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Full text of "Geschichte des heidenthums in beziehung auf religion, wissen, kunst, sittlichkeit und staatsleben"

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I 


HARVARD  COLLEGE 
LIBRARY 


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Bought  from  the  Fund  for 
3K  CuRRENT  Modern  Poetry 
m  given  by 

3^        MORRIS  GRAY 

CLASS  OP  1877 


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Gescbkshta 


Heidenthums, 

in  BoMwig  nf 

Migion,  WiHM,  Knit,  SttHohkait  oi  «utJat« 


Zweiter  liieil. 


im  Verlage  bei  Joief  Kftz  «ad  Kom^ 


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J 


Das  Ctoteteslelieii 


Chinesen,  Japaner 


Indier 


Br.  Adtlf  Wiltke. 


eBtirin, 

IMS. 


Digiilzca  by  Liu^.'  . 


9  » 


I 


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Vorwort, 


« 


Die  Anftialiine  des  ersten  Bandes,  selbst  von  Seiten  der  * 

Gegner  meiues  Standpunktes,  hat  mich  eben  so  sehr  er- 
nnthigt  wie  sn  der  Steigernng  meiner  Anforderungen  an 
das  Werk  selbst  angeregt.  Wer  das  Gebiet,  auf  welcheoi 
der  gegenwärtige  Theil  sich  bewegt,  besonders  das  indische, 
auch  nur  einigeruiadsen  aus  eigner  Anschauung  kennen 
gelernt,  wird  gerecht  genug  sein,  nicht  den  Anspruch  an 
erheben,  dass  der  Weg,  den  ich  mir  durch  diesen  dicht 
verwachsenen  Urwald,  in  welchen  bisher  wohl  viele  Pfade 
hinein,  keiner  aber  wieder  herausfilhrte,  zu  bahnen  suchte, 
schon  eben  wie  der  Meeresspiegel  und  glatt  wie  eine  Tenne 
sei.  Wir  stehen  hier  erst  am  Anfang  der  Erkenntniss.  Bs 
durfte  eher  Manchem  scheiuen,  als  hätte  ich  schon  zü  viel 
gewagt,  wenn  Ich  in  diesen  dunklen  Gebieten  ein  Gesammt« 
bild  zu  zeichueü  versuchte^  —  jedoch  darf  ich  versichern, 
es  mit  bestimmt  ausgesprochenen  Ansichten  ernst  genommen 
zu  haben;  und  was  ich  nur  muthmassen,  nicht  begründen 
konnte,  habe  ich  lieber  voriflnfig  ganz  bei  Seite  gelassen, 
als  dass  ich  die  sicheren  Züge  des  Bildes  durch  zweifelhafle 
Gestalten  trübte,  —  wiewohl  ich  für  manche  nnwesentiichere 
Behauplungeü  des  Textes,  um  das  Werk  niclit  zu  sehr  aus- 
tudehnen,  die  vollen  Beweise  nicht  beigebracht  habe. 


Da«s  der  gcgenviärüge  Band,  der  den  sehwierigslM 

Tbcil  des  ganzen  Werkes  behandelt ,  nicht  so  weit  reicht 
als  beabsichtigt  war,  wird  durch  den  Umfang  des  StoCea 
gerechtfertigt;  ein  grosser  Theü  des  Folgenden,  auf  bekann- 
teren Gebieten  sieh  bewegend,  wird  sich  kfirser  behaadelii 
lassen.  Die  Fortsetzung  des  Werkes  werde  ich  mir  dringeud 
angelegen  sein  lassen*  Die  Herausgabe  des  vorliegendeii 
Bandes  wurde  iiiir  nur  diu  ch  die  huldvolle  Unterstützung  durch 
Se.  Excellenz  des  Herrn  Hinisters  der  geistlichen,  Unter- 
richts- und  Medecinalangelegenheiten  ermöglicht,  da  die 
g^enwartige  liSge  des  deutschen  Bachbandeis  für  Werke 
dieser  Art  eben  nicht  sehr  aufmunternd  ist. 

Breslau,  den  1.  Joli  1853. 


Oer  Verfasser. 


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Inhalt 


CinleUling.   §1  — 4.  Die  gebildeten  Volker  der  objectiiren  WelUntcliauuog. 

Zweite  Stufe:  Die  Chinesen  und  Japaner. 

I.  Die  Chloeseii. 

XinleiiuBg.  —  $  5.  Dai  Volk.  —  $  0.  Die  Urkunden ;  Kong-fu-tcc  and  die  King. 

I.  Das  religiöse  Leben.  

I.   Das  Gottcsbewiisstscin, 

§  7.  Die  Rcicharrllgion,  die  Lehre  det  Laotae  und  des  Fo.  S.  10. 
%  8.  Die  Zweihoit  tiU  Grund  de«  Alla.  S.  11.  —  8  9.  Die  Ent- 

■kluinff  drrWcU.  S.  17.  —  §  10  —  11.  Da«  Wesen  dea  Güttlidien. 

S.  25.  —  §  Ii.  Das  Schickaal.  S.  33.  —  8  13.  Die  Geister.  S.  30. 

lt.  Der  Mensch. 

$  11.  Diis  Wcst  n  desMongrhcn.  S  —  §15.  Die  sittliche  Natur 
des  Mcngdu  n.  S.  11.  —  §  lü.  Die  Freiheit  d«'K  Willens.  S.42.  — 
S  17.  Das  Vcrhilltnis«  des  sittlichen  Handeln»  zur  Xatur.  S.  45.  — 
8  18.  Die  UnsterMi«  hkeit.  S.  48. 

III.  Die  Beziehung  des  Göttlichen  und  des  Menischlichcn  auf  üinaader. 
8  19.  S.  53. 

a)  Die  Beziehung  de«  Göttlichen  anf  das  uienachliche  Leben. 

§  20.  Die  Vorsehung.  S.54.  —  g^l.  Die  Offenbarung  durch  die 
Vemonft  und  die  öffentliche  Meinung,  durch  Wunder,  durcli 
Vorzeichen  ^  darch  Träume.  S.  58. 

b)  Die  Beziehung  det  Menschen  auf  das  Göttliche;  der  Kalt. 

§  n.  Gebet  nnd  Opfer.  S.  62. 

IV.  Das  kirchliche  Leben. 

S  23.  Die  Kirche;  Priester.  Tempel,  heilige  Zeiten.  S.  68.  — 
8  24.  Die  Zauberei ;  Wahrsagekunst.   S.  70. 

Fremde  Reh'gions- Ideen  in  China. 

S  25.  China  s  Duldsamkeit.  S.  74.  —  820.  Die  Lehre  des  Tao  von 
Laotse.  S.  76.  —  8  27.  Die  Lehre  des  Fo.  S.  83. 

II.  Das  wisscnsch«'\ft]ichc  Leben.  §28.  S.  84. 

8  29.  Die  Sprache.  S.  S6.  —  §  30.  Die  Schrift.  S.  88.  —  §  31.  Die 
Wissenschaft.  S.  SO.  —  §  32.  Xaturwissenschnft .  Astronomie, 
Physik.  Arzneikunde.  S.  tM).  —  §  33.  Die  Geschichte.  S.  95.  — 
8  34.  Die  Philosophie.  S.  101.  — 

in.  Arbeit,  s  35.  s.  100. 

IV.  Kunst  8  36.  S.  112. 

8  37.  Der  Putz.  Der  Tanz.  S.  113.  —  8  38.  Die  Baukunst.  S.  115.  — 
8  39.  Die  Bildhauerkunst  und  Malerei.  S.  116.  —  8  40.  Die 
Musik.  S.  UP.  —  8  41.  Die  Poesie.  S.  118. 


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V.  Das  sittliche  Leben. 

S  42.  Daa  Wesen  der  chincatgchcn  Sittlichkeit.  S.  121.  43.  Die 
redite  Mitte.  S.  123.  —  g  44.  Einflui«  der  Sittlichkeit  auf  da« 
Natiirlebcn.  S.  125.  —  §  45.  Die  Tugenden.  S.  120.  -  $  46.  Der 
Selbitmord.  S.  132. 

Die  Familie«  S  47.  S.  133. 
S  4a  Paa  Weib.  S.  134.  —  §  49.  Die  Ehe.  S.  135.  —  S  50.  Die 
Gattin;  Ehescheidung.  S.  138.  —  $51.  KcngcJihcit.  S.  140.  — 
S  52.  Das  Verhältnigs  der  Eltern  und  Kinder  zu  einander. 
S.  141.  —  S  53.  Die  Erziehung;  der  Kindermord.  8.  144. 

VI.  Der  Staat,  g  54.  S.  146. 

L  Verhältniss  des  Staates  und  der  Staatsbürger  zu  einander^  das  Recht. 
S.^i5.  S.  110. 

a)  Do«  Recht  dca  Staat<bürgcr8  dem  Staate  gegenüber. 

§  5(3.  Gleichheit  der  Burger,  Sklaven,  Cnstraten.  S.  151.  — 
S  57.  Der  Socialifimu«.  S.  154.  —  §  5S.  Der  Handel.  S.  156. 

b)  Dag  Recht  dca  Staatct  dem  Bürger  gegenüber,  daa  zwingende 

Recht.  S  59.  S.  157. 

IL  Die  Staatsregierung. 

i  (iO.  Die  Einheit  dos  Reiche».  S.  159.  —  f  Ol.  Der  Kaiaer. 
S.  102.  —  S  02.  Der  Kaiacr  als  Vertreter  de«  HiinmcU.  S.  103.  — 
S  63  u.  64.  Die  Pllichten  dea  Kaiaert.  S.  105.  171.  —  S  ^.  Die 
Thronfolge.  S.  172.  —  §  60.  Die  Verantwortlichkeit  de«  Kaisers 
und  da«  Recht  de»  Volkea;  die  Revolution.  S.  175. 

S  07.  Die  Mandarinen,  (Civilbeamten,  da«  Heer.)  S.  180.  ~ 
g  68.  Die  Ccnsoren.  S.  lfl*2. 

S  09.  Die  Verwaltung.  (Steuern,  Verwaltung  de«  Innern;  die 
Schulen.)  S.  194. 

§  70.  Verhaltnia«  de«  Staate«  nach  augsen  im  Frieden  u.  im  Kriege. 
8.  199.  —  i  71.  Absperrung.  S.  201. 

VII.  Die  Geschichte,  g  72.  s.  208. 

IL  Die  Jat>ancr. 

§  73.  Ursprung  de«  Volke«.  S.  217.  —  $  74.  Religion.  S.  219.  —  j  75.  WiMen- 
«chaft.  Arbeit.  Kunst.  S.  223.  —  §  70.  Sittlidtkcit.  S.  225.  —  §  77.  78. 
Sfaiiit.  S.  225. 

Dritte  Stufe:  Die  Indier. 

Etnleitiuig.  —  %  70.  Die  Gnwd-Idee  der  Indischen  Weltanschauang.  S.  330.  — 
S  80.  Der  innere  Gegencats  der  Brahma-  und  der  Buddhalehrc.  8.  232.  — 
S  8L  Da«  indiache  Volk.  8.  232. 

I.  Das  BrahmanenthBm. 
I.  Das  religiöse  Leben.    S  82.  Urkunden.  S.  234. 

1.  fintt. 

a)  Die  Vedenlehre. 

§  S3.  Die  Grund -Idee.  8.  239.  •-  %  84».  Die  drei  Hauptgott- 
heiten. S.  240.  —  g  84^'-  Die  übrigen  Götter.  S.  240.  — 
S  85.  Da«  Wesen  der  Götter;  da«  Anirita.  S.  251. 

S  80.  Der  einige  Urgott.  S.  253.  —  $87-89.  Sein  Wegen.  8. 257. 

b)  Die  Lehre  der  Epen  und  der  späteren  Zeit 

§90.  Die  epische  Mythologie.  S.  267.  ~  §  OMhr  Untcrachied 
von  derVedcnlchrc.  S.  275.  —  g  02.  Die  Sekten  der  späterca 
Zeit.  S.  278. 


II.  Well. 


%  iVi.  Der  Grand  der  Wdt;  dtc'Mnja.  8.  ^1.  —  ^94  nnd  95.  Pie 
VemciPnng  der  Wdi  in  der  congcgtieoten  Lehre.  S.  285.  — 
S  96.  Die  EnUtchuiig  der  Welt.  S. 
>'  §97.  Die  DrcifttlU>heit  der  Welt.  S.  m  ->  $  9H,  Per  Mentrh. 

S.  305.  —  S  99.  Die  Naturgtande  (Kaatea).  S.  315.  ~  §  IW-  ^r- 
■pmng  der  Raiten.  S.  320.  

ML  V#rhaitni.«;.<<  Gottes  und  der  Weit  mu  einander.    -      •       *  • 

S  101.  Pantheiiti«che  Einheit  Gotte«  nnd  der  Welt.  S.  323.  — 
S  102.  Freiheit  der  Creator.  S.  331.  

a)  Da«  activc  Verhiltaiia»  <B>'Q»tiheit  tu  den  Menschen. 

S  103. Pie Vor«cbung;  da»Schick>al;  die Gottctgerichtc.  S.33*2. 
.  ,        —  S  104.  Die  Offenbarung.  S.  330.  —  §  ia5.  Die  Mcn«ch- 
werdang  der  Götter,  Avataren;  Kriachna.  S.  337. 
h)  Pie  active  Beziehung  dea  Menschen  auf  dai  Göttliche; 
der  Kult. 

S  106.  Wesen  des  Kultus;  das  Gebet.  S.  340. 
.  S  107.  Pas  Opfer;  das  Sorna- Opfer.  S.  343.  —  §106.  Pa* 

Thieropfer;  die  Spenden  für  die  Ahnt-n.  S.  351.  —  §  109. 

Die  Sclbstopfcrung;  das  Mfiischenopfcr.  S.  353.  —  §110- 

Pie  fromme  Hingabe  des  Menschen  an  Gott;  die  Andacht. 

8.  358.  -  §  III.  Pie  Askese.  S.  362.  —  , 
§112.  PieBussüngcn  für  begangene  Schuld;  die  Reuiignngen. 

S.  370.  .  • 

c)  Pie  Kirche.  

S  113.  Pie  priesterlichen  Personen.  S.  380.  —  $  114.  Heilige 
Orte;  heilige  Pinge.  S.  380.  — 

d)  Pas  Heil. 

$115.  Einigung  mit  Gott;  Zauberkraft;  UnstcrhlicbkeiUtrank. 

S.  388.  

§  HO.  Leben  naih  dem  Tode;  die  Höllen.  S.  393.  —  g  117. 
Pas  Aufgehen  der  Crcatur  in  Gott.  S.  395.  —  S  US.  Pie 
Seelenwandcrung  S.4()0.  -  $119.  Pas  Ende  der  Welt.  S.405. 

II.  Das  wissenscliaftliche  Leben. 

§120.  Sprache;  Schrift.  S.  407.  —  §  121.  Mathematik;  Natnnyissen- 
schaft  (Astronomie;  Physik;  Amneikundc)  S.  410.  —  §  122.  Ge- 
schichte. S  410. 

S  123.  Philosopye;  Vedanta.  S.  420.  —  g  124.  Sankhja;  Joga.  S.423.  — 
8125.  Nyaya;  Vaiycachlka.  8.430. 

III.  Die  Arbeit  §  120.  S.  435. 

IV.  Die  Kunst.  §  127.  S.  437.  • 

S  128.  Put»;  Tanz.  S.  438.  ^  §  129.  Bankunst.  S.  440.  ^  S  130.  Bild- 
hauerknnst;  Malerei;  8  442.  —  §  131.  Musik;  Poesie.  S.  443.  — 
<  132.  Epische  Poesie;  Fabel.  S.  445.  —  g  m.  Drama.  S.  451.  - 

V.  Das  sittliche  Leben.  •  .    ,        .  > 

$  134.  Wesen  der  indischen  Sittlichkeit.  S.  454  —  §  135.  ihr  Grand 

und  ihr  Ziel.  S.  450. 
S  130.  Pie  Sinnlichkeit.  S.  402.  —  §  137.  Pas  sittliche  Verhältnis«  «u 

anderen  Menschen.  8.  403.  —  1 138.  Paa  litüichc  Verhältniss  lo 

den  Katardingen.  S.  4Ö0. 


^      dby  Google 


Die  Familie.    $  139.  Da.  Weib.  S.  4ÖÖ.  -  ^       Khe.  - 
?        ";«*»J»g"n«:en  der  F.hr.  S.  ill  -  5  142.  Da«  «JtUirhe  Ld.cn 
-  w  der  KIm;  Stellung  der  Gattin;  die  Wi«,re.  H.  AHL  -  §  143 
Trennung  der  Ehe;  Ehebrudij  LoyiraU-Khc.  S.  121L  -  §  144^ 

.       dem;  Ersieh ung.  S.483. 

VI.  Der  Staat 

S  ^^«^«^"»K  ^«-.  Staate.,  n.  m  ^  %  UL  M^ll  der  St^te«. 
;   .  ^.  48Ö.  —  8  USL  Die  Kasten  im  Staate.  S.  4ÖL 
L  Das  Recht. 
'  .  §140.  Die  Geeetvgebung  S.  41IL        .     ■  : 

*^  ??!r.^?^^'**'•  ®*"»-«»örgefi  dem  Staat  gegenüber. 
S  im  Ungleichheit  der  StOQt«hnrgcr.  Sklaverei.  S.  iüL  —  C  1.51. 
Eigenlhnm,  Erbrecht,  Handel.  S.  4ffiL 

Pt^^r"'  gegcniiber. 
$152.  Da.  Strafrecht  S.4a5. 

II.  Die  Regierung. 

S  m  Der  Eönig.  S.  4fiÖ.  $  I54.  Sein  Vcrhaltni«  zum  Ge.ete 
■     ""^  Prahraancn.  S.  50Q.  ~  J  150.  Sein  Verhältni«  rnut 

.  .  Vnlk.  S.  ML  -  §  m  Rcchtipflege.  S.  502.  -  €  läL  Verwal- 

tang.  S.  .m  -  §  15S.  Ilerrcuweaen.  S.  5ÖÖ. 
£159,  Verhältni«  de«  Staate»  nach  aucen ;  Ilaadel  und  Krieg.  SJiLL 

VH.  Die  Geschichte,  f  IfiQ.  s.  514. 

II.  Ber  Baddhfsmui. 
'S  IflL  Ürtpruhg  und  Queüen.  S.  52a 

L  Das  religiöse  Leben. 

^^An.^!^**      Brahmalehre.  S.  523.  -  J  m  Der  Urgrund  de. 

!  w  n  '  "Z"^"-  ^'^-S  105.  Der  Men.ch.  S.  532.  ~ 
,    ^  Ifiü.  Da«  VV  e.en  de.  Daseint.  S.  535.  — 

Buddha  «.  S.  m  ~  $  166.  Der  ideelle 

c  ?7n  S.  Üi2.  -  S  m  Da.  Opfer.  S.  641  - 

S  im  Die  EnUagung.  S.  552.  — 

'  '    ^  V'l'''''  S.  551  -  f  112.  Die  kirchliche  Thätigkeit 

'   *    i^^dt  W""'";'""'  S  ^  -  S  m.  Da.  HeU;  -  die  sfelet' 

WWderung ;  d.c  Wundermacht;  die  Buddhawürde  und  ihre  Vor.tafen. 
S.        -  $  n4.  Da«  Endziel,  Nirrnna.  a  5ÜÖ. 

II.  Wissenschaft.  Arbeit.  Kunst. 

^^rie'^^Tonf  Vi^'f  ""^'"'^  Ge-chichte.  S.  52L  -  «im  Indo- 
•tne.  ~  Kunat:  BaQkun«t  und  Bildnerei,  Poeaie.  8.  521 

III.  Das  sittliche  Leben. 

S  127.  We«en  der  Sittlidikeit.  S.  fi2IL 
i  m  Die  Ehe.  S.  303. 

IV.  Der  Staat.  §  im  s.  585. 

V.  Die  Geschichte.  §  Ifiö.  8.  5S2. 

Schliss:  818LS.BÖ2. 


Die  Völker  Ost-Asiens. 


iCialeiiung. 

aer  fiCiife  der  wiMfln  ud  ibalbwüden  Yttlkcr»  welche  nieht 
t»  teGeseiydile,  eondem  seben  ihr  «tehen,  sehreiteii  wir  fort 
n  den  VAlkem  der  Sadtiiig  und  der  Geschiehle,  Bei  de«  wilde» 
Völkern  war  die  Zeit  ihres  Bestelieiis  eine  dnrehans  ^eich^ßl- 

ti^e,  denn  ihre  geistige  Entwickeiuiig  wiiti  von  der  Zeit  nicht 
btnilirt;  sie  bleiben,  was  sie  sind,  ihr  Dasein  fällt  nicht  in  die 
Zeitfolge  der  Geschichte.  Die  Geschichte  weiss  von  ihnen  eigent- 
lich nichts,  böch«ten8  nur,  insofern  sie  als  wüstes  und  tobendes 
Eleeieiit  stOrend  in  das  Leben  der  ^eschichüichen  Völker  ein- 
greifiiB.  Auch  bei  den  h^lbwildoi  Völkern  konunt  die  Zeit  ihres 
AnftreteM  wenig  in  BetMudity  denn  eie  sind  nicht  organlseh  ans 
demgeechieihtKcheB  Leben  herrorgewachaeii,  mid  wachsen  andi 
»cht  in  dasselbe  hinehii  sie  sind  eine  Anomalie  in  der  Oe* 
schichte,  eine  Zwittergestalt  zwii»c]icn  wilden  und  geschicht- 
lichen Völkern,  und  wie  alle  Zwitter  unfähig  sich  fortzupflanzen. 
Die  Nölker,  mit  »Icnen  wir  es  Jetzt  zu  tlinn  haben,  stehen  bereits 
io  der  Geschichte,  haben  die  \V  iidheit  schon  ganz  abgestreillt, 
sied  Völker  der  geschichtlichen  Bildung  und  organische  Glieder 
is  der  fintwiekelmg  des  nens^tteben  (iteisles;  sie  erheben  ihr 
Hsspt  nnd  ihr  Ange  4ber  den  Boden  nd  schaoeii  nach  oben;  in 
teeo  bat  wUk  die  Menschheit  ans  dem  dnnklen  Boden  mim 
TsimttAt  empeegerongen ,  um  si<^  hi  mannigfaltigen ,  relehbe- 
lasbten  Verfistelungen  zu  entfalten.  —  Aber  auch  bei  diesen 
Völkern  stehen  wir  immer  noch  auf  dem  Boden  der  ob  j  ectiven 
Weltanschauung  (I.  Bd.,  §  11  etc.  26);  noch  ist  der  subjective 
(■eist  nicht  wahrhaft  erkannt,  noch  weniger  eine  bestimmende 
Macht  für  die  objective  Natur  geworden;  das  wahre  Sein,  das 

QMiebe,  das,  was  flbr  das  mensebliche  Snbject  die  hachsie 
n.  1 


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2 


Macht  ist,  ist  nicht  freier,  T>er«5nUcher  Geist,  sondern  Ist  Na  t»r, 

steht  dem  persönlichen  Geiste  als  rin<  iciii  objective.  h»)here 
IMnclit  gegenüber,  und  der  persöiiliciiedeist  schaut  nur  <ias.  u  ns 
ni(  lif  durch  d»'n  (mms^  ;!:rschaÖen  ist:  vr  vor  hält  sich  der  W  elt 
gegenüber  nur  episch,  erzählend,  nachzeichuend,  nicht  schöpfe- 
risch. Der  subjective  Geist  ist  da  überall  erst  das  Zweite,  nicht 
das  Erste,  ist  das  Untergeordnete,  nicht  das  Hemchende* 

$«• 

Der  Wilde  lebt  geistig  nur  ans  der  Hand  in  den  Mund,  leht 

einzig  far  die  Gegenwart,  nicht  flir  die  Zukunft,  und  hat  auch 
keine.  Die  Völker  der  Bililimi;  leben  niclit  bloss  für  heute,  son- 
dern e^ueh  für  morgen;  sie  streiieu  die  blosse  Gegeiiwa?  t,  das 
l.eheii  lür  den  Auü:enblick.  von  sich  nh.  sie  wollen  für  alle 
Zeiten  leben,  und  ihr  geistig  Krruugencs  soll  auf  die  kommenileii 
€rcscl)lechter  erben.  Wie  sich  der  Mensch  vom  Tbiere  dadurch 
«nterscheMety  dass  er  ein  selbststäadiges  inneres  Leben  hat  und 
es  offenbart  dnrch  die  Sprache,  so  mterscheidetaich  der  ge- 
bildete Mensch  vom  wilden  dadnreh^  daas  er  ein  selbatatändiges 
geistiges  Leben  hat  ond  es  offenbart  durch  die  Schrift.  Wns 
für  den  einaelnenMemichen  die  Sprache,  das  ist  für  das  Volk  die 
Schrift:  sie  hebt  die  Vereinzelung  des  Daseins  anf»  macht  es  zu 
einem  allG;eineinen  iind  bleibenden.  Die  erste  Schrifi  ist  nicht 
für  die  ÜLi**enwart.  sondern  für  die  Zukunft,  nicht  für  den  AH- 
tagsverkehr,  sondern  für  die  Geschichte;  um  zu  bleiben,  ob 
«nah  das  gegenwüriige  Gcschicoht  leiblicli  untergehe,  gräbt  es 
«einen  freist  den- Steine«  in  unverialgbaren  Züge»  eut*  Mit  dar 
Murift  ist  der  Voiiuing  vor.  dcrJüledachhait  aafgarällt  «ad  dar 
Menaoh  «her  den  blossen  Natatataod  erhbbdn;  daodh  die  Sehrift 
mrd  die  Sprache  geistig.  Die  Chiniesen  sind  daa erste  Tolle» 
welches  eine  geistige  Sprache,  welches  wirkliche  SchriA  hat 
Die  VViitieii  hhid  als  Volk  stumm,  sprechen  sich  nicht  als  (reist 
aus;  Mr'ir  wiesen  voj»  iimeii  nicht  sowohl  durch  sie  selbst,  als 
tlurcii  die  Beobaciiiung  ihres  Thun  und  Treibens  durch  Andere; 
4;cbildete  Völker  aber  sprechen  aas,  was  sie  aJla  geistige»  ge- 
schichtliche Erscheinung  aind.  Die  Wilden  können  ffir  ei|^tlicli 
nur  «Chanen,  beobachlen;  mit  den  gabUdeten  Vdlkem  k^naenlaritr 
apredieii,  kcHinen  sie  selbat  fragen,  ond  mt  gehai^  «na  Aatwofl 
Es  ist  aber  nicht  gleichgfiklg»  tren  wir  frage»;  nidil.atte 
Schrift- Ereengaisse  in  einem  Volke  sfaid  Schriftea  des-Voltea» 
O0*enbaningen  des  Volksgeistes.  Welche  Schriften  aber  die 
mhißn.  uu4  wal^i^  Denkmale  und  Ofienbarungeu  des  geitiü^n 
t  II 

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s 


llebcns  einet  Volkes  dad,  da«  haben  nidit  wir  au  bettimmeB| 

sondert)  das  bestimmt  das  Volk  selbst  ,  welches  in  diesen  oder 
jenen  Schriiu  n  dl  nusgesprochcu  liiultl,  sich  zu  ihnen  aU  dem 
richtigen  und  ^eilie2:f'ntin  Ausdruck  seines  Wesens  bekennt.  Die 
Völker  haben  ihre  heiligen  Schriften,  welche  nicht  mit  der 
piofiuien  Zufölligkeit  des  einzelnen  Subjectps  behaflet  sind,  son- 
den  den  Mittelpunkt  und  das  Wesen  des  allgemeinen  Volks- 
geisles  selbal  darstellen*— Bei  dej^jenigen  Vdlkem,  welche  der 
ttbjeeÜTen  Weltanschaanjig  angehören«  bei  denen  also  die  Wahr- 
iwit  nicht  in  dem  sub|ecti¥en  Geiste  mht»  sondern  Jenseits  des- 
selben, als  eine  objective  Macht  eraoheint,  sind  aneh  die  heiligen 
Schriften  selbst  niclit  Erzeugnisse  den  Subjectes,  sondern  sind 
fiber  (kiMselliett  und  jenseits  desselben,  sind  für  den  mensch- 
liehen  Geist  «  ine  gegenständliche  Macht.  Der  Volksgeist  ist 
noch  mcht  in  der  freien  Persönlichkeit  erfasst,  sondern  schwebt 
Aseh  wie  eine  Wolke  über  derselben.  Die  Wahrheit  ist  weder 
ia  demSttbjeel  noch  aus  demselben;  ihre  Offenbamng  kommt 
von  aofseaf  ist  wesentlieh  eine  jenseitige,  ausser  mensch- 
liche; der  menschliche  Geist  ist  dabei  blosses  Organ,  hat  eben 
aar  still  za  halten  und  anfannehroen,  nicht  selbststftndig  etwas 
ta  schnflen.  Bei  den  Griechen  können  wohl  die  Dichter  n^d 
Künstler  die  Götter  machen,  bei  den  Ost -Asiaten  machen  die 
Gutier  die  Dichter  und  Künstler. 

§3.  • 

Bei  allen  Völkern,  bei  denen  die  freie  Persönlichkeit  de^ 
Salgeotes  noeh  picht  entbunden  lst|  hat  nur  das  Unpersdnlicbei 
dis  AUgemeine  eine  Wahrheit,  nicht  der  einsdne  Mepschengeistf 
Bei  den  sobjectiven  Völkern  kann  «war  der  einzelne  Nfensph 
Meh  Aber  den  allgemeinen  Volksgcist  hinansschwingen;  ein  nn^ 
benchlctt  r  uud  vcrschiiiähter  (»eist  kann  höher  stehen  als  sein 
Volk  und  seine  Zeit;  die  Geister  cikü  da  oft  ihrem  Volk  vor- 
aus und  ieiten  es  weiter;  —  bei  den  oIiJc  k :ti\  cn  Völkern  daojegcn 
wird  dersubjective  Geist  von  dem  aligemeinen  Geiste  schlechter- 
dings gefuhii  und  bewältigt,  und  der  Einzelne  kann  zwar  träge  hin- 
ter der  Bildung  seines  Volkes  zurückbleiben,  aber  ihm  nicht  voir-^ 
«■seilen,  wie  der  Fisch  nicht  aus  seinem  Elemente  heraus  kann* 
Bei  den  subJectiTen  Völkern  schafft  sich  der  Mensch  seine  Ge» 
idHehte,  bei  den  objeetiven  schaffit  dieOeschichte  denMenschen| 
ind  die  heiligen  Schriften  sind  nicht  Offenbarungen  des  mensch^ 
liehen  Subjectes,  sondern  des  unpersönlichen  geschichtlichen 
^eist^s.  Der  Mensch  schaut  da  eben  nur  die  W  ahrheit  uu^  uud  sie 


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4 

lassi  sich  schauen,  aber  nicht  frei  schaffen.  Der  Meiiisch  liest 
nur  die  Schrift,  aber  sclireibt  sie  nicht. 

Daher  ist  hier  auch  keine  von  der  Religion  verschiedene 
Philosophie.  Wie  die  lleli£i;ion,  so  zu  sagen,  die  weibliche  Seite 
der  Erkenntniss  des  Göttlichen  ist,  so  die  Philosophie  die  mänfn- 
liche;  jene  schaut  die  Wahrheit  und  nimmt  sie  gläubig  auf,  diese 
erarbeitet  sich  dankend  dieselbe.  Dieser  Unterschied  Ist  aber 
hier  noch  nicht;  das  ganze  Wesen  des  Geistes  ist  hier  noch  weib- 
lich; der  Mensch  ist  auch  in  der  Oedankenwelt  noch  vorherr- 
sclicnd  empfangend  und  schauend.  Die  Weisen  dieser  Völker 
sprechen  oft  die  tiefsten  Gedanken  ans,  aber  sie  haben  sich  diese 
niclit  erai'beitet,  sie  kointnen  ihnen  zu.  sie  w!ss(;u  selbst  nicht 
wie,  sie  schauen  nur  vor  sich  hin  und  beschreiben,  was  sie  vor 
ilirem  Geistes-Auge  sehen .  aber  sie  schaffen  sich  nicht  bewnsst 
den  Gedanken,  wissen  nicht,  dass  der  Gedanke  ihre  Arbeit  ist» 
er  ist  ihnen  etwas  Fremdes,  etwas  bloss  Oegenstfitadliches.  Dits 
Philosophie.verschwimmt  hiermit  der  Religion,  ist  nur  dem  Grade, 
nicht  dem  Wesen  nach  von  ihr  unterschieden,  ist  nur  ein  W'eiter- 
sehauen  in  das  Getriebe  der  Fäden  in  dem  grossen  Weltgewebe, 
ein  taktvolles  Beobachten  des  innern  Zusammenhanges  des 
Daseins,  aber  sie  hat  keuj  bestimmtes  Bewusstsein  davon,  dass 
sie  in  diesem  geistigen  Schauen  sich  wesentlicli  frei  verhält. 
Wir  dürfen  daher  hier  die  philosophische  Offenbarung  des  Volks- 
geistes von  der  religiösen  nicht  trennen,  sie  sind  beide  dasselbe. 
Daher  giebt  es  aber  auch  bei  diesen  Völkern  el>enso  eine  Tom 
Volke  anerkannte^  rechtmässige,  legitiihe  Philosophie  im 
Gegensatze  zn  h&reUischeii  Lehren,  wie  fss  anetltaifnte  heilige 
Relfgionsschnf^en  gielbt;  nnrl  diese  anerkannte  Philosophie 'ist 
eben  so  ^\it  ein  achter  Ausdruck  des  Volksgeistes  wie  die  hei- 
ligen Voiksschriften.       '  .  • 

Da  das  Gottesbewustsein  die  Grundlage  imd  das  Herz  des 
g|anzen  geistigen  Lebens  eines  Volkes  ist,  (1,  Bd.  §  3.  — 
und  da  das  Göttliche  hier  als  ein  schlechterdings  jenseits  des  snb- 
jectiyen  Geistes  Daseiendes  erfasst  wird,  welches  eben  nur  als 
Gegenständliches  geschaut  werden  kann ,  sich  dem  s6hauendcn 
Geiste  ohne  dessen  Zutliun  offeubarci»  muss,  so  müssen  auch 
alle  übrigen  Seiten  des  (ieisteslebens  im  W  t  sentlichen  denselben 
Cliarakter  tragen.  Der  Menscli  liat  da  nicht  scibstständig  etwas 
zu  erringen,  hat  sich  nicht  eine  Welt  zu  erschaffen,  sondern  er 
hat  einfach  ^u  lernen»  was  ibm  ohne  sein  Zuthtui  dHrgebotea 


Digitizca  Ly  Gu^.' . 


8 

wki;  seine  ^sammte  geistige  Welt,  seine  Kunst,  Sittlichkeit, 
sein  Staat,  vviid  ihui  wie  dein  Kinde  icrtig  gereicht,  und  er  hat 
das  Dargebotene  eben  nur  anzunehnie».  Die  heiligen  Sclniften 
offenbaren  nidit  nur  religiöse  Ideen ,  sondern  eben  so  gut  die 
Wissenschaft»  4ieKegein  der  Kunst,  die  Gebote  der  Sittlichkeit, 
des  Anstandes  und  die  Gesetze  de«  Staates  bis  ins  Kleinliche 
Jiaab*  Dan  Viilk  weis«  niebt,  wie  es  zu  allem  fiesem  kommt, 
mä  nicht  einnelne  Henaohen  aind  es,  welche  diese  Dinge  er- 
fanden haben;  sie  sind  einfiich  da,  gewissermaassen  yon  selbst 
gdtommen,  höchstens  treten  in  ältesten  Zeiten  einzelne  Men- 
scbtii  als  passive  Oi  gane,  aU  blosse  Verkündiger  der  göttUcliea 
Offenbarungen  auf,  bei  denen  sie  selbst  aber  wenig  selbstthätig 
betheiiigt  sind.  Wir  müssen  also  auch  bei  der  Darstellung  der 
Wissenschaft,  der  Kunst,  der  Sittliclikeit  und  des  Staates  auf 
die  heiligen  Schriften  znräckgehen  und  dürfen  den  späteren  that- 
ilchUehen»  oft  sehr  ansgearteten  nnd  giesunkeaen  Zustand  dieser 
Sdten  des  Geisteslebens  nicht  als  idas  Wichtigere  nnd  Maasge- 
kade  betrachten.  Der  einzelne  Mensch  kann,  Ifigen»  aber  die 
authentischen  Offenbarungen  eines  VolksgeistM,  seine  heiligen 
•SciuUiea  beU'ü^eu  un^»  iiiciit  über  das  wahre  VVescn  dei>äelben. 


Zweite  Stufe  der  Gescblchte  des  HeidenthoiDs. 


Die  Chmesen  imd  Japaner. 


I.  Die  Cliineseii. 

§5. 

Die  Chinesen,  unter  den  Stämmen  der  gelben  Menschen- 
rasse der  schönste  und  der  weissen  am  nfu  hsiten  kommende,  und 
(las  einauge  gebildete  Volk  unter  den  geiarbten  Menschen- 
stammen,  sind  von  den  westlichen  Gebirgen,  der  gemeinsamen 
Heimath  des  Mensdiengeschlechts ,  herabgestiegen*)  und  schon 
im  Alterthnm  das.  zahlreichste  Volle,  von  nralter»  durchana 
«elbststftndiger  Bildung  nnd  Geschichte ,  am.  hSchsten  blühend 
in  den  drei  lotsten  Jahrhnndertea  Tor  Christi  Gebart  bis  in  unser 
Bttttelalter,  jetzt  langst  versteinert  und  geistig  sinkend« 


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6 


Dfe  cbhiesisdie  OescMditftchreibuiig  beginnt  llbenill  mit  «fneni 

rohen  Naturstande,  wo  die  aus  den  westlichen  Gehirpccn  Iierabgc- 
8ticj?cncn  Stämme  wie  die  Wild»  n  ohne  Ackeibau  nur  vnti  f?aum- 
frfichtL'ii  iitid  Fleisch  lebten,  Tlilerblut  franken,  sich  in  'riiit  rlflU; 
kleideten  u.  s.  w.  Die  Verbreitung  höherer  Bildung  durch  die  Fürsten 
Terräth  keine  Spur  eines  fremden  Einflusses;  war  ja  doch  auch  die 
diinefliscbe  Bildung  viel  älter  als  die  Indische.  Nach  einer  Reihe 
'sagevbafter  Regenten,  Inn  deren  Spitze  Fo-bl  um  2056  steht,  heglmnt 
dduas  wiAlicbe  Oeechichte  um  das  Jahr  2390  vor  Chr.,  wo  Tao  das 
von  einer  ungeheuren  Cberschwemmung  verheerte  Land  durch  eine 
weise  und  kräftige  Regierung  wieder  zurBlfithe  bringt  und  die  eigent- 
liche Gesetzgebung  begründet.  Schnell  entw  ickelt  sich  Chinas  Macht 
Tind  Kildung;  seit  derIVlittf  des  zweiten  Jahrtausends  vor  Christi  Ge- 
burt ist  es  ein  blühendes  Hcich.  —  In  Kong-fu-tse  sammeln  sich 
alleStrahlen  früherer  Geistesbildung;  und  er  begründet  die  ffir  Reli- 
gion, Sitte  und  Staatslcben  als  btichste  Richtschnur  geltende 
Sammlung  der  belligen  Schriften;  von  dieser  Zelt  an  steigt  Chinas 
Inneres  Lehen  Immer  mehr.  Ms  die  Erobemng  des  Landes  dorch 
die  Mongolen  die  Kraft  des  Volksgelstes  blicht,  der  sich  spMer  nie 
wieder  zu  seinem  alten  Olanze  erhoben  bat.  Schoo  Im  achten  Jahr- 
hundert nach  Chr.  hatte  das  Reich  liber  10  Millionen  Einwohner  unfl 
gegenwärtii;  ist  es  mit  seinen  mehr  als  .lliU  Millionen  Einivohnern. '•^) 
oder  wie  die  (  hincsen  sich  ausdrücken,  Mäulern,  das  bei  weitem 
volkreichste  aiiet  Reiche.  Dte  früheren  Ziihlungeo  des  Volkes  siii<l 
übrigens  unsicher,  und  die  geschichtllcheo  Angaben  widersprachst 
voll«). 

Gfitzlafr,  Gesell,  d.  chin.  Hdche,  herau«»^eg.  vou  K.  J.  Neumann.  1847.  S.  2. 
Klaprotb  tableanz  hiitor.  p.  99.—*)  WOliins,  Bdch  d«  Mltla«  1852, 1 ,  S.  — 
*)  BloC  im  Joum.  Asiat  IIL  Ser.  Uhp.  369  etc.  Havmnaimt  Tojage  ea  Chine 
1848;  tll.p.9. 

§  6* 

Kong-fn-tse  oder  K  o  n  g  - 1  s  e,  in  wirrer  Zelt  die  Erinnerung 

früherer  Herrlichkeit  und  den  Sinn  für  (besetz  und  Ordnung  we- 
ckend, .samnu'lte.  ordnete,  reinigte  und  erweiterte  des  Volkes  alte 
üeberliefei Hilgen  und  (icistesblfithen.  2,nh  in  den  fCi n 2; nicht  sei- 
nen, sondern  des  Volksgeistes  Errungenschaften  eine  bleibende 
Gestalt  Ton  unantastbarem  Ansehn  f&r  alleZeit,  und  ist  so  der  gei* 
stige  Mittelpunkt  für  Chinas  Leben  geworden;  mit  seiner  Geltung 
stand  imd  sank  gleiehmässig  des  Volkes  BlAtbe.  Philosophi- 
sche Geister,  in  seinem  Sinne  fortwirkend,  wie  Meng-tse  und 
Tschit-hi  gaben  den  alten  Gedanken  eine  wissenschaftlichere 


T 

Foni.  Was  Kong^-fu-tse  und  seine  Schüiei*  gelehrt,  int  vom 

Staate  als  alieiiigültige  i.uhre  anerkannt. 

Kon^-fii-tHc von  (leuChtfiescn  „l  ürst  (ier  Weisheit"  ccnannt, 
ist  geboren  um  das  Jahr  550  vf>r  Christo,  der  8olin  eines  uuUudou- 
teodcB  Beamten,  £r  lebte  anfaug«  in  ärmlichen  Verhältnisseo-), 
wttirde  SdvMjber,  fertiefte  sich  «{ilUer  in  die  Erforschung  der  chi- 
utimkm  Vomeii^  und  dldldMile  liÜheMr  Zoitea  nit  einer  tief  ge- 
•unbeDea»  uetupaltMOD  und  «mheVolien  Gegenwart  verglokliaid, 

-  «ndt»  9i  Ar  ^^besaere  Vergangenheit  fibiCurtht  und  Nacbeifervng 
t«  wecken,  und  irat  als  emter  Sittenprediger  aul^  nichla  weaenlitch 
^ieue»  lehrend,  sondern  ijeHissentlich  überall  auf  daii  Allci  tliuin  iitid 
dessen  Vorbilder  verweisend.  Er  erklärte  selir  oft,  dass  soiuöLehrc 
nichts  Neues,  sondern  die  der  ältesten  weisen  Für.sten  sei.  „Meine 
Lehre  ist  die,  welche  unsere  Vorfahren  gelehrt  und  uns  üherhefert 
haben;  ic^  habe  oichta  hhiaugetugt  und  nichts  hinweggenommen; 
ich  lehre  aie  in  ihrer  UFaprftngUcben  Rewheit;  ale  ist  unveriiiderüeh, 
■ad  der  Ufanoiel  aelbet  iat  ihr  Urheber.  Ich  «treue  mir»  wie  der 
Landmana,  den  ea^tfangeaen  8anea  unverSadert  ia^ie  £rde*'>)«  Er 
'^md  haM  aifiige  Sohfiler.  Um  mehr  zu  wirken,  aaehle  er  eine  Re- 
amtcustclle  lind  w«rt](?  endlich  ein  hoher  A'orwaltungsbeantter  eiuos 
Fürsten;  aber  seine  Sittenstrenge  und  Gesetzlichkeit  machten  ilin 
uubequcm;  sein  Amt  niederlegend  ,  nuisstc  er  selbst  Verfülguni^en 
■adElead  erleiden.  Er  starb  im  Jahr  4i9-^).  Zwei  Jahrhuaderte 
spüter  wurde  er  in  den  Fürstenstand,  im  15.  JahrJumdert  sogar  zur 
Kakerwfirde  erhaben  und  aeine  Machfcammen  geoieaeen  nach 
jetit  groaae  Varrechte.  Sein  Andenken  wurde  durch  ErionerangS' 
Tempel  haob  geehrt,  and  kaiseriiohe  Ehren  seinem  Bihlniss  gespen- 
det „Seit  Menaahen  geboren  wurden  bia  heute,  —sagt Meng- tsc^') 
—  war  kein  zweiter  Kong-fu-t»c  und  kein  Sterblicher  hat  Hin  an 
Weisheit  erreicht;'*  er  setzt  ihr*  au  Tugend  und  Weisheit  norli  ilber 
Vao  und  Schun,  dto  alten  Ideale  der  Menschheit.  Seine  Lehre,  wie- 
Hohl  anfangs  vielfach  angefochten,  wurde  allmnhlidi  »Staatsretigiou 
und  Staatspolitik;  seine  und  seiner  Schüler  Schriften  sind  die  Grund- 
iagO  aller  höheren  Bildung,  aie  wenden  m  allea  Sduilen- gelesen «md 
iDiiTheil  OMwendig  gelerjtt  uad  sind  liauptgegeeeland  der  Staata- 
pi«limgeu^«iBh  alle  Stufen  hhiduteh^).  GiltaUiff  stellt  seine  geistige 
tiBd  sittilcbe  Bedeutung  riel  au  niedrig. 

Die  King  sind  von  Kong-fu-tsc  nicht  verfasst,  sondern  gesammelt, 
geordnet,  verbessert  und  überarbeitet;  ihre  Bcstandtheile  sind  zum 
Theil  1800  Jahre  alter  als  ivong- Tu  -  tse  Der  eigcfitlicbcn  klug 
siflU  drei.  Der  Y-king  enthalt  die  ältesten  (Jeberlieferungen  chi- 
nwAathen  Geisteslebens.  Seine  Grundl^eaind  64»  vanFa-hi,  dem 


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8 


Gründer  des  cUneeiMheD  Retehee,  &et  9000  Jahre  vor  Ghrielo  «r- 
fnndene  Zeicfaeo,  welche  von  kunea,  wagerechtoB,  theik  gattMii» 
tfaeib  untethrocheiieD,  wetsseB  md  sehwaneo  Linien  in  ▼erschie- 

denartiger  Zusammenstellung  gebiJdet  wer*1ef»®).  Diese  Zeichen, 
Kua,  desFohi  pind  mit  späteren  Tex(v\ oi  ton  uful  ikm  h  späteren  Er- 
läuterungen begleitet.  Die  erstpff^n  aber  sind  ul)traus  dnnWel  und 
Tieldeutig»  oft  ohne  alleo  erkennbaren  Sian  und  die  »päterea  £r> 
läutcrungen  MusMerst  ^rillkürlich  und  in  steten  Wiederholungen  zum 
Theil  sehr  fader  Gedanken  «eh  hewegeod»  n4  dasa  dieaoiBiich 
ehenao  tiBer<|uicklich  sa  lesen  als  rerh&ttnJssmKssig  uieigiebig 
fiir  die  sichere  Erforschnng  des  chuiesisciMn  Geistes  ist  IKe  sabl- 
reichen  chinesischen  Erklärer  gewinnen  freilich  in  der  rithselliaften 
Dunkelheit  des  Buchs  viei  Raum  für  die  Willkur  der  Deutung^), 
»vir  alx  r  um  so  weniger  wirkliches  Verständniss.  Der  ursprüng- 
liche V  kirig  enthält  Gedanken  über  das  Wesen  der  Natur,  ist  kos- 
mologischeu  Inhalts;  die  späteren Erläuteruogcu  machen  meist  mora- 
lische Betrachtungen  daraus.  Das  Buch  wurde  schon  in  derBlütheseit 
der  chinesischen  Litteratur  nicht  mehr  verstanden 

Der  Seha-King")ist  CBr  nns  der  wichtigste Kiog;  «r  entb&ltdie 
altdGeschichte,  mit  Tae  heginnend  «ad  sie  his  ins  siehente  Jahr- 
hundert vor  Chr.  fortführend.  Viele  sittliche  and  politische  Betrach- 
tungen sind  mit  der  Erslhlung  verbunden.  Das  Bach  ist  die  H&upt- 
gruudlage  Tür  das  Staatsleben  geworden,  steht  noch  jeli^t  imhücbsten 
Ansehen  und  wird  seit  dem  füiiftcn  Jahrhundert  nach  Christo  in  allen 
Schulen  gelehrt.  Kaiser  Schi-hoang-ti ,  ein  kräftiger  Despot,  dem 
der  Schu-king  unbequem  war,  Hess  im  dritten  Jaiurhiuidert  vor 
Christo  alle  aiifznttndendeo  Exemplare  desi;elben  velrhreonen,  and 
üHhrte  seinen  Befehl  so  streng  durch,  dass«  als  ein  halbes  Jahthno- 
dert  spSter  Kong-fu-tse  wieder  sa  Ehren  kam,  kein  eiasiges  Exem- 
plar des  Schu-king  gefiinden  wurde,  and  man  nur  nach  den  Erln- 
nemngen  eines  neunzigjährigen  Gelehrtes,  der  das  Buch  auswendig 
i;«' lernt  hatte,  einen  grossen  Theil  des  Schu-king  niederschreiben 
konnte.  Im  Jahre  132  vor  Christo  fand  man  noch  ein  auf  Bambns- 
platten  geschrieht'nos  Exonijilai  vor.  und  au'«  diesen  Urkunden  ist 
der  heutige  Schu-king,  der  aber  nur  wenig  über  die  Hälfte  des 
alten  enthält  und  sehr  iäckenhaft  ist,  susammengesteUt.  Daa  Ganse 
ist  unsweifeihafl  aus  sehr  verschiedenen  Zeiten  ^y, 

Der  Schi-Kingi*)  ist  das  Buch  der  Gesinge.  Seit  dem 
12.  Jahrhundert  v.  Chr.  wurden  von  den  Kaisem  Lieder  verhreitet, 
darch  welche  die  Sittlichkeit  gefordert  weiden  sollte;  Kong-fu-tse 
wählte  von  den  Liedern  solcher  Art,  deren  er  gegen  3000  vorfand, 
311  aus,  welche  den  Sdii-king  bildeten.  Viele  derselben  sind  sehr 


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9 


alt,  und  :^teigen  öber  \  MM)  vor  Christo  hinauf;  die  jön<?stcn  sind  aus 
dem  7.  Jahrhundert,  vitale  Kuni  von  Kaiseru  selbst  gedichtet  Die 
Sanmlung  euthält  aber  keineswegs  nur  Sittengedichte,  sondern  eioe 
graue  Anzahl  der  Lieder  ist  rein  lyrisch  ohne  ^tlle  He/irliung  auf 
efaieii  iDorattsdKQ  Zweck;  die  G|»fillile  voo  Verliebteo»  liie  Freudeo 
der  Tafel  und  HhnHcher  Oentae  spreebeD  eieh»  xnm  Theil  ip  ana- 
kieeitiMiier  Weise,  darin  ans.  Im  AUgemeine«  herracbt  eiae  ge- 
•ende  nod  zarte  SittHcUteit  darin  oad  viel  natitrlicfaea  Gefühl,  im 
Gegensatz  zu  der  späteren  Lyrik;  aber  auch  in  diesen  uralten  Lie- 
dern jicboij  bittere  Klacren  über  die  tief  gesunkene  Sittlichkeit  des 
gegenwärtigen Ceschii  rbt**  und  eine  heisseSehnsiK  litnacb  früheren, 
besseren  Zuständen.  \  iele  der  Lieder  sind  politische  (jlelegeiibeits- 
gedickte,  und  die  Reichs- Annalen  legen  sehr  pjosses  Gericht  da- 
imf,  dass  die  Dichter  lobend  oder  tadelnd  die  Regierung  der  Kaiser 
begleiten. 

Anaaer  diesen  drei  King  werden  noeh  mdirere  andere  Scbriftea 
in  den  heiligen  gerechnet  und  bisweilen  aueb  mit  dem  Namen  King 
bezeichnet,  üaxn  gebSrt  der  Li-ky,  enthaltend  die  finsseren  Sitten 

and  Verhalttnigsregehi .  «las  Ccrcmoniel  bei  den  verschiedensten 
(Jeleirenb<  it^n 'S) ;  ferner  Ta-bio.  ..die  grosse  Lehre."  von  Kong- 
fh-tse  und  .seinem /Schüler  Tbscng-t.se  ^  <  i  faM'^t ;  T  sch  u  n g- y  u ng, — 
„die  feste  Mitte,"  von  einem  Enkel  des  Kong-lu-tse  verfasst'*); 
beide  Werke  fassen  den  Gesannntbdialt  der  Lehre  des  Kong-la*tse 
mammen;  Liln-yll,  nach  dem  Tode  des  Koog-Ai-tse  Ton  seinen 
Scbfilero  zusammengetragen;^'')  Hi-tse»  ein  philosophisches Weric» 
dem  Kong-fii-tse  selbst  allgemein  zugeschrieben.  —  Den  Bflchern 
des  Kong-fn-tse  fast  gleichgestellt  sind  die  Werke  des  um  860  Tor 
Christo  blühernlen  Philosophen  M eng- tse  i»);  er  schrieb  Erklärun- 
gen zu  der  Lehre  des  Kong-fu-tso  und  l)r;i<  bte  sie  in  crosses  Anse- 
hen, —  Viel  bedeutender  an  ij(  istiucTn  (»ehalt  unil  eisrentlich  die 
höchste  Bliithc  chinesischer,  auf  Kong-tu-tsc  gegründeter  Weisheit 
sind  die  Werke  des  Philosophen  Tschu-bi  oder  Tschu-tse,  von 
den  Chinesen  „  Ffirst  der  Wissenschaft''  genannt«  Chinas  vielseitig- 
ster Geist,  grosser  Gelehrter  und  tiefsinniger  Philosoph.  Br  blähte 
m  der  Mitte  des  sw5Ulen  Jahrhunderte  nach  Chr.,  und  starb  im 
Jahre  lt60  in  hohem  Alter.  Tschu-hi  sehrieb  Commentare  Aber 
sämmtliche  King,  bekämpfte  eifrig  eingeschlidhenc  Irrlehren,  be» 
sondern  auch  die  der  Jiuddliaisten.  uimI  bcailteitete  fast  alle  Thcilc 
der  VVi>;senschaft^).  Seine  Werke  wurden  vielfaeh  in  Auszügen 
bearbeitet,  und  gelten  noch  heute  als  vorzügliche  Compendieu,  ^eioe 
Philosophie  wurde  die  anerkannte  Staats-Philosophie^i). 

So  sehr  auch  der  Inhalt  der  heiligen  BCcher  als  reinster  Aosdniek 

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10 


der  in  ilvr  Welt  waltenden  hiiinnlisdien  Macht  !?rft,  so  ist  doch  rla- 

niit  ihre  Unfehlbarkeit  in  ali«'n  l^inzellieiten  nicht  liehaujitd  :  eine 

übernaturtiche  Inspiration  ist  dem  Cliinesen  iinhcicannt.  und  K<»ng- 

fii-tsc  war  und  blieb  ebenso  wie  die  übrigen  Urheber  der  heiligeo 

Schriften  eiu  fehlbares  Organ  der  btmmlischen  Wirksamkeit»  trar 

eben  iretiigcr  feblbar  als  andere  Mensclienklnder.  Die  treiiesten 

Schüler  des  grosaeoLelirers,  irieMeng-tse,  tragen  daher  kein  B«AeD- 

ken,  manch«;  AttS5prüche  desselben  zu  bexn-etfelo  oder  als  wWter- 

sprcehend  zunikzuweisen ,  und  sie  erlauben  sich  vielfache  Berirh- 

tigiingen  seiner  Schriften"). 

')  M«?m()irc^,  conremant  l'histoire  etc.  des  Chiiiois,  tom.  XII.  —  Moiifr-tsou 
cd.  Stftii.  .Tnlien  II.  4.  ;  de  Mailla.  hiit.  II,  p.  190.  —  ')  Me'moircs  d.  Chin.  XIL 
p.  344.  —  -'  )  GützlaiT.  S.  C,b.  67;  de  Mailla,  II.  p.  209.  —  *^  GOtrl.  S.  fit«.  238.  492. — 
•)  Ed.  Julien  1,  3,  3U.  32.  33.  34.  —  ')  Gfltzl.  8.  71.  C.  i  .  i^cmuaim  im  Isouv,  Jour- 
Dftl  Asiat  t.  XIV.  p.  59.  —  *)  T-kuig,  cx  Interpret.  Begb  ed.  Hohl  1834;  prooon. 

pw  V.  p.  4  *)  Histoire  gcn^mlo  d9  la  Chmfl,  tnd.  da  K(in8wKlen.Kaiig.Moii  par  de 

Mailla,  publ.  par  Grosicr.  Paria  1777  etc.  1. 1.  p.  7.  ^  *^  Gatalaff,  S.  225.  ^  ^ 
Chon-Idiig  par  ConAiciiM,  tnid.  per  P*  Gaabil,  rem  par  H.  daGhrigoaa,  PariiyKTO. — 
Clioa-kiag, p.  IV.  S66.  Hbt.  gm.  par  de  Mailla»  Lpi^  p.  VUL  JJL  Gfttdaff, 
S.  8.  9.  69.  —  ConfucH  Chi^king  8.  über  carminam  ex  latlnaP*  LadiaiiDO  intcr- 
pret.  edidifc  Jul.  Muhl,  Stuttg.  1830.  —  Chi-kicif;,  pracf.  p.  IV.  XV.  -  i»)  C.  F. 
Neumaiin  in  lUgcns  Zeitschrift  f.  histor.  Theologie  1837.  I.  p.  S.  .5.  6.  Gützlaff  S.  68. 
—  N't'TinmTin.  :i  n.  <>.  S.  7.  9.  nrifzlafT  S.  r,9,  Tschmnv.'-young.  ed.  v.  Ab.  R<?inu- 
B&t.  in  Notii't'f^  et  c.xtraits.  de-  iiiatiu.s<;rit8  uc  lu  MM.  <!u  mi.  tom.  X.  1,  p.  269,  — - 
'*)  Lün-_vü  ül)ci.«i.  V.Schott.  Ib3ü.  —  Menir-ti«e;i  vol  Mmcium  intcr  SinonäC4»  philo- 
sophoh  ingeiiio  Confucio  proximuin  ed.  Stau.  Julicu.  Luid  Taris.  1824.  Auch  in 
No^rü  Libri  class.  —  Gützlaff,  S.  78.  Abel-Rcmusat  imDictiouu.  hist.  dcMichauU, 
t  XXVIIL  p.  328.  —  Tschuhi'sKatur-  nnd  Rcligionsphiloi^ophie  ist  übersetzt  ron 
C.Fr.Nernnann  inlllgens  Zeitschrift.  1837.  Bd.  1. — Abel>IWniasat,  Melange«  post- 
harne»,  p^  194.Keamaan  a.  a.  O.  S.  21  ete.  GUttlaff,  8.  344.^^Meagt-wn,Q,  8i  4. 

Erster  Abschiiiit 
Das  religiöse  Leben. 

1.  Da:^  (fOttesbewuüstseia. 
§7. 

Unter  der  ebineftischeii  Keligioo  ist  nlcbl  die  GesAmiMheit 
der  in  Chüia  wirklicli  vorbandenen  Glaobensweisen  z«  vemebeii, 
sondern  allein  diefenige ,  welcbe  als  die  vrej^ngliehe  der  gaii* 
Ben  Enlwickeliing  des  geistigen  Vollcslebens  zu  Grunde  liegt,  ne- 
be» welcher  die  andern  nur  al.s  geduldete  Raum  gewiimcri  konn- 
ten. Ks  i.si  die  Keichs-Religion  des  Kong-fu-tse.  weicher  aber 
uicht  als  liir  Begründer,  selbst  uidu  als  iUr  Verbesserer»  sondern 


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11 


einzig  als  der  voraiiglicliste  VerküiHli{2;er  inid  VViedeihersteller 
der  thatsächlioh  lausest  vorliaiifleneii  Helig^ion  zu  betrachten  ist. 
Der  sageiiharte  Stifter  des  Heichs,  Fn-lii.  gilt  atiHi  als  der  Stifter 
(frr  ehiiiesischeu  Religion.  Die  mit  dieser  gleich  alte  Lehre  de« 
Lao-tse»  eioer  andern  Welt-AoaeliaMmig;  angelidrig,  hat  nur 
eine  nnfergeordiaete  Dedeutiing  gevrimieii  klkmen;  und  der  viel 
ipilerai»  Indien  ein^dniDgette  BvddhaUmtts,  hier  di» Lehre 
deaFo  genannt,  hat  flirar  alkufthHoh  unter  dem  Volke  eicii  aehr 
aiagebreitet,  aber  auf  das  Leben  dea  Volkes  $  beaendem  In 
Beziehung  aaf  den  Staat,  nicht  vielEinfluss  erlangt.  —  Im  Allge- 
meinen hat  der  Chinese  weni^j  Sinn  für  das  Uebersinn liehe;  sein 
praktisc)i-]iüchterner  8imi  riditct  sicli  \  orzugsweise  auf  die  nia- 
terielieu  Interessen;  daher  trägt  auch  seine  Religion  den  Cha- 
rakter der  OberMehiichkeit;  seichtes  Moralisiren  in  ermüdender 
Wicilerholung  fiilU  die  religiöse  Lehre  grüsatentheils  ans;  tiefere 
Gedanken  sind  spftriteh  und  erscheinen  erat  spAt.  Was  der  Chi- 
aeae  mit  dem  hoaabaokaen  Veretande  nicht  begreift  kann»  das 
liaaterYerftchdich  liegen  3  den  Grand  werden  wir  kennen  lernen. 

§  8. 

Der  Chinese  fülu  t  alles  wirkliche  Daseiu  auf  seinen  llrge- 
gen.satz  zurück.  Während  der  Wilde  immer  nur  das  einzelne, 
konkrete  Dasein  erfasst,  und  die  Ahnung  des  gütltichcn  bcins 
da  immer  nur  in  der  Form  der  sinnlichen  Einzelheit  erscheint, 
also  in  der  Weise  der  Anschauung,  geht  der  Chinese  denkend 
über  die  aInnKcfae  Elnaelheit  hinana  und  erfasst  an  dem  Ein- 
leiaen  das  Allgemeine.  Daa  wirkliche  Dasein  ist  ihm  nicht  bloss 
dieses  oder  jenes  y  so  oder  so,  sondern  es  ist  ffberhanpt.  Das 
Sein  ist  Etwas,  was  nicht  diesem  oder  jenem,  sondern  allem 
Seienden  zukoiimit.  Der  Wilde  erkennt  nur  dieses  Sein,  der 
Chinese  das  Sein,  jener  nur  das  Einzelne,  dieser  das  Allge- 
meine. Diess  ist  ein  notiiweiidiger  Fortgang  der  Geistesentwi- 
ckelung  und  die  erste  Erscheinung  eines  wirklichen  Denkens; 
demi  das  Sein  ist  nicht  mehr  ein  Wahraonebmendes ,  sondern 
nur  ein  za  Denkendes.  Und  als  ein  denkendes  Volk  sind  die 
Qiiaesen  eben  ein  gebildetes. 

Daa  Sein  ist  aber  auch  wieder  iiieirt  bloas,  sondern  es  ist 
wirkKeh  nm*,  insofern  es  so  oder  so,  dieses  oder  jenes  ist;  es 
ist  gar  nicht  ander  s  als  tu  einer  bestimmten  Gestalt;  es  ist  hier 
eiu  bolehes,  dort  wieder  ein  anderes,  es  ist  jetzt  so,  tlaim  wieder 
80.  Das  Sein  hat  also  in  \\  ii kU(  likeit  Unterschiede  an  sich,  ist 
ücht  blosses  Sein,  es  unterscheidet  sich,  es  i>C2iehtsich  als 


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12 

4ie86B  Sein  Mf  ein  anderes,  es  veiAn^ert  eidi»  mit  einen  Worte: 
es  ihnt  etwas.  Wae  du  ^istirti  ist  ein  tfaätiges  Sein  und  eine 

seiende  Thäti^keit.  Das  blosse  Sein  wftre  ein  unterschiedsloses, 
vviii  c  so  viel  wie  üichU;  das  thätige  Sein  aber  füVn  t  sich  in  eine 
Menge  von  Unterschieden  eiü.  wird  ein  vielfaches  Sein,  eine  Welt 
An  dem  Dasein  wird  eine  Zweiheit  aufgefasst;  von  dem 
ein^ielnen,.  bestimmten  Dasein  wird  a^traliirt»  dft»  Allgemeine 
gev  iT^nen  gesucht,  und  dieses  Allgemeine  eiffcheiat  nun  als 
eine  2^weikeit|  über,  welche  das,  ohinesiehe  Denicen  schlechter- 
dings nicht  hinauskommt.  Der  Urgrund  des  wirklichen  Daseins 
ist  ein  Zweifaches»  Sein  und  Thun,  ein  ruhender  Stoff  und 
eine  bewegende  Kraft;  beide  bedingen  sieh  gegenseitig;  keins 
ist  ohne  das  andere;  beide  sind  an  einander,  aber  nicht  aus  ein- 
ander; keins  ist  das  Erste  uiui  keins  das  Zweite.  Nicht  die 
Einheit,  sondern  die  Zweiheit  ist  der  Urgrund  aller  Dinge.  Der 
Urstoff,  das  ruhende,  passive  Sein,  heisst  Yn;  die  Urkraft, 
das  bewegende,  active  Sein,  heisst  Yang;  das  Zeichen  für 
beide  in  den  Kua  des  Fo-hi  ist  die  gebrochene  und  nc^wavze  untd 

die  ungebrochene  und  weisse  Linie  (Yn:  »  Yang: —  i).  Die 

höchsten  Erscheinungen  dieses  Gegensatzes  in  der  Wirkltdikeit, 
und  darum  das  höchste  Bild  desselben,  aber  nicht  der  CJrgegen- 
satz  selbst,  sind  die  Erde  imd  der  Himmel,  als  Mutter  und 
Vater  aller  Dino;e.2).  Beide,  erst  durcli  jenen  Urgegeusatj^ 
erzeugt,  werden  iiünfig  Sinnbild  lieh  statt  desselben  sjcnannt. 

Yang,  durch  den  Hiiiuiiei  versitiulicht,  ist  ilns  Zcugcudc,  Mäüu- 
liche,  Yn,  durch  die  Erde  veisinnlicht,  das  Einpfangeode,  Weibliche; 
Jenes  ist  diesem  gegenüber  das  Uübere^).  Yang  ist  das  Staike^ 
die  Ufkraft,  der  Uignwd  aller  Bewegung,  Yn  Ist  das  Passive,  Txfige, 
an  sieh  Bew^agslose,  iiod  alle  Bewegung  unr  durch  das  Yang 
emplaDgead^);  am  voUkommenstea  erseheiot  das  Yang  in  derSosoe^). 

In  der  wirklichen  Welt,  welche  aus  dem  Eingehen  der  Urkraft  in 
den  Urstoflf  ciitslclit .  imiss  sich  natürlich  jener  Urize^eHsatz  bezie- 
hungsweise wiederholen;  ila  hat  der  6<ufl,  insoiero  er  bewegt,  le- 
hendicr  ist,  den  Charakter  Yang,  insofern  er  aber  ruhend,  tndt  tsi, 
den  Charaictcr  Yn.  Yang  und  Yn  haben  also  da  eine  etwas  al^> 
schwächte  Bedeutung;  sie  sind  da  zwei  Seiten  oder  Zustande  aa 
deraelbeD  Materie)  daderch  wird  aber  der  usbediagte  Dsalisams  des 
.  Uraelns  nicht  aufgehobeD,  deso  dieser  doppelte  Zustand  einer  und 
derselben  Valerie  ist  nidit  das  Eiste»  soadera  das  Zweite.  »Def 
Stoff  ist  nur  einer;  inssfern  er  aber  sich  bewegt,  ausbreitet» 
aus  Mich  herausgebt,  heisst  er  Yang,  iosofern  er  aber  bei  sich 
bleibt,  zusammepbäogt«  heisst  er  Yn^)/* 


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1» 

Was  die  Religioasschriflten  nur  als  einfachen  Lehrsatz  hinstellen, 
ilfts  fliicbt  Tsehtt-hi  tiefer  zn  entwickeln.  Die  Zweiheit  ist  auch 
bei  ÜMi  die  Graa^lage  alles  Seine.  Aber  eeie  pMlo«opbieeher  CSeiet 
sucht,  Angesicbts  der  Efoheitslefaren  des  Leo-tse  esd  der  Biid- 
dbahten»  tber  diese  Zweiheit  sich  aar  Bieheit  etnporxaarbeiten.  Er 
fbist  tvelebst  In  Anscbless  an  dfe  eben  enrftbnte  DamteHiiiig  des 
Ilitse  den  Gegensat??  von  Yang  und  Vii  nicht  als  den  leUltin  Urge- 
gensatz,  sondern  als  zwei  Zustande  einer  zu  fininde  liegenden 
Unuaterie,  als  einer  bewegten  oder  ruhenden.  Dicj^e  zwei  Zustande 
Siod  aber  der  ürmaterie  nicht  an  sirb  eigen,  sondern  da  diese  we- 
sentlich deo  Charakter  der  Ruhe  bat.«  also  Yd  ist.  so  muss  sie  die 
Bewegnng  aadersweber  empfaDgen.  Bewegneg  und  Rabe  ie  der 
Üimaterie  setzea  ein  Zweites  neben  uod  nasser  Ibr  Tsrans.  durch 
wekhes  jener  Doppelaastand  hervorgebracht  wurde.  Dieses  Zireite 
Ist  die  üricraft.  Diese  bSebste  und  letzte  Zweiheit,  Uricraft  und 
ürmaterie  bedeuten  nichts  Anderes,  als  was  wir  schon  fröher  als 
Yan?  und  Yn  gefunden  hah^'n.  Aber  diese Urzweiheit  giebtdeni  pliiio- 
sophischefi  Denken,  welches  notbwendig  die  Einheit  verlangt,  keine 
Hube:  sie  ist  ein  Hroblera,  dessen  Losung  gesucht  werden  muss. 
Tseho-hi,  der  über  jene  zwei  Urgründe  nicht  ein  Drittes,  Höheres 
setzen  l^ann,  sucht  die  LSsong  dadnrcb  berbeizuüabren,  das  er  die 
Urfcmft  ans  der  nebengeordneten  SteHung  sor  Orroaterie  hoher 
UsanfrflclLt  za  einer  fib  er  geordneten.  Zaet  st  also  ist  die  UrkrafI; 
dSnn  erst,  a1«<y  ans  Ihr  ist  der  ür^titlP.  ' 

.,Vor  der  Existenx  der  Welt  war  weder  eine  Beziehung  der  Ur- 
iiiaterie  zur  Urkraft,  noch  der  ürkraft  zur  Ürmuterie.  Als  einmal  die 
•  TtIc raff  war,  entstand  daraus  die  Ürmaterie,  daraus  wiederum  die 
ruhende  und  die  bewegende  Materie,  und  diess  heisst  man  das  ver- 
omif^emlss  erfolgte  Auseinandergehen.  Zuerst  war  die  IJrkraft  des 
•flfanmels:  s/^  enthielt  die  Umaterie;  die  Masse  der  Unuateiie  ist 
das  Fundament,  wodurch  dle'NaYur  mSglich  ward.  —  Der  Ausiuss 
-der  UrbraftaurUmiaterie  hatte  noch  nicht  begonnen;  denn  die  Form 
der  Üricrafl  lst  die  obere  (oder  erste),  und  d9e  Form  der  ürmaterie 
ist  die  tiiedere  («»der  zweite};  wesshalh  die  Formen  obere  und  nie- 
dere genannt  erden,  sifid  sie  nicht  aus  demselben  (Irundc  früliei  e 
Und  spätere^  Wäre  wohl  die  Ürmaterie  rdine  den  Aijsafz  der  ür- 
kraft?  Die  ürkraft  ist  das  Eins,  welches  sich  spaltete; 

Himmel  und  Erde  und  alle  Wesen  zusammen  sind  nur  durch  die  ür- 
kraft. Ist  die  ürkraft«  so  ist  auch  die  ürmaterie,  aber  so,  dass  die 
Ürkraft  als  Quelle  betrachtet  wird.  Wenn  nun  die  Ürkraft  das 
Obere  oderErste  genannt  wird,  so  heisst  diess  so  viel:  das  Absokte 
ITAf -ky^  =  die  bOehste  Spitze,  das  Letzte,  über  wekAes  hinaus 


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t4 


nichts  Mekr  ist,  das  Ursein]  bewegt  sidi  uml  enevgfl  «U^  bev/egenile 
Materie;  na«^  der  Bewegung  des  Absolsten  erfdlgt  Ruhe,  und  diese 

Ruhe  erzeiiLft  die  ruhende  Materie —  „Ehe  noch  Himmel  und 
Erde  waren,  war  bloss  die  rrkraft.  War  die  Lrkialt .  so  ivar  der 
Himmel  iimi  dir  ].r(!r  mö Irlich,  wie  im  (iegenthcil  ohne  die  Urferaft 
weder  Hinuuci  uoch  Erde,  weder  Meoscheu  noch  Din^e  und  über- 
baspt  kein  Leben  möglich  wSren.  War  die  Urkraft,  ae  ward  die 
Urmaterie;  daraas  ioss  die  Zeugung  und  jedes  Ding*),"  —  „Der 
Ausdruck:  das  Abflolato(Tai*ky)  ist  gleicbbedeutend  mit  dem  Worte 
Urkraft  (Ly).  Tai*ky  ist  die  Urkraft  des  Hinuaels  uad  der  Erde  und 

aller  IKage;  jegliobes  Ding  lebt,  well  das  Tai-ky  innerhalb 

jeglichen  Dinges.  —  —  Die  Urkraft  ward  bewegt  und  es  entstand 
das  bewegende  Princip  (Yajjg);  sie  ward  ruhig  und  e.s  ward  das 
ruhende  Princi|»  (Yn)^). " —  „Aus  den»  Tai -ky  entstehen  alle 
Wesen;  es  ist  die  schwangere  Nornial-Ürkraft;  sie  ist  jeucr  grusse 
Ursprung,  woraus  das  Können  hervorgebt.    Die  Urkraft  enthält  die 

Fiihigkeit  xu  allen  einselnen  Wesen;  jegiiclies  Ding  erhält 

seine  jSahrqi^  von  ibm«  und  Alles  und  Jedes  liegt  in  Tal-ky  aus* 
gebreitet  —  Die  Urkraft  war  schwanger  und  ist  ndt  der  Uimaterie 
niedergekommen  10)/^  —  „Das  Tai->ky  war,  bevor  sich  irgend  «In 
Wesen  aus  ihm  getrennt  -hatte;  aus  Ihm  ging  das  rahende  und  das 
bewegende  Princip  hervor,  und  doch  ist  es  in  (fem  ruhenden  und 
bewegenden  Principe  aus  ihm  gingen  alle  Wesen  hervor  und  dessen 
ungeachtet  ist  es  in  allen  Wesen.  Ks  ist  nur  die  ein/.itre  Urkraft, 
and  «te  ist  Alles,  sie  i-^t  das  AHeräosserste,  und  dessbalb  heisst  ihr 
Name«  dio  höchste  Spitze  (Tai-ky).  Ohne  sie* wären  nicht  die 
Bewegungen  des  Himmels  und  der  Erde  n)/'^  ^,Die  UrkimClt  selbst 
haau  nicht  gesehen  werden,  sie  kam  lilosa  dadifrch.ericannt  werdieo, 
dass  sie  sieh  auf  das  rahende  und  bewegende  Ptlacip  stfitit  [m  bei- 
skb  aar  Ersdiemung  bringt] ;  die  Urkraft  hängt  oberhalb  Yn 
imd  Yang,  wie  ein  Mcnnch,  der  reitet  »2).«« 

Diese  Urkraft  ist  aber  in  Wirklichkeit  gar  uieht  vor  der  Urmate- 
rie, sie  i£»t  nicht  zeitlich,  nur  dem  Begriffe  uach  fi  Ciher.  ,.Das  Ver 
hiiUniss  der  Urkraft  zur  Urmaterie  ist  ein  ursprüngliches,  wovon 
nicht  früher  noch  später  gUt^  wenn  man  auch  die  Urkraft  als  das 
Obere  setzt/'  „Könnte  man  wubl  SS^en:  Es  ist  Tag,  —  und  das 
Ist  die  Urkraft;  es  ist  TagesheUe,  und  das  ist  die  Urmaterie? 
8iod  also  die  Prädikate  rraher  und  später  anwendbar?!»}«'  d«  h. 
so  wenig  der  Tag  vor  der  Tageshelle  ist,  so  wenig  ist  die  Urkmft 
vor  der  Urmaterie.  Darin  Uegt  der  ganz  riclitige  Gedanke,  dass 
vor  dem  Endlichen,  vor  der  Welt  überhaupt  von  gar  keiner  Zeit 
die  Hede  sein  kapn,.  die  Z^lt  vielmehr  der  sieh  verändernden  ^od* 


Digitizca  Ly  Liu^ 


MMl  M^ehdri   Mit  4er  Anfliebungf  4«*  zeilliditffi  Vmhbneinti 

wirJ  indess  das  Vorhersein  dem  Begriflfe  naili  nif  ht  rni(L;chühei». 
Aber  es  konnte  einem  so  tiefen  Denker  wie!  s(  Im  Iii  ht  entirolieii, 
das9  es  auch  mit  einem  bloss  hegrilllit  l»en  \  orher.sein  der  Kraii  vor 
der  Materie  sehr  bedenklich  8tehe,  dass  der  Gedanke,  die  blosse 
Jkttft  sei  die  Quelle  der  \i irklichen  Welt  iumI  sunicbst  der  Mate- 
rie^ eeglekli  auf  eiaeo  uoluslMiren  Wiilecspnidi  atoese.  Die  Urkraft 
iat  aeUeditefdiBga  aar,  losofetn  aie  wirkt;  dieses  Wiricea  iat  aber 
m  4m  chineaaKfceD  WeltanaciiaauDg  ein  Geataltea,  ein  Foniiget»en, 
beaiehtaieh  aatkweniU^  avf  eiaeo  an  ge^taiteoden,  au  bewegenden 
Stoff.  Der  Begriff  der  Kraft  ist  hier  keiuesn  eges  der  Gedanke  den 
in  Rieh  seihet  lehendeu  Geistes,  sondern  hat  schlechterditiijs  ridrii 
das  Wesen  der  Äusserlichkeit;  die  Kraft  geht  nach  aussen,  setzt 
ein  Anderes  ausser  sich  voraus»  auf  welches  sie  sich  als  fhätig  bo- 
lieht.  Der  Begriff  der  Kraft  ist  aocb  etwas  gaoz  Relatives,  Wt  eben 
■ur  die  eine  Seite  des  Daseins,  welche  ebne  die  andere  gar  nicht 
gadacbl  werden  IfaDS«  Wie  kein  Oben  gedacbt  werden  kaun,  wo 
kein  Unten  Ist;  wie  keb  Beleucbten  mogiieh  iat»  ebne  dass  £twas 
da  iat»  was  beleoditet  wird«  ebensowenig  kann  eine  Natvrkraft  ge- 
dacht werden,  ohne  einen  Stoff,  an  dem  sie  wirkt;  —  Natur  aber  iat 
hier  noch  alles  Sein,  Tschu-hi  wird  sich  dessen  uucli  wohl  bewusst, 
und  von  seinem  über  das  chinesische  Bewusstsein  hinaus.'»lrel»enden 
Fluge  umlenkend ,  erklärt  er:  „Der  Satz;  zuerist  war  die  Urkraft 
uod  beroach  die  (Jrmaterie,  ist  nicht  ganz  richtig.  —  Die  Unnate- 
rie  ist  der  Aabaitapuokt  der  in  Thätigkeit  übergehenden  Urkraft.  In 
der  Tbal  Jqaiin  die  Urb^aft  (üf  sieh  weder  streben«  noch  wirken, 
noch  irgesdwia  biaaieiea,  aiias er  anf  die  ruhende  Masse  der  Unna- 
teikL  Dis  .Urkn^  ?erhfilt  sich  au  dieser«  wie  der  Himmel  aar 
£rde  H).«  ^  ^Dü«  UdiEraft  kennte  d|e  yoUend^Dg  der  Dmge  nicht 
bev%irkep.  Dessbalb  heisst  es  auch:  Es  war  die  (Jrniaterie 
uihI  alsdanu  war  auch  die  Urkiail.  Ohne  I  riaaterie 
keine  Urkraft.  Das  \  iele  ist  dur<  Ii  die  Urmaterie  und  durch  tiie 
l'rkraft  das  Viele,  d.  h.  jede  der  zv^  ei  Principien  könnte  für  sieb 
siiein  Nichts  voiieuden.  Die  Urkraft  biJ4<itc«  che  Himmel  uu<l  Erde 
gefieinit  wareO)  mit  der  Urmaterie  vereinigt  eine  Einheit  i^)/' 
„Die  Urkraft  tat  in  der  Urmaterie;  beide  in  uott^wendiger  Besiehung 
stehenden  Mächte  können  nicht  von  einander  getrennt  werden  i^}/' 
itOlieUrkraA  an  sich  ist  kein  Wirken;'*  und  ao  wenig  man  vom  festen 
Laade  sprechen  IkOnnte,  ohne  Wasaer^  so  wenig  kann  nfan  von  Ur^ 
kraft  sprechen ,  ohne  Urmaterie  —  Die  Urkraft  verhält  rfch  anr 
Urmaterie  wie  das  I'cncr  zu  dem  verbrennenden  Stoff,  .wie  Feuer, 
vom  Fett  umgeben,  Lichtstrahlen  ausströmt,  ebenso  wird  ea  erat 


* 


i^iyui^u^  Ly  Google 


niglicli«  den  Gdst  [das  Wesea]  der  Uikma  durck  lÜMalnlMi  Am 
Geistes  der  Ürmaleiie  so  erkenaee  < 

Jenes  Hiaaufsckiebes  derUrkraft  über  die Urmsterie,  jener Ver- 
sech,  eine  Ureinheit  an  die  SpHze  des  Seins  sn stellen,  ist  aldit 

durchgeführt,  und  die  angestrebte  Einheit  geht  sofort  wieder  in  die 
chinesische  Zweiheit  auseiruinder.  Bald  nach  dem  er^iteri  kühacit 
Aiilschwimg  des  GedankcDs  zu  einer  Einheit  des  Urgrundes*  ent- 
schwindet deiu  chinesischen  Denken  die  Flugkraft,  und  es  senkt  sich 
wieder  auf  den  sicheren  Boden  der  alten  Naturzweiheit  herab,  und 
ttinunt  Terzichtend  wieder  surflck^  was  es  vorher  Mit  pbilosopliischeni 
Tiefsinn  ausgesprochen;  denn  einen  Schritt  weiter  auf  jener  Bahn, 
und  Tschu-hi  steht  nicht  mehr  auf  dem  Beden  des  olünesisi&en  Ge- 
danlcens,  sondern  auf  dem  des  indischen;  aber  Tschu«hi  bleibt  Chi- 
nese. So  oft  ihn  auch,  der  von  indischer  Weisheit  gekostet,  der 
innere  Trieb  des  vernünftigen  Denkens  zur  Ur-I  inheit  hinzieht, 
immer  wieder  wendet  er  Angesichts  des  Zieles  um. 

,,MaD  kann  niclit  annehmen, —  sagt  er  mit  den  Worten  eines  an* 
dem  Philosophen,  —  dass  das  Zwei  der  Grund  des  Leiiens  sei; 
denn  jedes  Ding  ist  in  sich  Eins,  und  alle  Dinge  bewegen  sich  bloss 
um  ihre  Mitte. — —  Das  Eins  bleibt  aber  immerdar  das  Fundament; 
das  Zwei  kann  durchaus  nicht  als  dasjenige  betrachtet  werden,  wo- 
durch einDmg  wird,  es  ist  bloss  der  Grund  des  Hervor tretens;^' 
—  und  Tsehu-hi  selbst  fiigt  erlSutemd  binsu: AlleBfnge  sind  dem 
Strebei)  nach  aus  dem  Eins;  aber  das  Eins  ist  Jiicht  im 
Stande  sie  hervorzubrin<j;en.    Das  Eins  ist  der  I >eberisi:riiiul, 

'  — das  Zwei  ist  die  Ursaclie  des  Werdens  ^ö)." —  In  die^f n  Wor- 
ten liegt,  genau  genommen,  das  Bekenntniss  der  cfaioesischeD  Phi- 
losophie: Aiies  Dasein  ist  dem  Streben  der  Vernunft  nach  aus 
dem  Eins;  wir  müssen  als  vemflnftig  Denkende  die  Einheit  als  Ur> 
grand  betrachten,  ^  aber  wir  shid  nicht  im  iS^nde,  die  Vielheit  ans 

'  der  Einheit  absüleiten.  Es  geht  wohl  auch  manchen  andern  Den- 
kern so. 

Zu  dem  Alles  aus  sich  hervorbringenden  llr-Eins  gelangt 
Tschu-hi  nicht,  am  wenigsten  z«r  Idee  des  (ieistes,  —  weil  er 
durchaus  in  der  Natur  befangen  bleibt,  deren  iooeres  Wesen  eben 
der  Gegensatz  ist. 

')  YTdng.  p.  4.  44.  Hitfic  (Yking,  tom.  IT.  p.  457  etc.)  c.  8,  art  1.  —  ■)  Choo- 
king,  p.  88.  150.  —  ')  Yk.  I.  p.  165.  196.  II.  p.  381.  —  *)  Yk.  II.  p.  385.  386.  387; 
Hi-tso  I,  1  (iVnh.  zum  Yk.)  *)  Mi.  U.  p.  406.  —  *)  Yk.  II.  p.  387.—  ')  Tscha-lii, 
von  Ncnmann  in  Ill<rcii«i  Zeitschrift.  1837.  I.  S.  32.  3.3.  —  *)  Ebcnd.  S.  35.  —  *)  S. 
42.  —  S.  44.  40.  ~  S.  43.  —  ^'^)  S.  48.  -  S.  3.-.;  vgl.  S.  32.  —  S.  34. 
—  »0  Ö.  40.  54.  —       S.  37.  —       S.  35.  40.  —  »»)  S.  37.  —       S.  71.  72. 


üigiiizuQ  by  LiüOgle 


IT 


§  9. 

Bie  swei  Urgründe  des  Daseins,  Urkraft  und  Urmaterief 
oder  Yang  und  Yn,  oder  sumbüdlieh:  Himmel  and  Erde,  haben 
ibrem  Begriffe  naeb  mae  notbwendige  Besiebaitg  auf  einander; 
die  Cricnift  wirkt  aaf  die  Urmaterie,  bewegt  and  gestaltet  sie, 
und  das  Pirodoct  dieser  Vereinigung  des  Urgegensatzes  ist  das 
\rirkliche  Sein,  die  Welt.  Die  verschiedenen  Grade  der 
Einwirkung  der  rrkralt  auf  die  Urmnterie  b(  ^vh  kvii  die  Terschie- 
(f?pnen  Stulcii  der  Naturdiiii^e.  An  jetleiii  Diiii;,*'  ^iiid  beide  Ur- 
meiueute  vereinigt;  es  giebt  Nichts,  was  bloss  Vii.  und  Nichts, 
was  bloss  Yang  wMre;  aber  die  Mischungsverhältnisse  sind 
TeisehiedeB.  Die  Zweitheilang  gebt  darnm  doreb  die  ganze  Welt, 
«nd  wie  an  jedem  Dinge  zwei  entgegengesetzte  Elemente  sind, 
so  bilden  sie  allesammt  zwei  Reihen,  in  deren  einer  das  Yn, 
-and  in  deren  anderer  das  Yang  vorwaltet;  eine  männliche  nnd 
eine  weibliche  Creaturen- Reihe,  eine  active  und  eine  passive. 
Es  ist  hier  also  keine  Schüpluiig  ,  auch  keine  Eiitwickelung  der 
Dinge  aus  einem  Urkeime.  sondciri  eine  VermischunG;  eines 
Urgcgensatzes ,  ein  Product  aus  zwei  Factoren;  nicht  ein  Her- 
Torbilden ,  sondern  ein  Zusammensetzen ,  nicht  ein  organischer, 
sondmi  ein  chemischer  Frocess. 

Ene  Reibe  von  den  aas  der  Verbindaug  der  NatargegensStxe 
estspringeadeD  Elementar-Dingen  giebt  schon  der  ftlteste  Tbeil  des 
Y-long.  Es  sind  da  swiscfaen  dem  reinsten  Ausdnick  des  Yang,  dem 
Himmel,  beseichnet  durch  das  drelfaehe  Yang-Zeieben,  (=)  und 
«lern  reinsten  Ausdruck  des  Yn,  dei  Lide,  bezeichnet  durch  das 
tirciiaclie  Yn  - Zeichen  nocli  äechs  Zwischen  -  Elemente  ange 
führt  in  folgender  Weise:  ^) 

«     Knmiel,  WoUun,  Peaer,  Donnern. Blitz .    Wind,  Wasser,  Beige,  Knie. 

Mit  dieser  tob  selbst  TerstindlieheD  Reibe  ist  mm  freilich 
nicht  etwas  Absondetiiches  gesagt;  wir  sehen  aber,  dass  der 
Gnmdgedanke  chlDesischer  Kosmogooie  schon  in  den  Sitesten 
anf  Fohi-  ziiTlIckgefllbrten  Überlielbrangen  Torbanden  ist.  Dass 
ilic  Welt  durch  ein  Zusamnientrcteri  des  Urgcgensatzes  ent- 
ivtandeti,  wird  in  den  Kini;  n  iedci  Imlt  ausge«4prochcn.  Der  Himmel 
erscheint  da  als  die  niännliclic  Kraft,  als  Vater,  die  Eide  als  der 
weihliciie  Leib,  als  Mutter,  und  die  Creaturen  als  das  Product 
beitlcr,  die  Himnirlskraft  als  der  Saanie,  die  Erdmaterie  als  der 
Boden«  in  den  er  filllt.  *)  „Sobald  Yd  and  Yang  sich  Tereiaeo«  so  ent- 
steht ehi  wirkliebes  Dasein  und  dieses  besteht  aus  beiden,  ein 


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Werk  des  Himmels  und  der  Erde."')  —  Der  Himmel  und  die  Erde 
stehen  an  der  Spitze  der  das  Yang  und  das  Yn  darstellenden  l>op- 
pelreihe  der  WeUdinge;^)  und  es  ist  augenscheinlich  der  Uimmel 
wad  die  £rde,  als  die  höchsten  Olenbarangeo  der  zwei  ürsrrfiDde, 
gemeinty  wenn  es  heisst,  die  Bewegimg  den  Yang  sei  Sueisförroig» 
wadue  Tom  Frfibliiig  bis  aar  Somenwende  nod  aekne  dano  wieder 
ab;  uod  daaeelbe  bestehe  ans  eioem  swar  feioeo  und  ansereoi  Aoge 
nicht  wahroelnnbaTeD  aber  docb  festeo  SteCst  und  lialie  eise  be- 
stimmte, nie  endende  ÜmdrebiiDg;  seine  Gestalt  sefi  rund,  wifarend  die 
des  Yii  eckig  *ei  und  dahdr  \venij[i^cr  beweglich.  *)  In  weiterer  Eiitu  icke- 
lung  erscheint  Frühling  und  »Sommer  als  vorherrschend  dem  Priueip 
Yang  angehorig,  und  Herbst  und  Winter  demPrincip  Yn  eigene)  und 
SO  werden  mit  leichter  Mühe  die  Dinge  nach  zwei  Seiteu  hin  weiter 
gruppirt.  Da  die  Kraft  sich  zumStoff  verhält  wie  dieEinkeitzar  Viel- 
heit« se  herrscht  In  aiien  Dingen,  in  denen  Yang  verwaltet^  die  EliB- 
heit»  in  den  andern  die  Vielheit;  man  drAcirt  diese  auch  so  aoe:  Die 
Zahlen  des  Hbnmeb  sind  1,  3,  6, 1,  9,  die  der  Erde  2,  4,  %,  B^'') 
weH  in  den  nngraden  Zahlen  die  Tbellnng  in  swei  gleiche  TheUe 
immer  Eins  als  das  die  Getrennten  Verbindeode  übrig  liest 

Viel  tiefer  geht  Tschu-hi.    Nachdem  er  den  mehr  mit  philo- 
sophischer Ahnung  als  mit  wirklich  spekulativer  Entwlckelung  auf- 
getassteu  Gedanken  einer  Ureinheit  und  einer  Herlcitung  der  Ur- 
materie  aus  der  Urkraft  wieder  fallen  gelassen  hat  und  damit  auf 
dem  eigentlich  chinesischen  Boden  wieder  feste  Stellung  einge* 
nommen  hat,  rerfblgt  er  den  Gedanken  der  Ur*ZwelheH  folge* 
richtig  weiter.  Die  Unuateiie  Ist  an  sich  mhend;  alle  Beweguig 
empföogt  sie  elns%  von  der  Urkraft;  dleas  Ist  die  Omnd- Votane- 
setxnng.  Nnn  iiat  die  auf  den  Stoff  einwifheode  selbststind^Kraft 
eine  doppelte  Seite;  einmal  be/ieht  sie  sich  thätig  auf  den  Stoff, 
bewegt  ihn,  ist  für  ihn  da,  und  insofern  eins  mit  ihm;  andrerseits 
aber  ist  sie  anch  von  demNloft'  verschieden,  steht  selbststSndig  ihm 
gegenüber,  ist  etwas  tür  sich  und  bezieht  sich  auf  sich  selbst.  Die- 
sen Gedanken«  dass  die  Urkraft  zwar  auf  die  Urmaterie  sich  bezieht, 
aber  doch  nidit  b  1  o  ss  för  die  Urmaterie  da  ist,  sondeni  aach  Ür  sich 
selbst  etwas  Ist«  1^  sich  das  chinesische  Denken,  mehr  an  das 
Anschaidiche  gewfthnt,  so  anrecht»  dass  es  die  Urkraft  nur  mit  I 
Unterbrechung  wirken  liest;  die  Urkraft  „bew  egt  sich  und  er-  , 
sengt  die  bewegende  Materie;  nach  der  Bewegung  der  Urkraft 
erfolgt  die  linhe.  urjd  diese  Ruhe  erzeugt  die  ruhende  IMaterie; 

ohne  vollendete  liewegung  erfolgt  aber  keine  Ruhe;  es  ist 

Bewegung,  und  darauf  erfolgt  Hube;  es  ist  Ruhe,  und  darauf  erfolgt 
Bewegoog.*'»)    „Die  lanerliohe  Bewegung  ist  das  Fimdament  doi 

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Ii 

bewegenden,  und  die  Ruhe  ist  das  Fundament  des  ruhenden  Prio- 

cips  (d.  h.  des  Yang  und  des  Yn).  Beweeunsr  und  Ruhe  bc- 

«rehen  sich  auf  die  Urmaterie.'*  .,  I)a.s  bew  eweiule  Princip  ist  die 
Quelle  des  ruhendeo,  deoo  auf  Bewegoog  folgt  uotbweodig  Ruhe; 
•nf  die  Robe  folgt  nothwea4ig Beiregiiiig,  deMbalb  Ut  das  ruhende 
Priidp  «iicb  Qoelle  des  befvegOMiwi.  ~  Bewcgmig  «Ml  Rnbe  «od 
To  Oed  TMg.  AUe  GesteltM  hlMMoo  «isd  Bawegwig,  d.  b.  Bewe* 
giig  dM  Tal-fcy;  tU  oM  Rilie,  d.  b.  Robe  de»  Tti-ky.  —  Das 
TMy  lUBsebiiesst  seiaer  Nefur  nach  das  rabeodd  uad  beiregeiide 
Priodp  wie  eio  Gürtel.  —  Das  Tai-ky  ist  gleichsam  die  Spitze  des 
Gebäudes,  die  Spit/e  «les  HtmnieU;  denn  e»  entliall  Alles;  die 
äusserste  Spitze  der  Urkralt  ist  fiic  Im-w  cLMjfii»  des  bewegenden  und 
die  Huhe  des  rohendeu  Princi|)8.  Ohne  das  Absolute  ist  weder  Be« 
w^lpug  noch  Ruhe,  und  our  die  Urkraft  ist  Bewegung  «od  Robe,  i^) 
To  und  Yang  entstehen  beide  aus  der  eioen  Urmaterie;  weoo  die 
inhaadeUraMterieioFlea»  gerilb  [dweb  dieUrbraft],  so  enUitebtdaa 
kawegeadePitocip;  wemidie  tteaaettdeÜmaterie  iDStoekang  geiitb, 
MMebt  dae  rabeoda  Prindp.— Ya  uad  Yaog  aiad  weiter  olcbts  als 
derTed  and  dasLeben  der  ebea  üraaterie;  sie  aiad  VerwMasebrd' 
leo(Y^ans:)  und  Zurückgehen  (Yn),  Vollenden  und  Bcginocu.  — 
Yb  Ufid  Yang  zusammen  werdca  die  ürdtiurig,  Tao,  genannt."**) 

Indem  so  Tschu-hi  die  in  dem  Begriff  der  einer  lirmaterie  ^e- 
geotibersteheodeo  Urkraft  oothiveudig  zu  denkende  Doppelseite»  die 
fiaMioog  derselben  auf  die  Urmatecie  «od  die  Beziehung  derseU 
baa  aaf  aacb  aelbal»  oder  Uur  V^irkeo  aiiaaer  aacb  und  ihr  bei  aicb 
Bldiaa,  ibr  Eisawerdea  mit  der  Uraiaterie  and  ibren  aelbat- 
aliadigeo  UBterachiad«  k  der  oicht  gana  au  tieffendea  Weise  ana* 
drtebl»  daaa  er  die  Udnaft  wbdtea  uad  d^aa  wieder  rnbeo  ilaat, 
tegt  aSfb  voa  seÜist  die  Frage  auf,  wie  kenumt  bei  diesen  Pols- 
schlag  des  Daseins,  bei  diesem  Liii-  und  Ausathmcu»  bei  diesem 
Vibriren  des  Lübens  die  Urkrafi  zu  der  doppelten  Erscheinung, 
2U  bewegen  iiud  dann  wieder  zu  ruhen,  also  sich  selb.'st  /-u  he- 
sehränken  und  zu  verneinen  1  wie  ist  die  Huhe  des  seinem  Begriff 
■achThntis^en  zu  begreifen? — Tsciui-iii  wirft  sich  diese  Frage  selbst 
•aC  mWia  kann  die  Urkrafi  Bewegug;  und  Rohe  entiMÜteo?  Erst 
MM  äe  dodb  eine  Fenn  [eine  etoacbnakendeBeatfanrotlieit]  beben, 
bef  er  Bemregwag  aad  Ruhe  erfolgen  kaan.  Die  Urknil  kU  aber 
kaiae  Form,  dann  Jamn.webl  aacb. tob  Bewegung  und  Rnbe  Icaiae 
Rede  sein?**  —  und  er  giebt  darauf  die  Antwort:  ,,Die  Urlomft 
enüialt  Ben eguiig  und  Ruhe,  denn  —  die  ürmaltiric  ciiliiiilt  Be- 
wegung und  Ruhe.  Wenn  die  Urkraft  keine  Bewegung  und  Ruhe 
ealbieite»  kSaate.  daaii  waiü  die  UcMterie  Bewegung  und  Rabe 


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<0 


enthalten?"**)  —  das  heisst  eigentlich,  wei!  ich  beide  Zustände 
nicht  in  und  aus  der  ürinaterie  erklären  kann,  niuss  ich  sie  in  der 
Urkraft  voraussetzen.  Das  Ut  oao  freilich  keine  philosophische 
Art,  etTras  begreiflich  zu  machen ,  und  das  UnbegriffcDe  wird  nur 
eiDe  Stufe  weiter  bloaii%eficiiobeD;  alier  der  Dnalieiinit  nniss  ebeo 
nothwendlg  bei  etnem  UDgelSeteii  Gegensatz  eteben  Meibeo;  und 
jede  wirUtcbe  L&sung  deeeelbeB  wflrde  dee  ganMo  Standpaabt 
aufbeben.  Tsebu-bi  bringt  eriSetemde  AnalogteeD,  aber  keioe 
Beweise;  z.  ß.  „wird  ein  Blasbalg  bewegt,  so  erfolgt  eine  Wir- 
kung, lasst  mau  ihn  los,  so  bleibt  bloKs  die  Macht.  Eben  so  bleibt 
die  Urkralt  trkraft,  wenn  auch  die  Thätigkeit  nachlässt."  Ein  an- 
deres Mai  vergleicht  er  die  doppelte  Art  des  Wirkens  mit  dem 
Herausgehen  und  Zuräckkriechen  der  Schnecken.  Das  erinnert 
aebr  an  indiacbe  Gedanken.  Die  Zwettieit  iat  bier  nur  in  eine  ab- 
atracte  Einbelt  luaaminengefaMt;  und  eo  wenig  wie  die  ürewet- 
heft,  Kraft  und  Materie,  in  einer  wlrkllcben  EinbeH  l>egriffini  let, 
sowenig  ist  es  derDoppelavatand  derUrIcraft:  Bewegung  und  Rebe. 
Der  Pulsschlag  des  Lebens,  Sein  und  Nichtsein,  sind  hier  schon  in 
tV\i'.  liöchste  Spitze  des  Seins  zunickgesehoben  und  ohne  Weiteres 
als  vorhanden  voraujsgesctzt,  ohne  begriffen  zu  sein. 

Durch  die  aus  der  Urkraft  in  die  Lrmaterie  übergegangene  Zwei- 
helt,  also  durch  die  in  zweifachen  Zustand  versetzte  Urmaterie  ist 
der  Grund  su allem  Werden,  zu  allem  einzelnen  Dasein  gegeben, 
welcbes  nun  durch  alle  Stufen  iiindurcb  die  Doppelgestalt  der  Ur- 
grtbide  auch  an  sieb  ausdrackt;  jedes  Ding  Ist  Tn  und  Tang  an- 
gleicb,  aber  alle  gruppiren  sieb  in  xwel  Reiben,  deren  eine  das  Tn 
und  die  andere  das  Tang  vorzugsweise  in  sich  trü^.  „  Menseben 
und  Dinge  schwammen  in  der  Urmaterie  vennissclit  und  vereint  durch 
einander;  sie  traten  aber  hervor  vermittelst  der  doppelten,  gegen- 
seitig in  noihwenflijxor  Beziehung  stehenden  Ordnung  des  Yn  und 
Yang.  Diese  Ordnung  ist  die  endlose  Umwälzung,  das  grosse  Ge- 
setz des  wandellosen  Himmels  und  der  Erde;  sie  flössen  nach  und 
naeb  hervor  aus  dem  Vereinigten.  —  So  lange  das  ruhende  und  das 
bewegende  Princip  noch  nicht  veremt  wirkten,  konnten  die  Dinge 
auch  nicht  werden;  es  war  bloss  eine  Leere;  Nichts  war  Torbanden. 
—  Alles  kann  sich  nur  durch  den  wechselseitigen  Beistand  des  ru- 
henden und  bewegenden  Princips  entwickeln.  Diess  ist  die  Ord- 
nung, das«  jedes  Ding  aus  dem  rulH  uden  und  dem  bewegenden 
Princip  hervorgehe:  diess  neiiyt  sirli  diesem,  und  jenes  neigt  sich 
jenem.  —  Himmel  und  Erde  bestehen  aus  beiden,  aus  der  Urkraft 
und  der  Urmaterie.  Bei  der  Entstehung  des  Menschen  und  der 
Dinge  spendet  die  Uikiaft  das  Ihrige,  und  alsdann  wiid  das  Wesen^ 


21 


die  Natur  [die  [nnerlirhkcit .  die  geistige  Seite,  der  Charakter  der 
DiogeJ,  es  öpendet  <lic  rniiaterie  das  Ihrii^e,  und  üi8dariii  wird  die 
CieataltoDg,  das  Ersciicinen*'  [die  AuHserlichkeit,  das  Materielle, 
da«  Sichtbare].  „Dm  aDfiüigliche  Werden  der  Dioge  begaoo 
ämtk  die  freie  Beiregang  des  ntheoden  und  dea  bewegdodeii  Prio* 
cipe;  aus  beiden  ward  dae  besteheode  Doppelprincip  (daa  Ittaa- 
Bebe  wni  dae  WeibMcbe)  vollendet  Sebald  als  a«a  der  Unaaterie 
EtwriB  benrorgegangeo  war,  se  war  aiabald  dae  Doppelprincip,  dae 
MSoDchen  und  das  Weibchen,  vorhanden,  nod  beide  pflanzen  sich 
dann  fort.  Aul  diese  Weise  wird  das  Heraifstreten  aller  Dinge  vom 
Nichtsein  zum  Sein  -  ^  ri  und  Yang  sind  die  dop[)elte,  gegenseitig 
10  nothnendigcr  Beziehung  stehende  Ordnung.  Der  luhegriß'  des 
reinen  Himmels  ist  das  vollkommeD  mänuliche  Princip;  der  Inbegriff 
d«r  leifien  Erde  ist  das  volUcommcn  weibliche  Prlocip,  Obgleich 
daa  inioDliche  den  Yang,  dem  Priedp  der  Bewegung  gleicht«  ao 
kaM  nan  dennoch  nicht  engen,  dase  ea  daa  Prhicsp  der  Rohe  nicht 
«Malle  in  eicb  enthalte;  und  eben  eo  Terb&lt  ee  eich  mit  dem  weih* 
EcbcB  Princip.  —  Yn  und  Yang  lertlieilen  sich  und  werden  die  fffnf 
Elemente;  in  jedem  der  fünf  Elemente  s\ud  aher  Yu  und  Yang  zu- 
gleich. Yn  und  Yang  zusammen  slncl  <lie  Crmaterie;  Himmel  und 
Erde  erzeugen  die  Dinge.  —  Sie  .*äind  die  Fülle  zwischen  Himmel 
and  £rde;  sie  sind  Tod  und  Leben,  Enden  und  Beginnen  aller 

Dinge.  Man  kann  aber  das  ruhende  nnd  bewegende  Princip 

akbt  von  den  Geetaltnngen  trennen,  so  dass  man  sie  nach  aiieeer* 
Ittlb  derselben  erkennen  bünate/'*«) 

Das  Verhiltnlsa  der  Urbedingungen  der  Welt  w8re  eonach, 
MbirTer  gefasst ,  folgendes: 
Alles  ist  aus  dem  Höchsten  und  Unbedingten,  „der  letzten  Spitze'' 

des  Daseins,  aus  der  Urkraft. 
Die  Urkraft  Ijr^tclif  ah*  r  nicht  an  sieh,  ohne  die  Urmaterie;  sie 

ist  ohne  die  letztere  gar  nicht  deokbar. 
Die  Urmat^ie  besteht  eben  so  wenig  an  sich,  ohne  die  Urkrafl. 
Die  Urkraft  wirkt  auf  die  Urmaterie,  bewegt  sie,  nnd  aetat  eie 
in  den  Charakter  Yang.  Sie  geht  aher  nicht  in  die  Urmaterie 
anf,  sondern  bleibt  ftr  eich,  zieht  sich  ans  ihr  snrtfck,  mbt;  nnd 
die  so  In  Rahe  gelaeeene  Urmaterie  let  in  dem  Charakter  Yn, 
Die  Urmaterie  ist  also  wesentlich  eine  bewegte  und  eine  m- 
bende;  und  aus  dicscin  Doppelzusland  t^ehen  alle  Diiigc  hervor,  und 
sie  tragen  darum  das  Doppdpriocip  au  sich«  aber  in  verschiedenen 
Graden. 

ÜHkiaft  nnd  Urmaterie  haben  nicht  an  sich  ein  wirkliches  Dasein 
ttsser  das  Dngmi;  Ihre  Wiridiehkeit  ist  vidaMbr  nar  in  den  Bin- 

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gen;  de  haben  mefcr  nor  ein  ebetraetee  Sein,  4»m  erst  in  den  Bb- 

zelersche'mungen  wirklich  wird.  Die  Urlcraft  ist  ,,wie  ein  Baum, 
der  sicli  in  Zweice  spaltet,  Blätter  nnd  Bli'ithcn  und  Frfichtc  her- 
vorbringt;" —  \vie  nun  ein  Banni  izai  iiiclif  \\  irklif;h  ist,  ausser  in 
allen  seilten  Theilen,  und  Blätter  und  Blütfaen  nicht  aus  ihm  sind« 
aondem  der  Baum  in  ihnen,  so  ist  anch  dieUrkraft  nicht  ausser  den 
Dingen«  sondern  in  ihnen,  wird  in  ihnen  wirlclich,  wie  diese  in 
jener  mDgllch  sind.  »tWas  in  den  Diagen  vnd  Handlnngeii  ist» das 
ist  das  Tal-ky;  die  Crlcraft  ist,  mit  einen  Worte,  In  dem  Hinmel, 
in  der  Erde  vnd  allen  Dingen.**  —  „Die  Dinge  eiistiren  nicht,  ausser 
dnreh  das  ursprünglich  Herracliende;  sie  icönnen  nidit  bestehen, 
ausser  das»  es  darin  ist 

Da  s  die  ürlcraft  darstellende  Yang  in  den  Dingen  ist  die  geistige 
iSeite  an  ihnen,  das  Wesen,  die  Innerlichkeit,  das  was  dieses  Ding 
SU  diesem  macht,  die  £iabeit,  während  das  Yn  die  materieile 
Grundlage  ist,  das  Viele,  was  durch  das  Yang  zu  einer  Einheit  «n- 
sammengefasst  wird.  »»Das  Eins  Ist  Yang,  das  Zwei  Ist  Yn$^^ 
daher  wird  auch  In  den  Kna  des  Fohl  das  Yang  dordi  eine  gnase^ 
das  Yn  dnreh  eine  gebrochene  Linie  beselchnet  „Dss  Viele  oder 
Verschiedene  steht  in  Beziehung  zur  Umiaterle,  alles  nlciit  Ver- 
schiedene zur  Urkraft  i'O-" 

Während  sich  die  VoIksrcHc^ion  einfach  hei  dem  Urffegensatz 
von  Yan?  nnd  Yn,  «der  llininiei  und  Erde  beruhigt,  ist  tlieser  Ge- 
gensatz bei  Xscbu-hi,  so  zu  sagen,  organisirt.  Yang  und  Ya  sind 
da  nicht  der  erste^  sondern  eigentlich  der  dritte  Gegensatz,  hervor- 
gebracht durch  einen  Duaiisrons  In  der  einen  Seite  des  Urgegen- 
satses.  Die  Gliederung  erscheint  also  so: 

(Jrkraft   Urmaterie 

Bewegung    Yang 

1  I 

Kuhe    Yn 

Die  Übrige  Entwiokehinc  der  Welt  ist  nach  Tschu-hi  kurz  lol- 
Inende:  Die  durch  die  sich  l»e\vegende  und  nihende  Urkraft  in  eine» 
zweiAtchen  Zustand  polarisirte  Urmaterie  „  bewegte  sich,  wirbelte  bin 
und  her,  rieb  sich  hier  und  dort  und  rieb  sich  schnell,  und  schnellte 
reibend  eine  Menge  Absats  ans.  —  —  Die  Welt  Ist  ein  Nieder- 
schlag der  Urmaterie,  das  Leichte  nnd  Reine  wird  der  Himmel,  das 
Bcbwere  und  Unreine  die  Erde.  — '  —  Alles  sie  Umgehende  bewegt 
sich  Immer  im  Kreise  herum;  die  Erde  selbst  aber  mht  nnbewegM 
im  Mittelpunkte.  —  —  Als  der  wässerige  Schlamm  sich  noch  nicht 
getrennt  hatte,  war  das  Chaos  schwarz  und  dunkel;  nach  vollende- 
ter Trennung  y  nachdem  im  Mittelpunkte  Ireie  Bewegung  begonnen 


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hatte,  wftrd  der  WeltftiifaDg  lenchteDd  und  hell,  mid  HbuDel  mid 

Erde  waren  vollendet'«);"  —  ond  es  ward  Licht.  —  Die  ersten 
Naturelemente,  in  weklic  das  Chans  auseinander  ging,  waren  das 
Feuer,  Wiederholung  den  Yang,  und  day  Wasser,  W^iederholung 
don  Yn.  „Das  Aü  war  Chaos,  ehe  es  sich  trennte  in  der  Zeit.  Ich 
haUedaiiir,  dam  nnr  die  Zwei  vorhandeo  waren«  Wasser  und  Feuer; 
aw  dem  flcblammigeD  Aiiaatae  dee  Wassers  ward  die  £rde,  —  ans 
der  klarsten  Reinheit  des  Feuers  ward  der  Wind,  Donner  und  Blits, 
Sonne  nnd  Sterne."  —  Im  Himmel  stellt  sich  die  Materie  als  Yaog 
dar;  er  ist  das  Bewegeodei  der  Lebenspender,  von  ihm  kommt  Re- 
gen, Licht  und  WSrme;  er  ist  die  Darstellaog  der  Urkraft,  „das 
voiltomniejj  inünnlie}»e  Princip.''  Die  Erde  Ut  das  .^voUlcommen 
weibliche  Princip ;  '  iin  Frühling  und  iSommer  ist  die  belebende  Kraft 
des  Himmels  am  gri».«*<ten,  da  herrscht  Yantr:  im  Herbst  und  Winter 
ist  die  ruhende  Erde  überwiegeüd,  da  herrscht  Yii.  Ebenso  herrscht 
Tang  am  Tage,  kulminirt  um  Mittag,  und  weicht  darauf  dem  Yn«  das 
in  der  Maeht  henseht 

Tang  und  Tn  bilden  nao  durch  gegenseitige  Durchdringung  die 
flof  Elemente »  ans  welchen  alle  fibrigen  Dinge  entstehen,  „Die 
BIflthe  der  iBnf  Elemente  ist  der  Mensch;"  in  ihm  ist  die  bewe- 
gende Kraft  herrschend  äber  das  Ruhende,  und  er  hat,  was  Himmel 
und  Trde  nicht  haben,  Geist  und  Willen.  Der  Urgegensatz  des 
A(  tiv  en  und  Passiven  oflTenbart  sich  hei  dem  Menschen  wie  bei  dem 
Ihiere  in  den  zwei  Geschlechtern.  ^) 

Überblicken  wir  das  von  Xschu-hi  so  künstlich  und  mvhf  ohne 
Tiefsinn  aufgeführte  Gebäude,  so  finden  wir  eine  durch  alles  Dasein 
liindnrchgebeode  Polarisation,  eine  doppelte  Kette  von  Weltgestal* 
tmgen  und  Eigenschaften«  deren  oberste  Glieder  in  einen  einsigen 
Riig  siisammensnfassen  von  Tsch«-hi  Tergeblich  versucht  worden 
iit  Die  wesentlichsten  Glieder  dieser  Doppelreihe  stellen  sich« 
öbersichtlich  zuhauiLuengelusst^  etwa  fulgendermassen: 
Das  Active.  Das  Passive. 

ürkraff,  Crmaterie, 

Bewegung.  Ruhe. 

Yang.  Yn. 

Einheit.  Zweiheit. 

Die  ungrade  Zahl  Die  grade  Zahl  [Tschtt*hi|  S.  86]. 

Anbog.  Vollendung  [S.  71]. 

Ldben.  Tod  [70]. 

Seele.  Korper. 

Geist.  Natur  [52.  65]. 

Licht.  Dunkel. 


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Tag. 

Winne. 

Himmel. 

Fruhlirtg  und  j^offlmcr. 

Feuer.  > 
Das  MftnnUcbe. 
Lost 
Baa  Gate. 


Nacht  [iyS.  80]. 
Kiüte  [75]. 


Erde. 

Herbst  und  Winter  [81.  86]. 
Norden  [8üJ. 
Wasser  [85]. 
Das  Weibliche. 
Schmerz. 


Daa  Böae  [76.  77.  78]. 


Tachu-U  will  dieae  durch  daa  Daaein  hiadmchgeheiide  Zweihelt 
dadurch  zu  ehier  Eiohelt  briDgen,  daaa  er  die  Urmaterie  aua  der 

Urkraf^  herzuleiten  aneht.  Da  aber  nach  dem  ganzen  Standpunkt 
die  l  rkralt  wcsentlicli  nur  existirt,  insofern  sie  sich  auf  die  Urma- 
terie hezicht,  erst  in  der  Urnuiterie  wirklich  wird,  sd  Mli!,i.;t  dem 
Chiucscn  die  vermeintlich  errungene  Einheit  unter  den  üändeu  zur 
Zweiheit  um,  und  er  gieht  ausdrucklich  den  Tenrnglückten  Versuch 
auf,  und  geräth  Ijald  darauf  sos^ar  io  einen  gesteigerten  Duaiiaams, 
indem  er  der  Urkraft  ohne  Weiteree  ehie  Xhätigkeit  und  ein  Auf* 
hOren  deraelben  xuachreibt^  ohne  fiir  dieae  Doppelaette  einep  Grand 
in  der  Urloraft  aufweisen  an  kennen.  Die  Atmospliäre  des  chinesi« 
sehen  Geistes  ist  se  sehr  Ton  dem  Dualismus  geschwfingert,  dass 
derselbe  überall  von  selbst  hervortaucht>  wo  auch  der  denkende 
Geist  sich  hinwenden  mns:. 

Tsciiu-bi  hat  die  Einheit  nicht  erreicht,  nur  als  Aufgabe  für 
das  Denken  hingestellt.  Und  da ss  er  sie  biogesteltt,  darin  liestelit 
sein  hohes  Verdienst;  als  Chinese  konnte  er  sie  nicht  erringen,  ais 
Philosoph  mosate  er  sie  als  Forderung  anerkennen.  Daaa  aber 
Oberhaupt  der  Gedanke  der  Einheit  ihm  aufgegangen  Ist,  das 
filhrt  ihn  auch  schon  theihretse  Aber  die  chinesische  Beachrfiaktheit 
hinaus»  und  weist  auf  eine  höhere  Weltanschaaung  hin,  wenn  es  üim 
auch  nicht  gelungen  ist,  die  Einheit  selbst  philo<s;nf)hisch  zu  erarbeiten. 

Der  in  der  chinesischen  Weltanschamnii;  sich  offenbarende 
reine  Naturalismus  liifh  f  oino  n!<»rl<\vür(iiü;e  Ähnlichkeit  mit  mo- 
dernen den  »^Fortschritt  über  veraltete  k>tandpunkte'*  repräsentiren- 
den  Ansichten.  Ihre  Vertreter  wären  also  mit  ihrer  Denkarbeit  grade 
da  wieder  angekommen,  von  wo  das  Menschengeschlecht  in  sei- 
ner unreifen  Kindheit  ausging}  —  der  Unterschied  ist  nur  der,  daaa 
daa  chinesische  Denken  von  dem  blossen  Naturatandpunkt  ahnend 
aum  Geiate  aufwSrtaatrebt,  wfibrend  dieae  modernen  Analditen 
von  dem  Standpunkte  des  Geistes  sinkend  ins  blosse  Natursein 
rückwärts  streben. 

>)  Yk.  X.  p.  7  etc.  ~  *)        P*  19^*  196;  IL  p.  389.  38«.  413.  Chooking,  p. 


i^iy  u^L^  Ly  Google 


iSÜ.  —  •)  Yk.  n.  p.  547;  vgl.  524.  —  *)  YL  II.  p.  381.  —  »)  Yk.  IL  p.  385.  386; 
Ik.  L  p.  203.  —  •)  Yk.  I.  p.  196.  214.  —  0  Yk.  IL  p.  472.  —  ")  Tschu-lii  v.Neu- 
■wn,  «.  a.  0.  S.  33 ;  vgl  43.  —  •)  S.  42.  43.  ~  i«)  8.  44.  45^  46.  47.  —  7& 
:0.  80.  —  ««)  8.  49.  50.  —  «•)  a  47.  70.  —  ««)  8.  71.  80.  88.  —  «•)  a  64.  65.  74, 
17.  79.  —  «•)  a  80.  55.  —  a  58.  41.  «•)  8.  55.  57.  —  *•)  8.  56.  74.  8S.  — 
••)a  69.  76.  6a  61.  64. 

§  10. 

Das  ••^ttliche  Sein,  der  Urgnmd  alles  Deseins,  ist  also 

tiiie  Zweilieit;  zwei  Urgründe,  aus  deren  g^egcnseiü^er  Durt  h- 
dviiigung  tlie  wirkliche  W  elt  entsprungen;  licide  eigentlicli  von 
gleich  hoher  Geltung,  da  keiner  ohne  den  andern,  und  jeder 
des  ajiderii  gleich  sehr  bcdarl';  —  aber  doch  meist  mit  einer  zwar 
incoDsequenten ,  aber  doch  sehr  natürlichen,  stHrkeren  Hervor- 
hebang  der  Urkraft  und  deren  sichtbaren  Offenbamng,  des 
HnuMls,  als  des  eigentlich  Leitenden,  Lebendigen ^  welches 
fieSicli  noch  eines  Andern  ausser  sich  bedarf,  um  idrkllch  au 
sein.  In  der  Volks -Beligion  tritt  gew5hnlidi  die  höchste  Offen* 
bamogsform  der  in  die  Umiaterie  eingegangenen  Urkrafl,  der 
Himmel,  an  die  Stelle  der  mehr  im  phlhiMtphisi  hm  Bevvusstsein 
betonten  Urkraft,  in  der  ganzen  göttlichen  Bedeutini i;  dieser  Idee: 
und  wenn  die  Erde  als  die  sinnliche  und  wirkliche  Erscheinung 
der  trioAterie  auch  neben  dem  Himmel  in  gleich  göttlicher  Be- 
dentang erscheint,  so  tritt  sie  dodi  in  der  religiös rn  Verehrung 
etwas  mehr  in  den  Hintergrund.  Himmel  und  Erde  suid  ni^l 
Hesse  Siniibilder  des  Gdtdtchen,  aber  auch  nicht  das  GOtÜicbe 
m  semem  wahren  und  ToUen  Wesen  selbst,  —  sondern  sie  sind 
fie  wirkUche  und  wahre  Offenbarung  und  Erseheinung 
der  an  sich  nicht  sichtbaren  und  nicht  vorstellbaren  Urgründe 
des  Seins;  wer  den  Hiiinnel  und  die  Erde  sieht,  der  sieht  die 
(»otdieit.  aber  eben  nicht  die  Gottheit,  wie  sie  ist,  sondern  die 
Gottheit,  wie  sie  in  sinnlicher,  beschränkter  Weise  sich  oÜ'enhart. 
Der  Himmel,  und  es  ist  damit  der  natArliche,  sichtbare,  blaue  . 
Ühamel  mit  der  Sonne  und  den  Sternen  gemeint,  ist  ja  nicht  die 
reine  Urkrall,  sondern  die  Urloraft  mit  der  Urmaterie  vereinigt; 
■od  die  Erde  ist  nicht  die  reine  Urmaterie  9  sondern  die  CJrma- 
Me  mit  der  Urkraft  getränkt,  jedoch  so,  das«  dort  die  Urkrall 
nd  hier  die  Urmaterie  das  Überwiegende  Element  ist 

Wo  man.  von  unserem  Gedankt-nkreise  aus,  in  den  chinesischen 
Re%ion8st hrlfh  II  von  Gott  etwas  zu  hJJren  erwartet,  da  i^«t  überall 
vom  Hiuuael  die  itede,  oft  uiit  Hinzufügung  der  Erde.*)  häufu^er 
aber  steht  der  Himmel  allein.  Dieser  Himmel  ist  aber  wirklich  der 
satirüche  Huamel«  wie  wir  ihn  vor  ans  sehen,  und  mao  setst  in  seine 


9cliefiibftreBefregiing  nni  4i&  Erde  den  Gmiid  aUerLebMliefrcguiig. 
Sonije,  Mond  und  Sterne  sind  an  diesem,  die  Crotthcit  darsteliendeD 
blauen  Hiüiniel ; 2j  der  Himmel  ist  Vorbild  für  uns.  indcui  wir  seine 
oie  eodeode  regelmässli^c  Bewegung  in  unserer  sittiichea  Filhrung 
nachahmen;  3)  als  Vorbild  der  Fürsten  gelten  seine  vier  Eigeoacliaf- 
teo:  1)  er  ist  so  gross»  dsss  er  Alles  erreicht»  2)  so  machtig»  das« 
er  Alles  erseogt,  3)  so  geordnet  io  sich»  dass  er  aller  Dinge  Zireck- 
■feissSgk^rit  schalt,  4)  so  hestlodig^  dass  er  nie  still  steht  oder  aaf- 
h5rt  sn  seia**)  Das  sind  gar  keine  geistigen»  sondern  rein  natir* 
liehe  Eigensebal^. 

^)  Chou-king,  p.  88.  152.  —  ')  Chi-king,  II.  5,6. —  ')  TchouDjg - ^ üung, 
c  30,  3.  —     Yk.  L  p.  163,  vgl.  517. 

Die  himmlische  Urlcraft  durchdringt  belebend  das  AU  und 
ist  die  Lebenskraft,  die  Seele  in  allen  Dingen,  sie  durchdringi 
Alles  und  trSgt  Alles,  ist  allgegeftwArtig.  Sie  ist  die  Ordnttiig 
dies  Alls,  die  innere  Gesetsmtaigkeit  alles  Daseinai  sie  ist  die 
Sede  der  Welt,  die  Vernünftigkeit  des  Welt-Alls;  allee 
Natärliehe  ist  dämm  Temnnitgemftss  geordnet,  ist  an  sieh  gnt  <). 

Die  Himmelsmacht  ist  das  Geistige  au  der  Welt;  aber  der 
Himmel  oder  das  Göttliche  von  sciaer  activen  Seite  ist  nicht 
bewusstcr  Geist.  Üer  HirnFiicl  ist  nur  die  nnbewusst  wir- 
kende allgemeine  Lebenskraft  der  Statur;  bewusster  Geist  ist 
nur  in  derCreatur,  die  Gottheit  ist  einzig  Natur.  Dasfiewnsstsein 
wird  dem  Himmel  grade  von  den  tiefirten  Denkern  ansdrfieklieh 
abgesprochen;  der  Mensch  wird  als  das  einzige  selbstbewnsste 
Wesen  aoerkanst;  es  widerstrebt  die  ganne  ehinesiselie  Welfe- 
Aaschaniuig  der  Anffassoog  des  Himmels  als  ebies  selbslbewvss* 
ten  Gdstes.  Vemfinftigkeit  ist  nicht  Vernunft,  und  Gerechtigkeit 
nicht  Bewusstseiü.  Was  die  volkbthiimliche  Vorsteiluiig  von 
des  Himmels  Liebe  und  Zorn,  Erbarmen,  Weisheit,  Leitung  der 
menschlichen  Angelee:eiil!eiteu,  ja  selbst  von  seinem  Alleswissen 
SU  sagen  w  eiss,  muss,  dem  Wesen  des  chinesischen  Gedankens 
gemäss,  unbedenklich  als  sinnbildliche,  die  Vernunftgemftssheit 
des  Weltgansen  avsdrftckende  Darstellung  aulgefiust  werden. 
Spätere  Ansartnng,  durch  fremde  Euiflüsse  bedingt,  legte 
der  alten  Natar- Religion  freilidi  einen  anderen  Sinn  unter. 

Der  Hupmel  regiert  die  Welt,  die  Natur  sowohl  wie  die 
menschlichen  Angelegenheiten ;  es  ist  zwischen  Natur  und  Mensch- 
heit kein  wesentlicher  ünterschieii;  und  tlasselbe  nothwcndige 
Gesetz^  welches  die  Natur  durchzieht,  waltet  auch  in  der 


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IT 


Menschheit;  dieselbe  Vernünftigkeit  herrscht  hier  wie  dort.  Der 
Hinmely  io  ewiger  Gesetzmässigkeit  sich  bewegend,  erh&lt 
diese  in  der  Welt  waltende  nothu  endige  Ordnung,  denn  er  ist 
Aese  OrdnuBg  edbst*  Dieselbe  Kraft,  welche  die  Somie  «nd 
die  Steme  um  die  Erde  kreben  Itat,  Iftset  aach  die  Memofakeit 
ÜK  ew%  eidi  gleich  bkibenden  Balmen  geben;  ond  was  In  difl- 
rigter  Verblendang  stdrend  eingreift  in  das  Räderwerk  dieses 
DOthwendigen  göttlichen  Waltens,  das  wird  zermalmt,  und  wer 
da  in  Weisheit  dem  göttlichen  Zuge  nachgeht,  wird  hoch  em- 
pfirg( tr?)gen.  Das  ist  die  Gerechtigkeit  und  Vernünftigkeit 
der  himmlischen  Weitregierung. 

„Wer  seine  eigene  Natur,  —  sagt  Meng-tse,  —  und  die  aller 
Diage  erkeooty  der  erkeont,  was  der  Himmel  ist/'  2)  denn  dieser  ist 
«bsD  das  inaere  Weses,  aod  die  Lebenskraft  aller  Dioge.  —  »»Ist 
dis  Absolnte,  —  sagt  bestimmter  noch  der  T-kIng,  —  so  besteht 
ei  darin»  dass  es  Inoerhalb  des  raheadea  aad  des  bewegenden 
Priscips  ist,  aber  Mk\  so,  dass  es  von  Yn  and  Tang  getrennt  wer* 
den  konnte,"  —  undTschu-hi  fügt  erläuternd  zu  dieser  Stelle  hinzu: 
,.man  könnte  es  wohl  den  gro^isen  Mittel]! u ti k t  nennen,  das  von 
Hinimel  und  Erde  Untrennbare.  —  M»in  k«inn  das  ruhende  und 
das  bewegeode  Priocip  nicht  von  den  Gestaltungen  trennen,  so 
dass  man  sie  auch  aosserbalb  derselben  erkennen  konnte."  — 
„Dasrabende  und  bewegende  Princlp  aber  nennt  man  Tao^  (Ver- 
sflnfligbett)*)^  also  ist  das  Tao  ron  den  Dingen  gar  nicht  in  tren- 
iSB,  sondern  ibaen  wesentlicb  inwobnend.  »«Das  Wort  Tao  ist 
gleiebbedenteod  mit  dem  Worte  Absolntes,  Tai-ky»  —  es  gebt  aach 
recht  gut,  das  erzeugende  Eins  (Tang,  den  Himmel)  Tao  zu  nen- 
nen;"^) denn  das  Yanff  ixt  j.i  das  Moment  d'  i  Eitiheil  in  der  Viel- 
heit, die  8eele  in  d»'n  Dingen.  —  Nach  allem  diesem  ist  also  das 
Göttliche,  Tai-ky  oder  Tao  oder  auch  Yang,  srh!(»rhterding8  nicht 
etwas  ftir  sieh  ße^tebeodes,  ütondern  nur  die  den  Dingen  in  woh- 
nen de  geistige  Seite,  ihre  Lcbensseele,  ihr  yernunftgem&sses 
Wesea.^  Tao  iat  niebt  Vernunft  als  Bewasstsdn,  sondern  Ver* 
vasAgemissbeit  alsEigenscbaft«  Ordanng  desDaseinSi  dieHanaoBie 
lesUrgegeasatzes;  „Yn  and  Yang  werden  snsammen  dte  Chdnnag; 
Tao,  genannt*^  ^  —  8ing-li-tcbia-tbsionan,  ein  redbtgÜuhiger 
Philosoph,  erklärt:  „Vernunft  [Li,  von  Neumann  hesser  mit  „ür- 
kralf  übersetzt]®)  und  Materie  sind  beide  nur  ein  We'sen;  bei 
Ifhiospn  Dingen  kann  ^  ernutitf  und  Materie  nicht  v(Vi  einander  ge- 
tieoDt  werden,  denn  beide  bilden  die  Natur  der  Diuge;  z.  B.  bei 
einem  flaute  sind  die  Steine  die  Materie,  die  Crestalt»  Ordnung  u.  s.  f. 
das  ist  die  Vemaaft  deaseiben.  Die  Veraaaft  ist  Regel,  Maass^ 


üigiiizuQ  by  CjüOgle 


• 

Cresetz,  Sitte;  sie  ist  fest  und  bestimmt,  kann  sich  nicht  wenden 
oder  verwandelo."  Diese  den  Dingen  als  innere  Seele  oder 
einende  und  belebende  Kralf  iiiwiihnende  VernünJtiLjkelt  \st  ebeo 
das  in  der  Welt  au^gebreilcte  Güttlicbe,  welches  nicht  Etwas  für 
Htch  i.st,  nicht  ein  selbstbewusster  freier  Geist.  Siobtbar  ist  dieses 
GdttUcbe  freilich  nicht,  aher  nicht  alles  Unsichtbare  i»t  Qm9t 
,,Wa8  nickt  io  die  Sinn«  Ottt,  das  ist  Tso|  das  Sindichs  ist  Ufr 
dss  Tao  mir  das  Medium/' 

Der  'Himmel  ist  swsr  eise  bestimBeDde  Macht  flir  die  Wellent- 
Wickelung,  aber  nur  durch  seine  innere  Natamothwendigkeit,  nicht 
durch  bcwussjtes Wolfen;  vielnichi  lial  uan/  allein  der  Mensch  Be- 
wus.steein  und  freien  Willen.  „Der  Hininiel  und  die  Erde  sind  der  Vater 
und  die  .Mutter  aller  Dinge;  unter  allen  diesen  Dingen  ist  der  Mensch 
das  einzige  Wesen,  welches  eine  Vernunft  hat,  fähig  zu  unter- 
scheiden." ^  i)  £8  wäre  seltsam,  wenn  hier  der  Himmel  stillschwei- 
gend auch  als  1>ewvsster  Creist  voransgesetst  wfirde;  es  ist  tIsI- 
mebr  am  natdrlidisten^  Himmel  und  Erde  als  bewnsstlns  an  fassen. 
Das  Wesen  des  Weisen,  sagt  der  Hitse»  entspricht  nicht  dnrduuis 
dem  Wesen  des  Tn  und  Tang  [also  der  Gotäieit] ;  denn  diese  wir- 
ken nicht  mit  Willen,  sondern  durch  ihre  Natur;  aber  der  Weise  hat 
Willen  (las  /u  lliun,  was  er  thut. '2)  ,,Yn  und  Yang  haben  ihre  bc- 
strmrnft:  Wirkungsart  und  ihr  be^stinimtes  natürliches  Maas«  und 
Gesetz."*')  „I^ic  Weisen  des  Alterthums  haben  unter  allen  Din- 
gen nur  den  Menschen  beseelt  genannt;"  erklärt  Sing-li-tchin- 
thsionanj  und  erläutert  diesn  imFolgenden:  ,,Yang  undYn  sind  nicht 
beseelt,  nicht  Terstindig,  nicht  denkend,  nicht  begehrend, 

—  wäre  Yang  die  Seele  des  Menschen,  so  milsste  es  beseelt 
und  verständig  sein,  denken  nnd  begehren  kSones.  Die  Materie  des 
Yang  ist  nicht  beseelt,  wird  irrig  so  genannt,  weil  sie  wegen  ihrer 
Keirdieit  und  Leichtigkeit  iu  die  Höhe  fliegt.  —  — -  Geister  sind  be- 

i^eeUc  W'esei),  Yang  und  Yn  sind  mati  rielle  Wesen  und 

dadurch  ist  ilire  Natur  bestimmt  und  bleilit  unveränderlich.**'*)  ISur 
insofern  Yo  und  Yang  sich  zu  einander  verhalten  wie  Stoff  und  Kraflt, 
oder  Natur  und  Geist.  Yang  also  das  Geistige,  die  den  Dingen  in- 
wohnende  Seele  und  Lebenskraft  vertritt,  kann  man  auch  von  der 
UrkrafI  sagen,  „dass  ihr  eigentliches  Wesen  Geist  ist^^")  Cieist 
bat  da  eben  die  Bedeutung  der  blossen  nnsinnlichen  Kraft,  ist  das 
Creistige  am  Sichtbaren.  „  Des  Himmels  ewiger  Glanz  verleiht  der 
iSonne  und  dem  Monde  wandelbaren  Glanz.  Der  Himmel  ist  der 
grosse  Erzeuger  der  Dinge,  er  ist  der  Urquell,  wie  da«'  Herz  för 
die  Eingeweide.  Der  Himmel,  in  rliiem  Ta'4e  <leii  testrn  Kreis 
umiaufcod,  regt  sie  alle  auf,  umroliend,  und  so  ist  er  das  grosse 


Digitizcd  by  Ck^K  - . 


untroilenile  Fundament  der  Zeit.  —  Das  Herz  den  Himmels  nnd 
der  Erde  i>t  (Vie  Urkraft  des  Himmels  und  der  Frdf».  —  daher 
oennt  ¥-kiug  dieses  das  tierz  des  Himmels  und  der  Erde,  was  in 
Moier  unwandelbar  stehenden  Grusse  die  Bew^nog  des  Htm- 
■eis  nnd  der  Erde  ersengt.    Wie  küaiite  iiiaii  duo  sage»,  itMB 
ffimel  ud  Erde  keia  He«  (kein  aetkweadigee  Ciesels)  hittea? 
Wie  wean  s.  B.  das  Thier  oder  die  Pflanse  keia  Hera  hlHea, 
SS  Bisste  der  Oelia  ein  Pferd  hervorliriBgea  ktaaea  «od  der 
Apfelbaum  Piaumenblüthe  tragen:  diese  wetehen  aber  olekt  vm 
ihrer  Bestimmung.  —  Hiinntei  und  Crde  haben  keinen  Geist  und 
krmnen  schaffen;  die  vollkommenen  Men.««(  lien  haben  Geist  »mkI  klei- 
nen doch  nichts  schaflen.  Wenn  man  sagt:  Uininiel  und  Krde  haben 
ksiseo  Geist,  so  heisst  diese  so  viel:  Himmei  and  £rde  habcr)  nur 
tDSSweit  Ckist«  als  daraus  die  vier  Jahre.«izeiten  und  alle  I^kige 
kem»geheB.   INe  Biona  des  Ufaamels  and  der  Erde  ist,  dass  sie 
illealkalbeD  alle  Dinge  belebt  und  doch  seihst  keia  Lehea  eathilt 
—  Der  Geist  des  Himmels  nad  der  Erde  dringt  alleathalbea 
dareh  aNe  DhH^   Sind  die  Mensebea,  alsdann  Ist  der  Geist  der 
Meiistheii;  «ind  die  Dinge,  alsdann  ist  der  Geist  der  Din^e:  ent- 
stehen KrSuter  und  Bäume  und  Thiere,  alsbaUl  <  ilolgt  der  Geist 
«ler  Kräuter  und  Bäume  und  Thiere.    So  verhält  es  sich  aucli  mit 
dem  Geiste  des  Himmels  und  der  Erde.    Man  wird  jetzt  wohl  be- 
greifen, was  das  heisst,  wenn  maa  sagt:  diess  hat  Geist  oder  diess 
ktt  keinen  Gebt«  Maa  kann  dieas  wohl  bestimmt  denken  aber  nicht 
aassprechen.  Als  Hfanmel  und  Erde  noch  keinen  Willen  hatten, 
war  das  Strebes  der  Dinge  zum  Werden  ein  Streben  der  Kraftlosig- 
keit, als  aber  Himmel  nnd  Erde  Willen  hatten,  wurden  alle  Dhige 
h  der  nmrollenden  Schöpfung,  wie  eine  Mtlhie  sieh  hnmerwlhrend 
heruijibewegt.''  ^*^)  —  Klar  und  bestimmt  ist  hier  der  Geist  als  das 
den  liitjgen,  also  auch  dem  Weitall  inwohneinic  (ipsetz,  als  der 
innere  nothwendige  Lebenstrieb,  die  innere  Ordnung  und  Einheit 
fefasst.    Gans  folgerichtig  sagt  daher  Tschu-hi:  „dasjenige,  wel- 
ches, wenn  es  ruht,  sich  nicht  von  selbst  bewegt,  und  wenn  es 
«ich  bewegt,  nicht  von  selbst  xur  Ruhe  kommen  kann,  das  ist  eine 
l^ache;  dasjeaige  aber,  welchea  sich  bewegt  und  nicht  bewegt» 
nkt  und  nicht  mht,  das  ist  Geist«*      Diess  ist  der  Unterschied 
des  Todten  nnd  des  L  ebend i ge n ;  Alles,  was  ^ne  eigene,  innere, 
nicht  von  aussen  bewirkte  Bewesfunii  hat,   also  Thier,  Pflanaey 
Sonne  etc..  das  ist  lebendi?,  das  bat  Geist  oder  Seele.  Auch  die 
Element*'  haben  Geist,  wodurch  ihr  bestimmtes  Leben  und  Wirken 
bestimmt  wird.        Durch  das  Ali  hindurch  geht  das  unwande!!»are 
Oesets  der  jNothwendigkeit;  das  Ganse  wie  das  Einzelne  hat  seine 


Digiiizca  by  Liu^.'  . 


bestaiimte  Natur,  sein  eigendiÜmHches  WeMii;  und  «He  Kraft  md 
der  Trieb  der  Dinge,  dieses  ihr  Wesen  zu  erhalten  und  £;eiteud  zu 
machen,  das  ist  ihr  Geist.  Wollten  wir  aber  diesen  Geist,  wie 
ihn  der  Chinese  erkannt,  verwechseln  mit  der  idee  des  unendlichen, 
freien,  aelbatbewuaateo  GeUtes,  wie  sie  im  Christenthume  gUt»  so 
wfliden  wir  uns  einer  argen  Fälschung  des  chinesischen  BewoMk* 
seiiis  ecbaidig,  ondjedMVeratftBdDiM  chipestocher  WeitiBerJiftBiing 
nmSgUcli  naeheo.  Der  Ckioese  kennt  den  Geist  nur  an  der  filate- 
de,  nnr  den  Naturgeist,  die  Natnikraft;  ea  int  der  Geiat  in  «einer 
niedrigsten  embryontoelien  Form.  Und  wenn  die  fifar  das  alwtmete 
Denlcen  so  spröde  8))rache  schwerföllig  mit  dem  Gedanlcen  ringt, 
uod  wir  bei  T^chu-hi,  der  oft  ängstlich  nach  Worten  hin  uud  her 
sucht  und  die  erhaschten  w  ieder  unzufrieden  bei  Seite  schiebt  uod 
widerruft,  wohl  auch  einmal  von  einer  „denkenden*'  und  ,,8elbst- 
liewussten'*  Urkraft  huren,  i^)  so  wird  jedem  Missverständniss  die* 
ser  in  der  Hast  ergrifTenen  Anadrfloke  durch  die  sogieich  folgenden 
ErJtlftraegen  grOndUeli  veigelieiigt— Bei  der  L«lire  vem  Men scIieB 
wird  uns  der  rebe  Naturdianifter  des  gOfttliehcn  Seins  ebenfalia 
entgegentreten. 

Das  CrOttlidie  ist  die  Natur;  ausser  der  Natur  ist  kein  seHist- 

bewusster  persönlicher  Geist;  Geist  ist  überall  nur  als  einzelner, 
an  den  Katurkörptjf  gebinniener  (»eist;  die  Idee  eines  frei  der  Natur 
gegenüberstehenden,  \veltsc}iö[)(V'rischen  Geistes  ist  den  Chinesen 
völlig  fremd;  für  „Schupfer,*'  „Schöpfung  *  hat  die  chinesische 
Sprache  kein  Wort,  und  der  erste  Vers  der  Genesis  lässt  sich  ins 
Chinesische  gar  nicht  übersetzen«^)  Je  tiefer  das  chinesische  Den 
ken  in  die  Idee  Gottes  eindringt,  am  so  blasser  und  abstracter  wird 
dieselbe  und  erschebt  immer  mehr  nnr  als  eine  «Hgemeine»  in  der 
Welt  gesetsmlssig^  aber  bewnsstlos  waltende  Lebeoskraft;  der  an- 
schanlicheren  Vorstellung  des  Volksbewusstselns,  welches  den 
sichtbaren,  sterngeschmückten  Himmel  gern  ohne  Weiteres  als  das 
güttÜchc  Sein  auffasst,  setzt  das  tiefere  Bewusstseiu  das  abstracte 
Ursein  als  eine  jeder  \ Orsteüuug,  ja  jedem  bestimmten  Gedanken 
sich  entziehende  UubcgreiÜichkeit  gegenüber.  „Den  Begrill  der 
Urkraft  zu  erklären,  ist  nicht  möglich;  er  kann  nicht  definirt  wer- 
den;*' erklärt  selbst  der  tiefsinnige  Xschii-hi$  „diese  Kraft  ward 
von  Niemandem  recht  aus  elnandergesetat;  von  Kong*fu*tse  Iiis 
auf  den  heutigen  Tag  vermochte  sie  kein  Mensch  an  erforsehe»$"*>) 
und  in  den  Kiogs  heisst  der  Uimknei  sehr  gewöhnlich  der  ,»uner- 
forsehfiche,'^  der  ^^unbegreiiiche/' 2^) 

Der  Himmel,  Tien,  als  der  vorzugsweise  göttliche  Urgrund,' 
\Yird  gewöhnlich  Schang-ti,  ^«der  erhabene  Uerrscherj  der  höchste 


Herr''  geoannt.  Da«  religiöse  Bewuissteeio  legt  ihm  eise  Menge 
?on  Eigenschaften  bei,  welche  bei  dem  Natnrgeist  theils  im  eigent- 
liehen,  theils  nur  im  sinnbildlichen  Ninne  gelten  können.  Jedenfalb 
iitMW  der  ^ehr  nahe  liegeadM  Übertragung  rein  geistiger  Priidi- 
farte  wa£  St  tkim99imAt  MatiiigoUMl  aof  kebe  wahre  Geiatigkeit 
JawelbeB  sv  ecMcaeca.  Des  Himaetn  AUaaekt,  ao  wait  fan 
INttMiaraa  diaaer  Begriff  aick  aiekt  Ten  aeikat  kaackrtakt»  kagreift 
rfck  anck  kei  der  Naturgottkeit  leiekt;  ekeaao  aebe  Allgegea* 
frart,  denn  alles  Leben  ist  ja  die  Wirkung  der  Urkraft  seihst.  Des 
liimmelü  Liebe,  seine  Wdhlthatigkeit,  Milde,  sind  oehr  iialüriit^he 
Bezeichnungen  der  durch  das  Weit -All  gehenden  Vernünftigkeit. 
„Zu  furchten  und  zu  scheuen  ist  der  erhabene  Herrscher  des  Alls; 
Niemanden  baast  er;  wer  dürfte  sagen,  dass  er  Jemanden  hasse 
Seine  aaakweadkare  Gerechtigkeit  ist  das  Wesea  der  Welt- 
Maaeg  aeikat;  vad  aeia  Zern  gegen  die  Uagaracktea  eine  aiek 
fw  aalkat  darkieteade  BeaefekmiBg  filr  dieaeike, »)  Daimoa«  daaa 
äm  gMkk»  Wahea  b  dw  Walt  aack  die  aiaseben,  ackelskar  an- 
fittgea  eder  wiUkllflicken  Veritoderungeu  ki  dea  aieaaddickea  Sa- 
8tlDden<,  besonders  im  Staate,  in  sein  Bereich  zieht,  wie  wir  später 
sehen  werden,  kann  die  Personliclikeit  (lottcs  eben  so  wenig  ge- 
schlossen werden,  aus  der  Einmischung  des  Mchicki^als  in 
(iii'  luenschlicbeo  Angelegt' r^liciten  eine  bewusste  Geistigkeit  dessel- 
bea  lelgt  [fid.  L  $  00—62].  £a  darf  dabei  nicht  Yergeaaea  werden, 
diaa  db  £rde,  wieirohl  aeltaer  aasdrücklich  erwähnt,  d»ok  oft 
geiNig  aa  dieaen  geiatfg  ackeiaeadea  Eigeaaekafteo  Tkeil  nldmit; 
W6BQ  T^gead  dea  Hfanmela  ala  oaaer  Vorkild  erackeiat,  ao  iat 
Mck  aekr  oft  tob  der  Tugend  dea  Hfanneb  and  der  £rde  ala  oaae- 
reai  VorbUde  ia  der  Beattadigkeit,  Ordnung  und  Rake  die  Rede.M) 
Die  Erde  aber  hat  noch  Nieraand  als  Peisünlicbkeit  ausgelegt.  — 
Dass  eben  so  wenig  <\ic  Anrufung  des  Himmels  im  Gebet  eine  gei- 
stige Persönliclikrit  Gottes  voraussetzt,  werden  wir  spater  sehen. 

Es  kann  uns  nach  dem  AngefOkrten  auch  nicht  wundern,  wenn 
wir  die  Alles  durchdringende  und  tragende  Gotteskraft  mit  dem  Prä- 
dücatder  „ Allwiaaeakeit«'  ainokildiick  keaeickaet  fiodea,  €Me 
Je  weaiger  der  Uaterackied  dea  Geiatea  voa  derNatar  aad  daaWe* 
M  dea  Geiatea  erlaaat  iat,  um  ao  leickter  wird  der  Spraeke  eiae 
Okerlngiug  geistiger  Eigeaadiafteo  aaf  bloaae  Matardlage«  Nur 
dirfea  wir  niekt  unsere  Begriffe  des  Geistigen  auf  die  diiaealackee 
Bezeitlinuijueii  ul>crt ragen.  Wir  linden  es  nabeliegend  genug,  einer 
überall  waitendeu  iMacht,  weiciier  nichts  entgehen  kann,  und  welche 
alle  Störungen  sofort  zurückweist  und  sie,  so  zu  saLi<  n,  <Mii|itindet. 
etil  Wiaaeo  von  dea  Dtagea  aiBDbildÜch  zmMaokreihea«  auiaai  die 


Digiiizca  by  Liu^.'  . 


Alk«  selieiiile''  Some  4w  WtmM^  p^MKiWbt«  Efs^ebang  ist; 

und  grade  in  Stellen,  wo  scheiiiliar  eijie  i»eistige  AuÜassunc  des 
Himmels  iuis^odniekt  i.st,  wird  oft  .seine  uatürliclie  Bedeutung 
£Ugleich  hervorgehoben;  wie  wenn  es  heisstt  .,0  blauer  Himmel, 
schaue  auf  die  Stolzen  herab  und  iass  des  Eleodeo  dich  erbar* 
men."  —  Die  chinesischen  Commentare  heben  eine  Stelle  im 
Schn-kiog  als  rereinselte  Merkwürdi^eit  besonder«  hervor,  wo  es 
heisflt :  „der  Hiiiimel  ist  nobeochrlnlit  erkenneBd  (tBong-miiig) ; 
ond  eioErkiflrer  an«  dem  13.  Jakifcundert  nach  Chr.  Agt  hlns«:  „es 
gieht  nicht«,  was  der  Himniel  nicht  sieht  und  hOrt*'  Wenn  ein  anderer 
Cüinmentar  das  Wort  tsong -miiig  so  erläutert:  „die  Bösen  züchtigen 
könoeii,  dipdtiteti  belohnen,  dieWahihcit  selbsf  sein,  unbegreiflicher 
Geist  sein,  unwandelbar,  bleibend,  gereclit,  ohne  Leidenschaft;  alles 
diess  liegt  in  den  SLwei  Zeichen  tsong-ming'-^^^)  —  so  weist  diess 
viel  eher  auf  unsere  vorhin  erwähnte  AufTassung  als  auf  die  der 
Jesniteo,  welche  hier  den  Beweis  linden,  dass  die  CluDesea  einen 
persönlichen  Ck>tt,  SchÜpfer  Himmels  nnd  der  £rde,  gekannt  hitlen. 
Die  späteren  Erklirer  nnd  Bearbeiter  der  alten  Texte  sind  hierbei 
nm  so  vorsichtiger  zu  gebraacben,  als  der  Binfluss  westasiatiscber 
Ideen,  besonders  der  Christen ,  welche  im  siebenten  Jahrhundert  in 
China  schon  sehr  zahlreich  waren,  und  der  Mohauied  iner,  besonders 
durch  die  Mongolen,  in  kenntlichen  Spuren  sich  aiisspriclit.  Stellen, 
wie  die:  „der  Himmel  weiss  Alie^  und  erkennt  Alles,  nichts  \»i  ihm 
verborgen,**  —  „er  ist  unendlich  erleuchtet,  es  ist  nichts,  was  er 
nicht  wisse;  Alles,  was  wir  an  Geist  und  Erkenntniss  haben,  kommt 
von  Ihm;  er  Ist  gerecht,  nnpartheiisch,  belohnt  die  Tugendhaften, 
bestraft  die  Bosen  etc^'^)  lassen  sich  ohne  Weiteres  anf  die  pan- 
theistische  AoschamiBg  surflckfllhren;  selbst  unser  Geist,  vom  iÜm* 
Diel  entsprungen  und  getragen ,  kann  nichts  denken  nnd  thnn ,  was 
sich  dem  Leben  und  Wirken  des  Himmels  entziehen  künnte.  Ein 
wirkliches  Wissen  sehr*  iht  dti  f  liiuese  nur  denGeistern  zu.  Denke 
nie,  Avenn  du  etwas  sprichst  oder  thust,  obgleich  du  allein  bist,  dass 
Niemand  dich  höre  oder^sehe^  die  Geister  sind  die  Zeugen  von 
Allem,*'  —  sagt  ein  alter  Sinnspruch  einer  Ahnenhalle;^')  —  wosit 
diess,  wenn  der  Himmel  Alles  wfisste? 

Die  Jesuiten  fanden  es  freilich  in  ihrem  Interesse,  ihren  Bekeh- 
rungen eine  andere  Aufiassung  der  chinesischen  Lehre  unterzubrel* 
ten.  Da  mnsste  Schang-ti  ohne  Weiteres  der  Gott  der  Bibel  «ein, 
unendlicher,  persJinlicher  Geist,  an  den  man  sofort  die  weitere 
christliche  Lelire  anknüpfen  konnte;  ja  aus  den  Kua  des  Fohi,  wo 
der  Hiinincl  durch  drei  waccrechte  Linien  bezeichnet  wird  (§  9), 
ging  deutlich  hervor,  dsMs  die  alten  Chiueseo  die  göttliche  Drei- 


38 

eioigkeit  kannten;  die  drei  Linien  bezeichnen  Vater,  Sohn  and  heili- 
ger Geist  Die  Chinesen  sollten  so  nicht  etwas  Neues,  sondern 
■v  etira*  Altes  wieder  amielmieo,  was  nur  mit  der  Zeit  einiger- 
aussen  verwirrt  woi4eo  sei;  tod  d«D  imteUtiscben  Erzvätern 
im  die  Cliiiiaaeo  drase  Weisheit  gelenit»  oder  Noah'e  Kinder  eetee 
dmIi  Ghbia  gefcoameo.  Die  Bekehnnigeii  Warden  eo  recht  leicht, 
dann  den  Weeeo  den  christlSchea  Glanhens  hatten  die  Oblnesen  ja 
sdioD.  Gegen  die  anders  meinenden  Franzislcaner  erhob  sich  eis 
sehr  erbitterter  Streit.  Nur  ein  Jesuit,  und  einer  der  sjelehrtesten 
und  angesehensten,  liongobardi,  wies  im  AViderspnich  mit  seinen 
Ordensbrüdern  nachy  dass die  CbinescQ  niemals  einen  persönlieben 
Gstt  verehrt  hstten;  eeb  Macbfolger  liess  das  gelehrte  Werk  ver- 
keneni  Je  Rom  werde  eedlich  entschieden,  das«  das  Wort 
Menget!  nicht  mehr  filr  den  chrletKclien  Gott  gehrancht  weiden 
dirfie.  AMuk  b  neoeven  Zelten  hat  man  die  Aneicfat  der  Jeadten 
Um  nnd  da  wieder  hervorgeheit,  nnd  Chinas  Religion  ala  eUien 
etwas  verbleichten  Monotheismus  darzostellen  gesacht;  so  Win« 
dischmann, 33)  Biet**)  u.  A.  —  Baldeiii  Boni  halt  den  chinesischen 
Tien  fi3r  verwandt  mit  dem  !^r! ethischen  ^to^,  welches  Philo  ^(in 
9m  ableitet;  es  liege  der  griechischen  und  chinesischen  KeUgioii 
dimeihe  Urreligion  an  Gmade.««) 

<)niw,T[» 9  im  Tk.  n.    4«S.—  •>  Meng4Ma  «d.  Slaa. JaUen.  iaS4,  IL  7,  l. 

-  ■)  TMha«hi  s.  a.  0,  &  BS.  70i  ^     BitM  h«l  Nenmaui,  Bbmd.  8.  lt.  — 

*)  TschA-hi,  6.  52.  —  •)  Neman,  a.  a.  O.  8. 11.  Oabelflnti  bi  LaMen's  SSeitschrift 
m.  S.  251,  —  »)  Tschn-hi  S.  80.  —  ■)  Ebend.  S.  59  Not  —  •)  Lawen's  ZeitwOirift, 
DL  8.  368.  —  »•)  Hit»«,  XI.  4.  —  »»)  Chou-king,  p.  150.  —  «•)  Hitae,  IV.  4.  — 
••)Ebeiid.  rv.  1.  —  >  ♦)  Lasscn'8  Zcitschr.  m.  S.  2f)(»  etc.  —  »»)  Tscbu-hi  8. 
1154.  _  ««  )  Eljend.  S.  60—62.  —  *')  S.  73.  —  8.  82.  —  »•)  S.  CO.  61.  — 
••)Kcuinöiui  a.  a.  O.  9.  10.  11.  Journal  asiat.  II.  p.  168;  Stuhr,  lieichs-Rcl.  der 
Cbin.  S.  11.  —  «')  A.  a,  0.  S.  38.  54.  —  •*)  Chi-king,  IL  5,  1.  —  ••)  Chon-kinf?. 
p.  13,  not.  7 ;  Y-king,  U.  p.  216 ;  de  Maüla,  hi^t.  I.  p.  9.  21.  —  *  *)  Ciu-kuig,  U.  4,  6. 

-  **)  Ebend.  IL  4,  8;  IL  5,  1.  —  *•)  Tk.  II.  p.  444.  M&n.  d.  Chio.  XIL  p.  221. 

-  **)  <%i*UDg,  n.  5, 6.  —  Choft-teig,  p.  124.  —  Ebend.  8. 1S4.  —  ••)I)e 
lUh, litt gML  1  p.  M.  III.*-  ••)liiiQ.d.  Chili.  XIL     66.  ^  •*)ElMid.IL 

üei  —  •>)  Di«  fhOoMfUe  im  Forlgnge  der  WeUgeMb.  Bd.  I.  YgL  diMeB 
Stalir,  dun.  BdflluBsllgion.  •«)  J^oenMlAdsklY.  8«r.  IL  844.*- Marco 
f «b»  fn  Bfliek  IL  S6.  Aam. 

Das  chinesische  üottesbe\7usstsein,  das  erste,  welches  aul' 
einem  Gedanken  ruht  und  durch  eine  wirkliche  Gedankenarbeit 
entwickelt  ist,  hat  nach  zwei  Seiten  hin  ein  wesentlich  anderes 
Verh&ltniss  zu  zwei  mit  dem  eigentlich  religiöaeu  Bewoestseia 
k  «gtf  BenMumg  stehenden  Ideen  «ngenommeii,  bIm  es  bei 

IL  S 


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34 


der  Rclig;ion  der  wilden  Vl^lkcr  der  F.nll  war,  — nach  ohet^.  in 
Beziehung  auf  das  Schicksal,  nach  unten,  in  Beziehung  aul 
die  einzelnen  concreten  Erschein !ingeii  des  Göttlichen,  wie  die 
Fetische  und  Dftmonen  sind*  Wir  setzen  hier  das  irflher  Hier 
diese  Dinge  Gesagte  Yorans.  *) 

Es  leachtet  ron  selbst  ein,  dass  in  der  Tollen  und  eonse* 
qnenten  Entwickeinn g  des  chinesisdien  Gedankens,  in  der  Pki- 
losophie,  beide  die  Gottes -Idee  begleitenden  Vorstelliini;*  i» 
ganz  fortfallen  müssen,  wie  <lie  zwei  KelchblÄttcr  an  der  Bloim- 
blöthe  abfalleti.  sobald  die  llläihe  sich  vollständig  entfaltet  hat. 
Die  Philosophie  kann  nicht  über  und  hinter  ihrer  höchsten 
Idee,  der  Idee  des  Unbedingten,  des  Urgrundes,  noch  ein 
höheres  Sein  ahnend  anerkennen;  es  Hillt  vielmelir  die  Idee  des 
nnbedingten  Urgmndes  ndc  der  in  der  Religion  geahnten,  aber 
nicht  gedachten  Schicksals -Idee  yoUstflndlg  zvsammen;  nnd 
das  Tai-ky,  die  letzte  Spilze  oder  die  unbedingte  Urkraft  des 
Tschu-hi,  ist  schlechterdhigs  nichts  Anderes,  als  die  in  W«fe 
des  Gedankens  auftretende  Idee  des  Schicksals,  wie  sie  im 
Hintergründe  aller  heidnischen  Religionen  über  die  tarbisren 
Gestalten  des  wirklichen  Glaubens  in  blasser  Nebe1fj:estnlf  hvr- 
vorragt;  —  und  das  Streben  des  Tscliu*hi,  ans  der  Zweiheit 
zur  Einheit  sich  emporznarbeiten ,  ist  nnr  der  wisseaschailtiiohe 
Ansdmok  des  in  der  Schicksals -Ahnung  angedevteten  Strebens 
des  Tenifinittgen  Menschengeistes,  über  die  UnwidnrheH  der 
beschrSnkten  Religion  hinaus  zur  wahren  Einheit  des  Göttlichen 
zu  gelangen.  Aber  die  Volks -Religion  weiss  eben  Nichts  Ton 
dieser  ,,hiichsten  vSpitze",  dem  Tao  etc.,  sondern  bleibt  einfach 
bei  der  nackten  Z^N  oiliiMt  des  IJrseins  stehen.  Das  Schicksal 
aber  ist  liiclit  /wcilifit  soiiderii  Einheit;  und  so  lang:e  noch  nicht 
die  walire  Einheit  des  Urseins,  die  Idee  des  unbedingten  Geistes, 
erreicht  ist,  schwebt  auch  noch  die  ahnungsvolle  Idee  des 
Schicksals  wie  ein  Wölkendem  über  der  Tielgestaltigen  Götter- 
weit  Auch  in  den  religiösen  Bewussiaein  ist  und  bleibt  im- 
merdar die  Idee  der  Einheit  des  GOtllitdien,  zwar  nicht  als 
eine  mit  Bewusstsein  anerkannte,  aber  doch  als  ein  in  der 
dunklen  Tiefe  der  Vemünftip^keit  geforderte;  darum  eben  wird 
die  Ahnunp:  des  Schicksals,  welches  über  alle  Zweiheit  mächtig 
hinwef^schrcitet,  so  bedeutungsvoll  in  den  heidnischen  Re- 
ligionen. Das  Dasein  ist  hier  in  sich  zerspalten,  ahov  dns 
Schicksal  bindet  die  Gegensätze  zusammen.  Es  versteht  sich 
dabei  von  selbst,  dass  die  Idee  des  Schicksals  hier  eine  wesent» 
lieh  andere  Stellnng  einnimml  als  in  der  bnirten  Götzenwelt  der 


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3& 


wilden  Völker.  Hier,  wo  „alle  jene  Bluthen  mnH  «gefallen  von 
des  Nordes  schauerlicliem  VVehD/*  innss  auf  Uew  religiösen 
Gemälde,  wo  dieMhtreA  farbi^B  U^^Uergestalten  verscliwun- 
äad  in  einen  grauen,  abatvacten  Gegenaats»  da»  Sohioksal 
eben  aar  ab  ein  nodi  Uaaaerer  Hintergrand  eradieinen;  ea  mt 
^  Giaa  in  CSian  geanaU;  was  bei  dem  Glaobaa  an  ainnlieh-ein- 
nhe  Gattbeittn  dem  Sebicksal  anbeimAUt,  das  wird  bfer 
prösstentlieils  schon  von  der  in  der  Welt  waltenden  hiiumlischen 
Maciit  in  sich  ]iiiieinfi;ezogen ,  wie  es  in  dev  IMiilosophie  von  der 
Idee  „der  letzten  Spitze,"  der  Alles  dnrclidriugenden  .,Urkraft" 
Tolkländig  aufges&ebrt  ist.  Die  Himmeismaeht  und  das  Schick- 
sal Tersehwimmen  hier  unklar  m  einander;  und  ao  bestimmt 
aaeb  nacbdia  Schicksals- Ahnung  aleb  anaa^pricht,  so  wenig  lAaal 
«dl  fliaa  acbadfe  Gianalinie  aieben  zwiaeban  den  Wirkungen  der 
bnaiaHMica  Gadaamaebt  and  dentn,  die  jenadta  deraelban 
tailegt  werden«  Im  Allgemeinen  wird  anf  jene  mebr  daa 
Gesetzmäsaige ,  VernünAige,  der  ordentliche  Gang;  der  Dinge 
zurückgeführt,  auf  das  Schicksal  mehr  das  Ausserordentliche, 
Zaiallige. 

Der  ganze  Reichthum  Ton  Schickaals -Z eich eo,  wie  wir  iba 
frfiber  schon  gefiiodeo,')  kehrt  hier  wieder;  nur  werden  sie  ffeilicb 
WMm  fkoA  bestimmt  auf  die  ordeatlche  Uinaaelsuiacbi  xarfickgeliyNrt 
Ssaaea-  aad  Moadinateralsae«  Evdbebea»  Denner  uad  Biiti  «ad 
ttttSehe  bedeeteade  Natarerachefauagea  aiad  WabneicbeD,  welche 
ibr  Hianael  aelbit  dem  Menaefaea  warnend  giebt.*)  Dagegea  tritt 
dieser  Urnprun^  vullig  znrflck  bei  andern  Zeichen  von  mehr  zulalliger 
Alt.  Krähen  der  Hühner  z.  U.  bedeutet  das  Aussterhen  einer  Fa- 
milie,*) Zucken  der  Glieder  ein  bevorstehendem  wichtiges  Erciifnis.s 
etc.;  auch  der  allgeiueinen  Anwendung  des  Looses  scheint  mehr 
der  Gedaulce  des  Schickaals  ala  der  geordneten  Uimmelsmacbt  tu 
Grande  zu  Kegen.  —  Kong-tse  selbst  will  von  einem  uobedingtea 
ScUekaai  aicbta  wiaaen.  Bai  ihm  biagen  dea  Heaachea  Scbiel^sala 
|aas  aüain  wm  aefaiem  Men  Tbae  ab;»)  aelbat  aeine  Lebeaadaaer 
legt  gaas  hi  aeiaerHand;  die  melaton  Menaebea  verkfinen  alob  Ihr 
Lehes  derefc  Unmissigkeit,  Leidenschaften  und  durch  Unbesoaaea* 
beit,  die  Meisten  aber  erreichen  ihr  natürUches  Lebensziel;  ö)  bei 
den  Kriegern  spricht  Kons^-tse  auch  nur  von  ihrer  Tollkühnheit 
und  UoTorsicbtigfceit,  und  umgeht  klägUch  den  uaheiiegenden 
£iawand. 

^  Bttid  1. 1  60-*6S. »  •)  Bd.  L  1 61. 190. 141. 1€S.  —  *)  Ghl-Ung,  IL  4.  a. 
«-^'OCkoi.kiagffL  m.TM]iMDa*jmiBg,e.a4.        8.116.-**)  ]fan.dLCb. 


36 


§  ». 

Nach  der  andern  Seite  hin,  nach  unten,  sind  hier  die  sinn- 
lich-einzelnen,  concreten  Erscheinnngsformen  des  Göttlichen 
ebenfalls  verbleicht.  In  der  vollen  Entwiokelmig  des  cUiieti- 
seilen  Gedankens  finden  gflttlielie  Midite  untergeordneter  Ait 
gnr  keine  Stelle  mehr;  es  kann  In  dem  folgerIcMgen  ReHgions- 
bewusstsein  ausser  Hhnmel  und  Erde  keine  göttlichen  Mielite 
mehr  geben,  und  in  der  wissenschafUichcn  Darstellung  finden 
sich  natürlich  keine  solche  vor.  —  Aber  die  Volksreligion  ist 
nicht  so  i^tien^.  Ist  doch  der  Himmel  selbst,  den  sie  voizua;s- 
weise  verehrt,  n<ich  dem  tieferen  Bewusstsein  nicht  eigentlich 
das  CU^ttliche,  sondern  dessen  höchste  slnnliehe  Erscheinungs- 
form; und  ist  es  einmal  zugestanden»  dsss  das  unstehttMue 
GOttliohe  durch  eine  Einaelersekeinnng  yertreten  werde»  se 
messen  aneh  niedrigere  (Mfenbaningsfonnen  des  Gdttlndien 
nolftsmg  sein.  Die  Gottheit  tritt  eben  fiberall  bervor,  nur  hier 
mehr,  dort  weniger,  und  im  sichtbaren  Himmel  am  meisten. 
Und  wie  ja  im  Menschengeist  das  Y  ang  sich  vorzugsweise  offen- 
bart, so  ist  das  Geistige"  in  der  Welt  übcriiaupt  eine  Form 
des  göttlichen  Daseins;  wo  aber  Leben  ist.  da  ist  auch  Seele, 
Geist.  Es  geht  also  wohl  au,  die  „Geister*'  der  Sterne,  der 
Sonne,  der  Berge,  Flfisse,  der  Erde  vnd  des  Himmels,  oder 
auch  die  höher  gestiegenen  Seelen  Terstoibener  Mensdien  als 
solcbe  ThelUQffenbamngen  des  GUCllidien,  ab  dessen  Stell- 
vertreter am  verehren,  besonders  als  Schntamäckte  Aer 
einzebie  Lebenskrelse. 

So  verträgt  sich  die  Verehrung  von  Schutzgeistem  sehr 
wohl  mit  der  chinesischen  Relis^ion ;  mehr  behaupten  wir  nicht; 
diese  Verehrung  fol^rt  nicht  aus  dem  Gnin(!s:edanken ,  ist  sehr 
fiberflüssig,  aber  widerspricht  ihm  aucii  nicht.  Wenn  nun  im 
wissenschaftlichen  System  .diese  Geister*'  keine  Stelle  haben, 
so  treten  sie  in  dem  Volks  •Gottesdienst  nm  so  mcdir  hervor, 
viellaeb  sogar  in  den  Vordergrund,  wie  oll  In  der  efaiistliehen 
KIrebe  die  Verebmng  der  Heiligen  die  Anbetung  Gottes  seibat 
AatsAeblick  etwas  in  den  Hintergrmid  drftngfe.  Entsprangen 
Ist  diese  Geister- Verehrung  gewiss  nicht  aus  dem  chinesischen 
Grundgedanken;  vielmehr  sehen  wir  hier  nur  die  aus  früheren 
Welt-  An,sc)iauuno;en  strauchartig  hervorwachsenden  Wurzei- 
sch5sslinge,  welche  zwischen  den  stärkeren  Stämmen  chinesi- 
schen Lebens  Raum  gewinnen  kdnnen. 

Die  Geisterverehroog  ist  UDsweifeUiaft  eis  Hereliiragea  schama* 
aiseber  Weltanacfaaaang  In  das  ehinesische  Bewasstsefai^  ist  aber 


i^iy  u^L^  Ly  Google 


91 


mt  ein  geduldetes  mmI  adoptfrlMi  Vkmmd^  Mkt  m  «Waesiaehem 

Fleisch  und  Blut.    Tschu-hi's  ^osser  Schüler  Ma-tuan-liii  erklärt 
sehr  richtig  ilie  den  Ccistern  und  Alwen  gebrachten  Opfer  für  einen 
Widersprach  mit  dem  (Miixig  wahren  Opfer,  dem  Himmflsopfer,  und 
for  ein  falsches  Etemeot.  ^)    Die  Geister  haben  eioe  beschränkte 
Wirksamkeit,  sind  nicht  Götter,  soodern  uotergeordoete  Mächte, 
ekuMitig  den  Meaeclieii*  Geistern,  welche  nacb  den  Tode  auch 
n  Ibe  Reiben  tietee  Jcteeen;  so  wurde  oeeh  einer  eluiieMecieii 
CescMehte  ein  Menedi  nafclt  eebem  Tode  snr  Wfirde  dee  Br^;ei- 
gtes  erlNibeB  mid  ein  enderer  svm  Geaiao  der  FMtehte  gemadit.^ 
Die  Geister  spielen  hier  eine  ähnliche  Rolle,  wie  die  Heiligen  und 
Eneel  in  der  kathulischen  Kirche,  und  machen  keioesweges  die 
chirieöi.sche  Religion  zur  \  ieli^otterei ;  «ie  sind  gewissermaasRcn  die 
YenDittler  zwischen  dem  i^leoschen,  als  bevvusstem  Geist,  und  dem 
der  eben  eine  bJoese  Naturmacht  ist,  eine  volksthümliche 
LiMig  den  Widerapraclw«  der  in  der  Herrschaft  der  Mntnr  Aber 
4m  bewuMten  Gebt  liegt;  der  von  der  Kilte  der  nlistmcten  Hfaa- 
■niitBirlit  lirootig  znricfcgeetoeeene  Meneeb  nduniegt  «eli  gern  an 
dte  emen  wirmeren  LebennpnlMdilag  in  sich  tragenden  Geister  an. 

Eh  werden  Geister  des  Himmels,  der  Sonne,  der  Sterne,  der 
Erde,  der  Berge,  der  FIflssc,  des  Donners,  der  Winde,  umi  Schutz- 
geister der  Familien,  der  Häuser,  der  Gemeinden,  Studie,  Pro- 
viasea«  des  Ackerbaas  etc.  schon  in  den  ältesten  Zoiten  genaont» 
nnd  ihre  Verehrang  durch  Opfer»  Spenden,  Anminngen  und  man- 
cherlei Gebräuche  schon  von  den  frühesten  Kaisem  empfolüen  nnd 
angeordnet^  Sie  mischen  sich  leitend  nnd  beschfftsend  in  die 
Meoschlichen  Angelegenheiten,  nnd  werden  daher  nm  Beistand  an- 
gerufen nnd  nn  Rath  befragt.'^)  Besonders  sind  es  die  Ahnen- 
Geister,  welche  als  Schutzmächte  ihrer  Familien  auftreten  und  mit 
Spenden  und  Gebeten  geehrt  werden.  *)  Die  Gebräuche  bei  diesem 
Kult  waren  gesetzlich  vorgeschrieben,  und  besondere  Beamte  fiir 
deren  Besorgung  bestellt.^')  „Geister  des  Himmels,''  immer  in  der 
Mahwifthl  genannt,  sind  natürlich  nicht  der  üinunel  selbst,  sondern 
Mster»  welche  tan  Uinniel  wohnen,  nnd  werden  ansdrAeUidi 
sehen  den  Hfaunel  genannt;'')  sie  sind  dte  Gehrter  der  Hhmnels- 
körper.  •) 

So  eifrig  die  Oibesen  auch  die  Geister  verelMren ,  und  so  sehr 
ihr  Kult  auch  gradezu  als  eine  Pflicht  hingestellt  wird,«)  so  sind 
und  bleiben  dieselben  doch  dem  Himmel  unterceordnete  und  dienende 
Mächte  und  ihr  Kult  steht  immer  erst  in  zweiter  Reihe  hinter  der  V  er- 
shrang  des  Himmels;  >o)  und  nach  altem  Gesetz  durften  bei  Todes- 
äiiiefcilnev  «odevnlfnfihl  akide»HhBniel  eigentUoheOpfiBr  gekracht 


38 


werden;  die CWgter  empfageii  tn  Bpwännwmä.tmätiit ttildigtings- 
leielieiik^O  'S^®  stellen  aber  den  Mennchen  nlher,  iie  Men  Ar  Ae 

menschlichen  Gefühle  ein  Herz,  sind  das  gemiithliche  Element 
gegenüber  der  kalten  Al>  s(ractlon  der  Himmelsmacht.  Mit  dem  Wider- 
spruch, dassi  pitlioii  im  iiehu - kiiii|j  und  auch  sonst  oft  der  Mensth 
als  das  einzige  beseelte  und  i^elbstbewussie  Wesen  genaoBt  wird 
[§  11],  nimmt  es  das  Volksbewusstoefai  Dicht  «o  genau;  und -er 
wdrde  nieh  aUenfaUe  dadurch  KhieB,  daes  raaa  diese  Geinter  nie  vea 
mennchlicher  Art»  oder  gradeia  ain  die  Seelen  Oentorbeaer  erfrnnt» 
wie  ja  m  der  Tbat  die  Verehrung  der  Ahnen  dte  ernte  Stelle  nadi 
der  VerebroDf  des  Himmels  einnimmt  *^  In  de»  heMgen  Streit 
der  Dominikaner -MissionSre  gegen  das  Verfahren  der  JcHuiten, 
welche  den  !?etanffen  Chinesen  die  Verehrong  der  Almen  gestatte- 
ten, erwirkten  die  Je.siiltf^n  oinc  kaiserliche  Erklürun?,  dass  der 
Ahnenkult  eine  blosse  Ehrerbietung,  ein  Zeichen  der  Dankbarkeit, 
keineswegs  ein  wirkliches  Anflehen  derselben  sei;  man  danke  z.  B. 
dem  Kong^tne  in  seiner  Verehrung  (ät  seine  Ldire  ete»»)  Diene 
Erklimug  steht  In  vollem  Einklang  mit  dem  chinenlndiett  Grandge- 
danken^  wenn  aueh  Im  Widerstreit  mit  ToHmtMadlclMn  Annartnii- 
gen;  und  die  Jesolten  konnten  mit  Fng  und  Reeht  den  Ghrintea  die 
wohlverstandene  Ahnen  >  Verehrung  zugestehen. 

'*)  Kliiproth,  noticc  cto.  de  Mat.  p.  29,  —  *)  Nenmann  b.  Illgen,  a.  a,  O.  8.  11. 
—  Chuu-king,  p,  13.  54.  87.  96.  99.  142.  160.  347;  Chi-king,  p.  291  ;  II.  6.  5.  8; 
Meag>U>eulL  3,  23;  de  Mailla,  hist  gen.  I.  p.  78.  — ■  *)  Chou-king,  p.  28.  29. 
99. 160. 117.  —  *)  Chi-king,  n.  6,  5.,  III.  2,  I.  —  •)  Chon-king,  p.  19.  —  ^  Ebend. 
p.  347.  ~  •)  de  ICaflla.,  bist  gdn.  I  p.  78.  —  *)  CIum*king,  p.  96.  ~  Ebend. 
p.  13.  —  *0  de  Uailla,  bist.  1  p.  88.  —  >*)  Flatb,  aie  Volker  der  MmCicbni«!,  p.  880. 

IL  icr  Isnich. 

§14. 

Das  höchste  aller  Gescbüpfe,  —  die  Geister  vielleicht  aas^ 
genommen,  —  ist  der  Mensch.  Er  ist  von  den  übrigen  Dingeu 
nicht  dem  Wesen,  mir  dem  Grade  nacli  unterschieden,  denn 
zwischen  Geist  und  Natur  ist  noch  kein  wesentlicher  Gegensata* 
Er  inl  die  „Blüthe^^  der  Natur,  er  steht  in  der  Mitte  zwischen 
Hunmel  und  Erde,^)  w&hrend  die  fibrlgen  irdin«dieD  Getobllpfe 
überwiegend  der  Erde  nagehOren.  Der  M enscli  int,  wie  alle 
Natnrdinge ,  ein  Plradnct  yvn  Yang  and  Ya,  Ton  Urkiaft  «ad 
Urmaterie;  aber  die  ITmft  tberwiegt  liei  weitem  den  Stoff  und 
erscheint  hier,  uud  hier  allein,  in  der  \\  eise  des  seibstbewussteu 
Geistes,  wie  der  Leib  das  Vn  ansdrückt.  Die  Seele  ist  eine 
Erscheinnngsiorm  des  der  Welt  inwohiieBdea  gdttlie^ea  Yang 


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39 

adMf  ;ilir  Weacn  «nd  ihre  Lelmseischebmfl;^  darum 
in  vAUilKcr  Übereinatimmmig  mit  dem  Wesen  dea  GdtüiclieD; 

der  menscblicbe  Geist  ist  dn  Spiegel  desselben;  und  die  in  der 
Weit  wirkende  Ordnung  niui  \  ciiiiinftigkeit,  Tao.  j^l  da.-»  Wesen 
des  Menschengeistes  selbst  und  kommt  in  ihm  zum  I5r  wubstsein. 
Der  Mensch  hat  also  in  sich  selbst  die  Quelle  der  Wahrheit, 
Bod  der  Geist  braucht  nur  in  sich  selbst  zu  schauen,  um  die  ürd- 
ougwid  die  Ycrnünftigkeit  des  Alls  zu  finden;  denn  der  Geist 
dce  AJls  und  der  des  Mensclien  sind  wesentlich  eins.  Die 
GeseUe  des  mensebliclieft  Geistes  sind  auch  die  der  Natur;  — 
diiicr  hier  die  Mfi^Uchkeit  and  der  Urspritng  der  Philosophie, 
die  ja  schleehterdings  auf  dem  Gedanken  bemht,  dass  das 
menschliche  Denken  in  seiner  inneren  Nothwendigkeit  mit  der 
Iii  allem  Daseiji  waltenden  Vernünftigkeit  eins  sei;  freilich  ist 
das  Denken  noch  kein  freies  imd  selbstständi^cs;  die  Vernunft  ist 
eben  nur  Spiegel  der  gegeniülftudUchen  Vernünltigkcit^  erzeugt 
dkseibe  nicht  frei  aus  sich. 

Der  CliiDeae  l&Mt  sich  im  AUgemeioen  nicht  gern  auf  Frageo  ein, 
welche  über  daa  Gebiet  des  PrafctischeD  bioausrages;  so  sehr  daher 
die  praktische  Seite  des  meosdüichea  Lebens  ios  Auge  gefasst  ist, 
•0  selten  uod  so  wenig  tief  geht  man  auf  das  innere  Wesen  dessel- 
beo  ein;  besonders  für  die  eigentliche  ^>celenlehre  hat  der  Chi- 
0€se  kein  Interesse.  l>er  fielst  ist  hier  noch  zu  8ehr  mit  dem  Idoss 
Katiii  Ii«  fien  verwachsen,  i>l  /i»  wcniir  seihstständig,  aU  duss  »ich 
das  Denken  hier  zu  einiger  klarheit  hatte  entfalten  können.  Kör- 
per und  Geist  sind  noch  in  einer  molkig  trüben  Mischung,  uod  das 
Denken  erscheint  allenfalls  als  eine  halb  körperliche  Verricbtang 
wie  Huren,  Sehen  nnd  Sprechen. 

Während  bpher  stehende  Volker  die  Entstehung  des  Menschen- 
Ceaelilechtes  meist  sehr  bestimmt  und  wesentlich  von  dem  Ursprung 
der  Natiirdinge  unterscheiden ,  und  jene  gewuhnlich  als  ein  unmit- 
tdbarc.s  llereinstriimcn  und  \  crsenken  des  rein  fteisligen  und  Gnti- 
lichen  in  den  ?iaturleih  auffassen,  so  dt  r  Mensch  uLs  die  \'er- 
buiduüg  des  Geistigen  und  iNatürlichcu ,  den  Gütthcheu  und  des 
tSinolichen  erscheint,  ist  in  China  der  Mensch  eben  so  gut  ein  wahres 
and  iriiklicbes  ^atnrproduct  wie  die  Pflansen  und  Thiere,  ist  nur 
daa  hocliste  b  der  Reihe  der  Natuierseog^isse.  Ist  doch  jedes 
tinsdae  Dasein  m  der  Welt  ein  Proditct  aiis  Himmel  und  Erde, 
Kmft  nnd  Stoff,  —  wie  konnte  Air  den  Menschen  noch  ein  anderer 
Ürsprunff  m«glich  sein?  „Der  Himmel  enthält  den  Menschen/' 
wie  jedes  aiiilere  Geschöpf,  und  „wie  hei  einer  Mühle  unaulhörlich 
eine  ireie  iie(ÄU;^Uüiniu)g  von  allen  leiten  stattündet,  so  ericeui^t 


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4» 

die  endlos  «nkrehMinde  üi»terie  «MtfUrÜcli  Menectai  mtä 

IKoge/'^)  er  ist  „dieBIfltte  der  fliiif Elemente;  ich  sage  dieBlüthe 
der  fünf  Kleniente  und  nicht  des  ruheiulcn  und  des  bewegenden 
Princips,  weil  nämlich  die  Elemente  nothweudig  vorhanden  sein 
müssen,  wenn  der  Mensch  werden  soll."^)    Der  Mensch  ist  also 
wohl  „aus  dem  Absoluten  herForgegaDgen»" ^)  aber  damit  bat  » 
wot  alleo  übrigen  Geschöpfen  nichts  voraus.    Das  Einiige  unter- 
scheidet flm  von  den  andern  Dingen,  daen  die  in  ihm  wie  in  ABem 
wohnende  Urlerafk  in  der  Fom  dee  Ipewnsaten  Denlm«  auMtt  Sin 
Versuch,  dieses  Bewusstsdn  an  begreifen,  ist  nicht  gemadit  wer- 
den :  wir  müssen  vielmehr  sagen ,  dass  der  Chinese  das  bewasste 
Denken  eben  nur  als  eine  Thatsache  hinnimmt,  es  aber  nimmermehr 
begriffen  hat.    Wenn  Kong-tse  nur  den  lebendiger»  Körper  aus 
dem  Yn  und  Yang  entstehen,  den  erkennenden  Geist  aber  durch  den 
Himmel  mittheilen  lässt,  zu  dem  er  nach  dem  Tode  auch  wieder 
surficklcehrt,^)  so  ist  das  kein  anderer  und  höherer  Gedanlce  als 
der  eiwShntey  denn  der  Himmel  ist  ja  die  eine  Seite  des  Natnrle- 
hens  selbst  Anf  dieser  Stufe  ist  nur  das  Natnrsein  eineWafaiiieH^ 
nicht  der  Gebt;  der  Mensch  ist  nicht  durch  den  Geist,  sondern 
durch  die  Natur;  er  ist  auch  darum  nicht  eigentlich  Geist,  soodern 
nur  ein  vollkommenes  Naturwesen,  an  dem  man  nur,  man  weiss 
nicht  wie,  ein  Sclbstbennisstsein  findet;  dabei  beruhij»t  man  sich. 
Gott  als  rs'atur-Macht  und  der  Mensch  als  Natur-Erzeugniss 
geboren  zu  einander.  Dass  der  Mensch  eben  nur  aus  der  Natur* 
entwickeluog  hervorgegangen  ist  als  die  Blüthe  der  Elemente,  das 
ist  einer  der  stSrlisten  Beweise,  dass  die  chinesische  Uifcmfl  oder 
der  Himmel  nicht  Geist,  sondern  Natur  ist;  der  Geist  kann  nur 
aus  dem  Geist  gehören  werden,  und  die  Natur  nur  Naturdinge  er- 
zeugen; Völker,  welche  der  Gottheit  eine  hewusste  Geistigkeit 
aui  h  nur  im  niedriiystcn  Sinne  beilegen,  und  welche  von  der  ^»chö- 
pfuuer  der  Welt  durcli  de«  Geist  noch  keine  Ahnung  haben,  lassen 
duc'h  wenigstens  den  Menschen  nicht  unmittelbar  aus  dem  „Um* 
rollen  der  Urmaterie/'  wie  „aus  einer  Mühle'*  hcrvorgehn,  sondern 
sie  lassen  den  Naturstoff  durch  den  Geist  der  Gottheit  dar«^glfthen 
und  belelien,  dem  Erdeokloss  den  geistigen  Odem  elnliauchen;  dMU 
der  Geist  ist  stols  auf  seine  Abl(unft  und  wird  und  kann  sie,  wo 
sie  auch  nur  geahnt,  nie  Terleugnen. 

Da  das  innere  Wesen  des  Menschen  kein  anderes  ist ,  als  das 
des  Daseins  überhaupt,  „die  innere  Veruünftigkeit  (Tno)  den  Men- 
schen vielmehr  nur  eine  Form  der  ürkraft"  ist,  so  folgt,  dass  der 
Mensch  in  seinem  eigenen  Wesen  die  Quelle  aller  Erkenntnis«  habe 
und  ilübig  sei        Wesen  aller  Dinge"  SU  eikennen,^  Dieldmm- 


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lisclie  Ordüuiis:  \vohnt  in  dem  Menschen,  und  das  Hiroroelsgesetz  ist 
deoi  Meoschen  voo  INatur  eiDgepilauzt.^)  Es  ist  auch  gar  nicht  ab- 
susebeo,  wie  es  bei  der  pantheistischen  Gruodanschauuiig  anders 
sein  kdmile;  <Be  neesdUiche  Venmeft  ist  schlediterdiDgs  av  die 
dan  Henflcken  eIngeplUtnte  Natar  des  Himmels;^)  uod  xwischeii 
deD  efatefaieii  MeiuidWB  bum  IMisteDs  der  Unterschied  stattfinden, 
des«  der  eine  leiditer,  der  andere  seliwerer  die  Wahrbeit  er- 
kemi^)  Da  ferner  durch  die  ewige  Bewegung  des  Himmels  Alles 
uDabSnderlfch  bestiuuut  ist,  also  auch  von  der  höchsten  Erkenntniss 
erkannt  %verden  kann,  so  folgt,  dass  ..der  wahrhaft  tugendhafte 
Mensch  auch  die  Zukunft  voraussehen  kann,  das  Böse,  was  da 
kommen  soll,  wie  das  Gate,  nnd  darin  gieiclit  er  einem  hdlieren 
Gebte.'^H) 

*)  TL  IL  416.  —  *)  Clioii-king,  p.  166.  —  *)  Tiehn-U,  a,  a.  O.  a  63.  - 
^  Btnl.  &  69.  —  *>Bbciid.  ß.  51.  ~  *)  Mam.  d.  Ch.  XIL  p.  S76.  —  ^  M^. 

nnlL  7. 1. ;  Tschotuf-Toang,  e.  22.  —  *)  M«ng-t8eu  IL  8,  S9.  -^,*)  Choa-kingi 
1^  140.  —  10)  Tdumog-yoiuig,  e.  20, 9.  90.  —  ")  Bbend.  c  94.  ~< 

§  15. 

Gleiches  wie  Ton  der  Erkenntniss  gilt  auch  von  der  sitt- 
liehen  Natur  des  Menschen.  „Das  Gesetz  der  Tugend  ist  dem 
Menschen  nicht  fem;"  „die  Wahrheit  ist  das  Gesetz  des  Him- 
mels in  gleicber  Weise  wie  die  des  Menschen."  Die  Tugend* 
bafiigkeit  maeht  recht  dgentHdi  die  Sabetaoi  des  MeiMieheD 
wuy  «od  derBfenech  hat  mir  auf  sehi  bmeres  m  achten»  wel- 
ches ja  daa  Gdttllche  selbst  ist,  um  das  Rechte  an  ergreifen. 
Alle  Menschen  sind  von  Natnr  durchaus  gnt,  und  Tugend  und 
Frömmigkeit  entspringen  aus  der  menschlichen  Natur  ganz 
von  selbst  ohne  besondere  Absicht  und  Anstrengung;  nnd  der 
Mensch  kann  gar  nicht  anders  als  das  Gute  Heben,  ja  er  liebt  es 
T<A  Nator  mehr  als  sein  Leben»  luinn  gar  nicht  gleichgültig 
gegen  dra  Unterschied  Tcn  Gnt  nnd  Böse  aehi;  so  wie  das 
Wasser  nfaht  anders  kann  ala  abwfirts  fUesBen,  so  kann  der 
Measeh  elgendlidi  nicht  anders  als  tagendhaft  sein;  das  hringt 
seiae  Nator  ao  mit  sich,  nnd  es  ist  auch  gar  nicht  sein  Verdienst» 
Wie  sich  die  in  der  Welt  allgemein  wohnende  VemuniVigkeit  hn 
Thierc  als  sicherer  Naturtrieb  zeigt,  soist.<sie  auch  im  Menschen 
als  ein  tugendhafter  Instin  et,  welcher  ganz  von  selbst  zur 
Tugend  treibt.  Zwischen  Tugend  und  dem  Zweckmässigen," 
zwischen  dem  Rechten  nnd  dem  Richtigen  ist  natürlich  kein  Un- 
tenchied,  weil  zwischen  der  Natur  und  dem  Reiche  des  Geistes 
aeskaidit  uteridbleden  ist.  Der  Unterschied  awisahen  der  dem 
Ihidieii  htwohttCBden  natMIchen  T^endhaMgkdt  mä  dem 


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IWebe  nm  ZwaekaMtosigen  vad  Rkhti'gea  M  im  flüem  iit 
nur  der,  dass  derMenBch  sidi  seises  Triebes  bewusst  ist,  des 

Thier  aber  nicht;  und  die  nothwendige  Gleichartigkeit  aller 
Menschen  in  ihrer  sittlichen  Anlapje  leidet  höchstens  die  Ver- 
schiedenheit, dass  dem  einen  flanschen  wie  bei  dem  Erkejuteii 
die  Tugend  leichter  wird  als  dem  andern. 

Alle  Menschen  haben  oaeh  Meog-tse^)  ein  mitleidiges  GemiUk; 
weno  2.  B.  ein  Kind  io  ekee  Bnumea  föUt»  «o  babee  eile  Meaechen 
MiileideD,  eicbt  aus  Ffeuodeebaft  oder  ans  Lobsoch^  eondm  gaas 
newillkOrlieb,  tod  Natnr.  Die  meiwchlicbe  Nator,  «agt  derselbe 
Weise,  ist  gegen  daeGute  ondB^iee  keineswege.s  gleicbgültig,  Sen- 
dern die  Neigung  zum  Guten  ist  der  menschlichen  Natur  ebenso 
weseutiicli,  wie  dieSchwere  demKörper:  jeder  Mensch  strebt  seiner 
unbeirrten  Natur  gcmäs*!  n.irli  <]pm  (inter»,  wie  das  Wasser  stets  ab- 
wärts fliesst.  Diese  Neigung  zum  Guten  kommt  nicht  von  aussea 
io  deo  Menschen,  sondern  ist  ihm  von  Natur  in  wohnend.-^)  ^AUe 
Menseben  baben  von  Natur  da§  Streben,  das  Gute  mebr  als  das 
Leben  zu  lieben  und  das  Boae  mebr  als  den  Tod  zu  flieben.*'^) 
„Die  Liebe  zur  Tugend  Ist  allen  Meoscben  von  jNetur  angebereB, 
daher  sind  die  Beispiele  der  Tugend  so  assiebeod.*^«)  Aber  das  Ist 
der  Unterschied  des  menschlichen  Strebens  von  dem  Triebe  dee« 
Thieres,  (iass  der  Mensch  weiss,  was  er  erstrebt;  die  i^ittlichkeit 
ruht  auf  dor  Erkenntniss  des  Oruten,  uud  ohne  sie  i&t  eine  wabre 
Sittlichkeit  nicht  mügUcb.^) 

Alle  Menschen  haben  dasselbe  sittliche  Wesen ;  alle  Meoscben 
bslteo  dasselbe  für  tugeodbaft  oder  uarecbLS)  Aber  scb  wer  er  wird 
•es  dem  Einen,  das  Gute  su  erkennen  und  au  tban  als  dem  Anden;*) 
und  wie  die  iNatur  des  Getreides  überall  dieselbe  Ist  und  gut«  aber 
die  eioaelnen  Halme  oft  mager  und  dürr  wegen  suialliger  Emilaase, 
so  ist  auch  des  Menschen  Wesen  überall  dasselbe  und  ist  gut* 
wtid  alici  düixii  iiusserlichc  EinflCkssc  verändert.*^) 

Tchoung-young,  c.  13,  1.     0  KHend.  c.  20,  1?.  —  ^)  Mcng-tseu,  I,  3,  44.  4  5. 
—  *)  II,  f».  1.  2.  7.  —  *)  II,  5,  38.  —  • )  ri,  7,  27.  28.  ~     Tchoung-yonng.  c  2ü,  18 
etc.;  c.  21.  —  ")  Mcng-tseu,  II,  5,  2u.  26.  —  *)  Tchoung-youag  c  20,  9,  20.  — 
Meng-t5cu,  II,  5,  18.  — 

S  16. 

Id  einer  Well,  in  welcber  der  GeUt  niebt  bagriffim  Ist, 
deren  Wesen  bloss  19atar  ist,  bat  die  Freiheit  des  Geistes 
keine  Stelle.  Der  ans  den  Natur-Elementen  entsprossene  Mensch 
gehört  der  Natm  an  um!  iln  er  Nothweiuligkeit,  und  die  im  3Ieu- 
sehen  walteiide  iJrkiaii  nirkl  hier  ruit  eben  so  unfreier  Noth- 

wendigiMiit  ivie  m  den  Natordiegen^  der  memobUcbe  Wille  iat 


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diiu  uiiirei€ii  Naturtrieben  der  Thiere  stammverwandt.  Die  fol- 
gerirhtig:e  Eutwickelung  des  chinesischen  Gedankens  muss  die 
Freiheit  des  Willens  und  darum  aueli  das  Böse  schlechter- 
dings  antschlieMen;  das  Böse  kann  nur  als  eine  zur  Harmonie 
4m  Gänsen  nothweadige  Schattirung  in  dem  Lichtgemälde  er- 
MhefneB»  also  als  etwas  VenfinllSges  and  Gates.  Die  Alles 
uMesde  gAttliebe  Urkraft  wkkt  aneii  das  selielnbare  Bdse. 

Sa  spiidit  sich  das  coaseqaealere  Denken  ans .  Aber  das 
Datürlicke  Bewusstsein  sträubt  sich  gegen  die  Härte  dieses  Ge- 
dankens, uiid  der  schueidciulcn  Consequenz  wird  die  Spitze 
ab^brochen,  dem  Menschen  wird  die  Möglichkeit  des  Bösen 
eingeräumt,  ohne  dass  dieselbe  irgendwie  begriüeu  wiire;  der 
Meosch  kann  dieUannanie  des  Alls  stören,  und  diese  Störung, 
dieses  Widerstreben  gegen  die  in  der  Welt  waltende  göttliche 
Veniafiigkelt  ist  das  Böse;  aber  kein  ehiaesischer  Denker 
wagt  es,  diese  Willensfreiheit  begreiflich  za  aachen,  welohe 
er  SBS  der  Erfidurung  anwUlkllrUeh  aaerkenat;  —  der  tiefer 
blickende  Geist,  im  Bewusstsein  des  unlösbaren  Widerspruchs, 
bekennt  kleinlaut  und  verlegen  durcli  ratlilo.ses  Scinvanken,  wie 
wenig  tier  Mensch  hier  sich  selbst  zu  be^ieii'tii  im  Stande  ist. 
Die  volksthümlicheo  Heligioiisscbrifteii   erketiuen  meist  die 
Wahifreüieit  des  Menschen  obne  Weiteres  an,  ohne  auf  den  Wider- 
apnuhgegea  das Ciottesbewaastsein  Rücksicht  zu  nehmen.  Koag-tse 
veraidiert  fott  und  fort,  daas  der  Mensch  fireieo  Willeo  habe  and 
lir  alle  seine  Theten  veisatwortUch  sei;  diesen  Gedanken  aa  be* 
grinden,  flUlt  Ihn  nicht  ein.   Meag-tse  ancht  an  dem  hamilosen 
Zugeständnisse  dass  Erkenntnis«  und  Tugend  nicht  allen  Menschen 
gleich  leicht  werde  [§  14]  einen  Anhaltspunkt  für  die  Möglichkeit 
des  Blffien  zu  gewinnen.    Du  die  Tugend,  sagt  er,  auf  dem  Be- 
wusstsein ruht,  und  die  Erkenntniss  des  Wahren  manchem  Menschen 
etwas  schwer  wird,  so  kann  er,  wenn  er  nicht  sorgfaltig  ist,  irren^ 
and  die  irreade  Eikenntniss  bewirkt  dann  auch  irrende  That,  und 
das  Bewasstseln  Terwlrrt  sich  immerniehf.  <)  —  Viel  lebendiger  wird 
sich  der  tiefiiinnigeTBcfan-hl  der  Schwierigkeit  dieser  Frage  bewnsst. 
Sein  ganser  Cedaakengang  sobliesst  die  Freiheit  des  menschlichen 
Willens  aus;  spricht  er  auch  von  dem  Willen  des  Menschen,  so 
unterscheidet  er  ihn  damPt  noch  nicht  von  den  rvaturdingen,  denn 
auch  der  Naturtrieb  der  b(M\  u.stlosen  Creatiiren  wird  von  ihm  Wellie 
genannt^).     £r  schrickt  freilich  vor  der  Consequenis  seines  Ge- 
dankens zurflck  und  8prtcht  diess  offen  aas;  „wem  nuin  nun  sagt: 
der  Himmel  enthält  den  Menschen,  so  folgt  daraus  nichts  dsss 
deaillimd  aash  alle  Vergehen  nad  Fehler  des  Menschen  sasu- 


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sdureibeB  ai&d;  wMe  mii  aber  sagen:  dor  HbuMl  toi  lidü 

AUgebietende,  so  geht  «Kern  wiedemm  nidit  an.   Dless  »ag  n«a 

Jeder,  der  da  will,  begreifen."*)  Tschu-hi  ist  aber  nicht  imni^ 
so  bedenkliclj ,  und  scheut  sich  ein  anderes  Mal  tiicbt,  ^raden  We- 
ges vorwärts  zu  gehen.  „Das  bewegendePrincip  ist  das  (iutc,  und 
daa  ruheode  Prioctp  iat  daa  Böse»  wie  diess  oft  geuug  die  VoiiU 
kommenen  und  Weisen  gesagt  haben.  —  Das  Buse  entsteht  aus  Ya» 
das  Gute  aller  ans  Tang,  nad  dtess  ist  der  Inhalt  der  Kmm  des 
Fo*]iK  Wie  oft  haben  diess  nkiit  die  Welsen  auseinander  geselat 
Ans  der  graden»  abseinten Uifcraft  sind  die  awelEn^egeogesetntea» 
noUiwendig  sieh  anf  einander  Besiehenden,  henrorgegaDgen.— «- Das 
Gute  wie  das  Schlimme  entspringt  aus  der  Uricraft  des  Himmels.  Es 
erfolgt  das  Scblininie,  weil  es  der  Natur  nach  nicht  anders  mugUch 
ist.  Giebt  es  wobl  Wassrr,  \\(d()ies  keinen  Srhlamm  mit  sich 
führt?  "'^)  —  „Das  bewegende  Princip  ist  die  üraft  des  zum  Guten 
Erziehenden  und  Erhaltenden;  es  ist  dasjeaige,  worans  das  Feste, 
das  Lenchtende»  das  Stari^e*  das  Gerechte  entspringt»  es  ist  die 
Norm  des  Weisen.  Das  rahende^  Ptlncip  hingegen  ist  die  Kraft 
foher  Terletiangen  nnd  tmnrlgen  Hördens;  es  Ist  dasjenige»  wohms 
das  Welche,  das  DnniLle,  das  Schwichliche  nnd  GeiHnnsAehtige 
entspringt,  es  ist  die  Norm  gewohnlicher  Menschen.  —  Vu  und  Yang 
gehen  aus  der  IJrmaterie  hervor :  nie  sind  beständig  in  c:egenseitis?em 
Kampfe,  und  sie  müssen  immer  im  Kampfe  sein;  daraus  entsteht 
das  Gute  uud  das  Buse;  —  sie  sind  selbst  die  Formation  des  Guteo 
nnd  Bdsen,  und  daraus  entsteht  wiederum  die  Natur  des  Men- 
sehen.  Dnreh  Ersiehnng  itann  man  bewirlren»  dass  die  Nelgangeo 
des  Mensehen  einsig  nnd  allein  gnt  nnd  nicht  scUimni  werden;  ver- 
gebens wird  man  aber  soweU  das  BOse  als  das  CUite  gana  nnosv- 
treiben  sich  bemihen,  well  sie  sich  gegenseitig  dsrchans  noth- 
wendig  sind."&)  —  „Die  Tollendete  Besiegung  seiner  selbst  und 
der  Selbstsucht  ist  die  reine  Gerechtis^keit  und  Urkraft,  das  nicht 
auseinander  Weichende,  Konilern  di''  Gradheit  [das  Gleichgewicht] 
des  ruhenden  und  des  bewegenden  Frincips,  wo  das  Gute  ohne  alle 
Zothat  des  Bosen  auf  festem  Grunde  ruht.  Deaaen  ungeachtet 
steht  fest,  dass  das  Gute  und  das  BOse  sieb  gegenseit%  nothwendig 
sind;  mit  einem  Werte,  Gereehtigheit  nnd  Verannft^  Beinhelt  nnd 
Maass  haben  ihre  Grenaen.  —  Es  folgt  der  Ordnung  gemiss  aus 
Yang  das  Gute  nnd  aus  Yn  das  BOse.*'«)  ^  Der  slldiehe  Unter- 
schied zwischen  dem  Guten  und  BOsen  erscheint  so  als  ein  natiirli- 
eher;  das  Bfise  ist  da  nicht  Etwas,  was  überhaupt  wicht  sein  soll, 
sondern  ist  K.tv^  a'>,  was  sein  muss,  und  hört  damit  grade  auf  ein  sitt- 
lich Böses  au  sein«  ist  vielmehr  etwas  Verofinftiges  usd  Gutes;  und 


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dessbalb  widerspricht  das  so  eben  Ano^ernhrte  nicbt  dem  früher  er- 
w&bnten  GedaakeD,  daas  dio  ineaschliclie  ^alur  an  «eh  völlig  gut 
«■drein  sei, 

Meng-tse,  II»  7. 1.     *) BeilUgm,  a.  a.  O.  B.  OS.       8.  63. 8.  76.77. 
^«)a78.--«)8.79.* 

$17* 

Mit  der  Durchbrechung  der  rein  jiaturalistisclien  Weltan- 
ßchauuog  durch  die  mSchtig  sich  hervordrängende  Ahnung  der 
menschlichen  Willensfreiheit  im  Volksbewusstseiii  ist  aber  nicht 
viel  gewonnen;  der  fremdartige  Gedanke  wird  sofort  von  dem 
fppig  wiMshemden  Pflanzenwuchs  des  reinen  Naturbodens  um- 
laBkt  und  verdeckt.  Das  SitUidie  wird  tief  in  das  Natnrseift 
ciDgetaQcht,  mid  das  geistige  Wesen  der  Sittlichkeit  yerktanerl 
ftit  ganz*  Es  wird  dvroh  den  nnr  ungern  anerkaanten  freien 
Witten  keine  geistige  Lebensgestaltnng  gesdiaffen,  kein  Rdeb 
des  Geistes.  Das  Sittliche  bleibt  ein  Fremdling  und  schafft  nicht 
eine  Welt  des  Sittlichen;  es  wirkt  auf  die  Natur  ein,  aber 
bildet  keine  Geschiebte;  es  stört  das  Naturleben,  aber  aus 
den  umgestürzten  St&ramen  und  den  zersprengten  Gesteinea 
ertiaiit  es  keinen  Tempel  des  vernünftigen  Geistes. 

Es  stört  das  Natnrleben»  das  ist  die  eiaaige  Wirkung»  Mneloke 
das  freie  Thvn  des  Mensdien  avf  die  Natnr  anafiben  kann.  Denn 
geordnet  ist  die  Natar  aekon  ohne  nnser  Zatknn;  wir  können 
sie  nidit  besser  nuMdien,  aber  Terwirren  können  wir  sie;  weil 
das  Leben  des  Alls  nnr  ein  einiges  ist,  und  die  vernünftige 
Ordnung,  Tao,  das  innere  Wesen  der  Natur  ist,  so  kann  das 
Wesen  des  Bösen  nur  eine  Störung  dieser  Ordnung  sein.  Das 
All  aber  ist  durch  und  durch  Natur;  die  Sünde  stört  also  jeden- 
falls die  Matnr.  Auf  die  Sünde  der  Völker  und  ihrer  Fürsten 
folgt  von  selbst  mit  innerer  Mothweudigkeit  und  als  unmtttelbare 
Folge  Krankkeit,  Bangersnodi,  Erdbeben»  fibersekweasMing, 
CngewMter,  grosse  KAHe  eto.  Das  sind  nickt  absonderlieke 
Strafen,  ven  irgend  eiaer  Ciotftheit  znr  Zdehtigang  der  Men* 
sehen  heransgegriffen,  sondern  es  skid  so  nothwendige  Erschei- 
nungen der  durch  die  Sünde  durchbrochenen  Ordnung  des 
Alls,  wie  der  Donner  folgt  auf  den  Blitz,  wie  das  Fieber  folgt 
auf  die  Erkältung.  Durch  die  sündige  That  ist  die  Bewesriing 
der  Welt  aas  dem  Gleichgewicht  gebracht,  und  die  darauf  foi< 
genden  Revi^tionen  sind  nicht  blosse  Krankheits-Erscheinun- 
gan,  Bondem  sind  wie  das  Fieber  angleieh*  eine  ntaende  Reac* 
den  der  gesanden  Natavkraft  gegen  Ae  Stdrang»  daa  Qleiokge« 


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wicht  sucht  sich  eben  wieder  herzustellen;  das  Störende  soll  ent- 
fernt, (las  Krankhafte  vernichtet  werden;  der  gesnnde  Körper 
duldet  nichts  Frennlps  in  sich,  sondern  arbeitet  kramufliaft  so 
lange,  bis  das  Fremdartige  ausgestosfieu  ist*  Der  Chiaese 
betrachtet  die  Sfinde  gewisscrmassen  als  einp  Verdauungs- 
störung der  Natur;  und  die  darauf  folgende  krampfhafte  Reaction 
Ist  eben  so  sehr  ein  Zeichen  der  Gesundheit  als  der  Kranldieit. 
An  der  dem  harmonischen  Weltleben  sich  cntgegeDStemnendea 
Sinde  stsat  sieh  die  Strtasng  dieses  Lebens  «nd  reiset  tibcr* 
fluthend  das  Hemmende  mit  sich  fort.  £s  offenbart  sich  in  dieseo 
NatiirstOrungen  grade  der  in  dem  All  waltende  Greist  der  Ord- 
nung und  Vernünftigkeit;  es  ist  die  Gerechtigkeit  des  Welt- 
lebens, welche  steh,  unbewiisst  zwar,  aber  um  so  fiilübarcr 
ausspricht. 

Aber  ein  Reich  des  Geistes  wird  auf  der  andern  Seite 
nicht  erbant  Der  menschiiche  freist  liat  sich  einiMb  stUl  n 
Terhaltm;  das  Welt^-Ali  ist  gut  und  TemAnftig,  nnd  der  Mansch 
kanns  nidit  besser  nweliea«  IMe  SillÜelilnH  hat  noch  Iceine 

Hetmath,  in  der  sie  sich  wohnlich  euirichten  IcOnnte;  sie  geht 
noch  betteln  voi-  fremder  Thür.    Über  die  positive  Seite  ilos 
sittlichen  Lebens  haben  wir  an  einem  anderen  Orte  zu  sprechen; 
hier  koniint  die  Kehrseite  besonders  in  Betracht.    Wo  das  sitt- 
liche Thun  nicht  eine  seU^stständige  Weit,  ein  Reich  Gottes 
hervorruft,  im  Gcgensats  zu  der  Ixlossfn  Natur  eine  vemfinftige 
Geschichte,  da  liat  anch  dos  nnaittiieh«  ThiMi  kiei»a  Ge- 
schichte, keinen  selbslst&idIgenLcbsnsorgsnismiw.  Das  Natfi^ 
liehe  ▼ergeht,  aber  das  Geistige  bleibt  »nmerdar.  Wo  dss 
Sittliehe  ein  bleibendes  Leiten  hsit  ud  von  GesehleiM  n 
Geschlecht  forterbend  weiter  wächst  und  sich  verzweigt,  da 
muss  Gieiches  auch  gelten  von  der  unsittlichen  That.    In  der 
christlichen  Lehre  von  dem  ?'orterher)  des  Bösen  ist  diese  Un- 
vertiigbarkeit  des  Geistigen,  dieses  iörtwirkende  Leben  auf  dem 
sittlichen  Gebiete  anerkannt;  und  wo  der  Geist  überhaupt  in  sei- 
ner Wahrheit  erkannt  ist  und  eine  wirkliche  Geschichte  hat,  da 
hat  auch  das  Böse  eine  Gesehadite.  Der  Chinese  hat  keine  Ge- 
schichte des  Geistes,  sondern  nnr  eine  Natmrgeschichte.  Der 
Mensch  steht  hiebt  zam  Mettsdiengeiste  in  daem  ieneteit  not- 
wendigen Verhältnisse  sondern  nur  zur  Natur;  er  enipflUigt  sein 
Wesen  nicht  von  dem  Geiste  der  Menschheit,  von  einem  errun- 
genen geschichtlichen  Geiste,  sondern  von  den  .,1'ünf  Elemen- 
ten;'' er  "^^ird  nicht  von  der  Geschichte  getragen  und  gejsäugt, 
er  üegt  sinnig  an  iter  fimst  4m  Mator;  er  ist,  was  er  ielt 


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Nator  und  nicht  von  Geisteßwegen ;  er  erbt  von  der  Geschichte 
Nichts;  das  sittliche  Leben  seiner  Voreltern  berührt  ihn  aidit  im 
lliüdesteii;  er  ist  nicht  als  ein  Zweif^  hervoigewaehMii  aas  dem 
•iae»  lebaadigan  Scanne  der  GeaohiclMe,  sondem  er  iat  eine 
sdbstatiBdige  Stande  aaa  de»  groaseo  aÜgemeiaen  Evdliedeii 
der  Matter  Natnr,  ehie  Staude  Beben  taasend  andern  gleicharti- 
?en .  and  ob  da  Hunderte  um  ihn  und  vor  ihm  veritüramert  und 
sittlich  verwelkt  sind,  das  ist  ihm  glcicli^üitig,  das  hal  auf  ihn 
lieineii  Einlluss.  Der  Mensch  wurzelt  nicht  in  der  Geschichte, 
sondeni  in  der  Natur.  Der  einzelne  Mensch  »nag  durch  Sünde 
verkommea}  Biag  bis  zum  Thiere  herabsinken  durch  eigene 
Sehn  1  d .  das  menschliche  GeschlecJit  wird  davon  iiielit  berührt» 
nd  die  io%eiklefi  GeaeUeebter  iio«imen  ebenso  rein  and  unge- 
lehwielit,  ebeaso  togendkrülig  ans  derHand  der  »^amrolleadea** 
Nilar  wie  das  -eiste  MenscIieiigeBclileeht»  ^s  Verdefben 
erbt  nieht 

Die  durch  Naturstöningen  sich  offenharciide  Gerechtigkeit  des 
hin)?ii  Ii  sehen  Walten.«  spieU  seit  den  filt<  sttMi  Zeiten  eine  bedeu- 
tende Holle  in  der  chinesischen  Geschichte.  ,,Wenn  die  Tugend 
berrsobt,  sagt  Kitse  im  12.  Jabrbuodert  vor  Christo,  so  Icommt  der 
Regen  au  rechter  Zeit;  wenn  gut  regiert  wird,  so  isf  rlis  Wetter^ 
Mar  etc. ;  wean  die  Sflade  herrscht,  sa  regnet  es  ohae  £ade  oder 
es  ffitt  mrre  eia  ete.'*^  Witterung  and  Sittlichksit  stehen  hamer 
is  gegeaseit%eia  VeiMtBi8s.s)  SoBaeafioalerBiaae,  Sturm  and 
fhgewHter»  Übersehireamiiing,  Erdbeben  etc.  folgen  umrermeidlleh 
der  gesunkenen  Sittlichkeit  des  Volkes.  3)  Wir  werden  hei  der  Be- 
trechtune  des  Staats  hierüber  noch  mehr  /.u  sagen  haben. 

Da  der  ('hinese  trotz  seines  naturalistischen  Systems  nicht 
umhin  kann,  die  sittliche  Freiheit  und  die  Mii^ichkeit  und  Wirklich- 
keit des  Rnsen  aamerkennen,  so  sacht  er  wenigstens  dieJIlaoht 
der  Mnde,  die  er  dach  einmal  sn  veiatebea  nkht  venaag,  an  tief 
sIs  ai9glldi  herabiadriieben«  Er  giebt  swar  in,  daas  dareb  die 
Irttaea  Begierden  die  natiriiebe  Vollkoanaeabelt  des  Menacfaen  ver- 
nlrrtaad  verdnnkdt  werden  bann, 4)  ja  dass  in  einseinen,  aber  sehr 
seltenen  FfSlIen  die  br»se  Begierde  die  Oberhand  l)ehalt.  das  Gute 
ganz  unterdnickt  werden  und  der  Mensch  zum  Thiere  herabsinken 
Icann,*)  —  aber  diess  ist  eben  selten,  und  das  innere  Wesen  des 
Menschen  wird  dadurch  nicht  wirklich  verändert;  wie  die  Bäume, 
T<m  dem  Beile  angeacblagen,  wohl  schadhaft  werden,  aber  ihre 
Katitf  nicbt  veifndem,  ao  wird  aneb  darch  die  b6«en  Begierden  die 
Mgeborae  Keignng  des  Bfenschen  anm  Cbiten  verkehrt,  ebne  daaa 
dtolfatar  des  Meascbea  aelbat  dadurch  ebie  aadere  wdnle*)«~-Dar 


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Chioese  scheut  sieh  auch  sehr,  die  QueVe  der  Sfloden  im  Herv«ii 

des  Menschen  selbst  zu  suchen  oder  tiefer  zu  vcrfolgett;  gern  leitet 
er  sie  aus  blossem  Irrthuni  ab,  am  liebsten  von  finsseren  V'erliält- 
nisseo;  Noth  z.  B.  wird  als  eine  Uauptursache  deräüode  Uetradiiety 
mtA  ebe  trOsteode  Entadwldignag  in  ihr  gefimden.  ^) 

Chon-king,  p.  179.  —  *)  Bbend.,  p.  178.  —  *)  Ohi^ktng,  H,  4,  9  v.  p.  M.— 
<)  Ung'ttn,  n,  6,8. 15;  11,7,  BlMiid.n.  0,99.  sase.--  0  8bcBd.II, 

5, 97,  98.  —  '0  Bbenl  n,     17.  — 

S  Id. 

Die  nebelhaften  Gedanken  der  Chinesen  über  das  geistige 
Wesen  des  Menschen  hüllen  natürlich  auch  die  Frage  nach  der 
Unsterblichkeit  in  Dunkel.  Eine  von  den  wilden  Völkern 
schon  sehr  lebendig  erfasate,  wiewohl  sehr  similich  gestaltete 
Idee  konnte  den  Ounescn  nidit  mbekaimt  aflin;  und  du  imMv- 
liche  Selbilgeföhl  gestattete  nicht,  sie  an&ngehen.  Aber  dm 
mir  ans  lanter  Punkten  bestehende  Geistesleben  der  wilden  Vol- 
ker hatte  es  hierin  Id^ter  als  die  in  einer  wiiUiohen  G^biee- 
arbeit  stehenden  Chinesen.  Dort  hingen  die  einzelnen  Vorstel- 
lungen wenig  zusammen;  der  Chinese  aber,  der  die  Welt  als  ein 
geordnetes  liaiize  erfasst,  kann  sich  bei  willkürlichen  Annahmen 
nicht  beruhigen,  muss  einen  Zusammenhang  in  den  Gedanken 
haben.  Wie  kommt  nun  »die  Biüthe  der  fünf  Elemente/'  das 
höchste  Natnrwescn  dazu,  dem  allgemeinen  Gesetz  der  umrol- 
lenden Natur,  welche  Yang  nnd  Yn»  Anftng  und  finde»  GelNirt 
nnd  Tod«  allen  Cieatiiren  nun  Anget»inde  maoht»  enthoben  sn 
seinf  Ans  der  blossen  Natnrentwiekelnng  entepnuigeny  kan 
auch  der  Mensch  nicht  ^  anderes  Wesen  haben  als  die  Natur. 
Da  in  allem  Wirklichen  Stoft'  und  Kraft  zugleich  ist,  und  das 
Eine  gar  nicht  ohne  da«;  Andere  sein  kann^j  uüJ  im  Menschen 
dieses  Doppelte  als  Krirper  und  Seele  ersc^licint.  der  Kijrper  aber 
im  Tode  zcriüllt,  so  ist  die  einfache  Folgerung  die,  dass  auch  die 
Seele,  die  Darstellung  der  Urkraft,  aufhört,  diese  Einzelseele  M 
sein ;  das  diesenLeib «IsSeele  belebende  Yang  steht  siehans  den- 
selben wieder  surfick»  nnd  sdnes  materiellenlVäge»  entbehrend 
ist  dasselbe  anch  nicht  mehr  einselne  Seele;  nur  die  allgsmelBe 
Urkraft  lebt  fort,  das  Einselwesen  gdit  an  Gründe.  So  mnss  die 
Cousequenz  des  chinesischen  Gottesbewusstsein  lauten;  das  clii- 
nesische  System  hat  keine  Unsterblichkeit.  Und  wenn  die 
Möglichkeit  gedacht  vverdcn  kann,  dass  die  von  ihrem  irdischen 
Leibe  getrennten  Seelen  dennoch,  mit  feinerem  Stoffe  umkleidet, 
nach  demTode  nochfortieben»  so  kteedas  oUnesiseheBewnsst- 


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Min  keiiiegialls  über  eine  blosse  Möglichkeit  limaußi  die  voll- 
stiodis:  in  der  Luft  schwebt.  — 

KoDg-iu-tse,  ia  klarem  Bewusstsein  über  das  Wesen  der  chi- 
MQMlieii  Gottes -Idee,  welche  für  die  Unsterblichkeit  nicht  den 
geringsten  sicheren  Boden  bietet, — aber  auch  die  geheiadnissvoUe 
Tiefe  der  im  Volke  IroU  des  Religioiie-Systeiiie  mächtig  leben- 
den HoArnng  anf  Uneterbliehkeft  eohenend  und  sehonendi  — 
tebweigt,  und  weiebl  Ängstlich  jeder  Frage  und  jeder  Antwort 
aus.  Auch  die  Wissenschaft  schweigt.  Nur  geduldet,  wie  der 
Glaube  an  Geister,  schleppt  der  Glaube  au  eiu  Leben  jiach  dem 
Tode  sich  hin,  und  beide  nähren  und  tragen  sich  gegenseitio;,  in- 
dem die  Dämonen  der  Uusterblichkeitshoffnung  eine  Begründung 
seddoeForm  geben,  und  dieee  Hoffnung  die  Dämonen- Welt  mit 
dtn  verwandten  Ahneneeelen  bereichert.  In  engem  Anschlies- 
aee  m  den  Gemterglanben  gewinnt  die  Voretellwig  mnes  Fort- 
kbens  naoli  dem- Tode  aUroäkltoh  gröesere  Anerk»arang;  und 
ieden  omd  die  melaphysisebe  Seite  der  Frage  völlig  fibergiug, 
iiDd  es  zweifelhaft  liess,  ob  alle  Menschen  fortlebten,  stellte  man 
irenigstens  für  die  Tugendhaften  ein  künitiges  Leben  als  einen 
Lohn,  und  fQr  die  Kaiser  als  ein  Recht  hin.  Bei  den  „Söhnen 
and  Stellvertretern  des  Uininiels'^  schien  die  Sache  ohnehin 
kiehter  begreiflich,  die  ja  vor  andern  Menschenkindern  manches 
Toranshaben«  — *  Die  Ahnen  sorgen  als  Schutzgeister  filr 
ie  Ibrigen»  nnd  es  wird  mit  ihnen  dwtik  Anrofnng  «nd  Spen- 
den ein  reger  Yeikebr  uiterbalten.  Wir  mfiseen  diese  Seite 
in  cldttesiselien  Bewnsstseins  als  eine  gemütbliehe  In- 
eoDsequenz  bezeichnen,  als  eine  dem  Grundbewnsstseln 
zttm  Ti'otz  mit  Liebe  gepllegte  fremdartige  Vui Stellung,  als 
ein  Kuckucks -£i,  dessen  Sprössling  sich  in  ^ieni  fremden 
Nest  bald  breiter  maoht,  als  es  den  rechten  Bewohnern  des- 
leiben  gut  ist. 

Bedeutsam  erseheint  es  dabei,  dass  die  Ahnen,  so  hooh  ge- 
uid  so  warm  geliebt.  Überall  als  selige^  gute  Geister  anf- 
Men,  als  beUende  Glieder  in  dem  grossen  yemtliiftigent  lieben 
^  AUs;  nhrgends  ist  Ton  einer  Unseligkeit»  einer  Verdamm- 

lim  die  Rede,  so  bitter  auch  die  Klagen  über  die  Rnchlosigkeit 

Äer  Menschen  siinl;  w  enn  nun  oft  das  1  ortleben  nach  dem  Tode 

ein  L  o  h  n  für  die  Weisen  und  Tugendhaften  envühnt  wird, 

so  scheint  es  wahrscheinlich,  dass  dasselbe  in  der  That  nicht  als 

demMenschen  wesentlich,  nicht  als  das Loos  gewöhnlicher  Men- 

•dien,  sondern  als  eine  Ansnabme  Ton  der  Regel  nnr  Ür  die 

Wcfsn  Mensehen  lungeslellt  wnrde. 

a  4 


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50 


Der  Chinese  ipt  mit  seinem  Herzen  um  «licser  Erde  znsrewandt; 
was  darüber  liiiiaii.s  liegt,  das  ist  für  ihn  eii^eiitiit  Ii  lif  da;  das 
Leben  nach  dem  Tode  wird  in  der  Heligioos-  und  Sittenlehre  selbet 
da  nicht  berücksichtigt,  wo  es  sich  gnn'i  von  selbst  aufdrängt;  Ub^ 
ges  heken  und  «io  gutes  Ende^^  aber  oiehtelo  Fortleben-  iMcb 
dem  Tode  wird  eis  Ziel  der  Wdnscbe  und  ttl«  Gipfel  de«  GÜdes  be- 
tracbtet.*)  Ale  Artee  der  GUtdcsefiglceit  werden  im  8cfa»-lBteg  tat- 
geMbrt:  langes  Leben,  Reichtliani,  ein  glfiefclicher  Tod  etc.  ,3)  kein 
Wort  von  einem  künftigen  Lehen.  Kong-fn-tse  selbst  wies  <He 
Fragenach  dem  Fortichen  mit  ticii  W^irten  zurück:  ,.,lch  keime  noch 
nicht  das  Lcheti,  wie  solllo  ich  den  Tod  kennen?"  —  und  ein  in 
der  alten  Lehre  stehendei  l'liilo>of»!i  spaterer  Zeit,  welcher  gegee 
einen  Materialieten  die  Un^terhiichkeit  der  Seele  vertheidigt,  weiss, 
nach  Beweises  ans  den  heiligen  Bflcbem  geAngt,  nur  de»  Ansapfiub 
des  Kong-iii*tse  ansnftlbfen:  ,>Wer  am  Morgen  die  Lebve  hM  sad 
am  Abend  stirbt,  der  hat  genng/'-^)  in  der  Tbat  beobaohrtet  Kesg- 
fu-tse  ein  merkwilrdiges  Schweigen  tiber  diesen  Pnnkt  Md  selbft 
seine  Abscfaiedsreden  vor  seinem  Tode  ^)  schweigen  yfiWU^  d«r<Aier. 
Die  Hinneigung  mehrerer  Kais<*r  zu  der  Ta'»  Lehre,  und  derWunsch. 
jsich  <liii  <  {i  dieselbe  die  rnsterblichkeii  zu  vorirhaffen  [§  2t>],  und 
zwar  nicht  etwa  bloss  das  Fortlehen  auf  dieser  Erde,  sondern,  wie 
ansdrücirlich  erwähnt  wird,<^)  im  Himmel,  wäre  ganz  unerlrlirüdi, 
wenn  die  eldnesiscke  Lelire  die  Unsterblichkeit  sieher  lehrte. 

Andrerseits  wird  ein  Leben  nach  dem  Tode  in  der  Verehmsg 
der  Ahnen  bestimmt  Toransgesetit  Die  Ahnen  stehen  mit  de» 
Ihrigen  in  Verkehr,  schützen  sie,  sorgen  für  sie,  rathen  ürnen,  aber 
zürnen  den  Unwürdigen  anch  und  strafen  sie.  „Wenn  Ihr  nMit 
meinem  Willen  gehorchet,  sagt  ein  KiiLser  im  14.  .lahilnindcrt  i*or 
Chr.,  so  wird  unser  alter  Herr  [ein  früherer  Kaiser]  euch  straleu  mal 
mit  Missgeschick  euch  überhäufen,  —  und  eure  Vorfahren  werden 
euch  verlassen  und  euch  nicht  mehr  helfen.  —  Wenn  unter  meinen 
Ministem  sieh  einige  finden  sollten,  welche  Schätze  häufen  wollen, 
so  werden  ihre  Ahnen  meinen  erhabenen  Herrn  benachrichtigen; 
hestralb,  werden  sie  sagen»  misere  BnM>  nnd  mein  erhabenerfleif 
wird  sieh  Ihren  Bitten  znneigen  und  eneh  mit  Tlelem  Unglück  Über- 
hSvfen.'"0 —  tugendhaftenKaisershidhnHhnmel^s)  ;  sie  wer- 
den von  ihren  iVachkomraen  um  Beistand  iti  der  Noth  angefleht,  und 
sie  erhören  diese  Hilten  und  sind  den  Ihrigen  hilfi  cu  lic  Beschützer,') 
und  hei  Freveln  ihre  Züchtiger,  Der  lirudcr  eines  krani.cn  Kai- 
sers betet,  —  nicht  zum  Himmel,  sondern  zu  seinen  Vorfahre«: 
,»E«er  Nachfolger  ist  sehr  krank;  der  Himmel  hat  euch  die  Sorge 
Ittr  seinen  Sohn  anvertraot  *^  i*)  Die  Verehnmg  der  Ahnen  ist 


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SA 

daher  hohe  Pflicht,  und  erwirbt  uns  grossen  Lohn,  ,^DfimUcb  die  Un- 
sterblichkett/'  *2)  Die  Spenden  iui  die  Ahnen  waren  atich  uuiaittel- 
har  mit  dein  ^^rossen  Ilininirlsopfer  verbunden.  Am  ilol'e  eine 
hesoudere  iJaile  der  Aluii  n,  der  heiligste  K«tuiii  im  iürstlichen 
Palla^it,  mit  hestinnnt  voru.'Mchriebencn  Ceremonieen,  schon  seit  der 
ilteateflZeit;  und  die  den  Ahnen  in  diesen  Gedenk-HaUeo  danttliriD- 
seiden  Siienden  und  Huldigangen  galten  immer  ab  ein  liqchwich- 
üger Gegenstand  inuamer  Pietät^')  Die  Kleider  der  Ahnen  wurden 
in  dienet  iUHe  angehängt,  und  auf  Wandtafeln  die  Namen  der  Ge- 
irtofhenen  eingeschrieben.  An  bestimmten  Tagen  versammelte  sicli 
(tie  Familie,  uacbdum  sie  einige  Tuge  gefastet,  und  feierte  dasAn- 
ieoken  der  Ahnen;  man  warf  sicli  vor  den  tiedeulitaleln  nieder, 
setzte  Speisen  hin  etc.  Das  Li-ki,  welches  die  hierher  gehörigen 
Gebräuche  ausführlich  festsetat,  fragt:  ^»wessbaib  werden  diese 
Speisen  dargebracht?  Etfva*  weil  die  Todten  sie  genicssenl  — 
Keioeewege,  eondem  damit  wir  lernen«  die  Todten  nlcbt  au  ver- 
aditen,  vielmehr  aie  zu  ehren  wie  die  Lebenden.*'  ^)  Wenn  man 
iish  aber  auch  die  Gefeierten  nicht  als  die  Geniessenden  dachte, 
m  waltete  doch  gewöhnlich  die  Vorstellung,  dass  die  Geister  der 
Ahuen  bei  den  Spenden  zugegen  uaren  und  sie  als  Lirhcszeieben 
dankbar  entgegentj.'ihnien  und  dafür  den  »Spendenden  iliien  üegen 
gäben,  Dus«>  bisweilen  den  Leichen  Perleu  und  Ldci^teint*  in 
dsoMund  gegeben  wurden» ist  wohl  nur  ein  symbolischer  Brauch 
fder  ein  Überrest  trüberer  niedrigerer  Gcistesstufeo.  —  Uie  sehr 
ipit,  «ater  der  mongolischen  Herrseball»  irereiozelt  yorkommende 
ScUaehtong  voa  MeoseheD  am  Grabe  der  Ffirsten  gehurt  sehlecb- 
tcrdhigB  nicht  in  das  Bereich  chinesischer  Sitten,  und  ist  vor  der 
Nongolenherrsdmfl  in  China  v&llig  onbehunnt;  i^)  bei  den  Mongolen 
war  sie  eingeführter  ßiaucli.  18) 

Oft  scheint  übrigens  die  Ahnen  -  \  ert:lini  liLi  »  ine  blosse  l"Lrinne- 
ning  an  das  Vergangene  zu  sein  und  den  iJaulaMi  an  ein  Leben 
iler  Seele  gar  nicht  eiiuuischliesscn,  ,,l>ie  Vorfahren  ehrend  soll 
van  durchdrungen  sein  von  Erkenntüclikeit  für  das  Gute^  WM  sie 
«BS  In  ihrem  Lebe«  erworben  haben,  und  von  Bedauern,  sie  vor* 
lorea  au  haben;'*  i*}  hebi  Wort  von  einer  Wirksamli«it  nach  dem 
Tode  in  dieser  Rede  emes  der  ältesten  Kaiser.  Kong-fa-tse  weiss 
m der  Ahnenhalle  auf  iHe  von  ihm  seihst  aufgeworfene  Frage:  ,,wo 
«nd  die,  für  welche  dieses  Gebäude  erbaut  i:st,  und  die,  die  es  ge- 
baut haben?**  —  keine  andere  Antwort  zu  geben  als  die:  „Sie  sind 
von  der  Erde  verschwunden  :  überlege  dipss,  und  du  \\  irst  dann 
K^ifiseo,  Xciuirigkcit  ist/'S^ö) — Sehr  nif^kvvürdig  ist,  wasKong- 
tse  bei  ein«r  andern  Gelegenheit  sagte,  Einer  seper  vertrautesten 

4» 


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'SMket,  dery  um  Vetwaltcr  etoer  Stadt  enMimt,  rim  ilim  Ab- 
scUed  nabm,  bat  ihn  am  Schliuwe  der  ernste»  nod  hmlicheB  Un- 
terreduag  um  LSstmg  seines  Zweifels  fiber  die  Abneo.  ,,£1»  Wort 
von  dir  reicht  hin,  mich  zn  beruhigen.    Ich  habe  jederzeit  meinen 

Vorfahren  die  gebührefideii  Ehren  erwiesen,  habe  Jiic  unterlassen 
im  Frähling  und  Herbst  an  ihren  Orähcrn  zu  weinen«  ieii  habe  nichts 
Wichtiges  uuternoniiuen,  wenn  ich  nicht  zuvor  ihnen  ehrfurchtsvulle 
Gebräuche  vollbracht,  um  sie  au  benachrichtigen  und  sie  zu  be- 
fragen.  Haben  sie  mich  nun  gesehen  und  gehört?  Wissen  sie  tob 
dem»  was  ich  geAan?  Weiss  man  in  dem  Anfenthait  der  Todten, 
was  bei  den  LelMnden  vorgeht?  leb  habe  immer  gewünscht»  deine 
Mdoung  über  diesen  Punkt  zu  erfahren»  sage  mirj  Ich  bitte  dich, 
was  du  davon  denlraf  „Es  geht  nicht  fBglich  an,  antwortete 
Koog'tse,  dass  ich  mich  über  diese  Frage  bestimmt  erkliire.  Wenn 
ich  sagte,  dass  die  Ahnen  Tür  die  ihnen  erwiesenen  Ehren  eni[>iaDg- 
lich  sind,  dass  sie  sehen  und  hfircn  und  wissen,  was  auf  der  Erde 
vorgeht,  so  wäre  zu  besorgen,  dass  die  von  ländlicher  Li^sbe  er- 
föllten  Seeien  die  Sorge  fQr  ihr  eignes  Leben  vernachlässigen,  uro 
sich  denen  gans  zu  wdhen,  von  denen  sie  es  erlmiten  haben  nnd 
ihnen  in  der  andern  Welt  so  zu  dienen,  wie  sie  es  in  der  gegen- 
wärtigen gethan  haben.  Wenn  ich  im  Gegenteil  sagte »  dass  die 
Todten  nidit  wissen,  was  die  Lebenden  thnn,  so  wire  zn  besorgen, 
dass  man  die  Pflichten  der  kindlichen  Liebe  vernachlässige  und  sich 
selbstsü(  htig  auf  sich  selbst  zurückziehe  und  so  die  heilii^en  Ban- 
den zerr{Mss(\  welche  ein  Geschlecht  an  das  andere  krninlon.  Fnhre 
fort,  mein  Theurer,  deinen  Vorfahren  die  schuldigen  i^^hren  zu  er- 
weisen, nnd  handle  so,  als  wenn  du  sie  zu  Zeugen  aller  deiner 
Handlungen  lifittest  und  suche  nicht  mehr  darüber  su  erfabreD/'«) 

Das  chinesische  Volle  erfasste  aber  dennoch  die  Hoffirang  auf 
ein  Leben  nach  dem  Tode  so  warm,  dass  später  die  entschiedenen 
Leugner  desselben  als  freigeisterische  Ketzer  versehrieen  wurden. 
So  wird  im  fBnften  Jahrhundert  nach  Chr.  ein  materialistischer 
Freigeist  erwähnt,  der  {^rossen  Aiiliaa^  fand;  er  lehrte,  die  Seele 
verhalte  sie!»  /.um  Leil»e  nie  dieRlifthe  zuin  Baume  und  «lie  Scliärfe 
zum  Schwerte,  sie  bestehe  daher  nur  an  und  mit  dem  Leibe,  und 
Sterbe  mit  ihm.'^)  Dass  diese  Lehre,  die  wir  bei  der  chinesischen 
Grand*  Anschauung  eigentlich  gar  nicht  absonderlich  finden  kdonen» 
als  etwas  Ketxerisches  Aufsehen  machen  konnte,  ze%t  schoii,  wie 
▼ertraut  die  UnsterMichkeitahofimng  den  Chinesen  geworden  war. 
Einzebe  gingen  später  sogar  noch  weiter  und  socbteii  die  Unsterb* 
lichkeit  als  etwas  dem  Menschen  Wesentliches  zu  beweisen.  „Der 
kürper  des  Menschen  ist  Materie,  also  stirbt  er,  die  6eele  des 


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88 


Mcnsflieii  ist  Geist  und  nicht  Materie,  also  auch  nicht  \crgaiiglieh; 
das  körperliche  Wesen  des  Menscheu  iai  seio  lalsches  Wesen,  daiEi 

geistige  Wesen  ist  sein  wahres  Wesen.  Der  Tod  des  Men- 

atktB  ist  nichts  Anderes,  als  das  Ent^veicben  des  beseelten  Priocips 
ant  dem  Fleisch.  Das  Fletsch  bt  wie  eio  Haus,  daa  beseelte  Prin- 
ist  der  Hansberr.  Wenn  auch  das  Hans  etestttrat^  so  bleibt  doch 
der  Hausherr  am  Leben.  Wenn  aaser  Fleisch  aoch  todt  ist,  so  lebt 
oBser  beseeltes  Prlocip  doch  sicher  fort  Weoo  bei  dem  Tode  des 
Menschen  die  Seele  mit  iinterging^e ,  so  wSre  der  Mensch  um  so 
ungliliklicher ,  die  nii(l»Mii  (leischoiilc  um  so  glücklicher. "M)  Die 
Selbstpeiniijungen  und  die  Weitentsagung  wären  d<inn  pinpThorhcit, 
sucht  der  IMiilosoph  daraut  nachzuweisen.  Aber  dieser  Grund,  so 
wie  die  Auitassung  des  Körpers  als  des  falschen  Wesens«  des 
Heoscheo  seigen  hinlänglich,  dass  hier  fremdartige  Vorstelluagen 
SB  Spiele  siod;  die  Chioeaeo  wissen  nichts  von  Selbstpeinignngen 
isd  WeltentsagoBg**  und  setaen  die  LeiUichheit  nicht  als  etwas 
IMwahres  sürilck ;  das  sind  sicherlich  indische  Einroischnniffen. 

')  S.  §  8.  —  *)  Tchoimg-5  oung,  c,  17,  2.  Ciion-king,  p.  174.  Chi-kiug,  II,  2,  4.— 
')Cboii-kkg,  p.  174.  —  *)  Singli-tdifafe-lbilniiii,  inLiiiea'tZcitiehrift,  HL  p.S78.— 
d.Chin.XII,p.380ele.— •)dBMaiIls,  bist.  VI, p.  557.  —  0 Ohon-UaS 
p.  US.  117.  —  •)  Ebend.  p.  S09. 16.  21..«)  Kbend.  p.  M8.<- 1«)  BVead.  p.  116.— 
»)Ebeo^  ^  179.  Chi-king,  II,  6, 6.  —      Chou-Ung,  p.  13. 15.  «15.  219; 

dellttUa,  hitt.  gm*  I»  p.  78.  Chi-kiag,  II,  6,  5.  6.  M^.  d.  Ch.  XQ,  p.  205  «te. » 
»•)Chi-lting,  p.  268;  Ebend.  II,  6,  6.  —  »»)  CW-kbg,  Jl,  r,,  5.  —  *•)  Chon^ldag, 
^850.  —  '  0  Clii-king,  p.  264.  —  » «)  Bd.  I,  S.  114.  —  ' »)  De  Maiila,  hißt.  gen.  I, 
f  92.—  M^m.  (1.  Ch.  Xn,  p.  243.  —  «')  Ehciid.  p.  264.  —  «»)  GtltsUff,  &  184. 
-  **)Siiig.li«tclü&>thsioiuui,  Ton  GabelenU  a.  a.  O.  S.  275  etc. 


III.  iie  leiichaag  des  iöttlickea  and  des  lenKhUehea  aaf  eiaaadcr« 

S  19. 

b  der  migehemmten,  reinen  Fortcni Wickelung  der  chinc- 
sscheit  W^eltanscliaunng  kann  zwischen  dem  Göttlichen  und 
MeuscbÜcheii  keio  auderes  Verhaituiäs  bein  als  das  zwischea 
dem  Allgemeinen  und  dem  Besondern ,  dem  Ganzen  und  dem 
Theil»  der  Lebmiakraft  and  der  Lebenserschetnnng.  Der 
HflMeth  ist  ja  nur  dn  Atom  In  dem  grOMenWeltkiyatally  ebi  Glied 
n  der  enggeiugten  Kette  des  natürlichen  Daseins ,  nnd  seine. 
Seele  nur  eine  höhere  Ersehelnungsform  der  In  der  Welt  wal- 
tenden Kraft  als  die  Thierseclen.  Was  der  Mensch  ist  und  thut, 

ihut  Gott  selbst;  der  Mensch  hat  dem  Himmel  gegenüber 
Mn  selbststämJiges  Dasein;  zwischen  Mensch  und  Gott  ist  nur 
^VerhftltBiss  der  jNothwendigkeit^  und  selbst  das  Böse  fallt 


54 


dem  «iitdichen  Leben  zn;  die  Beziehung  des  Göttlichen  und  des 
Men8chliclu  II  aiü  einander  ist  nur  eine  Beziehang  des  Göttiicheo 
auf  sich  selbst. 

So  wäre  die  Sache  sehr  einfkch  und  wir  wftren  eigen^h 
fertig;  aber  das  chinesische  Denken  scbrehet  nicht  so  kfihn  auf 
seinem  betretenen  Wege  TorwSrts;  es  dentet  das  Ziel  wohl 
kenntlich  genug  an,<)  aber  es  ermangelt  der  aach  vor  der  gran- 
samsten  Gcmsequena  nicht  ssarflckbebenden  Energie  der  gensa- 
nischen  Indier ,  es  giebt  dem  natürlichen ,  aus  einer  unverstan- 
denen A Inning  einer  höhern  Idee  entsprune;fnen  Gefühle  nach, 
welches  sich  gegen  die  Ufirten  eines  Verstandes  -  S^iiitemes 
sträubt;  —  der  Chinese  gestattet  nachgiebig  »lfm  Menschen 
ein  einigermaassen  selbstständiges  Dasein ,  lässt  ihn  nicht  ohne 
Weiteres  aufgehen  in  das  allgemeine  Natu rsein,  gestattet  ifarm, 
ohne  sie  irgendtrie  begreifen  zn  können  >  einige  Willensfreiheit 
Und  narTon  diesem,  weniger  klaren ,  aber  natMieherem  Slaad- 
pnnkt  ans  hat  die  Frage  nach  der  Besiebung  des  Afenschlldhen 
nnd  Gottliehen  anf  einander  eine  weitergehende  Bedentong. 

Stehe«  16. 

§ 

a)  Die  Beziehang  des  flöttlirhrn  auf  tlfis  menschUcbe  Leben. 

Ist  dem  Menschen  auch  eine  gewisse  Selbstständigkeit  des 
Daseins  zugestanden ,  so  darf  diess  dennoch  der  Idee  von  der 
allwaltenden,  alles  durch  webenden  Himmelsmacht  nicht  Eintrag 
thon;  ier  Himmel  ist  und  bleibt  doch  der  Anf&nger  nnd  LeÜer 
und  Vollender  des  Ganzen ,  und  lässt  dem  Menschen  nur  einen 
kleinen  Kreis  freier  Thfitigkeit,  und  der  grOsste  Theil  dessen, 
was  bei  anderen  heidnischen  Völkern  dem  menschlichen  Thun 
anheiinlälU,  vor  Allem  das  Staatslebcn  und  die  Geschichte, 
ist  hier  fast  ganz  ein  Ausdruck  der  nach  nothwendigen  (a  setzen 
waltenden  Tlimmrlskraft.  Wag;!  es  auch  das  chinesische  Be- 
^vusstsein  nicht,  dem  Grundgedanken  gemäss  das  Menschliche 
völlig  in  das  Göttliche  aufgehen  zu  lassen,  und  alle  Willens- 
freiheit auszuschliessen,  so  sucht  es  doch  das  Bereich  derselben 
auf  den  engsten  Umkreis  zusammenzuziehen. 

Die  Beziehung  des  eigentlich  allein  geltenden  Oöttlfehen 
auf  das  nur  dnldungsweise  als  selbsfstAndtg  erscheinende  Menseh- 
liche  ist  noth^vendig  eine  zwcifaclio.  Eijnnal  bezieht  sich  die 
götllieiie  Macht  auf  das  mit  Freiheit  vom  Menschen  voll- 
brachte  Thun.  Illsst  es.  ins(i("<  tu  es  mit  fl(  r  in  di  i  Welt  !ierr- 
schenden  Ordnung  übereinstimmend  ist,  gelten,  oder  weist  es, 
insofern  es  derselben  zuwider  ist  nnd  sie  Ut^rt,  kräftig  zurftek. 

Digitizcd  hv  C 


Es  ist  die  Gerechtiflckeit  des  jj^otüiclicn  W'aliens,  die  es  dem 
Tugeudhaffeii  w  oJil  i^ehou  läüst  und  auf  den  Frevler  die  ganze 
Schwere  tlcr  gestörten  Weltbarmonie  zurückwirken  lässt.  Er- 
scheinen  die  auf  die  Sünde  folgenden  krami^hailten  Zust&ade  der 
Natur  mehr  als  unmittelk^are  und  natürliche,  von  selbsl  edblgende 
Wkkiai|;eii  des  Bdsen,  so  tritt  di«  göttliche  Ge§;enwlrkiuig  gegen 
dasMlbe  avdi  oft  in  mehr  positiver,  mehr  einen  geschieht- 
liehen  als  einen  Natur- Chacnkter  tragender  Weise  auf;  jedoch 
!§t  nir^endi^  das  Grebiet  der  Natur  nnd  das  der  gesebichtlichen 
Tliat  klai  \uid  bestimmt  i^e.schieden.  —  Zweitens  greiit  das  gütt- 
iiclie  Wirk«  11  unmittelbai-  in  das  Gebiet  uienscbiiehen  Thuns  ein, 
den  fi(  It  n  \N  illeu  des  Menseben  bei  Seite  schiebend, — also 
iiiciit  riciiteud,  sondern  regierend,  nicht  urtbeiiend,  sondern 
handelnd.  Ziel  und  Verlauf  des  menschlichen  Lebens  werden 
toah  die  nnahftnderliebe  und  unbegreifliche  Ilimmelsbestim- 
■ong  bedingt»  und  die  Sehickaale  der  Menschen  im  Grossen  wie 
in  Kleinen  durch  sie  geleitet  Die  himmlische  Macht  ist  vor 
illen  Dingen  die  Seele  des  Staatslebens;  die  Gesetze  und  die 
Schicksale  des  Staates  ruhen  allein  in  ihr,  Kaiscrgescblecbtcr 
weiden  durch  sie  eriiubeu  und  ^(  snir/! .  und  selbst  die  Minister 
werden  oft  durcb  des  Himmels  iiestiiiiinung  gewälilt.  Dai'UiU 
geiNihrt  unbedingtes  Vertrauen  der  güttiiciien  Leitung. 

Die  frr)mme  Ergebung  in  die  göttliche  Fügung  ist  übrigens 
aemlich  kühl;  der  kalten  Naturmacfat  des  Himmels  gegenüber 
kaaa  das  mensciiliche  Hers  nicht  erwarmen*  Als  Kong-tse  auf 
Minen  Reisen  einen  Menschen  antraf,  der  aus  Verzweiflung  sich 
Iiaagen  wollte ,  ermahnte  .er  ihn  %um  Muth  und  sprach:  j^Sei 
getrost  und  sei  von  einer  Wahrheit  fibenieugt,  welche  die  Erfah- 
Hing  aller  Jaluiiuude« te  verbürgl;  sehieib  diese  \\'ahrlieit  ein 
in  deine  Seele  mit  uiivei lilgban;!»  Zügen:  So  lange  ein  Mensch 
dag  Leben  geniesset,  hat  er  nie  (irund  zur  Verzweinung ;  denn  er 
kann  plötzlich  aus  tiefstem  Leid  zur  höchsten  Freude  kommcuuud 
aus  dem  Unglück  zum  hoclisten  Glück.'**)  Das  ist  eine  sehr  wohl- 
ieile  Weisheit^  aber  schwerlii^  geeignetj  dasGemüthau  beleben. 
Iq  Clutta  wird  durch  die  Sünde  nicht  eine  persönliche  Gottheit 
beleidigt,  soadeni  die  aJlgemeine^  unperstlDliclie  WeltharmoDie;  die 
Wirituogen  des  Frevels  sind  daher  umnltteibar;  der  Sünder  ruft  die 
Nalurmacht  gegen  sich  auf;  der  in  das  rollende  Rüderwerk  der 
Weltharmuiiie  IVevelnd  eingreifende  Arm  wird  zermalmet.  [§  17.]  — 
Nicht  wesentii«  Ii  «liivor»  verschieden,  nur  iieschärfter,  zur  positiven 
Strafe  des  Einzelnen  zugespitzt,  und  eiuer  gcgchichtiichen  Wirk- 
fiuikeit  sich  näberod  ist  diese  guttliche  Gerechtigkeit  dann,  weno 


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sie  ien  ScMdTolIeD  ans  der  Menge  herausgreift  md  flbn  iIUh  nie- 

dcrschraettert.  Ein  Kaiser  der  zweiten  Dynastie,  welcher  Gutzeo 
aufstellte  und  tiot/cnd  Pfeile  sregen  den  Hrnmiel  abschoss,  wurde 
vom  Blitz  erschlagen.-)  Bei  der  frciw  iliiü;(;n .  durch  Verleumduoj^ 
herbeigeführteu  Verbannung  ehicM  edieo  Prinzen  catstaod  ein  t^e* 
waltiger  Starm  und  ein  Ungewitter,  und  als  er  wieder  zuruckbe* 
rafea  wurde,  wurde  dae  Wetter  wieder  heiter.*)  Ale  eis  Kaiser 
eioeu  Frevel  begaugeD,  saadte  der  Himniel  drei  Tage  laug  efaieti 
Nebel  über  da«  ganse  Land.«)  Die  »treng  veigelteode  Goecfatig- 
Iceit,  aus  der  Grund* Idee  der  Chinesen  sich  von  selbst  ▼ersteheml, 
n  ird  jederzeit  stark  betont.  ,,Der  Himmel  häuft  auf  die  Tugendhaf- 
ten Gluck,  auf  die  Frevler  Unglück  jeder  Art."  „Wenn  die  Tufirend 
lauter  und  rein  ist,  ist  <ler  Mensch  glOckiu  Ii  in  Allem,  wns  er  unter- 
nimmt, wenn  sie  aber  getrübt  ist,  ist  der  Mensch  unglSckiich. 
Glücli:  und  Unglück  sind  nicht  an  den  Menschen  gebunden,  gondem 
beides,  welches  der  Himmel  sendet,  hängt  von  ihrer  Tugend  ah;"<^) 
der  Hhnmel  belohnt  die  Tugend  durch  e|n  glfickliches  und  iaoges 
Leben.«)  Diese  Belohnung  wie  Jene  Bestrafung  ist  nicht  dach 
einen  besondern  göttlichen  Entschluss  verhängt,  sondern  sie  «hkI 
eine  in  der  Natur  der  Sache  liegende  nothwendige  Folge  des  mensch- 
lichen Thuns;  es  ist  mit  <leni  Menschen  wie  mit  einem  Baume,  sagt 
das  Tschune- vunc;  ein  Baum,  welcher  eine  starke  Wurr.el  treibt, 
wird  V  om  iStunuc  nicht  ge.«!türzt,  sondern  wachst  kräftig  empor,  w  enn 
er  aber  eine  gebrechliche  Wurzel  hat .  wird  er  leicht  umgebrocheo ; 
diess  liegt  in  der  Beschaffenheit  des  Baumes  selbsf)  Ähnlich  der 
Schu-king:  ^ Nicht  der  Himmel  sttirzt  die  Menschen  ins  Verderbes, 
sondern  die  Menschen  sich  selbst,  indem  sie  sich  von  seinen  Oid* 
nangen  ISsen.''*)  „Im  Unglück  wie  im  GKtck  widerfthrt'dem  Mee- 
sehen  nichts,  was  er  sich  nicht  selbst  herbeigeführt."*)  „Es  steht 
in  der  Macht  des  Menschen,  sagt  Kong-tse.  guj  und  höüe  zu  hau- 
delu,  und  %'on  seinem  Ilau  leln  allein  hängt  sein  Glii«  k  oder  Unglück 
ab,  unabhängig  von  allen  Vorzeichen. ^o)  —  Ebenso  bestimmt  wie 
diese  richterliche  Wirksamkeit  der  göttlichen  Weltseele,  der 
in  dem  Dasein  waltenden  Venitinftigkeit ,  wird  auch  die  regie- 
rende und  verwaltende  Wirksamkeit  derselben  gelehrt,  indem  sie 
unmittelbar  leitend  in  das  menschliche  Leben  ebgreift  Der  Hfam- 
met  bestimmt  die  Dauer  des  menschlichen  Lebens; *<)  „Glück  oad 
Unglflck,  Alles  was  geschieht,  wird  dnreh  den  Himmel  gesandt; 
und  derWei^e  erkennt  dieses  himmlische  Weilten  in  jedem  Zufall; 
und  wenn  Etwas  geschieht,  wozu  sich  keine  Ur*<ache  auffinden 
lässt,  so  ist  es  durch  den  Himmel  bewirkt.'')  Besonders  aber  tritt 
das  himmlische  Walten  bei  den  Schicksalen  der  Vdlker  and  der 


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ST 


FlirsteD  hervor.  Der  Himmel  erwählt  die  Kaiser,**)  und  gieht  den 
Ton  ihm  zur  Herrschaft  Bestimmten  hohe  ErkeuDtoiss ;  das  Be- 
steheo  und  Untergehen  vod  Völkern  hängt  von  der  Bestimmung  des 
UnMle  Da«  himmlMche  Waitea  wird  oft  sehr  ins  EtoselDe 

verfolgt.  „Weito  der  Himnel  einem  MeneciieD  ein  hohes  Amt  su- 
thdleo  wOI»  so  pflegt  er  dessea  Geist  durch  Sorgen  und  Schmersen 
ra  heonrnhigen,  seliiefi  Körper  durch  ArheiteD  zu  ermüden,  durch 
UoDger  zu  schwäclieii,  durch  Armuth  iiietlcrzudrückeu,  seine  Unter- 
nehmut;gen  zu  vereiteln  etc.,  um  ihn  zur  Tucend  mehr  anzuregen."  i'») 
Bei  dem  Untergänge  einer  Dynastie    wartete  der  Himmel  noch  lünf 

Jahre»  um  dem  Kaiser  Zeit  zu  geben  [zur  Besserung].  Der 

Himmel  gab  grosse  Zeichen  seines  Zornes.**  i^)  Die  besonders 
üge  Beniehiiog  des  Himmels  sam  Kaiser  werden  wir  spftter-sv  be- 
tnchteo  haben. 

Bmgebeades  Vertiaoea  auf  die  himmlische  Ffihnmg  whrd  sehr 
ofl^Tom  Menschen  gefordert;  i^)  nnd  wenn  wir,  selbst hi  den  lyrischen 

heiligen  Schriften,  auch  bittere  Klagen  und  Anklagen  gegen  das 
Walten  des  Himmels  ausgesprochen  finden,  8o  kann  dieser  Wider- 
spruch gegen  die  GrnTHMdpe  der  chinesischen  Iteligion  nur  als  ein 
UD frommer  Ausdruck  grollenden  Unmuths  betrachtet  werden, 
welcher  so  wenig  wie  HIobs  afirnende  Klagen  ein  Bild  des  wirklich 
lefigiSseB  BewosslselDs  gehen.  ,,Der  erhabene  Himmel,  vetgessend 
der  Geredbtlgkelt»  bat  nns  in  so  grosses  Elend  gemfeo;  der  er- 
habene flbunel  will  nicht  mehr  sich  eibarmeD,  denn  onteigehn  den 
lebmachToUsten  Untergang  wird  bald  das  Releh/'  „Der  unbe- 
grenzte und  erhabene  Himmel  hat  seiner  gewohnten  Güte  vergessen, 
Hunger  und  Jaiuaicr  sendet  ur  uns,  Menschen  tüdtet  er  allenthalben; 
der  erhabne  Himmel  ist  ^((!l  Zorn  iinrl  schiianhet  Schrecken,  er 
prOft  und  harret  nicht  mehr;  Frevler  und  Schuldige  ergreifend  und 
strafend  trifft  er  gleicherweise  auch  die  Reinen  und  Unschuldigen, 
nod  stürzt  alle  in  gemeinsamen  Fall  in  gleiche  Strafe.'«  *>)  —  ,,Er< 
hsbener  Himmel,  dessen  Rath  uneriassUch  unserem  Verstände, 
Vater  der  Menschen  wirst  du  genannt ,  und  liesest  den  Menschen, 
der  keinen  Fehl  und-keb  Verbrechen  begangen,  in  solchem  Elend 
•ehmachten?  Erhabener  Himmel,  furchtbar  und  zu  scheuen!  Streng 
mich  prüfend  find  ich  keinen  Fehl  an  mir.  Erhabener  Himmel  voll 
Zorn  und  ►Schrecken?  Wenn  ich  meinen  Wandel  prtUe,  weiss  ich 
¥00  Jeder  Schuld  mich  frei/' 

Mem.  d.  Chin.  XU,  p.  52.  —  ^)  de  Maüla,  I,  p.  22:.  —  ^)  Chou-king,  p.  181. 
Itt.  —  ♦)!)©  Guigncs  im  Choa-Idng,  p.  91.  —  •)  Chou-lung,  p.  95.  lOS.  — 
^Hdhouig.yoimg,  e.  17,  i.  —  ^  Ebend.  e.  17,  9.  —  *)  Chon-king,  p.  1S9.  ^ 


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m  


GlMii-UNt>  P*      ^  >^  Maii^Im,  XI.  7, 4.    ^  IM 

S,  SM);  CShoa^Uag,  p.  S7.  —  »)  Cbon-fciqg,  p.  84. Hnpe-tiea,  I,  4,  43; 

I,S»  37.  38 —      Ebond.      6.  51 —  ")  Cboupkingt  p-  244  i»)  Chi-kiiig,  I,  3,  15. 

^  Chi-king,  n,  4,  7.  10  —  **)  Ebcml.  IT,  5,  4. 

Wie  offenbart  sieh  nun  4imeB  hinHuUsldifi  \yalteu  in  der 
IlieiiMsbh«it9  welches  shid  deeaen  £rkeMHngsseiehea?  — 
Der  ElafiiH»  des  GdttHefaMi  Mif  das  Measehliche  hat  hier  eawn 
Temfinlligeii  Inhalt  «nd  eine  entsprechende  Gestalt  gewmmmi 
das  sittliche  nnd  venKinftige  Bewnsstsein  des  Menschen  ist  die 
Offenbarung:  der  himmlischen  Vernänfti2:keit.  jeder  Mensck,  der 
niclil  diircli  frevelliaft«;  (icsiiinunür  verbkmlet  ist,  trafst  dieselbe 
in  sieb  selbst:  die  Siirnine  der  Vernunft,  des  Gewissens  ist  die 
Stimme  der  Gottheit  selbst.  Was  bei  den  Wilden  nur  als  ein 
unterbrochenes,  augenblickliches  Aufblitzen  der  göttlichen  £in- 
\virkung  in  conTnlsirisoher  Weise  erschien »  das  ist  hier  zu  einem 
ordenütchen,  gesstamasslgen  Wirk^  geworden.  Nicht  dann 
nnd  wann»  sondern  immer  offenbart  sich  Gott  dem  Menstthcn, 
nicht  hier  oder  da,  sondern  flberall,  nidit  nasser  der  Ordnung, 
sondern  in  der  Ordmmg  des  Lebens,  nicht  als  eine  krankhafte, 
s(>ml(  i  n  als  eine  f;;esuiide  Erschein unii;,  nicht  iiiil  IJiiterdrückunE: 
des  iinfüilrchen  Bewusstseins j  sondern  in  und  mit  demselben, 
nicht  als  ein  plötzlich  aullahrender  nnd  wieder  versrh windender 
Funke,  sondern  als  ein  stetiges  Leuchten.  Bei  den  rohen  VdU 
kem  geschah  die  göttliche  Offenbarung  tumnltnarlsch,  stosa- 
wciae»  hier  in  geordneter ,  stetiger  Bewegung;  dort  ein  kramj^f- 
hafics  Zadcen,  hier  ein  glelchmflssiger  Pnlsschlag,  dort  da 
Anibransen,  hier  emStrdmen.  Eine  fibcrnatflrliohe  Offenba* 
rang  hat  hier  kehien  rechten  Sinn ,  weil  ausstf  der  Natur  Nichts 
ist,  und  grade  in  der  Ordnung  des  ?Saturlcbens  das  göttliche 
Walten  erscheint.  Nirojends  erschcim  hier  jene  kramp! hafte 
Dorchbrechunp:  des  L;rsuiiden  nnd  nntüriicben  BewiL^stseius,  wie 
tue  dämonisch -grauenhaft  in  der  Lkstase  auftrat  [Bd.  I,  §  75]. 
Dem  nüchteraen^  ▼erstAndigen  Chinesen »  der  iiur  in  der  unwan- 
delbaren Ordnung  des  nothwendlgen  Gesedses  dicVernflnftigkelt 
findet«  ist  jedes  Exaltirte  nnd  jede  StOning  dar  regeiaiAsaigen 
Lebensordnnng  vttllig  zuwider,  nnd  jeder  ekstatischtt  Znstand 
gilt  ihm  ohne  Weiteres  als  Verrfiolctheit  Das  ganse  Leben  trägt 
den  Charakter  prosaischer  Nüchternheit,  nichts  Überspanntes, 
nichts  Mystisches  findet  hier  Platz.  Der  Mensch  braucht  nicht 
sein  gewöhnliches  Denke n  und  Sinnen  zu  unterdrücken,  um  die 
Wahrheit  ;»tt  eikeuuen«  um  da«  Uöttüchc  s&u  vernehmen»  souiisrii 


gnNie  in  de«  gemeinen  Bewusstsehi  hat  er  die  göttHebe  Offen« 
bmiig.  Das  ftlle  Cäiina  hat  fast  gar  keine  Wunder  and  Aber« 
lifftrllclie  Gotteswirknnge»;  Alles  ist  da  handgreiflidi«Ter- 
5(iridigi  der  TalgtateRatioiHilismiui  ist  hier  Grmideharakter  der 
Wekanselianmig;  es  bat  keine  Wander,  weil  es  höher  steht  als 
die  rohen  Völker,  welche  das  Göttliche  nnr  als  ein  Zufölliges, 
Einzelnes  kennen,  —  und  weil  es  niedriger  steht  nis  dte  west- 
iithtii  \  nlker.  bei  denen  das  Göttliche  noch  etwas  Höheres  ist 
als  das  blosse  Naturleben. 

Das  höchste  und  sicherste  Erkennungszeichen  der 
bimmlischen  Bestimmung,  oder  wenn  man  will,  des  göttlichen 
WÜleas,  ist  daher  die  öffentliche  Meinang,  die  allgemeine 
Stimme  des  Volkes,  wsp  papuH,  vos  dei;  selbst  der  Umstuns 
aller  Herrsidierbftaser  wird  als  himmllaohe  Fügung  gerechtfer- 
tigt durch  des  Volkes  Beistimmung.  —  Vorzeichen  sind  fttr 
den  Weisen  entweder  natürliche  Offenbarungen  der  bewahrten 
oder  gestörten  \V  eUharnionie,  —  oder  Ab(;r2:)aiiben:  dem  t^n- 
m<;senden  gelten  sie  viel.  Nnr  die  nüchternste  und  natiii  lirliste 
der  bestimmteren  Offeubarungsweis^  des  göttlichen  W  aiiens 
wird  hier  zngelassen ,  der  Tran m.  Der  Traum  ist  nur  die  Fort- 
lelmg  mid  die  durch  den  WegfoU  jeder  änsseren  Trülning  be- 
ittmatere  vad  durch  die  Phantasie  fiirbenvollere  Torrn  der  all- 
gaaeinen  Olfenbarang  durch  die  Venianft,  ist  ein  lebendiges 
Bewasstwerden  des  das  Welt-All  dnrehadintenden  OcttesgeialeS) 
und  nicht  als  etwas  Übernatürliches  zu  betrachten.  Der  Traum 
ist  das  Vorzeichen  des  Kommenden  im  Geinüth.  und  dasäosser- 
licbe  Vorzeichen  ist  der  ahnende  Traum  der  Geschic  litc. 

Das  göttliche  Richten  und  Walten  offenbart  «ich  zuDächst  iu  der 
menschlichen  Vernunft.  Die  Befehle  des  Himmels /'  denen  die 
Kaiser  and  die  VSlker  gehoreheti,  erseheineu  fast  aberall  zagleieh 
•If  die  Oesetse  der  Venrauft,  welohe  jeder  Mensch  lo  sieh  selbst 
tilgt,  und  von  einer  wirkUchen  besoudetn  CHfenbaraog  des  gOtt- 
Mea  WIUeRs,  von  einer  Insphathio,  ist  nirgends  die  Rede.  Ver- 
vmd  und  Himmelsbefehl  werden  als  gleichbedeutend  gebraucht. 
..No  lange  die  alten  Kaiser,  hei^tst  es  !m  Sehn  -  kiripf .  mrr  der  \'cr- 
nunft  foli»ten,  schliii;  d'^r  HiiniiH'l  sie  nicht  mit  Tn^lrii  k  etc;"^) 
sonst  ist  in  ganz  gleiclicr  \  erbindung  vom  Befehl  des  Hininiets  die 
Kede.  Als  in  ältester  Zeit  ein  Vasall  einen  scfilechten  Kaiser  vom 
Throne  stürzte,  betvies  er  eiofiich  durch  die  Darstellung  der  Ruch- 
losigkeit desselben,  dass  er  dem  „Befehle  des  Hh&mels"  gehorsam 
gewesen;*)  was  als  vemünftlg  saehgewIeseD  Ist,  ist  es  auch  als 
gftttlleha  Beatimmo^g»      Die  bebe  Bedeatang  der  sUgeaafaMa 


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VoHMmeiMnig  ist  sehr  beiditugswertli.    „Der  Bfannel  eleMt 

was  das  Volk  sieht,  und  hOrt,  was  das  Volk  h8rt;"3)  in  der  Zu- 
neigUDg  oder  ^^LbneiganL .  in  dor  Li^ibo  wie  in  dem  Hasse,  in  dem 
Beifall  wie  in  der  Unzulriedeiihett  des  Volks  wird  die  utJzvveifeU 
hafte  Stimme  de««  Ilininiels  anerkannt.-^)  „\Wfi  der  Uiiuoiei  sieht 
und  hurt,  sagt  mit  dem  Y-king  faat  wortlich  überein9ti]imiend  der 
£khu-king,  oHenbart  sich  in  dem,  was  die  Volker  sehen  und  horeo; 
wae  die  Volker  der  BeloheoDg  oder  Beelrafoog  filr  wfirdig  halteB* 
aeigt  an,  was  der  Himinel  bestrafen  and  helohoeo  will.  Es  Ist  eine 
inelge  Beiiehang  zwischen  dem  Himmel  und  dem  Volk.  Dies« 
mOgen  die«  welche  die  Volker  leiten,  weislich  beachten/'^)  Wir 
müssen  auf  dieses  Thema  spater  noch  zm  lickkommeu.  -— 

Was  von  Wuiiderhart  ein  In  den  <  liinosJschcn  Schriften  er- 
wähnt wird,  gehurt  in  das  Bereich  der  s[>ateren,  von  indischen 
Phantasien  getränkten  äk^;e.  £s  werden  da  vorzugsweise  ,,ilber- 
natürlicbe"  Bmpfiingnissc  und  Wunderzeichen  bei  der  (iieburt  gros- 
ser M&nner  erwihot*  Die  Mutter  Fo-hi's  wurde  ton  einem  sie  um- 
gebenden  Regenbogen  geschwängert;  und  sie  gebar  erst  nadi  swSlf 
Jahren;  das  Kfaid  hatte  den  Kopf  eines  Menschen  nad  den  Leib 
einer  Schlange.  Ein  anderer  Fflrst  wurde  von  einem  Dracheo 
erzeugt;  sein  Körper  war  einem  Stier  ähnlich,  drei  Stunden  nach 
der  Gehurt  konnte  er  sprechen,  mit  iüui  Tagen  gehen  etc.;  auch 
der  grosse  Yao  wurde  von  einem  Drachen  erzeugt.'^)  Wie  wenig 
auf  diese  Sagen  zu  geben  ist^  geht  schon  daraus  hervor,  dass  die 
Reichs  -  Gescbichtey  welche  de  Maiüa  übersetzt  hat,  entweder 
.nichts  davon  weiss,  oder,  wie  bei  Yao,  das  Wunder  ausdrOcklich  als 
eine  Sage  berichtet*)  Pass  die  Sage  den  Mantschn- Firsten, 
welcher  Im  17.  Jahrhundert  n.  Ch.  China  angrifl*,  dadmch  «npfiui* 
gen  werden  ISsst,  dass  eine  Elster  eine  Fmcht  in  den  Schooea 
eines  sich  badenden  Müdchens  fallen  liess,^)  ist  fnr  die  chinesische 
Weltanschauung  natüHi«  h  ohne  Bedeutung,  von  grösserer  für  die 
Frage  nach  dem  Ursprung  cier  Azteken.  [Bd.  1.  §  18.5.  |  —  \m  f^elt- 
samsten  erscheint  wohl  der  Ursprung  des  Ahnherrn  der  kaiserlichen 
Familie  Tsche-u  (seit  1122  vor  Chr.  regierend)  nach  dem  Schi-king. 
Die  kinderlose  Ahnfrau  dieses  Geschlechts  betete  und  opferte  viel; 
einst  stellte  sie  skdi  «,attf  die  Spur,  welche  der  Herr  der  Welt  durch 
seine  grosse  Zehe  eingedrficfct  surfickgelassen  hatte;''  und  sie 
AhRe  sofort  eine  Bewegung  in  ihrem  Innern,  und  wurde  sehwanger ; 
und  sie  gebar  ihren  Sohn  ohne  Wehen  und  Seufzen,  ,,denn  der  er- 
habne Herrscher  der  Welt  bewirkte,  da.«s  Alles  ohne  Mühsal  ge- 
schah." Der  Ncugeborne  uuchs  wundersam  schnell  und  Wunder 
begleiteten  seine  Schritte,  lo)  Fast  alle  chinesischen  Erklärer  dM 


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61 


^  Schi-king  verwerfen  diese  Er/ühlung  &U  fabelhaft;  i^)  uriii  in  der 
Tbat  ist  dieselbe  von  Anfang  hin  m  Ende  dem  <  liinesischen  Be- 
wusstneiu  zuwider.  Nie  hat  die  Gottheit  bei  den  Chinesen  eine 
meDschlicbe  Gestalt  gehabt;  sie  kann  i^elbst  nicht  im  Tiaume  dem 
Measchen  erscheinen,**)  am  Cfarietenthume  ist  den  Cl^oeeeii 
die  „MeMchwerdimg"  das  grOeete  Aigeralee.  Bm  Geaie  trilgt 
■0  bendgreiiieh  iadliiekeD  Charakter,  daM  e»  aellMt  d«r  hekann- 
tei  „Fnifitapfeii"  des  Buddha  nicht  bedflrftet  vi  ^  Ursprung 
iweifeiles  zn  erkennen;  die  Etiihhing  ist  wahrsehehdidi  ehie 
spätere  £iü8cliiel>uitg. 

Die  Vorzeichen  vor  verliärK^nrssvolIen  Ereignissen  s'md  ein- 
iiich  auf  den  nothwendigcn  iinitiiefi  Zusammenhang  zwischen  dem 
aittlichen  Thun  des  Menschen  und  der  Naturordnung  zurückriifüh  • 
res,  und  enthalten  lur  den  Chinesen  nichts  Wunderhaftes.  lt.  17.] 
Se  wird  der  Untergang  ^er  Dynastie  dadurch  vorgedentet,  dass 
Berge  eEnsCirsen,  Deppelsonsen  und  KsmeteD  erscheinen;  Erdlie- 
heo  eintraten,  Fllbise  Tertrocknen  ete.  GAist^es  Zeichen  des 
Hininels  bt  es,  wenn  die  Opfer  und  andere  religiöse  Handlungen 
einen  günstigen  Verlauf  haben,  wundersame  Tliiere  erscheinen, 
wenn  Quellen  von  süssem  Weiti  si(  h  anfthun  etcj-*) 

Jedoch  gehört  der  Ofaube  an  andre  V  orzeichen  als  jene  aili»e- 
B^nen  Naturerscheinungen  nur  dem  ungebildeten  Bewusstsein  an;  « 
rtn  die  weissagende  Bedeutung  wundersamer  Thiere  oder  anderer 
Wahrseidiien  glauht  der  tiefer  Denkende  nicht.  Kong*tse  selbst 
ngte:  „üe  gute  oder  schlechte  Regierung  der  Fdrsten  ist  em 
aichereres  Vorseichen  vonGlfick  oderUngläck  als  die  wunderbarsten 
llaturersdkeinungen."U)  .  jiig  eine  weiise  Elster  sich  in  den 
Schlafzimmer  des  frommen  Kaisers  Tai-t«ioni:  |7.  Jahrhundert  naiA 
Chr.]  ein  Nest  baute,  und  die  Hofleute  darin  ein  glückliches  Omen 
fanden,  liess  er  die  Elster  ll^I);^^Is\^  erfcfi  und  sagte:  „Ich  müsste 
mich  schämen,  mich  solchen  Träumereien  hinzugeben.  Die  Wahr- 
Bcichen,  denen  ich  Tertraue,  sind  anderer  Art;  die  Weisen,  die 
ndr  beistehen  meb  Volk  su  regieren,  das  sind  die  Zeichendenter, 
dte  ich  suche«  Kaiser  Hong-wu  [14.  Jahrhundert  naeh  Chr.] 
erkl&rte  bei  einem  ihniichen  Fall:  „der  Weise  Ubehtet  die  Votsei- 
<hen  nicht,  und  Iber  seine  Handlungen  wachend  weiss  er  das  an- 
gedeutete Unheil  abzuwenden;  seine  Fehler  ablegen  und  die  Tugend 
au"9Ül>efi,  das  sind  die  besten  Wahrzeichen  für  das  Volk  und  für 
den  Fürsten,  der  dessen  Vater  sein  soll,  i^) 

Die  Tr?iunie  der  Chinesen  nehmen  bisweilen  eine  sehr  be- 
stionnt  offenbarende  Form  an.  Ein  Kaiser  im  14.  Jahrb.  v.  Chr., 
der  Mwh  ebem  weisen  und  tachtigen  Minister  suchte,  sah  ba 


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■ '  r 


Trame  das  BiU  «ioes  Ihm  nahekttootea  Maiitte»     deatilch,  da» 

man  narli  seiner  Aiigubc  im  ganzen  Lande  den  Menschen  sachte, 
und  ihn  eiulikh  in  einem  Tagarbeiter  oder  Maurer  fand;  der  Ge- 
iuudeue,  %*ora  Kaiser  wietlererkannt,  wurile  iVliriister.  Fürst 
Wawaog  erbieit  durcU  einen  Traum  den  Aui'tra^»  das  ciUiicli  ver- 
sunkene Kaiscrgeacblecht  zu  «tflrsen.  i^) 

Da«  Zaiabao  daa  Looae«  «tid  äUicber  IKage  ivevdMi  wir 
a|»ltter  arwSlmen. 

Cauv-Mog,  1».  »S.  —  *)  Bbead.  p.  87.  —  *)  T-Ung,  p.  SM.  — • «)  4e  lUilU, 
hlstw  gen.  I,  p.  85;  Meng-tseii,  I,  2,  39;  11,  S,  23.  —  Chou-king»  p.  34;  vgl.  l 
—  ")  Oützlafl",  Gesch.  de?  <hinc^.  Reichs,  S.  18.  —  ")  Ebentl.  S.  19.  28;  vgl.  Choo- 
kin.>,  1.  c.  1.  —  •)  (lo  Miiilla,  hist.  c^>n.  T.  p.  10.  37.  —  •)  GützlafT,  S.  550. — 
Chi-kin-  .  ni.  2.  1.  —  ")  Ebend.  p.  308.  —  Vhvnä.  ]>.  f?C2.  —  Chon-lcT«^. 
p.  i;i6;  (Jüt/latr,  S.  b5.  130.  326;  Tchoung-young,  c.  S4.  —  Mcmj^j-Imu,  II.  3,  23; 
Miktuaniin,  bei  KUprotli,  uotices,  p.  67.  —  Mem.  d.  Chin.  Xll»  2i2.  — 
"*)  de  Maiila,  hist.  VI,  p.  5y.  —  tbcud.  X,  p.  73.  —  Chou-king,  p.  123.  — 
Ebend.  p.  152.  — 

b)  Bie  Bexiehang  des  Meotchea  auf  dat  GdCtlicbe. 

Der  panthelstische  Charakter  der  chinesiscben  Weksnaehan- 

ung  niuss  bei  der  Beziehung  des  MeiKscheii  auf  das  (ȟttlichc 
besonders  stark  hervortreten.  Gott  und  Mensch  verluiUen  sich 
liier  zu  einander  wie  das  All^enieino  zum  Ijebondern,  dab 
Gesammtieben  zur  i:lrscheinuiig  des  einzelnen  Gliedes.  Daa 
Leben  des  Einzehien  ist  an  mich  schon  das  Leben  des  Allge* 
meinen  seUMt»  und  d^  AUgemeine,  das  Götüicbe,  hetaekledi- 
(esdinga  nicht  ein  LMien  für  sieh»  im  Untersolilede  von  dem 
Lehen  des  Besonderen»  sondern  es  Jebt  nnr  in  der  Gewewitheit 
der  Einaelwesen.  (§  9.  11)  —  Während  auf  der  vorigen  Sinfe 
Gott  und  Mensch  weit  auseinander  lagen,  selbst  schrolf  und 
ieiudlich  einander  s^cgeituberstanden,  fallen  sie  hier  wesentlich 
zusammen,  uml  das  Göttliche  ragt  nur  noch  in  einem  dämme- 
rigen Halbschatten  über  die  Creatur  hinaus.  Je  klai*er  und 
bestimmter  der  Untersdiied  zwischen  Gott  und  Mensch  aufge- 
fasst  wird ,  um  so  schärfer  und  lebendiger  trilt  auch  die  Bezie- 
hang  des  Menschen  anf  das  GOttUohe  hervor;  der  Mcnsoh  will 
da  den  Gegensata  versöhnen,  über  den  trennenden  Zwischen* 
ranm  die  Bracke  schlagen,  will  eins  werden  mit  seinem  Gott; 
und  diese  im  Knlt  erscheinende  acttve  Beziehung  des  Menschen 
zu  Gütt,  sowohl  nach  ihrer  ideellcji  Seite,  —  im  Gebet,  —  wie 
in  der  realen,  —  im  Opfer, ^)  —  n;e\\lniu  eine  o;estci^erlc  r»e- 
detitungy  wo  »wiäghen  GuU  und  dem  üdenaghcu  nuck  die 


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ScIiTilH  eine  nnlieilvoilc  Kluft  briclit;  kein  (irbet  ist  heisser 
als  das  Briss^pbet,  und  kvh\  Opfer  tmii^isrhei  :i]>;  das  Schulil- 
Upfer;  —  Christi  Gebetskampl  in  Gethsemane  iukI  sein  Opfertod 
aaf  Golgatha  sind  die  wehgeschiohtliobe  Vollendang  beider 
MeeD.  Aber  in  China  trennt  keine  Stodeneohiild  die  Mensch- 
beit  von  Gott;  das  menaolilieke  Gesohleclit  ist  nat  in  ▼ereinselten 
Encbeianngen  abgewichen;  and  der  Mensch  ist  ja  seinem 
Wesen  nach  mit  CUittefns,  hat  Icehi  selbststlndiges  Dasein  Gott 
i^Li,Liiüber.  ist  noch  nicht  walirliaft  persönlicher  Geist,  der  als 
solcher  anch  sündigend  von  (iott  sich  lösen  künnte.  Das  Glied 
kaim  nicht  von  selbst  von  si  intm  Leibe  sieb  trennen,  nnd  der 
Mensch  nicht  von  dem  in  ilnn  lebenden  Gott.  Kin  wirklicher 
Unterschied  zwischen  Gott  und  dem  Menschen  besteht  in  dem 
dorcbgeföbrten  Systeme  Chinas  nicht,  und  hat  in  dem  VoUls- 
bewnsstsein  nur  eine  schwächliche  Bedeutang.  Za  vennitteln 
'  ist  klein  Gegensats,  nnd  za  sflhnen  keine  Sdiald*  Das  Meer  des 
Mens  Ist  spiegelglatt,  höchstens  von  leichten  WellminiBBehi 
fcewes^t;  Gebet  und  Opfer  haben  hier  ihren  Sinn  verloren;  beide 
Iii  allen  Religionen  sonst  so  buch  geltenden  Ideen  erscheinen  hier 
nur  airdeiituno-sweise,  als  blasse  schattenhafte  Zeielinungen  auf 
üem  granen  Hintergrunde  des  Gottesbewusstseins;  nirgends  im 
ganzen  Hcidenthnme  ist  das  Gebet  ajid  das  Opfer  so  leer,  so 
akgeediwächty  so  nichtssagend,  nur  wie  eine  verblichene  £rin< 
narang  selten  mtä  gleichgiltig  dargebracht»  —  man  weiss  nicht 
nchty  wem  und  wamm« 

Gottes  Reich  konmit  woU  ohne  miser  Gebet  vom  ihm  selbst;'' 
iu/M  mt  der  Chinese  fertig,  und  er  weiss  niclits  weiter  hiscazu- 
setzen.  Das  lieicb  Gottes  braucht  auch  cii^entlich  gar  nicht  erst 
zu  kommen  ,  es  ist  schon  da  und  ist  schon  iiunicr  dajjewesen;  die 
kleinen  Nt«»runjren  des  jrrossen  Friedens  durch  vereiii/idte  Sünden 
verschlagen  dem  Ganzen  nichts.  Was  sollte  der  Chinese  auch 
beten?  Alles^  was  ist  und  geschieht,  ist  ja  in  dem  nothwendigen 
Laif  der  Kator  bestinnnt»  and  geschieht  nach  nawandelbsren  Ge- 
Meea;  dfe  Freiheit  ist  aar  stilleehweigend  geduldet,  nicht  eigent- 
Ich  SB  Redit  anericanat.  Und  so  wem  sollte  er  befen?  Weiss  er 
doch  selbst  nicht,  wie  er  mit  seinem  Gott  daran  ist;  sagen  ihm  doch 
•eine  hervorragendsten  Geister:  der  Mensch  ist  das  einzige  den- 
kende Wesen.  Himmel  und  Erde  aber  haben  keinen  fieist;  k.inii  er 
doch  alles  (berede  von  dem  Hören  und  «Sehen  undWissen  des  Hirn- 
meb  nur  als  Bilder  aulfassen,  aUo  auch  eigentlich  nur  bildlicli 
beten.  Der  Chinese  iiaoB  nicht  warm  werden  bei  dem  Gebet  zu 
■«faMveotlfaeH,  .»deaa  es  scfaUtgt  kein  Hers  ia  ihrer  Bvast.'*  Er 


64 


ktmmt  ffiber  deo  Zweifel  nkht  hlnaiis»  oli  alles  Gebet  uMrt  ihtt^ 
iianpt  elD  leerer  Haveh,  eio  Raf  In  deo  Wald  eel  Das«  Überhaa^ 

aber  freilich  selten  genug ,  gebetet  wird ,  das  gehört  ohne  Zweifel 
in  die  Reihe  der  gemüthlicheo  iDConsequenzcu,  denen  wir  in  China 
schon  einige  Mal  begegnet  sind.  Das  Herz  und  das  BevvusüUeiii 
gehen  nicht  überall  zusammen;  aber  das  Herz  ist  hier  matt.  Die 
Kings  enthalten  aulTalleod  wenig  Gebete.  —  Bei  Eiden  wird  des 
Himmela  Gerechtigkeit  angemfeD.')  Solche  Gehete^  die  eigeat- 
lieh  nur  ein  Bekenntniaa  enüialten,  sind  leicht  bogrellleh;  scbwerer 
aber,  nnd  darum  seltener,  eigentliclie  Bittgebete.  Ale  eb  Kaiser 
in  TodeanOthen  lag,  beteten  aeme  Verwandten  snm  Hunmel  und  er 
genas; 3)  ein  Feldherr  betete  zum  Himmel  um  Regen,  nnd  sein  Ge- 
het wurde  erfallt.*)  Der  Hiiuinel  wird  angerufen  um  Hilfe  vom 
Kaiser,  oder  vom  V^olke  für  den  Kaiser,  alter  auch  «jpiren  ()ie 
Kaiser,  wenn  sie  ungerecht.^)  Dergleichen  liiUcn  an  die  Gerecli- 
tigkeit  liegen  dem  Chinesen  noch  am  nächsten  und  haben,  insofern 
nie  Bekenntniaa  aind,  anch  der  blossen  Natonnaclit  gegenOber  ihre 
gute  Bedentang.  Kong*tse  sagt:  „Jeder  kann  und  soll  dem  Hhn- 
mel  lllr  seine  Wohlthaten  danken ,  nnd  seine  Wünsche  und  Bitten 
nm  nene  an  ihn  lidMen/^«)  Bussgebete,  an  die  guttKehe  Ba» 
bensigkeft  gerichtet,  sind  sehr  selten^  weil  hier  ohne  Sinn. 

Das  Oplcr  ist  hii  r  natürlicli  auf  den  nüchternsten  Ausdruck, 
auf  die  uberfiächlictistr  Aiideutuni^  hcrabge^^unken,  da  es  ja  eigent- 
lich gar  keine  Bedeutung  mehr  haben  kann.  Der  Mensch  ist  das, 
was  er  sein  soll,  ist  ein  regelrechtes  Atom  in  dem  grossen  Wett* 
krystall;  er  hat  weder  sich  noch  das  Seinige  attfiBnopfem;  denn 
AUes,  was  ist,  soll  sein,  denn  es  ist  yernflnllig.  Es  Istnicfats 
Grosses  an  erringen  nnd  keine  KInft  au  überbrfieken.  Was  ab 
schwache  Erinnemng  der  Opfer -Idee  nocb  übrig  ist,  sinkt  ran 
kielnlkiiLXcbertlcben  berab;  nicht  Hekatomben  werden  hier  gebiaebt, 
nur  Rauchwerk,  Papicrsclinitzel  und  geringes  Vieh,  und  die  tragiscb- 
grossartigc  Idee  sinkt  zu  blossen  symbolischen,  fast  spielen- 
den ArHlcutungtMi  Jieral».  Der  Kaiser  bringt  dem  Himmel  seine 
Opfer  eigentlich  mehr,  um  seine  vert  raute  Einheit  mit  demselben  zu 
bekunden,  als  um  ein  Oberweltliches  in  das  Diesseits  hereinzu- 
ziehen. —  Dank-Opfer  werden  gdbracbt  für  dieJPrücbte  derErde,^ 
vortugsweise  ans  Getreidekucben  bestehend;  bei  grossen  Eid- 
schwüren,  besonders  bei  Scbliessung  eines  Bündnisses  oder  ebes 
Friedens  werden  Opfer  gebracht;  das  Blut  des  geschlachteten  Viehs 
wnrdoTon  den  Betheiligteu  getrunkefi  oder  mit  demselben  der  Mund 
bestrichen,  und  d\c  -üttliche  Strate  für  den  Eidbrüchigen  erfleht;») 
die  Bedeutung  bleibt  zweifelhaft;  jsoU  das  Opfer  ein  iSynboi  des 


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Bhto»  ciBeWdlM^  kiilfln  derMeiiMli die  la  demBhite,  demSits  des 

Leben«,  wohnende  g^Htliche  Kraft  in  sieh  aufnimmt,  und  (iailnreh  sein 
eignes  geistige»  Leben,  sein  göttlieheg  Element  verstärkt? —  das  \  .eiz- 
tere  «icheint  «  ahr^irheinliclier,  I)if»  Sitte,  Glocken,  welche  iia  kaiser« 
liehen  Paiiast  zu  Signalen  etc.  dieoteo,  durch  Opferbiut  zu  weibeo,^) 
gütotlet  wohl  nur  die  letzte  ErklSmng.  —  Dies  Haupt«f£er,  flber- 
kaopt  das  eioBige  wkkttcbtt  Opfer,  wekfae«  vom  Kjumt  selb«!  dem 
Btonel  jikilicfa  «der  hei  haseedereii,  mgewSlMlicliett  EteigabMD 
gehmdit  wwde,  kesünd  in  junges  Sliefeii;*^)  i^ndi  des  Ahoen 
nd  SdmtBgeiiitoni  Warden  Stiere,  Schaefe  md  Getreide  deige- 
bracht;ii)  die  dabei  zu  beobachtenden  Gebräuche  waren  gesetzlich 
Toi^esch  rieben,  und  die  regelmHsKige  Darbringung  der  Opfer  war  eine 
ImIil'  IMlirht  des  Kaisers;    liei  flem  HimmeUopfer  trug  er  ein  mit 
>iterneu  besetztes,  den  Himmei  darstellendes  Kleid.  Niemand 
trag  an  diesem  Tag  Trauerkleider  oder  beweinte  seine  Todten. 
Amer  dem  Kaiaer  doiAe  kein  anderer  Menaoh  dem  Hieiwel  optei ; 
aar  Gebet  war  ihm  geatattet.  <') 

Oaa«  die  hfiberea  EetwickeleegeetafiM  der  Opfer* Idee,  die 
AalLeae  md  das  HenaclieBepfer  [Bd.  f,  $  79. 81.  82],  hier  gar 
licht  voricomraen  lc5oBeB,  versteht  sich  von  seihst.    Im  14.  Jahrh. 
nach  Chr.  kam  der  Fall  vor,  dass  ein.Mauii  bei  der  Kraukhcit  Heiner 
Matter  ( ineiu  der  Geister  gelobte,  seinen  dreijahrigon  Snlit»  zu 
o|>lero,  wenn  die  Mutter  genese,  und  er  hielt  sein  Gelübde;  der 
Kaiser  erklärte  die  That  für   ein  wideroatOrliclMa  Verbrechen, 
welchee  die  hSrteete  Todesstrafe  verdiene,  oad  ner  aos  Rücksicht 
aar  das  edlen  Bewennmd  der  That  begnadigte  er  ihn  an  100  Uie- 
hon  end  anr  Veibnomuig.i*)-^Von  Selbe tpeini gang  weiaa  der 
Odaeae  nicbta$  daa  Natflrlidbe  iat  rem  und  gSttlieb,  and  aell  nkht 
aorikbgewfeaen  werden;  einige  finthaltaanlieit  vor  wicb^en  Feier- 
lichkeitenist  wohl  mehr  ein  Aii^idruck  de»  Anstanden  als  einer 
tieferen  Idee.    Höchstens  das  Üpler  des  Besitzes  in  möglichst  ab- 
geschwächter Symbolik  hat  hier  eine  Geltung.  Wir  rechnen  hierzu 
auch  die  seltsame,  vielleicht  aus  dem  Buddhismus  lierdiiergekom 
mene  SIttet  0«^-  und  Silberpapier  so  verbrennen;  besonders  fiir 
die  ScbaiBgeialer  nnd  Ahnen  werden  nngebeaere  Maaaen  aoleber 
Papiaffe  ▼eibrannl;  Reiche  geben  den  Prieatem  numatlicb  eine 
hetricbtUcbe  Summe,  nm  für  aie  Papier  tu  Terbiennen,  nnd  ancb 
der  Ame  tbnt  sein  Mügliehstes.    Das  Papier  enthllt  gewobnlScb 
Figuren  von  Menschen,  Häusern,  Schiffen  etc.       Falsch  ist  es, 
da&^^diese Sitte  an  die  iStelle  früherer  Mens(  henopfer  getreten  wäre, 
oder  das»  man  den  Seelen  der  Gestorbeueu  durch  das  Verbrennen 

n.  5 


dIamfdMiPtpfof  geieiciiiwM»  Ding«  nm  «afeMiA  in  JeMüÜi 
▼MohatfeD  woUe^  wann  «aeb  nur  Mt  4«  Mo^geUfa»  weldM^i^o 
'  T«dM  MenBcben  und  Tlilcro  nichianiten solche  Ar  dm  chk«- 

sisohe  Beivnsatsein  ungereimte  Dinge  rorgekonnAeo  «ein  mögen; 
unwahrschclnlicli,  dasi^  man  durch  das  >  erbrcniieti  de»  l^apters  den 
Seelen  der\' prstorlH^nei»  Gold  und  Silber  zufliesscn  lassen  wolle,*«) 
was  daou  treiiich  kein  U^ier  wäre,  sondern  ein  Liebesgescheok; 
wahraekeiolich  aber  ist  es  eine  symbolische  Handlung,  die  Auf- 
opferang  des  Besitavs  überliaiipt  andeatoadf  daa  Gold-  und  SiUier- 
papier  *it  a«beti  BlUera  bedcntet  dsaa  daa  Reichdumi»  «nd  daa 
Vatbreiioaii  dea  Papiei»  iat  daaa  freilldi  die  vteaddaateaCa  «ad  9k» 
gaflacbteat»  Weiae  daa  Opfora,  aralche  eia  pMaaiacbea,  den  Ba* 
sitz  leidenttichaftlich  liel»ende8  Velk  ersinaen  kann. 

Ob  die  bckaiiiUen  Feuerwerke  am  Vorabende  des  ISeujahrs 
in  das  Bereich  der  Opfer- Idee  gehören,  ist  zweifelhalt,  uiewohl 
es  gewiss  ist,  dass  sie  eine  religiöse  Bedeutung  haben.  Die  Ulu> 
lalaatloaan  nnd  dia  Feuerirerke  sind  in  dar  Meujahrsaacht  in  dea 
grosseren  jSt&dten  grossartig>  and  keioeavreges  ein  bloaaaa  Volka- 
feat;  Baketen  und  ScbwXimer  apfteiea  datel  die  Uanptralia;  nad 
aneli  der  Amate  wandet  aeia  Letatea  daran»  um  «laige  Rakateo 
ateigen  aa  laaaea.  Blan  glaitM»  aagt  CMtalair,  i«)  daaa  die  CSfitter 
dorcli  Fett«r.  die  reinste  Substanz,  dem  Manaohen  geneigt  wlhden, 
daher  siielil  niaü  aui  diese  Weise  ihre  i.\ufinerksamkeit  auf  sich  /u 
ziehen,"  —  Feierte  man  dadurch,  wie  bei  den  Azteken  aia  Antaug 
einer  neuen  Sounenperiode  (Bd.  I,  §  147],  das  Anbrechen  eines 
aeiien  Jahres,  in  dem  Feuer  das  neue  SonoenUcbt  andeutend?  — 
oder  geht  die  Bedeutung  tiefer?  ist  der  aufsteigende  FeuerataaU 
daa  Lkht  aaa  dem  Dankel,  die  Kraft  aua  dem  Stoff,  daa  Yaqg  aoa 
dem  Tu»  —  ^  Symbol  dar  Biaigmig  awiacheii  Hiadnel  wtd  Brdel 
ateigt  ia  dem  Feuer  daa  Irdiacbe  gea  Himmel,  und  iat  ea  aa  daa 
gllnsende  Band  des  Hhnmfiacben  und  Irdiacben,  grade  in  einer 
Stunde,  wo  der  Hiimnel  und  die  Kide  die  l^riieuerung  ihrer  ewigen 
Vermählung  feiern?  Enthält  dorli  auch  die  aus  dem  Opfer  aufstei- 
gende Hauchs5nle  überall  eine  Hinweisung  auf  das  Himmlische, 
welches  durch  das  Opfer  df^m  Menschen  geneigt  gemacht  werden 
aoU.  In  diesem  Sinne  wären  dieae  Feuerwerke  zwar  kein  Auf- 
opfern,  aber  doeh  eine  Andaatmg  der  daa  HimndUeha  mid  Walt* 
Belle  mbfndeaden  Opfeir*ldee. 

»)  Siehe  Band  I,  §  Tf.  — 83.  —  Chi-king,  p.  233.  —  «)  Gützlaff,  S.  49.  — 
*)  tlc  Mailla ,  III,  37:5.  ~  Chi-king,  TT,  1,  6.;  Mcti--tscn,  IT,  3,  1;  Chon-king, 
p.  209.  211.  212.  —  «)  Mt'm.  d,  Chili.  XIT,  p.  279.  —  •)  ni-kiiij^,  ]).  293:  de  MailU^ 
bist.  X,  p.  Iii  Cad-king,  UI,  3, 1.  ^  ')  CM-kiiig»  p.  223}  Meog-taeu, n,  6, 26.  — 


6T 


*)UtM-tsew,  I.  1.  32.  —  de  MalUa^  hiit.  I,  p.  9.  33.  78;  Chi-kmg,  p,  338; 
Meoi.  Ii.  Ciiiu.  XU.  p.  2ü2  etc.  —  Chou-kmg,  p.  21^;  Meng-tseu,  I,  6,  16.  — 
^Cbi-kins,  2S9;  M^m.  d.  GUa.  XII,  p.  SOS.  ^  ")  Mem.  d.  Chiu.  XII,  p.  279. 
'^^aeliiflU,  hitt  X  99.  —  Chi-king,  m,  3, 1.  ~  '«)  Brftam,  BdM  4er 
A-oML  ÖcMlIseii.  im,  1  8.  65.  Berne  de  MeAt,  M.  Sept.  —  i")  M«w^ 
MhB,«.^  f.  8i  m  (Blk)L).--^^tdirfr;  S.  6.*.  <•>  Btaas;  Bridubote  MiU 


lY.  Bm  kirtUieke  UWi. 

Dm  witklichc  Dasein,  welches  aus  dem  ixlic^iösen  Leben 
beiTorgebt  und  cia^^selbe  nun  trägt  und  bewahrt,  die  geschicht- 
üebe  Gestallt  welche  sich  zum  religtöseo  Leben  so  verhält,  wie 
teSüMit  zum  natfirlich*siltlicheB  Leben,  —  das  Gebäude,  zu 
mAdw»  4ie  ciiiaelMi  ISmcheiiiwigeii  de»  re^gldseii  Lebens  die 
BneleiM  derimHeD»  — >     Kirche,  in  Chiu«  aoihwan« 

ilig  eine  ¥om  ^eMeii  fiMgen  Heldeiiihiame  «ehr  venicluedeiie 
Meotniif  haben*  In  der  Religion  isi  sich  der  Menseh  eben  so 
sehr  seines  Untcrscliicde»  vonGoLt  bevvusbt,  wia  er  diesen  L'nior- 
sdiied,  soweit  er  trennender  Gegengatz  ist,  aufk^uln  bea  und  die 
Trennong  zu  versöhnen  sucht.  Die  geschichtliche  Lebensgestalt 
nua,  der  wirkliche  Organismus,  w.elcher  aus  der  Versöhnung 
jenes  Gegensatzes  hervorgeht,  welcher  also  die  mit  Gott  ver^ 
ifthsie  Meaeehhell  in  «ieh  krfigt,  ist  dae^  wae  wir  Kirche  nen- 
BM*  Die  Kivehe  ist  erat  eis  Prednot  eines  Tornngegangenen  re- 
Kgiteen  Lehen»)  wie  nie  ihreneita  dieses  Leben  bewahrt  nnd 
intpinnnt;  Bei  den  wilden  Völkern  gab  es  so  wenig  eineKir- 
<W  wie  einen  Staat,  weil  es  keine  Geschichte  gab;  aber  die 
i:ei8treuten  Keime  eines  kirchlichen  Lebens  oilenbarien  .sich  in 
derZauberei  und  den  ihr  dienenden  Or^anen;'-^)  in  dem  Zaube- 
rer war  die  mit  der  Gottheit  geeiiiigte  iVIenschhcit  dargestellt; 
2a  einem  wirklkhen  Organismiis  Jumte  es  diene  niedrigste  Stufe 
litht  bringen. 

^iden  Chinesen  knnnYon  einer  geschichtlichen  Gestaltnng, 
vtiche  das  Frodnet  eines  ▼orangogangenen  religiösen  Lebens 
st»  in  üntefsehiede  Toa  der  natirlieh-sittlidien  Leben  sgestal- 
keine  Rede  sein.  Ein  Gegensatz  zwischen  Göttlichem 

^Menschlichem  ist  nicht  aulzulieben,  ein  Unterschied  zwi- 
schen dem  wirklichen  Sein  und  der  sittlich  religiösen  Idee  ist 
eigentlich  gar  nicht  da;  alles  Wirkliche  ist  vernünftig;  die 
"^leDschheit  ist  schon  von  liaus  aus  das  Keich  Gottes, 
^  Kfiich  der  Mitte  ist  das  Hunmeireich;   wir  bcanchen 

4» 


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es  nicht  erst  zu  suchen  nnd  zn  erringen ,  wir  sind  in  dasselbe  I 
hineiii2,ebnieii;  das  Himmelreich  ist  von  dieser  Welt;  jeder  Kai-  J 
ser  ist  des  Himmels  Solm;  so  lang:e  Menschen,  d.  h.  Chinesen,  ' 
leben»  so  lauge  blüht  anch  schon  das  himmlische  Reich;  es  ist  i 
dies»  kein  Ziel  der  Geschichte»  dessen  Verwirkliebimg  erst  er- 
mngen  werden  soll»  sondern  es  ist  das,  waa  dawar»  was  ist  und 
sein  wird.  Kirche  und  Staat  sind  eins.  Das  natftriidi-ätt* 
liehe  Leben  ist  an  sieh  sohott  das  teligittoe;  die  Kraft»  die  in  der 
Natnr  lebt»  seigt  sich  im  Menschen  als  Vemnnft;  das  NatAriidie 
ist  an  sich  gut  und  gOttlich,  und  der  Mensch  ist  es  ebenfalls:  es 
ist  kein  Unterschied  zwischen  dem  Ideal  und  dem  Leben ;  der 
Mensch  hat  nichts  Höheres  zu  erstreben,  als  was  er  von  Natur 
schon  ist;  er  ist  von  Geburt  schon  mit  dem  Göttlichen  eins;  das 
menschliche  Leben  ist  schon  an  sich  selbst  heilig;  es  kann  ent- 
heiligt werden»  aber  nicht  gehelligt  —  W&brend  in  andereafie- 
Bglonen  das  mensehlicbe  Leben  an  Gott  emporgehoben  wer- 
den sott»  Ton  dem  es  sieh  getrennt  weias,  ist  Mer  das  GOttüdk« 
In  das  Alltägllehe  und  Natfirliebe  Tersenkl.  Die  andern  Reli- 
gionen erkennen  den  thatsftchlichen  Zustand  des  Menschen  nicht 
als  den  wahren  an,  wollen  ihn  in  einen  anderen,  idealen  empor- 
heben; der  Chinese  hat  an  der  trivialen  Wirklichkeit  das  ideale, 
will  in  behaglicher  Selbstbefriedigung  den  natürlichen  Zustand 
einfach  festhalten,  ist  religiös  wie  politisch  schlechterdings  con- 
aervativ*  Bei  anderen  Völkern  ist  ein  Unterschied  awisches 
der  geheüigten  Seite  de^  Lebens  und  der  natarHehetti  nicht  ge* 
heiligten;  dem  Chinesen  ist  alles  Profane  angleioh  heütg;  Uer 
ist  Alles  gleich  sehr  oder  gleich  wenig  gewefiht$  das  GdtdMie  ist 
überall  in  gleicherweise  ausgegossen,  und  nidrta  Ist  an  steh 
unrein  oder  unheilig.  Die  Chinesen  haben  unter  allen  Völkern 
das  wenigste  Kirchliche,  sie  sind  mehr  als  jedes  andere  ein  na- 
turalistisches Volk;  das  menschliche  Leben  ist  nur  die  Fort- 
setzung des  Naturicbens,  und  die  Bewegung  des  Himmels  und 
der  Menschheit  sind  gleich  regelmässig  und  stetig;  andi  die 
Natur  hat  keinen  Sonntag*  Das  ganae  Leben  der  Chinesen  iai 
werkeltfigig  nnd  profon;  statt  der  Klrehe  der  Staat»  stall  der 
Priester  lauter  Laien»  statt  der  Festtage  Arbeitstage  und  atstt 
der  Tempel  nur  Erinnemngshallen. 

1.  Keine  Priester.  Jeder  Mensch  ist  als  Chinese  von 
Geburt  ein  Bürger  des  Himmelreichs;  —  er  wird  es  ni<  lit  erst 
durch  ein  sittlich-religiöses  Kingcn  oder  dadurch,  dass  die  Ge- 
schichte ihn  in  ihre  Arme  nimmt  und  ihn  tauft  auf  den  Namen  des- 
sen» der  nn  der  Geschidite  das  Himmelreich  gegrändct,  sondera 


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60 

eifiiach  dadurch,  dass  er  in  die  Welt  geboren  ist.  Der  Measck 
taMcbl  Biebt  geweiht  za  werden  zu  einem  Kinde  Gottes,  «n 
«origsleii  M  eisen  Priester;  alle  BAe&Boheii  sind  Kinder  Qottes, 
wMtt  «ie  nicht  eCm  nnthwinig  frcrdsd  diese  Klndscluift  von 
■ab weite;  dw  geseliielil  ai»er  seheot  Es  heisst  lüer  niclit: 
^Videslnd  fternfeD,  aber  Wenige  sind  aaserwfthit,««  soiidmi: 
.«Alle  sind  berufen,  und  die  Meisten  sind  auserwähh;  •  es  heisst 
nicht:  .,wer  da  glaubet  und  getauft  wird,  der  wird  selig  wer- 
den," sondern  5,wer  als  Chinese  geboren  wird,  der  ist  an  a'ich 
selbst  selig,  braucht  es  nicht  erst  zu  werden. Alle  Menfichea 
oder  keiner  sind  Priester;  wo  etwas  Gottesdienstliches  zu  thun 
ist,  da  sind  der  Ordniuig  wegen  die  Staatsbeamten,  und  für  das 
Wiciiligste  der  Kais  er  bestimmt  DieKnltos-Haadlimgen  des  Kai- 
sen  sind  aber  nicht  eine  priesterltche  Befugniss  neben  der 
kriwrilciieny  sundern  irind  ^ese  sellisl» 

t.  Keine  Tempel.  Die  wichtigsten  gottesdienstlichen  Hand- 
lungen wurden  bis  in  spftte  Zeiten  nur  auf  Bergen  vollzogen.  3) 
Uli'  sp.iteren  chinesischen  Tempel  sind  nur  Hallen  der  Erinne- 
nio^  an  grosse  Männer;  die  Kunst  ist  dabei  wenig  betheiligt, 
md  das  Volk  am  wenigsten. 

3.  Keine  heiligen  Zeiten.  Jeder  Ta^  g:leicbtdem  andern 
iiAvbcil  oder  in  Mtesiggangt  kein  WoebenÜBiertag.  Hut  mn 
pnnm  Menjahmfest,  melv  Velkslbst  als  reUgiOs. 

So  2.  KoDg-fo*tBe  bat  Tide  sogenaaste  Tem|M)l(  das  sind  aber 
■v  Gebfiude,  in  welehei}  sein  Name  oder  auch  doige  seiner  Aus« 
»prüclie  zu  »einer  Erinneruug  mit  ^oldner  Schrift  in  Tafeln  einge- 
graben sind;  bisweilen  ist  eine  iScljule  damit  verbunden.*)  Auch 
»werden  Tempel  der  Tugend*'  erwähnt,  in  welcher  wie  iu.der  baie- 
liseheo  Wailhalla  die  Standbilder  der  bedentenduten  Gelehrten 
m^Sesteilt  watdem^  —  Die  Geister  baiiea  Altäre»  aaf  denen  ihnen 
flpmden  geiiraclit  werden«^ 

HeDfge  Oeraths cbaften  Ar  die  Tempel  werden  wenige  ge- 
itssff.  Bbl  den  Opfern  des  Hhnmels  wurde  ein  drelflissiger  Kessel 
ibein  besonders  heiliges  GerSth  gebraucht)  Bilder  des  GCtt* 
liehen  giebt  es  natürlich  niclit;  hochslcji«  werden  Geister  in 
menschlicher  Gestalt  dargestellt;  jedorh  wird  dir  erste  Darstellung 
eines  Geistes  in  Menschengestalt  ausdrücklich  als  eine  sündUehe 
Xhat  eines  gottlosen  Kaisers  erwfthnt.») 

Zo  3.  Wochenfcste  giebt  es  gar  nicht;  Erionemngstngc  nur 
'(ttes  aild  TOD  Wenigen  und  nur  darcbPestessen  gefeiert  Die  Feier 
1^1lttijsttis  jfÜlieT  ist  gans  aligemein.  Alle  Gewetbe  stehen  still 
ttd  die* AiMt^  nifat;  tebser  and  Kleider  weidea  gerebigt  md  ge* 


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70 


p«tet;  am  Vorobead  IHmisafi««;  b  te  MlltariliMliI  lüc^mflinii 
Knalleo  «od Kaatteni  dar  IUk«4M  «ad  andtar  FeoemCike Millw- 

fclcitcnflcoi  Lärm;  dann  gegenseitige  Begladmttaaekung  »i  alaai 

.  Iröhlichcn  iVeiijahr;  Visiten  mit  Visitenkarten:  bei  «Ion  Keiclieo 

freie  Tafel  lüi  Jeden,  der  eintreten  will,  auch  für  lieü  ai  iu^len  Bettler; 

die  Polizei  ist  iu  Kuhestaud  versetzt,  daher  viei  Munterkeit:  ein 

grosses  Dnuabenbtld«  aufialieBd  aa  Mexiko  eriooernd  [Bd.  1.  §  1^], 

wird  lienm^etragsn  nnd  wÜ  groater  £bifiindit  baliaadelt  <o) 

0  Sieht  Ba.1,  &  8a.--*)Bd,I,|84  —  8t.  — *>  Clm-Uas«  |k.  64  — 
«}  Bratm,  Bcise,  1, 8.  59.  Ttmi  im  AwUad  184«,  8.  700.  £beiML  1848  ,  8.  m  — 

*)  Gützlaff,  S.  366.  —  *)  Mcu-  fM  n  TT.  B,  17.  19.  —  ^  GhoOhkillg,  p.  345  u.  t»b.  UI, 
ßg..l3.  _  •)  Ausland,  184 f>,  S.  700.  —  •)  Chon-king,  p,  397.—  GfLtsUff,  im 
Eraog.  Beichsboten  1851»  No.  10. 

