
einen innern Feind, der den Bestand der neuen Ordnung 
durch seine Machenschalten gefährdete, gegen diejenigen 
Priester, welche den in der Konstitution von ihnen ge- 
forderten Eid bisher verweigert hatten. 

Die Konstituante hatte diese Frage als eine rein reli- 
giöse behandelt; sie fürchtete gegen die in der Erklärung 
der Menschenrechte jedem Individuum zugestandene Ge- 
wissensfreiheit zu fehlen, wenn sie einen Eid zu erzwingen 
suchte, den die katholischen Priester aus religiöser Ueber- 
zeugung nicht leisten wollten. Sie setzte die den Eid 
Weigernden zwar ab, behandelte sie aber mit grosser 
Schonung und gab ihnen Pensionen. Der wichtige Bericht, 
den die Abgeordneten Gallois und Gensonne der Legislative 
in einer ihrer ersten Sitzungen über die religiösen Unruhen 
in der Vendee unterbreiteten, bewies aber alsbald, von welch' 
eminenter Bedeutung die Priesterfrage geworden war. 

Denn die fanatischen Geistlichen suchten die Landbe- 
völkerung gegen die neue Verfassung aufzureizen. Sie 
agitierten gegen die Priester, welche den Eid geleistet 
hatten, und erklärten alle von diesen vorgenommenen geist- 
lichen Handlungen für sündig und ungiltig; alle durch sie 
geschlossenen Ehen seien als Konkubinate anzusehen und 
die ihnen entsprossenen Kinder illegitim. Die Feindschaft 
zwischen vereidigten und eidweigernden Priestern übertrug 
sich auf die Bevölkerung; die Kirchspiele, ja die Familien 
wurden dadurch in zwei feindliche Parteien zerrissen. Die 
grosse Masse hielt in der Vendee an den alten Geistlichen 



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- 46 - 



fest: Hunderte hörten ihre Messe, während die Kirche fast 
unbesucht war, wenn ein konstitutioneller Priester sie cele- 
brierte. Ungescheut stellten sich die eidweigernden Priester 
auf die Seite der alten Monarchie. Sie ermunterten zur 
Auswanderung und unterstützten heimlich alle gegen die 
Revolution gerichteten Anschläge. 1 ) 

Auch hier griff die Versammlung thatkräftig ein. Sie 
glaubte den bedrängten konstitutionellen Priestern zu helfen, 
wenn sie die eidweigernden durch scharfe Gesetze wehrlos 
zu machen suchte. Sie entzog ihnen durch ihr Dekret vom 
29. November die Pensionen und empfahl den Behörden, 
sie als des Aufruhrs verdächtig aufs strengste zu über- 
wachen. 

Wie bei der Emigrantenfrage lenkten Brissots Anhänger 
auch hier die Blicke der Nationalversammlung auf die Ver- 
flechtung der inneren Verhältnisse mit den auswärtigen 
Angelegenheiten. 

In einem Bündnis der eid weigernden Priester mit den 
Emigranten sah Isnard für den Bestand der Verfassung 
eine unermesslichc Gefahr. Beide Gruppen seien erbitterte 
Feinde der bostehenden Ordnung; ihr gemeinschaftliches 
Interesse, dieselbe durch eine Gegenrevolution zu stürzen, 
mache eine Verständigung zwischen ihnen wahrscheinlich; 
nur durch möglichst scharfe Ueberwachung könne man das 
Gelingen ihrer Verschwörung hindern. 

Hierbei entschlüpfte Isnard im Feuer der Beredsamkeit 
die geheime Parole seiner Partei, die unverzüglich den 
Krieg forderte: „Und ihr könntet glauben 44 , rief er aus, 
„dass die französische Revolution sich friedlich vollziehen 
werde, ohne dass man aufs neue sie zu vernichten suchen 
wird? Nein, sie fordert noch eine Lösung, und nach meiner 

l ) Vgl. d. Quellenpublikation von Ch.-L. Chasain, La pre- 
paration de la guerre de Vendee. (1769—1793.; Paris 1892. 
Bd. I, 214 ff., 2'23, 229 ff., 245 ff., 269 ff., 291 ff., 314 f., 368 f., 
ebenso Bd II. u. III uassiiu. 



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46 - 



Meinung ist es die Aufgabe einer echten Staatskunst, diese 
Lösung zu beschleunigen. Da uns die Feinde der Revolution 
nun einmal dazu zwingen wollen, sie zu besiegen, so ist es 
weit besser, sie sofort jetzt zu bekämpfen, wo noch das 
Volk die Thatenlust und Einigkeit zeigt, die die ersten 
Augenblicke eben errungener Freiheit zu begleiten pflegen, 
als diese Begeisterung erkalten zu lassen und unseren 
Gegnern die Zeit zu gönnen, neue Zwietracht unter uns zu 
säen" 1 ). 

Aber wie weit war die Nationalversammlung noch entfernt, 
der kriegslustigen Herausforderung des stürmischen Giron- 
disten beizupflichten! Begleiteten auch rauschende Beifalls- 
salven v^n der Linken und von den Tribünen den Redner, 
so trug doch der zähe Widerstand der Rechten den Sieg 
davon. Die Legislative versagte der Rede den Druck und 
gab dadurch zu erkennen, dass sie den in ihr enthaltenen 
Ansichten nicht zustimme. 

Auch bei der Beratung der Massregeln, die Ludwig XVI. 
gegen die rheinischen Kurfürsten ergreifen sollte, zeigte es 
sich, dass die Nationalversammlung auf der Bahn der 
Mässigung zu wandeln wünschte. Bei den Beschlüssen gegen 
die Emigranten und Priester hatte die linke Seite die 
Führung in der Debatte gehabt. Bei diesem Anlass aber 
ergriffen Abgeordnete der Rechten die Initiative, indem sie 
hier um so schärfer vorgingen, je nachsichtiger sie sich dort 
gezeigt hatten. So fand der Gemässigte Daverhoult den 
Gesetzentwurf, welchen der diplomatische Ausschuss gegen 
die Beschützer der Emigranten am 22. November in Antrag 
gebracht hatte, zu schwach und nicht durchgreifend genug. 
Er empfahl dringend ein schärferes Vorgehen. Man dürfe 
den Rebellen gar nicht Zeit lassen, sich durch weitere Ver- 
stärkungen eine mächtige Position zu schaffen, sondern müsse 

l ) Archivos parlementaiivs (A. p. im folgenden abgekürzt) 
Bd. 33, S. «7. Sitzung vom U. XI. 1791. 



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- 47 - 



sogleich energisch eingreifen, damit nicht erst an den fremden 
Höfen die Lust erwache, die Emigranten zu unterstützen 
und im trüben zu fischen. Durch eine entschiedene Haltung 
werde man das üngewitter schnell zerstreuen. Der König 
solle demnach durch eine feierliche Botschaft aufgefordert 
werden, den rheinischen Kurfürsten die Zerstreuung der 
Emigrantenhaufen innerhalb dreier Wochen zu befehlen. 
Mitglieder der Linken forderten die Versammlung auf, den 
Vorschlag -Daverhoults sofort in Bausch und Bogen anzu- 
nehmen. Doch im Hause herrschte eine massvolle Strömung. 
Die Mehrheit verschob die Diskussion Uber diesen Entwurf 
auf den 29. November, auf welchen Tag auch die Prüfung 
des Projektes des diplomatischen Ausschusses anberaumt war. 

Zu diesem Termin bot auch der Berichterstatter des- 
selben, Koch, dem Hause eine neue Fassung seines Dekretes. 
Sie hielt zwischen der ehemaligen und derjenigen Daver- 
hoults die Mitte. Man glaubte, dass eine unnötige Heraus- 
forderung darin liege, wenn die Kurfürsten an die Beob- 
achtung eines vorgeschriebenen Zeitraumes gebunden würden. 
Man wollte lieber an dem hergebrachten Geschäftsgang der 
Diplomatie festhalten. Dagegen behielt man die feierliche 
Form, in welche Daverhoult die Botschaft an den König 
gekleidet wünschte, bei. 

Das Haus beschloss in Einhelligkeit den Vorschlag 
seines Ausschusses zu genehmigen. 

Eine Deputation von 24 Mitgliedern der Legislative 
sollte das Dekret dem Könige überbringen. Der gemässigte 
Abgeordnete Vienot-Vaublanc, der den Vorsitz hatte, fügte 
dem Beschlüsse noch eine besondere Adresse hinzu. Hier 
wurde Ludwig XVI. ermahnt, sich seines ruhmreichen 
Ahnen Ludwigs XIV. zu erinnern. Würde dieser wohl 
jemals feindliche Ansammlungen an der französischen Grenze 
geduldet haben: würde er ruhig zugesehen haben, wenn 
Fürsten, die sich zu seinen Bundesgenossen rechneten, seine 
Feinde offen unterstützt hätten? So wie sein grosser Ahn 



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- 48 - 



solle nun auch der Nachkomme eine stolze, seines Volkes 
würdige Sprache den fremden Mächten gegenüber führen. 
Seinen Erklärungen müsse er dabei durch die Entfaltung 
einer imposanten Truppenmacht Nachdruck geben. 



III. 

Das Veto der Regierung gegen das Emigrantengesetz. 

Alexander Lameth, Baruave und Duport waren, wie 
wir sahen, mit dem mageren Ergebnisse, das bei der Re- 
vision der Verfassung für sie herausgekommen war, durch- 
aus nicht zufrieden; sie meinten, mit einer Verfassung, die 
der Exekutive so wenig Raum gebe, nicht wirklich regieren 
zu können, und wünschten so schnell als möglich zu einer 
gründlichen Ausmerzung ihrer Mängel und zu einer ansehn- 
lichen Machtsteigerung zu gelangen. Zu ihrem Leidwesen 
mussten sie jedoch bald gewahren, dass die Legislative für 
ihre Absichten voraussichtlich kein Verständnis zeigen 
würde, denn nur eine unbeträchtliche Minderheit unter den 
Abgeordneten wäre vielleicht für ihr Modifikationssystem 
zu haben gewesen. 

Die Lameths schöpften aber frischen Mut, sowie sie 
die Geringschätzung bemerkten, mit der die Bevölkerung 
auf die unansehnliche Advokatenversammlung herabsah. 
Als diese nun gar durch einen ihrer ersten Beschlüsse den 
König beleidigte und dadurch allseitiges Missfallen erregte, 
erwachte in dem Triumvirate die Hoffnung, ihre Pläne auch 
wider den Willen der Legislative zur Durchführung zu 
bringen 1 ). Sie erwarteten, dass die neuerungssüchtigen 

') Dass die Lameths sofort eine Aenderung erstrebten, sagt 
Pellenc (Bacourt, III, 274) : „Le parti des Lameth . . . reconnatt 
aujourd'hui deux grandes verites: 1, que les moyens revolutionnaires 
out ete portes trop loin; 2. que la Constitution est ä corriger, 
non pas dans dix ans, mais sur-le-chainp." Uebor das System 



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- 49 



Abgeordneten sich bei dem Volke, das sich nach einer auf- 
regenden Umwälzung endlich nach Ruhe und Ordnung 
sehnte, durch ihren Radikalismus von Tag zu Tag miss- 
liebiger machen würden. Wenn sie sich dann in immer 
steigendem Widerspruch mit der öffentlichen Meinung be- 
wegen wilrden, könnte die Regierung sie schliesslich ohne 
jede Gefahr auseinander jagen. An ihre Stelle sollte der 
König die Mitglieder der früheren Konstituante zurückbe- 
rufen, um die Verfassung von ihnen im Sinne einer Stärkung 
seiner Prärogative umgestalten zu lassen. 

Von Anfang an waren also die Lameths und ihre Partei 
entschlossen, der Legislative den Krieg zu machen. Was 
nur dazu dienen konnte, dieselbe in den Augen des Volkes 
herabzuwürdigen, wurde von ihnen versucht. In ihren 
Zeitungen und in Strassenplakaten griffen sie die neuen 
Deputierten an 1 ). An öffentlichen Orten und in der National- 
garde Hessen sie durch ihre Söldlinge gegen sie Stimmung 
machen. Schon Anfang November las man an den Pforten 
ihres Sitzungssaales die Rede Cromwells bei der Auflösung 
des langen Parlamentes, die mit den Worten begann: „Es 
ist nun endlich an der Zeit, dass ich eure Sitzungen an 
diesem Orte, der durch eure Missachtung gegen alle Tugenden 
geschändet wurde, beendige." 2 ). 

Wir wissen, die eigentliche Leitung der Regierung 

der Feuillants im allgemeinen vgl. Duraont, S. 372: „Lea Lameth, 

Barnave etaient ennemia de la majorite de Tasseinblee 

legislative. ... Iis ne aongerent qu'a la tourner en ridicule et 
b la rendre odieuae". Vgl. Mallet du Pan, Memoire* I, 257, 431: 
Ferneres, III, 48; Bertrand de Mollevillo, VI, 41 f.; Dumouriez, 
II, 133. 

l ) Lescure, II, 553 f. „Un parti puiasant, celui de la coalition, 
contribue beaueoup a decrediter la nouvelle legialature, et le bruit 
court que l'Aasemblee < <u9tituante a le projet de ae faire retablir 
par le peuple a la place de cellc qui Uli a succede." 

a ) Leacure, II, 55U. 



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- 50 - 

lag bei den Häuptern der Feuillants 1 ). Fast täglich ver- 
sammelten sich die Minister bei ihrem Kollegen Duport- 
Dutertre, wo auch die Triumvirn erschienen. Hier wurden 
dann alle Regierungsangelegenheiten gemeinsam durchbe- 
raten 2 ). Was beschlossen wurde, teilte man dem Könige 
mit, dor es einfach bestätigte, ob er derselben Ansicht war 
oder nicht 3 ). Die Exekutive adoptierte also vollkommen 
das System der Feuillants. Daher musste sich naturgemäss 
zwischen dem Ministerium und der Nationalversammlung, 
wie zwischen dieser und den Lameths ein feindliches Ver- 
hältnis herausbilden. 

■ 

Zum entschiedenen Bruche kam es, als das Kabinett 
den König veranlasste, das erste grössere Gesetz der Legis- 
lative, ihren Beschluss gegen die Emigranten, mit dem Veto 
am 12. November zu belegen. Schon beim Ende der Kon- 
stituante hatten sich die Lameths bemüht, durch vorsichtiges 
Temporisieren den Frieden mit dem Auslande zu erhalten, 
die Ruhe im Innern herzustellen. Das Dekret gegen die 
Auswanderer schien sie in dieser Absicht stören zu wollen; 
es drohe, klagten sie, die Erbitterung der Rebellen zu 
steigern und sie zu gewalttätigen Schritten hinzureissen. 
Auf einem milderen Wege lasse sich mehr erreichen ; Ludwig 
solle noch einmal in einem offenen Briefe seine Brüder wohl- 
wollend zur Rückkehr und zum Gehorsam mahnen und an 
die übrigen Auswanderer eine gleiche Aufforderung, obwohl 
in entschiedenerem Tone, ergehen lassen. Das Triumvirat 
übersah daboi, dass die Gegensätze zwischen den Gegnern 
und den Anhängern der Revolution zu schroff geworden 

x ) Bacourt, III, 270. ,.Les ministres sont evidemment et 
prosque publiquement diriges par les Lameth, lesquels sont 
egalemont les chefs des Feuillants." 

3 ) Bertrand, VII, ]91 f. Barnave, II, 335. 

3 ) Bertrand, VII, 54. ,,Le roi avait pris pour regle invariable, 
au conseil, d'y faire toujours prevaloir l'avis le plus nombreux, 
quoique cet avis ne füt pas le sien." 



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- 51 - 



waren, als dass sich durch freundschaftliches Zureden ein 
Ausgleich herbeiführen Hess. Die Legislative fühlte, und die 
Volksmeinung stimmte ihr zu, dass man nur durch derbe 
Züchtigung des übermütigen Adels von der Nachfolge, die 
sehr böeea Beispiel bei seinen Standesgenossen fand, ab- 
schrecken könne. 

Ein anderer Beweggrund, der das Triumvirat zur An- 
wendung des Veto veranlasste, lag in seiner Auffassung der 
auswärtigen Frage. Aengstlich hafteten seine Blicke auf den 
fremden Mächten. Es fürchtete, dass sie den Emigranten 
Hilfe leisten würden, wenn man allzu scharf gegen sie vor- 
gehe. Zugleich sollte das Veto des Königs vor ganz Europa 
bekunden, dass dieser nach seinem Belieben regieren könne, 
dass seine EntSchliessungen der Ausfluss seines freien 
Willens seien 1 ). 

Vorzüglich aber wünschten die Lameths durch das 
Veto der Nationalversammmlung eine Lektion zu erteilen. 
Jedem einzelnen, mahnten sie, gebe die Verfassung das Recht, 
sich seinen Aufenthaltsort, wo es ihm beliebe, zu wählen, 
eine Freiheit, die die Legislative antaste, wenn sie den 
Emigranten an der Grenze zu verweilen verbiete. Sie ver- 
letze ebon mit ihrem Beschlüsse die Konstitution. 

Und ähnliche Ausstellungen, wie an dem Emigranten- 
gesetz, machten die Feuillants an dem Priestergeseta und 
dem Beschluss gegen die rheinischen Kurfürsten. Sie schienen 
auch in diesen Fällen von dem königlichen Veto Gebrauch 
machen zu wollen. Es wäre nur folgerichtig gewesen. Denn 
die drei Dekrete der Legislative, die sie beanstandeten, 
flössen aus Einem Anschauungskomplex, der ihrer politischen 
Auffassung nicht im geringsten verwandt war. Während 

l ) Barnave, (Euvres II, 319, „ . . . ce premier acte de liberte 
du roi (daa Veto) pamt a tout lo moude fort desirable qu'au 
moment, oii il prouvorait avec eclat iY toute PEurope qu'il etait 
libre, il prononeat avec forco son intention de maintenir la 
Constitution." 

4* 



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- 52 - 



sie ihre Blicke starr auf eine Verbesserung der Verfassung 
richteten und nicht die Notwendigkeit, sich um die Gegner 
der Revolution ernstlich zu bekümmern, auerkannten, wollte 
die junge Nationalversammlung nichts von Modifikationen 
wissen, die ihr wie Vorboten einer umfassenden Reaktion 
erschienen wären. Sie sah es vielmehr als ihre Aufgabe 
an, die Konstitution, wie sie war, als das Palladium der 
Freiheit durch energische Vorkehrungen gegen den Hof, die 
Emigration, die eidweigernde Priesterschaft und das Ausland 
zu verteidigen. 

Da die Regierung ihr von vorneherein den Krieg er- 
klärt hatte, fasste die Legislative ihrerseits die Absicht, das 
Ministerium, das ihren Bestrebungen abgeneigt war, aufs 
schärfste zu überwachen. Während sich die Konstituante 
mit sieben Ausschüssen begnügt hatte, schuf die Legislative 
dreiundzwanzig. Sie hielt damit die Minister unter strenger 
Aufsicht, forderte von ihnen häufig Rechenschaftsberichte 
und verhörte sie peinlich, sobald Denunziationen gegen sie 
vorgebracht wurden. Der Kriegsminister Duportail fiel ihr 
Anfang Dezember zum Opfer; er musste nach einem heftigen 
Zwist mit den Abgeordneten, denen seine Amtsfürung ver- 
dächtig schien, seine Entlassung nehmen. Auch Delessart 
wurde zu mehreren Malen denunziert, doch gelang es ihm, 
sich von den Beschuldigungen zu reinigen. Dass das Miss- 
trauen der Versammlung gegen die Regierung mit dem 
Widerstande derselben gegen ihre EntSchliessungen zunahm, 
zeigte sich, als die Abgeordneten einen eigenen Ueber- 
wachungsausschuss einsetzten: zwei Drittel seiner Mitglieder 
gehörten der entschiedenen Opposition an 1 ). 



») Biurhez, XII, '2H8. 



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- 53 — 
IV. 

Die Parteibewegung in den beiden ersten Monaten der 

Legislative. 

Wie in der Nationalversammlung waren auch im 
grossen Parteileben der Hauptstadt die Lameths als die 
Häupter der Feuillants gegenüber den mächtig anwachsen- 
den Jakobinern im Nachteil. Eifrig warben die beiden 
feindlichen Klubs unter den neu angekommenen Deputierten 
um Anhänger. Abgeschreckt von dem hämischen Partei- 
gezänk, zauderten die Abgeordneten, ob sie sich einer der 
beiden Gesellschaften anschliessen sollten. An den lärmen- 
den Sitzungen der .Jakobiner fanden viele keinen Gefallen. 
Die Feuillants, die nach dem Abgange der Konstituante 
arg zusammengeschmolzen waren, hatten ein so wenig 
Achtung gebietendes Ansehen, dass sogar die gemässigten 
Mitglieder der Legislative sich ihnen nicht anzuschliessen 
wagten. 

So fand sich eine grosse Anzahl von Deputierten an 
einem dritten Orte zusammen und suchte einen neuen Klub 
zu bilden, der. nur aus Parlamentariern bestehen und 
zwischen den beiden extremen Parteien die Mitte halten 
wollte. Sie sollten bald erfahren, dass eine neutrale 
Haltung in dieser politisch bewegten Zeit unmöglich war. 
Unter der Bevölkerung kam die neue Vereinigung bald in 
den Verdacht des Aristokratismus; sie wurde vom Pöbel 
beschimpft und war nicht innerlich einig und kräftig genug, 
dem Ansturm von aussen zu begegnen. Man ging unbe- 
friedigt auseinander. Ein Teil der Abgeordneten, etwa 180, 
schlössen sich den Jakobinern, ein anderer, nicht viel 
stärkerer den Feuillants an. Doch bei weitem der grösste 
Teil der Mitglieder der Legislative, nahezu 500 von den 
750 Deputierten, verharrte in neutraler Haltung. Er zog 
es vor, nicht blindlings ein Parteiprogramm zu adoptieren, 
sondern den Verlauf der Dinge abzuwarten und sich von 
Fall zu Fall zu entscheiden. 



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— 54 - 



Schon unter der Konstituante hatte sich die Mehrzahl 
der Deputierten keiner der bestehenden Parteien ange- 
schlossen. Die Lameths und Lafayette hatten ungefähr 
25 bis 80 sichere Anhänger, mit denen sie die wichtigeren 
Fragen durchberieten. Die übrigen Parlamentarier be- 
hielten sich ihre Entscheidung bis zur endgiltigen Ab- 
stimmung vor. Wenn sich auch im Laufe der Zeit eine 
gewisse Grenze zwischen den einzelnen Teilen der Ver- 
sammlung gebildet hatte, so konnte man doch von in sich 
geschlossenen Fraktionen, von einem Fraktionszwange bei 
den Abstimmungen, wie or heute zu bestehen pflegt, in der 
Konstituante nicht reden. Die einzelnen Fragen wurden 
nicht vorher in dem engeren Rahmen der einzelnen Parteien 
entschieden, sondern der Schwerpunkt des parlamentarischen 
Lebens lag ganz in den grossen Sitzungen des gesamten 
gesetzgebenden Körpers; in den erregten Debatten, die in 
seinem Schosse stattfanden, bildete sich erst die Mehrheit 
für die einzelnen Beschlüsse. 

Noch ungebundener als unter der vorigen Nationalver- 
sammlung gestaltete sich das parlamentarische Leben in 
der Legislative, eine Erscheinung, die sich ganz natürlich 
auf den verschiedenen Charakter der Aufgaben gründete, 
die den beiden Versammlungen oblagen. Die Konstituante 
hatte sich einer schöpferischen Thätigkeit, der Gründung 
einer Verfassung, zu widmen. Da Hessen sich weit eher 
nach vorgefassten Prinzipien Parteiprogramme aufstellen. 
Die Legislative dagegen hatte sich vorzüglich mit der 
Erhaltung der Schöpfung ihrer Vorgängerin zu beschäftigen. 
Bei ihrer Aufgabe handelte es sich vor allem um das 
Moment, wie weit man dem König und seinem Ministerium 
bei der Ausführung der neuen Verfassung trauen dürfe. 

Misstrauen in die Absichten des Hofes herrschte im 
allgemeinen in der Legislative. Während die linke Seite 
zu entschiedener Opposition gegen die Regierung neigte, 
bestand auch die rechte Seite nicht aus unbedingten An- 



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- 55 - 



hängern derselben. Hier sassen nähere Freunde sowohl 
Lafayettes, wie Ramond, Gouvion, Pastoret, als auch des 
Triumvirates, wie Theodore Lanieth und der General 
Dumas. Die Fayettisten hatten eine liberalere Färbung. 
Pastoret wählte, um dies anzudeuten, seinen Platz im 
Centrum. Schon in den ersten Monaten trennton sich die 
Ansichten der beiden Teile der Koalition in einer wichtigen 
Frage. Während die Lamethisten gegen das Emigranten- 
gesetz waren, unterstützten es die Freunde Lafayettes an 
der Spitze eines Bruchteiles der rechten Seite. So über- 
trug sich die alte Scheidung der linken Seite der 
Konstituante auf die rechte der neuen Nationalver- 
sammlung 1 ). 

Während die rechte Seite kein anerkanntes Haupt 
hatte, wurde die linke von Brissot geführt. In ihr sassen, 
vorläufig noch unberühmt, die hochbegabten Girondisten 
und neben ihnen Männer wie Condorcet und der Abt 
Fauchet. Sowohl der Besitz dieser bedeutenden Talente 
als auch eine straffere Parteidisciplin gewährte ihnen über 
ihre Gegner manchen Vorteil. 

Gelangten in den Häuptern der rechten und der linken 
Seite zwei scharf einander entgegengesetzte Tendenzen zum 
Ausdruck, so schwankte die grosse Mehrheit der National- 
versammlung unentschieden zwischen den beiden Polen 2 ); 
die Grenzen zwischen ihnen waren fliessend; eine eigentliche 
Scheidung durch das starke Centrum von vorneherein aus- 
geschlossen. Auch im Laufe der Zeit war es keiner der 
beiden Parteien möglich, sich in der Legislative eine feste 
Mehrheit zu erwerben. Die sogenannte „plaine" schloss 

») Toulongcon, II, 213 f. 

a ) Bacourt, III, 274. „La division des partis s'affaiblit insen- 
siblcment, ou plutöt les chefs des deux partis rostent seuls divises. 
Mais les soldats sont plus rapproches qu'on ne pense." Vgl. a. 
Bacourt, III, 286: „La majorite de l'Asseniblee ne va dans 
aueune societ£." 



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_ 56 - 



sich bald dieser bald jener Partei an. Und diese Unsicher- 
heit und Unbestimmtheit in der Haltung der Abgeordneten 
des Centrums war nicht, wie man es wohl gethan hat, 
aus einem unentschlossenen, schwächlichen Charakter her- 
zuleiten; sie war vielmehr auf den eigentümlichen Gesichts- 
punkt zurückzuführen, unter dem fast alle wichtigen 
Fragen, die vorlagen, beurteilt werden mussten, nämlich auf 
die positive oder negative Beantwortung des Zweifels, ob es 
der Hof mit seinem Anschluss an die Revolution ehrlich 
meine oder nicht. Wie eine arithmetische Potenz haftete 
dieses bedeutsame Moment an allen EntSchliessungen, 
welche die Legislative zu nehmen hatte. Je nach der 
Stärke des Misstrauens, das die Deputierten in ver- 
schiedenem Grade beeinflusste, wurde die Opposition gegen 
die Regierung unterstützt oder Uberstimmt. 

Die beiden äussersten Richtungen in der Nationalver- 
sammlung gelangten im Parteileben, das sich auch ausser- 
halb des Parlamentes regsam entfaltete, hauptsächlich in 
den beiden Klubs der Feuillants und der Jakobiner zur 
Darstellung. Wenn auch jene im Laufe der Zeit an 
parlamentarischen Mitgliedern beträchtlich zunahmen, sodass 
ihr Klub den Rivalen numerisch überflügelte, so waren sie 
ihm trotzdem an innerer Stärke keineswegs gewachsen. 
Meist unter den wohlhabenderen Klassen gewannen die 
Feuillants Anhänger, die mit matter Gleichgiltigkcit und 
satter Ruhe die Tagesfragen behandelten. Verständige, 
aber schwunglose Reden, die die Zuhörer kalt Hessen, 
wurden bei ihnen gehalten, während man bei den Jakobinern 
den Gegenstand der Diskussion mit kraftvoller Verve 
erfasste. Dieser Unterschied hatte seinen tieferen Grund 
in dem Charakter der verschiedenen Tendenzen, denen 
beide Gesellschaften huldigten. Während ein der Regierung 
ergebener Klub wegen seiner konservativen Richtung keinen 
unmittelbaren Anteil einflössen konnte, beruhte die Stärke 
der Jakobiner .in ihrer Opposition gegen das herrschende 



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_ 57 - 



System, die um so kräftiger wurde, je missliebiger sich das 
Ministerium machte. Hier fand das öffentliche Interesse 
seine Nahrung. Die Tribünen des Jakobinerklubs waren, 
obschon sie 1500 Personen fassten, bereits um 2 Uhr 
nachmittags mit Zuschauern gefüllt, die mit Spannung 
der Abendsitzung entgegenharrten; wie ein Zeitgenosse 
berichtet, riss man sich förmlich um einen Platz, als 
ob es sich um eine Premiere in der grossen Oper ge- 
handelt hätte 1 ). 

Recht offenbar trat die Schwäche der Feuillants, die 
Ueberlegenbeit der Jakobiner bei den Municipalwahlen zu 
Tage, die in Paris im November statt hatten. Die An- 
hänger Alexander Lameths erlitten hierbei eine schwere 
Niederlage. Alle Stellen im Stadtrate, die bisher ohne 
Ausnahme in den Händen der Koalition gewesen waren, 
gingen auf die Parteigänger Brissots über! 

Am emfindlichsten musste den Feuillants der Verlust 
der Bürgermeisterstellc sein, die bisher Bailly, der anhäng- 
liche Freund Lafayettes, innegehabt hatte. Der Posten war 
in der Revolutionszeit von hoher Bedeutung, weil bei ihm 
die Summe der Stadtverwaltung lag. Lafayettc hatte sich 
nach dem Ausscheiden Baillys für ihn von seiner Partei als 
Kandidaten aufstellen lassen. Sein Amt als Kommandant 
der Nationalgarde hatte er schon im Oktober niedergelegt, 
nachdem er noch in der Konstituante den Beschluss erwirkt 
hatte, dass er keinen Nachfolger haben sollte. Die sechs 
Chefs der einzelnen Divisionen sollten sich im Oberbefehl 
der Nationalgarde abwechseln. Wahrscheinlich hatte er 
diese Anordnung treffen lassen, weil er als Bürgermeister 
um so leichter über die ihm ergebenen Nation algardisten 
zu herrschen hoffte. Er wurde in seinen Erwartungen 
bitter getäuscht. Sogar der Hof unterstützte die Wahl 
seines Gegenkandidaten Petion. Wollte doch die Königin 

l ) Pellenc an Lamarck, d. 12. XI. 1791. Vgl. Bacourt, III, 265. 



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durchaus verhindern, dass ihr ehemaliger Hüter den ein- 
flussreichen BUrgermeisterposten bekleidete. Sie zog ihm 
einen Jakobiner vor. Ueber Pelions republikanische An- 
wandlungen spottete man in den Tuilerien ; man betrachtete ihn 
mehr als komische Person und Dummkopf *). Dass er aber 
als gehorsames Werkzeug einer mächtigen Partei gefährlich 
werden konnte, zog man gar nicht in Erwägung; wie der 
Hof sich überhaupt nicht daran gewöhnen konnte, in den 
Jakobinern eine wirkliche Macht zu sehen 9 ). Allen Ein- 
fluss bot er auf, um Lafayettes Wahl zu hintertreiben*). 
Er soll es sich nicht weniger als 100000 Franken haben 
kosten lassen, um die Kandidatur Prions durchzusetzen. 

Und nicht allein dem Hasse des Hofes, sondern auch 
der absichtlichen Säumigkeit seiner Bundesgenossen, der 
Laraeths, hatte Lafayette seine Niederlage zuzuschreiben 4 ). 
Sie gönnten dem Nebenbuhler den einflussreichen Poston 
nicht; wie die Königin, die übrigens bei ihnen auch dahin 



l ) Feuillet IV, 350. 
») Malouet, H, 157. 

3 ) Bertrand, VI, 130 f. Montgaillard, Histoire de France 
depuis la fin du regne de Louis XVI jusqu'a l'annee 1825. 4. 
Ausgabe 1828. Paris, III, 24. Toulongeon, II, 94. Wie die 
Königin in dieser Zeit über Lafayette dachte, lehrt ihr Brief- 
wechsel mit dem Grafen Fersen ; dieser ha'te ihr einen Brief 
Lafayettes gesandt, der dessen gefahrliche Gesinnung darthun 
sollte. (Fersen an Marie Antoinette, 26. XI. 1791. Der Brief 
Lafayettes, den F. hier beifügte, fehlt. Bd. I, 250.) Die Königin 
antwortete: (I, 268) „II ne me fallait pas la lettre du „Sans- 
torts" (Spitzname Lafayettes in den Hofkreisen) pour l'avoir en 
horreur, l'eveque (de Pamiers) peut vous avoir dit, combien, 
j'ai droit de le detester; c'est le plus dangereux, et 
peut-etre le Beul vraiment a craindre." Vgl. Fersen, II, 33 f. 
Tagebuch. 

4 ) Bacourt, III, 268 f. Von den Lameths wird hier gesagt: 
„On a donc manque Felection, parce qu'ou l'a voulu." 



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gewirkt haben wird, überliessen sie ihn lieber einem Jakobiner. 
Dieser Entschluss wird ihnen um so leichter geworden sein, 
als kurze Zeit vorher Lafayettes Anhänger einen Partei- 
gänger des Triumvirats im Stich gelassen hatten. Als sich 
d'Andrö um die Stelle des Generalprokurators beim Departe- 
ment von Paris bewarb, verhalfen die Freunde des Generals 
seinem Gegner, dem Brissotisten Roederer, zu dem Amte. 
Denn d'Andre galt als dem Hofe verkauft; die Fayettisten 
lürchteten dem Ansehen des Departements und ihrer Partei 
Eintrag zu thun, wenn sie einen Mann von so zweifelhaftem 
Ruf in ihre Körperschaft beförderten 1 ). 

War schon an und für sich die Stellung der Juni- 
Koalition recht bedroht, so wurde sie durch die Uneinigkeit 
im eigenen Lager noch gefährdeter. 

Doch im Anfang Dezember schienen sich die Lameths 
und Lafayettes Anhänger noch einmal auf das engste gegen 
ihre Gegner zusammenschliessen zu wollen. 



l ) Bacourt, III, 266. „Je suis porte k croire que le parti de 
Beaumetz (.Fayettisten) voyant que d' Andre persistait a vouloir 
de cette place, a double les forces du parti oppose (Brissotisten). 
J'ai des faits anterieurs sur ecla." Bestätigt wird Pellencs Be- 
hauptung durch eine Notiz ßrissots im „Patriote francais" vom 
11. XI. 1791: „On assure qu'un grand nombre des membres de 
la Sainte-Chapelle (Wahllokal der Feuillants) indignes du choix 
scandaleux de leurs confreres et des moyens plus scandaleux 
encore qu'on emploie pour reussir, voteront pour Roederer." 



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Drittes Kapitel. 



Narboiines politisches Programm. 



I. 

Die Ernennung Narbonnes. 

Als man am 29. November in der Legislative Uber die Mass- 
regeln beriet, die dem Könige gegen die rheinischen Kur- 
fürsten anempfohlen werden sollten, meldete sich mitten in 
der Diskussion der Minister des Auswärtigen, Delessart, 
zum Wort. Er suchte den Abgeordneten zu beweisen, dass 
die Regierung bereits alles, was die Vorsammlung zu fordern 
beabsichtige, ins Werk gesetzt habe. Die rheinischen 
Kurfürsten seien zur Zersprcngung der Auswanderer an- 
gehalten, der Kaiser gebeten worden, sein Ansehen bei 
den säumigen Erzbischöfen zu Frankreichs Gunsten geltend 
zu machen 1 ). 

Der Minister wollte der Legislative bedeuten, dass ihr 
Initiativantrag im Grunde gegenstandslos sei. Die Depu- 
tierten fühlten den Vorwurf wohl heraus. Einer von ihnen, 
Ruehl, antwortete auch sogleich heftig. Er tadelte den 
Mangel an Entschiedenheit, den die Regierung bisher bei 
der Behandlung auswärtiger Angelegenheiten gezeigt habe. 
Das schläfrige Gebahren der Geschäftsträger, die sie bei 
den Ktirfürsten belassen habe, vor allem ihre der Revolution 
feindliche Gesinnung habe zum grossen Teil das Andauern 
der Beunruhigung an der Grenze verschuldet 2 ). 

») Arch. pari. Bd. 35, 440. 
a ) A. p. Bd. 35, 440 f. 



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Unter dem lebhaften Beifall der Nationalversammlung 
erhielt hier die Regierung einen scharfen Verweis. Die 
Minister merkten recht wohl, dass die Botschaft, die die 
Legislative mit vieler Feierlichkeit an den König abordnete, 
Uberhaupt eine dem Kabinett feindliche Tendenz habe. Die 
Volksvertretung wehrte sich vor dem Lando gegen den 
Widerstand, den das Ministerium ihrem Streben, die Inter- 
essen der Nation kräftig gegenüber dem Auslande zur 
Geltung zu bringen, entgegensetzte. Ueber die Köpfe der 
Minister hinweg appellierte sie an Ludwig XVI. 

An demselben Tage ging dem Könige auch das Dekret 
gegen die unvereidigten Priester zu. 

Es lagen wiederum zwei wichtige Beschlüsse der 
Nationalversammlung vor, die mit dem System der Lameths 
in Widerspruch standen. Wie bei dem Emigrantengesetz 
würden die geheimen Leiter des Kabinetts auch hier den 
König veranlasst haben, sein Veto einzulegen, wenn sie 
nicht besorgt hätten, dadurch die öffentliche Meinung gegen 
sich auf das höchste aufzuregen. Sie fühlten aber das 
Unsichere ihrer Lage; sie sahen die Unmöglichkeit ein, die 
Ausfuhrung namentlich des Dekrets gegen die rheinischen 
Kurfürsten zu verhindern. War es doch einmütig von der 
Nationalversammlung angenommen, hatten doch hervor- 
ragende gemässigte Abgeordnete, wie Daverhoult und 
Vaublanc, es nicht allein warm befürwortet, sondern recht 
eigentlich inauguriert. 

Vorzüglich forderten Lafayettcs Anhänger mit aller 
Entschiedenheit seine Durchführung. Die Lameths mussten 
den Abfall ihrer Bundesgenossen besorgen, wenn sie nicht 
rechtzeitig einlenkten. Sie sahen sich daher ganz wider 
ihren Willen dazu gezwungen, der allgemeinen Stimmung, 
die sich mit ursprünglicher Gewalt offenbarte, nachzugeben. 
Indem sie sich hierzu endlich verstanden, näherten sich 
noch einmal die beiden Fraktionen der konstitutionellen Partei. 

Wir sahen, wie sich im Laufe der Zeit das Band, das 



- Gl - 

sich um die Koalition schlang, allmählich stark gelockert 
hatte. Sowohl der persönliche Gegensatz unter ihren 
Föhrern, als der recht verschiedene Charakter der beiden 
Parteien hatte darauf hingewirkt. Jetzt machten sie noch 
einmal den. Versuch, <fie Plagen der Politik gemeinsam 
m Kteen und sich auf das engste gegen die radikalen Par- 
teien zusammenzuschliessen 1 ). 

Die Lameths waren bereit, den König zu energischen 
Massregeln gegen die Emigranten und ihre Beschützer zu 
veranlassen. Dagegen wünschten sie von den Freunden 
des Generals unterstützt zu werden, wenn sie das Dekret 
gegen die eidweigernden Priester mit dem Veto belegen 
liessen. In dem Rate des Departements, das Paris umschloss, 
sassen fast ausnahmslos Anhänger Lafayettes, wie Laroche- 
foucauld, Talleyrand, Beaumetz, Desmeuniers, Garnier und 
andere. Die Lameths hofften, dass es einen für ihre Haltung 
günstigen Eindruck hervorrufen müsse, wenn diese Behörde 
in einer feierlichen Petition den König bitten würde, dem 
Priestergesetz seine Sanktion zu verweigern. Auch die 
Fayettisten billigten dieses Dekret nicht. Sie kamen daher 
dem Wunsche ihrer Bundesgenossen bereitwillig nach. 

Die Adresse wurde von dem Departementsrat Garnier 
aufgesetzt und von Duport und Barnave redigiert: sie war 
ein gemeinsames Werk der Koalition 2 ). Sie trug das Datum 
des 5. Dezember, wurde aber erst am 7. Ludwig XVI. 



l ) Fersen, I, 269. Marie Antoinette berichtet dem Grafen 
unter dem 7. XII.: „II semble quo tout ce qui s'appelle consti- 
tutionnel se rallie pour faire une grande force oontre les repu- 
blicains et les jacobins." 

*) Fersen, I, 2G9. Die Königin an Fersen. 7. XII. : „L'adresse 
est faite par un M. Garnier et redigee par Du Port et Barnave, 
mais cela est un secret". Morris (I, 485) und Gower (despatches 
S. 140) nennen Talleyrand als Verfasser; auch er mag mitgewirkt 
haben. 



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— 63 — 



überreicht. Alle Mitglieder des Departementsrates setzten 
ihre Unterschrift darunter, mit Ausnahme des Generalproku- 
rators Roederer, der nach dem Fluchtversuche des Hofes von 
der Partei Lafayettes zu Brissot übergegangen war. 

Die Departementsräte hatten an die Spitze ihrer Adresse 
eine Einleitung gesetzt, deren Inhalt erkennen lftsst, mit 
welchem tiefen Misstrauen vorzüglich Lafayette und seine 
Freunde die Haltung des Hofes beobachteten 1 ). Sie mahnen 
auf das eindringlichste den König, auf die Einflüsterungen 
nichtswürdiger Ratgeber nicht zu hören, die ihm einreden 
wollten, es sei die Liebe des Volkes für das Werk der 
Revolution im Erkalten begriffen. Er möge sich nicht 
täuschen lassen. Das Volk werde sich bei dem geringsten 
Anzeichen einer Gefahr für die Konstitution zu ihrem 
Schutze wie ein Mann erheben. Wenn es augenblicklich 
ruhig oder politisch gleichgültig scheine, so vertraue es nur 
der rechtlichen Gesinnung des Monarchen. Klingt nicht aus 
diesen Warnungen die argwöhnische Vermutung heraus, 
Ludwig möchte wohl noch immer auf das Gelingen einer 
Gegenrevolution rechnen 2 )? 

Im Hauptteil ihrer Petition beklagten die Räte die 
Härte der Legislative gegen die eidweigernden Priester. 
Durch ihren ßeschluss taste sie die Gewissensfreiheit an, 
wie sie in der Verfassung jedem einzelnen gewährleistet 
werde. Lasse sie sich dazu hinreissen, so sei sie in Ge- 
fahr, sich auf die Abwege des finsteren Fanatismus früherer 
Jahrhunderte zu verirren. „Ein ganzes Jahrhundert der 
Philosophie hätte also nur dazu gedient, uns zur Intoleranz 
des sechzehnten Jahrhunderts zurückzubringen, und gerade 



») RcBdcrer, (Euvres III, 189 f. 

3 ) Fersen, I, 270. Marie Antoinette war über die Verwarnung 
sehr ungehalten. Sie schreibt: „eile (die Adresse) est parfaitement 
bien pour la discussion sur le decret des pretres, mais les gueux 
ont eu peur et y ont mis, du reste, un tas d'impertinences." 



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1 



- 64 - 

auf der Strasse, die zur Freiheit führen sollte 1 )!" Um 
solchen beklagenswerten Missgriff zu verhüten, möge der 
König den Beschluss der Legislative gegen die Priester mit 
seinem Veto belegen. Dagegen bitten die Departements- 
rate ihn, sobald als möglich die Massregeln auszuführen, 
welche die Nationalversammlung zur Abwehr der Intriguen 
der Emigranten im Auslande vorgeschlagen habe. 

So wichtig uns heute diese Petition des Departements 
von Paris für die Geschichte der Parteibewegung erscheint, 
so wenig bedeutete sie damals, denn die Konstitutionellen 
errangen damit keinen sonderlichen Erfolg. Die Adresse 
machte zwar grosses Aufsehen und erregte vielen Lärm 2 ), 
aber die Jakobiner Hessen von den Tochterklubs eine solche 
Masse von Gegenpetitionen los, worin die Ausführung des 
Priesterdekretes gefordert wurde, dass die Meinungsäusserung 
der Departementsräte förmlich erdrückt wurde. Die öffent- 
liche Meinung billigte die entschiedene Haltung der National- 
versammlung gegen die eidweigernden Priester. War es 
doch nur folgerichtig, dass sie sich auch gegen die Wider- 
sacher der Revolution im Innern des Landes wandte, während 
der Bestand der Verfassung durch die Emigranten und das 
Ausland gefährdet schien. Das Gesetz gegen die Priester 
bildete die notwendige Ergänzung zum Emigrantengesetz *). 
Und wenn Lafayettes Anhänger dies forderten und jenes 
ablehnten, so waren sie eben inkonsequent, fühlten sie nicht 
mit dem Volke den Ernst der politischen Lage. 

In der Behandlung der auswärtigen Frage konfor- 
mierten sich die Triumvirn, wie oben erwähnt, den Wünschen 
der Fayettisten. Aber noch ein weit wichtigeres Zuge- 
ständnis machten jene den Anhängern des Generals : sie 

l ) Buohcz, XII, S. 237 f. Vgl. a. den Brief Larochofoncaulds 
an Roederer vom 1. I. 1792. Roederer, IV, 145. 

») Pallain, Mission de Talleyrand a Londres, 1889. S. 17; 25. 

3 ) J. Ch. Baillenl, Examen eritique de Tonvrage posthume 
de Mad. de Stael, Parin, 1819, II, 80. 



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- 65 - 



ermöglichten dem Grafen Narbonne, dem intimen Freunde 
Lafayettes, den Eintritt in das Ministerium. 

Wir erinnern uns, bisher hatten die Lameths das 
Kabinett nur mit ihren Geschöpfen besetzt; Lafayettes Partei 
war durch die Ungunst der Königin von dem Ministerium 
ausgeschlossen. Jetzt versprachen die Triumvirn allen ihren 
Einfluss beim Hofe aufzubieten, um Narbonnes Ernennung 
zum Minister durchzusetzen. Schon im Anfang November 
hatte Talleyrand und Frau von Stae"I versucht, ihrem 
Freunde das wichtige Portefeuille des Auswärtigen zuzu- 
wenden. Aber es gelang ihnen nicht 1 ). Denn gerade seine 
engen Beziehungen zu der Tochter Neckers, die beim Hofe 
sehr Übel angeschrieben war, machte Montmorin mit Erfolg 
bei der Königin gegen den Aspiranten geltend. Als nun 
einen Monat darauf durch die Demission Duportails das 
Kriegsministerium frei wurde, befürworteten die Lameths 
die Bewerbung Narbonnes um diesen Posten aus allen 
Kräften. Ludwig wies es, wahrscheinlich auf Antrieb seiner 
Gemahlin, zuerst weit von sich, diesen Kandidaten zu er- 
nennen, so sehr sich auch die beiden mit dem Triumvirate 
am innigsten befreundeten Minister, Delessart und Duport- 
Dutertre, für ihn verwendeten. „Ich kenne Narbonne besser 
als Sie," sagte er, „ich bin Uberzeugt, er eignet sich keines- 
wegs für das Ministerium". Endlich gab er dennoch nach, 
als Alexander Lameth sich entschieden weigerte, einen 
anderen Kandidaten zu präsentieren 2 ), einen Dienst, durch 
welchen dieser die Freunde des neuen Ministers zur Dank- 

l ) Morris, 1,508; vgl. a. S. 478. Fereen, I, 212. An diesen 
schreibt Marie Antoinette d. 31. X. : „Point de ministre encoro 
(d. h. für das Departement des Auswärtigen) ; mad. de. Stael se 
demene bien pour M. de Narb.: je n'ai jamais vu d'intrigue plus 
forte et plus embrouillee." 

») Bertrand, VI, 166 f. Morris, I, 480; vgl. a, S. 508. Fersen, 
I, 268; vgl. a. II, 214: „C'est d'apres l'avis des eonstitutionnels 
(mit den Konstitutionellen sind hier ausdrücklich nur die 

Glagaa, Die franzö^iache Legislative. ö 



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- 66 - 



barkeit zu verpflichten und fester an sich zu ketten hoffte. 
Er setzte voraus, dass Narbonne sein Ressort nach den 
Weisungen des Triumvirates verwalten werde. 



IL 

Die königliche Sitzung vom IL Dezember 1791» 

Während die Lameths nur widerstrebend den Hof zu 
einer zustimmenden Antwort auf die Botschaft der Legis- 
lative bewogen, kam dieser ihrer Aufforderung mit heimlicher 
Freude nach. 

Wir wissen, Marie Antoinette wollte auf keinen Fall 
mit der Revolution paktieren. Nur zum Scheine hatte sie 
sich in die neue Ordnung geschickt, in der zuversichtlichen 
Hoffnung, in Bälde mit Hülfe der fremden Mächte das alt- 
absolute Regiment wiederherzustellen. Vorzüglich hatte 
sie dabei auf ihren Bruder Leopold gezählt. Unaufhörlich 
drängte sie in ihn, er solle doch die europäischen Sou- 
veräne zu einem Kongress an der französischen Grenze 
vereinigen. Aber zu ihrem Schmerze hatte sie erfahren 
müssen, dass der Kaiser nicht die geringste Neigung zeigte, 
sich in die Angelegenheiten Frankreichs zu mischen; sie 
inusste besorgen, dass er sie ruhig ihrem Schicksal Uber- 
lassen werde 1 ). 

Da schien sich der Königin in der Botschaft der Legis- 
lative eine günstige Gelegenheit zu bieten, Leopold auch 

Lameths gemeint) que M. de Narb. avait ete appele au depar- 
teraent do la guerre." 

l ) Besonders wirksam hatte Fersen in seiner grossen Denk- 
schrift vom 26. November an die Königin auf die Winkelzuge 
und Ausflüchte des Kaisers hingewiesen: „L'empereur vous 

trompe. II ne fera rien pour vous il vous abandonne a 

votre sort ot laisse consommer la ruine totale du royaume." 
I, 239; vgl. a. II, 159. 



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— 67 — 



wider seinen Willen in einen Handel mit der Revolution zu 
verwickeln. Sie erwartete, dass der Kaiser als Reichsober- 
haupt den bedrohten rheinischen Kurfürsten zu Hilfe 
kommen würde. Denn diese würden voraussichtlich der 
Aufforderung, die Emigranten in ihren Gebieten zu zer- 
streuen, nicht nachkommen. Wenn sie infolge dessen an- 
gegriffen werden würden, sollten die fremden Mächte die 
Angelegenheit zu der ihrigen machen, die Erzbischöfe in 
Schutz nehmen und mit ihrer Intervention in die franzö- 
sischen Angelegenheiten drohen. 

Ludwig XVI. nahm an, dass sich die Nation dann 
entweder den Bedingungen eines bewaffneten Kongresses 
fügen oder, durch die Haltung des Auslandes gereizt, zur 
Erklärung des Krieges schreiten würde. Er selbst würde 
sich den Anschein geben, als ob er aus freien Stücken nur 
den Wünschen seines Volkes nachgebe. Dass der Ausgang 
des Kampfes für das von den Leiden der Revolution zer- 
rüttete Frankreich ein unglücklicher sein werde, schien ihm 
fast gewiss zu sein. In ihrem Unglücke werde sich die 
Nation in seine Arme worfcn und seine Vermittlung beiden 
fremden Mächten in Anspruch nehmen. Sie werde es reu- 
mütig geschehen lassen, dass die Verfassung umgestürzt und 
die alte Staatsordnung wiedereingeführt werde 1 ). 

Mit diesen geheimen Hoffnungen begab sich Ludwig 
XVI. am 14. Dezember in die Nationalversammlung: er 
selbst brachte den Abgeordneten die Antwort auf ihre Bot- 
schaft vom 29. November. Seine Rede war von den La- 
meths verfasst 2 ), in einem sehr entschiedenen Tone, der 
vollkommen die Wünsche der Legislative befriedigte, ja fast 
Ubertraf. Man stimmte eifrig in ihre Parole ein: „Lieber 

l ) Feuillet, IV, 290—303: Brief Ludwigs an Bretouil vom 
14. XII.; Fersen, I, 271: Marie Antoinette an Fersen 9. XII. 
Dieselbe an Mercy 16. XII. S. Arneth, p. 233 ff. Vgl. Lenz, 
Preuss. Jahrb. Bd. 78, 288, flf. 

*) Als Urheber wird Duport genannt. Bacourt, III 286. 

5' 



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— G8 



den Krieg als verderbliches, schmachvolles Dulden!" Ja, 
die Regierung war noch weiter gegangen, als die Volks- 
vertretung gefordert hatte: sie erklärte den Kurfürsten, sie 
als Feinde Frankreichs ansehen zu wollen, falls sie nicht 
bis zum 15. Januar die Ansammlungen der Emigranten zer- 
streut hätten. Wogegen sich der diplomatische Ausschuss 
ausdrücklich erklärt hatte, nämlich den Fürsten das Inne- 
halten eines bestimmten Termines vorzuschreiben, weil er 
dadurch den allgemeinen Brauch zu verletzen fürchtete, das 
that jetzt die Regierung aus eigenem Antriebe. Sie stellte 
den Krieg in Aussicht, wenn ihren Forderungen nicht in 
einer angegebenen Frist Genüge geschohe. 

Wie die Rede des Königs, so wurden auch die Aus- 
führungen des neuen Kriegsministers von der Nationalver- 
sammlung mit rauschendem Beifall aufgenommen. Nar- 
bonne berichtete über die militärischen Massnahmen, welche 
die Regierung auf den Wunsch der Legislative zum Schutze 
des Landes angeordnet habe. An der Nordwestgrenze 
sollten drei Armeen von je 50000 Mann aufgestellt werden. 
Um die militärischen Vorbereitungen mit grösserem Nach- 
druck betreiben zu können, forderte der Minister eine 
ausserordentliche Bewilligung von zwanzig Millionen. Er 
kündigte an, dass er in wenigen Tagen eine Reise antreten 
werde, um selbst den Zustand der militärischen Rüstungen 
in Augenschein zu nehmen. Seine ganze Rede zeugte den 
Deputierten für seinen Eifer, das Vaterland möglichst bald 
unter den Schutz leistungsfähiger Truppen zu stellen. 
„Man muss den Geist der Entmutigung bannen, der Frank- 
reich als völlig vernichtet in politischer und militärischer 
Beziehung hinstellen möchte; ist es doch dasselbe Volk, die- 
selbe Macht, die unter Ludwig XIV. kämpfte 1 M 

Die energische Sprache, welche die Regierung gegen- 
über den rheinischen Kurfürsten führte, rief allgemeines Er- 
staunen hervor. Man war daran nicht gewöhnt. Bisher 
hatte das Ministerium mit ängstlicher Sorgfalt alle Schritte 



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- 69 - 



vermieden, die zu einer auswärtigen Verwicklung hätten 
führen können. Hatte es doch erst vor einem Monat dem 
Emigrantengesetz die Sanktion des Königs versagt. Zwischen 
jenem Veto und der Haltung am J4. Dezember bestand ein 
auffälliger Widerspruch. 

Doch die Lameths hatten keineswegs ihren Kurs ändern 
wollen; im Gegenteil, sie hofften den Frieden durch den 
Schritt vom 14. Dezember mehr als je zu festigen. 

Die rheinischen Kurfürsten hatten sich bisher nicht 
dazu bequemt, der höflich an sie gerichteten Bitte der 
französischen Regierung, die Emigrantenscharen aufzulösen, 
zu willfahren. Der Erzbischof von Trier hatte sogar einen 
trotzigen, abschlägigen Bescheid gegeben. Durch die drohen- 
den Erklärungen, die jetzt das Ministerium auf den Antrieb 
der Legislative erliess, sollten die widerspenstigen Nachbarn 
zum Gehorsam gebracht werden. Das Triumvirat er- 
wartete auf diesem Wege eine runde Lösung der aus- 
wärtigen Frage zu erzielen. Nicht, wie das Königspaar, 
nahmen sie an, dass sich der Kaiser der Angelegenheit be- 
mächtigen werde, um sich in die französischen Zustände zu 
mischen; vielmehr rechneten sie auf seine Unterstützung bei 
ihrem Vorgehen gegen die geistlichen Herren; waren sie 
doch von seiner Friedensliebe überzeugt. 

Durch den Schritt vom 14. Dezember hofften die 
Lameths auch die öffentliche Meinung zu gewinnen. Das 
Vertrauen zum Könige werde zurückkehren, nachdem er 
durch die schonungslose Bekämpfung der Emigranten den 
Verdacht, im Einverständnis mit ihnen zu sein und sie zu 
begünstigen, niedergeschlagen habe; das Ansehen des 
Ministeriums werde wachsen, nachdem es der beleidigten 
nationalen Ehre durch seine wackere Haltung Genugthuung 
verschafft habe 1 ). Indem man der Strömung, die in der 
Nationalversammlung herrschte, augenblicklich nachgab, 

i) Arneth, 8. 275. 



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— 70 - 

wollt« man sich keineswegs von ihr ergreifen und fortreissen 
lassen. Den Plan, die verhasste Legislative zu stürzen, 
gaben die Lameths damit nicht auf. Sie suchten jetzt der 
Kriegspartei unter Brissots Führung den Boden abzugraben, 
auf dem dieselbe bisher so glücklich gegen das System 
der Regierung angekämpft hatte. Wenn die Girondisten 
auch nach der Lösung der Emigrantenfrage in das Kriegs- 
horn stossen würden, dann hofften sie ihnen mit Erfolg be- 
gegnen zu können. 

Sie ahnten nicht, dass eben die Partei sich von ihnen 
ab wandte, die sie sich durch eine Reihe von Zugeständnissen 
für immer verpflichtet zu haben glaubten. Lafayettes 
Freunde waren es überdrüssig, noch ferner unter der Fahne 
des Triumvirats zu marschieren. Sie hatten ein eigenes 
Programm entworfen. Gerade jener Minister sollte es ver- 
wirklichen, dem Alexander Lameth mit vieler Mühe den 
Eintritt in das Kabinett verschafft hatte. 



in. 

Narbonnes Ziele. 

Von dem Salon der jungen Baronin Staöl ging ein 
frischer Lufthauch aus und fuhr mit verwirrendem Ungestüm 
in die dürftigen Gewebe der Politik unfähiger Kabinetts- 
minister. Endlich war es der lebhaften Frau gelungen, 
ihren Schützling Narbonne in das Ministerium zu bringen; 
endlich konnte auch sie wohl hoffen, ihre Hände in das 
grosse Spiel des revolutionären Treibens zu mischen. 

Sogleich sollte Narbonne ein Programm verwirklichen, 
das er in ihrem Hause mit gleichgesinnten Freunden 
entworfen hatte. Seine Ministerthätigkcit sollte, so hoffte 
sie, gleichsam eine neue Aera in der Staatsverwaltung 
heraufftthren. 

Frau von Stael und ihre beiden Freunde Talleyrand 



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- 71 - 



und Narbonne hatten erkannt, dass das System der Lameths 
auf keinen Fall zu einer glücklichen Lösung der verwickelten 
politischen Verhältnisse führen werde; auf einem anderen 
Wege gedachten sie die schwere Krisis, unter deren Drucke 
Frankreich seufzte, zu beendigen. 

Wie das Triumvirat waren sie überzeugt, dass die 
Verfassung ihre Mängel habe und der Verbesserung be- 
dürftig sei 1 ), dass die ausübende Gewalt zu Gunsten der 
parlamentarischen im Laufe der Revolution zu sehr ge- 
schwächt wurde. Aber es leuchtete ihnen ein, dass zur 
Vornahme von Modifikationen gerade die gegenwärtige Lage 
nicht die geeignete war. Wo noch alles in wilder Unruhe 
gährte, wo der Hof mit tiefem Misstrauen betrachtet wurde 
und die Bevölkerung den Umsturz der neuen Ordnung durch 
eine Gegenrevolution befürchtete, da mussto der leiseste 
Wunsch, auch nur in geringem Masse eine rückläufige Be- 
wegung zu vollziehen, die Regierung in den Verdacht eines 
geheimen Verständnisses mit den Feinden der Revolution 
bringen. Nein, zunächst war es notwendig, dass das 
Ministerium einmal den redlichen Willen zeigte, die Ver- 
fassung wirklich ins Werk zu setzen. Wenn es durch diese 
ehrliche Politik das Vertrauen der Nation erworben hatte, 
dann würde der wohlgesinnte Teil derselben sich schon dazu 
bereit finden lassen, die Mängel, die sich bei der Ausführung 
der Konstitution gezeigt hätten, auszumerzen 2 ). 

l ) Pallain, 8. 103. Talleyrand äussert sich im Februar 1792 
zu dem Lord Grenville: „II est. generalement convenu en France 
qu'il y a dans notre Constitution plusieurs defauts; en mon 
particulier, j'en suis intimement convaineu." 

*) Für die Gesichtspunkte, unter denen Narbonne die Ver- 
hältnisse in Frankreich damals begriff, ist ein Brief von hoher 
Wichtigkeit, den er von seiner Inspektionsreise aus Lille am 
21. Dezember 1791 an den österreichischen Gesandten, den Grafen 
Mercy, richtete (Wiener Archiv). In der höflichsten Form bittet 
er ihn, doch wieder nach Paris zurückzukehren, da seine Gegen- 



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- 72 — 



Während das Triumvirat aus allen Kräften auf eine 
schleunige Umgestaltung der Verfassung hinarbeitete, ver- 
schoben die Fayettisten die Revision derselben vorläufig auf 
unbestimmte Zeit; eine bedeutsame taktische Differenz 
zwischen den beiden konstitutionellen Fraktionen, die aus 
ihrer grundverschiedenen Auffassung der allgemeinen Lage 
entsprang. 

In den Vordergrund des politischen Interesses rückte 

wart „die sicherste Gewähr für die Aufrichtigkeit der Königin 
gegen die Nation" bieten werde. Es ist nicht recht «laublich, 
dass Narbonne die Rückkehr Mercys ernstlich wünschte. Denn 
er niusste fühlen, dass bei der im Volke gegen das Haus Habs- 
burg herrschenden Verstimmung die Anwesenheit eines öster- 
reichischen Ratgebers das Misstrauen gegen Marie Antoinette 
nur gesteigert hätte. Der Antrug scheint vielmehr nur zur 
Bemäntelung des eigentlichen Zweckes, den der Minister verfolgte, 
gedient zu haben. Er ahnte, dass Marie Antoinette mit Mercy 
in regem brieflichen Verkehr stehe, und glaubte, dass sie sich 
von seinen Ratschlägen beeinflussen lasse. Um nun mittelbar 
auf sie einzuwirken, entwickelte er dem Gesandten sein politisches 
Programm, in der Hoffnung, dieser werde es der Königin 
empfehlen. Auch beteuert Narbonne ausdrücklich, dass ihn vor- 
züglich „seino lebhafte und aufrichtige Anhänglichkeit an die 
Person des Königs und der Königin" zum Eintritt in das 
Ministerium bewogen habe. 

Wir citieren gelegentlich die wichtigsten Belegsteilen aus 
dem Briefe; so hier: „apres l'acccptation du Roi, il est devenu 
impossible, je crois, a quiconque veut sinceremont le bonheur 
de la France, de ne pas s'attacher irre vocablement ä la 
marche tracee par l'acte c onstitut ionnel, en attendaut 
du temps et de l'opinion publique les reformes n^ces- 
saires pour fortifier l'action du Gouvernement. . . . j'ai 
lieu de croire que rette conduite abattra le parti des factieux." 
Vgl. Latayette III, 301 f.: „La presque totalite des constitutionnels 
pensait avec lui (Laf.) qu'il n'y avait de salut que dans le rallie- 
ment complet et sans arriere-pensee autour de la Constitution de 
1791, malgre ses defauts." 



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- 73 - 



mehr und mehr die auswärtige Frage. Zu ihr hatten die 
beiden konstitutionellen Fraktionen in den letzten Monaten 
eine weit und weiter auseinanderweichende Stellung ein- 
genommen. Zwar hatten sie sich zu dem Schritt vom 
14. Dezember noch einmal vereinigt, aber aus entgegen- 
gesetzten Gesichtspunkten, das Triumvirat in der zuver- 
sichtlichen Hoffnung, dadurch zu einem gesicherten Friedens- 
zustand zu gelangen, die Fayettisten aber in dem Vorgefühl, 
dass sich ein Konflikt mit dem Auslande wohl auf die Länge 
nicht vermeiden lassen werde. 

Denn die Freunde des Generals glaubten nicht, dass 
der Hof sieb wirklich mit der neuen Ordnung ausgesöhnt 
habe. Aus seiner Abneigung gegen die Minorität des Adels 
entnahmen sie, dass er noch auf den Anbruch einer Zeit 
rechnete, wo er die Larochefoucauld, Lafayette, Talley- 
rand, Biron, Beaumetz und andere für ihren Abfall von der 
Krone züchtigen könne. Sie ahnten, dass Marie Antoinette 
mit den fremden Mächten gegen die Revolution komplottiere. 
Weil aber die Fayettisten bei einer Wiederherstellung des 
alten Regime von der Rachsucht der Emigration für sich 
das Schlimmste besorgen mussten, blickten sie mit Genug- 
tuung auf die energische Haltung der Legislative in der 
auswärtigen Frage. Sie zeigten daher auch für die aus- 
gesprochene nationale Tendenz der Versammlung entgegen- 
kommendes Verständnis und suchten in ein freundlicheres 
Verhältnis zu ihr zu kommen als die Lameths. 

Denn das Eine stand für Narbonne und seine Freunde 
fest: wollte das Ministerium das öffentliche Vertrauen er- 
werben, so musste es im Sinuc der parlamentarischen 
Mehrheit regieren. 

Die Möglichkeit eines Krieges für Frankreich fürchteten 
Lafayettes Parteigänger nicht so sehr. Sie begrüssten sie 
vielleicht eher mit Freude, als mit Bedauern. Wie Brissot 
und seine Anhänger, hofften auch sie, dass die Entbehrungen 
und Opfer, die der Kampf für die Freiheit erfordern würde, 



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— 74 — 



eine günstige moralische Rückwirkung, einen veredelnden 
Einfluss auf den französischen Volkscharakter üben werde 1 ). 
Ferner dachten sie den König durch die breite Kluft, die 
ein Krieg zwischen den Widersachern der Revolution und 
dem Hofe öffnen würde, zu zwingen, sich endlich aufrichtig 
mit seinem Volke gegen den äusseren Feind zu vereinigen 2 ). 
Die Minorität des Adels indessen, die die Armeen zum 
Siege führen würde, sollte im Streite für die nationale 
Sache Ehre und Ruhm erwerben, Ludwig XVI. durch eine 
freimütige Haltung das stark erschütterte Vertrauen seine9 
Landes wiedergewinnen. Dann war es vielleicht möglich, 
die königliche Prärogative auf einem breiteren Grunde auf- 
zustellen und die Vorfassung von ihren Auswüchsen zu 
reinigen. So näherte sich Lafayettes Partei in der kriege- 
rischen Tendenz den Brissotins. Aber ein wichtiges 
Moment trennte sie wiederum von diesen. Während die 
Girondisten rücksichtslos nach aussen drängten, hielten jene 
doch immer ängstlich ihr Auge auf die AI) Wandlungen der 
inneren Lage gerichtet. In der Schöpfung eines wohl- 
disziplinierten Heeres sahen sie nicht nur einen wirksamen 
Schutz gegen den äusseren Feind, sondern nötigenfalls auch 



•) Lacretelle, Histoire du la Involution III, 32. 

*) Villemain, Souvenirs contemporains, M. de Narbonne 1854. 
I, 31: „M. de Narbonne projeta et espera deux choses: agir sur 
uno graude partie de l'Assemblec par la confiance. . . . rendro 
credit ä la royaute, l'affranchir et faire honneur h sa parolo, en 
la separant tout a fait de Immigration naissante et en lui faisant 
une armee contre Petranger. 4 ' Vgl. a. Narbonne an Mercy, 21. 
XII. 1791 : „L'opinion gouverne toujours res assrtnblees publiques, 
qui ne tient leur Force que du xa>u instantane et environnant 
du peuple et si ce vcpu, corame je l'espere, revient a la 
raison et au Roi rAssemblee pourra entreprendre dans 
la partie de la legislation et de Tadministration des 
re form es süffisantes pour faire marcher la machine enibar- 
rassee de notre Gouvernement." 



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- 75 — 

eine Waffe, um den inneren wirksam zu bekämpfen. Sollten 
es die unruhigen Elemente in der Hauptstadt, namentlich 
die Jakobiner, gar zu arg treiben und den Umsturz der 
monarchischen Verfassung befürchten lassen, so wollten 
Lafayettes Freunde, die ja die hohen militärischen Chargen inne 
hatten, die Armee gegen sie gebrauchen und den König 
und die wohlgesinnte Mehrheit der Nationalversammlung 
unter den Schutz derselben stellen 1 ). 

Zwischen den extremen Richtungen der Lameths und 
der Brissotisten suchten Narbonne und seine Parteigänger 
einen Mittelweg zu finden: jenen waren sie durch eine leise 
reaktionäre Schattierung, diesen durch ihre, wenn auch 
masvolleren, kriegerischen Neigungen wähl verwandt. Je 
weiter die auswärtige Frage alle anderen politischen Inter- 
essen in den Hintergrund drängte, um so mehr näherten 
sie sich Brissot, um so eifriger strebten sie durch den Krieg, 
eine Lösung der inneren Schwierigkeiten herbeizuführen. 

Und in der That, der Versuch, einen neuen Kurs zu 
steuern, schien Narbonne zu glücken. Schon seine Persön- 
lichkeit versprach und wirkte viel. 

Neben den traurigen Gestalten seiner Kollegen bildete 
der Neuling im Ministerium eine glänzende Erscheinung. 
Seine glückliche äussere Bildung, seine hohe Abkunft im- 
ponierten der Menge. Mit der aristokratischen Vornehm- 

l ) Villemain, I, 33: „Uno foifl formeo eile (l'arinee) pouvait 
etre pour Louis XVI un refuge, d'oü il aurait aoutenu la majo- 
rite saine de J'Assemblee et intimid6 les clubs." Vgl. Morris, 
I, 609. Vgl. a. Narbonne an Mercy: „• • - je n'etais pas personnel» 
lement interesse ä l'etablissement de la demoeratie, et mon esprit, 
peu susceptible d'aucun genre d'exageration , no s'est rendu 
qu'apres un mür examen a la necessite de se rallier a la 
Constitution, de se placer sur ce terrain, pour se 
preserver egalement des republicains et des emigrants, 
et pour faire cesser ces secousses, dont la duree serait funeste 
4 l'Europe comme ä la France." 



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- 76 - 



heit eines „Grand Seigneur" wusste er liebenswürdige Um- 
gänglichkeit zu verbinden. Der Ruf einer gewissen Genia- 
lität ging ihm voraus. Von lebhaftem Naturell, feingebildctem 
Geist hatte er seine Talente bisher nur in den Dienst der 
Pariser Gesellschaft gestellt. Hier waren seine pikanten 
Verse, seine munteren Scherzo und prickelnden Bonmots 
von Salon zu Salon gewandert. Aber auch einen Schatz 
militärischer und staatsmännischor Kenntnisse sollte er sich 
durch fleissige Studien angeeignet haben. Allerdings hatte 
er noch nicht bewiesen, dass er sie anzuwenden verstand. 
Mancher tadelte an ihm eine Leichtfertigkeit, die ihn fUr 
eine ernste Thätigkeit nicht ausdauernd, nicht tiefdringend 
genug erscheinen lasse. Wie viele seiner Freunde aus dem 
hohen Adel, wie Talleyrand, Choiscul-Gouffier und ßiron, 
war er ein Lebemann, der den Rausch einer stürmisch ver- 
brachten Jugend hinter sich hatte. Oft hatte ihm Madame 
Adelaide, seine hohe Gönnerin, aus finanziellen Nöten ge- 
holfen. Erst vor wenigen Monaten war Narbonnc aus Rom 
zurückgekehrt, wohin er sie und ihre Schwester aus der 
Unruhe der Revolution gerettet hatte. Auch er war früher 
den neuen Ideen nicht geneigt gewesen; doch in dem an- 
geregten Kreise seiner Herzensfreundin, der Frau von StaPl, 
scheint er sich bald bekehrt zu haben. Sie wusste ihn mit 
ihrer Begeisterung für einen freien Verfassungszustand, mit 
ihren Hoffnungen auf die zukünftige Grösse Frankreichs zu 
beseelen. Sie erkor ihn zu ihrem Heros und zum Retter 
des Vaterlandes 1 ). 

Mit vermesscnerKühnheit, die ihm die grossen Schwierig- 
keiten seines Vorhabens verhüllte, begab sich Narbonne ans 
Werk. Seine schlagfertige, leichtflüssige Beredsamkeit, seine 
verbindliche Lebensart erwarben ihm bald die Sympathieen 
der Nationalversammlung. Schon seine erste Rede, mit der 



l ) Zur Charakteristik Narbonnes: Lacretelle, Histoire de la 
Revolution UI, 30 f.; Fersen, I, 212, Anm.; Morris, I. S. 507f. 



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er seine Ernennung ankündigte, wurde recht günstig aufge- 
nommen. Mitte Dezember konnte Talleyrand an Biron be- 
richten:« Narbonne gelingt es bei Versammlung und Publikum 
wunderbar; er ist der Minister, den die Versammlung liebt." l ) 

Sobald Narbonne das Kriegsministerium übernommen 
hatte, entfaltete er eine rege Thätigkeit. Die zahlreichen 
Offiziere, die ausgewandert waren, ersetzte er durch Männer, 
deren verfassungsfreundliche Gesinnung den Soldaten Ver- 
trauen einflösste. Diejenigen Truppenteile, die über mangel- 
hafte Besoldung und Ausrüstung zu klagen hatten, versah 
er mit Waffen und Kleidungsstücken und betrieb die Aus- 
zahlung der rückständigen Löhnung; kurz, er strengte alle 
Kräfte an, um das Heer sobald als möglich in einen kriegs- 
ttichtigen Zustand zu bringen; seine rastlose Arbeitskraft 
stach augenfällig von der Unthätigkeit seines Vorgängers 
im Amte ab. 8 ). Sein Eifer war der Nationalversammlung 
eine Gewähr für seine Anhänglichkeit an die Revolution. 
Was bisher keinem seiner Kollegen geglückt war, das ge- 
lang ihm: seine Haltung flössto allgemein Vertrauen ein. 

Um den Abgeordneten zu zeigen, dass die Regierung 
darauf bedacht sei, den Wünschen der Volksvertretung 
möglichst gerecht zu werden, wohnte Narbonne fast täglich 
den Sitzungen der Legislative und regelmässig den Be- 
ratungen ihres militärischen Ausschusses bei 8 ). Er brach 
hier mit dem System der Lameths; die Fehde zwischen 
Ministerium und Nationalversammlung sollte beigelegt, durch 
das entgegenkommende Verhalten der Minister das Einver- 

') Pallain S. 10. Vgl. a. Beaulieu, Esaais III, S. 77., Segur, 
Histoire des prinoipaux eveneraents du regne de Frederic-Guillau- 
me II etc. II, 2 14 f. 

2 ) Roehamboau, Memoire« I, 394? Pallain, S. 15: Biron an 
Talleyrand, d. 17. XII. 1791. ,.Je suis enchante de Narbonne; 
il rend un grand servüe en prouvant que do l'activite, de 
1'esprit et de la grftee on est un tres-bou ministre." 

') Bertrand de Molleville, VI, 107 ff. 21« f. 



- 98 - 



nehmen zwischen den beiden Gewalten hergestellt werden: 
eine Politik, die dem neuen Minister glückliche Erfolge ein- 
trug. Zum Erstaunen seiner Kollegen bewilligte die Legis- 
lative alle seine Anträge 1 ). Für die Instandsetzung der 
drei Armeen an der französischen Grenze gewährte sie ihm 
den geforderten ausserordentlichen Fonds von zwanzig 
Millionen. Auf seinen Vorschlag wurden die Generale 
Rochambeau und Luckner zu Marschällen befördert. 

In der Nacht vom 19. zum 20. Dezember trat Nar- 
bonne die am 14. Dezember angekündigte Inspektionsreise 
an. Auch hier entfaltete er frische Thatkraft; er mutete 
sich die grössten körperlichen Anstrengungen zu. Kaum 
gönnte er sich die erforderliche Nachtruhe. Von Ort zu 
Ort eilte er, nahm die Befestigung der Grenzplätze in 
Augenschein, musterte die einzelnen Truppenteile und hielt 
an Offiziere und Mannschaften ermunternde Ansprachen, die 
zur Eintracht und zum Festhalten an der Verfassung er- 
mahnten. Seine Gegenwart brachte einen ausgezeichneten 
Eindruck auf das Heer hervor; die Soldaten waren von dem 
neuen Kriegsminister entzückt und begeistert 2 ). 

Unterdessen knüpften Narbonnes Freunde mit den her- 
vorragendsten Abgeordneten der Opposition an. War es 
doch einer der wesentlichen Punkte ihres Programms, dem 
jungen Minister eine sichere Mehrheit in der Nationalver- 
sammlung zu verschaffen. 



IV. 

Geheimes Verständnis zwischen Narbonne und Brissot. 

Schon Ende Oktober hatte Talleyrand mit ßrissots 
Partei angebunden. In einem Briefe an seine Freundin 

») Rochambeau, I, 392. — Bertrand, VI, 217. — Vaublanc, 
Memoires I, 312: „C'est le seul uiinistre (Narbonne) qui ait eu 
pour lui la majorite de l'assemblee." Vgl. Lacretelle, III, 31. 

») Pallain, S. 30. 



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- 79 - 



Frau von Flahault weist er auf die verzweifelte Lage der 
Regierung hin. Um nicht in ihren Sturz gerissen zu werden, 
müsse er schon jetzt nach einem sicheren Plätzchen Um- 
schau halten. „Nach den Anzeichen zu urteilen, die ich 
täglich vor Augen habe, überzeuge ich mich mehr und mehr 
von der Wahrheit, die Mirabeaus letzte Worte enthielten. 
Die Monarchie ist gewiss mit ihm ins Grab gesunken; es 
ist für mich jetzt notwendig, darauf Bedacht zu nehmen, 
dass man mich nicht mit ihr einscharre." Von den Bris- 
sotins habe er in letzter Zeit einige Zeichen des Ver- 
trauens erhalten. Er vermute, dass sie zunächst nur das 
Terrain sondieren wollten. Jedenfalls werde er nicht ver- 
säumen, ihnen einige Dienste zu erweisen, um sie dazu zu 
bringen, offener mit ihm zu reden 1 ). 

Talleyrand8 Fühlung mit Briäsots Parteigängern wurde 
wahrscheinlich von Frau von Staül dazu benutzt, um 
zwischen Narbonne und den Häuptern der Legislative ein 
Verständnis anzubahnen 4 ). 



l ) Talloyrand, Memoire» par Jeau Gorsas. Paris, 1890 S. 90. 

») Leider fliossen dio Quellen, die über diese Annäherung 
berichten, nur sehr spärlich. Ihre auffällige Dürftigkeit ist nicht 
so schwer zu erklären. Das Bündnis zwischen den Parteien 
Brissots und Lafayettes dauerte nicht lange. An die Stelle der 
ehemaligen Sympathie trat bittere Feindschaft. Hingegen 
schlössen sich die beiden konstitutionellen Fraktionen, die jetzt 
unter dem Druck der Kriegsfrage immer mehr auseinauder- 
weichen, wieder eng zusammen. Später bereuten die Fayettisten 
die Vergangenheit, den Bund mit den Girondisten, ebenso diese 
ihre Annäherung an die reaktionäre konstitutionelle Partei. Des- 
halb beobachten auch die Hauptpersonen, wie Lafayette, vor 
allen aber Frau von Stael, in ihren Denkwürdigkeiten über jene 
Annäherung das tiofste Stillschweigen. Nur wenige waren ein- 
geweiht und diese haben der Nachwelt ihr Zeugnis versagt. 
Wir müssen uns daher mit dein gröberen Material begnügen. 
Vgl. Villemain, I, 34: „Nc faire cause commune qu'avec la 



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- 80 - 

Auch andere persönliche Anknüpfungspunkte erleich- 
terten die Einleitung desselben. Die Führer der Linken 
waren fast ohne Ausnahme ehedem Lafayettes Fahne ge- 
folgt. Sieyes, Condorcet und Roederer hatten dem Klub 
von 1789 angehört. Auch Brissot hatte mit dem General 
auf freundschaftlichem Fusse gestanden. Aber dessen Ver- 
halten nach dem Fluchtversuch, vorzüglich sein Bündnis 
mit den Lameths, hatte nicht ihre Billigung gefunden. Sie 
hatten sich darauf von ihm zurückgezogen. 

In den letzten Monaten hatten sich die Fayettisten 
fast unmerklich in ihren Anschauungen den Brissotisteu 
genähert. Die Lameths wurden ihnen zu reaktionär; sie 
hingegen huldigten liberaleren Tendenzen. Wie wir sahen, 
zogen sie bei den Departenientswahlen einen Parteigänger 
Brissots dem Kandidaten des Triumvirates vor. 

Die nahe übereinstimmende Auffassung der auswärtigen 
Frage scheint die Häupter der beiden Parteien schliesslich 
zusammengeführt zu haben. Condorcet verkehrte sehr viel 
bei Frau von Stael. Hier traf er häufig mit Narbonne zu- 
sammen und lernte ihn schätzen. Insbesondere interessierte 
sich des gefeierten Gelehrten schöne Gemahlin für den 
jungen Ministor. Mit ihrer Freundin, der Baronin Stael, 



France, fortifier la majorit£ de l'Assemhlee, en s'uuissant 
pleinement a eile; organiscr l'armee. Sur ce principe, il (Narb.) 
se rapprocha de tout ce qui n'etait pas enneini mortel de la 
royaut6 et pouvait lui ötre ramene par des sentiments de liberti, 
de justice, d'interGt national. II attira d'abord dans cette voie 
jua-qu' a Brissot r^publicain et jusqu' ä Condorcet" Vgl. Beau- 
Keu, III, 78 f. Laeretelle, Histoire de la revol. III, 32. Precis, 
I, 217 f.: „On connaissait mal sclon lui les chefs actuels du 
parti populaire; il» ne voulaient avoir quo des gages de la sin- 
eent6 de la cour; il fallait s'empresser de les leur donner. 
Dans cette pensee Narbonne pensa a se rapprocher de Brissot et 
de Condorcet.- 4 etc.; vgl. a. Dumont, Souvenirs sur Mirabeau. 
S. 872, Dumouriez, Memoire», II, 132. 



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- 81 



wünschte sie ihm seinen Weg zu ebnen. Bald fanden in 
deren Salons geheime Konferenzen statt, zwischen Narbonne 
und Talleyrand auf der einen, Brissot, Condorcet, Steyes, 
Claviere, Isnard auf der anderen Seite. 

Wann sich die Häupter der beiden Parteien die ersten 
Eröffnungen gemacht haben, ist nicht mit Sicherheit fest- 
zustellen. Aus dem Anfang des Januar 1792 stammt die 
einzige eingehendere Nachricht, die uns Uber jene Zusammen- 
künfte in dem Hause der Tochter Neckers Uberliefert ist 
Doch hebt unser Gewährsmann ausdrücklich hervor, dass 
man sich schon vorher mehrere Male zusammengefunden 
habe 2 ). Er bezeichnet unter anderem eine Adresse, die 
Condorcet am 29. Dezember der Legislative unterbreitete, 
als gemeinsame Hervorbringung der neuen Verbündeten, 
was beweist, dass man schon vor diesem Tage Unterhandlungen 
gepflogen hat. Und diese Beobachtung ist eutscheidend 

i) Feuillet, V, S. 124—127. Der Brief, datiert vom 
8. Januar 171)2, rührt von Pellenc, einem ehemaligen Sekretär 
Mirabeaus, her. Nach dem Tode seines Herrn war er in den 
Dienst des Grafen Lamarck getreten. Dieser liess sich von ihm 
Ober die Lage in Paris wöchentlich mehrere Male berichten. 
Die Briefe seines Korrespondenten übermittelte er wiederum dem 
Grafen Mercy. Pellencs Darstellung der geheimen Zusammen- 
künfte zwischen Fayettisten und Brissotisten im Hause der 
Baronin Stael ist mit grosser Vorsicht aufzunehmen. Er hielt 
sich zu den Lameths und hatte, wie Mercy einmal an Kaunitz 
berichtet, ihre Annäherung an den Hof zustande gebracht. Wie 
diese war auch Pellenc von der Wahrnehmung, dass Narbonne 
und seine Freunde mit den Häuptern der Kriegspartei ange- 
bunden hatten, wenig erbaut. Er berichtet also von diesem Er- 
eignis mit starker Tendenz in österreichisch - lamethistischem 
Sinne, wie sich gleich aus der gehässigen Behauptung zeigt, mit 
der er seinen Brief einleitet : Frau von Stael habe ihrem Freunde 
Narbonne eine Partei „erkauft''. 

*) A. a. 0. S. 125: „Le comite s'est deja reuni plusieurs 
fois." 

Glagiiu, Die franz. Legislative. 6 



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- 82 - 



für die ungefähre Bestimmung des Zeitpunktes, an dem 
sich die Häupter der beiden Parteien genähert haben. Erst 
am 31. Dezember traf die Note aus Wien ein, die, wie wir 
noch später zu zeigen haben, die kriegerische Stimmung in 
der Nationalversammlung und in der Bevölkerung gewaltig 
anfachte. Man hätte annehmen können, dass erst dieses 
Ereignis, das einen Umschwung in der Gesinnung vieler 
Abgeordneter hervorrief, auch Brissotins und Fayettisten 
zusammengeführt habe. Aus unserer Quelle geht jedoch mit 
Sicherheit hervor, dass beide Parteien schon vor diesem 
Termine Verabredungen getroffen hatten. 

Es kommen noch andere Anzeichen hinzu, die dies be- 
stätigen. 

Lafayette wurde gleich nach dem 14. Dezember zum 
kommandierenden General ernannt. Es fiel schon damals 
auf, dass die Führer der Linken seine Ernennung in ihren 
Zeitungen mit grossem Wohlwollen begrüssten, insbesondere 
Condorcet 1 ). Ferner: am 18. Dezember reiste Narbonne 
auf drei Wochen an die Nordwestgrenze, wie wir wissen 
zur Besichtigung der dort aufgestellten Armeen. Dass er 
schon vor dieser Reise mit den Brissotins in Verhandlungen 
gestanden hat, ist doch wohl anzunehmen. Es ist sogar 
höchst wahrscheinlich, dass der wichtige Schritt vom 14. 
Dezember von beiden Faktionen gemeinsam vorbereitet 
wurde. Bedeutungsvoll meldete an diesem Tage Talleyrand 
seinem Freunde Biron: wenn der Schritt, den der König 
am 14. machen werde, von Erfolg begleitet sei, so wäre er 
dazu angethan, ein neues System zu begründen 2 ). Erinnern 
wir uns daran, welchen hervorragenden Anteil Lafayettes 
Anhänger an der Einleitung dieses Ereignisses genommen 

>) Bacourt, III, 276 f. 

r ) Pallaia S. 10: „Si la demarche quo le Roi fait aujourd'hui, 
se suit, eile est faite pour etablir un Systeme nouveau, et oomme 
nous ne pouvons pas etre plus mal, il est fort tentant d'en 
essayer. C'est peut-etre le seul moyen de remettre l'armee. u 



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- 83 ^ 

haben, wie sie das Triumvirat zur Nachgiebigkeit gegen 
die Legislative geradezu zwangen. Gleichsam zum Danke 
für ihre Bemühungen befürworteten die Girondisten die 
Gewährung des ausserordentlichen Fonds, den Narbonne ge- 
fordert hatte, mit grosser Wärme. Wir werden sehen, dass 
sie gerade diese Gelegenheit wählten, um in der National- 
versammlung ihr kriegerisches Programm zu entwickeln. 
Hierbei schlug auch Condorcet die oben erwähnte Adresse 
vor; wenn diese zu den zwischen Brissotisten und Fayet- 
tisten verabredeten Stücken gehört, sollte man da nicht 
auch die anderen Reden, welche die Führer der Linken an 
diesem Tage hielten, vor allen Brissots grosse Rede selbst, 
dazu rechnen können? 

Doch gehen wir wohl mit dieser Vermutung zu weit. 
Es hat allerdings den Anschein, als wenn Talleyrand, Nar- 
bonne und Frau von Stael in dieser Zeit in der auswärtigen 
Frage gehorsam dem Banner der Girondisten zu folgen ge- 
dachten. Den Bruch der allgemein verhassten Allianz mit 
Oesterreich, dagegen die Anknüpfung neuer Bündnisse mit 
England und Preussen, diesen grossartigen Umschwung in 
den auswärtigen Beziehungen Frankreichs, den Brissots 
Anhänger stürmisch forderten, versprach der Kriogsministcr 
im Conseil zu befürworten und auch, wenn irgend möglich, 
durchzusetzen 1 ). 