S  u. 

4.  Was  wir  im  Christenthuiii  die  aetive  Seite  der  Kirche, 
das  kirchliche  Thun  iicniien  können,  die  Thätigkeit  des  aus 
der  Versölmiiiig  der  Menschheit  mit  Gott  hervorgegaugcneu  La- 
iMMorganismns ,  die  sich  auf  der  antemten  Stufe  ab  Zauberei 
offeoliarte  [Bd.  L  $  Ö4] ,  die  der  pruimm  TbAtigkeit  gegfwOber- 
stehende  höhere  geweihte  Seite  de»  LeheM«  welehe  über  daa 
natidiche  mid  «lltftgUehe  lieben  des  M«fi#eluDn  binemgreift,  — 
die  kADn  hier  nur  in  sehr  ediwadm  AodeetiiDgen  vorhandeo 
sein»  nur  als  blasse  Schattirung  des  gcwühiilicheu  Lt^bcns.  Der 
Mensch  braucht  hier  nicht  in  schwerer  Arbeit  das  Gold  des 
Gotteslebeiis  aus  tiefen  Schachten  Iicrauf^ufördern;  der  Sand, 
den  seine l  usssohlen  treten,  ist  überall  schon  Gold,  er  braucht 
sich  nur  damach  zu  b&cken.  Die  Th&tigkeit  des  durch  daa  reli- 
giOtse  jLebeii  mit  dem  Göttlichen  geeinten  Menaobtl«  katm  kebie 
weaentUah  andere  aehiala  aeiae  natOrUehey  deao  esiatawiadiea 
Gott  and  demMwiohen  IceinaonderUdierGegenaalii  fiatobebea. 
So  wenig  une  sich  das  götÜicheThiin  als  ein  wanderhaftea  olfon. 
baren  l^ann  [§  1^1],  so  wenig  das  menschliche  als  ein  zaubern- 
des; Zauberei  wäre  nur  eine  Störende  Unterbrechung  deswahreu 
und  vernünftigen  Zustandes  der  Dinge.  Der  Chinese  hat  daher 
eine  grosse  Abneiti;uno;  gegen  alles  Ungewöhnliche  und  Über- 
natürliche;  iiuL  das  Natürliche  ist  das  YernunAige,  und  was  öber 
den  gewöhnlichen  Gang  der  JNator  hj|)n9lg|)hli  ist  an  aUdi  ai^h^B 
das  Unyemfinflige  and  Ungdtdiche. 

Die  eigantlffrfiq  Zanbarei  ist  hier  gan»  nnbaftpcbtigt,  ist  grade- 
an  irreligiös;  was  in  China  .dayon.Torfcoannt»  gehört  den  einge- 
drungenen indischen  Vorstellungen  an.  Nur  die  oberflächlichste, 
das  innere  Wesen  des  iNaturlaubi  gaiiis.  unberüb^t  li^i^^le  ^^Qm 


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»1 


kr Zauiierei,  —  die  Wahrsage-Kimst,  [Bd.  I,  §  85]  hat  hier 
fiiie  BereehtigiiBgy  Imd  auch  diese  erscheint  in  möglichst  ratio- 
Mkrfom.  De*  ttigmdiinfto  Menaoh,  der  mit  dm  Himmel  eins 
wl^  MM  dm  Hmim>itfew%e  IMnvi^,  tJkm  anoli-daBSiilüiiifii^e 
Mdnventfg  vwliofMlieii  [$  14].  Mait^benabtort  die  NaturMlbst 

irar  in  Ür  TteUMm  hinefn;  und  flirmi  Lauf 
voraus,  man  zwingt  sie  höchstens«  diirrh  bcstininite  Zeichen  ihic 
spätere  Entwickeluo^  in  voraus  kund  zu  thnn.     iMan  ^tört  und 
durchbricht  dadurch  aber  die  Nator  nicht  im  mindesten,  man 
liest  nur  die  Schrift,  die  sie  seihst  schreibt,  und  die  ganze KuBst 
besieht  eheft  aur  darin,  diese  Sciuiflt  lesen  an  lernen,  ~-  die 
Kalender-  «od  2eiclieA<-Wehraagwi^,>---oder  aUeafaUediean 
lieh  mwichtfcafeB  Züge  ümk  gewkae  kftaetliebe  Mittel,  gewis- 
aenoisaett  dareli  eine  ckemiaiBlie  Behaadlung  der  DAleabareBlIa« 
DMtripte,  flir  via  aiehlMr  nad  leabar  an  maohe»,     die  Wefe- 
sagongdes  Looses.  DasLoosen  ist  keine  wiriiliche  Bezauberung 
diTiNatiir,  sondern  nur  das  Aufrollen  des  Buches,  das  Wegneh- 
men der  verdeckenden  Uülie ;  dasLoos  ist  nur  ein  Instrument,  mit 
weldien  man  experimentirend  die  Temperatur  und  die  8pamiiuig 
itr  geseUabtlichen  Zustände  messen  kann»  ein  Thermometer 
oder  BarcMHeter  iilr  die  Geschiohla«  a»  deaii  na»  nar  iKe  Grade 
Msastt  iMk  Tieiare  Gakter  Yemeiftn  anflk  4aa  Looa. 
-   Die  Wslniage«  KkasA  nimmt  in  GUsa  aiohl  die  Plaalasle,  sod- 
4em  die  Matlieaultti  ili  Dienst;  das  Sehidtsal  ainAs  sieh  beredmen 
«od  im  Kalender  notiren  lassen.    Das  Naturleben  mi  ja  Ordnung, 
uDil  WO  Oitiriune;  i.st,  luuss  sich  das  Folgende  au8  dem  Kiühcren 
erketHieiJ  und  vorausbestimmeii  hissen.    Der  Chinese,  der  die  Zu- 
kaaft  wiesen  will,  berauscht  aich  uieht  durch  Trunk  und  Lämi  uod 
Raadi  aad  Taozy  sondern  er  rechnet;  er  nimmt  nicht <die.'2atther- 
tmsnael»  sondern  dao  Kialender.  UlialnelserscheimmgeD»  Ssaaen« 
Bsd  Mandidstevaissew  OeaateUatiOBeB  etc.  kasea  irieh  bstdeliBsn; 
*^  dss  saod  alier'  Kfisea  der  I9atar,>  alsd«  aooli  der  -Ctedliditey 
wclcll»ftier  ja  Bitf  die  Kehtieite  des  Diatoriebeiis  ist;  die  Jusles- 
dermacher  sind  too  hoher  Bedeutung  im  Reiche  der  lüjBtte;  sie  «isd 
jaeigeotiicii  de^^en  Geschichtschreiliei ;  öie  utiter^cheiden  mathema- 
tisch die  guten  und  die  bösen  Tasre:  man  neiss  da  genau,  weiche 
Tage  zum Ueirathen  sich  eignen,  au  welchen  man  sich  tot  Geschäften 
ni  hfiten  hat  etc.    Schon  die  Utesten  Religionsschriftea  erwähnen 
iHfse  UateiScMdasg  der  Weites.  <)  Finsteraisse  der  Sonne  imd 
dsbUoadea^  bsaoaders  die  üfesteren,  sibdtanerMnObal.»)  Ss 
lisgtü  dKsftü Kaleadür^WahMagen  l&r  den  Ghisasea  gar  «Cdits 
Ihi8aialaitea|»-dia  Naiv  istüaa  die.  Gtasdisia  des- Lehens,  aad 


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7t 


aacb  iKr  Iiabeii  wir  uns  zu  richten;  Sonnenfinstornissf»  elc.  sind 
aus«>er  Her  Ordoviig ,  sind  Störungen  des  regelraäsäigca  JXaturlauf«  ; 
sokbe  StSruDgeD  wirkeD  aber  auf  das  Hieascfalicbo  Leben  zurSek; 
uad  wie  wir  es  vermeideo,  M  glfibender  Httee  eder  echeeideedei 
Ftvet  la  reisen  oder  bei  Staim  io  See  m  fgtkmt^  so  Tenieidet  es 
der  Chbuiee  anch  M  asideieD  oegdiietigeB  ZntlndeD  der  Nmtar 
etwas  ^ehtiges  xe  entemebmen ,  deno  er  ist  viel  enger  tat  die 
Natur  j^ektittct  als  wir.  Die  genaue  Berechnung  des  Kalenders 
und  aller  der  Vorausbestinimun^  /ugänsrlichen  Htnimelscrscbef- 
nuugcn  ist  daher  eine  sehr  wirhtiuje  Aufgabe  doi  Hetrli^rune.  Jähr- 
lich erscheint  ein  amtlicher  Kalender,  in  weichem  alle  Uimmelser- 
Hcheinuogen,  so  wie  alle  guten  und  busen  Tage  verzeicbDet  aled. 
Die  Leute  richlea  eich  sehr  streag  nach  diesea  BestimmgeD.  An 
des  raoogoliscben  Kaisers  Kebllai  Hofe  waren  gegen  5600  Anfre* 
logen  und  Scldciisalsdenter^  frelUeb  aveli  aum  Tbeil  fteiBdea  ReK- 
gionen  angehOrig.')  Nodl  jetzt  rnnss  das  astronooiische  TrMbunal 
alle  Jahre  acht  Mal  dem  Kaiser  über  seine  Berechnungen  und  Be- 
obachtungen Bericht  abstatten;  Finsterniii.sc  werden  schon  einicre 
Monate  vorau-a  dtMii  KaiMpr  und  den  höheren  Beamten  ant^e^eigt  und 
dann  unter  c^rosscr  Feierlichkeit  üfTentlicb  bekannt  gemadit.  Am 
Tage  der  Finsteroiss  erschetaen  die  Mandarinen  in  ihrer  Staats* 
tracht  vor  dem  mathenatisciien  Tribnnal;  einige  zeidioen  geneit 
den  Verianf  der  Finstemiss  anft  wfthrend  die  Andern  auf  den 
Knieen  liegend  mit  der  Stirn  die  Erde  bertlliren.*)  —  Bei  der 
debnrt  eines  Kindes  und  bei  wichtigen  Untefnehmungen  werden 
die  Astrologen  über  den  Stand  des  Himmels  und  die  Zukunft 
l^efVagt  *) 

Das  Loos  wurde  seit  den  ältesten  Zeiten  hei  wirhtiG:en  und 
zweifelhaften  Fällen  angewandt,  wo  die  menschliche  Überle- 
geng oieht  ausreicht;  z.  B.  bei  der  Wahl  hoher  Beamten,  bei  Un- 
ternehmung eines  Kvi^;es  etc.«)  „Wenn  da  sweifelst,  so  greife 
eor  Wahrsageicuosty  dann  wbst  du  nieht  mehr  sdiwanfcen,  soadero 
sieher  sein.**^  Das  Loosen  geschieht  gewüimllch  durch  HolastSck- 
'  dMO  mit  Zeidieo  oder  durch  Steine  etc.;  die  awel  ältesten  und 
wichtigsten  Arten  aber  sind  das  Schi  und  das  Pu.  Die  Wurzeln  der 
Pflanze  ^>chi  werden  in  Haufen  gelegt,  und  unter  dem  Aussprechen 
gewisser  Worte  ^reilt  man  mit  der  Hand  hinein,  und  aus  der  Zahl 
der  ergriffeoeo  Wurzelstücke  wird  die  gesuchte  Antwort  gedeutet. 
Wichtiger  noch  ist  das  Pu«  wo  ans  den  Fariien  und  Rissea  der  ins 
Feuer  gewoifeoen  Schaale  einer  SchtldkrOle geweissagt  wird;  diese 
in  der  JUtse  eutsteheudeo  Zelebuungea  sotten  ein  BUd  des  BBrnads 
sein,'  gfifwIestniMMn  ein  Spiegel  das  gegeowirtigeD  2wtauides 


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T» 

(kr  Natur.  Seit  der  ältesten  Zeit  u  ird  das  Pn  bei  %Ticlitigcn  .Staats- 
Aft'jr'legenheiten  hefrr^üt,  um]  «eine  AIlt»^  orten  iiciten  al« Befehle  des 
ünuitieb  oder  der  Ahnen;  drei  kundige  Mianer  iiiiis«eo  die  Zekh- 
MM|Mi  «ter  ScbildkrStenscbaalp  prüfen.*) 

1a  Dtaeron  Zailen  liat  da«  Walirsagen  eiae  handwerksaiiaaige 
Aaadftbaaag  gQWoaaea,  «ad  laaa  trifft  Wafcnager  f9g  JedemaaBa 
IKeast  aaf  aVea  MadrtplBtaeD.  Aber  ao  binfig  aadi  ia  «Maa  SMton 
wicbUga  Eatachaidaagea  itm  Laaaa  anbeingmekieB  wnniaa,  ao 
sprechen  aicb  doeb  4ie  gewiegtesten  Stiawwe»  mit  ekiigein  Missbe- 
liagen  iiarilber  aus,  und  wolicTi  i]as  Lnos  nur  iia  äiigijcrstf'ri  Nntiitall 
gelten  lassen.  „Es  \ni  (innütz ,  sagte  einst  der  weise  8«  hun,  dem 
L008  eine  uDZweileibatte  Sache  zu  unterwerfen:  srhon  lauge  Zeit 
bescbiftige  ich  mich  mit  der  vorHegendeo  Frage,  ich  habe  die 
€  Wesen  befragt»  uod  sie  sind  aUe  iMiaer  Meinung.  Dus  Pu  wurde 
ibqoOataehteankbta  btoniiigea«***)  ,,Oft  wM  4ie2iikiiaft  darcb 
Zeiebea  angedealett  wie  diirck  die  ZAhaaagen  der  geritoteten 
8dMki<^te  el6;  aber  dar  wahrhaft  welae  tmd  togeadbafte  Meeaeh 
erlrennt  eieber  das  kinmaeade  CUflek  oder  CaglAck.**  ^)  „Im  Ykkig 
»erden  wir  gelehrt,  aus  dem  Vergangenen  das  Zukünftige  /.u  er- 
forschen, und  das  Verhorejene  ans  Licht  zu  bringen.  Aus  den 
vergangenen  Dingen  sehe  der  Weise  die  Zukunft  vorher,  wie  der 
liMidauuin  durch  seine  Krfahrung  eine  reiche  oder  dürftige  Ernte 
voraus  erkennt. Das  iat  die  allein  folgerichtige  Auffassung  des 
cbfaeeiecbea  Bewaaaleeina.  —  Obeihaapt  spriciit  eich  bei  tieferen 
Gebtem  elae  Veracbtiiag  dieser  gaozen  Wabraagerei  aua.  Der  edle 
«ad  fromme  Kaiser  Tai-tsong  [seit  626  aacbCbr.]  wurde  voa  seinen 
Gnissen  lienaebriehtigt,  dass  im  swetten  Blonat  des  Jahres  die 
Feier  der  Mündig-Erklärung  des  Erbprinzen  stattfinden  müsse;  der 
Kaiser  wollte  aber  die  Feier  auf  den  zehnten  Monat  verschieben, 
«eil  da  das  \  olk  treiere  Zeit  habe  als  im  zweiten  Monat,  wo 
die  Äcker  bestellt  wärden.  Die  Grossen  erklärten  aber,  nach  dem 
Ikaleeder  seien  im  zweiten  Monat  die  glücklichsten  Tage,  und  man 
MSsse  sieb  damaeb  richten.  Der  Kaiser  antwortete,  Glück  nad 
Qbghtek  Hagen  nishft  der^aU  d#r  Tage  ab^  aenders  tan  den 
galea  eder  Mblashtea  Hnadltogsn»  und  wm  wm»  den  Weg  der 
Tagend  wandele,  s<rhabe  Srnniiiebls  a«  lilrcbtea;  aad  jener  aoge- 
lahrte  Grund  könne  ihn  nicht  bewegen,  eine  so  wichtige  Arbeit  wie 
die  Ackerbestellung  unterbrechen  zu  lassen.  ^2) 

Die  eigentliche  Zauberei  ist  dem  chioesischen  Bewusstsein  so 
fremd,  dass  der  Glaube  an  Zaubereien ,  Gespeoster*Gtiruug  etc., 
«dclMrioalterZeitbieriiaddaaiiftaUichte,  als  eine  der  i]:('fahrlichstea 
fisliBreftea  «Uirt  und  ¥on  emi^  roirbtglBnbigep  Kaistri  mit  der 


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74 


j^röeisten  Strenge  ausgerottet  wurde,  weil  „die  hrichste  Pflicht 
eine»  Fürsten  ist,  aus  seinem  Staate  den  Akerglauheri  zu  cutrerncu 
«od  die  wahre  Ueiigioii  in  ihrci  Reinheit  2u  erhalten."  i^)- — l^v.v  Chi- 
nese vermeidet  geflissentlich  selbst  in  seinen  Sagen  das  WuaAsr- 
hafte«  and  auch  die  grosse  Verahrang  desKoag-tee  veoMcbte  kaoM, 
einige  leichte  SchettiniBgeo  voe  DheiMtfiriieheai  m  eebe  LeheM- 
geechiehte  m  hriagen;  ja  wae  eich  yao  eelbetele  wvadeihaft  UeM» 
wirdhi  der  nfiehteveeteoWeiaeeeiieeWeedefglaluiee  bevaehf.  Kong- 
ine  ging  einst  mit  seinen  Seh^lern  bei  heiterstem  Wetter  spazieren, 
und  befahl  ihnen  I^t^uoiischiniie  luiUuoclinieii ;  diese >ahen  einander 
verwundert  an  niul  >;i^teri,  er  meine  iin/.n eifelhatt  ►Sonnciischiriuc. 
Auf  sein  wiederholtes  Geheiss  gehorchten  sie,  und  bald  brach  in 
der  Xhat  ein  furchtbaree  Donnerwetter  los.  Die  Schäler  waren 
aoaaer  eich  vor  firsteooen,  und  wnsnteo  nicht,  was  sie  sich  denken 
«eilten s  MMelater,  engten  sie,  hat  ein  Geiet  dir  diene  eieebirt^  denn 
ee  heute  regnen  wOide^  eder  haet  dn  eelbet  ee  geweiceegt?" 

Weder  dte  Geleter,  entwertete  Kong-tse  IficheM,  haben  mir 
etwas  effenbart,  noch  habe  ieh  ebie  weieeagende  Ahneng  gehabt, 
sondern  h'h  habe  c!s  geschlossen  aufs  <len  Worten  ilcs  St  hi-kiiig: 
wenn  der  Mond  tritt  in  dns  Sternbild  Pi  fder  Kopf  der  Antiroineda 
und  ein  Stern  des  Pegasus]  so  steht  liegen  bevor ,  darin  besteht 
mein  gancen  (iieheininiss^**^) 

i)  CMteg«  n,  8,  6,  n.  p.  381.  —  ^  Ehcm\.  II,  4,  9.  —  *)  UwOO  Polo,  n,  e.  SS 

—  *)  BrMmi  Reiuc  dor  hullÄmL - oßtind.  Geicllscliaft  I,  S.  I.-Vß.  —  *)  Marco  Polo* 
II,  c.  68,  6,  p.  474  (Bürk).  —  ")  Chou-king,  y.  27.  28.  112.  139.  169.  178.  181.  188* 
190.  dcMnilla,  hist.  I,  p.  104.  —  ")  Chi-kiiii;  I,  r>.  4.  u.  p.  244.  —  *)Ch<)n.kinii,  p.  28. 
112.  If^n.  Ifi9.  180.  190;  ITitsr.  X,  3;  Chi-kinj_%  p.  244;  TcliOTm;,'-youii-.  c.  24.— 
t\v  Mmlla,  hht.  gen.  T,  p.  1U3.  —  Tchouncr-y<)un;r.  <*.  24.  —  ^»)Hitee,  XVI,  3; 
XXIl,  3.  —  >«)  de  MaUlii,  hi«t  VI,  p.  68.  —  ibenU.  I,  p.  ÖO.  $8.  —  »♦)  U6m. 
U.  Cbio.  U  XiLj  p.  127. 


frmit  MigleM-Idcci  Ii  Chln. 

'  *  Bei  dem  vAdrterMii  NätmOüiniiB  det  Ohineie»,  welcher 
deMi  memechlicheii  Willen  nicht  za  Schweres  zemuthet,  ihn  viel- 
mehr ungestört  in  seiner  Natürlichkeit  hisst,  alles  Ideale  in  die 
tastbftre  WirklieJikeit  verli  ert .  und  dämm  den  Meiisclu  n  in  dem 
unmittelbaren  gegciiwärfig^en  Dasein  in  behaglicher  lieiriedigttng 
ansruhen  lässt,  ist  eine  (ileicbgültigkeit  gegen  das  eigentlieh 
Religidee  sehr  begreiflich.  Weiss  der  Gliiaeee  doch  vett  keinem 
ciyttidMen  ünimeliiede  swieohes  dem  mtirltcdien  imd  dem 
rdttgütemi  htkm^  ffiMit  er  docb  In  seioem  ganzen  profimmi, 


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7ft 

irdischen  Treiben  auch  zugleich  das  Himmlische  zu  haben;  er 
kauu  die  religiöse  Idee  nicht  herauslösen  aus  dem  bloss  uatür- 
li^n  Thun  und  Leben.  Diese  Religion  des  Diesseits,  —  die 
«bo  kerne  EiTWJgenechaft  wisarer  neuesten  „Fhilosophieen'^ 
ieiii  dfirAe,  —  diese  werkelUlgige  BeDgioa  kat  n  eieli  ntobte, 
wae  einen  Bf eneeheii  begeietei»  kttneftet  eis  ist  ohne  Weihe  nni 
skae  Knlt  China  kai  kebe  reUgiöseo  Sekwirmer,  nicht» 
weil  das  Volk  vernünftiger  ist  ab  andre  ErdenrOlker,  sondern 
weil  es  nichts  hat,  vvuiur  c*  schwärme«  küiinte :  es  kann  über  das 
prosaisch -spiessbürgerliche  Leben  für  reiü  iriiihchc  Zwecke 
nicht  hiuau».  Schwärmerei  kann  «»chlechterdiugs  nur  da  ciit> 
stehen,  wo  ein  Unterschied  anerkannt  wird  zwischen  dem 
Idealen  und  der  Wirkliclikeit,  wo  noeh  etwas  Höheres  and 
Wahreres  anerkannt  wird»  als  was  ick  fismen  und  greüen  kann, 
ak  das»  was  grade  ge^nwirtis  mhanden  ist}  nnd  je  kAker 
das  Ideale  eiftsat  wiit4  in  Gegenealn  in  dem  gegenwärtig  Wirk* 
Men,  um  so  lildier  steigt  anck  die  Begetsternng ,  tun  so  htther 
kann  auch  deren  Zerrbild,  die  Schwärmerei,  steigen;  —  an  den 
itieseiKstluimien  der  vollkommensten  Kelisi^ion  ranken  auch  die 
Schliniii^ewächse  der  Schwärmerei  bii>  in  die  WipJ'il  empor,— 
iu  den  saudigen  Steppen  des  chinesischen  Gotteshewustseins 
wAchst  nur  mageres  Gesträuch. 

Die  pklegnatiscke  Glei9kg<Utigkeit9  mit  welcher  der  Chi^ 
aase  in  semer  nftdilemen  Ventandeareligion  sich  ausrukt, 
gewikrt  die  IKUgUcfakeit,  dass  fremde  Religions- Ideen  sicli 
ahne  sonderliehe  GeAkrdvng  nm  ihn  hemm  aasbreiten  kdnnen, 
ohne  dass  er  sich  in  seiner  behaglichen  Ruhe  stören  lässt  Der 
Chinese  kümmert  sich  nicht  eher  um  den  Fremdling,  als  bis 
dieser  die  Axt  an  den  Stamm  seines  Lebens  sclb>t  anlegt,  und 
das  Wesen  des  Staates  anzugreifen  droht;  dann  irei lieh  kann 
der  Ckinese  auch  wann  werden,  und  heftige  Verfolgungen 
ergehen  über  die  Ideen,  weiche  den  Sieheven  aas  seiner  Rohe 
anÜMDkenektep* 

Und  gnde  darin,  dass  ki  Ckkin  nUc»  ideale  BUnaent  auf- 
gesaugt ist  von  dem  ainnllsk^  natfrliehen  Oaseki,  grade  in  der 
Irodknen  Nftektemheit  des  religiösen  Bewusstseins  liegt  ein 

bedeutender  Grund,  wesshalb  iVeintle  uiul  hühere  Ueligions- 
ideen  so  leicht  Eingang  landen,  und  von  der  unverstandenen, 
aber  doch  wachen  Sehnsucht  nach  einer  geistigeren  Auffassiuig 
des  DiaseiPfi  so  kastig  ergritfen  wiirdeut 


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16 


Neben  der  Reichs -Keligion  erhielt  sich  die  von  ihr  wesent- 
lich Teraehiedeiie,  in  ihrem  Urspriiii^  noch  Aber  die  Zeit  des 
Köng-fu-tse  hiMuisreiclieiide  Lehre  des  Teo,  begründet  vom 
Lac^tse,  Ton  geringem  Einflösse  auf  das  ei^esische  Lebea, 
und  tnewohl  bisweilen  selbst  von  den  Kaisern  begünstigt,  doeh 
nie  über  die  (M  ltung  einer  bloss  geduldeten  Sektenlehre  hinanf- 
steigend,  (  bei-  den  chiiH  siscIien  Dnalismus  zui  Einheit  des 
Daseins  emporstrebeml .  stelu  sie  der  ("ruDd-ldee  nach  höher 
als  die  chinesische  Keichsreligion ,  in  ihrer  Aiisbiiduii^  tiefer. 
Nach  Form  and  Inhalt  trägt  sie  indi  s  ch  en  Charakter  deutlich 
an  sieh,  ist  nar  als  ein  nnklarer  nnd  schwächlicher  Aosltate 
des  indlsehen  Bewnsstseins  m  betrachten,  und  entbehrt  ihrem 
Wesen  wie  fhter  Wirksamkeit  nach  einer  wehgeschichtüelien 
Bedeutung;  wir  dürfen  sie  daher  nur'  knm  berfiliren. 

Lao-tse  lebte  zur  Zeit  des  Kon^-Ai-tsCf  war  aber  In  dessen 
jiujge»  Jahren  bereit«  ein  Greis.  Schon  um  seine  Gehurt  weben 
sich  Saiden  von  imliiscli  - [»liafUa.'!»tisrhf»!n  Cilepräge;  er  sei  80  Jahre 
lang  iai  Mutterleil)c  gewesen  und  mit  schneeweissem  Maar  geboren 
n  orden.  1)  Er  soll  ferner,  ganz  gegen  chinesische  Sitte,  grosse  Reisen 
in8  Ausland  gemacht  haben,  bis  weit  nach  Westen  liin,  —  man  sag^ 
bis  aber  dasKaspische  Meer  hinaas,  —  und  nach  Indien  gekommen 
sein«  wo  er  sich  lange  Zeit  aufhielt.^)  Wahrend  Kong-fn-tse  als 
achter  Chinese  in  StaatsSratern  su  wirken  suchte ,  zog  sich  Lao- 
'  t9e  wie  ein  indischer  Brahmane  in  dfe  Einsamkeit  zurück ,  lebte 
äusserst  ärmlicli.  mn  vor*  ueniijen  Schillern  unit^eben,  denen  er 
den  Tat>-tp-kirii5,  das  lieligionsliuch  dieser  Sekte,  diktirte.  Kong- 
'  fu-tse  besuch t<"  ihn,  war  aber  von  ihm  sehr  wenig  erbaut;  er  musste 
sich  »e\n(3  Sucht,  Ämter  zu  erhalten,  von  Lao-tse  hart  verweisen 
•  iasseo.d)  Von  Lao-tse's  Tode  ist  nicfats  erwähnt;  er  predigte  ja 
auch  die  irdisehe  Unsteriiliflhkelt. 

Der  TaO'te-king*)  ist  sehr  dunkel,  abgerisses,  onhinngSloif; 
'iMe  Doiikelkeill  'des  Baobes  gab  den  spSteten  feildirem  'au  den 
'  weitgrelfendsteii  Eintragungen  hinreldiend  Ranm.  --^  Aller  Vielb^t 
desDasebä,  so  lehrt  Lao-tse,  Ifec^t  ein  cini  tiCsPrincip  zu  Grunde, 
Tao,  die  Vernütiriigkeit,  ihn  vorrjünltiire  OrdmniL^.  i^enauer  die  ver- 
nünftige nirkende  Kraft. ^)  Ehe  Uimmei  und  Krdc  waren,  war  es 
schon,  und  wenn  beide  nicht  mehr  sind,  wird  es  sein.  Es  ist  an 
»ich  ohne  alle  Eigenschaft,  ohne  Namen,  «das  vdllig  bestlaimungs- 
lose  Ur-£bs*),  ist  aber  die  Oruadlage  von  allem  bestfanmten  Da- 
sein. „Das  Taodst  das  Leeie,  o  wie  tief  ist  es;  es  erscheiBt  als 


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n 

aller  Dinge  Urvater,  ..  wie  ruhig;  es  erscheint  als  ewig  bestehend; 
wessen k!>ohn  es  ist,  weiss  ich  nicht:  er  erscheint  älter  als  desHini- 
mek  Herr."'')  Es  ist  oiioe  Wiüeti  uaiili^Dken,  ist  durchaus  a ich t 
hewQsster  Geist.  ^) 

Als  dieses  lesve,  begrilTs-  und  beslimmaogslose  Eins  Ist  das 
^Mtesmle''  Tso  die  sUsr  Vielheit^sa  dcnode  liegende  Eisl^it 
Dieses  Uraein  ist  aber  sweitess  such  eto  Mbesaiwtes/*  hat  ^e- 
atfaMMwigc»  so  9kh,  ist  an  sich  die  wirldicfae  Vielheit  „Wenu  das 
Tao,  —  so  beginnt  der  Tao-te-king,  —  mit  einem  Namen  benannt 
werden  icoimtej  so  wäre  es  nicht  das  Ewige.  Obnn  .Namen  ist  es 
der  Gnind  des  Himmels  und  der  Erde,  mit  einem  iVanieii  i^^t  tih  die 
Matter  aller  Dinge;"  —  als  bestimmtes  Dasein  ist  es  nicht  mehr 
ilistracte  Einheit,  nondero  die  wirkliche,  die  einzelnen  Dinge  ans 
aich  gebirende  UrsuiMtans,  welche  die  Vielheit  als  ICeim  schon  an 
«idi  trigt  Ein  chinesischer  CenBientar  erklärt  diese  näher  so:  in 
der  Weise  des  Beoamitseins  breitete  sich  das  Tao  materiell,  kSr- 
peridi  muB'f  das  Namenloseein  des  Tan  Ist  s^  Wesen,  das  Na- 
Benhaben  aber  ist  dessen  Anwendung.  Andere  chinesische  Er- 
Itlärer  fügen  hinzu:  Tuo  ist  das  Sein  uii<i  das  Nichtsein;  als  Nichtsein 
ist  es  die  grosse  Einheit,  das  grosse  Eins,  welches  notli  nicht  ma- 
teriell entwickelt  ist,  noch  nicht  zum  körperlichen  ^>eiu  gelaugt  ist« 
das  Namenlose ;  Tao  ist  das  iieere  und  daher  unveränderlich  und 
eirigi  als  aber  Himmel  und  Erde  geworden  waren,  hatte  Tao  einen 
NiMi;  das  Nichtsein  ist  das  grosse  Tao»  das  (Sein  ist  das  klebe 
Tso,  —  [ist  Ten  seinem  wahren  Wesen  abgewichen];  ^  das  Na- 
Mlose  ist  nnwahrnehmbair,  Ist  die  verboigene  Wurzel,  das  be- 
numte  Tao,  die  kßrperliche  Natur,  sind  die  sichtbaren  Zweige.*) — 
„Das  Tao  ist  euij^i  und  es  hat  keinen  Namen;  ..  als  es  sich  aber 
theilte,  hatte  es  eineü  iSaiiien."  W)  „Alle  Dinge  sind  cntsiatidcn 
aus  dem  8ein  [dem  benannten  Tao];  das  Sein  ist  entstanden  aus 
dem  Nicht  -  Sein  [dem  unbenannten  Tao];'^i>)  das  Tao  wird  auch 
sonst  oft  das  Nicht  -  Sein  genannt,  i*)  Dar  Text  des  Tao  -  te-  kiog 
iihrt  Stutt  ,;Ohne  Affect  mnss  sein»  wer  das  nnwahmehmbsre  We- 
sen des  Tao  betrachten  will.  Mit  sumHcbem  Affect  muss  sein,  wer 
dessen  kSrperlidies  Wesen  erlassen  will,"  »  d.  h.  nur  durch  den 
tshien  Gedmiken  ist  das  reine,  namenlose  Urseni  an  erlassen,  das 
inr  Vielheit  gewordene  aber  nur  durch  die  Sinne.  „Wer  das  Tao 
erkennt,  ist  nicht  erkenntnissvoll,  und  wer  erkenutnissvoll  ist,  er- 
kennt es  nicht." Das  wirkliche  Dasein  der  vielfachen  Welt  ist 
tlso  nur  dj5  andere  Seite  des  einfachen  Ur^Eios,  der  Schatten  des- 
sey»eD,  seine  Entfaltung,  ist  aber  eben  darum  nicht  das  wahre  We- 
Ns  des  iSehis,  wehshes  viehnehr  sehlechterdlngs  bestunmungslos 


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_  18  

'ist't*)  „M$  H/t  «bi  ««rtemhi^ofte»  Mb»  weldht«  war«  •  elw 
tthmiiel  kntd  ßfde  warm';  wie  ruMg  im4  wi«  laer;  «a  Ist  attate  wnä 

verändert  sich  nicht;  es  «raltet  überall  und  wanket  doch  tiimmer; 
man  kann  es  betrcichten  als  die  IVIuttor  Aen  Wis.  Ich  wms»  »^neo 
Namen  nicht;  aber  um  z»i  bozeiclnH  ii ,  ncnno  ich  es  Tao;  einen 
Nanieu  suchend,  nenne  ich  es  das  Grosse.  Ein  Fürst  ahmt  der 
£rde  Dacby  die  Erda  diem  Hminiel,  der  Hkanel  dem  Tao,  daji  Tao 
aainem  aigaea  Weaea.****)  »Daa  Tao  iat  grSaaar  als  JüavMl  and 
Erde/'  Das  Tao  ist  das  lanere  Weaea  aller  Dlage,  es  liat  we- 
der Aafang  nodk  Eade,  wlewoM  die  Welt,  das  bemuiBle  Tao»  ver* 
sdiwindet.  ,,E8  kommt  eine  Zeit,  sai^t  ein  Commentsr,  wo  das  [be- 
nannte] Tao  verschu Indet  und  iiitlit  mrlir  \^[  :  ado  Wesen  kehren 
in  ihren  Ursprune  ziirflck.  vcrcmicon  sich  mit  der  owigenRuhe,  die 
ohne  Veränderung  iatj  die  Meeie  entkleidet  sich  ihrer  Gestalt;  alte 
materiellen  Drage  sisd  vergessen.  „Wenn  nuia  auch  frägt,  was 
das  Tao  Ist,  so  antworte  ich:  £a  hat  weder  Anlaog  dooIi  Ende«  es 
veritodert  sieb  nieht,  es  bat  keiaea  KGrper  «ad  kaiaen  Cht,  ba  wird 
weder  grCsaer  noch  kleiner»  es  atirbt  nicbt  uad  ealatekt  akkt^  ist 
weder  gelb  noch  roth ,  hat  weder  ein  Inneres  neck  eki  Äusseres»  kat 
weder  Gestalt  noch  Laut  etc.  JS)  Das  Tao  hat  im  AU  nichr  ein  Zwei- 
tes neben  sich,  es  besteht  allein  jenseits  alles  Daseins  und  ändert 
sich  nie:  es  durchdringt  das  All  und  ist  doch  unwandelbar.  £s 
breitet  sich  aus  in  Himmel  und  Erde  und  im  Inoero  aller  Wesen;  es 
ist  die  Quelle  aller  Geborten  und  der  Urapung  aller  Wanddang; 
alle  Creatoren  bedürfen  seiner;  es  nilirt  alle  Weaea*  wie  ebe 
Mütter  ihre  Kinder  nfthrt  <•)  Die  sichtbaren  Geatalten  fieaaeo  alle» 
sanmt  Tom  Tao  ana;  das  ist  das  Wesea  des  Tao  [Reka  der  Diagc 
rn  sein];  es  ist  leer  und  dunkel;  in  ihm  [als in  ihrem  Ursprünge]  sind 
(iesialten:  wie  leer  und  dunkel:  ici  ihm  sind  Wesen;  wie  tief  und 
uribegreinich  ist  es.  Es  giebt  den  Urs|n  iii)g  allen  V\  esen.  Das  Tao 
ist  ausgegossen  durch  das  Ali;  alle  Wesen  kehren  in  dasselbe  zu- 
rttck,  wie  die  Bäche  in  die  Flüsse  and  in  das  Meer  münden,  Das 
Tao  ist  die  Wamel  alter  Weaen,  und  aUe  Weaea  aind  aakie  Ver- 
aweigungea/'^O  >,Das  Tao  eraeugte  Eine;  fikia  etaengte  2hrei; 
2wei  eraeagte  Drei;  Drei  eneugte  alle  WeseB|''<ft)  d.  Ii.  dos  Eine 
xertbellte  slck  in  hnroer  Tielfaehere  Verzweigungen.  „Das  Tao  ist 
utjw  aiidelhar  im  Nicht- HaiKieln  liegrilTen,  und  doch  ist  nichts,  was 
es  iii<  lit  pr/eun:tc;  es  ist  ohne  firkeuDtoiss«  und  doch  ist  nichts,  was 
es  nicht  erkennte.** 'ä) 

iStatt  der  chinesischen  Zueihcit  begegnen  wir  hier  der  Einkeit» 
weleke»  ana  steh  herauagehead»  nick  sar  Welt  der  Vielkait  am- 
kreitet;  dieae  Elokeit  Ist  aber  nieht  lebensvoUea  Tkna,  iat  aiakt 


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Gei»t.  «nndent  ebeji  nichts  als  die  k  ere,  begriiTslose  £iDheit>  au 
der  uiiil  in  der  schlprhterdiiigs  nichts  weiter  m  denken  ist.  Man 
mn$8  sieh  sehr  hüten  in  diesen  durch  blosse  V  erneinungen  audge* 
teerten  Begriff  tondartige,  bestimmte  Begrifle  bmeinzutragen ,  Tnr 
welche  Im  ikwer  gfoiMB  Leere  MKch  viel  Unan,  aber  ke&oe  Be- 
TecfttigODg  let  Dar  Sdbeia  veo  UaedHielikeit  wM  Mk  Ver* 
aaBWg  aHer  BwtiinnllMit  Mlkr  wehlfeil  emngeo,'  aber  m  dieaer 
leere«  ftaheK-die  Idee  de«  wabree/  ttaendttoben,  fretea  CMstee  m 
fioden,  zeigt  wenigstens  ein  völliges  Missvert^tehen  dieser  Idee. 
Die  Idee  des  christlichen  (ioMes  ist  das  reine  Oegcntheil  jener 
leeren  Kiniieit,  ist  die  lebendige  Fülle  alles  Lehens  selbst,  und 
diese  peaitivate  alier  Ideen  wird  wahrlich  nicht  durch  Moaee  Ver- 
aiiBaagen  emingeii.  Mit  deai  Tao  dea  Lae-tae  haben  uaaere  Ge- 
lebrloa  viei  Unfcf  getrieben;  io  der  Mbeo  Kaobt  der  B^riffido- 
aigheit  let  ea  der  PbaDlaaie  leicht,  Oeataltoii  mHancfaeo  an  laaeen; 
aatirlich  iud  mui  aech  hier  wieder  die  Lehre  vom  „dem  einigen 
Gett  in  drei  Personen"  gan;s  handgreiflich  ausgesprochen ;M)  selbst 
Al>el  Remusat  bat  sich  von  abolichen  i:<intragungen  nicht  frei 
gehalten."^-') 

Bas  leere  Ursein  dea  Lao-tae  macht  nun  freilich  die  Dinge  der 
Walt  nicht  begieÜich,  denn  Ana  dem  Leeren  wird  in  alle  Ewigheit 
habe  FttHe.  Se  Idelbt  aiae  mir  flbrig,  daa  Uraein  aelbat  ana 
der  abaeliiteB  LeerlMit  beramatiaielien  mid  Ihai  eine  Seile  dea 
bealhDBlee,  TielfMsheB  Seiaa  beiaiilegea.  Da  iat  mm  frdHch  von 
heher  Credanken-Entwielcelung  die  Rede,  sondern  nur  von  etner 
notbgedrungenen Behauptung:  entweder  giebt  es  gar  keine  Dinge, 
«der  das  Tao  ist  nicbt  f»loss  die  leere  Einheit,  das  Namenlose, 
Jene  für  Viele  so  impunirende  Erhabenheit  der  absoluten  Be- 
stimmuagaloaigkeit  verschwindet  uaa  alao  aafort  wieder  unter  der 
Baad  9  ea  Iat  mit  ihr  gar  oicbta  aaraihDgeD»  ale  macht  oichta 
begreiÜch,  wie  an  ihr  aelbat  aicbta  an  begrolfen  iat  Der  gaase 
Ccdaafce  dee  tumealaaeo  Ciseiaa,  welchen  ana  eich  heraaagehend 
aieh  cur  Weit  eetfUtet,  ist  vfel  tieAsr  Io  la^en  entwickelt; '  die 
Lehre  des  Lao-tse  ist  nur  ein  matter  Widerschein  des  indischen 
Gedankens.  Lao'tse's  Lehre  gehfirt  s('lilerht('r<litiij8  nicht  in  rli(; 
chinesische  Gedankenwelt,  ist  ein  indisches  iichmarotzerifenächs 
aaf  dem  cbineaiacliea  8tamme,  und  was  sie  an  Gedanken  enthält, 
das  bat  aeine  weilgeaohichtlicfae  Bedmrtnfig  and  Entwickelung  in 
bdlea  gewonnen«  Vfh  bmnoben  nna  dnmm  bei  dieaer  Lehre  nicht 
hinge  anfiniAalten»  ha1>eD  mnr  nach  ehiige  Pnnhie  iierroranfaeben, 
dte  ana  dem  Grandgedanken  folgen. 

Die  ivciicrc  £nwickelun|^  des  Grundgedankens  trägt  ebenHüla 


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gaos  deutliili  iaOMku  C^Ig«.  Wk  lbd«ii  da  fline  WcHUlitag 

durch  das  Tao,  vf^elches  in  endlogen  Verwandlungen  sich  selbst  tn 
der  Welt  hervorbringt,  finden  8o*»ar  Ues^^cji  Meiis<  luverdung  iti  ver- 
^<  iii ('denen  GestaUeOj  so  besonders  in  dem  flurcli  überoaturlii^e 
£iiipfäDgois8  erzeugten  Lao-tse,  ja  selbst  io  Buddha. 

Wichtiger  als  die  eigentlichen  Gnmdgedanken ,  um  die  eiehdie 
piüktMdiee  Chineees  nieht  Tie!  betainwHttt  aw  heben  aebeiaee,  sind 
fiBr  dieaelbee  einige  praktieche  Felgerangen  geweiden»  die  eidi  u- 
tflrlich  im  Weeentlidien  In  Indien  wiederinte. 

1.  Die  wirkliche  Welt,  das  benannte  Tao,  ist  nicht  das  wahre 
•Sein  dc«!(Kelben.  isf  die  ^eriri«»erc,  uinvahrc  Forui  der  Gottheit.  Die 
wahre  Weisheit  beklebt  also  darin ^  von  diesem  nichtigen  Daseio 
sich  abzuwenden,  es  als  univahr  anmeciteDneo»  den  Geiaüt  ganz  auf 
jenes  unbenannte  Tao  hinzurichten,  an  dem  und  In  demlSicirtsza 
denken  ist,  jede  wiriüiehe  fiikenntnisa  in  vemditan»  eich  ans,  der 
banten  Welt  der  Wirklichkeit  yeracbtend  iwachaniielien,  ihr 
jede  Liebe  und  jeden  Intereaae  zu  veraagen.  «»Der,  welcher 
aur  vollendeten  Leere  gelangt  ist,  der  bewahrt  beatindig  die 
Ruhe.  Jedes  Wesen,  nachdem  es  geblüht,  kehrt  in  seinen 
Ursprung  zurück;  in  seinen  IJrsprun«;  zurückkehren  heisst  zur 
Hube  kuiumen.  =^7)  W^er  sich  dem  Forschen  widmet,  vermelirt  tfig- 
lieh  seine  Kenntnisse;  wer  sich  dem  Tao  widmet,  vermindert  sie 

,  täglich,  und  so  fort  und  fort,"  bis  er  anmNielithaadehi  geiaht  Der 
Menaehf  welcher  daa  Tae  erkennt«  redet  nickt  [weil  dieae  EkImmiI- 
niaa  anauaaprechllch] ;  derjenige^  welcher  redet,  erkennt  es  niiskt; 
er  veradiBeaat  seinen  Mund,  seine  Obren  und  Augen,  er  unterdrSdkt 
seine  Thatigkeit  etc;  dann  kann  iiiait  sagen,  dass  er  dem  Tao 
gleicht."**)  Der  Weise  kehrt  in  sich  selbst  ein,  vcrseukt  sich 
beschauenti  in  die  Tiefen  des  Gedankens  des  leeren  Urseins,  uill 
mit  der  äusseren  Welt  nichts  zu  thun  haben,  kümmert  sieb  nicht 
an  den  Staat  und  die  Geachichte  der  Welt,  lebt  «tiU  in  der 
Einaamkeit»  gleichgültig  gegea  Freude  uad  Schmeia;  die  reckten 
Wdseo  leben  ala  Einaledler  in  WaldacUaehten  und  Hohlen,  eder 
ala  Bettler  oder  in  KKSetern  und  entaagen  der  Welt.  „I>er  hei- 
lige Mensch  maebt  das  Nicht -Handeln  zu  seinem  Handeln,  und 
sein  Lehren  besteht  im  .S(  liwcisren.  2»)  Verzichte  auf  geisü^es 
Streben,  und  du  wirst  frei  sein  von  Norge.^")  Der  Weise  furchtet 
den  Huhm  wie  die  iSchandei  sein  Körper  gilt. ihm  als  ein  gros- 

'aea  Elend;  wenn  wir  groaaes  Elend  erdulden,  so  komaH  diesa 
daher»  weil  war  euiea  Kürper  habea«*>)  Der,  wekdier  gar  aicht 
aprtchtj  geUmgt  aum  Nicht -Handeln.  Daa  Nicht-Seia  dniehdiiagt 
alle  Dinge ,  daran  fiemut  daa  Mieht-Haadeln.  ^2)  Wer  haadilf,  w- 


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81 


ßerf  ,  wer  ftc!i  an  eine  Sache  hänirt,  verliert  sie.  Desshalb  han- 
deit  der  Weise  nicht,  und  verliert  auch  nicht;  des  Weisen  Begierde 
besteht  m  der  AlmeseDbeit  jeder  Begierde/'^)  —  »»Die  Setsoiigeo 
dee  Lte-Ise»  sagt  Taeba-hi«  bezwecken  eio  gfibsllcbes  Verseoken 
h  tick  Mibst;  er  wollte  ekk  dnrckaiis  nickt  mit  Reglemngsge- 
fckMen  kefiuweo  «nd  atteki  dem  Geiste  leben.  Seine  Satzungen 
Mea  dorekana  anf  daa  Leere,  anf  die  Rabe  und  UndiXtigkeit. 
Die  Aufgalie  des  Lebens  besteht  nach  ihm  in  einer  tiefen  Selbst- 
beschauime:.  Die  Masse  der  Dioi^e  darf  den  Weisen  nicht  aus  dem 
Leeren  aufscheuchen:  desshalh  pllegte  er  auch  zu  sagen:  Ich  bin 
nicht,  so  vveoig  wie  die  Meuschen»  aas  denen  ick  geworden;  denn 
wire  icb  nicht,  so  wurde  ea  nichts  zu  sagen  haben»  und  diess  gilt  von 
Jadem.«'««)  Daa  iat  etwaa  dem  ebioeaiacben  fiewnaataefai  v5ll%  Wi* 
damtreitendea;  der€liineae  Icann  nur  mtt  bitterer  Veracbtung  und  mit 
dem  Yoiwurf  der  Tkorkeit  oder  der  Selbataackt  auf  diejenigen  kin- 
IHifcaa,  weieke  aiek  ao  der  menaekikben  GeaeliaekafI  entaielien. 
Daher  ist  auch  diese  Seite  der  Tao*  Religion  in  China  am  wenig- 
sten entwicl«elt  worden.  3  -)  Ulier  die  Glel^h^ltif^kelt  der  Lao-tse 
tiefen  alle  Freuden  und  Schiiier/cn  argem  sicli  die  Cliine«!en  oft.  Ein 
berühmter  Weiser  dieser  Schule  sass  grade  beim  Schachspiel,  als 
man  ihm  den  Tod  seiaer  Mutter  meldete;  er  lieaa  aich  dadurch  beim 
Spiei  nickt  bn  mindeaten  atOren»  adadem,  ao  aageo  ilim  die  Cbineaen 
Bük, betrank  aiek  denaelben  Tag  noek  bn  Weine.**) 

%  Durck  die  reckte  Weiakeit»  dnrdi  die  Abwendung  Fon  der 
Walt  der  VieÜMit  wird  der  Menack  eine  mit  Gott»  und  iat  darum 
aack  nicht  mehr  in  der  Gewalt  des  unwahren  Naturseins;  mit  dem 
Hgrossen"  Tao  vereinigt  ist  er  Macht  über  die  Naturdinge.  An 
diwen  Gedanken  anknüpfend  entwickelt  »ich  in  uppiixer  Fülle  ein 
reiches  Zauber*  und  Wunderleben,  durch  welches  eben  die  Un- 
wahrheit des  Naturseioa  und  die  höhere  Macht  des  mit  dem  Urgrund 
geeinten  Geistea  aich  ausspricht.  Der  Meaach,  in  welchem  dae 
Taa  Wahrkeit  geworden  iat»  darf  nick  nielit  knackten  laaaen  von 
4»  unwakran  Vielkeit  der  Dbq^»  kat  aie  in  aeiner  Gewalt»  aie  muaa 
ina  gakercken.  »»Wenn  der  Menack  die  Binkeit  kewakrt, wenn  er 
aeiaeLekenakraft  bändigt  und  unterwirft,  so  wird  er  sein  wie  ein  Neu- 

Gehorner,  er  erzeugt  die  Creaturen  und  ernährt  sie,  und 

herrscht  über  »ie.  Wenn  der  Mensch  wahrhaft  vollkommen  syeu  orden, 
m  untern  Irft  sich  ihm  die  Welt.  Wer  zum  Nicht- Handeln  gelangt 
ist ,  dem  ist  nichts  mehr  unmöglich."  S'^)  Obgleich  die  meisten  Tao- 
SckÜer  wohl  längst  die  tieferen  Grundgedanken  verioreo  haben ,  so 
waifiBQ  aie  aiek  deck  gierig  auf  die  Foigeraageo»  die  einer  kindii- 
ckaaFktotaaie  ao  ackawiekeki.  Noek  jetat  aieken  die  Tao*tae  im 

a  • 


* 


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M 


Lande  umher  als  hochgepriesene  Zauberer  und  Gei*»terb€schwüror 
ttod  die  Chroniken  wissen  viel  von  dem  durch  ihre  Gaukeleien  an- 
gerichteten Unheil  zu  enähleo;^)  dem  gemeinea  Volke  sagt  sokfae 
Weisheit  oetflrUch  sa, 

8.  Die  höchste  Bfacbt  der  Natnr  fiher  deoMeDseheti  seigl  eidi  in 
•ehieni  Tode;  der  heilige  Meneeh  imm  diese  Mecht  des  «Mrohreo 
Seins  Aber  sich  eicht  anericeinieD,  der  wahrhaft  Weise  sÜrirt  sieht; 
was  wäre  alle  Wandermacht,  wenn  sie  der  Nator  die  Macht  des 
Todes  zugestehen  mflsstc?  Der  Mensch,  welcher,  aus  der  Welt 
der  Unwahrheit  zurückziehend,  mit  dem  wahren  Tao  sich  eint 
und  dadurch  Macht  über  die  Natur  wird ,  muss  auch  die  Macht  des 
Todes  zu  brechen  TermOgen;  die  Natur  hat  über  den  Weisen 
keine  Macht  mehr;  er  ist  UDSterhlicli.**)  Aber  diese  Unsterb- 
lichkeit ist  sieht  von  Natur,  sondern  ist  ebe  ermngene;  der  Measdi 
bricht  des  Todes  Macht,  wenn  er  die  gSttÜche  Lebenshmft  in 
sich  avfnhnnit;  diess  geschieht,  seh?  wahsscheiniicb  im Ansehhiss 
an  das  indische  Sorna  und  Amrita,  durch  den  „Trank  der  Unsterb- 
lichkeit", gevvi.ssenn^seri  die  aus  derNattn  herausgezogene  gott- 
liche Lebenskraft,  das  Göttliche  an  der  iSadtr.  Dieser  Trank  ver- 
scbafFt  nicht  blos  ein  Leben  nach  dem  Tode,  sondern  %*or  Allem 
ein  Fortlehen  auf  dieser  Erde,  entweder  ohne  Tod  in  dem  nickt 
alternden  Körper » oder  in  der  Weise  der  Seclenwandemng.  ♦o)  Diese 
Unsterbiichkeit  ist  Übrigens  eine  bescbrinkte,  denn  des  SM  der 
„Helligen"  ist  es,  sick  anletzt  In  Nichts  anfsulisen;«i)  und  „die 
Rückkehr  Mis  Nichtsein  ist  die  Lebensbeweguiig  des  Tao>*)  IHeser 
ÜDsterbBdikeitstrank,  von  dem  übrigens  das  Tao-te-kfaifi:  nichts 
weiss,  spielt  eine  grosse  Rolfe  in  den  chinesischen  Gei»cl»ichten ; 
niehrure  Kaiser  haben  ihn  getrunken,  uud  einige  haben  sich  den 
Tod  daran  getrunken,*^)  ohne  für  Andere  eine  Warnung  au  sein; 
auch  jetzt  wird  noch  viel  Unfog  damit  getrieben. 

Alle  diese  Erscheinungen  tragen  durchaus  indischen 'CharakAer, 
und  es  bedirlle,  am  Aesen  fremdartigen  Ursprang  der  Tae- Lebte 
sQ  zeigen »  nicht  erst  des  Umslandes,  dass  einem  Kaiser  der  Ua- 
sterUichkeitstrank  roa  MSnnem  gereicht  wird,  welche  aes  Indien 
kamen  ;M)  dass  die  Priester  des  Tao  wie  die  Baddhageistilchen 
Schämen  genannt  wurden, dass  die  Zeitrechnung  der  Tao- 
Schüler  ganz  wie  die  indische  in  die  Millionen  geht,<^<')  dass  ein 
Götzenbild  dieser  Secte  von  schwarzer  Farbe,  schrecklicher 
Gestalt  und  mit  drei  Augen'^'')  sofort  an  ^iva,  erinnert,  dass  als 
die  höchsten  Geister  der  wirkKohcn  Welt  drei  göttliche  Wesen 
erscheinen,  von  denen  der  elM  der  Geist  des  flimmels  and  der 
dritte  der  des  Feners  Ist,«*)  wie  Biama  «nd  (Ivn.  Bincb  der  Sage 


üigiiizuQ  by  <^üOgle 


83 


vrarLao-lne  in  Indien  geneseu;  dicss  wird  dadarch  unterstützt,  dass 

der  Tat> -  te- kih!?  einen  Thurm  von  neun  .Stockwerken  erwähnt;*») 

iokhe  Gebäude  t>'md  aber  in  China  erst  viele  Jahrhunderte  später 

f OB  Buddhisten  erbaut  worden,  und  sind  indische  Pagoden. 

Die  Tao-Secte  hat  sehr  verschiedene  Srhkhtle  im  ReNshd 

friMMf  teU  9ewmM  iie  «eltet  w  Hofe  £faiB«M,  md  ebagoKaber 

«vfiMädi  ihr  in  dia  AniM,  «ad  imuMteD  ihr«  O— terhtidAeHoioiii 

•wltMllMl  Mi«  (Hthim  Toda  WsahleD;  -  bald  wurdoale  Terfelgt. 

MhMkar  Strafe  ▼erbotei,  ihre  Aobfttififer  sogar  ans  dem  Land« 

gejagt.    Die  neuere  Zeit  ist  in  ihrem  orsterbeutien  <jieii»te  gieicii* 

guitiger  gegen  fremdartige  Lehren  geworden. 

')  Tao-te-kmg,  par  Stan.  Julien,  p.  XIX.  Gützlaff,  Oesch.  d.>chm.  Reichs,  S.  66. 
TS.  —  *)  T«ot.  p.  Julien  p.  XXII!  etc.  Gützlaff,  S.  73.  —  »)  GftUl.  66;  'SUm.  d. 
Chin.  t.  XII,  p.  68.  —  *)  Tfto  t  •  kiug,  trad.  p.  G.  Pauthicr,  1838.  p.  Stan.  Julien, 
1642;  Abel-Bänusat,  Mdm.  sui  ia  vie  et  Ics  opiu.  Uu  Lau-tbcu,  1823.  —  *)  Vgl.  oben 
iU.— •)dcMÄiUa,hist.rV,l30. 360.  —  ■*)  Tao-tc-king,  c.  4,  uach  St.  Julien  n.Fantfaier. 
-^^TImC;  ^  Juiknt  p.  ZIIL  <—  *)  T«o4B-kfaig,  &  1.  nadi  Paathier  «lA  Julien.  ^ 
^  BbMd.  e,  BS,  aaeh  Jal  ^  ")  c  40.  c  48.—  ")  c  81. — Abet-B^aaiat, 
Vd.pMh.Vw  189« »)  Ttet  e.  S8.  ti^  4. 14. ^  »)  Bbeol  p.  9» (JaL>~«')  Bei 
KnOna^sa  c  1.—  **)  Eia  Coauasatar  i.  TaoL  b.  JaL  p.  ML—  Ebead.  p.  98,«-* 
*^  Teot.  c  81.  88.  —  **)  Eia  Coaua.  b.  Jol.  p.  188. Taot  c.  42.^»)  c.  87.  a. 
CfT^m  h  Jul,  p.  136. — **)Montucd,  de  Stadiis  sin.  p.  19;  vgl. Taot. p. Julien  p.IV. — 
**)Mem.su-L.  p.  44 Ptc.  — '"*)Kony,  .Tonm.  As. VIT.  p.  465.  488  etc.  — Taot. e.  16. 

c.  48.  56.  —  ^")  Ebead.  c  2;  vgl.  3.  43.  —  c.  20;  Tgl.  64.  —  c  13.  — 
")  c.  23;  c.  43;  vgl.  63.  —  r.  64.  —  he?  lügen,  1837.  I,  p.  27,  —  ")  Mem. 
4  Chin.  XU.  69.  332.  —  ^'')  de  Maillu,  iV,  13Ü.  —  Tnot.  c.  iO;  c  22;  e.  48.  — 
**)  de  Maiila,  Lisi.  V,  85.  121.  —  ")  Toat.  c.  33.  —  «")  Ebend.  VI.  227.  —  '»')  Gfitz- 
hff,  eT.B.B.S52,No.  5,  p.  4.  —  *^)  Taot.  c.  40.  — •*')  de  Maiila,  VI,39Ü.  429.  441.  490. 
X,  f.  —  •«)  Ebend.  VI,  390.  —  **)  Ebend.  V.  p.  50.  —  ••)  Ebend.  L  pref.  p.  19.  — 
*0  HeMBiian,  voy.  L  p.  858.  —     QtHriaga,  a.  a  p.  8.  —  *•)  Tiot  «.  64.  — 

5 

Die  Lehre  des  Buddha,  der  bei  den  Chinesen  Fo  t^enniint 
wird, seil65n.Clir.il]  Chinaeingedruugeu,  uudspäti  r  mit  reissend  er 
Sdiaelligkeit  sidi  yerbreitendy  iiald  hart  bedrücl^t,  bald  in  hobof 
towl  der  KaiMr»  hat  im  oenerer  Zeit  die  Mehnakl  der  Chinesen 
«Ihien  Anliing«»,  wkwohl  die  ätaetebeamten  der  ReiclMreli- 
Ißom  taldigeik  Akcr  die  Baddlielehre,  ans  einer  doreh  die  adeii«» 
tnaeLefcie  dee  ILong-tse  onMHedigteB  Selmsaekt  oaeh  tieferen 
Uen  mit  Gier  ergriffen,  bat,  China  uberschwemineed ,  Utrele« 
bendige  Strüniuug  verloren,  und  ist  in  trüber  Mischung  mit 
fremden  Elementen  versumpft,  auf  die  gebildeten  Klassen  von 
sekr  geringem  Einflüsse)  auf  das  Staatsleben  von  s;nr  keinem, 
bietet  aber  dem  gemewen  Vollie  in  ihrer  gefügigen  Anschmieguug 

m  dbfa8iifldiB  fiiHeii  und  VeiMUHieii  eini^tB  fiieats  lür  dae 

e* 


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u 

Leere  der  Reiolisreligion  an  imitrwiiiMildmi  Geiuikeii»  — 
Thatsächlich  hat  der  Baddhisnius  in  China  allen  Geist  verloren, 
ißt  faul  und  dumpf  geworden;  ein  ganz  mechanisches  Formel- 
\vese09  dem  Chinesen  so  BAtürüch,  hat  die  Stelle  der  gewaltigea 
ld0&a  eingenommen. 

Da  die  Baddba- Religion  dem  indischen  Geisteeleben  ange- 
hört, und  in  CbhuL  wolü  sudilreiehe  Aobinger,  ato  keine  Ge- 
•eblehte  ond  keinen  nmgeetaltenden  Einflnee  kal,  ao  dCvto  wir 
sie  hier  nicht  n&her  betrachten;  Tttfiwlte  Gestalten  gekUffen 
ohnehin  nicht  in  die  Ue&cliichte. 


Zweiter  AbschniU. 
Dm  wtesenscliaftllche  Leben. 

$28. 

Die  Welt  ist  ein  geordnetes  Ganze,  nicht  ein  zufWiger Haufe; 
die  himmlische  Macht  durchzieht  das  All  als  die  einige  und 
einende  Lebenskraft,  und  kommt  im  Menschen  zu  ihrer  höchsten 
Offenbarung;  die  veniünftige  Gesetzmässigkeit  des  Alls  ist  zu- 
gleich auch  das  Wesen  der  mensch] iohenVernunfl.  Der  Mensckkat 
in  sich  selbst  das  Maass  des  Alllebens;  in  sich  selbst  schaaead 
erkennt  er  das  Wesen  der  Natnr,  und  in  die  Natar  schanend, 
findet  er  sein  eignes  Wesen  wieder.  Der  menschliche  Geist  steht 
so  nicht  als  ein  Vereinzeltes,  Gleichgültiges  da,  er  findet  in  der 
Welt  überall  das  ihm  Verwandte,  er  ist  überall  heimisch,  überall 
findet  er  Fleisch  von  seinem  Fleisch  und  Geist  von  seinem  Geist; 
der  Mensch  ist  nicht  fremd  in  der  Welt,  und  liebend  versenkt 
er  sich  gern  in  die  Betrachtong  des  Daseins.  —  Der  Gedanke, 
dass  das  Dasem  ein  vernünftiges ,  ein  schleohterdinge  ordmuigo« 
Tolles  sei,  giebt  dem  mensehlidien  Geist  ein  gesteigertes  later^ 
esse  an  demselben;  der  Menseh  branchl  da  nioht  erst  an  mitev» 
snchen,  ob  das  Sein  auch  gut  und  gesetzvoll  sei,  ob  es  Meh 
verlohne,  sich  forschend  in  dasselbe  zu  versenken,  soiideru  er 
ist  von  vornherein  sicher,  dass  Alles,  was  er  erforscht,  auch 
vernünftig  und  ein  Gewinn  für  die  Erkenntniss  sei;  wo  er  auch 
schöpfen  müge  aus  den  Quellen  der  Itiator,  tiberatt  quillt  ihm  dar 
reine  Born  der  Vernünftigkeit. 

Der  Chinese  hat  darvm  ein  hohes  Interesse  l&r  dieBrkeaM« 
aisa;  des  Measchen  Weith  at^  aad  lUIt  aut  sefaiem  Wasaeai  ja 
mehr  gelehrt  uad  eikeaaend,  um  so  aiehr  geaehtet  im  Staate. 


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85 


Aaf  der  Erkenntniss  mht  hier  alles  Staats-  nnd  Volksleben:  die 
Wissenschaft  tritt  unbestritten  an  die  Spitze  des  chinesischen 
Lebens.   In  der  glänzen  llnrigen  heidnischen  Welt,  —  das  Grie* 
chenthnni  nicht  aasgeiHNmnen,  —  ist  keine  so  hohe  Achtang  der 
WiMessoball  und  keine  so  hehe  Bedeutung  derselben  flir  das 
gnunnle  Volksleben  als  bei  den  Qdaesen.  Bei  den  Griechen 
war  die  Wissenschaft  melur  gesondert  von  dem  Volksleben,  war 
Frival&ache,  hatte  keine  unmittelbare  Bcziehuiig  zum  Staatsleben, 
ja  war  grade  in  ihren  hervorragenden  Spitzen  in  feindseliger 
Spannnns^  mit  dem  vorhandenen  Staatsleben;  sie  war  nicht  orga- 
nisch mit  dem  Gesammtieben  des  Volkes  verwachsen,  fKhrte 
vielmehr  fiber  dasselbe  hinaus;—- in  China  ist  Staat  nnd  Wissen* 
iehsft  eins;  das  gunne  Leben  des  Volkes  mhl  auf  der  Erkennt- 
süss  die  Weisen  snid  die  Staatsmftnner,  und  die  Staatsmänner 
find  die  Weisen.  In  dem  Staate  der  grieeUselien  Intelligens,  in 
Athen,  entscheidet  wohl  das  Loos  oder  die  Laune  des  durch 
schlaue  Demagogen  geblendeten  Volkes  über  die  Erlangung 
?on  Statitsa intern,  —  in  China  entscheiden  allein  die  Kenntnisse; 
in  Athen  können  wohl  Handwerker  das  8taatsrnder  ergreifen^  in 
GMna  allein  die  Grelehrten;  —  in  Griechenland  verbannt  man  die 
frOssten  Weisen  oder  reicht  ihnen  denGiilbeeher,  in  China  erbaut 
iwn  ihnenEhrenbogenundEHnneningshallen;  einflussreieh  wur- 
den im  grieehisehen  Volke  eigentlieh  nur  die  Sophisten,  welche 
das  Snbject  losbanden  von  allem  zwingenden  Gesetz  alls;emein- 
gfiltiger  Vernünftigkeit;  Chinas  anerkaniite  Weisen  streben  alle- 
sammt  die  snbjective  Willkür  des  Einzelnen  unter  das  nrrver- 
rilckbare  Gesetz  der  Allvernunft  zu  bändigen.    In  Griechenland 
ph  eben  das  starke  Subject;  in  China  gilt  das  Snbject  nichts, 
isndem  nur  das  Allgemeine,  die  objeetiTe  allgemeine  Weltmacht; 
iwi  den  Griechen  galt  diatkrftlliges  Handeln,  der  starke  Wille 
im  einselnen  Kleinstaates  oder  des  einzelnen  VoUuHlhrers  der 
ganzen  übrigen  Welt  gegenüber,  bei  den  Chinesen  gilt  nur  dieFft- 
higkeit,  den  ewig  vernünftigen  und  unveränderlichen  Gang  des 
Volksiebens  in  derOrdnung  zu  eriialten,  und  dazu  eben  bedarf 
es  der  tiefen  Erkenntniss  der  in  demDasein  waltenden  vernunfti- 
gOB  Gesetsmässigkeit,  die  der  Mensch  nicht  frei  zu  bestimmen, 
0ondem  der  er  sich  dmnfldiig  au  luiterwerfen  hat.  Gross  war  bei 
Im  Griechen,  wer  mit  starker  Hand  in  das  Leben  hineingreifen 
kennte,  bei  den  Chinesen  der»  wer  mit  kenntnissreidiem  Auge 
das  kunstvoll  gefügte  Rftderwerk  beavfeichtigen  und  vor  Stö- 
rungen bewahren  konnte.  Das  Volk  der  unruhigen That  bedurfte 
Helden,  das  Volk  des  ewigen  Friedens  bedarf  der  Wissenden, 


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wcAelie  Mkkmead  dieOrdottig  des  roUe»4eii  GetriabM  fiMtkmi 
die  Masdilne  aber  Ist  niolit  von  menscliltelieiii  Wte  crtawl>  — 
der  Himmel  selbst  gab  Gesets  und  Regel. 

In  China  ist  die  Wissenschaft  ein  hochwichtiges  Glied  des 
iStnaislebens;  nur  die  Gelehrten  sind  die  Beamten;  ohne  Wissen- 
schalt kein  iStant ;  wer  Achtung  erlangen  will  im  Volke,  und 
Einiluss  auf  den  Staat,  der  muss  etwas  gelernt  haben;  er  muss 
nicht  bloaa  praktische  Erfabnuigeii  aus  dett  Gebiet  der  Lebens« 
weishalt  gemacht,  aondem  er  rnnss  die  Emmgenaduifteii  Mb»* 
rar  Webheit  atudtrt  haben« 

Der  Mansch  erhebt  sich  durch  die  Wiasenaehsft  Uber  die 
blosse  Einzelheit,  ist  nicht  mehr  ein  blosser  Panict  im  AH  $  das 
Dasein  erkennend  wird  er  eins  mit  dem  All,  er  zieht  das  liimmli- 
scbe  Leben,  was  ij»  der  \\  elt  ausgebreitet  ist,  iji  sich  hinein, 
wird  sieh  der  Veniiintüi^keit  des  Daseins  bewusst  und  streift  die 
Sprüdigkeit  des  beschränkten  Ligen  willens  ab;  das  himmli- 
sche Leben ,  in  jedem  Menschen  van  JNatnr  schon  vorhanden« 
w  ird  durch  die  Erkenntniss  der  dranasen  waltenden  Vemdiifiig» 
keit  noch  verstirkt  und  concentrirt»  und  dar  Wisaaada  wird  mit 
gesteigerter  Erkenntnias  geeigneter,  iml^aam  daa  Ufanmela  die 
gesctamäasiga  Bewegung  des,Volkslebeps  au  leitaa* 

Die  Sprache. 

§«9. 

Die  chinesische  Welt- Anschauung  ist  unorganisch;  das 
Welt- Leben  stellt  keine  Lntwickelung,  sondern  einen  chemi- 
schen Process  dar;  —  die  Urkraft  wirkt  auf  die  ünnatarie»  und 
das  Resultat  ist  das  wirJdiche  Dasein  ohne  wetten«  fovtgehende 
Entwickelung;  Natur*  und  Menachenldbos  habatt  keine  Ga^ 
schichte.  Das  Höhere  steigt  nicht  in  lebendigem  Wachsdittm  ans 
dem  Niederen  hervor,  sondern  unmittelbar  aus  dem  Urgrund  des 
Seins.  DasUrsein  verzweigt  sich  nicht,  entwickelt  nicht  Blütben 
und  Blätter,  sondern  schiesst  nur  krystallinisch  in  Atomen  an. 

Die  Sprache  trägt  denselben  Charakter.  Da  ist  keine  or- 
ganisch-lebendige Entwickelung  dea  Stammwortes  zu  einer 
reichen»  fruchtbaren  Veraweigung  abgeleiteter  Vwnea  und 
Wörter,  keine  weithin  sich  aaabreiteada  Flexion;  sondern  die 
Wörter,  an  Anaaerem  Gahalt  alle  einander  gleich  via  die  Atome 
einea  Kryatalls,  —  last  alle  einsilbig,— werden  nur  dadurch  aar 
Sprachgestaltung,  dass  sie  aneinander  krystallinisch  sich  an- 
setzen; die  meisten  ßegriffe  werden  durch  Wortkonglomerate  i 
ausgedrückt»  deren  einzelne  Bestandtheile  nachieslen  Gesetasa  ^ 

I 

I 

I 

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mA  m  giiiirihr  fügen.  We  Wörter  ilnd  Mm  leli«iiig«ii  Keine, 

ilei  tiren  und  gestalten  sich  nicht,  sind  todte  Sto^heile.  Die 
Sprache  hat  kein  gei stiege s  Gepräge,  ist  nur  symbolische  An- 
deutung für  <ieii  Gedniikeii,  nicht  sein  wirklicher  Ausdruck 9  ist 
•ise  in  Laute  gesetzte  Pantomime. 

Die  chinesische  Sprache  ist  uster  allen  Sprachea  der  geschieht' 
KchsB  VÜker  die  selnfierigstef  weil  sie  in  ihrer  spröden  Uobeweg- 
Ikhkeit  dem  lebendigen  Gedanken  nicht  an  folgen  vermag,  ihn  nur 
andeelet»  nicht  ausdruckt  DieOrammatiklst  sehr  noTollkoainiee.  Wie 
die  Chinesen  keioeo  wirklichen  Unterschied  kennen  zwischen  Geist 
lind  Natur,  zwischen  dem  schlechthin  Thätigen  uüci  dem  passiven 
6cit).  so  haben  sie  aiirh  keinen  Unterschied  zwischen  dem  L^oisti- 
gen  Worte,  dem  Worte  des  Lebens,  dem  Verbuni,  und  dem  Worte 
des  SeiaSy  dem  Nomen;  dasselbe  Wort  ist  unverändert,  je  nach 
dM  gesawwMinhnng»  hald  SnhstantiT»  bald  Adjectiv»  bald  Verbum; 
sie  deeliairen  und  conjnglren  nicht,  haliee  ? om  Yerlmni  eigentlich 
sar  die  substautivische  Fem,  den  Infinitiv ;  i)  das  Verbum  stellt  als 
ehi  sweftes BegrilTswort  neben  dem  Substantiv,  ist  nicht  mit  ihm  su 
einem  lebeudigen  Ganzen  verwachsen  ;  in  der  Sprache  ist  ein  eheuso 
ungelöster  Dualismus  wie  in  der  Welt.  Die  Zeit  kann  am  Verbum 
selbst  nicht  ausgednirkt  werden,  sondern  nur  durch  Uiuzulüguog 
Siaes  besonderen  Wortes,  welches  diese  Zeit  bezeichnet.  Nur 
Accent  und  Stelluug  unterscheiden  die  Geltung  eines  Wortes  als 
SulwtantiT,  Verbum«  Adjeetiv^  Zahlwort,  selbst  als  Prfipesitioa. 
Keine  Formenlehre»  sondern  nur  Syntax  Dieses  todte  Neben- 
einaoderstetlen  von  Wörtern  ohne  ein  inneres  lebendiges  Band 
macht  das  Verständniss  so  schwierig;  der  Geist  mnss  erst  in  die 
todte  Masse  hineingetragen,  der  Sinn  oit  mehr  errathen  als  gelesen 
werden.  Die  Zweideutigkeit  der  Sprache  sucht  der  Chinese  durch 
mausigfaltige  Darstellung  desselben  Gedankens  zu  entfernen ;  daher 
die  unaufliSrIichen  Wiederholungen  ro  wissenschaftlichen  Schriften; 
fon  den  vielen  Dursteilungen,  die  alle  dasselbe  sagen  wollen,  be-  * 
selchuet  eben  keine  den  Gedanken  scharf  und  bestimmt«  Keine 
Sprache  eines  gebNdeten  Volltes  Ist  daher  zur  Philonophie  so  wenig 
geeignet;  die  Sprache  i^ewährt  dem  fortschreitenden  Denken  keinen 
{^bahnten  W^eg,  sonder»  bezeichnet  denselben  ^ewissermassen  nur 
durch  ausgesteckte  Stangen,  und  der  Hörer  oder  Leser  muss  sich 
Dach  diesen  Signalstangen  auf  gut  Glück  den  Weg  selbst  bahnen. 

Die  atomistische  Natur  der  Sprache  gestattet  keine  reiche  Ent* 
wickehug  des  Satses;  mit  Jedem  neu  hhmugelllgten  Worte  steigt 
die  Sehwieifgkeit  des  Verstehens;  daher  sehr  hurte  Sitae.  Whr 
finden  du  nicht  ebeu  wett  TMweigten  und  AehtbeiaubteB  Piansen. 


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86 

wndiu,  •mäm  ei»  in  die  Lliige  iMScInreriiclMS  «d  itegwNiiUgwi 
SieingerOlle»  Die  kafsalkiiiige  Spiaclie  ermfldet  das  foileileiide 
Deiik«ii.    Die  diinesfeche  Spreclie  erbnert  Tieiradi  an  die  enrfe 

Sprechweise  der  Kinder,  welche  auch  die  Wörter  unverhanden  ne- 
ben einander  ütellen,  vom  Verbum  mir  den  Infinitiv  keitneu  und 
kein  Wort  flectiren.  China  zeigt  aber  diirehweer  eine  fest  c:ehaltene 
Kindheit  des  Geistes;  festgel^teu  ist  aber  wie  bei  keioem  auderea 
Volice  die  älteste  Sprachform;  die  Sprache  der  Kings  ist  von  der 
jetit  geaprocIieDeo  wenig  abweidieDd,')  wiewoiü  die  daich  den 
Baddhianraa  in  China  belcannt  gewoidene  Saoacrilapracbe  einen 
lebendigeren  Hauch  Aber  die  Sprache  anagoaa.^  Die  Ananlli  4ea 
WOrterschatzes  wird  durch  schwerfällige  Zusammensetzungen  sn 
ersetzen  gesucht;  die  noch  nicht  500  aufmachenden  Stamrawürtcr 
bilden  durch  verschiedene  Accente  und  verschiedene  Aussprach c 
1445  fast  durchweg  einsiiliige  Wörter, aua  deoen  dann  zasammea- 
geaetate  gebildet  werden. 
*)  WiUl  V.  Humboldt,  LeUnk  Abel-K^miiaat  sarlanatare  des  forme«  gram> 

maticaki  etc.  Paris  1827.  p.  2.  16  etc.  AbeJ-Reinnsat,  in  den  Anmerk.  dam.  Ebend. 

S.  97,  K.  F.  Kenmann,  Asiat.  Stadien,  1837.  S.  24;  Endlicher,  chines.  Gramm.  1845. 

§  121  f  tc,  —  "2)  T^enmann;  in  Illgcns  Zeitschrift  1837,1,  p.  8.  —  »)  Sb«nd.  p.  2t.  — 

*)  I^eunann,  Asiat.  Btndiea,  IB37, 1,  S.  16.  80. 

Die  Schrift. 

§  30. 

Die  AVildeii  leben  nur  fiir  den  Augenblick;  ihr  Geistesleben 
ist  nur  ein  vorübergehender  Ton,  eine  bald  verschwiudende 
Welle;  Alles  ilieaat,  und  der  Geist  mit  demselben;  daher  nach 
kein  Interesse  flir  das  Bleiben,  für  das  Festhalten  des  CSeisti- 
gen*  Bei  den  Chinesen  Ist  nicht  das  Fliessen,  sondern  das 
Sein  das  Wahre;  das  Sein  ist  ohne  Anfang  und  ohne  Ende;  des 
Seins  höchste  Offenbarung,  der  Himmel,  vergeht  nicht,  sondern 
immer  sich  bewegend,  bleibt  er  doch,  und  es  bleibt  das  unab- 
ändcrliclie  Gesetz  seiner  Bewegung.  Die  Chinesen  haben  darum 
ein  Interesse  füt  das  Sein  und  Bleiben;  so  wie  der  Himmel,  bleibt 
alles  wahre  Sein;  China  selbst  ist  nicht  ein  vorübergehendes 
Reich,  sondern  soll  immer  sein  nnd  bleiben,  rnid  so  auch  Alles, 
was  in  Cliina  wahrhaft  ist.  Das  gedachte  Wort  soll  nicht  ver- 
hallen ,  denn  alles  Seiende  hat  an  sich  einen  Werdi.  Daher  ein 
reges  Streben,  das  Wort  festzuhalten.  China  hat  die  älteste 
Schrill,  aber  sie  ist  so  wenig  wie  die  Sprache  lebendig;  die  ein- 
zelnen Wörter  erwachsen  nicht  aus  g;emeinsamen  Grundlautcn, 
sondern  stehen  als  fertige  und  untlieilbare  Ganze  da;  jeder  Be- 
griff hat  nrsprfingUch  ein  besonderes  Zeichen. 


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Die  Chinesen  hatten  ursprUogUch  Knotenfädcn,  mit  denen  sie 
bestimmte  Begriffe  beaeichneten ,  c;an»  in  der  Weise  der  Peruaner 
[Bd.  I,  §  170.];  die  verschiedeDe  Zahl  und  Entferoung  der  Knotea 
gab  freilich  eine  sehr  beschränkte  Anzahl  von  Zeichen;  doch  war- 
te «ÜMe  Kaotonaduiüre  seit  Fo-hi  bereili  durch  die  wirkliche 
Schrift  YOTMiigi  <)  IM«  Kna  des  Fo-hi  [}  6]  mm  Ae&og  dee  dritten 
Mrtueeede  yor  der.  echeineo  en»  dleeen  KeoteoecluiireD  eol- 
sprangen  fe  «ein ;  die  ganiee  end  durclihrocheeeii  Llnleii  ilBd  ehe» 
auch  jiur  Syiubole  von  sehr  beschrftnktein  Umfang.  Aus  diesen 
Linien  bildete  sich  ailmablich  die  eigentliche  Schrift;*)  &uh  den 
64  Kua  waren  300  Jahre  später  540  Zeichen  geworden,^)  die  aber 
bald  so  vermehrt  und  so  wiUkdrIich  amgestaltet  wurden,  dass  das 
Veist&ndiiiM  ÜMiMDinöglich  werde.  Im  Dennten  Jahrhundert  verChr, 
wiiee  dabev»  wm  die  Veiwimuig  sn  endeo«  die  ScbiiftseickeD 
derch  die  Megiereeg  geeiehtet»  feelgeeetal  end  aef  Mamofeieleii 
eiogegrftbe»;  aber  erat  In  difttoe  Jahifavodert  Ter  Chr.  war  diese 
gesetzliche  Schrift  überall  durchgerührt. 4) 

Die  chinesische  Schrift  nar  ursprünglich  reine  Bilderschrift,  je- 
de» Zeichen  ein  Begriff;  z.  B,  0  ist  Sonne,  ist  Mond,  —  ist  eins 
sist  zwei«  (|)  ist  die  Mitte:  durch  Zusamnieusetzung  bildeten  sich 
abgeleitete  Zeichen,  s.  Bi.  Qj)  ist  Glanz;  ein  Mund  und  ein  Vogel 
iit  Vegeigeaeog.  Waeaer  wd  eia  Avge  bedealet  Tbfioe«  eine  Tbflr 
aid  eio  CNtar  iai  bercbea  ete.;  dieae  eiolaidien«  Jetat  aebr  veiin* 
deKeoBfMemeicheB  naehea  aber  nur  einen  klebe» Theil  der  Sebrift  ' 
aos.^)  Die  meisten  Zeichen  der  ausgebildeten  Schrift  sind  aus  einem 
Laut-  und  eineiii  liegriffszeichen  zusammengesetzt Die  VDilstän- 
dige  Zahl  der  gebrSuchlichen  S(  liriftzeiclien  beträgt  gegen  25,000; 
jedoch  gieht  es,  wenn  man  die  seltenen  hinzurechnet,  viel  mehr; 
die  Geaanuntzahl  der  anwendbaren  Zeichen  hetr&gt  gegen  50,000; 
Ikr  den  gewCbnUcben  acbrifttteben  Verkehr  reiebt  acben  die  Kennt- 
dss  Ten  4000  Zeicben  ans.^ 

*)  Cboe-feiiig,  581;  pt^  p.  TJJLIHI.  XXZXVHL  CO.;  de  Ifaflla,  hiat. 
|iat|u4.  7.  8;  Mwrlini,abitashiskdNaaI,1658»Q,p.9.1S;  Klaproth,  Arial. 
HiSM.  1809,  I,  &  81;  Abel-B4auuMrt,  Bsdt.  not  Im  hmguM  TarL  ^  87.  —  *)  De 
Hdila»  Utt.  gea.  I>  p.  7. 8.  —  *)  Ebend.  p.  19.  — >  0  Cfaon-Idiig,  p.  884.  —  Bnd- 
Beh«, chines.  Grammat  1845.  f  1.  5^8.  —  OBbeod.  |  5.  8.  —  ^Da Ifailla,  na 
Choa-kiiig,  p.  888. 884;  Heavami,  Asiat.  Stadica  I,  8^  4. 14.  MUehar.  f  88. 

Die  WiisenichafL 

§  31. 

Sin  elgentlidi  wianenaidialUicliea  Iic^bea,  iber  das  blosse 
SeBMialB  ron  Beobgebtimgen  imd  EinfiUlm.zn  doer  geistigen 
Vmrbeitaog  des  Stoffiss  fMrtgehoid)  begumt  riemlicb  spät,  in 


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crrfc9li(«r  W«kMi  «rat  vm  die  Mt  ChrM,  wM  «M^m  UbUtIn»- 

chano:en  dann  sich  steigernd  bis  ins  dreizehnte  Jahrhundert,  wo 
dasselbe  seine  höchste  Blüthe  und  philosophische  Reife  erreicht, 
um  bahi  d  m  liher.  als  der  Glaube  an  die  ewige  Festigkeit  und 
unerschütterliche  Ordnung  des  Reiches  durch  die  Mongoleu-Er- 
obemng  gebrochen  war,  ^obuell  zu  sinken,  und  sich  erst  sp&ter, 
zwar  nicht  va  neuer  Schöpferkraft,  aber  doch  mm  Wndeihflie> 
ben  nnd  Sammeln  des  Emingenen  wieder  anfisaricfaten* 

Die  sehr  reiche,  vielfach  vom  Staate  getrageae  und  bafMerte 
wissettscftaftlfebe  Litterator,  an  welcher  sich  selbst  die  Kaiser 
und  die  liöchsien Ntaatsbeamten  betheiligen,  zeigt  trotz  grossen  In- 
(eresf!PM  für  rrpistises  Ijebcn  doch  im  GRnzen  nielir  ciue  Fülle  vun 
Stoff  alK  geistige  Durchdriogung  desselben,  mehr  Beobachtungen 
«nd  Bemerkungen  als  Gedankenarbeit;  die  Darstellung  sucht  meist 
durch  vielfache  Wiederholung  desselben  Gedaakeos  die  Mii^  der 
Sprache  auszugleichen;  trockene  Verstfiodigkait  henacht  var,  die 
Phantasie  tritt  zurflck. 

Der  erste  Versuch  einer  ordnenden  ZasammensteHuBg  des  IVis* 
sens  iindct  ^k'h  im  12.  Jahrhundert  vor  Chr.  ;i)  das  ist  aber  nur 
eine  ganz  rohe  und  oherflrichliche  Gruppirun«:  von  physischen,  sitt- 
lichen und  politischen  Dingen,  im  <'rston  Jahrhundert  vor  Chr.  stieg 
dieLitteratur  bedeutend  uoter  der  Begünstigung  deaKaisersWo-H*); 
im  zweheu  Jahrhundert  errichtete  ein  Verein  tob  Gelehrlea  ein 
Art  UnIversttSt,  die  bald  Tanseade  vou  ZuhSrem  zihlle.<)  Kaiser 
Jaug*tl  um  600  aach  Chr«  berief  eine  grosse  VeraanuBluag  voa  (k- 
lehrten  nach  der  Hauptstadt,  trug  ihnen  die  Abfessunf^ 
über  alle  Seiten  i\i\s  Wissens  aul  und  sammelte  eine  grosse  Biblio- 
thek.*) Die  höchste  TUiirb«  erreichte  die  wissenschaftliche  Littera- 
tur  im  12.  Jahrhundert,  als  die  Mongolen  bereits  den  nördlichen 
Theil  des  Landes  in  Besitz  genommen  hatten;  es  ist  diess  dteZeitf 
wo  Tschn-hi  lehrte  und  wo  dessen  Scbftler  Ma*tnaa-lhi  aeia  gross- 
artiges eocykbpfidlsches  Werft  herausgab.  Später  beachriakte  into 
sich aufSammlungundErklftrungder  alten Litterator.  Dia  fan  voriges 
Jahrhundert  auf  kaiserlichen  Befehl  gemachte  Sammlung  der  rorsig* 
liebsten  Werke  der  Litteratur  beläuft  sich  auf  160.000  Bände.  ^) 

')  Im  J>chu-king,  p.  165  etc.  —  '*)  üützlaff,  Gesch.  i^.  —  ^)  De  Maill«,  III, 
p.  473.  —  *)  GauL,  S.  214.  —  *)  Neumann  im  Nouv.  Journal  AsiaU  XIV,  p.  63. 

§  32. 

Für  dieNatnr  hat  derChineae  ein  hohes  Interaaae,  denn  sie 
iet  hier  das  allein  wahre  Sein;  was  da  Geistigea  exMrt»  das  ist 
nur  in  und  an  der  Nninr;  die  Brkeimtiilas  des  GelMe«  tilManrihik, 


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üe  der  Nstar  in  den  Vorder^nd.  Aber  eben  weil  diene  Alles 
m  Allem  ist,  ist  hier  ihr  wahros  Wesen  verwirrt  und  ihre  Rein- 
heit getrübt.  Die  Natur  ist  das  Göttliche,  und  dns  Göttlicke  ist 
Nütar.  Wenn  also  der  Chinese  für  dieselbe  ein  hohes  Interesse 
«9  hm  er  es  eigentlicli  nidit  fbr  sie,  insofern  sie  Natar  ist, 
isadsni  insofern  sie  d«i  Gdtdielie  ist;  er  betmehtet  sie  iiiclrt  nn- 
bcfim^,  sondern  er  sneirt  mehr  in  Ihr  als  er  In  ihr  snohen  kann. 
Diese  BeftiiigetiheH  bewirkt,  disss  swar  rfele  Beobaehtnng:en 
Iber  die  Natur  £;emacht  werden  und  viele  Gedanken  über  sie, 
aber  kein  w  irkliches  Eing^ehen  in  ilir  inneres  Wesen  zu  finden  ist. 

Vorzn«rswcise  ist  natürlich  die  höchste  Offenbarung  des  gött- 
lichen äeins,  der  Himmel,  Gegenstand  der  chinesischen  Wissen* 
sebaft;  üe  Erkenntniss  des  Himmels  ist  die  Erkeiintniss  Gottes; 
^Aslimeinie  IstTheoiogie.  Die  Astronomie  ist  sehrlHUi«nd 
teMi  bemalend  entwiekeh,  und  die  Aasleht  Ist  irrig,  dass  die 
CUnssen  es  »iehl  bis  m  einer  wirklMen  Bemfannng  der  Him- 
■sisbcwegung;  gebracht  hAtten  «nd  ihre  Kalender  nur  durch 
europäische  Astronomen  herstellen  könnten.  vSoiuien- und  Mond- 
finsternisse wurden  schon  im  arbten  lahrliiiiidert  vor  Christo 
berechnet,  und  die  Kalender  sehr  sorgf  ältig  gemacht.  Die  Astro- 
nomie ist  Staatssache,  der  Himmel  die  bestimmende  Maeirt  für 
is  Regierung;  der  Kaiser  mnss  sieh  in  seinem  Regieren  nach 
dm  CenateUatleafii  am  Hfanmel  eben  ao  riehten  wie  ein  konatl- 
MisMller  First  naeh  denen  der  VolkavertretaBg;  aber  der  cht* 
imische  Kaiser  hat  diese  Maeht  Über  sieh,  und  hat  gegen  sie 
kein  Veto.  Die  Astronomen  sind  des  Himmels  Propheten,  sind 
seine  Priester.  —  Auch  in  den  übrigen  Naturwissenschailen  ha- 
ben die  Chinesen  reiclu;  Heobachtnng:en  gemacht;  selbst  eilige 
Theorien  über  die  Entstehung  der  Natur  hnden  sich  vor. 

6cboD  dem  sagenhafteo  Gründer  Chinas,  Fo-hf.  M-erdeoHiminels- 
bmhaditnngen  sogeschiieben,  Mne  nidisteD  Naehfoiger  pflegten 
die  Aatrenonrfe  nad  Hessen  die  Bewegungen  der  HImneUcSrper  he- 
racfenen;  nad*  schon  vor  der  Mitte  des  dritten  Jshitanaends  Iksd 
miD,  dass  man  in  198ovmenjahren  TMondmonate  einsehleben  nflsse, 
um  welche  die  Mondjahre  kurzer  wÄren;  ein  bewegliches  IMaueta- 
riuia  wurde  i^eiimeht,  um  die  Bewej^nnu  der  Hliiiiiieiskürper  zu  ver- 
aBSchaulicben.  Um  2500  wurde  eine  astronomische  Akademie  be- 
gründet, und  die  früheren  Beobachtangen  gesammelt;*)  eine  astro- 
nomische Beohachtni^  einer  Saaneuiasieruiss  wiidj  wiewohl  an« 
ächer,  an«  dem  Jahre  215i5  berichtet.^  Tae,  der  erate  Heirseher 
is  der  elgeotHeb  geachidMichen  ZeH  brfaigt  die  Astt onsmie  an  hO- 
hnerSafirfohehnig,  ordnet  die  Mtreehnang  nnd  gab  den  Aattono- 


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meo  bestimrate  Is«4niflttiMMB.  Dm  Mif  SMTage  angenonneiie  Jahr 
lies»  er  genauer  berechnen.  Der  Himaiel,  so  fand  mao^  rückt  in  seiner 
fä^Irrfien  Bewegung  uiu  die  Erde  ehvas  neiter  vor  als  die  laogsa- 
iiiec  sich  bewegende  Soone,  und  nach  305^4  Tag  treffen  beide 
wieder  id  demselbeu  Punkte  zusamruen.  Der  Mond  aber  geht  vitk 
IfiBgMmer  als  die  Soiiiie,  ist  in  2(H0%4o  Tagen  wieder  an  deraelben 
Stelle  lies  Hunaiels,  und  «ein  swOlfiaaligor  Ujekiei«»  eie  filoBdJahr, 
dauert  354  Hs/g^  Tage;  ie  19  Jahveo  kehrt  der  Mead  Ihaf;  in  den- 
selben Stand  in  Beziebnng  anf  die  Sonne  wieder  awtek;  genener 
aber  erst  in  4()17  Jahren.*)  Es  sind  aber  in  diesen  Berichten  un- 
zweifeliiaft  /spätere  Berechnungen  der  früheren  Zeiten  zugerechnet; 
erst  aus  dem  Jahre  770  vor  Chr.  werden  neue  Beobachtungen  er- 
wähnt; es  scheint  in  der  That  erst  seit  dieser  Zeit  eine  grossere 
.  AanbÜdung  der  Astrenomie  stattgefonden  an  faalien,  nie  blieb  aber 
doeb  hnmer  weit  binier  der  der  Gtiecben  laHIeb,^  nnd  int  Mher 
kl  ibiem  Weilbe  sehr  Ikbertrieben  wotden;  ni  efaier  wnUlcben 
Wlssenncbaft  bat  sie  nie  erhoben;  bnmileQ  doch  nnr  Seit  der 
JesuUenmission  die  kaiserlichen  Astronomen  nicht  einmal  den  Sonnen- 
«ichatteo  einesZeigers  berechnen. Die  Berechnungen  der  Himmels- 
bewegungcn  waren  auch  nicht  ganz  sicher;  nicht  selten  traten  ange> 
kündigte  Finsternisse  nicht  ein,  und  man  erklärte  dann  sofort,  dann 
die  vortreiOiche  Regierang  des  Kaisers  das  Unglüdc  abgewendet 
babe^«)  Der  lOjibrige  MondeyUns  war  um  die  Zelt  Gbibrti  in  €Unn 
bestinmt  behannt;  dass  derselbe  den  Chinesen  von  West- Asien  her 
bekannt  geworden»  ist  swar  nicht  nnmögiich,  Q)  aber  doch  «Nvahi* 
scheinlich. 

Die  bekannte  im  Volke  geltcride  VorsteUnng^  dass  bei  einer 
Sonnen-  oder  Mondfinsterniss  ein  grosser  Drache  den  Himmelskllr- 
per  versebiinge,  und  die  mit  dieser  Vorstellung  zusamnienbftngen» 
den  seltBnmen  Gebrinebe  scheinen  jener  Entwicbefaing  der  astro- 
noniscben  Kenntnisse  sti  widerspreohen.  Bei  jeder  Flnetenlsa 
siebt  sieb  der  Kaiser  in  sehM  inneralen  Genidier  surflck,  «n 
dnreb  ▼emobledeneCeremonien  die  Soone  wieder  leneliten  sn  lassen, 
indem  er  sie  ans  dem  Rachen  des  Drachen  befreit;  die  Mandarinen 
erscheinen  in  F<'stkleidung  im  Hofe  des  mathematrsrhcn  Tribunals 
und  werten  sich  beim  Eintritt  der  Finsterniss  aul  die  Knie  und  be- 
rühren mit  der  iStim  die  Erde;  in  den  Strassen  wird  mit  Tronunein 
md  Pfeifen  ein  entsetaliciier  Lärm  gemacht,  nm  den  Drachen  von 
der  Sonne  nt  Terscheochen;  die  Sternkundigen  beebncbten  «nier- 
dess  genan  den  Veiianf  der  Finsterniss.  ^  Bei  Mondinsternlssen 
nuidien  die  Cbhienen  noch  jetat  grossen  Linn  mit  allen  mügllcbeB 
schallenden  Weriueugen,  uju  den  Dracbeu  zu  erschrecken,  welcher 


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deo  Mond  verschlinfen  will.  An  einem  jährlichen  Feste  wird  die 
fierreiun£^  des  Mondes  von  dem  grussen  lirachen  gefeiert:  in  der 
Nacbt  trägt  man  beim  Scheine  zahlreidier  Fackeln  eine  grogse  voo 
joBM  eiienelitete  iSchlange,  gegen  ICM)  Fuss  laog,  in  Procesmon 
niher;  oeben  dem  ScUaBgenracliCB  beiodet  sich  eine  Kugel, 
welche  den  Mead  TonrteHft;  die  Leite,  welehe  den  Kepf  ingen, 
■achea  heftige  Bewegoegea,  wm  de  AeetieegiiiigeB  aenileateo, 
welche  der  Dncbe  Melit,  nni  den  Mond  su  verscUlogen;  dehei 
gewaltiger  LSrm  mit  Racketen,  Trommeln  etc.  ii)  Diese  Sitte  er- 
ioDCrt  auÜailend  an  Mexikr) 

Mag  ntin  bei  dem  niederen  V  olke  immerhin  Aberglauben  hcrr« 
HcheO)  80  ist  es  doch  ganz  undenkbar«  dase  die  Kaiser  und  die 
Staatsbeamten  die  kindische  Vorstellung  von  dem  Verschlingen  der 
Scne  dnieh  eisea  DimclMB  tMlen  eeüten»  da  die  Fiaateraiaee 
JaMÜtli  gmn  beieehoet  wvide»;  und  deeh  aefaaien  jeae  an  den 
limeadea  AnAxkteo  TheO.  UnawetfcUiaft  kt  dieaa  die  Soane  ver- 
■ebliogende  Drachenbild  ein  blosses  Symbol,  entweder  hervorge- 
guügen  ans  der  plumpen  Vorstellani»  des  Volkes,  oder,  —  was  mir 
uahrscheinlicher  srliclnt  diese  Vorstellung  durdi  AIiss\ tT^sUind- 
niss  erst  veranlasseud.  Der  Drache  ist  das  Wappen  Chinas,  ist 
das  Symbol  der  Lebenskrall  des  Universums,  Symbol  derUhnmels« 
■acht;  «ad  dieFiaatetaiaae  werden  dareh  die  allgcwaKige Macht  des 
ewig  sich  bevr^enden  Hitanielfl  eyaeagt 

Keai6i6D  waidea  oft  ab  -  farehtef reg  ende  EradMliMuigea  er- 
wibat,  aber  weder  berechnet  noch  erklärt.  i>) 

Die  Z ei tre ch n uo4r  wurde  durch  die  Astruuomie  schon  /u  Ko- 
hi's  Zeitbciinindet.  ,,Die  Zf^ifrechnung,  sasrt  Tscim-hi,  liinlet 
statt  durch  die  ürmaterie;  die  Rechnung  ist  nur  möglich  durch  die 
wechaebide  Bewegung  und  Ruhe  der  Sonne,  des  Mondes  und  der 
Sterae;  daa  hiaaa  ianerlftolM,  niailleh  daa  Beharrliche,  das  nicht 
hennatifitt,  haaa  nicht  geaihlt  wefdea^««»)  d.  h.  der  Begriff  der 
Zeit  raht  lllieriia«|it  aar  ia  der  Bewegung  der  Walt.  —  INe  Chi- 
aeaen  radroea  im  bürgerliehen  Leiten  nach  Mend jähren,  die  nur 
dorcb  Einschaltungen  mit  dem  kSdrineuIaulV  ausgeglichen  werden. 
Die  Monate,  von  29  und  30  I  agen,  begingen  mit  dem  Neumond, 
QRd  das  Jahr  mit  dem  Monate,  in  welchem  die  Sonne  in  das  Zeichen 
der  Fische  tritt.  Da  die  Mondmonate  etwas  kürzer  sind ,  als  der 
twilfta  Theil  des  Sonnenjahres,  also  als  die  Zeit,  in  welcher  die 
Seaae  «iaa  der  awtff  Zaiahea  der  awk  hier  galtendea  £kiiptih 
darchliafty  ao  iiitt  ia  nancheB  Mondiaaaataa  die  Soaae  gar  aieht 
ia  da  aeiiea  Zeichen,  and  ein  solcher  Monat  wird  dann  ala  Sehalt- 
Aonat  betrachtet  und  mit  seinem  Vorgänger  als  ein  Doppelmouat 


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MMunMasttühli  Dm  geifliliBlIclie  Jahr  hki  SM  Mtor  SM  Tage, 

das  Schaltjahr  383  oder  384.  DieTage,  mit  Mitternacht  beginnend, 
werden  tu  12  Standen  getheilt.  Die  siebentägige  Woche  ist  bei 
den  Chinesen  nicht  in  Gebrauch.  Sech/isj  Jahre  bilden  einen  Cy- 
klus.  —  Eine  beatiiiuute  Aora  in  dec  Jabresrecbuuog  ieblt;  maa  l»e* 
«timmt  die  Jahre  nach  den  RegiemngM  der  Kaiser. 

Über  die  fiatetalMog  der  l^btnr  habaa  iree^ateoa  dU  Piilo. 
aoplion  eiiiige  üafer  gehende  Betmehtaayae  gcoMaht  Tach»lu 
lehrt:  ,,der  HiBund  hewegt  akh  lastloe;  Tag  and  Nacht  heiregt  er 
sich  im  Kreise,  und  desfihalb  bleibt  die  Erde  fest  im  Mittelpunkt. 
Wörde  der  Himmel  niir  einer»  Moment  ruhen,  so  wflrde  die  fc^rde  als- 
dann ri()t}i\\  endig  li<!ral>(allcii.  Nur  durch  die  Schnellicikeit  der  krei- 
sendeo  Himmelsbeweguog  kann  die  abgeschleuderte  Miisse  sieh  im 
Mittelpunkte  anaetien  uad  verdichten.  Die  Welt  ist  demnach  der 
Miederachlag  dar  UiMterie»  daa  Leiefate  nad  Reiae  wkd  der  Bka- 
nel,  daa  Sehwera  uad  Unrahie  die  Erde.  Abwicta  gerichtet  hit  daa 
Uareiae  «ad  Doakle  der  Unaalecie;  daa  Sah»  nad  Leachteade  tat 
avfwirtff  genchtet.  Aus  den  schlammigen  Absatz  des  Wassers 
ward  die  Erde.  Jetzt  noch  habeu  daher,  wenn  man  in  die  Höbe 
steigt  und  um  sich  blickt,  Ber^e  und  alles  Andere  das  Ansehen  der 
Gewässer,  und  es  scheiut,  als  ob  Wasser  oben  schwimme.  Der 
Himmel  hat  keine  feste  Form,  sondern  die  Urmaterie  bewegt  sieh 
bleaa  sehr  schnell  Im  Kreiae,  wie  der  schneliate  Wied,  la  der 
iaaaeraten  Peripherie  bewegt  aie  aich  aaaairerdentilch  echaell  ha 
Kreiae."»)  Tachu-hi  erwihat  dabei«  daaa  llaaahe  daraiaa  den  ater* 
hea  Windzug  aaf  liehen  Bergen  eihlirea.  »»Daa  AN  eraeagte  aaerst 

das  Keine  und  Klare,  und  darauf  erfolgte  das  Unreine  und  Dichte. 
Der  Hinunel  erzeugte  zuerst  das  Wasser,  und  hieraul  die  Erde  das 
Feuer.  Diese  zwei  Wesen  sind  das  Klarste  und  Keioste  der  lünf 
Elemente;  Metall  aod  Uola  sind  schwerer  als  W^asser  und  Feuer, 
die  Erde  ist  aoeh  schwerer  ala  Metall  aad  Hab«  Die  fOaf  KleaMte 
aiedrWaaaer,  Fener,  Holt,  Metall«  Erde,  loYaoadTaag 
aiad  die  fÜBCElemeate  enthaiteai  Hole  aad  Feuer  abdYai^  Metall 
aad  Wasser  aiad* Ya;  Yo  vnd  Yang  und  die  Aaf  fileeMiite  eraen* 
gen  alle  Dinge.**  i*)  —  Die  iünl,  i*ehr  oft  erwähnten  Elciueutc  hatten 
bei  den  Chinesen  urspränglich  keine  wisseuscbuiiliche  sondern  eine 
rein  })raktische  Bedeutung;  sie  sind  nur  die  fünf  zum  menschlichen 
lieben  nothwendigsten  ailgemeia  verbreiteten  Stoffe ;  ein  guter  Kaiser 
Maa  fib-  dieae  afaifDiaie  aetgea,  damit  MieMaad  Keth  IMe; «>) 
«ad  etat  aplter  legte  ohhi  dieaea  Stafflm  elae  Mhr  phyahlAa  Be* 
deatttag  hei. 

Der  Cemp»aa  aall  Mhoh  Im  awüMteo  Jatehwdnl  vor  Oteiste 


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Ton  einem  iMiüister  eituudeti  »ein:  dieser  ^ab  nämlich  einer  Gesandt- 
schaft eioen  Wagen  mit,  aul'  weichem  eioe  meDschlicliel'  igur  auge- 
iyraeht  war,  welche  mit  der  beweglichen  Uand  immer  nach  Südea 
■dgto.   Mftob  Anderao  mM  4kuM  EtAadaag  noch  ftltcur  aeiA,«>) 

INeeigeiilllebeNMttr-CrttMkiobtawwik  dtntli flelMige  Ba- 
i>iiclHinigcu  nidi  ansgebaiit  Dms  die  Ventiuimag«D  die 
^Wikvogen  von  groeeen  Ffarthea  «eiee,  wveste  Tedn-Iii.  ,,Die 
Aasterschaalen  kann  man  noch  auf  hohen  Bergen  sehen:  sie  .sind 
Gegenstände  der  ehemaligen Gevr&sser.  JDa^  Niedrige  ward  hoch  und 
das  Weiche  ward  hart."**)  —  Die  Botanik  wird  auf  deu  ic weiten 
Kaiaer  niriirtrgeftlhrti  Dieeer  sammelte  EjLemplare  von  aUee 
■■lareethtiü  MMueoerlea  md  leilite  ele  in  die  §Aiki§t  Klaeee^ 
od  biUeto  ae  eioe  Matuifeeellcye/«») 

INe  ArsuelliiiBde  eefl'veo  eteem  der  ilteetoe  Kaiser  begifiadel 
netdea  aeto;  »,er  keaale  aiclit  aareifelo,  daaa  der  iiinuael,  welober 
den  Menschen  so  reichlich  die  Nahrung  gewährte,  denselben  anch 
Id  den  Erzeugnissen  der  Erde  die  Mittel  geboten  habe,  die  StTi« 
run^ren  des  menschlirlirfi  Körpers  zu  beseititi^eii ;  daher  prüfte  er 
selbst  die  Matnr  der  Kräuter,  kostete  sie,  stellte  V  ersuche  mit 
Hinen  an  uhI  urtheilte  nach  ihrem  Geschmack  nad  ihrer  Wirkueg 
ibar  ünie  BeadialMMit  £r  laad  ae  die  glftigea  and  ihre  Gefea* 
lifte,  «od  aeii  aa  eiaem  Tkge  70  Arlea  vea  Giftpiaaeea  gefimdea 
Itlea  aad  el»eD  ae  viele  C^egengiAe.^«*)  80  aegeaiuift  die  Naeh» 
tidrt  aaeb  iat,  ao  Iteweist  «tie  doch  jedenfalls  ein  sehr  hohe«  Alter 
von  medicinischen  Beobachtungen.  Die  chineHischen  Ai/.tu  zeigen  . 
oft  grosse  Geschicklichkeit,  doch  besitzen  die  europaischen  Arzte 
bei  dem  Volke  viel  grösseres  V  ertrauen;  praktbchc  Beobuch- 
iHigen  aberwiegen  natürlich  die  TiMorie.  Der  äratliehe  Betof  eabt 
geiHlbaiidi  la  der  Faiailie  iert. 

^  De  ICaQla,  Urt*  gaa.  I,p.7.  t.  aa.  w.  —  •)EbMML  ^  ae«  84.— ■)0boa-khi8^ 
» II.  m  i|B^  II4«B]na»  Uat  da  IVtftain.  aa««na^  X,  ^  861.  ^ 
pkt, 9.45^48$  TgL  Jddar,  Ztitoednuug  d«r  Ghni.  S.  136.  ~  *)DeUmbt«,  I, 

p.354.  —  •)  EbeiuL  p.  869.  368.  —  ')  Ebend.  p.  nr.o.  —  ")  Gaubil,  Obscrv.  maOi, 
n,p.32.  —  •)  T  U  lor.  a.  a.  0.  S.  153.  -  Do  Mwll«,  bist.  XIH .  p.  733.  -1 
^""^  Anstand,  947.  S.  637.  —  '«)Bd.  I,  §  138.  —  ")  Dolambre,  I.  p.  357.  358.  —  ")  De 
MiiUa,  bist.  gen.  1,  p.  9.  —      Tschu-lii  bei  lllgen.  S.  60  ~      Weier,  a.  a.  ü.  8. 

73  «tc  183.  145.  -•')Tschtt-bi,  a.  u.O.  56.— ")Ö.  64.— '  ^^Ebend.S.  84. 
-*)Y-kiög,  n,  404.— .^')DeGuigne8  iiuChoa-king,  p.  262,Not.  2;  dcMailla,  1,316. 
-"^  b.  lilgea,  S.  57.  —  de  Moilk,  bist.  geu.  I,  p.  13.  —  4ß  MaUa,  bist, 
gen.  I,  p.  12. 

§33. 

.  Dmi  G«fl€btelite  fiOlt  weaeniUdi  mit  der  jKatur-Bimricke- 
}n%  BuammeB,  lat  nicht  bloss  von  ihr  abhängig,  i^i  Tiebnalur 


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sie  selbst.  Die  Geschichte  ist  ebenso  ein  Ergebniss  der  Himmels- 
bewegniig  wie  das  Naturleben  auf  der  Erde.   Die  Wissenschaft 
der  Geschichte  ist  eigentlich  eine  Natur -Geschichte.    Der  Chi- 
nese sieht  in  der  Geschichte  nicht  eine  Entwickelung  des  Grei- 
stesy  Bichl  ein  Fortschreiten,  sondern  ehi  bloMaa  Daseia  wie  in 
der  Natur.  Die  Geaehieiite  wird  nicht,  soBdcm  ist;  es  ist  in 
der  Cresehielite  wie  in  der  Natur  eio  StolieiiUeibeB  der  INiige, 
eia  blcsser  Z ästend,  nicht  ein  IbrtgelieDdes  Werden«  Die  Ge- 
schichte hat  kein  Ziel,  zu  dem  sie  hinstrebt,  sondern  mar  eine 
Voraiissetzujig;  man  fragt  in  der  Natur  nicht  sowohl  nach 
eiiicni  Endziel,  als  vielmehr  nach  einem  Ursprung;  so  ist  es  auch 
hier  in  der  Geschichte.  Die  Geschichte  will  nichts  machen,  son- 
dern sie  ist  gemacht;  sie  hat  nichts  zu  erringen,  sondern  nur  ob- 
▼erfindert  fcftanfliessen;  ilire  Wahiiidt  liegt  atdit  am  Sude» 
sendem  amAnfimg;  sie  sdi  niclitsHlilieree  herTormfeB»  sondern 
soll  mir  bleiben,  was  sie  ist  Wie  die  Naiv  wesenili^  als  ein 
P  r  o  d u c  t  erscheint,  bei  wdbhem  wir  zunächst  hmer  mir  fragen : 
woher,  und  wodurch?  —  so  ist  hier  die  Geschichte  auch  uur 
einProduct  und  nicht  ein  Mittel  zu  einem  erst  noch  zu  erreichen- 
den Zweck;  sie  ist  Resultat,  aber  hat  keins.   Der  Himmel  hat 
kein  Fortschreiten,  die  Geschichte  auch  nicht;  die  Bewegung  der 
Geschiehteist  wie  die  himmlische  eine  ewig  sieh  gleichbleibende 
Kfeisbewegong.    Die  Himmelsbewegong  hat  httehtsens  Stil» 
rnngen;  so  kann  anck  die  Geschichte  ausser  desi  alltäglidbea 
Verianf  nnr  Sternngen  haben,  die  eben  gar  nicht  sein  seilen. 
Was  den  westlichen  Völkern  der  Kern  und  die  wahre  Bedeutung 
der  Geschichte  ist,  die  kühne,  Neues  schaffende  That  der  Per- 
sönlichkeit, das  ist  hier  ein  störendes,  schuldvolles  Eingreifen  in 
den  gesetzmässigen  Umlauf  der  Geschichte.   In  der  Geschichte 
soll  und  darf  so  wenig  wie  im  Himmel  und  in  der  Natur  über- 
hanpt  etwas  N  enes  geschehen«  Und  wie  es  in  Cliina  keine  «ih 
dere  Geschichte  des  Bimmels  giebt,  als  eine  Aufeihhing  der 
Störungen  des  Himmels  durch  Finsternisse  etc.,  soeathAlt  die 
eigentliche  Geschichtserzählung  der  Chinesen  vorzugsweise  die 
Störungen  der  wahren  Geschichte.    Wäre  Alles  so,  w  ie  es  sein 
sollte,  so  gäbe  es  von  dem  chinesischen  Reiche  eigentlich  keine 
Geschichte,  sondern  nur  eine  Beschreibung;  von  dem  gesetz- 
mässigen  Verlauf  Hesse  sich  nichts  erzählen ,  da  ja  auch  gar 
keine  ftnsseren  Stttrongen  der  Nator  den  Frieden  des  Volkes 
trüben  würden. 

Die  Geschichte  kann  hieniacb  nar  folgende  doppelte  Auf- 
gabe haben: 


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n 


'  1.  Sie  hat  die  Zeitreclinung  zu  führen,  die  einzelnen  That- 
Sachen  in  die  Jahresretiien  einzuschreiben,  —  eine  Chronik  zu 
machen,  einen  Geschichts-Kaiender«  Im  Grunde  genommen  ist  je* 
Kalender  die  vor  den  Ereignissen  gescbriebeneGMohielitaif 
«Ui»  |;ltttiLlieh«n  und  iiii^fiAkliciie»Tage  aii^  tagt»  wm 
m  jtdm  Tniimuriuiltt  geChtD  «der  ti«t»rlawMii  werden* wUs  waA 
m  tmum  ce  im  oviiiitlielien  Lavfe  der  Dinge  aeeh  gcselMcnf 
joMs  ScheoMi  der  Eefi  mxim  von  der  Wirkllehkeit  ebenso  aus^e« 
falll  i? erden  wie  die  «istronomischeii  Angaben  derllimmelsbewe- 
gmigen  von  den  Himmelskörpern.  Der  Kaiendermacher  macht 
Bezeichnung,  der  Gesohicbtschreibcr  mait  sie  nur  aus;  jener 
stellt  dieBecluiliBg  aas,  dieser  quittirt  über  dieAosaaliiilng.  Des 
lülendemiaclier  sehreHil  der  C^ohichte  den  Zwangepass,  und 
im  CiireBiet  teriditt  imr,  eb  derselbe  innegehalten  wird. 
tfhirhtetwae  Anderea,  9k$  feereeboet  wnrde^  so  ietdaa  eben- 
iiBÜnglack,  eine  dereli  die  SAnde  yeieehiildele  Ablrmng  der« 
Geschichte.  *  - 

Die  Chronologie  ist  die  llnu|)tau%abe  der  chinesischen  Ge- 
sciiichtschreibnng.  Sie  ist  das  Spalier,  an  welchem  sich  die 
tieschichte  hinaufrankt,  die  Landstrasse,  auf  welcher  sie  fort« 
itMt9  ^ee  iiietoriker  hat  nur  die  Mellensteine  zu  setzen  und  a« 
iIUmi;  vad  weaa  die  Meaaehea  nMl  dareh  fVevel  den  Gang 
d»  ISeaeUcfate  atditen,  ao  wffrde  das  Zählen  dieser  Mellen* 
aliihe  daa  Rosige  GesehSlI  der  ChronHc  seht.  Chinas  geschiehi* 
Me  Zeitbestimmungen  sind  die  geimuesten  im  ganzen  Al- 
terthum. 

2.  Die  Historiker  haben  die  Störungen  der  res^elmässigen 
Striimung  der  Geschichte  anzumerken.  Das  Leben  der  Menschheit 
wird  dar^  die  8&nde  ebenso  gestört  wie  die  Natur, — aber  auch 
nicht  anders  'and  iHebSiaebr.  Die  Gesehlehte  hat  zwar  kein  sitt- 
iMwI&fel»  aber-Aseh  eiben  sitHichea  Inbalt,  Insofern  der 
wbklMbe'Xaslaiid'^er  Mensebbelc  dnreb  die  Tagend  odelr  Binde 
MMlften<>l^edhigt  wird.  Die  sitf liehe  Idee  «»aeht  «war  frieht 
^ie  Geschichte,  aber  sie  ^voluit  in  ihr;  gemacht  wird  die  Ge- 
schichte durch  die  Natiiraiaeht  des  Himmels:  und  das  sittliche 
Verhalten  des  Menschen  kann  dieselbe  nicht  fordern,  sondern 
Aur  hemmen.  Daher  finden  wir  in  den  chinesischen  Gesehichtsbü- 
tbtrn  fast  nichts  als  eine  Kette  von  solehen  störenden  Ereigiiis- 
MvaadTiileiiTon  einem  foneren  vemfinftigenZasaiBnienhange 

GgasMehle,  einem  sicdiehen  Ziele,  ist  keia«  Rede,  sondern 
aw  venmgewUhbllelien  Begritonheüen,  die  efren  voniagswelse 
inreühtnuU):»ige  Durchbrechungen  der  gesunden  Enlwlekelnng 

II.  f 

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98 


s'md.  Dadurch  erh&lt  die  chinesische  Geschicbts-Erzäh hing  einen 
eigenthümlich  traurigen  Charakter;  die  Geschichte  hat  hier  schon 
an  sich  nichts  Erhebendes;  wir  Coden  da  nichts <  wofür  v,nr  ans 
begewtem  könnten ;  es  ist  Jkeia  lioehstrebendes  m&nDÜolies  Bis» 
gen;  das  Leb^  ist  siageftiirai»  und  wir  TtnieliMB  nur  dann 
siM  Bewegang,  wvm  ibM  £is  in  Bisse  senpellat;  <tor  Qe- 
sdnelitsehf eiber  liebt  dfeseRisse  in  der  GeseUohte  Tcdn  pMm- 
seetlisli  hemrw^  seiolmet  mif  dieFleeken  derCenchiiiUBi — eine 
chuiesisohe  Chronik  ist  eine  Slcandai- Chronik»  Statt  der  pre- 
phetischen  HoÜ'jiung  der  Hebräer  ist  hier  nur  ein  klagender 
Bück  auf  eine  schönere  Vergangenheit;  statt  der  iVendig  begei- 
sterten Zuversicht  anfeinen  herrlichen  Sieg  bei  den  Christen  ist 
liier  nur  em  Jammern  über  die  gesunkene  Gegenwart;  dnreh  die 
gense  Gesebiehte  zieht  sich  eü^  seiweidender  Klageton.  CM 
diese  KInge  ist  doek  das  £inaige,  was  in  diesen  CrnsibMhUa  als 
dec  sekiwaolie  S«EaU  einer  Idee  henrorbrieiitt  was  nnn  Ar  das 
Ersälilte  ein  Interesse  einflösst.  Wo  diese  Klage  nieht  laot  wM, 
da  ist  nur  eine  dürre  Reihe  von  Thatsachen ,  die ,  weil  des  Gei- 
stes ledig,  uns  öde  und  langweilig  erscheinen  müssen;  wir  finden 
keinen  iebendiii;en,  frisclien  Pilanzenwuchs,  nur  die  getrockneten 
Exemplare  eines  Uerbahums.  Sehr  weit  in  die  Urzeiten  hinauf* 
reichend,  sorgf&hig  vom  Staate  gepflegt  und  mit  der  hohen  Ancts« 
ritäteiner  mustergebendea  Tradition  bekleidet»  dasie  diesittUcben 
Ideale  aar  Naehahmong  aufstellt»  kat  es  die  ebtnesisehe  Ge» 
sokickledireibnng  doeh  nie  an  einer  lebeBdigeiaBnnAdriiigung 
des  Stoffes  gebracht,  nie  über  die  Form  eines  todten  Registers 
sich  erhoben,  an  welchem  bich  nur  gutgemeinte  Moral -Lelueu 
anlehnen. 

Die  ffesohichtliche  Litteratiir  der  Chineseti  ist  »»ehr  r^^;  die 
älteste  Geäcfaicbte  ist  der  iSchu-king  [§  (>](  der  abeK»  4er  Verfolgaog 
:  des  Kaiaars  Scbi-lioaDg-ti  nur  theilvreise  eotroanOD,  Sebr.iteiM»' 
hsft  ist  Andere  alle  Gescbi^ten»  aaoh  imSobihUiig^npjdintO  sM 
in  dieser  Verfolgaag  ebipa  despotisebep  KsifW»  dam  das  Ansekl 
der  Vorselt  aod  die  sittlkb«»  Lebrea  der  Gesdiicbls  liat%  waren» 
eetbrgegangen.S)  Schon  der  dritte  Kaiser  s<dl  bald  nach  2700  ein 
Geschieht« - Tributiai  eingcset/>l  Kuben,  dessen  elue  Abtheiluog  die 
Ereignisse,  die  andere  die  Reden  des  Kaisers  und  der  angesehen^ 
sten  Mftnner  aufzeichnen  sollte.  ^)  Diese  Tribunale  steigerten  all- 
mühlich  ihr  Ansehe  aaaner  mehr  und  erhoben  sink  salbet  aa  einer  von 
der  Staatsregierung  unabhaagigeD  «ad  durah  das  «oimUschaCieifkibt 
ibteaUrtMlssebvbedeatsa&ieBllMht  DlaMUgNedei  des  Tiibn- 
aal»  iwea  teiylicbtet,  aUa  wicbtiien  BagobeabeHen  oad  IMaa 

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99' 

aulzuzeickncn:  jeder  «cbrieb  seine  Nachrichten  besonders  aufBlStter 
auf,  usd  warf  sie  in  einen  verschhissf^nen  Kasten,  welcher  erst  nach 
öem  CJotergaage  der  herrsche  ndca  Dynastie  geüffnet  werden  sollte  jaus 
diesen  BIdtteni  wurde  dann  die  Geschichte  der  Dynastie  mMuninenge- 
flfellt«)  Auch  ao  den  UGfeo  der  VaaaUe«*  Firste«  wären  oft  solelie 
ieaefciditudbrelbet.  Sf$  ertlMt  man,  «lasa  als  der  F#r»t  Tai 
Ii  dfo  ۊtthi  eteea  Aofiihrera  velliebte,  und  daaa  Ten  dfeaem 
erlatrdet  wmä^,  die  Geadnclitaclireiber  den  gaifzen  Hergang  treu 
aolieichneteü ;  jejier  Anführer  erfuhr diess durch  einen  Spion,  — wie, 
ist  bei  Voraussetzung  obiijcr  Einrichtung  nicht  wohi  einztiseheo, — 
\ks6  den  Vorsteher  des  Geschichtstribunals  tödteound  einen  andern 
eiosetzea,  oad  da  dieser  dasselbe  niederschrieb  und  den  Tod  seines 
Vor^ngere  «ecb  dasa,  lieas  der  Anfitkrer  alle  Mitglieder  desTribu- 
MlilOdfe»»  ein  anderes  eineetseo,  und  etreiehte  dennoch  seloenZweck 
iiihi»>DSe8ncbe  Umgt  et#as  Terdichtig.  Ein  siegreich  erohemder 
Vint  Im  y  iahrfamidert  nach  Chr.  verlangte  Ton  dem  Vorsteher  des 
GesefaidMs« Tribunals,  dass  derselbe  seinen  Vater  in  die  Reibe  der 
Kaiser  cnnzetchne.  wml  d.i  dieser  es  für  unmöglich  erklärte,  Hess  er 
ihn  auf  der  Stelle  liirn  u  hten.  *')  Kaiser  Tai-tHonf?  aus  der  Tang- 
Üynas^  fragte  den  Vorsteher  des  Tribunals,  ob  es  ihm  erlaubt  sei, 
das  Aufgeschriebene  zu  lesen,  und  erhielt  die  Antwort:  „O  Kaiser, 
disGcschichteclireiher  schreiben  die  guten  nnd  die  schlediten  Hand- 
hnigen  der  Fürsten  anf,  ihre  löblichen  und  Ihre  tadefaiffirertlien  Re- 
dea.  Wir  sind  gewissenhaft,  and  Niemand  von  uns  würde  wagen, 
dne  Unwahrheit  an  sagen.    Diese  strenge  Unpartheillchfcelt  muss 

wesentlichste  Eigenschaft  der  Geschichte  sein,  wenn  man  will, 
sie  den  Fürsten  und  ( Brossen  ein  Züc?el  sei  und  sie  abhalte, 
Böses  zu  thun;  und  ich  kenne  bis  jetzt  keinen  Kaiser,  welcher  ver- 
laogt  hatte  zu  sehen,  was  voa  ihm  geschrieben  ist«**'')  Diese  Samm- 
lugen,  die  freilieh  wohl  nir  an  Zeiten  nach  der  ganzen  j^treoge  der 
VoncWft  angelegt' nein  mOgen,  und  der  Lflge  keinesweges  immer 
vmschbssen  waren.  Hegen  den  anctortrirten  Reichs* Annaleo  tu 
Chnade«  ireldie  In  apftterer  Seit  vielfach  beaHieitet  wnrden.^)  Die 
«icfatigsteBeariiettung  dieser  Reichs -Anualcn,  die  vom  Staate  als 
authentisch  anerkannt  ist,  ist  von  dem  Jesuiten  de  Mailla,  der  sich 
damals  schon  37  Jahre  in  Pekinsj  aufgehalten  hatte,  frei  übersetzt 
worden.^)  Die  erste  umfasseiide  Zusammenstellung  der  geschicht- 
Hcben  Nachrichten  ausser  dem  iichuking  ^llt  erst  in  das  erste 
Ufhundeit^  vot  Christi  Oebnrt. 

Die  Mtreehnung  der  filtesÜBn  Dynastleeii  ist  nkht  gnns  sicher, 
Md  die  Teradhtedenen  Angaben  weichen  biiweilen  sogar  um 
W  Jialam  lon  ehmnder  nh.   Getos  sfoher  wM  sle  etnl  nm  770  vbr 

»• 

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100 


Chr.,  al.sö  fast  gleichzeitig  mit  dem  Anfang  der  griechischen  Olym- 
piaden. Doch  ist  auch  die  frühere  Zeitrechnung  jetzt  so  ziemlich 
flldMigetteilt ,  und  ISsat  sich  bis  in  die  Mitte  des  dritten  Jahrtau- 
Modbi  MifickfiihreD. ")  Dm  Alter  der  Weil  «beriMopl  wird  wi 
eCira  10,000  Jabre  «igegebeD. 

Die  Daestetttugsweiie  der  OeenbiehtMbreiber  ist  ibevne  4lir 
«nd  langweilig,  eben  weil  das  geistige  Wesen  der  OescMeMe  flfelit 
erkannt  ist.  „Name  auf  Name  drängt  sich  der  Reihe  nach  avf  das 
Papier,  und  die  unbedew  ton  den  Vorfalle  des  Hofes  sind  die  Annalen 
der  Nation.*"*  Es  ist  tür  uns  in  derThat  keine  kleine  Ziumithunt:, 
ein  Werk  wie  die  von  deMaiUa  herausgegebeoeD  Anoalen  zustudiren. 
Ansprechend  ist  uns  in  diesen  Geschichten  der  Geist  ernster  SItt- 
Mcfakeit  uod  Wabrlmftigkeit$  iisd  es  maciit  detfi  chaiesfaidiee  Volke 
ebenso  wie  seines  Fürsten  Ebre,  dsss  die  von  derRegiemsf  sxktiM 
saerkanoten  Schriften  so  sufrlditig  vndnngesdieat  reden,  nnd  reden 
dürfen,  nnddass  den  Mächtigen  der  Erde  darin  Dinge  gesagt  werden, 
welche  man  bei  uhh  vveiiit^^tens  i>iclit  vou  H  o  f- Historikern  sagen 
lassen  würde;  wir  werden  Beispiele  davon  noeli  vorOnden.  Die 
ReichS'Annaleo  schmeicheln  nicht,  und  das  Maass  ihres  sittlichen 
UrtheiAs  ist  sehr  streng;  Unsittlichiceit  und  Leichtsinn  wird  ebenso 
enst  gerügt  wie  ScUstnieit;  nnd  es  erscheint  als  ein  noch  xleBÜch 
günstigesUrtheil,  wenn  sie  an  einem  Keiner  tadeln,  dass  ,,6r  aar  aaf 
dea  Verdieastea  seines  Vaters  bebagtieh  ansmbe»  aad  skb  weiter 
nichts  SV  tbnn  mache,  als  die  Unifonneo  der  Beamtea  an  w- 
ändern. "  w) 

Die  sagenhafte  Geschichte  geht  bis  in  das  Jahr  9000  vor  Chr. 
zurück.  Die  Chinesen  !jetra«'hteij  ^ieli  nicht  alw  Ureinwohner  des 
Landes ,  sie  fanden  vieimchr  bei  ihrer  Liuwaoderung  vou  den  west- 
beben  Uoobländem  wilde  Urbewobner  ror,  wiewohl  selbst  noch  sehr 
weaig  gebildet;  die  Sägen  weisen  aaf  das  K«en*Hki*Clebirge  als 
den  Ursita  der  Chinesen  hin;  nur  etwa  lOO  FantUeD  ssHea  tob 
dort  10  die  cUaedschea  fibeaea  herabgeatiegea  aeia.  ^  Ddr  Regle* 
rungs- Anfang  dessagenhaften Fo-hi  wird  indasJahrtOSSTorChr.Ter- 
legt;er  ist  der  eigentliche  Gründer  des  Reiches,  wiewohl  vor  ihm  noch 
andere  Häupter  de.s  Volkes  genannt  >verden.  Die  Geschichte  Weiht 
noch  unsicher  bis  zur  Regierung  des  Yao,  der  als  zweiter  Vnter  des 
T{eiche^  und  als  das  Ideal  eines  Kaisers  hetraditet  wird;  mit  ihm. 
2357,  beginnt  die  aichere  Geschichte,  deren  Verlanf  in  den  Haupt- 
erscheinangen  wir  am  Ende  des  Bachs  aeldinea  werden.  Wir  er* 
wabaea  hier  nar  noch  die  Nachricht  von  der  groaaeo  Ftath,  wel* 
che  Im  Jahre  2307  das  ganse  Land  Überseh wemrinte,  so  dasa  die 
GewKsser  des  Hoaagbo  und  des  Jantsekiang  zusammentraten,  „ans 


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tai>iiMd«:«Ü  g§mm§m  liter  nuMt«  uinI  ükr  dlt  tüksbsteo  Berge 

steigeQ  zu  wollen  »chieneu.*'  **)  Die  Mcoscben  inusäteo  auf  hohen 
Biomen  üieh  Nester  bauen  oder  in  die  Höhlen  der  Berge  sich 
iflchten.  1'')  Die  Nachwehen  der  Verwüstung  dauerten  noch  meh- 
rereM  enscheaalter  fort^  und  ihre  fieteitignog  war  das  Htli|itTer- 
dienst  des  Yao  und  seines  Nachfolgm.  Mit  der  KeadiischM  FMi 
dttf  dlew  kebeslblb  al»  das  b^tmlilel  irerdM,  da  die  tklMm- 
sdbe  wm  mAmn  JaMmderte  jHiiger  md  oncb  nicht  die  «onet» 
seilet  Ue  mmIi  Anetika  verbrtlleteD,  eoderwdtig«!!  Anklinge  ai 
die  biblische  Nachricht  hat  Vielmehr  scheint  die  Noachische 
Floth  io  einer  anderen  Erinnerung^  nii^  viel  frfiherer  Zeit  sich  \rieder- 
nfindeo,  nach  welcher  ,,die  J)erge  deoi  wogenden  Gewässer  kei- 
nen Widerstand  mehr  leisteten,  und  die  Menscbea  oad  Dinge  ver- 
achtet worden/'  eine  Veroicktug«  deree  Spuren  man  neeh  in  d«n 
Ibnebeln  «tf  hebeD  fiergen  «dien  kOnne. 

Die  wütigste  HUfirwiMieneelinfl  der  Oewshidite,  die  Erd- 
kende«  besdirSokt  aleli  nettrlM  fast  aar  auf  Ohkw,  and  fllr  diesen 
Land  sie  sorgföltig  ausgehildet.  Karten  aller  Provinzen  werden 
schon  aus  den  ältesten  Zeiten  erwiihnt.  ''J)  Die  Geographie  Ist 
Staatssache;  und  ihre Auff^biUhuig  in  neuererZeit  i^t  iuderThat  be- 
waaderoswerth.  In  der  ersten  UiUte  des  vorigeii  Jalirliuiiderts  er- 
scfaIeD  auf  kaiserliche  Anordnung  eine  aBgemeine»  äusserst  sorgw 
ftitig  «iMgesrlieitete  Besekreibang  von  Ckina  in  m  Biadea, 
worin  aiiMer  dem  etgeatlieh  Geographischen  sack  aockvlelrekiStn-  ^ 
tisIlMhes,  die  Sitten«  Schalen ,  kerrotrageade  Heagchen  ele.  ke- 
sprocben  werden.  «>) 

')  Chou-kiug.  p.  S69,  VL.  öfter.  —  de  Mailla,  hist.  geiL  pr^f.  p.  VIL  VTTl.  — 
0  Ebend.  I,  p.  19.  —  *)  Ebend.  L  pr€f.  p.  II.  DL  —  •)  Ebend.  p.  HI.  —  •)  Ebcnd. 
t-IV.  p.  157.  —  '•)  Ebend.  VI,  p.  97.  —  «)  GüUlaff,  Ge^ck,  S.  9.  —  •)  Hi«toire  ge- 
■kik  de  Is  Chine  trad.  dn  Kong-Kien>Kaiig-Moa  par  de  liaOla,  pnbl.  parGroiier. 
Xn  toa.  4^.  Paria  1777  etc.  —  De  Oidgnea,  in  Chon-king  p.  807.  Vgi  Ue« 
kTi  ZdttMiniinig  dar  CUn.,  8.  26  ete.  117  etc.  —  **)  Ahd»B4niiii>t,  Vom.  Helaa- 
|iiAdM.,I,pwf».  — ^  TlNihtt-hih.lll8en,p.M.-.*0  Otttaktf»  OcMfa.  &  S.  ^ 
**>Ds  Ifailla»  L  ^  f 9.  ^  «*>  Klspiolb,  «riiiL  lii^ 

M;  Otttdaff,  &      —  «'0  Ueag-tien,  I,  6,  S9.  —  >•)  Tscha-hi,  bei  ülg«  a  17. 
Kiilla,  biet.  I,  p.  191.  —  **)  Jvlies,  in  Joitn.  Adat.  1846.  Aag. 

§34. 

China  pflegt  in  der  Geschichte  der  Philosophie  keiue 
Stelle  zu  finden,  oder  muss  sich  hdchatens  mit  einigen  oberfläch- 
Ücheii  Notizen  begnagen.  Die  Chinesen  sind  nicht  Schuld  daran; 
Ihre  gMwe  Weit- Anechammg  drftngt  von  seihet  w  Pkttoaephie 
kh,  «Bd  sie  haken  dieae,  wlewohi  erst  spftt,  in  ansaerkeimeiider 
Wibe  ansgebttdat.  Auf  den  frttefen  Stufen  der  Henechheit 


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102 


4lbevftll  nar  die  (MHoMli  Itozelbeit  «ilbMt  mr.-  ki  ClHoa 

aber  ist  die  Einselheit  in  die  Allgemeinheit  aufgehoben  ^  alles 
bestimmte  Dasein  wird  auf  ein  allgemeines  doppeltes  ürsein 
zurückgeführt;  und  dioser  Gedanke  ist  sdiou  eine  üiaweißiuig 
md  eino  Philosophie. 

Der  ainaelae  Mensch  ist  nicht  vereinzelt,  sondern  ist  von 
der  allgemauicn  Xiebenakraft  des  Hiauaek  ^tragaa  omI  darall* 
aogeni  was  am  Meaaohen  Wahre«  ist,  das  iai  die  hmuallaahe 
Natar  aelbst.  Die  ia  allea  Dingden  wohaende  VeraÜAAinkeit,  Tao, 
wohnt  in  erhl^htem  Grade  aaeh  im  Menschen,  aad- 'hat  hier  die 
Form  des  Bewusstseins.  Diebes  sein  ßewusst^ein  in  seiner  Rein- 
heit ist  die  durch  das  All  verbreitete  Vernünftigkeit  selbst,  ist 
mit  ihr  wesentlich  eins,  ist  eine  Welle  des  die  Natar  durehsie- 
henden  Lebensstromes;  das  Gesetz,  was  in  den  Dingen  lebt, 
wohnt  auch  im  Menschengeist;  das  Wesen  der  Natar  Ist  auch 
ilaa  Biensehllehaa  Geistes  Wesens  aad  wean  dar  Mensch  also 
in  sieb  selbst  achant,  schaut  er  auch  das  Wesen  des  Allst  der 
Mensch  hat  In  seinen  eignen  Gedanken  die  Wahrheit,  welehe 
draussen  in  der  Welt  eine  WirklichJ^eit  hat;  —  das  mensch- 
liche reine  DenkfMi  i&t  an  sich  das  Denken  der  Wahr- 
heit, Der  menscliliclie  Geist  hat  in  sich  tlie  Möglichkeit,  das 
Wesen  aller  Dinge  zu  erkennen»  er  muss  daher  auf  seine  eigene 
Natur  und  sein  Wesen  achten,  sonst  irrt  er»"^)  »Nur  der  wahr- 
haft Sittliche  kann  seineeigeaeNatnr  ergründen;  wer  seine  eigene 
Natnr  ergründet,  kann  auch  die  der  andern  Mensehen  erkennen, 
er  kaan  das  Wesen  der  Dinge  ergründen/*  Das  ist  die  Grund- 
lage jeder  wirklichen  Philosophie,  und  diese  Grundlage  ist  hier 
scharf  und  bestimmt  erfasst;  darum  muss  (  hina  auch  eine  Phi- 
losophie haben,  und  hat  sie.  Die  menschliche  Vernunft  in  ihrer 
Reinheit  ist  die  volle  Quelle  der  Wahrheit;  der  Chinese  kennt  gar 
keine  andere;  eine  übernatürliche  Offenbarung  giebt  es  hier 
nicht,  und  kann  es  nicht  geben;  die  Vernunft  allein  ist  die 
Quelle  der  Religion.  Die  chinesische  Religion  trigt  durchweg 
eiaen  rationalen  Charakter;  fiberall  wird  der  Mensch  auf  seine 
Vernunft  hingewiesen,  und  aus  der  Vemfinftigkeit  einer  Lehre 
folgt  ihr  himmlischer  Charakter.  Die  lleligioii  hat  also  hier  die- 
selbe Quelle  wie  die  Philosophie,  sie  unterscheidet  sich  von 
dieser  auch  gar  nicht  ihrem  Wesen,  sondern  nur  dem  Grade  des 
ikkenneus  nach.  Die  Heligioa  begnügt  sich  mit  dem  mehr 
unbewussten  Gesetz  des  gesunden  Menschenverstandes^  ttil 
ekwr  Art Vetnanft-lnstin^»  i>dernut  dann&cfaatUagandenCMUi- 


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MB 


eine  wirkliche  Begründung  zu  geben.  Die  Philosophie  geht 
eben  nur  tiefer  auf  die  Sacke  ein,  bringt  den  innern  7,umm- 
menhaiig  der  IMngre  zum  wirklichen  Bewiis«?tRem ;  sie  ist  nur  die 
eBtvnckeUe  Heligioo ,  die  Wissenschaft  der  Raligioa* 
Fn  China  giebt  es  gar  keine  Theologie  im  ünttreoiiieda  von  dar 
nüMopUa.  Dabar  yarataht  ea  aich  in  Ckina  von  aalkat,  Atm 
dia  Phieaaphia  der  Rcfigion  nialit  widafspraahan  Iwnas  dk 
wflridicli  ahinaalaoha  Plülosophia  nraaa  orthodox  aeia.  Nu 
wtf  es  aliardfaiga  aidglich,  daaa  bei  dieser  entfesselten,  auf  sich 
selbst  angewieseneu  Deukthätigkeit  der  einzelne  Philoi^oph  von 
dem  allgaineinen  Bewusstsein  auch  abirrte ,  und  in  sich  schauend 
etwas  Anderes  schaute,  als  was  im  Volksbewusstsein  enthalten 
war; »  und  es  sind  wirklich  heterodoxe Systeme anfgetauchtt 
•kcr  sie  haben  sieh  ala  aoioha  eben  dadarah  hewihtt,  daaa  aie 
nm  dtm  Volkahoitaaaiiain  aarüakgawiaaan  wurdan.  Auf  datt 
riedffiyran  Stalan  daa  Vldkadabana  h«t  dar  Gaial  aaiaa  Valhaft 
eh  Ott  feinaraa  Gefiihl,  tarn  framdarcige  Stoffe  ala  aalaha  bar- 
aoszofinden,  als  auf  den  höheren  Stufen.  Wir  können  natürlich 
aU  chiuesiche  Philosophie  nur  gelten  lassen,  was  sich  in 
China  selbst  als  solche  Anerkennung  verschaffen  konnte.  China 
iiat  ebenso  wie  eine  anerkannte  lieiohs-Iieligiony  auch  aiaa 
•oerkanBia  Raioha-  PhÜoaophie. 

Bai  dar  groaaenOhannii^ty  wriohain  China  dasGaaamn^la» 
kmtktir  danEinaahien  anaibt»  dar  nnr  ein  nnfireieaAtoai  in  den 
gniMn  VolfcakryataU  iat,  ist  die  Galahr  darfimfirendvng  dar  Phi» 
kMopbtoTO«  den  Volkabewvaataahi  nieht  groaa.  Eine  andere  liegt 
viel  uäher,  und  grade  in  dcmPrincip,  aus  welchem  die  Philosophie 
•ich  entwickeln  musste.  £s  ist  dem  Menschen  hier  zu  leicht 
s^macht.  zur  Wahrheit  zu  gelan<:;en.  («rade  weil  der  Mensch 
Aoch  nicht  eine  freie  und  selbstständige  Stellung  dem  Göttlichen 
fegenflb^  hat,  nochnioht  eine  Iraie  Persönlichkeit  ist,  aondam 
mit  deoi  gdttüohan  Sein  nnklar  Terschwinnit,  und  aain  ganaea 
Waaan  an  aioh  aehoa  ama  iat  mit  dem  Himmel^  nicht  erat  eine 
Warden  aoU»  hat  er  keinen  Antrieb  an  einem  kräftigen 
Streben;  die  Wahribeit  iat  hier  nicht  etwaa  darch  eine  gewaltige 
Geistes- Arbeit  zu  Erringendes,  sondern  sie  liegt  überall  zu 
Tage,  ist  überall  verbreitet,  wird  mit  der  Luft  eingeathmet;  der 
Mensch  braucht  nur  den  Mund  aufzumachen,  und  er  hat  sie;  es 
ist  hier  ein  philosophisches  Sclüara^enland.  Dar  Mensch  braucht 
aiih  hier  niohl  erst  loaBarmaaen  Ton  auem  unwahren  Zustande, 
irkloaiiwwiHnnanaalBadnar  Wahriiaiti  die  Wabrimit  iat 


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im 

•die  6«MalM  *4m  mfmiMkehwm  Ikathtm^  '«r  luiis^g»  wkA 

anders  als  wahr  denken ,  der  Irrthum     hniiiev  nur  ehie  verein- 
zelte  Ausnahme;  der  Mensch  ist  mit  der  Vemtinfttgkeit  des  Alls 
durch  \md  durch  getränkt:  der  Mensch  sitzt  mitten  in  der  Wflhr- 
•heil  darin  wie  der  Wurm  im  Apfel,  und  braucht  nur  im.  geuies- 
"Ml.   Die  Chinesen  haben  daher  wenig  AufTordernng,  ernstlich 
m  ibrtelieii.  Der  Titel  der  Weisheit  wird  wdiifeÜ  erkavli  dwdi 
cfaiige  praktieehe  Beobachtuogen,  weifte  AprftdMi  I^beaa* 
regeln  eto*  Die  meisten  Weisen  der  fHiheren  iMt  sind  nur  selohi 
Beobachter,  verständige,  erfiihrene  Leute,  welehe  so  ihre  Le* 
'henserfahrungen  in  Sprüche  untl  Lehren  bringen,  die  sich  recht 
gut  anhören  und  recht  praktisch  sein  mögen;  es  steckt  aber  nicht 
viel  dahinter,  und  eine  gewisse  Scheu,  sich  zu  hoch  zu  versteigeti 
iti  des  Gebiet  des  Übersinntiehen,  tritt  deutUeli  herwefr.  Wer 
weise  werden  wiil,  braucht  nur  von  den  Ailen  «t  lernen,  den 
die  Wahrheit  ist  an  allen  Zeiten  da  gewesen ,  nnd  naobt  1£am%  «tw 
besteht  die  Weisheit  einzig  in  dem  grOndlieben  Smdimn  dw 
Alten  imd  üurer  Naehalmning  in  Sitte  nnd  CMnnnng^)  Bie 
eigentliche  Philosophie  tritt  aufTaiiend  spöt  erst  hervor,  im  zehn- 
ten Jahrhundert  nach  Christo,  vielfach  angeregt  durch  freimle 
Gedankenarbeit;  am  höchsten  steht  Tscliu-hi,  der  Aristoteles 
des  Mittelreiches,  ein  vielseitiger^  tiefsinniger  Geist,  m&chtig  mit 
der  für  das  Abstracte  so  wenig  geeigneten  Sprache  ringend»  olMe 
ihre  sprddeiMrte  bewftkigen  m  kennen.  Seine PUlosopliie  ist  ^ 
Mierkannle  Reichs- Philoso|pliie  geworden.  Wk  haben  das  We- 
sentttehe  derselben  sdion  M  dem  religiösen  Leben  mitgetiieili*) 
Heterodexe  Lehren,  zu  deeen  auch  die  des  Lao-tse(§26) 
gehören,  sind  zu  verschiedenen  Zeiten  viel  aufiEjetaacht,  ohne  aber 
grossen  Einfluss  zu  crewinnen;  Tschu-hi  hat  ein  eignes  Werk  z«r 
Bekämpfung  derselben  geschrieben;     bei  vielen  zeigen  sich  äugen- 
seheielieh  iDdiscfae  Eleinente.  —  Die  älteren  Weisen  bsi»eu  oicbt 
gern  etwas  mit  methaphysischea  Fragen  su  thus,  beschilsfctii 
sich  meist  anf  eberälehllcbes  M omiisim;  hn  Praittisehen  geht  alle 
Weislieit  sof.   »Das  Wesen  der  grossen  Lehre  bestellt  io  idsrer 
Erlcenntnlss  der  Tugend,  sagt  Kong-fu-tse,  sie  besteht  in  der 
Verbesserung  des  Volkes,  \u  <lci  Beharrlichkeit  im  Goten."*)  Der 
Chinese  lebt  fiir  die  unmittelbare  Gejjcnwart,  nur  «las  Sein  der 
Diage  ioteressirt  ihn;  die  Volksreligion  weiss  fast  nichts  äber  die 
EotetehnDg  der  Welt  zu  sageo;  woher  das  Daseie  sei,  darOber 
•pecnlirt  der  CbiBese  nicht  gern;  Kong-fn-lee  llsst  dha  Ohe^ 
ifonliche  gen  hei  Seite  liegen*,  Fragen  darsaeb  naigehl  ev^  oder 
weist  eie  als  «ngehOrig  und  aanlte  anrieh;  nnd  wnon  er  venKos* 


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naJtgie  etwa«  ^wihit,  «•  iKiiiiet-  m  M  iMt  iihmor  sofort  als 

Vorbild  auf  das  praktische  Leben  an;  im  V-kinu:  werdeo  rein 
kosmologische  Sätze  sofort  zu  moralischen  imrl  fiolitischen  Nutz- 
aDweadaiigen  verwandt.  ^)  Der  Chinese  ist  im  Ailgemeioea  oücbtern- 
terstiodig;  (ier  Iwnibftckeße  Menschenverstand  ist  sein  Leitstersitt 
tHM  MigM;  wm  er  MU  nit  OM^m  grtlte,  nicht  tiiNBittdbar 

■mooI»  in  für     iMft  ibk 

SKtenvpHIclie  aUer  Art  nwthaii  !•  ftiterer  Zeit  die  f^anze  Weis- 
heit au«;  sol<  lie  aus  der  EtTuiirunG^  tfesjriffeae ,  wohlgemeinte,  und 
zum  Thei!  recht  jtniktische ,  zu  ij:uteüi  Theil  aber  auch  recht  fade 
Seoteuzcn  bilden  den  inbegriti  der  höheren  Erkenntniss  der  lueistea 
„weisen  Chinesen;"  der  Chinese  liebt  solche  vereinzelte  Brocken 
dflr  LobeMweitMtv  Migt  «ie  lo  Minen  Reden  nad  an  den  Wftn* 
aalner  Hlnnar  nnd  Teapel  tlboatt  an*  nie  treten  nna  anf  allen 
fitnea  entgegen,  nie  find  daa  gewSlinllelKe  Tbema  der  Stantaprtt- 
Ibagen.  Wr  wellen  mir  einige  aeleher  Senlenaen  an»  der  Zeit  ▼or 

Konc-tse  anlühien.  ..Sprich  nicht  zu  viel,  dorm  wenn  man  /.u  viel 
spricbt,  fc^aiit  man  gewühnlicb  etwas,  was  man  ht  tiprechen  sollte. 
—  Oberniram  nicht  zu  viel  Geschäfte,  denn  viel  Geschäfte  bringen 
viel  Sorgen.  —  Thue  nichts ,  was  dich  früher  oder  später  gereuen 
hiaataL  —  Unlerlasa  nie«  ein  Obel,  ao  klein  ea  auch  aei«  an  hei- 
1«^  denn  ▼enincUiaaigt  wicltat  ea  gfoea.  —  Wenn  du  nkhtan  ver- 
Uadem  aochel,  dnee  aum  dir  gefinge  Unbilden  zufilgey  ao  wiret  dn 
hall  alle  CMateekrafI  anwenden  nlaaee,  um  gegen  groaeea  Unrecht 
didi  zu  schützen.  —  Ein  lange  verborgenes  Feuer  wirtl  eine  schwer 
zolüschende  Feuershrunst;  eiu  Feuer,  dessen  Flamme  sichtbar  ^\  ird, 
loscht  sich  leicht.  —  Viele  Bäche  vereint  bilden  einen  Fiuss,  meh- 
rere Fi^en  veremt  bilden  eine  fikshnwr,  die  man  ohne  Mühe  nicht 
leRilMo  IsaDn.  —  Ein  jnnger  Baom«  der  nocb  niobt  tiefe  Wnraeln 
btt«  liaat  aleb  leicbt  anareiaeen»  aber  wean  er  groaa  geworden, 
bednifendenABt«'^ 

Kong-tae  aelbat  erbebt  alcb  nie  tiber  dienen  Fbushlaad  nera- 
lisireoder  Sentenzenweisheit;  er  macht  Beobachtungen  über  das 
nenschltche  Leben,  mitunter  auch  ziemlich  abgeschmackte,  giebt 
Regein  und  gute  Rathschläge  iür  das  praktische  Leben:  er 
zeigt  dabei  eine  edle  Gesinnung,  aber  den  tieferen  Uintergrund,  der 
etwa  biafter  der  volkatbümlieben  Lehrart  dea  Sokrates  aioh  birgt, 
aneben  wir  bler  Tergeblieb;  nad  eil  werden  wir  bei  den  pomfibaft 
■aflieitindan  Reden  nnd  Haadhingeo  dea  granaen  „ Weinen"  ver- 
gebSeb  fragen ,  \vo  denn  elgentUeb-te  WeiabelC  atecfce.  — 

Einst  übte  äich  Koug-tse  mit  aemen  SflUlern  im  Altstfi<Aen 


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IM 


scbaarten  uDd  den  CbuD^n  Terwandert  Euscbauten,  and  enletzt 
zwei  dicht  gedringte  Reihen  bildeten,  befahl  Konsr-tse  erzürnt 
einem  seiner  Schüler,  der  ein  Krieger  war,  dns  Soh\\ert  zu  hieben 
«od  die  Menge  zu  zerstreuen,  was  dieser  denn  auch  that.  Die 
maim  Sohäler  fanden  diess  Verfahren  muMunerlicb  und  grob,  «ad 
meinten,  enwnrde  dinsM  demRaledenKong-lnencbaien.  ^K— g  tae 
liesn  eine  ao  aehOoe  Gelegenheit,  aie  an  beMren,  nicht  iinheuiUC 
▼oHlbergehen , "  und  setste  ihnen  nnn  aefar  aaeMbffHeh  dKe  Grinde 
aeines  Befehls  auseinander;  ersteoa  seien  jene  Leute  hier  mflasige 
Zuschauer  (»ewesen,  während  er  selbst  und  seine  Schdler  eine  Be- 
FrbHftiLiuriL!;  \  (iri^ohahl  hnttfMi;  zw  eiteiit»  .seior»  sie  ohne  besondere 
Erlaubnis«  iq  den  Garten  gekommen,  und  drittens  hütteu  sie  wohl 
Wichtigeres  an  tbnn  gebebt,  Iftr  ihre  FamMieo  nad  lir  de«  GenMinwabl 
anarbeiten,  atatt  Wer  nrtaalg  an  ateben;  wen  gehe  4ÜeaeBi(n«ni  4aa 
Bogenacliieaeen  an?  —  daaa  sie  hier  gegalR,  neige  acbon,  iHe 
wenig  aie  iliren  Berof  Hebten;  ea  aeien  alao  nnfleieaige  nnd  nlohla» 
nutzige  Leute,  und  wenn  aelebe  noch  gar  den  Gebfeneh  der  Waffen 
kennen  lernten,  so  sei  der  Staat  in  tiefahr,  sie  würden  Lnruheo 
und  Empnruncr  machen.  Einer  der  Schöler  ging  nun  m  den  Leuten, 
die  sich  in  eine  grössere  Entfernung  zurückgezogen  hatten,  und 
u  ierlcrhoite  ihnen  genau  Alles,  was  der  Weine  genagt  Diese  hürten 
aufiaeihaam  sn  nnd  gingen  dann  atiU  daron.  Keng-  tae  beiwui^erte 
ihre  Folgaamkelt  und  nagte:  „der  Hennch  hat  nnr  atlthig»  Imlehrt 
an  aeb,  nm  gat  au  werden.  Wena  er  irre  geht,  an  liegt  Ae  Sdhahl 
gewObnlleh  daran,  daaa  er  acbleeht  geleitet  wnrde.   8«^en  wir 
ihn  zu  unterrichten,   entfernen  wir  die  schlechten  Führer,  zeigen 
wir  ihm  das  Vemürilti^e.  und  er  wird  ihm  mit  Vertrauen  naehsrehen. 
Was  sich  so  eben  vor  unseren  Augen  zugetragen ,  das  ist  für  mich 
einer  der  schlagendsten  Beweise. "  ^)  —  Maacbmai  fiihrte  Keng^tne 
nehie  Schiier  an  Orte,  die  ihnen  Analoan  enegten ,  a.  B.  an  nana- 
atindigen  Tftnaen,  nm  ihnen  deren  VeräehtttcbheilM  aeigen*  ,»Ea 
iat  wähl  gnt,  aagto  er,  auf  daa  herraehende  UfifaeM  RMudcht  an 
nehmen,  aber  man  mnna  «ich  nicht  gberail  darnach  richten,  ea  giebt 
Fälle,  wo  man  ihm  die  Stirn  bieten  darf  oder  muss. " —  Einer 
seiner  Scbfiler  hegte  gecjen  ihn  eine  solche  Verehrung^  dass  er  ihm 
in  allen  Gewohnheiten  nacbabinte,  Und  wenn  er  mit  ihm  ging,  immer 
genau  den  Fuss  in  seine  Fusstapfen  setzte.    Die  Andern  fanden 
dieaa  albern  «id  kindisch,  Kong-tae  aber  liedeutete  nie:  „Laaaet 
ihn  gevfthren,  nein  Benehmen  iat  nkht  dan  einen  Kfalden;  er  ist 
weiter  anf  dem  Wege  aar  Weiaheit  ala  ihr  glaabt;  er  hatbia  jetat 
ittea  Chate  von  mir  ekh  angeeignet,  waa  er  nah;  ea  iat  mm  mefaie 


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Iff 

Smke,  ihm  yrfagiro  Beispiele  cur  NacbahmuDg:  zu  geben  aU  die, 
Dach  denen  er  sich  hm  jetzt  gebildet.'' ii)  Dieser  Schüier  wurde 
io  Folfije  dessen  der  engste  Vertraute  des  WeLseu.  —  Kong-tse 
wiliMiiie  Lehi«  duichaus  nicht  ab  eine  tiefe,  verborgMie  Wfiiikait 
amAsrnrnt  mimam»  , »Ich  iehm  eaoh  nkhto  Aodered,  sagte  er,  al« 
«••Ihr  m  toch  adk&i  itnw  kiMtet,  wmm  ihr  deo  liahägaB  Go- 
bMchTiHiMrer  VmmiftflMhtsi  Ei  «jMt  «Uta  ••  IMirildia« 
■i  ao  Blafighi>  wäm  die  CnMi«itoa  «eiMr  SHtcdahge.  Ate  was 
ich  euch  sage,  haheo  otiMre  alten  Weiaen  vor  noa  aasgeübt" 
Io  tiefere  Fragen  läBst  sich  Kong  tse  nicht  leicht  ein,  sondern 
weicht  nun.  Nur  unfern  und  überaus  kurz  und  oberflächlich  beant> 
wertete  er  seines  Fürsten  Frage  nacb  dem  Weaeii  das  Maascbeo, 
«hst  sich  aher,  noch  recht  viel  su  rotei,  wma  jeMtMMfc  den 
wmnBatkm  Pflkhloi  tegio  wolle,  ta) 

Ab  diMo  mmnMmmAmVithm  §Mti  wA  der  hocfcgepiiMene 
Meag^ts«,  ifli  vieitaii  Jthihwdort  Tor  Chr.,  der  dem  Kaag-fiMae 
■B  Range  am  nftchateii  steht  [§  6].  Er  geht  nicht  leicht  aaf  tiefere 
Gedanken  ein,  beuegl  sich  meist  in  dem  Gebiet  des  praktischen 
Lebens,  spricht  über  Tugend,  Hürgerpilichten  und  über  die  Art  /u 
regieren,  giebt  gute  Hegeio  für  Uausi^irthscbaft  und  Ackerbau, 
macht  darauf  anfmeiheaM»  dees  man  zu  rechter  2eit  sien,  emdten, 
iachee  mtA  krelwee  aiAeee,  nacht  viel  Weeeee  vee  der  Weiehelt, 
viedflAelt  eioh  Ml  Suen  fort  «od  lansvellt  nae  m&k  plelteeTiiviett. 
tttee.  Kfanel  wkft  er  die  Frage  auf:  ««wae  iet  filr  elo  ÜPtewdded 
awiacbeii  «iean  M eoeeheo»  weleher  nicht  heedelt,  und  einem ,  wel> 
eher  nicht  btfiiidelti  kann?*'  —  und  giebt  die  Antwort  in  eiueni  an- 
»cbaubchen  Beispiel:  „wenn  Jemand  einen  lierg  unter  den  Arm 
nehmen  und  damit  über  ein  Meer  hinwegspringen  wollte,  so  müsste 
er  sa§ee;  ich  kann  nicht,  und  dann  kann  er  wirklich  niehtf  wenn 
•her  KhMT  geheiaaen  wflrde  eieen  kletoen  Aat  vem  Baume  ehm- 
mktMmf  «ed  er  eegee  wirde:  ich  kees  mebl,  ee  handelt  er  mir 
aicht,  eher  er  kenn  doch."^) 

Bie  epSter  b6her  entwickelte  Philosophie  tritt  nicht  ab  etwa« 
Neues  auf^  sondern  besteht  darauf,  nur  die  uralte,  überlieferte 
Lehre  hoher  ausgebildet  zu  haben;  abn  wesentlich  neu  wurde  sie 
schon  von  vornherein  venirtbeilt  sein;  neu  kann  nur  die  Form  .sein, 
das  Wesen  bleibt  in  China  immer  dasselbe.  „Von  Yau  uod  iichun 
bis  auf  naSy  —  sägt  Tscha*lii»  —  ward  die  w  ahre  Lehre  immerdar 
«hciliefei«  von  dea  Weieea  nad  TieiUchea  aller  a^eitea;  —  die» 
aeairt  maa  die  «MSeferle  WeUhelt'*««)  AMe  fittaUea  cUaeal. 
•ifcerWeiaMiTereinigenaldifaiTachn-hi  IIM-^  1300  aach  Ohr. 
UngewShnlicb  fräh  entwickelt^  erlangte  er  schon  mit  20  Jahren  die 


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IwraffMi,  nm«lite  slcii  «der  duMli  sekM  umintelbafe  Ckreclitifkeit 

•  und  iSittliclikcit  und  durch  seine  Freimüthigkeit  den  HüOiii^en  i^egeo- 
Aber  vielfach  uubeiiebt,  und  /oi;  sich  einige  Male  ganz  von  den 
StaaUämteru  zurück,  um,  wie  er  dem  ftlinUker  erklärte,  «einer 
Tagaad  nod  Reditiicbkeit  nichts  su  vergeben.  In  seinem  Aller« 
eadideA  er  weebeelod  dee  Mofee  tanel  oed  üe^Mde  mMmm» 
veide  er  Ml  der  wichtige«  Stetteeg  ebee  BrkUreni  de»  Boge  Ar 
den  Kaiser  berafeo;  aber  aar  weoige  Wochea  kcaate  er  dea  ver» 
eiaton  ADgrifiba  aad  Riaken  aelaer  peKtiaohea  «ad  pbikwiepMsifcee 
Cie|;ncr  gegenüber  vStand  halten ;  di»'  let/teni.  —  von  buddhistischen 
Lebren,  wie  es  scheint,  vielfach  getrankt,  erklärten  ihn  lur  einen 
Irrlehrer;  auf  dem  Theater  wurde  er  nie  iSokrates  aLs  Karrlkatur 
dargestellt  aad  wegen  plumper  Manieren  nod  seltsamer  jÜMdajg 
liehertick  geanckt.  Teoka-hi  werde  vecwkeea,  Mle  toq  aaU- 
feiclNa  6ekClera  amgebea,  Ibra  vem  Hofe»  epüer  eher  ia  die  Adbt 
erklirt,  werde  er  Toa  aeiaea  aieielea  Scktfan  Terhisea  aid  alaib 
kl  der  Verbannaog.  >0)  Nksbt  laage  eaeh  aekMm  Tode  watde  er 
aber  wieder  zu  Ehren  gebracht,  seine  Werke  wurden  für  klassi&cb 
erklärt,  und  er  selbst  mit  Kong-fu-tse  fast  gleich  geehrf ) 

Der  Umfang  seiner  Kenntnis$e  ist  bewundernswürdig;  er  schrieb 
ausser  seinen  idiUosophischen  Werken  auch  Über  Religion  ^  Ge- 
schichte, Litteratur,  Politik,  Geeetse,  finaekai^»  Ober  Spraelie» 
Peeaie  «ad  Maaik«  aad  das  meiete  ia  Fona  vea  niafaeaeadea  Lelir« 
MIekera;  eelae  Coaiaieatare  Uber  die  kaaeaieehea  Scktifteu  etekea 
in  bfiekatem  Aaaeka.  ts)  Seine  Spraeke  Ist  etwas  kreit  and  kesregt 
sich  in  vielen  Wiederholungen,  die  Schuld  liegt  au  der  cii inesischen 
Sprache  selbst;  geordnetes  Fortschreiten  des  Gedankens  ist  f>icht 
da;  CS  ist  keine  stetige,  fliessende  Entwtckelung,  sondern  ein 
punktweises  Aufblitzen  tteCainBlger  Gedanken,  mehr  andeutend  aU 
aussprechend.  —  Eie  saianneahlageadee  ^yateM  der  PkilieephiL 
iial  er  nickt  geliefert 

*)  Meng-tacn,  II,  7,  1.  —  Tchoung-young,  c.  22.  vgl.  c.  32,  1.  —  ")  Mdm. 
d.  Oh.  Zn,  p.  Sae.  —  •)  siehe  §  8  — 11 ;  14.  16;  vgl.  M.  ^  *)  Kenmann  b.  lUgen, 

S7.  —  •)  Ta-hfo,  HMvami,  bsilUg«»,  8.  8.  0  Y^king  h  P»  IflS-^lCft; 
8S-<»;  EkM,  cap.  X,  XII,  6;  Kow.  Jonr«.  Adai  ZIV,  p.  57.  -  ')  Mte.  d. 
Chili.  XOt  p.  e&  ~  •)         d.  Chln.  t.  XIL  p.  117.  »      Ebead.  p,  ISS.  ^ 

Ebead.  p.  127.  -  >■)  Ebend.  pw  m.  —  ")  Ebend.  p.  S7ft.  —  >«)  Meog-tsea  X, 
1,  39.  —  Neumann,  a.  a.  0.  S.  20.  —  De  Maflla»  Usb  g«L  VIR,  #00. 
aOft.  eiOi  da  Haide,  descr.  de  la  Chine  II,  604.  607;  Gtttslaff,  Qeach.  8.  344  eie.; 
HMmaan  a.  a.  O.  S.  21—24.  —  Ofttalaff,  S,  366  de  Mnilla,  Iriti.  VHI,  «49; 
IX,  232.  —  N«iiiB«m,  bei  JUgen,  8.  24*27^  Abel  BteM,  MeL  postkn. 
mcB,  p.  196. 


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» 

Dritter  Abschnitt. 
Arbeit 

Dit  CWmmb  «M      V^Ik  der  Avbeit.  Dm  Himmelrtksli 

iilTon  dieset  Welt;  der  Mensch  ist  ganz  und  gar  auf  die  Erde 
angewiesen;  um  das,  was  darüber  hinaus  liegt.  kunimei  L  er  sich 
nicht  Der  Himmel  ist  des  Menschen  Vorbild  und  ist  die  in  ihm 
di&tige  Macht,  der  Himmel  aber  ist  ivesentlich  Thätigkeit, 
gtgeaifcwr  tan  trSgen,  ruhenden  Stotf ,  «nd  wo  des  Himmels  Kraft 
waltet^  daaivM  TIMgkieil  «ein»  damai  vor  Allem  üi  der  Menseh*- 
Mi  famerwilireiito»  nie  rmtesdes  Wirken  ist  da»  Wesen 
dotDeaeins  im  Himniel  imd  nnf  Erden,  der  rahende  Stbff  mbs 
kewtit%t  werdenr  keine  Bebe,  kein  Feiertag  In  der  Natnr 
wie  in  der  menschlichen  Geseil&chaft  [§  23],  Die  Arbeit  ist  nicht 
bloss  Sache  des  Einzelnen,  sie  wird  vom  Staate  beaufsichtigt. 
Es  ist  kein  convulsivisrlier  Fleiss:  die  Arbeit  ist  keine  Frucht 
eines  geniaian  Aufstrebens ,  eines  zu  verwirklichenden  Gedan- 
kens, sondcniiat  die  Wirkann^  dea  aligemeinen  Weltlebens;  der 
Menaeh  kann  gar  nicht  anders,  er  mnss  arbeiten;  daa  einaelne 
Bad  ivird  dem  QMKkhe  des  Ganaen  bewegt,  and  die  Ma- 
mhtae  ddr  Wek  st^  niemals  stül.  Die  Chinesen  sind  daa  fleis- 
ligste  Volk  der  Erde ,  ein  Volk  von  Ameisen ,  sehr  mftbsam  nod 
vnermüdlich  im  Kleinlichsten,  äusserst  geseliickt  iii  der  Bewäl- 
tigung des  Stoffes,  —  aber  es  ist  kein  grosser  Gedanke  in  der 
Arbeit,  sie  ist  nicht  vergeistigt;  keine  sinnreiche  Maschine, 
ior  geschickte  Handarbeit;  die  Behandlung  der  Arbeit  ist  schlau, 
aber  nicht  genial.  Die  Grnndlage  des  Arbieitsiebens  dea  ehine- 
liicben  Volkes  ist  der  vom  Staate  hochgeehrte  Ackerbau,  ein 
Mi  «nl  efais  WiederkolaBg  des  knnmlisdien  Wlvkens,  welches 
ÜB  Erde  belirnciitel. 

Die  Viehzucht  war  schon  in  der  ältestenZeit  stark  betrieben ;i) 
nur  Schafe  werden  selten  gehalten. 2)  —  Der  Ackerbau  gilt  als  die 
ruhraiif  hsto  und  wichtigste  unter  allen  Arbeiten;  viele  Gelehrte 
haben  über  deoselben  geschrieben ,  und  der  Kaiser  feiert  seit  den 
Sltesten  Zeiten  jährlich  im  FrübÜag  das  Ackerfoaafest.  Nachdem 
ier  INredor  der  UinuaelabeolMuditaogen  den  Aa&og  dea  FifihÜBga 
emmUei,  teM  der  Kaiser  Üsf  Tage  laq^,  wikread  alle  Staals- 
imblllt  •laben,  bade»  daaa  aad^taast  aidb  in  galdeaoB  Dächer  sin 
ass  detrsida  bisieflalas  detfiink  reieheii.  bi  MeilicbBtar  Um^olraug 
lieht  daun  der  Kaiser  mit  deui  Püuge  eiuige  Furchen,  und  läSHt 


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tio 


dann  das  Feld  von  seinen  Leuten  fertig  umpiMgen,  worauf  der 
Kaiser  ein  von  der  Kaiserin  selbst  bereitetes  ländliches  Mahl  ge- 
niesst.  Die  Feierlichkeit  schiiesst  damit,  daes  der  Minister  des 
Ackerbaues  elrte  ermahoende  Aorede  an  das  versammelte  Volk 
bilt^)  Wie  im  Alterthom,  «o  lietteht  diese  Sitte  noch  heute;  sie 
mdiaiDt  to  wkbtig,  dam  ab  efai  Kaisnr  des  aeMtai  Jal^ikinMletti 
m  Chr.  «ie  «aterlleaa,  efaM  Haageraiiofli  Iber  dur-  Land  kaii 
Wetiif^  LSf»der  darfleA  aidi  mit  CMmt  Ki  d«r  BebaMmg  Dodeai 
meHfeen;  kein  Fuss  breit  traglKires  Land  liegt  wuste;  Hüi;el  und 
aufsteigendes  Land  sind  terrasKc-n förmig  bearbeitet:  oft  hat  jede 
Terrasse  eine  Brustwehr  und  kleine  Gräben  zur  Ableitang  des 
'Wasaera;  auf  der  Hrihe  sind  Oisternen  angelegt,  aus  welchen  das 
Waaser  »aoh  allea  Stafeo  geleitet  wird ;  die  abeBio  F«Uer  äad 
daveb  Kantla  b«irKaaevt^  and  aafalraieb«  Pumpaa  biiagaa  daa'Wa»> 
aar  aaf  hoher  gelegeaa  Äekar;  der  Diager  wM  aalhat  tob  dea 
LandatraMaa  geoamiaelt«)  Angebaut  werde  veraogevreiae  Rda» 
Baumwolle,  Thee;  der  Bau  der  Baumwolle  ist  sehr  alt,  aber  ge- 
wann einen  bedeutenderen  Unifanc  erst  im  13.  Jahrhuudert  nach 
Chr.;  seitdem  besteht  fast  alle  Kleidung  der  i^eriugen  Vnlks- 
fciaaaea  aus  BauawoUe;  jetat  werden  jihrlich  gegeu  5Q0»000  Bailea 
gewatmen.^) 

Die  fikeidenaocht  reiht  eich  aa  WiehHghail  den  AcheihaM 
aa$  Ihre  BttadiMg  wbd  der  Oattia  dea  dattae  Kaiaefs  der  aagaa» 
haftao  Periode,  um  S61OO  vor  Chr.,  sageachriehen ;  jedeofidii 

reicht  sie  In  das  höchste  Alterthan  hinauf,  und  wird  in  ausge- 
dehntestem Maassstabe  betrieben.  Wir;  der  Kaiser  der  Schuti- 
herr  des  Ackerbaues,  so  ist  dip  Jcdrsnialiue  Kaiserin  die  Schützerlo 
der  8eideiuuiclit;  sie  hat  in  ihren  Zinuuero  eine  kleine  Colonie  von 
Seidenraupen»  welche  aie  mit  Blittem  ada  den  kaiaartfcheD  Giriea 
Ütteit«) 

Die  eigentliche  ladnetrle  tat  hei  deo  Cbbeami  meiv  eatwkkaH 
ala  hei  irgend  einem  andera  heidniachee  Volke,  «ad  aie  wered  hii 
vor  etwa  swei  JalirboaderteD  das  hieriii  am  weitesten  vorgesciMU- 

tene  Volk;  und  in  praktischer  Geschicklichkeit  in  Bezug  auf  die 
Handgriffe  beim  Arbeiten  übertreffen  sie  alle  Völker:  man  darf  ihnen 
das  alte  ^prüchvvort  verzeihen:  „wir  aiieiu  sehen  mit  zwei  Augen, 
die  Clitiatea  mit  einem ,  alle  andern  Viilkar  aind  bÜad. "  Wir  dfir- 
te  naa  hier  oichi  ia  die  £inaeihei(ee  irerfMBa«  «ir  eaaigaa  Wiah- 
tigete  herveriMhea.  —  Waaaermtihleo,  arit  Aoasaheie  derWcMegaai 
und  gar  aua  Bamhea  gebeut,  ohne  die  geringste  Zelhart  too  Eiacu, 
aar  BewSaaening  der  Felder,  trifft  man  aHeatfmlhen.'^)  —  Sehah- 
karreo  mit  Segeln,  die  Last  über  dem  Rade  angebracht,  sieht 


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III 

man  f>ft  wie  eine  zahlreiche  Flotte  zu  Lande  dahiufabreo;  die  iSegel 
sind  5  —  6  Fuss  hoch  und  3 — 4  Fuss  breit.    —  Die  See-SchüTe 
der  Cbioeseo,  Reit  20ÖÜ  Jahren  unverändert  gebliehen,   sind  so 
griMS  wie  «nsere  grSasten  Kanfl'arteischifTe  und  trageo  300 — 400 La- 
8to;  9te  sioil  votd  und  bloten  hdber  ab  io  der  Mitte ,  also  halb- 
■tedftiMigy  babee  «eM  awei  Maates,  aa  derea  jedem  eh  graaaea, 
acbweifiÜUges  Segel  aea  Sehilftaattett  biogli  der  Rempf  dee  Seblf* 
fea  iat  hl  wasserdichte  Querfilcher  getheilt ,  so  dass  ein  Leck  noch 
keine  grosse  (iefahr  bringt.*)  —  Die  Neide  wird  7U  den  kunslvoll- 
sten  Gcw  el)(Mj  verarbeitet.    Tuch  wird  fast  gar  riiclit  bereitet,  weil 
keise  Nchafzucbt  ist 'o)    Das  Papier,  —  von  iSeide,  —  soll  von 
^intm  Feldherra  dee  Kaisers  Scbi-hoangti  erfunden  worden  seia; 
fdiber  ecfayfteb  maa  auf  BaiabvelalBla.    »  Oae  Bachdreekee 
dwcb  Holaacludtt  wwde  Im  0.  Jabtbaadert  aacb  Chr*  erfeadee,  aber 
erst  eelt  dem  10.  Jabibandeit  hittfiger  aagewaadt   Im  11.  Jabr« 
bnadert  ihideo  etcb^bereüs  bewegMebe  Typen ,  die  aber  wef^en  der 
dazu  wenig  geeigneten  Natur  der  Sprache  iiiclit  viel  gebraucht 
werden.'^)    Der  Relief- Hoizschnitt  wir(i  am  jiieii»teii  angewandt; 
diePlatten  für  ein  neues  Testament  kosten  jetzt  gegen  1100 Dollars; 
die  Bücber  sind  aber  dennoch  weUfeil,  da  von  einer  Platte  10000  Ab- 
drOcke  gemacbl  werdea  kfiaoea»  bevor  sie  neu  flbecarbeitei  wird, 
wemof  eise  ebeaeo  etirke  Aoflage  mCgIich  whrd.  i*)  —  Das 
Scbleeapolver  iat  zwar  anm  Gebrancfa  der  Feeerwerke  dea  Cbi* 
aawB  eeit  attea  Zeitea  bebaaot*  alier  die  Anweadang  deseelliee  aa 
Geaehfitsen,  wahrscheinlich  auch  die  dazu  allein  taugliche  Be« 
irbeitnng  desselben,   haben  sie  erst  von  den  Luinpäcni  oder 
von  den  Mongolen  gelernt  ,    welche  das  N<  hloHspuh  ••[•  von  tlen 
Europäern  oder  Arabern  überkamen;  bestimmt  kannten  sie  es  nicht 
Vir  dem  vierzehDten  Jahrhundert;  i*^)  wirldicb  aagewaodt  wurde 
m  aogar  erat  im  aiebeaaehoteo  JainrlraBdert;  die  eratea  drei  Ka* 
aoam  kaoaBa  vo«  Maeae  1021  aaeb  Pekfaig  aad  enegtoa  vage«' 
bflmee  AtMm.ic)  md  wpUn  goaa  der  Jeeidt  Schall  dea  CUaeaea 
•Ejaeaew. 

*)  Chi-king,  II,  4,  6.  —  •)  Ausland,  1S49,  p.  144.  —  •)  De  Maiila,  bist.  II, 
p.  34  etc.  —  *)  Bnam,  B.  der  Gesaiultschait  etc.  I,  S.  85.  94.  56.  124.  —  »)  Revue 
iftl'Orient,  1848,  Nov.  —  •)  Ebend.  ^  Ausland,  1849,  8.  147;  de  Mailla  bist,  i, 
P.  27;  IL  jp.  in.  —  ')  Braam  a.  a.  O.  I,  S.  G6.  —  •)  Ebeiid.  i,  b.  74.  116.  — 
')  Atuland,  1849,  S.  892.  —  Ausland,  1849,  S.  144.  —  1 De  Mailla  im  ChoQ- 
>hg,  p.  388.  ^  **>  BtM.  Jiillw  im  Joatn.  Asiat,  IV  aar.  i  EC,  p.  605  stc  — 

minmir,  &  d.  mn«.  I,  &  ^es  «M.  *«)  Bdmnid  im  Joara.  As.  17  mr. 
iIir,f^ll9sM,,Zir,pw8n.  — <•)  delfrflls,  lditZ,4e4» 


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IM 


Vierter  AbsehaiU. 

§  3ß. 

Für  die  Kunst  ist  China  keine  Heiiuath.  Die  Kunst  will  ein 
Ideales  verwirklichen ,  das  Geistige  in  die  Natur  klneiiibildeiiy 
wül  dem  iodteii  Stoff  eine  geMge  Gestalt  geim;  das  bkrae 
neturliefae  Sein  soU  dae  Geprige  des  freien  meftsehlidiea  Gekiee 
tragen  [Bd.  I,  §  25].  Die  Kumt  seilt  also  einen  CJmeradiied 
zwischen  Geist  und  Natnr  voraus ,  ein  Überwiegen  des  Ceisles 
über  das  bloss  natürliche  Uascin.  eii>e  SelbbtständigLtiit  des 
menschlichen  (ieistes  der  JNatur  gegenüber.  Ahur  diese  Vor- 
aussetzung iehlt  in  China  durchaus;  das  Geistii^e  ist  in  die  Natur 
verschlungen,  nicht  von  ihr  nnterschiedeu ,  steht  ihr  nicht  als 
ein  Sslbstständiges  gegenüber,  verhält  siok  nicht  frei  zu  ibr, 
sondeni  unfrei.  Der  Menseh  Jumn  die  NeCnr  niebt  am  £Cms 
gestalten »  was  ihr  nicht  schon  TOn  selbst  ankfime  i  er  ksMi  .wohl 
den  Aek^  bauen,  aber  es  ist  an  sich  sehen  die  BestiaMnuig  4cs 
Ackers,  Pflanzen  wachsen  zu  lassen;  er  kann  die  Natur  zu  sich 
heranziehen,  in  seinen  Dienst  zwingen,  zu  seineiu  iNutzen  aas- 
beuten,  —  aber  er  kaini  sie  nicht  schöner  machen  als  sie  an  sich 
ist,  kaun  dem  Stoii  nicht  eine  geistigtire  Gestalt  geben,  als  er 
s<^OD  hat,  denn  das  Geistige,  so  weit  es  der  Chinese  überhaupt 
ahnt,  ist  in  der  Natar  recht  etgentüeh  au  Hanse.  Der  Menseh 
kann  den  Natarstoff  höcbstsiis  sieh  einträglieh  machen»  ihn^laoh 
bequem  zorechtlegen ,  aber  nicht  ihn  an  einer  geistigea  ScUte- 
heit  bilden;  es  giebt  keine  geistige  Form  im  Unt^rsehlede  wtt 
der  natürlichen,  kein  Kunstwerk  iia  Gegensatz  zu  dem  Natur- 
Sein.  Der  Mensch  hat  ja  nicht  sich,  seinen  Geist  in  die  Natur 
hineiiiziibiiden,  sondern  den  Geist  der  Natur  in  sich  hinein,  er 
soll  seinen  Geist  mit  dein  Naturaein  tränlEca,  nieht  die  Natnr 
durch  seinen  Geist  gestalten.  China  hat  daher  swar  eine  höchst 
entwickelte  GewerbsthütigJbeity  aber  eine  sehr,  wenig  ^l^ickelle 
iLanst;  Tiel  Schmucki  aber,  weug  Sehtees;  aolaiasche  Nachah- 
meng  der  Katar  bis  hi  die  fcleiillichste  Einaelheit,  denta  dw  Na>- 
turlebcD  ist  an  sich  das  Ideale ,  —  aber  keine  freie  Schöpfung  des 
Schönen,  ängstliche  Genauigkeit  in  kleinlichster  Ausmalung, 
aber  nichts  (ieistii^es  in  dem  (Janzcn.  — ITnd  die  geringen  An- 
klänge an  die  Kunst  siud  hier  noch  dem  ireien  i&chaffen  ent- 
zogen; Gesetze,  ruhend  auf  alter  Überliefenuig,  nicht  von  dem 
kftnatlerischen  Geist,  sondern  ffir  ihn  gegeben,  —  denn  alles 

•  I 

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113 


Wahre  ist  unfrei,    regeln  als  Staats* Gesetze  des  Kiaetlen 
S^affm.  Die  Kimetregeln  eind  ebenso  doreh  den  Staat 
idfiebeD,  wie  die  Anlec^nng  mer  Feneresse  oder  eines  Kanals. 
FsHsefareiten  darf  die  Knnst  so  wenig  wie  die  Geseblehte.^ 

>)  Meog-tsen,  n,  1,  1;  II,  7,  79. 

§  37. 

Der  Putz,  die  künstlerische  Gestaltung;  des  menschlichen 
KOrpers  (Bd.  I,  §  99),  ist  unfrei  in  Form  und  Wesen.  Die  wei- 
UMf  ftitenrekshcn ,  eigentlich  weiblichen  Gewänder  beider  Ge- 
i^eehter  verdeeken  die  freie  Gestaltang  und  Bewegung  der 
Glieder;  das  scharfe  Hervortreten  der  selbststSndigen  Einselheit 
•oll  Borlekgedrftngt  werden;  die  IVacbt  ist  ein  Bild  des  cldne- 
«schen  Geistes  $  drflckt  mehr  die  Allgemeinheit  als  die  Beson- 
derheit ans,  ist  gewissermassen  eine  abstracte.  Die  Kleidung 
ist  auch  nicht  dem  Willen  des  Einzelnen  überlassen,  sondern 
darch  die  Gesetze  vorgeschrieben ,  und  ist  unwandelbar  durch 
Jalirtausende.  Gott  kleidet  bei  uns  wohl  das  Gras  auf  dem  Felde, 
aber  der  Mensch  kleidet  sieh  selbst;  —  in  China  kleidet  der 
ffiamel»  nteUeh  der  Staat,  aneh  den  Bfensdien;  die  einzelne 
tason  gih  aiclit,  sondern  nur  der  Stand;  jeder  Mensdi  soll  an 
ädi  nur  eine  Allgemeinheit  ansdrfieken,  soll  sieh  nicht  als 
etwas  Besonderes  von  andern  Menschen  unterscheiden;  jeder 
Chinese  soll  nur  ein  Exemplar  seines  Standes  sein,  nicht  eine 
Persönlichkeit:  und  jede  frei  gewählte  Ahäiidernng  der  vorge- 
schriebenen Tracht  ^väre  eine  hochmüthige  Empörung  gegen  die 
himmlischen  Gesetze.  Alle  Chinesen  tragen  eigentlich  Uniformen. 
Was  aber  als  wirkUeher  Futs  in  China  yorhanden  ist,  steht 
■Sih  auf  der  nntersten  Stnfe  des  Sehenheitssinnes;  Pmnk  statt 
«dMiner  Form,  Verstfimmelnng  statt  Bildung.  Das  Scheeren 
ies  ftmpdiaars  hat  wohl  kaum  einen  andern  Sinn  als  die  nni- 
fennen  Gewüiider;  das  so  verschiedener  Gestaltung  fahig;e  Haar 
Wdctdie  Individualität  des  Menschen  schärfei  lierans;  das  Haar 
muss  fallen  .  um  die  Köpfe  gleichförmig  zu  machen.  Die  berühmte 
Verstümmelung  der  Fftsse  bei  den  chinesischen  Frauen  ist  wohl 
keine  eheliche  Administrationsmaassregel ,  am  die  Frauen  vor 
ilem  Henmlnnfen  sn*  bewahren  und  im  Hanse  zu  halten,  wie 
Qitriaff  meintj^  aneh  schwerlich  eine  absonderlidie  sym* 
MMdie  Bedeatmg,  sondern  gehürt  wahrscheinllch  n«r  in  die 
lksse  roher  KörperverschOnemng  wie  die  Nasen-  und  Lippen- 
dorchbohrung  der  Wilden  und  die  Schnürpressen  der  Euro- 
Jifiienanen. 

n.  8 

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114 

Die  Kunst  der  Bewegung,  der  Tanz,  kann  bei  der  glieder- 
verhülleiMlen  Kleidung  der  Chinesen  nur  wenig  entwickelt  seiu; 
er  hat,  seinem  Begriffe  entsprecheiui»  auch  hier  meist  eioesym- 
boHsGbe  Bedeotang»  erscheint  bei  TrauerfeierlichkeiteB  wd  bei 
froheo  und  bei  reUgideen  Festen,  sur  Kriegs-  wid  zor  Friedens- 
feier,  und  ist  gewöhnlich  sanft  und  gemftssigt.  —  Statt  der 
schönen  Beweg;iing  liebt  der  Chinese  mehr  die  geschickte, 
8(ati  den  Taii^es  ibt  die  Kunstfertigkeit  der  Jongleurs  auf  eine 
er.^taunliche  Höhe  entwickelt;  es  entspricht  das  der  Stellung  des 
Chinesen  zur  Kunst  überhaupt;  die  Natur  soll  ja  nicht  schön 
gebildet,  sondern  ihre  Kraite  sollen  nur  recht  hervorgekehrt 
werden«  Die  schlaue  Fertigkeit  vertritt  hier  uberall  die  Kunst 
Das  KsblseheereD  des  Uaeptes  bis  auf  eisen  Baarbdscliel  anf 
den  Wirbel  ist  fceisesweges  erst,  wie  man  g«wöhslidi  meait,  vea 
denMantschn  eiogefillirt,  ist  viehsehr  schon  imSchi-kiDgerwihnt^ 
Die  I^leinen  Fdsse  der  Frauen  werde»  dadoreh  gebildet,  dass 
man  bei  dem  kleinen  Kinde,  oft  aber  auch  bei  schou  halb  erwach^f  riru 
Miidchen  die  vier  kleineren  Zehen  unter  die  Fusssohle  drückt,  uud  die 
Ferse  nach  vorn  [»tesst,  damit  sie  den  Knöcheln  *ileich  werde;  mao 
presst  den  Fu^s  gewaltsam  zwischen  Eisen  und  dann  io  die  kleinsten 
Schuhe»  bindet  ihn  ein  elc;  die  llidcben  müssen  die  Sohuhe  Tag 
uod  Nacht  aobefaalteo«   Der  Fnss  wird  durch  dieses  Pressen  eis 
fonnloser  Klempeu,  der  Gang  ist  daher  aeh wankend  und  ansichar; 
die  Chinesinnen  IcOnnen  wenig  aus  dem  Hanse  gehen;  nad  bei  den 
hMIgen  Feuersbrünsten  verbrennen  gewöhnlich  viele  Frauen  rettui^- 
los.  Die  Schmerzen,  welche  die  Miidchen  bei  demEinpressen  leiden 
müssen,  sir»d  eiausain;  und  Avenn  auch  die  Ffisse  gesund  bieiheii. 
80  erhaltet!  sie  doch  einen  mit  derZcit  uoerträgiich  sich  steiserudeo 
Geruch;  oft  aber  sind  die  Füsse  voller  Ge.schwure,  und  nicht  seltcm 
tritt  der  kalte  Brand  hinsn.  Nur  die  Frauen  der  siedrigste% 
veraditeten  lüassen,  die  Bnhldirsen,  Fiscberweiber  etc.  vsd  die 
Mantscbn-Franen  haben  ihre  natHrUebes  Fdsse;  kein  anstlndigies 
Mftdoben  kann  aber  so  erseheinen.    Kleine  Pässe»  UumpeduUI 
TerstÜramelt,  sind  die  er^te  Bedingung  der  Schönheit,  und  beiBraut> 
Werbungen  wird  \or  aiiem  über  die  Kleioheit  der  Füaae  gesane  Er- 
kundigung eiütiezuüen.-^) 

Der  Tanz  bestand  in  der  alten  Zeit  mehr  darin,  dass  man,  auf 
derselben  Stelle  bleibend,  den  Körper  und  die  Glieder  schaukelnd 
bewegte,  war  SKhr  Pantaniime  als  wiridicbes  Tsasen.*)  Aber  sehn« 
Kong'tse  klagt  bitter  darilber,  dass  der  frlbere  ebibsreTass,  wel 
eher  Wirde  und  Anstand  ausdriickte.  In  «eansilndüge  GriSHUMMSi 
nnd  nnsitflidie  Andentnogen  ausgeartet  sei.   Er  fthrte  ssineMia- 


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IIT 


mudf  aller  olme  viel  Hamosie.  FMUdi  wkwen  wir  mir  ron 
Gegenwart,  wenig  yon  der  Vergangenheit.  —  Hoehgeelirt 

vom  Staate,  weil  eie  als  ein  Wie^erfclang  der  WeMarmonie ,  der 

lummlischen  OrdouDg,  ciic  Gcniüthcr  an  Oninnnii;  und  Einklang 
gewöhnt,  flen  Einzelnen  dem  Allgemeinen  unterordnet,  wird  sie 
ein  Tiel  gepflegtes  Bildiin^smittel,  ein  gesefzlich  vorgeschriebe- 
oer  Gegenstand  der  Erziehung.  Die  Musik  hat  hier  einen  sitt- 
Mdi'pädagogischen  Charakter,  naeli  Kong-tae*)  iat  ilire  Erler- 
ang  eine  Stufe  aar  Weialieit. 

Die  HiuikiDatnnBeate  alad  meiat  fod  aralter  ErM«ag  aod  aehr 
maaigfiiltig;  Flateo,  Pfeifen  aller  Art,  aach  aebr  frab  eine  Art  Sy- 
dar  ans  12  Pfeifen  zusammengesetzt,  Lyra  und  andre  Saiten-Iii- 
ßtrumeDte,  Glocken,  Trommeln  und  Pauken  werden  schon  in  den 
älte>ten  Schriften  erv\  iihnf . -)    Fo-hf  als  Erfinder  von  Saiten- 

lostrunieDteo  geaannt  uud  als  Begründer  der  Musiic  „zur  Erholung 
und  Erheiterang  des  Volks/*  3)  Mehrf^re  Kaiser  weiden  als 
Conpoalatea  erwftbnt.  Noten  haben  die  Chioeaea  erat  tob  den 
Jeiaitea  geienit;  vorher  mnaaten  sie  alle  Melodlea  auswen- 
dig lenea;  jede  habere  Anabildong  der  Masik  wurde  dadurch 
amDugUch;  aber  auch  jetst  noch  ist  die  cbioesiache  Musik  aberaua 
eiotunig. 

Die  sittliche  Bedeutung  der  Musik  als  Hildun*?smittel  zur  Ge- 
wuhnuo»  an  Ordnung  und  Gehorsam  wurde  t^chon  sehr  frfih  anerlcanot, 
Bod  die  Musik  daher  durch  den  Staat  henirdert>)  »»Die  altenKCnige» 
sagt  derLi-ky»  haben  die  Sitten  und  dIeMosik  angeordnet,  nicbt  daaa 
iiedenLilatenfrabnen»  aondem  damit  maa  dadurch  die  Leldenschaf> 
ten  und  bSSaen  Neigungen  der  Menge  aflgelo  mSge/'*)  »»Die  Musik 
ist  von  den  Alten  eingeführt  worden,  nicht  mn  die  Ohren  au  kitaein, 
sondern  um  der  Harmonie  der  Herzen  zu  dienen  imd  die  Zwietracht 
iVL  entfernen,"  so  sagt  ein  Minister  des  sieheiiten  Jalirhunderts  nach 
Chr.«)  „Die  Kenntniss  der  Tünc  ist  innig  verbunden  mit  der 
Keootniss  der  Regierung,  und  derjeuige,  weicher  die  Musilc  versteht» 
ist  auch  fähig  aum  Regieren;"  diess  fährt  Ma-tuan-lin  als  einen 
alten  Gmndaats  an,  und  er  üBgt  bioau.  In  der  That  habe  gute  oder 
schlechte  Mnaik  eine  gewiaae  Beaiehnng  auf  Ordnung  oder  Unord- 
MDg  im  Staate,  und  an  ihr  banne  man  des  Volkes  Zustand  messen. 
Ein  Kaiser  des  sechsten  Jahrhunderts  nach  Chr.,  erzählt  er,  liesR 
die  Musik  neu  ordnen,  und  als  ein  grosser  Musiker  die  neue  Musik 
hurte,  rief  er  weinend,  dieselbe  sei  weibisch  urjd  verächtlich .  und 
die  Dynastie  werde  haid  untergeben.  Ma-tuan-lin  meint»  dass  zwar 
ehe  andere  Musik  den  Untergang  des  Herrscherhauses  nicht  hfitte 
anlbaltee  kaaaea»  daaa  ma»  aber  wohl  ana  der  herrachendea  Maaik 


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118 


den  Untergang  des  Haitses  voransMgen»  überhaupt  dea  Zuatand 

des  R^hes  erkennen  küune.'^) 

Mem.  d.  Chin.  XII,  p.  362.  —  Chi-king  I,  1,  1,  ect;  Chou-king,  p.  88  u. 
tab.  I;  Meng-tseu  TT,  1,  1 ;  II,  4,  6.  --  ^)  De  Mftilla,  hbt.  I,  p.  9.  —  *)  De  Guignes 
im  Chou-king,  p.  319.  ~  '■')  Nounmmi.  b.  Illgen  1837.  S.  18.  —  *)  DeM»Ul»,  bUi.  VI, 
p,  57.  —  ^  Klaproth,  noticcs  etc.  p.  36  etc. 

9  41. 

Zur  Poesie  neigt  der  chinesische  Geist  sehr  wenig;  er  hat 
ja  nicht  eine  geistis^e  Welt  des  Schönen  gegenüber  der  Natur- 
Welt  frei  zu  schaÜen,  sondern  nur  das  Geschaftene  zu  schaue»  I 
iiBd  aafzunelimen;  er  verhält  sich  dem  Dasein  gegenüber  we- 
seoUich  passiv«  Der  Mensoh  hat  nieht  seiae  isnere  geislSge 
Weitab  etil  besonderes  SeSn  in  bestimmter  schtfner  Geslaltm 
offenbaren»  sondern  hat  nnr  von  der  Welt  m  lernen.  Bas  We- 
sen der  Poesie,  das  freie  Schaffen,  fehlt  hier  ganz;  der  Dichter 
hat  so  wenig  etwas  frei  zu  erzeugen  wie  der  Maler,  höchstens 
zu  erssählen,  zu  schildern,  avh.s  er  sielit  und  hört:  die  Poesie  ist 
unfrei.  Aber  da  sie  auch  in  i lirer  beens^testen  Gestalt  doch  inuner 
noch  an  die  Freiheit  anklingt  und  nach  ihr  strebt,  also  dem  Wesen  \ 
des  chinesischen  Geistes  entgegenwirkt,  hat  sie  in  dem  Volks- 
leben eine  sehr  untergeordnete  Stellung;  die  Gelehrten  und 
Weisen  sind  hoch  geachtet,  die  Dichter  sehr  gering,  und  nur 
dnmal,  Tom  siebenten  bis  zehnten  Jahrhundert  nach  Chr.,  waren 
Dichttmnst  und  Dichter  in  hohen  Ehren.  Auffallend  gering  an 
Zahl  undan  Werth  dnd  in  der  Litteratnr  die  dichterischen  Werke, 
gegenüber  der  ungeheuren  Zahl  wissenschuitlicher  und  prakti- 
scher Schriften. 

Das  eigentliche  £])os  ist  hier  gar  nicht  vorhanden,  sondern  ] 
statt  dessen  nur  die  Erzählung,  Geschehenes  einfoch  berichtend, 
die  Theten  der  Kaiser  und  der  grossen  Männer  besingend. 
Bomanartige  Erzählungen  sind  zahlreich,  aber  meist  dfirfttg  in 
der  Erfindung,  yiel  Geschwätz  und  wenig  Handlung,  breit  in  der 
Darstellung,  langweilig,  nur  in  einzelnen  Scfaiidemngen  poe- 
tisch ,  kein  gerundetes  Ganze  bietend;  in  neuerer  Zeit  machen 
solche  Romane  die  Lieblingslectürc  des  Volkes  aus,  und  tragen 
durch  iliren  meist  sehr  schmutzigen  Charakter  zur  EntsittlicbuDg  ' 
des  Volkes  bei.  —  Noch  weniger  als  das  Epos  kann  die  höchste  ; 
Form  der  Poesie,  das  Drama,  in  China  blühen.    Wenn  schon 
die  Weltgeschidite  för  den  Chinesen  keinen  Sinn  und  keine  Est-  \ 
Wickelung  hat  und  .  nur  aun  unzosanunenhängenden  Ereigsissen  | 
besteht,  so  kann  noch  weniger  das  Drama  hier  eine  wkkUche 
Geltung  haben;  Handlung  kennt  der  Chinese  weder  In  derGe* 


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119 

idMlIe  noch  In  dar  Powiej  die  meclinwfticlicn  GMer  der 
grmeD  WeHnaselinie  bandeln  nicht,  sondern  bewegen  sieb  nnr. 

Das  Drama,  das  poetische  Gegenbild  der  Weltgeschichte,  kann 
Mer  niirErei«^isse  yorftihreU;  aber  nicht  Handlangen;  dieSchan- 
spulL  siiMl  nur  Schaustücke.  Diese  zum  Zeitvertreib  dienenden 
Seiiaustücke  sind  nun  freilich  beliebt,  aber  nicht  geachtet ,  reich 
aa  Zahl,  aber  niebt  an  Gebalt;  das  Theater  Ist  meist  nur  Posse. 
Dramatisebe  Voratellnngen,  nnd  zwar  von  nnsittlichster  Art» 
wanlen  sdion  nnKong-lse's  Zeit  yor  den  Höfen  an%€lihTt9*) 
aber  Sabanspieler  waren,  obwohl  ein  Kaisar  zor  Zeit  Christi 
die  schöne  Sebnaspielertn  zn  seiner  Gattin  maehte,  eine  yer- 
itbtete  Menschenklasse;  die  Theater  dürfen  wie  Bordelle  nur  in 
iieu  abgelegenen  Stadttheilen  sein ,  und  keine  Zeitung  darf  von 
ilinen  sprechen, 

Die  lyrische  Poesie  allein,  bei  welcher  der  Mensch 
wesentlich  passiv  ist,  nnr  seine  Geiähle  ausspricht,  hat  in  China 
daaGehnng  nnd  AashttdoDg  neben  der  rein  didaktischen  Weise 

Darstelhmg.  Die  Lyrik  ist  nnm  Theil  sehr  sart,  natttrlieh 
«d  wahr»  am  schönsten  im  Schi-king,  aber  auch  ihr  fehlt  wie 
ler  Banknnst  die  Eibebnng;  der  Chinese  wird  wohl  warm,  aber 
nicht  begeistert;  das  Höchste  ist  für  ilui  nicht  da,  oder  weht  ihn 
nur  kfihl  an;  die  religiösen  Lieder  sind  selir  nüchtern  und  arm 
au  Gelialt;  nur  die  profane  Lyrik  ist  höher  entHickelt.  Aber 
das  didaktische  Eiement  zieht  sich  doch  gern  abkühlend  in  die 
Lyrik  hinein. 

Versa mneh  an  ist  fireilich  selur  yerhreitet,  nnd  naeht  ao« 
einen  Thafl  aller  Stadien  nnd  der  Staats-Examina  ans;  die- 
«tVersemachen  ist  aber  nicht  Poesie;  es  ist  nur  dasEinswängen 
itf  freien  Rede  in  beetimmtf  Formen ,  ist  einfach  gebundene, 

gefesselte  Rede,  nicht  IVeie  Dichtung,  ist  das  Gegentheil  der- 
selben, und  soll  den  (Tcist  an  die  Unterwerfung  unter  strenge^ 
mgeschriebene  Form  gewöhnen. 

Die  Form  der  Lyrilc  ist  sehr  einfach  und  wenig  entwickelt; 
(Ileicbzahl  der  Wörter»  meist  vier,  bildet  die  Verse;  die  Strophen 
iMstehen  wieder  ans  gleich  viel  Veisea;  deeh  äaderle  eich  spfiter' 
diese  Form  vieUach«*)  —  Die  ioaere  Form  der  Poesie  ist  sehr 
«igesthandicii.  Jeder  Gedsoke  wird  an  ein  Bild  angeknüpft;  die 
Strophe  beginnt  meist  mit  einem  Bilde,  gewöhnlich  ans  demBereich 
der  ]Natur  eiitnonimen,  dann  fo!j?t  der  entsprccheiiile  Gedaoke.  D'kh 
Bilder  sind  (»Ii  kiihii  iinrl  den  Gcdüiikeii  überwuchernd,  die  Beziehung 
lür  uuis  oft  dunkel  und  räthaf  Ihaftj  die  Parallele  des  Bildes  und  des 
MaidMBS  giebt  einen  gewissen  Rythmus>  der  tm  den  iMbtÜsdMD 


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IW^  I 

PanttelliflMi«  «liMeit  Du»  JDoppelte«  wu  in  de»  Wams  ier 
Poesie  liegt»  der  Gedanke  und  da«  aiaaliche  Bild,  die  eidi  an  eia* 
ander  ▼erlialtea  wie  Geist  and  Leib,  and  ia  der  Poeaie  in  eiae 

lebendige  Einheit  treten,  ist  hier,  ganz  dem  cbifiesisdien  Doaßs-  I 
rous  entsprechend,  aus  einander  gerückt,  ein  j\eb  eiioinander; 
erst  das  sinnliche  Bild,  und  dann  der  eotsp  rech  ende  Gedanke- 
DiePoesic  ist  wie  die  ganze Leben^anschauung  mechanisch,  ausser- 
Heb,  unlebendig.  Wie  das  All  aas  der  Zweikeit  von  Kraft  und  8tofl^  | 
Himmel  and  Erde,  besteht«  die  nur  theilireise  einander  durchdrb- 
gen,  an  «ich  aber  neben  einander  sind,  so  tritt  fai  der  Poesie  Bild 
and  Sache  ansser  and  neben  einaader,  sie  darchdiingen  einander 
nidht.  Die  Poesie  ist  wie  ein  Glasspiegel,  das  Bild  ist  an  den  Ge- 
danlcen  wie  eine  Folie  angelegt. 

Wir  geben  zur  Erläuterung  einige  Beispiele  aus  dem  Sciu'kiog 
in  wörtlicher  Übersetzung: 

„Dieser  Birobaum,  wie  schattig  uad  dunkeit  Verschont  seine 
Zweige,  reisst  nicht  ab  «eine  BIfitter;  eiast  weilte  unter  diesem 
Baum  der  Fürst  Chaope,  Dieser  BimlNuim,  wie  «chaltig;  wie 
weit  breitet  er  aus  seine  Äste!  Ach,  verachont  seine. Blilter  vad 
verletset  ihn  nicht  Dort  mhte  einst,  anter  demBanme,  Chaepe,  der 
Ftrat.  ^  Weit  breitet  ans  sehie  Aste  dieser  Bim^anra,  relsset  nicht 
ab  seine  Blatter ;  schont  seine  Zweite;  deuu  unter  diesem  Baom 
weilte  einst  Chaope ,  der  Fürst.** 

Klage  einer  Gattin  über  ihren  liebeleeren  Mann.  —  „Sonne  und 
Mond  erleuchten  mit  ihrem  Lichte  die  Erde.  Aber  dieser  Maan 
verliess  ansrer  Vorfahren  Lehre.  Woher  diess,  dass  dieser  nichts 
Festes  hat  and  nichts  Sicheres  in  «einem  Wandel,  und  meiner  nicht 
achtet?  —  Sonne  and  Mond  erwlimen  mit  ihrem  Lichte  die  Erde 
anter  ihnen.  Aller  dieser  ▼erschmfth.t  es,  gegen  mich  freondUch  sa 
sein.  Was  \»t  Sicheres  und  Festes  in  seinem  Wandel?  Wesshalb 
ist  er  so  undaiikliar  gegen  mich? — Sonne  und  Mond  geben  im  U>tcn 
auf.  Was  soll  von  diesem  Manne  ich  sacken?  rsichts  ist  an  ihm. 
was  ich  zu  lubeu  vermöchte.  Was  ist  an  ihm  Festes  and  iSicheres? 
Warum  hat  er  meiner  ▼ergessen?"  —  etc. 

Lied  emer  ffirstüchen  Gattin:  „Es  krftht  der  Hahn;  schon  kos* 
Bien  die  Lente  in  da«  üHrstÜche  Btam,  Doch  nein,  e«  krihte  nicht 
der  Hahn,  ea  war  aar  der  Fliegen  Geanmme.  —  Im  Osten  ecachehit 
da«  Morgenroth,  nnd  im  filrstlichen  Haas  kommen  die  Leate  sn- 
sammen.  —  Doch  nein,  nicht  das  Morgeuroth  scheint,  sondern  des 
aufgehenden  Mondes  Licht.  Bei  dir  zu  ruhen  ist  lieblich;  aber 
schon  harren  die  f.  eilte  auf  Bescheid,  und  ieich  könnte  man  «eiset« 
wegen  dich  tadelu. 


Iii 


Uü  ehe? Is  ObeMeteaog  des  Scbl-kitt|^  fot  fireiKeh  poetiadier 
d«s  CMgimil,  aber  giebt  den  Sinn  ziemlich  treu  tvieder. 

«)  MeDp-t*eu,  I,  3.  33.  —  M6m.  d.  Chin.  XII ,  p.  186.  —  «)  Noumann  im 
NooT.  Journ.  As.,  XiV,  p.  61 ;  Timkowski,  Reise.  IL  8.  321.  —  *)  Chi-king,  p.  XXI. 
-  •)  Chi-king,  I,  2,  5.  —  *)  I,  3,  4.  —  ')  I,  8,  l. 

Fünfter  AbschuiU. 

Da»  sittliche  Leben* 
§«. 

Auf  der  früheren  Stufe  des  Völkei  lcbens  ruhte  die  Sittlich- 
keit nur  auf  einer  dunklen  Ahnung;  in  China  iicelangt  sie  zu  einem 
wirkÜcheu  Bewusstsein.  Der  Mensch  ist  da  nicht  mehr  ein  ein- 
schier,  zuföllSger,  sondern  ist  ein  Glied  in  dem  grossen,  festge« 
orineteo  Ganaeii;  das  AU  ist  iriclit  mehr  ein  wüdes  Gestrüpp, 
soadeni  Ist  eine  bewegte  Ordnnag«  nnd  jeder  einnelne  Punkt  in 
teea  All  hat  seine  bestimmte  Aufgabe,  ist  nicht  Ar  sich  alleui 
di^  sondern  ftr  das  Ganze;  und  darin,  dass  ich  nicht  mich,  son- 
dern die  Harmonie  des  Alls  ins  Auge  fasse,  nicht  das  Ganze  anf 
mich,  sondern  micli  auf  das  Ganze  thätig  beziehe,  den  Himmel 
gewisserniasscii  i]i  seinem  Walten  unterstütze,  indem  ich  die 
Vemüniltigkeit  vollbringe,  bin  ich  sittlich.')  Die  sittliche  Idee 
der  Clünesen  gestaltet  sich  aber  sehr  yerschleden  von  den  Anf- 
frisaageB  der  übrigen  Völker. 

t.  Das  Sein  Ist  iresentHeh  Natnr,  nidit  Geist;  daher  ist 
CS,  aber  es  wird  nicht,  ist  Dasein,  aber  nicht  Geschichte;  es 
iit  durch  eine  naturliche  Nothwendigkeit,  nicht  durch  freie  gei- 
stige Thätigkeit;  es  hat  einen  Grund,  aber  nicht  einen  Zweck, 
den  es  erst  zu  erreichen  hätte  Die  chinesische  Sittlichkeit  trägt 
darum  nicht  einen  geschichtlichen,  sondern  einen  Natur- Cha- 
rakter, geht  nicht  auf  ein  künfitiges  Ziel  los,  sondern  beharrt 
bei  der  Gegenwart,  will  nicht  etwas  erringen,  sondern  nnr  be- 
wihren,  hat  nicht  einen  Zweck,  sondern  nur  ehi  Prindp,  Ist 
iMt  prophetisch,  sondern  rfiekwArls  schauend,  will  nicht  ein 
Reteh  Gottes  gründen,  sondern  wendet  sich  höchstens  weh- 
mfithig  oder  ärgerlicli  von  einer  gesunkenen  Gegenwart  auf  die 
schönere  Verj^an^enheit  und  will  restauriren.  Das  Ideal  der 
Menschheit  ist  niclu  am  Ende,  sondern  am  Anfang  der  Geschichte; 
es  soll  das  sittliche  Leben  nicht  einen  neuen  Himmel  und  eine 
neue  Erde  hervorrufen,  sondern  die  alten  wieder  herstellen  nnd  das 
Ciegenwirtige  bewahren.  Die  Menschheit  soll  nicht  erst  wahr- 


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IM 

hill  ▼•Ukoinmeii  werden»  «ondem  eie  Ut  ee4Mk#B  ynmJbduig 
an»  sie  ist  jelsl  nur  mit  einigeii  Fehtern  behaftet,  welche  eatfenit 

werden  müssen ;  das  Wesen  der  Sittlichiceit  ist  nicht  Schaffen, 
sondern  Heilen.  Es  soll  üicht  der  alte  Mensch  «')b<^cthan  und 
ein  neuer  Mensch  «iiigezogen  werden,  wie  Paulus  sagt,  sondern 
der  neue  Mensch  soll  abgethan  werden  und  der  alte  iVTen.sch 
wieder  hervorkommen.  Der  wahrhafte  Zustand  des  Menschen 
ruht  nicht  auf  seinem  freien  Thun,  ist  nicht  ein  errungener» 
sendem  ist  ein  bonam  metaphysicnm»  wie  es  bei  Leibnili 
ein  malam  metaphysicnm  gtebt.  Der  Mensch  ist  an  sich  sehen 
gut,  braucht  es  nicht  erst  sn  werden.  Der  Strom  derWelt- 
Geschiehte  str5mt  von  selbst  ohne  Zuthun  des  Menschen,  dieser 
hat  nur  die  hier  und  da  beschädigten  L  fer  auszubessern  und  ver- 
sandete Stellen  zu  vertiefen.  Die  Ordnung  der  Welt-Geschichte 
ist  eine  natürliche,  eine  übermenschliche,  und  der  Mensch  hat 
sich  einfach  hineinzufügen,  hat  einzusteigen  in  das  grosse  Schiff 
der  Weltgesolüchte,  das  ihn  von  selbst  trägt,  und  nur  SHum- 
sehen,  dass  er  nicht  Gber  Berd  iidie;  die  ewige  Sirömmig  des 
Himmels  treibt  es  fort  und  fort  in  nie  endeadem  Kreislauf  [§  33]. 

Die  chinesische  Sittlichkeit  bat  also  nieht  ein  hohes  Ziel» 
nicht  ein  erfrischendes  Aufstreben,  sondern  predigt  fort  und  fort 
nur  Ruhe  utul  Ordnung  und  stilles  Verharren;  Alles,  was  darüber 
ist,  ist  vom  l^bel,  ist  Revolution;  nicht  gross«irtige  Heldenthalen, 
sondern  das  bürgerliche  Stilliebcn  ist  das  Höchste  der  Sittlich* 
keit;  —  erwerbende  Arbeit,  Friedlichkeit,  Gerechtigkeit,  Fa- 
milienliebe, —  das  sind  die  hdehsten  Tugenden.  Die  Sittlichkeit 
lat  nicht  ein  Kämpfen,  aendem  ehi  stilles  Arbeiten;  meht  daa 
Sehlachtfeld  9  sondern  daa  Ackerfeld  und  die  GewerbatSHe  aiod 
der  Sdiauplatz  der  Tugend.  Die  Sittlichfceit  trägt,  wie  die  ganse 
Welt- Anschauung,  eiuej)  passiven  Charakter;  das  starke  Auf- 
streben der  freien  Persüniichkeit  ist  an  sich  ein  Unrecht.  Das 
Volksleben  ist  ein  grosses  Ohrwerk ,  wo  alles  unabänderlich 
geordnet  ist,  und  wo  kein  Glied  still  stehen  und  sich  der  gemeiB* 
Samen  Arbeit  entziehen  darf. 

Die  Sittlichkeit,  ihrem  Natur  "Charakter  entapreehead,  be- 
darf aueh  nieht  einer  höheren  wiaaenaehafillehan  £atwiekeloii(( 
aus  Ihrer  Idee  heraus ,  sondern  wie  die  Natur- Dinge  nur  einer 
Beschreibung.  Die  sittliche  That  ist  nicht  mehr  und  nicht  minder 
eine  Erscheinung  der  das  All  durchziehenden  Himmel^gewalt 
als  die  Natur-Dinge;  und  wie  die  chinesische  Naturwissenschaft 
auch  nicht  in  einem  philosophischen  Begreifen  besteht,  sondern 
in  einem  blossen  fieaohreiben  der  Dinge  naeh  der  Ansehaunng» 


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1>3 

m  Mtaf  m  naA  kt  d«r  SMidUbot  mr  einer  BesclntilNiiig 

mtdicker  Erscheimmgeii,  nicht  eiaer  Gedankeneiitwickeluiig; 

der  Mensch  braucht  uur  die  in  dem  Leben  weiser  Männer  ge- 
gebenen Züge  abzulesen,  so  hat  er  die  volle  sittliche  Weisheit. 
Wo  man  bei  den  chinesischen  ^^  eisen  die  Begründung  eines  sitt- 
lichen Gedankens  sucht,  da  üudet  maa  nur  Musterbeispiele;  ja 
sie  scheaen  sich  sichtlich ,  bestimmte  Begriffe  in  dem  sittlicheii 
Miete  antestelleD,  und  ein  ausgesproehcnes  Grand -Princip 
sadit  Mii  TCffgehena.  „  Ohne  Keantnla»  der  Beispiele  der  Vor- 
fidurea  hilft  alle  Webheit  nichts,  und  gicbt  es  überhaapt  keine 
Weishek.«««)  Die  Sitten  der  Vorfahren  sind  der  Sittenspiegel.») 
Ais  höchstes  Vorbild  gilt  freilich  der  Himmel;  wie  dieser  seinen 
ewigen  Gang  in  unerschütterlicher  Oidnung  und  Festigkeit  geht, 
so  wandelt  auch  der  Weise  in  steter  Festigkeit  und  Beharr- 
iiehkeit^) 

^)  Siebe  Tchotmg-youiig  c  S8.  —  *)  MeBg-tMR,  II,  4, 47.     *)  Chi-Uiig,  I, 

S  43. 

t«  Die  wirklidie  Welt  ist  eine  gegensdtige  Durchdringung 
iweier  entgegen gesetaten  Urprincipien,  sie  ist  die  neatralisirte 

Mitte,  das  Gleichgewicht  zweier  Pole.  Das  Gleichge\s  icht  ist 
al$o  da«  Wesen  des  wirklichen  Daseins,  und  die  Waiuheit  ist 
(iäb  (ileichgewicht.  Die  Sittlichkeit  hat  dasselbe  Wesen.  Der 
Mensch  ist  die  höchste  Gestalt  des  natürlichen  Seins,  er  ist  nicht 
Bimmel  und  nicht  Erde,  sondern  die  im  Gleichgewicht  stehende 
Mitle  Ton  beiden.  Sittlich  sein  heisst  das  Gieiehgewieht  halten; 
der  Menach  gdidrft  weder  der  Erde  noch  dem  Hinunel  allein  an, 
wadem  beiden;  nnd  es  ist  gleich  sündlich»  in  das  Eine  wie  in 
das  Andere  allein  sich  ko  versenken;  der  Mensch  rauss  in  allen 
Dingen  die  rechte  Mitte  halten;  der  Mittelweg  i^l  überall 
der  beste. 

Bei  den  Persern  ist  auch  ein  Urgegensatz,  aber  die  Wahr- 
heit ruht  da  nicht  in  der  Versöhnung  desselben,  sondern  in  der 
Aufhebung  der  einen  Seite ;  und  die  Sittlichkeit  besteht  dort  nicht 
darin  t  awisehen  beiden  Principien,  dem  guten  nnd  dem  bdsen» 

Mitte  zu  halten,  sondern  das  eine  xa  lieben  nnd  das  andere 
mt  hassen  nnd  an  verneinen;  die  Wahiheit  liegt  da  auf  einer 
Seile ;  in  China  liegt  sie  aber  in  der  Mitte ,  und  der  Mensch  soll 
beide  Sf  iteii  gleich  sehr  festhalten,  denn  beide  sind  gleich  gut 
üiiil  göttlich. 

Die  indisclie  Sittenlehre  ist  nicht  rigoros;  in  ihr  ist  nichts  von 
dergraasamenliärte  indischer  Fri^mmi^eit»  aie  strebt  nicht  nach 


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124 


1 


UbemmiMiiiicIiieii  und  fibernatirliolieDldealtti^  Mndam  ankmuegi 
sieh  eng  an  die  wirkliebe  Natar  des  Menschen  an,  die  ja  an  sich 

durchaus  gut  ist,  und  welcher  er  zu  folgen  hat;  die  Moral  ist 
hier  nicht  radikal,  läcUt  schioiY  und  starr,  nicht  die  Natur  dea 
Menschen  umstürzend,  sondern  sie  festhaltend,  höchstens  die 
eingeschlichenen  Mängel  ebnend,  die  krankhaften  Auswüchse 
entfernend.  Die  Sittenlehre  der  Chinesen  ist  von  mildem,  wei* 
ehern  Wesen,  praktisch,  nüchtern,  nie  überschwenglich 9  ge- 
mässigt, hanshaeken,  ohne  hohe  Erhebung;  es  whrd  Tom  Men* 
sehen  fast  nichts  gefordert,  was  ihm  schwer  werden  kdnnte» 
keine  onnatOrliehe  Entsagung,  kein  VerBlcfaten  auf  mSssIge 
Freuden ,  er  braucht  seine  natürlichen  Neigungen  nicht  zu  er- 
sticken, sein  natürliches  Wesen  niclit  abzustreifen;  er  bedarf 
nicht  der  hingebenden  Andachtjjgluth  der  indischen  Weisen,  und 
nicht  eines  träumerischen  Versenkens  In  den  dunklen  Hinter- 
grund des  Daseins;— nur  Maass  wird  gefordert;  stillgemüthlich, 
aber  ohne  den  Charakter  des  Grossartigen,  entspricht  die  Sitt- 
lichkeit der  ganaen  nfichtern- verständigen  Geisteslichtung  des 
Volkes.  —  Auch  der  Conseqaens  der  sittlichen  Vorschriften  wird 
keine  HArte  gestattet;  Ansnahmen  in  schwierigen  Fflllen  sind 
überall  gestattet,-  wo  die  zugcschärfle  Spitze  eines  sittlichen 
Grundsatzes  verwunden  könnte,  wird  sie  umgebogen ,  und  der 
Mensch  darf  dieselbe  nach  den  Umständen  sich  eini^ermassen 
zurechtlegen.  W^enn  der  Mensch  z.  B.  in  Gefahr  ist  zu  erhungern, 
SO  darf  er  die  Ehrlichkeit  etwas  verletzen.^)  Der  Mensch  ist 
darum  tiberall  und  jederzeit  von  Natnr  schon  beflhigt,  alle  For- 
derungen der  Sittlichkeit  an  eiftllen,  es  giebt  ganz  ToUlfonimene 
Menschen,  obgleich  nicht  viele;  die  Ideale  der  SittUchkeit  sind 
nicht  in  fibermenschlichen  Regionen  wia  suchen,  sie  sind  in  der 
Wirklichkeit  mehrfach  gegeben,  und  jeder  Mensch  kann  und  soll 
ihnen  gleichkommen.^) 

Die  Tugend  ist  desshalb  leicht  zu  vollbringen,«)  sie  ist  ja 
eigentlich  der  natürliche  Ausdruck  des  Seeleniebens,  hat  keine 
widerstrebende  Macht  in  dem  menschlichen  Herzen  zu  bekämpfen» 
auch  keine  wirkliche  Feindsolwft  in  der  Welt  an  besiegen;  die 
Tugend  erwed^t  nicht  Hess,  sondern  überall  nur  Ehre,  Aditung, 
Idebe»  denn  die  Menschheit  ist  ja  im  Gänsen  gut;  9» wer  immer 
der  Wahrheit  nadifagt,  muss  nothwendig  sieh  idle  Gemuther 
geneigt  machen;"*)  —  ein  Leiden  uai  der  Wahrheit  willen  ist 
bei  den  Chinesen  nicht  leicht  möglich;  die  Pforte  ist  weit,  und 
der  Weg  ist  breit,  der  zum  Leben  fiiln  t,  und  viele  sind  ihrer, 
die  darauf  wandeln.   Und  weil  die  Tugend  das  Leichtere  und 


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m 

Natnrgemäs&e,  and  dieSünde  nur  die  Ausnahme,  so  fehlt  dem  Cl^ 
BMii ftchlechterdiiigs jenes  demüthige  Bussgefühl,  jene  Aner^ 
keaiittig  der  eignen  Sfindhafdgkeit,  welche  in  der  dirietlielien 
Religion  die  erste  VoranMetanng  jeder  waliren  Heiligung  ia(. 
Wird  der  Chinese  nr  SelbstericenaUiiss  gewiesen,  eis  der  Grund- 
lage der  Weisheit,    so  ist  das  nieht  die  Erlcenntniss  der  eignen 
Schuld  und  Unwfirdigkeit.  sondern  die  Erkenntnissdei  eignen  ver- 
aünftigen  Natur,  in  welciier  des  Himmels  Gesetz  sich  ofteiibart; 
—  und  wenn  Demuth  in  Beziehung  auf  die  eigne  Tugend  empfoh- 
knwird,  so  ist  das  eben  nur  Bescheidenheit  und  kein  Bussgefuhl, 
„Alle  Tugend  liegt  in  der  Mitte/' ist  ein  fort  und  fort  wie- 
derheUer  Ausspruch  der  dünesisches  Weises;  und  eine  der  klss- 
sischeu  Hanptschriften  hat  als  Titel:  „das  Beharren  in  der  Mitte" 
(Tftchung-  yung).    „Das  Wichtigste  bei  der  Tugend  ist  die  Mitte; 
in  der  Mitte  ist  die  Weisheit^    Sei  einfach  und  rein,  und  halte 
immer  die  rechte  Mitte.       Die  Mitte  halten,  hcisst  das  Gesetz 
befolgen:  im  Td recht  selbst  ist  das  Halten  (l<"r  Mitte  schon  eine 
Rückkehr  zum  Kechten.^)    Die  Mitte  i»t  die  Grundlage  des  Alls, 
und  das  Gieichgewicht  das  allgemeine  Gesetz.    Wenn  Mitte  und 
Gleicfagevridit  vollhoniineD  TorbaodeD,  sind  Himmel  und  £rde  in 
Frieden,  und  aiie  Dioge  gedeihen.  Der  Weise  liilt  immerdar  die 
Mitte,  eher  der  Thor  verletat  sie.''i<») 

Ais  sitdicfae  Ideale  gelten  Torzugs weise  die  Kaiser  Tao  und 
Schun  und  der  Lehrer  Kong-fu-tse;  jene  beiden  werden  am 
häafigsten,  auch  \  (iri  Kong - fu -tse  selbst,  erwähnt;  dieser  hat  die 
Lebensregcin  der  ersteren  <»hen  nur  anflieuahrt.  bekannt  cemachl 
und  befolgt;  er  erscheint  mehr  als  der  Lehrer  und  Offenbarer  der 
reebteo  Weisheit,  jene  ersten  mehr  als  die  unmittelbaren  Vorbilder; 
alle  aber  werden  ohne  Weiteres  als  fehlerloa  erklärt;  „wenn 
KoDg-fu-tse  und  die  andern  Weisen  durch  eine  UogereGhtigkeit 
•der  durch  TOdtusg  eines  Unschuldigen  sich  die  Herrsdiaft  Ober 
das  ganae  Reich  hätten  TerschafTen  IrOnneo,  sie  hätten  es  nicht  ge* 
than/*n)  Schun  vereinigte  alle  Tugenden  in  sich,  uutl  iiim  ähulich 
lu  v\  erden  ,  ist  der  IrdiegrifT  der  Sittlicfikcit. '3) 

*)  Men?  t?eu,  n,  6,  1  —  4.  —  ^)  Ebend.  U,  2,  61;  II,  6,  5.  —  »)  Ebend.  U, 
7, «.  —  «)  Ebend.  U,  1,  40.  —  Ebend.  TT,  7,  8  ;  Tchounj^-yonng,  c.  22.  — 
•)  Meng-ifi€u,  I,  8,  54.  —  Ebend.  H,  7,  52.  —  ^)  Chüu-kjng,  p.  27.  —  Y-kiag,  II, 
?•  75.  —  Tchoung- juuug,  c.  1,  4.  5;  c.  2,  1.  —  Meng-tbcu,  II,  4,  4  etc.  — 
*^  Ebend.  I,  3,  30.  —  '»)  Ebeud.  n,  2,  49;  Tchoung-yoimg,  c.  6.  Ij  17,  1. 

S  44. 

t.  Das  foneiialteit  der  reehten  Mitte  erhält  das  Gleich« 

gewicht  ui  dem  All,    unterstützt  da^  \V  aiieu  und  Schaüeji  des 


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Himmels  und  der  Krde".  ^)  und  jede  Störung  desselben  durch  die 
Sünde  hallt  in  der  ganzen  Natur  wieder  und  spricht  sich  daher 
durch  Naturstömiigen  ans.  Diese  Auffassung  der  Sittlichkeit 
hat  jedeoÜEÜls  eine  sehr  ernste  Seile  und  eine  Hefe  Wahrheit 
Die  Sdnde  ist  da  nidit,  — wie  der  Leichtsiiiii  aach  bei  uns 
meint,  als  etwas  Vereinxeltes,  dem  dbrigen  Dasein  Gleioli- 
gilHiges  EU  betraditen ,  ist  ni<^t  ein  leerer  Schall,  der  bald  ohne 
Spur  verklingt,  sondern  jede  Süiidti  ist  eine  wirkliche  Störung 
des  allgemeinen  GleicliEfewk  lits,  —  obgleich  dieses  Gleielii'e- 
wicht  hier  noch  weseutlich  als  ein  bloss  natürliches  erfasst  wird. 
Der  Mensch  hat  es  in  dem  sittlichen  Handeln  nicht  bloss  mit  sich 
2U  thnn,  sondern  mit  dem  Weltganzen,  er  stört  sündigend  die 
Harmonie  des  Daseins  überhaupt;  jede  Sfinde  ist  ein  Frevel 
gegen  das  All,  und  darum  aneh  gegen  dessen  bdchste  Ersehei- 
nnng,  gegen  den  ehinesiSchen  Staat;  es  ist  kein  Unterschied 
zwischen  Sünde  und  Verbrechen;  alle  Sünden  sind  gemeinschäd- 
lich, alle  lialieii  Beziehung  auf  den  Staat ;  und  dieser  ist  auch 
tlas  Tribunal  hIk  r  die  Sittlichkeit.  Der  Staat  hat  es  darum  nicht 
bloss  mit  der  formellen  Gerechtigkeit  zu  thun,  sondern  mit  der 
Tugend  überhaupt;  er  hat  nicht  nur  die  Verbrecher,  sondern 
die  Sünder  überhaupt  zu  bestrafen,  ~  aber  andererseits  auch 
die  Tugend  zn  belohnen.  Tugendhafte  Mensdien  sind  daber 
nicht  bloss  Vorbilder  für  Andere  und  ein  Ruhm  für  das  Volk, 
sondern  sind  an  sich,  auch  wenn  sie  nicht  in  grossen  Kreisen 
wirken,  Wohlthäter  des  Menschengeschlechts.  Damm  steht 
l)ei  keinem  Volke  des  Alterthums  die  Tugend  in  so  allgeuieiiier 
Achtung,  und  empfängt  so  viel  Ehre  als  bei  den  Chinesen. 

*)  Tcbonag-yoang.  c  28.  — 

$  45. 

Ein  wirkliches  System  der  Sittenlehre  ist  nicht  gegeben ; 
die  Pflichten  werden  hier  und  da  gruppirt,  einige  als  vorsug- 
licher  hervorgehoben,  aber  ohne  bestimmte  Gliederung.  Die 

Hauptsache  bleibt  das  ruhige  Stillleben,  sanfte  Milde  gegen 
andere  Menschen,  die  Liebe  in  der  melir  passiven  W  eise  il( 
Duldens  und  Ertragens,  des  Schonens,  der  Nachgiebigkeit. 
Den  Frieden  nicht  stören,  Niemand  beleidigen  und  verletzen. 
Jedem  das  Seine  lassen,  i)  das  ist  so  das  Höchste;  es  ist  da  nicht 
die  heldenmüthige  Liebe  der  gewaltigen  That,  des  Kampfes  för 
eine  grosse  Idee,  sondern  die  sanfte  Friedlichkeit,  die  weib- 
liche Liebe ,  grosser  Aufopferungen  fthig ,  aber  ebne  ein  hohes, 
durch  gewaltige  That  zu  errmgendes  Zieh  Der  Mensch  soll  das 


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Gleichgewicht  und  die  Harmonie  bei  Andern  nicht  stdren^  das 
ist  das  Eine. 

Bas  Andere  iat,  daaa  er  aelbst  in  diesem  Gleicbgewiekt 
aad  Ib  dieser  Harmonie  bleibt;  er  darf  nieht  Aber  aeiiieihin  Tom 
Bbanal  «tgeatMidene  fitelhug  binanagraife»)  soll  demtchig 
fein; — darf  aiah  aber  anch  iilciit  wma  aeuiaai  CHeleligewicit 
bcrmdrängen  1  aasen ,  soll  allen  ftosseren  8tfirmen  und  Anfeeh» 
turiieii  Festigkeit  und  Seeleiiriilie  entgegensetzen,  auch 
iin  grössteii  Schmerz  nicht  seinen  (ileichmuth  verlieren.  —  und 
soll  eben  so  den  inneren  Feinden  seiner  Ruhe  und  seines  (Gleich- 
gewichts 9  den  Begierden }  den  festen  Willen,  sich  nicht  beheriv 
sdMiEu  lassen,  eiitgegenseteen;  der  Mensch  soll  TucbtSclaTe 
feiner  sinBlichen  Begferden  werden.  Daa  Sianlicfae  ist  zwar  an 
M  gut,  aber  ist  doeh  dem  Bawasstsein  gegenüber  das  INiedrl* 
gere ,  and  sott  sieh  nloht  com  Henrsohaiidan  machen ,  soll  dnrdi 
den  Creist  g^zugelt  werden  2). 

Der  eigentliche  Begriff  aller  dieser  Tugenden  ist  das  M  uns  s- 
halten.  da8  lunvahren  der  rechten  Mitte:  niclif  zu  vic^l  und  iiir  ht 
za  wenig,  nicht  zu  warm  und  nicht  zu  kalt,  nicht  zu  hoch  und 
nicht  an  niedrig,  nicht  nach  rechts  und  nicht  nadi  links  ab- 
biegen, darin  ist  alle  Sittenweisheit  zasammengefasst.  Alle 
gesteigerten  GeAlhle  gdlen  ala  Unrecht;  eine  fctthle  Buhe  »cht 
mA  sdbst  darcb  die  Lyrik  hhidnrch ;  nicht  Zorn ,  nicht  Furcht, 
liebt  SB  viel  Fronde,  nicht  sn  yM  SehmerE  soU  das  Mensdwn 
Gemüth  erfüllen.»)  Dem  Menschen  ist  sein  ganzes  Thun  und  Sein 
in  dkim  grossen  (« inzen  zugemessen:  und  in  diesem  seinem 
Man<ise  blpibcjjd  snll  er  seine  sinnliclio  Natürlichkeit  ebenso 
2.ügein  und  zurückdräuiren  als  zeiue  einzelne  selbstständige  Per- 
sönlichkeit. Dieses  Zurücl&drftngen  der  Persönlichkeit  in  ein 
sehr  bestimmt  gesogenes  Maass  hat  abcrnooh  besoadei«  Folgen* 
Zaaiehst  sott  der  Mensch  blosses  streng  eingdiigtea  Glied  des 
Smaen  Weltlebens  sein;  er  soU  nicht  sein,  wie  er  witt,  sondern 
io  wie  ihn  die  Nothwendigkeit  des  Lebens  gemacht  hat;  er  soll 
nicht  eigentlich  auf  sich  selbst  beruhen,  sondern  auf  dem  All- 
leben, Süll  ein  Atom  sein  in  dem  groisben  \\  t  itki  ystall,  soll  sich 
vqp  andern  Menschen  nicht  als  etwas  Besonderes  unterscheiden, 
sondern  sich  ihnen  gleich  machen;  und  sein  ganzes  Thun  und 
Benehmen  aoll  nach  diesem  Gedanken  abgemessen  sein,  nicht 
em  Prodnct  seines  Willens,  sondern  allgemehi  giltiger  Gesetse; 
-  die  Art  des  Umganges  mit  andern  Menschen  darf  nicht  nach 
WUhir,  aondem  mnss  nach  bestimmten  yorgeschriebcnen  Ge- 
islMn  geschehen,  denen  der  Einzelne  sich  sdücchteriiags 


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128 


unterwerfen  mus.s.  Ein  Chinese  lässt  sich  fast  nie  gehen;  die 
Formen  der  Höflichkeit  sind  nicht  dem  freien  Willen  anUeiai- 
gegeben,  sind  rnttliolie  Pilicht  und  Staatsgesetz.  Und  so  soU 
auch  die  gaiixe  Äussere  Erscheinung  des  Mensebea  nieht  eine 
CNfeBbsmng  seiD«r  freien  Selbstbestimmimg  sei»»  sondern  des  all- 
gemeinen  Gesetses;  die  besümorte,  bis  iasKleinlicdie  hinsb  yoi^ 
gescliriebene  Tracht  sä  befolgen,  ist  sittfiobe  Pllidit,  und  der 
sittliche  Mensch  soll  dem  Yao  auch  in  der  Kleidung  nachahmen.-*) 
ISicht  als  Person ,  nicht  als  dieser  bestimmte  und  selbststän- 
di^e  Mensch  darf  der  Chinese  auftreten,  sondern  eben  nur  aU 
Chinese,  höchstens  als  der  Träger  eines  Amtes. 

Damit  zusammen  hfingi  die  Verpflichtung,  das  regelm&ssige 
Leihen  in  iLeiner  Beziehung  nn  nnterbredien.  Der  Chinese  ist 
ein  Ordnnngs-Blenscfa;  Ordnung  und  Tbätigkeit  gebt  ihm  über 
alies;  alles,  was  ausser  der  Ordnung  ist,  alles  Wunderliehe 
und  Wunderbare,  alles  Exalttrte  und  überspannte  ist  ihsi 
schlechterdings  zuwider;  er  bleibt  fi;eni  im  genieirien  (ileise. 
Von  der  breiten  Fahrstrasse  abzubiegen  ist  ihm  an  sich  schon 
ein  Unrecht;  er  liebt  es  nicht,  durch  Dick  und  Dünn  zu  jagen; 
jegliches  iSch wärmen  ist  dem  Chinesen  von  Natur  Terhasst. 
Nüchtern  in  jeder  Bedeutung  des  Wortes  ist  der  Chinese;  ün- 
nissigkeit  und  VdUerei  ekelt  ihn  an;  er  soll  und  will  mcbt  in 
semer  innem  Ordnung  und  Harmonie  durdh  Übennaass  des 
Genusses  unterbroohen  werden;  Trunksudit  ist  als  scbsMicbvoU 
tief  verachtet  und  sehr  selten;  —  und  auch  in  dieser  Beziehung 
scheut  der  Chinese,  sein  GleicbgewicLi  zu  stören. 

Die  sitUichet)  Pflichten  werden  verschieden  eiogetheilt  uud  jie- 
ordnct.  Meng-tse  hat  drei^eiteo  der  sittlicheo  Vollkommenheit:  ,,der 
Weise  bat  an  drei  Dingen  seine  Wonne:  1,  wenn  er  den  Vater  und 
die  Matter  lange  am  Leben  siebt  und  gesund,  und  aUe  sekie  BrSder 
in  £intradit  und  Frieden;  2«  weaa  er  behn  Aufblick  nach  dem  Ulm« 
mel  sieb  keiaes  Gedankens  und  keiner  Begierde  su  scbimen  bat» 
und  vor  andern  Menseben  sieb  wegen  seiner  Handlungen  nicbl  sa 
schämen  foraaeht;  3.  wenn  er  alle  seine  Mitbärger  durch  Wort  und 
Beispiel  zu  wackern  und  weisen  Menschen  machen  kann."*)  In  den 
heiligen  Schriften  werden  meist  IüdI  HuuptpÜichten  gczühlt:  Pietiit 
gegen  die  Eltern,  Gehorsam  gegen  die  Obrigkeit»  Ehrerbietung  gegen 
die  älteren  Verwandten  und  Wohlwollen  gegen  die  jQngeren,  gegen- 
seitige Liebe  der  Gattes,  aalr&ebttge  Liebe  der  Freunde  gegen 
eiaander.<>  • 

IKe  Liebe  gegen  andre  Meascben,  von  der  FandttesBebs  abge- 
sebea,  enchsbit  vetbeifsobeBd  tsu  der  negatiTeu  Seite,  ab  Be* 


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sdieidenheit,  Demntb,  Sanftmut,  Bilfigkeit,  Nach^ebigkeit;  die 
thatkraftie^e  Liebe  tritt  etwas  iiH'hr  /unick.  „Wer  Andern  nicht 
tliut,  was  er  mcht  «iii,  dass  ihm  getlim  \^*'rde,  der  ist  nirht  Wim 
vom  (ie>i(  tx."'')  Die  liebende  Nachgiebigkeit  erscheint  besonders 
inderiluriichkeit,  — die  Chinesen  sind  das  büfliehste  aller  V&l- 
ker,  —  md  keliis  bat  «o  «ehr  die  FonneB  der«eMbeii  eotwickelt;  es 
wild  cioem  GlitDefleii  Ibet  mmiOgilcfa,  grob  zu  sein;  er  ief  es  selbst 
siebt  gegen  die  verlnsstestea  Feinde.  Die  Fermeis  der  HofütMelt 
aprecben  die  Denrath  Ms  sur  Meberlichen  Übertrelbnng  aus;  und 
die  Erlernung  der  jedem  Stande  gebührenden  Zeichen  der  Ehrer- 
hiefone  bilden  einen  wie  Ii  tigen  und  ««rhwiori^en  Theil  der  Krziehimg, 
Es  liegt  iu  tlieHen  streng  geordneten  Hüllichkettsformen  ein  silt- 
Hcber  Gegensatz  zu  der  ungezügelten  SelbstsucM  des  rohen 
Menschen;  ,,der  Geist  will  den  Ungestfim  der  Natürlichkeit,  die 
Bsbheit  <ier  sethstsOcfatigeii  Begierde  ttbem mdes.  Versahs- 

gegee  die  Feinde  bis  sn  einer  gewissen  Grenze  . 
«M  wiederbelt  empfohlen.  Wenn  ein  Weiser  beleidigt  wird,'  so 
soU  er  die  Sehnid  auf  sich  nehmen  und  sagen:  ,Jch  mnss  etwas 
Corechtes  gethan  haben,  gonst  hätte  mir  dieses  nicht  bei;c*^ne» 
kOnnen;*'  er  kommt  dem  Beleidieer  mit  Liebe  ente^^^en:  w  enn  aber 
alle  Versuche ,  den  Gegner  zu  gev% innen,  vergeblich  sind,  so  ist 
dieser  nieirt  mehr  ahi  ein  Mensch,  sondern  als  ein  Thier  zu  betrach- 
tonnnd  nicfat  weiter  sn  beachten.  Em  Bild  des  Weisen  ist  der 
SseerscblesNierer  ;  wenn  der  Speer  behn  Werfen  das  Ziel  nicht 
enrüdit  klagt  der  flchStse  nieht  Andere  an,  sondern  sich  selbst; 
sa  beschsMigt  der  Welse  ancb  nicht  Andere,  sondern  steh  selbst 

10  allen  Dingen.  'O)  „Seid  streng  gegen  euch  selbst,  sagte  Kong-fse, 
aber  nachsichtig  gegen  die  Fehler  Anderer;  «sagt  Niemand  Böses 
nach,  und  heacbtct  rs  nicht,  wenn  man  eu(  Ji  liilses  uachsagt; 
nehmt  Lob  oder  Tadel  mit  gleicher  Seelenruhe  auf." 

Über  die  Liebe,  nicht  bloss  in  der  Susseren  That«  sondern  asch' 

11  der  Gesinming,  bat  Kong-tse  manche  scbCne  Ausscfningen  ge- 
Ala;  aüefdhigs  mCssen  wir  hierbei  die  oft  sifthr  ideslisirenden  Be- 
lichte  der  Jesuiten  mit  einiger  Vorsicht  betrachten;  die  Schriften 
des  Kong-tse  selbst  seigen  wenigstens  in  diesem  Pnnkt  etnas 
seichtere  Gedanken.  Ein  Bauer,  so  er/ahlen  diese  Berichte,  brachte 
€hji»t  dem  Weisen  einige  schlecht  gebackcne  Kuchen  von  grobem 
Mehle  uud  einige  Früchte  zum  Geschenk,  als  das  Beste,  was  er  be- 
sa8<(.  Kong-tse  dankte  ihm  sehr  ehrerbietig,  als  ob  er  ein  Ge- 
schenk ans  den  Händen  des  KMgs  empfinge,  nnd  beihhi  seinen 
SchttetB,  das  Empfangene  snr  Spende  ftlr  die  Vorfahren  anlkube« 
Wikren.   ^^Ifeister,  sagte  ein  Scbfltery  du  bist  doch  wandeiKch; 

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IM 


du  ermahnst  um  IbMtfiiidig,  dfio  VoMamt  hmer  wu  &äs  Beste 
und  Kostharste  darzubringen,  und  du  bewahrst  nun  zu  ihrer  .Speude 
diese  iil<  litsnutzipcn  Kuchen  und  diese  welken  Früchte  auf,  und  das 
üiiQH  noch  dazu  in  einer  Scbaale  vom  «chlcch testen  Thone;  wie 
reimt  «ich  das  zusammen —  „Sehr  wohl,  antwortete  Koog-tae, 
ick  bab«  schon  Mit  langer  Zeit  nichts  Kostbareres  gehabt,  als  was 
ich  beete  emp&vgen.  Was  eise  Spende  deoee,  tod  desso  wir 
«Bser  Lebeo  empfangeo  haben»  angenehm  macht,  das  ist  mcbt  der 
Werth  derselben  selbst,  sondern  die  Geshnvog,  mit  welcher  sie 
gebracht  wird.  Jener  Mensch  bat  mir  aus  bestem  Uerxeo  das 
Kostbari^te  gebracht,  wa^  er  beha.^»«;  ich  werde  meinen  Vorfiüireii 
mit  gleicher  Gesinnung  spenden,  was  ich  hoher  achte  ah  die  aus- 
gesuchtesten und  tbeuersten  Speisen.  — •  Die  Milde  der  Chine* 
sen  erstreckt  sich  auch  auf  die  Thiere ;  von  den  drei  Graden  der 
I^iebe,  welche  Meng-t«e  aogiebt^  gebohrt  der  nnterste  den  IHbun 
sen  nnd  Tfalereo.^)  Ein  Weiser,  sagt  derselbe,  wM  niektgen 
eki  Thier  sterben  sehen,  noch  dessen  Sterbelaut  Teroehmen,  danm 
wird  er  sich  entfernt  halteo  von  den  SchladitatitteD. 

Die  Treue  gegen  die,  mit  denen  wir  durch  das  Band  der  Liebe 
ond  des  Gehorsank^i  verbunden  sind,  wird  vou  den  Chine>iCn  stark 
hervorgehoben.  Die  Geschichte  giebt  ruhmvolle  Beispiele  davon. 
Ein  Minister  im  neuuten  Jahrhundert  vor  Chr«,  der  aeioem  despo- 
tischen Herrn  oft  die  bittersten  Wahrheiten  sagte,  veratedcfa  bei 
eben  Aalstand  des  Volkes,  wekhes  den  kaiserlicken  Pallaet  aar* 
tftamerte,  den  Sokn  des  geflfldbtelmi  Kaisers  In  ssiasm  flamc^ 
«nd  als  der  wfltbende  Hanfe  die  Ansliefernng  des  Priaiea  vedangte^ 
lieferte  er  seinen  eignen ,  mit  dem  Primea  gli^ch  alten  Sohn  den 
Tobeodeu  aut»,  die  ihu  in  Stücke  hiebco,  uud  reltete  so  den  Kaiser- 
aohn.  1') 

Wahrhaftigkeit  ist  zwar  tliatsäciilicb  nicht  eine  be^nders 
geipflegte  Tugend  der  Chinesen,  sie  wird  aber  doch  von  Kong-tse 
dringend  empfohlen.  „Bediene  dich  nieder  Lüge.  Die  Wahrheit 
Tenchafft  Freude  und  Rilke  des  Amens,  dleMs^nar  Qnnl«'^*) 

Skat  spielte  Kong-tse  aar  Erkolusg  in  seinem  Zbrnner  Ball, 
als  Sick  Jemand  bei  ihm  anmeldeo  lieas,  der  Iba  Ober  ehdge  wicbtige 
Dioge  befragen  wollte.  „Ich  mag  ihn  nicht  sehen,  sagte  Kong-tse 
zu  einem  seiner  Schüler.  Gebe,  entschuldige  mich;  wa^  w  'irM  du 
sagen? —  »»Ich  werde  ihm  sagen,  öutwortete  dieser,  dn^s  du 
gegenwärtig  znr  Erholung  Ball  spielst,  uod  dass  man  dich  nickt  fug* 
licherwi^ise  in  deinem  Vergnügen  unterbrechen  könne»  um  üli^  ernste 
0iege  Btt  sprechen. "  ^  Gebe ,  sagte  der  Meister  j  uad  tfcne  wie  du 
Mgst*«  ^  j,Welok  kutere  Seele,  fügte  er  leise  kinsu;  er  wird 


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181 

uidbt  andere  siprecben  als  die  Dioge  sim\;  das  int  wahre  Tu» 
geod."")  —  Oem  Kaiser  Tai-tsong  ((iiti  nach  Chr.)  sagte  einst 
Jemand  ,  er  krmnc  tlic  Schmeichler  in  seiner  l  iiiucbinip;  dadurch 
vor)  den  redlicheu  Männern  unterscheiden,  dass  er  einen  dem  Staate 
«cbMUiehea  Voiscfaiag  mftebe»  welchem  die  Uarediicheo  sofort  zu- 
•tiameo  wiHeD»  Der  Kaiser  atttirerteta;  w^m  Mittel  hi  freiMi 
«eher,  aber  weoo  ein  Ftot  so  Immune  Wege  geht,  kaoo  er  dann 
Genabelt  von  eeinen  Dienern  verlangen?  Die  Fürsten  aind  wie  die 
Quellen  der  Biehe,  und  die  Staatsdlener  das  Waaser  in  denaeiben, 
wenn  die  Quelle  rein  ist,  ist  es  aiidi  der  Strom.  Ich  habe  iiuaier  » 
Abscheu  vor  .•^«»Ithen  Schlauheiten  gehabt,  die  nur  dazu  dienen,  das 
Herz  zu  berücken;  ich  will  lieber  das  Übel,  wenn  vorhanden  ii»^ 
flicht  kennen,  als  es  auf  unlauteren  Wegen  kennen  lernen. 

Wut  wiaraebfitterÜcbe  Seeleo  ruhe  des  Menschen  in  allen  An- 
MtangnB  giit  ab  eine  Haiiptbedingnng  «itftlieber  Weisheit;  d^r 
MsMch  darf  nie  ausser  Fassung  knnmien,  nie  durch  Beleldigvi^ea  ^ 
enimt  werden,  nie  dem  Hbmnel  aOmenp  wenn  es  ihm  nicht 
Dach  Wunsche  geht,  und  über  die  Menscheo  nicht  klagen,  die  ibm 
oicht  wohlwollen. 

DieBeschräniiungder  «innlichen Begierden  geht  hier  nicht  bi«>  zui; 
Fintiagnng,  sondern  sie  soUeo  nur  das  rechte  Maass  und  das  Gleich- 
gewicht zwischen  Sinnlichem  und  Gelstigen  bewahren.  „  Gmodliige 
der  Tagend  ist  es,  sein  eignes  Hers  so  liewaehea;  dieas  kann  aber, 
Mit  besser  gesohebea,  als  wenn  die  Begierden  eingeschünlKt 
W6fdsn  nnd  der  Mensch  mOgUchst  wenig  Wünsche  hat.^*>0  IN« 
nebte  Ta|iferkeit  iMsteht  nicht  darin.  Andere  an  besicgcji ,  soaderpi 
sich  selbst.  22)  Hctrunkeue  Chinesen  sieht  man  äusserst  selten,  und 
aul  den  hinterindischen  Inseln ,  u  o  sich  vor  allen  die  eiJro[i;u^cben 
Soldaten  einer  grcnzenlusen  Trunksucht  ergeben,  i^ind  die  zaliU. 
Mioheii  Chinesen  die  einzigen  unter  der  bunten  Bevölkerung,  welche 
^  strengste  Milsaigkell  beobachten;  ebenso  sind  sie  gegenwärtig, 
in  Cslirornien  fest  die  ewalgen  ardeatUd^eii  und  atfssigfo  Menn 
■eben.  —  AU  «nler  Kaiaer  Ys  «m  2200  vor  Chr.  der  Eeisbranfttr. 
«CHI  eriinden  warde,  nnd  dem  Kaiser,  der  sein  Reich  dnrehreislet 
?wi  dem  neuen  Getränk  gereicht  wurde,  sagte  er:  „ach,  wieviel 
ünbeil  sehe  h  h  aus  diesem  Getr.uilv  für  (liina  entsjjriiigen,  man 
«erweise  den  Erliiider  aus  des  Keiche.s  Grenzen  und  gestatte  ihn^ 
ßie  wieder  die  Rückkehr. ''2^)  Ein  Kaiser  des  fünften  JahrhuA^ftH 
iMih  Chi«  verbat  den  HfMMiel  damit  sogar  bei  Todesstrafe,  a*)    .  ^ 

*)Meng-tseu,  II,  4,  17;  Tchoung-youug,  c  20,  5, —  *)  Meng-tscu,  n,  5, 
4^B1,*.  >)  Tahio,  c.  7,  1.  (Panthicr).  —  •)  M«mg<t«M,  U,  6,  8.  —  *)  Meng-tw«, 
4l,llw8i^—  ^  MMMDg-yottiig,  c.  20,  8,  Cho«»Ung.  I,    2;  «bliiifllalM»  h 

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^  W.  — '  *)  T<iiOBiig-roaiig,  e.  IS,  S.  —  •)  BoMkna»,  Bytim  d.  Wliwul. 
a  590.  —  *)  M«Mg-(Nit  n»  S,  47. 4S.  —  ToliMiig-yowVt  ^  4.  ^  Ute. 
d.  Chin.  Xn,  p.  121.  —  >«)  Ebend.  p.  1S5.  —  ")  Meng-tse,  H,  7,  84.  —  ")  Ebend. 
I,  1,  36.  —  ")  De  MaiUa,  bist.  H,  p.  27.  Chou-king,  p.  260.  —      Mt'm.  4. 

Chin.  xn,  p.  128.  —      De  Mailla,  bist.  VI,  p.  50.  —  ")  Meng-teeu,  U,  2.  50.  - 
Tchoung.young,  c.  14,  3.  —       Meng-tseu,  II.     47;  II,  1.  54.  —  ")  TcboODg- 
oajrvg,  c  10.  —      De  I,  p.  12a.  —      Ebend,  V,  p.  106. 

§  46. 

Der  Chinese  Ist  als  freie  PeffSdnfichkeH  nichts,  ist  sUes, 
was  er  ist,  schlechterdings  nnr  als  ein  in  das  Ganse  streng  da- 

gefBgter  Theil;  jeder  Chinese  ist  nur  an  dieser  seiner  Stelle, 
^voliiü  ihn  einmal  der  ordnnngsmfissige  Lauf  des  Himmels  ge- 
stellt, von  Werth- und  (icltunn^;  er  ist  mit  seiiier  socialen  uud 
geschichtlichenLage  vollständig  verwachsen  undlässt  sich  daraus 
nicht  lösen.  Der  wahrhaft  freie  und  persönliche  Mensch  bleibt 
in  allen  Lagen  des  Lebens  bei  sich  selbst,  ist  nicht  ein  Solare 
der  Yerhfiltaisse ,  sondern  herrscht  über  sie«  Der  Chinese  aber 
ist  nur  ein  Theilwesen  eines  gansen  Organismns,  ist  nichts  an 
sich,  sondern  nnr  an  einem  Andern;  er  ^vnrzelt  wie  einePflanK 
in  dem  Boden  seiner  äusseren  Stellung,  und  einmal  ans  diesem 
herausgerissen .  verdorrt  er  sofort .  denn  er  hat  sein  eigeiit- 
liches  Leben  nicht  in  sich,  sondern  ausser  sich,  eben  weil  er 
noch  nicht  wahrhaft  geistige  Persönlichlceit  ist.  Der  Chinese, 
so  beharrlich,  besonnen  und  umsichtig  er  im  gewöhnliehea 
Leben  anch  ist,  verliert  alle  Haitang,  sobald  ihm  in  seiner  ge- 
schlchtlicben  Stelhing  der  Boden  unter  den  Füssen  weggerissen 
wird;  wenn  der  Staatsmann  die  Ordnung  des  Staats  ans  denFa- 
gf  II  gehen  oder  der  Bürger  seine  bürgerlichen  Verhältnisse  zer- 
rüttet sieht,  so  verliert  der  Chinese  den  Kopf  und  das  Herz,  er 
gilt  sich  selbst  nichts  mehr,  er  stürzt  mit  seiner  Stellung  zugleich 
ins  Verderben.  Der  sonst  so  nüchterne,  alle  Überspanntheit 
hassende  Chinese  schreitet  sofort  zum  Selbstmord,  wenn  er 
das  sociale  Gebäude,  in  welchem  er  wolmt,  wanken  sieht;  die- 
ses  Geb&nde  ist  ftr  ihn  eigentlich  das  Gehäuse,  mit  dem  er  wie 
eine  Sehneeke  wiii^h  Yerwachsen  ist,  und  dessen  Verlust  er 
Im»  wenig  wie  diese  überleben  kann.  In  Zeiten  gesclrielitlieher 
Erschütterung  ist  der  Selbstmord  an  der  Tagesordnunc:  Der 
wahrhaft  persönliche IVlenseli  liei  den  activen Völkern  steht  über 
seinem  Schicksal  ,  und  die  höchste  Cefahr  ruft  ihn  zur  knhnsten 
That;  der  Chinese,  den  passiven  Völkern  angehörend,  geht  in 
sem  Schicksal  anf,  und  die  Gefahr  drückt  seine  Seele  susammen, 
sehligt  aUen  Thatenmuth  nieder.  Der  Selbstmord  erseheial  in 


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solchen  lallen  dem  ChiDesen  nicht  als  ein  Unrecht,  nicht  als 
Feigheit,  sondern  als  eine  Tagendi  and  wird  von  der  Geschichte 
gerühmt. 

Der  letzte  Kaiser  der  Hau- Dynastie  im  drttteo  Jahrhundert  Dach 
Chr.  tudCete  in  derBedrängniss  sich  seihst  Als  die  Mongolen  unter 
Taehmgis-klMn  das  Bsiek  hedräagten,  tOdlstos  sieh  Tanseade  der 
togeMhostea  CMnesea  durch  Gift  oder  Erträakeo;  Aaftthrer  Hessen 
sich  voo  Ihres  Dteoern  den  Kopf  abschlagen  elc.,*)  und  aoletat 
stürzten  »ich  der  Kaiser  and  seine  Minister  selbst  in  die  See.«)  — 
Am  h  mtiij^ten,  auch  iiei  Fürsten,  geschieht  der  Selbstmord  durch 
Erhänge;  so  erhing  sich  auch  hei  ciem  Eindringen  der  Mantnchu 
der  Kaiser.^)  Soiche  Thaten  werden  hoch  gefeiert.  iNicht  selten 
tödten  sich  boshafte  Frauen  durch  Opinm  oder  durch  £rtrSnken» 
w«tt  dann  Ihre  Männer  dal&r  anr  VerantirorCnng  gesogen  werden.*) 

>)  Gütslaff,  Oesoii.  d.  cbia.  B*  &  144.  «)  Sbead.  a  S5t.  Ml  »  65.  8S7. 
in.-llmPioio,  n.Sft.  — «)X>*liia>»>  X>  P-  4M. ^  •>  Oeidiff ,  !■  Br. B;, 
11158»  1. 

S  47. 
Die  Fanlli«. 

Der  Mitteli^imi^t  des  sittlichen  Lebens»  wo  sich  alle  Strah- 
Ica  der  Liebe  vereinigeB,  ist  bei  den  Chinesen  die  Familie  i  und 
hl  gamea  Heideathwn  t  —  die  Deatsohen  aasgeBoamieB»  hat 
4n  Familiettleben  Bie  wieder  eine  so  hohe  Bedentimg  emmgen 
ab  bei  denChinaseB.  Familienltebe  Ist  die  htehste,  nnd  Familie»* 
glück  mit  keinem  andcrii  zu  vergleichen  Die  Familie,  von Fo-hi 
begründet  und  geordnet,  ist  das  innerste  Heiligthiini  des  chioesi- 
M;heu  Lebens;  in  ihr  offenbart  sich  unmittelbar  das  Gotteslebeii. 
Wiederholt  sich  in  den  Gatten  nicht  der  ürgegensatz  der  zeugen- 
des  Kraft  und  des  empfangendenfitois»  des  Himmels  und  der  £r* 
de?s)mdalnd  dieKhideniiehtebensodasEmBgnifla  des£uiawer' 
deosder  beiden  Geschlechtar»  wie  die  Creatoren  das  Erzeugnisa 
kB  Eiaswerdens  der  Utkraft  und  des  Urstoffs  sindf  Die  Familie 

• 

istder  volle.  uii*j:es(  hvv ächte  W  iedcrstrahi  des  göttlichcii Lebens, 
»e  trägt  das  Mysterium  der  Weltentstehniig  in  ihrem  Schoosse; 
io  ihr  setzt  sich  das  guuiiche  t  rieben  weiter  fort,  und  das  Fa- 
oiihenleben  ist  an  sich  ein  Leben  in  Gott,  ist  ein  lebendiger 
GottesdteM.  Wenn  irgendwo,  so  ist- bei  den  Chinesen  die  Ehe 
m  SaeraaieBt^-— Alle  aaderoLlebe  aassTorder  FanHlienliebe 
nrtdiBalaheB;  and  dIeLehrey  dasswir  alleMenaalien^eioha^r 
Beben  missten,  wird  als  Ketaerei  erfclftrt.»)  Der  Brader  geht 
ober  den  Freund,  und  der  \  aler  iiber  alle  andern  Meuäclieu;^) 


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 134 

iiml  eines  Kaisers  erste  Pflicht  ist  die  gegen  seine  Eltern  und 
Biutsverwaiidien,  und  die  zweite  erst  die  Pflicht  gegen  tieiiiVolk.  ) 

Die  Liebe  zu  den  Verwandten  bat  natürlich  verschiedeue 
Grade;  am  hdchsten  steht  die  Liebe  zu  den  Eltern;  Gattin  und 
Kinder  stehen  erst  in  zweiter  Reihe»  dami  folgen  cNe  Alteten 
Bröder  und  zoletst  die  übrigen  Verwandten.«) 

Chl-king,  II,  1,  4.  —  *)  Koog-tM  in  Män.  d.  Ch.  JCa,  p.  98S.  »1;  HI^In, 
ZT,  IS,  im  Tk.  n,  SM.  ^  Itoe-tira,  II,  5,  S;  0,  7,  S8.  ^  Blynd.  n,  7, 
la  —  *)  Bbend.  II,  8,  Tchoiiiig*joiiim,    ^  ^»  Hsng-tM,  1, 1, 47, 

$46. 

Das  Weib  hat  in  China  eine  viel  höhere  Stellung  als  bei 
den  früheren  Völkern.    Die  Milde  der  Gesmnmig,  die  AnlfiM- 
song  des  Lehens  als  eines  innig  in  sich  nosammeahingeiidss  rnd 
In  allem  seinen  Theilea  vernünftigen  und  hereehtigten  wdst  aacli 
dem  welbllohen  Geschlecht  eine  berechtigte  Stelhmg  in  der 
menschliehen  Gesellschaft  an.  Das  Weib  ist  nicht  mehr  Sclavin, 
nicht  mein  v\i\  Gcgenstaiid  der  Willkür,  denn  die  Willkur  ist  das 
schlechthin  l  nvenirmrti«?p,  und  ist  in  China  an  sich  ein  Unreclit; 
in  die  friedliche  und  glückliche  Harmonie  des  Alls  muss  auch 
das  Weib  eingefügt  sein.   Von  der  hohen  und  heiligen  Beden- 
tnng  der  Familie  aber  empfängt  auch  das  Weib  eine  vwl  höhere 
Stellmig;  sie  ist  ebensogut  ein  Wiederstrahl  des  gOttttob«!  Ur> 
lelieiis  wie  der  Mann,  wenn  aäch  der  Mann  als  das  Bild  der 
actiTen  Seite  des  Urseins  eine  Oberordming  b^umptei  Freilich 
iHi  noch  keine  solcJic  Anerkennung  der  Weiblichkeit,  wie  sie  im 
christlichen  Bewusstsein  gilt,  hierzu  suchen,  freilich  hat  nach 
unseren  Begriffen  das  Weib  immer  noch  eine  sehr  niedrige  Stel- 
lung, aber  in  der  vorchristlichen  Zeit  ragt  das  chinesische  Volk 
in  der  Geltung  des  Weibes  hervor.    Einzelne  Frauen  werden 
schon  im  hddisten  Alterthum  als  WohhhAterinnen  des  Volkes 
nnd  als  Tngend-ideale  hoch  gefeiert,  Franen  erhalten  Eiuren- 
bogen  fOr  grosse  Verdienste,  nnd  den  Müttern  gebülirt  gleiche 
Ehrfurcht  wie  den  Vätern.    Dass  die  Frauen  dem  Manne  un- 
weigerlichen Gehorsam  schuldig  sind,  ist  natürlicli  keine  Er- 
niedrigung des  Weibes,  sondern  versteht  sich  bei  der  chinesi- 
schen Welt  «Anschauung,  die  keine  Freiheit  kennt,  von  selbst. 
Frauen  werden  in  der  Geschichte  oft  rühmend  erwilmt;  die 
OsttiD  des  dfittee  Kaisers  begfündete  die  SeidesBudit,  nnd  die 
jedesnisiige  Kaiserio  ist  deren  Besehütaerin;  i)  selbst  ia  dnr  Litte- 
tatuf  treteo  Frauen  auf,  und  aueh  die  eldnesiacbe  desdddite  ist 
▼Ml  einer  Frau  bearbeitet  worden.  ^)    Frauentreue  wird  durch  den 


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135 


Staat  belohnt;  ein  Bogen  au^i  uei^^em  Marmor  ehrte  das  Andenken 
dreier  Schwestern,  die  ihre  Verlobten  verloren  hatten  nnd  bis  zu 
ihrem  Tode  keusch  und  ebelos  blieben;  auch  treuen  Wittweo  siad 
EhreDhogen  errichtet  worden.^)  Die  Fmti  erhält  ihr  Grab  iauner 
■eb«D  dem  des  Mmee.«)  FiMen  diirfee  ekkt  gefaBgen  geeeikt 
werden,  aoMer  M  gieiieo  Verbrechee  mid  bei  Bbebrudi. 

Die  geringere  OeUmg  de»  Weibee- tritt  aber  docb  eodrerseit» 
aach  stark  hervor.    Die  ganze  Krxiehung  der  Mädchen  tritt  hinter 
der  der  Knaben  sehr  zurück,  „denn  nas  kann  ein  Weib  Bedeuten- 
des l^^isfcnv  ^Vie  der  Wein  bereitet  und  bewahrt,  dicSpeise  i^ekocht 
wird,  dafür  mag  sie  sorgen;  ein  Mädchen  muss  vor  allem  darauf 
achten,  den  Eltern  nicht  lästig  zu  werdeo/*^)    Der  neugebome 
iMbe  wM  eotgWIg  Im  die  beetee  Tücher  geballt,  da»  Midebee 
Mria  Lunpeoi*)  dae  Mldcbee  nniae  Mit  Sdberbeo  epielea,  wo  der 
iMbe  Mit  Bdeieteieee  tiedelt,  «ad  wemi  ebi  Vater  eaeh  der  Zahl 
tdaer  Kinder  gefragt  wird,  eo  slMt  er  bless  die  8Shne. Die  MM' 
-    lAcii,  selbst  die  vornehmen,  werden  seite«  uotei richtet,  sehr  selten 
Jcüoneij  Frau  er)  ii^ut  schreiben  oder  lesen.  Im  Hausstand  müssen  die 
Fraoen  die  niedrigeren  Geschäfte  verrichten,  und  dürfen  selten  ausge- 
Imo;  das  Haus  ist  iiirGefi&agniss.s)  Kong-tse, welcher  von  den  Fraeen 
itaet  Brit  Tieler  Aebteng  eprkdit,  sagt:  „die  Fraa  lat  dem  Maooe  in 
iNn  ganaea  Daeehi  «aterworfea;  wene  er  atlrbt«  wird  ale  danua 
Mch  nlcbt  Ibra  eigae  Herriai  ala  Tochter  ateirt  afe  aater  deai  Befehl 
Hier  BHem  oder.  In  deren  Knaaogeiang,  Ihrer  iHeree  Brider;  als 
Wittwe  steht  sie  unter  der  Aufsicht  ihres  ältesten  Solines,  und 
dieser,  mit  aller  Liebe  und  Achtung  sie  behandelTiri ,  sr»]l  alle  Ge- 
fahren von  ihr  entfernen,  denen  die  iScbwäche  ihres  Geschleehtea 
sie  anaaetaen  könnte/'*) 

')  De  Maüla,  hist.  I,     14.  —  ^Ebwid.  I,  pref.  p.  XVHL  —  ')  Braam,  BdM, 
I,  M.  —  «)  Chi-kfaig,  I,  10,  1 1;  n.  p.  261.  —  •)  Ebend,  H.  4,  5.  —  •)  BitiKl.  H,  4, 6< 
-OGfltelaff.  im  £v.  Ii.  BoM,  la^  M#.  S.     *)  fibead.  —  BnMm,  «tc  I,  &  M8 
M£m.  d.  Caun.  Xn, p. 281. 

Der  Mittelpunkt  des  Famillenlebeas ,  die  Ehe.  hat  einen 
hohen,  fast  rnysterUtseii  Charakter;  das  göttliclie  Naturleben 
wiederspiegelndragt  die  Ehe  selbst  über  das  Gebiet  des  Sittlichen 
i&  daa  Tkt#iog]6che  und  Kosmologiache  Linein.  Das  koamiaehe 
oBd  sacraiBeiitale  Weaen  der  Ehe  macbt  dieaelbe  zu  einer  sHt- 
Uta  Pfllelit,  der  kein  Tvgendbafter  alob  entsl^heB  darf.  In 
^  Panilie  «oaeeDttirt  aM  alle  SIttilehkeit»  und  ebelea  blelbeii 
Mist  die  Familie  zerataren.  DerEbelese  bricht  die  forllAifeade 
Kette  der  Familie  ab«  er  ist  der  Mörder  seines  Gescliiechtes; 


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13« 


und  da  es  die  bitillgale  PflidU  der  CbinaMDi  iet,  die  jUnen  sa 

ehren,  flurch  Spenden  sie  an  «rfreiie«,  und  sie  dedopcli  mit  der 

Gegenwart  zu  verkmipleii  uud  ihre  EiiiiMcruiig  bleibend  zu 
machen;  so  frevelt  (kr  Ehclose  ait  der  Kiiulespflicht  gegen  die 
Eltern,  er  raubt  ihiieii  das  Glück  zahlreicher  NachkonimenschaA, 
raubt  ihnen  die  Erinnerung  und  Vereiuiing,  und  lä&st  ihre  Ver« 
•  biodong  mit  dem  lebenden  Menschengeschiedlt  verdorren :  ^)  jaes 
aekeint  buweüen  fliaty  ala  ob  daa  Fortlebaii  nach  dem  Tode  Ten 
dieaer  Ebriwg  darcb  die  Naebkeinmen  abbiagig  gemaebt  werde. 
Niebt  daa  CöUbat,  sondern  die  Ebe  iat  der  ToUkomaMnale 
Zuötaud  des  Menschen,  und  die  Ehe  ist  eine  so  heilige  Pllicht, 
dass  hier  der  einzige  Fall  ist,  wo  ein  Sohn  den  Eltern  den 
Gehorsam  versagen  darf,  und  selbst  ^e^en  den  Willen  der 
Eltern  eine  Ehe  einaagehen  nicht  nur  berechtigt ,  sondern  sogar 
Yerpflicbteiiat.2)  Die  Ehe  ist,  sagt  Kong-tse,  j^der  wahre  Stand 
dea  Liannas »  weil  er  dareb  aie  seine  Bealbaaiwg  aaf  £rdea 
erfiULt;  niebta  isl  daran  ebrwfirdiger»  afoltts  was  ibn  einater 
beacbällägen  aoU/^«)  Wer  nur  itigend  Icann,  ninunl  ein  Weib, 
und  sollte  er  den  letzten  Heller  darauf  verwenden;  man  heirathet 
daher  auch  gewöhnlich  sehr  jung,  der  Mann  meist  mit  20  Jahren; 
Chinas  ungeheure  Bevölkerung  ruht  auf  diesem  Grunde.  Nach 
gesetzlichen  Bestimmungen,  die  weit  über  Kong-tse  hinaus- 
reichen»  darf  der  l^ann  mit  20,  das  M&dchen  mit  15  Jalirea 
beiratbeai  der  Mann  aoli  aber  die  Yerbeiralbang  niebt  äber 
daa  dreiasigate»  daa  MAdeben  niebt  über  daa  zwanaigsle  Jahr 
▼ersOfern.*) 

Die  Schliessung  der  Ehe  geschieht  anter  Formen ,  welche 
den  hohen  Ernst  der  Saehe  durch  die  Feierlichkeit  der  Ge- 
bräuche uud  durch  die  Vorsicht  der  vorangehenden  Prüfung 
ausdrücken;  da  die  Ehe  nicht  bloss  die  betrefieuden  Gatten, 
sondern  die  ganze  Familie  angeht,  so  ist  die  Einwilligung  der 
Eltern  oder  nächsten  Verwandten  in  der  Regel  erforderlieb.*) 
Die  Verwandtsebaflsgrade  werden  streng  beaebtet,  and  die  Ebe 
awiaebea  neben  Verwandlea  iat  yeibolan.  Eine  priealeiiiebe 
Einsegnung  giebt  ea  niebt,  weil  es  keine  Priester  giebt.  Die 
Vielweiberei  ist  erlaubt,  selbst  bei  den  als  sittliche  Ideale 
geltenden  Kaisern  vorhanden,  ist  aber  nicht  gewöhnlich  und 
wird  nicht  gelobt;  schon  die  allgemeine  Sitte,  sich  jung  zu  ver- 
mählen ,  und  die  Verachtung  der  Ehelosigkeit  machen  ^neg^ös* 
aere  Verbreitung  der  Vielweiberei  niebl  mögUebi  and  wo  Jaeb- 
rare  Fraaen  amd^  ersebeuit  die  elae  ala  die  jeebfm>saige,  aad 
die  andemnor  ala  Plebenfiraaen. 


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Die  Verlobaogeo  werden  Dach  uralten  Gesetzen  dorch  Brüut- 
weriierinrieti,  meist  alte  Frauen,  eingeleitet,  welche  das  bean- 
spruchte MSdchcn  kciitjert  zu  lernen  und  die  Bedingungen  und  die 
ErUuhoisa  der  Eltern  eiozuholen  habev.^)    Besonders  erkundigen 
äe  «cb  nach  den  Sitten  des  Mädchens,  nach  der  Kleinheit  yuer 
FfliM,  —  «itt  SeWi  derMlheo  wird  deo  Kltero  de«  BriatigaiM  ge- 
Migl,     md  «ach  dem  Brantprei«.  £•  muBB  nialich  flir  die  Braut 
dee  Ettere  ela  aeeb  dem  Range  mid  dem  WobUrfaiMl  dersetbee  irer^ 
scUedeoer  Preis  gezahlt  werden«  denn  die  Eltern  haben  dasMädchen 
erzogen;  die  Summe  steigt  von  10  bi.s  3000  Thaler  unsers  Gelder; 
wüiilhahende  Eltern  statten  datüi  alK  i  aucl»  (lir  Braut  reirhlich  ans. 
Die  Astrologen  werden  über  die  Zukualt  der  Ehe  und  über  den  zur 
Hochzeit  günstigen  Tag  befragt.    Vor  der  Schliessung  der  Ehe 
dlrfen  die  Verlobteo  einander  nicht  eeheii,  und  die  Ehe  wird 
gBideaa  radrgingjg  gemach^  wenn  derBrintlgain  «eine  Braut  mher 
idbo  gesehen  hat,  und  dieser  nmm  dann  die  Hilde  des  Kanipreiaee 
«legen.  Die  HochieH  ist  rneiat  pmekeiid.  IHe  Braut  wird  in  einem 
Tragsessel  nacii  dem  iläut»e  des  jUrautigaaii»  gebracht,  und  dort  vor 
der  Thür  von  ihm  empfangen.   Wenn  ihm  die  Braut  hei  dem  ersten 
AobÜck  nicht  gelallt,  so  darf  er  sie  zurüciLschlcIceu ;  sobald  sie  aber 
«i«Dal  die  Schwelle  überschritten,  i«t  sie  seine  Gattin.    Sie  tritt 
Ma  la  die  Halle  der  Ahnen ,  kniet  vor  deren  Bildern  oder  Naaien- 
talUa  an  der  Seite  Ihren  Brintigama  nieder,  und  trinkt  dann  vit 
louelbeD  ana  deraelben  Sehaale.  Damit  Int  die  Ehe  geachioaMn; 
fhe  Einsegnung  findet  nicht  statt,  bisweHee  nnr  eine  Baenung  und 
Aa>;treibung  der  bösen  Geister  aus  ileai  Hau.se.    rSach  alteren  Sit- 
ten lebte  die  Braut  mit  dem  I^fanne  drei  Monate  zusammen,  ehe 
die  Hochzeit  geleiert  wurde;  aber  sie  schliefen  getrennt,  fasteten 
dann  beide  kurs  vor  der  Hochzeit  und  erflehten  die  Hilfe  des 
Ifinaiel«« '0  —  Einige  Zeit  nach  der  Hoebseit  veraammehi  sich 
aOe  Nadiharinnen  und  Freuadionen  bei  der  jungen  Frau,  geben 
ib  guten  Rath  oder  tadeb  sie,  und  sie  muaa  allea  rali% 
«fadren  und  Terefweehen  sich  zu  bessern.  •)    Aueh  kehrt  die 
jange  Gattin   bald  daraul  »iedet    in   da.«    väterliche    Haus  zu* 
rück  und  bleibt  dort  einige  Zeit  von  ihrem  Gatten  getrennt.^) 
Jetzt,   bei  gesunkener  Sittlichkeit,  wird  wohl  auch  mit  Mäd- 
cbeo  Handel  getrieben;  schone  Mädchen  werden  jung  gekauft, 
■Bogen  and  nachher  verkauft»  die  schBnsten  gelten  400  bis 
7iOLeuMor.M) 

Die  veriMeueu  Verwandtschaftsgrade  erstrecken  sich  sehr  weit; 
Fe- hl  theHte  das  Volk  in  hundert  GeschlecMer,  von  denen  jedes 
tineo  gemeiiitiameu  iNameo  erhielt;  Niemand  durfte  irtdl  BNi  nit 


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138 

etnr  tii  IMädchen  von  dem  gleichnamigen  Geschlecht  verehelichen; 
jedoch  ist  ein  Concnhinat  in  solchen  FSHen  gestattet. 

Die  Vieliveiberei  hat  rlie  Beispiele  hochgepriesener  Männer  für 
eUch,  Kaiser  Yao  gab  seinem  Nachfolger  Schun  zn-ei  seiner  T5ch- 
ter  xogleleh  zu  FniMMi.  0er  dritte  Kaiser,  Hoang-ti  hatte  vier 
Fraaea,  von  denen  aber  mtr  die  ernte  die  W6rde  der  Kaiserin 
h«tte;U)  in  vielen  fthnlidien  F&llen  wird  die  cnigentildie  GalÜB, 
welche  die  Wtirde  des  Gatten  tlieilt,  von  den  Nebenwelbem  unter- 
schieden. Reiche  nehmen  auch  jetzt  sehr  oft  melirere  Frauen; 
iMaiiMcr,  welche  ihren  Auteiithalt  häufig  wechseln,  haben  oft  an  rcr- 
8(  liie(1(uir'ri  Ort*  ii  /.iiiileich  Franen.  Die  Beischläferinnen  hahen 
nicht  gleiches  Hecht  mit  der  rechtmässigen  Frau  und  ihre  Kinder 
erst  hinter  den  Kindern  der  ersteren  ein  Erbrecht,  i^)  In  derBlüthe- 
aelt  des  Reiches  steigerte  sieh  die  Vielweiberei  der  Kaiser.  Nach 
dem  Ll-kS  hat  der  Kaiser  das  Recht«  neben  der  e^entlicben  Kai* 
serin  noch  130  Frauen  zu  halten,  ron  denen  drei  einen  höheren 
Rang  haben.  i>)  £in  Kaiser  hu  zweHen  Jahthundert  naeh  Ghr.  hatte 
1000  Weiber  in  seinem  Pallast; wahrscheinlich  entstanden  aus 
diesen  Haicms  auch  die  etwas  später  <  ^\^  ithnten  berittenen  Leib- 
garden von  tatarischen  Weihern,  ganze  Kegimenter  bildend.*^) 
Kaiser  Jang-ti  um  600  nach  €hr.  hatte  2000  Frauen,  und  1000  rei- 
tende Weiber  begleiteten  ihn  als  Leibgarde jedoch  wird  diese 
Weiherwirthschaft  keineswegs  geloht,  nnd  einer  seiner  Kachiftlger 
schldtte  alle  diese  Weiber  fort  und  nahm  nur  eine  einslge  Frav,  die 
als  ein  Muster  von  eheKeher  Treoe  und  weiblicher  Tilgend  gaptfe- 
sen  wird.  «>) 

•)  Chi-kingr,  I.  1,  5;  Mcnj^-ttvcu.  II,  1,  63.  67.  —  «)  Mcng-teeu,  II,  3,  6.  — 
•)  Mem.  d.  Chin.  XII,  p.  280.  —  Ebend.  p.  279.  —  *)  Mcn^-tsen,  T,  6,  10;  D, 
3,  Chi-king,  p.  227.  —  •)  Chi-kmg,  1,  15,  5,  u.  p.  227.  —  ')  Ciu-kii^j,  p.  ÄSi; 
Qfttdttff,  die  IfiMion  in  Chm»;  6.  Vortrag  (Berlin,  1850)  S.  12;  dm  iokSr.  B. 
Bot«,  18SZ,  No.  9.  —  *)  B.  Bote, «.  a.  O.  —  *)  Chi-king,  Ml.  *•)  Bmhb, 
Beise.  n,  102.—  ti)  d«  Maills,  bist  I,  ^  6;  Li.ki  im  Chi-king,  p.  228.  -  *>)  Meng- 
l00n»  n»  S,  3.  4;  Chon-king,  p,  9;  Nennuuiii,  bei  lOgeii,  a.  s.  B.  15.—  De  MdlU, 
Irirt.  I, 28;  ^1. 86.—  <«)  Oftlslsf,  Br,  K  B.  ISftf,  >•)  Meo^M,!!» «, 

26;Biot,  im  Jonm.  Af.  IH  ser.  t.  ID.  p.  MS.  <^  «•>  Oe  MlHttls  UM»  TI,  p.  40. — 
«')  Gatslaff,  Gt^ch.  d.  Chin.  Reichs,  S.  128.  ~  ««)  Ebead.  &  IM.  —  * *)  Xh«Bd. 
&  210.  223.  —  *o)  Ebend.  S.  228;  de  Meille,  biet.  VI,  p.  41. 

IHe  iiauin  ]st  dem  Manne  J^einesweges  gleicbgofttellt,  son- 
dem  ihm  zum  uiibedingten  Gehorsam  verpflichtet;  der  Mann  ist 
des  Weibes  Herr.  i)  Die  eheliche  Treue  der  Frauen  wird  hoeh- 
geehrt,  »eibat  in  hesondereu  FftUen  darch  lüireiibogai,^)  — 
inmcff  aher  tmi  der  JkUbuier  gioMes  EtfertMfct  Wmdit  Die 


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139 


Wieden  crheirathung  der  Wittwen  ist  zwar  erlaubt,  3)  aber  rühm- 
voii  ist  es»  weiin  Wittwen  oder  verlobte  Brftute  auch  dem 
gestorbenen  Gatten  oder  Bräutigam  Treue  halten,  und  nicht 
wieder  sich  verehelichen;"^)  Ehrenbogen  auch  für  solche  Treue 
bdn  rieb  Yor.  Zur  Zeil  des  Kong-tse  erlaubte  sdion  die  Sitte 
Mt  mehr  eine  tweite  Verheirathiiiig  der  Wittwen;  tKese 
Mmtcn  sidi  vielniehr  gttns  Ton  der  Weh  sarttektleheii  und  in 
Ünem  Hause  Tersehlossen  leben ,  nmkelBe  dmussen  ▼orgeKeiiden 
I'in^e  sich  kömmeriid;  ihr  Schlnfgemach  sollte  in  dei  PNacht  er- 
iettchtet  sein;  kong-futse  billigt  diese  Sitte  ganz  und  gar. ^) 

Es  waltet  bei  der  Ehe  der  Ctiarakter  eines  Vertrages  vor; 
eine  unTerbrüchliche  Geltung  hat  sie  noch  nicht;  die  Ehe- 
Scheidung  ist  des  Mannes  und  unter  Umständen  auch  dea 
Weibes  Recht,  doch  wird  die  ßheacheidaiig  Ton  Seiten  der  Frau 
Ii  der  ältem  Zeit  ala  Unrecht  betrachtet«)  Der  Ehebruch  ist 
dndi  die  Geaetie  mit  harter  Strafe  belegt. 

Die  Eifersnebt  der  MUrmer  erachebit  oft  seHKam  genug.  Im 
Vertraf^e  vou  rsertschinsk  in  neue^iter  Zeit  >vur*le  festt;esetzt,  dass  in 
dem  Hand*»l.sort  ÄlaiiiKitschiii  an  iler  nissischen  Grenze  und  in  einem 
Uutkrei&e  vou  60  Wersten  keine  Frau  sich  aufhalten  dürfe.'')  Die 
Fmaeawerdea  in  China  streng  im  Hause  gehalten  und  dtrfen  mitfreni' 
^MlDDeto  nicht  spreebeo.  Nach  eiaer  alten  Weissagung  wird  daa 
iMe  HemchefgescUeeht  ualergehen,  weau  die  Frauea  steh  affcal* 
Sek  anf  der  Stfaase  sehen  hwsen  werden; •)  aad  in  dem  Berfehte 
dwLribarates  dea  Kaisers  Tae-kuaog  [1B37]  aber  deo  Einflnss  des 
Ophnns  heisst  es:  ,Jch  habe  mich  überzeu!^,  dass  das  Opium  nicht 
bloss  ein  t-idtliches  (Üft  ist.  sondern  ila^s  durch  den  Genusfe»  des- 
selben eine  «olche  Sittenvei<lerbniss  herhelgetührt  worden  ist.  dass 
Fraueo  shae  jScham  im  Vorderhauae  vor  Aller  Augeo  mit  ihren 
Mannern  sprechen  und  Opium  mit  ihnen  rauchen.  ^) 

Die  Treue  der  Frauen  steigert  sieh  in  eiaselaea  Fillea  selbst 
Ks  iam  Selbstmord.  Einem  Kaiser  des  aeuaten  Jahrhunderts  nach 
Chr.  eiUSrte  seiBe  BeiseUSferia,  sie  werde  ihm  is  des  Tod  fidgeo; 
er  reichte  flv  mßn  Sehaupfhieb;  usd  kaum  hatte  er  die  Augeii  ge- 
schlossen, so  erhing  sie  sich:  sie  i^  iirde  /um  Lohn  für  solche  Treue 
nach  ihrem  Tode  in  den  För8tenran«4  ri  hohen. 

Die  Entlassung  der  Frau  soll  nach  Konu-tse  nicht  nach  Willkür 
gegefaehen,  sondern  ist  nur  in  folgenden  Fällea  erlaubt:  wenn  sie 
«cb  nidit  nnt  ihren  Schwiegereltern  vertragen  kann,  wenn  sie 
■niriditbaf  ist,  wean  sie  unkensch  oder  m  begründetem  Veriaebt 
der  Gutreae,  wenn  aie  durch  Verlenmdnng  sder  Ausphmdem  den 
fiodienftieden  eüift,  wenn  sie  ehma  widerwirtigen  FeUa»  hat. 


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IM 


w^enn  sie  anverboBfletttdi  geteliwitelf  ist  und  wew  «le  im  HaaM 

etwas  veruntreut.  Der  Mann  darf  sie  aber  in  diesen  Fällen  dennuth 
nicht  entlassen ,  wenn  sie  keine  Eltern  mehr  hat  und  nicht  weijUi, 
wo^io»  oder  wahrend  der  dreijährigen  Trauer  der  Frau  um  Schwie- 
gervater oder  Schwiegermutter ,  oder  wenn  der  bei  der  Verehe- 
ttcbnag  arme  Manu  w&hread  der  Ehe  reich  geworden  ist.  ^^<Mh 
die  Neheofraaea  dfirfep  nicht  ohae  geaflgendea  Grand  onthwaea 
werden.  —  Die  Fran  darf  ihferaeila  den  Mann  Terlaaaea«  wean  dct 
Mann  sie  grausam  behandelt  oder  jahrelani^  abwesend ;S«t^*) 

»)  Meng-tseu,  1,  5,  30;  I,  6,  5.  Mem.  d.  Cliiii.  XII,  p.  280.  —  ■)  Braam, 
Reiße.  1,  S.  88.  —  »)  Y-lung,  ü,  p.  109.  —  *)  Chi-king,  I,  4,  1 ;  u.  p.  ia9.  — 
d.  ChiB.  Xn,  p.  aai.  —  *)  Chi-king,  1^4,  3.  —     Monliiclie  Bio»,  1846, 
19  *)  Bot^w,  Gesch.  der  Brttdenchaft  de«  Himmele  n.  der  Erdea,  lesi 

a?.—  •) l%end.  &  7.  —  <*)I>eMiull»,ldBt.  YLp.  494.—  «OM^d.Cbin.Xn, 
p.  MS.  ~      Ottolaff,  bn'Br.  B.  B.  18fr9,2fa  8. 

§  51. 

Bei  der  hohen  Bedenimg  and  dtf  Allgemeinheit  der  Ehe  Ist 
die  Keuschheit  der  Chineaen  wfihrend  der  BlfldieBeH  des 

Volkes  unserer  Anerkennung  würdig.  Die  Lieder  des  Schi- 
king athmen  oft  eine  sehr  zarte  und  keusche  Gesinnung.  Die 
Gesetzgebung  schützt  wenigstens  die  üÜentliche  Sittlichkeit. 
In  der  Zeil  des  sinkenden  Volksgeistes  nUlt  freilich  auch  die 
geaehlechillche  Sittlichkeit  tief,  und  schon  Marco  Polo's  Schil- 
demngen  geben  ein  dtiateres  Bild  der  hemehenden  Umritt» 
üchkeit}  die  Gegenwart  ateht  hinter  den  ZnatSnden  nnaam 
GroaaatAdte  nicht  murilek;!)  die  Dirnen  sind  meist  SdttvinnsD 
uud  verdienen  für  ihren  Herrn. 

Kong-tse  verlangte  als  eine  der  wichtigsten  Regiertings- Maass- 
regelu,  dass  jedea  uneheliche  Zusammenleben  schlechterding-s  ver- 
boten werde. 2)  Nach  deu  Gesetzen  wird  Entführung  eines  i\läd- 
elMaa  mit  100  Hieben,  Verführung  eiaes  Mädcfaena  onter  12  Jahren 
ndt  Eidroaaeinng  heatraft;  ein  Mann,  der  seiner  Frau  den  Ehebracb 
geatattet,  erhält  00  Hiebe,  und  eben  so  viel  ete  Mandatin,  wdeher 
liederliche  HSuaer  beancht  Die  WirUichheit  lat  frelBch  ander»  als 
das  Gesell.  Zur  Zeit,  als  Mareo  Polo  hi  €Mna  war,  standen  in 
Peking  25,000  Buhhlimen  unter  polizeiliche  Aulsicht;  sie  waren 
verpflichtet,  sich  7.nv  \  crdiLruriir  dor  Re«ieiuni;  zu  .stellen:  fremde 
Gesandten  erhielteu  jede  iNacbt  eine  der^^eiben.  Sic  waren  zum 
Theil  sehr  wohlhabend  und  reich  geadunflckt,  wohatert  in  KchCnen 
H&usern,  und  hielten  sich  Dienerinnen;  sie  waren  wohl  etfahrea  in 
baUetiaehea  Kesetea  „ae  daaa  Fremde,  welche  eia  Mal  ihre  Rebe 
gehwttal,  in  ehmn  Zaslaad  der  Beaanheraag  ▼eraetat»  aad  toq  ihaeo 


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üö  berückt  werden,  das«  sie  sich  aus  ihren  Fesseln  nicht  wieder 

losmacheil  können.*' 3) 

n  Gützlafif,  im  Ev.  R.  B.  18 j2.  No.  2.  —  ^)  Mem.  a.  Chin.  XII»  p.  Sdl,  — • 
')  Mwoo  folo,  II,  c  7»  S.  ^0;  U,  c  68,  p.  468.  (Bftrk.) 

Das  V«riiiltinMi  swueben  Eltern  und  Kindern  Ist  bei  den 
Chnesen  inniger  nie  sonst  im  gansen  Heidenttnm;  es  ist  das 
ktete  mid  reinste  Wiederbild  des  Verbältnisses  ewigen  dem 

Himmel  und  der  Creatur;  es  ist  niclit  liioss  ein  sittlit  lies,  sondern 
auch  ein  religiös-kosinisches  VerliaUniss.  Was  der  Himmel  f&rdie 
Welt  ist,  das  ist  der  Vater  für  seine  Kinder;  und  die  Ehrfurcht 
der  Kinder  gegen  den  Vater  steht  in  China  fast  auf  gleicher  Stufe 
mit  der  Verchning  des  Himmels,  ist  unbedingt  die  Inichste  und 
kdligste  aller  Pfliobten,  und  alle  übrigen  Togenden  fiiessen  aus 
kt  KMesliebe.  i)  Der  Vater  ist  im  eigenüiobsten  8inne  des 
Ifinnels  Vertreter  den  Kindern  gegenülwr.  Die  Liebe  der  Kin-  ^ 
4er  zu  den  £)tern  ist  die  erste  und  heiligste,  ist  hoher  als  die 
Liebe  zu  dem  Gatten,  höher  als  die  JLhrfnrcht  vor  dem  Kaiser; 
ja  seihst  die  I^diehten  dps  Kaisers  s;e2:en  sein  Volk  sind  derKlir- 
farcht  vor  seinem  Vater  untergeordnet,  selbst  wenn  dieser  v.in 
rochloser  ist;  des  Kaisers  Vater  ist  nicbt  dessen  Unterthan.^) 

Drei  Pflichten  bat  jeder  Sobn  gegen  seine  Eltern:  sie  zu 
nrteisttttnen,  wenn  sie  arm  sind»  sie  zn  warnen  nnd  nu  ermab- 
wenn  sie  Febler  haben ,  nnd  ilinen  Nacbkommen  za  enen- 
gea.^  Emftbmng  der  alt  gewordenen  Eltern  ist  die  bdehste 
Pflicht  jedes  Sohnes,  und  schwer  vcrsündi<it  sich ,  wer  durcli 
Versch\^  ciidung,  Spiel,  Trunk  o«ler  Zank  sein  Vermöa^en  oder 
sein  Leben  und  damit  auch  das  Wohl  seiner  Eltern  gelUhrdet.*») 
Undank  gegen  Vater  oder  Mutter  verfUiU  dem  aligemeinen  Ab« 
scheu;  und  der  Sohn  oder  die  Tochter,  welche  den  Vater  oder 
tfe  Matter  dareb  Worte  bescbimpft,  wird  auf  Anklage  der  Eltern 
erdrosselt  (ygl.  3.  Mos.  10»  9). Hobe  Kindesliebe  dagegen 
wird  nicbt  selten  mit  Ehrenbogen  belohnt. 

Die  gestorbenen  Eltern,  —  die  Mutter  eben  so  wie  der  Vater, 
—  niüssf  II  drei  Jahre  lansr  betrauert  werden,  und  ihre  feierliche 
Bestattung  ist  heilig:e  Klrifif  spfliclit:  wenn  beifle  Eltt  rn  st^r  lien, 
•^0  (lauert  die  Trauerzeit  sechs  Jahre.  Auch  nach  der  Trauer- 
mt  werden  jährliche  Todtenfeiem  demVerstorbenen  veranstaltet 
■id  Speisen  auf  dessen  Grab  gesetsi  ^  Die  Kinder  werden  Ton 

Ekern  nor  kurze  Zeit  betrauert,  und  nur  wenn  der  einnige 
Seha  Uaderlos  stirbt»  also  das  Gesdfaleobt  verlisobt,  tranert  der 


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m 

Vater  iM  J«lu«  lang»  ^  Ans  der  XiiHierf«i«r  ist  4er  AIimb- 
kultns  erwacbsen. 

N&cKat  dwEhdEbrchl  gegen  die  Eltern  Ist  jeder  MeMoh  ser 
Ehrfbrcht  gegen  die  filteren  Br&der  TerpAiehlet,  beeoadere  warn 

der  älteste  das  Haupt  der  Familie  ist. 

Ein  Wiederscheiii  der  Khrfurcht  ^e^eii  die  Kltcrn  ist  die 

hohe  Achtung  vor  dem  Alter  überhaupt.    Hujidertjalirto^e  (Jreise 

erhalten  oft  Ehrenbogen,  weil  solche»  Alter  ein  tugendhiUte« 

Leben  voraussetzt, 

„Wean  die  Eltern  irren,  —  sagt  das  Buch  Liki,  —  so  jmU 
sie  der  Sehn  mit  I>eiirath,  Besoheidenheit  und  Senftmiitb  ssf 
den  Irrtbum  sulbierksain  macheo,  Weisen  sie  den  Tadei  suffidt; 
so  soll  er  sich  bestreben,  imner  geboisamer  und  ehrerbietiger 
gegen  sie  zu  sein ,  und  dann  muss  er  ihnen  ihren  Irrthum  wieder 

vorlialtcn.  Und  wenn  die  erzürnten  Eltern  den  Sohn  zächligeu, 

bis  das  Blut  herabüitiüiüt,  so  dail  er  »iennoch  keinen  liml!  eres^ei»  sie 
hegen,  sondern  niuss  sie  nur  mit  um  so  grösserer  Ehrerbietung  i^e- 
handeln/*  ^i)  Andere  Aussprüche  des  Li-ki  sind  folgende:  „l^-in 
Sohn  beiditst  nichts  Eigeees,  so  lange  seine  Eilem  leben;  er  diif 
sogar  nicht  aeio  Leben  lilr  einen  Freund  In  Gefahr  sstsen.  —  — 
Er  setie  sieh  nie  auf  denselben  Teppich»  auf  dem  sein  Vater  sitsi 
—  —  Wenn  der  Vater  oder  die  Mutter  krank  ist,  so  erscheint  eis 
guter  Sohn  in  seinem  Aii/,uge  vernachlässigt,  in  seinen  Worten  zer- 
streut, in  seiner  Hiiltuiig  verstört;  erlx  i  nhii  kein  Musik-Instmment. 
er  isst  und  trinkt  o)ioe  Appetit,  er  iiichclt  nur  mit  leichter  Bef^e- 
gni^  des  Mundes;  —  —  uenn  Vater  oder  Mutter  iigend  einen 
Kammer  haben,  so  macht  und  emplUngt  er  keinen  Besnch.  —  — 
Ein  Sohn  gebt  beim  Avsgeheo  immer  einen  Schritt  hinter  selssBi 

.  Vater,  nnd  dasseihe  gilt  von  einem  Jfiageren  Bruder  in  Besag  auf  des 

alteren.  Wenn  der  Vater  dich  Iigend  wohin  entbietet^  so  madic 

keinerlei  Einwendungen,  sondern  las»  sofort,  was  da  in  Händas 
hast,  und  iss  .seMist  den  angefangenen  Bisseu  nicht  zu  Ende,  soti- 
dero  gehe  auf  der  »Stelle.  "  ^-j  — 

Ais  ein  Ideal  kindiicher  Liebe  gilt  Kaiser  ^»chua,  dessen  oll 
wiederholtes  Muster  •  Beispiel  in  sagenhaftem  isilaoz  erscheint 
Sehen»  noch  ehe  er  in  hohen  Würden  war,  wurde  Ton  seinem  hiater- 
haften  Vater  bitter  gebasst  nnd  rerfolgt;  seine  Traeer  «her  dss 
Vaters  Rncblosigkeit  konnte  nicht  dadurch  gemildert  werden«  dsM 
Ihn  Kaiser  Tao  som  Relebsferweser'maehte  und  Ihm  sefaie  svei 
Tochter  zur  Ehe  gab;  er  liebte  seine  Eltern  mehr  als  seine  Gst» 
tinnen;  und  obgleich  ihn  der  \  atcr  ein-^f  lebendig  verbrennen  wolltfi 
indem  er  ihn  auf  das  Dach  seiner  iScheuer  stetgeu  liet^s«  das  ec 


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w4BwarB  «o)to>  4awi  die  Leiter  nnter  ikm  wegzog,  imd  Feuer 
•siegte,  —  iiimI  ol^leich  aeio  Broder  nad  «ein  Vater  ih»  eiii  anderes 

Mal  in  einem  Bruoueii  ver^trhütten  wollten,  ^i^u  liebte  ^ichun  dennoch 
Vater  uoii  Bruder;  und  als  er  Kaiser  war,  gab  er  dem  letztem, 
obgleich  dieser  %>ich  ^cgcn  ihn  empörte,  hohe  Ämter,  machte  ihn 
iBBl  Ffireteo»  denn,  sagte  er,  zwischen  Brüdern  gilt  nicht  da»  ge- 
wSbalielie  bfligerliche  Recht,  sondere  die  Liebe;  und  Meng -tse 
cfkllil  ea  flSr  rahmUch,  daaa  Sebua  aetaea  Bmdera  Verbcechea 
■idit  beatraAe,  dean  die  Bniderpflicht  atebe  buher  ala  das  billiger* 
Bdie  Geaeta.  —  Es  «yjrd  die  Frage  anfgeworfea,  waa  Seban  ao 
tliQD  gehabt  hätte,  wenn  sein  Vater  einen  Mord  begangen  hätte. 
Der  Kichter,  antwortete  Mcntr-tse,  würde  den  Vater  des  Kaisers 
zum  Tode  verurtheilt  Iicibeji;  und  der  Kaiser  dfirltL'  IIhi  niclit  daran 
iModern^  denn  er  durfte  das  Gesetx  nicht  verletzen;  aber  die  Liebe 
zum  Vater  ist  höber  als  die  Liebe  zum  Reich;  er  würde  die  Herr- 
•ebaft  von  alch  gewerfea  habee  wie  eiaea  Strobaelinb,  aad  würde 
alt  dem  Vater  eatflobea  aeia,  uad  ala  Flficbttiag  nUt  aeiaew  Vater 
b  thtx  EiaOda  augebraeht  babeo.  **) 

Wibread  der  dreijährigen  Trauer  un  die  geaterbeaea  Ellern 
eothalten  sich  die  Chinesen  aller  weltlichen  Freude,  nehmen  an 
kerner  Hochzeit  und  keinem  andern  frohen  Feste  Theil,  tragen 
^\  »  isse,  hanlene  Kleider,  eine  weisse  Kopn)inde  oder  einen  weissen 
Hut,  Strohschuhe,  schmfickea  daa  Haar  nicht,  gehen  auf  eioea 
Stdigeatutzt  einber,  uad  geaieaaen  geringe  Nabniog;  höhere  Staate- 
hamte  aichea  aleh  bei  der  Trauer  ebi  Jabr  lang  vea  ibrem  Amte 
aniek,  aod  efai  trauernder  Kalaer  hält  alch  lange  und  viel  In  aeinem 
Pilliate  vetbergea.  i^).  Wftbrend  der  Trauer  wird  ver  die  Gedenk- 
tafel der  Veratorbenen  täglich  eine  Schaale  voll  Reis  gesetzt.  — 
„Die  Trauer,  sagt  das  Li-ki,  dauert  drei  Jahre,  aber  ein  tugend- 
hafter Sohn  hevfahrt  sein  L<  l)pnlang  den  Eltern       liebendes  An- 
denken und  betrauert  sie  immerfort;  er  erlaubt  sich  mn  Jahre^^tage 
ihres  Tadn  keine  Freude.  —  Es  ist  ein  hoher  Beweis  von  kilidAicbaf 
ifiebe»  wem  der  M^»  wütend  der  drei  Xiaueijabre  aiobta  fön  dam 
repludert»  waa  aeia  Veter  gmaaebt  oder  gaeiduet  baA«  —  *—  Weno 
darSebu  00  iabre  alt  lat,  ao  iat  er  in  dar  Tr^Miielt  niebtniaki 
veiflidMet«  die  Entbaltung  bia  aar  Abmagerang  au  treibeo;  mH 
^  Jahren  darf  er  sich  nur  noch  woni<!;  Dinge  entziehen,  und  mit 
iO  Jahren  reicht  es  hin,  Trauerkleider  zu  tragen,  und  er  darf  Fleisch 
essen  und  Wein  trinken."")  —  Jetzt  trauert  man  in  jedem  der  drei 
Traneijalire  nur  acht  Monate.  i>)    Aber  die  auch  schau  früher  vor- 
kmmmdto  Verbtauag  der  Trauecaeit  wkd  ala  ebie  unaittliebe 
fiMnoig  bitter  tetaMt. 


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144 


Die  jibrÜclieii  Todtoofelern  gelteo  fn  nXkm  Zdten  der  cUneibdbeo 

Geschichte  als  heiligste  Kindespflidit,  nnd  die  Ahnen  •  Verehning, 
der  vollendete  Ausdruck  dieser  Feiern,  gehört  viel  mehr  in  dasOehiet 
der Famifienlicbe  als  in  das  des  Kultus;  die  ^Spenden  .sim]  luirLi^^ 
besgaben,  wie  bei  uns  dieÜluinen  aut  den  Gräbern.  »,Die  Ahnenballe 
Ist  das  Erste  beim  Bau  eioes  Pailastes.  Die  Gefitose  för  die  Lei- 
chenfeiern siod  die  ersteo,  die  man  kauft;  und  so  aim  eio  Menadi 
aeeh  sei,  so  wird  er  dieselben  docb  nie  vericanfen/'so)  0ie  SAoe 
derBelsclilsrerinneQ  waren  sn  der  Verelirung  der  Ahnen  niehf  ver- 
pflichtet «0 

Die  Khrlurcht  nicht  bloss  vor  Greisen,  t^ondern  überhaupt  vor 
allen  Ält<^rcii  wird  sehr  hoch  cjehaUen.  v^^'"^  deinen  Vater 
denjenigen,  weicher  doppelt  so  alt  ist  als  du,  und  wie  deinen  älte- 
ren Bruder  demjenigen,  welcher  um  zehn  Jahre  alter  ist  als  da/*<*) 
Bei  einem  vorangehenden  äiteren  Menschen  darf  ein  jüngerer  nie 
vorfiher  dien  oder  vor  Ihm  hergehen,  sondern  nmss  bescheidea 
hinter  ihm  gehen.  **} 

*)  Mcng-tsev,  II,  6,  7;  II,  1,  87;  I,  1,  23;  U4m.  d.  Chin.  XII,  p.  368. 
•)  Meng-tsea,  H,  3, 14. 1«.  —  *)  M^-tsen,  n,  1,  68. 67;  H,  6, 11.  *  «)  Bbend.II, 
S,  51.  —  •)  Ta-IWag-Lea-Li,  VI,  aed.  8S9.  ^  •)  Uesg*lm,  I,  ^  4$  O; 68; 
Li-ki  im  Ghi-Ung  »9.  TdioiDigi'yoimg,  c  38, 8.  ^  Me^f-tiM,  H»  S,  68; 
CM -klug,  p.  304.  *-•)]>«  GoigiiM,  im  Choa-kiiig,  p.  860;  d«  MailU,  hiiL  X. 
p.  100.  —  •)  Meng-twa,  I,  6, 80;  H,  7,  S7.  —  i»)  Braam,  B.  d.  Ges.  I,  a  87.  — 
»»)  Chin.  Repouiton-,  V,  p.  806;  vgl.  312.  —  »•)  lUm.  d.  Chin.  IV,  p.  9.  14. 10. 

—  *»)  Mcng-tacti,  n,  3,  1—  11 ;  de  MaiUa,  hiflt  I,  68.  —  »*)  Meng-tseu,  H,  7.  66. 

—  »»)  Chi-king,  I,  13,  2.  u.  p.  269;  Chou-king,  p.  122:  92,  Not.  4.  —  i«)  Chot!- 
king,  p.  349.  351.  —  U^m.  d.  Chin.  IV,  p.  11.  10.  —  i")  De  Guignes  im  Chou- 
king,  p.  350.  —  »•)  Chi-king,  p.  269.  —  »o)  Li-ki,  in  Mt^m.  d.  Chin.  IV,  p.  lü. 

—  •»)  Ebend.  p.  11.  —  •»)  Li-ki,  in  M^.  d.  Chin.  t  lY,  p.  8.  —  »»)  Meng-tseo, 

n,  6, 7. 

$53. 

Die  hohe  (ieltung  der  Eltern  schliesst  zwar  ein  unbe- 
schränktes Kecbt  derselben  über  die  Kinder  ein,  aber  zugleich 
andi  die  Pflicht  eiaer  sorgfliltigen  Erziehung.  Die  alten  bei- 
ligeD  Sefariften  legen  9ad  die  Enielrong  einen  edir  gnMMi  Nach- 
iraek,  und  maehen  die  Eltern  für  die  sitlBehe  Entwickelong  der 
Rinder  tvraaCwottlidi;  fllr  die  Vergehen  verwahrloelery  ol^waU 
•ehon  erwachsener  S<(hne  kennen  die  Eltern  bestraft  werden;*) 
einen  grossen  Thcll  der  Erziehung  übemimint  aber  der  Staat; 
davon  später.  — 

Die  unbegränzte  Elirfiircbt  der  Kinder  vor  den  Eltern ,  der 
Nimbus  der  Heiltgkeil,  welcher  um  das  elterliche  Haupt  sidi 
,  anabreiiet,  hat  sogar  an  der  Ansicht  geHUirt,  dass  finiahnig 


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beaser  frenMi«ii  Hind«ii  mmattnM  wende,  ab  tes  Vater 

selbst  sie  übernehme  $  denn  k^e  SrsSeliang  sei  ebne  Uage- 

korsani  .  also  ohne  ErbiUeruiig ;  \  atoi'  und  Kinder  aber  dürfen 
sieh  nicht  gegenseitio^  erbittern,  die  Liebe  leide  darunter;  auch 
könnte  der  Sohn  wohl  dem  Vater  Vonvürfe  machen;  daher  sei 
es  Yorzoziehen ,  eiueo  £rzieher  anzuaebmeu,  oder  die  Kinder 
zur  Erziehung  mit  andern  Eltern  gegenaehig  auszutauschen.  2) 
Seihet  wiaaaaadialttieh  gebUdele  Vftter  unterrichten  faat  nie 
9ire  Kinder,  aondem  laeaen  nie  einen  Priratlehrer  nntevrickten 
eder  sehieken  sie  in  Schident')  die  aber  jetot  nach  meiatPrirat- 
Anstalten  sind. 