Doch Lafayette, das eigentliche Parteihaupt, hielt sich 
noch vorläufig vorsichtig im Hintergrunde. Er hat wohl 

x ) Feuillet, V., 125. „On a ete plus loin, et on a arrete do 
faire une allianee avec TAnghiterro et la Prusse. Brissot et 
Claviere ont donne sur tela de grandes esperances" etc.; vgl. a. 
Bacourt, III, 293. Lamarck meldot hier Mercy die Abreise 
Talleyrands und Birous nach London. „Lea hommes", fährt er 
fort, „qui ont provoque cette mission (eben Narbonne und seine 
Freunde) diaent deja ä Paris qu'ils n'en esperent aueun succös, 
raais qu'il fallait la tenter, afin de ne donner aueun sujet 
de plaiutes contre le ininistere.*' 

0» 



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- 84 - 

um die Beziehungen, welche Narbonne mit Brissot anknüpfte, 
gewusst, sie auch wohl gebilligt, aber nicht persönlich daran 
teilgenommen. Es entsprach seiner Natur, durch seine 
Freunde entscheidende Wendungen in der Politik vorbe- 
reiten zu lassen und ihre Entwicklung abzuwarten. Seinem 
schwankenden Charakter fehlte die Neigung zur Initiative. 
Die eigentliche Seele der Partei, die seinen Namen trug, 
waren in unserer Zeit vorzüglich Narbonne und seine 
Freundin Frau von Stael. Von ihnen ging eben jenes Pro- 
gramm aus, das den nationalen Tendenzen der Legislative 
Rechnung trug. 

Man würde irren, wenn man in der Fühlung, die beide 
mit den Führern der Linken zu gewinnen suchten, ein ent- 
schiedenes Abschwenken der ganzen Partei Lafayettes zu 
der Kriegspartei erblickte. Vorerst wurden zwischen den 
beiden Fraktionen nur leichte Fäden herüber- und hinüber- 
gesponnen, die erst unter dem Eindrucke einer Fülle späterer 
Ereignisse erstarkten. Der provozierende Charakter der 
Gironde, ihre radikalen, propagandistischen Tendenzen waren 
vor der Hand Lafayettes Anhängern noch zu fremd. 

Als das bedeutsame, charakteristische Moment der An- 
näherung Narbonnes an die Brissotins wird man vielmehr 
sein Bestreben betrachten, über die Kluft, die zwischen 
Legislative und Regierung bisher gähnte, eine verbindende 
Brücke zu schlagen und beide Gewalten zu gemeinsamer 
Abwehr der reaktionären Gelüste zu vereinigen. In das 
Ministerium, das sich bisher schroff ablehnend gegenüber 
der nationalen Richtung, die die neue Volksvertretung be- 
herrschte, verhalten hatte, war ein Element aufgenommen 
worden, das mit Entschiedenheit die Berechtigung jener 
Tendenz geltend machte. Der neue Kriegsminister suchte 
die Opposition zu beruhigen, zu massigen, indem er für ihre 
Forderungen, soweit sie billig schienen und den populären 
Wünschen entsprachen, einzustehen sich verpflichtete. War 
aber das neue System, das er damit in das Ministerium 



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einzuführen wünschte, dem bisherigen nicht zu scharf ent- 
gegengesetzt, als dass er hoffen konnte, durchzudringen, 
ohne in den heftigsten Widerstreit mit dem Triumvirate zu 
geraten ? 

Da trat ein Ereignis ein, das die auswärtige Frage 
in ein neues Stadium ihrer Entwicklung hinüberführte und 
im Verhältnis seiner Bedeutung die bestehenden Gegensätze 
noch verschärfte: ich meine das Eintreffen der Wiener 
Dezembernote in Paris. 

Bevor wir sie näher würdigen, unterziehen wir den 
Boden, auf den sie wirken sollte, einer kurzen Betrachtung. 



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Viertes Kapitel. 



Mächtiger Aufschwung der Kriegspartei. 

I. 

System der Girondisten. 

„Unsere Vorgänger schufen die Freiheit durch philoso- 
phische Lehren und Volkserhebungen; wir haben sie durch 
die Diplomatie und das Schwert zum Triumphe zu fuhren: 
das ist die Aufgabe, die unserer Legislatur aufgespart wurde." 
Mit diesen Worten wies Isnard der Gesetzgehenden Ver- 
sammlung die Lösung der auswätigen Frage zu. 1 ) 

Die Konstituante hatte sich mit der Schöpfung einer 
Verfassung zu beschäftigen gehabt und den Schwerpunkt 
ihrer Thätigkeit in die Umgestaltung des inneren Frankreich 
gelegt; die Blicke der Legislative dagegen wurden gleich bei 
ihrem Eintritt nach aussen gezogen. Sie erkannte bald als 
oberste Pflicht, den zahlreichen Gegnern der neuen Staats- 
ordnung ihren Entschluss anzukündigen, das Werk der 
Revolution allen Bedrohungen zum Trotz energisch zu ver- 
teidigen. 

Mit dem grössten Eifer bemächtigte sich eine kleine 
Gruppe von Deputierten der Linken dieser Aufgabe. Sie 
scharte sich um den Journalisten Brissot; bedeutende ora- 
torische Talente, wie Vergniaud, Guadet, Isnard und Gensonne 

i) A. p. 37, 545. 



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gehörten ihr an. Namentlich zwei Momente stärkten ihre 
Partei in wenigen Monaten so, dass man in ihren Führern 
die Häupter der Legislative sah: erstlich die ihren Ideen 
innewohnende aktuelle Bedeutung, sodann die für deren 
Entfaltung günstige Richtung, welche die grossen Welt- 
verhältnisse nahmen. Eben in diesen Ideen lebte und webte 
die ganze Nation. Nur eine iStimmung, die sie, vielleicht in 
schwächerer Abtönung, im Grunde der Volksseele vorfanden, 
brachten die Girondisten zu kraftvollem, blühendem Ausdruck. 

Seit langem ertrug es der stets lebendige französische 
Nationalstolz nur mit tiefstem Unbehagen, dass das Vater- 
land, das im Zeitalter Ludwigs XIV. eine glänzende Holle 
in der Welt zu spielen berufen war, in den letzten Jahr- 
zehnten allmählich von seiner Ruhmesstaffel heruntersank. 
Man glaubte zu bemerken, dass Frankreich nur noch eine 
Macht zweiten Ranges darstelle, der niemand die ihr ge- 
bührende Achtung zolle. 

Die Hauptschuld an diesem politischen Niedergang wurde 
nicht mit Unrecht den schlimmen Wirkungen des Bündnis- 
vertrages zugeschrioben, den die Bourbonen am 1. Mai 1756 
mit Maria Theresia abgeschlossen hatten. Alle Vorteile der 
Allianz, klagte man, seien auf österreichischer Seite gewesen. 
Dagegen habe Frankreich, gekettet an einen Bundesgenossen, 
der es seinen natürlichen Interessen entfremdete, Verlust 
auf Verlust erlitten. Ungeheure Schätze, das Blut von Tau- 
senden seiner Bürger, vor allem seine Kolonioen in Amerika 
habe es im siebenjährigen Krieg für das Haus Habsburg 
dahingeopfert. Wichtige Bundesgenossen, wie Polen und die 
Türkei, seien von dem Ministerium Ludwigs XV. dem Wiener 
Hofe preisgegeben worden. 

Schon geraume Zeit vor dem Ausbruch der Revolution 
hatten zwei Diplomaten, der Graf Broglie und der Publicist 
Favier die Versailler Allianz als schweren politischen Fehler 
gegeisselt. Und ohne Zweifel bildete die Unzufriedenheit 



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- 88 - 



der Nation mit jenem Bündnis eines der wesentlichen Momente, 
die zu der grossen Umwälzung von 1789 den Anstoss 1 ) gaben. 

Schon 1789 wurde die kleine wirksame Schrift Faviere 
„Zweifel und Fragen betreffend den Vertrag von Versailles" 
als Flugschrift verbreitet 8 ). In einem kurzen Nachwort 
wurde den Generalständen dringend ans Herz gelegt, sie 
sollten nicht vergessen, „dass die Hauptursache für den 
politischen Niedergang Frankreichs in dem Allianztraktat 
von 1756 wurzele." Sogar für die inneren Schäden des Landes 
macht der Verfasser das Haus Habsburg verantwortlich. 
Weil es wie Frankreichs böser Genius nicht allein die Diplo- 
matie, sondern auch das ganze Ministerium unter seinem 
Einfluss gehalten habe, sei in allen Teilen der französischen 
Staatsverwaltung Unordnung eingerissen. 

Die Konstituante hatte nicht die Müsse gefunden, sich 
mit der auswärtigen Frage zu beschäftigen. Es lag auch 
kein äusserer Anlass vor. Als aber Leopold die reaktionären 
Bestrebungen, die sich gegen die Revolution wendeten, 
durch die Erklärungen von Padua und Pillnitz unterstützen 
zu wollen schien, da flammte in der öffentlichen Meinung 
dor nationale Hass gegen das Haus Habsburg mächtig auf. 

Und dieses gewaltigen Zündstoffes wussten sich dio 
Girondisten trefllich zu bedienen. In allen Tonarten wieder- 
holten sie in packenden Reden die Beschwerden, die das 
Volk gegen den Wiener Hof vorbrachte. Immer wieder 
legten sie den Finger in die schmerzenden Wunden, die der 
Vertrag von 1756 in den Leib der Nation geschlagen hatte. 
Sie forderten laut seinen Bruch. Denn nicht aus dem natür- 
lichen Bedürfnisse zweier Völker, sondern aus dem parti- 
kularen Interesse zweier Dynastieen sei er entsprungen. 
„Man sieht leicht ein", erklärte Vergniaud, „der Bruch 

1 ) Ranke, Ursprung und Beginn der Revolutionskriege, 
S. 111; vgl. S. 5(5. 

2 ) Exemplar der Königl. Bibliothek zu Berlin: Ql. 4952. 



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- 89 — 



dieses Bündnisses bedeutet eine Revolution, die für Europa, 
wie für Frankreich ebenso notwendig ist, als es für unsere 
innere Wiedergeburt die Zertrümmerung der Bastille war." 

Dagegen verlangten die Brissotisten nach Bündnissen 
mit England, Preusscn und Holland. Vornehmlich sei Eng- 
land als der natürliche Bundesgenosse Frankreichs zu be- 
trachten. Denn den despotisch regierten Ländern gegenüber 
müssten die freien Völker Hand in Hand gehen. „Die 
Natur der Dingo beruft Frankreich und England zu einem 
brüderlichen, dauerhaften Bündnis; wird es doch nicht aus 
Familienrücksichten (convenances de famille), sondern auf 
ewigen Grundsätzen und gemeinschaftlichen Interessen ge- 
gründet werden." Ueber dem starken Gemeinschaftsgefühl, 
das die freiheitliche Verfassungsform gab, vergass man in 
Frankreich für kurze Zeit den nationalen Gegensatz, der 
beide Völker bald darauf wieder auf mehr als zwei Jahr- 
zehnte entzweien sollte. 

Ueberhaupt hatten die Girondisten eine deutliche Vor- 
stellung, ein feines, Uberaus scharfes Empfinden für den 
prinzipiellen Widerstreit, der sich zwischen dem aus der 
Revolution herausgeborenen Frankreich und dem übrigen 
Europa erhoben hatte. „Eure Konstitution ist den abso- 
lutistischen Thronen ein ewiger Fluch. Alle Könige müssen 
sie hassen!", rief Brissot warnend aus. Zwischen der 
Tj r rannei und der Freiheit könne es keinen Pakt geben. 
Das Uebelwollen der fremden Mächte gegen Frankreich 
breche aus den Antworten hervor, die sie Ludwig XVI. auf 
seine Mitteilung von der Annahme der Verfassung hätten 
zugehen lassen. Die Monarchie werde dort überall aner- 
kannt, die Souveränität des Volkes aber geflissentlich mit 
Stillschweigen übergangen. 

Wie wurde dieses Misstrauen in die Intentionen der 
fremden Höfe noch durch den Zweifel an der Gesinnung des 
Hofes gesteigert! Dass die beiden der Revolution feindlichen 
Wogen sich suchen und das unglückliche Volk unter ihren 



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— 90 — 



Fluten begraben könnten, das war ein Schreckbild, das die 
Bevölkerung mit zunehmender Angst peinigte. Ihre Be- 
fürchtungen suchten die Drohungen der Emigranten und die 
Aufreizungen der Girondisten lebendig zu erhalten. Brissots 
Parteigänger stellten es eben als ein Ding der Unmöglich- 
keit hin, dass das neu gewordene Frankreich mit dem in 
altabsoluten Institutionen befangenen Europa in Frieden 
auskommen könne, doch nicht allein weil sie den Krieg für 
unvermeidlich hielten, sondern hauptsächlich, weil sie ihn 
von ganzer Seele wünschten. 

Glücklich vollzogene staatliche Umwälzungen pflegen 
die Völker mit einem übermächtigen Kraftgefühl zu erfüllen. 
Es entwickelt sich dann leicht im Inneren eine Tendenz, die 
jugendlich überschäumende Stärke nach aussen hin zu ent- 
falten. So war es in England gewesen, als es sich unter 
Cromwells Führung gegen das im Welthandel rivalisierende 
Holland wandte. Wie mächtig mussten sich erst die kriege- 
rischen Neigungen in einer Nation regen, die immer nach 
einer herrschenden Stellung im europäischen Staatenverband 
getrachtet, sie lange inne gehabt hatte und sich schliesslich 
von ihrer stolzen Höhe herabgestürzt sah. Wie verheißungs- 
voll klangen da Isnards Worte in allen französischen Herzen 
nach: „Die Franzosen sind im Begriffe, das hervorragendste 
Volk des Weltalls zu werden: seine Haltung möge seiner 
neuen Bestimmung entsprechen. Schon als Sklave war es 
gross und unerschrocken; wie sollte es in der Freiheit 
schwach und furchtsam sein!" 

Und in den Wunsch, die eigene Nation gegenüber dem 
Auslande zur Geltung zu bringen, mischte sich eine fast 
unbezwingliche Lust, für die Grundsätze der Revolution 
Propaganda zu machen. Man wünschte den Völkern, die 
noch unter dem Joche des Despotismus seufzten, das Evan- 
gelium der Freiheit und Gleichheit zu predigen, sie mit den 
Idealen Rousseaus zu beglücken. Zehn Millionen Franzosen, 
meinte drohend ein Redner, würden, wenn man sie reize, 



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— 91 - 



von der feurigen Glut der Freiheit beseelt, das Antlitz der 
Welt umwandeln können und die Tyrannen auf ihren thöner- 
nen Thronen erzittern machen. 

Zu den propagandistischen Neigungen gesellte sich die 
Ueberzeugung, dass ein auswärtiger Krieg die Revolution 
vor drohender Entartung schützen werde. Von den An- 
strengungen und Opfern, die der Kampf um die Freiheit 
kosten werde, erwartete man eine Stählung, eine Veredlung 
des Volkscharakters. Brissot war tief davon durchdrungen, 
dass eine Nation, die ein Jahrtausend in den Banden der 
Knechtschaft geschmachtet habe, nach der Erlangung poli- 
tischer Rechte des Krieges bedürfe. Er sei notwendig, um 
die Revolution zu befestigen, um sie von den Flecken des 
Despotismus zu reinigen, um aus ihrem Schosse die Menschen, 
die sie verderben könnten, verschwinden zu lassen. Isnard 
verwies einmal auf das Beispiel Roms. Es habe eine 
ähnliche Politik befolgt. Wenn der Staat von inneren 
Stürmen bedroht wurde, habe der Senat fern von der Heimat 
in fremden Ländern einen Krieg führen lassen: aus dieser 
heilsamen Ablenkung entsprang dann der Friede im Vater- 
lande und im Auslande glorreicho Siege über den Feind. 

Als ein Moment von nicht zu unterschätzender Be- 
deutung für das Anwachsen der kriegerischen Tendenzen 
ist die finanzielle Notlage anzusehen, in der sich der franzö- 
sische Staat nun schon soit langer Zeit befand. Auch die 
Konstituante hatte keine Abhilfe zu schaffen gewusst. Es kam 
hinzu, dass die Steuern, die sie ausgeschrieben hatte — und sie 
hatte sich auf die notwendigsten beschränkt — nur un- 
vollständig einkamen. Es stellte sich auch hierbei ein 
grosser Fehlbetrag heraus. Die Assignaten waren bedeutend 
gesunken und verloren von Monat zu Monat im Kurse; ein 
Staatsbankrott schien unausbleiblich. Der ungeheure Auf- 
wand, den die militärischen Rüstungen erforderten, drohte 
die Katastrophe zu beschleunigen. Man fürchtete, dass die 
Gegenrevolutionäre nur auf ihr Hereinbrechen warteten, in 



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- 02 - 



der Hoffnung, das durch die wirtschaftliche Krisis mürbe 
gewordene Volk werde zu nachhaltigem Widerstande un- 
fähig sein. 

Darum war Brissots Partei für unverzüglichen Krieg. 
„Ist es nicht augenscheinlich", fragte Vergniaud, „dass euer 
Staatsschatz einen Krieg, der sich nur auf immerwährendes 
Rüsten beschränkt, nicht lange aushalten wird? Der Tag 
seiner völligen Erschöpfung würde wohl auch den letzten für 
Verfassung und Freiheit bedeuten. Fortdauernde Unruhe 
und trübe Schreckensprophezeiungen sind tausend Mal 
fürchterlicher als Krieg. Ist doch die Lage, in der ihr 
euch gegenwärtig befindet, ein Zustand wahrhafter Destruktion, 
der euch nur zu Schimpf und Schande führen kann. Zu 
den Waffen also, zu den Waffen; das Heil und die Ehre 
des Vaterlandes fordern es gebieterisch." 

Die prahlerischen Drohungen der Emigration, die zwei- 
deutige Haltung des Hofes und der fremden Mächte, die 
baldige Erschöpfung des Staatskredites, das religiöse Schisma 
und die zunehmende Unordnung im Lande, das alles waren 
böse Anzeichen, die den Bestand der neuen Regierungsform 
mindestens zweifelhaft erscheinen liossen. Und diese Unge- 
wissheit, ob sich die Staatsordnung der Revolution behaupten 
werde oder nicht, machte ihren lähmenden Einfluss auf das 
ganze Lebensgetriebe der Nation geltend: sie hielt Frankreich 
in einem Zustande wirtschaftlicher Stagnation, fortwährender 
Krisis, der auf Handel und Wandel drückend lastete 1 ). 

>) Vgl. hierzu: Vergniauds Adresse vom 27. XII. 1701. 
Montteur No. 11, 1702. Vgl. a. Stael - Holstein, S. 251, 
Morris, I, 500. Montmorin berichtet am lß. II. 02. au Mercy 
(Wien. Archiv) „La banquoroutc (et tous les maux, qui en resul- 
teront) est a la portc; eile no peut manquer d'eclater d'ici a 
trois mois, et e'est, je orois (rette certitudo qui a fait prendre lo 
ton si guerroyant aux rhefs aetuels de TAssemblee.-' Vergl. a. 
Aulard, Club des Jaeobins, III, 377 ff. Adresse des Pariser 
Jakobinerklubs an die Tochtergesellschaften v. 15. Februar 1702. 



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Allem Unheil hofften die Girondisten durch eine schleunige 
Kriegserklärung ein Ziel zu setzen. In diesem Sinne sagte 
Brissot schon im Dezember: „Der Krieg ist im gegen- 
wärtigen Augenblick eine Wohlthat für unser Vaterland." 

Auch aus taktischen Gründen forderten sie die mög- 
lichste Beschleunigung des Krieges. Sie wünschten dadurch 
einerseits einen Vorteil über den noch unvorbereiteten Feind 
zu gewinnen. Eine plötzliche Invasion der österreichischen 
Niederlande erschien ihnen vielversprechend, sie wussten, 
dass sich dort die Einwohner nach Befreiung von dem Joch 
der habsburgischen Herrschaft sehnten. Auf der anderen 
Seite war es eine ausgemachte Sache, dass man den Feind 
nicht in die Heimat dringen lassen dürfe, wo alles noch 
gährte, wo die zahlreichen Widersacher der Konstitution 
sich den fremden Heeren als Helfershelfer beigesellen würden. 

Gensonne* und mancher andere beriefen sich hier auf 
die Politik Friedrichs des Grossen beim Ausbruch des 
siebenjährigen Krieges: „In einer ähnlichen Lage überwand 
•ein König, dessen Talente allein seine Willkürherrschaft 
entschuldigen können, Friedrich der Grosse, die Ränke der 
Ligue, die der Wiener Hof gegen ihn gebildet hatte, nur 
dadurch, dass er ihren Streichen rechtzeitig zuvorkam. Er 
kannte nicht, wie wir, durch authentische Aktenstücke die 
Koalition, die ihn bedrohte; sein schneller und plötzlicher 
Einmarsch sicherte auf seinem Haupte die Krone, die ihm 
der geringste Aufschub hätte rauben können." 

Noch hatten Brissots Parteigänger nicht die Gelegen- 
heit gefunden, ihr System in dieser scharfen Ausprägung 
der Nationalversammlung vorzutragen. Hier und da wurde 
ein Ansatz dazu gemacht. Wir sahen aber, wie die radi- 
kalen Vorschläge, die Isnard bei der Erörterung des Priester- 
gesetzes vorbrachte, von der Majorität entschieden zurück- 
gewiesen wurden. 

Da traf in den letzten Tagcu des Dezember aus Wien 
eine Note ein, deren Inhalt alles in die gewaltigste Auf- 



- 04 - 



regung versetzte. Es zeigte sich, dass es nur eines geringen 
Anstosses bedurfte, um die schlummernden nationalen Im- 
pulse zu erwecken. 



II. 

Die Wiener Note vom 21. Dezember. 

Nach der Annahme der Konstitution durch Ludwig XVI. 
glaubte sich der Wiener Hof zur Ruhe begeben zu können. 
Man hatte sich durch die Erklärungen von Padua und 
Pillnitz fast zu weit vorgewagt. Man fühlte das und war 
herzlich froh, sich jetzt auf gute Art zurückziehen zu 
dürfen 1 ), eine Stimmung, die sich bald in zwei offiziellen 
Noten der Wiener Kanzlei ankündigte: am 23. Oktober be- 
glückwünschte Leopold den französischen König zu der An- 
nahme der Verfassung; am 12. November erliess Kaunitz 
an die fremden Höfe ein Rundschreiben, worin er ausführte, 
dass die Lage in Frankreich zu der Hoffnung berechtige, 
es würden sich auch ohne die Dazwischenkunft des Aus-' 
landes die Dinge für das Königspaar freundlicher gestalten. 
Statt des ursprünglich geplanten aktiven Konzertes sollten 
sich die europäischen Mächte vorläufig mit einer abwartenden 
Haltung begnügen 2 ). 

Man hatte in Wien nicht die geringste Neigung, sich 
von dem Strudel der Revolution ergreifen zu lassen, schon 
wegen der orientalischen Frage, die noch ihrer Lösung 
harrte. Man wollte vor den Gelüsten Russlands im Osten 
auf der Hut sein 3 ). Das Ansinnen Marie Antoinettes, der 
Kaiser solle sobald wie möglich einen bewaffneten Kongress 
an der französischen Grenze versammeln, wies der Staats- 

l ) Vivenot, I, 251». Vgl. für den ganzen Abschnitt: Lenz, 
Pr. Jahrb. Bd. 78, S. 273 ff. 
») a. a. O. I, 270 f. 
3 ) a. a. O. I, 5G1. 



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- 95 - 



kanzler als absurd und unausführbar zurück 1 ). Und noch 
unverblümter fertigte Leopold die unsinnigen Forderungen 
der Emigranten ab. In den österreichischen Niederlanden 
Hess er sie einer strengen Aufsicht unterwerfen; er gab 
ihnen deutlich zu verstehen, sie würden am besten thun, 
wenn sie ohne Säumen in ihre Heimat zurückkehrten*). So 
erfüllte er eigentlich jetzt die Bitten, die die Häupter der 
Fcuillants im August an ihn gerichtet hatten: er kümmerte 
sich nicht um die Emigranten und erkannte die französische 
Verfassung an. 

Wenn Kaunitz sich dem Wunsche Marie Antoinettes, 
die Konstitution umzustürzen, versagte, so leitete ihn bei 
seiner Weigerung der österreichische Staatsgedanke: Gerade 
das Haus Habsburg, meinte er, werde aus der Erhaltung 
der gegenwärtigen Staatsordnung in Frankreich den grössten 
Nutzen ziehen. Habe doch die Erfahrung seit mehr als 
einem Jahrhuudert erwiesen, — so erklärte der Staats- 
kanzler einem vertrauten Freunde 3 ) — wie gefährlich das 
Uebergewicht Frankreichs unter einem absoluten Monarchen 
für Oesterreich sei. Nichts sei also zur Sicherung der 
kaiserlichen Erblande wünschenswerter, als der Zustand der 
Schwächung, in dem jetzt Frankreich durch seine konsti- 
tutionelle Verfassung gehalten werde. Um es in Zukunft 
von kriegerischen Unternehmungen abzuhalten, müsse der 
Wiener Hof für den Bestand eben dieser Verfassung sorgen 
und weder den Emigranten noch den Republikanern ge- 
statten, sie zu vernichten. 

Frankreich sollte also wie Polen sich in Auflösung und 
Anarchie innerlich abspannen und verzehren, wie dieses 
unglückliche Reich sollte es für die Fragen der europäischen 
Politik ein nichtiger, bedeutungsloser Faktor werden. So 



') a. a. O. I, 5^9 f. Kaunitz an Mercy d. 11. XI. 1791. 
a ) Feuillet, IV, 217. 

3 ) Vivenot, I, 275. Kaunitz an L. Cobenzl. 12. XI. 1791. 



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-96- 



wollte es wenigstens das Wiener Kabinett. Man sieht klar, 
so unrecht hatte die Volksstiimne nicht, wenn sie in dem 
Hause Habsburg Frankreichs bösen Genius witterte. Der 
alte Gegensatz zwischen beiden Mächten, der viele Menschen- 
alter Uberdauert hatte, hatte auch nach ihrer Allianz vom 
Jahre 1756 heimlich fortgewirkt. Jetzt kam er wiederum 
beiden Teilen zum Bewusstsein. 

Vorzüglich war es jener Grundgedanke der Wiener 
Politik, Frankreich durch die Erhaltung seiner repräsen- 
tativen Verfassung dauernd zu lähmen, der Ende Dezember 
dem Staatskanzler den Antrieb gab, sich aufs neue in die 
Revolution zu mischen. 

Mit wachsendem Verdruss hatte er die Thätigkoit der 
jungen Legislative verfolgt. Er missbilligte, wie die Führer 
der Feuillants, ihr Emigranten- und ihr Priestergesetz. Als 
sie nun gar dem Auslande gegenüber eine herrische Sprache 
annahm, als sie sich in der Botschaft an Ludwig XVI. 
energisch gegen die rheinischen Kurfürsten wendete, da 
hielt es Kaunitz für geboten, von Wien aus gegen „die 
mutwilligen Ausfälle und Anschläge der französischen 
Demokraten" zu demonstrieren. Er besorgte das Uebcr- 
gewicht republikanischer Bestrebungen, das Unterliegen der 
gemässigten Parteien und dadurch eine ernstliche Gefährdung 
der bourbonischen Monarchie. Die seit der Annahme der 
Verfassung vom Kaiser geübte Zurückhaltung musste auf- 
hören, sobald sich in Frankreich nicht mehr die beiden 
Faktoren, Königtum und Demokratie, die Wage hielten, 
sobald diese über jenes völlig die Oberhand zu gewinnen 
schien. Denn dann wäre jener Zustand der Schwebe, der 
gegenseitigen Neutralisierung der inneren Kräfte, wie ihn 
Kaunitz in Frankreich zum Wohle Oesterreichs wünschte, 
aufgehoben worden 1 ). Einer solchen Störuug seines wohl 



l ) Vgl. Lenz, a. a. O., S. 294 f. 



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_ 97 _ 



kalkulierten politischen Rechenexempels wollte er rechtzeitig 
vorbeugen. 

Er dachte also darauf seinen Freunden, den Häuptern 
der Feuillants, sobald als möglich hilfreich beizuspringen. 
Denn „eine längere Duldung des Uebermutes der National- 
versammlung" könnte „eine solche Mutlosigkeit und Unter- 
drückung der massig gesinnten Parteien nach sich ziehen, 
welche die geschöpften Hoffnungen einer freiwilligen Ver- 
besserung der französischen Angelegenheiten, wo nicht ver- 
eitelte, doch um vieles zurücksetzte. 4 * 1 ) 

Und so setzte denn Kaunitz wiederum den Hebel an 
der Stelle ein, wo er im letzten Sommer so grossen Erfolg 
erzielt zu haben glaubte. Bei der „evidenten Unvermögen- 
heit der französischen Regierung, sich in äussere Kriegs- 
händel einzulassen," hielt er es für ein Leichtes, durch eine 
entschiedene Kundgebung dem unruhigen Thatendrang der 
Legislative einen Dämpfer aufzusetzen. Für ganz besonders 
durchgreifend hielt er die Drohung mit dem Vereine der 
europäischen Mächte. Noch Mitte November hatte er in 
der Freude über die vermeinte glückliche Lösung der fran- 
zösischen Wirren geschrieben: „Alle Nationen schreiben 
diese Wendung zum besseren der Furcht zu, dass das all- 
gemeine Konzert sich früher oder später herstellen könnte 
und der Besorgnis vor den ausserordentlichen Wirren, in 
welche seine Verwirklichung die neue Verwaltung bei 
dem zerrütteten Zustande der Finanzen und des französischen 
Heeres stürzen würde. 8 ) 

Die Massregeln, die Kaunitz gegen Frankreich er- 
greifen wollte, gründeten sich auf eine tiefe Geringschätzung 
der Kräfte des Gegners. Er glaubte ihn in einer politischen 
Ohnmacht ohne Gleichen begriffen. 8 ) 

l ) Vivenot, I, 314. 

a ) Vivenot, I, 273. Vgl. a. I, 204. 

*) Feuillet, V, 46, 53, 80. Aeusserungen Leopolda Ober 

die Dezembern ote zu seiner Schwester Marie Christino. 
Gl »fau, Die frana. LoginUtive. 7 



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- 981 - 



Der Wunsch, den Gemässigten und dem Königspaare 
wieder aufzuhelfen, die Absicht, Frankreich in einer dem 
Wiener Hofe bequemen Schwächung zu erhalten, die gründ- 
liche Verkennung seiner politischen Machtmittel sind die 
Gesichtspunkte, aus denen Kaunitz die verhängnisvolle 
Note vom 21. Dezember an das französische Ministerium 
erliess. 

Als die Lameths den König zum Gebrauche des Veto 
gegen das Emigrantengesetz bestimmten, glaubten sie 
wenigstens für die Zerstreuung der Rebellen in den Gebieten 
der angrenzenden Fürsten sorgen zu müssen. Wie an die 
geistlichen Kurfürsten, richtete ihr Freund Delessart auf 
ihr Betreiben auch an den Wiener Hof eine Note, in der er 
höflich den Kaiser ersuchte, als Oberhaupt des Reiches und 
und Bundesgenosse Frankreichs bei den Erzbischöfen von 
Mainz und Trier dahin zu wirken, dass sie die Emigranten- 
haufen auflösten 1 ). Wir wissen, die beiden Kurfürsten 
hatten auf die Requisitionen der französischen Regierung 
nur ausweichend geantwortet, insbesondere der von Trier. 
Unter Beteuerung seiner Unschuld hatte er sich an den 
Kaiser gewendet und dessen Schutz gegen die drohende 
Haltung der Nationalversammlung angerufen. 

Statt diesen Kurfürsten, der offenbar in seinem Hasse 
gegen die Revolution die gerechtfertigten Beschwerden 
Frankreichs barsch zurückgewiesen hatte — selbstLudwigX VI. 
nennt in einem vertraulichen Schreiben seine Antwort eine 
Persiflage 2 ) — zur Erfüllung seiner Pflicht öffentlich an- 
zuhalten, nahm Kaunitz vielmehr die Gelegenheit wahr, der 
Legislative eine derbe Lektion zu erteilen. Fast einen 
Monat hatte er Delessarts Note unbeantwortet gelassen; 
jetzt bot sie ihm den willkommenen Vorwand, um den 
Franzosen einmal gründlich die Wahrheit zu sagen. 

>) J. A. Reusa, Tcutsche Staatskanzley, Bd. 36, 111 f. 
14. November 1791. 

*) FeuUlet, IV, 299: Vivenot, I, 354. 



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- 99 - 



In dem Offlze vom 21. Dezember ergriff er die Partei 
des Erzbischofs von Trier. Derselbe versichere, dass er 
wie der Kaiser in den Niederlanden gegen die Emigranten 
vorgegangen sei; damit habe er also den französischen 
Forderungen Genüge gethan; er habe vielmehr Ursache, 
sich seinerseits Über den Nachbarstaat zu beschweren, 
dessen Grenzbewohner seine ünterthanen mit allerlei 
Gewaltsamkeiten bedrohten. 

Der Staatskanzler tritt dieser Klage des Kurfürsten 
bei. Sie giebt ihm zu einer scharfen Kritik der franzo- 
sischen Zustande Anlass. 

Der Kaiser sei zwar von den guten Absichten 
Ludwigs XVI. überzeugt, ebenso von dem „sehr grossen 
Interesse" der französischen Regierung, nicht alle europäischen 
Souveräne gegen sich aufzubringen durch Ausschreitungen 
gegen irgend einen derselben. Aber sie sei leider nicht 
immer im Stande, die Befolgung ihrer Befehle bei den ihr 
unterstehenden Behörden durchzusetzen. Sie könne also 
den Nachbarstaaten nicht dafür bürgen, dass sie nicht 
durch Uebergriffe von französischer Seite gefährdet würden. 

Auch seiner Unzufriedenheit mit der neuerlichen Ent- 
wicklung der Dinge in Frankreich giebt Kaunitz Ausdruck: 
jeder Tag lehre, wie wenig man dort auf den Bestand und 
das Ueberwiegen gemässigter Grundsätze rechnen könne. 
Daher sehe sich der Kaiser genötigt im Interesse des 
deutschen Reiches und zum Schutze seiner Niederlande dem 
dortigen Generalkommandanten, dem Marschall Bender, 
den Befehl zu erteilen, ohne Säumen dem Kurfürsten von 
Trier zu Hilfe zu eilen, sobald er durch einen Einfall aus 
dem französischen Gebiete bedroht werde. 

Dieser Warnung hoffte der Kanzler den wirksamsten 
Nachdruck zu verleihen, wenn er mahnend auf den Verein 
der Mächte hinwies, der sich gegen Frankreich „zur Auf- 
rechterhaltung der öffentlichen Ruhe und im Interesse der 
Sicherheit und der Ehre der Kronen" gebildet habe. 

7* 



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— 100 — 



Die Wiener Note war knapp gefasst und in gebieteri- 
schem Tone gehalten. Mit emporgezogenen Brauen gleichsam 
hielt Kaunitz der französischen Nation eine Strafpredigt 1 ). 

Der greise Diplomat ahnte nicht, wie schlecht der Zeit- 
punkt für eine solche Sprache gewählt war. Gerade den 
Radikalen, die er damit niederzuschmettern wünschte, gaben 
seine Ausfalle eine stärkere Konsistenz; dem revolutionären 
Geist, der sich nach aussen zu entfalten strebte, bahnte er- 
einen willkommenen Ausweg. 

Anstatt dass Bestürzung und Zagen in der französischen 
Bevölkerung, wie Kaunitz erwartete, Platz griffen, rief seine 
drohende Note, indem sie fast in jeder Zeile das rege 
Nationalgefühl empfindlich verletzte, allgemeine Entrüstung 
hervor. Erst vor einer Woche, am 24. Dezember, hatte 
der Minister des Auswärtigen der Nationalversammlung ein 
Schreiben des Kaiseis mitgeteilt, das grosses Aergernis her- 
vorrief. Hier forderte Leopold im Namen des Reiches die 
Wiedereinsetzung der aus ihren Besitzungen im Elsass ver- 
drängten Fürsten 8 ). 

Schon seit dem August 1789 wurden über diese An- 
gelegenheit langwierige Verhandlungen zwischen Deutsch- 
land und Frankreich geführt. Letzteres erkannte an, dass 
es jene Fürsten zu entschädigen habe, war aber keineswegs 
gewillt, in den elsässischen Gebieten, wie der deutsche 
Reichstag verlangte, die bisherigen feudalen Ordnungen noch 
ferner bestehen zu lassen. Wurden doch durch die neue 
Verfassung allen Bewohnern Frankreichs die gleichen poli- 
tischen Rechte garantiert; es wäre ungerecht gewesen, hätte 
man einzelne Bezirke in den Fesseln der alten Lehensver- 



») Vivenot, I, 308 f. Kaunitz an Reusa, d. 4. I. 1792. 
Vgl. a. I, 314. 

') A. p. 36, 352 ff.; Vivenot, I, 287 f. 



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— 101 — 



fassung schmachten lassen; das ganze Land sollte gleich- 
massigen Anteil an den Wohlthaten der Revolution nehmen 1 ). 

Leopold aber drang im Namen des Reiches auf die 
strikte Ausfuhrung der Bestimmungen des Westfälischen 
Friedens. Eine Verletzung derselben, wie sie durch die 
Uebergriffe der Revolution im Elsass begangen war, wollte 
er mit den Reichsständen nicht dulden. Das Anerbieten 
der französischen Regierung, die verletzteu Fürsten durch 
ansehnliche Geldsuromen zu entschädigen, wies er zurück. 
Schon in dieser Frage erhob sich eine bedenkliche Differenz 
zwischen dem revolutionären Frankreich und seinem Nach- 
barn, der zähe an den Uberlieferten lehensrechtlichen Insti- 
tutionen festhalten wollte. 

Doch die Angelegenheit der depossedierten Fürsten 
sollte immer eine untergeordnete Rolle spielen; durch die 
Dezembernote wurde eine Frage von viel grösserer Trag- 
weite in Fluss gebracht: Sollte sich Frankreich dem dort 
angekündigten Vereine der Mächte fügen, oder sollte es ihn 
als Versuch, seine Selbständigkeit anzutasten, von sich 
weisen? 

Zahlreiche Augenzeugen haben uns die mächtige Er- 
regung geschildert, die das kaiserliche Office in Paris her- 
rief*). Man glaubte nicht anders, als dass Leopold die 
Sache der Emigranten zu der seinen machen wolle. Die 
dem Erzbischof zugebilligte Hilfe betrachtete man nur als den 
Vorwand für weitere Operationen, die der Wiener Hof in 
der Stille zu Gunsten einer Gegenrevolution getroffen hatte. 
Gerade in dieser Zeit verbreitete sich, wahrscheinlich von 
den Emigranten ausgesprengt, das beunruhigende Gerücht, 
in Aachen werde sich demnächst ein europäischer Kongress 

l ) M. Lenz, Preuss. Jahrb. Bd. 70, S. 677. „Ein deutscher 
Kleinstaat in der französischen Revolution." 

a )2Bacourt, IH, 282; Arneth, S. 277 f.; Stael-Holstein, 
S. 243, 246, 248. Memoires d'un homme d'Ütat I, 195 ff. 



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- 102 - 



zusammenfinden, om durchgreifende Aenderungen an der 
französischen Konstitution vorzunehmen, die dem Lande 
nötigenfalls mit Waffengewalt aufgezwungen werden sollten. 
Man fürchtete in Frankreich, dass die Ankündigung des 
Konzertes in der Dezembernote nur das Signal für den in 
Bälde zu versammelnden Kongress bedeute, dass Leopold 
sich damit also offen an die Spitze der gegen die Revolution 
gerichteten Bestrebungen stellen wollte. 

Wie loderte da die Flamme des lange verhaltenen 
nationalen Hasses gegen Oesterreich auf, als es sich zum 
Hort der Gegenrevolution, zum Unterdrücker der politischen 
Freiheit aufzuwerfen schien. 

Selbst den friedliebenden Führern der Feuillants, dem 
Triumvirate, missfiel die schneidige Kundgebung des Wiener 
Hofes. Auch sie wurden an dem Kaiser, dem sie eine 
durchaus friedliche Gesinnung zutrauton, eine Zeit lang irre. 
In der Depesche vom J4. November hatte Delessart aus- 
drücklich auf die gefährliche Stimmung der französischen 
Bevölkerung aufmerksam gemacht: „Es handelt sich darum, 
die Gemüter zu beruhigen; sie sind aufgeregt, gereizt durch 
alles, was die Emigranten über ihre Invasionsprojekte ver- 
breiten, wie Uber den Beistand, dessen sie sich vorgeblich 
rühmen." Statt aber der französischen Regierung zu Hilfe 
zu kommen und die deutschen Kurfürsten zur Auflösung 
der Auswandererscharen anzuhalten, sagte der Wiener Hof 
dem Erzbischof von Trier, der sich offenbar ins Unrecht 
gesetzt hatte, seinen Schutz zu. Delessart hielt dem öster- 
reichischen Geschäftsträger in Paris gegenüber mit seinem 
Unmute nicht zurück. Er führte bittere Klage Uber die 
zweifelhafte Haltung des Kaisers; derselbe habe sich nicht 
so betragen, wie man von ihm als einem Bundesgenossen 
erwartet habe. Er stellte die Auflösung der Allianz von 
1756 in Aussicht; für Frankreich entstehe nunmehr die Not- 
wendigkeit, sich nach neuen Verbündeten umzusehen, 



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- 103 _ 



♦ 

selbst wenn sie mit grossen Opfern gewonnen werden 
müssten 1 ). 

Der schwere Fehler, den Kaunitz ohne Zweifel mit der 
Dezembernote beging, resultierte aus dem falschen Bilde, 
das er sich von der allgemeinen Lage in Frankreich machte. 
Vergegenwärtigen wir es uns recht, so stossen wir hier auf 
den Grundirrtum seiner französischen Politik; er sollte im 
Verlaufe weniger Monate den grossen Konflikt zwischen der 
Revolution und Europa heraufführen. 

Eine starke nationale Bewegung war als neuer Lebens- 
keim aus dem revolutionären Boden hervorgesprosssen. Es 
regte sich in dem französischen Volke immer heftiger das 
Verlangen, eine seinem Werte angemessene Stellung unter 
den europäischen Mächten wiederzuerobern ; sein jugend- 
frisches Kraftgefühl drängte nach äusserer Bethätigung. 
Mit diesem neuen politischen Faktor wusste der greise öster- 
reichische Staatsmann nicht zu rechnen. Er übersah den 
Umschwung, der sich seit dem Ende der vorigen National- 
versammlung unter seinem Eindruck in Frankreich voll- 
zogen hatte; er glaubte, die selbsbewusste Sprache, welche 
die Legislative dem Auslande gegenüber führte, leicht durch 
Drohungen zum Schweigen zu bringen. Aber dieses Mal 
glückte es ihm nicht so, wie im verflossenen Sommer mit 
der ermüdeten Konstituante. 

Schon damals hatte er den ursächlichen Zusammen- 
hang der Ereignisse nicht richtig erfasst. Die rückläufige 
Bewegung, welche die Lameths im Juli einleiteten, ging 
nicht, wie er meinte, auf die Einwirkung der Paduaner 
Deklaration zurück; sie entsprang vielmehr als selbständige 
Strömung dem veränderten Charakter, den die konstitutionelle 
Partei seit dem Fluchtversuch angenommen hatte. Durch 
die Erklärungen Leopolds dagegen wurde sie eher erschwert 
und gehindert als gefördert. Denn die fremde Einmischung 

l ) Blumendorf an Mercy, 5. I. 1792 (Wiener Archiv). 



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- 104 - 



brachte die Parteiführer in den Verdacht des Einverständ- 
nisses mit dem Auslande. Wenn die Feuillants damals mit 
dem Wiener Hofe in Unterhandlungen traten, so wünschten 
sie eben jene Einmischung auf gütliche Weise zu entfernen. 
Sie gedachten damit die Besorgnis des Volkes, als sei es 
von ihnen auf eine völlige Gegenrevolution im Bunde mit 
den fremden Mächten und den Emigranten abgesehen, zu 
beruhigen, um alsdann die ehedem gescheiterten Modi- 
fikationsbestrebungen wieder aufzunehmen. 

Aber gerade ihre ängstlichen Negoziationen bestärkten 
den Wiener Hof in seiner irrtümlichen Auffassung, als sei 
allein seiner Einwirkung die Niederwerfung der republi- 
kanischen Faktion auf dem Marsfelde und das Aufkommen 
gemässigter Tendenzen zuzuschreiben. Wie natürlich, dass 
Kaunitz nun, sobald radikale Elemente in der Legislative 
die Herrschaft an sich zu reissen und den Bestand der 
monarchischen Verfassung in Frage zu stellen schienen, 
wiederum durch die Intervention des kaiserlichen Kabinetts 
den Dingen in Frankreich einen ruhigeren Lauf zu geben 
hoffte. 

Dabei traf er jedoch auf eine Situation, wie sie seinen 
Erwartungen durchaus nicht entsprach. Es waren nicht so- 
wohl, wie er aus der Ferne wähnte, republikanische, als 
nationale Tendenzen, die die junge Legislative belebten. 
Indem er sich anschickte, sie durch beleidigende Drohung 
zu bekämpfen, rief er eine Steigerung derselben hervor; er 
entband sie von den Schranken, die sie bisher mit Mühe im 
Zaume gehalten hatten, und schürzte damit selbst den Knoten 
in dem bewegten Drama der Kriegsfrage. 



in. 

Die Januardebatten über die Dezembernote." 1 

Schon vor dem Eintreffen der Wiener Note sorgten 
Brissots Parteigenossen dafür, dass die Blicke der Legis- 
lative auf die auswärtige Frage gerichtet blieben. 



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— 105 — 



Am 25. Dezember präsentierte ihr Anhänger Louvet 
der Nationalversammlung eine Petition, die zur Erhebung 
der Anklage gegen die Brüder des Königs und die übrigen 
Häupter der Emigranten aufforderte 1 ). Isnard stellte so- 
gleich in aller Form einen dahin gehenden Antrag. Doch 
hatte er mit seinem stürmischen Vorgehen zunächst wenig 
Glück. Die Mehrheit der Abgeordneten war für die Ver- 
tagung der Angelegenheit. Grangeneuve machte noch 
einen vergeblichen Versuch, die Legislative zu einem 
Dekret fortzureissen ; Guadet war indes einsichtig genug, 
nunmehr im Namen seiner Partei, den Aufschub der Dis- 
kussion bis zum 1. Januar zu verlangen. 

Eine ähnliche Zurückhaltung zeigte die Majorität der 
Nationalversammlung wenige Tage später gegenüber den 
radikalen Anträgen der Führer der Linken. Wir haben 
schon erwähnt, mit welchem Eifer die Girondisten für die 
Bewilligung des von Narbonne gelorderten ausserordent- 
lichen Fonds eintraten. Sie benutzten diese Gelegenheit, 
den Abgeordneten ihr kriegerisches Programm zu ent- 
wickeln. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier die 
grosse Rede Brissots vom 29. Dezember. Nach einem 
Ueberblick über die politische Lage der einzelnen euro- 
päischen Mächte kommt er zu dem Schlüsse, dass alle, der 
Kaiser nicht ausgenommen, bei dem wenig befriedigenden 
Zustande ihrer Finanzen und der Unzufriedenheit ihrer 
Unterthanen triftige Gründe hätten, Ruhe und Frieden zu 
halten *). Das vielberufene Konzert der fremden Souveräne 
sei nur eine Komödie, welche die gekrönten Häupter zu 
ihrer Belustigung spielten. 

1) A. p. 36, 379 ff. 

2 ) A.p. 36, 606 f. „De ce tableau de la Situation des 
puissances etrangeres, que doit-il resulter? Qu'aucune puissance 
considerable ne peut vouloir et nepeut tenter la guerre avec la 
France. H en resulte que nous n'avons ä craindre la guerre 
avec aueune de ces puissances," 



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- 106 - 



Nachdem Brissot zu diesem tröstlichen Resultat ge- 
kommen ist, giebt er seiner Rede plötzlich eine unver- 
mutete Wendung: „Doch wenn wir uns vor keinem jener 
Fürsten zu fürchten haben, sollen wir in diesem Falle fried- 
fertig bleiben, dürfen wir dann nur die zur Verjagung der 
Emigranten aus Worms und Koblenz notwendige Truppen- 
zahl bewaffnen?" Nein, vielmehr sei gerade jetzt der 
Augenblick gekommen, wo Frankreich eine imposante 
Haltung einnehmen und den Verzicht auf das Konzert von 
den Mächten verlangen müsse, um so die neue Verfassung 
zu sichern und die Ehre des französischen Namens wieder 
den Völkern ins Bewusstsein zu rufen. Nach diesem Appell 
an die nationale Würde kehrt der Redner geschickt die ur- 
sprüngliche Annahme von der friedlichen Gesinnung der 
Souveräne um. Er wolle, fährt er fort, nun einmal vor- 
aussetzen, dass er sich in jener Annahme getäuscht habe, 
dass also in der That die Mächte feindlich gesonnen seien. 
Was sei dann zu thun? In diesem Falle sei es eine ge- 
bieterische Notwendigkeit, so schnell als möglich ihnen zu- 
vorzukommen. Und nun verliert sich Brissot im Strom 
seiner Rede, als ob er ganz vergessen hat, dass er von einer 
blossen Voraussetzung ausging. Er sucht nachzuweisen, 
dass ein Krieg, unter allen Gesichtspunkten betrachtet, für 
Frankreichs Wohlfahrt durchaus erforderlich sei, für sein 
Ansehen vor dem Auslande, für die Sicherung des inneren 
Friedens, für die Herstellung seiner Finanzen und seines 
öffentlichen Kredits. So diente der einleitende Teil seiner 
Rede, der Ueberblick über die europäische Lage, nur zur 
Vorbereitung des zweiten: durch die Schilderung der Be- 
drängnisse der fremden Fürsten wollte er die Kriegslust in 
der Legislative um so höher anfachen. 

Schliesslich legte Brissot den Entwurf eines Dekretes 
vor, in dem er nicht allein den vom Kriegsminister ge- 
forderten B'onds zur Bewilligung empfahl — das schien ihm 
mehr Nebensache — sondern vor allem eine Reihe von 



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- 107 _ 



Massregeln beantragte, die zur Hebung des französischen 
Ansehens vor dem Auslande dienen sollten. Die Gesandten 
Frankreichs müssten aus Petersburg, Stockholm und Rom 
abberufen werden, weil man dort die Konstitution noch 
nicht anerkannt habe. Ferner der Kaiserin von Russland 
und dem schwedischen Könige solle mitgeteilt werden, dass 
man in Zukunft jede den Emigranten gewährte Hilfe als 
eine Feindseligkeit gegen die französische Nation betrachten 
würde. Ludwig XVI. solle gegen die Koalition remon- 
strieren, mit der Leopold die Nation in dem Rundschreiben 
von Padua und in verschiedenen anderen Schriftstücken be- 
drohe; er solle ausserdem auf eine peinliche Ausführung 
der Bedingungen des Vertrages vom 1. Mai 1756 beim 
Kaiser dringen. 

So war Brissot bemüht, durch Anträge dieser Art die 
auswärtige Frage in Fluss zu erhalten; er durchwühlte alle 
Winkel, um einigermassen triftige Vorwände zu einem An- 
griffskriege ausfindig zu machen. 

Ihm folgten seine Anhänger, Hcrault von Sechelles und 
Condorcet. Jener befürwortete in längerer Rede die An- 
träge des Vorredners und fügte noch einige Zusatzartikel 
hinzu. Dieser legte dem Hause eine Adresse vor, in der 
er die Nation beteuern lässt, dass sie, den Grundsätzen 
ihrer Verfassung getreu, keinen Krieg mit der Absicht auf 
Eroberungen unternehmen werde, dass sie niemals die Frei- 
heit fremder Völker antasten, dass ihre Soldaten, sollte sie 
zum Kampfe gezwungen werden, sich in Feindesland so 
schonend betragen würden, als ob sie in der Heimat wären. 
Diese Adresse wurde mit stürmischem Jubel aufgenommen 
und in feierlicher Deputation dem Könige Uberbracht, 

Aber die Erörterung der Sonderanträge Brissots und 
Heraults verschob man. Lafayettes Anhänger, Ramond, 
hatte ihre Vertagung verlangt, und zwar mit einer Be- 
gründung, welche durchblicken liess, dass er von dem auf- 



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- 108 - 



reizenden Charakter der Vorschläge Brissots nicht sonderlich 
erbaut war 1 ). 

Es ist leider nicht möglich, nur zu vermuten, wie sich 
die Majorität der Nationalversammlung zu den Anträgen 
der Brissotins vom 29. Dezember verhalten haben würde, 
ob sie von ihr angenommen oder verworfen worden wären; 
denn zwei Tage darauf traf die Kaunitzsche Note ein und 
verwandelte das Gesicht der auswärtigen Frage vollständig. 
Doch Ein Umstand macht es wahrscheinlich, dass die Giron- 
disten in der Legislative wohl nicht durchgedrungen wären: 
nach dem Eintreffen des kaiserlichen Office Hessen sie selbst 
jene Anträge fallen; sie kamen nicht mehr darauf zurück. 
Hatten sie doch jetzt in der Wiener Note ein breites 
Fundament für die Erörterung der Kriegsfrage gewonnen. 
Wie mühselig hatten sie vorher nach einem Angriffsobjekt 
umhergetastet; jetzt bot sich ihren scharfen Geschossen ein 
bestimmtes Ziel dar. 

Die Mitteilung desselben machte auf die Versammlung 
sogleich einen tiefen Eindruck. Selbst die Lameths hatten 
gefühlt, dass der König seinem Erstaunen über die un- 
freundliche Haltung seines Schwagers Ausdruck verleihen 
müsse. Ludwig XVI. erklärte, dass er erwartet habe, 
Leopold werde ohne Zaudern seine Bitten erfüllen und den 
säumigen Erzbischof von Trier zur Zerstreuung der Emi- 
granten veranlassen. Er könne noch nicht glauben, dass 
jener absichtlich seine Pflicht als Bundesgenosse verletzen 
wolle; wahrscheinlich habe er geglaubt, dass der Kurfürst 
den an ihn ergangenen Requisitionen genügt habe und trotz- 
dem von Frankreich bedroht werde. 

Wie beunruhigend das Office sogar auf Männer von 
sehr massvoller Gesinnung wirkte, davon zeugen die Worte, 
die der zu den Lameths neigende Vaublanc an die Bekannt- 
machung desselben knüpfte. Der Ernst der Lage erheische, 

») A. p. 36, 613. 



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- 109 — 



meinte er, von den rheinischen Fürsten nicht nur die Auf- 
lösung der Emigrantenhaufen, sondern ihre Austreibung zu 
fordern. Denn sonst könnten sie sich jeder Zeit wieder 
sammeln und sich mit den auswärtigen Feinden verbünden. 
Sei doch anzunehmen, dass sich unter allen Fürsten Europas 
eine Ligue gebildet habe, die Frankreich plötzlich zu Über- 
fallen gedenke. Dieser Gefahr müsse man kühn begegnen, 
indem man den Anschlägen des Konzertes zurvorkomme. 
Man würde einen grossen Vorteil gewonnen haben, wenn 
man noch Ende Januar, spätestens aber im Anfang Februar 
den Feldzug eröffne 1 ). 

Die kaiserliche Note wurde, wie üblich, dem diploma- 
tischen Ausschuss zur Vorberatung Ubergeben. Erst am 
14. Januar erstattete dieser seinen Bericht. Inzwischen 
säumten die Anhänger Brissots und Lafayettes nicht, die 
Legislative mit der auswärtigen Frage zu beschäftigen und 
in Atem zu halten. 

Am l. Januar wurde auf den Antrag der Girondisten 
von der Legislative beschlossen, gegen die Brüder des 
Königs die Anklage auf Hochverrat zu erheben. Aus der 
lebhaften Diskussion darüber kann man ermessen, welche 
kriegerische Stimmung sich der Nationalversammlung seit 
dem Bekanntwerden der kaiserlichen Depesche bemächtigt 
hatte. Vergeblich suchten friedlich gesinnte Abgeordnete 
der Rechten, wie Hua und Bequey, die Anklage zu hinter- 
treiben oder hinauszuschieben. Dieser Wunsch wurde selbst 
von Anhängern Lafayettes auf das heftigste bekämpft. Ein 
Freund des Generals, Jean Debry, verlangte, dass das An- 
klagedekret jeder anderen entschiedeneren Massregel vorauf- 
gehe, wobei er einige Seitenhiebe auf die Erklärungen des 
Kaisers vom 21. Dezember führte: die Drohungen desselben 
bildeten die Wiederaufnahme eines Komplottes, das am 22. 
Juni bei Varennes gescheitert sei; erarbeite mit den Feinden 

») A. p. 36, 699. 



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- 110 - 



der Revolution insgeheim an der Wiederherstellung des 
Klerus und der Emigranten. Darum müsse die Legislative 
noch heute gegen die ausgewanderten Prinzen einschreiten; 
„denn schon morgen können wir den Krieg haben, und der 
Krieg darf nur nach diesem Beschluss stattfinden." 

Am 5. Januar richtete Isnard, mit Narbonnes Freunden 
im geheimen Einverständnis 1 ), eine Interpellation an die 
Regierung. Er fragte an, ob sie sich bereits nach neuen 
Verbündeten für Frankreich umgesehen habe, da die alten 
Allianzen mit Oesterreich und Spanien wohl in die Brüche 
gehen würden. Dabei deutete er an, dass Bündnisse mit 
England und Preussen für die Nation seiner Meinung nach 
von grösstem Vorteile sein würden. Das Haus solle den 
Minister des Auswärtigen in dieser Angelegenheit befragen. 
Die Legislative verwies die Interpellation an ihren diplo- 
matischen Ausschuss. 

Weit wichtiger als diese Anfrage war der Bericht, den 
Narbonne der Nationalversammlung am 11. Januar nach 
seiner Rückkehr von der Inspektionsreise vorlegte. Bei der 
Entscheidung der Frage, welche Haltung Frankreich den 
Drohungen des Wiener Hofes gegenüber einnehmen werde, 
musste die Nation wissen, ob sie ein tüchtiges Heer hinter 
sich habe. Da es allgemein bekannt war, dass eine unge- 
heure Anzahl der Offiziere desertiert und die Bande der 
Disciplin sehr gelockert waren, so hegte man Über diesen 
Punkt grosse Besorgnisse. Im Interesse der Kriegspartei 
lag es natürlich, dieselben möglichst zu zerstreuen. Eben 
der Bericht, den der Kriegsminister von den Ergebnissen 
seiner Inspektionsreise gab, war darauf berechnet.. 



l ) A. p. 37, 87 ff. Aus dem Briefe Pellencs vom 8. 1. 1792 
(Feuillet V, 126) geht hervor, dass die Interpellation im Einver- 
ständnis mit Talleyrand und Frau von Stael von Isnard einge- 
bracht wurde. Lucretell«', «-in Anhänger Lnfayettes, unterstützte 
sie in der Legislativ»* (A. p. 37, 89 f.). 



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— III — 



In sehr rosigem Lichte stellte Narbonno den Zustand 
dar, in dem er die drei Heere an der Nordostgrenze ge- 
funden hatte. Schon von seiner Rundreise aus hatte er an 
seine Parteigenossen Briefe gerichtet, in denen er ver« 
sicherte, dass er die Soldaten in weit besserer Verfassung 
angetroffen habe, als er erwartete. In seinem Berichte wies 
er zwar darauf hin, dass die Armeen noch nicht vollzählig 
seien; noch fehle ein Drittel an der Gesamtstärke, d. h. 
51000 Mann; er hoffte die Lücken leicht durch Einreihung 
von Nationalgardisten zu ergänzen. Im übrigen verbürgte 
er sich für die Tüchtigkeit der Wehrkraft; mit vollem Ver- 
trauen könne die Legislative der Eventualität eines Krieges 
entgegensehen. Wenn das Interesse der Nation den Kampf 
erheische, werde man ihn zuversichtlich unternehmen und 
mit Ehren bestehen 1 ). Auf die Wiener Dezembernote Bezug 
nehmend, ermutigte er die Volksvertretung zu energischen 
Massregeln. König und Nationalversammlung sollten dem 
Volke entweder einen starken Frieden schaffen oder auf 
baldigen Krieg dringen. Alles sei zu ertragen, nur nicht 
die schmachvolle Einmischung fremder Potentaten in die 
Angelegenheiten [der Heimat. An geschickt eingestreuten 
Schmeicheleien für die Legislative Hess es dabei der Redner 
nicht fehlen. Der grössten Thorheit, eines unverzeihlichen 
Vergehens würde sich ein Minister schuldig machen, der 

') Das günstige Bild, das Narbonne hier von der mili- 
tärischen Stärke Frankreichs entwarf, machte sich spater Brissot 
in seiner Rede am 17. Januar zu Nutze. Er berief sich aus- 
drücklich auf die Ausführungen dos Kriegsministe.rs. („Tel est 
le tableau consolant que vous cn a presente lc ministre de la 
guerre" s. A. p. 37, 4*>7.) Wohl zweifellos gehört der Bericht 
Narbonnes zu den Schritten, die von der geheimen Koalition bei 
Frau von Stael verabredet wurden. Den Zusammenhang mit 
den Girondisten ersieht man aus der Rede Narbonnes selbst, aus 
dem Hinweis auf die Notwendigkeit neuer Allianzen, sowie aus 
dem reichlichen Lobe der Adresse Üoudorcets. 



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— 112 - 

ohne die Hilfe der Volksvertreter sich Ruhm zu erwerben 
gedächte. Auch „für die genaueste Durchführung der Ver- 
fassung bis in ihr letztes Titelchen" brach er eine Lanze. 

Seine flotte, schwungvolle Rede wurde mit ungeheurem 
Beifall aufgenommen; die Nationalversammlung begnügte 
sich nicht damit, ihren Druck anzuordnen; sie Hess sie auch 
den einzelnen Departements, ferner den Nationalgarden und 
den Linientruppen senden. 

Am 14. Januar erstattete der diplomatische Ausschuss 
endlich der Legislative über die Note vom 21. Dezember 
seinen Bericht. 

Schon die Wahl des Wortführers deutete an, dass in 
seinem Schosse eine radikale Strömung vorwaltete. Während 
am 29. November bei der Behandlung der Emigrantenfrage 
ein Mitglied der Rechten an der Spitze gestanden, hatte 
man dieses Mal einen Abgeordneten der Linken, den 
Girondisten Gensonnä, zum Berichterstatter erkoren. Wir 
bemerkten damals im Ausschuss ein Ueberwiegen der ge- 
mässigten Anschauungen. Glaubte man doch den Antrag 
eines ruhigen, besonnenen Abgeordneten, wie Daverhoult, 
noch mildern zu müssen. Aber nach dem Eintreffen des 
kaiserlichen Office neigten sich fast alle Mitglieder des Aus- 
schusses, wie uns ein Zeitgenosse berichtet, den Ansichten 
der Brissotins zu 1 ). 

Vor allem schloss sich das Haupt der Fayettisten in 
der Legislative, Ramond, der Auffassung der Girondisten im 
wesentlichen an, und mit ihm traten wahrscheinlich eine 
Menge minder bedeutender Abgeordneter der rechten Seite 
und des Centrums ihrem kriegerischen Systeme bei. Selbst 
eifrige Gesinnungsgenossen der Lameths, wie Jaucourt und 

l ) Pellenc an Lamarck. 14. I. 1792 (Wiener Archiv). „Pour 
l'opinion contraire (d. h. für den Krieg) on trouve Brissot, la 
majorite des Jacobiiis, presque tout le comite diplomatique et en 
l'etat des cho.se» la majorite de l'Assemblee." 



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- 113 



Dumas, scheinen kurze Zeit geschwankt zu haben 1 ). In 
bedenklicher Weise lichtete der gewaltige Eindruck , den die 
Dezembernote auf alle Gemüter hervorgebracht hatte, die 
Reihen der Anhänger des Triumvirates. 

Gensonne hob in seiner Rede nachdrucklich die Nach- 
teile der österreichischen Allianz für die französische Nation 
hervor. Dabei entblöde sich der Wiener Hof nicht trotz 
alles Vorteils, den ihm das Bündnis eingetragen habe, es 
schnöde zu vorletzen, wie jüngst durch die dem wider- 
spenstigen Erzbischof gegebene Zusage seiner Hilfe. Mit 
Entschiedenheit wendete sich Gensonne gegen den Versuch 
des Kaisers, die französische Nation durch einen Verein der 
europäischen Mächte zu beeinflussen, gegen die Vormund- 
schaft, die er dadurch über den Bundesgenossen auszuüben 
sich anmasse. Leopold schmeichle sich gewiss, durch An- 
drohung des Konzertes alle Bewegungen Frankreichs nach 
seinen Wünschen zu lenken und die eisernen Bande, die es 
schon an Oesterreich fesselten, noch enger anzuziehen, um 
es unmerklich zur Annahme eines Kongresses zu vermögen, 
der die Grundlagen der Verfassung umstossen und der Krone 
wiederum eine nahezu absolute Gewalt verschaffen solle. 
Die Ausführung eines solchen Planes würde für das franzö- 
sische Volk und seinen König den schlimmsten Grad der 
Erniedrigung bedeuten; er würde dahin auslaufen, das 
Königreich zu einem zinspflichtigen Vasallenstaat der übrigen 
Mächte zu machen. Ludwig selbst würde sich dabei zu 
einem Vice-König einer Provinz der Österreichischen Lande 
herabgewürdigt sehen. Mit Wärme nahm Gensonne für 
Frankreich das Recht der nationalen Selbstbestimmung in 
Anspruch, mit Entrüstung wies er den Versuch eines aus- 
ländischen Fürsten, sich in die inneren Angelegenheiten 
Frankreichs zu mischen, zurück. 

l ) Pellenc an Lamarck, 15. I. 1792. (W. A.) „M. Ramond 

a ete detarhe du parti, dont je vous ai parle (die Laraetha), 

coinine M. Dumas et M. de Jaueourt Tont ete." 
Oltgau, Di« fr»az. L«gi»Utiy«. 8 



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- 114 



Und das bildete für die Nationalversammlung m Zu- 
kunft den Kern der auswärtigen Frage; Oesterreich sollt« 
ausdrücklich anerkennen, dass das französische Volk Herr 
im eigenen Hause sei. Alle dieser Frage fremden Gegen- 
stände, wie die Sache der depossedierten Fürsten, hatte der 
diplomatische Ausschuss ausgesondert, um auf sie eine klare 
und prompte Antwort vom Kaiser zu erhalten 1 ). 

Schliesslich schlug Gensonn6 im Namen des diploma- 
tischen Ausschusses einen Gesetzentwurf vor. Der König 
wurde hier aufgefordert, von dem Kaiser unumwundenen 
Aufschluss Uber seine Gesinnung gegen Frankreich zu ver- 
langen. Leopold solle sich verpflichten, nichts gegen die 
Verfassung und die vollkommene (pleine et entiere) Unab- 
hängigkeit der Nation in der Regelung seiner inneren Ver- 
waltung zu unternehmen. Das war der Hauptpunkt: die 
Forderung des unbedingten Verzichtes auf das Konzert. 
Ferner solle der König anfragen, ob der Kaiser im Falle 
eines Angriffes auf Frankreich dem Bundesgenossen die im 
Vertrage vom Mai 1756 stipulierte Hilfe bringen würde. 
Gebe der Kaiser auf diese Anfragen bis zum 10. Februar 
nicht eine völlig befriedigende Erklärung, so werde man das 
als einen Bruch des Vertrages von 1756 und einen Akt 
der Feindseligkeit gegen die französische Nation betrachten. 

Die Beratung des Gesetzentwurfes wurde auf den 
17. Januar vertagt. 

Noch in derselben Sitzung am 14. Januar brachte der 
Girondist Guadet einen wichtigen Antrag im Anschluss an 
die Ausführungen seines Freundes Gensonne" ein. In be- 
redten Worten forderte er das Haus auf, jeden Franzosen 
für einen Vaterlandsverräter zu erklären, der sich an einem 
Kongress zu beteiligen wage, welcher Aenderungen an der 
französischen Verfassung vorzunehmen bestimmt sei: ebenso 
jeden Franzosen, der mit den früher im Elsass ansässigen 



') A. p. 37, 410. Geiisonnö betonte dies ausdrücklich. 



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Fürsten eine andere Vereinbarung als die Zahlung einer 
Entschädigung eingehen würde, wie sie die Konstituante 
festgesetzt habe. 

Unter stürmischem Beifall wurde dieser Antrag ein- 
stimmig zum Beschlüsse erhoben und dem König feierlich 
unterbreitet, der ihn noch an demselben Tage sanktio- 
nierte. 

Eben in jenem Kongress stellte sich dem französischen 
Volk die gefürchtete Reaktion dar. Es warf hierbei die 
Bestrebungen der Emigranten, des Kaisers, des Hofes und 
der Lameths, vier verschiedene politische Richtungen, ohne 
viel Umstände in eins zusammen: sie alle mussten seiner 
Meinung nach an dem Zustandekommen eines solchen Kon- 
gresses interessiert sein. Und allerdings war allen vier 
Parteien ein wesentliches Moment gemeinsam: sie wünschten 
insgesamt der Revolution eine rückläufige Bewegung zu 
geben, die einen mehr, die andern minder. 

In den grössten Nachteil brachte das Auftauchen des 
Kongressgerüchtes die Lameths. Sie hatten unausgesetzt 
gepredigt, dass die Konstitution viele Mängel habe, dass sie 
geändert werden müsse. Naturgemäss kamen sie nun in 
den starken Verdacht, dass sie schliesslich mit Hilfe des 
Auslandes jene Modifikation durchzusetzen gedachten. 

Treftlich wussten die Brissotisten diese Blösse, die sich 
ihre Widersacher gegeben hatten, auszubeuten. Die Lameths 
hatten sich gewiss redlich Mühe gegeben, die Legislative in 
Misskredit zu bringen. Das zahlten ihnen die Häupter der- 
selben reichlich heim. Von ihrer günstigen Position 
griffen sie dieselben hart an, und zwar mit besserem Er- 
folge als jene. 

Der oben erwähnte Antrag Guadets war eben in erster 
Linie ein kräftiger Hieb gegen das Triumvirat. In den ein- 
leitenden Worten hatte der Girondist mit dem Finger auf 
sie gewiesen. Aus ihren Intriguen scheine jener Kongress- 
plan hervorgegangen zu sein. Sie betrachteten ihn gewiss 



— 116 - 

als willkommenes Mittel, um sich aus der politischen Nullität, 
in die sie gesunken seien, wieder emporzubringen 1 ). 

Der reiche Beifall, der diesen und ähnliche Ausfälle 
gegen die Lämeths lohnte, zeigt, wie einflusslos sie 
in der Legislative waren. Und doch hofften sie noch bei 
der Entscheidung der Kriegsfrage in ihrem Sinne auf die 
Nationalversammlung zu wirken. Sie boten alles auf, um 
den Gesetzentwurf des diplomatischen A usschusses zum 
Scheitern zu bringen. 

Ihr getreuer Schildknappe, der Minister des Auswärti- 
gen, teilte dem Hause am Schlüsse der stürmischen Sitzung 
vom 14. Januar mit, dass der Kaiser nunmehr dem Erz- 
bischof von Trier ausdrücklich erklärt habe, er werde ihm 
nur dann seinen Heistand leihen, wenn er den Forderungen 
Frankreichs bezüglich der Auflösung der Emigrantenhaufen 
genügt habe. 

Auf die Nationalversammlung scheint diese nachträg- 
liche Erläuterung oder Verbesserung des Dezemberoffice 
keinen Eindruck hervorgebracht zu haben, ebensowenig wie 
in den vorhergehenden Tagen die Ankündigung, dass der 
Kurfürst von Trier bereit sei, sich den Wünschen 'der Legis- 
lative zu fügen. Die Emigrantenfrage interessierte die Ab- 
geordneten nicht mehr so sehr; sie hatten ihre gespanteste 
Aufmerksamkeit einem anderen Gegenstande zugewendet; 
ihre Hauptsorge war, von dem Kaiser einen förmlichen Ver- 
zicht auf das Konzert zu erwirken. 

Auch vor dem Beginn der Diskussion über den Gesetz- 
entwurf des Ausschusses, am 17. Januar, machten die 
Lameths zwei vergebliche Versuche, die kriegerische Stim- 
mung der Legislative zu dämpfen. Ihr Anhänger Koch er- 
stattete im Namen des diplomatischen Ausschusses über die 
Mitteilungen Bericht, die der französche Geschäftsträger 
Bigot von Saint-Croix über das neuerliche Verhalten des 

!) A. p. 37, 413. 



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— 117 — 

Trierer Kurfürsten gemacht hatte. Es ergab sich, wie der 
Redner betonte, aus der Prüfung der Noten des Gesandten, 
dass der Erzbischof ernstlich bereit sei, den französischen 
Forderungen Genugtuung zu geben und den Frieden zu 
erhalten 1 ). Darauf mahnte Delessart die Deputierten zur 
Mässigung. Zwar wagte er nicht, den Entwurf des diplo- 
matischen; Ausschusses Uber die Dezembernote einer un- 
mittelbaren Kritik zu unterziehen. Er deutete aber an, wie 
unzufrieden die Regierung mit seiner Fassung sei. Die Legis- 
lative hörte den Minister schweigend an, ohne ein Zeichen 
der Zustimmung oder des Missfallens. 

Gleich danach leitete Brissot seinen Vortrag, wie zum 
Hohne für Delessart, mit den scharfen Worten ein: „Endlich 
ist die Maske gefallen; man kennt jetzt euren wahrhaften 
Feind; der dem General Bender erteilte Befehl kündet auch 
seinen Namen: es ist der Kaiser!" Der rührige Häuptling 
der Kriegspartei hatte jetzt den Vorteil, das Programm, 
welches er am 29. Dezember entwickelt hatte, zu dem 
wichtigen Ereignis der letzten Zeit — ich meine das Ein- 
treffen der kaiserlichen Note — in lebendige Beziehung 
setzen zu können. Und er wusste diesen günstigen Um- 
stand meisterhaft auszunutzen. Dabei führte er weit 
wuchtigere Schläge gegen die österreichische Politik als 
Gensonne\ Im Vergleich mit seinen scharfen Ausfällen 
schien die Rede seines Parteigenossen massvoll. Er fand 
den Gc8etzesvorschlag des Ausschusses nicht gurchgreifend 
genug, viel zu rücksichtsvoll gegen das Wiener Kabinett. 
Da es feststehe, dass der Kaiser den Traktat von 1756 
verletzt habe, so solle man die Gelegenheit benutzen, ihn 
völlig Über Bord zu werfen, um Frankreich von seiner 
lästigen Fessel zu befreien. Man müsse Leopold kurz und 
bündig erklären, dass er das Bündnis durch seine Verstösse 
gegen die Vertragsbedingungen aufgelöst habe. Ferner wollte 



>) A. p. 37, 4Ü4 f. 



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— 118 — 

Brissot von langwierigen diplomatischen Verhandlungen Über . 
die vom Kaiser angedrohte Einmischung nichts wissen. 
Man gebe sich dadurch in die Hand des Feindes, der die 
Sachen durch zweideutige Erklärungen vielleicht sechs 
Monate hinschleppen werde, bis er seine Rüstungen vollendet 
habe. So verliere Frankreich Vorteile, die es augenblick- 
lich vor dem unvorbereiteten Gegner voraus habe. Der 
König solle von Leopold Genugthuung fordern; sie müsse 
in einem klaren Verzicht auf die Teilnahme an dem Konzert 
bestehen. Wäre sie nicht bis zum 10. Februar geleistet, 
so würde die Nation sofort zu den Waffen greifen. 

Ausdrücklich hob Brissot diese nicht unbedeutenden 
Differenzen zwischen seinen Vorschlägen und denen des 
diplomatischen Ausschusses hervor. Seine Parteigänger 
Isnard und Vergniaud verfuhren ebenso. Man sieht, der 
Gesetzentwurf des Komitees spiegelte keineswegs die An- 
schauungen der Girondisten rein wieder. Er ist vielmehr 
alsKompromiss zwischen den radikalen und den gemässigteren 
Elementen in seinem Schosse zu betrachten. Allerdings 
überwogen dieses Mal die Ansichten jener. 

Am 18. Januar wurde die Beratung fortgesetzt. An 
diesem Tage zeigte es sich, dass durch die rechte Seite ein 
tiefer Riss ging. 

Zunächst wandte sich Dumas, der intime Freund der 
Lameths, gegen den Entwurf des Ausschusses, besonders 
heftig aber gegen die Ausführungen Brissots. Er tadelte, 
dass man die vorliegende Frage in einem gegen das Aus- 
land unhöflichen, provozierenden Tone erörtere. Wurde 
schon dieser Vorwurf mit Missfalleu aufgenommen, so erhob 
sich im Hause lautes Murren, als der Redner behauptete, 
dass die Legislative über ihre Vollmachten hinausschreite, 
wenn sie sich in einer Beratung der Vorteile oder Nach- 
teile der französisch-österreichischen Allianz einlasse. Nach 
der Verfassung dürfe sie dies nur auf den ausdrücklichen 
Vorschlag des Königs thun, dem das Recht, Handels-, 



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Friedens- und Bündnisverträge abzuscbliessen, vorbehalten 
sei. Dumas ritt hier das Steckenpferd seiner Freunde, die 
sich immer bemühten, der Nationalversammlung Verletzungen 
der Konstitution nachzuweisen. Im übrigen suchte er zu 
zeigen, dass sich die Aufrechterhaltung des Friedens, der 
für Frankreich nach einer unruhigen Revolution eine Wohl- 
that sei, leicht ermöglichen lasse. Er brach für das zwischen 
Frankreich, Oesterreich und Spanien bestehende Allianz- 
system eine Lanze. Schon nach der geographischen Lage 
erweise es sich als das der französischen Nation naturge- 
mäße. Dabei verteidigte er im besonderen den Vertrag 
von 1756. Er zeigte aber, wie einer der folgenden Redner 
treffend bemerkte, eigentlich mehr, dass der Kaiser Frank- 
reichs Freundschaft notwendig brauche, als dass er den 
Nutzen der österreichischen Allianz für das eigene Vater- 
land erwiesen hätte. 

Dumas erntete wenig Lob. Nur mit Mühe gelang es 
seinen Parteigängern den Druck seiner Rede zu erwirken 1 ). 

Nachdem noch Vergniaud dem Hause in den ver- 
lockendsten Farben den Krieg als für Frankreichs Heil not- 
wendig geschildert hatte, folgte Lafayettes Freund Ramond. 

Wenn er sich auch nicht unbedingt den Anschauungen, 
die die Girondo vertrat, anschloss, wenn er auch die Sach- 
lage massvoller und gerechter beurteilte, so traten seine 
Ausführungen doch in Uberaus schroffen Gegensatz zu den 
Ansichten, die Dumas eben entwickelt hatte. Er erblickte 
in der Androhung des Konzertes eine offenbare Feind- 
seligkeit. Er war dafür, dass man den Kaiser in kürzester 
Frist zu unzweideutigen Erklärungen zwinge. Seien die- 
selben nicht befriedigend, so müsse man ihm den Krieg er- 
klären. Den Bruch der Allianz mit Oesterreich forderte er 
mit Entschiedenheit, da sie mit der politischen Umwandlung, 
die sich in Frankreich vollzogen habe, unvereinbar sei. 



J ) A. p. 37, 40O. 



— 120 - 

Schon die ersten Worte seiner Rede zeugen davon, wie sich 
jetzt Lafayettes Anhänger in der Kriegsfrage mit Bewußt- 
sein den Grundsätzen der Gironde zuwendeten. „Wir be- 
rühren", hob Ramond an, „die zweite Epoche unserer 
Revolution. Je mehr sie sich im Inneren vollendet und wir 
unser Auge auf unsere Umgebung richten, um so klarer 
wird es uns, dass sie noch nach aussen hin zu bewerk- 
stelligen ist" 1 ). Entschieden forderten also auch die Fayet- 
tisten ein neues System der Allianzen und der auswärtigen 
Politik. 

In den Sitzungen vom 20. und 25. Januar hielt sich 
die Beratung nicht mehr auf der Höhe. Es wagten sich, 
nachdem die Matadore der Redeschlacht sich gemessen 
hatten, auch minder bedeutende Kämpen in die Arena. 
Die Stimmung der Legislative schien nach dem ersten 
heftigen Aufeinanderprallen der Gegensätze friedlicher ge- 
worden. Einige Redner der Rechten traten mit Wärme für 
eine mildere Auffassung der allgemeinen Lage ein. Sie 
legten dem Hause die Sorge für die Erhaltung des Friedens 
recht dringend ans Herz. Und doch waren sie nicht unbe- 
dingte Anhänger des Systems der Lameths. Im Gegenteil, 
so friedensfreundlich sie auch waren, in zwei Punkten 
zeigten sie sich mit Brissots und Lafayettes Anhängern ein- 
verstanden: erstens gaben sie zu, dass die Allianz mit dem 
Hause Habsburg für Frankreich nicht glückbringend ge- 
wesen sei, zweitens, dass man eine Einmischung des 
Kaisers in die inneren Angelegenheiten sich keineswegs 
gefallen lassen dürfe, dass man daher über den Zweck des 
Konzertes eine klare Antwort fordern müsse. Einer, 
namens Beugnot, betonte nachdrücklich, dass der Krieg not- 
wendig stattfinden müsse, wenn Leopold leere Ausflüchte 
mache, oder sich weigere, die Souveränität des französischen 
Volkes anzuerkennen, d. h. auf den europäischen Verein 

l ) A. p. 37, 494. 



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Verzicht zu leisten. Mit wenigen Abweichungen stimmten 
also auch diese Gemässigten dem Gesetzesvorschlage dos 
diplomatischen Ausschusses bei. 

Bei der endgiltigen Feststellung des Dekretes, am 
25. Januar, das dem Entwürfe des Komitees im übrigen 
angepasst wurde, erwirkte noch Daverhoult, dass gegen den 
Wunsch der Girondisten der Termin, den man dem Kaiser 
setzte, vom 15. Februar bis auf den 1. März verschoben 
wurde 1 ). 

Waren auch die Wünsche der Brissotins nicht in 
vollem Umfange in Erfüllung «gegangen, so konnten sie doch 
mit dem Siege, den sie davongetragen hatten, zufrieden 
sein. Der drohenden Note des Wiener Hofes setzte die 
Legislative eine entschiedene Erklärung entgegen, in der 
das Prinzip der Wahrung der nationalen Unabhängigkeit, 
das sie mit rührigem Eifer verfochten, ungebrochen zum 
Ausdruck kam. 

Es fragte sich nun, ob die Regierung sich auch dieser 
Willensäußerung dor Nationalversammlung, wie am 
14. Dezember ihrer Botschaft vom 29. November, fügen 
werde. Nach ihren vielfachen Bemühungen, den Entwurf 
des diplomatischen Ausschusses zu hintertreiben, war dies 
kaum zu erwarten, zumal sich, wenn auch nicht unmittel- 
bar zu ihren Gunsten, selbst aus einer Volkstümlichen Partei 
gegen die kriegerische Haltung der Legislative lauter 
Widerspruch erhob. 

., • 



» i • 

1 

_ ■ ■ ■ 

i) A. p. 37, 647. 



* 

1.1 . 

f • . 

Fünftes Kapitel. 

Der Widerstand gegen die kriegerischen 

Tendenzen. 



Kobespierres Partei in ihrer Stellung zur Kriegsfrage. 

Dem reissenden Strom, der Frankreich in einen Krieg 
zu schleudern drohte, stellte sich ein kräftiges Element 
des Widerstandes entgegen, und zwar erwuchs es aus der 
Mitte der sogenannten Patrioten, aus dem Jakobinerklub 
selbst. 

Schon seit Ende November kämpfte Robespierre mit 
seinen Parteigenossen Marat, Camille Desmoulins, Billaud- 
Varennes, Bazire, Chabot und anderen hartnäckig gegen 
das System der Brissotisten an. Wie zwischen den La- 
meths und Lafayette, so spielte auch bei der Entzweiung, 
die unter den Führern der Jakobiner ausgebrochen war, 
das persönliche Moment eine Rolle. Robespierre bemerkte 
mit heimlichem Neide, wie Brissots Ansehen im Klub und 
in der Nationalversammlung täglich stieg; er sah sich von 
dem glücklichen Nebenbuhler allmählich in Schatten ge- 
stellt. Wohl wirkte diese Eifersucht auf ihren Zwist ver- 
schärfend; doch darf man ihre Bedeutung nicht zu hoch an- 
schlagen; denn im Grunde war es ein tiefer politischer 
Gegensatz, der die beiden Häupter der Jakobiner trennte. 



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Die Bris8otins waren eigentlich mit dem, was die 
Revolution dem Volke gebracht hatte, zufrieden. Von 
einem Weiterschreiten der revolutionären Bewegung be- 
sorgten sie eine Entartung der ursprünglichen Prinzipien, 
die Herrschaft der Gasse, den Angriff auf das Eigentum. 
Sie wollten nicht die monarchische Verfassung antasten, 
vorausgesetzt natürlich, dass der König sich ehrlich der 
neuen Staatsform anscltfiesse *). Insofern die Gironde im 
Inneren vorläufig keine Veränderung anstrebte, war sie 
(wenn man den Ausdruck nicht missverstehen will) eine 
konservative Partei: ihr revolutionärer Charakter richtete 
sich gegen das Ausland. 

Dagegen führte Robespierre eine kleine Gruppe von 
Männern an, die den Umsturz der gegenwärtigen Ordnungen 
von vorneherein ins Auge fassten. Sie wagten sich freilich 
noch nicht offen zu einem solchen Programm zu bekennen; 
doch zuweilen brachen ihre verborgenen Absichten durch, 
so z. B. in der tadelnden Kritik, der Camille Desmoulins 
bereits Ende Oktober im Jakobinerklub die neue Verfassung 
unterwarf. Sie sei, meinte er, durch die Revision so ver- 
stümmelt, dass man sie einen elenden Wcchselbalg, einen 
Zwitter zwischen Freiheit und Sklaverei nennen könnte. 
Aus widerspruchsvollen, einander zersetzenden Elementen 
zusammengeleimt, wie sie sei, vergleiche man sie am 
besten einem Eisberge, den man auf den Krater eines 
Vulkanes gepackt habe. Er kündigte ihr den Unter- 
gang an 2 ). 

Ein ähnliches Geständnis entschlüpfte Billaud-Varennes 
Ende Januar 1702 ii.i Jakobinerklub: „mit den Wider- 
sachern der Revolution", rief er aus, „teile ich die Ansicht, 



«) Lafayette, IV, 210. vgl. III, 303: Toulongeon, II, 213 f. ; vgl. 
a. S. 133; Bailleul, II, 41. 

8 ) Aulaid (DI, 204 ff.) giebt Desmoulins' Rede vollständig, 
Buchea (XII, 364 ff.) dagegen nur im Auszug. 



- 124 — 

dass die Staatsordnung, die jetzt besteht, nicht mohr lange 
dauern kann!" 1 ). 

Also wie die reaktionären Gruppen, plante Robes- 
pierres Partei einen Staatsstreich. Ihr nächstes Ziel war 
die Abschaffung des Königtums und die Aufrichtung einer 
Republik 2 ). Doch vorläufig war die Zahl ihrer Anhänger 
noch klein und zu vorsichtig, um der von allen Seiten 
drohenden Reaktion durch tollkühne Streiche zum Angriff 
Anlass zu geben; sie fühlten, dass ihre Zeit noch nicht ge- 
kommen sei. Indessen schürten sie den Argwohn im Volke 
gegen Hof und Regierung. „Denn wahre Hingabe für die 
Freiheit", erklärte einmal Robespierre, „sei stets mit tiefem 
Misstrauen gepaart, sowie innige Liebe immer mit dem Ge- 
fühle der Eifersucht" 8 ). 

Weil die Kreaturen der Regierung die Heere leiten 
sollten, erklärten sich die Montagnards von Anfang an 
gegen den Krieg. Denn sie fürchteten, dass er unter den 
Händen der gegenwärtigen Inhaber der Exekutive d. h. der 
Lameths und Lafayettes zu einem Mittel der Reaktion 
werden würde. Eben weil die Regierung den Kampf zu 
wünschen schien — die Montagnards nahmen das nach der 
Erklärung Ludwigs XVI. am 14. Dezember an — waren 
Robespierres Parteigänger für Erhaltung des Friedens. Man 
müsse, meinte er, jetzt den Krieg als die grösste Gefahr 
für die Freiheit betrachten 4 ). 

Dagegen suchten Brissots Anhänger die Mitglieder des 
Jakobinerklubs von der Notwendigkeit, von der Heilsam- 
keit eines Krieges zu überzeugen. Es entspann sich in der 
Gesellschaft ein heisser Kampf zwischen Girondisten und 
Montagnards; fast ununterbrochen stand im Dezember und 

») Buchez, XIII, 170. Jakobinerklub, 20. I. 1792. 
■) Mallet du Pan, I, 2GO. Er nennt Robespierre den Führer 
der „rentables republieains". 
3 ) Buchez, XII, 413. 
*) Buchez, XII, 408 ff. 



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Januar die Erörterung der K riegsfrage auf der Tages- 
ordnung des Klubs. 

Es war von Bedeutung, -wie sich Danton zu den beiden 
feindlichen Parteien stellen werde. Er war der einfluss- 
reiche Führer der Cordeliers, von denen sich in den letzten 
Monaten eine grosse Zaml in den Jakobinerklub hatten auf- 
nehmen lassen. Zuerst hielt er sich diplomatisch in der 
Mitte zwischen den Extremen, so dass ihn Narbonne und 
Brissot noch für sich zu gewinnen hofften 1 ). 