Der  Unterschied  der  Geschlechter  tritt  bei  der  Erziehung 
sUivk  hervor:  die  Knaben  sind  in  der  Erziehung  wie  im  Unterricht 
sehr  bevorzugt  Der  Unterricht  beruht  meist  in  mechanischem 
Aaswendigiemen  der  von  der  Regierung  Torgeaehriebenen 
SehalbfidMr.*) — Der  ISjährige Jüngling  «mpftngt  unter  groaaer 
Feieriiehkeit  denMaanea-Hnt,  nnd  wird  ala  aelbalatandig  erklärt 
Die  jetsige  Sitte  armer  Eltern,  ihre  eignen  Kilider  a«  ver- 
kaufen, widerstreitet  nicht  der  Elternliebe;  denn  die  Terfcanllen 
werden  nicht  Sclaveu,  sondern  dienende  Mitii;lieder  der  Familie, 
in  die  sie  nnr<;(>!iommen  sind,  und  werden  auch  mit  derenKindern 
gleichartig  erzogen.*)  Auch  werden  sehr  viele  Mädchen  noch 
sehr  jung  an  die  buddhistisohen  Nonnenklöster  verkauft,  denen 
sie  dann  Zeitiebena  als  Nonnen  angehören. 

Gans  gegen  den  Geiat  der  alten  Sitten  und  Geaetaa  iei  die 
erst  m  apftterZeit  in  Folge  der  ÜbervOlkemng  und  derNolh  ent- 
standene Sitte,  die  nengebomen  Kinder  auaznaetaen  oder  an 
ermorden,  die  nicht  überall,  aber  in  einigen  Provinzen  eine 
schauervolle  Ausbrcitunir  2;ewonnen  hat;  in  der  Provinz  Fo-kien 
wird  der  dritte  Tbcil,  und  in  einigen  Kreisen  sop;ar  die  Hälfte 
bis  Dreiviertheil  aller  iSeugebornen  getödtet;"^)  in  andern  Pro- 
vinzen aind  die  Morde  seltner.  Die  Gesetze  können  diese  Gräuel 
aieht  vnterdrficken,  denn  die  Eltern  haben  ein  nnbedingtea 
Redit  fiber  ihre  Kinder,  vnd  daa  Eltem-Redit  aoll  auch  hier 
aaangetaatet  bldben;  die  Straf- Geaetae  kennen  nieht  daa  Ver- 
brechen des  Kindermordes,  und  die  Regierung  ermahnt  nur  von 
Zeit  zu  Zeit  zur  Schonung  der  Neugebomen.  Das  Einzige,  was 
fler  Staat  iiejren  den  Kindermord  zu  thun  im  Stande  ist,  ist  die 
Errichtung  von  Eindeihäusern.  Jetzt  aind  deren  fast  in  allen 
groaaan  St&dten. 

Dea  Fhidelbaüa  von  Niag-Po  hat  gegen  40  Aauaen,  deren  jaie 
!l-*4Kiader  aiogt.»)  In  Pekhig  fainren  alle  Morgea  mehrere  Kalten 

IL  !• 

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146 


dwch  di«  Stnaseii,  um  die  wMfpaMtsteD  Kinder  «alciieehnieii,  INt 
mte  Naeliiielit  voa  einer  Sorge  den  Staats  Ar  «Be  Meugebonwa 
finden  wir  M  Mareo  Pob,  welclier  eniMt»  dann  ein  Rainer  im 

13.  Jahrhunderts  20,000  ausgesetzte  Kinder  erziehen  liess.«) 

Resooders  verfallen  neugehorric  Mädchen  ilem  8chick£i«il,  gc- 
iödtet  zu  werden.  In  der  Provinz  Fo-kien  gilt  die  Geburt  eines 
Mädchens  für  ein  Unglück;  während  der  Schwangerschaft  briogt 
man  viele  Opfer  nnd  reiigtOse  äpenden,  um  die  GeJbnrt  eines  AÜd- 
cfaens  an  verlrilten*  well  TOchter  der  Familie  entfremdet  wfiidea; 
auch  sei  dan  Leben  eines  Weibes  so  naglacktich»  dass  es  besser ' 
seit  das  nengeborne  Mftdchen  sn  tftdteo.^o)  Auf  den  B^ribaim- 
plätzen  der  Armen  sieht  man  viele  Gerippe  ausgesetzter  Kinder.  OH 
werden  die  Kinder  auch  in  heissem  Wasser  getodtet  oder  erdrosselt 
-  oder  vergraben. ") 

Dass  der  Kindemiord  sogar,  der  i4jebe  zi4  den  Eltern  gegeoiÜMit  * 
als  Tugend  auftreten  kann,  geht  aus  einer  Erzählung  henror, 
welche  in  einer  der  verhreiletsten  Volksschitften  als  Muster  airt- 
lieber  Kindesliebe  angeAilirt  ist  Ein  armer  Mann  hatte  eine  Matter 
und  ein  dreijuln  iges  Kind  bei  sich,  nod  es  war  Noth  im  Hause«  so 
dass  die  Matter  gewöhnlich  ihren  Aotheil  Speise  mit  dem  Eiil^el 
theilte.  Da  sagte  der  Mann  zu  seiner  Frau:  wir  sind  so  am»,  daas 
wir  unsere  Mutter  nicht  ernähren  können ,  denn  das  Kind  isst  von 
ihrer  Speise.  Warum  sollten  wir  dieses  band  nicht  begraben? 
£s  kann  uns  wohl  ein  anderes  Kind  geboren  werden,  aber  eine 
gestorbene  Mntter  kehrt  niemals  wieder.  £r  grub  sofort  eu  tiefes 
Loch;  da  stless  er  plOtallch  anf  einen  Topf  voll  Gold  nnd  fand  dabei 
die  Werte:  ,»der  Himmel  sdienht  diesen  Schats  dem  gehorsames 
Sohne."  ») 

')  Williams,  R.  d.  Mitte  I,  364.—  «)  Meng-tscn,  II,  1,  b2.  —  »)  Wüliams,  L 
S.  416.  —  •)  Neumann,  attiai.  ölud.  i.  S.  33.  —  *)  Y 

—  •)  HsoMDUUin,  voyage  I,  p.  350.  —  ')  Ebcnd.  I,  p.  396 ;  II,  p.  48.  *)  Ytib 
s. «.  0. 8. 720.  HanssDUum  I,  p.  374.  ->  *)  Marco  Folo,  n,  85.  —  Tvan,  a.  a.  0. 
a  7S0.  7S4.  ~     OHUdtli;  im  Er.  B.  B.  ISSt.  Ko.  S.     *<)  Chin.  Rspot.  YI.  p.  ist. 


Sechflier  Abschnitt. 
Der  Staat 

§54. 

Wie  dasStaatsiebeii  überhaupt  die  festgewordene  Sittlichkeit 
ist,  die  zur  Nothweiidigkeit  gewordeue  Freiheit  [Bd.  1  §  2dJ,  so 
ittt  in  Ghiiia,  wo  die  Familie  der  lebendige  Mittelpaukt  aller  Sitt» 
iiehkeit  ist,  der  Staat  die  an  einer  kosouschen  Bedeotung  aat- 


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UT 


wickelte  Familie.  Da  die  Freiheit  aber  in  China  noch  nicht  zur 
wabreit  Anerkennung  gelangt  ist,  so  ist  der  Staat  hier  unbedingt 
das  Höhere,  der  Hiftliohkeit  gegenüber,  und  das  sittliclie  Leben, 
couceutrirt  in  der  Familie,  hat  seine  Wahrheit  hier  en»t  im  Staate 
gefunden.   Der  Staat  ist  die  Verwirklichung  der  Vemfinltigkelt; 
,»iler  Hunmei  hat  in  den  Measehen  die  Vernunft  gelegt,  wenn 
d«r  Menseli  Übr  niehi  naeblebt,  so  muss  der  Fibnt  ihn  ndthigen, 
tÜMclbe  za  befolgen.««  i)  Der  Staat  ist  der  Gipfelpunkt  des  dii- 
oesischen  Lebens,  das  Meer,  in  welches  alle  Ströme  des  Geistes* 
lebeiis  münden.  Die  verschiedenen  Seiten  dts  geistii^en  Lehens 
siinl  hei  de»  Völkern  in  verschiedenem (irade  her^  or^  ebihlet:  Avie 
die  Inder  das  Volk  der  Religion,  so  sind  die  Chinesen  das  Volk 
des  Staates.  Alles  ist  Staat,  und  der  Staat  ist  Alles.  Alle  Seiten 
des  Völkeriebens  haben  nicht  bloss  eine  Besiehung  a«f  den 
Staat)  sondem  Yerfliessen  tiheilwelse  mit  ihn;  die  Religion  ist 
Staats-Religion,  die  PhilosophteStaata-Philosophie;  die  Wissen* 
«disft  überhaupt  gebt  vom  Staate  aus  und  wird  TOn  ihm  geleitet 
und  2;etrai;eii :  die  Kunst  empfih)i;t  ihre  (»e.setze  (Jiirch  den  Staat, 
uud  die  Sittlichkeit  steht  völlig  unter  der  ^  oi iiiundschnft  iles 
Staates.    China  ist  far  den  Chinesen  der  Universal -Staat,  der 
einzig  mögÜche  Staat ,  Ave Icher,  die  ganze  vernünftige  Mensch- 
heit umfassend ,  alles  geistige  Leben  in  sieh  hineinaieht,  neben 
lieh  nichts  duldet  Der  Chinese  ist  alles,  was  er  ist,  einsig  als 
Staalsbfirger;  der  Mensiah  hat  nicht  schon  an  sieh  ehien  Werth, 
sondem  allein  insofern  er  Bürger  ist;  nieht  die  Person,  sondem 
das  Amt  und  der  Beruf  sind  die  Hauptsaclie.    Die  persün> 
liehe  Ehre  liat  wenig  Geltung;  das  zarte  Ehrgefühl  der  westli- 
eben  Völker  findet  sich  in  China  nicht  vor.  kTirperliche  Züchti- 
gungen treifen  auch  den  Hochstehenden,  und  entehren  ihn  nicht. 
Ausserhalb  des  Staates  ist  nichts,  was  geistig  heissen  könnte. 
All^,  was  bei  andern  VOlkem  in  ein  Jenseits,  in  ein  überirdi* 
sdhes  Dasein  verlegt  wird,  ist  hier  schon  im  Staate  wirkHdi 
(S  83].    Kn  einem  Göttlichen  hat  der  Chinese  nur  insofern  eine 
Besiehung,  als  er  Staatsbürger  ist;  dem  Staat  nützlich  zu  werden, 
ist  des  Weisen  Auigabe,  und  es  ist  darum  hohe  Pflicht  für  ihn, 
Staatsamter  zu  suchen  und  anzunehmen.    Staat  und  Kirche, 
Regierung  und Priesterthum  fallen  zusammen;  im  Gehorsam  ge- 
gen die  Gesetze  ist  eigentlich  das  religiöse  Leben  vollendet,  er 
ist  die  Frömmigkeit;  Gehorsam,  —  dem  Kaiser,  —  ist  besser  als 
ilpfen  an  die  Stelle  der  hfannlisohen  Welt  tritt  die  Regierung, 
an  die  Stelle  des  Kultus  das  Staalsleben;  die  Sittenlehre  Ollt 
&st  gans  aut  dem  biürgerlicfaeD  Gesets  snsanmen.  I>er  Staat 

10* 


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148 

ist  theokratisdi,  und  die  Religion  politisch.  Der  Staat  gehdrt 
mit  zu  dem  allgemeinen  Weltleben,  sieht  unter  den  Gesetzen 
des  Himmels,  ist  die  letzte  und  hücliste  Eutwickelung  des  iSaiur- 
lebens;  er  ist  nicht  von  Mensehen  gemacht,  sondern  darch  den 
Himmel.  Der  Ursprung  des  Staates  ist  zwar  nicht  auf  eine  my- 
thologische und  wanderhafte  Sage  zorückgefühH,  sondern  ein- 
&eh  auf  die  in  dem  M enschen,  besonders  im  Fürsten  wohnende 
Vemfinftigkeil,  aber  diese  VemflnAigkeit  waltet  mit  nnbediiif- 
fer  Noüiwendlgkeit  nnd  schliesst  die  menschliche  Freiheit  ans. 
Der  Mensch  kann  den  Staat  nicht  anders  hiiden,  als  er  gebildet 
ist;  der  Staat  ist  unmittelbar  in  das  kosmisclie  Gleichgewicht 
des  Daseins,  in  die  Welt-Harmonie  eingefügt,  und  es  kann  we- 
der daran  gerüttelt  werden,  noch  könnte  er  aach  anders  gestaltet 
sein  als  er  ist. 

Der  8taat  ist  das  höehste  Abbüd  and  die  reinsteOffenbaning 
des  lifatnr*  und  Gotteslebens,  denn  er  ist  die  letste  Vollendaag 
der  Familie.  Der  Ur-Gegensats  alles  Daseins  ist  anch  im  Staate 

in  seiner  reinen  Crestalt  vorhanden,  nur  geistig  gebildet.  Wie 
sich  im  L'rsein  die  L'rkraft  zum  Urstoff,  dann  in  der  wirklichen 
Welt  der  Himmel  zur  Erde,  in  dem  Menschen  der  Geist  zum 
Körper,  in  der  Familie  der  Mann  zum  Weibe,  so  verhält  sieb 
im  Staat  der  Kaiser  zum  V  olk.  Der  Kaiser  ist  die  Urkraft  des 
Staates,  und  das  Volk  der  bildsame  Stoff;  aber  wie  die  Urkraft 
und  der  Himmel  nicht  aafiUlig  oder  willicArlich  wirken,  sondern 
nach  notfawendigen  Gesetzen,  so  darf  auch  der  Kaiseriiiehtna<^ 
snlUliger  Laune  und  Wilkfir  das  Volk  regieren,  sonder»  nadi 
ewigen,  vom  Himmel  selbst  hesliunütiui  Gesetzen.  Der  Kaiser 
ist  der  bewegende  Mittelpunkt,  das  Volk  der  bewegte  Umkreis; 
beide  g;ehnren  zu  einander,  beide  sind  fiir  einander  da:  Hechte 
nnd  Pilichten  sind  gleichwiegend  auf  beiden  Seiten.  China  ist 
eben  so  wenig  ein  despotischer  Staat  wie  ein  freier,  sondern  em 
Staat  kesniseher  Nothwendigkeit,  ein  Natura taat  im  etgent- 
iiehsten  Wortsinn,  entsprechend  dem  Zasammenieben  der  Bienen 
oder  Ameben,  nnr  höher  gebildet,  aber  dieselben  anfreien  Natar- 
gesetze  hier  wie  dort.  Chinas  Staat  hat  wie  seine  Religion  durch- 
aus objectivenCharaktn  :  fli<  Heti;ierungistmclit  ausdem Volke, 
sondern  steht  dem  Volke  als  eine  objeetive  Macht  gegenüber;  aber 
diese  Macht  ist  eine  in  sich  notliwendige,  nicht  eine  willküriiche. 
Die  Beamten  stehen  ausserhalb  des  Volkes,  sind  die  staatlichen 
Kleriker,  und  das  Volk  die  staatlichen  Laien.  Als  die  höchste 
Offenbarnng  des  himmlischen  Lebens  hat  der  Staat  an  seinsr 
wahren  Aufgabe,  das  Gleichgewicht  in      Welt  an  erhalieat 


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149 

des  Staates  Ordiuiiis:  hält  die  Welt  in  Ordnung,  und  des  Staates 
Zerrüttung  stört  ilas  Leben  der  Natur.  Wenn  daher  der  Staat 
iDÜDordnung  geräth,  schlechte  Fürsten  regieren,  oder  das  Volk 
uDgehorsara  ia4,  so  folgen  nothweadig  St&niDgen  der  Natur» 
EM^ken,  Ungewüter»  Obersohweaimiiiig«i  etc.s)  Als  der 
grosse  MinisCer  Y-yn  starb»  war  eine  Finsterniss  über  das  Laad 
MTage  biadarch,')  mid  unter  der  Regierung  des  lotsten  Kaisers 
ms  dem  Hanse  Sehang  9, war  eine  so  grosse  Unordnung,  dasa 
man  zweifelte  an  dem,  was  man  sah,  dass  man  lebend  wie  im 
Tode  war,  dass  des  iMorgens  die  Sonne  nicht  melir  aufging» 
und  während  der  Nacht  der  Mond  und  die  Sterne  nicht  mebr 
schienen. 

^  CkaiMag^  ^  87.  ^  *)  Ghon-king,  p.  19.  —  *)  laMBd.  i».  104.  —  Ebend. 

L  Ycrliältaiss  des  Stiates  snd  der  iSitaateburger  in  einander^  das  liecliU 

§55. 

Die  Beziehung  des  Slaatsganzen  und  des  Staatsbürgers  auf 
einander  ist  eine  doppelte;  einmal  bezieht  sich  der  Einzelne  auf 
deui^taat,  dann  der  Staat  auf  den  Einzeineu;  dort  hat  der  Staats- 
M^ger  das  Recht»  hier  hat  das  Recht  den  Staatsburger;  dort 
kaadelt  es  sich  um  das  Privat-Reoht,  am  das,  was  dem  Staats- 
bl^ger  als  solchem  ankommt,  was  er  als  sein  Reobl  allen  An- 
dern gegeniber  geltend  maebt»  hier  um  das  Recht»  was  der 
Staat  als  sein  Recht  jedem  £inae1nen  gegenaber  geltend  macht. 

Das  chinesische  Staatsgesetz  fällt  im  Wesentlichen  mit  dem 
Sittengesetz  zusammen;  das  (iebiet  des  Staates  und  des  Sittli- 
chen sind  hier  eins;  —  das  ist  abtr  iiiclit  die  Eiiihoii.  welche 
das  Ziel  der  weitgeschichtlichen  Kntwickelung  ist,  wo  «allerdings 
der  Staat  eins  sein  soll  mit  dem  Sittlichen  und  mit  der  Kirche» 
wo  der  tbatsAobliohe  Zustand  des  Mensehengeschlecbts  eben 
das  Reich  Gottes  lst»*^dle  Einheit»  welohe  den  Gegensatz  fiber- 
iranden  bat,  —  sondern  es  ist  die  «nentwielcelte  Einheit  des 
Keimes,  welche  den  Gegensatz  noch  in  sich  verhüllt  hat,  und 
über  denselben  noch  nicht  zum  liewusstsein  gekommen  ist. 
Diese  Kiiiln  it  fiihrt  zu  vielem  Unklaren  und  Harten;  es  wird  da 
Vieles  durch  das  Staatsgesetz  verlangt  und  durch  Androhung 
von  Strafen  der  Beobachtung  befohlen,  was  sich  nach  unseren 
Begriffen  gar  nicht  befehlen»  sondern  nur  wfinschen  und  sitt- 
lieb  gebieten  Ifisst,  z.  B.  Achtung  gegen  Eltern  und  Greise,  de* 
ren  Verletsung  in  alter  Zeit  mit  dem  Tode  bestraft  wurde,  Gast- 
freundschaft, 0  die  Kleidertracbt  noch  Farbe  und  Schnitt,*)  die 


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9 


m 

Hdflichkeitsformen ,  die  Trauerzeiten  und  |Trauercei  eiiioiiien;3) 
selbst  im  Häuserbau  beschränkt  das  Gesetz;  ^,es  soll,  sagte 
Sclnm.  dem  Volke  nicht  erlaubt  sein,  unnützen  Aufwand  zu 
macheu  und  Häuser  aufzufahren ,  welche  mehr  Stolz  und 
Eitelkeit  als  Nützlichkeit  zeigen. Das  Gesetz  bevormiuMlet 
den  Chinesen  bis  in  die^kieiniicfasteii*Beweg«Bgen  hinab. 

Die  Gesetsgebiing  ist  bei  den  Chinesen  sehlechterdings  Iceine 
Handlung  der  Willktir,  sondern  ist  unbedingt  der  Ausflass  jener 
in  der  Menschheit  wohnenden  VemAnftigkeit .  welche  zwar  in 
der  öfl'eiiilichen  Meinuns:  sie  Ii  Mus^pricht,  aber  ihren  geordneten 
und  berechtigten  Ausdruck  im  Kaiser  hat.  Der  Kniser  haf 
aber  durchaus  nicht  seine  zufälligen  Launen  zu  befragen,  sou- 
dem  hat  dem  geschichtlichen  Geiste  des  chinesischen  Volkes 
zu  folgen  I  vor  allem  die  Lehren  und  Beispiele  des  Alterthomt 
zu  befragen.  Fo  -hi,  Yao»  Schun  sind  nicht  nur  sittliche  Ideale, 
sondern  eben  darum  auch  die  höchsten  Auctoritäten  in  der  Ge» 
setzgebung,^)  und  die  folgenden  Kaiser  haben  nicht  eigentlieh 
neue  Gesetze  zu  geben,  sondern  die  bebtehenden  nur  auszufüh- 
ren, zu  erläutern  und  zu  ere^änzen. 

Eben  dcsshaib,  weil  die  Gesetze  nicht  ein  Erzeugniss  der 
Willkür  eines  Einzelnen  sind,  sondern  als  das  der  himmlischen 
VernuniüglLeit,  wie  sie  sich  in  der  Menschheit  offenbart,  gelten, 
haben  sie  eine  mehr  als  menschiiche  Auctorit&t»  und  der  Kaiser 
selbst  steht  nicht  Aber  ihnen,  sondern  unter  ihnen,  mnss  tot 
ihnen  sich  beugen,  darf  nie  ans  subfectiTen  Rfleksicbten  die 
Geltung  des  Gcbctzcs  aufheben;  er  darf  selbst,  —  umi  tlas  ist 
das  Höchste,  was  ei«  Chinese  sagen  kaim,  —  den  eignen  Vater, 
wenn  er  ein  Verbrechen  begangen,  nicht  frei  sprechen.*') 

Die  Gesetze  sind  im  Allgemeinen  sehr  mild  und  liebevoll,  und 
beschämen  durch  den  in  ihnen  wehendenGeist  väterlicher Ffirsorge 
und  liebender  Menschlichkeit  manche  christliche  Gesetzgebung. 
Niemand  soll  durch  Willlcfir  leiden,  Niemand  soll  bloss  um  Andrer 
willen  da  sein,  Jeder  soll  an  seiner  Stelle  seines  Lebens  froh 
werden,  und  hat  ein  Recht  an  den  Schutz  und  die  Fürsorge  des 
Staates.  Sind  doch'selbst  die  Thiere  unter  gesetzlichen  Sclnitz 
gestellt;  auf  der  Jagd  z.  J).  dürfen  die  Thiere  nie  schaarenweise 
zusammengetrieben,  junge  Thiere  und  trächtige  Mütter  nicht  ge- 
tödtet  werden;  die  Eier  der  Vdgel  dürfen  nicht  ausgenommen, 
und  die  Thiere  nicht  ans  ihrem  Lager  aufgejagt  werden.'') 

')  Mcng-tsou,  II,  26.  —  *■}  Cliou-king,  |i.  33:  Chi-king,  p.  228;  tle  Maill«, 
hi.M.  T.  p.  27.  —  •)  Meng-tscu  II,  7,  76.  -  *)  De  Mnilln.  bist.  I,  p.  »7.  —  *)  Chmi- 
kiug,  p.  15}  de  Mttilia,  bist.  I,  80.  —  *)  Mcng-t.seu,  II,  7,  68;  —  ')  Chi-king,  p.  223. 

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151 


§  56. 

a)  IN»  Recht  de«  Sfnijiliifgtw  dem  Staate  §fg«näber. 

D«r  fihiMlae  Staatsbürger  hät  eiii  R««kt  aa  aidi»  niolU  ab 
Ma  Fmtalklikeit«  aoadann  ala  katmiacliei  Eiaaeldasem;  et* 
kt  eb€B  so  wenig  Em  aeiner  adbat^  aldi  frei  aaeli  seinem  Wil- 
lenbestimmend und  auf  seine  eigene  Hand  lebend,  als  er  der  Will- 
l[ttr  anderer  Menschen  preisgegeben  ist;  eng  und  fest  eingefroren 
in  semer  Stellnn»:,  ist  er  zwar  ftir  sich  nicht  frei,  aber  auch  frei 
von  despotischer  Bedrückung;  durdi  die  Maiiejro  der  himm- 
Ibchen  Geaetagebung  ist  der  CluDeaa  ebeaao  umfangen  ab  be- 
tdifitat 

Wie  es  im  Unem  aar  einen  Unfaraeiiiad  giebt,  €ricraft  and 
CJfstoff,  alle  Atome  des  Uratoffa  aber  ebnaader  seUeehterdings 

g;leieh  sind,  und  aar  in  der  späteren  EnCwiekelung  zu  verschie- 
(leiiartio^en  Gestaltungen  sich  bilden,  —  so  ist  aucli  in  China  nur 
ein  natürlicher  Unterschied  vorhanden:  K ai.ser  und  VoUt;  aUe 
Atome  des  Volkes  aber  sind  an  sich  einander  völlig  gleich;  sie 
kdnnen  aar  inder  weiteren  Kntwickclung  eine  verscliiedene  Raag« 
ordanngaichaelbalerringen.  Glunahat  keine  (vebaria-Slände» 
keiae  Kaaten;  alle  Chineaen,  —  der  Kaiaer  aasgenomman»  ^ 
siadvoa  Gabart  einander  gleich;  nar  der  materielle  Beaili^  nielit 
der  Rang  erlMfi  vom  Vater  aaf  den  Sebn,  und  wie  der  Sobn 
eines  Tagelöhners  Minister  werden  kann,  — -  (Schun)  —  so  kann 
allenfalls  auch  der  Sohn  eines  Ministers  Ta*^clnhncr  werden; 
und  als  sich  diirrh  das  Fort  erben  des  Besitzes  im  zweiten  Jahr- 
hundert vor  Chr.  in  natarlichcr  Entwickelung  ein  Majorats-Adei 
bildete»  wurde  in  richtigem  Bewuaataein  des  chinesiadien  Gei* 
stes  Tom  Kaiaer  Wu-tl  die  Jßrriobtang  yoa  Majoraten  verboten 
tad  dem  &lteaten  Sohn  nur  die  Hilile  dea  vftterlioben  Vermögens 
sageatanden.1)  Die  einaige,  und  leidit  au  rechtfertigende  Aua« 
nähme  von  der  allgemeinen  Gleichheit  raaeht  die  Familie  des 
Koiig -fu- t6C,  welche  als  die  natüriielje  Vertieteiiji  der  Reichs- 
lehre einen  a^ewissen  Vorrang  geniesst,  der  aber  auch  mehr 
moralischer  als  rechtlicher  Art  ist; 2)  das  jedesmalige  Haupt 
dieser  Familie  erhielt  daa  Recht,  an  bestimmten  Zeiten  mit  dem 
iüdser  aaaammeaiukamman  und  ihm  die  Grundsätze  des  Kong- 
fc-tae  in  Erhuiernng  au  bringen.  Der  Verauch  ebnes  Kaiaera 
am  680  nach  Chr.»  in  Naehahmnng  dea  indischen  Staatea  erb- 
fidie  Stftnde  «hwnl&hren ,  und  das  Volk  in  vier  solcher  Kaaten 
zu  theiten,  in  Kauflcute,  Cauern,  Handwerker  und  Künstler, 
«sd  in  krieger  und  Beamte,  misslaug  voUstäudig;'^)  der  Beruf 


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IM 


blieb  frei.  Der  UiUcrschied  der  Stände  beruht  iiicFit  auf  der  Ge- 
burt, soDdeni  auf  der  Arbeit,  deii  Anlassen .  der  Sittlichkeit; ^) 
Jeder  ist  zu  jedem  Berufe  berechtigt;  zu  deu  Ifreveln  des 
llSd  vor  Chr.  gestürzten  Kaisen  Sche-v  wird  es  gefoefanet, 
daas  er  Wfirden  erbüeh  Mchte;^)  ja  ea  aeigl  alak  gradeaa  aiae 
Aboe%oiig  gegea  henrorragende  GeaeUeehter;  „die  Tagead 
berrselit  aelteii  ualer  reiehen  MeBaeben  mid  «Dter  deaeih  welcaha 
TOD  altem  Geschlechte  sind;  der  Stolz  flSast  ihnen  Hass  und 
Verachtung  gegen  die  tugendhaften  Menschen  ein,  und  sie  miss- 
handeln  sie  g;crn,"  sagt  ein  alter,  viel  gerühmter  Ausspruch.^) 
Die  Nachricht  Marco  Folo's ,  dass  die  Söhne  dem  Berufe  des 
Vaters  folgen  müssten,^)  hat  zwar  bei  Handwerkern  einige  ge« 
aetaUehe  Vorachrifleii  &x  aioh,  aber  die  allgeaieuie  Sitte  gegen 
aieh.») 

Einen  Sklavenatand  von  Gebart  giebt  es  in  CUnaa  blfi- 
banden  Perioden  natfirHcb  meht;  es  giebt  zwar  in  apümr  Zeil 

Sklaven,  aber  diese  sind  nicht  dazu  geboren,  sondern  sind  es 
geworden  durch  Krieg,  Verbrechen  oder  Verkauf;  —  solche 
Sklaven  werden  milii  behandelt  und  durch  die  Gesetze  beschützt. 
Auch  kommt  es  vor,  dass  Menschen  sieh  selbst  als  Sklaven 
verkaufen. 

Die  Castratea,  nraprfinglieb  nur  wegen  a^werer  Ver- 
brechen doreh  Verstfimmelnng  Bestrafte,  wurden  erst  apftter 
mentbebrlidie  Wftebter  Tomehmer  Harems,  rnid  bUdemi  bald 
einen  dem  Ursprünge  naeh  verftditlteben,  dem  Etnflnase  nndi 

höchst  bedeutungsvollen  Stand.  In  Zeit  sittlichen  Verfalls  herr- 
scheu sie  am  Hofe  und  in  den  wichtigsten  Ämtern,  und  ihre 
Ränke  und  Bosiieiten  füllen  einen  bedeutenden  Iheii  der  ckiite- 
sischen  Chroniken. 

Bis  sam  swölften  Jahrhundert  vor  Chr.  gab  es  ia  Cbiaa  im? 
freie  Staatsbflrger;  in  dieser  Zeit  werden  zuerst  Skia?en  erwilwC^ 
diese  waren  aber  Tenirthellte  Verbreeher ,  geharten  dem  Staate 
ttod  aidit  Pri?afleateB,  und  massten  SlfeatKcbe  Arbeiten  veeriehien, 
standen  also  in  demselben  VerbSltniss  wie  unsere  Ban-CMmgeoev 
Mild  Zuchthaussträflinge.  Alle  (lienenden  Menschen  waren  iremie- 
thete  Dienstleute,  welche  mit  ihren  Herren  nnr  im  Contractsver- 
hältoisse  standen.  Die  seitdem  in  den  kriegen  mit  den  noma- 
dischen NachbsrvSlkers  gemachten  Gefangenen  wurden  nur  zu 
Staatsarbeiten  gezwungen,  i»)  Privat*Sklaven  finden  sich  erst  wenige 
«Pahrbnnderte  vor  Clnr.  erwähnt;  Bitem  verkanflea  ilire  Kiader «  aad 
Arme  sieb  settmi  Um  300  vor  Cbr.  erlaubte  ebie  ludaerlidw 
Verordnung  ausdriieklltb,  daas  filtern  ihre  Kinder  Terkaalbs  dtoftea« 


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ufid  seiiiieiu  \\urde  die  Zahl  dei  Privat- Sklaven  iiniiuT  s^rü^^er.  i^) 
SpätereVerbote  diesesVerkaufes  waren  bei  der  milder  übervölkeruog 
ftogeodeD  Amntli  ohne  souderliche  Wirkuns^.  Nach  den  Jetet  be- 
flahiBdcD  CSeietsCQ  'wi  jeder  Verkaaf  freier  NewcbeD,  aaeli  der 
der  ciywKiader,  «elM  nU  deren  EinwilUgmig,  bei  Strafe  von  harter 
kirperiidier  Ztiebtigiiog  oder  VerlNuimiDg  ▼erboten.  Deoeeeb  aber 
werdeu  gaos  ofTeokuiidig  Kinder  flberali  rerkaaft;  i3)  besonders  wird 
in  neuerer  Zeit  mit  jungen  A];Hlc))eii  Handel  getrieben;  ein  Mfidcheii 
von  vier  bis  füiil  Jahren  kostet  et»a  drei  Tbalt  t  ;  sobald  sie  aber 
unterrichtet  und  zu  buhlerischen  Künsten  herniii;(  liiUiet  sind,  wird 
(w  die  sehoDerea  oft  ein  Preis  von  3000 — 4000  Tbalern  beiablt; 
Miuer  und  Weiber  geben  aich  nit  dieaeai  oft  sehr  im  Gtoeae»  ge- 
triebenen Gewerbe  ab.  **)  Das  oft  wiedeibolte  Veriiot  des  Yer- 
kwlea  freier  Measdien  neigt  aller  deotlicfa  genug,  daaa  diese  Art 
Hcnsdiettliaadei  nad  Sklaverei  ala  dne  nnaittliche  Anaartmig  den 
chinesischen  Lehens  zu  betrachten  ist. 

Rechtmli.ssi^e  Sklaven  sind  allein  die  wegen  Verbrechen  zur 
Zviangs- Arbeit \eiurtheilten,  die  Kriegsgefangenen,  die,  welche 
sich  selbst  verkauften,  in  spaterer  Zeit  aucb  die  Kinder  der  Sklaven. 
Die  beiden  ersten  Klassen  sind  eigentlich  StaatO'lSklaven,  und  wer- 
den oft  begnadigt;  aobald  nie  aber»  was  ap&ter  oft  geachah,  darch 
Verkanf  oder  Sd^ainng  in  Prhratbealts  tibergingen,  konnten  sie 
ohne  BefrlUigung  dea  Bealtsera  nldit  freigelassen  werden;  nur  In 
iehnen  FSllen  erlaubte  aidi  da  die  Regierung  einen  Eingriff  in  das 
Privatrecht;  oft  wurden  aber  die  Sklaven  von  wohlwollenden  Kai- 
Nero  losgekauft.'^)  Die  Sklaven  sind  durch  die  (iesetze  gegen 
Härte  geschfitzt;  Niemand  darf,  nach  Gesetzen  aus  dem  zwei- 
ten Jahrhundert  vor  Chr.,  unter  einem  Alter  von  zehn  Jahren  und 
Sber  einem  Alter  von  ae^haaig  Jaluren  als  Sklave  gehalten  werden. 
Sklaven  dirfen  nicht  getOdtet  nnd  gebtandmarkt  werdea;  tf)  wegen 
eniea  Verlirecbena  ddrfbn  sie  niebt  von  Ihrem  Herrn,  sondern  nnr 
ra«  Siebter  gestraft  werden.  Es  werden  aller  die  Verbreeben  der 
Sklaven  härter  bestraft,  als  die  der  Freien;  wenn  z.  B.  ein  Sklave 
seinen  Herrn  schlägt,  wird  et  enthauptet;  wenn  aber  der  Herr 
einen  Sklaven  wegen  einefj  Verbrechens  tödtet,  wird  er  nur  mit 
101)  Hieben  bestraft,  wenn  aber  der  Sklave  schuldlos  war,  mit 
60  Hieben  nnd  einem  Jahre  Verbannung.  >•)  —  Überhaupt  hat  sieb 
■alt  der  Mongolen*ilerrachaft  im  Gegenaats  an  dtm  altcbinesischen 
Mete  and  nnsweifelbaA  durcb  indischen  Eroflnsa  efai  aiemKch  be- 
daatsnder  UnterscUod  der  Stiode,  »  der  Freien«  der  frei  Dienen* 
dib  nnd  der  Sklarenj  eiogeacbliehen,  deren  ebelicbe  Verbindung 
sogar  verboteu  mt,  und  die  vor  dem  Gesetz  ungleiches  Recht 


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haben.  Der  grössere  Theil  der  Dienenden  ist  aber  aocb  jelst  io 
blossem  Contract- VerhSltniss  zu  den  Herren. 

Die  Sitte,  Castraten  zu  Wächtern  der  Frane»  zu  machen,  ist 
erM  eine  siiätera  Amartuiig;  die  in  den  Kings  enrihetSB  Ver« 
schntttenen  sind  Verbrecher,  deren  VeratfimiMlnig  mr  Strafe, 
nicht  Mittel  svr  Bildung  eines  besoodem  Standes  wnr,^)  'Erst  eh 
später  gesonkenes Geschlecht  machte  die  Bildung  too  Castraten  tasi 
gewiMurcichen  Gewerbe,  ^i)  Nach  der  Aufliebunsj  der  Fcudal- 
Verfa88iinef  waren  die  Castraten  oft  in  den  höchsten  Äintern,  ueil 
man  eben  die  Vererbuiit^  der  letztern  verhindern  ^(►llte.  ihr  Aut 
treten  in  der  Geschichte  ist  fa.st  überall  ein  widerwärtiges,  mit  den 
Charakter  rlnkevoller  Selbstsucht  bezeichnet.  —  Nach  der  gegen- 
wärtigen Gesetsgebnngdarf  nnr  der  Kaiser  und  sein  Hans  hu  Beslls 
von  Castraten  sein;  ihre  Zahl  helinfl  sich  jetst  avf  etwa  6000;  Ihre 
Zahl  ergSnzt  sich  gesetslich  eigentlich  nur  ans  den  Familien  tob 
Verbrechern ;  HochverrSther  nnd  alle  mSnnllchen  Verwandten  der- 
selben, welche  über  sechszehn  Jahr  alt  sind,  werden  hingerichtet, 
alle  jüngeren  Knaben  aber  entmaont.^^) 

>)  Gtitslaff,  Gesch.  S.  109.  —  «)  De  Moilla,  bist.  VIII,  7S.  —  »)  Gfltd«fi; 
Gesch.  8.  68.  —  *)  Klaproth,  tiibl.  bist.  p.  203.  —  •)  Chon-king,  p.  S9.  —  •)  Ebend. 
p.  150.  —  »)  Ebend.  p.  282.  —  »)  M.  Polo,  II,  68,  4,  8.  470.  —  •)  Willinrns,  R.  d. 
Mittfl  I,  300.  —  '  0)  Biet  im  Joum.  Asiat  TTI  Pcr.  t.  III,  p.  249.  etc.  —  > » )  De  Maill», 
bist,  n,  487.—  »*)  Biüt  u.  a.O.  p.  2;)1.  —  '*)  Kbcml.  p.  235  etc.  260.  —  '*)  Güulaff, 
im  Evaug.  Rcichsb.  1852,  No.  2.  —  >»)  Biet,  a.  o,  O.  p.  251.  257.  270.  272.  — 

Ebend.  p.  270  etc.  _  i^)  Ebend.  p.  284.  —  »•)  Ebend.  p.  281.  286  ctc,  — 
••)  Ebend.  p.  281.  293  pti  .  —  »o)  Chi-king,  I,  11,  1 ;  II,  5,  6;  Chou-king,  p.  297. 
S41.  —  *')  Cki-king,  p.  262.  M6.  —       Biet,  p.  278.  — 

§  57. 

Jed^  einzelne  Staatsburger,  eng  eingefugt  in  den  ganzen 
OrganiftmiiSy  hat  an  dieser  seiner  Stelle  sein  bestimmtes  Recht; 
sein  Dasein  und  was  dazu  gehürt,  ist  nicht  ehi  snlillllges,  sob« 
dern  ein  nothwendiges  and  darum  berechtigtes.  Der  Beslli  des 
Staatsbürgers  ist  nnantastbar,  Ist  Ihm  von  Rechts  wegen  ge- 
sichert.  Die  chine^sische  Staats -Idee  fiilirt  aber  noch  weiter. 
Der  Bürger,  von  der  Nothwendigkeit  dos  Ganzen  uiniangen,  ist 
wohl  eifi  unfrcirs.  abfr  auch  ein  wes(  iirlirbes  Glied  des  (Man- 
zen; er  hat  ein  Kecht  2u  sein»  und  er  hat  von  dem  Staate  zu 
todern,  das»  dieser  ihm  dieses  sein  berechtigtes  Dasein  auch 
yersidiere.  In  freien  Staaten  bat  der  einaelne  Mensch  das 
Reelit  am  erhangenit  In  Chinas  nnfirelem  Staate  steht  ihm  diess 
nicht  sn,  er  hat  die  Forderung  an  den  Staat,  ihm  sein  Dasein  sn 
gewihrletsten,  mnd  der  Staat  hat  die  Pflicht»  seine  BOrgar  sa 


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erbaiten.  Je  ^erins^er  das  Recht  des  freien  Willens ,  um  so  höher 
i»s  Recht,  von  dem  Ganzen  getragen  zu  werden.  Chinas  ächter 
Mti- Organismas  ist  soeialistischer  Art;  der  Einzelne  ist 
nr  «b  valreies  Organ  des  gamen  Körpers,  dafür  cmAlirt  der 
KUrper  des  Organ.  Und  diese  sooialistiscihe  O^nistningy  darch 
ik  GoAsequens  des  S3PsteflM  gefordert,  dvreh  alte  Gesette  ver- 
urdnet,  war  wirklich  aasgeiilhrt  zur  Zeit  der  Blfithe  des  Reichs, 
kstiiurgebrochen  durchlas  natürliche  vSelbstgefiilil  und  die  Selbst- 
»uthi  des  Einzelnen,  die  gegen  die  scharfe  Durchbildung  des 
chinesischen  Grundgedankens  sicli  sträuben.  Die  Auflösung  der 
socialistischen  Einrichtungen  sind  als  eine  Ausartung  und  als 
m  Verwelken  der  chinesischen  Staats -Idee  zu  betraehten»  and 
teüdcm  Mcht  anch  dae  Elend  Uber  das  Volk  hendn.  Der  Com- 
wnrismos  gehOrt  der  paatfieistieelien  Weltaasehairong  an,  nnd 
indem  er  statt  der  Persönlielikeit  nur  die  IndMdaalitftt  erfasst, 
statt  des  freien,  sich  selbst  bestimmenden  JSubjectes  nur  das 
einzelne  Atom  in  einer  Menge  gleichartiger  Atome,  hat  er  seine 
Stelle  nur  bei  den  Völkern  der  objectiven  Idee^  die  eben  nur  das 
Nuar-Sein,  nicht  den  Geist  erfasst  haben« 

Die  aobedingte  Verpflicbtang  der  Regierang,  fär  die  Ernähnng 
des  Volkes  durch  VemsltttDgs*M«assrege)D  tu  sorgen,  Magazine 
Mndegea  ele.,  werde«  wir  sfiiter  Boek  so  bespreclien  baben.  Hier 
landell  es  sieb  nur  uro  die  BesitZTerbDtnisse.  Noch  den  alten  Ge- 
setzen ist  der  Staat  der  alleioige  Eigenthtiincr  alles  BodeiKs,  und 
giebt  dcu  Eiri/eliien  den  Besitz  nur  lehnsvveise:  jeder  Kainilien- 
Vater  erhfilt  einen  bestiiumtefi  Acker,  von  welchem  er  an  tleii  Staat 
den  Zehnten  der  Einkünfte  ahgiebt.    Wo  bei  grösserer  Eotferouog 
von  den  gewerbtreibenden  St&dten  die  Einrichtung  des  geTneinsamen 
BcsHses  durchgeführt  werden  kann,  wird  in  folgender  Weise  ver- 
fabreo.  Ebiqaadratiscb  abgegrenztes  StfiekLand  wird  in  nenn  gleiebe 
«pudratische  Theile  eingetheilt,  welche  Ton  acht  FamiKen- Vllteni 
beH'irthachaftet  werden;  der  mittelste,  neunte  Theil,  gehurt  dem 
iSiaate  und  wird  gemeinsaia  bearbeitet    Die  a<'ht  Familien  bilden 
CID  eng  verbundenes  Ganze,  nn'is.sen  einander  bei  der  Behauung  des 
Adners,  in  Noth  und  Krankheit  beistebeo,  einander  vertreten  etc.; 
eine  andere  Abgabe  an  den  Staat  ausser  jenem  neunten  Ackertheii 
ist  sieht  xn  saMea.   Diese  Einriebtang  Ist  nicht  ein  blosser  Vor- 
achlag,  sondern  war  in  alter  Zeit  wlrkKeb  dvrchgefUirt  i)  —  Eine 
Folge  jener  alten  AnfTassong  von  dem  alleinigen  Eigenthnmsrecbt 
des  Staates  ist  es  wohl  auch,  dass  den  Etgenthfiroer  seine  LSnde- 
reien  von  Rechts  wegen  genommen  werden  können,  wenn  er  sie 
unbebaut  läast  oder  die  Steuern  nicht  bezahlt     —  Erst  seit  der 


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Verändernng,  die  Schi-hoaog-ti  io  dem  Staatoleben  durchführte 
wurden  die  Ländereien  wirkliches,  thcilbares  Eigentham  ihrer  bis- 
herigen Besitzer;  aber  es  dicss  \  r»ri  den  Cieschichtocbreibern 
aU  eise  Verderbniss  der  wahren  8taats-ldee  betrachtet; 3)  spätere 
Venmche,  die  fraherao  Verhältnisse  wieder  hersustellen ,  koootes 
Dicht  mehr  dorcbdriDgeo.  Wir  eriaaeni  an  die  anfiallend  ihnUchen 
EinriclitnDgen  der  Pemaner  [Bd.  L  {  177). 

')  Mengr-tseu,  I,  3,  42;  I,  5,  16  — 23;  II,  7,  42—43;  Ma-tnan-lin  nach 
Klaproth,  Notice  etc.  p.  10  etc.  ^  Ta-Tumg-Leu-Li ,  III,  90.  —  MBrtnan-lia, 
&.  a.  0.  p.  II« 

5  58. 

Das  Flüssigwerden  des  Besitzes,  der  Handel,  nicht  nach 
aussen  gehend,  sondern  nur  im  Innern  den  Verkehr  unterhaltend, 
ist  dorch  die  Gesetie  streng  geregelt,  Maass  nnd  Gewicht  schea 
in  uralter  Zeit  durch  die  Kavier  beatimmt  <)  Ursprungiieh  war 
nur  Tauschhandel,  aber  auch  lllr  diesen  waren  Marktplätze  und 
Zeiten  bestimmt. 2)  Aach  die  Marktpreise  siad  gesetzlich  ge- 
ordnet; ein  Herabdrückeii  der  Preise  bei  Cojicurreiiz  ist  Terbo- 
ten;  und  ungewöhnlich  grosser  Gewinn  beim  Handel  wird  als 
Diebstahl  betiachtet. 

Der  urspriingliche  Tauschhandel  fand  bald  in  edleo  Metallen  und 
selbst  in  Edelsteinen  nnd  SeidenstofTen  ein  geeignetes  Tausch* 
mittel,  schon  um  20U0  vor  Ci».;*)  tu  den  edlen  Metallen  wurde 
auch  das  io  ältester  Zeit  noeh  kostbare  Kupfer  gerechnet.  Ge- 
münztes Geld  wnrde  erat  seit  dem  zwoften  Jahrhundert  vor  Chr. 
gebraucht,  meist  vor»  Kupfer,  Blei,  Zinn,  Eisen,  spater  von  15r(»n/.r. 
gcwöhnlirh  rund,  mit  einem  l^ocli  in  der  Mitte,  unis  es  aut  Fäden 
zu  reihen.  Gold  und  8ilber  ist  dagegen  nie  eigentlich  gemün/.t 
worden,  sondern  wurde  nur  in  kleinen  Barren  oder  Wilrfelstficken 
gelirauebt  und  nach  dem  Gewicht  gesch&tzt;  die  elgentUche  Mflnae 
war  also  nnr  Schetdemfinse  und  so  Ist  auch  jetat  noch.*)  — 

Im  neunten  Jahrhundert  nach  Chr.  wurde  Papiergeld  einge- 
führt; der  Werth  wurde  <lnrch  einen  Zinnobersiitempei  ausgedrückt: 
s[)äter  war  es  in  grossen  .Massen  verbreitet,  besonders  vom  zu  ülftev> 
bis  fünfzehnten  Jahrhundert,  da  es  aber  auf  keine  metallische  Funds 
gegründet  war,  sondern  nur  einen  anbefohlenen  Werth  hatte,  so 
kam  es  allmählich  um  seinen  Credit  und  verschwand  seit  dem  Eude 
des  fittfsehnten  Jahrhunderts. 

^)  De  Mailla.  bist.  I.  p.  80  .  _  Ebcnd.  p.  12.  —  *)  De  Mailla,  bist.  I,  p.  25. 
—  •)  Biot  im  Jüurn.  As.  III  ser.  t,  III,  p.  422  etc. ;  IV,  455.  —  «•)  Biot  a.  a,  0.  IV, 
p.  m «t&  4iS  etc.;  Hareo  Polo,  II,  c.  17. 


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IW 

b)  Du  Recht  4m  StMtw  dam  Bärgur  gegeaftber. 

Das  zwingende  Kecht  zeigt  zwar  in  manchen  Punkten  noch 
Spuren  der  früheren  Rohheit,  hat  aber  doch  im  Allgemeinen  den 
Charakter  liebevoller  Mensehlicfakeit  und  milder  Billigkeit;  der 
Geist  der  Tfileriieheii  Ffiraorge  des  Hfpwiete  fiir  alle  seine  Ge- 
icMpfe  darehwebt  diese  Gesetae;  da  alles  Leben  naturgeaiftss 
sein  soll,  and  der  Menseb  in  seiner  Natfirliehiceit  grade  in  seinem 
wahren  Zustande,  und  von  Natur  schon  geneigt  ist,  alles  Gute 
und  (jesetzUche  zu  thun,  und  da  zwischen  dem  Gesetz  und  dem 
sittlichen  und  dem  natürlichen  Wesen  des  Menschen  kein  Zwie- 
spalt ist,  und  der  Mensch  durch  keine  furchterregende  Strafe  zu 
einer  unfreiwilligen  und  annatiirlichen  Unterwerfung  unter  eine 
wilUcfirliehe  Laune  eines  Gewaldierrsofaers  gebangt  werden  soU, 
—  so  badarf  die  chinesiscbe  Gesetagebnng  nicht  der  luvten 
Scbreckensoiaassregeltt,  welche  man  wohl  bei  höher  gebildeten 
Völkern  noch  fttr  nOthig  findet  Chinas  Gesetze  sind  das  unge- 
trübte Erzcugniss  von  Chinas  Volksgeist,  und  der  Chinese  ist  von 
Hause  aus  in  seineui  sittlichen  Bewusstsein  eins  mit  dem  Staats- 
gesetz, es  ist  hier  niclit  iiöthig,  dass  er  erst  aus  seinem 
Baturlichen  ßewasstseia  2iun  gesetzlichen  Gehorsam  herausge- 
^eitscht  werde. 

Die  hdehsten  Verbrechen  sind  nothwandig  die  gegen  den 
Staat;  wer  den  Staat  Terletat,  verletat  auch  den  Himmel,  dessen 
leben  sich  im  Staate  ja  am  vollendetsten  offenbart;  der  Staat 

in  das  Himmelreich,  und  der  Hochverrath  ist  ein  Verbrechen 
Segen  den  Himmel;  und  in  diesem  Falle  zeigt  das  (ieseiz  aus- 
luduDsweise  eine  grosse  Härte. 

ia  den  ältesten  Schriften  werden  Tüiif  Straf- Arten  angeführt: 
Brandmaiken  im  Gesicht  durch  ein  glühendes  Eisen,  Abscbaeiden 
der  Nase,  der  Fasse  uad  der  Beine  bis  ans  Knie,  Kntmaoauttg,  aqd 
Todesstrafe  dareb  Abschneiden  des  Kopfes.  0  sweiteD  Jahr- 
basdert  vor  Christo  wurde  die  Strafe  der  Verstfinmielusg  abge- 
idiafll,  und  daflir  die  der  StockschlSge  und  Geldstrafe  eiogesetzt; 
^  bucliste  Maas-"»  der  ersteren  wurde  aufdOO  und  bald  darauf  auf 
300  festj^esetzt.')  Auch  Vnhannung  aus  dem  Reiche  oder  in 
dessen  entlegenste  (regenden  gilt  als  Strafe  für  schurre  politi- 
sche VerlwecbeD.  3)  Später  wurde  auch  Geiäogoissstrafe  eingeführt. 

CHrausam  sind  in  der  Tliat  die  Strafen  gegen  den  Uoehverratb; 
*w  die  Regiernog  an  stflnea  uoteraimnit»  den  kaiserlichen  PsUast 
sderden  Tempel  des  Kaisers  oder  die  Grftber  setser  Ahneo  seratürti 


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158 


wird  ait  dem  Tode  der  EDÜMiiptniig  bestraft;  ebenso  alle  mloD- 
lieheiiVerwaDdteD  de«  ersten  Grades,  welche  aber  60  Jahr  alt  sind, 
ferner  alle  andern,  auch  entfernteren  Verwandten^  welche  Im  Hanse 
des  Verbreehers  leben;  alle  nahen  Verwandten  unter  60  Jahren 

ueidcii  zu  Sklaven  geuiacht  und  ihre  (iüter  contiscirt;  alle  Mitver- 
ächworeneu  werden  enthauptet;  v\t'i  von  dem  Verbrechen  weiss, 
und  nicht  vor  der  Ausführung  Anzeige  macht,  wird  mit  100  Uiebeu 
ond  lebenslänglicher  Verbannung  bestraft    Wer  aber  von  den  Ver- 
wandten sich  selbt!$t  der  Obrigkeit  ausliefert^  wurd  begnadigt.  Tbetl- 
nähme  an  einer  £mp6mg  wird  mit  Enthanptung,  Eimiehmig  dei 
VermSgens  und  Verkauf  der  Familie  in  die  Sklaveret  bestraft.*) 
Fffr  MajestStsverbrecbeii  und  Air  die  Ermordung  eines  Mannes 
durch  seine  Frau  ist  wohl  auch  ein  Hcrausreissen  von  Stücken 
Fleisch  mit  einem  glühenden  Haken  angedroht*)    Die  Bestrafung 
der  Familie  des  Verbrechers,  die  besonders  auch  in  neueren  Zeiteu 
in  Fällen  der  Empiirung  angewandt  wird,«)  ist  aber  keiaesweges 
allgemetogOltiges  Creseti,  wurde  vielmehr  von  den  hervorragend- 
sten Geistern  entschieden  als  eine  Unmenschlichkeit  verwsrfea. 
Eber  der  gerfthmtesten  Kaiser«  Wu-waag»  erklärte  es  Ai  eine  der 
grOssten  Grausamkeiten  der  von  Ihm  gestflrsten  Fürsten,  dass 
diese  auch  die  Familie  der  Verbrecher  mit  der  Strafe  belegten;'') 
und  eins  der  iütesteu  Gesetze  erklärt:  „wenn  gestraft  werden  muss, 
so  soll  die  Strafe  nicht  vom  Vater  auf  die  Kinder  ültergehen."**) 
Jedoch  muss  sicli  die  entgegengesetzte  Sitte  noch  lauge  Zeit  Gel- 
tung verschafTt  haben,  denn  im  Jahre  1 79  v.  Chr.  verordnet  zwar  efa 
Kaiser:  „ich  will^  dass  kthift^jlün  das  Verbrechen  nicht  mehr 
auf      Eltern  oder  die  Famlie  des  Verbrechers  falle;'* •)  der> 
selbe  Kaiser  verlangt  aber  bald  nachher»  als  sehie  Ahnedmlb 
bestohlen  worden  war,  die  Ausrottung  der  ganzen  Familie  des 
Diebes;  i'J)  und  Ma-tuan-lin  klagt  bitter  darüber,  dass  diese  grau- 
same ^>tra^e  niclit  bloss  unter  den  despotischenh  Tsin,  soaderii  auch 
»  unter  vielen  andern  Dynastien  angewandt  wurde. 

Mord  wird  mit  dem  Tode,  £hebmcb  mit  100  Hieben,  Räuberei 
und  ]>eseftion  mit  Abschneiden  der  Nase  oder  der  Ftee  be* 
straft.  ^  Mandarinen,  webbe  sich  Disciplinar- Vergehen  au 
Schulden  kommen  lassen,  werden  im  Gesicht  durch  schwane  Zei- 
ohen  febrandmarkt.  —  Geringere  Vergehen  werden  meist  4ßnA 
ilielic  l)estralt.  VAne  sehr  ^^cwOlinlicbe  Strafe  ist  die  schon  im 
Y-kini»  1+)  erwähnte  uud  jetzt  noch  ueltende  Kange;  dem  Strälliug 
wird  ein  dickes  Brett  oder  ein  Uolzbiock,  in  dessen  Mitte  eiu  Loch 
Ist,  um  den  Hals  gelegt,  so  breit»  dass  er  die  Hand  nicht  snm Munde 
führen  kann,  und  dass  er  also  von  Andern  gespeist  werden  nmu»»'^) 


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159 


Wmn  die  Schuld  vclit  t8I1%  sw«ü«Um  enrlMoi  IbU  ho  M 
mraaf  geringere  Strafep  erlcaiMit  werdeo»  auf  Exil,  StockseUige 

etc.  Riiekfall  io  dasselbe  Verbrechen  nach  erlittener  Strafe 
uird  iiiit  dum  Tode  bestraft,  i^)  —  Bei  mächtigen,  aber  iiirht  i?aiiz 
iureichenderi  Be\veii<eri  >\ird  <la.s  (ie-stäudniss  durch  die  Folter 
erzwungeo;  man  lässt  die  Angeschuldigten  auf  Ketten,  zeratosae- 
oeia  Glase      dgl.  Inieeoi  preeal  Knöchel  iied  Finger  sttsaM- 

Viele  Geeetie  te^n  eine  sarCe  MeuicUichkeit  Den  Richten 
wird  avedracklich  Mitleidee  leit  de»  Aogeschnldlgten  aaempM« 
len;  )^)  die  Geeetze,  aagt  Koiig*tse,  eoUen  nicht  mit  Hirte  bneh- 

«tüblich  angewandt,  sondern  so  weit  als  möglich  zu  Gunsten  des 
Schuldigen  mildernd  ausgelegt  werden. 20)  Vergehen  und  Verbre- 
cbcü,  welche  ahAichtslos  begangen  sind,  sind  straflos  oder  werden 
geJindbeatrafL^i)  Der  einzige  Sohn  einer  Wiitwe  darf  llir  nicht  durch 
Verbannung  entzogen  werden^'^)  und  wenn  ein  zum  Tode  verurtbeilter 
Vdbrecher  der  einsige  erwachsene  Sohn  äber  70  Jahr  alter  filtern  iai; 
io  aoU  er  der  Begnadignng  den  Kaiaera  empfohlen  werden« 

Dem  Richter  hlieh  in  froherer  Zeit,  wo  Verwaltung  und  Rechte* 
pflege  noch  mehr  mit  einander  verwachsen  waren»  ziemlich  viel 
Spielraum.  ^)<t  lic.s.s  Kohl;  lu  ise,  als  er  Minister  war,  einen  Mann, 
der  seinfn  Sohn  auklaf:t<%  dieser  sich  gegen  ihn  vergangen, 

drei  Monate  lang  einsperren»  und  eben  so  lauge  auch  den  Sohn;  und 
Dach  dieaerZeit  erat  rief  er  beide  vor  Gericht;  jetzt  hatte  sich  der 
Vater  benennen,  ond  erkürte,  aeine  Anklage  aei  nar  eine  Zomaa- 
fibereUa^g  geweaeo.  In  dieaem  Vertahren  wnrde  viel  Weiaheit 
gdaaden.««) 

*)  De  MatlU,  hif 1. 1,  81 ;  de  GvigOM  im  Cbon-kiBg,  p.  Sil — Da  lOilla,  Idtt 
ILö6f.5«a.— •)Ch0a-kiDg,  p.  15;  da llailla,  Utl.  1, 90. 0  T»*TWi«-Le»Iii, 
Vi,  c  1. 1;  Gboa-kiiig,  p.  IIS.  Vgl.  Mäa.  d.  Qu  Xn,  p.  164. *)  Choa>kin6 
F.S4].  —  *)  GlUiIaff,  Tao-kntag.  8.  46.  ~  0  Chon-kiflg,  p.  150.  —  •)  Ebend. 
|^l«.^«)BeMd]la,II,  P.M1.— >^Bboad.p.659.-."}  BeiKlivnäi,  noH- 
«ncia. p. 4S.  —  *^  Ghoa-kiag pb  S97;  T-Uag,  II,  p.  48.  18S$  MAn.  d.  Oiin.  ZIL 
^  Jfi9.  —  »*)  CbiNhfcjl«,  p.  297.  —  >*)  n,  p.  48.  —  ")  Williams,  Reich  d.  Mitia, 
IS52,  I,S.  403.  etc.  —  »•)  De  MaiUa,  bist.  I,  p.  81.  —  »0  Ebend.  p.  81.  — 
'•)  Williams,  I,  S.  403.  —  <•)  Chou-king,  p.  16.  —  mm.  d.Chin.  XU,  p.  271. 
-  Cliou-kinjr,  p.  16.  26.  195;  de  Maiila,  hist.  T,  81.  —  »»)  Gfltzluff,  Xao-kuaag, 
a  56.  —  »•)  WiUiams,  I,  S.  405.  —  **)  hUm.  d.  Chin.  XII,  p.  194. 

IL  Me  Stasfs^lcglcrwig. 

§  60. 

Das  Reich  beginnt  in  feudalistischer  WeUe,  iüdem  um  einen 
^öisereii  Kern  immer  mehr  kleinere  Fürsten  und  Vülker.schaf- 
Um  sieh  angetsten,  und  mit  demselben  einen  Staatenhiind  bilde- 


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160 


Im»  der  Anfiings  lockerer,  «UmSUieh  ni  dnem  Bmiiewtaale 
wurde,  dessen  euizelne  Ffirsten  den  Kaiser  wiMten  und  an  der 

Leitung  des  Ganzen  rathend  und  beschliessend  Theil  nahmen. 
Andre  Stämme  wurden  durch  (jewalt  unterworfen  und  deren 
Fürsten  zti  \  asallcn  gemacht;  andere  unterwarfen  sich  freiwillig 
zu  einer  ähnlichen  Abhängigkeit.  i)  Auch  kaiserliche  Gouver- 
nenre  in  einzelnen  Provinzen  erbielten  wohl  zur  Belohnung  für 
grosse  Verdienste  ihre  Provinz  an  erblicher  VerwaHong*),  nad 
traten  damit  in  die  Rdlie  der  Vasallen  -Ffiiaten.  Das  Vasallen- 
dmin  ist  so  der  ünterban  des  Kaiserdrams. 

Aber  die  ganze  Weltanschauung  der  Chinesen  drängt  zar 
allgemeinen  Einheit  des  Volkes  und  zur  Alleinherrschaft  eines 
Einzigen  hin;  ein  Himmel  und  eine  Erde,  —  ein  Kaiser  und 
ein  Volk.  Der  Staat  ist  so  lange  noch  nicht  ein  wirkliches 
Abbild  des  kosmischen  Lebens,  als  er  sich  noch  nicht  zu 
einem  schlechterdings  einheitlichen  Gänsen  yerdicbtet  hat, 
so  lange  aeine  einzelnen  Glieder  nur  locker  mit  dem  Mittel- 
punlste  verbunden  sind*  Die  verschiedenen  StAmme  verschnidl« 
aen  immer  mehr  in  ein  Volle,  die  Vasallen  werden  immer  mehr 
zu  blossen  Stattlialtern  herabgedrückt,  die  Erblichkeit  derselben 
wird  aufgehoben;  die  Lehrt»  des  Kong-fu-tse  und  seiner  Schü- 
ler, besonders  des  Meng-tse,  fordert  entschieden  eine  durch- 
gängige Centralisirang  der  Macht  und  der  Verwaltung;  und 
dieses  Emporringen  des  Mittelpunktes  als  alleiniger  Macht  gelangt 
anr  Vollendung  unt^  dem  Kaiser  Sclii>hoang*ti  um  ttO  vor 
Chr.,s)  welcher  aber  andrersetts  die  starke  PersOnHchkeit  des 
Regenten  viel  mehr  in  den  Vordergrund  stellt^  als  es  die  ehbe- 
sische  Staats -Idee  erlaubt,  und  darum  von  den  Geschichtschrei- 
bem  als  ein  Despot  betrachtet  wird.  Seit  dieser  Zeit  ist  China 
ein  ungetheiltes  einiges  Reich,  uiui  der  Kaiser  fasst  alle  Macht 
des  Staates  in  sich,  und  alle  Regierung  geht  ganz  aUein  von 
ihm  aus;  —  nur  später  unterworfene  Vnlker,  nach  Geist  und 
Geschichte  den  Chinesen  fremd,  wie  die  Völker  der  Mongolei, 
stehen  noch  in  einem  lockeren  Vasallen-Verhältniss,«)  und  sind 
nicht  aufgenommen  In  den  einigen  Organismus  des  Ganzen. 

Die  LehnsverhüItnisRe  waren  auch  in  der  alten  Zeit  nicht  Immer 
diesülhci).  Die  Vererlning  der  Herrscliaft  war  die  Regel;^)  aber 
bisweilen  wählte  auch  ilei  Kaiser  den  Nachfolger.  Die  Lehnsfilrsten 
sollteD  jährlich  einen  Gesandten  an  deo  kaiserlichen  Hof  senden, 
um  Bericht  zu  erstatten  und  Anweisungen  zu  emplkogea^  und  alle 
Ünf Jahre,  oder  nach  dem  Scha-kiag^  aUe  sechs  Jahre,  sollten  sie  selbst 
an  deo  kaiserlicheD  Hof  konmien,  um  die  sdraldlge  Haldiguag  qad 


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in 


ieo  Tribut  zu  bringeo;  gewuhnlich  wurden  sie  reich  beschenkt 
eotias«eo«  ^)  Kein  Vasall  durfte  ohne  Erlaubnis«  des  Kaisern  sein 
Reich  an  eioea  Andern  abtreten,  Tertheilen  oder  verrifigern;  die 
Vasalleiireklie  siod  yerpflichtet,  einander  bei  Unngemntfi  oder, 
aadeier  Gefebr  beisttttelin^.  Diesen  genetslicbe  Veib&ltaine  werde 
aber  mebl  toner  beebacbtel;  wir  finden  die  Firsten  eil  in  Kriegen 
onter  einander  mit  oder  ohne  Eriaubniss  des  Kaisers,  selbst  als 
Keljolicn  fijefi;cn  den  Kaiser:  sie  machen  Bündiiiü;fc.e  mit  einander 
gegen  die  andern  etr.^)  Be8(indcrs  /.errüttet  waren  diese  Verhäit- 
aisse  io  den  nichsteo  Jahrhunderten  vor  üjis^-fu-tsc. 

VenammhiogeD  der  Fürsten  und  Grossen  zu  Beratliuogen  äbe^ 
Beiflhs-Aagelegenheüen  werden  in  alter  Zeit  oft  erwibük.  Deü 
Voiiiiiiger  deeTae  wutde  durch  dieRefchs-yeffMunlaqg  abgeeottil 
Tao  rerlaagte  ren  Ar  die  WabI  eines  MitregentaD,  bolinigle  sie 
■Ii  die  Maassregeln  gegen  die  grssse  Wasserflntii,  nnd  beflef  sia 
kurz  vor  seinem  Tode  zur  Wahl  seines  Nachfolgers.^)  Kaii»er 
S(  hun  versammelte  bald  nach  seiner  Thronliesteicung,  um  2255  vor» 
Chr.,  die  Grossen  des  Reichs  und  sprach  zu  ihnen:  ,,Die  Stellu,> 
welche  ich  einnehme,  ist  ohne  Widerrede  die  schirierigste  um\  dier 
geObrUcbsle  ven  aUen;  das  WoU  des  Voüies  bingt  yoa  dem  Kai- 
ser ab;  aber  wie  gescUckt  er  auch  sei,  er  bleibt  ein  Mteeeb  und 
buB  aiebl  ftr  sich  selbst  alles  wissen  md  bennen«  Ween  er  nicht 
fsa  erienefateten,  gesohieirten ,  treuen,  eifrigen  und  tngendbaflton 
Cnterthanen  unterstützt  uird,  wie  kann  er  das  Volk  glücklich  nia- 
eben?  Ich  habe  euch  versammelt,  damit  ihr  aus  eurer  Mitte  zwtitf 
Personen  wählt,  welche  im  ^Stande  sind,  meiner  Scliwachheit  bei" 
zustebn.    Ich  habe  wenig  Geschick,  und  es  liegt  mir  am  Uerzcm, 
laeia  Voül  glfiddieb  an  machea,  und  ich  hoffe,  dass  ihr  mich  darla. 
wteretitaeD  werdet   Dae  Eeich  ist  jetst  hi  swBir  Prorhiaen  ge« 
Ibeilt;  es  bedarf  swOlf  Mlaner,  um  sie  zu  reglereo;  wlhlt  sie  nad. 
stellt  arir  sie  vor."  Die  Reichs -Versaaunhing  wShlte  dIe.awMr 
Hoevemeure,  und  Sehun  bestätigte  sie.  ^o)  Später  verlangte  Schuuf 
von  der  Reicbs-Versammlung  die  Wahl  eines  Minister-Präsidenten, 
«D(l  der  von  derselben  einstimmig  vorgeschlatrene  Yu ,  nachlieris^r 
Kaiser,  ivurdo  von  Schun  bestätigt.       Auch  in  späterer  Zeit  wer* 
den  Versammlungen  der  Grossen  Öfter  erwähnt; —  und  noch  im 
ächeoten  JahrimndertTorChr.  versanmehi  sieh  dieVaaalieafirsten 
eigeaiBicbtig,  nm  über  ihre  Sonder- Interessen  au  beratheik.^) 
nie  Zahl  der  Vaeallen  «iter  der  Dynastie  Tsehe«ti  [1122  ^  835 
w  Chr.]  wird  aef  fost  1800  angegeben;  Torber  waren  gegen 
3000,       unter  diesen  aber  hatten  sieben  Fürsten  eine  hervor- 
ragende Stellung. 
D.  11 


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16t 


OU^king,  p.  ZVni;  Meag-yen,  II,  9,  f.  0.  •^")  Oto  GaigMitti  Oho»lteg, 
^8S6|  dAllillU,  1iiAX,,p.aS.^*)  J>«Blirillft,  n,  f.87S.ele;  diOlicMtim 
Chon-kiiig^  —  *)  Katpmtb,  tibi  hlit.  p.  S07.  —  *)  Tchoim*7oo«g,  c  iQ^  M. 
*)  EbemL  SO,  14;  de  UmU»,  hwt.  It  p.  81 }  Choa-kins>  p.       15.  —  0  Mitng-tteo, 

n.  6,  36;  n,  8,  3.  —  *)  Chi-king,  p.  9$9;  Meng-tscu,  IT,  6,  28  ;  ChoQ-kiag,  p^  U\ 
de  Mailla,  hitt  I,  p.  104,  U,  93.  94.  —  •)  De  Maillu,  hist.  I.  p.  52.  51  TT  — 
>0)DeMAilU,hiBt.  I,p.87. «>)£bend.  p.  88.  -  «*)  Ebend.  p.  162.-« i'>jBM. 
a,  p.  91.  —      Ebead.  IL  p.  649}  M**tMn^Uo,  b.  JUsprodit  p.  ^  54. 

S  ^i. 

Der  Kaiser  ist  d«r  Vertreter  und  das  Organ  des  Hioinflls, 

der  leitende  Mittelpunkt  der  Menschheit,  in  welchem  die  das  All 
durchziehende  A'ernünftigkeit  ihren  vollsten  Ausdruck  findet. 
Er  ist  der  So  Im  des  Himmels,  —  so  heisst  er  schon  im  dritten 
Jahrtausend  vor  Chr.«^) —  und  verhält  sich  zum  Uimmel,  wie  der 
Vasall  snm  Kaiser; er  voUfuhrt  nur  des  Himmels  Ordnung  und 
Geseta,«)  ist  „Diener  des  Himmel8$<««)  er  atebt  dem  Volke, 
als  dem  paasiveii  Theil  der  Menseliheity  grade  so  gegenüber  wie 
die  ürkraft  dem  üiatoff^  der  Himmel  der  Brde  gegenikbeiiBtelit; 
er  ist  die  eine  Seite  der  Mensehbeit,  die  geistige,  aetive,  be- 
wegende,  das  Moment  der  Kraft,  deren  Wesen  die  Liuheit  ist, 
während  das  Volk  den  zu  bewegenden  Stoß*  darstellt,  dessen 
Wesen  die  atomistische  Vielheit  ist.  Der  Kaiser  hat  als  Vasall 
des  Himmels  seine  Würde  Und  seine  Macht  \veder  von  sich 
selbst  noch  von  andern  Menschen,  sondern  allein  vom  Hiramei, 
mag  er  nnn  doreh  Gebort  oder  darch  Wahl  oder  dnroh  eine 
ReTolotlon  aof  den  Thron  gekomoMi  sein;  er  ist  Kaiser  durch 
deo  Himmok  Bestimmong  nnd  EtnaelBung;^)  and  seine  Rogie> 
rang  bis  ins  Kleinste  hmab  föhrt  er  aHeia  hn  Namen  des  Him- 
mels;  seine  Defehle  und  üe&etze  haben  nicht  eine  nienschliclK'. 
sondern  eine  göttliche  Aoetorität;  er  ist  der  Fol,  um  welchen  alle 
Sterne  sich  drehen;«)  Alles ^  was  Regierung  und  Verwaltung 
heisst,  iiiesst  vom  Kaiser  ans,  und  in  ihm  susammen;  es  giebt 
in  China  l^eine  Selbstregtemng  des  Volkes  in  irgend  einer  Art, 
Als  des  Hfeumela  hdohater  Vertreter  empftngt  er  eine  faal  gött- 
Ikhe  Verokningi  «nd  aeipe  Befehle  fordern  einen  Gehorsam»  wie 
er  den  göttUehen  Geboten  ankommt  Ihm  gdiArt  das  Reich  «nd 
Alles,  was  darin  ist^) 

Der  Titel  Ti,  der  Herrscher,  findet  «ich  scboD  bei  Vao  uud 
Scliun,  im  l  ntrrsrliiede  von  Wan?.  Künis:  oder  Fürst;  seit  Schi- 
hoang-ti  wurde  der  Titel  Hoang- Ti,  eigentlich  „der  gelbe  Herr,*' 
gelwäacbUeb.  —  Die  hinuDlischc  Berufung  und  Bevollmächtigung 
des  Kaisers  begegnet  uns  auf  aUeo  Blättern  der  cbinesisehes  €»e* 
schiebte;  die  Kaiser  schlrften  es  schon  lange  ror  Koag>fa-49e  dam 


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Volke  em,  äntiA  sie  ihre  Macht  unmittelbar  vom  Himmel  erlialten, 
«ml  kfiodigteB  aii«h  deo  Kri^  im  Name«  des  Himmels  ao;  selM» 
die  Mi'ineter  lieis^eii  ^»Bllaister  des  Himmeb/^^)  Der  CMMrMB^ 
gegee  den  Ksiaer  geht  «o  weil,  daM  ali  ein  Kiiäef  einem  FfMtev 
eise  Sebmir  znmindte  mit  dem  Befehl,  aioh  an  erdroeneln,  dieser 
denseibet)  sofort  ausführte. 'Oj 

Uie  Kaiser  haben  Altäre,  ilber  denen  ihr  Name  mit  sroldner 
Schrift  eingeschrieben  iM,  und  auf  denen  wohlriechende  Dinge  ver- 
brannt werden;  vor  diesen  AltSren  wirft  man  sich  dreimal  auf  die 
Knie  und  beugt  den  Kopf  bis  zur  Erde;  bei  dem  Anblicke  eines 
Iniserilchen  Schrelbene  ftillen  alle  Anfreseoden  a«f  die  Knie.  Vor 
dem  Kaieer  mtiss  Jeder  dreimal  nrft  der  Stirn  die  Erde  herAren, 
mid  dem  leeren  Thron  wird  gleiche  Verehrung  gesellt  wie  dem 
Kaiser  selbst.  >*)  Das  kaiserliche  Symbol  ist  seit  den  SNesteo 
Zeiten  der  Drache;  sein  Thron  heisst  „des  Drachen  Thron;"  die 
kaiserliche  Farbe  ist  das  (weih,  i-)  Die  kaiserlichen  Palläste  sind 
zwar  keine  Kunstwerke,  aber  sehr  gross  und  schmnckreich ,  mit 
grossen  GSrten,  Thiergehegen  ete.  Jedoch  wird  grosser  Prunk 
«ehr  getadelt.  Maren  Polo  eraShIt  yon  Säulenhallen  mit  €o4d 
geschmflckt,  so  gross,  dass  10,000  Menschen  darin  hefrlfthet 
werden  kennten.»)  Im  kaiserlichen  Pallast  darf  kein  Menifeh 
sterben;  wer  dem  Tode  nahe  ist,  wird  ans  demselben  entfernt.^) 

')  Y-king,  L  p.  166;  ChoTi-kinc^'.  p.  69-,  vgl.  p.  122.  —  »)  Metig-teeu.  II.  3,  22.  - 
')  Ebcnd.  I,  2,  18.  —  ♦)  Chuu-kmg,  p.  151.  —  *)  Ebend.  p.  27,  37.  Meng-taou,  II, 
3,  Saas.  24.  —  •)  Chou-kiug,  p.  167,  196.  —  0  GauUff,  Oflscb.  &  dOfh  ^ 
*)  Ikml  a  SS }  ii  MaiUa,  bitt  I,  p.  US.  ~  •)  dimipking,  p.  €9.  >  •)  Oaubiff, 
8.  SM.  >i)  Bmm,  Bdse  etc,  1, 8. 16.  96.  148.  165.  175.^  i*)  Chi-king,  1, 11,3. 
X'hag,    p.  slO.  —      Marco rolo,  II  c  68,  10.     >«)  Braam,  Seise  I,  d.  168. 

nie  Bedentnng  des  Kafoera  als  Solm  iikid  Vertr«tcv  das 

Himmels  Ist  aber  mehr  ein  Ideal  als  Wirklichkeit,  mehr  ein 
Sollen  uiid  ein  Ziel  des  Strebens  als  ein  an  sich  schon  Vorhan- 
dene«;. Der  Kaiser  ist  nicht  schon  von  Hause  aus  und  mit  ddr 
Throubestei^Dg  ein  wirklicher  V  ertreter  des  Himmels  und  Ver- 
tediger  TOD  dessen  VernünAigkeit,  goi^dem  er  soll  es  sein; 
wd  er  wird  es  allein  darch  Tvgead  und  Weisheit;  beides  aher 
in  TOD  Kator  dem  Kaiser  nieht  mehr  eigen  ala  jedeai  «Odem 
Uensohne.  Der  Kaiser  bat  die  Best! ntnang,  eia  wifkUeher 
Sohn  und  Vertreter  des  Hinmiels  zn  sein,  aber  er  int  es  iiar 
dann,  wenn  er  sich  durch  Weisheit  und  Tugend  dieser  Stellung 
würdig  macht:  ein  lasterhnfter  uud  tliürichter  Kaiser  ist  unbe- 
rechtigt» daa  Keicb  der  Mitte  za  regieren.   Die  Kaiserwürde 

11  ♦ 

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ürtprmg  «ad  Leiter  iel,  iet  aveb  ▼cmtwortlteli  Ür  den  jeto* 
naligen  Zeetand  des  Volkes.  Wenn  Uaglftek  über  das  Velk 
hereinbricht,  Laster  überhand  nehmen,  Hnngersnoth  und  Ober- 

schwemmun^en  das  Land  beängstigen,  so  trägt  der  Kaiser  die 
Schuld;  uüd  nie  darl  dri  Kaiser  über  das  Volk,  immer  nur  dab 
Volk  über  den  Kaiser  klagen:  —  des  Kaisers  Sunde  ruft  ja  notli- 
wendig  des  Volkes  Sünde,  wie  Störung  in  der  ^^Uir  hervor. 
Die  Lehre,  dass  nlics  Verdienst  auf  den  Fürsten,  aUaSdmüU 
aaf  die  Vöiker  JßUU,  ist  keine  chinesische.  Die  Stiniwwng  des 
Volkes  ist  di^ram  ein  sicherer  Maassstab  Dir  dea^aia^rs 
digkeit;  wenn  der  Kaiaar  aeioer  9edeiitQn§;  entspricht,  da  moas 
sich  das  Volk  wohl  fühlen,  und  wenn  er  einsichtslos  and  laster- 
haft ist,  fühlt  sich  das  Volk  in  seiner  Ordnung  und  seinem  Frie- 
den gestört.  Des  Volkes  Unzufriedenheit  ist  immer  des  Kaisers 
Schuld,  und  alle  Empörungen  fallen  auf  sein  Haupt;  unter 
eUiem  guten  Kaiser  ist  eine  EmpOmng  undenkbar,  denn  der 
Blenach  ist  yon  X<]atar  gnt,  und  das  Böse  ist  immer  nur  Ans- 
nähme;  ein  guter  and  geredbter  Fflrst  findet  überall  Gehorsam 
«nd  Liebe,  wird  »wie  ein  Vater  van  Allen  geliebt  und  hat  im 
ganaen  Reiche  nicht  einen  Gegner;  aui  solduer  Kaiser  aber  ist 
ein  Gesandter  des  Himmels. " 

Milde  Regierung  uml  vaterliche  Lit  l»e  zum  Volke  wird  überall 
iils  des  Kaisers  höchste  I*flicht  betrachtet.       „Der  Kaiser  ist  der 
Herrscher  der  Meuscheri,  er  ist  ihr  Vater  und  ihre  Mutter;  der 
Kaiser  ist  dec  Diener  des  höchsten  llerfschecs,  um  friedlicii  uad  mild 
dasReich  au  regieren. «)  ^ioKaiser  mass  filr  seia  Volk  sorgea  aad 
es  aebteai  aiie  MeasdieB  sind  die  Kinder  des  Hiounels."  <o)  „W« 
em  Reich  beherrscht,  muss  das  Volk  wie  seine  Kiadev  lieben.*'  >^ 
Die  Verantwortiicblceit  des  Kaisers  ftfr  das  leibliche  nid 
geistige  Wohl  des  Volkes  ist  die  zu  allen  Zf  iten  ausgespruchcoe 
UberzeugiiriL^  <h*T  Chinesen.    ,,\V('iui  der  Fürst  ei«j  mildes  Re^* 
^ept  führt,  dann  Hebt  ihn  das  Volk  und  stirbt  für  seinen  Führer  ;V 
^  geblechte  Fürsten  aber  schaden  schlechte  Diener  und  ein  schleob- 
.1  j^f  .Volk,  und  das  Aeich  gebt  su  Gründe. »)  Als  ta  eia^  KniV 
,n  die  Soldaten  4a;i'enliel0n  und  der  Kaiser  den  |f  eng*lae  belrast^ 
■-.'^agllB  dieser:,  «.dn.  4mlbs^.  bist  Sebald ,  weil  du  das  Volfc,and 
.  .  den  Krieger  vernachlässigt  hast  und  darben  Ueasest "  ^)    ^  Wenn 
Friede  und  Einigkeit  nicht    herrschen  im  Volk,    si»  tragen  die 
.    die  Schnld,  welche  regieren.**'^)    „Weria  das  Volk  nicbt  so  ist, 
wie  es  sein  soll,  ist  diess  nicht  des  iüii^ers  ^ichuid?'*  ,fDie 
,,..|i}iiaUe  der  Besserung  des  Herzens  ist  vorKugfiircise;iin  Kaisar« 
;  ^i^eaa  dfr  Kaiser  wirldicli  so  ist»  wie  en  sein  soll»  S9  vei;|ireitf  t ^uslr 


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w 

mim  Tugend  fibmll»  oocl  die  weiMii  HeMcben  Mderer  Linder, 

vou  solcher  Tugeod  ergrifTen,  werden  ihm  in  Menge  ihre  Dienste 
aobieteo,  um  daa  GlücL  zu  geoiessen,  unter  seineo  Gesetzen  zn 
ieken;  und  welche  Nacheiferung  wird  unter  dem  Volke  setn!''i'') 
Als  J^auier  Yu  [um  2200]  sein  Reich  durchreifte,  fand  er  auf 
dar  Stgtmse  die  Leiebe  eine«  £rmordeteB.  Yu  stieg  aus  aehiein 
Wagm  umd  rief  sntar  Tluineai  «»wie  wenig  würdig  biu  icli  dee 
Plataeey  den  kh  eieoelineft  ich  eoUte  das  Her»  eines  Vaters  für 
«ein  Voili  Mm,  und  dnrfb.flMine  Sorge  und  Waclwamkeit  Verbin- 
dern, dass  niemand  ein  Verbrechen  begehe;  müssen  die  begangenen 
oiebt  auf  mich  zurückfallen?"  —  ^^j  s  nir)o;cu  beständig  sein  unsre 
Fflrftten  ,  sa^t  der  Scliu-king,  —  dann  w  ird  auch  des  Volkes  Ge- 
müth  standhaft  sein;  es  mögen  die  Gerechtigkeit  üebeo  unsere 
Weisen,  dann  wird  das  Voih  auch  Zorn  und  Hass  ablegen.*^!*) 
„Der  FOfst  soll  selbst  die  Tagend  besitsen«  dann  darf  er  sie  Ton 
Andere  fordern,  faesitat  er  sie  nicht  selbst,  so  darf  er  sie  auch  too 
Andern  nicht  foidem«  Dem  Menschen  das  Gute  zu  befehlen»  dessen 
nao  selbst  ermangelt,  i8t  widersinnig  und  unnatfirllch.  »>) —  „Wenn 

der  Fürbt  t\'n-  Tiigefid  be£»itzt,  so  bei»itzt  ei  nuvh  die  Herzen  der 
Ikfenschen,  uud  wenn  er  die  Herzen  besitzt,  so  besitzt  er  auch  das 
Land,  uud  weuo  er  das  Land  besitzt,  so  besitzt  er  auch  dessen 
Schitse,  und  wenn  er  die  Schätze  bat;  so  louin  er  sie  anwenden.  — 
Wen«  der  FOrst  die  Tugend  Hebt,  so  ist  es  uomOglich^  dass  das 
Volk  dKe  Geveditigheit  nicht  liebe. »»i)  £ine  Inschrift  aus  der 
Mt  Tor  Kong'tse  sagt:  ^lian  lebtet  dem  Herrscher  nur  denn 
Widerstand,  wenn  er  Unrechlngssiges  fordert;  man  gehorcht  ihm 
ohne  Weigerung,  wenn  er  sich  mit  Wenigem  begnügt,"*')  — 

Auch  für  die  \  ergehen  der  Beamten  ist  der  Kaiser  verautvvort- 
lich;  der  fromme  Kaiser  Tsching-tang  .spracfi  /u  seiDcrn  Statthalter: 
»,Weno  ihr  Unrecht  begeht;  so  fällt  diess  auf  jni^  aurd«^/' ^) 
Ein  Minister  im  vierxehnten  Jahrhundert  vor  Cbr,  ngte:  p^wenn  ein 
«eiHger  if«Mi«h  |m  gsjuea  Keiche  Kolh  leiden  Bqfitp,  so  wgrde  Ich 
jdsbL*nlhst  Schädigen  hallen."»»)  -r-  £in  Weiser  sagte  au 

ssmem  Kaiser:  „Es  Ist  kern  Untersebied,  ob  du  Einen  todtschlfigst 
<M}er  ihn  durch  eine  schlechte  Regierung  umkonmien  VinHi.  In  deiner 
Küche  ist  Fleisch  die  Fülle,  iu  deinen  StitUen  feiste  IMerde,  iu  des 
Volkes  At)i;e^icht  ist  des  Hungers  Farbe,  und  auf  den  Feldern  liegen 
die  1^  eichen  Vcchnngerler.  ^  —  Wenn  wilde. Xhiere  andre  Tbiere 
'  SttlTressen,  so  hassen  die  Menschen  sie,  wenn  aber  ein  Fürst, 
weteher  eis  Vater  end  jSiutter  des  Volhea  ein  »Udes  Reghaent 
Mneo  ßfiUtt  riViPr  .Vi«h  aftstet  uqd  seine 'Uetertibanei).  umkommen 
iMst^  Wif  km  er  V«ter.iiiid  Mutter  des  Volkes  heles«p?''>}  — 


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Als  unter Tscbiog-tang  eine  siebenjährige Hungersnoth  herrschte, 
—  merkwürdigerweise  um  die  Zelt  der  bekartnten  Huncersnoth  zu 
Josephs  Zeit,  um  1  (1)6,  —  klagte  der  Kaisier  .sich  als  die  Ursache 
ao,  verrichtete  Busse,  beichtete,  und  siehe,  es  tiel  ein  PUUx- 
regen.^)  Ähnliche  Begebenheiten  niederholen  sMi  oft;  an  alloit 
Volks  «Uoglflck  ist  der  Kaiser  äklmld  und  niHM  dämm  Busie 
-Umn.*^  Noch  hentigeö  Tages  muss  der  Kaiser  auf  ZaH  eher 
grossea  Noih  als  Reuiger  in  Saditaob  geUetiet  erselNiiBeD  und  atte 
Schuld  auf  sfcli  oeliinefi.  Als  t«ii  Jalire  1839-«itie  sprosse  Ofrre 
herrschte,  veröffentlichte  der  Kaiser  Tao-kuang  ein  liusagehet,  in 
vveieheui  es  unter  andern  heisst:  ,,Ich.  der  Minister  des  Himmels, 
bin.fiberdie  Menschheit  t^esetzt,  und  bin  verantwortlich  für  die  Auf- 
rechthaitttog  der  Ordnung  in  der  Welt  und  für  die  Beruhigung  de? 

Volkes.  Die  einzige  Ursache  der  gegenwärtigen  Dürre  ist  die 

tägiich  tiefere  Abschealichkeit  meiaer  Sttadea  bei  weaig  Aufricblig- 
keitand  Ergebeoheit.  Daher  war  ich  ofelit  Im  Sfasde»  des  Hiamek 
Hers  BurahreD  and  reichÜdie  SegDVogen  herabstabriDgea.'^^  Nie* 
dergeworfen  flehe  ich  den  erhabenen  Himmel  an,  meine  Unwissenheit 
und  Thorheit  zu  verzeihen  und  um  liesseruntr  zu  gewähren,  denn 
Millionen  unschuldiger  Menschen  sind  durch  iiüch,  einen  einzelnen 
Mann,  in  Gefahr  gebracht.  Meine  Sünden  nind  ao  zahlreich,  dass  es 
schwer  ist,  ihnen  zu  entgehen  etc.'*  2»)  _  jVur  in  dem  Sinne,  dass  der 
Kaiser  die  allgemeine  Ordnung  des  Lebens  aufrecht  zu  erhalten  hat, 
and  dass  dieselbe  durch  sein  gutes  nder  schlechtes  Verfaaltea  l»e- 
wahrt  oder  gestört  wird,  kann  man  sagen «  dass  er  eine  Herrschaft 
Aber  die  Natur  ausübe;  von  einer  höheren  Herrschaft,  wie  Hegel 
sie  schildert, so  dass  der  Kaiser  über  sein  rein  menschliches 
Wesen  zu  einer  \^  irklieb  göttlichen  Macht  emporgerückt  wird ,  wissen 
die  Chinesen  nichts. 

Einige  Beispiele  vollkommener  Kaiser  mügeo  zeigen,  wie  die 
Chinesen  den  Fürstenberuf  aulfassen.  Ti-ko,  kurz  vor  Yao,  ft'trwt 
beliebt  beS  dem  Volke,  ohne  der  Majestät  des  Throns  etwras  zu 
vejrgebeo;  er  wachte  fiber  alles,  war  leatsellg  «gegen  Jedewiaa; 
'  ohne  an  Festigkeit  In  der  Tugend  etwas  zu  verlieren,  war  er  eb 
Gegenstand  der  Liebe ,  der  Bewunderung  und  d^  Verehrung  aller 
seiner  Unterthanen;  voll  Ehrfurcht  vor  dem  höchsten  Iferrscher  und 
den  Geistern  beobachtete  er  sich  jederzeit  in  seinen  Haridlunger} :  ' 
Er  stellte  als  Grundsatz  auf:  „keine  Tugend  ist  grosser  als  die 
allgemeine  MeDscheoliebe,  und  die  beste  Regierung  ist  die, 
wcdche  die  ausgedehntesten  Vortheile  den  Unterthanen  angedeihea 
'Übst.'  *  Dss  VorzflglicfaMe  hi  der  Verwaltung  ial  Treue  «nd  tm-lle- 
glefen  Wohlwollen!  — «  Am  hOehstenr  eihoh  lM>  Tao«  i«tter 


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m 

Bmmel  allein  ist  gross,  und  Yao  aliein  hat  ihm  nachgeahmt.  Gross 
und  erhaben,  konnte  sein  Volk  ihn  nicht  wahiliaU  beneoncü,** 
«pricht  Kong-fii-t«e.")  ,,Seln  Herz  schien  so  nohlthätig  wie  der 
Ham«l.  «ein  Geist  m  «v^ae  wie  die  reinen  Geister,  so  bell  wie 
^  Seoa^aa^eiteren  Tagen;  da»  Wolken  glei«!^  welche  die  Auen 
ktbmchim;*9mr  er  die  HeAeneg  «eher  VOÜEef,  wtA  dnidi  «ohi  an- 
■ffMchilaeea  Qftd  ehfiM^e*  Beoelam  eimg  er  eich  die  Adilpog 
•Her  MertlMeeD.  GeleHet  tob  der  Vermuift  veratend  er  ee«  sie 
übtrall  herrschen  zu  lassen.  Er  machte  oft  Reisen  durch  das 

i.atid,  um  sich  von  allem  persönlich  /.ii  unterrichten.    „Wenn  das 
Volk  friert,  —  sprach  er,  —  so  hin  ich  Schuld  daran,  hungert  es, 
§0  bin  ich  auch  Schuld,  verOillt  es  in  Bünden,  so  hin  ich  deren 
Urheber.  —  Er  liebte  seia  Volk,  wie  ein  Vater  seine  Kioder.  **  ^) 
b  tele  ibeiftll  die  Kiefen  an,  beaaiaiehtiite  die  Beamten,  nnd 
aaeh  in  die  Bitten  der  Annen;  mild  gegen  daa  Volk»  war  er 
ftreog  gegen  die  Miniater;  er  verlmnnte  einige  deraellien  unter  die 
BwlMreB  mit  dem  Anftrage,  sie  feeittet  an  maohen.   Er  aorgte  fiir 
den  Voiifsunterricht  und  für  die  Verehrung  des  Hiumiels;  seine 
Tosend  machte  das  Volk  tugendhaft. 3«)    Yao  wurde  hei  seinem 
r nfle  imgaazen  Lande  dr«'i  Jahre  lang  hetraii^rf ;  ,,das  Volk  weinte 
iUD  ihn,  wie  Kinder  um  ihren  Vater  und  ihre  Mutter  weinen. 
Sein  Naekfolger  Schun  steht  in  gleiehea  £hren.  Er  durchreiste  alle 
Miahra  aein  Reich  nnd  verliQrte  aefaie  Handaitoen;  er  erlüirte 
als  aainen  GrnndaatSf  dna  beate  Mittel  aur  Endelnug  gehoraamer 
IlbtarthaneD  aei  die  Fllle  aller  nethwendigea  Dinge,  da  aoaat  die 
Nstb  der  Meosdien  jeden  Keim  des  Guten  ersticke;  die  Abgaben 
ioHen  gering  sein,  und  die  Gesetze  streng  und  unpartbeiisch  aus- 
s^'fiihrt  werden.  Seine  Klugheit  und  seine  Bescheidenheit  wer- 
deo  hoch  gerfihmt;'*)  seine  Aussprüche  gelten  als  heiligste  Sitten- 
cmI  Regiemngaregetn :  viterliche  Liebe  für  sein  Volk  durchzieht 
•dae  Geaetae  nnd  Handlangen.   Wenn  gestraft  werden  aoll,  aagt 
m,  80  aott  die  Strafe  nicht  vom  Vater  auf  die  Kinder  Ohei^gehen; 
wenn  eher  helohat  werden  aell>  ao  eratieekt  aich  die  Bebhnnng  auch 
•af  dielOnder.  —  In  sweifelbalten  Vergelten  ael  die  Strafe  leieht, 
bei  einem  zweilellialten  Verdienst  aber  sei  die  Relohnunt;  gross; 
besser  ist,  sich  der  Cielahr  auszusetzen,  einen  Schuldigen  unbe- 
straft zu  lassen,  als  einen  Unschuldigen  zu  bestrafen.   Eine  solche 
lür  daa  Wohl  der  Uoterthanea  besorgte  Regieraog  gewimit  die 
Beraea  den  Volkes. 

Xm^-tae  gab  als  Miniater  aeinem  Ffiraten  folgeode  Mahnnng: 
^Sn  Firat  OMaa  eme  hinige  Liebe  gegen  alle  aeloe  Unterthanen 
hiheni  er  mnaa  auchen«  ihnen  efaien  behaglichen  Lehenannteihalt 


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ITO 


zn  verschafTeo;      —  du  magst  die  Meng^  der  Abgaben  miDdero 
uad  nur  diejenigen  bestehen  Ia««en ,  deren  Nothwendigkeit  Jeder 
einsieht,  vor  allem  also  nicht  die  Fioth\\ endigen  Lehensbedi'}rfnis!«e, 
son rirrn  Luxusartikel  bcsteuero;  du  muasj  dem  Volke  keine  Arbeit 
aufbürden ,  dereo  Frfieiile  e»  nkht  geolasat  etc.    Ein  Regent  mnns 
sich  alle  VergntSgntigea  vMagen;  er  ist  nicht  der  Hevr  AherMiM 
Seit;  alle  «eine  Sfnoden  geliOren  ilem  Cleneiowoiil,  sed  m  dmm 
Wobt  aRdn  nrasa'  er  sie  verwenden.   »,  Jeder  AngenhMr,  den  er 
anf  efn  selbst  anständiges  Spiel  verwendet,  Ist  ein  Raub  an  dem 
Wold  des  Volkes.    Ein  Fürst,  der  in  seinen  Unterthanen  seine 
eignen  Kinder  sieht,  \v!rd  FnferthantM)  liMbcn,  die  in  ihrem  Fürsten 
ihren  eignen  V  ater  ($ehüu.''^^)  —  Einem  sonst  treffhcheo  Kaiser, 
der  aber  die  Jagd  Hebte,  erklirte  ein  hoher  Beamter:   ,,Als  man 
hSrte,  dasa  du  weise  Leute  mn  dich  an  heben  wOonchteet,  jsheile 
man  vor  Frende  trad  glanhte  die  Zeiten  Scfava'«  und  Yno*e  wieder- 
Ireltrend.   Aber  wenn  du  nnr  mit  diesen  Weisen  alle  Tage  nnsiei* 
test,  mn  sie  hinter  Hasen  und  Ffldwe»  herfagen  in  Ineaen,  90 
werden  sie  wohl,  fürchte  irh,  dasRet^icren  veroachlfissigen.  Mögen 
die  von  dir  erresj^ten  Hortinntiicn  nit  ht  eitel  sein;  mache  nicht  Jiia^  r 
aus  deinen  Ministem;  alle  ihre  Zeit  gebührt  der  .Sorge  für  dein 
Volk."4i)    Die  Jagd  wird  überhaupt  oft  als  em  dem  Kaiser  nicht 
gesiemendes  Vergnügen  beseichnet  ^  Als  man  dem  edlen  Keiner 
Tal-tsong  [7.  Jahrb.  nach  Chr.]  ein  Todesnrtlieil  rar  Umeneldinmig 
vorlegte,  befahl  er  die  Hlnrichtang  noeh  drei  Tage  anfinmelMben, 
ihm  das  Urtbefl  tSgÜeh  vorsnlesee;  und  wibrend  der  drei  Tage 
fasteten  die  Richter  und  der  Kaiser  in  strenj^er  Trauer.**) 

»)  Chou-king,  p.  122.  ir,7;  Y-kin«».  TI,  p.  30,  :57;  Tchonng-young,  29,  3.  j. 

—  »)  Chou-king,  p.  150.  196.  —  « )  Ta-hio,  c.  10.  —  *)  De  Usäkl&,  liist.  I.  21  —2S; 
2g.  »)  Ebena.  p.  37.  —  •)  Meng-tseu,  II,  1,  19.  31.  —  Ebcnd.  I,  4,3.  — 
")  Ebend.  I,  1,  31  u.  sehr  oft.  —  »)  Chou-king.  p.  150.  151;  vgl  Ta-hio,  c.  10,  3. 

—  >•)  Chou-king,  p.  129.  —  *>)  Tchonng-young,  c.  20,  7.  12.  14.  —  *')  Meug- 
toeUf  I,  2,  46.  —  *  Ebend.  II,  1,  6;  2, 10.  ^  i«)  Kbeadi  I,  S,  45.  —  Cbon- 
khg,  p.  M6.  l>to  IGuH«;  Mst  I,  p.  110.  ^  1^  Bbeni.  I,  ^  116w  — 
i«)  KboBl  t  p.  1kl.  ^  >•>  Cht-bfnei  U,4,7.^      Mio,«. 4.  ^  Shtad. 

I9i  S.  *«)  lUm.  d.  CUs.  U  ^PI,  p.  B«,  —  '*)  Cboa-kiag,  p.  09.  ^ 

««)  JSbmß,  p.  127.  —  llenc*tie|i,  1, 1, 18. 18;  vgl  1^  6,  88.  —  *•)  Chim-Uag» 
p.  80.  88;  Gützlaff,  G.  seh.  S.  41.  —  »')  DeMoüU,  bist,  II,  p.  3!.  —  GütiWI, 
Tiio-kuang  S.  2.  —  *•)  Chinese  Ropository,  T,  23R.  ««)  "Rol.  l»hÜ06.  I»  S.  809. 
327  (2  Aufl.)  —  »0  De  Manu,  bist.  p.  36.  —  »»)  GOtelÄff,  G«»ch.  8.  24.  — 
»n\  Menr-t^ea,  I,  5»  33.  —  •*)  De  MailU,  bist.  I,  p,  44.  —  »*)  Ebend,  p.  50,  — 
Chou-king.  T,  c.  1  r  Gützlaff.  Gesch.  S.  28.  29.  —  »•)  Chou-king,  p.  16;  de 
Mailk,  hist,  I,  p,  Ö4.  —  ^'*)  Chou-king,  I,  c.  2;  de  MAiUa,  hist.  I,  \).  56;  GflUlaff, 
Geech,  S.  33.  —  Chou-king,  p.  26.  —  *<>)  M^m.  d.  Oiin.  XII.  p.  217.  286.  372. 
373.  —  ♦»)  De  Maiila,  bist,  IL  p.  548.  —  «»)  Ebend.  VI,  p.  69.         *  * 


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171 


§  64. 

Der  Kaiser  Tereiuigt  als  Vertreter  des  Hiiuiucls  alle  Höhen 
des  Vülkerlebens  in  sich;  er  i»i  lächt  bloss  der  Regent,  sondern 
aaeb  der  höchste  fiii^ter,  der  Anführer  im  Kriege  und  der 
ibfl»te  Priester« j^owek  in  Ckiaa  von  einem  Priesterthum  die 
fiidft  mii  Als  Knegpiheit  ecfteiiBt  er  aber  einen  Feld- 
Imman  seine  Sinti)  ak»  höchster  Pvietter  4>i;dnet  er  ^  Gattes* 
tost  nnd  brinf^  das  jalirliclie  «r<iese  Hitnwiels4>|iler. - 

Des  Himmels  Bestimmungen  oder  Befehle  ^''sicher  so  er- 
kennen  ist  des  Kaisers  höchste  Pflicht.  Er  findet  diese  himmli- 
schen Befehle  zunächst  in  seiner  Vernunft,  in  welcher  sich  ja 
das  himmlische  Walten  kuud  giebt  [§  21],  dann  in  den  Geset/^en, 
^en  und  Vorbildern  des  Alterthums;  das  lümmlische  Reich  ist 
um  Anfiuig  nn  gm  and  Temünftigt  dae  Dnnernde  ist  das  Wahre, 
md  der  Kaiser  hat  vor  allen  Dingen  die  alten  Vorbilder  su  be- 
ingsa*)  nnd  die  Ansiobten  derer,  die  der  allen  Gesetie  nnd 
OriMOgenknndig  sbid ;  —  daher  soll  sich  der  Kaiser  iauner  mit 
den  einsichtsvollsten  und  kundigsten  Ministem  umgeben;  —  er 
ÜDdet  sie  ferner  itk  Ti  iiuaieMj  in  zweifelhaften  Fällen  durch  das 
LoaS)  vor  allem  aber  in  der  öffentlichen  Meinung,  in  der 
Stininmng  des  Volkes,  welche  gewissenhaft  zu  beachten  zu  des 
l^aisers  heiligsten  Pflichten  gehört ,  denn  des  Volkes  Stimme  ist 
(laltss  Stimme  [§21]. 

Unter  allen  Umsttoden  aber  ist  dis  Willkür,  dasRegieren 
aack  Lenne  aehleehlerdings  verdamaU;  nieht  der  Wille  dieses 
eittdben  Menschen ,  der  grade  den  Thron  inne  het»  aoll  sich 
geltend  machen,  sondern  allein  des  Himmels  Bestimmung;  „nicht 
der  Fürst  ist  es,  welcher  mit  dem  Tode  bestraft,  und  nicht  nach 
seinen  Neigungen  flarf  er  strafen,  dieses  Recht  ist  nicht  von  ihm 
selbst.'* 3)  Nur  wenn  der  Fürst  seinen  Eigeuwiiieu  opfert,  und 
leiner  Besonderheit  entsagend  sich  der  AUvemanft  hingiebti  ist 
tr  ein  würdiger  Regent 

in  den  Gang  des  Rechtes  soll  ein  guter  Kaiser  sich  nicht 
nlMhe%  sondern  nnr  dmnnf  sehnn»  dass  die  Richter  dleOosetse 
•totng  lieAchten,^)  dass  aber  noch  -die  Strenge  nicht  in  Härte 
ausartf;  in  zweilcl hallen  und  wichtigeren  Fällen  hat  der  Kaiser 
alä  oberster  Richter  die  letzte  Entscheidung.  Fr  hat  aber  nicht  . 
Woss  das  Verbrechen  zu  bestrafen,  sondern  auch  dieTu*z;end 
zu  belohnen;  als  Statthalter  desUuumels  aui  J>den  ist  er  auch 
der  König  des  sittUoh^"  Lei>eus,  des  unsichtbaren  Uimmelreiches 
[S  m«'  NfMchen  9. welehe  sieh  durch  Tugendon  nnsgaseichnet 
blhi»«-.«eiliflllen  nii£  hjuseflinhen  Befiilil  Ehreunfetten»-  S%  i81« 


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ihre  Zahl  im  ganzen  R^che  ist  aehr  gross,  und  nieht  hloas  4ie 

V  erdienste  treuer  Beamten  um  denStaat  werden  so  ausgezeichnet, 
sondern  aiidi  Faoiilientagend,  wie  Kindesliebe,  GaUeutreiie 
[$  46.  52]. 

Der  8chii-kifig  giebt  den  Fürsten  folgende  Anwetsung:  „Weoa 
ihr  eine  wichtige  Angelegenheit  habt,  so  prüfet  selbst,  befragt  mn 
Kath  die  Ofosacn»  die  Mioifiter  nad  das  Volk,  befragt  daa  Pv  lai 
das  ScU  [§  34].  Weaa  «leb  alica  an  dmaaeibee  -Anaapncb  Tl^ 
einigt,  waa  man  dea  groaaea  Eioldang  oenot,  ao  werdet  ifat  Rabe 
rnid  Krall  hatioD,  nad  eure  NaddEanmien  werdoi  im  ONldt  asii. 
Wenn  die  (ilrassen,  die  Minister  und  das  Volk  übereinstimmen,  ihr 
selbst  aber  habt  eine  entgegengesetzte  Ansicht  ,  \\  eiche  aber  iiber- 
cinstimnit  mit  dem  Loose,  so  hat  eure  Ansicht  den  günstigen  Erfolg. 
Weno  die  Grossen  und  die  Minister  mit  dem  Loose  flb  1 1  niaitliiiWM, 
aber  Ihr  und  das  Voik  seid  der  eatgegeageaetatea  Meiaoiig,  sollt 
die  Sntacheidoag  gleiehgflltig  etc.  '^^)  Die  Anweadoag  dea  Laiam 
iat  aber  auadricfcilcli  aar  dea  aweiMhaftea  FiUaa  vofMaltaa.«) 

Die  strengste  Beobachtnag  der  biaherigea  Oeaetae  and  Bia- 
richtnngen,  die  genaueste  Nachahmung  des  Altertboms,  die  Ver- 
lueitlüng  jeder  Newening  wird  fort  uml  fort  in  Erinnerung  gebracht 
Das  Wahre  inid  Vernönftige  braucht  nicht  erst  erfunden  zu  werden, 
sondern  ist  voa  Aafang  an  da;  so  wahr  der  Himmel  den  8taat  grün- 
det und  leitet,  so  wahr  sind  auch  die  alten  und  daaerodeo  GoMtefl 
nad  Sittea  der  WUle  dea  Hinunela,  Daran  kann  em  First«  sagt 
Meag-tae»  weicher  atreag  die  titeaton  Geaetae  befolgt,  alchtfaMS 
noch  feblea,  nad  ohne  dieae  strenge  Befolgung  ist  keine  gote  Ra- 
p^eruog  möglich.  „  Die  rechten  Farsten  haben  an  allea  ZeHaa  tm 
Leben  und  in  der  Regierung  dieselben  Regeln  befolgt.**®) 

Choa-king,  p.  102  u.  Note.  —  '0  Mcng-tscu,  II,  1,  1.  2.  4.  —  *)  Choa-Wag. 
p.  196.  —  •)  Ebcnd.  p.  251.  —  »)  (Äoa-kiiig,  p.  171.  —  •)  Ebend,  p.  181.—  ^)Meaf- 
tÄ€u,  II,  1,  4.  u.  —      Kbtad.  H,  2,  2. 

* 

§  65. 

Der  Kaiser  ist  srlao  niciit  der  Vertreter  aelner  aelbsli  «liae 
Mnehl  ruht  nicht  anf  seinem  starken  Willen;  er  Ist  nloht  dnrwa 

Kainer,  weH  er  es  sein  Will,  weil  er  sich  dazu  gemacht  hat.  AOtt> 
dorn  er  ist  schlccliterdings  nichts  als  der  unselbstsiiindio^c  Träger 
einer  Idee;  er  ist  nU  Person,  als  ein  Ich.  als  freier,  sich  selbst 
bestimmender  Wille  Nichts:  er  ist  Alles,  insofern  sich  in  ihm 
die  himmlische  Verntinftigkeit  offenbart.  Bs  gehOrt  eine  seltene 
Höhe  «las  Geistes  and  der  SIttliehkelt  daaii,  nm  den  hohen  An- 
«^eleA  der  Kahier-ldea  «i  gottOgeni  nur  die  W^^tei  wd 


* 


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m 

Besten  &oUen  des  Himmels  Diener  und  Vertreter  sein.  Damm 
ist  auch  Dicht  grade  die  Erblichkeit  des  Tbroaes  die  entspre- 
tkmime  Wnse,  die  Kawerwürda  am  übertrage»}  »icbl  die  Vj^r- 
mdttdMft,  sondern  du  Tn^end  gebnn  ein  Reobt  an  den  Tluwn; 
es  kADiiea  daher  selbst  Fremde  als  die  Tom  Himnei  eiagesels- 
tco  Vertreter  anerkannt  werden;  die  Idee  steht  hdher  als  die 
Gebart.  In  ältester  Zeit  wurden  die  Kaiser  gewählt,  gewöhn- 
lieh dureh  den  Kaiser  in  Übereinstimmung  mit  den  (frosscn  und 
Miiiistcrir .  oft  mit  Übergehune::  der  SMuie  des  letzten  Kaisers, 
und  manchmal  aus  sehr  niedriger  Familie.    Nach  Vn  [um 
tritt  allmählich  die  Erblichkeit  ah»  Sitte  ein.  DieErbfolgc  ist  aber 
kein  Recht,  Sendern  gründet  sich  mehr  auf  die  Kfieluieht  4er 
Dankbarkeik  und  der  Vermeidnng  des  Streites.   Des  Kaisanr 
Sohn  bal  als  der  dem  Throne  am  nächsten  Stehende  die  höchste 
iniwderung,  sieb  dnreh  Tagend  nnd  Einsteht  der  Wahl  würdig 
tn  machen;  und  nur,  wenn  er  diess  thut,  ist  er  der  rechtmässige 
Erbe.    Nicht  weil  grade  dieser  Mensch  zum  Kaiser  geboren 
ist,  empf?ii)i;t  er  die  h(ichste  \\  ürde,  sondern  weil  dieser  Sohn 
<ies  Kaisers  die  Gesetze  der  Vernunft  oder  des  Himmels  erfüllt, 
Die  Gewohnheit  der  Erblichkeit  wurde  nie  ein  wirkliches 
Eecht,  Tielmehr  steht  noch  jetzt  dem  Kaiser  das  unbeschr&uicte 
Beeht  xn,  seinen  Nachlbiger  ans  seinen  SOhnen  oder  Verwand- 
lea  frei  ansnnwShlen,  nnd  sehr  oft  wählte  er  einen  andern  als 
aeiaea  Erstgebomen. >)    Frauen  dflrfeu  nicht  regieren,  denn 
der  Kaiser  hat  ja  eben  die  active,  die  männliche  Seite  desVolks- 
leben.»*,  darzustellen;  die  Seite  der  belebendenKraf t;  nurals  \  or- 
mänderinnen  unmündiger  Tin  onerben  dürfen  Frauen  \oi  über- 
gehend  das  Reich  verwalten;^;  in  jedem  andern  Falle  sind 
Fraaenregierungen  gesetzlose  Crewalttbaten»  und  werden  von  der 
Geaebichte  mit  Absehen  genannt.«) 

DerNscbfeiger  des  eistes  Kaisers,  Fo-hi,  war  sieht  dessen 
Mm,  sonderD  wurde  ?am  Volke  gewihlts  ebesao  der  dritta  Kai- 
aer.^)  Daas  aach  dem  Tode  des  dtitten  Kaisers  eloer  von  desseo 
S5  Sohoeo  von  dem  Volke  zum  Kaiser  gewählt  wurde,  wird  von  den 
Geschichtschreibem  Chinas  ausdrücklich  als  eine  Auszeichnung^  be- 
trachtet. ihhI  durch  seine  glSnzenden  Eigenschaften  geiet  httei  (int. ' ) 
^ach  dem  Tode  des  vierteu  Kaisers  „versammelten  sich  die  Mao- 
darineo  und  das  Volk,  um  ihm  einen  Naclifolger  zu  geben,  unzu* 
fiiedea  mit  der  Sehlallheit  des  vorigen  et«./'  uad  nach  laager  fie- 
fsthang  wfthhen  sie  efawtfaDnig  jaisen  MelÜBa  des  vorigen  Kaisers. '0 
Bei  der  feienden  Tbioa-Krledigaog  „trug  oaan  kets  Bedeakeo," 
«intn  Bakel  das  letzten  Kaisers  sa  wfihlen,  and  dieser  erhielt  die 


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m 


'  (Stimme  des  ganzen  Volke».  ^)  —  „Die  Acbtutig,  welche  t»icb  Km- 
«erfi'-k^  veraebarfte,  ttod  dieXiebe,  v? eiche  seine  V4Iücer  m  \\m 
-llatteny  wer  4er*itolge  Graed»  welcher  eie  beweg»  eeioen  ilftetice 
Sehe  eil  wIhIeD,***)  ^  MH  den  eehr  achleehtee  mi 
Binder  des  Tee  »»heile  dae  Vclk  eielge  Jahre  lang  Gedold,  m  d«r 
HofTotiDg,  daae  er  sich  Sndere  wflrde.'*  INe  Greesee  beriefee  dm 
den  dreizehnjährigen  Yao  in  den  Rath,  und  da  er  sich  bald  als  sehr 
begabt  zeigte,  hespMosseii  «ie,  ihn  auf  den  Thron  zu  setzet).  „An 
dem  filr  dieser»  Thionn  erlisel  hestininiteii  Tajje  benachrichtigten  mt 
diejenigen  aus  dem  \  oli^^  welche  dan  Recht  zur  Wahl  des  Kaiser« 
hatten.   Alle  diese  begaben  sich  zum  Pallast  de^  Kaisers,  UesMS 
dee  Yao  komnieB,  ohne  ihm  die  Absicht  ihrer  Vefseminliieg  eiHni« 
theilen,  eed  verlangten  den  Kaiser  au  sprechen.   Kaum  war  er  «^ 
seidenen»  so  schrie  alles  Volk,  dese  man  den  Tao  als  Kaiser  Ul6^ 
kenne,  und  keinen  andern  wolle.   Die  Grossen  erklSrten  dann  dsni 
Kaiser  die  Gründe  dieser  Handlung  und  zwangen  ihn,  den  Pallast 
zu  verlassen.**'*^)  —  Vao's  Sohn  war  lasterhaft,  wurde  desshtM» 
nirht  geuäliU,  soiid»  in  alle  Fürster»  ütitl  alle  \  iilker  wählten  den 
iSchun  aus  niedriger  Familie;  und  in  dieser  Wahl  wurde  dee  Uiniiuels 
Bestimmnng  erkannt.^')   Schee  wihlte  den  weisen  Yu  an  seioeni 
Nachfolger;  dieser  Terstchtete  auf  den  Thron  zu  Ckmsten  des 
Sohnes  Schen'e;  aber  die  Grossen  verllessee  stmmtlch  diesen  Sohl 
und  verlangten  den  Yn  aum  Keiser,  ued  erhielten  ihn.      Mit  Y^s 
Nachfolger  war  es  Timgekehrt,*  er  wShIte  sieh  einen  weisen  Minisler 
zum  Mitregenteu  und  iNachfoIgcr .  aber  es  folgte  dejiuocb  des  Kai- 
sers Sohn  in  Folcje  der  Wahl  durch  die  (Brossen.       Seitdem  folgen 
die  Kaiser  nach  der  Erbfolge,  als«  in  Dynastien, deren  bis  jetzt  21 
(oder  22>  {»ezählt  werden.    Jedoch  blieb  der  Gedanke,  da*»  wir 
der  Würdigste  und  wegen  seiner  Togend  rem  Himmel  Gewählte  den 
Thron  einnehmen  solle»  Immer  der  Kern  dee  cblnesiseheD  Staats- 
bewusstseins;  auf  des  Himmele  Wahl  ging  man  jederaeil  eerilck, 
diese  aber  hält  sieh  nicht  an  bOrgerlickes  EriN^chi  Ais  snf  dss 
Meng-tse  BrfclSrung,  nur  der  Himmel  erwflhle  dfe  Kaiser,  lenrnnd 
fragte,  wir  «Icnn  der  Himmel  seine  W^1hl  kun<l  ih\u\  antwortete  er: 
„Wenrj  der  Kaiser  einen  zur  Herrschaft  geeigneten  i\I:uiii  findet, 
kann  er  ihn  dem  Himmel  vorschlagen,   aber  er  kann  den  Hinimcl 
nicht  zwingen ,  demseU>en  die  Herrschaft  lu  flbertragen.  Der  Uiai- 
mel  Hess  den  Schun  zur  Herrschaft  eu  und  aeigte  den  Zage* 
lassenen  dem  Volke.  Die  Volker  fielen  dem  mit  so  grossen  Tsg^o- 
den  sich  Ausxelchnenden  bereltvi4IÜg  zu  ond  riefen  Um  zum  Kaiser 
aus.«'«»)  Als  höchster  Lohn  flir  vollendete  Weislieit  mid  Tugend 
wM  daher  bisweilen  ohne  Weiteres  die  Katserwarde  erkiftrt. 


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ITS 


Die  himmlische  Bestmunuiig  wird  selbst  dfinr>  nicht  bezweifelt, 
weao  Ausländer  den  ThKoaJuiue  haben.  Die  juoiiguli««hen.lk«isec 
giHiB  ab  voHi?  rechtmässige  mäwmm  die  eotarteteo  MacblUHnm 
gpoflM»  fiidbeieifl  «Im-  Uim  i1m  Volkn  «loli  erifiAtQ»  ^an 
UmI»  MO  sie  nidit,  weil  sie  AmliiiAer,  Modem  weil  ab»  ttewMig 
■od  fefiflbfiich  wareo. 

>)  Meng-tseu,  IL  3,  9«*-ei.  ^  «)  Dt  MsiOm  p.  46.  5§5;  Qfltdsf  ,.X^ 
kM&g,S.4.S.  ^«)J>«lfail]m,V,8B4.---«)  SlMilII,50Bi  VI,  I6&.  ^  »)  BWfid, 
Itpi  10. 18.-^*)  Bband.  I,  p.  SB.  —  0 ^SboniL  p.  SI.^*) Sbeod.  p.  3e.  -*  *)  Ebcnd. 
pi  41.^  «•)  Eheod.  p.  43.  Choa-king»  p.  24.  2S.  ^  *«)  MmU*,  hiti  I, 
M.  119;  Cbon-Idbig,  p.  86.  —  De  Mail]»,  I,  p.  liS.  —  ^  Chon-kiiig,  p.  4S.— 
**)  Meng-taeu,  II,  S,  tO  23 .  —  **)  Tchoimg-jtnilig:  c  If,  S.  •^flc^ftt^  ftt  d. 
ikk  d.  BoL  Aka«.  1M9>  pfciL  SliMM,  &  4M. 

•  -  > 

Wie  die  Well  dae  Enengoiss  zweier  Unoftcte  tat,  die  m 
deoi  wirkKcfaen  Dasein  im  Gleidi^wioht  oind,  so  ist  aoidk  der 

Staat  das  Prodnct  zweier  Faotoren,  des  Kaisers  uud  des  Volkes. 
Bas  (ileichgewicbt  ist  des  Staates  Wesen  und  Bestimmung,  uml 
der  Kaiser  soll  es  erhalten*    Der  Kaiser  ist  aber  nur  die  eine 
Seite,  die  andere  ist  das  Volk;  und  wenn  der  Kaiser  niclit  seine 
Idee  erfüllt,  ist  das  Gleichgewicht  gestört  und  das  Volk  onglüok« 
M.  Aber  das  Volk  hat  ein  Reeiht  darauf,  i^kUoh  an  sete» 
10  der  allgemeiacn  Welt^Hamionie  erhallan  am  werden.  Das 
Volk  adnMct  dem  Kaiser  Gekonam,  d^r  Kaiaer  daflbr  deai 
Velke  Tlteiilehe  Liebe  and  eine  weise  und  gereelite  Regierung. 
Das  Volk  soll  sich  nicht  selbst  regieren,  aber  es  soll  nach  den 
Gesetzen  des  Himmels  regiert  werden.    In  China  heisst  es 
nicht:  der  Fürst  hat  das  Recht  zu  regieren,  und  das  Volk  die 
Pflicht,  sich  regieren  zu  lassen ,  —  sondern  hier  heisst  es :  der 
Fürst  bat  die  Pflicht  zu  regieren  nach  des  Himmels  ewigen 
Ordaimgea,  —  und  das  Volk  hat  ein  Recht,  so  regiert  an  wer- 
den. Der  Kaiser  ist  dem  Volke  Dbr  seine  Regierung  veranl*- 
wertlicb.  Die  Auslohe  des  Volkes  an  die  FfinNen  siadi 
gfeea,  md  dieses  in  der  Montliehen  Memong  wie  in  der  Ge- 
schiehtschreibung  sich  aussprechende  Urtheil  des  Volkes  ist  sehr 
streng;  —  des  Kaisers  heilige  Pflicht  ist  es ,  dieses  Urtheil  sich 
frei  aussprechen  zu  lasseu  uüd  das  ausgesprochene  zu  beachten. 
Der  Gedanke  der  Pressfreiheit  ist  in  China  sehr  bestimmt 
aosgesprochen. 

W«n  aber  dn  Kaiser  verblendet  anf  die  Stimme  des  Volke 
Mtban,  in  iaamanbafter  WiUkftr  des  Reiekas  Jiailige  Gesetaa 
«UmM  oder  wibtnemal  Kntt»  wenn  er  iaa  Volk  bedriakali  aiaM 


uiyiii^cu  by  LtOOQie 


fttr  dasselbe  väterlich  zu  sorgten,  wenn  er  statt  des  Uimniels 
Ordnang  nor  seiiien  (  is^neu  Willen  zur  Kicht.schnur  nimmt,  und* 
Matt  ein  Vorbild  der  Tugend  zu  sein,  den  Lastern  fröhnl»  ujui 
darum  das  Gleiobgewicht  der  Welt  stört,  das  Giftck  des  YoU&ei 
«Qtorgrftbly  80  hat  er  sein  Redat  tat  de«  Thiroa  Tenrirkt,  ii( 
nicht  mehr  der  EiiHUer  der  hohen  Idee  des  hittnüieolm  SIUp 
lee,  «nd  das  Volk  ist  nicht  nehr  Tcrhandcn»  ihm  Gehonam  m 
leisten;  es  muss  dem  Himmel  mehr  gehorchen  als  dem  BIsb- 
schen;  ties  Himmels  Gesetze  sind  aber  nicht  von  gestern  und 
heute,  sondern  von  Anfang  der  ^Menschheit,  und  sind  dem  Volke 
wohl  bekannt;  es  hat  ein  sicheres  Urtheil  über  eines  Kaisers 
Würdigkeit.  Und  wenn  die  eine  Seite  des  Voikslebeus,  der 
Kaiser,  der  Idee  des  Staates  untreu  wird,  und  sieh  selbst  statt 
des  Himmels  sum  Schwerponkt  des  Gänsen  machen  will»  weaa 
er  sagt:  ,,der  Staat  bin  ich,<<  — -  so  hat  die  andere  Seite  des 
Staates  das  Recht  und  die  Pflicht,  Ar  die  angetastete  Uce  in  die 
Sehraidicen  zn  treten  und  den  frevelnden  Kaiser  zn  stfirzen.  Die 
Revolution  ist  in  China  ein  l^cchr,  ja  sie  ist  mehr  als  da^,  sie 
ist  POicht.  Si(-  ist  (las  (leltendniacben  des  Himmelsgesetses  und 
der  Vornüiiidgkeit  gegenüber  der  Willkür  und  der  Thorheit.  ein 
Kampi'  der  Tugend  gegen  das  Laster;  sie  will  nicht  das  Alte 
stinen,  ilm  etwas  Neues  einzuffiliren ,  sie  will  die  fire^eliiafte 
Meuerang  stOraea,  am  das  Alte,  das  ewig  Bereohtigte  wieder 
aar  Geltnng  ni  bringen.  Die  BoTolation  ist  die  iebmtefte  Be* 
aation  desdnrch  eine  soUeohte  Regierung  gestftrten  Volkalebeat 
gegen  die  die  ewige  Ordnung  störende  Macht;  sie  will  nicht  des 
Reiches  Ordnung  slüreii,  sondern  die  durch  Willkür  und 
Neuerung  gestörte  wieder  herstellen:  sie  ist  nicht  radikal,  son- 
dern reactionär,  ist  das  grade  Gegeutheii  der  Hevolution  der 
Neuzeit  Wälirend  diese  die  geschichtliche  und  gesetzliche  Est* 
Wickelung  des  Volkslelms  durch  die  rohe  Gewalt  und  daceh 
dm  Anfhebnng  des  Geselaes  darohbrachen  will,  oiTenbart  die 
ehiaosisehe  Revolntai  im  Gegenlheii  die  GesetafiohlLeit  ^e^ea- 
filier  der  nngesetdiohen  Regiemngsweise,  stellt  die  geschieht* 
liehe  Entwickelung  gegen  die  i  e\ olutionÄre  Regierung  wieder 
her.  Das  Ziel  der  Revolution  ist  da  nicbt  in  der  Zukunft,  son- 
dern in  der  Verp^ang;enheit,  ist  nicht  ein  Neubau,  sondern  eine 
Restauration  der  Legitimität.  Da  kein  Kaiser  ein  ang e  bo  r  ii  e  s 
Recht  an  den  Thron  hat,  sondern  eigentlich  immer  gewahit 
wird  [§  66],  eine  Wahl  aber  um  lonni,  so  ist  der  Simra  eines 
«BWirAgen  Kaiaeis  eben  aar  eine  Nichlii^ailaerkliraag  der 
.  TetfehileM  Wahl,  and  lumn  allanfidla  aoeli  m  gana  ftiedüshsr 


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177 

Weise,  ohne  Anwendnog  yim  Gewalt  eflblgen,  wie  bei  der 
Wähl  Yao*8.  Die  Rerohitioueii  Chiaas  eriofaeineii  der  Ge- 
scUctoehreibang  ab  Hiaten  der  hScfasCeit  Tugend  vkd  Ffdn- 
■igkeil,  mid  die  darch  eine  Rerolvtlon  «nf  den  Thron  gekom- 

Benen  Kaiser  gelten  als  die  Irümnisteii ;  es  haben  die Revolntionen  * 
der  älteren  Zeit  eine  eigcathümliche  Weihe  und  eine  Feierlich- 
keit, als  handle  es  sich  um  eine  erhabene  Kultushandlung;  und 
das  sind  sie  auch  eigentlich«  Als  Thatsache  muss  es  anerkannt 
werden ,  dass  von  den  ein  und  zwaniig  Dynasäeen  ChiBas  die 
BsisteB  dorcfa  Sohwftche  und  Laster  unwürdig  endeten ,  und 
diijenigeii  Fürsten,  die,  meist  doreh  Gewalt,  an  Ihre  Stelle 
ttttea,  mid  ein  neues  Hemdierhans  begründeten,  Ihst  alle  als 
grosse  und  tugendhafte  MSnner  dastehen. 

Von  diesen  eigentlichen,  rechtiiKissii^^eii  llevolutioneii,  an 
deiieii  das  Volk  einen  wesentlichen  Aiitheil  hat,  sind  die  nicht 
seltnen  Empörungen  ungehorsamer  Vasallen  oder  Statthalter, 
Lokal -Aufstände  wegen  geringer  Ursachen  und  Soldaten -Un- 
nhen  streng  zu  unterscheiden;  diese  sind  das  höchste  Verbre- 
chen, wie  jene  die  höchste  Tugend« 

„Um  des  Volkes  willeo  sind  die  Fflrsten  da;  sie  soHen  Ihre 
UBtenhaseD  nicht  nisshaadelD,  ihnen  nicht  Unrecht  thuo;  slesotteo 
S«rge  tragen  Rfr  die  Armen,  die  Waisen  und  WIttwen  notersMItieD ; 
ein  Fürst  setzt  nur  dessliall)  Beamte  ein,  um  dem  Volke  Ruhe  zu 
rersclianeii  und  seinen  Lt  ijtMisimtrrhalt  zu  sichern.**')  „Weno  die 
Volker,  sagt  Schun,  gemisshandelt  und  zum  Äussersten  gebracht 
weideD>  80  verlieren  die  Fürsten  für  immer  das  Glück,  das  ihnen 
Tom  Hinunei  bescbieden  ist,"*)  Bisweiieo  erscheint  sogar  das 
Veüc  sls  das  HShere  dem  Matser  gegenüber.  „In  jedem  Reiche 
glebt  es  drei  hSchste  Dinge:  der  Ffirst,  das  Volk  nnd  das  Heilig- 
tbom  fdie  Altite];  unter  diesen  drei  Dingen  Ist  das  Volk  das  wM- 
ti^ste,  denn  wenn  ein  Volk  ist,  so  kann  es  einen  Kaiser  machen, 
aljer  (']ti  Kaiser  kann  kein  \'ülk  machen;  daher  ist  das  Volk  höher 
zu  achten  als  der  Fürst  :'**^)  —  jedoch  iüt  diese  Äusserung  des 
Meng-tae  sehr  Tereinzelt,  und  darf  nicht  zu  hoch  aogeacblageo 
werden. 

Des  Volkes  Stimmung  nnd  Meinung  wird  überall  sehr  hoch  ge- 
sdhtet,  sie  gih  als  des  ffimmels  Ofbnhamng.  Ein  wahrer  Kaiser, 
ssgt  Meng*tse,  mnss  sie  mehr  beachten»  als  alle  Urtiieile  seiner 
Verwandten,  Minister  nnd  HOf liege;  was  das  Tolk  ehnnflthlg  aus- 
spricht oder  zui  iickweist,  tUas  muss  ein  guter  Kaiser  immer  beachten, 
«lann  ist  er  ein  wahrer  Vater  des  Volkes.  Das  lie^vicht  derVolks- 
meiottog  ist  nach  Meog*tse  so  gross ,  dass  eio  Kaiser,  welcher  im 

a  IS 

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178 


Kriege  ei»  Irei^udcei  \oik  uijtemirft,  es  von  dessen  MeiniinG^  und 
Liebe  abhängen  lassen  soll,  ob  er  es  unfer  seiner  Herrschaii  bc- 

. halten  dürle;  werui  dienen  Volk  nicht  zustimmt,  soll  er  ee»  uicbt  zu 
seinem  Reiche  ^^chlageii;  und  der  Commeutur  lügt  hinzu,  dass  io 
4ifMier  Meigmig  oder  Abneigung  eine8  V  olkcs  »ich  die  Bestimmniig 
dfli.  I0niiii«b  auMpridit  ^)  Dms  Yaa's  Sohn  durch  de«  Viilkea 
Alme^nag  d^  Throns  verlaoHg  ging,  nod  Schoo  dalQr  ^^Shll 
wwde,  der  sich  dem  Willen  deo  Volkes  und  ,,dem  Willen  des 
Himmels*'  unterwarf,*)  ist  selmn  frflher  erwfthnt.  Besonders  niuss 
das  Urtheil  der  alten  und  ungesehenen  Fanulien  des  Landes  be- 
achtet werden. „Die  Kunst,  die  llcnsdialt  sich  zu  erhalten, 
besteht  darin,  die  Gcmiither  des  \  olkes  sich  treu  zu  bewahren; 
die  Kunst,  die  Gemiither  sich  2u  bewahren,  besteht  darin ,  des 
VoUses  Witnsche  und  Bedärfoisae  au  er|utlen,  und  was  ihm  zuwider 
and  verheilst  ist,  au  meiden  und  au  entfernen,*'*)   Sehun  eraMhat 

•die  FliMten:  Forschet  nach  der  Stimme  des  Volkes,  und  entaieht 
euch  nifiht  von. Ihm»,  um  euren  eignen  Neigungen  und. Begierden  an 
folgen."*)  »,Uas  GIflck  eines  Fürsten  hangt  vom  Himmel  ab,  und 
der  Wille  des  Himmels  lebt  im  Volke.  Wenn  der  Fdrst  die  Liebe 
des  Volke«  besitzt,  s«»  wird  iliu  der  Himmel  mit  Wohlgefallen  be- 
trachten und  seinen  iiiron  hefestiiren;  wenn  er  aber  des  Volkes 
Liebe  verliert,  so  wird  ihn  der  iliinmel  mit  Zorn  anblicken,  und  er 
wird  seine  Herrschaft  veriiereo,^^  '^j  Wenn  daher  ein  Kaiser  seinen 
Nadife^er  sich  wählt,  so  muss  er  vor  allem  auf  die  Zuneigung  des 
Volkes  sehn.^*)  „Fürst,  ich.  wünsche,  dass  es  das  Volk  sei, 
ivelches  «such  den  ewigen  Besits  der  Macht  verschaffe/'  spricht 
ein  Minister  en  seinem  Kaiser. »)  Des  Volkes  Uoaolriedeahelt  und 
des  Volkes  Fluch  ist  schwere  Drohung  für  eines  Fürsten  Leicht- 
sinn. Als  zuloii-e  des  KriedeiJ>  /u  iNan  king  1842  die  Thore 
von  Caij-ton  den  Auslainlern  geüilnet  werden  sollten,  widcrfsctzte 
steh  das  Volk,  und  der  l^aiscr  erldärtc,  dos  Volkes  Wille  sei  dt9 

.  Hunmels  Wille.  ^) 

Die  Meleung  des  Volkes ,  insofern  sie  sich  iu  der  Gesdkicht- 
schraibnng  ausspricht,  ist  für  die  Kaiser  von  b«ichstem  Gewicht 
Allerdings  war  das  Urtheil  der  Geschichte  über  die  eigne  Keg^- 
rang  lür  jeden  Kaiser  ein  Geheimniss  [§  33],  aber  in  der  Geschichte 
der  Vergangenheit  fand  er  den  Hiaassstab,  den  das  Bewusstsein 
des  Volkes  an  die  Kaiser  legt.  Dieser  Muassstah  ist  nun  aller Jinjis 
ein  sehr  strenger,  und  wir  können  der  chinesischen  autheiitisjehen 
Geschichtschreihune;  der  älteren  i^eit  nicht  nachsagen,  da^is  sie 
schmeichele;  sie  lobt  wenig  und  tadelt  viel  und  ernst  —  JNicht 
alie  Kaiser  ^reiüch  ertrugen  dii^  fireie  ÄuMienmg  der  Volke- 


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m 

iMintnig,  qmI  grifen  au  Maaiiftregeln,  nm  lüeflelbe  m  beugMi 
■mchidlldi  an  machen.   Im  sehnten  Jahrhundert  vor  Chr.  firwden 
Spottgedichte  gegen  liederliche  nnd  echwelgerieche  Kaieer  aberali 
forbreitet;  ein  Kaiser,  den  das  Srgerte,  verbot  solche  die  Ehrfurcht 

verletzende  Gedichte;  da  sagte  zu  ihm  ein  Weiser,  es  sei  besser, 
der  (ifferitlfchen  Meinung  In  Bucbci  u  und  in  der  Rede  frei«*ii  Lauf 
ZD  Inssen,  denn  sie  gleiche  einem  Bergstron»,  welcher  mit  Was.ser 
gefüllt  un^viderstehlich  hiaabroUe;  anstatt  ihn  zu  verstopCcn,  müsse 
nan  seio  Bett  lieber  tiefer  graben,  nnd  Jedem  erlauben,  zu  j^agen 
tnd  lu  achreiben,  was  er  wolle;  nur  der  Fürat  verstehe  das  Ke- 
gieren,  der  die  Rede  der  SchriflsteUer  und  des  Volkes  frei  lause 
vad  ans  derselben  Nntxen  schupfe.  Das  ist  wohl  die  frfiheste 
fieftbrdnng  und  Vertheidigung  der  Freiheit  der  Meinungs*  Äus- 
serung. Anch  jetzt  noch  liat  in  Chrna  die  Pressfreiheit  keine  andere 
Besdiiankung  als  die  gpsetzliche  li(  .sirafung  von  Pres.svergehen , 
nnd  als  das  \  erbot,  über  die  Perc»oDCu  der  regierenden  DyiKtölie 
ztt  schreiben.  , 

So  wie  des  Volkes  Stimme  des  Ilinimels  Stimme  !<t,  so  ist  in 
der  Revolution  des  Volkes  That  auch  des  Himmels  That  Der 
Mhlechte  und  lasterhafte  Mensch  soll  nicht  Kaiser  seio^  und  das 
Vsik  darf,  ja  es  soll  ihn  verlassen;  und  wer  ihn  stfirat,  vollbringt 
den  Auftrag  des  Himmels;  denn  schlechter  Regierung  Lohn  ist 
unbedingt  der  Untergang  der  Dynastie,  i«)  Der  llass  des  Volkes, 
den  der  frevelnde  Herrscher  verdient  iind  erlanst,'®)  ist  das  Mittel, 
dessen  sich  der  Himmel  zu  seinem  Sturze  bedient.  IJei  schlechten 
Fürsten  nimmt  das  Volk  seine  Zuflucht  zu  mildereu und  es  ist 
gut  uad  recht,  vor  der  Tyrannei  eines  Kai.^ers  zu  einem  uoterge- 
beaea  Fflcsten  au  flüchten,  und  ihn  zur  Übernahme  der  Herrschaft 
so  bewegen  und  wenn  daher  ein  Kaiser  schlecht  regiert«  so 
laaa  sehr  leicht  ein  weiser  Fürst  autstehen,  welcher  ihm  das 
Scepter  ans  der  Hand  wmdct;22)  und  wiederholt  wird  sehlechten 
Küisern  lind  iliK  ri  Dienern  Destrafuni^  durch  einen  besseren  Kaiser 
aflge<lroht,  der  die  (iesefze  des  Himmels  treuer  v(dlziebe.23) 

Üer  Sturz  der  ersten  Dynastie,  der  Hia,  (von  2205  —  lidC» 
Tor  Chr.  i^  ird  von  den  chinesischen  Geschichtschreibern  als  besoo- 
<iers  lehrreich  hervorgehoben.  Der  letzte  Hia*  Kaiser  war  ein 
WflstKagi  er  plünderte  die  reichen  Unterfhanen«  und  wer  sieher 
sew  wollte,  musste  seinen  Relchthum  verheimlichen;  er  machte 
ongebenre  Versehwendungen,  Hess  einen  Teich  graben,  den  er 
■it  Wein  anAllte,  so  gross,  dass  er  Kühne  trug:  oft  feierten 
Wer  über  1000  Wüstlinge  srainia  <j|le  Orgien;  allgemeines  Saufen 
uftd  uilde  Unzucht  in  Gegenwart  des  Hofes  war  de.s  Herrschers 

n* 

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» 


180 

EfgOtzen.  DaB  Volk  murrte;  eio  edler  Mioister  machte  dem  Kaiser 
ermte  VorstelltiDgeo;  sein  Lebeo  oel  flcbmachvoU;  da«  Volk  konae 
nur  tugendhafte  Kaieer  achten  und  lieben  {  hloMO  Furcht  fthre  cor 
Empörung  und  treibe  das  Volk  dani,  einen  bemeren  Herrn  sn 
Sachen;  und  wenn  das  Volk  sich  von  Ihm  entferne,  wie  kOnne  er 
glauben,  dass  der  Himmel  ihn  beschfitzen  werde;  der  Himmel  sei 
gerecht  und  erkläre  sich  nur  für  die  Tugendhaften.  Der  Kaiser 
antwortete:  „bin  ich  nicht  unbesrfu.inkter  Herr?  wird  man  wagen 
sich  zu  empOren?  Ich  fürchte  nichts;  ich  bin  sicher  .  dass  ich  nicht 
eher  aufhören  werde  zu  herrschen,  nl«;  wenn  die  8onne  aufliurt 
die  Welt  zu  erleuchten/'  Der  muthige  Minister  wurde  hingerichtet 
Tsehing-tang»  Ftirst  von  Schang ,  veranstaltete  dem  Ermordeten 
ein  feierliches  Tranerfest  unter  allgemeiner  Thellnabme  des  Volkes; 
datttr  wurde  er  verhaftet,  aber  ans  Furcht  vor  dem  Volke  wieder 
freigelassen.  Ein  Minister,  Y-yn,  flüchtete,  nachdem  er  dem 
Kaiser  vergebliche  Vorstelluugen  i;' macht,  voia  liofe.  wurde  aher 
von  Te>thin'j:  -  tanij  aufscfordert .  zu  srirxT  Pflirht  7ii nick/ ukehren ; 
noch  vier  Jahre  blieb  er  beim  Kaiser,  aber  seine  WarauugeD 
wurden  verlacht;  da  floh  er  zum  zweiten  Male  zu  Tsching-tang»  und 
forderte  diesen  zur  Empurung  auf;  aber  erst  nach  langem  Wider-* 
streben  gab  dieser  dem  DrSngen  des  Volkes  naeh.  IMe  Erschelonng 
einer  Doppelsonne  und  furchtbares  Erdbeben  kündigten  das  nahe 
Ende  des  Herrscherhauses  an.^)  Der  fromme  Tsebing-tang,  der 
nichts  unternahm .  ohne  vorher  den  Himmel  im  Gehet  angerufen  zu 
hüben,  redete  'rnippen  folgend  nniiasseji  an:    ..Ich  bin  nur  ge- 

ring; wie  sollte  ich  \\  aucn,  l'nniheii  in  <las  Reich  /u  bringen?  aber  die 
Hia  haben  schwere  8ündeu  begangen,  und  der  Himmel  hat  ihren 
Untergang  beschlossen.  Jetzt  sprechet  ihr  alle:  weil  unser  Herrscher 
keine  Liebe  ftir  uns  hat,  so  verlassen  wir  unsere  Ernten,  um  die 
Hia  bestrafen  zu  helfen.  Ich  habe  diese  Reden  gehört;  Hia  ist 
schuldvoll;  ich  ftirchte  den  hOefasten  Herrscher  [den  Himmel],  und 
ich  wflrde  es  nicht  wagen,  mich  der  Bestrafung  der  Hia  zu  ent- 
ziehen. Der  Kaiser  saui^  seine  Unterthanen  aus,  und  riditet 
«eine  H  nipistadt  zu  Giunde,  Seine  Völker,  ohne  Einigung ,  sind 
wenig  eeiieitjt  ihm  zu  dienen,  und  vorgehlich  rühmt  er  s«icb:  wenn 
die  bonne  authOren  wird,  so  werde  ich  auch  untergehen.  Solch 
Benehmen  der  Hia  tordert,  dass  ich  zu  Felde  ziehe.  Helft  mir  den 
Befehl  des  Himmels  ausführen»  die  Uia  zu  strafen/^ >6)  Tsching- 
tang fiirehtete,  man  kdnne  über  sein  Verfahren  ungflnsHg  urtheUen, 
und  fragte  daher  seinen  durch  Weisheit  berühmt  gewordenen  Mim- 
■ter  um  sein  Urtheil;  dieser  antwortete  ihm:  ^SHst  fflmmel  hat  den 
Menschen  ihre  Leidenschaften  gelasseu;  wenn  die  Menschen  keinen 

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181 


Herrsrhei  hätten,  wären  sie  in  Unordnung:  daher  hat  der  Himmel 
selbst  ein  eil  I  "Vlenschen  die  Kejjieruns  anvertraut.  Aber  der  Hia- 
Fürst  war!  die  Vuiker  auf  glühende  Kohlen,  weil  die  Leidenschaf- 
Im  sein  Hers  verwirrten.  Der  Himmel  hat  den  Kunig  [Tsching« 
liag]  mit  eiaer  hohen  Eioaicht  begabt  uod  etellt  ihn  allen  Ländern 
um  Muster  hin«  dem  wir  lu  folgen  haben;  er  will»  das«  dieser 
Fttrst  die  Völker  leite  und  das  fortsetse,  was  Tn  gewirkt;  seine 
Gesetze  befolgen  heisst  die  des  Himmels  befolgen.  Der  ffia- 
Fürst  ist  schuldig,  den  Himmel  s:etSuscht  tind  falsche  Befehle  ge- 
geben zu  lialieii;  der  Hinmu  l  hat  da vnr  Abscheu  und  liat  demk^chaDg- 

Fürsten  den  Auftrag  gegeben,  die  \  olker  zu  leiten.  Schon 

lange  haben  die  Völker  ihre  Augen  auf  den  SchaDg*Ffirsfteo  gerich- 
tet. Ein  Fürst,  welcher  täglich  sich  bemüht,  immer  tugendhafter 
m  werden,  wird  die  Hersen  aller  Vdlker  gewinnen;  aber  wenn  er 
«tob  ist  nnd  voll  von  Eigenliebe,  wird  er  selbst  von  seiner  eignen 
Familie  ▼erlassen  werden.  Befleissige  dich,  o  Fürst,  ein  hohes 
Beispiel  der  Tugend  zn  geben,  sei  für  das  Volk  ein  Muster  der 
rechten  Mitte,  welche  man  inne  halten  umss,  führe  die  Gesell äfte 
mit  Gerechtigkeit.  Uni  gut  zu  enden,  muss  man  gut  beginnen. 
Wenn  du  die  Gesetze  des  Himmels  ehrest  und  befolgst,  wirst  du 
iMner  die  Herrschaft  bewahren.''  Tsching -tang  selbst  spricht 
ssm  Volk:  „Der  Hia- Fürst  hat  das  Licht  der  Veroanft  TerlOscht, 
bit  seinen  Völkern  tausend  Unbilden  migefiigt  nnd  sie  unterdrückt; 
tmd  nicht  Im  Stande,  solche  Grausamkeiten  xu  ertragen,  haben  sie 
den  oberen  und  unteren  Geistern  kond  gethan ,  dass  sie  ungerecht 
unterdrückt  seien.  Das  Gesetz  des  Himmels  macht  glückselig  die, 
welche  recht  lehen,  unglücklich  die,  welche  das  Gesetz  übertreten. 
iKiniii)  licss  der  Himmel,  um  des  Hia  Nündcn  kund  zu  machen,  auf 
ihn  all  dieses  Unglürk  kommen.  Darum,  so  unwürdig  ich  auch  bin, 
glaubte  ich  doch  den  bestimmten  und  zu  fürchtenden  Befehlen  des 
Himmels  mich  fügen  au  müssen;  ich  durfte  so  grosse  Frevel  nicht 
anbestraft  lassen.  . .  Der  Himmel  liebt  in  Wahrheit  seine  Vülker, 
dämm  hat  der  grosse  Verbrecher  die  Flucht  ergrifTea;  des  Himmels 
Ordnung  kann  nicht  wanken;  die  Volker  haben  ihre  Kraft  wieder 
gewonnen."  „So  lange  die  alten  Krmigo  der  Hia  nur  der  Vernunft 
folgten,  schlug  sie  der  Himmel  nicht  inil  (  nglück;  alles  war  in 
Ordnung  in  den  Bergen,  Flüssen,  unter  den  Thieren  etc.;  aber  als 
ihre  Nachfolger  aufhOrteo,  den  Vorfahren  nachzuahmen,  strafte  sie 
der  Hhnmel  dorcb  endloses  IMissgeschick;  er  bediente  sich  unseres 
Almes,  um  uns  die  Herrschaft  zu  geben,"  so  sprach  em  Minister 
des  Tschhig-tang.*<)  Zu  dem  Nachfolger  des  Tsching- tang,  der 
Üesem  sehr  unähnlich  war,  sprach  der  Aßidster:  „ein  weiser  Fürst 


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•trebt  sidi  selbst  voUkoMnen  zu  mftcbeo»  und  scms  irskras  Talent 

ist  CH  KU  verstehen,  sich  dein  Geist  wnd  den  Wünschen 
«meiner  Unterthaiien  /.u  luiicii.  Der  voriue  Herrscher  hehin 
delte  die  Airnen  und  Uiiglücklitlieri  \\  ie  st  id.  tMi-ueu  Kinder:  dafier 
gehorchten  ilaa  dte  IJnterthaiicii  mit  Lieiic;  tüc  Volker  der  beiuch* 
barten  [Vasallen*]  Reiche  [vor  dem  Htun  der  Uia]  sprachen:  nir 
erwarten  unsern  wahren  Herrscher;  wenn  er  kommt»  werden  wir 
fon  aller  UnterdrfickuDg  befreit  werden.'*  s^)  Die  bimailisebe  Be- 
rafiing  sum  Aufstand  wird  fiberall  stark  hervorgeboben.  Der  Hit* 
Fürst,  sagt  derselbe  Minister,  beharrte  sieht  bei  der  Tugesd,  er 
iintcrdnlckte  die  Vrdker;  darum  beschatxte  ihn  der  höchste  Herr- 
scher nicht  melir,  Jsoiitleru  warf  seinen  Ulick  aul  alle  llciche.  um 
auftreten  zu  iaasen  und  /n  helehren  ilcn,  <l«*r  ««eine  Befehle  eni|ilati- 
gen  sollte;  er  suchte  einen  Manir  von  reiner  Tugend;  da  halte» 
Tsching-tang  und  ich  denselhen  inneren  Drang,  der  uns  mit  dem 
Willen  des  Uimniels  einte.  Der  Befehl  des  HiranieU  war  offenbar; 
wir  empfingen  das  Reich.  —  Nicht,  als  ob  der  Himmel  eine 
besondere  Vorliebe  fiir^ie  Dynastie  Scbang  batte;  der  Himmel  liebt 
aar  eine  reine  Tugend;  nicht  der  Fürst  hat  die  Vdlker  verlangt, 
sondern  die  VlSlker  haben  sich  der  Tugend  unterworfen.  "3^> 

Die  DynaMlie  der  Nehang  (ITIH» — 1123)  versank  zuiet/l  >vie 
die  Uia  in  (ielf  l 'nsittli»  likfit.  Der  letzte  Kaiser,  Sche-u  war  dem 
Wein,  den  Weihern  und  ,,tler  unansinridi<*en  Muüik*'  ergehen.  uiiH 
lebte»  von  Wüstlingen  umgeben,  in  uilden  Ausschweifungen^  rohe 
(iiausamkcit  verl>and  sich  mit  der  lüsternen  Sinnlichkeit;  eine  ucue 
Todesstrafe  wurde  eingeläbrt«  indem  der  Verurtbeilte  eine  glAbende 
eherne  Säule  umarmen  musste,  und  so  lebendig  gebraten  wurde; 
der  Kaiser  und  seine  Gattin  wohnten  den  grauenvollen  Scbaiispieles 
zur  Belustigung  bei;  einigen  schwangeren  Frauen  liess  der  Kaiser 
aus  Neugierde  den  Leib  aufschneiden»  einem  ihn  ernst  warnenden 
Minister  das  Her/,  ausreissen.  ihm!  ainlre  'i'udier  seiner  Sitten  hin- 
riehfon.  r)!e  ihrem  <iatten  iihnliche  Kaiserin  Tan-ki  liess  eine 
iVebcnhuhlerin  in  Stücke  hauen  und  sieden,  und  sandte  dem  Vater 
derselben  die  Stücke  su;  Anderen  liess  sie  aus  blosser  Laune 
4fie  Fdsse  abschneiden;  ein  von  Ihr  erbauter  Marmor  »PaUast 
war  der  Sits  wuster  Orgien.^*)  Ebi  Weiser  sagte  su  Scbe-u: 
,,Alle  Volker  winscben  den  Sturs  dieses  Uerrseherbauses  und 
sprechen:  warum  stffrst  es  der  Himmel  nicht?  warum  verjagt  er 
nicht  unsern  Kaiser?''  —  Der  Kaiser  antwortete:  „Isi  es  nicht 
«lie  Anordnung  des  Himmels,  die  mich  zu  dem  i;ejaacht  bat.  was 
i' II  l'iH^'*  —  lind  jt  HCl  (■r\\  loderte :  „ach.  wie  kann  man  hei  so 
uiieukuudigeu  uud  lieitkcheo  Fieveln  erwarten,  da«s  der  Rioiiuei 


üigiiizüQ  by  LiOO^lc 


183 


rflese  Dynastie  crhaltcti  w  erde  ?'* —  Derliiuticr  den  KTarserA  sprach 
tu  ihm:     Di*»  Dynastie  kann  nicht  mehr  im  Reiche  reirierPn,  alles 
Volk  ist  dem  Luster  ergeben,  überall  Diebe,  Liederliche,  Ver- 
brecher; die  Groueo  und  die  Beamten  begehen  ungescheut  alle 
Frevel  $  die  Bteeo  werden  nicht  bestraft;  Serail  oichto  ahütas, 
Kkgeii,  Rache,  Feindschaft;  umer  Herreelieriiaiie  ifrt  auf  dem 
Pinakle»  eiaen  traoffgen  Scbiffbmeli  au  leiden^  die  2eit  aetaea 
Oaterganges  ist  gelconiaiea« . .  Wenn  der  Himniel  auf  anaer  Haas  so 
rieles  Ungldclc  kommen  Hess,       lic»t  der  Grund  darin,  dass  der 
Kaiser  dem  Wein  ergeben  ist:  er  niimni  keine  Rücksicht  auf  die^ 
welrhe  er  achte»  soll,  niis8handelt  und  entfernf  die  alten  Familien, 
mar)  jiresst  dem  Volke  das  Geld  aus,  als  ob  es  Feinde  wären  etc/*^) 
Der  edle  Wu-wang,  ein  VasaHen-Ffirst,  wekher,  ala  unbequemer 
Tadler  rem  Kaiaer  ina  Geföngniaa  geworfen,  dem  unwilligen  VoUte 
erfclMrt  hatte;  ,^Wean  ehiKiad  von  aehiem  Vater  nklit  geliebt  wird, 
80  ist  es  dennoeh  nicht  ?oa  Gehoraaro  und  EhrAireht  gegen  ihn  eat- 
baaden,  und  weaa  der  Unteren  seinen  Henacher  sa  tadela  üraache 
hat,  ist  er  dennoch  nicht  berechtigt,  ihm  die  Treue  zu  entziehen,"  ^i) 
—  gl  iiilMe  sich  später  doch  zum  Retter  des  Landes  bei  uloii.  Er  ver- 
sammelte mehrere  andere  Fürsten,  setzte  die  Verbrechen  <!t^^  Sche-u 
aaseioander,  seine  Willkür  und  Grausamkeit,  wie  er  die  Strafen 
ffrn  Vergehen  auch  auf  die  Familie  des  ScbnlcHgen  ausdehne,  die 
Würden  erblich  mache,  in  Loatliauaem,  Wein  etc.  viel  verschwende, 
die  Volk  durch  Abgaben  hedrdeke  ete.  „Der  Kaiser  deni[t  akfat 
daran,  aeia  Benehmen  au  beaaera,  gleiehgllltig  vemachliaslgt  er 
sime  PIHchlen  gegen  den  hOcbaten  Herrn  und  gegen  die  Geister  etc. 
Ich  sage  diess,  weil  ich  es  bin,  der  hierüber  die  Hefehle  des  Hiiii- 
nutis  enipiangen  hat;  muss  ich  nicht  diesen  Un(M  rlnungen  ein  Ende 
loaehen?  .  .  Die  Frevel  des  Sche-u  sind  aut  ihrem  Gip(el(>unkt ;  der 
Himmel  will,  dass  er  gestürzt  werde,  und  wenn  ich  dem  Uinimel 
nkht  gehorchen  wollte,  so  würde  ich  ein  Mitschuldiger  des  Sche-u 
seia.  Ich  habe  dem  Himmel  aad  der  Erde  die  Opfer  gebrachA,  and 
kh  steile  ndch  aa  eure  Spitie,  am  die  vem  Himmel  verklagte  Stcafe 
la  vollaiehen.  Der  Hfanmel»  welcher  die  Vülker  Hebt,  gevrihrt  das, 
was  sie  wünschen.    Die  Unsebuldigen  wurden  durch  Sche-u's 
Frevel  gezwungen,  ihre  Zoflucht  /um  Himmel  zu  nehmen,  und  ihre 
mterdrückte  Tugend  Hess  sie  Wehe  rufen,  mn\  der  IlinuncI  hat  e» 
erhört;  .  .  er  hat  mich  dazu  bestimmt,  Sorge  für  die  Vi.lkrr  zu  tra- 
gen; diese  Bestimmung  stimmt  überein  mit  meinen  Träume»,  und 
das  Laoa  beat&tigt  sie;  diess  ist  ein  doppeltes  Zeichen.  .   Die  Ge* 
setie  #sa  Himmels  sbd  klar,  Sthe-u  erHAt  keiae  der  fttaf  Füchten, 
aad  ?«letlt  sie  ohne  Sehe«  gaaa  nach  IfiHkfir.  Der  Hitfmei  hat 


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I 


18* 

ibo  vemorfen,  und  die  Völker  hassen  ihn.  Die  Alten  sprechen 
diesen  Grundsatz  aus:  wer  mich  gut  behandcit,  ist  mein  Herr,  wer 
mich  aber  miäshaiidelt,  ist  mein  Feind.  Dieser  Mensrh  hat  den 
Uimoiei  verlassen  und  ist  unser  Feind. ''^''^)  Die  freudige  Zustim- 
mung des  Volkes  zu  dieser  Hevolution  wird  als  ein  neues  Zeichea 
der  Bereebtigung  bestimmt  hervorgehoben,  und  die  Xhat  des  Wn- 
Wang  wird  wiederholt  als  eine  edle  und  fronuae,  nacbahiaiiDywlr- 
dige  und  fir  die  Fdiateo  waroende  erklärt  ;M)  der  SIurb  der  »rei 
'  Dynastien  wird  rar  Lehre  und  zur  Warnung  im  Chon-king  wieder- 
holt besprocheu.  „Weil  Sche-u  das  Volk  gemissbandelt,  so  haben 
seine  Unterthanen  zuia  ilinimel  gefleht;  —  und  der  Himmel  hatte 
Mitleiden  mit  den  Völkern;  es  geschah  aus  Liehe  zu  der)  Leidenden, 
das«  er  seine  Befehle  in  die  Uände^derer  gab,  welche  Tugend  be- 
aaesen. "  ^)  Sehe  -  u  besiegt,  verbrennt  sich  mit  seinem  Pallaste; 
die  Kaiserin  wurde  entlmuptet  — ^  Bemerkenswerth  ist  noch,  das» 
der  zweite  Kaiser  in  der  noch  sagenhaften  Uraeit*  der  sieb  um  den 
Staat  sehr  verdient  machte  und  von  dem  Volke  sehr  gellebt  wurde, 
doch,  als  er  in  hohem  Alter  schwach  und  Ifissig  wurde,  und  sich  von 
seinen  Grossen  nicht  zur  Abdunkung  bewegen  liess,  durch  offne 
Empörung  dazu  «ezwunsfen  vvuide,^'') 

Meng-tse,  —  der  Chinas  Staatsleben  am  tiefsten  erfasste,  — 
giebt  der  Revolution  ia  gewisser  Art  eine  gesetzli<^  Grundlage. 
Der  erste  Minister,  sagt  er,  wenn  er  mit  dem  Kaiser  ▼erwaadllsl, 
soll  einen  tyiannischen  und  lasterhaften  Kaiser  offen  emabnea; 
wenn  dieser  aber  auf  die  dritte  Brmabnung  nicht  bSrt,  soll  er,  da- 
mit das  Reich  nicht  untergehe,  einen  Verwandten  des  Kaisen, 
welcher  an  Weisheit  und  Tugend  ihn  übertrifft,  zur  Herrschaft  be> 
rufen.  \V  enn  aber  dieser  Minister  mit  dem  Kaiser  nicht  verwandt 
ist,  soll  er  den  lasterhaften  Kaiser  drei  Mal  ermahnen,  und  frcnn 
diess  vergeblich  ist,  soll  er  selbst  sein  Amt  niederlegen. s«) 

In  späterer  Zeit,  als  sich  die  kaiserliche  Macht  noch  stärker 
concentrirte,  wurden  allerdings  hier  und  da  Zweifel  über  die  Recht* 
missigkeit  der  Resolution  wach.  Schon  swei  hohe  Beamte  des 
Scbe-u  verweigertett  dem  Wu-wang  als  einem  EmpSrer  die  Aner- 
kennung» und  verbannten  sieb  freiwillig  aus  dem  Reiche;  auch  eis 
Verwandter  des  Wu-wang  selbst  versagte  seinen  Beitritt,  und  zog 
sich  in  die  Verbannung  zurück.  37j  im  zweiten  Jahrb.  nach  Chr. 
disputirten  zwei  Philosophen  vor  dem  Kaiser  über  die  Rechtmässie- 
keit  jener  zwei  Revolutionen.  Der  eine  erklärte,  die  i>eiden  ge- 
stürzten Kaiser  seien  Scheusale  gewesen,  und  seien  von  ihren 
volkern  verhissen  worden;  Tscbing-taQg  und  Wu-wang  bitten  nur 
den  Wunsch  der  V6lker  erftllllf  Indem  äle  die  Tyrannen  atinlon. 


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186 


uöd  hätten  auf  den  Befehl  des  Hinuuets  gehandelt.  Der  andere  er- 
wicderte:  ,.So  alt  und  schlecht  ein  Hut  auch  sei,  man  setzt  ihn  auf 
den  Kopf,  und  so  prächtig  die  Schuhe  auch  seien,  man  zieht  sie  an 
die  Fasse;  es  isl  ein  Ünterscbied  zwischen  Hoch  aod  Niedrig. 
JNft  gestflnleii  Kaiser  wneo  gioase  Verbreelier,  aber  sie  wareo 
Flistea;  TacUDg*taiig  uad  Wn-waag  waiea  grosse  und  weise 
Hiaaer,  aber  de  warea  UaterthaDea;  nad  weaa  ein  VnterÜMft 
fetaea  HerrMcfaer,  statt  Üni  dareb  EnnalinaBgen  su  bessern,  ins 
Verderben  stürzt,  und  sich  an  seine  Stelle  setzt,  so  ist  er  ein 
Usurpator/*  Als  nun  der  erste  Philosoph  ins  Praktische  griff  und 
auf  den  Ursprung  der  regiereiMleo  Dyua^tie  iiiowies ,  die  auch  durch 
oae  Revolution  auf  den  Thron  gelfionuaen,  machte  der  Kaiser  der 
Difpotatioo  scbneli  ein  Eade«  indem  er  sagte,  GeMirte  st^toa  aich 
wtdeigleieben  Fragen  alcbt  bes«bifligen.M>  —  Jedocb  hat  sich  die 
iUare  aad  Uassiecbe  Anflaasnng  immer  erbalten.  Noch  1373  schrieb 
der ebinesfsebe  Kaiser  an  den  KiHiig  der  Franken;  „Ais  die  Song- 
Dynastie [9C0— 1280] lasterhaft  wurde,  so  vertilgte  sie  der  Himmel; 
nod  die  Mongolen  kamen  nach  China  und  regierten  daselbst.  Der 
Hiiiimel  nahm  aher  einÄrgerniss  an  ihren Ühelthaten,  stürzte  sie  und 
nahm  seinen  Auftrag  zurück.  .  .  Sobald  sich  das  Voik  kräftig  erho- 
ben hatte«  erhob  ich  mich  auch,  ein  Privatmann,  um  das  Volk  zu 
erretten  osd  den  Auftrag  dea  Himmele  au  ToUlUhren.  leb  wnrde 
fem  Volke  avf  den  kaSaerliehen  Thron  erhoben.''**) 

lOeiaere  An&tlnde  an  eimsetaea  Orten«  hervorgerufen  durch 
UMoftiedenheit  mit  den  kaiserlldien  Beamten,  kommen  oft  vor, 
8tml  aber  ohne  sonderliclir  i>edeutuug.  —  Wichtiger  sind  einige 
Aufstände,  welche  ü'^gen  em[)orerische  Vnsallen  gerichtet  waren; 

versagte  unter  dem  zweiten  Kaiser  das  V  olk  seinem  Fürsten, 
der  sich  gegen  den  Kaiser  auflehnte,  nicht  nur  <1en  Gehonam, 
Madem  stflnnte  auch  sein  Hans  nod  liieb  ihn  in  «Stficke.^) 

*)  Chmi-kuig,  p.  SOS.  —  *)  Eboid.  p.  27.  —  *)  lleilg*tien,  n,  8,  17. 
*)  lfaig*tMa,  X»  8,  ai--3a.     •)  Bbend.  U,  1, 15.  ICiilla»  bist.  I«  85. 

"  *)|img-tMa.  Q,  1,  Sl.  95.  ^  •)  BiMOd.  H,  1, 90i  •)  Ghoa-Üng»  p.  S4.  ^ 
»)BÖ-kiiSg,  im  Tahio  t.  Faatbiw,  p.  81.  —  >')  Choa-king,  p.  95.  —  <•)  Ebeod. 
p.  212.  —  1«)  Ebend.  p.  230.  —  ««)  Gtttilaff,  Tao-knaDg»  8.  90.  >•)  De  Mwlla, 
bistn,  p.  24.  25;  Gfttzlaff,  Qescb.  p.  —  <•)  Bnrrow,  Ki  ise,  lf?04,  II,  43.  — 
")  Williams,  R.  ü.  M.  I,  S.  4G5t.  —  «•)  Mcng-taeu,  U,  1,  16.  22.  —  «•)  Ebend.  H, 
1 15.~  «0)  Ebcnil.  ir,  1,  ;}2.  —  »i)  Ebcnd.  H,  1.  41  etc.  —  Ebpn»1.  II,  6.  34.  — 
")Ebend.  II,  1,  46.  — «*;  Chou-king,  p.  77;  Gin^laff,  Gcsdi.  ]>.  40;  de  Mailla,  bist.  I, 
p,  154-  164.  —  »*)  Chou-king,  p.  81.  —  »«)  Ebeüd.  p.  83.  87.  93.  —  »0  Ebend. 
p.99  —  «»)  Eb€nd.  p.  lül.  102.  —  *•)  Ebeml.  p.  134  flf.  150—154;  de  Mailln,  hi55t.  I, 
«5  etc.;  Güttlafif,  Gcsob.  p.  45.  —  •<>)  Chou-kmg,  p.  140.  141.  —  •»)  De  Maillu,  1, 
f.m»'^**)  Chou-king,  p.  149  — 153.  —  •»)  Ebcnd.  163.  202.  209.  —  •*)  Ebend. 
f^m^  •»)])•  lOflk,  hbt.  I,  p.  .15«- 18.  —        liov-liMi,  n,  4,  4«.  49. 


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186 


OtttftUff,  GMch.  p.  48;  de  GnsguM  im  Cbou-king,  p.  149.  **)  DsCNgMi  im 
Ghmi'kisg,  p.  88.  ^  Ntnnaiin,  Adit.  State,  I,  S.  S18.  —  MUlIi, 
bist  1, 18. 

Die  in  itrenger  Stufenreihe  gegliederten  Beamten  gehören 
mr  Regiemng  md  nicht  nam  Volke»  sind  der  erweiterte  BÜtiei* 
pnnkty  die  Organe  des  Himmels-^ohnes  und  damit  aneh  des 
Himmels  selbst;  Ihre  natfirliehe  Beieiehung  za  den  Unterthanen 

durch  Verwandtschaft  wird  möglichst  durchschnitten.    Sie  sind 
aber  des  Kaisers  Diener  nur  insoweit,  als  er  wirklich  des  Him- 
mels Vertreter  ist,  und  sie  siud  eigentlich  die  mittelbaren  Organe 
des  Himmels  und  von  ihm  selbst  eingesetzt,  damit  sie  seine 
Gesetae  erfüllen. Des  Himmels  Gesetz  ist  ihre  höchste  Riehl- 
schnnr;  sie  haben  durchaus  nicht  die  zufälligen  Meinungen  und 
liannen  des  Kaisers  an  vertreten;  nicht  die  Persönlichkeit  des 
grade  regierenden  Fürsten,  sondern  der  Wille  des  Himmels  soll 
herrschen.  Des  Kaisers  Befehl  gilt  nor,  iasofem  er  mit  den  ewi> . 
gen  Ordnungen  des  Reichs,  mit  dem  Himmelsgesetz  fiberein- 
stimmt;  und  dieses  Höhere  haben  die  Beamten  selbst  p;e«;en 
den  Kaiser  zu  vertreten;  gute  Minister  stehen  mit  dem  Himmel 
in  Verbindung.^)    Und  eben  weil  sie  nicht  die  blinden  Werk- 
zeuge eines  Willkiirherrschers,  sondern  die  Vollstrecker  und 
Vertreter  einer  Idee  sind,  sind  nur  diejenigen  zu  Staats- Äm- 
tern befilhigt,  welche  die  alten  Ordnungen  des  Reichs  studiit, 
das  geistige  Bewnsstsein  des  Volkes  erkennend  in  sich  aufge- 
nommen haben.'  Tfur  die  Intelligenz,  nicht  die  Geburt  befthigt 
zu  den  Ämtern  des  Staates;  alle  Beamte  sollen  wissenschaft- 
lich gebildet  sein;  und  was  sie  als  die  mi^c  uiiaiUastbare 
Ordnung  des  Himmels  c:elernt  haben,  das  liabeu  sie  auch  zu 
vertreten,  und  sie  sind  dafür  nicht  allein  dem  Kaiser,  sondern 
vor  allem  dem  Himmel  selbst  verantwortlich.    Der  Kaiser  darf 
nur  solche  Diener  haben,  welche  des  ewigen  Reichs  Bewusst- 
sem  in  sich  tragen.  Wie  der  Kaiser  dem  Himmel  Ar  das  Wohl 
des  Volkes  Terantwortllch  ist,  so  sind  die  Beamten  dem  Kaiser 
für  Aufrechthaltung  des  Gesetzes  Tcraatwortlich,  in  höchster 
Instanz  aber  dem  Himmel.  —  Civil-  und  Militär -Mandarinen 
sind  bestimmt  von  einander  geschicrten;  jene  aber  haben  den 
Vorrang;  China  ist  ein  bürgerlicher  >Staat. — Das  Heer,  schon 
in  alter  Zeit  wohl  geordnet  und  geübt ,  steht  an  kriegerischem 
Geist  hinter  den  Völkern  des  Westens  weit  aurüok. 

Schon  in  der  Blitte  des  dritten  Jahrtausends  wurde,  den  chine- 
sischea  JtMCeham  snfoige*  eiae  gegiiederto  Biatkeihmg  dea  Vol- 

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kes  und  seioer  Bcauiteu  angeordnet;  jede  Provinz,  zu  360,000 Fa- 
milien eereebnet,  zerfiel  in  zehn  gleiche  Theile,  jeder  derselben 
nieder  in  z.ehn  IJnterabtheilunger),  deren  jede  wieder  durch  fünf 
und  dann  durch  drei  getlieilt  wurde,  also:  360j  72,  24,  8  Fa- 

nUien;  jede  dieser  Abtheilungeo  Stand  unter  eioem  .Vorsteher  und 
Leiter.«)  Sind  auch  die  ZaU«o  uuBweilaUwÜ  aus  spiferer  Zeit  io 
die  Miere  fibertrages,  so  ist  diese,  anffaUeiid  ao  die  peraasische 
VeiwaituBg  (Bd. ).  §  177)  erinnernde  fiintlieUang  doch  sidier  sehr 
dt,  and  besteht  in  etwas  ▼erSnderter  Weise  nocii  jetzt 

Die  Beamten,  Koan^,  (lortugiesicb  Mandarinen,  werden 
nicht  voui  Volke,  sondern  von  der  Kegierung  gewUhU,  haben  ilne 
VoUinacht  nicht  von  unten,  sondern  von  obeti  erhalten.  Der  einzige 
FtJI,  wo  Beamte  vom  Volke  gewählt  werden,  ist  bei  den  wenig 
liedeatenden ,  mcfir  mfihsam  verwaltesdeo  aU  gebietenden  Vor- 
«taiiem  der  I>or%emeiaden.*)  Die  UnterscheiduDg  der  Beamten 
von  Volke  wird  in  strengsten  Sinne  dnrcbgefilbrt  •  Kein  bfirger- 
liclier  Mandarin  darf  ein  Amt  in  der  Provlns  verwalten »  in  welcher 
er  geboren,  sondern  nmss  Yon  seinem  Geburtsort  wvnigstens 
oO  Stunden  entfernt  bleiben ;  keiner  darf  sich  eine  Frau  ans  den 
ihm  untermebenen  Familien  zur  Ehe  nehmen;  Verwandte  (Uirten 
nicht  in  (ier^elliew  Provinz  zue^leich  An»ter  beldeiden,  die  einander 
untergeordnet  sind;  die  Kinder  hoher  Beamten  werden  in  der  kai- 
j>erlichen  Schule  su  Peking  erzogen.  Diese  alles  soll  nicht  nur 
die  Unpaitheillelilieit  der  Beamten  siebern,  sondern  sie  tiherhaupt 
von  den  natttrlidien  Banden  der  Verwandtschaft  etc.  liisen,  welche 
sie  Kut  dem  Volke  susammenhalten;  sie  sollen  als  etwas  HSheres 
über  dem  Volke  stehen,  und  jene  Absonderongsmlttel  haben  IlBr 
diese  staatlichen  Kleriker  eine  ähnliche  Bedeutung  wie  das  Cölibat 
bei  den  kirchliehen.  Die  strenge  üniformirung  aller  Mandarinen 
cnlspricht  der  srharlen  JSofKlenin«  von  dem  Volke. 

Bei  der  Wahl  der  Beamten  soU  nur  auf  die  Kenntnisse  und  die 
«iltliche  Belahignng,  nicht  auf  die  Geburt  gesehen  werden,  und  ein 
weiser  Mann  aas  den  niedrigsten  Familien  soU  dem  weniger  weisen 
«■s  kaiserliebem  Geschleebt  vorgehen  ;•)  das  Vererben  der  Amter 
gilt  als  ein  Frevel»^  hikhstens  gehen  Staats-Belohnungen  bei  ver- 
iBenten  Männern  auch  auf  deren  Naehkommen  Aber,  nicht  aber  die 
Würden,  Die  büchsten  Minister  waren  oft  aus  den  untersten 
Ständen.')  —  Das  Studium  der  JStaatsdiener  ist  sehr  genau  bis 
iof  Eiozelste  vorces«  liri'  hcn  und  durch  strenge,  bereits  von  Vao 
und  Schuo  angeordnete  Prüfungen  beaufsichtigt  Im  siebenten 
Jahrhundert  nach  Chr.  wurde  eine  Art  Central  -  Akademie  gestiftet, 
Mf  welcher  aUe  an  hSheien  Ämtern  sich  Vorbereitenden  sMiren 


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mossten.  Die  hochsdn  Prüfungen  werden  im  kaiserlichen  Pallast 
ah^f  halten;  dor  Kaiser  selbst  giebt  die  Themata,  über  welche  die 
Examinanden  Abhandlungen  zu  schreiben  haben,  und  fHllt  das  Lt- 
tbeil.*<)  Bearbeitungen  von  Fragen  aus  demtiebiet  des  Staates  und 
der  Sittlichkeit  bilden  deo  Hauptgegenstaad  der  Prfifttngeo,  aber 
ancb  Beredsamkeit  md  GesehlddiehlMH  im  Versemacbeo,  —  ek 
ene  IKsciplinlnuig  der  Sprache,  —  werden  verlaagt.  Die  Beaiates 
aelbat  sind  des  weiteren  Lernen«  sidit  flberliobefl;  von  ihren  Ter- 
gesetzten,  sogar  toth  Kaiser  selbst  werden  ihnen  monatlieh  Vor- 
träge über  die  wichtisjften  Pflichten  und  Gesetze  gehalten.^^)  Ihre 
Besoldung  heslaini  fni)iei  iu  Lh'ndereien. 

DieBeaulsichtiguug  der  Beamten  ist  eine  der  wichtigsten  PlUch- 
ten  des  Kaisers.  »Scbun  prüfte  alle  drei  Jahre  alle  Beamten  streng 
Ober  ihr  Benehmen,  belohnte  und  bestrafte  sie;  Spätere  ahmtoo 
diese  nach.  Randreisen  des  Kaisers  aar  Beaufeicbtignng  werden 
sehr  oft  gehalten,  von  manchen  Kaisem  JibiHcb.  Noch  jetat  wer- 
den nach  alter  Sitte  die  höheren  Beamten  ?om  Kaiser  benrtheiU, 
and  ihr  Lob  oder  Tadel'  ufTentlich  bekannt  gemacht.*^)  Gate 
Beamte  werden  belohnt;  ein  vom  Kaiser  selbst  gescbriebeuer  und 
auf  eine  hölzerue  oder  eherne  Tafel  eingegrabener  Lobsfiruch  wird 
dem  zu  Ehrenden  in  feierliciier  Weise  fiberreicht;  <ler  höchste 
Lohn  ist  die  Errichtung  von  Ehrenbogen.  —  Strengste  Gesetzlich- 
keit  und  Unbestechlichkeit  ist  die  erste  PIlicbt  jedes  Beamten; 
selbet  die  Minister  dflrfen  ohne  Krlanbniss  des  Kaisers  keine  Ge- 
schenke annehmen,  und  müssen  daher  von  allem,  was  sie  kaufen, 
Quittungen  anfsoweisen  haben,  i^)  Unterschlagung  Ton  Geldern 
wird  mit  dem  Tode  bestraft. 

Die  Beamten,  vor  allem  die  Minister,  haben  dem  Kaiser  keines- 
wegs unbedingten  Gehorsam  /u  leisten,  sondern  sind  streng  ver- 
pflichtet, das  liiiliere  Gesetz  <\('s  ninimels  dem  Kaiser  gegenüber 
warnend  und  mahnend  zu  vertreten;  i^)  sie  haben  dem  Kaiser  fort 
und  fort  sein  Ideal  vorzuhalten  und  zu  demselben  heranzabilden. 
„Ein  Minister  soll  daran  allein  denken,  «einen  Herrn  In  der  Ans- 
fflbnng  der  Tagend  au  anterstiltzen  nnd  dem  Volke  nCIslich  an 
sein."!*)  Ein  Minister  des  14.  Jahrb.  vor  Chr.  sagte:  „wenn  Ich 
aas  meinem  Herrn  nicht  einen  aweiten  Yao  oder  einen  sweiteo 
Schun  machen  kann,  so  werde  ich  mich  ebenso  schämen,  als  wenn 
ich  auf  oHentlicheni  Platze  gesc  hlagen  worden  wfire."»*)  Ein  hoher 
Beamter  Im  zweiten  Jahrb.  vf»r  Chr..  den  man  wegen  seiner  Frei- 
müthigkeit  vor  dem  Zorti  des  Kaisers  warnte,  erklärte:  „der  Kai- 
ser nimmt  uns  nnr  darum  iu  seinen  Dienst,  um  Ihm  sein  Volk 
regieren  sa  helfen;  ansre  POieht  ist,  in  veihhidem,  dass  er  seioea 


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Raf  nicht  geföhrde.  Ich  bio  von  so  hoher  Achtung  vor  seinem  Be- 
nfe erfüllt,  das«  ich  mich  seines  DienstcH  für  unwürdig  halten 
wMe,  wenn  foh  laidi  nicht  mit  Festigkeit  allem  widenetite,  waa 
semAiiaehn  beeiDtridiligeo  h9niite."*>)  Hoebgefflhintwird  w,  weaii 
m  Mbiater  deo  Thorbeiten  oder  Laatero  aeiaea  Kaiaets  Icriftig 
entgegentritt.  Tadni-hi  sagte  als  Statthalter  mm  Kalaer,  er  folge 
in  der  Wahl  der  li(  ainteti  weder  der  Vernunft,  noch  der  Gerechtig- 
keit; ja  man  fürc  hte  sich,  ref htlirlieri  und  festen  MUnnern  Ämter  zu 
übertragen,  weil  diese  den  Günstlingen  entgegenarbeiten  würden, 
denen  der  Kaiser  von  Jugend  auf  gewohnt  sei  Vertrauen  zu  8chea- 
keD.2i)  —  Als  ein  Kaiser  im  sweiten  Jnhrh.  vor  Chr.  sich  der  Tao- 
Lehre  znneigte,  und  aidi  von  einem  Tao-Prieater  den  Unaterhlich- 
keitstraok  reichen  lieaa,  warnte  ihn  ein  Bfandarin  emat  vor  solcher 
Thoihek,  und  da  eeine  Bfahnung  vergeblich  war,  eatriaa  er  plMa- 
M  dem  Priester  den  Beeher  und  trank  ihn  in  Gegenwart  des 
Kaisers  aus.  Dieser  befahl,  ihm  den  Kopf  abzuschlagen,  abei  der 
Mafjtiarin  antwortete  lächelnd:  ,,das  kannst  du  ja  nicht,  denn  ich 
hin  unsterblich;"  und  er  wurde  begnadigt^*)  —  Am  merkwürdigsten 
ist  wohl  das  Verfahren  des  durch  seine  Weisheit  berühmten  ¥-yn, 
Ministers  unter  Tsching-tangy  gegen  dessen  ausschweileaden  Elakel 
and  Nachfolger,  Nachdem  er  den  jungen  Kaiser  vergeblich  aar 
Beaseivog  ermahnt,  aperrte  er  Ihn »  nm  ihn  an  besaecn«  ohae  wei- 
teres in  einen  entfernten  Pallaat  drei  Jahre  lang  ein,  wo  er  aehien 
Chossvater  betranem  und  sieh  zugleich  efnea  besseren  Lebeas  he- 
fleissigen  solhe.  nud  u^nh  ihm  strenge  Verhaltungsregeln  mit.M) 
Nach  dem  8«  hu  king  gelang  ihm  diese  Kur;  der  Kaiser  bekannte 
reuig  seine  Schuld  und  versprach  demütliig  sich  zu  bessern;  nach  An- 
deren nurde  der  kühne  Minister  später  vom  Kaiser  hingerichtet, 
worauf  der  Himmel  durcli  einen  finstern,  über  das  Land  verbreiteten 
Nebel  aeinen  Zorn  über  diese  TlMt  au  erkennen  gab.^) 

DieTeraiitwortllchkeit  der  Beamten  filr  dieAultecbtiialtnag  dea 
Gesetaea  in  ihrem  Bereiche  geht  ao  weit,  daaa  die  Sebald  nicht 
eatdedkter  Verbrechen  auf  jene  IkHt.  So  wurde  noch  im  fünften 
Jahrb.  nach  Chr.  ein  hoher  Beamter,  weil  er  Häubei banden  nicht 
lar  Strafe  wm  ziehen  vermochte,  zum  Tode  verurtheilt.**) 

Die  hJlchsten Beamtet»,  die  ^Minister,  wurdenschonin  alterZeit, 
—  bestinnit  schon  im  zwölften  Jahrh.  vor  Chr.  ~  in  sechs  Abthei- 
hmgen  getheilt,  die  durch  Zertheilung  bisweilen  auf  nenn  oder 
■ehr  stiegen.  Diese  sechs  Ministerien,  deren  Zahl  auch  jetst  noch 
(»estebt,  haben  nach  dem  Schu-king**)  folgende  Verwaltanga- 
»reige:  Leinülniateriam  ist  f&rdSeRegi  er  vng  des  Reichs,  dessen 
flaapt  aogleidi  erster  Miaiater  ist;— 2.  em  Blinistertum  fär  Lehre 


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19Q 


und  Unterricht  sor^t  flafffr,  das«  das  Vnlk  in  der  Religion  und  in 
seioeo  Pflichten  untcrrlciitet  werde; 2^)  3.  ffir  die  Beobacbtung  der 
Ceremonien  im  Koitus  so  wie  im  bfirgerlioheii  Leben ;M)  4« 
die  Vertbeidigatig  des  Reichs,  ffir  das  Heer  nud  den  Krieg;  — 
5.  fBr  dfeAnwendung  der  Gesetze»  Bestrafung  der  Verbrecbes 
ete.;  —  5.  fiir  die  üfTentlichen  Arbeiten,  fir  die  Siebeilieit  md 
Zweckmässigkeit  der  Wohnungen,  fiir  den  Ackerb^it  etc.;  dieses 
Ministerium  zerfallt  i\:\rh  aiulfrn  Berichten  in  zwei  oder  drei.*') 
An  der  Stelle  des  zweiten  wird  ui't  das  Ministerium  der  Fiiian/.en 
gesetzt,^)  uud  diess  i^t  die  noch  jetzt  geltende  Gliederung;  die 
Beaufsichtigung  des  Unterrichts  föllt  dann  dem  dritten  IVlinisterivm 
ni.  Der  erste  Minister  bat  sehr  umfangsreiehe  Befugnisse  and 
ist  in  alter  Zeit  eigentKeb  ein  Reichs-Kanzler.»)  Wegen  derWldb* 
ttglceit  des  Kalenders  [{  24]  ist  auch  eine  besoodere  astrenoini- 
sehe  Behörde  eingesetzt,  welche  den  Kalender  in  allen  seinen 
astronomischen  und  astrologischen  Theilen  zu  ma(ihcn  hat.  Schon 
vor  2000  vor  (  lir  .  be-^taiid  diese  Ei  n  iclitung  wie  jetzt  noch;**)  nach 
alten  Gesetzen  sollen  die  Vor8f«'li*'i  dieses  Tribunals,  wenn  sie  die 
Himmels  -  Erscheinungen  fatsrli  berechnen,  und  eine  iSonnenrin&ter- 
niss  etc.  ohne  vorherige  Ankündigung  der  Astronomen  eintritt,  mit 
dem  Tode  bestraft  werden.**)  In  der  Mitte  des  17.  Jahrb.  stand  der 
JesnH  Adam  Schall  ans  Coln  an  der  Spitie  dieser  BehSrde»  uad 
Europier  waren  bis  vor  Knraem  noch  Mitglieder  denelben. 

Civil-  und  Militür-Mandarlnen  wurden  schon  in  der  Mitle 
des  dritten  Jahrtausends  vor  Chr.  auch  in  den  äusseren  Abzeichen 
unterschieden;  jeuc  hatten  anfderBru^t  und  demRücken  die  Bilder 
von  Vögeln  «jestiekt,  diese  <iio  llihler  von  vierfussltjeri  Rauhthi»*- 
ren.'^)  In  jeder  Provinz  steht  neben  dem  mit  atisgcdelioter  Macht 
regierenden  Gouverneur  ei»  Oherbefebishaber. 

Das  Heer  bestand  aus  Fnsstnippen,  Reitern  usd  Wagen;*') 
neuere  Verinderungen  geben  uns  hier  nidits  an.  Auswibhmg  von 
Maanseliaflen  sur  besonderen  Ausbildung  in  den  Waffen  ist  schon 
aus  den  ftltesten  Zeiten  erwSbui'^)  Besoldung  erhielten  die  Krie- 
ger schon  vor  Kong-fu-tse;  jedoch  werden  regelmfissige ,  stehende 
Heere  er.'st  unter  den  Tang -Kaisern  (t)KS  —  '.>0T)  eingelülirf.  wäh- 
rend vorlier  alle  wafif"enOihii?e!j  Männer,  zu  hestimniteii  Zeiten 
Waffenübungen  vornelnnend,  nur  eine  ArtBiirgerwehr  bildeten.*^®) — 
Ausser  den  eigentlichen  Söldlingen  giebtesnocb  colonisirte  Milizen; 
die  ersten  Milltftr-Colonien,  Ackerbau  nnd  Kriegsdienst  xugleicb 
betreibend,  wurden  im  iweiten  Jahrh«  vor.  Chr.  begründet;  suemt 
wurden  die  Grenzen  dnicb  sie  besehfitut,  ntehstdem  wdste  Linde- 
reien durch  «le  uriMr  gemacht;  die  Arbeit  geschah  unter  mÜUftri- 


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101 

scher  f)lHri})liii ;  der  Erfrasj  pehwrtr  dein  Staat,  die  Kinder  dem 
Heere.  —  Die  gegenwärtige  Starke  des  Heeren  io  Friedeos- 
lelleo  ist  auf  dem  Papier  1JOO,000  MAnn  ,  la  Wurkliebkeit  aber 
viel  genoger.^)  Der  gr«Ie«te  Tlieil  ist  blosse  Bifgerwebr,  uiid 
fflgelnässig  arganisirt  sind  etwa  oor  80,000  Bison.  <—  Im  Cfanaen 
liat  das  Heer  wenig  kriegerischen  Geist  und  eben  so  wenig  ktiegeri« 
«cbeForm.-— Die  Anfilhrer  tragen  selten  Sfibel;  die  Waffe  ist  eher 
eine  Last  als  eine  Ehre.  Im  Schi-king  wird  oft  über  des  Krieges 
und  der  WaflTe»  Lä«tij;kclt  geklngt;  statt  inuthigor  Scliiachteoge- 
8&Dge  finden  wir  da  nuMsl  um  I  i autnlieder  über  dan  Loos  des 
Kriegers.  »,Wie  ist  der  Üerg  su  hoch,  wie  i^t  das  Thal  so  breit,  und 
imaer,  immer  noch  zieh  ich  so  weit,  so  weit!  zieh  ich  hinaus  in  Kampf 
«ad  Streit,  und  sftsse  lieber  in  der  Haimath  doeb/'  —  ,tWo  ist  die 
Planse,  die  nicht  schon  verdorrte?  Wo  ist  ein  Tag,  da  man  uns 
Kibe  giehtl  Uns  treibt  ein  schwer  Gebot  von  Ort  au  Orle,  wo 
«ine  Nolh  sieh  auf  die  andre  schiebt  Wo  Ist  ein  Kraut  nicht  von 
der  Glutb  geschlagen?  Wo  ist  ein  Mann  hier,  dem  sein  Weib  nicht 
fehlt?  O  weh  uns,  die  ami  müsseu  WatTeii  trage»,  zu  Menschen 
|;ieirbsain  sind  vur  mda  ^r/.ihlt!  Wir  nind  nicht  Tiger,  nicht 
Rbi ooce rosse f  was  gebri  wir  denn  durch  Wüsten  immer  ^u.^  ü  weh, 
man  gicbt  uns  armen  Kriegertrosse  vom  Morgen  his  zum  Abend 
keine  Kuh!  '<«2>*-Die  Disciplin  im  Meere  iet  streng;  Prügel,  selbst 
bei  den  Ofliaieren^  Ist  HauptmitteL  —  Das  Zeichen,  sum  Zvaanmen- 
treteo  des  Heeres  wurde  schon  im  9.  Jahrb.  vor  Chr.  duieh  Feuer« 
■gntle  auf  Bergen  gegeben. 

'j  I)--  Ahuüu,  hist  I.  p.  ö4.  —  »)  Thnn-kiiij:,  )..  233.  —  »)  Dp  Mailla,  bist,  T, 
^22.  —  Williams.  K.  d.  Mitte,  I,  S.  380.  —  M  De  Mnilla,  hist.  XI,  p.  444; 
WiiUamÄ,  l,S.3-iy.  —  *)  Meng-thcu,  I,  2,  30;  Chuu-kiug,  p.  2Ä3.—  ')Meug-teeu,U,2, 

Qicm-kmgjp.  150  — •)Mcng-ti,cu,  U,  2,  26.  —  •)  Ebend.  H,  2,  50.—  i«)Gtitiliir, 
GcmL  8.  m.  >  1 )  Gftttlaff,  Tao-knang,  S.  57. — *  *)  Da  Halil«,  Descr.  de  U  Chine, 
ITM.  %  89.  —  >•)  Mcng-tsea,  I,  5, 19  Choa-king,  f  Sl ;  de  Maffla»  bist.  I, 
h  H.  191;  T,  160w  —  Quidaff,  Taa-kuang,  a  6T.  ^  >*)  BraeSB,  Belie^  I, 
ai».  —  i«)  Heagw^  n,  1,  la  11. 13.  ^  1«)  Gboa*Uag^  ^  lOI.  Bbaad. 
p.  127.  —  •«)  De  Mflilla,  m,  ]>.  18.  —  >0  Kenmaaa,  b.  nigen,  1887,  p.  23.  — 
")  Gttatelt  Geich,  p.  106.  —  •»)  Chou-king,  p.  97.  98;  GützloflF,  S.  42.  —  «♦)  De 
G^gim,  cbcnd.  p.  91.  —  '»)  De  Mailla,  V,  p.  105.  —  «•)  Chou-king,  p.  257.  340, 
-•^)Kbend.  p.  18.  15G.  1C6.  288.  —  »«)  Yk\.  doMailla,  hist.  I,  p.  92.  — '•)  Ebend. 
I  ^  ?9.  91.  92.  —  De  Guij,Tics  im  Chou-kinj:,  p.  340.  —  •«)  ^Villiam^^,  R.  d.- 
Mitte,  I.  S.  395  etc.  —  •»)  De  Mailla»  hist.  1,  p.  54.  89.  —  •»)  Chon -km;:,  p.  66. 
Weki,  Zeitr.  d.  Chin.  S.  159.  —  »*)  Chou-king.  p.  372.  r.7.-~  »>)  De  Mudla,  hUt.  1, 
p.  30.  ~  «•)  Chi-king,  p.  233;  Ebend.  U,  3,  3.  —  De  MailU,  hist  I,  p.  15;  CW- 
king,  p.  233.  —  »»)  Ma-tuau-lin  bei  Klaproth»  notice  etc.  p.  48.  —  »•)  Biot,  im 
Ajüet.  17  «er.  t  XV,  p.  388  etc.  —  «•)  CHUshlF,  IWi-kouigt  S.  »1.  — 

WiUiaaii ,  B.  d.  llitta.  I,  a  880.  ^  Sdd.ldDg»  D,  8, 10^  («Mib  Rfldnri).  — 
'*)Dellaitta,I[,p.49. 


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IM 

S  68. 

Da  der  Kaiser  wie  die  Mandarinen  nur  die  Voüstreeker 
einer  Idee  sind,  die  Beanlftraglen  des  Himmeis,  ibre  eigne  Per- 
sAnliehkeit  aber  dieser  Idee  sehlecliterdings  nnteravordaca 
liaben,  so  bedarf  es  im  Staate  noeb  einer  Macbt,  welebe  ^Kese 

Vollstreckung  des  himmlischen  Gesetzes  bewacht,  —  einer 
Macht,  welche,  ansserhalb  des  die  biiine  leicht  verwirrenden 
Ueräuschet»  der  Staatsinaschine  stehend  und  unbetheiligt  an  der 
verwaltenden  Thätigkeit,  eben  nur  aU  Wächter  der  Ordnung 
znm  Rechten  zu  sehen  hat,  ob  da  alles  im  richtigen  Gange 
nnd  alles  an  seiner  gesetsmissigen  Stelle  ist.  Wie  der  Fürst 
nnd  seine  Beamten  die  Organe  der  hinunlisdien  Tbitiglicit 
in  Besiehang  anf  das  V5Ucerleben  sind,  so  bedarf  es  noch  eines 
Organs,  welches  die  Verantwortlichkeit,  die  alle  actiTen 
Staatsglieder  dein  Himmel   gegenüber  haben,  zur  Wahrheit 
macht,  die  Schuldigen  zur  Rechenschaft  ziehen,  und  den  fiber 
des  Himmels  Ordnungen  Hinausschreitenden  ein  Veto  zurufen 
kann.    Das  sind  nicht  Vertreter  des  Volkes,  denn  das  Volk 
ist  schlechterdings  die  passive  Seite  des  Staats,  und  hat  sich 
in  das  Regieren  nicht  an  mischen ,  —  sind  nicht  V  ol  ks-Tribnaen, 
sondern  Himmels-Tribanen,  oder,  was  dasselbe  ist,  Tribunen 
der  Staats-Idee.  Sie  sind  an  der  Verwaltung  nicht  betheÜigt, 
stehen  nnimrtheiisch  ansserhalb  der  Regierangs -Bewegrmg, 
aber  sie  liaben  ein  machtvolles  Veto,  wo  sie  die  unantastbare 
Ordnung  des  alten  Reiches  verletzt  sehen.  E<?  sind  die  Ko-tao, 
Censoren,  von  den  Beamten  gefürchtet,  von  dem  Volke  als  die 
Beschützer  der  Gesetze  geehrt.  Sie  sind  in  dem  Staate  von  ob- 
jectivem  Charakter  das,  was  bei  uns  die  Volksvertretung  ist|  nur 
haben  sie  in  China  «icht  das  Volk,  sondern  eine  Idee  nuTcrtreten, 
nicht  ein  sich  Terftudemdea  Bewusslsein  sondern  emen  unab- 
finderiichen  Gedanken;  sie  sind  die  Wächter  des  himmlisehen 
Reiches,  das  Gewissen  des  Staates.   Sic  werden  erst  einige 
Jahrhunderte  vor  Chr.  bestimmter  erwälint.  i)  Es  liegt  aber  in 
der  Natur  der  Sache,  dass  die  rein  ideelle  ^laeht  der  Ko-tao 
nur  so  lange  und  nur  dann  eine  rechte  Geltung  hatte,  als  im  Volke 
selbst  ein  reges  Bewusstseiu  von  des  Staates  Wesen  und  ßesttm- 
nmng  vorhanden  war,  und  dass  es  auch  in  China  Staatsmänner 
genug  gegeben  hat,  welche,  ihrem  eignen  Gelüste  nachgehend» 
sich  am  Ideen  nicht  kümmerten;  ein  Volk  ist  aber  nur  so  lange 
dn  weltgeschichtliches^  als  es  tberhanpt  eine  Idee  trägt  md 
vollfuhrt. 


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Die  Ko-tao  nohneii  den  Sitzirtigen  <fer  BcfhDrden,  selbst  der 
Ministerien,  aber  ohne  Stiminrp<  iit,  bei,  untersiRluiu  die  Acten, 
dmrehrpiscn  da.*^  T?<*irh.  um  lihenill  .«selbst  zu  selien,  wie  die  (»pset/p 
gebaDdhabt  werden,  und  diirleri  treibst  den  Kaiser  tadeln  und  gegen 
«eiM  Handlungeo  Protest  erheben.  Sic  haben  zahlreiche  geheime 
Diener,  «iod  deher  von  dem  Leben  der  Beamten  oft  genauer  unter-  ^ 
lichtet  als  deren  nSdinte  Vorgesetzte,  berichten  Ober  das  amtliehe, 
wie  Aber  das  Frivatlehen  der  Beamten  an  den  Kaiser;  sie  sind  die 
Sfleotliclien  Anicläger,  nnd  ihre  Aussagen  hedtirfen  keiner  Zeugen.^) 

Dass  die  Cen^oren  gegen  die  Ab8ichten  oder  Handlungen  des 
KdiseTi»  im  iSaiiicn  des  Gesetzes  Binspriich  erhohen,  wird  oft  er- 
wähnt: sie  Ijczalilten  nher  niclit  selten  ihre  Pflichttreue  mit  dem 
Leben.    Im  zweiten  Jahrh.  vor  (  hr.  verlangte  des  Kaisers  Mutter, 
dass  dieser  seinen  Sohn  von  der  Thronfolge  aussehliesse  und  einen 
andern  Fürsten  zum  Nachfolger  erwähle;  ein  Ceusor  protestirte  In 
emer  Denkschrift  dagegen;  der  Kaiser  gehorchte,  aber  der  Ceusor 
fiel  bald  darauf  unter  dem  Dolche  von  Meuchelmördern,     Ein  ande- 
rer Censor,  welcher  bald  darauf  61ier  die  Sitten  der  Kaiserin-Mutter 
Beschwerde  erhob,  wurde  durch  die  KSnke  derselben  j^um  Tode 
gebracht.*)     Im  /rhnh  n  Jalirh.  nn<li  Clir.  wurde  eine  kaiserlifiie 
Beinchläferin  Mut  der  Kaiserin  i^eiitisshandelt:   weinend  klagte  jene 
beioi  Kaiser,  erhielt  aber  in  dess^en  Gegenwart  von  der  Kaiserin 
einen  Baekenstreich,  und  gleich  darauf  aueh  der  Kaiser  f^clhst.  Er 
trag  nun  bei  den  Censoren  darauf  an,  die  Kaiserin  ihrer  Wtirde  an 
enddeiden  und  sie  eu entlassen;  diese  aber  antworteten  ihm  strenge, 
diese  sienM  sich  niclit,  und  verweig^en  ihre  Zustimmung«  Etwas 
fl|>iter  wollte  eni  Kaiser  seine  Gattin  verstositen  nnd  eine  andere  an 
Ihre  Stelle  setzen,  aher  die  (^er)soren  widersetzten  sich,  und  der 
Kai«'Ci  Ivfuiiite  seine  Iweinalilin  nur  durcli  «'im'  lalsrhe  An«rhnldigung 
»Mit lernen.  <*)    Ein  anderes  Mal  versetzten  dit^  Cen^iorcn  einen  Mi- 
nister in  Anklagestand,  welcher  gegen  die  Tataren  den  Krieg  au- 
scbürte,'')  und  rügten  die  Verschwendung  eines  Kaisers,  der  sich 
mit  grossem  Aufwand  ehien  neuen  PaHast  baute.  *)  Im  ftlnfsehnten 
iahrii.  nach  Ohr.  beschul^gten  ide  einen  Kaiser  der  Ketterei;  da- 
Dir  wellte  dieser  sie  verartheilen  lassen,  aber  die  Richter  sprachen 
Me  frei,  und  als  der  Kaiser  sie  menelileviseb  ermorden  lassen 
wollte,  verweigerten  die  Eunuehen  die  Ermordung. <*)    Ein  Kaisei* 
liess  eine  huddhi.stisehe  Pagode;  hauen,  um  flu  h'dies  Alter  tu  er- 
rfiehen;   die  Censoren  erklärten  diess  für  widersinnig,  das  <jeld 
werde  den  Armen  abgepresst,  und  er  vergrössere  die  Noth.  iSoch 
jetat  stehen  die  Censoren  in  Ansehn;  als  der  vorige  Kaiser  Tao- 
knuig  im  Jahre  1932  einigen  reichen  Lenlen,  welche  suv  Untet- 

O.  IS 


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sUttmg  dM  bvQgetndeii  Volke»  viel  getbao,  AvsieicfaBiuigeD  tnd 

Titel  gegeben  batte,  vvatnte  ein  Ceaeor  den  Kaiaer,  dieaa  sk  wie* 

derboleD.  denn,  sagte  er,  wenn  refcbe  Leute  Titel  filt  GM  be- 
koiiiiiien  kMiinen,  dann  sind  alle  Aussichten  für  den  armen  Gelehrten 
verloren;  Talent  und  Gelehrsamkeit  werden  den  Ntaatsdirnst  ver- 
lassen, und  Keichthuni  und  Dummheit  dafür  eintrttt  n.  Der  kaii»er 
nahm  die  Rüge  stillschweigend  hinj^)  Auch  wegen  V'erkaafa  von 
Ämtern  und  wegen  Veracbwendung  dorch  Putz  und  Weiber  mosste 
der  Kaiaer  ernate  Rügen  anb8ren,><)  deraelbe  Ffirat,  der  eiaeo 
groaaen  Gelebrteti  Air  die  Mabamg,  nacb  dem  Vorbilde  des  Alter- 
tbaaia  an  regieren,  mit  lOOBambua-Hieben  und  dreijähriger Veiban- 
nung  bestrafte. 

*)  De  Mailla,  hUt.  II,  504.  bbii. — Du  Halde,  Deßcr.  de  la  Chine,  1736, 1,  p.  &; 

n,  p.  80.->>)  Dtt  MttHa  U,  p.  S8i.— Ebend.  III,  p.  8  *)GlltaIaff^0«»ch.8. 81S. 

—  «)  Ebeod.  8.  322.  —  '*)  Ebend.  a  S50. — •)  Ebend.  8.  324. — *)  Ebend.  &  493.  — 
>•)  Ebend.  8. 497.  —  ")  Glktslaff,  Tao-lraang,  8.  45.     ^  Ebend.  8.  55. 

§  69. 

Die  dnreb  höbe  EinlcomineDatettern  und  Zölle  erlangt«!  be* 
träefatUehea  Staata-EinDabmen  werden  in  einer  im  gaaaeo 
AlterdiM  aonat  nirgenda  vorkommenden  Anadebnung  zu  ewer 
bis  Ina  Kleinate  hinab  väterlieb  und  vormundacha^ic^  sorgenden 

Verwaltung  verwandt;  alles  wird  von  oben  herab  geordnet,  das 
Volk  wie  Kinder  p^clcitet.  In  der  Sorge  für  den  äusseren  Le- 
benvSnnterlialt  des  A  olkf  s  niid  für  dit  Ordnung  iiud  den  \'erk.ehr 
im  Keiche,  in  der  Einrichtung  von  Ma^aauaen  und  Hospitälern, 
In  Strassen-  und  Brüclcenbaaten,  Wasser -Regulirung  eto,  bat 
der  cbinesiscbe  Staat  in  der  ganzen  heidniaehea  Welt  niolit  aeines 
Gleichen.  Wie  der  Himmel  alle  seine  Geachöpfs  nfihrt  und  die 
Natur  in  Ordnung  hält,  so  muss  auch  die  Regierung  ftUr  das 
Leben  aller  Bürger  väterlich  sorgen.  Mit  diesen  grossartigen 
Arbeiten  zu  gemeinnützigen  Zwecken  ist  das  chinesische  Staats- 
leben aufs  innigste  verwachsen ,  er  ruht  auf  ihnen  nnd  ist  aus 
ihnen  hervorgegangen.  Die  ungeheuren  ('berschwenmiungen 
der  ältesten  Zeit  machten  eine  ungewöhnliche  Vereinigung 
grosser  Volkakräfte  nothwendig,  um  den  wilden  Naturmächten 
den  Boden  abzuringen;  und  diese  gewaltige  Conceatration  der 
KräHe  achuf  recht  eigentlich  das  Wesen  dea  chinesischen  Staats; 
die  alten  grossen  Kaiser  haben  ihren  Ruhm  durch  die  Bewil* 
tigung  der  Waaaerfluthen  errungen. 0  In  West- Asien,  bei  den 
Völlcern  des  starken  Subjectes,  sdiwaiig  wohl  der  kühne  Heid, 
der  „gewaltige  Jäger  vor  dem  Herrn''  sich  zum  Herrscher 
empor»  —  in  China  ist  des  »Staates  ^Stüter,  wer  alle  Volk&luräAe 


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m  %tmem  gmteD^  M  allen  Mini»  Thailen  eng  in  eiaanto  gr^t- 
telea  Qanaen  Tereiaigen  and  an  gmaea,  auf  Tentftadiger  Be« 
wihmag  nad  geneiasaaMr  Aaatrenguug  benhenden  Arbeiten 
leiten  kann. 

Der  Uli  tei  rieht  und  die  Krzielnin  g  zu  wirklichen  Staats- 
bürgern ist  weaentlich  Sache  <lci  Hof^ierung.  Die  Regierung 
errichtet  Schulen  im  ausgedehntesten  Maassstahe,  heaufsichtigt 
ihre  Leitung  und  nimmt  die  Examina  ab.  Des  Staates  Gesetae, 
überbaapt  eein  gcistigee  Bewaesteeia»  die  Sittlichkeit,  Ter  allem 
Pielil  gegea  die  filtern  and  Gehorean  gegen  die  Geaetae,  and 
Bfeeik  alnd  HaapIgegenelSnde  dea  üntenrichta.  Chiaa«  Staat 
raht  aiclit  aaf  coner  Peredaliehkeit  und  niebt  auf  der  WiUktfr, 
Sendern  auf  einer  Idee,  und  er  kann  nur  bestehen,  wenn  das 
\oik  dieser  Idee  sich  wahrliaft  he>vus8t  ist,  er  ruht  schlech- 
terdings auf  der  Erk<»nntm8s;  je  unterrichteter  das  Volk,  um  so 
bifihender  der  Staat.  Die  Musik,  ein  (gegenständ  des  Volks- 
unterrichts  soll  ilen  Menschen  an  Harmonie  und  Ordnung  ge- 
wdbnen ,  er  soll  lernen ,  in  der  unbedingten  Unterordnung  anter 
de»  Gaacts  den  Eiaklaag  des  Ganaen  an  enengen  und  au  be- 
wabren.  China»  gaaaea  Staataleben  iat  gewiaeermaaeen  ciae 
Miaik;  der  Konponiat  ist  der  Hinunel,  and  der  Difigeal  der 
Kaiser,  und  die  Bdrger  sind  das  Orchester. 

Der  Staat.  —  dei  in  China  schlechterdings  Alles  anfängt 
nad  leitet,  ^ — leitet  und  regelt  die  Arbeit  und  besonders  den 
Ackerbau,  die  Künste  und  die  Wissensciiaft;  —  von  dieaen 
Dogen  i<^t  das  Genaaere  schon  früher  besfnrochen  word^i. 

Uie  Abgaben  aa  den  Staat  bestanden  seit  Yao  und  Scbvn 
•atireder  in  dem  Ertrage  des  aeuatea  Theile  des  beloalenartig  be- 
baatea  Ackera  [f  bT}«  oder  bei  eiaer  frelefen  Beaabniag  dea  Ackers 
aad  bei  Gewerben  in  der  Bei^  ki  dem  aebalen  Tbeil  des  fimbam- 
mens;^)  nach  der  Fruchtbarkeit  des  Landes  und  der  Eiotrfiglidikeit 
der  Arbeil  ändert  »ich  aber  oft  diese  Regel.  3)  BeinerkeiMiwerth  i«!, 
daas Leute,  die  nur  von  ihrem  ijehle  lebten,  ohne  Amt  oder  eine 
Arbeit  stu.  haben,  früher  am  höchsten  besteuert  wurden.^)  Auf 
Waareo  aind  hohe  Zvile  gel^t,^)  wiewohl  diese  Steuer  von 
Meog-tae  gemiasMMigi  wuide.«)  —  I>ie  jibrbcben  Eiakaofta  gab 
■atuD  Polo^  wekber  die  Rechnnagen  aelbat  ebigeaebea  beben  will, 
auf  16^80QCM10  Dabatea  auf^  dieaa  wvide  vo»  seineo  Seltgaaeaaen 
ala  maaaaloaeLaga  verlacbl;  die  Angabe  evacbebit  aber  eabr  wahr* 
srheinlicfa,  weno  man-  erwftgt,  dan»  Mareo  Polo  von  den  mongolisclien 
Herrschern  redet,  welche  ^c^ iss  ifire  Einkünfte  niiVslif'hst  st«ii;er- 
len,  mtd  da»s  «he  Jß.ioküiiite  in  dem  ietxtei»  Jahrhundert  sich  auf 


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fOMdk  Müliooen  Tbaler  belaufeu.  8)  GOtelaff  giebt  die  Smnm 
der  SinnaiimeD  auf  33  MiUbnea  Pfand  Storlng  ao.  •)  Dar  Kaim  labt 
last  D«r  von  den  Ertrage  «einer  aiaehiDlIelien,  aber  fest  boellMleo 
DornSnen;  der  Ertrag  der  Steuern  aoll  nur  an  Staatsawedm  ver- 
wendet werden.  '<>) 

Die  Sorge  des  Staates  IVir  das  materielle  Wohl  seiner  Bürger 
i?ilt  als  die  erste  Pflicht  der  Ke^ioruni;,**)  8chun  sprach  /n  den  von 
der  Heichsversanuulung  gewählten  Provinxial-Befehlshahern ;  ,JcJi 
lege  euch  eine  achwere  Laat  auf,  erwägt  ihr  gaiiaea  Gewicht;  Be- 
denket, eine  Provinz  regicnen,  heisst  ein  Vater  einer  aaUreicheii 
Familie  sein.  Oer  erste  Gegenstand  enrer  Sorge  aei,  »eialilieh  filr 
Lebeasmltlel  au  sorgen,  Getreidevorrfttbe  in  Magasfaen  Ar  die 
Zelt  der  Noth  a«  aanuneln.  Wenn  das  Valk  ni  aeincoi  Lebens- 
unterhalt gesichert  ist,  so  ist  es  leicht,  die  Erfüllung  seiner  Pffich- 
ten  von  ihm  zu  erlangen;  die  Auflagen,  welche  ihr  für  die  «»Ueiil- 
lirhcn  Aussjaberi  niacheti  mii^Jgt.  s(dleri  niässig  «ein  etc.**  ,.Die 
Hcgierung»  sagt  der  6chu-king,  besteht  vor  allen  Uiugen  darin,  dem 
Volke  die  zu  seineni  Leben  nothwendigen  Dinge  sa  verschatfon» 
Waaser y  Feuer,  Metalle 4  Holz  und  Getreide.  Dann  anas  man 
streben,  daa  Velc  Ivgeadbaft  an  aMudien  md  ibm  einen  nCtsliebea 
Gebfaneb  von  allen  diesen  Dingen  aa  lebren;  leteer  maas  man  das 
Volk  vor  allem  bewabren,  was  seiner  Gesundheit  und  seinem  Le- 
hen schaden  kann.'**')  Meng-tse  sagt:  Nur  weise  Menschen 
kuiiuen  die  Tugend  bewahren,  wenn  das  hfiusliche  Glück  fehlt;  aber 
wenn  das  Volk  dieses  entbehrt,  «(»  fehlt  ihm  auch  die  Tugend,  nml 
es  neigt  zu  jedem  Laster  und  Verbrechen.  Ein  weiser  Fürst  wird  daher 
zaerst  das  häuslicheFaaMlienlehen  des  Volkes  festaa  sicbern  streben, 
so  dasa  die  Menschen  genug  haben,  am  die  Eltern  zu  anteratiiaen, 
Gatthi  undiUnder  zu  ernfthren,  daas  sie  ia  mdhichtbaieB  Jahren  ror 
Hunger  geschfitat  shid;  er  muss  daUhr  sorgea»  dasa  jeder  Bleaecb 
hlfllftaglkh  AekerauLebeaaBdttehi  and  zum  Seidenbau  habe,  und  dass 
(iberall  Schulen  seien.  **)  —  Mas^nzine  von  Lehensmittelo  werden 
seit  den  ältesten  Zeiten  voiii  ^»Uate  angelegt,  und  xnr  Zeit  der 
Theuerung  geutViiet; die  verschiedenen  Provinzen  iimsstt'ii  in 
Zelten  der  jNoth  einander  aushelfen.  —  Greise,  VVaisea  und 
Wiftn  on  sollen  Tsm  Staate  besooders  uaterstutzt  wecdea.*^) 

Chinas  Waaaer-Regulirang  Ist  des  Staatea  eigeatlidier 
Aalaiig.  Kaiser  Yao  machte  naeh  der  giesaea  Flath,  3297  ror  Gtu-., 
daaLand  wieder  urbar,  diaunte  dieFHlsse  1^,  trocknete  dieMotiate 
aus;  1*»)  und  von  violett  folgenden  Kaisem  wird  Gieiehes  geHihmt 
Kantle,  «cbon  in  der  ältesten  Zeit  angelegt,  durchziehen  /.ur  Rege- 
lung des  Wasserlaufs,  zur  Bewässerung  und  als  W  asserstrasseo  das 


üigiiiZüQ  by  LiOOgl 


197 


gMseLiiMi.«*)  DerKaUer-Kanal,  200-*1000Fum  breit,  gehtgeges 
SOOMeilw  weit  iwivchen  Nordao  und  Sftden,  oft  auf  20  Fuss  hohen 
Dinmen  and  mit  Grauitquadern  eingefiunt  fiher  Morftate  huiwegfuh« 
rend.M)  DieLandatraaaensmdindenflauptnchtungen  niiiaterhaft, 

cif)  mit  Quadersteinen  gepflastert,  und  bis  30  Fuss  breit.^')  Die  von 
Pekinir  anscrehendc,  22  (hnitschc  3reilen  ueit  nach  der  Tatarei 
führeHtle  Kaiserstrassc,  schon  in)  Srlii-kiiit;  erwähnt,  „wie  ein 
Wetzstein  glatt/'  —  ^vird  jährlich  /.weinial  neu  gebaut»  aus  Sand 
und  Lehm  gemacht  und  wie  eine  Tenne  festgeschlagen;  alle  zwei- 
IraadertScfaritt  aindWaaserbehälter,  nm  die  Strasseoftanzufeuchten ; 
alles  abgeiallene  Lanb  und  aller  Stanb  wird  hernntergekehrt;  hevor 
lierKataer  seine  jihrlieheRelae  auf  dieaer  Strasse  gemacht,  darfkein 
andrer  Mensch  sie  betreten;  ehi  gewöhnlicher  Weg  Ahrt  nebenher.^) 
Bruclcen  zu  bauen  ist  die  Pflicht  der  Regierung.  23)    Als  ein 

hoher  Beamter  gerühmt  wurde,  weil  er  beim  Dur  ( Iilahren  einen 
Fln5«se.'<  Pfrtoft \Vnr?dorer  in  seinen  Waacii  nirfirenoiimn  f»  habe,  saulo 
Mei^*tse:  jener  Beamter  war  Im  Gegentbeil  ein  scliiecbter  Kcgic- 
rer,  denn  er  iiätte  eine  Brücke  bauen  müsMen ,  da  er  ja  doch  nicht 
alle  Menschen y  welche  es  bedürften»  auf  seinem  Wagen  fibersetzen 
kann.^)  BrAcken  auf  schwimroenden  Bambas  oder  auf  Reihen 
von  KSknen  sind  sehr  hSvlig.  Die  grossartigen  Brücken-Bauwerke 
haben  whr  früher  erwihnt  [§  38]. 

Hospitäler  fKr  Greise  und  Gebrechliche  wurden  bereits  von 
8ciiiiii  errichtet;  in  die  eine,  besser  eingerichtete  Klasse  derselben 
Miirdeii  invalide  Staa(sbean»tpri  aufgenonuuen ,  in  die  andere  Leute 
aus  dem  Volk;  .Schuu  besuchte  oft  selbst  diese  Anstalten  imd  sah 
mm  Rechten.  Auch  Maren  Polo  erwähnt  der  VoUca- Hospitä- 
ler;**) noch  Jetat  werden  viele  derselben  erhalten;  In  manchen  der- 
selben leben  gegen  700  Greise,  vom  Staate  emihrt'^  Auch  in 
amlcffer  Weise  wurden  die  Bedürftigen  vom  Staate  nnterstütat. 
Nach  kalserlidMm  Befehl  vom  Jahre  179  vor  Ohr.  soll  allen  Greisen, 
die  80  Jahre  erreicht  haben.  Getreide,  Fleisch  und  Wein  in  nnnial- 
lichen,  zur  Ernährung  hinreichenden  Liefeninuen  gereicht  ucnlm, 
ausserdem  Neide  und  Baumwolle.**^)  In  demselben  Jahrhundert 
wurde  ein  besonderes  Dorf  für  anue  Grei.se»  Wittwen  und  Waisen 
erbaut,  die  vom  Staate  ernährt  wurden. s«)  In  nenerenZeiten  reichen 
bei  der  grossen  Übervölkening  alle  Staatsanatalten  nicht  aus,  und 
^  Atmuth  hat  In  China  eine  sonst  wohl  nirgends  so  vorkommende 
Msse  erreicht  In  den  grSsseren  Stidten  findet  man  last  tSglich 
Efhnngerte  oder  obdachlos  Umgekommene. 

Schulen  wurden  schon  vor  Yan,  und  dann  besonders  von 
^chuu  begründet  und  durch  eine /»ehr  ins  Einzelne  eingebende  Ge- 


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198_ 

setzgebiing  geordnet,  auch  die  jSchabtrafen  l'esigesetzt. ^)  Die 
Hauptgebote  der  Sittlichkeit,  vor  allem  Liebe  itail  Gehorsam  gflgto 
dießltern  uod  gegen  deo  Kaiser,  sind  die  Hauptsache  des  eniehen- 
den  Unterrichts.**)    „Schuo,  erwSgend,  fon  welcher  Wichtigkeit 
es  sei,  dass  die  Jugend  in  der  Tagend  und  in  den  Wissensehaften 
unterrichtet  werde,  gründete  Schulen,  und  wollte,  dass  /ii  he 
stiimntcMi  Zeiten  Priiftini^cn   ilarin  abj^ehalten  wurden,    um  die 
Leistunucii  <l(  i  Schüler  keimen  zu  lernen;  abf-r  er  cmplabl,  da«» 
bei  diesen  iVüfungen  mehr  auf  die  Tugend  h\h  auf  das  Wissen  ge- 
sehen werde.  **  ^2)    „Die  Alten,  sn^t  Tchu-hi,  begannen  mit  den 
frAhesten  Jahren  den  Vorbereitangs- Unterricht,  n&nlich  den  Unter- 
terricht  in  Betreff  der  finsserlichen  Handlungen»  wie  den  hi  BetrcfT 
der  Sitten  und  der  Mosik,  im  Fechten  und  Turnen,  Im  Lesen  und 
Rechnen.    Der  VorbereitnngH*  Unterricht  bexweckt  Rechtlichkeit 
und  Aufrichtigkeit;   mit  K»  oder  17  Jahren  beginnt  der  grosse  Un- 
terricht, d.  h.  der  Unterritlit  (Vir  die  Aushildung  des  Geistes,  ffir 
die  Einsicht  iu  die  Natur  der  Uinge.    Die  Alten  heganneu  von  früh 
Hü  den  Vorhercitung8- Unterricht,  und  er  war  vollendet  mit  der 
gehörigen  Einsicht  in  die  Handlungen.    Mit  den  vollen  Jahren 
begann  der  grosse  Unterricht-,  aber  nur  för  diefeaigen,  wekbe 
sie  an  Lehrern  bilden  wollten;  denn  alle  Menschen  taugen  nicht  dato, 
die  grosse  Lehre  zu  fassen.   Der  kleine  Unterricht  gicbt  eine  An- 
weisunf ,  nach  der  Ordnung  zu  leben  und  in  dieser  Ordnung  fortxu* 
schreiten;  bestimmte  Einsicht  ai>er  in  den  (irund  dieser  Ordnung 
verleiht  bloss  der  grosse  UnteriH  ht.  Er  ist  die  oberste  Vollendung 
allerNormen  und  die  feinste  Ausbildung  de^  Geistes.  Er  lehrt,  wa- 
rum man  der  Ordnung  nachzuleben  und  iu  ihr  fortzuschretten  habe 
etc.'^^s)  £||  i^i  also  eine  bestimmte  Unterscheidung  des  Elementar- 
Unterrichts  und  des  wissennehaftlichea;  ein  soost^per  Rang*Uater* 
schied  wurde  In  den  Scholen  nicht  gemacht,  und  der  Sohu  des 
•Kaisers  sass  wohl  mit  dem  jungen  Bauer  auf  dcraelben Bank. ^)  — 
Hohe  Schulen  Ar  die  Wissenschaften  wurden  viele  begründet . 
nnd  besonders  seit  dem  7.  Jahrh.  nach  Chr.  gt^onliict,      xind  höchste 
Behürdeo  leiten  durch  Autsicht.  Anregung  und  Früfuugen  die  wis- 
senschaftlichen Studien,  ^^j    Iu  Folge  bestimmt  vorgeschriebener 
Und  von  besonderen  Behörden  vollzogener  Prüfungen  werden  g6* 
lehrte  Würden  ertheilt.^»)    Gegenwärtig  sind  die  meisten  oiederen 
Sdinlen  in  Städten  und  Dorfern  Privatschnlen;  es  Iii  selten  ein 
Dorf,-  uod  sei  «s  noch  so  klein,  welches  niefal  seine  Schmie  hätten  wo 
die  Kinder  Lesen  und  Schreiben  und  die  Klassiker  lernen. Mu- 
sik, hauptsSdilicb  Gesang,  wurde  in  den  Schulen  sehr  gepflegt, 
besonderi»  aber  werdeu  dicKiiider  der  Grossen  darin  unterriclilet ; ^) 


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die  sitdiciieii  und  die  Staats-Gesetse  irardea  io  Mosik  gesetit*  und 
diRcii  Singen  gelnrnt^i)   Der  Staat  legt  einen  ungemeinen  WeKh 
auf  den  mnaikaliacben  Unterriclit»  und  die  hioige  Emftluivng  dee- 
«elliea  ala  einer  Staatenacbe,  die  Forderung,  dta»  ein  guter Minlaler 
dSe  Wichtigkeit  der  Musik  anerkennen  und  verstehen  müase,**) 
die  BeHtnIhine:  eines  fJeneral  -  Intendanten  tüj  Musik  seit  Schun,**) 
die  strerisfp  He^eluni;  und  Beaufsichtigung  der  Musik,  die  üe^tra- 
fiu^  «»unsittlicher''  Musik  beireisen  unzweifelhaft,  dass  es  sich  hier 
nm  mehr  als  bloss  um  eine  ästhetische  Ausbildung  handelt ,  dass 
die  Muaik  eine  Ersieirang  der  GeinAther  für  den  Staat  nnd  die  Sitt- 
Rcldceit  beawecke.   „Idi  ernenne  dich  sum  Oberlelfer  der  Muaik^ 
sagte  Schun  zu  dem  Berufenen,  unterrichte  die  Kinder  der  Ftolen 
and  Grosaen,  mache  aie  tngendhaft  nnd  treu,  gefällig,  lentaelig  und 
nmaichtig,  damit  sie  fest  seien  ohne  Härte  und  ihren  Rang  zu  be- 
hnujiten  wissen  ohne  Anmassung  und  »Stolz.  Deine  Gesänge  sollen 
deinem  Zweck  einsprechen  und  die  Muaik  damit  »Ibereinstimmen. 
sie  soll  einfach  und  natürlich  sein;  du  sollst  diejenige  verwerfen, 
welche  Weichlichkeit  und  Stolz  einflöaat    Die  Musik  ist  der  Ana» 
druck  der  Geläble  der  Seele,  und  wenn  die  delnige  erhaben  und 
edel  iat»  so  werden  deine  GesSnge  und  deine  Musik  nur  die  Tugend 
aosdritdien,  und  deine  Harmonieen  werden  die  Heraen  der  Geister 
and  Menadien  verbinden. ''M) 
*)  Chon-king,  p.  $.  94.  —  *)  Btsog-teeu,  II,  6,  S5—  38.     *)  De  lUtla»  hiit.  I, 
}).<&elc      Meag-lMii,  1, 3, 42  a.  Nota»—    IdarcoPolo,  II,  c.  69. 77*  —  ■)  Meag- 
toeo,  If  3y  49.  —  ^  Muco  Polo,  n,  c.  69.  ^     De  Gtiignea,  Bdw,  8. 168;  Nen- 
■uan,  Asiat.  Stadien,  I,  8.  294.  —  *)  Tio-kmog,  8.  84.  —     Veng-toea,  n,  6, 
29  -  32.  —  ")  Chon-Idog, p.  168.—     llo  TSfaiH»,  hiat. Lp.  87.  -  ") Choa-king,  p.  24. 
_  u       ng-tscu,  I,  1.  46-  48;  1,  5,  9;  II,  7,  44.  46.  ~        Ebend.  I,  2,  18,  21 ;  II, 
6.  23;  Klaproth,  tabl.  hist.  p.  204.  —       Meng-tseu,  I,  1,  lü.  -       £bend.  H, 
6,  i3;  n,  7,  42.  —  ")  üe  Mailla,  hisU  I,  p.  54.  etc.    -  >•)  Chou-king.  p.  15.  ~ 
Daris,  Sketches,  I,  p.  245.  Williams,  Reich  der  ^ütU',  I,  S.  24.  —  Braam. 
Kei«e,  I.  S.       134.  —       Kl.on.l.  I,  289.  —       Meng-tscu,  II,  2,  4.  —  ^*)  Eboiul. 
n.  ?.  3.  5.  —  «»)  De  MttiUtt,  hist.  J,  1».  118.  ^       M.  Polo,  n,  r.P.  7.  —  '»^  Gat- 
haß  [GützlafT]  Chines.  Berichte,  128.  .Mj.  —  ")  De  Mailla.  lubt.  11,  p.  541.  — 
Ebend-  U,  p.  582.  —  ")  Chou-k»i»g,  p.  15;  de  Mailla,  hiat.  1,  p.  36.  —  ")  Meng- 
tfieu,  I,  1,  49.  ~  ^  Dt  Ifurn«,  bkt  I.  p.  118.  —  ^0  Tschu-hi,  v.Neuttann  inJUgai» 
Zdtiehiift,  837.  8.  25.  ^  **)  Ofttdaff,  Geacfa.  8.  49.  —  **)  Be  Ifailta»  bist.  VL 
^  221.  300.  ^  *•)  Ebend.  8.  48.  —      WUUainB,.B.  d.  Mitte,  1,  8. 337  etc*  424.  ^ 
**)  Ebend.  428  etc.  —  >«)  Gfltslaff,  Chince.  Berichte.  Casiel  1850.  8.  233.  248.  — 
*^  Ghon^hfaig,  p.  90.  —  «0  Choa-king,)».  37;  deUailla,  bist,  n,  p.  185.     «>)  De 
lliai,lii«L  I,  p.  SS.  —  «0  Choa-king,  p.  20,  ^  ««)  De  MaUla,  hist.  I,  p^  »3.  — 

Caiina  ist  nieht  ein  Sttuit»  sondern  der  Staat,  ist  die  Ge- 

MBimtlieit  der  vernünftigen  Menschheit  selbst;  anaser  China 
gkbt  es  keinen  Staat,  nur  unberechtigte  imd  zur  Uaterwer- 


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filug  verpflichtete  rohe  und  nnvernflnftige  Vldkersdiafteii.  Die 
ganze  Meuschhcit  gehört  von  Hechts  wegen  zu  China;  eui 
uuabhäugiger  Staat  wird  iiiclit  anerkannt;  Cliina  sendet  und 
empfängt  keine  Gesandtschaften  selbststandiiz^ei  Stnateu;  Ce- 
sandtsohafteii  künneu  nur  von  solchen  Staaten  augenonnuen 
w^fden»  welche  Chinas  Oberhoheit  nnerkeanen  und  Tribut 
«eudeD;  ein  Völkerrecht  giebt  es  fiir  China  ntdity  und  die 
Sprache  hat  kein  Wort  dafür,  Ghuia  verhält  sich  nach  anaieu 
hin  schlechterdings  nicht  positiv,  sondern  nur  negativ,  gleich* 
gültig,  jeden  politischen  Verkehr  stolz  vermeidend. 

CJiina  soll  seiner  Idee  naeh  die  <i;<'inze  Erde  umfassen;  aber 
es  ist  dennoch  kein  erobernder  Staat,  und  kann  es  nicht  sein. 
Erobernd  ist  nur  das  starke  Subject;  aber  die  Völker  des  ob- 
jectiven  Bewusstseins  drängen  sich  andern  Völkern  nicht 
auf*   China  ist  ein  Staat,  wo  nicht  das  Subjcct,  sondern  eine 
abstracte  Idee  herrscht ,  aber  eine  Idee  gebraucht  keine  Gewalt 
China  beherrscht  sich  ja  nicht  selbst»  nnd  wird  von  keinem 
freien  Sabject  beherrscht,  sondern  von  der  jenseitigen  Maclit 
des  Himmels;  wie  sollte  es  andere  Völker  gewaltsam  unter 
seine  Herrsehali  bringen?  Die  (Chinesen  liaben  sich  nicht  selbst 
KU  einem  Staat  gemacht,  sdinlern  sind  vorn  Himmel  dazu  geniacht 
worden,  und  es  ist  ganz  allein  tiie  Sache  des  Himmels 5  die  Völker 
zu  unterwerfen;  des  Himmeis  ewige  Ordnung  verträgt  aber  keine 
iicwaltmittel.    Jeder  Krieg  ist  vom  Übel;  er  verträgt  sich  ein- 
mal nicht  mit  einer  stets  sich  gleichbleibenden  Ordnung »  er 
durchbricht  die  Harmonie  und  die  Gleichmässigkeit  des  Lebens, 
er  legt  die  Gewalt  nothwendig  in  die  Hand  einer  starken  Persdn- 
lichkeit ,  deren  Wille  in  jedem  Augenblick  das  höchste  Gesets 
ist;  kein  Krieg  iasst  sicli  durch  allgemeine  Gesetze,  durch  den 
mechanischen  Gang  e'invr  Staatsmaschine  führen.    Ein  Staat, 
dessen  Wesen  eine  ewige  Ordnung  ist,  wird  durch  j  e  den  Krieg 
in  seinem  Innersten  krankhaft  angegriffen;  Ruhe  und  immer 
wieder  Ruhe  ist  die  Natur  und  das  einaige  Streben  des  Staates. 
China  ist  durch  nnd  durch  ein  bürgerlicher  Staat;  —  als 
grOsstea  Unglück  gilt  es,  wenn  der  Soldat  über  den  Bürger  em- 
porsteigt  Jeder  blosse  Eroberungskrieg  ist  eine  Sünde,  „denn 
die  Liebe  zum  eignen  Volke  muss  grösser  sein  als  das  Streben 
nach  grösserer  Macht;"«)  mi  l  nur  in  /.wci  Fällen  ist  der  Krieg 
erlaubt,  —  als  ein  nothwendigcs  Übel:  zur  Vertheidigung  gegen 
Angrüle  von  aussen,  und  zur  Bekämpfung  von  Empörern.  Alle 
Eroberungen  Chinas  geschehen  nur  aus  Noth,  waren  aur 
Abwehr  von  Angriffen.  C^as  Krieg  ist  schlechterdings  mr 


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Abwehr,  iiii-  Angriff. 3)  Die  subjeetiven  \  illkt^r  ji:;reifcn  über  ihre 
Gräuzeu  hiuau«; :  China  umgurtet  sich  lest  mit  einer  Mauer.  Die 
chinesische  Mauer  ist  uur  bei  einem  Volke  des  Friedeus  möglich. 
Rechte  £roberaiigen  dürfen  nur  durch  die  Macht  der  Idee 
gemacbt  werden,  durch  das  lockende  fiUd  des  Gluck»  im  Reiche 
Mitte;  und  der  schönste  Ruhm  des  Ffirsten  ist  es»  wenn  er 
SS  regiert,  dass  andere  Volker  fireiwillig  um  Aufnahme  in  das 
diinesische  Reich  bitten.   Weder  Volk  noch  Fürst  freut  sich 
des  Krieges;  t)\s  Ideale  gelten  uur  friedliche  Kaiser.-*)  Die  Chi- 
iköt'h  sind  das  friedlichste  Volk  der  Erde;  wird  aber  ein  Krieg 
nothweiidig,  so  gelten  (iesctze  der  liebevollsten  ^lenschlichkeit, 
wie  sie,  Peru  ausgenommen,  im  ganzen  Ueideuthum  nicht 
wieder  vorkommen,  und  vor  denen  die  Kriege  der  christlichen 
Ydlker  nenesler  Zeit  als  wildeste  Barbarei  erscheinen  mfissen. 
Reich  der  Bütte*'  hcisstCbhia  sclmn  im  Scbu-kiog,^)  und  da- 
rin liegt  schon  der  Gedanke  des  alleiD  wahren  Staates,  denn  nur  in 
4ßt  Mitte  ist  das  Wahre. 

Für  alies,  wa.»  ausser  Chhia  ist,  sind  die  Chinesen  völlig  in- 
tcresseloj«,  es  existirt  nicht  für  Hie;  es  kennen  zu  lernen,  ist  £*c^en 
ihr  Ehrgefühl.  In  allen  uiidcru  Dingen  sehr  wis.sbegierig,  sehen  t^io 
alles,  was  nicht  China  ist,  mit  der  verüchtlichsteu  (ileichgfiltigiceit 
an;  alle  aodern  Volker  gehören  eigentlich  nicht  zur  Menschheit, 
«od  nur  menschliches  Unltraut;  Erfindungen  und  Kfloste  anderer 
Völker  bewundern  sie  nicht,  nnd  ahmen  sie  nicht  nach;«)  ausser 
China  kein  Heil*  Die  Staaten,  welche,  uatArlich  als  untergeordnete, 
Gesandte  sehicicen  wollen,  müssen  bei  dem  Mlni«tteriani  der  Cere- 
moiiien  erst  anfragen,  oh  iintl  wie  ihre  (jle.sandtuii  ziii^elasseu  wer- 
den möchten:  es  ^\iril  iinn  in  (l<Mt  AriTialon  des  Hofes  nachgesehen, 
'>))  früher  sclion  dein  hetrelfendcu  ijunde  dcsandte  geschickt 
Hüll  ur)ter  welchen  Bedingungen  sie  angenoninien  worden  seien. 
Mit  Genehmigung  des  Kaisers  wird  nun  von  dem  Ministerium  eine 
Verordnung  erlassen,  worin  hestimmt  wird,  auf  weichen  Wegen 
vnd  m  welcher  Aosahl  die  tributbringende  Gesandtschaft  in  das 
Reich  angelassen  werden  solle,  was  für  Koat  und  welche  Gegen- 
geaehenke  fiir  den  Vasallen-FOrsfen  ihr  trereicht  werden  sollen  etc. 
Lord  Macartney  hrachtr  den  Trihiit  Lu^lajul«;  ..der  (»esandte  Ma- 
«»cha-ur-ny  des  lieichs  Englaml .  —  .saijte  darüher  die  («1111:10110 
chinesische  Zeitung,  —  überreichte  das  untertbünigc  ^Schreiben 
seines  Herrn  ehrfurchtsvoll  koieend,  und  der  Kaiser  befahl  dieses 
i^chreiben  mit  Ehrerbietung  zu  empfangen,  ^)  Kussland  iiihrt  seine 
Verbandlongea  nnr  un  r^amen  des  Sensts  und  der  Grinsbesmten.^) 
Cbioa  hatte  ht  adner  Blfilhezeit  nach  ansäen  mir  wenig  Verkehr; 


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daher  ist       im  Alterthiimf»  fast  ganz  unbekannt:  nur  wenige  ober- 
flächliche SjHirt'ii  liridpii  sirli  >or.    Die  Sinini  in  Jexaias  41*.  12 
siiifi  b&chst  wahr8cheiiiHch  die  Chinesen.")  Bei  den  Indiern  werden 
sie  einige  Male  crw.^hnt  unter  dem  Nameo  Kina,i<^)  aber  ohne 
nShefre  Angaben;  den  Chinesen  sellmt  ist  vor  dem  Eindringen  de» 
Buddhistttus  Indien  fast  gans  unbekannt       Von  ^iner  Bekannt- 
tfchafi  mit  den  Rumern  finden  sieh  einige  bedeafsame  Spuren.  Die 
Chinesen  erfahren,  aln  sie  unter  dem  f^rossen  Feldherm  Pan*tech«o 
bei  dem  Zurückschlagen  der  uilden  Noniadenvölkcr  im  Jahre  ')4 
nach  Chr.  bis  an  das  kat^pische  Meer  vordrangen,  durch  die  Par- 
fher  xncrst  von  den  Rr»mern.  doren  Kcicli  sie  Ta-thsin,  Gros.**-  , 
China  nannten;   lOO  kam  eine  Get^andtschaft  vou  An-t«iu,  König 
ron  Ta-thsin  (M.  AureÜus  Antoninus)  an  den  chinesiHcfiert  Ho( 
,,nitt  Tribut/'  und  es  blieb  aber  Ägypten  und  das  Meer  einige  Ver- 
bindung noefa  bis  ins  dritte  Jahrb.;  die  Rlfmer  holten  Seide  ron  ^ 
dort.*')  Spater  kam  durch  die  Buddhisten,  die  oft  nach  ^akjaniunis  | 
Hehnath  Wallfahrten  machten,  ein  regerer  Verkehr  Chinas  mit  de«  | 
Westen ;  ja  es  wurden  sogar  kuiHGrlicheGesandtJSchaiicu  an  indische  i 
Könige  ffcsandt.  ^3)  | 

Als  etwas  dem  chinesischen  Uewusstsein  durchaus Frenidartigeii 
erscheint  die  denkwürdige  Unternehmung  des  despotischen,  der  | 
Lehre  des  Koog-fu*tse  abgeneigten  und  sogar  sie  hart  verfolgea*  I 
den  Kaisers  Schi*hoang-ti  im  dritten  Jahrh.  vor  Chr.    Diesen  | 
sagten  Tao-Priester,  dass  in  den  fernen  Inseln  jenseits  des'Mücheo  i 
Oceans  ein  Kraut  wachse,  welches  Unsterblichkeit  verleihe,  aber  | 
nur  dadurch  gewonnen  werden  k9nne,  wenn  den  dasselbe  bewachen- 
den Gelstern  einige  tausend  Jünglinge  und  Juriglraueu  alü  Preis  zu  ; 
gesandt  \Mirden.  Der  Kaiser  liess  eine  !\feri<^e  .fünglinge  und  Jnnir  | 
Trauen  dorthin  zu  Schilfe  gehen;  aber  die  Flotte  wurde  vou  einem  | 
Sturm  zerstreut,  und  nur  ein  Schiff  kam  unverrichtcter  Sache  zu- 
rück, i^)    Diese  Inseln  sind  wahrscheinlich  Japan.       £s  ist  auch 
wohl  möglich,  dass  bei  dieser  Gelegenheit  Chinesen  nach  Amerika 
verschlagen  worden  sind.   Im  siebenten  bis  sehnten  Jahrb.  nach 
Chr.  wurde  nach  Japan  viel  Handel  getrieben. 

Die  China  nach  Westen  und  Norden  hin  gegen  die  wilden 
Stämme  heschötzende  grosse  Mauer,  grösstentheils  noch  jetzt 
bestehend,  wurde  von  Schi-hoaug-ti  in  derMitte  des  dritten  Jahrh. 
vor  Chr.  errichtet,  sie  ist  gegen  400  deutsche  Meilen  laug,  und 
besteht  meist  aus  einem  Erdwail  mit  Futtermanern;'  am  stärksten 
ist  sie  an  der  nördlichen  Grenae,  biswelleu  doppelt  und  dreifach, 
Überall  in  Zwischenräumen  mit  l'hürmen  von  sehr  vetschiedener 
GiOflse«  £e  hSdisten  sind  63  Fuss,  besetst,  an  manchen  Stellen  ist 


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de  mir  eiofadies  Mauerwerk  >  an  analem  vmr  ein  roher  Steiavrall« 
UnreHen  tmr  ein  Erd^AnfWurf.*'')  Die  Mauer  aefafitot  natür- 
fiffc  Dar  gegen  Isleiaere  Kor<len,  tuld  iat  Ar  wirkKelie  Heere  liein 

Uimlerniss. '«) 

Kriege  nach  au«isen  sim\  last  nur  gegen  die  tatarii^chen  und 
ttlrktschcn  »Stänniip  de.*^  Westens  und  Nuidriis  netiilirt  worden, 
weiche  seit  den  ältesten  Zeiten  riiulieri^^cb  io  China  eiofieleti;  und 
nar,  weil  mit  dieaen  Horden  kein  atetiger  Frieden  zu  schlieaaen 
nSgüch  wurde,  muaaten  die  ChineaeB  zu  ihrer  wirldicbeo  Untep 
werfimg  eehreitea.  Der  Staat  ruht  auf  der  friedlieben  EntwickeluDg, 
dorehana  niebt  auf  dem  Kriege.  Dea  Staatea  Begründer  alnd  wohl 
ile»  Volkes  geistige  Bildner,  aber  keine  Krieger;  am  Anfirng  der 
ehine«i.«rhen  Geschichte  war  mehr  als  ein  .fahrh.  hindurch  kein 
Krieg,  und  der  erste  \\ui<N"  gegen  Fnipürer  geführt.'®) 

Innere  Kriege  geilen  rehellische  Vasallen  sind  nicht  selten; 
«ic  »erden  im  Ganzen  ala  eine  Schuld  dea»  Kaiser»  ttetracbtet,  denn 
„ein  guter  Fürst  mnaa  an  regieren,  dass  er  im  Vidke  gar  keine 
Femde  hat»  daher  auch  gegen  aie  keiner  Waffen  bedarf/«  Kaiser 
Yt  Bcfaleifte  aogar  in  dienern  Bewusataeta  die  Featungeo,  weil  ein 
guter  Fflrat  jeden  Krieg  vermeiden  aolle  uud  k5nue.  'i) 

Die  Kriegafflbrnng  iat  geaettlich  vorgeschrieben.  In  der 
Schlacht  standen  in  ältester  Zeit  die  Pfeilschüt/en  und  üScblcudcrer 
auf  den  Hügeln,  die  Wagen  im  IMittelpunkt;^^)  in  die  Stelle  der 
«Sfhlacht  trat  aber  oft  ein  Einzelkaitipf;  eine  klein«^  Schaar  auser- 
uithker  Krieger  trat  vor  die  Schlachtreibe,  und  die  Uelden  Iduniit'ten 
nach  einander  einzeln  mit  ihren  Gegnern,  und  nach  dem  Auafall 
entachied  aich  der  Krieg;*')  nattrüch  fand  dieas  nur  bei  laueren 
iübttpfeo  atatt  Gefalleue  Uelden  wurden  feierlich  begrubenV  die 
Kopfe  erachlagener  Feinde  biaweilen  abgeaebnitten,  an  die  Wagen 
gebunden  und  dem  AoAlhrer  gebracht;  Gefangene  wurden  in  ftitester 
Zeit  entweder  getödtet.  oder  das  linke  Ohr  ihnen  aligeschoit- 
ten.»*)  Bei  den  inneren  Kriegen  gelten  sehr  milde  Gesetze;  Vieh- 
heerden  und  flirten  sollen  geacliont«  uicbta  darf  gestohlen  oder 
erpresst  werden.*») 

•  Sehr  beachtenan^erth  sind  in  Beziehung  auf  die  Kriegsführnng 
die  aiuf  alteu  Geaetzen  beruhenden,  und  noch  jetat  ala  nuwandelbare 
Bicbtuchnur  geltenden  Kriegaartikei  desFelÄerru  Senm,  die  daher 
S^-ma-fa  geuanut  werden;*^)  chriatllche  Staalmi  ktaneu  aua 
ihnen  hnmerWn  Einiges  lernen,  wir  thetlen  daher  daraus  daa 
Wichtigste  mit. 

Bevor  man  zum  Kriege  schreitet,  muss  man  sicher  sein,  dass 
man  die  Menschlichkeit  «ir  Grundlage,  die  Gerechtigkait  zum  Ge< 

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I 


204 


genMaode»  die  RedÜchkeit  zur  Richtscbour  hat.  Man  darf  sich  au» 
keinen  andern  GruDde  eotochliessen ,  das  Lebeo  einiger  Meniscben 
aufe  Spiel  zu  setssen,  als  um  das  Leben  elaer  noch  gi^sawea  ZaU 
XU  erhalten;  man  darf  die  Ruhe  Einzelner  nur  darum  atSren»  um  die 
Offentliohe  Ruhe  zn  erhalten;  man  darf  Einzelnen  nur  darum  Scha- 
den /.ufügen,  um  dem  Ganzen  wohl  zu  thun;  .  .  darum  darf  uns  die 
i\ollnvericlit;keit  allein  die  Waffen  in  die  Hand  gebeiij  und  wenn 
man  so  den  Krieg  nur  nothgedrun»cn  führt,  wird  man  selbst  die- 
jenigen lieben,  ^^^6"  welche  man  käuiplt,  man  wird  sich  mitten  in 
den  glänzendsten  Eroberungen  im  Zaum  halten»  man  wird  die  Stirke 
der  Tugend  opfern,  man  wird  seine  eignen  Interessen  vergessea, 
um  den  siegenden  wie  den  besiegten  Völkern  ihre  frflhere  Rahe 
wiedensngeben.  Wenn  man  die  Menschlichkeit  zur  Grundlage  bat 
so  unternimmt  man  keinen  Krieg  zur  ungehürigeo  JahresseH  and 
ohne  gesetzmässige  Crrffnde;  die  nngehSrige  Zeit  ist  die  Zeit  der 
AiL-Hsaat  ui»d  der  Ernte,  die  Zeit  der  j» rossen  Sommerhitze  oder  der 
gro.s5.en  Winterkälte,  die  Zeit  einer  großsen  Trauer  oder  eines 
oCrentlichen  Unglücks»  z.  B.  einer  ansteckenden  Krankfi^if  oder 
einer  Hungersnoth.  Ohne  gesetzmässige  Grunde  wird  der  lürieg 
geführt,  wenn  man  nicht  vorher  alle  friedlichen  Mittel  zur  Eriaogvsg 
seines  Zweckes  erschöpft  hat,  wenn  jede  Vermittelung  hartnSck^ 
znrttekgewiesen  wird,  wenn  man  den  Krieg  aus  selbatsfiohtigeo 
Zwecken,  aus  Leidenschaft»  Rache  oder  Ehrgeiz  unternimmt  Der 
Krieg  ist  in  Beziehung  auf  das  Volle  dasselbe,  was  eine  heftige 
Kraukbeit  in  Beziehung  auf  den  Köi  [»er  ist. 2") . .  Wenn  ihr  menschlich 
spid.  so  werdet  ibr  eucb  einem  billigen  VVrt^loirh  niflil  entziehen, 
vielmehr  alles  nachgeben,  >va8  nicbt  offenbar  gegen  die  Ehre  eurer 
Regierung  und  gegen  die  wirklichen  Interessen  eures^'olkes  i.««f.—  In 
alter  Zelt  verfolgte  man  die  Fliehenden  nicht  mehr  als  hundert  Schritt; 
gewöhnlich  machte  man  nur  drei  Tagemirscbe  nach  emauder.**)  — 
Beim  Beginn  eines  Krl^es  [gegen  Empörer]  spradi  in  alter  ZeH 
der  Kaiser  zu  seinem  Heere:  ,,„lhr  seid  die  Weikzeuge  der  Rache 
des  Himmels  geworden,  zieht  euch  nicht  selbst  durch  Missethateo 
den  IJrinilleü  <1c.h  Himmels  zu,  den  ibr  riiehen  sollt.  Kämpfet  mit 
iMnlb,  aber  mit  Vorsicbt,  mit  Kraft,  aber  ohne  Grausanikeil- 
schonet  das  Blut,  so  sehr  es  nur  irgend  mögiieh  ist,  ulioe  eurem 
Zwecke  zn  sf  baden.  Wenn  ihr  in  das  empörte  Land  antretet,  in» 
thut  aus  Ehrfurcht  vor  den  Geistern,  welche  dort  walten»  nicbtii 
was  sie  entehren  oder  betrflben  klinnte;  —  marsdrfiet  nicht  daidi 
Reis-  und  andere  Fruchtfelder,  beschädiget  nicht  die  Waldnageii» 
schlaget  keine  Fmehthiume  um  und  rerwüstet  nicht  nff taltche  Pflan» 
260.    Füget  keinen  Schaden  zu  den  liautslbieren,  und  machet  sie 


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«Mh  akbt  ^twallMMi  n  Nulxe,  Mdi  weniger  ilOrft  ihr  «ie  euch 
aDOgneD;  ikr  dflrft  k«iii6  Adcergerätbe  oder  nelhwendig««  Haasge- 
litt  wegoelmeo.  Weon  ibr  doe  Stadt  eiluielimet«  dfirft  ihr 
aidit  die  Hävern  seretdren,  «nd  sollt  alle  Knnstwerlce  und  was  zam 

Wohle  des  Bürgers  diciil,  J^orgsain  erhalten.  Wenn  ihr  Feindselig- 
keiten begegnet,  so  leget  nie  Feuer  an,  ttm  Felder  oder  Häuser  zu 
zerAture»;  Greii»eii  und  kindcrn  Hallt  ibr  Hüte  gewähren  und  nie- 
mals diejenigen  angreifen,  die  nicht  im  Stande  i^ind,  sich  zu  ver* 
theidigee.    Nach  einem  Kampfe  sorget  eifrig  üBr  die  Verweodeten ; 
venvundete  Feiode  sollen  gleiche  Sorgfalt  von  ench  erfahren,  Iiis 
«ie  vollstSndtg  hergestellt  sind,  dann  sendet  sie  in  ihre  Heimatb, 
md  gebt  ihnen  reichlichen  Unterhalt  auf  den  Weg  mit,  damit  sie 
Ihre  Verwandten  trusten  und  Ihren  Landsleuten  als  ein  aagen> 
prheinlirher  Beweis  eurer  I^Ienschiichkeit  dienen.    Wenn  ihr  auf 
eine  itindliche  Aldit  ilung  iielft,  so  sollt  ihr  nicht  sofort  angreifen, 
sooderu  ihre  Flucht  begünstigen.  Euer  Hauptaugenmerk  ist,  graden- 
wegs  auf  den  Empörer  loszugehen;  greift  ihn  an,  so  schnell  ihr  nur 
kfoot,  bekämpfet  ihn  mit  aller  Macht,  fanget  ihn  todt  oder  leben- 
dig; mit  dem  Augenblicke,  wo  er  in  evrer  Macbt  ist,  hSrt  jede  Feind- 
seßglBeit  auf,  und  man  macht  mir  sofort  die  nSthigeMeldung/'  ^)  — 
Eb  Heer  mag  sein .  wo  es  wolle,  so  muss  es  sich  jedenelt  so  be- 
tragen, dass  die  Bürger  die  Überzeugung  gewinnen,  es  trage  nnr 
zu  ihrer  Vertheidiguni*  <iio  W.iilen.  -  -  Ein  Heer  tlarl  nie  einen  3Ia- 
kel  :inf  si<h  laden;  der  Kuhm  oder  die  Schmach  des  Volkes,  die 
Ehre  oder  die  Unehre  dein  1^'ürsten,  der  \  eriusl  oder  du»  Wohl  den 
Reiches  hSngen  von  der  Art  at^  wie  das  Heer  sich  zeigt,  ^o)  —  Her 
Mensch  ist  das  Kostbarste,  was  es  unter  dem  Uisunel  giebt;  man 
moss  dämm  sein  Blut  sobonen  nnd  sehie  Leiden  veikfirzen;  man 
•oH  daher  den  Krieg  nicht  S»  die  Länge  sieben,  soll  ihn  so  scboell 
als  möglich  beendigen,  selbst  wenn  man  etwas  von  seinen  Sonder« 
interesfien  aufgeben  niflsste,  oder  wenn  man  den  Frieden  mit  lield 
«rkaufeu  uiüsste,  vorausgesetzt,  da^^  dei  ituhm  des  Staates  und 
^ds  Interesse  der  Völker  es  ko  verlangen.    Ein  Krieger  darl  kein 
hesouderes  Interesse  mehr  haben ;  das  interc&se  des  Staates,  das 
Verlangen,  den  Ruhm  des  Staates  zu  vermehren,  das  ist  das  Ein- 
tige»  was  ihn  bescbilligen  soU.  äeine  Verwandten,  seine  Freunde, 
ssine  Gattbi*,  «eme  Kmder,  das  alles  ist  der  Staat;  aosset  dem 
Staate  kt  ai<A4s  mehr  filr  ihn  da.">i} 

Prledlicb«  Erobemogen  siad  die  einaig  anlftssigen  mid  rdbm« 
liehen.  Dem  Yao  unterwarfen  sich  freiwillig  fremde  Fürsten,  ura 
das  Glück  .seiner  Regierung  zu  gemessen ;  3*)  Schun  sagt  zu  seinen 
Statthaltern:  „wenn  durch  eure  Fürsorge  die  Volker  tugendhaft 


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werta,  Bo  werdM       hubmnn  in  Menge  kmuaien,  um  nter 
enteil  Cteaeteen  xii  leben  und  aMk  m  nnterwerfen.*'**) 

>)  Nenmaim,  Asiat.  Stnd.  I,  S.  205.  —  *)  Meng-  tmi,  II,  8,  2.  —  •)  Ebcdin, 
8,  S.  a.  ^  «)  Ebwd.  I,  3,  S9.  Cho«»kiog,  p.  SM.  —  •)BnMn,  BtiwI, 

&  m  ele.  —  *)  KeuBfiin«  A«u^  Stnd.  I,  8.  SOS— »07.  ^  •)  Ebend.  8.  m  ^ 
*)  Geseoiiii  s.  d.  8t.;  IiMteii,  Ind.  Alterthninsk.  I,  8.  857.  ^  Lasaen,  a.  a.  0. 
—  II)  OftteUff,  Getch.  8.  63.  —  Klapfoth,  tabl.  hiat  p.  63  ff.;  Tgl.  ÜTeninam, 
Atiat  Stadien  I,  S.  194.  —  **)  Nenmann,  in  IDgens  Z.  10,  S,  130.  137.  138. 143. 
147.  -  >♦)  Chou-ling.  p.  XVU;  de  Maiila  II,  p.  396:  Gflt/lnfT.  Osch.  S.  91  - 
»*)  Klaproth,  a.  u.  O.  p.  T<>  '  •)  GüUlarf,  S.  263.  —  ")  GützlalT,  Gesch.  S.  87; 
Klaproth,  tabl*  hist.  p.  35;  Williams,  Reich  der  Mitte,  I.  8.  23;  IIuc,  im  AiuIaikI, 
1817.  S.  1064.  —  D'OhMon,  hist.  der  Mon}.'.  I.  p.  4.  ^  «•)  De  Maiila,  bist.  I, 
p.  16.  —  Men^-tseu,  II,  8,  5.  —  "  )  (;ützl;ilT,  S.  —  «»)  Chi-king,  p.  234; 
Chou-king.  p.  60.  —  **)  l>c-  OiiigTios  im  Chou-kiug,  p.  60;  Ofltrlaff.  S.  141  — 
»«)  Chi-king,  p.  2a4.  **)  Chou-king.  p.  315.  —  «•)  Mein.  d.  Chin.  VII, 
p.  225  —  302.  —  p.  231  etc.  —  "»)  p.  233.  —  »•)  p.  239.  —  •»)  p.  295.  296.- 
*0  p.  301.  —      De  Matlla,  Uat  I,  p.  49.  -  •«)  Ebeod.  p,  88.  — 

§  71. 

IstGliiiia  der  einaig  wabre  Staat,  uml  sind  anaser  China  nur 
Barkmren,  und  ist  es  ein  sclidttes  Verdtensl  eines  Kaleen, 
friedliche  EroberangeD  m  machen,  ao  lAsal  sich  awar  «n 
alohes  Herabsehen  auf  andere  Völker  erkliren,  nidil  aber  ein 
völliges  Abschliessen  Chinas  gcs^en  alle  Fremden.  Knr  ein 
schwaches  Volk  mu.sssich  <lurch  strengt  Absperruii*:^  schützen, 
das  starke  Reich  des  Hliuinel»  bedarf  solcher  Mittel  nicht. 
(iep;<'ii  (V^e  Barbaren  Fl fnihfr  der  Wüste  map:  durch  Mauern 
Steh  Ruhe  vcrschntVeii .  aber  von  dem  friedlichen  Fremdiing  hat 
das  himmlische  Heich  nichts  zu  fürchten;  die  Burg^er  dieses 
Reiches  sind  viel  as«  glücklich ,  aLs  dass  sie  durch  fremde  Lehren 
von  der  ewigen  Ordnung  des  Himmels  sich  abwendig  nuMtben 
lassen  könnten.  China  war  daher  in  aeiner  bUlheiidsten  Zeit  Bat 
Fremde  nicht  verschlossen ,  war  auch  später  im  Handelsverkehr 
mit  fernen  Ländern;  iiidiAsche  Uiuldhisteu  kamen  scliaaicnwciüe 
ins  Land  und  breiteten  ungehindert  ihre  Lehre  aus;  die  Chri* 
sten  haben  schon  im  frühen  Mittelalter  ohne  alle  Oefalirdung  das 
Evangelium  verkündet  und  mächtige  Gemeinden  begründet,  und 
durc!)  die  ungehemmte  Wirksamkeit  der  Jesuiten  stieg  die  äUhl 
der  Christen  auf  einige  BüUionen.  Erst  als  eine  Ahnung  von 
der  haheten  Macht  der  chrlatlieheu  Menschheit  adbtleg,  und 
das  Bewusstsein  von  der  nabegrönzlsn  Macht  ttnd  Herrlichkeit  ' 
Chinas  wankend  wurde,  als  €3iin»  meriite,  dass  es  rieh  auch  | 
gegen  den  Geist  wehren  müsse,  erst  da  sperrte  es  sich  mit 
}!>cheucr  Ängstlichkeit  ab.  und  suchte  gegen  die  Macht  der 
Gesehiohte  eine  Mauer  erbauen. 


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IM  _ 

Ober  die  Aafittlne  des  BuMlii«aiii8  und  der  Tao-Religioo  In 

Chiua  haben  wir  ^chon  Irüher  !!:ef«procheii.  Das  Christenthum 
irurde  zuerst  im  siebenten  Jahrh.  »iureh  ne«torianiscbe  Priester  nach 
China  gebracht;  sie  uiinleii  vom  Kaiser,  wie  es  scheint.  rn  uiMllich 
aufgeDoranien ,  und  die  chrisÜiche  Ueiigiun  verbreitete  «»ich  schnell. 
Die  Jeattiten  i)crichten  von  einem  Oenliuial  einer  Kirche  in  der  Stadt 
SiKgiafu«  aaf  weldieni  eine  Ituuhnd  vdo  1800  Wörtern  eiogegra- 
boQ  war,  mit  einer  eyriaclien  Oberaetinng  am  Rande ^  das  ckriat- 
lidieGlanbenabekenDtniaa  enthaiteod.  Die  Äehtbeit  dieaer  loaebrift, 
nelM  von  Abel-Rteasat>)  und  Klaproth^)  anerkannt,  unterliegt 
i^dt  sehr  gci;riindeten  Zweilehj,-*)  aber  eine  grosse  Verbreitung 
dei«  Cbristenthums  im  neunten  Jahrh.  wird  dnrch  arabische  Schrift- 
.Hteiier  bekundet. «''X  In  demselben  Jahrh.  hatten  jeti  K  h  die  Christen 
und  die  Peraer  in  China  eine  Verfolgung  vou  tieitCD  eines  der  Tao- 
Jjebre  ergebenen  Kaisers  zu  bestehen.  ^) 

Etivaa  ap&f  er  ala  die  Cliriateii  tuunen  nuhamedaniscbe  Araber 
■acb  Chm,  Mteten  ihre  Lebre  nit  Erfeig  ana,  erlangten  Anaebn 
bei  Hofe  «nd  erbauten  Moaeheeo.'*) 

Die  neueren  christlichen  Missionen  stiessen  anfangs  auf  Schwie- 
rii;kcitcn.  Der  beMennuitbige  I  lanz  Xaver  nurde  durch  den  Tod  in 
»einem  Planr.  (  liina  zu  bekehren,  unterbrochen.  Sjjater  kamen 
drei  als  Buddha-Priester  verkleidete  Jesuilen-Missionai  e  nach  Cliina, 
Qoter  ihnen  Ricci.  Seine  astronomiacben  Kenntnisse  verschanien 
ihm  einige  Geltung;  aus  Peking  verwieaen,  kehrte  er  dennoch 
sp&ter  mit  Geachenken  wieder,  unter  diesen  waren  eine  Uhr,  eine 
Weltkarte,  deren  Richtigkeit  vom  Kaiser  sehr  angezweifelt  wurde, 
Bilder  von  Cbriato  und  Maria,  und  Reliquien.  Daa  Miniaterinm  der 
Ceremonien  gab  dar6bet  die  Erkifining:  ,,Wir  haben  keine  Verbin- 
<hin»  mit  dem  Westen,  w «>  man  unsere  Geset/e  niclit  befolgt.  Die 
IIild.T  vom  Herrn  des  Himmels  und  einer  «lun^frau  »lud  von  keinem 
SVcrth;  die  Kuochen,  welche  der  Fremdling  zum  Geschenk  machen 
nilt,  gehören,  wie  er  aagt,  den  Unsterblichen  an;  aber  er  bedenkt 
aicbty  daaa  wenn  diese  gen  Uanmel  geben,  sie  auch  ibre  Gebeina 
mit  aleh  nehmen.  Wir  haben  daher  den  EntaeUnaa  gefaaal,  daaa 
man  aicb  mit  diesen  Neuerungen  nicht  anfbalte,  und  ilui  aewohl  ata 
»eineGeaebeiike  aurOckaoUeken  mAaae.'^  Rkel  blieb  aber  denooeb, 
und  machte  viel  Bekehrungen;  wabrscheinKcb  taufte  er  auch  einen 
^linister,  dessen  TocJilei,  Candida,  kiichen  erbaute,  cbriatlicbe 
•Schriflten  drucken  liess,  Kindlin^je  aul'nabm  und  christlich  erziehen 
liess,  vielen  Blinden  das  Christenthum  lehren  und  es  durch  sie  in 
dpff  Strassen  bekannt  macheu  be.ss.  In  nictit  lanirer  Zeit  waren 
MIKifcbeti  und  45  Bethänser  gestiftet.»)  wurde  dnreb  ein 


üigiiiZüQ  by  CjüOgle 


kaiaerlidie«  Edict  4to  Veribnitung  des  CMsteDliniiiur  in  CUi»  ge- 
staltet. ®)    Erst  der  befcamiie  Streit  xwisehen  den  Jesuiten  ind 

Dominikanern ,  zu  dessen  Stlilicliluni'  eine  Karte  von  China  an 
den  Papst  geschlekt  weitlen  sollte,  machte  die  Frcuideu  {»oiitiscli 
verdächtii;  und  rief  eine  heftige  Christetiverlolgung  hervor. 

In  den  letzten  Jahrhunderten  scbloss  sich  China  inuner  fufcbt> 
samer  und  misstrauischcr  gegen  Fremde  ab^  Wörde  ilmes  der 
Antritt  dardi  besondere  kaiserlicbeBewilligODg  gestattet«  so  %irorile<t 
sie  mit  der  seltsanstes  Vorsicht  umwacbtii)  Es  warde  streng 
verboten»  einen  Fremden  in  der  cbinesiscben  Spradie  Unterricht  tn 
ertbelten  oder  ihm  das  Geringste  von  ebinesischen  Schriften  kh 
verkaufen. '■^)  Der  Verkehr  der  Eurojw'ier  mit  China  war  l)is  in  «lie 
letzten  Jahre  den  drückendsten  Beschränkungen  untenvnrlen ,  uihI 
nnr  der  englisch- chinesische  Krieg  konnte  mit  Gewalt  die  schrolTe 
Absperrung  gegen  die  Fremden  eintgermassen  durchbrechen. 

«)  §  25—87.  —  •)  Mebmges  Asiat.  I,  87.  —  •)  Tabl.  hiat.  p.  207.  - 
*)  J.  «r.  Schmidt,  Forsch,  über  Mitteliuicn  S.  87.  158;  Bohlen,  Indien  I, 
K.  F.  Ncumanni.  V  7  »1.  ü.  M.  Ges.  1850,  S.  33.  —  »)  Reinau.l.  in  il.  Ann.  de  vojr. 
184G,  Oct.  p.  89  cto.  —  «  )  Klaproth.  tahl.  hist.  p.  220.  —      Gatzlaft ,  8.  263.  264.— 
*)  Gtttzlaff,  Gpi(  li.  S.  r.MO  clc.  -   V)  rUith,  die  Vniker  der  Mantschwrel  I,  p.  366  - 

Moshehn,  iu  «Um  Vom.lc  zu  du  Halde  IT;  Pliitli  i>.  568  etc.  —  ")  Braam, 
B«isc  1,  a  165.  172.  213.  214.  —  **;  ü^eomaim,  Asiat.  Htud.  I,  S.  226. 

Siebenter  AbscimiU. 
Die  liieBchiehte. 
S 

Das  Wesen  der  ehinesischen  Geschichte  ist,  keine  Ge- 
schichte en  sein.  Wir  befinden  uns  hier  noch  nicht  anf  dem 
Koden  der  Avirklichen  (beschichte;  die  Geschichte  ist  Geist, 
und  ein  Volk,  welches  eine  Geschichte  haben  soll,  muss  ein \o\L 
des  Geistes  sein,  muss  den  freien  persönlichen  Geist  bereits 
erkannt  und  anerkannt  haben;  diess  haben  aber  die  Chinesen 
noch  nieht  enmngen.  Die  Gesohiebte  hat  hier  noch  wesentlich 
Natur-Charakter;  die  Menschheit  iet  nicht  etwas  l&r  eich  Be- 
stehendes,  ist  nicht  fireier  Geist ,  sondern  eng  eingegliedert  in 
das  Nstnrieben,  ist  mir  die  enie  Seite  des  natfirlichen  Weltalls« 
Die  Natur  hat  aber  kcino  wirkliche  Geschichte;  sie  hat  nur 
eine  Geburt,  aber  nielU  fortschreitende  (rcschichte  (Bd.  I  §  1). 
l>ie  Aatur,  in  der  Hinunelsbewegun^  aui  höchsten  ersrbeinend, 
bleibt  wie  sie  ist,  und  jede  Veränderung  der  ewig  sich  «^^leicb 
bleibeaden  Ordnung  ist  eine  Stdrang»  ist  etwas,  was  eigeatlich 


ädH  sein  soll.    Die  Mensciiheit  ist  ein  Abbild  des  Himmels, 

100  ««dl  Uellben,  wie  sie  ist,  soU  aiehts  erringen ,  was  sie  niciit 

mImmi  liälte,  soll  nidito  «ullMnieD»  sondern  erhalten.  Das 

Heil  liegt  nicht  m  der  Znkonft,  sondern  m  der  Vergangenheit, 

md  alles  Streben  der  Menschheit  Ist  nicht  darauf  gerichtet^  ein 

Reich  Gottes  zu  bauen,  sondern  dieses  Reich,  das  schon  von 

Anfang  an  da  ist,  zu  erhalten,  nicht  verfallen  zu  lassen  (§ 

Die  Geschichte  Chinas  ist  durch  und  durch  conservativ,  ist 

beharrliches  btülestehen,  —  eine  eingeirorue  Geschichte;  der 

Strom  der  Weltgeschichte  ist  sofort  beim  Anfang  erstarrt  zu 

einem  geschichtlichen  Tropfsteingebilde.   Immer  und  immer 

wird  aaf  das  Alterdnun  als  das  Ideal  der  Mensohfaeit  ▼erwiesen;  <) 

das  Alte  Ist  Mioii  an  sich  heilig;  alles,  was  dsnert,  ist  ver- 

afinftig.  Selbst  Kong-lu-tse  and  seine  bedentendsfen  Schiller 

dringen  best&ndig  darauf,  dass  sie  nichts  Neues  gelehrt,  sondern 

nur  das  Alte  hergestellt  hätten.    Sogar  Yao  und  Schnn  folj^ten 

den  Gesetzen  und  Vorbildern  des  Alterthums.    Neuerungen  sind 

an  sich  vom  Übel,  denn  in  dem  Reiche  des  Himmels  kann  nichts 

Gates  werden,  was  nicht  schon  da  wäre.*)  Schlecht  ist  jede 

Regierung,  welche  das  Überkommene  Teraohtet,  und  jede 

gite  Regierang  stellt  das  yerdrängte  Alte  wieder  het.  Dia  oll 

erwAhnte  Ftoorge  der  kaiserlichen  Ahnen  Ar  den  Staat 

kftngt  mit  diesen  eonsenratiTen  Interessen  Als  die 

Mongolen  -  Herrscher  gestürzt  w  urden,  weiche  dock  manches 

Neue  gebracht  hatten,  fand  eine  vollständige  Reaction  statt. 

Unter  allen  Stürmen,  die  von  aussen  hereinbrawsten,  ist 

Chma  geblieben,  was  es  ist.    Das  ganze  Staatsleben  trägt  so 

sehr  den  Charakter  der  Natur- Nothwendigkeit,  und  hat  in  sich 

eine  so  gewaltige  Kraft,  dass  es  alles  Fremde  in  seine  Natur 

■nnraadelt,  dass  selbst  die  rohen  Tatsrenhorden  and  die  i^Üer 

hcRsdienden  Bfantseha  nicht  im  Stande  waren,  das  chinesische 

Volksleben  anders  zu  gestalten  und  das  mächtige  Getriebe  der 

grossen  Staats -Maschine  umzubilden.  China  lässt  sich  nur  cid' 

nesisch  beherrschen;  die  fremden  Eroberer  musstcn  in  die  Natur 

des  chinesischen  Staats  eingehen,  mussten  Chinesen  werden; 

sieht  sie  herrschten  eigentlich  über  China,  sondern  Chinas 

Geist  henschte  aber  sie. 

Cluaas  versteinerte  Geschichte  hat  keine  Entwiekelaag; 

rfe  teSgt,  wie  die  chiaesischen  Frauen,  immerfort  Kinderschohe. 

Lehen  wird  nor  darch  Anstoss  von  nassen  in  Tortlber- 

gehende  Schwingungen  versetzt;  was  hi  der  chinesfechen  Ge- 

&cliichte  als  eine  Bewegung  erschcmt,  ist  fast  alles  von  aussen 
n.  u 

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210 


bewirkt;  feindliche  Völker  haben  den  Chinesen  einige  Geschichte 
gemacht.  Und  eben,  weil  China  niclit  eine  geschichtliche  Ent- 
wickeiung  bat,  kann  es  auch  nicbi  ersterben,  es  bleibt  stan 
neben  der  Weltgeschichte  stehen. 

Die  drioesische  Oeachichte  aerfiüit  ia  drei  PeriodeB,  die  aber, 
dm  Weaeo  dieser  Oescbic^  gen&ss,  oiefat  ebe  eigeDtiiehe  Eal^ 
wiekehiBg  daiUeteOy  soadern  nor  ▼erscfciedeae  Grade  des  Benrvr- 
treteDS  des  Volksgeistes;  —  es  sind  die  Periodes  der  idsettea 
UeraiiäliilduDg  des  chinesiächcD  Bevvusti<cius,  die  der  realeu  Ge- 
staltung^ in  des  Reiches  Macht  und  Leben,  —  und  die  des  Verfall«. 
In  die  erste  Periode  taüeu  die  Ideale  des  chinemscheii  Leheut*, 
da  kommt  der  Geist  des  Volkes  zu  seiaem  vollen  Bewusstseio,  da 
wird  die  Gesetzgebung,  die  Verfassang,  die  Religion  und  die  In- 
telßgetiB  begriladet   Diese  Periode  aerftllt  ia  zwei  fipoches. 

Die  eiste  EiMidie  reicht  bis  asm  Regiemngs«  Antritt  des  Tao, 
IflGbeabsIt  dunlscl,  aber  Bflehtemniid  oline  poeHscheUrndtaaMroiig. 
Oblaas  Volk  war  nach  den  chinesiseben  Gesehicbtscbrelbeni  aa» 
iangs  roh  und  wild;  von  rohem  Fleisch  und  Blut  und  Kräutern 
lebend,  ohne  Häuser  und  ohne  Ehe,  und  in  Thierfelle  gekit  iiiet 
die  ersten  Für^teu  bildeten  das  Volk  zu  gesitteten  Menschen,  lehrten 
.  sie  Hütten  bauen,  Feuer  machen  und  Speisen  kochen,  lehrten  sie 
den  Tauschliaodel  md  dea  Dienst  des  Uitamels.  Der  dritte 
VolksbUdaer  war  Fo-hl»  vom  Volke  3953  aom  Fäbrer  erwiUt} 
dieser  oidaete  die  Ehe,  tbeilte  das  Volk  lo  100  FanllieD,  nadbe- 
grfladete  eigentUcfa  dea  Staat,  dessen  erster  wiikllcber  First  er  war. 
Bfs  Tao  werden  siebeo  Fürsten  genannt,  von  denen  der  letste  we- 
gen iiciner  Lasterhalligkeit  aligcsetzt  wurde,*') 

Mit  Yao  (2357)  hf'^itjul  die  /weite  Ejto<  he.  Aus  einer  unge- 
heuren Vcr^vüslung  des  Landes  durch  Wasjserfluthen  (§  33)  erhebt 
sich  das  Volk  durch  eiae  grossartige  Kraftanstrengung  von  neuem, 
und  geataket  aich  aus  eiaem  Irfther  nur  locker  verbundenen  Staaune 
sn  eisen  eng  verbnndenen,  streng  oi)gsnlsirten  Staate.  FieMieb  «ar 
snlangB»  das  Reich  Immer  noch  kleb,  bedurüe  nnterTso  and  Sebn 
nur  100  Handarinen,  unter  Yn  und  Sohang  200, — und  erreichte  aar 
Zidt  Wv-wang's  noch  nicht  die  östliche  Kdste;?)  vlde  Qeaelae 
setzen  augenscheinlich  ein  zi(2inlich  kleines  Volk  voraus,  al)cr  das 
Staatsleben  i<?t  doch  schon  ein  nc)lilgeordnetes,  steht  hereitA»  a*i 
der  Spitze  de.*<  ganzen  geistigen  Lebens,  greift  schaiieud,  ordnend 
und  bevormundend  in  alle  Thätigkeit  ein.  Die  drei  Wahl-Üais4M', 
Yao/Schun,  Yu,  liewütigten  die  Wasser- Verheerungen,  and 
bildeten  die  Gesetngebung  so  aus,  dass  alle  folgenden  Geselle  aar 
als  fidinteningen  und  Enreltefnagen  der  von  ihnen  gegebenes 


i^y  u^L^  Ly  Google 


Sil 


galten.  Da,  auf  Ya  (seit  220d)  sein  Sohn  toigte,  und  von  da  an 
(lerTbroii  vererbte,  so  beginnt  mit  ihm  die  erste  Dynastief  Hia. 
DieLebei»*  «BdR«gi«niogajtliiie  def  £NUieron  Kaiser  aeigeo  groMe 
Zikiea.  Fo.ki  regierte  114  Jahre^  seine  NaeUblger  140, 100, 84« 
%  70  Jahre;  Tao  regierte  92  Jahre,  imd  wurde  US  Jahr  alt 
Weoo  wir  beaehteii,  dass  die  Erslhimigeo  Uber  diese  Kaiser  sehr 
Duchten]  ijehalten  sind,  dass  wir  uns  bei  Yao  aut  wirklich  ge- 
scfaicbtlic-hern  Boden  beüudeo,  so  sind  jene  grossen  2Uihi6n  inmier- 
liio  beachtungswerth. 

Die  Dynastie  Hia  Mank  später  durch  Lasterhaftigicetti  und  wurde 
durch  die  fimpOroog  des  Firsteo  Tsebing-tang,  eines  der 
MiunsteD  und  weisesten  Forsten,  gestlint,  weldier  die  I>3fnastie 
Oebang  (1766— 1123)  beginnt  (f  06).  Auch  dieses  Herrscherge- 
iddscbt  endete  wie  das  Tsrige,  und  wurde  von  de«  hochge  feierten 
Wa-wang  gestürzt  (§  GO).  Dieser  grosse  Herrscher,  welcher  die 
Ih'Dastie  Tsche-u  (1122  —  255)  beginnt,  gehurt  zu  den  Idealen 
lies  Kai-st'rthums;  er  ist,  nebst  seinem  Minister  und  Bruder,  Tschao- 
koogy  der  eigentliche  Gesetzgeber  (/hitras,  durch  den  der  Staat  seine 
vollendete  Organisation  erhält. Sein  Geschlecht  hat  am  iAogsten 
iberClinia  regiert;  und  obgleich  manche  lasterhafteKaiser  darunter 
waien,  und  viele  EmpQmngen  und  Verwirrungen  im  Reiche  waren, 
s»  höh  sich  doch  im  Allgemeinen  die  Kraft  des  Staates.  Seil  700 
aber  wurde  die  Terwlrrung  im  Reiche  bnmer  Krger;  Opptgkelt  und 
binere  Kriege,  Hofes -Ränke  und  Soldatenherrschaft  waren  an  der 
Tagesordnung.  Mit  der  Geburt  des  Kong-fu-tsc  (551)  beginnt 
(iützlaff  die  dritte  Epoche:  das  ist  aber  keine  natürliche  Theilung, 
denn  Kong-fu-tse's  Lehre  war  erst  viel  später  von  geschichtiichem 
Einflass.  Das  Haus  Tsche-u  ging  durch  p\n:ue  Schwäche  unter; 
dar  ietate  Schwächling  wurde  durch  den  Tsin-Ftlfsten  gestArat 

Die  s weite  Perlode,  welche  wir  mit  der  Dynastie  Tsin 
(S55-«i06  vor  Chr.)  b^neo,  ist  die  Zeit  der  Reife  des  cUne- 
sischen  Reiches,  der  höchsten  Macht  nach  aussen  und  der  grSssten 
Kraft  und  geistigen  Uegsamkeit  im  Inneia;  Staat,  Kunst  und 
Wissenschaft  blühen,  und  Kong-fu-tse  ist  in  höchsten  Ehren;  was 
in  dfjr  erst<in  Pciiode  nur  mehr  im  Bewusstsein  vorhanden,  ein  Ge- 
fordertes war,  das  hat  jetzt  Korper  und  Gestalt  gewonnen.  Gützlaü 
endet  diese  Periode  mit  dem  Anfang  der  Tang -Dynastie;  aber 
wir  missen  diese  Dynastie  (618—907  nach  Chr.)  au  der  Periode 
der  vollen  Reife  rechnen,  weil  die  hOchste  BHltiie  der  Litterutnr  in 
dieselbe  ftfflt^  und  glinxende  Regierungen  sie  ausseichnen.  In  der 
Dynastie  Tain  ragt  8ehi-hoang-ti  (246 — 200  vor  Chr.)  hervor, 
der  Erbauer  der  gio^säeu  Mauer;   er  hoi>  das  Vasaileuihunt  voll* 

14* 

üigiiizuQ  by  CjüOgle 


zu 


stSndig  aui,  und  die  kaiserliche  Macht  aiil  den  hiichstcn  Gipfel,  uod 
erweiterte  die  Gränzen  den  Reiches  bis  zu  dem  gegenwärtigen 
Umfang.    Der  Lehre  des  Kotig-fu-tse  war  er  abgeneigt,  uod  Hess 
den  Scbtt-idpg  und  den  Schi-Jdiig  Teilireonen»  weit  sich  dieAn- 
hSager  des  Lebnswesen«  auf  diese  Bflcber  beriefen  $  er  verfolgte 
die  Anfainger  des  Kong  •  fu  -  tse  anis  gransamate.     Überbanpt  ist 
Sdii*boang-ti  eine  seltsame  Erscbeinuog  bi  der  eblnesiacfaen  be- 
schichte. Einer  der  kräftigsten  Kaiser,  unternehmend  und  glucidich, 
gilt  er  den  Chinesen  dennoch  mit  Heciit  als  ein  Tyrann  und  als  ein 
Frevler  an  der  Ordnung  des  Reiches.    Schi  -  hoang- ti  folgte  mehr 
seinem  Willen  als  dem  des  Hinmiets;  er  setzte  seine  Persönlich- 
lieit  an  die  Stelle  dea  chinesischen  Volk«^!rpistes.  £r  drohte  Quaas 
Wesen  nminliebreny  er  beachtete  nicht  die  Oeaetze  dea  AJtetthoiM 
nnd  die  Verfaaaung  dea  Staatea.    Sein  glelchgealnnter  Mfarfater 
Li-ae  Svaaerle  Analchten,  welche  ebenao  gat  bnMnnde  von  Staats- 
mSnnem  ans  dem  neunsehnten  Jahrb.  nach  Chr.  sieh  anhOren  ISeasea. 
„Wii  lesen  nicht  iu  unserer  (icschichfe,  isaiite  er,  dass  die  Kaiser, 
welche  dir  vorangingen,  immer  dicT^eueln  ihrerVorgSnger  befolgten, 
wir  lesen  vielmehr,  dass  die  Schang  und  die  Tsche-u  vieles  in  den 
£iurichtuDgen  ihrer  Vorfaiirea  änderten.  Du  hast  einen  neuen  Weg 
der  Regierung  eiogeachlagen,  welcher  immer  deine  Familie  auf  dem 
Throne  erhalten  nnaa.   Oie  nngehenre  Majoritftl  dea  Volkea  büli* 
get  defaie  fifaaaaregeln  und  nfaamt  aie  mit  Hochaehtnag  und  Ehr* 
fincht  anf.  Nur  diesem  dummen  Lilteraten-Volk  wollen  ale  ak^t 
gefallen ;  sie  haben  immer  die  Vorschriften  der Vbrfahren  im  Mmide 
und  sprechen  unautliörlich  davon;  sollen  wir  dieisur  «Sorte  Menschen 
erlauben,  wie  ehedem  durch  das  Land  zu  laufen  und  die  Grossen 
aufzuhetzen  und  Unruheu  zu  erregen?  Jetzt  ist  Ruhe  und  Ordnung 
im  Reiche«  alles  gehorcht  einem  eiaaigen  Uerro.    Was  jetzt  zu 
thun  ist,  um  kioftigen  Unordnungen  vortabengen,  das  ist  meiner 
Aaaiclit  nach  dieaa»  dieae  Doetrin-BlenacheB  an  verpffichlea,  aich 
den  neneo  Anordnungen  deiner  Regiening  an  filgeo.  Freilich  wdaa 
ich»  keiner  wird  aich  Aigen  wollen;  aie  atudhren  nur  immerfort  das 
alte  Herlcomroen,    und  tadeln  offen  deine  Anordnungen  und 
erregen  Unzufriedenheit  im  Volke  gegen  dieselben.    Kaum  hat 
man  einige  deiner  VerfÖiiun^erj  bekannt  gemacht,  so  sieht  mau 
sie  schon  in  allen  Häusern  kritisiren  und  auf  eine  Weise  aus- 
l^ien^  welche  dir  keine  Ehre  macht*    Sie  weaden  die  Keuot- 
nisse,  die  nie  sich  erworben  haben,  nur  dasu  aa,  um  bei  dem 
Volke  Haaa  und  Verachtnng  gegen  deine  Reglenuig  an  etregea  vad 
Ihm  den  Gelat  der  EmpSmng  elnanflSsaen.    Wean  dn  nicht  nÜ 
Energie  dagegen  eiaaehrelteat,  so  wird  dein  Anaehn  «nfa  Spiel 

üigiiiZüQ  by  LiOOgle 


gesetzt,  und  die  Unruhen  werden  von  neuem  beginnen.  Mein  Ge- 
danke wäre  also  der,  alJe  Leute  zu  verpflichten,  den  Sehu- 

king  und  deoSchi-kini:  \  <M  Nreiineri  /.u  lassen,  und  ebenso  alle  andern 
Bächer  mit  Ausnahme  derer,  welche  über  Medicia,  Astrologie, 
Astronomie,  Sber  die  Loose  ODd  fiber  die  Geschichte  der  Tsin  han- 
deb,  —  ferner  den  BMd  so  geben  ^  alle  diese  BOciier  bei  Tote- 
ilinfe  aaoraliefeni,  am  Ins  Feaer  geworfen  sit  werden ,  nnd  daw 
jeder ^  welche?  femeiUn  eich  unterfangen  eollte«  noch  von  den 
Biehera  Sebv*kii^  und  Scbi*king  za  reden^  hingerichtet  werde,  nnd 
dass  alle,  welche  fortan  sich  erdreisten  sollten,  die  gegenwärtige 
Familie  zu  tadeln,  sammt  ihren  Familien  mit  den  härtesten  Strafen 
belegt  u  erden  sollen.  ***  lO)  Schi  -  hoan«;  -  ti  befolgte  dieeien  Rath 
treuüchy  4ti0  dieser  unzufriedenen  Litteraten  wurden  lebendig  ver* 
grafeeo«<<)  —  Aber  nach  seinem  Tode  gewinnt  Kong-fu^tse  immer 
gitaeree  Anaehn,  und  in  der  Dyneetle  Han  (206  ?or  Ckt,  —  263 
Mch  Chr.)  wird  aefaie  Lehre  die  hGehate  Regel  der  Regierung;  der 
Ulm  und  die  Macht  den  Reiehea  erreichen  ihren  Gipfelpunkt;  die 
we«tÜehen  RSnher-V6lker  werden  unterworfen.  Im  Jahre  94  nach 
Chr.  drang  der  Feldherr  Pan-tschao  im  Kriege  ^egen  die  tiirLi 
sehen  Stämme  bis  an  das  kasj)isehe  Meer  vor,  und  wurde  von  der 
Absieht,  hinüherzuselzen,  nur  durch  die  Nachricht  abgeschreckt,  die 
Oberfabrt  dauere  aecbs  Monate.  Später  liess  man  die  westlich' 
steo  Eroberungen  ala  nataloa  wieder  fallen.'  Die  Wissenschaften 
UübeB  an£  Am  Ende  dieaer  Epoche  apaltet  aich  das  Reich  fast 
da  halben  Jahrhundert  lang  In  drei  Reiche.  Unter  der  Dynaatie 
Tiln  (963  —  420  nach  Chr.)  sinkt  das  Glfick  den  Reiches  wieder 
etiras  unter  achwachen  und  lasterhaften  Ffirsten ;  die  Reiter^Slker 
des  Westens  erobern  im  Aortlen;  das  Haus  Song  (420  —  479) 
bietet  neben  kräftiger  Regierung  viele  Grauelthaten ;  Schwelgerei 
und  Verwandten mord  waren  gewöhnlich.  Unter  den  Wüstlingen  des 
Hauses  Tsi  (479  —  502)  sank  des  Reiches  Kraft  bedeutend^  hob 
sich  aber  wieder  mit  dem  kriegeriachen  Oeiate  der  Leang  und 
Tachia  (502  —  586);  Kaiser  Kao-tsu,  aus  der  Dynaatie  Sul 
(588—618)»  f&hrt  durch  strenge^  gerechte  und  a|»ar8ame  Regierung 
die  achliiie  Zeiten  der  Hau  surick,  aber  die  PrachtUehe  und  nner* 
hOrte  Terschwendnng  seines  Sohnes  Jang-ti  bewirkte  den  Sturz 
des  Hauses.  Seit  dem  dritten  Jahrh.  beunruhigten  tatarische  und 
türkische  Völker  das  Reich  mehr  als  früher  und  machten  selbst 
grosse  Eroberungen.  —  Die  Dynastie  Tang  (018  —  907)  eröffnet  * 
noter  dem  grossen  Tai-tsong  eine  glorreiche  Zeit;  die  Türken 
werden  unterworfen ,  die  Verwaltnag  neu  geregelt,  die  iiitteratur 
m  hBchateii  Blttthe  geivacht;  Bändel  und  Oeweriie  uad  dea 


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tu 


Landes  Wohlstand  n«lnneii  den  Ii9c%8feii  Anfeebwang.  Tai-tsong 
selbst  war  Schriftsteller;  hohe  Tui^ciul  und  Weisheit  machten  ibu 
zum  Liebling  des  Volkes.  Nach  einigen  durch  Weiber -Einfluss 
schwachen  und  ränkevollen  Regierungen  glänzen  im  achten  und 
oenBten  Jahrh.  noch  einige  gute  RegienmgeD»  weldie  iHisoadeni 
dem  ▼erderbUcbeo  Einfluss  des  Buddhismus  entgegenwirken. 

Die  dritte  Periode^  die  wnr  mit  dem  Eode  der  Taog^Djrmmtie 
tiegiimeit  (907),  ist  die  Zeit  dee  ianerD  nid  ftuMero  VeifkUa.  Sie 
serAllt  in  drei  Epodien,  voo  deoea  die  »weite  als  eine  Zeit  der  Ee- 
stauration  sich  zwischen  die  Epochen  fremdlttndlschen  Einfloeses 
hineinschiebt.  In  der  cr.steii  Epoche  bedrängen  die  Ueitcrvülkcr 
des  Westens  und  Nordens  das  Reich,  \^  erden  als  Ober-Herro  aner- 
kannt, und  besteigen  selbst  (947)  einmal  den  Thron;  in  einem  hal- 
l»eo  Jahrh.  tblgeji  fäcr Dynastien  auf  einander  (bis  060).  Die  Icräftige 
and  weise  Regierung  des  Stifter«  der  SoDg-Dynestie  (907—1127) 
hielt  das  Sielcee  des  Reiches  nur  kmie  Zeit  svf.  AUntsciMiieii 
(KId)  «rohem  den  nördlichen  Theil  Ton  Chlna,>')  and  führen  dea 
Kaiser  anf  einem  Ton  Ochsen  gezogenen  Karren  als  GefimgeMn 
durch  die  Reihen  des  weinend  an  der  Strasse  knieenden  Volkes 
ÜH  t.  Nur  in  Siid  - China  erhält  sieb  noch  die  Regierung,  aber  ici 
AbhängitjJveit  \m  den  Eroberern  des  nördlichen  Theils.  Unter  dem 
edlen  Kaiser  Hia-tsong  lebte  das  Volk  ruhig  und  glücklich,  und  Chi- 
nas grOsster  Denker,  T  s  c  h  u  •  h  i,  fallt  theilweise  in  seine  Regiemog j 
trots  gesunkener  Macht  doch  viei  geistiges  Lehen.  Ais  die  Mon- 
golen unter  Tschingiskhan  die  Kla  angriffen  (1224),  yerliaaden 
sich  die  Chinesen  mit  ihm,  griffen  aher  nach  der  Besiegung  der  Km 
die  Mongolen  an.  Nach  wiederholten  K&mpfen  werden  die  llongo- 
len  unter  Kubilai  1279  vollständig  Herren  von  China;  der  Kaiser 
nird  gefangen,  utid  sein  Nachfolger  stürzte  sich  mit  seinem  Minister 
in  die  See;  Kubilai  besteigt  Chinas  Thron.  H{)  Jahre  herrsch e[i  »lic 
Mongolen-Kaiser,  anfangs  kräftig  und  glanzvoll,  später  durch  Laster 
sinkend.  Die  Regierung  selbst  blieb  durchaas  chinesisch,  und  die 
wilden  Eroberer  wurden  seihst  von  Chmas  IMerem  Geiste  bewil- 
tigt  (Bd.  I.  }  134);  sie  konnten  schleditevdings  nur  nach  den  bidie- 
ligen  Gesetsen  regieren;  was  sie  etwa  anders  wdHen,  seheHmte 
an  der  Macht  des  Volksgeistes. 

Die  zweite  Epoche  (1368 — 1644),  von  der  einzigen  Dynastie 
der  Ming  ausgefüllt,  ist  die  der  Restauration;  aus  der  Schmach 
der  Fremdherrschaft  rafft  sich  das  Volk  zu  grosser  Kraft  wieder 
empor,  und  strebt  des  alten  Reiches  idee  und  Erscheinung  wieder 
herKusteilen.  Wie  die  Juden  nach  der  Gefangenschaft  eifriger  als 
Je  die  h^Uigen  Lehren  des  AlteithinM  pfleglen  and  hewahrlea«  so 


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cnvidrteMieliflrfer  «Ib  gfoiser  Eifer»  dieallMt  ErfDamiig«D  mMahten 
wieder  lu  krilHgen  und  su  verbreiten;  es  ist  der  Nachsomiucr  <iei 
ciüucsiächeD  Geschi«  lifc  Liii  kütiner  Hebellenanführer,  llong-wui, 
frafier  Hirtenjunge,  tianii  Räuberliauptmann,  schaart  die  Patrioten 
um  sich,  erobert  Naii>ldng  und  stürzt  die  Mongoleoherrschaft.  Er 
ist  der  letzte  grosse  Kaiser  Chinas;  Yao  uud  Schun  naehzuahmeo 
war  seia  eifrigates  Streben ;  einfachste  Lebensweise  und  rastlose 
Tbitigkeit,  SpanMunkeit  und  Wohlthfttigkeit  seichnmi  üid  ans.  £r 
eiMhate  das  VoUt  oft  Sfleatlich  aar  Togead  iiad  aar  NachahmaBg 
der  Alten,  sorgte  eifrig  für  Schalen  uod  die  Bildnng  des  Volkas, 
fiess  die  Goldgerätfae  des  Hofes  eiascbmebEen,  und  kostbare  Ma- 
schinen zerstören,  u  eil  Yao  uud  Schun  davon  nichts  c?ewusst  hätten. 
—  Doch  dieser  letzte  Lichtblick  sollte  fiald  w  ieder  ischvv  indeo;  in 
dtf  Mitte  des  17.  Jahrh.  wurde  ()lili);i  durch  Empörung  und  durch 
die  Mantschu  zugleich  bedrängt.  Der  letzte  Kaiser  aus  dem  Hause 
Büag,  ia  seiner  Haaptstadt  von  dea  Rebellen  bewältigt,  erhängte 
sieh  nehst  aefaier  Gattin,  aachdcai  er  aeine  Techtar  darchatochen. 
Em  Priaa  rief  aan  die  Maatsdm  gegaa  dea  Rebellea  an  Hdlfe;  die 
Maatsehu  bomltehtigteo  sieh  aber  adbst  des  Thraaes« 

Die  dritte  Epoche  ist  die  der  Maotschu-Herrscher,  von  1644  bis 
jetzt, '•*)    Sie  haben  im  zVIlgümeinen  kräftig  regiert,  haben  wenig 
ij^ändert,  und  konnten  es  auch  nicht,  ahei  freilich  lastete  das  Bc- 
kvti.«>8tsein  der  Fremdherrschaft  auf  den  Chinesen,  welche  noch  immer 
die  Mautsehu  als  Ualbbarbareo  und  Feinde  betrachten ,  —  uod  die 
HcRacher,  obwohl  nothgedrungen  nach  chinesischen  GeBetzen 
legferead,  slad  doch  aicht  mit  ihrem  Heraen  daliel^  oad  betrachtea 
skh  doch  aicht  ala  die  vom  Himmel  berafenen  „Viter  ihrer  Ktader/* 
soadera  ala  Henracher,  derea  Macht  aaf  Ihrer  starkea  Pera^nllciilceit 
rahi   Die  Maotsefau  Beben  mir  blegerische  Thätigkelt,  und  ver- 
achten  die  geistige  Bildung,  und  werden  dadurch  uothw endig  dem 
Chinesen  verächtlif  f).    Der  Friede  von  Nan-king  1842  vernichtete 
juit  einem  Schlage  das  hohe  Ansehn  des  „Sohnes  des  Himmels^" 
der  Kaiser  war  von  den  Barbaren  besiegt,  damit  aber  auch  sein 
ürtheil  gtt^rochen;  er  kann  nicht  ferner  des  aabesieglichen  Uim- 
mehi  Vertreter  sela;  tiberail  brachea  Unrahea  aas,  dia  Regieroag 
hatte  kein  Anaaha  mehr,  Tolkshanfea,  Toa  Deamgagea  geleitet^ 
ariishaadeltea  die  Maadarhen  and  erawangen  aich  Bewilligung  oft 
der  sinnlosesten  Forderungen.    Des  Kaisers  Nachgiebigkeit  he* 
schwichtigtc  den  Sturm  nur  lür  knr^e  Zeit;  —  in  allgemeiner  ümpö- 
niog  hat  sich  jetzt  das  Volk  erhoben,  und  der  Thron  der  Mantschu 
wankt 

fiadetttaame  Sparen  ianerer  FünlnkM  tretea  hi  der  Gegenwatt 


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I 


gl6 

imner  mehr  hervor;  BKnbereleD  and  PrivaClelideo  serriltteo 
Landfrieden.    Die  vielen  VemchwSningfen  in  neneeter  Zeil  bM 

nicht  mehr  gegen  die  Person  des  Herrschers  allein  gerichtet,  son- 
der« zeigen  hier  uinl  da,  dajss  der  (jllauhc  an  Chinas  Idee  vvaokeod 
gcu'orden  istj  Chinas  freschif  litiiches  Dasein  ruht  nluM  schlechter- 
dings auf  dem  allgemeinen  und  l'esten  Glauben  an  die  unwandelbare 
VoUkommenheit  des  hiinmli.'icheri  Reiches  von  Anfang  der  Welt  lier. 
Alierdinge  nfieeen  wir  aweifelliaft  finden,  was  Rottger  in  den  letBtM 
Tagen  von  einer  commnniatiacfaen  Verschwörung  in  China  tue  he- 
richtet*^)  IKe  Verschworenen,  „die  Brfidersdiafl  des  UnuMli 
und  der  Erde/'  Hoih»  wollen  vom  Himmel  dara  berufen  sdn,  „den 
furchtbaren  Gegensatz  zwischen  veroichtendem  Elend  und  dem 
üppigsten  Reichthum  aufzuheben/'  Das  höchste  Wesen  uoüe 
nicht,  dass  die  Millionen  der  Hiniiiirls  Sühne  zu  Sklaven  weniger 
Tausende  verdammt  werden;  den  Grossen  und  Reichen  sei  der  Be- 
nta  ihres  Vermögens  vom  Himmel  niemals  als  Monopol  verpachtet 
worden;  derselhe  sei  die  Ari»eit  und  der  fikhweiss  van  MilHonee 
ihrer  nnterdriiekten  Brfider.  Die  Sonne  mit  ihrem  stiahlendee 
Antlitz  y  die  Erde  mit  ihren  reichen  Sehätm,  die  Wdt  mit  ihies 
Fronden  sei  ein  gemeinsames  Gnt,  welches  Ar  den  Gennas  von 
Millionen  nackter  Brüder  ans  den  HSnden  jener  Tausende  zurück- 
{genommen  werden  luii.sse.  Die  lioih  w  oUcii  nun  die  VV^elt  von  allem 
Druck  und  Jammer  erlösen;  vorläufig  soll  nur  für  die  Verhrettunc 
dieser  Ansichten  gewirkt  und  die  Mehrheit  des  \  oikes  gewoonea 
werden^  ehe  das  neue  Reich  verwirklicht  werden  kann.  Es  erschei- 
nen uns  diese  Nachrichten  etwas  bedenlüiGh;  Rottger  will  sie  von 
ehiem  BaodesgUede  erfahren  haben;  das  ist  aber  eine  sehr  miss- 
liche  Quelle.  Die  Statuten  mit  ihren  Vereidigungs-Foimea»  gehei- 
men BnndeshSnptern,  sehen  modernen  „EnthlUluDgen''  so  ShnUch 
wie  ein  Ei  dem  andern,  und  es  mochte  am  Ende  wohl  einige  Mysti* 
fikation  dabei  sein.  Das  Dasein  eines  Bundes,  Tien-Ti-Hoih,  ist 
übrigens  schon  früher  bekannt  geworden,  nur  kennt  n>un  als  seinen 
Zweck  blos  den  Sturz  der  jetzigen  Dynastie^  das  wäre  also  eigent- 
lich eise  ganz  legitime  Verschwöninp;.  Mögen  wir  aber  anch 
das  Einste  für  mehr  als  sweifeihaft  halten,  so  mng  imoeihn 
einiges  Wahre  zu  Grunde  liegen.  Die  Teadensen  der  angeblichen 
Briidfirachaft  liegen  dem  Chinesen  gnr  nicht  so  fem»  Hat  nicht 
jeder  Chinese  das  Reeht  sa  fordern,  dass  der  Staat  (9f  semet 
Lebensunterhalt  und  sein  Wohl  sorge?  Ist  nicht  eine  sociahstische 
\  erfassung  selbst  in  den  alten  heiligen  Gesetzen  beijnirMJet?  ($57.) 
AVonn  nun  in  neuerer  Zeit  Chinas  inneres  Leben  in  Vertaü  gekuni- 
oien  ist»  uud  die  Übervölkerung  das  Elend  gesteigert  Jib^  —  ist's  da 


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n  Terwundern ,  n^enn  der  Gedanke  auftaucht  —  es  sei  etwas  faul 

im  Reiche  der  Mitte,  und  es  müsse  anders  werden? 

'i  M.ng-wcu,  I,  4,  27;  Chou-king,  p.  12fi.  240.  —  »)  Chou-king,  p.  2f»6.  — 
•)Bbcnd.p.282.--  *)  De  Maül»,  hiet.  Lp.  1.  2.  ~  »)  Ebcnd.  p.  2—4.  —  •)  Ebcnd. 
|w5— 43.  —  0  Chon-kixig,  p.  256.  237.  253.  —  ")  Chou-king,  p.  VIII;  p.  178  etc. 
—  •)  üüuluil,  p.  87  etc.;  Klaproth,  tabl.  p.  36,  —  ")  De  Mai  Ha,  im  Chou-king, 
f. SM.—  i>)DeMailla,  bist.  gen.  IL  p.  401.  —  >*)DoMaiUa,  IIL  p.  397. — 

dfOluMni,  UsL  des  Hong.  I.  p.  3.  —  Flath ,  die  Völker  der  Meatsebani, 
Lp. ISSele.  —  >*)  TUen,  Tl,  Boih,  Geecb.  der  Brttdenehail dee naundi nad  der 
Me,?.  B^RBM^er.  186S.  —  mUiMni,  Beicb  d.  Ifitle,  L  5. 891;  Haaie- 
■■Bi  tt^,  L  S8Q. 


n.  IHe  Jlaponer« 

§  73. 

Viel  jiager  ab  das  gaaohicbtliclie  Auftreten  der  Chineaeii» 
fn  Giiaa  ans  BUduig,  Religion^  Sitte  imd  Staat  empfiuiigeDd, 
aber  daaEmpfaugene  mit  vielea  fremdartigeD,  beeonders  baddhi- 
•tiaehen  Elemeatea  vermischend,  sind  die  Japaner  nur  Chinas 

Schatten  und  uiigeistigr  Copie,  —  sie  haben  keine  selbststäjidige 
weltgesclüchtliche  Bedeutung.  Ohne  Kntwiekelung  einer  eignen 
Idee,  weniger  durchgebildet  und  weniger  in  sich  zusammen^ 
hängend,  ist  Japans  Geistesleben  nur  eine  in  den  Ncbehi  roher, 
aber  bildun^sfilhiger  Völker  eich  bildende  mattere  Nebensonne 
gegeeftber  der  in  eignem  Liebte  atrablenden  Sonne  Chlnaa. 
Die  Klailieit  dea  ebineeleeben  Gedankena,  der  naeh  allen  Seiten 
Ün  sduurfeand  beathnnite  Lebenegeataltnngea  berrorrnft»  ist  bier 
tedi  tr&omerische  PliaDtasiegebilde  and  WÜlldlr  umdänuneri 
Die  dürftigen  Quellen  lassen  wenig  erkennen,  und  dieses  W  e- 
nige zeigt  wenig  inneren  Gehalt,  aber  viel  äusseren  Glanz.  Das 
äussere  Leben  ist  farbenreich  und  j^cstaltenvoll ,  aber  im  Innern 
nt  es  bohl.  Japan  ist  eine  weitgcschichtiicbe  Attrape. 

Japan,  von  den  fiiowoboern  selbst  Ntpon  genannt,  war  bereits 
tienllcb  sablieich  von  angebildeten  VaUieni  bevrohat»  als  Fant 
2ia*mn  fan  Jabre  660  vor  Cbr.  voa  Westen  ber  aaf  den  Inseln  mit 
«faM»  Heere  landete,  and  die  dortigen  Stimne  eicb  groeeentbeihi 
«rterwarf.   Zio-mn  war  ein  Sptoss  aas  dem  C^esdilecbt  der  fünf 

nach  eioaridcr  liher  flio  Erde  herrschenden  Er<len  -  Gotter,  Dsi'Zin, 
welche  im  Lande  Hihoga  iierrschten;  es  brach  aber  eine  Empörung 
gegen  sie  aus,  und  Prinz  Zin-mu  erhielt  den  Auftrag,  die  Rebellen 
wi  zächtigen  und  zugleich  die  ostlichen  Länder  zu  unterwerfen.  Er 
Mab  ab  Hemwber  ia  dbaen  Oatliadera»  b  Japan.  So  en&hba 


tlt 


die  japanischen  Geschichlschrciber.     Da«  Westland  kann  nur  China 
oderKorca  sein.  Beachtensvverthaherscheintesuns,  da&i»  ilioNanien 
Zin-inii  um!  T)«<i-zrn  imd  der  Tite!  Tisiri,  <len  die  Uerrsrhor  bis  jetzt 
noch  führen,^)  wohl  nicht  blo8S  zufallig  au  die  gleichzeitige  chine- 
sische Geschichte  erinnern.    Die  Vasallen  -  Fürsten  des  Hauses 
Tsi  spi^leo  im  siebenten  Jahrh«  eine  bedeutende  Rolle;  sie  sind 
die  mftchtigetett  LehoeftirateD  dieaer  sehr  Terwlrrteo  uod  unndugeo 
ZeH,  wmI  fiihiteii  um  681  Krieg  mit  andern  Ftaten.*)  Ferner  wird 
hn  Jahre  679  ein  Fflrat  dea  Vaaallen-Reieheii  T^in  durch  eiae 
Empörung  verjagt,  seine  Familie  und  Anhänger  verfolgt  und  im  J.  669 
in  einem  heimtückisch  veranstalteten  Oherfali  zum  Theil  gemordet.*) 
Die  Zeit  um  600  war  für  das  Reich  T^in  wegen  einer  Erhfolgesirei- 
figkeit,  und  für  (Jliina  ültcrhaupt  wegen  vieler  Einfalle  der  West- 
Völker  aehr  unruhig. '^')  Die  chinesischen  Chroniken  erklären  übet* 
dieaa  aoadrficklicb»  daaa  Japans  Fflraten  von  einem  chineaiaehea 
Prhnen  ahafaMnen»  deaaen  Namen  nie  aher  nicht  neuen  ;*)  ^  aa 
wie  daaa  Im  swISUIen  Jahih.  tcv  Ghr.  sahliekhe  Auayandeniiya 
von  Chinas  Oatküaten  anf  die  henacfabarten  Inseln  atatt  fuiden.'*) 
Andere  Zeichen  weisen  unzweifelhaft  auf  China  als  die  Hauptquelle 
des  japanischen  Geisteslebens  hin.    Die  Sprache  ist  zwar  von  der 
chinettischcn  sehr  versrhiodorf.  aher  enthalt  doch,  wahrscheiDlich 
aus  der  Mischung  der  »Sprache  der  rohen  Ürbevölkerung  mit  der  der 
dilneaischen  Einwanderer  entstanden,  sehr  viele  chinesische  Wör- 
ter*,') die  Schrift  hat  mit  der  chineaischen  viele  Vowandlachaft,*) 
der  Kalender«  die  Namen  und  die  Zihlang  der  Jahre  sind  vHUig 
chinesisch Sonnen-  und  Wasser- Uhren,  der  grOsste  TheO  dft 
Industrie  und  Kunst,  der  Sitten  und  bOrgeriiclien  Einflehtungen  aei> 
gen  auf  den  ersten  Blick  die  Nachahmung  des  Thinesischen,  und  die 
sagenhafte  Vorgeschichte  zeigt  viele  Namen  chinesischer  Herrscher. 
Di«'  riüeiitll<  lir  HIhhniü  der  Japaner  hemont  ühertiaupt  t^rsU  seitdem 
sie  mit  China  und  Korea  in  lebhaftere  V  erbindung  traten  (im  zweitco 
Jahrb.  nach  Chr.)  .  und  besonders  seitdem  die  fivddlibten  iudtaclM 
and  chinesische  Bildung  herttberhrachten,  (im  sechslmi  undaieheatea 
Jahrh.)  u)  Nicht  itawiehtig  ist  hierbei  auch  die  sehen  frOher  (f  7t) 
erfffthnte  Fahrt  vcvi  drelhnndert  JflngKngen  und  Jmgftauen  unter 
Sehl-hoangtl's  Regfemng  nach  Japan. 