Danton erkannte die UnvermeidJichkeit des Krieges 
mit den Girondisten an: „Ich wünsche", sagte er, „dass 
wir den Krieg haben: er ist uns unerlässlich ; wir müssen 
ihn notwendig haben." „Und doch", fährt er fort, „muss 
man alle Mittel aufbieten, ihn uns für jetzt zu ersparen"*). 
Der paradoxe Schluss zeigt, dass Danton sich schon mehr 
Robespierre zuneigte. Denn darin stimmte er mit ihm 
Uberein, dass man vor den Intriguen der Faktion Lafayettes 
auf der Hut sein müsse 3 ): sie werde in einem Kriege nur 
ihr Interesse verfolgen: sie gehe damit um, das englische 
Zweikammersystem einzuführen, „in der Hoffnung, Frankreich 
bald darauf das Regime von Konstantinopel zu geben". 
Noch schmeichelte Danton Brissot, „diesem kräftigen Athleten 
der Freiheit, diesem Manne, von dem Frankreich noch grosse 
Dienste erwarte und der die Hoffnungen, die man auf ihn 
gesetzt habe, nicht täuschen werde" 4 ), um sich bald darauf 
zu seinen Gegnern zu schlagen. 

Im Anfang Januar hatte auch Robespierre von dem 
Gehe imbunde zwischen Brissotins und Fayettisten Wind be- 



l ) Feuillet, V, 125. Pellenc schreibt am 8. I. 1792.: „On 
(gemeint aind Frau von Stai ; l, Talleyrand, Brisant u. h. w.) 
cherche ä y attirer Danton." 

») Buchez, XII. 412. _ 

3 ) Aulard, III, 288. 

«) Buchez, XII, 411. 



- 126 - 



kommen. Mit meisterlichem Geschick wusste er diese Waffe 
gegen das Haupt der Kriegspartei zu kehren. 

Nachdem sich die Regierung zu dem Schritte vom 14. 
Dezember bequemt hatte, betonten Brissots Parteigänger in 
der Nationalversammlung, dass zum Wohle des Vaterlandes 
zwischen der gesetzgebenden und der ausübenden Gewalt 
Harmonie walten, dass das Misstrauen, das wie schwärendes 
Gift die politischen Verhältnisse zersetze, aufhören müsse. 
Die girondistischen Blätter hegrüssten in Narbonne einen 
thätigen Kriegsminister und gedachten auch lobend des 
Eifers, den Lafayette entfaltete. 

Ihre versöhnliche Haltung tadelte Robespierre auf das 
schärfste. Er klagte über die Wandelbarkeit ihrer Ge- 
sinnung. Sie hätten bisher sei neu* Argwohn gegen Hof und 
Regierung geteilt. „Wie überkommt euch denn plötzlich 
soviel Nachsicht und ein solches Sicherheitsgefühl. Warum 
glaubt ihr, dass die Kreaturen der Exekutive jetzt mehr 
Neigung haben, die Grundsätze der Gleichheit und die 
Rechte des Volkes wahrzunehmen, als mit den Mitgliedern 
der Dynastie und den Freunden des Hofes gegen die 
Patrioten gemeinsame Sache zu machen?" 1 ) Deutlich spielte 
er auf Brissots Beziehungen zu Narbonne an: „Ihr habt 
den jetzigen Kriegsminister unter euren besonderen Schutz 
genommen". Weil Eine Veränderung im Kabinet erfolgt 
sei, solle man — so verlange es Bris . — jedes Misstrauen 
gegen die Regierung verbannen. Weil die Girondisten 
selbst das Ministerium in die Hand zu bekommen hofften, 
also aus persönlichem Ehrgeiz, hätten sie jene Schwenkung 
vollzogen 2 ). Mit schneidendem Hohne ruft er ihnen zu: 
„Ich für meine Person bewundere euer Glück. Ihr wurdet 
vom Schicksal dazu bestimmt, die Freiheit zu verteidigen, 
ohne dabei Misstrauen zu hegen, ohne ihren Feinden zu 
missfallen, ohne mit dem Hofe, den Ministern oder den 

') Buchez, XIII, 125 f. 
») Buchez, XIII, 125. 



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Gemässigten in Widerstreit zu geraten. Wie sind doch für 
euch die Pfade der Vaterlandsliebe so mühelos, so lachend 
geworden I" *). 

Nachdem Robespierre so die Schale bitteren Spottes 
Ober seine' Gegner ausgegossen hat, kehrt er den Grund- 
gedanken seines politischen Programms heraus. 

Bevor man sich um die europäischen Despoten kümmere, 
solle man die Blicke auf die Zustände im Heimatlande 
wenden. Erst müsse man vor der eigenen Thtire kehron, 
erst im eigenen Hause aufräumen 2 ). Denn nicht in Koblenz 
sei der Sitz des Ucbels sondern in Paris, hier im Herzen 
von Frankreich' sei das wahre Koblenz; hier im Herzen 
von Frankreich sei das wahre Koblenz; hier wolle Lafayette 
die Rolle eines Monk, eines Crom well spielen. Wenn er 
zum Scheine den Feind von der Grenze abgewehrt habe, 
werde er als siegreicher General an der Spitze eines 
ergebenen Heeres die Reaktion herauffuhren 8 ). 

Vorsichtig lässt Robespierre einmal das eigentliche Ziel 
seiner Politik durchscheinen. Weil der Krieg die günstige 
Krisis, die die Attentate der Feinde der Freiheit schon be- 
schleunigen würden, abwenden würde, darum verwünscht 
er ihn. Eben einer neuen Revolution, in der man leicht 
den König gestürzt und die Republik aufgerichtet hätte, 
würde er vorbeugen 4 ). 

Dass der Führer der Montagnards sich in der Kriegs- 
frage nur aus taktischen Gesichtspunkten von den Giron- 
disten trennte, lässt sein feuriger Schlachtruf erkennen: 

>) a. a. 0. S. I18. 
») a. a. 0. S. 132. 
3 ) a. a. O. S. J35. 

*) Buchez, XIII, 134: „Une teile guerre ne peut que donner 
le change a l'opinion publique, faire diversion aux justes inqui- 
etudes de la nation et prevenir la crise favorable que les 
atteutatB des ennemifi de la liberte auraient pu 
amener. " 



„Zunächst Krieg den Verschwörern und dem Despotismus, 
danach Jasst uns gegen Leopold und alle Tyrannen des Erd- 
balls marschieren. Ja, unter dieser Bedingung fordere ich 
selbst mit lautem Ruf den Krieg" 1 ). 

Er malt seinen Zuhtfrern aus, wie gerne er sobald als 
irgend möglich den „Genius der Freiheit" durch das Welt- 
all von Triumph zu Triumph führen würde. „Aber da 
kommt Brissot und sagt mir, der Graf Narbonne müsse die 
ganze Sache leiten, unter dem Kommando des Marquis 
Lafayette müsse man marschieren; es sei ja das Recht der 
Regierung, die Nation zum Siege und zur Freiheit zu führen. 
Ach, Franzosen, dieses einzige Wort hat allen Zauber 
zerstört, «He meine Pläne vernichtet; Ade Freiheit der 
Völker." 

Im Januar schien sich der Jakobinerklub mehr und 
mehr dem Systeme Robespierres zuzuneigen*); seine Reden 
wurden mit grossem Beifall aufgenommen und fast ein- 
stimmig zum Druck empfohlen. 

Wie Bri8sat8 Stellung in der Gesellschaft von Robes- 
pierre mit Erfolg untergraben wurde, zeigte sich in der 
Sitzung vom 20. Januar. Am 18. hatte dieser den Gegner 
bei den Jakobinern denunziert, weil er in seine Zeitung, 
den „Französischen Patrioten", einen Brief aufgenommen 
habe, der sich in grossartiger Lobrede über Lafayette ver- 
breite. Nicht gerade überzeugend wirkte Brissots eilige Ent- 
schuldigung, das Schriftstück sei ohne sein Wissen von einem 
seiner Mitarbeiter eingerückt worden*). Diesen Eindruck 
mochte er selbst haben. Am 20. Januar suchte er sich 

») a. a. O. S. 159. 
») Buchez, XIII, 4 ff. 

3 ) Aulard, III, 332. Wie Aulard feststellt, stand der Brief 
in der Nummer vom IB. Januar 1792 des „Patriote francais", 
also an dem Tage, an welchem sich Ramond in der Legislative 
bei den Debatten über die Dezembern* * so ziemlich zu den 
Anschauungen der Brissotins bekannte. 



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- 129 - 



daher in längerer Rede von den Anschuldigungen der 
Montagnards zu reinigen. Daran schloss sich eine Ver- 
söhnung8scene zwischen Brissot und Robespierre. Unter 
dem Beifall des Klubs umarmten sich beide. Doch selbst 
nach diesem rührenden Akt gelang es dem Führer der 
Kriegspartei kaum, für seine Rede durch einen Mehrheits- 
beschluss die Ehre des Druckes zu erhalten. Aus der Mitte 
der Gesellschaft erhob sich starker Widerspruch. Ein An- 
hänger ßrissots musste darauf hinweisen, dass es Sache der 
Gerechtigkeit sei. auch Brissots Meinungsäusserung drucken 
zu lassen, wie das mit Robespierres Ausführungen ge- 
schehen sei. Denn warum sollten allein die Ansichten der 
Montagnards in den Provinzen vorwalten. Erst nach dieser 
Mahnung wurde der Druck genehmigt 1 ). 

Der Waffenstillstand zwischen den beiden Nebenbuhlern 
war indessen nicht von langer Dauer. Ausdrücklich legte 
Robespierre bald darauf öffentlich gegen die Insinuation Ver- 
wahrung ein, als habe er bei der Aussöhnung, mit Brissot 
irgendwie seine Anschauungen über die Kriegsfrage geändert. 

Es erscheint merkwürdig, dass der Zwiespalt zwischen 
Brissotins und Montagnards, der in dem Jakobinerklub zu 
scharfem Ausdruck kam, in der Nationalversammlung nicht 
im geringsten hervortrat, Keiner von den Anhängern 
Robespierres ergriff in den grossen Januardebatten auch 
nur einmal das Wort, um den Girondisten entgegenzutreten. 
Robespierres Partei fühlte sich wohl zu schwach dazu; denn 
das Gros der Linken wurde von Brissot geführt. Wie hätten 
Redner vom Schlage Bazires, Lecointres, Chabots es wagen 
können, sich mit den hochbegabten Girondisten zu messen, 
wie hätten sie hoffen dürfen, mit ihren Verdächtigungen 
gegen Lafayette, ja gegen Brissot bei der Majorität An- 
klang zu finden? Sie sahen ein, es wäre verlorene Mühe 
gewesen. 

l ) Aulard, III, 334. 

G 1 » g a u , Die franz. Leginlativu. 9 



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- 130 - 



Wie wenig aber auch die Montagnards in der Legis- 
lative bedeuteten, im Jakobinerklub bildeten sie wie in den 
unteren Bevölkorungsschichten ein starkes, widerstands- 
fähiges Bollwerk gegen den Ansturm der kriegslustigen 
Gironde. Gar bald sollten sie festeren Grund unter ihren 
Füssen fühlen. Wie gewaltig musste das Ansehen Robes- 
pierres, dieses Virtuosen im Misstrauen, steigen, als sich 
in naher Zukunft seine Vermutungen bestätigten. In der 
That, man musste, wie er es vorausgesagt hatte, erst den 
bourbonischen Thron umstürzen, erst Lafayette und seinen 
Freunden das Kommando über die Armeen entwinden, ehe 
man ernstlich an die Abwehr des äusseren Feindes denken 
konnte. Der 10. August setzte den Optimismus Brissots 
ins Unrecht, dem pessimistischen Misstrauen Robespierres 
lieh er den Sieg! 

Wie aus den Reihen der Montagnards sich gegen das 
System der Gironde aus einem einseitigen Gesichtspunkt, aus 
Gründen der Taktik. Widerspruch erhob, so schickte sich 
auf der andern Seite eine Partei an, deren Macht wesentlich 
im Besitze der Staatsverwaltung lag, die grosse Richtung, 
die die Legislative genommen hatte, auf der ganzen 
Linie, mit allen Mitteln und Anstrengungen, offen und 
heimlich zu bekämpfen. 



II. 

Die Denkschrift der Lameths an Kaiser Leopold. 

Während Lafayettes Freunde im geheimen sich der 
Partei Brissots näherten, planten die Lameths einen wich- 
tigen Schritt, bei dem auch sie ihre Bundesgenossen nicht 
ins Vertrauen ziehen wollten: sie gingen mit der Absicht 
um, auf verborgenen Wogen eine Verständigung über die 
französischen Angelegenheiten mit dem Kaiser herbeizuführen. 

Wie im Juli 1791 wünschten sie auch diesen An- 
näherungsversuch an den Wiener Hof durch die Vcrmitt- 



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- 181 - 



lung der Königin zu bewerkstelligen. Sie hofften ihren 
Vorschlägen bei Leopold eine günstigere Aufnahme zu sichern, 
wenn sie von seiner Schwester befürwortet wurden. 

Marie Antoinette schlug zuerst den Feuillants ihre 
Bitte ab, unter dem Vorwande, sie unterhalte mit ihrem 
Bruder keinerlei Korrespondenz. Wir wissen, wie weit ihre 
Anschauungen überhaupt sie von dem System der Triumvirn 
trennten. Und gerade in der Kriegsfrage nahm sie einen 
ihnen diametral entgegengesetzten Standpunkt ein: sie wollte 
einen Krieg hervorrufen, während jene den Frieden zu er- 
halten sich bemühten; durch die entschiedenen Erklärungen, 
welche am 14. Dezember an die rheinischen Kurfürsten er- 
lassen worden waren, gedachte sie ihren Bruder zum An- 
griff auf Frankreich zu reizen. 

Schliesslich sah sich die Königin doch genötigt, dem 
Drängen des Triumvirates nachzugeben, wollte sie nicht 
durch fernere Ausflüchte seinen Verdacht erregen. Doch 
traf sie Fürsorge, dass die Negoziationen der Lameths nicht 
ihre geheime Politik kreuzen konnten. Sie wählte zum 
Ueberbringer der Denkschrift der Feuillants den ihr treu 
ergebenen Goguelat und beauftragte ihn, Mercj — denn 
durch dessen Hände sollte das Memoire an den Kaiser 
gehen — im Namen des Königspaares zu erklären, daas 
man in den Tuilerien die von jenen ausgedrückten An- 
sichten durchaus nicht billige und ihnen nur scheinbar und 
gezwungen zustimme, weil man sich noch vorläufig dieser 
Partei bedienen wolle 1 ). 

l ) Das Memoire ist gleich nach dorn 14. Dezember von den 
Lameths verfasst worden, wie aus den Worten „la demarehe 
que le roi vient de faire de declarer la guerre aux princes" 
etc. hervorgeht (Arneth. p. 275.) Eben diesen Schritt wollten 
die Triumvirn vor Leopold rechtfertigen. Auch der Anhang 
der nach dem Eintreffen der Dezembernote augefügt wurde, 
zeigt, dass es am 31. Dezember bereit lag. Und es war schon 
längere Zeit vollendet; das bestätigen Fereens Worte (II, 213) 

9» 



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— 132 



So hoffte Marie Antoinette die Mission der Lameths 
ganz unschädlich gemacht zu haben. Verlorene Liebesmüh! 
Sie ahnte nicht, wie freudig und begierig man trotz ihres 
Uriasbescheides die Eröffnungen der Feuillants am Wiener 
Hofe aufnehmen würde. 

Es war ein umfangreiches Schriftstück, in dem die 
Lameths ihre Anschauungen Uber die damalige Lage in 
Prankreich für den Kaiser niedergelegt hatten 1 ). Sie wollten 
nicht als Parteihäupter erscheinen; sie gaben Leopold den 
eindringlichen Rat, ja keiner Faktion sein Ohr zu leihen; 
denn alle seien durch Sonderinteressen und Leidenschaft- 
lichkeit verblendet. Ihre Darlegungen kleideten sie in das 
Gewand überlegener, philosophischer Beobachtung. 

Sie gehen von dem Grundsatz aus, dass von einer 
Wiederherstellung des alten Zustandes in Frankreich nicht 
mehr die Rede sein könne; vielmehr sei die durch die Re- 
volution vollzogene Umgestaltung der Staatsordnung im 
ganzen zu billigen und anzuerkennen; sie sei als Grundlage 

„Penvoi a ete longteraps differe sous differents pretextes'*. Auch 
an Fersen gab Marie Antoinette Goguelat ein ßillet mit. Es 
ist vom 4. I. 1792 datiert (II, 111); am 8. I. vermerkt der Graf 
in seinem Tagebuch den Empfang der Denkschrift (II, 2). Auch 
er sollte dahin wirken, dass von den fremden Mächten, insbe- 
sondere vom Kaiser, die Uebersendung der Denkschrift nicht 
missdeutet würde. Aus einem Briefe der Königin an Leopold II 
(Arneth, p. 240) geht hervor, dass ihr die Lameths wiederum, 
wie im Juli, ein Schreiben in die Feder diktiert hatten, indem 
sie das System der Feuillants ihrem Bruder empfehlen sollte. 
Doch dieses Mal unterdrückte Marie Antoinette den Brief, wie 
sie Leopold gesteht: ,,11 y avait aussi une lettre, mais comme 
eile dit la memo chose que le memoire (sie!?), je rae suis dis- 
pensee de l'ecrire". Goguelat hatte auch mündliche Auftrage; 
besonders sollte er die Lameths als höchst gefährliche Demagogen 
anschwärzen. Vgl. den Bericht Mercys an Kaunitz vom 14. 1. 1792 
Feuillet, V, 96 f. 

l ) Arneth, p. 269 fi'. 



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188 — 



beizubehalten. Es sei aber nicht zu leugnen, dass man sich 
in dem gewaltigen Chaos der Umwälzung zu einem schweren 
Irrtum habe hinreissen lassen: In der Absicht, die Miss- 
bräuche des alten Regime mit der Wurzel auszurotten und 
seine Rückkehr unmöglich zu machen, habe man der aus- 
übenden Gewalt die Mittel genommen, die sie befähigon 
sollten, die Zügel der Regierung zum Wohle des Volkes 
sicher und straff zu handhaben. Man habe ihr zu viel ge- 
raubt. Sie befinde sich daher in ohnmächtiger Schwäche. 

Das Ziel einer gesunden und vernünftigen Staatskunst 
müsse jetzt sein, die arg geschmälerte Prärogative des 
Königs wieder zu erweitern, ihr die Rechte zurückzugeben, 
die sie in den Stand setzten, zum Heile aller ein starkes 
Regiment im Lande zu führen. Eine Modifikation der Ver- 
fassung, in diesem Sinne vorgenommen, würde kaum auf 
Widerstand stossen. Denn schon machten sich die schlimmen 
Folgen des Irrtums, den man in der übermässigen Be- 
schränkung des Königtums begangen habe, von Tag zu Tag 
der Allgemeinheit fühlbarer. 

Wie durch die unverhältnismässige Schwächung der 
Monarchie habe die Revolution auch durch die vollständige 
Vernichtung der korporativen Rechte des Adels gesündigt. 
Man habe ein nützliches Glied aus der Gesellschaftsordnung 
ganz ausgestossen, statt sich mit der Beschneidung seiner 
Missbräuche, seiner Privilegien zu begnügen. Die Lameths 
deuten hier an, dass sie der Einrichtung einer Pairskammer 
nicht abgeneigt sein würden; sie betonen, dass man auch 
dem Grossgrundbesitz und der Hochfinanz eine gebührende 
Vertretung anweisen müsse. 

Dagegen lehnen sie die Wiedereinsetzung des Klerus in 
seine Privilegien und Kirchengüter entschieden ab. 

Im folgenden Abschnitt geben sie einen Ueberblick über 
die französischen Parteien, natürlich ganz in ihrem Sinne. 
Als die entschiedenen Feinde des Königtums seien die Emi- 
granten und die Republikaner anzusehen. Zwischen diesen 



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- 134 - 



beiden Extremen müsse sich der König halten und sich auf 
die wohlgesinnte Einwohnerschaft stützen, die ja doch den 
weitaus grössten Teil der Bevölkerung ausmache. 

Hier kommt auch die tiefe Unzufriedenheit der Trium- 
virn mit dem bestehenden Zustande, ihr bitterer Hass gegen 
die Legislative und die Hoffnung zum Durchbruch, dass sich 
ein ihren Ansichten günstiger Umschwung in Frankreich 
vorbereite. Wie Robespierre erwarten sie, dass in Bälde 
eine Krisis über das Land hereinbrechen werde. Die in den 
Finanzen eingerissene Unordnung, das Stocken alles Handels 
und Wandels, die Mängel der Verfassung, vor allem aber 
„die Tollheit und Unfähigkeit der neuen Nationalversamm- 
lung" müssten notwendig dahin führen. Wenn man diese 
Krisis wohl vorbereite und mit Geschick zu leiten wisse, 
werde sie sich zu Gunsten der Monarchie vollziehen. Man 
werde dann dein Könige die Rechte zurückgehen, die ihm eine 
kräftige Regierung ermöglichen würden. 

Nach dieser eingehenden Erörterung ihres Lieblings- 
themas, der Verbesserungsbedürftigkeit der Verfassung, 
kommen die Feuillauts zum zweiten Hauptgegenstande ihrer 
Negoziation, zur auswärtigen Frage. 

Die kriegerische Erklärung an die rheinischen Kur- 
fürsten entschuldigen und rechtfertigen sie mit der Not- 
wendigkeit, dass der König für die durch freche Drohungen 
und Herausforderungen verletzte nationale Ehre endlich ein- 
stehen musste, um dadurch zugleich das Vertrauen der Be- 
völkerung in seine guten Absichten zu stärken. 

Schliesslich weisen die Triumvirn dem Kaiser seine 
Stellung in den Angelegenheiten Frankreichs an. Und hier 
springt es in die Augen, dass sie in der auswärtigen Frage 
einen Standpunkt einnehmen, der den in der Legislative 
und im Volke herrschenden Tendenzen schnurstracks zuwider- 
läuft. Während die Nationalversammlung in ihrem Be- 
schlüsse vom 25. Januar ausdrücklich gegen die Erklärungen 
Leopolds aus Padua und Pillnitz protestierte, sowie jeden 



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weiteren Versuch desselben, sich in die inneren Angelegen- 
heiten Frankreichs zu mischen, entschieden ablehnte, betont 
hier das Triumvirat, dass der Kaiser zweifellos den regsten 
Anteil an dem Lose Ludwigs und seines Landes nehmen 
müsse, wie er bisher gethan habe 1 ). Als der „natürliche 
Bundesgenosse Frankreichs" sei er dazu befugt; es sei sogar 
seine Pflicht, dort für Aufrechterhaltung der inneren Ord- 
nung zu sorgen und seinen eigenen Feinden, wie den 
ihrigen (d. h. der Feuillants), die schon lange Unfrieden und 
Unordnung säeten, das Spiel zu verderben. 

Die Lameths laden also Leopold geradezu ein, in die 
französischen Zustände einzugreifen; sie fordern ihn auf, 
den Feuillants bei der Bekämpfung ihrer politischen Gegner 
behilflich zu sein. Nur bedingen sie sich aus, dass er nicht 
die Emigranten unterstütze, und eine Nachschrift, die sie 
nach der Kenntnisnahme der Dezembernote beifügten, tadelt 
das Office Kaunitzens nur darum, weil es sich der Aus- 
wanderer anzunehmen scheine. Während in Paris die 
Drohung Leopolds mit dem Konzert der Mächte als ein 
Versuch, die nationale Selbständigkeit anzutasten, die Ge- 
müter aufs höchste erregte, erwähnen die Lameths diesen 
Eindruck mit keinem Worte, und man kann aus diesem be- 
deutsamen Schweigen entnehmen, dass ihnen die Ankündi- 
gung des Konzertes nicht unerwünscht war. Sie erhofften, 
wie der Wiener Hof, von diesem Schreckmittel die schliess- 
liche Bezähmung der kriegslustigen Parteien. Selbst einem 
gewaltsamen Eingriff des Kaisers in die französischen An- 

l ) Arneth, p. '275. „II est hors de doute, qu'il (l'empereur) 
doit se her etroitement a la cause du roi, ainsi qu'il l'a fait 
jusqu'ä ce moment. T/erapereur est l'allie naturel de la France 
maintenant surtout que d'apres le Systeme de l'Europe; les 
grandes puissances doivent chercher ä se soutenir; ensuite il 
doit täeher de maintenir la paix en France pour de- 
jouer ses ennemis et les nötres, qui cherchent depuis long- 
temps ä y semer le trouble et le desordre/' 



- 186 - 

Gelegenheiten waren sie nicht abhold. Sie lehnten ihn aller- 
dings für jetzt ab mit der Begründung, der gegenwärtige 
Moment wäre schlecht gewählt, da sich vorläufig die innere 
Lage zu bessern scheine. 1 ) 

Am Schlüsse ihrer Denkschrift drücken die Feuillants 
noch den Wunsch aus, dass sie in dauernder Fühlung mit 
dem Kaiser die französischen Verhältnisse ordnen möchten. 
Sie hätten ihm bisher nur die allgemeinen Grundzüge ihres 
Systems entwickelt; die Einzelheiten würden sie in Sonder- 
schriften, die sich an die einzelnen Ereignisse schlössen, 
erörtern. 

Welch ein Kontrast ! Auf der einen Seite eine Partei, 
die durch ihren Einfluss auf die Regierung die alten Be- 
ziehungen Frankreichs zum Hause Habsburg zu erhalten, 
ja zu verengern strebt, um durch sie die Angelegenheiten 
der Heimat in ihrem Sinne zu gestalten; — auf dor andern 
Seite das von der Gunst des Volkes getragene Parlament, 
in dem die entgegengesetzte Tendenz von Tag zu Tag 
breiteren Boden gewinnt, wo man in dem Bruch der Allianz 
von 1756 die Gewähr der nationalen Selbständigkeit, die 
Erlösung von einer drückenden Fessel erblickt. 

Wie durch jene Anbahnung geheimer Unterhandlungen 
mit dem Kaiser, trachtete das Triumvirat auch durch 
seinen Einfluss auf den offiziellen diplomatischen Verkehr 
mit dem Wiener Hofo den Intentionen der Legislative ent- 
gegenzuwirken. 

III. 

Delessarts Diplomatie unter dem Einfluss der Lameths. 

Eine versöhnliche, zaghafte Natur, wie Uelessart, 
neigte eher dazu , eine friedliebende Politik zu begünstigen, 

l ) a. a. 0. 8. 278 „Quo faire ueantiumis, si le roi perd entiere- 
ment credit? N'est-c*.' pas pour 1«; rutablir, que Tempereur parait 
vouloir se douner den inouvt'inmts? L»- moinent est encore 
tres-mal choisi.* 4 



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als sich von dem Wirbelwinde kriegerischer Leidenschaft 
entführen zu lassen; seine Charakterschwäche, seine sub- 
alternen Fähigkeiten unterwarfen den Minister leicht dem 
stärkeren Willen anderer: daher Hess er sich willig von 
dem Triumvirate leiten. 

Das zeigte sich unter anderem bei einem wichtigen 
Anlasse in der Mitte des Januar. Als auf die Note, welche 
Delessart am 14. November an den Wiener Hof gerichtet 
hatte, keine Antwort einlief, wandte er sich noch einmal, 
am 23. Dezember, an den österreichischen Staatskanzler mit 
der höflichen Bitte, der Kaiser möge den Kurfürsten von 
Trier zur Zerstreuung der Emigranten veranlassen. Er be- 
klagte sich bitter über die nichtigen Vorwände, unter denen 
der hohe Prälat bisher die Forderungen Frankreichs abge- 
lehnt habe. Infolge dessen habe sich der König zu dem 
Schritte vom 14. Dezember gezwungen gesehen; er werde 
gegen den Widerspenstigen Gewalt gebrauchen müssen, 
wenn er nicht endlich Genugthuung leiste. 

Auf diese Depesche, die dem Wiener Hofe am 
2. Januar von dem französischen Botschafter, dem Grafen 
Noailles, überreicht worden war, antwortete Kaunitz am 
5. Januar in einer Note, die an Schärfe und Entschieden- 
heit das Office vom 21. Dezember noch Ubertraf. Er be- 
schwerte sich über die Aufstellung von drei französischen 
Armeen an der Grenze, obwohl doch kein Grund vorhanden 
sei, den deutschen Nachbarn feindliche Absichten unterzu- 
schieben; er führte heftige Klage über die masslosen Aus- 
fälle französischer Journalisten gegen alle europäischen 
Souveräne, Uber den Beifall, den dieselben selbst im Schosse 
der Legislative fänden, ferner Uber den verderblichen, täg- 
lich sich steigernden Einlluss der Jakobinerklubs in Frank- 
reich. Zum Tadel fügte er wieder die Drohung: Ereig- 
nisse, wie die oben angeführten, seien in hohem Grade be- 
unruhigend und erforderten die gespannteste Aufmerksam- 
keit der im Verein mit dem Kaiser verbundenen Mächte. 



— 138 - 

Die Verletzung irgend eines Grenznachbarn würde von 
dem ganzen Deutschen Reiche als Kriegserklärung ange- 
sehen werden 1 ). 

Diese scharfe Note Hess der Wiener Hof von dem 
Berliner unterstützen. Der preussische Gesandte v. d. Goltz 
hatte im Namen Friedrich Wilhelms II. in Paris eine gleich- 
lautende Erklärung abzugeben. 

In der Mitte des Januar, ein oder zwei Tage vor der 
Beratung der Dezembernote in der Legislative, gelangten 
Kaunitzens neuerliche Ausführungen in die Hände Delessarts. 
Die Lameths mussten befürchten, dass die Kriegspartei 
noch stärker würde, wenn diese neue Note des Wiener 
Hofes zur allgemeinen Kenntnis gebracht würde. Sie hofften 
wohl auch, dass ihre kürzlich abgesandte Denkschrift den 
Kaiser günstiger stimmen würde. Daher drangen sie in 
den Minister des Auswärtigen, die Note vom 5. Januar ge- 
heim zu halten. Und Delessart folgte ihrem Rat, ein 
Schritt, den er später bitter bereuen sollte. Denn indem er 
die drohenden Eröffnungen des österreichischen Kanzlers 
der Legislative verheimlichte, fehlte er gegen einen Ver- 
fassungsparagraphen, der ausdrücklich bestimmte, dass der 
Minister des Auswärtigen die Nationalversammlung von aus- 
ländischen Kundgebungen, die den Frieden in Frage stellten, 
zu unterrichten habe. Da er ihr aus diesem Grunde das 
Office vom 21. Dezember mitgeteilt hatte, was berechtigte 
ihn, die neuerliche, ähnlich gehaltene Depesche des Kaisers 
zu unterdrücken? 

Vorher machte Delessart den österreichischen und den 
preussischen Gesandten mit seinem Vorhaben bekannt und 
holte dazu ihre förmliche Erlaubnis ein. Er wies auf die 
allgemeine Erregung hin, die noch über die Dezembernote 
herrsche. Gerade jetzt, wo die Legislative über diese be- 
rate, dürfe man ihre Erhitzung nicht steigern, zumal wo 

») Viveuot, I, 567 f. 



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139 - 



man hoffe, dass die gemässigten Elemente den Sieg Ober 
die Radikalen noch davontragen würden 1 ). 

Wir wissen, dass Delessart und das Triumvirat sich in 
dieser Erwartung betrogen; der Entwurf des diplomatischen 
Ausschusses wurde allen ihren Gegenbemühungen zum Trotz 
von der Nationalversammlung ohne wesentliche Aenderungen 
angenommen. Jetzt aber strengten sie alle Kräfte an, um 
dem Dekrete der Legislative gegen deu Wiener Hof seine 
wirksame Spitze zu rauben 2 ). Dies erhellt aus der Art und 
Weise, wie Delessart die diplomatischen Verhandlungen auf 
ihren Rat führte. 

Auf die Note Kaunitzens vom 21. Dezember hatte der 
Minister des Auswärtigen gleich am 1. Januar eine ziemlich 
energische Antwort erteilt, Unverhohlen hatte er darüber 
seinem Erstaunen Ausdruck gegeben, dass der Kaiser sich 
so eilfertig für den Erzbischof von Trier ins Zeug legte, 
bevor er sich davon überzeugt habe, ob dieser den Forde- 
rungen Frankreichs Genüge geleistet habe. Dass er im Un- 
recht gewesen, habe der Kurfürst jetzt selbst mittelbar 
durch sein verändertes Betragen eingestanden. Delessart 
gab schliesslich dem Kanzler nicht undeutlich zu verstehen, 
dass das französische Ministerium von Oesterreich, einem 
Bundesgenossen, ein loyaleres Verhalten erwartet habe 8 ). 
Diese Antwort hatte er schon am 31. Dezember der 

1 ) GoftV Depeschen, 23. I. 1 7t »2 {Preuss. Geh. Staats- Archiv, 
Berlin). Blumendorf an Kaunitz unter dem 31. I. 1792 (Wiener 
Archiv). 

2 ) Dass Ludwig sich dazu bereit finden lies«, nach dem 
Schritte vom 14. Dezember die Friedenspolitik der Feuillants zu 
unterstützen, geschah au« dem Grunde, weil er den Ansturm 
der Kriegspartei vorläufig massigen wollte, um den Mächten 
Zeit zur Vorbereitung ihrer Rüstungen zu lassen. Vgl. darüber 
Fersen, II, 144. 

3 ) Viveuot, I, 316 ff. 



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- 140 - 



Legislative mitgeteilt. Sie wurde beifallig aufgenommen 1 ). 
Ja, die Volksvertretung dankte dem König für die von ihm 
bewiesene Festigkeit ausdrücklich in dorn Beschluss, den sie 
am 25. Januar Uber die Dezembernote fasstc 2 ). 

Aber je mehr im Laufe des Januars die dem Hause 
Habsburg feindliche Stimmung obsiegte, um so mehr folgte 
Delessart der entgegengesetzten Tendenz: er bot alles auf, 
um Frankreich den Frieden zu erhalten. Da er fürchtete, 
der Wiener Hof möchte durch die heftigen Ausfälle der Ab- 
geordneten gegen die Allianz von 1756 noch mehr gereizt 
werden, so lief er zu wiederholten Malen zu dem öster- 
reichischen Geschäftsträger in Paris und beteuerte ihm, dass 
der König und sein Ministerium auch der Legislative zum 
Trotz fest entschlossen seien, das alte Bündnissystem mit 
Oesterreich und Spanien zu erhalten 8 ). 

Als die Nationalversammlung wieder in feierlicher 
Deputation ihren Beschluss vom 25. Januar dem Könige 
Ubersandt hatte, erteilte dieser auf Anstiften der Lameths 
am 28. Januar eine Antwort, die deutlich erkennen Hess, 
wie wenig er und seine Ratgeber geneigt seien, auch dieses 
Mal den Weisungen der Legislative Folge zu leisten. Sie 
hob mit einer Rüge für die Volksvertretung an, die ihr 
schon Dumas, der Freund der Triumvirn, am 18. Januar 
erteilt hatte. Es wurde ihr vorgeworfen, dass sio durch 
ihr Dekret vom 25. eigentlich die Verfassung verletzt habe. 
Denn allein dem Könige stehe es zu, die politischen Be- 
ziehungen des Landes zu den auswärtigen Mächten zu regeln. 
Im übrigen teilte Ludwig den Abgeordneten mit, dass er 
schon vor vierzehn Tagen vom Kaiser über die Punkte, 

i) A. p. 36, 699. 
») A. p. 37, 657. 

3 ) Blumendorf au Kaunitz (W. A.) d. 31. I. 1792 und derselbe 
an Mercy (W. A.) d. 23. I. Hier heisst es: „Lessart fait de 
Brandes protestations de Tattachement du Roi <;t de son Ministere 
pour le Systeme d'alliance et le pacte de famille. u 



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— Hl - 



welche der Beschluss der Nationalversammlung zum Gegen- 
stand habe, Aufklärung erbeten hätte, allerdings unter Be- 
obachtung der Rücksichten, wie sie im Verkehr unter den 
Mächten Brauch seien. 

Lehnte damit die Regierung die Forderungen der Legis- 
lative nicht geradezu ab, so nahm sie sie doch keineswegs 
an. Sie verschanzte sich hinter einer zweideutigen Ant- 
wort. Indem sie indes sich gegen angebliche Eingriffe des 
Parlamentes in ihre Rechte verwahrte, hob sie hervor, dass 
auch sie als die Behörde, der die Leitung der auswärtigen 
Politik unterstehe, bei der Entscheidung derselben mit- 
wirkender Faktor sei, dass sie sich nicht an die Richt- 
schnur zu halten habe, die ihr die Nationalversammlung in 
ihrem Beschlüsse vom 25. Januar gezogen habe. 

Es zeigte sich, dass das Ministerium noch stark genug 
war, um den kriegerischen Tendenzen der Legislative ent- 
gegentreten zu können. Die Abgeordneten nahmen den 
empfangenen Streich ruhig hin. Sie gingen, ohne weitere 
Erörterungen an die Antwort des Königs zu knüpfen, mit 
einer gewissen Würde zur Tagesordnung über. Brissot und 
Condorcet begnügten sich damit, in ihren Zeitungen gegen 
die königliche Botschaft zu demonstrieren ! ). Sie wagten es 
nicht aus der Mitte der Volksvertretung die Haltung der 
Regierung anzugreifen. Die aufgeregte, zum gewaltsamen 
Bruche drängende Stimmung war doch auch in der Legis- 
lative, wie wir oben wahrnahmen, im Laufe des Januar 
merklich zurückgesunken. 

Mit Genugthuung Hessen die Lameths ihren Triumph 
dem österreichischen Geschäftsträger auf der Stelle mitteilen. 
Delessart sandte an den Herrn von Blumendorf die Antwort 
des Königs an die Legislative, mit dem Bemerken, dass 
auch Noailles in Wien Auftrag erhalte, dieselbe dem dortigen 



l ) Blumendorf an Mercy d. 30. I. 1792. 



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- 142 - 



Hofe zu überreichen. Man habe zu diesem Zweck eigens 
einen Kourier abgesendet 1 ). 

Wie brachte aber Delessart das Dekret der National- 
versammlung vom 25. Januar zur Ausführung? 

Wir sahen, dass schon die Antwort vom 28. Januar 
andeutete, die Regierung, im besonderen der Minister des 
Auswärtigen, gedenke sich nicht durch den Beschluss der 
Legislative die Hände binden zu lassen. Um jeden Wider- 
spruch gegen diese Absicht auszuschliessen, hatte man, was 
in Wirklichkeit noch Absicht war, bereits als vollendetes 
Geschehnis hingestellt: schon vor mehr als vierzehn Tagen, 
gab man vor, habe der König von Leopold ähnliche Auf- 
schlüsse verlangt, wie sie die Volksvertretung wünsche, eine 
Behauptung, die nicht der Wahrheit entsprach. Delessarts 
Note wäre danach schon vor dem 14. Januar abgegangen, 
also vor dem Berichte des diplomatischen Ausschusses Uber 
die Dezembernote. Thatsächlich aber verfasste der Minister 
sie erst am 21. Januar und sandte sie geraume Zeit später 
ab 2 ). Er verlegte ihre Abfassungszeit eben in der Absicht 
zurück, um wenigstens mit einem Scheine des Rechtes gegen- 
über dem Dekret der Legislative möglichst nach eigenem 
Belieben die Unterhandlungen mit Wien führen zu können. 

l ) Blumendorf an Kaunitz den 30. I. 92. 

5 ) Blumendorf an Mercy den 19. II. 92. Unter dorn 27. I. 
berichtet Bl. an M., er habe kürzlich eine Unterredung mit dem 
Marquis von Barbe-Marbois geführt, in der ihm dieser mitgeteilt 
habe, daas er an Noailles im Auftrage Delessarts eine geheime 
Depesche von 27 Seiten zu überbringen habe, in welcher man 
in die grössten Einzelheiten über den Stand der Geschäfte ein- 
gehe; und das ist zweifellos die vom 21. Januar datierte Note. 
Er war also der Ueberbringer derselben. Am 7. Februar traf 
er in Wien ein. Marbois war zum Gesandten beim Reichstag 
in Regensburg ernannt. Hior sollte er mit den deutschen Ständen 
die Verhandlungen über die Angelegenheit der depossedierten 
Fürsten führen. Doch vorher hatte er noch in W T ien mit Kaunitz 



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— 148 — 



Seine Note vom 21. Januar bezeichnet« Delessart als 
„Vertrauliche Mitteilung", was besagte, dass er sie als ein 
geheimes diplomatisches Aktenstück betrachtet wissen wollte. 
Nach seinem Wunsche sollte sie also niemals an die Oeflent- 
lichkeit kommen. Und er hatte allen Grund, dies anzu- 
ordnen. Denn auch er war sich dessen wohl bewusst, dass 
weder ihr Tenor noch ihr Inhalt den Intentionen der Legis- 
lative entsprochen hätte. 

In der Einleitung berührt der Minister noch einmal die 
Emigrantenfrage und das feindselige Gebahren des Erz- 
bischofs von Trier, wie beide Anlässe den Schritt der 
französischen Regierung vom 14. Dezember hervorgerufen 
hätten. 

Sodann schildert er die Befürchtungen, die das ange- 
kündigte Konzert in Frankreich hervorgerufen. Er weist 

Rücksprache zu nehmen (Blumendorf- Mercy, 23. L). Er sollte 
um die Unterstützung des Kaisers für die glückliche Abwickelung 
dieses Geschäftes bitten. Indessen scheinen sich seine Instruktionen 
auch auf eine Erörterung der allgemeinen schwebenden Fragen 
erstreckt zu haben. Denn Blumendorf schreibt am 19. II. an 
Mercy, Delessart habe ihm anvertraut, Marbois ,,serait dans le 
cas de rectifier les premiers impressions que le decret, dont il 
s'agit (d. h. v. 25. I.) a faite ä notre Cour." Ob sich diese Be- 
raerkung-nur auf den Inhalt der Note, die jener zu übertragen 
hatte, bezieht, muss dahingestellt bleiben. Doch scheint Marbois 
noch weitergehende Aufträge gehabt zu haben. Denn Marie 
Antoinette befürchtete von seiner Mission, ihre Politik durch- 
kreuzt zu sehen. Aehnlich, wie sie insgeheim gegen die Denk- 
schrift der Feuillants wirkte, suchte sie Marbois' Aufträge zu 
neutralisieren. Sie beauftragte Blumendorf nach Wien zu melden: 
„dass, was jener auch immer im Namen Ihrer Allerchristlichen 
Majestäten alldort vorbringen oder was für Briefe er auch von 
Seite Höchst Ihnen übergeben dürfte, man hierauf keine Achtung 
haben müsse, massen dieser Mann nicht ihr Zutrauen genösse." 
Leider Hess sich im Wiener Archiv über Marbois' Sendung nicht» 
ausfindig macheu. 



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— H4~^ 

auf das Bedenkliche einer solchen Einmischung in die An- 
gelegenheiten seiner Nation hin. 

Delessarts innerstes Bedürfnis treibt aber dazu, nicht 
den Wiener Hof anzuklagen, sondern vor ihm, wie vor einem 
höchsten Tribunal, die Zustände im eigenen Vaterlande zu 
entschuldigen. Indem er sich in gutmütiger Redseligkeit 
über diese verbreitet, sucht er sie vor dem gestrengen Blick 
des Staatskanzlers cinigermassen zu rechtfertigen. 

Kaunitz habe oft seinem Erstaunen Uber die offenbare 
Unordnung der französischen Staatsverwaltung Ausdruck 
gegeben, über den Ungehorsam der ihr untergeordneten Be- 
hörden und die Geringschätzung, mit der dem Könige manch- 
mal begegnet werde. Der Minister versichert, dass man 
diese Missstände gewöhnlich übertreibe; mit der Disziplin- 
losigkeit im Heere, dem mangelhaften Zustande der Finanzen 
und den inneren Wirren stehe es nicht so schlimm, wie 
man es mache. Wohl müsse er zugeben, dass die Ver- 
legenheit, in der sich augenblicklich die Regierung befinde, 
gross sei; sie werde aber auch vorübergehen; müsse man doch 
jene bedauerlichen Verhältnisse zum grossen Teil der reis- 
senden Schnelligkeit zuschreiben, mit der sich die Umwälzung 
in Frankreich vollzogen habe. Nur von der Zeit könne man 
Herstellung der Ordnung erwarten. 

Aehnlich sucht Delessart die Brandreden in den Volks- 
versammlungen und die frechen, gegen Oesterreich gerich- 
teten Flugschriften zu entschuldigen. Es sei das Beste, 
rät er, diese Ausfälle mit Gleichmütigkeit und Verachtung 
zu strafen. Wie seltsam, wenn sich ganz Europa darüber 
aufregen und an die französiche Nation halten wolle, weil 
sie in ihrem Schosse einige Maulhelden und gallsüchtige 
Zeitungsschreiber berge; oder sollte man ihnen etwa die 
Ehre erweisen, ihnen mit Kanonendonner zu antworten? 

Schliesslich kommt der Minister auf die Kriegsfrage 
zu sprechen. Er leitet zu ihr mit einem etwas komisch 
anmutenden Pathos über: „Mein Herr", sagt er, „ich habe 



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soeben ein grosses Wort ausgesprochen: ein Wort, das 
gegenwärtig alle Gemüter beschäftigt, ein Wort, das den 
einen Unruhe verursacht, während es für die anderen ein 
Gegenstand ihres Begehrens ist: dies Wort heisst Krieg." 
Er betont, dass sein König ihn fUr das grösste Unglück 
halte, das seinem Lande widerfahren könnte, dass er alles 
aufbieten möchte, um ihn seinem Volke zu ersparen. Auch 
Leopold würde aus einem Kampfe mit Frankreich keinen 
reellen Vorteil ziehen. Angenommen er siege, so würde er 
gerade durch seine Erfolge nur in Verlegenheit gesetzt 
werden. Wäre doch die einzige Frucht, die er darin er- 
werben könne, der traurige Gewinn, einen treuen Bundes- 
genossen vernichtet und die Macht seiner wahren Feinde 
und Nebenbuhler dadurch vermehrt zu haben. 

Für beide Teile, für Frankreich und für Oesterreich 
sei eben der Frieden das Erspriesslichste. Im Interesse des 
Kaisers liege es, auch fernerhin das Bündnis mit Frank- 
reich zu bewahren. Es solle, ihm auch, versichert Delessart 
treuherzig, in Zukunft keine Beschwerde verursachen. 

Der Minister schliesst dann mit der Beteuerung: „Ich 
will Ihnen mit einem Worte den Wunsch des Königs, seines 
Conseils und, wie ich wohl versichern darf, denjenigen des 
wohlgesinnten (saine) Teils der Nation ausdrücken: Wir 
wünschen durchaus Frieden: Wir sehnen uns nach der Be- 
endigung einer kostspieligen Kriegsbereitschaft, zu der uns 
verhängnisvolle Umstände gezwungen haben*' *). 

Welch' tiefgreifender Unterschied zwischen Delessarts 
vertraulicher Note und dem Beschluss der Nationalver- 
sammlung vom 25. Januar! Hier verlangt man von dem 
Kaiser den unbedingten Verzicht auf das Konzert der 
Mächte. Dort wagt man kaum eine so entschiedene Forderung 
zu stellen: man begnügt sich mit dem warnenden Hinweise, 
dass das Konzert eine bedenkliche Massnahme sei. Während 



') Vivenot, I, 380 ff. 

Ging an, Die franz. Legislative. 



10 



- 14fi - 



die Volksvertretung die Lösung der Allianz mit dem Hause 
Habsburg anstrebt, klammert sich der Minister um so fester 
an den alten Bundesgenossen und beschwört ihn förmlich, 
die Freundschaft Frankreichs nicht von sich zu weisen. 
Jede Wendung des Dekretes der Legislative atmet mutiges, 
kraftvolles Selbstgefühl. Dagegen bewegt sich Delessarts 
versöhnliche Note zuweilen in kläglichem, würdelosem Ge- 
winsel; gegen Ende bettelt er fast um den Frieden. 

Doch genug, es waren eben zwei grundverschiedene 
Tendenzen, die in dem Dekrete der Nationalversammlung 
einerseits, in der Depesche des Ministers andererseits zum 
Ausdruck kamen. 

Für den springenden Punkt in der Kriegsfrage, für 
die Wahrung der nationalen Selbständigkeit, die die Legis- 
lative als ein anerkanntes Recht vor den L'ebergriffen des 
Wiener Hofes verteidigte, zeigte Delessart ein so geringes 
Verständnis, wie seine Freunde, die Häupter der Feuillants. 
Wie diesen schienen ihm die Ansprüche der deutschen 
Fürsten im Elsass bei der drohenden Verwicklung n^it Deutsch- 
land im Mittelpunkte zu stehen. Barnave ermahnte seine 
Freunde öfter, ja diese Angelegenheit sobald als möglich 
in Ordnung zu bringen. „Hier ist thatsächlich", ruft er aus, 
„der wahrhafte Knotenpunkt der Frage, die zwischen dem 
Inlandc und dem Auslande schwebt; wenn er einmal gelöst 
wäre, sehe ich nicht, wie es die Faktiösen oder die Emi- 
granten anstellen wollen, uns zum Kriege zu treiben" 1 ). 

Und Delessart bemühte sich nach Kräften, den 
österreichischen Geschäftsträger in Paris zur eiligen Ab- 
wickelung dieser Affaire anzuspornen. Er versicherte ihm, 
dass Ludwig XVI. und sein Ministerium fest entschlossen 
seien, das Bündnis mit Oesterreich zu erhalten, dass sie 
aber als Gegenleistung die Hilfe dos Kaisers zur Herbei- 
führung eines angemessenen Arrangements mit den depossc- 

») Barnave, (Euvres IV, 345 f.: vgl. a. 351. 



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- 147 - 



dierten Fürsten erwarteten. Dadurch hoffe die Regierung 
dem drohenden Bruche mit dem deutschen Reiche vorzu- 
beugen, den sie, selbst um den Preis beträchtlicher Opfer, 
gern vermeiden würde 1 ). 

Wir erinnern uns, auch in dem Ministerium hatte die 
Tendenz, der die Legislative huldigte, seit dem Eintritt des 
Grafen Narnonne in dasselbe, einen eifrigen Vertreter ge- 
funden. Wie verhielt sich dieser zu den Friedensbestre- 
bungen seiner Kollegen? Musste nicht ihre Hinneigung 
zu dem System der Lameths seinen Widerstand hervorrufen? 



IV. 

Zwiespalt im Ministerium. 

Die Lameths setzten auch im Dezember und Januar 
den Kampf gegen die Legislative, unbeirrt durch die früheren 
Misserfolge, fort. In ihrem Parteiorgane, der „Allgemeinen 
Zeitung", schalten sie die eingehenden Erörterungen, die 
die Abgeordneten der auswärtigen Frage widmeten, eitel 
Zeitverschwendung; sie warfen ihnen vor, dass sie darüber 
wichtige Aufgaben, wie die Ordnung der Finanzen und der 
Steuererhebung vernachlässigten 2 ). 

Narbonne und sein Freundeskreis dagegen hatten sich, 
wie wir gesehen haben, den Führern der Nationalversammlung 
genähert. Nicht im Gegensatz, sondern im Einvernehmen 
mit der Volksvertretung sollte nach ihrer Meinung die 
Regierung ihr Heil suchen. Schien doch auch der all- 
gemeine Beifall, der das gewinnende Auftreten des Kriegs- 
ministers in der Legislative belohnte, diese Forderung zu 
rechtfertigen. 



') Blumendorf' an Merey »1. 14. I. 17f>2. 

a j Görnas, Courier üVa (luatrt-vingt-trois üVpurteimMits, 17^2 
Xo. 19, Bd. Hl : N... l'J, Bd. 32: Nu. HJ. Bd. 33. 

10* 



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Narbonne suchte von vorneherein auch seine Kollegen 
für sein Programm zu gewinnen. Vornehmlich war es ihm 
um Delessart zu thun. War doch seine Hilfe als Minister 
des Auswärtigen unentbehrlich, wenn anders ßrissots und 
Lafayettes Parteigänger ihren Plan, England und Preussen 
einem Bündnis mit Frankreich geneigt zu machen, durch- 
setzen wollten. Und Delessart schien in der That Anfang 
Januar aus dem Lager des Triumvirates zu den Fayettisten 
übergehen zu wollen 1 ). Denn als nach dem Eintreffen der 
Dezembernote das Betragen des Kaisers allgemeinen Tadel 
fand, da geriet auch der sonst so duldsame Minister in 
Harnisch. Wir erinnern uns der Auseinandersetzung, die er 
im Unmut darüber mit dem österreichischen Geschäftsträger 
hatte. Er erblickte in den Erklärungen des Wiener Hofes 
eine Verletzung des Bundesverhältnisses und Hess verlauten, 
die Regierung könne dasselbe unter diesen Umständen nicht 
mehr erhalten, sondern müsse nach anderen Allianzen 
aussehen. 

Aber dieser entschiedene Ton entsprach doch dem et- 
was ängstlichen Charakter Delessarts wenig. Allmählich 
entschlüpfte er wieder dem Kreise der Baronin StaiM und 
schloss sich um so inniger an die Lameths an. Und diese 
waren, wir brauchten es kaum zu wiederholen, durchaus 
gegen die von den Häuptern der Legislative mit Narbonnes 
Freunden geplante Umwandlung des alten Allianzsystems. 
Weil sie bei ihrer Hinneigung zum Wiener Hofe dadurch 
den Argwohn und das Missfallen desselben zu erregen be- 
sorgten, so waren sie auch entschieden gegen jeden Versuch, 
England und Preussen zu einem französischen Bündnis zu 
bestimmen. Als daher Narbonne die Sendung Talleyrands 



') Feuillet. V, 1'25 f. „.T'oi dit", schreibt hier Pilleuc, ..«pie 
M. de Lessart trempait un peu Iii dedans. En eftet um ne peut 
se passer de lui. II soupe souvent che/ Mad. de Stael et 011 
l'a environne de tout ee parti* 1 . Vgl. a. Morris. I. 511. 



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nach London vorschlug, um England eine Allianz anbieten 
zu lassen, waren seine Kollegen im Kabinett, die es meist 
mit dem Triumvirate hielten, mit Ausnahme Cahiers, gegen 
seinen Vorschlag. Auf das entschiedenste erklärte sich be- 
sonders der Marineminister ßertrand von Mollevillc dagegen ; 
er nahm im Conseil eine selbständige Stellung ein und 
stand beim Königspaare in einiger Gunst, das ihn auch in 
diesem Falle zum Widerstande gegen den Antrag des 
Kriegsministers veranlasst hatte; sein Votum genoss daher 
ein gewisses Ansehen. 

Nach langem heftigen Sträuben gab aber der Minister- 
rat dennoch dem Vorschlag Narbonnes Folge. Was diesen Um- 
schwung bewirkte, wissen wir nicht genau; jedenfalls wohl 
die Erwägung, dass der Kriegsminister die Häupter der 
Legislative hinter sich hatte; auch scheinen die Fayettisten 
im Falle der Ablehnung des englischen Bündnisversuches 
mit offenem Abfall gedroht zu haben 1 ). Die Lameths gaben 
nach. Der Bischof von Autun wurde, wie es die Kriegs- 
partei verlangte, mit dem geheimen Auftrage nach London 
gesendet, das dortige Ministerium in betreff eines etwaigen 
französisch-englischen Bündnisses zu sondieren. 

Insgeheim jedoch waren die Lameths und Delessart 
von Anfang an entschlossen, die Mission Talleyrands, die 
sie an und für sich für aussichtslos hielten, zu vereiteln. 
Narbonne erfuhr bald zu seinem Erstaunen von dem Lord 
Gower, dem englischen Gesandten in Paris, der Minister 
des Auswärtigen habe ihn so spät von der Sendung des 
Bischofs in Kenntnis gesetzt, dass er sie seinem Hofe nicht 
mehr rechtzeitig anzeigen könne 5 ). Die Anzeichen dieser 
Art mehrten sich. Talleyrand fasstc in London Depesche 
auf Depesche an Delessart ab, forderte wiederholt die 
Sendung eines bevollmächtigten Ministers zur Unterstützung 



l > Morris, I, 508 tt. Brief vom -1. II. 17U2. 
2) Pallain, S. U f. 



— 150 — 



seiner diplomatischen Aktion — denn er hatte keinen offi- 
ziellen Charakter — , gab die grössten Hoffnungen auf das 
Gelingen des Allianzplanes 1 ). Alles umsonst. Delessart 
antwortete nicht, sondern hüllte sich in undurchdringliches 
Schweigen'). 

Eben in der Sache des englischen BUndnisplanes führten 
Fayettisten und Lamethisten einen erbitterten Zeitungskrieg 
gegen einander. Das Triumvirat behandelte in seinen 
Blättern den Bischof mit satirischem Hohne; es spottete 
über seine nach ihrem Vorgeben schon gescheiterten BUndnis- 
werbungen und verbreitete böswillige Gerüchte Uber seinen 
Umgang in London, wie z. B., dass er die Freundschaft 
des revolutionsfeindlichen Burke suche 8 ). Talleyrand rächte 
sich. Seine Freunde lanzierte n in die von Condorcet 
und Brissot geleiteten Zeitungen Notizen, in denen sie an- 
deuteten, dass es nur der absichtlichen Säumigkeit und den 
Intriguen der Lameths zuzuschreiben wäre, wenn die Mission 
des Bischofs resultatlos verlaufe 4 ). 



») Pallain, S. 54; vgl. S. 64 f. 

2 ) Pallain, S. 60. 10. II. 1702 schreibt Tall. an Del.: ..Je 
no reeois point de uouvelles, Monsieur, et v<<us en etes ä ma 
cinquieme lettre 14 und dringender d. 14. II. „Vous ne m'ecrivez 
donc point: je n'entends rien a cela: et je vous jure quo c'est 
mal.- Vgl. S. 84. 

■•') a. a. O. 8. 47, 88, 118 Anm. 2. 

«) Pallain, S. 70. Anm. Vgl. a. 8. 116 f. Anm. Brissots 
„Patriote franeais-' brachte am 15. II. 1702 einen Artikel unter 
der Spitzmarke: „Extrait d une lettre ecrite par un Francais 
residant h Londres 10. II. 1702.' 4 Dieser Brief ist zweifellos 
von Talleyrand, wenn dieser es auch leugnete, als ihn Delessart 
der Urheberschaft zieh. Er enthält mitunter wörtlich die Vor- 
würfe, die der Bischof dem Ministerin seinen Depeschen machte; 

so z. R. am 3. II. 1702 schreibt Tall. an Del si nous 

avons Tair .... de ne pas croire ä notre propre revolution. 
quelle confiance pouvons-nous inspircrV' 4 (Pallain, S. 61). Im 



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— 151 - 



Aehnliche Differenzen, wie über die Mission Talleyrands, 
erhoben sich im Lager der Konstitutionellen über die Frage, 
welches Verhältnis Frankreich zu Preussen einnehmen solle. 
Lafayettes Freunde schlössen sich auch hier den Brissotins 
an: der Bischof von Autun hielt den Versuch, an dem 
Berliner Hofe um die Bundesgenossenschaft Preussens zu 
werben, für die notwendige Ergänzung seiner Londoner 
Sendung. 

Die Lameths waren nicht dieser Meinung. Ihnen kam 
es vor allem darauf an, wie den Kaiser, so auch Friedrich- 
Wilhelm II, von einer Unterstützung der Emigranten ab- 
zuhalten. Seit dem Abgange des Grafen Moustiers war 
nur ein Geschäftsträger mit der Vertretung der französischen 
Interessen in Berlin beauftragt. Sie sandten jetzt einen 
ihrer Anhänger, den Grafen Segur, als bevollmächtigten 
Minister dorthin. Seine Instruktionen waren durchaus im 
Sinne des Triumvirates 1 ). Einen BUndnisantrag hatte er 
dem preussischen Ministerium nicht zu machen. Lafayettes 
Freunde waren mit der Wahl dieses Gesandten von vorn- 
herein unzufrieden. Sie klagten Delessart an, dass er sie 
getroffen habe, weil er eben den Misserfolg der Berliner 
Sendung wünsche 2 ). Denn S6gur war ein erklärter Gegner 

„Patriote** hcisst es: „il faut surtout que votre rainistre (Deles- 
sart) ait l'air de croire tout ä fait ä notre revolution et ä itotre 
revolution faittv 1 Der Brief sollte eine Demonstration gegen den 
von den Laineths missleiteten Delessart sein, wie dies aus der 
Anklage hervorgeht: ..Notre ministre des affaires etrangeres est. 
informe de tout oela (nämlich, dass es sehr leicht wäre ein«! 
Neutralitätserklärung und bald auch ein Bündnis von England 
zu erhalten) et s'il n'agit pas en consequence c'est mauvaise 
volonte ou crainte de certains faux patriotes qui le subjuguent" 
(d. h. vor den Lameths). 

') Segur, Histoire des prineipaux eveneinents du regne de 
Frederic-Guillaume II. Bd. II, S. 216. Vgl. auch Goltz' 
Depeschen 23. XII. 1791 (Preuss. G. St.). Sorel, II. 330 f. 

s ) Pallain, S. 35. Vgl. a. S. 26 u. 12 f. Sybcl, I«, 334. 



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— 152 - 



des Systems Favier, für das die französische Kriegspartei mit 
solchem Eifer eintrat, 

So trat bei allen Angelegenheiten, soweit sie die aus- 
wärtige Frage betrafen oder nur mittelbar mit ihr zusammen- 
hingen, ein immer stärker werdender Antagonismus zwischen 
den Häuptern der beiden konstitutionellen Parteiflügel hervor. 

Mitte Januar musste Narbonne eingesehen haben, dass 
die Mehrheit des Conseils treu beim Triumvirate verharren 
und niemals für sein politisches Programm zu gewinnen 
sein würde. Er selbst hatte gerade damals eine ausser- 
ordentlich starke Stütze in der Öffentlichen Meinung ge- 
wonnen, namentlich durch seine Erfolge in der Legislative. 
Selbst streng demokratische Blätter, wie Gorsas' „Courier" 
spendeten ihm Lob; seine liberale Gesinnung, seine Leut- 
seligkeit hatten ihm sogar im Volke eine gewisse Beliebtheit 
verschafft. Er nahm eine Stellung ein, die ihn weit Uber 
seine unbedeutenden Kollegen erhob, welche meist die 
heftigsten Anfeindungen von den populären Zeitungen zu 
erdulden hatten. Im Vertrauen auf seine glückliche Lauf- 
bahn als Minister glaubte er einen entscheidenden Schritt 
wagen zu dürfen: er unternahm den Versuch, die Königin 
selbst zu seinem politischen Programm zu bekehren, um 
durch sie dann die Besetzung des Ministeriums in die Hand 
zu bekommen. Ihre Abneigung gegen die Minorität des 
Adels und insbesondere gegen ihn wegen seiner Beziehungen 
zu der Tochter Neckers kannte er sehr wohl. Wie unver- 
söhnlich das Königspaar seinen Freund Lafayette hasste, 
hatte er erst jüngst erfahren: denn als er die Ernennung 
des Generals zum Befehlshaber eines der drei Grenzkorps 
vorgeschlagen, hatte sie Ludwig XVI. zuerst entschieden 
abgelehnt. Aber trotz dieser wenig verheissuugsvollen An- 
zeichen entschloss er sich zu dem ausserordentlichen Schritte 1 ). 

») Bertrand, VI. 270 ff.; Mad. dr Touml, II, 3U f.; Vau- 
blanc, I, 312 f. 



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- 153 - 



Eines Tages Hess er Marie Antoinette um eine Audienz 
bitten. Sie wurde gewährt. Der Minister las der Königin 
eine längere Denkschrift vor. Hier wurde zunächst der 
vielfachen Gefahren gedacht, von denen der Thron augen- 
blicklich umdroht sei. In solcher kritischen Zeit müsse der 
König einen Mann wählen, der hohe staatsmännische Be- 
fähigung habe, sich aber gleichzeitig einer grossen Popu- 
larität erfreue. Auf dessen unerschütterliche Treue solle 
er getrost sein ganzes Vertrauen setzen und ihn mit den 
umfassendsten Vollmachten ausstatten. Alle wichtigen Ver- 
waltungsposten, die Befehlshaberstellen in der Armee, vor 
allem das Ministerium würde dieser Mann nach eigenem 
Gutdünken zu besetzen und der Monarch ihm damit die 
Rolle eines Ersten Ministers einzuräumen haben. Dann 
werde er, gestützt auf die Majorität der Legislative, getragen 
von der Gunst des Volkes, das Staatsschiff geschickt durch 
alle Klippen und Riffe steuern und Thron und Vaterland 
gleichzeitig erretten. 

Auch die Kriegsfrage scheint Narbonne berührt zu 
haben. Er soll der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck gegeben 
haben, dass das französische Volk, durch seine politische 
Umwälzung zu kräftigem Xationalbewusstsein erwacht, den 
Feind überwinden würde. Ein nationaler Krieg gegen Oester- 
reich würde für das Königtum die günstigsten Aussichten 
bieten : nach seiner glücklichen Beendigung werde sich wohl 
Gelegenheit bieten, die Autorität des Monarchen wieder zu 
verstärken. 

Nachdem der Minister geendigt hatte, bemerkte ihm 
Marie Antoinette mit feiner Ironie: „Gewiss, das alles ist 
sehr gut, aber unglücklicher Weise unausführbar, denn 
sagen Sie mir, wenn ich bitten darf, wo würden Sie denn 
den einzigen, den wunderbaren Mann hernehmen, den Sie 
zum Premierminister wählen wollten?" Als ihr Narbonne 
darauf seine Dienste antrug, — denn das Bild, das er in 
der Denkschrift entworfen hatte, trug ja auch für die 



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— 154 — 

Königin unverkennbar seine Züge — lachte sie belustigt. 
Dann berief sie sich auf den Buchstaben der Verfassung; 
da sei ein Premierminister nicht vorgesehen, also könne 
der König auch keinen ernennen, ohne gegen sie zu Ver- 
stössen. 

Um kurz zu sein, Narbonne erlitt eine völlige Nieder- 
lage, die noch unangenehmer dadurch wurde, dass Marie 
Antoinette seinen Widersachern die Gelegenheit gab, zum 
Schaden noch den Spott zu fügen. 

Naturgemäss erweiterte der fehlgeschlagene Versuch 
Narbonnes. im Sturm sich die G unst des Hofes zu erobern, 
die Kluft zwischen ihm und den Lameths. War doch soine 
Bewerbung um den Premierministerposten nichts anderes 
als ein Schachzug, der sich gegen ihren Einfluss im Mini- 
sterium richtete. Er zeigte, dass er die Regierung ganz in 
die Hände seiner politischen Freunde zu bringen und die 
Triumvirn zu verdrängen wünschte. Wie gern hätten diese 
sich sofort ihres gefährlichen Nebenbuhlers entledigt. Aber 
es ging noch nicht an. Sie durften nicht wagen, den 
Minister zu vertreiben, der allein von den Mitgliedern des 
Oonseils sich einiger Beliebtheit beim Volke erfreute, der 
vor allem in der Legislative einen mächtigen Anhang hinter 
sich wusste. 

In der Folge scheint nunmehr Narbonne alle seine An- 
strengungen darauf gerichtet zu haben, sein Portefeuille 
mit dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten zu 
vertauschen Die Reorganisation der Armee hatte er in 
die richtigen Wege geleitet; der Oberbefehl lag in den 
Händen seiner Freunde. Das bot ihm sichere Gewähr, dass 
auch ein Nachfolger, den die Lameths gewählt hätten, in 
seinem Sinne weiter arbeiten musste. Es lag ihm jetzt 
alles daran, die Leitung der Diplomatie in die Hände seiner 
Partei zu bringen. Wir wissen ja, wie wenig Delessart 

l ) Anieth, p. 246; Bertrand, VI, 278; Morris I, 522. 



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dieses Ressort unter dem Einfluss des Triumvirates zur Zu- 
friedenheit der Fayettisten verwaltete. Aber dieser war 
trotz aller Intriguen des Kriegsministers nicht zum Verzicht 
auf seinen Posten zu bewegen. 

Im Publikum musste die Uneinigkeit unter den 
Ministern dem Ansehen des Kabinetts schaden. Der 
zwischen den beiden Faktionen herrschende Widerspruch 
kam auch mitunter zu offenbar an den Tag. So stach in 
der Legislative die Haltung des friedfertigen Delessart 
merkwürdig von dem Betragen des kriegslustigen Narbonne 
ab, so dass einmal ein Deputierter die unwirsche Be- 
merkung fallen liess: „Der Minister des Auswärtigen 
kommt jeden Tag, um vor euch Depeschen zu verlesen, die 
davon zeugen sollen, dass man die Emigranten aller Orten 
verjagt und geneigt scheint, mit Frankreich in gutem Ein- 
vernehmen zu leben, während auf der anderen Seite der 
Kriegsminister den Krieg begehrt und euch täglich um 
neue Mittel angeht, um für ihn zu rüsten" 1 ). 

Auch im Klub der Feuillants standen die Lametbs und 
ihr Anhang den Freunden Lafayettes, die hier von Beau- 
metz und Chapelier geführt wurden, schroff gegenüber*). 
Unter Ramonds Vorgang wollten die Parteigänger des 
Generals die kriegerischen Tendenzen, wie sie in der Legis- 
lative herrschten, auch in der Gesellschaft zur Geltung 
bringen. 

Im grossen Parteileben hatte der Klub seit Ende 
Dezember wenig zu bedeuten. Da war es den Jakobinern 
gelungen, den Feuillants eine empfindliche Niederlage bei- 
zubringen. Sie beschuldigten sie reaktionärer Pläne: auf- 
geregte Volksmasseii stürzten in ihr Versammlungslokal und 
beschimpften und verhöhnten die Teilnehmer. So wurden 
sie zu mehreren Malen auseinandergesprengt. Ihre Be- 



») Moniteur Xu. 22. 171)2. Albitto in der Sitzung v. 21. I. 
3 ) Bacuurt, III, 284 f. 



- 156 - 



schwerden bei dem Bürgermeister P<Hion hatten keinen Er- 
folg. Endlich mussten die Feuillants auf einen Beschluss 
der Nationalversammlung ihr Lokal, das sich in der Nähe 
des Abgeordnetenhauses befand, aufgeben. Sie eröffneten 
ihren Klub im Hotel Richelieu wieder. Dort fanden sich 
aber nur wenige Getreue ein. Die Schöpfung der Lameths 
fristete hier noch mehrere Monate kümmerlich ihr Dasein 1 ). 

Es waren vor allem Brissots Leute, die ihnen diese 
Niederlage beigebracht hatten. Gewiss sahen es Lafayettes 
Freunde mit heimlichem Behagen, wie ihre Nebenbuhler 
auch diesen Stützpunkt verloren. Doch aus dem Ministerium 
konnten sie den Einfluss der Triumvirn vorläufig nicht aus- 
schliessen. Diesen trat der Hof hilfreich zur Seite, und 
jenen fehlte noch die Handhabe, sich durch einen ent- 
scheidenden Schlag der Regierung zu bemächtigen. 

So suchen sich in dieser Entwickelungsphase der 
Kriegsfrage die grossen Gegensätze, ohne wirklich auf ein- 
ander zu treffen. Alle Anzeichen kündigen aber ihren 
nahen Zusammenprall an. Wie in der vorigen Epoche 
die Dezembernote, so sollte in der folgenden wiederum 
eine Aeusserung aus der Wiener Kanzlei das Signal und 
die Veranlassung geben. 



') Beaulieu, Ui. 51 ft'. 



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Sechstes Kapitel. 



Entscheidender Vorstoss des Wiener Kabinetts 
ge^en die Legislative. 

I. 

Antwort des Kaisers auf die Denkschrift der Lametbs. 

Wir haben in unserer Abhandlung den Verlauf der 
Kriegsfrage vorzüglich im Rahmen der französischen Partei- 
bewegung zu betrachten; den anderen Schauplatz ihrer Ent- 
wicklung, die Wiener Hofburg, durften wir nur flüchtig 
streifen. Zu einer etwas eingehenderen Würdigung des- 
selben fordert der Annäherungsversuch der Feuillants an 
Leopold II. auf. Erst wenn man das Ziel der kaiserlichen 
Politik kennt, kann man ermessen, wie bedeutsam dieser 
Schritt des Triumvirates in der allgemeinen Verflechtung 
der Weltverhaltnisse wurde. 

Gerade als die Kiiegspartei in der Legislative zu einem 
kräftigen Schlage gegen das Wiener Kabinett ausholte, voll- 
zog siel» im Schosse desselben unter Kaunitzens Vorgang 
eine wichtige Wandlung, die zu entschiedenerer Bekämpfung 
der französischen Revolution hindrängte'). . Dies erhellt 
aus einer Vorlage, die die kaiserliche Kanzlei für die Staats- 
konferenz vom 17. Januar vorbreitet hatte 2 ). 

') ^"gl* fr ,r dieses Kapitel : Lenz, a. a. O. 30'2 ft. 
a ) Vivenot, I, 330 ff. 



- 158 - 



Hier rät Kaunitz dem Kaiser, mit dem Systeme des 
Abwarten*, das er bisher den französischen Zuständen gegen- 
über beobachtet habe, zu brechen und auf ernste Massregeln 
gegen die Radikalen zu denken. Zu dieser Mahnung ver- 
anlassten ihn die schlimmen Nachrichten, die er letzhin von 
Mercy über das erneute Ansteigen der revolutionären Hoch- 
flut empfangen hatte. 

Ein anderes Moment, das den Fürsten zur Aufgabe des 
„passiven Interimalsystems", so nannte er die abwartende 
Haltung des Wiener Hofes, antrieb, bildeten die bitteren 
Klagen, welche Marie Antoinette in Petersburg, Berlin, 
Madrid und Stockholm über das unthätige Zaudern ihres 
Bruders hatte anbringen lassen. Dieser hatte sein passives 
Verhalten bisher mit dem Vorgeben gerechtfertigt, in Ueber- 
einstimmung mit seiner Schwester enthalte er sich jeder 
Einmischung in die französischen Angelegenheiten. Jetzt 
aber strafte die Königin seine Behauptung durch ihre Be- 
schwerden Lügen. Kaunitz fand das für das Ansehen seines 
Herrn nachteilig: bei den fremden Souveränen möchte, 
fürchtete er, die Meinung allgemein werden, „dass des 
Kaisers Majestät wegen der französischen Angelegenheiten 
die Sturmglocke anzuziehen zwar der Erste gewesen, aber 
auch in dem Moment, da es zum Ernst kommen soll, im 
Zurückbleiben der Erste sind u . Man fühlte sich also in 
Wien durch die Vergangenheit gebunden; man war im Juli 
und August durch die Erklärungen von Padua und Pillnitz 
zu offen für das französische Königspnar eingetreten, um 
sich jetzt, ohne inkonsequent zu erscheinen, um seine Be- 
drängnis gar nicht zu kümmern. 

Man fasste daher den Entschluss, die Verwirklichung 
des europäischen Konzertes, mit der man Frankreich wieder 
in der Dezembernote gedroht hatte, bestimmter ins Auge zu 
fassen. Eben in der oben erwähnten Konferenzvorlage kaui 
diese Absicht zum Ausdruck. 

Dieses Mal konnte Leopold nicht, wie im Juli des ver- 



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- 159 — 



flossenen Jahres, die Berufung des Konzerts mit einem Hin- 
weise auf die angebliche Unfreiheit Ludwigs XVI. begründen. 
Sonst hätte er den König dem gefährlichen Verdacht aus- 
gesetzt, dass er heimlich selbst die Veranstaltung des Vereins 
der Mächte bei diesen in Antrag gebracht habe. Es war 
vielmehr unumgänglich notwendig, den Wirkungsplan des 
Konzerts so zu fassen, „dass kein Verdacht auf den König 
und die Königin, als wenn sie verborgene Hand mit im 
Spiele hätten, fallen könnte". Aus diesem Gesichtspunkt 
entwarf man folgendes Programm. 

Es sollte von Frankreich die Autlösung der drei 
Armeen, die jüngst an der Reichsgrenze aufgestellt waren, 
gefordert werden, ferner die Wiedereinsetzung der deposse- 
dierten Fürsten, die Rückgabe von Avignon und Venaissin 
an den Papst. Auch wollte man die Garantie der „fort- 
währenden Giltigkeit" aller zwischen Frankreich und anderen 
Mächten errichteten Traktate verlangen. Kaunitz gab zwar 
zu, dass es sich bei der Aufstellung dieser Bestimmung vor- 
nehmlich um das Sonderinteresse des Hauses Habsburg 
handele, indem man dadurch den Fortbestand der für 
Oesterreich günstigen Versailler Allianz sich sichern wollte. 
Indessen meinte er, sie doch in den Plan des Konzerts auf- 
nehmen zu müssen', da ihr ja zugleich „eine wahre Cause 
commune aller Staaten" zu Grunde liege, „als aller Interesse 
erfordere, einen Grundsatz nicht einreissen zu lassen, kraft 
dessen Traktate von was immer für einer Art, die zwischen 
Souveränen errichtet worden seien, von der Nation eines 
paciscierenden Souveräns umgeworfen und für nichtig er- 
klärt werden könnten" 1 ). 

Wie offenbar geriet hier das Bestreben, die alten 
dynastischen Interessen gegenüber den Grundsätzen der 
Revolution zu wahren, mit dem Prinzipe der Volkssouveränität 
in Widerspruch. An demselben Tage, am 25. Januar, au 

') Vivenot, I, 349. Kaunitz an Reusa d. 20. Jan. 1792. 



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- 160 - 

-dem Kaunitz so seine Forderung begründete, forderte die 
Legislative ihrerseits Ludwig XVI. auf, dem Kaiser feierlich 
zu erklären, der König der Franzosen könne mit keiner 
Macht anders, als im Namen und Auftrage der Nation 
Bündnisse und Verträge schliessen 

So könnte es scheinen, als hätte der Wiener Hof die 
Grundsätze der Revolution überhaupt ausrotten wollen. Doch 
daran dachte er keineswegs. Er wollte die französische 
Konstitution in ihren Grundlagen bestehen lassen; nur eine 
mässige Modifikation derselben sollte dem Königtum einen 
festeren Bestand, seiner Autorität einen weiteren Spielraum 
gewähren. Mit aller Entschiedenheit verwahrte sich Kaunitz 
gegen das Ansinnen Schwedens, Spaniens und namentlich 
Russlands, auf eine vollständige Wiederherstellung des alten 
Zustandes in Frankreich hinzuarbeiten. Ein solches Unter- 
nehmen wäre, wie wir schon hervorgehoben haben, dem 
österreichischen Staatsgedanken, wie ihn der Fürst gefasst 
hatte, geradezu zuwidergelaufen. Würde Habsburg, so 
führte Kaunitz aufs neue in der Konferenzvorlage aus, die 
Bourbonen eben durch Herstellung ihrer absoluten Herrscher- 
gewalt wieder auf den früheren Grad ihrer Macht und ihres 
Einflusses gelangen lassen, so würde es in ihnen sich einen 
seiner gefährlichsten Nebenbuhler wiedererwecken und damit 
also den „allerunverzeihlichsten und gefährlichsten Staats- 
lehler" begehen. Vielmehr komme es für das Erzhaus dar- 
auf an, ja nichts anderes als einen cinigermassen erträg- 
lichen Zustand für das Königspaar in Frankreich herzu- 
stellen, r un ordre de choses supportable", wie es Marie 
Antoinette selbst in einem ihrer Briefe nenne, d. h. „ein 
solches Mittelding von Vergleich und einer monarchischen 
Regierungsverfassung zu Stande zu bringen, woraus für 
Frankreich nichts anderes als eine fortwährende Fluktuation, 
Gährung, innerliche Schwäche und äusserliche Nullität ent- 

«) Buchez, XIII, 61. Artikel I den Dekretes v. 25. I. 1792. 



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161 - 



stehen" könne 1 ). Gerade diesen Zustand hoffte Kaunitz zu 
erzielen, wenn er im wesentlichen die französische Kon- 
stitution bestehen liess. 

Auch taktische Rücksichten bestimmten den Wiener 
Hof, das Programm des geplanten Konzerts möglichst ein- 
zuschränken. Eben durch eine grosse Mässigung seiner 
Bedingungen wünschte der Fürst einen grossen Teil der 
französischen Bevölkerung mit der Einmischung des Vereins 
der Mächte zu versöhnen. 

Mercy hatte schon in seiner Einberichtung vom 24. De- 
zember angedeutet, dass die konstitutionelle Partei, d. h. 
die Feuillants eine bewaffnete Dazwischenkunft des Aus- 
landes nicht ungern sehen würde 2 ). Den Vorteilen, die eine 
geschickte Ausnutzung dieser geheimen Strebungen dem 
Konzerte bringen könnte, widmete der Gesandte in einem 
Briefe an Kaunitz vom Anfang Januar eine breitere Be- 
trachtung 8 ). 

Er warnt hier eindringlich vor einer Unterstützung der 
Emigranten. Wenn man ihre Prätensionen erfüllen wollte, 
würde sich die ganze Nation einmütig gegen die ein- 
marschierenden Streitkräfte der Mächte erheben. Ein Kreuz- 
zug dieser neuen Art würde sicherlich vollständig miss- 
glückcn. Wahrscheinlich würde er in dem Heere der Angreifer 
sowohl wie in ihren Staaten einen allgemeinen Aufruhr zur 
Folge haben: die Revolution könnte auf diesem Wege in 
einem halben Jahre in der Welt die Runde machen. Nein, 
wenn man so ungeschickt verfahren würde, verstünde man 
sich schlecht auf die Kunst, das französische System zu be- 
kämpfen. Solle es damit gelingen, so müsse man das Pro- 
blem sich folgendermassen stellen: Es sei überaus schwierig, 
wenn nicht unmöglich, eine Nation, die aus 24 Millionen 
Köpfen bestehe, zu besiegen, wenn sie einig sei; dagegen 

>i Vivenot, I, 340. 
») FeuilK IV, 340. 

3 ) Mercy an Kaunitz, 7. Jan. 17U'2 (Wiener Archiv). 
Qlagau. Dia franz. Legislative 11 



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- 162 - 

sei es leicht, einen Bruchteil derselben niederzuwerfen, wenn 
man die übrige Masse dabei auf seiner Seite habe. Aus 
dieser theoretischen Ueberlegung heraus müsse das Konzert 
die Dinge in Frankreich in Angriff nehmen. Aus dem un- 
versöhnlichen Gegensatze zwischen Jakobinern und Feuillants 
müsse es Nutzen zu ziehen suchen, indem es eine Partei 
geschickt gegen die andere ausspiele. Das Programm der 
Gemässigten sollten die Mächte zu dem ihrigen machen und 
sie für ihre Intervention gewinnen, um dann mit ihrer Hilfe 
die Radikalen zu überwältigen. Die französische Konsti- 
tution könne man vorläufig ganz aus dem Spiele lassen und 
nur von territorialen Fragen, wie von der Angelegenheit der 
depos8edierten Fürsten, der Rückgabe Avignons sprechen. 
Man könnte sogar die Versicherung abgeben, dass sich die 
Mächte garnicht in die inneren Angelegenheiten Frankreichs 
mischen wollten. Durch das Unglück, das mit dem Bürger- 
kriege über das Land hereinbreche, durch den allmählichen 
Triumph der vom Auslande unterstützten Gemässigten würde 
sich die Gegenrevolution schon von selbst vollziehen und 
zwar nachhaltiger, als wenn sie durch die Mächte allein 
herbeigeführt worden wäre. 

Das war eine Gedankenreihe, die Kaunitzens vollen 
Beifall fand 1 ). Schon im Juli des vorigen Jahres, als man 
am Wiener Hofe zuerst an die Bildung eines europäischen 
Vereins gegen die Revolution dachte, hatte Kaunitz das 
von Mercy bezeichnete Ziel ins Auge genommen, gleich da- 
mals schrieb er an Ludwig Cobenzl, dass das geplante 
Konzert so geringe Anforderungen in betreff einer Modi- 
fikation der Verfassung an die französische Nation stellen 



l ) Vivenot, I, 428. Wie wirksam jene Ausführungen Mereys 
auf Kaunitzens Politik gewirkt hal>en, sieht man insbesondere 
aus einer Denkschrift Leopolds an Marie Antoinette (Febr. 170'J». 
Vgl. FeuilK 433 f. 



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- 163 - 

sollt«, dass „sieb die Herbeiziehung des vernünftigsten Teiles 
der Nation mit Wahrscheinlichkeit hoffen lasse" 1 ). 

Man kann sich denken, mit welcher Freude jene 
beiden Staatsmänner es begrüssten, als sich gerade in dieser 
Zeit, Mitte Januar, die Häupter der Feuillants an den 
Wiener Hof wandten. Diese boten sich ihren Kombinationen 
als willkommene Handhabe dar. Ihre Denkschrift begleitet 
Mercy, indem er sie an Kaunitz sendete, gleich mit einigen 
lobenden Bemerkungen über die treffenden massvollen An- 
sichten der Verfasser 2 ). Auch der Staatskanzler hielt nicht 
mit seinem Beifall zurück. Mit sichtlicher Befriedigung 
hebt er hervor, dass die Denkschrift „wirklich so bittere 
Ausfalle wider die Partei der Jakobins, so aufrichtige Ge- 
ständnisse der Notwendigkeit, die Konstitution zu modi- 
ticieren, und in dieser Hinsicht den unsrigen so nahe 
kommende Modifikationsideen enthält, dass es leicht war, 
alle unsere diesfälligen Desideria und Absichten mit den 
eigenen Ausdrucken des jenseitigen Memoire zu 
bedecken und zu definieren" 1 ). 

Mit Eifer ergriff er die Gelegenheit, um die Feuillants 
von den Zielen der Wiener Politik zu verständigen, ihnen 
nahe zu führen, dass der Kaiser die gleichen Absichten, 
wie sie, hege. Er fürchtete, dass die Ansammlung der 
Truppenmengen, welche die Forderungen des Konzertes im 
Weigerungsfalle unterstützen sollton, selbst die Gemässigten 
in Unruhe versetzen könnten, falls man sie nicht vorher 
davon überzeuge, dass man nur „sehr mässige Modifi- 
kationen 4 * an der Verfassung vornehmen wolle. Die Ant- 
wort, die er den Lameths auf ihre Denkschrift zu geben 
hatte, bot ihm den gewünschten Anlass, um ihnen jede Be- 
sorgnis Uber die Intentionen des Wiener Hofes zu benehmen. 



») Vivenot, I. 204, (1. 23. VII. 1791. 
*) F.-uillet. V, 1>4, d. 14. I. 1702. 

3 ) Vivfinot, 1, 3r>7 ti*. Kaunitz an Meiw d. 31. I. 175J2. 

11» 



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- 164 - 

Sie würden dann, hoffte Kaunitz, nicht nur dem Konzert 
sich nicht widersetzen, sondern sogar durch thätige Bei- 
hilfe „zur Vorbereitung und Beförderung eines vergnüglichen 
Ausschlages des diesseitigen Vorhabens selbst beitragen." 

In seiner Entgegnung auf das Memoire der Feuillants 1 ) 
stimmt der Staatskanzler dem Grundsatze, den das Trium- 
virat stark hervorgehoben hatte, nämlich dass die Wieder- 
einführung des absoluten Regimes in Frankreich ein Unding 
sei, vollkommen bei. Die wesentlichen Grundlagen der 
Verfassung, versichert er, müssten durchaus bestehen 
bleiben. Es könne sich eben nur um Verbesserungen 
handeln, wie sie die Verfasser jener Denkschrift „mit be- 
friedigender Genauigkeit" vorgezeichnet hätten. Den Plan, 
erforderlichen Falls in Frankreich gewaltsam durch die 
fremden Mächte eingreifen zu lassen, lässt er unverhüllt 
durchblicken. Obgleich der Kaiser die Hoffnung noch nicht 
aufgegeben habe, dass die Besserung der inneren Lage sich 
auf friedlichem Wege ermöglichen lasse, so schwinde ihre 
Erfüllung doch mit jedem Tage mehr und mehr dahin. In 
bitteren Anklagen ergeht sich Kaunitz gegen die Jakobiner, 
deren nichtswürdiges Treiben das Triumvirat in der Denk- 
schrift schon so trefllich gekennzeichnet habe. Obgleich 
diese Hitzköpfe numerisch sehr schwach seien, so gelinge es 
ihnen dennoch, die Masse des Volkes mit sich fortzureissen 
und die wohlgesinnten Elemente zu knechten. Selbst in 
der neuen Nationalversammlung, die leider von der vorigen 
recht unvorteilhaft absteche, flicht er schmeichelnd für die 
ehemaligen Häupter der Konstituante ein, herrschten sie 
vor: alle einflussreichen Posten gerieten sowohl in der 
Hauptstadt als in den Provinzen in ihre Hände. So hätten 
die Jakobiner alle Bemühungen des Kaisers, den Frieden 
und die Ordnung zu erhalten, zu vereiteln gewusst. Sie 
hätten ihn zur Erneuerung des allgemeinen Konzerts ge- 

') Aroeth, p. 282 ft'. 



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zwungen. Aber den Gemässigten giebt der Kaiser die 
feierliche Versicherung, dass er als unumgängliche Bedingung 
seiner Mitwirkung an demselben gefordert habe, dass die 
Ansprüche der Emigranten nicht unterstützt, dass die 
Grundlagen der Verfassung nicht angetastet werden dürften. 