Wir  können  Japan  nicht  nach  .meinen  eignen  Schriften  beurtheileii, 
von  denen  nur  sehr  wenig  uns  bekannt  ist:  heilige  Urkunden  hahen 
.sie  nicht:  wir  wi.ssrtt  von  Japan  nur  Weniges  durch  Fremde.  Wir 
müssen  uns  hierbei  kurz  fassen,  da  wir  keine  Sanwümg  von  Cnrio« 
sitHten  zn  geben  haben,  Japans  nnselbstatindige  Geistesbildung 
aber  kefaie  weHgeschichtlleh«  Bedeiting  hat  md  kein  lehnndiges 


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Zi9 

Ganze  gicbt»  soodern  iixst  nur  ein  iitintes  Gemisch  versehiedenarti« 

ger  fremder  Bestandtheile;  —  die  äusserst  »liiiltiiicri ,  unsirJieren 

ood  widerspruchsvoileu  Nachrichten  machen  ohoehiii  ein  hanaom* 

«ehw  Geeuuutbiki  «mSgUeb* 

*}  fk  Ii*  fficihold,  xnpiM»«  Aidiiv  nur  teckr.  von  Jaim;  5,  .Abttu  PantheMk 
S.  6.  9.  14;  Klaproth,  t&h\,  hist.  p.  78;  dessen  polyg^ta,  ] .  '^26;  KAmplir, 
GescL  u.  Beschreib,  t.  Japan,  1777.  L,  8.  IM  etc.  —  ')  Kampfer,  I,  S.  174.  — 
»)  DeMailla,  hist.  gen.  etc.  II,  p.  91  —  94.  —  *)  Ebcnd.  p.  97.  im.  ^  »)  Ebcnd. 
p.  104  — 11  f).  —  •)  Ebcml.  n.  227.  —  0  Khotul,  I,  228.  —  •*)  Klaproth,  tabl. 
p.  79.  —  •)  Klapr.  As.  pol.  p.  326.  —  i»)  Siebcld,  III,  Bdtr.  z.  Gesch.  p.  102.  103. 
-  II)  SitboldflH,  a  101.  102. 

§  74. 

Japan  liataielil  eine  Religion,  eondem  drei,  also  eigen!- 
lidi  gar  keine;  d«in  die  ReÜgion  enies  VoUcee  inmn  wie  die 
da^a  Menselien  nur  eine  sein,  und  wenn  daaaellie  ndkrere 
in  gleielter  Weise  in  sich  trftgt,  so  erklM  es  damit,  das«  es  als 

Volk  keine  Relif^ioii  habe,  dass  es  sie  Ii  gleichgültig  dagegeji 
Terhalte.  Damit  ist  a}>or  sofort  auch  erklärt,  dass  Japau  keine 
weltgeschichtliche  Eijtwirkeli!no;sstufe  bildet,  dass  es  keine 
wirkliche  Lcbensgestaltang  der  Geschichte  ist,  —  denn  es  giebt 
kern  Volk  ohne  ein  einiges  BewoiSlsein;  das  Herz  des  geistigen 
Lebens  aller  ist  das  GottesbewnMseha  [Bd.  I,  $  9].  Japan 
Teiliilt  sieii  sn  den  VsUcem  von  geseUelitiieher'Bedentnag  wie 
ik  mythologiscben  Thiergeatalten  zn  den  wiridlefaen  Tliieren; 
Japans  Geistesleben  bat  drei  KOpfe,  nnd  aneb  die  Glieder  sind 
TOD  verschiedenen  andern  Geschichtsgestahiiiit;xii  entlehnt. 

Als  die  alte,  den  Japanern  eigenthümliclie  Heligion  gilt  der 
Kami  Kuhns,  von  den  Chinesen  8in-too  genannt,  welcher 
hauptsächlich  in  der  Verehrung  von  Geistern,  besonders  der 
Abnen*Seelen,  Kami,  besteht.  Wie  der  alte  reine  Kami-Dienst 
gewesen,  wissen  wir  niebt,  denn  er  bat  keine  Urkmden;  der 
ipMere,  uns  allein  bekannte  Knltas  ist  so  sebr  mit  baddbi- 
idsAcn  md  ehineoiaeben  Elementen  ▼ermiseht,  daoo  derselbe 
gar  niebt  als  eine  beeendore  Religion  gellen  iuinn$ 
was  nacli  Hinwegnahme  dieser  fremden  Einmischungen  übrig 
bleibt,  ist  nichts  als  ein  etwas  abgeglätteter  Dämonen -Dienst, 
wie  ihn  die  wilden  V(')lker  auch  haben  [Bd.  l,  §  51  etc.]  Eine 
innere  Gedankenentwickelung  können  wir  in  den  kindisch -phan- 
tastiscben  Träumereien  eben  so  wenig  finden ,  wie  eine  tiefere 
fiiawirkmig  anf  das  menaobliehe  Leben.  Die  Religimi  ist  da 
IV  ein  Scbnmn,  der  auf  der  Oberfliebe  den  Lebenn  sebwiannt 
«  BsTylMonderseeiiderAwottangdenQnnaleiiAnnmhei^ 


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tM 


sehend  gewordene  Buddhisnivs  eraelieiBt  hier  in  einer  sehr 

ausgearteten  Form,  sowohl  an  den  Kami- DiciiBt  sich  anschmie- 
geiiü,  als  auch  mit  chinesischen  und  noch  mehr  mit  brahma- 
nischen  Lehren  vermischt.  —  Die  Lehre  des  Kong-fu-tse 
hat  besonders  unter  den  höher  Gebildeten  iiire  auihkeichen 
Anh&nger. 

Der  Kami- Kult  soll  die  ReligioD  der  Uribewobner  gewesen  seb, 
und  das  ist  audi  walirscheinlicli;  doch  ist  nnsweifelhaft  von  des 
westlicheo  Einwsiidereni  manches  ans  der  ReiigioD  dar  Chinetao 

▼orKoDg  fii  -  tse,  die  ja  auch  eine  Aimett •  Verdmmg  liatteii»  hfaita- 
gekommen.  Was  nus  von  den  lierichterstatteru  aU  Kami -Kult 
«»epebeD  wird,  hat  noch  einen  ^nteu  Theil  buddhistischer  Bei- 
niiscluingen  in  8ich.  VjS  ist  auch  ganz  natürlich,  dass  der  rohe 
l>äiuouefd(ttit  von  dem  viel  höher  steheodeo  Buddhismus  uoi^  illkur- 
lieh  vieles  aonehroeu  nwsste.  ]>er  Unterschied  von  diesem  ist  jet&i 
in  der  Tbat  sehr  dSmmedg«  wie  sieb  ancb  die  gottesdieostücbes 
Gebftude  der  Kami- Verebrer  von  denen  derfinddlüsten  im  insseis 
fast  nur  dadurch  nnterscbeiden»  das»  jene  mK  Sclundain  und  diese 
mit  Ziegeln  gededtt  sind.  Es  ist  gaas  fids^  aus  dem  jetzigen  Kand- 
Kult  eine  selbststäudige  lleligionsform  macheii  zu  wolieu.  Et  ist 
schon  längst  nicht  mehr  die  herrschende  Religion,  sondern  von  dem 
Buddhismus  weit  liberflfigelt,  aber  vom  Staate  geschützt,  und  viele 
seiner  Gebräuche  sind  gedankenlose  Volkssitte  geworden. 

Die  verehrten  Mächte  sind  theils  übermenschliche  Dämonen, 
tbeils  Seelen  der  Ahnen  {  die  einaelnen  Landschaften  haben  sich  as 
die  Verebrong  der  vielen  Geister  getfaeilt;  dbermeiisddidke  Kand 
werden  jetst  492,  menscbliobe  gar  3640  gesShlt;  aosserdem  weiten 
noch  acht  Millionen  dienende  Güster.  Am  höchsten  verehrt  whd 
der  S  a  n  n  e  u  -  Dämon  ,  ,,der  himmclerleuchttiiidc  grosse  (iclst/*  der 
aber  auch  ein  erzeugter  ist;  von  ihm  staaiiatdas  Herrschergeschle(  ht, 
„  die  Sonnen-Sohne,'"  und  in  dem  Kaiser  waltet  der  Sonnen-Gott,^j  — 
einaufiailend  anPeru  erinnernder  Gedanke,  mitdemesaber  wohl  nicht 
recht  £rnst«ein  nag,  denn  die  Herrscher  huldigen  dem  Karoi-IHeast 
nicht  mebri  —  sollte  es  Obeiban^t  nicht  vielmelir  ein  schwscb  inn> 
geinderter  bnddbistlscber  Gedanke  sdn)  Diese  Ehdiehr  des  San- 
nen-DSsMins  in  den  Kaiser  siebt  eben  gans  so  ans  wie  die  indiacb- 
baddhistlschenMenschwerduogen;  die  ihm  erwiesenen  Ehren  erionen 
sofort  au  den  Dalai-Lama. 

Auch  eine  Kosmogonie  findet  sich  vor.  „In  alter  Zeit,  da  Himmel 
und  Erde  noch  nicht  geschieden  waren,  das  Trübe  (iu)  und  das 
Klare  (Joe)  noch  nicht  getbeilt  waren>  war  Tai-kijok  [chines.  Tai-ldJ, 
der  Uliiber."  Jüess  wiid  biidlicb  daignslottt  als  ein  leerer  lbei% 


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,,Mb  Himmel  und  Erde.  Klare.'i  und  Trübes  nii^bt  geschieden  wareo, 
war  ein  Geraenge,  gleich  einem  Ei.  I>as  Klare  sehwebte  als  das 
Leichle  aacb  aassen»  nach  dbeii,  iimi  w«rde  Uimaiel;  d*«  ScJifr«i«» 
Trihe»  geraan  Im  Wasser  zum  Niedersdikig«  nod  wnrde  Erd«;'' 
di«ss  wM  dtigtttteUt  als  ein  «bao  weisser,  ia  dar  antern  HilAe 
•dmaner  Kreis.  „1S*A  dar  SdiaidBag  das  Gbaas  enradis  aas 
dm  Scblamne  swisclieB  Himel  und  Erde  eine  Pflanse,  nad  aas 
dieser  eine  meuscheoähnllelie  Ciastait,  —  ahi  Wesen,  welches  die 
Erde  aui,bildete/'*)  Die  chinesische  L  r/.n  eiheit,  Yn  und  Yang,  ist 
hier  deutlich  vorhanden,  [vgl.  §  8],  nur  etwas  nach  indisrhen  Vor- 
steilungen  modiücirt.  Die  weitere  Eotwickelung  veriäuit  sich  ins 
Bodenlose.«)  Die  erste  aas  dam  Cbaos  entstaadeae  Gottheit  regierte 
109>0OO  MiUiooen  Jahre,  ebenso  eiae  sireile,  waraaf  sWi  bewobn- 
bires  Laad  bildete  ond  Menschea  eatstaadaa  ete.  Dia  bladlsdie 
Phaatesie  der  Japanar  geftllt  alefa,  adt  BliUiaBeB  vaa  Jabrea  am  aicb 
n  weriBD  wie  mit  RecbeapfesBiges,  Etaraa  Tieferea  Ist  Unter  die- 
0eo  Trlnmereien  nicht  zu  Sachen ;  wir  ddrfeii  uns  das  Spezielle  filg- 
lieh  ersparen. 

Ein  Leben  nach  dem  Tode  ist  nicht  ausdrücklich  gelehrt, 
aber  auch  nicht  geleugnet  in  alter  Zeit  wurden  nicht  selten  den 
Gestorbeoen  ihre  Diener  ins  Grab  nachgeschlachtet,  oder  diese 
Hessen  sich  MwiUig  mit  begraben;  in  nanerer  Zeit  legt  mm  als 
Eisats  dafür  IbHaaraa  oder  bOlseme  Pappen  bs  Grab.0 

]>er  Kallas  beatebt  In  Gebet,  ia  WalUabrtea  sa  beaoadeia 
heiligen  Kami -Bailea,  besonders  ta  elaam  Baase  der  Sanneoffett- 
beit,  —  in  Reinigungen  und  in  Opferspenden.  Wir  finden  in  allem 
ifiesem  eigentlich  nichts,  was  niciit  auch  l>ei  den  Schamanen  schon 
.seihe  Stelle  hHtte.  Bei  dem  feierlichen  Gebet  an  den  heiligen  Orten 
wäscht  Sick  der  Andächtige  vorher  in  einem  dazu  besÜmmteu 
Wassergeßiss,  schellt  dann  in  buddiiistiseher  Weise  an  eiaer 
ISIoeke»  Jklatscbt  dreimal  Ia  die  Biade  and  veniebtat«  an  EIngaage 
der  Kapella  atebead,  mit  gebengtem  Kapf  nad  aasaaw^gelagtea 
fliadaa  adar  aar  die  Erde  nMaigawaifaB»  abi  aHllea  Gebet«)  Nar 
rela  darf  der  Mensch  den  beiligen  Orten  aaben  aad  He  Speadea 
briogen;  unrein  aber  wird  er  besonders  durch  Berührung  von  Lei- 
eben,  durch  den  Tod  naher  Verwandten»  durch  Blatvergiessen  und 
Beflecining  mit  Blut,  und  durch  den  Gennss  de«  Fleisches  von 
llaiistbieren;'0  vielleicht  sind  hier  indische  Lehren  im  Uintergrund. 
Die  Reinigung  geschieht,  indem  man  sich  in  eine  einsame  Wofaaang 
sarickxlebt,  in  Tiaaerhieider  gebellt»  Bart  aad  üaare  wacbsea 
llaat,  dea  Kapf  badackt,  TfaArea  aad  Peaaler  verachliasst,  dea 
KBipm  aad  die  Wobaaag  nkAgt,  sieb  des  Flaischea  eatbüt,  aar 


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Reiss  geniesst  etc.  Auch  Üii)^e  können  unrein  werden,  und  mÜBseB 
durch  Wasser  und  Salz  gereinigt  werden.  Leute,  welche  Haos- 
thiere  scfalachteo,  werde  aU  unrein  gemieden.  Niemand  tbcilt  deo 
Platz  imd  das  Feuer  mit  ihoeD,  «ie  niflssen  in  besoadereo  Ddrfen 
Wehnen  f  und  bei  den  Stnuweo,  welche  dnrch  ihr  C9eMet  flhmi, 
wird  die  beCreffende  ^trecke  weder  in  der  Meilevsehl  nech  in  4m 
Poetgelde  gerechnet  *)  —  Ale  Opferspeoden  werden  Speieen  ud 
Getränke  dargebracht  wie  l>ei  allen  Schamanen;  nur  in  sehr  alter 
Zeit  sollen  anch  Menschen  geopfert  worden  sein, 

Die  heiligen  Orte  sind  weite,  meist  sehr  schein  aul  Hügeln 
und  zwischen  Hainen  gelegene,  mit  Mauern  umschlossene  Höfe,  2u 
welchen  Pforten  föhren,  deren  Querbalken  nach  unten  gebogen  ist; 
in  den  Hdfen  eiod  Hallen  fttr  die  Pilger  und  Wohovngen  für  die 
Priester;  Gartenaniegen  ileren  dae  Ganze.  Ihr  elgeirtliche  Tem- 
pel ist  Immer  aehr  einfach  mid  Ueln,  von  Heb  gehant»  das  ebhie* 
siecfa'BeltllInnSge  Dach  mit  Schindeln  gededtt)  er  eteht  «nf  PflMea 
sechs  Fuss  über  dem  Boden;  eine  Treppe  ßihrt  zu  der  das  Ge- 
bäude unten  umgehenden  Gallerie.  In  der  meist  verschlossenen 
Kapelle  ist  selten  ein  Bild,  sondern  wur  ein  Spiegel,  l)ei  (1«'m 
Kuddhisten,  ein  Symbol  der  Seeienreiobeit,  und  das  Go-hci,  ein 
Bnsch  farbiger  Papieratreifen,  von  noch  unbekannter  Bedeutung. 
Awdä  in  ihren  Biluem  und  Gärten  liaben  die  KamI- Verehrer  kleiae 
Kapellen. 

Fest- Zeiten  sind  viele;  dHe  meinten  haben  aber  ihre  retigiSee 
Bedentang  ganz  verleren,  nnd  sind  reht  weltliche  Lnnt- Zeiten  ge- 

wortleu.  Der  erste,  fünfte  und  acht  und  zwanzigste  Taa;  jedes 
Monat8  sind  Festtage,  an  denen  die  Vornehmen  einander,  iiml  die 
Untergebenen  ihre  Vor*resetzlen  besuchen,  allenfalls  auch  ein  Gebet 
im  Kami  -  Hufe  sprechen;  fünf  grosse  Jahresfeste  werden  vom  gao- 
zen  Volke  gefeiert,  und  haben  eben  darum  ihren  nnprfinglidiea 
Kami«€harahter  abgelegt«  —  denn  die  wenigsten  Japaner  gehMi 
dem  Kami -Klüt  an;  e«  aind  Natnr^Feete  wie  die  des  Nenjahra, 
den  FrahHngn  etc.«  mmi  ThcH  mit  angenechelnMier  Nachahmaag 
der  Chhiesen.'  Enf»er  mit  der  Religion  hSngen  die  Jabreefente  der 
hedeutendeieti  Kaini  zusammen,  an  denen  unter  Musik  und  theatra- 
lischen Aufzögen,  das  Lehet»  des  Gefeierten  darstellend,  die  Reli- 
quien desselben,  seine  Wafte»,  Kleider  etc.  in  fliessendem  Wasser 
gereinigt,  und  seine  Kapeile  gesäubert  wird;  Tanz,  Wettkioipfc 
nnd  Gelage  achlleesen  sich  an  die  ernate  Feier. »). 

Die  Priester  sind  nur  Tempeldiener,  md  haben  wmrfg  Reden- 
tnng«  wie  ihre  ReHg^en.  Sie  sind  verhefrathet,  haben  eine  beson- 
dere Kleidang;  ihr  Bemf  ist  meist  nur  die  iossere  Besorgung  der 


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CereiJionien  an  Festen,  der  i5>pt;iideu  etc.;  nur  .in  haheit  FeflCHI 
erzählen  «ie  auch  luahrcheohaAe  Sagen  und  iegen  nie  aus. 

Di«  Baddha-Ltlve  kam  zuerst  im  Jahre  6o2  nach  Chr.  wem 
Korea  ans Mch  Japan,  und  terbreitete  sich,  dem  8chvv4i«hlicheo ,  ge- 
daak6iil«mtt  Ktm  *  DIeMl  gegeiifib«r  in  gaiatigeiD  Otogewidit» 
aoodm  in  «lebaaleii  uml  acbten  Jabrii.  ao  mftditig^  dasf  acbga 
danb  «eMabnaU  d«a  Vofte«  ihr  lraUigte.M)  Alier  aie  aawli«iot 
iB  sehr  unreiner  Form;  wir  fiaden  da  oabeD  Buddha,  desMii  Name 
rakjainuroi  h\rr  vSjaka  hciü^t,  fast  die  ^anze  brahnianische  («ütter- 
welt.  Brahma.  Itjdra,  Agni,  fiva,  Varuna,  MuiiLi,  Jama.  6onia, 
die  Trimurti  etc.,  und  sehr  viel  adbamaiiitfcb«  Kleiueote«  In  Ja- 
pan wird  jede  Religion  schaal. 

Die  Lehre  dea  Kong-fa-tse,  im  eratoa  Jahrh.  nach  Chr.  nach 
hftm  gehommeo,  iieiaat  hier  Sju-toe,  war  ver  dem  Bvddhie- 
tm  mehr  verhteitel  ele  jatat«  ud  iet  mehr  Sache  der  Oeiehtten 
ab  dee  Volkes ;  jeae  eher  bekenaen  Mh  melet  xtt  ihr.  Unter  den 
Sebildeteo  herrscht  auch  i4el  Freidenkerei,  die  sich  von  allem  Glau- 
ben an  ein  ÜbersinnÜchcs  lu^tjeiiiK  lit  hat.  Im  Bereich  der  drei 
herrschenden Ueli2:ianer!  herrsrlil  v«illine  Freiheit  desBekennfni.sses, 
jeder  kann  sich  nach  belieben  einer  derä^elhen  oder  auch  gar  keiner 
aDschtieeaee;  da»  Chriateatbum  aber  iat  jetal  hei  Todeaatrale  ver- 
Mea. 

*)  aiebold,  y,  p.  3.  9,  17.  —  *)  Bbead.  V,  p.  10;  Slmpfer,  I,  S.  m. 
*)ftMd,  m,    S.  IS.  ft;  SlAprodi,  Ulk  mj^fbol.  dsc Uftm,  p.  11.  ^  «> XUp- 
Bft,  UM»  p.  ll^Sfti  JMtt,  BsL  Bf%U  d«t  OriMtit  8.  M  sUs.  ^  »)  Sbbold«  V, 
p.  SS.  IS.  ^  •)  Si«1»ld,  V,  S.  35.  ^  0  Kbcnd.  S.  Ii;  Gblownln,  Begeh,  in  d. 

Geiangenscli.  H,  8.  33.  —  ")  Siebold,  V,  8.  13.  —  •)  Sieb.  II,  d,  S.  42.  — 
»•)  Sic!).  V.  S.  34.  —  »»)  Sieb.  V,  S.  29.  35;  V.  tu!.,  ni.  r,3;  Kämpfer,  I,  S.  258  etc. 
-  "3  Sief  V.  S.  13  —  18;  Ktopfor,  I.  S.  267.  —  Sieb.  V.  S.  34;  Klmpfcr,  I, 
8.881.  _  *♦)  Sieb.  V,  p.  4.  —  »»)  Khcnd.  V,  p.  85.  88.  113  etc.  n.  die  dazu  ge- 
!4i%mZafiBl«,r-  *')£b«id.  V,pw7iJüjUapfiv,I,  &304.-.  »0  Gtt^V¥a*Pt 

§  75. 

IMa  WU^ettacthaft,  m  weoig  «na  beluiiiiil»  als  lun  sie 
Mer  beofdieUeD  «i  kBueiiy  sokabt  mehr  den  ChnMaes  aaeh- 
gelamtals  selbstständig  ausgebildet  zu  sein.  —  Die  ludnstrie 
ist  wohl  die  glänzendste  Seite  des  japanischen  Lebens  und  in 
einer  bewunderungswürdigen  Weise  ausgebildet,  die  cbine- 
iisehe,  von  der  sie  entsprungen,  oit  weit  überllügelnd.  Japans 
geistige  Thfttigkeit,  aller  höheren  Interessen  enaaiigeiiid,  hat 
sich  haaptaäcblich  auf  dk  Baha^Uehkcftt  und  Annehmlichkeit 
deakdiaehan  Labeaa  gewandl,  aad  waa  la  dieaaa  Bereiah  ftUt^ 
Ma  aiad.  die  Japaner  Mcialer;  «aaare  fortgesohiitteiia  .Inda- 


zu 


strie  kann  noch  viel  von  deu  Japanern  lernen.  —  Der  Kunst 
fehlt  die  ideale  Grundlage»  weil  Japan  kein  wirkliches  reli- 
giöseü  Bewusstsein  hat;  sie  ist  unfrei,  ujkI  mehr  Dienerin  der 
Industrie  als  freie  üerrscherin;  sie  erscheint  aar  als  Zierde 
«Bd  Putz,  nicht  um  ihier  lelbst  willen.  Die  Erzeugnisse  der  In- 
dustrie sind  oft  Uberans  zierlich  und  sclMiiickreich, aber 
MllMiMiidige  Kimstvrerke  feUoi;  die  Idee  der  SehOiilieit  ist 
nodi  Dioht  ans  der  harten  HfiUe  willklihrlieher  Fotm  bcMt 
FfirWIssensdiaft  mid  fi^istige  Bildung  eberliaapt  «eigen  wenig- 
steos  die  Japaner  Ucr  iNcuzcit  viel  Interesse.   Lesen  und  Schrcibeo 
ist  bis  in  die  nicdrigsteo  Stände  ganz  allgemein  bekanut;  selbst  die 
gemeinen  Soldaten  bringen  ihre  freien  Stunden  meist  mit  Leseo 
jni.1)   Wie  viel  bei  der  ziemlich  bedeutenden  Aasbildung  und  Ver- 
breltung  der  WisaeosclMfl  auf  den  Eiufluss  der  friÜMr  aa  aükh- 
tIgeaMisalofleD  koninil»  ISaat  sich  jetst  noch  nicht  lieetinHMa.-~Die 
Geeehiehtaehrelbuag  ist  In  lUeierZeit  Btihrcheiibaft ,  apitir 
genau.  DieVorgesehielito,  d.  h.  die  Zelt  ▼or  600f  whd  durA  tflunio 
rische  Mythen  ausgefüllt,  in  denen  auch  alte  chinesische  Kaiser, 
-    wie  Fo-hi,  Uoang*ti,  Yao,  Schun  etc.  ihre  Stelle  erhalten.*)  Später 
sind  ziemlich  genaue  Chroniken,  3j  aber  dürr  und  o^pistlos;  von  eioem 
Zusammenhang  der  Ereignisse  und  einer  Entwickelung  der  Ge- 
schichte er&hren  wir  da  nichts;  wohl  aber  erfahren  wir,  dass  dann  «od 
wann  ein  grosses  Gewitter  gewesen  oder  Schnee  gefiUlen  aei,  dasa 
efaie  Schildkröte  ndt  zwei  ^»pfym  oder  efai  Hirsch  oder  eb  Hase 
■H  achtFtlssen  geborea  undan  den  kniserllcbea  Hof  gesandt  woidea 
sei.     Von  einer  Philosophie  dw  Japaner  wissen  wfr  niditi» 
können  auch  keine  bei  ihoeu  suchen;  denn  ihr  geistiges  Leben  wird 
von  keiner  Idee  getragen. 

Auf  die  Erzeugnisse  japanischer  Industrie,  die  auf  unseren 
Welt- Ausstellungen  einen  ehrenvollen  Plata  eiooehmen  wfirden, 
kßnnen  wir  hier  nicht  niher  eingehen.  Wir  verweisen  auf  das  1832 
hegoanene  und  in  diesem  Augenblick  noch  nicht  vollendete  kostbare 
Werk  SIebolde,  Abtheilung,  H  und  IV.  Alles  neigt,  dass  die  Ja- 
paaer  irerstehen^  sieh  das  Leben  bequem  und  angeaeiui  au  amchea. 

Von  eigentlicher  Run  st  Ist  In  Japan  freilieh  nicht  viel  so  wm* 
eben.  Die  Baukunst  ist  unentwickelt,  den  Chinesen  nachgeahmt, 
die  Zeltform  wiedergebend;  alle  Gebäude  sind  niedrige  Holzbauten, 
—  der  Erdbeben  wegen;  nur  die  Grundlage  ist  Ton  Stein.  Die 
Häuser  sind  von  aussen  ohne  alle  Verzierung,  die  der  Voroebmen 
ohaeUa  durch  eine  hohe  Wand  oder  einen  Erdwall  dem  Auge  ent- 
zogen. ^  Von  japaaisdMT  Poesie  sind  wir  wan%  anienlehtel:^ 
^Dns  Tlieater  ist  eh  gewihnficbesVergDagea  der  Js^er,  dach 

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Mi 


wiMeo  wir  nur  wenig  davon;  das  Meiste  sind  wohl  Tüaze,  Auf- 
zige  ond  iebende  Bilder,  nicht  aber  I>ranieD.  , 

»)  Gokjwnin,  T.  R.  274;  H,  S.  25.  —     KSmpfer,  1,  S,  163  — 172.  —  ^)  Ebcnd. 

DüB  »iuliclt«  Leben  der  JepMier  kal  wenig  Eigenibi» 
Uite;  es  eplegdt  dw  dmk  de»  MIscheB  BnddliisiMU  modift- 
«irte  eliuieefiBelMi  wieder ,  ist  aber  9  der  tiefereii  Ideea  entbehrend, 

flacbei.  llire  Milde  und  Freundlichkeit  'wird  selbst  von  Ge- 
fiiDgenon  gerühmt;')  ihre  Höilichkeit  gleicht  der  chinesischen. 
Die  Ehe  ist  weinc»;er  tief  erfasst  als  in  China,  denn  sie  spiegelt 
nicht  ein  Gottesleben  wieder.  Nur  eine  Frau  gUt  als  die  recht- 
nissige,  aber  Nehenfranen ,  bei  Wohlhabenden  gewilinliisfae 
8Üe,  sind  erknbl.  JHe  £be  der  leibüdben  Sdhreeter  iet 
vcibaten^  andere  VnrwnndlechafbgHide  aind  geetantet,  IHeBnb- 
liiei  aber  lat  ein  «Amiieli  gedoldeles,  Tomfilaata  fliisubiiyateii 
Iii  geordnetes  Laster,  in  seltner  Ansdehnung  verbreitet. 

Der  Mann  hat  daa  Recht,  den  bei  seiner  Frau  ergriflenen  Ebe- 
brecher  aui  der  Stelle  zu  tödten;  dasselbe  Recht  hat  ein  Vater 
^em  \  erfiihrer  seiner  Tochter  gegenüber. Kindcrmord  ist  ge- 
setzlich verboten,  aber  sehr  gewöhnlich;  und  die  Regierang  ist 
Usslg.»)  Öffeotlicbe  BahUiiaser,  in  Jeddo  »it  mrsUioban  Pal- 
iMea  fai  Ptacbt  wetteübn^  babea  bieweyeD  iegea600Dliiiefl,  und 
üttBeeueh  Ist  fcehie  Sebande;  anf  dea  Laadslimaaea  bat  jedes 
Whfbshaaa  sebie  INnien.  Aach  anaatttrUeba  Laatar  aind  sehr  ter* 
breitet;  eine  durch  die  Schönheit  ihrer  Knaben  berfihmte  Pr»tins 
treibt  mit  denselben  einen  bedeuten  den  Handel;  solche  unglückliche 
Wesen  werden  au  manchen  Orten  sogar  Öffentlich  feil  geboten.  4) 

*)  Golownin,  I,  S.  166.  184.  318.  886;  II,  19.  —  ^  Eb«sd.  II,  64^  *)  Bbnid. 
0,18«;«.«)  Sla9iBr,n,187.aft7.SS7}  QokmaiB,II,Sl-^as. 

S  77. 

Dar-  Siftat  Ist  bnaft  aeinea  Ursprungs  ven  dam  ebiniaiaaben 
iwemlicb  TersohMeB.  CbbM  ist  ^  nntirMeher  Staat,  Japan 

ein  Kuiiät-Staat.  Chinas  Staat  ist  aus  dem  Volksleben  in  Mitdr- 
licher  Lebensentrv  ikelung  erwachsen;  Japans  Volkslebcu  ist  eist 
durch  den  Staat  gemacht;  Japan  hat  darin  eini«^e Ähnlichkeit  mit 
Peru;  sind  doch  in  beiden  Ländern  die  Herrscher  Sonnen-Sohne 
«d  von  übenMOSoblicher  Bedeutung.  Japans  Staat  eut&tand 
durcb  Evobeningi  wAbnnd  Cbinaa  Staat  dorob  nad  durch  den 
Chaiaktar'einea  nalnrwAobaieen  und  iieiiwondlBatt  Lebem^^r* 
n.  IS 


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gaaiflMi  «u  iM  Mgt»  Ftoi  mid  Velk  anlilaoliterdyigi  «Mm- 
mengefadreii  und  ein«  giwie  Famlilie  bidati«  «teht^iD  Hpm 
JerFünrt  iem  Volk  ab  onbesoliriidilsr  SdtwtlbmKdMr  gegen- 
fiber,  und  das  Volk  ist  an  sich  rechtlos  und  unterworfen.  Des 
Herrschers  Wille  ist  alleiniges  Gesetz,  während  in  China  das 
Gesetz  höher  ist  als  des  Kaisers  Wille.  In  China  ist  ein  gewalt- 
samer Sturz  eines  Herrscherhauses  mügiich  und  berechtigt,  in 
Japan  unerhört,  obgleich  einiipe  Harrscher  äas#eiBl  grwain 
aaid  firevelhaft  regiartföi;  Jafans  Creachidbte  bat  nur  eine  Dy- 
naatla.  Eis  den  Hemdierbaaae  atanunverwiiiidlef  Adel  vmfj^ 
mit  bokeaVoirechten  den  Thron.  Aber  acluui.ln.svFdlfi«a  J^br- 
Imideft  wwedB  des  Herm^en  ObermeDseUiebea  AasebD  dadurcli 
gebrochen,  dass  neben  der  überscb wenglich -ideellen  Macht  die 
praktisch -wirkliche  eines  Heerführers  sich  im  Staate  ein  cui- 
scheidendes  Ansehn  zu  verschaiTen  wusste.  und  den  Dairi 
hnmer  mehr  in  die  zweilelhaite  {Stellung  eines  gcistlidien  Ober- 
baaptes  zurückdräagte.  >)  GegenwIUügial&at  alle  Gewalt  that- 
aäcblicb  bu  dem  weitUobaa  FürMn^  der  das  geiaüic4ie  Haupt 
aar  noeb  bei  besoBdeta  wiobtigeD  Aagelesciibnieii  befragt» 
beaendera  bei  jeder  Abiaderoni;  beateheader  oder  EwflibraDg 
neuer  Geaetze;  dnrdi  beatiuunte  HaldigungsforaieB  and  Ge- 
schciikc  bezeigt  jener  dem  Daiii  aber  seiue  ei^eiitlich  unter- 
geordnete Stellung.  2) 

Der  Sohii  des  8onneii  -  Geistes ,  <l«r  Dairi,  hat  eine  unbe- 
schränkte Macht;  er  ist  nicht  wie  der  cbiuesisdie  Kaiser  ein  blosser 
Mensch,  welcher  nur  bedlnguogsweise  ein  ^StoUirertieter  der  Gott* 
Iwit  iai»  aeadero  er  iai  dieaa  von  liaaae  aua,  tat  aa  aUh  die  Ofiiea- 
baniDg  der  Oottbeit  aelbat;  der  BaMwMa  bat  dieae  Tor- 
ateüaag  eatireder  web  mehr  oateratttit»  oder,  waa  adr  irakr* 
aeheiBttcber  Ist,  fiberbavpt  erst  erzeagt  Der  Dairi  darf  mit  adoen 

Füssen  dii:  Er  Je  nicht  bcUetcn,  wird  daruni  immer  uetraL^en;  die 
freie  Luft  und  die  Sonne  dürfen  sein  Angesicht  nicht  berfihren: 
Haare,  Bart  und  Niigel  dürfen  dem  Himmlischen  nur  im  Schlafe  ge- 
sdioitten  werden.  Früher  mosste  dar  Dairi  tüglich  einigaiSItujBden,  mit 
der  Krone  bedeckt,  anf  dem  Tiiraaa  anbaiHgfcaltsea«  weil  dadurch 
die  Bäbe  deaLaadea  bedugt  war;  jetet  iN^lUgl  maaeb^b  daeA  die 
Ki>ooa  aaf  den  Tfafoa  a«  l^gea.  Aüe  Speitea  JwOaM  fkm  hmmm 
Geaddnea  gefcacbt  ead  in  neaeo  Schfisaela  au%eCra9aB  mfn^lnn, 
dann  sofort  zerbrochen  werden.  Kein  Unterthan  darf  den 
Namen  des  regierenden  Kaisers  fuhren,  daher  sind  alle,  weldie 
mit  demThroululuer  gleichen  Namen  haben,  verpflichtet,  bei  dessen 
Ragieruiigsantriitt  denseibfiB  zu  varäadera.^^)   Zwi»lf  OemahUBOo» 


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machen  nach  Kltester  fest  l)('^tcliend<»r  Sitte  <]('<■  Kaiser«  Tfan^üRtand 
aus;  abrr  die  eine  hat  den  Vorrang  al»  Mutter  des  Throiitoigers.«) 
In  lest  bestüninter  Erbfolge  geht  die  Herrschaft  immer  auf  das 
ilteste  Ktod  oder  den  nächsten  Verwandten  über,  ohne  Rücksicht 
laf  Aitn  »ä&riGmMmiäi .  anek  Kinder  nid.  W«lbar  eiiiCB  den 
Tknu.ff^.^TkM9mtMtiktiitm,  Ue  itmufidigokrlig«  eidb  MgaM, 
ialkitwiddlelieSiB|»lm^,  aiad  »her  deeh  Torgekemien ;  "r)  A 
WMaiBBig  gewordener  Kaiser  wnfde  Ton  seinem  Minister  abge- 
scUt;**)  im  vierzehnten  Jahth.  n  uriien  die  rechtmii-ssigen  Herrscher 
eia  halbem  Jalirhundert  hindurch  von  Usurpator«  r»  n  t  rdningt.^)  Ge^eii- 
wSrtig  hat  der  weltliche  Herrscher  fast  alle  ii.iukflnflt6,  der  Uairi 
■BT  die  eiaee  fittnteodiuiiis.  Jener  besucht  den  geistlichen  Henr« 
idber  tm  selten,  sdilck«  aber  eftGeMedteclMilleB  «it««icbentai, 
ntar  detifl»  eich  dUe  ^iei^kni  ieuner  «in  von  dem  ireWieheii  Fir» 
ein  eeÜMt  ^hagmat  i»eieeer  Kreeieh  mit  edweneni  Kupfe  be« 
Ilde»  imieBr  Diene  ilaldigungen  «Ind  aiber  ra  efaNt  bleene»  Ferei 
fevveiden ;  tbatsächlich  macht  in  der  Verwaltung  der  weltliche  Ftirst 
(KuDilio-ISaraa)  alles,  was  er  will.  Auch  dieser  iimiriebt  sich  mit 
allem  fillanze  dor  Macht:  xweihurjdoi t  J-ieibarstte  Imbcii  für  seine 
(vesuiidkeit  /u  soi|^,  ansserdem  aUe  seine  S()eisen  zu  überwa- 
chen; sie  mOseen  z,  jeden  Keinkoin  lülr  dte  kniseriiclie  TMi 
■it  elDer  Kaage  ftseeaebmit^i) 

Der  M  den  penuudecbeii  Inke^  Adel  erianernde  Jnpenieebe  Adel 
MS  der  Piiliie^den  Bemchergesohlechln  Ist  ei»  bcdcetmmer 
üntornelM  iron  CMoe,  wieicbe«  einen  nolehen  «icbt  kemiüt  Jofinns 
Reich  beruht  eben  auf  dem  Herrschergeschlecht,  Ohhia  auf  dem 
Gesetze  des  Uimmels.  Die  Adligen,  2«  den  wichtigsten  Ämtern 
iierec'htigt,  und  den  Hof  des  Dairi  aitsnia'  hond .  itnterscbeideo  sich 
von  dem  Volke  auch  dnrcb  eine  besondere  Xracht  i^) 

JMe  Iiier  nntSrlish  nar  von  dem  FOrnten  aasgehende  Gesetz* 
gel^«ng  Mgt  an  Tbeil  necb  den  Chamkter  der  Relibelt  «1  eich. 
Wrimi|Ü>rir  1«  Bw  werden  nackt  an  einen  Pfald  gebunden  und  dnrch 
¥»nM  ceHcrat  gelegtes  Feeer  ians«an  na  Te4e  gebmtee.  m)  Dan 
Heetlndvias  wird  eft  dtnrch  grausame  Fsitem  erawnngen ;  man  linst 
den  Angeklagten  z.  B.  auf  einem  stumpfen  Säbel  oder  einer  Stang« 
Eisen  knieen,  und  hän?t  schwere  Steine  an  ihn;  dicss  ist  die  ge- 
>  Kodeste  Art  Jedoch  ist  ausdrücklich  die  Folter  nar  dann  nnxu- 
weeden,  wenn  die  Sebald  dnrdi  eebr  gewichtige  Grflnde  nachgc- 
wiesem  ibt.  H)  Im  Allgemeinee  neigen  nidi  die  Japener  in  der  Bc 
bnndkng  Angeklngtor  mÜd. 

«)  Kimpfcr,  t,  S.  220.  —  ♦)  Golownln,  II,  S.  45.  —  ^  Kampfer,  I,  S.  175.  — . 
^  dvtow^  Ii  Sae.— •)  Kftmpfer ,  B.  177.^«)  BIM  a  17i^^^  «.  17«.  f  16. 119. 

14* 

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1 


Die  Indier. 


Dati  chine&ificlie  Dewussteeiii  trägt  durciiau^»  den  Cüaiakier 
d^B  Dualismus;  es  ist  die  Stufe  des  abstracten  VeratMMlcis,  der, 
vott  den  luitllrliolicii  D^ia  auf  deiNm  iUnuidlagwi  Mvfiakge* 
lioiid,  zoletet  bei  einer  Ur-ZweilieU  stehen  liMbi»  über  waMhe 
er  webt  hineiiB  Ji;aini«  Dee  Mtlul&ebeJDeeeMi  bM.dtawn  Segen- 
setz  Ton  Stoff  und  KraA  in  sich  und  besteht  imr  durch  diesen; 
und  ^vcl  von  diesem  Dasein  in  seinem  Denken  ausgehi,  uud  liur 
dadurch  zu  dem  unbedingte ü  Sein  gelan^n  will,  dass  er  von 
dem  Zufjilligen  uud  dem  üe^onderen  abstraliirt.  und  das  allem  , 
j^ift^ejljftpn  au  Umndc  Liegende  festliält,  der  ihonunt  nothwaadig 
zu  einer  Zweiheit»  die  in  keine  höhere  Eiabeil?  an%el|t» .  .i>ie 
£ittl^eit  dqs  Gijgei^tnee  ist  kk  Gbpue  aiebr  ervcMlIt.  vna  .den 
bdiclislen  .Geisteni  nnr  geahnt  iind  gefordeelL  Dm  vavalüif- 
Uge  Bcsnken  viU      gK»d«»,4«£n£iBii  den  Sein»  ecfteeen»  ind 

alles  Dasein  ist  nnr  insofern  vernünftig,  als  es  das  Wesen  der» 

selben  in  sicii  Ihl^I  uiid  in  dcv  Linlicit  begrüßen  werden  kaan. 
Der  nothwendige  ForUchritt  in  der  Geistesentwiokeiung  de» 
lleidcuthums  gellt  über  die  des  abstrahirendeu  Verstandes 
hinaus  m  der  Stufe  der  Vernunft,  von  der  Zweiheit  siur  £in- 
beit.  Der  aliem  natürlichen  Dasein  zu  Grunde  liegende  4Jige> 
g^u^ats  des  padsirai  StoüNi  vnd  der  aativeft  Kraft  aoU  fiberaea^ 
de^  ]virerden;,  beide ,  Urgrtiiide  sellea  nieiil  n^sn  einander 
bestehen»  fendi^ni  soUi^  in  einer  whrlrlfcfaentKinHeiteifiiest  wer* 
den*  Alles  ist  Eins,  und  das  Viele  ist  nnr  aus  dem  Eineii:^^ 
d,^l'l;li  das  Eine.    Es  ist  die  Weltanschauung  der  Indier. 

hei  deit  (  iunef^eii  dämmert  die  Kinhfit  aur  bl«i$t!:  im  Hiiiler* 
uriinde:  ihr  grüsster  Pbiloi^opli,  mit  iudi^cliem  Deiikeii  \ertr;iut. 
»teilt  die  ErrctchuBg  der  Eiubeil  sogar  als  höchste  ^u%ab^  der 
FhUosophie  hio;  er  hat  die  Auijgabe  aber  nicht  gelltet  ({  b).  Die 


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<31 


Einheit  des  Seins  int  bei  den  Chintvscn  nicht  Voraus^ützuug,  son- 
dern fi'e<fiiltat:  Lrkratt  uüd  ürstoiV  w  erden  erst  ein«  In  der  wirk» 
lii'tieii  Welt;  ihr  Ziisaaimentreten  macht  die  Welt  dar  Uiage  aus; 
jedes  eiDzelue  Dasein  ist  eise  Eioheit  des  UrgegMaatzes.  Aber 
4tese  Einlielt  haftet  ibck  nur  an  den  einzeloen  Diogea»  exiatirt  gkt6 
is  Mk  ^9M^  Mooian  wmin  der  Vioihel^  tlaa^ANü  Gcfgu. 
<Mvil9  kt  diM  VmgMmt»  der  vim  d«D%?ehiiafti9eo  Itakm 
KaMMtm  Blabeie;  die  VenNufteielielt  ttegt  den  ed«'Ubr  weMen*« 
de*  G«freiisftts  sb  Crruhde,  die  chitteshciie  Eioheit  hat  daget^eu  den 
Gegensatz  zur  \  araussetzting;  und  darum  eben,  weil  das  mensch* 
liehe  Denken  durch  seine  innere,  wenn  auch  noch  unhefiimsto  Ver- 
ninftigkeit  zur  Einlieit  als  der  Wahrheit  hingezogen  wird,  und  tor 
iem  Zwiespalt  sich  abwendet,  versenkt  sich  der  Chinese  mit  solcher 
iiiebe  le  die  wMMe,  «ioeliche  Dasebr,  eed  weodet  eicb  glaiafa. 
«««9  m  te  Ui«ried«i  ab|  der  Gbiiieee  LbI  ebi  HebsA  der  fie- 
fMPttft,  4ee  frafctMMB  Lebeoe»  will  nlt  dam  OheieMIcbea 
siebte  ee  tbae  bebe»,  deoe  dort  gibiel  Und  «er  der  WMerspnich, 
4e  Sweiheit  entgegen,  in  der  handgreiflichen  WirkÜchkoit  abei  liu- 
det  er  uberall  den  versöhnten  Gegensatz. 

Der  Indier  dagegen  -cht  nicht  von  der  <^inniichen  Wahrnehniiing 
au»,  and  sucht  nicht  aus  derselben  durch  Abstrahireu  zu  der  letzte» 
VorausseteQDg  zu  kflsnaeo^  eoedern  er  gebt  vso  4ler  unbedingten 
ttabÜtiAe  dwiVeiaiiteetoepg  waHlblbar  aee;  er  etellbdle  i^esdai' 
mfi^n  'Mmmfl  M  iMbUck'  fab;  die  Elebelt  f et,  ued  aar  die 
lhbil|-bit.iiiMiall;  alle»  Ci^eeta  fcaüit  we  äen  BUMk,  ist 
em^Folge.  ''ie  Cfaioa  «tf'der  Oepeneata  d«e  firele,  die  ßbriielt  in 
der  concreten  Einzelheit  das  Zweite;  iu  iudieu  ist  die  Kiuheit  das* 
Ertöte,  der  Gegensatz  erst  das  Zweite. 

.    .  §  80. 

'^'Dtir-itogeMMle  nm  Kraft  und  Stoff  eoU  aiti^ehoben  wer-«, 
tof  eeii  emi^eieiis  aisfal  dm^WuMf  eondeniwt  dai  fLfmiii^ 
sHif»*^  deii  wbeÖliigt  Biiien  .adMi  km  4m  vemioflige 
Ifcwilwii  ■usgeheifc  W^mOim  abev  knüer  aoeh  kmt  dte. Beden. 

d»  Hattir,  tibfieoclven  Idee.  Das  Natur -Sein  eeH  ide  ein 
eniiges  erla&st  vverdmi;  Alles,  was  ist.  ist  iXatur,  luid  die  ür-. 
fiiiüieit  kann  eben  auch  nur  iSatur- Ein  Ii  elf  sein.       '  ■ 

Die  iNatur  ist  aber^seblechterdiugs  in  dem  genannten  Gegen- 
sätze befanj^,  und  hat  fiber  demselben  nichts,  aus  weichem 
^mvAhe  ^rst  Eermleiten  nräre.  Seli  Mier  der  Dualismus  auf« 
g»Meai>  nikdeii^»e#  kwän  dtow  mtf  ijedeaci  geweheheii j  d^ee 
eine  Seilt  4ari'QK%taMttd»'  9orge»«h«bett^  «^  anden 


i^iy  u^Lo  Ly  Google 


eines  Gedankens  willen,  auf  allei»  Verzieht  geleistet,  was  dem 
Meiibclien  »onsi  lieb  uml  werth  ist,  —  nnd  das  ist  eine  hohe, 
sitlliehe  Thai;  —  «Ue  In^ier  suai  das  tragische  Vol|c  des  Hei- 
denthuma. 

4  ■ 

♦  i  •  *  * 


I.  Das  Brahmanenthain. 

Erster  AbscbnUL 

Dad  reli£;i<)se  ]>befi*der  In^er  hat  eine  iftage  imd  relehe 

Eiitwii'k<*lnii^.  ist  nicht,  wia  bei  den  Chinesen,  von  Anfang  an 
fertt*r.    ('hina.s  Religion  hat  so  w(  iiip;  eine  Gesehichte  wie  sein 
Volksleben:  alles  goisfi^e  Lohcii  scliiesst  da  wie  die  Eisnadeln 
plötzlich  an,   und  ist  im  Augenbiick  der  Geburt  auch  fertig, 
ttiüeiia  Religion  bat' eine' Creechichte,  und  wir  müssen  das  FrA*- 
hcfre  tmd  Spfttere.  streng  mmerselieidep*  •  in  Cknia  shfid  die  spä- 
teren GeistiM-lfrkniiideii  efgenillleh  hut  eine  'EMIiiMinif»  dir 
IHdiefeii^  life  Indfen  Stetten  dIe'ScIldfleivideFTeriMittam  Cd' 
ten  elM  pme  geistige  LobemwnUrlfllEelung  dar,  «Ne^Oettnpt^'  dle 
voll«»  Rlüthe,  und  das  Absterben  dei^idee.    Die  vier  Veden  in 
allen  ihren  Theilen  und  d?)s  Gesetebuch  des  Manu  sind  die 
Haiiptfjnelle  der  anfangenden  und  dervolikommeh  aHss^obildeteu 
Urahnia-Heligion,  die  ihren  wissensrehaftliehen  Ausdruck  In  der 
Vedanta^niik>ei»{»hiiGf  geliiaidea'hftti.    Die  grossen  Epen  und 
die  Purrn^«  Mig^n  uns  das  irilkeiide  reMgldee  AeihwMn* 
IHe- Veden  geHes  alsr  «nMiMMMe  ^atlMe  OCMmraig,  dl» 
ef»  etMA'Soleher  AnsfliM»»  ans  der  GottMi  wM  «He  tWnf^Dhige 
es  sind;*)  wir  milssen  auf  diesen  Oedanken  sp&ter nkiehhiiariek' 
kotnmen.    fn  der  nachchrfkfffchen  Zeit  werden  Einwirkungen 
des  ( iiristenthums.  nrid  sp  itn  <i(>s  Islams  »ehr  meHcHchrdl^ 
frenfdem  Rerührungen  trugen  dnzu  bei,  die  bereite  begonnene' 
Setsetaunt^  drr  brahmanischen  Religion  nur  notih  zu  beschlea'^ 
nlglBn^  'das  Voüi'  beütelt  von  ihr  linr  krankhall^phantasUselidb 
AaslirMiigett^'  iind  df^^-Widetnden'  nur  des  «hiii  -MliM-^HIv«' 
tMiekiiete'A«lle;">.     • "  .  '   t.      . .  • 


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235 


Jeder  (iüf  vier  Vedcü,  — -  Ric:  Veda,  Jadschur- V..  S;iiiia-V. 
und  A  thar  va-V.,  —  besteht  aus  drei  von  einander  sehr  \ris(  liir- 
deoeu  Abtheilungen,  aus  der  Sanhitu,  einer  8aiiiiiiiuog  von  Liicdem 
«od  Gebet«»  (liaatm'sj,  tarn  6m  BrahmaDa's,  von  mehr  liturgisch- 
didacÜschera,  zum  Theil  pbilo8opbi8cb«ak**liiluill»  eigeoilldi  die 
IKtgmljk      V«te  ykimd,  «ad  «to  den  aiglMlidm  «nl  «Ita- 
twdem  Mra's.  Za  de*  BnfauiMi'a  gdMrao  di»  Meisten  üf  aal  - 
•ahadetos)  (Sitzungen,  Vetträge),  wiaaeaaduMieiia  aadphilaao- 
pMache  Abhandlongen.    Die  Veden,  so  #te  ihre  einzelnen  Abthei- 
iuu^eii  äitid  voü  sehr  verschiedenem  Alter;  am  alte.steu  ist  jedeofalls 
die  liiedersammlang  des  Rig-V  eda,  über  100(1  Hymnen  in  etwa 
.  1  lUUÜ  Versen  enthaltend,  von  welcher  einzelne  TheUe  noch  in  der  frü- 
bereo  Ueimath  der  lodier  a»  Indsa  gadiditet  sein  mflasea,  etwa  im 
fi«mh»ten  JaMnadavt  vat  Chr.;  gaaaMaalt  wardaa  dieaalben 
MbracMolidl  ba  7.  JaM.  Ter  €hr«  Dar  Attorva*  V.  iat  der  ayMaate 
der  Her  MUgaa  Bülte;  dia  m  ÜHa  gahdrigaa  UpatuaclMdea  aat- 
iMHea  beraiia  eiaa  aasgaUdata  PMiaapMa  aad  taMaa  tMtwaiae 
bis  in  unser  Mittelalter  herab.  3)     Sehr  viele  Lieder  und  V  erse 
wiederholen  sieh  in  den  verschiedenen  \eden:    so  sind  fast  allf 
llMuuert  lieü  Sama-Ved.i,  154U  an  Zahl,  aus  Versen  des  Rigvciia 
gebildet    Üie  Hymnen  sind  nicht  durchweg  religiöser  Art,  einige 
gefaüren  auch  in  die  «raHlkka  Paaaia,  -aad  batraiail  aaibat  daa  Be- 
Hat  dea  «dMnaa.«) 

Naahat  daa  Vadan  biUao  die  ßaaataliftaliat  die  Oraadkga 
ftr  daa  gaMMaiMUiebe,  aüilielia  aod  laNgillaaLabaa  daa  Volkes: 
wm  hadbalea  in  AaMm,  den  Vadaa  fest  gleich  geschätzt,  steht  das 
Ge&etzbuch  dei*  Alanu.^)  ein  wenig  i^eordnetes  Sammelwerk 
der  alten  Gesetze,  augenscheinlich  aus  nein  verschiedenen  Zeiten 
und  von  verschiedenen  Verfassern,  und  wie  die  Veden  auf  einen 
guttJicheri  Ursprung  zurßckgeftihrt.    Manu,  d.  h.  der  Verständige, 
dMa  der  Mensch,  ist  salbal  aia*  mfüumibb  Paräaav  §Ut  ala  «u 
Mn  ader  £akal  jtoahao'a,  ind  aeH-  vab  Biakaa  daa  dasMs 
-  aiBiplaiigaa  nd  aa  daaa  aadata  MaBaehen  ^Mat  Wbaa;  etat  apftter 
anü  daaadba  adviftlieh-  aaljsaiaieliiiat  woidan  sei».  •}  Dia  Vellen. 
daa9  daa  Werke»  ist  wobl  noch  vor  den  Anfang  des  Buddhismus, 
aUo  vor  das  sechste  Jahrhundert  vor  Chr.  zu  setzen. Die  Über- 
einstiraniung  der  Manu  -  (»esetze  mit  deti  \  «den  winl  in  denselben 
sehr  bestimmt  hervorgehfkben ;  ^)  das  reltgiüse,  sittliche  und  {>oli- 
tische  Leben  erschäint  aber  viel  ausgebildeter  als  in  dem  grueaten 
Tlieila  dat  Vadaa»'  umä  al*  aia  Miigti»,  abgaachbaaeaes  Cfaaaa. 
■.Wirhüg  itC  aatt-^aa  apüteie  diaMiakraifc  iadlaaiiar,  sam  Thail 
aaa  Mia«  adaf  diaaM'Qlttllda  tffiawiiartiaar  daaataa  ,,¥ajaaval« 


uiyiii^cu  by  LtOOQie 


2^6 


kya'.s  Cic>«cUbach/* 9)  ivahrscbeinlich  uns  den  ersten  Jahrhunder- 
ten unserer  Zeitreehniiiii;. 

Eine  i»elir  theologisch  •  cxcgüti^»che  Erläuterufig  und  Aa«legong 
der  Veden  als  eine  phiUsophbcho  Begründung  ist  die  sogeoMuite 
PMiMophie  der  MlraaM«,  'deren  Anfiioge  bereite  ia  4m  epi- 
ierea  rar  VedeeKlteratur  gtthffrigeo  SobiMkeii  enthaltMi  «M,  Dm 
eigeotliclie,  mm  den  rei^HiiieD  Lcfcran  def  Veden  emwdMeM«  vm 
de»  U|Muiiseliad6»«fid'Too  Mftira  bereits  begründete  pUloMpWeche 
Sv8tcm  der  Indier .  welches  als  der  irfssenscbaftiiche  Ausdruck  der 
Vcdcnlchre,  als  die  eigentliche  Brahmanen-Philosophie  zu  bctraili- 
■  teil  isl,  ist  das  N\ slf  111  (]m  Vprlanta.  «lesseii  bedeuterjdster  Lehrer 
-  iSadkara  iiuüiübenien  Jahrb.  nach  Chr.  lebte.  >*)  I>er  \  edanta  iftt 
nicht  eine  Philosophie  neben  und  ausserhalb  der  Theologie,  son- 
dern er  ist  die  WiiiMechnftlich^  BewvsMeeiD  der  Veden-Religioa 
eeibet»  und  ein  VenrtiUdniflS  dieaer  Religio«  ist  ebne  dl«  Erkennt- 
niM  den  Vednote  nicht  mSglkb.  IHe  Vednnta-Pbiloeepbie  ist  nicht 
ein'System,  nicht  einen  Denkers  Werfe,  sondern  eine  ganze  phi- 
lusophiiächc  Volksarbeit,  deren  bedeutsame  Anlange  bereits  in  den 
Vcden  vorliegen,  und  die  in  Sankara  nur  ihren  vollendete»  Aus- 
druck fand.  Die  spätere  ITinueslaUuFig  der  Philosophie  cutferntc 
sich,  zum  Theil  durch  tremdartigen  Eintluss,  immer  mehr  von  den 
Veden;  der  Monothelmm  der  Mohamedaner  und  wabrscheißUcb 
frfiher  schon  der  Christen,  wirkte  ▼ielfacb  ein,  nnd  ein  eolghter 
Deismns  trat  bimreilen  an  die  SMle  der  indisoben  fiinbeitB«  Lehre. 
Zu  diesen  FSlscbnngen  nnd  Ausartungen  der  ait*indlseben  Lehre, 
von  denen  manclie  Forscher  Irregeleitet  wurden,  wo  nicht  ^ar  an 
«ien  in  diesem  Gebiet  mehrfach  vorgekommenen  liüerarischen  Be- 
trugereien ^ehftrt  die  Kural  des  Tiouvalluvar,  ein  Werk,  welches 
die  Kasten  verwirft  und  einen  strengen  Monotheismu»  lehrt. 

Eine  wesentlich  andere  Gestalt  als  in  den  Veden  und  der  Vi»- 
danta  nimmt  die  brahmanische  Religion  In  den  beiden  grossen  Epen 
iftama|ana  und  Mahabfaarata  an,  deren  2eit noch  nicht  beitiBMmt 
angegeben  werden  kann.  Das  erntete,  ?on  einem  Diehler  «od 
aus  einem  Gusse,  ist  jedenfalls  das  ftltere,  und  ist  wuhrscbeniliGh 
io  das  dritte  oder  «weite  Jahrb.  vor  Chr.  zu  setzen.  Mahabharata 
hat  eine  mehrfache  Überarbeitun*;  ertVilnen  und  viele  zum  Theil 
sehr  ungeb«'»ri[fe ,  nb*»r  ffir  die  Kenntniss  iiidisclicn  Altertbiims  sehr 
wichtige  Zusätze  erhalten.  Die  Knstebung  und  %  uliendnng  dessel- 
k9m  hat.  in  die  einten  Jahrhunderte  vor  Chr.  bis  in  das  dritte  Jahrh. 
naieh  Ohr.  au 'Setseut  Zu  den  spfiteston  Theilen  gehört  ohne 
ai^ei&l  die  wicfcige  fliUe^phiflche  fipisede  des  Bfahabhannia  Ma- 
ga^ad-gita,     die  spliar  sogar  ala  gMiche Offanbawg #1^ 


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9 


837 


wiewohl  sie  die  eigentliche  Vedaiilu- Lehre  vielfach  mit  fremden 

Gedanken  vermischt,  i'^) 

Sowohl  die  Veden- Lehre  als  die  der  Ueldengedichte  vogetirt 
iBsartend  und  verwildernd  fort  in  den  Purana's,  >s)  tm  denen  die 
IIMm  erst  im  vmMtn  und  dreizdulmMtfii.  aaob  Cit^  geschrie- 
ben aied.  In  ibeen  we»itoa  dis  alltftgieflM  Uee»  mit 
wiBHiiiefcett  Phieteriea  tfbenroeheft  wti  tot  ewtkfct.  Sie  «ind 
flr  «IM  fron  voter^^rdneier  Bedetttamgy  dem  eie  MMuemn  Mkt 
mehr  die  eine  Brahma 'Religion,  sondern  Torzugsueise  die  ein 
lelneii  Parllieiuni^en,  heben  die  Auffassung  dieser  oder  jeuer  Sekte 
hervor,  und  vermischen  aurli  wnhl  (li(>  u]vht  /iisammencehorieen 
Ansichten;  sie  ergehen  sich  in  phantastischen  mythologischen  Üar- 
Stellungen,  die  keine  tiefere  Bedeutung  haben,  und  nnter  iiweii 
Hhiau  aetMrt  dte  alte  eiliebeiie  EAMt  «ler  Welt  k>  eio  «aer- 
■»■■MfWe  Heer  r^n  mtoigeeteltea. 

Bie  BerOhmg  des  idKediee  CMetoe  nit  de«  Chrislenthem 
ichee  to  den  eraten  MnlMnidertoo  let  erat  in  neneeter  ZeK  gonoeer 
kund  geworden;  und  wir  müssen  dieselbe  immer  im  Auge  behalten, 
wenn  wir  mchi  in  (j^iJaln  kommen  wollen,  die  chri.slliciien  Anklänge 
in  späteren  Srhriften  iiii(  der  uitindiscfier)  Idee  vermischen.  In 
dischc  Reisende  brachten  schon  bUh  Kunde  vom  Christenthum  auiü 
We.st- Asien  oder  Alexanf!nn,  vtm  welcher  sich  schon  im  Maha« 
hhamtn  Spnrca  finden;  nicbt  nnwnhnclMinlich  eradieinen  Sporen 
eher  sehr  alten  ayrisdi-chriatlieben  Mieaion  Im  aCidHdien  Indien, 
Die  Nielnlcht  von  der  VerUndlgung  den  Bvangeiinms  darch  den 
Apostel  Bartbolomaeos^i)  iiat  wenigstens  nidits  gegen  sich;^«) 
die  vielfach  hezweilL'Ue,  meist  gclougncte  Predii^t  des  Apostels 
Thomas  auf  der  Ostküstd  Indien«,  ^^  o^l^r  iillcnlinfi^s  erst  im  vierten 
Jahrli,  sieli  Kunde  findet,  und  die  niogliebern eise  aul  «'iner  V  er- 
vrechselung  mit  einem  Schüler  des  Manes  beruht,  scheint  jedoch 
gar  nicht  so  unwahrscheblieh,  and  die  Sage  hat  erst  oeuerdinga 
dareli  die  Übereinatinunang  einen  tob  ihr  aDgegebeaeaKODigaoaDieBa 
ttit  anlgefandeiien  indo-ali3^aehen  MHaaen  neaea  Halt  geivon^» 
aea.*^  Die  noeh  Im  aeehas^aten  Jafctii.  von  den  Portngleaett  In 
Mtlahar  gefundenen  Christen  flilirten  die  Gründung  ihrer  Gemeinden 
auf  den  Apostel  Thomas  zurück,  und  Marco  Polo  erwUhnt  das  Grab 
desselben  im  südlichen  Vorder- Indien.  Die  iia  sechsten  Jahrli. 
von  Kosmas  Indicopleustes  bestimmt  erwähnten  Christengemeinden 
in  Indien  <0)  sind  vielleicht  von  dieaer  apostolischen  Wirksamkeit 
ibnieiten.  Daa  indiache  Volk,  desaen  geiatiges  Leben  fast  ganx 
la  die  Rellgloo  an^ag^  aad  welebea  die  rellgiSae  Idee  ttefer  erfaaate 
^  Irgend  ein  anderen  Volk  deaHeideathawa,  nraaate  IQr  Anfaalune 


üigiiizuQ  by  CjüOglc 


t 


ehristlicfaer  ElmniiiiiyHi  «mpfanglichef  sein  als  jede«  aiuiere. 
Wahrscheinlich  ist  Hie  s|»;itcr  an  die  Spit/e  «ior  N  olksreligiüii  tre- 
tende V  frehriing  licfc«  Krise  hiia  durch  den  EiuUu^iii  christlicher 
Nachrichten  ausgehildet  wordeti;  hiervon  {Später.  Ob  auch  griechi- 
sche Religion  and  Philosophie  eingewirkt  habe,  ist  zweifelhift; 
«ichere  Spurea  Uamm  «tob  bis  j^i  iiiefat  aageben;  ?MlfiMbe  kt- 
Uioge  indisdier  PhMoMphie  u  grieobiacb«  beweiM  niebls,  deni 
det  denkeiMfe  Geial  Urt  fibevtll  mv  «staer. 

Was  spfttor  in  de»  daicb  inoattn  Zailall  aad  danb  fimde 
Herrschaft  unterdrfickten  Indier-Tolke  sich  als  religiöse  Lehre 
heraushiidete,  kaim  iiei  der  Betrachtung  der  indischen  Idee  wenig 
in  Betracht  kommen.  Die  iiberans  reiche  ititiiüsciie  Litteratnr  hiHet 
neben  der  gemeinsamen  \VeUan8chauang  besonders  in  späterer 
Zeit  auch  viele  abweicheode  Aoaichteu  und  Dach  mehr  TräumereieB. 
Auf  dem  verfanleDden  Stanuae  wuehert  eine  fippige  Vagetaiiaa,^e 
aber  aiebt  sdwQ  deaahalb  aar  Flom  dea  Bauaiea  gebÜH,  weil  de 
aaa  deaaen  Fiidaiaa  paraait&adi  Mir  Lebaa  arhllt  Dmeh  daa  A«f* 
apeicbera  allea  geistigen  Aaakekriehta«  was  sieh  ia  dea  Daratelhn* 
gen  des  indischen  Geiätes  vielfach  findet,  wird  die  geschichtliche 
Erkeiiittniss  eher  erschwert  als  geRirdert,  und  sumsani  muss  aas- 
geschieden  werden  ,  was  in  spaterer  Zeil,  durch  frei ndartigea  £i>' 
fluss  angeregt,  als  absonderliche  Lehre  aich  hervortbut. 

■)  Benfey,  die  Hymatalta« Borna- Vcda,  1848.  p.  XV;  Ookbrooke,  EssaiBsnr 
Iti  philog.  des  Hindons,  trad.  pur  FtatluiCi  Paris  1833.  p.  130.  —  *)  Weber. 
Ind.  Studien,  lä5U;  I,  S.  247.  Karma-Mimausa  hei  C.  J.  IL  Windischmann,  Tkilo- 
sophiü  iiiiFoi  tgang^  dorWelfq^csclucbtc.  S.  1763.  [Die  L  hcrsctzungcn  iu  dic?eni  Werb' 
sind  von  Fried.  Windischmann].  —  •)  A.  Weber,  Ind.  St.  I,  S.  2.12.  289;  desMii 
Vöries,  flh.  indische  Litt.  Gesch.  1P52.  S.  7  etr.:  9R.  ?i9.  148;  Roth,  zur  Litt.  n. 
Gesch.  der  Veda,  S.  1  etc.;  8.  14;  Lfts^ea,  Ind.  Alt.  I,  S.  7:^9  etc.,  74».  —  *)  llytli. 
a*  a.0.  S.  8.  —  WilL  Jouet>,  Isuiütut  UiaUu  Law,  1706;  (Deutsch  vuu  UAttaer, 
1797,  fiOcbtiK);  Deslongchaoipe,  dsICaium,  Fans  1888.  —  •)  Mtnu,  I,  i  fl-i 
I,  85.  58;  n,  9. 10.  —  0  I<u8en,  Ind.  Alt  I,  S.  800.  ^  «)  Mann,  H,  7.  - 
*)  Hmusgegeben  u.  flbcraetat  A.  F.  Stemdcr.  1849.  ~  Lassen,  II,  S.  470. 
510,  —  «i)  ColelmMike,  Eimii,  p.  117  Fr.  Wiadiachmana,  Saacam,  p.  97; 
a  J.  H.  Waä.  FUtoa.  6. 174«.  176i.  Gdtebraoka,  flania,  p.  U»|  Fa 

dtfobmaoB,  Sancara,  p.  97;  C.  J.  EL  WindischnaDii,  &  1751  etc.  1767.  1777; 
Othmar  Frank,  Vacdanta-Sara  von  Sadananda.  1835.  —  Jonm.  A^iat.  1848, 
Nov.  u.  Dcc;  Au.sluiul,  1849,  No.  20;  A.  Weber,  Indische  Studien,  I,  S.  26.— 
««)  Lassen,  Ind.  Alt.  I,  S.  189.  491.  839;  A.  Weber.  Vöries.  S.  172.  180;  Dcw^en 
Indische  Smd.  II,  S.  161  —  165.  404.  —  Lassen,  Ind.  A.  II,  8.  494;  Bhag.  G. 
f«c.  Aug.  (iuil.  a  Schlc}:^!,  ed.  JI,  846.  —  Colebrooko,  Essais,  p.  158.— 
")  Lassen,  praef.  zu  Schlegels  Bhag.  Q.  p.  3;J.  —  Lasten,  Ind.  A.  1,  ß.  479; 
E.  Buruouf,  Ic  Bhagavuta  rounina.  1840,  I,  prcl". ;  Wiltoü,  üic  Vi.»>hnu  Pnraiia, 
1840,  prei  ;  F.  Hbvc,  Ics  Pouranas  etc.  1852.  —  »•)  Weber,  Ind.  Stnd.  I,  400;  Las- 
aen,  Ind.  Alt  II,  1098. 1099.  Weber,  Ind.  8t  I,  491 ;  II,  168 :  vgl.  dagegen 

h$gm,  n,  im  ^  •«>  BaaeUi»  F.  bist  V,  lo.  ^  «•)  Lanea,  a.  a.  O. 


üigiiiZüQ  by  ^üOgle 


Nler  K.  G.  I,  S  87  (3  Aufl.).  Acta  Apoeb  spocr.      Tia4ieii4oify  WX. 

ISO  etc.  Beinaml.  Me'ni.  sor  Finde  in  *\.  Moni,  de  riii>tirut  nat.  dcFnincc,  1849, 
p.  95.  -  «•)  M.  Polo,  m,  c'^.  ^  ••)  In  Mont&tfcon'»  Colt.  patromlT,  l'^,1Sj 
l7f,A;W,  A.  '  ^'''r 

a)  Di<f  Teden-lteliM. 

WftliraiKl  wir  ai  Ghim  das  Gftttlidhe  «Dler  den  Gegemte 

TOB  Kraft  und  StolT  sehen,  der  sich  in  allen  einzelnen  Dingen 
wicderlioU,  legt  die  brahmanische  Weltanschaiiiui»;  den  Nach- 
liimkaiil'dic  eine  Seite  jenes  degeusatzes^  auf  die  Kruft;  diese 
ist  das  Krste,  der  Grund  alles  Daseins,  ist  das  innere  Wesen 
aUer  Dinge ;  die  Matefie  ist  erst  das  Zweite,  das  Gewordene,  ist 
•idit  au  sich  schon,  sondexo  dardi  die  ÜJwA.  Das  wabm  fim 
in  Kraft,  iat  Tluui,  w4  Labeai  da»  nOiaBde  Umn  dngagaa  mt 
miäA  aus  aich  aellwt,  ist  nur  der  Schatten  des  UiMfeil  iil 
dit  SB  sieh  Unwalure.  Die  enFjaiMi  Salle  .des  «atfirUohciD  Sek», 
die  ruhende  Materie,  kommt  luer  in  scharfer  Verfolgung  der  un- 
bedingten AHeingültigkeit  der  Urkraft  nicht  zu  ilirem  vollen 
Hechte,  wird  möglichst  in  den  Hintergrund  gedrängt;  die  ideelle 
Seite  der  A'atiir  wird  als  das  ausschliesslich  wahre  Sein  hinge- 
stellt, das  Ittalerielle  bei  Seite  cpesoiiobeii»  Die  bralimanische 
WekenscIumDg  i#t  eia  reinet  und  oon^eqiMter  Idealismus. 

Das  Daeela  ist  hier  sehleel^terdfiigs  kieui  mbwadea^  fertiges 
Sem,  sondern  ist  dereh  oad  dmh  Leben  und  Thätigkefl,  ist 
Bewegung,  Werden;  alles  Ist  eigentlich  nieht,  sondern  alks 
wird  nur  immciloLt.  Das  ist  ein  scharfer  Gegensatz  zu  Chinas 
Idee.  Das  starre  Eis  der  chinesischen  Weltanschauung  ist  in 
der  indischen  Gedankenwelt  e:eschniol/en  zu  einer  in  sich  wo- 
genden, weUensciiiageuden  Jbiuih;  der  chinesische  fertige  und 
Ueibende  Krystall  ist  zu  einem  in  sich  bew^^n  Leben  gewor* 
iM|  waa  in  (bkiaa  Leben  ist,  das  iat  ein  nnwendelbares,  beharr- 
liches; es  Ist  das  Leben  des  lUeiinielav  <ter  In  ewigor  Or^nag 
neb  bewegend  dodi  immerdar  derselbe  bleibt,  nie  stirbt  and  nie 
geboren  wird;  es  ist  das  mechanische,  kosmische  Leben,  dessen 
Wesen  das  unveränderte  Bleiben  ist  und  nicht  das  Werden;  der 
Himmel  und  seine  Bewegung  wird  niclit,  sondern  ist  allezeit 
dasselbe,  in  Indien  tritt  das  Bleibende,  Feste,  Ruhende  s:mvA 
zurück,  das  Leben  ist  in  steter  Verwandelung  begritieu.  in 
China  ist  alles  fest»  beatinmit,.  Ueibeiid,  in  Indien  ist  alles  fldasi§r 


entttdMid  und  vergeheui,  ein  sMw  WelleiiMidag  ron  Gebul 
und  Tod.  Der  Chinese  luit  bei  allem  Dasein  nnr  den  Gedanken: 

68  ist,  der  Iiidier  aber  den  dreii'aclien:  es  war  uiclit,  es  ist 
jetzt,  es  wird  nicht  sein.  —  Das  Sein  der  Chinesen  hai  weder 
Geburt  noch  Tod,  hat  weder  Vergangenheit  noch  Znkanft,  weder 
Anfang  noch  Ende,  es  ist  lauter  Gegenwart,  das  Daaeia  ist  eioe 
grade  Linie,  die  ohne  Anfang  ins  Endlose  fortgeht;  —  dem  lä- 
dier ist  das  Dasein  ein  vorübergehender  PanJct,  der  auf  die  Ver- 
gangenheit aarfick-  und  auf  die  Znknnft  hinweisi;  die  Line 
des  Daaeiiui  ist  nirgends  grade,  sendem  soUlesst  im  Katstehwi 
nnd  Vergehen  sieh  in  einen  Kfeis  Ensammen.  Das  wIrklieHe 
Dasein  der  Dinge  hat  keine  Ruhe;  der  reale  Niederschlag  der 
rastlos  wirkenden  Kraft  verdünstet  sofort  wied^  nnd  wird  in 
den  Lebenswirbel  hineingezogen. 

Das  Dasein  ist  dem  BrahmansM  ein  Bestehen  eines  Ent* 
standen en  und  Vergehenden.  An  die  Stelle  der  polarisehen 
Zweiheit  Quaas  Ten  Stoff  und  Knil  tritt  die  in^ynche  Drei- 
heit  des  Lebens» 
1)  Das  EntstebeB,  die  Gebvrt;  es  sondert  «id  IM  sidi  aas 

dem  einen  nnd  einigen  Ursein  ein  einseines,  besonderes 

Dasein. 

%)  Das  Bestehen,  das  seiende  Leben,  die  Fortbewci:;un^ 
und  Erhaltung  des  besonderen  Daseins  in  dem  einen  ürsein. 
3)  Das  Vergehen,  der  Tod;  das  einzelne  Dasein  kehrt  in 
das  einige  Ursein  zuruok;  das  Eine  bewahrlieitet  sieh  an 
den  £i»EelBein  dadoreh,  dass  es  dasselbe  «afliebt 
Diese  Ist  der  ewig  Teilende  Kreldanf  des  Lebens,  sanftite 
an  der  Pflanse  sieh  darstellend;  daher  trägt  die  indisebe  Wsil* 
Anschauung  vorherrschend  den  Charakter  des  Pflanzenlebeiis.') 
Diese  Drciheit  zieht  sich  durch  die  ganze  iiulische  Gedankenwelt 
hindurch,  und  kehrt  in  immer  neuen  (Testaltcn  >vieder;  sie  i>( 
der  Inhalt  jenes  heiligen  Wortes  AUM,  mit  weichem  jedes  Gebet 
nnd  jede  heilige  Handlung  beginnt,  der  Inbegriff  md  das  Sym- 
bol alles  G«tdiehen  imd  aller  Wahrbeiti^)  es  ist  der  Bnaikmi 
des  Atts  und  dessen  buierea  Weseii. 

S.  BnidtB,  Oeteh.  d.  nük».  etc.  S.  90.  45 *)  Miinit  H.  79. 61. 

In  Indiens  ältester  Zeit  ist  das  Hcwosstsein  der  Einheit  des 
Seins  noch  nicht  bestimmt  bervoro^etreten;  da  werden  die  g«^tt- 
liehen  Naturkräite  noch  als  vereinzelte  erfasst,  nnd  das  indische 
Bewnsstsebl  streift  da  seheinbar  sehr  nalie  an  die  irfosse  Ver- 


i^iy  u^L^  Ly  Google 


Ml 


ehrung  der  iNatur- Diiige  [Bd.  I.  §  35.  39].  Die  Einheit  ist  noch 
webt  klar  erkannt«  schwebt  nur  aU  gealiut  im  HintergraBde»  hal 
lodi  Bidit  einen  wirklichen  Begriff  and  Ausdruck  gewonnen* 
Aber  diese  eimelneii  ^ttUclieo  Natorm&ohta  laeeea  eeUbet 

Üieeteo  VedeatheileD  die  höhere  Idee  der  All-Einbeil  bercüe 
1Mm1ieefainiiDem$  sie  bilden  keine  snfiUUge  Crnippe,  eondei* 
es  treten  drei  Haupt -Mächte  vor  den  übrigen  hervor,  welelM 
sich  bald  zu  der  ei<^cntlichen  Dreii'altlgkeit  der  indischen  Idee 
gestalten,  wiewohl  sie  zunächst  noch  nicht  den  reiueii  («edauken, 
sondern  die  sinnlich -concrete Erscheinung  desselben  darstellen; 
—  nur  ahnend  spricht  sich  anfangs  die  Idee  der  Einheit  au«,  die 
sehr  bald»  eebon  io  den  späteren  Liedern  des  Rigveda,  snn 
ToÜfltt  Bewnsstsein  kommt 

Die  drely  die  Dreiheit  des  göttlichen  All-Lebens  znsäobst 
mrsndeoienden  Nalarmiobte  der  ältesten  Veden  sind  folgende: 

t)  Die  Naturmacht  des  Entstehens,  die  zeugende,  leben- 
erweckende  Kraft,  die  Ursache  des  Kciaiens  und  Wachsens, 
die  Kraft  des  Lichtes,  besonders  als  der  lichtstrahlende  Him- 
mel, oder  auch  als  Sonne  vorgestellt,  —  Indra,  der  erste  der 
Gatter,  Herr  des  Donnerkeils ,  welcher  die  dunklen  Welken 
lerreisst. 

t)  Die  NaCormadit  der  Erhalt  an  g  des  ersengten  Lebens, 
die  erallireDde,  das  Leben  bewabrende  mid  ftrdemde,  bewe- 
gcMie  Maeht  Das  bewegte  and  bewegende  fltssi g e  Element 
der  Loft  vnd  des  Wassers,  —  fsraaa,  der  alle  Lebensbewe* 

guag  ordnet  und  leitet. 

2)  Die  Naturiiiacbt  des  Vergehens,  des  Zerstörens,  die 
lebensfeindliche  Todesmacht,  das  die  Einzcldinge  verzehremle 
Element  des  Feuers,  —  Agai,  in  der  älteren  Zeit  vorzugsweise 
als  Opferllamme,  die  höchste  nnd  heiligste  VerlreteHn  des 
Feaen,  erfasst. 

Diese  drei  Haupt«  Gottheiten  shtd  die  dreifiMhe  Qrandge- 
«laltnng  der  Natw-Kraft$  das  MaterieUe,  die  Erde,  hat  hier 
iccme  Stelle,  denn  die  Materie  ist  ftr  den  brahmanisehen  Indier 
grade  das  Untergeordnete,  das  Unwahre.  Agni  ist  die  dem 
Indra  gegenüberstehende  Naturmacht;  Indra  erzeugt  das  Leben, 
Agni  verzehrt  es;  Indra  beleuchtet  die  Erde,  in  Agni  leuchtet 
die  Erde,  der  iStoff,  aus  sichlieraus,  steigt  zum  Tlinnuel,  zum 
Jn^a  auf,  verwandelt  sieh  gleichsam  in  indra,  in  das  Licht,  die  * 
Natar  kehrt  in  ihren  Anlang  zarück;  das  Leuchten  des  Himmeis- 
Mbes  ist  die  Urbedingnng,  der  Anlang  deseinsehien  Lebens,-- 
das  ErgMhen«  das  Leuchten  und  Aumamman  das  Malsiieyen 
u.  w 

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tet  Hb  Ende  desselben.  DasFeaer  ist  die  sidi  seliwtairf|(«lieMie, 

in  ihr  Gegentheil,  das  Licht,  übergehende  dunkle  Materie;  im 
Feuer  wird  sie  über  sich  selbst  hiiiausgerückt,  streift  ihr  eignes 
Wesen  ab.  bekomint  Lichtcharakter,  uiul  zehrt  sich  glühend 
selbst  aui'.  Agni  ist  nicht  das  Feuer  überhaupt,  sondern  das 
der  Erde  angehörige,  welche  das  Irdische  veraehrt;  das  himmli- 
sche Feuer  dagegen»  der  Blitz»  wird  ausser  dem  Agni  auch  dorn 
indra  nogeselirielien. 

ladra^  nach  Roth  abgeleitet  van  isdb,  idli«  eataAodeD,  leachfsa 
lassen,  also  „der  Leuclitende»**^)  oder  „der  Hlauaeislielle»'^*) 
Dach  BenfeyS)  ^on  indu,  ,,der  Regnende,**  ist  der  erste  mid  be- 
ziehungsweise höchste  doli  im  Kii^  -  \  cda .  j^eboren  vnr  den  andern 
Unsterblichen,  der  Gott  des  heiieii  Hinimelsgewolbes,  der  Himmels- 
kOoig,  der  Tauseudaugige,  das  Ur^ve.scn,  thrunend  jen8eits  des 
Luftiorelses ,  der  Götterfürst,  der  Bergespalter,  BlitzschleudefSC 
Er  fahrt  die  Sosne  durch  des  Himmels  Udheu ;  er  hat  die  aduraa- 
kendo  Erde  fiaslgeaiacbt  und  die  eisefafltterten  Beige  eiogeraauat, 
er  liat  dem  weltea  LulUireis  üsasse  gegeben  and  den  Himmel  fest- 
(begnadet,**  ^  als  lirelsende  Sonne.  Er  Ohrt  mit  geldlarbigea 
Rossen;  sehte  Walfe  int  der  Donnerkeil;  er  spaltet  die  Wolken  mit 
dem  Blitz,  dass  sie  ihren  Hei^eji  geben;  er  ist  das  mit  dem  Dunkel 
kftmpfende  Licht. Auch  in  den  andern  Veden  erscheiiit  er  alf>  der 
hdehste  Gott^  als  Himmel,  regnend,  blitzend,  donnernd,  stürmend.^) 
,f indra  rufen  im  Kampfe  wir  an»  den  btitoschleudemden  Kamp£> 
genoss.''*)  „(kosm  ist  india  von  langber  uns,  HerrlidÜBeit  sei  dem 
Donnerer,  gross  wie  der  Himmel  ist  seine  Macht  —  Welche 
Pfade  am  Himmei  dir,  auf  weichen  du  raschrossig  treibst**^ 
»»bdra  ist  unter  deo  Göttern  der  mftehtigste,  stirimte,  iMslet 
reitendste.**«) 

Meist  erscheint  er  als  der  Kaiiipteiide,  der  Mannhalte«  der  Heid, 
der  Helfer  im  Streit,  „der  \  ritiatödter,"  d.  h.  der  Besieger  der 
dunklen  Wolke,  in  welche  der  Regen  verschlossen  ist,  und  die  er 
mit  einem  Blitzstrahl  OlToet.  Sehr  oft  heisst  er  auch  „der  Stier*' 
ala  Bild  der  befruchtenden  Stärke,  der  EraSagungskralL  Seine 
soosligen  Beinamen  in  den  Veda- Hymnen  shid:  ^  Allgebieter,  Ur- 
afrfisglidbster,  der  rasche  stete  Wanderer,  Herr  der  blben  Rone» 
der  ErscfanlTende,  Besaamende,  der  Pfaawnscbwansige  [Stam- 
reiche],  Kunig  der  Menschen,  aller  Volker  OiNMrherreclier,  der 
Heilige,  Heiland,  \  ertheiler  des  Iteichthums; "  er  hat  der  Sonne 
das  Licht  verliehen,  er  breitete  die  Erde  aus  und  stellte  den  Hini- 
iiie!  fpsf;*)  bisweilen  erscheint  er  auch  als  die  Sonue  selbst;**^) 
deshalb  heisat  er  auch  Mder  AUwissends»"  ^i)  ^  weil  das  Himmele- 


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licht  Oberail  biu  blickt.  Obwohl  er  der  „  Ur^iträuglicbste  uod  Ur- 
eiv%e"  ist,  ist  er  doch  erzeugt;  ,,die  Gdttiri  Mutter  hat  dich 
P^ft»*'  —  „reiodlos,  Indra,  bist  dn  gezeugt/^  i^)  —  Bei  Manu 
himU  lodim  »KOHlg  4er  OOtter«  deseeo  Waffe  «1er  RegeDbogen, 
dewea  Eampt  1000  Augen  hat;*' ")  er  sendet  in  den  Regenmonaten 
niddkke  Waaaer  nm  flimmeL  Er  iat  der  indiacbe  Juppiter; 
er  bat  den  Beinamen  dlranpati  „Herr  des  Hhnmefs"  [vgl.  diespi- 
ter]. '*)  —  Indra.s  Waffe,  der  Donnerkeil,  hat  die  Gcistaft  eines 
Kreuzen.  —  nämlich  eines  steinernen  Streithamiuers,  bei  dem  der 
Stiel  durch  die  Öflnuug  des  Kopfes  hindurchge^tückt  ist;  dass  den 
nordischen  Dounergottes  Thor  Waffe  dieaeJbe  Geatalt  hat,  ist  wohl 
ucbt  hUmm  aufiülige  ÄboUcbkeit.  i«) 

Var«na  „hat  der  Senne  die  P&de  gebahnt  und  herrorgetiie« 
Im  die  neergleiehen  FinHien  der  BirOme»  Eirischen  den  unermess- 
Men  HhnMMln  (nach  den  Commentaren:  Himmel  und  Erde)  ruhen 
«ehie  Oewalteti/*  —  denn  er  ist  die  bewegte  Luft,  die  Atmosphäre, 
welche  oben  die  Bewegung  d<;r  Ntenie  hci^ründet,  den  Regen  herab- 
sendet, und  an  der  Erde  als  das  aus  i\ci  LnK  li(irai)i:esjrrimte  Was- 
ser-Element erscheint.  JUer  Mond  wandelt  nach  seinen  Gesetzen:  ^'') 
besonders  in  der  Macht  waltet  seine  Macht,  weil  in  der  Nacht  die 
stiiniie  am  helltigsteti  sind  und  weil  in  der  Nacht  der  Thau  nillt;  er 
ist  der  Oett  d«r  hitmnliiclien  Gewisse?; ^  er  ist  ausgebreitet 
wie  dn  Oeean.1*)  —  ^,Er  trilgt  und  hSit  die  tlttemden  Geschdpre» 
«Met  Krankheiten  «ad  Tod/'»)  —  weil  hi  der  Luft  die  Krank- 
hiilen  sich  verhteiten;  sie  sind  ,,d{e  Fesseln  und  Stricke/'  mit 
denen  er  die  Menschen  i>iii(lf3t.2i)  Die  \Viri<ln  und  die  die  Luit 
durchfliegenden  Vögel,  und  die  da«  Meer  befahrenden  Schiffe  ge- 
hören in  sein  Bereich ;  22)  rauschender  Wind  ist  VarunasHaueh.  23)  — 
Er  ist  ebenso  auch  Gott  des  Wassers,  er  „entsteigt  den  flutbeti- 
dea  Gewässern," 25^  n^^l  ^ig^  dargestellt  anf  eaoem  Meer-Ungeheaer 
reüsad;**)  die  Flisse  strtaen  nach  seiner  Vorschrift»  und  er  he- 
ntfkt»  das«  die  stets  strtaenden  dedi  den  Ocean  nicht  fWlen.^ 
Veraaas  Redentung  als  des  Geltes  der  Gewisser  wurde  besonders 
b  der  spiteren  Vedenseit  heiTorgehoben.  Das  Wasser  wird  in  den 
Ältesten  Hymnen  auch  \vohl  als  die  Urgcwässer  gepriesen,  aus 
denen  «illeü  Leben  entsprang;  sie  heinseu  darum  „die  iMüttci  ,  * 
«nd  enthalten  das  Anirlta,  den  UnsterhlichkeitHtrank. 28)  Das 
Wasser  ist  daher  dem  Indier  heilig,  man  darf  es  oicht  veruureioigen 
darch  Schmutz,  Blut,  Gift  oder  lTrrn.29) 

Ik  Varvuia  die  bewegende  Macht  des  AUs  ist,  ood  die  Bewe* 
gnegsn  eidnend  MCet,  so  hat  er  auch  eine  sittliehe  Bedeutang  als 
Wiohtor  der  sittMien  W^ltaidaung,  der  gerechten  Vefgekmg; 


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244 


imil  hieran,  so  wie  arulrerseits  an  dtis  wechsclv uUe  Walten  (Im 
Varuiia  knäpft  mch  wahrscheinlich  der  Ciu^tand,  dass  Sflnden- 
scfauld  grade  ihm  geklagt,  und  voti  ihm  Verleihung  erbeten  wird.^) 
Es  scheioty  als  ob  In  Indiens  Ur?.eit,  wo  noch  der  gemeinsame  C!ei- 
stescbarakter  des  indogeraianischen  Stammes  atftrker  hervordat» 
Tarana  eine  mebr  geistige  als  natfirlicheBedeutang  und  iRehOdMle 
Stelle  uDter  den  Göttern  geliabt  habe,  stammveiwandt  dem 
griecbiseben  Uranos:3i)  jcdocb  gebOft  dieser  Sebimmer  «hier  gei- 
stigeren W  cltaijj^chauung  jedenfalls  nicht  in  die  eigentlich  indische 
Gotteslehre. 

Agni 3*^)  ist  nicht  sowohl  der  (Jntt  oder  Schutzherr  des  Feuerst, 
als  vielmehr  die  verzehrende  FcucrÜaramc  selbst,  vor  allem  die 
heilige  OpferBamme ;  erheisstdaram  Her  Opferer,  ein  Opferpriester, 
KOnig  der  Opfer;  „Agni,  konnie  aum  Mahie  herl>ei,  zu  Opferspesde 
unter  Lobgesang«  alsOplerer  sitz,  auf  dem  Altar;  da»  o  Agai,  bist 
emgesetzt  als  Opfeier  jeder  Darbringung/*  s^)  —  A.  wird  als 
Flamme  ,,dareb  Reiben  von  HOlaern  vom  Priester  erzeugt*'^)  uad 
ruht  in  dem  Holze.  „Erzeugt  ward  der  ErwQnschte  bei  Tagesao- 
Ijj  uch,  geleert  der  Strahlende  auf  untergelegtes  Brennholz;  in  Haus 
für  HjHis  (iie  8chStze  spendend  iiess  Agni  sich  hernieder ,  der  Iioch- 
geehrte.**36}  Bisweilen  werden  die  zwei  Keibhölzer  poetisch  als 
zwei  Personen  voigestellt|  durch  deren  Begattang  das  Kind  Agni  er* 
aevgt  wird.M) 

„Agni  mit  scharfem  Glänze  mag  Diederbfindigea  Jeden  Febd. 
A«  mag  spenden  Relehthimi  uns.  A.,  segne,  gross  bist  du^  koimnc 
zmn  gutterliebenden  Volk.  A. ,  schtitze  vor  Bosheit  uns  mit  defaKn 

faeissesten  Flammen,  o  Gott,  verbrenne  ewig  jeden  Feind.  A.,  der 
weise,  der  Herr  der  Kralt,  hat  die  üjder  nnischritten  rines,  Sch;it/.e 
spendend  dem  Oj^fernden. 37^  —  ,,Lob8iiige  ihm,  des  Himmels 
Herrn,  die  Gütter  sandten  ihn  als  nimmermüden  Gott,  das  Opfer 
bringst  du  gotterwärts/'^)  —  „Loblieder  sing  ich  diesem  Gott,  der 
Erd'  nnd  Himmel  hat  gezeugt,  dem  weisesten,  treaoplrigen,  gelleb* 
ten  Schfttzespender,  Geist,  er  dessen  erhabne  Gestalt  Im  Opfer 
Strahlen  leuchtete,  schuf  aus  dem  Glans  den  Hhnmel,  der  gold- 
armige,  schOn  opfernde." s»)  _  ,,Der  Welten  Sciitltzer  ist  gesengt 
[beim  Opfer],  der  wachende,  der  starke  Agni,  zu  erneuter  Selie- 
keit;  der  hutterglänzende  erstrahlt,  der  Ltuichlende,  zum  IliiiuncI 
ragend, heil; —  du  wirst,  gerieben,  mit  mächtiger  Krafterzeugt."***)— 
,,Mit  den  Zungen  rings  .schwankend,  —  mit  der  Giuth  flarameod, 
leuchtet  Agni  in  den  Bäumen/**!)  —  „Verehrungswiirdig,  anbe- 
luagswerth,  erblickbar  durch  die  Dunkelheit,  wird  Agni,  der  Spen- 
der, angeweht,  ^  Deine,  des  Angezündeten,  hehre  Fhmuiiei, 


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0  Leuchtender,  Agni,  die  reinen,  steigen  auf.  —  I>er  hehre  naht, 
befolget  von  der  hehren  [MorgenrOtheJ ,  <ler  Nchwester  [Nacht] 
geht  nach  wie  eiu  Verlieiiter;  Agni,  den  schon  erleuchtenden 
Glauz  entfaltend,  bewältiget  die  Nacht  mit  rother  Farbe. — 
„Die  Pflanzen  tragen  den  Agni  als  keim;  die  Mütter,  die  Walser 
haben  den  Agni  mengt,  [das  Feoer  stammt  nach  vedischer  Ansieht 
ans  dem  Wnsser»  ▼telleicht  wegen  des  BUtses],  ond  ihn  gebfiren 
anch  wahrhaft  die  Bimne  und  Kr&iter,  mit  ihm  schwanger^  alle 
Zeit'* ,»Der  Sohn  erzeugt  die  Mutter;  Agni,  vieler  Gewisser 
Erzeuger  [dureh  den  Blitz],  gebt  selbst  hervor  aus  der  Wasser 
Schooss;  . .  in  der  Luft  erzeugt  er  die  hewe^liche  Woge,  durch  die 
Wogen  rdTnet  er  die  Erde  (  im  Hegen],  alle  Speisen  trSgt  er  im 
Üchoo»»,  er  ist  im  Innern  der  Pflanzen."-^) 

Agni  wird  in  den  Veden  sonst  noch  genannt:  der  Leuchtende, 
der  Erleiichter,  der  Strahlende,  der  Schätzespender,  Herr  des 
Reichthimu,  Sohn  der  Kraft,  Bote  der  Gdtter,  der  sie  aum  Opfer 
nH,  Gast  in  jedem  Hause,  des  Hauses  Herr,  der  Reiniger  der 
Menschen.  Weil  aus  dem  Opfer  aller  S^en  fllesst,  so  wird  A. 
▼«rzug.sweise  als  segnend,  als  „der  mitleidigste  unter  den  G^t- 
icrn"^^)  gepriesen;  die  feindselige  Bedeutung  des  zerstörenden 
Elements  tritt  in  den  Veden  ganz  zunick.  —  Bisweilen  erscheint  er 
auch  als  das  Sonnen -  Feuer.  .,Agni,  du  hast  den  ewigen  Stern  am 
Himmel,  du,  die  Sonne  erhöht,  den  Kreaturen  verleihend  Licht/' 
nWtt  entafinden,  o  Agni,  dich,  Gott,  den  strahlenden,  ewigen, 
ibrwahr  debe  preiswürdigste  Flamiae  glinset  am  Hinmiebaelt'*^) 
Da  Agni  tob  den  Menschen  hehn  Opfern  immer  von  neuem  er- 
Mgt  wird,  so  steht  er  dem  Menschen  niher  als  andere  Götter, 
ist  gewissermassen  in  ihrer  Gewalt;  man  spricht  daher  in  vertrau« 
llcherem  Tone  zu  ihm,  und  erbittet  wohl  auch  seine  Hilfe  gegen 
atitlere  Götter.  „Agni  niög  uns  >(  !iützeij  vor  dem  Leid  Ton  Varuna 
[vor  Krankheit],  vor  Leid  vom  grossen  (»ott."**) 

Das  Feuer  ist  daher  den  lodiern  beilig;,  man  darf  es  nicbt  nüt 
dem  Munde  blasen,  darf  nichts  Schmntaiges  ins  Feuer  werfen  und 
meht  die  FOsee  daran  wirmen.««) 

Bisweilen  ersdielnen  andere  Namen  als  die  der  drei  hüchsten 
Gatter,  aber  das  Wesentliehe  ist  da«selbe}  so  Sur  ja,  die  Sonne, 
Vaju,  Gott  des  Windes,  und  Agnii^^o)  aie  beiden  ersten  fallen 
ihrem  Wesen  nach  rolt  Indra  und  \  aruDi  zu.sanimen;  besonders 
hio^  erscheint  Vaju  an  Varuna's  Stelle  neben  Indra  und  Agni.  ^>) 

<)  Roth,  ht  Zellera  JabrK  1846,  8.  8.  351  ff.  —  *)  Kuhn»  Zeltiebr.  l  mgL 
BpiMfal  I,  198.  —  •)  OloMsr  mm  8i2naT«aa,  p.  S5.  —  *)  Both,  a.  a.  0. 
mj^  des  BlbhaTaf,  p.  88.  etc.  ^     Samav.  (r,  B«i%)  I,  4,  9,  4;  I,  9,  1,  8$ 


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E46 


I,  »,  2,  S;  u-oft.—  «)8uuv.I,  i,  1,4.—  •)8MMMr.l,  i,a,3.—  •)  ikitinq». 
BrahniHUi,  nadi  Bofh.  —  *) BSigr*  I,  b.  4.  5.  7.  9. 10. 1 1. 93. 33.  (Rosen).  Samsr.  I, 
l,3.4j  1,2,2,3.4;  1,3,2,3;  1,4,1.4.  5:  1,4,  2.  2.  4.  Samav.  I,  2,  1,4; 

I,  3,  2,  4;  I,  5,  2,  3.—  »>)  Samav.  1,  4,  2.  2  v.  1  u.  6.  —  '  '')  Saraav.  n.  4,  1.  16; 
n,  9,  1.  14,  2.—  '»)  Manu.  HI.  Pfi;  IV,  39.  '*)  IX,  .304.  —  l.a.«sM'a, 
Ind.  AU.  I,  75').  —         Kuhn  in  llöfcrs  i^citsrlir.  f.  d.  Wis.v  der  Sprache,  II,  17«. 

IT)  Rifiv.  b.  IU»th,  lu  H.  O.  S.  35."^.  —  »")  Ui^'^.  I,  h.  »4;  Saraav.  I,  4,  2.  4.  — 
>•)  Saniav.  1,  6,  l,  4.  —  l%v.  1>.  UutU,  a.  a.  0.  —  lloth  iu  d.  Z.  d.  D. 
Morgenl.  G.  1852,  VI,  72.  —  ")  lligv.  I,  h.  25.  —  •»)  Roth,  a,  a.  O.  VI,  71.  - 
*«)  Bcnfey,  Glossar  s.  Sbumy.  p.  115;  Mann,  III,  86;  IX,  808.  Rigv.  II,  3. 

bei  Vkftt  myfhe  des  BibhaTM,  p.  189.  —  *<)  Asiat.  Bca.  I,  p.  S91;  —  BoA, 
ind.Z.d.D.lLO.VI,  Tl.  -      Wgv.  I,  h.  29  <Boieii>  —  ••>llaim,  IV,  S«. - 
BoOi,  a.  ft.  O.  TI,  72.  —  •»)  Bbeod.  76. 

•*)  Botli,  in  Zellen  Zeitachr.  1846.  8.  954;  Klvc,  a.  a.  O.  p.  24.  44.  50.  — 

•»)  SaaWT.I,  1,  1,  1;  vgl.  Rip-.  I,  b.  12.  14.  ^  ««)  Rigv.  T  h  T2  Samav.  I, 
1,  1,  1;  I,  1,  2,  2.  —  »»)  Rig>-.  III,  8,  12  (Benfey).  —  »•)  Roth,  Nirnkt*, 
S  154;  Weber,  Ind.  Stud.  I,  197.  —  '0  Samav.  1 ,  1 .  1  .  3.  -  »•>  1 .  2 .  1  — 
« }  1 ,  5 ,  2 ,  3.  —  «»)  n,  3,  1 ,  6.  —  * ' )  RigY.  VI,  3,  3ü  (Bcnfey),  vgl.  1,  h.  58.  — 
Öamiiv.  II,  7.  2,  2.  3.  !S.  —  ♦•)  ü,  9,  2,  3.  —  «♦)  Rigv.  1,  h.  95.  —  ♦»)  Aiia- 
reya-Brahraautt,  VII.  v.  Roth,  in  Wcbtrs  Ind.  Stnd.  1,  461.  —  «•)  Samav.  II. 
7,  1,  15.  —  «0  I,  5,  1,  4.  —  *•)  Rigv.  U,  1,  15.  [Beafcy].  —  «•)  Mauu,  IV, 
53.  —  »0)  A.  Weber,  Ind.  Stnd.  I,  S.  78;  II,  81.  —  »')  Kcncscbitam - Upao. 
b.  Wind.  8.  1699. 

Ausser  diesen  drei  hervorragendeD  gOttUdieii  M lebten  er> 

scheinen  in  den  Veden  noch  viele  andere,  welche  fast  duicbweg 
die  am  meisten  ins  Au^c  fallenden  Naturgewalten  darstellen, 
ziint  Theil  mit  jenen  drei  Hauptgottheiten  zusammenfallend,  xum 
Theil  ihnen  untergeordnet,  zum  Theil  auch  ohne  sichtliche  Bezie- 
hung auf  dieselben;  die  Senne,  einige  Sterne,  [selten  der  Mond,] 
die  Morgenröthe,  —  dann  die  Stürme,  Wolken  etc.  ersdieweD 
als  gdttlicbe  M&ebte.  £s  ist  darin  nocli  keine  Ordnwig  ud 
Klarbelli  man  kann  und  darf  kein  System  daians  maelm;  ais 
der  Öde  der.Gedankendftfl9niening  tdnen  nar  einselne  Laute  der 
grossen  Weltharmonie  in  das  Bewusstsein  herüber ,  sie  sind  noch 
unverbunden  und  ohne  klare  Unterscheidung.    Die  ganze  Ge- 
dankenwelt der  äUe.sten  Veden  ist  noch  sehr  kindlich  —  unreif 
und  unklar;  die  einzelnen  Gestalten  sind  noch  ganz  nebelhaft, 
grau  in  Grau  gemalt,  verschwimmen  dämiaerig  in  einander; 
Unbestimmtheit  und  Widersprüche  sind  da  ganz  natürUcb;  die 
bunten  Vorstellungen  sind  ja  nicht  eines  Menseben  Diditwg, 
sundern  die  der  dicbtenden  WiUldlr  Vieler  anbeimgefaUeBen 
Gebilde,  welebe  die  noeb  nicbt  erkannte,  sondmi  nur  geubnle 
Idee  in  der  Entfernung  umkreisen.   Die  auch  jetzt  vielfach  aus- 
gcbprochene  Ansicht,  dass  die  älteste  Veden -Religion  wahrer, 
erhabener  und  männlicher  sei  als  die  später  entwickelte,  tiefer 

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Mystik  volle ,  yerkeDDt  das  Wesen  der  rel%iÖseii  Idee.  Das  Ein- 
fachste ist  nicht  immer  da^  Tiefste,  imd  Jas  Handgreifliche  uicht 
das  Geistige. 

Das  Verschwimmen  der  verschiedenen  Götter  in  einander, 
and  das  Umtauschen  ihrer  Bedeutungen  erhielt  später  aoch 
darin  eine  tMere  Begründong ,  dass  alle  einaelnen  Götter  nur 
die  TeTsehiedenen  Daseinaweiaeii  eines  einigen  Urgottes  sind. 
Wir  düffen  nns  daher  gar  nieht  wandem^  wenn  wir  bald  Indra, 
iMÜd  Wiacbnu ,  bald  Agni ,  bald  Rudni  oder  iig end  einen  andern 
Gott  Mtk  f&r  die  einige  Gotdieit  erklären  adien,  aus  der  alle 
aodern,  und  in  der  alle  aiideni  begriÜeii  sind. 

Bei  allen  vedischen  Göttet  (i  ist  die  Natur- Bedeutung  unbe- 
dina^t  das  wahre  und  innere  \\  esen;  und  die  Personification  ist 
uur  oberüächlich  und  äusserlich;  besonders  tritt  das  Licht- 
Eleoient  als  die  höchste  Offenbanuig  des  Göttlichen  in  den  Vor- 
dergnmd;  der  sanskritische  Name  der  Gottheit,  Deva,  bedeutet 
»daa  Gltaende»  Liebte.« «) 

Die  wilden  nnd  dem  menaehtiohen  Leben  ÜBindaeligen  Natnr- 
■ächte,  Stnrm;  BUta,  Hagel  etc.,  eraeheinen  als  bftae  Gott- 
heiten ,  bei  denen  erst  in  späterer  Entwickelung  ^u  dem  Natur- 
bnsen  ein  sittliches  Element  hinzutritt.  ^)  Sie  gehören  natürlich 
mir  (lern  populären  ßewusstsein  an,  da  in  der  höheren  AulTas- 
bttug  alles  Seiende  nur  eine  Offenbarung  des  einigen  Guten  ist; 
■nd  selbst  der  verneinende  C<ott,  Agni,  ap&ter  ^iva^  den  Be- 
grif  dee  Shtlieh-Bdaen  schlechterdings  aossehliessl. 

Wir  kteaen  aicbt  auf  alle  BiaaelbeiteD  der  apielendeB  INehtnag 
IbealerMt  etagebea;  wir  dirfen  nur  das  Wiebtigere  berOhrea.  An 
«eisteB  Iritt  die  Soaae  als  gMtHdie  Hackt  hervor;  sie  gebürt  dem 
Bereiche  des  Indra  an,  der  ihr  das  Licht  verliehen ;  aber  auch  Agni 
wurde  bisweilen  als  Sonnenfeuor  gedacht.  Die  Sonne  erseheint 
noter  verschiedenen  Namen  als  (lotthett,  besonders  ais  Sur  ja  oder 
Sora,  als  Savitii  (Erzeuger),  Puscbao  (Ernährer), Vivasrat» 
fihima,  wovon  das  slaviscbe  Bog.^)  „Ffirwahr,  o  Soooe,  bist  gross 
aa  Bahm,  isuner»  o  Gitüa ,  bist  da  gross»  der  GOtter  lebendiger 
▼orsifser  deich  M^estit,  em  herrlich»  «nmletaUoh  Licht Sie 
bciasi  „iütt  MinBeisplbeade»  die Wlkhteria  alles  Festen  wie  Waa- 
dtladen,  die  alles  Schauende»  Recht  und  Uarecht  unter  dea  Slerb- 
Reben  schauend/*  —  ,,Er  hat  den  Himmel  und  die  Erde  und  die 
Luft  erffiHt,  Siirja,  die  Seele  von  allem.'*'')  „Es  nahe  sich  der  Gott 
»Siuitri,  au  Köstlichem  reich,  von  Ixosscri  lio/oiieii ,  in  der  Hand 
balteud  vieles,  was  dem  Menschen  lieh,  emptangeo  uad  gebären 
lücbtad  die  Creatareo."  •)  Aaoh  Aditya  ist  dis  Soaae.  »«Adüya 


MS 

Tcnefart  «ebt  MMwte  blodarch  das  Wacaer  dudi  «eiM  Stnlil.^«) 
1»  der  Utesfe«  indwclieo  Grappiniiig  der  Vedeo-GOIter  sieiMn 
Ganzen,  in  dem  Nimkta,  nimmt  die  Sonne  ohne  weiteres  Indn*!  ; 

Stelle  als  erste  Gottheit  ein;*9)  die  Verschnielziini;  beider  Gott-  ' 
heiten  begreift  sich  leicht,  und  ist  schon  inx  RiL'-Veda  mehrfach  an.  ' 
gedeutet;  daher  auch  das  Ur* Brahma  durch  die  6oHoe  siiiül)ii(Ukii 
dergestetlt  wird.  i 

Des  Hiramels  Tocliter,  Uschas,  die  Morgeriröthe,  von  der 
Nacbt  geboren  und  des  Uimmels  Thore  öffoend,  wird  hocb  geehrt; ") 

ebesso  die  reaselenkenden  ZwÜliDgebHIder  A^vlo^ts)  des  | 
Meeres  Söhne,  der  MorgenrOtbe  Gelehrten«  dem  Bfensches  dis 
Liebt  hrfaigend,  in  Stürmen  den  Schiffern  bq  Hille  eilend,  —  nadi  i 
F/mitjefi  die  der  Morgenröthe  voraufeilenden  Lichtstrahlen, ") 
leitlit  aiid)  der  Morgen-  und  Ahendstern; sie  heissen  auch  divo 
napata,  die  (iottesenkel,  (\ Dioskuren).  —  Die  Apsaras,  spiilcr 
die  himmlischen  Huld-  und  Liebesgottinnen,  die  leichtfertigeu  Tan* 
serinneu  desHininiels,!^)  sind  ursprünglich  dieStrahlen  der  Morgen*  | 
rSthe,)*)  nach  Kuhn  aber  jNebeiwollcen  und  die  Gefilbrtinnen  der 
Gandbarven.i'')    Die  letztem ,  urspriteglidi  in  der  Eiozabl ,  hiU 
Kuhn  nicht  ohne  Gmod  flbr  stammverwandt  mit  des  gritchiscbeB 
Kentauren,  und  erldSrt  sie  als  die  bwler  den  Wolken  verboigsse 
^onne  und  als  das  in  den  Wolken  verborgene  Feuer  der  Sosse 
oder  des  Blitzes;      die  Bedeutunij  scheint  aber  zweifelhaft  ; 

Sorna  oder  Tschund  ra,  der  liott  des  Mondes  innl  diilicr  ics  j 
l-  ritchtsegcits,  der  zeugenden  iSaturkraft, '^j  erscheint  in  crsterer  | 
Bedeutung  erst  in  der  späteren  Vedenzeit  und  bei  Manu;^^)  früher 
Ist  Som  mehr  die  das  All  durchsiebende  Lebenskraft;  wir  werden 
von  ihm  beim  Opfer  noch  besonders  au  spreehen  haben.  —  IMs 
Planeten  erscheinen  in  der  Vedeuseit  noch  niclit  als  wnkMe 
GottesmSebte. 

Unklar  i^t  die  Bedeutung  des  mit  Indra  vielfach  zusammen  ec* 
nannten,  zum  1  heil  sogar  iiüt  ihm  zusammenfallenden  Brihaspati 
oder  Hrahiiiari.'ispati,  .,Herr  des  Gebets. '  der  später  als  Götter- 
priester und  aU  das  schützende  Haupt  der  Hrahniaoenkaste erscheint, 
ursprfinglich  aber  jedenfalls  eine  Naturroacht  ist,  an  einigen  Stelleo 
ofibnbar  der  Blits»  „der  gtensende,  goldfarbige/'  und  sebie  Stbrnne 
ist  dann  der  Douner.^)  —  Auch  das  Wesen  des  in  den  Ältestes 
Hymnen  oft  erwldmten  Mi  tra,  d.  b.  derHolde,  FreundHebe,  ond  des 
Arjaroan,  d.  h.  derEhrwlfrdigeoderWobltbStige,23)  i  8t  noch  dunkel, 
und  scheint  auch  unbestimmt  gewesen  zu  sein.  Jedenfalls  gehören 
diese  beiden  Gottheiten,  imUigvcda  sehr  hochgci<tellt,  zu  denLicht- 
mftshteo;  bisweUen  scheioeo  sie  Beinamen  der  Sonne  au  sein,  öfter  j 


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•ie  TOI  ihr  iuitenieUedeii.M)  Da  «eil?  lilnfig  die  Drei- 

iieit:  Varuna,  Mitra  und  Arjaman,  als  höchste  Göttergruppe  ange- 
führt \\  ird,*5)  an  Stelle  Arjanians  aber  In  dieser  Dreiheit  bisweilen 
Agni,  hisweflen  Ixiidra  gesetzt  ist, 20)  .«o  scheint  mir  die  ADuahnic 
Dicht  tero  2U  Uegeo,  üa^s  Mitra  im  Aligemeiiieu  mit  hidra,  Arjamau 
Biit  Agni  zusammen  fallt.  Auf  die  Bedeutang  beider  Götter  in  der 
pcraiscbeDReiigioii  kSoneiiwir  erst  bei  dieser  selbst  eiDgebeu.^^  ln 
«cbiraakeMlem  Sinne  ersdieint  anch  der  Name  Pradecbapati, 
MÜerr  der  Creatoren,  bald  etoer»  bald  drei  oder  aiebeot  eder  sehn 
oder  noch  mebr.  P.  ist  onr  ein  Beiname  bedigestellter  CUKter,  be- 
sonders der  Urgottheit,  des  Brahma;  in  den  ältesten  Vedeutbeilen 
kommt  der  Name  nicht  vor,  später  aber  sehr  häuJig.*^)  — 

Die  Wiüde^gütter,  die  Maruls,^»)  sind  dem  Indra  als  dnii 
Hioimeläherrscher  unterworfen;  der  Wind  erscheint  auch  als  Einheit 
unter  dem  Namen  Vaju,  der  bisweilen  an  Varuna's  Stelle  auf- 
trittst) Der  Vater  der  Maruts,  der  Tetderfoeobringende  Gott  des 
Statmes,  ist  Rodra,  „der  heidende/'  eb  MenschenTertÜger,  avcb 
ib  Gott  der  heulenden,  prassehiden  Feaerflamine«  md  so  mit  Agni 
YerBchwimmeod  und  ein  Obergang  von  diesem  zu  dem  spSteren  ^i* 
va;)o)  Agni  wird  wohl  auch  selbst  Rudra  genannt. ^i)  Indem  Kudra 
al^t  Sturmwind  die  Nebel  und  iiiiseii  Dfinste  verscheucht,  und  die 
Ojifernüinme  anfacht  oder  auch  als  diese  selbst  erfasst  wird,  er- 
i^cheint  er  bisweilen  auch  als  ein  wnbltbätii;er,  heilender,  gnädiger 
Gott,  und  als  Beschfltser  der  Opfer.  ^'^)  Doch  tönt  auch  bei  dieser 
Bsdentang  in  den  an  ihn  gerichteten  Geiieten  die  Furcht  und  der 
WoDseh  naeh  Schonung  hindorch.'*)  Als  Sturmwind  ist  Rodra  anch 
„Herr  der  Wftlder/'  und  wahrscheinlich  hingt  damit  sehie  Bedentung 
tb  „Herr  der  Hemmschweifenden,  derRinber,  Morder  nod  Dlelie" 
lesaromen.    Der  Gott  der  Diebe  wird  in  den  Dramen  oft  erwähnt. 

Die  Adit\as.  d.  h.  die  Ewigen,  ursprünglich  ein  allgemeiner 
Name  ffir  die  höchsten  MSchte.  für  Varuna,  Mitra,  Arjanian  etc., 
wurden  später  zu  Monatsgöttern  herabgesetzt.  3f>)  —  Vischuu,  der 
später  so  wichtig  geworden,  hat  in  den  Veden  nur  eine  uiitergeord- 
tele  Bedeutung;  wir  werden  später  auf  ihn  zurückkommen.— Him- 
mel nnd£rde  werden  in  den  ältesten  Vedenhymnen  als  gOttUche 
Mächte  nnr  leise  herährt 

Jama,  der  Tod  es -Gott,  Herrscher  der  Unterwelt,  der  in  der 
epischen  Zeit  eine  hervorragende  Rolle  spielt,  ist  in  der  älteren 
Zeil  ziemlich  selten  erwähnt,-  )  ,  Der  den  Weg,  welcher  aus  der  Tiefe 
*u  den  Höhen  führt,  für  Viele  aufschloss,  den  Versammler  der 
Menschen,  Jama,  denKönig,  feiere  mitGahe;  Jama  zuerst  hat  einen 
Oti  geiwidefl,  eine  Uelmalb,  die  man  uns  nicht  nehmen  kann;  wo- 


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IM 


Mii  ▼ormals  turnen  Viter  alpMiiiedeR,  dalilii  Mrt  auch  die  Gehör- 
ne» ihre  Bahn." Er  gilt  da,  wie  es  scheint,  als  der  erste 
Menecb.  der  den  Weg  des  Todes  err.lTt)ete,  ua<l  nuu  der  Kuoig 
der  Seligen  im  Himmel  ist;  andere  Sagen  deuten  ziemlich  sidier 
darauf  lun;  seil)  Name  bedeutet  Zwilliog,  und  eia  Zwilliogspair, 
gezeugt  von  den  Licht  und  dem  Wolkendeakel,  war  der  Urspraig 
dee  MeoecheDgeflchlechte;**)  er  ist  der  erete-„Stei1ifidie'*  ge- 
weees,  ved  wohnt  nun  in  der  GOtter  GemeiiMchaft  ud  scfcaiitf 
mit  ihneD  unter  dem  Dache  eines  schSn  belaubten  Baumes;  er  n/h 
leiht  den  Gestorbenen  einen  Ruheort,  geschmfldct  mit  Licht  sad 
Dunkel  und  mit  Gewässern.  Später  tritt  Jama  sehr  häuüo^  auf. 
und  wird  unter  die  gössen  Gutter  gerechnet;  er  ist  da  offenbar 
verwandt  mit  dem  Wesen  des  Agni,  und  eic^entlich  eioeModification 
desselben.  In  den  Epen  ist  er  io  mythologischer  Weise  pcrsoni' 
ficirtnad  mit  lebhallea  Farben  gemalt;  er  sendet  meist  nur  seioe 
Boten,  in  wichtigeren  Filleo  eher  holt  er  sich  selbst  die  dem  Tode 
geweihte  Seele.  Er  erscheint  dann  «,sch5n  gestnltol;  gelocht»  sosm- 
ihnlichen  Glanses,  ein  Mann  in  rothem  Gewsode,  schwars  und 
gcib,  ro^iugig,  fiirchterregend ,  einen  Strichln  der  Hand/'  nil 
dem  er  deiiGeiiit  des  Gestorbenen  bindet  und  in  sein  Reich  filhrf.*^) 
Unter  den  bösen  NaturmHchten  ra^t  hervor  Vritra,  ,,der  Zu- 
rfirkhaltende, "  die  den  Hegen  zurückhaltende  Wolke,  auch  ,,dcr 
Schwarze''  genannt.  Die  Wolken  werden  als  eine  Art  Schlaudi 
vorgestellt,  welche  den  Regen  in  sich  verbeigen;  Indra  zerreisit 
diese  Hülle  mit  seinem  Blitsstrahl  und  besiegt  den  Vritie;  dieser 
Kampf  desLicht-  und  Blitsgottes  mit  dem  Gotte  desWelheodunhab 
wird  aller  Augenblicke  erwihnt.  In  Erweiterung  der  ursprilsgliches 
Bedeotang  wird  auch  anderes  Obel  dem  Vfftra  sugeschrieben ,  «rie 
Krdbebcn  und  Ungev\  Itter;  doch  wird  er  noch  nicht  aul  das  sittliche 
(webiet  herübergezogeo.  Wir  haben  in  diesem  Kampfe  der  Natur 
gewalteu  offenbar  das  Urbild  des  persischen  Dualismus.  —  Andere 
hose  Gewalten  sind  die  von  Agni  bekämpften  Asuren  und  Rack* 
scbasa.  Bei  den  Opfern  verlangen  sie  einen  Antheil  und  waMflS 
gelobt  sohl,  »»denn  wer  ehien  Berechtigteo  des  Ihm  lutimunaniliw 
Theils  beraubt,  der  wird  durch  Ihn  besdildigt;  weuu  der  Opferor 
aber  die  bOsen  Geister  lobt,  so  soll  es  mit  murmefaMler  Stimme  gc* 
echehnt  das  Mvrmehi  Ist  die  verborgene  Stimme,  und  vetborgea 
sind  auch  die  bösen  Geister,"*»)  —  Bisweilen  erscheinen  in  dualisti- 
scher Weise  die  Asuru  und  Deva  als  die  bösen  und  ahnten,  ein- 
ander bckäni|ifenden  Wesen;  jene  stören  dann  die  Werke  der  leti&tern 
durch  Einmischung  des  Bdsen.-^)  Der  ursprtinglicbe  rein  natdrüche 
OegensaU  des  Lichtes  und  der  Finsteniiss  nahm  aUm&hlieh  ehnn 


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251 


mehr  luy tili) logischen  Chnrnktf  r  an,  nndl  ging  auf  da»*  .sittliche 
Gebiet  über;  im  tielcren  5inne  geschah  die  Vergeistigung  dtei«eM 
Gegensatzes  erst  in  Persien;  in  leichterer,  hfi  iq^elender 
Weise  in  den  iodis€hea  Mythen,  ifie  Sd  den  gFOSsen  Epen  ihre 
poelMbe  Vellendong  flnden.«*)  ]>er  Name  Aenren  hat  flbrigenn  In 
der  litenlen  Zeit  nicht  die  Bedeutoog  hOeer  GStter,  Int  Tidaiebr 
renraadt  mit  dem  peralaebefi  Ahnra,  In  den  Hymnen  des  Rlgveda 
da  Beiname  des  Varuna,  Indra,  Savitri  und  anderer  guten  Götter; 
er  bedeutet  ur.sprünnlich  ,,der  ficbendipe"  oder  der  Belebende**, 
dann  „der  Held,  Besieger*'  und  erst  in  späteren  VedeutheUen  einen 
bosei»  Gott.***) 

Über  diePitri  s,  die  Seelen  der  Ahnen,  die  ebenfalls  durch 
Airafiing  vnd  Spenden  geehrt  werden,  weiden  wir  apKter  noch 
sprechen* 

Nnr  aehen  f  nden  wir  die  indhHsheGStterwelt  In  bestfanrnteRang- 
rtafen  gruppirt;  aber  diene  ZnaanunenatelluDgen  erscheinen  alegana 
wiflkOrlich,  und  stimmen  mit  einander  gar  nicht  überein  ge- 
wöhnlich werden  drei,  acht  oder  zw»!f Gatter  als  höhere  bezeichnet. 

Roth,  Z.  d.  D.  M.  G.  1.  C6.  -        Kuhn,  Zeitschr.  f.  vorpl.  Sprnrhf.  I.  199.  - 
*)fägf.  I,  h.  35.  42.  50:  N^e,  lübh.  p.  29.  30.  46.  —  *)  Rigv.  I,  h.  89;  Weber  ind. 
Stod.  I,  S.  93.  —  *)  Samav.  II,  9.  1,  9.  —     üig^.  I.  h.  35  (Hf)scn);  V,  5,  1,  2.(BeQ- 
kjf>— ")Eben<i.I,U5, 1.— ")Rjgv. V,4,  12,  l.(ß.)— *)Maiiu,LX,305.— ")La88en, 
1,770,  —  ")  BigT.  I,  h.  92.  113.  117  —  120.  —  ")  Rigv.  I,  h.  22. 34.  92.  —  ")  Roth, 
i. «.  0.  S.  851;  Lasaea  1, 8.  762.  —      Benfey,  im  Sama-Veda,  Olosfar»  p.  18.  — 
**)  A.  r.  Sehlege],  Bamayana  I,  4S;  II,  10.  —  *•)  Weber  lad.  0lad.  n,  804.  — 
**)Ua,  Z,twm^Bpmibt  I,  51«  «le.  —  *')B»Maa.  m  etc.  —  >*)R»ve,BiUiavas, 
p.4ft- M)]|iiia  111,111.  IZ,  80a.~«>IHgv.  I,  h.  ia.40.— «)BodHi.  d.Z.d.]Xlf, 
G.  1847.  S.  71  et«.  ^  *0  Bolh,  Z.  d.  D.  M.  G.  VI,  74.  —  «0  LasieDtlod.  A.  I,  761; 
Bip-.  T.  h.  115;'  Samav.  I,  6,  1,  2.  —  '*)  Kip.  I,  h.  26.  36.  41.  90 (Rosen).  —  ^«)Rijrv. 
I,h.  "1.  75.  94.  95.  115  35.  lOfi;  43.  —  '-«•)  Ncve,  Ribh.  p.  296.  299.  CtC.  Mnnii  TTI, 
P«.  —  '»)  RigT.  I,  h.  6.  19.  20.  33.  u.  oft.  —      Rigv.  I.  h.  23.  —      Rigv.  I,  h.  114; 
Weber  Ind.  Stnd.  II,  19;  KHe,  Uibhavas,  p.  11.—       Sanmv.  I,  1,  1,  2.  —  ")  Rigv 
1,  h.  43.  Weber,  a.  a.  0.  20.  32  etc. ;  Kuhn,  Z.  f.  vergl.  Sprach!.  I,  199.  —  Rigv. 
I,h.  114. —  '*)(,'atarudriyam-Upan.  III,  b.  Weber,  a.  a.O.  35.  —  '*)  Roth  in  d.Z.  d.D. 
M.  G.  VI,  68  CtC,  —  ")  Rigv.  I.  h.  100.  103.  105.  112.  —       Rigv.  I,  h.  35.  38.  — 
*•)  Rigv.  M,  X,  1,  14  (Roth).  —  »•)  Roth.  a.  a,  O.  IV,  425.  —  ")  Rigv.  M.  X,  1,  10. 
14;  X,  11,  7 ;  Holli  a.  a.  O.  496.  427.  —  *^  Savitri,  T,  7.  (Bopp).  —  Aitaieya 
MnMaa,  II,  M  IM,  VMm^XU^**)  OmäogjmAJ^  I,  2,KWlDd.  1665. 
—  ^  S.  Bolh  L  d.  Z.  d.  B.  11  O.  n,  216  etc.  —      Benfoy,  GImmt  b.  fla^wreda, 
f.  19;  JStkff,  RibbaTea,  p.  40;  Leeeen,  Ind.  Alt.  I,  522, 2.  —  **)  Webeia  Ind.  Stod* 
n, 222.  etc.;  Manu  IV,  162. 188. 

§  8  , 

Die  alten  V  edeji- («öfter  sind  nicht  Geist,  sondern  ?Natiir; 
sie  herrsciieu  meht  etwa  als  persönliche  Geister  über  die 
Natvi  Bmdflfii  sie  sind  die  NataTMlbst»  die^ietur  beelekt  ans 


uiyiii^cu  by  LtOOQie 


den  CkktteMäohteii;  wo  der  Menaoh  nw  liinbllekt,  da  tritt  ttn 

das  göttliche  Sein  entgegen,  dessen  hervorragende  Spitzen  in 
dem  Frühmorgen  des  indischen  Lt^bens  zuerst  allein  beleuchtet 
werden.  Der  blasse  Selummer  einer  geistigeren  Erfassung  der 
göttiicbcn  Mächte  ragt  zwar  aus  der  Urzeit  des  alt-arischen 
Völkerstammes  noch  in  die  älteste  Vcdenseil  kerilber,*)  aber 
erscheint  nur  in  sehr  schwachen  Andeutungen,  und  TeMchwuidet 
bald  in  den  mAehtiger  eich  ansbüdenden  NatoralisainB.  lanltlen 
der  growarkigsten  Maehtentfaltang  der  iadiselien  Natnr  winile 
der  Btoisclk  wie  yon  seUwt  ze  diesem  Natnrkultas  liingeaogvii. 

Die  Hymnen  der  Veden  zeigen  ein  noch  sehr  beschränktes 
Bewusstsein;  von  der  Gottes -Idee  ist  nur  die  äusserlichste  Hülle 
erfasst;  nur  was  den  Sinnen  als  gewaltig  sich  zeigt,  i^t  verehrt; 
der  Götter  Wesen  und  Wirken  ist  sinnlich -oberflächlich,  und 
der  Umkreis  ihrer  Herrlichkeit  »ehr  gering.  Die  Hymnen  bringea 
dieselben  Lobsprüche  in  steten  ermädenden  Wiederbolungea; 
gepriesen  aber  wird  an  den  Göttern  nor,  dass  sie  MchtvoU  aeisa» 
und  siegreieh,  und  leuchtend  ^  siralüend,  donnernd^  bttlmd 
und  brausend,  dass  sie  reich  seien  an  Schälaen»  und  da» 
sie  die  Quelle  aller  Macht  und  alles  Reichthums;  von  einem 
sittlichen  Walten  in  Gerechtigkeit  und  Gnaile  ist  kaum  die  Rede. 
Die  Kohheit  der  Gedanken  wird  nur  gemildert  durch  das  schim- 
mernde Licht  einer  oft  hochpoetischen  Hhantasie ,  die  aber  immer 
nur  den  äusseren  Glanz  der  verherrlichten  Mächte  im  Auge  hat. 

Der  Gedanke ,  dass  die  Einzelgötter  reine  Naturwesen  sind, 
ui<dit  auf  sieh  selbst  beruhender  Geist,  spricht  sieh  aneh  daris 
ans,  dass  sie  an  sich  Tergänglich  sind  and  ihre  Fortdaner  nir 
dem  Gennss  des^CJnsterbliehkeitstrankes,  Amrita,  verdankea, 
welcher  gefrissermassen  das  Blut  und  der  Lebenssaft  der  Natur 
ist.  Wesentlich  damit  zusammenfallend  iat  schon  in  den  ältesten 
\'eden  der  Genuss  des  boma- Trankes,  äber  den  wir  später 
sprechen  werden. 

Amrita,  da»  Nicht-Sterben,  die  Unsterblichkeit,  das  Uosterb- 
lidie»  daoD  das  Mittel  zur  Unsterblichkeit,  ist  eio  Trank  durch  des* 
ses  Genuas  die  GStter  eio  dauerndes  Leben  bewahren.  Frtber 
ist  diese  VorstelluDg  bereits  darin  gegeben,  dass  das  Sona^Opfer, 
das  schoD  im  Rigveda  ebenfalls  Amrita  gesannt  wird ,  ^)  die  CSettsr 
cnftbrt  und  krftfläget,  und  dass  auch  ausser  dem  irdischen  Sosia  eb 
blmsdischer  Somatrank  erwähnt  wird,  den  die  Götter  geniessen, 
wahrscheinlich  die  Nehelwolken.*)  In  der  episch -mytholojisrlien 
Zeit  geuiiiiit  der  (Jedaitko  des  Amrita  eine  sehr  bestimmte  Form; 
die  Giitter  bereiten-  sich  da  selbst  diesen  Trank,  sind  nicht  mehr 


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auf  (las  durch  die  M<»nschen  gespendete  Opfer  aogewieseo.  Die 
HimniUschcn,  ihre  Sterblichkeit  fühlend,  wühlen  und  rättelii  das 
milchige  Meer  zHeimal  tauseod  Jahre  dorchebander,  und  es  tau- 
chen Tmohiedene  Gestatten  aus  den  umgerüttelteo  Wogen  ttmi, 
TaiMoade  ton  Nymphen,  die  reisemle  GMn  des  Segeee,  Lakahmt, 
«->  die  aeiiaiiiiieiitaproaaene  Aphrodite  lodiena,  —  und  auletzt  dae 
Anrita,  dorcb  weidiea  die  GOtter  die  UnaterbHebkelt  erlangten. 
Iffohtia  dem  Einzelwesen  ist  das  wahre»  bleibende  Sein,  sondern 
hr  dem  allgenieinen  INatursein,  nicht  in  sich  haben  Uie  Götter  die 
fii  u.ihr  tler Unsterblichkeit,  sondern  ausser  sich,  in  (l#*riNatur;  alier 
in  <ier  iNatur  ist  das  Unsterbliche"  auch  nur  die  allgemeine,  dem 
hesondem  Daeein  zu  Gnuide  liegende  Substanz;  darum  muss 
dM  Meer  ningerittelt  werden,  alle  Unterschiede,  alle  besondem 
Stoffs  und  Theile  mAssen  verschwinden,  alles  nrass  eine  glelcfaar* 
t^  Masse  werden;  dieser  allgemeine  Stoff»  dieses  mücliige  Cbaos, 
itt  das  Bleibeade,  und  dasselbe  geaiessend  gewmaen  die  lebenden 
Wesen  Unsterhiickeit.  Die  Vorstellung  des  in  dem  Wasser  ver- 
borgenen Aniritii  ist  übrigens  schon  in  deutlichen  Spuren  in  den 
Sltesten  Veden  enthalten:  „in  den  Wassern  ist  das  Auirita,  in  den 
Wassern  ist  dn«  Heihuittel."«) 

»)  Roth,  I.  1  7.  (1.  D.  Morg.  G.  18ftS,  76.  —  •)  Chando^rya-Upao.  III,  6;  bei 
Wmdiächm.  p.  1511 ;  Ndve,  mythc  d.  R.  p.  229.  —  »)  Rigv.  I,  h.  »1,  18.  —  *)  Kahn  i. 
d.  Z.  fär  rergl.  Spracht  I,  m.  ^  ^)  BuDa^aaa,  I,  46.  (8chle8«l>        Bigr.  I,  h. 

Auf  der  ersten  Stafe  ^es  brahmanfschen  Bewusstseins  tritt 
uns  aJi»o  zunächst  eine  Mclnlieit  ii;4ittlitlier  Natunniiclitf  ent- 
gegen, deren  Einheit  aitiangs  mehr  geahnt  als  gedacht  iiial 
ansgesprochen  ist.  Aber  das  Wesen  des  indischen  Geistes  ist 
die  Einheit  alles  Sems^  iiihI  diese  Einheit,  schon  in  der  älte- 
sten Zeit  als  tiefe  Ahinuig  vorhanden»  kommt  m  der  Penode 
der  Reife  des  brabmanisehen  Geistes  ssnrn  ToUen  BewQMlsein. 
Die  sp&teren  Vedenthdle,  besonders  die  Upanischaden»  ans- 
Midem  Mann  mnd  die  Vedaata-Pl^osophie  sind  die  Urkunden 
dieser  Ferfode  der  rollen  Reffe  der  indisehen  Idee.  Die  ab  spA-  ' 
teiei  Zusatz  in  das  Mahabliarata  eiiigcscliobcne  philosophische 
Bhagavadcrita  dürfen  wir,  insoweit  sie  mit  iler  Vedauia- Philo- 
sophie üficreinstinimt,  zur  Erläuterung  hier  schon  berüeksich- 
tigen;  iiire  Abweichungen  von  der  alten  Lehre  werden  wir  später 
berfihren. 

Jene  DreiheH  gdttKeher  HaoptmAekte,  —  Indra,  Vamna» 
Agaly    Llelity  Lnll,  Feuer,    aeagende,  erhaltende  vnd  aer- 


üigiiizuQ  by  CjüOgle 


884 

Störende  Kraft,  —  i«t  die  dreifache  Weise  eines  Lebens,  sind 
drei  Zustände  eines  lebenden  Seins.  Das  Entt»tehen.  Bestehen 
und  Ver*^ehen  fordert  ein  Sein,  welches  entsteht,  besteht  und 
vergeht;  dieses  Sein  ist  itieht  eins  von  jenen  dreien,  sondern  hat 
jene  drei  als  Zust&nde  an  sicli;  jene  drei  sind  also  nicht  etwas 
an  sich,  sondern  nnr  an  einem  Andern;  und  dieses  Andere  ist 
eins»  and  liegl  jenen  dreien  sn  Grande.  Die  drei  sind  eins»  vd 
das  Eine  ist  in  dreiladier  Weise  wirklidi»  denn  das  Eine  ist 
Kraft»  und  j^de  Kraft  ist  ein  Leben»  nnd  jedas  Leken  lieilelit 
iu  jener  dreifachen  Äusserung. 

£s  ist  ein  einiges  Sein,  an  welchem  jt;ne  drei  Seiten  des 
Lebens  sind,  ein  Sein,  welches  diese  unifasst  uuö  an  sich  Tor- 
übergelien  lässt,  welches  als  einiges  eben  nicht  eins  von  den 
dreien  ist,  also  nicht  entsteht,  nicht  als  entstandenes  besteht, 
und  nicht  vergeht;  und  doch  auch  wieder  alles  dieses  zugleich 
ist»  Das  einige  Sein  ist  verschieden  von  den  drei  gOttÜdna 
Natorrnftehten»  insofern  es  eins  ist»  en  ist  eins  mit  ihnen»  inso- 
fern diese  an  ihm  sind,  nnd  insofern  es  in  diesen  sieh  offenbsil 
Dieses  einige  Sein,  die  in  die  verschiedenen  Naturinächte  sich 
ausbreitende  Urkraft,  istMahan- Atma  „der  grosse (ieist,*-  daa 
Brahma,  ,,da.s (Crosse, Erhabene,"  das  ., Seiende,**  das  .,Es" 
(tad)  oder  das  Auiu;  bisweilen  wird  der  erste  der  drei  Haupt- 
mächte» ludra,  oder  auch  dessen  glAaaendste  Erscheinuog, 
die  Sonne,  bildlich  statt  des  Ureins  gesetzt;  wir  dürfen  aber 
das  Bild  nicht  mit  dem  Gedanken  verwechseln«  —  Tiefer  wird 
bisweilen  das  Ursein  das  »»durch  sidr  selbst  Seiende also  des 
Absolute  genannt.  Die  einzehien  €f6tter,  wie  Indra,  Agni  de* 
sind  nnr  Creaturen ,  nnd  haben  alles  Sein  und  alle  Macht  von 
ilem  einen  Urbralium  >). 

„Drei  sind  die  Gottheiten,  Lide,  J^ult  und  Himmei  ihre  Gebiete, 
Agni,  Vajii  [an  der  Stelle  Varuua'iüJ,  Surja  [die  Sonne,  an  Her 
Stelle  lodra's]  lauten  ihre  Namen.  Der  Kusaniniengefasste  ^'ame 
der  drei  ist  „Herr  der  Creatureo  [Pradscbapati] ; *^  da»  Wort  Aum 
besiebt  sich  auf  alle  drei  Gottheiten,  oder  auf  die  bSobste»  Bnbna. 
[Der  lotete  Punkt  fehlt  io  einer  Handscbrift,  und  ist  vielleicbt  ipi^ 
terer  Zusate].  Wegen  der  Versduedeaheit  ihrer  Weibe  babes  aie 
▼erscbiedene  Benennungen  und  verschiedene  LobgesXnge.  Es  iit 
nur  eine  ei  n / i  14  e  (i  o  t th ei t ,  der  j^rosse  Geist(Malian-Atiiia);  fKc* 
ser  wird  aucli  ►'Sdijne  genannt,  denn  sie  ist  der  Geist  alier  Wesen. 
liieOrfenharuugen  ihrer  Macht  sind  die  an(i(»rn  (iottheiten.'*2)  —  ,,||| 
Brahma  werden  alle  Götter  verehrt,  iveil  sie  in  ihm  ihre  Substanz  uiMi 
ihre  Üegetstui^  haben;  dean  er  ist  nach  den  Veden  alle  Gatter.^*) 


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tSB 


Das  Wort  Aum  ist  wie  das  tad  (es  oder  dieses)  die  möglichst 
unbestimmte  lU'/eichniincr  eines  an  sich  zunächst  völlig  leeren  Be- 
piäß.  .  Aum  oder  om  ist  nicht  mehr  aus  dem  Sanskrit ,  sondern  aus 
den  Ahp^rsischen  su  erklifea»  tmd  isl  aus  avam,  , Jenes",  zu- 
saUMmgaiogf.*)  Ml>erljantsiim  ist  sowohl  «iasUr-Brsiiiiui»  als  das 
davsa  venehMeiie  [la  dleBesondeihsit  eiBgagaagaoeJBfahmi;*'!) 
er  anlasst  das  Welt- AU; •)  «,es  mhea  darin  drei  der  GKtter, 
diel  der  Wellen,  dreiderVeden.^^  »»WieCymbeiscliaU  nndOloeiieD- 
l^laog  verklingt  zu  sanfter  Harmonie,  also  auch  Aum  zur  ÜScclenruh 
dient  dem  das  All  Ersehnenden;  wenn  denn  nun  dieser  Laut  ver- 
kliügt,  HO  lost  er  sich  im  Brahma  auf;  denkt  ewi^  man  das  Brahma 
sieb,  erreicht  man  die  Unsterblichkeit"  ^}  —  ,,Aaiii,  diese  ist  das  Uo* 
feigiagliehe ;  diess  All  ist  seine  Erklärung.  Was  gewesen,  was  Ist 
aad  was  seio  wkd»  diess  aUea  iat  das  Wert  Aam,  uod  was  es  sonst 
aoeh  gieH  iber  die  drei  Zeitee  eiliabea,  anch  das  ist  das  Wort  Avm, 
dean  es  ist  das  gante  Brahma.*'*)  »Das,  woiaiif  alle  Veden  sieh 
nchten^  was  alle  heiligen  Askesen  aasdricken,  was  an  erlangen  man 
die  Brahroanenpflichten  übt,  das  ist  das  Aum;  dieses  Wort  ist  das 
eirige  Brahma,  dieses  Wort  ist  das  Unvergängliche  und  Höchste;  wer 
dieses  Wort  erkennt,  erlant^t  alles,  was  er  begehrt."'®)  —  ,fDie 
keilige,  ursprfiDgliche  ^Silbc  von  drei  Buchstabe»,  in  welcher  die 
Tedische  Dreiheit  enthalten  ist,  soll  verborgen  gehalten  werden  als 
^  Eweiter  dreifacher  Veda.  Wer  dieseSilbe  erkennt,  der  erkennt 
dea  Veda.  Das  einsilbige  Wort  tob  drei  Bnehstabea  ist  die 
hOthstedottheit''») 

Der  splter  allgemein  gehranchte  Name  Brahma  für  das  gStt* 
Me  Urseia  findet  sieh  bereits  in  den  Hymnen  der  Veden.  &  wird 
da  neben  Agni  undX  aruüa  genannt,'*^)  und  als  der  höchste  und  erste 
der  Götter  erklärt.  „  Das  Brahma  ward  zuerst  gezeugt  vor  Allen, 
<lie  leuchtenden  entstrahlt  vom  Haupt  die  liebe  [die  Sonne]:  die 
tiefsten,  höchsten  Stellen  hat  entfaltet,  des  Neins  und  JNicbtseins 
ächooss  dieselbe."  i^)  Brahma  scheint  hier  mit  der  Sonne  ebenso 
msanmensnIalleB,  wie  sonst  Indra.  Inig  ist  wohl  Beofey's  Erkli- 
mag,  Brahma  sei  hier  so  Tiel  als  Oebet  oder  Lobgesang,  in 
dettseihen  Hymnus  wird  gleich  darauf  vom  ^»hochmSehtigen  BMti- 
idblenderer"  gesprochen,  was  offenbar  Indra  ist,  so  dass  Brahma 
Wahrscheinlich  mit  Itidra  zusammenfallt.  In  einem  andern  Hymnus  er- 
scheint Brahma  als  der  huelisle  G(»tt;  „der  (iöüei  ürahma,  der  Prie- 
ster Rischi  [Heiliger]  ,  des  Wildes  Büffel,  der  Vögel  Falk,  schreitet 
Sorna  [der  Opfertrank]  durch  deu  Durchschlag."  An  Brahma 
mihst  l»t  kein  Hymnus  gerichtet;  der  Grund  wird  aus  dem  Folgen* 

erhellen»      Tob  Brdlma  ahi  Neutrum  Ist  das  ilascnÜnnm 


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256 


Bi  all  Ilm  zu  uoterscheidcn,  welches  die  wirkliche,  mythoUifiiscIie 
Eii)/('l£jottheit  ist,  die  in  der£|)enzeit  als  eine  der  drei  übercu  (iütter 
erscheint!')  —  Der  Name  Brahma  bedeutet  ursprunglich  Gebet, 
in  dem  Sinne  eines  angestünieD  Bitten«  uod  Foidenis,  denn  die 
Wiuriel  brih  bedaatet  „anstrengeo,  mitAostr^ngaiigbewegeii'S  brah- 
na  also  luoicliBt  woU  „Aiiatmgiiiig«  BnwfafltteraDg,<^  dam  „iSe- 
beV  aad  weiter  ^jheiligeHandlaDg^  fiberhaupt;  >^  von  der  wettm 
Bedeatmig  der  Wvraei:  „erheben^  i«)  iat  wabrscheiolicfa  die  Bedeu- 
tung brahma  als  „das  Erhabene''  abzuleiten.  — 

Als  absolutes,  auf  sich  selbst  beruhendes  Sein  erscheint  Brahma 
sehr  oft;  z.  B.  ,,Es  (tad)  athmete  \  \ov  der  Welt]  ohne  zu  hiiucheu 
allein  mit  iSvadha,  (iSelbstsetzung)  weiche  in  ihm  enthalten  iit. 
Attsaer  ihm  war  nichts,  was  später  war/'^^)  —  „Brahma  ist  der 
aüeaDiirehdriogeade»  der  ganaUnerforachtef  das  voo  aelbat  Seiende, 
der  Pradadiapati/<«»)  —  Bet  Bfaott  beiaat  Gott  oft  der  ,,dveb  lidi 
aelbat  Beateheode.*'»)  Bfaa  vereinte  „dnfch  VenieigBBg  d«o 
Gott,  welcher  durch  aicb  aeibat  daa  Baaein  hal^**) 

Alles  besondere  Dasein,  also  auch  alle  Einzelgutter  sind  ats 
dem  Einigen  entsprungen.  —  „In  uferlosem  Meer,  der  Welten 
Mitte,  errösser  als  das  Grosse,  mit  seinem  Glanz  dutchstralileod 
alles  Licht,  weilt  Pradschapati  [Herr  der  Creaturen]  im  lunero  dria- 
nen;  in  den  diese  All  eingeht,  aus  wieder  atrablet,  ui  den  die 
Gotter  aileaammt  verweilea,  dieaa  iat,  waa  iigend  war  oad  was 
aeio  wM,  ea  wobnt  im  hUehaten  anwandelbareD  Äther;  dareb  wel- 
cben  die  Sonee  breant  mit  Feuer  and  Glans ,  den  dfifmea  in  der 
Welten  Meer  die  Weiaea  schaveti,  wie  In  dem  Hndiaten  wieder  die 
Geschöpfe,  der  da  den  Götteni  leuchtet  stets,  der  früher  als  die 
Gutter  war,  Verneinung  sei  dem  Brahmalicht.****)  —  „Alle  Götter 
ruhen  in  dem  höchsten  Gott,  von  seinem  Schoosse  geht  die  Sonne 
auf»  und  kehrt  beim  Untergang  zu  ihm  anrfick;  über  ihn  geht  nicht*« 
bmaua."**)  —  ^,j)er  bSehate  Regierer  aehnf  viele  GAUet  uad  viele 
Gefater.«"«») 

>)  KcQcschit&m-Upaa.  h.  Wind.  16&9.  —  Anakramanika,  t.  Colebrookein 
Asiat.  Res.  VIH,  p.  396;  Lassen,  Ind.  Alt.  I,  S.  768.  —  ')  Ananda  bei  O.  Frack. 
Vcdanta-Saro,  S.  51.  —  *)  Windischmann,  Sankara,  p.  128;  Jen.  Litt.  Z.  1834,  p. 
1  U ;  BcTifcy.  GLtsnr  z.  S.  V.  p.  41.  —  »)  Prnijna-Upan.  III,  1,  inWebcr's  Irvl  ??tnd. 
I,  452.  —  *)  Afhiirvaijikha- Upaii.  Ebcnd.  TT,  r>5.  —  ^)  Brnliniaridya-Üpaii.  i.  Kl>ond. 
IT.  r>S.  —  •»)  Bnihniavidya-Upan.  12.  13.  in  We>>ors  Ind.  St.  II,  59.  —  •)  Mmvhikvft- 
Up.  I,  1,  fbeml.  II.  Iü7.  —  Kathiika-Upau.  il.  1.').  16,  nach  WindisrimiHun ,  p. 
1712,  u.  Püley,  p.  12.  —  »>)  Manu,  .11,  2(i&;  U,  83.  —  ^'')  Samav.  I,  1,  2,  5.  — 
>•)  Samav.  I,  4,  1,  3.  —  >«)  Olosiar  s.  Saroar.  p.  1S8.  —  >■)  8maT.  H,  3,  1.  lt. 

0.  VedanU^ara,  p.  72.  73.  Roth.  Z.  d.  D.  M.  O.  I,  69.  —  «0  »oü» 

s.  m.  O.;  u.  deasea  cnr  Litt  u.  6.  d.  W.  86.  —  **)  Bcafey,  Olomar  s.  &  p.  19^ 
»•)  Bigr.  In  Aiiat  B«f.  THI,  p.  404.  —      tfahuiaraTittia-üpaa.  79, 18,  ia  W«b«» 

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tS7 

lad.  Stud.  n,  97;  vgl.  KatUakü-üp.  IV,  !.  —  »•)  Manu,  I,  61.  92.  —  »»)  YajOÄ- 
Tilkya,  UI,  3;J5.--  »»)  Mahanarayaim-Upaii.  i,  1.  2. 3.  15,  ui  Webers  InU.  St.  II,  80. 
-  •«)  KaOiÄka-üpMi.  IV,  10.  (Poley)  —  « »)  Manu  I,  22. 

Dm  UffieiD  iit  «cUeohterding»  »Mto  aaderas,  als  die  dler 
VWbflifc  m  Gnade  liegende  aiieHttele  Einheit,  iai  daa  Eoie;  waa 
ia  dem  VIeleti  ist;  in  aUem  besthnmten  Sein  ist  daa  einige  Sein ; 

*Jiei>e&  ii>t  aber  eben  deshalb  nicht  bestimmt,  hat  nicht  irg:end  ein 
PrSdtcat.  Alles  bestimmte,  mitEip^enscharteii  begabte  Sein  gehört 
üei  Welt  der  Vielheit  an,  dem  iNicht- Einen;  dem  einigen  Ur- 
gründe alles  Seins  kommt  eben  darum  keine  £igenschaft  zu; 
das  Ureiaa  iat  daa  adilechterdings  Bestimroungalose,  ist  nickta 
ab  daa  leere,  nackte  Sein.  Daa  Ureina  iat  aiekt  irgend  £twaa 
mi  MbH  k^emi  wie,  aendern  daa  Gegendbeil  von  allem,  waa 
ab  toalimmea  Baaein  gedaekt  werden  kann. 

Von  dem  gdttHehen  Uraei»,  dem  Mahan-Atma  oder  Brahma, 
kann  man  also  nicht  ^>a<:;en,  was  es  ist,  —  denn  es  ist  alles  das 
sieht,  was  mau  sagen  kr»nnte,  —  sondern  man  kann  von  ihm 
nur  sagen,  was  es  nicht  ist;  es  ist  also  in  keiner  Weise  vorzu- 
stellen, in  keiner  bestimmten  Weise  denkbar,  ist  vielmehr  an 
mh  das  Unbegreifliche.   Darum  iat  daa  am  wenigsten  nagende 
Wert,  der  Aaadniek  dea  aUerleeiatenBegrilEi,  tt^  daaaelbe  die 
paascndate  Beaeiclnnnig,  alao  daa  Sa  (tad),  Janen  (Anai)  der 
groaae  Hanch ,  (Atma  oder  Pomaeha) ;  ea  hat  kein  WeH,  ea  iat 
das  schlechterdings  Namenlose.   Um  dieses  reine  Sein  zu  be- 
greifen ,  rauss  sich  das  Denken  jedes  bestimmten  Bcgriftes  ent- 
ledigen, muss  nichts  denken;  so  lange  ich  noch  etwas  denke, 
denke  ich  das  reine  ürsein  eben  nicht;  nur  wenn  ich  selileeh- 
terdtngs  gar  nichts  denke,  also  etwa  im  tiefsten  Schlafe,  da 
habe  ich  den  rechten  Begriff  der  einigen  Gottheit.  Der  Grand  aUer 
WabMt  beatabt  abo  in  der  abaolnten  Salbatvnriengniing  dea 
Deakena,  in  den  Abweiaen  jedea  wirklidien  and  heatimmten 
CMankena.  Wie  Jemand  daa  reine  JAekt  niaht  dann  aieht,  wenn 
er  einen  beleuchteten  Körper  sieht,  well  da  daa  Lieht  immer 
gellrbt,  bedingt,  mit  Schatten  vermischt  erscheint,  sondern 
nur  dann,  wenn  er  in  die  reine  Urquelle  des  Lichts,  in  die  Sonne, 
an  verwandt  sieht,  —  und  dann  aber  auch  in  Wirklichkeitnichts 
steht,  —  ao  bt  es  auch  mit  dem  Menschen,  der  von  allem  be- 
atiannten,  endtiaken  Daaein  absieht,  und  seinen  Geistesblick 
av  Üsat  and  onrerwandt  anf  das  reine  einlache  Sein  rieluet,  — 
üm  wird  da  aneh  aekwara  TOr  den  Aagen,  nnd  er  sieht  niehta,  — 
iat  «tdi  da niditB  M  aehani  daa  iat  ab^dem  ladSer  grade 


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258 


^fe  rechte  Weisheit.  Mit  unverwandtem  Blick  in  ilii;  Sonne 
sehen,  ist  dem  Brnlimanen  der  Weisheit  höchst  es  Symbol. 

„Worin  man  nichts  uuderes  sieiit,  nicliU  anderem  hurt,  uichts 
anderes  erkennt,  das  ist  das  Grosse/' —  ^Wir  erkenoen  oicbt, 
wie  meB  Jenes  Brahma  lehre.  Ee  ist  ein  anderes  als  das  Gemisste, 
ee  let  aueh  fber  das  UogeinMete.  Bae,  waa  aieht  doreb  die  Me 
ausgesprochen  wird«  dnreh  welchen  aber  die  Rede  aaagespiedim 
wird,  dieses  wisse  als  das  Bralmia.  Das,  welches  nicht  denkt 
durch  das  Gemutli,  wodurch  aber  i^daelit  wird,  dieses  wisse  als 
das  Brahma:  dasi  wa«  nicht  sieht  durch  das  Auge,  durch  welches 
alu*r  das  Auuc  sieht,  dieses  wisse  als  das  Brahma,  u.  f^-  f. .  .  AVciin 
da  meinst,  dass  du  es  wohl  wissest»  dann  weisst  du  iii  der  Tiiat 
wenig  TOS  Brahma.  Wem  es  unbewnsst  ist,  [wer  es  nicht  als  eb 
Bestimmtes  weiss»]  dem  ist  es  hewosst»  wem  es  aiier  bewusst  ist 
[als  bestimmter  Begriff],  der  weiss  es  nicht  Van  dem  Efkemmodas 
wild  es  nicht  eiiamntt  T0tt'4lemNichtnlDeBtNBden  wM  es  mlmnnt*'*) 
,,BMhma  ist  oasichtbart  nngreifhar«  van  sich  selbst  seiend,  ohne 
Farbe,  ohne  Auge  und  Ohr,  ewig,  all  durchdringend ,  sehr  feifl. 
das  Uuvergar)«liche.  die  Quelle  der  Wesen.** ,,(;rosiS  ist  Brahma, 
gottlich,  von  uinleiikiiavt  r  (•estalt,  feiner  als  das  Feine.  Durch  das 
Auge  wird  es  nicht  ergritten,  nicht  durch  das  Wort,  nicht  durch  die 
andern  Sinne.'* ^)  —  „Nicht  durch  das  Wortlunn  man  es  erreichen, 
nicht  durch  das  Gemftth,  nicht  dnrch  das  Ange«  Nnr  .ven  Mm  wImI 
es  erreicht,  der  da  sagt:  Ea  ist  Bs  iiA»  sa  ist* es  wahrmmchann, 
nnd  nach  sebnr  Wesenheit  Die  Wesenheit  eisdiBfait«  wenn  ans 
es  als  Es  ist  wahrgenommen  hiit"  ^)  „Das  Seiende  ist  die  Wer« 
zel  aller  €reaturen;  das  Seiende  ist  ihre  Ruhestätte,  das  Seiende 
ist  ihre  (itundlaffc."®)  —  ..Üer  Paraniatma  ist  das,  worüber  man 
mit  Einhnllon  des  Athems.  mit  Abwernlong  der  Sinne,  mit  Afi- 
dacht  etc.  nadizudeokeu  hat;  er  wird  [an  RaumlosigkeitJ  nicht  er- 
reicht dnrch  den  hunderttausendsten  Thcil  eines  Reiskoma,  einer 
HaarCiS|liliet  er  wird  nicht  erschant^  ward  nidit  geboren,  stirii 
nichts  er  Ist  eigenscbaitabs,  SSeage  [der  Ewigkeft],  rein,  olsc 
Glieder,  theWos,  nnterscbledsios,  ohnd  Ton,  ohne  Gestell  dft» 
ohne  Wandel,  ohne  Sehnancbt,  allea  erfiillsad;  er  Ist  undenkbsr, 
farblos,  er  ist  ohne  Handlung,  für  ihn  giebt  es  keinen  Schmuck.'*^) 
ßra}iin;i  ist  ..weder  denkbar  noch  undenkbar,  und  doch  denkbar  uRti 
inifictikliar  /iii^leirh;  uutiieiibar,  nicht  wiil crKcheidliar,  ohne  Trsache 
und  ohneÄlinlichkeit.*'^) —  „Diess Brahma  istcndlos,  oluic.  Ucukeii 
denkend,  ohne  Leere,  in  der  Leere,  über  die  Leere  doch  hin- 
ans|  nicht  Sinnen  ist  ea  und  sinnend- nicht,  nidit  Sbmbac,  aber  doch 
«nah  shialar^  «od  ellee  is^s,  daa  btelMle  Lee»e»  hiher  ala'dsi 


-I 


158 


Hficbste  ist «».  undenkbar  ist  es,  u'whi  orkeiint  man  es/*®)  ,,Das 
kdchsle  ßrahnia  „int  weder  erkeiiiieuii  noch  nicht  erkennopd,  uoge- 
«•hm,  unbegreiflich,  ohne  Meikottl  and  oho«  Zeichen,  undenkliar, 
MÜg,  ohne  ein  Zweitee«^^) 

h  der  Mutg«bil4et»a  Vedniita-PUlowipiiie  i«t  da«  üreins  ^,der 
agelMNe,  aeiende,  «od  von  der  Rede  ood  deoi  Ventande  nicht 
enMbare  Creiot,  der  Träger  dee  Alls,  der  Cteiaf ,  der  die  Kwe}> 
hell  (iberwunden  hat  —  Es  ist  ein  ungetheiltes  Wesen,  von  einer- 
lei Beucha  fTenheit,  seiend,  .  .  «>hne  ein  Zweites."**)    Es  wird  nirht 
berührt  von  den  V'erMndeiungeu  der  Welt,  wie  der  reine  krystail 
durch  eine  rotbe  Blume  gefärbt  erseheint,  und  doch  durchsichtig 
bleibt;  es  ist  in  sich  ohne  Unterschiede  und  ohne  Veränderung, 
Mialich  rncfat  wahmebmbar^  ohne  Geatalt,  lichtvoll ,  onaterblich, 
MV  dvreh  geialige  Erkenntniaa  erfaaaiich.   Seibat  ohne  Gestalt, 
Maat  ea  acfaebbar  ebe  Geatalt  an  (hi  der  Welt],  wie  era  Sonnen- 
fMd  va»  wathiedeiwii  Ceynatiinden  veraehiede»  anröckge^rorfeo 
wird,  und  wie  die  eine  Sonne  im  bewegten  Waaser  viell'ach  er« 
acbeint.  >*)  —  .,Ich  bin  das  grosse  Brahma,  das  ewiji  ist,  rein,  frei, 
eint,  beständig  glücklich,  seiend,  ohne  Ende.    i>ei.  der  nichts  An- 
fferes  heimeiltet,  der  sich  in  einen  einsamen  Ort  xurückzieht,  dessc« 
Begierden  vMichlet,  und  dessen  Leidenschaften  uQterjfcht  «ind^ 
der  begteiftf  dsM  dar  Croiat  enief  nod  ewig  tat  £in  Waia«r  miMi 
•HeaiwiiiiihflftDhigeMidein  CMate  verniehtap  und  imver  nir  den  tiim 
Gfiat  httnocMaOy  der  d«m  reinen  Ratt«e  gleieht. , .  Brmbm 
iitohaeOr9f»e,  Bigenacbaft  Ciiarakter,  ist  ohneZwethelt[ohneinne«> 
reo  Unterschied)'';*^)  der  letztere Ansdruck,  die  innere Bestimniungs* 
losigkeit  be^eicbend)  kehrt  sehr  oft  wieder.  —  „Gross  ist  der,  in  dem 
»ichts  anderes  geseheu  oder  etkanot  wird;  aber  das,  in  dem  etwas 
cesehen  oder  erkannt  wird,  iat  Idbin» . .  Ailfla  wa»  ial,  iat  Aua  dam 
Äther 9  te.iUhar  aber  ist  aus  dem  Wesen,  welches  immeif  dii»^ 
Mibe  tei.vnd  onvwiiHMHib,  oiabt  didc«  nioht  dünn,  iMd  faatb» 
oirirt  lang.*^  H).^  Wie  doa  Feaet  im  Hobe  vtfriwDgen  IM  «od  €m 
ioM  B«lbmi  betonegelifckt  whdy  «o  iatBrahm  WMlwMiar^  dbit 
weiHi  man  ilm  diirf4i  den  heiUgen  Laut  Audi  denkt,  ao  sielilmna 
CrOtt:  %vie  das  Ol  iiu  Samenkorn,  uie  die  Butter  in  der  3Iih;li{  das 
Feuer  liu  HuUe,  so  wird  der  Atom  erta^^t  vo»  denif  «iar  ihn.  4Nlt 
ivahrer  Busse  crMhnnt  ^) 

Das  Göttycbe  kann  nur  durch  Abstreifen  jeden  AagrifTea,  jedes 
Gfiliiiibittriahidira  «fiwat  werden*  »«Wer  ao  wacht,  wie  Jeniand» 
dbr  ^  aaMift,  «id  di»  Z««Mt{ikn  Dieroobkd  der  m^l  nMtt 
•  'iMt,  .obgleich  «t  mo  n&ebt,  der  oihennt  den  Geiets  er  gelaiygf, 
lli0Uaiii.aabi.Mnfc  vntiargegangeii  In  dam  ahm  fiNhata»  BtuhiMi» 

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260 


in  (las  unsiniilichc»,  mit  einer  Eicenschaft  bcgahto,  von  allem  Schein 

der  Theilung  hefrcite  qanze  Brahma.'' ..Her  Herrscher  über 

Alle,  der  da  feiner  ist  als  ein  Atom,  kann  von  dem  Geist  nicht  anders 

erkannt  werden  als  in  dem  Schlafe  der  tiefsteo  Betmchtaag.^<^ 

I)  Chattdogya-TTpaniichad»  TU,  S4j  Windisehmtiiii.  FhllM.  eiß.  8.  1889. « 
•)  Keneschitam-Üpan.  b.  Wind.  1696.  —  »)  I.  Mondaka-Upan.  I,  5  (Wind.  1699, 
u.  Polcy).  —  *)  in.  Mumlaka-Up.  I,  7.  8.  (WimL,  1704;  Poley).  —  *)  Kathak«- 

DpuL  VI,  V2.  13  (Püloy  p.  21  u.  Wind.  p.  1717).  —  •)  Chandojivn  -  Upan.  VI,  2, 
b.  Winil.  17'?8.  —  Atmu-Upan.  in  Webers  Stud.  II,  56.  —  *)  Amritarindu- 
Üpan  r,  8.  'J;  ohend.  II,  60.  —  •)  Tejonudu - Upan.  9—11.  cbend.  II.  64.  — 
«•)  Mandukya-Up.  I,  2;  ebcnd.  H,  107.  —  »•)  VHanfn-Sara,  bei  Wiml. 
S.  1777.  1775.  —  Colebrooke,  Essais,  p.  186.  —  baukara,  Atuia- Budliii, 
ac.  as.  39.  6ü.  G4;  in  Colcbrooke,  £i«atd,  p.  266  etc.  —  **)  £beQd.  p.  169.  — 
>  9Feta9YatararUpan.  I,  13  ele.  ia  Weben  LmL  Stod.  1, 494.  —  >  *)  Vedanta-Siii 
hei  Wiiidiicfanu  8. 1444.  —      Uaan,  XII,  122. 

Da»  bralmaiiiBoke  Uneia  fsl  Mdikcirterdiags  nfcsto  «nderga 
1^        fffana  leere  eine  Sein.  Aber  in  der  kalten  Ode  der 

radikalsten  Abstraction  h&lt  es  der  Mensch  nicht  lange  aus ,  und 
es  ist  fttr  ihn  ein  Bedürfniss ,  dem  völlig  Farblosen  eine  Farbe 
nnd  dem  Gestaltlosen  eine  Gesfalt  zu  leihen,  um  sich  das  Gött- 
liche näher  zu  bringen,  um  Etwas  scu  haben,  welches  ihn  an 
das  an  sich  völlig  Unbegreifliche  erinnert.  An  die  Stelle  des 
kahlen  s^Es^*  oder  „Jenes,*^  dieses  „ich  weiss  niekt  wae«^ 
aetal  der  Indier  gern  ein  Etwas,  üUlt  sieh  den  leeren  Ramn  des 
rdnen  Seins  gern  ndt  einem  Bflde  ans«  wie  die  Maler  die  leere 
SenBenselieilNi  mit  efanem  Mensekengesiekt  filtten;  *-  wiket  er  ist 
8ich  dabei  wohl  bewusst,  dass  diess  eben  nur  ein  Bild  ii»t,  und 
nicht  mit  der  Sache,  d.  h.  mit  dem  Bestimmungslosen  verwech- 
selt werden  dar!'.  Man  greift  da  zunächst  zu  dem  am  wenigsten 
Sinnlichen,  zu  dem,  was  dem  leeren  Räume  am  nächsten  liegt, 
dem  Äther  (Akasa),  den  unsichthareu  und  feinsten' Stoff,  ans 
dem  dnrek  Verdioktimg  alle  andern  Stoffe  entsteken  nnd  der  als 
Lebenriwnek  fai  allen  Wesen  waltet.  Mokstdem  Metet  sfok  das 
Liekt,  dessen  eenerete  Eraekefamg  wfedto  dfo  Sonne  iit,  ab 
efai  Bild  ftr  das  ürsein  dar.  Aber  alles  dies*  sind  seiileeliter^ 
dings  nur  sinnliche  Bildei  iür  das  an  sich  Unsiiinliche ,  sind 
nicht  das  Librahma  selbst,  nur  des.sen  für  uns  wahrnehmbare 
Offenbarungsformen.  Statt  des  im  Schoosse  der  Erde  verborge- 
nen Keimes  nimmt  man  die  hervorsprosseuden  Keimblätter,  statt 
der  dnnklen  GebnrtssCitte  des  Quells  sein  kervorsprndelndes 
Wasser,  statt  des  ürgrnndes  alles  kesÜBunlen  i>asefais  akanrt 
mnn  dessen  Anfang,  statt  derwislskibai'en  Bdlieic  deren  srale 


i^iyui^L^  Ly  Google 


ersckeinende  EntfiEiltuiig ;  so  fasst  man  das  Ureins  als  Urlicht,  der 
Welt  erste  £rscheii)iiiig.  Damm  kann  India  und  die  Sonne  an 
die  Stelle  der  Urguttheit  treten.  Die  ludier  verehren  die 
Sonne,  aber  nicht  so,  dass  ihnen  dieselbe  die  Gottheit  selbst 
wäre,  aber  aack  ucht  so,  dass  die  Sonne  bloss  ein  willkürliches 
Synbol  fär  die  Grotlheit  wäre,  sondern  in  der  Sonne  offenbart 
ikh  Bitthna  weMiaft  und  wirklich,  sie  ial  eine  firecheinuig»- 
fm  Bkalone*«,  aber  eben  darvm  nleht  das  gaaae  Bratuna»  iat 
■iebt  Brahma  in  seinem  wahrhaften  Sein;  die  Senne  ist  mid 
bleibt  eine  Creatur,  wenn  auch  eine  der  höchsten  Creatoren; 
sie  ist  ein  Spiegelbild  Brahma's,  der  selbst  verborgen  bleibt 
Bis  in  die  Gegenwart  ist  die  Sonne  ein  ( roi^^enstand  höchster  Ver- 
ehrung; das  tägliche  Gebet  richtet  sich  an  sie  zuerst;  und  stun- 
denlang unverwandten  Blicks  sie  anschauend  glaobt  der  Weise 
in  die  TidSen  der  Gottheit  an  schalten. 

»Was  ist  der  Bestand  diasor  Weit?  der  Ätlrar.  Denn  alle  We- 
•an  sststebes  aas  dem  Äther»  geben  uster  lo  des  Äther;  der  Äther 
bt  älter  als  sie;  der  Äther  ist  das  Ziel;  er  ist  vseodUch."  >)  Der- 
selbe Äther,  wie  er  draussen  im  Weltraum  ist.  ist  auch  innerhalb 
deä  Herzens»  und  der  Himmel  und  die  Erde  sind  in  dem  Äther  ent- 
halten, und  rl.is  Feuer  und  der  Wind  und  die  Sonne  und  die  Sterne;  .  . 
er  mi  Brahmas  Wohnung,  in  welcher  alles  enthalten  ist;  er  ist  der 
Geist,  Atma/'^)   Als  Äther  durchdringt  die  (Gottheit  alle  Dinge, 
m  Ist  der  „UmuA,*'  ptass»  der  alias  Lehes  in  sich  sehhesst.  ^  Aas 
dos  Atom  eastebt  dieser  Haneh;  wie  der  SelrntteB  hier  an  Men- 
sdbse»  so  wird  an  jenen  diese  eotfidtet  Der  Baach  brennt  als 
Feser,  er  Ist  die  Soaoe,  er  der  Regen,  er  der  Wind,  er  ist  Erde, 
Stoff.  Gott,  Seiendes  und  Nichtseiendes,  und  was  unsterblich  ist. 
Wie  die  Speichen  in  der  Hade.snal>e,  ist  im  Hauche  alles  l'estgc- 
Aiirt.    Als  Pradschapati  vurksf  du  im  Embryo,  du  eben  wirst  wie- 
der geboren,    lodra  bist  du,  o  Hauch»  ao  Kraft,  du  bist  Rudra, 
der  Beschützer;  Vischnu  bist  du;  da  wandelst  in  der  Luft  als 
Soase,  da  der  Lichter  Herr. . .  Diese  altes  ist  in  der  Gewalt  des 
Hauches;  was  in  den  Dreihfannel  weilt"*) 

^Agai  ist  Lieht,  Licht  Ist  Agni;  Indra  Ist  Licht,  Licht  Ist  In- 
des;  üe  Sanne  Ist  Licht,  das  Licht  ist  Sosne.''«)  —  „Das  reine 
Liebt,  von  den  drei  Guna  umhflllt,  ist  die  Ursache  alles  Hervor- 
hiiiigeDs;..  das  Licht,  \\<>iaits  alles  hervorgegangen.** 

,,Aditya  [die  SonneJ  ist  der  Himmel.  Aditya  ist  die  Luft,  A.  ist 
die  Mutter  und  der  Vater  und  zugleich  der  Sobo;  sie  ist  alle  Göt- 
ter^ iat  das  Gehörne  und  was  künftig  geboren  wird/'^^)  »»Brahma 
lethfegl  sich  nicht  vor  dir;  er  ist  b  der  Gestsit  des  Sosseslich« 


i^iy  u^Lo  Ly  Google 


tes  dir  sichtbar.  Das  Licht  der  8onne  ist  die  fircbtalt  des  grossen 
I/ichtcs.'* „Üie  »Sotiiio  ist  die  Pforte  <les  Himmels,".  .  sie  hmt^ 
die  Frommen  „auf  dem  Strahlenuese  ihres  Lichtes  zur  Weit  den 
Brahma.  Darum  Preis  und  Verehrung  der  Sonne/*«)  —  „Die 
8Mltle  ist  Glanz,  Kraft,  Stärke,  Auge,  Uhr,  Geist  [alnui],  ^Mte 
[maots],  Wiod,  Äther  «te.,  das  UaerfonMdite»  Liebe,  „JtaM*^ 
[tMl],  da«  Wahre,  unsterblich^  lebeacKg,  alle«  duvthdihifead«  hMtt 
selig,  Ist  jenes  aus  steh  aelbet  seiende  Brahma,  jener  moStefblMM 
Pnrascfaa,  Jener  Oberherr  der  Wesen.  Vereinigung  und  gtelchtn 
Wohnsitz  mit  dem  Brahma  erlangt  und  gleiche  Kraft,  wer  nlso 
iveiss."®)  Diese  herrliche  i.ohjM t'isiiii«^  deiner,  o  glanzvolle 
Mono«,  brlnu^Mi  w'n  dir  dar:  oiitnu  an  dies**  iikmui"  Kedet  nSfiere 
dich  dieser  verlaugendeu  »Seele,  wie  ein  liebender  Mann  die  Gattin 
«iucht.  M<ige  diese  Sonne,  welche  aile  Wetten  schaut  und  durch* 
blickt,  unser  Beschfltzer  sein.  Lasset  uns  nachdenken  über  das 
anhetnngswQrdige  Licht  des  gdttUehen  8avUri,  mSge  es  unsere  Ge> 
danken  leiten  etc.|"  so  lautet  das  uralle,  aus  dem  Rigveda  sIsm» 
mende,  tftglich  gesprochene  Hanptgebet,  Gajatri,  genannt 
Dte  8onne  ist  „die  Seele  von  allein,  was  fest  ist  oder  beweglich: 
lifuss  der  8unne,  dem  Lichte,  o  Brahma,  Licht  des  Durchdrin- 
gers,  der  Erzeuger  dos  Weltalls."»)  Am  gewöhnlichsten  helsst 
die  8üunc  ,,aiics  überschauend  und  durchblickend,  Zeuge  der 
Handlungen  der  Menschen.**  '*'*)  Diese  Verehrung  der  Sonne  n)s  der 
Urgottheit  erhielt  sich  bis  in  die  sp&test»  Zelt;  „diess  Weltdl, 
heiest  es  in  einem  Pnraua,  int  ausgegangen  vou  der  Sonn«, 
es  wird  sEurflekgehen  in  die  Sonne,  um  in  Ihr  seine  Vemichtnng 
SU  finden/' 

')  Chandogya-Upan.  I,  8.  bei  Wind.  1718.  —  •)  Ebend.  a.  h.  U.  1356.  — 
•)  Tra^na-Upan.  II,  1;  I,  1  ete»  in  Weben  Ind.  Sttid.  I,  445.  ^  Sana- V.II, 
9,  2,  S.  —  Upfui.  des  J«4|iUTeda  b.  Wind.  1618.  —  •)  Higv.  I,  h.  89.  —  ^  Ifas- 
dnkjra'lIlMW'  bw  Wind.  1818.  —  «)  Ebend.  1317.  —  *)  Mahanaraym-Upen.  XV; 
in  Webe»  Ind.  Stnd.  II,  94.  —  Asiat.  Ret.  Vm,  400;  ygh  Nonv.  Jonm* 
At.  XTV,  89;  Wlndiflehm.  799.  —  ")  Wind,  a.  a.  O.  —  <•)  Liiasen,  Ind.  A.  I, 
919.  ^  1«)  Bei  Wind.  868. 

§  89. 

Das  Brahma  ist  nichts  ik  die  auf  ihre  ElalMiil  antfiokge* 
führte  Natur,  das Natür- Eins,  die  ehdiriClMie  Graadlage  aller 

natürlicben  IHnge,  ibi  iticht  mehr  und  nicht  wmiger.  Gott  ist 
der  in  sich  bestimmnnpjslose  Weltkcim,  die  unenifaltete.  in 
ihreii  einigeu  (»rmid  /urücki^esctzte  die  li,iiih(  it.  aus  wel- 

cher die  Vielheit  sich  ciitlaltct.  Gott  und  Welt  sind  noch  dem 
Weseo  nach  eins,  es  ist  zwischen  ihnen  nur  eUi  Untensdned  der 


I6S 


Fem;  €M  ist  die  ■niHMincngnfiiltctQ  Wdto,  tmä  die  Welt  in 
dermriMttdergefallete  Gott 

Dieser  Gedanke  iiiuss  klar  nud  scharf  gefas^st  vvciileii;  er 
ist  wesentlich  verschiedeii  von  der  chiuesisclieu  Idee,  8o 
wie  von  der  den  ludiern  so  oft.  luiil  vrdlip;  irrig  zugeschriebenen 
Idee  de^^  Monotheismus,  hi  China  entialtet  die  Urkraft  nicht 
sieh,  sondernden  Urstotf,  der  neben  und  ausser  ihr  ist,  und  die 
wiiidklie  Well  ist  nickt  die  aus  einandergerollte  ürkrefti 
Medem  daa  leeiaaiider  der  Kraft  und  des  Stoffe.  In  ladieii 
dagegen  iat  die  Welt  grade  nur  die  entialtete  Urkraft;  es  iet  in 
der  Wek  sehleeiiterfliugs  niehts,  was  DSeht  sobon  in  dem  Ur- 
ue'm  wäre,  nur  in  anderer  Form;  neben  und  ausser  dem  gött- 
iicben  Brahma  ist  nichts,  und  in  dem  Brahma  ist  auch  kein 
Unterschied,  keine  „Zweiheit.  —  Im  Monotheismus  ht  die 
Weh  etwas  wesentlich  Anderes  als  Gott,  ist  nicht  bloss  der 
entfaltete  Gott,  sondern  von  Gott  ihrem  Wesen  nach  unter- 
schieden. Gott  ist  da  nicht  bloss  das  Wesen  der  Welt,  ist  aiacli 
nieht  bloaa  der  Oraad  für  die  Welt^  soodem  ist  etiiras  au  sieh 
uad  flr  aick;  das  indisoke  Brakma  ist  dagegen  nar  Gtimd 
ftr  die  Welt^  kt  niehts  an  sick  ond  nickts  filr  sieh,  ist  aiekt 
seinetwegen  da,  sondern  nur  um  der  Welt  willen.  Im  Mo- 
iK >t}K'i.«inius  ist  Gott  als  ein  für  sich  bestehendes  Ursein  wirk- 
licher, persdnlicher  Geist,  welcher  die  Welt  lVe>  schafft,  ohne 
üidi  selbst  zu  verändern  und  sich  an  sie  auizugeben.  Das 
indische  Brahma  verwandelt  sich  in  die  Welt;  Gott  ist  die 
Einheit,  die  Weit  ist  die  Siunme  der  in  ilire  Bruchtiieile  zerlegten 
£iBiieil»  jedes  Ding  ist  ein  Brook  Gottes;  und  die  fitolieit  ist  in 
der  Summe  aller  Bnieklkeile  wokl  vorkanden,  aber  eben  als 
ebe  gebrochene.  Das  ist  das  reine  Gegentkeil  der  monotheis- 
dichen  Idee. 

Das  Brahma  ist  Geist  nur  in  dem  niedrigsten  Sinne  des 
Wortes,  nur  insofern  <s  nicht  Stoff,  sondern  wesentlich  Kraft 
ist,  —  es  ist  aber  nimmermehr  Geist  als  selbstbcwusstes,  den- 
iuades  und  wollendes  Wesen,  ist  nickt  Persönlichkeit; 
alle  an  sol<die  geistige  Prädieate  anklingenden  Bezeichnungen 

Urwasens  sind  dem  ganzen  Znsammenkang  des  indischen 
Bewassiwtino  gemäss  nnr  als  .poetisebe  Personifioation,  als  bild« 
Geier  Ansdrnck  au  fassen »  sind  eine  die  -Natnreinkeit  verber- 
s;ende  Maske.  Wenn  die  Sonne  als  die  alles  wissende  er- 
scheint, so  bezeichnet  das  niclu  ein  wirkliches  ÜLWu^stscin, 
sondern  nur  die  alh  s  «iure  iidringendc  Macht  des  göttlicheu 
üchtsSy  ivobüi  .ireiUch  noch  das  reügiüse  iUement  Innautrltt, 

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SN 


dass      Uekt  ab  eine  gdtiltehe  Meebt  in  eine  widUinfce  Le* 

bcihsbezichung  zu  den  Dingen  tritt,  dass  alles,  was  geschieht, 
im  Bereiche  des  g(>ttlichen  Lebens  geschieht,  und  dasselbe 
berührt.  Diese  innere  Lebeiisbeziehung  ein  \V  ii»seu  und  Fohlen 
und  Wollen  zu  nennen,  liegt  der  Vorstellung  sehr  nahe,  wir 
dürfen  aber  schlechterdings  nicht  unseren  höheren  Begriff  des 
Geialee  auf  diesen  Natargeist  übertragen.  Die  völlige  T.eer- 
helC  dea  indlsohen  Gottesbesriffes  gewlUirt  freilieh  Gar  jede 
tragung  bequemen  Ranm,  vnd  die  den  gans  ebetraoten  Begriff  des 
leeren  Sems  dem  Bewasstsein  nflher  bringenden  bildllehen  Vor- 
stellungen sind  als  bildernde  Dichtung  sehr  geeignet,  auch  fremde 
Gedanken  in  sie  einzulegen;  aber  grade  deshalb  müssen  wir  uin 
so  zurückhaltender  sein,  und  nicht  unseren  Ideeukreis  in  den 
so  ganz  fremdartigen  indischen  liineinschieben. 

Dass  es  mit  den  Prädioaten  des  Wissens  und  WoUens  nicht 
Emst  ist,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  das  bestimmte  £r- 
kennennnd  das  Selbstbewnsstseiannd  der  beatimnite  Wille  nieht 
der  wahre  Zustand  des  mensehUehen  Geialea  sindy  aondeni 
grade  das»  was  nieht  sein  soll;  alles  Erliennen  und  Wollen 
setzt  Unterschiede  voraus  und  gehört  der  Welt  der  Vielheit  an, 
und  Gott  würde  durch  ein  wirklichem  AUc^ wissen  in  das  Gebiet 
der  Vielheit  hineingezogen  werden,  und  diess  weist  der  Brah- 
mane  entschieden  zurück.  —  Untergeordnete  göttliche  Mächte, 
die  in  das  Bereich  der  Creaturen  gehören ,  mögen  selbstbewusste 
und  frei  wollende  Wesen  sein;  das  göttlk^e  Wesen  ist  es  nicht, 
oder  ist  ea  nur  in  dem  Sinne,  daas  es  in  allen  denkenden 
Wesen  wohnt  und  deren  denkender  Geist  selbst  ist;  in  den  Crea- 
toren kommt  Brahma  aum  Bewasstsein* 

Nach  dem  Auftreten  des  Christenthums  finden  wir  aller- 
dinp^s  in  den  indi&ehen  Schriften  bedeutsame  Spiirei»  eines  christ- 
lichen Eiiißusses  [§  82].  Da  treten  Gedanken  aiil ,  welche  über 
die  aUe  Lehre  weit  hinausgreifen,  ohne  aber  den  pantheis- 
tischen  Charakter  abzustreifen ,  und  ohne  die  Idee  des  absoluten, 
persönlichen  Geistes,  Schöpfers  Himmels  und  der  Erde  wirk- 
lieh au  erftasen. 

„Das  Brahma  hat  swei  FenneD,  gestaltet  [als  Welt]  ued 
gestaltlos  [als  Gott],  steibBeb  und  uosterbHcfa,  feststehead  und 
gehend,  seiend  [als  wirkliches,  bestlawites  Natoiaeio]  und  jeaea 
(tjad)."0 

Von  einem  Alhvissen  des  Brahma  ist,  besonders  iti  der 
nachchristlirheii  Zeit,  oft  die  Rede.  Er  ist  ailcrkeanend.  Er. 
desseo  Geist  weilt  lo  der  Luft,  der  im  Gemüthe  Walteade,  der 


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Ftker      AAiema  und  dw  Leibe»,  der  da  gegenwirtig  int  in  der 

Nabrnog,  aod  das  Herz  lenkt/^^)  Die  richtige  Bedeutung  diese««  All- 
Husens  geht  6chon  liaraus  hervor,  dass  dasselbe  vorzugsweise  der 
Sonne  beigelegt  uird»^)  der  ,,strahleudeii,  glauzvoUeu  Sornie.  wel- 
che alles  schaut  und  durchblickt"  „Sechs  Mauate  hindurch 
hei  ihrer  südlichen  Wandennig,  giesst  die  Sonne  Wasser  aus;  drei 
lloMte  könnt  der  Regee  von  ihr  bereb,  drei  Monate  giebt  sie  deo 
Tlra«  Id  den  eecbe  Meoateo  Ihrer  DvrdliclMNi  liVeiideiuDg  von  der 
.  Kllto  dwch  Ae  Blmneexeii  bie  inr  heebetea  GÜath  beiset  ele  die 
Allee-Wieeeede.'**)  Ahm  dw  so  biege  ist  sie  aliwissead,  als 
sie  nicht  von  Wolken  bedeckt  ist;  diese  Stelle  ist  wichtig  für  die- 
sen Bec^rr. 

Das»  iu  der  späteren  atythuiogischen  Zeit  bis^v  rik-n  am  h  auf 
das  Urbrahma  die  bei  den  Mythen-Göttern  vorkommeudeu  geistigen 
Eigenschaften  übertragen  wurden,  darf  ans  nicht  wundern;  und  wenn 
io  der  sp&teren  Veclanta-Pliilopiiie,  auch  bei  Sanicara,  viel  von 
tbtmk  ^nkeoden  nnd  allwissenden*' Bnimia  gespfoohen  wird/)  so 
wird  diese  Geistigkeit  durch  die  gfeiebzeltigenErkllrungeo  über  die 
vSUigelieere  des  einheitlichen  Brahma  wieder  angehoben;  und  der 
ivabrscheioliche  christliche  Kinfluss  macht  ohnehin  diese  späteren 
Gedanken  in  Besieboog  aui  die  Beurtheiluog  der  indischen  Lehre 
iweifeJhaft. 

In  den  meisten  Füllen  besteht  Brahmas  Feistigkeit  einzig  in  seiner 
Bedeutung  der  einheitlichen  Urkraft,  in  seiner  reinen,  stofllosen 
iinbeit,  und  sein  geistiges  Walten  ist  nur  das  Vernnnftgemlsse  der 
is  der  Welt  waltenden  gOttUcbenKraft,  ttad  eigentliches  Denken  und 
Wollen  keamt  ihn  nur  in  dem  Sinne  sn,  dass  er  in  allemDenkenden 
«He  wesentiidbe  Madit  ist;  des  Menschen  Denken  ist  Brahmas  Den- 
ken, und  da  die  creatürlicben  Gotter  eben  nur  menschliche  Wesen 
TOD  höherer  Vollkommenheit  sind,  so  ist  der  denkende  Geist  der  Einzel- 
gotter  auch  der  Geist  und  das  Denken  Brahma's;  aber  das  ist  nicht 
Bfahma  in  seiner  Wahrheit,  sondern  in  seiner  i^ntiusserung.  Dieser 
Uiteischied  muss  festgehalten  werden ,  wenn  wir  die  vedische  Idee 
vemtebea  weJlen.  In  seiner  Wahrheit  ist  Brahma  nicht  denkendes, 
keies  Selbeflieivasstsein)  er  ist  es  aber  in  seiner  creatOrllcben  £nt- 
fidling.  —  »Was  ist  dieser  Geist;»  dtss  wfar  Ihn  yerebren  mOgen? 
bt  er  das,  wodnreb  der  Mensch  sielit,  bSrt  etcf  Ist  er  Empfin- 
dong,  Kraft,  Begreifen,  (iediirhtniss,  Wunsch  oder  Verlangen  etc.? 
—  Alles  dieses  sind  nm  verschiedene  Namen  des  Bepreifens;  aber 
dieser  Geist,  bestehend  in  der  Kraft  des  Begreifens,  ist  der 
Brahm4,  er  ist  Indra,  istPradschapati;  diese  Gdtter  (deva)  sind  Er  ; 
«boMe  sbid  es  die  füinf  Elemente,  etcj  alles,  was  iigend  lebt  and 


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geht  oder  fliegt  oder  «ras  «nben  eglich  iet«        diese  let  des  Aage 

der  Erkenntniss  fdurdb  damtefbe  vrird  Bralmift  erimmit].  Aef  Ver- 
stand ist  iculiches  Ding  gegründet.  Die  Welt  ist  dai*  Autye  des 
Vrrstaiidi  s,  und  Verstand  ist  ihre  Orutuiiage.  Erkenntniss  ist  der 
UroMse  (Brahma).**«) 

WichtM^  ist  hierhei  die  Art,  wie  Manu,  der  sich,  fem  von  philoso- 
phischer Tiefe,  am  liebsten  in  volksthfimlich-concrelee  Anmiräekea 
bewegt,  also  die  Penoeificatioo  der  NatnmiStbte  stark  Iiervtnrlieht, 
Gottes  Wissen  Ketrachtet.  „Die  Sfleder  sagen  ni  ifcresi  Hema: 
Niemand  sieht  ans;  aber  die  GOtter  beobachten  sie,  ebenso  der  Geist 
f  Pnroscha],  der  in  ihnen  wohnt;  die  fiehtttxgOtter  des  HiflNselj)  etc. 
kennen  die  HandliTiiacii  aller  WcHcii.  Wenn  du  sagst:  ich  bin  allein  mit 
mir  ,  Sil  w  nlwit  in  ilciiieni  Herzen  immerdar  jenes  höchste  Wesen, 
als  auluicrk-Hamer  und  sehweij^ender  Beoharhtpr  von  allem  (inten 
und  allem  BOsen;  dieser  Richter ,  welcher  in  deiner  8eele  wohnt, 
ist  ein  strenger  Richter,  ein  nobeugsanier  Vergelter.'*''')  Also  die 
creatArii<jhen  GWer,  peisoaifidrt,  sind  die  Wissenden,  das  Brahnui 
aber  nur  Insofern  es  In  memehllcbenflenen  wohnt,  also  als  die  im 
Menscben  lebende  Gottessthame,  das  Gewissen;  nur  in  sctaerVefen- 
zeluug  undEntSvsseningfsl  Brahma  wissend,  nlefat  als  Gott  aa  sich. 

In  ncirlier  W^oise  einiije  Schriften  aus  der  Zeit,  ^vo  die  Indicr 
mit  dem  ( liristentUum  in  Berührung  gekommen,  die  alte  Vedenl<*hr. 
gestalten,  davon  giebt  die  ^«veta^vatara-Upanisehad^;  ein  Beit»pici. 
,,Es  die  («russe  Gottes  in  der  Welt,  wodurch  diess  Brahmarad 
[der  Weltkreis]  sich  rollend  dreht.  Ihn,  den  liOcbslen  liemi  der 
Herren y  die  hOcbste  Gottheit  der  Gottheiten,  laset  uns  erbBanca; 
niebt  glebt  es  lllr  ihn  ehi  SrsebafTeMS  noch  ein  SdHiireades;  nicht 
whrd  ersohaiit  ein  Ibm  Glelcber  oder  BßlMrer;  sein  ist  die  bSehste 
Kraft;  Tersdrieden  wird  sie  [in  der  BrBeheiminfl  besebiieben,  die 
von  Natur  ihm  eigene,  durch  Wissen  tind  Kralf  wirkende.  Er  ist 
der  eine  (intt,  in  allen  Wesen  verhorgen.  des  Alls  Ertüller,  aller 
Wesen  innere  Seele,  der  Oherlierr  der  Thaten,  alle  Wesen  he- 
wohneod,  der  ^euge,  der  Ali-Einige.  Eigenschafltslose;  den  Wei- 
sen, welehe  diesen  bi  der  Seele  ruhenden  erkennen,  denen  ist 
ewige  Freude.  Dieses  (tad)  Ist  Dieses,  so  danken  sie  aabe* 
scbfeiUfcb  das  bdehste  GHiek;  wie  sollte  leb  dIess  erbeoaea,  ob  es 
lenktet  oder  nidit  leocbtet?  . . .  ibm,  den  Leacbtendea,  leaebtet 
alles  naeb,  ton  setneni  Liclit  ist  alles  diens  eriettcbtets  ..  erlst 
das  Feuer,  thronet  in  dem  Wasser;  ..  er  schalli  alles,  weiss  alles, 
entstanden  durcfi  sldi  seihst,  der  in  der  Zeit  zeitlos  ist  und  alle 
Eigenschaften  spendet,  alles  Wissen;  er  ist  der  Herr  der  Aiatur  und 
der  fiinaeiseele,  vertbeilt  die  Eigensebaftea  etc*"«)  Als  AMgott 


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S67 


pli  Ii  in  I*u«li»i  Das  ist  nicht  christlicher  Motmthißi^iniu^,  aber  auch 
nicht  inohr  fciiier  intliscfier  .Naturalismus:  zu  jetipru  fehlt  die  Aner- 
kennung (icr  Wirklichkeit  und  den  :$elh8tiltäiidigcii  Bestehens  der 
Welt,  sowie  der  unzweideutfitere  Be«?riff  der  wirklichen  Geistfigkeft 
Miw.  JOAsUrtMl  über  dieEntwicketung  derGotteitidee  bei  denln- 
■diMtt  wM  abrigen»  dadurch  sebr  einschwerf »  das«  wir  Ober  die  Eni* 
«tebasgftzeH  der  eincehieB  Vedentheile,  die  ja  bevtinunt  um  mebr  als 
eieJcbrIauend  auseiiMiider  liegen,  iiocb  Mbr  inUngewimbeit  Kbid. 

Brahmanen  der  Netiseit  erlauben  sieh  manchmal,  die  ganze  alte 
Lehre  allegorisch  lieiitiMxl  als  reinen  Monotheismus  zu  fassen. 'o) 

') Brihad-Arfuijaka  IT,  .1.  1 ;  La«  "n  I.  8.  7  75.  —  II.  Mundakii-Upan.  II,  7.  8. 
(Wind.  1703.  Poley):  unu  soiüt  oft,  i.  B.  Kio;v.  iM.X.  11.  —  ')  Rigv.  I,  h.  35.  50.— 
*)  i'ii^ua-UptiD.  b.  Wind.  S.  1300.  —  ^)  VwlaiitH-Suftt  v.Utnmur  Frank,  S.  1.  6.  7.  88; 
TgL  Wittdiachiu.  S.  1775.  —  iViurcya-Aruiyaka  1».  Wind.  1590.  —  ')  Manu,  VUi, 
9k  86.  91.  92.  —  ')  Webers  I]id.Sta(L  I.  420.  —  *)  VI,  l.  7.  8.  11.  12.  U.  16. 17. 18. 
«.«.0. 6.  437.  —  **)  Ratn-Mohnn^Koy  In  ColebrdoM  Ewais,  p.  377. 

b)  Die  Lobre  der  Epen  und  der  «pätecon  Zelt. 

§  90. 

hl  dein  Zeitalter  «l^r  grossen  Epen  «jelit  ilie  mehr  den  ob- 
jectivcn  Nntiii  eharakter  des  göttlichen  Seins  lesthaitende  X'eden- 
lehre  in  eine  die  Natiirmächte  mehr  vermenschlichende  Mytho- 
logie über;  die  aus  demTIrsein  enseugten,  frülier  nur  in  blasser 
ndTerediwimiender  Pevsonlficiriitig  auftreteadeii  Mädue  'WW* 
doi  sdrihfer  diid  sinnlich  tesbarer  ansgefirftgt)  ans  dem  rein 
gegenstindttobeM  Natursein  mebr  in  das  Menscblicbe  faereinge« 
iQgiBiS  der  fandiai^e  Pantbeismus  erbAtt  einen  scbwadk  poly« 
dicistiscbeii  Anfing;  das  blosse  Natnrlebeii  gebt  in  eine  einiger* 
massen  geschichtliche(icsraltung  übei  ;  an  dieStellc  des  blossen 
Wahens  von  Naturkräfte«  treten  Handlungen;  aus  der  Kosmo- 
2:onie  ^vird  eine  Mythologie,  an  die  Stelle  des  Gedankens  tritt 
die  dichtende  Phantasie ,  die  Theologie  wird  von  der  Dichtung 
getragen.  So  gestaltete  sich  die  Religion  in  der  Masse  des 
VoUlsss  iii  den  Kreisen  der  lieler  Forsebenden  erbieh  sieh  frei* 
Üeb  der  reinere  Gedanke  der  Vedenseit»  der  selbst  in  der  hoeh- 
geprfemien,  seltsam  elngeileefatenen  Episode  snm  Mababharata, 
der Bbagavadgita,  scharf  und  bestimmt  sieh  ansspriebt,  ondandi 
Her  eigentliche  Kultus  bewahrte  die  alten  Ideen;  aber  das  Volk 
selbüt  entfremdete  sich  diesen  immer  mehr,  und  ergriff  die  lass- 
lieheren  Bildungen  der  dichtenden  Phantasie.  Die  Theologie  der 
epischen  Gedachte  ist  nicht  eine  höhere  Kntwickeluiig  der  Ve- 
denlehre,  sondern  eine  durch  das  Hervortreten  dar  sinnlrchen 
Veistellaig  Umkki»  VeraeMtmig  der  tieftiMrisnn  CMnokeD, 


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<68 


doe  proftne  Vermlflicliiiiig  des  Ofaerweldidieii,  eine  VeikSr* 
fierang^  des  UnklSrperiidieD,  —  wie  ja  die  VeikOiperuiigen  Vi- 

bcliim's  den  Hauptinhalt  dieser  Dichtungen  bilden;  es  ist  eijie 
Auffassung  der  Gottheit  vom  Standpunkt  desLaienthums,  beson- 
ders der  Kriegerkaste,  im  Gegensatz  zu  dem  vom  Standpunkte  der  ! 
Brahmanen  ausgehenden  Vedeniehre.  —  Diese  Umgestaltung  der 
alten  Veden -Lehre  beginnt  in  der  ImA  vob  600  vor  Chr.;  die 
ältesten  buddhistiseheii  Schrüken  Jcenneo  aoeli  dea  ladra  als 
kdohstenGott«)  I 

Das  göttliche»  einige  Uiseia,  jeder  Diobtaag  aad  Yerw 
menscbliehaag  sieb  eateiebend,  bleibt  aaeh  in  der  episcben  Ver- 
stellung das  übcrweltliche,  unsichtbare,  nicht  ofTenbarwerdeude 
Brähiiia  oder  Parabralnua.  in  sich  verschlungen  iii  heiligem 
Dunkel  ruhend;  an  dieses  ewige  Ureins  wagt  die  bilderndc Dich- 
tung sich  nicht,  es  bleibt  im  geheimnissvoUeu  Hintergrunde 
verborgen;  es  hat  keine  Mythologie ,  keine  Tempel  and  keiaea 
Kult.  2^ 

Dieses  Brabma  entfaltet  sieh  naeb  der  der  iadisdieo  Idee 
eignenden  Drei&ltigkeit;  nvr  treten  an  die  Stelle  der  alten»  eat- 
weder  gar  nieht  oder  nnr  sehr  schwach  personificirtoi  Natar^ 

mächte  bestimmter  gezeichnete  Göttergestalten,  im  Namen  und 
in  der  Form  von  jenen  verschieden,  im  Wesen  mit  ihnen  eins. 
Die  alten  Vedengütter  liabeu  in  der  epischen  Mythologie  zum 
Theil  eine  andere  Stellung  eingenommen ,  die  ehemals  höchsten 
werden  Götter  des  zweiten  Ranges,  und  andere  treten  in  ihre 
Geltang  ein;  der  schwankende  Charakter  der  gaaa^  Tedischaa 
Göttergrappirvng  ist  der  dichtenden  Willkür  j^rdsgegebea.  Die 
entfaltete  DreilUtigkeU  ist  aaa  folgende: 

1.  Die  Gottheit  des  Entstehens,  des  Anünigs,  des  lichtes, 
des  Himmels,  der  Sonne,  —  derBrahmä,  —  entsprechend 
dem  vedischen  ludra. 

2.  Die  Gottheit  des  Bestehens,  des  lebendigen  Daseint»,  der 
Lebensbewegung,  der  Luft,  der  Oberwelty  —  Visehau»  —  ent- 
sprechend  dem  vedischen  Varuna. 

%.  Die  Gottheit  des  Vetgehens,  des  Zerstöreas»  des  ladea» 
des  vefsehreaden  Feaers«  der  danklea  Unterwelt,  9^^^ 
entstaaden  aas  dem  yedisdien  Agni« 

Diese  Trimarti,  spater  syad^oliscb  dargestdlt  als  ein  Leib 
mit  drei  Köpfen,  —  findet  sich  weder  ifi  den  Vedeu  noch  bei 
iVIanu,  sondern  gehört  der  Epcuiseit  an.  Vischnn  and  ^iTa 
haben  in  den  Veden  eine  untergeordnete  Steiiuiig. 

Aasser  diesen  drei  hervorragenden  Göttern  £adea  wir  in  dea 


^ly  u^Lü  Ly  Google 


160 


Epen  eine  groBHe  Zahl  anderer,  wtlclie  theils  aus  derVcden- 
Lehre  überkonunen  sind,  theüi»  neu  auftreten.    In  Jra  erscheint 
immer  noch  als  Himmelagott  und  als  Fürst  über  andere  Götter, 
iber  steht  doch  niedriger  als  jene  drei.   Die  Gdtlerwelt  tritt  in 
«IrainKeli-aiwchavlidier  Weise  auf;  dem  Sfonengeaim  wM 
nchvii  ffinmel  gehvMigt;  die  Gandharveiiy  die  hfanmlisehen 
Mesiker  «nd  TAnaer,  Bnd  die  Apsaras,  die  üppigen  Nymphen 
der  Lust,  spielen  dabei  eine  bedeutende  Rolle. ')[§  84].  Diese 
GiiUcr.  —  das  Urbrahma  natürlich  ausgciioininen,  —  sind  von 
dem  Menschen  nur  <]ein  Cirade,  nicht  dem  Wesen  nach  unter- 
schieden, und  die  Frommen  treten  in  ihre  Reihen;  sie  haben 
einen  feineren  Kdrper  als  der  Mensch,  einen  Ätherleib,  dem 
Menschen  an  «ich  nnsichtbari  mühelos,  ohne  Schweiss  und  die 
£rde  nieht  berfUnrend;*)  oder  sie  lenehten  ala  die  Sterne  am  Him* 
nd.^  —  Ber  Anfentiiak  der  Götter  wird  mit  den  gühendsten 
F«ben  der  Slmriiebkeit  gesehildert. «)  —  Niedere  Geister  sind 
ttUreich  überall,  gute  sowohl,  die  Suren,  als  böse,  Asuren.'') 
Neben  jeden  der  «grossen  Götter  tritt  in  der  späteren  Mytho- 
b^e  eine  weibliche  (>ottheil  (Sakti).  Diese  in       Veclen  nur 
sehr  selten  und  nur  andeutungsweise  berührte  Vorstellung  ent- 
spricht ganz  dem  Wesen  der  späteren  Religion.    Die  Tcdisohen 
G5tter  stdkn  üiNiraU  nnr  die  ideelle  Seite  der  Natur,  ihre 
Kräfte  dar,  wlbrend  das  Materielle  gana  in  den  Hintergrand 
liiit;  IMit,  Lnft,  Feaer,  das  sind  die  gUttliehen  Wesenheiten; 
dm  Dasein  hestebt  ftst  gaua  aas  Krillen  olme  KOrperiiehlceit; 
mir  die  active  Seite  der  Natur  wird  erfasst.    Die  Auffassung 
der  epischen  Zeit  bringt  diesen  Idealismus  der  fassbaren  Wirk- 
lichkeit näher;   die  materielle  Welt  kommt  mehr  zu  ihrem 
Rechte;  es  tritt  hier  neben  die  active  Kraft  auch  schon  eine 
^sive  SeHSy  ein  ruhendes»  weibliches  Dasein;  die  Natur  wird 
hiadhMeher,  vorstellbarer,  stellt  sehon  mehr  einen  Gegen- 
•ata  te,  and  die  Einlieltsidee  der  Veden  erhält  eine  sehwach 
daalistisehe  Sdkattining;  jeder  mimiHehen  Gmtermacht  ge- 
SaMer  eradieint  eine  weüiliclie,  empfangende,  passiTe»  den 
ObaralUer  des  ruhenden  Seins  zeigende  Gottheit. 

1.  Der  BrahinUl,  Itidra's  Stelle  als  Himniels-  und  Notiiieii* 
gottheit  erHcheinend,  i.nt  des  l^rbrahmaV  eri*te  wirkfirhe  Erscheinung, 
iüfil  «ich  aber  uuch  nicht  »charf  von  ihm,  sondern  verschwimmt  bis* 
weilen  diromerig  mit  demselben.  „Brahmft,  der  ewige,  bestfindige, 
ravetgSagliche«  ist  aas  dem  OherMdicfaen  entsprangen;«*)  er  ist 
das  eiste  Sladlani  la  der  EatlhllaBg  der  Uifatthelt,  Ist  der  Giand 
ilr  aHe  folgende  GalwicfcelaDgf  asd  daher  WeMMMser,  „der  €hoss- 


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f^mter  der  Weit,*«»)  „GHimler  uwi  Ledlrer  der  Weie^o)  Br 
steht  unter  den  epUcheu  Göttern  noch  am  meisten  in  tler  Feme  dci» 
blasnen  Hintergrundes,  tritt  am  wenigsten  ein  in  das  bewesrltehe, 
farUenreiche  lieben,  int  nicht  eiu:cntlich  Va)ksg:ott  gcwortleo,  und 
VOD  des  Mytbeabtidung  fast  i^ar  nicht  berührt;  er  hat  ^ehr  settea 
einen  Tempet  und  AJtftr;  wiewohl  einiger  Kult  und  Feste  ihm  lu 
TMI  wurde»}  dftB  tigltoli  «i  die  Sonae  gencbtale  «cMit 
doch  aufdi  si  Bralmi  sellut  eine  BMiiehiwg  f^babt  £u  faabeii;  aiHi 
die  a|KKteren>40Qwl«ro  Brahaavmbrar  aldbeft  ia  der  aii%ebeadcii 
Sonne  «eio  bftehetee  Symbol,  i«)  Brabma  wird  dargeetoUt  nit  ficr 
Köpfen,  nodurch  wahisrheiniieh  seine  üetiscbaft  über  die  Tier 
Weltcfeijenden  hezei<  Imet  w  kil. 

Wie  Hrahnii)  .seihst  als  das  erste  OlVenharwerden  des  IJrhrabitia 
erscheint,  das  Licht  aus  dem  duni&len  Urgründe,  so  stellt  setue 
iveibliclM  Seitei  «eine  SalUii  Saraavati«  «obon  ia  deo  Vedeu  ge- 
naiHitv'ft)  das  enteprechende  paaehr«  Monmt  ,4ar»  daaReaoitat 
jener  thitigeo  Kraft.  Sie  iat  daa  beeoaderle,  gelbeiite  ead  lae«* 
aer  Tbeilttng  geerdaete  Daaelai  eie  lel  die  GOMb  der  Offdaug, 
der  Harmooie,  die  Gütih  de»  Ebenmaaaaea  ia  allen  Hingen,  daher 
auch  der  Poesie,  der  Hcdckunst,  der  ISprache  und  der  klaren  Er- 
kenntni^s  üb(;i  haupt.  Wo  ein  unterschiedenes  und  in  seiner  Tbei- 
lun^  geordnetes  Da?^crii  i«t,  daisi  Resultat  des  W  irkens  Brahma>.  »!  * 
atelU  «ich  die  Sarasvati  dar.  Sie  gilt  noch  jetxt  als  die  Güttiu  iler 
Sprache;  man  ruft  sie  an,  wenn  man  die  Kinder  reden  oder  leseo 
Miren  will;  auf  fittdern  hat  «ie  eui  6«eh  aller  eiaJiflaibiaelwMWit 
ia  der  Hand,  i^) 

2.  WShrend  der  BimbinA  daa  Llchtwerden  dee  dnoble»  Cfeeial^ 
daa  aafangeiide  Daaein  auadrficbt,  tat  Vlacbaa  daa  wtrfaMi  ge- 
wordene, bestehende«  lebendige  Dasein,  die  selbstständige  Lebeeft' 
gestalte  lir  ist  die  GoUiieit  des  heu  eete«  Lebens  in  jeder  Be- 
^leutuns:  <les  Wortes.  Danim  ist  er  aiuh  \ (ilksjljiinilictier  ai« 
der  Ürahiaft;  er  verschwimmt  nioht  mehr  mit  dem  leeren  Lrbrahma, 
aondero  stellt  die  färben  volle,  wogende  WirhUchkelt  selbst  dat; 
die  VedaotapbMoaopbae  wflrde  JM  da»  Biabaia  im  acMier  ^Oesten 
EntSuaaernng,  ia  aeiaei>.tMwabietaa.Oe«lallii«liaeo„  difi-CMlbaii 
welche  daa  epiOallAteUfwife.iadleeerfiutraUM  Viacbaa 
hit  eigenUkdi  der  der  vitkllebeit  Welt  ebrnrohaeade  fietl  lai.fiiigea- 
Satze  2U  dem  überwcltlielien  cini!?cn  IVeott:  er  ist  es.  der  »ieh  Är 
die  Welt  der  Dinge  interes^ji  t.  und  ihr  L>a.>»eiit  üaj;t  und  be>v.ihrt, 
ist  <lcr  erhaltende  Gott.  Wird  da«  All  als  ein  Kreis  «redacht,  so 
ist  das  Urhrainna  der  Mittelpuaht.,  der  Uruhma  ist  der  \uii  diesem 
aaageheude  äitnihl  oder  Uadiaa»  und  ViiadMNi  laA  die  an  atoer  con* 


tti 

twtei  TOAliifcheit  giFOftoie  F<ripli6tte>  ller&iliiamliltneh 
«'VigplüM,  wie  fo  «MMr«ni  Welteyston  die  Senne  zun  Pkneten; 

mir  auf  dem  letztern  ist  das  aus  dem  Gegeoc»atze  von  beiUeü  «ich 
eotwickelude  organische  Leben. 

ZunHcbst  ist  Visclinu  tiie  i>«ttheit  des  brw  ei;tefi  Elementes,  der 
Lnütund  des  Wassers,  wie  Varuria;  so  ächoo  in  den  Vedeu.  iSeiu 
Nase  bedeutet  „der  i>arehdringer/'  »^um  grossen  Viedmu, 
den  Unrat  •umgebenen  y  sMg  euer  Snng,  «loi  MelitigM»  auf, 
im  Ofiferer,  nehto  veneirenden»  nmn  Sterken,  der  ntvnnbmrir- 
kedden  C^nte.''i»)  —  Sr  wird  späler  identüekri  nit  dm  ▼oriier 
ülkiitetlndig  «rnekeinenden  Marajana,  dem  Geist,  der  l»eleliend 
Acr  den  Wassern  schw  ebt  und  in  ihnen  hildernl  wirkt.  20)  [u  |>ild. 
liehen  Darstellungen  erscheint  er  lniiiim  ll^läu ;  21)  er  fahrt  einher  anf 
«lern  Garuda,  einem  Voißel  mit  tjoldenen  t'ittigen,  wahrsciieiniicli 
ilen  Wolken, oder  er  ruht  aul' einer  grossen,  susammengeroilten 
Schlange,^)  wnimralieielieli  den  bewegiolMn  Kfolelaiif.den  iielienn 
kweieknend« 

Dann  aker  iet  VkKdnm  aiidi  die  die  Hkmeinbewegnng  leitende 
md  alle  Lebenaentwickeinog  tragende  Senne,  und  in  dieeer  Be- 
denfnng  ernelNint  er/  wiewohl  melet  ata  untergeordneter  Gott, 

bereits  in  dLii  iiitesten  Vedeutheilen,  und  wird  auch  isputcr  uusdr&ck- 
lit'li  ^jonne  erklärt.**)  In  dieser  Bedeutung;  heisst  er  „der  weit- 
hin Schreitende, 2^)  .,der  Gott  der  drei  Schritte. 20)  der  mit  drei 
Schritten  [im  Aufgant;,  in  der  Mittagshöhe  und  im  üntergangej  die 
Welt  dnndiadireitet.  ,,IMeie  Erde  bat  V.  durc^Micbritten,  dreimal 
leCüe  er  nieder  den  Wmm^  «db«liet.  int  nie  in  eeinen  Staub  [ihm 
anteiwniinD])  drei  Sdirittt  lut  Viedintt  genttcht,  den  Indra  gleich- 
«tehender  Cenma,  Jenen  hOehnten  Sita  diaa  V.  adiaufm  kaatindig 
die  Weinen  an,  der  wie  eki  Auge  aa^Hfannel  ateht''*^  ,,Kein 
Crebomer  begreift,  o  strahlender  V.,  deiner  Grilsse  iiusserstes  Ende; 
den  gci^tirnten ,  G^ron.seu  Xiiiuuiel  bai*t  du  oben  befestigt."  28) 

In  den  Epen  und  ihrer  Zeit  erhSit  nun  V.  eine  viel  bestimmtere 
nytbologiscke  GofttAlt,  wird  mehr  in  das  bewegte  Leben  niit\vir- 
keod  bineingeaegeni  er  überragt  an  Volkstbümlichkeit  den  Brahmi 
k0i  weitem;  er  glll  ak»  ,»Herr  und  Heifaeher«'  (Ifvwa)  den  Alla;««) 
aed  wieweU  er  an  aiek  nur  Natmmaeht  iat  und  nur  eine  mytkolegi- 
ecke  Hatte  der  PemoniAdiitng  «rhftit»  kann  er  dedi  wirklielwa  Ein* 
aelweeen  werden,  indem  er  akik  als  Bfeeadhen  oder  als  Tkier 
geboren  werden  lässt,  eine  bestimmte  Verkörperung,  Avatära 
d.  b.  He rabsteigunc eingeht,  und  da«lurcli  der  eigentliche 
Gott  der  Geschichte,  des  beneg^eu  Meoacbenlebnns  wird,  liier 
aKiiMea..wir  ai^tef  apreobein 


»78 

Vischno  erscheint  unter  mannigfaltigen  Namen,  so  als  Vasadeva, 
Bhasfavatf  Ptirnscha,  iNarajana  etc.;  jedoch  werden  diese  Beioa- 
men  zuni  Theil  nmh  andern  Götter»  beigelegt. 

Die  weibliche  ^>eit<^  de;»  Vischnu  ist  ^ri  oder  Lakscbrai,  die 
Güttin  der  Liebe,  derUuld,  der  Fruchtbarkeit,  derKhevad  des  Reich- 
Hioms.  Sie  ist  dem  Gotte  des  bevregten  Lebeae-  geseafkcr  die 
HermoBfe  in  der  Bewegnog,  da«  Blelbeede,  des,  was  die  wiM 
strebende  Kraft  lusaumranhftlt,  dan  frledHcbe  Blemeot  in  dem 
Ringen,  die  Liebe  im  Kampfe,  da»  Rnbeade  in  dem  Umedbwoiig. 
ihr  geheiligt  ist  die  fruchtbare,  Nahrung  spendende  Kuh,  die  als 
das  Symbol  der  zeugenden,  lebensschwangeren  Natur  bei  den  lo- 
dierrt  hnrh  verehrt  wird;  das  Fest  der  Ernte,  der  Errungenschaft 
der  ttiätigen  Natur,  ist  das  Fest  der  Lakschmi^i).  ihr  Symbol  ist  die 
Lotosblume,  als  die  DavsteUnog  der  zeugenden  Natarirraft,  ein 
In  Tielaeitiger  Deutnng  aagewandtee  Bild  der  Weit;  die  Bbune  \A 
daa  rahende,  üriedliebe  Reanltat  der  'vorangegangenen  LebenaHi* 
tigiceit,  der  ana  dem  Keime  sich  emporariieitendeB  nnd  riiq^endes 
Kräfte.  In  Vf sehnn  nnd  seiner  TV«ibliolien  Seite  gelai^  die  Wei(> 
entvrickelung  zu  ihrer  Blüthc. 

^.  ^iva,  d.  h.  „der  (ijiädige,"  ist  schon  in  den  älteren  Vcden- 
theiier»  ein  haulige.s  Beiwort  des  Agni  und  des  Rudra,S2)  «nd  be- 
zieht sich  auf  deren  wohlthätige  Wirksamkeit  als  Opferflanme  ttinl 
reinigender  Wind.  Als  selb^^tstündigc  Gottheit  (ritt  er  erst  be- 
stimmter in  den  Epen  auf.  Fremdartige  fileneate  am  den  Vw* 
stellnngen  nntetworfener  Stfamne  haben  wahrteheinlich  amf -dfo 
weitere  AnaMMang  des  ^ivahnltea  Ehrfhiaa  gehabt  vieles  Ua- 
hlare  hi  demselben  i«t  dvreh  «pXtere  Theotieen  nleht  ansgegMebas; 
wir  haben  es  jedenfalls  nicht  mit  einem  rein  entwickelten  Gedanken, 
wie  sie  in  den  Vederi  auftreten,  zu  thun. 

ZunSchst  erscheint  ^iva  in  der  gesteigerten  Bedeutung  des 
Hudra  und  des  Agni,  als  die  dem  Einzelleben  feindliche  Macht; 
er  ist  der  Gott,  der  das  Lebendige  opfert,  die  Nichtigkeit  der  ead« 
Kchen  Dinge  bewahrheitet  >  indem  er  ale  dem  Tode  weiht;  er  oIVBa" 
hart  da  die  lenitSrende  Kraft  dea  Fenera  oder  den  einigen  Stam* 
Windes  dea  Hfanalajagebirgea,  wo  er  seinen  SHa  hat  Die  Nidiüg* 
Mf  ist  das  Wesen  der  Welt,  nnd  Indem  er  aHe  Wesen,  irod  «neb 
die  Eit»/.(ilgOtter  nnd  zuletzt  sich  selbst  opfert,  und  so  das  einige 
Irscin  als  das  allrin  wahre  otlcnbart,  ist  er  eine  Macht  über  den 
anderen  GCtterri,  und  heisst  darum  l^vara,  Herrscher,"  —  Maha- 
deva«  „grosser  Gott,"  —  Devadeva  ,,(iott  der  Götter"  etc.,**)  und 
die  andern  Gntter  ftirchten  sich  Tor  ihm.  —  Er  ist  ein  Freand 
der  atrengen  Selbati|ual,  durch  welche  eben  dfrMenacb  sefn  efgaes 


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Da«eiD  Terneint,  legt  nie  selbst  sich  auf, und  ist  den  strcngoti 
Asketen  bold  und  freundlich,  denn  sie  wirken,  das  SelUst  ertödteod, 
in  seiaeni  SiMie  und  zu  seinem  Ziele  hin.  INach  einer  spfil^cwiSage 
acUägt  (^iva  alle  Jahre  dtm  Bnhmh  den  Kopf  9b  uo4  trigt  wm  «ei* 
M  Hak  eiae  Kette  wm  deesee  MiiMa;*^  eine  Aadentiiiig 
Mf  da«  JÜRÜdie  Stcrbea  der  Natar;  dieae  Sage  fehOrtattgeo- 
■dwiaBdi  ifoa  nMliehea  HocMiaden  aa. 

Als  der  Gott  der  ZerstSmng  wird  er  in  grauenvoller  Gestalt 
dargestellt,  mit  gro.sj^cn  Z  ilmpn,  Schlangen  und  eine  Schädelkette 
um  den  llal»,  und  Zer8tüiMJii[:sv\  erk/euge  in  den  Händen,  hesonders 
den  als  sein  Symbol  geltcudeu  Dreizack,^»)  vielleicht  auf  die  drei  Wel- 
tes aicb  beziehend.  —  Das  dritte  Aage,  auf  der  Stirn,  wabrscbein* 
Heb  die  Obanll  hiobltckeode  Macht  aadeatead,  bat  er  mit  Radra 
gcaMslaeaHii*^)  Auf  aeiae  Gmadbedentaag  weiat  ea  Ua,  weoa  er  oft 
adt  eiaer  Feaeriaaraie  auf  der  Haad  abgebildet  wM^o)  «  Dur  eat* 
aprecheode  dialeie,  bia  iaa  Oraaeavelle  aficb  aleigetade  KaNna  dea 
(^iva  wird  spSter  erwähnt  werden. 

Nur  io^e  ndt  seiner  Bedeutung  als  der  zcrblürenden  Macht  hängt 
die  andere  der  Zeugung^krat  t  /-n.«»animen :  er  tritt  hier  vielmehr 
io  das  Wesen  des  vcdi^cheu  Souia  und  des  Mondes,  der  bei  fast 
allen  Völkern  aU  Beförderer  der  Zeugung  und  des  Wachs thums 
gilt,  ein.  Der  Tod  ist  in  der  Natur  allerdiaga  die  Gebartaatfttte  eiaea 
mmm  Lebeae,  und  die  Veienaaalaaag  deaaelbea;  die  Zengnag 
■eMiat  eis  Mbatatt%eben  dea  euaehea  Lebeaa,  «ad  ttktkmm 
Welkeii  der  KvafMIle,  uad  ^hf%  eiecbeinl  ao  ala  der  Satam»  der 
fort  und  fort  Kinder  zeugt  und  wieder  verschlingt;  er  aofaalft  sieb  b 
seinem  Zeugen  immer  wieder  den  Stull  des  Todes;— —  indess  ist  es 
wohl  c^ehr  zweifelhaft,  ob  dieser  (TcJanke  den  mehr  phantastischen 
«I0  tiefen  Mythen  der  spätem  Zeit  zugrunde  liegt,  und  ob  nicht  diese 
zweite  am  spätesten  eiatretende  Bedeutung  aMbr  durch  Eiodriagea 
frnwdDr  Velka¥on4elhiagen  als  daroh  eiae  innere  Entwickelung  an 
4He  ecatere  aageteibt  iat  Wenigateaa  ▼enrabtea  aidl  die  wirk* 
HelmBrafaiBaiieo  aebr  entaeUeden  gegea  dieaea  Zeagaagagott,  aad 
fceiictan  aie  einea  Tempel,  wo  deaaea  SlaaUld  aa%eatellt  iat^^) 

In  dieser  zweiten  mit  dem  Sorna  und  dem  Monde  veradnaebee- 
den  Bedeutung  hat  ^iva  den  Moml  nls  Zeieheu  auf  seineui  Haupte, 
und  den  Stier  /u  seinem  Thiere^^)  Sein  höchstes,  in  den  Tempeln 
der  (^ivaverehrer  beilig  gehaltenes  Sinnbild  ist  aber  der  Lingani, 
die  ZeugangstheBe  beider  Geschlechter  vereinigt  darstellend,  meist 
voB^Steia  aaf  etaem  Faa^iealali  aeakrecbt  atebead,  ia  weaip:  kennt- 
Heber  Fem;«»)  die  Aablager  der  f  ivaaekte  tragea  dieaa«  Zekbea 
Mcb  aa  ibier  Stira;  ja  ea  wkd  aegar  der  aatflrttebe  PhaOiM  der 


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^irs^Aslibt«»  «I»  li€Hlf9T«r^lNrt  mtä  v«d  ^it  iMimmPilgerB,  odfcrt 

van  den  Weibei  u  .  bei  ührt.'^)  Indess  ist  der  ganze Liogamktilt  citic 
sehr  späte  Ausurtuog,  nur  iti  einzelnen  'J  heilen  Indiens  vorbanden, 
besonders  in  dem  von  dem  Hauptsitz  der  V  edenreli^ion  enilernten, 
und  vielen  fremden  Voffftteiluugeo  der  ürbewofaner  zugänglidieii 
H&den,  vatd  den  Veden  und  den  Epen  selbst  vullig  firemd.  Die  ve- 
deDkandigen  Brahmaoeo  verabacbeuett  diaaea  ZaidM,^)  Aoah  ist 
aa  aahr  MhrachaiDlIch,  daaa  die  geacMecktliclie  Bedentaag  dea  Lia- 
fan  aich  erat  apAtav  aa  eia  adhoa  vorhaadaaea  Sy  labol  von  ganaanie- 
rer  Bedenhaig  angelebat  bat.  Der  Nene  bedeutet  ,,Leib'%  ood  der 
Lingam  erscheint  in  der  alteren  Form  als  ein  länglich  runder  Stein, 
der  mit  der  ervi'fihnten  Beilrntung  kaum  eine  entferote  Ähnlichkeit 
hat,  vielmehr  den  gestaltlosen,  oocb  nicht  uU'eubai  gewordeaes 
ürgott  zu  bezeichnen  scheiol,^) 

fiva*8  Gattb,  oft  mit  ihm  zu  einer  Peiaoa  Terelaigt«  aa  4mu 
die  efaie  S^te  Mma,  die  aodere  Weib  iat,  eatapitebt,  mter  Fer- 
acbiedeaea  Namea,  aeiaer  mebr&ebea  BedeKtaag:  Wlbread^iva 
ia  deai  Charakter  dea  Rudra  eraeheiot«  als  Terbeereader  Stnfmiriad 
der  BergeabUheo,  ist  aeiae  Gattin  Durga,  d*  b.^  aebwer  Za- 
gängliche  .  ^V)  aut  die  wilden  Bergklüfte  hioweisend;  in  seiner  Be* 
deutunj?  aVs  Ai^iii  entspricht  ihm  die  Kali,  d.  h.  die  Dunkle,  nr- 
Hprüoglich  eine  der  sieben  Feuerzungea,^*)  also  mit  Agui  wesent- 
lichen eins;  und  in  diesem  Sinne  finden  sich  die  Grundlagen  ihre« 
■Ktttaia  bereits  in  deil  Upaaiaehadea  daa  Jadschinveda,'^'»)  Ab  Kali 
'irffd  ale  «bgdbttde«»  aiit  fiaatma  SQgea«  acbwaaeA,  nit  WImmm 
an^ditobm  Oeaicbi^)  ^  Daai  Zeagaagigotte  entapridit  die  Par* 
vatI  e4er  Bhav'aai,  die  groaae  Matter^  die  GMtbi  dea  j&eugens 
und  des  Gebärens;  sie  trägt  da«Zewbea«dea  Msadea  aaf  der  Stirn; 
der  Lotus  ist  ihr  ISyiiilial,  und  der  befruchtende  Ganges  ihr  seueiht. 

Die  bildliche  Darstellung  der  drei  höchsten  Gotter  als  e  i  u  e  üe- 
stalt  mit  drei  Köpfen,  alt»  Trimurti  (Dreileibj,  gehört  einer  spa- 
teren Zeit  aoy  and  findet  sich  auf  den  Büdwerkeo  sehr  oft  vor;  aber 
nicht  aiie  aa  geatalteteu  Bilder  beaeiabaen  die  erwldnle  Diaiheit. 

Die  Übrigen  CMWer  dieaer  apitesen  Zeit  babea,  well  ainbr  dar 
wWkOrilchenDidiilQagila  demCManbea  an^ebing,  ttrdie  Wiaaea- 
aabaH  wenig  Wartb;  wb*'  nennen  aaa  Mr  »it  der  ZeÜatah  aieig«ra> 
den  Zahl  nur  wenige.  Jama  tritt  als  Herrscher  des  Todteorai<bei 
viel  häutiger  und  hunter  gezeichnet  auf  als  vorher;  Ganesas,  Ü>obn 
de«  f^iva,  mit  eineni  Elephantenkofif.  als  hchütf.er  de«?  Hau.^wesens 
jetzt  viel  verehrt,  ist  eine  noch  ziemlich  unklare  Gestalt.  Aiian- 
gas  oder  Kamadeva,  der  Gott^ler  Liebe,  welcher  die  ilerzen  an- 
Ibagt  mkd  beaaabett»  in  Büdern  anf  einem  Papagei  reüaad,  enwa 
'  '  ,1 


m 

Pfeil  in  der  HaiMj,^^^  erinnert  an  dcu  griechischen  £ro6;  in  460 

ßpen  ist  er  oft  erwähnt.  —  Böse  Geister,  RakRchasaji,  |1«B« 
•dne  plai«iMl«  wenien  in  Mtitm  Wwtben  gMohildart 

BibL  n,  431.  4#S.     *) BoHP^  AidMhw'f  Wae,         13.  —  Hilw» 

JS.—  •)  Bopp,  Arüsch.  Reise.  S.  3.  -  «)  Sbeod.  S.  4  ete.—  'JEbend.  S.  41.— 
•)lUiDay.  I,  7Ü,  19.  (Schi.)  —  »)  Mahabh.  V,  Qr,  v  3502;  Lossen,  Ind.  A.  I,  777.— 
'•)IUinaT.  I,  2.  25.  ^  '<)  Roth,  in  d.  Z.  d.  D.  M.  O.  I,  f»4;  vgl.  Asiat.  Res.  XVI, 
•98.  -  J»)  Las*«»n.  T,  695.  —  »»)  Wilson  in  A^.  Res.  XVI.  14.  15.  —  Riimny.  I, 
i,IJ(8chl.)  iii^v.  I,  h.  ;J.  — BoJalßn,  lud.  I,  202.—  » ')  Sunm  rut,R.  I,  131. 

«•)Benfey,  GloKKar  z.  Sai»av,  174.  —  Süioav.  I,  5,  2,  3  (^Ueufey).  — 
**)  Lfttoeu,  lud.  A.  I,  G82.  ;7  7.  —  ")  Lauglcß,  Müuuincuts  de  l'Hinduf*tan,  T,  102, 
ttb.  —  •*)  Lftssen,  I,  787,  —  »«)  Langlüs,  a,  a.  O;  Sonnerat  Reise,  1,  tub.  41».  — 

Bumottf,  Bhag.  Pur.  m,  pfrÄ  p.  2i.  —  •»)  Rig^-.  I,  h.  90;  ygl.  Manu,  XII, 
m.  —  *•)  BniiMnif,  «.  A.  0.  p.  81.  —  R{fr.  I,  h.  SS.  (Bomh);  n.  Snunr.  H, 
flSgr,  V,  t,  M  (BoBftjr).^  ••)Miait1ih.  V,  96» r.  $B09.~<  M)  ynok« 
iad.AUkdpJia7«r.AM.;  phOos.  KL, H,  916. •<)  I<MMn,I,  786;  Afbt.  Bm. 
Vn,  263 ;  Bohlen,  I,  204.  209. 

•»)  Weber,  Ind.  Stud.  U,  SO.  r^2.  ^  ••)  Stevenson  in  .Tourn.  of  Übe  R.  At. 
8oc.  Vin,  330  etc.  —  •*)  Lassen,  lod.  A.  T  "«l ;  Wrber,  Ind.  Lit.  44.  —  Ra* 
nwTaoa.  I,  37,  8  (Schi.)  —  »•)  Ramay.  I.  37,  27  (Sclil.)  -  -  '0  Bnldinis,  Bcschr.  d. 
ottiBd.  Ktste,  1673.  8.  438.  —  a-^j  Sonncmt.  Reiio  1,  tab.  51.  ~-  Lju«f5cn,  T, 
:n.  Hunuud,  M^m.  siir  Tlüde,  p.  l'JO.  —  «<>)  Langlds,  I,  148.  tab.  —  *')  Steven^«»» 
ft.  U.  Vni,  337.  —  LangMs,  Mon\im.  I,  179,  tab.;  Sonnerat,  Uü,.  M.  — • 
**)  Langlds,  i,  iTö,  tub.;  Süunerat,  I,  tah.  54.  —   **)  Kuunerat,  I,  S.  i:)3.  — 

Steyenioil/ a.  a,  O.  335  etc.  —  *•)  0.  Frank,  fn  d.  Abb.  d.  bayer.  Akad.  phil. 
CtaM  1 8IS.  ^  «0  I<«Mra,  lad.  A.  I,  7tl.  ^  «•)  t  tfimaakft'Upaa.  U,  4 ;  Wc. 
l^.liiLBil,  MIH.!,  S87;  vgLn,  16a BauMrat» 

I»tih.  IS»  ^  »0  O.  IPniA^  6,  s.  0.. 778(  LuigNip,  n,  tab.  78;  Smvn*,  tob,  3ir 

5  »I. 

In  der  epischen  Form  der  brahniaiHScben  Gotteslehre  ver- 
liert dieselbe  iiire  Tiefe;  mag  auch  die  Hlteste  VedenrcUgidn 
noch  sehr  ro)>  und  unentwickelt  sein,  sie  barg  doch  in  sich  die 
Macht  einer  reichen  und  tiefj^innigen  Kntwickelung.  Die  An- 
8dM|iiungen  der  Epenzeit  sind  bunter,  phantasievoller,  aber  arm 
AB  geistigem  Inlialt.  Die  Vedenlehre  arbeitet  mit  gewaltiger 
GeiiokeiikrBft  mr  £u»lieU  des  Seins  hio^  die  epische  Lehre 
eK|sl|t  sloli  l^eliaglieh  unter  dem  Sehatten  der  mannigfaltigen 
Wjiilichkeit;  jene  opfert /uletst  die  Welt  der  Vielheit  der  gros- 
sen Idee  der  Einheit  auf,  diese  opfert  die  Einheit  im  Interesse 
der  Vielheit.  Die  vcdische  Religion  verzichtet  auf  die  Wirklichkeit 
des  einzelnen  Daseins,  die  epische  ilap;<'p;on  lässt  sich  die  Dinge 
nicht  nehmen;  unangezweifelt  steht  ihr  da.s  iJaheiu  der  \Mrklicli- 
b^fest;  und  während  dem  tieferen  Vedenbewusstsein  die  far- 
beiTilKi^  Welt,  der  Dinge. in  dem  einigen  Lichte  Brahmas  ver^ 


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276 


bleicht,  verschwindet  hier  der  Glanz  des  Urgottes  vor  den  bun- 
ten Gebildi  n  (1(  r  l)pwegtcn  Welt.  Das  Urbrahnia  zieht  sieb  in 
nebelgraue  Fcnic  zurück,  und  auch  seine  erste  Offenbarung,  der 
Brahm&  erscheint  nur  als  blasse  Gestalt,  während  Vischnu  imd 
Qiva,  in  den  scharfgezeichneten  Vorderg;nmd  treten.  Beide  sM 
das  Wesen  der  Wirklichkeit,  jener  die  positiTe,  dieser  die 
negative  Seite  derselben,  nnd  beide  setsen  die  wiridiche  Existens 
der  Dinge  vorans ,  Vischnv  hftlt  dieselbe  fest,  und  ^iva  Ittut  sie  n 
ihrem  Ende.  Da  Vischnu  aber  das  bewegte,  also  sich  veräudemde 
Leben  darstellt,  so  ist  ^iva  in  der  That  seine  Ergfinzun«»,  nicht 
sein  feindlicher  Gcj^cnsatz;  aus  dem  Tode  sprosst  innncr  wieder 
neues  Leben,  neue  Bewegung.  Daher  werden  Vischnu  und  ^iva 
nicht  selten  als  vereinigt  dargestellt,  als  eine  Gestalt,  deren 
zwei  Seiten  die  zwei  Götter  darstellen;  0  und  angerufen  wird 
„der  Visclmu-gestaltete  i^ivB,  nnd  der  fiva-gestaltete  Visclmn^.*) 
Von  beiden  Gottheiten  ragt  aber  in  der  Epenzeit  Vteekra 
entschieden  hervor.  Als  die  Macht  des  bewegten  Lebens,  der 
geschichtlichen  Tliatkraft.  nuisste  er  einer  für  Kampf  und  Helden- 
thum sich  begcisienideuZeit  als  der  höchste  Gott  erscheinen.  Der 
Brahmane  dor  Vcilciizeit  verhielt  sich  »ler  iroarenstHndlichni  (  ^ot- 

vi? 

tesmacht  gegenüber  wesentlich  passiv;  er  erkannte  die  (vottheit 
als  das  allein  \vnhrf^  Sein,  nnd  alles  andere  und  sich  selbst  aU 
nichtig ,  seine  Religion  war  wesentlich  lyrisch;  —  der  Brahmne 
der  Epenzeit  interessirt  sich  melir  ftr  das  wiridiehe,  gesdiii^ 
liehe  Leben,  för  den  Kampf  der  starken  Kraft;  seine  Rdigfea 
wird  episch,  und  der  Crott  der  Bewegung,  Visclmn,  tritt  an  die 
Spitze  des  Lebens.  An  die  Stelle  der  stillen,  in  sich  versun- 
kenen Betrachtung  tritt  das  Ringen  und  K/iiiipf<  n,  an  die  Stelle 
des  Gefühls  und  des  sinnenden  Gedankens  die  starke  Willens- 
kraft. Das  Volk  der  epischen  Zeit  interessirt  sich  nicht  mehr 
für  den  dm^klen,  rahenden  Hintergrund  des  Daseins,  sondern 
ffir  die  Mächte  des  unmittelbar  anschanlichen,  wechselvoUen 
nnd  frischen  Lebens.  Die  Vcdenlehre  interesslrte  sich  meiir  ftr 
den  Grand  alles  Seins,  die  epische  mehr  för  die  concreto  Kte* 
zelheit ;  jene  hat  mehr  ontologischen ,  diese  mehr  gescMchtllislM 
Charakter.  An  die  Stelle  der  Natur  iritt  der  Mensch,  an  die 
Stelle  des  ruhenden  Seins  das  thatige  Handrlu,  etwa  wie  in 
der  cliristllclK  ii  Kirche  auf  die  christcdoH;iNcheH  Kampfe  die 
anthropologischen  folgten.  Versenkt  sich  in  der  früheren  Zeit  der 
einzelne  Geist  in  das  einige  All,  so  tritt  hier,  wiewohl  in  schwa- 
chen, unsicheren  Zügen,  ein  sobjecCires  Element  herror« 
Die  epische  Anffassvng  verhält  sich  anf  dem  Boden  der  hNÜsclMn 


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«TT 


Mee  Bsr  tedkiliai  wie  der  Fetisddeaie«  mr  Vevehmiig  der 

i\a[unliii<5c  (Bd.  1.  §36.  45).  Die  Vedeu  richten  Wen  Blick  auf 
den  Anfang  des  Daseins .  flehen  auf  den  Grund  der  Wirklichkeit, 
schauen  in  die  verborgenen  liefen  der  Din^i^e;  das  Epos  richtet 
Blick  und  Thaikralt  auf  die  Gegenwart,  stellt  sich  thätig  soiiaf« 
fend  in  die  Mitte  des  Daseienden ,  schaut  mehr  die  Anssenseite 
flter  Dinge  an,  als  in  ihr  loneres  hiDein;  die  Vedenlelire  ist  mehr 
ijeÜHiinig,  epeevUitiy,  metaphysisch,  die  epische  mehr  praktisch; 
jeneist  mehr  die  Anffassimg  von  Seiten  der  Brahma- Menschen, 
der  Brahmanen,  diese  mehr  die  der  Vischnn- Menschen,  der 
Xatrija;  und  die  cigentiichea  Brahmauen  hielten  in  der  That  im- 
meran  der  alten  Vedenlehre  fest,  wälueud  das  Volk  sich  den 
ülBslicheren  Anschauiinp,cn  der  Dichtungen  zuwandte. 

Die  Lehre  der  Epen  beginnt  luit  ihrem  Interesse  für  das  be- 
wegte, geschichtliche  Leben,  mit  ihrer  Richtung  auf  das  Sobjeot 
beieils  fiber  den  reinen  indischen  Gedanken  hinausziigreUen* 
ilwr  sie  iieginnt  aneh  nur;  der  liier  anfdftmmerade  Gedanlse 
des  freien  Subjectes  foleiht  in  dem  Dänunemngsselialten,  brieht 
lUt  aas  der  Knospe  hervor.  Es  ist  da  nnr  ein  Embryo  eines 
geschichtlickeii  Lebens,  noch  nicht  ein  solches  in  Wahrheit. 

Die  epische  Mythologie  zeigt  das  Aufleuchten  eines  subjecti- 
?en  Elementes  auch  noch  von  einer  anderen  Üeite.  In  der 
Vedeniehre  schaute  der  Mensch  das  Göttliche  eben  nur,  ent- 
weder draussen  in  der  sinnlich  faasbaren  Natur,  oder  in  sinnen- 
der Betraehlang  in  sieb  selbst  Das  GOttliehe  bot  sich  dem 
Mnasohen  ¥on  selbst  dar,  und  er  erfiwste  es  unmittelbar« 
bi  der  mytiiologiseiien  Zeit  bildet  das  menschliche  Subject 
frei  dichtend  die  gegebenen  Gottesmächte  wn;  sie  tragen  das 
Gepräge  menschlicher  Kuii^t;  das  Ali  ist  hier  aus  seiner  reinen 
Ol^ectivität  mehr  in  das  subjective  Gebiet  herubergerückt ;  der 
Mensch  ist  nicht  mehr  ganz  passiv,  sondern  an  der  Gestaltung 
der  Götterwelt  thätig  betheiiigt,  er  bildet  sich  und  seine  Vor« 
Stellungen  in  die  gegenständliche  Welt  ein;  der  Eindruck,  den  die 
gMidieNalar  auf  ilm  macht,  bleibt  nidit  in  dieser  ernten,  nnmit- 
tdbaren  Gestalt,  sondern  amalgamirt  sieh  mit  der  snbjeetiven 
Thätigkeit;  das  rein  natfirKehe  Wesen  des  Alls  nimmt  so  emen 
«ehr  menseiiBehen  Charakter  an;  das  Natmiebai  wird  aar  My- 
thologie, dei  en  Naturhintergrund  aber  noch  deutlich  genug  hin- 
durch schimmert. 

Die  Gottheiten  HerKpen  steigen  in  Wirklichkeit  wie  in  ihrem 
Wesen  atiim  Menschen  herab ,  sie  kämpfen  unter  den  Menschen 
«nd  gegen  sie,  siegen  vnd  werden  besiegt   Die  Götter  besn- 


chen  di«  MeftsebeB,  umi  die  MeiMdiaii  bemuAeii  St  Gm&t,  iXt 

G(VUpr  sind  auch  nicht  grade  sittlich  über  die  Menschen  erhaben; 
wiewoiil  würdevoller  als  der  eiiuitülchtc  ^ritcliisciiu  Olymp, 
laden  dot-h  die  (iiitter  oft  schwere  Schuld  auf  sich,  und  kla2:en 
einander  derselben  an;  ludia  begeht  Ehebrueh  imd  Moffvl,  uftd 
eikemt  «eine  Schald  auch  an, 

O.  FtaDk,  L  d.  Abb*  d.  bayer.  Akad.  pbÜ.  CImm,  II,  S07.  ^  ^  MabaliklD, 
St,m7;  Lmsm  Lid*  A.  I,  704. 

§  92. 

Indem  in  der  epischen  Perlode  der  reltf^idse  Gedanke  an  die 
Willkür -Dichtung  der  Phautasie  überging,  iimi  die  concreto 
Vielheit  der  Götterge&talten  die  abstracte  Einheit  der  Vedculelire 
überwucherte,  war  damit  auch  de  r  bunten  Manin^faltiirkeit  tlor 
dichtenden  Vorstelluxig  freier  Spielraum  gegeben;  die  becten* 
bildung  dieser  Zeit>)  bekundet  die  beginnende  Zeraetsung  det 
brahmaniachen  Bewnaetaeins»  Die  Sleeten  nliten  danuif,  d«» 
die  alte  Idee  der  Einheit  eicb  in  der  Weiae  anasptaeii»  daae  eiae 
beliebig  erwählte  Gottheit  ala  die  hftohate  Spitae  der  GdMerM* 
heit  erfaest  wurde. 

Es  sind  in  diesem  Zeisctziinsisprozess  nur  drei  llaupt^e- 
stalten  möglich,  die  auf  den  Trimurii' (süttern  beruhen.  Die 
an  Brahmi\  sich  ansohlie^seiidenlJrahmr'^nen  sind  eiE^eiitlich  die, 
weiche  die  alte  Vedenlehre  treu  festliaiten;  diese  iiichtung  ist 
daher  aneh  mehr  bei  den  gelehrten  Veden kundigen  als  bei  dcai 
Volke»  welches  sich  lieber  aik  die  leliendigeren  Geatnllen  der 
Diehtnng  hdit;  BrahnA  iat  ja  aber  eb  die  Gottheit  deaErsengeni 
mehr  jenaeita  den  wirkUehen  Seine  »ala  in  ihr.  Die  Vdlhi* 
religion  sofaied  aich  daher  in  der  Zeil  naeh  den  Epen  mehr  in  dii 
zwei  Hnuptgruppen  der  Vischnu-  und  dur  ^ i  va- Verehrer.  Die 
drei  llauptnchtuugen  untersclieiden  sich  im  Grunde  nach  der 
Auflassung  des  wirklichen  Dasehjs;  die  Brahmax  rchier  sagen: 
das  Priucip  des  Daseins  ist  das  einaig  Wahre,  aber  die  Ding« 
selbst  existiren  nicht  wahrhaft;  die  Viaohnu- Verehrer  sagen; 
die  Weit  iat  wirklich,  imd  sie  soll  auch  sein,  denn  der  Gotldea 
beweglenLehcna  iit  der  hAohale  Gott;  die  ^ivi^Verehrer  engen: 
die  Welt  iat  wh^lksh,  aber  aie  aoUmefat  aem»  darun  mnaaek 
an%dioben  werden.  Der  Gedanke  der  eigentliehen  Brahml* 
Verehrer,  der  am  schärfsten  in  der  Vedanta-Philosophie  ausge- 
sprochen ist,  die  ideelle  Verneinung  der  Welt,  steht  dem  Volks 
bewusstsein  zu  fern,  als  dass  er  im  Volke  grossen  Anklang 
finden  künnte«  Die  dem  gewühnlichen  Meuachenveratande  am 


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nächsten  liegentle  and  darum  auoh  dievolksthümliulistelüchtiuig 
ist  die  der  N  ifsciinu- Verehrer;  aber  der  Gedanke  der  ^^iva- 
Scctcn  entspricht  mehr  <ler  eisrentlichen  itulischen  Idee;  und  der 
^ira-Kult  i.st  in  der  That  auch  seit  der  Lpenzeit  viel  mehr  ver> 
breitet  ah  der  des  Vischnu.^)  Während  die  ersteroo  alle  Sekii^ 
im  des  brah  manischen  Gedankens  abgeschlÜen^  idle  vevinHH 
tMottSpteen  deaeelben  abgebrochen  haben,  naA  sich  die  alten 
holen  Geilanken  in  behaglicher  Wekfabek  nnt^eebl  gelegt  haben» 
sind  £e  letaleren  bis  an  den  granenhaftesten  Cenaequennen  der  ' 
Verneinung  des  Daseins  fortgescbrilteu,  die  wir  später  noch  er- 
wähnen müssen^ 

Viul  \v/ihreii(i  si(  Ii  <lie  Einseitigkeiten  fioiinnfr  Secten  bis 
Sur  Verzerrung  steigerten,  breitete  sicli  zugleich  eine  Abwen- 
daigvon  dem  religiösen  Leben,  ein  grober,  sinnlicher  Materia- 
ksnms  ans;  und  inmitten  dieser  einige  Jahrhunderte  nach  Ghr* 
beginnenden  FAnlnias  erhielt  sieh  die  alte  \  edenreligion  nur 
asdi  ala  eine  ▼tetroofcnele  Mnnde  bia  in  die  Gafpenwart. 

Wir  können  die  Vedenpariode  die  des  Brahmä  nennen  9  die 
epische  die  de»  Vischnu,  die  spätere  die  des  ^iva;  diese  drei 
Gottheiten  treten  nicht  nur  in  dieser  Reih<!idolge  an  die  Spitze 
iltT  jedesmaligen  Religion,  sondern  die  ganze  AufTassun»  und 
l^rscheinung  der  letzteren  trägt  den  Charakter  dieser  drei  Götter. 
Die  Lehre  der  Veden  versenkt  sich  in  den  Grand  nnd  Anfang 
de«  Dnaeina,  die  der  £pen  in  die  wirkliche  Gegenwart,  die  der 
spliar  heraaehenden  ^ivaaecten  in  daa  £nde  der  Dinge;  die 
entere  aeliant}  die  sweite  handalt ,  die  drille  wtwMrt»  In  der 
enten  Periode  überwiegt  die  Einheit  dea  Seins  und  aaeh  der 
Religion;  in  der  zweiten  der  (regensatz  des  Kampfes,  in  der 
dritten  die  in  TöUige  Anilösnng  der  einen  Religion  übergehende 
Vielheit;  die  erste  ist  die  dos  Gedankens,  die  zweite  di(^  des 
Willens,  die  dritte  die  der  verzehrenden  Sinnlichkeit,  oder  wie 
ifielndier  ea  anadrficken  wurden,  die  Perioden  des  Kopfes,  der 
Brust  und  dea  Iteterleibea,  oder  derBrahmanen-^  der  Xatr\^-  und 
der  Vafiigakaate«  In  der  evatan  Pariode  gilt  nur  die  Gottheit,  und 
teMenaabuMaa  aich  in  der  Andaefat  an  ihr  erhebeni  in  der 
•weiten  iat  die  Menaehhait  der  Sohaiiplata  dea  wahren  Lebens, 
Bod  die  Gottheit  steigt  zu  ihr  licrnicder.  um  in  ihr  verkörpert  zu 
whken,  in  der  dritten  waltet  ^iva  s  Todesmacht,  und  derMeiisch 
legt  im  frommen  Eifer  die  niordtindc  Hand  nu  si<  h  selbst.  Die 
Religion  der  Veden  ist  erhaben,  die  der£peu  i'arbengliüiend,  die 
der  letzten  Zeit  grauenvoll  und  yeraerrt.  Der  Vedenbrahmane 
hat  der  Gottheit  Bild  nnr  in  der  atralilendenä»onne  oder  imGlanae 


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der  Morgenröthe  oder  im  Brausen  des  Starmwinds,  der  Indier 
der  Epen  in  dem  menschlichen  Hiildeu,  in  wcIcIr  iii  der  GoU  steh 
birgt,  der  indier  der  letzten  Zeit  in  Uiigeheueriiclien  Fratsen- 
bildem.  Die  Religion  der  Veden  ist  ein  reines  Licht,  die  der 
Ef6D  ein  bewegtes  Meer,  die  der  dhttea  Periode  eia  venil- 
rendes  Fener;  dort  betet  der  Mensch  n  den  Gdttem,  d« 
ktapft  er  dieeen  sur  Seile  oder  anck  gegen  sie,  «ad  xolitt 
f^ebt  er  venweiMnd  eich  selbst  auf.  In  den  Veden  wird  te 
Wissende  der  Herr  der  Welt  und  den  Göttern  gleich»  in  doi 
Epen  wird  es  der  miithige  Held,  in  der  späteren  Zelt  feUt  Wissen 
und  Muth.  Die  EuUvickelung  des  indischen  Grottesbewusstseius 
geht  seit  der  Vedenzeit  abwärts. 

Die  Verehrung  Vischnu  «  war  mehr  in  den  mihlen  östlicheo  Lin- 
dern ,  die  des  i^ivu  mehr  in  den  rauheren  und  milderen  Gebieten  des 
Westens  osd  Nordens.*)  Die  GreadUgeo  der  Seeten  sind  schon  in 
den  ^en  gegeben. 

Das  AnftieCen  einender  drei  BaaptgOtleraisb^ehstenGotleswiri 
bisweUen  dadurch  ausgedrOekt,  dasa  sein  Bild  dreiK«pfe  orhlk,  00 
das«  Ml  in  ihm  dieDralfaltiskelt  des  guttHehen  Daseins  vereint,  ab«r 
HO,  dass  eben  das  eine  Moment  an  die  Spitze  tritt;  wenn  also  ^iva 
mit  drei  Köpfen  erscheint.*)  so  ist  er  eigentlich  der  InbenriTf  aller 
drei  Götter,  aber  unter  der  Herrschaft  des  verneinenden  Elemente; 
als  höchster  Gott  erscheint  er  schon  im  Mahabharata.^) 

Die  Uauptgnippen  theilteo  sich  wieder  in  kleinere  Secten,  je 
nachdem  die  eine  oder  die  andere  Seite  der  Gottheit  herrorgehoben 
wurde.  ^  Neben  diesen  Gruppen  hahea  sich  noch  nnnelra  andere 
gebildet,  welche  alch  untergeordneten  GUttem  anwandten.  Die 
Verehrer  der  Sonne*)  sdielnen  nur  eine  VaHatinii  der  andern 
HawptsecteTj  /u  .sein,  besonders  wohl  eine  populäre  Gestalt  der 
eigentlitben  lirahnia-Verehrer.  —  Wilson  zählt  als  gegenwartig  vor- 
handen 43  Beeten  ausser  den  eigentlicheti  Bekennen)  der  allen 
Veden -Religion. In  alteren  Zfoiten  werden  abweichende  Secteo» 
Lengner  des  Tedischen  Glaubens,  nur  selten  erwAlmt.*) 

VerSehter  der  Religion,  den  sinnllchett  Gennas  Ufr  dns  H6eh«te 
haltendy  und  daa  tellgtöse  Bewnsstseln  offen  aagrelfend,  olnd  in 
nnseieni  Mittelalter  achon  aehr  xahlrelch  durch  gans  Mien.  oNur, 
waa  man  sehen  leann,  liat  Wahrheit;  mit  dem  Tode  Ist  alles  aus; 
ein  anderes  Leben  giebt  es  nicht;  nnd  Umarmung  eines  schönen 
Weibes  ist  besser  als  Kasteiung  des  Körpers;"*®)  das  ist  die 
Weisheit  der  Gottlosen  aller  Zeiten  und  Völker* 

^Ison,  Bdigiou  aeoti  of  the  ffindm,  fai  AdatioBfla.  t  XVI  a.  XVII;  Scubr, 
fjik  den  OfiMMn»  IM  ele.^<)LaMeB,  1,780;  11,1088  «>  Bkend.  H,  &  1008» 


-  *}  Shmd.  n,  1089.  —  •)  Ebend.  1, 784.  —  •)  Wilson,  a.  a.  O.  XVL  p.  12  etc.  — 
')jBM.  p.  Ift.  *)  EM.  p.  M.  <-  *)  k.  B.  Muia,  II»  11;  XU,  —  Tio* 
MkfCaiaiidroda/ii,  [v.  Goldstfickerl  184S,  S.  64. 85. 

n.    iie  Welt, 
§  98. 

Dm  nidiMhe  Bitthaui  ist  meht  um  seiaer  aellMl  wUkn  da, 
wiiiin  MiF,  «ni  der  GfOMl  ftr  dk  Welt  sn  sefai)  der  Keim  der 

Weh  hat  sein  Wesen  darin,  sich  zur  Welt  zu  entwickeln.  Brahma 
ist  für  sich  nichts,  sondern  nur,  insofern  er  für  die  wirkliche 
Weh  die  begründende  Voraussetzung  ist.  Die  Welt  iM  nicht  von 
Gott  durch  einen  Willensact  geschaffen,  sondern  ist  aus  ihm 
entfaltet  Brahma  breitet  si^  aus  der  Einheit  snr  VielMt  cos, 
Welt  ist  der  ao^erolkey  aii%ediaaete  Gott. 

Dm  Weidflü  der  Welt  tat  ein  Hervortretwi  yon  UtttmeUe- 
tak  den  ÜDievsehiedaUMeii»  ein  Anltaaehen  tod  besümmteiii 
DMb  in  dem  refaien,  beetomiingsloaeB  Sein,  Auftreten  Ten 
Farbe  und  Schatten  in  dein  reinen  ürlicht,  eine  Trübung  der  ur- 
sprünglichen Klarheit.  Die  reine  Einheit  kann  zur  Vielfachheit 
df.«i  Daseins  nur  dadurch  werden ,  dass  sie  sich  selbst  aufgiebt, 
aus  ihrer  klaren  Einheit  in  eine  trübe  Vielheit  abergeht,  die  Welt 
wird  nur  dadnrch,  dass  Gott  aufhört,  reiner,  einfacher  Gott  sn 
sein,  daan  er  eleli  selbst  aufopfert«  Wir  sind  hier  bei  einem 
Widenpmehe  angelangt.  Das  indiseke  Denken  hat  sicli  in  efaie 
Otts  der  Abstraetlon  emporgearMtety  von  der  ^s  keinen  Rflek- 
weg  mdnr  findet  In  dem  reinen,  leeren  Urscin  ist  gar  kein 
Anknüpfungspunkt  für  eine  Weh.  ja  es  ist  dieses  Ursein  das 
^ade  Gegentheil  jeder  Welt,  beide  vertragen  sich  gar  nicht  mit 
einander;  ist  das  Brahma,  so  ist  nicht  die  Welt,  und  ist  die  Welt, 
NO  ist  das  Brahma  nicht;  die  Welt  kann  nur  dadurch  werden, 
dass  das  Brakma,  also  der  Grand  der  Welt,  aufgehoben  wird. 
So  stelMB  oigentiioh  die  Saeken;  der  Indier  saokt  für  die  Welt 
den  Urgrund,  nnd  kat  er  £esen  gefanden,  so  kann  er  daraus 
siekl  OMkr  sor  Welt  ntrflek.  Und  der  Indier  ist  sibk  dieses 
tdmeidenden  Widerspraeks  aoeh  sehr  wohl  bewnsst  Die  Welt 
hat  in  dem  reinen  Sein  keine  üegründujig,  sie  hat  ein  unbegrün- 
detes Dasein,  sie  soll  eigentlich  nicht  sein;  denn  sie  kann 
nur  dadurch  werden,  ilass  Gott  sich  selbst  widerspricht,  sein 
wahres  Dasein  aufliebt. 

Der  Indier  ist  aunfichst  nicht  gesonnen,  das  Dasein  der 
Well  mdmopimi  er  bemhigt  sitdi  Yorlänfig damit,  jenen  Wider- 
iptwk  in  DTlkiseker  Weise  «nsnerkeiinens  die  Weil  wkd,  sagt 


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er,  daihircli,  dass  Brahma  sieh  selbst  rerlevgnet,.  sich  selbst  ka- 
steit, sich  selbst  Gewalt  aiitliut.  oder  dass  er  geopferu  zur 
»tuckeU  wird:  —  oder  die  Sache  geistiger  erfassenf?,  erkiart  er, 
in  Brahma  sei  ein  unrechtmässiger  Trieb,  über  siel»  iiinauszu- 
geheiiy  eine  ^ebDSucht»  sein  eignes,  wahres  Sein  verlassen 
und  in  einen  anderen,  unwahren  iäustand  sich  zu  begeben,  eiae 
«AttdUohe  LiMt»  sieh  Iber  Min  watbre«  Weaan  binirBgiiueiMD,  u 
sieh  selb«!  vre  so  werden.  Brainn  tftnaehtmch  flberatdinllil, 
»dem  er  eieh  m  Welt  entCahit.  Da»  ist  jene  Blacfat  der  Tla- 
sciiiing  in  Brahma,  jene  SehnoMht  der  Liebe  nn  etwas,  «•§ 
nicht  ist,  zu  einem  Nichtigen,  jene  unguttUchc  Lust  in  ihm,  die 
ihii)  nicht  Ruhe  lässt,  eine  Zcugungslust,  deren  er  sich  ei^nt« 
lii'h.  wie  der  Mensch  der  seinigen,  schämt,  —  die  Maja.  E«;  ist 
die  Seite  der  Weltiiehkeit  in  Brahma,  die  Mutter  der  Weit,  der 
Eros  der  Gnechen.  Cm  die  Welt  aus  Gott  zu  geun'Tmens  bleibt 
nichts  übrig,  als  in  das  vüUig  entieerte  üreeiii  das  McHhent  der 
Welülobl^eit  wieder  hjnejanneetaen;  dm  diese  aber  mr  ein  Nelb- 
bebelf  iat|  nnd  eigenUiebniehtseiB  sollte,  drttokt  der  Inrfterdt* 
dnroiiaaa,  dass  er  dieses  weltliche  Mementals  ein  sa»dliebesi 
unrechtes  erklftrt 

in  (Ici)  V  edeii  ist  die  Voiwtelliiiii?  der  Zerntückeiuiig  Brahmas 
/.m  Welt  nur  sch^vach  an£;edeiitet,  wir  \\ erden  diese  Andeutungen 
noch  weiter  unten  anführen.  Oie  spHtcre  iMythenbildung  aber  führte 
diese  in  einem  Hymnus  des  Kigveda  bereits  erwähnte  VorsteUuog 
in  sehr  bestimmter  Weise  ans.  Die  WelteatstelmRg  ist  da  4ie 
Opfernag  BralMsa*«;  Braluaa  wird  ?od  den  sneist  eatataadenei 
Weibnftcbtea»  den  Gttttera,  zerstM^  und  wie  ein  Opierthitt  fwe^ 
Heb  aerlegt,  ans  seinen  Gliedern  wird  die  Weit  gebildet  Wh 
|[omnien  hieravf,  se  wie  anf  die  SehOpInng  durch  8elbsti|osl,  spä- 
ter zurücii. 

Der  Gedanke  der  Maja  rri«cheint  in  Hen  .«Heren  Thf^ilf't)  der  Ve- 
den  noch  sehr  bla^s  als  ein  V  eriaiicjen  sich  zn  eDtlalteii.  ,.Ua- 
luals  war  nicht  tSeieudea,  noch  Michtseieodes,  nicht  Welt 
nach  Himmel,  noch  etwas  filier  ihm;  nichts  ircrendwo,  eiabfillend 
oder  enigebaUt«  noch  Wasser,  tief  und  geCMirvoU;  Tod  war  ntcbt^ 
noch  Unaterldiehlceit,  nicht  CntersolNidnng  Ton  Tag  nnd  Nacbt 
Aber  Es  (tad)  atbmete,  ohne  tu  hancben. •  Finsteiniss  war  da*, 
esse  AU  war  hi  Pinstemiss  gebellt  nod  •nanntofscbeidbaroa  Was* 
«er;  aber  die  von  der  Hülle  bedeckte  iMasse  wurde  durch  die  Kraft 
der  Betrachtüne:  hervorgebracht,  (hiervon  später].  Verlangen 
(kania,  Liebe)  wurde  zuerst  in  .seinem  tweift»te  gebildet ,  uixl  ilf*».ses 
wurde  der  ursprüngliciiei  scbvpferascbe  Same,  welcbeo  die  Weisea 


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§88 


dareh  die  Eiüt.i<ht  als  das  Nichtsein  erkennen,  welches  die  Fes- 
sel des  Seins  isf;''  fcli(  \  iclhert  entsteht  durch  da^  Eintreten  der 
Begränzung,  <i(  s  iSichtseins  .  in  das  Slmti]  .I*»doch  vertieft  sich 
der  Veda  noch  nicht  genug  In  diesen  Gedanken,  flüchtet  sich  liei»ei 
Isoter  die  UobegreUlIciikflit;  „wer  kann  erklären,  föbrt  die  Vcden- 
•talle  Ibit,  weher  vad  wem  dieee  SebOpfoog  tMi  tadl  Die  €töt- 
ter  «bd  spiter  «le  die  HervoHbcbgmig  dieeee  AlU.  Wei  eI«o  kaan 
iriMo,  woher  diese  hervorgeht,  wd  ob  diese  Welt  gehsMee  werde 
dweb  ihre  eigenen  KrÜle  oder  nicht?"«) 

Maja  ist  io  der  Sprache  der  Veden  der  nach  aussen  &ich  wen- 
dende«  der  sich  offenbarende  Gedanke,  das»  ^»trcben  desselben,  eine 
äu)<iseriicbe  Gestalt  und  Wirklichkeit  zu  i?ewinnen,  sich  in  der  Welt 
der  Gestalten  au  erzeagen ;  der  ÜegriH  der  Täuschung  ist  erst  ein 
apilerer,  abgeleiteter,  und  ruht  eben  dsranf,  dass  die  wirkliebe, 
kegriaste  Welt,  die  durch  jene  Bfaja  gesengt  wird>  als  etwas  Un- 
wahres gUt^  Weiter  gsheo  schon  die  Upeeisehaden«  Vor  allen 
Orealnren  wnr  M  aj  a ,  hl  ihr  war  Dunkelheit,  In  welcher  daa  Ver- 
laagen  mht  Nidits  sonst  war  noeh,  alles  ▼emehhingen  in  der 
Macht  des  Dunkels.  Brahma  war  vertlelt  im  Verlangen;  nicht  wir- 
kcnd  war  er,  nicht  gewirkt;  der  Mensch  wahnt,  Brabma  wirke  und 
»verde  i^e\\irkt,  aber  er  ist  frei  von  beidem;  er  ist  ganz  er  selbst; 
wieaoUte  er  wirken,  wie  gewirkt  sein}" ^)  Dieses  innere  Verlan- 
gen, der  Trieb  ans  sieh  heraussngehen,  geht  von  Braluna  auch  an 
die  von  ihn  ansgegangeaen  ersten  WelMhdite  Ober«  Das  von 
BfahcM  enengte  9,  Feuer  wfinsehte,  Ich  mOga  fielfiMh  sein  nnd  sen- 
gen; die  CrewlMer  wtfnsehten»  wir  mCgen  Tiellaeh  eain  und  sengen, 
nsd  sie  sengten  die  Nahrmig,  ete/*^)  Es  ist  da  an  kein  bewnssfes, 
geistiges  Wollen  zu  denken.  „Er  [das  Ürwesen],  von  der  Maja 
bethurten  Geistes,  körperlich  werdend,  schafft  alles:  durch  Wei- 
her. Speise,  Trank  und  andere  verschiedene  (»enüsse  wird  wachend 
er  gesättigt;  im  Traume  dann  geniesst  dieser  Ijebendige  Lust  und 
Schmerz  in  der  durch  ««eine  eigne  kraft  entstandenen  ganaen  Welt; 
b  der  Zeit  des  Schlafes,  wenn  alles  sich  aniSst,  erlangt  er 
RabeL''*)  ,,Bmhnia  in  der  Eraignng  mit  Maja  hat  die  Welt  hervor- 
gcbmcht,  indem  Maja  fünlkig  Gestalten  angenommen. . .  Die  Maja, 
welche  das  Verlangen  Brahma's  ist,  ist  ewig;  nicht  ewig,  sondern 
vergänglich  ist  jene,  welche  die  Willcnslust  der  Lebendigen  ist. 
L>ie  Brahraamaja  ist  <  in  i\Ieer  mit  mächtigen  Wogen  und  a^ewaltigen 
^triimungeTi;  sie  int  die  Fülle  des  Lebens,  und  zugleich  der  Ab- 
grund, worin  alles  versinkt»  ein  Meer  von  Licht,  Schatten  und  Fin- 
sterniss,  die  Lebendigen  wftken  in  dessen  Wirbeln  so  lange  sich, 
ab  sie  sich  vom  Geiele,  der  alles  bewegt,  gasendert  wiasenb''«) 


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SM 


Wie  die  OiudMede  NiditetkenitaiMi  eieeii  Sfiiolr  flir  ^ 

Schlange  liält,  und  so  in  seioer  getäusiJbten  Einbildung  die  Schlange 
liervorbringt,  „ho  lässt  auch  die  Nichterkenntniss  bei  dem  durch  sie 
unihfillton  Geist  tlurch  ihre  eigne  Kruft  die  elementarische  Eotw  ick- 
lung,  den  Äther  u.  s.  1'.  2um  Vorschein  icommen;  so  gross  ist  ihre 
C^nvalt.    Die  Kral't  der  Verwecliseiung  [Täuaduuigv  Maja] 
eelMfü  «He  Weit   Der  in  der  UewiMeiiheit  iieÜMigeoe  (Moeirfo) 
• '  Met  iet  dardi  eeioe  eigne  Natur  wirkende  Ureeehe  [die  wlr(- 
iieiie  Gmodlage  der  Welt],  deich  die  Netnr  «einer  Tineciuif  iiC 
er  materielle  Utaadie  [Veranbcmg,  dann  jener  Oraad  b  Eit- 
faltung  zur  realea,  materiellen  Welt  wlrlcsani  ist] ,  so  wie  die  Spiooe 
in  Bezug  aul  ihr  Gewebe  ihrer  eignen  INahii  nach  [als  lebendige« 
Thier]  wiricerido ,  der  Natur  ihres  Kürpcrs  niu:)i  materielle  Ur^aclic 
ist.  { Vermöge  ihrer  Körperlichkeit  macht  die  iSpiniie  ein  wirkliches 
Gewebe;  das  Materielle,  Reale  am  Gewebe  ist  durch  die  Körper- 
lichkeit bedingt;  daas  aiier  dieae  KürperÜc^keit  fikerliattpt  wiikl; 
uad  ein  aolcbea  beaümnitea  Gewebe  iienrerbringt»  daven  liagt  der 
Gnind  nicbt  im  KSrper»  aondern  in  dem  Lelien,  in  der  OrgaalaatiMi; 
und  so  liegt  in  der  Einheit  Brahmas  der  Grund  der  Welt»  in  der 
Maja  die  Bedingung  ihres  Wirklichwerdens,  die  Veranlassung  la 
ihrem  Hervortreten |.    Aus  dem  durch  die  Täuschuug,  in  welcher 
das  Dunkel  \  orhcrrschend  ist,  bedecktem  Geiste  entsteht  «Icr  Äther, 
aus  diesem  der  Wind,  aus  dem  Winde  das  Feuer,  aus  dem  Feuer 
das  Wasser,  aus  dem  Wasser  die  Erde/'^)  Ahnlich  reden  die  Pa* 
.    ranaa.  »,Daa  höchste  Wesen  bat  in  Wahrheit  keine  EigeaachafteB; 
eher  er  nhnmt  sie  an  dnreh  die  Biacht  der  TinsdMmg  (Maja),  am  die 
Oreatttren  an  eneagen,  an  erhalten  nad  an  aeratwien/'*)  Oed 
das  im  Geiste  der  Vedanta  geschriebene  philoaophische  Drama 
Probodha  Cbandrodaya  aus  dem  zwdlften  Jahrb.  nach  Chr.  erklirt: 
,,Maj;i  ist  unbegreiflich.    Gleich  einer  unzüchtigen  Dirne  läüst  sie 
den  höchsten  Geist  Dinge  sehen,   die  gar  nicht  existiren,  uud 
täuscht  ihn  so.  Der  Göttliche,  dessen  Glanz  dem  Krystalle  gleicht, 
der  niemals  sich  verändert,  ward  durch  sie.  die  Unehrbare,  in  hef- 
tige Gambe  veraetat  £r,  der  Wissende»  hing  naklaren  Phantasien 
nach»  und  da  er  in  den  von  der  Mija  hereiteten  Schlummer  fiel,  er- 
blickte er  betäuht  vielgeataltige  TrSsme:  ich  hta,  dieaa  lat  meto 
Vater,  dieaa  mefaie  Mutter,  diese  mein  Feld ,  mein  Relchlhum  u.  s.  w. 
— *  ¥^  ein  See  in  den  Tmggebilden  der  Mittagssonne  erscheint, 
entfaltete  sich  das  fleckenlose  Licht  aus  unrichtiger  Erkenntolss 
als  Äther,  Luft,  Feuer,  Wasser,  Erde."«) 

In  späten  Cpaniscbaden  nimmt  der  Gedanke  der  Maja  bis>^  ei- 
len» in  der  DarsteUuog  wenigstena,  einen  daaliaMieD Charakter  an; 


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885 

Ma]ft  erscheint  da  ab  der  weibliche  Gruiul  des  Sein»,  und  Hrahma 
crzeulit  mit  ihr  die  Welt:      (ioeh  ist  diesK  der  alten  Lettre  tremd. 

.  Da»  Moment  de^  Unrorbtes  oder  des  Nündticheii,  welches  in 
dem  Gedanken  der  Maja  liegt,  gewährte  selbst  einen  Attkiißpfiingci* 
fvnki  fär  das  BegreiÜBn  desBSs«»  in  der  Well;  ie  dem  Majegedeo» 
Kegt  an  sidb  eehon  eine  Zweilieit;  eienat  ntaNdi  ietMija  nnd 
dM  dmcli  «ie  Eraengte  gOMUcb»  aleo  gat;  aadrerselta  aber  lalnie 
Mb  aitcb  wieder  die  SebatteaeeHe  BraboM'a,  dae  Unreebt  in  Ibm; 
und  diese  Doppelseite  offenbart  sich  nun  In  einer  Doppelgestalt  der 
Creatnren;  ist  die  Creatur  einerseits  cut.  andrerseits  nii  lit  .nit,  so 
treten  diosr  zu  Seiten  auch  In  der  Wirklichkeit  al«  liestiriinite  und 
besondere  Erscheinungen  auf;  der  Doppelsette  der  Maja  entspre* 
den  gvte  nnd  bdee  Creatnren.  „lo  Pradschapati  war  ebi  awei- 
faebes  Verlangen;  ana  dem  einen  werden  die  Deva,  ane  dem 
andern  die  Aenra.  Deva  eind  die»  in  weichen  fiibenntalan  md 
WeAe  in  EfnUang  laH  dem  Ved«  anaammenetinmien,  Aanra  jene, 
deren  Sinn,  dem  Veda  wldef elehend ,  auf  Ibve  Lffefe  vnd  Regierden 
gerichtet  ist:  von  jenen  kommt  das  Oute  und  Keine,  diese  hält 
Willkiir  nnd  Gelüste  fest."")  So  erhalt  die  popnlSre  Vorstellting 
von  hösen  MSchten  in  den  späteren  Vedenttielleii  eint'  ticlVre  Grund- 
lage. Indess  ist  diese  AuiTassting  nur  vereinzelt,  und  gehört  auch 
nicht  dem  höheren  Gedankenkreise  an,  in  welchem  die  dualistische 
Aneelianttngaweiee  deannphilosopliiscben  Veratandea  dardiana  aaf- 
gehoben  lat«  In  der  nachrediechen  Zelt  wnrde  Maja  an  einer  wirb- 
Heben  Get^eit,  welche  mi  Oebet  um  Glück  angeralbn  wurde.**) 

<)  m^-Yeda,  Mand.  X,  11,*)  in  A^iat  Bes.  Tm,  p.  404;  No«r.  Jobal  Aiiat 
XI,  p.  sei.  WiadMoi.  im,  *)  H^,  ICyAa  dw  BOhafiM,  tWl  «ICl  ^ 
•)  lfateai«ni*llp.  tei  Wbid.  a  isift.  —  •)  ClHaid«8|ft-UVM»  VI»  «.  »  •)  Kafc- 
nij^^Vpmu  IL  Ii;  ja  WsWn  lad.  8t.  H,  11.  ^  *)  Vpm,  dM  Jt4|tiiT«da»  b.  Wiod. 
U14*  ^  ')  Vcdiata-Sazm  bei  Windi«chm.  S.  1782.  •)  BbAgarata-Fniaas,  ia 
KoQT.  Jonm. A«iatX,  p.  359.  367.»  *)Prob.  Cliandr.  [v.  GoldstQcker]  S.  52.  55.  41. 
—  Qvcta^pratarft-Üpnn.  IV,  5  etc.  in  Webersind.  Stud.  I,  425.  —  '0  Vriha- 
dan^aka-Upaa.  h.  Wind.  1055.  ->  *>)  BkRgavata-Pioraiia,  U,  3, 3.  (Baraoof). 

Dil  bei  den  Hjmnen  des  Kgreda  eine  Tefadiiedene  ElathsOüng  {^ehraucht 
«iiü,  fluie  in  acht  A«chtaka,  und  eine  in  zehn  Mandala,  deren  weitere  Theiiang 
rberifalls  verschieden  sind .  bis  jetzt  aber  nur  ein  geringer  Thcil  gedruc  kt  vorliegt,  89 
-hi«l  \%  ir  bei  den  spfttcren,  unr  in  Bruchsii\c  ki  ii  bekannt  gewordene«  Theilen  g»  n5tbigt, 
die  verschiedenen  CitimngBweisen  beizubebalten ;  wir  bezeichnen  die  zweite  durch  ein 
WliaMliaia  ILy  die  «nto  and  val^re  gar  nicht. 

§  94. 

Die  Welt  ist  ohne  Berechtigung,  besteht  nur  mit  Unrecht; 
das  Brahma,  das  leere,  unterschiedslose  Sein  ist  das  einzig  Be- 
feelitigte;  alles  Andere  iai  an  sich  nichtig.  Dieser  ans  der  in- 
dtodieii  OnuidaD8ebiinni|^iiathwendig  folgende  Gedanice  affMt 


m 

Mk  m  te  VwAtrikHig  d^r  Maja  nnr  iii^MlriBftugellMfttr  Wfln 
aas.   Die  Mt^  itl  nur  ein  naeligtebigee  Zngeslfednisft  an  das 

volki^tliümliche  Bewusstseiii  des  go.sundcii  Mensch  tu  Verstandes, 
der  sich  die  Wirklichkeit  seiner  Welt  nicht  t  auben  lassen  will. 
Das  ist  aber  eine  Halbheit;  das  populäre  Bewusstseiii  mag;  sich 
mk  einigea  Widersprüchen  zureehUinden,  das  tiei'ere  phtiosophi- 
scbe  kann  es  nicht.  Hat  die  Welt  kein  reohtm&ssigeS)  vemiUitfg 
begrftndeles  Dasein,  so  hat  sie  überhaupt  keins.  Und  diasen 
Oedanlm  dar  UnwabriieU  Welt  ÜMel  der  pUloeiiipbiMhe 
Vedania  tief  und  eeharf  «of,  imd  eohreltel  mit  kftkner  Gedanktn- 
Imfit  bieaar  aofaneidendeten  Conseqaena  Art.  Die  Batwiakehag 
dieses  Gedankens  ist  etwa  fol«;ende: 

Braiuna  ist  das  allein  w  ahre  Sein,  das  Sein  schlechthin,  also 
alles  Sein,  ausser  ihm  ist  kein  zweites:  in  ilim  aber  istabsolate 
Einheit,  keine  Zweiheit,  kein  Unterschied.  In  ihm,  dem 
sehlechterdiags  einigeii  aadaal^biglaB  $eln,  ist  also  kein  Grund, 
aas  ^ch  heimaesagelmja»  ia  ein  anderes«  aiaht  einiges,  also  nicht 
widirea  Sein  llberaagelisa.  Brahma  hat  ia  sieh  keiaea  Graad, 
sieh  aar  Welt  sa  entfaltea.  Diese  GniadksigkeU  der  Welt 
spricht  sieh  eben  ia  der  Veratellang  von  der  Mija  aas;  Brahaui 
begeht  ein  Unrecht,  wenn  er  sich  zur  Welt  der  Vielheit  entfaltet^ 
er  giebt  sich  selbst  und  seinen  allein  wahren,  göttlichen  Zustand 
auf;  die  Welt  kann  nur  durch  eine  Täuschung  Brahnia's,  durrh 
eine  Versündigung  an  sich  selbst  eutetelien.  Das  ist  aber  iu 
sieh  widersprechend;  die  Vorstellung  der  Maja  ist  nur  als  ein 
aniiernünftiges  Monneat  willkürlieh  in  das  Wesen  Brahma'a  bia- 
eiageseheben«  dem  ea  sdilachimrdiags  wideiapriehl;  in  dam  tei* 
aea»  antersehiedaloaeB  Brahma  ist  ftr  eia  aeielMS  aa^MBelMs» 
anWahres  Streben  nicht  die  geringste  Möglichkeit  gegeben.  Die 
Maja  ist  ein  Phantom;  wahr  ist  an  ihr  nur  der  Gedanke,  dass  die 
Well  uurechtniässig  exibliii,  eigentlich  nicht  sein  solL  Aber 
soll  Mie  nicht  sein,  dann  ist  sie  auch  wirklich  nicht  Es  ist 
die  Natur  der  Täuschuns^,  dass  sie  sich  selbst  aufhebt.  Hapten 
wir  anfangs:  die  Maja  täuschte  das  jUralima,  errogle  in  iluu  die 
böse  Lust,  sich  selbst  anfsagebcn  and  za  entfalten,  —  so  wendet 
sich  jetat  die  Sache  am;  die  T&nsehung  bethOrt  aicbt  das 
Brahma,  sich  aar  W^elt  der  wirklidien  Diage  an  eatialtaiiy  mm^ 
dem  sie  bethart  uns,  dass  ivir  die  Welt  för  wkklieli  halten; 

Brahma,  sondern  wir  werden  Ton  der  Maja  irre  geführt 
Die  Welt  ist  wirklich  uiciit.  schcini  nur  zu  hciii,  und  dieser 
Schein  ist  die  Maja.  Die  Wolke,  welche  vorhin  die  Ur^onne 
lua4Cy»teji:te^  so.ilai^  «ie  ein  ^iü^iMik^  üoih      SAch  «asstrabUet 


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m 

käfUkjßtU  wmt  EtdB  üMergesenkt  «id  gaukelt  uns  in  phan- 
tastischen Nebelbildern  eine  Welt  vor.  Diese  IMaja,  die  uuserii 
Geibt  berückt,  ein  Traunibikl  iür  eine  Walulieit  zu  ImlteDy  wird 
Ton  der  erkennenden  Weisheit  durohbrooheu,  und  wir  wissen  es 
nun;  Brahina  allein  esLislii't,  das  leere,  einige  Sein,  und  alles 
Andere  acheint  nur  zu  extstiren«  die  ganne  Welt  ist  ein 
TrauailbUfl»  aber  nicht  Brahma.  IräaM  0«,  flendern  wir»  die 
UairiMoitf eft»       Weiaheit  isl  «s^  la  enraeheD. 

„Ba  eaiatift  kefii  andeEaaWaaaa  ala  Bcabaia;  —  ar  iat.gaas 
•lleia»<«<>  —         daa  finaeliaade  Spiel  eiaea  Oanklara  blosser 
Schein,  so  ist  das  Schauspiel  der  Welt  ein  Schein  ohne  iSeiu- 
Wie  dieTraunm  elt  eioe  Täuschung  ist,  so  tat  auch  die  Welt  desWa- 
cbeu»  eifietn  Traume  gleich." —  ,,Ausser  Brahma  ixt  nichts.  Alles 
ausser  ihm  zu  existireo  öcheiot,  ist  eine  Täuschuug,  nie  der 
Scbeio  des  Wassers  in  der  Wfiste.    Die  Welt  scheint  nur  ao  Jaage 
wirididi  ao  aai»,  bla  Brabna  bagri0en  ist,  dar  la  allaa  Jüagea  «n- 
«etbeät  wabal,  ao  wie  «iaa  P«rla  van  Silber  aa  aeia  aabeinl/*«)— 
Jht  aoheUer  Lebeadige  hüt  diaae  acbeiabve  Welt  för  wiiJUieh; 
4fr  wlibBchLebeadlge  [derErkeaneade]  aber  Air  falacbt  er  ecbeaaC 
w»  die  Eiobeit  mit  Brahma  für  wirklich;  uichts  anderes  wird 
gesehen;    es  wird  nur  durch  Unwahrheit  gesehen.*'*)  —  «Die 
LnnisMeuheit  hat  eine  doppelte  Maclit:  Verhülluog  und  Ver- 
dickung.   Die  Macht  der  V  cihüUuug  besteht  darin,  dass,  wie 
eine  Wolke  die  viele  Meilen  weit  ausgedehnte  Soonenscbaibe  durch 
dM  VeiepanNMi  des  Wegea  den  4ugaa  des  Beobacbim  yeideckt, 
as  die  Uawiaaetibeijfc  dea  «agetbeilten,  den  Weltuiatrieb  niebt  ualer« 
wvlinea  Mat  depcb  die  Verapemag  der  Vermuift  dea  Bett aeh- 
tenlea  verdeekt;  ao  grosa  iat  ihre  Kra^   Wie  der,  deaaea  Ge- 
Mit  durch  eine  Wolke  bedeckt  ist,  die  Sonne  ftlr'  wolkenbedeckt 
uud  des  dianzes  beraubt  hält,  hüchst  hciliört,  so  ist  <'s  mit  dem 
Geiste  [Brahma ] .  welcher  dem,  dessen  AuEje  bethürtii»t,  wie  ge- 
buiideD  [an  die  EodlicbkeitJ  erscheint.    Für  den  Geist,  der  durch 
diese  T&nachuDg  bedeckt  ist,  entsteht  die  Einbildung  [Vorstellung] 
der  Weltttoiwälzung,  d.  h.  des  Wirkens,  Geaiesaens,  dea  Glficka 
aad  dea  Uagidcka.   Die  Macht  der  V  erw ecb aelu ag  aber  besteht 
diiia:  wie  maa.  vaa  Tftaaelittag  unlaAgea  elaeo  Strick  flir  eiae 
Mdaige  aoalebt»  «ad  ao  dareb  die  Euibiidung  eiae  Schlange  et- 
lea^,  so  lässt  auch  die  Täuschung  (das  Nichtwissen)  fUr  den 
von  iljr  umhüllten  Geist  die  Etitwickelung  der  Lleiueotc,  tleu  Äther 
U-  s.  C  Eum  Vorschein  kommen.  Deswcneii  iicisst  es:  die  Kraft  der 
Verwechselung  schallt  die  Welt  [zunächst  uls  Maja  bei  Brahma, 
vgl  I  IM»  «tea  bei  dem  niaascblifiiea  Geislej. "  ^>  Der  lii^W^^iat 


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also  theils  negativ,  indem  dem  metigoMidMi  CMste  da»  wahre  We- 
sen verdeckt  ist,  tiieils  positiv,  indem  der  Mensch  ein  faUckes 
Sein  sich  einbildet,  das  wahre  Wesen  mit  deui  laischen  vet' 
tauscht.    Die  Täuschung  des  örhrabmas  und  die  des  menschii- 
eben  (feistes  lattfea  übrigens  in  den  Darstellunge»  oft  io  einander, 
Qod  diese  werden  dadarch  zweid«utig$  je  klarer  aber  der  Ge- 
danke  überliaiipt  gefasst  wird,  im  so  mehr  vessobwindnl  diese 
Zweiheit;  der  betrüditeAd*  MenMheagtlst  fiUN  }s  aOt  BnluBa 
sammen.   „We  Unteivciieidung  zwiseheo  dem  Leliendigeii  [din 
einzelnen  Geist]  und  dem  höchsten  Herrn  [Brahma]  ist  nur  dnrfh 
falsche ErkeniitiHSS  bewirkt^,  nicJit  an  si(  Ii  seihst  wirklich  vorhanileii. 
Es  ist  nur  ein  höchster  Herr,  ewig,  eint;i(h;  vielfach  ist  er  uar 
durch  bethureiide  Unwissenheit/' 0^  — „Wenn  durch  dasW^ort:  Das 
bist  Du  fd.  b.  der  Mensch  ist  von  Brahma  nicht  verschieden]  er* 
kannt  wird,  dass  kein  Untersckted  ist  [zwischen  dem  Urweseo  und 
der  Vielheit],  dann  yemefafrfodet  hei  den  eSoaelnen  Leliendigen  die 
Notkweadigkeit,  der  WaHnnwIkrang  nntenrotfen  «  Mio>  v»d  hei 
Brahma  das  Selmifen,  well  der  ganse  Vorgang  der  flertlieihing  [der 
Urelnheit],  dvrch  falsche  Erkenntniss  hervorgerufen,  durch  dierkh* 
tige  Erkenntnis»  aufgehüben  wird.    Woher  also  die  Nchüpfung?  Die 
*   Weltumwälzung  ist  ein  Irrthum,  hervorgebracht  Hndurch,  Hass 
man  nicht  unterscheidet  die  Masse  von  Täuschungen  von  JNaiueo, 
'  Gestalt  u.  s.  w.,  welche  alle  durch  die  Unwissenheit  entstanden 
sind.  Sie  hat  keine  hdhere  Wirklichkeit  [als  die  des  Seheines]. "  ^) 
Der  Brahmaknndige  sieht  die  sinnlicke  Welt  „siebt  als  wirkilck 
an^  so  wie  der,  weleher  weiss:  das  iet  ein  tiktsdiendesKiinststiek, 
wenn  er  sneh  dieses  Kiroststlek  siebte  es  deck  nidit  als  wirkHek 
sieht,  wegen  der  Sehifftstelle:  Mit  Augen  ist  er  wie  ohne  Angen, 
luit  Ohren  wie  oline  Ohren."*) 

')  Culehr  Kssnis  siir  la  phil.  18B.  —  ^)  Muitrftjitni -Upan.  b.  Wind.  !^98.  — 
')  Sankara,  Aitnii  -B  rdlia,  63.  7»  h.  ColcUr.  Esfmis  p.  266.  etc.  —  *)  Lehrfüitxe  lieü 
YedÄUta,  41  —  4a.  b.  Wind.  177G. —  •)  Vedantu-Saia  hei  Wmdischm.  1781 ;  vgl.  Ve- 
danta-Sara  v.  0.  Frank,  S.  6.  lü.  11.  —  ^)  Fr.  Wiudischniann,  Saucaru,  p.  ~ 
Sukaia  b.  Wfaid.  1767.  ^  ")  Vea«nta-Sara,  ebeod.  p.  1444.  ^ 

$95. 

So  selireitet  die  brainnanisclie  Einbeitslebre  io  den  Mge- 
ricbHigeii  Gange  der  Entwickelung  bis  zur  kühnen  Verneiftmig 
der  Welt.  Dns  vernünftige  Denlccii  wollte  über  die  Zweiheit 
und  Vielheit  .sich  zur  Einheit  des  Seins  eiit{)orarbeiten.  und  es 
errang  auch  in  der  Thnt  diese  Einheit,  aber  um  eleu  Preis  der 
ganzen  Welt;— -das  ist  dem  lädier  nicht  zu  theuer  erkauft; 
wmm  er  nur  jene  bet,  so  frigt  er  nlditn  imeb  ÜMOinel  «ad 


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289 


Erde;  und  wenn  er  darnach  frägt,  so  Findet  er  sie  nicht  mehr. 
An  seinem  Ziele  augekommen,  weiss  er  seinen  Weg  niclit  mehr 
Sur  Weh  zurück  zn  finden;  er  hat  des  Welten.stromes  Quelle  auf* 
gegrabeiij  und  da  er  bis  zur  GeburUNsUUle  der  Flalhea  hiadiirth- 
gedrungen,  giebt  die  Quelle  kein  Waem  mahr;  von  der  gansen 
nkktü  WeUfiUie  bteibi  den  Bnlraumeii  nlolit»  als  di«  fiiobeit 
•UarfliMmiiwei— ;  die  Untcraehiede  aollan  niehl  «rtwmt  a<mdeni 
fenaial  wanl«ii$  am  die  Well  der  Viellieit«B  begreifes,  aaehts 
dtr  riDgeode  Geial  die  Einheit,  und  da  er  sie  gefunden,  ver- 
schwindet ihm  die  Welt.  Die  Chinesen  hatten  die  wirkliche  Welt, 
dcDii  sie  <»;in^en  mui  der  Voraussetzung]^  der  Lizweiheit  aus,  der 
ürkraft  1111(1  der  L  rniaterie;  die  Brahiuanen  wiesen  die  weibliche 
Lrioaterie  zurück,  behielten  nur  die  männliche  Urkraft ,  aber  diese 
blieb  ewig  unfruchtbar.   Mit  dem  Gedanken  des  leeren  einigen 
^eins  endet  die  indiach - brahaiaaiache  Geistesarbeit;  sie  iai  flitt 
der  Welt  yolUtftndig  fertig  geworden;  die  Weltlat  iort,  und 
da  iit  weiter  aiebto  iMhr  sn  danlm  und  sn  begreflen»  diHin  allea, 
was  ieh  aonat  noch  denken  and  begreifen  aellte ,  ia  t  ja  niebt.  Die 
erwähnte  Mythe,  welche  im  Volksbewusstsein  die  Welt  retten 
will,  lässL  die  («ottheit  um  der  Welt  ^\  illeu  als  Opfer  zertheilt 
werden ;  die  consequente  IMiilosopliie  bringt  die  \V  elt  der  Gott- 
heit zum  Opfer.    Die  Einheit  ist  die  Errungenschaft  der  indi- 
sehen  Geistesarbeit,  und  bei  dieser  Errungenschaft  endet  sie 
auch;  sie  hat  Ihre  weltgeschichtliche  Aufgabe  gelöst ^  und  andere 
Velkier  nehmen  die  Arbeit  dea  Gedankena  da  wieder  auf»  wo 
der  indlaeha  Gelat  aeinen  Stab  niederlegte«  Wir  dfirto  jenen 
errungenen  Gedanken  ja  niebt  an  niedrig  «naehlagen,  ao  hart 
seine  Erscheinung  auch  ist,  denn  hier  zmn  ersten  Male  iat  dem 
vernünftigen  lle\s usstseui,  welches  unbedingt  die  Einheit  des 
Seins  fordert,  sein  Hecht  zu  Theil  geworden;  und  grade,  dass 
diesem  Gedanken  das  höchste  Opfer  s^ebracht  wird,  was  der 
Mensch  bringen  kann,  die  Wirklichkeit  der  ganzen  Welt,  daa 
Ist  daa  Grossartige  in  dem  indischen  Gedanken. 

08a  Volkabewnaetaein  folgt  xwar  nicht  der  Philosophie  in 
Ibra  kttine  Yenieinnng  der  Welt,  ea  bAlt  daa  Daaein  der  witk* 
ficban  Dinge  sunicbet  ÜBat,  aber  eine  tiefe  Abnnng  von  der 
nmem  Nichtigkeit  der  Welt  dorehalebt  alloe  indlucbe  Sivnen 
und  Denken,  und  dieses  Trauer  geföhl  bricht  dareh  die  firoheelen 
Töne  indischer  Poesie  immer  wieder  hervor;  der  ganze  mdischc 
Kultus  athmet  diese  Ahnuna;,  und  was  die  Philosophie  keck  und 
rücksichtaloa  ausspricht,  das  raaclU  sich  als  innerer  Drang  im 
Volknieben  prakiiaeb  knnd« 

IL  f 


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Jene  düster«,  den  Lebeosfirohsinn  uoheiniHcli  nnd  s^hreckeni 
HmgariieHtie  und  niederbeugende  Idee,  gross  unil  külm  in  ihrem  In* 
halt,  aber  dnreh  ihre  Einseitijjjivcit  unwahr,  und  dem  Menschen  die 
Frende  amDaseio  verkünmiemd  und  verargend,  zieht  sieh  durch 
das  ganse  EewuMtaeiii  der  lädier  hindurch.  In  immer  wiedfl^ 
kahfeadaii,  «anft  schwennStlitgan  Klugen  briebt  «das  wehnfitMgt 
TraaatgaMt  daa  Hindv  Uber  daa  IWcMga  der  Walt,  Ober  die 
gSagÜcbkeK'allaa  Baaeiaa,  nfcbt  blofla  des  ainalf üben,- avab  dwl 
den  Laut  der  Freude  Mndareh.  Alles  Ist  eitel  ntid  aHea  vairgeiit, 
nicht;«  l)le!l)t  als  das  bleiche,  unleberidit^e  ßrnlinia;  alle«  Lebenüd 
Leben^lrohe,  —  es  ist  alies  vom  V\)iA  und  deiii  Tnde  geweiht,  alle* 
wird  verschlunuen  ir«  das  j^rosscMeer  des  stunnnen  Allst  und  Uibüü- 
sterrtd  durchzieht  auch  da^i  tVohestclsefühi  de«  I ndrers  der O danke: 
es  ist  doch  alles  eitel,  alles  Schein.  Still,  sanft  und  schwermöthig 
der  Charakter  des  Volkea  ist  aehie  Peeirie.  In  dem  acbOaaten  l^ande 
der  Erde  wird  der  Mebaeh  »dikea  DaMas  nitebt  frtib;  ,,$n  ^aw 
scbreekliehen,  fort  und  fort  gelirendenfUnitrllKaffg  derWeaea^tM^*)* 

„Wie  nur  gereiften  Baum£rOchtcu  vor  dem  Falle  zu  bangen  brnacht, 
So  nur  dem,  der  erzeugt  wurde,  vor  ilctn  Ttxle  /u  lüin^^eu  braucht. 
Die  Tage  der  Bterhlichen  flich'n  bald  vorüber  in  dieser  Weh, 
'  Vewehren  eilig  die*  LebtMi .  wie  GewftiBer  der  Sonne  Glntb.  ' 
Über  dicU  selber  nur  jauimere,  über  Audre  waä  jammerst  du^ 
Da  ja  deiu  I^ebeu  luiiwli^d«^         du  st^hu  od^er  wandclix  auch! 
BCit  xaiB  wandert  der  Tod  iianer,  mit  luu  webet  and  ist  er  stets, 
Wenn  wir  ferne  auch  forteilten ,  mit  uns  ltduet  der  Tod  snrück.  — 
Wie  im  Ueere  eia  SolttpfitMr  la  dem  andern  gelanged  mug^ 
•  Ünd  aediher  wieder  ir^ellca,  war  er  aal  kdna-Ztitvsntei, 
80  amb  die  Qaltia«  Bbitefireoiide,  Söhne  und  jeglicher  Besita, 
Sie entiliehn  uns;  unausweichlich  bleibet  unaiaunar.ihr  YerlBit.**^ 
„Ein  Tropfen,  der  am  Loto^blatte  zittert, 
So  ?:st  das  flftcbt'ge  Leben  schnell  verwltterti'— 
Acht  Urgebirpe  nebst  den  sieben  Mforr?i      '     '  *  ** 

•  Die  Sonne . -wie  die  Gölter  bclbst .       hchri  iK         ■        .,  .  » 

Bichl  mich,  die  Welt,  —  die  Zeit  wird  all  -  ^.  rtrümmem,  .  • 

Warum  dcuu  liier  »icli  uu<^li  luii  ngeuU  cuvuö  kummeriii'"*)  ,  ,         »  , 

Daa  ist  der  Obieräll  benrorkliagende  Toti^  «ad  aacb>die^'beiteie 
Poeaie  der  Indler  iat  darcbwoben  ▼on  MtteiB  iMsbwetniMbigaM 
Haaebe;  bnmer wieder ridbtet  sich  vondeml«baf  deM<'va«dedarWik 

bin  auf  „den  zitternden  Tropfen  ath  Lotoshiatte,"  ein  unaufWfr- 
lieh  wiederkehrendes  Bihi  tl('s  menschlichen  Lebens.  Es  ist  eben 
nicht  bloss  (Iiis  Gefühl  der  \ Cr::  ?ne??ehkeit.  sondern  das  ahnenide 
Ben'us>(Meiri  von  der  innere»  VVe»cwiosiglteit  aller  l>ioge,  was  deoi 
liidicr  alle  Freude  an  der  Welt  TerlrtiniBiert  «  .  '  •> 

>)Ba8iiO«aa»II»75.-«)6aalmAtM3liuS^n:BltflBr.     '       *  "  ' 


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S9l 


Das  religiöse  Volksbewusstsein ,  obwohl  die DUohtigkeil 
der  Dinge  ahnend ,  leugnet  dochnicht  ihr  Dasein,  sondern  hAll 
«n  üirer  Wiridlolikefit  fisMly  und  sucht  eben  in  demOedanken  der 
Maj^  die  Vermitteltail;  den  Wlderepi^chs  zwleehen  den  mkUk^ 
whiedeleeen  Uraein  nnd  der  Tielfkcben-WeH*  Ist  diese  Kluft 
finmal  dareh  einen  ktthnen  Sehmin»;  übersprungen,  ist  in  der 
Maja  das  weltliche  Element  in  Brahma  gebetet,  so  eifol^t  die 
Entwiekelung  der  Welt  aus  Brahma  in  unbehinderter  Entfeltuiig. 
Diese  wird  zwar  in  den  Heligionssehriften  und  in  der  Philosophie 
in  sehr  Terschiedener  Weise  dargestellt,  aber  durch  alle  Ko^ 
megonieen ,  —  ein  Liehlingsgegenstand  ^indiseker  Literatur, 
geht  doch  derselbe  Grandlott  hliidiifvh#  Dan  ÜHyrahn»  ist  seinem 
Wesen  nach  das  In- eine  khtre,  ^rehsfehtige  Müsohnng-  anlgS'* 
ÜMi  All»  in  wdeher  alle  GegensftlBse  nnd  ünlersohiede  nentra- 
Kshi  nnd  avfgehoben  i^nd :  <^  wir  sprechen  hier  nidrt  von  einenl 
materiellen  Chaos;  —  in  iliescr hellen  unterschiedslosen  Auflö- 
«raus:  bewirkt  (ier  elektrische  Funke  rl rr  Maja  eine  Scheidung; 
«lie  Miscliiirtir  trübt  sich,  und  die  aufi;elt>st(n  iiestantltheile  trefrn 
auseinander,  krystaliisiren  oder  schlagen  sich  nieder.  Oder 
Brahma  ist  der  Keim,  aus  weichem  sich  der  ganze  Baum  der 
Welt  entwickelt.  Das  ist  bildlioh  der  Grunddurakter  der  indi«- 
sehen  Kosmogoilien.  In  den  einaielnen  Dafstellnngen  verdeekt 
viel  PkantaeMisiclies' den  eigentKoken  Gedanken. 

Die  Weltschftpfiing  ist  eine  blosse  Ansbrsitnng  des  TJvu 
Wesens;  wie  eine  Spinne  ihr  Gespimist  aus  sich  selbst  zieht, 
und  sich  so  «gleichsam  selbst  ausbreitet,  wie  die  Schildkröte 
durch  Adssti ecken  ihrer  (ilieder  sich  selbst  ausdehnt  und  aus 
ihrer  eiiilacheii  Gestalt  in  eine  viekei:;liederte  übergeht,  so 
dehnt  sich  Brahma  zur  Welt  aus.   Die  Weltschöpfim^iist  eine 
£inanation.   „Wie  die  Funken  Aus  der  Flanmie  oder  einem 
gllBienden  Elsen  herroiigehn  tausendfach,  so  gehn  alle  Wesen 
befroransdemUnveriinderfielMn,  uddkehrenlftdieseannKlek.^*  t) 
'  Die»er  Gedanke  der  Entfaltung  Brahmali  als  des  Wel^ 
keimsistder  Kern  der  »j^anzen  brahmanischen  Weltansehaming; 
er  kehrt  überall  wieder,  und  wir  müssen  ihn  scharf  und  bestimmt 
erfiissen.    Was  sich  entfaltet,  das  ist  in  zwei  verschiedenen 
Zuständen  doch  wesentlich  dasselbe;  das  Nichtentfaltcte  ist 
dettt  Wesen  uÄch  eins  mit  dem  Entfalteten ,  nur  die  Form  ist  eine 
andere.   Däs  Zweite  ist  in  dem  Ersten  schon  vorbanden,  mt 
nothialeht'afaaelnaiider  gelegt$  nnd  der  Keim  gehl  andermeits 
fftrl^r  in*«eittiS  EuMtung.  Da«  iMiere  tritt  nach' ansäen, '^•M 

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292 

st  lieiiibav  L  iUci  -scliiedslose  rollt  sich  auf,  das  reine  r^rlichtzertheilt 
sich  in  seine  Farben.  Die  Welt  ist  der  Bach,  der  aus  der  Gottes- 
quelle strömt;  das  Wasser  ist  in  beiden  dasselbe,  nur  euimal  ver- 
borgen, das  andre  Mal  hervorsprudelnd  luid  auseinander  iliesseud» 
Die  indische  Welt  verhAlt  sich  za  Giott  nicht  wie  die  geschaiieae 
Welt  im  Monotheismus  zu  Gott  sich  verhält,  sondern  vieleher,  iHe 
sidi  in  der  chrUtÜchen  Dreieinigkeit  derSohn  nnm  Vater  veriMUL 

Bei  diesem  Ausströmen  oder  Ausstrahlen  der  Welt  aus  Girtt 
Hegt  der  Gedanke  sehr  nahe,  dass  die  dem  ausstrahlenden  Mit» 
telpunkt  näher  liegenden  Creaturen  das  göttliche  Sein  in  hö- 
herem Grade  in  sich  tragen  als  die  entfernteren.  Je  nu-lir  sich 
der  Urstamm  verzweigt,  um  so  schwächer  werden  die  Z\\eige, 
je  weiter  das  Licht  strahlt,  um  so  mehr  vcrblasst  es.  Die  ersten 
entstandenen  Wcltwosen  hatien  das  Göttliche  am  intensivstes 
in  sich 9  es  sind  die  G Otter,  die  in  der  eigentlich  indischen 
Lehre  unbedingt  als  Creaturen  au  betraditen  sind»  Ahnlidi 
den  Engeln  in  monotlieistischen  Lebren.  Alle  Weltbildung  durch 
Entfaltung  geht  abwärts;  die  uuletzt  entstandenen  Wesen  sind 
die  unvollkommensten.  Sehr  gewöhnlich  ist  der  Gedanke,  dass 
die  zuerst  entstandenen  Abzweigungen  des  göttlichen  Urstamms 
sich  nun  ihrerseits  ebenso  entfalten  und  verzweigen  wie  tiieser, 
also  als  dcmiurgische  Mächte  auftreten.  Es  ist  dabei  ziemlich 
gleichgültig,  ob  diese  ersten  Weltmächte  als  IS a tu r- Elemente 
auftreten  oder  als  Geister,  denn  aller  Geist  trägt  hier  dach 
noch  Natur -Charakter  an  sich. 

Der  Gedanke  der  Miga  aber^  dessen  leiste  Folge  die  Auf- 
kebung  der  Welt  war»  ersckeintauf  dieser  Stufe  der  mehr  Tolks- 
liifimliclien  Auifassung  in  dem  Gedanken  wieder,  dass  Brahma 
die  Welt  durch  Sclbstpeinigung,  durch  Askese  [tapas]  erzeuge; 
das  Brahma  muss  sich  in  der  That  selbst  ticwalt  antiiun,  muss 
sicli  iii  seinein  waljren  Sein  verleugnen,  wenn  die  Welt  werden 
soll;  die  Weltbilduug  ist  eine  Qual  für  Gott,  denn  er  geht  aus 
seiner  Wahrheit  in  einen  unwahren  Zustand  über.  Dieser  von 
der  ältesten  Zeit  bis  in  die  spätesten  Pnrana  hinab  inuneiiört 
wiederkehrende  Gedanke  muss  in  seiner  ganaeii  schweren 
Bedeutung  genommen  werden»  er  ist  durohaus  der  Indisflkoii 
Waltansehanung  wesentlieh.  IMe  Qual,  weldie  das  Temfinftige 
Denken  erleidet,  wenn  es  aus  dem  leeren  Einen  die  Welt  der 
Vielheit  begreifen  will,  spiiclu  ^icll  in  dieser  Qual  aus,  welcher 
das  Bralmia  selbst  sich  unterzieht,  wenn  er  die  Welt  bildet. 

Damit  hangt  ein  anderer,  scheinbar  eutgegengeüctztcr  Ge- 
danke ausammen.  Die  WeltbUdnng  ist  nur  eine  fliohiiget  ober- 


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m 


flSehliche  Ver&ndemiig  in  Gott,  ein  leicht  vorübergehender 
Traum,  es  wird  mit  ihr  niemals  redit  Ernst.  Spielend  gleich- 
sam wirkte  er  dicss:"  das  heisst  nicht  etwa:  die  Weltbildung  war 
dem  Brahma leiclii,  sie  ist  ihm  ja  viel  eher  eine  Qual,  sondern: 
et  ÜUD  nicht £ro6t  damit,  es  kommt  zu  nichts  Rechtem,  die  Welt 
gelangt  niehi  zu  euiem  berechtigten,  wirklichem  Dasein,  sie 
U«lit  faimer  nnr  ein  leichtes,  sweddoses  Spiel,  ein  KM  der 
Lame»  iMÜdigem  Veneliwinden  geweiht. 

„Wie  die  Spiooe  die  FSdeo  ans  sich  beravsgelieD  ISsst  imd  sie 
rarttekzieht,  M  vne  die  P6aDseD  ans  der  Erde  spriessen  mid  wie 
ans  dem  lehendeuMenschen  dieHaare  entwachsen,  ebenso  entkeimt 
diüi,i.  Wrüall  dem  ewigen  Wesen." 2)  „Wie  der  ^^cidenwurm  aus 
seioem  eignen  Speiehel  den  Faden  nuu  lit.  so  iicbafTt  der  Geist  pjich 
selbst  an  verschiedenen  Geburtsstütten.  ' ^)  «^Wie  die  Wellen  und 
der  Sehaoni  in  dem  Meere  entstehen  und  wieder  zcrfliessen,  so  die 
Wek  ans  dem  Brehna ;  nnd  wie  Milch  sieh  verwandelt  in  K&se,  nnd 
Ei«  in  Wasser,  so  verwsndeit  sich  Brahma  in  die  WeltgestaHnn- 
gen/'*)  Die  SdiSpfung  ist  „eis  HervortreteD  von  Nanen  nnd  6e« 
■taHen  in  dem  brahmagestaltlgen  Wesen,  wie  das  Entstehen  des 
Schaumes  im  Meere.***)  —  „Einer  ist  der  Lebensgeist  [bhiilatnia], 
der  rings  in  ullcji  Wesen  ruht,  einfach  und  vieffnch  zeigt  er  sich, 
wie  iu  des  W'asHcrs  h  liehe  der  Mond;  und  wie  der  in  einem Getasse 
vorhandene  Äther  bleibt,  auch  wenn  der  Krut:  zerbricht,  t>o  ist  der 
Leiiensgeist:  wie  solcher  Krug  zerbricht  fort  und  fort  alle  Gestalt. 
80  lange  er  [der  Geist]  roitName»  and  Form  begabt  ist  [wiedasTao 
des  Laotae»  f  S6],  so  lai^  wellt  er  Im  Irrthnm;  wenn  durehbmcben 
du  Dunkel  Ist»  erschaut  die;  einsige  Einheit  er/««) 

Eine  der  SHestea  Kosmegonleen  der  Veden  Ist  folgende:  ,,Die 
iSonne  ist  das  Brahma;  so  ist  die  Lehre,  diess  ihre  firkUlrung:  Im 
Anfanc  w  dv  dieses  All  nicht  seiend;  Das  war  seiend;  es  verän- 
derte sich,  CS  ward  eirj  Ei;  diess  lag  ein  Jahr;  es  spaltete  sich; 
die  bf^ifleri  Schalen  waren  Gold  und  Silber;  das  Silber  ist  die  Erde» 
das  Gold  der  Himmel."?)  0ie  im  Texte  folgenden  dunklen  Gedanken 
sind  deutlicher  in  den  verwandten  Steilen  ausgedraekt  Der  Grund- 
gedanke Ist  fiberall  der,  die  wirkikdie  Welt  Ist  nicht  etwas  Anderes 
als  das  Brahma,  sondern  ist  dieses  seihst;  dasBrahma  verwandelte 
sich  hl  die  Welt,  wie  der  Kehn  In  die  Pllanse. 