Schliesslich erklärt er seine Bereitwilligkeit, mit den 
Häuptern der gemässigten Partei einen regelmässigen 
Meinungsaustausch zu pflegen, wenn sie heimlich zum Grafen 
Mercy eine Vertraucnsperson zu näherer Abrede senden 
würden. Endlich rät Leopold dem französischen Königs- 
paare, sich ja auf das engste mit den Verfassern der Denk- 
schrift zu verbünden, die durch ihre Talente, wie durch 
ihre anständige Gesinnung, einen entscheidenden Einlluss 
auf die gemässigte Partei ausübten. 

Und der Kaiser meinte es ernst mit diesem Ratschlage. 
Was Marie Antoinette gefürchtet hatte, traf ein. Ihr Bruder 
schlug in die von dem Triumvirate dargebotene Hand ein. 
Alle ihre Gegenmittel hatten die Einigung über ihr Haupt 
hinweg nicht zu hindern vermocht 1 ). Goguelat hatte schon 
von Mercy bittere Vorwürfe Uber die kurzsichtige Politik 
in den Tuilerien einsteckon müssen 2 ). Auch auf Kaunitz 
machten die Verdächtigungen, die der Abgesandte im Namen 
seiner Herrin gegen die Triumvirn vorbrachte, nicht den 
geringsten Eindruck 3 ). Denn darin bestand eben die 
Differenz, die die politischen Absichten der beiden hohen 
Geschwister trennte: die Königin wünschte die Herstellung 
des alten Zustandes in Frankreich, während ihr Bruder ge- 
rade darin eine Gefahr für seine Dynastie erblickt hätte. 

*) Fersen, II, \). Hier bemerkt der Graf in seinem Tage- 
buch unter dem 21. Februar: „La reine mc raandait que la 
reponse au mauvais memoire qu'elle avait envoye a rempereur. 
fait par Barnave, Duport et Lameth, venait d'arrivcr et etait 
detestable.- 

2 j Feuillet, V, S. 95 f. 

*) Vivenot, I, 36«. 



Und aus diesem Gegensatze ergab sich von beiden Seiten 
ein grundverschiedenes Verhältnis zu den Feuillants: der 
Kaiser war bereit, ihren Tendenzen, da sie sich ganz mit 
seinen Plänen deckten, wirklich Vorschub zu leisten, während 
seine Schwester unter der Maske des Wohlwollens die Ge- 
mässigten nur vorläufig gegen die Jakobiner engagieren 
wollte, um später von beiden Parteien durch die Anstrengungen 
der Mächte erlöst zu werden. 

Kaunitz bemerkte sehr wohl, dass die Königin auf die 
Errichtung des absoluten Regimentes denke. Da er einen 
solchen Wunsch weder für erfüllbar hielt, noch erfüllen 
wollte, gab er ausdrücklich dem Grafen Mercy Auftrag, 
Marie Antoinette von den eigentlichen Absichten des Wiener 
Kabinetts sobald als thunlich zu verständigen. Sie müsse 
einsehen, dass es dem Kaiser „mit den grossen Einschränkungen 
in Ansehung der Zwecke und Wirkungen des Konzertes 
wirklicher Ernst sei." 1 ) Da der schriftliche Weg zur 
gründlichen Behandlung der Sache unzulänglich scheine, 
solle der Gesandte nach eigenem Ermessen eine geschickte, 
vertraute Person nach Paris schicken, um mit der Königin 
das Nähere zu besprechen 2 ). 

Auch ist uns der Entwurf einer eingehenderen Denk- 
l ) a. a. 0. I, 369. Vgl. a. 389 S. 

r ) a. a. 0. I, 366. Mercy scheint diese heikle Mission dem 
(trafen von der Mark übertragen zu haben. Vgl. Arneth, i>. 248. 
Hier schreibt jener (11. II. 1792) an Marie Antoinette: ,,M. de 
la Mark doit etre ä Paris. Je desire bien qu'on ne soupcoune 
pas de prevention ä son egard et bien certaineinent jo n'en ai 
aueune, inais jo n'en suis pas moins convaineu (jue, tout defaut 
et tout inconvenient ä part, il pourrait se rendre tres-utile dans 
le moment actuel. u Und Lainarck schreibt an Mercy (d. 23. II. 
1792 aus Raismes, W. A.) ..j'ai eu une tres-Jongue audience de la 
Reine.-' Näheres scheint er sich für die mündliche Mitteilung 
aufgespart zu haben. Vgl. a. Mercys Brief an die Königin vom 
16. II. 1792; s. Arneth. S. 216 ff. 



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Schrift Leopolds an seine Schwester überliefert, der aller- 
dings nicht in ihre Hände gelangt ist. Ernstlich mahnt der 
Bruder Marie Antoinette, der trügerischen Hoffnung auf 
die Wiederherstellung des alten Zustandes zu entsagen. 
Wenn sie dieselbe länger hege, schneide sie sich selbst 
jeden Rettungsweg ab. Denn die gemässigten Parteien, die 
entschlossen seien, die Verfassung im wesentlichen zu er- 
halten, würden sich zur Vereinigung mit den Radikalen ge- 
zwungen sehen, um eine vollständige Gegenrevolution zu 
verhüten. Dann würde die Monarchie in Frankreich abge- 
schafft und die Republik aufgerichtet werden. Unter solchen 
Umständen würde auch die Hilfsbereitschaft des Auslandes 
nichts ausrichten. Sei es doch eben eine unerlässliche Be- 
dingung, dass der Plan des Konzertes sich auch den Dis- 
positionen der französischen Nation anpasse. Die Denk- 
schrift schildert schliesslich, wie das politische System des 
Wiener Hofes sich auf dem Zwiespalt, der zwischen Jakobinern 
und Feuillants bestehe, aufbaue, wie es mit dem Beistand 
dieser Partei gegen jene rechne 1 ). 

') Das Memoire ist bei Feuillet, II, 430—440 abgedruckt 
unter dem Titel: Memoire secrot pour la Reine, onvoye par 
TEinpereur. Der russische Botschafter in Paris, Simolin, der im 
Februar von dein französischen Königspaaro vor seinor Abroise 
den Auftrag übernommen hatte, den Kaiser von der traurigen 
Lage seiner Schwester eingehend zu benachrichtigen und 
schleunige Hilfe zu fordern, schreibt an Katharina II. unter 
anderem über diese Sendung aus Wien: r Leopold me demanda, 
oü je logeais et si j'avais occasion de faire parvenir ä la Reine 
avec sürete ce dont Elle voulait me charger qu'Elle me reraet- 
trait uue lettre et un memoire qui exposerait la positiou des af- 
faires." (Feuillet, V, 2Ö3 f.) Das wird unsere Denkschrift aus 
dem Februar sein. Diese Vermutung bestätigt sich aus einem 
sehr auffallenden Merkmal in ihrem Inhalt: Während der Kaiser 
seine Schwester energisch vor Schweden und Spanien warnt, 
weil deren Pläne auf eine völlige Gegenrevolution in Frankreich 
abzielten, erwähnt er Russland mit keiner Silbe, obgleich ihm 



- 168 - 



Man sieht, der Monarch und sein vorsichtiger Kanzler 
waren keineswegs gesonnen, sich Hals über Kopf in den 
Strom der Revolution zu stürzen, um ihn seiner ganzen 
Breite nach zu durchschwimmen. Am 7. Februar schlössen 
sie mit Preussen eine Allianz ab und sicherten sich dadurch 
die Unterstützung eines mächtigen Bundesgenossen für den 
Fall eines Krieges mit I'Yankreich. Durch die Anbahnung 
eines Verständnisses mit den Führern der gemässigten 
Partei dieses Landes hofften sie ausserdem den Erfolg der 
militärischen Operationen wesentlich zu erleichtern. 

Aber beide wünschten noch immer den offenen Kampf 
mit der Revolution zu vermeiden. Darum machten sie 
abermals den Versuch, allein durch einen gewaltigen diplo- 
matischen Druck auf die französische Nation die radikale 
Partei niederzuschmettern. Eben zu dieser Aktion bedienten 
sie sich des neuen Bündnisses mit Preussen und des Ein- 
verständnisses mit den Feuillante. 



II. 

Die Note vom 17./19. Februar. 

Wenn auch das Wiener Kabinett im Januar mit dem 
Systeme passiver Beobachtung brach, so war es, wie wir 

dessen oben dahingehende Absichten sehr wohl bekannt und 
recht missliebig waren. Warum diese befremdende Auslassung? 
Weil der russische Gesandte der Ueberbringer war und 
Leopold zu höflich war, ihn durch einen scharfen Ausfall gegen 
Katharina zu verletzen. Aber immerhin sollte die Denkschrift 
wie Marie Antoinette direkt, so die russische Zarin indirekt Uber 
die Intentionen des Kaisers unterrichten. Die Audienz, welche 
Simolin bei diesem hatte, fand wonige Tage vor Leopolds Hin- 
scheiden statt. Der Gesandte meldet den Tod desselben noch 
am Schlüsse jenes Schreibens, in dem er von dem in Aussicht 
gestellten Memoire spricht. Dieses war in der That schon fertig 

gestellt, wurde Simolin aber nach dem Ableben des Monarchen 

wahrscheinlich nicht mehr ausgehändigt. 



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eben erwähnten, darum keineswegs gemeint, sich in einen 
Krieg mit Frankreich zu stürzen. Indem Kaunitz an die 
Vorbereitung des Konzerts ging, betonte er zugleich, dass 
seine „wahre Absicht" noch „auf eine gütliche und womöglich 
durch blosse Demonstration zu bewirkende Besserung der 
französischen Verfassung ziele** 1 ). Eine bewaffnete Da- 
zwischenkunft des Auslandes sah er als ein „sehr bedenkliches 
extremes Notmittel** an, das ihm allerdings, „gegon eine in 
der äussersten Detresse sich befindende Nation** angewendet, 
minder gefahrvoll erschien. 2 ) Selbst seine Mitwirkung an dem 
Konzert wollte der Wiener Hof schlechterdings von dem 
Beistande Russlands. Spaniens, Schwedens abhängig machen: 
nur wenn diese Höfe gleichmässige Anstrengungen vornähmen 
und sich dem Kaiser, der von den Emigranten und einer 
vollständigen Gegenrevolution nichts wissen wollte, aufrichtig 
anschlössen, verhiess dieser der Schwester seine Hilfe. 8 ) Auch 
als man Preussens nach Abschluss der Allianz vom 7. Februar 
sicher war, fürchtet« man in Wien noch, sich einseitig in 
dem Kampfe gegen die Revolution zu engagieren. Man 
wollte nicht allein die Kohlen aus dein Feuer holen, 
während die anderen Souveräne die Hände müssig in den 
Schoss legten. 4 ) 

Die Sorge, Russland möchte, während die österreichischen 
Streitkräfte in Frankreich beschäftigt seien, die Gelegenheit 
benutzen, sich nach seinem Friedensschlüsse mit der Pforte 
auf das wehrlose Polen zu stürzen, licss das kaiserliche 
Kabinett vorsichtig zaudern*). Seine Politik hatte eben 
ein doppeltes Antlitz. Ganz entschieden erklärte Kaunitz, 
dass Oesterreich nicht eher thätigen Anteil an den franzö- 
sischen Angelegenheiten nehmen werde, bis es nicht von 

l ) Vivenot, 1, 329. Vgl. a. S. 343. 

») a. a. 0. I, 338. 

s ) Feuillot II, 438. V«l. a. Vivenot, I. 337. 

♦> Vivenot, I, 302. Vgl. a. 389. 

5 ) a. a. 0. I, 358. 



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— 170 — 

Seiten Russlands über die „künftige Ruhe und Integrität 
der Republik Polen" sichere Bürgschaft erhalten habe 1 ). 
Vornehmlich aus diesem Grunde, wegen der orientalischen 
Frage, drang er darauf, dass die Forderungen des Konzertes 
so gemässigt seien, dass gleich ein ansehnlicher Teil des 
französischen Volkes ihnen beitreten würde. Nur auf ein 
Unternehmen, das einen schnellen und zugleich dauerhaften 
Erfolg verspreche, wollte er sich einlassen. Die Demon- 
strationen der Mächte sollten imposant und furchtbar seien, 
„um den Widriggesinnten in Frankreich unfehlbar zu impo- 
nieren und zu einem schleunigen Ende zu gelangen* 42 ). 

Immer in dem Wahne befangen, allein der Schrecken 
der Paduaner Erklärung habe im Sommer 1791 Ludwig XVI. 
den Thron erhalten und das Ueberwiegen gemässigter Ten- 
denzen in Frankreich zur Folge gehabt*), griff Kaunitz 
noch einmal auf jenes System der Einschüchterung zurück. 
Dieses Mal gedachte er die Demonstration überwältigender 
und wirksamer als in der Dezembernote zu gestalten. Nicht 
gegen die französische Nation in ihrer Gesamtheit, sondern 
nur gegen einen kleinen Bruchteil derselben , gegen die 
Jakobiner, wollte er seine Drohung mit dem Einschreiten 
des Konzertes der Mächte richten. In Einen Brennpunkt 
suchte er die Strahlen zu sammeln, die er vorher auf eine 
breite Fläche wirkungslos verstreut hatte. Mit den Häuptern 
der Feuillants in engem Einverständnis und dadurch mit 



') a. a. 0. I, 3G2 f. 

5 ) a. a. 0. I, 357. Vgl. a. S. 3*53. 

3 ) Feuillet, II, 430. Februar 1792 schrieb Leopold an Mario 

Antoinette ,.Co seul bruit du eoncert (Juli 1701) opera 

Veffet do faire eesser la detention et les dangers personnels de la 
Familie royale et declarer le maintien du gouvernement 
inonarchique pour baso de la Constitution franyaise. L'ainende- 
ment dans les dispositions nationale» par discredit du parti 
violent »>t l'extension des partis moderen date de la ineme 
epoque.- 4 



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- 171 - 

dem „wohlgesinnten* Teil der Nation in Fühlung, hoffte er 
nunmehr erfolgreich die Radikalen zu bekämpfen, den Ge- 
mässigten Luft zu schaffen, so dass diese unter dem Schutze 
des Kaisers womöglich ohne seine bewaffnete Dazwischen- 
kunft die Verfassung zweckmässig bessern und dem Könige 
eine erträglichere Stellung geben könnten. 

Und hier müssen wir noch eines Grundirrtums der 
kaiserlichen Politik gedenken. Indem man in Wien auf die 
Beihilfe der Lamoths rechnete, meinte man, ihre Partei ge- 
biete noch wie ehemals im Juli zur Zeit des Aufruhrs auf 
dem Marsfelde Uber eine reiche Zahl von Anhängern; ja, 
man wähnte, sie habe seit dieser Zeit in der Masse des 
Volkes noch bedeutend an Boden gewonnen 1 ). Wohl sah 
man, dass das Triumvirat in der Legislative nur geringen 
Einfluss hatte: doch legte man auf diese Erscheinung nicht 
so grosses Gewicht; lebte man doch in dem Glauben, dass 
diese Nationalversammlung, wie die Feuillants behaupteten, 
von Tag zu Tag in der öffentlichen Achtung sinke, dass 
ihr Verhalten gerade in der auswärtigen Frage von der 
Mehrheit der Nation gemissbilligt werde 2 ;. Mau gab sich 



l ) Feuillot, V, 100. Mcrcy an Kaunitz, d. 14. I. 17Ü2. „Los 
autres partis, Constitutionen* et monarciiiques, en consequence de 
lour but, n'ont pas le meine interet ä des troubles indeter- 

mines Fit. eomme ces meines partis prevalent 

raaintenant dans l'opiniou publique et acquieront par 
lä une superiorite tres-decidee sur les Jaeobins, il en 
resultc tout ee qui se manifeste dans le momcnt pour e viter la 
guerre/ 4 Vgl. a. Lafayette, Memoires III, 302 Anm. Der General 
weist auf jenen Irrtum der Wiener Politik hin, indem er sagt: 
„Les etrangers se seutirent ewourages par l'espoir d'une intolli- 
gencc seerete avec une section du parti patriote et avee des 
hommes (den Lameths) qui, ayant joue le premier röle aux jaco- 
bins, parurent representer une puissance populaire." 

a j Vivenot, I, 331. ,.11 parait assez evident que la conduite 
actuelle du Roi de France lui a ramcne une partio de l'opiniou 



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- 172 - 



also derselben Täuschung hin, auf welche die Lametta ihren 
heltigen Widerstand gegen die neue Volksvertretung gründeten. 
Dass jedoch in Wahrheit die viel geschmähten Jakobiner an 
Stärke gewonnen, dass die Feuillants an Anhang beträcht- 
lich verloren hatten, dass sich von diesen unter dem Ein- 
Huss der Kriegsfrage ein ansehnlicher Teil der Konstitutio- 
nellen unter der Führung von Lafayettes Freunden abzu- 
sondern begann, diese Thatsachen entzogen sich dem Blicke 
Kaunitzens. Das Zünglein an der Wage schien ihm aller- 
dings unsicher zwischen Feuillants und Jakobinern zu oscil- 
lieren: er wollte daher den österreichischen Doppeladler 
senden, der seine mächtigen Fittige schützend über die 
zagenden Freunde Habsburgs breiten und den Ausschlag 
zu ihren Gunsten neigen sollte. Den gemeinsamen Feind, 
die von den Jakobinern beherrschte Legislative, sollte er 
mit seinen wuchtigen Fängen niederschmettern. 

Zu dieser Aktion bot die Antwort, die der Staatskanzler 
auf die Depesche Delessarts vom 21. Januar noch schuldig 
war, die beste Veranlassung. Mit der Form jener Note 
war Kaunitz nicht unzufrieden. Sie sei „in einem ganz an- 
ständigen und gar nicht in jenem Ton verfasst, in dem 
einige unbesonnene Glieder der Nationalversammlung sich 
auszudrücken herausnähmen." Mit ihrem Inhalt jedoch war 
er weniger einverstanden: er fand ihn zwar „um Vieles 
herabgestimmt", meinte aber doch, dass er von Wider- 
sprüchen, „thatwidrigen Anführungen und gewaltsamen Ver- 
drehungen*' der Absichton des Wiener Hofes strotze 1 ): er 
war ungehalten darüber, dass man sich ungehörige Zweifel 
an der Friedensliebe des Kaisers erlaube. So bescheiden 
und demütig Delessarts Anfragen auch gehalten waren, so 
wenig ihre Fassung der ursprünglichen Vorlage, dem Be- 

publiquc et que lo discredit de Fasseiubleo nationale a 
augmente cn proportion des prugres favorables au mo- 
narque." 

!j a. a. 0. I, 398. 



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- 173 - 

Schlüsse der Nationalversammlung vom 25. Januar, ähnelte, 
sie erregten das Missfallen des Kanzlers dennoch, eben weil 
sie auf den mittelbaren Antrieb der Legislative ergangen 
waren: unter dem sammetweichen Felle fühlte er die Krallen 
der Erzfeinde Oesterreichs, der Jakobiner, hervor. Besonders 
die verlangten Aufklärungen über den Zweck des Konzertes 
glaubte Kaunitz als einen dem Feuillant-Ministerium von 
den Radikalen aufgezwungenen Schritt ansehen zu müssen. 
Sei doch vorauszusetzen. ,.dass der weit grossere Teil der 
Nation viel gemässigtem Grundsätze hege, von den unge- 
stümen Demagogen aber teils gewaltsam hingerissen, teils 
durch Vorspiegelungen und Verheimlichung der wahren Um- 
stände irre geführt werde" 1 ). Der Fürst zweifelte damit 
die Freiheit der französischen Regierung an. Wie die 
Lameths, warf er der Legislative vor, dass sie die ausübende 
Gewalt sich zu unterjochen strebe. 

In der einmal eingeschlagenen Richtung, in seinem 
Sturmlauf gegen die gesetzgebende Versammlung, wurde er 
auch durch eine Einberichtung Mercys, die Mitte Februar 
in seine Hände kam, bestärkt 2 ). Der Gesandte warf hier 
die Frage auf: wie wird der Wiener Hof der Legislative 
am besten auf ihren Beschluss vom 25. Januar antworten? 
Erwiederung: indem er die unverschämte Provokation* die 
ihm dadurch widerfahren, als günstige Gelegenheit benutzt, 
nun seinerseits die Nationalversammlung vor dem gesamten 

') a. a. ü. I, 399. 

2 ; Depesche vom 31. I. 1792. (W. A.) Sie ist wohl ohne 
Zweifel von den Lametta inspiriert worden: Morcy bemerkt aus- 
drücklich, dass er die Ratschläge von französischer Seite er- 
halten habe, wohl auf dem gewöhnlichen Wege: durch die Ver- 
mittlung des Grafen Lamarck und Pellenes. Letzterer übermittelte 
in nächster Zeit die Vorsehlüge, die das Triumvirat Mercy für 
die Abfassung der folgenden Wiener Noten zu machen wünschte: 
so z. B. wörtlich zu der Note vom 18. Marz. Vgl. Pellenc an 
Lamarck. 4. III. 9*2. ( Wiener Archiv.) 



r 

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- 174 - 

französischen Volke, wie sie es verdient, herunterzureissen 
(terrasser) 1 ). Der Kaiser müsse darauf hinweisen, wie sein 
Betragen von durchaus friedfertiger Gesinnung gegen 
Frankreich zeuge: wenn es nun dennoch zum Ausbruch 
eines Krieges komme, so falle die Schuld daran allein der 
herausfordernden Haltung der Legislative zu. Diese wolle 
ihn einzig aus Sonderrücksichten hervorrufen; denn ihre 
Häupter wagten nicht dem Volke einzugestehen, dass sie 
ohne irgend eine rechtliche Veranlassung ungeheure Rüstungen 
hätten betreiben lassen und ihre kostbare Zeit mit nutzlosen 
Debatten über die auswärtige Frage vergeudeten, statt sich 
mit der Ordnung der inneren Verhältnisse, wie man er- 
wartete, zu beschäftigen. 

Wenn ich nicht irre, waren das Fingerzeige, die Mcrcy 
von den Häuptern der Feuillants zugegangen waren; jeden- 
falls trafen sie ganz mit ihren Wünschen zusammen. Kaunitz 
seinerseits befolgte sie so gewissenhaft, dass sich der Hot- 
schafter später im vertrauten Kreise die Abfassung des 
Offices vom 17./19. Februar zuschrieb! 2 ). 

Wir Ubergehen die langatmige Rechtfertigung, die der 
Staatskanzler der Verteidigung der Dezembernote und des 
Beistandes, den Leopold dem Kurfürsten von Trier darin 
zusagte, widmet. Der Hauptton der Februarnote liegt auf 
den Erklärungen, die den angezeigten Verein der Mächte 
betreffen. 

Der Kaiser, führt Kaunitz aus, habe denselben ins 
Leben gerufen, weil die Suspension, welche die Konstituante 

l ) Mercv geht auch hier davon au«, dass die Legislative sich 
im Widerspruch mit der französischen Nation bewege . . . . 
,.les partis insenses et violents auxquels se Ii vre l'Assemblee 
Nationale sont l'effet. de l'avilissement ou eile se trouve, du dan- 
ger imminent qui en resulte pour eile, danger qu'elle croit ne 
pouvoir eviter que par des moy«-ns extremes et dictes par le 
desespoir." 

*) Fersen. II. 199. 



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- 175 - 

im Juli vorigen Jahres über Ludwig XVI. verhängte, be- 
fürchten Hess, dass sie ihn seines Thrones berauben wolle. 
Als indessen der König nach der Annahme der Verfassung 
wieder in Freiheit gesetzt wurde, habe Leopold das Konzert 
vorläufig aufgehoben. Wenn in letzter Zeit die revolutionären 
Wühler in Frankreich ungeachtet aller Warnungen wieder 
trotzig ihr Haupt erhöben, so sei dies nicht eine Folge der 
Unruhe, die die Intriguen eines schwachen Emigranten- 
häufleins verursachten, sondern diese Schildcrhebung sei 
dem sich täglich steigernden Einfluss der gewaltthätigen 
Jakobiner zuzuschreiben, die ja zum Leidwesen aller Wohl- 
gesinnten auch in der Legislative die Herrschaft an sich 
gerissen hätten. Um ihren Umtrieben wirksam begegnen 
zu können, habe es der Kaiser für notwendig erachtet, das 
Konzert wieder ins Leben zu rufen. 

Und nunmehr hält der greise Kanzler den Jakobinern 
eine gewaltige, ins einzelne eingehende Scheltrede. Sie 
unterwühlten die monarchische Verfassung, verführten die 
übrigen Abgeordneten dazu, auch die Attribute der aus- 
übenden Gewalt an sich zu reissen, richteten alle ihre An- 
strengungen darauf, im Inneren die Anarchie zu nähren 
und mit dem Auslande Kriegshändel zu beginnen. Weil 
sie fühlten, dass der Erfolg ihrer Pläne sich nur im Fieber 
der Umwälzung herbeiführen lasse, hätten sie die Krisis 
hervorgerufen, die gegenwärtig zwischen Frankreich und 
den fremden Höfen schwebe. Die Regierung hätten sie ge- 
zwungen, die öffentlichen Einkünfte, die doch kaum zur 
Deckung des Staatshaushaltes hinreichten, in grossartigen 
Rüstungen zu verschleudern, in der Erwartung, dass ihre 
drohenden, brüsken Erklärungen unfehlbar zum Bruche mit 
Kaiser und Reich führen würden. 

Und indem Kaunitz so immerfort auf die Jakobiner 
losschlägt und sie für die Beschlüsse der Legislative ver- 
antwortlich macht, greift er diese selbst an. So unterwirft 
er auch ihren Beschluss vom 25. Januar seiner Censur. 



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— 176 — 

Mit den Feuillants bestreitet er ihr die Befugnis, ihn über- 
haupt zu fassen. Er rügt ferner, dass sie sich anmassc, 
dein Kaiser, einem hochangesehenen Souverän, dem alten 
Bundesgenossen Frankreichs, eine peremptorische Frist für 
eine angeblich zu fordernde Oenugthuung vorzuschreiben; 
als ob, fügt er höhnisch hinzu, selbst die Bräuche des 
Völkerrechtes der willkürlichen Auslegung einer französischen 
Legislatur unterlägen. 

Schliesslich wendet sich Kaunitz nach diesen scharfen 
Ausfällen gegen die Nationalversammlung und die Jakobiner 
wohlwollend der gutgesinnten Mehrheit des französischen 
Volkes zu. Der Kaiser sei weit entfernt ihr die Schand- 
thaten der bösen Jakobiner zur Last legen zu wollen. Kr 
werde deshalb auch ungeachtet aller Reizungen seine Ruhe 
und Mässigung zu bewahren wissen, eine Stimmung, die 
ihm „seine freundschaftlich mitleidvolle Teilnahme" an der 
unglücklichen Lage Frankreichs einflösse. Aus dieser Oe- 
sinnung sei es zu erklären, wenn er die Nation an das 
Konzert der fremden Mächte erinnere, das sich gebildet 
habe, um ihr ein treuer Beistand gegen die frechen Ueber- 
griffe der Jakobinersekte zu sein. 

Die grosse Strafpredigt Kaunitzens war eine wuchtige, 
knappe Zusammenfassung der Anklagen, die die Lameths 
und ihre Parteigänger gegen die Legislative unaufhörlich 
in Flugschriften und Zeitungen verbreiteten. Auch des 
Emigranten- und Priestergesetzes gedachte der österreichische 
Kanzler: durch dieses suchten die Jakobiner den religiösen 
Zwiespalt zu nähren, durch jenes den Adel zum unversöhn- 
lichen Feinde der bestehenden Ordnungen zu machen. 
Sogar das Scheitern einer gründlichen Revision der Ver- 
fassung im vorigen Sommer schrieb er ihren Umtrieben zu. 
Damit deutete er auf'den Modifikationsplan, den das Trium- 
virat, wie das Konzert, zu verwirklichen gedachte. 

So glich die Februarnote einer Parteischrift grossen 
Stils: mit aller Energie trat der Wiener Hof für das Programm 



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der Feuillants ein-, noch einmal machte er den Versuch, 
durch eine kühne, grossartig angelegte Demonstration die 
Legislative zu meistern. Diesmal konnte Kaunitz voll Ge- 
nugthuung auf die „Wort für Wort gleiche Erklärung" hin- 
weisen, die der preussische Gesandte im Namen seines 
Königs beizufügen hatte. Welche durchschlagende Wirkung 
der Fürst von seinem Schritte erhoffte, geht aus einem 
seiner Erlasse vom Ende des Februar hervor: hier bezeichnet 
er die Jakobiner als „die übermächtigen und verwegenen 
Demagogen, die nun (infolge seines Manifestes gegen sie) 
vermutlich in der äussersten Verwirrung ihr Heil suchen 
würden." 1 ). 



l ) Vivenot, I, 399. Vgl. a. S. 891. 

(Hagau, Die franz. Legislative. 12 



Siebentes Kapitel. 



Narbonnes Sturz. 



I. 

Angriff der Feuillants auf den Jakobinerklub 

Schon in den letzten Tagen des Januar war die 
kriegslustige Stimmung der Legislative in der Abnahme be- 
griffen: in den Debatten über die Dezembernote waren 
schliesslich auch die gemässigten Meinungen zu Worte ge- 
kommen. Im Laufe des Februar trat die Kriegsfrage über- 
haupt in den Hintergrund: nur zwei nebensächliche Gegen- 
stände, die in losem Zusammenhange mit ihr standen, be- 
schäftigten für wenige Stunden die Nationalversammlung: 
die Sache der depossedierten Fürsten im Elsass und die Be- 
schlagnahme der EmigrantengUter. Gegen diese Massregel 
erhoben nur die Lamethisten Einspruch, während auch sie 
in der ersteren Angelegenheit der Ansicht der Mehrheit 
des Hauses beipflichteten, nämlich dass es unmöglich sei, 
die deutschen Prinzen, wie Leopold forderte, wieder in ihre 
Besitztitel einzusetzen. 

Und indem die auswärtige Frage weniger als bisher 
das allgemeine Interesse auf sich zog, schien sieh auch die 
Kluft, die sich unter ihrer Einwirkung im Januar zwischen 
den Häuptern der konstitutionellen Fraktionen gebildet 
hatte, schlicsseu zu wollen. Im Ministerium wenigstens 
näherten sich noch einmal die entgegengesetzten Parteien. 



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- 179 - 



Narbonne war bedacht, sich mit seinen Kollegen, insbe- 
sondere mit Delessart, wieder auf guten Fuss zu stellen, 
wogegen dieser das Versprechen gab, Talleyrand in seinen 
Negoziationen am Londoner Hofe thatkräftig zu unter- 
stützen l ). 

Dass Lafayettes und Alexander Lameths Anhänger 
sich noch einmal auszusöhnen suchten, dazu werden nicht 
wenig die Enttäuschungen beigetragen haben, die Narbonne 
Ende Januar widerfahren waren. Er hatte der Legislative 
vorgeschlagen, den Fehlbetrag von 61000 Soldaten, den die 
drei Armeen an der Grenze noch aufwiesen, durch die Ein- 
reihung von Nationalgardisten schleunigst zu ersetzen, weil 
der Modus der Aushebung von Linientruppen zu viel Zeit 
in Anspruch nehmen wllrde. So sehr sich der Minister und 
seine Freunde ins Zeug legten, der Antrag wurde dennoch 
abgelehnt, da sich auch Brissot mit seinem Anbang da- 
gegen erklärte; aus welchem Grunde, werden wir noch 
unten berühren. Narbonne, bisher von der Gunst der 
Legislative gehätschelt, war darüber so aufgebracht, dass 
er anfangs die Absicht hegte, seine Entlassung zu geben 8 ). 

Auch im Februar wurden einige Vorschläge des 
Kriegsministers zurückgewiesen. Und da dieser seine 
Niederlagen der Indifferenz der Girondisten zuschreiben 
musste, scheinen sich auch seine Beziehungen zu ihnen in 
dieser Zeit einigermassen gelockert zu haben ; Brissot 
tadelte Narbonne jetzt wiederholt wegen herrischen Auf- 
tretens gegenüber der Volksvertretung 8 ), während ihm 

! ) Pallain, S. 90. Narbonne schreibt anfangs an Biron: 
,.Dis ä l'Eveque que tous raes amis ont cru indispensable dans 
cette crise, de ne pas ajouter ä notre malheur par une division 
dans le ministere. Dis-lui que Delessart a l'air dans le conseil 
d'etre fort bon pour lui. u vgl. a. S. 115. 

2 ) Buchoz, XIII, 57 f. Vgl. a. Pallain, S. 46.; Stael- 
Holstein, S. 249. 

3 ) Buchez, XIII, 281 f. 

12» 



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- 180 - 



Condorcet vorwarf, er stelle seine Popularität in den Dienst 
der Lauieths 1 ). 

Zu der Entfremdung wird wahrscheinlich beigetragen 
haben, dass Brissots Anhänger einem Gerüchte Glauben 
beizumessen schienen, das sich seit Anfang Januar gegen 
Lafayette verbreitete. Der General und seine Freunde, 
hiess es, seien nur darum den kriegerischen Tendenzen so 
geneigt, um sich in der reorganisierten Armee eine Waffe 
gegen die Jakobiner zu schaffen-). Zuerst wurde dieser 
Verdacht nur von den Zeitungen, die unter Robespierres 
Einfluss standen, ausgesprengt. Später aber, gerade als 
der Kriegsminister mit solcher Entschiedenheit die Er- 
gänzung des Heeres durch Nationalgardisten forderte, 
brachten auch girondistische Blätter ähnliche Nachrichten. 
Lafayette beabsichtigte, trug man aus, einen Handstreich 
auf Paris zu vollführen, die Nationalversammlung aufzu- 
lösen und den König inmitten seiner Truppen in eine ent- 
legene Provinz zu führen, Mutmassungen, die wohl auch die 
Ablehnung des Antrage« Narbonnes auf Einreihung der 
Nationalgarden zur Folge hatten: man argwöhnte, dass 
Lafayette im Falle eines solchen Vorhabens besonders auf 
diese ihm ergebenen Freiwilligen zählen würde. 

Und so unbegründet waren jene Gerüchte nicht. Wir 
erinnern uns, dass Narbonne in der That an die Ver- 
wendung der regenerierten Armee gegen die Radikalen von 
vornherein dachte. Seine Freunde wünschten, der 
revolutionären Gährung herzlich satt, endlich Ruhe und 
Frieden im Lande herzustellen, im Notfall mit Anwendung 
von Gewalt. Auch Marie Antoinette spricht öfter die Be- 
fürchtung aus, dass die Faycttisten sich mit Plänen, wie sie 
die Jakobiner mitteilten, trügen. Sie mahnt Fersen, bei den 

l ) Pallain, S. H<l Am». 

»i Bu.h.z, XIII, S. 40 ff'.: S. •;«>. 



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- 181 _ 



fremden Mächten gegen ihr Gelingen zu wirken 1 ). Und 
die Emigrantenhäupter berichten an Katharina II. einmal, 
es habe den Anschein, als wenn die Konstitutionellen den 
alten Plan Mirabeaus hervorsuchten und ins Werk setzen 
wollten 2 ). Narbonne selbst traf in der That dafür Sorge, 
dass Lafayettes Armee fast nur aus Nationalgardisten be- 
stand 8 ). Und noch manches andere Anzeichen deutet darauf 
hin, dass die Fayettisten, wie nach ihnen Napoleon, schon 
damals an eine Art militärischer Diktatur dachten 4 ); vor 
allem der Umstand, dass Lafayctte ein halbes Jahr später 
dazu einen Anlauf nahm. 

So schimmerten zuweilen die reaktionären Neigungen 
Lafayettes und seiner Freunde durch die Hülle des Liberalis- 
mus hindurch und säeten zwischen sie und die Brissotins 
unruhiges Misstrauen. Im Grunde bewahrten ja die beiden 
Parteien trotz ihrer gegenseitigen Sympathie einen ver- 
schiedenen Charakter: selbst die Kriegsfrage, die ihre Häupter 
zusammengeführt hatte, sahen sie unter einem ungleichen 
Gesichtswinkel an. Brissot und die Gironde wünschten den 
Krieg auf jeden Fall und sobald als thunlich; dagegen war 
Narbonne und seine Freundschaft nicht so hitzig; sie hatten 
ihren kriegerischen Eifer in letzter Zeit merklich abgekühlt. 
Der junge Kriegsminister erwog jetzt mit Sorge, dass man 
dem Auslande nur ein mangelhaft gerüstetes, unvollständiges 
Heer ohne jegliche Uebung und Erfahrung entgegenzustellen 
habe; er fürchtete mehr den Kampf, als er ihn herbei- 

1) Fersen, II, 115, 152, 181. 

2 ) Feuillet, V, 88. 

x ) Lamarck an Morcy, 23. II. 1702. (W. A.) ..M. de la 
Fayette n'a prcsque quo des Gardes Nationales". 

4 ) Die listige Entfernung des Herzogs von Biron, der 
Lafayette bitter hasste, durch Narbonne und Talleyrand von der 
Armee ist wohl mit den geheimen Absichten der Fayettisten in 
Verbindung zu bringen. Er hätte ihrer Verwirklichung sonst 
im Wege gestanden. Vgl. Pallain, S. 112, insbesondere S. 183 ff. 



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— 182 - 

wünschte. Er sah ihn als unvermeidliches Uebel, als letztes 
Mittel an, um aus dorn "Wirrsale der inneren Unordnung 
einen heilbringenden Ausweg zu eröffnen 1 ). Eben das 
Hauptinteresse ruhte bei den Fayettistcn auf den Verhält- 
nissen der Heimat, während die auswärtigen Angelegen- 
heiton den zweiten Rang einnahmen, also umgekehrt wie 
bei den Brissotins. In jenen lebte nicht, wie in der Gironde, 
jenes urwüchsige Kraftgefühl. jener siegesgewisse revolu- 
tionäre Sturniesdrang, der für Freiheit und Gleichheit die 
Welt gewinnen und Frankreich zur ersten Macht in Europa 
zu machen- wünschte. Die Fayettisten waren kampfesmüde, 
mehr auf Abwehr als auf den Angriff bedacht. Und wenn 
man sie zur Kriegspartei rechnen will, so bilden sie in ihr 
viel weniger ein treibendes als ein retardierendes Element. 

Vorzüglich in der Beurteilung der inneren Lage neigten 
die Freundo des Generals sich stärker der Auffassung der 
Lameths als derjenigen der Brissotins zu. Obgleich sich 
Ramond im Januar in der auswärtigen Frage den Ansichten 
der Gironde so ziemlich angeschlossen hatte, betonte er 
dennoch, dass man, bevor man sich in einen Konflikt mit 
dem Auslande einlasse, in der Heimat aufräumen und dem 
Gesetze Achtung und Gehorsam verschaffen müsse. Und 
wie fast in allen inneren Fragen die konstitutionollen Ab- 
geordneton einmütig votierten, so waren sie auch in dem 
Hass gegen die populären Klubs einig. 

Sobald die allgemeine Teilnahme sich nach den heissen 
Redegefechten über die auswärtige Frage wiederum den 
kritischen Zuständen im Schosse Frankreichs zuwandte, er- 
öffneten die Lameths einen heftigen Angriff auf die Jakobiner- 
klubs, deren gemeingefährliches Treiben sie als die Quelle 



! ) Pallain, S. 90. Narbonne an Biron Anfang Februar: 
„La mefianco est ä son comble et cette guerre que nnus avons 
taut et de si bonnes raisons de craindre est peut-etre 
encore la seule onibre d*esperance qui noua resto." Vgl. S. 89. 



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— 183 



aller Anarchie und Unruhe im Lande hinstellten. In ein- 
gehender Rede beschuldigte sie der Minister des Inneren vor 
der Legislative am 18. Februar der vorwitzigen Einmischung 
in die amtliche Thätigkeit der Staatsregierung, deren Mass- 
nahmen sie oftmals gewaltsam entgegenwirkten 1 ). Noch 
schärfer verurteilte Vaublanc, eines der einflussreichsten 
Mitglieder der Rechten, der noch zum Triumvirate hielt 2 ), 
die Jakobiner. Sie beschimpften unausgesetzt die Minister, 
suchten sie in den Staub zu ziehen und ihr Ansehen beim 
Volke zu untergraben 3 ). 

Die Klubs fühlten sich in der That im Februar ernst- 
lich in ihrem Dasein bedroht, Ihre Mitglieder beklagten 
das Anwachsen der ministeriellen Partei und befürchteten, 
die Gemässigten würden in kurzem über eine sichere Mehr- 
heit in der Nationalversammlung verfügen. Erst jüngst 
hatte es der Lamethist Dumas über den Girondisten Gen- 
sonne bei der Präsidentenwahl davongetragen 4 ). Allerdings 
hoffte auch das Ministerium sich bald der Jakobiner zu 
entledigen. Delessart deutete dem preussischen Gesandten 
sehr zuversichtlich an, dass es wohl bald gelingen dürfte, 
die verhasste (Josellschaft auseinander zu jagen ft ). 

Den Hauptstreich gegen die Jakobinerklnbs führten 
die Feuillants am 23. Februar. Sie waren gern bereit ihre 



') A. p. 38, (»IC. ft. Vgl. a. ßu.'hez, XIII, 234 f. Angriff 
Gorguereaus am 4. Februar auf die Jakobiner. An demselben 
Tage Hess der Fayottist Treilh -Pardaillan in der Legislative 
eine Flugschrift verteilen, in der er nachzuweisen suchte, dass 
die Eigenschaft, als Abgeordneter unvereinbar mit der Zugehörig- 
keit zu einem Klub sei. 

Dumont, Souvenirs, S. 371 f. 

:i ) Moniteur No. 52 (IV.V); vgl. No. 55.; 

*) Aulard, III, 38"), 3!>7. Vgl. a. den Eingang einer 
Adresse des Pariser Jakobinerklubs au die Tochtergesellschaften 
v. 15. II. 1702. a. a. O. 377 f. 

■'») Goltzens Depeschen, 24. und 27. II. 1793. (Pr. Gh. St. A.) 



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184 - 



Vereinigung aufzugeben, die ja nur noch ein Scheindasein 
führte, wenn sie damit die Vernichtung ihrer Gegner er- 
kaufen konnten. Sie liessen an jenem Tage von einem 
ihrer Anhänger, dem Deputierten Mouvssct, den Antrag 
einbringen, — er wurde von der ansehnlichen Zahl von 
300 Abgeordneten unterstützt — die Nationalversammlung 
möge an allen Abenden, die nicht durch ordentliche Sitzungen 
ausgefüllt würden, ihren Saal denjenigen Mitgliedern zur 
Verfügung stellen, die sich zwanglos über Tagesfragen be- 
raten wollten. Das klang unverfänglich; es war aber ein 
Schritt, der sich gegen die Jakobiner richtete. Die Ge- 
mässigten wollten einen parlamentarischen Klub bilden, eine 
Schöpfung, die den Jakobinern ihre besten Kräfte entzogen 
und sie ihres hochpolitischen Ansehens entkleidet hätte. 

Die Linke erkannte sogleich, worauf Mouyssets Vor- 
schlag abzielte. Sie bekämpfte ihn mit Eifer. Mitglieder 
der Rechten antworteten sehr erregt. Ein Feuillant trug 
summarisch gleich darauf an, jedem Deputierten, sofern er 
überführt werde, den Vorsitz in einer populären Gesellschaft 
geführt zu haben, in Zukunft von Seiten des Hauses eine 
Rüge zu erteilen 1 ). Ein anderer stellte die Behauptung 
auf, ein Volksvertreter, der einem öffentlichen Klub ange- 
höre, überschreite seine Vollmachten; denn durch seine 
Teilnahme an einem solchen vergeude er seine kostbare 
Zeit 2 ). 

So willig abor auch die Faycttisten und Lamethiston 
einander in dieser Affairc unterstützten, sie drangen dennoch 
nicht durch 5 ). Der Antragsteller sah sich im Laufe der 

!) Buchez, XHI, 243. 
*) a .a. 0. S. 244. 

3 ) Berühmt geworden ist der Artikel, den der Faycttist 
Andre Chenier in dieser Zeit im „Journal de Paris' gogen die 
Jakobiner richtet«, 26. II. 171>2: De la cause des desordres 
qui troublent 1k France et einpechent retahlissoment de la 
iiberte. a. a. 0. S. 260 ff. 



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185 — 



beissen Debatte von seinen Hintermännern in Stieb gelassen 
und zog seinen Vorschlag zurück 1 ). 

Auch diesem Angriff hatten die Jakobiner Stand ge- 
halten. Die Mehrheit der Legislative wagte ihren Verein 
nicht aufzuheben, weil sie in ihnen trotz aller Ausschreitungen 
wachsame Verteidiger der Revolution erblickte. Und freilich, 
das Ueberhandnehmen dieser politischen Klubs, die wie 
Giftpilze allerorten aus dem Boden emporwueberten, war 
nur ein Symptom der Krankheit, die in den Eingeweiden 
des Landes wühlte. Mit der Entfernung desselben wäre 
das eigentliche Uebel nicht geheilt worden. Das lag in 
dem tiefen Misstrauen, welches die zweideutige Haltung des 
Hofes und die Regierung der Bevölkerung unablässig cin- 
flösste. Ende Januar verbreitete sich in Paris wiederum 
das Gerücht von einem Fluchtplan des Königs. Selbst die 
Legislative schenkte demselben Glauben. Sie erliess gerade 
damals ein Gesetz, das alle Reisenden in Frankreich einem 
drückenden Passzwang unterwarf, eine Massregcl, die ein 
Entkommen dem Hofe unmöglich machte 2 ). 

Ein merkwürdiges Scherzbild aus jener Zeit bezeichnet 
in drastischer Weise die Stimmung des Volkes gegen das 
Königspaar. Es stellt Ludwig XVI. als Wetterfahne auf 
dem Giebel der Tuilerieu dar. Marie Antoinette bläst mit 
zwei Freundinnen — wahrscheinlich sind Madame Elisabeth 
und Frau von Lamballe gemeint — aus allen Kräften, um 
sie nach Deutschland, das durch den kaiserlichen Doppel- 
adler angedeutet ist, zu wenden. Aber zwei allegorische 
Gestalten, die Klugheit und die Furcht, blasen Ludwig von 

l ) a. a. O. S. 246. 

a ) Fersen, II, 10*2, 177. Am 26. II. 17!>2 berichtet der 
Graf einem Freunde: ..La fuite est phvsiquement impossüde cn 
<•(« moment, h cause de la surveillane« ([ui est extreme. Iis 
ulas Königspaarj sont gardes ä vue, et on visite tous les 
bätimente qui partout.-' 



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— 186 — 



der entgegengesetzten Seite an: sie weisen ihm dabei die 
aufgeschlagene Geschichte von England, wo auf einem Blatte 
die Hinrichtung Karls I. abgebildet ist*). 

Wie begründet musste jener populäre Argwohn gegen 
Hof und Regierung sein, da sich selbst aus der Mitte des 
Ministeriums eine anklagende Stimme gegen ihr zweifelhaftes 
Verhalten erhob. 



II. 

Aasbruch einer Kabinettskrisis. 

Die Zerfahrenheit der politischen Verhältnisse im Innern, 
die Unsicherheit der Beziehungen zum Auslande stellten in 
den letzten Tagen des Februar in Frankreich eine Krisis 
in sichere Aussicht. Wie drückende Schwüle, die von keinem 
erquickenden Lufthauch unterbrochen wird, lastete es auf 
dem Lande, am Horizonte kündigten dunkle, sich türmende 
Wolken das nahe Gewitter an. So sehr man es fürchtete, 
man wünschte doch seine Entladung eher zu beschleunigen, 
als in einem unerträglichen Zustande angstvoller Beklommen- 
heit und fäulniserregender Stockung länger zu verharren. 
Diese Stimmung atmet eine Denkschrift, die der Graf Nar- 
bonne am 24. Februar, einen Tag nach dem Misslingen 
jenes Ansturms der Konstitutionellen gegon die Jakobiner, 
Ludwig XVI. im Ministerrate unterbreitete* 2 ). 

Sie übt schonungslose Kritik an der bisherigen Auf- 
führung des Hofes. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sie 
die Notwendigkeit einer Wandlung im Herzen der Staats- 
verwaltung als Vorbedingung für die Genesung des bedrängten 
Vaterlandes anerkennt. 

Der Kriegsministcr schildert im Eingänge seines Vor- 
trages in knappen Zügen die traurige Lage des Landes. 

») Lescure, II, 577. 

a ) Roederer, (Euvres, III, 252 ff. 



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Das*einzige Mittel, es zu retten, erblickt er in der Her- 
stellung eines engen Bundes zwischen der Regierung und 
dem wohlgesinnten Teile der Bevölkerung. Während die 
Feinde der bestehenden Ordnung, die Emigranten einerseits, 
andererseits die Republikaner, nur ein Häuflein Anhänger 
hätten, halte die Masse der Nation noch an der konstitutio- 
nellen Monarchie fest. Sie sei herzlich bereit, den Thron 
gegen seine Widersacher zu schützen, doch nur unter einer 
Bedingung: die Aufführung des Königs müsse ihr sichere 
Gewähr dafür bieten, dass er den Eid, welchen er auf die 
Verfassung geschworen, aufrichtig halten wolle. Weil aber 
das Betragen Ludwigs in letzter Zeit vielfach zu miss- 
trauischen Vermutungen über seine eigentliche Gesinnung 
Veranlassung gegeben, so habe der natürliche Bund, welcher 
zwischen dem Monarchen und der loyalen Mehrheit des 
Volkes leicht geschlossen werden könnte, nie rechte Lebens- 
kraft erlangt; fürchte man doch jeden Tag das plötzliche 
Springen einer verborgenen Mine oder die Ausführung eines 
Planes, den der König unter der Maske eines erkünstelten 
Betragens geheim halte. 

Solchem Argwohn habe Ludwig mannigfacho Anhalts- 
punkte gegeben. Die Emigranten, die sich fortwährend als 
unversöhnliche Feinde der Konstitution gobärdoten, würden 
bei ihrer Durchreise durch Paris nach wie vor am Hofe mit 
Auszeichnung empfangen 1 ). Man frage sieh daher unruhig 
im Volke: Meint es der König ehrlich, wenn er den Kaiser 
und die rheinischen Kurfürsten zur Zerstreuung eben dieser 

') Segur, Histoire dos prineipaux evenements du regne de 

Frederic-Guillaume II. 11,212 ,par uno inconsequence qu'ex- 

pliquent les passions, eile (la cour) traitait aveo distinetion 
les hommes de ro parti (Emigranten) et donnait par la creance 
aux accusationH des jacobins.' 4 Vgl. a. Pieces relatives a l'lnst. 
de France, 1792 (Königl. Bibl. zu Berlin;. No. 44. Lafayettes 
Unterredung mit Laporte. 



— 188 - 



Emigranten anhält, die er in dem eigenen Palast wie seine 
getreuesten Diener bewillkommnet? 

Ebenso eigentümlich mute es an, dass Ludwig nicht an 
die Neubildung seines Hofstaates gehe. Nachdem er vielen 
Mitgliedern desselben wegen ihrer revolutionsfeindlichen Ge- 
sinnung den Abschied habe geben müssen, lasse er ein 
ganzes Jahr verstreichen, ohne an die Besetzung der frei- 
gewordenen Posten zu denken, gerade als nähre er heimlich 
die Hoffnung, dass in Bälde eine Zeit anbrechen würde, 
wo er ihre ehemaligen Inhaber wiederum zurückberufen 
könne 1 ). 

So gäben noch tausend ähnliche Umstände im Benehmen 
des Monarchen der Bevölkerung zu misstrauischer Aus- 
deutung Ursache. Sie entmutigten die Anhänger der Ver- 
fassung, ihre Gegner machten sie um so verwegener. Die 
Republikaner nutzton sie aus, um den Verdacht gegen den 
Hof im Volke rege zu halten und zum Umstürze des Thrones 
aufzureizen; die Emigranten, um den Gegensatz zwischen 
den offiziellen Handlungen des Königs und seiner wahren 
persönlichen Ueberzcugung festzustellen. 

Von den einzelnen Ausstellungen an der Haltung Lud- 
wigs XVI. gelit Narbonne zur Bezeichnung und Verurteilung 
des Leitgedankens der königlichen Politik, über. Er sagt 
gorado heraus, es falle allgemein auf, dass der Monarch 
cino systematische Unthätigkeit in der Staatsverwaltung mit 
Absicht einreissen lasse, wohl in der Erwartung, dass aus 
dem Ucbermasso des Uebols das Gute sich schon von selbst 
ergeben werde. Auf das dringendste mahnt der Minister 
von diesem gefahrlichen Pessimismus ab. Er würde unfehl- 
bar den Feinden der Monarchie das Uebergewicht ver- 
schaffen. Werde man doch nicht mit Unrecht die Schuld 
an allem Unheil, das das Land heimsuche, auf die bös- 

i) M m<> de Campan, S. 309 t. Almeigimg insbesondere der 
Königin den Hotstaat zu bildi-n. Vgl. a. Bertram! de Molleville, 
VI, 279 f. VII, 95 f. 



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willigen Hintergedanken des Königs schieben und von seiner 
Absetzung Rettung erhoffen. 

„Frankreich kann nur noch wenige Monate bestehen", 
ruft Narbonne aus, „wenn nicht eine populäre, aber that- 
kräftige, eine loyale und zugleich durchgreifende Regierung 
die bereits geschlagenen Wunden heilt und neuem Unheil 
vorbeugt," 

Der Minister schloss seinen Vortrag mit dem Antrage, 
der König möchte unverzüglich an die Zusammensetzung 
seines Hofstaates gehen und seinem Sohne, dem Thronfolger, 
einen Erzieher ernennen, der ihn in den Grundsätzen der 
Verfassung unterweise; Massnahmen, die dem Volke dafür 
bürgen sollten, dass der Monarch die Revolution zu ver- 
teidigen gedenke, dass auch in seinen Augen Anhänglichkeit 
an die Volksrechte kein Makel sei. 

Leider ist uns nicht überliefert, was der König auf diese 
kühne Denkschrift geantwortet hat. Ihr Inhalt bekundet 
deutlich, wie die Fayettisten und insbesondere die Minorität 
des Adels die heuchlerische Maske durchschauten, hinter 
welcher das Königspaar seine wahren Gesinnungen zu ver- 
bergen suchte. Um nicht der Reaktion zu verfallen, zeigen 
sie sich fest entschlossen, die stockende Regierungsmaschine 
in Gang zu bringen und die gegenrevolutionären Kiemente 
aus ihrem Bereiche zu verdrängen. 

Der Vorwurf, welchen Narbonne gegen den König er- 
hob, dass er vorsätzlich die ihn) durch die Verfassung an 
die Hand gegebenen Regierungsmittel nicht benutze und so 
das Land der Unordnung förmlich preisgebe, richtete sich 
doch mittelbar zugleich gegen seine Kollegen im Ministerium. 
Wiederholt hatten die Radikalen in der Legislative gegen 
mehrere Mitglieder des Kabinetts diesen Tadel geschleudert, 
so gegen Delessart und Duport-Dutertre. Fast einstimmig 
aber verurteilte die Nationalversammlung die Handlungs- 
weise des Marineministers Bertrand de Molleville. Seine 



— 190 — 



reaktionäre Gesinnung war allbekannt 1 ). Man sucht« ihre 
Folgen naturgemäss in der Handhabung seines Ressorts. 
Schon seit Dezember wurde er von den Abgeordneten mit 
Verdächtigungen verfolgt. Man klagte ihn an, dass er die 
Auswanderung von Marineoffizieren nicht nur nicht gehindert, 
sondern heimlich begünstigt habe; zahlreichen Untergebenen 
seines Departements habe er unter den nichtigsten Vorwänden 
den nachgesuchten Urlaub ins Ausland erteilt. Bertrand 
stellt die Richtigkeit dieser Anschuldigung in Abrede, und 
doch beweisen die Belege, welche seine Gegner beizubringen 
wussten, klärlich, dass ihre Anklagen gerechtfertigt waren 2 ). 
Mit knapper Not gelang es am 1. Februar den Bemühungen 
der rechten Seite, die Freisprechung des Marineministers 
zu erwirken. 208 Abgeordnete stimmten dafür und 196 da- 
gegen 8 ). Doch im Volke erhob sich ein Sturm der Ent- 
rüstung gegen dieses Votum. Es war überzeugt, dass 
Bertrand schuldig sei. Und unter dem Druck der öffentlichen 
Meinung gelang es schon am folgenden Tage den Girondisten 
die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Minister 
durchzusetzen 4 ). 

Es liegt am Tage, dass ein so verdächtiges Mitglied 
dem Ansehen des Kabinetts, das ohnehin sich nur geringer 
Sympathieen erfreute, ungeheuren Abbruch thun musste. 
Besonders scharf empfand Narbonne diesen Uebelstand. 
Dazu kam, dass Bertrand sich von vornherein gegen die 
neue Richtung, welche der jugendliche Minister dem Conseil 
anempfahl, erklärt hatte. Dessen Rat, die Kabinettsmit- 
glieder sollten sich mit der Legislative durch freimütige Zu- 
vorkommenheit gegen die einzelnen Abgeordneten auf guten 

1 ) Morris, I, 564. Der amerikanische Gesandte bemerkt 
hier über seinen Freund Bertrand im Tagebuche (25. VII, 1792): 
„Bertrand is a stickler for the ancien regime ; '. 

2 ) A. p. 38. S. 80 ff. 

3 ) a. a. 0. S. 92. 
*) a. a. 0. S. 96. 



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Fuss stellen, hatte er entschieden von sich gewiesen. 
Während Narbonne und bald auch die übrigen Kollegen mit 
den Ausschüssen der Nationalversammlung in unmittelbare 
Verbindung traten, um ihre Anfragen zu beantworten, hatte 
sich der Marineminister allein nach wie vor ablehnend ver- 
halten. Er fürchtete, durch höfliches Entgegenkommen 
seiner Würde etwas zu vergeben, und berief sich auf die 
Verfassung. Nach ihrem Buchstaben habe er nur der 
Legislative selbst Auskunft zu geben, nicht aber ihren 
Ausschüssen 1 ). Unter diesem Hinweise Hess er die Briefe, 
welche der Marineausschus an ihn richtete, einfach uner- 
ledigt. Sein kleinliches, schroffes Verhalten musste schon 
seine Persönlichkeit den Abgeordneten unbeliebt machen, 
zumal da er auch bei anderen Gelegenheiten aus offenbarer 
Streitsucht mit der Legislative in Händel geriet. Sie ver- 
ursachten ihm eine Art innerer Befriedigung 2 ). Er teilte 
eben die abschätzige Meinung, welche das Triumvirat von 
der neuen Volksvertretung hatte. Er hielt es für ein Ver- 
dienst, sie in den Augen des Volkes durch öffentlichen 
Tadel herabzuwürdigen. 

Das zeichnete gerade Narbonne und seine Partei- 
gänger aus, dass sie politisch weiter blickten und sich 
sagten, dass die Autorität der Nationalversammlung in 
jedem Falle in der öffentlichen Meinung einem Ministerium 
Uberlegen sein werde, das von einem allgemein verdächtigten 
Monarchen geleitet wurde. 

Es konnte nicht anders geschehen, beide Minister, wie 
sie nun einmal die grossen politischen Gegensätze, welche 

l } Bertrand, VI. 217 f. 

2 ; a. a. 0. S. 96.: „La pretention de l'assembläe etant 
t'videmment eontraire ä la Constitution m'offrait une belle 
occasion d'engager une grande quereile." . . . Vgl. a. S. 
l.'Hi. : ,.je puis dire avec la plus grande verite que la denonci- 
ation de Cavelier me causa mille fois plus de plaisir que 
dinquietude." Vgl. S. 223. 



- 192 - 



ihre Zeit beherrschten, repräsentierten, mussten endlich an 
einander geraten; Narbonne. welcher von allen Mitgliedern 
des Conseils am liberalsten dachte, und Bertrand von 
Molleville, der ein abgesagter Feind jeder demokratischen 
Tendenz war. 

Zu dem prinzipiellen Gegensatze, welcher sie ent- 
zweite, gesellten sich mit der Zeit persönliche Antipathieen. 
Der Marineminister genoss von allen Mitgliedern des Con- 
seils allein bei Hofe einiges Vertrauen, eben weil seine 
politischen Anschauungen denen Marie Antoinettes ver- 
wandt waren 1 ). Wo es nur anging, suchte er sich durch 
Dienstbeflissenheit das Wohlwollen des Königspaares zu er- 
werben. Ueberhaupt Hess er es sich angelegen sein, das 
Interesse desselben im Kabinett wahrzunehmen. Und da- 
bei widersprach er oft den Massnahmen, welche Narbonne 
in Vorschlag brachte. Um dem Königspaar einen Gefallen 
zu thun, hatte er gegen die Sendung Talleyrands nach 
London gestimmt, wie er denn überhaupt Marie Antoinette 
in ihrer Abneigung gegen den Kriegsminister bestärkt zu 
haben scheint. 

Dieser hatte also allen Grund die Entfernung seines 
Widersachers aus dem Conseil zu wünschen, eine Absicht, 
die er schon in jener politischen Denkschrift versteckt an- 
deutete. Denn die Aufforderung, die er dort an den König 
richtete, sich mit Ministern zu umgeben, die das Vertrauen 
des Volkes genössen, der scharfe Tadel gegen die syste- 
matische Unthätigkcit der Regierung, musste vor allem auf 
Bertrand bezogen werden. Bald fand sich ein Anlass. wo 
Narbonne sein Begehren unverbüllter stellen konnte. 

Seit der Mitte des Februar waren Duport-Dutertre. 
üelessart und Bertrand von Molleville mit einer Anzahl 
Deputierter in geheime Unterhandlungen getreten 2 ). Sic 

Fersen, I, l 2G8; 11, 7. 
*) Bertrand, VII, 115 ff. 



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- 193 - 



wollten mit ihrer Hilfe dem Ministerium eine feste Mehrheit 
in der Legislative verschaffen. Der Antrag, welchen 
Mouysset am 23. Februar gegen die Jakobiner richtete, 
war bereits im Einverständnis mit den Ministern eingebracht 
worden. Zu seinem Misserfolge trug nicht wenig der Um- 
stand bei, dass während seiner Beratung in der National- 
versammlung das Gerücht auftauchte, eine grosse Anzahl 
von Abgeordneten habe sich der Regierung verkauft 1 ). 
Und diese Mutmassung entbehrte nicht einer thatsächlichen 
Grundlage. Denn die Minister gedachten ungeheure 
Summen, die sie den geheimen Fonds ihrer Ressorts und 
der königlichen Civilliste entnehmen wollten, zur Bestechung 
der Abgeordneten aufzuwenden, um in der Legislative Be- 
schlüsse nach ihrem Wunsch durchbringen oder hinter- 
treiben zu lassen 2 ). Auch sollten Deputierte durch die Zu- 
sicherung von einträglichen Aemtern für ihre Freunde oder 
Verwandten gekapert werden 3 ). 

Erst als das Bündnis mit den Abgeordneten dem Ab- 
schluss nahe war, unterrichteten die Minister ihren Kollegen 
Narbonne davon. Dieser war indes der kleinlichen Machi- 
nationen der Freunde der Lameths herzlich müde. Er sah 
wohl voraus, das man mit so verwerflichen Mitteln im Hause 
keine Mehrheit für die Regierung zu stände bringen würde, 
und fürchtete vielmehr, dass ihre Autorität vollends dar- 
niedergeworfen werde, wenn erst die Spürnasen der Jakobiner 
von der Sache Wind bokommen und sie in alle Welt hiu- 
ausposauncn würden. Aber seine Bedenken teilte er den 
Kollegen nicht mit, sondern bei seiner Neigung zur Intrigue 



') Buchez, XIH, 241 f. Vgl. a. 8. 240 ff. den Auszug aus 
Prud'homraes Revolution» du Paris, No. 137, l>otitt*lt : Coalititiwn 
d'un cote du Tasflemblee avec le pouvoir » xöc-utif. 

2 ) Bertrand, VII, 123. 

3 ) a. a. 0. H. 110. 

Gingnu. I»it- IVhuz. I.**gisl:»tn * 13 



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- 194 - 



sorgte er im Verborgenen dafür, dass das ganze Projekt in 
die Öffentlichkeit drang und scheiterte 1 ). 

Als Duport-Dutertre, Delessart und Bertrand von Molle- 
ville erfahren hatten, dass die Indiskretion des Kriegs- 
ministers ihre Pläne vereitelt habe, stellten sie ihn — es 
war am Abend des 1. März — zur Rede. Es kam zu den 
heftigsten Auseinandersetzungen. Man ging von dem be- 
sonderen Anlasse zu einer allgemeineren Erörterung der 
wichtigsten politischen Fragen über. Narbonne erklärte 
sich mit der ministeriellen Aufführung seiner Kollegon 
unzufrieden; er forderte den Rücktritt Bertrands; die 
Meinungsverschiedenheiten zwischen diesem und ihm seien 
zu gross, als dass sie länger gemeinsam im Ministerium zu- 
sammenwirken könnten. Doch der Marineminister lehnte 
entschieden ab, vorläufig seine Entlassung zu geben. Delessart 
und Duport-Dutertre scheinen ihm beigestanden zu haben*). 
Ohne sich mit seinen Kollegen zu vertragen, brach Narbonne 
die Unterredung ab. 

Mit diesem Wortwechsel war der Zwiespalt im Kabinett, 
der schon seit Monaten unter der Asche glimmte, endlich 

zu hellen Flammen ausgebrochen. Bevor wir aber seine 

— 

») Bertrand, VII, 123 f. Vgl. a. Pallain, S. 115. Auch 
Talleyrand, dem Delessart wahrscheinlich in einem für uns ver- 
lorenen Briefe vom 15. II. 1792 vertrauliche Mitteilung von der 
Annäherung an einige Mitglieder der Legislative machte, schreibt 
über diesen Versuch unzufrieden: ,.L'agent, quevousavez choisi pour 
vous entendre avec les meinbres bien voulants de l'Assomblee, 
veut, je crois, consciencieusemment la Constitution .... Mais, 
en graee, nt? vous faites pas uu Systeme qui ne plie jamais; 
sachez arriver ä tous les rotes de rAssemblee; il y a d'honnetes 
gens de tous les cötes: aiusi ne mettez pas du eourage h n'aboutir 
jamais qu'ä ceux qui n'ont que <les intentions ä offrir. II ne 
faut pas etre de tout .Tune pieee, qiiaud uu a afl'aire a tant de 
mille morceaux." 

2 j Bertrand. VII, 125 f. 



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- 105 - 



Fortentwickelung verfolgen, müssen wir eines Momentes ge- 
denken, das wie zu seinem Ausbruche 1 ), so auch zu seinem 
Ausgange ganz wesentlich beigetragen hat: ich meine das 
Wiederauftauchen der Kriegsfrage, die nach dem Eintreffen 
der Wiener Februarnote wieder die Tagesordnung beherrschte. 

III. 

Der erste Eindruck der Wiener Febrnarnote auf die 

Legislative. 

Als der österreichische Geschäftsträger Blumendorf am 
27. Februar Delessart die kaiserliche Antwort auf sein 
Schreiben vom 21. Januar mitgeteilt hatte, drückte der 
Minister Ludwig XVI. sofort in einem kurzen Billct seine 

') Auch der Beginn des Konfliktes Narbonnes mit seinen 
lamethistisch gesinnten Kollegen scheint sich unmittelbar 
an die Februarnote zu knöpfen. Am 27. Februar erhielt 
Delessart dieselbe; als einem Mitglied des Kabinetts wird er sie 
auch bald dem Kriegsminister mitgeteilt haben. Da dessen Par- 
tei sofort den Argwohn schöpfte, dass die Lameths das Office 
mit dem Wiener Hofe im geheimen Verständnis abgefasst hätten, 
entsehloss sich Narbonne sogleich, das System seiner Neben- 
buhler, wo es nur anging, zu bekämpfen. Am 28. Februar Hess 
er durch seine Freunde den Bestechungsversuch, welchen Bertrand, 
Duport und Delessart an einer Anzahl von Deputierten vornahmen, 
in die Oeffentlichkeit tragen und dadurch scheitern. Am 29. II. 
ging er seinen Kollegen, die ihn, wie er ahnen musste, deshalb 
zu Rede stellen würden, geflissentlich aus dem Wege. (Bertrand, 
VII. 124.) Erst am Abend des 1. März stellte er sich ihnen. 
Er hatte wahrscheinlich noch abwarten wollen, welchen Eindruck 
die Verlesung der kaiserlichen Note auf die Legislative machen 
Wörde. Während ein Girondist in der AI ondsitzung vom 1. März 
die Denuneiation gegen Delessart einbrachte, forderte 
der Kriegsminister Bertrands Röcktritt und erklärte im all- 
gemeinen seinen Kollegen, dass er mit ihrer politischen Gesinnung 
ganz und gar nicht einverstanden sei. 

13* 



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- 196 - 

Zufriedenheit mit ihrem Inhalt aus. Sie sei friedfertig und 
freundschaftlich; der wohlgezielte Angriff Kaunitzens auf 
die Jakobiner werde allen Wohlgesinnten die Augen über 
die üemeinschädlichkeit ihres Treibens öffnen *); So entzückt 
wie er sich dem Könige gegenüber stellte, war er in Wahr- 
heit nicht. Ein Umstand verursachte ihm schwere Be- 
denken. Der Staatskanzler forderte, dass zugleich mit seiner 
Note die französische Depesche, die sie veranlasst hatte, 
veröffentlicht würde. Wir erinnern uns, Delessart hatte sie 
ausdrücklich als „Vertrauliche Mitteilung" bezeichnet und 
sich im Hinblick darauf sehr offenherzig Uber die inneren 
Schäden seines Landes zu der befreundeten Macht geäussert. 
Er wusste, in wie grellem Widerspruch sein rückhaltloses 
Eingeständnis der politischen Schwäche Frankreichs mit 
dem herben Nationalstolz der Legislative stand, wie wenig 
überhaupt die Haltung seiner Note dem Dekrete vom 25. 
Januar entsprach. Er fürchtete daher den Angriffen der 
Brissotisten zum Opfer zu fallen. Da Blumendorf nach dem 
Geheiss Kaunitzens auf der Publikation der Januarnote be- 
harrte, bat der ängstliche Minister, ihm wenigstens zu ge- 
statten, einige Wendungen unterdrücken zu dürfen, die 
seinen Feinden in der Nationalversammlung eine bequeme 
Handhabe gegen ihn geboten hätten. Obgleich der öster- 
reichische Geschäfteträger auch dagegen Einspruch erhob, 
Hess Delessart doch einen gravierenden Passus weg 2 ). 

') Pieces rel. & l'Histoire de France (König!. Bibl. zu Berlin. 
R. 3598) 1792 No. 103. 

2 ) ßlumcndorf an Mercy, 4. III. 1792. (W. A.) In dem 
Sitzungsbericht vom 1. III. 1792, den die Archive» porl. (39, 

248) geben, fehlen in der That die Worte, welche ich bei der 
Wiedergabe des bezüglichen Passus aus Vivenot (I, 384) gesperrt 
drucke: „Eat-il de l'interet de l'Empereur de se laisscr entrauier 
a cette fatale mesure? Je supposerai, si l'on veut, tout ce qu'il 
y a de plus favorable pour ses armes; quelles seront partout 
victorieuses; quo nous serons attaques de tous cötes et 
que nous ne pourrons resister nulle part, que les 



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- 107 



Am l. März begab sieb der Minister, von banger Sorge 
erfüllt, in die Nationalversammlung, um den Notenwechsel 
zwischen dem Pariser und dem Wiener Kabinett den Ab- 
geordneten vorzutragen. Wider sein Erwarten verlief die 
Sache sehr glimpflich. Dio Ausführungen des Staatskanzlers 
wurden zwar hier und da von unruhigem Gemurmel und 
Hohngelächter begleitet, doch bei der Verlesung der Januar- 
note Delessarts spendete die rechte Seite, ohne Widerstand 
zu finden, einzelnen Wendungen ihren Beifall. Dor Ver- 
fasser schöpfte neuen Mut. Er beschwerte sich bei der 
Legislative darüber, dass er nur durch eine Art Vertrauens- 
bruch des Wiener Kabinetts zu der Veröffentlichung seiner 
Depesche gezwungen sei, und, auf die Zeichen der Zu- 
stimmung, welche bei ihrer Lektüre im Hause laut ge- 
worden waren, Bezug nehmend, versicherte er treuherzig, 
dass sie Uberhaupt sein politisches Glaubensbekenntnis ent- 
halte 1 ). Schliesslich teilte er noch die Antwort mit, dio er 
auf das Office des Kanzlers zu geben Willens sei. Sie war 
darauf berechnet der Legislative zu gefallen. Der Minister 
verbat sich die Kritik, welche der Wiener Hof an den 
inneren Zuständen Frankreichs geübt hatte; denn man taste 
damit die Würde und die Unabhängigkeit der Nation an. 
Aus ähnlichen Gründen forderte er die Auflösung des 
Vereins der europäischen Mächte. Schliesslich schlug er 
vor, dass beide Monarchen, der Kaiser und Ludwig XVI., 
abrüsten sollten 2 ). Audi diese Kundgebung nahm das Haus 
beifällig auf. 

Man glaubo aber nicht, dass Dolessart nunmehr von 

Anglaia, profitant de l'oeeasion, s'empareront de nos 
colonies ot aneantiront pour jamain notre marine et 
notre commerce." Auch in der Februarnete von Kaunitz 
strich Delessart das Wort „eompatissant 1 *. Blumend. au Kaunitz. 
17. HI. U2. (W. A.) 

>) A. p. 39, 248. 

*) Vivenot, I, 415 ff. 



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— 198 — 



der Friedenspartei zur Kriegspartei abzuschwenken gedachte. 
Sobald die Verlesung des Notenwechsels vor der Legislative 
für ihn so glücklich abgelaufen war, meldete er es freude- 
strahlend dem österreichischen Gesandten und gab ihm jetzt 
seine volle Zufriedenheit mit dem kaiserlichen Office zu er- 
kennen 1 ). Auch dem preussischen Gesandten v. d. Goltz, 
welcher eine der Wiener Note gleichlautende Erklärung 
seines Hofes beizufügen hatte, drückte er über diese Be- 
kräftigung seine Genugthuung aus-). Er sah es mit Ver- 
gnügen, dass die beiden Verbündeten den Jakobinern energisch 
zu Leibe gingen, während sie den gesunden Teil der Nation 
ihres freundschaftlichen Schutzes und ihrer friedfertigen Ge- 
sinnung versicherten. 

Namentlich aber den Wünschen der Lameths entsprach 
Kaunitzens Februaroffice 3 ). Wie sie es heimlich gefordert 
hatten, bekämpfte der Staatskanzler mit aller Entschieden- 
heit die kriegerische Tendenz der Legislative; das gefähr- 
liche Treiben der Jakobiner wurde von ihm vor den Augen 
Europas, wie es sich gebührte, an den Pranger gestellt. 
Uas Triumvirat lebt« der Hoffnung, dass die gemässigten 
Elemente der Nation, durch diese öffentliche Kundgebung 
von neuem Mute beseelt, unter der Leitung der Feuillants 
den Brissotisten und überhaupt den populären Gesellschaften 
den Garaus machen würden. 

Mit der Antwort indessen, welche Delessart am 1. März 
auf die kaiserliche Note sofort gegeben hatte, waren die 
Lameths nichts weniger als einverstanden. Der Mini- 
ster war da ihrem Einfluss entschlüpft, um den bösen Ein- 

i) Blumendorf au Kaunitz. (W. A.) 17. III. 1792. 

*) Goltz' Depeschen 2. III. 1792. (Pr. St. A.) 

:1 ) Pellenc, 4. III. 1792. (VV. A.) „Les Laineth et les Kommen 
«jui semt dans leur sens, sont ceux <[ui ont montre lo plus de 
satisfaction de la reponse (Note vom 17./19. II. 1792), parce 
qu'elle est ä peu pres analogue a un Systeme de salut par une 
crise interieure, du moins, ainsi qu'ils l'entendent." 



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- 100 - 



druck, den seine Januarnote auf die Legislative hätte vor- 
bringen können, durch eine schärfer gehaltene Erklärung 
auf das Wiener Office abzuschwächen und möglichst zu 
verwischen. Die Lameths jedoch waren darüber ungehalten, 
daas Delessart auf die Auflösung des Vereins der Mächte 
gedrungen hatte. Sie nannten das eine schreckliche Thor- 
heit, durch welche die heilsame Wirkung des kaiserlichen 
Office fast aufgehoben worden wäre. Denn eben um die 
Aufrechterhaltung dieses Konzertes war es ihnen zu thun. 
Es sollte den Radikalen Schrecken einjagen, den zaghaften 
Gemässigten aber als Stützpunkt bei ihrer Erhebung gegen 
die Jakobiner in der Ferne erscheinen. Insgeheim Hess das 
Triumvirat über diesen Fehlgriff des Ministers Mercy sein 
tiefes MissfalFen ausdrücken. Es verlangte jetzt unbedenklich, 
der Kaiser solle auf die neuerliche Note Delessarts eine 
noch schärfere Antwort geben. Die geforderte Aufhebung 
des Konzertes solle er entschieden abschlagen, um noch- 
mals darauf hinzuweisen, dass es zur Unterstützung der 
wohlgesinnten Mehrheit der Nation nur gegen die Jakobiner 
ins Leben gerufen sei, also vielmehr wie ein treuer Bundes- 
genosse Frankreichs, als wie ein Feind zu betrachten sei. 
Würde es zum Kriege kommen, so gelte er eben nur den 
Faktiösen, nicht der französischen Nation, dio der Kaiser 
nach wie vor als seinen Verbündeten ansehe 1 ). 

') Pellenc und Lainurck Übernahmen jetzt ganz offenbar die 
Vermittlung zwischen Mercy und den Lameths. Am 2. III. 17 4 .**2 
(W. A.) schreibt der Korrespondent an den Grafen Lamarck: 
„M. de Lessart tremblait de porter cette reponse (vom 17./19. 
II.) et il ne voulait pas aller a TAssemblee. Aussi pour se 
populariser a-t-il fait une sottige atroce en faisant signer au Roi, uno 
reponse qui a detruit tout l'eflet des offiees de l'Empereur, je 
veux parier de la requisitiou nouvelle qu'il fait faire par le Roi 
de faire cesser le concert des Puissances . . . Les bona esprits 
8 ? atteudent que l'Empereur repondra nettement et promptement: 
Non, cc concert ne cessera point, puisqu'il n'a pour objet que 



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200 — 



Man beobachte hier den Fortgang, welchen im Laufe 
zweier Monate die reaktionären Tendenzen der Lameths 
genommen hatten. In der Denkschrift, die sie im Anfang 
Januar an Leopold sandten, erwähnten sie das Konzert 
garnicht; sie begnügten sich damit, es stillschweigend anzu- 
erkennen. Nunmehr erschien es ihnen aber als notwendiger 
Bundesgenosse im Kampfe gegen die Jakobiner. Wenn sie 
vor der Hand nicht ein aktives Eingreifen des Vereins der 
Mächte in die inneren Angelegenheiten herbeiwünschten, 
so hofften sie eben noch, allein durch die drohende Aus- 
sicht desselben einen entscheidenden Druck auf ihre Gegner 
auszuüben. Und in der That nahmen die Dinge sehr bald einen 
Charakter an, der die Erwartungen, die der Kaiser und 
die Häupter der Feuillants in die Wirksamkeif der Februar- 
noto setzten, zu erfüllen schien: es hatte wirklich den An- 
schein, als wenn die gemässigten Tendenzen es doch noch 
in der Nationalversammlung Über die radikalen, zum Kriege 
treibenden davontragen sollten. 

In der Abendsitzung des 1. März griff der Abgeordnete 
Kouyer, ein Parteigänger ßrissots, die Amtsführung Deles- 
sarts auf das heftigste an. Er behauptete geradezu, dass 
der Minister die Wiener Note selbst verfasst habe, dass er 
des Verrates an der Nation dringend verdächtig, fürderhin, 
ebenso wie der Marineminister Bertrand von Molleville, 
nicht mehr vierundzwanzig Stunden auf seinem'Posten be- 
lassen werden dürfe. Das Haus verwies diese Denunziation 
an den diplomatischen Ausschuss 1 ). 

rinteret de la Nation francaise et l'honneur des Couronnes* u. 8. w. 
Die ..boiiH osprits" sind die Lameths, wie aus einem Briefe 
Pellencs vom 4. III. 1792 hervorgeht, wo der ausgeführte Ent- 
wurf einer Antwortnote für den Wiener Hof eingeschaltet wird. 
Merey sandte ihn am 7. III. an Kaunitz ab; er hat zweifellos 
auf die Abfassung der Wiener Note vom 18. III. 92 grossen 
Einfluss geübt. 

') A. p. 39, 2551. 



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- 201 - 



Zugleich machten die Girondisten darauf aufmerksam, 
dass die gesetzliche Frist, nach welcher die Hälfte der 
Mitglieder des diplomatischen Ausschusses alle drei Monate 
ersetzt werden musste, wohl über einen Monat verstrichen 
war. Sie forderten, dass man das Versäumte sofort nach- 
hole 1 ). Wahrscheinlich rechneten sie darauf, bei der bevor- 
stehenden Umbildung des Ausschusses durch eine Verstärkung 
ihres Anhangs in diesem wichtigen Körper entschieden 
die Oberhand zu erhalten. Dass das bisher noch nicht 
der Fall war, dass ihre Anschauungen in dem diplomatischen 
Komitee vielmehr immer, auch im Januar, Einschränkungen 
erfuhren, haben wir seiner Zeit genügend hervorgehoben. 
Auch jetzt sollten sie bitter enttäuscht werden. Die Er- 
gänzungswahlen fielen sehr zu ihren Ungunsten aus: nur 
Leute von der Richtung der Lameths wurden in den Aus- 
schuss gewählt, so dass die ßrissotisten entschieden in der 
Minderheit waren 3 ). Sie suchten sich in anderer Weise zu 
helfen. Neben den zwölf ordentlichen Mitgliedern waren 
noch sechs Stellvertreter im diplomatischen Ausschuss. 
Sie hatten indessen kein Abstiinmungsrecht. Da diese 
Substitute alles Anhänger der Kriegspartei waren, so suchten 
Brissots Freunde es durchzusetzen, dass sie als ordentliche 
stimmfähige Mitglieder in den Auschuss aufgenommen 
wurden. Sie brachten daher am 3. März einen dahin 
gehenden Antrag ein. Doch auch diesen lehnte das Haus 

i) A. p. 39, 25«. 

3 ) A. p. 39. 338. Die neu Ernannten waren Lcmontcy, Daver- 
hoult, Jaucorl, Vienot-Vaublanc, Briche, Hühl. Vgl. a. Meivy 
an Kaunitz 7. III. 92. i W. A.) ,.Le Comite diplomatique vient 
d'etro change; on en a exclu quelques seelerats qui sont rem 
places par des sujets plus moderest on doit eher un M. de Vau- 
blanc." Vgl. a. Pellene an Lamarck 5. III. 1792. (W. A.) „La 
majorite de l'Assemblee est dans <:e moment a la paix et dans 
cet objet, en renouvellant les membres du Comite diplomatique, 
eile est parvenue ä y placer quelques esprits moderes." 



f 

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— 202 — 

auf Betreiben des Lamethistcn Hua mit grosser Mehr- 
heit ab 1 ). 

Bei dieser Zusammensetzung des diplomatischen Aus- 
schusses, die ein entschiedenes Vorwalten der friedlichen 
Tendenzen in der Legislative anzeigte, durften die Girondisten 
nicht auf ein Gelingen ihrer Pläne hoffen. Auch die Denun- 
ziation, welche sie am Abend des 1. März gegen die Amts- 
führung Delessarts erhoben hatten, musste von einem so 
gemässigten Ausschuss verworfen werden. 

Da brachte der Verlauf des Zwistes, der im Kabinett 
zwischen den Anhängern der Faktionen Lameth und Lafayetta 
ausgebrochen war, in der allgemeinen Stimmung einen gross- 
artigen Umschwung hervor. 



IV. 

Der Kampf zwischen den Triimmrn und Narbonne 

um das Ministerium. 

Wir erinnern uns, Lafayettes Parteigänger waren nicht 
in die geheimen Unterhandlungen, welche das Triumvirat 
mit dem Wiener Hof pflog, eingeweiht worden. Indes 
ahnten sie, dass etwas im Werke sei. Sie kannten die Be- 
ziehungen der Lameths zu der Königin und nahmen an, 
dass beido Teile mit Hilfe des Kaisers eine Gegenrevolution 
planten. Sie fürchteten bei der Ungunst des Hofes gegen 
den liberalen Adel, bei dem Hasse ihrer politischen Neben- 
buhler das erste Opfer dieser Absichten zu werden. Dass 
die vermeintlichen Bundesgenossen, Marie Antoinettc und 
das Triumvirat, selbst Antagonisten waren, konnten sie 
nicht wahrnehmen. So lebten die Fayettisten, wie die 
populären Parteien, der festen Ueberzeugung, dass es in 
den Tuilerien ein sogenanntes österreichisches Komitee gebe, 



i) A. p. 39, 342. 



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- 203 - 



das unter Leitung der Königin umfassende Vorbereitungen 
zu einer Gegenrevolution treffe. In der Ankündigung des 
Konzertes der europäischen Mächte erblickten sie den ersten 
entscheidenden Schritt zur Ausführung eines mit Leopold 
verabredeten Planes. Wie die Girondisten hegten sie den 
Verdacht, dass die eigentlichen Urheber der kaiserlichen 
Februarnote vielmehr in Paris, eben in jenem geheimen 
Komitee, als in Wien zu suchen seien 1 ). Je enger und 
drückender sich nun die Maschen des verderblichen Netzes 
der Reaktion um die gefährdete Freiheit zu legen schienen, 
um so entschlossener näherten sich die Freunde des Generals 
der Kriegspartei: in der herben Kritik, welcher der Kaiser 
die inneren Zustände Frankreichs unterzogen hatte, sahen 
sie nichts als den ungehörigen Versuch eines fremden 
Kabinetts, sich zum Richter über die Ordnung des französi- 
schen Staates aufzuwerfen. Sie riefen dagegen die nationalen 
Leidenschaften auf. Die Idee einer Modifikation der Ver- 
fassung Hessen sie jetzt fallen, denn in einer Zeit, wo von 
dem verdächtigen Hofe, von den Intriguen der Emigranten 
und der drohenden Haltung der fremden Mächte das 
Schlimmste besorgt werden musste, meinten sie, könnte selbst 
eine massige rückläufige Bewegung für die Sache der Revo- 
lution verhängnisvoll werden. Unbedingte Erhaltung der 
Konstitution, energische Abwehr jeder Einmischung des 
Auslandes war daher ihr Losungswort 2 ). 

_ — - ■ ■ ■ 

») Marl, du Stael, II, 35; Pellenc au Lamaruk, ± III. 17!r2 
fW. A.) schreibt über den Eindruck der Nute vom 17. 10. II. 
1702: „D'autres pernonnes et le plus grand noiubru ontdit: 
la reponsu a ete faite ä Paris ou dietee de Paris; donc 
le Roi est parfaiteiuent d'aecord avee FEniperuur. - ' 

a ) Mercy an Kaunitz. 7. III. 1792 (W. A.) ,.M. de Narhonne et 
son parti exeite toujours a la guerre .... M. de la Fayette opine 
pour la paix, si eile peut etru solide: il eonsuille la guerre saus 
retard, si on presume que la solidite de eette paix soit incertaine." 
Vgl. a. Lafayette, III, ö. 301 f. „nous airaions mieux entreprendro 



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- 204. - 



Wie man sieht, stand diese Parole in dem heftigsten 
Widerstreit mit dem System der Lameths, das eben unter 
dem Hochdruck des vom Kaiser voranstalteten Konzertes 
eine Verbesserung der Konstitution anstrebte- Lafayettos 
Freunde glaubten keine Zeit verlieren zu dürfen, wenn sie 
noch zur rechten Stuude die Kombinationen ihrer Gegner 
durchbrechen wollten. Alle ihre Anstrengungen richteten 
sie nun darauf, ihnen die einflussreichen Ministerposten zu 
entwinden. Zunächst hatten sie sich, wie wir oben aus- 
führlich schilderten, gegen Bertrand von Molleville gewandt, 
in dem die reaktionären Tendenzen, die sie bekämpften, am 
schärfsten ausgeprägt waren. Narbonne hoffte ihn bald 
durch eine seinen politischen Anschauungen ergebene Per- 
son zu ersetzen. Tarbe" und Cahier aus Gerville glaubte 
er dann leicht für sich gewinnen und durch diese Mehrheit 
den Einfluss der geschworenen Anhänger des Triumvirates, 
Delessarts und Duport-Dutertrcs, im Conseil mit Erfolg 
paralysieren zu können 1 ). 

Schon Ende Februar hatte der Kriegsministor die drei 
kommandierenden Generale Lafayette, Rochambeau und 
Luckner von ihren Armeen nach der Hauptstadt berufen. 
Sie sollten mit ihm den Feldzugsplan beraten. Die Angabe dieses 
Grundes war mehr ein Vorwand. Narbonne wollte sie viel- 



framhemmt la guerre que de nous soumettre a Tinsolente in- 
fluonee de la coalition curopeenne .... nous trouvions que le 
ministere avait mis dans sa moderation trop de complaisance, et 
nous montrions plus de disposition ä la guerre, en proportion 
des efforts de la coalition pour influer sur nos affaires ... La 
presijue totalite des constitutionnels pensait avec lui (Lafayette) 
qu'il n'y avait de salut que dans le ralliement complet et Sans 
arriere-pensee autour de la Constitution de 1792 malgre ses defauts. 14 
l ) Pellenc an Lamarck (W. A.) 5. III. 1792. ,.Son (Narbonnes) 
projet est de se donncr Cahier de Gerville, Tarbe et le succes- 
seur de M. Bortrand et d'isoler par ce moyen de Lessart et le 
Garde des Sceaux. u 



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- 205 — 

mehr in dem Kampfe gegen die Lameths in seinem Interesse 
verwenden 1 ). Als Bertrand sich geweigert hatte, seine De- 
mission zu geben, erschien Lafayette am 3. März im Conseil, 
um im Namen seiner politischen Freunde dieses Ersuchen 
zu wiederholen. Er wies dabei auf die Anklage hin, welche 
die Legislative gegen den Marineministcr vorbereitete, und 
behauptete, jener würde dein Könige einen Dienst erweisen, 
wenn er sich aus eigenem Antriebe zurückziehe. Bertrand 
gab indes nicht nach. 

Was sie durch gütliches Zureden nicht hatten erreichen 
können, suchten Narbonnc und Lafayette nunmehr durch 
die Macht der öffentlichen Meinung zu erzwingen. Auf ihre 
Veranlassung wahrscheinlich berichtete Brissot am folgenden 
Tage im „Französischen Patrioten" über die Gründe der 
Misshelligkeiten, die zwischen dem Kriegsminister und 
seinen Gegnern schwebten. Jener, dessen Anhänglichkeit 
an die Verfassung wohl bekannt sei, der alles aufbiete, was 
in seinen Kräften stehe, um ihren Bestand zu sichern, 
könne sich nicht mit einem Manne vertragen, der sie zu 
verderben trachte 2 ). Wie man sich denken kann, gab es 
im Conseil an demselben Abende über diese Notiz zwischen 
den beiden Ministern heftige Auseinandersetzungen. Bertrand 
forderte Narbonne auf, die Behauptungen Brissots zu de- 
mentieren. Dieser lehnte das aber rundweg ab, da er ihre 
Wahrheit nicht in Abrede stellen könne. Dabei warf er 
jenem Abneigung gegen die Verfassung, unfreundliches Auf- 
treten gegen die Legislative und den selbstverschuldeten 
mangelhaften Zustand seines Ressorts vor. Alle Aus- 
söhnungsversuche, welche die übrigen Minister vornahmen, 
blieben ergebnislos. Der Kriegsminister beharrt« entschieden 
auf seiner Forderung, dass Bertrand aus dem Kabinett aus- 



l ) Bertrand, VII, 127 f. Lafav.-ttv, TIT, 302 f. Rm-hambt-uu, 
I, 394 ff. 

a ) Bertrand, VII, 131. 



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- 206 - 



scheiden müsse, der Marineminister hartnäckig bei seiner 
Weigerung, sie zu erfüllen. 

Narbonnc wandte sich nunmehr unmittelbar an den 
König und forderte ihn auf, Bertrand zu entlassen. Aber 
auch von dieser Seite wurde er abschlägig beschieden 1 ). Er 
mochte das wohl vorausgesehen haben. Denn auch die 
beiden Kollegen, auf deren Unterstützung er noch gerechnet 
hatte, Cahier und Tarbo\ Hessen ihn in Stich und nahmen 
den von ihm bedrohten Marineminister in Schutz. Während 
er sich mit dem Plane trug, das ganze Kabinett im Sinne 
seiner Partei umzugestalten, lauerten auch seine Gegner, 
die Lameths, nur auf den günstigen Moment, wo sie sich 
ohne Schwierigkeiten des unbequei^i Nebenbuhlers ent- 
ledigen konnten 2 ). Sie hätten es schon lange gethan, wenn 
nicht der Kriegsminister den beträchtlichen Teil der konsti- 
tutionellen Partei, der Lafayctte als Haupt anerkannte, als 
Rückhalt gehabt hätte. Vor allen Dingen aber erfreute sich 
jener der Gunst der Nationalversammlung. Hatte er doch 
allein von allen Ministern den nationalen Tendenzen, in 
denen sie lebte und webte, Rechnung getragen, war doch 
sein Streben immer dahin gegangen, zwischen der ausüben- 
den und der gesetzgebenden Gewalt die häufig sich erheben- 
Differenzen zu schlichten. 

l ) Pellene, 5. III. 92. (W. A.) „M. de Narbonne, apres une 
querelle fort vive avec M. Bertrand, a demande au Roi de ren- 
voyer ee deniier. Sur le refus, qu'il a eprouvö, il voulait 
domier lui-meme sa demission; mais sea amis Yen ont detournö; 
je crois que pour eette foi* eile aurait ete aeeeptee/' 

,J ) a. a. O. „M. de Narbonnc porto au Ministere des affaires 
etrangeres Dumuuriez, ä celni d» 1 l'interieur Dufresne de St. Leon, 
u eelui des Seeaux Garnier, i\ la Marine Dietrich. L'autre parti 
(Lameth) voudrait Montciel pour ininistre de la guerro et Marbois 
pour Ministre de l'interieur; ou bien si Lessart s'en va, Maissemi 
pour riuterieur et MaHiois pour les affaires etrangeres/' Vgl. 
Roehaiulieati, J, S. 3tMj. 



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- 207 - 



Von diesem mächtigen Rückhalt aus hofften Narbonne 
und seine Freunde die Lameths wirksam zu bekämpfen und 
den widerstrebenden Hof in ihre Bahnen zu zwingen. 

Es war in der Sitzung vom 6. März, wo die Miss- 
stimmung gegen die Lameths und die ihnen ergebenen 
Minister in der Legislative zu wildem Ausbruch kam. Aus 
allen Teilen des Reiches waren an die Volksvertretung er- 
schreckende Nachrichten von dem fortgesetzten Umsich- 
greifen der Anarchie gelangt. In fttampes hatte eine Meute 
von Banditen den Bürgermeister, während er seines Amtes 
waltete, ermordet. Die Marseiller waren in Aix mit sechs 
• Kanonen eingerückt und hatten ein Regiment, das sich ihnen 
entgegenstellte, entwaffnet. Horden von Aufruhrern zwangen 
die Kaufleute, ihnen das Getreide zu einem Schleuderpreis 
abzulassen. Ueberall erwies sich die Regierung diesen Ge- 
waltthaten gegenüber ohnmächtig; die Bedrohten wussten 
sich keinen anderen Rat mehr, als an die Nationalversamm- 
lung um Schutz und Hilfe zu appellieren. 

Und die Legislative wälzte alle Schuld auf die vorsätz- 
liche Unthätigkeit der Minister, die durchaus die Verfassung 
zu Falle zu bringen wünschten durch den Nachweis, dass 
man mit ihr das Land nicht verwalten könne. „Wir müssen 
es nun endlich wissen", rief Guadet aus, „ob die Minister 
aus Ludwig XVI. einen König der Franzosen oder einen 
König von Koblenz machen wollen. Wir müssen endlich 
erfahren, ob Ludwig XVI. der König der Mehrheit der 
Nation, die die Verfassung geschaffen hat, sein will, oder 
der König der Minderheit, die sich gegen diese Verfassung 
verschworen hat" 1 ). Seine Anklagen fanden im Hause lob- 
haften Beifall, der seinen Gipfel erreichte, als Isnard als 
das Grundübcl alles Leidens ohne Umschweife die Umtriebe 
des Triumvirates bezeichnete. Alle Unruhe im Reiche ent- 
springe aus der misstrauischen Besorgnis vor einem Plane 



») A. p. 39, 415. 



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— 208 — 



der Gegenrevolution, der in nächster Nähe des Hauses aus- 
geheckt werde. „Fast ganz Frankreich ist von unter- 
irdischen Gängen unterminiert; man hläst den Feuerbrand 
der Zwietracht an, um es in Brand zu setzen. Man geht 
darauf aus. das Land in zwei Parteien zu spalten, um dann 
mit allen Armeen der fremden Mächte herbeizueilen, die 
Partei des Despotismus zu unterstütz. und die Patrioten 
zu zwingen, einen Vergleich anzunehmen 111 ). 

Dieser Stimmung des Hauses passte sich eine Denk- 
schrift an, die Narbonne in derselben Sitzung den Abge- 
ordneten im Namen der kommandierenden Generale vortrug. 
Ihrer ganzen Haltung nach ist sie als ein feierliches Mani- ' 
fest der Fayettisten gegen das Triumvirat und den Hof zu 
betrachten 2 ). Weniger wegen ihres militärischen als wegen 
ihres politischen Charakters wurde sie der Nationalversamm- 
lung mitgeteilt. Der Kriegsminister hob auch in der Ein- 
leitung hervor, dass die Generale gekommen seien, um vor 
dem Hause ein politisches Glaubensbekenntnis abzulegen. 
Wir begnügen uns damit, die hauptsächlichsten Gesichts- 
punkte desselben hervorzuheben. 

So lange man nicht im Lande sich der Ueberzcugung 
hingeben dürfe — lassen sich die Generale vernehmen — 
dass der König die Verfassung ohne Hintergedanken ehrlich 
in Gang bringen wolle, würde in Frankreich keine geordnete 
Staatsverwaltung sich befestigen können. In der Krisis, die 
gegenwärtig herrsche, müsse Ludwig XVI. erkennen, dass 
es eher möglich sei, das Reich vollkommen zu Grunde zu 
richten, als seine Bewohner zu vermögen, eine die Freiheit 
beschränkende Verfassungsform anzunehmen. Aus dieser 

') a. a. 0. S. 41G. 

*) A. p. 39, S. 419 ff. Vgl. Barourt, III, 297. „l*n autre 
fait iinportant, o'est le Memoire des trois Genernux a l'Assemblee, 
dont le preamlnile a pour objet de prouver que les maux du 
royaume viennent de lu defiane«' qu'inspirent etu ore lea intentions 
du roi." Vgl. B.-rtraiid, VII. S. 1J9. Ainu. 



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— 209 — 



ernsten Erwägung werde er es seinen Ministern zur Pflicht 
machen, nicht nur niemals gegen die Konstitution zu fehlen, 
sondern sie gewissenhaft auch zur Ausführung zu bringen. 
Nicht scharf genug kennen die Generale darauf hinweisen, 
wie wesentlich die Aufführung des Hofes, nicht allein bei 
offiziellen Gelegenheiten, sondern auch im Privatleben dazu 
beitragen könne, die Unruhe, die im Volke über das Schicksal 
der Verfassung genährt würde, schwinden zu lassen. 

Man bemerkt unschwer, wie ähnlich diese Mahnungen 
dem Inhalt jener Denkschrift sind, die Xarbonnc vor kaum 
zwei Wochen im Ministerrate verlesen hatte; damals 
lauteten die Rügen gegen den Hof schärfer und bestimmter, 
aber sie wurden auch nicht vor einem öffentlichen Audi- 
torium erhoben. 

Sodann nehmen die Generale zur Kriegsfrage Stellung. 
Sio weisen zunächst auf einige Mängel der Heeresverwaltung 
hin. Mehr als die Hälfte der geschulten Oftiziere sei aus- 
gewandert; es fehlten noch immer 51000 Mann am Be- 
stände des Heeres. Die Soldaten würden durch die Assig- 
naten, die wegen ihres niedrigen Kurses einen geringen 
reellen Wert hätten, zu schlecht besoldet, es werde in Zu- 
kunft notwendig, sie in barem Gelde abzulohnen. Auch 
mit der Disciplin dor Truppen sei es noch nicht zum besten 
bestellt; die Strafgewalt der Generale müsse von der Volks- 
vertretung erweitert werden. 

Aber keine dieser Aussetzungen, fahren sie fort, dürfe 
die Nationalversammlung in der Entscheidung über Krieg 
und Frieden beeinflussen. Denn keineswegs gehe die Ab- 
sicht der Generale dahin, die Abgeordneten etwa durch 
ihren Hinweis auf Missstände in der Heeresverwaltung vom 
Kriege abzuschrecken. Sie seien weit entfernt zu dem 
strafwürdigen System ihre Zuflucht zu nehmen, das man 
seit einiger Zeit ins Werk setze, nämlich vom Kampfe ab- 
wenden zu wollen, indem man die Armee als ausser stände, 
ihn zu bestehen, darstelle. Jm Gegenteil, nach ihrer An- 

<»U K «u. T>n' franz. Legislative. 14 



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- 210 - 



sieht müsse man bei der Kriegsfrage nur den Einen Ge- 
sichtspunkt im Auge behalten, ob die fremden Mächte auf 
ihrem Vorhaben, sich in die französischen Angelegenheiten 
zu mischen, beharrten oder nicht. Jede andere Berechnung 
sei der Würde der französischen Nation zuwider. Durch 
kein zögerndes Bedenken dürfe in jenem Falle der Zeitpunkt 
für die Erhebung der Waffen hinausgeschoben werden. 

Diese Erklärungen der Fayettisten bedeuteten eine 
offene Absage an das Triumvirat. Indem sie das eigene 
Programm entwickelten, wussten sie es zugleich geschickt 
im Gegensatz zu dor Politik der Gegner erscheinen zu 
lassen. Die beiden Angelpunkte desselben, Abwehr jeder 
fremden Einmischung und Wahrung der Verfassung, waren 
Schlagworte, welche oft genug in der legislativen Ver- 
sammlung wiederhallten; sie drückten am knappsten deren 
Tendenzen aus. Die Koalition zwischen Lafayette und 
Alexander Lameth vom 21. Juni 1791 war damit thatsäch- 
lich zersprengt. Während der eine Teil der ehemaligen 
Häupter der Konstituante fortfuhr, einer Reaktion mit Hilfe 
des Auslandes vorzuarbeiten, ging der andere nach einigem 
Schwanken in das Lager der Legislative über und brachte 
ihren nationalen Bestrebungen seine Huldigung dar. 

Fayettisten und Brissotisten vereinigten sich nun zu 
dem Unternehmen, die Lameths und das Feuillant-Ministcrium 
zu stürzen und der Nationalversammlung ihren kriegslustigen 
Impuls mitzuteilen 1 ). Vorläufig waren sie noch weit ent- 
fernt davon, Uber eine feste Mehrheit in dem Hause ver- 
fügen zu können, die sie im Sinne ihrer Wünsche verwenden 
mochten. Wir wissen, wie wichtig für die Fortentwickelung der 
allgemeinen Angelegenheiten die Haltung des neutralen Cen- 
trums war,'deni weit Uber die Hälfte der Deputierton zugehörte. 

') DumounVz, II. 132, vgl. S. 13r>: vgl. Duroont, S. 372. 
vgl. L;»fav«>tt<-, III, 3u3: vgl. Monis, I, 022 f.: vgl. S. 518; 
F.-uillet, V, 351). 



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- 211 - 

Wie der Ausfall der Wahlen zum diplomatischen Ausschuss 
gezeigt hatte, neigte es sich noch stark der friedlichen 
Tendenz zu. 

Doch auch das Centrum billigte einhellig die Anklage, 
die die Brissotins gegen Bertrand von Molleville erhoben 
hatten. Noch am 1. Februar hatte es sich in dieser An- 
gelegenheit gespalten, die eine Hälfte hatte mit der Linken, 
die andere mit der Rechten gestimmt. Jetzt aber war diese 
selbst verschiedener Meinung. Auch die Anhänger Lafayettes 
traten nun den Beschwerden der Linken offen bei 1 ). Am 
8. März liess die Nationalversammlung dieselben dem Könige 
zugehen 2 ). 

An demselben Tage lührte Narbonne gegen den Marine- 
minister einen Streich, welcher dessen erschütterte Stellung 
unhaltbar machte. Als dieser sich 'geweigert hatte, seinen 
Abschied zu nehmen, hatte der Kriegsminister verlauten 
lassen, er werde nunmehr selbst notgedrungen von seinem 
Posten weichen müssen. Die drei Generale baten ihn zu 
bleiben, da seine Kraft für das Wohlbefinden des Heeres un- 
entbehrlich sei. Narbonne veranlasste sie, ihm diesen Wunsch 
schriftlich auszudrücken. Sie thaten es bereitwillig 3 ). Sic 
beschworen den Minister, auf seinem Posten auszuharren. 
Sein Rücktritt würde für das Vaterland einen unersetzlichen 
Verlust bedeuten. Dabei Hessen sie die Absicht durch- 
scheinen, dass sie ihrerseits das Heereskommando nieder- 
legen würden, wenn es ihren Vorstellungen nicht gelänge, 
jenen zum Bleiben zu vermögen 4 ). In diesem Falle würden 
sie sich für unvermögend halten, ihr Amt weiterzuführen. 

l ) Pellenc an Lamank, T>. III. 95. (W. A.) „II (Narbonne) 
s'est venge d'une autre maniere et par ses amis; il a iait passer 
hier dans l'Assemblee dos Observation* trös-fortos, tolles ijn'il 
est iinpossible qu'il (Bertrandi y re.sisii-.- 

>) A. p. 39,471 'ff., vgl. S.^391 t. 

x ) Rochambeau, I, 397. 

*) Bortraml, VII, 139 f. 

l-r 



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— 212 — 



Narbonne antwortete den Freunden gerührt. Nichts 
könne sein Herz mehr erheben als das ehrenvolle Zeugnis, 
das sie seiner ministeriellen Thätigkeit ausstellten.. Aller- 
dings harmoniere er nicht mit einem seiner Kollegen, dessen 
persönlichen Charakter er zwar achte, dosson Aufführung 
als Minister er aber nicht billigen könne. Er habe es daher 
für seine Pflicht gehalten, an seinen Rücktritt zu denken, 
um einem Zwiespalt in der Regierung vorzubeugen. Jetzt 
fühle er sich aber durch ihre Aufforderung veranlasst, 
dennoch auf seinem Posten zu verharren 1 ). 

Die Briefe der Generale und seine Antwort veröffent- 
lichte Narbonne, wahrscheinlich mit der Zustimmung seiner 
Freunde; die ganze »Sache war natürlich ein abgekartetes 
Parteimanöver. Frau von Stai-1 scheint die geistige Ur- 
heberin desselben gewesen zu sein, wie sie ja in allen 
Dingen die Hände im Spiel hatte, wo es das Wohl ihres 
Günstlings galt 2 ). 

Es war oin verwegener Schritt, den Nabonne damit 
machte; er stellte dem Könige die Alternative, zwischen 
ihm, dem populären Ministor, und dem verdächtigten und 
vom Parlamont verfolgten Bertrand von Molleville zu wählen. 
Seine Handlungsweise war dabei unbillig. Durch die illoyale 
Kritik, die er öffentlich an seinem Widersacher übte, be- 
stätigte er die Beschwerden, welche die Legislative soeben 
gegen jenen erhol). Wie durchschlagend musste es wirken, 
wenn ein Mitglied des Kabinetts durch sein gewichtiges 
Zeugnis vor aller Welt die Amtsführung dos Kollegen an- 
klagte. 

l ) LafayHtp, III, 121 f. 

,J ) F»!!s«mi, II, IS, V.) f.. Hr>! i. Vgl. a. Lamarck an Menv, 
23. II. 17'.>2. ( W. A.) ..]<• ooiiijito parmi loa m^yens «pi<- j'ai 
pris jxmr nie nn-ttre au roiirant d'nvnh- vu fY<'<pieininent Mad. d« 
Stael, t|ui par indisrr«' timi en <lit cticurf plus <pn- !«• ministn- 
(Narl)umie * et qui par hou empirf sur lui pst plus* »ju*ä 
Jt iui dans K? Minister*;." 



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- 213 - 



Der unbedachtsam von Narbonne abgeschnellte Pfeil 
sollte gar bald auf seine Brust zurückprallen. Er hatte 
sich offenbar ins UDrecht gesetzt. Sein unedelmütiges Be- 
nehmen bot den Lameths die willkommene Gelegenheit, 
sich endlich seiner zu entledigen. Auch die übrigen Minister 
waren empört darüber, dass ein Kollege die Meinungsver- 
schiedenheiten, welche im Schosse des Conseils bestanden, 
rücksichtslos in die Oeffentlichkeit zerrte. Sie stimmten 
einmütig dem Wunsche des Triumvirates bei, dem Könige 
die Entfernung des Kriegsministers zu empfehlen. 

In der Nacht vom 8. zum 9. März blieben die Minister 
versammelt und berieten sich Uber den wichtigen Schritt. 
Allerdings war die Sache nicht einfach. Man war sich be- 
wusst, dass man den Mann stürzen wollte, der allein von 
den Mitgliedern des Kabinotts bei der Nationalversammlung 
und dem Volke in Gunst stand. Am Abend hatte Narbonne 
in der Legislative eine kleine Schlappe erlitten. Er be- 
diente sich im Verlaufe seiuer Rede einer ungeschickten 
Wendung, die die demokratischen Gefühle der Abgeordneten 
verletzte. Der Präsident musste ihm den Ordnungsruf er- 
teilen 1 ). Die Lametbs und die Minister schlössen voreilig 
daraus, dass der Kriegsminister überhaupt bei dem Parlament 
in Ungnade gefallen sei, dass dieser Umstand mittelbar zur 
Rechtfertigung soiner Verabschiedung beitragen würde. Sio 
sollten sich in dieser Berechnung täuschen. 

Doch erkannten sie, dass nunmehr Bertrands Rücktritt 
zur Notwendigkeit geworden war. Dieser sträubte sich 
auch jetzt noch aus allen Kräften. Er hätte gar zu gerne 
den Triumph, welchen er Uber Narbonne davontrug, aus- 

') A. p. H{>, 502. Narbonne gebrauchte den Ausdruck: 
rj'appellc rattention des membres les plus distingues. i Kxelama- 
tions et murmures prolonges. Un graml nombre do membres : 
A l'ordre, ä l'ordre!) Er wurde zur Ordnung gerufen mit der 
Begründung „attendu tjue tous les membres de l'Assemblee sont 
egalement distiugues." Vgl. Mad. de Stael, II, 3<J. 



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— 214 - 



gekostet. Den Angriffen desselben zum Trotz sollten die 
Minister seine bedrohte Stellung schützen. Aber diese waren 
oinsichtig genug, um nicht den Bogen allzu straff zu 
spannen. Widerwillig fügte sich endlich Bertrand, doch 
erst als Cahier entschieden erklärte, er würde selbst sofort 
aus dem Conseil ausscheiden, wenn jener nicht nachgebe. 
Dabei gelang es ihm wenigstens noch eine Konzession für 
seine Willfährigkeit zu erhalten. Seine Demission sollte 
erst dann veröffentlicht werden, wenn der König auf die 
Beschwerden der Legislative geantwortet habe 1 ). 

Ein verhängnisvolles Zugeständnis! Die Zukunft lehrte, 
dass man sich dadurch die Möglichkeit benahm, die beiden 
feindlichen Minister gleichzeitig zu verabschieden und den 
Sturz des einen durch die Entlassung des anderen zu neu- 
tralisieren. Der hartnäckige Bertrand wollte eben seinen 
Trumpf gegen Narbonne noch ausspielen. 

Auch sonst waren die Minister darauf bedacht, die 
Folgen, welche die plötzliche Entlassung des Kriegsministers 
nach sich ziehen konnte, abzuschwächen. Wie oben be- 
rührt, hatten die Generale Lafayettc, Luckner und Rochambeau 
mit ihrem Abschiede gedroht im Falle, dass Narbonne 
zurücktrete. Da dies nun wirklich und sogar wider den 
Willen desselben geschah, so besorgten wohl die Lameths, 
dass seine Freunde sich in der That zurückziehen könnten. 
Dieser Eventualität suchten sie vorzubeugen. Sie rieten 
dem Könige, die Generale vor sich zu rufen und sie in 
freundlicher Weise von ihrem Vorhaben abzumahnen. 

Ferner sollte Ludwig XVI. Cahier, den Minister des 
Inneren, dringend ersuchon, seinen Abschied um mindestens 

') Bertrand, VII, 1?><> ff. Bei seinen Angaben ist hior der 
nicht immer zuverlässige Verfasser an den schon lange ver- 
öffentlichten Brief (troisiöme roeuoil des pieces du prnces du roi, 
p. 1(57) gebunden, in dem Delessart dem Könige Uber die 
Ueberlegungen Bericht erstattet, die wegen der Entlassung 
Narbonnes im Kabinett gepflogen wurden. 



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— 215 — 



acht Tage nach dem 15. März hinauszuschieben. Wie bei 
den Generalen, sollte auch hier die Königin ihre Bitten 
mit denen ihres Gemahls vereinigen. 

Schliesslich nahmen sich die Lameths noch des Marine- 
ministers an, wahrscheinlich um dem Königspaar zu ge- 
fallen. Sie wussten, dass er bei diesem in hoher Gunst 
stand, dass Ludwig XVI. nur ungern in seinen Rücktritt 
willigen werde. Daher bedauern sie Bertrand als das un- 
schuldige Opfer der Verfolgungen Narbonnes. Sie rühmen 
seine loyale Gesinnung und empfehlen dem Könige sich 
auch fernerhin eines so treuen Dieners zu bedienen. 

Mit Freuden ergriff der Hof die sich ihm darbietende 
Gelegenheit, den bitter gehassten Narbonne seine Ungnade 
auf das empfindlichste fühlen zu lassen. Jetzt wollte man 
sich für die von ihm empfangenen Beleidigungen, wie man die 
mißtrauische Kritik nannte, welche er an der Aufführung 
des Königspaares geübt hatte, an ihm und seiner Freundschaft 
rächen. Mit welcher Befriedigung erfüllte es sonderlich 
Mario Antoinette, dass sie über die Gönnerin des Kriegs- 
ministers, welche sie Anfang Dezember zur Aufnahme 
Narbonnes in das Conseil zu zwingen gewusst hatte, 
schliesslich doch noch triumphierte. Sie verabscheute die 
intriguanto Baronin StaiM von ganzem Herzen. Der glühende 
Hass, welchen sie der Revolution weihte, hatte in der 
Persönlichkeit dieser rührigen, geistreichen Frau ein konkretes 
Ziel erhalten. In der Art, wie sie durch ihren Gemahl 
N'arbonne seines Postens entliehen Hess, drückte sieh ihre 
tiefe, unversöhnliche Abneigung gegen die Häupter des 
liberalen Adels aus. 

Die Lameths hatten Ludwig aufgefordert, den Kriegs- 
minister ohne weitere Umstände sofort zu entlassen. Der 
König glaubte noch mehr thun zu müssen, schon um seinem 
Günstling Bertrand Genugthuung zu verschaffen. Als dieser 
am nächsten Morgen im Palais vorsprach, teilte ihm Ludwig 
hastig mit, er habe Narbonne soeben durch einen Bedienten 



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— 21« — 



von seiner Abdankung in Kenntnis setzen lassen. Ein Rillet, 
auf welchem drei Zeilen standen, habe er beigefügt. Er 
reichte es Bertrand. Lakonisch gab er hier dem Grafen 
die Nachricht, dass er den Herrn von Grave zum Kriegs- 
minister ernannt habe. „Sie werden ihm Ihr Portefeuille 
zustellen", ftigte er barsch hinzu 1 ). 

Der König hatte absichtlich die übliche Form verletzt. 
Es war sonst Brauch, die Mitteilung der Entlassung durch 
den Grosssiegelbewahrer machen zu lassen. Hier aber em- 
pfand der Hof ein inniges Vergnügen, einen Minister mit 
Schimpf und Schande zu verjagen. Er wandte ein Verfahren 
an, das er wohl in der Blütezeit der absoluten Monarchie 
zu wählen pflegte. Ueberschätzte er aber jetzt nicht seine 
Kräfte? An demselben Tage, am 9. März, wo seinem Freunde 
diese Schmach widerfuhr, kehrte Talleyrand eben von seinem 
Londoner Aufenthalte zurück. In Paris hielt ein Bekannter 
seineu Wagen an. um ihm als Neuigkeit den Sturz Narbonnes 
mitzuteilen. Wie erstaunte da der grosse Diplomat, dass der 
König sich noch unterstand, jemanden so herbe seine Un- 
gnade empfinden zu lassen. 2 ) 



liertnuid, VII, UV2. V«l. ». K.Tsni, 11, 



Duni'tnt. S. 371. 



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Achtes Kapitel. 

Zusammenbruch des Feui Hunt-Ministeriums. 

* * * * . 

I. 

Die Sitzung der legislativen Versammlung vom 10. März. 

Eigentlich seit Anfang Dezember befand sich das 
Feuillant-Ministerium im Zustande der Krisis. Es hatte mit 
dem Grafen Narbonne ein Element in sich aufgenommen« 
das sich ihm nicht assimilieren konnte. Als dieser Minister 
schliesslich dem dort herrschenden Systeme rücksichtslos 
Fehde ankündigte, wurde er aus seinem Schosse verwiesen. 
Hier sollten nunmehr unbedingt die Anschauungen der 
Lameths vorwalten. 

Für die Nationalversammlung aber entstand die Frage: 
sollte sie die Entfernung desjenigen ruhig mitansehen, der 
allein in dem Kabinett Tendenzen, wie sie ihren Wtlnschen 
entsprachen, Geltung verschafft hatte? Das war nicht zu 
erwarten. Im Gegenteil, die Mittelperson war hinweg- 
gedrängt; es musste jetzt zwischen den unversöhnlichen 
Gegensätzen, zwischen Regierung und Legislative, zum Ent- 
scheidungskampfe kommen. 

Wie sich auf der einen Seite in den Lameths die fried- 
lichen Bestrebungen aufs engste mit den reaktionären vor- 
woben hatten, so paarte sich auf der anderen bei lirisso- 
tisten und Fayettisten der nationale Impuls mit einem nahezu 
fanatischen Eifer, das Werk der Revolution, wie es war, zu 



- 218 - 



behaupten; kurz, die inneren und die äusseren Angelegen- 
heiten hatten sich fast zur Einheit verschmolzen. Daher 
hing ein eigentlich innerpolitisches Ereignis, wie der Fall 
eines Ministers, hier auf das genaueste mit der auswärtigen 
Frage zusammen. Das offenbarte die gewaltige Rückwirkung, 
die es auf die Entwickclung derselben üben sollte. 

Für den Politiker pflegen die Abwandlungen der öffent- 
lichen Meinung ein durchaus irrationaler Faktor zu sein. 
Der Historiker ist nicht viel besser daran. Ihm stellt sich 
zwar die Verknüpfung von Ursache und Wirkung in einem 
angemessenen Abstände dar, aber es bleibt auch seinem 
Auge der eigentliche Werdeprozess allgemeiner Stimmungen, 
das Umschlagen der einen in die andere entzogen. Gleich dem 
Staatsmann steht er oft vor dem jähen Wechsel der öffentlichen 
Meinung wie vor einem Rätsel. Einen solchen Umschwung 
brachte die Nachricht von dem Sturze des Kriegsministers 
damals auf die französische Bevölkerung hervor 1 ). 

Die Wiener Februarnote hatte in den ersten März- 
tagen zwar etwas beunruhigend, aber nicht wirklich auf- 
regend gewirkt; die allgemeine Stimmung erschien mehr ge- 
drückt als kriegslustig. In der Legislative trug sogar die 
friedensfreundliche Tendenz bei der Ausschusswahl einen ent- 
schiedenen Sieg davon. Da jagten die Lameths Narbonne 
davon. Mit einem Male schienen sich Spannkräfte, dio 
bisher in der Verborgenheit geschlummert hatten, in leben- 
dige Energieen umzusetzen. Erst jenes Ereigniss liess die 
Verdächtigungen, welche Brissotisten und Fayettisten gegen 
das Triumvirat, den Hof und das Kabinett ausgesprengt 
hatten, wohl gegründet erscheinen. Wie Schuppen fiel es 

l ) Barnave, der seit Anfang Januar sieh in seine Heimat 
begeben hatte, beklagte später sehr die Massregel seiner Freunde, 
Narbonne zu entlassen. Vgl. «Kuvres I, 213: „eette mesure, non 
motiveo, contraire a l'o-pinion presque generale, a imprimä aux 
affaires une facheuse hnpulsion." 



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— 210 — 



allen von den Augen. Kein Zweifel, man war von dem 
Verrat umgeben. Die Feuillants, das Königspaar steckten 
mit Leopold unter einer Decke. Sie hatten sich gegen die 
politische Freiheit des französischen Volkes verschworen 
und warteten nur auf den günstigen Moment, um loszu- 
brechen. Darum hatten sie den einzigen Minister, der ihren 
Plänen im Wege gestanden hätte, aus dem Kabinett ent- 
fernt, um ungestört das Netz, welches sie schon um die 
Nation mit unsichtbaren Fäden gespannt hatten, zusammen- 
ziehen zu können 1 ). Man sah jetzt mit anderen Augen die 
letzten Negoziationen zwischen dem Ministerium und dem 
kaiserlichen Hofe an. Die Meinung, dass das Office Kau- 
nitzens in Paris von einem österreichischen Ausschuss an- 
gefertigt sei, gewann breiton Boden, und mächtig wälzten 
sich nun die gewaltigen Fluten einer erregten Volks- 
raeinung gegen das morsche Gebäude der schon wankenden 
Regierung heran. 

Behende lenkten die Girondisten ihr Schifllein in dio 
Wogen dieser kräftigen Strömung. Narbonne und seine 
Freunde warfen sich in ihre Arme: sie dürsteten danach, 
Rache an ihren Widersachern zu nehmen-). Wie im De- 

') Selbst Blätter gemässigter Richtung, wie üVr Monitour 
machten ihrem Ingrimm gegen die Lameths unverhohlen Luit: 
9. III. 1791. „II y a lungtemps que nous soupconnons que sa 
(Narbonnes) preseneo genait eortains ministres et eertains plann. 
Hier, une de ses phrases ayant exeite quelque tumulte duns 
l'Assemblee nationale, il est probable quo l'on a profite de rette 
appareneo de diseredit pour faire deeider son renvoi." 

T ) Aulard, Eloquente parlementairo, II, S. 150, Anm. 2. 
führt eine bemerkenswerte Notiz aus einer der damaligen Tages- 
zeitungen (der „Correspondance politique* 4 vom 13. III. 1792) an. 
..Des vendri soir (9. III.) il y eut un eomite ehez Mad. de Stael. 
Mad. de Condorcet, Brissot, Gnadet, Lacroix, Narbonne et 
l'eveque Fauchet s'y trouverent; il y eut un petit souper, et 
ce fut au de8sert que Ton prepara la denonciation contre M- 
Delessart." 



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- 220 - 



zember und im Januar hielten die Führer beider Fraktionen 
in dem Salon der Baronin Stael Rat und stellten den Feld- 
zugsplan gegen das Triumvirat und das von ihnen ab- 
hängige Kabinett fest. Zunächst richteten sie ihr Geschoss 
auf die verwundbarste Stelle ihres Gegners, auf sein zweifel- 
haftes Verhalten in den auswärtigen Angelegenheiten: don 
unglücklichen Delessart, den Leiter dieses Ressorts, erkoren 
sie sich zum Opfer. 

Nach der Eröffnung der Morgensitzung der National- 
versammlung am 10. März meldete sich Brissot alsbald zum 
Wort. Er beklagte die Säumigkeit, die der diplomatische 
Ausschuss sowohl bei dem Berichte Uber das Wiener Office, 
als auch bei der Erledigung der Denunziation gegen De- 
lessart sich zu Schulden kommen lasse. Schon seit neun 
Tagen habe er diese Aufträge erhalten und dennoch die 
Anklage gegen den Minister des Auswärtigen noch nicht 
einmal in Angriff genommen. Er zögere und schiebe immer 
auf, offenbar in der Absicht, die Sache ruhig einschlafen zu 
hissen. Aber die heikle Lage, in welcher sich das Reich 
befinde, schon weil ihm ein Krieg mit dem Auslande drohe, 
erheische in so wichtigen Angelegenheiten dringende Eile. 
Er, Brissot, sei daher bereit, in zwei Stunden Uber die 
kaiserliche Note und die Denunziation Delessarts dem Hause 
Bericht zu erstatten. 

Trotz der Reklamationen der Lamethisten nahm die 
Legislative Brissots Erbieten an. Von vornherein eine be- 
deutsame Entschliessung. Der diplomatische Ausschuss hatte 
den Gemässigten Koch zum Wortführer in der Sache des 
Ministers gewählt. Durch das eben ergangene Votum erhielt 
der Radikale, dessen Anhang im Komitee in der Minderzahl 
war, den Vorrang. Das deutete an, dass sich in der alige- 
meinen Stimmung der Legislative ein entscheidender Um- 
schwung zu Gunsten der Brissotisten vorbereitete.' 

Inzwischen machte der Grosssiegelbewahrer dem Hause 
von der Entlassung Narbonnes offizielle Mitteilung. Die Er- 



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— 221 — 



regung, welche diese Nachricht im Hause hervorrief, be- 
nutzte ein Fayettist, um die Abgeordneten zu der feierlichen 
Erklärung aufzufordern, dass die Nation zu ihrem grossen 
Bedauern den Minister scheiden sehe 1 ). Lafaycttes intimer 
Freund Ramond unterstützte diesen Antrag eifrig und holte 
zugleich zu einem wuchtigen Streiche gegen das System der 
Lamoths aus. In leidenschaftlichen Ausdrücken führte er 
aus, die Nationalversammlung müsse sich ohne weiteres 
gegen die Richtung erklären, welche im Conseil Uber Nar- 
bonue gesiegt habe. Gehe sie doch wider die Verfassung 
an und verdiene die strengste Missbilligung. Der Redner 
stellte schliesslich förmlich den Antrag, die Legislative möge 
dem Könige erklären, dass das ganze Ministerium nicht das 
Vertrauen der Volksvertretung geniesse. Denn ein Mini- 
sterium, das sich planmässig rnthätigkeit zur Richtschnur 
genommen habe, das sein einziges pflichtbewusstes Mitglied 
von sich stosse, vertrage sich nicht mit den Grundsätzen 
der Konstitution. 

Da lief ein zweites Schreiben des Grosssicgelbe wahrers 
ein. Es handelte von den Beschwerden, welche die Legis- 
lative am B.März bei der Krone gegen Bertrand von Molle- 
villo erhobon hatte. Sie wurden vom König abgelehnt. 
DerTadel, bemerkte Ludwig, welchen die Nationalversammlung 
gegen die Amtsführung seines Marineministers erhebe, scheine 
ihm grundlos; er, der König, habe sich immer nur von dem 
strengen Pflichteifer desselben überzeugen können: warum 
solle er ihm also sein Vertrauen entziehen? 

Dieser Brief Ludwigs XVI. schlug dem Fasse den 
Boden aus; der Gegensatz war zu auffallend. Statt den- 
jenigen Minister zu entlassen, dessen Auftührung dem 
Parlamente äusserst verdächtig erschien, beschönigte der 
König seine Vergehen und verjagte einen Mann, der 
sich durch seine Tüchtigkeit ausgezeichnet und die Sym- 



x ) L< *a^»', A. [». 3;*, 530. 



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- 222 - 



pathien der Abgeordneten erworben hatte. Denn dass auch 
Bertrand seine Entlassung nehmen sollte, war noch unbe- 
kannt; er hatte sich, wie wir wissen, ausbedungen, seinen 
Rücktritt erst anzuzeigen, wenn der König der Legislative 
auf ihre Beschwerden geantwortet habe. Alle Erbitterung 
jedoch, welche sich gegen den Hof und das Kabinett wegen 
des Sturzes Narbonnes und des vermeintlichen Verbleibens 
Bertrands in der Legislative aufgesammelt hatte, entlud 
sich nun auf ein einzelnes, wenn auch schuldiges Haupt. 

Die Girondisten erklärten den Vorschlag Ramonds für 
unzureichend; er treffe nicht den Kern der Sache. Wenn 
man das Ministerium und sein System in Bausch und Bogen 
verwerfe, so nehme man der Nationalversammlung die Mög- 
lichkeit, im besonderen die Amtsführung jedes Ministers zu 
untersuchen und ihnen kraft ihrer Verantwortlichkeit an 
Kopf und Kragen zu gehen. Brissots Anhänger gedachten 
zu einer viel umfassenderen Kritik zu schreiten. Das Be- 
tragen des Kabinetts vom 21. Juni 1791 bis auf den heutigen 
Tag, müsse man, führte Gensonm'* aus, in einer lichtvollen 
Diskussion durchnehmen und vor den Augen der Nation 
gehörig brandmarken. 

„Endlich ist der Tag gekommen", rief Guadet trium- 
phierend aus, „wo selbst dio Ungläubigsten zu dem Einge- 
ständnis sich gezwungen sehen, dass in dem Ministerium 
Komplotte gegen die französische Freiheit geschmiedet 
werden. Endlich ist der Tag angebrochen, wo die ver- 
hängnisvolle Binde selbst von den Augen derjenigen fallt, 
die sich bisher sie zu öffnen sträubten. Nun, meine Herren, 
konnte man sie etwa noch länger darauf behalten? Ver- 
gebens sucht man in Frankreich nach der durch die Ver- 
fassung eingesetzten Exekutive, man rindet sie nicht. Im 
Inneren scheinen die Zügel der Regierung wie zum Ver- 
gnügen den Aristokraten überlassen; im auswärtigen Ressort 
scheint Leopold, scheint der König von Preussen oder der 
König von Spanien die Fäden unserer politischen Be- 



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- 223 



Ziehungen zu halten. " Er bat schliesslich, dass man seinem 
Freunde Brissot ohne Verzug das Wort erteile. 

Und so geschah es. Unter einem lebhaften Beifalls- 
sturm eilte dieser auf die Tribüne und begann seinen gross- 
artig angelegten Vortrag. Er zerfiel in zwei Teile. Der 
eine beschäftigte sich mit der Februarnote des Fürsten 
Kaunitz, der andere begründete die gegen Delessart er- 
hobene Anklage. 

In seiner Erörterung der Differenzen, welche zwischen 
dem Kaiser und der französischen Nation schwebten, lässt 
Brissot alle nebensächlichen Fragen unberührt, um sich desto 
eingehender mit dem Hauptthema zu beschäftigen, nämlich 
ob Leopold die Berechtigung habe, durch einen von ihm 
berufenen Verein der europäischen Mächte auf die Gestaltung 
der inneren Zustände eines fremden Landes Einfluss zu 
üben. In weiser Mässigung beschränkte sich das Haupt der 
Kriegspartei auf die Behandlung dieses Kardinalpunktes, in 
dessen Beurteilung die überwiegende Mehrheit der Legis- 
lative, wie die Januardebatten gezeigt hatten, einig war. 
In ihrem Sinne sah er in der Bildung des Konzertes nur 
einen ungehörigen Versuch des Kaisers, sich in die inneren 
Angelegenheiten Frankreichs zu mischen. Wenn Leopold 
sich bei seinem Vorgehen auf die Satzungen eines angeb- 
lichen Völkerrechtes berief, so setzte ihm Brissot die Heilig- 
keit des Naturrechtes entgegen. Die Dogmen der absoluten 
Monarchie bekämpfte er in dialektischer Schärfe mit dem 
Prinzip der Volkssouveränität. Alle Gewalt komme vom 
Volke her; dasselbe sei berechtigt seine Verfassung zu 
wechseln und nach Belieben Neuerungen daran vorzunehmen, 
ohne der Zustimmung fremder Potentaten zu bedürfen. 
Nach diesem Grundsatze sei es sogar gleichgilti^, ob der 
König die Konstitution annehme oder nicht: sie bestehe 
dennoch zurecht, ob er ihr beitrete oder sich dessen weigere. 

Welches sei also der Rechtsgrund, mit dem Leopold 
den Versuch der Einmischung zu bemänteln suche, vor dem 



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- 224 - 



sich das Recht, das die Natur allen Menschen zuerkenne, 
beugen solle? Es sei das Recht der Despoten. Aus diesem 
tyrannischen Rechte her schreibe sich der Kaiser die Be- 
fugnis zu, gegen Frankreich die europäischen Mächte zu 
einem Verein zusammenzuberufen, ein Vorhaben, das eben 
gegen die Grundlagen der Verfassung von 1791 Verstösse. 

Statt das Konzert aufzulösen, das ja, wie Kaunitz zu- 
gebe, schon bestehe, habe sich der Kaiser bisher gesträubt, 
den dahin gehenden Aufforderungen Frankreichs zu genügen, 
wie aus der Februarnote hervorgehe, halte er vielmehr un- 
entwegt an seinen Absichten fest. Nun habe die Legis- 
lative in ihrem Dekrete vom 25. Januar festgesetzt, dass 
sie im Weigerungsfalle dem Wiener Hofe unverweilt den 
Krieg erklären würde. Und ohne Zweifel würde man so 
verfahren haben, wenn der Minister des Auswärtigen die 
EntSchliessungen der Nationalversammlung an den Kaiser 
in angemessener Form und ihrem wahren Inhalt gemäss 
mitgeteilt hätte. Das habe er leider versäumt Seine 
Schuld sei es, dass man über die Intentionen des Wiener 
Ui*fes noch nicht genugsam aufgeklärt sei, dass man durch 
müssige, zweideutige Negoziationen zwei und einen halben 
Monat verloren habe. Man sei keinen Schritt weiter gelangt 
als nach dem Eintreffen der Wiener Dezembernote. Und 
weil der Kaiser von dem Beschluss, welchen die Legislative 
am 25. Januar fasste, nicht in Kenntnis gesetzt sei, so sei 
es loyal, vorläufig von einer Kriegserklärung noch abzu- 
stehen und nochmals den König aufzufordern, dem Wiener 
Hofe die Aullösung des Konzertes anzubefehlen. 

Darauf geht Brissot zum zweiten Hauptstücke seiner 
Rede, zur Anklage Delessarts Uber. Er greift auf den 
Brief des Königs vom 28. Januar zurück, in welchem der 
Legislative der Vorwurf gemacht wurde, dass sie durch ihr 
Dekret vom 25. in den Wirkungskreis der ausübenden Ge- 
walt usurpatorisch einzugreifen suchte. Damals fühlten 
sich die Girondisten nicht stark genug, um diesem Tadel 



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- 225 — 



zu begegnen. Aber wie hatte sich inzwischen die allgemeine 
Lage zu ihren Gunsten gewandelt! Jetzt unterzieht Brissot 
jenen Verweis, den die Nationalversammlung damals erfuhr, 
einer herben Kritik. Er macht dem Minister des Aus- 
wärtigen ein Verbrechen daraus: die Regierung habe auf 
nichts anderes gedacht, als zwischen Legislative und Exe- 
kutive einen unheilbaren Konflikt heraufzubeschwören; sie 
habe durch jene Massregelung die Volksvertreter in den 
Augen der Nation herabwürdigen wollen. Nach der Ver- 
fassung stehe ihnen aber das Recht zu, über die Kriegs- 
frage Erörterungen anzustellen, sobald sie das Vaterland 
vom Auslande bedroht glaubten. Zu dieser Meinung hätten 
sie die Notifikationen veranlassen müssen, welche ihnen 
Delessart in der letzten Zeit gemacht hatte. 

Einen der Hauptpunkte der Anklage bildete die von 
dem Minister begangene Verheimlichung des Wiener Offices 
vom 5. Januar. Hätte die Legislative, wirft ihm Brissot 
vor, von dieser abermaligen Ankündigung des Konzertes 
Kenntnis erhalten, so würde sie viel energischer auf die 
Betreibungen der Verhandlungen mit dem Kaiser gedrungen 
haben. Man hätte im Kriegsfalle dann den unvergleichlichen 
Vorteil gehabt, den Feind noch unvorbereitet im eigenen 
Lande aufsuchen zu können. Durch die Saumseligkeit des 
Ministers sei man um diesen Vorteil gekommen. 

Sehr ausführlich geht Brissot auf die ungenügende 
Wiedergabe des Januardekretes der Legislative in Delessarts 
vertraulicher Note an den Wiener Hof ein. Er hatte leichte 
Arbeit. Flossen doch beide Stücke aus einer entgegenge- 
setzten Auffassung der politischen Verhältnisse her; in ihnen 
kamen die beiden grossen feindlichen Anschauungen über 
die auswärtige Frage zum Ausdruck. Delessart, tadelt 
Brissot, mahne den Kaiser nicht energisch genug zur Auf- 
hebung des Konzertes. Auf das schmählichste erniedrige 
er in den Augen desselben die französische Nation, indem 
er ihn in die Uhgelegenheiten der inneren Lage des Landes 

Olftgau, l"»ie frimz. L.-gialut iw lö 



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— 226 



geradezu einweihe. Ermutige er nicht den Gegner zum 
Angriff durch das jämmerliche Geständnis, dass Frankreich 
durch Finanznöte und Unordnungen aller Art in seinem 
Schosse eigentlich ausser Stande sei, Widerstand zu leisten? 
Durch die Ausmalung künftiger Triumphe lade er Leopold 
gleichsam dazu ein. Wehmütig wimmernd bettele er förm- 
lich um Erhaltung des Friedens. Ferner: ein Bündnis, dessen 
Schädlichkeit für die Wohlfahrt der Nation von der Legis- 
lative ausdrücklich anerkannt wurde, wie die französisch- 
österreichische Allianz vom Jahre 1756, strebe der Minister 
im Widerspruch mit dem Parlamente aufrecht zu erhalten. 
Er schlage don entgegengesetzten Weg ein, den er nach 
den Wünschen desselben hätte wählen sollen. Er bitte den 
Kaiser flehentlich, wie um einen Gnadenakt, doch ja nicht 
die alte Bundesgenossenschaft zu verschmähen; sie werde 
künftighin, versichere er eifrig, den Wiener Hof nicht mehr 
in Ungelegenheitcn stürzen. „Ich weiss nicht, ob ich irre", 
ruft Brissot bei diesem Aulass mit wirkungsvoller Rhetorik 
aus, „doch ein Gedanke drängt sich mir bei der Analyse 
dieses Briefes (vom 21. Januar) auf: die Interessen Frank- 
reichs sind hier so freventlich preisgegeben, man würdigt 
es so sehr herab, — kniet es doch gleichsam immer dem 
Kaiser zu Füssen -- dass man den Ausruf nicht unter- 
drücken kann: Nicht ein französischer Minister hat diesen 
Brief verfasst, nein, er floss aus der Feder des öster- 
reichischen Staatskanzlers, während man gezwungen wird, 
die Antwort des Kaisers dem französischen Ministerium zu- 
zuschreiben." 

Schliesslich präsentierte Brissot dem Hause zwei Dekrete: 
Durch das eine werden die diplomatischen Unterhandlungen, 
welche Üelessart geführt hatte, annulliert. Selbst die Depesche, 
welche er am 1. März in der Legislative als Antwort auf 
die Note Kaunitzens vom 17. Februar mitgeteilt hatte, wird 
als zu schwach und unzureichend befunden. Der König 
wird aufgefordert, das Dekret der Nationalversammlung 



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— 227 - 



vom 25. Januar wirklich auszuführen und in seinem Sinne 
mit dem Wiener Hofe zu unterhandeln. 

In dem zweiten wird gegen Delessart wegen Landes- 
verrats die Anklage erhoben. 

Die Rede des Hauptes der Kriegspartei hatte einen 
tiefen Eindruck auf die Zuhörer hervorgebracht. Eine An- 
zahl Deputierter forderte sofort Abstimmung Uber seine 
Anträge. Denn niemand könne nunmehr — so begründete 
ein Mitglied seine Eilfertigkeit — an der Schuld des 
Ministers zweifeln. Alle Redner der Rechten, die vor Ueber- 
stürzung warnten und für die Hinausschiebung des Be- 
schlusses plaidierten, wurden durch missfälliges Murren und 
Lärmen unterbrochen und zum Schweigen gebracht. 

Die Beredsamkeit Vergoiauds trug es schliesslich über 
alle Einwände davon. Erinnernd an ein ähnliches Wort 
Mirabeaus schleuderte er in höchster Erregung, mit dem 
Finger auf die nahen Tuilerien weisend, folgende Apostrophe 
in die Versammlung: „In diesem kritischen Augenblicke, in 
dem das Vaterland in Gefahr schwebt, wo so viele Ver- 
schwörungen gegen die Freiheit angezettelt werden, rufe 
auch ich: Ich erblicke von dieser Tribüne aus die Fenster 
eines Palastes, wo verderbte Ratgeber den König, welchen 
uns die Verfassung gegeben hat, in die Irre führen und 
täuschen, wo sie Ketten schmieden, in die sie uns legen 
möchten, wo sie Ränke schlingen, die uns in die Hände des 
Hauses Habsburg liefern sollen. Von hier aus sehe ich 
die Fenster des Palastes, in dem man die Gegenrevolution 
plant, wo man nur auf Mittel sinnt, um uns wieder in die 
Schrecknisse der Knechtschaft zurückzustossen, nachdem 
man uns durch alle Qualen der Anarchie, durch alle Greuel 
des Bürgerkrieges mürbe gemacht hat. 

Jetzt ist der Tag angebrochen, wo ihr solcher Ver- 
wegenheit, solcher Frechheit ein Ziel setzen, wo ihr die 
Verschworenen in Verwirrung bringen könnt. Entsetzen 
und Schrecken sind in der Vorzeit im Namen des Despotis- 

16« 



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— 228 — 

mus aus diesem Palaste oft hervorgegangen. Sie mögen 
heute im Namen des Gesetzes dahin zurückkehren und 
dort in alle Herzen dringen. Seine Bewohner sollen er- 
fahren, dass unsere Verfassung dem Könige allein Unver- 
letzlichkeit zubilligt. Sie sollen erkennen, dass das Gesetz 
dort alle Schuldigen ohne Unterschied treffen wird, dass 
nicht ein einziges Haupt, das schuldig befunden wird, seinem 
Schwert entrinnen kann." 

Von einem brausenden Jubelsturme wurden die Worte 
Vergniauds begleitet. Sie atmeten glühenden Hass gegen 
das Triumvirat und den Hof; der reiche Beifall, welcher sie 
belohnte, zeigte, dass sich die Legislative mit dem Redner 
in diesem Gefühle vereinigte. Die Leidenschaft forderte 
gebieterisch ihr Opfer. Fast einmütig erhob die National- 
versammlung gegen Delessart die Anklage. Er sollte 
sofort verhaftet und alle seine Papiere mit Beschlag belegt 
werden 1 ). 

Am Abend desselben Tages wurde er ins Stadtgefängnis 
geführt und am folgenden Morgen in aller Frühe nach dem 
Reichsgerichtshofe in Orleans geschafft 2 ). 

Ein halbes Jahr später sollte er, ungehört verdammt, 
sein Leben unter den grausamen Dolchen der September- 
mörder aushauchen. 

Man kann nicht leugnen, dass in der Art, wie die Legis- 
lative das Verfahren gegen den unglücklichen Minister ein- 
leitete, etwas Gewaltsames lag. Es ist wahr, Delessart hatte 
die Unterhandlungen mit dem Wiener Hofe mit kläglichem 
Kleinmut geführt. Wenn indessen seine Gegner ihn darum 
des Landesverrates bezichtigten, so gingen sie zu weit. 
Wahrscheinlich hat er nicht einmal um die geheime Korre- 
spondenz, welche das Triumvirat mit dem Kaiser angeknüpft 
hatte, gewusst, sicherlich aber hat er nicht daran Teil ge- 

>j A. i>. 5V.I, 550. 

■ J > B;.<-..i„t. III, 2iK5. 



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nommen. Doch in der Aufwallung, in welcher sich die 
Nationalversammlung am 10. März befand, war sie eben 
nicht einer vorurteilslosen, ruhigen Untersuchung der Be- 
schuldigungen, welche Brissot gegen Delessart erhob, fähig. 
Sie Hess weder seine Verteidiger zu Worte kommen, noch 
duldete sie, dass er sich selbst im Hause verantwortete. Es 
hatte den Anschein, als wollte sie ihn durchaus schuldig 
finden. Aehnlich wie das englische Parlament in seinem 
Prozesse gegen Strafford vorfuhr die Legislative in der An- 
klage gegen Delessart. Als jenes wahrnahm, dass sich dem 
Lord streng juristisch genommen nicht beikommen lasse, 
als sich das Oberhaus dahin neigte, ihn freizusprechen, er- 
klärte es durch ein Gesetz in parlamentarischer Form (bill 
of attainder) den Minister für schuldig 1 ). Wenn auch in 
unserem Falle die Legislative nicht wie das Unterhaus aus 
eigener Machtvollkommenheit ein neues Gesetz schuf oder 
sonst die Grenzen ihrer Befugnisse Uberschritt, so lag doch 
auch in ihrem Verfahren etwas Ausserordentliches, in dem 
Uebereifer, mit welchem sio den Minister verfolgte, etwas 
Gehässiges. Beide Versammlungen, das englische Parlament 
sowohl wie die französische Legislative gingen ebon mit 
aller Macht gegen einen Minister an, der sich einem System 
angeschlossen hatte, das sie zu stürzen fest entschlossen 
waren. Nicht so sehr gegen die Person Delessarts, als vor 
allem gegen seine Katgeb r, die Lameths, richtete sich der 
grosse Angriff, welchen Brissot, unterstützt von der Mehrheit 
des Hauses, am 10. März unternommen hatte. 

Und man wollte sich nicht mit dem Falle dieses einen 
Ministers begnügen, sondern die Absicht war, das ganze 
Kabinett zu zersprengen. In seiner Rede hatte sich das 
Haupt der Linken schliesslich gegen die Gesamtheit des 
Ministeriums gewendet. Seiner Uneinigkeit, seiner Schwäche, 
seinem bösen Willen hatte er die missliche Lage zuge- 



i) Ranke, Engl. Gesch. 11, S. 4G2. 



— '2H0 — 



.schrieben, in welcher sich das Königreich augenblicklich 
befand. Weil es aus Abneigung gegen einen Konflikt mit 
dem Auslande die diplomatischen Unterhandlungen schwäch- 
lich und furchtsam geführt und den unverschämten Ein- 
wirkungen der Koalition nicht die Spitze zu bieten gewagt 
hätte, habe man sich zu der Annahme berechtigt geglaubt, 
dass es insgeheim mit dieser unter einer Decke stecke. Die 
Feinde der Revolution hätten darum trotzig wieder im Inneren 
des Landes ihr Haupt erhoben und aller Orten Unfrieden und 
Unordnung hervorgerufen. Die Assignaten seien von Tag 
zu Tag gefallen, weil man an dem Bestände der Revolution 
überall gezweifelt habe 1 ). 

Schon am 12. März erhob Guadet auch gegen den 
.Justizminister Duport-Dutertre, von dem man wusste, dass 
er in den politischen Anschauungen des Triumvirates lebte 
und webte, die Anklage. Als er zu verstehon gab, dass er 
sich aus freien Stücken zum Rücktritt bequemen wolle, 
Hessen sich auch die Girondisten begütigen; sie bauten ihm 
eine goldene Brücke und nahmen von seiner weiteren Ver- 
folgung Abstand 4 ). Seine übrigen Kollegen waren einsichtig 
genug, ohne weiteres seinem Beispiele zu folgen. 

So war es endlich den Anstrengungen Brissots und der 
Gironde gelungen, sich in einem glücklich gewählten Moment 
des Kabinetts zu entledigen, das unter der Autorität der 
ehemaligen Häupter der Konstituante sich der Richtung, die 
die junge Legislative eingeschlagen hatte, aus allen Kräften 
widersetzt hatte :! ). Auch in der Bevölkerung nahm man 



') A. i>. 39, 545. 
Bertrand, VU, K>7. 

4 ) Barnave ('(Ruvres IV. 3<»G) bezeichnet die Folge, die das 
Ereignis vom 10. III. hatte, treffend. ,.Le niinistere. nui etait 
untre tout-ä-fait dans )e Systeme de l'Asscmblee Constituante, 
a voulu le inaintenir, de In les deux veto etc. Le ininistere ayant 
un Systeme tout oppose it la marche de l'Assemblee legislative 



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- 231 — 



den Sturz des Feuillant-Ministeriums mit Jubel auf. Man 
glaubte dadurch einer grossen Gefahr, den Schrecken der 
Gegenrevolution, entronnen zu sein. „Die Sitzung des 10.", 
schreibt damals begeistert ein junger Student an seinen 
Vater, „wird ewig denkwürdig sein, sowohl durch das Bei- 
spiel, welches sie der Nachwelt geben wird, als auch durch 
die erhabene Höhe, zu welchor sich unsere Repräsentanten 
aufgeschwungen haben" 1 ). Sogar die Börse begrüsste 
das Ereignis mit einer namhaften Steigerung des Assig- 
natenkurses. 

Wie entschieden bei jener Abwandlung der innerpoliti- 
schen Verhältnisse die kriegerischen Tendenzen in der Le- 
gislative das Uebergewicht erhalten hatten, zeigte sich am 
12. März. Da brachte die Gironde aufs neuo den Antrag 
ein, der am 3. März von dem Hause abgelehnt worden war, 
nämlich, die sechs Stellvertreter im diplomatischen Aus- 
schuss, alles Anhänger Brissots, von nun an demselben als 
stimmberechtigte Mitglieder beizuordnen. Und diesmal wurde 
er ohne lange Erörterungen angenommen, wie er vor neun 
Tagen auf Betreiben der Lamethisten verworfen worden 
war 2 ). Nun hatte auch in dieser Körperschaft dio Kriegs- 
partei eine unbestrittene Mehrheit. 

Die Sitzung der Nationalversammlung vom 10. März 
bezeichnet den entscheidenden Wendepunkt in der Ge- 
schichte unserer Epoche. Wie Radien dem Mittelpunkte 
ihres Kreises streben alle Ereignisse diesem denkwürdigen 
Tage zu. An ihm wurde auf den Vorstoss, welchen das 
Wiener Kabinett und das Triumvirat gegen die Legislative 
mit der Februarnote unternommen hatten, Bescheid erteilt; 



a ete renverse et reinplace par uno autre ontiuruiiieiit dann h- 
sens de la majorite.*' 

') Maugras, Journal il'un ctudiant pendaut la Revolution, 
lfclX). S. 254 f. 

») A. p. 3!J, 5!.)8 f. 



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an ihm wurde das Los Uber Krieg und Frieden entgiltig 
geworfen. Es ist nicht zu leugnen, in der ersten Woche 
des März schien die Nationalversammlung durch die drohende 
Kundgebung des Staatskanzlcrs eingeschüchtert zu sein. 
Doch welch' ein imposanter Aufschwung des Nationalgcfühls, 
als ein innerpolitisches Ereignis, der Sturz Narbonnes, die 
ungewisse Sachlage klärte. Da trat an die Stelle zaghaften 
Schwankens mutige Entschlossenheit; von einer kampfes- 
frohen, siegesgewissen Stimmung wurde eine weichliche 
Friedenssehnsucht Uberwältigt. 

II. 

Scheitern des letzten Annäherungsversuches der Lameths 

an die Fayettisten. 

Wenige Tage nach dem 10. März suchten die Lameths 
mit Lafayette und seinem Anhang noch einmal eine Ver- 
ständigung Über die politischen Fragen zu erzielen. Bei 
Duport versammelten sich die Häupter beider Parteien. Die 
Lameths erschienen mit Laborde und Dumas, der General 
mit seinen Freunden Emmcry, Latour-Maubourg, Castellane, 
Beaumetz, Chapelier und andoren 1 ). Narbonne nahm nicht 
an der Unterredung Teil, er war noch viel zu erbittert 
gegen das Triumvirat und wollte von einer Aussöhnung 
nichts wissen. 

Beide Parteien erkannten die Einführung einer zweiten 
Kammer in die französische Verfassung als notwendig an. 
Durch die Errichtung einer solchen hofften sie ihr ein 
retardierendes Element einzufügen. Ueber ihre Unentbehr- 
lichkeit war man einig, doch nicht über die Art ihrer 
schliesslichen Beschaffenheit. Die Lameths wollten, wie zur 

l j Für das Folgende sind Pellencs Briefe vom 14. III. u. 15. 
III. (Wiener Archiv) Hauptquelle. Daneben vgl. Lafayette. IV. 
8. 2'6. 



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— 233 — 



Zeit der Konstituante Malouct, Clermont-Tonnerre und Ge- 
nossen, nach dem Muster der englischen Verfassung eine 
Pairskammer, ein Oberhaus schaffen, vielleicht um durch 
die Erhaltung eines gewissen aristokratischen Vorzugs auch 
die Emigranten mit der Revolution auszusöhnen. Der liberalere 
Lafayette indessen wünschte als zweite Kammer einen Senat 
nach dem Vorbilde der amerikanischen Verfassung, dessen 
Mitglieder von sechs zu sechs Jahren durch Volkswahl er- 
neuert werden sollten. Ein erblicher Pair erschien dem 
General und seinen Freunden wie „ein Währwolf 1 )". Sie 
glaubten nicht, dass das französische Volk sich jemals mit 
einem so aristokratischen Zusatz zu der Konstitution von 
1791 befreunden würde. Vor allem aber scheuten sie sich, 
mit ihrem früheren Betragen in offenbaren Widerspruch zu 
treten, indem sie, was sie an Malouet und Lally-Tollendal 
so hart getadelt, jetzt gutheissen wollten. 

Eben in dieser Differenz Uber den Bildungsmodus einer 
zweiten Kammer trat schon die Summe dessen, was die 
beiden konstitutionellen Fraktionen trennten, klar zu Tage. 
Wie in dem Reformationszeitalter Luther und Zwingli sich 
nicht über die Auffassung der Einsotzungsworte des Abend- 
mahls, einen auf den ersten Blick unwesentlich scheinenden 
Punkt, vereinigen konnten, so war es hier den Häuptern 
zweier Richtungen, die sich unleugbar nahe waren, unmög- 
lich, sich über diesen Unterschied ihres Programms zu ver- 
tragen. Wie damals das theologische Moment vorwaltete 
und keine Deutelung und Beugung zu Gunsten eines 
politischen Vorteils duldete, so gab es am Ende des XVIII. 
Jahrhunderts ein feines Gefühl für die vielgestaltigen Ab- 

l ) Pellenc, 15. III. 1)2. „Ou y discuta la quostiou des deux 
Chambres: on fut d'aeeurd Bur leur neressite, mais tion sur lour 
fonnation. Uu pair, et un pair heredituire est un loup-garou 
pour La Fayette et les siens-'. Vgl. Lafayette, IV. S. 23, 
S. 28 f. Zur Ansicht der Lameths vgl. tEuvres de Barnave, 
II, S. 8 f. S. 38 ff. 



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— 234 — 



Wandlungen der politischen Systeme; man fürchtete seine 
Ueberzeugung zu verleugnen und charakterlos zu erscheinen, 
wenn man auch nur in geringfügigen Dingen von der ein- 
mal gefassten Meinung abwich. 

Dass aber jene Differenz in der Anschauung einer 
mehr theoretischen Frage gewissermassen nur ein Anzeichen 
für die tiefer wurzelnde Entfremdung war, die im Laufe der 
Zeit zwischen den Parteihäuptern eingetreten war, zeigte 
sich sogleich, als man zur Erörterung der praktisch- 
politischen Fragen überging. Da lehnte es Lafayette rund- 
weg ab, jetzt zu einer Modifikation der Verfassung die Hand 
zu bieten; zur Zeit der Revision hätte man Verbcsserungen 
vornehmen sollen; nachdem man diesen günstigen Augen- 
blick verpasst habe, sei für jetzt nicht daran zu denken. 

Zum offenen Bruch kam es zwischen beiden Parteien 
bei Erörterung des Verhaltens, das man gegen die Legis- 
lative beobachten wollte. Die Lameths hatten immer auf 
die Auflösung der Nationalversammlung und einen Staats- 
streich hingearbeitet; wegen des drohenden Konfliktes mit 
dem Auslande hielten die Fayettisten dieses Beginnen für 
äusserst bedenklich und widersetzten sich ihm. Beide 
Parteien gingen in gegenseitigem Ingrimm auseinander. Die 
Freunde des Generals schalten die Lamethisten Feinde der 
Revolution und Aristokraten, diese schoben ihrerseits den 
anderen den Plan unter, das Königtum stürzen und die 
Republik errichten zu wollen 1 ). 

Der Einigungsversuch scheiterte also vollkommen; er 
hatte nur den klaren Erweis erbracht, dass ein politisches 
Zusammenwirken Lafayettes und Alexander Lameths vor- 
läufig unmöglich war. — 

In der allmählichen Verschärfung des Gegensatzes 
zwischen den Häuptern der beiden konstitutionellen Frak- 
tionen kommt recht eigentlich die fortschreitende Entwick- 

i) Pellenc, 15. III. 92. Lafayette, IV, 23. 



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235 — 



hing der Kriegsfrage zur Anschauung. Gewiss, es waren 
von vorne herein auch Fragen persönlicher Natur, die sich 
zwischen Alexander Lameth und Lafayettc drängten, nach- 
dem sie sich eben die Hand zum Bunde gereicht hatten; 
so vor allem das ehrgeizige Trachten beider nach dem Voll- 
besitze der Staatsverwaltung. Aber ohne Zweifel gab es 
neben diesem mehr subjektiven Anlass in dem prinzipiellen 
Gegensatz, der sich zwischen ihnen erhob, ein starkes ob- 
jektives Moment: die Freunde des Generals waren von vorne- 
herein liberaler gesinnt, während die Anhänger des Trium- 
virates, ursprunglich die radikalere Partei, eine entschiedene 
Neigung zum Rückschritt zeigten. Eine höhere Bedeutung 
erhielt diese Differenz, sobald zu ihr die auswärtige Frage 
als ein neuer politischer Faktor trat. Dieser potenzierte 
gleichsam den im Aufkeimen begriffenen Widerstreit. 

Weil sie durch einen Krieg bei der Ordnung der inneren 
Verhältnisse gestört zu werden fürchteten, wünschten dio 
Lameths den Frieden zu erhalten; um Frankreich von den 
Einwirkungen des Auslandes zu isolieren, suchten sie den 
Kaiser zu beruhigen, zu begütigen. Als ihnen dann die 
Legislative zu mächtig wurde, wollten sie im Verständnis 
mit ihm die kriegerische Strömung bändigen und dabei ihr 
Modifikationsprogramm durchsetzen. Ihren Bestrebungen 
aber setzten sich die Fayettisten, indem sie sich mit den 
Häuptern der Nationalversammlung vereinigten, auf das 
heftigste entgegen. Bei den Anhängern des Generals ver- 
band sich ein massvoller politischer Liberalismus leicht mit 
den nationalen und kriegerischen Tendenzen. 

Wir kennen den Ausgang dieses Zwistes: das Trium- 
virat entfremdete sich nach und nach ziemlich seinen ganzen 
Anhang; einer nach dem anderen ging zu Lafayettc über, 
so dass dieser nach der Katastrophe als eigentliches Haupt 
der Konstitutionellen galt 1 ). 

») Bacourt, III, 307. 



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— 23G — 



Und diesem Fluktuationsprozess, der sich im Schosse 
jener grossen Mittelpartei vollzog, entsprach eine gleiche 
Wandlung in der allgemeinen Meinung der Nation; je mehr 
die friedlichen Tendenzen eine reaktionäre Färbung an- 
nahmen, um so kriegerischer wurde das französische Volk 
gestimmt. Für den Geschichtsschreiber macht sich dieser 
allmähliche Umschwung in der Betrachtung des Thuns und 
Treibens der Parteihäupter am deutlichsten bemerkbar ; und 
insbesondere hier in dem Ringen der konstitutionellen 
Führer um die Herrschaft; denn sie befinden sich gerade 
auf der grossen Fluktuationslinie, die zwischen den beiden 
äussersten Polen, zwischen der radikalen Reaktions- und der 
Kriegspartei auf- und abschwankt. Ihre Haltung, der Ver- 
lauf und Ausgang ihres Kampfes ist der beste Wertmesser 
für die Gefühle und Strebungen, die im Inneren der Nation 
mit einander ringen. 

Also Lafayettcs Freunde triumphierten schliesslich doch 
über das Triumvirat. Aber der Kampfpreis, den beide sich 
streitig gemacht hatten, das Ministerium, fiel einor dritten 
Partei zu, die die konstitutionellen Faktionen im Laufe der 
Zeit übertlügelt hatte. 



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Neuntes Kapitel. 



Kriegserklärung. 

I. 

Bildung eines girondistischeu Ministerianis. 

Wie es Vergniaud in seiner furchtbaren Apostrophe an- 
gedroht hatte, so geschah es: der bange Schrecken drang 
in den Tuilerionpalast ein, als hier die Vorgänge, die sich 
am 10. März in der Legislative abgespielt hatten, bekannt 
wurden. Nicht eigentlich der Sturz Delessarts war es, der 
dem König zu Herzen ging. Diejenigen irrten, welche die 
Wirkung dieses Ereignisses auf ihn dem Falle Straffords 
vergleichen wollten: Nicht wie einst Karl I. von England 
hatte man ihm seinen Freund, den vornehmsten Verfechter 
seiner Ideen, geraubt. So hohen Vertrauens durfte sich der 
unbedeutende französische Minister nicht rühmen. Aber der 
Verdacht des Einverständnisses mit dem Auslände, welchen 
die Legislative gegen Delossart geltend gemacht hatte, fiel 
auf den Hof zurück. Ausdrücklich hob dies der Anklage- 
akt hervor. Die Amtsführung seines Ministors, hiess es da, 
werfe auf Ludwig XVI. den Argwohn, als begünstige er 
heimlich den Verein der europäischen Mächte 1 ). 

Und bald nahm man in den Tuilerien wahr, wie sich 
die Erbitterung, die die Nationalversammlung gegen den 

•) A. p. 31», l>93. 



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- 238 



Hof an den Tag legte, der Bevölkerung mitteilte. Die 
radikalen Blätter forderten die Erhebung der Anklage gegen 
Marie Antoinette: Denn gegen diese vornehmlich wandte 
sich die populäre Leidenschaft. Man hatte die verhasstc 
„Oesterreicherin" schon im Juni für die eigentliche An- 
stifterin des Fluchtversuches ausgegeben, den König dagegen 
für das willenlose Werkzeug ihrer Einflüsterungen 1 ). Eben 
in ihr erblickte man die Hauptstütze des verabscheuten 
Systems der Gegenrevolution und der Allianz mit dem 
Hause Habsburg. 

In den Köpfen der siegreichen Parteihäupter schien ein 
umfassender Angriffsplan auf die erschütterte Stellung des 
Hofes eben feste Gestalt anzunehmen. Das Königspaar er- 
fuhr von Verabredungen, die zwischen Brissot, Condorcet, 
Sitfyes, P<Hion einerseits, und Lafayette und Narbonne 
andererseits über einen solchen gepflogen wurden. Danach 
sollte Marie Antoinette, wie Delessart, vor den Reichs- 
gerichtshof geladen werden und sich wegen ihrer Intriguen, 
die sie mit dem Kaiser gegen die Freiheit der französischen 
Nation gesponnen habe, verantworten. Ludwig XVI. sollte 
suspendiert werden, der Thronfolger von der Legislative 
einen Erzieher erhalten 2 ). Auch gedachte man Narbonne 
mit Gewalt wiederum in das Ministerium zu bringen"); 
Nachrichten, die die königliche Familie aufs höchste er- 

V Maugras, Journal d'un etudiant, S. 179 f. 2. VII. 1791. 
,,U (Louis XVI.) est l'infortune jouet des mauvais conseils, des 
insinuations perfides, que lui souffle son indigne epouse. Aussi 
toute la eolere des personnes qui pensent sainement se tourno 
onntre rette Medicis moderne, et c'est en etfet eette reine infame, 
cetto Autrichienne au front d'airain que devraient foudroyer seule 
la fureur et l'execration publique«." 

h Feuillet, V, 359 f. V«l. Pellene, d. 15. III. 1792 (W. A.>. 

:, i Pellenc, 14. III. 92. i \V. A.j ,.On n a pas renonce au projet 
de faire rentier de vive fuive M. de Narbonne." Goltz berichtet 
dasselbe unter dem 19. III. i>2. 



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schreckten. Ludwig XVI. überliess sich dumpfer Ver- 
zweiflung. Er betete den ganzen Tag und dachte daran, 
freiwillig zu Gunsten seines Sohnes abzudanken 1 ). Die 
Königin in ihrer energischen Sinnesart hingegen überlegte 
sogleich, wie sie dem drohenden Schlage am schicklichsten 
ausweichen werde. Sie verbrannte alle Papiere, die ihren 
Anklägern hätten Anhaltspunkte bieten können; nur die 
notwendigsten verwahrte sie auf ihrem eigenen Leibe. 
Ihren getreuen Fersen benachrichtigte sie sofort, dass er 
ihr nicht mehr schreiben dürle 2 ). 

Jene Drohung mit der Denunziation Marie Antoinettes 
stellte sich bald als ein geschicktes Manöver heraus, das 
Brissots Partei in Scene gesetzt hatte, um das Ministerium 
in ihre Hand zu bekommen. Sie suchten den Hof so lange 
einzuschüchtern, bis er dieses Begehren erfüllen würde. Der 
König gab ohne weiteres nach, als er das Ziel ihrer 
Wünsche kennen lernte. Im tiefsten Geheimnis wurden 
zwischen den Tuilerien und der Gironde Unterhandlungen 
geführt. Vermittler waren Cahier. der frühere Minister des 
Inneren, welcher schon immer in einiger Beziehung zu dem 
Bürgermeister Petion gestanden hatte 8 ), und der Intendant 
der Civilliste Laporte. Dieser war mit Gensonn6 bekannt 
und scheint besonders auf die Wahl Dumouriez' zum Minister 
des Auswärtigen hingewirkt zu haben 4 ). Und sobald dieser 

') Pellenc, 14. III. 92. 

») Feuillct, V, 301. ßlumendorf an Mercy, 19. III. 1792. 
(W. A.) 

3 ) Pellenc, IG. III. 1792. „(Test Cahier de Gerville qui a 
donne eette impulsion (die Ernennung Duinouriez' und Lacostes); 
il n'y a eu aueune autre influenee. M. de Grave deja nomine 
a seeonde M. Cahier/' Vgl. hierzu Pieees rel, ä l'lüst. de France 
1792. Convention, troisu-me recueil. No. 140. Billet Cahiers au 
den König. 

<) Lafayctte, III, 300: IV, 123, 131 f. Dumas. II, 1<>4. Dumou- 
riez, II, 132, 137. Pieees rel. Nu. Kl. No. 81. 



- 240 - 

und der Girondist Lacoste ernannt waren, dementierte 
Brissot in seiner Zeitung das Gerücht, als ob er mit seinen 
politischen Freunden eine Anklage gegen die Königin habe 
veranlassen wollen. Sofort gab auch Petion die Zustimmung 
zur Einrichtung der königlichen Garde, die er bisher ver- 
weigert hatte 1 ). 

Im Laufe des März erfolgte dann die Ernennung von 
Roland de la Piatiere zum Minister des Innern, Clavieres 
zum Finanzminister, Duranthons zum Justizminister, alles 
Wahlen, die aus dem Antriebe der Brissotisten hervorgingen. 
Der Kriegsminister Degrave, der auf die Veranlassung 
der Lameths Narbonnes Posten eingenommen hatte, schloss 
sich eng an die neuen Kollegen an. Eine schmiegsame 
Natur, ordnete er sich Dumouriez vollkommen unter. Dieser 
rühmt seine geradezu kindliche Hingebung 2 ). 

Und nur unter diesen Umständen wollten ihn die 
Girondisten in ihrem Kabinett dulden. Sie dachten von 
vorneherein darauf eine einheitlich gesinnte Centraibehörde 
zu organisieren; von vorneherein wünschten sie ein fremd- 
artiges Element fernzuhalten, wie es im Feuillant-Ministerium 
Bertrand von Molleville gewesen war. Ausdrücklich hatten 
sie Ludwig XVI. vor der Zusammensetzung eines bizarren, 
buntscheckigen Kabinetts gewarnt: sie würden sonst die 
neue ministerielle Dynastie stürzen, wie sie es mit der 
vorigen gethan 3 ). Die neue Regierung sollte in sich ein- 

') Pelleuc, HJ. III. (W. A.). „Dans un jour tont a ete ehange. 
On n nomine Dumouriez Ministre des affaires etrangeres, et 
aussttot Petion a consenti ä l'installatiou de la Garde du Roi, 
«|ui est depuis hier en activite, et Brissot a dementi dans son 
journal le bruit de la denonciation de la Reine." Vgl. a. Beaulieu, 
III, 247; Buche/., XIII, 401 f. 

*i Pallain, S. 197. 

PiiV.es rel. ä THist. de France, 171)2. Convention natio- 
nale. Die Nummern J) u. 1U sind zwei wichtige Noten, in denen 
Saiute-Foix Ludwig XVI. über seine Unterhandlungen mit den 



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— 241 — 



mütig in Eintracht mit der Nationalversammlung die Ver- 
waltung des zerrütteten Reiches ordnen. Denn auf die 
Besserung der inneren Zustände richteten die Brissotisten 
zunächst ihr Augenmerk. Man musste den Feinden der 
Revolution, die als den Quell aller Uebel die Konstitution 
ausgaben, beweisen, dass es nur eines wohlgesinnten, 
tüchtigen Ministeriums bedürfe, um die Segnungen der neuen 
Verfassung ins rechte Licht zu setzen. Wie sehr sie die 
Anarchie beunruhigte und wie eifrig sie bemüht waren, 
diesem Schaden abzuhelfen, erkennt man daraus, dass sie 
dem Hofe anfänglich den Vorschlag machten, zwei Minister 
für die inneren Angelegenheiten zu ernennen ; der eine sollte 
die nördlichen, der andere die südlichen Departements unter 
seiner Aufsicht haben. Damit aber nicht die durch die 
Konstitution festgesetzte Sechszahl überschritten werde, sollte 
an Stelle des Justizministers ein einfacher Kommissar des 
Königs walten 1 ). 

Dabei trachteten die Girondisten danach, sobald der 
Hof mit ihnen Unterhandlungen anknüpfte, ein gutes Ver- 
hältnis zum Königspaar zu gewinnen, und diesem die Be- 
sorgnis, als sännen sie auf Umsturz der monarchischen Re- 
gierungsform, zu benehmen. Sie Hessen versichern, dass es 
ihnen nur um die Errichtung einer lebensfähigen Regierung 
zu thun sei. Dieser würden die ganze Nationalversammlung 
und die Mohrzahl der Jakobiner ihren Beistand leihen. 
Dann würden allo Teile der Verwaltung eine heilsame 
Thätigkeit entfalten, und der König würde anerkennen 
müssen, wie weit man von den republikanischen Ideen ent- 
fernt sei, die man ihnen fälschlich unterschiebe. Im Gegen- 



Girondisten berichtet; in No. !> heisst es: ..si la Cour allait eom- 
poser un Ministere bizarre, et qui nc f Vi l pas tont a fait celui 
qu'on desire, ce serait eneore une dvimsiie ministerielle i|U*on 
aurait abattue." 

») a. a. O. No. 10. 

UlHgnu, Die trauz. Legislative. IG 



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242 - 



teil, man würde eifrig dafür Sorge tragen, dass die kleine 
Zahl unruhiger Köpfe kalt gestellt und in eine stumme 
Minorität verwandelt würde 1 ). 

Von dieser dem Könige freundlichen Stimmung der 
Girondisten zeugt eine Adresse, die Gensonnö am 14. März, 
also noch vor der Ernennung Dumouriez', im Namen seiner 
Parteigenossen der Legislative unterbreitete. Sie sollte 
Ludwig XVI. über die Grundsätze aufklären, von denen er 
sich zum Wohle seines Volkes bei der Wahl der Minister 
leiten lassen sollte 2 ). 

Wir müssen es uns versagen, auf den Inhalt dieser 
wichtigen Kundgebung näher einzugehen. Heben wir nur 
hervor, dass sie sich mit gleicher Schärfe wie gegen die 
Lamethisten so auch gegen die Montagnards wendet. Gen- 
sonn^' legt dem Monarchen ans Herz, vor allem eins zu be- 
denken, nämlich dass der Urquell, aus dem die Kraft seines 
Regimentes fliesse, in dem Vertrauen des Volkes zu seiner 
Führerschaft gegründet sei. Sobald man nicht mehr an der 
Geneigtheit seiner Umgebung, konstitutionell zu regieren, 
zu zweifeln brauche, würden sich alle übertriebenen 
Meinungen dem Gesetz beugen müssen. Eben in dem 

') a. a. O. No. 9. Sainte-Foix schrieb in betreff der Brisso- 
tisten dem Hofe: „Au surplus pour l'hommage que la verite 
merite, on ne peut s'empecber de dire que ces Messieurs sont 
tous differents en Chambre, de ce qu'ils sont a la tribune. Nous 
les avons trouves accessibles ä de bons raisonnements. Iis veu- 
lent un gouvernement qui marche; ils disent que si le but de 
leurs voeux est obtemi dans ce moment-ci, l'Assemblee presqu' 
entiere, la majorite des Jacobins meine, deviendront ministerielle; 
qu'ainsi tous les ressorts de l'administration recevront un mou- 
vement salutairc, et qu'enfin le Roi connaitra qu'ils sont bien 
eloignes des idees republicaines qu'on leur pr£te. Iis ajoutent 
que les mauvaises tetes, en petit nombre, seront appreciees et 
releguees dans unc minorite rauette, d'oti ils ifoseront pas se 
muntrer/ 4 

»» a. p. a;> ; 69C ff. 



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- 213 - 



Masse, in welchem die Vertreter des königliehen Ansehens 
zu Hoffnungen oder Befürchtungen Raum gäben, würden 
die antikonstitutionellen Systeme Anhänger verlieren oder 
gewinnen. Wenn man einen Staatsstreich besorge, würden 
die hitzköpfigen Gewaltmenschen einen fast unwiderstehlichen 
Aufschwung nehmen. Wähle dagegen der König seine Ver- 
trauensmänner nach dem Herzen des Volkes, so würden 
die verständigen und massvollen Gesinnungen die Oberhand 
haben. 

Dass sich dieser Rat hauptsächlich gegen ihre Be- 
strebungen richte, fühlten Robespierres Anhänger sofort her- 
aus. Ihr Führer Bazire forderte das Haus auf, Über die 
Adresse zur Tagesordnung überzugehen. Es gehe durch 
sie ein kläglicher Schmerzcnszug, welcher der Würde der 
Nationalversammlung nicht wohl anstehe. 

Und die Legislative war nicht geneigt, diese Kund- 
gebung gutzuheissen. Man wusste, dass die Gironde nach 
dem Ministerium strebe. Vielleicht hatte man sogar er- 
fahren, dass gerade die Annahme der Adresse durch das 
Haus dem Hofe beweisen sollte, wie ihre Ansichten in der 
Legislative überwögen 1 ). Man lehnte dieselbe ab, nicht 
etwa, weil man ihren Inhalt missbilligte, sondern weil man 
sich nicht zum Sprachrohr einer Partei machen wollte, ein 
Vorgang der aufs deutlichste zeigt, wie wenig sich diese 
Nationalversammlung von eigentlichem Faktionsgeiste be- 
herrschen Hess. Thatsächlich walteten die Anschauungen 
der Gironde jetzt unbedingt in dem Hauso vor. Doch war 
der engere Kreis ihrer Anhänger, der Kern der Partei so 
unvermögend, dass er, sobald es sich um sein Sonderinteresse 
handelte, nicht die Mehrheit der Deputierten hinter sich 
sammeln konnte. Die meisten gehörten eben keiner Faktion 
an, sondern votierten unabhängig. Gensonne wartete 
übrigens nicht erst die förmliche Ablehnung seiner Adresse 

') Dumas, II. 10 t. 

J6* 



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- 244 - 



ub, sondern hielt es für angebracht, sie vorher zurück- 
zuziehen. 

Selbst in dem Augenblicke, in welchem die Girondisten 
im Zenith ihrer Laufbahn standen, wo sich ihr kriegerisches 
Programm zu allgemeinerer Geltung erhob und ihr Ansehen 
im öffentlichen Leben täglich zunahm, dachten sie nicht 
daran, an die Stelle des Königtums die Republik zu setzen. 
Mit der Menge der Bevölkerung, in der sich für diese neue 
Regierungsform wenig Sympathie regte, glaubten sie. 
dass sie sich für ein grosses Reich nicht recht schicke 1 ). 
Ihr Ideal blieb eine durch die Verfassung zwar beschränkte, 
immerhin aber lebenskräftige Monarchie, die in der Welt 
die Stellung wiedorerwerben sollte, welche Frankreich im 
vergangenen Jahrhundert innegehabt hatte. In warm- 
herzigem Optimismus wandten sie sich Ludwig XVI. zu, 
von der Hoffnung beseelt, dass er sich endlich, durch die 
erlittenen Niederlagen belehrt, an die Sache des Volkes 
schliessen, dass er an der Spitze desselben wie sein grosser 
Ahn Ludwig XIV., den alten Erbfeind, das Haus Habsburg, 
bekämpfen würde. 

Wie so ganz anderer Meinung war man aber in den 
Tuilerien, vornehmlich Marie Antoi nette, auf deren Willen 
allos ankam. Sie hatte sich zu tief in die Kombinationen 
ihres politischen Systems verstrickt, um sich noch einen 
klaren Blick für die Abwandlungen der Ereignisse, die sich 
um sie her vollzogen, bewahren zu können. So betrachtete 
sie die Katastrophe vom 10. März nur aus dem beschränkten 
Gesichtswinkel des Vorteils, den sie der Förderung ihrer 
geheimen Absichten bot, und • diesen schien der neuerliche 
Wechsel im Ministerium nicht ungünstig. Gerade in dem 

l ) Maugras, Journal d'un ötudiant, S. 183: Der Verfasser, 
ein junger Anhänger der Gironde, schreibt im Juli 1791 : „De 
reste le repuhli<-anisme n*a pas ici beaueoup de partisans; chaoun 
sent t)n'un tel gHUvernenient ne snurait ronvenir a une grande 
nation." 