..Zuerst  war  ein  Geist,  von  deiu  alles  erzeugt  ist.  Dieser,  in  sei- 
ner Einsamkeit  unbefriedigt,  hetrachtete  sich  selbst;  er  w(,llte,  das» 
er  viel  und  verschieden  sei.  Da  erschien  er  als  VieK  s  und  Ver- 
schiedenes, und  die  Gestalten  verschiedener  Art  wurden  hervorge- 
taciit  Diese  waren  starr  wie  die  Stehie»  und  ohne  Lebeoshauch 


i^iy  u^Lo  Ly  Google 


>rie  troduR  BAjume.  Der  (leivl,  noch  unbefriedigt,  wellte»  da«  « 
'  in  sie  eiDgebe»  und  dem  Wiede  glekb  geworden  ging  er  in  ei^  enr, 
nndbekiiCe  den  Leib.   In  die  E9hle  [des  Heraens]  eiagegaogeo 

[als  «^inKeloerMenscIiengeist],  wnsdte  er:  iob  habe  niei»  Weib  Doch 
itirhl  V  ullhrjiclil.  Sa  l'as.ste  <*i  darni  J^u^t,  uutiÄer  m<  Ii  zu  «ei«,  uud 
wirkf«  die  fünf  Snine  und  di<i  Oiyauc  der  Thätigkoit,  uiid^  mmiic 
^>träilieu  uus  dicken  iu  sich  i^uiiic  knehuieDd  [durch  die  Sinne  uttd 
durch  die  Handlungen  die  Auti^enwelt  enipfindeudj  geno^j^s  er  «i^ur 
Udw  Lust,  und  4liu  Welt  war  für  ihn  vollendet.  Auf  solche  Art  iüt 
dieeer  Gei«^  an  eich  nUes  umfaeaend  und  begreifend,  in  die  Femeio 
der  gttteo  «nd  baaen  Werke  gefiiUen  [ala  Einaeiaeele];  er  ecacbaiiit 
getheüt  und  Yerachiedeiu  er«  der  an  eich  feasellee  iat.  Der  Unbe- 
wegte, Mühelose  eracheint  beweglich  und  beachfiftigtB") 

Göttlich ,  gestaltlos  ist  der  Geist  [PurustliaJ.  das  Innere  und 
Äussere  der  Weesen  durchdringend ,  ungeboren  .  rthue  Atheni,  ubric 
Herz  ftnanas],  tilänzenU,  erhohen  über  das  HTm  und  Unver§n- 
dedlohe.  A^is  ihm  eotsteht  der  Lebenahauch,  da«  Geiuütit  und  ailc 
Sinne  etc.  Das  Feuer  mi  sein  Hanpt,  8ooue  und  Mond  seine 
Augen,  iUe  Weltgegenden  «eine  Obren*  der  Wind  seinAfthein  elo/*') 
^  bat  Tauaende  von  KOpfen,  [Pornacba«  der  GeiaC]  Tanaende 
von  Ai^en,  Tauaende  vod  Fteen;  «nd  au.  gleicher  Zeit,  wo  er 
gänzlich  die  Erde  dercfadriagt,  bewohnt  er  [hn  menacbttcben  Körper] 
eine  Höhlung  von  zehn  Zoll  Höhe.  Purnscha  ist  alles,  wat^ 
ist,  nas  gewesen  ist,  was  sein  winl;  er  ist  der  Sj^ mler  der  Un- 
sterblichkeit; deoi)  er  i^t'?«,  wolrher  durch  die  Nahrung  [w  rh  fje  in  die 
Geschöpfe  eingeht]  aus  sieh  heraus  in  die  Entt'aUuüg  geht.  Sieh 
aeine  Grösse!  Aber  Puruscha  ist  noch  mehr,. die. Geaamintbeit  der 
Creatureu  ist  nitr  der  vierte  Tbeil  aeinea  Weaenag  die  drei  andern 
Tbeile  aind.unaterbUcb  im  Hunmel;  eich  zu  drei  dieaer  Theile  ja^ic 
Hohe  erhebend,  bleibt  Pprimbe  aueaailiail»  der.  Welt«  der  vierte 
Tbeil  bleibt  hier  unten  [um  geboren  zu  n-erdeo  und  zu  aterbco] 
wecbaelaweiae;  dann  sich  yervielfaltigend  durchdringt  er,  was  dfh 
nährt  «nd  was^  ohne  INahrung  l>e*<tebt,  .  Als  die  Götter,  den 
l^uruseha  /um  machend,  die  Ojiferuni^  vollbrachten,  ...  wurtk' 

aus  seinem  iMunde  der  Brahmane,  seiae  Arme  wurden  der  köoig- 
liohc  ^tapdi  aeioe  iicbenkel  wurden  zym  Vaiija,  der^udra  eatataod 
aua  seinen  Füssen :  der  Mond  entaprang  aua  aeinem  Herzen,  ana 
aeinen  Augen  die  Sonne,  aua  aeinem  Munde  Indra  und  daa  Feuer, 
aua  aeinem  Athem  war4  der  Wind*  Aua  aeinem  Nabel  entatand  der 
Lnftkreia,  der  Himmel  aua  aebem  Kofif  ,  die  Erde  aua  aemen  Füs- 
sen, der  Raum,  ona  aeinen  Obren;  so  bildeten  sie  die  Welten;  — 
»P  opferten  die  Götter  dem,  der  das  Opfer  splbst  ist"»«)  Uicpelbe 


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V«mtflllng»  mir  oIm  «»«Mcklkdie  ErwKhiiBBg^flr  Offerung  kownt 
MtMit        «II  fpr».  ^,I>ie.£rde  ist  aM  0mlimVs  FüMen  eDtspruo- 

fi;en,  atii»  «einem  Kopfe  der  Uiiumcl,  uun  der  Nane  Her  fiauch,  aus 
4leiti  Ohr<»  die  HimmcIsijegüiKleri,  aus  den»  Augt;  «lie  Biotine**  etc.'*) 
Die  Ivojiiiiogouie  der  zum  Kigvcda  gehürigen  U(»ant9chade  A  i  ta- 
rejtt- Aruüjaka  iai  iolgaude:  „im  Aui'ang  war      (tad)  ailoiu,  der 
.Geist:  nichts  W0€ir        Tliätige»  <Hler  Ruhende«.  Erdachte:  ich 
will  Weiten  üptluwen;  pipd  er  «ntliess  Welt«ii;  WaMer^  Licb^,  Ver- 
gi^güdifl»  and  die  CieirSeeer.   Weeiper  war  über  depn  HinuMl, 
tweiefcor-  es-  UBgjki  der  lai&ki^  malaast  Lkht»  d(e  Erd^  da#  Ver- 
gängliche; in  4ci;  Ticilfe  eiad.iGewäaeer.  Er  dachtf^:  dae  sind  wirk* 
fieh  Welten;  ich  will  H0ter  der  Welten  maeliea.    Da  bildete  er 
aus  dca  (icvvässern  <leii  Puruschi»  [Gei>t]  ,  ein  gcätaltctes  Wesen. 
Erschaute  es  au,  uud  des  Angeschauten  iMund  affnctc  sich  ivic  cinEi; 
ausdeniMundc  t^ing  hervor  Rede  und  aus  der  Rede  Feuer.  Aus  der 
^ase  uebete  üauch ,  ^ud der üaudi  breitete  «ick «ui  Luft.  Es 
ifibetea  «ich  die  Aiigert^  iiiid  aus  deu  i^ugeii;  eotsprapg  ein  Licht- 
gfalDs,  .und  .ane  dem  Olaase  ward  .di«  fi^pope.  'iQe  thateo  eidi  auf 
di«  OhttB,  und  «MdeB-Ob^ea  kam^da«  Horea»,vad      den  USreo 
eatfeltffte  eicli  der  Rauin.  :  Es  4^neten  «icb'  die  Porei^  der  ümt, 
■nd  ave  der  Haat  sprcissten  Haare,  and  aua  den  Haarea  wnrdea 
IMIaiizeu.    Es  Olfuete  sich  die  Brust,  und  aus  ilor  IJrust  trat  hcr- 
%or  das  Herz,  und  aus  dem  Herssen  ward  der  M  o  n  ti    Es  barst  der 
Nabel,  und  aus  dem  Nal)el  kam  der  vnr/clueuile  Hauch  und  aus 
dtesem  der  Tod.  Es  ufTuete  «ich  das  Zeuguag^glicd,  und  es  ergoss 
•Mk  daraus  aeugender  Same»  und  aus  diesem  eatotandeii  die  G  e- 
trftMer.'"  -^  PeriSian  dieaiia«  .aech  aienlich  rob  geieielwetea  Bil- 
4m»  daaeeii. eias^lae' Zfige  mtjki  alknudhaff  erwogea  werdea 
«iPfea*;  iat  'der;,  dai  Ureiaa  eattteaa  aas  iiicb  eleiBBOtare  Naiar- 
BUiSSb,  verwandelte  eich  ia  Natur,  lireitete  aick  in  rXandiehea  StoflT 
au^;  vorher  gestaltlos  und  leeres  Eins,  gewinnt  es  nun  Gestalt  und 
Vielheit;  dajii  gestaltete  liruhma  ist  eben  jener  so  oft  wiederkeh- 
rende Punischa,  vorbestellt  unter  niciisctjÜclier  Gestalt;  er  ist  der 
aflaoiiare,  der  sinnlich  uud  cancrct  gewordene  Gott;    >  und  dieser 
yerviandeit  sieb  nun  iu  die  wirklichen  Ilaturdinge,  währead  die 
atayrtlaglicheii  Eteeate  nocbgaaa  foiailaa^  ehaetiacbe  Obeigaaga- 
araaeii  warea.  Der  Puraaaha  iat  nkdit  »ehr  da*  abatracte  Urowa« 
aeadM  dai^eoige,  wMk^  die  VidMt  keieita.  m  Bkk  trägt.  Um 
wea  Bfataa  aar  Welt  aa  gelangea,  mnaa  erat  das  einige  Brahma 
sich  selbst  io  ein  vielfaches,  gestaltetes  umwandeln,  muss  erst  zur 
Weltbildung  zurecht  gemacht  werden,  denn  an  sich  ist  es  dazu 
vittig  unhraachbaii  es  wird  gewisaenaassen  einem  cbemisebeo 


i^iy  u^LJ  Ly  Google 


»96 


Ptoces«  rnilemoffen,  erst  in  allgemeine  Elemente  ad 

8chteHi»t  (iaiJti  uls  uestaitetes,  krystallisirtes  Wesen  an:  und  id 
dieser  Gestalt  eignet  «ich  das  Brahma  erst  zur  Welthildimg.  Der 
Puruscba  ist  nicht  mehr  das  leprf  Fr  Ei  ()er  Welt,  sondern  in  ihm 
ist  Brahma  zu  einem  hereiti^  gegliederten  Welt-Fütus  ge* 
wordcito»  an  dem  alle  Weltgestalten  bereite  embryonisch  YoriMUitlen 
'  aind»  Die  Hanptaache  iat  die:  die  einaelnen  Welt- Blemeate  «lad 
'  nicht  dnrch  Brahma  frei  geaehafVbn,  aondern  sind  ans  Ihm  geirar- 
den,  indem  er  sich  selbst  in  sie  verwandelte.  —  Der  Vedeateit 
iidirt  fort:  „Diese  Gßtter  [deva,  nämlich  die  genannten  Natnr-file' 
mente],  so  gebildet,  fielen  in  das  ungeheure  Meer  [aus  welchem 
Pnruffcha  aufgestiegen:  sie  hatten  noch  keitie  selbststSndige Haltung 
rn  dem  noch  rhaotisohen  Urzustand],  und  zu  Ihm  [Brahma |  traten 
sie  mit  Hunger  und  l>urst  und  spachen:  Gieb  uns  eine  Gestalt,  in 
n  eichcr  wohnend  wir  Nahrung  geniessen  mögen.  Er  bot  Ihnen  die 
Ciestalt  der  Knh;  sie  sagten:  diese  genügt  nns  nieht;  er  neigte 
ihnen  die  Gestalt  des  Resses;  ^e  sagten:  aneh  diese  genflgt  m» 
nicht;  er  neigte  ihnen  die  Menschengestalt;  da  riefen  sie:  wohl|e- 
macht;  o  wnnderbar!  Deswegen  ist  der  Mensch  all^  Wohlge- 
stalt. Er  gebot  ihnen,  ihre  angemessene  Stellung  einzunehmen. 
Feuer  ward  Rede  und  giii|^  ein  in  den  Mund:  Luft  \h  ;ird  Hauch  und 
ging  in  die  Nase;  die  Sonne  ward  Gesiilit  und  durchdrang  die 
Augen;  der  Raum  [Äther]  ward  Gehör  uud  nahm  seine  Stelle  im 
Ohr;  die  Pflanzen  wurden  Haare  iirnl  bedeckten  die  Haut;  der  Mood 
ward  Herz  (manas)  und  ging  in  die  Brust;  der  Tod  ward  venehrea- 
der  Uaneh  nnd  durchdrang  den  Nabel;  Wasser  ward  seageoder 
Same  nnd  erAlllte  die  Zengungsglleder/«  ~  Das  in  ^e  Matur-Ble- 
mente  certheilte  Üihrahma»  das  ist  der  Sinn,  saaunelt  seine  Glie- 
der, vereii^gt  alle  seine  Strahlen  in  einem  Rnnkte,  der  das  OrMt 
wicdcrspiegelt;  der  Mensch  ist  das  Abbild  des  Weltalls,  der 
Mikrokosmos.  Der  in  den  Elementen  aus  sicli  h«  i  ausgegangene 
Puruscha  i^pstaitet  sich  im  Mensehen  von  neuem  in  Weise  der  Eif!- 
/clheit;  der  Mensch  ist  das  Kbeübild  Gotte.*^;  in  ihm  kehrt  die  Gott- 
heit ans  ihrer  Zerstreuung  wieder  zu  sich  znrficfc.  Der  Ursame  hat 
sich  xn  einer  vollen  Pflanse  entwickelt,  aher  diese  kehrt  wieder  sam 
Ssmen  zarfick,  den  sie  seihst  eneogt*  Der  Mensch  ist  nicht  infacs 
gleidier  Linie  den  andern  Creatnen,  sondern  Ist  das  Piodact 
sSnuntlichcr  kosmischen  Factoren;  die  Natnr  Ist  ganz  ebenso  der 
awseinandergelegte  Mensch ,  wie  der  auseinandergelegte  L'rgolt, 
ntid  der  Mensch  ist  die  suf» jrctiv  gewordene  Natur :  die  Lleroeote 
sind  iWi'  f)l»jectrveu  Sinne,  und  die  Sinne  sind  die  subjectiv  gewor- 
deoou  Elemente;  das  Ange  und  das  iiicbt  sind  gleicheo  Weseos, 


Digitizeo  Ly  VjüOgle 


m 

noi  daram  eben  nind  me  fSr  pfnnnder  rln.  Dieses  Verhältniss  den 
Menschen  iinH  dos  INafiir- Alls  /u  oinaiificr  ist  ein  hei  den  Iiidiern 
überaü  anerkannter  Gedanke ,  der  aber  nicbt  ihnen  allein  gehört, 
MMlern  auch  bei  deD  andern  Volkern  des  indo  •  germanischen  Stam 
»es  wiederkehrt.  —  „Er  dachte;  das  sind  Welten  iind  Herreo  der 
Wehes;  für  sie  wHi  ieh  Nahrang  bilden.  Er  eebaute  die  [telMns- 
Mihwaogerett]  CiewSeeer  an,  and  aas  den  angeaebantea  Gewiseern 
ging  eine  Gestalt  lienror,  und  Nahrang  Ist  die  erzeugte  Ck»talt.  So 
^eMMet,  wandte  nie  sieh  weg  und  sachte  zu  entfliehen.  Der  Mensch 
suchte  sie  durch  Rede  zu  Irt.H.sen,"  —  dann  durch  .seinen  Athem, 
sein«  0  Blick,  sein  Gehör  etc.,  aber  er  vermochte  es  nicht;  —  ,>xu- 
leut  suchte  er  sie  durch  den  verzehrenden  Hauch  [apana,  eigent- 
lich der  berabfflhrende  Hauch,  der  Weg  nach  unten,  im  Nabel  oder 
Baache  wohnend]  zu  ergreifen  und  auf  diese  Weise  verschlang  er 
m."  Die  Nahrang  spielt  In  der  rodischen  WeltMre  eine  grosse 
lUHe,  and  bat  ebe  tiefer  gelieade  Bedentang.  GStter  and  Men- 
schen bewahren  ihr  Leben  nnr  dnrch  die  Nahtvag;  es  Ist  diese  die 
Aslsahme  des  dnreii.  das  Weltalt  aasgebreiteten  GMtlIciien  in  das 
einzelne  Dasein,  das  Trinken  aus  der  Quelle  der  Gottheit  selbst: 
fler  Mensch  ist  zwar  an  sich  seihst  schon  von  güttlichem  Weser», 
und  aus  dem  Gottessein  hervorgegangen,  aber  weil  er  ein  vergäng- 
liebes  Einzelwesen  ist,  so  bedarf  er  der  steten  Erneuerung  dieses 
seines  göttlichen  Elemeates;  und  in  dem  Nahrm^sstoffe  der  Natur 
ist  Me  Gottheit  in  ?erstfirktem  Maasse,  eancentrirt  vorhanden; 
Nahrai^' nehmend  liegt  der  Measeh  wie  ein  Kind  an  dea  Brüsten 
der  gMtiieiien  Mutter  and  nimmt  den  gUttilehen  Lehenstoff  In  sich 
asC  WeH  ein  Mensch,  sagt  der  lädier,  ohne  Nahrang  alle  Kraft  and 
aMes  Bewusstsein  verliert,  so  ist  die  Nabmng  die  Qoelle  aller  leib- 
lichen und  geistigen  Kraft,  i^)  Wir  nifissen  diese  Auffassung  im 
Auge  behalten,  wenn  wir  die  Opfer -Idee  der  ludier  verstehen 
wollen. —  „Er  [atnia|  bedachte:  wie  kann  dieses  fder  i^eib  |  he- 
ateben  ohne  mich  i  Trennend  die  Nath  [des  Schädels]  drang  er  hin- 
eb  auf  diesem  Wege. . .  So  eingegnngen  [als  beseelender  Geist] 
nstsischied  er  [erkennend]  die  Elemente:  was  sonst  als  Es  ist  hier 
whiadea?  Uad  er  hetraehlete  die  weite  Aasdehnang,  aasrafend: 
Es  luihe  Ich  gesehen;  darum  helsst  er  Mamdra  [Es-sehead]  oder 
iidia  [eiaa  spStere,  allegorische  Heatung]/*  So  die  Upanisehad. 

Ist  das  Weltall  Oberhaupt  das  entwickelte  Brahma,  so  ist  es 
der  menschliche  Geist  in  einem  eminenten  Grade,  ist  der  in  der 
Welt  potenzirte  ürgeist.  Die  Parallele  mit  der  Menschen  Schöpfung 
der  Genesis  liegt  uahe.  l>ie  Stellung  des  Measchengeisies  zur 
ihiigeB  Welt  wardea  wir  spftter  eHMern. 


298 


,,8eieii4  war  Wbbb,  o  Ckiter,  tod  Asfcag»  Eise«  ohne  Mm^ 

tes.   Eioige  [die  »BiHldhisleaf }  Mgeo:  NicbUeiMd  fr«c-dfM 

alleM  von  Anfang,  Eines  ohne  Zweites;  ans  (Kesem  Nichtoeieoden 
wurde  (las  Seiende  erzeugt.  Wie  kann  dies«»  aber  so  seio?  Wie 
krHiiilc  aus  dem  ^iiehtseienden  das  Seiende  erzeugt  werden?  — 
8«ieDd  vi  ar  Es  aui  Anfange,  Eines  ohne  Zweites;  es  wünschte:  tcb 
■idge  %ielfach  sein  und  zeugen ,  [das  Moment  der  MajaJ.  £s  eot* 
lies»  BM  sieb  da«  Feuer.  Das. Feoer  wünschte:  ich  Mdge  viellach 
■ein  iwd  sengen;  e«  xeegie  das  Waase«;  deabalb»  wo  iinaadeia 
Mensob  scbwttat  [Feuer  in  eich  batj»  da  eaMbl.Wasstf,  Dm 
Wasser  wfioscbte:  tcb  aiSge  vIeUacb  sab  uad  seagfts-^  es  aeagte 
die  Nahrung;  deshalb  ist  da,  wo  es  regnet,  die  «eiste  Nahnuif: 
aus  dem  Wasser  entsteht  die  iSahruug."  —  ,»A>is  Brahma  ging 
zuerst  hervor  der  Äther,  aus  dem  Ätiier  der  Wind,  au«*  dem  Winde 
das  Feuer,  aus  dem  Feuer  das  Wasser,  aus  dem  Wasser  die  Erde, 
ans  der  Erde  die  Gewächse,  aus  den  Gewächses  die  Kabmsg» iss 
der  NiOsrung  der  MciisCb  and  fjle  Thiere.^  J9) 

»,Bibhiaa  be^ebrlSB:  nSge  ich  «$el  aefai,  mfife  iob  gebmn  noar- 
den.  Er  bflsste  Bnüie»  nnd  naehden  er  gebisst«  scbttf  er  dbwcs 
AN;  nad  als  er  es  gescballoa ,  dtttcbslitote  er  es,  «ad  ^  war  et ge* 
staltet  und  gestaltlos,  wlrbUeb  nnd  nnwbrfcÜcb;  er  ward  AHes,  was 
da  isf.  Nichtsciend  uar  dieses  (die  WeltJ  im  Aufaog,  daraus  ent- 
stand das  Seiende;  jenes  luaehte  sirh  selbst.*'") 

„Diess  war  früher  Geist,  menschliche  Gestalt  tragend,  [als  der 
oben  erw  ähnte  PuruscfaaJ.  Hierauf  um  sich  blicicend  sab  diaass  iir> 
«pringllche  Wesen  aiebts  als  sich  selbst,  and  es  sagte  snevst: 
„leb  bis  lcb/<  Deswegen  Wtt  sein  üaoies  leb;  nnd  jelst  nscb 
antwortet  man«  wenn  maft  gemfea  wird:  M.bln  es,  «nd  daaa  glabt 
ntan  seinen  Namen  an,  den  nMn  frSgt*^  Das  llrwesftn  faasi;  Mi 
als  reine,  antersehiedslose  Einheit,  %velches  gar  alcbls  andews 
ausser  oder  hinter  sich  haL  und  keim*  \  crschiedenheit  in  sich;  es 
ist  weiter  iilt  lits  E»;  es  ist  nicht  irgend  woher,  das«  es  den 
Grund  seines  Seins  in  et^vas  anderem  hätte,  es  hat  nichts  neben 
Mcby  von  dem  es  sieb  unterschiede,  es  hat  nicbts  ia  sicb,  was  hmi 
ihm  selbst  oder  einem  andern  Momente  in  ibai  ▼evacbleden  witS)^ 
Ifiast  sieb  van  ibm  dnrehaas  beia  Piidkat  aageboa,  waÜBbes  ant 
dsfl»  Sufcjeet  niebt  sasannieniieb,  *  Sabjaet.nnd  Ptidiaat  Mbn 
ebb,  and  sein  Begriff  ist  reine  Tantsldgie;  dsbor  sagT  eai  „M 
bin  lcb,«<  d.  b.  leb  bin  nnd  bisss  leb  hin,  nnd  b;h  Mb  weltsr  nlAts 
als  reines  Sein,  habe  nichts  in  und  ausser  und  liber  mir,  was  etwas 
anderes  wfirc.  als  reines,  prädicatloscs,  cifHücs  Sein.  Der  Mensch 
nun  ist  die  iudividualisirte  UreiobeU;  .also  einerseits  das  mit  dem 

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«99^ 

Unwesen,  mi  ebenso  jenes  lih,  wie  dieses  selbst;  «laher  nennt  er 
weh  leb  als  identiscli  nui  df^iw  Lt - 1 c b ,  dem  Ursein;  audrerjieits 

-  er  ai»cb  lodividuuni ,  also  unterscbieden.  nicht  das  Ursein.  und 
als  solches  liMUviduuiii  bat  er  eineii  bedondero  Namen,    ich  ist 

.  iUeo  Blanseh««  gemeiDsani,  dadtueb  iwteviclieideii  sie  «€h  nicht; 
In  Ihn  Üüle«  m0  *nKt  ihfen  Uigni^  auMümea;  4»  N«m  aber 
üBlMcMdet  «k.  Ußn  «if hi  bid^t*  daas  4Aemt  Begriff  der  Ich- 
bQÜ  eiiii.gaa««  «adaior.ial,  «Ja  der  uaarige»  dass  er  dorchana  aicht 
mit  dem  BflgrilT dar  PetilliDUchkaU  saaaaMiepailt,  vielaiabr  die- 
Mcrki  cutgcgengesetzt  i«t.  Wenn  daher  dem  tJrwesen  das  Prädtcat 
kb  zugeschitebeit  su  ist  das  nichts  weniger  als  persOoüch- 

freies  Dasein.  —  Der  \  eda  fährt  iort:  „Es  eniptand  Furefit,  urid 
deswegen  fürchtet  mok  der  Mensch,  wenn  er  allein  ist.**  Das 
ist  aichts  als  der  etivns  modificirte  Gedanke  der  Mi^;  daa  Gefühl 
der  üahahagUrhIriat,  des  Unbe6Migtaahia  daaürwaaaaa  m  aaaaem 

•  leem  0aaa)i;  die  Loat  der  iat  ater  vdn  ihrar  Dagathren  Saite 
t^ftiant;  dielMl  aadh  elwaa  aoderam  acMieaat  die  Üaluat  ao  deai 
eignen  Znathnde  ia  sich ;  oad  iai  di»  Idaja  ho  etaeaseit»  dar  Trieb 
des  Lrwcsens,  aus  sich  berausxdkomnien ,  so  ist  sie  andrerseits 
ilie  Langeweile  in  dem  leer(^i),  inhaltslosen  Dasein  des  Hiaitnia. 
Es  ist  da  ein  amlerer  iiei]',iul*:  Im  Fliütd  Ljninde :  dass  das  Urwesen 

.  siidi  in  seiucni  leeren  iSeiu  nicht  befriedigt  fühlt,  das  heisst 
eigeotlich,  das.s  diaaer  Begriff  des  Ufwesens  als  eines  Unterschieds- 
loeea  Saiaa  daa  maaaahliishe  Denheri.  alchl  lieftiedige,  aicht  die 
Foidaraag  ehier  ia  Bkh  mbaaden  ilftd  ahaolutei,  dsram  aettgea  and 
vaUkaBHaeaaayJebeadiieii  ITcairfMvt  eAlle^  daaa  die  reehte  £ia- 
heit  «och  aicht  gefuade»  i«k.  .„^kberlEai  dachte,  da  alehta  aaaaer 
mir  ist,  warum  sollte  ich  mitih  lohten?  So  wich  die  Furcht 
»■on  ibai,  denn  ua«  sollte  e?»  lürehteu,  da  Furcht  von  einem 
Alldem  kommen  iniis»^  —  Es  fühlte  mdit  Fremde ,  imd  iles- 
halb  freut  sich  der  Mensch  nicht,  iveun  er  uUeiu  ist.  Es  Hüiischte 
ein  AitAatißf  und  alsobald  wurde  es  ein  solches:  Mann  aad  Weib 
ia  ünalipiiMi^  £r  lieas  sein  eignes  Seibat  in  sfrai  ittUleo  zerfallen, 
aad  inirde*ao  Mann  vad  Welbi  jpesbilbrwar .dieser  {miaaUche]  Leib 
j^aichaaH^"  aar  ebe  anyollataadiga  iHtfta  von  ibaa;  und  dieaer  Maa* 
idi  iratde  daseh  daa  Weib  eigftatti  Gtf  «ahla  ihr,  aad  ao  mnden 
laenschlichc  Wesen  enseagt/'  —  Die  wetbüeiie  HSlfle  nahm 'dann 
die  Gestalt  eiüci  Kiih  an.  und  der  Mann  die  eines  Stiers,  und  sie 
erzeugten  Rinder,  ii.  h.  f.  So  er/.eiigle  er  alle  Wesen  bis  zu  den 
kleinsten  Inseiiten.  Diese  etw  as  phantastische  Darstellunt?  zeigt 
kka  den  indisohea  Cifttadgedanken.  Das  ürwesen  schafft  nicht 
Wjltiadiw^W»  Faldera  vterwaadeltaich  hsan^'  Mar  iadtaiea 


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selbst  dfe  OesteH  eliim  bentimmfen  TMotm  wiinwit,  Ist  di«Ms 

Thier  in  der  Welt  wirklich  gew ordert,  und  seine  weitere  Zeug«ng 
•gegeben.    Nnr  Indem  es  jsich  scH>i»t  in  ^lanti  und  Weib  zertheilt, 
ist  der  Gcschlcchtsuntersehied  in  die  Welt  t^esetBt. 

Die  Kosmogonie  bei  Manu,  dein  äaiua- Veda  nachgebildet»  lau- 
tet »02  J.Einst  war  diese;-  AU  Fiosteniiw,  unerkannt,  ohne  Keno* 
xeidieD»  Dteht  uartcracheidlwrj  wie  graz  io  Schlaf  versenkt  Di 
ofleniiarte  sieh  4er  doreh  steh  selbst  Seiende,  der  SeOge, 
der  Unentfaltete,  entiaiteod  «Ue  Gntodisicbte  der  Welt  «d  du 
Andere;  er,  dessen  Mseht  waltet,  eflMiarte  steh,  Tersdwndhead 
die  Finsterniss.  Er,  nicht  durch  die  Sinne  zu  erfassen,  der  Vjnsiciit- 
bare,  der  üncntlaltrif ,  ILuigc,  aller  Wesen  .Seele,  der  L^lje- 
greifliehc.  Er  ütrabitc  hervor.  In  Betrachtung  vertieft,  crschafTen 
wollend  aus  seinem  eignen  Leibe  luannigfache  Wesen,  schuf  er  im 
Anfang  die  Gew&sser,  und  legte  in  sie  zeugenden  .Samen.  Der 
Same  wurde  ein  golden  glänzendes  Ei»  ao  Glame  gleidi  dem  Tia- 
sendstmiligen  [der  Sonne].  In  diesem  ward  Brahma  seihst  gaho- 
ren,  aUer  Weiten  Vater«  Narajana  heisst  er,  der  auf  den  CiewiiMni 
schweht  Der  aas  jenem  Seienden,  Uoentfiilteten,  Ewigen,  dem  seim- 
den  dod  doeh  nidit  eracheinenden  Urgründe  entlassene  Pnmseha 
[der  real  erseheinende,  zur  Weltfülle  sich  gestaltende,  lebendige 
Geist]  wird  in  der  Welt  der  Brahma  genannt,  —  Huhend  in  diesem 
Ei  ein  Jahr  war  Brahma.  Dann  in  Betrachtung  zertbeilte  er  das 
Ei.  Aus  den  Hälften  bildete  er  den  Uimmei  und  die  Erde;  io  der 
Mitte  die  Luft  und  die  acht  Weltgegenden,  und  der  Gewässer  ob- 
vtrginglidie  Wohnuig.  Ans  sich  seihst  daranf  lless  er  herrstgeko 
die  Seele  [nmnas,  animns],  deren  Wesen  Ist  sn  s^  und  auch  rieht 
sn  sein  [theils  mit  dem  Ur-Seienden  eins,  theHs  der  Welt  der  Viel' 
heit  verfallen],  und  aus  der  Seele  die  lehhelt,  die  st«»be,  herr- 
schende, und  den  grossen  Geist,  [den  im  Menschen  wohncodeo 
ürgcist,  die  Vernunft  |  und  alles  mit  deu  drei  Eigenschaften  Be- 
gabte, und  die  fünf  JSinne.  —  So  bildete  Brahma  alle  Wesen.  ^  

£r  tbeilte  seinen  Leib  selbst  in  zwei  Theiie,  und  wurde  so  zur 
HSlfte  Mann,  zur  Hälfte  Weib.  Hierdurch  eraesgteer  den  Viradscb, 
den  Brahma  als  Erstgesehallenen,  Dieser  Mann  VSiadsdi,  nachdem 
er  m  veraehreader  Andachtmliith  sieh  gepeinigt^  welchen  er  da  ent* 
Kens,  wisset,  der  hhi  Ich  (Mann),  der  Schöpfer  des  Alls.  lA 
tron  Sehnsneht  die  Creatnran  an  ««^ITen  erflUH,  ersdmf,  nachdem 
ich  schwere  Selbstpeinigung  vollbracht,  die  zehn  Herren  der  We- 
sen. Diese  von  grosser  Kraft,  erschufen  sieben  andere  Manus  und 
die  himmliscbeu  Geister,  und  die  W\)hnungen  derselben,  die  guten 
und  die  bSsen  Geister,  Büta  und  Donner,  Welken  und  Indras 


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301 

Miren  lioijeii.  iStürmc  und  die  (lestirne.  So  wurde  dies  alles,  das 
Beu (  gliche  und  Uribeu etliche  nach  meiner  Aiiordriuiig  von  jenen 
Weiieo  durch  V' ertiefung  in  Aodacbt  und  Selbst^einig^iin!;  nach  allen 

Vewchiedenhcitpn  gebildet.  Alle  die  Wesen,  von  vieigestal- 

tigou  Dankel  umkleidet,  dem  Lohn  ihrer  Werke  [in  einem  frdberen 
Leben] » sind  nit  fiewoselsflia  begabt  Frende  £lbüpd  and  Scbmera ; 
ibns  WaDd«ls  Anfang  iat  Brahma,  ihr  Ende  mit  dem  LebloaeDy 
UobeweglicheB,  ia  der  furchtbareo«  fert  imd  fort  geheitdeo  Umwil- 
taug  der  Weaeo.  Als  er,  deaaen  llaeht  unbegreiflich  iat»  entlassen 
hatte  diess  All,  zog  er  sich  nieder  zurück  iu  sich.  Wenn  er  waclit, 
Er.  der  Gtddiche,  dann  lebt  auf  diese  Welt,  doch  wenn  er  be- 
ruhigten Her/riis  schläft,  alsdann  schliesiset  das  All  die  Augen  zu. 
—  Wenn  in  diesem  höchsten  Geist  alle  Wesen  untergegangen, 
dann  schläft  ntler  Wesen  Geist  ruhig,  befreit. . .    So  mit  Wachen 
und  Schlaf  wechselnd  ruft  er  ina  Leben  dieaa  AU,  £r,  der  aelbat 
nawaaddhar.  . .  Tanaendmal  taiuead  Jahre  heiast  ein  Tag  dea 
Bfihma«  nod  ebenso  groaa  iat  die  Nacht . .  —  Uailhlige  SehSpfan* 
gen  giebtTa  «ad  ZetatOrnngea.   Spielend  gleichaa»  wirket  er  dteas, 
der  Erhabenste ,  für  und  för."»*)  —  Jenes  Dunkle  des  Anfangs  ist 
das  Urlirabma  selbst,  welches  dann  sich  zertheilend  zu  einer  Welt 
»ler  Vielheit  wird,  Gestalt  und  Licht  in  dieses  Dunkel  bringt,  d.  h. 
in  sich  selbst.    Er  wird  selbst  ;£ur  \  ielheit,  wird  selbst  in  sie  hin- 
eingeboren, nimmt  Weltcharakter  an;  Brahma  wird  in  dem  Welt«fii 
seibat  geboren.   Der  Inhalt  dea  Eies,  sein  Wesen,  daa  iat  Brahma 
■elbat  Brahma  iat  so  daa  Wesen  der  Welt;  uad  dieae  etgeatUch 
Mr  die  Schale  dea  Eiea,  daa  Anaaere,  Unweaentllche,  die  Um- 
hOIhnig  Bcahmaa,  »eine  Peripherie,  daa  Materiell*  Weltliche«  daraiia 
macht  er  sertlMHend  Himmel  und  Erde. 

Dass  Brahma  die  Welt  durch  Selbstpeinigung  (tapas)  er/eui;!, 
i>t  «'in  üljerall  wiederkehrender  Gedaijko.  und  auii»  die  niederen 
ttotüieiten  bilden  in  dieser  Weise  die  Welt  weiter  aus.  „Die  er- 
sten Weltgeister  sagten  zu  dem  Herrn  der  Schüpfuag:  Wie  können 
wir  Geschöpfe  bilden?  Er  antwortete:  Ebenso,  wie  ich  euch  er- 
schaffen,  dvrch  Selbatpeinignag.  Sehet,  wie  ich»  ia  der  tiefen 
BetnuAtiiag  daa  Blittel,  die  OeachOple  sn  Tcrvieiaitigei».  Sie 
thon  es»  fiben  Selhatqnal.  vad  bringen  elae  Knh  hervor/'^*) 

Eine  andere  Form,  an  Taohii«iil'a  chineaische  Anffaeaiiag  er> 
innernd ,  ist  die  Kosmogonie  in  der  Pra^na  -  Upanischad ,  einer  der 
spätesten:  Fradscbapati  [der  Herr  der  Geschöpfe]  war  uaeli  Ge- 
schöpfen begierig;  er  büsste  sich  kasteiend,  daranl  erzeugte  er  ein 
Paar,  Stoff  und  Hauch  [pranamj,  indem  er  dachte:  die  beiden 
weadea  mir  vielfach  Cieachspfe  bereiten«  Die  Sonne  mm^iet  der 


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302 


H<inch  [ist  hSohsfer  wirklicher  Aufdruck  der  activen  Seite  des  Da- 
seins], Stoff  ist  der  Mond,  etc.:  der  ciiinesisrhe  (Jrgegeosatz 
ist  aber  hier  aus*  einem  einigen  Urijrnndc  hpTs^ofeitet 

Das  Spielende,  Tranmartige ,  Zwecklose  der  WeHb'ddun;  wird 
oft  noch  be«t!inmfer  als  bei  Manu  hervorgehoben.  „Wie  lUe 
HnndliiDgen  eines  Klhiigs»  der  seine  Wflnscbe  erreieht  hat,  wie  hi 
Spiel  geschehen  bei  Lust  nnd  Eilioliing,  ohne  sich  «m  ^neo  beiOD- 
dem  Zweck  m  bemflhen,  so  ist  auch  die  ThitlgtceiC  des  Htffra  oliBe 
Rtldrsicht  aaf  einlBn  andern  Zwedr  Von- selbst  wie  im  Spiel;  —  er 
kaiiii  bei  der  Hervorliringun!?  der  Welt  keine  Ah 81  cht  gehabt  ha- 
ben, weil  er  alle  seine  Wünsche  schon  erlangt  hat."**) 

^)  II.  Muiiflaka-rv'n.i.  T,  1;  (Poloy.  n.  Wuul.  ITOl);  M.imi.XTT.  15:  Tainar. 
III»  67.  —  ^)  I.  MuiKiaka  1,  6  (Poley  u.  Wintlisohm.)  -  -)  Yajnav.  III.  U7.  148. 
—  *)  Sankuni,  b.  Cülcbr.  Ewais.  166.  178;  Wiml.  1769.  1851;  Fr.  WimiiaN^in., 
Saukaru,  p.  U6.  —  *)  Lehrsätze  d.  Vednuiu,  14,  h.  Wind.  1774.  ')  Aiiiritaviinin- 
Upan.  b.  Weber,  Lid.  St.  II,  Ol.  —  *)  Chandogyarüpau.  V,  19.  in  AVebers  lad.  SlI, 
261.  —  ■)  lAaitraJani-Upan.  b.)Wind>  1595.  —  Mundalta-Upan.  I,  S  etc.  tlnL 
1700,  u.  Poley.  —  ")  IGgr.  VHI,  4, 17.  (Bnrftoid;  BhagT-  ^»  h  P^Äl  p.  iU:  I81.> 
T^nar.  m,  ItS.  ^  OMxntike  io  Ariat  Hei.  VIH)  4fll;  fTW. 
&  IfiS»;  ISoan  Joon.  Aa.  XI,  m;  ^  X»  m.Bw»  CqsjQ»4|IMi  d.  MvM^ 
spr.  S.  301.  —  ")  Chandogya-üpajL  b.  Wind  1693.  —  ")  CfaaildiQ83r»*G{>»i*^ 
2;  bei  Wiml.  S.  IG17.  —  Ebend.  1618.  —  '«)  AuaiuluvalH-rimn,  in  Webers  lod. 
St.  IT,  221.  —  Vrihaduranjakn,  b.  Wind.  1622;  Bopp  Conjugatiun*y>t.  S.  284.- 
«•)  Mnnu  I,  :.  — 80:  Windischm.  S.  15^9.  542.  1576.  —  Tadst-Inir-Vcila,  hi 
A^i  it  lies.  VIII.  4.V2.  -  Fra^üÄ-üp.  I,  I,  i«  Webölt  lud.  öto<tl,44«.- 
«•}  baukara,  b.  Wind.  1771. 

Die  entfaltete  Gotdieit  ist  die  Welt;  —  In  de»  eingebe 
Ursein  ist  eine  innere  UnteimeliekKino;  eingetreten,  ist  vW- 
Ibeh,  veränderlich  geworden:  die  \\  elt  ist  das  Nicht  Kine,  das 
Viele.  Brahma  ist  der  Grund,  die  Welt  dns  Begrüiidptr.  Die 
Welt  ist  also  nicht  aus  sieh,  sondern  'ins  eim Andern,  i-^l  mein 
ein  st^lbstständiges.  sich  selbst  tragendes  8cin,  sonder»  ei» 
i;r  wordenes.  Das  Wesen  der  Welt  ist  das  Werden.  Das 
Werden  enthält,  wie  jede  Bewegung,  ein  Dreifaches:  'An- 
fangen, ^ein«  Aufhören.  Die  Welt  hat  aUe  «frei  Mlea» 
drei  Grund  -  Eigenschaften ,  O  nu  a  genannt.  Wir '  sind  •  hier  bi 
der  Entwiokelung  der  Welt-Idee  wieder  da  angelangt,  wo  wir 
als  bei  den  ersten  Gntnd^edanlcen  des  indisehen  RewasstseiBf 
au.s^ingcn;  denn  diese  drei  »Seiton  der  Welt  sind  <;ar  nichts 
anderes  als  jene  drei  gfittlicheii  T'rmft<»lite:  hidra,  Varnna. 
Agni,  oder  der  späteren  Hrahmn,  Visclinn  tind  ^iva.  in  der 
wirklichen  Welt  als  einer  sich  verändernden  »md  ^berali 


Digiiizca  Ly  Gu^.' .  i 


S03 


(frei  Momente  Torkanden,  an  jeder  einiüdben  Creatur  so  wie  am 

Die  Sacke  hat  uoch  eine  andere  Seite.  Die  Welt  als  Ans- 
sCrdmiHig  as8  Brahma  hat  das  Brahma  zwar  in  sieti,  ist  doch 
Kber  an Arerseits  i^der  nicht  die  Gettheh  in  ihrem  wahren  Za- 
ittnde.  Eb  wÜrnA  an  der  Weh  alto  zwei  SdtBi  i 

1)  SIehiÄ  dfaa- enlfiiltete  Brahnla,  hat  dessen  Wesen  aa 
Alfen  ffnlialtr  OeM  tot  die  8«%8lans  deir  Welt;  sie  ist  eine 
Brahmnwdf ,  eine  göttliche,  eine  Lichtwelt,  hat  das  wahre  Sein 
lü  ihrem  Wesen.  •        •  ■  ■  • 

2)  Die  Welt  ist  das  entf'altrt«'  Bralnna  .  ist  ans  ihm  ausge- 
flössen;  d.  h.  sie  ist  nicht  das  reine,  ungetrübte  Urbrnhma 
selbst,  sondern  ist  dessen  Zertheiinng  und  Entftntoerang;  sie  ist 
der  geopferte  Gott,  das  Gegentheil  des  einen,  imteraehieds- 
losen  Urwesens/  die^lVfibiing  des  reinen  Urilelites;  rnid  so  Ist 
<te  Welt  eine  ungdttfiehe»  sie  ist  das  Nichtsein  des  wahren 
Seh»;  md  das  Nlefctsehi  ist  ihr  Wesen. 

Nun  sind  aber  beide  Seiten  in  der  Welt,  sie  messen  also  ihre 
Einigung  finden,  sich  gegenseitig  durchdringen;  mid  diese  Ver- 
einigung beider  Seiten  liegt  zwischen  jenen  iieü;fn%htzen:  da 
eine  Welt,  in  welcher  Sein  und  Michtsein,  Licht  und  Fin- 
stemiss  zugleich  sind,  ein  im  Kampfe  der  Gegensätze  bewegtes 
Leben.   Es  stellt  also  die  Welt  in  sich  eine  Dreiheit  dar: 
f)  Die  Weh  des  liiehtes,  des  reinen,  tnigetrübten* Seins ,  die 
gtfttliehe,  die  CMitterwelt«  der'Hlnfm'el,  —  sie  Ist  zngleleh 
die  Welt  Indra's ,  der  ^rseageiiden  Madht ,  oder  desBrahmft. 
2)  Die  Welt  des  bewegten  Lehens,  des  Kampfes,  die  Welt 
der  Geschichte,  die  Oberweit,  dei  Schauplatz  der  Mensch- 
heit, -  -  die  Welt  Varuna's^  des  bewegten  Elements,  oder 
des  Vischnu. 

S)  Die  Welt  des  Ungöttlicfaen ,  des  Nichtseins ,  der  Finsterniss, 
des  Todes,  des  starren,  leblosen,  nrateriellen  Seins,  die 
Wdt  der  Materie,  die  Unterwelt,    die  Welt  Agai's, 
aefiBt6renden  Elements,  oder  des  Qiva. 
Das  ist  die  Drei*Giina- Welt,  die  Weh  der  drei  Eigen- 
sebaften,  wie  sie  uns  In  allen  kosmologischen  Darstellungen  der 
ßrahmanen  in  steter  Wiederholung  entgegentritt,  und  auch 
angedeutet  wird  in  dem  Laute  AUM.  —  Die  drei  Guna  sind  nun 
bestimmter  fol^-oiido: 

1)  Die  (iuna  Satva,  die  göttliche  Seite  der  Welt,  der  Brah- 
macharakter  dei^elben;  die  Eigenschaft  des  Lebenschaffens, 
BnMgens,  £rleiiehl6ns,  das  Licht,  verwIHdicht  in  der  Licht- 


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wdt  des  Hinuiiebi  derBNunaregioa ,  d^  Aalmduiit  te  GOitr; 

die  oberste  Region  der  Welt;  in  den  einseinen  Dingen  ist  es 

die  Giitc,  die  (lOtUlhnlichkeit,  am  Menschen  der  erkeimeude 
Geist;  am  Kfirper  dargestellt  dmcli  den  Kopf. 

2)  Die  (iuua  Rads  eh  as;  die  Vereinigung  der  gottiicheii  i 
und  ungöttlicheii  Seite  der  Welt,  der  Kampf  des  Lebens,  das  i 
£rhaiteu  des  Entstandenen,  der  lebendige  Pulsschlag  von  Wer>  | 
den  und  Vergehen;  die  Welt  des  Ringens  and  Kämpfens,  der  j 
Gesohiohte»  des  bauten  bewegten  Lebens  i  des  Wechsels  swi* 
sehen  Tag  und  Nacht,  zwischen  Licht  and  Flnstemiss«  verwirk- 
licht In  der  Oberwelt,  in  der  Mitte  swischen  Hiauael  und  Unle^ 
weit;  in  den  einzelnen  Wesen  ist  es  die  Begierde,  zu  bewegen, 
nach  aiib^eu  zu  wirken,  der  Lebenstrieb,  das  Gcltendmachen 
des  individuellen  Seins,  daher  auch  uLs  Leidenschaft,  Selbi»t- 
sucht;  am  Menschen  ist  es  der  Sinn  für  die  Welt  und  für  sich 
selbst,  die  Selbstheit,  der  Wille,  das  Gefühl;  amKörpsriüe 
Brust,  der  Sitz  der  Gefiilile  and  der  Leidejischaft. 

3)  Die  Gana  Tamas;  die  nngdttlicbe,  Tcn  dem  götttiches 
Mltlelponkte  am  meisten  entfeiate  Seite  der  Welt,  die  gyMe 
Entftnssemag  des  Urwesens;  das  einhettshme,  in  anendUdie 
Atome  theilbare  und  aertheilte  Sein,  das  rein  Ungeistige,  >U> 
terielle,  der  finstere,  todte,  luheiide  Stoff;  das  Aufliören  des 
Lebens,  das  Vergehen, —  das  sterbende  Thier,  die  verwelkende 
Pilanze  zerfällt  in  Staub,  —  das  reine  Gegenthcii  der  göttlichen 
Einheit,  lauter  Stoflatome  ohne  Einheit,  ohne  ZnsammeDhai)»;;  - 
die  zerstörende»  verzehrende  Eigenschaft  der  Welt,  das  verzeh- 
rande,  lebenvernichtende  Feuer,  hervorbrechend  ans  dem 
finstera  Stoff,  die  Einheit  des  Lebendigen  aafhebend,  es  ia 
Staab  sersetaead,  die  Welt  des  Todes.  Verwirklicht  ist  diese 
Gnna  in  der  Innern  Erdwelt,  der  finstem,  und  doch  fieaerbefges- 
den  Unterwelt,  der  Weh  des  todten.  starren,  lebeoverscidis» 
f!;enden  Seins,  der  untersten  Weltres;i(*ii;  in  dcii  einzelneu  Eili- 
ge» ist  es  das  Iräge  ,  Schlaffe,  Kranke,  Unreine,  im  Menseben 
der  Körper,  und  ii»  dirsem  der  Nabel,  der  Unterleib,  die  Re- 
gion der  thienschen  Sinnlichkeit;  im  Geiste  die  NifhtfrlfSMtf«**f'i 
Verblendnng,  das  Unsittliche,  Schändliche.  >) 

Nach  diesen  drei  Welten  grnppiren  sich  ihre  Bewohner: 
I)  die  Wesen  der  Lichtwelt,  —  GOtter  und  Geister; 
t)  die  Wesen  der  Oberwelt,  ^  die.filenscheni 
a)  die  Wesen  der  materiellen  Erdenwelt,  —  Thiers 
und  Pflanzen. 

Diese  drei  WeUeu  gehen  aber  au  ihre»  Gränzen  iu  einsmier 


305 


Über;  div  Menschheit  ragt  in  ihren  Spitzen  in  die  Lichtwelt  hin- 
auf, während  ihre  niedrigerem  Geschlechter  unter  die  Thierwelt 
gereiht  erden. 

Jede  dies^  drei  Weiten  lerfilHt  fai  derselben  Weiae  wieder  In 
drei  AbtheihiDgen.Ton  Weeen,  die  bei  Bfann  siemfich  wiHkflbilleh 
geordnet  werden.  Der  Weit  des  Satva  gebOrt  nioberst  Brabmt  an, 
der  groMe  Geist;  er  erüffhet  die  Reihe  der  einseinen  Wesen,  er 
ist  das  erste  Wesen  in  der  grossen  Reihe,  mit  den  andern  von 
gleicher  iNatur,  nur  dem  liianse  tind  der  Drdnuiig  nach  von  ihnen 
verschieden.  Hinter  Brahma  kommen  die  grossen  Naturgeister,  die 
Sterrigeieter  und  andere,  ferner  die  frommen  Bfiaser,  Bettler  nnd 
Brahmanen  nehst  einigen  untergeordneten  Getstem.  Per  Welt  des 
Radscbas  gehören  niederere  Geister«  die  Pfirsteo  nnd  die  Krieger 
'  an,  nnd  alle,  welche  den  Kampf  lieben.  Dem  Tamas  eignen  die 
TCnser,  Musikanten,  VOgei  and  GanUer,  Slepbanten^  Pferde,  Tiger, 
wilde  Schweine  und  die  ^ndras,  die  Baibaren,  das  Wild,-  die 
Schlangen,  Fi«che,  Würmer,  Insekten,  Pflun/en  und  Steine.*)  Darin 
ist  ti'ichi  viel  Ordnung;  das  aber  i<»t  hei  varzuhcbcn ,  dass  die  Men- 
schen hier  in  vorsrhiedene  WeHMtulcn  unter  die  andern  Wessen,  die 
^udras  «ogar  unter  die  Thiere  gestreut  sind.  Der  Mensch  gehört 
mit'  io  die  Reihe  der  übrigen  Ge.'^rböpfe,  unterscheidet  sich  nicht 
wesentUcfa  tou  ihnen,  «,AUe  Geschöpfe,  gelcleidet  in  vielgestaltige 
FinstemlsSy  sbd  mit  Bewnsstsein  begabt,  Freude  Ahlend  nnd 
ficfcwera";  nnd  dazn^werden  Thiere  and  PHanxen  gerechnet')  Die 
gewabnliche  Anordnung  der  lebenden  Creatnren  Ist  ven  noten  anf 
diese:  die  von  Naturtrieben  geleiteten  Thiere,  die  Menschen ,  die 
Gandharven  und  andere  dienende  Götterwesen,  die  eigentlichen 
Götter,  —  fiber  alle  ist  die  eine  ürgottheit.*) 

')  Mann,  XTI,  26,  cto.;  Nntiv.  Journ.  Asiat.  X,  359;  Colebr.  Essais,  p.  — 
♦>  M inu,  XII,  40—50.  —  *)  Manu,  I,  49.       V>  40,  vg^  XII,  56,  —  •)  Bbag»- 

§  98.  ^ 

Zvrisehen  den  lebenden  Creatoren  ist  nicht  ein  Untenehied 
d69  Innern  Wesens  9  sondern  nnr  des  Grades;  zwischen  den  toU- 

kommneren  Menschen  und  den  Einzelgöttem  ist  kein  grösserer 

Unterscliicd  als  abwischen  den  verscliiedeneu  Stufen  der  Mensch- 
hdt  selbst. 

Ein  Wesensunterschied  von  Natur  und  Geist  ist  in  Indien 
^oeli  nicht  anerkannt;  der  Indier  hat  von  der  Idee  des  Gei.stes 
not  das  Moment  der  Einheit  erfasst;  der  Gedanke,  dass  der 
Geist  freie«,  «nf  sreh  selbst  bemhendes»  sich  selbst  schlechter^ 
4tUkgß  btiMhnmendes  Sein,  dass  er  PetnOnlichkelt  ist^  ist  noelk 

IL  to 


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SM 


nickt  begriffe«.  Dar  Mensoh  ist  in  die  Kette  der  NMHinge  ein* 

geiciht,  und  ist  aus  dcv  Natur  erzeugt.  Zwar  ist  sich  der  ludier 
eines  tiefen  Unterschiedes  zwischen  Leib  und  Seele  bewusst,  und 
macht  viele  sinnige  L>üobachtungcn  über  das  Seeleniebeu,  aber 
dasselbe  ist  noch  nicht  in  seinem  Grunde  begriüen;  der  Geist 
wird  wahrgenoninen»  aber  nicht  erkannt,  noch  weniger  aner- 
kannt In  dem  gansen  Gedankenayatem  der  Indier  ist  kein  Punkt 
«n&ufinden,  Ton  welchem  ans  das  Wesen  des  Geistes  begriffen 
werden  k5nnte;  sie  kommen  liber  den  gans  obevflAehliehea  Ge- 
gensats  von  Emlieit  und  Vielheit  nieht  hinans;  das  Eine  ist  Geist, 
das  Viele  ist  Nichtgeist;  jedes  Einzelne  ist  also,  insofern  es  von 
dem  cineii  Wesen  verschieden  ist,  uiige istig,  ist  materiell;  inso- 
fern aber  andrerseits  das  eine  Brahma  in  allen  seinen  Eutfal- 
tungen  ist,  ist  jedes  Einzelne  auch  des  (icistes  theilhaftig,  ist 
beseelt;  alle  Naturdinge  sind  Leib  und  »Seeie.  Das  ist  wohl 
em  schöner  Gedanke,  aber  das  Wesen  des  Geistes  wird  damit 
nicht  erlumnt  Je  wenigar  tirf  derselbe  erfasst  wird»  um  so 
mehr  geht  er  fai  die  Breite.  In  dem  Geiste,  dar  ja  grade  ene 
vnendlidie  LebensHUe  Ist,  erkennt  der  Indier  sdileohteidiqgs 
keinen  Unterschied  an,  sondern  eben  nnr  die  kahle  Einheit 
Damit  bleibt  nicht  nur  der  göttliche  Allgeist  anbegriffen,  sondern 
es  wird  aucli  der  einzelne  Geist  gradezu  verneint.  Das  Wesen 
des  persönlichen  Geistes,  die  freie  Selbstbestimmung,  das 
Selbstbewusstsein ,  ist  für  den  lirahmanen  ^^radc  da«;  Unwahre, 
ist  das,  was  dem  Brahma  gegenübersteht,  also  unberechtigt  ist 
Was  am  Menschen  hier  als  das  wahrhaft  Geistige  anerkannt 
wird,  daa  iat  daa  reine  Gegentfaeli  der  Ichlieit,  der  PersOaUch- 
kelt,  Ist  die  nnterschiedslose  Einheit  mU  Brahma»  In  welehar 
das  wirkliche  Dasein  des  einaelnen  Geistes  gradea^  aufgehoben 
wird;  das  ist  nicht  die  aittliohe  Sänheit  mit  Gott,  ni<^€  die 
christliche  Versühuuug,  sondern  das  völlige  Aufheben  des  ein- 
zelnen Geistes. 

Im  Menschen  wiederholt  sich  die  Dreigunawelt;  er  ist  der 
Mikrokosmos.  Der  Geist,  die  Seele  und  der  Leib  entsprechen 
den  drei  Welten,  so  wie  den  drei  höchsten  Göttern;  in  dem  „anf 
dam  iiotosblattc  zitternden  Thautropfen*'  spiegelt  sich  dieSotnn« 
der  göttlichen  Dreifiiltigkeit.  Der  Geist  des  Menschen  abac 
flrt;qi|qbr  ajb  cüi9iiitgelblld,  Ist  4ao  In  d^  Menschen  wchnenda 

ein  Theil  des  einen,  In  sieh  einigen 
Urgeistes.  Bei  demBrahmanen  sagt  die  Gottheit  nicht:  „wir 
werden  zu  ihm  kommeu,  und  Wohnung  bei  ihm  machen,  der 
ijBjhQb  liebt^'^  sondern:  „ich  bin  in  dem  Meaachen  von  Gebiut 


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307  ' 


4 


«Dy  Utk  ein  wecken tlicher  Theil  von  ihm,  und  er  ist  meine  Woh- 
nmg  ohne  sein  Wissen  vnd  ohne  seinen  Willen;  nn^  er  ist  mein 
Betiliy  der  nimmer  yon  mir  weichen  kann.**  Der  Menseh  ist 
Gottes  Eigenthnm  nicht  dnrbh  Gnade,  sondern  Ton  I9atnr; 
aber  Gott  ist  anch  des  Menschen  Etgenthnm  Ton  der  Gebort  an. 
Dieser  im  Menschen  wohnende  Brahma,  der  Geist  des  Men- 
schen, ist  mit  dem  lirgeist  gleichen  Wesens,  d.  h.  reine,  unter- 
scliiedslose  Einheit;  der  Geist  denkt  nicht,  fÖhlt  nicht,  will 
nicht  irgend  etwas  anderes  als  das  reine  Eins;  er  hat  mit  der 
Welt  der  Vielheit  und  mit  aller  Wirklichkeit  nichts  zu  thun, 
gleidigültig  und  stumpf  gegen  aUes  Ffihlen,  Wollen  und  Denken 
versenkt  er  sich  aliein  in  die  Betrachtong  des  efausigen  Gedan- 
kens: yyich  bin  Brahma;^^  a!les|  was  darüber  ist,  ist  TomObeL 
Je  weniger  er  yon  sich  und  Ton  der  Welt  weiss ,  nm  so  mehr 
ist  er  Brahma,  ist  er  Geist;  nnr  wenn  der  Mensch  im  tiefeten 
Schlafeist,  oder  so  wachcjid.  als  ob  er  im  träum-  und  bewusst- 
losen  Sclilafe  wäre,  nur  rlaim  ist  er  wahrhaft  Geist,  daist  er  von 
sich  zu  der  wahren  Einheit  gelangt. 

Der  Menseh  gehurt  seinem  Ursprung  nach  durchaus  in  dieReihe 
der  reinen  Naturwesen;  er  ist  nicht  erzeugt  durch  das  Eingehen  des 
Geistes  in  die  Natar;  der  Geist  kommt  filierall  erst  aus  der  Natur. 
Der  erste  Meosdi,  meist  Manu*)  [Mensch,  elgeotttek  der  Messende, 
ämi  der  DeakeDde,^  ofleabar  TerwaDdt  mit  dem  deatsdien  Man- 
OOS«)],  in  ältester  Zeit  auch  Jama,  [der  Zwilling,  der  spätere 
Todesgott]  genannt, ist  Sohn  desVivasTat, — „de«  Leuchtenden*', 
wahr^jcheinlich  der  Sonne  oder  des  Sonnenlichts.  Als  Jama*s 
Mutter  n-ird  Saranju  „die  Eilende,  Stürnii-sche'*  genanut,  die  dunkle 
Stnrmwolke,  die  mit  ihrem  Gatten  Vivasvat  das  erste  Zwillingspaar 
erzeugt;»)  der  Mensch  ist  ein  Kind  des  Lichtes  und  des  Dunkels. 

Die  Terschiedene  Vollkommenheit  der  Menschen,  der  Pitri  ^ 
(Geister  der  Unrftter)  und  der  Götter  wird  unter  andern  auch 
80  angegebene-  ein  Tag  der  Pitri  dauert  einen  Monate  der  Voll- 
nend  ist  Ihre  Zelt  des  Wachens,  der  Neumond  Ihre  Nacht>  ein  Tag 
der  GOtter  dauert  eto  Jahr  der  Menschen ,  und  der  Wiater  ist  ihre 
Nacht.  ^ 

Die  drei  Grundeigenschaiten  der  Welt  zeigen  sich  am  Menschen 
ia  folgender  Weise : 

1.  Die  Guna  Tamas,  die  Finsterniss,  die  Eigenschaft  der 
Materialitnt,  die  von  Brahma  am  meisten  ahgewandte  Seite,  stellt 
sieh  dar  im  Kftfper,  in  der  Sinnlichkeit.  Der  Korper  gilt  dem 
Brabwanen  als  das,  was  Toa  der  Vollkommenheit  des  Unresens  am 
weHeMea  entfernt,  der  Einigung  des  Geistes  mit  demselben  Im 

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Weec  steht.  Da!i(  r  üieFeindseligIccit  gci;cn  den  Leib  in  den  gmss- 
artigen  Büsäungen.  Der  Leib  ist  das  für  den  Weisen  zu  Veruüi* 
nciide;  er  hat  keine  Berechtigung,  nur  ein  zuQUUges,  vorübergehen- 
des Daseio.  Er  zerfilUt  oacli  deo  drei  Giua  wlederam  ia  drei 
TbeHe: 

a)  die  Guiia  des  Lichtes,  der  Erkennfnfas,  die  in  der  Wdtioder 
olleren  Himmelsregion  sich  darstellt,  —  der  Kopf. 

b)  die  Gnna  der  Bewegung,  des  Lebens,  des  i^ätlg  erregten  and 
erregenden  habeiis;  —  die  mittlere  Region,  —  die  Brust 

c)  die  Guna  den  Dunkels,  der  Sinnlichkeit,  — die  unterste  Region, 
der  Sitz  des  eigentlich  tliici  lsch  -  sinnlichen  Leb^is,  — d<» 
Bauch,  mit  seiner  verzehrenden  Tbätigkeit. ^) 

2«  Die  Guna  Radschas,  die  Eigeoschail  der  kämpfenden 
Bewegung,  die  Vereinigung  des  Göttlichen  und  Unguttlicheo,  die 
mittlere  Region ,  das  eigentlich  Menschliche  im  Mensches ,  di« 
Persönlichkeit,  das  was  den  Menschen  an  einem  bestimmten,  lebes- 
digeo»  menschlichen  Einseiwesen  macht ,  die  Seele,  „das  was  ist 
nnd  nicht  ist,"  d.  h.  sowohl  dem  einen  als  dem  entfalteten  Brthtta 
angehört,  also  nicht  reiner  Geist,  und  darum  auch  ein  feiner 
Korper  genannt.  Die  ünterscheidunp;  der  Seele  vom  Kor; »er  wird 
sehr  bestimmt  beobachtet  „Wie  diu'  Klementc  wirklich  sind,  «> 
ist  auch  die  äeele  wirklich.  Wer  würde  sonst  das,  was  er  mit  dem 
einen  Auge  gesehen  hat,  auch  mit  dem  andern  sehen?  oderircr 
wtirde  eine  Stimme,  die  er  gehört  hat»  erkennen,  wenn  er  sie  wie* 
der  hört?  oder  irer  wflrde  eine  Erinnerung  an  Vergangenes  habest 
oder  wer  bewirkt  den  Traum?''«)  Hier  kehrt  die  Draifscbhcit 
wieder.  >o) 

a)  Die  Eigenschaft  des  Lichtes;  die  FShigkeit,  die  Weltweseo sn 

crkciiiieri,  die  LikenuiiiisAj,  der  Verstand,  ünddlii;  er  ist 
nicht  die  Erkenntniss  Brahma's,  sondern  der  einzeln en  Welt- 
diiige,  das  Auflassung« vcrmögeo,  die  Seeleqtbätigkeit  des 
Kopfes. 

h)  Die  Eigenschaft  der  Bewegung,  des  pnlsfeeaden  Lebens,  die 
Seeienthitigkeit  der  Brosts  des  Hertens,  das  passive  Gettbi 
nnd  der  acUve  Wille,  Manas,  dasGemflth,  das  Hers,  nsiM». 

c)  Die  Eigenschaft  der  Entfernung  von  Brahma,  der  Absondening 

von  ihm,  die  Vereinzelung,  — das  Behaupten  der  Elnselheit 

gegenüber  der  All-Kinheit,  die  liczieltuui;  des  Menschen  auf  sich 
selbst,  das  Selbstgefühl  und  die  Selbstliebe,  Ahankara, 
das  Wissen  von  nich  als  eines  seibststandigeu  Daseins,  w  elches 
von  anderem  Dasein  und  dem  Einen  untersdiiedea  ist,  and 
das  Feslhalten  dieses  Unterschiedes.   Es  ist  das»  wm  den 


309 


HeMdieii  n  dKiem  iMatinrntenBidselvreseii»  «i  einer  Peireon 
madit,  aber  eben  dämm  aneh  das,  was  ihn  von  dem  Urwesen  ab- 
sondert und  entfernt  hält,  die  Selbstheit,  —  ein  BegrifT, 
der  das  vernünftige  Selbstbcwns^tsein  zwar  ein«chliesst.  aber 
anch  nicht  «rafiz  mit  demselbet»  /.usammenföllt.  Dieses  Ahankara 
ist  dem  lirabmanen  dasjenige  Moment  der  menschlichen  Seele, 
welebes  deoMenschen  von  seinem  Urgründe  nnterscheidet,  also 
iKe  Grundlage  des  Bdsen,  der  Entfemung  ¥on  Gott,  es  Ist 
das,  was  nickt  sein  soll;  keinesweges  aber  ist  darunter  bloss 
die  wirklidi  uosittlicke  Selbtsvebt  la  versteben,  sondern  die 
Tendena  ttberkanpt,  sicbalseinaelnefreiePersOnlicbkeit  geltend 
Ett  machen.  Der  indier  in  seiner  auf  da«  Objective  gerichteten 
WeltatiocljaiuHi^  ist  nicht  im  Stande,  die  freie  Person  dem  <>h- 
jectiven  All  gegenüber  als  wahr  und  bcrerlitinf  fest/nbalten;  dag 
Einzelne  und  Besondere,  und  darum  vor  allem  die  Person  muss 
verschwinden ,  um  die  £inbeit  des  ewigen  Seins  zu  behaupten. 
Ahankara  gilt  als  etwas  Unrechtes,  Tadelnswerthe  s ;  das  Selbst- 
gelUil  erscbeint  dem  Indier  als  Stolz,  nndderMeoscb  soll  sich 
▼on  ilimlosauicben;  die  Selbstbeit  bleibt  daher  auch  nicht,  son« 
dem  geht  mit  dem  Körper  unter. 
3.  Die  Gmia  Satva,  die  dem  Brahma  sngeiirandte  Seite  des 
Menschen,  die  Geistigkeit,  die  Einheit,  der  dem  Menschen  ein- 
wobnencie  firafinia:  der  Geist,  Puruscha  oder  Atma  [Wesen- 
heit]. Der  Geist  aileiu  erkennt  Brahma,  weil  er  mit  ihm  wesentlich 
eins  ist,  wahrend  Buddbi,  der  Verstand,  auf  die  Welt  der  Vielheit 
sieb  richtet,  mid  daher  von  Brahma  abfiihrt.    Was  im  Menschen 
ven  den  fenen  und  groben  KOrper  [Seele  nnd  Leib]  verschieden 
ist)  «—  so  lehrt Sankara-Atscharya,  —  das  ist  der  Geist;  ..  verw 
BdMeo  von  den  Sinnesorganen  und  von  der  Erkeantniss  (bnddbi) 
nnd  dem  Geflihl.  Er  steht  In  seiner  wesentlichen  Beslebung  znm 
Irbrabma  der  bewegten  Welt  gleichgültig  und  theilnahmslos  gegen- 
über, wird  von  den  Verflndcrungen  derselben  nicht  berührt,  v  iii 
Lust  und  Sdiiiierz,  von  Begierde  und  Leidenschaft  nicht  ^)e\^  egt. 
„Er  betrachtet  die  Handlungen  von  Allen,  wie  ein  König  die  Hand- 
hmgen  seiner  Unterthanen.    Die  Unwissenden  wähnen,  der  Geist 
ssl  das  Bewegende  in  der  Th&tigkeit  der  Sinne,  —  wie  sie  glauben, 
dass  der  Mond  sich  bewege,  wenn  Wolken  an  ihm  vorllbersiehn. 
Der  KUiper«  die  Sinne,  das  GeflIhI,  der  Wille  und  der  Verstand 
thmt  das  Ihrige,  anr  so  vnterstfttst  dorch  den  Geist«  wie  die  Meo- 
sehen  ihre  Geschäfte  verrichten  mit  Hilfe  des  [davon  nnherfihrten] 
Sonnenlichte».    Gefühl,  Verlangen,  Lust  und  Unlu.<»t  !?ehr»ren  der 
Seele  an  [und  diese  der  Welt  der  Vielheit];  im  tiefen  Schlafe  sind 


I 


aio 

ile  akht  TorliaDdaD  [dso  nicht  bMbeiidy  wie  dar  Die  a« 

dero  menschlieheD  Elgenicluifteo  and  KrSfte  sind  ¥od  eber  llflclrti- 
gea  Gestalt»  gleidieiid  den  Lnflblasen  Auf  der  Oberflidie  dee 

Wassers;  aber  ich  [der  Geiet]  hin  Brahma,  dessen  Wesen  ton 

dem  ihrigeo  verschieden  ist.  Ich,  der  ich  uuteröcliiedeu  Ijin  vuju 
Körper,  erfahre  uicht  Geburt,  uicht  Wachsthum,  nicht  loil^  und 
von  den  Sinnesorganen  gelöst,  bin  ich  von  ihren  Gegenständen  un- 
abhängig« Des  inneren  Sinnes  [des  Gefühls  und  des  Wollens]  eot* 
befarend,  empfinde  ich  nicht  Schmerz,  Verlangen  oder  Neid,  deon 
.  ich  erkenne»  da»  ich  nicht  das  Leben  bin  and  nicht  das  Heis 
[manaa]«  eendem  dasa  ich  ein  reines »  durchsichtiges  Wesen  bis. 
Ich  bin  ohne  Eigenschaft  und  Th&tigl(eit»  unvergänglich,  glflcUicb, 
nnverSnderlich,  ohne  Gestalt»  ewig  frei  und  reb.  Idi  bin  wie  der 
Äther,  der  überall  verbreitet  ist,  und  das  Äussere  und  Innere  der 
Dinge  durchdringt,  ich  bin  derselbe  in  allen  Dingen,  rein,  unwan- 
delbar. Ii  h  Ijin  iler  grosse  ürahma,  der  ist,  rein,  frei, 
Giüs;  die  beständige  Erkenntniss,  duss  ich  Brahma  selbst  bin,  ent 
fernt  die  aus  der  Unwissenheit  entstehende  Verwimmg  etc.""} 
[vgl.  S.  259J, 

Im  Geiste  sammelt  sich  das  aus  seiner  Zerstreuni^  nurflcklLek* 
rende  Brahma  in  einem  Punicte  wieder;  er  ist  ein  Theil  desgnssos 
Geistes  (Sfahan-atma).  »Der  Creist»  den  du  suchst»  der  bist  ds. 
Der  Geist  ist  jener,  der  im  Leibe  weilt,  und  bei  dessen  Weggebe! 

der  Leih  leidet,  wahrend  er  selbst  nicht  leidet.  Er  ist  reine  Wonne 
an  seiner  8ch'.t»heit,  unsterblich,  gestaltlu«.  unbewegt,  Itbcfniig, 
ohne  von  aussen  angeregt  zu  sein,  unwandelbar,  nicht  erzeugt, 
durch  die  Sinne  nicht  erfasslich,  unsichtbar.  jSein  I'iame  ist  l- uru 
scha.  Er  ist  im  Leibe  der  Bewusste,  der,  welcher  Ich  sagt*, 
[nicht  in  dem  Sinne  der  Selbstheit»  der  Vereinseteng»  der  Per- 
sonlichkeiti  nicht  das  Ahankara«  sondern  grade  das  Bewusrtww 
der  Einheit  mit  Brehm,  das  was  mich  Ton  andern  Geisten  und  v« 
Brahma  eben  nicht  untersdieldet;  s.  S.  289].  Zuerst  war  nar  ein 
Geist,  von  dem  alles  erzeugt  ist;  in  seiner  Einsamkeit  ii[tl)efriedift, 
wollte  er  viel  und  unterschieden  sein.  —  So  erscheint  er  getbeilt 
und  verschieden,  er,  der  an  sich  bestiraroungslos  ist.  Der  Lube- 
wegte.  Mühelose  erscheint  beweglich  und  beschäftigt,  liefreit  aber 
[durch  tiefe  Selbstbetrachtung  des  Menschen,  durch  Rückkehr  aos 
der  Sinnenwelt]  ist  er  der  ruhige  Zeuge  des  Schauspiels  der  Welt 
Er  ist  mit  sich  selbst  in  sich  aUeisw"  Der  im  Menschen  sich  dar- 
stellende Theil  des  Allgeistes  ,,ist  von  der  Natur  dberurti^gt»  in 
die  Gunawelt  eingegangen«  und  vergisst  seiner  «elbstt  uid 
wird  doeh  nieht  en&ttigt  Ton  dieser  ganze«  Dreiguaawelt,  soadsn 


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311 


will  uinl  sucht  immer  neuen  Genuss.   Durch  dieses  Terlangen  wird 
er  [an  die  Welt]  gebunden,  und  jener  Unbewegte  erscheint  bewej»t, 
jener  Beharrliche  schwankend  ,  jener  Jiegierdelose  erglühend  io 
Begierde yjeDer  Irrthumalosc  irreud,  jener,  der  frei  von  Stolz,  stolz 
Qod  antnassend,  in  die  Fesseln  des  Ich  und  Mein,  in  die  Fessein 
der  Seliistbelt  gefaUeo,  Det  G^M  an  «iah  wl  mgetheUt,  der 
ThellgeUt  (Bbiitatma)  eradielDt  wegan  aeioerThaUnaluiie  an  den 
drei  Gimaa  vlelgvtliettt  —  Wie  ala  Trankeaer  der  Yeraiiiift  beraiabt 
ist,  so  der  ▼om  Wein  der  Lnat  Beraoaebte,  Oberwtltigte.  —  Wenn 
gleich  der  Mensch  das  JSinnlich-Walimehmbare  als  Güter  betrachtet, 
hat  er  doch  keinen  Gewinn  an  ihnen,  da  das  Selbst  durch  die 
^  erliin(iim'_r  mit  ihnen  rlcs  Geist<?8  vernissl.     Die  Sehrisucht  des 
Lebendigen,  den  Bhutatma  [den  an  die  Vielheit  duhingcgebenen» 
einaefai  seleaden  GeiatJ  zu  verlassen,  and  mit  dem  Geiste,  Atma, 
aidi  m  ^algea»  komnt  au«  der  Kerataiaa  dea  Veda,  aod  aas  dem 
Handeln  aaeb  aeioer  VmcbHIt   Dieas  vereinigt  den  Lebend%en 
mit  dem  Ziel  aelnea  Teriaageaa.    Zur  Zelt^  da  aeln  Hen  rSUig 
gereinigt  ist  [voo  irdischen  Gedanken]  erreicht  er  die  Satva" 
Giina,  nnd  wenn  das  Liebt  in  seinem  Herzen  ganz  aufgegangen 
ist,  wird  er  scistw i=;scnd :  den  Geist  wissend  aber  hat  er  Geistes- 
gestalterlangt,  undfnrfan  ist  er  iiiclit  mehr  gesondert  vom  Gerste." 
Der  Geist  ist  so  das  Moment,  wo  der  Mcusch  aus  seiner  Einzelheit 
SHTfickkehrt  in  das  Allgemeine,  die  Tendenz,  ana  der  Welt  in  Gott, 
aas  der  Peripherie  ia  den  Mittelpankt  zu  gelangen.   £bie  ehneke* 
peTSOnliche  Vernunft  ImUnterachiede  von  dem  Kinent  ebe  aelbaC- 
«tindlge  Me  PeraOnlicbkeit,  lat  dem  Mler  fremd,  fan  Gegeneafae 
sa  der  «nbfeetlTeD  WeHanacbanvng,  wo  Ae  Perne n  daa  aa  alch 
Berechtigte  und  Festzuhaltende  ist.  Der  Geist  ist  dem  Hindu  nicht 
bloss  das  Ebenbild  Gottes  im  Menschen,  sondern  er  ist  der  dem 
Menschen  einwohnende  Gott  selbst,  ein  Aufleuchten  des  in  der 
Welt  iFcrdflsterten  Urlicbts  an  einem  einzelnen  Punkte;  das  Licht 
dvrehbricht  hier  die  Finstemiss,  ist  nicht  bloss  ein  Abglanz  dea- 
selben.   „Der  Lebendige  [Einzelgeiat]  and  der  Herr  stehen  in  dem 
VesrliÜtoisa  des  Tbells  «nd  dea  Gänsen;.,  der  Lebendige  ist 
Ida  Tbeil  dea  bdcksten  Geistes,  wie  der  Fmke  ehi  TbeB  der 
Flanima; .  •  an  sieb  ideht  verschieden  Tom  Herrn,  wird  er  dnrcb 
seine  Vcfbfaidang  mit  dem  KOrper  an  Erkennlniaa  and  Rerrachaft 
beschränkt,  . .  wie  beim  Feuer,  so  lange  es  im  Holze  verborgen 
oder  von  Asche  bedeckt  ist,  die  Eigenschaften  des  Brennens  und 
Licuchtens  beschränkt  werden."  i?)  —  Der  menschliche  Geist  ist  der 
,,in  der  Huhlung  des  Herzens  wohnende  Urgeisf  „Feiner  als 
das  Fefaie,  gr^isaer  sis  das  Gtesae  iat  Jener  G^»  niedeigeiagt  fai 


uiyiii^cu  by  LtOOQie 


81« 


te  Halle  der  Gveatnr/'M)       der  OlUe  des  HeiMM  weint  die 

«nsterbliclie  Pereoo,  gros«  wie  eie  Damnen.  Dieee  Person  ist  klar 

[unterschiedslos]  wie  eine  rauchlose  Flamme ,  ilcrr  der  Viir^angCD« 
heit,  Gegenwart  und  Zukunft,  der  heute  ist,  und  morgen  sciu  wird; 
in  dieser  Hohle  ist  Brulunas  \V Ohuimg,  eine  kleine  Lotosblume 
[das  Sinnbild  des  Alis],  eine  Wohnung  von  kleinem  Raum,  der  von 
Äther  (Akasa)  erfflllet  wird/*  —  „Der  Geist  ist  ioeaerlkh  tiod 
innerlich.  Dereelhe  Geist  (Pumecha)»  der  io  der  Sonne  Istt  der 
Licfatgeetaltiget  Allschsnende,  mbet  nncb  im  Hernen/'i«) 

Darin  eben  beet^t  der  Anliing  and  da«  Ende  der  Weisheit,  das 
ist  die  höchste  Ericenntniss,  dass  der  Mensch  weiss:  ,,!ch  bin 
Brahma,"  ^'^)  mein  Geist  ist  ein  ungetrennter,  unveränderter  Theil 
des  allgemeinen  Gei.<ites.  „Der  ewige  Gott  ist  nicht  verschieden 
von  dir  [der  menschliche  Geist  ist  angeredet],  und  du  bist  nicht 
verschieden  von  Gott;  die  Maja  stellt  euch  nur  als  besondere  We- 
An  dar,  aber  ihr  seid  verschieden  nur  wie  die  Sonne  und  ihr  Wie* 
derschein  hn  Wasser/^  i^)  Was  das  höchste  Brahma  Ist,  der  AU- 
geist,  der  grosse  Stfttapunkt  des  Alls,  feiner  als  das  Fefaie,  hesündig; 
das  bist  dn,  du  ist  das  [tad],  das  Brahma*  wekhes  ersdienit  als 
Wachen*  Trarnn,  Schlaf  nnd  b  andern  Entfaltungen.  Dieses  Brahma 
bin  ich;  wer  dies»  erkennt,  wird  frei  von  allen  Fesseln.  In  mir 
ist  das  AU  entstanden,  in  mir  geht  alles  unter;  dieses  Brahma, 
weiches  ohne  ein  Zweites,  bin  ich.  Kleiner  als  das  Kleine  bit)  i(  h, 
grösser  als  das  Grosse;  ich  bin  dieses  mannigfache  All,  ich  bin 
Vischnit  und  bin  die  Gestalt  des  ^ivsl;  ich  bin  ohne  Hände  nad 
Ffisse  nnd  doch  von  nndenkbarer  Gewalt,  ich  schaue  ohne  Augeo, 
bore  ohne  Ohren; « .  ewig  bin  ich.  Ich  bin  der*  der  dorch  die  Ve- 
den  erkannt  wird,  and  der  Vedenkandige  bin  ich;  ich  habe  weder 
Tagend  nodi  Sdnde,  für  mich  sind  weder  Untergang,  noch  Gebart» 
weder  KOrper,  noch  Sinne,  noch  Erkenntniss;  Erde,  Wasser,  Fencr 
sind  nicht  lür  mich,  noch  Luft,  noch  Alher.  Wer  so  erkenut  lien 
die  Gestalt  des  Paramatma  tragenden ,  verborgenen,  urithellliarcn, 
einigen  Zeugen  des  Alls  [den  Geist],  für  welchen  es  weder  GutCi* 
noch  Böses  giebt,  der  erreicht  ihn,  den  reinen,  den  die  Gestalt 
des  Paramatma  tragenden  [wird  wahrhaft  Geist]."  „Das  höchste 
Wissen  istt  diess  Brahma  bin  ich;  was  aller  Wesen  Wohnong  ist 
And  selbst  In  allen  Wesen  wohnt,  alles  mit  Liebe  omlassend,  das 
bin  ich.''«>)  —  fJRln  LIchttioplen  ist  das  hOdiste  Denken,  das,  fiber 
alles  erliaben.  In  dem  Berxen  thront,  aniheilbar  klein,  selig ,  mich* 
üg,  was  das  Höchste  ist,  das  ist  es;  /u  fassen  und  zu  gewinnen 
schwer,  zu  schauen  und  zu  nahen  schwer,  mi  wissen  und  zu  erkenocn 
schwer  ist  dieses  Dookea  für  W  eise  selbst»  ein  hohes  Gebeimoiss 


313 

ist  dieser  Ort,  das  unerkannte,  absolute  Brahma,  dem  Äther  gleich 
uritheilbar  fein:  eieenschaftslos  ist  dieser  Ort,  der  Sprarhc  und  der 
Seele  [mauas]  entrückt,  fasabar  durch  Selbstbegreifung  nur,  über 
aHe  Beinamen  hioiiis,  —  OMchaubar,  ohne  Gebart  and  Tod,  frei 
m  «ilen  GeUteKrcirnngcn ,  ewig,  fest,  iioergelitftterliclt'**^) 

Oer  Geist  dee  Meescfaen  hat  nidite  mit  eioem  bestimmten 
Gc^eostMide  des  Eikenneos  oder  Wollene  ra  tlran,  er  eikeMit  die 
Wdt  der  Vielheit  nieht»  — <  das  ist  Sache  dee  Bnddhi,  —  er  seigt 
sich  ab  gleiehfraltiger ,  mitliStlger  Zuschauer  hei  allem  bestimmten 
[■^mphiitlen,  Dcrikrn  iiiul  Wollen;   er  tritt  vielmehr  dann  hervor, 
wenn  die  Eindrückr  dor  iiatürlicbeo  Welt  und  die  Thätigkeit  des 
coocreten  Denkens  /»rück treten,  wenn  er  unberührt  bleibt  von  der 
Wifidkhkeit«  weon  er  gaoz  in  sich  selbst  versenkt  ist,  und  von 
enem  andern  Dasein  gar  nichts  weiss,  im  Zustande  der  vulligen 
BemuMflosigkeit,  —  im  tiefsten  Sehiafe  offenbart  sich  der 
Geist;  wenn  der  Mensch  Ton  der  Welt  und  von  sich  als  Einael- 
wesen  niditB  weise»  wenn  das  Bewosstsein  schlemmert,  —  da  ist 
der  Mensch  im  Znstande  der  Bestimnongslosigkeit,  da  wacht  sein 
wahres  Sein,  der  Geist,  da  erkennt  der  Geist  sich  selbst,  da  erkennt 
er  Gott;  denn  der  Geieit  ist  eben  <i(*t tes  W^csen  seihst.  Im  tief- 
nIci)  SrhInlV?  ist  der  Geist  in  seiner  \\  ahrbcit.    Der  Geist  offenbart 
sich  nicht  durch  Thätigkeit,  sondern  durch  Ruhe,  nicht  durch  eine 
Denkarbeit,  sondern  durch  HiorichtaDg  auf  das  leere  Eins,  d.  h. 
dnrcli  gar  niobts  Denken.    ,«Der  in  den  Schlafenden  wacht«  der 
Geist«  der  Ist  das  Reine,  der  ist  Brahma,  der  beissl  nnsterb- 
jldb^Mity  ^  „Yiean  der  Mensch  scbllft,  dann  ist  er  begabt  mit 
dem  Seienden;  er  ist  hinweggegangen  su  dem,  was  sein  eigen 
wt"^)  —  „Wenn  der  Schlafende  keinen  Tranm  sieht,  dann  wird 
er  irj  (jem  Geiste  eins  [ohne  Unterschiede];  dann  geht  zu  ihm  zu« 
n)<  k  (ile  Uede  mit  allen  Namen,  das  Gesicht  mit  allen  Gestalten, 
das*  Gehör  mit  allen  Tönen,  alle  Beuicrrlen  des  Herzens  und  ihre 
Gegenstände.   Beim  Erwachen  erscheinen  sie  alle  wieder  gleich 
den  Funken  aus  einer  glühenden  Kohle/' ^)  —  ,,Wie  über  einen 
8ciB»tiy  der  in  der  £rde  verborgen,  der  Mlcbtwissende  hinweg- 
^dgeltet  ohne  ihn  an  finden,  so  wissen  die  Mensehen  niebt,  wohin 
sie  sehen»  imd  mit  wem  sie  snsammenkommen  alle  Tage«  wenn  sie, 
im  liefen  Schlaf  Tersfaikend,  whrklicb  sn  Brahma  gehen  nnd  einkeh- 
ren in  jenen  innern  Äther.  —  Wenn  der  Sdilafende  l>enihigt  kein 
Traurabtld  sieht,  das  ist  der  Geist,  das  ist  unsterblich,  das  ist 
Brahma/'-^)  —   „Beim  Verschwinden  der  Selbstheit  Im  tiefen 
Schlafe  ist  auch  der  Körper  empfindungslos;  durch  die  Entfaltung 
der  Mhetheit  entsteht  der  Tranmschlaf;  ist  sie  aber  gana,  so  ist 


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3M 


Wachen." 2«) —  Der  Schlaf  also,  in  welchem  der  Geist  allein 
wacht,  ist  der  tiefste,  in  welchem  anch  das  Selbstsefühl,  das 
Bewnsstsein  aufhört.  Das  in  dor  Welt  ausgebreitf^ti^  lirahma  hat 
Tier  Zustände;  der  erste  ist  der  des  Wachens,  wo  der  Geist  nach 
aoMieD  sich  richtet,  der  zweite  der  des  Tratimes,  wo  er  nach  inneo 
'flieh  kehrt«  aber  doch  noch  eine  Mannigfaltigkeit  in  sich  trSgt;  der 
dritte  Zustand  ist  der,  ^W9m  der  Scblsfeode  fcehieriei  Woifch 
hegt,  kefaierlel  Traum  hat,  im  tiefoten  Sehlafe  rahesd,  gaos  io 
sich  eingekehrt,  und  so  reines  EriKennen  ist;  diese  ist  der  Herr  des 
Alls,  diese  ist  der  Allwissende,  dies»  der  innere  Leiter,  diess  der 
Qnell  des  Alls,  deun  er  ist  Ursprung  und  Ende  der  Wesen;  tief 
viertr  Zustand  ist  der  des  absolut*  n  Brahma.*^)  Diese  vier  Zu- 
stände des  Dschtvatma  [des  lebendij^en  Einzelcjeistes] ,  Wachen. 
Traum,  Wonneschlaf  und  Vereinigung  mit  Brahma,  werden  sek 
oft  erw8hnt.>8)  Das  Nichtsein  des  Traumgesichtes  ist  der  Wonse- 
sehlaf,...  der  das  Aolhl^ren  aller  Eritenntniss  des  Unteiseiiiedes  tor 
Eigenschaft  hat;...  dann  Ist  er  ndt  Brahma  vereinigt,  dann  berikt 
ihn  keine  Sfinde  mehr/'**)  —  „Gleichwie  die  Strahlen  der  mter- 
gehenden  Sonne  alle  irieh  in  ihrem  Flammenirreise  Tereinigen,  nad 
beim  Aufgange  wieder  ausstrahlen,  ebenso  wird  beim  Schlafen  alles 
diess  [alle  Sinne]  in  dem  höchsten  ^5innc,  dem  Innern  Sinne,  ver- 
einif?t,  darum  hört  «Ici  Mensch  dann  nicht,  sieht  nicht  etc.:  mir  die 
Uauchesfeuer  [der  innewohnende  Äther]  wachen  in  dieser  Stadt 
[dem  Leibe]. .  Wenn  aber  dieser  Gott  [der  innere  Sinn]  von  dem 
Fener  ganz  bewältigt  wird,  dann  sieht  er  keine  Trinme.  CUeichirie 

VSgel  nach  dem  Baome  hinfliegen«  wo  sie  ihr  Nest  iiahen*  m 
hat  alles  dieses  seinen  höchsten  Halt  hn  Atma,  Erde,  Waaser, 
Feuer,  Äther,  Auge,  Ohr  etc.;  denn  er  [der  Pvrasdia],  der  di 
sieht,  hurt,  riecht,  schmeckt»  erkennt,  handelt  etc.,  findet  Halt 
in  <k'm  höchsten  unvcrcänsrlichen  Atma,  er  vereinigt  sich  mit  die- 
sem. Wer  nun  diesen  Schattenlosen,  Knr|ierlosen,  Uuvergang* 
liehen  erkennt,  der  wird  allwissend,  alles  seiend.** so) 

Das  Wesen  des  Geistes  ist  es  also  nicht,  die  wirkUcbe  Welt 
der  Vielheit  xu  erkennen,  nicht,  sich  thätig  in  die  Welt  zu  Temas* 
ken,  sondern  vielmehr  in  rnhen,  in  reiner  Unth&tiglEeit  ehennv 
an  sein;  er  ist  tber  die  Verlndernng  der  Dinge,  ffher  Terhrngen, 
Stieben  nnd  ^nrken  erhaben;  nur  so  weit  er  In  die  Kdipeillchkeit 
versenkt  und  an  sie  gebunden,  also  in  seinem  nnwahren  Znslande 
ist,  ist  er,  mehr  scheinbar  als  wirklich,  für  die  wandelbare  Welt 
cm]»fänglich  und  thätig,  —  seine  Bestimmung  aber  ist  es,  sich  aus 
diesem,  seiner  unw  ürdigen.  Zustande  stolz  zurückzuziehen,  und  an 

seiner  eignen  leeren  Einiachheit  sich  geoOgen  an  lassen.  Wie  eSa 


315 


1 


Zünmermann  sein  Beil  weglegend  in  Rulie  bleibt,  so  ist  auch  der 

Geist  iinth.itig  und  ruhend,  wenn  er,  wie  er  seinein  Wesen  nach  soll, 

die  Körperlichkeit  mit  der  der  Vergänglichkeit  angehörigen  emfin- 

dendeo  und  begehreDden  Seele  von  sich  thut,  es  sei  buq  im  tiefen 

Schlafe  oder  im  Tode,*')   £c  hängt  mit  der  io  Mcb  OBirahren  Welt 

wm  teck  die  «beiiM  nwabfe  Si— Hchkdt  bumumw»,  die  ihn  wie 

eine  tSwebeiide  Bli^  megieM.  Die  Seele  geeiewt  die  Welt,  der 

Geist  echent  gleichgültig  zo.   „Zwei  Vagel«  eotreenliaie  Fremde, 

bewobeeo  deoaeNben  Bem;  der  ehie  won  Mdee  i^nleMt  dee  Ben» 

mes  süsse  Fruchte,  der  andere,  nicht  essend,  schaut  zu.''^') 

»)  Manu.  XII,  24.  —      Nevc,  llibhavas,  p.  68  etc.  —  ")  Weber,  Ind.  Su  I, 
194;  B^nfey,  Glossar,  p.  153.  —  *)  Grimm,  D.  MythoL  8.  XXIX.  S.  318.  .'i41.  544. 
—  *)  lioth,  Z.  d.  D.  M.  G.  IV,  424  etc.  —      Bigy.  M.  X,  2,  1,  1>.  iioth,  a.  a.  O.— 
^  lüura,  I,  66.  67.  —  *)  AJiar.  Araaj.  hi  Atbt.  Bes.  Vm,  4SI  ff.;  Uaim 
1 , 15  IL ;  Yedaata  Sa»  bei  mtdiacbm.  1782.     ^  Tajnav.  m,  149.  —     Maav  1, 
14  ele.;  YBa«rt»*8am  Ui  midisdna.  178».  1786  «le.;  Ssliitkft-Ü]wii.  elvoid. 
1718;  Vosv.  Joam.  As.  XI,  489;  SukM»,  Ataui  Boddlift,  11  ft  hi  Oofaiir.  Baäs, 
106;  Lahn.  dM  Yadnta»    Wad,  1778;  Maitni^Mptt.,  ebeod.  1597 ;  W.  v.  Hun. 
bodt,  in  Schl^;dt  lad.  Bibl.  II,  332  fiF.  —      Atma  Bodha  v.  Sankara  in  Colchrooke 
Essais  p.  266.  —        Maitraj.  Upanisch.  bei  WimlischnL  1595.  —  ")  Sankara,  b. 
W-iifl.  1418  £f.  —       Kathaka-Upan.  b.  Wind.  1712.  —       Ch.midonrrn-Upan.  b. 
Wind.  1363;  Kr^rTinka-üp.  ebend.  1715.  1717.  —  ")  Maitraj.  Up.  ebcnd.  1616.  — 
»0  Vedaiit.i-Sarrx,  rbend.  1791.  1787;  Colcbr.  Ess.  188.  —  ")  rrol>odiia  Chnndrod. 
8.  141;  wo  i  uiuociia  ganz  falsch  als  „Urgeist"  übersetzt  wird.  —  Kaivalya- 
Upan.  in  Webers  Ind.  ist.  11,  12.  —         Aninuivindu-Upau.  ebend.  II,  02.  — 
Tcjovindu-Upan.  1.  2.  5.  7.  8.  ebend.  II,  63.  —      Kathaka-Up.  b.  MTrnd.  1718. 
—  <•)  Chandogya-Up.  ebend.  1737.  —     KfttuebitaU'TTp.  ebend.  1849.—  **)  Chan* 
dogL-Ufft.      1887;  1658.  -~  ^  LeMlw  Aee  Tedanta,  10,  h.  WaA,  17T8. 
•^Mmdvl^üptti.l,  1,  IB  Webe»  Lid.  Stil,  107.  ~«>8«kkMftb.Whid.  1487; 
lfaÜK^aiii.Up«L  ebend.  144S.  —  **)  Seaku»  b.  Wind.  1411  ^  1488.  —  '°>  Fn^a*- 
üjMUL  n,  2«  Weber, Btnd. 1, 449.  —  *0  Colebr. Beials, pw  180— 188. ^  *^lSLUnk- 
dak»>XJp«iL  I,  1. 

§ 

Wie  die  ganze  W  eit  in  eine  Drei^estaltung  sich  gliedert,  und 
der  einzelne  Measeh  in  Geist,  Seele  mul  Leib  diese  Gliederung 
wiedeviiolt,  so  muss  ancb  das  MeiMchen^esdüeeht  aelMt  ein» 
dreilacke  Gestalt  an  sidi  tragen»  jener  Dreignnawek  entgpre- 
fihnad  Zorn  MensehengesAIechl  gebftrt  aber  in  Waturhelt  Dort 
irer  «Im  liraliaiaiiiaehe  BewasstBem  in  siek  trägt ,  die  radte  Ev^ 
keuntniss  hat  Wer  von  der  vedischen  Weiskeit  naberdhrt  Ist, 
steht  ausserhalb  des  Heiles,  ausserhalb  der  wahren  Menschheit 
Diese  Menschheit  in  der  wahren  Bedeutung  ist  ebenfalls  eine  drei- 
gestaitete  Welt.  Diese,  iricbt  durcli  Zufall  oder  Eroberung  oder 
BialriT  hfligrfiadete» sondern  aas  dem  Wesen  der  indiaohea  Welt- 


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816 


AiMliainnig  Bodnrendlg  folgenie  GBedenmg,  die  üiliwehii 

diuig  des  Volkes  in  Kasten,  ist  folgende: 

1.  Die  Menschen  der  Liclitwelt,  die  göttliche,  reine, 
heilige  Seite  der  Menschheit,  das  Haupt,  den  Urgeist  am 
Tollkommensten  offenbarend,  die  Biüthe,  die  ideelle  Seite  des 
Menschengeschlechts,  die  Himmelssöhne,  die  Menschen  indra's, 
den  erkenneiiden  Geist  darstellend,  die  Erkenntniss  und  Weis- 
heit bewahrend  und  pflegend,  —  die  Kaste  der  irehMieii  efai 
priesterliches  Geschlecht,  alle  VoUkomnenheiten  des  MeasdNS- 
geschlechts  in  sieh  ▼ereinigend. 

t.  Die  Menschen  der  bewegten  Oherirelt,  der  ndtdorea 
Wcltregion,  die  Menschen  der  j^cn'altigen  Thatkraft.  des  Rin- 
gens und  Kämpfens,  die  Menschen  Varuna's,  den  Willen  darstel- 
lend, —  die  Kaste  der  Xatrija»  —  ans  ilir  sind  alle  Helden  and 
alle  Regenten,  und  alle»  weiche  in  der  Gesdiichte  als  thatkriftiy 
M&nner  aufh*eten. 

8.  Die  Menschen  der  unteren  Weltregion »  die  eigentliehea 
Erd-Menschen,  welche  die  Erde  anfwülden»  den  Acker  hanea 
nnd  die  Schätse  der  Erde  heranfholen ;  die  Menscfaea  Agni'e»  dn^ 
wie  Pluto ,  auch  die  Reichthümer  giebt,  die  MensiAien  des  Be- 
sitzes ,  welche  der  Erde  und  ihren  Gaben  leben,  Reichthunier 
erwerben,  die  Menschen,  welche  im  (jegensatz  zu  den  ganz 
auf  das  Göttliche  gerichteten  Brahm mu  n  sich  in  die  Welt  der 
Vergänglichkeit  versenken,  die  Einzelheit,  die  Selbstheit  re- 
präsentiren,  —  die  Menschen  der  sinnlichen  Weit,  dieErwtf* 
benden,  —  die  Kaste  der  Vaicjt. 

Diese  Kasten  bemhen  nicht  sowohl  an£  bflrgerlidien  vad 
geschichdichen  Verhältnissen,  —  so  sehr  sie  von  solchen  aneh 
berOhrt  nnd  gestütst  sein  mOgen,  sondern  sind  Nainr-Stftnde, 
sie  gelten  als  in  der  Nator  der  Welt  bemhend ,  sind  kosmiscber 
Art.  Die  Kasten  stammen  daher  nach  der  Brahnuinen lehre  auch 
gar  nicht  von  einem  Menscheupaar ,  sondern  sind  neben  ein- 
ander aus  Brahma  entsprungen.  Nach  jener  mythisclien  Vor- 
sleiluttg  von  der  Bildung  der  Welt  aus  der  meuschlichen  Gestalt 
des  Urwesens  sind  die  Brahmanen  ans  Brahmas  Haupt,  die  Krie- 
ger ans  seinen  Armen,  die  Erwerbenden  aus  seinen  Schenkeia 
enlaq^ningen«  t)  Diese  Vorstellang  kehrt  sehr  hinfig  wieder. 

Die  Kasten  stehen  nicht  in  gletehem  Range  neben  einander, 
sondani  bilden  dr^  ▼erschiedene,  streng  gescUedsne  Rang- 
stufen, die  nicht  bloss  nach  ihrer  Bedeutung,  sondern  nach  ihrer 
geistigen  und  sittlichen  Befähigung  unterschieden  sind.  — 
Der  Mensch  kann  sich  seinen  Stand  nicht  wählen,  er  ist  daaa 


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317 


geboren;  er  kann  wohl  durch  unwürdige  Handluiigen  in  eine 
niedrigere  Kaste  sinken,  aber  in  dem  gegenwärtigen  Leben 
sieht  in  eine  höhere  aufsteigen.  Aneh  dftrieB  die  Karten  sich 
aidit  derch  die  Ehe  mit  einander  Yennisohen. 

AoMeiliaib  des  lurabiiiaiiieelieik  Bewusstaeins  stehend,  als 
Fireaidlhige  Im  Volke  lebend,  und  dsram  anch  eigeatHeh  nteht 
n  dem  Mensehengescbleeht  gehörig,  sondern  in  der  Reihe  der 
Gesehöpfe  zwischen  die  Elephanten,  L5wen  und  Tiger  p;esetzt 
[§  9],  sind  die  rechtlos  nur  zum  KnechUdieust  bestimmten  ^udni. 
Ausgeschlossen  von  der  reli2;iÖsen  Erkenntni^s  und  von  dem 
Gottesdienst,  sind  sie  gar  nicht  zu  dem  brnhmanischen  Volke  im 
weltgeschichtlichen  Sinne  zu  rechnen ,  erscheinen  als  überzäh- 
lige Fremdlinge,  und  grdfen  in  keiner  Weise  in  das  geistige 
VelkslebeB  ete.  Eine  gränsenlose  Veraehtong  trennt  sie  Ton 
den  drei  aadem  Kasten.  Während  das  Wesen  der  ersten  Kaste 
„die  Heiligkeit, die  der  amilen  „Ae  Maoht,«  die  der  dritten 
,,der  Reichüinm**  ist,  ist  das  der  ^ndras  „  Veraehtawg  mid  Unter- 
Uiüidgkeit***)  Die  drei  ersten  sind  W'iedei  geborii  Cj'-  durcli 
die  Veden- Weisheit  und  eine  besondere  Weihe  in  die  geistige 
Menschheit  aTif*]^enommcn:  die  Cudra  sind  nur  einmal  geboren, 
sind  bloss  natürliche  Menschen.  Über  die  Bedeutung  der 
Kasten  im  Staate,  so  wie  über  ihre  gescUehtticheEntstehiinp:,  — 
hl  den  Ältesten  Veden  sind  sie  noch  nicht,  werden  wir  sp&ter 
Bodi  si^eohea«  Hier  haboi  wir  sie  mir  in  ihrer  kosmiseh-an- 
thf  opologischen  Bedeutung  zu  betrachten,  als  die  lelatea  Glie- 
der in  der  dreÜGMshen  GHedmuig  des  allgemeinen  Natarlebens. 
Diese  Gliederung  gestaltet  sich  nach  dem  Bisherigen  so 2 


(Seele:) 

(.Körper:) 


Das  sich  eatfaifende  Brahma 

Entstehen 

Bestehen 

Vergehen 

Gebart 

Leben 

Tod 

Sitve 

Radschas 

Temas 

Lieht 

Luft 

Feuer 

Himmel 

Oberwelt 

Uotemrelt 

fndra 

Varuna 

Agni 

Brahmä 

Vischnu 

Götter 

Menschen 

Thiere 

Geist 

Seele 

Körper 

Selbstheit 

Gemülh 

\  erstand 

Kopf 

Brust 

Bauch 

BmhmsMi 

Xslr^ 

318 


Bei  MaDUy  der  liir  (licscii  (^ccrcnstand  die  Haupti[uelle  Ist,  wer- 
den meist  nur  (ii  et  Kasten  aonaunt  ufid  mit  den  drei  Welten,  drei 
Vedeo  etc.  vcrgHckeu.  Die  ^udra  werden  seltner  ert^ähnt.  „Die 
Priestcrklasse«  die  Krieger  und  die  Erwerbenden  siod  alle  drei 
wiedeigeboren;  cKe  ▼ierteKlasse  hat  oar  eioe  Geburt;  es  giebt 
keine  flnfte  iUasse. <)  Ale  zweite  Geburt  gilt  die  Weibe  Or  die 
Kaste,  und  die  dtait  bewirkte  Avfbebme  In  dae  eigeatÜdie  Bidi* 
■wneDTolb.  Diese  Weibe  bestebt  in  dem  AbscbneideD  des  Haaret 
und  der  Umgürtuog  mit  einer  Schnur,  nnd  wird  vom  8.  Iiis  ivn 
24.  Jahre  vollzogen;*)  die  Gürtelschniir  ist  bei  den  verschiedenen 
Kasten  verschieden.  Auch  beid'lädcheD  werden  ähDÜche  Gebräuche 
vollzogen.  ^) 

Der  verschiedene  Werth  der  Kasten  spricht  sich  in  den  ver- 
schiedensten Besiebiwgeo  aus.  „B^i  den  Brahmanen  bestimnit  iidi 
die  habere  Alterswürde  nacb  heiliger  Wissensebaft,  bei  den  Kris- 
gern  nadi  Tapferkeit,  bei  deoEvwerbeadeo  naebReichtiim,  bei  dn 
yadrä  aliein  nacb  den  Jabren.^^  Bei  einem  Vergehen «  wa  desaen 
8(lhminf  ein  Brahmane  10  Tage  der  Reinigung  bedaff^  brancbtaiB 
Xatrija  12,  ein  Vai^ja  15,  ein  ^udra  SO  TaL^o.'') 

,,In  allen  Klassen  sind  nur  diejenigen,  u eiche  in  grader  Linie 
von  Frauen,  die  aus  derselben  Klasse  w  ie  ihre  Männer  sind  und  zur 
Zeit  ihrer  Verehelichuog  Jungfrauen  waren,  geboren  wurden,  at« 
Mitglieder  derselben  Klasse  zu  betrachten.^*)-- Die Verroischunsren 
der  veiscbiedenen  Klassen  dnicb  Eben  weiden  sehr  gemiashliligt;*) 
^  bewirkea  entartete  Zwisdienstnfen,  «id  die  BfiscbBsge  taa 
efaieM  fiidra  und  einer  BrabmanenliNm,  die  Cbandila,  geltan  ab 
die  verwerfensten  aller  Menseben,  weU  der  anf  guten  Acker  geid- 
lene  hose  Same  noch  verderblichere  Fruchte  trägt  als  der  auf 
schlechten  Acker  gefallene; doch  ist  dieser  Ursprung  der  zahl- 
reichen und  auch  kürperlich  sich  von  den  höheren  Kasten  sehr  unter- 
scheidenden ChandÄIa  höchst  wahrscheinlich  nur  eine  abschreckende 
Erdichtung,  und  jene  sind  ein  besonderer  Volksstamm.i*)    Sie  sind 
von  allen  Menschenrechten  ansgsscbiosseni  sie  dfiifen  liea  bohar 
Strafe  liebten  andern  Measdwn  ancb  nur  leise  berilbreto,  sie  maasan 
aosserbalb  der  Stadt  wobnen,  ddifen  nar  Klnider  von  Todten  tta- 
gen  und  nar  serbrocbenes  Gescbirr  benfitaen;  sstr  Elsen  darf  ihr 
Sefanradr  sein,  und  Niemand  darf  mit  ihnen  umgehen.    Sie  niaaea 
die  Leichen  derer  begraben,  die  keine  Verwamlten  mehr  h.aben,  und 
die  zum  Tode  Verurthcilten  tiinricfiteu,  deren  Kleider  mid  Bettes 
ihnen  dann  zufallen.  Von  den  Kesten  der  Opfer  wirlt  man  Speise  auf 
die  Erde  „fär  die  Hunde,  CiiandAla  und  Krähen/*  i^)  Später  wurde 
der  KaflMiaaab  aaf  andere  maxiitete  VoikskiaBsaa  tibertragen. 


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319 


Die  Klasse  der  ßruhmaiten  vertritt  die  Erkenutiiiss.  dio  Wis- 
>en'-<ljalt.  den  Kult  im;   das  \'eder»8tudiimi  und  der  CiuttCüdictist 
siüii  ilu  (iesi'liiilt.       iJer  iName  lietleutet  Einen,  doi  heilige  Hand- 
loDgeu,  ticbet  und  Opfer  verrichtet,      i^t  also  nicht  vaa  dem  Gotte 
Brahma  abzuleiten.  —  Sie  sind  eigeaUich  die  Herren  der  Erde  und 
liier  Wesen  auf  ihr;  „derBrahmane  geaieMt  seio Eigenes  und  giebt 
Mb  Eigenes«  denn  die  übrigen  Menschen  geniessen  ans  der  MUde 
dei  BtnhMBen;'***)  sie  mfissen  mit  gtOsserer  Achtung  behandelt 
weideD  als  seihst  ein  Fflist,  ond  ein  Xatrijn  soll  eben  Brahmanen 
Jederzeit  als  seinen  Vater  betrachten,  wire  jener  auch  100  und 
die&er  10  Jahre  alt.  i^)  „Da  der  Brahmane  aus  dcta  vortrefflu  hstcii 
Theile  [ÜrahmasJ  ent8j)rungen,  und  da  er  zuerst  geboren  wurde, 
und  da  er  deo   Veda  besitzt,    so  ist  er  von  Rechtswegen 
das  liaapt  der  ganzen  Schöpfung.  .  .  Der  Brahmane  wird  gebo- 
ren, SB  die  Gerechtigkeit  7m  befördern «  und  GlAckseligkeit  auf 
firde»  m  verbveiten»^*  >•)  „Meine  Oiilter«  ^  segt  b  eber  My- 
the der  Uigett»     sind  db  Brshnwnenj  ich  kenne  heb  Wesen« 
weldies  e«ch  gWAt,  o  Brahmenwi«  diieh  deien  Mnnd  leh 
esseete.'*««) 

Der  Xatrija  soll  das  Schwert  fflhreo,  der  Vaigja  Handel  und 
Gewerbe,  Viehzucht  und  Ackerbau  treiben.  Diu  Xatiija  haben 
ihren  Naiiicn  von  xatra  ,  die  Stärke  (verwandt  mit  x^oetog)»  also  die 
lätarkcuy  ^lächtigeu.  Der  i\anie  Vai^a  kommt  von  vi(,  die  Ge- 
meinde und  die  Ortschaft  (verwandt  mit  vicua,  übuis}»  hedentet  nbo 
db  Mensehen  der  Gemeinde^  die  Barger.  to) 

Dar  Untersehbd  der  Kesten  bt  nicht  nur  eb  nstOilieher,  9mh 
dm  n«eh  eb  gebtig-sittlicher.  Db  Menschen  der  nnleren  lünssen 
sind  Ten  Nnter  weniger  weise  und  weniger  gut  ab  die  der  hSbennt. 
,JMan  mnaa  denMeosehen,  welcher  eber  niedrigeo  Klasse  angehört, 
an  seinen  Handluui^en  erkennen.    Der  Mangel  an  edler  Ge^innunL;. 
die  Robheit  seiner  Reden,  die  Grausanikcit  und  die  VcmachlSssi- 
gitog  der  Pflichten  bezeichnen  den  Menschen,  welcher  a^in  Dasein 
einer  venK^itHflgswürdigeo  Mutter  verdankt  frevel- 
hafte GesinnoDg  beisst  eine  ()udra>Ge«nnnng.  ^)  —  Die^udra  sind 
▼OD  dem  geistigen  Leben  des  Volkes  ansgcschbsseau  Db  Veden 
•B^  dbCbsetse  dfirfen  Ihnen  nicht  gebhrt  oder  voigebsen  werden, 
—  dbss  Ist  ein  Veihiechen»  der  tb&ten  HSlb  wfiidig}^)  ^  and 
nie  darf  ein  i^udn  den  Veda  anssprecheo ; höchstens  aus  den 
Puranas  darf  er  seine  Erkcnutuiss  schöpfen.**)  Ein  Brahmane  darf  Ih- 
nen  Ivcioeu  Rath  erthcilen,  und  vou  dem  Ueste  eines  Feieruiahls 
nie  etuas  geben.  20)    Selbst  die  Leiche  eiucö  ürühmanen  darf  von 

iittti^"*  f^odra  Jünaosgetrageo  werden»  durch  sebeBertUming  wt|rde . 


ato 


flie  Terasfeioigt  wetdeo.*^  Die  f  adra  aiiid  ton  Dimt  Ar  die 
wledergelK>ni6ii  Klassen  bestfnmt 

Mann,  I,  31 .  87 ;  Vajuav.  III,  12b ;  Bkag.  ParailA,II,  5, 37. — *)  Muiiu,  U,  31. 32. 
—  »)  Manu,  X,  4.  —  «)  M.  n,  36  —  46;  Yjyiuiv.  I,  14.  39.  —  M.  IL  66.  — 
•)  M.  n,  155.  —  ^  AL  Vt  88.  —  ■)  M.  X,  5.  «)  McgasdMUM,  IndUca,  iragm.  38, 
IS;  83,  12  (Schwanbeck).  H.  X,  67—71.  —  ^0  LasMii,  Ind.  Alt  1, 407.  — 
<•)  11 X,  7  etc.;  S6.  51—56;  YiyiiaT.  1, 93. 103.  II,  S34.— >•)  Lassen,  Ind.  Alt  ü, 
8. 468.~>«) M.  I,  88.— t*)  Both,  Z.  d.  D,  IL  0. 1, 69.  —  I,  99  — 101.» 
1^  K.  185.  —  >•)  K.  I,  93.  98.  —  i»)  BbagftT«l»ChiiMi%  V,  5,  M.-~ •«) 
Z.  d.  D.  M.  G.  I,  83.  —  » >)  M.  X,  ÖT.  —  *•)  Aitareya-Brahmana  iü  Webers  lad. 
Stud.  I,  463.  —  » >)  M.  IV.  80.  81.  —  •«)  ÄL  X,  127.  —  «*)  BoBnoai,  Bhag.J?Är.J, 
pciil.  p.  20.  —      M.  m,  249.  —       M.  Y,  104. 

S  100. 

Bei  der  Frage  nach  dem  l-rsprunge  der  Kasten  müssen 
wir  den  mtteren  Grund  und  die  äussere  Verfinlassuni;  sireiif;  von 
einander  unterscheiden.  Jener  ist  schlechterdings  kein  anderer 
als  der  ganze  Lebensorganianras  des  indischen  Greistea;  weil  die 
Menschheit  ein  Zweig  an  dem  grossen  Weltbaum,  darum  muss  sie 
auch  den  Gnmdcharalrter  der  Welt,  die  Dreifaltigkeit  der  Goaa 
an  sich  tragen;  drei  Welten  nnddreiMenaehenklaatfen»  niclit  mdir 
nnd  niein  weniger.  Aber  diese  Dreigestelt  ist  nieht  sdion  am 
Anfang  des  indischen  Lebens  da,  sondern  hat  sich  erst  sp&ter 
entwickelt,  ist  die  Fruclit  dus  gercifteii  Volkslebens.  Nur  ihre 
Elemente,  Priester,  Fürst(Mi  und  Volk,  sind  cnibryoniscli  schon 
in  den  ältesten  Zeiten  da,  und  haben  sich  sehr  allmählich  und  in 
gesunder,  natürlicher  Entwickelung  zur  Yoiien  Kasten  -  Gliede- 
rung herausgebildet.  Das  ist  ein  geschichtlicher  Fortschritt  und 
nidit  ein  Sinlsen,  wie  man  gewdhnlidi  annimmt  Was  i»  Wesen 
der  Idee  eines  Volkes  liegt»  das  mnss  aack  in  die  Erseiieinwig 
treten»  nnd  ärgerliche  Phrasen  fiber  „  Priesterdünkel,  kcimliahe 
Rinke,  llerrsclisiieht<<  etc.  gewähren  kein  Verstandniss  der 
weltgeschichtliclieii  Kntwickeluiig  des  Völkergeistes.  Eine  so 
grossartige  sittliche  Erscheinung,  wie  die  des  auf  allen  Lcbens- 
genuss  verzichtenden  Brahmnneulobens.  wie  es  in  der  «i^nnzi  n 
heidnischen  Welt  nicht  wieder  vorkommt ,  sollte  doch  wahrlich 
gegen  kleinliche  Verdächtigungen  geschützt  sein. 

im  Ragveda  shid  noch  leeine  wirUHeben  Kasten;  derHymas« 
desseibeo»  wo  die  SdiSpfung  der  vier  Heaseheoklaaseii  aus  Bnb- 
mas  Himde,  Amen,  Seheokeb  nod  Ffissen  erwilbnt  wltd«^)  ge- 
hört ia  eine  spätere  Periode.")  Es  ersehenen  die  Priester,  Psto- 
hita,  noch  nicht  als  ein  abp^eschlossener  Stand ,  sie  haben  aber  hohes 
'  Ansehn  und  Bind  die  Uathgeber  der  Pörsten.  Die  För.<Jten.  radMl» 
oder  radachan  [verwandt  mit  regere  ^  lex,  RiebterJ,  auch  vi^pati, 


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321 


„HciTRcher  d«r  vi^,  Volk«gemeinde, *'  sind  der  üfspnins^  der 
Kriegerkaste,  die  vic,  Waboenden/'  im  Gegensatz  zu  den 

WanderstimmeD,  geben  den  Ursprung  der  Vfti^Ja.')  Die  wirkHche 
KmateBbildoDg  vollendet  Mk  erat  gletel»«itig  mit  4ot  AiuMMnog 
des  Mischen  CMteebevraMiieeiDS  in  der  Zeit,  wo  die  Indier  In  der 
<kttigeeebeiie  elie  Meibeede-Hehoftik  gewoBoeii  hetle»,  «ed  iet  In 
de«  epileten  VedeoiMlen  TeHetindig  Torimadeo.'*)  Ann  den  Pn- 
rohita,  deren  W^rde  erblich  wurde,  bildete  sich  mit  dem  ent- 
wickciteij  Kultu.s  d'w  Klasse  der  Brahtnanen;*)  die  Bewahrung  der 
Hymnen  und  das  iStiidiuin  dt  r  IvcligioiLslehren  machte  sie  immer 
mehr  zum  Stande  der  Intelligenz,  und  eine  lange  Lehrzeit  der 
Schüler  wiirdf^  Bedingung  zur  Erlangung  der  Stnadenwarde.  Falsch 
aher  ist  die  Aieinnng,  eis  bitten  sie  sich  den  ansscUiessÜcben  Be- 
nili  des  OpIMieasles  and  der  Vednieenntniss  nngeeignet;  ^felnehr 
wM  beides  meh  als  einRecht  wie  eis  eine  Pttcht  niler  drei  Stlnde 
eihlirt,*)  dieBmiunuien  «acbten  beides  nvr  el»en  nn  ihtem  besonde- 
ren Lebensberuf;  von  einer  Geheimlehre  einer  Kaste  ist  keine  Rede. 

Das  Maha-Bharafa  crzShlt  von  alten  KSmpfen  zwischen  den 
Brahmnnen  tind  Xatrija,  die  mit  dein  Siege  der  ersteren  endeten;'') 
es  ist  das  aber  selbst  nach  der  äusserst  iihantastischen  Sage  eicht 
ein  Kampf  mit  den  WalTen,  sondern  mit  der  Zaubermacbt,  die  durch 
gewnNige  Bnssttbvngen  errangen  wird;  es  Üegt  der  nebelhaften 
dnge  «Mb  gewlM  Icehi  InsserlleberKnaipf  na  dmde,  —  die  Brah- 
MM»  beben  ideWnflbn  f«Albrt^  -»  sondem  nnr  ein  geiziger  Streit 
mm  de«' Vervmng  ini  Staate;  nod  des  StreMes  Fracl^  war  dieSieber» 
stellunGT  der  Lehre:  „nicht  den  Xatrija  wird  die  Macht  zugesdirfe- 
ben;  mächtii;er  .sind  die  Brahmanen*,  die  Macht  der  Brahmaueu  ist 
göttlich  und  stärker  nl««  die  der  Xatrija." 

Aus  äusserlichen  Gründen  lässt  sich  die  Kastengliederung, 
Tor  allem  die  hohe  Macht  des  Brahmanenstandes  scUechterdings 
«idit  begreifiMi;  diese  wiM  geistig  gerielrtet  seb;  ^oe  so  grossar- 
llge  weitgesebicbtllehe  ^sebehrnng  lisst  sich  nicht  hi  die  Rnhrihen 
INMsefaer  ScUanhelten  oder  KOMde  bringen;  dieVetsnehe  solcher 
Sihlirmig  sind  sehr  ir«ningliekt.  Oder  gewKbrt  es  wirklich  ein 
"Verständniss,  n  enn  wir  huren,  dass  die  Kämpfe  der  Fürsten  um 
die  Oberherrschaft  die  Brahmanen  zu  einer  mächtigen  Kaste  mach- 
ten, dass  ,,in  dieser  Gfihruntr  und  Verwirrung'  die  Gewalt  am  natür- 
lichsten in  die  Hände  derer  fiel,  welche  eine  nur  mittelbar  h  et  Ii  eil  igte 
Macht  waren/'  in  die  Hände  der  Priester?»)  —  in  solchen  Zeiten 
^es  KHeges  und  des  Ringens  im  Herrschaft  kommen  sonst  die 
Ktieger  atf  die  Spitse  der  Macht;  das  schont  das  allein  Natür- 
liche; hnFtMen,  Olehf  faiKitogmidStreit,  eihebt  sich  die  Macht  der 

B.  M 

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m 


ti  von  Reibst  aus  der  indischen  Weltanscbauuna,  und  es  ist  eine  sehr 
•K  irrige  Audassunfir,  wenn  luau  in  (lemGauzeo  nur  das  Walltiii  niedriger 
Leidenscbaitcn  und  bo^fhafterllänkc  »iebt,  und  u  eno  man  die  an  sich 
\  unglaubliche  Erncbeiuuug,  dass  der  Staad  der  Stärke,  derkficgageübt 
:  •  il»eWft(£w£|lift^sichwiUeoltofeM8laiiiMlh6tAbdfttdraul^^ 

•  voll  demt  def  waHbii&m  Ihm  ^^^utthenMf;,  mM  gur  diir«li  4eo 
^eDftMrvtadtnEiDflMi«'  d«a  isdisdfcttKliiiula  ««.  aiUlian  wüifbt 
Indieas  glotrehsiiateHddeiiMjt  ftllt  grad«  mltldtr  toUenAttaUMMg 

•.'  def  KlMteogliederaog'  stMammeft,  «nd  wedtor  die  gewaltige Tlrndtiift, 
wie  sie  un*i  in  der  Satjcrigesehichte  eutgegenleuclitet,  noch  die  hohe 

.  geistige  Ent^viciielnn^  in  Kunst  und  Wissen»«  haft  U^s^en  von  einem 
„entnervenden'*  EinOuss  eine  Spur  blicken,  liio  Zeit,  wo  nrtch  keine 

'  Karten  wareo,  iseigt  nur  eiae  rohe  KnUit)  Moeo  aehr  bescbraDkieo 
Gedankenkreis  und  überhaupt  eine  sehr  geHnge  Bildung;  —  die 
Biathe  d«i  VnlUebfa«  b^nnt  nlt  der  Mdiiifier  kfgtmtMlm4n 
OBedMng:  dM.  Volk««.  Es  hk'  da8.£4«tMWfM»  «IJeidwl»  «m 

.  aoeh  ni^rige  AtilIaMi»g  der  MdnicUiqit» .  Ist  «iNir  auf  lodiflit 

•  CMeleaBtale  grade  da«  NfttarUdie  und  Gedmide;  und  eoMden  iicb 
einmal  in  einem  Volke,  welches  die  Bedeutung  der  freien  PeraoB* 
lithkcit  uQch  nicht  kennt,  di«  IMenscheo  nach  Nalur«täiidcn,  so  ist 
es  eine  vernünftige  Gliederung,  wenn  der  Stand  der  Intelligenz 

>  über  die  Stande  der  rüheii  GewaU  und;  der  materiellen  Iptere^eo 
benefibl;-iiDd  es  verdient  das  Volk  nn^eve  bohe  Anerkeunoog,  wd- 

'  dhiM  dickt  die  MrniM  ^mMitOmk,  mmdftti»  durob^di»  geiidis» 
"  Madrtdenld^^eidilrffgierfseittfei  DMilteWe430«od<kf»i»  mIMvpIw- 

t'-;  Beepotibinle  oiid  kifttaroMeelMv  KM«el»eg'  dm»  VettEM«'  m)9kn  diKb 
nachgrade»  in  der  WisseuMhaflweif^elewl«  verklungen  «ei». .  Vio 
Dicht  der  Geist  herrscht,  da  regiert  die  Kobheit;  und  der  Geist 
bricht  bei  den  Vülkern  der  uutcri^n  vStulcn  iimuer  nur  an  einzelnen 
►SteH<»n  hcrvdr;  in  jedem  gesunden  Volksleben  aber  weideu  dieje- 

I   »igen  au  der  Spitze  des  Lebens  /stehen,  weiiche.  des  Voikea  QfSMt 

I  am  höchsten  entwiekett.io  sick  tragen;  bei  den  Natur vülkem  iit 
difeu  de  aekarf  ftt«efoedttrler  ^laad;  ka^.dua  kOkw»  V«lkm  ist 

ir .  ea  daa  S«bj«Gt 

Sie  Viidra  gebffrao  gav  oiaki ,  vm  idgiMitWbMi  .kml^miaiM 

.!  Velke,  und  die  lädier  aelkat  toennea  nur  .die  drei  ebere»  Klaasea 
Arja;*)  schoe  die  Gesichts-  und  Kürperbildung  der  ^udra  nnfcr- 

.   scheidet  tiie  von  df^n  andern  Kasten  als  ciucii  truiiuieotSft^niru«  nicht 

'  /um  arischen  VOlkergescIdecbt  gehörig;  sie  sind  viel  duukier, 
Herdeil  sogar  sebwarz  geuam^i^P^.  und. wohnten  Mirs|ff09gU<4i  i^i'*''' 

■  .:ackaiailfsk  am  lad««»  w     t«p  dm^imilMIP  MHmmimr«|feD 

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worden. Alexander  fand  am  untern  Indns  noch  ein  Volk  det 
fndra,  weldie  Diodor  £6dlfm  nmvt,^^)  Sie  sind  also  die  am  fiHhe- 
steoUntenwÜMieD,  und  wurden  daher  bei  der  camt  «fiäter  höher  ge« 
Blelgedeli  stoatlicliett  Blldf  ag  viel  eqger  mit  4em  gamea  Volkatham 
TfliMpll  ale  die  «pSier  in  der  CraDgeaebeoe  uod  dem  attdlieberen 
Men  vaterwoffeneo  Urbeyrobaer»  weldie  aie  Pariah  ganz  anaaef«  , 
halb  des  Vollsiebena  stoben. 

')  Ri^-.  M.  X.  7,  6,—*)  Bouini>uf,  ■BTin^avnta-rurftna,  T,  prt  f.  p.  CXV  ctf.  — 
Lüäcn,  Ind.  Alt.  I,  S.  784 j  "NVebtir,  lud.  Litt,  S.  18.  —  *)  (^Jitttpatlia-Biahmaua 
l  d.  Z.  d.  D.  M.  G.  IV,  301.  —  •)  Roth  in  d.  Z.  d.  D.  M.  6. 1,  S.  77  etc.  —  •)  Manu, 
X,  79;  I,  90.  —  ^)  Lauen,  I,  8.  714  —  736.  —  *)  Itoth,  2.  d.  D.  U.  G.  I,  81. 
')L«iBn,Ind*Alt.  I,  S.^-  Manii,X,  18;  Lbsmii,  1,407.—  '■)BoiiTii<nif  ünNovr: 
taiL  As.  XI,  p«.  MB}  Sotii,  kl  ZeUei»  Jahrb.  1846^  a,  &  85»)  Laastn,'  Ind.  Alt.  U 
mde.;  mre,  qi^dis  d-lObb.  p.         »)piodor,Z:7II>  lOS;  Iia0wal,799;  JI»  174» 

III.   Ycrbaltalss  Gsttcs  ua4  der  Veit  su  eiaaader« 

§  iw. 

Ist  in  China  zwischen  dem  zweifachen  göttlichen  Urgründe 
der  Weit  und  dieser  selbst  doch  inuner  noch  der  wesentliche 
Unterschied,  dass  die  Welt  rln.s  reale  Froiluct  beider  Urfac? 
torcn  ist,  und  darum  ein  berechtigtes,  gcwissennas^on  »ogar 
btter  entwickeltes  Dasein  hat,  aia  das  der  einzelnea  Urgrümt« 
iit,  —  so  föllt  litliidten  dieser  Unterscjbied  gam  fort,  und  kis^ 
619  «pi  adcker  imb  byea|ehtf  ißt  er  eii|  .iiiiberci^liitigter$  dto 
Walt  iat  Bicbil-  ebi  bOkf c  ep^ick^^  Prodoet  gOtiHebeic  Ffie- 
immf  aoii4eni  leiae  Veridfiaterting ,  eine  Auaartong  d^a  eineO} 
allein  berechtigteo  Urseins.  Gott  und  Weltaind  dem  Wesen 
nach  eins,  nur  in  der  Form  verschieden.  Es  ist  in  der  Well 
schlecliterdiugs  uicbt^,  was.  lU^^Gottc^  Wef^en  unf)  Si^bst^ 
selbst  wäre. 

Die  Welt  hat  aber  zwei  Seiten»  einmal  ist  sie  ihrem.  W^sei^ 
nach  aui  Jßrahma  eii)8|,  mH  liim  zusnmmenfallend,  iwoitena 
aber  ist  iie^alf  ^  £iiitftiip3erang  Brohma'if»  als  der  fniaaicl^ 
bcnm^gegangfaie^  vefSttdevte  md  verwandelte  Gott»  anoh 
«iader  Hiebt  das  Brahma,  »t  weoigstena  nlafit  Brabiaa  iii 
«abier  wabren  Gestalt,  ist  von  dem  wtrkKcbeo  Urebis  nocbi 
niiterschieden,  so  dass  die  Well  und  Brahma  sich  nicht  völlig 
decken;  Brahma  ist  zwar  in  der  Welt,  und  alles,  was  in  ihr  ist, 
gehiin  2«  Brahma,  und  die  Gottheit  p^eht  in  die  Welt  über,  — 
aber  gebt  doitb  nicht  ia  aie  auf»  die  ganze  Welt  ist  zwar  Brah- 
ma's  Sein  und  Wea^il,  aber  sie  ist  nicht  das  ganze  Brahma; 
das  einige,  in  sieh  iiiiteraf|dedaio$e  Ufsein  reieht  noch  fiber  die 
Weljt  der  Vl^fliieit  Unaoai  Jomc  aa  a^iaer  ,pberjßlteb(e  wird  daf 

üigiiizuQ  by  CjüOgle 


324 


Meer  der  Gottheit  '/um  unrulicvollcn  Wcllenschlas^e  der  Welt 
erregt,  in  der  Tici'e  ist  alles  still  und  regungslos.  —  Diess  druckt 
der  Indicr  bisweilen  so  aus^  dass  Brahma  nur  7.nm  vierten 
Theile  in  die  Welt  sich  verwandelt  habe  [S.  294].  Schärfer 
erscheint  dieser  Gedanke  in  der  Vedanta- Philosophie.  Bt  ist 
Brahma,  durch  den  alle  Dinge  erleuchtet  sind,  der  nüt  seinen 
Licht  die  Sonne  nnd  die  Sterne  leachten  lisst,  der  aber  doeli 
nicht  durch  ihr  Licht  offenbar  wird,"i)  h.  der  in  der 
Welt  nicht  in  seinem  wahren  einfachen  Sein,  sondern  nur  in 
seiner  unwahren,  cntdusserten  Form  erscheint.  Denn  Ver- 
änderung kann  nur  in  der  Welt,  nicht  irgendwo  in  Brahma  seia. 
Brahma  allein  ist  das  ewige  Sein,  alles  von  ihm  Verschiedene 
aber  nicht  ewig;"  Brahma's  Unwandelbarkeit  wird  nicht  gestflrl 
durch  die  Verfinderangen  in  der  Weit,  so  wenig  die  SoAse 
dadorch  bewegt  wird,  wenn  ihr  Bild  im  Wasser  sich  bewegt^ 
So  ist  anch  in  den  einzelnen  Dingen  selbst  ein  zweifaches 
Wesen.  Was  an  ihnen  als  Vieles,  Unterschiedenes,  Änsser- 
liches,  also  als  Gestalt  erscheint,  das  ist  das  von  Brahmas 
wahrem  Wesen  Unteiscliiedenc,  ist  das  entäusserte,  ent^:'"»- 
lichte  Brahma;  was  aber  in  ihnen  das  Vielfache  zur  Liiihcit 
zusammenfasst,  das  Innerliche,  Un körperliche,  die  Lebenskraft, 
die  Seele,  das  ist  das  Brahma,  das  Göttliche  in  den  Dinges* 
Brahma  ist  die  Seele  in  der  Welt  wie  in  den  Einzelwesen, 
,',er  ist  geflochten  und  gewoben  in  die  Wesen  als  ihr  Herr.'^ 
Darum  sind  alle  Dinge  beseelt,  denn  Gott  ist  in  allen.  Dashst 
freilich  einen  andern  Sinn  als  der  ähnliche  Gedanke  bei  des 
Chinesen;  in  China  ist  die  Urkraft  die  Seele  in  dem  ihr  fremden 
Körper;  in  (ndien  ist  Brahma  die  Seele  in  derjenigen  Leiblich- 
keit, weiche  es  selbst  aus  sich  heraus  entäussert  hat,  die  es  wie 
das  Schaalenthier  sich  als  Schaale  selbst  gebildet  hat. 
'  Das  Brahma  ist  aber  nicht  in  allen  Creatoren  in  gleicbef 
Weise  nnd  in  gleichem  Maasse;  dici  höheren  der  beseelten 
Wesen  sind  mehr  von  ihm  erflllt  als  die  niedrigen  ond  lebÜDsen. 
Im  menschlichen  Geiste  ist  Gott  am  vollendetsten  ofFenbsr; 
In  ihm,  dem  Erkennenden,  kommt  er  znm Bewusstsein  von  sich, 
kommt  aus  seiner  Entäusserung  wieder  zu  sich  selbst,  wäh- 
rend er  in  allen  niederen  Wesen,  so  wie  in  dem  nicht  erken- 
nenden Menschen  ausser  sich  ist.  Brahma  wohnt  nicht  etwa 
als  eine  Kraft  in  dem  menschlichen  Geiste,  sondern  es  ist  dieser 
unmittelbar  selbst;  es  ist  in  und  an  dem  Geiste  nichts,  was 
nicht  Brahma  wäre;  nnd  das  Ziel  nnd  der  Gipfelpunkt  aUer 
Weisheit  ist,  das«  der  Mensch  etfcemit:  „Ich  hin  Brahma*' 


SM 


[§  9S].  Dieser  fort  und  fort  wiederkehrende ,  zur  höchsten 
(ilaubc'Jisformel  gew  ordene  Ausdruck  dca  rciiibten  Pantlieismus 
wird  bei  dem  Indicr  in  seiiier  ganzen  schweren  Bedeutung 
genommen,  und  es  \vir(1  voller  Emst  mit  ihm  gemacht,  in 
(»choeidendem  Gegensätze  zu  dem  Paatbeisinus ,  welcher  ans 
der  Fäahoiiüs  eines  religiAsea  Lebene  empordufteW  Nicht  ich 
n  wmm  EinaeUieit,  In  mtiiier  freieii)  «elbitbewiUMtMi  Per- 
lAidielikeil,  mit  neliieit  iMonderen  EmpfiodiiBgeii^  ümgimgeik 
nnd  Gedanken  bin  Brahne,  eondem  bin  eo  yielmehr  das  reine 
Gegentheil  ▼€«  ihm,  das  Ungöttliche,  Unwahre.  So  lange  ieb 
mich  als  ein  besonderes  Dasein,  als  eine  selbststiindige  i^ersün- 
lichkeit  weiss,  so  lange  gehöre  ich  der  Welt  der  Täuschung  an, 
liinl'ern  von  Gott.  Nur  wenn  ich  mich  sell»sr  völlig  aufgebe,  nicht 
etwa  bloss  meine  sundlichen  Gedanken  und  Begierden,  meine 
Selbstsucht  und  meinen  Eigenwillen ,  sondern  mich  als  selbst- 
stlndigca  Basein  überhampt»  wenn  ich  lülr  mich  gar  niehts  mehr 
Mb^  gar  kein  beeonderesy  fersOnliches  Dasein  haben  willf  wenn 
kk  alle  meine  Neigungen  und  alle  Gefühle  des  Sehmeiaes  nnd 
dsr  Freude,  alle  Werke  nnd  alle  Gedanken  ansser  dem  einen 
der  leeren  Einheit  schlechterdings  aufgehe,  wenn  ich  meine 
geistige  Persönlichkeit  ertödte,  und  niclits  mehr  denke  als  den 
einen  Laut  Aum.  als  den  (ledanken:  nur  das  Eine  ist,  und  aller 
Unterschied  ist  nicht,  und  auch  ich  bin  nicht,  sondern  nur 
Brahma  ist,  — so  habe  ich  den  Punkt  erreicht,  wo  ich  sagen 
kann : Ich  bin  Brahma.  IndiesemSal^  istaber  nicht  das  Brahma  in 
das  Ick  hereiageaogen»  sondern  das  leh  in  das  Brahma  Ter« 
icUangen » wie  der  Wassertropfen  eins  ist  mit  dem  Meere.  Der 
m^s^e  Pantheismus  ist  nicht  Selbstvergötterung,  sondern 
Stibstv^ernichtung. 

,,W  er  das  ur8|)riiniili(  Ii  dnrrh  göHliche  Büssung  erzeugte  [zur 
Wirklichkeit,  zur  Welt  i^ewordenej  ^Ves(!n,  erzeugt  vor  den  Ge- 
wässero,  froboeod  io  der  Uuhluug  [des  UeneosJ  und  alle  Wesen 
durcbdringCDd,  erkennt^  der  erkennt  Brahma...  Alles  was  Hier 
[m  der  WeltJ  ist«  das  ist  avch  dort  [in  Brahma]«  nnd  was  dort  ist» 
ist  aach  Uer;  wer  diess  Air  Terscbiedea  wibat,  st0nt  m  des  Todes 
Tod;  es  ist  hier  ninaier  eine  Vevsebiedeoheit  Daamengroas  wohnt 
der  Gellt  [Brahma]  nitten  im  HeiBsn,  der  Herr  des  Vergangenen 
Qud  Zukiiiiftigen.  Wie  Wasser,  auf  der  Berge  Gipfel  regnend,  an 
den  Seiten  niederläuft,  so  wird  der  Mensch,  wähnend,  da*js  der 
einige  (ieist  in  den  Wesen  verschieden  werde,  an  die  Einzeiljcit 
gefesselt.  Wie  reines  Wasser  in  reines  GeCass  gegossen,  in  Keiu- 
heit  Maibti  so  dst  Cicist  des  eikeBnesdeo  ▲slrntea  £veis|Dkt  nicht 


In  die  FeM«lo  det-  VeMuliitdaalmit  «öd  filoKtilMt]«  Dtr  UogebMtte 
hewohnt  eine  Stedt  ndt  elf  thvtmi  [dee  meeMhliehea  hM\.  Er 
krt  der  ZeretSter  [nelck«  du  fii«ie|MD  aifkebt],  woliDt  ini  Hin* 
niel  [als  Soime),  irthnt  ie  den  Lvftkveis  [aU  Wind],  als  Opftret 

[Feuer]  in  der  Erde,  als  Gast  ergiesst  er  sich  in  die  Opferfichafe 
[als  Sonja];  er  i«t  die  IMaiiiieski.ift  if»  den  Menschen ,  ist  in  den 
Göttern  und  crföllt  d«  n  Äther;  er  ist  alles,  im  W  u.sser  erzcucrt 
wird  und  auf  der  Erde;  er  ist  die  Wahrheit,  er  die  Majestät  Voo 
ollen  Güttero  gehuldigt  wird  dem,  der  in  des  Benees  Mitte  in 
2wef ggeetelt  weilet  •  •  Der  in  den  Klirper  eingegangene  €iebl^ 
der  in  den  ScMafenden  iracbt,  des  inl  Bmhnin,  diees  das  Costaib- 
lidie;  in  ibn  mben  alle  Welten.  So  wie  das  einige  Feuer ,  eiage» 
gangen  in  die  Welt,  m  verschiedenen  Geetatten  ereebelnt,  so  niMit 
auch  aller  Wesen  einiger  Geist  aller  Gestalten  Gestalt  an  und  wird 
änsserlfch.  Wie  die  iSonnc,  des  Weltalls  Auge,  nicht  berührt  uirJ 
von  <l*.'s  inriis(  Iilirhcn  Auijcs  Fehlern,  8o  hieibt  unberührt  von  dem 
•Schmerze  der  Welt  der  einige  iu  alleo  Wesen  wohnende  Gei^t.  Er 

ist  wandellos  in  den  Wandelbaren         Er  strahlt,  und  das  Weltaii 

gUnat  wieder  seinen  Glanz  $  darch  sein  Licht  erglftnat  dieaa  alle». 
Anfwlfta  die  Wuraeln,  abwärts  die  Zweige  atabt  Jener  ewige  Fci- 
genbaum  [die  Welt  ote^t  auf  au  Gatt»  wie  Golt  aar  Welt  hernieder, 
beide  sind  eina];  er  betest  Braluaa,  der  Unaterbliebes  In  lb«i  labea 
alle  Welten,  niemand  gebt  Ober  dieas  Unaaia*  Das  Weltall  webt  ia 
jieinem  Lebcnshauch."*) 

,.AVic  ein  Wassertr(»i)r('n  in  eine  Wasserraasse  geworfen,  ni  fit 
herausgenommen  werden  kann,  so  kaini  der  mit  dem  Soiendeu 
[Brahma]  vereintgte  Lebendige  [der  Einzelgeist]  nicht  aus  demsel« 
bea  beravegehen» . .  £a  giebt  [aber  eigentUchJ  kein  lebendiges 
Wesen»  das  Tom  Uucbsten  so  verschieden  w&re  wie  der  Trepin 
von  der  Wasaermasae,  Das  Seieade  lat  bloss  dnteh  Zntrilt  der 
Timchuag  lebeodlges  Wesen/'*) 

„Der  Weise  betrübt  sich  niebt  mehr,  wenn  er  erkannt  hat  dea 
Geist,  den  Grr)sseii,  den  Allgegenwärtigen,  den  Kürperloseu  uod 
doch  in  den  Körpern  uolinond,  den  Bcständiqcu  in  (Km  Wandel' 
baren.*'«)  —  „Wirf  Salz  ins  Wasser  und  tritt  morgen  vor  mich  hi«. 
— •  So  tbat  der  Schfiler.  —  Bringe  her  das  Salz,  welches  da gesten 
ins  Wasser  geworfen.  —  Jener  suchte,  und  fiind  es  nicht;  es  wer 
ati%elest  Koste  das  Wasser,  wie  schmeckt  esl  —  Salaig«  — ' 
Wirf  dieses  weg  und  komme  so  mfar;  das  Seiende  sidbst  dn  olcbt, 
tto  ist  aber  wahrlich  hier.  Von  solchem  [uBwahroehmbareo]  Weeea 
Ist  dieses  alles;  dieses  ist  wahr,  dieses  ist  der  Geist,  dieses  bist 
du. '7) —  „Vom  Herrn  durchdrungen  ist  dieses  Ali,  und  alles 


da  ht,  was  in  der  WcU  »i«h  regt."«)  —  Der  Geist  [Purosclia]  ist 
die  iiHicrc  Seele  des  AI!«.  „Aus  ihiu  nlfes,  ans  ihm  das 
Meer  und  alle  Herge»  aus  ihm  strtimeii  die  Flüsse;  aus  ihm  alle 
JÜHvterj  bei  den  KteineiiteD  verharrt  er  als  der  innere  Geist.  iGoUt 
i0C  «Mes;  Mit,  das  Brahma«  Er,  das  hOdMto  GfttÜicktt,  wer 

ikutmkimit  IB  <kt  MM»  [des tta»iewi;  itiia «InriblMIkb  awsh  der 
Weltdtnge]  r«Keiid,  der  wiiH  «b  «tte  Feeeelo  der  DowiMmMt«"*) 
,,]BrilHHft  Ist  eto  vfMeeei  Meer,  ndtten  I»  der  Welt  «nd  ttiee  dem 
Miaimel.  Orusser  als  alles  Grosse  ist  es  eingegangen  [in  die  Welt], 
leuchtend  in  ailem  durch  seine  Kralt,  Herr  der  Lebendigen,  verbor- 
fff'Fi  in  alleiii,  Iii  der  >I  i  M    allrr  Dinge.    Alles  uelit  aus  von  ihm,  ist 
in  ihm,  gebt  ein  in  Es,  und  alle  Gutter,  als  den  Herrn  es  anerken- 
nend ,  sind  in  iliek  Was  gewesen  ist,  was  sein  wird,  was  gesehen 
wM  [dee  tiegeowirtiee]»  ~  ellee  iet  £s.   Was  ofieuber  nnd  wee 
yeibeigeii  Ist,  Ist  aüae  in  diwew  wdiee  ifber,  dem  meogelhieeD. 
Dtese  tuBe  [ted],  wte  dee  Attier«  de»  fitinmel  mid  die  Erde*  le 
sich  «neamaudlauii  Dleee  iet  fie,  wae  elee  fei  mU  dem  Meere 
der  Maja  [mit  der  Welt  der  Vielheit]»  alle  Dinge  wehend  end 
hegrSnxend,  bindend  und  l5send:  feiner  aln  das  1  eijiijtc,  hoher  als 
da«  Hrfrh«?tf!,   vAu/Jv:  "nd  ^^rbo^^?(»n,  zahllos  gestaltet  und  ohne 
Gestalt,  älter  als  das  Alteste,  von  der  Uimissenheit  nie  /u  errei- 
chen. Fener  ist  Es,  Sonne  ist  £s,  ehenne  die  Luft  und  der  Mond» 
waA  jenes  reine  Brelmia»  vnd  jene  GewSeeer  und  jener  Herr  der 
dieetuien.  AngcnMkfce  [SeitantemcMede]  gingen  Imi'rQr  nee  dem 
yRlneenden  OeUt  fPmuwka},  den  kein  Meneeb  ctgreilen  Imnn« 
•hen,  ringsum  eder  In  der  MHte.   Er  Int  4er  €tott>  der  elfte  Regio- 
nen durchdringt,  er  ist  der  Erstgeborne,  er  Ist  Im  Mstleilefte,  er 
wird  gehören  und  wird  ffernerbin]  erzeugt  werden.  Er  verharrt  ein- 
xelo  und  nlliicuicln  hpi  allen  Tvebendigen.    Er,  ror  ivelchem  nii bts 
geboren  war,  und  der  zu  allen  Wesen  wurde,  brachte,  au 
Zeugnng  sieh  freuend,  die  drei  Leuchten  hervor  [Sotiiie,  Mond, 
Fetier].— —  Der  Weise  betrachtet  dideeo  g^^molssroUe  Weeen, 
M  weMmm  den  Welteil-Upt«  «IMi  anf  dlenki«tnddlng»  benbend. 
in  ihm  tereeberibd«!  iMe  Welt«  mm  Ihm  «etbpifi^  nfo)  die 
genebCpfa  inl  e#  ▼eiAncbten  mid  yerfrehen  miMr  mannigficben  fie* 
stalten  des  Daseins*    Der  Weise  preise  jenes  unsterlriicbe  Weeen, 
das  gebeiiiuiis.s\  (»II  Seiende  und  den  lunnnigfaltigen  Kaum.  —  — . 
Hifnniel,  Erde  und  Luft  als  ihti  erkenneud,  die  Welten  [als  ihnj 
wiesend.  Kaum  und  Sonnenkreis  als  ihn  anerkennend,  betrachtet 
der  W^ee  JCne.^  Wcses«  firwird  jenes  Wesen,  nod  eins  mit  ihm, 
Mem  er  den  feieriicbe  Opfer  relleMtet.*«  ^}  ^  «,Wie  der  eine 
Atber  m  TeiecbiedeBen  GalÜeeen  vereinselt  whrd|  00  Ist     Mit  ein 


eimlg^r      eb^lfiMfc«r,  wie  teSouie  fo veiaaliMia«iWMer- 

behältero."  ")  [Vgl.  S.  293]. 

Gott  ,»Ut  ia  allen  Dingen  verborgen;  wer  ihn  als  den  eio^igcn 
Herrn  erkennt  und  ais  den,  der  das  All  umfa^st,  der  wird  nosterblich. 
£r  ist  aller  Wesen  Mund«  Kopf  uod  UaU,  er  woliot  ia  dem  Uorzen 
aller  Wesen;  er  erfüllt  das  All;  er  ist  aUgegeBfrärtig;  er,  teCiiift 
[Pmuckajt  «r  «ier Beweger  des  Seine,  er  Ist  Licht  und  uevergliig- 
Ütki  danmcBgfoee  wohnt  der  Geist  hestin^g  im  Henen  Mm» 
sehen,  nnd  giebt  dnrdi  das  Hen,  das  Wollen  «nd  Desires  ridi 
lumd.  Der  tsuseodkßpfige  Geist,  alt  tnvsend  Augen,  tnosend  Fisns 
die  Welt  ganz  umfassend,  wohnt  in  dem  Herzen;  er  ist  alles  Seiende 
uud  was  gevveiscri  ist  uud  sein  wird;  überall  hat  er  »eine  Hände  and 
Fusse,  überall  seine  Augen,  Haud  und  Mund; . . .  ohne  Augeo  siebt 
er,  hürt  ohne  Ohren;  er  weiss  alles  Wissen,  Niemand  aber  hi, 
der  ihn  ergründet/'  i')  —  „Nachsinnend  gelsagt  der  Denker  in  dcsi 
Urqnell  der  Dinge;  Er  ist  der  Bralunn,  er  ^iva,  erlndra,  er  no- 
▼eigingllch  der  höchste  Selbstherr;  er  Ist  Vteehmi,  et  der  Haneli 
er  die  Zelt,  das  Fener,  er  der  Mond;  er  Ist  sUes,  was  geweses  tsl 
wss  sein  wftd  ewigVch,  Ihn  erkennend  iheindveitet  mnn  des  Toi; 
kein  asderer  Pfiul  ist  cor  ErlCsaog;  den  Atma  In  allen  Wesen  oad 
alle  Wesen  im  Atma  erbcliauuiul  erreicht  man  das  hucha^te  Hrahma/*") 

„W^oraus  alle  Wesen  entstehen,  wodurch  nie  leben,  in  neltbes 
sie  beim  Sterben  eingehen,  das  ist  das  Brahma.  Die iSahrung ist  dai$ 
Brahma,  denn  aus  ihr  entstehen  alle  Wesen  und  leben  durch  sie,  uad 
sterbend  werden  sie  wieder  svr  Nahrung.  Der  Usuch  ist  dasDiahBij 
denn  n«s  denillsiiehe  entstehen  nlle  Wesen  etc; ;  das Wollen(nMSii) 
ist  des  BmhM,  denn  eto.;  des  Erkennen  Ist  das  BmhM  eta.;  dh 
Seligkeit  [nlinUch  des  Eiusgefmils]  Ist  des  Bfnhnis,  denn  sns  der 
BeÜgfcett  entstehen  alle  Wesen  etc."  ^*)  „  Dreifach  ist  der  Puraseha, 
äusserlicb  und  leiblich,  innerlich  aU  Seele,  und  al^^  Urgeist,  Faram* 
atma.**  —  „In  den  lebenden  Wesen  sLhluinmert  der  Uriyott  unter 
dem  Namen  Puruscha  und  unter  der  Form  der  lebenden  Seele  [dbiT- 
atnia];  er  wohnt  mehr  oder  weniger  vollständig  im  Innern  derkbw- 
den  Wesen,  und  im  Menschen  am  vollstfisdi^ea."  „DerfranoM 
Asket  betnchte  dieees  ginse  WeltnU  in  selnet  Seele  ein  iitaniiwh 
nrft  den  nnverinderiishen  Wesen,  und  sieh  sehst  eis  idsnlischsä 
de»  höchsten  BfshBM.'<s«)—  ^  Wer  die  Wesen  sehnnet  fai  siel, 
«od  sieh  in  alten  Wesen,  der  ist  fortan  nicht  geneigt,  irgend  etvras 
zu  ^  erachten.  Wenn  alle  Dinge  gewordei»  »ind  wie  sein  Selbst 
[untertichiedöluti  in  Brahjua  verlliessend] ,  welche  Bethorung  oder 
welcher  Sehnen  ksm  £tir  ihn  seia^  der  die  £iolieit  der  Dis(c 
henntl''i7> 


^  kj  .-  L,d  by  Googl 


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Natürlich  kann  auch  bei  dem  iDeinaoderfliesgen  der  Einzclgotter 
l§  84]  jeder  derselbi  n  dasselbe  von  sich  »ngeo.  S»)  sagt  Riidra: 
„Alles  was  ist,  bin  ich,  und  alles  was  nicht  ist,  das  bin  ich  auch; 
ich  bio  Brahma  und  blo  der  ürapning  aller  Dioge. . .  Hude»  ist 
Brahma,  Viscbnu,  lodra,  dl«  flemeote ,  Sonne,  Mond  und  Stenie» 
A%  SUe'it,  der  Tod«  4ä9  L«b«i.  er  Ist  dM  AUi  ihm  Mi  ABfcetiwg.'« 

Um  Obttgefceo  aad  EfcigehM  Gott««  w  die  Oeatafeiii  beeoo- 
den  Itt  den  M eoedbeo,  wlid  aneh  wefcl  in 

Mer  Weise  dargeatellt.  INe  Smm  iet  das  Bralinia;  dnreli  die 
Soonetistrahlcn  und  durch  den  ebenfalls  von  Brahma  komniciulcii 
Resen  entstehen  die  Pflanzen:  durch  dit  si;  wird  der  Leib  genährt, 
uihI  entwickelt  sich  der  in  die  Creatur  ettigegangenc  hininiiiache 
StoK  weiter  bis  zum  eriieoDeiiden  ireiate. „Er  ist  die  einige 
Seele  aller  Creatareo}  von  ihm  geht  aus  das  Feuer,  durcii  weMies 
die  SesM  gfiosl;  mm  den  Heed  entstellt  der  Regen,  aes  dienern 
die  PflnHea,  der  MaM  [dnrch  diese  genifcrt]  Muclitet  dan  Weib 
dnrch  den  SnMn;  no  werden  viele  Creatnren  ans  dem  hOcbnten 
Geiet  emengt.^M)  Dan  vom  Monde  anngeiiende  gSttlicbe  Sein, 
welches  durch  den  Hegen  auf  die  Erde  koiuiut,  wird  bisweilen  auch 
6oina  ^enannf ) 

JVJag  auch  die  Epen-Zeit  das  Zeitalter  des  Vischnu  sein,  und 
neise  Verehrung  an  die  Spitze  des  religiösen  Lebens  treten,  mag 
seine  im  Vergleich  mit  dem  Urgott  ohnebin  schon  nebr  concreto 
Centnh  dmob  eelne  ▼teUadien  wirklieben  Eracheinnngen  anf  Erden, 
bsnoodew  in  nennebttcherFonny  eich  von  der  Üelefen  brabmaniscben 
Idee  wmA  weit  entfenen  nnd  dan  fiber  die  UntemeUede  erbabene 
GStfliclM  mit  den  reichen  Gebilden  der  PhanCaaie  nmranfcen«  dan 
reine  Urlicht  in  bunten  Farben  spielen  lassen,  das  Oberraetiocbliche 
ID  den  Kreis  menschlicher  Be.si;ljraiiUt}ieit  hcrabzielicn,  —  so  bricht 
«las  tiefere  Bewusstseiu  (li  rniocli  durch  alle  diesf*  Hullen  deutlich 
gemig  hervor,  und  die  weitgrettcodsten  Ciledanken  der  indischen 
AH-Eioheitslehre  tönen  durch  alles  GerSoneh  der  bewegten  Viscbna« 
Wdt  Mnicb.  Die  Spinede  des  Mnbabbarata,  die  spiter  den  Ve- 
dies  last  gkio^geaclMlate  Bhagavad-Gita,«)  spriebt  den  Ve- 
4«rtn-Pnnlheisnns  In  nchneidendar  Scbitfe  ans,  wiewebl  sie  - 
spätere  und  fremdartige  Oedanben  beimisdit  und  aneb  die  mytbolo- 
git^chc  Forui  nicht  vers(  liinaht.  —  „üas  einfache,  untbeilbare  Sein, 
das.  ist  die  höchste  Uotfheit."  —  „Oer  Weisheit  theilhaftig  er- 
blickst du  aiies  Seiende  in  dir  selbst  und  dann  ifi  mir."  —  „Der 
Fromme  erkennt  den  Geist,  der  in  allen  Wesen  wohnet,  und  alle 
Wesen  k  dienern  Geist  begrirfen,  uod  siebt  obecall  dasselbe; 
wer  micliniebt  fiberaU  naddanAU  m  mir,  ans  dem  entweiebe  icb 


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330 


nidit,  und  er  wdMt  nfdrt  aw  ndr/'M)  ^  „Eide»  Wswcr^  Fet«r, 
Luft,  Äther,  Seele,  Oeitt  und  SeSlM«geRlhl,     hi  diese  Welieo 

ist  achtfach  zerthellt  mein  Wesen,  dtm  iiiedrigere;  aber  erkeDne 
aoch  mein  amlere»  höheres  Wesen,  ileii  liebensgiuud,  «tiif  den  die 
Welt  »ich  gründet.  I<  Ii  liin  des  Weltalls  Ursprung  und  sein  Unter- 
gang; ein  Höheres  als  ich  ist  nicht.  An  mir  hängt  dieses  AU,  wie 
an  der  Schnur  der  Perlen  R^he;  ich  bin  der  Saft  im  FlGsaigen,  das 
likbt  bin  ich  in  der  Sonne  und  faa Monde,  der  Schall  im  Äther,  die 
Menneekrtfl  In  den  Menechen;  •  •  idi  bin  der  QUni  i«  der  VinaitM 
und  das  Leben  In  allem  Lebenden  md  die  Tngendfaraft  In  den  As- 
keten, . .  der  Weinen  Weisheit  nnd  der  Tapfein  TnpfeiWt  bfai  ich, 
und  der  Staricen  Stftrke.^^)  —  ,,Ich  binden  Wellafla  Ursprmig,  nsf 
mir  entspross  das  All;  —  ich  hin  der  GeiAt,  der  im  Herzen  iüler 
rreaturcn  wohnt;  ich  bin  der  Creaturen  Anfang,  Mitte,  Ende;  ich 
bin  der  Vischnu  unter  den  Adityas,  die  strahlende  Sonne  unter 
den  Sternen,  Indra  nnter  den  Göttern,  die  Seele  in  den  Sinnen, 
die  Erkenntninn  in  den  Lebenden,  •  •  iob  bin  Meni  unter  der  Bci^ 
Gipfel  j . .  unter  den  Waanem  der  Oeeaa,«.  nnter  den  Laoten  dia 
einnilbige  Wort  [Ann],« .  der  heilige  Feigenbean  unter  den  Bin- 
roen; . .  nnter  den  Geachoseen  bin  icb  der  Bllts,    «id  lurtnl  den 
wilden  Thieren  bin  ich  der  Lüwe, . .  der  Ganges  bin  ieh  unter  den 
Flüj^sen, . .  des  höchsten  Geistes  Erkentitniss  unter  den  Kenntnissen, 
die  Rede  der  R(  dnor  hin  ich;  unter  den  Buchstaben  bin  irh  das  A, 
und  die  Verbindung  in  der  Wortverbindung;  ich  bin  die  uncrscfarupfte 
Zeit,  der  alles  schauende  Erhalter,  ich  bin  der  Tod,  der  alles 
raubt,  der  Ursprang  des  Zukünftigen;  ich  bin  der  GtanS  der  GUn* 
senden«  ich  bin  der  Sieg,  die  Kraft  dar  KrftftigeD;  ieh  bin  aier 
Wesen  Same;  nichts  Lebendes  nnd  QicbtB  Todtes  ist  dme  mkhs 
was  herrlidi  Ist  und  glacklieli  oder  hervorragend,-  das  Ist  roh  mei- 
nem Glanre  entsprossen,  s^)  Was  su  erlbennen  ist,  will  ich  verkio- 
den;  wer  diess  erkannt,  geniesst  Unsterblichkeit;  ohne  Anfang  ist 
die  höchste  Gottheit,  weder  scirnd  ist  sie.  tioch  au<  fi  r)ioht«pienfl; 
überall  ist  sie,  mit  Händen  und  Füssen  begabt,  und  uberaii  Augcu, 
Haupt  und  Mund  besitzend,  überall  mit  Gehdr  begabt,  alles  nnh 
fassend;  .  .  nicht  sertheilt  in  die  Creaturen ,  und  dseb  gileiibBUi 
*  nertbeilt  In  ihnen  wohnend ;  der  In  die  Natur  eigossene  GeisI  nimmt 
Tbell  an  den  natflrilcben  Elgenseballon;  wer  nsm  4m  bldislgn 
Herrseber  in  allen  Creatnren  wohnend  sieht,  der  Hei  Ihrem- Tode 
nicht  stirbt^  der  sieht  die  Wahrheit;  .  .  wer  der  Creatoren  Einzel- 
uesen  in  eine  Einheit  Äusammen2:efasst  betrachtet,  und  nHederoni 
von  da  aus  entfaUet.  der  crlnuirt  die  (iottbeit;  jener  höchste  ixcisU 
weil  er  des  Anfangs  entbehrt,  und  frei  ist  von  Eigenschaften,  ist 


831 


keiner  Verderbiiiss  ausgesetzt,  sellist  wenn  er  im  K*»r[)er  «ohlit;  et 
wirket  nicht,  und  wird  nicht  befleckt;  so  wie  der  alles  durchdringende 
Äther  seiner  Feinheit  wegeo  makellos  bleibet,  so  bleibt  makellos  eli- 
fooftl  der  mit  dem  Kfirper  Tereinigte  Geist;  eo  wie  eine  Sonne  daii 
giüse'Weltall  dnreblenchtet,  so  darchlevchfet  der  des  IvdiaeheErken- 
*  neede  dae  gesammte  Irdlsebe.**)  So  wie  im  Atber  webet  die  all- 
▼crbreftete  endlose  Lnft,  so  wolieen  atleCreatnren  ?n  mir;  alte  lieliree 
an  der  Zeiten  Knde  in  mein  Wesen  zurfick,  und  ich  entlasse  sie  wie- 
der am  AiilVüii^e  einer  neuen  Zeit;  ieli  bin  die  Ilnsterhliciikcit  und  der 
Tod,  ich  ijiri  (ias  Stiiii  und  das  Nirlitselii.  —  Er^  von  dein  das 
Weltall  sich  entfaltet,  wird  nie  geboren  und  stirbt  nie;  so  wie  ein 
Mensch  die  al^enätzteo Kleider  ablegt  and  oeve  anzieht,  so  legt  er 
die  abgeofitsteo  KOrper  ab,  mid  zieht  fai  neee  ein»  der  Oeisf  **) 

1)  Sflnkam,  Atm-Bodlia,  61.  —  *)  Xiehnitia  det  T«d«ntii,  19.  hd  WbA, 
a  19r4.  im$  OoMnr.  XmwIi,  fi.  18t^      •)  liihnMt^.DjpaL  I,  Wdier. 
-  «)  XslMa-Upmb  IV,  6.  10  —  15;  V,  1-3.  8.  9.  11.  13.  13;  VI,  1.  2.  bfi 
WindiBChin.  S.  1714,      Poley.  —  •)  Sankara  b.  Wind.  1426.—  «)  Katliaka-UpML 
II,  22.  —  ^)  Chandog)a-Upan.  b.  Wind.  1710.  —  «)  Isa-Upan.  b.  Wind.  1696.  — 
•)  Mnn'laka-Üp.  b.  Wmd.  1701.  —  lo)  Jadjusvcda  b.  Wind.  ir,l«i;  vgl.  Bopp, 
Conj.  St;,!.  280.  —        Yojnav.  III,  144.  —  »«)  rrptarratara-Upaii.  III,  7  —  18, 
in  Webers  lud.  Stnd.  I,  426  etc.  —  »»)  Kuivalya-Upan.  7  —  9.  Ebend.  U,  11.  — 
BhriguvaUi-Up.  1  —  6,  cbond.  II,  2.32.  —  »»)  Atma-Upfin.  ebend.  Ind.  St. 
II,  56.  —  •»•)  Bhagav.-i'ur.  VJLI,  14,  37.  30 j  VII,  13,  4  (^liumouf).  —  *0  isa-Upa- 
ttischadc,  bei  Wind.  S.  1697.  Othmar  Trank,  Vjasa,  I,  S.  33.  —  Athanra^^lrafl- 
Upan.  in  Wehera  Lid.  Stad.  I,  384.  vgl.  426.  —  Mahaaaraxana-Upnn. 
eftead;n,  96;  Tgl.  Yi^nar.  HI,  119  ff.  —  «•)  n.  Hnndaka-Upan.  n,  4.  6$  Potey, 
tt.  Wind,  im  —  *0  Cli«iiogy»-üp«B»  b.  Wind.  1674.  —      W.  t«  Hmlnl^ 
tedie Bbfgnr.  ia d.  Abb.  d.  Bwl.  Aluid.  188».  ^       Blui.  O.  Vm,  8;  IV,  86; 
VI,  29.30.—  **)  Vn,  4-11.—  «*)X,8.  20  —  41.—  »•)  XHI,  8.18.13.16. 
21.  87.  30—38.  —       IX,  6.  7.  19.  —  ")  H,  17.  20.  22. 

In  dem  Verhältnisse  Gottes  nnd  der  Welt  zu  eiuauder  fölk 
alle  Wahrheit  in  den  enteren,  und  die  letztere  ist  ihrem  Wesen 
naok  niektlg  and  anwahr*  Das  beetimmtei  einselne  Dasein,  der 
MeBseh  nkiit  aasgeBomment  ^tt  gsns  In  den  fiiatergnind,  ist 
eie  nifUliges  nnd  nnreehtmässiges,  hat  dnrohans  keine  Selbst- 
slSndigkeit  imd  kcrin  Reoht.  Spfe^end  enseiigt  bleibt  er  ein 
ein  Spiel  der  Gottheit.  ludern  das  iiKlisclie  liciikeu  zur  Einheit 
drin^9  geht  ihm  die  Vielheit  vtM  loi  t  n. 

In  dem  bralim?iiiisc])en  üewusstsein  ist  darum  auch  kein 
Raum  für  die  Freiheit  des  persönlichen  Geistes.  Die  ireie 
BaraOailichkeit  ist  grade  das,  was  nieht  sein  soll  und  darf,  weU 
ckM  «ntoksb^  der  Weisheit  hdebstes  Streben  ist  Alles,  was 
dm  MibslaliMttgSB  Ma  la  mk  ist,  aniss  vsmeinl  wcrdeni  be^ 


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•tehett  darf  In  mut  w,  wm  das  «iiia  Bnluna  selber  ist  Uad 
iaclem  Brahma  die  Seele  ia  allen  lebenden  Wesen  ist»  Ist  er  enbii 
der  unmittelbare  YoUbriaf^r  dessen »  was  dorch  sie  gaseUdn.  — 

Das  Volks thümliclie,  praktische  Bewnsstsein ,  wie  es  in  den 
Gesetzbüchern,  iik  den  i^peii,  Fabehi  und  aliuliclieii  Dichtungen 
liervüi tritt,  folgt  freilich  nicht  dem  brahmanischeu  Gedanken 
bis  zu  seiner  letzten  Spitze,  und  maclit  dem  natürÜcheu  Bewusst- 
sein  der  WiUeusfireiheit  grosse  Zugeständnisse;  aber  diese 
Nachgiebigkeit  gegen  das  unmittelbare  Bewasstein  hat  keines 
Anknfipfongspankt  In  d«n  fintwiekelangagange  der  indisdisa 
Idee,  and  widerstreitet  ihr  gradean»  Das  schAder  and  kühser 
entwickelte  Bewasstsein  des  Vedanta  sehreitet  über  diese  aalAr- 
lichen  Geföhle  mit  der  stolzen  Strenge  innerer  Berechtignng 
hinweg,  und  spricht  klar  und  entschieden  den  der  iudi^cliCii 
VVeltansicht  durchaus  eignenden  Gedanken  aus,  dass  der  Mensch, 
als  eine  Theiiülfenbarung  des  Urbrahmas,  wesentlich  mit  ditaem 
eins,  kein  eignes  freies  Wirken  habe,  dass  all  sein  Thim 
schlechterdings  Glottes  That  sei;  Gott  wirket  in  ihm  das  Allge- 
meine wie  das  Besondere,  und  nach  das  ▼ermelntliche  BOseirt 
nnmittelbar  Brahnms  Wurknng  and  Twlierl  dadatch  sagleld 
seine  sittliche  Bedeatung,  weil  die  Sittlichkeit  scUeciiter- 
dings  der  Freiheit  angehOrt  Durch  den  Menschen  und  in  ihn 
wirket  lirahiua  aliein,  niclit  ein  inenschlieher  freier  Wille;  von 
Brahma  sind  alle  Begierden,  er  reizt  zur  Lust,  zum  Guten  wk 
zum  Bösen:  jede  sclilechte  That,  der  Vateiiuord,  .selbst  Ermor- 
dung eines  Brahmaucn,  —  das  höchste  aller  Verbrechen ^  —  das 
ist  alles  die  That  des  in  dem  Menschen  wirkenden  Brahma,  nicht 
Sebald  des  Menschen;  —  and  die  christUohenMissionärei  wei- 
che  yon  dem  in  der  sittlichen  Freiheit  warzelnden  Bewawtiefai 
der  Sflnde  aad  der  Sebald  aasgehen»  finden  jetat  nooh  bestiadig 
sich  dem  stolsen  Brahmanenbewasstseiu  gegenüber:  ich  habe 
weder  Sünde  noch  8cl)uhl  ,  denn  Brahma  wirket  alles  in  mir. 

Fr.  Windwduuuuu,  baucora,  IH.  116}  Oiij^o^liat,  II,  p.  100.  64».  342. 

»)  Om  scUt«  VerkiitvM  dar  QoltlMit  m  «ton  McMdMk 

§  m. 

Das  Aafgefaen  alles  Daseins  und  Lebeas  ia  Gott  nimmt  hi  der 
weniger  tief  gehenden  Ansdmaaag  des  Yolkea  ebie  sehr  abge-  i 
aehwftefate  and  anbestimmte  Gestalt  an ehieiaeits  lAsst  man  die 

sinnlichen  oder  als  Geister  vorgestellten  creatürlichen  Gdtter  sich 

in  zufällig  individueller  \\  eise  um  das  menschliche  Thun  und 
Lassen  sich  kümmern»  Tugend  und  Laster  gerecht  Tergtltefi) 


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333 


den  Flehenden  beistelicn.  die  Feinde  niederschlagen,  oder  niidi 
in  ()fe  meuschlichen  Leidenschai'teii  partheivoll  sich  mischen^ 
nit  liebe  und  Haas  menschlichem  Streite  sich  geseUeo,  allen* 
felis  aocli  Gott  gegen  Gott  in  honierisefaer  Weise  anffareten,  — 
M  besonders  in  den  Heldengedieliten;  —  andrerseits  wird  die 
4vreli  das  ganze  Reidenüram  sieh  liindvrelisieliendey  Ton  der 
ei(|;eirtiiehen  Velksreligion  vndbhAngige  Idee  eines  gereeiht  wal- 
tenden Schicksals  [Bd.  I.  §  60],  welche  auch  hier,  besonders 
in  der  Lehre  von  dcrSceleuw  ajiderung  und  von  dem  Leben  nach 
dem  Tode  tibcrliaupt,  mä(  htig  liervortritt,  bald  an  «las  scöttliche 
Ürbrahma,  bald  an  die  Kinzclg;ötter  angeknüpft.  Aber  diese  An- 
knüpfung ist  so  locker,  schwankend  und  unsicher,  dass  schon 
bierans  herrorgeht,  dass  diese  mächtige  Idee  nicht  ans  dem 
bmbmanischen  Gfottesbewasstsein  entsprangen ,  sondern,  ans 
emer  höheren,  fiber  dasselbe  weit  hinansragenden  Ahnung  enl- 
Btanden,  nnr  an  dasselbe  angelehnt  ist.    Die  tiefer  gehende 
Lehre  kann  freilich  diesen  Schicksalsgedanken  nicht  zugeben ; 
Jas  menschliche Tluin  wird  tla  nicht  bloss  «jeleitet  und  vers;nlton, 
sniideni  ist  das  göttliche  Thun  unmittelbar  selbst;  die  waltende 
(lerechtigkeit  aber  kann  sich  nicht,  wie  bei  der  Schicksals-Idec, 
darin  zeigen,  dass  in  das  als  wirklich  und  berechtigt  anerkannte 
Bisein  ein  Temünftiger  und  sittlicher  Zusammenhang  gebracht 
wffd,  sondern  darin,  dass  alles  Dasein  als  ein  nnberecbcigtes  anf* 
gekdbea  wird«  Das  leere  nngeistige  Urbrahma  gewihrt  chvehin 
lir  ein  gerecht  Tcrgeitendes  Schicksal  keinen  wirklichen  Anhalts* 
pvnkt,  nnd  die  einzelnen  creatMiehen  Götter  keine  Gewälur. 

Die  Form  des  Schicksalsglaubens  ist  schwankend;  die 
Deutung  des  Scliickj^als  aus  den  Sternen  erscheint  bald  als  un- 
fromm, bald  als  bereehtip^t.  DerEid  und  die  Gottes-Oericlite, 
aus  der  Idee  des  Schicksals  entsprungen,  haben  besonders  spä- 
ter sehr  bestimmte  nnd  die  Wichtigkeit  dersdbeii  beaeogend« 
Fbrmen* 

Als  ein  hKodes  nnd  rileicsichtskises  erschelai  das  Schicksal  nnr 
hl  der  spSteren  ausgearteten  Zeit.  Früher  fesate  man  es  mehr  als 
efti  gerecht  Tergeltendes  auf.   Krankheit,  hohes  AHer,  frifher 

Tod  etc.  werden  als  Vergeltun«:  des  .sTttlichcn  Lelieris  betrachtet. 
Am  liebsten  aber  wird  de?«  Menücheti  Sr  ksal.  hesondtii  s  dasschn  e- 
rerzu  erklärende,  auf  die  Thaten  desselben  in  einem  früheren  Lehen 
vor  seiner  jetzigen  Geburt  zu riickgeföbrt.  „Vum  Schicksal  und  von  der 
That  des  Menschen  hfingt  dasGeNagen  einer  Unternehmung  ab.  Das 
Sdbicfcsal  aber  ist  offeniwr  mirdieTbatde«Meo8cheo  in  eioem  frtfae. 
iwitCheB«  Wie  dnrcheiaRad  detOaog  desWagiMs  nicht saStasds 


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8M 


komm^,  80  gebt  obM  ü^'  Tlutt  d^*If«D8dheD  4m  SflUdcail  «id4  ■ 

ErfülluDs:. 1)  I>er  Uitopadesa  tritt  dem  Glauben  an  ein  bliodes 
Schicksal  sehr  ernst  cuts^egen.  »,Wie  luau  wohl  zu  sagen  pflegt: 
„„(l(_>  l^ehens  Dauer,  Glückügilter,  WiAsenschaft,  Werke.  Todesart, 
bpstimuU  s'md  fliege  fünf  Dinge  Sterblichen  schon  im  Muttcrscboo&s. 
Was  sieht  sein  soll,  geschieht  nieniaU,  und  was  seio  ssll^  ^/amkUkt 
g^wjuMSS  DshiDt  doch  dieses  Anaeiiuittel ,  jeglicher  Sorge  Cepn- 
glft.""  Das  siod  mir  die  aus  Tiägheit  herrfibrendso  Redenaartei 
eisiger  Lente,  die  Jede  Habe  scbeoeo^  Bese  an  das  Schkhiili 
Gewalt  glaubend  attss  docb  Jeder  sich  selbst  bemfllwi  oba*  ei|BK 
Mühe  gewinnt  Niemand  nShrend  'öl  aus  dem  Sesamom.  Den  liiM^ 
der  rüstig  strebt,  gesellt  ty'n  h  Lakschuii  [Uie  Güttin  des  Glücks]. 
Der  Faule  spricht;  das  Schicksal  inuss  es  sehen.  Dium  kampre 
mit  dem  Schicksal;  strebe  männlich.  Miä.slitjgt  es  dann,  so  hini 
du  nicht  zu  tadein.  Scbicksal  ist,  was  man  vor  der  Geburt  gethm*'*) 
Die  vergeltende  Cferecbtigkcit  geht  auch  auf  Kinder  und  Eokel 
über.  „Die  Stinde,  begangen  in  dieser  Welt,  bringt  wie  die  JEidi^ 
nicht  sogleicli  ihre  FrGcbtej^  aber  alfaalihiich  wachsend,  stfirslaiadfla» 
der  sie  begangen.  Trifll  die  Strafe  nicht  ihn  selbst,  so  dach  seiaa 
Kinder,  wenn  nicht  seine  ICinder,  so  doch  sene  Enkel,  aber  aaab* 
wendhar.  Die  begangene  Sünde  ist  nie  ohne  Folge  für  den  Urheber; 
(hin  1»  L  ngerechtigkeit  gelangt  er  für  einige  Zeit  zum  Glück.  al*t.r 
7J! letzt  geht  er  zu  GcuuUe  mit  .«einer  Familie  und  mit.  alleiu,  wa« 
ihm  gebort. ''3) 

Traumdenterei  wird  in  der  späteren  Vedenzeit  erw&bot  oad 
gebilligt,^)  aber  wenig  Werth  4aiiuif  gelegt  —  CHOdüielHi  aad  aa* 
gldckUelie  Ti^  and  Stunfifsn  werden  wie  m  Chiiia  snrgftli%  heuchlet 
liei  allen  wichllgeii  llnteraehnMii^io,  wie  hei  der  Naiaangebang  du 
Kinder. 0)  Sterndeuter  wenlea  nadr  ^Uumo)  deaQjftia 
als  anwürdig  ausgeschlossen;  und  erst  seit  dorn  fünften  Jabfh. 
'  nach  Chr.  lä^st  s'icU  eine  Avirkltche  astrologische  Wissenschaft 
nachweisen.'')  In  neuerer  Zeit  spielt  die  Astrologie  eine  srosi^e 
Holle;  die  fast  iu  judem  Dorfe  aasässigcn,  lueiüt  erblicheo  Astro- 
logen werden  bei  allen  wichtigen  Dingen  um  Rath  gefragt,  bei  der 
Gehurt  eiaes  Kindes,  bei  Ueiratbea  etc.  Sia  emiitteia  die  Stelling 
der  Sterne  in  einem  beatiinaiten  Zaitpuak^  and  geben  nach  ahiaa 
Tabellen  die  sh  erwartenden  Schickaale  so»  die  glflcklichea  vad  aa* 
glQcklicbea  Tage,  die  Mittel«  dem  bemstebenden  Uaglflok  aane- 
weichen,  die  Personen,  mit  welchen  der  Menseb  Umgang  haben,  dhi 
Geschäft  oder  eine  Liie  eingehen  kann  etc.;  ausser  deu  Sieroen 
werden  ancli  andere  Wahrzeichen  lieachtet, 

Die  Gottes- Gerichte  Brscfaeiyeo  j^mächat  aja.die  ^rundiig^! 


des  Eides,  über  den  schon  bei  Mantt^)  ft^r  bentfmnite  Voradirif- 
ten  geareben  sind;  es  wird  d;ibei  aul  eiuWi3>;si:;ii  ih  r  (.-"ittir  von  dem 
Thun  der  Menseheji  lesen ,  und  Meineid  luil  <leii  iiartestea 

:  §ttttiicheD  iiStrafea  luMU^oht;  ein  Mciucid  hahL  alles  Gute  auf,  wa# 
der  Meoseb  seit  se'ioer  Geburt  gethau.  Die  eigeaUieb^  Gottes- 
tiMifhi«  aM  Mkm  19  den  ältereo  rpanischaden  aogeordnet» 
n^äm&a  M tacften  i»H  gebaatajo»  fiftD^es  £ühien  feie  W liei;  er  h$t 
yatoMi»!  iMftditiBeAxtgtoheodfllriki.  Wem  «r  der  Tb&ter  2«^ 
4m  Mchi  er  M  edhat  «nwelir;  uuvTelir,  «Ich  ^  lifige  hüllee^ 
nimmt  er  an  die  glühende  Axt;  er  yerbrennt  sieh  vmd  mlrd  <Uud«  gtr 
tudtet.  Ist  er  aber  unschuldi<?,  so  wird  er  nicht  gebrannt;  alsdaon 
wird  er  losgelassen. "  ^o)  ResliaHuter  spricht  Manu;  bei  wichtigen 
Fälleo  blasse  der  Hicbter  Feuer  (mit  der  Hand)  nehmen  von  dein- 

- .  jeuigen,  welcher  e^iui  beweisen  will,  oder  er  Usse  ihn  in  Wasser 
iMiArni,  oder  die  Häupter  seiiierKiBder  und  eeioer  Gattin  berübreo» 
^mjßiagi,  weldiee  die  Flamme  eidil  tireent,  dee  das  Waeeer 
ebeaeef  echirlMieD  Üett«  ued  dem  mcht  eofert  eie  UegMlflk  xq- 
etleel,  eeU  ie  seiiiemfiide  als  welv  eeetkenat  werde«.«'  «»We§^ 
Feuer,  Wa^iser,  Gift  und  das  Weihwaeeer  aled  die  CSottemrÜMile 
«ur  Reinigunif:  diese  werden  bei  wichtigen  Anklagen  angewandt, 
wenn  der  Kläij.  r  zu  üiner  Geldstrafe  [im  T  lU  er  Unrecht  hatj  bereit 
tat  Einer  der  zwei  nach  Gefallen  soll  die  I*r(  I)e  machen,  der  An- 
dere zm.StnS^  bereit  sein;  audkjo^oe  d^e  Strafe  soll  er  sie  machen 
M  ^mtm  miwtm^  Verbreolien.  l^ie  Wege  ist  für  Frauen,  Kio- 
d«,  Mee,  BIMe,  JUim,  »ebaM^ev  und  Kwlw;  das  Feuer, 
Weaeer  md  die  «lelm>  W^lmkOroer  »  die  fedre."  Der  Vow 
IdagteaaHlQdieWeteateigm,  «eioGflwABk^wdbe*iiq|iaet5  dasAai; 

.  wiirLs  oder  Abwärtsgehen  det  Wag«  bei  eiaenoizweite»  Besteigen  lie^ 
zfichiiet  dielJnschuld  oderSchuld;  d  ie  Sache  ist  nicht  klar  dafgeeteilt. 
;  liei  der  Feuerprobe  wird  nach  ciuoiu  Gebet  eine  gUdionde  Kugel 
dem  Angeschuldigten  in  die  Haud  gelegt,  die  er  eine  bcstiiniute 
2eit  lang»  ebne  sich  zu  verbrennen,  baitea  muss,  wcau  er  ai»i  un- 
l)rM<^  «eiiiiybep.eell  ^  der  Waaserprobe  tafiehi  der  Mensch 
(rioBei.Aiwufaii  dee  Veraea  wter  dee  Waeser,  während  eio 
mMrtWteaiiTrr  ümvi  eieea  ia  deneellMe  Aegepblie^e  abneecboaee- 
■aeMdl  epiiokMt»  Ml  jei^r  90  leage  en^»  jap  iat  er  neediiddifr  ^s) 

«>  Ti^T.  I,  SiS.  86a  —  «)  A.  W.  Y,  Schlegel,  W«rlie,  m,  S.  65.  —  »)  Manu, 
IV,  17^  —  0  Saakar»,  b.  Wind.  U17.  —  •)  Mwift,  Tl.      -  •)  M.  HI,  162.  vgl. 
leaoelilt  80.'—     Zeitichr.  f.  K.  d.  11  IT,  8.  831.  -  »)  Hügd,  KaBchmir,  IV, 
94t. eae.  «•.«st.  Tgl.  MtgÄsth.  frngm.  38.  -  •)  VIIL  79  etc,-io)  Chnndogya- 
Vpmu  TOI,        VWni»  lad.  »M-  i,  JHan%  VtO,         * «)  Xw»v. 

II -in. 


^    ..L  o  i.y  Google 


sae 


§  104. 

Von  einem  besonderen  Einwirken  der  Gottheit  auf  die 
menschliche  Seele  oder  den  Körper  kann  in  der  klaren  Bralmia- 
iien*Lekre  keine  Rede  sein,  denn  der  menschliche  Geist  ist  ja 
an  sich  schon  die  dem  Menschen  einwohneBde  Gottheit  actel; 
Brahma  ist  nicht  ausser  dem  Menscheii;  alles  Denken  und 
Wollen  isl  el^dieh  Brahmas  Werk.  Daher  werden  die  Veden 
auch  nieht  einer  besonderen  Inspiration  zageschiiebettf  son* 
dern  mehr  als  unmittelbare  göttliche  Offenbarung  betraehtet  h 
der  Inspiration  bei  den  subjectiven  Völkern  empfängt  der 
selbststliiidige  menschliche  Geist  das  göttliche  Einwirken;  in  In- 
dien ist  das  wahre  menschliche  Denken  schon  unmittelbar  selbst 
die  göttliche  That,  nur  ist  dasselbe  eben  nicht  in  allen  Men- 
schenwahr; was  aber  der  wahrhaft  Weise  denkt  und  spricht,  das 
ist  qnmch  schon  GottesWort ;  mensohllches  Denken  nnd  göttüebcs 
Wirken  sind  da  schlechteidings  nitdit  Ton  einander  nntendde- 
den.  Wfthrend  bei  den  satjectiTen  Vdikem  der  wo  Gott  mier- 
«chledene  Mensch  sich  im  Gebet  zu  Gott  wendet,  nm  demca 
Geist  zu  empfangen,  hat  sich  der  Indier  nur  von  allem  Nicht- 
göttlichen zu  reinigen,  um  das  (Göttliche  iinverdunkelt  schon  zu 
liaben;  dort  wird  der  menschliche  Geist  von  dem  göttlichen  er- 
leuchtet, hier  leuchtet  der  göttliche  Geist  aus  dem  Menschen  ?oii 
selbst  heraus,  und  es  bedarf  nur,  dass  die  Terdankelnden  Nebel- 
dfinste  der  SInnliclikeit  weggehancht  werden;  —  dort  ^t  dl» 
Ctottbegeistenmg  das  Nicht «NatMIche,  das  OfoematfirlldM»  - 
hier  ist  sie  das  ganz  Natfrliehe.  Die  ^nlichen  VortieHmigeB 
^der  Poesie  nnd  des  gemeinen  Volkes  Ton  einer  immiHeliMra 
Einwirkung  der  nntergcordjicten  creatiirliclien  Geister,  der  p»» 
ten  so^vohl  als  der  böscu^  aui  die  Menschen, steht  damit  uichi 
in  VVidei?spnich. 

Der  pnntheistrsche  Charakter  des  inclischen  Bewusstseios  giebt 
der  göttlichen  OfTeobarung  eine  sehr  eigenthfimliche  Bedentoog. 
Es  ist  durchaus  kein  wirklicher  und  weseetliclier  Uotersohied  wf/U 
sehen  der  €h>tftheit,  welche  sich  effenbart,-  dem  Meflscheoj  dem  «te 
aScfa  offenbart,  und  demMlttel,  durch  welches  sie  olKndmriviid;-iKe 
drei  snid  an  sich  eins,  und  der  Unterschied  Ist  ein  blasser,  sdittlm* 
hafter,  nur  scheiidiarer,  der  Maja  angeliürig.  Diesen  Gedaniceo 
entwickelt  besonders  die  eii^entlichc  Veden-Erklärnnc;,  dieMimaosä. 
Brahma  ist  da  mit  seiner  Ütlenbarung  wesentlich  eins;  der  Lant 
Id  dem  er  offenbar  wird  [Aum],  ist  ewig,  und  ist  Brahma  selbst, 
nicht  bloss  ein  wHIkahrliches  Zeidien  lür  Ihn;  der  Lant»  das  Wort, 


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m 

ut  gewissermasseo      ideellste  Ofrenbaninc:s\vefse,  ^vie  dielNatur- 
welt  die  siditbare;  aber  w  ie  die  Natur  nicht  eto  bloaaenW^k, 
«D  Abbild  Brnbma's  ist,  sondm  dieM«  mHmI;  mr  tungewaodel^  m 
litancb  da«  Wort  Picht  mm  U     ■Mgeijpf  oitwtteg,  ,,i8t  nickt  benroift^ 

w«  ab»  4m  WoM  «rlBtMt  md  eiÜMMü»  li»t  It  dlaMi  aalbit 
•Am  disBralMMi;  Mier  da«  groio Gewicht,  wddiM  «vf  AmBiAml 

iM  ifli  Avmpredwa  dwirfbeii  gelebt  wird.  Die  eranze  Sprache  der 

Weßsclien  aber  ist  gar  nichts  anderes,  ;ils  die  Entfaltung  undAuKeiii- 
anderleeung  jenes  ewigen  L  rwortes*,  der  sprechende  Mensch  macht 
das  an  sich  einige  zum  vieilachen,  so  wie  da«  einige  Sonnenlicht 
in  den  Thaotrapfen  in  banten  Farhea  sich  bricht  und  tausendfach 
fiicli  spielt.  Die  Sprache  ist  ehie  ans  Bfihm  grad««o  «otfiMrtt 
Wlitio  Um  N«tVf  IbI  nicht  vmt  Mo— chw  itfindM,  Modem  vttt 

Mriht^  ngnaadt  [vom  Msiaehc»)  whd  er  ehe»  eur  iwgesprocbeep 
ikht  enrt  mht  Ssleleiix  ^ebie^t*  Ht  dee  Veihee  is  eMisil  sieh  dss 

SoDDenlicbt,  in  den  Wellen  das  Meer;  ebenso  wird  der  einfache, 
ewige  Laut,  wenn  er  vernommen  wird,  umgewandelt  und  vielfach. 
Die  Bnchstaben  sind  Anklant;e  des  ewigen  Laiitos,  c^vii;  wie  die 
BedeatttDg  der  Töne  selbst,  niemals  neu;  nur  ihre  Offenbaning  ist 
■eib  Iher  «bfarhe  Laut  ist  Brahma  ,  und  die  Welt  ist  Name  [ein 
MMSeeprecheaee  Wofrt].<«i>  Der  Meoeoh  het  eke  ewr  m  iaeeehei 

ImI»  «od  die  e»  eehi Ohr eeUi^eedeB  Wellen  eaTenehnee;  dttieli 
dto  All  «Ist  Oettee  Steflie,  «ed  ee  hedeff  eer  eeiplltaglteher  8^ 

4e  SU  erfiMsen;  —  und  die  Veden  sind  der  Ausdruck  fttr  dfeseo 

Gotteslaut,  sind  ebenso  UTimittelbare  l«otteserschei»uHg  wi(^  die 
Natur; 3)  wer  zur  rechten  Ibinheit  mit  Brahma  gekommen»  bedarl 

ihrer  freilich  nicht  mehr. 

')  Weben  laL  MU  I,  &  tl7.  ^  «>  Sanaa-lfimaBM  K  Wind.  &  mi.'-^ 
^  A«Mh  litt. 

'Ii  icr  tewegterea  EpeaMÜ  tmd  der  oMel  folgendeii  aäaaät 
im  Vktmkkm  Gottes  «vf  M  Well  noeb  eine  andere,  vUA 
bestiiniiitere  Geetall  en.  Die  Welt  ist  in  dieser  Periode  Tiel  «eh» 

als  sonst  als  Wirklichkeil  erfassl,  und  auch  die  Gottheit  wird 
anscbanlicher  und  menschlicher.  Freilich  das  Urbrahma  offen* 
hart  stell  auch  hier  nicht,  zieht  sich  eher  vor  dem  L^rm  der 
BfirnheToIlen  Kanpfüa^  in  noch  grauere  Feme  zurück,  aber 
die  Einzcklgötter  treten  um  so  kräftiger  in  den  Vordergrund  und 
Ii  «Imi  lehhnftea  Verifielir  mit  den  Menielien.  Und  besendeiB 

n.  tt 

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I 

ist  es  der  Gott  des  bewegten,  ^scliiohtlidieo  Lebens ,  Vischnu, 
welcher  mch  mit  hohem  Interesse  um  die  menschlibheu  Angele- 
genheiten küHuuert,  und  helfend  und  rettend  in  »le  eiogreifl.  [ 
Wenn  bei  dcu  an  sieh  dem  geschichtlichen  Leben  fremden 
Indiern  eine  schwaohe  lUgnog  eiiftes  solchen  auftaucht,  da  ist  ! 
BS  mcht  der  Mensoh,  tondeni  der  Gott,  welcher  das  Rad  der 
CSaseUdhfte  n  Bevuegsng  wm.  AvalarM  [8.  §71],  ftat 
immer  amr  dem  ViMshmi,  eelir-selteii  «ad  i>i1meheieliiih  mar 
mleNkelmlmMdigdiam^irasageaoliHelm  bntniehiimi  des  rtib 
gi5se  Leben  der  e][H8chen  Zeit  Sie  sM  im  der  Vedensseitiiielit 
vorhanden,  sind  auch  ila  gar  nicht  möglich.  Das  später  stärker 
hervorti^eteude  sobjective  Element,  die  schärfere  Unterachei- 
dung  des  Menschlichen  und  Göttlichen,  im  (ic^ensatze  za  der 
atoee  VedeniollEe,  und  die  selbstständigere  SteUong  des  Meii- 
■iiten  maeiien  auch  eine  schuldvolle  Entfernung  des  Menschen 
rm  Gott  wid  eine  GefiUudiieg  der  AleeeehlMk  tmüt^ßoL  De 
IfcM  der  Gott  deeLebmm  vettend  ein  bi  die  Geeddiobte«  tritt 
eelbet  fai  dieselbe,  mmmt  eieen  kdieeliett  Kitfper  an,  glsidnid 
eb  idiien  Thi^*  oder  efaiea  Meaeehenlelb,  vnd  eiedMH  ab 
kräftiger  Helfer,  als  Held  in  den  Känipfen  den  Lebens.  „Zwar 
ungeboren,  —  spricht  Vischnu,  —  unwandelbar,  und  aller  Wesen 
Herrscher,  Herr  meiner  eigenen  Natur,  werde  ich  doch  durch 
meine  geheinmissvoUe  Kraft  geboren.  Wenn  in  der  W  eit  die 
grdmmigiteil  smlf  t  and  gottlos  Wesen  aimimmt ,  so  lasse  ich  mich 
selbst  geboren  werden.'«  ^  —  Wem  die  £mbeit  4ea  MeamlMB 
mit  4er  GolOMit  dereb  Sebald  geeMM  and  eiae  S^ameia»  «in- 
gtMten  fei»  dtan  erfolgt  ein  Übetgreifea  dee  waÜelMfeaGftM 
fa.dieronitoeidieBtfiiriimeieMeneddieit,  umdie.meiiemM 
Em  ibrem  Urgründe  zurückzuführen.  Die  Avataren  sind 
zweites  Auästiömen  der  Gottheit  in  die  aus  ihr  entfaltete,  aber 
ihr  frenul  gewordene  Welt,  eine  Wiederholung  der  ersten  Ent- 
faltuno^,  eine  Verstärkung  des  göttlichen  Elementes  in  der  krank 
gewordenen  Menschheit.  Dieses  J^intreten  in  das  geschichtliche 
Ihebeaiiel^Mtteiail'äldbeingeetaUaagy  nicht  eine  obeifläcbhche 
Vemaadlmigf  efwdmeiaaged^ieiwk  WisUicblfaili..  2te  Gut 
emMa^  alekl  Haee  ^lAbeirgebead^  a>mdf wi :  mM.  yabarea> 
W9A  lebt  die  :gaiia«  aieneobnelie  Eatwicfcelung  dtaaiäir:.ev^ 
W  Geschichte^  wie  er  in  den  Vedea  aur  JNatur  geworde».  ■ 

li)ie  höchste  dieser  Avataren  ist  die  Erschcijiung  des  als 
höchster  Gott  auftretenden  Viscl»iu  als  Krischna9")  der  tlcu  j 
köpfenden  Helden  liilfreich  zur  Seite  steht,  und  aagleaUi 

Verfaftadiger  der  Juicbaiaii  jkkenntniee  eregbeiatt    ^      .  - 

,  ■ 

Google 


330 


In  der  aUeaten  Darstellung  der  Avataren,  im  Mahabharata  «iod 
dereo  zebo  erwähnt  9)  Später  siod  deieo  zwei  uod  ciraozig;  so 
erscIiiaB  Vischnn  als  biasender  Brahmane,  als  Eber,  welcher  die 
SMk  utm  der  Tiefe  de«  Absroads  hervmMit»  «Ja  Fia^  als  ScUld» 
krfüs,  als  Maaa-LOwe,  aod  k  ▼eiadiiedaiiar  Maasehea-  oad 

Kriaebaa»  io  aadMhriallkii«r  Seit  Ltebliaiirsgegeostaad  der 
reUgfCseii  DMitiiDf ,  gilt  als  Kdnigssoho ;  seine  Mutter  ist  Devaki, 
d.  h.  die  liottliche.  Da  wein  Oheim  ihm  nach  dem  Leben 
trachtete,  worde  er  von  seiocni  \  ater  Vasudeva  über  einen  Flosa 
getragen,  ~~  man  wird  hier  an  Christophoros  erinnert,  und  unter 
flürteii  erzogen.  Seia  erst  in  späterer  Zeit  aad  oft  schlüpfrig  ersibU 
ler,  verliebter  Ungaag  OMt  den  Hirtinnen  wird  mehrfach  voa  tdyill- 
adM  IMabtaagaa  (OUagovfiada)  daigeatellt;  Jedoeb  liegt  etwaa 
Titfaaa  iai  HbMgnBde,  da  der  Scbaaplals  biaweilea  ab  der 
HfaBBal  eMMat,  aad  Kiiasliaa  dnrdaraa  als  mHoiv  der  Welt, 
Sitopfer,  Haff  des  Brabma,  Viaebaa-aad  fhra««*)  eracfaeint;  er 
tritt  aoefa  als  Besieger  too  Riesen  und  eines  Drachen  auf.  Später 
▼ob  einem  Jager  am  Fusse  verwundet,  ging  er  in  den  Himmel  zurück, 
wo  er  mit  i^rossen  £hren  empfangen  wurde.  ^)  —  Das  Hervortreten 
des  Krischna  als  des  höchsten  Gegeustaodes  des  Kultes  tälit  erst 
in  die  Zeit  des  blabeaden  Baddbismns,  ood  acbaiot  durch  des 
Gegensatz  zo  dieaam  beaeadeie  eatirlebelt  werdea  an  aetn.  ^  Die 
fiaddbwtes  batlea  awar  kebea  Clett,  aber  elaea  «bar  aeiae  GlAi- 
Ugaa  auhltiüBd  walteadea  Baddba;  dieser  war  wiibMMr  Meoach 
geweaan,  atand  dea  Olinbigen  alber,  war  TOB  fbreai  OeacbleefaC 
aad  Wesen;  dieser  wirklichen,  verehrten  PersOnKchkelt  gegenüber 
hatten  die  Brahmanen  alle  Veranlassung,  ihre  iiebelhalte  abstra(  te 
Gottheit  in  einer  mehr  fass liehen  und  anschaulichen  Weise  als 
Gegenmacht  hinzustellen;  Vischnu  muss  als  Measch  geboren  wer- 
den; Krischoa  ist  der  brahmanische  Buddha.  Da  fibrigeos  die 
grossere  Ausbreitung  und  höhere  Eotwickelaag  der  Krischna« 
Verebraag  erat  im  filaftea  Jabrb.  aaeb  Cbriato  aacbweiaUeb  iat, 
Md  dte  batMflaadea  Mhb  doa  Mababhamta  aaawMIbaft  aaa 
aarbBiiiiÜiibfii  Mt  h&nüktm,*)  nebrare  aaa  Kriatbaa'a  Ld^ 
araihhn  Sagea«  beawdafa  Aber  aebe  Mbnrt  voa  der  „80lllicbaa<r 
Matter  und  fiber  scaoe  Verfolgungen ,  sein  Aufenthalt  unter  den 
Hirten,  und  das  Bild  des  Krischnakiodes  und  seiner  Mutter  auf- 
fallend an  die  christlichen  Er/ahlungen  erinnern, und  da  lerner 
in  der  Krischoa<Lehre  ein  frdher  uobekaooter  monotheistischer  Tob 
aaklingt,  so  bt  es  gar  nicht  unwahr5;cheinlich,  dass  hier  Berübrun* 
fn  awl  d«r  cbii^UleiMa  Geaahücbte  stiügsfiindtw  haboi, 


i^iy  u^L^  Ly  Google 


dass  einige  Kunde  von  Christi  Leben  In  die  Sage  von  dem  nameo«« 
verwandten  Krischna  sich  verwebte. —  krischna  war  nreprflne- 
■  lieh  uDzweifelhatt  ein  menschlicher  Heros,  der  erst  später  in  die 
Mythe  hineingezogen  wurde.  Ob  der  von  Megasthenes  erwähnte 
indische  Herakles  dieser  Krischna  gewesen,  i>)  ist  mehr  als  zweÜBi- 
haft;     und  wiewohl  ami  dem  Schweigen  eines  SehrtfMetten  tas 

*  den  fünften  JaM.  nadi  Cht.  flher  Ktiedma  nicht,  wie  Mnind 

geschloeaen  werden  kann ,  4ase  er  dannle  noeb  nidil  veiebt 
'  wofden  aei,  so  sind  doch  andi  kehie  irtcheren  Spmen  elaea  tMfg^ 

•  bildeten  Krischnakültes  vor  dem  vierten  Jahrb.  nach  Chr.  nachwekdttr. 

Wenn  es  nun  auch  sehr  walirischemlfch  ist,  dass  die  Ausbildung 
des  Avatara-fciystems  in  dem  Sinne,  dass  Viscbnu  sich  um  eines 
sittlichen  und  erlösenden  Zweckes  willen  als  Mensch  geboren 
werden  lässt,  durch  einen  christlichen  Einfluss  erzeugt  wor- 

'  den ,  alao  ala  ein  iremdartiger  Gedanke  zu  betrachten  ist,  so  ist 
doch  eben  imr  dteae  alttliehe  Seite  der  WMBeanWt  4B»  wäg^ 
nonnnene -fremde  Element»  welches  sieh  leicht  «nd  mtgeimp^n 

'  dBe  rein  Indiaehen  Oedanken  anachMennen  kennte^  Ist  diMh  hi 
Chrande  jeder  Menach  eine  Eraghefnung  Clotlaa;  vnA  »aiali»  ia 
der  epischen  Anschauung,  ein  höheres  Interesse  flSr  das  wirkliche, 
geschichtliche  Leben  aurtauchte,  als  es  in  der  folj»erichtigen  Brahn»- 

'  lehre  der  Fall  sein  konnte,  so  In*?  muh  ein,  so  zu  sagen,  potCMir- 
tes  Erscheinen  C^ottes  in  dieser  Geschichte  sehr  nahe. 

0  Bhagavadg.  IV,  6.  7.  —  •)  Bhagnvadg.  TV,  6;  VH,  6;  VIH,  W?  XI,  24, 
n.  oft;  Burnonf,  Bha?^.  Pnr.  I,  pref.  p.  128;  Bohlen,  I,  2»8  ff;  Laasen,  I,  6H£ 
693  ff.  —  «)  Lassen,  11,  1109.  —  «)  Blmgavata-Pnrana  I,  c  3.  (Bumouf).  - 
•)  Stenzler,  Brahma- Vaivarta-Purani  sper".  p.  23.  36.  47.  48.  —  •)  Laasen,  In»?. 
Alt  I,  704.  —  ')  Lassen,  Ind.  Alt.  II,  44ü.  —  •)  Ebcnd.  I,  623.  —  •)  \Scber 
In  d.  Z.  d.  D.  M.  Oos.  1852,  VI,  92  etc.  — "  >•)  Weber,  Ind.  Stud.  I,  400.  — 

tUhMinibMk.  Heg.  p.  44.  ^  <•)  W«ber,  Ind.  St.  n,  409.  Mte.  «r 

riBde,p.  m.^  *«)Wdb«,  ia&,8t.n«  m.fm\  vgl  dagegia&MNa,  u,ii0r. 

■  p 

h)  IKa  active  Besichnaf  dta  HsasdMn  anf  das  GMUchei  dfjfr  KslL 

§  106. 

Der  Kaltns  der  brabmanisehen  Indier  hat  zwei  von  moand« 
sehr  venM^Mene  Stttfea,  die  wohl  anseinander  gehalten  weP> 

wMen;  auf  dir  4raleir  Stoib  rah«  4er  K«k  «Mi»  «af 
Viefe  dar  Mdiacliett  Idiee,  da  hat  ar  ea  iiielil  nil  jtedm  CUaakMi 
aa  tfma«  In  dea  alle«  Eiaaddaaeha  aalj^dit,'  aoaderii  aaradtdcn 
areatfirUdien  Gdttem,  die  der  sidnlichen  Anschauung  viel  aiher 
stehen.  Es  ist  sehr  imtürlich,  dass  das  ganz  abstractc  ,  inlialt- 
leere  Lrcins  dem  menschlichen  €remiith  Icalt  und  i'remd  gegen- 
-  6ber  tntt,  und  Liehe  weder  giebt  no^  eraseugt,  dais  dagegen 


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Ul 


fcwlithflii  mä  «■■chmlidltti  IftMglgiUer  dem  Menschen 
befreundeter  entgegenkommen ,  dass  das  menschliche  Herz  We- 
her tiiescn  bestimmteren  Gestalten  sich  zuwendet,  und  sie  im 
Kultus  an  sich  heranzieht,  denn  da  ist  Fleisch  von  seinem  Fleisch, 
und  Bein  von  seinem  Bein;  in  dem  Urbrahma  ist  doch  so  gar 
amkn^f  was  den  ■jenachlichen  GeisI  betehiltigeB^  dm  Bäkm 
enpimen  könnte. 

DerKakw  mtf dkMrStnie,  dter  «nf dieeinselMi  GMter  gerioh* 
Mfat,  wild»  ndt  frflheroi  Eeligkm»tiifim  ejgintlkh  gnatonmen* 
mm,  ^  mit  im  Vcrdmmg  dar  Natnrdinge  (Bd.  I.  §  U.  SS) 
lMH»fern  dIeTereiiiteD  Götter  blosse  Natnrmächte  sind,  —  oder 
niit  dem  Dämoneukult  (cbend.  §  37.  51),  insofern  sie  als  Geister 
gedacht  werden,  —  wenn  nicht  eben  jener  einheitliche  Hinter» 
grnnd  wäre.  Die  indische  Religion  ist,  selbst  in  ihren  niedrige 
stenEntwiekelnngsstnfen,  schlechterdings  kein  wirklicher  Poly* 
theism»,  und  der  Indier  ist  sich  sehr  wohl  bewosst,  dag»  diese 
tinnihUB  Götter  nicht  vott  £wigkeit  mnd  und  nkkt  rmk  sieh 
Müit,  dtM  sie  Oreataroi  wmd  wie  er  ialbtt,  daM  er  ihsen 
«benMrtig  gegenfibenteht,  — -  und  er  Itet  sie  dieta  ftUoo. 
Anth  mm£  dieser  niedrigeren  Stufe  tritt  er  vor  seine  Gött^  nicht 
wie  das  Geschöpf  vor  seinen  Schöpfer,  sondern  wie  (] er  jüngere 
Bruder  Tor  den  älteren  und  stärkeren.  Das  ist  ein  Gedanke, 
der  bei  den  erwähnten  früheren  Religionsstofen  nicht  walten 
konnte.  Die  Verehrung  dieser  Götter  ist  also  nicht  eigentlicher 
Kultus,  ist  nur  Ehrung  und  Anrufung,  fast  ganz  so  wie  die 
Verehrung  der  Heiligen  und  Engel  in  der  katholischen  Kirche. 

Mier  fiaden  wir  hier  ehie  Erscheinung  des  Ksltas»  die  wir 
hl  dsr  Usheilgai  GsscUdite  nieht  gefimden  haben,  und  weldiey 
soMd  man  jenen  dnigen  Hintergrund  aiMser  Aditlissty  gfadem 
siMdoserseibebienniastat  aber  in  der  indischen  Wehansebanung 
grade  ihre  Berechtigung  hat.  Der  Indier  kniet  nicht  demüthig 
flehend  Tor  seinen  Göttern,  sondern  er  tritt  trotzig  und  fordernd 
ihnen  gegenüber;  er  dient  ihnen  zwar,  aber  nur  unter  der  Vor- 
aussetzung, dasK  sie  ihm  wieder  dienen;  er  preist  sie  und  spen- 
det ihnen,  aber  er  fordert  sich  ohne  weiteres  auch  sofort  seinen 
Lohn  dafür;  er  thut  den  Göttern  kein  Gutes  umsonst,  sondern 
supi'aiah  an  ihnen  in  das  Verhältniss  eines  Tauschhandels* 
Dia  GMtsr.baban  YSDdeniManselieD  nichts  na  fordern;  gisbt  er 
ihasn  and  lobt.ar  sie,  so  will  «r  auch  etwas  daftr  haben,  Zug 
«nZug,  nttd  «r  Ibrdcrt  inmitten  des  gesteigerten  H^fnmenpreises 
sich  sein  Entgelt  mit  der  naivsten  Offenherzigkeit;  die  Götter, 
scheint  es,  woUen  ernstlich  erinnert  sein.  —  Die  Gebete  in 


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SM 


den  VeiBB,  ba  die  i^iwelaew  GMer  güfafeM,  prcimn  «Hwii<o 
die  Macht,  den  Gittas,  die  Siege,  die  hflfreiebe  FremdUeUEmC 

dcrbctbeu,  oder  wo  sie  bitten,  verlangen  sie  Reichlhum,  Bei« 
stand  im  Kriege,  Unterwerfung  der  Feinde,  fast  nie  bitten  sie 
um  Weisheit  oder  gar  um  Vergebuiig  der  Sünde;  das  sittliche 
Moment  tritt  völlig  zurück;  der  Mensch  hat  siek  vor  diesen 
Göttern,  die  ja  seines  Gleichen  sind,  nicht  in  den  Staub  zn  wer- 
fen, knt  von  ihnen  keine  VeneUmiig  und  Gnade  zu  erbittti^  mr 
iiiren  Beiitand  kam  er  btanoheB)  und  er  fiiirdeit  ihn  In  iMgeili 
mer  Weise.  Die  Geliete  sind  fibanm  ebKMdg,  wiBderbeto  iMl 
vnd  fort  dies^lien  beeekrflakten  Gedanken,  »ad  aefgen  muM 
wenig  Tiefe  nnd  Wftnne,  woU  alier  cnien  glikenden  Fenida»* 
hass;  Vernichtung  der  „Hasser  und  Neider der  persüjiliclieii 
Feinde,  ist  das  Lieblingsthema  der  Gebete. 

„Hier  ist  der  honig:9iisseste  Sorna,  in  Opfern  ausgepresst,  den 
triokt»  o  A^vifis;  spendet  »Schätze  dem  Opferodeo. Wenn  iodra, 
ick  m  vielen  Guts  Beherrscher  wär*,  als  du  gebeutst,  wahrlich,  dea 
Singer  ftzüge  ick^  Sckatependeoder !  nicht  Hess  ich  ihn  der  Dfitfl* 
keie«>)  y^Gepreasten  Tmake  kibaiagen  w»  4k,  lata»  m 
SdmtskeaitBer«  Speiae  an  emflaagen;.  kiiqg  Giler  nna»  wie  Kd» 
■er  je  beaeaaan,  waa,  naaenn  Staaun»  giek  fiiag  in  defaMBi  Stkiiw 
,  Ergrifleii  kaken  wir,  lodm,  delae  Rechte,  nach  Sehfitsen  gierig, 
der  Schätze  Schatzgebieter;  .  .  entsende  hehren,  segeosreicheo 
Schatz  uns."*) —  „Was,  Jodra,  mir  noch  nicht  von  dir  geschenkt  i>-t, 
Blitzschleuderer ,  die  Güter  alle,  Schatzspender,  bringe  mit  beideo 
Uäodea  uns  herbei ;  . .  mit  mächtigem  Heichthum  fülle  mich ,  mit 
stierereMMm»  dena  dn  bist  gross/'  ^)  —  „Iodra  wird  des  Reichen 
SdiMze  kfingea  naa^  an  watea  dario  bin  an  die  Kaie,***) 
GeMkeilan  kalten  ea  fifr  eiae  ScWd,  deai  Opleradan  den  Waaicfc 
an  erfliliea»  ia  weloiiett  er  die  Opfeigalie  Iniagt*'^) 

INeLehgealageveiiaikeB  den  GetteraKnftnnd  Hafk  ».Mm 
Stitke  nnd  deiae  Macht,  deineQ  kerriidieB  I>oenerkeil  schärft  Lob- 
gesaog.*'  ^^Deti  Indra  machten  Gesänge  siegreich,  ihn,  den  evrigco 
Kuoig."  „Welch  Lied  \\\rd  jetzt  dem  grossen  Gott  angestimmt? 
deon  diess  vennehrt  aeiae  Kraft**  Mladca,  der  dosck  reiaea»^si|g 
eistMkt''^) 

Das  ganz  allgemeine  uralte  Gebet  an  die  Somie,  Geyatri 
genannt,  wekkea  tagUck  gebetet  wird»  iat  ftikar  ecken  erwihet 
(S.  3^};  dieaaa  Geket  iat  Mckt  lilr  jeden  kidier«  »AMa  M 
die  WiedaikaluDg  der  Gnyakrl  bann  ein  Baehaaae  4Tifliiniilighdr 
.  eaiplakBy  er  mag  dob  andere  rel^iSse  Handlangen  verrfcklea  «iw 
tddil; ^  Des  Morgeos  in  der  Dämmaruog  soll  er  die  Gayatn 


343 


MtkiM  StaM  üilMwi  wiMuAtBi  Ms  er  4ie  Shmak  äM,  und 

sind.  Wer  ^  Gayatri  Ib  der  MorgeodSniBieninf^  utehend  hersagt, 
entieriit  jede  verboigenu  nächtliche  Sünde,  und  wer  sie  in  der 
Abenddämmerung  ritzend  wiederholt,  vertilgt  die  FieckeO|  weiche 
er  oboe  seio  Wissen  den  Tag  Aber  cmpfanifeD/'ß) 

Statt  des  Befnusatseins  einer  Schuld  finden  wir  in  den  Ciebetea 
Mrfjgü'dMi  der  Unschuld.  „Wie  ein  Knecht  will  ich  den  Speadcr 
«InttdbM»  dm  eifrigeii  Mi  Uk  SiadlaMr.«'»}  Die^flüteMa 
MMn,  dl»  ii» SiiiiiitoiiaMilaatn  riMcHtetwii,  verlMtgtaaMl 

•  A  ChMd«  wd  Vaqgrtiuf ,  «oiidM  eiae  Miir  nieeluMdaeiM 

ader  Ikat  phyalach  ■>  r h aniaeto  RajaigiBng;  ao  wM  daa  Feuer,  Afrni, 
ar)£;eriilefi,  ,,dass  unsere  Sünde  entfernt  werde;"  ij^ii  Gcuiu»- 
6ern  betet  man:  „entfernt  alles,  was  uchuldvoU  au  mir  ist/'^^) 

Die  ünsicherlielt  den  dem  Gebete  zu  Grunde  liesienden  Bewnsst- 
•eina  zeigt  .«ich  auch  in  detugevvübniicheo  «Sichwankea  zwischen  den 
Gütern ,  zu  welchen  gebetet  fdnk'  Oaa  Gebet  fahrt  oft  haaüg  ml 
mmtäi§Mmmdbm;  la  eineii  -nd  dbnarifew  A^lMSMDtg^njflmail 
die  Tmdiiedmiataft.iiickto^ift,  wa§mkm,*  waUia  die  liebllsa  aet. 
Knaith  M  awahriat  dia«a  ÜaaiahtrMt  in  «iaer  Stfi»«  #o  der 

.  ftaMan»  Be*ir  Tau  drar  Mttan  aalNr  fanoMr  im^  eiaaia  ato  dwwan^ 
daro  gewieaen  wird,  der  andere  aei  der  rechte,  der  helfen  könne, 

.  bis  er  so  die  ganze  Götterreihe  herumkommt.  —  Später  ordnete 
man  die  Sache,  und  die  Bereiche  jeder  Gottheit  wurden  schärfer 
bestinimt;  um  langes  Leben  betete  man  zu  den  A^vins,  um  Sdion- 
heit  zu  den  Gandharvaa,  ata«  Anch  iv  urdea  für  die  Gebete  wie 
.fik.dle  Opfor  aalir  yaae,  aiveh  daa  Miairfidiaf  lievflekMitisaada 
HilaaiaevackiliMa  ^lagalMD. 

DtoaMt  WtadiiMittig  mf^Mm  WaitB^  b«ioad«t«  da«  8e^ 

.  Mnaab  daa  Ate,  iat  kMua  wAa  Cfabat  an  rsobaia.- 

»)  Samav.  I,  4,  1,  2.  (Benfey).  —  «)  Ebcnd.  I,  4,  1,  8.  — •  •)  I,  4,  2,  1. 
OH»  1,1, 1.^  »)<pa«Hiallia«9Mhiin,  fa&ZL4'0.11OklV^  •)Sf^ 

laifr  n,  s.,  i,  nj  n,  9,  1,     i,  a,  1,  4,—  ^  i,  4,  2,  4.  —  •>  Mum, 

n,  87. 101.  lOfi,  —  *)  Blgr.  y,  6,  6»  7  (Biofey).  ^      Bigr.  I,  b.  97, 1  «tc,  ^ 
Bigv.  I,  K  fid,         •<)  Aitareya-Bndmuuia,  TU,  16.  (Both).  —  Blug.- 
Ihaüuiy  II,  8,  8. 

§107. 

M<i'ki»aMligeg.MOcli  owcfcfliBt  das  VtMMam  des  IfeMehen 
MtemdiflrliilibiiGOtimiiiiOpfttv.  Diese  CUMer  MHhrfen 
^b'Gcadbflffa  dar  AMnog  «ad  Emilmiig  wie  alle  aadeni  eul^ 

lieb  dl  W  csen;  undderMenaoh  spendet  ihnen  kräftigenden  Trank 
wiid.N^lmiog9  und  rühmt  sich  dessen  vor  Urnen)  daiuU  diese  auch 


M4 


wkemHiidi  •etente  da»  cmpfiaigeae  Imlid.  DtoCHMInr  lMta 

wirklich  etwas  von  dem  Offer»  ätte  Knft  wM  enMvt  «ad  evMl, 

lind  der  opferiKlc  Brahmane  giebt  einen  Beitrag  zu  dem  Wachs- 
Ümm  (kr  InUterkraft,  zahlt  eine  Actie  auf  dieselbe,  und  bittet  sich 
dafür  eiue  reichliche  Dividende  aus.  Ja  der  das  Opferfeuer  ent* 
zündende  Priester  erschafft  den  Agni  immer  wieder  van  neaem« 
Diese  wirkliche  Nährung  «nd  KrftÜpug»  ja  £rzeagung  der 
GdUer  Ut^ise  YoMtellung,  die  dem  eigentlichen  Kultus  in  jeder 
Religkin  TOUtg  frend  ist  (Bd.L$80),  und  das  imiiwhtOyfcr 
auf  dieser  Stufe  ist  als»  dwas  {^aas  aadsfes»  als  was  dst  mwk» 
VuAutm  Opfer- Idee  elgast  Das  wahre  Opfer  ist  Aecall  eis 
Haldigen  oder  da  Anfopfern ,  jedenfalls  eine  thatsAoklidie  Er- 
kläruiJ^;  der  cigiiea  üiitervvürligkeit  und  INiclitigkeit,  derGoUlieit 
gc&;enuber;  —  bei  den  alten  Indiern  sind  die  Opferspenden  eher 
eine  Erklärung  der  eignen  Macht  und  Grösse;  der  Mensch  ^ebt 
da  wirklich  etwas,  was  er  vor  dem  Gotte  voraas  hat,  und  dec 
Gatt  empAagt  etwas»  dessen  er  bedarf;  der  Gott  wird  nicht 
▼eisliliat»  soodem  besetieakt,  and  er  sehealrt  daakkar  wisder» 
Sieg,  Ptode^  Kfilw,  Gewina  im  Spiele  etc.«) 

Dieser  Gedanke  Isitt  var  alleai  bedantaan  liarvar  ia  in 
SoBia-Opler,  fiwt  die  ^naige  Fenn  des  Oplsrsin  der  iltBiii 
Vedenzeit,  und  die  Hauptsache  der  ganzen  GStterverehran^; 
die  ll3rmnen  dci^Sama-Veda  beziehen  sich  fast  alle  auf  da^^selbe. 
Bei  diesem  Opfer  der  Milchsaft  einer  Pflanze  von  bma- 
schender  Wirkung  ausgepresst,  und  nach  einiger  Zubereitanf 
gespendet  und  von  den  Opfernden  selbst  getmokan.  Der  So- 
dMMaft  wird  oft  gradezü  als  mächtige  Gottheit  betraehtet  ondss- 
gerafea,  als  »der  Belebende,  der  LebenslMMrti  dar  Slirkslid%  der 
Lebensqneli,  der  kraftbegabte Gdtteroianager;**  er  wiidaeka 
Agni  gestellt;  in  naakvedasaber  Zeil  ist  er  der.Gett  des.Moadsi 
Dieser  gespendete  Saft  beranseht  den  Indra  und  die  sadMi 
Götter,  giebt  ihnen  Muth,  höhere  Lebenskraft  und  UosterbÜdi- 
keit,  durch  ihn  begeistert  verrichten  sie  ihre  grossen  Thatenj  ujid 
die  Götter  drängen  sich  wohl  gierig  zum  Opfer  herbei 

Die  Bedeutung  dieses  aufiallenden  Opfers  ist  höchst  wahr- 
sckeinlich  folgende.  Die  Götter  haben  Dasein  und  Leben  am 
dem  einen,  allgemeinen  Ufgmnde  derMatar,  und  sie  sinrl  ver- 
gAaglidie  Natavwasen,  der  Emenmnng  ibier  hbifimigen  Ew6 
bedirfUlg.  Dotab  die  ganne  Matar  aber  ist  das  Bmdnan  aaiga* 
breitet,  es  ist  die  Seele  der  Welt,  im  Mansnban  ist  es  derGeH 
im  Thiere  die  Seele,  in  der  Pflanze  der  Lebenssaft;  und  dw 
Milchsaft  der  äomapUaw^e  ist  die  Unmlnh  der  Welt,  iai  gewis- 


Stf 


sermassen  Brahma's  Samen ,  aus  dem  das  AH  entstanden,  und 
der  noch  in  dem  lunern  der  Natur  sieh  birgt,  ist  der  immanente 
GoU.  Und  dieser  Milchsaft  berauscht  und  kräftigt;  in  dem 
geifitigen  Getränk  erscheint  der  Lebensgeist  der  Natar,  er 
Mdii  JUebens^pMlU  alles  Daseins,  die  Sterbenden  trinken  ihn 
vor  den  Tode;  —  er  ist  der  Nektar»  der  dem  Genieieendett  ün^ 
«isMifllikeilTeileiltf.  Der  ü^ter  eitfbel  dfeee  Lebnequefle, 
«d«te  er  teFeMrenMedend  den  Agni  Leben  gleirt,  eneogl 
<r»  d—  BiiBMi  pieeeead,  de»  GMenmene ,  höhere  LebeDskreft; 
•r  befreit  den  in  die  Bande  des  Irdischen  gefesselten  Gottessaft 
aus  seinen  Fesseln,  und  lässt  Ihn  strömen  zum  freien  Genuss  der 
GöUer.  Die  in  der  Schöpfung  in  die  entferntesten  Adenj  der  Natur 
ausgeströmte  Lebeuskraft  kehrt  im  Sorna -Opfer  im  vollendeten 
foiainnf  des  Lebens  zu  den  höchsten  Vertretern  der  Gottheit 
awieks  Sebfipfimg  nad  Opfer  sind  der  Biatmiaaf  des  Alls  in 
teAfleiisiaaAd  VeMa.  Der  äomaiet  deavea  deaiMeiieebea 
lieAHe  AmHUf  ^latdeBaaebteBpeii  ^dea.6MIM 
iritat  bwaHelia  waiiailHah  i^liiiebai  1%, 

Da  «Ne  Katar  ¥m  göHliebeai  Weeea  iel,  eo  iet  aaeh  Ihr 
LeLieii.ssalt  göttlich,  und  Soma  darum  eine  mächtige  Gottheit; 
die  Einzelgütter  werden  getränkt  durch  die  allgemeine  Lebens- 
gottheit; ja  Soina  \v  ird  aueh  folgeiioht%  ohne  weiteres  als  das 
lirbrahma  selbst  erklärt. 

ibfn  deeehalb»  weil  der  Soma  der-Sameaflaft  der  Natur  ist, 
«wde  er  später  zom  Giott  dee  Mondes,  denii  4er  Mond  gilt  bei 
tel  aUflt  ceiaala&lwiM  Vdlkeni  ala  der  Eiieager  ^  Fraebl- 
MuÜ,  alaBelMerer  dea  Weebetbaaii  aad  der  BeftaehtMg. 

ia  te  ttaebfadiacbiB  Zeil  tritt  fldroaepftr  nebr  aar«ek, 
md  an  seine  Stelle  tritt  in  einei*  wrinaebeiaHeb'eehr  abalicben 
ßedeutuiifj;  die  Spendung  der  geschmolzenen  Butter,  an  die  Stelle 
der  iS omamilch  die  ihierische  Milch,  die  Nahrungskrelt  der  hei- 
ligen Kinder  and  das  koetbarate  Prodact  des  ViehiKuelU  Dalben- 
den Volkes. 

Aas  aach  von  den  Opfernden  goaeeeenc  Somaopfer  erinnert 
eafini  aat  daa  ebnaiMclie  Saananent  des  heiligen  Abendmahls, 
aMlaa-ialamib  M  dar  Tbat  ein  gMoher  Graadgfidanlra  bei  bei- 
imh  AafmdMaa  des  götdiebe»  Sabie  in  dea  Meveehea  dnreb 
ein  ainnliekea  Medbmk  Der  groeea  Dnteraebied  ietaber  der, 
dass  das  Somaopfer  durchaus  Natureharakter  trägt,  dee  ebrist- 
liche  Abendmahl  aber  Geistescharakter ;  der  Soma  ist  der  gött- 
liche Lebenssaft  schon  an  sich ,  und  ist  durch  die  Natur  ausge- 

bnoiali  In  dam.Abeadmahl  sind  ficoi  and  Webi.Mnla  an  eich 


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«46 


j^chon  das  Göttliche,  ^on^ern  me  werden  es  erst  dardi  die  Tki» 
tigkeit  einer  geschichtiiclieii  Macht,  der  Kirche;  dort  ist  d^r 
Snft,  so  wie  er  ist,  auch  schon  das  Blot  Gottes  selbst,  hier  sind, 
und  zwar  in  allen  Kircdien,  die  elementaren  Stoffe  niir  die  TrS^er 
4tß  Göttlichen,  siod  das,  wednroti  die  CSegeawart  deseelbei 

8«me^  Ten  «tseHgeo,  gebirae«  [dakereMs,  Mw«  n*^ 
tri«  die  SoDoe  als  Enengeiio],  dsMi:  den  Saft  awaproesea,  hüduaHt 
»»ein  Wesen  tod  finuMiefer  Befeochteng,  od  ist  stMiWUHmil 
mit  -^ftTjv ;  das  HaoiBS  des  Seodavesta  ist  Hit  den  Sssm  HisssUhi 

eins.  2)  Der  Soroasaft  heisst  auch  Indu,  Tropfen;  er  ist  der  Saft 
des  Cynancbuni  viminale  oder  Asclepias  acida  oder  Sarcoirteniroa 

.  vimin.;  er  bat  eine  narkotisch- berauschende  Wirkung.  f)re 
Pflaoze  wurde  in  raondhelier  Nacht  auf  Bergen  gesanunelt ,  mit  iler 
Wocsel  «usgehobest  veo  des  JUitlero  gereinigt  und  stnacben  Stei* 
ses  gepresst)  dann  wurden  die  xen|uetiH:hten  Stasgsi  vlt  Waaser 
ipsspieiigt^  Qsd  des  Hündss  4sfeii  eis  Meli  gsjpMSSty  dsf  AsH 
mit  gel^llrter  Bntter  oder MeUws  is  aOrssg gAissISi  miAämmm 
de»  drai  Tageasetai  gespendet  ssd  nw  des  BnAsisses  gesssses.^ 
Vielfach  eiselieisl  Smn  als  der  eiiesgende  Ursame  der  WeH 
„Du  hast  diese  Pflanzen,  o  Soma,  alle  er/.euget,  du  die  Gewässer, 
die  Kfihe;  du  hast  den  weiten  Iii  mm  ei  ausgespannt,  mit  delnea 
Liebte,  [welches  aus  der  von  ihm  erzeugten  Sonne  strahlt]  hast  dn 

.  die  ITinstemisse  bedeckt"^)  Von  Idenschcn  getrunken  encheint 
das  Sona  wie  bei  den  QSttsm  als  Anirita  [Trank  der  UnsteiMid^ 
iB6il]»<>  ssd  iMissl  der  »yUastsMsMeit  Ursssbs,^^  wie  Is  dir 
psislselies  ReligisD  das  tmsssilü  Bttsns,  ,,4»  4stf  fbd  UiHt&h 
Mds.'^t)  ^UmA  ddss  Opltr»  s  Smm,  mvdss  dto  Olltsi  ss- 
steMeb.^  »,Disk  tnidbes  ssr  UsslerbMMtdIe  Ofll«r;<'«)f9«ss 

'  Hanu  den  von  den  Mensdien  zu  essenden  Opferrest  Amrita  nennt, ^ 
so  tut  diess  wahrscheinlich  der  Sorna.  Der  in  den  chinesischen 
Geschichten  eine  ho  grosse  RoNe  spielende  UnsterbUddraitalraak 
der  Tao-tse  [S.  82]  ist  obne  Zweifel  der  Sorna -Trank. 

Dass  der  Soma  die  der  Natur  einwolsiende  Urgottheit  seifMt  ist» 
die  in  sichtbarer  ülestsitsteb  offenbarende  lialsrseelst  4si  aus  vie- 
les £rldiiiisgss  gans  nmveMlisfti  Is  eiser  Sysss  lis  das 
MUSS  iMlssl  es:  „Oer  Lsbes  spesisi  «sd  IMto  glsU»  desns 
€ebot  slls  iMlblgen,  ssd  die  «itter  sseh«  welcfc  ssiieü  €lst>i 
srHes  irit  isU  Opfers  mdMsT  CMtosersls  weMsrMseir Ist  gebe» 
ren,  der  da  tlie  Wclteo  alle  hat  durchdrungen,  Pradsrlmpati .  Kich 
an  der  Srböpfung  freuend,  nährt  die  drei  Lichter  fAcrni ,  ^  «'»ju, 
rya],   isdra,  Varanay  sie  iiaben  dich  geuMisen  eiast  im  Aoiuigi 


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847 


0 


Uiren  Gennsu  ^eniess  ich  nacli,  das  gSttlidie  Wort,  geoiesse  des 
Soma:  <]enn  dieser  (iott  füllt  alle  Regionen,  er  ward  zuerst  tjebo- 
reo,  weilt  im  äcboo««e  driiioen;  er  ist's,  der  sich  entfaltet  jetzt, 
wuk  ^  dar  «ich  entfalten  wh-d;  «Ugegenwirtig  weilt  er  überall,  der 
erseogeiMle  eine  Gott.'*  >o)  Das  Urhrahma  weilt  ,,als  Gast*'  in  der 
OpCemWe  [dto«  Soaa].>i)  ^  ^IM  Etile  ^üiditig»  ich  [da« 
OnreMs]  vd  «Ute  dl«  TUm  dmh  smIm  Krafts  idi  emilire 
•llePiMo,  aridi  f«rwiiideliid  la  ikr#B  aOt«' 

WkMf  i«t  W«iM  jJgcMa  Stelle  elMr  VpenMedes  der 
Sorna,  im  Monde  als  „Speise  der  Götter^  enieagt,  verwandelt  sich 
In  Re£r<en.  dieser  geht  in  die  Ptlunzcn,  also  in  Nahrung  über,  diene 
venvarMielt  ^tch  genossen  in  aninialischeii  IS  amen ,  d<^r,  v<ui  dem 
Weibliehen  empfangen,  zum  Keim  wird,  i^)  Schot)  in  den  älteren 
VedeotfaeUea  ist  Gedaniie  auisgesprochen ,  dass  der  Soma  ur- 
ij^rdaglieii  an  BaMiiel  ial,  nod  durch  den  Regen  auf  die  Erde 
kaMri;H)  ^  ia  des  fioiMMeft  evecheint  da  vOHfser  Kreislaef  dea 
dank  das  iJI  aaagefcieiNlaa  Leiaaeelcaiaolaa;  alaigt  er  im  Regea 
aar  fiade  Widadai,  m  ate%fr  er  lai  OfCer  aam  HinMBcl  aaipar  ead 
alfert  wMar  die  SaHaleGlMa.  Dar  Ibaprung  dea  SaflM  lal  alaa 
weder  ^ai  Monde,  noch  ie  der  Pfleaae,  Medoiu  beide  dad  nur 
Durchgangspunkte,  ^\ie  für  das  Blut  das  Herz  und  die  Luniien. 
^IXer  Ailgestaltige  [HrabuiaJ  ist  das  Opfer  und  der  Herr  der 
Creatoren;  in  der  Gestalt  der  Nahrun!?  wird  er  zum  Opfer.  Durch 
0{ifer  wird  die  Sonne  genährt,  aus  der  Sonne  entspringt  Hegen, 
aoa  diesem  Kriuter,  und  diese  als  Speise  werden  in  der  Gestalt 
ve«  FlOssigkeit  zar  Sameni—chÜgiidi.  Die  vpfiflgiwhe  FMadg- 
Wl^  üekhe  eea  dar  DaiMagug  aInaOegaaalaadae  an  dle^Mtter 
eeiapriogt,  wM,  aatfcilf  aie  die  OSMar  erAael  ead  dea  Opfere* 
dee  dee  IieliB  veranhaill^  dvali  dea  WM  am  Heed  getragae»  eod 
fe»  da  daMk  die  fliiahia«  aoai  €llaaae  der  Saaee,  Die  Seeae 
ächailt  aus  ihrem  eignen  Kreise  das  herrliche  Amrita,  welches 
der  Ursprung  aller  Creaturen  ist  Aus  dieser  Speise  wird  wieder 
das  Opfer  ,  dann  wieder  Speise  und  wieder  Opfer.  So  dreht  sich 
dieser  Kreis  ohne  Anfang  und  £ode  herum. Aus  der  Ver- 
gidchoog  laH  daai  Voiigao  erhellt  die  Eioerlelhett  des  Amrito  und 
deeSiMDa«  Bemeifceaawerth  ist  dabd,  dass  wie  bei  der  Berdtong 
dea  himdlarhee  hm^  daNb  die  Wtler  [a  MS]  die  Lekadyni, 
dto  ttüfe  die  Sageaa^  aea  Am  gcfca— a  daa  ndkMgeo  Maarea 
toaeii«dgt,  ee  aoaeh  aa«  der  la  daa  Waaaer  gegeaaeaea  Opfer- 
apende  von  gelMerter  Baller  oed  MMl,  Tetweadt  arit  deai 
Sorna,  —  welche  die  ans  der  grossen  Flutb  geretteten  Menschen 
daitotciiten,  die  eegenbringende  Gdttin  des  Gebetes*  Ida,  herauf- 


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348 


steigt  und  dann  die  Matter  des  jetzigen  MeoscheoG^eschiechtes 
wird;**)  —  da»  MUchmeer,  die  i>omamilcli,  die  thierische  Milch, 
das  ist  alles  wesentlich  dasselbe:  alles  Leben  aus  der  ürmilch.  — 
Zu  der  uiederholtcu  Beziehung  des  Sorna  oder  Amrita  zum  auimali* 
sehen  Samen  ist  auch  oocb  die  die  Zeugungsicraft  weckende  Kraft 
des  persiflciien  Heema  m  TergleicheD.  —  Voe  dlem  Sorna  •  Aaata 
itt  lieade  aptmtm  umh  aoch  Phiums;  „Dar  Bieml  wM  Mb 
Zunehmen  mit  Anottn  snfittlt,  behn  Volfanona  beten  dia  GmUm  ihn 
eine  liaeht  hindorcfa  an,  und  dann  trinken  nie  alle  achat  den  PHrfi 
nnd  maebto  einen  Fingerirat  voll«  bin  niehta  mehr  da1at«ia> 

Auch  in  den  Veda-Hymnen  wird  Sorna  wiederholt  für  eine  Gott- 
heit erklärt  „Es  trank  der  BiifO  l  [Indra],  der  vielkräftiffe,  deo 
gersteugemischten  Somatrank  mit  Vischnu  freudig;  er  hat  berauscht 
den  grossen,  breiten  [indra],  grosses  Werk  zu  thnn,  er  hat,  der 
Gott,  den  Gott  geehrt,  der  wahre  Inda  den  wahren  Indra.^*  «.Reio 
ntrSme,  Gott»  als  Lebenehort,  es  geh'  dehi  lUanch  in  Indra  eia.^ 
„ümk  Prinntara  Draek  gavciaigt,  af^ondat  aaban  Saft  dar.fiott 
den  CMtttarn»^«!^  „Er  at«bt  geiebdge  «bar  ^daa  WM»  aleiaait, 
fioma,  glahdiwto  dar Saanengott,''  ^  ,,abi  Ckilt  4an  fllttaw  mag^ 
presst;"^)  er  wird  m  der  GütterMibe  neben  der  Senna»  Vnmna 
und  den  A^?ins  aufgeführt, ^i)  und  ist  „der  Götter  Vater,  des 
Himmels  und  der  Erde  Zensier,  des  Agni  und  der  Sonne  Zeoger, 
des  Indra  und  des  Vischnu  Zeuger/*  def  HimmeLs  Trasrer,  Herr 
der  Welten,  Herr  der  Fluth,  der  Götter  Brahma,  Lebensqueil,  der 

.  Unsterbliche,  des  Himmels  Haupt,  aller  Welten  Kynig^  und  Kom 
jeder  Oraalnr.as)  Man  betet  zu  ihm  umfielahtbttm  und  Kraft. ^) 
f^Da^  fltoma^  Ittraat  nna  den  taabtoa  Wag}««  dn^  nteiii  dniabdalaa 
6«iriie,  allwiaaaiid, « .  daa  Minnem  PaiahHmm  apandandt  wte  dw 
Kiialga  Vamna  Tbatan  iriaddla  dalnan;  gmaa.nad'eiiabcmi  o Samai 
ist  deine  StibbA...  Du  Wal  der  FrooMm  Barr,  dn  KMfrvnddsa 
Vritra  Überwinder;  du,  o  Sorna,  bist  für  uns  de*»  Lebens  (Quelle, 
wenn  du  es  wolltest,  würden  wir  nicht  sterben,  du,  der  PÜanzen 
Herr.  Bewahre  uns  vor  jef^rtrheni  Verderben,  o  Glänzender,  niebt 
gebet  unter  dein  dir  ähnlicher  Genoss.  Diess  Opfer,  diess  Gebet 
io  Crnade  emp&og«id,  komm*  o  Soma^  aef  uns  zum  Heil».,  nai 
naba  ^bidlg  nna. . .  Glfiiiaeadar  Soam,  war  Xbail  an  dir  bat,  wem 
dftgäidig'  biat,<  der  Staibliabe  jat:a«Mb  imd  we&ae^ Dar  Faiade 
fim^er,  d«r  Onateabllrbkair  QqaUli,  o  Seau^  bn  ObuMl  gawibra 
betfliaba  Spate  «w»^«  Dhsb,  den  Unbaalagtaa,  der  Mbdm  Wüb- 

'  ter,  den  Im  Opfer  Geborenen,  erfreuen  wir,  o  Soma.^***)  —  ,.Agiil 
und  Sorna,  hüret  auf  mein  Kulcü,  nehmet  gnädii^  auf  mein  Beten, 
gewütet  eurem  Verehrer  Heil.  • .  Agni  und  iSoma,.  ihtiJmbt  im 

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gemeinsamen  Werk  diese  Lichter  am  Himmel  befestigt; .  *  Ihr,  dnrch 
das  Gebet  zmtehmeod,  habt  des  Opfert«  n  egen  die  weite  Welt 
gemacht.  Aijrii  und  Som,T,  esset  von  der  Speise,  die  euch  gereicht, 
und  seid  uns  gnädig,  (inadenüpender.^**)  —  Sorna  erscbaMii  Mich 
b  deo  Veden  als  ein  durch  4m  AU  ansgebreilttler  Lebeosocean, 
,/m  ¥M  gehm,  gleich  Vimn  Idem  Wmmt]  v«rtMlet,  ein 
Oceev;  der  Omo  «Mal  n  dem  hachotoe  Tiiger  [BnhMa], 
GMdbBpfe  lemeeJ,  eb  du  Welt  fieUetar,  <br  8eM,  wMMg, 
ftiisgeiHMiet  dhnch  fiteloe^«'  „Mit  fNwMta  AHeat  seogend  in  die 
taoe.**M)'  Er  tat  die  Unallcb,  dae  Urwaeser,  mtm  welehem  alle 
Creaturen  entstanden.  „Diess  Grosse  hat  vollbracht  der  Herrscher, 
Sorna,  als  noch  des  Wassers  Schoost»  vcrhfiHt  die  Gr»tter,  gereinigt, 
legte  Starke  in  den  Indra,  und  in  der  Sonne  zeugte  Licht  der  Indu." 
„la  deioem  JUeth  trägst»  Soma,  du  das  All.**  AUdurchdhogend 
strSmat  da,  SetM^  do  leuchtest  als  Gebieter  aller  Schöpfungen."  ^f) 
ficia'g  KttÜ»  ,,wohMi  im  HfaMnei  Oed  auf  der  Erde,  hi  de»  Ber- 
gen, Pfleeiee  «ad  Itewieeew       ued  he  Opfer  dee  See»  weiden 

Ahheege  der  Beige  kl  der  WeiM  [fedt a]  denh  .Opler  gezeugt^* 
Ale  Ooilh^t  wird  Seiiia  eft  mit  Agni  ■eeftnieeiigeslollt  i  ^)  das 

aus  dem  Holze  auflodernde  l'euer  ist  ebenso  wie  der  aus  der 
gepreKsten  Pflanze  träufelnde  Saft  die  Erlösung  eiaer  Getteaioacht 
aas  den  Fessebi  der  Einzelheit. 

Der  Somatraok  berauscht  und  kräftigt  die  GCIter.^^)  Be- 
iztet ist  der  Somatrank,  o  lodra,  dir;  nahe,  tapferster  Sieger,  Kraft 
erfttle  dich»  wie  die  Seaee  eut  ilureo  Strahlen  die         Trinke  den 
heiekeieu*  >  den  tmBiiiien    ÜBelaililhAfceit  i  niieiheei  nnd  er« 
ftwani.**!*)  ledni  epitaMi        edMtttehde  Winde  hat  der  Trank 
mUk  wtgm9Mi$  hi*e  kh  denn  Senn  getranbenf  Der  Trank  het 
eddb  ee%er«ltelt  wie  flffchtige  Pferde  den  Wagen/' ,,EBts«rQiiie 
aU  kraftvollendender  den  Gütieni  ^^uniTratik,  zuai  Rausch."  ,,Trink, 
o  Indra,  diesen  Trank,  den  hehrsten,  unsterblichen  Rausch."  „Ihn, 
den  f ndra .  erstarken  wir  tai  des  2;e\valtj^eTi  Vritra  Mord;  dasOpfer 
gab  dem  Indra  Kraft,  als  er  dieErd'  umhüllete.  Walken  schatlend  im 
Uiamielmnni.'^M)  —  „I>ie  Gefthrten,  o  indra,  sclieeen,  Sorna  hal- 
lend» nach  dir  aher»  dieh  nihrend  einem.  SdcMigleiok'«  „Der 
tan»  indra^iel  dir  gepreeet»  er  Utile  didi  ait  Kraft»  ee  ««ie  die 
Senne  die  Well  Mit  ihfem  Strahl;  derSeae  iet  geprenet»  totWeane- 
Mk,  e  Opfeitor.«* „  Bieeer  eieee»  henoecheedele  war  hier» 
deeeeh  Mra  ireok^  war  in  der  VritreeehhHdit. "  m)     Der  raeche 
lodu  [Sorna]  strömt  im  Milchgewoge,  Indra  mit  Rausch  und  Kraft, 
deräknBa,  füllend, . .  verbreitet  Segen,  er  der  Stärke  Künig/'^?) — 


* 

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too 


fltory  ilff  8mm  f^■c^^  bdim.  bagdvt  flamtniiilg»  ftmto, 
die  Falbes  ikd  gesdtel»  «  mlit  4er  ViUnttdler  M.*"  ^iKe 
GOtter  eüen  nn  Preeeendee,  «Inner  aU.  sie  den  Mriife  heU, 

verzuglos  kommen  sie  zum  Rausch."**) 

Id  dem  Bewu^stsein  seiner  werthvollen  Gabe  Habt  sich  dier 
Mensch  den  Cuttern  weniger  in  scheuer  Ehrfurcht  als  in  eeraöth- 
licher  Vertraulichkeit  „Komm  her,  wir  haben  tur  dich  gepresst, 
trink  f  ledni,  dieseo  Somatraok,  setz'  dich  auf  meine  I>Mhe  bier."^ 

-  ^Stesse,  o  Indra,  uns  nicht  lurflck»  erscheine  bei  nneem  Opfer- 
mM,  deon  ds  bist  wafailkb  «eeer  fleit»  biet  fimder  me.««  „Ukr, 
o  Gvter«  iat  Ttetdc  gepieeet,  trink  dfa*  deven  des  Beadi  leobt  M 
dir,  e  Forabdoeer,  apeodee  wir.''«»)  „Udm^  «tinbe  alt  Lwt  na 
Gepreeetee,  denn  de«  Hergenopfer  iet  deb  erster  Tresk,  bemeecbe 
dich,  o  Held,  die  Feinde  zu  tüdten. ***<>)  Zum  Lohn  für  die  Spende 
fordert  sich  der  Mensch  solort  auch  Hilfe  gegen  Feinde,  Reicfathtim 
etc.  „Wer  leiert.  Arvins,  euch,  den  von  tödtendem  Huncer  ver- 
zehrten, mitSomatrank,  und  doch  umsonst  t  Hier  ist  der  houigsuifte 
Saft,  den  tibiiit,  o  Agvlss«  «sd  speedet  Schätze  den  Opfcraden." 
„Indra  biisge  stt  INsbraiig  uns,  zu  reichem,  iibctgeirsitigcn  GvA,** 
«^Beiebtfann  ebne  ins  diePisde  alle  derllQinerer.'<«<}  „Vtntkii 
selss  «IIa  ttssM  FeUe»  diass  sei  nsseres  Opto  FfBeiiil>''4t) 

Nicht  alle  G5tter  dilrfes  fibrigess  des  Soraasaft  gedesses,  fe- 
w8bnlieh  rar  die  bSbereii,  nsd  als  sacb  einer  Sage  des  Mabdbbafslt 
ein  grosser  Asket  den  beiden  Gutterärzten ,  den  A^vins»  &us  I^nk 
für  wiedererlangte  Jugend,  Soniatrank  spendete,  ergriflf  der  erzürnt« 
Indra  den  Donnerkeil,  um  den  Opferer  niederzuschmettern. 

Noch  in  der  späteren  Puranazeit  kommt  da«  Trinken  des  Sorna 
ver,  und  das  Bhagavata  •  Purana  weist  eineüAUe  denjenigee  a% 
„weftebe  neeb  dem  TrisksD  des  Somasafles  berasstobesde  GeMdw 

.  geolesseD|"M)  «ad  fas  sidfitbea  bdiea  nM  dar  Sobmi  Jatataeeb 
fetmäkes}  das  frkklithe  O^fm  daroelbea  waide  adno  m  Mass*« 

<  Mt  aaraeck  an  Jahressckkns  grfeiart«^)  aad  tiat  spStar  kHMi 
mebr  sarffek.  Statt  dessen  ersdielntSoisa  vorherrschend  akiMead- 
gott,  die  befruchtende  Macht  den  Alls;-^^)  —  diese  iiedeutnog  bat 
er  in  den  älteren  Vedentheileo  noch  nicht,  wohl  aber  in  den  späte- 
ren. und  er  ist  da  als  solcher  der  ,JbLeri  der  llnntsrfeiiTblftit^***)j 
aiso  wesensgleich  mit  dem  Amrita. 

Die  bis  Feuer  gegossene  Spende  gescbmoisener  Butleir<lat  be* 
leitsni  den  Vedea  eiwihat,«»)  und  erachsist  bei  Manu  alt  daa  wich- 

<  «gatlaOpfin,  nad  ia  gaw  ihalfoher  Baiwitang  wie  der  teMa.  «.Die 
bi  aeFkihna  yageeseae  BHar  steigt  büRaack  aar  geaaa  msd,  asd 


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3Sl 


kehrt  im  Reg^  wieder  zur  Erde  zurück,  und  durch  diesen  ent« 

springen  die  PflaDzeo,  und  von  diesen  nähren  sich  die  Thiere.''^)  . 

TÄjiiÄT.  I,  261  ff.  —  *)  Fr.  WindiPoHmann,  m  ä.  Abb.  d.  phll.  Cl.  d.  bayw. 
AkKL  1847}  IV,  2,  S.  128.  —  >)  Ebond.  129.  —  *)  lii^^v.  I,  h,  91,  as.  (Rosen).  — 
»)  Smiät.  n,  7,  1,  7.  —  •)  Eig^'.  I,  91,  6.  18;  hcve,  Mythe  d.  E.  p.  137. 
WO.  381.  —  Ta^,  ün  Jouru.  abiat.  IV.  Serie,  VI,  p.  US.  —  •)  Samav. 
n,  4,  2,  3;  II,  5,  2,  17.  —  »)  Manu,  III,  285.  —  «•)  Mahanarayana-Upon. 
i;  tl.  m,  M— M.  tk  Ind.  Btad.  n,  SS.  —  >*)  Kathaka-Upan.  V,  2.  — 

HifiilJgiU,  ZT«  IS*  Ghiiidog7«4Jp.  V}  b.  WML  1174.  — -  m^Uib, 
kitihilifet  TgLBpactt  I,  »S^-^-  >*>X|iiMnt.zn,  I«.  ^  «•)  Qa- 

UfttämMmuu^t  in  Weben  lad.  St  I,  U*.--  Wiodiiduuiiii»  a.  O. 
8L  Ui.  —  Ii)  Yaja-Fnr.  inWiJaan'aTheeter  d.  H.  1, 96.  —  i»)SeineT.  1, 5,  S,  3,  5; 
i;«,!,  4.  —  •»)  Samar.n,  1,  2,  16;  U,  n  1.5.—  »«)  Blgv.  I,  h  99  »•)  8»- 
■ir.I,  5,  1,  5:  r,  6,  1,  4;  I,  6,  2,  2.  4;  H,  3,  1,  19.  u.  a.  —  »»)  Kigv.  I,  h.  43.  — 
•*)ligT.  I,  h-  91.  —  »»)Rigv.  I,  h.  93.  —  Snmnr.  I,  6.  1,  4.  5.  —  «t)!,  6,  1,  5; 
1,5,2,  4;  n,  3,  1,  1.  ^  •«)  lügv.  I,  h.  91.  —  »•)  Samav.  I,  2,  1,  4.  —  •«>)  Rigr.  I, 
h.  93.  —  «»)  Eügv.  I,  k  9.  14.  16.  —  •«)  Rtgr.  I,  h.  84.  —  >»)  Rig^-.  M.  X,  10,  7. 
(Roü»).  —  »•)  Samar.  I,  5,  2,  4;  I,  4,  2,  3;  I,  2,  1,  3.  —  •»)  I,  2,  1,  5;  I,  4,  2,  1.— 
^)  RigT.  IV,  7,  30,  2  (Benfcy).  —  •')  Samav.  I,  6,  1,  5.  —  Samav.  I,  4,  1,  2; 
n,  I,  2,  ^•>8eilli.T.  I,  2,  2,  5;  I,  3,  2,  2;  I,  2,  1,  8.—  ••)  Rlgr.  Vm,  6,  12,  1. 
(Mr>-- *0  8«MmI» 4»  1, »;  I,  S,  1,  l(  I,  »,  fl, ~  «»yAMr. I,  1*. 
«•)a4lnuai,XBd»  fiafn  1, **)  Bhif.  Pur.  96, 99,  ^  96{ 
TiVUT.  1, 195.  —  «•)  Mum,  m,  8ft;  Fr.  Windiflclua.  e.  e.  0,  &  199i  ^  «0  JEU>th, 
Hindcti,  p,  \47.—  ««) Kaaschitaki-Up.n,  5,hiWebenXnd.  St  1, 406.—  «*>^S^* 
k48^  K.  —       Uaiw,  m,  70.  76. 

§  108. 

Um  gana  tmim  wmä  den  «c^MtlMeB  O^erbesifff 
ttBkr  ttüfMckende  Bodnrtuifr  iMit  im  wealgw  lUMg6y  splter 
ia6  §MM  abgiMteflle}  «Nr  in  aHer  Sek  doeli  In  bedenlen^m 
Aatdni  ntohcngte  TliUr^Opfer,  feesoadm  d«r  RMsr  vnd 

Pferde.  Da  liegt  dentlioh  der  Gedanke  zu  Grunde,  daM  die 
Creator  zarückkebren  müsse  zu  ihrem  Urgrund ,  das  Einzehie 
aufgehen  müsse  in  das  Allgemeine;  die  Schuld,  die  an  dem  Men- 
schen ,  wie  eigentlich  au  allem  einzelnen  Dasein ,  haftet ,  darum 
weil  er  als  ein  tob  Brahma  unterschiedenes  Wesen  existirt,  und 
diain  dem  gafenültrai  Bewusstsein  duroh  die  völlige  Seibstent- 
Mgnng  des  Menachen,  doreh  die  Opfening;  seiner  MMMt  ge- 
slhnltriid'^  wird  Mar  in  insntrlfah' atellimnnnbiar  Andeutung 
tank  dinn  Xhleittplbr  nn  sMmn  gaanoiil;.  nnd  wia  der  ftfenech 
faeh'  die  goeleig^fte  Seibatepferung  in  der  gmnsiasten  Aakese 
za  göttlichen  Höhen  aufsteigt,  uiul  den  Göttern  ebenbürtig  wird, 
80  sind  auch  die  Thieropfer  die  LeUer  zum  Himmel.  Das  Thier- 
opfer tritt  als  symbolische  Abschwächung  der  tiefer  gehenden 
Idee  an  die  Steile  der  Selbsopferung,  der  Mensch  „kauft  sich 
dnrcii  dnwnibe  him**  von  der  An&Nrdanng»  sieh «slhsi  in  setem 


ganzen  Wesen  au  das  allein  zu  Recht  bestehende  Brakua  iüa- 
zugeben. 

Die  ileii  Ahnen  gebrachten  Spenden  von  Wasser,  Reis, 

Fleisch  etc.,  sehr  oft  erwähnt,  i)  gehOren  eigentlich  mehr  in  das 

Gebiet  der  Familienliebe  als  in  das  des  Kultus. 

Durch  das  Thier -Opfer  gehiDgten  nach  der  Sage  die  Gittoris 
deo  Himmel«  niid  in  der  BeaeigDiss.«  die  Menecheo  kfiiiMee 
ÜDieB  MchmaclieD,  .midiien  ri»  diesen  das  0|iflftr  «smliiyBh  ni 
msdMD«  «id  sehlvgen  dam  den  Opferpf^diler,  der  Ter  d«mOpfBr 
mit  geseftmolKener  Butter  gesalbt  wird,  — >erkeYirt  in  den  Balm* 
Die  Menschen  waren  aber  ^clilaUj  gruben  den  Pleiler  wieder  ans 
und  kehrten  ihn  um. 2)  Der  Pfeiler  deutet  auf  das  Streben  üuch  dem 
Hinmiel.  Die  Bedeutung  des  Thier-Opfers  spricht  sich  in  dem 
Aitsreys - Bratimana  deutlich  aus.    „Allen  Gottheiten  sich  darza* 

'  briagen  ist  derjenige  im  Begriff,  welcher  das  Opfer  rüstet.  Ag» 
ist  gleich  allen  Gottheiteot  Sorna  isl  gleich  slieo  Gottheiten;  der 
Opforade»  weleher  des  AgDi*Soms*  geireOite  Thier  dsrbrisgf,  knft 
dsmil  TOD  allen  Gottheiten  steh  Iss.  Sr  esse  sieht  tsd  dem  Agv> 
Soma-  geweihten  Thiers;  vom  liesscbeo  Terselirtder,  weleher fsn 
diesem  Thiere  rerzehrt,  denn  mit  demselben  kauft  der  Opferade 
sich  selbst  los.  "3)  Es  wird  also  der  Meni»ch  auf  das  Thier  über- 
tragen, in  der  Opferung  geht  dann  das  Thier  in  seine  Urelemeote 
zurück,  und  wie  die  Welt  aus  Brahina's  KörpertheÜen  entsprun^i  n, 
und  der  Mensch  wieder,  aus  den  Elementen  entstanden,  ai8«Ufiiül<i 

•  der  Welt  erscheint  (S.  295),  so  itehrt  derMenseh  io  dem  Opfer,  doroh 
des  Thier  vertreteo,  wieder  In  die  Ui^eands  aortsh,  ^asr  8osM 
hisset  dss  Av^b  gehen.  In  den  Wind  entlssast  selasa  Alliem^  Is  ^ 
Luft  sein  Lehen,  an  den  Htemdsgegenden  das  Ohr,  «aar  Erda  doi 
Leih.'*«)  ^  Aneh  hei  Hsmi  nnd  hi  des  Epen  werden  dl^OfArvai 
Pferden  mid  andern  Thieren  als  sehr  wichtig' erwähnt.^)  —  Tbie»> 
opfer  bestanden  noch  im  dritten  Jahrhundert  vor  Chr.,  MegaöÜieoes 
erwähnt  derselben;  die  Opfertbicre  wurden  da  nicht  geschlachtet 
sondern  erwürg,  „damit  der  Gottiiett  nichts  Besch&digtes  darg^* 

-  bracht  würde.  *' «) 

me  wirkliche  Bedsatnng  des. Opfers  ist  auch  nw  def  Mimanm 
sehr'  fiehtig  an^efiuat  worden»  »Ofkn  lat  die  Tieäauaf  ¥So  -elser 

'  Sashe>  damit  äs  der  Getthait  sagiwandt  wmrie,  In  4er  AhsWbl, 
dleseNm  ati  irersMnien;'^  sie'nntersdhaidet  dabei  Bmsdopfor,  9fm^ 

>  deo  nad  Scldashtoprer.'')  Paa  fitoma*Opfer  hat  migmiwaiainlith  eins 
ganz  andere  Bedeutung.  '  *  • 

•)  7.  "R.  Mfinn,  TTT,  248.  266  ff.;  Tftjnav.  I,  218.  ff.  —  AitÄrcra-BralunMlS, 


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3sa 


-•)MAnu,  V,  39.  53;  XI,  260;  Ramiiy.  I,  13.  (Sehl)  —  •)  MegMth.  lüfiL  fragm. 
fit  IL  (SchwaaU)  —  ^)  KAmm  Mimao^«  b.  Wiod.  1765«  .    '    .  ' 

§  109. 

AUe*  diese»  aber  kt  mir  die  erste  Stufe  der  brafamuikicta 
Wiuiftwlekeittiig,  Stafe  der  Unreife i  der  Terwaltendea 
äaeMehea  Ansd^snnng)  diese  Oebete  md  diese  Opfer  siad 

Mit  aas  der  Tiefe  des  indischen  Bewusstseins  entsprungen, 
imd  ragen  aach  nicht  hinan  zu  der  Höhe  der  indischen  Gottes- 
ideei  nicht  zu  dem  Ür-Brahma  steigt  das  Gebet  und  der  Opfer- 
rauch empor,  sondern  nur  zu  den  dem  Menschen  ebenbürtigen 
creatärliehen  Gdttera;  der  wahre  Gett  ist  dem  Wogenschlag 
des  bewegten  Lebens  entnonmieB;  er  bedarf  des  SoaiaMa- 
hes  wkMf  Siek  sa  berausciiett  and  KrUle  aa  gewiaaea»  vad 
afefeai  kam  der  Mensdi  nieliC  taaseben  Gabe  am  Gabe;  das 
Bnbaia  eaipftngt  kebie  Gebete  and  kein  Opfer,  bat  keine  Tem« 
1»ci  «ad  keine  Altfire;  ein  höherer Knlt  ist  ihm  bestimmt;  Brahma 
Terlangt  jHcht  das  Blut  der  Rinder  und  Pferde,  und  nicht  die  i;c- 
schmolzene Butter  ius  Feuer  gegossen,  erfordert  denMenschcn 
»eibst  in  seinem  Dasein  und  seinem  Thun  und  Denken. 

Wie  die  Welt  eine  Abweichung  Gottes  von  seinem  wahren 
ftsietp,  von  sefaier  Einheit  ist,  und  daram  an  sich  ein  Übel,  ein 
tnbereebtigtes,  so  ist  jedes  Hervortreten  der  Efoseibeit,  jedes 
Mndaiaekett  der  PeM9aliclikeit  vom  Obel.  Der  Mensdi  ist 
inmi  wefl  er  eia  leh  ist,  ein  efaisehies  Dasein  bat,  in  einem 
iawakren  lastende ,  ist  b^se  von  Natnr ;  und  wie  es  die  An^alw 
jedes  Kultus  ist,  die  Trennung  des  Menschen  von  Gott  aufzu- 
beben, ihn  mit  Gott  zu  versöhnen,  so  kann  diese  Aufgabe  bei 
dem  Brahmanen  nur  darin  besteben,  dass  er  dieses  sein  einzel- 
nes, persönliches  Dasein  auDiebt;  denn  nicht  irgend  eine  began- 
gcaeSfiade,  sondern  seine  Selbstheit,  seine  Einzelheit  trennt 
k  von  Gott,  der  ita  anbedingtEine  ist  Der  Mensch  soll  ans  dem 
nhaekmaDasehi  faisAllgemelneaarftckiiebren,  aas  dem  bestiona- 
ttaSebilo  das  besUmmangslose,  aus  seiner  Pers6nliebkeit  in  das 
Mbeke,  aatersekleMose  Ursein;  der  Mensch  mvss  sieh 
selbst  opfern;  —  das  ist  die  gesammte  sittliche  Aufgabe  der 
lädier,  und  die  Sittlichkeit  geht  hier  im  Kultus  auf. 

Den  Weg,  welchen  die  Welt  aus  dem  Ürwesen  heraus  ge- 
nickt bat,  muss  sie  wieder  zurückmachen,  und  diese  Rückkehr 
in  das  leere  Sein  voUbringt  die  Natur  an  sich  selbst  in  dem 
Tode,  der  überall  in  ihr  waltet,  und  dem  sie  einst  völlig  ver- 
fetten wird,  —  vollbringt  dar  Mensck  im  Kaltas.  Was  fOr  die 

n.  IS 


Hatar      naHMkth»  n»l  {fll^  im  hü  ffardflo  Mmeheii^feU- 

gids-sittliche  Zweck.  Wie  Brahma  aus  seiner  reioen,  durcb- 
sichtip^en  Einheit  sich  losmacht,  und  in  eine  bestimmte,  verein' 
zpXiv  Vielheit  sich  entfaltet,  so  soll  der  Mensch  wieder  aus  sei- 
Aem  vereinzelteu  Dasein  sich  lasmaehen  und  sich  in  die  Einheit 
Biirück  falten.  Der  indische  Kultus  ist  die  nmgekelirte  Opfe« 
rasg  Brahma's.  Wie  Bratoa  sich  zur  Welt  zertheilte,  $tn^ 
wi^m  Mb  Hur  Offerte»  «o  mU  d«r  Meimb,  4er  WeHibdtBlMte 
BUdie»  Min  Deeeiii  dem  Brahaie  opfern»  ens  4«r  PenflMneipt 
CeBtnm  suraekkelovii. 

Aber  das  Meeselieiiopfer  der  friOieren  Stufen  [Bd*^ 
§  82]  genügt  der  indischen  Gottesidee  nicht;  niclit  ein  Menseh 
für  die  andern,  sondern  der  Mensch  muss  sich  opfern.  Aber 
niclit  die  leibliche  Opferung  kann  die  Idee  erfüllen,  —  den  Leib 
fordert  die  Natur  schon  selbst  zurück,  —  ist's  ja  docjh  grade  die 
^ele,  welche  die  Unterscheidung  der  Creatur  tou  Gott  in  der 
«»Selbstheit^'  an  sehneidendsten  durciifülnt  (S*  aOS).  DcnKu^ 
per  eUcott  m  KdteA  iet  nur  eine  rohe  AufiGmemog  dier  »diM^ 
Opforidee,  und  gehdrt  nnr  der  «pAtereii  Aneattoag  an;  die  alle 
Religion  kennt  noch  den  eigeatUehen  Mbatmerd  als  Kallii* 
bandlnng  nicht,  — -  wokl  aber  die  apfttere  in  grauenhafter  Ans- 
dehnung;  — i^eistig  suli  der  Mensch  absterben, — nicht  etwa  der 
Sünde  lind  diren  Werken,  auch  nicht  bloss  der  sinnlichen  VVeli 
um  einer  höheren  geistigen  Welt  willen,  sondern  sich  selbst  soll 
der  Mensch  absterben,  sein  Ich  soll  er  schlechterdings  auf- 
geben, soll  aufhören,  freie,  bestimmte  Persönlidüceit  zu  seiOf 
welche  denkend  und  wollend  eich  selbst  bestimmt ,  soll  darch 
unbedingte  Selbstverlengnmig»  dnirch  ylUligea  Ven^ii^len  id 
allea  eigne  Gafohl,  auf  alle  Gedanken  und  a^f  j^s  Wollip 
T^ig  in  Brahma  Terflieaaen*  Dieaa  iat  daa  Opfer,  welebes  im 
Braluna  gebfihrt»  und  alle  andern  Opfer  sind  eitel  Schanni,  »oä 
kindisch -unreife  Versuche,  sich  vor  der  verzehrenden  Gewalt 
der  machti<;Gii  Idee  zu  retten.    Man  sagt  gewöhnlich,  nrahma 
habe  gar  keinen  Kult;  Bralmia  aber  hat  grade  den  liöchsieii 
Kultus,  die  einzig  wahre  Verehrung.  Die$e.UpfeiriiJ)g{des  eigaen 
Selbsts  isl^es,  welche  man  gewöhnlich  Bussnngen  nennt;  d4S 
ist  aber  ganz  falsch;  nicht  für  eine  dnrdiijBnndenaf  alfhge^4m 
Schuld  hat  der  Bxahmane  ssu  btoen»  •pfidWk  liffeliatm     die  | 
Sfinde  firahma'a»  der  eich  zur  Welt  ea^t^s  SßmPj^Binu^ 
Bind  Tugend»  die  nicht  die  Sfinde»  aondem  die  PenMnlichkeit 
abalreifen  will»  um  in  daa  aUein  wahre  Dasein»  in  jUraluua»  wd- 
nweehen. 


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% 


888 

Um  eigentliche  Menschenopfer  luMumt  böi  den  Indtern  in  der 
j^eschichtlichen  nHen  Zeit  nicht  vor;  In  der  Torgeschichtlicheu  mag 
es  wohl  \oiUogm  worden  sein ;  eine  Uijideutuog  darauf  scheint  in 
dar  Sage  von  Quiiah^epa  enthalten  zu  setn.  fiki  kinderloser  Xatri- 
jer  geMi  4«m  \wamf  tOi  de»  FaM«  das«  Ihm  ein  Soho  gdboren 
wmä»,  ^Bmtäm  ibm  mm  opfern  $  «od  Taim  f«tdert  duia  wMIch 
dl«  BiMioiig  4taBM  GeMlbde»;  der  beiMgeiraehMoe  Min  erknaft 
•ich  ab  StaUvertreler  eineo  Brahnweiieoiii  für  hmdett  Rahe,  und 
diever  sott  nun  geopfert  werden;  und  da  man  keinen  Schlächter  fin- 
det, erbietet  sich  der  Vater  des  Schlachtopler.s  tür  eiuerj  jjleichen 
Preis  den  Sohn  zu  schlachten;  dieser  betet /u  deti  (iöttoni  und  wird 
von  thoen  befreit;  seines  Vaters  That  aber  wird  für  eine  oieht  zu 
•fihnende  erklärt.  Darin  liegt  wohl  ebeoBowdd  titte  firiaDerang 
an  frühere  Menschcaapfiar  ala  die  EiUinibg«  daaa  daaaelho  nicht 
Mhr  GaHaag  haha. 

üi  der  apftterea  Zelt  jedoeb«  wa  die  Ebsailigkeit  dar  Saktea  • 
aUh  tatdräugte/  hildata  Mi  hl  ^ef  IhlgarichÜgaa  Batnridtahoig  dea 
^fvaknltiis  atoch  das  Menschenopfer  aas,  mi^glicherweise  durch 
de»  einheimischen  Kult  unterworfener  Völker  veranlasst,  wahr- 
scheinlicher aber  aus  dem  iudi.schen  Oedanken  in  natürlichem  Fort 
gange  entwickelt.  Wir  sprecheu  hier  zunächst  nicht  von  der  zum 
niddichea  Selbstmord  gesteigerten  Askese,  sondern  Ton  der  Opfe- 
rung laderar  Meaaehaa  im  Sinne  der  Stellvertretaag«.  Diasea 
Opfcr  hat  aich  fai  aaaeram  MitialaHar  iai  Dienafa  dea  fiva  vad 
aaiaar  Gatlhi  KaB  odar  Dnrga  in  fareiilharar  Gaatak  heianagabildet 
Daa  Kallha*PwaBa<)  giabt  Thaana  aad  Aawaiaung  flOr  daaaelha 
,JKe  Liial  der  CrMUn  an  dem  datgelirachteii  Blute  derftadie  dauert 
einen  Monat,  an  dem  der  wilden Thiere  neun  Monate,  au  dem  eines 
Tigers  hundert  Jahre,  an  dem  Blute  desLuwen,  Hirsche»«  und  des 
Menschen  tausend  Jahre.  Durch  das  Meoschenopter  wird  die  Guttin 
tausend  Jahre  beiried^,  durch  drei  Menschen  hunderttausend 
Jahre;  ahie  Darbriogaag  daa  Bltttes  ist  dem  Güttcrfranke  gleich. 
firaluBa  md  aUa  CMttar  maaamela  äkk  baL-dem  (^er,  aad  war 
•ler  Gaopferta  ab  noch  ao  groaaer  Sfladar ,  mo  wird  er  rda  ton 
Sfindea»*'  lai  Bhi^afsta-PaMaa^  dem  Viadsnhdt  aagah8rig, 
Witt  eiafiHha-Hilnptling,  Kinder  begehrend,  der  Kali  ein  MeaaGfaea-  . 
opfer  bringen,  aber  die  waltende  Gottheit  lässt  daa  Sehlaehtafer 
entkommen;  die  verfolgenden  ^udra  ergreifen  einen  zufällig  ange- 
troffenen Brahmaneoknaben,  bekränzen  ihn,  kleiden  ihn  in  ein  neue» 
Crewand,  reichen  ihm  Speise  und  verrichten  feierliche  Gebräuche, 
■wmA  der  Piiealar  des  jQudra- Häuptlings  ergreift  das  Schwert,  um 
doB  ](Aahea  ^at  epIeriL  »»Aber  -hehn.  AMhak.  dieaar  «aailanhten 

tt* 

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356 


Cirausamkeit  Terliess  die  Gottin,  von  dem  Glänze  des  Brahmancn 
yilifizerisseo,  ihre  Bildslinle,  voll  Zorn  uod  Wutb  die  rothen  Augen 
rollend  und  ihre  Zähne  zeipiend,  grSssHch  lachend;  und  aus  dem 
Innern  ihres  Bildes  hervortretend  schlug  sie  mit  dem  Opferschirerte 
'  seflMt  die  KOpfe  der  Ruchlosen  ab,  trank  das  noch  warme,  ana 
ihren  Halse  «trlhnieiideBhity  und  beraiweht  durch  «Be«««  Truk  lag 
de  VD  nit  aller  Kraft  an  achreieti»  au  taaaen  oad  mit  daa  abge- 
aehlagenea  KUpfea  Ball  au  apleleo.'**)  DIeaa  lal  ana  freilich  che 
eigentfailBiliclie  Art,  daa  Menacheaepfer  aa  mlaabilligeD ;  die  Sfdle 
zeigt  jedenfalls,  dass  der  besonders  in  den  unteren  Volksschtchten 
verbreitete  ^ivakult  das  Menschenopfer  begünstigte,  utid  dasi»  die 
Vischnuverehrcr  dasHclbe  verabscheuten.  Bei  diesen  Opfern  scheint 
das  menschliche  Biut  die  Bedeutung  des  Somasafles  aDzuochmeo, 
und  fn  Foli^c  desaea  acheiat  bei  den  Menscheoi^feni  aveh  das  ge- 
opferte Fieiach  gegeasea  aad  daa  Blut  getraakiea  worden  zu  sein. 
IHuiaelhe  Paraaa  welat  weolgateaa  eiae  tob  dea  elaaBdaaraariK 
HOllea  denjenigea  aa,  „welche  MeaadieBopfer  briagea  nmd  die  ge* 
opfertea  Meaachea  freaaea;  dieae  werden  in  der  Hole  tcb  ihrea 
Scblachtopfern  gequält,  die  ihnen  die  Glieder  einzeb  abschneiden, 
Ihr  Blut  trinken  und  dann  vor  Freuden  tanzen,  wie  es  aufEnlen 
diese  Menschenfresser  machten."**)  —  Auch  in  den  Dramen  wcrdrn 
die  Menschenopfer  erwähnt,  und  „die  Schreckensgottheit,  die  an 
Menschenopfera  sich  hoch  ergOtat,  wie  ihrelMeoer  sagen.^'^)  Bei 
den  Verehrern  des  Zersturungs-  uad  Zengnagagottea  gebt  eiae 
wilde  WoUaat  Hand  la  Hand  adt  graneaToliaa  MeaaiAeaoiiliBia;  äie 
gehen  aackt  daher»  mit  ehiem  Draiaack  oder  elaem  Sk^wett«  eiaea 
Todtenadiftdel  hi  der  Hand  ala  Tfbkgelltoa,  aar  Sfameaiaat  wie  aar 
wildesten  Granaamkeit  gleidi  sehr  geneigt;  Mdes  ahiA  oar 
echiedene  Seiten  desselben  Gcdaukeus. „Mein  Schmuck,  eagteio 
Kalidiener,  ist  gemacht  aus  Menschenknochen,  meine  Wohnung  ist 
der  Kirchhof,  aus  Menschenschiideln  esse  ich,  . .  Wir  verehreo  deo 
erbabeneo  Schreckenagott,  ihm  Menschenopfer  darbriogead,  und 
achwelgend  Im  Blute,  wekhea  aus  ftiach  durchschaitteoeo,  wähl* 
gealfarten  Kehlen  iUeaat.  ^  Veigadgen  empindet  am  nicht  ohne 
Sfamllchkeitv  und  daa  Lebea  heateht  nur,  wenn  ea  frei  ist  von  Bat- 
aagung.  Wer  dem  halhmondgeaierten  Gotte  gleicht^  lat  aeBg«  weaa 
er  eniatckt  in  den  DiaiamniBgen  aeloer  Gdiehtea  adiwdgi**^^ 

In  das  Bereich  der  Menschenopfer  der^ivaverehrer  gehören  aocb 
die  zur  Lebensaufgabe  erhobenen  I^Inrde  der  grauenvoller)  Sekte 
der  Thags,  die  in  nnserm  Mittehilter  entstanden  zu  sein  scheinen, 
aber  noch  jetzt  sehr  verbreitet  sind.  Im  Dienste  der  Kali  durch- 
aiehea  ate  ia  Banden  oder  ala  einaelne  Pilger  daa  Land«  und  er- 

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fcoMthf  wumß  «ie  hdbkill  vaifai  ktai«a»  iifl4  lN«elmi 

ScUachtopfeni  den  Rückgrat  dnreii;  n  jeder  Uoteroebmung  be- 
reiteu  sie  «»ich  durch  Gebet,  Fasten  u»4  Waschuitgeit  vor,  und 
die  ErmordaDgeii  selbst  geschehen  unter  bestiinmteo,  feierlichen 
Formen;  Frauen,  Brahmanen,  naisi  auch Eurnpaer  werdcnTerschoot; 
I^ÜMiaDd  wird  lo  den  Bund  aulgenomiueo,  welcher  qicbt  eine  schwie> 
lige  ErdroMelung  «U  Jieieterstücic  aufweiaeo  kim;  die  Knaben 
weiden  nut  14  Jahreo  vbl  deo  ZOgeo  mitgeiioiiuieii;  biawetten  vet* 
MgMi  äe  ihve  Sdüachtepfcr  wocMai««  bis  eie  den  gtetigen 
MtßMsk  d«e  Cberlalli  eripibe»}  deeo  wr  la  der  üolfa  laM» 
ale  aicli  In  eiim  Mämfi  eia;  aaeb  aof  dem  Ganges  aeoben  aie  au 
SehifTe  ihre  Beate.  Sie  betrachten  ihre  Meide  als  heilige  Handlung, 
uod  vor  Gericht  erscheinen  sie  ohne  Scliuldbcwnüi^tsein.  In  neue- 
ster Zeit  hahcu  äiich  viele  muhamedanischcHäuber  zu  ihnen  gesellt; 
und  dadurch  sind  sie  in  derThnt  vielfach  zu  gemeinen  Kauhmurdern 
aasgeartet.  Von  1831  bis  1857  wafdea  von  dec  engliachee  Um- 
glernng  3260  Tbaga  Yerbaftet«) 

Die  Opder  »erdes  den  Mbigebeeden  Vnd(yiaebiiABn  aiie- 
JiifbKiib  nie  etirneünleifnagdnetee  beaelebnei  wan  bei  der  ItOhem 
Sinfo  der  Biiminlaien  ab^eetreill  wird.  »Wer  nicbt  nebr  opfert 
der  aebant  d«  Oeintea  Gritoee  dotak  den  SdMpfem  Gende,  and 
seine  Traurigiceit  entweicht."*) 

Die  wirltliche  Bedeutung  der  geistigen  Selbstopferung  spricht 

si^  in  Folgendem  aus:  „Wenn  sie  den  Höchsten  in  Banden  legten» 

den  Einigen  zur  Vielheit  tbeilten  und  den  ewigen  Herrscher  iu  kur- 

peittcbes  Dasein  warfen  nndsn  der^Stofe  der  Sterblichkeit  brachten» 

ao  wmd^ieb  eine  Busae  feNbringen,  die  dem  Leben  dieser  Biali<- 

.  .m^iwUnr  einfinde  mneht  nnd  Ihn  wieder  in  neiner  Sinbeit  Mit*«  ^) 

*)  jJtswya-Bmhii—s«  VH,  U  d&T.  Bolh  ia  Wsbnslal  Sind.  I,  4M.  sie. 
^  0^  Ut»  VaaiafaM,  I,  Bl.  (8clikiil>  —  *)  Atfst  Bsi,  Y»  S71  tla  ^  0  Bb«. 
?«;Y,9.(BBni.II»p.  m9to.)'-*)Eh«aä,  V,  e.  S6,  81.— ^Wi]wa»TbMtw»  IIp  !•> 

vgl.  I».  60.  —  *)  Asiat.  Res.  VII,  381 ;  XVL  17.  —  "0  Probodha  Chsndrodsya,  S.  86. 
519  ^  >)  Orlkh,  Ikhe  in  Ostind.  1845.      151  —  17S.  —  •) Kslhaka^üpta.  U,  SO). 

§  110. 

WÜHEMd  BralMM»  durch  die  Maja  nmgaukelt,  eine  bunte 
W«U  Ter  sich  aeh,  nnd  nie  als  wirklioh  darstellte,  und  darin 
eben  «In  Unrenht  Im^Ii^,  soU  der  Mennoh  die  Maja,  die  i^n 
mMrIÜUkI»  und  ihn  In  din  Welt  den  SeheiMe  herabmeht,  d«roh- 
breeben,  soll  die  Welt  ain  Tännchang  betraehten,  nie  iMit 
gelteii  lassen,  sie  völlig  liegenlassen,  sich  Ihr entatehen,  aeil 
.aicb.  inttto^^iid  ver^eukeu  iu  daa  grus^ie,  ieete  All-£iiuä.  Die 


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im 


S^nde,  dfe  Bmlmia  begangen,  ittdm  er  die  Wek  selsf,  m\i 

der  Meiiscli  wieder  s;iit  machen,  indem  er  sich  wieder  in  Brahiua 
zuriickfülirt.  Im  Christenthnm  opfert  sich  der  Gottessohn  für 
die  Sünde  des  iNrenschen,  im  Brahmaneuthum  opfert  sich  der 
Mensch  für  die  Sünde  des  Gottes.  Durch  Täuschung  wurde  die 
Welt  aus  Gott,  durch  Enttäuschung  geht  die  Welt  im  Menschen 
in  Gott  zurück.  Die  A«%ebe  des  Koitus  wiid  deiBgeaita  eine 
sweifiiehe  sein: 

1)  Die  Ideelle  Seite,  des  Strebe»  naob  der  Ealliiiseheiig 
deroh  Erkenntnis««  mhend  auf  dem  Vedenstndinni)  lar 
Vollendmig  gelangend  in  derRflekkebr  des  meneciiÜeben  CMstes 
in  seinen  einigen  Mittelpunkt,  in  dem  Versenken  alles  Sinnens 
und  Denkens  iti  das  einige  leere  Sein,  in  und  an  dem  schleckter- 
dings  nichts  zu  denken  ist,  —  in  der  Andacht 

2)  Das  praktische  Streben,  aus  der  täuschenden  Weltlier- 
auszukommen,  sich  tob  ihr  dorcli  die  That  su  be&eieiif — die 
Askese. 

1)  Die  l^kenntniesii  Der  Mensdi  soll  die  bfahanniis^ 
6ottesidee  erkennend  in  sich  anftiehnient  denii  mir  «ns  diaMr 
firkunntniss  Gottes  and  der  Niebtigfceit  der  Wolt  kami  ^  Kat- 

sagnng  berrorgehn;  er- soll  das  nstfirÜebev  selbstische,  un- 
wahre Bewusstseiii  opfei  ji  und  tiie  Idee  des  einigen  Seins  in  sich 
aufnehmen  aus  der  reinen  Oflfenbarung  Brahma's.  Die  Erkenut- 
nissbeginnt  mit  dem  Autnehmen  der  in  den  Veden  geoffeiibartcD 
and  von  den  Brahmauen  bewahrten  Lehre;  der  Mensch  moss 
erat  lernen,  ehe  er  zur  wahren  Erkenntniss  gelang  Das^rl- 
gesetste  Lesen  der  Veden  ist  eine  Knitueliandhnigi  vm  mitCM 
eins  an  werden,  mnaa  der  Mensdi  aeiii  Wort  in  sieb  miftiffcnifn 
Die  Erkemilniss  der  gOttliehen  Wabibeü^  ist  dieChmdlage 
alles  frommen  Thani.  „Ünter  allen  Werken  lst  die  £rkeiMMBlis 
des  Geistes  das  Höchste,  diess  ist  das  Vorzüglichste  in  aUen 
Wissenschaften,  denn  sie  fülirt  zur  l  iisteiblichkeit.*'*)  Der 
Indier  leQ;t  einen  sehr  grossen  ^Vertll  auf  das  Erkennen,  ähulkh 
wie  im  l  hristenthum  der  religiöse  Glaube  als  die  Grundlage  des 
Heils  betrachtet  wird.  Aber  aller  Erkenntniss  Gipfel  und  ^^ei 
Ist  das  Bewosstsein,  dass  der  Mensch  nicht  verschieden  sei  tob 
.Mhma;^)  Das  istnbernnr  eine  besondere  Fora  des  Gedankaae: 
Bbabma  ist  das  Einemd  Alles,  es  ist  mar  ein  eintgea  Sefai»-»! 
dttes  Andere  ist  ni^l.  Wer  diese  eii^nt,  derhat-dia  M; 
ndt'Brabma  eins  geworden,  bat  er  attes'afcgestt^ift,  was  Dia -von 
demselben  trennt;  durch  die  rechte  Erkenntniss  wird  die  Sünde 
deti  Menschen  aufgehoben;  er  bedarf  keiner  auderan  Sdkmu^, 


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denn  indem  er  alles,  was  ausser  Brahma  ist,  für  nichtig  erkennt, 
bat  anch  die  sÜMiiliche  Tkat  keine  Wirklichkeit  mehr;  er  liebt 
sie  nicht  bloss  nicht  mehr^  sondern  sie  existirt  für  ihn  ebenso 
Wiiii^9  wie  irgend  ein  anderes  von  Gott  verschiedenes  Dasein. 

Aber  die  Erkanntniss  dar  WaMieit  ul  «oh  wer,  und 
w^ige  shid  ihrer,  die  sie  emin^aB»  üam  nwt  durch  eine  gft" 
9imßk%Ai^t.uUS^  filfetl  n  ihr  d0f 

Weg.  Dnrdi  blotfseii  Lernen ,  bliwses  VedaatMÜmii  wird  sie 
MAmivMbtf  soiidm  dirdnrdi  dasselbe  belebrieud  aa^eregte 
Mensch  muss  sich  non  in  steh  selbst  versenken,  mnss  all  sein 
Sinnen,  Jbühieii  und  Denken  in  den  einen  Gredanken  Gottes  ver- 
schUngen  lassen.  Die  Andacht  dei  linlier  ist  ein  yölliges  Ver- 
zichten auf  jeden  bestimmten  Gednnkeuinhalt,  ist  das  Denken 
der  leeren  Einheit,  was  also  ungefähr  so  viel  ist  als  gar  nichts 
teken ,  —  der  reine  Gegeasatz  jedes  wirklichen  Nachdenkens, 

irOU%e  Eatkeesaiig  des  Geistes.  Die  Vedea  seUea  dam 
Mtecbea  seisea*  dsss  die  Weh  der  Vielheit  niehtlg  ist,  —  die 
iHssta  Vademheile  thtta  diass  freilieh  Bieht;«^iiad  er 
ämm  adnnlat,  eell  er  sdaeOedankea  ato  der  Welt  der  Vielheit 
beransztehen ,  auf  alle  Vorstellungen  und  Gedanken  verziehteu, 
nur  immerfort  das  Line  denkend  und  in  den  unergründlichen 
Abgnind  des  reinen  Seins  sich  vertiefend.  Nur  Inder  tiefsten 
Kohe  der  Seele  wird  des  Geistes  Stimme  vernehmbar.  Denkend 
itet  sieh  Gott  nicht  erreioheii,  sondern  dadureh^  dass  der 
Mit  aiok  alles  Inhalte  entledigt.  Das  wahre  firkfloaea  bat  aiebt 
fiiaaaeraiessliehesJr'eldTor sieb,  sondembataar  elAen  Gegpn- 
ilMid»  CUitf »  aad  Aefer  etee  ist  weitet  niidits  als  Blas*  Die 
Aadaehl  de»  Mietf  ist  elipas  i^aaa  aaderaa  als  die  sbtisitliebe» 
welche  eine  ganze  imerraesslidie  Weh  v^  Gotteriiebe  vor  sich 
häi;  die  brahmanische  Andacht  ist  das  Denken  des  reinen  Ur- 
seius,  ist  ein  Nicht- Denken,  denn  alles,  was  ivir  denken 
können,  ist  in  der  That  noch  etwns  mehr  als  das  blosse  Sein; 
sie  ist  ein^ipedankeuloses  Uindämmeru  des  Geistes  in  der  unun* 
terbrocJieaaii  Betraditung  des  leeren  Eins,  ein  dorch  Willens- 
kcaft  etraB^ütteir  Sehiaf  des  Geistes  im  waeheu  Zustande»  Und 
ffissM  ajahUiAtoda  Deakaa,  diese  Andacbt  4er  abselaten  Ge- 
dsakenlosigkeit»  Vereinigt  dea  Measebea  milk  Gotii  denn  er  ivfr* 
SH^«  Üeli  iki'  der  Andacht  geistig  ia  das  gittttUeba  Wesea  Wie 
durch  das  Gaukelspiel  der  Täuschung  die  Weit  gebildet  wurde, 
80  wird  der  einzelne  Geist  durch  Abweisung  aller  Vorstellungen 
luid  aller  t^estimmten  Gedanken  aus  der  tauschenden  W  eit  zu 
dsBLyahrotf&ftin  aaxai^kgafiibrt*  Dipse  graasfuae  ymk^bruqg  4es 


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riditige  Folgttuiig  aus  der  iDdiaabeii  Gotleiklee»  DI«  Mf  «inen 
Puikl,  der  aucli  nicliU  w^let  Itl  ak  da  blMner  Pwikl«  Ubp 

gerichtete  Betrachtung  stellt  mdi  auch  äusserilck  angedeutet  dar, 
indem  der  3Iensch  mit  unverwandtem  Blick  auf  eineu  Puükt 
liiostarrt,  etwa  auf  seine  Nasenspitze,  oder  besser  in  die  SonaCf 
die  ja  die  höchste  sinnliche  OiFenbarung  der  (vottheit  ist 

„Ihn  erkeaaend,  der  da  ist  der  Hauch  [des  Lebeosj,  und  der 
io  alieo  Weaen  erglänzt,  wird  der  Mensch  ein  Weiser,  ein  in  ä/k 
aelbat  apieleDder,  ia  alch  aaUbet  nfiMaaar.  Dwch  WiMaiftiit 
der  Oeiat  m  fiMaeoi  daich  TBUigea  Etkeaaea  «ad  dudi  Baaii, 
dareb  Entsagung/'«)  —  ««Edcenaiaisa  der  Veda  oad  Baasem  !»• 
keaataisa  und  Bestiunoag  der  Siaae  iat  daa  liScliata  fleligawmiisaiBi 
Bussandacht  und  Wissenschaft  sind  für  den  Brabmaneo  das 
hSchste  Seligmachende ;  durch  Bussandacht  t6dtet  er  die  K>ü&iie, 
durch  Wissenschal  t  geniesst  er  Unsterblichlveit.'**)  —  ,,Oie  Vollen- 
dnngsmittei  sind:  1)  Unterscheidung  des  beständigen  und  nichtbe» 
ständigen  Wesens, — Brahma  nur  iat  das  beständige  Wesen;  2)  £r- 
behaiy  flbet  die  Begiefde  dea  Gaaaases  dar  Thitaafrlahte  Mm  aa* 
dMTt,  ^  hier  die  Irdiaeliea  OaaUsae»  dart  die  Wtiafi»Biaa  el&; 
3)  RalM  aad  SelliallieWnnwhaag;  4)  Teilaagea  aadiBaMang  vm 
dem  UBl»estlnagea/' — 

DasVedenstudiuro  wird  als  die  ersteBedingung  der  Weisheit 
und  Glfickseligfceit  erklärt,^)  und  wird  unter  sehr  genau  ▼orge- 
srhriebenen  Formen  betrieben.  Vor  dem  Lesen  der  Veden  inuss 
man  sich  waschen,  reine  Unterkleider  anziehen,  eine  würdevolle 
Stellung  annehmen ,  die  Sillie  Aam  leise  sprechen  und  des  Athen 
dieianJaahalten;  bann  Leaea  aniaa  ama  die  lüada  laü^i.^  „fiia 
'  Brabnaae  aaU  die  Vedea  faniaer  deatlMi  aaaiipfadMBd  wi  wM 
geii9rlgea  Betoaaag  leaea,  aller  aia  Ia  CMgeawait  aiaea  (alNu*<) 

»Wer  [davcfa  Versealiea  fa  dea  Gedaakea  Aam]  eneidil  hil 
Wesenheit,  der  lasse  all  sehi  Wissen  [des  Stadiums]  schwindeii, 
wie  Jemand,  der  eiuc  brenueude  Fackel  io  der  Hand  tragend,  bic  an 
dem  Orte  niederlegt,  den  er  im  Dunkeln  suchte  und  nun  gefunden 
hat/'^)  „Ein  Wunder  ist,  wer  Gott  verkündet,  wer  ihn  erfasst,  ist 
tief  ericennend,  und  wer  ihn  ganz  begreift,  ist  der  Waader  giisi 
les.«<io)  _  Das  Brahaia  ,,iat  fehMt  als  das  Feinste,  mtm  kam  Sf 
aicht  dareh  Foracfaaag  errelcliea,  aiekt  darA  UfiiiwfBlmwif 
eniasea.««")  ^Wer  aaraUg  Ia  sieb  Irt,  weaaea  Mit  akklarf 
*  daaHSdwte  fgMkt^  ist,  weasen  Heia  aicht  dea  tfafalMMste 
bewahrt,  der  Irami  es  nfeht  erkennen.**  i>)  Wenn  die  Anf  Sinne  fe^ 
schlössen  sind  in  den  tieist«  wenn  die  Vernunii  niclit  thäi^ 


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Msdera  id  Rube,  dann  ist  der  Menaeh  Huf  dem  htkhsten  Wege  und 
aaf  der  hüchsteu  .Stufe;  das  verschafit  die  Einigung  (Joga)  mit  dem 
Brahma;  dann  ist  man  unbetbort.*^  —  „Weon  das  Herz  völlig 
gereinigt  ist,  erreicht  der  Mensch  die  Gana  des  Lichtes;  aod  wenn 
das  Licfat  im  Heneo  ihm  aufgegangen  ist,  wird  er  geistfrlsseiid; 
gctetirieNad  hmt  er  Geisteegaatait  erkuigt,  und  von  da  an  endet 
MkM  Tftmnnig  tMi  Oebtt.'*  —  »Eigreife  deo  Bogeo  dar  Upm» 
aMHito  [OlTeBbaraBg]«  die  grM«e  Walfe,  Mage  iki  init  dun 
PM,  geaekiiftdMbNMUealicii»  sptDoe  ilui  dnteli  deaCMMdiaD, 
dev  mf  dM  Sei»  gwlehlctep,  «iid  wtose^  dasZiel  fat  das  ewige  Sein* 
Die  beilige  Silbe  ist  der  Bogen,  der  Pfeil  der  Geist  [atma],  dan 
Ziel  das  Brahma;  uro  es  zu  treffen,  mass  der  Mensch  frei  von  Be- 
tbumng  sein  und  auf  dasselbe  wie  ein  Pfeil  gerichtet  .sein.****)  — 
^Wer  den  Geist  nicht  erlceoDt,  geht  aus  dieser  Welt,  seiaar  aeUbat 
nicht  mächtig,  «ad  ziehet  aus,  den  hmhn  dar  Werlte  zu  emplaagaa« 
4mt  1km  geUUnrt;  «iiar  voa  Idar  waggahan,  daaGeiat  arkeMead« 
die  galiaa  iker  nritahtig  «ad  atapteg^n  ewiga»  Laha*  Wer  dea 
Mut  cneidit»  dw  aielilt  wana  ar  aadi  aichta  aialit;  ihn  wird  die 
19ecM  lam  Tage,  er  iat  aieb  afiTeabar,  aad  dieae  offaabare  Gegea- 
wart  ist  die  Welt  des  Brahma.  . .  Wenn  er  sich  von  aller  Anhäng- 
lichkeit an  die  Sinneniust  geschieden  liaty  ist  er  wahrhaftig"  [well 
eins  mit  Brahma]. 

jfVerbargen  in  allen  Wesen,  erscheint  nicht  jener  Geist;  die  aber 
driogea  bis  znm  Feinsten,  die  erkennen  ihn  durch  die  aaf  einav 
Paakt  gerichtete  ErkeaalDiaa  [baddhij.  Die  Weiaea  TerkOadea, 
dasa  der  Weg  aar  Eikenatalaa  aehwer  aa  beacbreiteB,  gleich  dea 
Sdbeemeaaeia  Schaeide.*'*''^— ,Jlaaitsend  acfaaa  er  die  Naaea* 
apHse  aa  aad  achlieaae  Hiade  aad  FHaae  saaamaieo;  dea  GeiaCToll- 
at&adig  sammelnd  dann,  sinne  er  nach  Aber  das  Aum,  und  denke 
uoverrückt  daran,  ins  Herz  schließend  den  höchsten  Üerm  — und 
wisse:  „dieser  Name  Auro,  welcher  Brahma  selbst  ist,  bin  tch/'i') 
Der  Fromme  übe  stets  sich  im  Verborgenen,  einsam,  die  Ge- 
danken hemmend,  ohne  Wunsch  und  ohne  Gesellschaft;  den  Leib, 
dae  Haopt  aad  dea  Macken  unbeweglich  haltend,  fest,  aablickend 
mlae  Waiaapitae,  aad  alchl  hieHda  aad  detthla  achaaead»  wahig 
«Ml  Anchllea,  daa  Oenrtth  imZaane  hal«aad»  addi  wm  deahead» 
aüse  der  frQfaaae.  Beattadigheit  eiattehead  werde  er  haner 
ruhiger  in  seinem  Herzen,  gewOhne  aeieea  Geist»  sich  ia  alch 
aa  Terseoken ,  und  denlie  gar  nichts."*®) 

„Wie  eine  brennende  Flamme  das  Hol/:  verzehrt,  so  vertilgt 
derjenige ,  weldber  die  Veden  weiss,  alle  seine  SüTfden  darch  das 
'  FeMV  aelM  BiheaatBiaa>*' j»Wer  lalak eikeoBt»  apochlJadaay 

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an 


defM  Wdt^wlid  imch  kelbe  [b^e]  IVt  vMidM»  lOcM.'Mi 
'MotlorBMit«!  nnä  vMkt  ^mA  VstenMid,  nidittedi  IMebeteU,  nodi 

durch  den  Mord  eines  Hrahroanen;  ihm  weicht  vom  Angesicht  nicht 
der  Glanz,  welche  Sünde  er  auch  begehen  rao^e."»)  „Wer  diese 
üpatJißt'had  !5*».st,  wird  von  allen  Sfinden  frei."^-^)  „Wfirst  du  iler 
grOsste  Frevler  unter  allen,  du  eiltest  auf  dem  Fahrzeug  der  Er- 
keDOtolM  doch  fiher  der  Frevel  volles  Meer  hinweg.  So  wie  dbs 
Pencir  ver wandelt  Uols  in  Asche«  so  wauMt  4m  Erkeni^siM  Smu 
'  kl  Asdie  alle  Tfaatea;  es  gieht  «affintes  kefc  gislahas Kejnigslf»' 
mittel  wie  die  Erkenstiilss.««^)  •  ^Ob  bsi^eglekir  die  SMa  M 
ersiieeket  viele  Meilen  weit,  sie  wird  gesfMJton  dniek  des  Skmnm 
Andacht.**^)  „Die  fi»  Tausenden  von  Leben  begaogen^  Sftide 
schwindet  fort  dem  Erkennenden,  und  in  dem  Sinnen  erkennt  mau 
den  besten  Rettungspfad  der  Welt."*«)  ,.E!ti  lirahniane,  welcher 
den  ganzen  Rigvcda  auswendig  künnte>  würde  von  Schuld  fre%e* 
/'Sprochen,  seihet  weon  er  die  Bewohner  der  drei  Welten  erschlagii^ 
'  end  iSpeise  geooisme  kitte  voq  den' wnreioäteB  Bind  -  • 

^  Muiti,  Xn,  8ft,  TgL  I,  8S{  V»  50.  ^  AaufttnÜda-V^fca.  ti-hi  Mm 
Ub8tII,«U'->-*>liandaki^üp«i.ia,  1«  belWIacli  9. 17Q4.->'9MMm,XII,83. 
104.  — .  ♦)  Wanta-Swa  v.  O.  J'rank,  8.  3.  4.  —  •)  M«m,  SU,  86,  —  ^  Mftn%  jQ, 
70  —  7$.  —      M.  rV,  99.  AmritAnada-Up.  b.  Wind.  1459.  —  ^'')  Kutluki- 

Upan.  n,  1.  —  Ehcnd.  U,  8.  9.  —  ")  Ebend.  H,  24.  —  Ebonf^.  TT.  10.11.- 
Miiitrajani-Up.  bei  Wind.  S.  1598.  —  ")  U  Mnndaka-Üpan.  H.  '2.  h.  NYind.  1702 
u.  b.  Foley,  S.  34.  —  *«)  Chandogya-Up.  h.  Wind.  1357.  —  KatliÄka-lTpan.  IH, 
12.  13(Poley  u.  Wind.)--^")  Yoga^ixa-Upüu.2.3,inWcb«rsInd.St.H,47.  — ")H4a- 
sauÄtU-Upau.  b.  Wmd.  1470.  —  Bhag.-Gita,  VI,  10.  13  —  15.  25.  —  «')  ^Kfaiui, 
XI,  246.  —  KaiuchitakUUpMi.  HI,  1 ,  in  Weber's  Ind.  St.  I,  41Q,  — 
jana-Up.,  cbenC  361.—**)  Bliag,  Glta,  IV,  36—38.  —  Dbyanavihda-trp.  K We- 
ber, Ind.  St.  n,  S.  —  ^  Toga^ixo-TTp.  ebend.  It,  4$»  —  ^  Maua»  Xl^-M1. 

)  ^  IN^'Volleiidvig  ies  Koko^-Q^fi^ 

der  Entwiokelnng  der  Vollkommenheit  ist  das  Abstreifen  aUes 
dessen,  was  den  Menschen  als  Einzelwesen  an  die  Welt  der 
Vielheit  fesselt,  das  Able^^en  des  ganzen  sinnlichen  Lebens,  und 
des  Seibsts  überhaupt,  die  gräosenlose  Verachtung  der  Welt  und 
des  eignen  besonderen  Daseins,  —  die  Askese  [tapas]  SBge- 
dentet  in  dem  Anhalten  dte  ikthems  b^i  dem  Gdbet»  ^  »Mtadti 
in  dem  «igettllielieii  Eamtsa^lgM^  der  Bamimüm. 

Die  lidls^  Ashaw  betekft  »iBMiit  in  tai  v^tUt«o 
Veniekten  anfalle  BdHed%iiii§  der  anbiMiMi  NaM^^^ao.wle 
auf  jeden  aus  endKcben  Dingen  entsprossenen  Geness^  nicht  alt 
ob  die  Natur  im  Gegeusatge  zum  menschlichen  Geiste  besonders 
bMe  w&TOi^  aottdecn  weU  der  Menaeli  in  ftonac  aiiuiiij^i^«  JKaIv 


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Bich  als  Einzelwesen  f^lilt  und  betbfttigt,  weil  das  Wesen  der 
Naiur  die  Vielheit,  und  alle  \  iellieit  vom  Übel  ist;  der  Fromme 
verlässt  seine  Gattin,  und  lebt  in  strengster  Enthaltung.  Voll« 
koDunene  Gieicligfiltigkeit  gegen  alle  Geföhle  der  Freud« 
wie  des  Schmerzes  soll  jode  Bekmdinig  des  Selbstes  verniolitra* 

Diu  ftmü»  das  Tfilfige  VeisMlen  mti  da»  WIrIrra  kk 
ptkMmk  LebiMi,  seltot  auf  die  WbAb  de»  FlefMee  wd  Mr 
IMei  ^  Mm  alle  WeHie  seMren  ja  der  «MMm,  iMir«» 
gongsvalle»  Weit  an,  und  wollen  wirldiol»es  Dasein  sdbafllni; 
Der  wahrhaft  Fioniine  verzichtet  auf  alle  weltliche  Thätigkeit. 
Wer  die  Welt  verleugnen  will,  muss  auch  den  Werken  entsagen; 
tbatlose  Ruhe  allein  mTicht  dem  ewip:  ruhenden  Urbrahma  ftimlich^ 
and  fuhrt  zum  VerÜicssen  in  dasselbe. 

Damit  nuNnnmenh&ngend,  als  eine  Verleugnung  des  seliwU 
ständigen  memeiüidien  Daseins,  ist  das  Beiteln  eda  «etea 
Kiitaduttitf ang)  der  Heuaoli  legt  ia  den  Bettela  selaa  aalaM 
aslfaitkenilidiide  PeraBidleMselt  ab»  t^süakdit  elae>a«ii^ra«i«t* 
Ifelie  Selbat««rleiigii«Big$  er  eiUftt  daiatt 'ilMiiBdelilieii,  tdaaa 
er  kein  wirkliches,  selbstsfändiges ,  sondern  nur  ein  geliehenpea^ 
unberechtigtes,  nur  aus  BQrndier7T«;keit  gefristetes  Dasein  habe. 

Das  Dritte  aber  ist,  sich  alle  Freude  an  dem  wirklichen 
Dasein  zu  rauben,  gegen  seine  eigne  Individualität  positiv 
anzukämpfen,  und  zagleieh  das  natörliche  Ende  seines  Lebena 
dadurch  herbeizuführen »  dass  sieh  der  Mensch  der  Qual  libv- 
gfabtb  Daa  itaiire  Sein  im  Meaac^,  das  Btabma  ia  üiaii  dar 
aar  das  Eine  desliaiide  6dat,  kann  nielit  gequilt  werden^  daaa 
er  ist  itt  aieli  aeibatvetaeliiangeii,  ist  das  eiiMige  Sein;«*- was 
aber  Schmerz  empfinden  kann,  das  soll  ilft  aaeh  zu  fMilea 
bekommen,  denn  es  i^t  ein  eitles,  unwahres,  unberechtigtes 
Sein.  Das  göttliche  Sein  kann  nicht  Schmerz  empfinden,  und 
nur  das  göttliche  soll  sein.  Ausi2,ebTannt  soll  werden  am  Men- 
aehen,  was  brennbarer,  vergänglicher  Stoff  iai)  fitmg  bleib! 
dttsn  das  reine  Gold  des  reinen  Geistes« 

DaalafrdarSiBn  der  ImbtlMffcm  y^BAsam^en,«*  diaiM 
bisaen,  soadem  bloss  ertddten  sollen  9  waa  ateiMiek  ists  «i»ldaid 

Aaa«okiadtanig  des  gedlegen^i  6eistia  aas  den  Seidäekett 
des  skntHelieii  Daselss.  Mff  1>VUh»iricrall  and  iBnera^wie  ia»> 
sern  Mitteln  soll  die  Persünlichkeit  mit  allen  Gefühlen  und  Be^ 
gierden  niedergehalten  werden,  der  Zusammenhang  mit  der 
SVek  soll  zemssen,  das  Gefühl  für  sie  aufgehoben  werden.  Der 
Indier  vollbringt  diese  „liussungen^^  wobi,  um  besser  zu 

fmdM/  aber  nlalit,^iim  sIek  Iftr  eine  eigna  Mmld  eino^aBafa 


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S64 


«telegen  ud  dfttooh  einer  gOMiolMB  8ta«£a  hl  fMrtytw» 
eesdern  vm  deeiG^ttUelmiitiierBiikoaiaieipi  dkee  SeUwipei- 

nigung  blickt  Dicht  auf  das  Vergangene,  sondern  auf  die  Zuküift, 
und  sie  steigt  nicht  mit  der  Giö&se  der  begaugeueii  Sünde,  son- 
dern mit  der  Grosse  der  vorhandenen  Frömmigkeit;  grade  die 
Frömmsten  und  Heiligsten  sind  die  grössten  ,,Büsser^^;  —  die 
Askese  hat  nicht  sowohieinen  sittlichen  als  vielmehr  einen  kosau- 
sehen  Charakter;  nicht  des  Meneehen,  sondern  Brahma's  SchnU 
arMtiabsebfiesl.^^  DasSchaldbewnaelBeiD  tritt  bei  denBrataanw 
mMgß  üurer  imUieuitieohan  Aoffaawmg  lekr  ia  den  Hinlecsrvi^ 
dem  In  Gnuide  lel  ja  deeh  Bnihm  ajlea  aa  allem»  aed  iiteedi 
der  Haadelade  la  an«  eelM*  I>alier  oft  eia  eebr  laihaeGeflkl 
der  Sicherheit  und  der  Schuldlosigkeit  grade  bei  den  geistigeres 
Persönlichkeiten.  Je  höher  des  Christen  Bevvusstsein  sich  stei- 
gert, um  so  schärfer  tritt  vor  seine  Seele  der  Gegensatz  zwi- 
schen seiner  schuldvollen  Wirklichkeit  und  dem  heiligen  Gott, 
am  so  lebendiger  wird  die  Erkenntniss  der  Suade;— je  höher 
dealadiers  Bewnestsein  sich  steigert,  ameo  nnkt  verschwindet 
Sm  ieia  Uatersehied  von  Gott,  aai  eo  aiebr  TerflAoMgl  ildi 
aalae  aeltatatftadige  Peveftalielikeifc,  aad  am  ao  aiebr 
iekwiadal  ihm  damit  aeia  Sdinldbewaaeteeai, 

Die  Aaabildaag  des  aaketisdiea  Lebeas  gehOrt  aieht  to 
älte&ten  Vedenzeit  an,  sondern  der  Periode  der  vollen  Reife, 
wie  sie  in  den  Upanischaden  und  bei  Manu  erscheint,  und  hängt 
genau  mit  der  Kastenbiiduug  zusammen;  bei  Mann  ist  das  Kni- 
sagungsleben  bereits  vollständig  durchgebildet  und  zu  einem 
System  geworden;  die  Anfänge  reichen  jedenfalls  viel  weiter 
hineaf  —  Obwohl  dasselbe  vorzugsweise  Pllieht  der  Brahamam 
lal»  80  gelangen  doch  aaah  die  «ndera  Kasten  dareh.Aakctte  m 
VaUkommanbeit 

I]|eSlaicerungderSidibe%eiB%aagbieaawirUieliemSalbei> 
m  o  r  d ,  iwreiaielt  l^hoa  »e  Alezaaders  Zeit  ywkommend ,  ist  der 
älteren  Zeit  fremd,  erreichte  aber  später,  besonders  im  yivakuk, 
eine  immer  grössere  AosbreiUing  und  eine  bis  ins  Graaeahafte 
gesteigerte  Höhe. 