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Moment bemächtigten »ich die Jakobiner desselben, in 
welchem der Kaiser ihre Bestrebungen auf das heftigste be- 
fehdete. Ihr endgiltiges Uebergewicht musste nunmehr das 
von ihm angekündigte Eingreifen des Konzertes notwendiger 
als je erscheinen lassen. Um so mehr erwartete Marie 
Antoinette eine energische Richtung in der Wiener Politik, 
als inzwischen der unschlüssig zaudernde Leopold plötzlich 
gestorben und ihr Neffe Franz ans Ruder gelangt war. Sic 
versprach sich viel von dieser Aenderung in der leitenden 
Person. Das verhehlte sie dem österreichischen Gesandten 
nicht. Sie betonte, dass wohl die Grundsätze des neuen 
Regenten von denen seines Vaters wesentlich verschieden 
sein dürften, dass er eine seinem Oheim Joseph II. ähnliche 
entschlossene Sinnesart an den Tag legen würde'). 

Am 15. März sandte sie auf Umwegen über Calais, 
Dover, Ostende und Brüssel ihren Vertrauten Goguelat an 
den Neffen nach Wien 2 ). Er sollte den jungen König von 
Ungarn zu raschem Handeln gegen die Faktiösen in Frank- 
reich drängen. Marie Antoinette forderte einen positiven 
unumwundenen Bescheid, indem sie zugleich meldete, dass 
das neue Ministerium zum Angriff auf das Haus Habsburg 
entschlossen sei'). Und eben wegen seiner kriegerischen 
Tendenz war ihr das girondistische Kabinett genehm. Sah 
sie doch in dem Ausbruch des Kampfes das einzige 
Rettungsmittel. Dadurch wurden Oesterreich und die an- 
deren Mächte zu thätigen Operationen gegen die Revolution 
gezwungen 4 ). 

l ) ßlumendorf-Mercy. Ii). 111. 17!>2 <W. A.) Vgl. a. Fersen, 
II, 102. 

a j Fersen, II, 13 f. 

:{ ) Feuillet, V, 302. Fersen an Gustav, 21. III. 1702 über 
Gnguelats Sendung. Vgl. a. Vivenot, 1, 4.*K) fi". 

*) Fersen, II, 230. Marie Antoinette an F. 15. IV. ,.on 
veut absolnment la gnerre ici; tant mienx, si eela pent deeider 
tout le monde", und Fersen antwortete fll, 231), ,.le moyenle 



— 24« — 



Ob durch den Verdacht, dass die königliche Familie in 
diesem Kriege im geheimen Einverständnisse mit dem Aus- 
lande sei, ihre Lage in Paris inmitten der misstrauischen 
Bevölkerung nicht äusserst gefährdet werden mochte, be- 
kümmerte die Königin nicht so sehr. Für den König gab 
es nach ihrer Meinung keine Gefahr, und für ihre eigne 
Sicherheit wollte sie nicht sorgen. In diosem Sinne hatte 
sie im Februar dem russischen Gesandten Simolin zugerufen, 
als sie ihn an ihren Bruder abordnete: „Sagen Sie dem 
Kaiser, für uns gebe es nichts zu befürchten; die Nation 
braucht den König, ich für meine Person besorge nichts. 
Ich unterwerfe mich lieber allem als länger in dem Zustande 
der Erniedrigung, in dem ich mich befinde, zubringen zu 
wollen!" 1 ) 

Und wie der Hof, so machte auch die Kriegepartei 
jetzt alle Anstrengungen, um den Bruch mit dem Wiener 
Kabinett sobald als möglich herbeizuführen. 



II. 

Partei bewegung im März and April. 

Für die schimpfliche Verjagung ihres Freundes Narbonnc 
hatten die Favettistcn sich am 10. März an dem Triumvirat 
und dem Hofe zu rächen gewusst. Hatten sie aber auch 
an ihren Feinden ihr Mütchen gekühlt, so erlangten sie doch 
nicht das Ziel ihres Ehrgeizes, die Verfügung über das 
Ministerium. Ueber dieses Ziel hinaus hatte sie die revo- 
lutionäre Gewalt der Ereignisse getrieben. Um den ent- 
scheidenden Streich gegen die Laraeths führen zu können, 
hatten sie sich der Hilfe einer Partei bedienen müssen, die 
mächtiger wie die ihrige geworden war. Diese führte den 

plus sur est de täeher de fair«: attaquer: uue demarche hoatile 
de votre part est la sowie ehose qui pusse les decider tous." 
') Feuillet. V, H17. Vgl. Viveuot, I, 431. 



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- 247 - 



eigentlichen Hauptschlag und heimste allein die Früchte dos 
Sieges ein. 

Infolge der letzten Geschehnisse war die geheimo 
Erbitterung, welche den Hof und die Minorität des Adels 
entfremdete, aufs höchste gestiegen. Eben erst war Lafayette 
von dem Sturz des befreundeten Kriegsministers in Kenntnis 
gesetzt worden, da meldete man ihm, dass Ludwig ihn und 
seine Freunde, die Generale Luckner und Rochambeau, 
wegen ihrer Einmischung in die Angelegenheiten seines 
Kabinetts zur Rechenschaft ziehen würde. Es heisst, der 
General habe [nunmehr seinem Grolle Luft gemacht und 
drohend ausgerufen: „Wir werden ja sehen, wer von uns 
beiden, der König oder ich, die Mehrheit im Lande auf seiner 
Seite haben wird. - *) Auch Narbonnc dürstete nach Rache. 
Er besuchte am Abend seiner Entlassung drei, vier Theater, 
um sich von - der dem Hofe feindseligen Menge Ovationen 
darbringen zu lassen. 9 ) Dio beiden hochgebornen Partei- 
häupter verfielen in die Rollen der alten Frondeurs. 

Dennoch waren sie überrascht, als der König sein 
Ministerium den Girondisten überliess. Als Lafayette dem 
Hofe seine Kandidatenliste überreichen Hess, wies man die- 
selbe zurück; man teilte ihm in ironischer Höflichkeit mit, 
man habe für gut befunden, ein jakobinisches Ministerium 
zu ernennen, auch ohne seinen Rat einzuholen. 8 ) Der General 
hatte angenommen, dass das Königspaar nie mit den Radi- 
kalen paktieren würde, dass es daher nach dem Falle der 
Lameths sich ihm zu verbinden gezwungen wäre. Er hatte 
sich arg verrechnet. 4 ) Und wäre die Wahl eines jakobinischen 

l ) Bacourt, III, 297. Pellonc an Lamarek, d. 11. III. 179J. 

») Pelleno, 14. III. 1792. 

3 ) Lafayette, IV, 24; vgl. III. 3O0. 

*) Lafayette, III, 425. Sein Aerger über das Emporkommen 
der Gironde zeigt sich deutlich in einem seiner Briefe (15. III. 
92) an Washington: „Le roi a choisi son eonseil dans la portion 
la plus violente du parti populaire, cYst-a-dire dans le club des 



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- 248 - 



Kabinetts nicht vornehmlich dem Antrieb ihres leidenschaft- 
lichen Hasses gegen die Fayettisten entsprungen, so könnte 
man dem politischen Scharfblick Marie Antoinettes seine 
Anerkennung nicht versagen. Denn die Zusammensetzung 
eines konstitutionellen Kabinetts liberalerer Färbung hätte 
voraussichtlich auch nicht lange Dauer gehabt. Von vorne 
herein war ihr die Kombination aus der populären Gironde 
vorzuziehen. 

Wenn sich auch die Fayettisten hier von Brissot über- 
flügelt sahen, waren sie doch klug genug, ihren Aerger zu 
verwinden und vor allem darauf Bedacht zu nehmen, sich 
mit dem neuen Ministerium gut zu stellen. Schon während 
seiner Amtsführung war Narbonne dem eben in Paris an- 
langenden General Dumouriez freundlich entgegengekom- 
men. 1 ) Er hatte sogar daran gedacht, ihn in das Kabinett, 
das er bald neu zu bilden hoffte, aufzunehmen. Auch 
Talleyrand hatte nach seiner Rückkehr aus London die 
alten Beziehungen zur Gironde wieder aufgenommen; er 
war mit dem Ministerium derselben alsbald in enge Fühlung 
getreten. 2 ) So war es für Lafayetto ein Leichtes durch die 
Vermittlung seiner beiden Freunde sich den Brissotisten, 
insbesondere Dumouriez, zu nähern. 3 ) Den fremdländischen 



jacobins, espeee d'institution jesuitique, plus propre a faire 
deserter notre cause fju'ä nous attirer des prosely tes. 11 

1 ) Dumouriez, II, 133. ,.Narboune aceueillit tres-bien 
Dumouriez." 

2) Pellenc, 31. III. 1792 (W. A.). 

;i ) Lafayetto, III, 4*20 ff. Lafayette leitet hier selbst einen 
Brief vom 18. IV. 1702, der im September bei seiner Frau 
beschlagnahmt wurde und dessen Veröffentlichung ihm recht un- 
angenehm gewesen zu sein scheint, mit dem Geständnis seiner 
Beziehungen zu den Brissotins ein. ,.Elle (Ja lettre) demontre 
(jue La Rochefoucauld, Lafayette et leurs amis dans l'assomblee 
legislative, quoiqirils fussent personnellement mal avee Con- 
dorcet comme avec plusieurs membres de son parti, et quoi- 



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— 219 _ 



Botschaftern fiel bald das innige Einvernehmen zwischen 
den beiden Generalen auf. 1 ) Der Minister liess es sich sehr 
angelegen sein, die Wünsche Lafayettes zu befriedigen. Er 
verstärkte und vervollkommnete dessen Armee, gab ihm 
die tüchtigsten Truppen und die erfahrensten höheren Offiziere; 
vor allem schmeichelte er dem Ehrgeiz des Generals, indem 
er ihm die Aussicht auf kriegerische Erfolge eröffnete. Sein 
Korps sollte in dem bevorstehenden Feldzuge gegen Oester- 
reich die Hauptaktion vollführen. Kein Wunder, dass La- 
fayetto nunmehr den kriegerischen Neigungen der Gironde 
unbedingter als jemals huldigte. 2 ) 

Allgemeines Aufsehen erregte es, als bei einem unbe- 
deutenden Anlasse im Anfang April das enge Einverständ- 
nis, welches sich zwischen Brissotisten und Fayettisten im 
Laufe der Zeit herausgebildet hatte, offensichtlich zu Tage 
trat. Die Montagnards hatten dem ehemaligen Kriegsminister 
unter den nichtigsten Vorwänden eine Denunziation ange- 

qu'ils eussent ete fächea dir voir arriver im ministerc jacobin, 
etaient pourtant deeiden ä soutenir ee ministere, ä no point 
s'opposer au parti girondiu." Vgl. a. III. 307 f. 

l ) The despatches of Earl Gower, hgg. v. 0. Browning, 
Cambridge, 1885, S. 103. Unter demselben Datum (23.111. 1702) 
berichtet Goltz die gleiche Beobachtung nach Berlin. 

a ) Pellenc, 2. IV. 1792 (W. A.). t .La Fayette est plus porte 
ä la guerre qu'il ne l'etait. En voici les motifs: 1. D'abord il 
s'est He avec Dumouriez, qu'il avait pour lui-meme le Brabant. 
2. il a obtenu que son armee serait amelioree, et en t-flet eile 
est beaueoup racilleure aujourd'hui ; on lui a donne de meilleures 
troupes, et de meilleurs Officiers-generaux. 3. on l'a flatte en 
lui faisant envisager la perspective de la conquete de la Holland»'." 
Vgl. Dumouriez. II, S. 216, 225 f. Vgl. a. Metternich» Berichte 
an Kaunitz, 1. IV. 1792. Beilage: Brief aus Paris vom 22. III. 
1792 von Blumendorf: „M. Dumouriez et M. de La Fayette, 
qui sont tres-lies enseinble, entretiennent des intelligences 
dangereuses avec lea mecontents Brabancons et tachent de pro- 
voquer un soulevement." 



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— 250 — 

hängt. Da trat der Bischof Fauchet, einer der eifrigsten 
Parteigänger der Gironde, für Narbonne ein. Der Ver- 
teidiger, der als Denunziant berüchtigt war, legte sich dies- 
mal mit auffallender Wärme für den Angegriffenen ins Zeug. 
Wenn man überlege, führte er aus, wie viel der Kriegs- 
minister während seiner Amtsführung trotz aller Beschwer- 
lichkeiten für die Heeresorganisation Erspriessliches geleistet 
habe, so müsse man Uber den Umfang seiner fruchtbaren 
Thätigkeit erstaunen. Weit entfernt also ihm Vorwürfe zu 
machen, müsse man ihm unbeschränktes Lob zollen. Die 
von den Genossen Robespierres beabsichtigte Niederlage 
wandelte er in einen glänzenden Triumph Narbonnes um 1 ). 
Ebenso lebhaft verteidigten Condorcet und Brissot in ihren 
Blättern den Kriegsminister gegen die Anschuldigungen 
seiner politischen Gegner 2 ). 

Wegen ihrer eifrigen Verwendung für einen Minister, 
noch dazu für einen „Aristokraten", mussten sie aber von 
den Montagnards im Jakobinerklub die heftigsten Anfein- 
dungen erdulden. Waren doch selbst einllussreiche Ange- 
hörige der eigenen Partei, wie Gorsas, Uber die Freisprechung 
Narbonnes höchst unzufrieden 8 ). Robespierre, Chabot, 
Camille Dcsmoulins, Marat und Genossen ergriffen begierig 
diesen Anlass und bezichtigten die Brissotisten des geheimen 
Einverständnisses mit Lafayettes Freunden; der ehemalige 
Kapuziner Chabot denunzierte deswegen den Bischof Fauchet 
und „die ganze Deputation von Bordeaux". Roederer warf 
man vor, er diniere öfter bei dem Fayettisten Jaucourt und 
thue mit Pastoret und Ramond freundlich 4 ). 

Warum verleugneten aber Brissot und seine Anhänger 
so hartnäckig und ängstlich ihre Beziehungen zu Lafaycttc? 
Da der General durch sein ehemaliges Bündnis mit den 

l ) Buchez, XIV, S. 8 ff. Gower, a. a. Ö. 1G7 f. 
a ) Buchez, XIV, S. 5. 

:i ) Gorsas'^ Courrier, 2. IV. 1792. Artikel „Sur Narbonne." 
<) Buchez," XIV, 169 f. 



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— 251 — 



Lameths und dio blutige Niederwerfung des Aufstnndes auf 
dem Marsfelde im Juli 1791 in den Geruch eines Ver- 
fechters der Reaktion gekommen war, da man seinen Hass 
gegen die Jakobinerklubs und sein Streben, sie möglichst 
bald aufzulösen, kannte, so betrachtete es die Girondo als 
äusserst bedenklich ihre Hinneigung zu ihm offen zu be- 
kennen: sie fürchtete dann in den Ruf antirevolutionärer Ge- 
sinnung zu kommen und, wie einst die Lameths, im Volke 
mit jedem Tage an Boden zu verlieren. Aber alle Be- 
teuerungen ihrer Unschuld halfen ihnen nichts. DieMontag- 
nards waren zu gut unterrichtet. Sie wussten ihre Gegner 
in die äusserste Verlegenheit zu bringen, indem sie von 
ihnen forderten, den General und seine Freunde des Kom- 
mandos über die drei Armeen zu entheben. Das könne 
ihnen nicht schwer fallen, da ja ihre Anhänger im Ministe- 
rium sässen 1 ). Auf solche Zumutungen konnten jene 
natürlich nicht eingehen. Sic griffen ihrerseits Robespierre 
an und schalten ihn einen Volksverführer 2 ). So kam es 
häufig in dem Jakobinerklubs zwischen den Häuptlingen der 
beiden radikalen Fraktionen zu Skandalscenen. 

■ 

Eben schon damals befanden sich die Brissotisten in 
einer schwierigen Lage. Sie fürchteten einerseits die Herr- 
schaft des rohen Pöbels und eine Entartung der Revolution. 
Mit aus dieser Besorgnis hatten sie sich Lafayette genähert, 
als dem Haupte der noch recht ansehnlichen konstitutionellen 
Partei und dem Abgott eines grossen Teils der National- 
garde. Auch sie dachten darauf, sobald die Staatsver- 
waltung in ihre Hände übergegangen war, wie sie sich auf 
gute Art der Jakobinerklubs entledigen könnten. Doch 
auf der anderen Seite hielten sie dieselben bei der unge- 
wissen Haltung des Hofes und der von allen Seiten drohenden 



») Buchez, XIV, S. 5 f. 
a ) Aulard, III. 531. 



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— 252 — 



Reaktion noch für ein notwendiges Uobel 1 ). Und weil es 
doch ihre Popularität war, der sie ihre Machtstellung, vor 
allem aber den Bositz des Ministeriums, verdankten, so 
Hessen sie es ihre vornehmste Sorge sein, sich diese Haupt- 
quelle ihres Einflusses unversiegbar zu erhalten. Sie wett- 
eiferten förmlich mit ihrem Nebenbuhler Robespierre um 
den Lohn der Volksgunst. Dabei scheuten sie sich nicht 
zu den gewagtesten Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen, wenn 
sie nur diesem Zwecke dienten. Nicht das Haupt der 
Montagnards führte die rote Jakobinermütze und die Be- 
waffnung des niederen Volkes mit Piken ein, es waren 
Brissot und seine Parteigänger, die der Plebs dieses ge- 
fährliche Spielzeug in die Hand drückten 2 ). Immer die un- 
ruhige Sorge, von Robespierre überflügelt zu werden, war 
es, die sie zur Wahl solcher demagogischen Köder veran- 
lasste. Auch die sophistische Haltung seines Anklageaktes 
gegen Delessart rechtfertigte Brissot im Vertrauen einem 
Freunde gegenüber aus diesem Gesichtspunkt: „Es ist ein 

Parteicoup Wir müssen es an Schnelligkeit über 

die Jakobiner gewinnen; dieser Anklageakt bringt uns das 
Verdienst ein, einen Streich geführt zu haben, den sie sonst 
geführt hätten" 3 ). 

l ) Dumouriez, II, 148. Der General sagt hier, dass er mit 
seinen Kollegen den .Jakobinerklub betrachtete ..comme un 
assemblage dangereux ou'il fallait ou etouffer ou endormir pour 
le rendre moins nuisible. Ties girondistes pensaient comme 
eux, et des qu'ils se crurent a.ssures d'un ministere, dont tous 
les membres avaient passe par leur scrutin, Iis attaquerent trop 
töt et trop imprudemment les meines jacobins' 4 etc. Vgl. a. 
Roederers Aeusserung über Condoreets Stellung zu den Jakobinern. 
{(Euvres IV T , Mi.) „C'etait ü ses yeux une assemblee meprisa- 
ble, un obapitre, une confrerie, mais une rcuinion neeessaire 
» untre la cour, ])lus meprisable encore et alors bien plus dange- 
r» use. w 

») Buchez, XIII, 224. 

3 ) Dumont, S. 378. Vgl. a. S. 373. ,.Ils (les Girondins) sen- 



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— 253 — 

Bei einem Anlasse, der in der ersten Hälfte des April 
die öffentliche Meinung sehr lebhaft beschäftigte, kam die 
prekäre Lage der Girondisten, sowie ihr politisches Unge- 
schick, so recht zur Erscheinung. Vierzig Soldaten des 
Regimentes Chäteau-Vieux hatten bei dem Soldatenaufstande 
in Nancy gegen den Marquis Bouill6 rebelliert. Sie waren 
deswegen zu einer mehrjährigen Galeercnstrafe verurteilt 
worden. Die Legislative hatte sie bald darauf begnadigt. 
Sie erschienen in Paris, um derselben für ihre Freilassung 
zu danken. Robcspierres Anhänger suchten nun aus dieser 
Angelegenbeit für ihre zügellosen Grundsätze Kapital zu 
schlagen. Sie beschlossen die .Soldaten als unglückliche 
Opfer einer tyrannischen Rechtsprechung in feierlichem 
Triumphzuge durch die Hauptstadt zu führen, ein Vor- 
haben, dem sich die Fayettisten auf das entschiedenste 
widersetzten. Sie machten mit Recht geltend, dass die 
Schuld der Angeklagten durch die regelrochte Untersuchung, 
welche ihrer Bestrafung vorausgegangen, erwiesen sei, dass 
die Nationalversammlung, indem sie ihnen Amnestie be- 
willigte, doch keineswegs auf Freisprechung erkannt habe. 
Vor allem wiesen sie darauf hin, welchen unheilvollen, 
moralischen Eindruck es auf die Armee hervorbringen 
müsse, wenn man Soldaten, die sich schwer gegen die mili- 
tärische Disciplin vergangen hätten, nun nachträglich öffent- 
lich mit allen möglichen Ehrerweisungen U-berhäufe. Un- 
lautere Elemente würden darin eine Ermutigung zur In- 
subordination erblicken. 

Die Stadtverordnetenversammlung, in der Brissots An- 
hänger das Uebergewicht hatten, gestattete dennoch den 
geplanten Aufzug. Die der Municipalität vorgesetzte Be- 
hörde, der Departementsrat, der sich aus Fayettisten zu- 



taient d'ailleurs 1« besoin <1«; la puissanee pour faire face aux 
jacobins du Rohrspiern- ijui roiniiioiivaü'iit a los iiniuiet«T bcau- 
coup." 



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— 254 — 



sammcnsetztc, verwarf ihren Beschluss. Er wusste, dass er 
bei diesem Vorgehen den ganzen Stab der Xationalgardc 
und den grösstcn Teil der Gemeinen auf seiner Seite hatte. 
Nach langem Zaudern lenkten endlich die ßrissotisten ein. 
Sie lavierten zwischen den beiden Parteien, zwischen den 
Fayettisten und den Montagnards. In mehreren Konferenzen 
einigte sich Petion mit den Departementsräten dahin, dass 
das Fest, nicht wie ursprünglich beabsichtigt, den Soldaten des 
Regimentes Chäteau-Vieux, sondern der Freiheit dargebracht 
werden sollte. Wie in der Aonderung der Benennung, so 
Hessen sich die Girondisten auch in anderen Dingen zu 
Konzessionen herbei. Sic nahmen dem Aufzuge den gegen 
Lafaycttc gerichteten Charakter, den ihm Robespicrres Ge- 
nossen aufzuprägen strebten. Es durfte nicht die beab- 
sichtigte symbolische Reinigung des Marsfclds von dem Blute 
des 17. Juli statt haben 1 ). 

Zur grossen Gcnugthuung Lafayettcs und seiner Partei 
nahm die Veranstaltung zu Ehren der Sträflinge eiuen 
höchst kläglichen Verlauf. Sic erschien als jämmerliche 
Farce, kaum tausend Personen beteiligten sich an dem 
Aufzuge 2 ). 

Der Ausgang lehrte, dass es für die Girondisten sehr 
leicht gewesen wäre, mit den Gemässigten gegen das 
Stattfinden des Festes zu stimmen. Die öffentliche Meinung 
hätten sie auf ihrer Seite gehabt. Aber sie besorgten, dass 
Robespierre in diesem Falle ihre Opposition als eine Be- 
willigung, die sie Lafayette machten, hingestellt hätte. 
Wesentlich die Furcht, dass sie von den Montagnards über- 
troffen werden möchten, hielt sie von einem energischen 
Veto al). 

Gedenken wir noch in wenigen Worten des Widerstandes, 
den die Häupter der beiden zum Frieden neigenden Parteien, 

x ) Pclk-nc, 14. IV. 179'J i W. A.) 

' Pollen«-, IC. IV. 17l>2 (W. A.); vgl. Lafayette, III, 430. 



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Robespierre und Alexander Lameth, den kriegerischen 
Tendenzen entgegensetzten. 

Die Wiener Februarnote und die darauf folgende Kata- 
strophe des Feuillant-Ministeriums hatte, wie in der Legis- 
lative, so auch in dem Jakobinerklub, den Anhängern der 
Girondc das entschiedene Ucbergcwicht verschafft 1 ). Dennoch 
nahm Robespierre Ende März noch einmal das Wort, um 
in der Gesellschaft für die Erhaltung des Friedens zu 
plaidieren. Er ging von dem kürzlich erfolgten Ableben 
Leopolds aus. 

Die gütige Vorsehung habe Frankreich damit noch 
einmal vor die Wahl von Krieg und Frieden gestellt, indem 
sie seinen erbittertsten Feind, den Kaiser, abberufen habe. 
Inzwischen hätten die Girondisten ja auch das Ministerium 
erobert. Nunmehr sollten sie den Unterhandlungen mit 
dem Auslande eine freimütige Wendung geben, die dem 
Vaterland den Krieg erspare. Und wie begründete er diesen 
Wunsch? er stimmte das alte Lied des Misstraucns an. 
Lafayette und seine Freunde planten Verrat, sie sähen im 
Kriege nur ein Mittel, um die heimischen Armeen desto 
sicherer gegen das Volk und seine politische Freiheit zu 
verwenden. Vor allem aber trachte der Hof danach, die 
Nation in den Krieg zu stürzen, weil er sie dem Auslande 
preisgeben wolle, mit dessen Hilfe er den Despotismus des 
alten Regimes wiederherzustellen hoffe 2 ). 

Aber diesmal drang Robespierre mit seinen Ansichten 
nicht durch; seine Partei war im Klub zu schwach ge- 
worden, um ihn nachdrücklich unterstützen zu können 3 ). Er 



l ) Aulard, III, 421 f. Adresse des Pariser Jakol>inerklubs 
vom 2. III. 1792 an seine Tochtergesellschaften. 
*) Buchez, XIII, 443. 

3 ) Pellene, 31. III. 1792 CW. A.): ,.Les .Tacobins sont divises. 
Robespierre est pour la paix, et son parti, quoiqne assez 
faible, y est en gnerre ouverte avec la faetion de Bordeaux.' 1 



— 256 — 

bemerkte es und zog es vor, seinen Antrag, dem er die 
Form einer Adresse gegeben hatte, zurückzuziehen 1 ). 

Auch die andere Partei, welche, wie die Montagnards, 
eine vom Kriege unbeeinflusste Entwicklung der inneren 
politischen Lage anstrebte, das Triumvirat, rührte sich nach 
dem 10. März noch emsig. Obgleich sie an diesem Tage 
fast vernichtet war, gab sie die Hoffnung, den Frieden zu 
erhalten, nicht auf 2 ). 

Wie früher stellten sie Ludwig XVI. vor, dass sich die 
jetzige Nationalversammlung, deren Mehrheit kriegerischen 
Tendenzen huldige, durchaus nicht mit dem Volke in Ein- 
klang befinde, das fast durchweg für die Wahrung des 
Friedens sei. Sie forderten daher den König auf, sich offen 
der Legislative, wenn sie den Krieg erkläre, zu widersetzen. 
Statt 9ich ihren Wünschen zu fügen, solle er an sein Volk, 
das ihm sicher beistehen werde, appellieren. Schon dass er 
die Anklage und Verhaftung Delessarts ruhig hatte geschehen 
lassen, bezeichneten die Lameths als einen schweren politi- 
schen Fehler. Sie erinnerten an das Beispiel Karls I. von 
England, der auch so schwach gewesen sei, seinen getreuesten 
Minister der Willkür des Parlamente hinzuopfern. Auch 
Ludwig XVI. habe damit den ersten Schritt auf dem Wege, 
der zum Schaflot führe, gethan"). 

Die Lameths suchten also den Hof zum entschiedenen 
Widerstände gegen die wichtigsten Beschlüsse der Legis- 
lative aufzureizen, eine Haltung, die unfehlbar einen Bürger- 

») Buchoz, XIII, 450. 

2 ) Pellenc, 2. IV. 1792 (W. A.): , les Lainoth, quoique 

mis presque a terre, font des eftbrts en tout sens pour detourner 
la guerre." 

3 ) Billet Alex. Lameths an den Grafen Lamarck, durch 
Pollenc üborsandt (W. A.): „Lc Roi a abandonnö Lessart . . . ., 
s'il sait l'histoire d'Angleterrc, il n'aurait pas du sacrifier son 
Ministre ... La faiblesse perd les hommes et principalement 
les Rois. 1 * 



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krieg heraufbeschworen hätte. Diese Eventualität scheuten 
sie nicht mehr, denn sie lebten in der Ueberzeugung, dass 
ihre Grundsätze dabei schliesslich triumphieren, dass sie auf 
diesem Wege zur Einführung des Zweikammersystems, zu 
einer gründlichen Revision der Verfassung und zur Nieder- 
werfung der Jakobiner gelangen würden. 

Allein der Hof liess sich nicht durch ihre zuversicht- 
lichen Berechnungen täuschen und zur Erprobung derselben 
verlocken. Berührten sich doch auch die Entwürfe, an 
denen man in den Tuilerien schmiedete, so gar nicht mit 
dem Systeme der Lameths. Wie hier Frieden, so bildete 
dort Krieg das Losungswort. 



in. 

Die letzten Negoziationen zwischen Wien und Paris. 

Marie Antoinettc hatte Recht, wenn sie erwartete, dass 
mit dem Wechsel in den Personen auf dem habsburgischen 
Throne auch eine Wandlung in dem politischen Verhältnis 
des Wiener Kabinetts zur französischen Revolution eintreten 
würde. Fersen bestätigte ihr, dass Franz II. mehr seinem 
Oheim Joseph als seinem verstorbenen Vater ähnele. Schon 
als Erzherzog habe er die zaudernde, unentschiedene 
Politik Leopolds getadelt. Er sei von ganzem Herzen 
Militär 1 ). 

Nach geraumer Zeit konnte der schwedische Graf seiner 
hohen Gönnerin von einem Briefe des jungen Königs von 
Ungarn melden, der seiner Charakteristik entsprach. Der 
neue Regent hatte in demselben angekündigt, dass er, 
der Unruhe, die Frankreich um sich her verbreite, satt, 
zum Handeln entschlossen sei. Er wolle dem Unfug sobald 
als möglich ein Ende machen. Im Einverständnisse mit 
dem Könige von Preusscn werde er den Armeen Marsch- 



') Fersen, II, 202. 

(Hagau, Diu fruuz. Legislative. 



IT 



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ordre erteileD. Wenn die Franzosen sofort selbst angreifen 
wollten, müsse man sie noch sechs bis acht Wochen bis zur 
Ankunft der deutschen Truppen mit Unterhandlungen hin- 
halten. Auch wenn sie den Krieg nicht erklärten, würde 
er selbst losbrechen l ). In Brüssel wollte man sogar wissen, 
dass der junge Monarch an der Spitze einer Kriegspartei, 
zu welcher der Fürst von Hohenlohe und der Baron von 
Spielmann gehörten, sich im geheimen Gegensatze zu 
Kaunitz und den Vertretern der Leopoldinischen Politik 
befinde. 

Allein schon das Einhalten des einmal eingeschlagenen 
Weges hätte den Wiener Hof unbedingt zum Bruche mit 
Frankreich führen müssen. Und wie wir aus einer schrift- 
lichen Erwägung, die der greise Staatskanzler in den ersten 
Tagen des März über die französischen Angelegenheiten an- 
stellte, ersehen können, war er fester als je entschlossen, 
an seinem Kurse festzuhalten 8 ). In keinem Falle gedachte 
er das Konzert der Mächte gegenüber der Revolution auf- 
zugeben. Er wünschte vielmehr in offensivem Sinne seine 
Betätigung. Als Vorwand sollte die Anaire der deposse- 
dierten Fürsten im Elsass, die Einverleibung Avignons, der 
beabsichtigte Bruch der Allianz mit Oesterreich dienen. In 
Wirklichkeit sollte die Vereinigung so bald als möglich auf 
die Umgestaltung der innneren Lage in Frankreich Einfluss 
gewinnen 3 ). 

Als die Folge der Aufrechterhaltung des Konzertes er- 
wartete er mit ziemlicher Gewissheit den Krieg. Nur hielt 
er es für günstiger ihn von Frankreich erklären zu lassen, 
um den Kaiser in den Augen Europas im Zustande der 
Defensive erscheinen zu lassen, alles gute Recht auf seine 



») Fersen, II, 15; vgl. II, 242, 236 f., 232 f. 
-) Vivenot, I, 403 f. Considerations du prince Kaunitz sur 
17 tat actucl di'8 atVaire* fraiivaises». Lo 3 mars 1792. 
V a. a. O. S. 403. 



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— 259 — 



Seite zu setzen und ihn dadurch zu Eroberungen als Ent- 
schädigung für die Kriegskosten zu ermächtigen. Ludwig XVI. 
sollte durch einige Modifikationen an der Verfassung zu- 
friedengestellt werden. 

„Kurz, es scheint mir an der Zeit zu sein", so schloss 
der Kanzler seine geheimen Erwägungen, „Frankreich dazu 
zu zwingen, entweder sich selbst den Garaus zu machen 
(s'executer) oder uns zu bekriegen, oder uns das Recht zu 
geben, ihm den Krieg zu erklären." 

Wie kriegslustig klingen diese Ueberlegungen Kaunit- 
zens! Mehr und mehr tritt ihm der ursprüngliche Zweck 
der Einmischung Oesterreichs in die französischen Ange- 
legenheiten, die Abwehr revolutionärer Uebergriffe vom 
deutschen Rechtsgebiete und die Sicherung dos Bourbonen- 
Thrones, in den Hintergrund. Als vornehmster Gesichts- 
punkt enthüllt sich allmählich die Neigung, in dem bevor- 
stehenden Konflikt die österreichische Macht auf Kosten der 
französischen so zu erhöhen, dass womöglich für alle Zu- 
kunft ihr Uebergewicht über Frankreich festgestellt und der 
alte Wettstreit, der seit der Reformationsepoche die beiden 
Dynastieen entzweite, schliesslich in einem günstigen Momente 
für Habsburg glücklich beendigt werde. So erhält in der 
Kaunitzschen Politik fast unmerklich der anfänglich defensive 
Grundgedanke einen offensiven Charakter. 

Man sah in Wien der Eventualität eines Krieges mit 
Frankreich nicht gerade mit Besorgnis entgegen. Wie oft 
wies der Kanzler darauf hin, dass der Gegner durch die 
inneren Wirren, die wütenden Parteikämpfe, die Finanznot 
und die mangelhafte Heeresverfassung sich in einem so 
elenden Zustande befinde, dass er nicht im Ernste auf 
glückliche Ergebnisse im Kampfe mit einer auswärtigen 
Macht, wie Oesterreich, hoffen könne. In dieser Ansicht 
bestärkte ihn ein Brief des Grafen Lamarck, den ihm Mercy 
eben in dieser Zeit sendete. Der Verfasser entwarf hier 
eine für die Absichten des Wiener Hofes verlockende 

17' 



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— 260 — 



Schilderung der inneren Lago in Frankreich. Unruhe und 
Kopflosigkeit herrsche in den leitenden Kreisen; die Zerrüttung 
des Staatshaushalts sei unheilbar; die Assignaten hätten 
schon weit über die Hälfte von ihrem Nennwert verloren; 
sie sänken von Tag zu Tag; auch die Steuern kämen nur 
unregolmässig und unvollständig ein, kurz der Staatsbankrott 
stehe unmittelbar bevor. Die Armee befinde sich in einem 
geradezu Mitleid erregenden Zustande, wie er schlimmer 
nicht gedacht werden könne. Frankreich sei eben ein ohn- 
mächtiges, zum Widerstand unfähiges Land, dem irgend ein 
Erfolg im Kriege unmöglich sei 1 ). 

Wie natürlich mussten so geartete Nachrichten die leiten- 
den Staatsmänner in Oesterreich, vor allen eben den Fürsten 
Kaunitz, mit der schmeichlerischen Hoffnung erfüllen, dass 
es sich bei dem Kampfe gegen die Revolution nur um eine 
kurze mühelose Campagne handeln werde. Da trat wohl 
auch die Besorgnis vor Katharinas Machinationen im Osten 
vorläufig zurück. Man glaubte nur woniger Monate zu be- 
dürfen, um die französische Sache zum Austrag zu bringen. 

Indem Kaunitz energisch auf weise Mässigung der 
Forderungen des Konzertes bestand, dachte er dadurch, wie 
schou berührt, von vorneherein einen grossen Teil der 
französischen Nation auf die Seite der Mächte zu ziehen, 
oder zum wenigsten zu neutralisieren. Nur mit einem Bruch- 
teil der Franzosen, mit den Jakobinern, werde man zu 
kämpfen haben. Die Partei der Lameths würde in den 
fremden Armeen eine willkommene Hille gegen ihre Tod- 
feinde, die Radikalen, erblicken. Ihr massvolles Programm 
sollte dem europäischen Vereine bei der Festigung der 
monarchischen Gewalt und der Modifikation der Verfassung 
zur Richtschnur dienen. Gründlich täuschte sich der Staats- 



!) Lamarck an Merey, 23. II. 179*2 (W. A.). Der Graf schliesst 
mit den Worten: . . entin folio, diseord»*, terreur, iinpuissance, 
tel est le tal>leau iidele de la France. 



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kanzler, wie wir schon wiederholt erwähnten, Uber die 
eigentliche Stärke dieser Partei »)• Er ahnte nicht, wie 
ohnmächtig sie ihren Gegnern gegenüberstand, wie sich 
Mann für Mann aus ihren Reihen geschlichen hatte. Von 
der bedeutsamen Spaltung der Gemässigten, von der Ab- 
zweigung und dem Anwachsen einer nationalgesinntcn Gruppe 
derselben unter Lafayettes Führung wusste man in Wien 
nichts. 

Von der furchtbaren Niederlage, welcher das Trium- 
virat am 10. März erlegen war, hatte der Staatskanzler 
Uberhaupt noch keine Kenntnis, als er am 18. die letzte 
französische Note beantwortete 2 ). Wir erinnern uns, dass 
Delessart ausdrücklich die Aufhebung des Konzertes ge- 
fordert und die Herabminderung der Truppen auf französi- 
scher wie österreichischer Seite auf die übliche Friedensstärke 
in Vorschlag gebracht hatte. 

Kaunitz lehnte beide Forderungen rundweg ab. An die 
Weigerung knüpfte er wiederum einen zornigen Ausfall gegen 
die Jakobiner. Er nannte sie eine blutdürstige, rasende 
Faktion, die durch ihre Umtriebe die Freiheit des Königs 
und den Bestand der Monarchie gefährde, durch ihre 
Wühlereien die Herstellung einer Verfassung und regel- 
rechten Regierung verhindere, die sich nicht scheue, die 
feierlichsten Staatsverträge zu brechen und durch das 
Völkerrecht geheiligte Bräuche zu verletzen. Mit Emphase 
wendet sich der Staatskanzler an die von ihnen geknechtete 
Mehrheit der Nation. Kr spricht die zuversichtliche HofT- 

») Lafayette, III, S. 302. Anra. In der That schlug Mcrcy 
noch Anfang März den politischen Einfluss des Triumvirates 
sehr hoch an. Vgl. s. Depesche an Kaunitz vom 7. III. (W. A.) 
„D'autres avis, qui me vionnent d'assez hon Heu, annoncent 
qu'un parti fort nombreux de gens plus raisonnablcs (die 
Lamoths sind gemeint) fait des efforts prodigieux pour preparor 
les esprits h la paix." 

2 ) Vivenot, I, 425 f. 



— 202 - 

nung aus, dass eben dieser wohlgesinnte und vornehmste 
Teil der französischen Bevölkerung in dem europäischen 
Verein eine tröstliche Stütze begrtissen werde. 

In Paris machte das Oftice einen sehr üblen Eindruck: 
man bemerkte sofort, dass es noch schärfer als die Noten 
des verstorbenen Kaisers gehalten war 1 ). Es verstimmte 
allgemein, dass der Wiener Hof in seinen Angriffen auf die 
Jakobiner fortfuhr, auch wo diese das Ministerium innc 
hatten. Denn dass der Kaiser von dem Sturze der alten 
Regierung noch keine Nachricht hatte, brachte man nicht 
in Anschlag. Man wusste es nicht. Ein Zeitgenosse be- 
merkt, dass der Hass, welchen der Wiener Hof den 
Jakobinern widmete, weit entfernt ihnen zu schaden, die 
Zahl ihrer Anhänger mehrte und die ihrer Gegner ver- 
minderte 2 ). Auch der Appell an den „wohlgesinnten Teil 
der Nation" verfehlte seinen Zweck. Dumouriez sorgte 
gleich bei der Verlesung der Wiener Note in der Legislative 
dafür. Unter dem Beifall des Hauses bemerkte er bei jener 
Stelle scherzend, sie gehe wohl nur die Aristokraten etwas 
an; denn wie könnte man glauben, dass ein Franzose den 
Vaterlandsfeind unterstützen werde 8 ). 

Die Nationalversammlung ging über das Office zur 
Tagesordnung über; sie wollte abwarten, was der Wioner 
Hof auf Dumouriez' Requisitionen antworten werde. Denn 
da durch das Anklagedekret die ministerielle Thätigkeit De- 
lessarts annulliert wurde, so betraf dieses Anathem auch die 
letzte Wiener Depesche. 

Dumouriez hatte in zwei Schreiben vom 19. und 27. 
März den französischen Botschafter in Wien, den Grafen 



l ) Pellenc, 31. III. 1702. (W. A.) „La roponsr de Mr. le 
Prince de Kaunitz a paru cette fois plus forte quo lea officea 
du feu Empereur." 

3 ) Lescure, II, 588. 

3 ) A. p. 40./060. 



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Noailles, aufgefordert, dem dortigen Hofe folgendes Ulti- 
matum zu stellen. Wenn der König von Ungarn nicht bis 
spätestens zum 15. April auf die Beteiligung an dem Verein 
der europäischen Mächte Verzicht leiste, so sehe sich 
Ludwig XVI. genötigt, im Namen der Nation ihm den Krieg 
zu erklären 1 ). Im Vergleich mit dem milden, kläglichen 
Tone, den sein Vorgänger angeschlagen hatte, erschienen 
Dumouriez 1 Noten knapp, scharf, selbstbowusst. So trafen 
die Gegensätze jetzt unversöhnlich auf einander. 

Der neue Minister des Auswärtigen wünschte den Bruch 
mit Oesterreich möglichst zu beschleunigen. Er war mit 
Brissot die Seele der Kriegspartei, die am 10. März die 
Oberhand erhalten hatte. „Unsere gegenwärtige Krisis", 
schreibt er einem Gesinnungsgenossen, dem Herzog von 
Biron, „kann nicht länger andauern. Ich habe den Unter- 
handlungen eine durchaus entscheidende Wondung gegeben, 
die uns aus aller Verlegenheit reissen soll 9 )." In einem an- 
deren Schreiben mahnt er den Freund, der General in der 
Nordarmee ist, für den Waffengang, der unvermeidlich 
scheine, ja gerüstet zu sein. Denn der Fürst Kaunitz werde 
ja eben so unverschämt wie bisher, den Aufforderungen, 
das Konzert fallen zu lassen, begegnen 3 ). 

Dumouriez suchte sich ausserordentlicher Mittel zu be- 
dienen, um die Kriegslust der Nation zu steigern. Biron 
sollte 50 bis 100 Deserteure der österreichischen Armee 
einfangen und sie in Uniformen von Klub zu Klub durch 
das Land nach Paris dirigieren, wo sie im Triumphzuge 
durch die Hauptstadt als die ersten Proselyten der 

») A. p. 41, 605 ff. 
») Pallnin, S. 171. 

*) a. a. 0. S. 179 f.; vgl. a. S. 181. Talleyrand an Biron: 
„On attend la reponse du cabinet de Vienne et la prevoit. Vnus 
savez que Dumouriez a totijoura ete ä l'idee d'attarpior, il y est 
plus que jamais. Tout ce qui nous tourmente daus l'interieu! 
l'y porte." Vgl. Dumont, S. 411 ff. 



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■ 



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Prinzipien der Freiheit und Gleichheit aufgeführt werden 
sollten 1 ). 

Der Minister nennt sich selbst einmal einen Anhänger 
des Systems Favier. Ein geschworener Feind Oesterreichs, 
wollte er es in dem kommenden Kampfe völlig isolieren. 
Wie seine politischen Freunde, gab er zunächst die Hoffnung 
nicht auf, den König von Preussen zum mindesten zu einer 
neutralen Haltung zu vermögen 2 ). Er sorgte dafür, dass 
man die zustimmenden Noten, die der preussische Hof zur 
Unterstützung der Haltung des Wiener Kabinetts überreichen 
Hess, ignorierte. Nur an Franz II. sollte der Krieg er- 
klärt werden. 

Als Kaunitz endlich von der Katastrophe des Feuillant- 
Ministeriums und dem gewaltigen Aufschwünge der Jakobiner 
unterrichtet wurde, schrieb er Mercy, dass durch diese 
Wendung in den französischen Ereignissen „die Realisierung 
des Konzertes unumgänglich erheischet" werde 3 ), eine 
Stimmung, die sich dem französischen Botschafter sofort 
mitteilte, als er die Noten seines Ministeriums dem 
Staatskanzler überreichte. Lakonisch antwortete dieser, 
dass die neuerlichen Anfragen Frankreichs schon durch das 
letzte Office vom 18. März erschöpfend beantwortet seien, 
man habe dem nichts hinzuzufügen 4 ). Das bedeutete eine 
bündige Ablehnung der Forderungen, welche Dumouricz in 
seinem Ultimatum gestellt hatte; der Anlass zur Kriegs- 
erklärung gegen Oesterreich war also für das französische 
Ministerium damit gegeben. 



') a. a. 0. S. 198 f. vgl. 201. 

2 ) a. a. 0. S. 214: Dumouriez an Biron: „Voub jugoz, mon 
ami, quo r'ftst notro rhere alliee rAutrichfi touto seule que nous 
deelarons notre ennemie; ayant soin do la aeparor des autres 
puisaaneos <jui forment ce qu'on appelle lc concert." 

') Vivenot, I, 428. 28. IH. 1792. 

') a. a. 0. I, 434 f. 7. IV. 1792. 



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— 2f>5 — 



IV 

Die Sitzung der Legislative am 20. April. 

Die Verfassung setzte fest, dass eine Kriegserklärung 
nur aus dem Zusammenwirken der ausübenden und der 
gesetzgebenden Gewalten hervorgehen sollte. Und zwarhatte in 
diesem Falle der König die Initiative, d. h. er hatte das 
Recht der Nationalversammlung den Krieg vorzuschlagen; 
diese hatte sich darüber schlüssig zu machen. 

Am 20. April erschien Ludwig XVI. in der Legislative 
in Begleitung seine > Ministeriums, von den Abgeordneten 
mit tiefem Stillschweigen empfangen. 

Zunächst forderte er den Minister der auswärtigen An- 
gelegenheiten auf, auch der Volksvertretung den Bericht, 
welchen er im Conseil über die diplomatische Lage Frank- 
reichs erstattet habe, vorzutragen. 

Dumouriez gab eine übersichtliche Zusammenfassung 
über die Beschwerden, die Frankreich über das Betragen 
des Hauses Habsburg zu führen hatte. Er hub mit einer 
scharfen Verurteilung des Allianz Vertrages vom Mai 1756 
an, dessen nachteilige Folgen Frankreich zu einer sub- 
alternen Rolle im europäischen Staatenkonzert verurteilt 
hätten. Länger verweilte der Minister bei der Wiener 
Februarnote, die er als eine wahrhafte Kriegserklärung be- 
zeichnet. Es ist bemerkenswert, dass er der erste ist, welcher 
hervorhebt, dass der Angriff, den hier der österreichische 
Kanzler gegen die Jakobiner schleudert, in Wirklichkeit der 
Legislative und damit der Nation in ihrer Gesamtheit gelte. 
Denn nicht die Klubs, sondern die Nationalversammlung 
habe kategorische Erklärungen vom Kaiser gefordert, habo 
die Rüstungen in Frankreich betreiben lassen. Dumouriez 
sieht in diesem Angriff auf die Jakobiner die perfide Ab- 
sicht des Wiener Kabinotts, die französischen Zustände so 
darzustellen, als sei das Land eine Beute wilder Faktionen 
geworden, die es unmöglich machten, überhaupt mit ihm in 
Unterhandlung zu treten. 



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— 2ßfi — 



Schliesslich unterzieht der Minister das Office des 
jungen Königs vom 18. März, das der Wiener Hof als 
Ultimatum gekennzeichnet hatte, einer eingehenden Kritik. 
Gleich die einleitenden Worte enthielten eine Beleidigung. 
Kaunitz spreche nur von der französischen Regierung, die 
Aufklärungen gefordert hahe. Des Königs von Frankreich, 
in dessen Namen doch die Negoziationen geführt würden, 
geschehe gar nicht Erwähnung. Der Staatskanzler trenne 
also absichtlich, entgegen dem diplomatischen Brauch, die 
Person des Königs von der Nation, um glauben zu machen, 
dass er nicht frei sei. Ferner verweist Dumouriez auf 
jenen Appell an die sogenannte wohlgesinnte Mehrheit der 
Nation, durch welchen Kaunitz die Bürger gegen die Bürger 
in Waffen rufen wolle. So suche der achtzigjährige Minister 
aus kraftloser Hand die Fackel des Bürgerkrieges in die 
Mitte der französischen Nation zu schleudern. Auch der 
neue Regent wolle nicht der Ligue der europäischen Fürsten 
gegen Frankreich entsagen. Auch er wolle wie sein Vater 
die Konstitution ihrem Urteile, ihrer Revision unterwerfen. 
Das schliesse einen Angriff auf die Souveränität des franzö- 
sischen Volkes in sich, und diesem müsse Ludwig begegnen, 
indem er der Nationalversammlung die Kriegserklärung 
vorschlage. 

Nach diesem Vortrage erhob sich Ludwig XVI. Mit 
angenommener Gleichgültigkeit, doch mit etwas vibrierender 
Stimme teilte er der Legislative mit, dass der Ministerrat 
einmütig dem Antrage Dumouriez' zugestimmt habe. Auch 
er sei ihm beigetreten. Nachdem es seinen eifrigen Be- 
mühungen nicht geglückt sei, den Frieden zu erhalten, sehe 
er sich genötigt, dem Hause die Kriegserklärung gegen den 
König von Böhmen und Ungarn vorzuschlagen. 

Ludwig verliess darauf unter dem Beifall der Depu- 
tierten das Haus, und dieses vertagte die Beratung über 
den Antrag der Exekutive auf fünf Stunden. 

Es war nicht eine Erörterung von grossartigem Charakter, 



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- 2f>7 — 



die sich in der Abendsitzung des 20. April Uber den Vor- 
schlag des Königs erhob, die etwa wie ein voller Schluss- 
akkord das Thema beschloss, welches alle Gemüter über 
ein halbes Jahr mit regster Teilnahme erfüllt hatte. Die 
Stimraführer, wie Vergniaud, Guadet, Brissot, Isnard, Gen- 
sonnß und andere, die in den Januardebatten mit solcher 
Beredsamkeit das Wort geführt hatten, schwiegen sich aus: 
sie genossen in Ruhe ihren Triumph. Allgemein schien 
man abgespannt und des langen Haders müde. War es doch 
nicht mehr zweifelhaft, auf welche Seite die Würfel der Ent- 
scheidung fallen würden. 

Wie gewaltig durchgreifend aber die Krisis war, welche 
im Laufe der Zeit in der allgemeinen Anschauung der 
Kriegsfrage eingetreten war, das lehrte die durchaus ver- 
änderte Haltung so massvoller Männer, wie Daverhoult und 
Aubert-Dubayet. An ihrer redlichen Friedensliebe konnte 
man keinen Zweifel liegen. Noch im Anfang März, auch 
nach dem Eintreffen der Februarnote, hatten sie mit einer 
gewissen Leidenschaftlichkeit einer gewaltsamen Lösung der 
auswärtigen Verwickelung widerstrebt. Aber schon im 
Januar hatten sie betont, nur unter der Bedingung den dem 
Vaterlande so heilbringenden Frieden aufrecht erhalten zu 
können, dass der Kaiser auf jede Antastung der nationalen 
Selbständigkeit Verzicht leiste. Da er aber allen An- 
mahnungen zum Trotz den Verein der Mächte nicht auf- 
lösen wollte, so erklärten sie nunmehr laut, dass damit der 
Krieg unvermeidlich gegeben sei 1 ). Auch Lafayettes Freund 
Pastoret, eines der vornehmsten Glieder des Centrums, der 
bisher vorsichtig mit seiner Meinung an sich gehalten hatte, 
stiess jetzt kräftig in das Kriegshorn 2 ). 

Die verschwindend kleine Minorität, die noch trotzdem 
zum Friedenssystem der Lameths hielt — selbst Vaublane. 



i) A. p. 42, S. 201, 207 f. 
-') A. p. 42, S. 203. 



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— 2G8 — 

Koch und Bcuguot waren von dem^TriumvirateT still- 
schweigend abgefallen — machte vergebliche Anstrengungen, 
die Kriegserklärung zu hintertreiben' Die übrigen Kollegen 
waren unhöflich genug, ihnen kaum das Wort zu gönnen. 
Zu wiederholten Malen sahen sie sich genötigt an die parla- 
mentarische Redefreiheit zu appellieren. Aber angehört wurde 
der brave Anwalt Becquet kaum, als er mit breitem Phlegma 
noch einmal .auf die Gefahren hinwies, denen sich Frank- 
reich nach den Erschütterungen einer grossen Revolution 
bei einer Kriegsunternehmung aussetzen würde. Man war 
zu tief durchdrungen von der Ueberzeugung, dass man 
die Früchte der Staatsumwälzung erst nach einem er- 
bitterten Kampfe mit den Feinden der neuen Ordnung ge- 
messen werde. 

Auch Bazire, das Haupt der Montagnards in der Legis- 
lative, machte einen verschämten Versuch, den Triumph der 
Kriegspartei, wenn nicht zu verhindern, so doch wenigstens 
aufzuhalten. Er wandte sich gegen die leichtfertige Eile, 
mit der man über die Kriegserklärung sich entscheiden 
wollte. Er forderte, dass man drei Tage lang die Frage 
reillich nach allen Seiten hin erörtere. Wenn man schon 
den Krieg unternehmen wolle, so müsse man es so ein- 
richten, dass er nicht von Verrat begleitet sei. Kaum hatte 
er diese Anspielung auf die Bedenken, die er mit seinen 
Parteigängern gegen die Lauterkeit der kommandierenden 
Generale, vor ailcn gegen Lafayette hegte, ausgesprochen, 
da erhob sich lautes Murren im Hause. Nur zwei Depu- 
tierte, wie das Protokoll ausdrücklich bemerkt, und der Pöbel 
auf den Tribünen wagten zu klatschen 1 ). 

Das war der einzige Anlass, den Robespierres kleine 
Anhängerschar in der Legislative ergriff, um ihre Anschau- 
ungen auch hier zur Geltung zu bringen. Er missglückte 
vollständig. 

«) A. p. 42, 207. 



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Als man endlich zur Abstimmung über die Kriegser- 
klärung schritt, gaben auch sie ein bejahendes Votum ab. 
Nur sieben Anhänger des Triumvirates erhoben sich da- 
gegen, an ihrer Spitze Theodor Lameth und Mathieu Dumas 1 ). 

Fast einmütig wurde also von der Legislative der Krieg 
an Oesterreich erklärt. 



V. 

Das Problem des Ursprungs der Revolutionskriege. 

Blicken wir zurück! Der Fluchtversuch Ludwig XVI. 
bedeutete einen Appell an die Hilfe des Auslandes gegen 
die eigenen Unterthanen. Als der König aufgehalten und 
suspendiert wurde, glaubte Leopold II. dem bedrängten 
Verwandten seinen Beistand schuldig zu sein und inter- 
venierte zu seinen Gunsten durch die Erklärungen von 
Padua und Pillnitz. Es war das nur ein schwacher Ver- 
such des Kaisers, auf die Revolution Einfluss zu gewinnen, 
aber doch höchst verhängnisvoll in seinen Folgen, insofern 
er ihn zu dem Irrtum verleitete, dass hauptsächlich seinem 
Eingreifen die Herstellung der Ordnung in Frankreich wie 
die Erhaltung der bourbonischen Monarchie zu danken sei, 
einem Irrtum, der in der Zukunft von entscheidender 
Wirkung sein sollte. Glaubte man doch in Wien auch in 
der Folge durch drohendo Demonstrationen leicht auf die 
Gestaltung der französischen Verhältnisse einwirken zu 
können. 

Und als sich im Herbste die Dinge in Frankreich unter 
den Auspizien der jungen Legislative bedenklich anzulassen 
schienen, griff das Wiener Kabinett wiederum zu dem be- 
währten Schreckmittel des europäischen Vereins; die Sache 
der geistlichen Kurfürsten diente als Vorwand, um die 
französische Nation abermals mit der Einmischung des 



') a. a. O. S. 210. 



— 270 - 



Auslandes zu bedrohen. Damit hoffte Kaunitz die Radi- 
kalen einzuschüchtern, dem Königspaar und den Gemässigten 
Raum zu schaffen. Aber auf welchen Widerstand stiess er 
diesmal! Seine Dezembernote, der energischen Paduaner 
Erklärung so ähnlich, gab nunmehr den Antipathieen gegen 
das Haus Habsburg, sowie dem beleidigten Nationalgefühl, 
einen mächtigen Aufschwung. 

Noch wäre der Bruch zu vermeiden gewesen, wenn 
sich das Wiener Kabinett zum Verzicht auf das Konzert 
hätte verstehen wollen. Da wirkte es auf die Fortent Wickelung 
der schwebenden Differenzen höchst bedeutsam, dass sich 
an den Kaiser eine Partei herandrängte, die sich dem Em- 
pfinden der französischen Nation allmählich entfremdet und 
mit der in ihr herrschenden Strömung nicht die geringste 
Fühlung hatte. Die Feuillants hatten die Staatsverwaltung 
in ihren Händen und machten sie naturgemäss zum Werk- 
zeug ihrer einseitigen politischen Bestrebungen. In dem 
Konzerte erblickten sie eine Stütze für ihre reaktionären 
Bestrebungen; sie bestärkten daher den österreichischen 
Kanzler in seinem Entschlüsse au dem einmal ergriffenen 
System festzuhalten. Da ihre Wünsche sich begegneten, 
verbanden sich beide, Kaunitz und die Lameths, gegen 
ihren gemeinsamen Gegner, die Legislative. Der Fürst 
fasste dabei die Eventualität des Krieges schon fest ins 
Auge, in der Erwartung, in den Feuillants eine starke 
französische Partei auf seine Seite gezogen zu haben. Ganz 
in ihrem Sinne fasste er das entscheidende Februaroffice 
ab. Alle Massnahmen, die die Nationalversammlung in der 
auswärtigen Frage ergriffen hatte, wurden hier, als im 
Widerspruch mit der Mehrheit des französischen Volkes 
vorgenommen, auf das schärfste verurteilt: dieser Mehrheit 
stellte man den Verein der Mächte als Zuflucht gegen die 
zügellose jakobinische Minorität in Aussicht, Eben gegen 
die eigenen Repräsentanten stachelte man die Nation auf; 



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— 271 — 

unter dem Beistande des Auslandes sollte sie sich gegen 
dieselben wenden. 

Durch diesen wuchtigen Streich hoffte Kaunitz den 
Gegner zu fällen. Es kam anders ! Am 10. März erlag das 
Feuillant-Ministerium den Angriffen der Legislative; die 
Regierung fiel der Kriegspartei zu; einmütig erklärte sich 
die Nation gegen die fremde Einmischung und die reaktionären 
Bestrebungen. 

Bei dieser Betrachtungsweise des Konfliktes zwischen 
Oesterreich und Frankreich erscheint jenes ohne Zweifel 
als Urheber des Krieges. Führte es doch mit der Androhung 
des Konzertes der Mächte in der Dezembernote — von 
der Paduaner Erklärung sehen wir ab — den ersten her- 
ausfordernden Schlag. In einer Aera der Interventionen 
— ich erinnere an die erste polnische Teilung, an das Ein- 
greifen Prcussens in die holländischen Angelegenheiten — 
wandte sich ein stolzes, seines inneren Wertes sich be- 
wusstes Volk mit Energie gegen ein fremdes Kabinett, das 
sich auf die Gestaltung der heimischen Verhältnisse einen 
unrechtmässigen Einfluss zu verschaffen suchte, gegenüber 
der Absicht, seine Verfassung den Entscheidungen eines 
europäischen Tribunals zu unterwerfen, nahm es das Recht 
freier Selbstbestimmung mit Eifer in Anspruch. 

Aber in der Frage nach dem l'rsprung der Revolutions- 
kriege muss man scharf zwischen der blossen Veranlassung 
und dem eigentlichen Grunde unterscheiden; jene haben 
wir zwar gefunden, diesen dagegen nur flüchtig gestreift. 
Wir müssen tiefer zu dringen suchen und dabei einen 
anderen Standpunkt wählen, der unseren Gesichtskreis er- 
weitert. 

Jener Konflikt, der sich zwischen Frankreich und dem 
Hause Habsburg über die Interventionsfrage erhob, hängt 
seinem innersten Wesen nach von dem in verborgener Tiefe 
wirkenden prinzipiellen Gegensatz ab, der sich seit 1789 
zwischen der Revolution und Europa herausgebildet hatte. 



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- 272 - 



Wie lebhaft dieser Gegensatz mitunter beiden Teilen zum 
Bewusstsein kam, darauf haben wir schon hingewiesen. 
Brissot war es, der ihn in seiner merkwürdigen Rede am 
10. März zu der Frage der auswärtigen Einmischung un- 
mittelbar in Beziehung brachte. Mit schneidender Dialektik 
stellte er dem Völkerrechte, auf das sich Kaunitz bei der 
Berufung des Konzertes stützte, die Menschenrechte gegen- 
über. Jenes, meinte er, verletze alle Grundsätze der 
Freiheit. Habe doch jedes Volk das Recht, da alle politische 
Gewalt sich von ihm herleite, sich, welche Verfassung es 
immer wolle, zu geben, sei sie republikanisch oder monarchisch. 
Gegen das Recht der Despoten, auf das sich, wie Brissot 
spottete, der Fürst berufe, spielte er die Volkssouveränität 
aus. Wenn auch seltener, so kam doch auch dem Wiener 
Kabinett die Gefahr, welche die Doktrinen der Revolution 
für die absolutistischen Institutionen Europas in sich bargen, 
zum Bewusstsein, insbesondere dem Grafen Mercy, der in 
den Niederlanden die Wirksamkeit der revolutionären Pro- 
paganda aus der Xähe beobachten konnte. Es sei zu be- 
fürchten, schrieb er einmal an Kaunitz, dass die Menschen- 
rechte für alle Völker ein gemeinschaftliches Evangelium 
würden. Seien sie doch geeignet, wie ein religiöser Fana- 
tismus die niederen Bevölkerungsschichten zu begeistern, 
indem sie den Armen das Erdreich, wie einst das Christen- 
tum den Himmel verhiessen. Man dürfe sich nicht mit der 
Hoffnung schmeicheln, die Gemüter, die von solchen 
Narreteien wie von einem Wahnsinn besessen seien, durch 
blosse Redensarten davon abzubringen; nein, das einzige 
Heilmittel liege in der gewaltsamen Erstickung dieser 
Regungen. 

Dem Staatskanzler erschienen die Ausführungen des 
Gesandten so bedeutsam, dass er sie Wort für Wort in 
seine grosse Staatsschrift vom Januar aufnahm, in der er 
den Kaiser zur ernstlichen Vorbereitung des Konzertes auf- 
forderte. Auch nahinen wir wahr, wie in derselben Zeit 



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- 273 - 



ein eigentümlicher Zufall, wenn wir es Uberhaupt so be- 
zeichnen dürfen, den Antagonismus, der in der Anschauungs- 
weise beider Gegner lebte, genau an demselben Tage auf 
beiden Seiten zur Evidenz brachte. Am 25. Januar forderte die 
Legislative von Ludwig XVI., dem Kaiser zu erklären, 
dass^der König der Franzosen mit keiner Macht anders als 
im Namen und Auftrag der Nation Bündnisse abschliessen 
dürfe; fast zur selben Stunde bezeichnete Kaunitz als ge- 
meinsames Interesse aller Souveräne, einen solchen Grund- 
satz, wie ihn die Nationalversammlung eben aufstellte, 
keinesfalls zu dulden. 

So atmen beide Gegner gleichsam in verschiedenen 
geistigen Atmosphären. Noch manches Beispiel könnten 
wir hier zum Belege anführen. Wir unterlassen es, um uns 
zu einem zweiten grossen Gegensatz zu wenden, der sich 
mit dem ersten, dem ideellen, auf das innigste verwebt: ich 
meine die nationalen Antipathieen , die beide Staaten schon 
seit Jahrhunderten gegeneinander nährten; nachdem sie 
nahezu vier Jahrzehnte geschlummert hatten, lebten sie auf 
beiden Seiten in ungeschwächter Stärke wieder auf. 

Ranke sagt einmal, dass bei den grossen Staaten die 
grossen Gesichtspunkte immer dieselben bleiben, dass sich 
die vornehmsten Strebungen in Beziehung auf die Macht- 
stellung des Staates immer fortsetzen. Eben diese Tendenz 
der Erhaltung der moralischen Energie drängte auch Frank- 
reich und Oesterreich am Ende des vorigen Jahrhunderts in 
den Krieg; bei jenem waltete als Ideal die Erwerbung der 
Machtstellung Ludwigs XIV. vor, in diesem das Streben in 
einem günstigen Moment die Hegemonie Habsburgs auf dem 
Kontinent für alle Zeit festzustellen. 

Mit dem nationalen Widerstreit verschmilzt und danach 
modifiziert sich jener grosse Gegensatz, der durch die Ideen 
der Revolution zwischen Europa und Frankreich hinein- 
getragen ward; er kommt nicht rein zum Ausdruck: viel- 

Olngau, Oie frunz. L.'gislfi H ve. 1* 



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- 274 - 



mehr vorsetzen und durchdringen sich die allgemeinen Ge- 
sichtspunkte mit den nationalen Impulsen. 

Um auf die Ursprungsfrage zurückzukommen: in dem 
Amalgam dieser beiden gewaltigen Gegensätze, des nationalen 
und des ideellen, ist der Ursprung der Revolutionskriege 
beschlossen. Unter dem Drucke solcher Weltkräfte wurde 
Europa in einen viertelhundertjährigen Kampf geschleudert 

Wer von den beiden Gegnern den ersten Streich 
führte, erscheint unter so bewandten Umständen als ein 
Moment von nur sekundärer Bedeutung. Es waren ja ohne- 
hin zwei Offensiven, die schliesslich mit innerer Notwendig- 
keit aufeinanderprallen mussten. 

Seiner Zeit haben wir ausführlich darauf hingewiesen, 
welche Fülle von Brennstoffen in Frankreich aufgespeichert 
lag, als der zündende Funke, die Dezembernote, hineinfuhr, 
wie eben alles, die chaotische Wirrnis im Innern, die pro- 
pagandistischen Neigungen, die wirtschaftliche Depression 
den Krieg einer mächtigen Partei als eine Wohlthat, als 
letzte Rettung erscheinen Hessen; Tendenzen, die damals in 
der Legislative allerdings noch in der Minorität waren. 
Wären sie es aber unter dem Drangsal der wachsenden 
inneren Gährung wohl lange geblieben? Doch kaum; jeden- 
falls fuhren sie wie die Stürme des Aiolos mit einer Art 
diabolischer Freude aus ihrem Gefängnis hervor, als dio 
unvorsichtige Hand des österreichischen Kanzlers ein wenig 
die Oeffnung desselben lüpfte. 

Ziehen wir die Summe unserer Betrachtungen, so müssen 
wir sagen: durch dio Drohung mit dem europäischen Verein, 
wie durch seine Einschüchterungspolitik überhaupt, ent- 
fesselte Kaunitz die nationalen Leidenschaften in Frank- 
reich, die er gerade dadurch niederhalten wollte. Er be- 
ging damit einen schweren Irrtum, der dem Gegner einen 
triftigen Anlass zur Kriegserklärung bot. Doch der Ur- 
grund der Revolutionskriege ist mit diesem Anlasse nicht 
schlechthin identisch. Vielmehr liegt sein eigentlicher Ur- 



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2k> — 



sprungsquell jenseits von menschlicher Schuld und mensch- 
lichem Irrtum. Denn sehen wir auch von dem besonderen 
nationalen Gegensätze ab, so entsprangen die Revolutions- 
kriege im letzten Grunde aus den Prinzipien von 1789, 
deren revolutionärer Charakter mit den historischen Ge- 
staltungen des europäischen Kontinentes bald in Widerspruch 
geriet. Notwendig mussten sie sich im Kampfe mit den 
alten Institutionen erst das Heimatsrecht erwerben. Wir 
wissen: sie erwarben es. Unter den gewaltsamsten Er- 
schütterungen bildete die neue politische Theorie mit der 
Zeit fast den ganzen Verfassungszustand Europas um, wie 
ein kräftiger Sauerteig überall hindringend, doch auch dem 
Bestehenden sich assimilierend und anbequemend. Noch heute 
ist ihre Wirksamkeit nicht abgeschlossen. Wie einst das 
Christentum, wie die reformatorischen Ideen, — denn nur 
solchen religiösen Strömungen, so hohen weltgeschichtlichen 
Notwendigkeiten kann man ihre Lebenskraft vergleichen — 
führte sie im Abendlande eine neue Epoche herauf. 



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ANHANG. 

Politische Korrespondenzen 
aus dem Jahre 1792. 



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ANHANG. 

Politische Korrespondenzen 
aus dem Jahre 1792. 



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I 



ANHANG. 

Politische Korrespondenzen 
aus dem Jahre 1792. 



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I. 

Mercy an Kaunitz, Brüssel, d. 7. Januar 1792. 

„L'effervescence (in Paris) a ete si violentc dans son 

principe qu'eile nc pouvait etre eonstante au meme dögre; aussi 
comroence-t-on ä observei qne les moyeus de remuer le peuplc 
n'agissant plus aussi rapidement que par le passe, il semblc quo 
la c lasse des spectateurs et des indifferents angroente chaque 
joor; que la portion insurgente de la uation, qui etait le princi- 
pal Instrument des factieux, diminue daus la meine proportion 
et qu'ainsi les insnrrections sont moins freqncntes. 

Pour donner ä cette idee le juste degre de verite qu'eile 
merite par son importancc, il fant ajouter qu'il y a quelques 
points sur lesquels la masge entiere de la nation ponrrait encore 
so rennir et n'avoir qn'uii seul vau; tels sont: 1) la conduite 
ä tenir dans le cas d'une Taute grave de la cour, comme serait 
par exemple un nouveau projet de fuite du roi; 2) les efforts a 
tenter pour repousser une contre-revolution; 3) leB moyens a 
employer contre une attaque que les emigrants fran^ais 
voudraient risquer. Sur tous ces points, mais bien plus parti 
culierement sur le dernier, la nation serait probablement presque 
d'accord; on pourrait merae se servir de la reiiiiion que pro- 
duirait Tun de ces trois cvcnements, soit pour faire cesser la 
division des partis, soit pour tirer de son indifference cette 
grande masse d'individus, qui jusqu' a present observe une cspeee 
de ueutralite, et qnand la volonte de la nation serait ainsi un- 
anirae dans les meines v(eux et dans les meines efforts, comme 
eile l'a ete deux ou trois fois durant l'espace d'une annce, des 



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- 280 — 



hommes habiles pourraient lui donner une impulsiou nouvelle 
poar des objets qu'il est impossiblc dans lc moment de prevoir; 
il suit de 1ä que ce serait mal euten die l'art d'attaquer le 
Systeme francais, si, au Heu de profiter des diviaions de cette 
nation sur certains points, on l'attaquait sur des objets, qui la 
determineraient ä se reunir, et on pourrait dire que cette 
methode d'attaque ferait toute la force de la defense. 

Or voici en quoi semble consiater le probleme. II est bien 
diffic.ile, sinon impossiblc de vaincre une nation de 24 millions 
d'homroes d'aecord sur un objet, puisque, raSme apres des 
victoires, le conquerant ne serait guere plua avance; raaia il est 
tres facile de vaincre un petit parti dans une nation, si on 
profite d'un autre parti pour le combattre, et si on neutral iae 
la maBse de cette meme nation par son defaut d'interet. 

Pour rendre ceci plus sensible, j'en ferai l'appücation ä la 
conduite des emigres, qui seront toujoura des ennemis peu 
dangereux par la haine que la nation leur porte; car toutes les 
declarations publique» qu'ils ont faites annoncent qu'üs n'ont 
eu d'autre but qu'une contre-revolution. La nation fran^aise ne 
composera jamais sur ce point, et les emigrea tiendraient 
aujourd'hui un autre langage qu'on ne les en croirait pas; en 
second Heu, ces emigrea ne sont composes que de nobles, 
d'eccleaiastiqucs, de parlementaires, d'anciens courtisans, d'an- 
eiens privilegics, c'est-a-dire d'une classe de citoyens, dont 
l'interet personnel est oppose a l'interet general, qui par cela 
meme ne penvent inspirer aueune confiance, et auxquels la 
nation, k tort ou a raison, a voue trop de haine pour qu'elle 
puisse leur pardonner. II suit dela que, si les puissances 
ötrangöres, portees par les dangers, dont les menace une doc- 
trine perverse, et se decidant ä y opposer la force, prenaient 
sur leur propre corapte la cause des emigrea, elles tomberaient 
dans Pinconv6nicnt d'une attaque, dont l'objet reunirait toute la 
nation dans ses moyens de defense, ce serait precisement faire 
la guerrc a la nation fran^aise en haine de sa Constitution et 
dans le dessein de la renverser. Une croisade de ce nouveau 



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— 281 — 

genre n'aurait qu'a mal tournor pour provoquer une insurrection 
generale, et dans leg armees des aggreaaeur8 et dans leura 
Etats; dans ce cas la revolution fran^aiae pourrait faire en aix 
mois le tour de monde. 

D'apres ces reflexiona, en combinant tont ce que lea papiers 
publica noua annoncent sur lea langagea de8 differenta partia, 
aar leura intrigaea, anr leura manaiuvrea de tout genre,, je me 
peranade que lea revolutionnairea francaia regarderaient comme 
lea raoyena lea plua dangereux d'attaque, ceux qui conaiatcraient 
dans le parti que pourrait prendre 8. M. l'empereur, de mettre 
absolument de cöte la cause dea emigrea, de porter lea electeura 
de Treves et de Mayence a donner une entiere satisfaction aur 
lea raaaemblements de ce8 rnfmes eraigrea, ce qui detcrrainerait 
l'Aaaemblee, aana que sa dignite en fut blosse, ä ae deaiater 
dea menace8 de guerre ai ouvertement annonceea, que dana cette 
auppoaition, les causes aubaistant toujonra d'une guerre avec 
l'eropire, cette guerre ae ferait sans jaraais parier de la con- 
atitution francaiae, mais uniquement d'une simple queation de 
territoire relative aux justea reclamations de plnaienre princea 
de l'empire de leura poaaeaaiona en Alaace; que pour faire 
durer la guerre, l'empire exigerait de8 cesaiona difficiles, 
soutiendrait le ayateme de la non-souverainete sur l'Alaace et 
melerait peut-etre ä cet objet celui dea droits du Pape aur 
Avignon et aur le comtat Venaisain, a feffet d'en demander 
egalement la reatitution; qu'en faiaant cette guerre, bien loiu de 
vouloir porter atteinte aux loia francaiaea, on declarerait ex- 
pressemcnt qu'on n'y prend aucune part; que cependant lea 
eraigrea, fortifiea par dea aecoura aecreta en homraea et en 
argent, feraient une attaque aeparee qui n'aurait rien de coromun 
avec la guerre generale, et dont lea puiasance8 Ctrangeres nc ae 
meleraient en aucune maniere; que par l'effet de la diviaion dea 
forcea de la France, lea emigr6a parviendraient peut-etre a ae 
rendre maitre8 d'une place de guerre et d'une portion de terri- 
toire; qu'ila a'y etabliraient au Heu d'avancer; qu'ils y aug- 
menteraient le nombre de lcurs partisana par une plus facile 



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■ 



- 282 - 

Emigration, qu'ils repaiidraient de lä le poison ddvorant de 
l'intrigue et de l'anarchie; qu'alors et par reffet seul des manx 
de 1a France, les puissances ötrangeres, sans parier de contre- 
revolution, la laisseraient faire par la division des partis qui se 
formeraient dans le royaume par la lassitude qui suit toujours 
les grandes agitations et par le triomphe insensible des esprits 
moderes sur les esprits ardents; que dans cet etat des choBes 
les puissances belligerantes ne traitant jamais publiquement que 
des objets apparents, qui auraient cte le pretexte de la guerre, 
laisseraient a leurs emissaires secrcts le soin de provoquer tout 
ce qui pourrait etrc relatif ä une amelioration des lois fran^aises; 
qu'enfin ces meines puissances trouveraient dans de pareilles 
mesures l'avantage de diviser la natiou au licu de la reunir, de 
ne touclier ä aucun des points sur lesquels l'opiuion publique 
est invincible et d'assurer, plus que par toute autre voie, la 
fidclite de leurs armecs et la tranquillite de leurs Etats. 

Voilä ce que je presume qui est regarde par les factions 
revolutionnaires corarae le plan de guerre le plus dangereux qui 
put leur ctre suscite. Ce plan en eflet se trouverait combine de 
maniere que sous pretexte des droits de l'Empire, du traite de 
Westphalie et de quelques trait^s de garantie il rcunirait fort 
naturellement a la meine cause la majeure partic des puissances 
de l'Europe, et qu'il tendrait egaleraent a une contre-revolution, 
mais a celle que les Francais au milieu de leurs embarras 
seraient forecs ä operer eux-meracs, et qui a ce titre ne serait 
que plus decisive et solide. 

Si je ne nie trompais pas sur l'opinion que je viens 
d'attribuer aux differents partis de la revolutiou francaisc et 
que leur prevoyance sur les futurs contingents possibles sc 
realisat, on y rencontrerait peut-ctre un avantage particulier et 
bien important, celui de tenir lea provinces belgiques dans un 
(Hat de ncutralite qui les isolerait de tous les evcneuienta aux- 

quels on a lieu de s'attendre J ai Tliouneur de 

joindre ici la copie d'une lettre quo M. le comte de Narbounc 
m'a mite lors de la totiruee qu'il vicut de faire dans les places 



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- 283 — 



frontieres de France. Ce nouveau ministre de la gnerre, c'eat 
que jamai3 je ne me suis trouv6 dans les raoindres rapports 
personnels avec loi, pas meme dans ceux que procure souvent 
la societe habituelle des lieux, oü Ton est a portee de se ren- 
contrer. Je remets ici pareillement la reponse que j'ai faite ü 
M. de Narbonne et dans laquelle je me suis attacbc a lui rendre 
avec la meme exageration les compliments aropoules dont sa 
lettre est remplie. — 



IL 

Narbonne an Mcrcy, Lille, d. 21. Dezember 1791. 



En me devouant, M. le corote, a la place que je viens 
d'aeeepter et qui me conduit en ce moment sur les frontieres, 
j'ai ete determine par Pamour de mon pays et par le plus vif 
et le plus sinecre attachemeut ponr la personne du roi et de la 
reine; c'est dans ces sentiments seuls que je trouve la confianco 
de vous ecrire. 

Peut-ftre n'ai-je pas ete etranger ni aux peines, ni aux 
opinions de M. de Mercy dans le cours de la revolution et a 
Pcpoque de retablissement de la Constitution; mais apres l'accep- 
tation du roi il est devenu impossible, je crois, ä quiconque 
veut sincerement le bonheur de la France, de ne pas s'attacher 
irrcvocablement ä la marebe tracee par l'acte constitutionncl, en 
attendant du temps et de l'opinion publique les reforraes 
nöcessaires pour fortifier Taction du gouvernement. C'est la 
meme facon de penser qui a decide le roi et la reine a la 
conduite genereuse et sincere, qu'ils tiennent depuis leur aeeep- 
tatioo, et j'ai lieu de croire que cette conduite abattra lc parti 
des factieux, quoique les premiers pas de rAsscmbleo nationale 
actuelle n'ayant pas ete faits ponr donner cet espoir. L'opinion 
gouveme toujours despotiquement ces assemblees publiques, qui 



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- 2M - 



ne tirent lern- force que du vmu instantane et environnant du 
peuple, et si ce voiu, comme je l'espcre, revient ä la raison et 
au roi, l'Asseroblee pourra entreprendre dans la partie de Ia 
legislation et de l'administration des reformes suflfisantes pour 
faire marcher la machine embarrassee de notre gouvernement ; 
mais ces esperances, j'ose le dire, s'evanouiront, si Votre Ex- 
cellence ne les seconde pas; le conseil du roi attend beaucoup 
de fempereur; moi, j'attends tout de M. deMercy; qu'il revienne 
en France, et la bonne foi de la reine ne sera plus suspectee, 
et eile retirera de son devouement tout l'honneur qu'il serait 
affreux de lui voir perdre; — qu'il revienne en France, et je 
pense que l'Assemblee nationale meme sera imposee par la 
sagesse d'un tel temoin et respectera davantage en sa presence 
la sccur de fempereur. 

Je viens d'annoncer au nom du roi que je mettrais sur 
pied 150 000 hommes; j'aurai fait davantage pour la sürete de 
mon pays, si j'engage V. E. ä reveuir l'habiter; Elle pourra 
penser que je n'ctais pas personnellement intercsse a l'etabHsse- 
ment de la deroocratie, et mon esprit, peu susceptible d'aucun 
genre d'eiageration, ne s'est rendu qu'aprös un niür examen ä 
la neces8it6 de sc rallier a la Constitution; de se placer sur ce 
terrain, pour se preserver egalement des republicains et des 
emigiants et pour faire cesser ces secousses, dont la duree 
serait funeste a l'Europe comme a la France. Ce qu'il faut a 
nos voisins, c'est quo nous ayons un gouvernement, et je crois 
que l'opinion que j'ai adoptee est la route la plus courte pour 
y arriver. Je n'interroge point. je ne discute point les raisons 
politiques de M. le comte de Mercy; il rac suffit de chercher 
ä lui pronver que le sort de la France, et par consequent la 
gloire et la sftrete de la reine, tiennent ä son retour ici. 

Je sais qu'il a eu personnellement a se plaindre et d'un 
insolent garde-chasse et de quehiues retards qu'on s'est permis 
tres-indöcemment A Valenciennes sur l'envoi d'objets qui lui 
appartenaieut, maia tous ces obstaclcs seront ecart6s. J'obtiens 
dans ce moment la faveur d'un uouveau ministere; toute la 



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- 285 — 



force, qu'elle peut me donner, toute cello, que la volonte du 
roi aasure a aea miniatre8, aera conaacree ä faire rendre ä 
V. E. les egards qoi lui aont dfts. Je deaire de toute la puia- 
aaoce de mon aincere attachement ä ma patrie et ä la reine le 
auccea de la demarche que j'oae tenter spontanement auprea de 
voua; maia quoiqu'il puiaae arriver, ce n'eat paa le miniatre de 
la guerre qui a'eat aeulement qccupe de l'utilitc de la preaence 
de l'arabaaaadeur de Tempereur en Frauce, maia c'eat M. de 
Narbonne qui connaissant et reapectant M. le comte de Mercy 
a cru devoir lui dire que aa personne, 8a consideration, aon 
exiatence aeraient maintenant le plua afir garant de la aincerite 
de la reine envera la nation et de 1'amour et du respect de la 
nation envera la reine. 
J'ai l'honneur etc. 



III. 

Pellcnc an Lamarck, Paris, d. 14. Januar 1792. 

. . . . Le coraite diplomatique doit faire ä chaque inatant 
aon premier rapport; il eat tel que je Tai prevu. Forcer 
Tempereur par aa Bitnation ä terminer aur-lc-champ Taffaire de8 
emigrea et Taffaire de l'Alsace, autrement la guerre. Ceci n'eat 
pas une simple tentative, car c'eat la guerre que Ton veut, et 
je doute que la acience diplomatique trouve de8 moyens de la 
differer. Le rapport aur les alliancea ne viendra qu'aprea. 
Voici oü en eat l'opinion aur la guerre d'attaque. Robespierre 
et avec lui la roinorite dea Jacobina e8t contre la guerre. Cette 
rainorite a pour eile la aoeiete fraternelle, Dantou et lea Corde- 
Iier8. Pour l'opinion contraire on trouve Brisaot, la majorite 
dea Jacobina, presque tout lc comite diplomatique, la majorite 
de l'A88embl6c. Voici eorament cette opinion reunit de8 hommcs 
d'uu Systeme tres-oppose. Les uns croient «|tie l'empereur est 



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- 28ß 



notre ennemi et qu'il ne faut pas le menager, puis qu'il 8€ 
trouve dans ce raoment sans defense. Les autres croient au 
contraire qu'il est notre ami, qu'il veut etre notre allie et qu'il 
a besoin de l'etrc. Eh bien, ceux-la raeme adopteront le projet 
du comite, parce-qu'ils sont persuades que l'erapereur fera par 
intcret ce qu'il est dejä porte ä faire par caractere, et ils envi- 
Hagent les raesures liostiles comme un moyen de le debarrasser 
des insinuations etrangeres qui avec le temps pourraient l'egarer. 
Je ne sais ce que fera le roi. A lui seul appartient la propo- 
Bition; mais son parti sera bien difficile ä prendre. S'il ne ne 
prete pas aux interpellations a faire a l'erapereur, ou que les 
requisitions etant faites et les delais expircs il ne fait pas la 
guerre et que ce delai fournisse ä l'empereur le temps de se 
preparer, il pourra en resulter de tres-grands dangers pour le 
roi. Ce qui me prouve rombarras, oft se trouve ä cet egard 
le parti des Lametb, c'est qu'il dirige tous ses efforts sur 
l'Assemblee, pour y crapecher le succes du plan du comite, et 

cela montre qu'il n'a pas d'autres ressources Au reste 

l'opinion publique est teile sur le point de la guerre que d'un 
moment u l'autre eile peut se porter toute entiere d'un cötä ou 
de l'autre. Jamais l'liistoirc n'a pr6sente un moment plus remar- 
quable. Si la guerre comroence, quelle qu'en soit l'issue, il va 
s'agir de la destinee du genre buraain. — 



IV. 

Pellcnc an Laniarck, Paris, d. 15. Januar 1792. 

„Je vous ai fait observer que je n'etais pas assez instruit 
pour prendre ici dans teile occasion donnec un parti utile. Je 
Tai eprouv<* ces jours-ci pour des objeta importants. M. Ramond 
a ete dctaclie du parti. dont je vous ai parle, comme M. Dumas 
et M. de Jaucourt Tont ete. Mais Kanmud conserve un Systeme 



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— 287 — 

mixte. Voua en jugerez par ce qu'il a dit aux Fcuillanta; . . . 
. . . il parlera dana le meme aeiiB a l'Asaemblec 

Je voia bien que l'erapercur n'a jaraaia voulu noua attaquer 
et qne lea circonatancea seules l'entraincnt; maia je ne aaia pas 
jnsqn'ä quel point il aera ou 8outenu ou abandonne, a'il est 
lui-meme attaque? Noua jouona donc un jeu fort aingulier. 
Tandisqu'en Allemagne on pouasc l'cmpereur coutre noua, noua 
le ponaaona encore plu8 fortement nous-meraea, et de peur qu'on 
ne parvicune a le decider a la guerre, noua le tenona nous- 
memca pour decide, et noii8 commcneon9 la guerre. II est 
facile de voir qu'il y a plua de poltronnerie que de veritable 
courage dana cette condnite. 

Le rapport du coraite diplomatique a ete fait liier; il eat 
tel ä peupresqueje voua Tai annonce. Requisition a 1'empercur 
de declarer au 10. de fevrier, a'il eat l'ami ou rennemi de la 
Constitution fran^aise; ai, en caa d'hostilitea, il noua fournira 
lea aecoura stipules par le traite de 1756 etc. Voua verrez 
mieux tout cela par lea journaux. La diacuaaion eat renvoyee 
a mardi. Si la reponae de Tcmpercur n'eat pa8 preciae on 
Tattaquera. Le delai est bien couvt. Voiu voycz par la raarche 
que prennent noa affaires, que c'eat l'Aaaemblee, qui prend con- 
stamment l'initiative aur la guerre, les alliances etc. ; ii en aera 
de meme pour tona lea objeta de cette. nature, ai la guerre a 

licu II n'eat paa vrai que rAsaemblee 8oit le corpa 

purement legialatif, dont parle la conatitution ; c'eat nn corpa 
Charge du gouvernement, et qui soit par lea loia, aoit h titre 
de aurveillance, 8oit par Ic8 comptea rendua que lui font lea 
miniatrea, aoit par l'abua des decreU d'urgence, 8oit par uue 
espece d'initiative qu'il a reunie ä ses fonetiona, naurpe par 
lea faita toua les pouvoira 

Ceux qui pousaent ici a la guerre ne ae diaaimulent paa 
que la conduite de l'cmperenr a ete juaqu'ici tres-amicale ; maia 
tout cc que Ton pourrait dirc ä cet egard ne les ferait paa 
clianger de Systeme, parce qu'ils veulent a tout prix chcrclier 
un denoueincnt ä la revolntion. desinflueneer la reine et se pre- 



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— 288 — 



parer des chances uouvelles par riiiBurrection des autrea 

peuples 

Pourqaoi veut-on la guerre? c'est qn'on est persuade qu'il 
sc trame une coalition parmi les puissances; que l'erapereor en 
est le chef; qu'il fuiirait par nous attaquer, s'il n'etait pas 
prevenu par nous; que les delais tournoraient par consequent 
ä notre ruine en donnaot a nos ennemis le temps de se pre- 
parer; que dans l'intervalle nos troupes se decourageraient, que 
nous serions ecrases par des depenses inutiles; qu'il est avan- 
tageux sous un autre rapport de profiter du moraent, oü le 
ministere anglais va etre embarrasse et oi'i la Russie n'a point 
encore fait sa paix avec les Turcs. On dit cnfin, et c'est iei 
le raotif le plus important, que ce moment est le seul, oü nous 
puissions porter la guerre chez nos eunemis, au lieu que plus 
tard il faudrait peut-etre faire la guerre sur nos foyers. Or il 
est bien constant que la guerre la plus dangereuse, ä laquelle 
l'empereur puisse 6tre expose, est celle, dont le theätre sera 
place dans ses provinces encore agitees par des troubles et 
presque en iusurrection ; de meine que la guerre la plus funeste 
pour nous, mais dont on a manque l'occasion, etait celle, qui 
aurait ete portee dans nos provinees au milieu de nos 
pretres fanatiques et de nos contre-rcvolutionnaires. La guerre 
est donc inevitable. L' iusurrection en sera l'effet et 1c 
moyen 



V. 