Der  Ausdruck  fiir  die  indische  Askese  ist  tap  as ,  „  die  Glath, 
daa.  Brennea,^S  voa  der  Wurzel  tap,  breaaeatö  und  bea^hMl 
des  vaneiaeade,  daa  einzelne  Daaem  veraelureade  Wesea  der- 
aelbeft;  lapae  iai  eigeatlleh  der  yeigeiatigie»  aar  ^tilichea  Tfail 
•gawovdaae  Agni  oder  (■▼«k.  Agai  verariiat.daa  amtarirfla  Seia, 
ttM  ea  a«a:eiaigea  Vra^  aarllek,  —  die  Glath  der  Selbalpel- 
Irigaagjiebt  das  geistige  Eii^^eldaaeln  |iuf ,  and  «eint  es.  mit  dem 


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MS 


einigen  Brahma.  In  der  £rkenntni6s  der  Andacht  wird  die  Seite 
des  Indra  oder  Brahmft  im  Manschen  (S.  308)  aufgehoben 9 'indem 
alles  Wissen  des  Einzelnen  schwindet;  in  der  Entsagung  aller 
GeflUe  nd  aller  Werke  wird  Iftr  den  Mensdien  die  Welt  Vnnt- 
m's  oder  Visehmi*«  anj(|ilioben)  end  in  der  eigeafliebeii  Mlurt- 
qnal  offmbarC  sieh  Agni  oder  ^bn  als  4kt  Maebly  iki  ialeCnl  anf 
den  Trümmern  des  Daseins  thront. 

„VcrutÄndüiss  der  Veden,  . .  Verraeidiinc;  des  Anblicks  und  der 
ümannunj?  der  Frauen,  das  Verlassen  der  Angeiiüngen,  dasTrageo 
alter  Gewänder,  EDtbaltuog  derSinoe  von  deo  siofolicheD  Dingen,  .. 
Erl^enntniss  der  Sunde  in  aller  Thiligkeit,  Freiheit  von  Leiden- 
schaft, BegierdelosigiLelt  med  Ruhe,  4mnk  diese  Bftttol  wivd  der 
alt  Wahrheit  Begabte  vesterbttdi.^) 

Bei  jeder  Aadseht,  besonders  beha  Aes^fechen  oder  Benlras 
des  Avm  nad  der  Gajatrit  den  Athem  möglichst  lange  anaefaal* 
ten,  gilt  als  hohe  FrOnnniglreft,*)  and  wird  als  hoehwfchtlger 
Bestandtheil  der  Andacht  fort  und  fort  gefordert.*)  Es  ist  das 
ohne  Zneifel  ein  Symbol  des  vüiligen  Aufgebens  de^  natür- 
liebeo  Lebens,  ein  Zeichen  de«  Stillestehens  alles  Lebens  in 
dem  ewigen  Brahma.  „Wie  deich  Ausbrenooog  der  Erzschlackea 
das  reine  Ooid  und  Silber  gewonnen  wird,  so  wird  dnreh  daS  Aih 
halten  des  Atheas  die  nsstemiss  der  Sisae  ausgebianst'**)  Za* 
gleleh  kowst  die  tief«re  Bedeutmig  des  Haaches  [Pisna}  als  ali> 
gemeiner,  das  All  eifllllender  Ldwnsgeist,  so  dass  der  Itoseh 
elaathmend  die  Gottheit  in  sieh  aafelramt,  nad  de»  AAem  anhaüead 
sie  in  sich  bewahrt.*)  —  Das  Hände  falten  beim  Vedalesen'')  hat 
nnsweifelhaft  ebenfalls  die  Bedeutung,  dass  der  Mensch  seine  Be- 
sooderhett  anfijiebt. 

Die  Zügelung  der  Sinnlichkeit  als  religiöse  Handlung  er- 
si^eiDt  hier  in  ihren  Terschiedensten  Formen.  Ffir  den  Brahmanen* 
Stand  bestehen  sehr  besttauate  and  oft  iasserst  idshdiche  Spelse- 
geaetaei^  TSlhotea  sisd  Zwiebel,  Kaobkaefa,  Mae,  BOIeb  roa 
KuaeeieB  oder  tob  solcbea  SingetUereo,  deieaHaf  eicht  gespahea 
Ist,  ferner  tob  wilden  WaldAleren,  TonliVaae»,  das  meiste  (Nsse, 
«ras  in  saure  Gährung  fibergegangen  ist,  das  Fleisch  Ton  Raub- 
vögeln und  von  Vögeln,  welche  in  benohnten  Ortschaften  sich  auf- 
halten ,  von  den  genannten  SStigethieren ,  von  rahmen  Schweinen, 
die  meisten  Fische  etc.  Das  Fasten  ist  schon  in  den  Veden  bei 
dem  aus  der  grossen  Flutfa  geretteten  StammTster  des  Mensches* 
geechlechts  erwfthnt,*)  and  wird  fai  sehr  spAter  Zeit  noch  streng 
geübt  ab  Vorbeieitaag  saai  ISebet,  aar  KnelcbaBg  elaes  Wnaaohes 
inn4ea  ONteirn  etcwtfl) 


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366 


Die  Enthaltung  von  den  Weibern  wird  in  mehreren  Frille n  [je« 
fordert,  so  am  Tage  des  Nemnouds  und  Vollmonds,  und  am  achten 
und  vierzehnten  Tage  des  Monats,'*)  ,,Weim  ein  Mann,  welcher 
einem  Opler  beigewohBt,  an  demselben  Tage  das  JUaget  «bei 
.Waibes  theilt,  so  mfissen  seine  Vorfahren  einen  Monat  lang  auf 
dM  Küthe  dieM  Weihet  lii«eD/«  »)  _  JBheUüigkelik  wW  iv 
Ton  der  letzten  Stafe  des  frommen  LebM  gefeidert;  es  whrd  tM* 
flMkt  heaefkt,  deee  vide  teneend  Brihmanei^  weldie  der  8hiDlidi- 
keÜ  eett  ihrer  Jogeed  eeteagtee  ond  keine  Kinder  ftintcriieMeo, 
dennoch  in  den  Himmel  gekommen  sind;"'')  —  also  nur  ein  Trost 
und  nicht  eine  Mahnang.  Dem  Menschen  aber,  welcher  ia  die  Reife 
de»  geistlichen  Lehens  eintritt,  entschwindet  die  Ehe;  nnd  der 
Asket  muss  auch  von  seiner  Gattin  scheiden.  Doch  kommt  ca 
auch  Tor,  dassXatrija-Aaketen  mit  ihren  Fiaaen  in  derWaldehisan- 
ktoit  ehelich  leben/'») 

Vüllige  Qleichgaltigkeit  gegen  aUe  Freade  und  gegen  tOei 
Sckneis  i«t  35eifdfeen  frommer  WeiebeÜ  »Wer  einem  Blinden  gleidi 
nicht  flUl^  einem  Tanken  gleich  nickt  hOrt,  dem  Heise  gleiek  ebne 
fimpfhidaRg  wid  Bewegung  ist,  ?on  dem  wiase,  dass  er  die  Ruhe 
erreicht  hat.    Der  Jogi  [derAsketJ,  der  in  die  Erkenntnis»  versenkt 
ist,  ßchauet  weder  aufwärts  noch  abwärts,  w  eder-recht«  noch  linlcs; 
er  ist  ruhig  und  ohne  Regung.*'*^)      Zweifach  die  Seele  [manas] 
nennet  man,  aU  rein  und  dann  als  unrein  auch,  unrein,  wenn  wünsch- 
•  bethort  sie  ist,  und  rein,  wenn  frei  von  Wünschen  sie;  die  Seele 
ann  den  JHenadien  iat  Unaeh  an  Baad  und  Freiheit  aoeh;  au  Band, 
ftAngt-aa  dem  Avasern  nie»  IVei  gilt  nie^  wenn  FemÄnanem  Mi  «— 
drum  von  dem  Amern  wende  ah  die  Seele»  wer  Befteitmg  wfinnebt. 
Wenn,  abgekehrt  derAvssenwelt  und  In  demHersen  in  aidi  gekehrt, 
die  Seele  ihrer  selbst  vergisst»  das  wisse  als  den  hSchstes 
Grad;  so  lange  ist  eiiizuhaiten  sie,  bis  sie  hu  ilcr/^en  untergeht; 
das  ist  Wissen,  und  Denken  das,  alles  andre  Bücherweisheit  nur: 
und  so  erreicht  das  höchste  Brahma  man/*^^)  „Wer  alle  Begierden 
Ton  sich  weist,  die  das  Herz  bewegen,  aidi  auf  sich  selbst  zonlck- 
alehend,  der  steht  fest  in  der  Weisheit;  wer,- jeder  Qefillhlsreguog 
ledige  in  CUflck  nnd  Unglack  weder  eich  freni  noob  ^WMtt,  bei  dem 
bt  tet  g^irindet  die  Weisheit    Wer  nicht  an  einidiekea  Bingen 
«hd.  an  -den  Werken  hängt»  jedem  . Streben  naeh  Vortbell  eolMigtt 
■  der.iat  stir  Fnlmmigkeit  gelangt. )?)    Beseer  fIMrthr  als  Aibeitn* 
ileiss  ist  das  Wissen ,  höher  als  das  Wissen  steht  <lie  Andacht, 
h4her  als  die  Andacht  die  Entsagung,  und  der  Entsagung  xunichst 
kommt  die  völlii,n;  Hnhe.    Wer  »ich  im:hi  freut  unr!  vor  nichts 
Abaeigung  hat»  wer  über  nichts  trauert  uod.oaisb  JMfihtB  fficUngt) 


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««obekfUnmert  am  «m  glfleklichea  oder  tin^fickliclies  Eode,  der  ist 
mk  lieb;  wer  gleicbii:üiti£?  Feind  und  Freouü,  gleichgültig  in 

•  Ehre  und  )ScUiuacb,  l^ei  Hit/.»  und  Killte,  hußt  uod  Scbmerz, 
firei  TOD  Eiirbegierde,  «ich  gieicbbleiheod  bei  Tadel  wie  bei  Lob, 
wAnnagsam,  mkt  dhm.aaÜMidtUp  iolob  Fromner  i»t  mir  lieb.**is) 
f,1Hm  BnhmtL  «mklit  ji«,  ir«r  Zorn  «od  HuDfer  hat  keafegl»  .ße* 
MÜigheie.vKi  8hm:,muik,  wer  M  in«  Biiii»6ii4ng  iid4  M  tod 
MMtr  wwmmUm  wd  jai^cRfifikilnlii  bim»  aiditoO^lc»  «od  iMite 
BiMi  ant«*»))  „Der  sMiMlMe  K|ifp«r  Ivt  owlit  gtmqbt  Ittr 
diese  elenden  Freuden,  welche  mit  ihm  die  irfedrigsteo  Tbiere  tbet- 
leo.  Güttiiih  ist  das  tapas,  welches,  untrere  INatur  reinigend,  uns 
des  ewigen  Glii(  kes  Bralinin's  versichert.  Der  Kalt  der  Weisen  ist 
die  Pforte  des  Heils;  die  Weisen  sind  diejenigen,  welche  Gleich- 
SMrtfa  der  Seele  besitzen,  ruhig  sind,  frei  von  Zorn  und  tugendhaft; 
es  sind  die,  welche  keinen  andern  Zweck  haben  als  die  Mßjk^  fdr 
tdA  [dM  «nd  keine  IKeigiiog  iMbee  eki  CUoevater  mit 

efaMm  Welbe^  nltKiDdem  .aad  alt  Bemti  m  lebe»,  ond  die  eUein 
ieewrelt  la  derWelt  leben^  «Je  «•  •f]bleeilt9irdleg8  ootiiweBdig'  ist. . . 
Der  KS^pcff  iet  die  Qvelte  der  Cbel» . .  Die  Vereinigung  desBlannes 
luit  (lern  Weibe  Ul  für  beide  ein  Herzeusband;  durcii  »ie  empiindet 
der  Mann  beim  Anblick  »elneH  Hauees,  »eine»  Weihes,  seiner  Kin- 
der, seinem  Besitzes  das  Gefühl  der  Kntfremduag  von  mir  und  dem 
Meinigeo;  wenn  dieses  Band  lockerer  wird,  dann  wendet  sich  der 
Meoscfa  voD  dieeer  Verbindung  ab,  er  eU|  befreit  akb  mit  dem  bach- 
eüii  Weaeo  an  vereiefln»  Die  Verelmg  meleer»  dies  F«^eio 
veajegllchir  LMt  die  Hellte  Ruhe  bimllte.der  Geyeitee  [tod 
Fremde  ned  3fihmc|s]>  die.Clewiselieits  dfUM  ee  Air  des  Veeeclies 
Ammll  fdebts  giebl  eis  fikiid,  dae  Sttelbee  nach  Srkeontsise«  •  die 
Thatlosigkeit,  das  feste  Streben,  darauf  zu  Terzichten,  ich  zu 
sagen  und  mein,  die  Liebe  zur  Einsaiukeit,  das  völlige  Anhalten 
des  Athems,  der  Sinne  und  des  Hen^ens,  die  stete  Keu^-chheit, 
Scbweigen« .  •  das  sind  die  Mittel,  durch  welche  der  Mensch  sich 
mm  dem  fieinen  Korper  [S.  30bJ  befreien  kann,  deo  pHD  dee)cb 
MünfM)  „Der  Weise  veisklitet  auf  das  Verlai^eii  zu  leben  und 
EelilHhiwi  M  beelteee,  wel.chee  mir  Vmrpbe.  einengt   Tbatfoei  .be* 

ifes  aur  der  ZvUH  Keferl» •  mid  bleibe^ 
wm$  mt$  aMte  eulmsml,  fienr  meiner  selbsl,  einige  Tage  lang 
liegend  Ifie  die  grosse  Sch hinge;  ich  esse  bald  viel,  bald  wenig, 
Ciotes  oder  ^Schlcclitcji;  ich  kleide  mich  mit  dem  ersten  Besten, 
was  ich  finde,  immer  zufriedenen  Geistes;  ich  sclilate  auf  der  £r4e, 
auf  BlHttfirn,  Steinen,  auf  Asche,  dann  wieder  auf  einem  Bett  etc. 

Der  I^Mäedler«  «leMiec  j#e .  WefifMeU  eAeeet» .  iüeet  «W^  .thetioe 


368 


nieder  ia  den  Scbooss  des  Geiste«,  mit  dM  9«w«mMb^  iu» 
dieser  eben  nichts  anderes  sei  ab  er  selbst.*'*')  ««Der  Mensch 
niuss  sich  allmählich  losmachen  von  seinem  Weiliey  seioeo  Kiadero, 
Ton  seinem  Körper,  von  allen  Gütern,  die  ihn  von  selbst  verlasseOf 
wie  eio  Mensch  bei  seinem  Erwacheo  sich  von  soiimn  Traume  be- 
freit. Er  betraofate  wie  eeiae  Kinder  die  wildee  Thiere,  Esel,  Ailea» 
•BiMee,  SeUengen,  VSgel  eed  FUegee;  wm  iet  deM^IÜr  eieUelv 
edled  swiedien  eeioen  Kiede»  end  dleeen  Wem?-  Wm ist 
deea  Aeeer  eleede  KSrper,  der  leietit  is  Wflimem,  Meder  ud 
Asche  wird?  was  dieses  Weib,  die  dem  KOrper  eteiiilflfce  Leil ge- 
währt? was  ist  d'itaa  alles  in  Vergleich  zu  der  äieele,  die  deo 
Bimmel  erfallt?''») 

Als  &asseHfcber  Ausdruck  für  die  gänzliche  Abwendung  von 
allem  Weltlichen  und  fQr  die  vdllige  GleiehgiUtigi^eit  gegen  alle 
■  OeAUe  ist  andi  die  Necktheit  der  Asiceten  zu  betrachten;  die 
greeeeeieee  Veredilaiig  des  KSrpeni  mid  ellee  SkmMkm  echHewt 
die  Scbam  a«a;  der  Meeech  bedeckt  «ieh  eieht  etwa  Uoee,  weil  er 
«leh  seiner Sinoliehkelt schämt,  senden  weibelÜRn  mOegSMtie 
nmn  TMere  die  simdidien  Triebe  eine  hlllim  sluyi^  Weihe  tia« 
gen,  ond  dem  Heiligthume  der  Ehe,  aber  n  icht  der  OffentlicUeit 
gewidmet  sind.  Der  indische  Asket  \vei.st  alles  Sinnliche  als  ver« 
ächfliche  Nichtigkeit  von  sich,  kümmert  s\ch  nicht  im  mindesten  um 
dasselbe;  er  braucht  nicht  zu  verhflüen,  was  Tür  ihn  nicht  melir  ist. 

Die  zweite  Seite  der  Aslieee,  die  Boteagung  auf  alle 
Werlce,  tritt  oft  sehrseharf  hervor.  Oes  frenuae  Werk  Hr  das 
VetsOgHchste  haltend  erheneen  die  BekbOrtea  nkhl  das  aadere 
Bessere  [das  Ahweaden  von  der  Welt]«  Die  aber,  weidie  dm 
Selbstpeioigtiog  nnd  der  Andaebt  hn  Walde  sicli  hingehen ,  raUg  ia 
ihrem  Herzen,  erkennend,  Almosen  bettelnd,  dieM  geheSy  von 
Begierden  befreit,  durch  die  Pforte  der  Sutine  dahin,  wo  jener 
unsterbliche  Geist  ist.  "Wenn  der  Brabmaoe  eingesehen  hat,  dass 
die  Weiten  durch  die  Werke  gesammelt  wurden  [durch  eine  Thä 
tigkeit  Brabma's  and  der  Geschöpfe],  so  gehe  er  zum  EntiTisseo 
[Nirveda;  oder  zum  Freisein  tob  Begierde},*  ist  keine  Welt, 
die  sieht  dareh  Werfte  hereHet  wflrde,««»)  [und  deahaihviniiale  alle 
terglflgUck}.  ^Dareh  die  Clegenwart  der  Brlnflerasg  des  walvea 
'  Wteens,  • .  dareh  Untergang  dev  Thal  ev« .  kemil  Ae  AadaiAt 

•  sa  6taade.^*>)     „CKelehwie  eine  Lampe,  ehe  sie  YSiÜsekl»  ent 

•  alles  verzehrt,  und  dann  sich  auflöst,  SO  vernichtet  all©  Thateo 
der  Jogi  erst  und  löst  dann  sich  auf." 2^)  —  „leb  kenne  einen  ver- 
gänglichen Schatz,  spricht  Jama,  das  ist  die  Frucht  die  Werke, 
denn  daa  ewige  Wesen  wird  nicht  durch  Hinfiüiiges  erraidit*^^) 

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868 


„Die  von  den  Veden  empfohlene  Lebensweise  ist  eine  doppelte, 
die  eine  Ist  ein  Thun,  die  andere  ist  ein  ^ichtthuo;  jene  verschalTt 
dem  MeDScheo  Leben,  dieae  versichert  ihm  die  Uoste^bUchkeif 
„Yiel  gefiDger  als  des  Herzens  Andacht  sind  Mb  Weike;  die  An* 
dwhtiioliep,  der  Wetlte  Lohe  vete ahillieudi , . ,  golenges  der 
MHe  dee  MUieteB  Heye.«*«) 

DsM  Beitel«  iel  flir  jeden  BrelMiaaeii,  eo  wie  ftr  die  Aekefeo 
der  andern  Kaalee  eine  KvHashandhmg;  jenen  ist  es  befohlen, 
diesen  gestattet. ^^Ein  Brahmanen^ehülcr  inuss  alle  Tage  seine 
Nahrung  dnrch  Betteln  ans  den  Hänsern  solcher  Menschen  empfan- 
gen, welche  wegen  der  Erfüllung  ihrer  Pflichten  berühmt  siod;*^ 
aber  er  darf  Lebensmittel  nicht  erbetteln  bei  seinem  und  seines 
Lehrers  Verwandten,  und  nie  von  mwm  einxigeD  Meoecbea;  das 
Betteln  nrass  sckweigeDd-geschebeD.M) 

h  Beslehneg  wmt  die  wiiUiebe  SelbstpeieigiiBg  wetteifert 
die  IHcbtuug  mit  der  WMdidikelt  SeMMerMgeii  grosMrtiger 
Asketen  sind  LlebKngBgegeBstand  der  IMchtungen,  nnd  tn'Ninen 
erscheinen  die  Itieale  der  Jogi.  —  Nach  dem  Ramayana  uird  die 
Ganga  [der  Ganges,  vorher  am  Himniel  :ils  Milchstrasse]  durch  ge- 
waltige Busse  Tom  Himmel  auf  die  Erde  herabgebracht.  Ein  König 
„stand  mit  erhobenen  ArmeD  inmitten  der  iSof  Feuer  [vier  Feuer 
tingsuroher,  und  die  brennende  Sonne],  nnr  einmal  jeden  Monat 
Speise  geniessend,  ndl  gebindigten  Sinnen,  im  l^tnter  seliiafend 
flttf  neektem  Beden,  In  iler  Regenseit  weilend  nnter  dem  freien  ittm- 
meL  -  Als  er  einige  taesend  Jskre  in  selek  grAnsnmer  Selbstpein 
ireriksrret,  werde  Ifim  geneigt  Bmlnnn,  der  ffeir  der  Oesefc^pfe/* 
Um  aber  auch  noch  des  ^ava  Einuilligung  erlangen,  der  das 
Bimalajagebirge  beherrscht,  musste  die  Askese  von  neuem  begin- 
nen: .,(!a  stand  der  KririiL!;  ein  Jahr  lang,  die  Fusszehe  eingrabend 
in  den  Erdboden,  mit  emporgestreckten  Armen,  ohne  Stütze,  Luft 
statt  der  Speise  geniessend,  ohne  Obdach,  unbeweglich  wie  ein 
Bnnstsinni,  schinlles  bei  Tage  nnd  bei  I^inekt*'*«)  <^  »,Mit  empor- 
gdsIMlitett  Amen  tt^te  Msins,  svf  etoen  Fnsse  stnbend,  sttenge 
ginnse  Busse,  des  Hnnpt  gesenkt,  nil  feslea,  nnrerwnndtsnt'Bick, 
IBiSfe sfekfeefcilcfce  Bnsse  eine  Isnge  Retke-Tmi  Jskreb.*«*^— 
in  der  Sakuntala  erscheint  ein  Büsser,  welcher  „in  Termitenhaufen 
halb  versunken,  die  Brust  umschnürt  mit  einer  Schlangenhaut,  den 
Hals  treu  wilden  SchlinggewKchsen  gleich  einer  Mankenschntir  qual- 
voll umwunden,  mit  einem  Uaargeflecht,  das  rings  vom  Scheitel 
zur  Spalter  reicht,  besetzt  mit  Vogelnestern,  dasteht,  und  die 
Sonne  anstiert,  und  sich  nickt  rflkrt  eis  wie  ein  Baumstamm/' 
YMme  nelttst«  «I»  Asket  «nflretend,  gnk  nki  kskes  «VorMM  der 

n.  M 

Digitia^ 


rechten  Selbstqual,  „Nackt,  die  }!aare  veruinrt,  ähnlich  einem 
WahnstnnigerN  c'mg  er  a!s  Bettler  cinlirr.  gleich  einoiii  Biodstnoigen, 
Blinden,  Stummen  oder  Tauben,  keine  andere  Kicider  tragend  als 
sofefae^  welche  ttab  wegwirft,  stets  schweigend,  selbst  wen«  mae 
ibo  awedete; . .  wo  er  enehien,  da  fielee  ^e  niedrigetee  MeMchea 
ihn  an,  wie  die  Fliegen  einen  Elephanten,  «ebnihti»,  eriiiwpftfa 
und  »chhigeo  ihn,  waffin  ihn  mit  Steinen  xmä  Ke(h;  •  •  hdid  ahnte 
er  die  Schlange  nach,  beiBSaaen  nad  Trinhen  awf  derSfflo  liagaod, 
hald  das  Beispiel  der  Ktihe,  Anlilo|ien  efc;*"^ 

Solchen  Vorbildern  der  Sage  entsprechen  die  Clesetze.  Die 
Brahmanen  sind  nach  Vollendung  ihresi  Berufs  als  Haasväter  zm 
Askese  verpflichti  t.    Mit  dem  fünfEigaten  Jahre  etwa  beginnt  die 
dritte  Periode  dejs  ßrahniancnlcbens.   »»Wenn  der  Haasvater  seine 
Haut  sich  runzeln  und  sein  Haar  sich  bleicheo  siebt,  und  seiner 
Söhne  Kiader  achant,  ao  siehe  er  aioh  ia  den  Wald  awOch;  ver- 
sichtend aif  alles»  was  er  bealtst«  nad  aefaie  tettin  seiseB  Sttaea 
anTertravend«  gehe  er  allein»  eder  er  lasse  aaA  s^we  Mtin  iba 
begleiten.^  Br  geht  in  den  ehMamsttn  Wald ,  nar  gewstttss  Fsner 
und  OpfergerKthe  niit  sich  nehmend,  uod  lebt  da  nur  ton  wflies 
Wiir/.elii,  Kräutern  und  Früchten,  in  Thierfelle  oder  Bastkleider 
gehüllt,  läset  Haare.  Bart  und  Nägel  wachsen,  in  tiefste  Betradi 
tung  versenkt  und  die  Veden  lesend.    Der  Speisen  muss  er  immer 
weniger  sa  sich  nehmen,  täglich  nur  eiomnl.  oder  nur  alle  vier  oder 
acht  Tage  einmal.    „Er  aoü  aaf  d#ai  Bodos  sich  wäUen,  oder 
tagelang  aaf  den  Fnssapitsea  slshe»,  eder  hesündig  ahwechseiid 
aalatehoB  «ad  aicb  wieder  satsan.  In  der  Mssen  Jahteanait  soll« 
er  sHsea  ia  dar  OInth  Tsa  ftaffeMra  (viar  am  Iba,  and  die  Soaae 
vea  shan);  in  Regen  soll  er  (Commenfar:  gans  naeht^  den  StHtaMa 

-der  Wolken  sich  au^üctzcn;  in  cier  kältet)  Jahreszeit  soll  er  nasse 
Kleider  tragen.  Durch  trduUiuug  iiiiiaer  härterer  Peinigungen  lasse 
er  seinen  sterblichen  StofTsich  verzehren.  Er  «oU  leben  ohne  häus- 
liches Feuer,  ohne  Obdach,  in  völligem  vSchweigen,  frei  von  jeder 
'  sioolichen  ]>9eigung,  keusch  wie  ein  SsMecy  scblafend  aaf  der 
.  «Mfcton  JErde«  haasaad  aolar  daa  BaniHral^ala.  IM  waaa  aaa 
Siacbthaai  Iha  «rgiulft^  aa  masha  er  aink  aaf,  und  «threita  Ia  gnrfv 
Richtna^  aaeh  Noidoalea  fiirt,  afeh  attvaad  faa  Waasar  aad  l«ft» 
hls  seia  aterhüehcr  Leib  svsaauaeahricM  «ad  aaiaa  Saela  aiah  t«^ 
eint  mit  Brahma.  Wenn  er  seinen  Körper  so  allmähÜcb  serstörtbat, 
und  Ire*  vo»  kuamier  und  Furcht  geworden  i^t,  so  wjrd^  iu  ti^r 
Wohnung  Brahnia's  mit  Eiiren  aufgenommen. " 

Gelingt  es  dem  Brahmanen  aber  durch  solche  Qualen  nicht,  ^< 
l^iasaidasew  m  ertfidtea,  as  tritt  ar.io  aeiaa  mwkt  Mtä^  is  die 


371 


des  GreiscnalterB.  Da  vorwand^jit  sich  die  nctivo  Selbstpeinigung 
in  eioe  pa^tsivü;  der  liraiHnane  wird  vullig  L;loic}igiiltig  ^egeo  alles, 
auch  gegen  die  Kultushandiungeo;  er  tut  nicht  mehr  Mensch,  er 
tat  Pflanze;  er  brii^t  keine  Opfer  mehr,  „ruht  gänzlich  in  dem 
b^obrtea  Wesen«  entsagend  jeglichem  Gefühl;"  er  ist  ein  Le]i>endig- 
Miar;  er  hat  die  jSdiidd  des  DaaeiM  ahgetngM«  fiir  üm  iat  io 
A&r  Wdt  ■kbt»  nelr  um  thmi  lUHjgf  er  Iii  Ittr  alle»  abgealsrIieD; 
»er  vfMMke  aiebt  de«  Tod,  er  wtteedie  lUt  dee  I.ebea.'<  Mit 
Meeeai  Waeaergeite  «ad  eioeai  Stabe  waadelt  er,  iimner  allem, 
bettelnd  umher,  schweigend  und  ohne  die  Dinge  um  sich  her  anzu- 
blieLeo,  nur  das  einsilhige  Wort  ^tili  murmelnd  und  betrachtend. 
Ohne  Feuer  und  ohne  Behausung  £;ebt  er,  wenn  der  Hunger  ihn 
quält,  in  die  Dorfer;  gleichmütbig  gegen  alle«,  was  ihm  begegnet, 
betifibt  er  »Ich  nicht,  wenn  er  nichts  erhält,  und  freut  sich  nicht, 
wenn  er  babooHBt«  iwd  aelgjk  beim  Betitln  nie  eine  Aebeade  Jdiene. 

ImM«»  «eiee  ScMtle  lefai,  betvaeblcad,  wo  er  aebeii  Feea  bin* 
ästet  (wm  alebte  Lebendea  n  tfidtee)«  imd  das  Wasser,  welebea 
er  tibbt,  eaüie  er  duroli  eb  Meeatncb.  Beleidigungen  aell  er 
gleicbmtithig  ertragen,  Nienand  hassen  ned  Niemand  verachten; 
einzig  über  die  höchste  Seele  nachdetiLend,  ritzend,  tjirhts  bedür- 
fend, frei  von  jee^lichcm  sinnlichen  Verlangen,  völlig  einsam,  lebe 
er  so  in  Erwartung  des  ewigen  Heils;  er  vermeide  e^,  irgend  einem 
ielbeaden  Wesen  ein  Leid  zu  thun.  Wer  sich  so  allmählich  von 
aller  Liebe  zur  Weit  befreit,  und  uneayfiadlich  geworden  ist  liftr 
■IkM,  irird  Ob  ktammt  Teracblengee  le  Bmbeia/' 

Geea  ibeliohe  Vcneebrlftee  gebe»  apftteve  Cleeete.  „Im  SoA- 
ner  entebee  ftal  Feaein  rerweUead,  In  der  Rd^audt  auf  dem 
0|»fen^etse  rabend,  im  Winter  fai  aeaae  Gen^Ander  gekleidet,  ibe 
der  Einsiedler  Busse.  Ob  ihn  Jemand  mit  Dornen  stiebt  oder  mit 
Sandel  salbt,  unerzürut  und  unerlreut,  gleichmiithig  ^esen  dieses 
und  jenes,  Iiänfe  Feuer  auf  sich,  wohne  unter  Bäuiuen,  essa 
wenig;  —  Ton  der  Luit  lebeod  gehe  er  io  Doidüsilicher  Richtung, 
fai»  nein  KSrper  aufgerieben  Ist/*»?) —  „Der  reebte  Weiae.ist, 
^trer  Tülilg  aaobt»  eatpindaegslos,  kms  mi  dee  Weg  zum  wahren 
Brebma  gericblet,  eer  «m  eebi  JLebee  ae  IMee  bettell*  flelebgül- 
ob  er  flipeiee  eiWl  oder  nkbt,  bl  eleem  leere«  Haeie  wohnt 
e4ar  b  ebMm  Tempel  oder  am  feetfe  ewea  Banee  oder  an  einem 
Ameiaeahiigel  oder  in  einer  HOble  oder  in  einem  boblen  Beome, 
oiine  irgend  ein  Begehren,  ohi^e  iriiend  einen  Besitz,  auf  dem 
hTichsten  Pfade  des  reinen  i^innens  in  die  Betrachtung  vertieft  und 
durch  l^tsagung  seinen  Korper  ganz  aufuielit.  "  ss)  —  „Weleher 
Weg  ie(  fib  die  JogH  ^  Sehe,  Weib,  Freunde  etc.,  das  ;$tudium 

u* 

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der  Schrift  und  alle  reli^insen  Gebräuche  aufgebend,  und  das 
Brahma -Ei  |ilie  Welt]  verlassend,  nur  einen  LendensrfifTtel.  rineo 
Stock,  eine  Decke  und  einen  Top!  tragend,  bettle  er  sie  ii  so  viel 
SpeiRe  al8  gemig  iflt,  um  sein  Leben  fristen  m  können.  Aber 
«Ätt  ^ann  Ist  tit  noch  nicht  auf  der  hUchsteo  Stnfe;  aidi  liei  liOi- 
^engMel,  dea  QMk,  die  Deeke,  des  Topf  gel»  er  auf)  weder 
Kilte  noch  Hltaet  weder  Frende  eock  Sebmets,  weder  Bhre  Mch 
Acbteog  berflbreo  Ifce;  Tadel,  Stok,  Neid,  Hass,  Unleet,  Wuuch« 
Zorn ,  Freude  ete.  «elen  flmi  fem;  er  belraebfe  seinen  Leib  all  ^ 
stinkendes  Aas,  halte  seine  (iedanken  von  allem  Irdischen  fern, 
und  hiefte  sie  stets  auf  den  Atma  allein,  seine  Identität  wiit  dcmwl« 
ben  (erkennend,  —  —  Die  L\ift  ist  sein  (ieivand:  nicht  verneigt 
er  sich  vor  deo  Gottero,  noch  ehrt  er  die  Pitar  (Vorfahren);  er 
lobt  die  Menschen  nicht  und  tadelt  sie  nicht;  Denken^  Betea  ader 
irgend  eia  Ziel  ist  aiebt  iät  ibo  da,  er  iat  weder  lob  noeb  Ihi. 
Md  «od  detgleicben  aebve  er  nkbC»  vud  <eba«e  ea  €lMrbailpt  gar 
nicht  aa;  wenn  er  ea  aaacbaiiC  mit  Begier,  so  begeht  er  %lae  gleicle 
Sttsde,  ala  eb  er  eine»  BrabameB  getddtM  tiMle.  —  ^  Alle 
Wgnsebe  halte  er  sidi  hm,  im  Sielmeni  werde  sein  Geist  afcit 
beweist,  im  Wohlsein  freue  er  sich  nicht;  stets  sei  er  gleichgültig 
in^S!;pn  Gutes  iind  l^^»ses  und  beherrsche  alle  seine  Sinne;  er  rnht 
im  Atma  allein,  und  in  dem  Gedaakeo:  icb  tun  eins  mit  dem 
Brahma,  iat  er  zufrieden/' 

„Wer  seine  Gedanken  behenracbti  frei  Ten  JegUeber  Attblns* 
liebkeit 9  eioaam  lebt  In  abgeiegwier  CSegend,  nicbta  gemleeat  als 
Wae  daa  Alaeaen  Ibn  bietet,  Iat  ela  Aettler;  er  akae  «n  eines 
reine»  Orte  grade«  mbew^glleiiy  hniner  In  deMeiben  MNong,  and 
wiederhole  daa  Ama;  er  hemme  «einen  Atbem  tmd  tfehte  nebe 
Augen  auf  seine  Nasenspitze,  bis  sein  Herz  aul  jedes  Begehren 
verzichtet.  .  .  l>cr  Asket,  welcher  sein  Herz  beständig  solchen 
Übungen  unterwirft,  gelangt  schnell  dazu,  es  zu  vernichten, 
wie  ein  Feuer,  dem  man  das  Holz  entzieht.  Das  Herz,  welches 
nicht  mehr  berührt  wird  von  der  Begier  oder  von  irgend  einer  Lei- 
denacbaft,  in  welefaem  Jede  ThMigkeit  erieecben  let«  Iat  feneibln 
'  aiebt  mehr  im  fitaade,  ateh  jmi  erbebea/'^) 

Die  delbatpetnigang  Iat  QbrlgeDa  uMit  bleea  ala  die  liMMe 
«ad  leiste»  daa  Leben  abaehKeiamide  fttafb  dea  BiahmaoenUheaa 
anf^eordnet,  «ondern  man  fibt  sie  anch  zur  Erlangung  eines  Wun- 
sches von  den  Göttern  \ nriihergehend  aus,  und  kehrt  nachher  wie» 
der  zu  seinem  gewöhnlichen  Leben  zurück.^ 

DaRs  diese  Vorschriften  ihre  Erfillluog  fanden,   w^rd  durch 
Zeugen  au«  alter  und  neuer  Zeit  hekoadet  —  Megaatbene»  iMikb- 

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373 


tet,  das«  „die  Weisen  in  einem  Haine  vor  der  .Stadt  Icbeu,  auf 
Stroh  und  Feilen  sich  lagermi,  >?ieh  alles  Lebende«  und  des  Bei- 
schidüfr  eatbaltend/'^^^)  Der  liraluiiaue  MaDdanis  erklärte  deoBoteo 
Aiexauders,  die  he§iQ  Laiire  sei  die,  welche  Freude  und  Schiuen 
?«•  .der  Seele  entfiirMli}  und  aU  man  Umi  tan  fiUdo-atea  nod  andern 
gvMiinclien  Wekn»  «pmdib  nntwofleto  er:  „ich  glbalie  geni,  daM 
nie  Aber  aUen  Andere  vfminftig  dachten;  in  einem  aber  fohtleii  aie, 
di^n,  dana  nie  die  6itte  Ober  die  Natnr  netetea;  aonat  liStten  sie 
aich  picht  geschämt,  nackt  wie  leb  eioherzugebeD  uod  von  schlech- 
ter Kost  zü  leben;"  dann  >vird  das  Betteln  als  gebräuchlich 
erwähnt. "^^Ji  <Strabo  erzählt  nach  Aristobul,  dass  die  Brahmanen 
sich  nackend  der  Sontie  und  dem  Regen  aussetzeo,  oft  den  ganzen 
Tag  abwechselod  auf  eioem  Beioe  stehend  ein  schweres  Uoia  mit 
heideBllinden  ,em|K>rh alten  nach  PÜnina  atnben  die  Gymnoso- 
ffcinlen  tegiiang  anl^.  einer  Sidiet  mit  -  nnferwandtein  Blich,  die 
Mmmt  aMhamendU*^  INe  Amber  berichten  ton  indiacbeo  A^^e- 
Um,^  iviMe  ihNn-  Urfttr  mit  einem  eiaemen  Reif  umgürten,  ein« 
aiedleriaeh  leben  nnd  gana  naekt  gehen, 

Iii  oeuer  Zeit  haben  die  Asketen,  besonder«»  im  Dienste  des 
^iva,  in  scltöuni  erdachten  Selbstquälereien  eine  traurige  Berühmt- 
heit erlangt.    Bekatiut  sind  die  Hakenschwenkungen ,  wo  niau  öich, 
eiaea  eiaerneo  Haken  in  den  Rücken  eingebohrt,  an  einem  Seile 
fiber  einem  Fener  hin  und  her  schwenkt*^)   Wir  «rw&hnen  nur 
.eiMge  von  Amgennengen  beknadoAe  Pefangnngen  anderer  Art  £in 
Bdahmabe»  nur  von  BlUch  und  wenig  FrOdMen  lebend,  aaaa  Tag 
andNailit»  ancfc  im  Schlaf,  anf  deraeiben  Stelle,.  Idee  mMvmelnd, 
etniita  aMi  biawdlan  halbe  Stnaden  lang  anf  den  Kopf,  hing  sich 
mit  den  Füssen  verkehrt  ganz  nahe  über  einem  Feuer  auf,  über 
welchem  er  sich  eine  halbe  Stutide  lang  hin  und  her  sclnvenkte  und 
es  mit  den  iländen  anschürte;  ein  anderertrug  ein  vieruiid/\v an/i^ 
Pfund  schweres  eisernes  Gitter  um  die  Schultern,  das  senkrecht 
ai»er  aainep  Kopf  hinausragte;  aadere  scbleppleo  schwere  Eisen- 
fctfiteo  an  dea  Füssen  oder  auf  den  Schnltenif  gingen  In  Sahuhen, 
iD  ^^nen  eieeme  Spitien  hbMinrehgeachiagnn  waren,  ao  daaa  jeder 
nrhritt  BIntepliitn  anrOeblieaa;  einer  hatte  nich  mit  einer  Kett^  an 
efaien  Btam  angonrhrnindet;*»)  bei  einem  andern«  der  die'  Arme 
beständig  über  dem  Kopfe  hielt,  waren  die  Migel  in  <fie  Finger 
gev*  acbsen.**) —  Ein  Jogi  sass  vier/Ji^  Tage  lang  /wischen  „den  fünf 
Kencrn"  unter  grossem  Zulauf  von  Menschen;  bei  SonnenaufKung 
setzte  er  sich  auf  ein  Gerüst  und  betete,  stellte  sich  dann  auf"  ein 
JBein  und  blickte  starr  in  die  Sonne,  wübreud  au  den  vier  Jbiicken 
im  Cierüatea  f^nelr  angckOndel  wurde«,  jeden  hinaticbend,  nm 


Digitlzca  Ly  Gu^.' . 


374 


einen  Ochsen  zu  braten.  Dann  stellte  er  sich  aaf  den  Kopf,  mit 
grade  in  die  Luft  streckten  Beinen,  und  blieb  in  dieser  StelloDg 
drei  Stunden  lang,  und  sass  dann  mit  gekreuzten  Beinen  bis  Sonnen- 
untergang. 60)  —  Tavernier  berichtet  von  Asketen ,  welche  jahrelang 
Dtekt  unter  einem  Baume  standen,  und  beim  Schlafen  sich  nnran 
ein  von  dnem  Ante  hemüterliftogended  DoppeMl  ieiintea,  oder  die 
Arme  no  lange  in  die  Htihe  gentreekt  hatten«  daae  nie  nie  aieht 
melit  lieniBterbfiDgen  iLonnten  and  die  Migel  ao  lang  wie  die  Hager 
vraren ;  andere  ataadea  immer  fort  auf  einem  Feaaei  die  Nalraag 
wurde  ihnen  Von  andern  Lenten  in  den  Mund  gereicht  —  Mie> 
bnhr  er«ählt  von  einem  Brahmaueu,  der  viele  Jahre  in  einem  Gitter* 
käfig  sass,  die  HSnde  gefaltet  io  die  Höhe  haltend;  dass  sie 
zuletzt  fast  bewegungslos  erstarrt  waren;  in  den  letzten  Jahren 
'  hatte  er  kein  Wort  gesprochen,  und  stets  die  Augen  auf  die  Erde 
gerichtet;  ein  anderer  trug  stets  eine  schwere  Kette  mit  eineni 
Steine,  «s)  Nach  Tarnera  Bericht  leiatete  ein  Aaimit  daa  Oaiilda, 
awalf  Jabr#  bhidardi  obne  Ueteibieohaag  a«  aCahen ;  «ad  er  Mite 
dieaa  wirlrlidi  doreh;  naddber  wanderte  er,  die  Araw  über  dea 
Kopf,  darob  einen  groaaea  Tbett  von  Aaleni  die  Atme  warea,  elf 
Tomer  ilin  sah ,  ganz  znsarnmengeschrumpd  und  unbiegsam.  ^)  — 
Die  nackten,  »cbmutzig  und  verwildert  aussehenden  Asketen,  denen 
es  in  neuerer  Zeit  niohaniedanische  Schwärmer  nachmachen,  triltl 
man  iu  allen  grösseren  indische»  StÜdteo,  in  den  wuoderlichstco 
und  unnatürlichsten  Stellungen,  sich  schlagend  etc.;  in  Benares 
allein  siad  aber  7000  indiache  Aei^etea  (Faltire)  und  BetHer.M) 
(ivadiener  eradieiBen  an  Featea  mit  aii%eachlitaten  Lippen  aad 
Zangen,  weiia  lieeeer  atacimn,  den  Leib  mit  lebendigen  fihüaagea 

'  wnwuBden.Aft)  Bei  einem  Feate  geilt  eine  PiraeeaBion  gegen  40  faaa 
weit  l>atlbB8  auf  gifibeadea  Kobleb.^«) 

Die  bis  in  die  Gegenwart  oft  vorkommende  Sei  bsttödtnng, 
als  letzte  Stufe  der  Selbstpeinigung,  ist  den  Veden  uml  dem  Manu 

-  fremd.  Am  tjärhsten  ao  dieselbe  anstreifend  ist  Manu's  Ccbnt: 
„wenn  sich  sein  Ende  nähert,  so  ttbergebe  der  König  seinem  Hohae 
die  Regierung  and  suche  seinen  Tod  in  einem  Kriege, "^t)  wobei 
der  Commentator  liinzull^ft:  ,,oder  weaa  kein  Krieg  iat,  «laibeer 
darck  Hanger;**  aad  für  die  Selbatrerbimmang  ala  eiaea  Opfeia 
aehefait  die  Mimaaaa  eiaige  Anknüpfimgapaakta  geboten  aa  kabea  ^ 
^  Daa  aiteete,  wirkiloh  bekundete  Beiapiel  dea  reÜgiaaea  Mbst- 
mordea  iat  die  beirannte  That  des  Brahmanen  Kalanos,  welcher 
den  Alexander  nach  I^ersien  begleitete,  und  in  Pasargadae  ,.nach 
väterlicher  Sitte  den  S<-hciter}iaufen  besteigend,  starb."  Ein 
anderer  Bralunaoe»  der  mit  einer  deaandtacirnft  aum  Auguatui» 


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375 


reiste,  ».verbrannte  sich  in  Athen,  indem  er  lacherMl  uud  nackt  auf 
eiuen  Scheiterhaufen  sjiran»;** ''O)  und  Strabo  berichtet:  ,,K.raiik> 
heiteo  des  Leibecr  baiteo  sie  lür  das  Schimpflichste;  wer  «eiche  ao 
■ick  bemerkt,  entzMl  sich  dem  Leben  durch  Feuer;  er  errichtet 
eiMB  jScMteilMiite»  eelbt  eich^  und  Terhreoel  eld^,  oluie  eich  la 
rümti.''*!)  lodeee  eikUbrt  der  kvodlgele  der  gfiedbischeii  Berichs 
eratatter,  M^eetbeeeet  ^  ISngere  ZeK  in  Indteo  lebte,  es  eei 
,,olclit  eine  Lebre  bei  deo  bdiecheo  Weiseo,  eich  eelbet  zvt  tSdten, 
%ieiniebr  wurden  diejenigen,  welche  diess  thäten,  für  unreife  Jüng- 
linge gehaiteij;  sol«  lic%  die  von  Natur  hart  ^ind,  stürzen  i»icb  in  ein 
Sclnvert  oder  in  einen  Abgrund ,   diejenigen  aber,   welche  die 
Schmerzen  scheuten,  spriui:«  r»  in  Waasertiefen;  andere  erhängen 
eich  oder  stürzen  sich  ins  Feuer;  zu  dieseo  gehurte  Kalanos,  ein 
nagesfigelter  Menech  ImtaXuOtog],    der  an  Alexanders  Tafeln 
beebtedieMte  tbft|^  daber  wiinle  dieeer  getadelt.'« — >  Der  reli- 
gitae  Selbetnerd  wer  elee  im  viettee  Jabrb.  ?or  Cbr.  oicbt  selteo, 
w«rde  aber  oocb  ab  Aneartoog  betraditet;  und  als  eolcbe  galt  er 
deo  ViecbeoTerebreni  oocb  io  oDaerem  Mittelalter.  ,,Der  Asket 
verlange  nicht  den  unvermeidlichen  Tod,  sondern  er  erwarte  den 
Augenblick,  welcher  durch  die  Zeit  bestimmt  ist."ö3^ —  Der  König 
Sodraka  im  zweiten  Jabrh.  nach  Chr.  verbrannte  sich,  100  Jahre 
alt,  seihst,  und  diese  That  wird  in  dem  Drama  Mrichchakati  seht 
gelobt.^)  —  Der  arabische  Schriftsteller  Massudi  (nach  0 00 j  be- 
achtet ale  geiifirt»  „dass  die  lodier  oft  von  weither  an  deo  Gange* 
fVBiMbfarton,  an  acbroffen  Feleen,  an  defen  Abi»Bg  Schwerter  nod 
Dolche  anfgeriditet  werden,  sich  hlnabstSnen  and  so  serfleisclil 
I»  den  Ganges  stOnen.*'^}  Andere  Araber  bestätigea  es,  dass  die 
Indier  sieb  oft  selbst  Terbrenoen  oder  sieb  in  den  Ganges  stiirsen.  ^) 
la  neuer  Zeit  haben  die  freiwilligen  Tödtungen  eine  solche  Aua- 
dehniing  erreicht,  dass  die  englische  Regierung  dagegen  einschrei- 
tet; besonders  pflegen  sich  bei  der  Procesßion  des  Dschaggernat 
£lürischua]  die  Frommen  von  den  Hadern  des  heiligen  Wagens,  auf 
dem  das  Götzenbild  steht,  zermalmen  zu  lassen;  und  noch  1847 
nmsste  die  bewaffnete  Macht  einschreiten»  um  die  unter  die  Räder 
mUh  diAngende  Mfl»ge  aeridaabalten,  nnebdem  Hlnf  Menschen 
'  barelts  «iler  AamAang  das  Vischnu  sich  hatten  sermahMn  lassen.  <^ 
IKMelbe  Sitte  wird  bereits  tos  einem  Reisenden  des  Tiersebaien 
JabrhiMiderts  beriditet;  „bei  beben  Festen  ftUirt  man  den  Gatzen 
auf  einem  prächtigen  Wagen  umher,  und  viele  werfen  sicli  unter 
<1en  Wagen  oder  tüdten  sich  in  anderer  Weise,  oft  bis  rweüuuidert 
Menschen."  es) 

iJass  bei  ausgearteten  ^vasektea  die  grausame  äeibstqiUUerei^ 


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m 


duMli  fr«ldi6  der  dott  der  VerneiMlg  getfirt  wird,  mußt  liUweUeo 
hk  wilde  Uiuniebti  welche  eieh  &«f  eeiae  Bedenlwg  aleZeaguegilgeCt 
besieht,  amsehlageo  km,«»)  liegt  ie  der  Natur  der  Sadie;  iadeM 

findet  sich  dtess  selten  erwähnt,  und  zum  Tbeil  zweifelball. 

*)  Benfey,  G1n<;sRr  z.  Samav.  S.  78.  —  »)  YajiiÄV.  HI,  15«.  —  •)  M.  II,  B3. 
in,  217.  —  *)  Maudnkya-Upaa.  b.  Wind.  1450.  —  »)  Amritaniuiu - Upüu.  b. 
Wind.  1459.  —  •)  Eben^.  1459.  —  Maua,  II,  71.  —  •)  Ukdxl  V,  5  flf.;  Y^il  I, 
167  etc.  —  ')  (>tapatfift.Bra]imaii»,  in  Weben  Ind.  Stnd.  I,  168.  **)  WOm, 
Theeter  d.  E.  I,  91.  —  ii)  M.  IV,  ISS.  —  <*)  M. m,  »SO.  ^  >•]  ▼>  19*«^ 
<«)  Snrlttl  n,  ft;  m,  9.  17  ete.  —  IPn^-UpM.  b.  WM.  (i.  IStei  ~ 
••)Aiiiifta!vfaiA«-XIpsa.t— 6hiWebanLiA.8t.n,  60.  ~>  Bbi8.GilA,]1, 17; 
VI,  4.  —  »•)  Bbciil.  Xn,  la.  17—19.  —  Tejovinda-Üp,  8.  4,  in  Webers 
Ind.  Stud.  n,  63.  —  •»)  Bhagavata  -  Puraua ,  V,  5,  1  —  12  (Burnouf,  tom.  II, 
p.  345  etc.)  —  »0  Ebeml.  VII,  13,  33—44.  —  »»)  Ebond.  VIT,  14,  4  —  13.  -• 
•>)  I  Mundaka-Upan.  II,  12.  b.  Wind.  S.  1700  etc.  u.  Polcy.  —  **)  YnjnaT.  m,  160. 
—  «»)  Xurika-UpaTi.  34.  in  Webers  Ind.  St.  II,  173.  —  ■•)  Katbaka-Up.  II,  10.  — 
•»)  Bhagav.  Purana,  VIT,  15,  47.  —  *•)  Bbag.  Gita,  II,  49.  51.  —  ••)  Manu, 
n,  190.—  «o)Manu,  Ii,  183—  190.—  Kamay.  I,  43,  14.  15;  I,  44,  1.  2. 
(Schlegel).  —  •*)  Bopp,  Sündflotb,  3.  4.  ~  •>)  SakuntaU,  y.  Meier,  8.  148.  — 
•*)  Bbo«.  Por.  V,  5,  S8^34.  —  ICann,  VI,  1  —9«.  —  »•)  Kmiu,  VI,  33  — Bl. 
~~  •«>  Tii^iMT.  m,  58—55.  <-  *•)  Jebala-tTpML  b  Webers  Ind.  Stnd.  H,  77.  — 
<•)  ParanabaiiM-ITpeiL  Sbend.  n,  174$  tgL  178.  —  Bhigttr.  VU, 
fli.  18,  80—35.  —  * I)  8«w!til,  1  (Bopp).  —  «*)  Utgu^  iam.  41  (Sohraih.) — 
«»)  Strabo,  XV,  1,  615.  —  Ebend.  XV,  1,  61.  63.  -  ♦»)  Plin.  h.  nat.  VII,  8. 
^  «•)  K  inaufl,  Mem.  293.  —  *»)  Abr.  Roger,  Offene  TbOr  z,  d.  Terborg.  Hö- 
dcnth.  1CG3.  S.  393;  Sonnerat,  Reise  I,  204;  Orlich,  Reise,  II,  184.  271.  — 
*«)  Roger,  S.  408—412.  —  *»)  Bald&ixs,  Beschr.  1672.  S.  493,  —  »<>)  Fryer, 
travels,  p.  103.  Mill,  Gesch.  des  britt.  Ind.  I,  295,  —  »»)  Tavemier,  voy.  1679, 
n,  421.  —  »«)  Niebnhr,  BeiBebeschr,  n.  Arab.  II,  72.  73.  —  »»)  Tnrner,  R,  n. 
Butan,  T.  Spreagol,  S.  113.  —  •*)  Ürlich,  Keisö'iu  Gäimd.  I,  54;  H,  142.  137.  — 
Ebend.  II,  271.—  Sonnerat,  R.  II,  807.  —  «0  Kftna*  IX,  323.  — 
Colebrooln,  Essais,  p.  146.  —  **)  Strabo,  XV,  1,  64^  68;  Anten,  Exp.  Vn, 
8.  8;  ICegasth.  fragm.  44.  46.  55.  (Schwanb.)  —  **)  Sinbo,  ZT,  1,  Tl.— 
•t)  SbeBd«  XY,  1,  68t.  —  **)  Fh«iB.  «4.  —  •*)  Bhag»  Por.  Vü»  18, 
•«)  WOsoa,  Tbmu  d.  EL  I,  77. 80. »  ••>BetaMid,  Ute.  wt  Ktad«»  ÜOl  — 
•*)  Ebend.  396.  —  Sonnerat,  Reisen,  I,  190;  AaslanA,.  1847,  &  1051;  Odieh, 
Reise  n,  183.  —  ««)  Mandeville  (1372)  in  RecnjeU  des  TOj.  im  Tart  1789,  p.  18.  — 
•*)  Wilson,  in  Asiat.  Bes.  XVU,  284.  228. 

§  11«. 

Die  bisherigen  Kultushandlungen  bezogen  sich  schlechter- 
dings nur  auf  das  Verhältniss  des  Menschen  als  eines  Einzel- 
wesens zu  Gott  als  dem  Allsein,  und  gar  nicht  auf  seinen  sittiichea 
Zustand.  Sic  wollen  eine  Versöhnung,  aber  diese  ist  von  kos- 
mischer, nnd  nicht  Ton  sittlicher  Art;  nicht  ein  durch  sittliche 
Sohllid  entetändener  Zwiespalt  swieche»  dem  MenMiien  and 
eeinein  Gott  soll  gesfihnt  werden,  sondern  der  im  Weeen  der 
Weltbüdong  liegende  Untenchied  xwieelieii  dem  «ragtUichea 


977 

EiBBeifPMffii  aad  äm  »Im  UfgtwAe  s4itt  aufgehoben ,  und  die 

Klult  zwischen  Gott  und  der  Cicatur  ausgefiilU  werden.  Diass 
geschieht  aber  durch  Aufhebung  des  Einzeldaseins.  Von  einer 
Verscfaaldnng  des  Menschen  kann  hierbei  keine  Rede  sein;  der 
Mensch  büMt  wht  £ur  «eine  äiinde»  sondera  hüchAtens  Hur 
sein  Dasein* 

Ganz  verschieden  von  dieser  Selbstaofopfenmgy  die  mit 
lern  aMtfiaheii  Znataiida  dea  Menaehen  gar  Bichla  te  Ünuk  hat» 
kt  widdieha  Baaae  für  begangene  Sfiade.  Freilieh  tritt  das 
Schridbewnaafeip  yar  jener  anderen  kesniisehen  Selbatver- 

leognong  sehr  in  den  Hintergrand,  freilich  verschwindet  vor 
dem  Unrecht  des  Daseins  das  Unrecht  der  Gesinnung  in  blasse 
Farben,  —  und  der  schärfer  durchgeführte  Gedanke  der  pan- 
theistischen  Weltanschauung  hebt  zuletzt  so<!;ar  den  Begriff  der 
Sunde  überhaupt  auf  [§  lOS],  aber  das  volksthümlichere,  na- 
tirliche  Bewusstaeia  wird  denn  doch  durch  die  aohnekieBde 
Scharüa  dea  Syatema  nidii  ertSdtet,  and  der  Indter  wM  aich 
iner  aittUehen  Schnld  viellaeh  bewmt.  Filr  die  Bfleiangen 
•okhar  Schnld  bleibl  ailenünga  kanm  noeh  etwaa  andeiea  fibrig 
ala  aymlioliaehe  Andevtangen,  da  die  eigentliohe  Aakeae  alle 
Weisen  der  Selbstpeinigun^  bereits  f&r  sich  in  Beschlag  genom- 
men, und  die  wirklichen,  auf  einer  Schuld  beruhenden  Büssuu- 
gen  fallen  daher  der  Form  nach  vielfach  mit  den  asketischen 
Handküigen  xoaammen,  aber  die  innere  Bedeutung  ist  doch  eine 
gana  verschiedene.  Da  übrigeaa  nur  die  wenigsten  Menaehen 
iKa  wirUaohe  Askese  vollbringen»  so  bleibt  für  die  Menge  die 
Aawendnag  qu&leader  Bfleanngen  fifar  aittliehe  Sehnld  anr  Ver- 
fögung,  wAhiaad  die  eigentüefaen  Aaketen  ala  Tagendideale  gar 
Iceiae  Soh«ld  abaabteen  haben;  ao  daaa  hi  Whrldiohkeit  die 
Bedeutung  der  verschiedenen  Selbstpeinigungen  sich  nicht  leicht 
verwirren  kann.  Die  Sache  steht  also  so:  die  strengen  Brah- 
manen  büssen  für  keine  sittliche  Schuld  und  bedürfen  der  Busse 
nicht;  wer  aber  für  wirkliche  Schuld  büsst,  ist  kein  wahrhaft 
frommer  Brahmane;  was  ein  weiser  Brahmane  etwa  Sündlichea 
gedban,  daa  wird  anfgehoben  mit  der  rechten  Erkenntniss,  dass 
«MMer  Bmhna  allea  niehtig  iat  [$  110]$  der  Weiae  bedaif  keiner 
andeute  Bnaae  ala  derErlienatniaa;  dAe  Bfiaanngen  gehören  nur 
den  aar^sen  Volke  an,  daa  noch  nicht  anf  der  WBike  der 
Eifcenntnisa  steht 

Die  ßüssungen  bestehen  theils  in  symbolischen  Handlungen, 
das  Ablegen  der  Sündhaftigkeit  andeutend,  —  die  Reinigun- 
gen^ den  nieiatenKakaahandlnngen  al«  weihende  Vorbereitungen 


378 


Torangehend,  —  theils  in  wirklichen,  freiwillig  übernommenen 
Bus  SS  trafen,  einer  Zahlung  an  die  waltende  Gerechtigkeit. 
Von  der  eigentlichen  Askese  unterscheiden  sie  sich  dadurch, 
dass  jene  einen  mehr  negativen,  diese  einen  positiven  Charakter 
luilieiii  in  der  Askese  eatsagt  der  Meneoh  siek  seUwii  in  te 
Busse  straft  er  sieh« 

Die  Relaigungen  bei  alleo  religiSsee  Hsedlasgeii  sM  le  den 
Ciesetriiieheni  sehr  genau  vergesehilehett.  i)  Bei  der  CSehmt,  dos 
Sabnee  aad  dem  Tede  eiaes  Kindes»  se  wie  bei  der  Anlbabai«  dee- 
selheo  in  die  Kaste  müssen  seine  Verwandten  soldie  Reini^nfKen 
vuniehmeD;  ein  Toilesrall  macht  alle  ArjL;eliorii^en  auf  zehn  Tage 
unreto;  ferner  verunreinigt  die  Bprnhruno:  piner  Leiche,  Sameo- 
ergiessung,  die  monatliche  Reinigung  der  Weiber,  Berührung  einet 
Cbandala  oder  einer  Frau,  die  eben  gebaren  bat  etc.^)  DasHaa^ 
mittel  der  Reinigung  ist  meist  Waschen  und  Badeni  beiltge  Tekbt 
[ürftba]  sind  an  diesen  Zwecken  sabMeb  angelegl;<)  an  heehstai 
gilt  das  Badeo  In  dem  heiligen  Gaogesj  —  oder  oiao  nbmni  Wassar 
bi  des  Huad,  beslreieht  sieb  mit  Kahmist,  eder  man  berthrt  eias 
K«b«  die  als  8y«ibol  der  zeogeffdea  Nateikvaft  betllf  Ist,  oder  asa 
sieht  in  die  Sonne  etc.*)  —  Auch  für  die  eigentlichen  Büssungen 
gelten  selir  ij:rri<'iiie  \  orschriften;^)  wir  geben  nur  einiges  daran?; 
die  in  Par(Mithrsrn  gesetzten  Worte  8?nd  spätere  Ziisiifze  und  ErkLt- 
rungen  der  Comiuentare.  „Der  (brafamanische,  ohne  Absieht  lian 
dclnde)  Todtseblfiger  eines  Brahmanen  soll  sich  eine  Hütte  in 
Waide  baoea»  uod  darin  zarOlf  Jafaie  wahaea,  (eiaXatrija  24<iabieb 
ein  Valfja  M  Jabre,  efai  9*dra  48  Jahre)  ebnig  van  Ahtesealebesd» 
aad  alsZcncbea  seiner  Sebald  den  Sckftdel  des  GetOdbBte»  Ifageed;^ 
sder(wean  derSchaldige  ehiXatvIfa  Ist  aad  eloea  abalebtlleheaMtid 
begangen  hat)  er  biete  sich  Bogenschfltzen  als  Zielsebeibe  dar,  «ler 
werfe  sich  drei  Mal  (oder  bis  zum  Tode)  in  ilammendes  Feuer,  oder 
(wenn  absichtslos,  und  wenn  der  Getodtete  werthlosj  er  nantlero 
zu  Fuss  hundert  Meilen,  einen  Vedentext  hersagend,  wenig  essend 
ItOd  seine  Sinne  bezuingend,  oder  er  gebe  alian  sebiea  Besitx 
'  iiaeni  redenlEnndigen  Brahmanen , . .  oder  er  saehe«  ehMMi  nah» 
■  aendf  aar  den  KOhea  aad  dea  Bfafamaaen  Gates  m  Üm,  aad  aai 
'  eine  Kuh  oder  ilfaien  Bnbmaoea  so  rotten ,  oj^fiire  er  aabedeshMi 
sein  Lebeai  derfenlge,  weleher  eise  Kah  oder  elaea  Bnkmum 
gerettet,  sübnt  die  Sflade^  ebien  Brahmanea  getSdtet  wm  habea.^^ 
Er  kann  auch  (wenn  er  selbst  tugeudbal't,  der  («etodtete  aber  scbledd 
war)  seine  Sünde  dadurch  sühnen,  dans  er  dieselbe  in  einer  Ver- 
sammlung von  Brahmanen  uud  Xatrijern  heini  Rossopfer  verküüdigt 
and  akh  mit  den  andsra  Brabmnen  am  £nde  dea  OpSeu  iuMi 

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379 

wobei  man  ihm  eine  Basse  auflegt.  8)    Für  den  Mord  eines  Xa- 
trija,  V  ai^ja  und  (^'iidra  betrairt  die  Busse  uur  den  vierten,  achten 
und  sechszehüten  Theii  der  angegebeoeii. ^)  —  „Wer  (einem  Brah- 
maoeo}  Gold  ^cstohleo,  soll  zum  KOuig  eilen,  ihm  seine  Schuld 
bekemieD  maA  apt eelMo :  Herr  strafe  mich ;  und  der  Kümg  soll  eine 
EiMMtuige  nebmoi  und  ihn  ehimal  damit  sehiageB;  darek  den 
Schlag  iat  der  Scbtddige  tod  seiner  Sdinld  befreü"^  —  „Wer 
die  Fran  seines  geistlidieB  Vaters  bescUafen»  soU,  seine  Sflnde  mit 
lauter  Stimme  Terkfindendt  sidi  selbst  auf  ein  Bett  von  glühendem 
Ei£»eu  legen,  und  ein  eisernes,  glühendes  Frauenhild  umarmen;  nur 
durch  den  Tod  wird  er  gereiniift;  oder  er  schneide  sich  selbst  die 
Schamtherlc  Ljäri/Jl(  h  ah,  halte  sie  in  seiner  Hand  und  gehe  in  gra- 
der Kicbtuog  nach  ^>üdwest,  [wo  die  Unterwelt] ,  bis  er  todt  oieder- 
„Wer  (nhsichtslos)  eine  Kah  getudtet,  soll  mit  gänalisb 
geackaroMm  Kopfo  eiaan  Monat  laag  GersteabrAhe  trUea  «od 
ddk  atof  eiaarKniMreida  nMeitasaan,  bedadrt  mit  dem  Falla  elav 
KiA|  er  waacbe  nleb  ndt  dam  Hata  aiaer  Knb»  begleite  awei  Ma- 
aato  laag  alle  Taga  die  KOfaa,  atbme  dea  Staab,  den  sie  msehan, 
bediene  and  begrflsse  sie,  setze  sieb  In  der  Nacht  zo  iboeo,  uro 
sie  zu  bevvailieri,  bleibe,  wo  feie  hleibei»,  lolge  ihnen,  wohin  sie 
auch  geben,  setze  sieb,  wenn  sie  sich  legen  etc.;"  nach  drei  Mo- 
naten solchen  Dienstes  wird  er  entsühnt.      —    Ein  Brahraane, 
welcher  e'm  tadelnswertbes  Geschenk  angenommen,  muss  die  Gft^ 
tri  3000  Mal  hertagen ,  und  einea  Monat  lang  auf  einer  Kabweide  von 
MUdi  leben.      mWcbb  aia  wladergebarner  Mann  basatMobeada 
Getflakagatiankea,  ao  aoll  er  na^mebr  aagaiffaidetan Sj^iritaa  odar 
kaciMad  bafanaii  IMa  aber  Kab  oder  belaaea  Waaaer  atc  triBk«a«M) 
Aadeva  Baaaaa,  malst  Ar  garingera  Yai^ilian,  siad  folgeade:  ge- 
lindes und  strenges  Fasten  von  drei  Tagen  bis  einen  Monat,  ^  drei 
Tat*e  lang  schweigend  und  nur  heisses  Wasser,  heisse  xVlilcb  und 
heisi^e  Biittor  ijeniesscD,  hundertmal  den  Atheni  anlialten,  —  einen 
Ta§^  lang  ein  Gemisch  von  Butter,  Milch,  Kuhmist  und  Kuhharn 
geoiessen,  und  dann  24  Stunden  fasten,  —  tausendfache  Wiedar- 
iiuimag  beatfaamler  Gebete,  ufleatUobes  Bebeoatniss,  in  die  iSoana 
aHwa,  Afaaaaea  gebea^  — -  aocb  labbafie  Renamid  die  tete  AbsbAt» 
dl«  fiftida  aialit  mabr  an  tboa, »)  —  Oaa  bScbsta  BaialgnaBmaittal 
abmr  bleibt  das  Vedenstadiam  aad  die  Erbanataisi  (S.  901}. 

Wer  nir  seine  Sflnde  keine  Busse  getban,  mit  dem  soll  Niemand 
Gemeinschaft  haben;  aber  nach  vollbrachter  Busse  soll  ifirn  kein 
Vor^vurf  irf'niacht  werden;  wer  aber  Kinder,  Frauen,  Schutzflc- 
kende  getüdtet,  dessen  Gemeinschaft  soll  selbst  nach  seiner  Busse 
geniMea  wardm»  >«)  —  Ufte  gerichtiahe  Biatiaftii%  absicbtttcber 


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880 


Verhrechen  wird  darch  die  Basse  nicht  aufgehoben,  uod  oui  bei 
unwissentlich  begangenen  beireit  di6  Busse  von  der  geseisUcbeii 

Strafe. 

>)  Manu,  V,  57  £f.  —  «)  M.  V,  58— 8ft;  Yajnftv.  I,  182  fif.  —  »)  n<^mm({. 
Mim.  286.  —  •)  Manu,  V,  87.  —  *)  Manu,  XI,  71  etc.;  Ye^am.  III.  —  *)  Maau, 
il,  72;  Y^ju.  m,  243.  —  ')  M.  XI,  73  —  81.  —  ")  XI,  82  —  85.  —  •)  XI,  126.  - 
")  XI,  99.  100.  —  ")  XI,  103.  10  t;  vgl.  Yajnav.  HI,  259.  —  XI,  108-116- 
—  XI,  194.  —  ")  M.  XI,  90.  91.  —  ")  M.  XI,  211  —  227.  230j  Yajnar.  HI, 
306.  312.  —       M.  XI,  189.  190.  —  ")  Yajnav.  HI,  22«.  • 

c.  Die  KMie. 
§  tl3. 

Da8  geschichtliche  Resultat  des  activen  VerhäLtuis&es  zwi- 
schen Gott  uDd  dem  Menschen,  die  Gestalt  des  geschichtlich 
wirklich  gewordenen  religiÖMA  Lebens,  die  Kirche,  mu&s  bei 
den  brahmanischen  iBdiarn  ganz  anders  aAi|i  als  bei  den  €hi- 
neaeiiy  aber  aacfa  gana  .andern  ak  bei  den  weetaaiatkrebei  Vel- 
ken« In  Catiaa  lat  die  nnouttelbere  Wirkliehkek  angleicii  das 
Ideale,  das  Gotteereieh  ist  im  Staate  gegebeoi  zwisehan  Kinfce 
und  Staat,  swfsehen  Hellfgera  und  Pro&nem  fot  da  kmm  Uiter- 
schied;  die  Versöhnung  des  Menschen  mit  Gott  ist  schon  von 
Natur  gegeben,  das  Reale  ist  die  ganze  und  volle  Wahrheit;  — 
in  Indien  ist  die  Einheit  des  Menschen  mit  Gott  von  Hause  aus 
verneint,  das  Reale  ist  an  sich  schon  das  Unwahre,  ist  ausser- 
halb des  idealen,  und  nur  dieses  ist  das  Wahre.  Das  ist  die 
andere  Einseitigkeit.  Die  Chinesen  haben  keine  wtckliehemrcbe, 
mil  sie  kein  Ideales  in  die  Wickiiohkeit  kinbinnabttden»  kda 
Gottesreiek  na  vebtoM  kaben,  denn  alles  WiiU&clM  ist  schon 
idealy  ond  alles  Dasein  ist  sehen  im  Reiche  Gotles;  —  die  Indier 
haben  auch  keine  wirkliche  Kirche,  weil  sie  das  Ideale  in  die 
Wirklichkeit  nicht  hineinbiiden  mögen  und  können,  vielmehr 
alles  Wirkliche  hinausbringen  wollen,  indem  es  nur  dadurch 
dem  Göttlichen  geeinigt  wird,  dass  es  aufgehoben  wird.  Die 
Indier  haben  zwar  ein  grossartiges  religitees  Leben ,  ja  fast  ihr 
ganzes  sittliche  und  staatliches  Leben  geht  in  den  Kultus  aaf, 
aber  sie  Imben  hieht  ehie  eigentlinhe  gesehiidifeKeke'CreslaksBg 
dieses  religiösen  Lebens,  nieht  eine  eigentliohe  Kirahe»  dieak 
bleibendes  nnd  wahrhaftes  Resnitst  desselben  na  betrashm 
•w&re,  denn  der  Sinn  del*  Indier  geht  ja  grade  aus  der  wirkliches 
.Welt  hinaus  in  das  übervveltliche  Ursein,  und  das  wahre  und 
letzte  Resultat  des  Kultus  ist  !j;rade  das  Aulhebeu  des  weltlichen 
Daseins.  Die  indische  hLirche  ist  nur  ein  blasser  Schattet»  itu 
Veii^leifik  mit  der  uageheucen  Olacht  der.reügi^iiea  Idiee. 


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S8t 


Reich  Gottes  ist  hier  nicht  nur  nicht  von  dieser  Welt,  soad^m 
Mibcriiaiiptinclltiii  der  Weit,  kt  schlechter^ttgs  ImMfer 
selbn,  ffatMigt  mtk  mil  allem  weltlidien  Sein  jgu  oioltl;  m 
kMMBl  irfflbft  in  die  Well,  eoadeni  ee  fingt  grade.da  «n,  im 
diese  auftSfti  an'  aae  den  Trftmme»  der  Weh  eriianC  stell  M 
walire  KMie.  fiel  im  CkrlirtentiHmi  Gott  die  Well  aifto  ^liebt, 
dem  er  ihr  seinen  eingebomen  Sohn  gab,  so  liebt  das  Bialiniu 
die  nichtige  so  wenig,  da&s  es  seinen  Geist  aus  ihr  zuFÜckzlühu 
Eine  Kirche  ist  eine  a;eschichtliche  Wirklichkeit,  aber  der  Indier 
wendet  von  dieser  sich  ab,  Juit  kein  Interesse  für  irgend  etwas 
Geschichtliches. 

iadesa  ist  auch  Mev  im  Volksbewusstsein  die  Schärfe  des 
TerneineBden  Gedankens  abgeatonfft;  «ad  wie  das  Volk  Iroli 

aar  WeMengnmig  fthrenden  Idee  denaocik  die  Welt  ala 
wnklieli  anerka— t,  se  erkennt  es  nach  eine  kiceMieba  GtoataU 
tnng  des  reÜgtAsHi  Bewnsstseias  an;  es  wird  damit  ireiKidt  ntdbt 
Emst,  und  der  innere  Widerspruch  gewälui  der  Kirche  nur  eine 
kümmerliche  Entwickeiung. 

1)  Die  Menschen,  welche  den  Kultus  und  die  daraus  her» 
Torgehende  kirchliche  Thätigkeit  vollbringen,  die  pries ter- 
liehen  Personen,  sind  in  der  Consequenz  des  Gedankens 
aUcrdinga  alle  Mensehen,  denn  alle  sollen  in  Brahma  anica^ 
gekani  ^  aber  aaeh  Mer  hat  die  Praiia  die  Idee  dakin  abge- 
tehwieht,  dass  nnv  ein  Tbail  der  Mensehen  den  Kalt  var* 
sagsweise  za  seiner  Lebensan%abe  amebt,  die  Kbato  der 
Brahmanen.  Aber  er  ilült  ihnen  nicht  ausschliesslich  zu;  die 
Brahmanen  sind  zwar  als  Kaste  ein  ausschliesslicher  Stand,  aber 
in  Beziehung  auf  die  eigentlich  religiöse  Thätigkeit  sind  sie  nicht 
die  einzig  Berechtigten,  stehen  nicht  als  Klerus  dem  Volke 
gegenüber;  sie  haben  nur  den  Vorzug,  dass  ihnen  das  aar 
besonderen  Lebeneaa%abe  wurd ,  was  bei  den  zwei  andern  „wie» 
dergebetM^  Stenden  mir  Mebensacba  iat;  aUe  wiedei^<> 
bsnen  Menaeben  dfiifen,  ja  aoUan  den  Knltaa  Tdlkiahen,  'die 
V^dmileaeli,  OpiBrbHngenanddieAdceseaaafibaBM)-«^jaaalbat 
sto  erlangt  dnndi  die  strengen  Bassfibbngen  eise»  iiöherci 
fitand  bei  der  neuen  Geburt;  Opfer  darf  er  freilich  nicht  ¥oll- 
bringen  and  die  Veden  nicht  lesen  und  nicht  huren;  woher  ihm 
also  die  Erkenntniss  der  Idee  kommen  soll,  ist  schwer  an  sagen; 
die  spatere  Zeit  gewährt  ihm  die  Purana. 

Die  Brahmanen,  als  Priester  betrachtet,  sind  nicht. aigeait» 
Heh  Ar  dia  andern  Menschen  ^e  Vermittler.  aWiaoben  ihnen  and 
Clatt,  foiidQsn  aind-  Iftr  ein  mebr  die  Mnfger .  and  Ideaia}  Ulf 


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•  — 

relig^ftses  Thtin  bezieht  sich  a«ch  in  der  That  nur  zum  gerin- 
geren Theile  auf  andere  Menschen,  zum  gröbsten  Theii  aber 
«af  aie  selbst;  sie  wollen  srar  Wahrheit  gelangen,  iiess  ist  ihr 
Hauptsweek;  das  Volk  zn  belehren  steht  erst  in  zweiter  Luuey 
ist  Ittr  sIs  BOT  eine  moralische,  nicht  ehie  Aaite*PIUcht  Der 
tiagescikieiitliehe  Charakter  des  indischen  Geistes,  weiehersich 
sieht  in  die  Wirldiehkdt  hmeini  sondeni  ms  der  WiikHchk^ 
heraasarbeiten  will,  zeigt  sich  aneh  darin,  dass  trotz  der  gross- 
artigen Kraft  des  religiösen  Lebens  dennoch  aus  dem  Brah- 
manenstande  kein  wirldiciier  kirchlicher  Organismus  erwachsen 
ist.  Die  Brahmanen  stehen  vereinzelt,  ohne  ein  in  sich  i^eglie- 
dertes  und  lebendiges  Ganze  zu  bilden;  es  ist  da  wohl  ein  scbarier 
Unterschied  von  Lehrern  nnd  Lernenden,  von  geistlichen  VA* 
tern  nnd  ihren  Sohfilem ,  al>er  sonst  sei^  sieh  in  dem  Brahmases- 
stende  kdne  wirküdie  Gcstslteng.  Die  Brshwinea  veiftetes 
anr  eine  Idee,  sind  nielit  die  Glieder  eioer  lehendigen  Kkehei 
sie  sind  ehi  Stsnd,  aber  keine  Corporation. 

Da  .sie  die  Vorbilder  und  Ideale  der  Menschheit  sind,  ist 
die  Erziehung  nnd  das  Benehmen  der  Brahmanen  durch  die 
(tesetze  mit  peinlieh- kleinlicher  Genauii^keit  vor£^esclirieben. 
jUurch  sittliche  Würde,  Selbstbeherrschung  und  äusseren  An- 
stand sollen  sie  als  die  Biithe  der  Mensehheit  sich  darstellen. 

Dk  Bralunanen  bilden  nur  den  innersten  Kreis  des  gewoh- 
ten»  dem  Profimen  entnommenen  Volkes;  die  nwei  snderss 
Kesten  bilden  den  weiteren  Kreis,  der  sidi  zn  der  ihrigae 
MensehhMt  Ähnlich  vcrhÄk,  wie  dieBndinmen  zn  ihnen.  Uma^ 
liehe  arische  Indicr,  also  die  der  drei  eigentlichen  Kasten,  em- 
pfangen eine  Weibe,  werden  von  der  übrigen,  der  Erkemitniss 
beraubten  Menschheit  «ils  die  Erkenneiulen  und  Wiedergebo- 
renen^* unterschieden,  während  jene  nur  einmal  geboren  sind. 
Das  ist  ein  hier  snm  ersten  Mal  auftretender  Gedanke;  l»ei  den 
Chinesen  war  er  nnmö^eh)  bei  diesen  ist  alles  Wirkiirimse 
sich- venninftignnd  gewnikt;  bei  den  Indferaist  dasselbe  an  aiih 
eigentlich  nnrnnfinlüg  nnd  vom  Obel,  nnd  der  ßednnkey  die 
Erkenntniss  des  waiu*en  fiehw,  steht  lllier  dem  wfarkliehen  B»* 
sein.  Der  natürliche  Mensch  vernimmt  hier  nichts  vom  Geisit 
Gottes,  er  muss  erst  die  Erkenntniss  empfangen,  muss  in  iias 
Bewusstsein  einer  Idee  aufgenommen,  muss  geistig  von  neucin 
geboren  werden,  ehe  er  wahrhaft  vernüniltig  wird.  Die  Erinne- 
rting  an  den  christlichen  Gedanken  liegt  nahe;  der  gewaltige 
üntecschied  iet  aber  der^  dass  die  Idee,  in  weldie  der  wiedefr 
gcberae  Ohcise  angenommen  wied,  cfam  sehleehlesdings 


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tfTe,  die  indische  dagegen  eine  reiji  verneinende  ist,  dass  der 
christliche  (veist  das  wirkliche  Daseitt  iieiiigcai  und  TaEkiAmit 
der  indische  aber  es  aufheben  will. 
*  Fernbaltung  alias  UoreioeB,  lUieiligeo»  Gemeiaan«  Bew&ltigaog 
der  fimlichkai^  Sfraager  (lelieriatt  and  fibrfardbt  gegen  dielislwer 
aadgaoaneBafalgug  aller  rdlgiSaeaPliehleB  ms h  ia  darFana  aiad 
dto  aiaptsaclie  der  Lakliogseniehwig;  Bettab  fal  des  Sehfl- 
leiaPiiebt;  er  nosa  Taat,  Gesang,  Saitenspiel  «ad  aedre  Ver- 
gnügungen meiden,  muss  strenger  Keuschlicit  huldigen,  datT  nur 
eionial  des  Tages  essen,  aber  weder  Fleisch  noch  Silssigkeit;  Blu- 
men unH  Wnhlgerüche  dar!  er  nicht  um  «ich  haben,  Salben,  Schuhe 
uod  Sonnenschirme  und  jeder  PuU  sind  ihm  versagti  er  daif  keia 
belebtes  Weaeo  bescb&digen  oder  li»dieB»'> 

l)aa  Beaabaien  dea  SebOla»  gegea  aalaaa  Lelirar  iai  bis  ia  die 
gailagata  fiiaaelMt  votgeadbtiebea»  Der  SdiOler  darf  aar  aMaad 
aad  mh  aaasaoiaBgeleglaa  Hiadea  wm  aelaeia  Lehrer  s|MreaheB,  aad 
aaiaa  ibni  dsM  iaa  Gealcfct  aelMi;  er  aiass  eher  aafs4«heo,  später 
zor  Ruhe  geben,  weniger  essen  als  der  Lebrer;  wenn  er  über  den- 
.seihen  tadelnde  Äu^iseruii^eo  lu^rt,  »(*  ^»oll  er  fortgebeo  oder  sich 
die  Ohren  zuhalten,  darf  ni<;  dessen  Gano^,  Sprechweise  oder  son- 
stige Manieren  uaebäiTen;  er  darl  i»  des  Lehrers  (iegenwart  nichts 
heimlich  sprecbeo,  und  obae  seine  EHaubniss  selbst  seiaea  leib- 
Kchea  Vater  alcht  begrOssen.  Des  Lehrers  Gattk  aad  Verwaadte 
Biaaa  «r  ehaaao  hebaadab  wie  jeaaa  seihst.  Waaa  er  will,  darf  er 
Ua  au  aafawM  Tode  ha  Haasa  das  Lahrera  dieaead  hleibaa;  wena 
er  Ihn  vetUtast«  soll  er  ibai  wo  aiOglkdi  ein  Geschsak  gebea.^3 

Aua  dem  Stande  des  Lernenden  tritt  der  Bewfibrte  in  den  Stand 
des  wirklichen  Hrahmanen  als  Hausvater  undLheguUc;  liettcln  i^t 
erlaubt,  aber  au<h  viele  andere  Erwerbzweige  stehen  dem  Brah- 
maoeo  in  diesem  Stande  oiTea.  Der  Kultu#t  in  seiner  ganzen  Aus- 
dehnung ist  seine  Pflicht;  Verbreitung  der  Vedenkenntniss  ist  ihm 
eoipMlen;  aber  nie  darf  er  fflr  seinen  Unterricht  Bezahlung  anneh- 
jnea»^)  Er  nasa  groaaa  £othaitsanUceit  ftbeni  tlglich  die  V.eden 
laaea  nad  Opfer  hrbotgen;  er  darf  akdi  sieht  waltÜahea  Soiseo  and 
Geachiftea  fiberlassea. 

Die  arateErfordemiss  Jedes  Brahmanen  ist  unbedingt  dieVeden- 
kenntniss;  „ein  ungelelirter  Brahiuauc  ist  \^  lc  einEIephant  aus  Holz 
oder  eine  Ati(il()[)(j  aus  Leder;  alle  drei  haLer»  eben  nur  den  Na» 
mcD."^)  Überall  Hpricht  sidi  die  tiefste  Verachtung  gegen  un- 
wissende Bratunanen  aus.  >,£iu  Brahmane,  welcher  nicht  in  den 
holligen  Schriften  oaterrichtet  ist^  rerÜscbt  in  einem  Augenblick, 
«i»'  eia  Faser  aas  trochaaea  Gmaa;  iba  darf  kaia  Aathail  vom 


Digitizcü  by  G«.jv.' vic 


3S4 


^Opfer  gegeben  werden." •)  Ein  Brahmane  muss  „den  ganzen  Veda 
miilliesooders  die  heiligen  Upatiischadcn  unter  vieUaefaeo  Andtcbt«- 
Übungen  und  den  angeordneten  Casteiuugen  lesen." ^)  „Btn  Mann 
ist  nieht  deshalb  alt,  weil  sein  Haar  grau  ist,  sondern  die  Götter 
halten  den  für  att,  welcher  trotz  seiner  Jugend  den  Veda  versteht; 
«in  vogelehrter  Maim  Ist  la  der  That  ela  Kind,  md-  wer  tt»  des 
Yeda  lehrt,  lat  sein  Vater;  ehi  Bfahmaae«  weldrar  vom  Gladhea 
xeogt  md  die  l^iichten  lehrt»  whd  inSt'RecIrt  der  Vater  ^ves  aHea 
Mamies  genannt,  obgleich  er  seÜMt  nw^  ein  lün(>ling  ist.  Cktoe 
erlaugt  man  nicht  durch  Jahre,  nicht  durch  Ueichthuia  etc.,  soDfiern 
wer  dieVeden  gelesen,  der  ist  gross  unter  uns."8j  —  Die  wirkliche 
Brahmaiieinvflrde  wird  nicht  durch  die  Geburt  erlangt,  sondern  der 
geborne  Brahmane  muss  sie  erat  doreh  Erlcenntniss  erringen. 

Beim  Lesen  der  Veden  muss  er  bestimmte  feierliche  Forroeo 
beeiiaebtee)  er  daif  tAe  ottht  lesen  helNacht,  hei  Sturm  ederSiMib- 
wMehi,  bei  Regen,  dewHter  eder  StetDschmtppeafall,  hei  Bid- 
hehen  oder  andern  ungewOhnttchen  Eradieinungen;  nicht  hei  Nehcl 
eder  In  der  Binmerang;  er  darf  sie  an  keinem  Orte  lesen,  we  es 
flbel  riecht,  wo  ein  Leichenzug  hiiuiurchkommt,  uud  auch  dann 
nicht,  wenn  ein  lasterhafter  Mensch  zugegen  ist,  wenn  Jcnmiui 
weint,  wenn  Hunde  bellen  oder  Esel  und  Karoeele  schreiin,  nicht 
bald  nach  dem  Essen,  oder  bei  Unwohlsein,  nicht  H^nd  oder  mit 
gekreuzten  Beinen  etc.^ 

Ven  aUem  ¥^eltlicben  mss  ein  Brahmane  sieh  abwenden}  »ar 
soll  Jedenelt  weltliche  Ehre  wie  Wk  meldetty  ond  N^rlMB^ 
scfaStsung,  als  oh  es  Nektar  wirOi  suchen ;  ^  er  daff  nie  viel  mit 
der  Welt  umgehen,  um  seinen  Lehensnnteihalt  su  gewfamea;  er 
darf  nie  lleichthuni  durch  solche  Künste  zu  erwerben  suchen,  wclcke 
verfahren,  wie  Gesang  und  Musiilc,  und  mag  er  reich  oder  arm  sein, 
darf  er  nie  vom  ersten  Tiesteu  Geschenke  armchmen;  wenn  er  il'  in 
Hungertode  nahe  ist,  darf  er  die  Freigebigkeit  eines  Fdrsten,  eines 
Opferers  oder  seines  Zöglings  anflehen,  aber  keines  AtMleni."**) 
Kr  dsrf  weder  Ackerbau  noch  ein  Handwerk  treiben,  kein  GeU 
'aurSinhe»  leihen^  darf  nicht  mit  Vieh  handeln  dod  nl«^  bei  «law 
Fflrsten  In  IMensthatkelt  sein. 

'Auf  den  Süsseren  Anstand*  und  die  ftehih^H  der  firsdielnnDg  wird 
sehr  genau  geachtet.  ,, Eines  Brahmauen  Haare,  Bart  und  Nig«I 
müssen  geschnitten  sein;  er  soll  weisse  Kleider  tragen  und  rein 
nm  KHrper  sein:  er  soll  in  keiner  Stadt  hieibeo,  welche  von  pflicht- 
vergessenen Menschen  bewohnt  ist,  oder  wo  viele  Krankheiteo 
Sind;  er  darf  nicht  attetn  reben,  darf  nie  bis  adr  ToUen  Sittignog 
easen  und  nicht  zvl  frdh  am  Morgen  und  nicht  su  spftt  am  Abesd{ 


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385 


er  soll  keine  unnütze  ArbeitToniehmen,  und  das  Wasser  nicht  au8  der 
hohlen  Hand  trinkeD,  —  ^oli  nicht  luitVVürielu  spielen,  tanzen,  sin- 
gen odvj  ein  lostrument  spielen  ausser  in  den  von  den  heiü'^en 
htchriUeu  vorgeBcbriebeuen  Fküeo,  darf  nicht  von  ciueiu  zerhrocbe- 
IM  Teller  essea»  kebM  Kleider  und  keioen  Sobmiick  tragen,  die 
schon  ein  Aoderor  getragta  liat  ISva  fehlerlose,  gnl  ansseheode 
Thiere  4arf  er  wm  Reitea  gobmaGheay  daiCiiie  aber  wm  geUnd  aiit 
4iet  PeUflcho  abtreihe«;  er  aoU  picht  aaf  de»  Bette  li«igMid  eaeen« 
nie  gaoi  nacht  acfalafea,  soll  sScht  an  geUhrKcfae  Oiiß  geben  und 
nicht  über  einen  Finna  ndiwininien;  nelliat  Siier  die  niedtigaten 
natürlichen  Verrichtungen  sind  genaue  Anstandsregeln  gegeben.  Er 
darf  nüt  keiujeni  unehrUcheo  und  erniedrigteo  Menseben  Umgang 
haben.  ^) 

Von  einer  Gemeinsamkeit  der  Brahmanen,  einer  ürgauisirung« 
finden  sich  nur  in  spStero  ScbnOten  sehr  achwacbe  Spuren  ?or;  „ein 
KdMg  aoU  in  der  Stadt  ein  Haue  «richten,  und  Brahaanen  in  daa- 
•elbe  aetien«  ala  ?edenkandife  KSrpemchaft,  denen  er  ihren  Unter- 
halt anwebt  etc.;''<*)  daa  wire  aüo  eme  Art  Kleater,  vielleicht 
den  baddhiatiacfaea  fiinriehtangeD  naahgebildet 

Alle  IViedergehomen  werden  nnr  dadnroh  anr  Weihe  befUiigt» 
dass  sie  von  dem  religiösen  Bewu^stsein  die  nOtbige  Erkenntnisfi 
ernint:en  haben.  „Ein  wiedergehorner  Mann,  welcher  tlen  \  eda 
nicht  studirt  hat,  und  viele  Sorgfalt  auf  anderes  weltliches  Wissen 
wendet«  gerätb  schnell  in  den  Zustand  eines  ^udra.  Die  erste  Ge- 
hurt geschieht  durch  die  natürÜcbe  Mutter,  die  zweite  durch  das 
Umbindeo  des  Gdrtels;  .  .  die  Gajatri  ist  seine  Matter,  and  nein 
Lehrer  iataeitt  Vater.  Ehe  er  in  die  UntemoheAdungweichen  neiner 
Klaaae  ehigekleidet  iat,  darf  er  keinen  heiligen  Lehiania  anan^ 
chMt  mit  Tor  aeiner  Wladefgabart  nicht  heaaer  ala  «a  (ndra 
lat"<«)  ^Unter  den  iwel  Vitem,  van  welchen  der  eine  daa  natOr- 
liehe  Dasein,  der  zweite  die  Erkenntnis«  der  Veden  giebt,  ist  der 
letztere  hoher,  denn  die  zweite  oder  göttliche  Geburt  sichert  (Jem 
Wiedergebornen  das  gwiiih  Ltben  zu."i^  Die  erste  Weihe  oinea 
Menschen  aus  den  allein  zu  der  Theiinahme  an  dem  relii^iuseu  Le- 
ben berufenen  dr^  Kasten  derDwidja,  »»zweimal  Gehörnen",  findet 
ia  den  ersten  dcei  Lnhenigahrao  statt,  und  besteht  in  einer  Ton. 
anr.<>)  Nadidem  etwaa  apitar  der  Knnhe  in  aeine  Kante  an%ep 
nemniea  iat,  wird  dar  JflngKi«  durch  eine  heanndere  Ceremonie 
[S.  318]  eingeweiht)  der  Brahmnae  sp&teateaa  alt  16,  der  Xafrtja 
mk  22»  der  Vai^ja  mit  24  Jahren. ») 

xiusgeschlossen  von  jeder  Vedenkenntniss  sind  die  ^udra  nnd 
die  Pariab;  nur  die  drei  wiedergebornen  Klassen  sollen  die  heiligen 

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886 

Schriften  sfdUm,  ftbef  «tu  PrriiMMe  mM  vi«  fliM*M»l«gen'«dl 

kein  Anderer;"^)  und  auch  nur  diejenigeu  aus  den  drei  Kasten 
dürfen  Unterricht  cnipfanc^eri,  welche  desselbeo  würdig  sind;  „unter 
dem  grossen  Hauieo  soll  ein  fjelclirtcr  Hrahmane  thun,  nls  ob  er 
stomm  wäre;  er  soll  lieber  mit  seiner  Wis^eoschaft  sterben,  als  sie  i 
in  voikvchtbareD  Bo^ea  sfteo ; "  wm  «ich  die  Kecntniss  der  Vedeo 
oluie  Üe  EiowiUignng  eeioes  Lehrer«  erwirbt,  macht  «leh  de«  Dieb- 
«tibb  «chuldig  aad  wird  an  den  Ort  der  Qaai  kodiiim.si)  Wer 
•toem  ^iiilra  die  Teden  kund  thut,  den  aotl  die  Zuge  «mge- 
MhalttoD  werden.^ 

•)  MAnn,  I,  88  etc.  — «)  Mwiu,  II,  41  ff.;  108  fL;  175  ff:  —  *)  M.,  II,  IM^M. 
«)  M.  m,  156;  IV,  IM.  ")  M.  n,  U9« m,  168.  n,  16«.  ^  *)  n,  lü 
16S.  150.  IM.      •)  IL  lY,  101  — 121{  Tiyiiar.  I,  149  «Ce.  ~      ^  Ilt  M  " 

•>)  IV,  11.  Ii.  as  i  Xt  7«  £  —    m,  «4,  —    it  IV,  85.  «0.  et.  64.  es.  »4.  - 

**)  IV,  67.  68.  75.  77^  79.  ~  >*)  T^nar.  U,  S8S.  ~  «•)  Mura,  H,  168. 169. 171  -  \ 
«»)  IL  n,  146.  —  »•)  IL  n,  35.  _  »•)  n,  36  —  39.  es.  169;  YajoÄT.  I,  89.- 

Idaav,  X,  1.  ^  •  i)  IL  U,  1 10. 1 18.  —  •>)  Wüm»,  TbMttr  4  H.  I,  IM. 

§114. 

%.  Heilige  Orte«  Der  rei^BraliaMie  liedafff  keines  be- 
eenderen  lieiiigeB  Ortie»;  amr  ein  Ort  ist  Iteflig»  daa  ist  da» 
Bralim;  und  «iles,  wae  der  Mensdi  iMraen  fchon,  ist  aiclitig. 

Das  Fehlen  des  Interesses  an  irgend  einer  geschichtlichen  Wirk-  ' 
Hchkeit  verträgt  auch  kerne  der  Zeit  trotzenden  Tempel;  der 
wahre  Tempel  für  die  Gottheit  ist  der  einsame  Wald,  nnd  das 
Allerheilis^stp  ist  das  Innerste  des  Herzens,  wo  die  Gottheit 
selbst  gegenwärtig  ist;  der  Weise  schaut  nicht  in  riesige  Tempe\- 
liallmi  oder  auf  ideale  Götteriiilder,  aendeHfanf  aekieNaeeii- 
apUro  «nd  in  sich  hinein, 

Al>er  anch  hier  wird  in  dem  epAieren  Y olkabewnantsehi  die 
Soliflrre  desGedankena  abgceelnrfteht}  «md  dieHühe  dea  Idaali»- 
«a  niehl  erreiehend,  bleibt  daa  Volli  in  der  Veriialle  der  leiaea 
iBtalmialdee;  nnd  wie  man  an  die  Stelle  des  einen,  reidea 
Brahma  die  creaturlicheii  Güiter  setzte,  so  setzte  man  auch  an'die 
Stelleder  „Höhlong  desHerzens'S  in  welcher  der  ürgeist  wohnu 
die  IlÖlilungen  der  Tempel.  Die  indischen  Höhlentempel,  ohne 
ftnssere  Gestalt  in  den  Fela  gebaaen,  oder  ans  einem  Feiseu 
innerlich  nnd  äiisserlieli  auagehanen,  ohne  Fenster  und  «to» 
Licht,  in  tiefste  Nacht  gehilkand  ihre  eft  veiohen  Bildww*ke  nar 
4iei  Faekelaehein  darbietend,  aind  ain  Symbol  dea  ^ttUchea 
Seine,  ein  Ansdmek  dea  finateren,  leeren  GeHea^  in  wnldKai 
Mr  davdi  den  Gankala^ein  der  Maja  efaie  btlderreidie  Well 
m  den  Sahalten  der  Nacht  hervortritt  —  Der  Indier  bat  eine 


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38y 

Aimeigiiiig  vor  gebauten,  aus  Steinen  zusammengefügten  Tem- 
pCllo;  <Jie  Vielheit  ist  das  Niclitip;c ,  und  nur  das  Einige  ist  wahr, 
im  All  so  wie  in  den  Tempeln,  die  eigentlich  nur  ein  kultivirtes 
Feisstück  sind.  —  Über  das  ArchitektoniAcbe  später.  —  Die 
Tempel  gehören  überbanpl  mt  einer  apitecen  Zeit  a|i;  sEor 
BÜtheBeil  des  Vedeabewieileeais  opferte  «an  auf  Alt&ren  unter 
frekm  HuBmels  eelbei  in  den  Epen  werden  die  Tempel  nur  eel- 
leo  und  dnnkel  erwähnt. 

S.  Bilder  Ton  Gittern  giebt  es  in  der  Vedenseit  gar  nicht; 
noch  bei  Manu  werden  Priester,  die  bei  Bildern  dienen,  Ton  den 
Opfern  aus;2;e.schlo6sen;  ^  und  selbst  in  dem  iNlahabharata  wer- 
den sie  nur  au  einer  einzigen  Stelle  erwähnt. 2)  In  einer  Zeit, 
wo  die  grossartigsten  Naturerscheinungen  die  Zeichen  derGottes- 
iMcbt  waren,  und  wo  das  einige,  gestaltlose  Brahma  tief  erfasst 
wurde,  wnaafe  jedes  Gottesbild  yom  Übel  ftein.  Die  Götterbilder 
fekdr^  eanunt  nnd  aondena  einer  anag^artelen  Zeit  an »  wo  die 
iBdiaehe  |^ee  ih/ee  Letienataaft  vedeiPen  hatte.ii|id  nn  dAvren  Ge* 
itaban  ^ingetr^net  war» 

Der  allen  JNatarsynibolik  mehr  entspreehend  als  die  Bilder 
ist  das  heilige  Feuer,  welches,  bei>ünders  in  den  Kinsiedler- 
hütten,  unterhalten  wurde,  —  ferner  die  heiligen  Bäume,  die 
man  noch  jetzt  in  last  allen  Ortschaften  hochgeehrt  antrifft.  Der 
indische  1^  eigenbaum  (ticus  indica)  ist  schon  in  den  Veden  ein 
fiild  d^f  Alle;  seine  vielen  Verzweignngettf  die  wieder  Wnrael 
•ehlUgtUf  «eine  leider  etelen  V  erjüngung  durch  die  Zweige  un- 
MntMwn  Dimer»*)  geben  die  Entfaltung  Brahma'«  nur  Welt 
friedar* 

Üfrifcualadicay  Bai^aoeabaum,  wird  viele  hnndert  Jahre  all; 
and  nimmt  durch  seine  aus  den  ZiTeigen  wieder  aufwaehseodeo 

SliijD»ie  oti  uiü  grosses  Gebiet  ei»;  iler  grösste  bekannte  Uaiini 
dieser  Art  hatte  4300  NebenatSmme,  in  deren  Mchatteühailt'n  sich 
Ueere  von  GOOO  —  7000  Mann  lagerten;  unter  diesen  Bäumen  ver- 
richteii  noch  jetzt  oft  dieBrahmaoen  ihre  Selbstpeiniguageo.  Derdamit 
verwandte  ficnsreligioaa  atehtin  übnlidierVerefaiuDg.^)  Als  Bild  des 
AUaiateriaf^on  frOher  erwfihatC&326);  beatimmteieradieintei^iiie 
BedeatiB^g  ii|  folgender  Stelle:  ^»AiafwIrtB  treibet  die  Worseb,  «h- 
.  i7ifta,d|e«{EiWeiga  der  hei%eFeigeahaB»t  der  uDvergiaglicbe,  •  • 
wer  jlvi;eKMlwt>  verataht  die  heiligen  SehrüleB.  AhwSrts  nnd  auf- 
wfirts  breiten  siehaus  seine  Verzweigungen,  genührt  von  den  Eigen- 
schaften, sprossend  aus  der  Sinnenwelt,  und  alju  iirts  breiten  sich 
aus  die  Wurzeln,  die  mit  den  Banden  der  Werke  das  Menschenge* 
afhieclit  /^^.   Schwer  begre^W^h  ist  ^leine  Gestalt  auf  Jff^ea 


1111(1  sein  Ende  und  sein  "Bau.  Wenn  dieser  weithin  wurzelode  h^. 
ligc  Feigenbaum  gefällt  ist  mit  dorn  scharfen  Beile  des  Gleichnatbs, 
dann  ist  jene  Stätte  zu  erreichen,  von  wo  keioe  Rückkehr  nebr 
nothwendig.^^6) 

«)  Mann,  m,  158.  *)  Mfthabh.  TT,  113,  5208.  —  *)  Lanen,  Ind.  A.  1, 95S. 
->  V)  LasMD,  I,  m.  —  •)  Bhag.  Qita,  XV.  1— S. 

d.  Das  Uell. 

Die  in  der  Idcc  gesetzte  Einheit  des  Menschen  mit  Gott  wird 
im  Kult  praktisch  als  ein  Ziel  erstrebt.  Der  natürliche  Mensch 
in  seiner  Einzelheit  ist  von  Gott  s^etrennt.  gehört  der  Welt  der 
Vielheit,  also  dem  Nichtigen  an;  und  diese  Trennung  soll  auf- 
gehoben, der  Mensch  dem  natürlichen,  unwahren  Zustande  der 
Nichtigkeit  entnommen  und  in  die  Einheit  mit  Gott  aufgenommen 
werden  $  was  der  Mensch  seiner  Idee  nach  Ist,  das  soll  er  aaeh 
In  Wirklichkeit  werden.  Das  ist  keine  Versöhnung  im  sitittch» 
ehristllehen  Sinn,  sondern  hat  eher  eine  kosmische  Bedevtoog: 
es  wird  keine  sittliche  Schuld  gesühnt,  sondern  nur  das  £ia- 
zelsein  in  das  ürsein  zurückgeführt. 

Diese  Einigung  mit  (iott,  das  Heil,  als  ein  Ziel  des  from- 
men Strebens,  was  also  nicht  an  sich  schon  da  ist,  sondern 
durch  bewusste  That  errungen  werden  soll,  ist  in  der  bisherige» 
Entwickelung  der  heidnischen  Religion  ein  ganz  neuer  Gedanke. 
In  China  ist  derselbe  unmöglich,  denn  da  ist  der  Mensch  aehoa 
TonNator  mit  Gott  ebis,  ist  an  sich  gut  und  ImBesitae  des 
Heils;  er  kann  es  verlieren,  aber  nicht  erringen.  In  Indien  iit 
der  Mensch  in  seiner  Natürlichkeit  Ton  Gott  verschieden,  weiss 
sich  als  ein  besonderes,  der  nichtigen  Welt  angehöriges  Ein- 
zelwesen, hat  also  zur  Aufgabe,  sich  mit  Gott  eins  zu  machen; 
der  natürliebe  Zustand  der  Unwahrheit  soll  aufgehoben  werden; 
die  Aufgabe  ist  nicht  an  sich  schon  vollbracht,  sondern  sucht 
er^  ihre  Lösung. 

Der  Gedanke  des  Heils  in  der  Einigung  mit  Gott  bat  nhet 
andi  wie  das  Gottesbewusstseia  seihst  sunkverscMedene  Stufen: 
die  des  abgeflachten  Volksliewusstsehis  der  shmlMen  Aa- 
achanung,  und  die  des  tieferen  Bewusstselns  der  vedenkundlgea 
Brahmanen,  des  wirklichen  Gledankens.  Wlelnder^etis^-popm« 
lären  Anschauung  der  epischen  Zeit  die  Vielheit  der  Einzel götter 
trotz  der  Einheitslehre  der  Veden  in  den  Vordergrund  tritt,  und 
die  sinnliche  Weh  als  wirklich  bestehend  anerkannt  wird,  so 
Usst  die  Anschauungsweise  auch  in  dem  GedaakendesHeils  diese 


Digiiizca  by  Liu^.' . 


iHmlfcbe  Wtrklichkett  unrl  die  Einzelheit  nicht  aulgehen  in  das 
eine  Brahnifi,  sondern  hält  ble  in  der  Einigung  mit  iknhiiia  noch 
mit  grossem  Eifer  fest.  Die  Saclie  stellt  sich  auf  dieser  Stufe  so: 
Der  Btoiftch  ist  kraft  der  wahren  Erkenntniss  von  dem 
einigen  wahren  Sein  und  kraft  des  Kultes  nicht  mehr  an  die 
Hditige  Welt  der  Vielheil  {^efeeeell,  wird  ihr  gegenüber  eine  frefe 
Nedity  wtiurend  er  andrefedle  mit  der  Gotüielt  eich  emigt»  ihr 
Weeen  m  eiehau&iimnt,  ohse  aber  in  ele  unterzugehen;  er  JiftU 
sein  einselneB  Dasein  fest,  IM  sich  aber  Ton  der  niditigen 
iiatüriichen  Welt,  und  tränkt  sich  mit  dera  Wesen  der  Gottheit; 
er  schwebt  so  als  eine  übernatörliche  Macht  über  der  Natur, 
nimmt  Gottesrhnrnkter  an,  aber  bleibt  doch  ein  einzelnes  Sub- 
ject  Für  den  wahrhaft  Weisen ,  vor  allem  für  den ,  der  iu  grau- 
samer Selbftpeinigung  alle  Natur  von  eioh  abgestreift  ha^ 
beginnt  dienen  Gottwerden  eehon  in  dem  gegenw&rtigeii  Leben» 
nnd  der  strenge  Mket  eehwingt  sieh  in  seiner  Macht  selbst  Aber 
die  EiBMigOtter  enf  or  wd  bedroht  ihre  Throne.  Das  ist  nnn 
iMieh  nieirt  der  volle  Brahmanengedanke,  der  das  Ehiaelseui 
schlechterdings  anfhdbt  und  in  Gott  anflehen  iSsst,  ist  aber  die 
sinnlich- concrete  Andeutung  des  Gedaiikeus;  der  Mensch  wird 
zwar  nicht  in  den  Gott  verschlungen,  aber  er  wird  doch  ein 
Gott.  Das  Verschwimmen  in  die  Einheit  ist  nur  die  letzte  Schärfe 
des  Gedankens;  und  das  Volksbewusstsein  verweilt  lieber  iu  den 
diesem  letzten  Ziele  vorhergehenden  Regionen,  in  der  Vorhalle 
dss  Allerheiligsten»  in  welchem,  wie  in  dem  der  Hebräer,  keine 
gflttliehe  Gestalt  sii  sehen  ist$  ehe  der  JHensch  nur  Herrlichkeit 
des  ewigen  VerscUnngenseins  in  Brahma  gelangt»  hat  er  noch 
ttDige  Stefen  u  ersteigen,  und  auf  disaen  höheren  StnUm  der 
Verbindung  [Joga]  mit  Brahma  erhübet  sich  ihm  noeh  ein 
leti^ter  licrrlicher  Blick  auf       weite  Landschaft  des  ir*Usclien 
Daseins,  ehe  er  in  die  Wolke  hineinsteigt,  welche  ewig  des 
Bernes  Gipfel  TiniluiÜt;   und  diese  Mittelres^ion  zwischen  den 
Tiefen  der  natürlichen ,  wirklichen  Welt  und  den  luftigen  Höhen 
der  einen  Gottheit  ist,  vom  voUen  Farbenglanae  indischer  Phan- 
tasie erleachtet,  ein  Lieblingsgegenstand  der  malenden  Dich- 
Inng.  Zwiaeheo  dem  aalArliehen  Menschmi  nnd  dem  Urbrahma 
siadnoeh  viele  Milteistofen;  die  Getsler  and  die  Götter  schweben 
aeeh  1lber:dem  Mensdien,  nnd  der  Mensch,  der  durch  den  Ent- 
sagungskult zu  Brahma  hinstrebt ,  g;elangt  erst  in  diese  höheren 
Regionen  der  creatürlichen  Welt;  die  beginnende  Verei- 
niarnn^  mit  Brahma  schaff!  «Icia  doch  immer  noch  als  Einzel- 
wesen besteheftden  Menschen  eine  übema(^lifijbe  UerrUchkeit, 


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m 


und  vor  cfetn  Verlöschen  in  die  Nacht  Her  ^frthdif  blitzt  das 
ersterbende  Lieht  der  IH'rsr>tilichkeit  noch  cinmül  lieli  auf.  Der 
Mensch  hört  da  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auf,  einzelner 
"Mensch  zu  sein,  trftgt  das  Göttliche  in  einem  höheren  Matisse 
in  sich  als  andere  Wesen,  ist  ein  Jogi,  d.  br.  ein  mit  Gott  Ver» 
Inmdener;  er  erbebt  sieb  kraft  der  fai  ibm  macbtipoll  wirbeodcn 
Gottheit  tiber  den  natfiflidken  Mensdien,  €t  ninimf  IPbeil  an  4er 
alle  Dln^^  leitend  dnrcbdrfngendeft  Welteeele,  empföngt  Recht 
nnd  Macht  über  die  dem  Brahma  nntergemrdnete  Natur ,^  —  efaie 
Zauberkraft.  Je  leerer  und  durchsichtiger  die  Persönlichkeit 
des  Menschen  wird,  je  mehr  sie  in  den  granen  Hinteri^rand  dw 
ürwesens  verschwiriimt,  um  so  mehr  ist  der  Meiisc]i  jiber  die 
wirkliche  Natur  erhaben,  nnd  von  der  eignen  Körperlichkeit 
nicht  mehr  gebunden,  ist  er  auch  an  das  Natarsein  ausser Übb 
nicht  gefesselt;  er  bethätigt  die  Niehtigkeit  der  Ncc«r^  wie 
an  sieb  sdbsf,  so  ausser  sieb,  er  laset  der  Katar  Ibre  TiMibe* 
recbtigung  fählen,  faidem  er  ihre  Gesetdte  bi  eigner  NaebtroD' 
kommenbeit  dorebbricbt;  Die  Welt,  fbrCkitt  dn  fl^U  Ist  ei 
auch  illr  den  mit  der  Got^eit  eins  gewordenen  Jogi;  nnd  wie 
Brahma  im  täuschenden  Traume  eigentlich  zwecklos  dte  Welt 
schuf,  *sü  Olfen  hart  sich  der  innere  Traunicharakter  des  Baseias 
aucli  darin,  dnss  der  mit  Gott  verbundene  Mensch  in  träanie- 
rischer  Willi^ür  mit  ihr  spielt.  Während  bei  den  Chinesen  dkt 
in  ihrem  Dasein  berechtigte  Nator  in  ewig  gleichm&ssiger  Ordnong 
sieb  bewegt,  nnd  jedes  Wmid^iiaAe  als  eine  nnreeliCMiissige 
dtOrang  erscheint,  bAlt  dem  Indier  die  Natnr  nirgend»  SMadi 
sie  wogt  mistftt  Irin  nnd  her,  nnd  neigt  ein  scilillenidet 
benspiel  ohne  innere  Ordnung  und  Nelbwendigkciit 

Der  durch  das  Veden- Stadium ,  durch  Andacht  luul  Askese 
mit  Gott  geeinte  .Mensch  schwingt  sich  liber  alle  Creatnren  em- 
por, selbst  über  die  durch  Gebete  und  Opfer  verehrten  (iötter; 
die  Götter  furchten  die  Frommen,  und  indra's  Thron  wanket, 
wenn  die  furchtbare  Selbstqual  vollbracht  wird.  Die  Sagen  sind 
voll  von  dieser  Allgewalt  der  ßt^ser,  und  veu  der  Angst  isr 
Gotter  vor  ihnen,  nnd  von  den  Versnebnngen,  dareli  wcleba  dit 
GtHter  die  Bfisser  wieder  bi  die  SbrnlbMelt  m  TOrioclMI 
sneben*  Dnrcb  den  KaHns  erzwingt  der  Brabmane  sieh 
götdiebe  Macht,  wird  eins  mit  ihn  er  ist  nteht  ein  Flehen  «i 
eine  Gnadengabe,  sondern  ein  Erarbeiten  der  Götterwfirde* 

Die  göttliche  Zauberkraft  ist  die  Dfimmerungsperiode  zwi- 
schen dem  hellen  Tageslichte  der  Wirklichkeit  und  der  X?»cht 
des  einen  Brahma;  nnd  in  der  Dämmerung  walten  die  gesfea- 

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»1 

stigea  €efelld»  ^«r  PlMnHwi«.  •  E0  krt  dabei  zwischen  dieser 

Gottesivürde  in  dem  gegenwärtigen  Leben  uucl  der  uacU  dem 
Tode  kein  wesentlicher  Liiterächied;  hat  der  Mensch  die  Natur 
nicht  mehr  zur  Gebieterin 9  sondern  herrscht  vv  über  sie,  so  ist 
aach  der  Tod  keine  Macht  mehr  über  ihn;  er  lebt  fort,  >venn  er 
auch  körperlich  stirbt.  Das  Übergehen  des  Menschen  in  die 
Reihe  der  Götter  gehört  schon  der  ältesten  Vedenaeit  an;  die 
Pitri,  die-  Seiden  der  Alww,  sM  den  Götlexii  weaeiMtUch 
gleidIgeflIeUl» 

idae  mehr  inteeiliebe  Enchekmng  des  Gedankens ,  dass 

der  Mensch  darch  den  Kult'  die  Ctottheit  in  sich  anfnimmt  und 
über  die  Natur  umi  ihren  Tod  sich  erhebt,  bietet  sich  in  dem 
Trinken  des  S  oma- Trankes  als  des  Trankes  der  Unsterblichkeit 
(S.  346);  der  Mensch  ist  dabei  der  Tisch^enosse  der  Götter. 

Die  Zauberkraft  frommer  Asketen  wird  in  allen  Zeiten  behaup* 
tetO  „  Verscbwinden/  Schüobeit,  die  FSbigkeft  den  eignen  Kör- 
per sa  .  verlasseh  und  io  eioen  abdern  eiozugeheo.  Schaffen  von 
Halfen  nn^  .pdlidiijp«  da«  «ii^i  die  Beweise  voi^  VolleDda^g  der 
Andadit'^)  ^  j^Wer  sidi  In  diese  BeteeMusr  vertieft:. ich 
Ud  die  SesMt  «Her  Wesen»  ieli  halie  [als  eis«  mit  Braliiufailes 
hervorgebracht»"''  der  vermag  eine  Welt,  dieser  gleich»  zu 
schaffen." ^  „Ein  Jugi,  keiner  üechenschaft  unterworfen  und 
Boabhaogig  [von  etwas  auderem],  kann  jede  höhere  Kraft  ausüben, 
wekhe  der  der  GottlieU  ^ntspriobt  ood  zum  seligen  Geauss 
beiträgt." 

Dnrch  den  grossen  Asketen  VismanütKa  im  Mahabbaratfk' «r vrde 
«Ast  de«  BiBBselsgett  Isdra  geilbrdelt 

»'VlHMaiini,  dsr  aiMisd«»  ttie  m  gtSMW  BmmWnkt  

PMft  4«  Kjieig  dar  Mstafftfhsar»  Itidra«  gfiw^tfti  Msrob  «in^beilb.! 
OsM  oidit  des  HsUea  Aadachtvglnth  ihn  «rNb&ttr«  ^pn  amamn  ^lp.f>,, , 

Der  Büsser  wurde  so  mächtig,  dass 

»S«m  Glans  die  Welt  eotäaniincd ,  sein  Kma  die  Erde  erguhättcrn  inH|jp, 
Bc  zersctuaettera  denB«rgMerii,  leicht  verwirrcu  die  Rävine  kaaa.f , 

hidfa  beaagstigt  mit  ein  Mwiiseiies  M&dchen  tietbei:    -  - 

»FmMer  tu  t^an,  v<m  fMfemMit,  WwMt  in  grimmigerBtet*  er  itelei 
Beie  vat  iMSsMit  JMio  »da  ThnM»  gebe  s«  Ann      gewisse  ibSj 
aeb»  Msy  wo  errBseea  ibi»  Ibw  üo  bnfcHi  Mebrf  arfg> 

Bldhend  in  der  Schöne  der  Jagend  und  mit  iitjbelq^fg  Worte  Laut, 
Feiel'  ihn  apcb  mit  der  Frendea  Hais»  wende  voa  seiaem  Werk  iba,  ab.« 

Das  Mädeiiep  enbpheist  vor  yisnuunitra,  tanzt  verfiUveiipcb  vor 
ii.  rDu  «qgtiff  iba  d«c  i^ieigoag  QUOb»  fiel  er  ia  defc  Begierde  Macht.« 


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I 


392 


Fr  or/ engte  mit  ihr  die  Sakuntala.*)  Ganz  ahnliche  Erzählnngen 
kommen  noch  mehrfach  vor,  nnd  gewöhnlich  sind  es  ♦Vie  Rnize 
hhnDilischer  Nympheo«  durch  weiche  die  Büssenden  tob  deo  geäag- 
steten  €Ottera  an«  ihrer  Aekefle  geliracht  wette. «) 

Ton  zwei  Heldenhrüdem  erzShIt  das  Mababliarata: 

»Zu  eroliern  den  Drei-Himmel  nahmen  sie  «ich  im  Geiste  vor. 
Als  üie  Opler  vollbracht  liattcn,  nahten  V'indjaa ,  dem  Ucrgc,  sie, 
Und  übten  daielbat  Basie,  die  «elttodcScIute,  Mbr  lang«  Seit, 
Hungernd»  dontend,  in  Banvrinde  geklddal,  ndt  w^nflukm  BbuSi 
Die  GÜed«r  dut^  dm  G«jpft  Und'gead,  aUmlMi  aich      WiWe  aar. 
So  ihr  dgaiiea  Fldscli  opferad,  ttaadoi  na  anf  dta  ZalMa  da, 
Bie  beidaa  Anne  anMtreckcnd,  dreheten  sie  die  Aagea  nie. 
Und  die  Götter  cr^if  Schrecken,  als  «ie  die  strenge  Bosse  sahn. 
Zd  stnrrn  diese  Selbstqualen  sachten  anf  nuiche  Wose  sie, 
Barch  Edelsteine  anretxen^  nnd  dufdi  Fraaen  das  RrtTcYerpnar» 
Aber  dem  Vorsatz  treu  jene,  unterbrachen  die  Bosse  nicht 
Wieder  schufen  sodann  Tüntchung  den  GroMgeist'^en  die  HimmUsc^en: 
Schwester.  Mntternnd  Frnu'n  schienen  nnd  VerwiimUsrhiifc  den  BuMesdes 
Geachrecket  und  verfolgt  jetzo  von  bewaffaeten  Hieaen  dort; 
Ihrer  Creschmeid*  und  Haarlodk«i  entblftsst,  ihres  Gewandes  eatblesst, 
ErheWa  sie  den  Ruf  alet  ^Httfb,  HUfol''  eo  «chrlesa  ato. 
AImv  deai  Vorsala  trea  jene,  nntnrbfaslieB  dia  Beste  aUit« 

Kr  erscheint  nun  der  Welten  Urvater,  um  ihren  Wünsch  me 
fragend;  sie  verlangen,  unbesiegbar  zu  sein  gegen  Götter  und  Men- 
schen, und  Dar  durch  gegenseitigen  Todtschlag  unterliei^en  su  kSn* 
nee;  Brahma  gewährt  den  Wuoeeh,  nnd  die  tieideo  Bt&der  lehlee 
fortan  io  üppigster  Schwelgerei,  seretOrten  alle  Altlre,  tSdtelae  die 
PifeetCTf  Terttlehen  die  Bflseenden  und  Jagten  die  Mtler  me  des 
Hhunel,  die  sieh  m  BrahnaB  Welt  snHIdaogeo ;  Hirainel  ondMe 
waren  voll  (Miel  nnd  Verwüstung.  Auf  Bitte  der  GStter  sandte 
Brahma  eine  Nj^mphe  auf  Erden  ,  dcreci  Reize  die  Brüder  iu  Streit 
und  zu  gegenseitigem  TodtKcliIa-^  l)rachte.'0 

Ardschuna,  von  Irtdra  mit  einem  menschlichen  Weibe  erzeugt» 
erlangte  nicht  durch  seine  hall»güttiidie  Geburt,  sondern  durch  die 
strengste  SettistpelnigaDg  die  Vergünstigung,  dasa  Indra  ihn  anf 
seinem  .Wagen  nach  seineai  HaaMSelspalbst  hcachfte  1i«d  ihn  alle 
HecdicbJ^eiten  des  Hianmela  sohanen  und  gemessen  Jiase.  i»Wer 
dureh  Basse  nicht  fimd  Ltetemg,  ham  den  UsMniischeo  Wagea 
nicht  ansehen  oder  anrMiren,  Um  besteigen  viel  weniger/^ 
Wiederholt  wird  ensShlt,  vrie  man  durch  strenge  Selbstqual  m 
den  Gottern  seine  Wunsche  erreicht,  z.  B.  Kinder, 

Die  frommen  Asketen  können  es  daher  mit  den  Gottern  aulueh- 
men.  Als  Indra  einen  solchen,  der  den  A^vins,  den  Uimmelsärzten, 
Sona  spendete,  mit  dem  Doonerkeü  sereefattetteni  weilt»,  Ischls 


der  ()|>ferer,  uod  Hess  „durch  seiner  Bursc  Gewalt"  aus  des  Feuer« 

GlutU  ensfehen  einen  'furchtbaren  Riesen,  der  bi«  zum  Himraei 

reichte,  und  der  den  Indra  „fressen"  sollte;   der  vor  Schredc 

erstarrende  Indra  lies«  sofort  dem  züraendeo  Opferer  «eioeii  WUkNr} 
■o  erzählt  das  Makftbharata«>o) 

Biaw«ileD  wird  «ach  ohoe  weitere»  die  Gottheit  aMer  GOtter  ftle 
eine  dsreh  Aekeea  emngeDe  erUirt  oi^n^h  Bfise&eg  erbagteB 
4ie  Gdller  Im  Anhegieo  dte  Gottheit,  dmch  Btoang  fiurfeo  die 
Rieehi  dee  Himmal  a«f.^       Dm  Ohergehen  vee  Meeeehei»  hi  die 

Reihe  der  Gutter  ist  schon  in  einer  oft  wiederlcehrenden  Mythe 

de»  Uigveda  gelehrt.    Drei  Brüder,  die  Ribhavas,  wurden  in 

Fo!s:e  ihres  fronmicn  und  tut^endhaften  Lebens  unter  die  Gotter  auf- 

gcoomnien,  als  ludra's  Genossen,  sitzend  auf  seinem  Wagen,  wie 

dieser  Opferspenden  empfangend  und  den  Somatrank  trinicend ;  >*)  sie 

erheltee  eher  folgerichtig  mit  der  Gottheit  »vgleich  einen  Natur- 

dnrakter  nnd  die  Bedeatnng  von  Sonneaetrnhieo.>^  Spiter  führte 

wma  ihre  GMtenrMe  nkht  «Mhr  anf  Ihre  Tugeod  In  AUsemeinen 

mich,  .flondem  anf  Ihre  Mbstpelmgung  (tapas). »)  —  Die  PI  tri 

(die  Viter,  patres],  die  Seelen  der  Urviter,  besoiidera  der  Helllgett 

(Riachi's),  werden  ohne  weiteres  zu  den  mit  Gebeten  und  Opfer- 

spenden  zu  ehrenden GOttern  gezählt;     ja  sie  sind  „geboren  vor  den 

Göttern,"  und  „von  den  Heiligen  (Risehi)  entstanden  die  Pitris,  von 

diesen  die  lievas  (Gütter)  und  durch  die  Devas  ist  allmäblich  die 

ganze  Welt  gebÜdet  irorden/'      Sie  empfangen  Speise  and  Trank 

als  Spenden ;     es  werden  ihnen  an  hesthnmten  Monatstagen  Feiem 

gehahen^'*)  and  die  Ihnen  so  verrichtenden  Feferlichheiten  soHen 

hoher  gehalten  werden  als  die  Afr  die  Gatter.      En  werden  den 

„Viteüm'^aach  gVttBche  Werhe  angeechriehen;  nach  einer,  wiewohl 

etwas  swelfeAaften,  SteHe  des  Rigveda  haben  ale  sogar  ,,dcB  Htm- 

Biel  mit  Sternen  geschmückt."*") 

»  )  Colebrooke,  E^«?^?« ,  p,  196.  —  •)  Y^jnav.  HI,  202.  —  •)  Vrihadaranjakar 
üp.  h.  Wind.  1623.  —  *)  Sankara,  ebend.  1874.  —  »)  Mahabh.  b.  Pr.  Sehlegel, 
Sprache  u.  Weish.  d.  Ind.  S.  312  etc.  —  •)  A,  W.  Sclilcgei,  lud«  BibL  I,  S.  266.  — 
»)  Bopp,  Ardflch.  B.  S.  37  ctc,  —  ")  Ebend,  S.  XVII;  S.  1  etc.  —  •)  Sawitri,  1. 
(Bopp).  —  <o)  Holtnnamit  Ind.  Sagen  I,  40  ete.  —  ^0  Mahanarayaiia-ITp.  79,  3, 
iS  We'btts  M.  8t  H,  95.  —  <*)  N^e,  MyÜie  des  BibhaTM,  p.  let-'Sld.  — 
»•)  Staad,  pb  aee.  —  üttfeTs^BnluiaDa,  ebend.  p.  MB.  ^  Blgr.  I, 
k.  les;  UmuLj  in,'  194.  ^  >•)  Msaa»  m,  »1.  Ml.  —  Mhm,  m,  18; 
Bopp,  AhUchsnas  Beiie.  B.  3.  35.  36.  ~  Manu,  m,.  117;  IV,  190. 
«•)  m,  m  —  *«)  Botb  i.  4,  Z.  d.  D.  M.  Q.  J,  76. 

§  116. 

Die  übrigen  Vorstellungen  des  ankündigen  Volkes  und  der 
fib»  das  Leben  nach  de»  Tode  kiagen  noch  loaer  als 


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4ie  eMr(Ülaiäem  ftdi  dm  ki^aolMii  GöttttbewmiMiiiMMiMi, 

und  haben  wenig  inneren  Werth.    Die  ältesteu  Vorblelluiigen 
Iiigen  zum  Theil  lioch  aus  der  Lrzeii  des  noch  uDgetrennteu 
indogerinanischeu  V5lkerstainmes  tierüber  und  finden  in  dem 
höheren  Bewussfsein  keinen  Anknüpfungspunkt.  Der  Gedanke 
•iner  gerechten  Vergeltung  wurde,  besonders  in  der  apiteren 
apischen  Z^eit,  dem  bunten  Spiele  der  Phantasie  auheimgegeben» 
uskd  GftiftkaeUglKeit  nid  VerdanniDlM  mi  den  FarWa  dether 
Stm^iehkeil  gienMÜi,  und  toonders  hAifig  aind  dw  HöUmi  aiit 
ktimer  Ecfindttog  einer  dfisleren  ErobÜdinigakraft  genaiclmtt, 
In  der  filtestee  Vodenxeit  fiaden  wir  viele  spater  veracbwnsdeDS 
•  Vorstelluncsen.    Selten  nur  ist  die  Vorstellung,  dass  die  Sceleo 
nach  dem  lode  ein  trauniarti4i,eti  Schattenleben  fuhreu,  etwa  wie 
in  den»  griechischen  Hades,  i)  haufiirer  die,  dass  dieselben  in  Luft  sich 
verwandeln  oder  in  einen  iultartigeu  Körper  eingehen*^)  Gewubo- 
lieh  aber  dichtete  man  sich  in  ziemlich  sinnlicher  Weise  ein  Lebet 
voliXiaat  uad  f  reodei  eine  wenig  veikUMe  Feitieiaaag  das  jetijftB, 
taiier  der  Uemchaft  Jaiaa'a»  des  EaMÜaga  nater  dea  Caatetfciaao. 
la  der  Mitte  dealiuamela  ist  die  Woliawig  ftr  die  fieltgen,  ela  Ort 
der  Rnfae  «ed  dm  Fmde,  «eedunOcht  mit  licht  ned  Pankel  asl 
mit  Gewässern,  we  ale  mit  den  Göttern  sduaaBsen  Im  Scbattes 
scbönbelauhter  Bäume. ^)   „Wo  uuvergäugliches  Licht  ist,  wo  der 
äonuengianz  wohot,  dabin  bring'  mich,  o  Sorna,  in  die  unsterbiicbe, 
unrerletzliche  Weit;  wo  der  Sohn  des  Vivasvat  [Jama]  als  Kuois: 
gebietet»  wo  das  innerste  des  Himmels  ist,  wo  jene  grossen  Wal- 
ser wohoea^  o  dort  laae  mleh  aesterhlich  sein;  in  des  DreibimoieU 
GesrftUie,  wo  »aa  aleh  reff  uad  lebt  aaeh  Im!»  wo  die  tichtvattei 
RiaMe  alnd«  e  dort  laaa  mkk  naaterhilell  aeiai  wa-  Waaesli  aad 
Sehasneht  vecwellen,  Wo  die  etiahleade  Saaae  aMt»  wa  SeV^teK 
ist  nad  Genüge,  o  dort  las«  mich  aaatefblieii  aela;  wo  FrÜtliAkeit 
und  Freude  ist,  wo  die  Lust  und  EntKiicken  herrscht,  wo  sUe 
Wünsche  erfüllt  sind ,  <>  itoi  t  las»  luich  unsterblich  sein.^^*)  Die 
Seligen  sind  in  Verkehr  mit  den  Gittern,  nie  segnen  und  schützen 
die  Frommeu  und  geben  Besitz  und  Ueichthum.    Zwei  Hunde  mit 
vier  Augeo  hüten  den  Pfi^d  xa  Jama's  Wohnung,  auf  dein  4ie 
Geatodbeaea  aa  den  Wohnungen  der  V&lar  eiiea«  aU  schfilsiais 
Wnshter.«)  Jama  als  Herrscher  der  Uaterwelt,  aplait  apüffr  des 
groaae  RoHe  (S.  949);  er  holt  aleh  aeihst  oder  daMh  aelaa  Bsini  # 
dea  Gebt«  »dea  danmeoagroaaea/^  aaa  dem  meaadUkAea  KUipar, 
aad  bindet  ihn  mit  Stricken.«) 

Die  ält^t^n  Vedentheiie  berühren  übrigens  zieiaUch  selten  das 
FoiUeben  aasb  Am».  lodc^  /sie  heaehü/Btigen  ilfli^ahfi  mk  # 

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hnndsrreffliclbeii  Ge^wart.  Eine  Stelle  des  SamaTecf n :  „über 
die  Brücke  streben  wir,  die  acbwer  JiogliigKebe ,  de»  Heile ,  b#^ 
friWgen  deo  reebbeen  IHeb  [Viftn],**'-—  erieoert  avfliUmd 

'  te  die  alte  pavaleebe  IielN«.  — •  In  dem  epltewe-  Vellndbefr— toefa 
fet  der  Gfaebe  an  ehi  'k4hiftig;ee  Leben  eo  miebtig,  daas  Mtmm  die* 
„welche  offenbar  kein  künftiges  Leben  glauben,"  Ton  den  Opfern 
ao^geschlossen  wissen  will,»)  und  die  Epen  scbildern  das  Leben 
der  Seligen  in  Indra's  Himmel  nnt  allem  Glänze  des  siniilichi^tei» 
Wohllebens.»)  —  Die  Schilderung  der  UüHen,  —  meist  werdeo 
deren  einandzwanzt^  gezählt,  —  »ind  in  nachvedischer  Zeit  hiuigi 
eine  bestimmte  Ordnang  ist  in  ihrer  Aufzfihlnng  nicht  zu  findeB; 
ndr  werden  die  Qnalen  den  einaelnen  Artev  der  Sieden  ftn^e» 
paeet;  wer  t.  B.  irleffllsnige  Tbiere  oder  V8gel  tBdtet»  knoinit  in 
eine  BMIe  «xill  siedenden  Oles;  wer  aelnen  Tnier  oder  einen  Btali* 
maoen  tfldtet,  tn  eine  flMle  iron  Kupfer,  dnren  Beden  glSbeod  ist« 
Hurer  werden  in  ein  Meer  von  Schraotz  and  Koth  geworfen,  von 
welchem  sie  sich  niihren  mris^en;  Rätiber,  Giftmischer  u.  a.  werden 
von  720  Hunden,  Jania  s  Boten,  mit  diamantenen  Zähnen,  zerrtsscn? 
wer  nach  dem  Genuas  des  Somatrankes  berauschende  Gelränke 
trinkt,  dem  wird  geschmokenes  fiiseo  in  den  Mund  gegossen;  wer 
Meoscben  opfert,  wird  von  seinen  Schlacbtopfern  gliederweisa  aer* 
ndioltten  ete.  *i)  Pener  inden  flicfa  iwcbemln,  salaige  Flatheo  den 

'  BMIeontimen^  Cieler-ndt  elemeii  SclHilbeln>iod  aiBdere  die  Ver* 
dtaiinten  nerflelscheBden  lUnbtblere,  IMder,  hi  denen  die  BiiM 
sdineidend«  Scirwerter  tragen  ete. 

')  Weber,  Ind.  f^tud.  11,  206.  —  »)  Ebcnd.  229.  —  •)lHgv.  M.,  X,  1,  14.  15; 
X,  11,  7;  Botb,  L  d.  Z.  d.  D.  M.  O.  IV,  427.  —  «)  Btgr.  M.,  IX,  7,  10;  Roth, 
»fc  O.  n,  22^i  IV,  4$7.  —  •)  B%v.  If.,  Z,  1,  14.  15,  a.  a,  Q.  IV,  4S9.  — 
*)  8snftri.  V,  16b^  O  8,  1,  a.  —  •)  Mann,  m,  ISl.—  •)  Bopp» 

iaML  B.'8. 3  iL  —  Haan,  IV,  88  tLi  Tf^nav.  m,  9SS  &  »  >i)  Bbagav. 
Pknaaa,      28,  tom  II,  p.  M)7  ff.  (Boznoof).  —  **)  Webtr,  Ind.  8t.  1, 899. 

S  117. 

INtM  Feethahen  des  elmelnen  Snbfeeie»  in  dem  Lebea 
Meli  dem  T^de,  in  der  Vereiniswig  mk  ISott»  dteees  Gütttcii- 
«re«^  de«  Hellsehen ,  gebOrt  ab«  mtt  der  Btedrigerca  Slnfe 

der  firkenntiriss  an ,  hat  den  Gedanicen  nur  in  einer  staric  sinnli* 
eben,  die  Reinheit  desselben  sehr  trübenden  Form;  die  Weisheit 
ist  ßo  noch  nicht  erreicht.  Der  wahrhaft  Erkennende  wendet 
sich  laicht  bloss  verSchtlich  von  dieser  Welt  ab,  sondern  von 
jeder  Welt,  erkennt  in  dem  Göttlichen  nicht  mehr  eine  Vielheit 
an,  sondern  ntir  die  nnbedingtc  Einheit;  er  findet  keine  Rohe  in 
der  htesen  VerUAnmig  ider  Bhieeliek,  eemicn  in  der  AmShm*' 


886 

bnn^  derselben;  das  vOlHge  Untergehen  des  Menschen  in 
Brahma,  das  Verfliesseu  des  Tropfens  mit  dem  Ocean.  das  ist 
das  Heil,  diess  das  letzte  Ziel  aller  Weisheit.  Keine  anrlere 
Seli§;keit  giebt  es  als  die  ewige  iiuhe  in  Gott,  die  aber  Niemaud 
gMiesst  als  Gott  selbst,  —  als  das  Verlaschen  jedes  besondem 
DalMinsy  die  yemiehttuig  der  Fer»5iilielikeit.  Die  reehlefirkeniit- 
bIm  hebt  die  Etnoellieit  de«  Mensolien  auf,  Ifissl  tha  in  BrabM 
unterQ^ebeD,  and  mit  der  PeretVnliehkeit  verüscbt  die  Sünde. 
Der  Mensch  wird  hier  nidit  dnreh  eine  göttÜche  GnadenAat 
erlöst,  sondern  er  erlöst  sich  selbst,  indem  er  seine  eigene  Per- 
sönlichkeit viilii^  opfert.  Die  Unsterblichkeit  des  Geistes 
erscheint  von  diesem  Standpunkte  aus  p^anz  anders  als  vorher. 

Der  eigentliche  Geist  im  Menschen  ist  Brahma  selbst,  hat 
nicht  ein  selbstständiges,  persönliches  Dasein;  die  Selbstheit, 
welche  sich  als  Eii^elwesen  eben  festhalten  will,  ist  das  Ua* 
reehte»  soll  niedergelialteii  werden;  in  diesem  Festlialten  des 
eigenen  Selbstes  liegt  gerade  die  Entfremdung  Ton  Bnduna,  and 
die  rechte  Weisheit  liestelit  darin  ^  dass  inh  weias:  Brahma  ist 
das  Einzige,  was  in  mir  wahrhaft  ist  Nur  dieser  sich  selbst 
völlig  verleugnende  (leist,  welelier  mit  Bialmia  ganz  und  gar 
ssnsammenföllt.  hat  das  Recht  des  Bestehens,  alles  andere  ist 
nichtig  und  muss  untergehen  :  nur  der  Geist,  der  der  Welt  voll- 
stftndig  abgestorben  ist,  von  iiir  und  von  sich  nichts  mehr  weiss, 
se«dem  allein  von  Brahma»  and  sich  eins  weiss  mit  Braluas, 
der  reine,  dnrcbsichtige,  von  allen  Geföhloi  und  besUnnaten 
Gedanken  entleerte  Geiste  der  weiter  nichts  denkt  als  daa  ebe 
reine  Sein 9  dieser  Geist  alleia  ist  unTergänglieb,  unsterblich. 
Das  aber$  was  den  Mensehen  an  diesem  bestimmten  Menaeben, 
zu  einer  Person  macht,  das  Ich,  gehört  der  Welt  der  Verg&ng- 
lichkeit  an  und  muss  untergehen.  Das  bestimmte  Sein  vergeht, 
das  leere,  inhaltlose  Sein  ist  unsterblich.  Die  tiefere  indische 
Lehre  kennt  keine  persönliche  Unsterblichkeit,  sonderu  nur  ein 
Bestehen  £rahma*s,  ein  Verschwimmen  des  Menschen  in 
Brahnm,  wie  der  Regentropfen  mit  dem  Meer  verschwimml» 
Der  Msnsck  gebt  ToUsltodig  aaf  in  das  einige  Leben  Brabma'a. 
Disaes  Verllieaaen  in  daa  Unrasen»  diese  AnflflsMg  in  ekmel- 
nen  Geistes  in  das  leere  Ursein  ist  die  indische  Seligkeit  Die 
eHmelne  Persönlicbkeit  kann  nnm  Gamms  der  Seligkeit nieht 
gelangen,  sie  ist  gerade  das  an  sich  Unselige,  der  Welt  der 
Wandelbarkeit  verfallen;  selig  ist  nur  die  Seele,  die  sich 
selbst  völlig  aufgiebt,  nicht  mehr  einzelne,  seibstständig  för  sich 
besteilende  Beeie  ist,  sondern  in  das  endlose  Sein  Bniiima's 


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gftmfieh  anfleht.  Die  Frage  imeh  der  Unsterbliclikwk  Ideum  tAso 

wohl  für  das  niedere  Volkbbeu  usstscin  zweifelhaft  beantwortet 
werden,  für  den  tiefer  Blickenden  birgt  sie  keinen  Zweifel.  IVlag 
immerhin  von  denen,  die  das  Leben  noch  lieben .  der  Trank  der 
Unsterblichkeit  getrunken  werden,  mag  die  dichterische  An« 
sehaanng  der  späteren  Zeit  in  die  bimtesten  Phaatasieen  bildem- 
der  Diehtiiiig  hiBeingreifiBn,  ^  der  Weise  yereelmifilil  das 
Ifi^tige. 

„V9ma  der  Lebeed^je  [der  le  die  Creeter  elogegaogeoe  Met] 
den  Baum  TerliMt,  deoe  vertredraet  dieser;  der  KOrper,  vom  Bele- 

ber  verlassen,  stirbt,  oicbt  aber  stirbt  der  Beieber  selbst. — * 
„Wenn  der  Mensch  c^estorbca  ist,  dann  ist  er,  sagen  die  Einen; 
er  ist  nicht  mehr,  sagen  die  Andern;  dae.  wiinsche  irh  von  dir 
EU  erfahren;"  —  mit  dieser  Frage  wendet  sich  ein  junger  Briifi- 
Baoean  den  Todesgott,  Jama,  selbst.  „  „Aach  die  Gdtter  selbst/'  ' 
astv^ortete  dieser »  ,,,|babeaiDfrilbmrZeit  bierhigeiweirelt;  nicht 
leickt  ist  diew  su  erfaeeee,  eehr  fein  leC  dieee  Secbe;  wftble  dir 
eiee  aadere  Gabe,  btude  diicli  eicbt  ae  nefai  VatejirecbeB,  erlaee 
adr  diese  Fiage.'*«'  „Die  G9tter  aelbat  hebea  hierin  geswatfbll. 
wie  da  gestehet,  ead  niebt  leklit  ist  diese  ze  erkenaen;  end  doch 
ist  kein  anderer  Meister,  der  dir  gleicht,  inul  kcific  Mtidere  (^abe 
ao  Werth  dieser  gleich  oimI."  —  „„Wöhle  dir  Kindei  und  kindeskin- 
der,  wähie  Keichthunt  an  Vieh,  Eie|dianteri  und  Gold,  wähle  weite 
Ländereien  und  langes  Leben,  wie  dein  Herz  es  wdoscht,  sei  ein 
mächtiger  KSntg  auf  Erden ,  leb  will  zum  Geeiesser  aller  deiner 
Wiaeebe  dkh  aiacbeo;  die  Apearae  [S.  248]  tod  reheoder  ScbOn* 
bell,  aef  Wagea  fabread  mit  bimnUaeber  Musik,  aelieo  tob  mfar  dir 
geedienht,  delae  Dleaerioaee  aela,  —  aar  Irage  adch  aiebt  laebr 
tter  dea  Tedl*"« du,  der  alleM  Slerbilebea  ein  Ende  macht. 
Jene  aebeell  entfliebenden -Wesen  machen  schnell  alternd  der  Shrae 
Kraf^;  alles  Leben  ist  kurz;  lass  deine  Wa^en,  deinen  Tanz  und 
Gesang;  durch  Reichthnm  wird  der  Mens(  Ii  nicht  belriediget;  wer 
dich  leeschaut,  künn  der  nach  lieichthum  lerner  trachten?  Ich 
bestehe  auf  der  Gabe,  die  ich  gewählt,  und  wähle  keine  andere/* 
Nachdem  Jama  den  Frageaden  gelobt  ob  selaer  Weisheit,  welche 
die  inMacbea  Geaflaae  veracbmftbte,  spricht  eri  »«Wie  BUade  von 
BKadea  geMrt,  htea  alellea  umber  die  Tberea;  <He  Zulnmft  wird 
akbt  koad  dem  Tbüriebtea»  der  roa  Gier  aach  Releblham  alcb  ver- 
ieckea  llset  Diese  Welt  allahi  ist  wirklieb»  es  gisbt  kelae  andere, 
ee  deekt  er,  and  immer  von  neuem  [in  der  Seelen wandereng]  kommt 
er  in  uiciue  (Gewalt,  .  .  Der  Sterblirlie ,  welcher  die  i^ehre  gehurt 
und  er&sat  hat»  erlangt  jeoen  feioeu  Geist  [das  Brahma]  und  he- 


Digitiz 


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.  iwMiikBflteuiVWttli,  Der.W«!«*  «irdokslit  Ivoo  Aeuem]  geb*- 

.  reo  und  stirbt  nicht,  er  ist  nicht  irgend  Einer  irgend  wober  [ist  nicht 

■  melir  Einzelwesen];  utigeboren,  Lteliarrend,  ewig,  wird  er  nicht 
petodtet  in  dem  getodteten  Leibe.  Wenn  der  Tödtende  zn  tödien 
glaubt,  und  der  Getüdiete  sich  getudtet  wabat,  so  erkeneeo  sie 
'  lieide  nidii;  er  tudtet  nicht  und  er  wird  nicht  g«|4dtet.  Feiner  aU 
dus  Feinste  und  grösser  als  das  GrOsste  ist  jener  Geist  [fiMiIhwil 
ip«Iimm4  io  ilShb  [dts  MmeiHi]/'  JiMBft.beWM  IlMi  pnn  fib« 
imB  Waseo  der  GiitdMil,  w^lolia  d««  All  dunMritgt  uad  «1»  CM 
io  dkm  SlM9cli«iilierMtt  irobnt«  «ad  «piidii  daaii  ▼«o  d«r  St^Jen* 
watdefnng,  die  mir  den  Ubfrommeii  m  Tbeil  weide.  ,,Wa9Aliie 
•Laut  ist,  ohne  Berührung  und  Geschmaclc,  Gestalt,  Geruch,  ewig, 
uovergäuglichf  ohne  Anfang  und  Ende,  • —  der  Mensch,  der  das 
erkennt,  ist  aus  des  Todes  Rachen  befreit.  .  .  Die  Ihoreo, 
welche  ihren  [von  dem  Einen]  abgewandten  Begierden  f«4geii«  stör* 
sea  in  die  überall  ausgeiireiteten  Netze  des  Tode»;  .  .  wer  ihi 
erkennt,  der  in  dem  Menscheo  wehot«  Ut  befreit  [voo  der  Wieder- 
gaburi]« , .  Wae  Ueibt  «br%  von  d^m  la  der  .atmblidMa  HiUe 
wohaeadflOyJyi  deo  Koiper  eiagegansaaea  Mtt  IdamBnkm},  wcaa 
«r  beMt  dea  KOrper  Terllaat?  • .  0eaeB,  welebe  Uta»  dea  Wta* 
delloeen  io  dem  Waodelbareo,  erkenoen  io  dem  meoscblioben  Geiste, 
ist  ewige  Ruhe,  und  nicht  den  andern.  Sie  schauen  das  hHchste 
Wesen,  das  unbeschreibliche,  h«>ch8te  Glück;  wie  aber  soll  ich  es 
erkennen?  Nicht  gliinzt  in  diesem  Brahma  die  Sonne,  nicht  der 
Mond  und  uicbt  die  Sterne,  diese  kSlrahlen  leuchten  nicht  dorthin... 
Wenn  er  alle  Begierden  abgelegt,  die  «ein  Heci  ariiiüteo,  daaa 
wird  der  Sterbliche  unsterbllcb»  deaa  geoleaet  er  Br^hoHi'j. reines 

,  WeeoBf  w«aB  «Ue  Baade«,  .die  die  IIe».biodea,.9«Mat  abid,.diaa 
vrird  der  Stcrbliebe  uaatarbttdi.  Ab  dar  Biabmie:di«in  Edwpot- 
aiaa  ariaagt  dareb  Jaau^»  wurde  er  vereiaigt  aaM  Brabna,  iedieB- 
.loa»  oboe  Tod;  und  so  geschieht  es  jedem,  der  diess  erkeooi'*') 
„Das  Studium  der  Veden ,  Opfer  etc.,  macht  den  Körper  tÄch- 
tig  2ur  Vcr^chliognng  in  das  gütUlclie  AVeseo.'^  f.Ein  Brahmane, 
welcher  die  Gesetze  ertiilit,  die  heiligen  Schriften  keunt,  befreit 

.  «lob  foa  aller  Sünde,  und  erringt  den  Ruhm,  für  immer  wscklun- 
gen  £0  werden  in  das  göttliche  Sein.'*  3)  Wer  in  seiner  aigaacB 
Saela  die  hdebale  Seele  wiedeterkeoot,  die  ta  ailaa  Waaaa  M»* 
wMig  ist,  eai^ftngt  daa  glflcUkba  Scblefaaalt.snißiat  rataeUaag^a 

.  .M  wardoo  la  Brabna."«)  ,,Ib  Bcabna  gebea  die  Waiaan  aaler, 
«raleba  daa  BOaa  voa  aicb  ttaa;  wen  da  lur  Weiebeit  beanat,  wird 
alabt  balMrt,  aad  vrar  in  WelabaU  ^t,  verlUcht  iu  Gott,  J>er 

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3» 


buchst«  Frledeti  tst  ^erj^ehen  in  Gott  und  anrt  ihm  eiuB  aa  wer- 
den/**) ,,Dcr  BrahmakunHige  von  fester  Einsicht  ruht  unböirrlyar 
fiD  Brahma.^  0)  ,,Die  drei  Guoas:  das  Erkenoen  der  Dinge  [buddhi], 
äw  Wille  [maoss]  aad  die  SelbatlieU  [ehanhira]  sind  die  Zeichen 
de»€MMid«Melu  In 41»  Well];  mA  dam  ma  befreie»«  M  dae 
2MeB  BsSrmtmgi'^^  '-^  itM  Bintdkviraistidiir'is^  «ke  tias 
«Mnfcra  Sd».  »»Btodi  -da«  Wort  Amn^  Tbraiaige  mm  «idtniit 
-da»  AIm;  dieM  iat  die  groeae  Lehre,  *  der  OOttor  ^yebeminlaa; 
wer  dieeee  alao  weist ,  der  erlangt  die  AlAjestSt  dea  firahaia.^'  *) 
„Wenn  die  Weisen  den  Atiaa  orreicht  haluMi,  duntj  sind  sie  befrie- 
digt in  der  Erkenntniss;  ihr  Geist  i.ot  vollendet,  ihre  tiegierden 
sind  Terschwunden ,  sie  sind  in  Huhe;  erreichend  das  alldurchdrin- 
gaode  Weaeo,  gehen  aie  selbst  eia  ia  das.^oaae  Ali,  ihren  Geist 
darein  versenkend  (Comin.  wie  eines  zerschlagenen  Gelasses  iReom 
di^ht  io  deo  weiten  JEUm).  • .  Wie  die  naah  dem  Ooeao  iieaieD> 
den  fllitae  ki  deiieelbeB  ▼tMAwtaden  mid  Atdn  Namen  end  Ihre 
Geeidt  'mMmktnk,  sebenee  geht  der  Eri^eoMnde^.Teii-MhMin  Natten 
«ad  eehier  Geatalt  befreit,  ein  In  den  huehaten,  e#igen  •Geist.  Wer 
^eaea  höchste  Brahma  'itennt,  wfad  seihst  Bralima;  er  legt  ab  den 
Kummer  und  die  Sünde;  beireit  von  de»  Banden  des  K(»rj>er8,  wird 
er  unsterblich." •)  —  „I^ic  Vedakundis^en,  welche  wissen,  dass 
alles  Lebendige  und  alle  Welten  in  Brahma  verschwinden,  ver- 
schwinden seibat  in  ihm,  befreit  Fon  den  Fesseln  des  Daseins. .  . 
Wer  den  Einen  erbeoDt,  ist  von  jeder  voHlheiigehflnden  Geburt  in 
«ideres  Welleo  und  rem  Tede  eriHel,  'k4inunt'tr«der  cur  Welt  der 
Gttteto  oocb  tu  der  der  Vertvorfeneni  er  rerb« rrt  faumerdar  in  der 
Licfatwelt  des  Seienden.*^  w) 

Ein  ewiges  Leben  im  diriatlicbmi  Siiiae,  eine  endloae  Fortdauer 
der  Persufliichkeit,  muss  von  dem  weisen  Indier  unbedingt  abge- 

.  wiesen  werden:  nur  wer  dns  Ewige  noch  nicht  erkennt,  kann  die 
Creatur  immerdar  bleibend  wähnen.  „Brahma  allein  ist  das  ewige 
Sein,  alles  von  ihm  Verschiedene  ist  nicht  ewig/'  Diese  Erkennt- 
niss ist  die  erste  Volikommenheit  des  Weisen;  die  aweite  aber  .ist 
„die  Leidenaobailtsloaigkeit  im  Genuss  irdischer  nad  Jeneeiti^or 
Fiecbt«  die  bestitodige  Gleichgtitigkeit  bei  teaelbe»,  da  wie  die 
iidSscbee  €enflase  vetgSngliditaind^  weil  dnrtb  iWerke  erseagt;  so 
«Mb  die  jenseitigen  GeDÜsse«  wie  das  Attrita  «tcj''»)<H^  »»Wer 

•  fvabie  Gotteserkenntniss  besitfet,  geht  nicht  dniteb  dieselben  Wae* 
demgastufen  wie  die  Andern,  er  ^eht  i^rade  zur  Vereinigang  mit 
dem  höchsten  Weesen,  mit  dem  er  eins  wird,  wie  wenn  em  Fluss 
ins  Meer  peht.  Sehie  Lebenslahigkeit  hört  auf;  alles,  was  das 
■ipnachiiche  Jüoaeiweaen  bildet,  iat  veraebrt,  ^ame  aad  Geatalt 


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HO 

t 

▼«ncWfvden;  er  wird  «Mterblich  olioe  seine  TMIe,  wie  Waaier 

auf  einea  glüheudeii  Steiü  geträufelt,  versclnvindet."  „Gleich- 
wie die  nach  dem  Meere  hinstrebenden  Stninje,  wenn  sie  das  Meer 
'  erhingt  haben,  untergehen,  und  ihr  ^anie  uud  ihre  Gestalt  aufh("rt, 
ebenso  geht  die  EiozeUeeie,  oacfa  dem  Geist  hiostrebend,  den 
Geist  erreicheDd,  uster,  und  ihr  Name  uod  ihre  GestiH  Ik&rt  anf; 
Goud  lieieet  sie  deoo,  sie  wird  daon»  frei  tob  Ural  ■echeiifcii 
TbeileDy  iinsterlilicli."U)  —  ^Der  Met,  der  hier  hu  Meiecboi, 
und  der  dort  in  der  Smme  weiltj  dee  ist  Einer;  wer  eeldiee  wiiaai 
der  vereinigt  eieh,  wenn  er  ava  dieser  Welt  fortgeht,  den 
Atma/*>«)—-  Wer  wahrhaft  innerlich  erleuchtet  ist,  der  FrooM 
gelangt  zum  Verloschen  in  Gült,  der  Gottheit  tbeilhaftig.  errei- 
chen das  Verloschen  in  Gott  die  Weisen,  nachdem  ilire  Sünden 
getilgt;  .  .  .  wer  von  Begierde  und  von  Zorn  frei  geworden»  kundig 
des  geistigen  Seins,  dem  ist  nahe  das  Verlöschen  in  Gott.^^)  — 
Wer  sich  der  Andacht  weiht  nnd  sein  Gemfith  Im  Zaume  hfilt,  ge- 
langt snr  Rnhe«  die  l»ei  mir  wallet»  an  dean  hohen  Zustand  dei 
Veri8scheas.">«) 

>)  Chandogya-Upan.  b.  Wind.  1987.-^  •)  XalhdEa*trpia.  I,  19  ««a;  llt 
la.  17— S0{        1^»;  IT,  S;  Y,  1.4.  M— 15t  VI,  M.  16. 17}  iMfc 
WindiMhuaim  (S.  170S  «tc)  o.  Pol^.  —  •)  Um,  m,  28$  IV,  96e.  —  «)  Ihn, 

301,  25.  —  »)  Bhag.  Gita,  V,  24;  VI,  25.  15.  vgl.  H,  51.  48.  —  •)  IXhjm^ 
Yhidn-Up.  in  Webers  Ind.  St.  II,  2.  —  ^)  Maitraj.  Up.  in  Nouv.  Joum.  As.  XI.  459. 
—  •)  Mahanarayona-IJpan.  79.  20  —  22,  b.  Weber,  IT,  100.  —  •)  in  Mtin<bks- 
Upan.  n,  5  etc.  b.  Wind.  1705;  Poley,  38.  —  *»)  üpan.  des  Jadjusreda,  b.  \Viüd. 
1614.  —  »<)  Vcdanta-Sar»,  b.  Wind.  S.  1778.  —  «*)  Sank&ra,  in  Cokbr.  Kwaii, 
p.  193.  —  «•)  rra9na-üpan.  m,  2,  in  Webers  Ind.  Stud.  I,  456.  —  >•)  Auamla- 
valli-Upau.  Ebend.  II,  223.  u.  Bhriguvalli-UpÄa.  12.  übend.  235.  —  i*)  Bhan- 
GitÄ,  V,  24.  25.  —  »•)  Ebend.  VI,  16,  vgl  26. 

S  118. 

Aber  niur  diinsli  yölllge  Verläugnang  seiner  PenMiriidüseSl» 
darch  Aufheben  seines  Ichs  gelangt  der  Mensch  zn  dem  OHtelCf  j 
In  die  All -Einheit  aufzugehen.    Je  weDiger  der  Mensch  diese  ' 
Verleugnung  geübt,  je  mehr  er  noch  ein  besonderes  Ich,  eine  ! 
Persönlichkeit  ist,  um  so  weiii<]^er  ist  er  reif,  in  das  Brahma  za 
Terschwimmen ,  und  muss  darum  noch  als  Einzelwesen  fortbe-  • 
stehen.  Der  Mensch  ble  i  b  t  in  der  Welt  so  laaf  e,  bis  er  för  die  • 
Unweltlichkeit  herangereift  kt;  er  muas  so  lange  mhelos  in  der 
wandelbaren  WeU  waadernt  bis  er  Ittr  die  ewige  Bnhe  des 
leeren  Seins  sieh  wtrdig  gemacht  Da  nun  thaMcfaUch  4er  Tod 
die  Meisten  erreicht,  elie  sie  noch  bis  m  jener  TeUkenNnenes 
SellMtTerleagnuiig  gekommen  sind  und  jene  ünpersöiiliohkeit 
erlangt  haben,  wo  sie  von  sich  und  der  gana^n  Weit  uichtä  mehr 

I 

! 

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wissen  nnd  wo  sie  nichts  mehr  fühlen  und  wollen  als  das  einige 
BnluBay  so  ist  auch  ihr  Geist  noch  Mcht  wahrhaft  Greist,  ist  noch 
an  diese  Welt  gebunden,  kann  noch  nicht  zur  Urquelle  des  Da« 
aebeivrfiokkeliren,  sondem  miise  wieder  eine  weltliehie  Ge- 
steh  annehme»,  wie  sie  seinem  bisherigen  Verhalten  nnd  Stre- 
ben angemessen  ist;  swisdien  mensehlidiem  KOrper  nnd  dem 
derThiere  oder  Pflanzen  ist  dabei  kein  wesenüicher  Unterschied. 
Diess  ist  die  Lehre  voii  der  Seelenwanderuii^,  die  erst  in  den 
späteren  Theilen  derVeden^)  vorkommt.  Die  wirkliche  Seelen- 
wanderung ist  also  nur  eine  Strafe  fiir  ein  thörichtes,  söndliches 
Leben.  Der  Tugendhafte  aber  und  der  Weise,  welcher  das 
Wesen  der  Seele  erkannt  hat,  wird  nicht  wiedergeboren. 2) 

Die  Seelenwnndening  hftigt  mit  der  indischen  fintfahangs- 
khie  eng  ausimmen;  ein  Strom  des  Lebens  waUt  durch  alle 
Brnge»  nnd  alle  sind  nnr  nnselbstständige  Formen  ehies  einsigen 
Lebens,  nnd  twisdhen  den  efnsdnenCreatwren  ist  nnr  ein  Unter- 
schied derStnfe,  nicht  des  Wesens;  Pflanzen,  Thiere,  Menschen, 
Gotter  sind  mit  einander  innig  verwandt  und  verschwimmen  in 
einander.  Eigentlich  ist  doch  nur  eine  Seele  in  allen  lebenden 
Wesen,  die  in  die  einzelnen  Körperformen  sich  verzweigend 
ergiessty  and  sich  ans  denselben  auch  ebenso  wieder  zurück- 
ziehen und  in  andere  einströmen  kann.  Thiere  und  Pflaoaen 
imd  dem  Menschen  ebenbftrlig,  nnd  es  ist  dem  Indier  völli- 
ger Emstf  wenn  er  den  ^udm  in  die  Reihe  der  Thiere  setst;  die 
Thiere  shid  gewissermassen  nnr  eine  niedrigere  Kaste  als  die 
andern,  und  wenn  ein  Mensch  nach  dem  Tode  als  Schwein  wie- 
dergeboren wird,  hO  ist  das  nur  eine  ciiil'acLe  Ausstossung  aus 
einem  höheren  Stande  in  einen  niedrigeren. 

Da  den  Indiern  der  Körper  nur  etwas  Unwahres,  Zufälliges 
ist,  und  entweder  mit  dem  Tode  ganz  abgestreift  oder  mit  einem 
anderen  vertauscht  wird,  so  haben  sie  keinen  Grand,  die  Kör- 
per der  Crestorlranen  l>esonders  heilig  sn  halten  nnd  an  bewahren  • 
aie  balsamiren  sie  nicht  ein,  bauen  ihnen  keine  kostbaren  Grab- 
nale,  Ja  setnen  ihneniiiekteinmalDenksteuie;  dieLeichen  werden 
hl  der  Ältesten  Zeit  gewöhnlich  begraben,  bisweilen  verbrannt, 
und  beide  Sitten  erhielten  sich  auch  in  der  Folge.  4) 

„Sich  der  tiefsten  Betraciitung  iiingebend,  beobachte  der 
Mer)s(  fi  die  Wanderung  der  Seele  durch  die  verschiedenen  Körper 
\<>i\  der  höchsten  Stufe  bis  zu  der  niedrigsten.  Wer  die  rechte  Er- 
keontniss  hat,  wird  voo  den  Werken  [der  Vergänglichkeit]  nicht 
gefesselt;  aber  beraubt  des  [geistigen]  Sehens  föllt  er  der  Welt- 
amwllnmg  aabefan/'^— •„Wehshe  Welt  ein  Jeder  sieh  ersehnt  und 

n.  ae 

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_  40«_ 

'.wonach  errerlangt,  diese  Welt  erreicht  er  urj<1  jene  Wflnefche/f*) 
^  „Nach  dem  Tode  uaunt  die  Seele  desMaoscheny  welcher  bö9B 
Tbatei)  vollbracht,  eioen  andern  Kurper  an,  welcher  bestimmt  ist, 
den  QvalM  d«r  HllUe  raterwoito  z«  «ev«"  Maflk  Bnfalldiisg  d« 
TOD  Jama  auferlegtes  Strafe»  kamnit  die  fi^eele,  jmit  etaem  dim 
Körper  begaM,  entweder  ia  dieReili«  der  aeligen  (Mater  eder.wiid 
▼oa  aevem  aaf  der  firde  gebaren.')  ^Wer  in  den  Tode»  Staadt 
mein  ^denkt  [spricht  diehuchste  Gottheit],  der  gebt  von  hiermcber- 
lieh  in  mein  Wesen  ein;  welches  Wesen  ein  Mensch  im  Herzen 
trS!»t  bei  seinem  Tode,  zudem  gelangt  er,  wenn  er  stirbt.  Bis  zu 
Brahma  s  Himmel  gtebt  es  aus  allen  W^elten  eine  Hüdikcbr,  doch 
wer  £U  mir  [dem  Urwcsen]  gelangt,  der  wird  nicht  mehr  geboren. 

•     „Wer  recht  erkennt  meine  Gehurt  [in  der  Welt]  and  mein  Werk, 
der  gebt  naeb  seinem  Tode  sieht  atir  Wiedet^elniTt,  aondani 
mndr.'*») 

,,Wer  obneEikeantniaa  Ist,  nsd  weaseoBlert  serstrtstist  [ia  die 
weltReh^  Dinge]  and  nnrein,  der  erlangt  nicht  jene  bSehste  Stufe, 

und  kehrt  zurück  in  die  vergängliche  Welt;  wer  aber  tlieKrkenntnis» 
besitzt,  und  gcsammclf^ii  Herzens  ist  und  rein,  der  erreicht  jene  istule, 
von  M  O  er  ni(  Iii  \\ j^'doi  in  dio  Welt  j»eboreii  n  inl.  — •  Die  [nicht  er- 
kennenden] Menschen  kehren  zurück  in  den  Mutterleib,  um  einen  neuen 
Kürper  zu  empfangen;  andere  ^chen  ein  in  Uniebendige«,  je  niich 
Ihren  Werken/' —  „Als  Eins  den  AAsa  erkense  sm  Im  WacbeSr 
Trlmnes  wai  ba  Schlaf;  wer  Ober  diese  drei  hinweg  [Atsui's  Elshak 
erkannthat],  Wiedergeburt  wehtdrnbet  deiB.">o)-^,J>ieTolil|onimeae 
Befreiung  ist  nsbedingt ;  es  giebt  beifaeRdckkebr  der  Seele  ans  ibiesi 
ginidiehenVerschlangensetn  in  das  giHtliche  Wesen^  um,  wie  früher, 
weiteren  Wanderungen  unti  oilen  zu  «ein/'**)—-  .,iN'ach  mehreren 
auf  einander  folgenden  Geburten  kehrt  nicht  mehr  in  diese  Weit 
zurück  der  Mensch,  welcher  sich  selbst  opfert."**) 

„Wer  den  iseist  erkennt»  rein  und  bezübrat  ist,  Bosse  übt,  die 
Sinne  zugek,  Tngeod  ausübt,  und  die  Erkenntnis»  der  VfdnS  be- 
sitzt, imet  sMt  dsrfiügenschaaiderlWdbvhsit  (Satvac)  Bfefsbls  wi«d 
ala  eia  CKstt  gebsaen.  Wef  aicbt  a»  «sttin  Ibfitsn-liist  hat^'nabe« 

'  stKiidig  ist^  an  der  Sfnnacbheit  bSngt, JHeser  flit  Cder  filgenseiaft 
der  Leidenscbad  Begabte  wird  als  Mio n seh  uledergeboreo.  Wer 

.  schläfriiiist,  grausam  handelt^der  Gierige,  Gott  Leugnende  etc.,  dieser 
mit  der  Eigenschaft  der  Finsterniss  [Tania*»]  Begabte  wird  als 
Thier  wicdnrtfchoren.''  J'^)  „^adi  lliieti  Thaten  wenden  die  Men- 
schen geboren,  dunmi,  stumm,  blind,  taub,  missgestaitet:  wer  »»eine 
^ȟnden  nicht  abgebOsst  hat,  der  wird  dann  bei  seider  Geburt  un- 
«hei&v^tte Zekdaen  tragen.«!«)  mit  Vemtina  begabtes  imtt- 


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m 

schupfe  empf&Dgeo  Loiiu  oder  Strafe  für  die  geUiigen  HaodiuQg^o 
ao  ikrem  Geiste»  für  die  Handlungen  der  Hede  an  den  Organen  der 
Rod«,  fär  die  des  Körpers  am  Kürper.  Fflr  die  körperlichen  Ver- 
geben geht  der  Mensch  nach  dem  Tede  In  den  Xpetand  der  iehleeen 
IXege»  Ar  41«  Steden  der  Rede  eoipOogt  et  die  Gtietalt  eines 
Vegeb  edcf  ehrae  vietfltotjgen  Thleree,  flbr  geistige  SQndeo  wird  er 
in  den  niedrigsten  roennchKcheD  Klassen  wieder  geboren.  Wenn 
eine  Eigenschaft  [Guna]  im  Meijsdjon  besonders  überwiegt,  dann 
iiKuht  sie  diesen  Bekurperten  di^öer  Eigenscimft  vorzugsweise 
tlieilhaftiLT.  Der  Morder  eines  Krahmanen  sjeiit  in  den  Leib  eines 
Hundes,  Ebeci^  £sels;  ein  Brabmane,  der  geistige  Getränke  ^iokt, 
wird  ein  Wurm,  ein  iosekt  oder  ein  AaKvogel;  ein  Brahmane,  wel- 
cher geetsMon,  wird  eine  Spinne,  Schlange  n.  e.  w.  Wer  das  Ehe- 
bett eeinee  geistigen  Lehrern  befleckt^  wird  6ms  oder  eineSchliog- 
ptaeie;  wer  Oetielde  gestolilen»  wird  eine  Ratte,  wer  Waeeer«  wird 
«ine  Ente,  wer  Sak»  wird  sur  Heiuchrecke;  eio  Salji>endleb  wird 
eine  Bisamratte,  ein  Pferdedieb  zum  Tiger,  ein  Obstdieb  zum  Allen, 
—  ein  Frauendieb  /um  liärcn  u.  s.  w.  .,  Mit  w  elcher  Gesinnung  ein 
^Ipi!.s(  I)  diesem  oder  jenem  Werke  nuilitrat  htet,  mit  einem  diee^er 
eotsprecbenden  Leibe  geniesst  er  diesen  oder  jenen  Lohn.**'*)  • — 
„Wer  einen  Brahmauen  mit  Absiebt  und  im  Zorn  auch  nur  juit  einem 
Grasbabn  scblägt,  eoil  während  einundzwanzig  Seelenwandeninf^en 
in  dem  Ijeibe  eine«  unreinen  Thieree  wiedergeboien  werden.*'  Wer 
«b  TUer  todtet  und  lesti  oline  daron  eine  Spende  »u  bringen  ^wird 
bei  eben  «o  viel  anf  «i&andec  folgenden  Geburten  euiee  gewaltnunen 
Teden  aterben,  ale  er  Haare  auf  «einem  Kopfe  hat.** 

„Ein  Mensch  dagegen  >  welcher  die  Tugend  zu  seinem  höchsten 
Ziele  macht,  und  dessen  Sünde  duixh  strenge  Gollessluicht  vertilgt 
ist,  wird  auf  der  SteHc  in  die  himmlische  Welt  versetzt,  leuchtend 
im  Lichtglanz  und  bekleidet  mit  einer  göttlichen  Gestalt."  „Wenn 
flia  wiedergeboroer  Mann  seine  Lehrjahre  . rieb tig  voUlwingt,  so  wird 
er  nach  dem  Tode  in  die  erhalKo^teRegion  Tersetzt  und  nie  wieder 
in  die«««  Welt  geboren  „Nachdem  dim  Menschen,  al«  eine 

ihrer  Theten  würdigen  LolU'  den  Zustand  eine«  TU«r««  emfiaDgen 
li«b«n,  werden  sie  im  Laufe  der  Z«it  wiedergeboren  «In  arme,  nie- 
drige Mnencben;  dann  (rai  von  Sünden  geworden*  werden  «ie  in 
hohen  Familien  geboren,  reich  an  Genüssen,  begabt  mit  Wis- 
sen und  mit  licichthum.  Wie  der  Schauspieler  seinen  Körper 
lüH  Farben  bemalt  und  verschiedene  Gestatten  arinimmt,  so  nimmt 
der  Geist  die  aus  seinen  Tbaten  entsprungenen  Körper  an"  [als 
unwesentliche,  Susserliche  HOlIen].  Die  verschiedenen  unver- 
«chnldeten  Sehjckaale  d«f  Menschen,  ihf^  hüh^r«  od^  niedrigere 

ff 

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404 


Geburtetc.  werden  daher  sehr  oft  durch  das  frühere  Leben  der  Seele 

erklSrt.i^)  „Mir  gedenket  kein  Leid  irgend,  das  ich  irgend  wm 

Mgethan ;  wahrlich  aas  frffberem  Leben  bfiM  ich  jetso  ein  pna 

Vergehn/'  klagt  Damajanti.«!) 

Der  Übergang  der  Seele  in  eben  neoen  Leib  wfait  nach  BWgio 

90  erklirt;  daaa  dieselbe  mittelst  eines  feinen,  lafUgen  Lellras  kidca 

Mond  aufsteigt,  und  ron  dort  durch  den  Regen  lienra4erkonnt aad 

so  in  die  Pflanzen  und  durch  diese  in  die  Thiere  oder  Menschen 

eingeht")  „Di*"  Wissenden,  welche  im  Walde  als  Asketen  leben, 

gelangen  . . .  zur  äonne,  aus  der  Sonne  zum  Mond,  aus  dem  Mond 

zum  Blitz,  und  dieser  führt  »ie  zn  Brahma;  das  ist  der  Weg  der 

Gütter.   Die  aber,  welche  an  bewohntem  Orte  fromme  Werke  and 

Gaben  ehren«  die  gelangen  .  • .  snm  ither»  aus  dem  Äther  samMend, 

wo  aie  die  Speise  derGOtter,  das  Sorna,  genleaaen.  Madidem  sie  dort, 

an  lange  sich  gebührt,  gewohnt,  hehren  sie  denselben  Weg  wieder 

cttHIck,  anf  dem  sie  gekommen,''  durch  den  Äther,  Wind,  die WolEea 

und  den  Regen;  „diese  wenlen  liit  r  Reis  oder  GerstCj  Kräuter  etc. 

[Nahrung]  ...  Diejenigen,   wel(  ho  hier  schön  wandeln,  erhalten 

eine  sch5ne  Mutter,  werden  von  einer  Brahmanen-  oder  Xatrija 

oder  Vai^a- Mutter  empfangen.    Die  aber  hier  schlecht  wandeln, 

erlangen  eine  schlechte  Mutter;  eine  Hunde-  oder  Schweinemotter 

et€/<»)       Merkwürdig  iat  eine  Daratellang  der  Kanachitrid- 

Üpan.*^  Die  Seelen  der  noch  nicht  Erkeanenden  kehren  mit  dem 

Regen  ans  dem  Blonde  wieder  mr  Wiedeigebart  in  Würmeni, 

V9geln,  Tigern,  Fischen,  Menschen  etc.  svrffdr,  Iiis  sie  die  richtige 

Erkenntniss  Brahma*s  haben;  dann  gehen  sie  auf  dem  G^itterwege 

durch  die  acht  unteren  Welten  bis  zu  der  neunten,  der  Brahma- Welt 

Der  Brahmä,  —  unterschieden  von  dem  iiberw  eltlichen  Brahma  — 

fragt  ihn:  wer  bist  du?  £r  antwortet:  ,,Ich  bin  die  Zeit,  und  Wt-is  in 

der  Zeit  ist,  bin  ich«  aus  dem  Äther  bin  ich  entstanden»  aus  de» 

Lichte  desBrahma;  da  biat  die  Seele  (atman)  des  Veigaogenen,  Oe* 

genwSrtigen,  Znlcünftigeny  wer  du  liiat,  der  bhi  ich.*»  Brahma  (ragt 

welter:  wer  aber  bfai  ichl     „Dn  blat  das  Wahre,  daaSetoad^was 

von  den  [erozelnen]  GSttem  and  Seelen  Yerschiedeb  iaf  -  IHmaf 

spricht  Brahma:  ,,diese  meine  Welt  hier  ist  dein**;  und  der  Text  fügt 

hinzu:  ,,(lie  Hohheit,  die  Gewalt  desBrahma  erlangt,  ueralso  weiss." 

Chandogya-Upan.  VIT,  3  etc.  b.  Windischmann.  S.  1673  ctr.  t^l.  158^.  — 
*)  Ynjnav.  Hl,  109.  —  »)  Higr.  KL,  X,  1, 15 ;  Roüii.  d.  Z.  d.  D.  M.  G.  TV,  428.  433.  — 
*)  Megttstheues,  fragm.  26,  1;  27,  9.  —  •)  Mona,  VI,  73.  74.  —  •)  Iii  Muuüdka- 

Upan.  I,  10,  bei  Wind.  8.  1705;  Polcy,  37.  —  "*)  Maau,  XH,  16— tf  «>  Bbag»- 

Tadgitm  vm,  &.  «.  16i  IV,  9.  —  •)  SsduMTpan.  m,  7,  8;  V,  7  (Pole/  a.  Wind.) 
—  **)  A]iiriUTiiida«irpatk.  11,  In  Weben  Ind,  St.  n,  61.  —  * 0  Sinksra,  h.  TM. 
ms.  ^  i«)  Bhigar.  Pnr.  Vn,  l&,  55.  —  >•)  Ti^iMTsIkyA  m;  187  —  19»;  vgl 


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4116 


>*).]f.  17, 166;  Y,  86.  ^^^)M.TV,  S48;  II,  84».  —  >•) Ti|f]|»r.  HI,  817.  818. 

162.—      Wilson,  Theater  d.  Hindu,  I,  223.  Bopp»  Nalas  u.  Damiy.  XHL— 

•*)  KaoBhitflki-Upan.  I,  2,  in  Webers.  Ind.  Stud.  I,  39^.  —  * *}  CSbMadiOgf% 'XJf&ä. 
T,  b.  Wind.  1676.  —  **)  1, 8  in  Weben  &id.  fiüid.  1, 395  «IC. 

§  119. 

Wem-  es  des  Menschen  höchstes  Ziel  ist,  nnlerzugeheii  in 
die  einige  Gottheit»  so  g|U  diess  noch  viel  mehr  von  allem  übri- 
gen Dasein.  Die  wmAoftige  Creatnr  trügt  doch  das  GdttUche  m 
emeai  viel  höheren  Grade  in  sich  als  alle  andern,  und  hat  danun 
ein  iriel  grOeseres  Recht  des  Das^ns  als  diese«  Wenn  aber  die 
höch&te  Vernunft  in  dem  Bewusstsein  besteht,  dass  alles  ein- 
zelne Sein,  und  darum  auch  der  menschliche  Geist,  nichtig  sei 
nnd  aufgehen  müsse  In  (lOtt,  und  vvenu  der  Welse  diesen  Weg 
des  ewigen  Todes  mit  vollem  Bewusstsein  und  freier,  sittlicher 
Selbstrerlengnang  geht, —  so  steht  allem  andern  Dasein  dieselbe 
Auflösung  bevor,  und  yergeblich  sträubt  sieh  das  Lebendige 
gegen  die  alles  besiegende  Mäobt  des  Todes«  Das  Heil  der 
Welt  ist  ihre  Veniehtnng. 

Die  Welthat  an  aidi  l^emReeht  ihresDasetee,  ist  niehtwahr- 
hafte  Wirklichkeit;  es  heisst  hier  nicht,  Gott  sah  an  alles,  was  er 
gemaclit  liatte,  und  siehe  eswai  .sehr  gut,  — sondern  Gottes  Werke 
sind  hier  an  sieh  vom  Übel,  sind  ein  Erzeiigniss  seiner  Schwäche, 
seiner  Täu.schun«;,  seines  vSelbstvergessens.  Gott  kann  kein 
wahres  Interesse  für  seine  in  Sünden  empl'angene  und  gebome 
Weit  haben,  fUr  das  im  Wahne  der  Mt^a  erzeagte  Dasein ;  er 
Mise  aas  seiner  «nrnhcen  Entänssening  f^ieder  so  sieh  seihst 
aericlÜDshfen,  und  diess  mdit  bloss  an  euwelnc«  Pnnkteni  wie 
etwa  im  Geisle  des  erlfiennenden  Wdsen,  sondern  im  Gänsen  $ 
trnMBfls  das  All  wieder  In  sich  surttcknehmen,  si^  ^eder  in 
sich  zurückfalten,  wie  er  sich  in  der  Schöpfung  entfaltet  hat. 
In  dem  Erzeugen  der  W^elt  erscheint  das  üi  we2»en  als  Indra  oder 
Brahma,  in  seiner  thätigen  und  erhaltenden  Beziehung  zur  Welt 
als  Varuna  oder  Vischnu;  —  er  muss  sich  aber  auch  als  Agni 
oder  Qlva  offenbaren,  indem  er  das  unwahre  Sein  aufhebt  und 
das  allein  wahre  Eine  bestehen  liest.  Der  frühere  Gedanke:  das 
Brahma  ist  als  Bede  in  den  Dingen,  nnd  ist  das  allein  Wahre  an 
ihnen,  und  die  Weh  hat  ihre  Wahrheit  nor  in  Brahma,  s^ägt 
sefert  in  den  andern  nms  die  Welt  hat  das,  was  an  ihr  nnwahr 
ist,  an  das  einzig  Wahre  aufzugeben,  muss  in  das  Brahma  un- 
tergehen. Das  Wcltlebei»  ist  wie  der  Kreiülaui  der  Dünste j 
sie  steigen  auf  aus  dem  Meere,  —  Brahmä, —  bilden  sichtbare 


406 


WbIkeD,  ^  VMmiiy  —  mid  kelmn  ab  Regen  wieder  mm  Vhm 

zurück,  —  ^iva, — and  es  bleibt  nnr  das  einige  spie  gelglatte  Meer 
des  rrbraliina.  Die  Welt  ist  !inr  eine  i^tlaiizu  aus  dem  Boden 
des  Brahnin,  und  kehrt  wtlkeiid  wieder  zu  ihreu»  Uoden  zurück. 

In  d<'ni  ^aiiz  scharf  durcliii;(  liilirten  Gedauken  des  Vedanta 
kauu  weder  von  einem  positiven  noch  einem  negativen  Verhältuiss 
Gottes  zur  Welt  die  Rede  sein,  denn  die  Welt  ist  gar  nichu 
Aber  in  der  gewdhnlichen  Lehre  ist  dieser  folgerichtige  Gedanke 
abgesohwfldit;  die  Welt  wird  als  wirklich  bestehend  anailniiali 
ist  sie  nun  aber,  so  ist  sie  eben  nur  als  eine  Entansssnng 
€h)lles;  nnd  darans  Iblgf  wieder,  dass  Gott  ans  diesem  aebtn 
unwahren  Anstände,  aas  dieserKeipstrentheit  in  sich  znrGckkehre. 
Die  iSichtigkeit  der  Welt,  welche  in  der  Schärfe  der  indischea 
Idee  als  ihre  Nichtexistenz  auftritt,  wird  in  dem  volksthomlichen 
Bewusstsein  als  das  innere  WescTi  der  Weit  eriasst,  weichei 
sich  erst  in  der  Zukunft  bewahrheiten  soll. 

'  Es  Hegt  fiberdiess  in  der  Natur  der  indischen  Eatfidtongs- 
lebM,  dass  die  weiter  selireitende\Ve1t  nicht  vollkommener  wild, 
sondern  sinkt;  das  ansstrablendeLieht  wird  mk  der waoliseadfln 
Entfetnang  immer  blasser,  and  mit  dem  lAngeren  Verweien  is 
der  Entaasserang  wAehst  avek  die  EatkrAfbag  des  Ton  seinoai 
liebensmitteIpnnkCe  entfernten  Daseins.  Die  Wehentwiekelun^ 
ist  ein  grosser  Verfaulungsprocess;  und  je  länger  die  Weh  be- 
steht, am  so  rascher  schlägt  der  Pulsschlag  des  Lebens  seiner 
Vernichtung  zu;  darum  bildete  sich  in  der  späteren  Zeit  so 
schneidend  und  furchtbar  der  Kultus  des  Gottes  heraus,  der  stets 
verneint.  Das  Weltall  ist  nur  ein  spielendes  Wolkengebilde, 
welches  der  Wiod  verweht,  und  es  bleibt  niekts  als  der  reise, 
Mane  flimmeli  und  selbst  die  Gdtter  alla  gehen  onter  in  der 
all^meinen  Vemlohtong,  denn  andi  (rie  skid  niektige  Creatarta. 
Mdglioll«  dass  aas  dem  grosSenTodeeinneaeB  Spiel  derBnffeliBag 
'begtnnt,  um  eben  so  sebneD  wieder  hinweggelwnekt  an  werdea. 

„Aller  Wesen  Anfane;  ist  liiuhnia,  und  ihr  Ende  in  der  iurcht- 
baren,  fort  und  lort  gehenden  dnvvli!«ang  der  Wesen.  .  .  Wcon 
er  heruhigten  Herzens  Ächlaft,  <!ann  schlieast  das  All  die  Aucen 
zu.  So  mit  Wachen  und  Schlaf  wechselnd  ruft  er  ins  Ldbeo  die^ 
AU.  ..  UoB&hitge  Schupfunges  giehU  und  Zerstörungen;  spielend 
'  gleichsam  wirket  er  diese,  der  firhabeae  ttr  and  filr.^')  —  „Die 
'  Brde  wird  veigeliea  und  der  Oeeaa  und  die  Gatter,  wie  asU  die 

•  sdiaamShnlieheWeit  derSterbHobea  eicht  vefgefceal">)^Bfalms 
'   aHeis  ist  das  bestandige  Weses,  alles«  wes  vea  ihm  fenobiediB 

*  Mibt,  4it  das  lttchlbeslindige.^'  >) 


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r.ilgBiOffiifliifffctgaDtohanuDg  ^r«rcteii  wir  bei  der  GesdMile  spreohen. 

'  >    1)  Manu  1,  4».  50.     ^)  Yü^oav.  Iii,  10.  —  -*).TedMita^Saa,  v.  O.  Krank,  p.  4. 


Zweiter  AbschnUL 
Dag  wisseusehaftllche  Iiebm. 

Itti^s  sieht  laehr  im  VoUb».  gesprpclien»  nur  noch  d<9ii,giilfi^WPD 
BrabmaneD  bekannt,  ist  eine  der  ret^isten  «ndvolUcenimen^teu. 

iyiti  bildet 5  dem  iiido-germunLscIkeu  Spracli^»tami9e  angehöng, 
eioen  scharfen  (icgensatz  zu  der  cbiiiesiscben,  die  starr  und 
todt,  liciiie  lebendige  Kntfaltuug,  nur  eine  niecbaniscbe  Anlü- 
keuut.  Das  Sanskrit  ist  eine  Flexious-Spracbe;  au« 
einer  Wurasel,  fast  durckweg  eiiiiilb%»  entMtet^ich  ^ne  zabl- 
moheJramilie  abgeleiteler  Wörter«  die  sich  zu  jener  yerbal/^ 
wie  dte  aüftBcaküa  ealMtelen  Diiig^  dioeemiiirmUrgrwide; 
Md  diese«  eigaaiicbe  LebeM-dev  Spreohe  ie  Ali)eitiiiug,  Zqef»i« 
oicnieteeDg  und  Seagimg  bet  aieh  au*  einer  Imben  YoUl^oteiiiifi^ 
beit  entwickelt.  Der  Wdrterscbatz  entspricht  dem  Reichtbum 
und  dem  Charakter  des  GeisteslelKMis;  die  Spracbe  Ist  mehr 
^eisti^  als  sinnlich ,  an  schnlinachabmenden  Wörtern  sehr  arm.  ~ 
die  Sprache  gebt  wie  die  Worter  nicht  von  aussen  nach  innen, 
ifltttdern  von  innen  nach  aussen,  —  arm  auch  au  Besbeieiuipipg/Qji 
Ar  dee  bewegte  Leben,  für  Streiten,  Kämpfen  etc.,  reieb 
dagegen  en  Anadt9ßkm&ap  das  iim^liobe ,  beschaiUiehe  iieben« 
iic^sitt  geial^e  Begriffe»  iiir  Neebdenlcen,  Betraohten^  WissepDp 
hAn»  eHu,  ibefcmdsBd  den  Bang  zur  atiilea  JMmeilioUceit 

Und  da  4eei  Indier  i»  smaer  organiseb  sieh  cntfaiteDden 
Sprache  ein  Wiederbüd  des  sich  entfaltenden  iirahma  entge- 
gentritt, so  hat  er  für  diese  Spracbe  selbst  ein  hohes  Interesse. 
Ja  die  Sprache  und  ibi  Geist  ist  ihm  niclit  bloss  ein  liild.  soii- 
derfi  eine  wirkliche  OÜenbaruug  der  waltenden  Gottheit;  in  die 
Sprache  sich  vertiefend  lauscht  er  dem  Weben  der  Gottesmacht; 
die  Spiacbe  selbst  Ist  das  Wort  Gottes»  ^ie  ist  von  dem  Men- 
eebea  aicbt  etlaiidea,  soedem  aar  veraomoiea;  sIs  ist  aar  eine 
ÜnlUtaag  des  einea  ewigen  Laates,  der  Ton  Brahma  ausgeht 
«ad  Braiinia  selber  ist»  Die  Spraehe  ist  grade  so  eine  Offen- 
baning  oder,  yielmehr  €xa»  unmittelbare  Erscheinung  der  Go^beit, 


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408 


wie  die  Nalnr;  in.te  SpfadM  Ist  BmIumi  gnde  m»  wfrUkh 
▼orhanden  wie  m  der  Ifator;  wer  eie  erkeaiity  erkeml  BnÜMM. 

[§  104].  —  Und  wie  kein  fainerer  UnCerachied  ist  zwischen 
Gott  üiid  seiner  üftenbarung,  also  zwischen  Brahma  und  dem 
Worte,  so  ist  auch  keiner  zvviijchen  dem  Laute  und  seiner  Be- 
deutung; beide  sind  eins,  wie  Gott  eins  ist  mit  der  Welt;  die 
Grammatik  ist  ebenso  pantbeistisch  wie  die  Keligion.  Der  Sinn 
eines  Lautes  ist  nicht  irgendvrie  durch  menschliche  Bestimmunf^ 
demselben  erst  beigelegt,  sondern  jeder  Laut  hat  an  sieh  schon 
einen  nodiwendigen  Sinn,  der  reel^  eigenllieli  das  inwoluiende 
göttfiche  Element  Iii.  Wer  also  die  Spiadie  erfoisclit,  exfimcbl 
die  Gotdieit  ,,Der  Lnnt  Ist  ewig,  ist  firahma,  «nd  die  Bneb- 
staben  sind  Anklänge  des  ewigen  Lautes,  ^^i)  Daher  das  lebhafte 
Interesse,  welches  der  Indier  für  die  geistige  Betrachtung  der 
Sprache,  iür  die  Sprachwissenschaft  hat,  die  er  wenigstens 
in  Beziehung  auf  den,  so  zu  sagen,  ontologischen  Theü  des 
Hprachlebens,  auf  die  Betrachtung  des  Sprachstolfes,  der 
Wörter  und  ihrer  Bildung  und  Zusammensetzung,  na  einem  Grade 
von  VoUkonmenhelt  entwickelt  hat,  wie  ihn  sor  die  spilem 
Grieehen  nnd  ROmer  und  Araber  erreidit  haben.  Die  Syote, 
gewiaeemiaesen  der  geechleiilllebe  Tkdl  der  Sfnieliet  Ihie 
wirkliehe  Erscheinnng,  ist,  wie  alle  WlMeneeliaft  de«  Wiilc- 
licheii,  weniger  entwickelt. 

Das  Sanskrit  derVeden  hörte  schon  einige  Jahrhunderte  vor 
Chr.  auf,  Volkssprache  zu  sein;  die  ältesten  Sutra  der  Buddhis- 
ten sind  jedoch  noch  im  Sanskrit  geschrieben.  Später  drängen 
sieh  Dialekte  vor.  ^)  Die  Sprache  der  erkennenden  Brahmancn^ 
vor  allem  beimKnhue,  soUaber  die  altebeilige  Vedenspraehe  adn. 

Die  8shrtft|  ven  den  indieiB  aelbatatfliidig  erfonden,  «ad 
nidit  ans  Bildereehrift  entstanden,  aondem  «rsprttngUcli  «diea 
ans  reinen  Lautaeicben  bestehend,  aiao  geistiger- als  dsn 
ehizelnen  Begrilf  nnmittelbBr  beeeichnende  chtneeiiehe  8dirift, 
wird,  wie  «^lles  Geistige,  auf  Brahma  selbst  zurückgeführt,  und 
gehört  zn  den  vollkommensten  Schriftarten.  Die  Zeit  der  Ent- 
stehung ist  unbekannt. 

Die  voD  Jaska'8  Nirukta  schon  ziemlich  ütufungsreich  bearbei* 
iete  Grammatik  erhielt  in  Pani ni,  nach  Bubtlingk  um  330  vor  Chr., 
nach  Weber  wahrscheiolicher  im  sweiten  Jahrb.  naob  Gkr»,  ihre 
wisseaschaftiicbe  Begründung,  su  weldier  die  spiCeren  Katjajsss 
nad  Patandschali  nur  die  voHkemmnere  Entvrickelung  oadEnrei- 
terang  geben.  Der  hohe  Werth  der  Gnunmstll^  fir  die  lodlsr 
erhellt  daraus,  dass  die  Sage  den  Panini  die  Erkenntniss  dersetbea 


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m 


▼MI  (hra  tecb  schwM  A«ke«e  Mtioseo  Itot,  und  «qcIi  des  fol* 
geoden  GramMtikern  aiM  tfberDAtflrlidM  OffeiilMiruiig  zoscinreilit 

Grammatik  ist  eiuUauptgegeniitaDd  des  brabroaniachen  Unterrichts. 3) 
Das  8ai)skrit,  stammverwandt  mit  dem  Persischen,  Griechi- 
schen, Lateinischen.  Deutschen  uud  tilavisrhen,  und  für  die  Er- 
forscbuog  dieser  Sprachen  ungemein  >vichtig,  übertrüTt,  die  grifi- 
chische  ansgenommeo,  die  andoro  Schwesterapnchen  an  Rticfatbiiiii 
umI  BMii«skrafU  Am  den  mehr  aU  2000  VtribalaOMM  Wid«! 
•ick  «ndl  Vmeteiuig  von  18  PwtikslB,  ^  d«i  Piipi^tiaM  to 
wmwwMm  Sptacho  in  Klang  nad  Badaotnag  eaCapieAaBd,  ^ 
aiae  raMe  Flttle  vm  aeM  WMaia.  Die  Canjugatioa  der  VeihaD 
ist  sehr  reidi  aa  Ealfidtiiiig  der  Modi  nad  K^d;  jede  Zeit  hat 
ihr  Particip  und  einen  Dualis,  welcher  aber  im  Unterschiede  vou 
dem  griechischen  auch  lür  die  erste  Person  eine  besondere  Fonii 
hat.  Die  Grammatiker  stellen  die  dritte  Person  zuerst  und  die 
erste  zuletzt,  weil  der  Geist  früher  das  ubjective  8eio  ak  sich 
aalkat  erfasse;  da»f  ist  dem  indischen  Gaiatesstandpankt  ▼ölÜg 
ealapreckeod.  lUa  Dacliaatiaa  kat  eiaaa  ▼olIat&adigeD  Daalia  and 
acht  Gaaaa»  asaaar  den  aeeka  kekamtea  aKadidi  akiaa  Laea4lf«a 
aaf  I»  «nd  ebea  laaUmaataKa.  —  Dank  daa  VamaitaB  dea  A^Lca> 
«aa  wird  die  Spracka  etwas  ekitMg»  «ad  atokt  an  WaUklaag  dar 
grfacbiscfaen  naek. 

Das  Sanskrit  ist  die  Sprache  der  heiligen  Schriften  und  die 
Grundlage  verschiedener  Dialekte;  die  später  am  meisten  im  Volke 
verbreiteten  heissen  Prakrit,  d.  h.  .^abcreleitet,"^)  «ad  der  bei 
den  Buddhisten  gebräuchliche  beisst  Pali. 

Die  8chrift  wird  von  liat»  aaeb  rechts  geschrieben»  kaaeickaat 
die  Vakala  keaaadera  «ad  geaao,  and  enthält  49  Bacbstaben.  *^  Die 
rMe  aad  alte  LHtemtar  mMkt  efaie  frtke  Ertadnag  der  Sdhrlft 
aekr  wakrackeiattck.  Zar  Zait  der  Maaedanfier  war  jedenlalb  dte 
Keaaiaiaa  der  Sckrift  adwa  aekr  Teifareilatt  da  Wagiraiaer  odt 
Angabe  des  Orte« and  der  Entfermmg  aa  dea  Straaaen  standen;^) 
uüd  nach  Nearch's  Berichte  schrieben  die  Indier  Briete  auf  dicbtge- 
schlagenein  Haumwollen? eitge jedoch  sollensich  die  liichter  keiner 
geschriebenen  Gesetze  bedient  haben.')  Meist  schrieb  man  mit 
GHfleln  io  BaumbUtter»  wie  anek  ia  den  älteren  Dramen  erwäkat 

Wird.s) 

Kanna-Mb&aosa,  b.  Wiad.  1761.  —  ^)  La^en ,  Ind.  Alt.  n,  8.  486  —  498; 

Weber,  Ind.  Lit.  166  ff.  —  >)  Lassen,  Ind.  Alt.  II,  S.  471  —  48G.  n  53  ;  Roth,  z.  Litt, 
a.  CJ€sch.  d.  W.  14.  20.  53;  Weber,  Lit.  199.  —  *)  Lassen,  Instit.  lin-.  Pr  p.  23  S, 
—  •)  Mr^Tftsth.  fragm.  34,  3  (öchwanb.)  —  •)  Strabo,  XV,  1,  67.  —  Ehavl  XV, 
I,  66 ;  Mogastb.  fragm.  27,  3.  —  *)  Sakuntala  r.  Meier.  S.  56;  Wilson,  Theat«r  d. 
IL  X,  ai9. 


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410 


§  121. 

Wie  dtoSpMohe,  &•  wirfk  «idi  die  Wlm«iitk«ft  m- 

scliiedcuer  Vorliebe  auf  die  Iiiuerlichkeit  des  Geisteslebeuü. 
Was  die  äussere  Welt,  und  wie  sie  sei.  das  läasi  deu  Indier 
gleichgültiger,  wiewohl  auch  hierin  in  dem  Bewusstsein.  dass 
tn  allem  Wissen  doch  eigentlich  zugleich  das  Göttliche  ge< 
wnsst  werde ,  vieles  Anerkeanmigfiwerthe  geleistet  warde;  die 
Hauptnehtnog  ging  doch  immer  auf  das  Religiöse  md  Philo- 
eophiseliet  ging  eas  der  Vieibell  de«  UaeeiM.fla  deeee»  finkeit 
«nrftek,  aber  eine  die  Vielbeil  aas  der  Kalieit  aa  bc^seifea  «od 
aa  reehtlnrtigea;  der  dem  Daaeia  aufgeprägte  Charakter  der 
Nichtigkeit  im  Oegenaatee  aa  dem  eiaea  Uraeia  Ueas  keia  so 
hohes  liUeiesse  für  die  Wissenschaft  des  Wirklichen  aufleben 
wie  för  die  über  dasselbe  hinausfuhrenden  religiüseit  Gedanken. 
Die  spätere  Zeit,  mehr  der  ^^  irklichkeit  zugewandt,  hut  auch 
in  den  profanen  Wissenschaitcn  eine  sehr  reiche  Litteratur  ent- 
wickelt. Beacktangswertk  ist  es,  dass  in  fast  allen  Wisses- 
achaften  ein  regeres  Leben  erat  nach  der  Zeit  eintritt»  wediekidicr 
mit  den  Grieohen'  in  Berölirang  gekomoMB  waren*  Sie  luibea 
aber  Ton  denaelbea  keiaaawegeanur  angenommen«  aiadviehaelir 
meist  in  krftftiger  Selbatatfindigkeit  Torgesohritteni  das  höhere 
geistige  Leben  der  GrieclitB ,  apiler  aaeh  anderer  Volker,  wtr 
nur  der  belebende  i unke,  welcher  das  im  Keime  verborgeoe 
Leben  zu  reicher  Entfaltung  brachte. 

Die  Mathematik,  dem  auf  das  Abstracte  geriehteteu  Cha- 
rakter des  indischen  Geistes  entsprechend,  ist  hier  früh,  selbst- 
stftndig  and  bedeutend  entwickelt  worden;  die  Algebra  und  das 
•dekadiaeke  Zahlensj^m  ist  von  denlndiam  evdaokt  wd  ven 
iknen  erat  za  den  Aralftera  gekommen. 

Die  llalir«Wltteaiobaft  kann  kiar  makt  fiigliak  an  eioer 
kdban  Entwkkelnag  gedeike»;  iat  auek  dem  Btakmanaa  die 
Gotdi^t  weiMtotliek  Natnraein,  ao  feklt  dock  daa  hilerasse  fiir 
die  wirkliche  Natur;  die  spielend  erzeugte  Natur  ist  auch 
ein  Spiel  für  die  Phantasie,  nicht  iilr  die  ernste  GedautLenfor* 
schung;  wir  hnden  viele  schöne  Aatursckilderuii^^en,  besonders 
reizend  die  Bilder  aus  der  Pllanzenwelt,  i)  zugleich  aber  die 
beim  ersten  Anblick  seltsame  Ersclioiuiing,  dass  ein  geistig  hoch- 
begaktea,  tiefsinniges  Volk  inmitten  der  berrlichsten  Natnr  den- 
nock  ebe  Terkftltniaam&saig  nnr  geringe  fintwickelong  der 
Natarkenatiuaa  darbietet;  die  Indier  beben  ein  lebkaftea  ^atar» 
Geflibl,  aber  eine  minder  aaagebildeteNatar^Wiasenaeblift 


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Trotzdem  dms  die  Sonne  die  1i9clisle  Offenbarong  Bnilimas  ist, 
ist  doch  die  Astronomie  erst  durch  fremde  Anregmif^,  zuerst 
durch  die  Chiiieseu,  später  durch  die  westlichen  Völker,  bedeu- 
tender entwickelt  worden;  vielleicht  ist  aber  grade  die  religiöse 
Anfiassui)^  des  rein  Natürlichen  der  wirklichtti^  berechiMaden 
Wissenschaft  hindernd  entgegen  gctretta. 

Die  «nsige  MatnrwuMBsehafti  welche  einen  bedettlenden 
AitfMliwiiiig  genommen,  iai  die  Araiieikiiade.  Mag  anek  daa 
wirUidie  Lebea  filr  den  fronunen  BratMumen  alehi  einen  aon- 
dwilclien  Werth  haben,  so  iai  doch  daa  Leiden,  daa  ana  der 
Natur  fliesst,  nicht  ein  wahrer  Z«atand,  ist  yielmehr  ver* 
doppelte  Unwahrheit  des  wirklichen  Daseins.,  und  soll  darum 
eiitfenit  werden.  Der  Froninie  niae  sich  iunnerhiu  in  tugend- 
hafter Entsa«!;nng  von  den  Freuden  des  Lebens  abwenden,  aber 
er  iiat  keinen  Beruf,  sich  von  der  Natur  noch  Leiden  auflegen 
lassen,  l^nd  i$t  das  hinimliache  Amrita  und  der  indiaehe 
Iboma,  (S.  252.  ^4)  der  Lebenstrank  der  Götter  und  Menschen, 
aSeht  daa  Urhüd  «nd  Vorbild  der  Aianei?  Der  SeaM  iaI  der  daa 
All  dachatrtaende  Lebenaaaft  Brahniaa«  iat  die  keaauache 
Aranei  llit  die  höheren  Urweaen?  und  die  Hettkonal  ialnsr  daa 
erweiterte  Sorna- Opfer,  angewandt  auf  die  einzelnen  Leiden 
des  menschlichen  Körpers.  Haben  die  Götter  das  Streben  .  ihr 
Leben  dauernd  zu  machen,  w^arum  sollte  es  dem  Menschen  ver- 
*»a^t  sein,  sein  Leben  durch  die  Heilkräfte  der  Natur,  s^leirhsam 
dorck  das  in  ihr  waltende  Brahma ,  von  den  Leiden  .des  LiuzeU 
daseins  zu  befreien?  Die  Arxneiknnde  hat  so,  wie  es  una 
aeheint,  einen  religiOean  Hinl^rgrand.  Sie  wird  natirllok  nar 
f OB  den  Brakmanen  anagefibt,  wiewokl  die  Ärale  votk  dan  beim 
efgntfiehcnLKnltna  beedhftAigteo  «nterachieden  weaden« 

An  haabatoo  geachtet  war  in  lodiea  jedenek  die  f  eliglOae 
ErkeDDtniss;  alle  anderen  WlMenschafteo  traten  gegen  diese  ki  den 
Hintergrund.  ,,\Ver  heilige  Erkenntniss  der  Veden  giebt,  ist  ein 
ferehrunffs würdigerer  Vater  als  der,  welcher  nur  das  natürliche 
Dasein  «ziebt,  da  die  zweite  oder  göttliche  Geburt  den  Wiedertje- 
bomen  nicht  bloss  io  dieser  Welt,  sondern  auch  suktioftag  das 
ewige  Leben  Msicbert  Was  die  filtern  zu  ihrer  gegenseitigen  Lust 
eiaeai  Weaea  adttheileat  ist  anr  meaachHebe  Geburt«  alMr  die 
Cebnrty  welche  der  Vedea*Lebrer  adtthellt,  iat  eine  wahre  Gehurt, 
der  weder  Tod  noeh  Alter  aehadea  kann.  Wer  Jemaadeai  die 
Wohlthat  der  heiligea  EHceaatnlss  giebt,  aie  sei  groaa  oder  gering, 
der  soll  Gflm  oder  Terebningswflrdiger  Vater  genannt  werden  wegen 
dieser  himmlischen  VV  uhltfaat.^*') 


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412 


DaM  4itt  Matlkenatllk  dm  Inaieni  MUsMItodig  m  «iür 
Mien  StafSs  to  AnsbiMnog  gebradil  woideii,  and  da«  die  Ambar, 
welche  in  Aiiiiereii  WIxe— chaftea  ▼ielÜMk  die  Lelirer  deieelbeo 

vrurdeo,  hierin  ihre  Schüler  naruii,  i^t  uicht  zu  beztveiieh). ^)  Die 
arabischen  Zahlzeichen  sind  wie  das  damit  zusammcnhängeade 
dekadische  System  indischen  Ürsprungü,  uod  sie  Ijezeichoeten,  wie 
es  scheint,  zuuäcfast  die  Anfaogsbucbstabea  der  Zablivörter  selbst; 
wafuBcheiDlich  erst  im  neunten  Jahrh.  nahmen  die  Araber  diesclbeo 
•  BU,  mmd  daroh  diese  besonder»  verbreiteten  sie  sieb  drei  Jelubiia- 
derto  epSter  im  dvistiicbett  fiarepe,*)  vHewehl  bedaolMM  SpoMi 
vorheoden  sind,'  dMS  iboUdbe  ZaUbestimmogen  «cbea  viel  Mbar 
i»  Europa  in  Anfrendnag  wann.*)  Auf  Gnind  dbsea  Systeiae  iit 
die  indische  Arithmetik  b  bobem  Grade  eatwiclceit  worden,  and  die 
Algebra  schliesst  sich  ihr  ehciibiirtig  an.  Die  (ieoiiieUie  tritt  etwas 
mehr  /.urück.<')  Als  bedeutendster  Begründer  der  Mathematik 
erscheint  Arjabhatta,  f]er  im  dritten  oder  vierten  Jahrb.  nach 
Chr.  lebte«'')  berechnete  bereits  das  Verhältniss  des  Kreis- 
dorebmessers  znr  Peripherie,  und  seine  Angabe,  20,000:62^832 
komml  dem  wahren  Verliftitnisa  aebr  nahe*  eheaaa  der  ans  seiner 
'  M eaanng  «inea  Merldiangiadea  aieb  ergebende  Cmtog  der  Erde  vea 
55d4  geegrmpbiaeben  Meilern  •)  Dan  «igeatlicbe  defcadiacbe  ZUfcr- 
syatem  findet  aieb  bei  ihm  noch  nicht  9  wiewohl  er  die  Boebstabeo 
in  sinnreicher  Weise  xar  ZahUwzeicbnang  verwendet;  die  wirkUelie 
Ausbildung  jenes  iSystems  lässt  sich  mit  Sicherheit  erst  um  500 
nach  Chr.  nachweisen.*)  Die  Indier  berechneten  Glcicbnni^en  des 
zweiten  und  unter  Umständen  auch  eines  höheren  Grades,  und  on- 
bestimmte  Gldchungeo  des  ersten  and  zum  Tbeil  des  aweiten 
Grades. 

Ala  Naiar^filameate  geltaa  dorcbweg  dieae  üBaf:  Älber,  [Aba^a] 
Lall,  Fener  oder  Llelit,  Waaaer,  Erde;  die  wiibtteben  Dinge  «iad 
aaa  ibnea  aoaaBuaeageaetst;  der  menacbKcbe  Leib  beatebt  aas 
allen  aoaammen. Die  fiioC  Eiemeate  entsprechen  den  ßtof  SXn- 
nen,  die  Krde  dem  Geruch,  das  Wasser  dem  Geschmack,  die  Laft 
der  fühlenden  Haut,  das  Feuer  oder  Licht  dem  Sehen,  der  Äther 
dem  Gehör.  Der  Äther  durchdringt  alle  liinge,  ist  unsichtbar;  er 
scheint  besonders  zur  Erklärung  des  Tons  angenommen  zu  sein,  da 
wohl  der  Ton,  aber  nicht  die  Luft  durch  dichte  Korper  hiodureh* 
dringt  i>)  Licht,  Feuer  und  Wfirme  erscheiaen  immer  als  eioi; 
daa  Sonnenlicht  und  die  tbieriacbe  W&rme  werden  anf  daaselbe 
Elemeot  murfickgefilbrt. »)  Die  Ffialtabl  der  Elemente  iat  so  allge> 
mein  anerkannt,  daaa  es  ein  volkathtalicber  Anadrack  dr  den  Tod 
ist,  „ia  die  Ffiniheit  geben/' ^) 


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4ia 


IMe  Astronomie i>)  hat  io  der  eigentlichen  BlÜthekcH^lMliens 
keine  bebe  AwMhnig  gewonnen.  Der  Lauf  der  Sonne  iiad  des 
Monde«  werden  ivrar»  rnn  filr  den  Knlt  eine  feste  Zeitredurang  so 
gewinnen»  nchen  h9k  beeliaefctet,  nnd*  das  Jafcr  m  BM  Tagen  ge- 
liMt,  id^  als  Sonnenjahr  lierechnet,  and  a«cb  d^Msehaner 
werden  In  der  iredlacliett  Mt  etwilmt;  i'')  aber  an  efaer  geoaneran 
Berechimng  der  Bewegungen  der  Sterne  scheint  man  es  in  alter  Zeit 
nicht  gebracht  za  haben.  Die  Eintheilung  der  Mondbahn  in  27  oder 

HSiiser,^8)  ist  auch  vielleicht  von  den  Chaldäerfj, '»)  oder,  wie 
Biot  wiUy^)  aber  weniger  wahrscheinlich,  von  den  Chinesen  über* 
kommen;  indes«  bietet  sich  diese  Eintheilung  so  leicht  dar,  daas 
die  Indier  dieselhe  weht  aach  selbstständig  gemacht  haben  kSnaen« 
Von  Planeten  sind  is  der  Vedenneit  enr  Venns  and  Jupiter  btnflger 
erwifcntp^  und  erst  nach  Mann  werden  als  Gegeastaad  der  Ver- 
ebntng  nenn  Planeten  erwftbat»  anseer  den  gewShuHcben  sieben 
nämlich  noch  die  zwei  Sieme  fan  Kopf  und  Schweif  des  Drachen.«^) 
Unter  den  Sternbihlern  wird  in  Veden  der  grosse  Bar  aLs  die  Woh- 
nuüL^  von  sieben  Rischi  oder  Heiligen  erwähnt.  —  Das  Jahr  thellte 
man  in  sechs  Jahreszeiten ,  den  Monat  in  zwei  Hälften,  in  die  lichte 
and  dunkele,  den  Tag  in  dreissig  Stunden. Die  wirklich  wissen- 
schaftliche Gestaltung  der  Stemiitinde  ist.  wie  jetst  nicht  mehr 
beawelfeH  werden  Iouni«  erst  von  den  Griechen  an  den  indlem 
gekommen;  die  aatroaomlsohen  Scbrillen  setgen  nkbt  mir  attgen- 
scbeiaHcb  die  griecMediea  Vorbilder,  sondern  die  IndSer  erkllren 
es  auch  ansdritcklich,  dass  sie  Ihre  Astronomie  Toe  den  „  Javana,, 
gelernt,  was  in  älterer  Zeit  immer  die  Griechen  sind;  der  indische 
Thierlnreis  ist  wahrscheinlich  erst  von  den  Griechen  zn  den  Intli»  rn 
gelangt, 2*)  vielleicht  auch  unmittelbar  von  <fen  Bahyloniern ; 2&)  auch 
die  noch  jetzt  tihHchen  rSamca  der  Wochentage  sind  von  den  Grie  * 
(li«_-Ti  entlehnt. Das  Aufblühen  indischer  Astronomie  durch  den 
£inliuss  der  gilechischeo  fand  besonders  seit  dem  vierten  Jahrb. 
nach  Chr.  statt *^  Hervonagead  in  dieser  Blflthenperiode  sind 
ausser  Aijabhatta  noch  Varahamtbira  um  500  nach  €hr.  nnd 
Brabmagnpta  im  siebenten  Jahth.  Herkwtlrdig  Ist,  dass  Aija- 
bhatta bereits  wie  Arlstareh  von  Samos  den  Gedanken  aussprach» 
dass  die  Sphäre  der  Sterne  unbeweglich  sei,  und  die  Erde  sich  täg- 
lich um  ihre  Axe  drehe,  wfthrcnd  die  spateren  Astronomen  diese 
Ansicht  verwarfen;  er  lehrte  auch,  dass  die  Planeten  und  der 
Mond  ihr  Licht  von  der  Sonne  erhalten,  und  er  kannte  die  Ursache 
der  Sonnen-  und  Mondfinsternisse  und  das  Fortrücken  der  Äquinoc- 
tialpankte.^)  Die  poetische  Voimsage  läset  den  Mond  bei  seinem 
Zunehmen  durch  die  Sonne  mit  dem  Amrita  flillen,  welches  dann 


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414 


T<)te  den  Gittern  getrunkeo  wird,  bis  er  nieder  seineo  Glanz  ver- 
liert      Auch  Id  der  AetroDomie  iiabeu  die  Araber  viele«  ?«»  deo 
•  ItdierD  gelernt. 

Die  den  Blito  aniiehende  Kraft  der  Metalle,  und  ihre  Anwendang 
m  HliliwUeiteni  war  den  lodiftm  rar  CrriedieiNieil  vielleidbt  beUMt; 
UtnmM  beriditet  v«b  Sohweftera»  ir^che.  b  die  Brie  gwteckt, 
die  Qewitter  abwendeten  Jedeeb  kano  das  ancb  «i«e  Möwe 
Xaubei«!  daratellee,  die  nit  deia  Blitiablei««  mir  ralUlige  AbaM* 
keit  hat.  Was  die  Iiidier  io  dert Chemie  geleistet,  läaat  sieb 
jetzt  noch  ultlit  hostinimeü.  32) 

Die  Heilkurt  .st  reicht  bis  io  die  letzte  Vedenzelt  hinaut;"^)  zur 
Zeit  der  Macedonier  war  sie  schon  bedeute  od  ausgebildet,  und  viele 
medicioische  Schriften  waren  vorhanden;'^)  auch  die  Gesetzbücher 
enthalten  oft  viel  Medicioisches  und  Anatonuaciiea»M>  und  apSter 
#itd  dla  ZaU  nedieiaiaclMr  SehiiHaa  ttbetapa  gnisa,  dia  einaaehr 
raldha  Srlalraig.beinndeo.n)  Dia  fitatüclia  WiaaanadAft»  Ayir- 
vada,  wird  wie  die  Baligloa  aof  guttllolMB  Uiaprwig  awMge- 
.  ttbrt  Zn  den  sHeata»  Wedkaa  diaeer  Art  geMrt  der  Ayorveda 
des  Su^ruta,  welcher  bciciU  eine  sehr  entwickelte  Kenntnis» 
zeigt.  Die  AriDahrae  öbriijens,  dass  das  Werk  in  das  achte  bis 
zehnte  Jahrh.  vor  Chr.  zu  setzen  sei,^»)  irrt  veriauthiich  um  ei» 
ganzes  Jahrtausend.'^)  Das  Werk  handelt  sehr  ausführlich  vou 
den  medidniaeliaB  Principien,  von  der  Pathologie,  dar  Aaaiaoiie, 
von  der  Zavgiingf  Therapie  der  ohinirgBaaliaa  und  inneren  Kraokhei- 
taa  uad  van  dea  GUlas  uod  G^^wofgittML**)  la  dem.  aUgameneo 
TfaeHe  werden  dia  fliar  Natnr^Eleaiaate,  Atbaft  Laft,  Fener, 
Waaser »  Erda,  aiieh  ala  dia  Graadlage  der  Aatbropologie  adge* 
fasst,  ihaea  entsprecbea  die  (tinf  Sinne,  Gebtir,  Geföhi,  Gesiebt, 
Geschmack,  Gi^rueh.  Die  Zeugung  beruht  in  Uer  Vereinigung  des 
durch  den  lAIinm  vertretenen  Wa.s^*er- Element«  mit  dem  vom  Weibe 
vertretenen  Feuer- Element;  das  Ciierwiegen  des  einen  oder  des 
.aadern  giebt  die  beiden  Geschlechter,  diis  seltene  Gleicbgevvicbt 
die  Zwitter.  Das  Blut  durchströmt  den  gaazao.Kurper  und  setzt 
dia  drei  Graadalfte  ab»  die  Galle»  daa  Phlegma  und  die  Mgauisabe 
<1>all^  aaa  deren  Vardedbniaa  dia  mbiatan  KvanfchaÜeo  entatehee. 
Der  JNabvangaaleff  wird  daa  dar  Habraag  von  feia«D,BflhraDgafltos- 
eben  eingesogen,  ia  der  Laber  in  adrUicbea  Blat  yerwaadalt»  «el* 
ches  von  da  in  das  Herz  strömt,  und  von  hier  nach  allen  Seiten  bb; 
der  Unterschied  des  ilunklen  und  hellrothcn  Blutes  winl  anerkannt: 
aus  dem  Blute  wird  das  Fleifstli  und  au.s  diesem  die  andern  fe^^teii 
Stütlc.  Die  alle  Theiie  durchdringende  Lebenskraft  bat  ihren 
TKäger  in  den  JMerven.  Die  Pathal«gia  aeigt  aiaa  übecatta  eat- 


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wickelte  Beobachtung.  Am  meisten  ausgebildet  aber  ist  die  Chi' 
nirt^ic;*')  wir  finden  da  die  Herstellnnsf  einer  verlornen  Nase  durch^ 
das  einge.sthiiitten*'  und  herübergezogene  Wan2;enflftisrb,  den  Stein- 
«chnitt  etc.,  eine  sehr  aiuBgebildete  Oeburtshilfc  bis  zum  Kais^r- 
^rYinitt  bei  schwanger  Verstorbeoeo.  Als  Heilmittel  werden  760 
Pflansen  anfgeslblt«  iiimI  in  den  verschiedensten  Formen  nnd 
<  MbitwMftiu  «ngeiTMA;  A6mhm,  Biotegel  und  'KAjrstii« :  sind 
bduiMit  Ancb  die  UpMiedMideB  heac1iftil%en  iriili  mit  dem 
Iflipperllchen  Leben  dee  Heneckeii»  Ass  dem  Itafeungssaft  witd, 
m  lehren  nie,  das  Biet,  ans  diesem  in  stekrender  Eiitlirlcleliing> 
das  Fleisch,  dar)ri  Fett,  Knorpel,  Knoclien ,  Mark  und  aus  diesem 
znletzt  der  Samen;  diet^cr,  mit  dent  Blute  des  Weibes  sich 
mischend,  bildet  den  Fötus;  die  Ent« ickclunj^  desselben  wird 
dudl  alle  Monate  hindurch  verfolgt;  daa  Überwiegen  des  Samens 
Aber  das  weibliche  Hhit  giebt  einen  Knaben ,  das  Umgekehrte  ebi* 
Midche»,  deft^OAeiehgeiiteht  efnen  iKwÜteii  eine  Mbe  Seelen- 
slimmnnK  bei  ^Mk  Zmgmtif  bewtrlrt  lUiNi^Bburleii}  der  KQrper  Imt 
m  MMkeb>  Mtt Knecfami»  45  Mülonen  Ibete.««)  —  Dnieh  «e 
Yon  desiMlem  lernenden  Araber  sind  riele  medicmlscbe  Keimi" 
nisse  der  ersteren  bn'  IVtittelalter  nach  Europa  gekonimea.^  <  ■ 

^)  A}.  V  ITumboldt.  Kosnrn« ,  IT,  S.  38.  114.  —  »)  Manu,  II,  146—  140. 
»)  Weber,  Ind.  Lit.  S.  228;  Humb-  ldt,  Kosmos,  II,  368.  *)  Libri,  bist,  ties 
scicncts  matlj.  1838,  I,  p.  119  etc.;  Kcinaud,  M^.  sur  Tlnde,  in  d.  Mtm.  de  l'Inst. 
ML  de i xaace,  XYIII,  1849;  p.  üuö  etc.}  Jjr.  Rosen,  Algebra  oi  Mühammcd  Beu 
Mdm,  pref.  p.  IX;  Brockbaufl  in  d.  Z.  f.  K.  d.  Morg.  IV  ,  74  fll  — .  ')  Humboldt, 
Xmidos,  n,  263;  454;  den. Sn  Crelb  Jounial,  IV,  205  ff.,  bes.  8l9'flL;  ChaalMlit 
Gomplet  read.  a.  a  de  VAead.  XVI,  14«  IL ;  St6  f.;  XTII,  14S  ate. )  XXZIV,  891. 
^  •)  Ctldmfca,  Algdbfa  wtth  AiMnaslis  täte.  UmA,  is».  -**.0  OoMmke, 
•.«^a^IXi  aCUato—  •>Bb«nd.ii.¥SXVIII}  LMMa,  Ind.  Alt.  H,  S.  tU9. 

—  •)  lAssen,  II,  1139«—  »»)  Colcbrooke,  p.  XIV.—  »>)  Garbha-Up^lL  in 
Webersind.  Stud.  U,  66.  —  »»)  Max  Mfilki  1.  d.  Z.  d.  D.  M.  G.  \T,  16  etc.  — 
")  Kbond.  S.  22.  —  »*)  Kbcnd.  S.  24.  —  »»)  Colcbr.  M!sc.  "E^s.  II,  321  etc.  De- 
larnbre,  hi§t,  de  raßtronomic,  I.  400  ff.;  Brntlpj-,  bist,  view  of  tbr  T7tT\f1n  Aptrf»!!,; 
Stuhr.  Unters,  ftb.  d.  Sternkunde  unt.  d,  Ciiiu.  w.  Ia4-  1831  _  i«;  Weber,  ii^d. 
iMtti  I.  si);  n,  237.  —  >0  Ebcnd.  I,  100;  dessen  lud.  iätt,  Qcsch.  S.  28.  — 
**)  3 Kaschmir,  IV,  2ä2  ff.;  Ikiuaud,  Mein.  j>.  354.  —  Weber,  Iiul.^ 
Lii.  221.  —  *«>)  Lassen,  Ind.  Alt.  I,'  742 j  H,  1115?—  ^»yEb^nd.  I,  825,  ~ 
■*)  t^ajnaralkya,  I,  2tf4  Wc;  Wijber,  lad.  BtoÄ,  It,  S88.  —  StnhrV  e7.  i-* 
'^'Btead,  IMa.  e«s  «tcv  »6i  «le.  Weber,  Ibd.  8fcr  n,  m  SM  etei^  H«lli^ 
m^ftV.  d.  9dbc|unin«viNI  bilMfoTlil^^  i,84IUi  a«Q|ir»  1914;  *m 
**)  Imm»^^  JUtH,  8.  USS  iL     M)  W«i)er,  a.  a.  0*  ^  'OX*eMe°>  U,  1 130., 

—  »»)  Colcbrooke,  a.  a.  O.  p.  XXXVIÜ^  Alisc  Ess.  n,  392.  —  Vaya-Pu- 
rana in  Wilson's  Theater  der  UlvAxx,  I,  96.  —  Ilumboldt,  Komos,  II,  259.  — 
*»)KtPsifis.  Ind.  e.  4,  p.  24S  (B&br),  v^'l.  HumholfU .  Kosmos,  II,  417.  —  Hum- 
^xMt.  Knsnion,  tr.  4.->n  —  8S)  Weber,  Ind.  Litt.  S.  30.  —  Mp^rJutbencB,  od. 
äcbjffkub^»  |t  IMU  —  »»J  X4nMa»  in<t  Ail.  II,        —  ."J  X<tt;^v.  lU,  71  #19. 


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4M 


^  tt»  fti  JBmÜKf  im  d.  CM.  Aas.  d.  Baj«;  AJukL  ia5S,  Bik  4»  —  «•)  WilVt 
Idt  m;  Stttttlar  im  Jaiiiia  I,  441  ff.    rgl  Hcviingw,  «bend.  m,  107.  — > 
HMiltt,  A.  a.  0.  No.  4.  5.  —  «*)  A.  a.  0.  S.  43.  —       04lUiA-Upl&.  1-4, 
in'Wdbefi  bd.  8t.  Ii,  «7.  ^  **)  Beinand,  Blüm.  81«. 

§  m. 

Dar  Indier,  4er  nH  niissmfitliigem  Auge  aaf  dk  ifkldiohe 
Wdt  UnWokt,  weU  sie  olbne  Berediligvng  kai  mMkk 
kernen  Siiui  fifar  die  €eiekfelitei  er  erkeral  keiiien  periline 
Zweek  ellee  Geedtelme  »,  k^ne  £atwiekeleiig  der  M«Mdh 

heit  zu  einem  wirklich  voUkommencD  Zustande,  sondern  alte 
Geschichte  rollt  ihm  der  Vernichtung  zu,  und  alles  Lebens  Ziel 
ist  nur  der  Tod.  Er  lauscht  mit  peinlicher  Gier  auf  die  Zeichen 
der  nahenden  Auilösung,  und  seine  geschichtliche  Forschung 
▼erkftadet  nur  die  eine  Wahrheit:  die  Meaechheit  eilt  dem  Unter- 
gaage  entgegen.  Nicht  aufwärts,  eondem  abwM»  ^etrM 
Geeehfchte,  mm  beld  in  BralnM*«  endlosen  Oeenn  wa  märnätm 
Die  vier  grossen  Perieden  der  Gesdiiclilis»  die  die  bdier  uillk- 
ren»  sind  ebenso^el  grosse  Stnfim  der  von  der  faOcIinlen  VslU 
koramenheit  bis  zum  tiefsten  Elend  sinkenden  Menschheit 
Es  ist  mit  der  Geschichte  wie  mit  der  Schöpfiing;  die  zuerst  aus- 
g^trahlten  Creaturen,  dem  Urgott  am  n&chsten  stehend,  siiid 
die  vollkommensten,  die  später  geschaffenen  tragen  das  Gött- 
liche am  wenigsten  in  sich;  so  ist  auch  der  Strom  der  Geschidrte 
an  seiner  göttlichen  Quelle  am  reinsten;  je  weiter  er  fifesst,  m 
so  trfilwr  nnd  solüanmiiger  werden  seine  Gewisser. 

Almr  aneb  diese  Tier  Zeilaller  sind  eitel  Dicblaag;  flr  dai 
Brahma  ist  die  Sckdpfiuig  ein  spielender  Tranm»  Ar  4en  Mca- 
sehen  ist  auch  die  Geschichte  ein  solcher;  der  Indier  hat  so 
wenig  wie  sein  Gott  Sinn  für  objective  Wahrheit.  Indien  hat  so 
wenig  eine  Geschichte  wie  China,  aber  aus  dem  entge^^enge- 
setzten  Grunde.  Chinas  Geschichtsbücher  enthalten  lanter  Tliat- 
sachen,  lauter  Chronik,  aber  keine  Geschichte,  lauter  Atome 
ohne  Leben;  der  Geist  dringt  nicht  in  die  Geschichte;  der 
Clunese  weiss,  was  geschehen  ist,  al»er  er  denkt  sich  nidits 
dabei,  bewältigt  die  objeeüve  Tkatsadie niehindt  seinem  Geitit. 
in  Indien  kommt  nmgelKhrt  did  Geseldeiite  nickt  in  den  Geiste 
der  Indier  denkfr  sich  viel,  weiss  aber  nickt,  was  gesebeken  ist» 
es  entgeht  ihm  die  objective  Tliatsache,  denn  efhat  kraft  seiner 
(lottes-ldee  keinen  Siiin  für  die  wirkliche  Welt.  Die  Geschichte 
ist  bei  dem  Chinesen  rein  äiisserlich ,  blosser  Kür|>er  oln»"' 
Seele,  —  bei  den  Indiern  rein  innerlieh,  blosse  ^eale  ohne 


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417 

Körper;  Oiinas  gesdiichtliebe  Personen  sind  Statuen,  die  indi- 
sehen  sind  Crespcnster.  In  China  giebt  die  Geschichtschreibnug 
ein  fixirtes  Lichtbild 3  sehr  genau,  aber  ohne  Leben,  in  Indien 
ein  Phantasiestück,  sehr  bunt  und  lebendig,  aber  olme  Wahr- 
heit. Die  GesdUehte  k/t  vorherrschend  Dichtung,  AmI  gnns 
aik  dma  £p«s  MMMMamtfkltoBd,  die  ThatMehea  in  Attegovic^D, 
die  Fhatiiriaan  im  ThalsaeiMB  Tefwaadaindl;  GMer  uMl  Men- 
•eben  lanllni  da  iMut  dwoMnaAder ;  ^  toh  den,  waa  wirklich 
gesaMien  tat,  geben  «bs  die  Indier  fhst  gar  keine  siehereKaeh- 
richt,  die  Litteratur  hat  kein  einziges,  wirklich  gescliiehtliches 
Werk;  bei  Fremden  miisseii  wir  fast  alici«  einige  dürftige  und 
serstrente  Ang;nbeTi  über  indische  Gcschiclite  suchen,  in  China 
können  wir  seit  vier  Jahrtausenden  die  Thatsachen  fast  Jahr  fiir 
Jahr  Tcrfolgen,  —  in  Indien  verschwimmen  die  Jahrhunderte  in 
wirre  Bilder.  —  Diese  Sndiaebe  dichtende  Geschichte  ist  keine 
abalakUicke  SvdidKaiigs  der  lodier  iat  viefanehr  nadi  aateer 
gaucD  Gaiatoarichlang  gradesandiclUiigt,  die  olif|eclfvca  Thal- 
aaahcB  icfai  «ad  scharf  arnftarfhaaen;  daa  Leben  ist  ihm  eimnal 
ei»  Traam,  darum  träumt  er  auch  von  Rechtswegen  sich  seine 
(icschichte.  Er  vertieft  sich  lieber  in  sein  Inneres  als  in  die 
Aossenwelt. 

Da  Indien  nie  ein  einiges  I^eicli  war,  so  geben  die  Sagen 
auch  nur  die  geschichtlichen  Spuren  der  Einzelreiche;  und  auch 
da  achen  wir  nur  die  llacaarUcfasten  Hüllen  der  Geschichte,  kein 
Eingehen  auf  daa  ianara  Lehen  dee  Volkea.  Die  EintheUnng  der 
Gcaehichtc  m  drdcder  i4er  gfoaac  2citii«niey  ivga,  Ist  gana 
nyUmhflft,  and  devtet  daa  AbwftrtdlleaaeB  der  GeachlchCe  vcn 
der  höchsten  VoOkommeiihelt  Ma  zum  ErsteHben  derselhen  an. 
Die  Sage  von  der  grossen  Fiuth  ist  in  sehr  alten  Urkunden  und 
sehr  entwickelt  vorhaiulen. 

Die  geschichtlichen  Haiijjt-Perioden  der  Indier  s(  lilicsscii  sich 
io  ihrer  abwärts  gebenden  Eutwickeluog  genau  an  die  trüber  erwähnte 
Dreifaltiglceit  des  Dasews  an  (§  83. 97].  Der  Ayor-Veda  beseiehael 
drei  solcher  Perioden: 

1.  Die  Periode  de«  Safva,  der  VoUltemaienheit;  da  waren 
die  McaachCB  geistig  aad  kOrperHeh  voHkoamea,  waren  gebtreidb» 
MdaaaehaMoa  und  M  voa  allen  kVrperfidien  MSogelD. 

2.  Die  Periode  des  Radsehas,  der  TrObnng;  es  brechen  Üa- 
bestSndtglceit,  Anmnnsung,  Falschheit,  Sinnlichkeit  etc.  über  die 
Meoscben  herein,  und  daniit  auch  viele  Krankheiten. 

3.  Die  Periode  de»  Tanias,  der  Verfinsterung;  da  tiiramt 
Cieistesverwumaog  undBosheit  überhand,  und  die  Krankheiten  brei- 

n.  t7 


418 


lim  ilifc  ntL  >!■  nKik  inMumiiMiMMiiiltihl  h  inFMi  «M 

^^iBV    I^^V^^VH   ^v^^^^^B  ^^^^^    ^«^^^^^^■^^^W   ^^^^^y^^^^^^^^^^^^^T^^^^Jy^W^^^^^^w^^^^^^^^y  ^^^pp^^^  ^^^^^^^  ^^^^^^w^n 

gcv  wmL  BfttitMH»  L«Me«  »I  Gmnde  geht  I»  der  MlMiFtMt 

herrscht  daa  Äther«Elenient,  io  der  zweiten  die  Luft,  io  der  dritten 
die  Erde.  An  diesem  Verfatilungsproceä»  der  Geschichte  nirunit 
die  ganze  Natui-  XheilJ)  —  „1ü  derZeit  der  vorherrschendeD  Satva- 
Qwu^t  wo  £iiii^iaug  mit  deo  Veden  herrscht,  siegen  die  [guten] 
Deva,  und  die  [böiesj  Arnum  unterliegen;  in  der  Zeit  der  Torhea- 
HdModen  TamM-Ctou«  wo  4i6  Ii«h«iidigen  ihrer  Wülkii  «ad  ibrai 
IMMtti  Ihleieii,  wagen  die  ibtii»,  und  4w  D«va  iwkflkyii.*'^ 
Dm  gelitige  leibliche  SinlceB  de*  M— ■cbaneieMe^Irte»  eh» 
laktoffleifl  die  Periodetts  anoli  da«  Lehe—etter  Mkii  iafttipi  ^ 
ten  die  Meoechen  400  Jbhve;  in  den  ffdgenden  Periedee  wird  wM 
dem  EuUttelieu  vou  Kr^ukiieiteo  aucli  die  Let^eo^auer  immer  meht 
verkürzt^) 

Gew  ohnlich  wird  die  erste  Periode  in  zwei  zerlegt,  von  deneodie 
erste  gewissermasaen  einen  vorgeschichtlichen,  idealen  Zustand  der- 
•teilt,  so  dmalfo  vier  Jugasiod,  deren  letzte,  das  Kalijuga,  3102 
vorChr.hegMiii;  die  erste  Periode  deneKeljaSillO^Miim  dieairete 
UOiMKM)»  die  diitle864,000MRe^  wid  di«  leiste  «dl439g00IIJihN 
daieeoi.*)  Dieee  Zehleii  eiad  1«  dea.  Taaeaadea  die  Pcadaele  m 
432.4, 432.3, 432.2. , 432.  l;432aberieteiDProdaetvoBS.3.a.4.4k 
oder  3. 12. 12.  Die  erste  sichere  Erwähnung  des  bestimmten  Aiifaiu^ 
des  Kalijui^a  findet  sich  bei  Arjahhatta,  unbestimmte  Erwähnungen 
der  Juga  schon  in  den  Veden.^)  Die  ijrosseii  Zahlen  der  früher«» 
Perioden  tinden  sich  erst  einige  Jahrhunderte  nach  Chr.  vfN^gehiteD 
also  der  Zeit  der  ausartenden  Mythenbilduog  an.^) 

l>ie  älteste  aas  bakaonte  iodiaeheFluthsage  isC  iadem  Qe* 
lai^atba^Brabiaaaa»  BiaotttderSlaaiBwatec  AeeMoiediiagawhiarblai 
fand  ehwl  ia  aelaen  Waachwaeaor  etaea  Fiacb«  dar  apiaclb  antat 
„pflege  Blich,  ich  wHl  dich  retten;  eiaa  Flatb.wird  aNa  dkae  €e* 
mMfi%  fortfllbreB.««  Er  will  in  der  Scbtaiel  aafbewahrt  werdet, 
uad  weon  er  grGsser  werde,  in  einer  Grube,  und  dann  solle  ihn 
Manu  ins  Meer  tragen.  Bald  ivuchs  er  gross;  da  j<prach  er:  „d.i:> 
und  das  Jahr  da  wird  die  Fliith  kommen,  dann  magst  du  ein  ScbiiT 
ximmern  und  zu  mir  dich  wenden  [im  Geiste] ;  wenn  die  FInth  sidi 
eilMbt«  OHigst  du  das  SchitT  besteigaa»  dann  will  ich  dich  rettes." 
Bfaau  aiauaerte  ein  SchiO^  uad  bestieg  ea  bei  dar  hwekbtaclbfndrii 
Flath«  tfi^t  Flach  acbwanua  aa  ihm  hera«;  aa  deanaa  fieia  band 
Haaa  daa  Taa  daa  Scbiflea,  damit  aetate  der  Flach  tlhar  das  aSfd* 
lichea  Berg  [Himalaja],  aad  apiadi:  ich  habe  dich  garettaii  bWt 
daa  Schiff  aa  ehien  Baam»  damit  dich  nicht,  obgleich  du  aaf  dam 
Berga  tust,  das  Wasser  forts|>üit;  wenn  das  Wasser  lalleii  arlrd, 


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419 


dann  magst  du  auch  hinabsteigeu.  Er  M\e^  nnn  nn  allmlihlieh  hinab 
Die  Flatb  nun  führte  alle  diese  Greschöpie  fort;  Manu  blieb  hier 
allein  fibrig.  Er  betete  dvd  und  faltete,  und  indem  er  geklärte 
Bottar^  dieke  Milch  undM«llHMi.ifMiWaner  opferte»  eatatieg  dicüem 
WaMer  nacli  etoeniJUMra  ebWeüi,  als  Msm^v  Tac&tw»  Ida«  idas 
OpIwBdbtt,  ganaaat;  ■dllhr  «n^iigte  er  da«  jaliige  Gaachtodit^ 
'  Im MrtiMiirata  Ist  dteaeüie  Sage,  a%er  ahraa  abiraMmid.  Bfaaii 
arwIiH  Mk  dfa  die  göttliche  Huld  dnreb  jahrelange  strengste  Askese; 
„mit  eraporgestreckten  Armen  übte  er,  auf  einem  Fusse  stehend, 
atreoge,  grosse  Busse;  dan  Haupt  gesenkt,  mit  festem,  unhewei;- 
tein  Blick,  hüsste  er  schreckliche  Busse  eine  lange  Reihe  von 
Jahren/'  Ein  kleiner  Fisch  scbwimoit  an  ihn  heran,  bittet  ihn  um 
Schutz  gegen  die  grossen  Fische,  und  verapilcht  dafKr  dankbar  zu 
aaiik  MaMt  that  i»  ia  aio  deOtaa  nit Waaaer,  aad  ala  dem  aahaell 
wMfcaaadaiB  daaMiba  aa  idaia  warde,  aatala  Ihalfasia  In  aiaata  Saa^ 
ahar  aaah  aialaa  Jahraa  war  dam  flach  aach  der  See  Mch  an  Uata, 
aad  worda  aitf  aaina  BIHaa  b  daa  CSaagaa  «ad  inlatal  hi  daa  Maer 
getragen.  Da  sprach  der  Fisch  zn  ihm:  ,, Erhaltung;  hast  du  mir 
gewährt;  wa«  du  zu  thnn  hast,  wen»  (He  Zeit  crenaht,  Ternimin  von 
mir.  In  kurzem  wird  die«s  irdische  Feste  um]  15e\\  etliche  ganz  und 
gar  in  Überschwemmung  geratbeu.  . .  Ein  »Schifr  hast  du  zu  bauen, 
abi  tetes,  seÜTersehenaa;  ia  dieses  aoUil  da  mit  den  sieben  Wet« 
aan  tagleich  hiaaiaatalfaos  nad  dIaSamea  aa<ii  alle  bringe  io  dies» 
Sahiff»  woUvarwahraty  abgaaoadert;  aad  iai  Schlia  aeknd,  aiab 
■k*  ealgegta,  aiadaaB  waiia  iah  aahaa,  gaMM,  darha  arkaaahar^ 
a  Blaaar«^  8a  saachah  aa  aachi  Hma  liaad  ab  Sali  aa  dea 
PMIaa  Kopf,  aad  dieser  zog  das  SehNf  fort  Über  die  FhitWenj 
„Weder  die  Erde  war  ^ichtluir,  nach  die  Weltgegenden;  alles  war 
Wasser  nSmIich,  Luft  und  Himmel.  So  zog  viele  Reihen  von  Jabren^ 
jener  Fisch  da«  Schiff  onermüdet  in  jener WasserfaHe,  und  welches 
vomUimavan  der  höchste  Gipfel,  dahin  zog  alsdann  das  SchifT  jener 
Fisch.  Hierauf  sprach  dar  Fisch :  auf  diesem  Gipfel  hiada  fest  dasr 
MMu  Maas  that  diaaa,  aad  haehate  CHpfei  ilaafliai«?aB  haiaat 
attUaia  wNn^aadhaaiiB"  d.  h.  MifUlolMig.  Daaa  apNMsh  dar 
nach:  JA  Um  4ar  Harr  der  OeachSpfa«  Brafaaia{  HOharaa  ab  icü 
gMM  aa  aichCa;  ia  Flschgestah  haha  Ich  aadi  voa  diaaar  dalihr 
befreit;  tod  Maau  aber  sind  die  Geschöpfe  alle,  nebst  GOttem, 
Asuren  und  Menseben  zu  schafTcn  und  alle  WelteiJ.  iM-wegltch: 
Qsd  anbewegiich  ist;  durch  überstrenge  Busse  %vir(]  dicss  in  Er- 
fiilfaiog  geben.*'  Darauf  verschwand  der  Fisch,  und  M.niu  .schuf 
dann  nach  vollbrachter  Selbstpeiniguag  die  GoachOpfe.  ^)  Die  Abn 
aMttoaaaii,  daaa  diaaa  Fhifthaaga  arat  apiter  tcb  dan  Sasüci^ 

IT* 


üigiiizuQ  by  CjüOgle 


4M» 


ZU  den  Indiern  gekommen  sei.^)  wird  durch  das  Vorkammeii  der- 

selben  in  den  Veden  «ehr  nnu  ahrscheinlich. 'O) 

Als  StammvSter  der  liidier  gelten  die  sieben  Weisen  oder 

Rischif  in  deo  Vedeo  sehr  oft  erwähut^i^)  und  werdsa  fpller  iBtt 

4eD  wkhen  Stefoen  des  gtMm  Bftteo  idenlifioirt, 

*)  Sinler  b  4.  Gel  Ans.  d.  baytr.  AktA.  I$5S.  Fo  4.  *)  VrilaJiHnlito» 
irp«Lb.Wiiid.S.  1655.  — ') Mann,  T,  83.»«>lfua,I,68  ff. ;  LaMm,Iiid.AlL  L4»9: 
Mill,  Qe«ch.  des  briL  Ind.  I,  115  ff.;  Warren,  KaUSankalita,  p.  17;  Bcnüej  'mM'i&i 
Res.  VI,  537  etc.  586.  —  »)  Lasen,  I,  507;  Weher,  Ind.  Stud.  I,  283.  —  •)  Hügel, 
K  fi5chniir,  IV,  263,  narh  Bcntley.  —  ^)  Weber,  Ind.  St.  I,  1*'!^  etc.  —  ')  Bopp,  Sfind- 
tluih,  V.  3  -  55.  —  •)  Bhagavnta-Purana,  pr^f.  p.  XXHI  etc.,  XUX.  —  »•)  Weber, 
ft.  ft.  O.  S.  162.  —      Ebead.  8.  166. 

^      1  i^3a 

Der  Philosophie  neigt  sich  der  indische  Geist  mit  ent- 
sdiiedener  Vorliebe  z«;  ein  BewnsolMki,  frekiMS  im  demEiih 
leldaaeia  nicht  befhDc;€B  bleibl)  sondeni  too  demselbeB  n  der 
ehi^en  Gnindlage  demelbeii  aiAteigC^  hat  «ohon  an  jrioh  phäo* 
si^hischen  Cbandtter,  und  das  gaiiae  raligltee  BawnatMia  der 
Indier  ist  von  Philosophie  getragen  and  darehEogen ;  wir  klhneo 
da  gar  keine  scharfe  Unterscheidung  zwisclien  Religion  und  Phi- 
losophie machen,  beides  ist  hier  noch  wesentlich  eins.  Eue 
wirkliche  Unterscheidung  beider  Seiten  des  (M  isteslebens  tritt 
erst  da  ein,  wo  das  freie  Subject  sich  selbstständig  dem  gegen- 
ständlichen Dasein  gegenüber  erliält,  wo  es  sich  als  freien  Geist 
erfasst.  Da  tritt  einerseits  der  weiUiehe  Cliaffaliter  des  rehgiflsea 
Glaahens,  der  aichdeai  GdtHiohen  gegeattm  omplhiigeBd'  iad 
liebend  Teriiält^  ia  einen  Unterschied  an  dam  mfinnHolien  Wesea 
dar  frei  ans  aldi  selbst  sieh  eiseagenden  Philosophie;  andarar- 
selts  hat  da  aoeh  wieder  die  Religion  den  Cimrakter  Cneler  Liebe 
«nd  sittlicher  Wahl ,  walu  end  die  Philosophie  das  Wesen  objec- 
tiver  Nothweiidigkeit  an  sicli  trägt,  und  somit  die  freie  Wahl 
aasschlies.9t  und  so  von  der  Relisrion  sich  nnterscheirlet.  Wo 
aber,  wie  in  Indien,  der  freie  Geist  überhaupt  noch  nicht  aner* 
kennt  ist,  da  kann  auch  kein  wesentlicher  Unterschied  zwischen 
Religion  und  Philosophie  sein)  der  Menseh  Teriiäit  sich  in  bei- 
den noch  nnirei,  and  es  lässt  sidi  hMialens  efai  üntepoehied  ia 
dam  Grade  vnd  in  der  Form  der  Srkenntnias  aalhtellett,  aiefat 
aber  in  dem  inneren  Wesen.  Es  giebl  hier  keine  Theologie»  iSe 
Ton  der  Philosophie  Tcrschieden  wäre,  und  es  giebt  anderer- 
seits nur  eine  bereclitigtc  Philosophie,  der  mit  der  Theologie 
identische  Vedanta.  Diese  Einheit  der  Philosophie  mit  der 
Religion  ist  nicht  eine  Abhängigkeit  der  einen  von  der  andern, 


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60  dass  bieh  die  eine  nach  der  andern  zu  richten  hätte ,  sondern 
Sü  ^vic  der  Indier  sich  zum  religiösen  ErkeiineD  erbebt,  hat  er 
au  sich  schon  die  Philosophie;  und  da  ihm  das  Erkennen  die 
Voraussets&ong  des  religiösen  Xiebens  ist)  ao  wkii  die  Pliii^ 
i»yhie  aus^ittUeben  Pflicht. 

Uk  ikmm  Zusammenfallen  der  Philosophie  mit  dem  raligld« 
mm  Pe  visiltsto  ^mekt  der  nudische  Geist  dem  chfaes iadwai  bei 
beidea  Vattrewi  iit  .dee  iume  Ijebea  des  mensoUieben  CSeietet 
seidi  ensu&S4lii»iidAs  göttliebe  WaksD,  ist  eise  Wafavb^  Ist 
ie  mA  mMbwendig,  nod  sdiKesst  den  freien ,  sittlichen  Glauben 
ebenso  aus,  wie  die  Mugiiclikcit  von  wesciitiich  verschiedenen 
Philosophieen;  jeder  vernünfVige  Chinese  muss  dieselbe  Welt* 
aijschnuung  sjewinnen,  und  jeder  vernLiiiltii;e  Hrahmane  dieselbe 
indische;  —  der  gewaltige  Unterschied  beider  Völker  ist  aber 
dar»  4mm  des  Gbioese  in  der  unmittelbaren  Wirklichkeit  auob 
mkm  die  «ollei  iiB«ttli«bte  WabiMt  ba^  der  Indier  aber  bi  ibv 
f^tdm  4m  eamfera  iMlet.  Der  Cbbisis  bite  im  Hcndgretf- 
licbe  fest,  und  braucht  es  niobt  erst  denkend  tn  dab  aligemebi« 
Sein  Mdbiiiiaeiif  er  wirft  sieb  nnt  vidier  Zeyersieht  m  die  Wogen 
des  wirklichen  Lebens  und  lAsst  sich  von  ihnen  behaglich  tra« 
gee;  der  Indier  wendet  sich  in  verachtender  Entsagung  von  dem 
£inzeldasein  ab,  zieht  sich  in  sieh  selbst  znrüek,  und  hat  die 
Wabrbeit  nur  in  der  Aoilösung  alles  endlichen  Seins.  Der 
Chinese  ist  in  der  Philesophie  realistisoh,  der  Brahmane  idea* 
listiscb;  jener  beobaebtet  mit  Interesse  die  Wirklichkeit,  dieser 
tbiinebwt  vm  ibr?  jener  sagti  die  nwsgebreinte  Gottheit  ist  das 
W^tf«,  .dteer  sa^tt  des  bi  sieb  ebigeblUlte  Brabmn  kt  dns 
mabPB.Mni  nnd  daa  ansgnbreitete  ist  ein  llnreebt,  «Ine  Tta* 
scbnng.  Bei  den  dünesen  ragt  daher  die  Brfbhrungnwlisen* 
Schaft  weit  über  die  Plülosopliie  hinauf,  bei  den  IiuJiern  die 
Philosophie  Über  die  erstere;  der  Chinese  hat  keine  sonderliehe 
VefanlassuDL:;,  über  das  eiiizehic  Dasein  denkend  hinauszuge« 
ben;  der  Indier  kennt  so  lauge  gar  keine  Wahrheit,  als  er  noch 
mcfat  Aber  die  ooncrete  Wirkliehkeit  hinwegschreitet;  jener  bat 
dia  W^heit  ui  jedem  Dinge»  dieser  allein  im  Gedanken,  und 
smekMr  im.CManken  dar  grenain  Einbeit,  welebet  den  Gbine* 
san  Tdlllg  fremd  ist  Die  Jndisr  haben  dumm  eine  bei  weitem 
bÜMT  entwiakaka  PbUasapbia  als  die  piaktlseb^Terstlndigen 
Chinesen. 

Ist  nun  auch  die  Freiheit  des  selbstbewussten  Geistes  bei 
den  Indiem  noch  nicht  anerkannt,  und  trägt  darum  auch  das 
idiilatafhiefhe  Wissen  mehr  al^eetiven  Cbaraiuer  als  den  der 


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I 


freien  Tliat  4m  Sdhjtete»,  ist  w  iMfcr  alu-fiftam  abtii 

beiten,  so  tritt  deiuioch  das  Moment  der  SelbstthätigkeU  bei  der 
Philosophie  eiiiigermassen  mehr  hervor  als  bei  der  Religion;  i^t 
fUe  sclbsUUiiidige  Geistesarbeit  auch  idcht  eigentlich  im  Bewnsst- 
sein,  so  ist  sie  doch  vorhaoden;  der  Weise,  der  in  Betrachtang 
verftonken  die  Wahrheit  zu  schauen  ^Mibt,  erzogt  sich 
Muieoh  in  der  Thal  di^elbe.*  ifl  «bo  der  Geist  bei  der  pbi» 
kMfJÜMilMB  AsMt  ia  etwat  tibrtiltodiger  tfiälig  nie  bddi» 
rdigHtatn  Be WMtseoi ,  so  trUt  «och  die  MOgfidkkelt  gttoer« 
IfailiiiiBMligkttit  in  der  Weise  imt  DenkdOUiBkeH  lMrr«n  « 
sind  verediiedene  Systeme  mO^Heli,  dem  IblMdle  naeh  fl€iei^ 
fler  Fonn  nacli  vurscLieden.    Freilich  will  der  strengere  Brah-  j 
iiiaiie  von  dieser  Maimigfaltig^keit  nichts  wissen,  und  die  VedaaU- 
Philosophie  belmU  unter  allen  Umständen  die  höhere  Grehang, 
indessen  werden  einige  andere  Gestaltungen  der  £rkenntni88 
vteigstens  d«Mnigsweise  aaerkannli  wAkraad  andere  abwei- 
cbeade  LehMü  von  gtria^evem  Anklang  «Ja  Mrimechiligi  abge- 
wssaan  Warden*  I 
.    Wir  hamiaii  drei  wfrkliah  bwdMWWiiaaha  SyslBMS  dlar  PIdi» 
Sophie  aatataalisiisii,  dia  allaidings  niakt  In  gldahluilmGalta^ 
sieben;  jedes  derselbe  ers^elat  in  doppelter  Gcatait,  die  «iat 
ist  mehr  formeller,  logischer  Natur,  die  andere  ist  mehr  real, 
eoustruirend ,  so  dass  man  wohl  auch  sechs  Systeme  annimmt. 

I 

Wir  müBsen  uns  auf  das  Allgemeine  beaebrönkeny  da  dia  U^el- 
lau  noch  wenig  zugänglich  sind. 

Das  erste  System  ist  die  Mimansa  (Forsebnng)  in  MÜS* 
M  Skne»  die  eig^tliaba  Vedenpiiilosoplils»  dia  laiittie  idtsea» 
aahafmalie  Ofbabarong  dar  Bralnunraligiimf  aia  aiadheial  it 
BmMMiider  aiginaeiideiilSaatakaiii  dia4Parva*  odar  Karat-  i 
lüniaBaa»  btawaliatt  aeUaalitwag  BÜMMOiaa  genamil  (8.  IM)«  iM 
mehr  formell,  und  giebt  den  Weg  zur  Erkenntniäs  der  Vedca 
an; — «  die /weite,  die  L  ttara- oder  Brahma-M.,  gewöhnlich 
der  V^cdaiita  °;enannt,  ist  die  philosophische  £rfas«:fins;  der 
Vedenreligion  selbst,  und  in  ihrer  älteren  Gestalt  in  den  FpaBi- 
Sfdiaden  enthalten,  am  höchsten  ausgahädet  von  Sankafa(&.  täS); 
wir  habaB'dieaalba  bei  der  Darstellung  der  letataran  adhaa 
glalab'  bdiraaklel*  md  übargehaa  aia  liier  daben 

INa  Parva-Mbaansa  eatbllt  sehr  iMaa,  waa  aar  la  41a  BtUl^ 
raagawisaenacbafl  der  belügen  Scbriftea  gabürtt  aad  aa  daa  fsA* 
geihaa  TheÜ  der  Mümt  bei  aas  gelteadea  LogHr  eri— oK;  me 
sucht  aber  doch  auch  eine  philosophische  Grundlage  zu  geben.  Afo 
'  Erkenotoissquellen  werden  angegeben :  die  unmittelbare  Anacbauiiiigi 

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423 


die  Folgerung  aus  bekannten  Gliedern  einer  Verbindung  auf  die  n<»eb 
unbekannten,  die  Analogie,  die  Vermnthutig,  die  Belehrung,  beson- 
ders die  durrb  da«?  Vedernvort,  welches  als  letzte  i^ntacl^MiuDg 
in  zwdÜeihatlten  FälJen  gilt.  Besonders  beschäftigt  sidb  die 
lÜMaiHi  mit  den  Pflichten  und  Ihrer  RrkenntniM.  i)  V  .i 

■  warn  MiuMHMMilMgioik  Dmtollwig  pmmoBB»  'HCfegwiitmrf  {4it 
VcJapHa  FMiMwiphie]  i8t#e  nkhmünmi%mMkBt^^*^nkSm» 
htkmäigen ; . .  Hir  Sweck  ist  die  A«ifb«biifig  der  aaf  di«  bu  1mmv«I« 
sesde  Einheit  beztglicfaen  Unwissenheit  und  die  Erreichung  der 
fdeiD  Geiste]  elgenthflialichen  Gestalt  und  Glück^^eligkeit,  wegen 
der  Öchriftstelien :  der  Atmavissendc  dberschiiTt  allen  Kummer, 
aiid  der  Brabraawissende  wird  Brahma  etc.  —  Wie  man  eine 
Schlange  mM  mutm  Strick  verwechselt,  m  ist  die  Erbebang  de« 
Kichtdiog«  im  Dinge  eine  Venvechselong.  Ding  ist  iM«ei««de» 
iglHkkm»§By  luigethellle  Brmhma;  NieMdlBg  Ist  dl«  gftBM  Mnm» 
mm  MfMOByuä  VuwkamMHii  ümHaigidwit  «&«r  Ist,  iffMid 
die  EiAnettiitelM  l&m  Bliieii]  hindert,  mwtiiidlMi,  «dt  d«»  dnd 
iOiHMt'hegnht  Isl,  md  wm  afeht  vwm  SelciideB  «od  Rlehlielevdeii 
gezählt  wird  [das  beschränkte  Dasein]/' 3)  —  AU  letztes  Ergebnis« 
alle»  Denkens,  der  Gipfelpunkt  aller  Weisheit,  wird  In  steter  Wie- 
derholung der  Gedanke  erklärt:  ,,l)as  (tat)  bist  du;'**)  oder  ,.ich 
hio  Brahma,"  e«  ist  keio  Unterschied  «wisclieD  Gott  «od  der 
Crantor, 

O  CMmMm,  lOfe.  Em.  I,  302;  BiMit,  f  "V  K.?  Wind.  8.  175S  ffi  ^ 
•>IiMea,  Ind.  Ali  I,  «8^  ^  •)  Vetats^a«»,      4.  M  IlH.  «o* 

Das  zweite  Doppelsystem  ist  die  Saftkliya-P1iito«opliie^ 
Slter  als  die  späte&teii  Upaiiischaden  und  als  die  Bhagavadgita. 
Die  eigentliche  Sankhya  des  Kapila^)  steUt  den  brahntaui- 
sobeii  Grundgedanken  in  einer  von  der  Vedenlehre  vielfach 
abweiehenden  Form  dar.  Der  Gedanke  des  einigen,  allein 
wahren  GotteaaeiBs  und  der  der  vielfachen,  in  sich  unwahren 
NaMwelt  MaelieD  I»  ihrer  geseneeiügea  Beaiehang  den  Haupte 
gegeMlni  im  SndlaeieD  Bew«eeleeiii»  ava;  eme  wirkKoha  V«r- 
Mmnag  der  awei  eiaa»der  widerayreeliendeD  Gedanken  iaf  in 
Indien  niekt  «fteieln,  nnd  üe  Anfkeknng  dee  WIdenfmeka  nur 
durch  die  kühne  Verneinung  der  Welt  in  der  gereiften  VedanCa- 
Ichre  erreicht.  Das  Volksbcwusstsein  lässt  aber  Gott  und  Welt 
neben  einander  besteben,  und  auch  das  wissenschaftliche  Be- 
wneitsein  sucht  daa  Dasein  beider  dareb  den  Gedanken  aw  retten» 


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4gi 

99  4tm»  4a0  etMtqta  wad  dm  mitntfaltato  BnüiM  n^ben 

eüiamler  bestehen. 

Diese  Zweibeit  nimmt  die  Sankhya  auf,  und  steik  »ie  so 
sehr  in  den  Vordergrund ,  dass  die  Eioheii  darüber  sehr  zurück- 
trilt,  und  die  Darstellung  bisweilen  der  Form  nach  nahe  an  den 
•fauMMWcbeu  Oualismufi  streifu  Das  in  sich  vielfache  Natursein 
Wid  der  einige  Bcfthmageitl  sind  neben  einander  gleich  sehr 
btreohtigU  laft  diess  aber»  so  raas  die  ZweiliaU.Dielil  eiat  ehw 
aligekileta  und  .imraohlnillssige  aslnt  aaate»  aie  ommm  aehaa  ia 
dan  Craeid  aalbat  Hagaa.  Liß  Vedawaligfim  davlot  diaaaUia  ia 
dam  Godaaken  der  Maja  an;  dies«  Ist  nielift  daa  waM  BndMia 
selbst,  sondern  ist  etwas  Anderes  in  ihm,  was  eigentlich  nicht 
£u  seinem  \V  eseii  £j;chört.  Die  Sankhya  hebt  das  Moment  der 
Maja  als  den  wirklichen  Grund  der  Welt,  ^  nicht  bloss  als 
die  Veranlassung::  zu  ihr,  —  noch  stärker  hervor;  —  es  ist  der 
raale  Katurgruiul  an  sich  von  dem  ewig  Einen  imtacachiedeii, 
and  entfaltet  sich  in  eigner  Machtvollkommenheit  aur  vielfachen 
Welt»  welcher  der  Geist  n«r  Saal»,  aber  aiobt  Daatia  Tsrkibt 
Dkk  Sankh^aldira  ist  die  aani  Siyttmi  gamidaiie-  VbialaUaag 
dev'M^  ffihit  «ber  In  der  aiah  Ti»diA»gaiideB'Zwaibatl  ibat  dss 
luralinaaisclie  Bewasatseiii  bmaus,  und  aaoi  BttddhianM  hiaiber. 

Das  zweite  Sankhyasystem  ist  die  Joga  des  Patan- 
dschali,^)  im  Wesentlichen  die  praktische  Seite  zu  der  Theorie 
des  Kapila.  Ist  „der  Zweck  des  Sankliyasystems  die  unter- 
scheidende Kenntniss  der  Materie  und  des  Geistes,"  so  ist  der 
der  Joga  „die  Erreichung  der  Versenkung  [in  Brahma]  durch 
Abhalten  fremder  Eindrücke.  ^'«)  Zeigt  die  erste  Sankhya,  dass 
dar  Geist  in  den  Faasaki  dar  Natur  Terftbaifaliead  balaagen  ist| 
ao  lehrt  die  loga«  wie  er  ana  denselben  befreit  jUPird,  «ad  gitbt 
afaia  Thaori«  Aakeaek  ^  Dm  Ahwreacfaungcn  Jar  Jogalehie 
.  Ifen  dar  ernten 'Sanldi^  in  dem  Staadpankt  saiiat  ,  daa  HemN> 
treten  eines  „ tbeistischen "  Gedankens»  ist  vielleieht  äul  sp&- 
tere  christliche  Einflüsse  zurüekeuftihren«      •      '    '  - 

In  den  spateren  Upatiischadeo  linden  sich  in  Folge  der  «fhürfer 
.  HU^gebiideteo  Vorstellung  voo  der  weiblichen  ^laja  bedeutsaiue 
'Anklänge  an  die  8ankhya- Lehre.    ,,Die  Eioe,  Uogebome,  roth- 
.weiss-schwürze  [d,  h«  in  fiotsteben»  Boataben,  Vergehen],  die  fiele 
.glelcbgestallete  Gesbhapfi  saugt»  aammt  der  Siae»  IJsgebtfac^ 
sieh  etftaaead,  Tariisst  süiv  naehdeai  m  sie  gaaoeaüij  als  asAar 
JIJi«6bofaer'<  [als  WellfaildDef].*)  IMeaaa  CMaakaa  »ik  die  flaa» 
.  kbya  nsi  foigerichiig  duicb« 


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m 

2Sel  aller  Weitbeit  ist  auch  hier  die  Befreiung  von  den  Leiden 
dc8  Dasein8  durch  die  Erkenntniss,  und  die  Saukhya-KariicaO)  steltt 
diesen  Zweck  «ofort  an  die  6ptUe  de«  Systems;  alle  ittdisehe  Kr> 
kenutoiss  will  nicht  die  Wirklichkeit  geistig  besitsen,  ^adeiu  sich* 

ihr  hflMeii.  Alles  DiMMiide  jmftUl  «i  fierKlaMM:  dv  Eine 
«Mag!»  «ber  wird  nicht  «nwigli  —  im  Zmiü/  ewwgt  md'ist 
mengte  «--dui  ÜMm  M  «»«Kg«,  fth«r>Mp0t  Ml»  —  dMVkrte 
MMgt  Mit  «Ml  wWiMl«MMi8tv)  WegMtiMcteJBMMi- 
ItiDg  M  Mi.  8co«M  Frfgwi  itt  hwn<die<M>wtfc«>)  AU  wl«bt  «r- 
teogt  stehen  «Ine  Zwei  an  4er  Byitte  des  Dfenehi»,  ven  denen  das 
Eine  mch  zur  Vielheit  entfaltet,  das  Andeic  aber  ohne  Entfaltung  iti 
bkh  verschlossen  blciht.  JencB  ist  Prakriti,  der  Grund  der  iSa- 
lur,  der  lebensschvvanuerc  Wcltkein) ,  erzeugend  und  nicht  erzeugt, 
sinnlieh  nicht  wahrzunehmen,  nur  in  den  Wirkungen  ofleubar,  io  sieb 
ohne  Unterschiede,  hestiromungslos,  aber  der  wirkliche  Grand  von 
•Mm  bontaintea  DIumId.«)  Biener  Mativgmd  ist  dvfcbwn  nieht 
die  Mgev  tos  Male  m  bildeiHe  MnMe»  eiMdem  die 
ie  eigtoer  LebeMtoft  aar  Walt  alch  eatwkbebide  Wailaebalwia, 
•dufchaiia  aelapiecbead  de»  aifb  eatftdtandsB  IMmbaia.  Das 
besttmmiingBlose Brahma  ist  um  nichts  mehr  Geist  als  dieNatnr  des 
Kapila,  und  wenn  man  tiie  Sanlvhya  dos  Kapila  des^halb  Im  Gegcn- 
aikU'.  zur  Vedalehre  athpistiscii  genannt  bat,  weil  sie  die  Natur  zu 
ihrem  eignen  Urgründe  macht,  so  beruht  diess  auf  einer  miss^er- 
stAndtichen  Auflassung  des  Brahma,  als  sei  diess  ein  persönlicher 
-Mar  tMat«  weldMr  ebM  Welt  schallt;  die  Saokhya  ist  um  nIchU 
Mbrnad  «an  aiakta  «rimigfli  tUwieHarb  ala  die  Vadaiebr«)  Brabm« 
iat  aba»  aaab  nbr  dar  välig  bMi«lm«agalaaa  Welli^iiad  DIaaer 
liituffgBiai  hat  fcaiae  aadem  BaaÜaMiung  ala  die,  abdi  t»  Walt  a« 
eatfOten;  «bd  «r  «etlbltet  aidh  aadi  daa  diei.Oaaae  [§'9T};  er  ent- 
wickelt sich  nach  aussen,  wie  eine  Schildkrute  ihre  Glieder  aus- 
streckt. DielSatiir  ist  gai  lüclii  anders  als  in  dieser Dreifachbeit,  als 
eine  entfaltete;  die  drei  Eigenschaften  gehören  zu  ihrem BegrifT,  wie 
die  Bäume  zum  Walde,  wie  die  Farben  zum  Gemälde,  und  als  eine 
aatlaltete  ist  sie  bestimmt,  hegräozt»  nnterschiedaa*  wandelbar, 
l»ewegt  und  tbfitig.  Die  erste  Wesenheit  ist  Satire»  da«  Gate, 
lilbte,  firieaebMade,  «IflcUleb«,  die  Umcbe  dar  Biba«itaiaa 
aad  dm  Tagaad,  daa  Geiatiga,  SabOae  «ad  dto  Ofdauag  bi 
dar  N«tnr  «a*  Im  Miacbaa,  INe  aweite  Mie  dar  I^ainr  tat 
Radaebas,  daa  Ben^egte,  Cnatite,  dargealellt  io  dar  Lall,  wie 
das  ^»atva  im  leuchtenden,  nach  oben  flammenden  Feuer,  —  der 
eigentliiAe  Grund  des  bewegten  Lebens,  des^Strebens,  des  Willens, 
der  Jüieidenjchaft,  der  Gefühle,  der  Lust  und  des  3cbiBai«aa,  Die 


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m 


Trüge,  da»  ^eBewef^ung  Hemmeode,  nach  «Uten  sich  liditead,  dar- 
gestellt in  der  Erde;  im  geistigen  Leben  ist  es  die  Öelbsikeii,  der 
Stumpfsinn,  die  Unwissenheit 

Die  materielle  Welt  besteht  aus  fifnf  Elemeoten:  Äther  [Aka^aJ, 
Lmk,  FWMTy  WaMer,  Erde,  denen  eben  so  viele  passive  Sisnea« 
»rgaoe  eiitspi«ehen ;  das  Oht  nimmt  den  Ton,  also  den  Äther,  wahr, 

•  #B  HmM  4m  Dmk  der  Luft,  ter  Auge  im  lAAt,  die  awfsdM 

•  Ctaeehmeck«  der  dnidi  dae  Waeeer  btJiegt  wird»  iie  Bfue  dw 
OanmIi  des  fesItiB  fiÜDflfiM**  Der  Atber  bat  ver  ^ee  filgeeeche^  das 
Tee»  die  Left  evrei,  Ten  vnd  Dmcli,  da«  MMM  drai,  Tee,  Dtvek  aad 
Farbe,  das  Wasser  vier,  ausser  jenen  noch  den  Geschmack,  die 
Erde  ftlnf,  nftmlich  noch  den  Geruch;  ebenso  sind  Tüitf  active  Or- 
gane: dasSprediorgao«  der  Fuss,  dieUaod,  der  After,  daa2eogiM§a* 
ergan.  ^V) 

Die  Natur  aber  ist  nicht  ßlr  sich  da,  sondern  „em  eines  Anden 
wiien,  weleber  ihr  Zweck  ist;"  dieaea  ist  das  Maieet  der  ver- 
«ielligaa  lUeit  ie  alten  Vielfiiohee»  yereeMedee  vea  Nitat 
«od  «neeer  ihr,  der  Creiet  [Pmeohe,  AIm],  eldil  erMageed  wrf 
Mirfit  erieugt,  ewig,  Immaterleli,  eaverMeiMi,  hmrmgmgäm, 

■  von  der  !9atur  unahhingig,  bestimmnngslss.'')  Dieser  Geist,  as 
sich  (  inii;,  tritt  in  Verbindung  mit  denNatnrdingen ,  sie  be»eelend, 
lind  (kidureh  wird  die  Welt  in  der  wirklich  vorhandenen  Weise;  er 
nimmt  einen  Kürper  an,  den  er  uieht  hervorgebracht,  sondera  den 
er  vorfindet,  und  mit  dieser  Natur  empfangt  er  sogleich  Vidhett, 
EhizelbewtieetaeiDy  Erkeeelnisskraft  (beddhl),  die  ja  eicht  den  prä- 
iKoatleeee  Geiste,  aeedem  dem  Katereeia  eegehOM,  laiA  ahi  eia 
,;feberK5r|iei^  (Ihig«)  eredbehee.  Der  «Mülilla  Büi^tech. 
ane  paeefv,  er  vereeefct  aidh  Mt  Ihitig  in  die  wiridUe  Witt,  er 

'  Ist  glelehgöltiger  „Zenge  ved  SSeeeheeer;^  in  ümi  spiegeln  sich 
nur  die  natflriichcn  Dinije,  HieThlitlgkelt  und  dieliefäble;  er  selbM 
ist  bild-  und  farblos,  und  wird  <hirrh  nichts  berfihrt  und  geändert; 
er  j«rh*»lnt  im  Körper  thätiij  zu  seirr.  w  ährend  doch  nur  die  natür- 
lichen Momente  des  Menschen,  Erkenntniss,  8elbstheii«  Sianlicii- 
kelt,  th&tig  sind;  er  ist  mit  dem  Kdrper  verbunden,  „wie  eia 
MHBermitelDeHiiiüedeet"  aUeThMigkeit  und  eüee Lebe«  fttHear 
der  Nftlereeife  dee  Bieoecbee  wm\  ead  ner  dwcb  diese  Neliedis, 
dwelrde»  Klir|M«v  Mht  der  Met  in  VeibbidiMg  «d»  der  WeÜ; 
dem  Tede  bUit  alle  Betiebneg  aar  Maler  a«f.»> 

Dereh  ^leeeVereielgung  des  Geistes  mit  derNater  bildet  sich  die 
Vorhände  II  e  Welt,  nach  den  drei  Gnnas  sich  abstufend.  Oben  in  der 
Lichlragion,  in  der  GOtterweit,  sind  die  Vedeegütter»  Eialmia  an  der 

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Spitze,  die  ebensogut  natürliclie Einzelwesen  aiiid  w  ia  dieMenschen; 
- — in  derllitte,  der  Welt  der  Uurulie,  ist  derMenseb,  in  der  Welt  der 
FinsteroisudicThiere,  Pflaftr.en  und  Steine.  Oer  Geist  io  seiner  Ver« 
■»■iaigiiiigWHt  der  materielle»  Natur  ist  in  einem  seiner  nicht  angemoMe« 
wmn  ^mmikenw,  OBMÜgMJkistande ;  mtddaaZiel  der  Weisheit  muag 

Mst  MMM  M  ah^irfte  mUm^  Mm  «r  mIü  w aUm  W«iaa 
wiiifcl,  die  Vtm,  wMm  B— idate^  m1  «  Kllr|Mn  «ai  «•  Müke 
•te  CMU^  ab  aiani  waMailriaaaa  Timb  Mucket,  iate  er 
sein  persönliches Daaehi Tctneint,  Mem  er  erkeiiiit:  Ich  bin  nicht, 

und  oichts  ist,  yrsrn  das  Meine  wäre,  und  das  Ich  ist  nicht;  und 
nach  Err^ehung  dieses  Wissens  üodet  der  Geist,  daas  die 
thätige  Fnlmmiffkeit  und  die  Tut»end  nicht  mehr  nützlich  ist;  •—  er 
iahUlf  nur  noch  eine  Zeit  lang  seinen  Iküqier  bei,  wie  eio  geschwun- 
genee  Rad  aicii  fortdreht''  i^)  Andreraeits  lieht  aieli  4mm  mmk  die 
Na*»  -awflfik»  lai  T^Mtob  ««Wie  eiaa  Tiaiaria  aUi  ma  Tmb#b«. 
{•doMt,  aaeUeai  pie  aiali  Ter  ilar  SwdMMVMage  gaarfgl,  ae 
tUkt  aidb  4i6  OiMlar  sarttck,  aaaUeai  wUtUkätm  «Mala  giaaigt 
Im  Wmmt  vaiaa  Olaaae,  aathiiBi  aie  taa  IMaia  vMMi  gedient, 
der  ihr  eicht  dient;  ihm,  dem  Eigenschaftslosen,  brtegtaie,  cBe  mit 
£igenschaften  [gutiuj  begabte«  vielfuchcn  Autzen,  aber  er  nicht  ihr. 
Die  Natur,  gleich  einem  schamhulteti  Mädchen,  zeigt  sich  dann 
nicht  mehr  dem  Oeiste,  nachdem  sie  von  ihm  geachaut  worden.  — 
^MiaUl  sich  aber  die  Scheiduag  des  Geisten  vom  Kitpar  veHeadei, 
«kI  (fia  Katur  sich  »ariafcgeaagca  hat»  idaaa  tat  die  walHnwaiina 
BcMmg  maialii;'« 

IMa  Saatty*  ateirt,  taato  te  fataiaMaa  VcndMaaliail»  dach 
mmdk  md  Aaai  JUkm  der  VadaMwa.  iaaaa  fladariti,  daaa  liia Wett 
%m  ihtar  Viaihait  wm  daai  liahaia  an  eich  vatadbiadea  aei»  wA  daaa 
llieeea  nor  zum  Theil  in  die  WeH  au^he,  znm  gtosaereo  Theile 
aber  toh  ihr  ver^cidüden  bleibe  iii  urientfalteter  Einheit,  wird  hier 
nur  schirfer  hervorgehoben.  Das  nicht  in  die  Welt  eingehende, 
«oodern  für  aich  bleibende,  unentfaltete  brabma  ist  der  Geist 
«lerSanichya;  der  in  die  Welt  sich  eatfaliaadaBtahroa  Ist  die  I^rakriti. 
HarCediahe  Ist  hier  eiaafaaits  lilarer,  weil  nun  die  unlösbare  Frage 
wm^filM,  WM»  Bfahaw  tt«t  «haiMaa  u  dia  Welt  thiigaha»  aad 
weaa  aar  ihaiiaraiae,  waMi  ar  da  tfhaihaaptaldl  eaifelta;  -»hier 
Mr  <lar  WaNiniad)  PiakrNi»  danfcaaa  aar  WaHgrttad«  vad  gaht 
gMB  «ad  gat'fai  dir WaH  daf,  d*  UAt  akMa  awfdc,  «ai  ^ 
freiet  ist  ausser  dieser  Welt,  weil  er  mit  ihr  von  Haoee  ana  nichts 
XU  thuü  hat,  und  seine  Vereinigang  mit  ihr  nur  eine  zertwellige,  zii- 
fiUlige  ietb  —  Auf  der  andern  Seite  gestaltet  sich  aber  jetzt  die 


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4M 


ilteMr  MiMlito  l^  ffeMollklMBinlMU  mlM«         tmk  ein 

DualisiBtts  hereinirUt,  der  nothweudig  ivieder  über  sich  sei  trat  liin* 
ausdrängL  Jenen  unklaren  Getlanken  der  Tbeilutig  den  Lr^csens 
io  einen  <  ntraltotcu  und  einen  nicht  eiUlalteten  Tbeil  bat  die  conte- 
^aente  Vedantaphilo«ophie  durcb  die  Verleugnung  der  wirkiicbeD 
W«lt,  also  des  entfalteten  Brafaniii  aafgeb«beo,  damit  aber  das  in 
BagMifiMile,  die  Welt,  bei  Seite  geschoben.  Die  »uMifm^km^ 
«hmeoW  dar  WiiUidiktUdw  Welt,  «Ml  da  ale  jitf  eatoa 
Seite  dleBiiheit»  deeMel»  wdit  wfiareii  wm,  ee Mit eia filr  die 
wiiUlelw,  ■atfirieha  Welt  eiaeaCcgnud,  daaeea  weaMtlidbaBMliih 
wamg  es  ist»  alcii  sit  eatfaltea,  ^  «d  ihai  gegeatfce»  den  eisiges 
txeist,  dessen BestimmuDg  es  ist,  sicbDiehtzu  entfallen.  Wenn  die 
Vedeolebrt)  die  Wahl  hat,  entweder  dicWcU  zu  verleugnen,  dain  dem 
be«tininmngslosen  Lreins  kein  Grund  zu  einerEnttaituüg  gegeben  ist 
oder  die  Einheit,  den  Geist,  zu  verlieren,  da  da«  Ureius  süt  der 
Teodenz,  sicli  s«  eatfeitee  «od  zu  entäussern,  stejj  aelbet  aafteht  esd 
aeOüH»  fiieefl*  «eie,  so  lust  sich  hier  dieses  DUemn  ie  mImi 
Ubiee  Gegeoeali  aaf;  heide  DBifa—igaa»  eiliger  Cieiil  «a  eaii, 

■  nai  eich-sa  eoHailea,  irerdea  aa  awai  ▼eMdüadeae  üigHfalde  fv* 
-  Mlt9  ^  die  SaaUiya  Ist  die  serlalleaa  Vedalelire>  wadl  ehw  ds- 
Hmi  inleht  daeebans  dem  eigentlidMD  -mtBscheD  Bewnsstsein  est- 
Sf>recbend.  DerPauthcismus  der  Vcden  gebt  iu  cincuDualitüuUÄ  über. 

In  der  über  das  indische  £iiiheitj$bewu8st8ein  binausgebeodeu 
€onseqoenz  der  8unkhya  rK<j;t  der  Übergang  zum  Buddhismus. 
Die  Vedaiehre  legt  den  Uauptton  auf  das  Geistige  an  dar  iSator, 
auf  die  Ehiheit,  das  Uaiecacfaiedsloee;  das  VieUache,  UoCerscbie- 
dina  ha* die  BeetiautBi«,  aiebl  xa  eelo»  ^oadarti aafanhiina>  l>ic 
•flaiUya  hat  awar  aach:  daa  I)nte»MWaddlaaei  4m  Qelat^  eher 
ahcht,  am  daiaaa  die]!«aiat  aa  tanftekeai  cie  htotaat  die Natir,  dw 
¥ielfiwhe}  Wae  die.  VedeMre  aicM  rebbt  aa  Ivegitadtoa  ««Im, 
•  and  dantm  (itr  imi>erechtigt  erklärt,  das  sticht  die  Sankhya  zn  be> 
gründen,  io  seioeiu  Roehle  nachzuweisen.  Die  Natur  entwickelt 
a'mh  aus  sich  selbst,  und  der  Gei^t  wird  nur  neben  sie  gestellt. 
Ist  aber  dadurch  die  Einheit  des  Bewusstseins  aufgehoben,  so  ist 

>  die  Fonlerang  gegebeo»  diesen  Daalismus  wieder  aa&uhahea«  — 
und  diess  geschieht  um  so  leichter,  ale>eieii«  geaalt  ^MaHaea^  der 
€Wat  aam  .VeratlidahM  der  Welt  gar  aicht  aetkwaad|g  aefgH  er 
a|Mt  da  aar  eiaa  ataaaae  Bolla^  die  Well  eaiirldrall  Miakaa  fta, 
aad  ftraeiaa-Vathiadaag  erit  dar  Ndtar  Ui  Iptia  Craad  irerfciidae; 
.  aad  auai  iadel-eleb  nldit  ^Pea%  ^Üwmscht,  waaa  OMa  aaek  der 
ohae  den  Geist  m  Claude  gekommeueu  BUdiiagder  Weit  aufdbi- 

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m 

Dtal  eulef7.t  anf  den  Geist  als  miissigeo  Zuschauer  trifift,  der  zu 
tticbts  dient,  zu  nidits  führt  als  eben  zum  Zuschauen,  und  nach- 
ten er  die  Natur  angeschaut  hat,  uad  4hibei  gleicbgültig  geblieben, 
wMer  von  üu  scheidet  uod  in  sein  sweeUMe«»-  fiolialtleere«  4iteia 
wmäAgtkt  Die  toikbyaphilMoplile  i«ft  wo  aot  «Ine  Ofciyga« 
fltaii$  Uml*  iMd  flalBv  dar  «pller  tnftgetoede  i»d|  wi»  es 
•cMst»-  «OB  den  Mioom.  dervelbMi  eotipfnigeBe  BttddUflM»»  In- 
dm  «r  dta  cw«ddMeB<SkMalfireiat  oad  di^  Pnlrifi  allflb  iMini- 
balten  strebt 

Die  Joga,  wissenf^cliaftlich  ausgebildet  von  Patandschali,  der 
nach  Lasseo  im  zneiten  Jahrb.  vor  Chr.  lebte,")  zielit  die  prakti- 
schen Folgerungen  aus  der  Saukbyalehre,  ist  also  vorherrschend 
«Itlicher  Art  Der  Menech,  ineofera  io  ihm  der  Geiet  da»  Ho- 
kcre  iet»  0OU  sich  ans  dem  Natareein  zurfickziehen,  am  sich 
mH  daat  eiaen  Geiste  aa  ▼eieiaigeai  daa  ist  ene  wieaaBedwH« 
IM«  Darfttollaag  der  Aakeae.  Der  Oaial  Mest  Itler  laeata, 
»der  Herr^»  «ad  trigt  elae  achwaebe  aMoetfielatiadbe  FMviig. 
„IsFara  ist  antereeMedea  van  den  eteaalaeo  Saelea,  aaberidirl  yoa 
allenÜbelu,  wie  von  gutüti  oder  bosenThaten;  in  ihm  ist  die  hOcbste 
Allwissenheit;  er  ist  der  Lehrer  der  ersten  Wesen,  der  Götter, 
unendlich,  evrig.**«)  —  Die  Betrachtung  des  Weisen  steigt,  von 
der  Wahrnehmung  beginnend,  iniaer  hoher,  „bis  der  Geist  allein 
geaehen  wird,  und  die  Befreiung  von  dem  Stolze  des  getrennten 
Daaeiaa  [dea-Ahaakara]  eiatritt,  and-  ae  der  Jogi  kurperloa  wird," 
—  aad  lalettt  Merachetat  dem  Jogi  aein  besoadereaDaaeiaaeraedi 
ala  ein  Scbattea;  lavara  dagegen  offenbart  eieb  Im  atrahlenden 
Liebte,  in  deeaen  Aaecbaauog  der  Meaacb  veralakt.  Alier  TSllig 
geschieden  von  der  Natur  ist  er  dann  noch  nicht  Dieea  errelebt  er 
erst  im  Zustande  der  AuHösuni^.  Dann  ver6th\\  indet  jeder  Schatten 
de>^  iicirertiiten  Daseins;  das  vSi{'litl)ar(;  \^  ird  ausgelöscht,  Isvara  ist 
ganz  offenbar  im  Geist,  und  dieser  ist  eins  mit  ihm.  Das  ist  das 
3IM  der  Joga  und  ist  das  ewige  Leben.  **  Dahin  gelangt  der  Mensch 
durch  Aufgeben  aller  HoiTnangen  auf  weltliches  Glück;  er  soll  den 
Wamw  daa  Hami  aaanlbllirHeb  betraabtea  and  ia  aeiaeo  Geiat  anf- 
aaboMa,  ao  gebt  ar  fai  die  Salvagaaa  «hi;  er  -whrd  lavaiagealai« 
tig«  iroa  waitaratt  GaboHeo»  va«  Kraakbeit  aad  allen  -Obeh  «ar* 
iSat  Er  oraaa  bei  dieaer  Andacbt  den  Atbem  m>glhbat  «n*MM 
drücken,  stets  nur  auf  seine  Nasenspitze  hlidken  u.  s.  f. 
So  sobwiadet  nach  und  nach  alle  weltliche  Begierde  und  aller 
Schmerz;  der  Menscb  ^\  \v^\  voHkommeo  ruhig  wie  Jemand,  der  im 
tiefsten  Schlafe  ruht,  und  geuicsst  so  die  Wonne  der  Seligkeit.  — 
Der  in  die  Batracblaag  Ia?ara'a  Veiaanbte  erbtiebt- abendl  aw  di« 


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•tt 


-  BMer  der  Gegenwart  des  Herrn,  und  auf  der  hltchsteo  Stafe  d«r 
Erkeontojss  sieht  er  nicht  mehr  Bilder,  weiss  nicht  mehr  Vernunft- 
sehlflnse,  nicht  die  Seihstheit,  Rdmlrrn  nur  rlen  Giaiiz  Isvara's.  Der 

>  Meaach  denkt  nun  nichts  mehr  aU  den  göttlichen  Namen  [Aumj,  aad 
versenkt  sidi  «•  In  das  göttliche  Licht.    Üb»  ist  der  Zvstend  der 

-  'SeUwtvMidiimig.  Des  Mensch  wird  imner  mehr  befreit  vee  ädi 
eelM,  waä  Iimmt  mIht  etreUt  Imm'e  Mm,  wnä  der  MmtA 
wM  «iae  mit  ibn.t^)  In  dieser VereMgeog  akeiil  derMenedi  TM 
ao  Isma's  Macht,  aed  der  Jogi  wird  sum  Zauberer  [rgl.S  115].^ 

Über  den  phftosophiscben  Gehalt  des  Systems  IdhMiee  bei 

der  Dürfticlteit  der  Quellen  uicht  urtheilen;  in  dem,  was  bekaont 

ist,  ist  allerdings  nicht  viel  davon  zu  finden.   Das»  der  Gedankeis- 

vara*8  in  der  uns  allein  bekannten  späteren  Form  durch  christlichen 

Einflnss  ansgebiidet  worden,  ist  ni5giich;*i)  iodess  iHsat  sieb  die 

zierolich  schwache  menotheistische  Färbung  wohl  aacb  aas  dem 

biabaiaBisclieD  BcfaroaelMio  eibilrea.  Mancbes  evbiaert  «a  dte  AiC- 

faMungea  der  Bbagavadgita. 

«)  O.  Vmkt  YjmsI,  U;  IVMiNbBaaa FhHoi.  a  IMS.  Mir,  4is  cttM. 
BiWiimUbai  CbMaeshs  MMlsasw  Büsy^  M9. 1,  mi 

Aifsii  mt  la  fbUos.  «tt.  trad.  pwFpi^,  p,  Gdibr. Miie.  Etab  I,  SM} 

WiBdiMfam.  8.  1878.  —  *)  HadhoBadana,  i.  d.  Z.  4.  D.  M.  0.  VI,  7.  —  MalMt- 

rayana-Upnn.  XII,  5.  in  "Wel>er«  Ind.  Stud.  IT,  89;  und  gleichlantcrn!  die  (^vetiw^a- 
Ura-Üpan.  IV,  5,  Ebend.  I,  428.  —  •)  Übers,  v.  Windiachra.  in  Philo«,  etc.  S.  1812, 
r,  TmtlAer  luColeHr.  Ksgnis  f.  lOI;  Lassen.  OymnoDophiit»,  Ifta?.  ~  *>  Slankhya- 
KarikA,  3.  —  ")  De  divisione  uut.  II,  c.  1 ;  Y,  c.  39.  —  •)  Sank.  Karika,  3.  8.  Co- 
lebr.  Efisaifi,  p.  17.  38;  Frank,  p.  48.  ~  S.  K.  2.  10  —  29.  —  ")  S.  K.  3.  22.  ff; 
Max  Müller  in  d.  Z.  d.  D.  M.  Oes.  VI,  22.  —  S.  K.  17.  —  ")  S.  Karika,  3.  44). 
19.  20.  21.  62;  Colebr.  Essais,  p.  22—24,  40—43.  —  ")  S.  Kar.  53.  54.  —  Colebr  17. 

-  «•)  S.  K».  64;  Oolebr.  S7.  aS;  Funk,  Vjasa.  4B.  -~  *•)  Sitiks,  59'.  60.  <1.  M.- 
»<)liii.AltI,8t8.— >0  CMibr.lllM.lHSit,LtBt$lin«i^  S4.W.^^Bii 
WiadMbM.lMI**iaM.  — *^Bbad.lS64— .IMtf  Oatelir.  «Msi^  ^  ta»  SIL - 

Webtr^Iiid.  BM  J»  at. 

im. 

Die  Nyäya  von  Götama  und  die  Vai^dscliika  von 
Kinadai)  stehen  2u  einander  in  einem  ähnlichuii  Verhältm^e 
wie  die  vorigen  Doppelsyateme ;  nnr  tragen  die  bisherigen  nielir 
ivKgtds-sittltehen  Charakter,  diese  aber  melu*  einen  lagiscb- 
Mta^yiiMhefi}  der MWich «ad  saiM FflteliiMi  Mennahrhi 
doi  Binm^iimd  tot  der  BemdUmg  das  Sitea  ttoitaipt  Die 
Nyiya  kl  mekr  §omM,  die  Vid(dw^  nalir  «üerialli  fm 
gMU  mlir  «bie  Logik,  durae  dne  Fliysik;  joie  balfafctel  du 
Deuken,  diese  das  objcctive  Sein;  jene  ist  mehr  idealistiseh, 
diese  mehr  realistisch.  Indess  ist  dieses  VerbAltniss  beider 
&yaleflie  mur  ai«  verhemeband»  nicht  ak  daialigreiiflnd 


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4ai 


betrachten,  und  vieles  ist  in  beiden  völlig  gleich.  Auf  die 
T^'yaya  legen  die  fnilier  einen  hohen  Werth,  und  sie  ist  sehr  viel 
bearbeitet  worden.  In  den  logischen  Erörterungen  stimmt  die 
Vai^eM^hika  init  derselben  im  Wesentlichen  überein;  sie  geht 
aber,  wie  es  scheint,  tiefer  in  das  Wesen  des  Seienden  selbst 
ein.  AfanrtklMBd  wn  Vedenlehre  lässt  sie  die  malerieUe 
W«U  «M  AiMM  enistflhMif  Mk  l»l  «m  IteM  4m  Nihtre 
n#flli  wmifp  bskaMMtt 

Dit  lilillmitpMaftfcMi  Syaleaio  atbea  d«r  VeihMlekre,  so 
scharfsinnig  sie  aaeh  einneliie  Seiten  indischen  GeislM  ent- 
wickeln^ stehen  die^ser  dennoch  in  der  Tiefe  des  Gedankens  und 
der  ranthigen  Durchführung;  einer  grossen  Idee  bedeutend  nach; 
sie  erscheinen  mehr  als  einseitige  Ausbildungen  einzelner  Mo- 
mente des  indischen  Bewusstseins ,  währtfkd  der  Vedanta  4en 
yiaweii.  and  v«Ueii  Godanken  dwralallt. 

Nyaya,  tos  nl,  Imelif  «sd  ay,  fdhren,  badantal  ursprilog* 
Kch  MMtion,  adav  fMMs9(«)  die  Zeit  den  Gstam  Ist  sock  awei- 
feHbaa,*)  Md  das  System  not  theilwaise  Mcamt  Znetst 
heashftftigt  sich  die  Nyaya  alt  den  Beweiaea)  es  iM  detea  fier: 
die  sisnlielM  Wafcmehmvag,  die  als  aidit  Irwead  nMt  nosb  alaes 
andern  Heneises  beUarl,  —  die  F'olgerun|»,  „dreifach,  nach  dem 
Früheren,  nach  dem  Folgenden  und  nach  der  Allgeiueinheit  (dem 
Genieinsamen)/'  —  die  \  ergleichun^r,  indem  aus  der  Oberein- 
stinunui^  in  einigen  Eigeoschafteu  mit  einem  Bekannten  auf  ein 
Unbeluinote«  gesdilosseD  wird,  —  die  Oberlieferuog.'^)  Uaaa  wer- 
dea  viele  Defioitiooen  logischer  Begriffe  gegeben.  Zu  einem  vSlIi- 
gM  Sdilaaa  ^Mten  flbif  Mamtiite:  dls  Behanptwigt  der  Graad 
(der  «igMiticiia  B«ir«is),  dta  EiÜiOeiwig,  «atirsder  daidi  aia  Bei- 
apial  adet  daMii  den  Gegeaaats  des  Bewlaaansa»  dia  Amvendaag 
(des  Beisfneis  a«f  daa  sa  Beweieende)^  der  Schlosa,  die  Beliaap- 
tuog  v^iederboieud.  )  Die  sehr  hm  Einzelne  gehende  Widerlegung 
der  Skeptik<>)  zeigt  eine  bedeotende  Entwickcluog  der  Dialektik,  — 
Bemerkenswerth  ist  noch,  dass  die  6eelenuanderaog  bi^  dsdureh 
heH'ieseo  wird,  dass  neugeboroe  Kinder  iScfamen  oder  Freede  sei* 
§ßm,  naali  Milcb  begehren,  und  sl«o  an  eia  fftthareii  Leben  sich 
•rionero,  imd  dass  „Mu  Leideaaebaftslsser  gelioraa  wird.^'O  IN« 
Wifklichkeit  dar  Welt  wird  faatiBhallmis  «ad  die  AhirMw«  4ea 
CMalas  ven  dem  fiinilohen  aoi  In  gamlas%ter  Weise  galord^ 

Kanada  Mrt  aHea  an  dem  D^mda  an  EifcemMnd«  aaf  aioM 
Kategorieen  (padartha)  sarlck.*) 

1.  Dravya.  das  Gegenstandseiu,  daa  eigentliche  Sein 
dar  JUia§«,  die  Ofuda  des  Aristo teieS|  das  Substrat»  au  welchem 


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«81 


alle  Ailg«tt'B«gtMre  ImIIsd.  ,,WiiinRif  umI  Üfradi«  Mklagen  dri'» 
vya  nicht,"  d.  h.  alle  VerSnderaiif^  berdhrt  nicht  das  Sein,  «sondern 
mir  die  Bestimmuageo  des  Seins.  Die  Arten  des  Sein«!  t«ind:  Erde. 
"Wasser,  Licht,  Luft,  Äther  [Aka^aJ»  Zeit,  Haiun«  der  tieiat 
(Atma)  und  die  Seele  (Manas). 

-  9.  Guoa,  die  Qualit&t,  welche,  im  Ueterschiede  vom  Von* 
gen»  geändert  ond  aufgehoben  fverden  kann;  es  aied:  Ft^Ae,  €le> 
sdbmack,  Genich  etc.,  Zahl»  Maas«,  £ioxelMt,  Veiknadeiiaib, 
GetremiMt»  Sdiwere^  FMasigkeit,  Toa;  dam  die  dem  tieisto 
angehorigent  Preade,  Maiers,  Tugend  ete. 

5.  Kanna,  die  Bewegung,  gebSrt  fNir  der  firde^  den  ^^a^ei^ 
dem  Lichte,  der  Luft  und  der  Seele  an;  das  Sein  geht  aus  sich  iierau«; 
Kanada  scheint  die  Bewegung  nur  räuialicli  zu  nehmen;  er  erwShnt 
aU  Arten:  hinnut,  liirumter,  zusammen,  auseinander  und  fortgehem}. 

4.    Sainanya,  die  Aügenieinheit;  sie  ist  ewig,  aber  stets 
'  mehr  als  einem  Dinge  angehSrig;  die  höchste  AllgeoMhiheit  ist 
„Selo;''  Aa  aiedfigste  ist  die  Gattaag  «der  die  Art. 

6.  Vi^eacha,  die  Beeondet beit,  die  UateracUedeahelt,  das 
GegeHÜielf  dea  Verigea«  daa,  wedareh  eio  elaaelaea  Ma  fsi 
einem  aadern  sieh  uateraelieidet 

6.  Samavaya,  die  InblrevK,  lintrennbarkeit,  die  nothwen- 
dige  Verbindung  eines  Begriffs  mit  einem  andern;  z.B.  d^  Seios 
und  der  Eigenschaft;  es  giebt  iceine  Eigenschaft^  die  nicht  an  einem 
Sein  haftete,  und  kein  Sein,  das  nicht Eigenschaiten  hätte;  ebeo&o 
das  VerhftJtoiss  des  Theils  zum  Ganzea,  l>eide  gebOrea  netbiren* 
dig  zu  einander. 

7.  AbbATa»  d  aa  N  i  eb  ta  e ie,  welchea  ia  vier  Weiaea  eracbeiftt: 
a)  daa  NoiA-aldirt-aelii  eder  daa  Seiofwerdeo;  die  Jetifge  Zeit 

iat  daa  Rocb*nlebf-aeln  der  Zabuafts  dieaea  Fikbtaeia  bat  kebm 
Aafang,  aber  eki  Ende,  ea  bOrt  alndtcb^aarmllrdem  Btattetee  des 

Seins;  alles  Anfangende  hat  sein  Noch -nicht -sein  hinter  sich,  ist 
da«»  AufhHren  desselben.  —  b)  Das  Nicht -mehr -sein  oder  das 
Gewesensein  hat  einen  Anfang,  nämlich  wo  das  Sein  aufhört,  aber 
kein  Ende.  —  c)  Das  reine  Nichtsein,  die  reine  Verneinung  eine.«) 
Seiaa,  z.  B.  aa  dieaem  Orte  iat  kein  GefSss.  —  d)  Das  relative 
Niebtaela,  laf  not  die  Vernelnang  elaea  bestiromtea  BegriÜM  vsa 
elaeitt  aadem,  a.  B.  daa  Geitaa  iat  aicbt  eia  Tadi. 

Kaaada  iieiebtfligt  alch  aua  vemigaweiae  ndt-dee  SalwIaaMa, 
ala  dea  Gnindlagen  aller  IKnge. Die  eratea  vier  Sebdaaaea» 
Erde,  Waaser,  Licht,  Luft,  smd  ewig  und  vergSngllcb  aagleicbi  — 
ewig,  insofern  sie  als  einfache  Atome  sind,  vergänglich,  insofern 
sie  zu  wiritlichen  Dingen  sich  gestalten.  Jedes  derselben  erscbeiBt 

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in  tei  wiifcfichcii. Dinge»  in  dreifacher  Fenn,  tiaergiuiiedi,  eiga« 
■iedi  «iMl  eis  beemicleres  Organ.  Die  Erde  ist  das  feste  Element, 

und  erscheint  uiiorgaiiiscli  als  Thon,  Steiu  etc.,  organisch  in  den 
lebenden  Kurjiern;  als  w  iikliches  Organ  er^tcheint  sie  im  Geruchs- 
organ,  durch  welche«  der  Duft  wahrgenommen  wird.  Das  Wasser 
erscheint  unorganisch  als  Fluaa-  und  Meerwaj»ser ,  organisch  in  den 
Wasserthieren y  ala  Organ  in  dem  Geschmacksorgan,  der  ZttDge. 
Das  Liebt  ist  UBorganasch  im  Feuer,  am  Blits,  io  der  Wfirme  und 
ia  den  ans  dem  Feuer  eatstaadenea  Golde«  organisch  io  den  We- 
sen des  Beicbes  der  Sonne  (derPlIanaen-  und  Thierwelt  des  Lan- 
des?], als  Organ  in  dem  Auge.  Die  Luft  ist  unorganisch  im 
Winde,  organisch  im  Reiche  Vaju's,  des  Windes,  [in  den  Thieren 
der  Luft?],  als  Organ  in  der  Haut,  welche  die  Kälte  oder  Wärme 
der  Luft  fühlt.  Der  Atlier  gestaltet  sich  nicht,  ist  ewig  und  durch- 
dringt alles;  ihm  gehört  der  Ton  an.  Die  Elemente  gestalten  sich 
abo  in  den  lebendigen  Wesen  zu  den  Organen,  die  sich  auf  sie 
heaiehen;  das  Auge  bat  nicht  bloss  das  Liebt  als  seinen  Gegen- 
stand» soodem  ist  das  erganisirte  Licht  selbst,  ujid  es  blickt  nur 
anf  «ein  dgenes  Element  hlnans;  jeder  Sinn  ist  das  subjectiv  gewor- 
dene Elemeot,  und  tritt,  nicht  bloss  empfangend,  sondern  atieh 
aetiv  mit  scinsm  gleichen  Element  in  Verbandung;  das  Auge  ergreift 
so  gewissermassen  das  Object  sclbstthätig;  dasselbe  lebrt  auch 
Gotama.  1)<  r  5iüu  des  Gehurs,  den  Äther  als  Ton  aufnehmend, 
scheint  nach  Obigem  freilich  nicht  aus  dem  Ätlier ^gestaltet  ZU  seiOf 
sondern  macht  wohl  eine  Ausnahme. 

Zeit  und  Raum  sind  nach  der  angefilhrten  Kategorieentafei  auch 
wirkliche«  fär  sieh  bestehende  Weseubciteo,  sind  nicht  bloss  etwas 
an  einem  Sein,  sondern  sind  selbst  ein  solches«  an  welchem  die 
>  Unterschiede  too  heute,  gestern,  morgen,  von  hier  nod  dort  sind. 
Oer  Gebt,  Atma,  steht  auf  derselben  Lbfe,  wie  die  Stoflf-Ele- 
mente,  ist  elgeoflich  nur  ein  höheres  Element,  ist  grade  so  wie 
die  vier  unteren  Elemente  in  der  Doppelgestalt  des  einigen  büchsten 
Atma  und  der  verein^eiten  vielfachen  Geister.  Da  der  Geist  an 
»ich  dem  Sinnlich-Vielfachen  abgewandt  ist,  so  ist  die  Seele,  nianas, 
die  Vermittlerin  zwischen  Leib  und  Geist.  Die  vier  unteren  Ele- 
mente und  die  Seele  sind  an  sich  in  Weise  von  Atomen,  die  Seele 
ist  eitt  Atom,  welches  aber  nie  sinnlich  wahrnehmbar  wird.  Die 
aadeni  vier  Urseiende»,  Äther«  Raum,  Zeit  und  Qeist,  sind  nicht 
io  unendlich  klemeD  Atomen,  sondern  sind  an  sich  endlos  gross  und 
ewig,  und  können,  mit  Ausnahme  des  Äther- Tones,  nicht  sinnlieh 
wahrgenommen  werden. 

Der  Geist  ist  das  Erkenneode»  die  Seele  (mauas)  Ist  nur  die 

n.  s8 


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Vefmltflefin  des  ErkeDoeoai.  Dias««  ist  eafireto  ErlMwnng  to-* 
Btn,  WM  wir  flchon  wiaaen,  oder  AnllamDg  einer  neoeii  fiAmI- 

üiBS.    Die  letzte  geschieht  auf  vierfache  Weise:  durch  sinnliches 
Wahrnehiiieii ,  durrh  Schliessen,  durch  Vergleichen  und  durch  An- 
nahme  auf  Grund  einer  Gewährleistung,    einer  Auctoritäl;  an 
Werth  stehen  diese  Weisen  der  Erkenntniss  sich  gleich.     —  Dat> 
sinnliche  Wahrnehmen  wird  durch  die  gegenseitige  Verschlinguog 
der  Sinoe  und  der  Objecte  herrorgebreoiit^  und  iet  entweder  allge- 
meiDy  s.  B«  wenn  man  engt:  diese  ist  etwas»  —  und  dann  ist  die 
Wahmeiimiing  bestlmint»^  oder  eis  ist  eine  liesendere»  wie:  diMs 
ist  ein  Bralnnane,  und  dann  ist  sie  nnbestiainit  und  sweilelhaftM) 
Das  8cliliessen  geschieht  dadarch,  dass  tod  <^in  Dinge  effrat 
ausgesagt  wiid,  uas  mit  einem  audercu  zusammen  ist,  und  dieses 
letztere  nun  dem  ersten  beigelegt  wird;  z.  B.  wenn  ich  sage:  der 
Berg  hat  Rauch,  so  \Hi  der  Rnuch  zusammen  mit  Feuer,  denn  wo 
Rauch  ist,  da  ist  Feuer;  der  iSchiuss  ist  nun  der:  der  Berg  bat 
Feuer. ift)  Der  Schluss,  wie  er  in  dnr  Absicht,  Jemand  zu  über- 
zeugen, angewandt  wird,  hat  fönf  CrKeder,  die  Betiaaptaag:  der 
Berg  ist  fisnrig,  —  der  Grund:  wett  er  raucht,  —  das  Beisfiiel  aai 
der  Bi&lming:  was  raudit,  ist  fenrig,  a.  B.  ebe  Küche,  An* 
Wendung:  der  Berg  randit,  —  Aasflihrung:  dessbaUb  ist  er  feurig. 
Von  diesem  mehr  rhetorischen  ScbÜessen  unterschieden  ist  das 
Schliessen  für  uns  selbst;  „wenn  man  durch  öftere  Beobacfatuog 
die  Durchdringung  [zweier  litigriffe]  erfasst  hat,  dass  wo  immer 
sich  Rauch  zeigt,  Feuer  ist,  und  man  dann  zu  einem  Berge  kommt 
und  den  Rauch  erblickt,  so  erinnert  man  sich  daran,  und  erkennt, 
dass  dieser  Berg  feurig  ist."       Diese  swei  Sehlossweieea  siad 
nattirlicli  nnr  formeii  unterschieden. 

Die  Enisteitang  der  Weit  aus  Atomen  ist  diesen  Byslea 
eigentliteKdi.  Jedes  Ding,  sagt  Kanada»  besteht  ans  unlheii- 
liaren  kleinsten  Tbelien;  denn  ginge  die  TheUtiafkeit  endlos  fett, 
so  hätten  ein  Senfkorn  und  ein  Berg  gleich  viel  Theile  und  wSren 
also  gleich  gross.  Die  Zahl  der  Atome  bestimmt  die  Grosse  eines 
Dinges,  die  Art  ihrer  Verbindung  die  Gestalt  des.«ielben;  seioe 
Beschatfenheit  aber  wird  bedingt  durch  die  ursprüngliche  verschic* 
dene  Beschaffenheit  der  Atome.  Da  die  Atome  untheilbar,  so  sind 
sie  auch  unzerstörbar,  und  die  Welt  lost  sich  einst  in  Atome  aat 
diese  aiier  hieilran*  Die  Bildung  der  Weit  geschali  doreb  eine  vea 
dem  UnSiebtliaren  lier?efgeiiraehte  Bewegung  der  Atome,  die  da- 
durch sieh  nach  ihrer  gleicharligen  Beschaffenheit  veihanden»  So 
wurde  die  Natur;  aber  der  Geist  ist  von  ihr  unterschieden,  und 
soll  sich  von  ihr  unterscheiden,  sich  nicht  in  sie  verseukeu.    Er  ist 


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43» 


in  dem  Körper  de*»  MeDsehen,  belebt  ihn,  aber  bedarf  seiner  nicht. 
Die  Ichheit,  das  Bewuij4»tseiii  des  besonderen  Daspins.  c(^hort, 
wie  es  im  indischen  Bewusst^eiii  liberal)  erscheint,  der  J^iatur  und 
Dicht  dem  Geiste  ao;  der  Geist  ist  weseotUch  unper«5ntich :  das  Ich 
ist  nicht  elwaa  ffir  sich»  sondern  ist  nur  dann,  wenn  der  Geist  mit 
den  Kirper  verainigt  iat;  t»  ist  eigeottich  der  Aoadrack  der  Selbst« 
esltassetiiiig,  der  SlskOrpeniiig  des  Geistes,  imd  faOrt  mit  der 
Tiesoosg  der  lieiden  BestaodHieUe  des  Bfessdieii  auf. 

Diese  Atoonslelire  estfemt  stdi  Ton  dem  ▼edischen  Bewvsst« 
sein  noch  weiter  als  die  Sankhya.  Diese  setzte  dem  nichtentfalte- 
ten  Geiste  das  sich  entfaltende  Natu rs ein  entgegen,  aber  als  Ein- 
heit. Kanada  afn  r  !üst  die^e  Einheit  in  eine  endlose  Vielheit  auf. 
Die  Lehre  der  Vedcn  findet  die  Vielheit  durch  Eottaltung  des 
Eises»  Kanada  durch  ZusammeDsetsaog  des  unendlich  Vie- 
les; jeoe  gdit  Teo  dos  eioselneo  Dasein  zu  seisem  Urgründe,  und 
wesdet  sich  gerisgechttttesd  ven  dem  fibselnes  sb,  IMel  darin 
dM  Umrabre;  die  Atomed^re  vertieft  sich  dagegen  in  das  ein» 
lehie  Dasein,  vnd  macht  die  Vielheit  an  einer  ewigen;  Bios  solehe 
Abweicbung  von  der  Vedenlehre  mnsste  notfawendig  einen  Gegen* 
kämpf  hervomifen,  uttd  die  Veiiantaschulc  führte  ihn  mit  Ciier  und 
Gluck;  Sankara  bekämpft  die  Atotnenlebie  meisterhaft") 

Colcbr.  Mise.  Esg.  T.  561;  Windischm.  S.  1895  ff.;  Max  Müller  in  d.  Z.  i1. 
D.  M.  G.  1852;  VI.  —  «;  Max  Müller,  n.  n.  O  S.  3.  —  •)  Lawen,  Ind.  AU. 
n,  509.  —  *)  Kyaya-Sutra,  I,  3  —  8,  bei  Wm  l.  S.  1904.  —  »)  Ebend.  I,  32  —  30. 
—  •)  Wind.  1909.—  0  N>a>a-Sutra,  III,  l'J.  22.  25,  ebeud.  li>n.—  •)  Max 
Müller,  iD  d.  Zeitschr.  der  Deutschen  morgcnl.  Gcsellach.  1852;  VI,  8. 10  eic.  — 
•)  Bbod.  S.  16  «tc  —  midSadim.  8.  19».  —  >>)  Malier,  8.  S4.  — 
«•)  Btend.  tS.  —  «•)  SbsM.  8.  aiO.  —  »«)  8.  MT.  —  »•)  8.  IM.  — 
>•)  a  Wl  de.  SM.  ^  OoUbr.lilie»8«t.I,Sra£S67C|  IMi,p.7lC  — 
<•)  midiMhm.  &  1981  iL 

Dritter  Abschnitt* 
Die  Arbelt. 