Mercy an Kaunitz, Brüssel, den 31. Januar 1792. 

' A*n moment, oü une grandc explosion est prete ä eclater et 
parait presque inevitable, j ai tache de nie procurer autant que 
possible des informations certaines sur la maniere, dont se 
montre on France l'opinion publique dans une conjoneture aussi 
grave. et tout rr tjui nie revient ä cet rgard scinble prouver 



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- 289 - 

jusqu'ä l'evidcnce que les pattis insenscs et violents, auxquels 
se hvre l'Asserablee nationale, sont reffet de l'avilissement. ou 
eile se trouve, du danger imminent qni en resulte pour eile, 
danger qu'elle croit ne pouvoir eviter que par des moyens 
extremes et dictes par le desespoir. 

J'observe que la petite portion des gens reflecliis et les 
plna capables d'observer de sangfroid jngcnt dans ce sens l'etat 
du moment et croient que Tinsolente provocation, qui va etrc 
faitc a no tre Cour, iui donnerait le moyen de terrasser l'Aasem- 
blee, si rempercur se decidait u montrer dans aes reponsea 
1. qu'il est fanx que S. M. ait voulu la guerre; 2. (|ue les 
traitea qu'KIle a faits n'ont aucun rapport ä une guerre offen- 
sive, mais uniqucnient ä des objcts Interieurs, dont le gouver- 
nemcnt fran<;ais ne doit pas plus se raeler qu'il ne vcut que 
Ton sc mt"le des siens; 3. que loiu de vouloir la guerre, S. M. 
a fait tont cc qui depcndait d'Klle pour l'evitcr et que sa con- 
duite envers les cmigres (dont Elle n'a jamais soutenu la cause) 
cn est une prenvc irrefragable; 4. quo ne voulant pas la guerre 
rempercur n'a pas cru devoir se tenir en garde contre les arme- 
ments fraiK.ais, ce qui est prouve par l'etat, oü sunt actuellement 
aes frontieres; 5. (|iie si la guerre a lieu, c'cst l'Assemblec 
seule qui l'a provoqiu-e saus aucun motif et uniquement dans 
des vues particulieres que »es cliefs n'ont pas faites connattre 
et qui ne peuvent consister que dans la crainte d'avouer an 
public que l'Assemblee a fait des annements immenses sana ob- 
jet, au lieu de s'oecuper des travaux ntiles que l'on attendait 
d elle; 6. que quoiqu'il en soit l'empereur ne peut faire d'autre 
reponae que celle qu'il a deja donnce, mais que S. M. veut bien 
repeter encore que son intention n'cst point, comme eile n'a 
jamais Hv, de se mtler des affaires intericures de la France, ui 
de la cause des emigrea, ni de »es lois, ni de son gouvernement 
dans tout ce qui n'a aucun rapport aux points etablis par des 
trnitea dont iYmpcrciir est partie <>n drot S. M. est garante 



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- 2!K) — 

TL 

Fellcnc an Lamarck, Paris, den 2. März 1792. 



„Je n'ai pas ecrit pour mienx connaitre l'opinion sur la 
reponse de Tempercur. Je nc suis gnere plus avance aujourd hui; 
la raison en est simple: cette reponse est de 20 pages et en 
plusieurs picccs. Elle nc se trouve encore que dans le Logo- 
graphe, et pen de gens Tont lue. En general eile a pen rassure. 
car les effets ont baisse hier et l'argent a hausse. Leg gens 
raisonnablcs ont dit: la coalition des puissances tient; eile n'a 
pour objet que le roi. L'cmpereur ne dit pas que l'acceptation 
du roi a ete libre, mais (|u'elle lui a paru teile; donc si le roi 
partait. la coalition sc tournerait contrc nous et Tincertitude 
snbsistera encore plusieurs mois. D'autres personnes et le plus 
grand nombre ont dit: la reponse a ete faite a Paris ou dictee 
de Paris; donc le roi est parfaitcment d'accord avec l'emperenr . . . 
Presque tont le numde a obscrvc qu'on aurait du parier des 
republicains, mais non pas aussi longuement des Jacobins, sur- 
tmit en les nommant . . . . Le roi ifen a pas ete (res content; 
eile lui a paru longue et manquer non pas de noblesse, mais de 
dignite dans le ton. Je ne sais ce qu'en pense la reine. Les 
ministres Tont trouvee d'abord mauvaise, ensnite passable. Iis 
avaient voulu letraucher d'abord le mot „extorquer", ensuite le 
mot „insuffisant* 1 ' en parlant de nos impöts, enfiu le mot r eom- 
patissant": <»n n'a retranclie que cette dernierc expression. 
L'Assemblee en a «Voute la leoture avec un interet mediocre; 
on a quelquefois ri. quelquefois munnure. L'n depute a traite 
Pempercnr de Feuillant, un antre dinsolent, im troisieme de 
plaiaant ganon. Les Jacobins disent: nous voila une puissance; 
nous avons fait uYcbir l'etnpereur. il a obei; il a repondu et 
dans le d«'lai prescrit: voilä une grande victoire pour nn peupl 
libre. M. Delessart tiemblait de poitcr cette reponse. et il nc 
voulait pas aller ä l'Assernblre. Aussi pour se populariser 
a t-il fait une sottise atroce en faisant signer au roi une reponse 



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- 291 - 



qni a detruit tont reffet des offices de Teropereur; je veux 
parier de la Inquisition nouvelle, qu'il fait faire par le roi de 
faire cesser le coucert des puissances. On ne peut rien iraa- 
giner de plus maladroit dans un moment, ou l'empereur declare 
que ce concert n'a lieu que pour soutenir le roi dans sa roy- 
ante constitutionnelle et pour conserver la forme du gouver- 
nement qu'il a acceptee. Lcs bons esprits s'attendent que 
l'empereur repondra nettement et promptement: Non, ce concert 
ne cessera point, puisqu'il n'a pour objet que l'interet de la 
nation franvaise et riionneur des couronnes, bien qui leur 
appartient :< toutes et qui appartient aux peuples comme aux 
rois .... 



VII. 

Pellenc an Laniarck, Paris, den 4. Miirz 1792. 

La circonstance d'avoir repondu dans les delais est ce qui 
a deplu davantage dans les divers messages de l'empereur, 
parce que les factieux en ont abuse pour prendre du courage. 
<>n a'apercuit encore mieux anjounThui que l'effet de la reponse 
a ete mediocre, peu senti, partici: il sera beaucoup plus fort 
dans deux mois d'iei. Voici le laugage tcnu aux Jacobins: Ou 
nous attaquc parce que nous sonimes vt-ritablement le penple 
frauvais assembl«' pour discutcr ses intertHs. — „Ne faisons 
cependaut aucune impnidcnce, dit M. Robespierre, ecartons le 
mot rvpuhliraht. Je dcclare, moi, et je le fais au nom de 
la sociitö qui ne me dementira pas que je prefere l'individu 
que le hasaid, la naissance, les circonstances nous ont doniie 
pour roi a tous lcs rois qu'on voudrnit nous donner." (Applau- 
dissements.) Les esprits vacillants ont t nrore fait dans le public 
cctte remarque que rcmpereur tout en disant qu'il ne se mele 
pas de nos affaires iuterieures fait plus que ccla puisqu'il se 

vr 



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— 21)2 — 



mfle de noa partis. Les Lametli et les liommes qui sont dans 
leur sens sont cenx, qui ont montre le plus de satisfaction de 
la reponse, parce qu elle est a peil pres analogue a un Systeme de 
salut par une crise iuterieure, dn moins ainsi qu'ils Tentendeut. 
II» sunt pourtant d'avis d'iinc reponse beaueoup plus ferme 
ä la depfclie de M. Delessart. Je suis persuade que leur 
liaine pour le miuistre de la guerrc a beaueoup de part ä la 
prefYrcnce qu'ils donnent :'« certaines idecs politiques. 

J'cn revieus ä la secoude reponse attenduc, teile qu'on la 
presume: „Non, le concert ne cesscra pas, car il a pour premier 
objet linteret des pnissanees et la tranquillite comme la ren- 
table prosperite des pcnples, qui sont confies aux divers gouver- 
neinents; il ne s'agit point hi de linteret prive des rois, inais 
des devoirs les plus imperieiix que la l*ro\ idence leur ait con- 
lies. Ce n'est pas que votre exemple puisse etre imite de la 
majorite d'aueunc nation. Vos maux sont tres-connus de 
tonte I Kurope ont neutralise le poison des moyens tcvolution- 
naires, auxqucls on doit les attribuer, bien plus qu'a votre 
Konstitution (|iie le temps enrrigera. La nation fraucaisc n'a 
d'ailleurs aueun interet de deiuandei* que le concert des puis- 
sances nait plus lieu; d'abord parce que ce concert n'est pas 
hostile, mais purement defensif; cnsuite parce que la majorite 
de la nation fram.-aise detestant comme nous les factieux qui 
troublent son repos. doit regarder ce concert des ptiissances 
plutöt comme 11 11 allie (|ue comme un ennemi; ce qui lui importe 
de savoir, c'est que ce concert ne se melcra jamais de ses lois 
interieures, ni de la cause et des pretentions des Francaia 
emigres. Quant au desarmement propose par le miuistre des 
a IIa i res etrangercs la (|iicstion est mal posee, et la position 
nest pas egale. La Cour de Vienne n'est pas armee en guene; 
eile ifa dans le lirisgau et dans les proviuees bclgiques <|iic 
les troupes necessaires au maiutien de la tranquillite publique; 
c'est donc ä celui-la seu I qui a fait des armements hostiles a 
savoir, s'il est de son interet d'en dimiiiuer la depense. La 
position not) plus n'est pas la meme sous deux rapports. l J rc- 



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— 203 — 



mierenicnt parce que les provincos belgiques sont aeparees des 
autrcs possessions de la Cour de Vienue, tandis que la France 
est contigue et que tous los citoyens y sont armes: cnsuite 
parce que le gouverncmcnt fran<;ais ne pourra pas garantir les 
autres puissances de toute invasion apontanöe, taut quo des 
autorites coustituees n'y seront pas respectees et dans une 
pleine activite. Lea intentions de la Cour de Vicnnc sont assez 
connues pour qu'elle n'ait pas besoiu de les developper davan- 
tage. La paix est entierement au pouvoir de la nation fran- 
<;aisc; mais la Cour de Vienue et lcs autres puissances, fussent- 
elles provoquees a la guerre, ellea ne croiront janiais la faire 
que contre les factieux et les ennemis intcrieurs de la nation 
francaise; et la Cour de Vicnnc en particnlier se regardera 
toujours commc Pallie de la majoritr de cettc nation. u 

On craint cctte rcponsc, parce qu'elle est dans 1c sens de 
la Cour de Vienne et e'est pour cela que les esprits constitu- 
tionuels sont fache* (jue M. Delessart ait provoque une seconde 
explication. Les intrigues dans le ministerc sont toujours les 
raemcs. M. de Montcicl et M. de Marbois sont aur les raugs. — 



VIII. 

IVIlonc an Lamarck: Paris, den 5. März 1792. 

La majorito de IWssemblee est dans ce moment ä la paix, 
et dans cet objct en renouvclant les merabres du coniitr tlipl**- 
matiquc eile est parvenue ä y placer quelques esprits modere». 
L'opinion des Jacobins sur la guerre est encore incertainc. Loh 
generaux sont assez ix la paix. Le ministöre espörc encore la 
paix; mais la crainte de la banqueroute pourra it fort bien 
pousscr ä la guerre les liommes, qui veuleut se dobarrasser de 
cet avenir. Les Symptome* allarmants se multiplient. L'Assemhlre 
ix mesure que les danger* augmenteiit, augincnte aussi de faildesse; 



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— 204 — 



eile verrait renouveler ici les brigandages d'Avignon qu'elle 
n'aurait pas la force de les arrrter: c'est dans un moment pa- 
reil, oü la rooindre forcc de la Cour pourrait lui faire reprendre 
quelque autorite, que les ministres sont divises. M de Narbonne, 
apres une quereile fort \ive avoc. M. Bertrand, a demande au 
roi de renvoyer ce dernier. Sur le refus qu'il a epronve il vou- 
lait donner lui-memc aa dömission; mais ses amis Ten ont de- 
tourne; je crois que pour cette fois eile aurait ete acceptee. — 
II s'est venge d'une autre maniere, et par ses amis il a fait 
passer hier dans l'Asscmblee des Observation s tres fortes contre 
M. Bertrand, telles qu'il est impossible qu'il y resiste. Son 
projet est de ae donner Cahier de (ierville, Tarbe et le succes- 
seur de M. Bertrand et d'isoler par ce raoyen Delessart et le 
garde-des-sceaux. Lea arais de Pumouriez, et qnels anois!, por- 
tent cet homme au ministere. Cela par exemple est une chose 
ä empecher par tous les moyens possibles. Narbonne se sou- 
tient par des lettres qu'il se fait ecrire par les trois generaux. 
II y a trois jours qu'il les introduisit au conseil. Le roi eut 
le tres bon esprit de causcr avcc eux, mais de les cconduire 
avant de commencer le conseil. Madame de Sta< 5 l est toujours 
plus deaorganisante. II y a trois jours qu elle dina cliez Castel- 
laue; mais eile piqua si vivement ce dernier qu'il se rctira 
dans son appartement et ne voulut plus descendre: bientot eile 
chassa par des injures Madame de Broglie, qui se retira sans 
dlner; puisqu'elle se prit de querelle avec une troisieme, entin 
eile sc mit seulc a table cliez un tiers. Voilä je crois des 
materiaux pour une excellente com«idie. 

Les journaux populaires sont ä la guerre. On repand le 
bruit que M. Bertrand donuera sa dömission. On a parle tous 
ccs jours-ci d'un pretcndu projet de depart du roi. On dit que 
les chefs republicains qui sont peu nombreux ont reconnu 
l'autrc jour, soit serieusement, soit pour plaisanter, que l'etablissc- 
ment d'une republique n'etait pas impossible, mais qu'il fallait 
pour cela sc debarrasser de quelques trtes. On connait cette 
liste. La Fayette sy trouve. M. de Narbonne porte au mi- 



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— 210 - 



nistere des affaires etrangeres Dumouriez, ä celui de l'iuterienr 
Dufresne de Saint-Leon, ä eelui des sceaux Oarnier, ä )a marine 
Dietrich. I/autrc parti voudrait Montciel pour ministre de la 
guerrc et Marbois pour ministre de Tinterieur; 011 bien, si 
Deleasart s'en va, Maissemi pour l int« rieur et Marbois pour leg 
affaires etrangeres. M. de Narbonne veut communiquer ä 
l'Assemblce un memoire que les trois generaux out remis au 
roi; mais il demandera un comitö general et, si ee comit«'; est 
refuse, le memoire sera retire. Jamais au milieu de dangers si 
graves on n'a vu tant de jeux d'enfants. On discutait l'autre 
jour au co mit*'' diplomatique la question de l'alliance avec 
l'Angleterre. On disait: eile ne se liera point avec nous, si 
nous ne Itii promettons pas de ne point entrer dans le Hrabant, 
et eile exige une garantie. „Eh bien", dit Brissot, „il fallt 
pour garantie mettre les Anglais en possession de Calais et de 
Dunkerque." Voilä du moins un horame tn's dt-cide et tres 
prononee. — Delessart voudrait mettre l'abbe Louis daus 
riuterieur; M. de Montraorin n'y est pas fort contraire. 



IX. 

Pellene an Lamarok, Paris, den 9. März 17!)2. 

Tr«'a peu de jours ont sufti pour fournir de nouveaux ma- 
teriaux aux pensours. L'evi'nement de Marseille doit t'-tre carac- 
terise de cette maniere; c'est une ville qui sort de son territoire 
pour aller en chatier une autre, punir im directoire de departc- 
ment et licencier un corps de troupes. Ce fatt n'-duit ä ses 
monvements phyaiques serait tns grave; la cause Test eueore 
plus. Les factieux reconnaissent les maux qu'ils ont cause au 
royaume; mais pour n'en etre pas accuses, ils cbcrclient ä les 
imputer a ceux qu'ils appellcnt aristoeratrs, et ils niettent dans 
cette classe et sur la meine ligtie la Cour, les rainistres, tous 



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— 29<J 



leß citoyens, qui trcmblent pour leurs proprietes, tous les corps 
administratifs, qui veulent faire execnter les )<>is, tous les corps 
de troupes, qui ne sotit pas indisciptines. — fette maniere de 
voir peut certaineincnt devenir le gerrae d'une revolution beau- 
coup plus cruelle quo. la premiere; mais eette revolution touchera 
de si pres a la guerre civile qu'il sera bien difficile d'eviter ce 
dcrnier fleau. Les Jacobiiis de Paris viennent de jurer de pren- 
dre la defense de f insurrcction Marseillaise; ils ont arrete d'en 
faire la cause comniune de tous lea .Tacobins du royatime. 
Cbasser un directoire et un regiment n'est ainsi qu'une insur- 
rection legitime et un acte constitutionnel. Observez que dans 
le meme temps M. Gnadet dit a TAssemblee: il fallt qtic 
Louis XVI s'explique et qu'il declare, s'il veut definitivement 
etre le roi des Francais ou le roi de Coblence; quo dans le 
meme temps, un depute faisant la lecture d'un article constitu- 
tionnel pour s'opposer a un mauvais decret, les tribunes 
couvrent la voix et rABsemblee entiere par dos buees, se ticunent 
debout et crient pendant un quart d'heure: a bas l'orateur; que 
dans le meme temps on repand avec ineebancete que la reine 
doit aller ä l'Assetnblce pour hii demander la permission de se 
retircr en Allemague; que le ministre de la guerre fortifie tous 
les 8oup(;ons de la malveillance en declarant qu'il va placcr 
des troupes sur la route de Conipiegne; qn'a Paris la plus fä- 
cheuse mesintelligencc regne entre le departement et la muui- 
cipalite; que le roinistere instruit le public de ses divisions 
intestines et s'avilit lui-meme aux ycux de tous les partis; que 
la maison du roi nc peut parvenir ä etre installee; qu'on perd 
la tete jusqu'au point de proposer une dictature dans cbaque 
departement, lä oü la Constitution donne un roi pour dictateur; 
que la poltronncrie de chaque depute individuellement est teile 
que des decrets qui n'auraient pas dix voix au scrutin passent 
a runanimite; que le president remercie uue deputation de 
l'excellente idee darmer les femmes de piques et declare que 
la Constitution et les piques iront n ttmmortalite; qu'cnlin il est 
aujourd'kui reconnu que les brigaudages d'Avignon se renou- 



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— 207 — 



velleraient au sein de Paris sans que l'Assemblee osät s'y 

opposer 

Je craina qu'il ne se prepare une donnee nouvelle. Le 
miniatre de la guerrc parait vouloir ae maintenir en place par 
des moyens revolutionnaircs; il attaque publiquemcnt M. Kertrand; 
il se fait ecrirc de rester par les trois generaux; il n'a qu'a 
faire un pas de plus vers les Jacobins et il bravera le reatc de 
l'Assemblee et la Cour. Je ne vois encore que du depit dans 
sa conduite; bicntot le desespoir pourra s'en meler. Aujonrd'bui 
peut-etre on pourrait le renvoyer sana danger, et bientot on ne 
le pourra plus sans commotion 



X. 

Pellcnc an Lainarck, den 14. März 1792. 

L'effet qu'a produit la mort ai inattendue de l'empereur 
est aujourd'bui tres conuu. La baussc des eflets est prodigieuse, 
et la baisse des louis a ete de 21 ä 12% et meme ä 10 et 9. 
Toutes les csperanees qn\m a con<;iies de cct evrinemcnt tien- 
nent de la folie, tont comme la maniere, dont quelques jour- 
nalistes parlent de Leopold, tient ä la plus incroyable pervcr- 
sile. Les ignorants repandent que rarcbiduc n'ayant pas vingt- 
cinq ans ne peut pas etre roi des Romains. 

Le deeret prepare d'avance contre M. Delesaart fait partie 
d'un plus grand projet. Le meine sort etait reserve an garde- 
des-sccaux et le glaive est eneoro suspendu. On n'a pas 
renonce au projet de faire rentrer de vive force M. de Narbonne. 
On parle de denoncer Alexandre Lametb et la reine; on croit 
ccllc-ci sans appui, et si les factieux conuaissent bien lenr ter- 
rain, il n'est rien qu'ils ne puissent tenter. Un des pouvoirs 
est sur le point d'envahir fautre. Voici le verkable resultat 
du moment. L'Assemblee, tres faible contre ranarebie, est 



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— 208 — 



toulc pnissaiite contre la Cour. Elle seilt cela et se reconnait 
cc genre de force. Poussera-t-elle ses succes jusqu'oü ils peu- 
vent aller? je ne le erois pas. Auciin de ccs dangen n'aurait 
existe, si le roi eut renvoye le meine jour sans distinetion et 
tout a la fois Delessart, Narbonne et Bertrand; au contraire, 
ce jour-lä memo la royaute acquerait un grand pouvoir; mnis 
lea con8eillera sont plus faibles qne les eveuenients. On a deja 
assez cruellement expie le succes d'un jour et un succes encore 
incertain. Le salut en derniere analyse est dan8 l'armee et les 
dispositioua de Tarmee sont incertainea. Le aalut du moment 
aerait dans le depart de la Cour pour Fontainebleau; maia la 
garde n'cst pas installee et la defianco a'aeeroit. Vingt cour- 
tisans odieux sont encore aur lea raarchea du troue et repous- 
sent, dit-on, tonte confiance. Le roi en est, ä cc qu'on dit, ä 
prier Dieu toute la jonrnee et a ae preparer j\ tout par le 
dechirant desespoir de la resignation. On m'a assure qu'il 
etait dispose il y a troia joun ä abdiijuer. On sonde le peuple, 
si l'envoi de la reine ä Orleans ne causcrait point une insur- 
rection. 

Au tnilieu de taut de per ils je m'indignc tour ä tour et 
contre la faiblesse et contre la perversite de quelques hommes. 
Une asscmblec de douze personnea ebez Duport (et La Fayette 
en etait) n'a montre que Pimpossibilite d'agir de concert. Ce 
dernicr n'est pas decidement mal; il serait convenable de l'era- 
peeber de s'aigrir pour l'opposer a Narbonne, qui veut etre le 
roi dea Kalles et qui joue deja lc röle du duc de Bcaufort. 
Les Lameth pretendent que Luckner etait avec Narbonne pour 
la republique on pour le cbangement de dynastie; que Kappel 
du duc de Brunswick tenait a ce plan; raais ne faut-il pas 
attribuer ces details ä l'exageration de la passion? 

On va soumettre la liste civile ä l'impöt; c'est deja un 
retranchement de quatre millions, et Ruderer comme vous 
voyez vise ä la gloire. Daus l'affaire de Marseille on a mande 
ä la barrc tous les enneinis des factieux et c'est leur ami 
Dumouiicz qu'on veut envoyer pour les combattre. Quel bomrae 



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que celui dont le plus grand bicn qir'en puissent dire ses amis, 
c'est qu'on peut l'achcter! Petion, le jour de son corapliment 
ßur le decret contre Delessart, est alle ä Brutus et s'y est fait 
applaudir. Le meine jour Narbonnc a paru a quatre spectacles. 
Des journaux continuent ä le servil*. M. Caliier se propose une 
action que je lui envie, de declarer ä l'Asserablde qu'il quitte 
le ministerc pour aller ä Orleans defendre M. Delessart. Mont- 
ciel le remplacera. ä cc qu'on dit; raais les Lameth dont il est 
l'ami ne lui donneront-ils pas tous lenrs ennemis? .... 



XI. 

Pellenc an Lamarek, Paris, den 15. März 1702. 

1°. Je ne vous ai dit qu'un seul raot de la conversation 
qni a eu lieu che« Duport. Klle cxige quelques detail« et ce 
n'est pas den Lameth que je les tiens. Ceux-ci y etaient avec 
Labovde; il y avait La Fayette, Kmmery, La Tour Maubourg, 
Oastellanc, Ileaumetz, Cliapelicr, etc. On y discuta la questiou 
des deux chambres; on Tut d'accord snr leur necessite, mais 
nun sur leur formation. I n pair et im pair hcrcditaire est un 
loup-garou pour La Fayette et pour les siens. — 2°. Si la 
Constitution pouvait tenir teile qu'ellc est; nouvelles disputes sur 
ce point, les uns disant aux autres que c'est au moment de la 
rc\ ision que ces rellexions auraieut dfi etre faites. — 3". Si 
l'Assemblee irait jiisqu'au bout. Ici seance rorapue par la vio- 
lenee des debats et les Laraeth y ont passe pour des contre- 
revolutionnaires, atnsi que Dumas qui va de ce bord, de faeon 
que le parti qui avait provoque la Conference a beaueoup 
perdu. On a eu quelque reglet de ne m'y avoir pas appele. 
J'aurais refuse. 

Hier les louis sont remontes ä 17 °/ 0 ; l'esperance qui 
n'ctait fuudeu que sur l'engoueraent s'attiedit un peu. On a 



- 3()0 - 

traite dans quelques soi-ietes la question d'uue forcc du dehors 
considereo comme secours, et on a cru gtmeralcmcnt qu'il etait 
impossible de composer avce unc pareille idec. Cazales lui- 
memc marchcrait alors aux frontiercs. La Fayette sera le der- 
nier ä pouvoir composer stir ce point. Lea Lametli möme n'en 
voudraient pas, et il est certaiu quo cc remedc est si extreme 
et si voisin surtout de la guerre eivile qu'il ne pourrait etre 
Supporte qu'au deruier niomeut par uue uation aussi fiere que 
celle-ci. Ce moyen suppose eu effet 011 une desorganisation 
totale ou uue guerre civile commeneee, et quelle double extre- 
roitc! 

Laissons toutes ces idecs, et voici un ordre de choses 
bien nouveau. Les Jaeobins sout parvenus a former uu uotiveau 
roinistere; cc n'etait rien que la uomiuatiou de M. de Grave; 
celle de M. de la (Joste au ministcre de la marine pouvait eu- 
core aller, quoique M. de la Coste soit Jacobin; mais M. Du- 
mouriez est ministre des affaires etrangrrcs. Les Jaeobins ne 
se seraient pas meme contentes de Sainte Croix, et Condorcct 
tenait toute prete une denonciation contre la reine de 14 articles. 
Fetion de son eöte qui dine quelquefois a Mousseanx suspendait 
Pinstallation de la maison du roi. On savait dans le conseil 
qui nommait Dumouriez et qui »'est prolonge jusqu'ä trois 
lieures du matin que Dumouriez soupait dans ce terapB-lä avec 
Brissot et Condorcet. Le meme jour les sections avaient <*te 
rassemblees par le maire, et on veuait de deliberer de garder 
les gardes-francaises et d'en faire «ine gardc soldce. Les 
ministres ont cru devoir tont sacrifier au salut de la reine. Iis 
se sont trompös sur le fait, mais totaleineut trompej. On n'au- 
rait pas eu le conragc de denoncer ou n'nurait pas denonce 
avec succes. Le decret memo rendu, il reatait beaueoup plus 
de cbances qu'on a cru. Les suites de tont ccci sont mainte- 
nant incalculables. Les Lametb sont tues, du moins pour quel- 
que temps. Le garde-des-seeaux veut quitter, et qui mettra-t-on 
si Tarbe qnittc, ('laviere le remplace. L'abbe Louis aurait 
refuse; Montciel u'aurait pas vonlu faire nn pareil miuistere ; il 



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- 301 - 



nfi restcra plus qn'a le jacobiniser tout-ä-fait; alors la gnerre 
est possible. Si tout ceti n'cst qu'un acte de desespoir de la 
part de la Cour, les fantcs secn-tcs viendront: si au coutraire 
on voulait faire im dernier essai par dos moyens aussi nouveaux, 
il faudrait dans l'intericur, et pour la conduite personnelle de 
la reine et du roi, un conseil bnbile. Je tacberai de placer 
deux ou trois liommes dont je sois sur auprea des nouveaux 
ministres. II est possible que ccs derniers veuillent gouverner 
qne les Jacobins les favorisent que l'Assemblee les seconde; et 
par cela seul on gagnerait du tenips. Nentraliser les intentions 
secretes et les pit-ges, voila desormais Fesscntiel. Le roi 
d'apn'a la Constitution nc pouvait pas renvoyer Pelessart apres 
coup; j'ai dit de demauder an moins sa demission pour conser- 
ver le principe. An reste ne vous y trompez pas; tout ceci 
est une suitc de la vengeance de Narbonne. L'article apologe- 
tique de ce dernier, insere dans la gazette universelle et remis 
tont fait, a du couter bien cber. Ce qui paraitra singulicr aux 
yeux de l'Europc, c'cst que les Jacobins entrent au ininistere 
precisement, quand l'cmpcrcur vient de les attaquer; mais 
riiistoire dira: Leopold nc sYtait donc pas trompe sur leur 
influence. (Jcux qui disaient: fempereur a eu tort, il donne 
trop de consistance a une poignee d'individus qui ne sont rien, 
ceux-lä. dis-je, gardent aujourd'lmi le silence. 

Tarbü n'a plus d'antrc appui pour rester dans le ministcre 
que U<edcrer. Sougcz a moi pour quelque avenir; le naufrage 
approebe; offrez-moi quelque plancbc. 

Je joins ici un billet de Lametb: 

„Le roi a abandonne Lessart et nomme Dumouriez; s'il 
sait riiistoire d'Angleterre, il n'aurait pas du sacrifier son 
ministre. On fera prubablement baisser l'argcnt pour celebrer 
le nouveau niinistere. Profitez-cn, vendez vos assignats, car 
s'ils suivent leur Systeme, ils ferout la guerre, et vos assignats 
perdront 300 p. 100. 

La faiblcsse perd lea liommes et priucipalement les rois. 
Le gardc-des -sceanx donne sa demission et ne veut pas meme 



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— 302 — 



aller au conseil de demain. J'ignore ce que fera Tarbe; ce 
serait uue graude laute de sa part de rester dans un ministere 
sur lequel s'öcroulera ledifice qu'ils battent cn breche depuis 
leur arrivee." 



XII. 

Pcllonc an Lamnrck, Paris, den 16. März 1792. 

Dans un jour tont a ete chauge. On a nomine Dtimonriez 
miuistrc des affaires t'trang« res, et aussitnt Petion a consenti 
ä l'iustallation de la garde du roi, qni est depuis hier en ac- 
tivite; et Brissot a dementi dans son journal le bruit de la 
denonciation de la reine; inais le ministere est change tout 
enticr. Hier le garde- des -sceaux et Tarbe ont donne leur 
demission. Les trois ministres deja nommes vont demain aux 
Jacobiiis. Ce clioix, s'il est coinplet et saus mclange, sera une 
epreuve de plus; il tonmera vraisemblableinent au profit de la 
suretc personnclle de la reine et du roi. Les trois ministres 
aniionccnt deja des iutentions assez bonnes ä cet egard. ("est 
Cahier de (Jcrville qni a donne rette impiilsion; il n'y a eu 
aueune autre intluenee. M. de Grave de ja nomine a secoude 
M. Cahier. 

Le diseours du roi en renvovant la garde nationale a pro- 
duit beaueoup d'eftet. Ce nouveau ministere considere commc 
epreuve ne deplait pas extraoi tlinaii ement. II y a plus: s'il 
tourne ses forces ä faire respecter la reine et le roi et a leur 
attirer la contiance: s'il ae seit de la majorile qu'il aura 
dans l'Asscmhlcc pour faire disparaltre rette Opposition entre 
le» deux pouvnirs, qui a Beule cause jusqu'aujourd'liui les dangers 
de la Cour; si par lä les inconvenients de l'anarcbie eessent 
d'T'tre imputes au pouvoir exeeutif etc., il aura par cela meine 
beaueoup ameliore la Situation des choses 



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— 303 — 
XIII. 

Pellcnc an Lamarck, Paris, den 27. Marz 1792. 

Garnier, d'abord secretairc de Herault de Sechelles, 
aajourd'hui commis k 3000 fr. chez Duport du Tertre, a dit: 
j'aime raieux conserver mes 3000 francs; j'en ai beaoin pour 
vivre. Duranthon de Bordeaux est fort, mais He avec la depu- 
tation bordelaise. Lea Jacobina ont dejä fait un pas pour 
aoutenir les nouveaux ministres. La Fayette a vu le roi et la 
reine qni ont ein le coiiteutcr pleinement. Celui-ci a dit en 
aortant; on m'a traite avec plus de confiance; j'ai vn meme un 
peu d'abandon, mais la defiauce est toujoura au fond du cu*ur. 
Cet homnie est difficile ä contenter. 

La derniere lettre du roi ä l'Asaemblee est nne grande 
fante. Lea nouveaux ministres en ont ete furieux. Le roi a 
eu l'air de dire: javais des lionneles gens, voua avez voulu 
dea coquins, je les ai pris: Nous verrons, oü cela nous menera. 
Le roi n'a qifä auivre ainsi de pareila coii3eils et il est plus 
mal que jamais. Ponn|Uoi perdre ainai l'avantage davoir pris 
un ministere jacobin? car cela meme est une cliance, cela meine 
etait un moyen et un des pasaagca oü il fallait arriver. Les 
lionneles gena sc rallieront ä ce ministere en taut que ealmant, 
surtout si Ton voit qu'il doinine les jacobins, au Heu d'en etre 
domine, et cela commence. 

Dumoiiricz est tres content du roi, qui 1'appelle inon Jacobin, 
et qui rit de ses tours de saltimbanque. II a vu la reine; 
maia il a dit qu'il nc la verrait plus, de penr de ae depopu- 
lariser et qu'il navait rien ä fnire avec eile. Dans les dernieres 
depechea cc miniatre a donne ju3(|ii'au 15 avril au roi Franyoia 
pour s'expliqiier aur le deaaimement qu'il demandc, autrement 
la gnerrc. On pense ici qu elle aura Heu, car le ministere la 
veut: du inoina se fera-t-elle sans danger pour la reine et pour 
le roi avec un ministere patriote; on ne eroira plua etre iialii, 
et cette circonstauec est tres remarquable. — .le n'ai jamnia pu 
aavoir, si on avait rcpoudii aux dernieres depeches de M. l)e- 



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— 304 — 



lessart. — Dumouriez vondrait quo la condnite memc de 
riuterieur ae diacntat dana Ic conseil; maia s'il a'agit de la 
maison civile, que je saia quo lea denx clicfa veulent retarder, 
il convient que des le premier mot ila discnt: cela ne von« 
regardc pas; inelcz-voua de gemeiner Ic royatime; nul n'a le 
droit de ae im* ler de noa gena que noiia. Toua lea lionnetea 
gena desirent quo I on tienne cette condnite. On pent etre 
force aur la maiaon civile, ai le refna de la former faiaait 
naitre dea defiancea anr les intentiona etc. 

Bcanconp de gena croient toujours ä la probabilite de la 
guerre civile, ceux-lä anrtont qui ont :i se venger on ä domincr 
on qni craignent, comme ils le disent, d'etre deshonorea et qui 
en derniere analyac venlent rester loa inaitres du terrain, donner 
la loi, regier lea trea petite8 inodilicationa elc. Tont cela ne 
conduirait qu'a unc longuc tutelc, a unc longne minoiite: on 
changerait de vainqueur et ce qn'on appelle unc erise, ne serait 
qu'une nouvclle maladie. Les meines liommea craignent par- 
dcaaua tont la guerre etrangere. 

On croit ici qu elle aura Heu pnisque le miniatere la pro- 
voque. Ce qni afflige lea amia de rimninnite, c'eat qu'nne foia 
le fourreau tire, on ne a'arretera certainement paa a dea demi- 
meaurea; que la guerre aera pouasee a outrance, avec dea foreea 
immenaea, portee aur beaueonp de pointa, de maniere ä arriver 
juaqirau cojur ou d un pays ou de l'autre. On croit encorc a 
la guerre, parce que si la rnpturc dana l'equilibre du nord avait 
Heu Tan procliain ou ä cause de la Pologne ou ä cause des 
Tnrca, le roi de Ilongrie aurait un braa Iii* du cote du 
Brabant, ou il serait force de tenir de grandea forcea. On y 
croit encore, parce qu'indepcndammeut de tonte propagande 
tonte longne auarcliie est contagiensc et lea disparatca entre 
lea deux gouvernementa aout trop fort-», ponr que, notre anar- 
ebie meine venant a ceascr, tonte rAllcmagne ne ae resaente paa 
de notre seeonsae. 



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- 30» - 
XIV. 

Pellenc an Lamarck, Paris, den 28. März 1792. 

Nou8 avons eu trois jours de Stagnation ä l'epoque du 
decret contre Delessart; c'est-a-dire qne tout le monde ignorant, 
ce qni aurait lieti le lenderoain ou dans une heure, il n'y avait 
rien ä 6crire. 

Aujourd'hui cette incertitude est la meme jusqu'ä un certain 
point; c'est-ä-dire qne la directiou que prendra le ministere ou 
la majorite de rAssemblee ou la majorite des Jacobina ou la 
Cour dans ses rapports avec le ministere ou la partie saine du 
public sont autant de donnees inconnues. 

Les ministres paraissent vouloir rester unis. Jusqu'a present 
le parti jacobin dans rAssemblee les soutient, et ce parti a la 
majorite; mais les principes anarchiques n'en subsistent pas 
moins dans la conduite exageree des patriotes qui sont hors de 
TAssemblee, et lä, on nous ne sommes pas des furieux, nous 
sommes au moins des fous. 

Voici une lettre de Marseille lue par Isnard aux Jacobin s: 

„ Legislateurs, que f vous a Paris? examinez-vous de 

proche, et si vous £tea incapables de resister i\ un assignat ou 
ä une putain, retirez-voua. La nation peut vous ecraser dans 
sa colere" etc. Isnard n'a pu lire jusqu'au bout. 



XV. 

Pellenc an Lamarck, Paris, den 81. März 1792. 

Vous serez bien aise de savoir ce qu'on pense de la reponse 
de M. le prince de Kaunitz: 1° Tont Ic mondc y a blfUne une 
expression qui tend a faire regarder comnie douteuse la liberte 
du roi. 2° On n'aurait pas voulu non plus du mot Jacobin et 
dans le moment surtout od ce parti vient de triompher, de 

G lagern, Die franz. Legislativ«. 20 



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- 30) — 



s'eraparer du rainistfre et du gouvernement total par sou influ- 
ence sur l'Assemblee; ce mot avait moins que jamais l'ä-propos 
du moment, car il faut vous dire oü en est la veritable Situation 
des esprits. Les esprits moderes out d'abord ete (acbes de la 
fonnation d'un ministere jacobin; roais ensuite ils ont regarde 
cet evenement comme une chance qni nous restait a tenter et 
dont ou doit essayer de bonne foi. Les banquiers, les gens 
riches, les proprietaires en sont la; eu un raot tous ceux qui 
regardent cela comme un calmant, qui veulent et qni croient 
gagner du temps et veulent etre sauves n'importe par qui. Le möme 
Systeme est adopte par les Tuileries, c'est-a-dire que le roi laissera 
tont faire a ce ministere et le secondera tant qu'il aura la majorite 
de l'Assemblee. Ce Systeme ne vient pas des Lametli, mais 
plutot de Topinion publique, et les Lanieth y reviennent inseu- 
siblement. Je crois que cette idee est venue ä beaueoup de 
gens, quand on a vu que la majorite de rAssemblee, composee 
des homraes les plus ardents, paraissait vonloir soutenir ce 
ministere, car cela etait capable de donner des espärances. Moi, 
je n'en suis pas tout-:i-fait la; j'approuve que la Cour ne se 
mette pas eu Opposition avec le ministere; mais je dis que ceux 
qui en attaquant les anciens rainistres u'ont voulu que detruire 
les ministres, soutiendront les nouveuux; qu'an coutraire ceux 
qui dans l'attaqne contre les ministres n'en voulaient reellement 
qu'au ministere et ä la chosc elle-meme, continuent d'attaquer, 
sinon les ministres, du moins la Cour, pour remplir le meme 
but, et cet esprit perce dejn du moins ä mes yeux; il est vrai 
quo ces projets pourraient etre compenses par des fautes et 
nul des joueurs ne jouant bien le jeu les parieurs sont necessaire- 
raent deroutes. 

3° La reponse de M. le prince de Kaunitz a paru cette 
fois plus forte que les offices du feu empereur, plus noble, 
plus digne. 4° Tous ceux qu'on appelle ici aristoerates ont 
ele ravis de joie, roais par cela meme les gens moderes ont 
ete reveurs. Ceux-ci ont regarde la guerre comme presque 
certaine; ce n'est pas precisement de la reponse de Kaunitz 



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- 307 - 



qu'ils ont tire cette consequence, mais de la combinaison qu'ils 
en ont fait avec l'impetuoaite de Duraouriez, le ton leste de la 
requisitiou deji\ arrivee ä Vienne et la reponse presque ine- 
vitable ä laquelle on doit 8'attendre. 5° L'effet de l'appel a 
la partie saine de la nation a ete manque par la paraphrase de 
Duraouriez qui a dit: on veut saus doute parier de l'aristocratie. 
Je dis manque dans l'AsBemblec. En general on a remarque 
plus de terreur que diropatience dans TAssemblee et dans le 
public on a remarque beaucoup d'anxiete. Les troubles publics 
n'en sont pas encore au point de regarder la guerre corame un 
appui, et quelque soit le rentable etat des choses, l'opinion 
publique n'en est pas encore la. car ceux qui par leurs lu- 
uiieres scraient le plus a portee de sentir cet apercu sont 
arretes, soit par leur amour-proprc, aoit par le desir de sau v er 
leur pays par leurs moyens personuels. Ensuite pour que l'appel 
a une partie de la nation eut l'effet qu'on a pretendu obtenir 
la partie amicale de la reponse aurait dft lYtre encore davan- 
tage. II aurait fallu dire apparemment ce qu'on n'a pas voulu 
dire; et d'ailleurs quarid il s'agit des choses d'effet et d'effet 
du moment, d'effet d'entrainement, un seul mot detruit tont; et 
de loin ccs clioses-)a sont presque toujours manquees. 

Une chose assez singuliere, c'est qu'uue partie de l'Aasem- 
blee a cru que la reponse de Kaunitz ue signifiait rien, parce 
quelle faiaait partie du plan concerte avec M. Delessart; qu'ainsi 
il fallait attendre et Ton a'attend en effet ä un langage tout 
different en reponse ä la depeche de Duraouriez. II est im- 
possible de dire maintenant, si l'Assemblee veut la guerre. Le 
premier effet de la reponse a ete d'attiedir un peu ceux, qui 
desiraient le plus la veille. Je sais d'ailleurs que la bourse 
influe tant qu'elle peut sur Clavi{*re pour Ten detourner. Le 
parti de Narbonne s'est tourne aussi tout recemment s\ la paix, 
et je crois que par ce motif il s'est rcftise aux insinuations 
tres reelles qui lui ont ete faites par Duinouriez de rentrer dans 
le ministere. 

Les Jacobiiis sunt divises. Robespierre est pour la paix et 

19* 



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- 308 - 

son parti, quoique assez faible, y est en guerre, ouverte avec 
la faction de Bordeaux. Je vous dirai, puisque j'en suis ii 
parier de M. de Narbonne qu'il va se rendre ä l'armee et que 
son projet est de ne s'y occuper que de son metier, dy etre 
bien pour le roi et de rentrer dans neuf mois dans le ministere. 
II regarde les Lameth comme aneantis 

C'est l'eveque d'Autun qui a fait nomraer M. de Chauvelin . . . 
arabassadeur en Angleterre. II ne sera que son prete-nom. 
II va partir lui-meme. II ne manquerait :\ revequc d'Autun 
que d'etre lie avec ce ministere tout aussi ctroitement qu'avec 
l'ancien. Voila le caractere de toua les liomraes a argen t. 

Je vais maintenant vous faire part de quelques reponses 
que j'ai reeues par ecrit ä cette question: que pensez-vous de 
la lettre de Kaunitz? 

Duporl et son parti: II ne faut pas tont-a-fait loner la 
reponse du roi de Hongrie; mais les patriotes doivent faire 
ressortir avec force et avec adresse comme par exemple avec 
gaiete que le miuisterc etant jacobin, c'est a lui que l'Europe 
declare la guerre et que les Jacobins vont eraploycr les troupes 
francaises pour soutenir leur cause .... 

Montmorency, c'est-a-dire Narbonne: La reponse de Vieune 
mc parait plus guerroyaute que la dcrnierc et Test certainement 
asaez pour nous inquieter sur les foliea de notre uouveau mini- 
stere. La phrase patriotique dont Dumouriez a accompagne 
la communication ne me parait pas rassnrantc. II y a dans le 
refus absolu de desarmcmeut et dans la declaration que le 
concert snbsistera et dans Pappel positif ä la partie sainc et 
principale de la nation plus que dans le premier Systeme in- 
diqiie par Leopold 



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- 309 - 



XVI. 

Pcllenc an Lamarck, Paris, den 2. April 1792. 

L'on ne connatt pas encore parfaitemeut le nouveau Systeme 
du ministere. M. de Grave ne veut pas la guerre; il dit meme 
qu'il donnera sa demission. Dnmouriez dit aussi qu'il ne la 
veut pas. C laviere liesite. La Coste ne prend aucune couleur 
et Roland est un sot. On intrigue beaucoup autour du mini- 
stere sur cette question. On voudrait pour cet objet et pour ce 
seul objet y etablir une majoritö et une minorite; et cette in- 
trigue part des membres de l'ancienne Asscmblce. Lea meines 
hommes voudraient, quelque parti que prenne l'Assemblee, que 
le roi ne fit pas la proposition de la guerre et que, si eile est 
votee par un decret, il refusät de le sanctionuer. Iis pretendent 
que la majorite de TAssemblee pour la guerre ne serait pas la 
majorite de la nation. Ce qui est singulier, c'cst que la plupart 
des hommes qui tiennent ce langage seront dans l'armee; et si la 
guerre a lieu, ils la feront par iusurrection. Iis auront, disent- 
ils, des tribuues ä la tete des regiments. Le vobu de l'Assem- 
blee n'est pas mieux connu que celui des rainistrcs. Quant 
aux Jacobins de peu s'en est fallu que Robespierre y fit passer 
une adresse ä tontes les societes affiliees pour les provoquer 
a donner leur voeu pour la paix. Quant aux generaux ils pcn- 
sent toujours ä peu pres de meme, si ce n'est que La Fayettc 
est plus port6 a la guerre qu'il ne Tetait. En voici les motifs. 
D'abord il s'est Ii6 avec Dumouriez qu'il avait lui-meme pour 
le Brabant; 2° il a obtenu que son armee serait amelioree, et 
en eflFet eile est beaucoup meilleure aujourd'hui; on lui a donne 
de raeilleurcs troupes et de meilleurs officiers-generaux; 3° on l'a 
flatte en lui faisant envisager la perspective do la conquete de 
la Hollande. Dans cette vue it s'est fait donner le comman- 
dement de Oivet. La principale force vient de M. de Fleury 
qu'on dit tres-liabile. M. de la Tour-Maubourg commandera 
son avant-garde; cependant M. de la Fayctte sait et dit lui- 
meme que plusieurs ofliciers passeront de l'autre cöte et que 



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- 310 - 



plusieurs corps de gardes nationales ne tiendront pas. Voici 
deux faits qui vous «Honneront et dont je suis snr. M. de La 
Fayette a deja recu l'ordre d'entrer par Givet et de marcher ä Liege; 
dans le meme temps M. de Wittgenstein entrera d;iti9 la Savoye. 
C'est la le dernier plan d'attaque arrete. On l'a prefere, parce que 
d'un cote on espere prendre Liege avant l'arrivee de l'armee de 
Wesel, et on sera soutenu ä Liege par les habitants. D'un autre cote 
on croit que les 6000 Savoisicns qui sont sur les frontieres ne 
pourront pas resister et on espere encore qu'on y sera seconde 
par les habitants. Et, dit-on, si ces deux premiers coups de 
main reussissent, et que rinsnrrection des peuples commence 
ainsi a deux bouts opposes, la commotiou pourra s'etcndrc plus 
loin et causera beancoup d'effrui. On croit que ces deux coups 
seront portes avant qu'on soit en etat de les parer. Cependant 
quelques personnes pensent qu'il y a un traite secret entre les 
8uis8es et la Savoye, et certainement, si les Suisses s'en melaient, 
M. de Wittgenstein n'aurait pas beau jeu. Cenx qui sont per- 
suades que la guerre aura lieu par le fait du ministere francais, 
ajoutent que M. Dumouriez a des intelligcnces en Prusse, et ils 
remarquent ä cette occasion que M. Brissot n'a jamais attaque 
cette derniere puissance; ils ajoutent que M. Dumouriez a eu 
des liaisons avec Van der Noot et qu'il n'oubliera lien pour 
desorganiser le Brabant. 

Au reste les Lameth , quoique mis presque ä terre. font 
des efforts en tout sens pour detourner la guerre. Iis preten- 
dent qu'elle occasionncra un massacre dans tout le royaurae et 
que. si nous avons des revers, le parti de Robespierre, qui ne 
veut pas la guerre aujourd'hui, persuadera facilement au peuple 
que le roi seul, dont on aura servi par le fait les interets, en 
aura etö la cause. Iis font sur cela mille raisonnements. C'est, 
disent-ils, le parti d'Orleans qui domine, car l'abbe Sieyes n*a 
jamais quitte ce parti; Petion non plus: il dine toujours ä 
Mousseaux. Sillery ne quitte pas les Jacobins et les fautes de 
la guerre ameneront un conseil exöcutif. On en viendra la 
d'autant plus facilement que ce ministere avilira et affaiblira 



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— 3J 1 — 



de plus en plus la Cour, en fortan t la nomination d'un gouver- 
neur du dauphin, en faisant 61ire par le peuple les commissaires 
de la tresorerie, en faisant reelire tous les juges du royaume 
etc. Voilä ce qu'ils disent. Iis voudraient donc que le roi 
s'opposat a la guerre, mcme contre son miuistere et contre 
toute l'Assemblee, et quand on leur dit: mais comment le roi 
pourra-t-il rester en Opposition avec des ministres populaires, 
ils repondcnt liardiment: le roi ce jour-la devra les chasser; il 
a obtenu d'eux ou ä causo d'eux l'installation de sa garde, 
c'est le seul bien qu'ils pussent lui faire. Le roi resistera donc 
aussi ä l'Assemblee! mais d'oü lui viendra sa force? ils repli- 
quent a cela que f Opposition de la nation est assez evidente; 
que le roi a dejä fait un pas vers l'ccliafaud comme le roi 
d'Angleterre autrefois en abandonnant Delessart; que la faiblesse 
perd les rois; qu'on dit dans les provinces: le roi ne fait rien, 
donc il est inutile etc. II y a dans tout cela du vrai, du faux 
et surtout de l'exagcre; d'ailleurs c'est supposer le roi autre 
qu'il n'est. En parlant de la reponse du roi de Hongrie aux 
requisitions de M. Delessart les memes personnes disent qu'il 
devrait repondre en peu de tnots: vous 6tes des fous et vous 
nie faites pitie; ce n'est pas la nation qui me declare la 
guerre; je ne la fcrai donc pas; et certes ce n'est pas moi qui 
dois la craindre. Vous rc^arderez sans doute cela comme une 
folie; les memes personnes ont la bonue foi d'ajouter que pour 
tenir ce langage il faudrnit rtre cent fois prepare. Elles ne 
sont plus aussi sfires de M. de La Fayette qu'elles le croyaient. 
Voilä pourtant nos hommes les plus forts; et cette dcraison, 
car il y en a beaucoup dans tout cela, est toute leur sagesse. 

Quant aux emigres voici ce qu'on en dit ici. Les gens 
müderes y sont en horreur; Hergasse par exemple y est abhorre. 
Le parti de d'Entragues y domine. II veut les Etats-gcnöraux 
de 1614. M. d'Artois veut aujourd'hui entrer; il en est :i 
l'ancien regime tout enticr. Les parlementaires plus riches en 
gencral (jue les autres sont presque tous revenus. Ces gens-la 
raalgre leur faiblesse sont capables d'un coup de tete .... 





— 312 — 



Le garde-des-sceaux sera vraisemblablement decrete d'accu- 
sation; il y a unanimite contre lui dans 1c coraitc qui doit 
rapporter cette aflaire. 



xvu. 

Pellenc an Lamarck, Paris, den 3. April 1792. 

L'abbä Sieyes a une grande influence sur Dumouriez et 
par lui sur tout le ministere; cela est un de ses plus grands 
inconvenients, et je suis perstiade que par cela meme le ministere 
aura plus de peine ä se soutenir. Dumouriez et ('laviere sont 
tres Contents de la Cour; roais je crains que Dumouriez ne fasse, 
sans le vouloir peut-etre, des inconsequences. II a dit par 
exemple au comite diplomatique qu'il craignait que le roi tient 
une correspondance secrete avec Vienne; et comme, a-t-il ajoute, 
on n'est pas mattre de ses premiers mouvements , j'ai cru 
apercevoir que le roi connaissait deja la reponae de Kaunitz, 
quand je la lui ai montree. Voilä du raoins le propos qu'on 
lui attribue. 

La garde du roi est violemment attaquee; eile Test au 
point qu'on risquera au premier jour de forcer lo roi a la 
remplacer. II faut convenir que le choix de M. de Brissac est 
detestable. Voici le veritable etat de l'opinion. Le parti de 
Robespierre dans les Jacobins est contre le nouveau miniRtere, 
et ce qu'on appelle la montagne dans l'Asserablee suit la mome 
ligne, c'est-a-dire est du parti de Robespierre. II y aura donc 
lä un genre de roinorite auquel on ne s'attendait pas. Petion 
est plus pour Robespierre que pour tout autre parti; mais il 
ne s'est pas encore bien prononce. Le parti de Robespierre 
dit que c'est la reine qui vent la guerrc et qui pousse les 
puissances. Cette idee prendra par une raison fort simple, 
c'est que ceux-la meme qui veuleut la guerre sontiennent que 



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_ 313 - 



les pDissances nous la declarent par leur conduite. Ce Systeme 
commence :\ faire des progres et fera certainement naftre 
beaucoup de dangers. On dit que M. Dumouriez voulait s'opposer 
ä la fete dea soldats de Chäteauvieux et que M. I'abbe Si6ycs 
lai dit: „ne voas melez pas de cela!" 



XVIJI. 

Mercy an Kaunitz, Brüssel, den 17. April 1792. 

La note ci-jointe tne vient de la reine, et pour me dispenser 
de mettre cette pioce en chiffre, j'ai change los phrases, qui 
roarquaient la source, d'oü elles viennent. J'ai de nouveau 
fortement insiste sur unc response au Biijet de la Convention a 
fixer pour les refournissements des depenses que notre Cour et 
celle de Berlin pourraient faire dans ces conjectures; j'ai 
observe, corabien le silence des Tuileries a cet egard est 
deplacc. 1 ) 

Depuis quelque temps les nouvelles de Paris ne parlent 
que de la fermentation occasionnce par un projet de fete a 
donner ä des soldats du regiment Suisse de Cliäteauvieux, con- 
daranes aux galeres et ensnite absous par f Assembler nationale. 
Toutes les fcuillcs publiques sont remplies de ce qui a trait a 
cette ctrange idee, et Votre Altesse en connait certainement les 
details. Cette afFaire, qui ne doit etre qu'extravagante est liee 
ä un autre objet plus interessant, celui d'effectuer une d^nonci- 
ation contre M. de La Fayette. L'importance de cette denonci- 
ation et l'ophiiatrete que Ton raet a la föte, comme devant 
favoriser ce projet, peuvent occasionncr des secnes bien dange- 
reuses dans la capitale: on a lieu d^tre ctonne du courage et 



') Die einleitenden Zeilen zu dein ira folgenden aufgeführten Briefo 
Mario Antoineltes sind im Originale chiffriert. 



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de l'audace que les chefs de cette trame montrcnt dans uue 
occurence aussi hazardeuse. La ville d'Arles est en partie 
d6vastee; les priaonniers d'Avignon sont elargis; le fameux 
Jourdan a ete porte comme en triomplie dans la premiere de 
ces villes; on croit qu'il sera appelc a Paris. A cette compli- 
cation de scandale et d'horreur se joignent les eflorts mani- 
festes des chefs factieux pour dccider une gnerre au dehors; 
il y a donc une cliaine invisible ä cet etrange Systeme, qui 
semble conduire k une seconde revolution, a laqnellc peut-etre 
on tonclie de si pres qu'il sera tres difficile de l'eviter. Le 
but de cette seconde revolution est sans doute darriver ä une 
Constitution rcpublicaine; dans ce cas on ne pourrait calculer 
les dangers auxquels le raonarque franeais et sa famille se 
trouveront exposes. Les apprets snr la frontiere semblent indi- 
quer une explosion prochaine; quelques avis portent que M. 
Dumouriez pourrait quitter sa place ministerielle et Commander 
une armee; on presume qu'en cc cas il aurait M. de Narbonne 
pour succcsseur au departement des affaires etrangeres; mais 
il n'y a rien que de tres vague dans de pareilles conjecturcs, 
quoiqu'ellea ne puissent tarder ä s'eclaircir sous leura differents 
aspects." 



XIX. 

Pellenc an Laniarck, Paris, den 14. April 1792. 

Tous les dcbata rclatifs a la fete des Chateauvieux sont 
enfin termines. II y a plusienrs Conferences sur cet objet entre 
le departement et la municipalite, et il a ete convenu que la 
fete serait appelcc la fete de la liberte; qu'il ne serait pas 
question des soldats de Chateauvieux; qu'il n'y aurait point de 
place distinguee pour eux; qu'il y aurait un cliar, mais que ce 
char ne porterait que la statue de liberte; qu'il ne serait fait 



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— 315 — 



Bur l'autel du chämp de Mars aucune purification , aucune libation, 
aucune brfilure d'encens, de peur que la garde nationale ne 
s'imaginat qu'ou vonlut purifier cet autel que les factieux preten- 
dent avoir etc sonille par les coups de fusil tires l'annee dernifcre. 
D'aprcs ce plan les comtnandants des bataillons de la garde 
nationale ont promis que la fete ainsi raodifiee ne serait pas 
troublce. Maintenant me demanderez-vous, pourqnoi la munici- 
palite a cedc? Je vous repondrai; parce que la garde 
nationale presquo toute entiöre etait decidec, dit-on, a garnir 
le champ de Mars et ä cbasser les fetes et les feteurs a coups 
de canon. Et si vous voulez encore savoir pourqnoi le departe- 
ment a cede en connaissaut ces dispositions, je vous dirai: 
parce que le departcment a cru reraporter un assez grand avan- 
tage sur la municipalite en la forcant de retrograder un peu et 
qu'il a voulu reunir ce succes avec sa popularitc. Dans le fait, a qui 
restera favantage? cela n'est pas douteux Selon moi: ä la muni- 
cipalite et aux Jacobins; car dans tous les departements cette 
fete sera celle des CliAteauvieux et dans l'liistoire aussi. Une 
frte modifiee n'en est pas moins une fete. Cela pourtant vaudra 
beaucoup mieux que des coups de fusil qui auraient frappe sur 
le peuple et non sur les coupables s T il y en a. 

On dit que M. Dumouriez est toujours plus erabarrassö sur 
la conduite qu'il doit tcnir et qu'il ne s'attendait nulleinent ä 
une part aussi active du cdtr- de la Prussc. Dien veuille quo 
cet embarras nous conduise a la paix. On dit qu'il cache depuis 
quelques jours une reponse du roi de llongrie. II y a un ex- 
cellent article dans un des derniers „l'atriotes fran^ais" sur les 
motifs que donne M. Brissot pour rendrc probable l'existence 
du traite du 18 fevrier cntre les Conrs de Vienne et de 
Berlin 

L'eveque d'Autun a une certaine iufluence sur le nouveau 
ministere, mais il ne la conscivc qu'en tont approuvant, et la 

rentree de M. de Narbonne est peut-rtre son veritable but 

J'ignore si les arrangements qu'on a pris pour la feto des 
Cbateauvieux cmpecheront la deuonciation de M. de La Fayette. 



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- 316 - 



Je ne le crois pas, mais en supposant que cette denonciation 
ait licu et que l'armee de cet homme le sootienne, cette circon- 
stance pourrait le placer bien haut. C'est un probleme de 
savoir ce qu'eat cet homme et ce qu'il aera; et Payne, qui 
vient de faire un traite ex profeaso sur ia republique, dit nette- 
ment de lui: nou8 aommes d'accord sur lea principes; nous ne 
differons que aur le moment de l'application. On croit que, ai 
la guerre a lieu et ai lea troublea continuent dans le royaume, 
l'AsBerablee irait a'6tablir dan8 le midi et y entratoerait le roi; 
car on ne peut pas 8e di88imuler que la Normandie et la Bretagne 
ne sont pas aussi bien disposees pour eile. Ce projet n'a pas 
la moindre vraiaemblance et ceux qui cn parlcnt ne connaissent 
pas la rentable aituation des provincea meridionales. On con- 
tinue d'attaquer tres vivement la reine, la liste eivile, M. de la 
Porte et la garde du roi. Le ministere est encore stagnant et 
ne se prononce aur rien, et la conduitc 8oit des Jacobins, soit 
de l'Asserablee ä aon egard n'est pas non plus parfaitement 
connue. II n'est pas etonnant dans l'etat oü nous sommes que 
chacun soit embarrasse de la conduite qu'il doit tenir; ce qui 
me surprend, c'eat de voir le parti vermoulu de 89 faire tant 
d'effort8 pour corabattre les Jacobins. II me semble que si 
j'avais ete ä la tete d'un parti, j'aurais etö bien aise qu'un 
autre parti vint me delivrer d'une responsabilite dontje n'aurais 
pu me tirer mqi-raeme. Je ne pardonne qu'a un seul homme 
d'attaquer les Jacobins, a celui qui pourra dire: qu'on me laisse 
faire, j ai des moyena BÜra de tout reparer; mais que cet homme 
se presente! 



XX. 

Pellenc an Laniarck, Paris, den 16. April 1792. 

II ne s'est passe hier aneun düsordre; mais la fete ^tait 
une triste choae. Un asaez grand char 6tait traine par vingt 
. chevaux de charrettc; au-dessus une statue de la Hberte avec 



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un bonnet h la main. Trois ou quatre cents personnes suivaient 
le char; c'etaient ou des ouvriers ou quelque cliosc d'approchant. 
Venaient ensuite quelques groupes formant en tout douze ou 
quinze cents personnes. On y portait quelques bustes et nn 
oratenr dans chaque groupe a'arretait de temps en temps pour 
declamer contre La Fayette. Cette troupe s'applaudissait elle- 
meme et donuait le signal de l'applaudir. II y avait une grande 
affluence dans les rues, on ce spectacle devait passer, raais de 
la curiosite et point de joie. On n'a remarque nulle part ni 
les Jacobins, ni les Chateaiivieux; tout cela etait confondu. On 
aurait pu compter antour du char ou dans les groupes environ 
300 personne« ayaut des habits de garde nationale. On y a 
vn aussi deux hommes ä croix de Saint-Louis et un pretre 
Armenien. Les gardes nationales etaient toutes rassemblees, 
c'est-ä-dire chaque bataillon dans son quartier. Les fßteurs se 
sont arretes ä la Bastille et y ont dfne. On a ensuite conduit 
le char au champ de Mars, d'oü on est revenn aux Champs- 
Elisees. A dix heures un quart je Tai rencontre aux bains 

Chinois 

Notre position est tonjours la meine. Elle tient surtout ä 
ce principe que les meneura actuels se sont trop avances pour 
pouvoir jamais parier de repression, d'ordre public, de respect 
pour les autorites, de maintien de la Constitution. Que d'un 
autre cöte ils sont assez habiles pour reconnaitre que le royaume 
ne peut plus etre sauve que par un Systeme qui non seulement 
n'est pas le leur, mais qui est cclui de leura ennemis, je veux 
dire des Feuillants, de l'Assemble Constituante, des Lameth, si 
tonte-fois ce Systeme et aucun Systeme peut nous sauver. Ainsi 
on est place dans cette alternative: si le bon ordre se retablit, 
ce n'est pas le Systeme jacobin, qui l'aura empörte; et si le 
Systeme jacobin l'emporte, Tanarchie ira toujours en croissant. 
Les intentions de tous les partis seraicnt egalement bonnes que 
ce resultat serait le mC'me; car les jacobins se trompent en 
preuant trop de confiance au peuple livre üt lui-meme: ils ne 
comptent pour rieu les passions. La position des Jacobiiis doit 



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— 318 — 



done les porter ä desirer la guerre, car la guerre est capable 
de couvrir bien des fautes et de faire preudre le change sur les 
causea des evenements futurs 



XXI. 

Mercy an Kaunitz, Brüssel, den IG. Mai 1792. 

Postscriptnm: 
„Ma depcclie etait ecrite lorsqu'il est arrive un personnage 
se disant eharge de la part de M. de La Fayette de quelques 
ouvertures ä faire au Gouvernement General relativement a 
l'etat präsent des choses. Cet emissaire, qui est un ex-jesuite 
nomine Lambiuet, connu ici pour y avoir fait ci-devant un assez 
long sejour et y avoir meme ete employe a la redaction de 
quelques brocliures sur les affaires du temps, s'est d'abord 
adresse ä M. le chef-presideut de Crumpipen, eitsuite au secre- 
taire d'Etat baron de Feltz, finalement il est venu nie trouver, 
en m'annoncant le desir qu'avait M. de La Fayette d'etre in- 
forroe du Systeme de notre Cour relativement ä la Constitution 
francaise; que si Tintentiou du roi apoatolique n'etait pas de 
la detruire en entier, de faire directement la guerre a cette 
Constitution et de dicter la loi a la nation francaise en ce qui 
regarde ses arrangements Interieurs, alors lui, La Fayette, 
d'accord avec M. de Kocbambeaii, porteraieut toutes leurs vues 
et leurs efforts contre le parti factieux (|iii desole la France; 
quils s'occuperaient uniqueinent des rooyens de retablir l'autorite 
royale daus toute son etendue constitutionnelle; que des-lors 
les hostilites cesseraient contre nous et feraient place an retour 
de la bonnc harmonie qui a snbsistö ci-devant eutre les deux 
Cours. 1 ) 

') Ausführlicher beruhtet der Ministor Metternich in einem Schreiben 
vom 17. Mai an den Prinzen Kcuss, den fJsterrcichisehen Gesandten in 
Berlin, Ober die Auftrage Lambinets; er schreibt: „ltiterpelle a s'explWjuer, 



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j'ai repondu ä ce negociateur de maniere ä Tecondaire sur 
le fond et la forme de son etrange mission, en lui observant 
que la gnerre la plus injuste etant formellement declaree au roi 
apostolique il n'appartenait qu'ä S. M. seule de s'expliquer sur 
les incidents divers qui auraient trait ä cette guerre; que saus 
doute ni le Gouverueraent General, ni personne attache a 
l'auguste service ne se perniettrait d'entrer en discussion sur 
cette matiere; que le Systeme de notre Cour relativement aux 
affaires de France se trouvait si clairement euonce dans les 
derniers offices ministcriels auxquels il a donne Heu que l'ou 
ne pouvait avec vmisemblance sitnuler des doutes a cet egard; 
qu enfin apres les hostilites commeneees par la France les cir- 
constances avaient pris uue forme decidee, ä laquelle rien ne 
pouvait etre cliangc que dans un parfait aecord entre les Cours 
de Vienne et de Berlin, auxquelles tout genre de negociatiou 
quelconque sur cette matiere devait etre directement adresse. 

l'abbe Lambinet a dit que si S. M. A. voulait donner une declaTation 
portant que son intention n'etait pas de se mßler de la Constitution de 
la France, ni du sqrt des emigres, lo general Lafayette u la töte de 
son armee niarcherait dans ce cas-h\ sur Parif», y aneantirait le parli 
jacobite et y rötablirait le roi dans la plenitude de l'exercice des droits 
que la Constitution lui donne. L'abbe y a ajoute que M. La Fayette 
etait d'aecord ä cet egard avec la plupart des generaux de 1'anuee 
francaise et que, si le roi de Hongrie voulait donner la declaration dont 
il s'agit, son plan i'tait, apres avoir fait la preiuiere Operation mentionnee 
i i-dessus : 

de rappeler les princes et les emigrös; 

d'assurcr a Monsieur la regenco Eventuelle du royaume et aux en- 
fants du comte d'Artois In suecession eventuelle au tröne; 

de retablir la noblesso, mais sans exemption, ni Prärogatives aueunes; 

de ne pas retablir le clerge dans ses biens, ni dans son existence 
civile et politique; 

de tenir les parlenients supprimes et de les faire n>inplacer par des 
cours de justice, forniees dans Tesprit de la Constitution; 

de recomposer l'artnee et du supprimor la garde nationale; 

de retablir les emigres dans leurs biens. 

L'abbe a parle en outre d'armislice dans la supposition toutefois que 
la declaration iu question eut lieu. - 



320 — 



L'abbe Lambinet n'a replique ä ces remarques que par des 
propos vagues; il n'a point vu le ministre plenipotentiaire et il 
est reparti pour Givet. 

Une tentative auaai hazardee est aaaez dana la tournure da 
caractere astucieax de M. de La Fayette. II peut s'y etre deter- 
roine par diflferents motifa: 1° par un trea grand embarras pro- 
veoant de la desorganiaation de 8on armee et de la penurie de 
ses ressources; 2° par Pidee d'endormir notre aurveillance a la 
veille de quelque attaque meditee; 3° fuialement par le projet 
d'exciter des mefiances a la Cour de Berlin et d'y faire un 
usage dangereux des reponaea que Ton inventerait facilement a 
la 8ii ite d'ouverturea semblables. Cette derniere reflexion m'a 
porte a propoaer a M. le comte de Metternich d'inforraer aur-le- 
champ M. le prince de Reusa de ce qui vient de se passer ici, 
et le ministre plenipotentiaire m'a paro decide a prendre cette 
meaure de precaution. 1 ) 



XXII. 

Mercy an Kaunitz, Brüssel, den 80. Mai 1792. 

Par une note que M. de Blumendorf m'a apportee 2 ) la 
reine de France me fait savoir que l'abbe Louis, connu par 
d'autres miaaiona semblablca, viendra rae trouver incessamment. 
Cet abbe est employe par le parti des Lameth et Duport; leurs 



') Vivonot N, 58/59. Hier beantwortet Kaunitz die Not« Mercys 
vom 16. Alni und stimmt seiner Meinung, dass die Antrage Lafayettes 
abzulehnen seien, vollkommen hei. 

-) Herr Professor Lenz machte mich gOtigst darauf aufmerksam, dass 
die oben erwähnte Not*, deren Ueherbringer Blumcndorf war, mit dem 
Briefe Marie Antoinettes identisch ist, dem Herr v. Arneth in seiner 
Publikation (S. 194 f.) versehentlich das Datum des I. August 1791 
gegeben hat. 



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— 321 - 



vues tendent ä un arrangement dont la base 'serait l'etablisse- 
ment de deax chambres, c'est-ä-dire la forme rapprochee du 
gouvernement anglais. La reine menage ce parti qu'elle croit 
lui etre utile; mais eile repugne au Systeme qu'il propose, et 
par la il est visible que les Tuileries se livreut a l'espe>ance 
d'un retablissement des choses sur l'ancien pied. La reine de 
Frapce desire que j'ecoute l'abbe Louis; que sans fronder son 
projet, je lui fasse des objections et que je lui marque de l'in- 
certitude sur l'opinion qui en aura le roi apostolique. Je ne 
presume pas que lc parti des Lameth soit en force de faire 
prevaloir son Systeme, ni en disposition de le rendre bien favo- 
rable ä la royaute. Cependaut ce projet se rapprocherait assez 
des convenances generales de TEurope. II faut entendre le 
negociateur pour juger de ce qu'il aura ä dire et j'en rendrai 
compte sur-le-champ. 1 ) 



xxm. 

Pellenc aa Laniarck, Paris, Ende Mai 1792. 2 ) 



II y a bien longteraps que je ne vous ai ecrit; c'est je 
crois depuis le 30 (avril), et j'ai eu plusieurs motifs. Je n'ai 
pas su d'abord, si les lettres passaient ou ne passaient pas, et 
quoique j'aie re?u votre lettre du 1 M (mai) et ensuite celle du 
10, cette preuve n'etant que d'un cöte me paraissait insuffisante. 

') Der Abbee Louis bnt schliesslich die Sendung nicht Übernommen. 
Am 7. Juni schreibt Marie Antoinette an den Grafen Fersen: „Co n'est 
pas l'nbbu Louis qui part; je ne sais pas le nom de celui qui le remplace." 
(Fersen II, 295.) Statt dos Abbco haben die Fcuillants später einen 
gewissen Müssen de Saint-Amand mit der Mission betraut. Vgl. No. 32 
dieses Anhangs. 

l ) Bei diesem Rrief ist nur das Empfangsdatum, der 2. Juni, ver- 
merkt. Auf der Abschrift im Wiener Archiv steht : Copie d'une lettre 
de Paris, rec,uc lo 2 Juin 1792. 

GlHgau, Die franst. I^ginlativ«». 21 



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Enauite qnoique rien ne soit plus innocent que la correspondance 
que j'aie eue quelquefoi6 avec voug, j'ai voulu m'interdire meme 
le plaigir qu'elle me faiaait dang un temps, oü le aoupcon de 
trahiaon est dans tous leg creura et la denonciation dang toutea 
leg bouches. La guerre prend ici trea evidemment le caractere 
de l'egprit de parti, et cela est un treg grand malheur sous 
plugieurg rapportg; car ce» diaaensiona interieurea, malgre. leg 
puiasanta raotifg qui devraient noua reunir, sunt capableg d'achever 
la deaorganiaation de notre armee; or, de lä il arrivera qae, ai 
noua eprouvona dea revera, le parti qui dirige la guerre aura 
interet de chercher dana l'interienr la cause de aea revera; leg 
victimeg lni aeront neceaaairea pour 8e aauver lui-meme, en 
dotmant le change ä l'opinion publique; et des victimeg ne- 
cegaaireg ne manquent jaroais. Si ce parti au contraire egt 
vainquenr aur lea frontieres par leg generaux qui lui gont plug 
particulierement devoueg, alors il est fort douteux, si le gucceg 
de nog armes ne aera pag un echec de plua a la royaute. 

Lorsqu'on fit un ministere jacobin et que le roi lui declara 
ne vouloir rien decider que par aa majorite, je regardai cet 
etat dea eboses comme la aeule chance aur dix mille, avec 
laquelle la guerre put etre commencee 8ana danger pour la 
Cour, c'est-ä : dire avec le moindre danger possible. L'evenemcnt 
a bien prouve que j'avaia raison, car si noa revera fnasent ar- 
rives sous un ministere qu'on efit pu croire devoue au roi, 
ontre que toua les ministrea auraieot ete envoyea ä Orleans, la 
Cour aurait ete regardee comme leur complice. En effet, meme 
dana l'etat actuel dea choaea, lea aoupeona sunt portes juaqu'a 
eile. On a dit que Ic roi avait garde lea inatruetiona daua aa 
poche peudant 8ix heurea et que dc8 courriera lea avaient 
precedees. Une partie de Paria a cm pendant quelques heurea 
que Dumouriez avait fait pleurer la reine en lui montrant une 
de aes lettrea. Lea jouniaux qni aont dana le seng du ministere 
ont voulu prouver de mille maniereg que lea ennemis avaient 
connu nos plana d'attaque; enfin on n'a cea8e de parier depuia 
lora d un pretendn Comite autrichien. 



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- 323 - 

Dans une pareille Situation voua trouvcrez sans doute 
extraordinaire que des hommes qui ont quelque reputation de 
force et de talent fassent toos leurs efforts pour renverser et 
les Jacobins et le ministere — c'est-a-dire que ces hommes qui 
ne savent rien caiculer et qui ne prövoient pas l'avenir cher- 
chent ä renverser la seule barri6re qni puisse diminuer les 
malheurs de la guerre. Iis devraient se croire fort henreux 
que les ministres actuels reuillent continuer de rester en place; 
car s'ils n'y etaient pas, qui voudrait leur succedcr? En l'etat 
on est le royaume, qui voudrait prendre la responsabilite de le 
sauver? On aurait bean changer de ministres, notre armce n'en 
Berait pas roieux disciplinee, ni nos finances en meilleur etat; 
on devrait donc s'attendre aux meines revera. Or, je demande 
si les perils du roi ne seraient pas plus grauds avce des 
ministres qu'on ponrrait lui croire devoues. Queis sont d'ailleurs 
les motifs de ceux qni attaquent les ministres? Iis ne voulaient 
pas la guerre; mais aujourd'liui qu'elle est declaree, tonte 
reflexion ä cet egard est inutile. Iis ne voudraient qu'une 
guerre defensive; eussent-ils eu raison, cette reflexion ne sert 
plus k rien. Mi-me dans leur Systeme que je d6sapprouve, ces 
censenrs du ministt'ie devraient laisser les revers ä ceux dont 
ils pretendent que le plan les a causes; car aujourd'liui, en se 
retirant, les ministres ponrraient dire: nous n'avons pn achever 
et justifier notre ouvrage; et dans six mois s'ils n'ont pas de 
sncce8, cette excuse leur manquera. Ce quo je dis du ministere, 
je polirrais le dire des Jacobins; car il n'est pas vrai precise- 
ment que les Jacobins soient les auteurs de tont ce qui arrive. 
Les Jacobins sont cflet et cause. Iis n'existeraicnt plus que 
nos maux en grande partie existeraient encore; il faudrait seule- 
ment en chercher la cause ailleurs, et peu de gens seraient 
d'aecord snr le resultat de ce nouvel examen. Ceux-la roeme 
qui attaquent les Jacobins avec le plus de force devraient, s'ils 
etaient consequents, trouver deux graiuU avautages, ä les laisser 
tranquilles. Le premier, c'est qu'ils offrent un but, coutre 
lequel a tort ou avec raison chacun hnira par diriger ses 

21* 



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324 — 



plaintea; le aecond, c'eat qu'on est veritableroent redevable a 
la haine con^ue contre les Jacobius du peu d'esprit public qu'il 
y a encore ä Paria. II n'y a d'eaprits moderes que parce 
qu'il y en a d'excessivement foua. Lea propri£taire8 ne ae 
reuniaaeut que par lea craintes que cette societe leur inapire. 
La garde nationale n'eat dana un bon aena que parce que lea 
Jacobina ont voulu ae creer une armee de piquea. Knfin la 
Cour eat beaucoup plua en sfirete par cela seul que ce aont lea 
Jacobin8 qui l'attaquont. Je pourrais pouaaer plua loin ce8 
detaila, maia cea preuvea nie paraisaent süffisantes. 

D'oü vient donc qn'on cherche a renveraer lea Jacobina? 
cela s'explique aiaement. Je voia dana ce combat troi8 aortea 
de peraonnea. üea imprudente qui ne prevoient paa l'avenir; 
dea poltrona qui ne voient que le danger present, peut-etre per- 
aonnel dont lea Jacobin8 menacent et qui, pourvu qu'ila en aoient 
delivrea, ac soucieut fort peu de aavoir ce que deviendra ce 
pnya; entin dea hommea qui croient que tous noa roaux tiennent 
a quelques lügers changementa dana la conatitution, defauts 
qu'ila imaginent pouvoir rendre sensibles au peuple en trea peu 
de temps, quand lea Jacobina n'existeronl plua. Vona voyez par 
la que cea derniera aeula ont un plan; maia ils s'abusent dana 
leurs eaperances. Iis viendraient a bout de convaincre la 
nation entiere que lea Jacobina doivent etre detruits qu'ila ne 
acraient paa plus avancea. La nation n'en est point encore a 
croire ä la necessite d'aucun changement dana la Constitution; 
et ai lea adveraairea des Jacobins, meme apres le8 avoir de- 
truits, proposaient un pareil Systeme, lea Jacobins renattraient 
le lendemain. 

Voua jugerez par ces detaila que ce ne aont paa lea ariato- 
crates qui attaquent lea Jacobina. Je distingue ceux-la en deux 
classes. Lea uns dßsirent une contrerevolution coraplete, et peu 
leur importe de l'obtenir par la ruine de leur pays. Les autrca 
voudraieut que la chute dea Jacobins fut nniquement le resultat 
de l experience complete du peuple; mais que cette experience 
fut teile qu'en renversant les Jacobina la nation exprimat en 



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— 325 — 



meme temps son vreu pour la paix et pour un nieilleur ordre 
de choses, de manicre que tout fut fini dans le meme temps. 
Dans ce Systeme la continuation de l'existence des Jacobins est 
evidemment n6cessaire, et leurs plus grandes folies doivent aug- 
menter les esperances des aristocrates dont je viens de parier. 

Je n'examine pas lequel de tous ces systemes est le meilleur ; 
raaiH je suppose pour uu instant les Jacobins dissous, qu'arri- 
verait-il? le parti des moderes croirait d'abord avoir triomphe, 
mais le lendemain ce parti ne s'entendrait pas lui-meme, parce 
qu'il ne pourrait pas se reunir; et je dis qu'il ne le pourrait pas, 
parce qu'on n'oserait pas detruire un club pour lui en substituer un 
autre. Au reste la discorde serait bien plus certaine, si ces gens-la 
pouvaient se reunir. Peu de jours apres, les moderes dont je 
parle croiraient n'avoir rien de mieux a faire que de parier du 
maintien de la Constitution, et ils iraient d'autant plus loin sur 
cet article qu'il» croiraient avoir plus de besoin de menager le 
peuple. Mais suivons cette progression. Nos troupes n'en 
seraient pas meilleures, ni les especcs plus abondantes dans le 
tresor public; nous serions donc exposes a des revers. Or, dans 
ce cas que ferait le penple cn voyant qu'il n'est pas mieux 
conduit par un parti que par l'autre? sea exces seraient bien 
plus ä craindre qn'aujourd'liui, en supposant que les Jacobins 
voulussent le pousser k la vengeance. II serait donc possible 
que les Jacobins reprissent tout ä coup leur cxistence apres la 
nouvelle de quelque grand malheur, et ils n'en seraient alors 
que plus redoutables. 

Mais s'il le faut, je mets de cote cette supposition pour 
suivre la conduite des moderes. Attendront-ils des raaux ex- 
tremes pour parier de paix ou pour proproser quelque change- 
ment dans la Constitution? mais dans ce cas je ne vois pas, 
pourquoi ils se liatent si fort d'attaquer les Jacobins. Oseront- 
ils faire bientot de pareilles propositions? ici je les arrete: ils 
ne Toseront pas: ils Toserout d'autant moins qu'ils scront forces 
ä plus de menagements; et si de pareilles propositions etaient 
prematurees, &i elles venaient d'un parti au licu de venir de la 



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— 326 — 



nation entiere et de sa conviction intime, une insurrection 
ecraserait les premiers faiseurs de la motion. 

Je reviens maiotenant au Systeme des aristocrates dontj'ai 
parle. Iis pretendent que l'exiatence des Jacobins n'exclut paa 
cette conviction de la raajorite nationale qui peut amener des 
changements utiles; au contraire, disent-ils, puisque cette con- 
viction ne peut etre fondee que sur 1 experience, eile sera plutot 
acquiae en voyant que les maux de Tetat ne font que s'accroitre, 
quoique le gouvernemeut soit place dans la main de ceux 
qui ont la plus grande reputation de patriotisme; d'ou il suit, 
continuent-ils, que si les Jacobins tombent plus tard, ils auront 
teile Dient perdu la confiance qu'ils ne pourront pas devenir une 
minorite embarrassante ; et que si pour rester les maitres ils 
sont les premiers ä composer, les chaugements en bien se 
feraient alors avec bien moins de secousse. Je ne m'amuserai 
pas ä prononcer entre ces differentes opinions; mais je me 
rappelte d'avoir dit il y a plus de huit mois que la Conr serait 
exposäe ä de grands dangers au moment oü les maux du roy- 
aurae seraient portes ä leur derniöre periode, parce qu'on cher- 
cherait ä les lui imputer plutot que de les attribuer a tonte 
autre cause. Or, c'est aujourd'bui que cette prediction com- 
mence a se realiser, et ce sont principalement les papiers 
devoues au ministere qui attaquent la Conr avec le plus de 
violence. Cette attaque a eu Heu merae dans PAssembl^e 
nationale, oü Isnard a dit que les Bourbons etaient une famille 
de parjures; mais qu'il importait fort peu qu'il y eut une goutte 
de sang de plus on de moins dans les veines du corps politique. 

Les dangers auxquels la Cour peut etre exposce doivent- 
ils entrer pour quelque chose dans tout ce que j'ai dit sur la 
question des Jacobins? je ne le pense pas ou plutot je suis 
persuadä que ces dangers seront beaucoup moindres tant que les 
Jacobins existeront; car si Tattaque est plus vive, la resistance 
ausai sera plus forte. II n'y a un grand parti contre les 
Jacobins que parce qu'il y a des Jacobins. Au reste parmi les 
personnes qui se declareut ouvertcment contre cette socicte, il 



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- 327 - 



en est qui ont un bat particulier. Les personnes craignent 
qu'en cas de revers considerables une portion de nos arraees 
debandcea no vienne se jeter comrae un torrent daus Paris et 
que les Jacobins ponr tenter une revolution conforme a leurs 
principes n'abusent de cette force dont bientöt eux-memea ne 
Horaient plus les maitres. Or, il est certain que ce malheur 
serait presque inevitable, s'il n'etait pas fonde sur cette fausse 
supposition que nous pouvous cprouver de grands revers. 
D'ailleurs la supposition admise, le resultat serait a peu pres le 
meme, soit que les Jacobins existent en chib ou non; il vaut 
mieux a tout prendre que le peuple ait des conducteurs publics 
que des chefs secrets; il nexistait ni clubs ni Jacobins le 
5 octobre. 

J'aurais dfi commencer par vous dire, pourquoi je vous 
communiquais toutes ces reflexions: c'est que depuis un mois les 
Jacobins et leurs chefa sont attaques avec la plus grande violence 
dans le petit nombre de papiers publics dont les Jacobins ne 
disposent pas; que d'un autre cote quelques individus se sont 
rais en töte de faire signer une pctition, soit a Paris, soit dans 
les departements, tendante a detruire cette societe, et Ton disait 
il y a quelques jours que les signatures de Paris etaient deja 
portees a 40000. Cette attaque est devenue encore plus vive 
lorsqu'on a vu que le parti de Kobespierre dans les Jacobins 
etait divisc avec la depntation de Bordeaux, qui conscrve, qui 
augmente meme tres visiblement sa superiorite dans l'Assemblee; 
en effet il s'est passe huit jours, pendant lesquels les chefs 
des Jacobins s'attaquaicnt a outrance dans tous les papiers 
publics; mais tout ä coup Petion par un discours prononce 
aux Jacobins a fait poser les armes aux deux partis sans pour- 
tant les reconcilier parfaitement. 

Un autre motif excitait encore l'attaque contre les Jacobins, 
c'est que cette societe avait reellement beaucoup perdu de son 
influence par la fcte des Chateauvieux, a laquelle la garde 
nationale s'etait montree tres contraire. Aujourd'hui la scene 
a change, car cette lettre a etc commencee depuis plus de huit 



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- 328 — 



jours, et je vous dirai bientöt la cause de ma lenteur a 
l'achever. Je ne vous dirai pas precisemcnt, pourquoi on a 
renonce" ä la petition. Je fattribue ä deux motifs. Premi6re- 
ment la difficulte de remplaccr les Jacobins par aucune iufluence 
utile dans l'etat ou nous sommes et avec le genre de guerre 
que nous avons entrcpris a frappc beaucoup de gens, ainsi que 
l'embarras et les dangers de prendre un ministure dans un 
autre sens , si celui-ci vcnait a etre rcnverse par la chute des 
Jacobins. Secondement en examinant de plus prös l'opinion de 
la garde nationale, on a dü voir qu'elle etait tout au plus 
divisee; qu'une partie restait unie aux Jacobius et que la 
majorite de son etat-major etait surtout attachue ä cette societe. 
Depuis cette epoque d'autres causes alors inconnues ont encore 
augmentä la force des Jacobina. La reunion operöe par Petion 
n'etait qu'apparente; mais tres recemment les succ6s de Guadet 
et de Vergniaud en faveur de Chabot, Razire et Merlin, pour 
faire envoyer ä Orleans le juge de paix LaRiviere, ont telle- 
ment acquis aux promiers la reconnaissance des Jacobins qu'ils 
sont plus que jamais les maitres de cette societe. Oet 6vene- 
ment extraordinaire a montre que cette societe, lorsqu'elle est 
reunie, est mattresse des deTiberations de l'Assemblee nationale, 
et alors tous les moyens d'attaquc contrc cette societe dis- 
paraissent. En eflfet la portion de la garde nationale que I on 
croit etre mal dispos£e contre les Jacobins obeira toujours ä 
tous les döcrets de l'Assemblee nationale quelqu'ils soient et 
ne fcra que son dcvoir, outre quo les Jacobins ont plus d'in- 
fluencc qu'ils n'en ont jamais eu sur le faubourg Saint Antoine, 
qui ne manque jamais de venir dans les occasions importantes 
ou provoquer un decret par une Petition ou remercier et f61i- 
citer l'Assemblee de celui qu'elle a rendu. II parait donc que 
le projet d'attaquer les Jacobins est a peu pres tombe; mais je 
ne serais pas etonne qu'on y revint par la crainte qu'on a des 
pretendus projets qu'on attribue aux cbefs de cette societe, bien 
plus qu'a la societe cllc-meme. On peut mrme etre tellement 
pousse par les evenements qu'il n'y ait plus qu'ä choisir, et 



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— 320 — 



ici revient bien cette maxime que la pire Situation ponr uo 
ßtat c'est lorsqu'une faction longtemps dominante n'a plus 
aucune issue. 