§  m. 

i)MÜpp%  fruchtbare  Land,  w^cbesohne  DäAgfuigjfthrlioli 
iwei  RM-Emten  liefert,  liprdert  wenig  sa  mfihsameiB  Aekerban 
9^.  Wir  wia8«ii  freOieli  ans  dem  Altertbrnn  lueräber  weD%s  — 
aber  4a  gegenwärtig  aallNil  in  den  Ton  den  Stirmen  apiterer 

Umwälzungen  wenig  berührten  Gemeinden  der  Ackerlmit  anf 
einer  sehr  niedrigen  Stufe  der  Eutvvickelung  steht,  0  so  dfirfen 
wir  annehmen,  dnss  bei  diesem  mit  solcher  Treue  an  seinen 
^teii  Sitten  MngeiMien  Volke  der  Aclcerbau  auch  früher  nie 

18* 

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4a6_ 

eine  Mbere  AvsbildoBg  erfahren  habe  ud  jetofiilU  «neb  nicht 
entfernt  mit  dem  chinesiechen  Terglicben  werden  Jd^nne.  Sien 

und  Ernten  ist  die  Hanptsaehe,  das  elgen^iebe  Bearbeiten  des 
von  selbst  schon  so  freigebigen  Uodens  ist  ganz  ulibedeutend. 
Tritt  doch  selbst  die  religiöse  M  eltanschciuung  dem  Ackerbau 
hemmend  in  den  Weg.  Einige  Menschen,  sa^tiVlanu,  loben  dcu 
Ackerbau,  aber  dieses  Mittel  des  Unterhaltes  [für  die  Brahmaoen 
nnd  Xatrija]  wird  Ton  den  EinsIchtsTollen  verworfen,  denn  das 
mit  Eisen  beschlagne  Werkseuc^sersehneidetdenErdboden  aad 
die  Tbiere»  die  er  einscblieset«*«)  War  also  anchi  wie  sieh  bei 
der  zahhrdchen  BeTöHcerong  Ton  selbst  veistebt,  der  Ackorbai 
sehr  ausgedehnt,  war  er  dnreh  das  Gesets»  dass  das  bebaate 
Land  im  Kriege  nicht  verheert  werden  dürfe,»)  auch  geschützt» 
so  ist  er  doch  in  einem  ziemlich  rohen  Zustande  geblieben. 

Die  Vi ehzuch  t  war  in  der  Ältesten  Zeit  unzweifelhaft  die 
Hauptbescliäitigung;  die  Veden  und  die  religiösen  Gebräuche 
sprechen  diese  allenthalben  aus;  auch  die  Ccriechen  berichteo 
viel  von  dem  grossen  Reichthum  an  Heerden. 

Dass  die  Indter  anch  die  Rohprodukte  des  Erd-Inneni  ia 
ausgedehntem  Maassstabe  nnd  schon  frfih  sa  gewinnen  wosstsa» 
seigt  die  grosse  Ausbildung  der  Melallarbeiten  nnd  der  nnge- 
henre  Reiehthnm  an  Gold,  Silber  nnd  Edelsteinen,  weleher 
bis  zu  den  grossen  Verheerungen  durch  die  Mahomedaner 
Indiens  Tempel  und  Palläste  füllte. 

Die  Industrie,  die  Rohstoffe  verarbeitend,  hat  unter  dem 
JLintluss  der  Kastentheilung  sc  hon  in  alter  Zeit  einen  hohen  Auf- 
schwung gewonnen.  Von  allen  äusseren  Störungen  frei ,  au  den 
Kriegen  nicht  betheiligt  und  von  ihnen  selten  berührt,  konnten 
die  schon  dnreh  ihre  Geburt  zu  einer  bestimmten  Thitigkeit 
berufenen  Vaifja  den  Besitz  erblicher  Erfahrungen  in  eineai 
mit  ihrer  Familiengeschichte  verwachsenen  Berufe  an  immer 
bftherer Vollkommenheit  steigern;  der  Einselne  trat  nicht  in  eue 
ihm  fremde,  zufallig  gewablte  Thätigkeit.  sondern  er  war 
gewöhnlich  in  eine  solche  von  Kindheit  an  hineinversetzt;  sie 
war  seine  Welt,  in  der  er  geboi  en  nnd  erzogen  war.  ITmgeben 
von  der  üppigen  Fülle  der  für  die  Bearbeitung  geeigneten 
Naturstoffe,  und  gelockt  von  den  aus  fremden  Ländern  zumEia- 
lausch  indischer  Erzeugnisse  hereinströmenden  Reichthümem» 
hatten  die  Indier  alle  Veranlassung ,  die  Industrie  au  einer  hohen 
Ausbildung  an  bringen,  ihre  Metall -Arbeiten,  beaoiideEB  in 
Elsen  und  in  Stahl,  dessen  Bereitung  die  Indier  erfiinden,  so 
wie  in  Ersy  Gold  nnd  Silber,  die  Bearbeitung  der  Edelsteine, 


Digiii^ca  by  Lj^j^  ^ 


4X 


die  liier  Bur  hHoluten  VoUeiMUiiig  gestiegene  Batimwolieu-  We- 
berei, deren  Erzeugnisse  im  Alterthiiai  als»  (heure  Kostbarkeit 
galten ,  haben  der  indischen  Industrie  einen  geachteten  IS  ;ni)eu 
versicliaii't.  Die  indischen  Handwerker  haben  nur  sehr  ciutache 
und  anyollkoinmcue  Werkzeuge ,  arbeiten  daher  seiir  langsam, 
aber  durch  Geduld  uMi  Geecbiokliohkeit  scbaffiBn  sie  vortreff- 
JicheArtwiteiL«) 

Bau«  Ind.,  n,  119  •>  MttBn,  X,  84.  —  •)  ll«guA.  Itigiii.  1,  38; 

fr.a&a«.  — <)Mi]«ii«n,  li7ct«.— »)  Nearch,  U  Stnbo^  XV,  1 , 67.  Lmmo» lad* 

Alt  II,  518;  552  ff.  726.  Bohlen,  Ind.  U,  116.  Sonnerftt,  BdM  1,  88  ff; 
tat».  18  —  32.  MiU»  Qesdi.  11,  23  ff. 


Vierier  Abschnitt. 

Die   K  Q  n  6  t 

i  »7. 

Die  Kunst  vriü  der  Natnr  das  Gepräge  des  Geistes  anf- 
drttcken;  sie  erkennt  dieselbe  inhcr  als  bestehend  an,  aber 

nicht  Iiis  das  Höchste  und  Letzte,  sundeni  niu  ,  insofern  sie 
durch  den  Geist  oder  als  der  zu  bildende  Stoff  für  den  Geist 
ist:  flre  Natur  hat  fiir  den  Geist  nur  Werth,  insofern  sie  sich  als 
dessen  Erzeugtes  beweist,  sein  Gepräge  an  sich  trägt,  im  Mo- 
notheismus ist  die  N^tur  ein  Kunstwerk  Gottes,  und  darin  allein 
liegt  ihr  Interesse  &a  den  Mensehengeist;  die  Natar,  sofern  sie 
ds  eftras  dem  Geiste  Fremdes  erscheint,  Ist  eine  unheimliche 
Macht  Ke  Kanst  ist  eine  Wlederholang  der  Schfipfnng  In  der 
Weise  der  Beschränktheit;  sie  erschaflt  nicht,  aber  sieschaA; 
sie  giebt  der  Natur  das  Sieg;el  des  vernünfligen  Menschengeistes, 
sie  setzt  also  das  wahrhuite  Bestehen  der  Naturdinge  wie  das 
höhere  Wesen  des  menschlichen  Geistes  voraus.  Beides  aber 
fehlt  bei  dem  Tndier;  er  erkennt  weder  das  wahre  Dasein  in  der 
Natur  an 9  noch  die  freie  Persönlichkeit  des  menschlichen  Gei- 
stes; er  will  die  Natur  durch  den  Goist  nicht  bilden,  sondern 
aufheiyen,  will  nicht  den  Geist  in  die  Natar  hineinbilden,  son* 
dem  ihn  ans  ihr  heransaiehen;  er  hat  dämm  wenig  Sinn  Ar  die 
Krnist.  Nor  die  am  wenigsten  sinnliche  Kunst,  die  Poesicj 
kann  bisher  ausgebildet  sein,  aber  aneh  diess  geschah  doch 
wirklich  erst  in  der  Zeit,  ^vo  das  reine  Vedenbewusstsein  sank 
und  wo  die  westlichen  Völker  in  das  indische  Leben  den  Keim 
einer  fremden  Bildunü;  le«;tcn.  Die  übrigen  Künste  sind  in  der 
Zeit  ^  or  der  Berührung  mit  den  Griechen  wenig  oder  gar  nicht 


438 

entwickelt,  und  der  i^päter  iiöhere,  aber  nirgends  bis  zu  künst- 
lerischer Vollenduii«;  steigende  Aufschwung  ist  grossenüieils 
auf  fremde  Anregung  zurückzuführen. 

Die  Kunstwerke  tragen  hier  noch  nicht  das  Gepräge  der 
Freiheit y  denn  der  freie  Geist  ist  noeh  moht«rkannt;  die  Kunst 
ist  gefesselt^  der  Geist  ist  nur  angedealet,  nielit  doreb  im 
Kunstwerk  anmlttelbar  aosgedrfiokt.  Der  Gekt,  seiiier  MÜiet 
noeh  nicht  mäditig,  Ist  aacli  no^  nicht  freie  Bfsehl  iher  den 
NaturstofT,  und  vermag  ihn  nicht  an  bewftltigen ;  die  Knnstweffce 
können  den  Gedanken  durch  symbolische  Andeutungen  nur 
veranlassen,  nicht  ihn  wirklich  ausdrücken  und  unmittelbar 
erzeugen.  Das  wahre  Kunstwerk  offenbart  von  selbst  den  Ge- 
danken, aus  dem  es  ei*zeugt  ist,  es  bedarf  keiner  Ausdeutung; 
das  indische  Kunst>verk  giebt  nicht  den  Gredanicen,  sondern 
erinnert  nur  an  ihn*  ist  ein  Zeichen i  welches  zum  Denken  nv 
anffordert,  bei  dem  man  sich  aber  anch  vielerlei  denken  kam; 
das  Kunstwerk  ist  kein  Bild»  sondern  eine  Onffre»  eine  Hiero- 
glyphe; die  indisdie  Kunst  ist  wesentlich  aymbcllaclu  Der 
Gedanke  ist  hier  nicht  in  dem  Kunstwerk,  sondern  hinter  dem* 
selben,  der  Geist  60II  nicht  geschaut,  sondern  errathen  werdeu; 
das  Kunstwerk  will  nicht  genossen,  sondern  gelesen  oder  ent* 
ziftVrL  >\  erden;  die  SchOnheit  tritt  hinter  das  allegorische  Zeichen 
zurück;  der  unmittelbare  Kindruck  ist  meist  ein  ganz  anderer 
als  der  beabsichtigte,  der  eben  auch  nur  durch  absichtUche 
Deutung  erreicht  wird.  Die  Richtung  auf  das  Symbdlsche  tritt 
der  Schönheit  hemmend  entgegen.  Das  Natlirlidhe  koaunt  u 
der  Kunst  so  wenig  wie  In  der  ftussersB  Welt  au  ihrem  Reelle. 
Wie  die  Zauberei  als  der  habere  Zustand  des  Menschen  gilt 
[§  115],  so  ist  auch  das  Unnatürliche  in  der  Kunst  für  den  Indier 
das  Wahre;  der  Künstler  behandelt  die  Natur  ebenso  wie  der 
zu  überiiatiirlicher  Macht  gelaugte  Asket,  er  treibt  mit  ihr  ein 
phantastisf  lies  Spiel;  je  wunderlicher,  um  so  schöner.  An  die 
Stelle  der  maassvollen  Schönheit  tritt  das  Maasslose  in  der  Masse, 
in  der  Zahl  und  in  der  Muhe;  das  Hiesenbafte  ist  schdn  und  das 
Ungeheuerliche  erhaben,  und  die  mftherolle  Arbeit  aihoM 
Geduld  tritt  an  die  Stelle  des  leicht  und  firei  schaitoden  GeaH». 

§  12Ö. 

Die  niedrigste  Form  der  Kunst,  der  Putz,  stdit  bei  den 
Indiem  auf  einer  viel  höheren  Stufe  als  bei  den  bisherigen  V6l* 
kern»  er  ist  nicht  mehr  unter  die  phantasielosen  Formen  des 
messenden  Verstandes  gebannt,  wie  in  Chuia,  ist  freier,  natur- 


430 


Heber,  wahrer  geworden.  Natürliche  Einfachheit  der  Kieidang 
eint  tich  mit  Liebe  va  sierendem  Geschmeide,  welcher  das  an 
edlen  Nntimlaffen  so  reiolie  Land  und  die  gesehiekte  Banrbei- 
tnng  derwlben  aalgegenkam*  Die  Kleidung  isl  wie  des  Volk 
ehao'  Geoehfehtn;  sie  ist  dwoh  Jshrtansende  im  Wesendielien 
dfonsÜM  geiilMen. 

Die  Kunst  der  Bewegung,  der  Tanz,  ist  bei  den  Indiern 
selir  geehrt  und  j^iemlich  ausgebildet,  —  ist       ja  doch  ein  Bild 
.des  raiitloi»  iireisenden,  vorübergaukeinden  Lebens  der  \\  th. 
Aber  der  Tanz  geziemt  nicht  den  Weisen,  überhaupt  nicht  den 
Männern,  sondern  nur  dem  weiblichen  Geschlecht*  Die  Baja- 
dnrontmitdemKnltnarinsehr  fernemZusammenhang,  in  einem 
niihfsnm  mit.  der  erwerbenden  Bnhlereii  sind  bis  in  die  Gegen* 
wart  ein  Bnnj^ttbeil  fiffentlicber  Ergttlsmigen*  Aber  mir  wirldi- 
ebon  SebOnlieit  bat  sieb  der  Tnns  idebt  entwiekelti  bOber  dage- 
gen die  Bebendigiceit  and  Gelenkigkeit;  daher  ersebeint  in  sel- 
tener Vollendung  die  Kunstfertigkeit  der  Seiltänzer  und  Jongleurs. 
hm  Kl^iidung  besteht  seit  alten  Zeiten  meist  aus  Baunuvulie, 
bei  Reichen  aus  Seide;  ein  einlaches,  bis  an  die  Koie,  oder  bei 
den  Varoehroeren  und  bei  den  Brahmanen  bis  an  die  Knuchel  rei> 
chendes  Gewaod,  von  einem  Gürtel  gehalten,  eine  über  die  linke 
8cbnlier  geworfene  Toga,  Ohrringe  bei  Männern  und  Frauen,  bei 
Jetfeteren  avcb  Am-  «nd  Knöchelrisge,  oft  mit  Sehellen,  ferner 
HsaHtocbten  nad  SeUeiet,  Babbisder  ton  Perlen  etc.  nacben  das 
Wesenittebe  des  Pntses  aas. 

Der  Tans,  und  nicht  bloss  religitoer,  ist  bereits  b  des  Vedeo 
eruahot  1)  —  Die  Bajaderen ,  —  (aus  dem  Portugiesischen,  balla- 
deira4>  =  Tänzeriii) ,  —  meist  die  jüngeren  Töchter  der  Handwerker, 
tanzen  bei  Processionen  vor  den  (jlütterbildern,  noch  häufiger  aber 
in  den  Strassen  und  Häusern  für  Geld,  —  und  verbinden  damit  ge- 
ivoholich  auch  dea£iwerb  der  Bablerinnen ;  ihre  Kunst  wird  als  nur 
tbeilweise  schon  geschildert;  bei  keinem  Feste  und  Iteiaer  Feierlieb* 
keH  dirlwi  sie  feblea ;  Paesterisnea  sind  sie  aicbi^  haben  aneb  ausser 
dem  Tana  anl  dem  Kult  weiter  nichts  sa  tfann,«)  Wie  slt  diese  Sitte, 
ist  nagewiss;  im  Ramajaaa  weiden  die  Bajaderen»  uad  bereits  mit 
frivolem  Charakter  erwChnt. »)  Die  hinmiisebeo  A  paar as  [S.  248] 
scheinen  ihre  V  orbilder  zu  sein  in  der  Kunst  wie  in  der  Liebe. 

Die  GescLicklu  hkeit  der  indischen  Jongleurs  und  Seiltänzer 
streift  an  das  VVunderhafte,  und  »\e  werden  wohl  von  keioem  Volke 
i»  ÜrUederfertigtteit  und  Gelenkigkeit  ül^ertrolTeB. 

«)  Webcf ,  läL  IM.  —  •)  Somiera»,  Beise,  I,  8.  34;  tab.  9$  OiUdi,  IMm, 
lS4ft,i &  S4.  SU  149,'1I»  ISf ;  BioAntistor,  Mähy  8. 146.  —  *)  Bami^.  I,  •»  ft  ff« 


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440 


§  129. 

Die  iankiBst^)  gehört  nicht  der  ältesten  Zeit  an;  erst  in  den 
Epen  werden  Pallästo  nnd  rr2;rlni<'lssig:e  StMte  erwilml.  Fir 
die  Gottheit  hatten  die  älteren  Indier  nichts  m  bauen,  denn  afiei 
wirkliche  Dasein  ist  Tom  Obel»  und  soll  nicht  dauern  sondou 
aufhören.  —  Die  ersten  Tempel  sind  wahrscheHilieh  ntchtllber 
der  Erde  erbaut  gewesen,  sondern  unter  ihr  als  «rohitektonifeli 
entwickelte  Hahlen.  Wie  sich  der  Indier  in  seiner  iKichstcii 
Weisheit  in  sein  Inneres  znrnekzieht  und  den  (ieist  betrat  htet, 
der  „in  der  Höhlii»i£::  des  Hpvzons*'  wohnt,  so  wifMleiholt  lier 
Tempel  dieses  Abwenden  von  der  Aussenwelt,  das  Zrurückzie- 
hen  in  das  verborgene  Dunkel  der  Höhlung.  Wir  miissen  diese 
Grottentempel ,  obgleich  sie  wahrscheinlich  in  eine  Teihillniss* 
mftssi^  spAte  Zeit  fallen ,  als  die  dem  Brahmanembewussls^  an 
meisten  entsprechende  Formdes  Tempelbaues  betrachten  [S.t8l]* 
Die  Anregung  zu  einer  höheren  Entwickelnng  der  Baukunst  ga- 
ben wahrscheinlich  die  Buddhisten,  welche,  in  grösseren  geiaifi- 
chen  Gemeinden  ziisauiinenlebnul .  Bedurfniss  und  Kräfte  zu 
Bauten  von  Klöstern  und  Teni|i<  In  hatten;  und  die Nacheiferung 
veranlasste  annh  brahmanisciie  IJnüten. 

Oft  mit  den  Grottentempelji  verbunden,  aber  auch  vereinzelt 
sind  die  freistehenden,  aus  einem  Felsen  ausgehanenen  Tem- 
pel nnd  Monumente,  wie  jene  ohne  Fenster  und  ohne  Licht 
Spftter  wahrscheinlich  als  diese  beiden  Tempelformen  sind  die 
wirklich  erbauten,  pyramidenförmig  aufsteigenden  Pagoden, 
welche,  wie  es  seheint,  noch  nnmiltelbarer  Tom  Buddhismus 
stammen  als  die  andern  Bauwerke.  Hier  ist  das  Innere  Neben- 
sache, und  die  Aussenseite  ist  in  reichem  äculpturschmuck 
das  Wiclitigste. 

Von  G^rieehischein  Kinflnss  zeigen  s\c\i  im  eigentlichen  In- 
dien wenig  und  unsichere  Spuren;  es  vcrptlanzt  sich  auch  unter 
allen  Künsten  aus  naheliegenden  Gnlnden  die  Baukunst  am 
schwersten;  nur  in  Ka^mlra  und  den  benachbarten  CMoattn- 
dem  wurde  jene  Einwirkung  sichtbarer.*) 

Zu  den  wichtigsten  der  bekannten  BaudenkmSler  gefcSre«  die 
Grottentcmpel  des  Gbat>  Gebirges  an  der  Westküste  Indiene  in  der 
Gegend  ron  Bombay,  besonders  die  Grotten  von  Carli  und  der 
Inseln  Elephauta  nn<l  Salsctto,  und  die  Tempel  von  Ellora 
weiter  im  Osten. 3)  AII<»  tlirs*»  Momimentfi  .sind  höchst  wahrsohein- 
lirh  ans  der  Zeit  nach  dem  Anftrcteu  dos  Buddhisrans,  dem  ihre 
Bildwerke  theilweiae  angeboren,  und  nach  der  Zeit  der  Epen;  also 


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MM  dfltt  letzten  zwei  Jahrbanderteo  TorCkr.»  oder,  aodi  walirfDMn- 
lichflr  moB  den  nicbatfoHgeiideii.«) 

Bie  Gffattoiit0Bipel  «iod  aus  den  Fels  anagoliaae«,  nMwt  woU 
mit  BettAtmog  vorliaMleoer  oatSrllolier  BtoUen;  die  KoMt  mk  mehr 
iewendig  ab  answeBdig.  Der  Hauptraum  ist  meist  vierseitig,  und 
kleioere  Räume  schllessen  sich  oft  daran  an.  Das  eigentliche, 
für  das  Gütterbild  IicstiiiuiUe  UeilisTthum  ist  von  dem  Hauptrauni 
entweder  iian/  u<  sondert,  oder  intHM-lialh  desselben.  Die  Cirottc 
bat  fast  immer  eine  flaclie  Decke,  getragen  von  starken,  niedrigen, 
'8cli>^  crfadtg  ausseiienden  Pfeilern  oder  Säulen,  die  in  grader,  recht- 
wiaidig  8ich  sebneidendeo  Reihen  oft  so  dicht  an  einander  stehen» 
das*  der RaemkeioeoGesaauntemdreei^  gewährt  WSademidDeelDeB 
slad  gefföhefieb  mit  Sealptoreo  bedeckt,  ebgleicb  die  Rfimne,  weil 
ohoePeaster,  anist  sehr dnokelskML  Vor  demEsagaagiadea Tempel 
Ist  ein  freier  Vorhef,  in  welchem  die  Teicke  Ar  die  Wasehnngen, 
8teinbäiikc  fiir  die  Pilger,  freistehende,  an»  dem  Felsen  «!;ehauene 
Bild\verke  etc.  Die  GroÜentemf»eI  sind  h'k  lit  einzeln,  sondern  fast 
iiurner  in  einer  Mehrzahl  bei  oin;ui(lor,  eine  utittTiiflische  heilige 
Felseostadt  bildend;  oft  sind  mehrere  Tempel  ivie  ^Stockwerlie 
Aber  einander. 

Die  freisteheodea,  ans  dem  Fels  gebaoeaea  Monumente  haben 
sehr  veracbledane,  wabmebeialich  iren  der  anftlligeo  Felaeaform 
ablilBgige»  oft  sehr  pbaatastiscbe  Gestalt,  aad  babea  biswcüen  gar 
keinen  innefn  Ramn,  so  dass  sie  nur  Scbeingebinde  sind;  das 
Ornament  herrscht  vor. 

Die,  nicht  ans  dem  Fels  gehauenen,  sondern  aus  Steinen  ge- 
bauten Pagüderi  gehören  hau[itsili  blich  dem  östlicberi  Theile  der 
llalbinscl  an.  Die  Grundform  der  Pagoden  ist  die  pyramidale, 
die  Hohe  Ubertrifllt  aber  die  Länge  und  Breite  der  Basis  bei  wei- 
tem. Dlier  der  GruodfScbe  erhebt  sich  der  tfaarmartige  Raa  in 
fielen«  —  bis  flin&ebn,  *-  senkredrten  Stockwerken«  von  denen 
jedes  folgende  kleiner  ist  und  dnrob  eine  Wdllinng  in  den  mttereo 
▼efttnft.  Pieüer  oder  ^len  dienen  aar  arebiiektoniseben  Ent^ 
wickelvm»  der  Stockwerke,  nnd  zahlreiche  Scviptoren  bedecken 
meist  (lif!  von  der  Architektur  freii^classenen  Stellen.  Die  Spitze 
ist  meist  kn|»[»elf<irmiu  nusgehauen.  uimI  von  einer  Kugel  überragt; 
hei  einigen  ist  die  ^>pit^ce  lacber-  oder  blumenfurraig.  Die  Utihc 
■  «iteigt  bis  über  200  Fuss.  Der  Eindruck  des  Ganzen  ist  ein  aiem* 
lick  schwerCaiKger,  und  durch  das  Überroaass  von  Beiwerk  verwtr* 
tend;  dts  Ornament  bemcbt  über  die  Bangestalt;  die  Scniptnren 
sind  angensebeiaKch  erst  an  dem  errichteten  Bau  bearbeitet  wor- 
den; an  einer  Pagode  sind  awei,  2T  Fuss  von  ekiander  entfernle 


i^iy  u^L^  Ly  Google 


Pfeiler  durch  eine  steinerne  Ketle  verbunden,  die  mit  dem  Pfeiler 
AUS  demselben  FelsKtück  ausi^ehauen  ist.")  Der  Bau  ist  mehr 
äuKserlich  als  innerlich:  inwendi»  sind  nur  unbedeutend!^  finstere 
Räume  im  untersten  oder  den  zwei  untersten  Stockwerken,  ohne 
weitere  künstlerische  Aa«l^niog;  dagegen  schliessen  sich  aium 
ttdle,  mit  Säulenhallen  umgeben,  an.  Breite  fcnpferne,  stets  blaiik 
erhaltene  BSnder  ziehen  sich  oft  quer  um  die  Pagoden,  dmi 
Kappel  auch  manchmal  mit  rergeldetem  Kupfer  bedeckt 
storartige  Nischen  an  allen  Stoekfrerken  werden  hei  Festen  mit 
Lampen  erleochtet.  —  Die  meisten  der  ▼orfmndenen  Pagoden  rei- 
chen nicht  (Iber  unser  Mlüelaltcr  liitiaus,  nind  also  nicht  mehr  Ans* 
druck  des  ungetrüiiten  indischen  Geiste«. —  Von  grossen  Pal  Iii  sten 
und  scbon'gebauten  Städten  s|»rechen  zwar  die  Epen'^)  und  die  Dra- 
men,») jedoch  fehlen  uns  hinreichende  Angaben  über  ihre  Bauart 
Lsngl^s,  Montitnent^  de  rHindoiistan,  1821;  Kngler,  Handb.  d.  Rnn-^t- 

geech.  2.  Aufl.  S.  103  ff.;  lloinbci^  u.  Stöger,  Gresch.  d.  Baukunst,  1844,  1,31  :l\ 

V.  Bohlen,  Ind.  II.  —  •)  Laasen,  lad.  Alu  II,  1181.  —  ")  Kitt^r,  Asien,  V,  669  £; 

La«8Cii,  Ind.  Alt.  II,  1167.  —  *)  FcrgusBon  im  Jouni.  of  the  roy.  As.  Soc.  Lond. 

Vm,  p.  30  ff.;  Lassen,  II,  517.  1173,  —  *)  Knglor ,  S.  108;  Roml>.  u.  St.  S.  39. 

—  •)  Komb.  u.  St.  49.  —  ')  Lassen,  Ind.  Alt.  II,  514.  —  »)  Wilson,  Theater 

d.  H.  I,  164  ff, 

$  laa. 

Die  BildhäHerkuDst,  fast  nur  die  religiöse  Baukunst  beglei- 
tend, im  Dienste  des  Kultus  und  der  mythischen  Sai2;e,  entbehrt  zu 
sehr  der  ruhigeu  BctraclituDg  der  Wirklichkeit,  als  dass  sie  sich 
freier  Vollendung  hätte  erheben  kdnnen.  Die  Wirklichkeit, 
die  dem  Indier  ihrem  inneren  Weeen  nach  ein  Tranmgebilde 
itty  wM  auch  in  der  Knasl  ah  ehi  iraiimartigesNebelbUd  betraeii- 
tet,  welobes  jeder  Laone  der  Phantaiie  aich  figen  muae«  Die 
tndisehe  WelCanachanang  hat  kehien  festen  Boden  nnter  den 
Füssen ,  gelangt  nicht  zu  einem  sicheren  Blick  in  das  \yirkliche 
Dasein,  und  kaiin  in  demselben  au«  Ii  keine  W  ahrheit  finden. 
Die  sinnliche  Welt  ist  als  ein  unwahres  Sein  nicht  im  Stande,  die 
höheren  Ideen  durch  ihre  Gestalten  auszudrücken;  die  l^hantasie 
maes  das  Unnatarlicke  wäiilen,  um  Geistiges  daraastellen;  rie- 
senhafte Grösee»  mehrere  Köpfe  auf  einem  Körper,  einElephan* 
tenkopf  aaf  einem  mensehlieheaLeibe»  viele  Arme  bei  den  meisten 
GMerWIdera  müssen  die  Ubermensehlidie  Macht  anadrftcfcen; 
an  die  Stelle  der  rmneii  Gestalt  tritt  das  widernatfirliche  Syabolf 
an  die  Stelle  der  Sehdnlieit  pnmkender  Sdimnek.  Der  tob  ge- 
schichtlicher Thatkraft  wenig  durclidruiigenc,  mehr  dem  Allleben 
passiv  und  weiblich  sich  hingebende  Geist  der  Indier  prägt  sich 
aoeJüi  iu  ikren  BUd werken  aus;  nicht  die  männUche  Kraft  und 


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443 


Stärke,  nicht  das  kühne  Handeln  und  Vorwärtsschreiten  wie  in 
den  s^riechischen  Bildwerken  tritt  uns  hier  entgegen,  sondern 
vielmehr  die  beschauliche  Ruhe  bewegungsloser,  in  sich  ver- 
snakener  Gestalten;  die  weichen,  auch  bei  M&nnergestalten 
kalb  weiblichen,  kraftlosen  Züge  und  Formen  bilden  keine 
wübuMgkt  Sehönheili  nar  weibUolMGeatall^n}  aber  die  weiehen 
FofHien  ias  Üppige  assbilfkiidy  erheben  mA  m  kfinstleriMiMir 
SchdBheü;  der  ganäerndlaOhe  Geist  ist  weiUieh;  weieheAaMlh 
fihcrragt  die  Kraft. 

Die  bildende  Kunst  gehört  natürlich  nicht  der  viel  mehr  dem 
Überj«iiinlichen  zugewandten  Veda  Zeit  an,  sondern  der  epischen, 
welche  die  abstracten  Gedanken  in  die  Sinnenwelt  verkürjt<;rt(? ; 
Mythologie  und  Sage  ist  der  Gcgeobtand  der  Kunst.  Wirkliche 
Statuen  «lad  fast  nur  die  eigentlichen  dem  Kult  angehiteigeD  Gitter- 
bil|ler,  maoehnial  so  keloasal,  das«  die  Tempehnaoer  erat  am  das 
Bild  heiam  an^efthrt  wefdea  lansatai)  Die  meUten  Bildweribe 
waren  al>er  hohe  Relielbilder,  die  an  den  Winden  der  Tempel  aage- 
braebt  waren.  Die  menachfichea  Figurea  der  ilteaten  Bildwerke 
sind  fast  alle  nackt,  nur  mit  reichem  Sehmuck  an  Kopf,  Hals  und 
Axmen.  Au  den  weibliehen  Gestalten  treten  die  vollen  Brüste  und 
die  schwellenden  HültiMj  auffallend  liervor,  wie  aiieh  in  der  Poesie 
die  Schilderung  der  weiblichen  Schönheit  sich  mit  Vorliebe  dieser 
uppig-sinnlichen  Seite  zuwendet.  2)  Der  Schmuek  der  Götterbilder 
datch  Annringe,  Ketten,  Kapfochninck  etc.  von  Gold  und  Edelatei- 
aen  war  oft  sehr  kostbar;  —  Ae  Bildwerke  waten  neist  bnnt  il>er* 
ttalt  Maaehe  Soalptnren  erlieben  sieh  an  hober  ktlastloriaeher 
SohSnhelt*)  nnd  etfamem  an  grieehiseiie  Kansti  iswieweit  lelitere 
eingewirkt»  ist  naeh  nicht  ansanmaciien.  Naebalnnottitea  von 
Thieren,  oft  im  kolossalen  Maassstabe  aus  dem  Fels  ijebauen, 
zeigen  bisweilen  eine  vollendete  Kunstfertigkeit. 

Die  Maleret  älterer  Zeit,  wahrscheinlich  wenig  entwickelt, 

zuerst  in  den  Commentaren  des  Manu  erivähot,^)  ist  uns  nur  aus 

nsneaterZeit  näher  bekannt,^)  wo  der  fremde  Einflnss  bereite  lange 

eingewickt  liat  la  dea  Dramen  weiden  oft  PortrSto  erwähnt  «nd 

awar  ie  einst  eine  hohe  Vollkommenheit  voraassetaenden  Welse*  ^ 

0  Wilsnt,  TfaMtcr  dorBiiidni,  B:  170.  —  *)  Aidscbimali  HImmiJBrehe,  Bopp. 
*)s^B.TkapMiet  oftfa.B.ASp&IL--OMaiia,X,  lOS.— *)Kiigier,K«iMt> 
Qtteh.  8.  IS«  (S.  Aug.);  Bohlen,  Indiea  n,  iOl.  —  *)  Safiaiit  t.  Uti«,  8.  ISS; 
Wilion,  a.  a.  0.  n,  18.  S7. 147.  m.  160. 

§  131. 

Die  lisik,  meist  mir  als  Gesang,  ist  beim  Kult  viel  in  An- 
weudiiog,  aifed  Tom  Volke  geliebt» ')  im  Himmel  selbst  ¥Oii  den 


4M 


Gaiidharven  vertreten,*)— hat  si^li  aber  dennodb,  wie  es  scheint, 

zu  keiner  hoben  Ausbildung;  ei  hobei^^)  nndSfinger  und  Musiker 
werden  selbst  von  Manu  mit  Verachtung  genannt;^)  Lelirbucber 
über  die  Musik  werden  erwähnt,  doch  ist  das  r«iähere  nicht 
Mcaunt. 

Die  Psesie  liegt  dem  Indier  sehr  nahe.  In  den  waUendea 
Nebeln  der  mdisdieii  Weitanschauwig  kaim  die  ioi|;elasieae 
Phanlaaie  hemmmigBloa  schalten.  Dem  Chuiesen  ist  alles  fest» 
geordnet  und  bestimmt;  das  unmittelbare  Dasein  Ist  die  WalMr* 
keit,  er  hat  einfach  es  sefaanen  and  so  beobaehten,  nieht  ehie 
aiiilre,  eine  eig;ne  Welt  dichtend  sich  zu  schnßen;  der  Chinese 
ist  durch  uuil  durch  proi»aisch.  Der  lädier  aber  kann  sich  nicht 
an  das  wirkliche  Dasein  vertrauungsvoU  hingeben:  w?is  er 
schaut,  das  ist  das  Wahre  nicht;  das  Wahre  ist  hinter  deo 
Dingen;  die  Natur  blickt  ihm  überall  geheimaissvoll  entgfgeo, 
denn  was  er  vor  Augen  hat,  ist  nmr  die  «nwahre  Hülle  eines 
Verborgenen,  was  er  eben  nicht  sieht;  die  ganse  indisclMWelt* 
betrachtttog  ist  mystisch.  Das  Wahre  kann  nicht  geschant,  son- 
dern nur  gedacht  werden,  es  wird  nicht  emp&ngen,  sondern 
durch  eigne  Thfttigkeit  des  Menschen  erzeugt;  der  Gedanke 
aber  unter  sinnlich-anschaulicher  Form  ist  schoit  Poesie,  und 
diese  tritt  auch  leicht  ganz  an  die  Stelle  des  reintn  ('cJaiikens, 
'/AI  die.s(?rn  sich  verhaltend  wie  die  sichtbare  Welt  zu  dem  unsicht- 
baren Brahma,  lind  wie  Brahma  träumend  die  Welt  erschafi^ 
so  schafft  sich  auch  der  Mensch  träumend  und  dichtend  eine 
eigene  Welt.  Das  ganze  indische  Geistesleben  uit  Wahrheit  and 
Dichtung;  filr  ms»  nicht  för  den  Indier  ist  Poesie  and  Wissen- 
schaft getrennt;  die  älteste  Weisheit  erscheint  in  poetischer 
Form;  Poesie  nnd  Philosophie  TerschmehBen  oftTdUig.  Aach 
in  der  Auffassung  der  (iresehichte  eint  sich  die  Wahrheit  mit  der 
Dichtunp:;  die  (iestliicliic  ist  für  ileu  Imlier  nur  als  Epos  * 

Ad  eil  in  der  i*  orm  fler  Darstellung  gehen  Poesie  nnd  Pros» 
in  einander  über,  jene  tritt  am  frühesten  auf,  diese  ist  in  lien  di- 
daktischen Vedeutheilen,  einlach,  kurz,  oft  den  Cacdaokeii  nur 
andeutend;  in  dem  epischen  Zeitalter  aber  tritt  die  Prosa  fast 
gans  snrfieky  und  selbst  rein  philosophische  Schriften  erscheioen 
in  rythmischer  Fora;  in  den  Fabelwerken  ist  prosaiscbe  and 
poetische  Form  bunt  gemischt.«) 

Die  indische  Poesie  beginnt  mit  der  Lyrik,  und  geht  durch 
das  Kpos  zum  Drama;  die  Didaktik  zieht  sich  durch  alle  diese 
Formell  hindurch.  Die  Lyrik  ist  das  dem  weiblichen  Charakter 
der  indischen  Weltanschauung  am  nächsten  Liegende;  der 


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449 


Mcusch  fühlt  sich  von  der  objectiveii  £!;öttUclien  Macht  getragen 
and  geleitet,  er  staunt  die  göLdiijh^u  xNatunnachte  an,  jubelt  im 
Vollsrefühi  ihrer  Herrlichkeit,  oder  bittet  um  ihre  Hilfe.  Die 
ältere  Lyrik,  die  der  V'eden,  ist  natürlich  rciigiOs;  sie  ist  sehr 
eintönig,  in  einem  engen  Kreise  von  Gedanken  sich  bewegend, 
«od  fort  und  fort  dasselbe  wiedeilioleiMly  kurz  im  Ausdruck,  ab- 
gebrosben»  apriDgSBd,  stflnsiscb,  oll  glfihend  im  Gelfthl  und  in 
dem  poetlsoben  Bilde.  Wir  haben  schon  Beispiele  da^on  firfiher 
gdiabt.  Spftter  entwickelte  sich  aneh  eine  weltliche  Lyiik,  oft 
sehr  innig  und  zart,  oft  lüstern  und  üppi^;  jedoch  sind  die  uns 
bekannten  Lieder  dieser  Art  erst  seit  der  Zeit  iies  Kalidasn. 

Arrian.  Exp.  Ai.  VI,  3,  5.  —     Ardsch.  ilirumcisreisc,  p.  7.11.-—  Bohlen, 
n,  19».  —  ♦)  Manu,  VIII,  159}  XI,  65.  —  •)  Weber,  LdU  239.  —  •)  Ebeod.  b.  173. 

§  133. 

Die  epische  Poesie,  erst  nach  der  Vedenaeit  sich  ent« 
wickelnd,  wo  das  emporbldhende  Volksleben  die  düstere  Gewalt 
der  alten ,  grossen  Ideen  etwas  abgeschwächt  nnd  ein  regeres 
Interesse  an  der  bewegten  Wirklichkeit  ersengt  hatte,  vertritt 

gewisscrmasscn  die  Weltanschauung  der  beiden  weltlichen 
Kasten  im  Gegensatz  zu  der  strengeren  und  geistigeren  der 
Brahnianen.  Die  Braliinanen  werden  zwar  in  den  f^rossen  Epen 
mit  höchster  Ehrfurcht  behandelt,  und  die  himuielhezwingeude 
Macht  der  grossen  Asketen  mit  den  lebhaftesten  Farben  ge- 
schildert, aber  diese  du^keUGgurbigen  Gestalten  bilden  docheigent- 
\kh  nur  den  hebenden  Hintergrund  für  die  bnnten  und  bewegten 
Grappen  des  Vordergmndes,  welche  ein  lebendiges  Bild  des 
kffiftigsten  Beldendiums  geben;  das  kr&ftige  Wesen  des  indo- 
germanischen Völkerstammes  rerlengnet  sich  selbst  unter  dem 
glühenden  Himmel  der  indischen  Entsagungs-Weisheit  nicht. 

Die  beiden  g;rossen  Epen,  Rani  ajana und  M aha bhärata, 
behandehi  geschichtliche  Stoffe,  und  stellen  meist  Helden- 
kämpfe dar;  die  Uaupthelden  sind  aber  Götter  in  Menschenge- 
stalt oder  Gdttersöhne.  Das  indisohe  Bewnsstsein  drängt  selbst 
in  Heldengedicht  den  Menschen  zurück;  das  göttliche  8ein  ist 
das  Eine  nnd  Alles  >  und  wo  sich  die  dichtende  Phantasie  in  die 
Wogen  des  bewegten  Lebens  wirft»  da  Ifisst  sie  die  Gdtter  vom 
Bunmel  herahateigen ,  um  die  grossen  Thaten  zu  vollbringen. 
Bei  Homer  mischen  sich  die  Götter  auch  in  den  Kampf,  aber  sie 
sind  nicht  die  Hauptpersonen,  sie  lieifen  nur  ihren  Freunden  aas 
der  Noth,  oder  spinnen  lutriguc]),  oder  reizen  dieMeiiächea  zum 
KAmpfeu  auf,  oder  blami^n  sich^  die  measehlichen  «Helden  ste* 


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446 


hen  entschieden  im  Vordergrunde;  —  in  den  indischen  Epen  sind 
die  Menschen  nur  der  Tross,  haben  nur  Nebenrollen,  die  Götter 
führen  den  Hauptkampf.  Mac  (lal>er  auch  das  zweite  Epos  viel- 
leicht von  Homer's  Dichtungen  nicht  uuberülirt  geblieben  sein, 
der  Unterschied  der  indischen  Dichtung  von  der  grieelusdieii 
bleibt  doch  immer  ein  wesentlicher.  Die  Darstellung,  an  poeli- 
eeker  VoUeodang  oft  mbedeiiklioli  den  lioaierisehea  Ciesingai 
sorSeile  am  stellen,  farbeareidi,  ansclianlich»  maleriscli,  kriftg, 
oft  Boiur  Bart  und  naiy,  ist  In  dem  swelten  Epos  oft  dardi 
spftter  ^ngeftlgte,  zum  Theil  gans  ungehörige  Episoden  unter- 
brochen. Diese  Epen  bekunden  vielfach  eine  hohe  hittlicbe 
Reife;  edle  Gesinnung  und  volle  Gemüthsliefe;  hier  und  da  wer- 
den aber  üppige  Bilder  mit  sichtlich  verweilendem  Behagen  ge- 
zeichnet. 

Das  didaktische  Element  verbindet  sich  schon  früh  mit  dem 
epischen  in  der  dem  indischen  Geiste  so  natürlichen  Thier- 
f a be  L  So  wenig  wie  swischen  den  mythologischen  Gdttem  nnd 
den  Menschen,  so  wenig  ist  anoh  swischen  den  Mensdien  nnd 
den  Thieren  ein  wesen^eher  Unterschied;  in  allen  6esdi8pfen 
waltet  als  das  wahre  Wesen  das  Brahma ;  die  Natordinge  nnd 
die  geistigen  Wesen  sind  nur  dem  Grade  luwii  unterschieden,  und 
gehen,  besonders  in  der  Seelenwanderung ,  in  einander  über, 
au»»  allen  Naturweseii  blickt  dem  Intiier  Vernunft  und  8eele  ent- 
gegen; daher  spielen  schon  im  Epos  neben  den  Göttern  auch 
Affen  und  Eleplianten  ebne  bedeotende  Rolle,  nnd  die  epische 
Ersählung  umspannte  eben  so  gut  die  Thierwelt  wie  die  Gdtter- 
welt  £igenaich  hat  der  lodier  bloss  Gdtter*  nnd  Thier*Epos, 
und  das  rein  menschliche  fehlt  fast  gana.  Die  anprAaglidi  gaaa 
harmlose  und  <^e  Absicht  dichtende  Thiersage  ging  aber  bei 
der  sich  sofort  aufdringenden  Verglelchang  der  scharf  herror- 
tretenden  Thier- Charaktere  mit  den  menschlichen  ganz  von 
selbst  in  absichtliche  lieziehungeu,  in  Parabel  undl  abel  über,  i?ie 
ja  auch  die  ursprünglich  p^anz  harmlose  deutsche  Thiersage  all- 
mühlich  einen  satyrisch -didaktischen  Charakter  annahm. 

Die  Epen  sind  in  Slokas,  Doppelverscn,  jeder  zu  10  iSilben  in 
SMrei  gleichen  Theileo  mit  vorhemchend  jambiscbeiu  Tonfall  ge* 
scbriebeow  Das  Ramaja&a  [„Wandel  des  Rama'^J,  24000  Skku 
eothaltead,  von  einem  Dlehter  (Vainnkl)  herrfllneDd  and  dsrchms 
ein  eioigee,  susammeehiogeDdes  Ganse,  poetisch  h&her  steheod  als 
das  Mahabharata,  ist  oinfge  Jahrlmnderte  vor  Chr.  geditditet  RasM 
]äi  eine  Verkiirperunt;  des  Vischnu;  das  Epos  schildert  sci»m 
Kriegs2ug,gegeu  etaeu  Iküuig  auf  Ceylo^^  der  ihm  seine  Guttio 

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naht  hMe»*)  —  Da«  BfohaMiarata,  J^ngw  «is  da«  f«i%a«  wahr- 
•cbeinlich  einige  Jahrhunderte  vor  Chr.  hegoanen,  aher  In  seinem 

allmühlichen  Wachethtini  bis  ins  dritte  Jahrb.  nach  Chr.  .sich  iün- 
ziehenf1,3)  enthält  lOOüOO  Slokas,  und  viele  zum  Theil  i^ehr  lieb- 
iiche,  aher  manchmal  sehr  nngehoriee  EpisoHen,  zu  denen  auch  die 
berühmte Bbagavadgita  gehört,  eine  lauge  theoKophischeErörteniDg, 
die  seltsam  genug  im  Angesicht  zweier  zur  Sciilacht  bereiten  Heere 
durchgeführt  wird.  Der  Uauptinhalt  dea  eigentlichen  Epos  ist  ei% 
alter  Kampf  iweier  verwandten  Heldengeaehleebter,  der  Knrua  tiad 
der  Pandas»  nm  die  Herraehaft«  Zu  den  schönsten  Episoden  ge. 
bort  das  Gedicht  Nalas.')  Das«  Homer*«  Dichtungen  an  dieser  Zeit 
in  Indien  bereits  bekannt  gewesen  und  auf  die  Abfassung  des  Ma> 
habharata  einigen  Einfluss  hatten,  Ist  weder  unmöglich ,  noch  ud* 
wahrsch  ei  n  Ii  eh .  ♦) 

Ein  tieffs  Geniüth  und  zarte  sittliche  Gcsinnune:  spricht  sich 
rieliach  in  den  epischen  (ledichten  aus;  wir  geben  einige  Beispiele 
ans  dem  Mahabharata.  Die  fürstlichen  Sühne  Pandu  s  kommen  mit 
ihrer  ahen  Mutter  auf  der  Flocht  in  einen  Wald;  Bhima«,  der  Starke, 
wacht,  wifarend  die  Brflder  und  die  Mutter  schlafen.  Da  spürt  sie 
Hidimba,  der  measchenfressendeRiese,  und  sendet  seine  Schwester 
hby  sie  auacttspfthen;  diese  ahert  von  Liebe  au  Bhimas  ergriffen, 
beschliesst  seine  Rettunf?,  und  In  sarte  Menschengestalt  verwan- 
delt, warnt  sie  zärtlich  deu  Hcdrohten  und  verlangt  ihn  zum  Gatten. 

■Leib  und  Seele  mir  zwang  Sehnsticht;  mir,  die  holdf^^et,  huldige! 

Retten  werd'  ich  dich,  Machtvoller,  vor  dem  Uieven,  der>Ienffchen  friMt. 

Aot  Hüh'n  werdeu  wir  froh  wohnen;  sei  uieio  Gatte,  o  Trefflirher! 

Ich  durchwaudrc  der  Luft  Rünmc ,  wo  nitchs  gelüstet,  «ieh  ich  hüi. 

tlnaossprechliche  Lust  kuite,  hier  und  dorteii,  mit  mir  vereint« 
Bk.:  »Miittery  Brüder  geiaramt,  alle,  wie  dra  ältesten,  den  jüngsten  eo, 

Werauiy,  der  «dien  Sinn  heget,  die  vsrlSMsn,  oRletin,  spridi! 

Meines  Glelebea  wer  nag  echlafead  dleae  Brüder,  die  Mutter  hier 

Bnen  Bieten  als  Speie'  lasaend,  firöhnead  der  Lnet  Ton  danaen  geha?« 
llMta:  »Was  dir  lieb  i«k,Tollsieh*n  will  Ich,  wecke  «ammaich  die  Schlafsndes, 

Retten  will  ich  sie  alle  gern  ror  dem  Riesen,  der  Menschen  frisst.« 
Hl:   »Die  behagUob  allhier  schlafen,  Mutter,  Brüder^  o  Riesin,  wie? 

Soli  ich  diese  ans  Furcht  wecken  deines  Brinlrrs,  de«  prnnsfinifn? 

Riesen  Kind  nicht,  n  Furchtsnme,  fühig  /u  trafen  meine  Kraft. 

Geh' oder  bleitic  nun ,  Ifnhlr!  wns  dir  gefüllt ,  >  nlllirintjc  das; 

Oder  schicke  mir  ihu,  Schlanke j  den  nienschcnlressenden  Brader  her!*' 

Da  stfirzt  grimmig  der  Riese  herbei  9  der  untreuen  Sehwester 
den  Tod.drohend. 

Bh.!  »Waram,  Hidimba,  denn  wecken  sie,  die  wonnigen  Schlatt  sich  freunV 
Aof  mich  stürze  hernn.  Schnöder,  aUhald,  Riese,  der  Menschen  Feind, 
Auf  mich  heran,  den  MuthvoUen,  ein  Weib  wellest  du  tödten  okhL 

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€mt  w&iehl  hat  jn  gefehlt  diese ,  hat  ci|p  Andrer  an  ihr  gdTehlt; 
Itt's  doch  nicht  eigner  Will'  deren,  wenn  in  Liebe  sie  mir  geneigt 
Ananga«  [S.  874]  hnt  gewollt  also,  der  zum  Innern  de«  Leibe«  dringt. 
Mir  stehe  nun,  o  Buchloser!  £io  Weib  wollest  da  tödteo  mcfat.« 

Es  folgt  ein  (;e^valtis:esRiiigeo  der  Starken;  Bbima  uchleppt  deo 
Kiesen  eine  Strecke  iort. 

•Aber  der  Riese  non  Mnig,  überwältigt  vom  Pandaras, 
Mit  den  Annen  ihn  umschiiilgewl  ttösst  aus  ein  schreckliches  CtonlucL 
Draaf  schleifet  Bhimas  ihn  wieder,  mit  Gewalt  der  Gewaltige; 
Keinen  Lärmen  >  ihm  xiirufend,  schlafen  hier  meine  Brüder  aaiifit. 
Also  zogen  sie  sich  beide ^  einander  die  Gewaltigen.« 

Die  Brfider  erwaeheo  «ad  mripgen  die  R&npfeiideii,  feuern  des 
Bruder  an,  aber  luieclien  sich  ritterlich  nicht  In  den  Kainfif,  und  der 

Riese  ^virtl  gcttidtet,  und  .sein  Loicliriain  von  Bliinia.s  niitten  entzwei 
gol)r(jchen. ^)  —  In  einer  nahet)  Stadt  ^vur(len  die  Flflchtlijcn  von 
einem  amien  Brahnianen  gastfreundlich  aulgcuommeu;  diese  Stadt 
luusste  eiuem  in  der^ähe  hausenden Rieseo  täglkb  einen Meueclico 
2um  Fressen  geben;  die  Reihe  kam  nun  an  den  Brahmanen;  Inui* 
emd  eitst  die  Familie«  klagend  ob  iliree  Sdiiclwala.  DerBrahmaBe: 

•Schmach  dem  Leben,  dem  wchvolleii,  bestandloscn,  in  dieacr  Welt, 

Wurzel  de«  Leids  ist  s,  abhängig,  mit  Drangsalen  erfüllet  gnnz. 

Ein  gewaltiger  Schmers  haftet  am  Leben;  Leben  ist  nur  Leid  ; 

Wer  da  lebet,  der  muM  doUea  die  Scfamenen,  die  ilm  nahen  gewi«. . . 

Kon  iat  mein  eigner  Tod  nahe,  denn  ich  könnte  ja  Itebesveg« 

Binee  der  Meinen  anfopfem,  leltead  selbst  wie  ein  Bdeewldit 

Vieh ,  die  rechtUch  geeinnt,  Firomnie,  stets  der  Matter  vergtefdibar  alr, 

Die  Ton  den  Güttcm  als  Freundin  mir  Bc8chied*ne,  mein  hSchitei  M, 

Welche  die  Eltern  einst  gaben  als  Gefährtin  des  Hauset  noir, 

Die  eifelc  un&  sittsame,  meiner  Kinder  Gcliärprin, 

Ditli  lf?uin  Hill  cif^iicn  Selati  FriNtting,  die  Gute,  tlie  kein  T  ftd  gethas, 

Ich  dem  Tixlc  nit  lit  preisgeben,  mein  erffrTjpne»,  treues  Weil». 

Doch  M'ie  kann  ich  den  Sohn  lassen,  ihm  iiitt;i<:^en,  der  noch  ein  Kind, 

In  der  Jugend  ihn  tiutü^fern,  nocti  eutblosst  von  des  Kinne«  Flaum  f 

Sie,  die  Brahma,  der  hochgeist'ge,  für  den  Gatten  gebildet  hat, 

Die  ich  selber  geienget  hebe,  die  Jungfrau,  könnt*  ich  laesea  sie? 

Einige  glaabea:  dea  Sehn  liebet  mehr  der  Vater  mit  Zilrtlichkeit; 

Er  liebt  die  Tochter  mehr,  andre;  Ich  aber  liebe  beide  gIMi. 

81«,  welche  Welten  Irfigt  in  sich,  Nachkommen,  ewige  Waane  deae, 

Meine  Tochter,  die  Sundreine,  wie  könnte  ich  entsagen  ibrf 

In  unendliche  Noth  sank  ich,  kann  dem  Unglück  entrinnen  nicht* 

i)  des  Elendes!  wo  finde  irh  Zulhicht  mit  den  MeinigcnV 

Besser  dass  wir  gesammt  sterbe«!  deno  an  lebeo  ertrag  ich  nicht.« 

Pie  Gattin: 

•Nicht  mu«st  du  »Iso  wehklagen ,  wie  aus  niedrigem  Stande  wer. 
VatOHneidUch  Geoddek  bebchet,  dass  Menschen  all  deiu  i  vde  aaha; 


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449 


Wm  DiiTenneidlich  ist  aber,  darum  7.1emt  «irTiit  rn  l^lng^en  nicht. 
Gattin,  Tochter  und  Sohn,  all  die««  wunsihet  tu  eigniiii  Heil  der  MJUIB. 
Darum  hemme  den  Gram  weise;  «elber  Vierde  ich  g;ehn  dahin. 
Der  Gattin  höchste  IMlicht  ist  es,  eine  ewig^e,  auf  der  Welt, 
Dm«  sie  das  Leben  aufopfere,  wo  es  des  Gatten  Wohl  erlieischt.« 


Sie  seigt  ihm,  wie  sein  Tod  den  Uotergeog  der  Familie  herbei- 
fSMireo  werde,  eie  werde  als  IlVittwe,  scbwach,  tob  Mäonera  um- 
gUDt»  den  Pfad  der  Togend  nicht  bewahren,  die  Tochter  vor  Ver- 
flIbroDg  nicht  schützen ,  nnd  den  Sohn  nicht  weise  erziehen  icanneo. 

»Der  Frnnen  höchste«  Glück  ist  es,  ror  dem  Galten  dm  liehron  Gaif 
Zu  gehn;  zu  leben  frommt  kinderu;  dies»  wisse  n  }'llichterfahrene. 
Mehr  als  Opfer  und  Sclhstzahninni;.  nis  Rnss'  und  frommer  Gaben  viel 
Ist  der  Gattin  Beruf  Sorge  für  ihn  m  Gatten  Wohlergehn. 
Lasse  mich  meiner  Pflicht  huld  giii»  und  errette  dich  selbst  durch  mich. 
Gish  wir  Bsfohl,  o  Ehnrirdiger,  «nd  eihall«  iieKhider  nehi  olb« 
Diese  Bsde  der  Ftsn  hSrend  drfickle  der  Galle  aie  aa  die  Breil, 
nriaea  yergitiscad  ailai8hlich>  mit  der  GattiB  belröbel  sehr, 

HierauT  bietet  die  Tochter  zum  0[»rer  s'wU  an;  der  Kinder  Pfliclit 
sei  es,  die  Eltern  zu  retten;  die  Tochter  s^e'i  das  wei  thloseste  Glied 
der  Familie;  des  Vaters  beraubt,  wflrde  sie  uotcrgeheo,  deo  Vater 
aber  rettend  habe  aie  Urossas  votlbraobt 

Dieee  Klage,  die  Tlelfillige,  Temehmeod,  wetnetan  daeelbsl 
VateTt  Mnller,  betefibl  beMe,  md  et  weinte  die  Techler  aach. 
Sahead  dieie  geeamml  weinend,  lag  da*  Sehachea  aa  reden  aa, 
Die  beidea  Aagen  weit  öffnend,  lallt  ee  stotternd  die  Worte  her: 
•Vater,  nicht  weine!  nicht,  Mutter,  o  meine  Schwester  weine  nidit!« 
Und  mit  lächelndem  Mund  p;\ng  <•«  finzoln  zu  einem  jeden  hin. 
Dann  cini  n  Gra«}i.i,liii  aufTicbrnd  ,  R|)r;irh  es  entzücket  wiederum: 
»Hiermit  will  ich  ihn  todtschiagcti .  rlru  tiiescn,  der  die  Menschen  frts«t.« 
ObwoFil  bittrer  Schmerz  jene,  iWv  Hörenden,  umfangen  hielt, 
Erfüllte  «Jcuh  des  Kindes  Lallt-n  mit  unendlicher  Freude  sie.« 

Bhimas  erbietet  sich  zur  iülfe»  bekämpft  und  bewältigt  dann 
den  Riesen. 

1b  der  £piaode  desselben  Epos  Sa? itri,^  wählt  die  Tochter  eines 
Könige  sieh  den  la  Waldeseinsamlteit  lebenden  Sohn  eines  vertriebe* 
nea  hllndeo  KSoigs  suni  Gemahl  ^  obgleleh  Ihr  ▼erkundet  worden, 
er  wctde  nvr  noch  ein  Jahr  leben.   Gattin  geworden  legt  sie  allen 

Schmuck  ab  und  kleidet  sich  in  das  Gewand  der  Einsiedlerinnen» 

iD  Liehe  den  Gatte  n  erlK  iirnd.  Aber  alfti  das  Jahr  seinem  Ende 
sich  neigt,  erföllt  Ciram  üh  Herz  Iii  der  Erinnerung  an  die  Verkün- 
digung, und  sie  vollbringt  eine  schwere  Selbstqual.  AI«  an  des 
Jahres  letaten  Tage  ihr  Gatte  in  den  Wald  geht,  Holz  zu  lallen, 
begleitet  s\ü  sotgend  denselben.  Bald  aber  klagt  er  fiber  Ermfi- 
dnag  und  Scfamenea,  und  sein  Uavpt  anf  Saritri*«  Schooaa  gel<^ 


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4S0 


schlummert  er  eio.  Jama  sich  nahend  nimmt  seiDe  Seele  von  danaeo. 
Sa?itri  aber  folgt  ihm  nach,  seine  Weisung  zur  Ruckkehr  nicbf  he* 
achteod;  ^«woliio  gefilhrt  wird  melo  Gatte,  dahin  habe  auch  ich  tu 
gebea*^;  diau  iatPiidit»  eise  ewige und  obgleich  Jama»  vod  Ihren 
slDoigen  Reden  erfreut,  ihr  die  ErflalluDg  vieler  WfiDsche  gewlbrt, 
Heilnng  nndHerracbaft  för  ibres  Gatten  blinden  und  TertriebeDen  Va- 
ter, hundert  Söhne  für  ihren  eigenen  Vater  etc.,  ISsst  sie  dennoch 
nicht  ab,  ihm  zu  folgen,  und  die  Verheissiin?  noch  eines  höchsten 
"Wunsches  einpfanscnd.  spricht  sie:  „Als  («uade  wähle  ich;  es 
lebe  dieser  Satjavau,  denn  n  ie  eine  Todte  bin  ich  ohne  den  Gatten, 
leb  begehre  ohne  den  Gatten  kein  Vergnügen;  ich  beirehre  ohne 
den  Gatten  nicht  den  Himmel;  leb  begehre  ohne  den  Gatten  nichts 
Liebe«;  dea  Gatten  beraubt  vermag  ich  nicht  zu  leben. ^  Und  sie 
erfaftit  die  Gewfihmog  der  Bitte.  Savitri  kehrte  auiAckt  wo  ihres 
.  Gatten  todter  KGrper  lag,  aetate  eich  an  ihm,  und  legte  sein  Haupt 
auf  ihren  Schooas;  „und  Besinnung  erlangte  Satjavan,  und  sprach 
zu  Savitri,  wie  von  einer  Reise  zurückgekehrt,  mit  Liehe  auf- 
blickend wieder  und  wieder:  Sehr  fange  habe  ich  geschlafen,  wn- 
tum  hast  (In  nii(  h  nicht  geweckt?  wo  ist  jener  Mann,  derSchuar7»\ 
welcher  mich  fortzog?  —  Sehr  lange  hast  du  geschlafen  auf  mciueiu 
Schooss,  Herrscher  der  Männer!  Weggegangen  ist  der  gluckselige 
Gottj  der  Bändiger  der  Geschöpfe,  Jama."  Da  es  unterdess  r^'aeht 
geworden,  und  der  Weg  nicht  mehr  sichtbar  ist»  wehklagt  filatjavia, 
dass  seine  Eltern  angstvoll  seiner  harren;  sie  suchen  den  Weg 
durch  das  Dickicht,  während  der  Vater«  sehend  geworden,  und  die 
Mutter  den  Wald  suchend  durchstreifen;  endlich  kommen  ^e  Ver- 
lornen in  der  Hütte  an,  wo  die  zurückgekehrten  Eltern  von  den  tr5- 
stenden  lirahiiuuicn  umringt  sitzen,  mal  Savitri  macht  ihr  Gehcira- 
ni.^s  den  Jubelnden  kund;  und  Jaroas  Verheissungen  ertuiiteo 
sich  alle. 

In  einer  andern  Erzählung  des  Epos  beschützt  ein  Kunig  eiae 
zu  ihm  sich  flflcbtende  Taube,  die  von  einem  Habicht  verfolgt  wird; 
4iod  als  dieser  auf  seinem  Anrecht  an  die  Taube  besteht,  adweldet 
endlich  der  KSnlg  sich  von  seinem  eigeueo  Fleische  fär  &m  Habkit 
so  viel  heraus,  als  die  Taube  wog;  aber  die  Taube  wutde  immer 
schwerer,  und  der  KOnig  stieg  suletzt  selbst  auf  die  Wage;  da  gab 
sich  der  Habicht  als  Indra  zu  erkennen,  und  erhob  den  LiebevoUen 
in  den  Hifumel.  ^) 

Die  Thiersagc  und  die  Fabel  ist  schon  vor  Alexander  bcstinitui 
vorhanden  ;0)  aber  die  uns  bekannten  Sammlungeit,  von  denen  die 
älteste  das  Pantschatantnim  [das  Funfthciligc],  die  bekannteste 
aber  der  Hitopadeaas  (freuodlicbe  UnterweisttDg}  ist»  «ind  «nl 


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4SI 

aiw  dem  Anfange  ooseres  Mittelalters.  Die  DarstelluDg  des  Uito- 
padesas  ist  Prosa  mit  uutermiscbten  Versen,  oft  sehr  breit  uod 
weitfidiweifigj  bieweilea  treffend«  oft  aber  auch  lade  und  uaaatflr- 
Kcb;  der  aatOrliche  Charakter  der  Thiere  iat  nicht  inmier  beobachtet» 
Von  Indien  ana  verbreitete  eich  dteoer  FaheU  Stoff  fiber  das  weat- 
liehe  Asien  nod  von  da  nach  Griecbenlaad;  viele  unserer  vollca* 
thünltciisten  Fabeln  stammen  ans  Indien,  lo)  |)ie  zum  Tb  eil  in 
IMährchen  überttehenderi  Fabeiu  und  die  Epen  gahen  wahrschein- 
lich die  Ver;ujl.i«»suog  und  zum  Tin  il  hm  Ii  den  ütolT  zn  der  von  den 
Arabern  bearbeiteten  Älahrcheiiäamuitiiug  (ier  „1001  ^iacht.** 

»)  Lassen,  Ind.  Alt.  1.  482  ß".;  II,  499;  A.  Weber,  Ind.  Litt.  S.  180;  Bohlen, 
n,  336.  —  •)  Wcb<^r,  In  i.  Sttifl.  II,  ini  cxc.  404;  des».  Infi.  Litt.  S.  172;  Lassen, 
L  S,  —  •)  N.  cd.  liujip:  ilout.<cli  V.  l\.u-'',L'aitcn,  v.  Boi»i»;  frei  ülicrarbcitct  von 
Rückert,  frei  und  vtikür/t  v»>ii  Uukznniuu.  —  *)  Weher,  lw\.  Snul.  n.  n,  O.  — 
•)  Bopp,  Ardschnna's  Bcisc,  S.  15  etc.  —  •)  Ebend.  S.  29  etc.  —  ^)  Bopp, 
&ib  StiklMi»  im.  8.  tl  flie.  ^  0)  HoltsaiMBi,  lad.  Bogen,  I,  S.  61.  *)  La»- 
MB,  lad.  Alt  I,  639;  501.  —  i«)  Bbcnd.  II,  6S8  ft  ^  Biinaad,  Mte. 
mr  lind«,  p.  134. 

§  133. 

Das  Drama,  aus  den  mit  Gesängen  begleiteten  Tünzcu  bei 
religiösen  Fi  ic  i liciikeiten  eiiihprunnjcn,')  uuti  in  den  dialogi- 
schen »Stütkeu  der  Epen  bereits  angedeutet,  ist  erst  sehr  spät, 
wahrscheinlicb  erst  uacli  Cbristi  Geburt,  vud  uicbt  unwahr- 
•ebeinlich  durcb  Anregung  tod  Seiten  der  im  westliclte»  Indien 
«nd  Ia  Baktrien  ausässigeo  Griechen  wirkliob  ausgebildet 
worden;  einer  sehr  schnell  vor&bereUenden  Blülhe  gii^  ein  sehr 
geringer  Anfang  vorant  und  ihr  folgte  ein  schneller  Verfall;  der 
hochpoetische  K&lid&sas  hat  keine  bedeatsamen  Vorgänger 
und  Nachfolger;  das  erste  uns  beknnnt  gewordene  Drama, 
Kalidäsas  Sakuntala,  ist  auch  das  \oliküinmenste.  Die  Mytho- 
logie f^pielt  dabei  natürlich,  wie  im  Epos  eine  bedeutende  ilolle. 

Das  Dr<niia  bat  einen  stnrk  liervortretendcn  lyrischen  Cha- 
rakter, weniger  Eutwickeiung  als  KSchilderung,  weniger  lland- 
Ittng  als  Ereignisa,  weniger  Thatkraft  als  Gefühl;  das  Zärtliche 
iMCTseht  vor*  Das  Trauerspiel  fehle  Das  indische  Gooiüth 
MJg(t  awar  aar  Wehmuth,  aber  das  iat  eine  weibliche;  znr 
eigentlichen  Tragödie  iahlt  dem  Indier  das  ToUe  Bawnsstsein 
der  starken  Persdnlichkeit,  welche  in  eigner  Kraft  nndlSelbst- 
stSndigkeit  mit  dem  allgewaltigen  Schicksal  ringt;  der  Indier 
J.«»t  nieiir  entsagend  als  handelnd,  mehr  leidend  und  f&hlend  als 
w  idcrsttihend.  Das  Dnuii  i  Schauspiel,  das  Ende  tin  versöh- 
nendes; Trauri£?<  s  und  Komisches  in  iSiiakspeareschcr  W  eise 
^emiaGhtider  $toiluieistiacbc»  oAausiler  m^tkologiscben  »Sage 

ts* 


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45t 


entnommen »  in  leichteren  Stücken  auch  aus  dem  gewöhnUcheB 
Leben.  Zur  Zeit  des  Verfalles  wurden  in  Tölliger  VerkeDniug 
der  Poesie  auch  philosophische  Dramen  gedichtet»  in  denen 
«Mracte  Begriffe^  wie  Vernnnil»  Tugend»  £rkenntniMy  Ent- 
sagung etc.  in  peraonifidrter  Weite  anfireten«  Viele  Spiele 
waren  blosse  Schanstfieke»  ftr  das  Auge  bereelinet»  wobei  die 
Rede  Nebensache  war. 

Die  ältesten  indischtMi  Dramen  gehören  alle  dem  westlichen  In- 
dien an,  wo  die  BerähniDg  mit  den  Griechen  lebhafter  war;  leicht 
möglich,  dass  die  vorhanflcncn  liramatischen  Elemente  sich  durch 
die  Anschauung  griccbUcber  Dramen  entwickelten. Wilson  zählt 
im  Ganseo  60  indische  Dramen»  von  denen  aber  die  meisten  our 
dem  Namen  nach  liekannt  siod.')  —  Kalidasas  lebte  wahrscheiaUcb 
am  finde  des  sweiten  Jsbrii.  na  eh  Chr.,  vielleicht  auch  noch  etwas 
später»*)  der  Brabmaoeolcaste  angehSrig,  am  Hofe  eines  mich- 
tigen  Königs;  seine  Saknntala  aberragt  an  SchOabeit  ein  anderss 
üun  angeschriebenes  Drama:  »»die  dnrch  Heldeoltraft  gewonoeae 
Urva^i;"  nocli  älter  vielleicht  ist  das  Drama  Mrichdiakatika  von 
unbekanntem  Verfasser.*) 

Die  Dramen  zeigen  meist  einen  zarten  Sinn  für  da«  Srfiit  kliche; 
Tod  oder  Mord  soll  den  dramatischen  Regeln  nach  nicht  dargestellt 
werden,  eben  so  wenig  aber  auch  K^sen,  Essen»  Schlafen  etc.;«) 
iodess  finden  wir  in  den  Dramen  selbst  diese  Regelo  oi<Jit  grade 
l>eobachtet»^)  nad  wir  sehen  allenfalls  einer  Prinaeesfai  sich  seibat 
Bvm  Avibangen  die  Schlinge  vm  den  Hals  legen;*)  auch  die  bini- 
gen  Sciillgerelen  seheinen  des  Publiknms  Beifall  gehabt  an  babea. 
Die  Stflcke  sind  bisweilen  sehr  lang,  bis  finf  Standen  danemd;  bei 
den. grosseren  sind  ffinf  bis  zehn  Acte,  denen  gewöhnlich  noch  ein 
Prolog,  meist  in  dialogischer  Form,  vorausgeht»  in  welchem  der 
Schauspieldirector  meist  nur  Vorbereitungen  zu  der  AufTührung 
trifft»  bisweilen  aber  in  den  Inhalt  des  Dramas  einHOhrt;  ein  Segens» 
wuosch  oder  ein  Gebet  beginnt  denselben,  und  schliesst  ebenso 
das  Stück. ^  —  Die  in  den  Ernst  verflochtene  Komik  ist  oft  glüdi- 
lieb.  Ein  ansgebentelter  Spieler  flieht  a.  B.,  da  er  nicbt  besables 
kann,  In  einen  Tempel  and  stellt  sieb  ab  eine  GatterUldsaale  aaf 
einen  Pfbller,  wird  aber  von  seinen  Verfolgern  erbaant  and  mSg* 
Ucbsl  geSngstigt;  da  er  anbewegHcb  bleibt,  setzen  diese  sich  Ms 
nod  wurfein,  und  alsbald  springt  der  Spielfreund  von  seinem  Fuss- 
gestell, mischt  »ich  ins  Spiel  und  wird  festgenommen;  da  beredet 
er  leise  jeden  der  zwei  CilaufHL,'(T  ihm  die  Hälfte  der  Schuld  zu  er- 
lassen, und  da  es  jeder  einzeln  ihm  zugesteht,  erklärt  er»  nun  sei 
ihm  also  die  ganse  Sebald  erlassen ,  da  jeder  ihm  die  fiiifte  der» 

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45S 


mXbeo  gesdimikti^)      Eine  gewOhaHebe  Ftgvr  i&  den  grOMeren 

Dramen  ist  die  eines  Imlb  witiigen,  halb  IScheHlcfaen  Komikerci,  der 
als  Gelahrte  eines  Fürsten  auftritt,  eine  Art  Saneho  Pansa,  ein 
Gemisch  von  witziger  Schlauheit  und  gutmüthiger  Eiofalt,  merk- 
würdigerweise immer  ein  Brabmane,  ein  Beweis,  dans  diese 
Dramen  schon  einer  Zeit  angeboren ,  in  welcher  das  religioae  B«* 
wii««t8eiii  HD  Sinken  war.  Aus  späterer  Zeit  finden  sich  auch  » 
drige  Possen  vor»  I»  deoeo  Brahnanen,  Fürsten  ete.  verspottet 
werden,  nnd  oft  selir  scbnmtaig  sbd.>i)  Bisweilen  heirsdit  die 
Form  des  lyrisdien  Gesanges  so  vor,  dass  das  Drama  in  das 
Singspiel  flbefgeht  ^)  Der  msprUngUclien  Form  des  Dramas  ent- 
itprtcht  wahrseheinlfeii  das  Idyll  Gltagovinda,  welches  die  Liebe 
des  KrisJchna  zu  einer  Hirtin  darstellt,  oft  sehr  zart,  bisweilen  aber 
ins  Löstcrno  fibergebend.  >3)  —  Beliebt  waren  auch  ►Schaustöcke, 
bei  denen  die  iiede  Nplx^nsache  war,  und  es  vhcu  mir  viel  zu  sehen 
gab,  Erstürmungen  von  Städten,  Schlachten  etc.;  sogar  die  Berel« 
tnng  des  Amrita  durch  Umrühren  des  Oceans  wurde  dargestellt. 
Diese  Darsteilungen  gehören  mehr  in  das  Gebiet  der  Pantomime 
Qsd  der  Proeession  als  in  das  des  Dramas.  Wie  sehr  sieh  nach 
der  entgegengesetzten  Seite  bin  die  Poesie  verirren  komite,  iMwetst 
das  piiilosophische  Drama  Probodha«Chandrodaya,  oder  „die 
Gehurt  des  Begrifls,"  wahrscheioKeh  ans  dem  swSillen  Jahrh.  nach 
Chr.,  —  eine  dramatische  Allegorie,  als  Dichtung  völlig  veruo- 
gluckt,  und  nur  in  wissenschaftlicher  Hinsicht  von  Werth. , 

Die  I)<ii>teIIunij  der  Dramen  ist  vorherrschend  Prosa,  nur  bei 
den  gehobeneren  und  mehr  lyrischen  Parthieen  werden  Verse  einge- 
flocbten.  Merkwürdig  ist  es,  dass  fast  immer  verschiedene  Dta« 
leicte  in  demselben  Stfielre  vorkommen;  die  Haupthelden  sprechen 
Sanskrit»  die  andern  sprechen  in  Volksdlalekten,  die  (üx  bestimmte 
Rollen  anch  dnrchans  feststehend  sind;  der  Indier  lieht  einmal  die 
Menschheit  in  feste  Unterschiede  so  gliedern;  die  Dialekte  in  den 
Dramen  sind  gewissermassen  ein  sprachliches  Kastenwesen. 

Äussere  8ccnerie  war,  wie  es  scheint,  sehr  wenig,  und  das 
Meiste  blieb  wohl  der  IMiantasie  überlassen;  besondere  Theaterge- 
bnude  gab  es  nirht:  die  vStürke  wurden  in  Hallen,  Sälen,  Höfen 
oder  ira  Freien  aufgeführt. Die  vorhandenen  Dramen  scheinen  oft 
viel  Apparat  zu  erfordern,  wie  in  der  Luft  schwebende  Wagen  etc.; 
indess  mag  hierbei  wohl  auch  viel  naive  Zumuthung  an  des  Zn- 
schaners  Phantasie  gemacht  worden  sein.  WeiUidie  Rollen  wur- 
den meist  anch  too  Schavspielerinnen  gegehen,  hisweüen  aber 
anch  von  Hinaem.**)  Die  AnflRliiTurjg  ron  eigentilchen  Dramen 
war  nicht  eh  alltigliches  Vergnfigen,  sondern  frad  nvr  hd  giensen 


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OfTentlichen  oder  PriTatfestlichkeiten  6taU;  das  Schaiupiei  mMsa 
flberbaiipt  Dfteli«der  kurzen  Blüthezeit  nur  sehr  yereiaselt  vorgekom* 
ineit  seiii,  deon  die  arabisciieD  Berichteratattor  des  Bfilteiahers 
erwäbeen  nur  TfiBze^  aber  gar  keine  Sebanspiele. 

WeoD»  wie  es  wabrscheielich  ist,  das  eigeotliclM  Drama  der 
Indier  durch  Anregung  toq  Seiten  der  Griechen  entstand,  so  hat 
es  sich  dennoch  selbstständlsr  entwickelt;  ein  «o  reich  liegabtes 
Volk  «teilt  zu  hlossf'i  rSaclialiiiuinü;  zu  hoch.  Trolz  vieler  Anklänge 
an  «las  eri«»rhisr)io  Drainn  in  der  Theorie  und  in  der  Ausführuni; 
sind  die  Unterschied«^  doch  aucli  ganz  wesentlich.  Das  indische 
Drama  ist  weiblich,  das  irriechische  niäunlicb,  —  jenes  lyrisch  und 
schildernd,  dieses  handelnd,  —  jenes  iiehtich,  zart,  sinnig,  dieses 
gewaltig 9 Jenes  idyllisch,  dieses  gressartig;  jenes  in  gtOhender 
Farbenpracht  einer  hochwogenden  Phantasie,  dieses  in  emster  ein- 
ÜMsher  Wfirde  allen  FHtter  versehnifthend,  in  strenge  GemessMibeit 
das  Furchtbare  bindend;  in  jenem  wecliselt  feierlicher  Bmst  mit 
witziger  Komik  ab»  in  diesem  ist  das  Tragische  und  Komische  Tel- 
lig *;etrenrit.  Da»  indische  Drania  lileicht  nielir  dem  neueren,  wie 
es  diiK  Ii  Shakspeare  sich  hildcte,  als  dem  klassischen.  Auch  die 
äussere  urnl  IriTiore  Einrichturii;  des  indischen  Dramas  ist  anders  als 
bei  den  tiriecben.  Die  bestimmte  Gliederung  in  Acte,  die  mit 
Poesie  untermischte  Prosa»  die  Anwendung  verschiedener  Dialekte» 
das  Fehleo  des  Chores,  die  meist  grosse  Zahl  der  Personen,  der 
bunte  Wechsel  ?on  Ort  und  Zeit  —  unterscheiden  das  indische 
Drama  sehr  bedeutend  von  dem  griechischen. 

I#i0Ben,  Ind.  Alk  n,  502  etc.;  Bohlen,  n,  896  etc.  ¥nison,  deaMr  der 
Hindu,  1BS8, 1,  8  ii:  —  *)  Weber,  Ind.  Litt.  &  199.  —  •}  Wilson,  Th.  d.  H. 
I,  78.  —  LsMen,  Ind.  Alt  n,  1156;  Weber,  a.  a.  0.  S.  187  etc.  —  •)  Laieen, 
n,  S.  1157.  —  *)  Tnieon,  Theater  d.  H.  I,  U.  —  0  8i«he  ebcnd.  I,  US.  S88.  — 

«)  Ebcnd.  n,  173.  —  •)  Wilsou,  I,  24  etc.;  II,  198.  —  »»)  Wilson,  Theater, 
I,  122  etc.  —  ")  Wilson,  I,  20.  —  »»)  Ebend.  I,  344.  —  '•)  Git.  v.  Ln^scn, 
Prolej?.  —  !♦)  Wilson,  T.  17.  18.  —  i*)  DonfscTi  [v.  Goldstnckor J  1842.  — 
i<)  Wil«on,  1,66.—  'O^b^'^«  16*—  'o)Eeinaiid,         sur  l'Iade,]».  231. 


Fflnfter  Abschnitt. 

Das  sUUiche  Leben. 
S  isd. 

Die  Sittlichkeit  der  indier  muss  eine  ganz  andere  sein  als 
die  der  activeii;,  *ler  (leisitesvöllier,  aber  auch  anders  als  die  der 
Chinesen.    Die  Sittlichkeit  will  ihrer  Idee  nacli  ein  Reich  des 

▼ernäDfüj^en  Ireien  Gelsies»  ein  Retch  Gottea»  erhaueUf  will 


im  gMläke  Oatifa  in  frrier  Aaefkeminng  virwirUklitttf  sie 
getst  also  jedenfallfl  das  wabremid  reehtmfiflaige  IXaseln  des  ein* 

zelnen,  freien  Menscheiigeistes  und  das  der  Creatur  überhaupl 
vorans:  das  Reich  Gottes  soll  ja  Dicht  ein  vorübergehendes 
WoJkejigebilde,  ein  luftiger  Traum  sein,  sondern  soll  wirklich 
werden  und  soll  dauern.  Bei  dem  Indier  aber  ist  die  Dichtigkeit 
das  Wesen  des  Daseins,  und  nichts  kann  wahrhaft  sein  und 
bieibett  als  die  einige  Gottheit,  die  nichts  anderes  duldet  als  sidi 
selbst  lud  keiner  CSrentur  ein  wirkliches  Daseui  giebt.  Anf  dem 
rasflesen  Wogenscbli^  des  liebeas  kann  der  Mensch  wohl  ffir 
emm  kane  Fahrt  ein  sehwaehes  Fahraeng  sich  baneni  aber 
keinen  Baa  fir  die  danmide  ZniumA  begründen;  Brahma  will 
nicht  die  bleibende  Creatur,  und  des  Brahmanen  Streben  kann 
nur  daranf  gerichtet  sein,  sich  von  dem  unwahren  Dasein  zu 
befreien,  nicht  aber,  das  Dasein  zu  einem  wahren  und  volikomm- 
neu  gestalten  zu  wollen;  es  kann  nicht  ein  Reich  Gottes  wirk- 
lich werden,  denn  alles  Dasein  ist  seinem  Wesen  nach  ein 
Unre^t;  vnd  die  Sittlichkeit  will  nicht  schaffen  und  bauen, 
sondern  aofldsen  nnd  befreien«  Der  christliche  Gott  sdmffit  wohl 
eine  Wdt,  nnd  will»  dass  sie  bleibe»  weil  aliesy  was  er  ge- 
sehnien,  gnt  war»  nnd  der  Christ  will  darsm  als  Kind  Gottes 
eine  geistige,  sittliche  Welt  schaffen,  einen  Tempel  Gottes»  in 
welchem  Gott  selber  eine  bleibende  Stätte  hat,  —  aber  wie  das 
indische  Brahma  nicht  wahrhaft  eine  Welt  schallt,  so  kaijn  der 
Mensch  auch  nicht  eine  sittliche,  wirkliche  Welt  schallen  wollen, 
wo  ihm  ja  der  Boden  unter  den  Fiisseii  fclilt.  Der  sittliclie  Indier 
will  nicht  einen  geschichtiich  wirklichen  Zustand  des  Menschen- 
geschlechtes erringen,  sondern  die  Menschheit  aus  ihrer  Wirk- 
lichkeit in  ihr  ursprAngliches  Nichtsein  zurückführen.  Die  Chi- 
nesen wollen  erlialteir»  die  activen  Völker  wollen  erbanen»  die 
Indier  wollen  anflOsen;  die  Chinesen  haben  die  Wahrheit  in  der 
nnmittdbaren  Gegenwart  nnd  blicken  mit  behaglicher  Zufrie* 
denlieit  auf  dieselbe,  —  die  activen  Völker  haben  die  Wahrheit  in 
der  Zukunft  und  sehnen  sich  hofiend  nach  einer  besseren  \V  irk- 
liciikcit.  al»  die  Gegenwart  bietet,  und  hören  begierig  aul  das 
Wort  der  Wahrsagerund  Propheten,  ^ — die  Indier  blicken  schinerz- 
ToU  in  die  Gegenwart,  gleichgültig  in  die  Zukunft,  mit  Befrie- 
digung allein  in  die  Vergangenheit,  wo  noch  nichts  anderes  war 
als  das  einige  Brahma*  IHe  Völker  des  persönlichen  Geistes 
beten:  »»dein  Re&ch  komme »<<      die  Chinesen:  »,dein  Bei^ 
bleibe »<<  —  die  indier:  »»das  Ton  dir  GesdudTene  vergehe.**  Der 
Chinese  wmht  ftr  die  Gegenwart»  der-  Mensch  der  «etiven 


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V6lktr  filr  die  Znkwift,  dMT  Ittdier  wiriuA  gir  wkkt^  amämok 
dMen  und  steilieD.  Die  aotivea  ViKiker  wollen  den  frelflBt 
eittliebeii  G^t  in  die  Wirkliclikek  hmembildee,  -die  Miw 
wollen  ihn  aee  ihr  herauesieiieD;  jene  wollen  das  Daeem  dareh 

den  Geist  bilden  und  verklären,  die^e  den  Geist  von  dem  Dasein 
erlösen;  bei  jenen  soll  die  bea;cistctc  Wirklichkeit  m  neuer 
Lebenskraft  wachsen  und  zanehmen,  hier  soll  die  entgeistete  ia 
btaub  verfallen.  Der  Indier  hat  kein  Interesse  für  die  Wirklich- 
keit,  er  blickt  gleichgültig  dem  Wogen  und  dem  Zerfallen  des 
Daseins  zu.  Der  Chinese  arbeitet  enmig,  der  Meoeoh  der  Ciei- 
stesvdlker  kämpft»  der  Indier  traaert  oder  aimit 

Der  lädier  hat  keine  Freude  am  DasetB,  dämm  aaek  kebe 
am  Handeln;  er  hat  kein  zu  erringendea  Ziel^  welokea  eine 
Wirkliehkeit  wäre;  sein  höchstes  Streben  geht  aaf  das  Daltt^ 
gehen  in  Brahma;  alles  Sclciulü  ist  nichtig,  und  der  Tod  ist 
alles  Lebens  einzij^e  Wahrheit;  ein  tiefes  Wehmiiths^fükl  zieht 
sich  durch  das  i^anze  indische  Bewusstsein  [§95];  eine  stille, 
weibliche  Trauer,  sehr  unähnlich  dem  mit  gewaltiger  Thatkraft 
verbundenen,  zur  TragOdie  sich  entwickelnden  männlichea 
Schmerzgefühl  der  Griechen  [S.45t],  ist  über  das  sittliche  Leben 
der  Indier  aoagehreitet  Die  Sitlüdikeit  der  Indier  ist  weihlidbi 
—  weniger  kfihnea  Streben  nach  hohen ,  adiwer  aa  eningaa» 
den  Zielen  in  der  Wirklichkeit,  weniger  hohe,  ritteriidbe  Tkat* 
kraft,  ^  sondern  Dulden  nnd  Entsagen,  ^  stille»  weibliche 
Iluhe;  —  ihr  Wesen  ist  vorherrschend  verneinend,  —  du  sollst 
nicht  begehren,  —  nicht  etwa:  deines  Nächsten  Haus,  Weib, 
Knecht,  Vieh,  sondern:  gar  nichts  als  das  reine  (iegentheil 
von  allem  Dasein,  das  eine  Brahma;  du  sollst  dich  nicht  freuen 
und  nicht  betrüben,  nicht  wünschen  und  nicht  verabscheuen, 
nicht  lieben  \md  nicht  hassen  [§  III].  Die  Sittlichkeit  ist  weni- 
ger ein  Schaffen  als  ein  Opfern  9  sie  geht  wesentlich  in  den  iüü- 
tas  auf  [§  109].  Da  ist  kein  kräftiges,  he«4scfaes  Hbansgreifa 
in  die  Welt;  der  Indier  wendet  sich  theiloalunslos  ab  von  der 
Welt,  die  der  Vemichtong  nnansbleiblieh  anheimfiUlt;  er  wMtdet 
eich  lieber  dem  einen  Bleibenden  zu,  mit  welchem  aber  er  nicht 
bleibt,  sondern  in  welches  er  untergeht.  Wenn  auch  in  der 
epischen  /^eit  eine  höhere  Tliatkraft  erscheint,  so  wird  doch 
selbst  in  den  Epen  der  höhere  Werth  auf  die  Entsagung  gelebt 
Höher  entwickelt  haben  die  Indier  nur  diejenigen  Seiten  der  Sitt* 
lichkeit,  die  weniger  dermännlichenThatkrafl  als  deratUlenhiBer* 
Hchkeit  des  Gemftthesangehdrca.  ^  Der  Indier  ist  sanft,  müd, 
üebevoU  «ad  liahanawäfdis,  aber  nicht  kraftvoll,  nicht  grass.-* 


4S7 


Ihm  kxißäfgmk  aittlkhen  Ringen  tritt  aber  nocK  etwas  ande« 
nt  lian««Ml  «fttgegen.  Der  Incliar  hat  kein  labeodigea  SchuliU 
kewuaiaein;  der  GbineBe  hal  ea  auch  nieht»  «bar  ans  claen 
■adait»  Gmodes  bei  diesem  Ist  allea  Daaeiii  gut,  also  aaeh  der 
Heaadi ,  —  bei  den  Indier  iet  e^  da  Unredit,  aber  er  liat  es  nickt 
Terschuldet,  sondern  Brahma.  Der  Indier  trägt  eine  Schuld,  aber 
hat  sie  nicht.  Er  weiss  sich  in  Sünden  empfangen  und  geboren, 
ater  diese  Sünde  ist  nicht  durch  des  Menschen  Schuld,  sondern 
sie  haltet  an  allem  creatüriichen  Dasein;  der  Mensch  hat  sie 
sich  ia  iteiner  Weise  zuzurechnea,  Juuw  sich  aueh  von  ihr  in 
koner  andern  Weise  befreien,  als  wenn  er  sein  Dasein  selbst  aaf- 
giebl;  das  Bewvsstseitt  des  Scbmenes  wird  nieht  ^  Bsssge* 
ftbl«  Andrerseits  kann  das  Bewosstsein  der  Selmld  darnin  nickl 
Idiettdig  werden  9  weil  der  Mensch  nodi  nieht  irefe  PenOnlich- 
Init  ist,  sondern  ein  nnselbststftndig^s  Organ,  In  welehem 
Brahma  wirkt;  dem  Menschen  können  weder  seine  Tugenden 
noch  seine  Sünden  recht  zugerechnet  werden,  und  in  der  Höhe 
der  Vedeinveislieit  verschwindet  selbst  die  Möglichkeit  einer 
Schuld  [§  lU2j$  Brahma  wirket  alles  allein,  und  was  er  wirket, 
kaan  nii^t  des  Menschen  Schuld  sein.  —  Mag;  es  immerhin 
adkwer  sein,  die  iidehste  Vollendung  des  völligen  Selbstaufge- 
bcns  an  erreichen,  so  ist  es  doch  nicht  schwer,  die  wirkliehe 
menschliche  Tugend  an  vollbringen  nndsAndenrein  so  bleiben; 
das  io  ans  Ton  Natnr,  nidit  ana  Gnade,  in  nna  waltende  Brahma, 
ist  wie  hei  den  (äinesen  die  einwohnende  Himmelsmaoht,  der  aar 
Gerechtigkeit  von  selbst  hindrängende  Trieb;  darum  i^iebt  es 
wahrhnlt  sündenreine  Menschen;  das  Bekenntnis^  mukelloser 
Reutheit  spricht  sicli  olt  i^enug  aus. 

Dass  für  den  indier  der  Mensch  aber  dennoch  nicht  an  sich 
fidkon  gutundsittUchist  und  das  wahre  sittliche  Bewusstsein  habe, 
aoadem  dass  er  dieses  Bewusstsein  erst  erringen,  durch  Lernen 
cmiplangen,  dass  er  durch  Erkenntniaa  wiedergeboren  werden 
ortsse,  dass  also  alle  Sittlichkeit  auf  derErkenntnIss  bernhe,  ist 
schon  firfiher  erw&hnt  [S.  35S.  88^].  Der  Umstand  aber,  dass  die 
Eikenntnias  nicht  nur  als  der  Crmnd,  sondern  auch  als  das  Wesen 
der  Sittlichkeit  aufgefasst  wird,  dass  sie  das  sittliche  Thun  nicht 
bloss  erzeugt,  sondern  an  dessen  Stelle  tritt  und  dasselbe  gi  adezu 
fiberflussi^;  macht,  dass  „den  Wissenden  kein  Werk  berührt,"  — 
tritt  ijothwendig  einer  kräftigen  Sittlichkeit  heimnend  entgegen. 
Mtcht  durch  Werke,  sondern  allein  durch  die  £rkenntniss  wird 
der  Indier  selig;  und  er  fasst  diess  nicht  so  auf,  wie  Luther  die 
Lslme  vom  Glanben^  dass  dieser  ntetieh  der  Grund  der  Selig* 


4B8 


keil  ebenso  aol  wie       der  Werfte,  uad  die  letztefeo  «ae  dem 
Glattben  folgen »  eondern  so  wie  die  von  den  Lnliieffeiieni  ver« 
worÜBne  Lehre:  die  Werke  eind  eehädUeh  aar  SeliglLdt;  der 
wabrlieil  Erkennende  brancbt  nieht  nvr  keine  Werice  an'thaa« 
sondern  er  thaf  sie  grandsfttalieb  nicbt  [S.  MS.  497],  Indess 
schlägt  die.se  (iering-schätziiii^  der  Werke  im  Veii^leich  zu  der 
Erkenntnisse  dieser  itlcnlistiselir  (^uietismus,  niemals  in  Ziigel- 
losigkeit  lim:  die  Erkonntniss  macht  zwar  die  W  ei  ke  überllüssig, 
und  giebt  Vergebung  für  die  begangene  Sünde,  aber  sie  gestat- 
tet nickt  neue  Sünde,*  jede  sündliche  Begierde  verdunkeU  viel* 
mehr  sofort  die  Erkenntnis« »  nnd  GesinDUDg  and  Erkennen 
bedingen  sieh  gegenseitig;  nnr  der  Erkennende  Jcann  rein  seia, 
nnd  nnr  wer  reines  Hera«»  ist^  kann  die  Wahrheit  erkennen. 
Das  stille,  io  sich  gekehrte«  von  der  Ansseovrelt  abgewudte, 
sinnende  Wesen,  wna  sich  bt  der  Wiseensdiaft  wie  in  praktisehes 
Leben  der  Indicr  ausspricht,  ofl'enbart  ;»ich  auch  iu  ihren  Spieicu. 
Lärmende,  rausehende  Veramuenngeo,  die  Ansj^elasseidieit  jugend- 
liehri  Krad  /»  iiron  sieb  rnir  selten;')  am  h  im  »Spiele  liebt  «ier  bi- 
dier  die  Hube  uod  Innerlichiceit;  die  starken  Vulker  des  Westens 
tmnmelo  sich  in  ritterlichen  Kfimpfen ,  und  ihr  Spiel  ist  der  Wett- 
streit der  unrnbigen  Kraft,  —  der  Indier  sitzt  sioaeod  an  Sehach» 
brett  oder  gedaakenlos  am  Wflffeitlsch.  Das  Sehachapiel  ist 
Indische  Erfindung,  nnd  seine  Anordnung  Ist  die  indieche  Seblacbt- 
reihe;  es  war,  wie  es  scheint,  schon  aar  Zeit  des  Ramajaoa  erfan- 
den.*)   Die  Glacksspiele  w^en  von  den  Indiem  IddenflehaftM 
tieliebt,  obwohl  sie  vom  Gesetz  verboten  sind,  und  die  Dichtungen 
sind  voll  von  Heispielen  dieser  Leidenschaft,  die  bisweilen  so  weit 
ging,  dass  die  Spieler  sich  selbst  zum  Preis  des  Spieiei«  setzten. 

Verachtung  des  Daseinm,  besonders  des  eigenen  Korpers,  ist  die 
Grundlage  der  indischen  Sitf  licbkcit.  ,,Diese  Wohnung,  deren  Gebäitie 
Knochen  sind,  und  deren  Bänder  die  Muskeln,  bedeckt  mit  Biet  and 
Fleisch,  ▼erbiilH  mit  Uautj  verpestet,  voll  Unrath,  unterworfen 
dem  Alter  und  dem  Gram,  seacblairen  von  Krankheit»  eine  Bente 
der  Leiden  aller  Art,  bestimmt  som  Untergange,  eine  solche 
menschliche  Wohnung  werde  verlassen/' „Sehnsucht  nach 
BelVcinng"  von  der  vergänglichen  Weit  gehurt  zu  den  vier  V  oll- 
komnienheiten  des  Weisen.-*) 

„Die  TiiL,(Miden  sind  («elassenheit,   die  Zunirk/iehunsj  des 
GcmSths  von  den  einzelnen  Gegenständen,  —  Beiüüiuiunt;.  die 
Abwendung  der  äusseren  Sinne  von  denselben,  —  Zufriedenbek, 
.  die  Beruliigung  der  Siime,  wenn  sie  von  den  Gegenständen  abge- 
weadet  sind,  —  Gednid,  die  Fähigkeit^  die  entgegeageaetslas 


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4S» 


CloMrae,  wie  Kilte  vnd  Hitee  elc.,  sa  ertragen»  BeiHMhtaiigi  db 
Yemeiikuiig  de«  Ton  den  Dingeo  «nrSckgeiogeneii  Genifitliee  io  de« 
Hvren  [der  Vedenlelire]»  Glaube,  das  Vertranea  aaf  die  Worte 
des  fjebrere  ond  der  Lefire.*'*)        Etwas  Anderes  ist  das  Heil, 

etwas  Anderes  die  Lust:  beide  fesseln  den  Menschen;  wer  das 
Heil  erwählt,  wird  vollkommen;  wer  dl«»  l^ust  ercreift,  verfehlt  das 
Ziel.  Heil  und  Lust  nahen  dem  Menschen;  der  Weise,  sie  wägend, 
uoterscheidet  sie,  und  wählt  das  Heil,  der  Thor  die  Lusf^) 

Dass  Menschen  ganz  rein  von  Sünden  sind,  wird  oft  erwähnt. 
^Aber  von  Kindheit  an  hab'  ich  keiae  ^ttnde  begangen  doch  durch 
Thon,  Deokeo  und  Reden,  dass  dieses  Hissgeschicli  »ich  traf/' 
spricht  die  nnglflcklicbe  Damajanti.'')  —  Hierin  stfanmen  die  Indier 
mit  den  Cbioesen  ilberein  [S.  124] ;  andrerseits  alier  nebmen  es  jene 
mit  der  sittlichen  Pflicht  viel  emster  als  diese;  die  Idee  steht  ihnen 
über  der  Wirklichkeit,  und  diese  darf  darum  nie  jener  als  berech- 
tigten Macht  i:e«ienüber  gesetzt  ^verden.  Darf  si<  h  der  Chinese  io 
der  Notli  Verletzung  der  Pflit  iit  erlauben  [S.  124],  so  steht  dieses 
dem  Indier  nicht  frei;  ,,iu  welcher  INoth  der  Mensch  auch  sei  bei 
Ausübung  der  Tugend«  dennoch  darf  er  nimmermehr  sein  Herz  zum 
Mllechten  wenden;  —  die  Sünde  ist  schrecklicher  als  der  Tod.'**) 

Jede  Sünde  Terdttstert  die  £rkenntniss.  »Wenn  ein  einsiges 
Gfied  des  Menschen  sfindigt,  so  verliert  er  dnrcb  diese  Sflnde  seine 
Brkenntniss  von  Gott  ebenso»  wie  sich  das  Wasser  dnrcb  eine  einaige 
OlTnung  ans  einem  Geftsse  verliert"  —  „Wenn  ein  Brabmanen« 
schulcr  seine  Mannheit  freiwillig  verseh wendet,  so  steigt  alles 
gottliche  Licht,  welches  ihm  der  Ved;i  mitgethcilt  hat,  zu  den 
Gottern  auf."  >o) 

>)  Wie  in  WiUoni  Theater  d.  H.  U,  137.  —  »)  Rnmaj.  I,  5,  12.  n. :  Heinand, 
MAn.  p.  132.  —  •)  Mann,  VI,  75.  76.  —  *)  Vedanta-Bara ,  b.  Windischmnun,  1778.  — 
•)  Ebend.  177*J.  —  •)  Küthakü- l'pan.  II,  1.  2.  —  Bopp,  Nnlas  u.  D.  XJLXI.  — 
•)  Manu,  IV,  171;  VII,  53.  —  «)  Manu,  Ii,  l>9.  —        M.  XI,  122. 

S  185. 

Die  iadieebe  Sittlichkeit  hat  wesentlieh  einen  kosmischen 
Charakter,  sowohl  in  Beziehung  anf  ihren  Gmnd  ale  anf  ihr 
Ziel.  Ihr  Grund  ist  die  Natar  und  deren  Nothwendigkeit,  nicht 

die  Freiheit  ries  persönliclien  Geistes.  Für  den  höheren  Weisen 
giebt  CS  gar  keine  Freiiieit,  sondern  Liraham  wirket  allein  in 
dem  Menschen  als  seineniwillenlosen()rgane[S.  SSlliflnsVolks- 
bewusst^ein  läs.st  zwar  diese  Schärfe  des  Gedankens  Jiicht  gelten, 
und  gesteht  dem  Menschen  Willensfreiheit  zu,  aber  doch  nur  in 
besehr&nkter  Weise  and  in  yerschiedenen  Graden.  Das  BOsö 
etamat  nicht  äaa  den  freien  Gdste,  aondcm  aaa  der  Matnr^ 


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■  I 


460 


dtten  Ursprung  ond  Wesen  ja  das  Unrecht  ist  Die  Ent- 
wickelnng  der  Natur  ist  zugleich  der  Gnuid  des  Sittlichen;  toh 
den  drei  Weltstofen  [S.  803]  Ist  nur  die  eine  rein  und  gut,  die 
untere  nnd  die  mittlere  ist  der  SItn  des  Bösen  i),  und  dieses  liegt 
nothwendig  in  der  Natnr,  ist  dem  Mensdien  ohne  seine  Sohold 
anerschalien.  Da  nun  die  Naturstiifen  im  Menschengeschlecht 
sich  wiederholen,  so  sind  die  verschiedenen  Kasten  auch  von 
Natur  schon  sittlich  verschieden;  und  während  der  Brahmane 
im  Vollbesitz  der  «z;eis(igen  und  sittlichen  Kräfte  ist,  ist  der 
^ndrs  seiner  Natur  nach  lasterhaft  und  vermag  nicht  das  Gute 
zu  thun.  Es  glebt  darum  auch  gar  keine  allgemeine  mensch- 
liche PiUcht,  sondern  nur  Kastenpflichten;  der  Begriff  des  Men- 
schen Ist  dem  Indier  verloren  gegangen;  er  kennt  BralimaneD, 
Xatrija  etc«,  aber  keine  Menschen;  und  wenn  er  von  der  Sitten- 
lehre redet,  so  nennt  er  das  nicht  Pflichten  „der  Menschen,** 
sondern  „der  Kasten.*'^)  Die  Menschen  haben  verschiedene 
sittliche  Kraft  und  verschiedene  PiUcht.  lusoiern  aber  die  Kaste 
der  Brahinanen  die  höchste  ist,  müssen  wir  die  Siuliclikeit  der- 
selben als  die  hiVchste  Stufe  des  sittlichen  Lebens  der  liKÜer 
betrachten.  Die  sittliche  Idee  bea^ieht  sich  in  ihrer  Vollkom- 
menheit nur  auf  die  Brahmanen ,  die  andern  Stände  dürfen  sich 
mit  einer  geringeren  Sittlichkeit  begnügen ,  und  die  der  Qudca 
besteht  eigentlich  nur  in  der  einen  Pflicht  des  unbedingten  Ge- 
horsams gegen  die  ,,8weimal  gebornen*'  Menschen. 

So  wie  die  verschiedenen  Natnrstände  ganz  verschiedene 
sittliche  Anlagen  zeigen,  so  entstehen  auch  aus  den  verschie- 
denen Al  ten  der  lilieii  solche  Verscliieiieiilieiteii ;  sittliche  Kraft 
und  Schwäche  werden  den  Kindern  angeboren,  aber  in  einem 
anderen  Sinne  als  bei  der  du  istlichen  Lehre  von  der  Erbsfinde: 
bei  dieser  bewegt  sich  alles  auf  dem  geistig -sittlichen  Gebiete, 
dort  mehr  auf  dem  Boden  der  Natur. 

Kbeiiso  ist  das  Ziel  der  Sittlichkeit  nicht  ein  geistiges^  son* 
dem  die  Natur;  der  Mensch  besieht  sich  vorzugsweise  auf  seinen 
Urgrund  9  der  eben  die  auf  die  Einheit  zurAckgefilhrte  Natur  ist; 
sein  Blick  ist  auf  den  Boden  gerichtet,  auf  dem  er  erwachsen  ist, 
und  in  den  er  zurflckkehren  soll.  Sein  freies  Thun  bezieht  sieh 
viel  weniger  auf  den  Menschen  als  auf  den  Scliüpfei  uihI  auf  die 
Natur,  in  der  er  ja  überall  das  Brahma  wiederfindet;  dalier  HilU 
sein  meistes  Handeln  in  den  Kultus.  Und  in  der  Natur  sieht  der 
Braliniane  seine  Mutter,  er  liebt  sie  ehrfurchtsvoll  als  das  entfall 
tele  Brahma,  während  er  zugleich  ihre  innere  Nichtigkeitanerkea- 
nen  muss;  er  vennag  es,  einigen  Widerspruch  dabei  xa  ertragen. 


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461 


„Wie  die  sechs  Jahreszeiten  ihre  KeoDzeichen  von  sich  selbst 
aonetuneDf  so  sind  jedem  bekorperten  Geiste  seine  Handlungen  tod 
Natur  zugesellt. "3)  —  „Es  wies  Brahma  denen,  welche  von  sei- 
Dem  Muode«  seinen  Armen»  Ufiften  und  FdMen  entspioeeteD»  ihre 
besoBdern  FflichteD  an.  Die  Pflichten »  welebe  er  den  Brabmanen 
auflegte,  aind:  den  Teda  an  lesen ,  ihn  Andern  lehren,  su  opfere. 
Andern  hei  den  Opfern  heusnatehn,  Allrooaen  zu  gehen,  wenn  aie 
reich  sind,  und  Gaben  anzunehmen,  wenn  sie  arm  sind.  Die  Pflich« 
ten  der  Xatrija  ühid.  das  \ Klk  zu  vertheidisfcn ,  Allmosen  zu  geben» 
zu  opfern,  den  Veda  zu  ieseu  und  sich  \  or  den  Rei/en  der  sinn- 
lichen Lust  zu  hüten.  Dem  Vaigja  ist  bclohlcn  oder  erlaubt  Vieh- 
heerden  zu  halten,  Geschenke  zugehen,  zu  opfern,  die  Veden  zu 
leaen,  Handel  zu  treiben,  aufZIn$:cn  zu  leihen,  das  Land  zuhauen. 
Dem  ^udra  legt  Gott  als  hdchate  Pflicht  aof«  den  andern  Klassen 
la  dienen,  ohne  ihre  Wflrde  an  beeintrlcfatigen."*)  ««Die  dem  Brak* 
maoenstande  gegebenen  Vorschriften  sind  bis  in  die  aeltsamstte 
Elebiigkeiten  des  Anstandest  derOrdnung,  der  Diät  etc.  genau  fest* 
gesetzt,  an  talmudische  Gesetzlichkeit  erinnernd.  Es  liegt  darin 
der  Gedanke,  dass  der  Mensch  von  INatur  (ieiu  (ie.sctü:  fremd  ist, 
dass  er  es  schlechterdings  lernend  zu  em[if.u)gen  habe. 

Die  ausser  den  Kastenunterschieden  dem  Menschen  durch  die 
natürliche  Geburt  anhaftende  Sfindhaftigkeit  wird  öfter  erwähnt,  und 
es  beateben  besondere  Reinigungsgebr&uche  für  »,die  ans  dem  Sa- 
men und  dem  Mutterleibe  eutsprangenen  Sflndeo«"^)  Ans  den  vier 
ersteoEben  [}  141]  werden SObne  geboren«  welche  dareb  den  Veda 
erleuchtet  sind,  mit  ScbOobeit  und  mitGflte  gescbmtickt,  reich,  be- 
rflbmt;  sie  erltBllleo  alle  Pflichten  und  leben  hundert  Jahre;  aber  in 
den  anderen  vier  Ehen  werden  Sohne  geboren,  welche  grausam 
handeln,  Unwahrheit  reden  und  ilie  Veden  hassen." 

Damit  hiingt  es  zusammen,  dass  mau  fremde  Schuld  in  dersel- 
ben Weise  sich  aufbürden  kann,  wie  man  Ton  einer  Krankheit  anf^e* 
steckt  wird;  es  ist  eben  hier  zwischen  Geist  und  Natur  noch  kein 
wesentlicher  Unterschied.  «^Derjenige,  welcher  ohne  Berechtigung 
die  Zeichen  eines  Standes  trKgt»  ladet  alle  Sauden  auf  sieb,  weiche 
von  den  diesem  Stande  Angehörenden  begangen  sind;"  wer  sich 
an  dem  Badeorte  eines  Andern  badet,  ladet  einen  Theil  Ton  dessen 
Sflnden  auf  sieb;  wer  den  Wagen,  den  Stnbl,  das  Bett  ete.  eines 
Andern  ohne  Erlaubniss  benutzt,  auf  den  geht  der  vierte  Theil  der 
Schuld  des  Besitzers  ßber;'')  und  ein  nielnMider  Krieger  ladet  alle 
sclilf'rhtcn  'l'haten  seines  Anfülirer.s  .uifsicli,  und  alle  seine  guten 
Thaten  werden  io  einem  andern  Leben  diesem  letzteren  zuge- 
rechnet'' 


462 


')  Mftuu,  XU,  2ü  ff.  —  «)  Yajimv.  I.  1.  —     Mjuiu,  l,  30.  —  *)  Manu,  I,  87.— 
•)  Manu,  U.  27  ;  Yojndv.  I,  13.  —     Manu,  IH,  39— 4S.  —    Manu,  IV,  200— SM« 
■)  M.  Vn,  94,  vgl  Yujnav.  I,  SS4. 

§  136* 

Da  die  indische  Weltanschauung  nooh  nicht  eine  wahrhaft 
geistige  ist)  sondern  das  Geistige  fiberall  mit  dem  NatfirlielieB 
Terschwimmen  Ifisst,  so  hat  aueli  die  Sltdiehkeit  nodi  nicht 
einM  rein  geistigen  Charaltter;  Sinaliciies  und  Unsinnliches 
sind  mit  einander  verwaelisen ;  wo  sich  aber  der  Indier  Öber  <Ias 
Natürliche  erhebt,  da  verneint  er  es  sofort,  währenil  der  wahr- 
halt geistige  Mensch  sich  und  sein  Thun  zwar  von  dem  Naiui- 
sein  nnterscheidet,  aber  die  iNatur  nicht  autliebt,  sondern  alsein 
Product  des  göttlichen  Geistes  anerkennt.  Für  das  consequcntc 
Bewusstsein  der  Indier  giebt  es  keine  andere  Sittliehkeit  als  die 
vollständige  Verneinimg  des  einzelnen  Daseins  9  wie  sich  die- 
selbe in  der  Askese  anssprieht.  Aber  die  populäre  MittelregioD 
Kwiseben  dem  bloss  natürlichen  Dasein  des  Mensoben  und  jener 
eonsequenten  Entsagung  giebt  die  Welt  nicht  so  ohne  weiteres 
anf,  hlüt  sie  Tielmehr  fest,  und  Ifisst  das  sittliche  Leben  asr 
theilwcise  von  jenen  dem  natürlichen  Dasein  feindsehgcn  ist' 
danken  durchdringen;  und  ehen  in  diesem  Bereich  popnlarü' 
Sittlichkeit  ist  jenes  unklare  Verschwinnnen  des  Natürliclicii  tiiiH 
Geistigen  vorherrschend;  da  wird  als  Ziel  der  Sittlichkeit  nicht 
jene  asketische  Weltverneinung  angegeben »  sondern  der  WeU- 
gonnsswird  als  der  berechtigte  Zweck  des  menschlichen  Strebens 
anerkannt;  Reichtham  nnd  langes  Lehm  gelteii  als  ersehntes 
Ziel  nnd  als  Lohn  der  Tagend  in  den  Vedenhymnea  wie  bei 
Maaa;i)  jedodi  wird  der  eigentlich  sinnliche  Genuas  uheiaU 
der  Zügelung  durch  die  Vemonllt  empfohlen  1  selbst  möglichste 
Bekämpfung  der  Sinnlichkeit  gerühmt. 

,, Einige  setzen  das  höchste  zeitliche  (»ul  in  Tiicrend  und  Reich« 
thuni,  andere  iti  Reichthum  und  erlaubte  Lujst,  amb^re  in  Tugend 
aliein,  andere  in  Roichthuni  allein,  aber  das  höchäte  dut  anl  <l»'r 
Erde  besteht  in  allen  dreien  zusamiuen.''^^  —  Y^Elifi  BrahiHanc, 
welcher  Vermehruns^  des  Reicbtboms  ivüoscbt»  verachte  nicht  ciuen 
lüitrija  ete.^^*)  MDiejeoigeo,  weiche  uDenuttdlich  dieses  Gesetz- 
buch bewahren y  werden  in  dieser  Welt  Ruhm  erlangen  aod 
in  den  HUnmel  emgebeo;  weoo  sie  nach  Wissen  streben,  erlangen 
sie  Wissen f  wer  Reicbthum  winscbt,  eriaagt  Reichtham,  wer 
Glficic,  erlangt  grosse«  Glück  ete.*««) 

„Wer  seine  Glieder  an  sinnliche  Vcrgnüijungen  hirulct,  ist 
strafbar,  wer  sie  aber  gänzlich  iiu  idaume  hält,  wird  hiaimh<»cbe 

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46S 


Wonne  geBi«SMii.  Daa  Veriangen  wird  sie  durch  den  Genuss  ge* 
•üilt,  ao  weoig  das  Feuer  mit  Butter  gelöscht  wird,  sondem  nnr 
hefÜger  «UVamiiit  UDterdrückung  der  sioDlicheii  Begierden  iet  viel 
IraMier  als  ihre  Befriedigung.  Wer  sich  über  anDliche  L«st  oder 
Schmera  weder  sehr  freut  noeh  sehr  hetrfiht,  der  ist  wirklieh  Sieger 
über  seine  Sinne."  ,,Ein  Bralinmnt'  ergehe  sich  nie  mit  Leiden- 
schaft sinnlichen  Freuden:  er  wende  alle  Kraft  «eines  Geistes  an, 
uro  eine  zu  grosse  iSciptinir  zu  solchen  FreiKicn  /\\  untordrückeu.*' 
—  Der  Trunk  ist  streng  verboten;  unwürdig  ist,  an  den  Opfern 
Tbeil  zu  nehmen,  „wer  starke  Getränke  trinkt,"'')  und  unfähig,  in 
Indras  Himmel  einzugehen  ^) ,  und  die  Bereitung  solcher  Getrfinlw 
macht  ehrlos«*)  Die  araliiscbeB  Schriflstelier  rfiluneD  die  grosse 
Nüchternheit  der  Indier,  und  ihre  Enthaltung  tob  shinlicber  Lust^) 
Hm»,  IV,  ISS.  158. »  <)  Mann,  U,  224.  ~  *)  IV,  1$6.  —  «)  Tajnav.  in, 

8Ml  »1.     *)  )L  n,  98.  ^  •)  IC  IQ,  16.  ^  0  ^  QX«       ^  ")  Bspp, 

AidKk.  B.  &  4.  ^  •)M.  IT,  85.  —     BeinsiKl,  m^n.  S07. 

S  t37- 

In  Bezieliung  auf  midcre  Mensckeii  wird  den  Indiern 
grösste  Friedfertiglceit,  Geduld,  Sanftmutliy  ^'acbgiebigkeit,  Be- 
scheidentieiiy  HOflichlceit,  Ehrerbietung  vor  Älteren,  und  Wahr* 
baftigkeit  sar  Pfliebt  gemaobti)  Gaatfrenndacbaft  gagen 
Fremde*)  nndWoIilthätigkeit  gegen  Arme')  aind  heilige  Pflichten. 
Feindealiebe  ist  unbekannt,  und  die  Hymnen  der  Vedea  aithmen 
oft  fi^ltiienden  Hass  gegen  die  Feinde;  indess  geben  dieEfien  und 
die  Dramen  auch  Beispiele  von  Edeliiiutli  ^egeuFcinde  und  noch 
mehr  von  l.interer  Ehrenhaftigkeit.  —  Aber  alle  jene  Togenden 
ermans^eln  dejinoch  der  wahren  I^iebe,  sie  rulieii  mehr  auf  äusse- 
rer Gesetzlichkeit,  auf  Biiligkeit  und  Gerechtigkeitssinn,  auf  der 
weiblichen  Vorliebe  für  ungestörten  Frieden ,  für  die  Stille  der 
fiirgeiüchkeit,  als  aof  eigentlicher  persönlicher  Liebe*  Rechte 
Liebe  ist  nur  da,  wo  die  PeraOniiehkelt  wahrhaft  mm  Bewnset- 
sein  gekommen  Ist;  dieses  fehlt  aber  in  Indien.  Der  Mensch 
wnrvl  nrnt  als  Natnrwesen  geliebt,  and  steht  in  gleicher  Reihe  mit 
den  uugeistigen  Natnrdingen.  Nicht  das  Persftnlldie  Im  Men- 
schen wird  geliebt  und  gcachlet,  sondern  nur  das  in  allen  Men- 
schen gemeinsam  vurliandene  Naturrein,  das  Gegentheil  der 
Persönlichkeit.  Dass  der  Andere  ein  Zweig  von  demselben 
Baume  ist,  von  dem  ich  bin,  das  giebt  ihm  Anspruch  auf  Mitleid 
«nd  Gerechtigkeit,  nicht  aber,  dass  er  eiBYon  mir  verschiedenes 
petadDÜches  Dasein  hat. 

Ohaehm  hat      bufier  wenig  Sin»  £&r  41«  OeselMiafti 


464 


einsam  ist  ilev  Weise  und  nur  mit  dem  Br?»linia  beschäftigt;  Ton 
semein  eignen  Dasein  in  Verachtung  und  Schinerz  abgewandt, 
kann  er  keinen  Werth  auf  die  Beziehung  za  andern  legen;  je 
mehr  sich  der  Mensch  in  steh  selbst  aarückzieht,  je  weniger  er 
durch  die  Banden  der  Liebe  an  andere  gefesselt  ist,  um  so  aiher 
ist  er  seiner  Befreiang* 

Und  wie  die  Plltehten  der  einzelnen  Kasten  versehiedea  sind, 
so  auch  die  Pflichten  gegen  dieselben;  derBrahmane  ehttetse 
Kuh  mehr  als  einen  ^udra;  es  giebt  hier  keine  Menschenrechte, 
nur  Kastenrechte ;  der  Indier  hat  schlechterdins;s  keine  Pflicht 
gegen  den  Menschen,  sondern  nur  gegen  den  lirahmanen,  den 
Xatrija  etc.;  und  was  er  allen  Menschen  schuldig  ist»  das  ist 
er  ganz  ebenso  den  Thieren  schuldig. 

„Niemand  beleidige  den  Aadero,  weder  in  HandloogeD  noch  in 
Gedanken;  niemand  spreche  ein  Wort»  welches  seinen  Nichsleo 
.  betrilben  könnte;  —  man  ▼ermeide  es,  irgend  ein  lebendes  Wetm 
XU  betrflben/'*)  — >  0ie  Friedfertigkeit,  die  Sanffanutfa,  der  strenge 
Gehorsam,  der  noch  heute  den  Indiem  nachgerühmt  wird,  istfw- 
hunden  mit  zartem  EhrgefElhl;  der  Sinn  für  Gehorsam  ist  nicht 
Knechtessinn ,  sninJeri)  weiblicher  Ordnungssioo;  während  beiden 
englischen  Soldaten  in  Ostindien  die  körperliche  Züehtii?iifi!r  noch 
unentbehrhch  scheint,  ist  sie  bei  den  iodischeo  Truppen  der  eagÜ* 
sehen  Regierung  abgeschafft. 

In  Beaiehung  auf  Bescheidenheit  und  Höfliddceit  gelieo  die  Ge* 
setsbacher  genaue  Vorschiiften;  jeder  Mensch  aus  einer  oiederea 
Kaste  soll  Ehrerbietung  beseigen  den  Höheren;  und  der  Säagm 
'  Tor  dem  Alteren;  indess  wird  auf  die  Achtung  vor  dem  Alter  vid 
weniger  Nachdruck  gelegt  als  bei  den  Chinesen;  dem  die  fifkeoat- 
iiiss  und  nicht  das  natürliche  Alter  bestimmen  hier  des  Mensches 
Werth;  und  Megasthencs  herirhtetc  schon:  „Sie  zollen  dem  Altw 
der  Greise  keine  höhere  Ac}ltl^l^^  wenn  sie  nirht  durch  Weisheit 
hervorragen 0)  die  Gesetzbücher  sind  über  die  Ehrfurcht  vor  deo 
Greisen  sehr  schweigsam,  während  sie  wohl  hervorheben,  dasi 
ein  erkennender  Brahmanenjftnglkig  höher  stehe  als  ein  nicht  eikeo» 
nender  Gicis  [S.  384]. 

mEIs  Brahmane  sage  Immer  die  Wahrheit,  aber  er  sage 
Dinge,  welche  gefallen,  und  spreche  nicht  uaangeoehme  Wahr* 
heiten  aus;  indess  soll  er  auch  keine  vortheilhafte  liüne  sa* 
gen."*')  —  Die  Griechen  rühmen  die  Wahrhaftigkeit  und  Ehr- 
lichkeit der  Indier;«)  ebenso  sagt  Marco  Polo:  ,,Dic  Bralirulneu 
sind  die  besten  und  ehrenworthesterj  Kaufleute,  welciie  mau  liuden 
Icaoo;  durch  nli^ts  kOnneo  sie  veranlasst  werden,  eine  Unwahrheit 


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465 

2tt  Mgeii,  mIM  wenn  ib?  Leben  davon  «bbaage.  Wenn  ein  frem- 
der Kanfniaiw«  Hofcvndig  der  Landengesefse,  einem  derselben  die 
Besorgung  seiner  GencfaSfte  anvertrant,  ao  wahren  die  Brabminen 

seine  Güter,  verkaufen  sie  und  geben  redliche  Ixeciieuschaft  über 
den  Fortgang  des  Handels,  i^obei  sie  den  \  orlhcil  des  Fremden 
auls  eifrigste  wahrnehmen,  und  keine  lielobuiini]^  für  ihre  Mühe 
nehmen,  wenn  man  ihnen  nicht  Irciwiilig  ein  Geschenk  macbt.^*^)  — • 
l>iesein  Charakter  den  Volk«  widerapricbt  es  natürlich  nicht,  ivenn 
wir  io  den  Dramen  von  einer  grossen  KnnatfertigiLeit  der  Diebe  und 
einer  fast  ayatematischen  Auabiidimg  der  Dieberei  lesen. 

Attch  dem  Feinde  gegenüber  gelten  die  Gesetse  der  Ehrenhaftig- 
keit; aelbat  imKampfe  gegen  etnenRiesen  mischen  sich  Bhima^sBrfi- 
der  nicht  in  den  furchtbaren  Zweikampf  [8.  448],  und  dem  tapferen 
Feinde  \vir(]  ituhia  iiud  Ehre,  und  dem  S(  liutzüuheiidcn  darf  nichts 
zu  Leid  L^eschehen.'^)  Ein  selbst  iinlHulrK  }it  gegebenes  Versprechen 
soll  heilig  gehalten  werden;  „ist  einmal  der  Schutz  Tcrsprocben,  muss 

» 

ergebalten  werden,  wenogieicfader  Ausganguns  Verderbenbringf 

„Ein  Hausvater  lasse  nie  einen  Gast  in  seinem  Hause  weilen^ 
ahne  dass  er  ilim  mit  der  ihm,  gebührenden  Aufmerksamkeit  einen 
Sitz«  Nabmflg,  ein  Bett,  Wasaer  etc  angel»nteo  hfitte;  •  •  wenn 
der  Gast  ein  Bralimane  iat,  und  nicht  mit  geaiemender  Achtnng 
aufgenommen  wird,  so  eignet  er  sich  selbst  alle  Belohnungen  der 
früheren  Tugenden  seines  Wirthes  zu  [vgl.  S.  461].  Des  Abends 
sende  ein  Hausvater  keinen  Gast  fort,  denn  die  untergehende  .Sonne 
sendet  ihn,  und  er  darf  nicht  ohne  Erquickuiis?  im  Hanse 
ia«seu  werden,  er  mag  nun  zu  gelegener  oder  ungelegener  Zeit 
iBNamcD."  Die  Gäste  mOssea  nach  ihrem  Stande  i»ebandelt  wer- 
den; aelbst  yudraa  mflsseo  gastlich  aufgenommen  werden ;  ist  der 
Gast  ein  Bratunaoe,  so  darf  der  Hansvater,  obgleich  seihst  ein 
Brahmane,  nur  essen,  was  der  Gast  fibrig  ISsst 

Es  ist  nicht  die  Selbstsucht,  sondern  die  Entsagung  gefflhmt« 
wenn  Mann  sagt:  „Man  Termeide  sorgfaltig  jede  Handlung,  welche 
von  der  UnterstLitzuni;  eines  Andern  abhängt;  al^cf  man  bestrebe 
sich  solcher  Handlimi^en,  welche  von  uns  aliein  abhängen;  alles, 
was  von  einem  Andern  nbhängt,  verursacht  Leid." 

Derselbe  Indier,  der  gegen  seines  Gleichen  sanft  und  liebevoll 
ist,  und  der  für  die  kleinsten  Insecten  sorgendes  Mitleiden  hegt, 
sdieint  kein  Geftthi  filr  die  rechtlosen  Kkssen  an  haben.  Wird 
schon  der  f  ndra  hamn  wie  eb  Mensch  bebandelt,  ao  steht  der 
Pari  ah  faat  unter  dem  Thiere«  Die  Pariah  sind  von  aller  Obrigan 
mAMiehlMshen  GessUschalt  ansgeadilosaen,  nie  mnissen  fem  von  den 
Ortschaften  ihre  Hütten  haben,  dürfeu  nicht  aus  dem  Brunnen  eines 

Ji.  sa 


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4M 


Miera  icMpfeD,  «ad  Um  eigoeo  Qnellan  wMmM  «v  Wammg  flir 
Andere  mH  ThlericDoebe»  elo^fAMC  fleh.   Ve?  einem  Brahmteeo 

muas  er  schon  von  weitem  sich  /.urückzieheii ,  denn  wer  zufallig 

einen  Pariah  berührt,  seihst  ein  f  udra,  niuss  sich  durch  Badeo 

reinfs^en:  er  darf  in  kein  Hans  einrs  indter«?  eiutreten  und  nicht  aus 

dem  VVassergetass  desselben  trinken;  uuü  kein  iudier  würdo  einen 

in  Todesgefahr  schwebenden  Pariah  zu  retten  sieb  nnterfangen. 

Jeder  Europäer  gilt  aUi  Pariah;  und  die  iodiechea  Diener  der  fiog- 

ISader  koefaen  eleh  ininier  ibr  Eaaeii  abfeModerti  und  weiM  eio 

Fremder  Ibrem  Heerde  nabe  keaunt,  werfen  sie,  aelbet  Un  grteetao 

Hnnger»  das  dadnrcb  mpeatete  Eseen  forti*)  Ab  ein  knibver- 

hnnf^ertes  BetteHrelb  wen  einer  EnglSnderin  ein  Stflck  Brot  crbielt, 

brückeite  .sie  von  dcnisi'Ihen  sorgfuUig  alles  ab,  Hab  et»a  von  der 

Unreinen  berührt  sein  kunnte. 

>)  Manu,  n,  119  £f.;  1&4;  X,  63.  —  •)  Manu,  IV,  29  ff.;  Tajnar.  I,  107.  ff. 
—  •)  Manu,  IV,  J26  ff.  —  ♦)  Manu,  II,  161;  IV,  238.  —  »)  Orlich,  ReU«, 
I,  aee.  268.  —  •)  Mt-g.  fragm.  27,  9.  —  ^)  Manu,  IV,  138.  —  »)  MeKasth.fr. 
27,  L  —  •)  Marco  Polo,  III,  c.  22.  —  »•)  WiUon,  Th.  d.  iL  I,  142.  - 
11)  Ebeiid.  n,  182.  —  >•)  Ebend.  I,  274.  276.  —  Hricfachik.  in  WÜmo*! 
ThMter  d.  H.  i  900.  —  >  •)  Mann,  IV,  29 ;  m,  100. 104. «*)  K.  HI,  107-^111. 

IL  IT,  197.  —  »0  taamt.  BiiM,  I,  47.  —  ••)  Orücb,  Bukt» 
I,  IM.  «77. 

Eben  SO  hoch  wie  den  Menschen,  zum  Theil  selbst  hölier, 
mnss  der  Indier  alle  Naturdinge  lieben  und  ehren;  sie  sind 
dem  Menschen  ebenbürtis;,  sind  Fleisch  von  seinem  Fleisch, 
und  tragen  ebenso  wie  er  das  Jürahma  in  sich,  wie  sie  ja  auch 
in  der  Seelen waademiig  vdUig  in  das  Bereich  des  menschlichen 
Lebens  hineingcsogeo  werden.  Alias  Natnrsein  fordart  die 
aarteate  Schomug^  und  eia  Brahnane  soll  auch  niehl  dne 
ErdachoUe  ohne  Grund  aerbreolieii.  i)  Ein  Thier  darf  eigendldi 
nur  anm  Opfer  get94ltet  werden 9  vad  wn  solches  Fleisdi»  too 
welchem  den  Göttern  gespendet  worden ,  darf  gegessen  wer- 
den. Die  Gesetze  wurden  spater  immer  ütrcnger,  und  sclion  bei 
Manu  wird  Enthaltung  von  allem  Fleisch  als  besonders  fromm 
gelobt;  indess  wurde  dies.s  nicht  p;efordert,  nnd  nur  von  den  stren- 
geren Brahmanen ,  natürlich  vor  allem  von  den  Asketen ,  aus- 
gefibt.  Irgend  ein  Thiery  selbst  das  geringste,  zwecklos  tödtea» 
ist  ein  sdiwer  an  bfissender  Fre^el^  und  den  lebenden  Weaea 
wohltlMDi  eine  hohe  Togead«  Diese  airtliche  IM»  des  Indien 
wä  den  Nstorwesen  aehrt  aber  seme  Liebe  wini  Measdien  bedea- 
tend  auf;  er  hat  die  Blensdieidklassett  ndt  den  Natarweaen  baat 
gemischt,  und  die  niedrigsten  Menschen  sind  ihm  nur  noch 


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4OT 

redende  Thier«,  Besonders  heilig  gehalten  wurde  die  Kuh, 
ein  Srotibild  der  Fruchtbarkeit,  die  Helferin  des  AekerlNiueSy 
die  ÖpeAderiu  der  zum  Opfer  dieneudeu  Butter. 

„Kein  Leid  anthaeod  den  lebendfgeD  VVeaeo  gelangt  man 

n  dkm  huebsten  Ziel"*)  ,,Wer  euen  £sel,  «io  Pferdt  eia  Ka- 
ned,  €iMO  Hinrah,  «Im  Ekpliavt,  etae  XAtge,  «i»  Sctef,  aiMn 
FiMii,  «Im  fifriihiige  ote  «Imd  Biflel  «Mal,  wird  mit  Abs- 
•Ii— Bg  in  eine  aiadrige  Kaste  bestraft;^'  „da  laseot,  «iaen 
Warn  «der  eiaeo  Vogel  tMten  ist  eine  dem  Diebstabi  gleichste- 
hende JSüntie.***)  „Wer  Thicre  gegen  die  \  orsclirift  tudtet,  wird 
so  Tiele  Tage  in  fürchterlichen  Höllen  wobnen,  aU  das  Thier  Haare 
zählt."*)  ».Wenn  man  einen  Gast  empfangt  unter  (Uw  verordneten 
CerenuiDieQ  und  wenn  man  ein  Opfer  bringt,  darf  man  Tbiere  seh  lach - 
Im»  aber  nicht  bei  jeder  anderen  Gelegenheit;  kein  sweimai  Ge- 
isiaer  darf  irgaaA  eiaea  Mard  aa  eiaem  Tbiere  begdiea  obae  die 
Verseliiift  der  Vedea,  selbst  aicbt  im  Faile  der  Netb;  wer  bein 
lebeDdea  Wesen  gefangea  failt  oder  tOdtet,  «ad  daa  Wohl  aller 
Cfeatarea  erstrebt,  geniessl  danernde  GIfickaeligkett««»)  TOdtung 
TOD  Tbiereo  erfordert  schwere  Bassen;  für  einen  gctüdteten  Papa- 
gei muss  der  Schuldige  an  die  Brahmanen  einen  zweijährigeii  btier 
geben,  für  einen  Habicht  eine  Kuh  etc.jo)  „wer  tausend  kleine 
Thiere  getudtet  hat,  welche  Knochen  haben,  oder  eine  ü.arrc[]- 
iaduDg  voll  knocbenloser  Tbiere^  muss  diesellie  Busse  thuo  wie  liir 
des  Mord  ehies  (udra.**'')  Wer  an  der  Tudtung  eines  Tbteras  aaeh 
aar  mitfenit  betbeiligt  ist  dareb  Beibillb  oder  Beiatimmmg  oder 
Kaif,  mass  taelbe  Bosse  tfam.  wie  der,  weleber  tftdtat«)  ^ 
Wbsd  die  Criechea  bericbitea,  dass  Ftirsteo  grosse  Jagdea  abbiel- 
teo,  so  besieht  sieh  diess  aualdwt  allerdings  nar  auf  den  Faag  von 
Elepbanten  und  auf  das  Tudten  von  Kaubthieren,  indess  erzählen 
die  Dichtungen  doch  oft  genui?  auch  voti  Jagden  aul  Kehe,  Gazellen 
und  andern  harmlosen  Thieren, bisweilen  mit  tler  Rüee  de«  Un- 
rechts. >')  Die  Strenge  des  Gesetzes  wurde  also  wohl  nicht  immer 
beachtet.  —  Marco  Polo  berichtet  von  den  Indierri,  ,,ste  berauben 
kerae  Creatur  ihres  Lebens,  selbst  nicht  eine  Fliege,  eioea  Flob 
oder  eiae  Lsas,  deoa  sie  glaabea,  dass  sie  eise  Seele  babea.^ 

^Jler  awelmal  CMborae  ealbaite  aidi  jegUcber  Art  des  Fleisebes; 
wer  beb  Fleiseb  isst,  erwirbl  sieb  Liebe  ia  dieser  Welt,  qd4  wird 
fea  keiner  Kraakbeit  belallen.  Es  giebt  «ater  dea  Steiblidma  bei* 
oen  grSsseren  Sünder  als  den,  der  sein  eignes  Fleisch  zu  vermebren 
sucht  durch  das  Fleisch  anderer  Creaturen,  ohne  vorher  die  Manen 
ond  die  Gotter  zu  ehren.  Derjenige,  welcher  hundert  Juhre  iiin- 
doreb  jilirlicb  das  Rossopfer  bringt«  aad  detjeuige,  weicher  sein 

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468 


Leben  lant;  kein  Fleisch  isst.  werden  j^le'ichen  Lohn  (ilr  ihr  Ver- 
dienst empfanden,  Es  wird  niirh  im  .ludern  Leben  dasjenige  Wesen 
auffresseu,  desaeo  Fleisch  ich  hier  C£»se.  ist  zwar  nicht  äüude. 
Fleisch  ca  eMen,. .  die  Neigung  des  Menschen  fuhrt  dahin,  aber 
«ich  dessen  zu  enthalten,  ist  verdienstlich/*")  kana  ädi 

nicht  Fleisch  ▼erachafTeD,  ohne  den  Tbieren  Scfaaen  wa  bereiten, 
«od  die  Tedtan;  eines  Thieres  ▼eracMiesst  den  Zugang  nu  GlOdc- 
neÜgkeilt  dämm  enthalte  man  sich  Tom  Fleisdk^^i*)  „Ein  awei- 
mal  Geborner  darf  Fleisch  essen,  wenn  es  snm  Opfer  gespendet  nnd 
durcli  die  (icltete  geheiligt  ht,  oder  wenn  es  Brahmancn  ihu 
beissen,  oder  Ix'i  religiösen  Cerenioiiiei) ,  wnnn  das  Gesetx  es  vor- 
*?chreibt,  oder  wenn  sein  Leben  in  Gefahr  is^t.  '  i»)  — -  Schlarhtereien 
sind  unehrliche  Orte  ,  nnd  von  einem  Schlächter  darf  ein  lirahmane 
nie  etwas  annehmen,  i^)  Zu  Marco  Polo's  Zeit  assen  die  Indier 
awar  Fleisch,  das  Sehiaohten  aber  tlberliessan  sie  den  Mnhi- 
nedanern.i^) 

Ein  Brahmane  darf  nie  eine  Kuh  in  Trinken  stOren,  nie  auf  deoi 
Rücken  eines  Rindes  reiten ,  darf  eise  Kuh  nie  mit  ungewaschesea 
Hfinden  berühren,  und  ,,nie  beleidigen  seinen  Lehrer,  Vater . . . 
und  die  Köbe. —  Eum  Kuh  oder  einen  Brahmanen  betrügen 
Ist  gleiche  Sünde.  —  fn  manchen  Gegenden  verüben  die  voo 
Niemand  gestörten  Aden  den  polizeiwidrigsten  Unfug  in  ungezügel- 
ter Ausgelassenheit,  decken  Dächer  ab,  tirecheo  die  PflaaiCD 
ab  et&,  und  Niemand  wehrt  ihnen ;  sie  essen  gemeinsam  mit  den 
Kindern.  SO)  —  Aueh  Sehhingen  sollen  geschont  und  geehrt  wer- 
den     der  Cffund  ist  aweifelhaft;  Vemmtlningen  liegen  nahe. 

Die  Thiers  werden  aber  aneh  gepüegt;  fromme  Biahmaaeo  llt- 
tem  die  Aber  den  Weg  Inriedieoden  Ameisen  mit  SSncker;^«)  in  Sa- 
rate  sab  Niebuhr  ein  Hospital  für  alte  und  kranke  Pferde,  Kfibe, 
Schafe,  Kaninchen,  Hfibner,  Tauben  etc.,  welche  bis  an  ihren  Tod 
darin  gepflegt  werden  sogar  zahlreiche  Krokodile  werden  in 
Teichen  sorgfaltig  gepflegt  und  mit  Ziegen  etc.  gefüttert  2^) 

„Wer  tragende  FruchtbSume,  Str&acher,  kletternde  Pflanzen  etc. 
abschneidet,  mn^^s  hundert  Crebetc  aus  dem  Rigveda  wiederholen; 
wer  ohne  Zweck  Pflansen,  welche  von  seihst  in  einem  WaMe 
wachsen,  aosreisst,  soll  einer  Kuh  einen  gaonen  Tag  lang  folgen 
und  nur  Ton  ihrer  Blllcfa  sich  niliren;'*^)  und  gerühmf  wird  der 
fromme  Brahmane,  der,  „pflfl«^  er  eine  Bbme  nur,  den  sartea 
Stengel  an  sich  zieht  behutsam,  um  ihn  nicht  rauh  der  Bliithe  zs 
berauben,  der  niemals  mehr  als  eine  abbricht  nnd  unberiibrt  die 
jungen  Knospen  !a8st."'<^)  HocbjHietisch  ist  dto  z.irt)5rh«f*  liicbe  rn 
der  Natur  in  der  /Sakuotala  geschildert;  äakuntala  bat  «Ue  Bäume 


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46» 


der  Einsiedelei  „lieb  wie  eine  Schwester,"  und  sie  c:Iaiibt  sich 

selbst  zu  veri^essen,  nenn  sie  ihre  [iluim  n  vergässe;  und  als  sie 

Abschied  nimmt  von  ihrem  Andacbtshaiae ,  „sie,  die  niemals  daras 

dmebte  selbst  2a  trioken,  wenn  nicht  Bie  [die  Biuaie]  aUznmal  ge< 

tmiBMi  hatteo,  die,  eimrolii  sie  gani  skli  aebmOcIite,  d»eh  m 

ZIrtlicUcelt  fllr  sie  sie  aidb  ehieii  Zweig  gebmdben/'  traiiert  a«cli 

der  AeilftcbtebeiD;  »den  Beb  entftllt  der  Bieeee  Cime,  die  PfaeeD 

bSreo  aef  sn  taue»,  imd  von  dea  Seblinggewlcbeen  fallen  gleich 

Thränen  gelbe  Blätter  ah;"  and  trauernd  hält  ihr  Gazellen weibcbcn 

die  Scheidende  am  Kleide  ie.st.-''') 

•)  Manu,  IV,  70.  —  •)  Manu,  VI.  75.  —  »)  Manu,  XI,  68.  71.  ~  ♦)  Yaj- 
M7. 1,  ISO.—  •)  Manu,  V,  41  — 4r..  —  •)  Maou,  XI,  132  f?.  —  XI,  140.  — 
•)  M.  V,  51.  —  •)  Mcgasth.  k&gm.  27,  17.  18.  —  '«>)».  B.  Sakuntahi  v.  Meier, 
8.  6.  —  >»)  Ebcnd.  S.  8.  33.  —  »«)  IkL  Pulo,  III,  c.  22.  —  '»)  Muuu,  V, 
49—56.  Ä3.;  vgl.  Y^nav.  I,  181.  —  ")  M.  V,  48.  —  »»)  MftllQ,  V,  27;  vgl. 
T^nar.I,  179.--  <•)  M.1T,  89.  ^  ^0  MaMoPolOp  m,  e.  S9.  —  <•)  Mina, 
IV,  59.  7«.  149.  16S.  —  >•)  WOwB»  Tbealer  d.  H.  I,  145.  —  Otlkh,  BriM» 
n,  147.  —  *«>  ICsM,  nr,  »Sr  U6.  —  ••)  OrUcb,  I,  6«.  —  Klsbohr, 
BeiKbeMbr.  u.  Arab.  U,  72.  —  *•)  Orlich,  I,  83.  —  •»)  Manu,  XI,  149,  144.  — 
**)  WilMO,  Theater  d.  JL  X,  948.  950.  —  •*)  Sak.  t.  Meier,  S.  18.  77.  80. 

Dae  Familienlebea. 
§  139. 

Uie  Frauen  Imbeu  zwar  eine  viel  höhere  Stellung  als  bei 
den  wilden  Vülkern;  sie  sind  nicht  mel^r  flie  SlLlavinnen  ohne 
Beeilt  und  Sebiitz,  sie  heben  vielmehr  den  Sohuta  des  Gesetaes, 
haben  Theil  am  Knltui»  können,  aneh  Spenden  Ar  die  Ver* 
slorbenen  nnd  ftr  die  Götter  bringen,  sind  nicht  vor  den 
Mtmieni  nbgeeperrt»  nioht  von  der  freieren  Geselligkeit 
geschlossen,  und  erscheinen  auch  ausser  dem  Hause  nn- 
verschleiert ;  ^)  Achtuns:  vor  ihnen  und  rücksichtsvolle  Be- 
handlung derselben  wiid  von  den  heiii*i;en  ^Schriften  empfohlen 
und  gefordert,  ui»d  vieleßeispiele  zarler  Liehe  und  Anerkeiniung 
der  edlen  Weiblichkeit  geben  die  Epen  und  die  Dramen ;  —  dcn- 
eoch  aber  ist  ihre  Stellang  in  der  Familie  und  in  der  Gesellschaft 
noch  ein«  sehr  untergeordnetei  die  hohe  Achtung  der  deutsohen 
VdUc«r  vor  den  Ffanen  findet  «loh  hier  nicht;  «urlere  Liebe  er- 
•eheint  erst  in  späterer  Zelt;  die  alten  Hymnen  kennen  nnr  die 
sinnliche  Liebe.  Dem  Gatten  oder  den  Brüdern  an  strengetem 
Gehorsam  Terpflichtet,  bleiben  die  Frauen  ihr  Leben  lang  un- 
mündig,  dürfen  selbstständig  nirgends  auftreten;  ja  bei  Manu 
werden  die  Frauen  uüt  einer  aulfallend  ärgerlichen  Gering- 
seh&tuiog  behandelti  sie  sind  da  die  stet«  xiun  Leiohteian  und 


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zur  Üppigkeit  geneigten  VerfülireiTnneii  der  Männer,  vor  denen 
sich  diei»e  sehr  in  Acht  zu  nehiuen  haben;  sie  sind  die  AnstiAe- 
rinnen  des  meisten  Unheils,  haben  wenig  sittUohe  Festigkeit, 
lieben  nur  Mussiggang,  Spiel  und  sinnliche  Lust,  sind  selten 
treu  und  müssen  darum  immer  sehr  sorgfältig  bewaclU  werden; 
die  VedenkejmtBlM  toli  ihneii  TerschlosaeA  Meiben. 

jBDgftevon  wmm  tan  goMÜ^iea  ÜBgMgB  mjtMimwni  «rar 
nidit  entiogen,  aWr  Ar  «McUekBdi  galt  m  fiir  «ie,  nit  Miwen 
vidi  »t  sprecheD;  und  In  dtmDnm&a  vemaidin  «ie  mükH  mit  ihm 
Geliebten  ohne  VennitteloDg  zu  reden.  VerMmAele  Wtnm 
ivaren  in  dem  Urogaoi^e  mit  Mlnnero  weaig  behindert. 

Manuls  Mtsstraueii  sprirlit  eiidi  olt  unzart  aus.  .,MaD  mnss  sich 
bemühen,  die  Weiber  vor  sehlechten  Neigungen  zu  bewahren; 
wenn  sie  nicht  überwacht  sind ,  so  bringen  sie  Unheil  über  ilic  Fa- 
milien."') „Weiber  sind  von ^atur  inimer  zur  Verföhroog  der MiMMi 
geneigt;  wahrlich ,  ein  Weib  kuo  nicht  nur  einen  Thoren,  eonden 
selbst  einen  Weisen  vom  rechten  Wege  ebsiehen  end  ihn  ser  U- 
denseheft  entBsnmien;  daher  mm»  dn  Mann  selbst  nicht  mit  seher 
nächsten  Venrandten  an  einem  ehwamen  Orle  sitaen/'f)  Umbu 
vergleicht  das  Weib  mit  dem  Acker,  den  Hann  mit  den  Saam; 
die  wachsende  PlSanze  gleiche  aber  dem  Samen  und  nicht  dem 
Acker,  jener  also  sei  die  Hauptsache.^)  .,Ein  MSdcheo,  eine  Jmig- 
frau,  eine  Gattin  soll  niemiils  etwas  nach  ihrem  eignen  Willen  thun, 
selbst  niclit  in  Ihrem  Hause.  Während  ihrer  Kindheit  soU  sie 
von  ihrem  Vater  abhängen,  während  ihrer  Jagend  von  ihren 
Manne,  md  als  Wittwe  voo  ihren  Sühnen;  ein  Weüi  darf  mt 
sich  seihst  nach  WillkOr  leitae.«'»)  MeikmMg  ist  Uesbei,  du» 
die  Venchrill  des  KeBg4ii-tse  last  wOrdioh  daitft  «MreiasIhMBt 
[S.  185];  es  kann  diess  sohwerlich  anftUIg  sehk  ^  b  BeaiehBif 
auf  das  CMslesieben  werden  die  fVaven  hi  sptteter  Seit  mit  des 
<^udra  anf  gleiche  Stufe  gesetzt:  ,,die  Weiber  und  die  ^udra  haben 
kein  Recht  an  den  Veda;  sie  erlangen  Brahraa's  Keontniss  nur 
darch  die  Puranrxs  und  ähnliche  Bücher."'^)  — 

In  den  Dichtungen  erscheint  die  Liebe  oft  in  der  zartcistenliie* 
statt,  mit  fenrigster  Oiuth  vereint;  und  diese  gemfithvollen .  an  die 
flrfttelalterliche  Minne  erinnernden  Klinge  hüden  eiaen  grellen  €«e- 
trast  gegen  die  kaüe,  ate  Weiblichkeit  gerhigsehitoendeVwUadss 
fiehtnng  der  Cesttohicher.  Indese  »Isefat  sich  in  jene  »uten,  slk 
ffetaend  geseUiderlen  Gefthle  anch  nanchmit  ein  es  siaik  skm- 
HcherSeg,  das«  unser  Cl<rf)fthl  davon  veiietat  sich  abwendet:  nad 
das  ist  der  grosse  Unterschied  von  der  Minne  des  christlichen 
Mittelalters;  in  dieser  ist  die  Liebe  hoch  emporgetragen  von  der 


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471 


religif^sen  Idee,  i^t  in  verklärter  Reinheit  oft  fast  der  Erde  entrückt, 
—  die  iudi«M2lie  Liebe  bewegt  «icb  aiu»j$erbalb  der  Religion,  welche 
Hr  sie  keiaeo  Rami  gewährt,  ist  rcioe  Natur,  —  darum  aber  auch 
la  stater  Cielbhr,  ans  deo  huchsten  HSbeo  de«  &urtgefuhU  plCtsUcii 
die  «flMiiMta  fimücMwil  ImalMHUtlliMn;  die  Indwcha  Uebe  ist 
«fiie  iMot  acfattlcnide  StäS&Mmae^  die  awi  den  lieUieliateD  Farben- 
epiel  angeoblUdieb  ie  eineD  edbMtiigee  Tiepfeo  aaeammepflieMt 
Der  Verwurf  übrigens,  den  man  den  ladieni  so  oft  gemacht, 
dass  sie  in  Wort  und  Bild  das  Obscüne  liebten,  gebührt  um  dem 
spätesten.  geHunkeneii  Geschlecht;  die  syrnbolischen Bildwerke  an- 
stosiiiger  Art  sind  alle  dem  älteren  litilien  fremd;  und  oft  scheint 
aelbst  des  Beschauers  i^ohÜduiig  das  Obacuae  erst  gescbaffea 
av  haben. 

^)  YiynsT.  I,  86.  253.  —  R^inaud,  Mem.  sur  1'  Inde,  p.  233.  —  »)  Manu,  IX,  5- 
—  *)  M^nt!,  n,  213.  —  »)  M.  IX,  33.  —  •)  M.  V,  U7. 148;  Tgb  YnjiL  1, 85.  — ')  B« 
Barnoof  Bhaj^vata  Furana,    pr(U»  p.  20. 

f  140. 

Bei  der  Ehe  hat  der  brabmaBkiche  Indier  wie  in  seinem 
gaiizcii  praktischen  Lebcii  einen  zweU'acheu  Standpunkt  dei  Auf- 
fassung. In  der  vollen  Schärfe  der  indischen  Idee  muss  der 
Indier  die  Khe  jedenfalls  als  etwas  l'nreclitnnissiges  zuruck- 
weiaeiiy  denn  durch  sie  wird  die  Welt  der  Unwahrheit  anerkaiiBt 
wmd  yermebrt;  aller  Kult  will  ja  daa  wirkliche  Dasein  iu  seinen 
Ursprung  zurückrollen  und  aufldsen ,  die  £be  aber  hält  an  der 
WaMiait  dea  eiaaeliien  Daaeiiia  ISatt  aod  wiU  aeoea  Daaein 
acfcaüan»  Datan  wmm  folgaviobtig  der  firomma  Aaket  aaf  die 
Ehe  ▼eiaiahten,  mnaa  Gatda  und  Kinder  iHr  inuaar  ▼erJaaaen* 

Aber  die  Wahrheit  wird  nicht  mit  einem  Sehlage  gewonnen ; 
sie  wird  nur  durch  verseliiedene  Stufen  hindurch  errungen ;  da& 
Entsagung&leben  tritt  erst  anf  der  letzten  und  hüchstenStufe  des 
frommen  Lebeni»  in  sein  volles  Recht,  auf  den  vorhergehenden 
gilt  noch  nicht  die  volle  Forderung  der  Weisheit;  da  hat  daa 
FamiUenleben  noch  seine  rechtmässige  Geltung,  aber  eben  nur 
eine  yoriibergehende«  Auf  dieaen  früheren  Stufen  des  llaila- 
wa^aa  gib  die  £ha  aogar  £nr  ame  holia  aad  hciliga  Pflicht»  und 
eiaea  Solmea  Eraeogaag  ala  daa  hlkdiala  Erdenglualc«  In  dar 
Voilialla  za  dam  fileiligthnm  der  hOohaten  Brahmanenweiaheit 
haben  noch  die  Götterbilder  der  Familienfreude  ihre  Altäre. 

ist  einmal  als  eine  vorübergehende  Stufe  die  iuhc  zu  Hecht 
anerkannt,  so  tritt  im  Geg^enaatz  zu  der  höchsten  Einbeits-Idee 
der  andere  Gedanke  in  den  Vordergrund,  dass  die  Ehe  ja  eine 
Wiadaiäolaag  dar  Walteneagiiag  iat.  Wia  £rahiaa  aaa  aich 


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selbst  herausging,  und  in  der  Wek  eich  wieder  eia^lc»  loer- 
zeugt  der  Vater  sieh  selbst  im  Sohne  wieder.  Diesen  Cfedanken 

nimnit  der  Indier  sehr  enist,  und  durch  iliii  einpfanfi,!  die  Kiie 
eine  li<die  ,  last  sacraiiieiiiale  Weihe.  Der  Sühn  veriialt  nith  zum 
Väter  wie  die  Welt  ziidott;  und  wie  dicWelt  das  Götth'che  selbst 
ist,  nur  in  einer  anderen  Form,  so  ist  in  dem  Sohne  der  Vater 
selbst  von  nevem  geboren,  und  wird  so  in  fortgehender  Ge* 
'  schlechtesfolge  unsterblicli.  Der  pantheistische  Gedanke  klingt 
aaeh  sehrhell  in  demBegriff  der  £he  wieder.  Selange  der  indier  die 
Welt  noeh  als  wtrkHeh  ansaerkemien  vemagi  so  lange  hat  ihm 
anch  die  Ehe  eine  heilige,  die  Weltenengong  in  sich  trageade 
Bedeutung;  und  die  indische  Weisheit  gestattet  die  Anerken- 
nung der  Welt  dem,  der  noch  in  den  Jaliren  der  Juii;endkraft  ist, 
gestattet  ihm,  von  den  reineren  Freuden  des  Daseins  zu  gemes- 
sen, —  aber  in  den  Jahren  der  ^er(  iften  Krkenntniss  muss  jedes 
farbige  Bild  des  Lebens  fallen  vor  dem  Gedanken  dessen,  der 
dem  leeren  Räume  gleicht»  Die  durch  den  religiösen  Grundge- 
danken Aber  die  Ehe  ausgegossene  Weihe  giebt»  in  Verbindang 
mit  der  dem  Indier  eignenden  Gleniäths-Innlgkeit,  dem  FamiiisB- 
leben  eine  hohe  WtanCf  und  in  den  Dichtangeu  spiegelt  sieh  cA 
die  aarteste  Gatten-  nnd  Elternliebe. 

Fortpflanzung  i^t  erhabene  Pflicht,  so  sprechen  die  Brahnt- 
nen."*)  ,,Der  Vater,  welcher  nicht  v^rmRhlt  [die  Tochter*!,  ist  ta- 
delhaft, tadplliatt  flpr(«atte,  welcher  nicht  nahet  [derGattiii  |  :  und 
wer  seine  Tochter  nicht  zur  Ehe  giebt,  der  ladet  bei  jeder  oiunat- 
lieben  Reinigung  derselbeu  die  Schuld  eteer  Tedtmig  der  Leihet* 
firucht  auf  sich.*) 

f,üor  Vater  zahlt  im  Sohn  die  Schuld,  crlnni^l  in  iiiin  Unsterblichkeit., 
Wenn  dnea  Bciigehoram  Sohl»  l«bend'<!:cs  Angcaidit  or  adinaC. 
So  Tiele  Luvt  flr  die  todwpfe  die  Brdc  gicbt,  dw  Twnm  giebi, 
So  vielo  IiBtt  die  WoMor  glÄt^  — sock  maivo  bot  der  Tttac  im  floks. 
Der  Mann  geht  in  die  CSottin  ein  nnd  rabt  nla  Keim  fan  Nnitonehooaa, 
IJnd  wird  von  ihr  als  neuer  Mensch  im  sehnten  Mond  zur  Welt  gebnclli 
\ur  dann  iat  wirklich  Weib  daa  Weib,  wenn  er  in  ihr  f^cborcn  wird, 
Das  Wesen  Ist  erneut ,  nicht  neu ,  das  sie  in  ihrem  Schoosse  trägt. 
Die  Göüer  haben  «ie    <lio  weif^m  .  mif  irrrtfisen  Ehren  nM«<?^'PsrhmÄek|; 
Die  Götter  sprachen  zn  drin  ,M;inri:  v;<'luirrn  null  slo  dirh  lOrt.in, 
Die  Kinderlose  hat  kein  UetiU  liii,  das  fuhlcti  \\  oh\  diu  I  iilcrc  dcIbsL 
Und  daher  kommt  ea,  dass  der  Sohn  dieiMutter  (ludälcUwxster  überragt**^} 

„JHm  [Iq  den  Meefloben  eingegangene]  Unreeen  ist  xdefet  in 
Manne  der  Urketm  oder  beftvehtende  Same,  welcher  die  aea  allMi 
GHedem  den  Leibes  gezogene  Wesenheit  Ist.   Weno  er  Uhi  aaa* 

giesat  b  das  Weib ,  dann  bringt  er  hervor  jeoeu  Keim,  und  so  Ist 


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478 

dessen  ert»te  Geburt.  Der  Keim  wird  eins  mit  dam  Weibe,  md 
seiend  wie  ihr  eigoec  I<eib  y  zerttirt  er  ale  nicht  Sie  pflegt  iiobe* 
voll  de«  MaoBM  eignes  SeUmt»  so  aii%eneinMn  in  eie  eelbei;  und 
dm  ele  ihn  «milirt,  nnMe  sie  tittiicfa  gepflegt  wefden.^)  jtUae 
nur  ist  ein  voUkomnener  Hann,  weUer  ane  drei  Penwnen  lie« 
niebt,  ana  aich  aettiat»  aeiner  GMn  and  aeinem  Sohne;  der  Mann 
wt  mit  seinem  Weibe  nur  ein  und  dieselbe  Person/''') 

Kulthoff,  jus  matriTHonii  vot.  Tmloruin.  ih29.  —  "^^  S?i\vitri.  I,  12  (B(»pp).  — 
*)  Ebeutl.  I,  32.  —  ■•)  Yajuav.  I,  6-4.  -  -  *)  Aitnreya- Bralmuuui,  VII,  13.  v.  U<.»th  in 
Weben  Ind.  8tua.  I,  iö8.  —  *}  AiUre)  a-iUooj.  b.  Wind.  S.  1588.  —  '')  Maou  IX,  45. 

§  141. 

Die  dnrcii  atrengea  Verbot  voii  Verbiadimgen  «nler  Bähen 
VerwaadteD  vor  chleriadber  VerwiMernng  bewahrte  Ehe,  —  in 
welcher  die  Vielweiberei  erianbt»  aber  nieht  dae  GewöhnUehe  iat, 
—  Übst  die  Frav  Iceineeweges  in  der  ehriatlieheti  Bedeutung  der 

Persöiiliclikeit  erscheinen,  sondern  als  fast  unbedingtes  Eigen- 
thüin  des  Mannes;  das  oii  erwähnte  Bild  des  Samens  und  des 
Ackers  [S.  470]  giebt  das  Wesen  der  indischen  Ehe;  der  Ackei 
ist  nur  um  des  Samens  willen  da,  und  dieser  allein  hatLebeu 
und  Werth;  und  nicht  die  Fraa,  sondern  nur  der  Mann  wird  im 
iÜBde  wiedergeborea.  <)  Die  geistig  niedrige  Stellung  der  Frau 
geht  aehoa  aoa  dem  gew5hnlichen  AUaraTerhAUnias  der  Galten 
hcrror;  9,ein  dreissigjähriger  Mann  aoU  ein  M&dehen  von  awölf 
Jahren  hevathen,  and  ein  Mann  Ton  Tienuidswanzig  Jahren  ein 
Mädchen  von  acht  Jahren  acht  Jahre  aind  das  gesetzliehe 
Alter  desM&dchens  beim  Heirathen,  aber  „einem  jungen  vorzüg- 
lichen Manne  von  angentlimem  Äusseren  darfein  Vater  seine 
Tochter  schon  vor  diesem  gesetzlichen  Alter  zur  Ehe  geben. '-^l 
Die  Ehe  ist  ein  rein  bürgerlicher  Vertrag  und  ruht  ganz 
allain  anf  der  Übergabe  des  Midehena  doreh  ihren  Vater  oder 
älteaten  rotonlichen  Verwandten  an  den  Rfaan«  oder  aaeh  aar 
anf  der  gegenseitigen  Einwillignng;  die  religiöse  Einsegnung  ist 
eine  Neliensaohe;  die  Ehe  and  die  BeiacliUferei  Tersehwimmen 
in  miaader.  Darin  aber  wird  die  Wtrde  Weil>ea  geaehtet» 
dass  der  Vater  für  seine  Tochter  wohl  Geschenhe,  aber  keinen 
fCaufpreU  nelimcii  darf,  nnd  dass  die  Tochter,  welche  das  ge- 
setzliche Alter  bereits  um  drei  Jahre  überschritten,  auch  selbst- 
ständig einen  (intten  sich  wählen  darf;  nur  darf  sie  dann  aus 
deni  elterlichen  liause  nichts  niitnehnien.'*) 

«  DieKasten  mässen  streng  beobaehlet  werdea,  and  die  e  r  s  t e 
vop  afcahfflfftn  GattiaBaB  soU  unnar  aaa  deiadbaD  Kaate  aehi. 


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474 


nur  die  folgenden  dürfen  aus  niederen  Klassen  sein;  wenn  ein 
Braliinane  ein  ^udra-Mädclicii  zur  ersten  Gattin  macht,  so  ist 
er  aus  der  Kaste  ausgestossen;  )  aus  einer  höheren  Kaste  als 
der  des  Mannes  darf  die  Gattin  nie  genommen  seu!»  und  reibst 
ein  König  darf  keine  Brahmaneiitochter  freien« 

Vielweiberei  findet  aidi  «cImni  Iii  den  Hymoeo  des  Rigveda.«) 
Bei  Mana  ist  meist  mir  von  einer  Fien  die  Rede«  «ed  er  empieMt 
dem  Bfssoe,  ,»er  sei  Immer  mit  ilir  aliein  sn&ieden;^'')  aneh  Hsico 
Polo  sagt,  dsss  die  Bralimsnen  sehr  keusch  seien  nnd  snfrleden  m 
Besitze  einer  Wen.*)  Indens  dnd  gesetiUeh  mehrere  Frsnen  g«- 
i«tattet,  urjJ  weuii  diese  aus  verschiedeneo  Kasten  sind,  so  sollen 
ihre  Behandlung  und  ihre  und  ihrer  Kinder  Rechte  nach  ibreniRang« 
Terschiedci)  sein;*)  überhaupt  scheint  bei  mehreren  Frauen  Vcr 
8chiedeabeit  der  ivasten,  alc^o  auch  eine  über-  und  uotergeordoeie 
Stellung  derselben  am  meisten  empfohlen  zu  sein;  der  BrahaanQ 
kann  dann  vier»  ein  Xatrija  drei  Frauen  haben;  der  (ndra  nsM  osr 
eine  Fun,  nsMrüeh  ans  seiner  Kaste  h«i»en|i«)  Wenn  eise 
fndfsffMi  flSr  einen  Bfann  «in  höherer  Kaste  sodi  erhMhl  ist,  m 
wird  sskhe  Ehe  doch  nicht  gern  gesehen. 

Das  in  der  epischen  Safte  Torkonmiende  Beispiel  Ton  VielaSs* 
nerei,  indeiu  dieDraupadi  die  idiii  i^andav  a-Brüder  genieinsamer 
Ehe  hatte,  gehurt  unzweifelhaft  nur  in  das  Gebiet  der  Mytben- 
phantasie;  und  reihet  die  Sage  sucht  dai>  Widernatürliche  dit^eü 
Verhältnisses  dadurch  zu  miidero,  dass  sie  der  Bcasipadi  jedes  der 
fOnf  Bffäder  für  den  fünften  Theli  des  Jahres  als  ansschUesslicbeo 
Galten  gewährt,  nnd  dieselbe  nvlscfaen  jedem  Gnttemrechssl  drei- 
nml  durch  ^n  Fener  gehen  Utast,  wn  sich  for  der  Bintechnndssn 
bewahren.»;  Dsss  hei  4m,  dem  ichten  Indierieheo  sehr  eni- 
fremdeten  Sikhs  jelat  FiUe  TSchesHieD ,  dass  mehrere  Brider  ciie 
Bnhlerio, — denn  Ehefrau  kann  man  dies«  nicht  nennen,  lyesitzeo,)*) 
gehört  gar  nicht  iu  da^»  Bereich  iiidii>€hea  Lebens,  und  ist  wahr* 
scbeiDÜch  ein  von  den  Indo- Skythen  [§  160]  geerbter  Gebrauch. 

Verboten  ist  die  Ehe  und  jede  Vermischung  mit  der  Scfan  csfter 
von  derselben  Matter,  mit  der  Tochter  von  des  Vaters  oder  der 
Matter  Schwester,  mit  der  Tochter  von  der  Mntter  Bruder«  nmli 
einem  hestfanmieren  €knete  die  fihe  eines  Mnnnas  mil VerwiBÜM, 
„dte  Tsn  neinen  Vorfiüuren  der  Hteriichen  oder  irtttlMikhes  Ms 
Us  ins  sechste  Glied  abstammen  oder  denseihen  Namen  mit 
ihm  Mren. ») 

Bei  der  Schliessung  der  Ehe  soll  aneh  die  Reiheuibi^^e  tler  Gt- 
«chwister  heobarhtct  werden,  nnd  wenn  ein  jün^rer  Bru<ler  rniht  i 
aA«  seni  älterer  heiiathet,  so  werden  b^nk  von  der  Thcilnabnif  an 


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m 

den  Opfern  ansgeachlossen;  eben  diess  gilt  von  einem  Mädchen,  die 
vor  der  älteren  Schwester  sich  verehelicht. Die  Sitte,  dass  die 
Mädchen  noch  als  Kinder  verlicirathet  werden ,  cjilt  noch  jetzt  all- 
gemein;  die  Männer  wollen  sich  dadurch  ihrer  Junglräulichkcit  ver- 
sichern; es  kommt  vor,  dass  siebenzig|ilirige  Greise  mit  vierlib- 
rigen  Mädchen  eine  Ehe  sdiliessen. 

Die  Geselsbidier  geben  eebt  Aften  Ton  Ehen  ae,  von  denen 
eber  die  svrei  leisten  der  Brabmeneiihsste  verboten  abid;  die  vier 
enrteB  Arten  anterstiheiden  tkk  ner  wenig  voa  etoanderi  der  Vater 
wiMt  da  selbst  den  Bräntigaro ,  und  fibergiebt  fbni  seine  Toditer 
nnter  bcätimmten  Feif*rli(  Ijkeiteii ;  er  stattet  sie  aus,  cmpfaugt  aber 
hücli(ens  einige  Rinder  zum  Geschenk.  Die  fünfte  Weise  der  Ehe 
besteht  darin,  dnss  der  Bräutigam  sich  da«  Mädchen  iVei  wählt,  und 
ihr  und  den  Eltern  reichliche  Geschenke  nach  Vermögen  giebt. 
^  Die  sechste  Weise,  „die  Vereinigung  etoes  Mädchens  und  eines 
JangUags  in  Felge  gegeaaeitigeB  Wnaaehea,  lieiaat  die  Gaadlmrver- 
Sbe;  aaa  dem  Verlaagea  eatsf^niagan,  hat  aia  die  Freadea  der 
Liebe  aon  Zwecke  der  viteilidie  Segen  iat  dabei  Neheaaache. ») 
Aia  rncUaa  geÜea  die  aarei  leistea  Arten  der  Ehe,  „weaa  ama  eia 
MiddieD  mit  Gewalt  aus  dem  väterlichen  Hanse  schleppt,  nachdem 
man  die  sich  Widersetzenden  getodtet  oder  venvundet«  und 
wenn  ein  V  erliebter  heimlich  das  schlafende  oder  berausdite  oder 
wahnsinnige  Mädchen  umarmt/'  Ffir  unwilrdig  wird  es  erklärt, 
wenn  ein  Vater  för  die  Verheirathung  seiner  Tochter  auch  nur 
das  kleinste  Geschenk  nimmt;  eis  solcher  sei  ein  VeikiaHir  aeiaea  ^ 
iüadea;  aar  die  Oherreichaag  ehiiger  Riader  Iat  geatattet.**)  — 
M  der  Hochseit  fladet  aielat  eiae  Eiaaegaaag  aad  ehi  Opftr  atatt, 
aai  das  CttOck  dar  Oattea  an  aiehm;  Meaa  Iat  die  MMgUl  der 
Ehe  aar  vsa  der  vevtragamlsBigen  (^rgalM  der  Braat  dareh  dea 
Vater  oder  dessen  Vertreter  an  den  Bräutigam ,  und  hei  der  Gan> 
dbarver-Ehe  nur  \ori  der  ge^nseitlgen  Einwilligung  abhängig;^*) 
bei  gefallenen  Mädchen  sind  Einsegnungen  untersagt.  ^2)  Manu  be- 
handelt die  Eheu  unter  dem  Abschnitt  von  den  Contractu  Verhält- 
nissen. Aus  der  ganzen  Darstellung  geht  hervor,  dass  der  Indier 
keinen  wesentlichen  Uotersdded  zwischen  der  Ehe  aad  der  aatdr- 
ÜdMa  Oeachlechtaveibiadaag  MM^t« 

1a  der  Regel  wihlt  aidht  daa  MSdchea  Irel,  aaadeia  der  Vater 
gielit  aia  daeai  Maaae,  ohne  ale  areüer  an  fragen.  Aasest  deai  ge- 
seCalMi  besthamten Falle,  dass  eine  Jotigfiraa  4rel  Jahre  nach  ttirer 
Mannbarkeit  ilie  freie  Wahl  dejs  Gatten  erlangt,  durften  auch  in  älte- 
rer Zeit,  seihstnoch  in  der  Epcnperiode,  vornehme  Töchter  sich  selbst 
den  Gatten  wählen;  die  Freier  wurden  su  einem  Feslmabt  geladen, 


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476 


bei  wcichetü  <las  Madehen  iltrcni  Ervväblteo  eiiicu  Kränz  um  den 
Nacken  wart'  (Nal  und  Uaiuajautt).  '^^) 

»)  Mann  TT.  —  »)  M.  IX,  94.  —  »)  M.  TX,  89.  —  *)  M.  TX,  90;  Yajnar. 
I,  64.  —  •)  M.  m,  14—18;  YAjnfiv  T,  56.  —  •)  Eijfv.  I,  h.  105,  8  (Rosen).  —  ')  M. 
Hi,  46.  — ■)  Marcorolo,  III,  c  22.  —  ')  M.  IX,  P5.  149;  Ynjnav.  I,  .')7. Mmd, 
ni,  12;  Yiynav.  I,  57.—  »')  Boi.p,  AKlsdi.  K.  p.  Xlü;  Draap.  lU,  5.  ~  Baldaw, 
Rwhrcib.  etc.  1672,  S.  r)4f>.  ^  '  )  Oilirli,  Krise,  I,  176.  —  Miinu,  XI,  58. 
170  —  172.  —  M.1UU,  III,  5,  Yajnav.  1.  :»3.  —  M.  III,  154.  160.  171.- 
Sounerat,  Rebe,  I,  57.  58.  —  ")  Manu,  III,  20  —  34;  Y^nav.  I,  58,  ff.  —  »•)VgL 
Saktint.  8.  60.  —  •«)  1^  ni,  51.  6S ;  IX,  M.  —  •>>  IL  Y,  IM*  —  IC  VUl,  SS€. 
»  «>)  WQfQii»  TbMMr    H.  1, 396. 

S  14«. 

Ab  Muster  der  indischen  Ehe  mu^s  die  der  Brahmaueii 
betrachtet  werden ;  da  sind  »dion  Där  die  \\  abl  der  Gattin  sehr 
bestimmte  Varordoangeii  gegeben,  und  die  Gesetze  sorg;cn  nit 
Canteoliaft  äog^Uielier  Sorgfalt  dafür,  data  eiim  BrahiaaM 
Gatda  untadalig  sei  an  Kdr^  aod  Geiat  «ad  Sittes« Die  Ehe 
soll  itt  strengster  Ehrbarkeit  geflUirt  werden,  die  Ar  die  Brali- 
manen  bis  in  seltsam  kleintielie  EinaeUieiteii  hinein  verge- 
tjchni^beii  ist;  selbst  die  physische  Erfüllung  der  ehelichen 
Pflicht  unterliegt  der  strengen  Bevormundung;  des  Gesetzes. 

Strena^ste  ünterwärfigkeit  und  unbedingter  (iehorsanu  selbst 
gegcu  den  wunderlichen  oder  unsittliciien  (hatten,  und  Treue  i 
bis  in  den  Tod  und  über  dea  Tod  hinaus  ist  des  Weibes  hei-  I 
llgste  Fflieht>)  Die  Witt  wen  müssen  ihrem  Gatten  kemebe 
Traoe  bewahrans  unwürdig  and  verabsohent  ist  die  Wittwe, 
die  einen  awaiten  Gatten  nimmt»  geringgeaehätat  die,  die  ihren 
Gatten  keine  Kinder  gebaren«  —  Das  Verbrenn  en  der  Wtttwei 
ist  noeh  aa  Mana's  Zeit  gana  nnlielLanttt,  hat  aber  in  spttwer 
Zeit  eine  tra2;isch- grossartige  Entwickelung  genommen.  Wählt 
eiiu!  W  ittwe  aber  nicht  den  Flammeijio<] .  so  i^it  sie  zu  steter 
sti  e[i^st(  r  Zurückgezogeuheit  und  Entsagung  auf  alle  Freuden  i 
verpilichtet.  ^)  ' 
Ein  Brahroane  soll  sich  kein  Weib  tvählen  aus  einer  Familie, 
die  ihre  reUgi^feeo  Pflichten  verabsianit,  in  welcher  die  Vedea  nidit 
gelesen  werden  etc.,  kein  MüdcheO)  weiches  dickes  Ussr  saf  «ka 
KSqper  hat,  oder  zur  Schwindsucht,  Epilepsie,  Aasssts ,  soUediter 
VecdaBasg  etc.  neigt»  oder  welche  rOthliches  oder  xa  wenig  Uku 
hat  oder  irgend  ein  ungestaltetes  Glied,  oder  die  von  Natar  kritak* 
lieh  ist  oder  sehr  geschwätzig,  die  entzündete  Augen  hat,  dertn 
Name  unangenehm  klingt  oder  eine  garstige  Bedeutun«^  liat  ;  er  snW 
sich  vielmehr  ein  Mädchen  wähieo  von  tadelloser  Gestalt,  vou  a» 

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477 


geDebmem  INamen.  deren  ZSfin«'  u\r]\i  /.n  uross  und  deren  Kürper 
sehr  weich  ist,  „deren  Gang  voll  Anstand  wie  der  eioes  Flamingo 
oder  eines  jungen  Eleplianten  ist;  ^)  noch  jetst  werdeo  di«  Töchter 
bmI  Sdhoe  Miseher  Föraten  im  Gaoge  eioes  filepliMliti  uiter- 
ridiCat«) 

Achtung  aid  sarle  Behaiidliiiig  der  FnieD  wird  etreog  eupM- 
leit.  „WeoD  die  Fmaen  io  fihreo  gdMilten  vrerdes,  da  ist  Wohl- 
gefidien  der  OVtter,  aber  wo  sie  vevaciitet  werdeo ,  da  eiad  alle 

Kaltusbandiungeo  vergebiich;  wenn  die  Frauen,  denen  man  nicht 
die  gebührende  Achtung  erwiesen  hat,  über  nrn  ilaus  einen  Fluch 
aussprechen,  so  eeht  es  mit  allem,  was  da/u  tijehört,  unter;  daher 
müssen  IVlantier,  weiche  reich  werden  wollen,  die  Weiber  immer 
mit  Schmuck,  Kleider  und  Nahnii^  versorgen/^ 

0er  Mann  soU  «icli  aeioem  Weibe  zu  der  för  die  Schwaageiiaeliaft 
geeigaeteatea  Zeit  alhem ;  aa  aedia  iNieklen  in  jedem  Momte  iat  die 
Umarmnag  ooteraagt;  wegea  KwwwMitfit  beUt  wevdea  aber  die 
Mioaer,  die  ancfa  aoch  to  aodera  aebtNKabtea  aioh  eatbattan;') 
wibrend  ibrer  monatlieben  Reinigung  mnm  der  Mann  die  Frau  an- 
berührt  lassen,  iiiui  dait  niit  ihr  nicht  aui  demselben  Hett  schlafen, 
ja  soll  mit  ihr  dann  selii^t  nicht  reden. Ein  lirahnidiie  soll  mit  - 
seinem  Weibe  nicht  aus  derselben  Schüssel  essen,  soll  sie  nicht 
aoaeben,  während  sie  isst»  gäbst  oder  io  oacblfiMuger  ätelluag  • 
■ital«  eatblösstist  etc.^) 

^Oegeaaeitige  Treae  bm  aa  dea  Tod  ist  die  bOebate  Pflicbt  bei- 
der GaÜea«*«»)  ,,Ibrem  Maane  aoll  ela  Weib  mit  Acbtnng  tbr  Le- 
bea  laag  dieaaa  und  llmi  aacb  nacb  aeinam  Tode  aocb  aaiiiagea}  — - 
nad  wenn  aaeb  der  MaaB  aleb  tadeloawertb  betrage  and  aaderer 
Liebe  steh  zuwendete  nnd  guter  Eigenscbaflen  ledig  wire,  so  soll 
ein  tugeiKlliaft t»s  Weih  ihn  dennoch  immer  wie  einen  Gott  veieliren; 
sie  darf  niclits  thun^  was  ihm  misüstaüt,  weder  bei  seinem  Leben 
noch  nach  seinem  Tode."  ^o)  ,,  Der  Gattin  höchste  Pflicht  ist  es, 
eine  ewige  auf  der  Welt,  dass  sie  das  Leben  aafopfore,  wo  es  des 
Gatten  Wobi  erbeischt."  i^) 

Die  GattiB  war  aber  dem  Maaae  gegenüber  beiaeswega  recbt- 
laa^  aad  nicbt  aeiae  Skbvifl;  die  Dicbtnagea  der  ftlteatea  wie  der 
apitoraa  Zeit  gebea  ibr  eine  ehraabafte  SteUaag  na  Uaaae»  ja  in 
ebiem  Drama  wirft  sieb  eia  voa  seiner  Gattin  bei  elaem  Idelieaabea« 
fever  überraschter  Konig  ihr  zu  Füssen,  und  mnss  mhig  7,usehen, 
wie  sie  seinen  Freund  und  Helfershelfer,  einen  Hrabmanen^  an 
einem  JStricke  um  den  Nacken  davonschleppt  und  einsperrt. 

1>fe  Wittw  e  ist  zu  strenger  Treue  gegen  ihren  Mann  verpflich- 
tet. ^)   Von  den  Opfern  als  nawlirdig  aasgescldoasen  ist  der  iSohn 


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m 

wnA  d0r  Bli6tt>iiii  6h€v  iwb  swvilMi  Miil  veriMnUbtfteu  Vtin*'*) 

„Eioe  Wittwe  spreche  nie  auch  nur  den  Namen  eines  uiidern  Man- 
nes aus;  eine  Wittwe,  welche  sich  sjanz  konsch  erhält,  geht  ijradc 
Elim  Himmel  ein,  seihst  wf-nn  .sie  kinderlos  wäre;  aher  eine\Vittwe. 
welche  aus  Begierde,  Kinder  zu  haben,  ihrem  Gatten  untreu  wird, 
wird  hier  veracbtet  und  tod  dem  himmlischen  Aufenthalt  ausge- 
schlossen, wo  ihr  Gatte  ist;  eine  tageadhafte  Gsttin  liat  in  lEetoen 
Falle  da*  Recht,  eineo  swelIeD  llam  so  neluM;"  dagegen  >»datf 
ein  Bfansy  welcher  Air  seine  gestotbene  Gmttio  alle  LeidMafeiet' 
lichkeiteB  erflillt  hat,  sieb  wieder  iFereheBehen/*  ^Grttse 
Sfinde  begehen  Frauen,  welche  knüpfen  den  «weiten  Bm^,"^) 
Auch  jetzt  noch  ist  es  unerhiirt,  dass  eine  Wittwe,  «elbst  wenn 
sie  noch  Jungfrau  wäre,  wieder  heirathe. ")  Die  aus  diesefi 
Oesetzen  hervorgegangene  Ahnelcjunc;  der  Männer,  Wittwen  7.u 
heiratben,  erleichtert  letzteren  ihre  Pflicht.  Ais  in  neuester  Zeit 
ein  den  alten  Gesetzen  abgeneigter  reicher  Hindu  einen  Piais  tob 
10,000  Rupien  [k  %  Thaler)  lir  denjenigen  Uindn  anssetete»  wel- 
cher dne  Wittwe  eheÜdite»  land  sieb  kein  Beweiher  «n  dlewn 
Preis.») 

Dos  Verbrennen  der  Wittwen  Ist  Immer  IrelwIlKg  nnd  eine  Hand- 
lang hoher  Liebe:  abgeschmackte  ErklSningen,  wie  die,  dass 
durch  diese  Sitte  die  Frauen  abgeschreckt  wurden,  ihre  Minner  /u 
vergiften  etc.,  i»)  haben  viele  Nachsprechcr  gefunden.  Zu  Alexan- 
ders Zeit  galt  bereits  die  Sitte, jedoch  noch  iu  geringer  Aus- 
dehnung; hei  Manu  ist  sie  noch  gar  nicht  erwähnt,  wohl  aber  ia 
den  £pen<<)  uad  in  den  filteren  Dramen.  22)  Wenn  fan  Rig%eda 
einige  Andentangen  des  Wittwenverhcennens  verkonuDen,*^  «• 
sind  diess  wahrscheinlicb  spStere  Znsfttze.M)  Spiter  wmds 
diese  8ltte  InSner  allgemeiner ,  wiewobl  die  Aasdehmmg  demdbei 
vieUacb  ühertiiehen  werde;  nach  amtlkdien  Bericbten  ▼erbnumle» 
sich  in  Kalkutta  und  dessen  nächster  Umgebung  ron  800,000  Ein- 
wohnern von  1815  bis  1823  in  den  einscelnen  Jahren  253,  2bÜ,  442, 
544,  421,  370,  392,  328,  340  Wittwen ;  ■^  ■)  in  anderen  Gegenden 
war  die  Zahl  bedeutend  geringer,  lo  Bengalen  wird  die  Wittwe  mit 
der  Leiche  an  einen  Pfahl  gebunden ,  und  ring«  um  sie  Bambusrakr 
anigescbichtet;  in  anderen  Gegenden  ist  der  Scheiterhaufen  in  etoer 
tieÜBn  nnd  weiten  Grabe,  nnd  die  Wittwe  spibgt  in  die  aoisdcw 
den  Flaonnen;  in  anderen  sitst  die  Gattin  anf  dem  Scheltefbasfcsi 
mit  dem  Kopfe  des  fibegatfen  anf  Ihrem  Scbeosse.**)  Die  bi  feier- 
llchem  Aefirage  nnd  nnter  Mnsik  svm  SeheiteibaiifeB  edweHesdc 
WHtwe  vergiesst  keine  Thränc  und  lässt  keinen  Klageruf  verneh- 
men. Als  einst  ein  Engländer  eioer  aas  der  Feuergluth  wieder  her- 


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4T9 

ausstflrzenden  Wittwe  sidi  annahm,  nnd  ihr  Verbrennen  hinderte^ 
w'urtJe  er  von  ihr  am  fulgeiitlcn  'J  age  mit  den  bittersten  Vorivürfen 
öberhäufl,  dass  er  sie  um  ihre  .Seligkeit  crehrorlit  hal>c,  und  sie 
nun  verJasfien  und  verachtet  umherirreo  müsse.  Bei  der  Lei- 
dMiifeier  eines  Ffirsten  in  Labore  in  nevevter  Zeit  verbrannten  sieb 
?ier  «eiaer  Fmes  «od  sieben  Slcla?inn«ii.  Unter  Masilc  und  Kano* 
neadonoer  wiifdeo  die  Treuen  in  feieilioher  Prooeeeion  berbe^gefiUhft; 
der  Lekhmm  war  eitsend  siviecben  hoch  an^sebtafte  Heliecbidbten 
gebiuidev.  «»Zwei  der  Fnmw,  erst  eecbneba  Jabr  alt,  ven  bin- 
reieeender  SehOnbeit,  acMene»  eelif ,  Ihre  Reise  vom  erstell  Male 
der  Menge  üfTentlich  zeigen  zu  können.  8ie  nahmen  ihre  Icostbareu 
Juwelen  ah,  verschenictcn  sie  an  ihre  Freunde,  Hessen  sich  einen 
Spiegel  gehen^  und  girtgen  langsamen  Schrittes  in  die  Feuergluth, 
bald  in  den  Spiegel  sehend,  bald  die  Versamnilung  aDblicicend,  und 
da]»ei  besorglicb  fragend,  ob  eine  VerUodemag  in  ihren  Gesichts* 
sigeo  wahrzunehmen  sei.  loi  Augeobltclc  waren  sie  von  den  Flammen 
erfasst  und  dnrcb  Hitse  und  Raiieb  erstiekt  Wea%er  freadig  und 
will%  neigten  sieb  die  anderen  Fraven;  es  war  ibnen  der  Scbaner 
aaaiiseben«  der  sie  bebe  AnbHeke  des  fttrditbaren  Elementes  ergriff; 
indess  sie  wnssten,  dass  ein  Entkommen  niebt  möglich  sei,  und  erga*  • 
ben  sich  freiwillig  iti  da«  Iiarte  Schicksal."'*)  —  Nur  die  Wlttneu 
der  Brahroanen  und  Xatrija  pflegen  sich  zu  verbrennen;**)  iu  eini- 
gen Gegenden,  wo  die  Leichen  uicht  verbrannt  werden,  lassen  sich 
die  Wittwen  lebendig  mitbegraben.  ^)  In  den  muhamedanischen 
Staaten  ist  diese  Sitte  gans  vnterdrackt,  w&brend  die  Engländer  sie 
nv  erscbweren.  < 

O  Mann,  BC,  78.  79$  T^jnsr.  I,  77.  —  •)  OMr.  Wae,  Bm.  I,  117. 
•)  ICin,  ft^lO.  —  «)  Orliek,  Heise,  I,  305;  II,  10.  —  »)  Mann, IQ,  56—  59. 

—  •)  M.  in,  4:-.  ff.  ;  IV,  28.  128  ,  Yajnav.  I,  79.  —  »)  M.  IV,  41.  —  •)  M.  IV, 
48—53.  —  •)  M.  IX,  101.  —  »0)  Manu,  V,  131.  —  >»)  Bopp,  Ardsch.  S.  32.  — 
<•)  Retnavali,  in  Wilsons  Theater  d.  H.  U,  175.  —  >»)  Colebrookc,  in  Mise.  Eas. 
I,  114  S.  —  Miiin,  III,  l-^r.  166.  —  >»)  M.  V,  157.  160  —  162.  168;  vgl. 
Yajn.  I,  75.  —  i«)  Ardsch.  B,  v.  Uopp.  S.  34.  —  »»)  Sonne.rat,  I,  6«.  —  »")  Aus- 
land, 1846.  8.  752.  —  >•)  DiiKlor  Sic.  17,  91;  19,  33,  buabo,  XV,  1,  30.— 
•*)  ijtrabo,  XV,  1,  62.  —  •*)  Bopp,  Ardsch,  K.  p.  X;  Lassen,  lod.  Alt.  I,  493.— 
••)Kriehch.  K  Wilson,  Theater  I,  276.  •*)  Colebr.  Mise  Em.  I,  114  ff.  — 
*«)  SaUholi;  p.  91.  ^  •*)  Quaterly  miflw,  1687.  Pebr.;  Bohlen,  1, 801.  —  Or* 
Beiw,  1, 189.  —  «0  Orfieh,  a.  a.  0.  OrHcb,  1, 184;  vgl  18».  190.  — 
8onnnat,|L  1, 80.  —     EM.  81. 

Die  TreniiQng  der  Ehe  ist  zwar  des  Maimee  Reebt,  da  er 

der  Besitzer  ist,  uiid  das  persönliche  Uccht  des  Weibes  noch 
nicht  ericannt  ist,  —  aber  die  W  illkür  wird  doch  dadurch  sehr 


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480 


beiciiriiikty  daM  der  Mann,  der  ahne  triftige  Gründe  Mine 
Gattin  entfiest,  derselben  den  driitten  Tbeil  seines  Vemog« 
geben ,  jedenfiüls  aber  sie  emfthcen  mnss« 

Der  Ebebrueh  wird,  da  die  tiefere  Bedeutang  der  Ehe 

fehlt,  nur  als  eine  Eigenthumsverletzung  betrachtet,  die  gesetz- 
lichen Strafen  für  denselben  sind  meist  nüld,  und  nur  dann 
hart  ,  weiiii  ein  Mann  der  niederen  Kaste  die  Ehe  einer  höheren 
Kaste  entweiht  hat. 

Wegen  der  Erhaltung  der  Familie  und  wegen  der  den 
Vorfahren  zu  bringenden  Spenden  ist  in  solchen  Füllen,  wo 
eni  Gatte  i^eine  Kinder  zo  erseugen  Yennag  oder  kinderiot 
gestorben  ist,  die  Erzeogong  eines  Kindes  dnreh  dan 
niebsten  männlichen  Verwandten  desselben  vorgescbrielicii; 
diese  Levirats  »Ehe  Ist  strengen  und  feierlichen  Fonaes 
unterworfen. 

Ein  Mann  darf  sich  von  seinem  Wtilje  tiejuieii,  wenn  diese  be- 
harrliche Alincigung  gegen  ihn  zeigt;  ferner  ,,ein  trunk:iüihiiue>i 
Weib»  und  die  von  schlechten  Sitten  ist  und  zänkisch^  oder  mit 
eioer  unheilbareo  Krankheit  beliaftet,  verschwenderisch  etc.,  trott 
entlassen  werden;  ein  uDfrachtbares  Weib  darf  ini  acbteo  Jakra 
entlassen  werden;  dle^  deren  Kinder  alle  gestorben  sind«  im  idm- 
ten,  die,  welche  nur  Tucbter  gebSrt^  im  elften»  die«  welche  Laster- 
reden  spricht,  sofort.  Wenn  aber  eine  kranlce  Frau  tugendhaft  ist; 
darf  sie  nur  mit  ihrer  Bewilligung  durch  eine  andere  ersetzt  nnd  nie 
iieringschalziL:  behandelt  werdenj**')  eine  ehebrecherische  fiau, 
oder  die  eine  schwere  Sünde  begangen,  soll  anf  der  Stelle  entlassen 
werden;  aber  wer  ein  Weib  verlässt,  welche  seineu  licfehlen  ge- 
horcht, willig  ist,  treffliche  Söhne  gebärt,  and  freondiich  apridit. 
soll  den  dritten  Theil  seines  Vermögens  bezahlen,  und  vresii  er 
unvermögend,  jedenfalls  die  Frau  crnühren/^s) 

»yEagiebt  nichts  in  der  Welt»  was  so  sehr  ein  langes  Leben  Iud- 
dert  als  das  Weib  eines  Andern  liebkosen/' ^Der  König  ver* 
bannne  diejetiii;eii ,  welche  die  Weiber  Anderer  verftihren,  oaehdea 
er  sie  mit  schmachvoller  Verstümmelung  Ijestraft.  FJn  Mann,  wel- 
cher sich  heinilii  !i  mit  der  Gattin  eines  And<^rn  unterhält,  und  schon 
wegen  schlechter  Sitten  beschoUeu  ist,  soll  zu  einer  Geldstrafe 
verurtheiit  werden.  Ein  Weib  auf  eine  unzieineude  Weise  berühren 
oder  sich  von  ihr  berühren  lassen,  sind  ehebrecherische  Harn)* 
Inngen;''*)  ja  ein  Mann  darf  eine  Fran  selbst  nicht  mit  dem  Kleide 
anrühren.*)  Ein  Vaifja  wird  ttfegen  Ehebruch  mit  einer  Braboui- 
nenftan,  wenn  diese  betracbt  war,  mit  einem  Jahre  CrcfluifeMfli  isri 
mit  Einsidning  seines  Vermögens  bestraft;  ein  sdinldiger  XatriJ» 

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981 


muss  ebe  hohe  Geldstrafe  zahlen,  sich  den  Kopf  scheereo  und  mit 
Eselsbani  begiesscD  lassen;  war  die  Frau  Dicht  bewacht,  so  wird 
mr  ehe  geringe  CSeldatrafe  verbftngt;  dagegen  wird  unter  ecschwe- 
reoden  Umntlbiden,  besonders  bei  dem  Ebelinieh  mit  einer  Fkan 
«os  iAberer  Kaste  Todesstrafe  Tetblngf ;  Mr  die  mebteit  FaUe  ist 
aber  nur  Geldstrafe  bestimint. «)  Sbebtnch  mit  der  Gemaidiu  des 
Königs  wird  mit  Verbrennen  hei  Strohfeuer  bestraft.'^)  Wenn  ein 
Brahmanenschiiler  die  Gattin  «eines  geistlichen  Vaters  umarmt,  wird 
er  an  derStirti  mit  (1(  tu  Zeichen  der  weiblichen  Scham  i?ebrandmarkt:*) 
die  ^eiwUlige  Busse  für  diesen  Frevel  i^t  viel  härter  (S.  379). 
Die  schuldigen  Franen  werden  mit  Abschneiden  der  Ohren  etc. 
bealtaft.*)  Bei  Manu  werden  jedoch  Männer  enrfthnt,  „  weiche  mit 
der  Scbande  ihrer  Weiber  ein  Gewerbe  treiben/' «>)  —  Ehebmdi 
mit  der  Gattin  eines  Freundes,  mit  der  Gattin  des  Solnies  oder 
eines  andern  Verwandten  wnrd  mit  dem  Absebneidett  des  Gliedes 
und  mit  dem  Tode  bestraft;  aueh  die  Frau,  wenn  sie  eingewilligt» 
wird  hinsferichtet.  **)  „Wenn  eine  vornehme  1  rau  ihrem  Gatten  un- 
tren \\'\:[],  so  soll  .sie  der  KTiniir  anf  ofTeTitlichem  PlaUe  von  Hunden 
zerreisseu  lassen;  und  den  mitschuidigeo  Ehebrecher  soll  er  auf 
ein  eisernes  giOfaeodes  Bett  legen  lassen ^  bis  er  verbrannt  ist/'>^) 
,yiem  Jemand  kefaie  ICinder  hat,  so  Icann  die  Gattin  mit 
Erlanbnias  des  Manoes  mit  dessen  Bmder  oder  anderen  nahen 
Verwandten  beischlafen»  um  Nachlcommen  znersieleo;''  derBeanf-* 
tragte  soll  sieb  das«  durch  Besprengung  mit  flOssiger  Butter  beson- 
ders weihen,  und  in  der  Nadit  und  schweigend  der  Frau  sieb 
nähern,  bis  sie  schwanger  ist;  aber  er  darf  nie  einen  zweiten  Sohn 
erzeugen,  und  nie  die  Pflicht  zur  Lust  v  orkehren;  sonst  Ist  er  als 
Ehebrecher  zu  betrachten  '3)  Einer  \Vitt^^  e  wird  dagegen  solche 
Gemeinschaft  von  Manu  schlechterdings  untersagt;!^)  spätere  Ge- 
eetze  jedoch  erlaui>en  sie  ihr,  wenn  der  Brahmaneniehrer  seine 
Einwilligung  glebtp')  und  diese  Auffassung  ist  aiicb  tod  spiterer 
Hund  in  BiMm*«  Gesetie  selbst  eingescboben  worden,  i«)  so  dass 
sich  diesellien  widersprecben*  Nur  wenn  der  Hann  sogleicb  nach 
der  Hochzeit  stirbt,  soll  sein  Bruder  die  Wittwe  wirklich  beira- 
tben,  sich  aber  nach  Erzeugung  eines  Sohnes  iiir  den  Bruder 
•    von  ihr  enthalten.") 

»)  Manu.  IX,  77  —  82;  v-1.  Yajnav.  1,  73  iT.  «)  Yajnav.  I,  76.  —  •)  M.  IV, 
134.  —  *)  M.  Vlir,  352.  354.  358.  —  Wilson,  Theater  d.  H,  I,  llfV. — 
•)  M.  Vm,  359  ff.;  375  ff.;  Yajn,  IT.  f\\  —  Yajü.  II,  282.  —  ")  Mauu, 
rX,  257.  —  •)  Y^nav.  U,  286.  —  M.  VlU,  362.  —  »»)  Yajn.  in,  231  flf . — 
•»)  M.  vm,  371.  372.  —  »•)Manu,  EX,  59  —  03;  103.  143  ff.  1G2.  -  ««)M.IX, 
64  —  68.  —  '  »)  iyjUttV.  1,  68.  —  « •)  M.  IX,  60.  —  ^ ')  M.  iX,  09.  70, 


Sl 

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48t 


§  U4. 

Da  die  Ehe  selbst  noch  nicht  auf  der  Idee  der  Persön- 
lichkeit ruht,  soudero  ein  blosser  bürgerlicher  Vertrag  ist  und 
itt  das  Bereich  des  Besitzrechtes  föUt,  die  höhere  Bedeutung 
BOT  abtnngsweiae  andeutend,  nnd  da  ale  die  Vielweiberei  ein- 
aehlieaat,  ao  lat  die  avaaereheliche  Gemeiaachaft  der  Ge- 
aeMeehter  kein  Unreeht«  aobald  dabei  nicht  in  ftemde  Rechte 
eingegriffen  whrd.  In  Mann'a  Gesetabuch  wird  Unsacht  aller 
Art  oft  erwähnt,  und  im  Allgemeinen  nur  mild  oder  gar  nicht 
bestraft;  und  die  indischen  Dichtungen  zeigen  oft,  dass  vielfach 
eine  sehr  leichtfertige  Auilassung  der  Geschlechtsliebe  galt. 
Während  der  fromme  Asket  alle  Sinnlichkeit  von  sich  weist, 
nimmt  es  das  Volk,  welches  nur  in  der  Vorhalle  der  religiösen 
Idee  stehen  bleibt,  mit  derselben  viel  weniger  streng;  die  wahre 
Keaaohheit  beniht  auf  der  Idee  der  geiatigen  Peraftnlichkeit, 
welche  ai^  der  Natnr  gegenüber  frei  and  aelbatMndig  erliilt; 
der  Indier  hat  dieae  Idee  ncch  nicht,  —  er  weiat  die  PasaSa- 
liehkeit  grade  ebenao  aarAek  wie  die  SinnKchkeit;  hat  er  aber 
einmal  auf  die  Strenge  der  reinen  Entsagungslehre  verzichtet, 
so  hat  er  auch  ge^en  die  Anforderungen  der  Sinnlichkeit  keine 
reclitmässige  Gcgenkiaft»  und  wirft  aich  uDgeacheut  ihr  in 
die  Arme. 

Das  bahlerische  Lebeu  der  Bajaderen  ist  schon  erwShnt.  Maaa 
erwähnt  Hurenbäuser  als  ehrlos.*)  Zur  Griecbeoaeit  schon  galt 
Bttblerei  als  eiae  erlaubte  Sache,  und  b  dee  Dramen,  auch  im 
ftlteatCBf  finden  wir  dieselbe  bereits  fai  einer  Weise  auageliildet, 
dasa  aie  aa  die  Blfitheaeit  des  giiecbisdiea  Hetirenweseaa  eriaaert 
In  dem  Drama  BIridichakatika  ist  eine  SfrentHche  Bnhierln  die  roa 
dem  Dichter  mit  der  grössten  Liebenswürdigkeit  ause^estattete  und 
als  weibliches  Tugendideal  gezeichnete  Hauptperson.  Sie  wohot 
in  einem  prächtiiiert  Pailast,  hat  eine  Menge  Diener  und  Dienerinnen, 
hLuche  und  Eicphaoten,  und  ist  von  dem  üppigsten  Luxus  umgeben; 
IVIusikchSre  unterhalten  die  bei  ihr  sich  versammelnden  reichen  Wfist> 
Uage,  Juweliere  und  Parfünieurs  sind  zahlreich  in  ihreh  Dienst;  ein 
ganzer  flirstlicher  Hofstaat  bildet  das  Hans  der  BohleriD,  priditage 
GArten  mit  Wasserbassins  und  seidenen  Schankeb  unigelien  des 
Pallast >  nnd  ein  besucheader  Braimiane  glaubt  hier  in  „ladra's 
Hfanmel"  su  sein.  •)  Und  diese  Bnhierin  ▼eriiebt  sieb  fai  ^sso  ehr- 
würdigen, hochgearhteten  lirahmanen,  welcher  sich  nicht  im  min- 
desten 8cheiit.  ihre  Neigung  an/.unclineu  und  sie  in  seine  Wohnung 
au  fahren,  und  auch  öffentlich  seineu  Umgang  mit  ihr  kuodzuge- 


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«8» 


heu,  uod  niemand  nimmt  ADs,to86  daran.  Ihre  Treue  gegen  den 
Geliebten  in  allen  Anfecbtnngeo  Uni  der  Gegenstand  des  Drama«. 
Wm  würdige  Gattin  des  Brabmanen  hat  keinerlei  Bedenken  Aber 
4ttD  UiDgaog  ihres  Gatten  mit  der  Bnblerin;  diese  aeedet  ihr,  als 
Ihrer  „verehrten  Schiv^eeter**  ein  koatbareaHalabani  lam  Geschealr, 
eiBipIkagt  ee  aber  xvrttch  mit  den  Wortens  ,,Dii  biet  l»«gflnatige( 
▼OD  dem  Sohne  meines  Herrn  [d.  b.  meines  Gatten];  es  sehiekt 
sich  nicht  für  mich,  ilas  Halsband  aiizunehnien ;  dusn  raein 

Gatte  der  einzisre  Schmuck  ist,  der  für  mich  Werth  hat/  In  die- 
sen Worten  zeiut  sich  zwar  ein  stiller  Schmerz  und  ein  edler  »Stolz, 
aber  zugleich  auch  die  Ansicht,  dass  die  Buhlerei  rechtmässig  sei. 
Als  der  Brahmane,  fUlschlich  angeklagt,  die  Buhierin  ermordet  ztt 
haben  y  sim  Tode  geliihrt  vrird»  besteigt  seine  Gattin  den  Scheiter* 
haate;  nnd  als  eie  nach  LOeimg  derlmmg  noch  im  lotsten  Augen« 
httch  von  ihrem  Gattea  dem  Tode  entrissen  wird»  vmarmt  ä«  ihren 
Gatten  «id  anch  ^e  BnUerin,  und  begrünst  sie  mit  dem  Worte: 
willkommen ,  glückliche  Schwester;"  und  diese  wird  die  zweite 
(lattin  des  Brahmanen,')  Wenn  in  anderen  Dramen  die  Frauen  e:ar 
nif  ht  so  sanft  darein  sehen,  wenn  ilir  Gatte  eine  zweite  I;i«'l»e  hal. 
vielmehr  sehr  harte  Scenen  berbeitülireu,-^)  so  ist  das  die  Eiler- 
socht  der  Leidenschaft  und  nicht  der  Zorn  des  Rechtes. 

Von  grosser  Entsittlichung  zeigen  die  vielfaclien»  sum  Theil  gans 
annatOrlicben  Arten  von  Unzucht,  von  Pftderaatie  ete.>  die  bereits 
von  Hann  envAhnt  and  aar  mit  leiebteD  Strafen  oder  Baaacn  be- 
legt werden.*) 

»)  M.  IV,  84.  85.  —  •)  Wilson,  Theater  d.  H.  I,  120  ff.  135.  lür,  ff.  — 
•)  Ebend.  246  fF.;  149.  IW.  S76  ff.  —  *)  Ebend.  I,  335;  II,  160.  17L  175.  193.  — 
*)  iL  XI,  67.  173.  174. 

§  146. 

Da6  V' erhältniss  zwischeu  Eltern  und  Kindern,  eni  Abbild 
des  Verhältnissea  fisakna'a  zur  Weiti  iat  zwar  auch  hier  wie  in 
Ckäma  «in  hoeh  «od  heilig  cpahaiteneS)  vad  die  Kinder  sind  den 
EHeiB  mm  tiefstea  Gehonam  «nd  sor  elnteehtayollen,  auch 
■I  ÄMBBerm  in  elvengen  Formen  sieh  kund  thaenden  LIelm  ver» 
liflfehftet,  *)  aber  dieees  natürlich*slttliche  Verhftltnies,  Ui  €%iaa 
das  heiligste  auf  Erden,  tritt  liiei  (lenuocli  zurück  vor  dem 
höheren  Bande,  das  den  Schüler  an  seinen  geistlichen  Vater 
knüpft;  dieser  muss  dem  frommen  Jun^linii;  Ijöher  stehen,  als 
der,  weicher  ilim  nur  das  natürliche  Leben  gegeben  [S.  383  ];>) 
nnd  dasFamilienband  als  ein  natürliches  wird^  in  demBrahmanen" 
mmmiQ.  «enigeCoM»  gnmdatelieh  dmwli  die  Erasiciiang  hei  dem 

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484 


fremden  Lehrer  gelockert.  Der  Brahmaiienknabe  bleibt  nur 
in  seiner  Kindheit  im  elterlichen  Hause,  und  tritt  dann  in  dem 
höheren  Stande  des  Lehrlings  in  das  Haus  seines  geistlichen 
Lehrers,  der  fortan  sein  höherer  Vater  wird.  Das  ist  etwas  den 
Chinesen  gans  Fremdes;  dort  giebt  es  fiber  der  Kindesliebe 
gegen  die  aatürllehen  Eltern  nichts  Höheres,  eben  weil  m  der 
natfirliohen  Whrldichkeift  auch  alles  Ideelle  schon  gegeben  ist 
In  Indien  ist  ein  höherer  Gedanke.  Die  natürlichen  Familien- 
banden sind  wie  alle  wirkliche  Natürlichkeit  an  sich  noch 
etwas  Unwahres;  nur  durch  Erkeinilnibs  der  W  eisheit  pelnngt 
der  Mensch  zu  seiner  Vollkommenheit;  aber  diese  Erkeiiiituiss 
ist  nicht  dem  Menschen  schon  von  Natur  eigen,  sondern  will 
schwer  errungen  sein.  Das  natürliche  Wesen  des  Menschen 
maXk  abgestreift  werden  und  angesogen  ein  neuer,  geistlicher 
Mensi^;  —  noch  aber  steht  in  Indien  die  Idee  nnTersöhnl  dar 
Wirklichkeit  gcgenfiber;  die  natürlichen  Banden  müssen  aQ%e- 
IM  werden  9  wenn  der  Mensch  eintreten  soll  in  das  geistliche 
Sein.  Wie  das  Ideal  noch  jenseits  der  Wirklichkeit  steht,  so 
ist  auch  der  geistliche  Vater  noch  ein  anderer  als  der  natürliche 
Vater;  und  wie  der  fromme  Asket  seine  Gaüin  und  seine  Kiiif^er 
Terlässt,  um  die  höhere  Stufe  in  Waldeseinsamkeit  zu  erringeni 
so  miiss  der  Knabe  seine  natürlichen  Eltern  verlassen,  mna  emes 
geistlichen  Vater  zu  gewinnen. 

Auch  hier  steht  die  Idee  hdher  als  die  Wirklichkeit  War 
dem  Chinesen  in  den  Eltern  die  GesammUieit  der  Pflichten  gleicii- 
sam  TCrkdrpert»  war  er  ihnen  zum  unbedingten  Grehorsam  ver- 
pflichtet [§  52],  so  steht  dem  Indier  die  Idee,  die  Pflicht,  h5hcr 
als  die  Kitern,  und  er  hat  zuerst  zu  fragen,  was  die  Tusrend, 
und  dann  erst,  was  die  Eltern  fordern;  „Vater  und  Muüer 
werden  den  Menschen  nicht  in  die  andere  Weit  begleiten^  die 
Togend  allein  bleibt  ihm.^'s) 

Die  Erziehung  ist  in  den  Gesetzbüchern  Bwar  sieinyeli 
genau  behandelt,  selbst  die  der  Sftnglinge,  aber  es  wird  dabei 
feat  nar  der  Brahnanenstand  ins  Ange  gefasst  Und  diese  Br* 
nehnng  ist  gans  anders  als  bei  den  Chinesen.  Der  Chfaiess 
ersieht  för  das  praktische  Leben,  der  Indier  für  das  MccOs^ 
jener  für  die  Erde,  dieser  für  den  lliniiael;  jener  er/ieht  de» 
Sohn  zum  Fortkommen  in  der  Welt,  dieser  zum  Forlkünnnen 
aus  der  Welt;  jener  erzielit  ihn  zum  Ihirf^er,  dieser  zum  l^rie- 
ster,  jener  zum  Wirken,  dieser  zum  Wissen;  jener  lehrt  ihm 
das  Staatsgesetz,  dieser  das  Wesen  der  Gottheit;  jener  fuhrt 
den  Sohn  in  die  Welt,  dieser  ihn  aas  der  Wek  in  sieh  hhiaiai 


Digitizca  Ly  Gu^.' . 


48B 


jener  lehrt  ihn  erwerbeo  und  gemessen,  dieser  betteln  und 
entsagen. 

Die  indische  Urei faltigkeit,  die  durch  das  All  btodurchgeht,  wie- 
derholt sich  aach  hier;  für  das  Kind  slüd  Mutter,  Vater  und  geist- 
licher Lehrer  das  Wiederbild  der  guttlichen  und  weltlichen  Dreibeit; 
und  diese  drei  werden  verglichen  mit  den  drei  Welten ,  den  drei 
Kasten«  den  dreiVeden  etc;;  der  geistliche  Vater  ist  das  BOchste«*) 
„Wenn  der  Knabe  aeioe  Mutter  ehrt,  gewinnt  er  diese  inUscheWelt» 
wenn  er  seinen  Vater  ehrt,  die  mittlere  Welt,  «renn  er  seinem  geist« 
lidben  Vater  immer  mit  Achtung  begegnet,  empfangt  er  Brahma^s 
hininiÜsche  Welt;**  so  laiig«^  diese  drei  lelinii.  soll  er  nicht  sich, 
sondern  dirst  u  angehören,  und  lair  ihren  VV  uijü.i[ien  zu  dienen  stre- 
ben.*) An  tien  Opfern  darf  als  unwfirdii]^  nicht  Theil  nehmen,  wer 
mit  »einem  Vater  zankt,  oder  wer  grundlos  seine  filtern  verlässt*) 
Ancb  die  ausserlichsten  Formen  der  Ehrfurcht  hat  der  Sohn  zu  be- 
achten. „Eon  Brabmane  darf  nicht  absichtlich  über  den  Schatten 
seines  natlirliehen  oder  geistigen  Vaters  schreiten.'*^ 

Der  ältssle  Sohn  geht  den  übrigen  Kiodem  im  Erbe  vor  und  soll 

?on  den  Geschwistern  nach  des  Vaters  Tode  wie  ihr  Vater  he* 

trachtet  werden;  er  ist  das  Haupt  der  Familie. 8) 

^)  Manu,  II,  227  fl".  —  «)  M,  ü,  225.  —  ')  Mann,  IV,  239.  —  •)  M.  H,  229  fE.— 
•)1L  U,  233.  234.  —     M.  III,  159.  —  Q  M.  IV,  130.  —  •)  M.  DL  108  ff. 


Sechster  Abschnitt. 
Der  Staat 

S  146. 

Der  Staat  mxtsn  bei  den  Indieni  BOthwendIg  euie  gans  andere 

liedeuUuig  und  eine  andere  Gestalt  haben  als  in  China,  der  so 
verschiedeneu  Weltanschauung  entsprechend.  —  1)  In  Cliina 
ist  der  Staat  schon  an  sich  das  Reich  Gottes,  ist  die  nothwendige 
und  durchaus  rechtmässige  Otienbarung  des  himmlischen  Le- 
bens selbst;  zwischen  dem  wahren  göttlichen  Walten  in  der 
Well  und  zwischen  dem  Staat  ist  kein  Unterschied;  der  Staat  ist 
an  sich  gut  und  gOttiioh,  und  alles  himmlische  WirlLen  in  der 
Menschheit  fUlt  in  den  Staat;  es  giebt  ausser  ihm  nicht  noch 
etwas  Höheres  in  der  Menschheit;  der  Staat  ist  zugleich  die  Kir- 
che ,  und  der  Kaiser  der  höchste  Priester,  und  die  Regierung  ist 
Kultus,  und  die  Mandarinen  sind  seine  Diener;  die  Staatsgesetze 
sind  auch  Beligions-  Pilichten ,  und  Geliorsam  gegen  den  Kaiser 
ist  Gottesdienst*  AUes  ideale  faUt  in  das  wirkliche  Dasein  ^  und 


486 

der  Ciiiiitsa  wM  steh  dämm  mit  gaiaer  «ad  Yoller  SeeltMf 
das  staadidie  Leben.  —  In  Indien  gebOrt  der  Staat  dem  an  ildi 
unbereehtigten  nnwabren  Sein  der  Welt  an;  die  Wahrbeit  liegt 

jeuseitä  der  Welt;  das  wirkliche  Volksleben  ist  niebt  das  Ideale, 
ist  nicht  das  Wahre  und  Göttliche,  sondern  gehurt  der  Welt  der 
Maja,  der  Täuschung  an.  Dan  binnen  und  Trachten  des  Indiers 
geht  über  die  Welt  hinaus;  die  wahre  Weisheit  besteht  in  dem 
Abwenden  von  ihr.  Darum  kann  der  indier,  —  der  Brah« 
mane  wie  der  Buddhist,  —  wenig  Interesse  für  den  Staat  habeo; 
das  Retdi  selaer  Idee  ist  nicht  von  dieser  Weit;  das  bunte 
Treiben  des  Staatslebens  ist  ihm  gleicbgfiltig,  denn  das  ist  alles 
eitel;  nicht  anf  dem  Thron  ist  der  wahre  Weise  an  finden^  senden 
in  der  Waldes-Einsaaikeit  und  in  der  Klosterstilles  imd  bodi 
gerühmt  ist  es,  wenn  ein  Fürst  sein  Scepter  niederlegt  und  als 
frommer  Asket  in  die  Einsaiukcit  geht.  Hat  doch  der  höchste 
der  Stände,  der  Stand  der  vollkommenen  Menschen,  mit  der 
Herrschjift  nichts  zu  thun,  —  die  Brahmanen  sind  nur  des  Für- 
sten Rathgeber  und  die  Vertcetec  der  sittlichen  Idee  den  eio- 
seinen  Staatsbürgern  gegenüber,  —  als  Richter;  sie  haben 
nur  an  sprechen,  nicht  an  handeln. 

§  147. 

In  China  ist  ein  Himmel  und  eine  Menschheit,  ein 

Staat  und  ein  Kaiser;  der  wahre  Staat  kann  da  nur  ein  einiger 
St  ill;  China  kann  nicht  einen  zweiten  berechtigten  Staat  neben 
sich  anerkennen;  und  wo,  wie  in  Japan,  sich  die  chinesische 
Weltanschauung,  wiewohl  abgeschwächt,  wiederholt^  da  ist 
ganz  dieselbe  Ausschliesslichkeit;  auch  Japan  weiss  sich  als 
den  einzig  möglichen  und  berechtigten  Staat.  —  In  Indien  ge> 
hart  der  Staat  nieht  dem  wahren,  gattiichen  Seui,  senden 
der  unwahren  Welt  der  Vielheit  an,  und  mnss  dämm  aneh  die 
weltliche  Vielheit  an  sich  tragen.  Die  güttliehe  Seite  der  Well, 
das  Idesle  in  ihr,  die  wahre Erkenntniss  der  Idee,  und  der  Aae- 
druck  derselben  in  der  Menschheit,  —  in  den  Brahma-Menschen, 
dem  Brahmanenstande,  —  diese  freilich  ist  Einheit;  dasselbe 
gesetzliche  tiimJ  staatiiche  Bewusstsein  und  derselbe  einige 
Brahmauenstand  durch  ganz  Indien;  was  aber  der  Wirklichkeit 
des  weltlichen  Daseins  angehört,  das  wirklich  politische  Lebea, 
das  gehört  der  Vielheit  an ;  viele  Staaten,  von  derselben  Idee  ge- 
tragen und  yon  demselben  Brahmanenstande  geistig  beralhen, 
das  ist  die  Erscheinnag  des  indischen  Staatdebens;  Indien  ist 
nie  ein  einiger  Staat  gewesen.  <)  Chhia's  Staat  ist  das  AbbiU 

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48!r 

des  Kosmos;  Indien  ist  das  vegetabilisch  sich  entwickelnde  Le- 
ben, —  viele  Exemplare  derselben  Pflanze  spriesseu  gleichgültig 
neben  einander  auf. 

Weon  bei  Mann  Torherrschend  wie  von  eioem  i^taate  gcspro- 
ehen  wird,  so  ist  damit  weder  et»  ebiger  indischer  Staat  gemeint, 
■och  mm  bestimmter  dw  vidMi«  sondem  der  indiftche  Staat  fiherhaopt 
Daas  aicbiora  Staaten  neben  einaader  waren ,  wb^d  aber  aiehrlaeh 
aagedeatet;*)  er  apriebt  von  den  besonderen  Geselaan  der  «ia- 
aeiaan  Liader»  deaaa  die  allganiehieB  GeaatabSebar  ala  Oraadlage 
aad  BiditadUHir  dienen  sollen. 

Die  einzelnen  indischen  Staaten  waren  oft  sehr  reich  und  iiiäch- 
tig;  der  mit  Alexander  befreundete  Taxiles  sandte  ihm  als  Geschenk 
3000 Stiere,  über  10,(JOü  Srhaafe.  25FJephauten  und  geeen 200 Ta- 
lente ^ijlbe^.*)  Her  mächtigste  Küuig,  mit  dem  Alexander  bekannt 
warde,  Porös,  —  ein  Geschlechts-  und  nicht  ein  EigeDDame,^)  — 
—hatte  dreibaadert  Städte,  aad  föhrte  io  die  Schlacht  über  200  Ele. 
pbaatea,  gagaa400 Wagea,  über  400Reiter  und  gegaa  öO^QOOMaaa 
FaaavoHc«) 

*)  lim,  GsMb.  d.biitt.Iiia.11,  USft  —  •}  If.  VH,  IM.  174.101.  —  *)  11. 
▼m,  a.  —  ^  IsaNa,  bd.  JUt.  n,  144.  —  *)  Ebaad.  I»  7S8.  —  •)  lEbtaa.  n,  147. 

§  148. 

3.  Eben  darum ,  weil  der  chinesische  Staat  ein  Abbild  des 
Kosmos  ist,  und  desshalb  nor  den  einfachen  Gegensatz  des  Uim- 
mels  und  der  Erde  ausdrückt,  hat  Ghiiia  auch  nur  einen  Kaisar 
aod  ein  in  sich  selbst  aus  lauter  gleichartigen  Theilen  bestehen- 
des Volhu  Der  iadiache  Staat  iat  daa  Abbild  der  indiacban  Welt, 
die  daa  aich  entwioJLelnde  Brahma  ist;  tob  einem MittelpuadU 
MS  aatfiütet  sich  da  daa  eine  gMtUehe  Sein  in  immer  weiteren 
mod  immer  schwftcberen  ooncentris^en  Kreisen.  Die  Keim- 
entfaUuiig  schafTt  nicht  gleicliartige,  sondern  migleicliai  ttge 
Wirklichkeiten.  Clünas  Menschheit  ist  eine  in  sich  einrörmige; 
Indiens  Menschheit  ist  in  naturlich  nothwendi<»;e  Stünde  s^eglie- 
dert,  die  eben  solche  conceutrische  Kreise  um  den  Urmenschen, 
—  welcher  Brahma  aelbat  iat,  bilden.  Jenes  mythiache  Bild, 
daaa  Bnabaui  alch  sa  einer  menaehlichen  Gestalt  entwickelte, 
and  nnn  ana  aeinen  yenehiedenen  Gliedern  die  Kaaten  bildete 
[S.  §94] ,  ^riefal  dieaen  Gedanken  aehr  aeharf  ana»  Die  Kaaten 
aM  aber  niebt  ana  dem  Staate,  aondem  ana  ^r  religiöaen 
Weltanachanimg;  aie  aind  vor  dem  Staate  da,  der  Staat  bildet 
sich  aus  ihnen,  und  vei  waiidelt  iur  bich  die  kosmisch  -  liotlnven* 
digen  iuisteii  in  Staate -Stände;  und  während  in  dem  religiösen 


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I 


BeranutlseiA  die  ^dm  avsseilMlJb  dm  wahm  feligi&MB  Vslkai 
»landen,  nimmt  der  der  Welt  angelitfrige  Staat  aadb  dieae  Kmtt 
als  ein  wesenllidies  Element  ndt  in  meh  auf;  —  religiös  giebtet 

eigentlich  nur  drei  Kasten,  politisch  vier;  der  Staat  beJarf  eben 
dieses  rein  materiellen,  weltlichen  Bodens  der  ^adra,  während 
die  Religion,  —  wie  in  der  Theologie  keine  Gottheit  der  Erde, 
so  iu  der  Menschheit  keine  berechtigte  Kaste  dea  rein  materiel- 
len Lebens  hat. 

Die  Bedeutung  der  Kasten  für  den  Staat  iat  nan  folgende. 
Die  Brahmanen  sind  jenaeits  dea  Staates»  wie  daa  Bralnu 
jenaeita  der  Welt;  sie  kdnaen  wie  diesea  nar  über  ilun  seiiwe- 
ben  nnd  geistig  ihn  darchdringen,  sie  aind  keine  sichtbare  Ge- 
walt im  Staate;  Brahma  hat  keinen  Tempel  und  die  Brahmanen 
keinen  Thron,  aber  ans  jenem  entströmt  die  Welt,  und  von 
diesen  aus  strömt  die  Macht  und  die  sittliche  Bedeutung  der 
Herrschenden.  Der  Zahl  nach  sind  sie  viel  geringer  als  die 
anderen  Kasten, 

Die  Xatrija  sund  wie  Visclma  die  in  der  wirklichen  Welt 
siehtbar  waltende  Mftdit,  die  ansföhrende,  weltliob  regie- 
rende Gewalt;  sie  sind  die  Fürsten  und  Heeil&liieri  ihr  Wille 
ist  überall  das  Entscheidende;  aber  dieser  Wille  soll  sieh  rich- 
ten nach  der  Erkenn tniss  der  Brahmanen;  Wille  nnd  Erkenat* 
niss  fallen  hier  noch  auseinander;  die  Itulier  haben  den  Men- 
schen nur  zerüieilt,  nicht  als  in  sich  geschlossene  PersonliclikeiL 
Die  Herrschenden  sollen  dein  Rathe  der  Brahmanen  folgen, 
aber  diese  haben  keine  äussere  Macht,  jene  zum  Gehorsam 
zn  zwingen;  es  ist  die  Macht  der  Idee  alleui)  welche  regie- 
ren soll. 

Wie  die  Xatrga  die  eigentliche  regierende  Mai^t  sfaid,  so 
shid  die  Vai^ja  das  eigentliche  regierte  Volk,  die  Staatsbfii^ 
ger,  selbststftndig  erwerbend,  des  Staates  Nihistand,  wie  die 

beiden  vorigen  Kasten  der  Lehrstand  und  der  Wehrstand. 

So  weit  die  Brahmanen  über  den  eigentlichen  Staat  hinaus- 
ragen, so  weit  reichen  die  (^tulra  unter  denselben  hinab:  wäh- 
rend jene  ideell  den  Staat  leiten,  ohne  in  ihn  als  wirkliche  (ilieder 
einzugehen,  sind  diese  andererseits  im  Staate  wirkliche  und 
nothwendige  Bestandtheile,  ohne  eine  ideelle  Bedeutung,  en 
Recht  in  denmelben  anhaben;  jene  wirken  als  Madit  imStaa^ 
aber  sind  nicht  in  ihm;  diese  sind  in  ihm,  aber  haben  ksiM 
Macht;  die  Brahmanen  sind  nnr  mit  ihrem  Geiste  fan  Staate,  die 
^ttdra  nnr  mit  ihrem  Körper;  jene  schweben  als  leuchteader 
Äther  über  der  lebendigen  Well,  diese  liegen  als  dunkler  £rd- 


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489 


Mn  «Btor  dmeliMii,  «Ad  der  «igenllkte  Slttl^t  IM  swiMhen 
MdflB,  aber  beider  beditlend. 

fai  religiucer  BeiiebüDg  «lad  eigentlich  eer  drei  Kasten  [§.  99], 
uod  die  ^udra  sieben  eigentlich  ausserhalb  des  geistts^en  Lebens; 
politisch  aber  werclon  zur  Zeit  des  ausgebiidetcn  Staates  immer 
Tier  Kasten  geoannt,*)  uud  da  **ind  die(^ndra  ein  sein  wesentlicher 
Tbeil  des  Staates.  Die  Beschäftigungen  uod  Wirkungskreise  der 
l^asten  sind  gesetzlich  sehr  genau  abgegränzt,  und  wenn  ein  Mensch 
der  niederen  Kaste  in  deo  Beruf  der  höheren  eiogreift,  begeht  er 
eb  TerbrecheQt  end  weae  ein  Meoacb  der  httheree  Kaate»  aaaaer 
im  Falle  der  Noth^  die  BeechSftigung  der  olederee  ergreift,  verliert 
er  aeiae  Kaate.') 

Seit  Alexanders  Zeit  komnt  die  s^esetzllcbe  Gliederung  des  Volkes 
etwas  aus  den  Fugen;  iler  Einflu.ss  des  gegen  dieselbe  wirkenden 
liuddhisnniK  konnte  nicht  wirkungslos  sein;  ein  mächtii?es  Fürsten- 
haus um  die  Zeit  Christi  war  ans  der  Brahmanenkaste,-^)  und  zwei 
andere  frfihere  waren  gar  aus  den  unteren  Kasten ,  irabrscheinlich 
fudra;^)  uod  eine  mächtige  Dynastie  der  nSdiaten  Jahrhanderte 
nach  Chr.  war  a«a  der  Vai|ja-Kaste.«)  Dieaa  aetal  VerwimiDg  vot^ 
aea,  vad  mveste  neue  eraevgen.  bdeaa  enrifaiit  beteita  Mann  Ilm« 
ttcbeFille;  »»ein  BrahflDaee  aoll  nicht  wohnen  in  elaer  Stadt»  welche 
ala  Pfiraten  einen  f!edra  hat;  von  eiaem  aolchen  FSvaten  darf  er 
nichts  annehmen."'') 

Die  Brahmanen  stehen  auch  im  Staate  hoher  als  der  Konig. 
„Hüte  sich  der  König,  auch  in  der  t^ri'isster)  iNoth,  den  Zorn  der 
Brahmanen  zu  reizen»  denn  sie  vermögen  im  Zorn  ihn  zu  vernicfateo 
aammt  seinen  Trappen  nnd  Rfiatuagen;  wer  konnte  ungestraft  den 
Zern  deijenigen  feisen,  yao  denen  daa  allverzehrende  Feeer  ge* 
aehaflen  wurde  [Agni  ie  der  OpferÜamniet  aogleleh  HInweiaang  auf 
Ihre  Elnbeit  mit  Brahma  und  auf  Ihre  Zanbeikraft]  etc.;  . .  wer, 
dem  das  Leben  lieb  ist,  kann  die  beledigen,  dereh  deren  Hilfe 
Welten  und  Götter  dauern  [durch  das  Sorna  -  Opfer] ,  deren  Reich- 
thiini  die  göttliche  Krkenntniss  ist:  ei[)  Brahmane  ist  eine  macht- 
volle Gottheit:  sie  haben  io  sii  h  etw  as  überaus  Göttliches. ** — 
Der  König  ist  verpüicbtet,  den  ßrahniaiicn  einen  angemessenen  Un- 
terhalt zu  gewähren,  und  sie  in  ihren  Rechten  zu  aehtttzen.«) 

]>ie  Frage^  wamm  die  Brahmanen  die  Regiemng  nicht  selbst 
Qhernommen,  beantwortet  alch  aea  dem  Weaen  dea  indiachen 
Staate«  ?on  aelbat;  die  Idee  nnd  die  Whhitchkelt  fallen  hier  ebee 
aaaaer  einander,  nnd  die  Brahmanen  gehOren  der  Welt  der  Idee  an. 
Abgeschmackt  ist  es,  so  kleinliehe  Beweggrflnde  nnterznaehieben, 
wie  etwa  der  ist,  dass  die  Brahroauen  die  liebchwerdeu  sicheuten 


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4M 


•o4  die  RilMyditM»«»)  — oder  gar  a«,  dees  die  BetbeUnag  4« 
Brabmaaeo  tob  der  Herrachaft  ««ein  Mittel  geweaea  aar  Efbalteii 
der  BraimiBeoiaaeht;  dena  wie  h&ttea  die  Brabalaea  eiaea  Bnl- 

minenrajah  beschränken  wollen  wunderlicher  h&tte  das 

wahrlich  nicht  ausgedacht  werden  kennen, 

^)  Megasthcnes,  fragm.  32,  1 ;  33,  l.  —  ')  Rnmiii.  T.  12,  19  (Sohl.)  —  ')  Msna^ 
X,  79  ff.  —  *)  Lassen,  Ind.  Alt.  n,  351.  —  ')  Ebon  i.  II.  9(i.  197.  471.  —  •)  Ebend. 
II,  750  ff.,  1110.  —  ^)  Manu,  IV,  61.  84.  —  •)  Manu,  IX,  313—319.  —  •)  M.  XI. 
6.  22.  33;  VII,  134.  —  MiU,  Geach.  d.  briU  Ind.  1839.  1,  161.  —  Heeren, 
Wfifce,  Xn,  802. 

L    Das  Recht. 
S  149. 

Die  Geaetzgebang,  als  die  ideelle  Seite  dea  StaateMeas, 

kann  natürlich  nicht  auf  der  willkürlichen  Bestimmung  der  Xa- 
trija-Fürsten  beruhen,  sondern  muss  von  dem  jen&cits  des 
eoncreten  Staates  liegenden,  von  den  Brabmanen  getragenen 
Bewusstsein  ausgehen;  sie  ist  keine  rein  bürgerliche,  sondern 
sogleieb  wesentlich  eine  religiöse.   Aus  den  Gedankea  der  Ve- 
den  hemia  bildete  sich  daa  ala  güitliohe  OffeDbanmg  geltende 
alte  Geaetdmob  dea  Maua,  welchea  allen  folgenden  Geaeli- 
btteheni  sin  Grande  liegt  nnd  in  allen  raaeinen  Staaten  Geltang 
hatte;  die  Fftreten  ahid  da  nor  die  VoUatveelcer  dteaer  filier  die 
einzelnen  Staaten  hinausgreifenden  Gesetae.  Die  C^etsbfioher, 
so  weit  sie  uns  jetzt  bekannt,  geben  kein  geordnetes  System, 
sondern  sind  eine  nur  oberflächlich  gruppirte  Saminlung  Ton 
wirr  durch  einander  gestellten,  aus  verschiedeneu  Zelten  staiu- 
nienden  und  nicht  selten  einander  widersprechenden  Vorscbrif- 
ten»  die  eich  nicht  bloss  auf  das  eigentliche  Staatsleben  beiiehea, 
afmdern  auch  auf  Kult,  Sittlichkeit,  Anatand,  Höflichkeit,  aaeh 
wohl  gute  Rathaohläge  bei  der  Hans-  nnd  Landwiithaehaft  gebea« 
Es  werden  imGaazen  52  Geaetsbücher  (Bharmafiaatra]  tod  rar* 
aehiedeaea  Verfaaaera  genaaat;  aber  aar  die  dea  Haan  oad  dei 
Yafnavalkya  sind  «na  genauer  beltanntO    Tajnavalky«  zeigt 
eine  viel  weiter  fortgeschrittene  Entwickelung  des  I? echtes»,  giebt 
scharfe  nnd  bestimmte   Hegriffsbe.HtinimungeTi,    und   setzt  eine 
grosse  Recht.serfVilirung  voran.s:   indcss  ist  auch  das  Gesrt/hurh 
dea  Manu  in  der  uns  vorliegenden  Gestalt  bereits  die  Frucht  etaer 
laogenRechtsentvi'ickclung;  es  gclit  oft  sehr  in  die  Eiaaelbeiten  der 
Rechtsvoriiältaiaae  ein;  a.  B.  in  den  Gesetzen  über  die  Schaidea 
aad  Caatracte,  über  Grfiaiatreitigfceitea  vad  Beacbidfgnagea;  er- 
Mert  wird»  wer  die  bei  dem  Umwerfen  eiaea  Wagena  vorlrBnBaiia 
dea  BeachädiguDgen  an  tragen  habe  etc.*)  Die  gegenwiitife  Ab* 


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•riamng       Mm  ist  woU  «be  dttrdi  di«  spitmn  ÜMidschriften 

▼crwirrlo;  die  üemeVAe  laufen  bihvveilen  so  buul  durch  eiiiamler , 
das»  selbst  ein  erster  rohrr  Versuch  sie  besser  t'Lcirdnet  hätte. 
Mchrlache  W  l^lorspnu  Ii'»  /eigen  auch,  dass  »päterö  Zusätze  und 
AnderaogCD  gemacht  sind,  und  manche  Beatimnmogen  rofissen  aui 
•Ipitmr  Zeit  sein  als  die,  in  welcher  Megasthenes  schrieb. 

Als  die  Qaelie  dM  Rechte  gelteo  die  Veda,  die  Recbteliicher, 
die  Sltteo  gnter  MenedieD,  und  das  eigne  aaf  OberlegvDg  ruhende 
UffbeiL«) 

0  Btaul0r,ia  WibtnfiiA  Stad.1,  Ut  Me.  «46.  rgL  Yi^oav,  1,4.—«)  M.  Vm, 
ttOlL  —  *)        M.  vm,  S94  E  —  «)  T^n.  1, 7. 

a)  Dat  Becht  des  Staatoli&rgera  dem  Staat  gegeanbw. 

§  150. 

Während  in  China  die  Staatsbürger  dem  Staate  gegenüber 
in  dem  Verhältniss  der  Gleichheit  unter  einander  standen,  ist 
die  Ungleichheit  vor  dem  Gesetze  der  Charakter  indischeii 
Rechtes;  jede  Kaste  hat  ihr  besonderes  Hecht,  and  selbst  das 
Smlrechl  hat  för  die  Kosten  gasB  verschieaene  Strafen.  Der 
Indier  liat  nicht  ein  menschliches»  sondeni  ein  Kasten-Reeht 

Der  Mangel  der  Anerkennung  der  PersÖnliohkelt  seigt  sich 
nicht  nnr  auf  dem  Gebiete  der  Religion  in  der  Kastengliederang, 
sondern  auch  auf  dem  (lebiete  des  Staates  in  der  Sklaverei. 
Die  Sklaverei  ist  nicht  das  natüiliclie  Verhäitniss  einer  Kaste, 
sondern  ein  rcchtliclies,  welches  durch  äasserliche  Veran- 
lassougen  entstanden  ist  und  auch  wieder  gelöst  werden  kann; 
es  k(toen  die  unfreien  Sklaven  ans  allen  Kasten  sein»  den 
Brahmanenstand  ansgenommeni  wiewolil  die  meisten  uatOrUch 
dem  ^udrastand  angehdren,  wdcher  der  Sldaverei  Vorbild  und 
Vorbereitung  war. 

Die  ÜDgleicbheit  vor  dem  Gesetze  spriebt  sich  in  den  Rechten 
wie  in  den  Strafen  aus;  ^vir  werden  weiter  unten  noch  Beispiele  fui- 
den;  die  Vergehen  der  Brahinancn  Avctden  meist  milcier  bestraft  als 
die  der  Andern;  „der  König  hüte  .sich  ^v(»hl,  einen  Brahmanen  hinzir 
richten,  hätte  dieser  auch  alle  möglichen  Verbrechen  begangen;  er 
mag  den  Verbrecher  aus  seinem  Reiche  verbannen,  aber  ohne  sein 
Eigenthum  aoantasten  und  ohne  ihm  das  miodesteLeid  aozatbuo.**  >) 
£in  Brahmane  darf  auch  nie  körperlich  gesachtigt  oder  verstänuaelt 
werden.*)  Die  Brahmanen  sind  abgabenfrei;,,  wenn  der  Kunig 
auch  stirbt  vor  Mangel,  soll  er  dennoch  kerne  Steuer  von  den  veden- 
knndigen  Brahmanen  erheben,  und  er  ^Ide  nie,  dass  ta  sttlaem 
Laude  ein  Brahmane  Hunger  leide. " 

uiyiii^cu  by  GoOglc 
^  I 


IM 


^Bliolar  CtohowMin  gegeo  di«  BeMl«  der  f^dsolmdigeBBnA- 

nanen  iat  die  hOclMite  Pflicht  eines  ^udra.***)   Er  kann  alier  Mcb 

den  iiiedern  Kasten  dienen,  und  sein  Herr  Ist  verpflichtet,  ihm  hin- 
reichenden  Unterlialt  zu  tjebeo,  deu  Rest  der  Speisen,  alte  Kleider 
und  altes  Hausgeräth  et< .  ^)  ,,Ein  ^udra,  sei  er  verkauft  odt*r 
nicht  verifauft,  darf  von  einem Brahmanen  gezwungen  werden,  Skla- 
venarbeit zu  tbun ,  denn  ein  solcher  Mensch  ist  von  dem  von  sich 
seliwt  ezistirenden  Wesen  geschaffen  au  dem  Zweck «  deo  Braiuu* 
Den  au  dienen.  Ein  ^udra,  welcher  von  aeinem  Herrn  freigelaain 
wjrd«  ist  dennoch  nicht  aua  dem  Stande  der  Knechtachaft  befreit,  dflna 
dieser  Stand  ist  ihm  natürlich;  wieluinn  eralao  befreit  werden 

Die  (udra  sind  aber  doch  nicht  von  Hause  aus  eigentliche  SkU* 
ven,  sondern  werden  es  nur  andere  Menüclien  durch  besooiiere 
Umstände;  indcsä  gaben  f>ie  nohl  die  grüsste  Zahl  dcrseiben.  „Es 
sind  sieben  Arten  von  Sklaven:  1)  Kriegsgefangene,  2)  solche, 
weiclte  sich  des  Doterbalts  wegen  in  Dienst  begeben,  3)  die  von 
einer  Sklavin  imUavae  dea  Herrn  getK»ren  aind,  4)  gekanfte  Sklarea, 
d)  anmCreachenk  empfangene,  6)  geerbte,  7)  solche,  welche  rar 
Strafe  Sklaven  aind,^  —  nach  dem  indiachen  Gommeatar:  Mwegea 
einer  Geldschald/'  Manche  verkaafen  sidi  attch  wegen  Scholdcs 
selbsfi)  r^iemand  durfte  einen  Sklaven  ans  einer  höheren  Kaste  ait 
der  seinigen  habeo.^)  Auch  Sklavenhandel  wird  bei  Manu  erwähnt; 
er  war  aber  den  Brahraanen  und  Xatrija  schlechterdings  verbo- 
ten. •) —  „Wer  mit  Gewalt  zum  Sklaven  gemacht  und  wer  von 
Käubern  verkauft  worden  ist,  soll  freigelassen  werden,  ebeoso 
tv  (!r  seinem  Herrn  das  Leben  rettet  oder  wer  sich  losltauft" 
Die  Sklaven  aus  der  fudrakaate  haben  kein  Eigenthumsrecht,  io- 
dess  darf  ein  Brahmane  doch  mir  im  Falle  der  Noth  das  BesittthsBi 
seines  Sklaven  angreifen. ") 

Die  Caatraten,  die  in  China  eine  so  bedeutende  Rolle  s|Nelen 
[S.  162],  gehfiren  in  Indien  mir  sehr  spftter  Zeit,  besonders  der 
l^^emdherrschaft  an;  die  früher  erwähnten '2)  sind  wahrscheinlich  nicht 
absichtlich  verstümmelt,  sondern  sind  es  von  Natur,  Dr.untMt  ms 
dem  achten  l>is  zwöllteu  .fahrh.  nach  Chr.  erwähnen  die  ,.\Vi*he 
Verschnittener bei  einer  vornehmen  Jungfrau«  und  „unmäanlidie 
Eunuchen''  als  Diener,  is) 

Die  Sklaven  wurden,  wie  es  scheint,  im  Allgemeinen  als  Faai- 
lienglieder  betrachtet,  und  gut  behandelt;  der  sanfte  Indier  neigt 
nicht  surGraosarokeit.  Daher  erklärt  sich  vielleicht  die  irrige  Nack* 
rieht  des  Megasthenes:  «»alle  Indier  sind  frei  und  niemand  ist  eia 
Sklave;  bei  den  Indiem  ist  kein  Fremder  Sklave,  geschweige  deaa 
ein  Indier.  '  i-^} 


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408 


')  UUI%  Vni,  380.  — •)  M.  Vm,  124.  1«5.  —  ')  M.  \TT,  —  ")  M.  DT,  334. 
—  •)  M-  X,  121  ff.  —  •)  M.  Vni,  413.  414.  —  0  M.  VlU,  41:».  Wil  on  ,  Theater 
d.  H.  1,  S.  III.  126.  —  ■)  Yajnav.  U,  1Ö3.  — «)  M.  X,  86.  —  Yajnav.  II,  182.— 
««)  M.  vm,  417.  —  M.  IV,  20&.  ftll;  IX,  201.  —  «»)  Wilson,  Theater  d.  H. 
n,  25,  149.  —  *«)EbMkL  J,  162.  —  <*)Ueg.  frag.  26,  5;  27,  13;  41,  11. 

i  151. 

Das  Eigenthnnis-Rechti)  ist  sehr  entwickelt;  der  Besitz 
ist  dem  SlaaUUürger  durch  die  Gesetze  a^esichert,  die  Verfügung 
aber  denselben  nur  durch  das  Recht  der  Familie  beschränkt; 
diese  soll,  als  die  Grundlage  des  Staatslebens,  in  ihrem  Ver- 
mögen ungeschiBälert  erhalten  werden*^)  —  Das  Erbrecht 
ist  durch  sehr  specielle  Verordnungen  geregelt;  der  älteste 
Sohn  erUt  gewi^bnlieh ,  aber  nidit  inmery  ein  grOseere»  £rb- 
theil;  die  Töchter  beeiben  die  Mutter.  —  Ül>er  Oootraete,  An- 
leihen, ZiDseii,  PfiiDdreeht  etc.  geben  die  Gesetzlificber  Tiele 
einen  eelnr  entwickelten  Verkehr  bekundende  BeeHmmnngen. 

Als  Tauschmittel  galten  die  edlen  Metalle  und  Kupfer,  die  in 
gestempelten  Stücken  schon  früh  ein  wirkliches  Geld  bildeten. 
Geprägte  Münzen  aber  in  unserer  Weise  hatten  die  Indier  nach 
den  Berichten  der  Griechen  nicht,  3)  und  haben  dieselben  wahr- 
scheinlich erst  von  den  Griechen  gelernt;  die  ältesten  solcher 
Münzen  sind  ans  dem  zweiten  Jahrhundert  vor  Chr.^) 

Naeh  dem  Tode  der  Elteni  tbeUea  sieh  dIeBrOder  uater  deuBe- 
sits;  der  älteste  Sohn  erhält  gewöhnlich  das  meiste«  die  äbrigeo, 
wenn  sie  ron  derselben  Mutter,  erbalten  unter  einander  an  gleichen 
Theileo;  sonst  richten  sich  die  Aothelle  oaeh  der  Kaste  der  Motter. 
Bei  (^'udras  theilen  sich  alle  Brüder  gleich.  Die  Brüder  können 
entweder  yni.^animen  leben  oder  sich  trennen;  der  Erstgcborue  bleibt 
jedenfalls  da.s  Haupt  der  Familie.  5)  Die  Sf.fine  Hinä  die  ersfen  Er- 
ben« uod  nur  wenn  keine  da  sind,  erben  die  Eitern  und  Brüder  des 
Gestorbenen  die  Tdehter  erben  das  Vermögen  der  Mutter.'^)  Siod 
gar  keine  Verwandten  eines  Bfahmanen  da,  so  fällt  das  Erbe  an  die 
vedeDhnadIgeu  Brahmanen«  nie  an  den  KOnig,  der  bei  den  andern 
Kasteil  hi'gleiehem  FaUe  der  rechtmässige  Eibe  ist«)  UnflAig  nun 
Erben  sind  Eunuchen,  Bünde,  Taubstumme,  Blädshinige,' Wahn- 
sinnige, KHippel  und  [aus  der  Kaste]  Ausgestossene;  sie  mässCn 
aber  von  den  Erben  unterh.iiten  werden.'*) 

Herrenlo-scs  gefundenes  (int  imiss  vom  Könijje  nach  nffentlicher 
Bekanntmachung  drei  Jahre  lang  aufbewahrt  werden,  und  darf  erst 
nach  Ablauf  dieser  Frist,  wenn  keio  Eigenthümer  sich  meldet,  einge- 
zogen werden.  ^)  —  Wenn  ein  gelehrter  Brahmane  einen  Schats 
fiadety  —  natärlieh  einen  herrenlosen,  —  so  darf  er  Hm  gans  be« 


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4M 


halten;  findet  ihn  ein  Anderer,  soU  er  den  sechsten  Theil  i]cni 
Könis?  sieben,  findet  ihn  der  KOnig,  so  soll  er  die  Uäifte  den  brah- 
manen  geben.  ^9 

Für  Anleihen  an  einen  Ümhmaiien  dürfen,  wenn  ein  Piand  ge- 
geben wird,  monatlich  P/g  Proceut  genommen  werden,  ohne  P£uid 
2Proeent;  bei  eieeni  Xatrija  dttrfee  3,  bei  eioem  Vaicja  4,  bei  einen 
^^re  5  Proceut  meeetttch  genoamen  wetdee.  Höhere  Ziosee 
eM  Weoher ,  und  «M  rechlüdi  itiigal%.  u)  Weoe  die  Zieeeo  Ür 
GeM  eieht  meuetlieh«  eendera  In  emer  Geeamntsainne  heeiMt  w•^ 
den,  so  dfirfen  sie  nie  des  Doppelte  des  Capftals  Sbeischretteii,  dte 
Zinsen  für  (ictreitle,  Vieh  etc.  nie  das  Fünl'fadic ;  Zinseit  von  Zin- 
sen dürfen  nicht  i^enonuiK  n  w  erden;  wenn  jedoi  li  nach  Abiauf  de« 
Contractes  dieZiii^sen  norli  nicht  bezahlt  wiricJ,  so  kOnncn  bei  derEr- 
aeueniftg  desselben  die  t^lügen  Zinsen  zum  Cl^Mtai  geschlagen 
werden.  <*)  Wenn  die  Angabe  des  Mogeathenee»  dass  die  Indier 
Dicht  aef  ZiDBeD  aiielieheD«M)  richtig  wXre»  eo  wirdee  diese  Be* 
•tismengen  dee  Geeetsbacbee  in  viel  epfttere  Zeit  fellea. 

Ebe  Flau  bieacht  nlcbt  die  tod  ihrem  Menne  eder  Sehne  ge* 
machten  Sebalden  xe  besahlen»  anch  nicht  der  Mane  die  der  Vn», 
und  der  Vater  nicht  die  des  Sohnes ;  der  Sohn  jedoch  haftet  fiir 
die  Schulden  des  Vaters,  mit  Ausnahme  der  Spiel-  und  Triiik- 
schulden  und  der  den  Buhlerinoen  etc.  {remai  Ilten  V  ersprechuueen.^^) 
*  —  Der  Gläubiger  ist  berechtigt,  seine  äcbuld  alleofalls  auch  durch 
List«  wie  durch  Entleihen,  durch  Ettdchaitni^  eines  Depositum«, 
eder  durch  Gewalt,  wie  durch  Eiosperniog  des  ScbuidBers  oder 
eehier  Vnm^  eeinea  Sehaee  oder  aeinee  Viehes»  eder  auch  dorch 
phyalaehe  Gewalt»  elaceeieheD.*^  Seltsam  Ist  die  Art»  wie  atch 
hantigea  Tagea  Biahaanen,  biaweUen  aadb  §8jt  Andere»  SehnUes 
eintreiben«  Der  Biahmane  stellt  aieh  mit  Giit  oder  einem  DoldM 
vor  die  Thür  des  Schuldoers,  und  droht,  wenn  derselbe  sein  Hans 
verlassen  wolle,  sich  sob>it  zu  todten;  die  Schuld  dieses  Mordes 
liele  dann  auf  den  »Schuldner;  dieser  ist  also  in  seinem  Hause  ge- 
fangen; der  JBrahmane  fastet,  woran  ergewtibnt,  der  Andere  nui^s 
es  aua  ÜK»mmer  Pücht  eben£üifi  tbon;  ae  avingt  soletst  der  Bläh- 
maae  den  Andern  aar  ZaUaog.  i«) 

Fremdes  Elgenthnm»  sl  B.  ein  Pfand,  wird  ducch  Verjik- 
rang  nur  dann  anm  Beaila  dea  Inhabera,  wenn  devaelhe  es  scMi 
Jahre  lang  hat»  ohne  daaa  der  Beaitser,  obgleich  er  ea  aieht»  da- 
gegen Einsprach  erhebt»  Torausgesctzt,  dass  der  Besitaer  iM 
schwacli&innig  oder  unter  sechszehu  JaJjrc  alt  ist;  unbeueglicbe» 
Gut  verjährt  unter  gleichen  Umständen,  jedoch  erst  in  iwaujcig 
«lahreu. 


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m 


CoBtraete  und  andere  eiogegugene  Verpflichtuogeo  «iad  u« 
gflltig,  wenn  sie  gonadit  werden  tod  einem  BetruDlteDeo,  ineo, 
Ktaaken,  Leibeigaei»  eiDem  Greise  oder  eiaeni  Kinde»  oder  wenit 
du  Beirag  oder  ela  Zwang  dabei  atattiadet*»)  Contrade  werden 
acftriftlleh  geaacht  «lit  Zonieiung  Ten  Zeagen  and  einee  Notare; 
Sdinldecbefaie  eind  jedodi  aodi  ohne  Unterachrifl  von  Sengen  gül- 
tig. Zu  dea  CoiUracten  gehören  auch  die  Ehen,  voü  deren  sitt- 
licher Bedeutung  schon  früher  gesprochen  wurde.  Wer  bei  der 
VerheirathuiiL?  seiner  Tochter  ihre  an8tö««Rigen  Fehler  verschweigt, 
a.  B.«  daas  sie  geisteskrank  oder  aussätzig,  oder  nicht  mehr  Jnag* 
fran ,  ninss  eine  Geldstrafe  zahlen. 

Über  Maaaa  and  Gewicht  aiad  aehr  bestimmte,  die  achSrfsle 
GeannigWt  behndende  Geactee  gegeben;  alle  aecha  Monate  soll 
der  KBoig  die  Anweadnag  deraelbett  aoteiaachen;*«)  ebenao  wird 
der  Marktpreia  alle  BIbaate  efaiige  Uale  von  der  Regierung 
festgesetzt."»*) 

1)  Colcbrookc,  a  digest  ol  Hindu  Law  on  coalractü  and  saccessions,  3  vol.  1801. 

—  •)  (Hallied),  Gentoo  Laws,  pref.  p.  54.  Orüuino,  trait<^  des  succch^ious  etc. 
ib44,  p.  43  etc.  —  ■)  TausauiAS,  IH,  c  12,  235  (Siebel).  —  La«$ea,  Ind.  Alt. 
H,  46.  47.  S74;  TgL  Bohlen,  H»  ISO.  —  *)  Hann,  IX,  104  ff.;  148  ff.;  156  ff. 
Ti^oar.  n,  114. 1S5.  Oiiaane  p.  50  ff.  108.  —  •)  U.  IX,  186.     0  Y&jn.  U,  117. 

-  •)  11 IX,  IM.  189.^  •)itix,soiff.  — >*)M.7m,  30.--  «OK.'vni, 

8.  37.  33«  n,  34.  36.  —  i>)  IL  YUl,  140-*- 148«  16«;         n,  37. 

>»)  IC  Vm,  161—156;  Yiyn.  H,  33.  —  »*)  Meg.  fr.  «7.  —  >*)  Y$in,  H,  46.  — 
VTU,  159.  160;  Yt^n.  ü,  47.  —  M.  Vm,  49.  —  '•)  Ä«i&t  Bes.  IV, 
332.—  1«)  M.  vm,  145—148;  Yajn.  II,  24.  —  «o)  M.  VTH,  163  ff.;  Yajn. 
n,  89.  —  »>)  Yajnav.  H,  84  fl.  —  «»)  M.  VIDC,  884.  —  «•)  M.  Vm,  131  ff.; 
403;  Tl«ll.  I,  361  ff.       •«)  M.  YIU,  402. 

b)  Dm  Aecht  dee  Staates  dem  Biurger  gcgeaäher. 

§  IM. 

Dan  Straf  «Rech  t)  trotz  deaaulden  Charakters  der  Indier 
Im  Aügimeine»  hart  md  graaaa«,  zeigt  ia  aobroffan  Gegeaaata 
gegen  dia  zehr  milde  zitgarmantiche  Gczetzgebung,  welabe 
aaf  dem  ▼oUez  Bewnsalaeia  der  Pendnlichkeit  rzht»  dzaz  daa 

abatracte  Recht,  nicht  ans  der  Anerkennang  der  freien  Petadn- 
lichkeit  hervorgehend,  als  eine  rein  objective  Macht  iiiit  der 
Tollen  Gewalt  des  Schreckens  dem  einzelnen  Menschen  gegen- 
über tritt;  in  einem  Staate,  wo  jenes  persönliche  Bewusstsein 
fehlt)  ist  jedes  Vergehen  eine  Empörung,  ein  Majestätsver- 
breahen,  denn  der  Einzelne  ist  unbedingt  unterworfen.  Wo 
aiiar  dza  Reaht  avf  dem  Bewaaataaia  der  freien  Persi^chkeit 
wukif  da  izl  daz  Geaelz  mild»  and  die  Eiire  tritt  an  die  Stalle 


m 


dM  'S^hraokenk)  mid  ElireMtrafn  - treten  liei  gerliig»fli«to  Ver- 
gehen an  die  Stelle  der  rohen  Züchtigung.  Indien  kennt  wirk- 
liche Eiireiistrafcii  sehr  wenig;  die  einzige  l  onu  derselben  ist 
die  roheste,  dah  BratiiJ marken  an  der  Stirn.  Im  Allgemeinen 
gilt  bei  deu  Strafen  der  Grundsatz  der  strengsten  VergeUang} 
Auge  um  Auge,  Zahn  um  Zahn. 

,,Ds8  Recht  ist  von  Brahma  in  der  Gestalt  der  Stiafe  ge* 
Bchafreii.'«  <)  Sttmfe  ist  ein  krsft?«ller  Herrsdwr,  en  gesckkkter 
R^ersr»  «m  weiser  Verwalter  des  Gesetses;  Stimfis  regiert  das 
menseiilicke  Gesdileeht^  Strafe  sUeb  besehatst  es,  die  Stiafe 
wacht«  wShrend  alles  scMfift«  die  Strafe  ist  die  Gerechtigkeit. 

.  Ware  ilei  König  nicht  rastlos  bestrebt,  zu  sfi  atVu  den  Schuldigen, 
so  Wörde  der  Starke  tleu  .Schwachen  rüsten,  gleich  einem  Fische  am 
Spiesse;  Strale  regiert  das  ganze Menschengescldecht»  deao  eiovoa 
Natur  schuKIIoser  Mensch  ist  kaum  zu  finden.  "3) 

Als  Arten  der  Strafe  werden  angegeben:  Rüge,  Geldstrafe,  Braad- 
marinng»  kOrperiieheZfichtigniig,  Gefangeuschaft,  Verkst  der  bfliger- 
lidieD  Rechte,  VerbaDonngy  Verstflmraelung  eud  Todesstrafe^  Die 
Geftogoisse  sollen  an  derSfTeiltlldieD  Strasse  Hegen«  damit  die  Ver- 
brecher YOD  allen  gesehen  werden.^  Die  Todesstrafe  wird  toU- 
streckt  durch  Ertränken,  l»ei  Frauen,  durch  Verbrennen,  darch 
Spiessen,  oder  die  .S«  liuldigcn  werden  von  Elephanten  zertreten, 
von  Hunden  zerrissen  <  (< .  — Merk^rfirflig  ist  die  Nachricht  Marco 
Polo's,  dass  zum  Tode  verurthciite  V  erbrecher  im  südlicfieu  ludie» 
sich  selbst  zur  Ehre  einer  Gottheit  tudten  dürfen;  öffentlich  und  unter 
grossen  Feierlichkeiten  stüsst  sich  der  Verurtheilte  zwölf  Messer  ia 
die  Hüften,  in  die  Arme,  in  den  Bauch  und  das  letzte  ins  Hen;  soiae 
Gattin  Terbrennt  sich  dann  mit  der  LeiclM^s*)  wem  diees  bei  biab* 
mitnischen  Indiem  vorgeleommen  sein  sollte,  so  wSre  es  eine  Ass- 
artunft;  die  Gesetzbücher  gewähren  keinen  Anhalt  hierzu.  ' 

Wer  eiiicni  xMädchcn,  ohne  es  beweisen  zu  können,  nachlast 
'  sie  sei  nicht  mehr  Junglrau,  inuss  cIih'  Geldstrafe  zalilen.^)  Be- 
leidigungen der  höheren  Kasten  durch  niedrigere  Menschen  wird  hart 
gebäsat;  einem  ^udra,  der  einen  Zweimalgebomen  beleidigt;  soil  die 
Zunge  abgescboitteo  werden,  und  wenn  er  einen  Brabmatfen  sduaibt, 
soll  ihm  ein  giftbender  Dolch  in  den  Mund  gestosseo  werden,  sad 
wenn  er  ihm  hl  Beziehung  «uf  seine  Pfllcbten  Zurecbtweisangea 
'  giebt«  soll  itMi  siedendes  öl  in  den  Mund  gegossen  werden. 
>Leh;b<e  Injurien,  Vorwerfen  körperlicher  Fehler  efc.  werden  ost 
Geldstiaien  belegt.'^)  „Wer  Reden  fuhrt,  welche  dem  K  luis:*'  nnaa* 
genehm  sind,  oder  wer  ihr»  ladclt  oder  seine  Ratiiscbl  (l"  ;ius- 
schwatzt,  dorn  soU  der  König  die  Zunge  auascbnekien  und  ihn  »er- 


Digitizca  Ly  Gu^.' . 


bftliiieii."^)  Fd  Betreff  der  Unzucht  sind  ficlir  genaue  Gesetze 
g^ebeo,  Unehelicbcr  B^AcUaf  mit  Personen  derselbeii  Klasse  bei 
gpgfgoitiger  £ivfriHiga»g  ist  ausdrücklich  atraflos;*)  Öffentliche 
•iNniMi  werden  aogar,  weaa  slo  nach  Empfang  des  Oeldes  den  Um- 
gang verweigern,  mit  4er  doppelten  Geldstrafe  lieiegt.*<>)  Auf 
NothaMrtigung  erCoigt  kurperHebe  Sflditigting,  Abhanen  der  Hand, 
uDil  >venn  die  Verletzte  ein  Brahmaneninüdchen ,  der  Tod,  wenn  sie 
al>cr  Sklavin,  eine  »ehr  geringe  Geldstrafe J ')  Blutschande  for- 
dert Anschneiden  des  schuldigen  f*licdes  oder  Todesstrafe;  in 
8chwercn  FuUcn  wird  auch  das  schuldige  Weih  hingerichtet,  Un- 
natürliche  Unzucht,  "w'ie  Sodomie  etc. ,  wird  bestraft  mit  Abhaaen 
■  der  Finger,  Peitsdienhiehen ,  ofTentÜcher  Schanstellung  auf  einem 
Esel»  oder  anch  nur  mit  Geldstrafe. 

Bei  kOrperKebea  Verletzungen  mnss  der  Sdnildige  die  Heiinngs- 
kosten  tragen  nnd  ektc  Geldstrafe  sahlen;  nnr  wenn  ein  Mensch  der 
andern  Kasten  einen  Rrabmanen  tkiltlleh  beleidigt,  soll  ihm  das  Glied, 
mit  welchem  er  ihn  berührt  ,  ahu<  liaiicn  werden. Die  von  Me- 
gasthenes  berichtete  strengere  \  erueltung  des  (Uleichen  mit  Glei- 
chem, besonders  das  Abhauen  der  Hände, 'S)  bezieht  sich  nach 
Manu  nur  auf  die  Verletzung  e'iüGS  Monschau  aus  höherer  Kaste 
durch  einen  Niedrigeren Auch  niisslungenc  BesauberaDgeo  wer* 
den  mit  Geldstrafe  belegt.  >^  Ungeschickte  Arzte  nnd  Chimrgen 
mflssen  Strafe  zahlen, 

Mord  wild  hn  Allgemeinen  mild  gestraft,  dareh  Brandmarkang, 
Verlust  der  bfirgerilclien  Ehre,  and  nnr  In  schwereren  Fallen  durch 
Hinrichtung.»»)  ,,Eine  Frau,  welche  Ihren  Manu  tSdtet,  soll,  wenn 
sie  nicht  schwanger  ist,  ins  Wasser  geworfen  weiden,  nathdeni  ihr 
pin  Stein  an  den  Hals  e«  hunden,"  oder  nach  grausamer  Verstiim- 
nielnng  getudtet  werden,  ^o)  Auf  Abtreiben  der  Leibesfrucbt  ist 
nnr  Geldstrafe  gesetzt.«') 

Kothwehr  bis  zur  Tödtung  des  Angreifers  ist  gegen  Jeden, 
seihst  gegen  Brabmanen  erlaubt,  sowohl  bei  eigner  Vertheidigung 
wie  bei  der  einer  Frau  oder  eines  Brahmanen.*^ 

Wer  in  Gefahr  desRaubes,  bei  einem  Dammbmch  etc.  seine  Hilfe 
versagt,  wird  mit  Verbannung  oder  einer  Geldstrafe  belegt.  *3) 

Für  Ii  e  s c  h  ii  d  i  g  IUI  ^  d  e  s  E  i  e  II  t  h  u  m s  muss  ausser  dem  Scha* 
denersatz  eine  gleich  grosse  Stiafsummesjezahlt  werden; gemein- 
schädliche  Vergehungen  dieser  Art  werden  mit  Geldstrafe  oder\  er- 
bannuDggestrart;25)  Brandstifter  werden  mitStrobfeuer  verbrannt.20) 

Über  Betrug,  WaarenverHilscbung  etc.  sind  sehr  genaue  Be- 
stimmungen gegeben;  meist  Geldstrafe  oder  Züchtigung merk- 
würdig, und  wabfMrheinlich  Ülterer  Zeit  angehSrig  ist  das  rohe  Ge- 

n.  91 

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498 


ceU:  einen  trügcrisclien  Guldgchmied  soll  der  Kunig  mU  Scheec« 
messero  in  Stücke  schneiden  lassen/' 2^) 

Bei  einfiiclieni  and  kichteoi  Diebstahl  nnee  der  INeb  des^ 
lilohlene  aurOckgebeii  und  eriiftlt  kSrperlidie  Kiobtigiiiig,  oder  mu» 
den  ddppeltea  oder  mebtfadMn  Wenk  als  Strafe  beaftblen.   Irt  er 
:  aber  ein  Brahnaoe,  so  wird  er  gebraMdmailKt  ned  veibnBt*^  iKe 
OeMiifrafe  steij^  nit'  der  Kaete;  der  eehuldige  Xatrija  bat  vtenml 
iniil  der  Hrabniauu  achtmal  mehr  als  der  ^udia  yLU  zahlen,  weil  die 
,  ,S(  l.uftl  der  ersteren  eine  sclnverere  sei;30)  dies»  ist  einer  der  sei - 
It'iieri  Kaiici.  wo  die  Strafe  dor  höheren  Karten  hlirter  ist,  Gei^alt- 
'  sanier  Diehstahl  leichterer  Art  wird  mit  Geldstrafe  von  dem  doppel- 
ten Werth  der  Sacbe  belegt,  heim  LSui^nen  von  dem  vietfiichen.si) 
Schirerer  und  gewaltsamer  Diebstahl  wird  mit  Abbauen  der  Hesil 
oder  ebes  halben  Fusees  oder  beider  Hfinde  bectnift.^)  Ootc^ 
stdtsnDg  desDiebstahls  dnrchHeblerei  ete.  gttt  demlMMfahlvillif! 
gleleh.^)  Erbrechen  des  OfTentlichen  Sehatabansee,  emes  Aiieeel« 

-  dder  eines  Tempels  ufid  anderer  gewaltsamer  schwerer  DiebstsM 
wh-d  mit  dein  Tode  bestraft,**)  nach  Manu  wird  der  Schuldige  v«n 
tili  phantcn  zertreten.^*)  —  Kaub,  d.  h  ,,vvenn  etwas  mit  Gewalt 
vor  doo  Augen  des  Besitzers  genommen  wird/'**)  wird  in  «chwe- 

'  rercn  Fällen  mit  dem  Tode  bestraft. 

Glücksspiele  und  Wetten,  von  den  Indiera  Ifidifiiiiehlftlidi  ft 
liebt  [S.  458],  sind  nach  Mann  bei  hoher  Stmfe  vetboten,  und  al» 
Diebstahl  betrachtet;  auch  die  Wiitbe  der  Spielhinier  ^verden  kir- 
perlich  gezüchtigt;  <s)  spSter  dagegen  fiiidmn  ea  einCrigliehef ^  die 
SpieihXuser  an  beateoera  und  dafilr  die  BeeebQtiong  md  Beief- 
üichtigune:  derselben  zu  tibernehmen. 

Ein  Trunkenbold  w  ii<l  au  dci  »Stirn  mit  einem  .ISäuferzeichen  c»' 
brandmarkt,  und  Verkäufer  von  berauschenden  Getränken  svUeu 
der  Stadt  verwiesen  werden.^) 

*)  Ti^nttv.  1, 858.  —  ■)  Mann,  VH,  17  ^  92.      *)  M.  DT,  988.  Maico 

Polo,  m,  c.  20.—  »)  Mnim,  VTH,  M5.  — •)M.  Vm,  270  -572.  —  •)  M.  Vm,  174; 
Yftjn.  II.  204  ff.  —  •)  Yftju.  U,  no2.  Will,  .'104  tV.  -       Yt^n.  U,  - 

'«)M.  VIII.  aG4.  Ynjn.  U.  288.  201.  —  » •)  Yiyn.  IlL  231  — 233.  — » »)  M.  Vni.567. 
3C.U  ff.;  Yujn.  II,  2h'.<.  293.  —  »*)  M.  VIII,  287;  Yajii.  II,  213  ff.  —  i»)  Meg.  fr. 
27,  12.  »«»)  Miinu,  Vin,  279.  —        M.  IX,  290.  —  "»)  M.  IX,  284;  Yojn.  H,  24S. 

—  M.  IX,  237;  Tain.  TT.  273  ff.  —  »<>)  Yojn.  II,  278.  279.  —  ")  Tnjn.  H 
277.  —  tt)  1^  VlU,  o4y.  0.10.  —  «»)  IX,  274i  Ya^n.  II,  234.  —  M.  Till. 
288.  —  ••)  IX»  284.  289.  ~  Y^n.  U,  282.  —  »»)  M.  IX,  286  ff. ;  YjtfB-  ^ 
245  ff.  —  AL  IX,  992,—»»)  Yjyn.  II,  270;  Manu,  VIU,  319  «c— »•)  Bt  Vm, 
337.  338.  —  TiiiiL  n,  230.  —  M.  Till,  320  —  328.  334;  IX,  S76  —  2?;.- 
»»)  M.  IX,  978;  Tom.  H,  97«.  -  •*)  M,  IX,  280;  Yiijn-  H,  287.  —  »•)  II,  Yfll, 
34.  -  M)  M.Vin,  .H,12.  —  •»)  M.  vm,  823.  — M.  IX,  220  fl:  —  Td»- 
II,  199—208  *•)  IL  IX,  «91.  988.  ♦ 


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4g9 


JSkn  «agemMiea  Siafltalabtti  gehftven  aar  swet  Stüsde 
wittniiieii.'ftw»  die  XAti4ffi  als  dit  Regiereildefi  vnd  «He  Vakja 

als  die  Regierten.  Da  alle»  Dasein  von  liiahnia  als  dem  einigen 
31iUelpunkt  ausfliegst,  so  ist  auch  alle  Re^ierungsgcwalt  von 
Braiima  entsprangen,  geht  nicht  vom  Volke  aus;  allen  Leben 
in  der  Natur  wie  im  Staate  geht  vom  Centrum  nach  der  Periphe- 
rie- Da»  Centram  im  All  ist  aber  Einheit,  darum  auch  die  Rc- 
gtermig;  ein  König  (Kaja)!  Bleibt  aas  dem  Volke  uud  nicht 
d«x«k«iiw.V4^»  eeiid€n  vim  Gotleswegtfa  regiere  ala  VerbreCer 
4er  GelAeiiii  dae  Volk,  »iraelien  Braluna  md  dem  VoUce  ste- 
llend« l>eir  KdBig,  erMicbi  .ond  diureb  eine  veA  BrahmaneD 
wMmpme  Salbung  oder  Weihe  in  den  Beaita  dee  Tluronea  ge* 
setzt, ^)  ist  niplxt  bloas  ein  KOnig  von  Gottes  Gnaden,  sondern 
von  Gottes  Wesen,  zu  dem  Vuike  sich  verhaltend  wie  die  crea- 
tärliclien  Gatter  zu  den  Menschen.  Die  re^uiblikanischen  Ver- 
fassungen, welche  die  Griechen  im  iudusgebiete  fanden,^) 
felMirten  nicht  denvcvigentiiclien  indischen  Volke  ans*)  die  iadi' 
•duni  üikmden.henpeq  nur  Aiooaceluen. 

MJ>er  KfiqKif  euiee  KiSolg«  besteht  aus  Tketleo,  wekhe  ausge» 
teeeea  sind  eue  den  achtBUteni  der  Welt  [de«  höheren  Qdttere]; 
d^ae  9fkt  wehaen  io  der  Peraeo  dee  Königs;  er  kaen  nicht  unrein 
seh),  debn  diese  Sdraizgeister  bawirkea  die  Reinheit  der  Sierh- 
liehen."'^)  ,,£iii  König  ist  gi^bildet  ans  den  cnigen  Theileo  der 
oberäteri  GOtter,  und  ist  darum  über  alle  Sterbliche  a»  Majestät  er- 
haben; t»leioli  der  Sonne  blendet  er  Augen  und  Herzen;  kein 
Mensch  kann  sciueu  Anblick  ertrageu;  er  ist  das  Feuer  uud  die 
Laft,  die  SoBoe,  der  Mond,  der  Herrscher  der  Gerechtigkeit»  Herr 
dee  Reicbtbaipa,  der  G.ewäs«er  und  der  Uinuneisveste.  fiiseai 
KMget  «elbat  wena  e?  eia  Kiad  ist,  daff  aieht  ohne  UrAiraht  be- 
isfttet  werden,  ala  sei  er  eia  bloeeer  Meaacbj  dem  er  ist  ebe 
aiohtige  Qetthaif^  eracbeineBd  ia  meoeeblielier  Geetalt  Das  Feaer 
reraehrt  nnr  einen  Einzelnen ,  welcher  sorgles  ihm  genaht,  aber  der 
Zur»  üine.s  Kiinigs  verzehrt  eine  ^;ui/u  Familie  mit  all  ihrer  Habe. 
Wer  Uass  zeigt  2,oiifn  ileu  KTmig  duich Wahn,  wird  sicher  untergehn, 
denn  der  König  >vird  sein  Herz  wenden  zu  seiaem  V  erdti  Iten.  *  *) 
Der  Künig  und  die  Königin  haben  den  Beinameo  der  ,,Guttli€heii.'\^) 
Idit-  der  ji|J|^rmeuschlicheo  Bedeutung  der  Könige  hängt  es  zu- 
saauBaa^.daaa  sie^iieBiaeht.babeft,  bfiee  Geister  «i  bekäaa|»lee; 

St* 


und  Indra,  ohnrnSchtig  deo  DSmoDeo  gegCDflber,  ntft  woU  eiaeii 

Könif?  zum  Kamiile  L;eu;en  sie  auf.') 

Meikw  linliL'  ist,  dass  ein  altersschwacher  Kouig  zur  Thronent- 
sagung vurpilichtet  ijst;  „wenn  sich  sein  Ende  nahet,  so  übergebe  er 
den  Brahmnnen  aile  aus  des  g^setzmässigen  tieldsUaÜeo  gefiossenen 
Beichthümer,  überlasse  seinem  SeliBedle  R«glmiig  wmd  Mdie  9ol* 
neo  Tod  io  «ioer  öcUaciit/»») 

>)  Lanoi,  Ind.  j(Ut.  I,  811.  —  ■>  Aate»     H;       e.  Uf  vtfl.  mUtA. 
JmL  ingm,  1,  8t.  —  >)  Ikiiati,  lad.  iJt  X,  8il;  II,  Ifif7. 17t  «ICb  r- 
y,  96.  —     )1 711»  4— 9.  lt.  —  *)  WiliOR,  theMWi  !•  ^7.     '0  Untak, 
T.  Meier,  a  46.  188. 14^  144.  —  ')  Mua,  2X,  8tS. 

§  154. 

DerKöni^,  der  hier  so  wenii^  eine  freie  Persdnlichkeit  ist 
wie  der  Luterthan,  der  nicht  seineu  Willen,  sondern  das  ewige 
Gesetz  Brahma's  durchzuführen  und  zu  vertreteii  hftCy  hat  hn 
Staate  ein  doppeltes  VeziUtttBlss,  nacii  oben,  ni*^n  #b«rte 
Staate  steheaden  Bfakauuieo  aaid  der  von  üuieii  vetifeleiie&MM^ 
und  aaeh  uaten»  au  dem  regierten  Volkes 

Der  Fttrst,  der  VoUatrecker  einer  Idee,  niekt  cSnea  j^enAi* 
lieben  Willens,  bat  au  seiner  ersten  und  heiligsten  Mlekl  die 
Selbstverleugnung,  das  Verzichten  auf  seine  eigene,  besomkre 
Meinung  und  seinen  besoiidei-en  Willen;  er  soll  scliiechterdiDgs 
nur  das  Organ  einer  über  dem  Einzelnen  stehenden  Idee,  der 
Vollzieher  des  göttlichen  Gesetzes  sein;  er  ist  nur  ausfuhrenile. 
aiobt  gesetzgebende  Gewalt;  er  steht  nicht  über,  aondem  unter 
dem  Gesetz.  Die  Idee  selbst  aber  wird  getragen  yon  dem  Stande 
der  firkenntniaa,  Ton  den  Mcnaeken  Brabma'ai'  die  wm  Siaate 
selbst  niebt  minittelbar  betbeiligt  smd.  Das  •Bdwinatpebi  des 
Volkes  ist  noeh  ausser  dem  Volke.  Darum  maas  der  POrst  ia 
allem,  was  er  thut,  dieses  über  dem  Volke  schwebende  Bewusst- 
sein  befragen,  mnss  die  vedenkiindigen  Brahmanen  als  seine 
beständigen  Rathgeber  um  sich  haben,  miiss  ihrer  Erkcnntniss 
sicli  unterordnen,  ihren  Aussprüchen  Geiiorsani  leisten;  lier 
König  verhält  sich  zu  den  Brahmanen,  wie  Indra  zu  Brahma.') 
Der  Fürst  ist  unfrei,  wie  jeder  Indicr  es  ist;  aber  bei  dem  Mäch- 
tigen tritt  die  Unfreiheit  noch  siebtbarer  hervor.  Das  Leben 
ebies  Kdnigs  ist  von  den  strengsten,  die  WiHkAr  beadkritaiken- 
den  Formen  umgeben  und  selbst  bis  In  die  klalnliehstefiinnellieit 
genau  Torgesebrieben ;  ein  Wiltkflrherrsefaer  Ist  ebt  Frevler 
gegen  Brahma's  Gesetz,  und  er  soll  undmnss  fallen,  nicht  durch 
eine  zuchtlose  KnijMirung,  sondern  durch  Brahma's  waltende 
Gerechtigkeit    Väterliche  Milde  ist  schönste  FArstentugend. 


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501 


«,Eio  Kfioipr  ist  ilazii  ffCsrhalTcn,  dii^m  er  cUt  Srhiif/er  aller 
I  Stände  »eh..  er  benehmt:  sich  als  ein  Vater  «einer  Untertltaneo. 
Der  unsinnige  Färst,  der  »tune  üuterüianen  durch  Ungerechtigkeit 
aiterdrfickt,  wird  bald  seine«  Reiches  um!  seines  Lebois  beraubt 
.  wmtAtm."^')  ^£li^KOB|g  «•!!  den  Mra  e«c.  aaelmbneii;  irie  iMira 
Regsd«  M  aoU  er  Mf  mIo  Volk  WiibllfcateD  b«nb«tKtaMi  iass«»;.. 
«In  Uug«  4er  «ab  Volk  nlckl  scbtttit»  gebt  nfteb  seuiem  Tode 
fradtowegs  anr  HAiht*'*)—  »Der  Ronig  \mn%  von  de»  Vedookon- 
digCD  die  heilige  Lehre,  er  lerne  die  Gesetze  etc.  .  .  er  unterrichte 
sich  in  den  verschiedeDen  Arbeiten  und  (iewerhen. . .  B€rinis(  hriide 
i»#»tränke,  Spiel,  Liebe  iüi  Weiber  nnd  (iie  Jacrd,  sollen  von  ciiiem 
Fürsten  als  die  verderblichsten  Laster  betrachtet  werdeo.'*^)  — 
■  ,,Ein  Kuoig,  welcher  das  Heil  seiner  Seele  erstrebt,  niuss  immef 
nachsichtig  sei»,  woon  Kläger,  Kinder,  Greise  oder  Kranke  g^eo 
Iko  BdeMignDgeo-aaBOtoeseo;  derjooige,  weleker  den  Leideoden 
BeleliigiiBgoe  Mneibt,  wird  daflir  Im  Bimmel  belohnt  werden, 
Oker  wer  an«  flemeberetols  Racbegeflibl  hegt,  wird  ra  die  Hftlle 
kommen/'*) 

Vcrtrcbcn  eines  Königs  verfallen  dem  Straftresctz;  umi  bei 
Jciuselbcn  Vergehen,  m'o  ein  ^ndra  eine  Gcltistrate  zu  zahlen  bat^ 
mitss  ein  F'ürst  das  Tausendfache  !»eben. 

^Ein  Künip:  wähle  zu  seineu  Käthen  weise  Manner  von  guter 
Herkunft  j  oiaodbafte  nnd  «nhescholteae,  mit  ihnen  überlege  er  die 
'  RegjlerOBg,  dami  .mit  einem  Bcabmanen,  nnd  dann  «itaeheide  er 
^MmU^^  Mit  dieaen  Ministem  soll  er  sieh  fiber  alles  beratbeo, 

Meinung  jedes  einzelnen  bSren,  nnd  dann  erst  seine  Ent- 
ssMtensnng  fassen.  Der  erste  Minister  mnss  immer  ein  Brabmane 
8cin.  und  jeden  Morgen  soll  sich  der  Ki^nig  von  gelehrten  Brahiuanen 
unterweisen  lassen.*) 

«)  M^n,  V,  98.  —  •)  Mann,  VH,  37  ff;  Yiyn.  I,  d08  ff.  —  ■)  M.  VD, 
S5.  PO.  in.  vjjl.  Yajn.  T,  n40.  —  *)  M.  DC,  30n;  YIII,  307.  —  *)  M.  VIT,  43.  50. 
—  •)  BT.  vm,  312.  —  ')  M.  ym,  »6.  —  «)  Yi^  I,  Sll;  Mann»  Vfl,  54.  — 
*)  M.  VU,  54fir  J42.a7£ 

MMi  uton,  kiBealelning  auf  das  Volk,  ist  der  KKnig 
wMmdtofMMr  Gebieten       Bohmnken  der  WÜlkCr  geben 

nicht  von  dem  regierten  Volke,  sondern  von  der  «ber  den 
Kdnigen  als  geistige  Mneht  waltenden  Bralinmiien  <nis.  Der 
Fürst  muss  wie  eine  mricbtif:;e  (iottheit  geehrt  werden,  mir]  seine 
Befehle  verlangen  nnbediiigtcn  Geliorsam;  nicht  dem  Volk, 
iMideffn  ikr  gMlKoken  (äerecbtigkeit  ist  er  verantwerüioli.  In 


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502 


spaterer  Zeit  wurde  diese  Gewalt  oft  sehr  jieiidicli  cuipfuiiden, 
/ur  Blütliezeir  der  indischen  Geschichte  aber  waltet  das  Ver- 
häitniss  der  Liebe  himI  Anliäi)ü;lieiikeit  vor.  I 

Als  Brahma  &  Stellvertreter  ist  er  eigentlich  der  alieioige 
Besitzer  alles  Bodens  and  seines  Ertrags,  und  alle  Ländereien 
sind  eifj^tlieh  Lehen.   Ziemtich  hoch  berechnete  j^bfpabeB  find 
also  aidit  sowohl  Sleacm  warn  freiem  fiigeBthiiiii,  söndsn 
PaehftsohluJig  rom  dem  geUehenen.  Die  strenge  EtascMftkMig 
der  ftrattichen  WiliUr  Itesi  aber  dieses  VerhAlbrito  üiihl  als  ' 
ein  drückendes  ersdbeineiir  und  das  thatsftebliche  Besitircdit 
der  Lnterthanen  ist  durch  die  (besetze  hinieiclieiid  gescliülst 
Die  Haiipteiokünfte  eioeH  Küiiig.s  sind  .seine  iiesoiideren  Domä- 
nen.      Au  Abuaberi  ♦*rhblt  er  den  sec-hsteti  Tlieil  der  Land(»- 
früchte;   in  drini^enden  Fülle»  darf  er  auch  den  vierten  fheil 
nehmen.  -)   Auch  die  Uandn  erker  und  Kaufleute  sind  besteuert  uiit 
%  bis  d  Proceut  de»  ßewinoes.«)   BUnde,  Bifidsiosige,  Miipfel, 
70$&hri^  Greise  sind  stSnerfrei«*)  .Aseb  indiMte  Steasni  Msi 
sich  schon  in  alter  Zeit;  Reisende  süid  mit  einem  Zell  belegt»  mf 
Aesnshme  der  GeisMichea,   der  asketischen  Bettler  oad  der 
schwaogcrsD  Fratten ,  ^)  und  «af  den  Mliktso  wardo  ys«  dem  Ver- 
kauften oin  Zehnt  erhoben.*) 

Mit  dem  den  Steuern  zu  (irundü  liei^endcn  Gedanken«  das* 
alle«  Land  eineuÜieh  dpin  Kniiii*c  eigen  gehöre,  h?ini:t  es  zusammen, 
daSs  wer  durch  Vertiacbla^fiiguog  seineu  Acker  beschädigt,  bestiaft 
werden  kaon,'')  denn  er  Tericfirat  ja.  des  Königs  Bigenthonit 

OMflOQ,  VXX,  80.     >>)  tt.  Vni,  ad8<  X  ItS;  SÖg^.  fir.  i;  4S;  SS,  4;  9S, i. 
s)  M,  X,  ISO;  Vn,  \W.  ISSi-ttflgirtL-fr.  S»,  7.  ^  *}  Ui  YBI,  SK- 
»)     Vm,  40S.  497. .  ?)  Mwi|.4riS4,  Ä-e.^  '>]t7qi,a«s^ 

§  156. 

Drei  Haupt -Aufgaben  hat  der  indische  Regent:  die  Voll* 
Streckung  des  Hechtes,  die  eigentliche  Verwaitting  .iiod  diu 
Vertheidigung  des  Lauiles  als  Anführer  des  Heeres. 

Als  oberster  Richter  hat  er  das  Recht  zu  wahren;  alle 
Rechtspflege  ^)  geschieht  im  Namen  des  Königs.  Aber  da  der 
KMg  aitht  diß.Qoeisie  des  Gesetzes ,  <a«kidaRl  mnr  dessen  Voll- 
strdeker  ist»  ao  darfcfir  »ie'iiftch  aeiaer  oigtfiii  Kiiisk>ht  dlm 
etttscMden^  Boodem  m«sa  gesatatokwadi^BwiWitiis»  afarM- 
altfeer  Imuamhen»')  dia  ihm  oinA  ,  Wana  er  ValWndart  ist»'W 
trafen  können*  Der  Kdaig  iat  bei  dte  Emseheiditag  anaog  M 
das  Gesetz  gebunden,  und  wenn  er  angerecht  bestraft,  so  brt 
er  dun  Brahmanen  eine  schwere  Sühne  ila  voUzieheu.  Ijei 

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•W8 

'  #oiw»CTgft  VeriNteclHD  «tawto  das  IMiea  jedeafidls  dem  Könige 
▼orgelegt  werden,  dem  das  Reelit  der  Beguadi<^iing  zustand. 3) 
Die  Weise  der  Untersuchung  ist  genau  vorgeschi  it'b(  n .  ilns 
ZeogenTerhür  gesetzlich  geordnet;  in  zweifelhaiten  i^aUeu  ent- 
Mheidet  der  Eid  und  das  Gottesgericht  |§  103].^) 

Vedenknndige  Braiimanen.    vom  köDig  gewühlt,   btMen  deu 
4»«nclilBbof;  eioer  derseibeo  führt  deu  Vurslt/.^)    Sie  sind  aber 
iWiiM  ICtaigilSteUvcrtreter,  der  eigeoUich  seUist  dt»  Cierialit;/ib* 
kaliea  soll;«)  bei  dem  erweiterten  Umfang  der  Regierang  luiDDte 
'     ätmm  mtSriidi  nm  m  wkhtigeD  Fällen  tlian.   Die  Entseleldong 
aeU  stra«^  nadi  dem  Geseta  erfolgen,  und  wem  der  Konig- selbst 
richtet,  soll  Ibra  ein  vedeekmidiger  llfaDn  das  Gesetz  auslegen.^ 
An  den  KOnisf  Jconnte  appellirt  werden ,  und  wenn  derselbe  ein  Ur- 
theil,  in  weUfi'Mu  (»cldstrafe  verhäiif^t  war.    für  u/ireriit  (Tldärtc, 
„so  sollen  die  Kicliter  und  »lie  l^iirtei,  die  vorher  ue\M)rin''ii ,  das 
doppelte  der  bestimmten  Strafe  geben;  n  enn  aber  derkönii;  treibst 
'  wirechtniässig  eiai6  Geldstosie  erbeben  hat,  so  soll  er  das  Drelssig- 
'  faebe  den  .Bralmianes  geben;*'*)  wer  im  letslevee  Falle  sn  -eot- 
scheidee  bsl,.  ist  sieht  gesagt 

Zeugen  dftfen  nnbeschoKeBe  Meoschto  aus  allea  vier  Kasten 
seb)  einige  BenillBartea  gekeo  aber  an  sich  liir  liesclKiitea  und 
-schliessen  daher  ▼um  Zeagenreoht  ans,  wie  niedrige  Uandwcrke, 
Schauspielerei;  ehetiso  :^ind  Menschen  aui<»  (hm  vermischten  Kasten 
ausgCNchlfKSKeu.  Dagegen  soMen  wejjen  der  Höhe  und  Heiligkeit 
.»ihres  Standes  nicht  beruten  v^(  idoj  ^'ür.steu,  uelehrte  l*^ie^t'  r  und 

•  Asiceteo. ^)    Frauen  dürfen  nur  bei  Frauen  zeugen,  <^udra  nur  bei 
'  ^dis)  wo  niGglich  sollen  die  Zeugen  von  derselben  Kaste  seui  wie 

4er  Aageicbttldigto' Bei  Vorteilen  jedoch,  welche ■  ioaerbalb  ^ 
'  eines  Ubiiaes  ,eder  «Ines  Waldes  geschehen  sind«  nnd'bel  einem 

•  '  Mocde  dArf  jederi,  welcher  mgegen  geweaea,  Zeuge  sein. Zum 

gültigen- Zenggiisi  gehoben  wenigsteBS  drei  Zeugen;  nur  im  Neth 
fsdl  rdehi  eines  als  acbthar  betrannten  Mannes  Zeagniss  hin.  i'^)  — 
FiilfochCö  Zeußuiss  wird  mit  schwerer  göttlicher  Strafe  in  di*!seni 
Leben  und  na«  h  dem  Tode  bedroht,  '•^)  tiber  gerii  liüi<  h  mir  mit 
iicldstrafe  belegt;**)  der  Jxichter  hat  «lie  Zeugen  %orher  zu  Ver- 
i   warneailind  sie  auf  die  Strafe  im  künftigen  Leben  für  den  falschen 
Zeugen  biDxuweisen.       Ist  ein  falscher  Zeuge  aber  bestochen, 
•'J«#4H>Uiei'daa  J>of^lte  der  streitigen  Summe  xejbles)  ein  Brahmaoe 
,1«  flM*«eilttani     rDle:  Kac^iebt  des  Megaatheaes»  dass  Meioeid 
dureii  ClledeBabscbieldeB  bestraft  Wierde«*?)   wird  dtitob  die 
Oesobiblelier  eicht  bestätigt;  Megasthenes  seheiet  andi  hier  die 

•  ältere  Bestimmung  zu  geben.  Äusserst  seltsam  Ist  die  Bestimmung : 


„wo  der  Tod  eiiief  lienadieii  da?»«  ahlUtaigl»  da  soM  4if  Imgfi 

unwahr  reden;  zur  Reinigung  soll  er  ein  Opfer  liTiBgea;*^*^)  diew 
kann  nur  eine  milde  Nachsicht  gegen  da*  ^Mitleiden  sein;  und  der 
Siuw  de«!  iiesctzes  kann  schlcchtcrdines  keine  Empfelilang  eines 
falschen  Zewgiiis8e8  sein,   du  sinnlos  iväre,  sondern  jene« 

Sollen, kann  nuhedingt  nur  in  dem  äinne  des  „Durfeno"  auljgo- 
fasst  werden.  —  Der  £idsebu-or  ist  nur  dann  zulisaig,  ^enn 
Zeugen  feUen,  deren  Auaeage  alao  aiolit  beeidigi  wiid^  — »  «od  nie 
bei  geringen  Sacken. 

Die  Beweiafiibmiig  iat  maachnal  aellaaai  geaog  aad  aicbfa 
weniger  ala  aclilan.  Wenn  z,  B.  Jesand  der  AnücldMltaBg  eines 
DeposÜnma  angeklagt  ist,  und  keine  Zeugen  vorbanden  sind,  so 
darf  der  Richter  dem  Bekia^tiii  durcli  geheime  Helfer  ein  Deposi- 
tum ubergeben  lassen,  und  wcrm  dasselbe  dann  hei  der  Rückforde- 
ning  verkürzt  ist  oder  gar  verweigert  wird,  so  i^it  der  Angeschul- 
digte oia  überfAbrt  zu  erachten,  Ein  Mensch,  „der  von  einer 
Stelle  zur  andern  geht,  in  beiden  Mundwiokelo  umberleckt,  de  wen 
Stira  achwitzt  and  deasen  eeaicht  aidi  en«Mrt»  der  a^l  tmbaflt, 
atotternder  Stimme  viel  Widerapredwadea  aptieht,  dar  Anrede  vd 
Anblidt  nicht  erwiedert,  and  die  Lippen  veitiebt  ete.»  iat  aia  wi 
falacber  Ankläger  oder  Zenge  bezeichnet Ebeaaa  wird  ea  ant 
Beziehung  auf  daa  Gotteanrtbeil  als  ein  Beweis  falschen  Zeug- 
nisses gesehen,  wenn  ein  ZLuy,ü  innerball)  einer  Woche  voa 
eioer  huraukheit  oder  einem  andern  Unfall  betrctITen  wird.^^) 

f>ie  I2:anze  Verhandlung  uar  in  alterer  Zeit  mündlich;  ja  liic 
Richter  bedienten  sich  selbst  nach  den  Nachrichten  der  Griecbeo 
nicht  einmal  geschriebener  Gesetze; diess  l>edeutet  wolü  nicht, 
dass  die  Indier  iieine  Creaetzbacber  gehabt,  aaadem  ▼iehwahr,  da« 
die  Richter  dieselben  aaawendig  waaatea.^)  dpitar  iadaea 
den  aduriaiicbe  Prolokolle  geAlbrt;»)  jedoch  iat  die  AbaMga  der 
Griedien  unaleher,  da  Megaslhenee  aneb  irr|g  bebaaptet,  die  Mier 
bedienten  «Idi  keiner  Zeugen.  2«)  Beim  Civilprocess  darf  der  Ange- 
klagte, SU  lang«  er  die  Auscliuldigung  nicht  widerlegt,  keine  Gegen- 
klage einbringen; '^7)  leugnet  er  eine  Schuld  ab,  and  wird  er  über- 
/ührt,  so  muss  er  ebenso  viel,  als  er  dem  Kläger  zu  zahlen  hat,  auch 
dem  Könige  zahlen;  wer  dagegen  eine  falsche  Klage  erhebt,-  mfli 
das  Doppelte  der  geforderten  Samne  als  Strafe  zab4en.>*) 

Bei  Verbreeben  haftet  die  VerailtwortliabMt  auf  daa  GamMe* 
aitfeebem.  „Wenn  ein  Todteobbg  ader  eb  Olebaltbl  geädUcbd 
so  mUt  die  Schuld  anf  die  Anfabher  daa  Oitea,  weaa  die  SpwaM 
dem  Orte  heranaftlhrt{  welin  daa  Verbreeben  aaf  derLaiidatmue 
geacbab»  eo  föllt  die  Schuld  auf  die  Aulseber  des  Ortsgebietes*, 


505 


und  <lcr  Ort  soll  de»  8cliadcii  ersetzen,  in  dessen  Glranzcu  es  t^e- 
tjcbah,  oder  uohii»  die  Spur  führt."  29)  liie  sehr  ähnliche  Einrich- 
Uing  bei  den  Peruanern  (lid.  (.  S.  32H)  ist  zu  bemerken. 

Wichtig  für  die  Keuntuiss  des  indischen  Gerichtswesen  i^t  die 
itikiD  Drama  Mnchebakntik*  geg»^oe  Schilderung  einer  Gericht«* 
in  «iMT  Halle  yertanmieU  «icfa  <lBr  QmkMtMt  mtt 
M  OMem  beateieiid;  tlia  mUang     offootlicli;  fyMtmfimmt 
«Mtaa  die  Otima$.  Em  Kilver  neMet  eieee  begHngiiie«  Moni ; 
'  geegen  weiden  veililMt  Aber  die  Anaeagen  ein  acbrillÜcfcee  Pfet#- 
koU  gef(!hrt;  der  Angeklagte  ist  ein  Brahinane;  todem  er  vorgela- 
den werden  aoii,  erhält  der  Gerichtsdiener  den  Auftrag,  iliui  zu 
melden,  „die  Obrigkeit  wünsche  ihn,  mit  nücr  schuldij^er»  Ehrfurcht, 
Dach  seiner  Bequemlichkeit,  hlec  '''U  ."«ehen."     Kr  wir4  hüilich 
eni|iingen,  man  bringt  ihm  eiAeo  •Stts;  als  jedoch  schwerer  Ver- 
dbdit  gegen  ihn  kund  wird,  muss  er  sicb/enf  die  Erde  setzen.  Das 
Veriiür  int  nickt  eonderiicb  echaiieiiinig;  und  der  Ge^dHelHiCiielit 
raUgsa,  ab  devAaUigev  ndt  ehMmEotlaatnBgafeeusea  lnSehlKgerei 
geridt«  :illt  dem  nchahibaBaa  BekeantafaB  dea  Aagelihglifla»  :aniai 
ndll  «rpreant  dnrek  Androlmng  von  Hleiieai  endKgl  dle  Uater- 
sudiong;  ,,das  Urtheil  fallt  dem  Ktini^  anheim/^  Obwohl  der  Rich- 
ter erklärt,  ..dass  der  Angeklagte       ein  Brahniane  nicht  getudtet, 
«Mindern  nur  mit  unverletztem  E^genthum  ans  dem  Reiche  entfernt 
werden  kann,"  wird  er  vom  Könige  deonocli  geseticwidcig  zum 
Tide  venntbeilt        nmae  damals  schon  viel  ReditiSnnliig  getrie- 
han- worden  sein;  der  unschuldig  angeklagte 'Bsahnmii&  spricht: 
,»8e  ii4e  eb  Meer.aieht  der  Cleiiditahof  ada. .  IMe  aiDkiaclM 
fradtar  atod  diB*«ildao  nd  angaaUman  iWeUen;  «dlaa.:Bmt  wtili 
'  Ungehniani  ahid  die  ifUdan  Tklanv  dld  giknaeto  :ddrt,  dee  Tidtti 
Die aeraihail }  •  AHW<ite . aefcirbnnien  eken  enf  wie  •Seklangen^  «nd 
feile  Klüger  lauern  ivie  der  Kihitz ,  der  über  seiner  Beute  kreist  und 
pl5tzltch  auf  sie  heiabstürzt,  wilden,  raschen  Flu^;  das  Ufer, 
die  t Gerechtigkeit,  i^t  rauh,  unaieber  «lud  zeiffisseft  vou.dear Stilr- 

'  'Oieo  der  UBterdfOckuog/' 

t  ,  •  ■ 

'1'  /^  Cglebrookc,  üu  Hindu  Courts  of  Justice  m  Tiuusacu  ul  ihc  B.  Aa.  Soc.  11, 
166  ete.  ^  *^  Maua,  YIII,  1  ff;  Tajn.  II,  Wihoi^,  Theater  der  ffindn, 

'S:  J54.  — '     Man«,  VDI,  8S.  <44;  Tajn.  H,  S2.  —  »>  ITVIH;  IV—  •)  Tajn. 

Hfl»;  lämM,  'Tin,  e.  1«;  —  ^u,ym^       *>»v4iu«(>  lit'M  aoti^M. 

Ji^^a.^if)'ibMaivV0r,         Tele,  n,  la A  tt«  i4>M.  ymf 

n,  69.  —  »0  M.  vni,  69.  —  ")  IL  vm,  eo.  e«.  775         s».  —  »•)  m. 

•Vin,  82  ff  03.  ~  »«)  Vm,  120  ff.  —  1»)  y^ln.  11,  73  ff.  —  »•>  Ynin.  TT  si. 
—  »^)  Meg.  fr.  27,  12.  >«)  Yi.jn.  11,83;  Mnnn.  VIII,  104.  105.  —  '«)  M.  VIII, 
TOO— in,^        M.  VIII,  -™  13— 15.  —  »•)  M,  VHI, 

108.  —  *•)  Megostb.  ts,  %7,  9\  iNearchos  bei  Strabo,  XY,  1,  «*)  Lauen, 


Digiii^ca  by  Gu^.- . 


«7, 6.  —  •»)      u,  9.  —  ")  Tign,  n,  u.  ijt  —  »•)       n,  - 

Wilson»  Tbent^r  a.  Hntda,  1,  ^»  et«, 

§  157. 

9*  In  der  Verwaltung  stehen  dem  Könige  ebenfalls  die 
Bfahmanen  als  Uathgeber  und  Minister  sur  Seite ,  und  ohne 
ihren  Betralh  darf  er  nichts  ausführeo;  ikm  aber  gebührt  die 
leiste .  Eotidieiilnig«  Die  Verwaltung  geeeiiieht  derek  eiae 
Verdieilwig  der  Gewalt  aeeli  der  Zebeeahli  jeier  der  «flier- 
geordneten  MaehdMber  wiederfaelt  die  Bedevtnng  des  Fdntoi, 
nur  in  einen  ideineren  Bereiche,  und  iet  dem  Ftalen  TetM- 
wortlich ;  jeder  Statthalter  bezieht  alle  Einkünfte  seines  Grelnetes, 
bestreitet  aus  dieser  alle  Veru  altunarskosten,  und  nur  . der  Über- 
schuss  wird  an  den  nächst  höheren  Beamten  abgeliefert.  Die 
Centralisation  der  VerwftltuBg  tritt  liier  im  Vergleicb  mit  Ghuia 
mehr  aserfick. 

Der  letzte  Ausl&ufer  dieser  Venweigung  ist  die  Orts- 
gemeinde,  die  in  einem  «»f  genetuMuaev  Arbeit  nnd  gemein- 
samem Ertrage  rollenden,  eng  in  etoanddr  gefügten  «nd  naeh 
anesen  abgeeehloseenen,  jcgemnen  nnd  geintAlielien^fitiinehee 
den  eigentüdien  Kern  des  ittdiecAien  Staetelebene  bildet  hi 
China  dr&ngt  alles  viel  mehr  nach  deifi  Mittelpunkte;  der  Chi- 
nese geht  ganj&  in  den  Staatsbürger  auf.  —  der  indische  ünter- 
than,  nämlich  der  Vaic^jn.  ist  wesentiich  nur  Ortsbürger:  i» 
China  träs^t  der  Staat  mehr  einen  kosmischen  Charakter,  jetin 
einzelne  Funkt  bezieht  sich  unmittelbar  auf  das  Ganxe;  —  iu 
bidmk  bat  der  Staat  mehr  emen  vegetabittsoheil  Charakter;  die 
BiAtter  an  den  ietnen  Vertetelangen*  dun  Bnhimre  hingen  ner 
necli  leeker  mit  demeelhen  anaenNnen.  ,Bie  GcifcBindMn  k$m- 
-mem  sieh  wenig  am  den  fibrigeu  Staat,  «nd  der.Slaal  ktbamert 
sieh  wenig  uro  die  Gemeinden;  diese  lebdn  aiemüehaelbstslAndig 
Dir  sich;  es  ist,  als  ob  schon  germanischer  Gemeindesinn  hier 
waltete.  Der  Indier  hat  liit  den  Staat  im  Grossen  wenig  Inter- 
esse; er  ergreift  von  ilnn  nur  das  Zunächstliegende,  was  srhleth- 
terdings  zur  Lebensnotlulurft  gehört;  zu  der  grossartigeii  Slaat^- 
biidaog  CliiiMis  hat  es  Indien  nie  gebracht;  es  bleibt  iu  kleiuereü 
Kreisen  stehen.  Eben  desshaib  aber  iet  euch  der  Staatluer  nicht 
•bis  an  der  peinliehen  Bevormnndang  des  VeMLsaiibrtgeeqhiittülf 
wie  es  in  China  der  Fall  war. 

Pie  Staats-Beamten  sind  dem  KM^  Terantwortlidi,  and 
er  fiht  die  Ao&lcht  tiber  sie  dercb  besondere  Aalseher  aas,  fie 
ausseriialb  der  Beamteu- Gliederung  stehend,  ebtio  uui  ak 


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60T 

VV^üchter  der  Ilegierung  dastehen.  Von  den  chinesischen  Ko-tao 
[§  68]  unterscheiden  sie  sich  dadurch,  dnss  .sie  nicht  das  Gesetz 
des  HimnipJs  auch  ilein  Fiirsten  j^egenüber  zu  vertreten  haben» 
diese  Aufgabe  fällt  hier  dem  ganzen  Brahiuaneustaiide  zu. 

Bio  iMMoWichen  Einkünfte  des  Staats  dienten  rat  AUge- 
■flhiOD  mehr  «ir  tetaächlichen ,  durok  afai  Marius  Heer  gsttra* 
gSMB  Mackt,  mm  HerrtohorgkaBa  and  aar  firhaltniig  des 
Kvkaa  «nd  dar  Bralftaiaifln  ak  ad  gi^iaaa  Staala-AsbaiM.  Der 
Im  aekwr  Ckaieinde  sieh  adU  eiaapiaMode  iadler  iMit  sa^waaig  • 
Skln  för  das  Volksleben  im  Grossen .  als  dass  solche  Unterneh- 
mungen, wie  Chiint  im  nusgedehntehten  Maassstabe  sie  aufweist, 
hier  Anklang  faudeii:  China  lenkt  die  Volkskräfte  massenweise 
nach  einem  Punkte  hin,  Indien  zerstreut  sie  mehr;  Chinas  Staats- 
bauten,  aeine  Strasaten,  Brücken,  Kanäle  ete.  iiiideu  sich  iu 
Ittdiaii  aar  in  sehr  Terring^^rteni  Maasaatabe  Terf  iMir  die  zu  bei* 
Ugeo  Wall&hrttKirlaii  liUiraadaB  StraaaeD  wlvett  aeigfiUtig  ge- 
iMMk  vmä  ad*  üeiliargaai  itarseka*. 

lüa « eia6  gäta  Oidonng  *im  Staate  aa.  wtaHpa»  «oll  der 
KMIg'Ar  Bwec»  dtbi,  Maf  oder  boadert  <ktacMlea  Ate  Maar 
'  Waeben  besteHen,  befehligt  durch  saveiiSssige  Fdlirir,  welche 
über  die  Siehe iIj ei t  des  Laudcb  zu  wachen  habeu.     Ausser  dic- 
•sem  mUitärisehen  Schutze  „bestelle  er  einen  Vorsteher  für  jede 
Oeroetnde.  nnd  einen  hühcreü  liir  zelin  <renH^iii(!en ,  dann  cirren  für 
20^  lUÜ  uod  tür  lüütt,'*  ^  ganz  nie  in  Peru  [ßd.  1,  S.  32ö};  diese 
Voiateller>iBlissen  ' zu  bestimniteii  Zeiten  uod  Iii  wielidg|8k^«i'lUen 
bnMi  aa  daa  aftebat  baterea  Betidrt  eiaialtea.  t> 
.  .   MegaMhedea  gkbi  die»  Artev  9ob.  ,,Afchoatea*«  aa^  ^1.  Die 
d}ia^aaiifNiit 'Ivelehe  Air  die  AaaaMiMiBg'dei  LSadarciea'vad  filr 
die  Ragallning  der  Bew#Baet«ih|p  ad  aoigea  «ad  sd  waeiiaa  haben; 
aie  ordaea-lbiBer  dle«Ai»frabeii  bnd-zieheB'ele'ein;  ^.sie  roaehen  ge- 
bahnte Strassen,   und  alle  zehn  Sta<lieii  scUen  sie  eine  Säule, 
welche  die  Wege  und  die  E))treriiutiL'en  anzeigt.'*    2.   Die  €<6ru- 
vofioi  in  mehreren  AljtheHufjgen;  die  einen  heaufsichtigen  tiie  Ge- 
werbe und  Arbeiteo,  andere  sorgeo  für  die  Fremden,  weisen  ihnen 
'  fcaii'Aafentbaltsort  an,  jrra Üann  den  kranken  Freiudlingea  Pflege, 
aad  begraben  die  geetorbeaeii,  aad  aeaden  deren  Hiatcrlassenscliafl 
Saa'ibw  AagUhtoigaiiiS  addeM  ieiahaea  iBe'Manrtaa  aad  dte  Todes- 
.  UM  aaO  abdere  beaafwcbügea  dbo  Klebibbadel  aad'dan  Vaibafar 
teil  LdMMdtMla,  die.  Aadreadaag'  dds  ricbtigea  Maai^pta  aad 
'  4hiwlcbtes  etc.,  aAdere  den  Verbaaf  von  aaderea  Waareai  necb 
ahdere  ziehen  den  Zehuien  von  den  verkauften  Dingen  ein.   3.  Die 
niiiitäfiaeiien  Beamten  in  vielgegUederter  Stufeofolgei«^)  -«^  Die 


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•M 


t  BeauffiidiiaDg  «^es  MarlitveilceliM  eratr^ckte  aich  ttttch  auf  dea  mi^ 
■  uatlicU  einige  iVJalc  vom  Küiiigti  festsrie^et/.tcii  MarktproJs. 3) 

Das  Interesse  des  Volkes  am  iStaate  beschränkt  sirli  ciLontlitli 
auf  die  Gemeincie;  und  wenn  Me£>:a.stbene8  nie  avtovofwt,  neüut,*) 
80  findet  sieh  die  verbäUuitismiisäig  grosse  Selbststlodigkeit  der 
.  G«neNiden  auch  dosdi  die  bis  jetzt  gebliebenen  Einricktvogmi  be» 
•tätigt^  wnrkeimtta  dieMaGeneioilfilelieo  hauptaidilkk  aus  naMMi 
Berictoa,  AbereaataflUBlgewus am  aahr  alCaiMt,  ä^Mmhäm 
•    M  ilrai  altaa  EtarifililwigaD  feathaltoD.  Elna  OttiftmiMie  ktk 
'  «iaenv  nrapräoglioli  vaü  Kfinig  geMteteo,  jatil  aller  «Ifi» 
.  eben  Vorsteher^  welcher  Verwalter  mid  Friedeasriehter  lugleiih 
ist,  einen  Aiifsehei"  uud  luehreie  andere  Heamten,  dann  einen  Brtb» 
liianen,  der  gewohnlich  auch  als  Astrolog  dient,   einen  Sclnnied, 
:   einen  Zimmermann  und  einige  andere  Handwerker,  einen  Arzt,  eioen 
üirteu,  auch  gewübnltch  Musiker  und  Tänzerinnen.  Der  Acker  and 
ijieiD  Ertng  gebott  der  Geni«»de;  aebald  die  Ernte  volleadet  ltl| 
erhalten  zuerat  atamtliche  Beafltfi&  und  jeae  tHaaJ^eifcef    a»  w. 
Ihren  beetiiMDtee  Aathell;  von  den  OhifgUeiheedee  gehSrt  die 
Uilfte  dem  Kwaig  iiad  die  aadere  Hüfte  den  BBneni.A)  .Maa 
Nearcih  berichtet,  y^daae  hei  ehdgea  indiadiea  VMem  die  MI* 
fruchte  gemeinsam  nach  Verwandtacbaft  bearbeitet  werden,  und 
von  dem .Zusammen&^ebrachten  jeder  seinen  liedarl  zum  Unterhaitc 
hinnegiiebme/' ^)    Diese  Gemeinden  sind  in  ihren  eigenen  AngC' 
iegenhciten  ziemlich  selbststSndii^,  sie  ^enraiten  sieb  selbst  und 
achlielitjea  ihre  Streitigkeiten  imter  sieb;  und  in  dieser  in  aieh  ge- 
schlossenen Selbatetändigkeit  hahea  sie  alle  VerSademugea  das 
'  eigebtlichea  Staatea  tlberdaaert.   0er  Staat  fordert  yoa  der  €e* 
.  mehide  jmneiat  aar  deiae  Sieacr,  fttr  die-aie  gemeiafm/haftct,  la 
flhilgea  üiherlKaal  er  aie  akh  aelhat  Der.kIhdgUche  Anthell  ed« 
•  die  Abgabe  jeder  Gemehide        raa  eh^ta  l^eaeaderea  Beantea 
.  in  Empfang  genommen,  welcher  sein  bestimmtes  Gehalt  davon  vor- 
her eotliimmt;  jede  Ortschaft  bestreitet  ilue  \  crwaltungskostco  und 
liefert  nur  den  Üherschus«  an  den  nüchst  bühercn  V  erwaltiingsbc- 
.  amteO)  und  so  wird  immer  nur  der  Überscbusa  weiter  eingeliefert, 
so  dass  in  den  kuaigUehea  Seinta  iler  INette^firtri«  ahgrile 
'  «lert  wird.iV  -  ■      i.  . 