II faut (Tailleurs avec cette Assemblee regardcr les coups 
de tete comme une donnee de beaucoup de dangers imprävus. 
Je prends pour exemple le Comite autrichien. C'etait une grande 
resBource pour ceux qui dominent T Assemblee de laisser croire 
certains a cette chimere en se bornant d'en parier a 1'oreille 
et de faire inserer quelques articles dans les journaux; mais 
tont a coup deux anciens roinistres dänoncent cette accusation 
comme une calomnie. Un mandat d'amener compromet trois 
däputes; 1' Assemblee veut les venger; car toute l'assembläe per- 
manente a necessairemont l'esprit de corps; et des lors les 
meneurs perdent la tete; au lieu de laisser la chimere d'uu 
Comite autrichien couverte d'une voile, ils promettent de la 
demontrer. La demonstration n'a pas fait fortune; mais la 
cbim£re peut encore ötre ressuscitöe: 1° par des döcrets 
d'aecusation ; 2° par une Information livräe ä toutes les chances 
du faux temoignage et qui deviendrait je ne sais quoi. J'appelle 
cela un conp de tete des meneurs; et le roi dans le meine 
temps en a fait un et meme deux: 1° en faisant d6noncer ä 
l'accusateur public ceux qui parlaient du Comite 1 autrichien, 
tandis que deux deputes offraient d'en prouver l'existence, 2° en 
ddnoncant le maire de Paris , qui dans une guerre de plume 
finirait par 1 'empörter sur lui. Or, que peut-il arriver de tout 
cela? une explosion soudaine que personne ne serait plus capable 
d'arreter, c'est-ä-dire un grand coup de tete. Comme on craig- 
nait vendredi que la reine ne fut attaquee, il se forma des 
raasemblements considcrables; s'il faut en croire beaueonp de 
gens, un decret d'aecusation, si eile en etait l'objet, resterait 
»ans execution: mais les gens qui raisonnent ainsi ne prevoient 
que la resistance d'un moment. Iis ne voient pas qu'un seul 
decret non execute" par la resistance physique emporterait, si 
cette resistance etait dnrable, d'abord la guerre civile dans 
Paris, puis dans le royaume et la dissolution de l'Assemblee. 



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- 330 — 



Apre» avoir resiste la veille, il faudrait donc resister le lende- 
main et pour cela catnper autour du cbateau ; mais dans cet 
Intervalle le peuple resterait-it tranquille spectateur d'une r6si- 
stance ä laquelle l'aristocratie prendrait trop de part, pour qu'on 
ne la lui imputät pas toute entiere. Ce qui m'etonne, c'est qne 
des esperances aussi folles soient logees dans d'assez bonnes 
tätes. La cause de tout cela vient de plus loin. Ces per- 
sonnes 1 ) ont toujours cru ä une crise interieure. Elles veulent 
reussir a quelque prix que ce soit; elles ne voient pas que 
cettc crise, fut-elle possible, c'est la retarder que de vouloir 
l'accßlerer, et tandis que dans leur propre seng elles devraient 
laisser agir la crise de la guerre, elles font corome deux m6de- 
cins qui ne pouvant s'accorder entre I'em6tique et la saignee 
donneraient ces deux remedes ä la fois et produiraient iufailli- 
blement des convulsions. Je suis bien aise de relever ici une 
autre erreur tres grossiere de ces meines hommes. Iis provo- 
quent de toutes leurs forces des cliangements dans la Constitution 
qu'ils disent capable de s'ameliorer et se promettent bien de 
nous donner un gouvernement libre. Ces gens-la connaissent 
bien mal le peuple et la theorie des rcvolutions. Quand ils 
ont voulu faire la premiere, ils ont cchauffe Tesprit du peuple, 
c'etait fort bien; mais ils reconnaissent que le peuple leur a 
echappe et que bientöt ils n'en ont plus 6t6 les maltres. La 
meine chose ne leur arrivera-t-elle pas une scconde fois et ne 
doivent-ils pas craindre qu'apres avoir decide le peuple ä ne 
plus vouloir de ce qui est etabli, en supposant qu'ils reussissent, 
le peuple ne vciiille plus de ce qu'ils voudront y substituer? 
il suit de la que ces gens-lä se conduiscnt comme devant un 
jour commencer une gnerre civile contre le despotisme que 
pourtant ils auront contribue a ressusciter; et cette cbance je 
Tai prevue depuis longtempa. 

Ces gen8-l;\ ont cependant une idee lumineuse, mais dont 
la discnssion donnerait lien a un examen fort important. II« 

') Die Lamrtlis siud hier grincint, wio n«s dem Folgenden her- 
vorgeht. 



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- 331 



veulent, en stipposant qu'on en vienne ä des modifications pour 
coucilier toua les partis que tous les changemeuts et tous les 
rapprochements soient proposes par le roi. De forts argumenta 
paraissent d'abord venir ä l'appui de cette opinion; car, dit-on, 
par ce moyen le roi reprondrait sa consideration ; il ne rece- 
vrait paa la loi ni des puissances, ni dea emigres, ni d'aucun 
citoyen. II donnerait lui-meme la Charte au peuple et il aurait 
bien plus de moyens de reunir tous les eaprits. C'eat pröcise- 
roent par ces idees que le parti dont je parle differe de celui de 
La Fayette; car les amis de ce dernier voudraient que la regene- 
ration vint toute entiere de lui, sans penser combien il y est 
peu propre par les differents röles qu'il a joues et combien il 
eprouverait d'obstacles. 

Je reviens ä l'idee des premiers. On decouvre, en l'exa- 
minant de bien pres qu'elle est fondee sur ce principe que tout 
cbangement propose par le roi au milieu de Paris, memo dans 
un moment od Topinion publique serait amelioree, mais sans 
autre force que celle des citoyens, ne pourrait etre annoncee 
que comme une amclioration de la Constitution et comme s'amal- 
gamant avec tout ce qui existe, sans quoi les perils du roi Be- 
raient extremes. Sous ce rapport l'idöe de ces gens-lä est 
bonne, car ce moyen de la proposition du roi ne pourrait con- 
duire qu'a un gouvernement parfaitement libre; seulement les 
donnenrs de l'idee y ont un interct bien evident et quand ils 
disent: le roi proposera, c'est comme s'ils disaient: nous propo- 
serons ou nous ferons proposer. Or a dire vrai, ces gena-lä 
n'ont pas fait leurs preuves ni en theorie ni en pratique. Les 
mcmes rcflexions penvent servir ä expliquer pourquoi ils se 
hätent si fort, pourquoi ils provoquent une crise, pourquoi ils 
ne voulaient pas de la guerre, ni d'une guerre offensive; pour- 
quoi dans la guerre ils ne voudraient ni succcs qui retarde- 
raient leurs espcrances do changements, ni revers parce qu'ils 
meneraient trop loin. Ainsi a tout prendre, ces gens-lä sont 
aussi mauvais raisonneurs que mauvais citoyens. Iis imaginent 
que Ton pourrait coraposer avec les emigres par troi8 points, 



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— 332 — 



en lcur rendant lenrs biens, en congediant l'armee pour en 
forraer une autre, ou plusieurs d'entr'eux rentreraient et en 
formant une seconde cliambre, oü ils seraient admis. Mais 
serait-elle nomraee par le roi ou eligible par le peuple, heredi- 
taire ou temporaire, attacliee a la noblessc ou ä la propriete? 
Sur touß ces points ils se divisent. 

Vous voyez que dans tous ces raisonnements ils ne comptent 
pour rien nos succes militaires fondes sur notre energie et notre 
population compacte et nombreuse, tout comrae ils ne comptent 
pour rien la conduite des puissances etrangeres en cas de succes. 
Enfin ils mettent egatement de cöte dans deux cas differcnts ou 
la lassitude du peuple ou son energie ou le maintien de nos 
tinances ou leur chute totale; et cctte autre cliance, la plus 
malheureuse de toutes, qui a aussi ses probabilitcs que le roi 
ne s'expliquera que iorsqu'il pourra le faire completement et 
fians danger; ou bien dans un autre sens cette autre chance que 
les puissances, si elles tiennent un congres, ne parviendront 
point ä s'y accorder, TEspagne etant forcee a se tenir sur ses 
gardes par la conduite que tient PAngleterre. Quoiqu'il en soit, 
les cv6nements actuels ont donne bcaucoup de force dans 
rAssemblee aux esprits les plus ai-dents, et la fermentation 
du moment n'a pas pen contribue ä y faire passer la deporta- 
tion liors du royaume de tout pretre accuse par une pctition de 
vingt citoyens actifs; de lä il n'y a pas loin a la deportation 
de toute autre espece de citoyens dont les opinions seraient 
contraires a Celles de leurs dcnonciateurs: et la deportation peut 
conduire ä la confiscation. — Si Dumouriez quittait le rainistere 
pour aller Commander une armce, il est vraisemblable que M. 
de Semonville serait sou successeur. 



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- 333 - 



XXIV. 

Remarques sur Tetat actuel du momeni 1 ). 

La faction de la Gironde doniine toujoura dans l'Assemblee 
nationale, quoique sea chefs aient perdn le grand credit dont Iis 
jouiaaaient antrefois aux Jacobina. 

MM. Dumouriez, Claviere et Servan soiit intimement unia 
avec ce parti. On aait qne le ministre des affaires etrangerea 
avait menace de sa demiaaion, ai dans le proc^a-verbal relatif 
aux Bix millions decreieea pour les affaires etrangerea on ne 
sabstituait pas le raot depenaea secn'tes au mot depenaea extra- 
ordinairea. 

Cette coalition medite lea projeta lea plua siniatrea. En vue 
di8poaer lea eaprita eile a fait repandre dana Paris que lea 
papiers brulea a la manufactnre de Sevrea n'etaient autre chose 
qu'une proclamation tendante ä justifier l'aesassinat d'un certain 
nombre de deputea dont la Cour voulait se defaire. On assnre 
que la reine aera denoncee nominativemeut pour cet objet. 

M. Servan, en propoaant une federation pour le 14 juillet, 
na voulu que faire un grand rasacmblement; car lui et sea 
amia ae croient assures d'avance des individua qu'on y enverra. 
On persnadera aux modercs et aux Feuillanta que cea deputea 
formeront le noyau d'une armee capable de reaister au roi de 
Hongrie. Kn cas de defaite on dira aux enragea que cette 
meaure eat neccaaaire pour contenir la Cour et tou3 lea partisana 
du Comite autrichien. Peu de peraonnes 8auront la viritable 
but du rassemblement et le voici: 

A l'arrivee de ces aoldata dana la capitale on le8 placera 
partie au chäteau dans la galerie du Louvrc etc., partie chez 
le8 deputea auspecta et leura amia etc. Loraque tout aura ete 
dispose pour le camperaent hora dea mur8, le roi, la reine, la 
famille royalc seront entraines dans le camp comme otages et 

') Diese Bemerkungen sind von Pellenc verfasst. Sic tragen kein 
Datuni. Am 13. Juni übersandte Mercy sio an den Fürsten Kaunitz. 



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- »34 — 

de la conduits ä Bordeaux. Le projet de fixer daua cette ville 
les seances du corps legislatif existe depuis longtemps. On a 
conaidere que cette place etait aisee ä ravitailler par mer qu'elle 
etait la clef des provinces meridionales, on l'esprit revolutionoaire 
et le fanatisme politique exaltent depuis longtemps toutea lea 
tetes. Cette demarche offre des ressources precieuaes en cas 
d'eclieca multiplies et une foia cantonne daua le midi on eapere 
faire ce que lea proteatanta y firent autrefoia, diaputer le terrain 
pied a pied et peut-etre meme y etablir une repnblique. 
L'exerople de la Kochelle dana le Paya d'Auuia qui pendant longnes 
annees a resiste aux armes francaiaea est un merveilleux vehi- 
oule pour cea messieurs. M. de Montmorin, qui doit avoir ecrit 
ä une personne dont on ignore le nom 1 ), a de la peine ä croire 
ä Texistence de ce plan qui lui paratt trop atroce. M. P. 2 ) au 
contraire est tres persuade que tut ou tard on cherchera ä exe- 
cuter ces complota, au moins cn partie. L'article relatif ä ce 
plan, inserc dans le Supplement d'un des derniers numeros du 
Journal de Paris (No. 86) est en geueral plus exact qu'on ne 
le croirait d'abord, et Ton peut compter sur la plupart des 
details qui y sont conteuus. 

Les meneurs de TAsaemblee aont enchantea du manifeste de 
l'imperatrice de Russie contre la Pologne. Iis publient deja 
que les lroupes prusaiennes destinees contre la France ont rc^u 
contre-ordre et que le roi de Hongrie aera ainai abandonne ä 
aea aeulea forcea. Ces meaaienrs eapwent encore influencer le 
roi de Prusse par la Hollande et la Hollaude par l'Anglcterre. 
Des emissairea ont £te envoyea pour determiner la princease 
d'Orange. Un propos indiscret ecliappe a M. Emmery, depute 
ä rAasemblee Constituante, prouve que M. Daverhoult est pour 
beaucoup dana ces intrigues. 

On ne reviendra point en France ä des ideea plus saines. 
La majorite est absolument subjugnee par la minorite et le sera 

») Gemeint ist mit dieser verfchlnierten Formel entweder Mercy 
seihst oder Lumarck. 
*) P.=Pellenc. 



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longtemps encore si Ton n'y met ordre. Les elements da corps 
politique sont telleraent vicies, tout est si entierement desorga- 
nise, l'anarcbie est si complete qae la force et la force seule 
pourra faire quelqae chose. II faat plnsieors batailles perduea, 
plusieurs generaux tues, avant qae les factieux perdent leur 
influence. II aarait et6 d'un a van tage immense que les frontiores 
enssent pu etre attaquees avant le 14 juillet, c'est-ä-dire avant 
Tepoque on la faction de la Gironde se rendra mattresse da 
roi et abandonnera la reine a des hazards que Timagination 
fremit de calcnler ; mais a la distance on sont encore les armees, 
il devient physiquement impossible qae cette mesare a'effectue 
ä temps et serve a prevenir oa deconcerter le projet dont il 
a\agit. On ponrrait peut-etre y suppleer par un manifeste mena- 
?ant qui rendit la ville de Paris responsable de tont ce qui 
serait attente contre le roi, la reine et la famille royale. Ce 
manifeste dont la substance va fixer Tattention et Tinteret 
general sera regarde comme un des monuments les plus remar- 
quables dans les fastes diplomatiques de plusieurs siecles; il 
deviendra un appel ä la postärite de tous les 6venements 
d£sastreux que pent entrainer la monstrueuse r6volation fran- 
Qaise et en vouant cette nation ä l'opprobre qu'elle s'attire, il 
juatiflera les suites, Penergie et les resultats des mesures prises 
par les pnissances confed6rees pour sauver l'Europe d'un atten- 
tat qui en menace la Subversion. 

On aurait tort de corapter sur la garde nationale. Ce 
corps obeit par instinct et non par r6(1exion au premier qui le 
commande et sa conduite depend absolument de celle du chef. 

Les folliculaires redoublent d'audace contre la reine. Sous 
tous les rapports de dignite et de politique il parait tres urgent 
de pourvoir a la sftret6 individuelle de cette princesse, et il 
n'y a peut-etre que des moyens extraordinaires qui puisscnt la 
tirer de TafTreuse poaition oü eile se trouve. 

Un pamplilet, tous les matins affichä dans les rues, acheve 
de perdre le peu d'esprit public qui existe encore. On dit que 
l'abbe Si^y6a en eat l'auteur. Peut-etre eat-ce nne calomnie; 



— 33« - 

niais les intrignes tenäbreuses de cet aucien depute, ses senti- 
ments bien contius, son devouement absolu ä Ia maison d'Or- 
leans, tout le rend auspect. 

Une diveraion prompte de la part de la Savoye serait in- 
finiraent conveuable. II faut attaquer la Frauce par plusieurs 
pointa ä la foia, la contraindre de diviser ses forces et le aucces 
est assure. 

II eat inutile de parier de l'Angleterre. Cctte puissance 
garde la neutralite d'abord pour son propre interet, ensuite pour 
offrir sa Mediation avec plus de poida. Ce n'cat pas qu'ellc 
veuille un ordre durable en France, mais eile compte faire in- 
aerer dans les articles qui seront le reaultat de aa mediation 
des cauaea toujoura anbaiatantea de deaordre et d'anarchie. 



XXV. 

Pellenc an Lamarck, Paris, den 24. Juni 1792. 

Je ania plua inquiet mainteuanl que dans l'instant oü 10000 
hommes etaient au chäteau. Voici pourquoi. Une foule de 
tetca ae aout monteea depuis lors a la resiatance. Suivez la 
marche des evenements. PromesseB vaguea du roi; peuple 
renvoye par les deputes avec cea mota: la sanction dans ce 
rooment ne serait pas libre, nous obtiendrons tout par la loi; 
des le lendemain, lettre du roi qui est une eapece de denon- 
ciation; proces-verbal d'un juge de paix sur ce qui s'est passe 
au cbäteau; eent depositions au departement; pourauites du 
tribunal criminel ; petition donnce ä signer chcz des notaires ; 
enfin, Organisation d'une defense quelconque: voila la conduite 
d'un parti. — 

Voici celle des mencura du peuple; emissairea envoyes 
dans les cantons de Paris pour les soulever; ecrit repandu 
partout que le roi eat un parjurc qn'il doit porter sa t»"»te sur 



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— 337 — 

un echafaud et qn'on poursuivra les amis du roi jusque dans le 
corps legislatif; groupes norabreux ; propos tenus partout par le 
peuple: il nous avait tout prorais et le lendemain il nous 
denonce. — 

Conduite des departements: adresses nombreuses contre les 
deux v6tos. 

Conduite du corps legislatif: on propose de decreter que 
les decrets de circonstance ne sont pas sujets a la sauction, ce 
qui est une nouvelle provocation ä l'opinion publique; on de- 
nonce la proclamation du roi; on refuse de croire ä un nouvel 
attroupement; on demande l'ordre du jour sur la denonciation 
de l'ecrit qui circule dans les faubourgs; ou mande les ministres 
pour leur parier encore et des pretres et d'un camp pres de 
Paris, c'est-a-dire que l'Asseiublee aoutient la meine thesc que 
le peuple. On veut-on en venir? Les miracles de mercredi se 
renouvelleront-ils toujours? On regaide r^sistanee comrae certaine 
et moi corame presque iropossible. Or si on c£de apres avoir 
resistö, tout est perdu. On a quelques troupes de ligne, quel- 
ques Snisses et la garde nationale; raais 1°: y aura-t-il requi- 
sition? 2°: un eommandant unique? 3°: un plan? On compte 
sur la garde nationale, c'est-ä-dire que sur 40 000 gardes 
nationales il y en a trois a quatre mille capables d'un grand 
couragc; raais 1°: ces 4000 hommes ne seront pas seuls, ni reunia 
dans un seul corps, ni peut-etre coramandes ce jour-la; 2°: ces 
4000 hommes n'ont pas l'esprit assez mür pour souffrir dans 
leurs rangs ou a cote d'eux ce qn'on appelle encore les aristo- 
crates; 3°: ces 4000 hommes seront au chäteau; on laissera donc 
former le rassemblement; on ne pourra donc le repousser que 
lorsqu'il sera de 80 000 ames; 4°: il n'y a plus de rcsistance 
quand on est corps ä corps dans des ruea, devaut des femmes, 
des enfants, des curieux; 5": on fera une dtfcharge; mais ne 
sera-t-on pas arrete par le nombic des victimes? car il y a 
aussi le remords de la honte et de la (aiblesse; 6°: le garde 
national qui a sa femme, ses enfants, son magazin se battra-t-il 
jusqu'a l'extremite comine le soldat qui en fait metier, ce qui 

Olftgau, Die franz. Lrgislntive. '>> 



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— 338 



est presque un pbenomene politique inexplicable? 7°: je suppose 
qu'on resistera deux beures; mais le nombre des victimes aug- 
mentera les cris, le concours, racharnemeot. Cette troupe 
restera t-elle lä 24 beures, deux jours, trois jours? on a reaiste 
au Champ de Mars: oui; mais on etait daus les cbamps et peut- 
etre encore cette affaire eut-elle tourne bien diffcremment, si au 
Heu de tuer 20 bommes on en aurait tue mille. Selon moi la 
resistance annoncee est donc le prix des dangers. II vaudrait 
ruieux gagner une partie du peuple par de sages avis, Topposer 
moralement ä lui-nitrae, travailler sur l'Assemblee dont nn seul 
decret vaudrait mieux que 20 000 bommes: intercsser son bon- 
neur et sa loyaute, organiser cependant une defense contre un 
coup de main, mais ne pas afficber pour ainsi dire le jour de 
combat; cngager tous les bona citoyeus ä entrer dans la garde 
nationale; inviter les bommes qui veulent Tbonneur de Paris ä 
se reunir par centaines en formant de nouvelles compagnies, 
organiser rapidement la garde du roi, se servir de finflucnce 
des generaux sur 1'esprit de la capitale, interesser tous les de- 
partements a Thonneur de l'empire. Plutot que de laisser 
assassiner la reiue et le roi, il faudrait aaua doute les placer :\ 
deux lieues de Paris et Ton aurait toujours soit assez de furce 
pour les y conduire, soit assez de moyens pour les y garder 
mais jamais Ton ne prendra ce parti. 

Voici une auecdote remarquable sur la journee du 20. Une 
personne assez digne de foi m'a assurt* que M. Depreniesnil 
etait au nombre des petitionuaires. On chercbe aujourd'hui a 
s'assurer de ce fait. S'il est vrai, on pourrait en conclure que 
Taristocratie a beaucoup de part ä tous ces mouvements; mais 
alors comme on n airae plus la personnc du roi a Coblence 
qu'aux Jacobins, ne serait-il pas ä craindre qu'on ne commtt ici 
nn crime pour l'imputer au peuple; et sous ce rapport le dauger 
ne serait-il pas encore beaucoup plus grand ? 



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- 339 



XXVI. 

Aus einem Schreiben Mercys an Kaunitz, 
Brüssel, den 27. Juni 1792. 

La demarcbe faite par La Fayette anra une 

grande influenee daos l'issue de cette criae. Si ce general est 
mande ä la barre, comme on n'en doute paa, a'il refaae d'obeir, 
a'il trouve dans le devouement de aon armee des moyens de 
resistance, il s'ensuivra peut-etre l'eclat d'uoe guerre civile. 
L'attention generale ae porte aar cette chance decisive; et on 
sera eclairci aoua peu de joura ce qui pourra en resulter. 

Le miniatere actuel a ete forme en entier par 1' influenee de 
M. Dnport ci-devant de l'Assemblee Constituante, et qui etait 
avec lea Laraeth et Barnave an dea cbefa du parti Feuillant. 
Ce Duport a conserve nne correapondance avec le roi et a au 
le decider aar le nouveau choix dea miniatrea. Celui dea affaires 
etrangerea, M. de Chambonas, est un intrigant de la premiere 
classe, Jacobin de nom, patriote tres douteux et capable de 
toutes les bevues politiques possibles. M. de la Jarre, miniatre 
de la guerre, est un arai de La Fayette; il eat trea actif et 
propre aux detaila. Le rainiatre de l'interieur, M. Terrier de 
Montciel, eat un homme d'esprit et fermc, ayant lea meines 
opinions que les Lameth et Duport. 



XXVII. 

Mercy an Kaunitz, Brüssel, den 2. Juli 1792. 

La lettre dont j'ai Tbonncur de joindre ici une copie n T a 
de remarquable que le personnage qui en a ete le redacteur et 
qui dana aa position se trouve a meine de discerner lea objets 
avec connaiaaance de cause 1 ); il a'est cependant trompe aur la 

') Der Verfusser des Briefes, der unter No. 28 folgt, ist nach Mercys 



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— 340 — 



demarche de M. de La Fayette, qui s'eat rendu ä Paris dans la 
nuit du 27 au 28 et a paru ce memo jour ä l'Aasemblee 
uationale. Je ne puia rendre un coropte plus precis de cette 
circonstance reraarquable qu'en faisaut passer ä Votre Altesse la 
feuille du Logographe du 29 juin. 

Le voyage de M. de La Fayette a ete tenu fort secret dans 
rintention de surprendre le parti repnblicain. Le general s'est 
flatte d'etre seconde par le parti Feuillant; il croit etre sür 
du departement et d'une partie de la garde nationale parisienne; 
il espere aussi de s'accorder avec le parti des moderes qui viae 
a Petablissement de deux Chambres. On presume que Tarmee 
de M. de La Fayette est trrs decidee a s'oppoaer aux eiforts de 
ceux qui ont dirige les evenements de la journee du 20 juin; 
en cela Tesprit de cette armee pourrait bien etre different de 
eelui de Parmee de M. de Luckner; M. Dumouriez qui vient 
de s'y rendre et qui est en guerre ouverte avec M. de La Fayette 
frondera ce dernier de tout son pouvoir, d'oü il doit s'ensuivre 
de violentes dissensions entre les deux comniandauts, ainsi 
qn'entre les corps qui sont ä leurs ordres. On presume aussi que 
le plan de M. de La Fayette consiste a tourner la guerre 
exterieure en negociations et de moyenner ä cet effet une Sus- 
pension d'armcs, projet daut la reussite sauverait les revolution- 
uaires fraurais de leur detresse, de leur perte infaillible et 
rejetterait sur les puissauces confederees reffet de toutes les 
suites fäclieuses d'uue entreprise de leur part devenue si necessaire 
au repos de l'Kurope. 

Votre Altesse sera informee par le Gouvemeroent General 
de la nouvelle tournure que prennent les Operations militairea 
des Francis; leur cuntenance preseute serable s'accorder avec 
ce <|ue je viens d'exposer: peu de jours eclairciront ce que de 
pareilles conjectures ont de reel on de vraisemblable 



eigener (in C'liiflVrn beigefügter) Angabe dir Freund und Parteigänger 
der LainetLs, der Abbeu Louis. 



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XXVIII. (Beilage zu No. 27.) 
Abbee Louis an Mercy, Paris, don 26. Juni 1792. 



Depuis la journee du mercredi (20. Juni), dont je suppose 
que vous avez eu des dctails exacts, le roi a beancoap gagne 
dans la garde nationale. Elle avait ete preBque entu-rement 
etrangere a tout ce qui s'est passe d'indecent ce jour-Ia dans le 
Chäteau, et si eile n'a pas repousse les piques et les sans-cu- 
lottes, c'est moin8 parce qu'elle n'y etait pas disposee que parce 
que Petion a trouve le moyen de dejouer les precautions prises par 
le departement pour prevenir les horreurs qui se sont passees. 
Nulle part eile n'a realste au commanderoent. Les republicains, 
fort peu satisfaits de cette journee, s'etaicnt prepares pour une 
seconde tcntative le lundi suivant; mais les ordrcs avaicnt ete 
donnes avec le soin de gens surpris la veille et le contre-ordre 
ete envoye par les chefs du parti populaiie. Tout est reate 
dans la plus grande tranquillite. 

Le roi a dit hier devant beaucoup de monde qu'il desirait 
que son Service portät Thabit de garde national. II a passe 
au Cbäteau la revue de la garde qui etait triplee. Le dauphin 
le suivait avec l'unifornie. 

Le roeme jour, hier lundi a six heures du soir, Valence 
est arrive avec une lettre de Luckner qui annonce qu'il s'est 
replie. Un courrier avait :ipportc le matin la nouvelle que La 
Fayette s'etait rapproche de Maubeuge. II m'a paru que le 
but du voyage de Valenee etait de venir sonder ici le terrain 
et la position de la cause ä laquelle il passe pour appartenir, 
qui n'est pas celle du roi. II repart aujourd'hui apr«>s avoir 
demande de nouvelles troupes pour appuyer les derricres de 
1'armee. 

On signe ici une petition anti-republicaine chez prcsquc 
tous notaires. La cause anti-royale, toute populaire qu'on ait 
pu la faire, ne prend pas assez a Paris et dans les departemcnts 
du Nord pour donner aus cliefs le teuips d'attendre les 



— 842 — 



Autrichiens; cela leur fait concevoir le projet d'emmener le rot 
dans les departements du Midi, oü ils ont plus de confiance 
dan8 leurs forces. S'ils ne peuvent pas y mener le roi, ils 
paraissent disposes ä y aller former une Assembler Constituante; 
ce n'est pas encore chez eux que le gofit en est passe. C'etait 
pour arriver lä qu'ils insistaient si fortement sur la formation 
d'un camp compose des deputes de toutes les Jacobinieres du 
royaume qui aurait protege les deliberations du club de 
Paris etc. 

II est question de nomraer tout a l'heure a la place de 
secretaire du conseil qui n'a pas encore etc occupee. Pellenc 
en a envie, mais je crains qu'il ne Pobtienne pas. 

On croit que le general La. Fayette n'en restera pas a sa 
lettre et qu'il se prononcera encore plus sensiblement contre 
TAssemblee; mais cela ne pourrait aller jusqu'ä quitter son 
armee pour venir a Paris que dans le cas d'une Suspension 
d' armes. Vous savez mieux que nous s'il y a possibilite ou 
vraisemblance. 

II n'est pas decide encore si on formera une nouvelle 
garde au roi. L'ancienne reste toujours en grande partie ä 
Meudon et l'ecole militaire sans armes, ni exercice. 

Je n'attendrai pas votre reponse pour vous envoyer les 
nouvelles s'il s'en presente. — 



XXIX. 

Pellenc an Lamarck, Paris, den 21). Juni J792. 1 ) 

La Fayette a pousse sa pointe. Divers corps de son 
arm«>e lui ont adresse des plaintes sur ce qui s'est passe ä Paris 
le 20 juin. II a voulu etre leur oigane et il a paru comme 

') Zu diesem liriefo bemerkt Morcy (an Kaunitz d. 8. Juli 1792;: 
, . . . le redacteur a dfl masquer ses vrais sentiments sous los appa- 
ronces de souhaits et d'esperancos qui sont aussi eloignees de sos deairs 
que de son opinion reelle.* 



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— 343 — 



petitionnaire a la barre de l'Assemblue sans y ötre trop 
attendu. II a demande la punition des attentats commis le 20 
juin, la destruction des Jacobins et l'assurance que la Consti- 
tution resterait inviolable. II a appelc mauvais citoyens cenx 
qui esperent ne pouvoir obtenir quo des puissances etrangßres 
co qu'ils appellent la tranquillite publique. Grands debats pour 
savoir, ei le ministre de la guerre present serait interpelle de 
declarer s'il avait donne uu conge. Majorite contre. Renvoi 
du fonds au comite des douze. Crainte de quelque danger en 
sortant. Secours officieux pour Ten garantir. Arbre de la 
libertö plante a sa porte, mais saus bonnet. Piquet de 300 
gardes nationales. Peu de fermentation a Paris hors de la 
classe des interesses. Deliberation des Jacobins de l'envoyer ä 
Orleans. Aujourd'hui, 29, Tuileries ferraees malgrc la fete. 
Sections convoquees. Iuvitation de Brissot au peuple de tout 
Tempire de manifester aon vobu. Combat d'adresses pour ou 
contre les deax vetos, le renvoi des ministres et sur cette 
question tres nettement posöe: faut-il detröner le roi ou le 
defendre? Debats sur la mention honorable :t accorder ou ä 
refuser a ces adresscs; et succes ou revers de Tun ou de 
Fautre parti selon que l'Assemblöe est plus ou moins nombrouse : 
tel est l'etat du moment. 

Ceci est tres capablc de nous conduire ä la guerre civile ; 
or bieo loin de la craindrc, je crois que les chefs des Jacobins 
Guadet, lirissot, Sieyes etc. en seraient charmcs. Iis veulent, 
dit-on, arriver ä un Etat federatif; or la guerre civile peut y 
mener. Iis croient peut-otre que l'Etat federatif pourrait con- 
tenter tout le monde, parce que cliaque Etat particulier, selon 
l'opinion qui y dominerait, pourrait avoir une Constitution plus 
ou moins deraocratique ou plus ou moins aristocratique. L'abbe 
Sieyes est certainement tres capable d'avoir forme un tel plan; 
mais ä moins que des liommes qui paraissent tres opposös ne 
soient d'accord, il me parait bien difficile qu'on y tombe. 

La Fayette veut-il ou non la guerre civile? On peut sur 
cela se former de tres grands doutes d'aprcs sou interet per- 



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— 344 



sonnel et aa conduite; car d'abord, a'il veut la guerre civile. il 
fait precisement tout ce qu'il faut pour cela, et il semble qu'il 
ne 8era jamais un homrae bien important sous un veritable 
gouvernement royal; 2°: parce que la guerre qu'il fait ne lui 
presente aucun succea, au lieu que la guerre civile lui donnerait 
tous 868 avantages; 3°: parco qu'il ne se croirait paa deahonore 
en tournant vers la republique, au lieu qu'il se croira avili 
s'il retrograde aur la Constitution; 4°: parce que la guerre civile 
dans la poaition ou il «'est mis lui offrc deux chances: la 
premiere d'etre le general Monk de la France, si lea partisans 
du Systeme monarchiqne sont les plus nombreux; la aeconde 
d'etre aur les rangs ponr quoi que ce soit, si la famille royale 
Buccombait toute entiere dans la guerre civile. Tout s'expliquerait, 
meme sans auppoaer aucun concert, ai Tabbe (?) et sea partiaans 
avaient voulu en venir la; car il avait et6 facile de prevoir que 
la guerre ctrangere amenerait la guerre civile; que de nombreusea 
levees d'hommes deviendraient dea elementa d'armees pour dix 
a douze grandea aectiona de l'empire; que ce rooyen meme de 
resister ä des puissancea etrangeres ne aerait paa le moina 
efficace; que ce nouveau cliaoa offrirait plua de raoyena de ae 
aauver a ceux qui attendent de8 chancea incertainea ou qtii 
auront besoin d'un aayle; enfm qu'au milieu de ce bouleverse- 
ment on ne pourrait preaque plua emettre un vieu general, soit 
pour modifier la Constitution, soit pour aeconder lea puissances 
Etrangeres, en supposant que la plupart d'entr'ellea ne fusaent 
paa desintercaaees par la diasolution complöte de la France. 

La guerre civile est encore evitable; mais voici quelques 
chances qui y conduiseut, tirces de la conduite de La Fayette, 
parmi quelques autrea chances qui rendent cette conduite une 
sottise. Ou La Fayette- aera envoye a Orleans ou il n'y sera 
paa envoye. Dana le premier caa ou aon arme.c le delivrera 
et voilä la guerre civile ou eile l'abandonnera et la clasac dea 
citoyena que La Fayette appelle uue faction ne deviendra que 
plus redoutable. Seconde hypotheae: il ne sera pas envoye a 
Orleans: mais ou rAssemblee fera droit ä aa petition ou eile 



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- 345 - 



la rejettera ou eile oubliera d'y statner. Daos ces deux demiers 
cas, si La Fayette se tait et que gon armee reate tranquille, 
lea Jacobins deviendront encore plus puisaanta qu'ila n'etaient. 
Le preraier cas ae dtviae en deux; car les Jacobins peuvent etre 
attaqu£s par une insurrection 011 par un decret. S'il y a in* 
surreetion, comme les Jacobins aont daoa tout l'empire et qu'ils 
sont evidemraent et les plus nombreux et les plus forts dana 
quelques departements, la guerre civile est ine vi table. La 
destruction par un decret de l'Assemblee präsente ä peu prea 
les memes cbances; ce decret ne pourrait etre rendu qu'ä une 
tres faible majorite et lä 011 les Jacobins sont les plus forts il 
y aurait invitation k desobeir et refus d'obeir. II me seuible 
que quelques-uns de ces evänementa auraient du etre prevus par 
La Fayette. 

Voici un autre defaut de calcul encore plus important. 
La Fayette et ses partisans supposent qu'il n'y a que deux 
partis: les Jacobins et les anti-Jacobins. Mais anti-Jacobin est 
un mot vide de sens. Les Feuillants ne aont pa8 ro£me un 
parti; car il y a vingt partis dana les Feuillants. Si cette 
collection sans triage forme le parti de La Fayette, ce parti 
est oblige de combattre d'abord les Jacobins, puis tous les 
factieux qui survivront aux Jacobins, puis les Coblenciens, puis 
ceux qui croient qu'on ne peut etre sauve que par les puissances 
etrangeres, et ceux-lä sont tres nombreux, quoique La Fayette 
les appelle des mauvais citoyens, puis les puissances etrangeres 
elles-memes; et apres loutes ces victoires il faudrait encore que 
ce parti se battit contre lui-meme, car les uns admettent la 
noblesse, les autres n'cn veulent pas. Les Feuillants ont dit: 
toute la Constitution et les Duport et Lametb veulent modifier 
la Constitution. 

11 me semble que la force des Jacobins vient d'une chose 
a laquelle leurs adversaires n'ont point encore fait attention. 
Les Jacobins expriment tres nettement le bnt auquel ils 
veulent atteindre; par ce moyen ils s'entendent fort bien, et 
chaque Jacobin sait ce qu'il doit etre et ce qu'il doit faire. 



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- 34(1 



Au contraire les anti-Jacobins ou ne disent pas ce qu'ils pen- 
sent ou ne l'osent pas ou ce qui est encorc pire ne le savent 
pas. De lä ni coucert, ni ralliement; de la l'impoBsibilite de 
reunir dans un Beul parti tous ceux dont il serait possible de 
rapprocher les principes. Aucune guerre civile ne serait donc 
plus atroce que la nötre, puisqu'on ne s'entendrait mcme pas, 
et c'est ce que Mirabeau avait souvent prevn. Quand les 
Feuillants ont dit: toute la Constitution, rien que la coustitution 
cette deviae etait bonne a prendre; on etait au commencement 
de la legislature et il etait utile d'essayer d'une pareille direction. 
Aujourd'hui on a trop tarde de changer de Systeme; personne 
n'ose plus prendre sur lui cette redoutable initiative et chacun 
fait chaque jour des serments qu'il sait bien devoir violeB 
demain. 

II me semble que Mirabeau dans une pareille circonatance 
aurait pris un parti tout different. Les Jacobins font une 
declaration de principes et attaquent ouvertement la Constitution ; 
Mirabeau f aurait aussi attaquce dans un autre sens; il aurait 
tache de concilier l'interot de tous les partis avec les bases 
d'un gouvernement libre et montrant cc nouvel etendard auqucl 
on aurait pu se rallier, n'eloignant de cette confederation que 
les Jacobins, il aurait tout ä la fois detruit les factieux et 
desarme en les dösinteressant les puissances etrangercs, sauve 
le royaume et assftre la paix, sans renoncer a une Constitution ; 
— mais Mirabeau n'est plus et ses successenrs sont de bien 
minces ecoliers. 

Si un genie profund prcsidait aux deliberations de ceux 
qu'on appelle factieux, il aurait arrange sou plan de maniere 
que ses revers meme fusscnt des succt's. II aurait dit a ses 
auxiliaires: attaquez la Constitution et voa ennemia seront forces 
de ladefendre; parlez de l'egalite des biens et ils seront forces 
de conserver au moins celle des hommes; menaeez d'augmcnter 
les droits du corps legislatif et ils n'oseront plus les affatblir 
par une seconde cliambre. En ediouant, vous aurez du moins 



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- 347 - 



gagne que le plan dont je parle u'a jamaia existe en theorie; 
mais le resultat est le meme que si le plan existait. 

Lea cvcnements auraient tourne d'une maniere bien diffe- 
rente, si, quand les Jacobina ont dit pour la premicre fois : nous 
voulong changer la Constitution, les Feuillants avaient dit ä leur 
tour: eh bien, nous aussi, nous voulons la changer. On sait 
par exemple que les Jacobins desirent de changer la legislature 
actuelle en corps constituant. Ou aurait pu convenir de la 
necessite d'un pareil pouvoir, mais exiger une nouvelle convo- 
cation, sauf la reeligibilite des raembres actuels; un moyen sur 
lequel tous les partiä pourraient s'entendre donnerait sur le 
champ une nouvelle Asaemblee, et Ton trouverait la une issue 
legale a tous les evenemcnts actuels, c'est-ä-dire un moyen 
d'amener la conciliation de tous les partis, au lieu que la con- 
duite de La Fayette, ses discours ä contre-sens, la conduite 
du nouveau roinistere et des protestations du roi qui ne 
sont plus de saison aux puiasances 6trangeres ne serrent qu'a 
enferrer de plus en plus tout le raonde et ä mettre Tinsurrection 
ou la guerre civile a la place des moyens que chacun devrait 
chercher pour sauver son pays. 

Aussi n'ai-je pas trouve encore un seul horame raisonnable 
qui put rcpoodre a cette question; si les Jacobina disparaissaient 
aujourd'hui, que feriez-vou8 demain? car il faut admettre pour 
une donnee certaine que les Autrichiens et lea Prussiens se 
battront tout aussi bien contre les Feuillants que contre les 
Jacobins. Je comprendrais fort bien la conduite de La Fayette 
s'il avait un plan de compoaition universelle et de paix generale; 
mais il a prtaisemcnt le contraire d'un plan de cette espece. 

Nul ne sait d'ailleurs encore ce que veulent les puissances 
etrangeres qui sont pourtant un pion redoutable dans l'echiquier; 
c'est par la que La Fayette aurait du coramencer; mais il est 
evident qu'il agit saus s'ctre fait aucun Systeme. Ses partisans 
repondent; la nation n'ayant plus a so battre pour les Jacobina 
reunirait toutes ses forces; ou mettrait plus d'ensemble dans 



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— 348 — 



l'attaque et danB la defense. Tres bien; mais si Ton succombe, 
que ferez-vous? 

Vous n'avez qu a comparer ces observationa avec cellea 
que je vous ai communiquces plusieura foia 8ur cette matiere, 
et voua jugerez que j'ai trea bien connu le 8y8terae de cea 
gens-la. — 



XXX. 

Pellenc an Lamarck, Paris, den 30. Juni 1792. 

Luckner a ad höre par une lettre au rot ä la dcraarche 
de La Fayette: La Morliere en fera sans doute autant. Oes 
d^marches et plus que (out cela des adresses nombreuses dea 
corps administratifs ccrite8 dans le mcme sens pourront contribuer 
a diminuer les perils du roi, en montrant aus seditieux que 
l'opinion publique est plus divisee qu'ils ne le pensaient; mais 
voila tout l'avantage qui en resultera; celui-la pourtant est in- 
appreciable et il faudra d'autres evenements pour former une 
autre crise. II est possible encore que le corps legislatif prenne 
quelques mesures partielles sur les abua de la libertc de la 
presse et Biir la police des asaemblees poptilaires, mais on 
n'osera pas aller plus loin. Au reste La Fayette a si mal 
congu sa petition que moi-mf-me, si j'etais dans le corps legis- 
latif, je serais force d'opiucr qu'il n'y a lien a deliberer. II 
demande 1°: une assurance que la Constitution restera inviolable; 
il n'y a point ä deliberer sur cela, car I' Assembler a prete 
serment de maintenir la Constitution et de plus declarö traitre 
et infame quiconque proposerait uue tnodification, une com- 
position quelconque; 2°: la punition des attentats du 20 juin; 
a cet ögard l'Asacmblee n'cst pas competente et n'a rien ä 
deliberer pour le moment. Les attentats particuliers commis au 
Chäteau sont censes inconnus; le fait en lui-mome par sa nature 



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n'est pas un crime de lese-nation et sous ce rapport seulement 
l'Asseniblee aurait l'initiative. Ce fait peut etre considere corame 
crime de lcae-majeate; maia d'abord il n'a ete d6cide par aucune 
loi que cea delits 8oient de la competence de la Haute- 
Cour, ni par consequent de l'Assemblee. Dans presque tous les 
cas le crime de lese-majeste peut etre en meme temps un crime 
de lese-nation; cela depend des circonstancea du fait; il faut 
donc que ces circonatance8 soient constatees d'abord par une 
procedure; pour legitimer la competence de PAaaemblee, il faut 
qu'une pareille procedure Iii i soit deferee par un tribunal; que 
ce tribunal lui diso: voila aclon mon opiuion un crime de leae- 
natiun; c'eat au corpa legialatif a prononcer; juaque lä l'Assembläe 
n'a rien ä faire. Or l'Assemblee, ajouterait-on, n'a pas interdit 
aux tribunaux de prendre connaisaance des faitft du 20 juin. 

La Fayette demande la destruction des societes populairea. 
II faut distingucr ä cet egard le fait et les abua. II est impos- 
aible que l'Asseniblee defende une reunion quelcouqiie de citoyens 
qui voudront perorer aur les affaires publiquea. Ne s'agit-il 
que des abua? la loi existe; le principe meine de la liberte de 
la pensee et des opiuious est limite par ceci: „autant que leur 
manifestatiou ue trouble pas 1' ordre public etabli par les lois." 
Lea magiatrata u'ont donc qu'ä poursuivre les factieux et les 
perturbaleurs du repos public. Si je teuaia un propoa seditieux 
dans la rue, le juge de paix nie ferait arreter; pourquoi ne le 
fait-il pas de meine, si je tiena ce propoa dans la tribune des 
Jacobina? le devoir de TAasemblee est de faire des lois plus 
repressives; selon moi c'est tout ce qn'on avait ä demander. 

Au reste La Fayette a evidemment pour lui la grande 
majorite de la garde nationale de Paris et toua les patriotes 
moderea; en tout, comnie il le dit lui-meine, la maase des hon- 
netea gens, en prenant ce mot dans le sens qu'il avait autrefois. 
Les penseurs out pourtant fait cette reflexion que, si La Fayette 
etait un antre homme. sa demarnhe serait le premier pas ä une 
dictature ou ä un protectorat; mais en verite cet homme paralt 



- 350 - 



ai peu redoutable par sa faiblesse que de aa part rien ne parait 
bicn dangereux. 

II ne faut paa croire pourtant que tout ceci aoit ßni. Nous 
en aommes au poiut oü une etiucelle imprevue peut tout ä coup 
allumer une incendie. II est d'ailleurs tres probable que le 14 
juillet est destine ä tenter, ainoii a realiaer quelque commotion 
dans Paris. On aunonce que dans quelques parties du royaume 
Penvoi des federes pour le camp de 20 000 honimea sera cxc- 
cute malgre le veto. Des factieux a'invitent par les papiers 
publica ä cette fete; Marseille, dit-on, envoie 1200 hommes; il 
est d'ailleurs tres vrai que la population de Paris devient de 
plus en plus norobreuse; tnaia les evenements du dehors peuvent 
changer dans un instant toutcs les donnces actuelles; et cette 
chance se trouve tellement melee a tous les evenements interieurs 
qu'il n'est plus possible de raisoner juste, en parlant de nos 
coramotiona intestines, si on les considire separement de nos 
succea ou de nos revers sur les frontieres. 

Fussions-nous exerapta de troubles et de dangera individuels 
il resterait toujoura ce grand embarraa auquel peraonne ne peuse, 
savoir, quelle pourra etre l'iaaue legale a tout ceci. La scance 
de Iiier de PAaserablee nationale voua fera faire sur cela des 
reflexiona importantes. M. Jean Debry a fait un rapport tres 
applaudi au nora du comite des douze. Oe rapport n'est qu'une 
motion pniaee dans un discours imprirae de Ramond peu- 
dant I'Assemblee Constituante dont quelques mota echappes de 
Mirabeau dana sea moments d'iropatience et tres mal compris 
avaient fourni l'idee. Qu and on prcssait Mirabeau aur les abua 
de l'autorite royale, il repondait: le remede eat dana l'insur- 
rection. Ramond, qui n'y voit pas fort loin, en a conclu qu'il 
fallait organiaer Pinsurrection, et tel est aujourd'hui le plan du 
comite. La betiae de quelques hommes est inconcevable. Le 
comite propose dans le cas, on PAsaemblee declarera que la 
patrie eat eu danger que tonte la nation prenne lea armca que 
toutea lea autorites deploient Ienr pouvoir etc.; il est pour- 
tant bien clair qu'il faudrait tout le contraire. Dana des cas 



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-351 - 



pareiU lea Romaina faisaient ceaaer toutea lea autoritea et a'en 
rcraettaient ä un aeul homme; ici l'on veut armer tout le monde; 
il aerait bien ploa prudent dana un moroent de danger de lea 
toa8 deaarraer: la gnerre civile noua corrigera de cette erreur; 
mais a'il faut chaque foia une expcrience nouvelle pour noua 
devoiler nne aottise, noua ne tiendrona paa a cette ecole. 
L'Aaaemblec d'ailleurs ne donne paa au but ä ce qu'il me 
paratt. II ne a'agit paa aenlement de prevenir lea troublea 
interieurs, (et Dieu veuille que lea moyena qu'elle prend ne lea 
augmente paa), mais de trouver un moyen legal de faire la 
paix, en auppoaant que les puissancea Strangerea aient cbez 
noua de8 auccea extraordinairea et imprevua. Aucun miniatre 
n'osera preparer un traite qui porterait atteinte ä la conatitution, 
en quoi ce aoit; et un miniatre eut-il ce hardieaae, en comptant 
aur un affaibliascment de l'opiuion publique occasionne par dea 
revera, le corpa legialatif actuel n'aurait ni le courage ni le 
pouvoir de ratifier un pareil traite. Cette ia8ue eat donc ä peu 
pres impoaaible. II y en aurait une autre, ai Ton ponvait aans 
commotion remettre aur la acene un pouvoir constituaut. Maia 
d'abord il y aurait un graud danger a donner un pareil pouvoir 
h l'A88emblee actuelle, quand meme toua ae8 membrea ne ae 
aeraient paa trop prononcca pour pouvoir reculer aur quoi ce 
aoit. Un plus graml pouvoir lea degagerait bieu de leur aerment, 
maia non paa de leura opiniona. D'un autre cOte on ne voit 
guere la posaibilite de convoquer une autre Aaaemblee Con- 
stituante; toua les moyena legaux manquent pour cela, et quand 
le moment viendra on. la convocation apontanee aerait poaaible, 
lea maux en seront ä un tel point que ce grand remede arri- 
vera trop tard. L'excäa de8 maux pent conduire aana qu'on 
le veuille a une autre iaaue que je regarde comme la plua 
vraiserablable par le fait, qnoiqu'elle ne aoit paa la moina 
daugcreuae. II peut arriver, si lea troupea etrangerea ont de 
granda auccea que plnaieura chefa dea factieux aY-loignent que 
pluaieura fonctiounairea publica quitteut leura poate8 qu'une 
partie du royaume demande la paix, enfin que le bouleversemeut 



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I 

- 362 - 



soit tel que le roi aeul puiase encore faire entendre aa voix, 
ce qui lui permettrait alors de concilier lea partia et de donner 
la paix ä la natiou, soit au dedana, soit au dehors, d'aprea 
les baaea d'un gouvernement juate, fort et libre 



XXXI. 

Pellcnc an Lamarck, Paris, den 13.— 15. Juli 1792. 

La demiasion combinee de toua les miniatres a dfi vous 
etonner; voici l'explication de cet evenement qui par les suites 
qu'il peut avoir sera peut-etre remarque dana l'hiatoire. Les 
miniatres pour aatiafaire aux decrets de l'Aasemblee avaieut 
rendu compte troia ou quatrc foia de l'etat du royaurae, et 
cbaque foia on leur avait dit: ce n'est pas cela. D'un autre 
cöt6 l'Aaaemblee avait decrete qu'on ne declarerait pas le danger 
de la patrie, sana avoir entendu les miniatres snr cet objet. 
D'aprea cela les miniatres resolurent entre eux de faire chacun 
un rapport pour attaquer lea societes popnlaires. Une personne 
fut cousultee ä ce qu'on dit par le ministre de l'interieur la 
veille de cette demarche; on ajoute qu elle lui tint le discoura 
anivant: 

Le parti que vous avez pris, vous et vos collegnes, est 
tout a la foia trop faible et trop fort. II est trop faible, si 
voua voulez produire une secouase dana TAsserablee et forcer 
lea independanta a quelque resistance; car les independanta ae 
croiront perdua, si ou les expose aux attaques des Jacobins; 
la questiou de l'existence des societes populaires tieut d'ailleurs 
ä des principes. Votre deraarcbe est eu ineine tempa trop forte. 

') lrh lasse hier Hnen Abschnitt aus, deu Merey mit der folgenden 
Bemerkung versehen hat: .ce partäße sert au redacteur (Hellene) pour 
masquer ses vraies opinions." 



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- 353 - 



Vous allez raettre lo rainistere sur la raenie ligne que le 
departement de Paris et que La Fayette. Pour peu que la chose 
tourne mal, vous pouvez etre toua envoyGa ä Orleans dana 
vingt-quatre heurea, et voyez , quel sera alors notre horizon 
demain soir: Un roi sans miniatcre, imposaibilitö de trouver 
aucun ministre, dangers d'une federation, toutea lea tracea de 
certains prcparatifs pour defendre le roi aneantiea. Examinona 
donc, s*il ne convient pas de prendre un autre parti. Que veut 
l'Aasemblee? declarer que la patrie eat en danger. Craignez- 
vous cette declaration? II faudrait dire dan8 le8 comptea ren- 
dua: il n'y a point de danger; dana l'intorieur l'execution dea 
loia oppritnera tous lea faetieux et aur lea frontieres notre union 
suffira pour repousaer toua noa ennemia. Ce moyen cependant 
n'eat ni grand ni large; il n'eat que fin. II eat contradictoire 
avec le veritable etat dea choaes, puia qu'il y a d'immensea 
dangera; declarez-les donc dana toute leur etendue, et au Heu 
de voua borner ä attaquer lea aoeiätea populaires, peignez le but 
dea faetieux aans deguiaement et tel qu'il eat. En mgme tempa, 
ai vous voulez produire un grand effet, faitea paraitre le roi aur 
la acene; car il y a dea choaes que lui seul peut dire, et sur- 
tout lui aeul peut entrainer lea independanta. Lo roi pourrait 
donc tenir a peu pn'-s ce discours: 

„Vous avez voulu entendre le8 miniatre8 avant de declarer, 
si la patrie est en danger. II est des dangera dont ils vouf 
parleront; il en est d'autres que je dois moi-meme vous devoiler. 

11 sc forme uue grande conapiration dana le royaume; eile 
a pour objet de changer la forme du gouvernement. J'ai auaai 
dea indices que quelques acelerats trament un autre complot, 
celui de m'assassiner. Les ministres en remettront lea piecea 
aur le bureau. Je ne parlerais paa de nies propres dangera, a'ila 
nc regardaient que moi ; maia mon salut importe a tout le 
royaume; il importe n la ville de PariB, qui m'a place dan8 aon 
sein et qui s'cst chargt-e de me d«'fendrc; il importe peut-etre 
ii chacun de vous. 

Sons ce rapport je vous dtclare que je ne 8Uccomberai 

Oluyun, Die l'rjiu/.. I.cgittlntive. 28 



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- 854 — 

point Bous le fer des aaaaaains; je saurai me montrer aux 
factieux; toua les bons citoyens du royaume, tous les ' citoyens 
de Paris me trouveront ä leur tete, quand la Constitution aera 
en danger, et Ton verra alors de quel cöte 8e raugeront non 
pas lea amis du roi, mais les amia de la royaute constitutiounelle, 
enfin de la forme de gouvernement que nous avons toua jure de 
maintenir. 

Je vous declare encore que la Constitution restera aana 
atteinte. Ceux qui ont imagin«:« follement de la renveraer n'ont 
pa8 prevu tous lea obstacles qui lea attendent. S'ils tentent de 
donner le signal de la guerre civile, n'en seront-ila paa les 
premieres victimes? Quel general oserait reater ä la tete de nos 
armees pour se devouer ä une faction qui aurait cbange la forme 
du gouvernement; quel aoldat, apres a'etre rendu sur lea fron- 
tieres pour y defendre la Constitution, resterait les armes a la 
main, en apprenaot que cette Constitution lui aurait ete enlevee? 
Nous sommea environnes d'ennemis exterieurs; l'union de tous 
lea citoyena serait necessaire pour les repousser, et c'est ce 
moment que Ton choisit pour allnmer dans Paria tous les flara- 
beaux de la discorde! etait-cc la ce qu'on devait attcndre de 
cette reconciliation juree ici il y a deux jours et qui nous avait 
donne de si douces esperances? voua voulez savoir oü est le 
dauger de la patrie: il est la; mais je saurai la defendre malgre 
les efforts des factieux. 

Roi des Francais par la Constitution, je aerai lc clief de 
tous les citoyens qui pour combattre nos enncinis communs 
auront le courage de se rallier ä moi." 

Apres ce diacoura lea ministres auraicnt rendu corapte de 
l'etat du royaume et auraient attaque lea aoeietes populairca. 
Le roi aurait ete preaent. Quant aux pieces a depoaer sur le 
bureau, voici, dit-on, ce que c'etait. 

1° Un plan remis par un depute de Marseille et certiiic 
par lui veritable, d'aprea lequel on devait lever une armee de 
cent mille hommes aux ordre» de la munieipalite de Paris pour 
changer la forme du gon verneinen t. 



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- 355 — 



2° deux lettres recues, dit-on, par M. de La Rochefoucauld 
dans leaquelle« on lui annoncait que des particuliers venaient 
des provinces pour assassiner le roi. 

3° une declaration d'un particulier de Paris qui declarait 
etre invite ä commettre le inerae assassinat moyenuant une 
sommc d'argent dont une partie lui avait ete remise. 

On ajoute que la persoune qui communiquait les ideca ci- 
dessus finit par dire au miniatre: le roi s'est fait beaucoup de 
partisans par sa conduite ferme daus la jouruee du 20 juin; 
ce nouveau trait de courage ne pourra qu'en augmenter le 
nombre. S'il etait ineme vrai que la guerre civile fut inevitable, 
la position dans laquelle cette demarche mettrait le roi serait 
saus contrcdit la meilleure. On dit d'ailleurs chaque jour 
qu'il raanque un chef capable d'empecher les maux trea pro- 
chaios qui nous menacent; eh bien! le raeilleur chef pour 
sauver le roi, c'est le roi lui-m6me. 

Cette däraarche fut adoptee, dit-on, par toua les ministrea 
mais quand on en vint ä l'execution, le roi s'y refusa. II ne 
voulut ni se reudre ä TAsaemblee, ni donner la forme d'une 
lettre au discours qu'on lui proposait, ni modifier meme ce 
discours dans un sens qui aurait pu davantage lui convenir; 
alors les ministres se decouragerent et ofFrirent toua au roi leur 
demission. On dit que le roi les engagea meme ä ne paa 
parier tres fortement contre les societes populaires. 

Cette conduite du roi ticnt ä plusieurs cause«: 

1° a Peffroi que lui a cause la journtte du 20 juin; il fut 
tres ferrae ce jour-lä; mais le lendemain la terreur se fit sentir 
au point qu'il a prcsque defendu, ä ce qu'on dit, a son ministre 
des affaires etrangöres de faire aucun changement dans ses 
bureaux, quoiqif entiercmcut composes de Jacobins, de peur d'ex- 
citer de nouvelles haines; 

2" au desir de tenter, si les dangers actuels ue pourraient 
paa etre neutralises en quclqtic sorte par des palliativ. II faut 
distinguer deux <'*poques pour apprecier cette idee. Elle etait 
bonne ä suivre au moment on Ton a si raaladroitemcut attaque 



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— 350 — 



le dernier ministerc et les Jaeobins; pcut-etre etait-elle bonnc 
encore le 20 juin, si le roi, apres avoir raontre beaucoup de 
fermete, avait renonce a donner aucune suite ä cette affairc: 
mais on s'est conduit differemment, et la conduitc la plus 
mauvaise est celle qui est contradictoire avec elle-ineme. l*ro- 
clamation du roi pour denoncer l'evenement du 20 juin cotnrae 
on attentat; proces-verbal des juges de paix; poursuite devant 
les tribunaux; Suspension du maire provoquee au dtfpartement 
et soutenue par le roi; eombat d'adresscs et de petitiona sur 
les objet8 les plus graves. Si je ne nie trompe, c'etait lä de 
la rösistance: il fallait donc continuer dans le meme sens on 
bien ce n'ätait pas la personne dont j'ai parle qui avait tort. 

3° II faut encore attribuer le refus du roi au conseil de 
Daport. Voici le Systeme de ce dernier. D'un cöte il ne veut 
pas que le roi parle de Constitution, pour ne pas se Her davan- 
tage a maintenir ce qu'il est necessaire de raodifier. Je trouve 
cette vue tres courte; car enfin la nation entiere n'eat-elle pas 
aussi liee par son serment? D'un autre cöte il ne veut pas que 
le roi se mette a roeme de resister dans Paris et il pousse 
autant qu'il peut ä ce qu'il se jette entrc les niains de La 
Fayette; et quand on lui demande quel moyen il aurait ponr 
executer cela, on le trouve entierement au depourvu. Ces 
imaginations ardentes en theorie sont bien faibles en pratique. 
Heureusement comme on f a dit qtielque part les eveiicments font 
toujours la rooitie de la bcsogne. 

Au reste voici ä peu pres le vüritable etat de l'opinion. 
Tous les partis voient de inauvais «eil PcntiV-e des pnissances; 
mais il y a dans cela des nuances difierentes. . Les Jaeobins 
croient et disent que les ennemis mettront tont ä fen et a sang 
pour nous replongcr dans rcsclavage. Les inilependants et une 
partie des Feuillants pensent que les puissanees voudront se 
meler de notre Constitution et conquerir quelques provinccs 
pour les frais de la guerre. Le parti de Duport et de La 
Fayette affeetent de, croire aussi aux e«mqu«'tes et dans tous 
les cas ils ne doutcnt pas que les puissanees ne se int'lent de 



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- :-i57 - 



nos lois. Ainsi les uns et les autres par divers motifa Bont 
opposes a Pattaque. 

II y a un autre poiut sur lequel Popinion est cgaleinent 
uniforme, quoiqu'avec de tres grandes modifications. II n'y a 
personnc qui ne dise que les puissauces ennemies viendront 
facilement jugqu':\ Paris: cependant chaque parti et memo chaquc 
individu, quand on le questionne separement, röpond que noua 
Horaraes en etat de repousser nos ennemis. Voici les diffäreutes 
nuauces. Les Jacobiiis disent qu'une fois debarrass&s des in- 
trigues des Feuillants et des ministeriels, ils repousseraient 
facilement toutes les forces ennemies; maia ils placent parmi 
les ennemis de Pinterieur qui les embarrassent le roi, la Cour, 
les tribunaux, les admiuistrations de dcpartement et tont Petat- 
major de Partnee, saus compter les protres, les Feuillants, les 
aristocrates etc. — Les Feuillants croient cgaleinent que Pon 
pourrait resister: si Pon etait debarrasse des Jacobiiis. Les 
iiidcpcudauts y ajoutent cctte nuance que la Cour n'est pas de 
bonne foi et qu'il dependrait du roi de faire cesscr Pattaque et 
d'ernpechcr Pcntrec d'uii seul mot. — L'abbc Sieyes repetc 
plus que jamals son principe que le corps constituant a commis 
unc giande crrcur en s'iniaginant de poiivoir faire une Invo- 
lution Kans cbanger la dynastie n'gnante; cette idec est 
aujouid'bui adoptrc par bcaucoup de mcnibres de 1789 et par 
une foule de riiquitcs de PAsssembb'e meine du cote droit. Iis 
tiouvent un certain amour-propre ä Padopter, parce qu'elle ex- 
cuse leur peu de sueers. 

Ties peu de gens pn voient une issue aux evenements 
actuels. Les Jaeobins ne voient que la guerre civile; Pabbe 
Siryrs la profes.se ouveitement. Les indi'pendaiit« et une partie 
des Feuillants disent qu'ils ne suecomberont qu'en apparence; 
mais que cliacitn d'eux sc retirera dans son coin pour y com- 
inemer de nouvcaiix soiiW-vemenfs aprfa (pie les puissances 
i'trang«''i-es sc seront retirres. Le parti de Duport et de La 
Fayette iniagine au contraire 1° qu'il faut negocier dans ce 
inoment-ci pour qu'on n'entre niriiie pas; 2" que le clief doit 



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3&8 



sortir de Paris pour se mettre avec La Fayctte; 3° que 1a 
toutes les propositions doiveut venir du roi; 4° qu'il faudra se 
bomer ä modifier tels et tels pointa de la Constitution, notam- 
ment les deux Chambres, 1c decret sur ia noblesse, quelques 
lois trop limitatives du pouvoir executif, expliquer le veto, 
l'appliquer aux decrets d'accusation, permettre la dissolution du 
Corps legislatif; 5° qu'il faudra se battrc pendant un siede 
plutot que de Bouscrire a autre chose. Beaucoup de Feuillants 
entr'autres Emraery abhorrent les deux Chambres. Les in- 
dependants ne peuvent pas entendre parier de la uoblessc. 
Quelques bons esprits parmi les littcrateurs voudraient le Systeme 
anglais dans toute son integrite, et cependnnt on pourrait faire 
mieux que les Anglais. En general on pcut conuaitre Tesprit 
du moment par les raotifs qui ont fait declarcr le danger de 
la patrie. Les Jacobins ont vu principaleraent dans ce decret 
le moyen de se debarrasser de leurs enncmis Interieurs; Tabbe 
Sieyes y a vu les elements de la gnerre civile. La deputation 
de Bordeaux et autres un nouvcau moyen de provoquer opinion 
publique contre le pouvoir executif; les indepeudants un grand 
moyen de defense nationale et pour ainsi dire une insurrection 
totale contre les armees enneinics. 

Voila la journee du 14 passee paus aucun accidcnt grave; 
mais ce n'cst pas preciserocnt re jour-la qu'il pouvait y avoir 
du danger, du moins je l'avais toujours pense; aiusi, eut-on des 
projets, il est naturel qu'on les ajonrne, jusqu'ä ce qu'on arrive 
au moment oü leur execution sera indispensable. On pretend 
qu'il n'y avait que quatre ou ciuq mille fedeies: on ajoute 
qu'hier au inatin a peine huit cent dentre enx s etaient inscrit 
pour aller au camp de Soissons. 

Aucun ordre n'a pröside ä la fete; !e serment n'a ete 
prete qu'ä trois beures, et 1c roi b'v trouvait depuis onze bcures. 
On lui avait forme une escorte d'enviroii .'JOO grcnadiers tires 
des Suisses, des troupes blanche* et de la garde uationale. 
Aucun ordre ne regnait, ni dans la marclie, ni dans la maniere 
dont on etait place au i-hauip de Mars. On a crie quelqtiefnis: 



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— 359 — 



vive le roi! mais cent fois plus: vive Petion! Ou avait pris 
pour ccla des precantions tres mal cachees. De distance en 
distance des enfauta de sept ä hnit ans etaient place» sur des 
planches elevees et criaient ä tue-tete: vive Petion! pour en 
donner le signal a tons les passants. Des agitateurs chargea 
du meme role etaient parmi les federes. En tout les piques et 
le» haillons etaient en plus graud nombre que les uniformes et 
les bafonnettes. 

Le concours du peuple etait immense, parce que des la 
veille on avait ete presque sur dans tous les partis qu'il n'y 
aurait point de danger. On peut dire pourtant que ce n'est pas 
la faute de» Jacobins. L'impudencc de leur derniere seance est 
inexprimable. II est imposaible d'agiter plus fortement les 
torclies de la guerre civile, et on voit par leur correspondance 
que toutes leurs societes affiliecs ont le memo ton. On savait 
hier tres confidentiellement de Brissot et de quelques autre» 
qu'il n'y avait point de danger combine pour ce jour-lä; que 
cependant il fallait prendre des precautions autour du roi contre 
le fauatisme de quelques iudividus et la folie de quelques autres. 

Hier au aoir la fermentation fut principalement dirigäe 
contre La Kayette. Les Jacobins entendent tres bien leur 
compte sur ceüc tliöse; il faut qu'ils suecombent ou qu'ils se 
debarrassent de cet cuuetni, car les deux partis ont tres deci- 
deiucnt le* caraetcres de deux factiona. Dans cet etat de choses 
c'est peut-etre uu tres graud bien quo La Fayette ne soit pas 
venu et que Luckner seul soit arrive. Deux motifs ont empeche 
le preniier; d'abord son etoile: et un pressentiment que ce 
voyage lui sentit funeste; je crois qu'il avait raison. Or sa 
chute etait un danger »le plus pour le roi. — Quant a Luckner 
il fera tout ce que Ton voudra pour le bien; mais sera-t-il bien 
conseille? L'idee de faire venir Lainetli plutöt que La Fayette 
est ä ce qu'on dit d'un hommu que vous connaissez. On vient 
anssi de lui demander ce que Lanieth doit faire. On dit que 
b; comite de Duport veut se servir de lui pour faire proposer 
la paix. II est ä craindre qu'on ne veuillo se servir de lui 



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- 300 - 



pour un depart qui est une tres mauvaise niauiere de resoudre 
le probl^me. D'un autre cöte on tente une espece de transaction 
avec les meneurs de l'Assemblee, car un ne peut nullement 
corapter sur le courage des independauts. La preuve en est 
dans ce qui s'est passe au comite des douze sur Petion. Ce 
comite est compose de quatre inembres du cöte droit de quatre 
independauts et de quatre Jacobins: malgn: cela il y a eu huit 
voix pour Petion. Les independauts ne voient quc le danger 
du raoment; ils croient toujours voir les tribunes tomber dans 
la salle et leurs proprietes pillees, s'ils ne Bont pas de tel 
avis. — 



XXXII. 

Mercy an Kaunitz, Brüssel, den 31. Juli 171HJ. 

Le personnage qui m'avait t-te annoucc depuis lougteuips 1 ) 
et dont ma depeche du 18 de ce tnois a fait mention 2 ), est 
arrive ici de Londrea la scmaine derniere. 11 s'est preseute 
chez moi sous le nom de ('ordicr, qnoi(|ne son nom verkable 
soit celui de Masson de Saint-Amand, ancien maitre des rcquutes, 



») Schon unter dem 17. Juni hattn Mercy an Kaunitz berichtet: 
„La reino de France nie fait avertir d.'reclief qu'il arrivtra ici une 
emissaire du parti constitutionnel, dcstiru' \ sc rendre a Vienne; la 
reine desirerait quoii lui tcinoignät i|it'elle s'est intcrcs.siV ä et tte uiission. 
Le parti duiit il s'agit est l'antauoiiiste de celui des Jacobins; mais il 
n'a maintenant nueune cousistanee et la reine cn le menageant n'en 
attend d 'autre utilit6 que eelle d'entret(<nir la division entre les ditlV- 
rentes sectos de facticux et de les opposcr les uns aux autre.«." 

*) Dort heisst es: .La ruine de France jtar une nute, dont j'ai fait 
mention dans ma depeche du 17 juin (s. o.>, m'avait annonce un 
emissairc du parti constitutionnel. ('et hemme est un nomine Cordier; 
il s'est rotidu a Londres. d'ou il m a deiiiande un passeport ]»otir venir 
iei; sa lettre est du 8 (juilletj; je lui en ai onvoye un du gouvernement 



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- »61 - 



intimement lie avec MM. do La Fayette, Laineth et Duport, 
auxquels il prete son entremise pour faire passer a la reine une 
correspondance dont il conserve chcz lui le depot. 

En egard aux circonstances präsentes et a l'ctat de nullite 
oü ae tronvent reduits les cliels du parti Feuillant. je ne devais 
m'attendre de leur part qu'a une miasion tres insignifiante; cette 
conjecture a ete pleineraent verihee par le langage que m'a tenu 
M. de Saint-Amand. II me dit abord que saus antorisation par 
eerit de traiter d'aucun objet, raais airaplement au 8Ü et de 
l'aveu de la reine, il venait dans le desir de ae procurer quel- 
ques notiona positives sur leg vues des Cours allieea relative- 
incnt ä l'etat de la France et a la forme de gouvernement a y 
retablir; quo si cea vues ne tendaient pas ä raraener puremeut 
et simplement Taneien ordre des choses et ä renverser de fond 
en comble la nouvelle Constitution, s il ne a'agiasait que d'en 
reformer les erreurs, de la modifier dans un sens adopte egale- 
tuent aux convenances interieurcs et ä celles du dehora, alors 
le parti modere de la nation s'empresserait de concourir au 
but des puissanecs, cc qui semblerait exiger une sorte de relatiou 
et de eoncert entre leurs employes et ceux du parti bien inten- 
tionne. M. de Saint-Amand ine retraca dans uu long verbiage 
le Systeme. II consiBte dans la forraation de deux chambies, 
l'une desquellea comine cbainbre haute serait composee de per- 
sonnages notables, electifs ;*i eliaque legislature et adrais non a 
titre de nobles, mais a eelui de plus riclies possesseurs fonciers; 
on admettrait eependant la reintegration de la noblease en 
France, mais saus Privileges exclusifs et ne jouissant des titres, 
arinoiries, decorations etc. que sous une toleranee de courtoisie. 
La pernianence d'unc Assembler legislative resterait la base de 

et ma reponse est. n'digee de mann-re ne pourrait un faire Je 

nioiudre alttis. II v a pm a sc promeM re »Im la mission de cot ngent, 
vfi que les intcntii.ns de ses commettants sont aussi suspectus quo lours 
movons sunt insuftisants. .Je tut» tiendrai dans »ne gründe, reserve et 
ine bonierai h tacber de decouvrir ce quo cette demarelie pourru avoir 
de eiiche et de rcmarquable." 



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- 362 - 

la Constitution, et le roi y serait place avec des pouvoirs 
approchant de ceux quo les Anglais out delegucs a lcur 
monarque. 

Mcs reponscs ä cette ouverture ont ete courtes et precisea: 
j'observai que deponrvu, ainsi que l'ötait M. de Saint-Atnand 
de toute autorisation, le desir marque par la reine de voir 
accueillir les demarebcs des personncs qu'elle a lieu de croire 
lui rtre attacbees etait le seul motif qui diit me porter ä suivre 
une simple conversation sur les matteres dont il s'agissait; que 
leB actes diplomatique» publies ou ä publier expliqueraient asscz 
les intentions des dcux (Jours; qu'il sufürait de lire ces pieces 
pour se former une idee exaete des principes qui y ont dontie 
lieu; qu'occupees d'un interet commun ä toute 1 Europe et sans 
vouloir se mcler des arrangements intrrieurs ä etablir d'accord 
entre le roi tres ebrrtien, remis en parfaite libcrtr, et la 
nation, les puissauces allirs ne traiteraient que directement avec 
ce monarque de tont ce qui a trait ä la cause generale. 

M. de Saint- Amand parla de Intervention de la Cour de 
.Madrid comiue du moyen le plus propre a effectuer une position 
bien constatee de liberte entirre pour le roi de France; et dans 
notre entretieu ce fut la seulc idee digne de qurlque remarquc. 
.le m'abstins de la relever et ine boruai ä observcr que les 
bruits public« attribuaient aux factieux lr projrt d'eutiainer dans 
les provinces mrridionales comme captifs et oläges le roi, la 
reine et la famille royale; que si cette liorrible ontreprise 
s'efleetuait, eile attirerait sur le royaume des malbeurs dont on 
ne pourrait entrevoir le tenne ni les efFets destructifs; que 
c'ctait ä ceux qui se troiivaient les plus intrressrs ä calculer 
l'etendue d'un pareil danger ä eberclier les moyens de le pre- 
venir. Cette remarquc mit tin ä notre conversation et M. de 
Saint- Amand est reparti le Irndemain. 

II a rte immrdiatement suivi par im autre rmissairr, le 
mrine abbr Lainbinct qui sVlait montrr iei passe quelques se- 
maiues. A er second voyage il n'a pas elierebe ä nie voir et 
e'est adressc uniquement au secretaire d'Ktat baron de Feltz, 



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— 363 — 

qui charge de rediger los rapports du gouvernement general y 
rendra compte du langage peu interessant que lui a tenu l'eccle- 
siastique dont il s'agit 1 ). 



XXXIII. 

Abbee Lambinet an den Baron Feltz, Givet, den 6. Juni 1792. 

Monsieur, 

Je n'ai pu avoir Hionneur de communiquer avec vous depuis 
raa derniere misBion parce quo raun dcvoir et mon Systeme, ine 
resserant dam* les borncs etroites de paeification et de negociation, 
m'ont impose la loi rigoureusc d'eviter et de recuser toutes les 
voies quelconques de Mars. 

Fidele ;i mes prineipes de verite et de Franchise j'ai fait, 
luonsieur, un rapport ecrit de mon intervention aupres de vous, 
mousieur, et aupres de S. E. M. le comte de Mercy; je Tai 
remis le 11) mai dernier ä M. le general de La Fayctte et a 
M. de Narbonnc. Tous les deux Tont lu, rein et n'ont eesse 
dapprouver et de louer, ineme en presenee des offieicrs-gnieraux, 
leurs euntidents, les maximes de saine politique, de sagesse et 
de moderation dont j'etais le rapporteur et fecho: je ne sais, 
mousieur, par <|uelle fatalite les evenements subsequents ina 
mission ont toujours ete en raison inversc des maximes 
de temperament. Le camp dOnhaye a ete provoque le lende- 
main de mon retour de Bruxelles; le general Sztaray a assailli 
le camp au dessous de Philippeville ;i pure perte. Les provo- 

') Die Relationen des Hiiron Feit/., der vom 11. Juli bis zum 5. August 
179-J Metternichs Stelle heim (ieneraM iouvernement vorsah, wan n leider 
im Wiener Archiv nicht aufzufinden. So liess pich (»her den <i egenstand 
der zweiten Sendung des Abbee Lambinet nichts ermitteln. Im Folgenden 
geben wir (unter No. 33 und Xo. 34) zwei nicht unwichtige Briefe jenes 
Emissilrs an den Baron Feltz, 



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cations multipliee», en rcndant mon rapport et ma personne 
tres suspect aux generaux, les ont pousse ä la vengeance. Le 
camp de Givct, celui de Pliilippcville »e sont lcve» la nuit du 
3 au 4 du courant et se sont portes ä Maubeuge. Les forces 
de deux puissance» sc trouvent concentree» devant la capitale 
de Hainaut et la paix future ne peut etre (|ue le prix d'une 
grande effusion du sang. 

Lorsque j'aurai riionneur de von» voir, monsienr, j'aurai 
celui de vou» en dire davantage. Je tue reconunande toujours 
a riionneur de votre »ouvenir, etc. 



XXXIV. 

Abbee Lanibinet an den Baron Feltz, Oivet, den 29. JiiDi 1792. 



Vous aurez probablement In la lettre que M. de La Fayette 
a adre«s«';e au roi et a l'Assenihb'e nationale en date du 1<> 
du courant; toutes les deux sont Texpression fidrle des senti- 
mcnt» de »on Arne, de son esprit, de son caracterc et sont con- 
formes en tout point aux dispositions, aux affeetious de son 
cuMtr, dont j'ai eu rhonneur d'etre le tidrlc interprete aupn's 
de Vou», monsieur, et anpivs de 8. 10. monsienr le comte de 
Mercy. Ses deux lettre« sont aussi eonformcs au vou de son 
arroee et la grande majorit»'- de la nation subjuguee, alteree 
par une faction populairc qui perdia Teinpire, si eile n'est pas 
ellc-mrrne eerasee, confondue, pulverisee, annihilee. Vous savez 
aussi, monsienr, que ces deux lettre» ont fait mander M. de La 
Fayette h la barre de l'Assemblee nationale. Nou» esperon» 
qu'il y triomphera et c|ii"il ranu-nera a INtpiuion re«;ue par tous 
le» bona citoyens ceux qui dans im delire factieux s'en sont 
ecartes. 

Quoiqu'il en soit, monsieur, je ne prevois chez nous que 



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malheurs, dissolution, anarchie, misere et selon roea calcula de 
probabilite guerre civile. 

J'aurais l'honneur, monsieur, de ra'expliquer plus amplement 
avec vous Rur cette fatale conjoncture et sur d'autrea objets 
relatifs aux Pays-Bas autrichiens, si j'avais l'honneur de vous 
voir. J'en ai meme la perraission, maia j'ignore, ai dana les 
circonstances ma presence aerait agreable, ai je ne serais paa 
trop compromia, ai je ne courrais paa de granda riaques. Au 
reste, monsieur, voua etes le raaitre de nie faire connaitre vos 
intentioua en me les faisant adresaer aoua couvert ä Dinant a 
M. Dncrez aoit par la barque de Naraur, aoit par la voie de 
Bouvigne. — 



XXX Y. 

Pellenc an Lamarck, Paris, den 5. August 1792. 

Vendredi au aoir, la corami9sion des douze recut un avis 
du charge d'afi'aires des Deux-Ponts. II promettait la declaration 
du duc de Brunswick qn'ou avait deja iei depuia deux jours; 
il en donnait par apercu nne idee beaucoup plus forte. Condorcct 
dit alors: ..Je voudrais hien qu elle cfit et«'- faite comme on 
Tannonce, car eile nous a fait grand bien: encore nne declara- 
tion pareille et noua sommes sauves." II fnt conveiiu dans la 
meme süauce que la decheanco aurait licu jeudi et qu'on 
s'oecuperait jusque-la des mesures qui devaient preceder et 
au i vre. On proposera une deeheance sans regence avec un 
poiivoir executif responsable, nomine par l'Asaemblee, en atten- 
dant la Convention dans un temps plua ealme. 

Dans la meine seance. Condorcet deelara que le roi devait 

faire part d'un voyage a R ') II fut arrete que si cet 

avis etait donne on passerait ä 1 'ordre du jour; mais on pro- 
poaa de mettre un considerant dans le deeret. Voici ce <|ui fut 

') Bemerkung Mercys: Rambouilli-t ou Roueu. 



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propose: „Attendu qu'il importe an royanme que le roi non 
seulement quitte Paris, raais le royaume, pour etre debarrasse 
de ses trahisons, etc." Cette question resta indecise. 

On agita celle de savoir ce que Ton ferait apres, c'est-a- 
dire, si l'on garderait le roi en otäge ou non. Beauconp de 
merabres se declarerent pour raffirraative ; raais Condorcet dif. 
„II sera ordonne au roi de sortir et on ne lui donnera point 
de seconrs". C'est ä peu pres l'interdiction du feu et de l'eau 
usitee :i Rouic, par consequent un appel ä l'assassinat. La 
question resta encore indecise. 

Dans la raeme seance, on verifia un fait grave, savoir, que, 
les deux jours qui suivirent chaque epoque de troublos, on 
echangea a la monnaie une quantite beaueoup plus considerable 
de guinees, entre autres le 22 et le 23 juin 316 raarcs de plus, 
ce qui est enorme dans deux jours. Condorcet fut fort erabar- 
rasse pour expliquer cela 1 ). 

Seance de la Comroission d'hier au roatin. On se 
dispute sur l'arrete de Mauconseil; Guadet est presque seul de 
son parti. Son arguroent etait: il faut bien que quelqu'un com- 
raence. Les autres, entre autres Vergniaud, repondaient: non. 
dans un pays constitue, cc droit ne peut s'exorcer que par dtfle- 
gation. On convient de casser la forme de l'arrete de la 
section et de renvoyer le fond ä la Commission. ("est ce qui 
a 6te fait. 

Seance d' Iii er au soir. On convint que la discussion 
sur la deeheanee cnmmcncerait le 6 dans la commission pour 
distribuer les rules et voir si deux discours de Brissot et de 
(iensonne suffiraient pour tout entrainer. II a ete convenu ponr- 
tant qu'il etait ptrilleux d'en venir a une aussi grande raesure 
sur le vo>u des federes et des sections d'une villc. La Com- 
mission etait plus flottante que la veille. Condorcet a In un 
article propre a mettre dans le consideraut, sur lequel il a dit 

'} Wahrscheinlich spielt Pellenc liier auf dif (leider an, die der 
Herzog von Orleans frlilier in England deponiert hatte und, wie w> hiess. 
zur Unterstützung der Jaiuliiner lieitnlicli verwendete. 



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fonder les plus grandcs esperanees: „Oonsiderant qne TAssem- 
blee a dfi pourvoir au salut de l'armee et empecher que les 
trahisons de Louis XVI la fissent maasacrer coiume il en avait 
le projct, etc." ()n a reconnu que cela serait tres propre a se 
concilier larmee. La Commission *;tait encore plus flottante 
que dans la ruatinec. Quelqu'un a dit: , T Le duc d'Orleaus vous 
trompc; il a l'air de reuoucer pour que son nora ne fasse pas 
perdre des voix a la question; ensuite il fera valoir aes droits." 

Le progres rapide de la comraotion dans ces trois ou 
quatre jours vient de ces deux causes: publication de la de- 
claration du duc de Brunswick et nonvolles de la deBertion 
dans les troupes autrichienncs; par eonaequent, plus d'irritation 
d'un cote et plus de confiance de l'autre. 

La demarche faite par le mairc de Paris au nora des 
sectiona est fort simple; la permanence avait cet objet; des 
deliberations pouvant etre prises a chaque instant du jour, on 
a choisi le moraent, au point que personnc n'en savait rien et 
que la premiere nouvelle a ete le discours de Petion a la 
barre. II n'y a pas ou cn tout deux mille votants. Les 
meines personnes sont allees dann presque tontes les sections. 
On avait cu soin de dreroter auparavant la publicite; par la 
les sections t'-tant ouvertes a tout le monde, il n'y a plus eu 
de distinetion entre les actifs et les non-actifs. 

On 1 ) s'attendait h des dt'savcux et ä des combats de pe- 
titions: mais cela ne preiid pas. La garde nationale est ansai 
desorganisi'-e. On a perdu beaueoup de ferrain depuis un mois. 
Les uns disent: „Les utrangers nous sauveront." Cbacun aur- 
tout se dit: „Moi, je nie sauverai par lä, nul n'agit; d'aillenrs 
les cliefs du parti de la n'sistanee ou de celui de l intlucnce 
sont des eadavres. On depense un argent immense tout aussi 
inutilement qifon n'a jamais fait. MM. de Montmorin et autrea 
attendent los poignanls coiume. sous NV-ion; d'antres sont tran- 

'> l'.t.Miit : kuiiK M<>n \s. Tout«-s \i-s purtif nies ,()ii"Mr co purn^rnplo' 
designont l»;s Tuliierifs. 



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quilles parce qn'ils ont de ropium dana leurs poches. On parle 
plus que jamais d'un depart; car chacun se dit: si la decheance 
passe, le roi sera assassine, peut-etre legalement, et si eile ne 
passe pas, l'assassinat est encore plus probable, comme une 
snite de la fermentatiou populaire; cependant si la guerre civile 
etait inevitable, ce serait mal debuter que de perdro Paris. On 
a cnvoye aux armees et an voisinage; le resultat sera peut-etrc 
nul; et si Ton ne se presse ici, tont arrivera bien tard. Le 
ministere actuel n'est capable de rieu, et vous connaissez la 
lenteur et l'insuffisance des conseils qui viennent d'ailleurs. 

Outre les federea, les Jacobins ont ici environ mille gardes 
frangaises qui ne parlent de rien moins que d'aller i\ farmee 
en y portant la tete du roi an bout d'une pique. A coup sur 
le duc d'Orl6anB fait venir beaucoup d'argent d'Angleterre k 
eorapte des 7,200000 L. st. qu'il y avait places. On sait aussi 
que les Jacobins ont fait faire une collecte dans les clubs 
d'Angleterre qui a beaucoup produit. Un banquier seul a donne 
mille guinees. 

Vergniaud aurait voulu que la decheance n'eut ete pro- 
noncee qu'au moment oü les emicmis seraicnt A quinze Heues 
en deca des fronticres. Alois, disait-il, nous ferons sentir au 
peuple qu'il a t*te impossible de conaerver pour roi celui au 
profit duquel les puissances declarent faire la guerre. Vous 
voyez par lä que la declaration du duc de Ilrunswick fera 
presque tous les frais de la decheance. „En attendant*', disait 
Vergniaud, „il faut voir, si on ne potirra pas obtenir du roi 
par terreur les avantages que produirait la decheance. u 11 y a 
une liste connuc de six mille tetes a faire tomber apres cellc 
du roi. Pour des homines habiles tonn ces dangers, quelque 
graves qu'ila soient, n'ctaient rien; maia ceux qui s'en melent 
sont ou des inibeciles 011 des traitres; je ne fais presque pas 
d'exception. — 



Druck von E EW-rinp, Berlin W , Linkstr. 16. 



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Tbl» t>ook • - t.« n«fit 





II 



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