Büti'der  garfagMn-Bemattiadnag  daa  Vclkea-  bflagt  aweh  die 
gMi^em  Vemi4ir«itiddldt^  dha  KIfaiga  ttt  dea  Volkee.  WeU  ia> 
i  «aai^».    In  €UU  M  allea>  Vetdleeat  mad  aHe  Meld  avf  d« 
i'  Kaber,  in  Indftea  taigt:  der.  JUaig  aar  elaen  Theil>  „der  aechala 
Theil  des  Verdienstes  aller  tugendbaflen  Handlungen  des  Volkes 
wird  dem  König  zagerechaet,  welcher  seu  Violk  bescbötzt;  tiod 


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der  Bccliste  Theil  aller  Vergehen  wird  dem  kOnige  zugerechnet, 
der  nicht  über  das  Wobi  seines  Volkes  wacht; '^^)  ^  „was  die 
•unbeschätztcu  Uiiterthanen  irgend  Bdses  thun,  davMi  WU  dl« 
liilite.Mr.deBK««ig,  w«ti  er  dioAbgahen  nlimit'^»)  i  - 

^Bm  Oms  stdl«  in  celBMi  ganBoi  Mil«ts  klog^^Mier  ai^ 
..««Ma  4m  EwAmm  daffinigia  ati  prIlfMi  iMd  an  hawuwhaa  fca' 
>  ta,  wdch«i»DMUIeteKM9a«iML**«o)  ob  J«der  gtttnMa 
•  .üi&dt  soll  av  alaia  OfmaiifiMihoi  'Ubav  cdte  OcadhXfta  aMxfüi«  '^nmi 

hcrv  (jrra<;eridem  liang  und  umijclieri  vou  Glan/. ;  diet*ei  soll  alle 
anderii  lieainten  persöniicli  bouuisic  htigen,  und  der  KOnig  soll  sich 
von  der  Führung  aüer  seiner  iJcamten  genauen  Bericht  erstatten 
laaseDy  denti  da  die  Diener  des  Mioiga  laeiat  Buben  sind,  welche 
-nehnaa,'  waa  Aadem  §9hl0it,  ao  atÜ  ar  f«r  aalchaa  aaln  Valk 

Aach  eiae  geliai«e  Paliaal  tat  adMia  bai  Maaa  anitMle«; 
dia  Paüaaiapiaa«  babea  gioaae  geaataKdie  Bafagpiaaa;  ale  aoUaa 
•Ich  TavUaMet  ttater  die  Vetdialitigoa  latadiea,  ala  diiten  Oaaoaaen 

sich  stellen,  sollen  besonders  an  besuchten  Orten  sich  aufhalfen, 
an  Brunnen,  bei  Bäciicreien,  in  Speise-,  Trink •  und  Uurenhäuscrn, 
und  sollen  den  Versammlungen  nnd  Srhauspielen  betirohtien;  be- 
sonders vielerfahrene  Diebe  sollen  für  diesen  8piondienst  gewonnen 
werden,  die  sich  daaa  aaier  Ihre  Genossen  niiaebeti  und  zu  ge- 
höriger Zait  aie  varrathen;is>  auch  MagaatbaDea  bariebtat  aebr 
baatiauat  vaa  diaaar  Siariabtaag.  ^ 
>>  Maatt,  Vn,  ita— lir.  »  •>  Utg,  fr.  a4,  8^9;  1,  57.  (flehwMih.)  — 

•)  if.  vm«  Mi.    «)  Mag.  fr.  31,  4. 10. 11.  —  •)  Mtt,  CMkit  a  an  ft ; 

BtphhistoM,  history  ot  ludia,  1841, 1,  p.  118  E  477  ff.  —  «)  StraLo,  XV,  l^B«.  _ 
»)  Min,  S.  152;  vgl.  Manu,  VII,  118.  119.  —  ")  M.  VIII,  304;  Yajn.  I,  334.  — 
•)  Vajn.  I,  336.  —  i«)  M.  Vit,  81.  —  »•)  M.  VU,  Ul  — 123.  —  Mann, 
IZ,  261 ;  YltfO.  I,  828.  —  > ')  Meg.  fr.  32,  10^  33,  10. 

§  15d. 

8.  Der  König  ist  der  Anfilfarer  des  HeereSf  hat  das  Volk 
gegen  Auaaere  Feinde  %n  achfitzem  mid  im  Innern  Ordnung^  m 
«iknllBii.  Dil  Raglafwidön  aind  nn  alch  edion  die  Anftkrer» 
dem  sie  gehören  der  Kriegerfcaste  an;  die  chineaiaetie  Miei- 
dnng  rem  CivtU  nnd  MWtftifmmlen  ist  hier  nieht;  jeder  Regie- 
mngshesnite  tat  euch  BefeMshaber  sehier  Untergebenen.  Baa 
Heer  hat  hier  eine  2;aiiz  andere  Bedeutung  als  in  China;  es  ist 
hier  weder  angeworben  noch  awsfj;ehoben ,  sondern  es  ist  als 
Kaste  von  Hause  ans  da:  und  wie  dem  Heere  sein  Anfiihrer,  so 
iat  dem  Anführer  sein  Uecr  von  Geburt  gegeben.  Der  König  hat 
w  den  drei  Kaaten  ehi  drei&chea  VerhAltnisa;  er  hat  dem  Lehr- 


Digiii^ca  by  Gu^.- . 


Staad  «a  gelMmiMn,  de»  Nfllmtitmid  za  regieren,  Wehr* 

biaiui  /.u  befehligen.  Das  Heer  beruht  hier  weniger  auf  der  äus- 
seren Noth  als  auf  dt  III  iiinern  Oro^auismus  des  Volkes;  und  es 
scheint  in  der  That  manchmal,  als  ob  nicht  das  Heer  um  des 
Kriegei^  willen,  sondern  der  Krieg  luu  des  Heeres  willen 
wttsen  w&re.  Uie  höhere  Ausbildung  des  Heerwesens  faud 
natürlich  tm  deji  wMÜdMiu  Grensläudern  statt ,  wo  fremde 
V^IImt  iilwttW«luM  wMBs  doft  iuideD  ^  tirieolieB  •um  hohe 
«Krie^imat  und  wtohiige  Hmic.  Das  Heer  .ist  hier  eeintr  Ni- 
liilriiaeh  ageatlieli  tio  stebeiMlea»^)  umm  aneli.  Ae  Krieger  m 
FiMemiseiteD  wahnehseinlieh  melu'  Benurevi  letleiif  eie  er- 
hielten Besoldung;.-)  Die  Kriegskunst  späterer  Zeit  erscheint 
roh.  Festungen,  oit  durcii  umgebende  W  üsteneien  stärker  be- 
schützt, siiul  sctioii  bei  Manu  für  höchst  wichtig  erklärt,  und  der 
Kiiuig  soll  immer  in  einer  solchen  wohnen. 

Die  Uauptbestandtheile  des  Heeres  sind  das  Fussvolk,  die 
Wageo,  die  Reiter  und  die  Elephanteo;^)  die  Anordmuf^  der 
9eUaohli«ihe  irt  meist  .dieeelhe  wie  die  des  Seheehepiele«  luieBre 
,»KMi^<*  hedeutet  den  emtee  Feldherm;  der  JKHeigaell  eidi  ie  der 
MitteelDeeHeeHiaefens  aafhallieD^  vetedtfedeee  Steihmgee^  Marack- 
Qfdniingen  und.  Verhaitangsmaaestegeln ,  oH  sehr  weaderÜdl,  siad 
schon  bei  Manu  angeführt.-*)  Auf  dem  Waagen  stand  ein  Wagcn- 
•  lenket  und  ein  m\er  zwei  Hogenschfltzen,  und  auf  jedem  Elephaufen 
deren  drei;  beiden  \VafT(Mi«jathin^<*ii  war  Fuss\<)lk  zar  Bedcckuitg 
beigegeben;'')  Kiopbanten  und  Wagen  wurden  schon  iu  derältcj»tcn 
Vedenzeit  im  Kriege  gebraucht Porös  stellte  io  der  Alezande^ 
Schlacht  seine  200  Elephanten  in  die  yorderste  weit  aesgedebi)«' 
Reihe,  jeden  50  Schritt  von  dem  andern  entfernt;  hinter  ibaea  stwd 
in  «Weiter  Linie  daeFiissTolk  so,  dass  awiachen  je  awei  fiiephaal«» 
150  Mann  standen,  an  jedem  FIfigei  waren 2000Reiter  and  150  Wa- 
gen aufgesteUf)  —  Auf  den  grossen  Strümen  werden  aadi  Flottw 
gebraucht.*)  —  Die  grüssto  Kntw  ick(  Inng  des  Kriegswesens  wtr 
unzweifelhaft  iu  den  westlichen  Liuidern,  wo  allein  Angriffe  voa 
aussen  möglich  waren,  und  hier  land  Aiewidcr. eioeu  liussertitftt' 
aäci^igen  Wider6tand.  ^) 

Der  Kdnig  soll  wohnen  „in  einer  Stadt ^  welche  vertheidigt  ist 
^r«^  ei»>e  Wfiate  nm  sie  her  oder  daMh  iSleimr&iAe  .oder  dmA 
. Vaaae^^en  oder  durch  Wftider  oder  darch  befv«aae%»  MImiV 
«der  dnr«h  Berge;  ...  ein  efamiger  BogensebMa  aaf  elaea 
gosteUt  baan  bendert  Feinden  dieSpibie  bieten,  and  bimdertbiiaBi 
gegen  tausead  sich  halten;  desshalb  ist  eipp  Fiitwig  ««a'Mcit 
^V^rjlh.-  >o)  .... 


^  kj  .-  L,d  by  Google 


SU 


»)  MlUiu,  Vn,  103.  —  *)  Megaslheues.  iragin.  l,  49;  32.  9;  33,9.  —  *)  Manu, 
Vn.  Isi5.  —  *)  M.  VII,  164  ff.  18S  ü.  ~  Mcgaithciics.  iragm.  34,  9—15.  Lassen, 
lud.  Alt  II,  720.  —  *)  Ebuud.  i,  811.  —  ')  Droyseü,  Gesch.  Alex.  d.  Gr.  1833. 
S.  394  ff.  —  ")  Lassen,  II,  m.— •)  Heeren.  Wnke,  X,  375  t  —  >»>ltVII,  70. 74. 

tes  nacsfa  aussen  si»d  die  Verhältnisse  der  indischen  Staaten 
uütcr  einander  von  dem  Vcrhähuiss  derseibcu  icu  it  emdcii 
Völkern  zn  unterscheiden.  Um  fremde  Völker  haben  steh  die, 
durch  ihre  Lage  sf)  .streng  abgeschlos.seiicn  liulier  weiii^  i^eküm- 
mert,  weder  im  Frieden  noch  im  Kiiege.  Obwohl  überaua 
gewerbthätig  und  im  Besitz  der  kostbaren  Erzeugnisse  des  reich- 
Mtt  Laadesy  haben  sie  nach  aniaeo  Terhältnissmässig  wenig 
•elbsMldUigen  ttftndeJ  getrieben;  fremde  Kanflente  habe»  aich 
vielnelir  die  viel  gesochten  Waaren  ans  Indien  abgeholt^  amper 
Landes  aa  den  Terworfeaen  Pariah  gehen,  mit  ihnen  i|i  frennd« 
lieber  Beziehung  stehen ,  das  ^viderstreitet  za  sehr  der  indischen 
Weltanschauung;  Selülier  i;eh(jren  zu  den  vcrachtetsleii  ."Men- 
schen, weil  bic  eben  mit  1  reanieit  verkeiircn;  Indiens  Handel  ist 
vorherrschend  passiv.  Auch  Krieo;e  haben  die  Indier  nach 
anasen  fast  gar  nicht  geführt ,  und  die  wenigen  JbLämi^e  dienten 
mir  zur  Vertheidigung. 

Ualer  einander  liaben  die  indischen  Staaten  keine  wiik> 
liflha  eagare  Verbindang  gehabt;  aie  waren  nie  ein  Gaaaesi 
aie  eia  Baadeaataat  aad  nie  ein  Staatenbund;  daa  emsnge  swi« 
schall,  ilu»n  bestehende  Band  war  ein  rein  ideelles » die  Ton 
dem  allen  Staaten  gemeinsamen  Brahmanenstaade  getragene 
gleiche  Idee ,  das  gleiche  Gottcisbewusstsein,  die  gleiche  Welt- 
anschauung, die  gleiche  Gesetzgebiuig;  in  allen  Staaten  waren 
die  Vcden  die  heiligen  Urkunden,  in  allen  Manu's  Gesetzbuch 
die  höchste  Kechtsquelle,  in  allen  die  vedenkundigen  Brah- 
nanea  die  höchsten  geistigen  Vertreter  des  gemeinsamen  Be- 
waastseins.  Wenn  daher  einerseits  ein  lebhafter  geistiger  und 
SMtcrieUer  Varkefar  awischen  den  indischen  Staatea  stattfSaad» 
io  war  doch  ,  andrerseits  die  MOgtichkeit  and  Gelegenheit  sa 
Kriegen  anter  denselben  Torhanden;  nnd  solche  Kriege  sehei- 
nen oft  genug  vorgekommen  zu  sein ;  die  Epen  besehftftigen  sieh 
mit  ihnen,  und  die  Gesetzbücher  geben  behr  umständliche 
VorsciihAen  für  dieselben,  merkwürdiger^veise,  ohne  jemals 
den  Gedanken  einer  über  den  Stnaten  stehenden  Bundesgewalt 
zu  fasseiiy  um  .jeden  Streit  durch  £riedliche  Entscheidung  zu 
aribUcblea;  ja  .es  scheint  bisweilen  fiut,  als  fordere  Mann  sa 


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612 


Eroberungskriegen  auf,  um  auf  diese  Weise  einen  einigen 
Staat  zu  eizeugen. 

Dia  von  den  Uesetzbüchern  für  die  Krjro;o  f^egebeuen  Ver- 
haltangsregeln  athmendorchausden  Geist  milder  Menschlichkeit; 
es  werden  eben  in  den  Feinden  die  brfiderlichen  Volksgenossen 
gesehen.*  Es  ist  bei  diesen  K&mpfen  nicht  aosserAdit  sn  lassen, 
diu»  sie  'dasVoK  als 'Ganses  gar  nichts  angingen ,  dass  ^ 
eigentlich  liur  der  Kampf  einer  Kaste  waren,  deren  Beruf  ja  eben 
der  Krieg  war;  die  indischen  Kriege  sind  also  nur  als  Fehden 
zn  betrachten;  das  Volk  selbst  war  daran  nicht  betheiligt;  der 
friedliche  Bürger  sollte  nach  den  Giesetzen  dabei  ganz  Yerscbiml 
werden. 

Der  Hände!  ist  allein  der  Vaicjakaste«  und  nur  in  grosser  Noth 
auch  den  Xatrijero  und  Brahmaneo  erlaubt  <)  Der  innere  Handel 
war«  nach  der  sehr  entwickelten  Clesetzgebnngsu  scfafiessen,  fibcr- 
'  aus  lebendig;^)  bei  dem  austrfirHgen  Ifendel,  besonders  demsnr 
'  See ,  verhielten  ^ch  die  Indler  mehr  passir;  es  werden  %war  h  den 
'Epen  und  den  ältesten   buddhistischen  Schriften   Seereisen  er- 
wähnt; 8)  aber  dieser  Handel  wird  enls(  hicdcn  i^emissbiliigt.  Von 
den  Opfern  ist  nusser  (jlirtnii.schcrn  und  Mordbrennern  etc.  anch 

*  „ein  Schiffer  auf  dem  Meere**  als  unrein  ansgeschlossen. ^)  Der 
Scehandel  lag  also  unter  dem  Drucke  der  Veraehtuncr;  der  Land' 

'  handel  nach  aussen  war  aber  durch  die  geographische  Lage  auf 
s^hr  wenige  Wege  besebrftnki<)  Cs  stand  Indien  zwar  bevdls 
Sn  Ältester  Zeit  in  Handelsverblndung  mit  China  und  besonders  nit 
dem  Westen,  aber  die  Indler  selbst  fährten  die  Waareo  nicht  ms, 
sondern  die  Fremden  holten  sie  ah ;  die  Phönizier  kamen  schon  f er 
Zeit  Salomoiis  nach  Indien.®)  Später,  besonders  seit  der  Gricehcn* 
zeit,  trieben  die  Indicr  allerdings  Sc  liirfalirt ,  am  frfiliesten  natii 
Ceylon,  spffter  nach  Hinterindien,''')  und  standen  besonders  in  Ver« 

*  kehr  mit  dem  südlichen  TheÜe  von  Arabien; »)  aber  so  lange  nicht 
durch  die  fremden  Eroberungen  die  Blüthe  des  indiscben  Lebens 
geknickt  war;  wurde  der  auswftrtige  Handel  doch  nur  sHeftnGtter* 
lieh  behandelt  Die  rechten  Indler  sehen  zu  verSchdiift  auf  dfe 

'  unrelnon  Barbaren  herab,  als  dass  sie  mit  Ihnen  einen  regen  V«r> 
kehr  unterhalten  mochten.  Noch  heutiges  Tages  scheuen  (Be  doi 
alten  Sitten  trcugcblicbcncn  Hindu  die  See;  sie  dürfen  auf  dw 
Schiffen  keine  ISahrnni»  kochen,  und  die  Ensjländer  können  nur  indi- 
sche Soldaten  aus  den  untersten  verachteten  Klassen  in  See  geben 
lassen.^) 

Über  den  Krieg  sprechen  die  Gesetzbücher  sehr  ricl.  Ein 
ehrenvoller  Tod  in  der  Schlacht  gilt  dem  höchsten  Opfer  gleidi  und 

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CI3 


reinigt  den  Menschen  von  aller  Schuld,  und  führt  ihn  zur  hüchsten 
Seligkeit;  >o)  aber  die  „guten  Werke  dessen ,  der  fliehend  getödtet 
wird,  Dinmt  der  KM§^^  ")  [eie  werden  dieMm  sngereciine^].  Er- 
obenng  wird  gelobt^  „dmellM  Verdien«!,  welches  fiHr  den  KSnig 
in  der  Beeehttsaog  telnee  Reiches  liegt,  erwirbt  er  Tellkonunen, 
wem  er  ab  fremdes  Reich  in  seine  Macht  hringt'*)  Das  Volk 
selbst  liKeb  Tom  Kriege  sfemUch  nnherfibrt;  die  Ackerleute  bauten 
mbig  neben  den  kämpfenden  Heeren  ihr  Land,  und  blieben  ganz,  un- 
gefährdet, denn  beide  Theile  betrachteten  den  Landmann  al«  ihren 
Wohlthätpr:  Verwüstungen  des  Landes  durch  Feuer,  Abschlagen 
der  Bäume  etc.  waren  untersagt;  i^)  Manu  verlangt  kidess  dieZerstu- 
mng  der  feindlichen  Vorr&the  nad  ailes  dessen,  was  dem  Feinde 
Merllch  sein  ieOMite.  ^} 

Die  Ktlegsgesette  athaen  hohe  Menschlidbk^;  denn  es  han- 
delt sich  fast  immer  mir  um  Kriege  anter  lodiem.*  „Kein  Krie- 
ger daiif  gegen  seine  Feinde  eintese  WalTen  gebrauchen,  ge- 
zähnte oder  Tergiftete  Pfeile  oder  feurige  Geschosse,  er  darf  nie 
[wenn  er  zu  Wagen  ist]  einen  Feind  angreifen,  der  zu  Fu^ase  ist 
keinen,  welcher  [flelif:rid|  dleHafide  iultt'rid.  keinen,  welcfnir  (('(uiin». 
ror  ErmüduDg)  sitzt,  keinen,  welcher  sagt:  ich  bin  dein  Gefange- 
ner, keinen  Schlafenden,  keinen,  dem  der  Panzer  fehlt,  keinen 
l<ittekten  oderWafieolosen,  keinen  Zuschauer,  keinen,  der  mit  einem 
Andern  im  Kampfe  ist;  er  darf  nie  angreifen  den,  dessen  Wafib  aer* 
hfoehen  ist^  keinen  iron  Sdhmem  Bedifagten,  Mnen  schwer  Ver* 
wwdeten,  kefaH»  Ermatteten  «nd  keinen  Fliehenden.^  „Wenn 
ein  Fürst  ein  Land  eroliert,  84»  ehre  er  dIeOKtter,  f natürlich  die  indi- 
schen], und  die  tu*»cndbaften  Hrahnianen.  vertheile  Geschenke  und 
erlasse  BeliaTintinachurjgen ,  um  allo  Furcht  zn  entfernen."'"^  Er 
soll  dem  untenvorteuen  Lande  einen  Fürsten  setzen,  und  soll  die  in 
demselben  herkömmlichen  Gesetze  und  £ioricbtuDgeo  UDangetastet 
liflseo;s^ 

*)  Ifura  X,  83.  —  *)  Lassen,  Ind.  Alt.  n,  57S  £  —  *)  Ebcnd.  578,  vgl  1, 746. 
^  ^  Mami,  in,  158.  —  ^  Laasco,  H,  BSD  IL—  *)  Lüsen,  1, 748.  858;  IT,  581  ff.— 
^  LassoB,  n,  415.  B4S  &  8tD.  —  *>  Sbeol.  SSI;  Bsanst  Wart»,  Xn,  S8l  flL  — 

•) <MidH  Site,  I,  «8»  M.  V,  98;  Tnin.  1, 333.  -  ")  Ytjß.  I,  324.  -  ")  Yajn. 

I,S41.  — **)KiBgUtii.fr.  1,  14;  18,  5|  33,  5.  — ")M.Vn,  195  — '*)M,ViI,  90— W, 
Tiyii.  1, 985.  —      IL  Vn,  801.  ^  1^  M.  VU,  802;  Yajn.  1,  342. 


SS 

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Siebenter  Abschnitt. 
Die  «eseliiehteb 

S  160. 

Eia  Volk,  welcbes  keine  Geeehichte  sekreibt,  bat  aecb 
keine.  Die  Indierkaben  eben  so  wenig  eine  wirkUebeGeedidtte 
wie  die  Ckineeen«  Die  Chinesen  leben  nkkti&rdte  GenefaicIrte, 

sondern  für  die  Gegenwart,  nicht  für  eine  zu  erringende  Idee, 
sondern  für  sich  selbst;  —  die  fndier  leben  nicht  für  die  egen- 
wart und  jjiclit  für  <lie  (ieschichte,  sondern  fiir  die  Autlosnug 
beider;  die  Gesciiichte  will  eine  Idee  verwirklichen,  ein  gei 
fitiges  Reich  auf  Erden  erbauen,  die  Indier  aber  finden  das  üeil 
nur  in  der  Verneinung. 

Die  Geeohichte  ist  fiberkanpt  nur  da  mö^^ioby  wo  ein  Be- 
WiMStsein  der  Mensobkeit  ist;  jede  Gesehickte  ist  ihm 
Wesen  naeh  Weitgesehiebtes  ein  Volkkal  an  und  lOr  sieh  ssoh 
nickt  Gesekiobte^  es  tritt  in  dieselbe  erst  mit  dem  GedenlEen,  die 
ganze  Menschheit  umfassen  zu  wollen;  jedes  geschichdiche 
Volk  ist  v\ cUerobernd.  So  wenig  Jemand,  der  nur  an  sich 
denkt  und  nur  sich  will,  wirklich  Mensch  ist,  so  wenie:  ^üi 
Volk,  welches  es  nur  mit  sich  zu  thun  hat  und  nur  hich  will, 
ein  gesokicktUckes«  £iu  geschiohtliehes  Volk  will  nieht  blstt 
fiir  Siek  sein,  sondern  will  dieMensokbek  in  das  Gebiet  seines 
Geistes  sieben ,  will  skk  ssu  «nem  wesentlicken  Glieds  dar 
Mensekkek  niecken.  Jede  Gescblebte  wkd  von  enier  Idee 
getragen  als  Ton  ihrer  Seele;  jede  Idee  aber  tritt  nil  dem.Cba« 
rakter  der  AUgemeinkeit  auf ,  will  die  Mensobkeit  umfaues, 
weil  jede  Idee  vernünftig  sein  will,  und  das  Vernunftige  uus  ist 
mit  dem  Menschlichen;  es  giebt  keine  römische  und  keine 
russische  Vernunft,  nur  eine  menscliliche.  Jedes  Volk,  welches 
eine  geschichtliche  Idee  trägt,  will  ihr  die  Menschheit  unter- 
werfen; Weiteroberung  ist  das  Wesen  jeder  Geschicdite.  Das 
triti  minftohst  neck  in  der  gwinroken  Weise  auf,  dass-eoi  Volk 
über  die  andern  zu  berrsoben  strebt,  spflter  so,  daea  em  VsUl 
die  andern  zu  wesentlichen  und  'berecktigten  Gliedem  desselbea 
Staates  gewaltsam  macht;  —  der  Gedanke  der  Welterobersng 
Stelgert  sieb  mit  der  Entwickelnng  der  Geschichte,  bis  er  bi 
Rom  zum  Sybiem  und  zum  höchsten  Ziele  des  ganzcji  Siaats- 
Itibeiis  wird,  —  und  bis  in  dem  Christcnlhume  das  Panier  tilio- 
beu  wird,  vor  dem  sich  beugen  sollen  die  Knie  aller,  die  asf 


BIS 


Mm  Die  mime  Cttohicihte  im  J«r  bhni^  im 

CMsles,  der  6tm  Mbwert  iiioiit  fiikrt^  vor  dem  aber  jedes 
Schwert  sich  senkt;  in  der  geistigen  Welteroberung  gelangt  die 
Geschichte  zu  ihrer  W  aluiicit. 

Die  Indier  wis^jeu  nichts  von  Welteroberung,  wissen  nicilits 
von  der  Menschheit;  sie  stehen  für  sich  da,  kümmern  sich  um 
4ie  iifaffige  Weit  nicht  im  mindesten;  sie  lösen  sick  Hiebt  bUmt 
von  der  «Mgen  Mensofabeil»  soadecn  sie  sfMden  mck  «ooh  i» 
«Ml  «eltet  in  wMdlQke  Mmirnkm  «nd  in  die  »^eimat  .gelnirDea^ 
MMe,  die  den  Tiliflven  gleich  elehem.  BSm  Velk,  irdehee  luiiflie 
MeiMicititieif  kewt,  eendem  avKaeitan»  kaum  kewe^eiMliidbAe 
Iiakee«  Die  Indier  lebra  Mgentifeh  nnr,  nm  m  sterben  9  aber 
nfoht  um  für  die  Mcoschlieit  eine  hüliere  ^V'i^klicllkc^t  schon  hier 
auf  Erden  zu  schaffen;  das  indisehe  Leben  hat  nur  Jb^reignisse, 
aber  keine  wirkliche  Geschichte.  Alle  Geschichte  ist  hier  in- 
nerlich, ist  eine  weibliehe,  ist  keine  Geschichte  der  nach  aussen 
drängenden  Tluit»  Zur  Xliat  werden  die.Iadier  nmr  von  «Mean 
yidiiocti  4rie  Tertiketdigea  sich  gegen  andere  Völker,  aber 
^ttÜHi  jie  Bioln  "an;  rti  moheo  ucki  jGeaohiekte^  eendem 
eeiaen  eiiek  gegen  dieiAe  nr  Wehr. 

Die  kMtter  keken  noch  nickt  wiikllcke  -Geeekkkle»  4ikcr 
doch  eine  Ahnung  von  ihr;  ^e  dringen  zwar  ntcfat  welterobemd 
nach  aussen,  aber  sie  sind  in  l'ortwahreijider  ßewci^nnig  unter 
sich.  Diese  inneren  KäiDpte  trotz  des  einen  gemeinsamen  Geistes, 
trotz  der  gemeinsarnen  Religion  und  der  j^!eic)ien  Gesetze,  selbst 
begüDfitigt  von  den  alten  Gesetabüchem,  sind  in  der  Xiiat  nichts 
anderes  als  die  Ahnungen  einer  wirklichen  Geschiohtetkaty.cAiid 
dl»  e^ieiende  Geaehiekle  in  der  Jugend  der  Menscbhdl,  ;den 
«I^Uaren  Emst  det  Menneeikal  in  &eft  amtkwUliger  Sbweek- 
IM^ßuMf  msWch  aber  ki  »Oder  Hifodoeigkeit  effenberand,  ^ 
j«Hn  des  jnnge^eebtkier  in  etfnem  S^ele  den  kinfiSge*  ern- 
steren Kampf  vorbildet.  Dem  Indier  und  seinem  Gott  ist  alles 
ein  Spiel ,  selbst  die  Geschichte. 

Bei  den  Indiern  ist  also  mehr  innere  Geistesgeschichte  nls 
geschiehtliche  That;  statt  dieser  hnden  wir  mehr  nur  Ereig- 
nisse, —  för  die  Chronologie,  das  Knochengerüste  der  Ge- 
schichte, oft  sehr  wichtig,  aber  es  iai  kein  Fleisch  und  Blut 
diMy  Juin  lebenavoUer  Inbait«  Und  selbst  diese  ffeignisse 
aini  ans  nnr  ala  aemtfeale»  ana  dem  wicren  Gkaee  kerver- 
lagende  Pankte  bekannt,  grossentbeüadniehftemde  SmiUer; 
denn  dieilndier  selbst  dkkten,  nber  beriehten  ntekta.  Da  mv 
es  aber  nicht  mit  chronologischen  und  genealogischen  For- 
ts* 


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616 


schun^n  zu  thun  haben,  sondern  mit  dem  Leben  des  Cfeistes, 
dürfen  wir  diese  Ereignisse  eben  nur  berühren. 

Eben  desshalb  aber,  weil  die  Indier  nicht  eine  Geschichte 
thatkräftig  geschaffen  liaben ,  haben  sie  auch  eine  so  unverwüst- 
liche Dauer  trotz  aller  über  sie  hereinbrecheii4«ii  Mnse; 
wie  ein  geschmeidiges  Rohr  beugen  sie  sich  unter  dem  gewal- 
tigeii  Wehen  d^Gwcfaidite,  aber  sie  breebea  nielil.  Die  wtkt- 
halt  gesi^cMtehen  Vdlker  sind  eins  mit  ilver  GesdMiile,  nie 
der  Leib  mit  semer  Seele »  sie  leben  mid  sterben  ndt  Ov»  -»dai 
einzige  Yelli  der  Hebräer  ansgenommen,  die  TOlKg  saln^ 
schieden  daslelicu  von  allen  andern  Völkern  der  Geschichte;  — 
das  indische  Volk  erstirbt  nicht,  %veun  eine  fremde  Geschidite 
es  in  sich  hineinzieht.  Die  Indicr  haben  nie  in  der  Geschichte 
gelebt,  und  bleiben  friedlich  unter  jeder  fremden  Macht;  sie 
sind  nur  innerliche  Gestalt  wie  ilire  Felsentempel ,  und  kdnaeB 
80  wenig  wie  diese  yon  den  Flammen  fremder  Gewnk  wmtüri 
werden.  Wie  schon  im  Alterthnm  die  indisdiett  Bauen  ntlen 
den  kämpfenden  Heeren  rahig  ihr  Feld  bestellten  [S*  519]  se  M 
sie  immer  Im  Angesidrte  der  über  sie  herclnbirecheadsn 
schichte  rahig  in  ihrem  ahen  Wesen  geblieben ;  dem  indiscbea 
(leiste  f!;efz;enüber  ist  nur  der  (»eist  eine  Macht:  und  nic^t  das 
Schwert  ^lahomeds,  aber  das  geistige  Wort  des  Evangelium» 
vermag  die  Felsen  dieses  Hetdenthums  na  sprengen  Wid  «sf 
ihren  Trümmern  eine  Kirche  zu  erbauen. 

Wir  kOoneo  die  Lebensdauer  des  iudiechee  Velkes, —  so  ni9«9eii 
wir  eigeDtUch  seise  Geschibhie  nesoeD^  aar  sehr  nnlinsiimml  ii  dnw 
Perioden  theüea,  gewissenaasssa  der  DreiM%kelt  4m  Dnsrfm 
nbeihaapt  eatq^teehead,  uad  das  Eatitahea»  Bestehen  nnd  Ve^ 
gehen  danteDead,  oder  Brabma,  Viseba«  und  ^va. 

Die  erste  Periode  ertobi^ot  fai  der  Zeit  der  Siteren  VedeotheUe; 
da  ist  das  Volk  erst  iiitWerden^  hat  noch  viel  mehr  von  dem  gemein- 
samen Wesen  des  indogermanischen  Stammes  an  sich,  nnd  triicl  Ȇ^ 
Ziii?p  dos  vollen  Charakters  erst  in  schwachen  Andeutungen.  Diese 
älteste  Zeit  gehört  mehr  dem  westlichen  Indien  an;  die  lädier  ivareo 
aaerst  ha  lodasgebiet,  in  viele  kleine  StSmme  zertheilt»  ohne  iaas- 
rea  Zasammeahaag^  vlelniebr  ia  JKlmpfea  gegea  elaaadler. 
▼iehncht  «od  Ackerbaa  war  ftat  die  efanige  BsssblH>igM^^Bi> 
Kastea  sind  noch  lüebt  aasgebildet;  jederBanavater  ist  aadiOpfcr 
piiester,  aad  aar  bei  gemehisanMn  grr>aaerea  FelerÜthkeiaBa  Mos 
wir  aaeh  besondere  Priester.  >)  —  Die  geschicbtlicbeo  Tbatsaebea 
selbst  sind  so  sehr  in  den  Nebel  mvlhischer  8afe  gehflüt,  dass  &t 
wohl  jichwerlich  jemals  daraus  klar  werden  gelöst  werden  kömiett- 


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Kämpfe  der  verschiedenen  Ueiche  unter  einander  bilden  dettÜMipt- 
inbalt;  ein  besooderos  Resultat  wird  nicht  erzielt.  Die  größten 
Epes  «ntiMheii  vieles  gmhkihtliithen  Stoff,  der  «inh  aber  wm  der 
IHditwg  knm  nwk  19mb  Itet*)  Ein  vod  dcp  ladrani  Bui^ekge* 
■cfciif  ewer  Angilff  der  Aasyrer  eeMst  «1«  geeehiditUche  Tbatoehe 

Die  siir#iie  Perlode«  die  der  geseUcbtiidbeii  Reife  und  Selbst- 

aläodigkcit,  wie  sie  io  Manu  und  den  späteren  VetlentlH>iI<;n  sich 
F,ctgt,  ISsst  eich  in  ihrem  Anfange  chronologisch  iiuch  lücJit  hcsiim- 
meii  ihm]  l  eicht  bis  zu  den  Erobennigen  der  Muhamedaner  herab. 
Der  vStaat,  auf  Gruud  dc^  Kasteusytems,  wird  follstftndig  ausge- 
bildet; eine  regere  Thatkraft,  wiewohl  meist  nach  innen  gewandt, 
mmA  in  den  episcbea  Jüehftungen  poetisch  sich  apiefelod,  that  oich 
fcuad;  iKeRAligioB  entfaltet  eich  au  idarer  Selbstetikiditkeit  und  wird 
die  Seele  dee  LebeM»  ^  INeee  Periode  aeiftllt  deutlicb  in  drei 
EpecfceUf  deren  erste  bis  lur  geecbidttlichen  Macht  des  Bnddhis- 
mm  jp^ebt,  welche  in  der  iwelten  Epoche  eine  tiefgehende  Spaltung 
lind  Verwirrunp  erzeugt,  aus  der  die  brahuianische  jMatlit  in  der 
dritteii  i^eriode  duvch  die  Verdrängung  des  Buddhismus  aus  last 
ganz  Vorderindien  isiecfreich  hervorgeht. 

Auch  in  dieser  Periode  schwebt  über  deoXbatsacbeo,  soweit  sie 
nicbt  durch  Fremde  berichtet  werden,  noch  grosses  Dunkel.  Die 
aweüe  fipoeb^  gewissennaraen  die  Mitte  der  indischen  Gescliicbte, 
ist  eine  Zeit  dee  Kampfes  und  der  Bewegung  im  Inoeru  wie 
wmh  anssen,  ein  reobtes  Zeitalter  des  Varuaa  oder  des  Vischnu; 
MIen  entwidielte  hier  eine  Kraflf  wie  nie  wieder»  aber  io  dieser 
Zeit  der  Bewegung  entfernte  es  sich  auch  weit  von  seinem  eigcut« 
liehen  Wesen,  welches  die  Ruhe  iliir  Irinorlicbkeit  ausprägt.  Im 
Innern  ist  es  zunii«  list  <ler  geistige  K;uii[)l  mit  der  neuen  Macht  des 
BuddhismuH,  von  dem  wir  nachher  sprechen  werden.  Theils  damit 
xusammenhängend,  theils  unabhängig  davon  siud  vielfache  Kriege 
und  Reichsveränderuni^cn  im  Innern.  Trotadem  erreichten  Wohl- 
sttnd  und  Bildung  eine  hohe  Stufe;  M^gantlienes  bann  die  ZaU  der 
Stidte  ibrar  Mengp  wegen  nicht  aggeben,^)  und  dieGriisse  mancher 
dereeUfen  muae,  aas  den  Geeetaen  Aber  den  atSdtischen  Verkehr  au 
schliesaen[S.  50T]  bedeutend  gewesen  sein.  Die  GrOsse  und  Macht 
der  Staaten  erhellt  aus  dem  (gössen  Heere  des  Porös.  — - 

Merkwürdiger  noch  ist  in  ilieser  Epoche  die  Beziehung  zu  der 
Aufisenwelt;  das  indische  Volk  selbst  geht  zuar  nicht  aus  sich 
heraus,  denn  es  ist  an  seineu  ßoden  gebannt,  aber  die  andern 
Volker  gehen  nach  Indien  hinein,  und  machen  dem  Volke  eine 
Geschichte.  Die  frühere  Besitsnalime  einiger  Geldete  durch  die 


Perser  6)  wwt  von  geringer  Bed^tttmig^  aber  AlsntfidM  w»  ilie 

Oränzläodcr  betreffender  AngrifT  war  rofi  weHyelfetifleii  Folgen ;  die 
inneren  Reiche  wurden  /war  nicht  unmittelbar  davon  berührt,  aber 
die  Nähe  der  griechischen  Herrschaft,  die  sich  an  der  j^anzenWest- 
gränze  entlang,  besonders  aber  in  liaktrlen  behauptete,  erzeugte 
einen  lebhaften  Verkehr,  dessen  geistigen  Einfluss  wir  in  der 
Wissenschaft  und  Poesie  in  deutlichen  Spuren  antreffen.  Es  waren 
von  eioem  höheren  Volke  belebende  Geistestaken  in  das  indiacke 
Leben  gefaUen«  und  en&eugten  dort  helle,  welter  greUsode  Flamm. 
Von  dieaem  Verkehr  sengen  die  vielen  griechiaehen  BeiMte  tber 
Indien.  Ala  bald  nach  Alezandem  Tode  der  ab  VaaaB  fort  regie- 
rende Porös  317  von  den  Maeedonlem  meuchlings  ermotdet  weide, 
stellte  sich  Kaudragupta,  von  niedriger  Herkunft,  vielleicht  ein 
f.udra,  an  die  Spitie  der  erbitterten  Indier,  verdrängte  die  Macedo« 
nicr,  und  errant;  j«irh  durch  seine  ErobeTuni»en  im  Indus-  und  Gan- 
gesgebiet das  grösste  bis  dahin  existirende  indische  Heicb.  Mega- 
sthenes  wurde  von  Seleakos  als  Gesandter  an  seinen  Hof  geschickt 
Sein  zweiter  Nachfolger  trat  znm  Baddhismus  fiber. Das  Tor 
230  von  dem  Selenkiden-Relche  abgetrennte  Orlechiaeh-Baktrische 
Reich,  welches  durch  Mlihrtdates  aefaiEnde  faad,  eratWMlite  ifch 
attdi  theilwelBe  auf  die  westlichen  Gebiete  von  Indien.^  In  letrte* 
ren  erhielten  shsfa  noch  seit  der  Mitte  des  sweitenJahihimderts  Ms  fai 
den  Anfang  des  ersten  Jahrb.  vor  Chr.  griechische  Könige ,  deren 
neun  genannt  werden. 

Die  Ausbreitung  des  Romerreiches  nach  Osten  rief  die  Parthcr 
in  den  Kampf  gegen  den  Westen  und  cntblr»8ste  dadurch  die  ust* 
liehen  Gebiete  von  Iran;  dadurch  wurde  der  Weg  für  die  in  dieser 
Zeit  unruhig  gewordenen  nördlichen  Homadenvulker  frei.  Im  strei- 
ten Jahrb.  vor  Chr.  nSmllcb  veranlassten  die  tOrkischen  ffioogsa 
[Bd.  I,  S.  210]  eine  Wanderung  mehr<irer  VSlker  in  IHtfel- 
aalen,  die  sich  nach  Westen  und  Bilden  wandten,  and  bereüsm 
120  vonBaktrieil  ans  In  Indien  erobernd  eindringen;*)  nach  Elaigea 
waren  diese  Jueitschi,  ^o)  gewohnlich  ,Jndo-Skythen"  genannt,  ger- 
manischen,^)) nach  Andern  ulier  türkischen  Stammes ;  sie  drangen 
kurz  vor  Chr.  Geburt  nach  weiter  vor  und  heberrschten  das  e^nic 
i'cndscbab,  Ka^mira,  und  unter  dem  raSchtigen  Kaniscbka  in  (i  r 
ersten  Hälfte  des  ersten  Jahrb.  nach  Chr.  das  Gebiet  bis  sum  mite 
leren  Laufe  des  Ganges,  und  im  Sflden  wahrscheinlich  bis  cur  Halb- 
insel Gnserat.^*)  Im  Anfange  des  dritten  Jahrhunderts  serfiel  Ihre 
UernfCbail;  sie  haben  aber  Im  westlichen  Indien  viele  Spvrea  flnes 
Daseins  anriickgelassen,  und  ein  grosser  Thell  der  9IUI  staMt 
unswelMiiaft  von  ihnen  ab.  i*) 


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919 


Vm  die  Bütte  de»  sweiteo  Jahrh,  oach  Cbr.  gründete  die  milch- 
t%e  Dynutie  der  Gapta  ans  der  Vai^akaste  eip  storkea  uod  bitt- 
beede«  Reieb,  daa  bis  um  300  aicb  erhielt,  und  den  grussten  Thcil 

des  nürdlichcti  Itidienn  uinfasstc;  sie  vertfat  zwar  vorzuirsw  eise  das 
brahmanischc  Bewusstseio.  aber  unterstutzte  doch  aucli  dea  liud- 
dhismiif«:  sie  liJrdertf»  die  Wissenschaft  und  die  Dichtkunst.'-^) 

Die  Einfalle  kricgeriüchcr  Vulker  Turait»>  und  der  iNachbarländer 
ame  Koidwesteo  wiederholten  sich;  und  004  dringen  bereita  Muha- 
medlmer  aiegreich  in  Indien  ein ;  lo)  aber  erat  am  Anfange  dm  eUlea 
MilMndette  faaaan  aie  hier  featen  Faaa,  Terfolgeo  heftig  die  Reli- 
ißa»,  aaraCSreii  viele  Städte  und  richteo  groaae  Yeibeemogen  an-f). 
IMt  beghmt  die  dt i tte  Periode,  die  dea  Terfalia.  Mit  der  atei- 
genden  Maebt  steigt  anob  die  btatige  Verfolgung  dea  Heideothums. 
Noch  furchtbarer  waren  die  Vcnvtistungeu  des  muhamed^uiischen 
Mongolen  Timur,  am  Anfang;  des  vien^ehoteo  Jahrhnndt  rts,  dessen 
Nachkomme  Baber  152(>  auf  blutigem  leiden  den  giäiizcndcMi  I  hron 
derGroaamogulD  ioOelbi  errichtete,  die  zumTheil  mild  und  gerecht 
regiettea;  hervorragend  ala  trefflicher  Herrscher  ist  Akbar,  der 
Omae,  aalt  15oü  regierend,  doldaam,  edel  nod  weiae.  Im  Anfang 
dea  Teiigea  Jabibuaderte  aaak  mit  Aureagieb'a  Tode  (1707)  die 
Macbt  der  Gieaaiaogiib;  Madir«  der  Scbacb  von  Peiaien  eroberte 
and  iretbiaoate  -DelM;  uad  1705  worden  die  Britten  dea  Reiebea 
Herren.  Sie  ehid  es  jetzt  thaMehllcb  in  faat  gana  Indien;  euro- 
päische Bildung,  weniger  gewaltsam  als  die  iiiuliamedaniscbe,  nlu-r 

•  um  «(i  tiefer  greifoiul,  driingt  die  alten  Ideen  immer  mehr  zunit  k. 
und  greift  in  schnell  steigender  Macht  das  indische  («eschichtsiehen 
ia  der  innersten  Wurzel  au.  Die  gew  altige  Macht  des  indisciioo 
ßcwusstseins  wird  nicht  durch  die  Verheerungen  muhaniedaniacber 
Watb  vemiditet,  aondera  durch  die  bOhereMaebt  chriatUcher Ideen; 
aebneller  aber  und  gewaltiger  würden  dieae  wirken,  wenn  den  In- 
dier«  mehr  der  Chrfat  ala  der  g^nnatfcbtlge  Kaofiiiaan  entgegen- 
Irite»  md  die  Britten  Mt  fSr  dte  Seelen  der  lädier  ebenao  intereSs- 

'  strten  wie  ftlr  ihre  Schfitze. 

')  Weber,  Ind.  Lit«  S.  37  ff.;  Lassen.  lad.  Ah.  L  732  IT.  —  ^)  Lmmh,  Tn<!.  AU. 
I,  f^^n  ff.  —  »)  Lawcn.  T.  858  ff.  —  ■•)  Mi-?,  fragm.  2«',.  2.  ~  ^)  Laasen,  I,  860;  U, 
in.  113.  — •)  Lnsspn,  Tl.  11)6—213.  —  ')  Vhmd.  288  —  321.  —      Fboiid.  322—344. 

—  •)  Abel  E^musHt,  Foc-Kuuc-Ki,  p.  83,  Laasen,  II,  352  ff.  —  ^")  Klftproth,  tabl. 
W»t,  132.  ff.  —  *')  A-  K^mus.  Bcch.  s.  log  langnes  tart.  I,  p.  327;  Kalling,  Gc«ch.  d. 
Skythen,  I,  325.  —  »•)  Laasen,  H,  359.  —  »•)  Ebond.  809  —  879.  —  ««)  Ebend. 
874  ff.  —  »»)  Lassen,  H.  937  —  988.  —  »•)  Elphinstone,  hiätory  of  India,  I,  501. 

—  «O^nd.  BS» IL 


Digiiizca  by  Liu^.'  . 


SM 


II.  Do*  BuildIii»iU0. 


§  161. 

Die  Buddha- Lehre  wurde  geetifiei  von  dem  Kdnigssoha 
f  akjamani  im  sechsten  Jahrh.  vor  Chr.,  wahisdiflkiUeh  im 
BÖrdUcheo  Indleki,  schseli  yerbreitet,  und  war  bereits  im  eislen 
Jahrh.  nach  Cht.  in  China  mttehtig,  wo  sie  als  ReliguMi  desFo 
eine  Nebenbuhlerin  der  alten  Reiehsreligion  wurde ,  und  spSier 
sogar  unter  mannigfachem  Anschmiegen  an  chinesische  Vor- 
stellungen und  vieler  Ausartung  und  Verflachung  die  Mehrheit 
des  chinesischen  Volkes  für  sich  gewann;  im  sechsten  Jahrh. 
kam  sie  nach  Japan,  und  wurde  auch  dort  über  die  alte  Religion 
herrschend;  und  indem  sie  allmählich  Hinterindien ,  Tübet,  fast 
alle  indischen  Inseln ,  später  fast  das  ganae  Mittelasien  bis  nseh 
Sibirien  hinein  in  ihre  Gewalt  Bog»  wurde  sie  bald  der  brahnt- 
nischen  Religion  an  Zahl  der  Bekenner  bei  w^tem  öfoerleges, 
wiewohl  dieselben  in  einem  seit  dem  fünften  Jahrb.  naeh  Chr. 
heftig  entbrannten,  mit  geistigen  und  ungeistigen  Waffen  geführ- 
ten Kampfe  von  den  ßrahmanen  aus  Vorder-Indien  fast  ganz  ver- 
drängt wurden.  Die  heiligen  Sciiiiften  der  Buddhisten  sind  erst 
in  neuester  Zeit  und  nur  theilweise  uns  bekannt  geworden;  das 
früher  über  dem  Ganzen  schwebende  Üalbdaukei  gab  den  weit- 
greifendsten  Träumereien  günstigen  Raum. 

Olier  die  Zeit  der  fiotstehniig  des  Buddhknns  wetehen  die  m- 
diseheu  mid  diinesischeD  Aogsbes  sehr  ves  etnander  ab»  Die  alii- 
licheo  Buddhisten  (in  Ceylon  etc.)  setsea  übefebiatimmesd  dm 
Tod  des  Buddha  in  das  Jahr  544  oder  543  vor  Chr.;  die  nSidCdMo 
(in  Tfibet  etc.)  geben  sehr  rerscfaiedeiie  Zahleo,  die  zvrischen  2432 
und  54()  liegen;  die  Chinesen,  Japaner  und  iMongoien  haben  meist 
die  Zahl  950  oder  949  als  Todesjahr;  die  gewichtigsten  Grunde 
lassen  das  sechste  Jahrh.  für  das  Leben  Buddha'ä  ab  das  Wahr- 
scheinlichste annehmen;!)  indess  bat  auch  das  Ende  des  fünfleu 
Jahrh.  einige  Aoseichen  för  sich.  3)  Der  Buddhisaps  hat  sich 
nicht  vor  oder  neben  der  Brahma- Lehre ,  sondern  ans  ihr  ent- 
wickelt In  den  Veden  ist  gar  keine,  bei  Nanu  wenigstens  Mae 
sichere  Spur  der  neaen  Lehre,  ^)  dagegen  werden  in  den  altfls 
Bnddhaschriften  überall  die  Lehren  der  Veden  und  die  GOttsr  d<r 
späteren  brahmaniscbeo  Mythologie  als  bestehend  voraufl^esetzt; 


8M 

die  brahmanischen  Götter  erscheinen  aber  in  untergeordneter,  »lie- 
nender  ^telluDs;,  und  Buddlia  seibat  Ut  lortwäbreod  iu  älreU  iiiit 
deu  Brahnmnen.*^) 

Buddha,  d.  Ii.  der  Erweckte,  Erleuchtete,  der  £rkeiiiieii4e» 
WeiflB»  —  [¥0D  der  Wurael  bndh  =  emvdct  werd^]  —  von  den 
driMMB  Fo«tftt  Foe»  Fo  oder  Fu  gMMst,  hieas  oigeBtUeli  (ra- 
■UM-GMi«te,  ote  aveh  f  akjamn&l,  d.  b.  4er  WämAMsr  in» 
dM  GewUadMe  der  ^9kjß^  «rar  eiu  KfieigMoliii,  also  ava  der 
JMnya*Kaate,  In  der  Stadt  Kapila.*)  Seine  Geliert  war  awir  von 
wvnderlMifleii  Breehelmitiifea  begleitet,  —  Erbeben  der  Erde,  gel- 
iliger  Lichtclanz  um  das  Kind  etc.,*)  —  jodocli  erscheint  er  in  den 
ältesten  Ndiiiften  sonst  durchaus  als  blosser  Mensch,  und  erst 
riel  spatere,  durch  fremde  Vorstellungen  er/,eugte  Sagen  machen 
Ulli  zu  einer  OOenbarung  des  Vischuu  und  weben  um  «ein  Leben 
eineo  nytiuscben  Schleier.^)  Juog  mit  drei  Frauen  vermählt,  ver- 
bräche er  seid  Leben  anfange  in  allen  GeoOeeen  der  Welt;  aber  in 
eeieem  neuneodawanaigeten  Jabre  sog  er  aieb  in  die  ElaiainkeH  an« 
rSck,  twd  lebte  eeobe  Jabre  laeg  als  brabnanisdMr  Binsiedler,  die 
streaytee  Voischrlfteii  der  Entaaguog  erfttlend«  aacbdenkeed  Aber 
die  Leiden  der  Menschheit  und  fbre  Erlösung.  Jedoch  bald  von  der 
ünEulängiicbküil  dieses  Wcifcs  überzeugt,  trat  er  als  Verküjuiiger 
einer  oeueD  Lehre  aiil\  sammelte  bald  Schüler  um  sich  und  durch- 
wanderte lehrend  die  indir^ehen  Länder.  Das  Ungewöhnliche  dieses 
Aullretens,  —  denn  nie  vorher  gab  es  in  Indien  Volkslehrer,— 
aeri  sein  Wohlwollen  und  seine  Sanftmiitb«  nach  späteren  Sagen 
Mdi  eeiae  Weader»  veraehafl'ten  iba  grossen  Anhang  im  Volk  und 
greeee  Feipdseball  bei  des  BiabmaoeD,  £r  starb,  oacb  awanaig- 
jibrigeai  Waadera  und  Lebrea  mehr  in  die  einsame  Rnbe  sieb  au* 
rttekslebeed,  in  seineai  acbtsigsten  Jabre,  um  das  Jahr  $43.  Sein 
Leichnam  wurde  mit  fürstlichem  Pomp  verbrannt,  und  seine  Asche 
ineiner  goldenen  Lrne  vorw  ahrt,  spSterahtr  au  aehtStädte  vertheilt.®) 

I>al(l  nach  ^akjamuui'.s  lutle  ver^aniuieUen  sich  500  seiner  vor- 
ztiglichsten  Schüler  zur  Bcrathung  über  die  Gestaltunt^  des  neuen 
Geistes;  sieben  Monate  tagte  die  Versammlung,  setite  die  heili* 
gen  Schiüten  fest  und  regelte  die  DiscipUn.»)  Streitigkeiten  über 
die  letsleire  Teranlassten  das  aweite,  viel  zahlreichere  CoacÜ,io) 
Aief  dem  diltten,  neun  Meaate  daaetadea  CovcU  im  Jabre  246  vor 
Chr.,  werden  mehrere  betserlacbe  Abwekbaagen  von  der  reinen 
Lebve  Bnddbas  abgewieseo  und  die  Ansbreltuog  dieser  Lebre  doreb 
Missionen  beschlossen;  und  bald  nachher  gingea  Sendboten  nach 
Norden,  nach  Süden  und  nach  Osten;  Ka^mira  wird  für  den 
Baddhiemus  geyronne%     aad  bald  darauf  auch  Ceylon. 


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BfA  in  die  letzten  Jahre  kannte  man  den  Boddhlsmii«  nur  aus 
unsicheren  Nachrichten;  was  J.  J.  Schmidt  berichtete,  war  nur 
der  ausgeartete  mon^r. 1 1  s (  he  Buddhismus. Ahe!  Remusat'*) 
folgte  cbiuesischen  Quellen,  die  nur  ein  getrübtes  Bild  g^eben. 
Andere  Nachrichten  geben  nur  Bruchstücke.  Erst  in  neueste  Zeit 
aiiMi  UM  die  alten  ReKgions- Urkunden  der  Buddhisten  bekannt  ge« 
wotden.  Hodgsön,  engÜMber  Residwt  in  N«pal,  Und^  wut 
gTMaem  Bifer  OMii  der  alteD  Uttemtiir  des  BnddMnm»,  dflf  «ich 
in  diesen  Gegenden  dtosseite  des  Hhnaleyft  Bodt  eiludtett  hat 
fi.  Burnouf  bat  angefangen,  die  toq  jenem  nach  Eoropa  geenndten, 
in  Sanskrit  geschriebenen  UHaroden  des  nSrdliehen  BnddMsmns  in 
Uiufasaeiideü  Auszflgen  zu  bearbeiten;  i^)  sein  Tod  hat  tlas  Werk 
unterbrochen.  Zum  Verstrindniss  der  Bud(?hnlehre  dffrfte  woiil  der 
hinreichende  tStolt  vor  Ii  rLicri ;  (leiiii  der  Mcenkreis  der  Buddhisten 
hat  einen  geringen  Umfang;  dieselben  Gruodgedanken  kebrea  ia 
unanfhurlichen  Wiederholungen  wieder;  die  Ricbtmg  a«f  das 
Prai^tiacbe  Ist  überwiegend. 

Die  buddhietieebe  LHteratnr  iet  eebr  bedeutend;  die  h«il%M 
Rel^iooesobriften  allein  aollea  108  etarke  Binde  «nfiaeen;  mmm 
war  in  der  Anfbewabrang  derselben  sehr  sorgföltig;  auf  den  drei 
OondRen  wurden  sie  festgestellt  i<)  Ober  das  Verhtitniss  der 
Schriften  des  südlichen  Buddhismus,  wie  er  besonders  in  Ceylon 
blühte,  zu  denen  des  ii  Mdlicheu  lässt  sich  noch  wenig  bestimmen. 
Die  eigentlicher»  alterj  Ivciigions-Ürkunden  heissen  iSutra;  »ie  eni- 
halten  die  Heden  und  Aussprüche  des  Buddha,  mit  später  hinzu- 
gefSgten  Erläuterungen ,  werden  von  den  Buddhisten  dem  Buddba 
selbst  zugesebriebenj  sind  aber  unswellelbaft  ans  den  AofiEeichun« 
gen,  vielleicht  selbst  nur  ans  den  nritodiichen  ÜberUefemngen  seiner 
Scbflier  entstanden;  die  ilteeten  Svfra  sind  In  einbdMr  Prssage* 
sebrieben  mit  einseinen  eingestrenten  Versen  ibr  jetaigei  Text 
gefaürt  erst  In  das  erste  Jabrb.  nacb  Chr.  Andere  beilige  Scbfülen 
stellen  in  mehr  geordneter  Weise  die  Disciplin  und  die  Dogmatik 
des  Buddliisuuis  dar.  Die  zahlreichen  l{eligions«»clirijten  nacb 
der  dritten  grossen  Synoflr  }>is  in  neuere  Zeiten  geben  bereits  Ver- 
mischungen der  reinen  Lehre  mit  brabroanischer  Mythologie  mid 
mit  Vorstellungen  und  Gedanken  fremder  VGÜnr.  Seit  dem  früheren 
Mittelalter  ist  auch  christlieber  fiinduss,  irabvscbeinlidi  durch 
nestorianiscbe  Sendboten,  in  niebf fachen  Spuren  fcbnntiidi;  ae  ia* 
det  sich  s.  B.  das  Gleldiniss  vvm  Terlenien  Sohne  seiv  besÜBBi  in 
Buddhaschriften;!^  in  Mbet  scheinen  cbiislllehe  BerflhnBigen  mm 
stärksten  gewhktf«  haben;  bierron  spiter. 

Die  frflhereu  Phantasiespiele  mit  der  Buddha -Lehre  sind  oll 


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in 


«eltjiani  genug.  Man  fand  in  ihr  den  reio8teit  MonolhelsmiM  und 
die  reinste  VenMHift-llfeimi;  mao  machte  sie  wm  Üf^fmlüh  feet  aller 
fweiitinliiliwi  Migioiieii,  and  Mitle  elme  weNem  da«  OnM 
ni  Dodona,  meli  daer  Lenirl  Bedoss,  dea  dentMlMD  Wod«iy  ja 
dbi  Wert  bet«b  eelM  vm  BiiMmi  Fflr  eeleke  Ctangeii 

dee  hvHmw  fet  die  Bell  viMfMe^« 

Laescn,  Ind.  Alt.  II,  S.  51  etc.;  Bumouf,  p.  III,  u.  587;  Stuhr,  Rol.  Syst. 
4es  Orients,  a  m  eto.  907.  —  *)  Web«,  Lit  SU.  S63.  —  •)  Muut,  lY,  61.  IftS; 
XQ,  95.  96k  ^  O  BimiMf,  iDlfod.  p.  ItO  «to.  171«  184  6la.  atk  ^  •)  Bwfto^ 
?lj  Anaalen  d«r  Djnwtie  Soi  Ton  Neamaiui  lAlUg«»  Zehsdh.  m,  8,  IM;  Lutea, 
Ltd.  Alt  n»  66.  —  Barn.  883  ete.  —  Bun.  888;  Sunaag-SBetsen,  8. 18.  810; 
Sdunldt,  Forvehangen,  8.  171  ete.  — >  *)  Born.  885;  LasMa,  Alt  IX,  68  eto:  — 
Lassen,  IT,  98.  Las««n,  n,  65.  —  >0  Ebend.  SS9.  —  i*)  £bencl. 

8.  S3&.  1  •)  Forscfamgea  aas  d.  Qabiet  d.  alteren  BUdiingsisrcsch.  d.  Volker  Mi«* 
lel-A«.  1824.  Gesch.  il.  Ost-Mongolen  von  Ssanang-Ssetsen  etc.  1829.  ^  '*)  Mo- 
Uagea  Asiat. ;  Mclangos  rostlmmcs;  FoC-KouP-Ki,  ou  Belatioa  dos  ruyaumcs  houd- 
dhiques.  1836. —  ")  Introduction  U  Thi^toire  du  Buddhismc  Indien,  tom  I.  Par.  1844. 
—  »•)  Bumouf,  p.  l^n.  43.  15.  :)T8.  Spiegel,  in  d.  Allg,  Moimtspch.,  Halle  1852. 
8.  552  etc.  —  »»)  Burn.  35.  70.  103  etc.  —  ")  Ausland,  1847.  &  678.  — 
F.  Che.  Banr,  SjmboUk  n.  Mythol.  I,  8.  888. 814. 846. 


Erster  AbschnilL 
0a«  religiöse  Leben. 

S  16». 

Voll  den)  in  China  zum  llcwusstsein  gekommenen  Urgesen- 
satz  des  Daseins,  —  Kiiiheit  uih!  Vit^llicit,  Kraft  und  Stoff,  Bewe- 
gendes ni\(\  Ruhendes,  —  hat  die  Brahnnuienlehre,  um  die  Ein- 
heit der  Weltanschauung  zu  gewinnen,  die  erste  Seite  des 
Daseins  als  das  allein  Wahre  auf^efasst ,  die  Kraft,  die  Einheit, 
das  in  eigener  Thfttigkeit  sich  bewegende  Ursein.  Die  andere 
Seile  Uber,  der  Stoff,  dea  Rolieiide,  daa  Vielfiielie,  daa  Be- 
grftbEte  vhä  dämm  mit  der  Yemeinang  Beliaftete,  tat  daa  Niebt- 
Wahre,  und  liat  dämm  eigmllich  kein  Reeht  an  aein,  iet  nur 
ein  Min  einer  Tftnsebnng,  ans  einem  Dnrecfaft  dea  Urbrabma 
her^'orgegangenes  vorfi hergehendes  Traumbild.  —  Der  Buddhis- 
mus erlasst  nun  die  andere  Seite  jenes  chinesischen  Urgegen- 
Satzes;  er  will  eben«io  wie  die  Braiinialcliie  den  Gegensatz  in 
der  Welt  verschwinden  lassen,  und  das  Dasein  als  ein  in  sich 
|;leichartiges  und  einiges  erfassen ,  wirft  sich  aber  in  dem  noth- 
wendigen  Umsehlagen  dea  dnreh  die  einseitige  Brahmalelm  ani 
iiiiiem  Gleidigewtehle  gebracliteii  ytanflaftigeii  Geduütcne  ätf 


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S24 

4ie  entgegengesetzte  Seite.  Der  StoO,  das  in  sich  Vielfache, 
mit  licr  Grande  uod  ^  ei  neinung  darcbzogene  endliche  Sein  ist 
da&  alleinige  Dasein;  jene  einige,  das  Viele  «iw  «ch  enrfaUende 
ürkraft  der  Brahmanen  aber  ist  niebt. 

Der  brahmanisclie  Gedanke  gellt  yah  der  VieUieit  des  Da- 
seins a«f  eine  su  Grunde  liegende  Fiinlifit  mMki  von  dlcr  Pen* 
pheiie  nnf  des  CenCrnm,  «nd  hül  dieees  als  das  allein  Walm 
fest,  nnd  kenn  eigentUcli  yon  dem  Centnnn  ntelrt  wieder  mmt 
Peripherie  gelangen,  erklärt  sie,  die  Welt  der  Vielheit,  Ar  im* 
wahr.  Die  ßuddhnlehie  bleibt  dagegen  in  dei  l*eiipliLiie,  liäh 
diese  als  das  einzig  Wahre  fest,  das  Centmm  existirt  gar  nicht; 
das  All  ist  nichts  als  Vielheit,  in  sich  zei tlieiltes,  überall  mit 
dem  iNichtsein  durchzogenes  Dasein.  Hei  den  Brahmanen  ist 
das  wahre  Dasein  nor  ein  Penkt,  bei  den  Buddhisten  eine  Blase. 
Jene  erfassen  nur  das  reine,  einige  Sein;  das  nn entfaltete 
Brahma  ist  das  einzig  Wahre,  das  entfiütete  ist  nur  Schehi;  — 
diese  erfassen  nnr  das  entfaltete  Sein,  das  nnentfoltete  Ist  gar 
nicht*  Die  censeqnenle  Brahmalehre  verneint  die  Welt,  —  die 
Baddhalehre  yemeint  Gott$  es  ist  da  kein  einiges  göttliches 
ürseiu,  kein  Weltkeiiu,  aus  dem  sich  die  Welt  entfaltet  hatte; 
Ton  einem  geistigen  Weltschüpier  kann  ohnehin  nicht  die 
Kede  sein. 

Im  Buddhismus  ist  nur  das  vielfache,  in  sich  begränzte, 
nach  Zeit  und  Raum  endliche  Dasein,  welches  also  das  Nicht- 
sein als  seine  Bestimmung  an  sich  trägt.  Und  dieses  Niehl» 
sein  nadi  allen  Sehattimngnn  desBegrüfes  ist  des  wahre  Wesen 
der  Welt,  denn  die  GrAnae,  das  Niehtseln,  macht  alles  Dasein 
Bu  emem  beslinunten,  wirklichen,  nad  eb  aneh  das  Viele  hi  Ibi^ 
wühlendem  Wechsel  vergeht,  das  Nichtsein  ist  auch  in  dem 
Wechsel  ^  urlianden.  Der  Brahniaue  kommt  bei  seinem  Denken 
überall  aui'  das  eine  Sein,  der  Buddhist  überall  auf  das  Nidit- 
sein.  Jener  sagt:  nur  was  keine  Beschränkung  an  sich  hat,  ist; 
dieser  sagt:  was  keine  Beschränkung  an  sich  hat,  ist  nicht,  und 
nnr  das  Beschränkte  ist^  und  es  ist  nur  durch  die  Besehr&n- 
kung;  —  and  da,  ^  diess  ist  ein  nothwendiger  Feitgang  des 
Gedankens«  —  daa  an  sich  Beschränkte  nach  Zeit  nad  Ranm 
einen  Anlang  und  ein  Ende  hat,  alsQ  irgendwo  und  irgendeiMsi 
nicht  ist»  so  hleibt  als  das  überall  nnd  immer  Besteheade  das 
Nichtsein.  Alles  ist  aus  dem  Nichtsein  und  geht  in  das  Nicht- 
sein zurück,  uud  alles  ist  von  dem  Nichtsein  umfangen.  —  Der 
Brahmane  sagt:  das  Sein  ist,  und  nicht  das  Nichtse  in,  also 
aucl4  nicht  djle  Weit;  der  Buddhist  »agjLi  das  X^ichtseiji  ist»  und 


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5S5 


nicht  das  reine  Sein,  also  anch  nicht  Gott.  —  Dem  BralifnaneB 
gilt  nur  das  allprenicine  Sein,  dem  Buddhisten  nur  das  ver- 
einzelte; jener  hat  das  reine  Sein  oiine  bestimmende  Eigen» 
Msliaften,  dieser  eigentlich  nur  die  bestiionie&den  Eigenschaftes 
okM  te  S«in;  jenem  ist  Bvainna  eine  SomW)  die  a«r  seheinbar 
LMt  veriw»dtel,  aber  dabei  doeh  bleilit ,  wae  ei»  iel,  alcht  yMb- 
Vcdi  dae  Lieb«  ron  eieb  anetMiDeB  lieet;  dfeeen  iel  dae  WeltaH 
«Ü Liebt  erittll»  ippelehee  aber  nlebt  tod  einer  Seaiie  ausgeht; 
—  jener  hat  nur  die  Kraft,  die  Wirkung  ist  nur  Schein;  dieser 
hat  nur  die  Wirkung,  aber  die  Kraft  ist  nur  Schein;  jener  hat 
den  Grund  für  die  Weit,  aber  nicht  die  Welt  selbst,  dieser  liat  die 
Welt,  aber  keinen  Grund  dafür.  Der  Brahmane  hat  eine  ewig 
ruhende  Gottheil)  die  es  zu  nichts  bringt,  — •  der  Baddhist  eine 
fyri  ond  fort  wogende  Welt,  welche  es  aber  anoh  za  lEeineni 
Bfntaade  btisfils  jener  bat  ein  Sein  ebne  WerdeUf  dieser  ein 
Wevden  oline  Sebi;  das  Daaein  steht  dem  BuddUaten  nlrgenda 
•tili;  allea  flieset,  «od  das  büebste  Symbol  dea AUs  s»d  die 
iHm  Wind  oder  Waaser  getriebeaen  Gebetsrider. 

Der  Buddhi&t  bringt  es  eben  so  wenig  /ai  einem  wiriüichen 
Bestehen  der  Welt  wie  der  Bialmiane;  denn  nu  der  wirklichen 
Welt  ist  Sein  und  Nichtsein  zui^leicli;  jener  aber  begreift  nicht 
das  Sein,  und  dieser  nicht  das  Nichtsein;  bei  beiden  hat -die 
witkliebe  Weh  darum  kein  Recht  zu  bestehen,  hei  l»eiden  ist 
sie  ein  Yorfibergeliendes  Traumlnld,  bei  dem  Brabmaaen  daram, 
wail  das  Werden  ein  Bdieia  lst|  alao  aaeh  die  ganae  Wdt,  — 
bei  dem  Baddlikten,  weil  ea  in  allem  Werden  kein  bkibendea 
Sein  gialpt,  aoadem  daa  Niditscai  das  Weaen  von  Allem  ist 

S  i6a. 

Das  Wcihie  Wesen  alles  Daseienden  ist  das  Nichtsein,  die 
Nirbti^keit ;  die  Voraussetzung  der  Welt  ist  nicht  eine  Gottheit, 
eine  Urkrafi,  sondern  die  absolute  Leere,  das  reine  Nichts.*) 
Alles  wurde  aas  Nichts  und  darch  Nichts,  und  wird  wieder  zu 
Üieiits?  denn  ea  ist  Ten  Heese  aas  niehtig.  Alles  ist  eitel  im 
Himmd  uad  aaf  Erdsn,  and  der  Himmel  and  die  Erde  aelbst 
ahd  eitel,  and  anf  den  TrOmmera  der  zaaammenlireabenden 
Welt  Afont  ewig  bleibend  daa  Miebtseia. 

Das  ist  wohl  reiner  Atheismus ,  und  dennoch  ist  der  Buddhis- 
mus Religion,  ja  ist  die  höchste  und  sitdicliste  Religion  der 
ganzen  objectiven  Weitaus ciiauuug.  Dass  die  Nichtigkeit  die- 
ser Weltanschauung  zum  Bewusstsein  kommt,  dass  es  gedacht 
and  aasgespKoeheawicd:  wenn  dasJiataramn  das  aUein  wahre, 


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m 

b 

dm»  f^Mlidie  Sein  ist,  fto  nt  Alles  nichtig,  imd  ^iese  Gottheit 
ist  das  leere,  trostlose  NiclitB,  —  das  ist  die  üefc  ^\'al)^llt'it  des 
Budfihisnms ,  der  diesem  Gedanken  eine  waiirhait  tragisciie 
Entwickelun«;  gegeben  hat.  Die  ßuddhalehre  macht  es  mit  cler 
Natur  -  Heiigion  Emst,  und  dieser  gewaltige  Jblriist  ist  der  furchU 
bare  Gedanke  der  Nichtigkeit  alles  Seins.  Der  Buddhismus 
iit  Religion  ohne  Gott;  Mioe  GotAmi  iat  die  Niehtigkcil»  nd 
erwMaich  ia  ▼oUant lüaatie bcwwaty  mseft  mk4imm  Gi^ 
danken  a«f  aidi  lu/k%  er  #pfert  demselbai  Min  gannea  Bataia; 
■nd  fai  dieser  grossart^en  SetbafeteiiMignfnip»  «ioer  Id«e  dar- 
gebracht,  kommt  dben  das  tief  Religiöse  der  Buddhalehre  sor 
Erscheinung. 

Der  Buddhismus  ist  schlechterdings  nicht  mit  dem  moderne« 
materialistischen  Atheismus  auf  t;leiche  Lioie  2U  setze!»,  ist  bei 
weitem  energischer»  tiefer,  sittlicher.  Der  vulgare  Materialismus, 
der  sich  immer  nur  wie  der  Schimmel  an  ein  v/arfaulendes 
Gslatesfcshea  aasetst,  immer  erst  da  auftott,  wo  reUgMaasoiir 
ein  pUlosophiaches  VoUrnlehea  Im  .Almtedbaa  jbsfiifiaB  ist,  M 
dmck  nad  dusch  den  GhanJoter  eiata  modang  geffMdaaSD»  ia  As^ 
Iflsmog  begnffeDen  Lebens;  er  ist  das  leioeCkgeotheil  ahmt  wshtwi 
philosophischen  Ge^tesaiheit,  ist  das  Ahweleen  des  Credankens,  das 
Ergreifeoder  Dtuge,  uiesieebea  den  Sinnen  sich  hieten,  oline denkend 
in  sie  eitizudrincen  und  über  sie  hinauszugehen.  Dem  Miiterialismus 
ist  es  gar  nicht  um  ein  Verstehen  der  W  elt  /,u  thun.  sondern  bloss 
um  ein  bequemes  Iguorireu  jedes  tiefereu  Gehaltes  derselben,  —  er 
setzt  die  tiefere  Geiste8art>eit,  das  hfibete  religifiae  und  philosopbi- 
sche  BewusstseiB  akbt  foct^  aeadern  ▼orattS9«**-am  ihm  wirürhüti 
denRficfcen  zu  kehren»  er  ist  durch  und  durch  unsittlich,  wfihrssd 
der  Buddbismus  weseatfich  sittlich  ist  —  Der  Materialist  bleiU 
l>ei  dem  unmKtalbar  -ClegebeMa,  M  .dem  flandgidÜfibeB  .alehes, 
und  sagt,  ee  ist,  weil  *—  es  ist,  wid  es  ist  nur  das»  was  ich  selMS 
und  tasten  kann,  nebst  eitui^en  iDwohnenden  abstracten,  nicht  weiter 
zu  eiklftrenden  sogenaufttun  Naturgaieteen ;  das  sinnliche,  be 
schränkte,  endliche  Dasein  ist.  und  ist  !»ar)z  aileiji ,  und  soll  auch 
ganz  allein  sein.  Der  Buddhismus  aber  i'asst  seine  Welt  bei  weitfl« 
emster  und  tiefer,  ist  nur  das  Begräozte,  Endliche,  das  mit  der 
Verneiouug  Beiiaftete;  aa  iat  eben  diaaa  Verneinung  dasWeseadsr 
IM*.  Das  withttebe  D^o  alas»  ia  wakbma  daa-KIcbMia  ssr 
an  dsm  Bein  aufliilt»  weichss  alao  aash  ia  dssSwaibeÜlMbbeWait, 
•ist  niahl  das^Wahre^  es  soll  «Mit  sshi.  Per  JkiddhismBa.mfassl 
die  WsH  se  gut  als  wswalH*,  als  nabereehtigt,  wie  die  Reahmaaea- 
dabtCy  Dur.aus  dem  eotgegengesittsteii  Grunde;  diese,  — i»reil  die 


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687 

Welt  nicht  reines  Sein  ist,  «oodern  auch  das  Nichtsein,  die  Be- 
praiiziing  an  sich  hat,  — jener,  weil  die  Welt  nicbt  bloss  Veroei- 
oung.  Dicht  blosses  INicfatsein,  sooderu  auch  ein  Sein  an  sidliliat. 
Der  Buddhist  geht  fibef  da»  wirkliche,  sinaUcJM  PaMio  JiiMIWt  so 
gut  wie  der  Braten«,  —  der  Meiorialial  dagqyai  Ut  grade  an  der 
mUlcUbett  DDd  alMnigea  WaMelt  dae  SUuMieD  feat«  hbrMg^ 
Mk  M  dflM  BMleiielleB,  »aiMdiea  Sein,  B^elehea  »or  lo  der  Zwel- 
Mt  der  Faotom  bestebt,  in  Penfiireni  nad  Negatifem,  in  Sein  und 
Biiehtsein;  hier  bleibt  er  befriedigt  stehen,  ohne  nach  dem  Grande 
(lerZwetheit  zu  suchen ;  der  Buddhist  aber  geht  muthig  weiter;  er  will 
die  Einheit,  und  nicht  den  unversöhnten,  un\ erstandenen  Gegen- 
satz. Der  MateriaUsmus  aber  will  die  Welt,  nur  nicht  —  «ie  ver- 
steheo;  der  Haada  iriil  sierereteheatUadgiebftaJbPreia  daiSlIraie 
aeUMt 

Eil  gMOktei  UiaelB»  wie  daa  Bralvaa,  wiiA  vea  dea  Baddhi- 
alen  tbcila  anadfOckllcli  geleagnet,  flieila  M  der  Aafiaasvag  der 
Weh  atilleebweigeod  bei  ßelte  gelaaeea.  lo  den  Salra  nnd  den 
wicMgatea  aadem  ReÜgioiHMebrlfleA  Int  keine  Spur  eines  blieb- 

sten  weltbildenden  Wesens.  2)  Mau  findet  den  Gedanken  eines 
einigen  weltbildenden  Grundes  unverträglich  mit  der  ihatsSchlich 
Forbaudenen  Veränderlichkeit  der  Welt.  Während  die  Brahnmnen 
sclilossen:  weil  das  Brahma  eins  und  unverfinderlich  ist,  darum 
Icann  nichts  Verfinderliches  wabrbafit  existiren,  so  scbliesat  der 
Baddhisi  'amgelbelHrt:  weil  die  Dinge  der  Welt  veränderlich  sind» 
dämm  l^8anflll  aie  atcbt  eiaen  an  sieb  uaverftnderlicbep  Gmad  liaben, 
aaaaft  nüaate  aacfa  die  Welt  «averftnderlidi  aefai«  weii  die  FoJge 
4ma  Cbiiade  eniapredbett  moaa.  MDieDnge,-«Mgt  eue  alte  recbt> 
glSnbige  Buddbasebfift,  —  sind  niebt  gesobafTen  dareb  «kieo  Geft, 
(Isvara,  Herr),  nicht  durch  den  Geist  (1*umjs(  lia) ,  nicht  durch  die 
[ewige]  Materie  [^^ie  die  iSaukliyn  IchrtJ.  Wenn  Gott  wirklich  die 
alleinige  llrisache  wure.  oder  der  Geist,  oder  die  Materie,  so  miisste 
durch  die  einzige  Thatsache  der  Existenz  dieser  Ursache  die  Welt 
in  ihrer  Gesanuntbeit  auf  ein  Mal  geschaffen  sein,  weil  die  Ur- 
aaebe  nicht  seia  Inan^  ebne  dass  ihre  Wirkung  esiBtiieu  Man,  siebt 
aber  die  Dbig^  nacb  einander  ia  die  Welt  luMnnie«t  die  einen  aus 
dar  Mutter,  -die  atadera  aaa  ebem  Kebne.  Darana  mnss  van  scidies* 
aea«  dass  ee  ehe  Reibealblge  reo  üraaeben  gebe»  .und  dasa  afebt 
ein  Gott  die  alleinige  Ursache  sei.  Aber,  erwiedeit  man,  diese 
Vielheit  von  Ur«*aiheo  ist  die  Wirkuner  des  Willens  Gottes,  der 
gesagt  hat:  ein  solc-he.s  Wesen  eiit.stehe  jetzt  und  ehe/isu  na«  hher 
ein  anderes;  so  erklärt  sich  die  Aufeinanderfolge  von  Wesen,  und 
Gelt  ist  dabei  dock  di«  UcMfihe.  Darauf  ist  su  /autwMten»  dann,  jso- 


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5Z8 


bald  mehrere  Willensacte  in  Gott  angeoommen  werden,  auch  meh- 
rere Ursachen  zntjcstanden  werden,  umi  so  der  erste  SatÄ  umge- 
st<> SS en  wird,  dass  mir  eirip  TTrsacho  sei.  Ferner  kann  diese 
Mehrheit  von  Ursachen  auch  nur  einziges  Mal  hervorgebracht  sein, 
weil  Gott,  dieQa«Ue  von  bestimmten  Willeostbätigkeiteo,  einzig  «ad 
nntheilbar  ist;  UMW  müsste  auch  zugeben,  das«  lUe  Welt  nil  eittcoi 
MMe  geschaffeii  Mi.  Aber  die  Salme  des  (ialB)a  halte»  fest  aa  im 
GiQDdMts,  dass  der  WeltlavT  ketDeo  Aafaeg  gehabt  habe."«)  — 
Ein  bnddhistiselier  Oberprieater  lo  Ära  alhMe  n  eiaeni  Schrei* 
ben  an  eine»  IratholiadieB  Bischof  mter  die  sechs  Tenretflkh- 
sten  Ketzerelen  auch  die  Lclirc,  dass  eiu  Wesen  sei,  weiches 
die  Welt  geschaffen  habe  und  anzubeten  sei.**)  Die  Entstehunie  der 
Welt  aus  Brahma  gilt  schon  in  alter  Zeit  als  einer  der  griisüten  Irr- 
thümer.^)  Die  älteste  und  reinste  philosophische  Schule  der  Bud- 
dhisten, die  Suabbavikas,*)  die  an  den  Sutrae  sieb  verbüi 
wie  die  Vedaata  m  deo  Veden,  ▼oraehit  mit  der  Idaralea  fialNhie- 
'«denbdt  die  Eiistena  einea  gelatigea  Weltgniades.  Ea  ialt  ae  fahrt 
sie»  nSchta  aaderea  ala  die  Natar,  [daa  bi  sieb  viaHiBhc»  aach 
Raum  und  Zeit  uateraebledene  Sein] ;  der  ia  der  Saniiiy»*Philo- 
sophie  neben  dieselbe  zwecklos  gesetzte  Geist  [S.  4*26]  wird  hier 
klarer  und  folgerichtig  lortirelaiisen.  Diese  INalui  existirt  in  zwei  Wei- 
sen, in  einer  positiven  und  in  einer  negativen.  In  tler  ersten  Weise, 
in  Pravritti,  der  Existenz,  ist  sie  thätig,  lebendig  bewegt;  in  der 
•  zweiten,  in  Nirvritti,  der  Ruhe,  dem  Michtleben,  rnht  die  Natur, 
ihr  Leben  hOrt  auf.  Zwischea  Wachen  und  Schlaf,  zwischen  Le* 
hea  nad  Ted»  swiachea  Bewefiaag  and  Rahe  geht  daa  Paaaia  der 
Natar  la  ateter  Abwechaelaag  dabb«  ahsbt  aaeb  dem  Willea  elaes 
▼OB  Ihr  vera^iedeaea  Weaeaa,  aoadem  dnreb  ibre  elyae  Hmft 
Schöpfung  und  SerstOrung  des  Alls  sind  die  Wirkang  des  aaaa^ 
hürlichcn  Aufciijaodeilulgeas  der  zwei  Zustände  der  Natur,  de« 
steten  Pulsirens  des  Naturlebens,  nicht  die  des  Willens  einesGottcs, 
der  nicht  existirt.  Dem  Znstand  l^ravritti  gehörnn  die  mjtterieilen 
Formen  der  Natur  an,  sie  sind  vorübergehend  wie  aite  ErscbeiDua- 
geo.  Die  belebten  Wesea,  aa  deren  Spitze  der  Mensch  steht,  sind 
Adlig,  darob  eigae  Aaatreagaeg  hi  dea  Zostaad  Nimltti  an  gab»* 
gea ,  d.  h.  sie  bHaaea  aicb  voa  der  Notbweadigkelt  befralea,  ia  dir 
bewegten  Welt  der  WbfbMbait  wieder  an  amheiaeB^)  Ka  ist 
bieraaeh  akfat  belreaidlMi,  weaa  die  Brabawaea  dea  Baddysiss 
Atheismus  vorwerfen,  —  wie  diese  umgekehrt  jenen  AkosnMais 
vorwerfen  k(innten. 

Allerdings  hat  «ich  dif!  ki'ilino  und  folgerichtige  Durchbildung  def 
Baddha-Uee  nicht  überall  gezeigt  oder  erhalten ;  wir  fiaden  Misch- 


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Kogparteien,  die  fremdaTÜge  Vorstellaogen,  besonders  ans  der 
Brahmaneolehre  hereiDziehen;  aber  diese  Anslcbten  einzelner 
Sekten  siad  nur  eine  spfttereTerwirrong  der  reinen  Lehre.  Hierher 
gehQrt  eine  theistische, Seilte  in  Nepal,  welche  an  die  Spitze  des 
Daseins  einen  unendfleben,  darcb  sich  selbst  ext»firenden,  alhvis- 
scnden,  ive!tschr»j>feri seilen  ür-liudilli  a ,  Adilnnldlm,  setzt,  — 
irahrscheinlich  cnst  nach  dem  zehnten  Jalirh.  nach  (  hr. entstanden:») 
in  den  chinesisch -huddhistfschcn  Schriften  findet  sich  Iceine  Spur 
davon,*)  —  und  ihre  philosophische  Sch^vcster,  die  Schule  der 
Ai^Ta-rikas,  die  einen  ü hersinnlichen,  geistigen  Gott,  Adibudiiha, 
anaehmen»  aber  ihm  die  Leitung  und  Regierang  der  Welt  ab* 
sprechen,  der  Natur  ein  ven  ihm  unabbSagiges  Lebeo  und  Ent- 
wickeln auachreibeo,  —  ihalich  der  brahroanhwhen  Sankhya.  lo) 

Das  eigentliche  buddhistische  System  ist  als  onichts  weniger 
als  Monotbeismns,  wie  man  oft,  die  erwähnten  Sektenlehren  mit 
der  alten  Buddhalchrc  verwechselnd,  gemeint  hat;  und  eben  so 
wenij  ist  es  ein  Dualismus,  wie  andere  aus  den  noch  unzuläng- 
lichen Quellen  schliessen  wolUcnJ^)  Der  indischciGeist  neigt  sich 
grade  von  der  Zweiheit  ab  zur  Einheit  hin,  und  nirgends  in  der  alten, 
reinen  Buddhalehre  ist  auch  nur  eine  Spur  dualistischer  Weltan- 
schauung. Künnte  sich  das  indische  Bewnsstseln  mit  der  Zweiheit 
der  Weltfactoren  vertragen»  es  hStte  wahrlich  nicht  die  ungeheure 
Kraflanstrengung  in  der  Festhaltung  der  auf  die  Einheit  gerichteten 
Idee  gegen  alles  natürliche  und  persOnlicbe  Interesse  entwickelt.  Der 
Chinese  ruht  sich  in  seinem  dem  populären  Verstände  zusagenden, 
keine  Entsagung  irgend  einer  Art,  keine  Unterdrückung  eines  natür- 
lichen (JL'fühls  oder  Strebens  fordernden  Dualismus  hoquon»  ans.  — 
der  Dualismus  ist  praktisch,  nur  nicht  verounfltig.  Der  indicr  opiert 
alles»  was  demMenschen  lieh  und  theuer  ist,  um  der  Forderung  der 
Vernunft  zu  genBgen,  die  über  die  Gegensätze  hinaus  zur  VersOh- 
mmg  strebt.  Mag  nun  die  Einheit  gesucht  werden  durch  Ver- 
leugnung des  einen  oder  des  andera  Factors,  so  ist  doch  der  anti' 
dualistische  Charakter  klar  und  scharf  gegeben. 

')  Ssanang-Ssctsen,  \).  302  etc.  Abel  Rcipußat.  Mcl.  jK)sth.  p.  104  rtc — *)Buni, 
p.  118.  120.  Schmidt,  rorschuiigcn.  S.  18t). —  ^)  Ya9omitra,  bei  Buni.  572.  —  *)  Asiat. 
Kte.  VT,  2G8.  —  *)  Foc-Koiit  -Ki.  |>.  137.  —  •)  Neumann  in  Ilgens  Zcitschr.  1833, 
HI,  2,  119.  —     Buni.  411  :  Iln  l^-oii  m  Asiat  Res.  XVI.  423  f.  —  •)  Biimouf,  117. 

119,  Not.  2;  Hodgeon  a,  a.  O.  ;  —  ')  Neuumiin  u.  a.  0.  S.  119.  —      Bum.  442  

**)  Abtl  BteuAt,  Melange«  posth.  1 17  f.,  —  vgL  Fee-Kone-Ki  p,  IST.  Bhod«^ 
Hiada,  I,  385;  Bolilen,  Ind.  I,  323;  Baur,  d.  n^aidiiiachs  M,  S^fft  484.  4»»; 
ddisn  duiilL  Gnona  38.  L 


n. 


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530 


§  164. 

Ans  nichts  wird  nichts;  wo  das  Nichts  die  Voransseteong 
der  Welt  ist,  da  ist  diese  unbegreiflich.  Das  Wahre  ist  die 
nnendliehe  Leere;  thatsäcblich  aber  ist  eine  .aeteode  Weh;  diese 
kann  aus  dem  tdossen  Nichtsein  nicht  begriffen  werden;  iet 
Urspnuig  der  Welt  ist  dämm  Gkt  den  Buddhisten  etwas  seUecfa- 
terdings  Unbegreffliehes;  alle  Fragen  dinmaeh  werden  als  na^ 
antwortbar  zurückgewiesen.*)  Ist  das  Denken  einmal  über  diese 
nicht  zu  überbrückende  KluH  hinaus,  ist  man  aus  dem  Nichtsein 
in  das  Sein  durch  ein  salto  mortale  hinübern:elan2:t.  so  kaiiu 
man  sich  unp:ostr»rt  in  plianfastischcn  Kosmogonieen  ergehen, 
die  derBaddhismiiSy  wiewohl  natöilicb  meist  aus  fremden  Quel- 
len 9  aneh  anfiiaweisen  bat 

Die  Welt  selbst  mnss  hier  einen  gans  undem  ChnralEter 
tragen  als  in  der  Brahma*  Lehre;  wfihrend  in  dieser  die  centnle 
Einheit  als  das  einzig  wahre  Sein  gilt»  die  Vielheit  also  ftbeiall 
snrückgedrängt  wird»  entbehrt  die  peripherische  Vldheit  der 
Buddhisten  der  wlrltlichen  Einheit,  und  die  Vielheit  des 
Seins,  —  das  Vorherrschen  der  Gränze,  des  A ich ts eins  am 
Sein,  —  ist  hier  der  Charakter  der  Welt.  Die  Brahmrmen  er- 
fassen die  IJiK  ndliclikeit  als  absolute  Einheit,  die  Uinldhiston 
als  absolute  Vielheit.  Bei  den  Brahmanen  wird  alles  vicilache 
Sein  in  das  eine  lirsein  verschlungen»  bei  den  Buddhisten siehi 
sich  das  Ur-INichtsein  als  das  Wesen  der  Welt  in  das  swar 
unbegreifliche»  aber  doch  thatsAchliche  Sein  hinein  und  sprengt 
dasselbe  ui  eine  endlose  Vielheit  auseinander.  Die  Zahiea 
der  Buddha-Lehre  in  Betreff  der  Welt  sfaid  in  der  That  komisch- 
erhaben ,  und  kehl  anderes  Volk  hat  je  soweit  in  dieZaUes- 
wüste  hinausgegriffen.  Statt  der  wahren  ITnendlichkeit  des  sieh 
selbst  erzeugenden  Geistes  ist  hier  nur  die  sehlechte  (Jneüd- 
lichkcit  der  Zahl  erfasst,  die  endiuse  lanj^u  eilige  \\  iederliolanj^ 
desselhcn  einzchien  Dnseins:  und  dieses  öde  ImmerfhisM  ll)e- 
ist  der  Charakter  des  ganzen  buddhistischen  Geisteslebens;  Lan- 
geweile ist  der  Ausdruek  des  Kultus  und  der  Kunst,  langweilig 
das  Leben,  langweilig  die  heiligen  SchriAen»  langweilig  die 
phantastischen  Bilder  des  Erhabenen. 

Zahllos  sind  die  neben  einander  bestehenden  WeMss» 
snhllos  aneh  die  naeh  ehiander  entstehenden.'  Die  gmwfles 
entstandenen  Welten  Torgehen  wieder,  und  beknnden  damit  die 
Nichtigkeit  als  ihr  Wesen,  und  neue  entstellen  dann  wieder 
ebenso  grundlos,  und  ohne  irgend  einen  Zusainmenliaiig  unter 

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531 


eiDander  za  haben,  daim  Jedei'  innere  Zusammenhang,  jeder 
gemeinsame  Zweck  würde  eine  Einheit  des  Vielen  bilden;  aber 
dia  Kiolielt  ist  eben  nicht.  Die  Welten  kommen  und  vei^chwin- 
den  wie  Wasserbiasen  aaf  dem  Swofif  ohne  das«  die  folgeDdeD 
Welten  die  Fortaetenng  der  vorangegaogaMa  nvftrai.  Mit  dem 
Ualeigaiiga  jeder  Welt  geht  Alles  unter;  jede  neve  Wek  ist 
gaiis  neu;  niebta  arht  von  Welt  su  Welt  aieh  fort  als  die  Nieli- 
tfgkeit  und  innere  Zwacklosigkeit. 

Die  verschiedenen  Kosmogonieeo,  meist  mit  brahmanischen,  bis- 
weileo  auch  persisfheii  Vorstelluriejen  durchzogen,  haben  keine 
sonderliche  Bedcuiuug,  da  «de  eines  i'riucipes  entbehren  und  nur 
Phantasien  sind.  2) 

Die  einzelnen  Welten  werden  gewühnlich  wie  bei  den  Brahma- 
oen  dreifach  oder  neunfach  vorgestellt  Unten  ist  die  materielle 
Welt»  die  dar  Begiefdea,  ioseehaStafeoabgetbeiUs  über  ihr  iat  die 
farbige  Welt»  wealger  stoflartig,  aber  da«h  inmer  Doch  eiae  Welt 
der  ^Goitaltan/'  dea  Eiateldaeaina,  ia  achtseha  Stafea;  oben  iat  die 
farblaae  Welt»  in  wekher  alle  Uatecachiede»  alle  Gastaltaa  auf- 
huren« wo  keine  Begierde  and  Unruhe  mehr  ist:  auf  der  hdebstaa 
ihrer  vier  Stufen  hört  alles  ein/.cluc  Leben,  üUcä*  Erkennen  auf,  da 
ist  das  INichtscin  in  seiner  \  uliendung. Diese  Welt«  u.stufen  neh- 
men an  Grösse  nach  oben  ins  Phantastisch -Ungeheure  zu.  so  das« 
das  ganze  eine  umgekehrte  Pyramide  bildet  in  den  höheren  Stu- 
fen,  aber  nicht  in  den  höchsten,  werden  aach  oft  die  brabmaniachen 
GGtter  aataigebracbt,  die  patflrlkb  voa  aliea  aadera  Creatnrea  alebt 
weaaBtlich  veEBcbiadea  aiod. 

Daa  iat  aber  nar  eine  ebaelDa  Welt;  und  die  Pbaataeie  der 
Bvddhietaa  ergeht  «tch  in  groaaartigan  Zahlea  von  Wetteareibea. 
So  ruht,  nach  cbinesiscfaen  DarttelJungen ,  jene  ungebente  Walt 
auf  einer  Lutosblunie,  die  aus  dem  Meere  der  Düfte  aufsteigt,  und 
die  aussei  jener  vieifacben  Welt  noch  zaiillui,e  andere  ebenjiü 
grosse  und  ebenso  gestaltete  Welten  trägt;  aus  jenem  Meere  der 
Ddüta  aber  steigen  so  viele  Lotosblumen  auf,  dass  deren  Zaiil  nach 
naaarem  Zahlensystem  mit  4^^  Millionen  ZüTern  geschrieben  wer- 
den mfisata»  die  in  gewi^baliciier  Schrift  eine  etwa  awei  deutsche 
Mellen  lange  Zabi  |^n|  uad  jede  dieaer  Lotoablaman  trügt  eben 
M  viele  Welten;  — j«nea  Daftneer  aber  iat  nar  ein  kleioer  Theil 
dea  Alle,  nad  aebea  Ihm  aind  grade  ebeaao  viele  mit  weltaatragaa* 
dea  Lotosbhmien  angeCHllte  Meere»  ala  die  Zahl  der  Bbimaa  faa 
ersten  Meci  e  licti  iitjft,  —  und  so  geht»  In's  Bbae  fort*)  Mit  den 
Zelt -Zahlen  >iud  dcu  nach  einander  entstehenden  Welten  wird  ein 
gleiche  ;^|iiel  getrieben.  ^)    So  spricht  eioe  Sa|^e  von  einer  Be^^e- 

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bcüheit,  welche  geschehen  ist  vor  10  Quadrillionmal  100  Quadffl- 
lioTi  Zeitaltern  (kalp  is).  d^  ren  jedes  1344  [Millionen  Jalire  enthiiU/') 
Auch  lü  andereo  Dittgen  zeigt  sich  diese  langweilige  Maasslosig« 
keit  der  ZaUen;  z.  B.  Buddha  Hess  aus  jedem  der  80*000  Scbwei^s 
>  IScber  seines  Körpers  einen  Lichtstrahl  henrotsdilesseii,  viMl  auf 
der  Spitie  jedes  Strahls  bHdete  sich  ebe  Bliunet  vaA  snf  jete 
Blume  sass  ehi  lebresder  Buddha  mit  seinea  Bebidero,^ 

1)  8«MUing-8iat8eii}  p.  3.  SOS.  48t.  — >  ■)  Buol  Bnmen,  p.  5.  SOt.  48t;  Ihs- 
bmnU,  BfliM  n.  Chios.  m,  84t.  SchsiiAt,  Bnwbnaean  ato.  148  eioi  ^  •)  Ahel- 
Bteuaty  UbU  ponh,  p.  80.  87;  Saanaiig  Bmtmi,  ^  9^  801.  80SL  864. M.  ^ 
«)  A.  BäDual,  a.  a.  0.  69.  98  etc.  —  •)  Bhend.  III.  116.  —  •)  IToe-Kooe-Kit 
I».  118.  —  ')  Schmidt,  FoEMhnngen,  8.  t74.  vgL  Bancfof,  I,  p.  184. 

§  165. 

Konnte  schon  die  Brahma-Lelire  den  persönlichen  Geist 
nicht  begreifen»  to  kann  es  noch  weniger  die  Buddha- Lelm; 
4er  Oeiet  Ist  überall  das  die  Vielheit  einigende  Moment,  ober 
grade  die  maaMlose  Vielheit  ist  liier  das  Weaen  der  WtAL  Der 
bewnatte  Geist  ist  wohl  als  Thatsache  anerkannt^  aber  nlefat 
begriffen;  in  der  ganzen  Lehre  Ist  kein  Punkt,  an  den  ein  gei- 
stiges Dasein  angeknüpft  werden  könnte;  die  alten  Baddha- 
Schriften  sciiweisien  über  den  Ursprung  der  menschlichen  Seele; 
Der  Buddhismus  briny^t  den  Geist  wob!  aus  der  Welt  hinaus, 
aber  nicht  in  sie  hinein.  Die  alte  Lehre  kennt  auck  eigentlich 
keine  andern  Geister  als  die  roenschUchen,  aus  denen  erst  durch 
Fortentwickelnng  die  Geister  höheren  Ranges  werden.  Ber 
mongolische  9  mit  dem  Bchamanentfinm  stark  getrSnkte  Bed- 
dhteiBQS  wimmelt  von  Geiatein,!)  nnd  amdi  der  ofatoealsdie  nfamt 
deren  viele  an;*)  das  ist  aber  grossenthells  eine  Ansartong.  Bio 
Brahma-Lehre  hat  wenigstens  den  Gtlst  in  seiner  embryonischen 
Geslalt,  die  Buddhalehre  hat  aber  e;ar  keinen,  den  sie  irgendwie 
begreifen  könnte.  Der  Mensch  bleibt  liier  also  ein  ungclüstOB 
R&thsel.  iVeiiicli  kein  <z;i  iisseres  als  die  Welt  überhaupt 

Begreift  der  Buddhismus  den  Menscken  auch  nicht,  so 
mnss  er  dennoch  die  Stellung  desselben  in  der  Welt  ganz  anders 
erfassen  ab  die  andern  Indier.  Hier  entfaltet  sieh  keHi  gOltlidier 
Weltkehn  m  einem  weit  verfistelten  Weltbanme;  es  kuin  in  der 
endlosen  Peripherie  kein  Theil  das  gOtdkdie  Centram  in  sttr» 
kerem  Ilaasse  in  sksh  tragen  ab  ein  anderer,  denn  es  gieiit 
kems;  kein  Mensch  kann  von  Natur  etwas  Höheres  sein  als  ein 
anderer,  die  IMenschbeit  kann  sich  nicht  zu  Kasten  entwi- 
ckeln; alle  Menschen  müssen  von  gleichem  Wesen  sein;  die 
einen  stehen  einer  Gottheit  nicht  näher  ab  die  andern.  Ber 


Digitizca  Ly  Gu^.' . 


S38 

Buddhismus  hat  keine  VerzweiguDg,  sondern  nur  eine  Zer- 
spreugimg  des  Seins;  es  bildet  sich  kein  Pilanzeuwuchs ,  sou- 
derD  nur  ein  Sandnieer,  in  welchem  alle  Kunier  Aich  gleichen» 
Alle  Unterschiede  unter  den  Menschen  gehen  von  dem  freien 
flmdelB  desselben  an«»  and  nihen  nielit  ««f  einer  Natnrbestini- 
ming.  Bs  können  aUenfalls  woU  die  Kast^  als  Ihatsftelilicli 
bestehend  anerkannt  werden»  dann  werden  sie  aber  als  ein  Obel 
erklärt,  welekes  henrorgebraebt  ist  durch  He  Sünde,  und  wel- 
thcs  durch  sittliches  Leben  wieder  aufgehoboii  weiden  muiss. 
Die  ßrahmanen  erklären  die  Stände  durch  die  Entfaltung  Brali- 
ma's,  die  Buddhisten  darch  den  Sündenfall  des  IMensclieii ; 
aus  diesem,  an  die  biblische  £rzählun<;  niehrfacli  erinnernden 
iSundenfall  wird  überhaapt  das  meiste  Elend  hergeleitet.  Jedoch 
scheint  diese  Erzählung  nioht  der  ältesten  Zeit  anzugehören. 
Wenn  aech  Buddha  anfasgs  die  Kastea  eher  bei  Seite  liegen 
Hess  als  bdcimpfte,  alletifaUs  dieselbeo  aus  dem  sittlichen  Verbal- 
teo  la  einem  frOberen  Leben  als  einen  ▼nrfibeigehenden  Zustand  au 
erkliren,  aber  nicht  au  rechtfertigen  suchte,*)  so  hat  Aöth  die  wei« 
(ere  Entwickehincj  des  Buddhismus  das  Kastenwesen  ganz  aulge- 
hobeii;  dasselbe  hatte  hier  keinen  Sinn  mehr.  ,,Mein  Gesetz^  sagt 
Buddha ,  ist  ein  (icsetz  der  Gnade  für  Allf»;'*  selbst  die  ^udra 
koooen  zu  den  bücbsten  Stufen  menschlicher  Vollkommenheit  ge- 
lai^en,  nod  werden  unbedenklich  in  den  geistlichen  Stand  auf- 
genoBimen.^)  Die  ersten  vier  Nachfolger  Buddhas  in  der  ober- 
sten Leitung  der  neuen  Religion  sollen  aus  allen  vier  Kasten 
gewesen  sein.*)  WSren  die  Kasten ,  sagen  die  Buddhisten«  In 
der  Natnr  tiegrfindet,  so  misste  man  auch  Natnranterschiede  unter  . 
ihnen  nachweisen  kennen,  wie  läch  der  Fuss  eines  T  igera  ymn  dem 
eines  Elephauten  unterscheidet,  aber  die  ^udra  haben  keine  andern 
Fös8e  als  die  Brabnianen. Nur  da,  ^vo  der  Buddhismus  sich 
nichl  will  erhielt,  sondern  uüt  brahiiiaiiisithen  Vorstellunoren  sich 
mischte,  (Inden  sich  auch  später  noch  Kastenunterschiede  in  ge- 
mässigter Form  vor;  so  in  Ceylon«  wo  aber  doch  die  Brabmaaen- 
haste  wegfallt,  weil  diese  hier  ganz  unmöglich.'')  ' 

Die  En&hlung  Ton  Sfindenfall  bei  den  tübetiscben  Buddhi- 
sten lautet  aadi  ihren  heiligen  Schriften  so;  An&ngs  hatten  die 
Wesen  „einen  Leib  ohne  Mngel,  mit  ungeschwlcfaten  Sinnen, 
sehSn;  sie  strahlten  Licht  aus,  wandelten  in  der  Luft,  nihrten  sich 
von  der  Freude  und  crreiclitcn  ein  hohes  Alter;"  die  Erde  war  da- 
mals ganz  mit  Wasser  bedeckt,  nnd  auf  demselben  schwamm  wio 
Rahm,  vom  Winde  zusammengetrieben,  der  Saft  der  Erde,  an 
Farbe  der  Butter  gleicbi  an  Geschmack  dem  Honig  [vielieicbt  su- 


Digitizca  Ly  Gu^.' . 


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sainmcnlich'nirend  mit  dem  brahmanis» heri  Amrltnj:  es  cab  zu  der 
Zeit  aut  der  Welt weder  ISunne  noch  Mond,  keine  Sterne,  weder 
Macht  noch  Tag, . .  keiee  Jahresseftcn  und  keine  Jahre,  keine  Wei- 
ber' nnd  keine  Blänncr;  es  gab  nur  Weeeti  und  We^cn.  Darauf 
kostet»  eioA  der  Weaea,  von  Natur  Ifiateru»  mit  der  Ffaigerapitie 
den  Saft  der  Erde;  sowie  es  denselben  gekostet,  enrucbs  ein  Ver* 
langen  nach  demselben,  und  nun  begann  das  W«sen  sfieh  bissen» 
weise  von  demselben  su  nftbren.  Andere  Wesen  sahen  diess,  und 
meinten,  dass  der  Saft  gut  sei;"  und  sie  assen  anch,  und  dadureli 
„erlangte  ihr  Körper  Härte  und  Schwere  und  verlor  seinen  schoneii 
Glanz:  worauf  in  der  Welt  Finisternis.s  entstand. **  Nur»  ei»ts.taiitlun 
auch  Sonne,  IVIofn!  nnrl  Sterne  und  die  ZoJ(:  die  Wesen  aber  nahr- 
teo  sich  von  jener  Speise  und  erreichten  ein  hohes  Alter;  die  aber 
zu  viel  davon  assen.  wiirden  hässlich;  und  die  Bchoneren  veracbte- 
ten  diese,  und  so  erhielt  der  Stolz  die  Oberhand,  und  «s  irerschwand 
der  Saft  der  £rde.  Es  entstand  aber  dafilr  ein  Erddl  von  treffliefaem 
Geschmack y  und  die  Wesen,  dasselbe  geniessend,  errelchtten  ein 
hohes  Alter;  wer  aber  su  viel  davon  genoss«  wurde  bSssHch;  Stola 
nahm  wieder  ftberhaod,  und  das  Erd8l  veracbwand.  Dasselbe 
wiederholte  sich  hei  dem  Aufwachsen  einer  SchlmgpflanEO.  Nachher 
entstand  Reis,  der  alle  Tage  von  neuem  i^eschüittcn  werden  kormte, 
ohne  irgend  einer  Pfleire  zu  bedürfen.  Durch  den  Genuss  desselben 
schieden  nU-h  t^  s*  liktlitcr,  und  jManri  und  Weib  cattetcD  sich; 
aber  diess  war  unsittlich  und  wurde  von  den  Andern  getadelt;  nach- 
dem sie  einmal  genossen,  konnten  sie  sich  nicht  mehr  enthalten,  und 
sie  bauten  sich  Häuser,  um  in  denselben  den  unerlaubten  Handlun- 
gen nacbangeben.  Die  Wesen  holten  sich  jeden  Morgen  und  jeden 
Abend  ibreo  Reis;  bald  aber  wurden  einige  trige,  und  holten  sldi 
Vorrath  (ttr  mehrere  Tage;  dadurch  wurde  der  Reis  hier  und  da 
verwfistet  Da  bestimmten  die  Wesen  die  GrSnxen  und  sprachen; 
„diess  ist  dein,  und  diess  ist  mein."  Bald  aber  geschahen  Ein- 
griffe in  fremden  Reis;  zur  Erhaltunf?  der  Oiditung  wählte  man 
einen  König,  dem  man  einen  Antheii  von  dem  Ertrage  gab;  diess 
ist  der  rrspming  der  Xatrijafcaste.  Einige  von  Krankheit  und  Kum- 
mer geplagte  Menschen  zogen  sich  in  die  Jbliosamkeit  zurück,  und 
kamen  nur  in  die  OOrfier  um  zu  betteln;  sie  verfass ten  Gebete  und 
die  Veden  etc,,  so  entstanden  die  Brahmaaen  etc.*^ 

0  8mii..8MtMa,.  8.  3ft9L  —  •)  SelioU«  a  SOO.  —  «)  Bnmonf,  I,  ^  StOele. 

—  «)  Ebend.  p.  198.  205—211.  —  »)  A.  Bcnms,  Jroe-Koue- Ki,  p.  78.  1«$. — 

•)  Spiegel,  im  Ausl.  lP4fi,  S,  506.  —  »)  Bnm.  212  etc.  Spiegel,  a.  a,  0.  — 
")  Schiefner,  im  Bulletin  de  1h  clussc  des  sciences  biat»  dB  l'aead.  de  8t.  PetMSboUIg. 
1658.  t.  IX.  p.  1  etc.  Tgk  Ssaa.  SeeUea,  p.  4— 7.  . 


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535 


§  166. 

Die  B«ddlialebre  lielsst  die  Lehre  „von  derNichtigkeil 

des  AUs,**^  ,,die  beseligende  Lehre  des  Nichtigen/*   Das  Ziel 
aller  Lehren  ßiuldha*«  As  ar  ,  „dass  das  innere  Wesen  des  Vor- 
hand ein  a  die  Vergänglichkeit  sei."  0  Tiefer  und  sclivvei  nuithi- 
ger  als  bei  den  Brahmanen  wird  hier  die  Mchtii^keit  alles  Da- 
seins gedacht  und  eniplundeii.  Dort  ist  die  Welt  eine  Kntäiisse- 
mng  Brahma' 89  des  einen  göttlichen  Seins,  und  kehrtin  dasselbe 
snrück«  itt  den  höchsten  Gegenstand  des  Denkens  und  der 
Verefarmg,  in  das  wahre  Sein;  hier  aber  ist  die  Welt  eine 
Tribnng  des  reinen  Nichts  und  i^ehrt  in  das  reine  Nichtsein 
snrficis.   In  beiden  indischen  Lehren  wird  die  wirkliche  Welt 
i;loich  sehr  verneint;  der  Bralunane  behftit  aber  bei  dem  Atifhe* 
ben  der  Welt  das  ehie  wahre.  göttUohe  Sein,  der  Buddhist  behält 
das  Nichts;  in  der  Ürahnialchre  muss  ich  darum,  weil  ich  end- 
lich hin.  ein  bestimmtes,  einzelnes  Dasein  habe,  aus  riiesein 
unwahren  Zustande  in  den  allgemeinen  Urujrund  zurückkeh- 
ren;—  in  der  ßuddhalelire  bin  ich  darum  in  einem  unwahren 
Zustande,  weil  ich  überhaupt  bin,  ein  Sein  habe,  und  bin  als 
ein  Seiendes  unberechtigt,  muss  in  das  Nichtsein  zurficlckehren. 
Altes  Leben  ist  ein  Sterben ,  und  gleicht  der  Schanmblase  auf 
der  Waaserfläche«  Dieser  Gedanke  ist  viel  schoeidender  und 
tragischer  als  jener  erste,  wenn  auch  beide  znletat  auf  dasselbe 
hinanslanfen,  —  und  mit  tieferem  Schwermuthsgefülil  giebt  der 
Buddhist  dem  Gefühle  der  Nichtigkeit  sich  hin.   Alles  Ist  eitel 
und  nichtig;  das  ist  das  fort  und  fort  wiederkehrende  Tliema 
buddhistischer  Weisheit;  untl  es  fehlt  hier  auch  noch  cier  Trost 
der  Brahmanen,  dass  aus  den  Trunnnern  der  Welt  das  eine 
wahre  Sein  siegend  cntporsteigt;  ausser  dem  Linzeldasein  giebl 
es  hier  gar  kein  Sein;  nicht  Gott  ist,  nicht  ein  unsterbliches 
Leben,  nur  das  Vergängliche  ist,  und  weil  es  yergftnglich  ist, 
soll  es  nicht  sein,  muss  untergehen. 

Die  Weit  anll  nicht  sein,  und  doch  ist  sie,  ^  darum  aber 
ist  aie  vom  Übel^  alles  Dasein  ist  ein  Unrecht,  alles  ist  von 
8chmerz  durchweht,  2)  und  das  tiefste  Gefühl  des  erkennenden 
Weisen  ist  ein  grosser,  allgemeiner  Weltschmerz.  Ein  gewal- 
tiger, tragischer  Gedanke  «hirehzieht  das  £:anze  Bewusstsein 
der  lUiddliisten ,  bei  \\  (  it(  iii  ti  aii^iselier  als  bei  den  Griechen.  In 
Griechenland  ist  es  die  ein/.(  Iiio  Person,  die  in  freier,  edler 
Thatkraft  vergebens  rijigt,  dem  stummen,  kalten  Schicksal 
gegenüber  das  Recht  der  freien^  sittlichen  Persönlichkeit  dorch- 


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886 

zuseteen ;  hier  aber  ist  es  die  ganze  Menachhelt»  die  dem  grossen 
anheilvollen  Schicksale  des  SchmeizensdaseiDS  und  der  Ver<- 
ttiehtung  unterliegt;   die  gauze  Weltgpescbichte  ist  hier  ein 

grosses  Trauerspiel,  und  erst  wenn  alle  Helden  gefallen,  sinkt 
der  Vorhang  des  grossen  Unbeils.  In  tiefem  {Schmerze  windet 
alles  Lebendige  sich,  bis  es  dem  Tode  erliegt,  und  das  Be- 
wusstsein  dieses  Schmerzes  ist  der  Anfang  und  das  Ende  aller 
Weisheit. 

Ein  vierfaches  Elend  ist  der  Charakter  der  Welt:  die  Oe< 
burt,  das  Alter,  die  Krankheit,  der  Tod;')  und  die  Schil- 
derong  dieses  Elends  ist  ein  Lieblingsthema  der  heiligen  Schrif- 
ten. Mit  der  Erkenntniss  des  aUgemeinen  Elends  begann 
^akjamuni  seine  grosse  Laufbahn;  von  tiefem  Schmerae  dureh- 
drangen  entsagte  er  dem  Glänze  des  Fürstenthrones  und  zog 
sich  in  die  Einsamkeit  zurück,  um  über  des  Lebens  Schmerz 
uachzudenkeu.  Vor  diesem  Mittelpunkte  buddhistischer  Weis- 
heit treten  die  tieferen  philosophischen  Fragen  der  Brahmanen 
ganz  in  den  Hintergrund;  nur  was  auf  den  grossen  Weltschmeiz 
Beziehung  hat,  interessirt  den  Buddha -Weisen»  alles  andere 
gilt  ihm  nichts. 

Bisweilen,  obwohl  selten,  schreitet  das  Bewnsstseln  der 
Dichtigkeit  alles  Daseins  bis  zn  der  Verlengnnng  desselben  fort; 
das  Dasein  ist  nicht,  sondern  scheint  nur  za  sein;  alles  Leben 

ist  nur  ein  Traum;  in  dieser  Höhe  des  Gedankens  begegnet  sich 
dann  der  Buddhismus  mit  der  Vedantalehre  [§  94]. 

„Wenn  man  Himmel  und  Erde  sieht,  so  soll  man  denken,  daiij» 
sie  nicht  ewi^  ü^ind:  wenn  man  Berg  urnl  Thal  sieht,  so  soll  man 
deniven,  dass  sie  nicht  ewig  sind  etc.  wenn  man  auch  deu  Urb€* 
standtheilcn  des  Körpers  Sein  beilegt,  so  sind  sie  deonocb  wesea* 
los,  denn  da  ihr  Sein  nach  kurzer  Zeit  aufhört«  so  sind  sie  wieTmg- 
bilder.  —  ,,Wi6  lange  wShrt  das  menschliche  Leben?"  fragte 
Buddha  eloen  ^^amana;  dieser  antvrortete:  es  w&hrt  etwa  sehn 
Tage/'  ,fl  Sohn,  da  bist  noch  nicht  auf  dem  Wege  gelSnIert" — Er 
fragte  einen  Zweiten,  und  dieser  sagt: etwa  so  lange  als  eine  Mablieit 
dauert.  —  Geb,  auch  du  bist  noch  nicht  geläutert.  „Der  Dritte 
aber  «sprach:  ,,so  lange,  wie  nöthig  ist,  nm  aus-  und  einathmeo  lu 
küooen."  „Buddha  erkannte  diesem  die  rechte  Erkenntniss  zu."*) 
„Die  Begriffe  Geborenwerden  und  Sterben  dürfen  nicht  ge- 
sondert werden.  Der  Inbegridl'  alles  Angesamraelteo  ist  Daaer- 
lo»igkcit  und  Vergänglichkeit  Betrachtet  euer  jetiiges  Daseio  uod 
cuera  Wandel  als  eben  Tranm.  Die  LeheMjabre  haben  Md 
Wahrheit  und  nicht  Wirklichkeit,  sie  verschwbden«  ohne  ebe 


üigiiizuQ  by  LiOO^lC 


I 

/.iinu  k/jilassen,  w ie  der  Regeobo^^cti  am  Hinmiel.  Aiuh  tias  Wovi 
mt  ohiic  Wahrheit  and  Wirklichkeit,  %'erhailt  \mc  der  Dunner  iii 
der  Luft.  Der  Korper  ist  nichts  ab  cioe  aui  kurxe  Frist  cmpor- 
schiesseode  Blume.  Betrachtet  daher  oner  jetzt!;es  DaMio  als 
ein  Bild ,  das  euch  der  Spiegel  zeigt,  Ahnlicii  dem  Blitze  am  Hm* 
awl  ist  die  Endlielilroit  das  Lebeia;  . .  Mhlel  euer  DimIb  dem 
Wamraduunne  gleicli/*^„AJle  eigeDtbtaUcben  Bedtegeegea  [die 
BeechafMbeit  des  Daaeina]  lebfea:  Ich  bla  aicbt  EtkflMet  die 
Niditiglceit  dea  Seiaa;  alle  Ivaaere«  BeslefcuDgen  aind  okae  Wahr- 
bett.  Erkennet  in  eurem  Gemfltbe,  dass  alles  von  Grund  aus  eitel 
and  leer  ist,  so  wird  die  Zauberei  der  den  Sinnen  fühlbaren  Dinge 
euch  Jiiciit  berücken,  und  iiir  werdet  den  aus  den  %ier  trfigen  und 
lästigen  Elementen  bestehenden  Körper  als  etwas  Verwerfliches  be- 
trachten. Alle  natürlichen  Bedioguagen  [BescbaffaabeitenJ  sind 
aielMs  ab  Zauber«,  Verw  andlun^en  und  Täuschungen.  Im  Rauaie 
der  unwahren,  ttaacheadea  SiaaeBweit  giaabt  ntaa  Aoaeba,  Eigea- 
acbalt  und  Faibe  aateracheiden  so  kOBaen»  ea  rersdiwiadet  aber 
alles  und  hnterllsat  naa  mir  die  Oberaeegaag«  daaa  allea  nicfata 
lat"«)  —  „Dieser KSfper  ist  dem  Scbaome  iballcb;  die  Empfiadaag 
des  Wadieaa  Ist  den  Wasserblasen,  and  das  Bevnisstsein  des 
Denkens  den  Wasserringen  gleich.  Unwahr,  gleich  dem  Abbilde 
der  Bäume  im  Wasser,  sind  die  Handlungen,  den  Tfiuscbuugeo 
magischer  Verwandlungen  gleich  ist  das  Wissen,"*) 

Als^akjaiuuni  als  Büsser  sich  /um  Begründer  einer  neuen  Lehre 
aosbildete,  empfing  er  als  die  tiruodlage  seiner  Weisheit  nach  der 
moagolischen  Sage  folgende  Lehren:  ,»AlIe  Schätze  untcriiegea 
dem  EfachSpleB,  alles  Hohe  dem  Falle ,  allea  GesaoMMlte  der  Zer- 
stremiag,  alles  Lebende  dem  Tode;  ailea  Siebtbare  veigebt;  alles, 
was  geboren  wird«  bat  ein  kligliebea  Ende;  jeder  Glaube  gWcbt 
dem  Reiche  dea  Nichts;  alles  besteht  aar  in  der  EiabUdaag.'''') 

Wenn,  nach  einer  alten  Legende,  durch  Bnddha's  Lächeln 
Lichtstrahlen  durch  den  Hinnncl  leuchten,  so  ertunt  jedesmal  cino 
Stinjme:  das  ist  vergänglich,  das  ist  elend,  das  ist  leer,  das  ist 
wesenlos.*'^) 

,,Es  giebt,  —  nach  oft  uicderholter  Darstellung  der  ältesten 
Schriften,  —  vier  erhabene  Wahrheiten:  der  Schmerz,  die  Erzeu- 
gmig  des  Srfimerzes,  die  Vernichtung  desselben,  und  (!cr  Weg,  der 
aar  VemicbtaBg  des  Schmerzes  Aihrt,*'*)  —  Die  drei  Wellen  sind 
voD  TieliaGben  Ursachen  des  Elends  gefesselt  „lu  der  Unterwelt 
sfod  es  die  Leiden,  zu  deaen  der  dem  Feuer  ausgesetate  KOrper 
verdammt  iat,  uater  deaThieren  die  Schrecken,  die  ibaen  die  Furcht 
elaivsst,  von  einem  andern  verzehrt  au  werden,  unter  deoMeascbea 


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die  Unraben  elnw  IHseb«  roll  vod  PUmb  mid  Aostreogungen. 

unter  den  GOttern  die  Furcht,  von  ihrer  Wfirde  herabzusinken  und 
ihre  Gläck8el!i*^kcit  /u  verlieren.  Gequält  von  Scliinerzeu  de» 
Geisten;  untl  des  Körpers  i*nhen  die  Frommeu  iu  den  BestaiMllheileii 
und  Eigeuscbaitcn  des  Da»ewH  wahre  Henker,  ...  nie  seheu  die  drei 
Welten  verzehrt  durch  das  Feuer  der  Unbeständigkeit  .  • .  Welch 
eiae  Freude  kann  das  Herz  der  Frommen  linden  iu  den  sinnlicbea 
Gesenetlnden,  eie»  die  an  die  kOnftigea  Sehreckeo  des  Todes  dee- 
ken.  der  sieh  wfthtend  mehrerer  hundert  Eiistenzen  [in  der  Seeleo- 
Wanderang]  wiederholt!  Wie  kSiinten  die  Dinge  Anhinglichkeil 
ihrem  Herzen  einflössen,  die  nar  an  Befreiung  denken,  die  b  den 
Dingen  Feinde  und  Morder  sehen,  fSr  die  der  KSrper  nur  eine  ao^e- 
BÜndete Wohnunc^  ist,  und  welche  dit^  Wesen  liir  \  Lii^äuLi^üch  halten? 
Und  wie  sollte  Befreiung  ihnen  nit  lit  \M;i<lt'ii,  ihnen,  die  nur 
nach  ihr  sich  sehnen,  die  sich  abwemlen  von  dem  Dasein.  d<*r»Mi 
Herz  nicht  mehr  hängt  an  der  Lost  als  der  Wassertrop£efi  an  «Icui 
LotosUatt?"io) 

„Wer  zur  huheren  Einsieht  gekommen,  der  weiss,  dass  allcf 
ein  grosser  Traum  ist.*'")  „Die  Zustände  eiistiren  nur  sot  disi 
sie  nieht  wirfcHeh  existiren;  desshalh  nennt  man  sie  Avidya»  d.  k 
'  das  Nicbtexistirende  oder  das  IViehteikennen;  die  gewShnÜoken, 
unwissenden  Menschen  steHen  sieh  dieselhen  als  eztstirend  vor, 
obgleich  keiner  existirt;  sie  stellen  sich  vergangene,  zukünftige, 
gegenwärtige  Zustünde  vor,  ..  Namen  und  Gestalt,  von  denen  doch 
nichts  existirt;  darum  kennen  nie  nicht  den  wahren  Weg.  .  .  Dif 
Gestalt  ist  die  Täuschung,  und  die  Täuschung  ist  die  Gestalt;  die 
Wahrnehmung  und  der  Gedanke  selbst  sind  Täuschung;  die  Cr- 
keontniss  ist  Täuschung,  und  die  Täuschung  ist  die  £rfcenotoiM.*' 
„Ich  soll,  spricht  ein  Bodhisattva,  die  Creaturen  som  voUkiB* 
meneo  Üiirvana  [Verloschen]  Aihren»  und  doeli  ezietiren  weder  Ot»> 
tnren,  die  dahin  geföhrt  werden  sollen,  nech  Creaturen»  welche  dort- 
hin filbren.  Das  Wesen  der  Täuschung  ist  das  innerste  Wesen  der 
seienden  Dinge,  welches  sie  zu  dem  macht,  was  sie  sind;  es  ist 
so,  wie  wenn  ein  geschickter  Zauberer  eine  Menge  Menschen  er- 
scheinen und  wieder  verschwinden  lässt.  ..  Der  ISame  Buddha  >  i»i 
nur  ein  Wort."  Buddha  selbst  gleicht  einer  Täuschung,  uud  seine 
.  Zustände  gleichen  einem  Traume/^  >3)  Diese  idealistische  Veraei- 
mmg  des  Daseins  geliürt  aber  nur  einer  philosophischen Conaequenii 
und  nicht  den  eigentlichen  Religlonssehrlften  au, 

Ss.  Ssct8cn,  p.  271.  463.  15.  —  Klnproth  im  Nouv.  Jonm.  Asiat.  V,  31Ö. 
—  *)  Ssan.  Ssctscn,  p.  313.  Nouv.  Journ.  As.  VII.  178  etc.  Foc-lC  K.  p.  204  ff.,  »gl 
eiebold,.Nippon,  I,  p.  164.     *)  Sutra  der  42  S&tso,  voa  Sohie&er  isA  BsIMb  * 


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l'ac&d.  de  Peter&b.  bist.  t.  IX,  p.  72.  7S.  —  ^)  Schmidt,  bsa&ang  SäCtsen,  366.  243. 
438.  439.  445.  —  *)  Ebond.  445.  — '')  Tünkowski,  BcUc  n.  China,  HI,  406.  —  ")  Bor- 
amtf,       —     BuxBimf,  629,  vgl  487.  —     Ebcnd.  418.  —  Tsiog-tu-uen, 
Scbotk, «.  «.  O.  S50.^  i*)Prii4jna  paramito  bei  Bnra.  478. 474«  478.  482.  —  i«)  Vi* 
uya  Sntr»,  «bend.  483. 

Von  einer  BesEehiiiig  des  GdttKehen  nä  M eneeUieliea  auf 
einander  kaan  hier  »lebt  wolil  die  Rede  sein,  soBdem  mir  toh 

eioem  Verhältniss  der  Dinge  und  des  Menschen  zu  einer  Idee. 
Die  göttliche  Macht  in  iler  Welt  ist  t  ii^fMitlich  die  Macht  des  To- 
des in  allem  Leben,  das  Dräno^eii  uud  Kiiigen  alles  Daf^einb  zur 
Vernichtung  hin;  iiiicl  dies*is  (iiittiiche.  diese  Mee  bethätigt 
sich  an  der  VV^elt  dadurch,  dass  dieselbe  zuletzt  untergeht,  und 
der  Mensch  bezieht  sich  als  frommer  Weiser  darin  auf  das 
Odtttiche,  dass  er  dieMielitigkeil  alles  Seins  anerkennt  und  dar- 
aaeh  bandelt.  Das  fromme  Bewasstsela  ist  hier  das  tiefo  Gefühl 
des'  anendliefaen  ScbmeraeSf  and  aller  Kuh  beaiebl  sieb 
tteranH 

Ehlen  Knltns  In  dem  8lnne,  dass  eise  wirklieh  seiende 

Gottheit  verehrt  wird,  kann  es  hier  natürlich  nicht  geben,  es  ist 
hier  eigentlich  nur  ein  Kultus  der  Idee,  und  das  ist  der  merk- 
würdigste und  grossnrtigste  im  «ganzen  Heidenthum.  Was  ge- 
wöhnlich für  den  Kultus  tler  Buddliisteii  gehalten  wird,  die  Ver- 
ehraag  Buddha's,  ist  gar  nicht  der  eigentliche  Kultus,  sondern 
nur  enn  dankbares  Andenken  an  den  menschlichen  Lehrer  der 
hOi^isten  Waisheit,  höchstens  ein  Anrafen  des  vorlftufignoeh 
In  TerklMer  Gestalt  hn  flinunel  lebenden  and  ala  acdifltaender 
Geiat  Iber  seiner  Gemeinde  waltenden,  oder,  naeb  sehr  spä- 
ten VorftdhuigeB  —  In  menschKeher  Gestalt  wiedergeborenen 
Menseben  Baddha;  aber  diese  Verebning  ist  eben  so  wenig  eia 
wirklicher  Kult,  ein  wirkliches  Anbeten,  als  das  Anrafen  der 
katholischen  Heiligen  eine  wirkliche  Anbetung  sein  soll.  Buddha 
ist  nie  zu  einer  Gottheit  erhoben  worden,  ist  und  bleibt  Mensch, 
lind  jeder  Mensch  kann  und  soll  zti  seiner  Wurde  aufsteigen. 
Buddha's  Tempel  sind  wie  die  des  Koug-fu-tse  nur  Erinnemngs- 
hallen;  seine  Reliqaien  sind  in  späterer  Zeit  ein  heilig  verehr* 
tes  Andenken,  aber  von  einem  Gott  gpebt^s  eben  keine  Rehfoie». 
Blumen  und  Rauehwerk  werden  unter  Musik  and  Lobgesang  Tor 
dem  Bildniss  Buddha's  dargebraeht;  aber  die  ganze  Feier  bleibt 
dnnteus  in  den  Gränaen  einer  blossen  dankbaren  Erinnerung; 
und  die  Buddhisten  nennen  auch  diese  Darbringung  nicht 
Opfer  (jadöcluia)  öouderii  Verehrung  (padächa).  Eine 


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m 

Spende  iii's  Feuer  giebl  es  nidtt»  noch  weniger  ein  Thier- 

opfer. ')  — 

fiemalte  oder  plastische  Bildoissc  Buddha  s  finden  steh  fast  in 
allen  sogeiiauuten  Tempeln,  in  einigen  viele  zugleich,  oft  in  liolos 
saler  Gestalt.  Die  Darstellaog  Buddhas  ist  da»  ifo  sich  nicht 
fremde  Elemente  störend  eingemischt  haben,  immer  rein  mensch* 
Wehf  oiuie  alle  oomitarliclie  iSymboliky  imd  die  Boddhlateo  lege« 
eia  groeees  Gewicht  auf  die  SehSnheitea  der  menschliehefi  Gertilt 
Bttddha'a;  e«  iat  eben  Buddha  da«  Ideal  der  MeaschheU«  md  es 
iet  aa  ihm  durebaua  nichia  Obermeaaeblicfaes,  welchea  dnrch  fremd» 
artige  Symbole  ausgedröckt  werden  müsste.  Buddha  erscheint 
fast  immer  niit  weichen,  vdllen.  dem  Weiblichen  sich  niilicrnden 
Formen,  mit  grossen  horabiiängcnden  Obren,  mit  gektcu/.tctrljei- 
nen  »itzend,  den  Biicic  gesenkt,  mehr  nichts  denkend  als  iiachdeo- 
denkend  ,  das  Bild  vollkommen  gleichgültiger  Hu  he  und  derLaageii* 
weile. ^)  —  In  (!cr  chinesischen  Ausartung  dea  Buddhianss  geltet 
liiaweileii  die  Bilder  als  die  Wohaang  dea  aaweaeDden  Schate- 
geiatea.  »•Hat  der  Betende  heilige  Bilder  vor  aich,  so  mas»  er 
deaheOf  Bu^^ha  ud  die  HeÜigeo  eaieo  in  deaaelhea  leihllch.aB- 
weaend»  empfiiqgoo  aelae  Huldigung  nad  hOren  aefaie  freamea 
Wünsche.***) 

Die  kürperiichen  Cliei  restc  ßuddha's,  ursprünglich  in  aclil 
lirabmäliler,  Stupa,  rertheilt,  und  die  Kopicen  der  letztern,  die 
sieb  sehr  zahlreich  vorliudtjn,  sind  Gegenstand  hoher  Verehrung, 
«od  die  Keliquienzelle  iat  in  jedem  Tempel  der  iieiligate  Ort,  liift- 
weiieii  aaa  Edelsteinen  gemacht.*)  Sdion  Clemens  Alex.  6pri<M 
voiWu  Pyramiden  der  Buddldaten,  unter  welchea  die  Geheiae  eines 
Gottea  begraben  liegen."  —  Auf  Ceylon  iat  ehi  SchnlleiheiB  deft 
Bnddha«  an  andern  Orten  adgt  man  emen  SehideUmaehe^,«)  eiMi 
Kaaehen  ana  aefnem  Halae,  etnaelae  Haare  und  Haaclochea,  SiM» 
seiner  Nägel  etc.  —  Berühmt  vor  allen  andern  Reliquien  aber  iit 
ein  Zahn  des  iWiddha,»)  —  (dtir  linke  Auge[i/;nhn}.  —  Schon 
in  alter  Zeit  he\vo<j;  «lie  Wiinderkraft  tlicses  Zahnes  ein  ganzes 
iicer,  den  Buddhisaius  anzunehmen;  ein  brahmanischer  Kanig 
aacbte  die  heilige  Reliquie  zu  vernichten«  liesa  nie  in'a  Feuer  wer- 
fea,  anf  eiaem  Amboaa  mit  einem  Hammer  aerseUagen,  in  die  Erde 
veignaben,  nnd  dieaelbe  van  Elephanten  feattralen,  liesa  dea  Me 
ia  mnen  moraatigen  Kanal  werfen  ete.;  aber  ailaa  war  nmnoad, 
er  erachten  immer  wMer,  meiat  auf  einer  Lotaablome;  da  be» 
hebfte  aidi  der  KUnig,  legte  die  hoadmra  Reii^ale  hi  ein  goldenac 
KSstcben  und  baute  ihr  einen  Tempel.^)  Es  wurden  blutige  Kriege 
um  den  heiligen  Zaiiu  geführt  Im  Jahre  3^1)  nach  Chr.  wurde  der- 


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841 


selbe  nach  Ceylon  gebracht,  und  als  hrichnter  Schatz  der  Insel  auf- 
bewahrt, und  mit  grossen  jährlichen  FesteiT  £»efeiert.  Der 
Besttser  des  Zahnes  gilt  als  Uerraeher  too  Ceylon;  ]5()()  erbeu- 
leteo  ilm  die  Portagiesen;  iiod  dlessmal  sdiien  der  WoBdenahn  ^ 
«eliie  Mmekt  iMf  beirttren  su  woIIob;  der  porteglevMie  flltett- 
halter,  dem  der  KOalg  voa  Pegn  ebe  nageheare  CreMsrnnnie  flir 
den  Mm  bot,  wies  da«  AaerMetea  anriiek»  Meaa  dea  Sahn  in  Bfleot- 
Ikher  Versammlung  in  einem  Mörser  zo  Pulver  xerstospien  und  dann 
verbrennen.*')  Indcss  kam  der  Zahü  balii  witMler  zum  Vorschein; 
und  erschien,  uie  man  s.ii^ff.  auf  einer  fiotoshliime.  Später 
kamen  die  Engländer  in  seinen  Besitz,  uud  gentatteten  lange  Zeit 
nicht,  dass  er  nftentlich  gezeigt  wQrde;  in  nenerer  Zeit  dagegen 
iai  dieas  Verbot  aulgehoben,  and  die  Feate  werden  in  Gegenwart 
'  dea  engHacben  Gottvemeiira  mit  gtOaatem  Pomp  gefeiert.  Der  Zabn 
ttegt,  In  aedia  goldeaea  nad  ailbemen  init  Edelateiaen  reich  ge- 
aduDtickten  Behfiltem  eingeacfaloaaen ,  In  einem  Tempel  an  Kandy 
aaf  eiaem  silbernen  Tlache;  das  Volk  ftllt  vor  Ihm  betend  anf  die 
Knie,  und  neun  er  in  ieierlichcr  Procession  auf  einem  Klephanten 
duidi  (iie  StinU  cjeführt  wird,  fallen  die  in  zwei  Reihen  vor  dem 
Tempel  aiilgesteliten  Elejdiantcri  auf  die  Knie;  reiche  Geschenke 
werden  dem  Zahne  gespendet.  Er  soll  weiter  nichts  alt«  ein  Stück- 
ehan Elfenbein  sein,  i^)  Ein  anderer  Zahn  Buddha's  wird  in  China 
aafbewabrt  aad  Mater  eiaem  Gitter  rerateckt  gabaltea;  er  iat  gegen 
aeeha  Qnadmtaoll  groaa;*')  auch  an  anderen  Orten  werden  2lbne 
aafbewabrt.  <*) «—  Von  andern  Reliquien  Bnddha'a  findet  aich  der 
Topf,  in  welchen  er  alcb  aeiae  Nahrung  bettelte;  auch  nm  dienen 
worden  Kriege  geführt;  i^)  —  ferner  sein  Wanderstab,  sein  Rock, 
der  in  Zeiten  der  Noth  gezeigt  und  durch  Kniebeuguntr  verehrt 
wird.  - —  An  sehr  vielen  Orteu  werden  Fu ss.stapfcn  Bu^ldha  «, 
in  Fel.sen  eingedrückt,  von  sehr  verschiedener  t^rösse,  als  heilige 
St&ttcn  geehrt^'')  Auf  der  Spitze  des  Adamspik's  auf  Ceylon,  in 
einer  Höhe  von  faat  ftOOO  Fuss,  ist  ein  herühmter  Fuaaatnpfc  dea 
Baddha,  drei  Foaa  lang;  Tausende  von  Pilgern  klettern  auf  lebena- 
geftbrlfohen  Steigen  ^rlicb  hlnatff.^*)  Am  aeltaamaten  aber  Ist 
ea,  dasa  hier  und  da  auch  aeln  znrQckgelaaaener  Schatten  gezeigt 
wirft.  Da  man  auch  flelfhch  brahmantache  Sagen  in  die  Buddha» 
lehre  mengte,  und  die  Avataren  des  Vischnu  anf  Bnddha  übertru!r, 
oder  auch  nur  die  Seelenwanderung  auf  die  Sagengeschichte  Buddha  s 
anwandte,  so  wurden  auch,  nach  chinesischen  Berichten,  Spuren 
von  seiner  Erscheinung  als  Lowe  gezeigt»  nämiich  Abdrücke  der 
Tatien  und  des  Schweifes.  *o) 

Hochgeehrt  wurde  der  Baum»  unter  welchem  (Blr)amuni  tu 


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MI 


tiefes  NMUeokM  ^mmtkm  mm      m      MkMiB  EikemtaiM 

der  Nichtigkeit  des  Daseins  gelangte;  es  ist  ein  ficut  indica,  und 
heis^t  der  Budiü  -  Baum,  d.  Ii.  „Baum  der  l>i^ollntüiss.*'  rvachkom- 
men  dieses  Baumes  ü»det  man  nu  »ehr  vielen  Orteu.'^*)  Das  Zu- 
sanmientrclieii  des  Nameus  mit  (ieiu  Pacadiesesb^ttia  fissMoseaiftt 
sehr  wabrscbeiulich  nur  /Ml'älWg. 

Diese  ganze  Reliquien- Verebning  ist  iui  Brabmaneiilluuii  ooariig* 
liob;  der  Menscb  tritt  da  gSAS  vor  dem  GCttUcbeo  svrAdE;  wd 
wesn  biabmaniscbe  GVtter  dsc  nessuhllcbe  Gestalt  «anebnes,  io 
ist  diese  bot  eioe  scbebbare.  Des  Materielle  gebart  bei  deoBufc* 
maoea  nicbt  sa  der  wabrea  EzisteBa,  wird  tob  ibaen  scblecbtsr- 
diags  ▼eracbtet;  bei  den  BoddUstea  aber  Ist  alles  iriridicb 
Elxiatirende  materiell. 

Bunwmf,  339.  340;  Foe-K.  K.  p.  41.  —  ')  EuniuiiT,  \t.  345:  Fw-K.  K. 
p.  4L  172.  21Üi  TimküWfki,  iieise,  III,  S.  3ö7.  —  •)  Thiiig-tu-uen,  b.  SchoU, 
in  d.  Jahrb.  d.  berL  Akad.  1844,  S.  244.  ~  «)F(>c-K.K.  240;  BuruuiU',  p.  348.  372. 390; 
Lassen,  Ind.  Alt  n,.S.  78.  265.  4S6;  Spiegel,  im  Ansland,  1846  »  8.  Ml  ft- 
*)  Clem.  Strom,  m,  8,  p.  451  (Sjlb.)  —  •)  Fde*K.  K.  77. 85.  856.  ^  ^)  Spiegel,  !n 
Ausland,  1846,  &  466.  508.  •)  Foe-K.  K.  86.  M.  —  *)  Tniaoor,  bn  Joan.«! 
«be  Ai.  fioe.  of  Bei«.  ¥1,  856  ff.  ^  Tomoar,  a.  ^  0. 867;  tuma,  laAiJL 
n,  1013;  Spiegel,  im  Ansland,  1846,  201  ff.  _  u)  Lafitau,  bist,  desdeoom- 
tes  etc.  des  Po«.  1736,  IV,  p.  232.  — .  »«)  Spiegel,  a.  a,  0.  20 1  ff.;  Tcanent,  dtf 
airistcntlmm  in  Ceylon,  isr^l ,  S.  115  u.  Taf.  U.  —  »«)  Ausland,  1849,  S.  1061.- 
»*)  Foe-K,  K,  27.  77.  8fi.  333.  —  i»)  Foe-K.  K.  27.  76.  82.  351.  —  Ebend. 
86.  93.  356.  i»)  Foc-K.  K.  45.  49.  255.  261.  Lassen,  Ind.  Alt.  H,  267.- 
Knox,  Gey  lau.  Reise  beschr.  S.  169;  Hofiineister,  Briefe  ans  Indien,  S.  115  L  — 
>•)  Foe-KK.  45.  77.  67.  Ü4.  356.  —  Kcumami,  b.  Illgcu,  HI,  2,  171.— 
*>)  Born.  p.  77;  Foe-K.  K.  843;  Laasen,  II,  p.  850.  423;  Spiegel,  im  Aaslsvl, 
1846,  p.  495.  50S|  SIebold,  Nippon,  I,  182. 

§  168. 

Der  eigentliche  Kultus  aber  wird  einer  Idee  davgebiacbt} 
der  Idee  der  Miehtigkeit;  wid  ihr  darf  ntchta  Geringerea  geoffaft 
werden  ab  allea»  was  daist  Fretllcth  bedarf  es  bler  mditener 
wirklieheD  Opferbandlungy  dean  die  aUes  dundiWBbeade  Macbt 
der  Vendohtmig  erfaast  alch  ihre  Opfer  selbst  mit  sicherer  Uasd, 
and  gestattet  auch  keine  Abschwächuug  der  Idee  durch  Stell- 
vertretung;—  aber  der  Mensch  hat  sich  im  Kultus  an  jenen 
Gedanken  des  grossen  Schmerzes  hinzugeben,  sich  von  ihm 
völlig  durchdringen  zu  lassen,  hat  sich  loszureissen  von  aller 
Liebe,  die  dem  wiridichen  Dasein  zugewandt  ist,  zu  vendebtea 
auf  alle  irdische  Lust;  nur  ein  Geföhl  geolemt  dem  frommen 
Weisen,  das  GelüihL  des  wuiemibaren  Schmerses.  Das  Isl  eoi 
Opfer,  so  gross  «ad  so  tragiseh,  wie  fceia  anderes  im  gaases 
HMeadmaia 


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6Aa 

la  diesen  Kult  ^eht  fast  alles  sittliclie  Streben  auf;  fast 
alles  Thun  und  Lassen  des  frommen  Baddiiisten  bezieht  sich  auf 
die  Idee  der  Nicbtigkeit  und  auf  den  grossen  Weltschmerz;  för 
dtt  pcMntiT  flittUehea  HandelD,  weiches  ein  wirlriirhm  B«ieh  der 
ShllkUMift  in  der  Mensehheit  erbanett  will,  bleibt  JulnInlaBeeee 
mktt  der  Baddbiel  strebt»  sieh  ans  der  Welt  des  Selmtnm 
ItowMuvbeiieDy  triebt  «Beselbe  s«  einer  Temfiiiftigen  Wirklieh- 
keit zu  gestalten.  Alles  Wirkliche  ist  unvernünftig;  uud  es 
ist  mit  der  Wirklichkeit  auch  weiter  nichts  anzufangen,  als  dass 
man  ihr  den  Rücken  kehrt.  Dns  Wirkliche  soll  thatsächlich 
rerleugnet,  der  Idee  des  einzig  Wahren,  des  Nichtseins,  ge- 
opfert werden^  das  ist  aber  nicht  eigentliche  Sittlichkeit,  son- 
dern Knlttis,  und  dem  Gebiet  des  sittlichen  Handelns  ist  wellig 
mehr  ibrig  geblieben  eis  der  eof  desseibe  fidlende  Sohatteii  des 
Kaltes,  Dieser  der  Idee  gewidmete  Kultus  aber  ist  seinem 
Wesen  naeh  ein  dreifacber  wie  bei  den  Brahmanen. 

1.  Der  Menech  mnss  sieh  die  Erkenn talss  der  Nichtig- 
keit erringen  durch  tiefe  Betrachtung.  Die  Quelle  der  wah- 
ren Erkenntniss  ist  aber  iiier  üicht  irgend  uiiie  lieilige  Schrift, 
denn  der  Mensch  trägt  die  Idee  der  rsichtigkeit  in  sich  selbst, 
und  sie  tritt  ihm  überall,  wohin  er  auch  blickt,  in  den  Zii^^en 
des  aUwaltenden  Todes  entgegen.  Die  heiligen  Schriften  sind 
hier  nur  die  Bekenntnisse  dessen»  was  jeder  Mensch  schon 
durch  eigne  Betrachtang  erkeimen  kann»  während  sie  bei  den 
Brabmaiien  ans  dem  gdtüichea  Urbrahma  selbst  berflossen»  Bei 
den  Buddhisten  wird  nur  der  Tod  offenbar,  nnd  dieser  bedarf 
keiiMr  SebriÜt»  Die  Veden  rind  stillsebweigend  bei  Seite  ge< 
schoben  worden.  Die  Erkenntniss  gilt  aber  darum  nicht  weniger 
aiis  die  Gruxidia^u  alles  Heils,  und  ilirc  Er^verbung  durch  A'ach- 
deuken  ist  die  erste  That  des  Kultus;  olme  Lrkenntniss  giebt  es 
keine  Ijeiieiuncr  von  dein  Scliinerze:')  —  und  die  verschiedenen 
Stufen  menschlicher  Würde  ruhen  aUein  auf  den  verschiedenen 
Graden  der  Erkenntniss.  2)  Erst  in  sp&ter  Zeit  legten  die 
Buddhisten  ihren  heiligen  Sebriften  ewen  last  eben  so  hoben 
Wertb  bei,  nie  die  Bfahmaoen  4tn  Veden. 

t.  Das  Gebet»  —  das  an  keine  venielunende  Gotd&eit  ge- 
ticbtat  werden  kann»  —  ist  hier  noCbwendig  sm  eUenr  blossen 
Wunsch  oder  einem  Bekenntniss  der  Idee  abgeschwächt; 
aber  diese  Idee  ist  rein  verneinend,  und  des  Gebetes  Inhalt  daher 
seiir  arm,  und  es  offenbart  in  seiner  uuaufhürliciien  Wiederho- 
lung die  Todeslangeweile  der  buddhistischen  Weltanschauung. 
Die  fiekenntnissionneiA  wsriieu  «ehr  bald  Zauhßirioianeltt;  das 


544 


Gebet  erhielt  an  sich  eine  reinigende  Wirkung,  selbst  wenn  es 
nur  mit  dem  Munde  gesprochen  wird;  es  gilt  als  gute,  erlösende 
That  „mit  dem  Munde,*'  die  auch  den  Willen  allmähUch  bessert 
und  den  Menschen  dem  Heile  näher  führt.  ^)  Und  als  in  der 
apÜMren  amartenden  Lehre  Buddha  und  andere  Menseheagel» 
«ter  mehr  als  froher  m  den  Vord6i|;niiid  des  Kultus  tmea, 
«nd  waltende  Sdratigelaler  wuden,  so  nakn  das  Gebet  wmk 
allmfllilieli  meihr  den  Charakter  wirklieher  Anraftuig  an;  aber 
da«  hAehete  Gebet  bUeb  doch  fanmer  nur  Bekenntaias. 

„Wenn  ehi  Mensdi  ffn  Folge  der  Seeleowanderang]  so  Tftele 
Male  seiu  Lehei)  <,'eoplcrt  liiitte,  als  der  (xangastrom  ^aadkurner 
xählt,  so  erwörlie  er  noch  nicht  den  Grad  derSeli^kt  if,  nie  jemawl, 
der  diesei»  Buch  iiliiubic  aufnimmt;  denn  jener  cmp[aii^;t  nur  welt- 
lichen, also  vergäoglicbeo  Lohn,  dieser  aber  macht  den  Anfang  zar 
Ertvecloing  seiner  wahren  Natur,*'  —  sagt  eise  der  heUiges 
Schriften.«) 

Die  ahe  Lehre  kennt  statt  des  Gebetes  sur  den  Wooscb;  wenn 
s.  B.  jemand  eine  ▼erdleostHclie  HaadfaiDg  tbut,  so  veibiadet  er  da- 
mit oft  den  Waasch:  „mScbte  ich  derefaist  um  dieser  Hudlaag 
willen  ans  dem  Jammer  erlltet  werden  und  alle  Wesen  befraiea 

kiinnen."*)  Wo  von  wirklichem,  anruleiidem  Gehet  die  Kede  ist. 
da  ist  dasselbe  natiirli(  h  uur  an  die  „Geister"  gerichtet,  die  de« 
Mensehen  ebenbürtig  sind,  und  eben  nur  vorläufig  eine  etwas  gros- 
sere Macht  haben;  besonders  wird  ^akjauuoi  in  solcher  Weise 
geehrt;  natdrlich  finden  sich  die^e  Gebete  vonrags weise  ia  der  ti- 
betisch -mongolischen  Form  der  Lehre.«) 

Des  Morgens  soll  jeder  Mensch  ein  Gebet  sprecbeo,  beslefcsil 
in  einem  banen  Bebenntnlss  an  Baddba,  Ia  frommen  Wttmcbes 
flir  das  ewige  Heil  etc.;  die  inifaen  Formeia  sollen  tebanml  siit 
flach  sosammengelegten  Hgoden  wiederholt  weiden,  'f)  Jeder  geist- 
liche Mensch  soll  vor  dem  Mittagsmahl  iiinl  Gebete  sprechen, 
welche  einen  Dank  (ur  alles  cenossene  Gute,  ein  Versprechen 
tugendhaften  Wandels,  eine  Versicherung,  Speise  nicht  aus 
Stnnesiust,  sondern  nur  zur  Stärkung  zu  sich  nehmen,  ausspre- 
chen ;  das  ist  nun  alles  mehr  Bekenntoiss  als  wirldiches  Gebet 
Die  Ctobete  von  bestimmtem  Inhalt  haben  ihre  bestbamten  Standsst 
mid  dOrfen  «ebleebterdings  nicht  IHlber  oder  spSter  ges|usciea 
werden.*) 

Die  spflter  oft  mZanbersprfleben  gemtssbrauchtea  Bebeestsiis* 

formelo  (Dharani^  mongolisch  Tarni)  finden  sich  noeh  niclit  in  den 

hlt€:>ten  Sutra,  spielen  aber  schon  in  der  n.i<  listen  Zeit  eine  grosse 
Rolle;  die  Bedeutung  der  meisten  ist  rerioren  gegangen,  und  die 


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S4S 

rauüos  gewordenen  Laute  erfitülten  um  so  besser  den  Zweck  der 
2«dl6t€MiMlo.  10)  Wer  in  der  Todesstunde  zehnmal  spricht  „An- 
MtDg  «el  dem  Amita  BiiAdiia  {enem  der  bichten  Gei«ter]/'  der 
gdwigtnnrSeligk^t")  • 

EIb  BanptMetsadAeU  des  KMam  ist       bie  mr  Ifidtonden 
Langenweüe  wtedericdlifeiideAiMwpfeelien  der  vielgedenfeten,  noeh 

zweifelb al  ten  und  von  den  jetzigen  Buddhisten  s€»lbst  nicht  verstande- 
nen Forme! :  Om  m  n  i  jjailiiK?  hom.i2)  Man  übersetzt  nieit«t:  „Heil 
dir,  kostbare  Lotoshiunie; dieüe  Formel  wird  mit  dem  Rosenkran?; 
gebetet,  der  aus  Holz,  Kernen ,  Knochen  u.  s.  \v.  besteht,  und  von 
jeden  frommen  Baddhisten  getragen  wird.  Dieselbe  Formel  findet 
Ml  dwdi  die  genie  Tstarei  tt»d  ia  Tübet  auf  Deokmileni»  über 
des  VUre»  der  Hiaser  und  Tempel,  csf  Bänme  etageaclmitteay  auf 
flCeiae  as  der  (9fMaae  nod  avf  hohe  Feleeo  eingegraben  oder  ge- 
fdMeben,  zamTbeil  adt  rteseobafteDBodbatebeo;  mao  siebt  eieaaf 
Thier-  und  MenscfaenaebSdeln  und  aadem  Knochen  an  den  SeHea 
der  Wege,  tausendfach  auf  StK'ilen  von  Seide  ui»d  au(l(;n'nv  Mate- 
rial, die  von  einem  Bauinn  /um  andern,  über  Flüsse  und  hoch  über 
Thäler  hinwegreichen;  man  schreibt  sie  auf  die  sogenannten  Gebets- 
rSder;  sie  ist  nnanfhSrlich  im  Munde  der  Frommen,  das  Kind  lernt 
sie  zueiat,  sie  eotfliebt  den  Lippen  des  Sterbenden;  Reisende  und 
WalMabrer  mormehi  oder  aiogea  eie  beetttndig;  der  Hirte  singt  sie 
bei  aebMr  Heerde,  ala  ttbertM  das  Getimmel  der  HUibtei^aie  ist 
derLaat  derAogstfa  Gefidir,  das  Kriegsgesebrel  im  Kampfe;  mit 
ibr  beginne»  alle  religiösen  Cetemoaleeii,  sie  eiseballt  bei  allen 
Festlichkeiten.  Vom  japanischen  Meere  bis  an  die  persische  Grffnze 
vernimmt  man  fort  und  lort  die  sechs  Laute;  sie  sind  dasSchiboIctb, 
die  Loosmig  aller  Schüler  (^akjamunis,  weniger  ein  (iebct,  als  viel- 
mehr im  Symbol,  ähnlich  dem  bekannten  Spruch  derMoliamcdaner. 
Die  ddire  Laageweile  des  buddhistisches  Geistes  tritt  ans  auch  in 
dieser  «adlssea  Wiedetbohiog  einer  anverstandenea  Formel  eot- 
gegea. 

Der  Sbm  dieser  aas  dem  Sansbilt  stanmiendea  Worte  ist  awei- 
felball;  Abel  Mmosat  bitt  aie  fllr  ein  Symbol  der  Bmanatlon  der 
WeH  aas€k>tt,  —  aber  dle  Baddbfsten  benaeii  weder  «Inen  0ott 

noch  eine  Emanation;  Schott»»)  muthmasst  in  der  Formel  eine  An- 
mfeng  des  in  der  Mongolei  und  in  Tfibet  als  Verkundiger  der 
Boddhalehre  gefeiertpo  Hodhisattva  riif>tms(  him.  dessen  Bild  die 
Lotosblume  ist.  Die  Bedeutung  derselben  ist  aber  wahrscheinlich 
viel  allgemeiner.  Die  aus  dem  Wasspr  aufsteigende  Lotosbiume 
ist  den  Baddhistea  ganz  allgemein  ein  Bild  der  ans  dem  Meere  des 
.  MItbteeiaa  «nfttsisaaden  WeH;  aHe  Welten  steigea  ja  „tmt  dm 

n.  95 


048 


Meere  der  Düfte  ^  aut  LotosbiumeD  auf;  Buddha  erecketot  ftof  eber 
liotosblame,  ebenso  dri  bellii^e  Zahn;  —  wo  eti^^as  Heiliges  sich 
ofTenbart,  da  int  auch  die  l^tosbluine  dia  Ufille  oder  die  tiniod- 
Inijp.  Soll  die  Nichtigkeit  der  Welt  ausgedrfickt  werden,  so  ist 
4ie  Waaserbtase  das  gewuhDUcbe  Bild,  nod  die  hsiÜgmi  Bastes 
der  Boddhisteti  steVen  die  Waseerblasee  dar;  ^  eoll  die  WiildlA- 
keit  der  Welt  hervoi^ebebco  werden,  eo  Isl  die  LoteeliliUM,  fs^ 
Übergehend  praogend  auf  der  leeren  FlAclie,  oline  aidiAersa  HsH 
sich  scbaulrelnd  auf  den  nnstStee  Wellen,  das  beliebte  Symbol. 
Und  wie  für  die  Welt,  .sie  e.s  atich  für  da*»  menschliche  Leben  i«s- 
besondere;  aus  dem  Nichts  auitauchend,  durch  verjscbiedeoe  Ge- 
stalten hindurchgehcmi,  eine  auf  den  Wogen  schaukelnde  Bltime, 
fcebrt  der  Mensch  zuletzt  zurück  in  die  öden  Wogen  des  Nichtssist; 
die  Lotoabhime  ist  so  ein  Büd  des  dueh  die  Seelenwandenng  cb 
veHlbefgebendes  Dasein  gemessenden  Msneciienlebenji;  nnd  jene 
Formel  dvfickt  also  dan  Innere  Wesen  den  Dnseinn  ma^  ist  bicb« 
nies  CManbeonbebemitnins. 

Mit  dtoser  Formel  en^  anmmmenliängeiidlst  der  In  dennMUdb« 
LSfidem  allsremeine  Gebrauch  der  Gehetsr&der,  [tsciiakra]. 
Diese  Kad(  i  sind  cylintiei förmig,  leicht  beweglich,  und  auswendig 
oder  inw  endig  jene  Bekenotntssfarmcl  vieliach  aufgesc^iebeit  ent- 
haltend; «ie  stehen  in  den  V  orhallen  der  Häuser,  wo  sie  von  jedem 
Cinlretenden  an  Begrissung  gedreht  iverden,  oder  auf  den  ÜÜebelo 
der  Hlinser,  wo  sie  vom  Winde ^  oder  fliier  dem  Heerde,  wo  ms 
rem  Bauche  getrieben  werden ,  oder  aüi  IHesnnnden  Waaner  wie 
WannomllUen,  oder  man  trigt  sie  wie  einen  Rsneiihrsw  In  4m 
fUmL^)  Ucheriich  int  e»,  diene  Kader  nie  Hcboinmnniiinss as- 
mineben«  durch  welclM  sidi  die  Lente  das'  Beten  be^piMn  msAm 
wollen.  Es  sind  vielmehr  die  Sinnbilder  des  in  endlosem  Kreisbsf 
uiJ8tiU  roilcodea  Lebens,  dae»  nie  zur  Ruhe  gelaugt  und  nie  wn 
Ziele,  immer  in  f<einpn  Anfang  zurückkehrt,  und  immer  flietsend 
doch  nie  weiter  kommt.  Alle  äussern  Gestaltungen  des  buddhi^ü- 
ncbeii  Lebens  sind  von  dem  Gedankai  der  jNicbtigkeit  getränkt 
Kinc  Beziehung  auf  die  Seelenwanderang  liegt  dM  CUnpdgmhuikea 
nahe.  Der  Bnddhiet  liebt  ab  nsiner  W^tnnechannng  cnftiptMhBstl 

*  nUest  ww  eich  lastfoe  drehte  Ton  Bnddha'n  AniMen  glll dirnto* 
hende  Avednichi  diebte  dan  Bmi  der  Lehre}**  dan  Bid 
kehrt  nie  Symbol  In  den  maunlglaKigsten  Beniehnngen  wMsrf^ 
und  das  geistige  Leben  überhaupt  heisst    Umdrebang."  >*)  b 

•  Indien  selbst  und  im  8üdcn  finden  «ich  die  Gebetsräder  nicht 

»)  Laasen,  Ind.  Alt.  II.  S.  268.  450.  —  »)  Ebend.  451.  —  »)  Taing- tu-"«, 
bsi  ßdiott,  a.  a.    fi.  M54  ^  «)  Kb«-ikm*kb>g»  b4  Mmi»  «M»  ^  >>8QbMt, 

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&47 


S,  218.  -  «)  Sobotl,  218  ff.  —  0  Tsing-ta-ucu,  bei  Schott,  243.  —  «)  Kat.  d. 
bcbaxnanen,  v.  K.  F.  Nenmann,  in  ÜJgens  Zeitsclir.  IV,  1,  p.  44.  —  *)  Ebciid.  S.  46. 
—  10)  Schott,  220;  Burnouf,  121.  540.  —  >i)  T«ing  -  tu  -  ueu ,  b.  SchoU,  254.  — 
*')  SchmiiU,  S.-aiiuug  Ssictsea,  \i.  319.  Tinikowski,  Reise,  III,  Anhang.;  Abel- 
Bdmiisat,  Melanges  poeth.  p.  98.;  Gabel,  im  Ausland,  1847.  K.  275.;  Schott, 
«.    a  tSL  —  i*>  ft»     a  B.  ttl.  Poe-K.  K.  VI,  S8. 189. 179;  Qabet» 

§  169. 

3.  Die  praktische  Seite  des  Kultus,  das  Opfer,  die  that^ 
»ichhrhr  JUiugabe  des  an  sich  Nichtigen,  spricht  sich  liier  in 
te*  eonsequeut  durchgeführten  Venichtleistiing  auf  alle  Freude 
Ml  iter  WiiUichkeit  aus,  in  der  verachtenden  Abwendung  vmi 
der  edunmacEilliten  Welt  Wir  finden  liier  den  Gedenken  der 
Weltfftleegniing  in  einer  ans  bialier  iinbekaiinten  Sfftrke  en»- 
getproeben^  vnd  werden  beim  ersten  Anbliek  an  cie  ebriediehe 
Weltanschauung  erinnert.  Auf  den  früheren  Stufen  der  Geistes- 
entwickelung  koiiute  sirli  der  Mensch  bei  dem  Dasein  der  Welt 
beruliigen  ;  aber  in  der  iiHÜschen  Weltanschauunp;,  vor  allem  in 
der  bnddiiistischen,  gelangt  der  Gedanke  dahin,  dass  er  sich  bei 
der  Wirklichkeit  nicli^ mehr  beruhigen  kann,  keine  Befriedigung 
bei  ihr  findet,  daae  er  sich  von  ihr  entsagend  nnd  verächtlich 
abwendet  Bei  den  wilden  Völkern  nnd  bei  den  Chinesen  blieb 
der  einaeba  Blenaeb  la  aefaier  Eniaelheit  nngefitturdet,  wenn  aneb 
anfref;  Mer  aber  greift  das  religiöse  Bewnsstsein  tief  in  das 
Dasein*  des  einaelnen  Mensdiett  ein.  Der  Menscb  weiss  sich 
hier  in  einem  Zuätaailc,  in  ^velchem  er  nicht  sein  soll,  nnd  es 
ist  nun  seine  Aufgabe,  sich  aus  diesem  unwahren  Zustande  her- 
auszuarbeiten. In  der  Brahmalehrc  konnte  das  ganze  Gewicht 
dieses  Gedankens  noch  nicht  offenbar  werden ,  weil  da  derselbe 
durch  den  andern  Gedanken,  dasa  in  allem  Dasein  Brahma 
selbst  lebt  und  waltet,  einigennassen  aufgewogen  ^varde.  in 

Bpddlialehre  ist  diesen  Gegengewiebl  niebt;  alles,  was  da 
isi»  iat  dafom,  weil  ca  ist,  anbeHvoU,  alles  Daaeui  ist  ElMid» 
aml  4sr  MensA  bat  im  der  fromme  That,  ist  Kaltas^  diesen 
Blend  fftr  sieh  anfiiidbeben,  sieh  über  dasselbe  emporan^ 
sdbwingen,  und  diess  geschieiit  eben  in  jt^ner  Weltverleug- 
nnng.  Im  christlichen  Bewusstseiu  ist  die  Menschheit  auch 
in  einem  Zustande,  in  welchem  sie  nicht  sein  soll,  und 
der  Mensch  soll  sieh  ans  demselben  emporringen  und  soll 
dar  verderbten  Welt  entsagen.  Der  Unterschied  ist  aber  de% 
dass  daa  in»  Cihristentbum  voransgesetste  Obel  ein  duvcb  dos 
Mamchsa  venduddalo»  ist»  m  BnddbiaMoa  abw  ist  as 


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ein  kosmisches  Übel,  eine  Erbsünde  der  Welt,  welche  ron  3em 
Dasein  gar  nicht  za  trennen  ist  Dort  soll  das  Elend  der 
SüDdc  nicht  sein,  wohl  aber  die  Welt  ohne  dieses  Elend;  hier 
aber  soll  die  Welt  nicht  sein,  weil  sie  nur  mit  dem  £lend  sei» 
kann.  Die  Welt  kann  nicht  gel&ntert  und  gebessert,  sondern 
nnr  yerleognet,  höchstens  erträglich  gemacht  werden^  dal 
Böse  ist  die  Substanz  des  Dasehds.  Dort  kann  und  soll  das 
durch  freie  Verschuldung  entstandene  Unheil  durch  eine  freie, 
geschichtliche  That  wieder  aufgehoben,  und  die  Menschen  von 
demselben  befreit  werden, —  hier  aber  kann  es  nur  mit  dem  Da- 
sein zugleich  aulgehoben  werden,  mit  welchem  es  verwachsen 
ist,  denn  der  Schmerz  ist  das  Wesen  des  Seins.  Dort  kommt 
das  Heil  in  die  Welt,  hier  ist  das  Heil  nur  in  der  VemichtuBg  der 
Welt,  und  Annäherung  an  dasselbe  nur  in  der  Tdlligen  Ent- 
sagung der  Weh;  der  Christ  entsagt  nur  dem  sündigen  Dasoit 
der  Buddhist  dem  Dasein  überhaupt  In  der  Ton  dem  Gdttfidten 
entleerten  Welt  f^ftlt  sich  der  Mensch  heimsMes,  findet  keine 
Ruhe  und  keine  bleibende  Stätte;  das  leere  Nichtsein  istsehü 
Zukunft,  und  die  Verzichtung  anfalle  Freude  seine  Gegenwart 

Diese  Selbstopferung,  die  WeUvei  leugnung,  ist  bei  den  Bud- 
dhisten, wenn  auch  nicht  in  der  äusseren  Form,  doch  in  dem  in- 
neren Wesen  viel  tiefer  greifend  als  bei  den  Brahiuanen.  Bei 
diesen  ist  der  Mensch,  — in  seiner  Wahrheit  in  der  BrnhmnneTt- 
kaste  erscheinend,  Ton  Haus  aus  heilig,  und  soll  diese  HeüigiMit 
in  sich  eben  nur  bewahren;  bei  den  Buddhisten  ist  der 
Mensch  von  seiner  Geburt  an  unkeilig,  unh^voll,  well  <f 
existirt,  und  soll  sich  aus  dieser  angebornen  OshelUgkelt  h*» 
ansarbeiteu  zur  Heiligkeit  —  des  Nichtseins. 

Der  Buddhist  hat  in  seiner  Gedankenwelt  keinen  Grond  für 
das  wirkliche  Dasein  [§  163];  er  sielit  die  Welt  als  existirend, 
Lcf,^!  <jift  aber  ihr  Dasein  nicht,  weiss  für  sie  keinen  Gnmd,  k«»in 
Hecht.  Da  wirft  sich  der  Gedanke,  der  Grundlosigkeit  der  Welt 
sich  bewusst,  nicht  wie  bei  den  Brahmanen  auf  cBe  VergMgei* 
heity  um  da  einen  Grund  ftr  die  Welt  aufadhiden»  sondern  er 
wiift  sieh  auf  die  Zukunft,  um  da  die  grandios  existireiide  Welt 
in  ikt  Nichts  zu  Gnmde  guh«n  su  lassen ,  dem  Nldits  seui  geWfe* 
sendes  Recht  m  Tcrschafibn ,  die  Wdt  eu  verneinen.  Die  WflN 
hat  keinen  Grund,  darum  soll  sie  verneint  werden;  fiat  jnM9, 
pereai  tiunidus.  Der  Mensch  soll  sich  nicht  in  sie  versenken,  den» 
sie  taugt  von  Hans  aus  nichu,  sondcF  ti  soll  sich  aus  ihr  heraus- 
arbeiten. Die  ^^  eltentsagung  hat  so  einen  kosmischen  C4ia- 
irakter;  sie  geht  nicht  von  dem  Standpoiikta  der  f  enrtnfioM» 


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Freiheit  aus,  sondern  von  «lern  Standpunkte  des  blossen  Daseins, 
von  dem  liewusstseiu,  «in  wirkliebes  Dasein  zu  haben,  und  doch 
nicht  haben  zu  sollen;  sie  ist  darum  nicht  sowohl  Sittlichkeit,  als 
vielmehr  Kultus;  der  Menscli  arbeitet  an  der  grossen  Weltarbeit 
Mit,  diese  aber  geht  aus  dem  Nichts  durch  das  Sein  zum  Niehts. 

i>itt  iHiddliistisebe  WeUentsagaag  bt  von  der  brahmani- 
sehen  ihrem  Wesen  iMch  yerochieden.  Da  bei  der  letsteren 
dodi  imMr  noeh  dev  trOstende  Gedanke  im  Hintergründe 
sdliwebt,  daes  der  Menseh  in  das  böehste  Sein,  in  Brahma, 
zurückkehre,  so  stürzt  sich  derBrahmaiic  wohl  in  Besreisteruns 
für  das  liohe  Ziel  beldeiiinüthi<j^  selbst  in  den  Tod,  cü  Ist  eine 
stürmisch-männ  liclieW  cltentsagung;  —  der  Buddhist  liarrt  still 
und  geduldig,  in  müder,  weiblicher  Weise.  Der  Brahmane 
iai  in  der  Entsagung  mehr  activ,  der  Buddhist  mehr  passiv;  je- 
ner Steigert  sie  wohl  zur  thätigen  Selbstvernichtmig,  dieser  er* 
tr&f;t  das  Elend  des  Lebens  in  stunmem  Sehmene»  — -  aber 
beide  wollen  das  TorhandeneDasein  niebt  Der  Brahmane  greift 
wohliittgediddigüber  dasselbehinans  nndzerstOrtes;  derBaddha- 
Schüler  wartet  sehasachtsvoU,  bis  es  verfUlt;  eine  stiUe  sanfte 
jI  l  auer  breitet  sich  über  die  buddhistische  Weltverleugnung, 
denn  der  Gedanke  des  leereu  Nichtseins  kann  zu  keiner  mSnn- 
lichen  That  begeistern.  Der  fromme  Buddhist  ergreift  den  Tod, 
weun  er  sich  ihm  bietet,  aber  er  legt  nicht  die  Hand  an  sich  selbst^ 
achreitet  nicht  bis  zum  Selbstmord  vor  und  kennt  nicht  die  graa* 
samen  Selbstquälereien  der  Brahmanen;^  er  darf  den  Schmerz 
dteDaseine  nioiil  selbst  noeh  erhöhen,  darf  sich  nur  gleichgültig 
V4in  der  Welt  fem  halten«  Der  Mensch  hat  die  Aufgabe ,  sich 
im  Kalt  ans  dem  Schmerze  des  Daseins  herauszuarbeiten;  aber 
das  Das^  hat  das  Elend  zu  seinem  Wesen;  der  Mensch  soll 
daher  alles  Weitliche  in  sich  tilgen,  alles.  \vas  auf  das 
Dasein  p^erichtet  ist,  alle  Begierden  und  alles  Wohlgefallen 
an  den  Dingen,  alle  J^nst  und  allen  Schmerz  in  sich  auslöschen, 
aoU  kalt  und  gleichgültig  bleiben  gegen  alles  weltliche  Dasein, 
—  und  ein  anderes  giebt  es  nicht,  —  er  soll  in  sich  eine  unge- 
trübte  Ruhe  bewahren,  nichts  erstreben.  Ober  nichts  sich  freuen 
oder  betrftben.  Er  soll  der  Welt  entsagen,  nicht  in  demBewusst- 
aoin  einer  höheren  göttlichen  Welt,  eines  ewigen  Reiches  Gottes, 
sondern  aus  Verachtung  gegen  alles  Dasein,  weil  alles  des 
Unheils  voll  ist  Der  Buddhist  verachtet  die  Welt  nicht  darum, 
weil  er  sie  mit  der  höheren  liJee  des  freien,  sittlichen  Geistes 
vergleicht,  sondern  weil  sie  ihm  nichts  bietet  als  Elend,  weil  er 
nichte  au  ihr  imt* 


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Der  Bnadhlst  trinkt  denBedier  des  JkamMmmm  Ml  aef  deo 
letzten  Tropfen,  und  steht  in  dieser  heMeninfldiigeii  Oonseqeen 

hoch  über  den  naturalistischen  Anschauungsweisen  neuerer  Zel- 
ten. Dass  die  Buddhalehre  den  (iedankcn  eines  bloss  endlichen 
Daseins  ohne  einen  ewigen  UrG^rund  bis  in  seine  tiefsten  Tiefen 
verfoli^t,  und  von  der  nichtige  n  W  eit  sich  auch  mit  Schmerz  imd 
Verachtung  abwendet,  und  sich  nicht  lüstern  geniessend  in  sie 
versenkt,  das  ist  das  wahrhaft  Sittliche  in  dieser  tragischen 
Lehre.  Der  Buddhist  zieht  ans  seiner  des  Gottes  eBlbehieadea 
Weltansehannng  nicht  die  Folgerung:  y^Lasset  ans  essen  wtA 
trinken«  denn  morgen  sind  wir  todt;^<  er  ist  edel  gensg,  das 
wahre  auch  nicht  geniessen»  nnd  dnroh  den  Gennas  ancrhenaea 
zu  wollen;  er  mag  die  als  nichtig  erkannte  Welt  nicht;  mit 
edlem,  sitUichein  Unwillen  stü8st  er  das  Vergün gliche  von  sich, 
ohne  ein  Ewiges  zu  kennen,  und  darum  eben  waltet  so  mächtig 
das  Schmerzgefühl.  Der  Irrende,  der  in  seinem  Irren  sich  nicht 
glücklich  fühlt,  und  der,  das  Göttliche  entbehrend,  die  Öde 
Leere  empfindet,  und  das  entgöttliclite  Dasein  unwillig  Yen  sich 
stdsst,  der  ist  nicht  fem  vom  Reiche  der  Wahrheit 

^alE|amani  natenog  sieb  zwar  anfangs  den  brahmaaMwi 
BflsBaogeDy  aber  eikaiMite  bald,  ds^s  diess  nicht  der  recht«  W«g 
sei;  2)  der  Baddhist  ist  sa  sehr  in  des  LebmisSdtanen  verfielt,  als 
dass  er  durch  SelbstqnSlerei  denselben  noch  erhohen  dfirfte,  tSe 
hat  liier  gar  keinen  Sinn  mehr.  Der  Brahroane  will  in  der  Selbst- 
peiniiixinGr  seine  Einzelheit  abstreifen  und  nur  als  allgfemeines  Sein 
noch  gelten;  hei  den»  Buddhisten  ist  aher  das  Sein  überhaupt  Tora 
(Ihel,  und  die  Einzelheit  gar  nicht  schlimmer  als  das  Allgemeine. 
Der  wiridiche  Selbstmord  aber,  der  ohaelifiS  auch  nur  in  den  späte- 
ren AnsartaDgen  der  firabmaneniebte  Torkomml,  wl^e  ja  aar  «m 
achnidvolle  Erhöhung  des  einen  der  ? ier  grossen  Leidesi  das  Tote, 
eine  VeratSrknng  der  ia  der  Welt  walteadeaMicfatigfceft»  Iber  weiebs 
der  Bttddbist  so  sehr  trauert  Der  Baddhist  mag  also  inuaeihhi  wa- 
schen, von  dem  Dasein  des  Elends  befreit  sn  werden,  darf  aber  den* 
noch  nicht  den  Tod  /.uin  Morde  steigern.  Nach  den  heiligen  Schriftea 
begegnete  ein  Frommer  einem  Jäger,  der  auf  ihn  üein  Geschoss 
richtete;  jener,  sein  Gewand  abwerfend,  sa^te:  ,,Dii,  dessen  Miene 
Güte  verkündet,  schicsse  hierher,  zu  diesem  Ende  bin  ich  foo 
fem  hierher  gekommen."  Wenn  ein  frommer  Weiser  „«eine  ab- 
geschandene  Haut  als  Paj^ier,  die  Splitter  seiner  Knochen  aU 
Griflel«  sein  Blut  als  Diäte  gebrauchend»  das  Gesets  Baddba*s  «e- 
derschreiben"  so  bezeichnet  das  nur  die  lasseiste  Mbsiver* 
leugnung  um  der  Wahrheit  wUlen.  Wenn  der  FronuBesicftoilBeWids^ 


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SSI 


0tottd  wildea  Thieran  xenreuMen  IfiMt»*)  so  Ist  das  Didit  Selbst- 
Mrdv  soadern  eis  freudigeslllttgebeii  de«  wertblosen  Seins,  ist  Dur 
ein  VcraMbten  auf  Gegeswebr.  Der  Beddliist  weielii  dem  Tode 
nicht  ans,  aber  er  seeht  ibti  nicht;  er  verachtet  das  Daseb  und  sieht 

CS  willig  schwinden,  aber  er  vernichtet  es  nicht. 

Von  jeglicher  Gestalt  muss  sich  der  Weise  sas^en:  „sie  ist  nicht 
Ich,  ist  nicht  meine  Seele:"  ...  der  wahrhaft  W»Mse  „verschniiiht 
die  Gestalt,  vertichiuübt  gicicherwci^e  die  Wahroebmuug,  deu  Ge- 
dssirm ,  die  Begriffe  und  die  Erkeiintniss;  und  sobald  er  diese 
vMchmibt»  ist  er  von  Un«n  gelAst,  und  sobald  er  gelost  ist,  ist 
er  befreit;^  dann  sagt  er,  aar  reehten  Erkeantnisa  gelangt:  «»daa^ 
Oaaeia  ist  ftr  mich  venikhtet;  Ich  habe  erfiÜH  die  Pflichten  dea 
fmanaeo  Lebeaat  ich  habe  gethaoj  was  ich  an  thnn  schuldig  war; 
iah  werde  kein  neaes  Dasein  nach  dem  jetzigen  sehen."*)  „Sebald 
ein  rechter  SchülerBudiJha's  bei  der  Betrachtung  stehen  bleibt,  doss 
tie:  Km  per  heständii^  iintenvorfen  ist  der  Gehurt  und  dem  Tude, 
dann  ist  alle  Liehe.  Anhaii^lichkcit,  aller  Gefallen  und  alles  Gefühl 
ffir  diesen  Kürpcr  durch  seineu  Geist  besiegt,  und  besteht  für  ihn 
oiehl  mehr.** —  ,,Der  ikSrper,  desseaEnde  im  Grabe  ist»  ist  nicht 
OMihr  Werth  als  ein  brennendes  Hans«  oder  als  ein  ins  Wasser  Ter* 
«ealUarSehata; der  fait  ein Weiaer»  der  awiachea  demKorper  ehMs 
EüialoD  sod  da»  einaa  Sklaven  keinen  Uateraefaied  iadet;  • .  der 
Körper  hat  weniger  WeNh  ab  ehiefileraehab.'«  •)  Wim  Kfoig  iKaal 
aich«  am  den  Üaiseith  dea  awnachlidien  Körpern  an  hevreiaeD,  Thier* 
köpfe  uud  einen Menscheukopf  bringen,  und  alle  dann  Terkaufen,  aber 
den  Monschciilvnjtf  mag  niemand  umsonst/'^) 

„Für  einen  Frommen  ist  ein  Feiod  oder  er  selbst,  seine  Gattin 
oder  seine  Tochter,  seine  iMuttcr  oder  eine  ilure  ganz  dasselbe,  i**) 
„Am  dem  Trachten  entsteht  die  Anbiinglichkeit,  aus  dieser  der 
Schmerz.  Wer  erkannt  hat,  dass  der  Schmers  aaa  der  Anliäni^Iich' 
kalt  ealapriagt»  dar  siebe  aich»  wie  daa  Maaheri,  anrftek  la  die  £ln- 
Muaksllr**  ")  ^Icb  beobachte, »  aprieht  da  FroUBer,  das  CSe- 
aela  and  habe  keine  AahfegÜchkeit  för  irgend  eine  Art  der  fiziatens. 
Beawungen  durch  den  Helden  unter  den  Meaachea,  der  aich  aelbst 
bej(»'ungen  hat,  herahigt  dordi  diesen  Weisen,  der  selbst  «af  den 
Gipfel  der  liulic  s;ekoHimen  ist,  hin  ich  bclrcit  von  den  ßaiulen  der 
Existenz  durch  den,  der  befreit  ist,  von  den  grossen  iScbreckcn 
der  Welt/  ' ') 

>)  Burnonf.  I,  p.  160.  —  •)  Bnm.  p.  154  ff.  —  »)  YMud.  8.  254.  —  Ein 
chiucs.  Sutni  h.  Schott,  174.  —  ßuni.  159.  —  »)  Buni.  509.  510.  —  ')  Bum. 
4äy.  —  BurxL  375.  376.  —  Dura.  374.  —  Bum.  558.  —  Bum.  54.  — 
»*)Bum.  37a 


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55« 


§  170. 

Der  Kultus  der  WeHentsagung  kann  hier  nickt  mehr  einer 
Kaste  anschüren,  denn  es  gicbt  kciuc  mehr;  alle  Menschen 
sollen  zur  Erkcniitniss  der  Nichtigkeit  gelangen,  und  aus  dieser 
Erkenntnis^  foIi^L  dnr  Kult  von  selbst;  alle  Menschen  sollen  der 
Weit  entsagen.  Diese  Entsagung  ersclicint  zunächst  darin,  dtm 
sieh  der  Mensch  von  der  Gesellschaft  und  ihren  Freuden  so- 
rdckeieht,  dass  er  als  Einsiedler  lebt  oder  heimathlos  «nhflr- 
wandert  Dann  mnss  der  Fromme  schlechte  Kleidnng  tn^oiy 
denn  aller  Scbmnck  ist  eitel;  —  aber  die  Nacktheit  brshauni- 
scher  Bllsser  wird  yerabschenty  denn  das  Smnlidie  nnd  seine 
Reize  sollen  fiberhanpt  nicht  Tor  die  Augen  treten.  Bart  and 
Haupthaar  scheert  sich  der  Fromme  ab,  auch  der  naturliche 
Schmuck  des  Menschen  mnss  fallen.  Allem  Besitz  entsagend 
wandert  er  bettelnd  umher,  verzichtet  auf  jede  personlicbc 
Geltung;  verächtlich  ist  alles  Dasein,  verächtlich  soll  auch  des 
Menschen  Erscheinung  sein.  Von  allem  Sinnlichen  sich  abwen- 
dend, versichtet  er  auch  auf  die  Ehe  und  die  Banden  des  Fa- 
milienlebens; die  Ehe  ist  schon  durch  ihr  sinnliches  JUeaeat 
Tom  Obel»  and  noch  mehr  dadorob^  dass  dnreh  sie  nenes  mensoh- 
llcbes  Dasein,  also  nenes  £lend  eraevgt  wird;  gebt  doch  alle 
Weisheit  darauf  bin  9  den  Menschen  aas  dem  Scbakene  des 
Daseins  hinaus  zu  bringen ,  aber  nicht  in  denselben  hinein.  Das 
Göll  bat  liegt  in  dem  innersten  Wesen  des  Buddhismus.  Aller 
Entsagung  Kern  aber  ist  die  völlige  veräclitiiche  Abwendung 
von  allem,  was  der  Welt  angehört,  die  kälteste  Gl  eich  gül- 
tig keit  gegen  alle  Freude  nnd  allen  Schmerz,  die  Todesrabe 
des  Gemüthes. 

Das  einsame  Leben  im  Walde  oder  ia  etaer  Eiadde,  fem  fst 
den  Menschen,  ist  avsdrftclüidies  Gebot  ^akjsamai's  an  aeiaeSebA- 
'  1er;  lo  bewohnte  Orte  soHtea  sie  aar  gehea»  am  sich  Nabraag  sa 
erbetteln;  s^e  oDmittelbaren  Schiller  waren  anr  seitweiae  bei 
ihm,  und  lebten  dami  wieder  In  der  Einsamiceit  Während  der 
Regenzeit  kehrten  sie  in  die  Ortschaften  zurück,  i)  Das  frQminc 
Lehen  besteht  darin,  „dass  die  Meeschen  ihr  Haar  und  Ihren  Bart 
scheeren,  gelbe  Kleider  [das  Bettler^ewaiidJ  anziehen,  ihr  Haus 
verlassen  und  das  Bettlerieben  ergreifen;  und  wenn  der  Mensch  die 
Weihe  erhalten  hat,  so  fühlt  er  in  sich  die  Überzengang:  die  Ge- 
bart ist  fiir  mich  verniehtet,  ich  habe  erfiillt  die  Pfilcbten  des  fraa* 
men  Lebens«  ich  werde  kein  nenes  Daseb  nach  diesem  sebea.**>) 
Die  frommen  Baddhisten  naaaten  sich  daher  sehen  frtfh  BbiksebSy 


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d.  h.  BettlcT,  oder  framaiia,  li.  h.  Aakelen.S)  Die  Bhikseha 
„müssen  die  (niter  der  Welt  verlassen.  Gaben  eiiisammelti  ^tihri, 
in  der  Mitte  des  Tages  einmal  essen,  unter  einem  Baum  ibriN'acht» 
ia§er  balteu."^)  Beim  BeUelo  solleo  die  Bhiicschu  nicht  in  wehniü- 
th^cm  imd  idagCDdem  Tone  »prechen,  und  oieht  zn  viel  von  heilige« 
DiogeD  reden,  um  sie  nicht  za  entfreifaen,  «ollen  über  reichliche 
Gabe  nicht  viel  Prende,  und  fiber  geringe  nicht  VerdruB«  zeigen, 
•eilen  in  kein  Haue  gehen^  in  welchem  kein  Mann  iat^)  Der  Bhikaehu 
darf  aeteen  KSrper  nicht  salhen,  aeinen  Kopf  nicht  bedecken,  <>) 
darf  me  Fleisch  geniessen»  sondern  nur  Reis  mid  Mehlspeisen.'') 
Der  rechte  Weise  „verlässt  sein  ilau«^,  e»eiü  Weib  urul  seine  Kin- 
der, verzichtet  auf  alle  zSrtlichen  Gefühle  und  unterdrückt  alle 
Neigungen;  er  ist  unbewegiidi  \\  ie  die  Erde.'*^)  „Oer  Bettler  soll 
woboeu  an  eioem  stilleo  Orte;  diess  ist  das  Mittel,  die  Unruheo 
desCtoiates  zu  entfernen;  er  aoU stets  aefaie  Nahrung  sich  erbetteln, 
■Bi  alle  aehie  Begierden  aoszuluschen;  er  darf  von  nietnandera  eiao 
finbdnng  wmehmen;  er  darf  keine»  Unterschied  in  der  erhaltenen 
Speise  machen,  sei  sie  got  oder  schlechCt  noch  irgend  eine»  Grott 
eropfiodeo»  wenn  nao  sie  Ihm  Terweigeit«  sondern  soU  Jederadt 
▼oa  vollkommenem  Gleichnratb  sein. . .  Die  erhaltene  Speise  mos« 
er  io  drei  Tlicilc  sondern;  einen  Theil  soll  er  geben  dem,  den  er 
hungern  siolit,  den  zweiten  soll  er  aul  einen  abgelegenen  Ort  auf 
eiiR'ii  Stein  legen  für  (]ir  Vö^e!  ninl  uiblen  Thiere,  Er  soll  nie 
nach  irgend  einem  Schmuck  trachten,  sondern  er  nehme  zu  ^seiner 
JKIeidiing  alte  weggeworfene  Lumpen,  wasche  sie  und  mache  sich 
daraus  die  Kleidnng,  die  nuthig  ist,  um  ihn  vor  Kalte  am  schützen 
uad  eelDe  Bifisse  mi  bedecken;^  drei  Gewiader  darf  er  nmr  haben; 
er  soll  Hei  zwischen  CMbem  sich  snfhaiteD,  «a  das  Schanspiel 
des  Todes  redrt  ofl  n  sehen,  ond  nnter  einem  Banrne  naehden-* 
liend  «af  der  Erde  altien,  aber  nicht  liegen. 

„Grosser  ist  die  Gefahr  des  durch  Kind  und  Weib  und  Reich- 
tbum  ii?hI  Haus  Gebundenen  als  die  Gefahr  eines  im  Getangniäs  in 
Ketten  und  Fesseln  liegenden  Mannes;  während  dieser  durch  einen 
giäcklichen  Zufall  aus  dem  Kerker  befreit  werden  Icaun,  sind  die 
an  Weib  und  Kind  etc.  hängenden  wie  im  liacben  eines  Tigers,  uud 
können  nicht  befreit  werden.io)  —  „Begegnet  ihr  einem  Weibe,  so 
«Hmnet  sie  nicht  an  and  sprechet  nicht  mit  Ihr;*'  maa  soll  die  Wei« 
bcr  aar  als  HAtter  oder  Schwestern  betrachten.  *9  Buddha* 
bettler  darf  nie  ehi  Weib  aarihren.  Als  ia  efaiem  Drama  ela  solcher 
▼oa  einem  MSdchen,  die  ans  einer  durch  rersudite  Efdroasehmg 
bewirkten  Betäubung  erwachte,  um  Hilfe  angefleht  wurde,  so  reichte 
er  ihr,  der  er  die  höchste  Dankbarkeit  für  genossene  Wohitbat 


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554 


«eMdete,  nicht  die  Hand,  sondern  sagte:  „Stehe  anf,  Herrin, 

schleppe  dich  bis  ku  jeociii  liautne  ui)(l  lasse  die  Schliügpflanzc;^ 

und  er  beugte  diewe  zu  ihr  nieder,  damit  sie  sich  daran  aufrichte J^) 

')  Bumouf,  284  ff.  311.  —  Bei  Barn.  p.  4ßl.  —  «)  Ebcnd.  276.  —  *)  Sti- 
Ira  der  42  Bitze,  von  Schiefher  im  Bnilctiii  de  THcad.  de  Pctersh.  t.  IX,  p  fi«.  — 
*)  Katccb.  d.  Schamanen,  8.  63.  —  •)  EbcaU.  S.  25.  —  ')  EUcnd.  fe.  43.  — 
")  Foc-K.  K.  p.  207.  —  •)  Ebcnd-  60  —  62.  —  »<>)  Sutra  der  42  SaUe,  a.  ».  0. 
8.  72.  —  »0  Ebcnd.  p.  73.  —  >»)  Wilson,  Theater  d.  H.  I,  233. 

Wird  di€se  Kaltas*ldee  rein  durchgeführt,  so  geht  aUet 
Volksleben  in  den  Kultas  auf;  Staat  tind  Kirche  sind  dann  völlig 
daisüclbc;  alle  IM eii sehen  sind  geistliche,  uiul  eigentlich  das 
ganze  Leben  ist  ein  p;eistliclies  Handeln.  Aber  die  Schärfe  des 
Gedankens  brach  h  an  der  HHrte  der  Wirklichkeit ;  die  bud- 
dhifitische  Anschauung  hebt  sich  in  der  Consequeuz  von  selbst 
auf;  nicht  alle  Menschen  können  betteln,  und  m<^t  «ile  könM 
imCölü^at  leben,  so  lange  wenigstens  nicht,  als  noch  snrBe- 
kehtnns  der  gansen  Menschlieie  das  Bestellen  einer  iNidAh 
stischen  Gemeinde  nodiwendig  ist  Es  bUdete  sidi  daher  in  der 
Praxis,  die  notfawendiger  Weise  nilder  sein  mnssle  als  dsi 
Princip,  eine  weniger  strenge  Klasse  Ton  Frommen,  die  zwsr 
die  allgemeinen  Grund.sätze  der  Lehre  festhielten,  aber  doch 
nicht  die  letzten  strengen  Folgeningen  für  das  praktische  Leben 
daraus  zogen,  sondern  in  der  menschlichen  Gesellschaft  thätis; 
wirkten  und  in  der  Ehe  lebten,  eine  Art  Laiens  tau d,  eat- 
(^rechend  den  unterai  Kasten  der  Brahmanen.  Dieser  Laien- 
Stand  Ist  aber  dnrchans  nicht  in  der  reinen  Lehre  begfändct, 
sondern  eine  sehr  naCflriiclie  Absekwäelrang  derselben,  «Am 
Inoonsequenn,  die  einen  sebr  praktlsehen  Grand  liai.  bides 
ältesten  Buddhascbiiften  ist  dieser  Untersohied  von  GdsllÜDbai 
und  Laien  seblechterdings  nicht  vorhanden,  sondern  nur  eis 
Unterschied  von  1  lommen  und  Nichtfrommen;  die  eigentlichen 
Buddhisten  waren  urspünglicli  lauter  Geistliche,  und  erst  spatef 
setzte  sich  allmählich  an  den  reinen  metallischen  Kern  auch  ein 
axydirter  Überzug  au,  die  grosse  Menge  derer,  die  einem 
effossten  Gedanken  gern  die  Spitse  abbrechen,  nnd  die  Kisft 
einer  Idee  durcli  die  betgemiscliten  natirlielien  Neignngen  mA 
Bediifiiisse  absehwftcben.  Dieser  weitere  Kieis  von  einer 
scüaieren  HaHang  stebt  aber  an  Imiersr  WM^^keit  nnd  Hei* 
ligkek  den  wahren  Bnddbajüngem  keineswegs  gleich,  und  ge- 
bmgt  nicht  dsrch  Verdienst  und  A\'ürdigkeit,  sondern  dardieisS 
Alt  Gnade  oder  Aaehgiebigkeit  su  den  hüheieti  Staieu  des  Da* 


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sems.  Wer  aber  die  rechte  VoUkommenheit  erreiolieii  wUl, 
muss  Geistlicher  sein. 

Dieser  Gegensatz  von  Klerikern  utkd  Laien,  wenn  man  üui 
so  nennen  ^vill,  ist  aber  ein  g$M  anderer  als  bei  Völkern,  wo 
ein  wirkUehe»  Ptleeterliiani  iet;  es  tat  gar  kein  ofganisokes  «nd 
BodiwenAges  Vcrkiltniss  Bwlseken  beiden;  der  Kieme  braneht 
keinen  Laien  nnd  der  Lde  keinen  Klems;  beide  SiSnde  sind 
nidil  flr  einander  da,  sondern  Jeder  mir  ftr  sieh ,  sbid  einander 
nicht  nothwendig;  eigentlich  sollten  alle  Meiisclicn  Kleriker 
sei«.  Die  GeistHchen  sind  durchaus  nicht  Priester,  —  es  ist 
da  nichts  vermitteln  zwischen  dem  Menschen  und  einer  Gf)tt- 
heit,  —  sie  sind  eben  nur  fromme  Buddhisten ,  die  ihrer  Idee 
gemäss  leb^;  sie  haben  für  die  Laien  nichts  zu  schaffen;  jeder 
bat  es  nnr  mit  sieh  selbst  zu  thun.  Die  Znlil  der  Geistlichen 
Ist  sebt  grois^  weil  sie  ja  das  eigentliebe  Bnddba-Volk  sbid, 
tMA  die  priesteilieben  Leiter  eines  ibrer  geistigen  Fflbnmg  nnd 
geistUelMi  Vennillelnttg  dbetgebenen  Volkes« 

Die  GeMiehkeity  Ton  der  sieb  der  scblafltere  Laienstand 
allmählich  abschied,  entwickelte  sich  bald,  besonders  seitdem 
lier  Kampf  ge^en  die  iaimer  feiiidscliger  auftretenden  Brahmanen 
eine  geschlossenere  Haltung  nöthig  machte,  zu  einem  organisch 
gegliederten  Klerus  mit  prcordnetcr  Disciplin.  Die  Einsiedler 
vereinigten  sich,  durch  ihre  Zahl  genöthigt,  in  Klöstern,  und 
diese  Abrten  Ton  selbst  zu  bestimmten  Regeln  und  einer  Glie- 
demngy  in  vielen  Stücken  aoffallend  an  katholische  £inrich- 
toigeB  erianenid.  Da  das  geistllcbe  Leben  die  Av%abe  aller 
MeMchen  ist,  so  giebt  es  ebensowobl  Nonnen*  als  MOncbs- 
klMer* 

In  alter  MC  stellte  sieb  bei  der  gmndsifslleben  Glefebbelt 

aller  Frommen  die  Einheit  der  Kirche  ii)  den  Synoden  dar; 
die  Beschlösse  der  vier  nilgemeinen  sielten  als  hüchste  Aucto- 
rität.  Die  Versammlung  der  (geistlichen  ist  die  höchste  Macht 
nnd  die  Bewahreriu  der  Lehre;  vor  ihr  wird  auch  die  Beichte 
der  sfindigen  Mitglieder  abgelegt.  Dieses  Hervordrängen  der 
Gemeinsamkeit,  die  Gliedenaig  des  Klerus  und  diese  Beichte 
sind  ein  wesentKeh  neues  Element  In  der  indiseben  €reistesent- 
wfdcehing.  Der  Beddbist  liebt  die  grossen  Venanualnngeni 
4m  Leben  In  der  gronseif  geordneten  Vielbelt  Der  Bnbmane 
siebt  sieh  ans  der  übrigen  Mensebbelt  nffflck;  er  bat  es  nnr  mit 
£>ich  und  dem  Brahma  zu  thun;  die  Einheit  gilt  ihm  allein,  die 
Vielheit  nichts.  Der  Buddhist  dagegen  hat  keine  Einheit;  das 
wabro        ist  ihm  nnr  Vielheit;  —  er  kennt  das  Göttliche  nur 


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BW 


im  der  Zerdi^iiDg;  der  Brataume  vereeakt  sieh  elnMiid  ia  dae 

einige  Brahma,  der  Baddhist  weiht  eiek  der  noetergemelnde; 
die  (h  in L' lüde  ist  ihm  die  Gottheit.  Was  hei  den  Brahnianeu 
das  Gebet  ist,  das  ist  dem  Buddhisten  die  öÜcntlichc  Beichte; 
dertn  ausser  dem  menschlichen  Geiste  giebt  es  keinen  andern, 
der  das  Bckeuntniss  empfangen  könnte.  Die  Brahmanen  haben 
keine  Gliederung  der  GeistUcJikeit,  weil  die  V^<^^^c>t  das  Un- 
wahre ist;  die  Buddluaten  haben  sie  volikoiuiiieii  durchgebüdel» 
weil  alles  GOltUcfae  aar  von  der  Vielheit  getragen  wkd. 

Am  weitesten  hat  sieh  die  Orgaaisiraag  des  Klems  ia 
TfibetO  entwickelt;  jedooh  ist  die  AaabUdang  der  Tiel^ei^ 
derten  Lama-Geistiüehkeit  nteht  auf  dem  reinen  Bodea  der 
alten  Lehre  erwachsen,  fällt  in  späte  Zeit,  hat  ifkizweifelhaft 
christlichen  lieiüluungcii  Einlluss  gestattet,  ist  mit  vielen  abge- 
schmacktcn  Vorstellungen  durchzogen,  und  2um  Theii  als  eine 
Ausartung  der  reinen  Buddha- Kirclie  /.n  betrachten. 

Die  religiös •  sittlichen  Anforderungen  an  die  Laien  sind 
yiel  m&ssiger  als  die  au  die  Geistlichen;  Geschenke  und  Al- 
mosen an  letztere  sind  natfiriich  eine  hohe  Tugend»  War  eiasMi 
das  Prineip  dnrchbrochen,  welches  keine  Laiaa  geatattel,  so 
war  der  Verwässernng  der  Idee  üreier  Banm  gewttrt»  la  dar 
bequemen  Laien -Frömmigkeit  sehen  wir  die  Aaaartnng  der 
reinen  Lehre. 

Der  alte  jName  für  die  geistlich  lebenden  Buddhisten  L>.t  Ilhi- 
kschu  [S.  5u2J,  seltner  ^rani  au  a,  was  urs|»rünglii;li  die  Be- 
nennung der  bruliiuaiiischen  Asketen  war;  -)  In  dem  Pnli- Dialekt 
hoisfit  diesem  5an$kritn*ort  Samaua,  daher  die  Bezeichnunt^  Sana- 
nen  oder  Schamanen,  io  China  Scha-meo,  für  die  buddhistt«dim 
Geistlkbeo»  nicht  su  verwecbselo  mit  den  Schaosaea,  die  prie•te^ 
liehen  Zaalierer  des  Dftnoaenimits,  wie  besooders  bei  den  tnogna* 
sehen  Völkern.').  Der  von  . den  Europäern  den  chinesischea  nd 
japanischen  Buddha -Crststiidben  beigelegte  Nanm  der  Bensen  iit 
eine  Verstlmswlung  des  chinesiedMa  Wortes  Fan  «seng»  japanlicb 
hoD-8u,  d.  h.  Geistlicher.-^) 

Die  Klojster  (VihAra)  entstanden  \vahr<!»cbeinlich  daraus,  Hans 
«He  Einsiedler  wahrend  der  Rej^ennionate  in  die  Wohnorte  zurück- 
kehrten;  tür  die  qemciusanie  Belehrung  und  Förderung  war  eto 
gemeiassmes  Wohnen  zweclcnJIssig,  und  so  entstanden  die  Grup^ 
pen  von  geistlichen  Wohnungen,  und  geistÜohe'  tvemeioden  uotsr 
bestimaiten  Regeb  nnd  Leitern,  6)  Ais  maa  diese  hiMsiitchis 
OrtschsAen  in  Wildem  erbaute,  fiel  das  Kinsledleilehtti  glas  Ibrf; 
.  nad  die  BUhsebv  blieben  immer  beiaaamieo;  jeder  wohsia  eben  Ar 


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SSI 

Bich  in  einem  besoiidereTj  HfuisVhen:  der  Ort  war  also  eii^entlich 
eilte  Gruppe  ¥on  Eitisiedcicien,  ott  mehrere  tauseod  umfasseod.^) 
Die  GenehMMBilrait  gehört  durchaus  zum  geistlichen  Leben,  und 

•  Versammlungen  iter  Cveisttteiien  sind  sebMi  in  den  Sutra  die 
CfffBadkge  dM  kircMkAMn  {«ebeni.  In  Ceyhm  wofcien  die  BUhsdra 
In  der  Begenseil  in  den  SlOetern;  im  Senmet  wobnen  nie  in  leidi- 
ien  ÜMm,  dte  ihnen  die  Laien  etiMlen.'') 

We  iMete  iMdentende  OrganlehiiDg  der  bmMhietliefaen  Geist- 
lichkeit geschah  unter  A^oka  in  der  Mitte  des  dritten  Jalirh.  vor 
Chr.,  welcher  hesoiidere  Beamten  einsetzte  zur  Aufsicht  über  das 
Gesetz,  zur  Aus^breltunü;  der  Lehre  und  zum  Scliutze  der  Buddhi- 
sten in  fremden  Ländern.^)  Auf  Ceylon  waren  zur  Biütbezeit  vier 
Stufen  der  Geistlichkeit  unterschieden.^)  Beiden  übrigen Bvddbieten 
efnd  bald  mebr,  bald  weniger  Stufen,  die  sich  oaofa  den •  Altar  «nd 
der  EflBenntnina  nnd  der  aitdichen  FHhmng  gttedem;  aUgeaehi 
über  und  adten  tn  debr  alter  Zeit  waren  drei  Haoptatuta;  ana  der 
•niaialeü »  den  Nevfadat,  linnnte  man  erat  nach  den  swaBa%äten 
Jahre  fn  die  Zefal  der  eigenHiefaen  Bhiksebii  aufgenommen  werden, 
über  deren  verschiedene  Rang-  und  Altersstufen  als  besonders  aus- 
gezeichnet dorch  Erkeniȟiis8  und  Wuoderkraft  die  Arbat  als 

'  höchste  Stufe  sich  erheben. 

IHe  %uni  geistlichen  Stande  bestimmten  SOhne  werden  meist 
nchoin  ala  Knaben  lo'a  Kloster  gebracht  Die  Lehrlinge  werden 
eehr  atreng  gehalten;  aie  m^aen  ihren  Lehrer  mn  firlanbniaa  Ira- 
'  gen,  wean  ale  anagehen  wollen,  ein  nenea  Gewand  aaadnlien  oder 
ifgeud  etwaa  untemehHien  woHeo;  ale  nHleaen  aMen«  •  waa  aie 
ifgead  WIchtigee  liOreii  oder  aeheo,  ihm  berichten; ")  aHe  binali- 
rben  Dienste  mdssen  sie  dem  Lehrer  verrichten.  ^  Auigeachloenen 
aus  dem  geistlichen  Stande  sind  Leute,  die  mit  unheilbaren  Krablr- 
heiten  behaftet  sind,  Krüppel,  AussStzige,  Zwitter,  Verbre* 
eher.  Leibeigne,  Leute,  die  wegen  Schulden  verfolgt  sind.  Zum 

-  EinMt  In  den  geistlichen  Stand  gehOrt  ein  Alter  von  zwanzig  Jah- 
vea-  «nd  die  BInwIlligung  der  Eltern.  Die  Aufnahme  geschieht 
inmer  vor  der  ▼eraamneiten  Geiatiichheit,  nie  dnieh  eltaenfihiaelnenf 
oad^  Torangegangener 'PrtAing.  ui> 

Strenge  Regehi  ordnen  daa  Leben;  Kult  und*  Benchifligiing 
iM  genati'Torgesehrieben;  die  MaWadten'  aiad  gemeinaani;  Bhe- 
losigkeit,  Keuschheit,  Annuth  und  (vehorsam  sind  Hanptpfltch- 
ten;**)  versaininelt  wurden  die  GeiRtlichen  schon  in  sehr  alter  Zeit 

'  durch  Ans (  }i lagen  einer  iMetail|ilat(c,  Der  Austritt  ans  dem  Klo- 
ster ist  nicht  verwehrt      Schon  in  der  ältesten  Zeit  galt  die  wahr- 

•  adteinliah  von  ^jannd  aelbat  ehigefiUirt»  Pttefat  d^ 


^    ..L  o  i.y  Google 


558 


Beichte  als  etn  Mittel  der  SündenverfebuDg.  Durch  das  vor  der 
Versaniinlung  mit  lauter  Stimme  abgelegte  reuige  Bekenntnis«  wer- 
de» die  Sünden  des  Gedankens,  der  Worte  und  der  Hand(un»en 
gesühnt.  Die  Tage  des  ^eumoodeä  und  des  Vollmondes  waren  zu 
iMiIchen  Beichten  fecigesetzt;  dUe  VersaauBbuig  l«gte  Strafen  auf, 
und  aoliloaa  in  sclnreren  Fällen  den  Schaldigett  von  der  Gemeia- 
•cfaaft  aii8.M)  Solche  Bekeantoieee  mia  Sfibsug  k»mea  aeck  Mma 
anftli  bei  den  Bn1in«ieD  vor  [&  379];  es  l«l  Aweifirilnll»  eef  wd- 
cber  Seile  der  |]repnuig;  de  die  Bcehmeiiee  eber  weriger  gewtia- 
san  lebten,  eebeliit  der  bvddhMecbe  Urapnuig  wehtechetalWher; 
dauu  wäre  die  Erwähnung  der  Beichte  wie  ao  vieles  Audeie  bei 
Manu  ein  späterer  Zusatz. 

Die  ^geistlichen  Versanimliiti^fMi  sind  die  Grundlage  der  Syno- 
den» die  in  der  älteren  Zeit  oft  sehr  gross  waren;  auf  der  driite« 
allgemeinen  Synode  waren  1000  Bhikschu.  Nach  einer  Verordoang 
dee  Kdeige  A^eke  im  dritten  Jebrb.  vor  €br«  eolftte  ie  adaen 
Reicbe  eile  flinf  Jabie  eine  grOeeere  Vereaieedaeg  der  OrietHibwi 
gebellee  werdeo^  wobei  efee  Beichte  etaMedee  end  die  Leke 
ertaUiiitt  weideo  eoilte;  dieae  iBiiQährigen  Synodee  Iwfcae  ädi 
eeoh  ausser  Indien  erhalten.  Die  Beddhisten  lieben  aberfaaiipt 
grosse  Versamml Hilgen;  18)  mit  der  Aufhebung  der  Kasten  und  der 
Nationalität  sind  die  trennenden  Sei» ranken  der  Menschheit  gefallen: 
zwischen  den  buddhistisi;hee  iiäedern  iat  iminer  eia  sehr  lebeadiger 
Verkehr  gewesen. 

GMeftttobe  Freuen,  Bhikschuni»  als  Einsiedlerinnen  oder  als 
Neeeee»  gdkffree  ecben  der  äUeetee  Zelte  ee;  und  NoeuoiAtealfr 
fferdeiindeniteMtear  iedlaebeeDremenetirlbetM)  DleVMrtHi 
«ed  GeeetM  der  BbHufcbaei  eind  deeee  der  Bbifaiebe  eeiapicfbwiH. 
Sie  mllaeen  keoecb  nnd  ebelae  leben  eed  atwee  beltoie.»)  DieZikl 
der  geistlieben  Frauen  und  ihrer  Klöster  ist  indess  bei  weitem  ge- 
ringer als  die  der  Männer;  die  Nonnen  können  auch  keine  hofcere 
Würden  erlangen,  sie  stehen  niedriger  als  die  Mönche,  und  Fbr- 
furcht  vor  diesen  ist  ihre  erste  Pflicht. '^-i)  Ein  Mfidchcn,  iveidies 
ine  Kloster  treten  mÜI,  muss  vorher  im  elterlichen  HaQ«e.ein  Probe- 
jahr bestehen;  sie  darf  während  desselben  an  keiner  weltticbeo 
Leet  J'kmk  nebmfn»  wM  bart  behandelt,  «rbftit  geriege  SpeiM, 
mmm  «leb  eelbet  bedienen  ele^;  wenn'  ele  edcb  AUeef  dte  Mm 
In  ibieni  Vereetie  bebent,  ee  wird  sie  vMet  hßlOUhKi  Miraw 
geMiebenNetine  eiWit;*«)  imKteeter  eMdielieenen  entor  atm- 
^er  Zucht;  jedoch  dHrfen  aic  ausgehen  und  Bosvcbe  machcu;  ^ 
cbiiiciii^ichen  INonuen  sieben  in  ui>lem  Rufe. 

Dtie  Ueiütiidke  untefecbeMkn  «kb  ym  deu  JUeiea  «nob  kum^- 

4 


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8sa 

Uch  durch  die  Tonsur  und  durch  die  BekieiikiDg;  lange  weisse, 
graue,  gelbe,  braune  oder  rüthliche  (iewänder,  (i'\n  Üo^enkranz  am 
Gflrtel  eftc  macbeo  sie  den  christlicheu  Alöucbeu  auflallead  ähoÜch. 
Die  büiheren  GeistUeben  tragen  meist  eiaeQ  goUfCstiekteD  Ober* 
fvnrt  Die  N0M60  gflim  io  ikolidier  TiMhl|  4m  Hmt  wif4  Uhmb 
flIckfcfclU  ■hgonihftiiii. 

Ib  Tib«t«  «e  mA  BiMywnMi  im  aedisteii  «od  «iebeateD 
Muk,  Bach  Gbr.  BiaMtete,  waree  «üb  boMiSBÜMlieB  Smdbotep 
zugleiob-  die  geisUgea  Bikber  dm  VoHbcs  md  hatte»  dam»  ▼on 
Hause  aus  ein  geistiges  Übergewicht  fiber  dasselbe,  daher  bildete 
sich  die  Macht  der  (loistlichkeit  hier  mehr  als  midctswa  aus.  Die 
GeistlicheD  heisscD  hier  Lama,  d.  h.  „Obere;"^-^)  über  die  Be- 
deutung der  obersten  Lama  können  wir  erst  nachher  sprechen.  — 
In  dem  einen  Drittheil  von  Tübet  sind  aUetn  ^000  Kloster  mit 
84000  Lama;  der  dritte  Theil  aller  Männer  sind  Lama;  und  in  jeder 
FaauUe  noM  tod  mehrerea  SOhnea  jedealalb  aaaer  «la  Geiatfieher 
weideaw**)  DIoKlOatar  sind  Bieiat  Grappe»  van  Lamawahaaagaoy  Klo- 
■taratMte;  io  eiaer  diaacr  „lamtmtrien"  leben  4000  LaoMH  in  aber 
«adem  8000.  Ab  der  Spkie  Jedtr  LBaaBeii«  ateht  ab  Gmbs- 
Lama,  und  unter  diesem  verschiedene  andere  h^ere  Würdenträger. 
Jeder  Lama  hat  einen  oder  einige  Schüler,  die  zugleich  seine  Diener 
8ind;  Nahrung  und  Bekleidung  erhalten  alle  vuu  dem  Kloster;  in  den 
von  Huc  un<l  Gäbet  besuchten  Lama.serien  hatte  jeder  Lama  ein  be- 
sonderes Uäus'clien,  von  einem  Garten  umgeben.  Diese  Pflege  der 
Gärten  erinnert  wahrecbeblich  aadaa  aiaprfingliche  Leben  im  Waide. 
Über  die  vieieD  weissen,  in  Straeaea  geordneten  Häuser  ragen  die 
Vampel  heirer;  mim  Oebat  weiden  db  Lanm  daieh  Glechea  eder 
davch  Bbaen  anf  fieemuaehelB  gerafea.  -Die  Lama  lind  etaat, 
nehweigaam,  mild  vod  liteimdfich«  Ihie  IMaeipliD  aehr  abreag;  aaf 
den  geringale»  DfebetaU  iat  Braadmathnng  an  der  Stitn  dareh  ein 
glühendes  Eisen  gesetzt  Manche  Lama  leben  auch  als  Einsiedler; 
viele  leben  aber  auch  in  Gemeinschaft  der  Laien.  —  Die  gegen- 
wärtige Gestalt  des  grossten  Theils  des  Laroawesens  stammt  aus 
dem  vierzehnten  Jahrhundert,  wo  ein  fremder  Lama  „aus  dem 
inoaten  Westen'*  nach  Tibet  kam,  und  der  Lehrer  des  Tsong<*Kaba 
wurde»  weiebet  nach  dam  Tode  dea  Ifemden  Lama  ab  Reformator 
b  Hbaaa  anßfat«  von  wo  aich  db  aenen  fiiariebiangeB  bald  Ober 
da*  «hrigd  Tobet  verbveMetea.  TaeBg4CBba  wird  noeh  Jetst  ab  eia 
■eOiger  vetahrt,  aad  eebe  Lebhe  b  ebom  Kbater  ab  kBOtbare 
Rnli^aie  anfbewalirt  Cr  iaderie  an  den  Gmndbhran  des  BnddUa- 
mus  nichts,  verschärfte  aber  die  Disciplio,  änderte  den  Knltus  und 
föbite  neue  Ltturgieu  ein;  nod  die  katholi^eu  Missionare  üue  und 


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CUM  fiurfen  «el&dMWt  nit  dem  inlMMieiiblilMMltttf. 

fallend. Sehr  wahrscheinlich  war  jener  Lama  aus  dem  fernsten 
Wf'stüti  ein  Christ.  —  Die  cbiiie«i«eheü  BudUhakluster  sind  den 
tübetischen  sehr  iihnlich. 

Die  Laien,  (Up&saka,  d.  h.  Gläubige,  Verehrer)  waren  von  der 
Ehelosigkeit,  dem  Betteln  und  der  strengen  DiseipAin  entbnndeo, 
»her  verpfliditet  in  einem  sittlichen  md  estlMÜlsamen  Leben ;  der 
OfuM  geitrt^  Getrinke  ist  Ifanen  intenMgt.M}  F«r  die  Laien 
wnrdeo  le  dem  iieigemrteten  mongeUsdien  und  cbinedsdien  Bnd^ 
dlhiemM  die  Fordeningen  der  FiOmmigbeit  bis  auf  ein  Kleinslee  lier* 
abgesetat  «nd  des  HeÜ  selir  [eidit  genselit;  BekennfnissfimetB 
traten  an  die  Stelle  ernsten  Ringens.  ,,Die  Bewerbung  um  die 
Seligkeit  erfordert  keinen  ganzen  Tag,  sündern  nur  \veüiLi;e  AiiL'nii 
blicke  jeder  Morsrenstunde  und  besteht  ir>  einem  zehnmal  zu  wieder- 
holenden Gebete;  sie  ist  also  für  keinen  Menschen  sciiwieris  orid 
stört  keinen  in  seinen  weltlichen  Geschäften." 2®)  —  Es  fritt 
alimäihlich  ein  der  alten  Baddhalehre  fremdes  Element  herein, 
der  Gedanke  einer  Seligkeit  dvrel»  veneiliende  Ooade,  «im 
Seligkeit  in  Folge  des  Uessea  Belcenntnisses,  Mn^  inmieriiln  b  dv 
schlUlslen  Biehmalehre  die  reckte fiikenntnlss  aHeSOnde«  anlkelwB» 
so  hatte  das  seinen  gnten  Grand,  and  war  IceiBe  Begnadigung  dnrd 
einen  veraeihenden  Gott,  sondern  ein  einfaches  Verleugnen  aHei 
u  irklichen  Daseins.  In  dem  spateren  Buddhismus  ersclu  ^int  Buddha, 
oder  lielinehr  ein  anderer,  ihm  nächststchcnder  Geist  [AmitaJ  aU 
Heiland,  der  aus  Gnade  die  Menschen  zur  Seligkeit  führt.  „Wenn 
ein  grosser  fi^Ander  dem  Tode  nahe  ist,  so  tritt  ihm  das  Bild  der 
UuUe  schon  vor  die  Augen.  Kaan  er  daim  mit  Inbrunst  „„Anbeteng 
sei  Amita  finddha^**  spreoheD,  und  diese  sehnmal  wiederkelen,  so 
venvandelt  sieh  jenes  Bild  fn  eben  Lotes»  mid  er  witd  in  den  Ort 
der  StfigkeH  entrilokt  Buddha  Icaon  solches  Bemrkeo«  da  seite 
BarmlMrzigkeit  «nd  selbe  Wanderkrafit  unendlich' gross  Ist. ...  Wff 
'  aofBoddha  sein  Vertrauen  setzt,  der  gelangt  in  das  selige  Land,  wie 
schwer  auch  die  Last  meiner  Sünden  sei;  wer  aber  Buddha's  Schuti 
verachtet,  der  muss  zurückbleiben,  hütte  er  auch  wenig  j^esuodigt 
Ein  kriechendes  Insekt,  welches  kein  Stadium  znrückleijen  kann. 
iLaou  auf  dem  Körper  eines  iMenscheri  sitzend,  tausend  Stadien  weit 
gelangen;  ebenso  ist  es  mit  dem  Menschen,  welcher  auf  Buddha  ver* 
tra»t.  Wenn  jemand «  der  sein  Leben  iaag  BCses  gethan,  lebende 
Wesen  getadte^  seine  Mitmenschen  gektinkt  und  heeintrSdit%t  ktt, 
Adelst  TOT  selbem  Tode  Buddha  anruft,  dSr  eiwiiiit  deonsch  iBe 
SeÜgheil.'^iC»)  Buddha  kann  alle  IfensdieB  reUen,  aber  kehieB»  den 
der«fU«he  Mit >0 Hervorkehren  einet  PeMQolichhri^ 


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661 

als  gnadenroller  Retter,  diese  Bescligung  durch  den  <«iauben  allein 
ohnß  Werke  ist  ganz  cegen  die  alte  Buddhalehre  und  unfron  das  in- 
dische Bewu9stBeiti  überhaupt;  die  alten  Sutra  wii<^en  davon  nichts. 
Die  frühe  Verbreitung  des  rhristenthums  bis  nach  China  und  die 
wahrscbeisHdie  Ankunft  dnistlicher  Sendboten  in  Tfibet  bringen  die 
VermutfavBg  «ehr  nahe»  d«M  wir  es  hier  mit  einer  VermischiHig  mit 
ebfietlidMa  EtioMniiigeR  m  tirao  heben. 

•)  MbH,  hl  «.  AbhaadL  d.Btri.  Akad.  1844,  Tfailol.  8.  U5  ff.  —  «)  Ber- 
■sei.  1*9.  t7i.  m,  9M;  LaiMn,  Ind.  Ali.  D,  B.  S«8.  449.  —  •)  8«bott,  «band. 
184S:  hitlor.  SlatM,  B.  461  elo.  «)  Saholfc,  s.  a.  0. 1844,  &  178.  ^  »)  Bern. 
ISS  ff.  —  •)  Foc-K,  K.  350.  —  »)  Spiegel,  im  Aoshod,  1848,  8.  4W.  —  •)  La«, 
•en,  II,  S.  237.  —  •)  Bura.  293  ff.  —  i«)  Bumouf,  I,  p.  876.  etc.  286.  298.; 
Laasen,  TT,  4'i().  ^9.  422.  —  •»)  KAtecTiismus  der  Scham  an(>n ,  r  C  F.  Ncumaon, 
Ml  liigeua  Zeitschr.  IV,  1.  S.  66.  —  i»)  Tiurn  577  ~  »»)  Bani.  33S.  27ri.  — 
>*)  Buxn.  320.  331.  —  Tennent,  das  Christenthum  in  Ceylon,  106.  ^  '  •)  Bnm. 
29«  ff.  —  »»)  Lassen,  Ind.  Alt.  II,  228  ff;  Foe-K.  K.  26,  —  >•)  Liuwien,  II.  423. 
—  >•)  Bum.  278.  —  •»)  Wikon,  Theater  d.  U.  1,  234.  —  •>)  Bum.  278;  J?oe- 
Koea-Ki,  III.  —  Spiegel,  in  d.  AUg.  tfonatidirift,  1858, 8.  5S8.  —  •«)  Tran, 
tat  Aodaad,  1848,  8.  700.  —  *«)  Schott,  a.  a-  0. 198.  —  C.  F.  Kenmain,  im 
Awland,  1848,  a  88. 88;  Hoe  n.  Gäbet,  ebeod.  1850, 8.  881.  *•)  Antlaad,  1850, 
&.  ose  Jl;  1848, a  88;  1847,  a  1088.  —  Asihmd,  1890,  698  ft  »•>Bwa. 
879;  Foe-K  K  67.  ISS.  —  Tting-tn-uMi,  bd  Sdiott,  Wk  —  EiMMt 
854.  —  •*)  EbeBd.841. 

Da  der  buddhistische  Kult  nicht  einer  wirklichen  Gottheit, 
sondern  eigentlich  nur  einer  Idee  gewidmet  ist.  und  alles  geist- 
liche Thun  und  T.cben  aus  der  Frkernitnlss  der  Wahrheit  von 
selbst  folgt,  60  ist  die  einzige  kirchliche  Thätigkeit  die  Be- 
lehrung. Diese  kirchllehe  Lebrthätigkeit  onterschcidet  sieb  aber 
von  der  der  Brahmanen  nach  zwei  Seiten  hin.  Einmal  ruht  sie 
nicht  wie  diese  auf  heiligen  Offenbarangis-UrkQndenydiettnr  dnrch 
e«  ernstes  nnd  dsuemdes  Stadiom  erdffhet  worden,  sondern 
snf  dem  einladien  nensehliehen  Bownsstsdui  jedes  Einzelnen ; 
die  Wahrheit  brancht  hier  nicht  hi  der  Tiefe  gesnoht  an  werden« 
sie  iiegt  überall  oüen  zu  Tage;  das  Elend  des  Daseins  verbirgt 
sich  nicht,  es  braucht  nicht  durch  gelehrte  Forschungen  er- 
kundet zu  werden.  Der  Mensch  bedarf  also  niclu  einer  tief- 
gehenden Unterweisung,  sondern  nur  einer  Anregung;  es  brancht 
seaii  Ange  nur  auf  den  richtigen  Punkt  hingelenkt  zu  ^vcrden, 
nnd  er  sieht  sofort  alles  von  aelbat*  Während  wir  dalier  bei  den 
Brahmanen  ein  jahrelanges  ernstes  Stndiam  finden,  ist  hier  nur 
eine  gana  leichte,  Tolksthfinütehe,  keines  tieferen  Forsehena 
hedflrfenda  Bekhrwig;  kvrse,  lelelit  fassliehe  SStae,  Sitten«« 
D.  as 


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_  m_ 

sprach?  wid  eUtfiiohe  LDbensregebi  ftlUMi  «iuigMlilMlt 

dieser  Lehre.  Die  Qeletlichea  sind  daher  aneh  nieht  die  Ver- 
treter einer  höhoren  Wiseensehaft,  sie  haben  nur  einen  aehr 

einfachen  Gedanken  praktisch  in  ihrem  Leben  darzastellen ;  sie 
sind  daher  meist  sehr  unwissend,  im  Gegensatz  den  meist 
hochgebildeten  und  gelehrten  Brahmanen. 

Zweitens  gehört  hier  die  Fj-kenniniss  nicht  einem  Stand»* 
allein  an.  Alle  Meuscheu  sind  in  dieser  VVeitauschauiuig  von 
Matur  einander  gleich;  keiner  bat  vor  dem  andern  etwas  Ter» 
aas;  alle  sind  aar  Erkenntniss  der  Wahriieit  berofen*  Das 
ganae  Volk  moss  dämm  belehrt  werden ,  und  eigentlich  sollte 
es  ja  gana  in  die  Creistlichkeit  aufgehen.  In  alten  Zeiten  zogea 
Wanderprediger  im  Lande  umher  and  belehrtep  in  Städten  and 
Dörfern  das  Volk;  das  war  miter  den  Brahmanen  unerhört  Alle 
fQnf  Jahre  wur<Ic  das  Volk  jeder  grosseren  Gemeinde  versam- 
melt und  die  wesentlichen  Lehren  und  Vorsciirilten  ihm  voraie- 
trageii.  ')  Die  grosse  Kinfaehheit  der  in  ihrem  YCrneinenUe» 
Wesen  sehr  inhaltsarmen  J^ehre  hedurltc  einer  häufigeren  Be- 
lehrung nicht.  Auch  Inschriften  auf  Säulen  dienten  dem  Zweck 
der  Volksbclehrung«^) 

Folgerichtig  war  die  Beiehrang  auch  nicht  auf  ein  einziges 
Volk  beschränkt,  sondern  hatte  die  Menschheit  zu  ihrem 
Gebiet*  Nicht  eine  Kaste,  nicht  der  Indier,  sondern  der  Mensch 
soll  die  Nichtigkeit  alles  Daseins  erkennen  uemI  in  dieser  Er» 
keuiitniss  die  Weisheit  erlangen.  Nacli  dem  Beschlüsse  des 
dritten  aligemcinen  (\>iicils  1246  vor  (  lir.|  solitin  Sendboten  aus- 
gehen in  alle  Well  und  lehren  allen  Vtilkern  des  Erdkreises  tüf^ 
beseligende  Lehre  der  Nichtigkeit.  ^)  Dieser  Gedanke  des  L  ui« 
versalismus  und  der  Missionen  ist  in  der  bislierigea  Knt- 
Wickelung  des  Heidenthums  etwas  ganz  Neues,  war  vorher 
auch  gaaa  uiimüglich.  Die  Wilden  vriaaen  rm  der  Menschheit 
noch  gar  nichla^  die  Chinesen  wisscB  nur  von  sich  ab  der 
wahren  MenacUieit;  si^  begreifen  nur  dlis  'Fertige;  die  wahre 
Mennebheit  kann  nicht  erst  werden»  aondem  sie  nrnss  schon 
sein,  rouss  eine  bestimmte  Gestah  haben,  und  diese  ist  eben 
die  des  chinesischen  Staates;  die  Vfdkcr  ausser  China  gehores 
nicht  zur  wirklichen  Menschheit,  sonst  hätte  ihnen  der  Himmel 
auch  (Chinas  IMhlnng  gegeben;  da  aber  China  und  der  Himmel 
keuie  Geschichte  haben ,  so  kann  es  auch  beider  Aufgabe  nicht 
sein»  die  Barbaren  allmählich  in  das  chinesische  Bewusstsein 
hineinzuziehen;  d^nn  dami  wfire  ja  eben  das  Uinimelreich  nocä 
sieht  fertig)  in  China  aber  ist  aUes  toh  Hansa  ans  fertig»  M 


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MS 


den  Bnluttaiieii  aber  sinil  MteioMii  »odi  wtaigar  dcaUbar«  Die 
Meneehhcil  ist  da  in  Teraditedener  VoUkenmenlieit  §n$  dem 
göttlichen  Uriceime  Imansgewaelieeii ,  und  das  Veilf  Gettee  kann 
eeifie  natflriichen  Votaige  keinem  andern  Volke  mtttheilen;  aus 

dem  (^udra  iiiu]  aus  dem  Fremdling  kann  so  wenig  ein  Brahmane 
werden,  wie  aus  der  Distel  ein  Feigenbaum  werden  kann;  was 
hilft  alle  Erkenntniss  dem,  dernicht  berufen  ist?  Bei  den  Brab- 
manen  ist  es  danim  ein  histerliclier  t'revei,  die  göttliciie  Wahr- 
heit dem  Unberufenen  mitzutheilen ,  —  bei  den  Buddhisten  ist  es 
beiligate  Pflicht,  und  sie  sind  das  einzige  heidnische  Volk, 
welches  den  Gedanken  eifnasle,  durch  friadliohe  Mlsaienen  die 
ganae  Menachheit  an  einem  Bewnaataein  an  bekehren.  Ea  ist 
diess  wieder  einer  der  vielen  Bertthmngspunkta  des  Baddhiamns 
mit  dem  ChrialeaAam.  So  ist  es  gekommen»  dnaa  dar  Bnd- 
dhismas  an  Kahl  seiner  Bekenner  htäd  alle  flbrigen  heidnischen 
Religionen  iveit  überflügelte,  und  dass  er  ganz  allein  in  der  Ge- 
schichte des  Heideiithums  uielit  eine  Beligion  ^iiies  \  oIkes. 
sondern  eine  Religion  der  Menschheit  p^eworden  ist;  Indier, 
Chinesen,  Malaien  und  Mongolen  reichen  in  dem  Bekentituiss 
der  Nichtigkeit  alles  Daseins  einander  die  Hände. 

in  den  Klrtstem  findeo  regelmSssige  Vorlesungen  and  ErlSute- 
rangen  der  Cvesetse  staitl;*)  das  Leseo  der  Sutm  ist  dea  4a^iaiti^ 
eben  voigeschrlebeD;  iadess  sind  die  Snira  ketaesiregs  als  dia 
wabre  Qnelle  der  Erkenotniss  an  betiacbtea,  sind  aidbt  OIRmbanaigf 
sondern  jeder  Henseh  braacbt  nur  einfiich  in  sich  selbst  ond  ins 
Leben  an  schauen ,  so  hat  er  nmnittelbar  die  Wahrheit. 

^akjamuni  erklärte  niederholt,  dans  seine  Lehre  für  alle  Men- 
schen bestimmt  sei.«)  „Wer  ein  alle  Wesen  rettendos  Her/,  he- 
KitiKt,  der  fühlt  den  Drang,  sie  alle  und  nicht  sich  allein  (zimi  Heil) 
hinflberzufübren. . .  Jeder  denke:  wenn  Andere  von  dieser  Lebro 
erfahren,  so  will  ich  mich  freuen,  als  oh  ich  selbst  sie  erst  kenne» 
lernte;  wenn  Andere  nichts  von  ihr  wissen,  will  ich  mich  betrüben« 
als  brachte  es  mir  selber  UnglOok  Gross  ist  unser  Vetdienst» 
wena  es  uns  geliagt,  aiebrera  Seeleo  sa  rettea;  grtsser  nschi  wenaf 
wir  heiiriiken  hConen,  dass  die  dnrdi  uns  fSnnnihlgten  wieder 
Andeire  ennuthigen  und  die  Lehre  um  Unendliche  fiiripiaaxea.  'S» 
kann  die  Lehre  vom  Hell  elnat  alle  Welt  umfassen,  und  alle  We* 
seil  im  üceun  des  Jammers  kunnen  gerettet  werden...  Der  Mensch, 
i\('u  ich  ermuntert,  das  Heil  /.u  erstreben,  wird  als  Buddha  unzali- 
liu'*'  Wesen  hinüberlülirnn  ;  urul  dazn  bin  ich  einst  die  Veranlassnnt» 
gewesen."  ^)  Der  immer  ucuo  Wurseeln  aehiageude  indische  Feigen- 
hama  ist  ehi  EUd  dieser  Misshmsthatigheit 

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864 


Der  geringe  Uaififtiig  4er  BuddlMlelve  umI  ihr  melir  oegatnrer 

als  poeithrer  Chmkter  gestattete  eine  gcwisae  fiesoUiDeidigkeit  hu 

ihfer  Verbreitung;  sie  trst  asderen  Religiisien  nicht  nrit  sturer 

Festigkeit  und  scharfer  .Ansschliesslichkeit  gegenttber,  stNidcni 

fiigte  sich  biegsam  ihnen  an.   Lernt  der  Mensch  durch  die  redite 

Erkenntoiss  erst  Hie  Nichtigkeit  alles  Daseins  kennen,  so  nrird  er 

das  Interesse  ni)  positiven  Lehren  schon  von  seihst  verlieren.  In 

China  lehrten  die  Buddhisten :  „was  Foe  gelehrt  hat,  ist  von  iler 

Lehre  des  Kotig -tse  nicht  verschieden;  der  iVarae  allein  ist  ein 

anderer»"  und  die  Buddhalehre  ergänzt  nur  jene^  denn  ,,die  Lehre 

des  Kong-tse  ist  nur  för  dieses  Leben  berechnet,  sie  befreit  als» 

nicht  ven  der  Seelenfranderang;  die  Buddbaielire  aber  ist  auch  lär 

jenes  Lehes  «sd  liefreit  von  der  Seelenwanderasg/'*) 

*)  BacBouf,  m;  LasMn,  lad.  Ak.  II,  168.  —  *)  LaiMn,  Ind.  Alt  H,  S56  elt. 
«)  BbMid.n«  SS9.  »4  «le.  441.  ^  «) Kat  d.8ch.  a47.  -  ^Xta«.  4t.- 
*)  Bvm.  les.  199.     0  Tting-ta-aen,  bei  SehoCt»  S47. 9M.  IM.  ^  *>  Tkiaf>ta- 
M  b.  Sehotk,  m,  SS&  997. 

§  1^. 

Das  Ziel  des  frommen  Lebens,  des  Kultus,  das  Heil,  ist 
eine  immer  grössere  Aufhebung  der  sinnlichen  Kinzelhcit,  eine 
doreh  viele  Stufen  hindurchgehende  Befreiung  von  den  Ban<Ien 
des  wiridichen  Daseins  und  seinem  Schmene;  und  der  Mensch 
gelttogt  daam  daroli  die  hdehsteEriLenitniss  und  Weitentsagung» 
wem  wkhii  aehon  in  seinem  ersten  Lelien,  so  doch  dareh  die 
LAtttemngen  der  Seeleawanderang»  die  um  so  Iftnger  sich 
wiederholt,  je  weniger  fromm  der  Mensch  ist  0  Auf  der  hdeh* 
sten  Stufe  menschlicher  Vollkommenheit  in  dem  irdischen  Le- 
ben, die  sich  in  der  Würde  der  Arhat  offenbart,  ist  der  Mensch 
von  den  Fesseln  der  Natnrnothwendigkeit  befreit,  das  nntürliclie 
Dasein  und  die  \\  irkliclikeit  überhaupt  hat  für  ilm  kein  Recht, 
keine  Geltung  mehr,  und  Ihre  innere  Nichtigkeit  und  Unwahr- 
heil wird  von  dem  Erkennenden  nicht  bloss  gewusst  und  ausge* 
sprochen,  sondeni  auch  thatsächlich  dadurch  bekundet,  dass  er 
ihre  Gcsetae  nnd  ihre  Macht  nicht  mehr  ab  zn  Recht  bestehend 
nncikcnnt,  sie  dnreh  seine  willlLurlichc  WUlensniheht  dnreh« 
bricht,  mit  der  Nntnr  spielt,  das  Wirfcllehe  als  nicht  wirfcliefay 
.  als  unwahr  anfiseigt;  diefis  ist  der  Gmnd  der  den  höchsten 
Weisheitsstufen  zugeschriebenen  Wundermacht,  die  hier  also 
eine  ganz  andere  Bedeutung  hat  als  bei  den  ßrahmanen.  Bei 
diesen  ist  sie  der  positive  Beweis  der  in  tleiu  l 'minnien  wal- 
ieiulen  ßrahmamacht  über  dif  Crcatur,  bei  den  Uuddbistrji  hat 
sie  einen  verneinenden  Charakter,  hat  nur  die  Unwahrheit, 


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S6& 


die  Haltlosigkeit  des  Daseins  zu  zeigen ,  welchem»  dem  gewöhn- 
lichen Beu  usst.M  in  als  fti»t  und  wahr  Diese  Wandermacht 
weudet  dtr  ftumrne  Weise  dazu  an,  den  Schmer/  des  Lebens 
den  Meij>.clitii  /AI  tTicichteri).  Dieses  Thema  wurde  besonders 
s^ter  der  spielenden  Phautasie  eiu  sehr  ergiebiges  Feld. 

Die  höchste  Stufe,  die  der  Mensch  aa  erstreben  hat,  ist  die 
Bnddäa-WMe;  wer  ihrer  theilhailig  wird»  ist  dem  WeekMi 
der  Gestalten  und  der  Seeletfwenderiuigp  eatiionuiiens  »»In  Bud- 
dha» der  die  Bedingungen  des  GelNireawerdene  «ad  Sterbeaa 
mnMohtet  hat»  nimait  dae  Sterben  ein  Ende;  w0tk  Allen»  welehe 
dteseir  Bnddhawfirde  nocli  nicht  theUhaftig  geworden,  g^ebt  es 
Keinen,  der  nicht  dem  Tode  unterworfen  wäre.**')  Die  Buddha- 
wurde ist  nur  erruni;ci),  nicht  urspfHinglich  einem  Wesen 
eigen;  ein  Buddha  ist  nicht  ein  Gott,  der  sich  in  die  U  elt  herab- 
senkt und  seiner  Gottheit  sich  entäussert,  sondern  er  ist  ein 
Mensch,  der  sich»  der  Welt  entsagend,  über  die  SchranlLen  des 
natürlichen  Seins  emporgeschwungen  hat;  „alle  Boddlia's  sind 
es  wahrhaft  geworden/^*)  Bei  den  Brahmanen  werden  die 
Gatter  a«  Menselien»  bei  den  Baddhiatea  die  Mensehen  gewisser* 
massen  an  CvOttem;  dert  geht  dieLebensiMwegung  des  Alle  Ton 
Ceaftrom  naeh  der  Peri|^rie,  von  oben  naeh  nnten,  hier  von 
unten  nach  oben,  von  der  Peripherie  zum  Centruni;  aber  das 
tyentmm  ist  hier  gleich  Nichts. 

Atle  Menschen  sollen  Budtiha's  werden;  aber  es  gelten 
auch  in  den  höchsten  Kreisen  nach  späterer  Lehre  noch  Kang- 
unterschiede;  ^kjamuni  ist  gegenwärtig  der  höeliste  Buddha, 
gewieeer messen  der  Schutzgeist  seines  Volkes,  aber  niehl  ein 
Gottr —  viele  tausend  gleich  grosse  Buddha's  gingen  ihm  Tonui 
«nd  werden  ilun  noch  folgen;«)  die  belehrende  und  leitende 
Thitigkett  fakjannint'a  ist  eben  nur  über  die  Gränaen  des  irdi- 
schen Lebens  hinaus  erweitert,  bleibt  eher  dennoeh  refai  meneeh- 
lieh,  und  Buddha  wird  dadurch  ebenso  wenig  zu  einem  Grott,  als 
CS  etwa  ein  Schutzheiliger  ist.  Endlichkeit  und  Vergänglich- 
keii  ist  das  Wesen  alles  Daseins,  auch  Buddha's  selbst. 

Zunächst  unter  dem  höchsten  Buddha  wurden  später  die 
Bodhisattva  gesetzt,  welche  die  höchste  Erkenntniss  errungen 
iiaben  und  als  hÜfreicfaeSchntzgeister  in  den  höchsten  Geistlichen 
wiedergeboren  werden,  um  »»alle  Menschen  ohne  Ausnahme 
der  BnddhawMe  theilhaftig  an  machen.**  ^)  Der  Dalai-Lama 
ia  Tfibei  gilt  als  eine  solche  mensehliehe  WiedeigelMn  eines 
Bodfalsattirn»  seltener  nnd  Inoonaeqnenl  ala  eine  Gebart  des 
fehjamnei  selbst. «)  Die  hrahaanieehen  Avataten  [S.  f7L  tt7] 


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M6 

  I 

llegeM  au^eiisdi^lMi  dtaett  MeMckwörtoee»  der  Biidhi. 

gastcr  OT  Chninde. 

Ton  Wundern  wiMen  die  BuddhamsbrifteD  viel  su  eniUen, 

•  iiidst  luit  dem  gowühnlichen  Charakter  de«  Maasslosea.  Die  buch- 
sien  Geistlichen,  die  Arhat»  niüsseit  JuUc  (><  stall  annehmen  können, 
iiiüsscn  auch  die  icisc^tcn  Tunc  hürcn.  <lic  Gedaiikcn  Anderer  und 

>   ihr  (iehcti  \ov  ihrer  licliurt  erkcinicu  und  auch  tiie  entferntesten 
ÜInge  sehen,  das  Vergangene  und  da«  Zukünftige  schauen. 7)  Die 
frönimen  Bhikdchn  können  sich  verwandelD,  Jk/Haoeo  einen  einsigiea 
'  käekh  in  1^000  venrielAltigen  und  die««  dai»  wieder  in  ein^  ver« 
■  uamleln,     [eh  aehr  beliebte«  BIM],  <—  bßimen  in  Rame  liagaa 
'  diMi  Beirge  und  Felaen  biadorch,  Ina  Waaaer  nad  ia  die  Erde  aidk 
■enlfenf^  wenn  ein  BUkaehu  'Wandet  tbat»  erbebt  jedesBMl  die 
£rde.^)    An  den  ZauberlcrXftea  nebmen  aacb  die  ^eiatttebett 
l'rauen  Theil.')  —  Die  Sutras  hetrachtcn  die  Wunder  als  ein  wich- 
tiges Mittt^l.  der  f^ehrc  l.ingatig  m  verschaffen;  „die  durch  ciuc 
iilteriiaturiit  he  Mnchl  bewirkten  Wunder  ziehen  schnell  die  ge^vithn- 
liclieii  Menschen  an."  i^)    Von  ^akjaniuni  seihst  erzählen  die  hei- 
ligen Schriften  viele  phantastische  Wunder.  Buddha,  mit  den  Brak- 
'  maneu  einen  Wcttkampf  eingehend,  der  vor  vielen  100,00(1  Menschen 
•irtatlindet,  aeadet  den  Boten,  der  Ihn  auf  den  Bdwaplata  «kboll, 
'  ikifloh  die  liuil  surOek)  lAacbt  das  m  Flanuacn  atebende  Gebiade 
durch  seinen  bloaaen  Willen,  Ifiast  eto  die  gaaae  Welt  erleaebtea- 
'  dea  Licbt^eiacbeiBeD»  maebt  dureb  AofaCaiapfeu  ndt  dem  Vaaae  m 
Erdbeben'»  Loteablnmen  fallea  ana  der  Luft,  und  Umnilacbe  Har- 
.  nioirien  crtfincn,  iStrahlen  gehen  von  seinem  Körper  aus;  er  ver- 
.  ^('Inviiidei  jiiöulich  von  seinem  SitzQ  und  erscheint  schwebend  in 
<ler  Luft,  sitzend,  gehend,  stehend,  liegend,  bunte  iStralden  um 
sich  ausbreitend;  von  dem  untern  Thcile  seines  Korpers  gehe» 
tflaaunen,  von  dem  oberen  Itei^en  aus»  einem  VeratimiueUen  setzt 
er  die  abgehauenen  ÜSade  und  Fdsae  wieder  an,  u.  s.  f.  Zuletzt 
eracbeineu  lauter  aitaende  Buddha'a  aeben  and  über  einaader  hia 
eaipor.   Baddba  fordert  nua  die  Brabnanea  auf«  ein 
Olelches  au  tbtta;  da  atnaat  lauacr  Biaer  deo  Andern  aa:  Geb  da, 
'  du  bfat  an  der  Reibei  aber  Keiner  effaebt  aicb.  Da  Yeracbwiadet 

•  ^daS  'CkbSode,  unler  welebem  aie  Mtzen,  «nd^  werden  rmr  ebeai 
i'latzregen  überschüttet,  ^v;ilircnd  die  um  Buddha  Versamiaelteo 

'  ohne  Regen  bleiben;  die  Brulimanen  fliehen,  ^i)  - 
»        Die  Scelonu  aiulernng  wird  in  den  Budd haschritten  mehr  als 
'  anerkannt  betrachtet  als  begründet.      Wie  ein  6piegel,  abge^visi  ht 
und  gereinigt/  klar  wild,  und  die  GegeaatÜade  in  ihm  deutlich  zum 
i  VövAcbeia  kmoMii,  ae  konmt  «mfa,  wem  die  Leblnoacbaft  fiaa- 


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507 


lieh  bej»eitigt  ist,  und  mau  uiu-h  dem  iieüei/.  der  i\iehtii;keit  wan- 
delt,  die  ErioaeniMg  an  die  fräliere  Existenz  **  ^'*)  „Dem  Mensdieo 
wird  hieiiiedeD  fergoUen,  was  er  tu  einem  früheren  liasein  ge- 
tiian/'  <s)  ,,Der  Meaach  stirbt  efgentlidi  niemalf«.  Die  Seele  nfanmt 
in  eMeai  Kj|fp«r  llne  Beliavnng  und  Mehl  Ihn  ehe  Zelt  lang; 
<ieeo  -neoet  man  gehören  werden  «ad  leben;  eie  Teriiaat  den  Klir- 
per  wMer,  dieaa  nennt  man  Sterben.  Dan  fCemmen  uAd  daa  Oeben 
der  Seele  sind  Wirkungen  früherer  Ursachen.  Veriyeltiinii  IVir  Tin- 
ten; ist  die  N  crgeltung  für  ihre  früheren  'l'liatrii  i  rsrhöpK,  so  wini 
die  Hülle  aerstort,  und  nn.scrc  Sccl<!  wird  \uu  i\or  \  pv»iAiuuv,  lür 
die  Thatcn  dienet»  Lebens  in  eine  andere  VVohnMUilte  getrieben; 
diese  iai.Netnrgeaetz:  um  aber  der  Hoelenwanderung  entrückt  und 
von  allem  Jammer  crIoKt  ku  iverden.  bewerbe  sich  der  Menach  um 
dba  ÜeaL^-M)  iincb  die  VeracMedeakeit  der  Kanten  wurde  anfange 
mam  der  jSeelenwanderung  eHAlirt.  1^)  Die  Seelenwanderang  wird 
ancb  auf  daa  Thierreleh  anagedebnil  irie  bei  den  Brabmanen;  ein 
bwddbieliMea  Volk  x.  B«  war  rorbcr  ein  Miwarm  wÜder  Bienen; 
bSüc  Mcnselien  werden  Schbuigen ,  Skorpionen  etc.,  weniger  b<iae 
i%erdon  lvlc|jhant<ni  n.  a. 

Mit  jlcr  lichrc  von  «Icr  Neclenivanderuni;  \i'rliiiMli»t  »irli  am  Ii  die 
aus  der  iiraiiiualeiire  eritn<imnHMr(*  Vors(<'lluri^;  von  inclirertMi  tlül- 
loa»*^)  und  in  den  nu'hr  genii»icbti>ii  Lclir^iystenien  die  einei»  wonnigen 
HimmelH  für  die  Guten.  In  letzterer  ergeht  sich  bef^onders  der 
tibetiache  und  chlneab^che  Huddhismus,  malt  die  Zukunft  mit  den 
Inckeadeten  Farbe*,  ein  Leben  in  beatfindiger  Jagend  In  einem  Pa- 
radiene  voll  Qold  und  Bdelateinen»  die  Luft  mit  Woblgerdcben 
gefiilll  und  «ronnevoUen  Uarmonieen,  die  ailberaen  Bfiume 
voll  kontbarer  Frflebte,  die  Menschen  waehaend  aua  LotoaMnmen 
u.  s.  vv.;**')  dic9H  sind  «her  fremdartiGre  Venini*ta Hungen  der  reinen 
l^ciue^  die  «elbait  in  (  liina  iimi  i  übet  mmi  <Ipti  tiefer  Erkenncndon 
eulNf'hti-tlcn  verivorfen  werden;  .^es  giebt  nur  ein  l'aradie»  de» 
Herfens ;  aut»tier  ihm  Int  keins.'' 

.,AUe  Mennchen  können  Hnddba*M  werden;  dai^  Ziel  alier  \si 
die  ßnddba»'firde;'^M)  dann  haben  sie  die  bücbste  Erkenutnlas  and 
MaAty  lind  sind  der  Qnal/der  ^Seelenivanderung  entnommen;  sie 
wirken  .afcigeieligeiläeht'e  flir  daa  Wohl  der  Menseben«  dem  ^^akja- 
mMt  an  Knbg  vfilMg  gleicb.«)  —  Buddba*s  Sebutawatten  wird  bis- 
weilen^ -mit  emeii  Aaflugie  von  brabmaninchem  Pantfieiamua  als  ein 
Gittitohnen  desselbeh  In  dem  Menäeben  vorgesteNt;  „lluddba's 
Her/.  Mohut  in  alien  Wesen  und  lä^st  .sich  darum  aus  den  Wethen 
ziehen  wie  der  Rahm  ans  der  Milch.**«*) 

Au  den  Uedankeu  steigender  VoUkommenbeit  der  Frommen 

Digitlzca  Ly  Gu^.' . 


M8 


scblieas«  Mt  4ie  VoratolkNis  too  Sekntsgeisfeftt  wflklM 
arsprfingllcli  Menccben,  ■achlier  mn  bSkeren  Stute  der  VoHhaai* 

iiienheit  aufgcstiegeD,  den  Menschen  beistehen;  —  oft  werden,  in 
Erinnerung  uii  tlic  hrahmanische  Gottcblchre,  drei  hübere  Geister, 
—  niedriger  als  Buddha,  —  besonders  hervorgehoben. Die 
höchstf»n  dieser  waltenden  und  helfenden  Geister  siini  die  Bodhi- 
aativa,  d.  b.  ,,daa  Wesea  der  Krkenntniss  Besitzende/'  weiche  aber 
^•n  der  SeelenwaDdeniug  noch  nicht  befreit  sind,  vielmehr  zum 
Segen  der  MeoeelieD  wieder  geboren  wenlee*  Es  ist  die  Dsich- 
gangsstofe  znt  eageotlielien  Baddbawfinle.M)  — >  !■  deai  titeUeihea 
«ad  noflgellaclieD  uiid  fibolich  im  ehioeaiachea  Buddymiis  Mei 
sich  auch  michtige  b9ae  GeUter«  die  aar  Sincle  verandieB,  abo 
Widersacher  des  Buddha  sind,  die  Mara  oder  Schitpn,  (ehinesiscb 
SL-hiu);2^)  dici^äi  gehurt  unzweifelhaft  den  schaniani^ichcii  Bei- 
niisehnngen  zu  der  reinen  Buddhulehie  an,  die  davon  nicht««  wei«s. 

Die  Menschwerdung  der  höheren  Geister  ist  nichts  anderes 
als  eine  Seelenw anderuug ,  deren  Zweck  ein  criuseoder  ist  lier 
f  .amaismus  hat  diese  Seite  des  Buddhisraus  besonders  entwickelt 
Wenn  ein  Bodhisattva  von  einer  Mutter  empfangen  und  wenn  er 
von  ihr  geboren  wird,  entsteht  ein  grosses  Brdbeben,  ebenso  wem 
er  in  den  Himmel  surflclAebrt.^^)  Diese  Menadiwerdongeo  spieles 
besonders  in  Tfihet  eine  wichtige  Rolie.  In  Tfibet  sind  etgeotlich 
immer  swei  geistliche  Obeihaapter,  in  derea  Jedem  eia  Bodiiisattr« 
Mensch  wird;  der  eine  dieser  sich  verlcoriiemden  Geister  siebt 
hoher  als  der  andere,  und  i.st  zwar  nicht  ^akjaiuuni  selbst,  aber 
mit  iiini  in  engster  Verbindunt?.  Beide  OberhSupter  weihen  ein- 
ander gegenseitig;  der  {xditistli  bedeiitsrxmerc  ist  der  Dscha-nitso- 
Jjaiua,  [lübetisch  =  Weltmeer  der  LuniaJ,  bekannter  unter  dem 
gleichbedeutenden,  halbniongolischen  Namen  Dalai-Lama.  Die 
%veltliche  Herrschaft  der  Oberlama  schreibt  sich  erst  von  der  Ad- 
Ordnung  des  Mongoienherrschers  Knbilai  her»  der  125)  Tibet 
eroberte.*^)  Aach  das  geistiiehe  Oberhaupt  vieler  LamaklSSler 
gilt  als  ein  menschgewordeoer  Bodhisattva,  Bei  dem  Tode  eise» 
Oiier'-Lama  n*«rde  sonst  die  neue  Verkörperung  des  waftesdes 
Bodhisattva  durch  eine  Art  Oral(el  verlrflndigt;  ein  Kegenbogei 
oder  ein  anderes  Zei<;heii  /eii^te  den  Weg  /ti  dem  Orte,  wo  der 
wSchntzgeist  wieder  Mensch  geworden.  Der  bezeichnete  Mensch 
musütc  «ich  einer  Prüfung  unterwerfen,  und  den  Beweis  seiner  Ein- 
heit mit  dem  Cvestorbcueii  fuhren,  indem  er  dessen  Bächer,  GerSlh- 
schaftcn  etc.  aus  anderen  herausinden,  oder  Angelegeaheites,  die 
Jenem  beluuint  waren,  wissen  masstew  Bei  der  Wahl  des  Dalai- 
Lama  verOhrt  maa  jelit  viel  einfaeher;  es  worden  dieNemea  daer 


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Mi 


Anzahl  in  der  Todesstunde  des  letzten  Lama  geborenen  kimben  in 
ein  goldenes  Gefiisa  gewurfen,  uod  nach  einem  finrhfltcr  wird  im  Bei* 
•ei»  des  duoestcbeo  StAlfthaltere  der  Olane  des  neuen  Lanu  Uer- 
wegoloeei;  eA  werden  nur  Kinder  von  soldien  FaMÜieii  ta  die  Wafcl 
geiogee,  «reiebe  die  chieeeieche  Regiermig  begfaMigii  die  Biel»* 
fwweedtee  der  hebe»  LeM  eied  aM«gesclileeeee»M)  IMeeetLaM- 
eystem  IM  mr  i»  Tibet  »ad  in  deai  deTon  ebbiegige»  tteogetteeben 
BeddMeeM»,  oed  weder  in  €Ub»  noch  in  andern  LXadem.  Scboo 
lange  ist  dasselbe  in  entscliiedenem  Sinken  uud  gilt  vielfach  nur 
nocb  alö  politische  Handhabe  der  cliinesischen  Herrschaft.  Die 
Lama  selbst  sind  nicht  immer  die  (liäubic^en.  Die  Missionäre  Huc 
und  Gäbet  reiften  zirei  Wochen  lang  mit  einem  achtzehnjährigca 
Oberlama,  dem  eeiee  steife  Wfiide  «ehr  schwer  wurde;  die  Gläo« 
bigen  fielen  vor  iftm  auf  die  Knie;  er  plauderte  aber  lieber  b»  Zelle 
geertMbIluh  «ad  beltor  bH  dea  ^Laiaa  de»  Weateae;««  wea»  am 
ib»  Iber  eetee  MeaaebweidaBg  befragte,  wvtde  er  tetb  «ad  aegte: 
„epreebt  Mir  »lebt  vea  diese»  Dfaig«B,  ibr  aiaebtaM  inuu<g.">«) 

*)  BnnKmf,  I,  p.  i:>2.  Sduaidt,  SM&ang  SMtoen,  p.  4M.  *)  9mm, 
SwlMB,  p.  348j  Hoer. ^vmoL  At.  VH,  f.  177.  •)  M  Maid*,  fli.  ^  ase- 
—  «)  flcMli,  Foneb.  &  171.  179^  Foe-Sona-Ki,  p.  19«.  —  M  Scbnudtt 
8t.  SfltfMn»  8.  419.  439  «Ic^  809  elc;  Foa-K.  K.  134  «le.}  fidwtt,  a.  a.  O. 
169.  170.  —  •)  Schmidt,  8«.  St.  p.  414.  93S  etc.  SS7;  dattelben  Tonchungcn, 
S.  209;  Foc-K.  K.  p.  118;  Schott,  185  ff.  —  ')  Born.  I,  p.  294;  Foe-K.  IL 
30.  3«.  9^.  207.  —  •)  Foe-K.  K.  217.  —  •)  Wilson,  Theater  d.  H.  II,  III.  — 
»«)  Bnrn,  lys.  —  '»)  Born.  153.  164.  171  —  185.  195.  262,  »»)  Sutra der  42 
SAuc,  V.  JSt  hielncr,  n,  a.  0.  p.  71.  —  *•)  Bei  fcichott,  a.  a.  O.  '^24.  —  »*)  Tsiiig- 
tu-ucu,  bei  Schott,  25u.  —   '»)  Burn.  211.  —  Töiug- tu  -  ucn ,  b.  Sviiud, 

257.  271.  2  7ti.  —  Burn.  2ul;  Foc-K.  K.  296;  Taing- tu- uvn,  bei  Schott, 
330.  345.  —  FalUs,  histor.  Kachr.  II,  64;  Schott,  211  (t;  9S6w  989.  989.  — 
>•>  Mv-ta^M,  bei  SAoll,  990.  —  BInuL  948.  ^  «0  iM.  901 
Ibe^X.  K.  190.  ^  »B  moeiaHwhw  KatacUnnwi  M  8«sboM,  a  188.  — 
*•)  Sofeeti,  990i  —  *<)  Bm.  109.  110;  Soa-K.  K.  9.  10.  90.  88.  87.  190  ff.  ^ 
*•)  Klapioth  im  Foe-S.  K.  947 ;  Schott,  a  188.  971.  —  *•)  Klaprodi  im  Foa-K.  X. 
917.  —  *0  Schott,  S.  192;  Neumann,  im  Ausland,  1846,  S.  51.  53.  ^  **)  Schott, 
198;  Hae  and  Gäbet,  im  Antlaad,  1850,  8. 880.  —      A.  a.  O.  880. 

S  174. 

Ein  F  o  r  1 1  e  b  c  n  deaMenaoben  MMdi  dem  Tode  wird  also  zwar 
M9  der  Fom  der  SeeienwaBdemag  eus  derBrabraalelire  karObdr« 
geooanaeB,  md  es  werde»  die  TeraebiedeBem  NetwaBtege»  und 
Sebidksele  desMeBseben  ia  den  gegcnwirl^eBLebeB  elie  dieser 
VMdelHing  hergeleitet,  i)  —  aber  wie  eelieii  ia  der  BrabaMdebre 
die  Seelenwandemng  ein  untergeordneter  und  vorfibergeheader 
Zustand  war,  und  eigentlich  als  eine  Strafe  für  die  Ujifrommca  be- 
trachtet wurde»  so  gilt  diefiolbe  im  Baddhkmns  aoeli  viel  mehr 


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S70 


als  ein  unvollkomincner,  voi  ülu  rs^eheoder,  nur  den  (Juweisen 
treiieriiier  Zustand,  hat  zum  Zieh-  die  Erreichaii§;  der  höchsteu 
Erkern itniss  and  Sittlitüikcit  und  damit  zugleich  das  Kiiigeheu 
itt  das  Nirväna,  das  reine  Nichtsein,  in  das  voUkom- 
mme  Verloschen  in  Vichts.  Das  inneffe  W«mi  4et  Welt 
iai  41a  Nicirtigkeil,  und  diaaaa  Wesen  nmss'MlaM  ^ick' alles 
mmtSm  Daaein  IriodarelMkiiigen,  iii«as.alie  Form»  das  Mas 
▼Ott  aich  aMrelfen;  und  wie  i»  der  Brnkmalahre  alle  Welteau 
wieferimig  zo  eiaer  AaflAauag  in  daa  eine  Brahma  hinflUiHe,  so 
muss  im  BuddhistiHis  alle  Entwiekeiiing  zur  Aiifl(>sung  in  da» 
Niehls  hinfüiiieii;  denn  alles  ist  auä»  dem  Nichts  ent>»t{indcu  und 
alle«  wird  zunichte;  der  Sitom  des  Lebens  l  ausehi  der  Ver- 
nichtung zu,  und  zuletzt  wird  alles.  \vi(:  es  atn  Anfang  war.  — 
die  grosse  Kulie  des  ISiciits.  Mit  der  Gehurt  ist  auoh  der  Tod 
gegeben,  und  die  Wahrheit  alles  Lebeadf^en  liegt  darin,  da^is 
seia  Pulssdilag  dem  ewigen  Tode  «iitgegenschldgt.  Alias  lie- 
ben iai  ein  Sterben,  aUes  Waeliaen  ein  Veitelent  «bw&ris 
alidmen  den  Daseins  Wellan;  jede  Mgende  Periode  dea  Weltea- 
lebeoa  trägt  kennlKolier  die  Züge  daa  Xodea  nndi Immer  hastiger 
eilt  es  der  Vemfehtmig  «n.-  Der  Thdr  mir  htit  die  Dinge  ftr 
bestehend,  und  alle  Weisheit  ruht  in  der  Krkemitniss,  dass 
alles  niülitig  uiui  eitel,  alles  ein  Üüchtiger  SchauiU)  ein  trüge- 
risclies  Scliattenbild  ist 

Mag  iuimerliin  dicßuddhawürde  ein  glänzendes  Ziel  mensch- 
lichen StreUens  sein;  auch  jeder  Buddha  veriiiUt  dem  grossen 
Schicksal,  und  es  kommt  der  Tag,  wo  aneh  diese  HerrUehkeit 
zerstiebt,  und  der  Buddha  eingeht  in  das  grosse  Nichtsein. 

Aües  Weltlebeo  geht  abwärts,  verliert  unmer  mehr  aehie  Voll* 
konaneDheit;  moehte  oneb»  aach  aiaer  opMarea  Sage,  daa  I^ebao 
der  ersten  Meoschen  so  viele  Jahre  daaem,  als  die  Zahl  der  Heiscu- 
tropfen  betraget!  würde,  wenn  es  auf  der  ganzen  Erde  ilreiJabrIang 
utumlerbrochen  K  ^ncte.  —  iku  U  Auderri  dauerte  es  84000  Jalire, 
.Sil  sinkt  (Iiu  li  lij  (Irti  iolfjcndcn  Geschlechtern  die  fjebcnsdaucr  im- 
mer liiolir.  iHid  tias  l(;t/l(i Mensehengeschlec'li t  w'ud  nur  hmcIi  lOJ.ilne 
alt,  worauf  die  gegenwärtige  Welt  untergeht^)  —  »«Jeder  liutidlia 
binterUsst,  wenn  er  in  das  Piirvana  eingeht,  eio  Gesetz,  welcb«^ 
den  folgenden  Geschlechtern  verkaadigl  wtrti ;  dieses  Gesetz  zer- 
ttUt  m  dreiStalBBt  die  vellkflnaneae,  die  scbeiabaie  and  die  JMilsf 
«ean  di»  Iblale  vergaagea  iat,  wecdea  die  Bfaasebea  dämm  werdm 
nad  dem  Btea-nnebhaagea;  and  Ihre  Lebenaaait  wird  vea  sisigm 
KNMMMI  iafarsB  ao  vetlilmt,  daaa  die,  welche  des  Morgen»  gdhsfss 
werdea,  dea Abeada  Wieder  steihtfa."*) 


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S71 


»«Uer  SftBftira  l^die  wtrkliehe  Weit]  iat  aetner  WMWlitit  MMOh 
leer,  seioer  Form  nach  trdgeriach,  seinen  Wirkongen  mmIi  ▼«r« 
Jcrhüdn  fiirvikaa  bt  mmIi  Miaer  Wetenheit  nach  lear,  «b«r  «t 
v«rdohletj6il«liMKtoiiS«irfb6ridtVDBalle»ÜM  NMAm 
heJewtet  M  <kdi  ds»  AaaliseheB^  wm  «Iom  F«aM,  «In  spar« 
l0«Mi  V«ndnviate  «Ibm  veifcer  VoriMatooB.^  „Dm  pam 
wHBodato  BaAdkiy  MidkihBi  9t  allo  PIMMMmi  elMM  Ba^dHHi 
erfällt,  wurde,  (gleichend  einem  Fener,  dessen  Nahrung  auC- 
gexehrt  ist»  ganz  vernichtet  in  das  Element  des  Nirvana,  wn 
nichts  mehr  ührig  bleibt  von  dem,  was  die  Existenz  auMmarht. 
Uie  iet^icrc  t  orniei  Itebrt  oft  wieder,  oder  wechselt  mit  ähnlichen 
ak,  wie:  „wo  nichts  von  den  Elemeoten  4er  Eiiatawi  tiärtg  bleibt, 
W9  ktiii  Einzeldasein  mehr  ist,  wo  F«nn,  Gcfahl^  €Maali«i 
BftHMBtaiai  aafliiiw/'  lUe  abMinl«  Laere»^)  SMgo  waaigar 
pww^aiwte  Mcteo  «ad  SiMeo  faaaea  sivar  daaNlnraa*  aef  laaara 
Waiae  ala  daea  Sfiaataad  aagaatflrtar,  aahawcgter  R«la$  aber  dto 
fciawiaa  aad  airengereaBkbtaagea  lebrea  aiit  aataebMaaer  flUor« 

am  Ziele  aebioa  Lebeos  in  4ie  paewiKcba 
Leere  versinkt,  in  die  ewige  Vernichtung:  nnd diese  Vcrnichtong  int 
eioOewinn,  ist  das  höi  liisttctiut,  well  sonst  der  Mensch  fort  un<l  [ort 
die  Gestalten  der  Natur  <1i]r<  lilaufen  mffssto,  iiud  besser  als  dic.'^es 
int  das  Garnich t8e in. Ein  individueile^  ewiges  Fortleben  nach- 
iksm  Teda  kaan  au  1'  dem  Standpunkte  der  objeelivao  Wcltan- 
sdiaauag  aar aaf  ilaa  untoraa  IMofen  Geltung  babeo,  wo  die  W<dt 
#liorbaa|it  aar  aaler  der  Form  der  IndivMaaHtlt  erlkaat  iat;  ei« 
Faftlabw  der  Mea  FeraüallcbkeU  aber  ^Ort  dieaer  Wallan. 
achaaa^g  flttafbaa|il  okht  aa. 

Bnmoiif,  1,  105.  414  etc.  —  •)  Schmidt,  Forsch.  8.  182;  Ss.  Ssctsen,  S.  .102. 
A.  'BLcmnstii',  mcl.  po«th.  p.  108  {  Foe-Kouo-Ki,  p.  389.  —  *)  AninUeti  der  Bai  t.  lieii- 
nMD  ta  niewi  Z.  III«  2,  m  -  «) Mii^tvL  iUtwb.  b.  B«bslt,  191,  Bwa. 
18}  TgL  Scholl,  im  —  •)  Bnn.  590;  TgL  78.  —  ^}  Biira.  M9.  59S.  009«  ftl9.  — 
*)  Bonm.  442. 

Zwdter  Abschnitt. 
WlMeuwliall..  AirML  Mnmt 

§  175. 

l>ejr  Buddhismus  batia  Beziehung  auf  di» Witweniahaft  Moeh 
girilyre  Hemnniaae  als  daa  BgahiMi*BewmgUi^>  fotaaliifaiid 
diMe9k4Miclida8JiiteMMaiider  Well,  so  bliab  d^^ui«»«» 
ktfimi  imiermie  «n  Gott;  os  w«r  oiii  fMüiver  lliltelpwkl  if». 


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_i7E_ 

Daseins  da,  und  alle  ciiizcinei)  Dinge  aui  ileiiselbeii  zu  beziehen, 
war  von  hoiier  Bedeutung;  der  Brahmane  vcitieft  »ich  e^ern  iu 
das  Übersinnliche,  und  sein  iiüist  beschäftigt  sielt  viel  mit  den 
Gedanken  über  das  Göttliche,  über  den  Ürisiprung  der  Weit,  über 
die  Rückkehr  aller  Dinge  zu  Gott  etc.  Der  Buddhist  aber  eul» 
bclurt  iKeses  Mittelpunktes}  aiies  Theologische  AUt  aus  daaiB«- 
fciohe  dott  Denkens  imr^  nnv  dnn  EinroliMtM  Münk  «Mg; 
aber  ans  dieaem  liliakt  aberali  der  Schneen  ilun  eRigegea,  «ber- 
all  stitaat  am  das  Elend  aurOnk}  ee  iat  nieirta  da^  In  waa  «r  aidi 
mit  Freade  vertiefen  Mimte;  anr  sn  klagen  vermag  er  über  die 
Welt,  nicht  sie  mit  ernstem  Eifer  zu  erforschen;  nllc;s,  was  er 
an  ihr  erkennt,  ist  ja  nur  Elend.  Der  Buddhist  hat  darum  kein 
Interesse  für  die  Wissenschaft.  Selir  reich  zwar  ist  seine  Litte- 
ratur,  und  alle  Klöster  fast  haben  ihre  Bibliotheken,  aber  der 
Inhalt  aind  meist  nur  Betrachtungen  Aber  die  Nichtigkeit  aller 
Dinge,  aittUebe  Regeln  nnd  Diac^Unar-VeraehrilVen  für  die 
Geiatlichen^  oder  ptontnatianfaelkiwnareie«  Aber  dis  BiaMiiI 
nnd  die  Bnddha^e*  Die  Litteratnr,  die  nna  ibri^ena  nadi  apirikb 
bekannt  lal»  hat  nnck  in  dar  Synrake  dna  nationilb^£leaMnt  ab- 
gestreift der  nrs^ftngUohen  Sanakrflapeaeke  kaben  aiek  .später 
die  Sprachen  alier  der  Völker  beigesellt,  welehe  dem  Buddhis- 
juus  huldigten. 

Was  uns  vüii  philosophischen  Scliritten  genaiuit  \vird,') 
ist  uns  zu  wenig  bekaiint,  um  darüber  hinreichend  urtlieilen  zu 
klonen;  sie  scheinen  aber  wenig  mehr  als  vereinzelte  Bamffkw- 
gen  zu  enthalten;  eine  wirkliche  Philosophie  ist  hier  kanm  mdg* 
iick,  denn  alle  Philosophie  begreift  das  einnekM^Seni  nnr  in  den 
nnbedmgten  raigen  Sm;  der  Bnddbiamna  aber  yemeint  diaHs 
Sein  «nadrieldich;  aerriaaen  wie  die  witkliehft  Weh  kann  ancb 
nnr  die  Gedankenweit  der  Bnddbiaten  sek^  wo  kein  Gott  isi» 
iat  auch  keine  Philosophie.  Das  Denken,  welehes  durch  die 
JSchalc  des  Daseins  hindurchdringt,  hndet  hier  kuinen  Kern, 
sondern  nur  hohle  Leere.  Das  Nichtsein  ist  alles  Seiendeii  m 
nerstes Wesen;  die  Philosophie  begreift  aber  nur  dasSein;  .,alle 
Systeme  der  Denker  sind  eitel,  denn  das  Mioktige  iat  ihr  In- 
balt;  wozu  also  denkend  forschen? 

Die  Geachichte  sckeint  die  einzige  Wiaaenachaft  zusein, 
welobe  Ton  den  Bnddbiaten  mit  liebe  gefiAegt  wnrde,  im  üatsr* 
aehiede  von  den  Brabnanen.  Der  Buddhianraa  atammt  niebftwie 
dnn  BrMnantnIkBtt  ans  grauer  Ikneil,  aendem  Iftt  dnrck  eise 
geaeüchtiiebe  Tbat  geworden;  nnd  er  bat  eine  geadieUM« 
An%ai^9— er  will  die  Mensobheit  sich  unterwerfen.   DerBttkr  ^ 


Digiii^ca  by  Gu..- . 


S7d 


maße  wird  in  seine  Idee  hineingeboren ,  der  Buddhist  muss  sich 
erst  za  ihr«  bekehren ;  sie  hat  einen  bestimmten  gttefaiofatliches 
Anfang  und  ein  gescluchtliches  Zi^  filaheriBteresiirea  aloh  dii 
IWaitoteBwidiMhr.abdieBnihiMMftediaG««  b 

iie  aiMi  die  emiigeii  MfiMshen  Qaellen  fiir  ihm  Velkes  Gef 
•dMite,  ^newolil  4»  MgenhafteChanikter  auch  hier  yorwaltet 

Das  zu  den  heiligen  Schriften  gehörige  Buch  Abhiiiharnia^) 
wird  buddhistische  Philosophie  betrachtet;  es  scheint  aber 
mehr  thcologi.«che  Ert5r((>rur>i7«n,  als  wirkliche  philosophische  Oe» 
dankenentwickeluog  zu  enthalten.  Es  werden  auch  verschiedeoa 
phüo MO phische  Schulen  genannt}'*)  die  &lteste  derKclben,  die  der 
jSoabhsfikas,  scheint  nach  den  unzur^dienden  Nachricblaa  ailt 
der  twmwiinrhon  Mihy».nUoflephie  hb  WeMn  ms  s»  Mb, 
dm»  Coose^ei»  die  Baddhalebre  su  belnditeB  ist  [8.  428);  ei 
ist  UDS  aber  über  diese  Sdralen  noch  su  wenig  boha^t^  uai  Iber  die 
Asktsündigkeit  der  buddUstischeB  Hllssofills  uHfcsÜSD  su  l^Sii. 
neu.  Es  scheint  wohl,  dass  sie  durch  den  geistigen  Kampf  mit  den 
Brabmanen  die  Disputirkunst  f^tMleutend  entv%'ickelt  habe»  ob  sie 
aber  darüber  viel  hinausgekonimrn  ,  ist  sehr  zu  pÜVIhaft. 

Die  Geschieh tschreibung  beschäftigt  sich  natürlich  Vorzugs« 
weise  mit  dem  Leben  des  Buddha  und  mit  der  Entwickelung  seiner 
i^irehe;  und  die  iHesten  Sutta  sind  darin  ziemlich  nichtern  und  be« 
sflOBCiit  nsd  mt  spKtsr  eigelit  sieh  sOgsttss  die  diehtesde  Sage. 
Der  dM  BnddblMos  auf  Ceyisn  asgehOrige  MahsTaasa^)  ist  das 
Iwdeutesdste  indische  GesehbdiCsirefh.  Wa»  ver  ^afcjaMni  ge- 
schab,  ist  natürlich  aseh  in  den  buddlrfstuicheB  Erelldungen  Sage. 
Krmig  A^oka  (seit  263  vor  Chr.)  Iies.s  geschiehtlicbe  Nachrichten 
und  Gesetze  auf  Naulon  und  Felsen  eingraben;  die  davon  aufgefun- 
denen sind  für  Indiens  Geschichte  sehr  wichtige  Anhaltspunkte. 

')  Lassen,  Ind.  Alt.  II,  455.— Tsinf^-tu-ncn,  b.  Schott.  258.—  Biirn.  40  ff.; 
43"  ff.  —  *)  Csoma  im  Joun».  of  thc  As.  Soc.  of  Heng.  VII,  p.  142  cU;.;  liiirii.  441  ff. 
Hodgsou,  iu  Aüiut.  lks.  X  \  I,  (T.  —  *)  M.  i>y  Uphain,  III  t.;  M.  by  Turiioui-,  I, 
1837,  Lassen,  Ind.  Alt.  Ii,  12  11.  —  Jonrn.  of  thc  As.  Soc.  uf  Beug.  iU,  1U5.  481. 
IV,  121 ;  VII,  219.  435.  865;  Lassen,  II,  215  ff.;  257  f. 

S  iw. 

Die  Indwatrie»  satfitlich  »«r  den  Laien  angehörig,  iuMin 
el»endesshalb  tos  dem  buddhistischen  Geiste  nicht  geholMiiwiir* 

den  sein;  er  ist  ihr  iVeiud  .  und  duldet  sie  nur  schweigend. 

Anders  verhält  es  su  h  mit  der  Kiiiist.  die,  nach  einer  Seite 
wenisistens,  sich  über  die  der  lirahmanen  er)»ohrii  liat.  Die  der 
Gescluchte  dienenden  Künste,  die  BauJs.anst  und  die  sie  beglei* 


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574 


temie  Bildhauerkunsl,  müssen  mit  dem  höheren  Interesse, 
welches  die  Baddhisten  för  die  Geschichte  haben,  auch  höher  aU 
bei  den  Brahnianen  entwickelt  sein.  Das  Leben  in  grösseres 
klusterliohMi  GcMeiiiMluiikeii,  das  Bedfirfiiiss  grosser  Woho* 
nmd  Versammlinigsrfianie  woBaH/t  nolhweiidfp:  dia  Bwitiml  ke- 
bett.  Dwr  oeaii  Glaabe»  dcar  sieh  mkmn  Botet  emt  mbem 
antMte,  Idtole  aellMt  daia»  aeiaeii  geaehieliiiichen 8kt§m 
«aeh  darch  groaaartige  Beaten  gesdMitfUe  Deakaiiler  n 
eetaea.  Die  bedeoteadeten  Benwerke  Mleae  eM  Teti  dea  Bad- 
dhisten erbaut  oder  ihnen  nachgeahmt.  Aber  zur  freien  Schön- 
heit gelangt  weder  die  Baukunst  noch  die  Bildnerei;  jene  geht 
völlig  in  das  Jsymbol  aut,  und  diese  verwirft  VA^ar  die  Unnatur 
der  GOttersymbole,  weil  sie  keine  Götter,  nur  Menschen  kennt, 
und  bildet  ihren  Buddha  in  rein  menschlicher  Gestalt,  aber  der 
Gesteh  feblt  der  Geist,  dein  des  Verldeehen  des  Geistes  ist 
bfther  sie  seiae  Ersdieiaang. 

Ober  die  baddhielieehe  Mueik  kKnnea  wir  noeb  doht  er* 
tMlea.  Die  Poesie  beeehriaki  eieb»  wie  es  sdueiat,  aaf 
religiöse  SagendhdMaag;  TOn  aadorsu  Diehiaugea  ist  wenig  be- 
kannt; die  trübe,  entsagende  Weltanschauung  begünstigt  sie 
nicht;  den  Geistlichen,  also  dem  eigentlich  geistigen  Volke,  ist 
das  Lesen  Ton  „poetischen  Werken  und  Romanea»*^  wie  sie 
ijbina  so  sahireich  bietet,  verboten. 

Die  Baukunst  nahm  ihren  Ausgang  von  den  acht  Behliltcrn  ftir 
die  kCrpeiüaben  Überreste  Bsddka's  [S.  diaj ,  S  t  n  p  a  (Topcn)  i. k. 
Erkdbaegen»  in  €eykm  Dageps  genannt;  Necbküdmigsa  im* 
seibea  finden  stcb  ki  alles  Bnddkaliadeni,*)  In  and  nasser 
Teeyeki.  Die  grüeseren  arcbltekfsoiseken,  laH  Qoeiere  geksales 
Nacbkildangen,  bis  S90  Fuss  Hebe,  roode,  dicke,  oben  kanielMs 
gewcMossene ,  Reliquien  oder  andere  beiltf»«  Dfnge  einseMlesseicle 
tücbliude  stellen  KUgleieh  das  Bild  des  AiU  in  zwei  vcrsehiedeoeB 
Weisen  dar;  eiiinial  ist  die  kuirelfiirmigc  Kuppel  ein  Bild  der  Was- 
serblase, des  allgemeinen  Nyinljols  der  nichtigen  Welt,  —  dann 
aber  haben  auch  die  ganz  einfachen  Gebäude  u  enii^^tens  tunerlich 
off  neun  Stockwerke,  die  neun  Weltstufen  [S,  531]  bezeichnend; 
oft  sind  sie  ganz^eKchlossen,  nild  sind  also  nur  Grflfte  oderDeok- 
adUer,  niekt  Tempel.  3pMer  tfsten  diese  Stockweifce  aaeb  BmBtr 
Neb  aMkr  kenror^  aad  es  eatstaiideB  pytamIdenOfaiige  sean* 
drelaeknslOckige  Tbtao,  wie  sie  Jetnt  besonders  kiCbkie  ysriMÜit 
siod;  der  bekannle  Pomellantbarm  ron  Nankhif  gebSrtaadi  kier- 
'  her.  Die  dreizehn  Stockwerke  beziehen  sich  auf  die  Lebenspeda» 
■  den  de»  Buddha  Us  zum  Nu-vona.   Man  stellte  auch,  besonders  in 


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China,  den  Baum  der  Erkenntnii«»,  outer  ivelcbem  Buddha  mbs,  ar- 
f'hitektiMiijsch  tlar,  entweder  a)s  «rntnches  Schirmdach  auf  einer 
S.iiflt',  oder  man  vorband  dieses  Symbol  mit  demTliurmhau,  und  gab 
jedem  Stockwerk  ein  ueit  vorstellendes  Sehirmdach,  in  welches 
dann  auch  die  frühere  Kuppet  überging.  Mau  erbaute  dergieicbea 
tiab&ude  meist  an  Orten,  die  durch  das  Leben  des  Buddha  oder 
dnnoh  eie  aadeiee  Eraigeisa  aus  der  buddbictiediee  Ceediichtt  aie« 
Bedentaag  erlaagt  hatteo. — Kiteig  Agoka  hat  Mt  auch  oai.4toA«a» 
UIAmb  der  BaakMMt  aelv  veidicat  gMiaeht{  er  eilMNiAe  vieUStapa 
aad  Vikira(IUMer);«)  vad  aach  Ja  dea  aUfdlidiea  Liadem.werdea 
grossartige  Kloaterbanten  erwähot.*)  Auf  Ceylon  wurden  besondeta 
grusele  liautcu  errichtet;  der  im  zweiten  Jahrh.  vor  Chr.  erbaute 
„Eisenpal last",  22;!  Fuss  bocb,  und  eben  so  viel  unten  im  Geiiertt 
hatte  neun  Stockwerke,  iu  deren  jedem  100  Zellen  lür  die  (ieint- 
lichen  waren;  in  der  Mitte  war  eine  von  Säulen  getragene  Halle  latt 
relcheD  Bildwerkea.  Die  Stockwerke  gaben  zugleich  die  Saag^ 
atalsB  der  in  ilmea  wolaMaden  GetstUcbeo  ao.  Das  Gebiade  atirBle 
aber  bald  aaiaMen  and  wurde  nur  tbeilvf  eine  wieder  beigeateUt«) 
Von  eineia  bald  darauf  erbaatea  greaaen  Stapaaind  Jetet  aocb  atatt* 
ikbe  Obesreata  Yorbaadea.^ 

Aach  Felaentem^el  wurden  dardi  Bnddbifltea  ansgehauen,  zum 
Theil  auch  als  Klöster  dienend;^)  diese  Räume,  als  Versanmdnngs- 
(irtt-  der  geistlichen  (tcmeinde  dienend,  sind  meist  geräumiger  als 
die  der  Brahmancn;  und  im  AiiRebbiss  an  die  Kuppel-  oder  Isiasen- 
form  der  Stupa  badet  »ich  luer  auch  diu  Deckenfonu  des  Toaaenge» 
wiilbe.'«  vor.e) 

Die  Büdbaaerei  acbad't  wenig  freie  Gestalt;  der  sitzende,  ia 
akb  vetauakeae,  faat  sehlafeade  Buddha  iat  iW  Höobatee.  Wo  die 
BaddbBlehre  aüi  brabnaabchen  Bleneiten  aebr  getrflbt  iai,  a.  R 
ui  Cbiaa  und  Jafun,  da  imdaa  aicb  ancb  vielkSpfige  uad  viebunalge 
Uanealalten  aeben  dei  rein  aienacblkbee  BUdung.  «>) 

')  Katech.  U.  Schamnnrn,  S.  49.  —  »)  Bum.  n  i<».  n49.  ar)5;  Foc-K.-K.  19. 
'»r,  ff.  91.  *)  0  llifn  r  'mi  (1.  Momiteher.  d.  Borl.  Akml.  .1.  Wiss.  1847,  S  13  IT.; 
Fuo-K.-K. -.11.  NT,  -  *)  LaMcn,  II,  305.  —  i?üe.K.  -K.  IG.  -  •)  Mahav.  by 
Uphttnif  l,  p.  14  7  Ii.  Lassen,  II,  421  IT. ;  4.30.—  •)  LaHseu,  11,  423  Ü.—  ')  Ltu^en,  II, 
514  j  Tcnneiit,  a.  Chri.stt  utli.  iu  Ceylon,  l.'i.  IGj  .limrn.  of  tlic  Iloy.  Ah.  8o(*,  VIII,  34  ff. 
—  *)  Rombcrg  n.  Stöger,  Gench.  d.  Batik.  I,  41.  GS;  Kii^'lcr  KiM).stgc.«>ch.  112.  ^ 
Braam,  Reim  d,  Genaiidtscli.  I,  947.  S48.  266.  267;  TvMi,  im  Aasland,  1846, 

ft.ea6. 


* 


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976 


Dritter  Abschiiitt. 

Das  sittliche  Leben. 

Die  Sittlichkeit  der  Baddkwten  muss  sich  yielfach  anden 
gestalten  als  die  der  Brahmanen.  Bei  diesen  beruhte  alles  Leben 
eigantittek  in  dem  Urbrahma,  dlaa  in  allen  Menaehen  waltet;  der 
einnelne  Menadi  hatte  da  nnr  die  Aufgabe,  aeiae  Kinsellieit  aad 
PersOnliclikeit  sn  verleagnen  9  aieli  an  das  einige  BialinMi  Ina- 
zugeben.  Im  Bnddhismns  tfint  dagegen  der  Urgeist  niehts,  denn 
es  ist  keiner;  alles  Thun  und  Leben  auf  geistigem  Gebiete  ist  in 
die  Hand  des  Menschen  gelegt,  hat  sich  hier  aus  dem  Centrnm 
in  die  Peripherie  gezogen.  Bei  den  Brahmanen  geht  alles  Leben 
wie  beim  Thier  vom  Herzen  aus,  <1  essen  l^lsschlag  auch  in  dem 
entferntesten  GUede  wiedergeftihlt  wird;  —  bei  dem  Buddhismus 
int  alle  Lebensentwickelung  an  die  Auseeneeite  gedrängt;  ia 
Innern  ist  alles  hohl  und  leer.  Der  Schwerpunkt  des  brahma» 
niaehen  Syatema  mht  in  Geftt,  der  den  bnddÜatiaehen  im  Mea- 
achen;  dort  waltet  das  theologieche  Denken,  hier  das  praictische 
Wirken;  bei  den  Brahmanen  waHel  die  tbeorelisdie  Lehre,  bei 
den  Bnddhisten  die  Discfplin;  das  Dogmatische  nut  seine« 
dürftigen  Inhalt  tritt  in  den  iiinlergrund. 

Aber  das  praktische  Leben  der  Buddhisten  wirft  sich  wcnisrer 
auf  das  (iebiet  der  eigentlichen  Sittlichkeit,  als  vielmehr  nufdas 
des  Kultus.  Der  verneinende  Charakter  der  ganzen  Welt  ge- 
stattet keine  kr&ftige  Eatwickelung  des  sittlichen  Lebens.  Die 
Sittliehkeit  will  ja  etwas  schaffen,  die  Menschheit  als  eiaaia 
sich  yemfinftige  Wiriüidikeit  darstellen;  der  Bnddhismns  aber 
will  seinem  Wesen  nach  nicht  das  Sein  venttnllig  gestaltest 
sondern  will  über  das  Sein  liinaoagelangen,  voa  ihm  Iwfrelt 
werden;  er  will  nicht  das  wirkliche  Sein  bloss  anders  maehea^ 
er  nia^  es  überhaupt  gar  nicht,  denn  es  ist  durch  und  dofdi 
um  eclif  und  büse.  Unter  dem  eisigen  Hauche  des  trüben  Ge- 
dankens der  2;rossen  Nichtigkeit  muss  die  lebendige  Pflanzen- 
welt der  Sittlichkeit  veikümraeru,  kann  nui-  eine  niedripje.  dürre 
Steppen- Vegetation  erzeugen.  Die  buddhistische  Sittiirhkcit 
liat  nothwendig  einen  verneinenden  CharalUer;  Entsagung 
nnd  Nicht  wirken  ist  ihr  eigen. 

Die  SittUchkeit  der  Buddhisten  mht  nicht  aof  der  Liebe, 
sondern  anf  dem  Schmefz;  nnd  wenn  viele  Erachebnngea  der* 
selben  anffaDend  an  das  Christliclie  arimieniy  so  ist  doch  dse 

i 

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677 


kmere  Wesen  ein  ganz  anderes.  Das  bloss  natorliche,  nnge- 
MKgte  Wollen  des  Bf ensohen  ist  im  Cliristeiifhuin  ebenso  sflnd- 
Uch  als  im  BndiHiiamits;  der  Christ  aber  vtrseiilct  sich  daram 
■idit  in  das  SfamfielM,  weil  er  ein  Höheres  kennt  und  liebt, 
der  BnMiist  dämm  nicht,  weil  er  das  Sinnliehe  als  nichtig 
ericennt;  der  Christ  thut Niemandem  Unrecht,  ueil  er  den  Nach- 
s(en  liebt,  der  Bnddhist  darum ^  weil  er  den  Menschen  bemit- 
leidet. Der  Christ  gewinnt  in  dem  Entsagen  immer  eine  liöhere 
Wirkliclikeit,  der  Buddhist  entsagt  rein,  ohne  ein  Höheres  dafür 
einzutauschen. 

In  dem  Nicht  wollen,  Nichtgeniessen,  Nichtthnn  geht  fast 
alle  buddhistisdie  Sittlichkeit  auf,  und  alle  positive  Thätigkeit 
will  inun?er  pnr  einen  Schmers,  ein  Obel  abwenden.  Die  Sitt« 
liehkelt  wfll  hier  nicht  ein  Reidi  des  Geistes  er  ha  nen,  sondern 
das  Reich  der  WhkKchkeit  anflOsen;  die  Sittengesetze  sind 
Ihst  alle  verneinend,  ein  stetes  „Da  sollst  nlcht;^  die  Tugend 
besteht  wesentlich  im  Unterlassen.  Die  fünf  allp:i'nicinen  Gebote 
für  alle  Menschen  sind:  Du  sollst  nichts  Lebendiges  tödtcn, 
du  sollst  nicht  stehlen,  du  sollst  nicht  T^nznclit  ti(  ilteii,  du  sollst 
nicht  Unrecht  thun  mit  dem  Munde,  du  sollst  nicht  berauschende 
Getränke  trinken.  Für  die  eigentlichen  Frommen  oder  Geist- 
lichen gelten  noch  fünf  andere  Gebote ;  sie  sollen  das  Haar  nicht 
wohlriechend  machen ,  den  Kdrper  nicht  salben,  an  Musik,  Ge- 
sang, Tams  und  Schauspiel  nicht  Theil  nehmen,  nicht  anf  wei- 
eliem  Polster  sitzen  oder  liegen,  nicht  zu  unrichtiger  Zelt  essen, 
nidit  Gold  oder  Silber  oder  KostbarkeKen  besitzen.  Diese 
Gebote  finden  sich  bei  allen  buddhistischen  Völkern. Der 
Mensch  soll  sich  eben  von  dem  Dasein  zurückziehen,  sich  nicht 
in  die  Freuden  desselben  versenken,  denn  sie  sind  nichtig;  die 
Natur  soll  nicht  durch  den  Geist  gebildet,  sondern  der  Geist 
Ton  ihr  getrennt  werden. 

Beide  indische  Religionen  zeigen  eine  sehr  weit  gehende 
Schonung  der  lebenden  Wesen,  aber  ans  sehr  verschie- 
denen Grfinden;  der  Brahmane  hat  eine  scheoe  Ehrfurcht  vor 
all^  GesdhUipfenV  weil  Brahma  in  allen  ist,  der  Buddliist  hat 
tiefes  Mitleid  mit  ihnen,  weil  alle  an  dem  Schmerae  des  Da- 
seins Theil  haben*  Diesen  Sdimerz  nidit  zn  vermehren,  sondern 
ihn  möglichst  zn  erleichtern,  ist  heiligste  Pflicht  des  Bnddhisten ; 
daher  geht  hier  eine  giänzenlose  Weltverachtung  Hand  in 
Hand  mit  der  sanftesten  Milde  gegen  alle  (ieschöpfe;  nichts 
Lebendes  darf  gef[n?ilt  oder  getödtet  werden ;  -)  — der  Tod  gehört 
ja  auch  zu  dem  Elend  der  Nichtigkeit.  Die  Buddhisten  sind  so 

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578 


das  mildeste  Volk  des  HcidendiHms  gewoidan;  es  ist  das  aber 
eben  nicht  eine  Müde  der  Liebe,  sondern  des  Schmerzes  uud 
der  Glcichj^'iltigkcit,  ist  nur  eine  negative  Tugend,  ein  Sclione«, 
ein  Unberülu'tlassen.  Geduldiges  Ertragen  desSchmeri^, 
auch  der  höciisten  Beleidigungen,  ist  ein  Hanptaug  des  bud- 
dhlstiaehen  Charakteis,  —  ein  aeiiarfer  G^egensaCz  zn  der  oft  stur- 
mlsclien  Weltentsagung  der  Brahmanoi.  Um  frenden  8elmen 
zu  erieichterB,  soll  sieh  der  fromme  Buddhist  sellwt  des  Todes 
Btdit  welgem.  Die  stumme  Ertragung  des  Sehmevses,  die  gleieh* 
gültige  Hinnahme  von  Freude  und  Leid  und  die  kalte  Geduld 
sind  nicht  ilcr  stoische  »Stolz  einer  starken  L'er^oiiiichkeit,  son- 
dern das  weibliche  Dulden  eines  durch  den  Sohmerz  gebeugten 
Herfens. 

Mit  der  Sunde,  selbst  wenn  sie  nur  im  Ged&nken  oder  im  Wort 
be£rangen,  nimmt  es  der  Buddbist  sehr  ernst.  Welcher  Mensck 
ist  jemals  im  Stande,  Sieh  von  allen  Sünden  an  befreien?  Ein  ein- 
siger unrechter  Gedanke,  ein  einiiges  unrechtes  Wort,  eis  Blick 
auf  eine  unrechte  Gestalt  ^  das  einmalige  AahSieo  eines  unreckias 
Lautes,  —  ist  schon  Obertretung  und  Sfinde.***)  —  foneie  nid 
Süssere  Wahrhaftigkeit  wird  sehr  ernst  gefortlert  In  dem  (Sebsle: 
.,(1u  sollst  nicht  Unrecht  thun  mit  dem  Munde,"  sind  vier  Sünden 
zurückgewiesen:  Luge,  nnniitxe  oder  geroeine  Reden,  Verleum- 
dung und  Doppelzunirii»keit.-*)  Die  Lüge  int  mIm  p  J:uiti  erlaubt, 
„wenn  sie  geschieht,  um  einem  schweren  Verbrechen  vorzoheugeo, 
oder  aus  Mitleid  und  Erbarmen.  ^) 

Enthaltung  von  sinnlichem  Genuss  ist  hohe  Pflicht;  und  seilet 
das  WohlgefiiUen  an  der  Schönheit  gilt  als  afiodlich.  ^ScMMit 
und  Reichthum  slad  wie  Honig  auf  einer  Messerschaeide;  wo« 
Knahen  ihn  kosten,  so  verwunden  sie.  ihre  Zuage."  ^  nWer  sich 
der  Leidenschaft  hinglebt,  ist  wie  Einer,  der  eine  Leuebts  h  die 
Hand  nimmt  «nd  gegen  den  Wind  gehen  will;  —  er  wird  sidldis 
Hand  vcihicmieu." ^)  —  Unter  den  Leidenschaften  ist  die  ander 
Schönheit  hilnirende  stärker  als  die  andere;  es  giebt  keine  grr>s^re 
Leidenschaft  als  diese;  wenn  Jemand  von  Leidenschaft  fTlr  die 
Schönheit  erfasst  wird,  so  kann  er  in  der  Weit  nicht  auf  des  W<9 
gelangen« 

Die  verboteneo  lierauscheodei^  Getrftnke,  Aiak,  Rum,  Tisa- 
beawein  etc.,  dflrien  aar  bei  Kranitheilen  als  Araoei  geaesssa  a«r- 
den;  sonst  darf  man  nicht  einmal  dania  riechen  und  isich  aat  ksiscM 
MensdieB  zosammensetsen,  welcher  sie  trialct  Slafer  hoiMMS 

In  eine  mit  Koth  und  Schlamm  gefüllte  Holle,  oder  wefdes  sb 
Blödsinnige  wiedergehoreu.     Jene  (xetrünke  <»iud  acidimaisr  si* 


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919 


dift,  «mI  li«lMr         der  MmmIi  geMdnpolseM«  En  trioken 
ab  «ie.«) 

Die  sanitmüthige  Geduld  in  Ertragung  von  Sclimerz  und  l  nbill 
wird  in  Lehre  und  Beispiel  iiisu eilen  ins  Cbertriebene  gesteigert. 
„Wenn  ein  Frommer  von  Menschen  besehimpft  wird,  so  dnikt  er: 
t.,,es  sind  gute  Leute,  weil  sie  luicli  nicht  schlagen/"'  Schlagen  sie 
ihn  mit  der  Faust,  so  deolU  eri  f»,,sie  sind  gat  und  sanft,  weil  sie 
tiiclit  alt  dem  Stocke  eohlagen; "  "  schlagen  sie  mit  dem  Stocke,  so 
epiidit  er:  »„»«ie  eied  eaaft«  weil  sie  »ich  nickt  todt  ecUegcp;''*' 
toilteo  «kl  ike»  eo  deakt  er:  n,»aie  eM  gut,  weil  sie  nkk  mil  so 
wenig  Sckmen  tdo  diesem  «itrelDeD  KOrper  befreien.*'"  2u  dem, 
der  eelGbee  bekennte,  strack  frendig  (akjamuBi:  „ Geke Beireiter, 
befreie;  du,  am  andern  Ufer  Angekommener,  mache,  duss  auch 
die  Andern  ankommen;  Getrösteter,  tröste,  zum  iNiivana  Gelaug- 
ter, lass  anch  die  Andern  dahin  gelangen."®)  Diese  Sauftmuth 
ist  nun  allerdings  weder  natürlich  noch  auf  höhererem  Standpunkte 
sittlich,  weil  nie  in  sich  unwahr  ist,  sie  ist  aber  eine  nahe  liegende 
Folge  der  ganaen  buddhistisdieu  WeltanscJiannDg.  Ckriatas  beiehlt 
awar  dem  Petrus  daa  Sckwert  einzustecken,  aber  den  Kaeckt,  der 
ikn  vor  dem  Uokeapiieater  acklag,  eikllrt  ,er  kelneawega  iDr  „gut 
und  aanft,"  kllt  ikm  vieknebr  aeb  Uareebt  in  atrengen  Worten  tor. 

Die  Wobltkittgkeit  im  weiteatea  Sinae  dea  Wortea»  ekie 
keke  Pückl  der  Fremmen,  bat  ebenfoUa  den  Zweck,  da«  Leiden  der 
Geschüpfc  zu  mildern;  sie  bezieht  sich  auf  Thiere  ebenso  wie  auf 
die  Menschen.  Schattenreiche  und  fruchttragende  Bäume  und  heil- 
same Krauter  an  die  Wege  pflanzen,  Brunnen  graben,  Gebäude  zu 
Herbergen  für  Vieh  und  Menschen  errichten  u.  s.  f.  sind  Tugenden, 
die  an  Frommen  hochgeruhmt  werden.  «>) —  „Alles,  was  eis  Frommer 
des  Weaen  eiaeigt,  das  erzeigt  er  dem  Buddka  aelber,  und  die 
W«fleu  erfireuead  erilUt  er  Buddka  mit  Giitteffteuden.«  „Die 
den  Wandel  [der  Wakikeit]  Erlemeeden  mflasen  «Ick.  der  Milde 
und  Barmkeiaigkeit  beieiaalgea  und  Gaben  auathellen,  Daa  Ver- 
dienet, daa  man  akb  durck  Gaben  erwirbt,  ist  «ehr  greaa."  >') .  „Du 
sollst  freundlich  und  wohlwollend  sein  gegen  jegliche«  Wesen;  dn 
sollst  Frieden  in  der  Welt  ausbreiten,  wenn  du  irgend  ein  Wesen 
todten  siehst,  soll  deine  JSeele  von  Mitleid  und  Bedauern  bewegt 
sein."*«)  — -  Nach  einer  tübetischen  Legende  Hess  sich  ein  i  iühi- 
mer  aeiaeUaut  fär  einen  andern,  der  ihrer  bedurfte,  abziehen, 

Gastfreundschaft  ist  heilige  Pflicht  der  Budd|iistco;i&)  liei- 
«ende  ohne  Uatemokied  werden  in  den  Klostern  immer  aekr  wohU 
waUead  an%eaeflMneD;  und  ckriatlicke  Mlaaienlre  wurden  mit  eiuer 
Uekeveilen  Aektuag  behandelt,  al«  wären  «le  unter  den  lbrigen<>«) 

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Eine  alte,  an  geschtehflSebe  Tbaieadbe«  aieh  aalelmeiide  Reb- 

liehe  Sage,  dichterischer  Darstellung  werth,  giebt  uns  ein  treuesBild 
lichter  huddhistischer  Lebensweisheit,  noch  unberührt  von  späterer 
Entartung.  Des  grctssen  KHiii^s  Ayoka  Sohn,  KunAla,  ein  Jüng- 
ling von  wunderbar  schönen  Augen,  wnrdc  frflh  schon  Ton  einem 
Weisen  über  die  Vergänglichkeit  alles  Irdiscbeu  belehrt  £r  lebt 
sehr  einsam,  flieht  d<u<  Geräusch  des  Hofes,  und  sinnt  gern  dem 
Gedaokeo  der  VefgfiagUehkeit  Dacii.  Da  wird  des  KSaigs  svreite 
GemahÜD  van  Liebe  an  dem  Prinxen  entiammt;  aber  nmaonst  and 
ibre  Versoehe  aar  VerAUnrang,  umaonst  aelbat  ibre  Drohnngen,  iha 
tSdten  an  laaven.  ,»0  meine  Motter,  aprtcbt  Kmala,  lieber  ater- 
ben  «nd  bei  der  PIlicbt  verbarren  und  rein  bleiben;  ein  Loliea  voU 
Schande  mag  ich  nicht.**  —  Die  rachedfirstende  Verschmähte 
bewegt  den  König,  den  Prinzen  zur  Uekänipiung  einer  lernen  im 
Aufstände  begriffenen  Stadt  zu  senden;  der  Pnnz  aber  beschwich- 
tigt durch  seine  Gegenwart  die  Empörung,  und  erwirbt  sich  bald 
die  Liebe  den  Volkes.  Da  beredet  sie  den  König,  den  sie  von 
einer  schweren  Kranidieit  gläckUeb  geheilt,  ihr  die  Herrschaft  auf 
sieben  Tage.abButreten«  Sie  empföngt  sie,  aber  nicbt  daa  kBoig* 
Hebe  Siegel.  Jetat  fertigt  nie  einen  Befebl  ai»,  dem  Prinaen  die 
Avgea  ausimeiMen,  nnd  entwendet  dem  acbiafenden  KMjg«  der 
von  Kvnala'a  Sdiicfcsal  ebnend  träumt «  daa  Siegel,  und  nntersie- 
gelt  den  Befehl.  Webklagen  ermilt  die  Stadt»  ata  der  Befehl 
bekannt  wird;  niemand  wagt  ihn  zu  vollziehen,  kein  Henker  will 
die  Hand  an  den  Prinzen  mit  den  w  underbar  schönen  xVugen  legen. 
Und  erst  als  Kunala  endlich  selbst  den  Henkern  grosse  Belülimin- 
gen  verspricht,  findet  sich  ein  Mensch,  ruchlos  anzusehen,  bereit, 
seinen  Willen  zu  thun.  „Siehe,  spricht  Ktmala«  diese  ganze  Welt 
ist  vergänglich,  niemand  bleibt  in  adaer  Lage  mwandelbar.  Wenn 
ich  die  Ve^SnglicIdceit  aller  Dinge  betraebte»  ao  aittere  icb  niebt 
mebr  bei  dem  Oedanlcen  an  diene  Strafe«  denn  Jcb  weias,  da» 
meine  Aegen  etwas  Vergfinglicfaea  sind/*  —  Er  nfarnnt  daa  ernte 
ibm  anagerisaene  Auge  In  aeine  Hand,  nnd  aehavt  ea  lange  an. 

Warum  alebat  du  nidbt  mebr  die  Geatalten,  die  du  so  eben  aoeb 
aaiiHt,  grobe  Kugel  von  Fleis«  li  ^  Wie  thöiicht  und  vcrüclitlieb  sind 
die  Losinnigen,  die  an  dir  hängen  und  8ageu:  das  ist  mein!  Die 
aber,  welche  dich  nur  befrachten  als  ein  verglingHchLs  Organ,  die 
sind  vor  Unglück  sicher."  —  Als  ihm  auch  das  zweite  Auge  ans* 
gerissen  war,  sprach  er:  „Um  Auge  von  Fleisch  ist  mir  entrissen, 
aber  ich  habe  die  vollkommneren  Augen  der  Weisheit  erlangt  \ch 
bin  Ton  der  bOcbaten  GrÜaae  geaunken,  die  mit  alob  bringt  an  viele 
Beigen  nnd  Sehmeis»  und  ich  habe  eilmigt  die  Hemcbaft  den  Be- 


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581 

«eteeti,  das  aUen  Schmerz  und  Kummer  «ofliebt  —  Als  er  die 
Rinke  der  -racbeeilditifeD  KSnigin  erfobr,  sagte  er:  „Möge  sie 
iMge  noch  Gtäek  uod  Macht  goniessen,  sie,  die  mir  ein  so  grosses 
Heil  cjöbracht  hat."    Seine  jammernde  Gattin  trSstet  er  mit  den 

W  orteu:  „Erkenne,  dass  die  Gefichöjtiti  zum  Elend  verdanmil  «ind, 
wisse,  dass  die  Menschen  bestimmt  sind,  um  diejenigen  sich  ent- 
rissen zu  sehen,  die  ihnen  theuer  sind;  darum  darfst  du  keine 
Tbränc  vcrgiessen."  —  Als  Bettler  wandert  er  nun  mit  seiner  Gat- 
tin, und  k(»mmt  bis  zu  des  Königs  Pailast;  er  setzt  sich  auf  des 
Uäiises  Schwelle,  und  siogt  zur  Laufe:  „Der  Weise»  der  mit  der 
reioen  Fackel  der  ErkenDtuiss  das  Auge  sieht  und  die  andern  Sinne, 
Ist  befreit  von  dem  Gesetae  der  Seelenwanderung.  Wenn  deuie 
Seele,  der  Sfinde  ergeben,  gequält  ist  durch  die  Schmenen  des 
Daseins,  und  wenn  dn  nach  ONlek  dich  sehnst  in  dieser  Welt,  so 
eile  fiir  immer,  <len  sinnlichen  Dingen  zu  entsagen."  —  Der  Krmig 
erkennt  seines  Sohnes  Stimme,  erinnert  s'u  U  sfjiues  frühercH  Trau- 
mes, lä.sst  den  Kunala  rufen,  und  erkennt  ihn  nur  mit  Mühe  wieder. 
Nach  dem  Urheber  dieses  Unheils  gefragt,  antwortet  der  Blinde: 
„Kein  Wesen  kann  entfliehen  der  Frucht  seiner  Werke;  ich  habe 
in  einem  früheren  Leben  eine  Schuld  auf  mich  geladen,  —  [fiSnf- 
hundert  Gazellen  die  Augen  ausgestochen]  —  and  darum  bin  Ich  In 
diese  Welt  wiedergekommen,  ich,  dessen  Augen  die  Ursachen 
meines  Unglücks  sind/'  Er  wehrt  dem  erzflmten  KSnig,  der  die 
Frevlerin  martern  und  tOdien  will:  „Es  wfirde  nicht  ehrenvoll  Air 
dich  sein,  sie  zu  tödten;  es  giebt  keinen  höheren  Lohn,  als  den 
für  tias  Wohlwollen."  Er  föllt  dem  Kiinige  zu  Füssen,  und  spricht: 
„O  Könis,  ich  tühle  keinen  Schmerz,  und  trotz  dieser  grausamen 
Behandlung  föhle  ich  nicht  das  Feuer  des  Zornes;  mein  Uerz  bat 
nur  Wohlwollen  für  meine  Mutter,  die  befohlen  hat,  mir  die  Augen 
auszureissen«  Könnten  zum  Zeugniss  der  Wabriielt  dieser  Worte 
meine  Augen  wieder  werden,  wie  sie  waren!'*  —  und  «ie  waren 
wieder  da.^^  Die  der  Sage  zu  Grunde  liegende  Begebenheit  Mit 
in  die  Jahre  330—227  vor  Chr. 

Die  Schonung  der  Thiere  wird  hier  noch  weiter  getrieben  als 
bei  den  Brahmancn.  „Nichts  Lebendiges  soll  getödtet  werden,  sei 
es  ein  Mensch,  sei  es  \  atci  oder  Mutler,  sei  es  eine  Heuschrecke 
oder  das  kleinste  Ifisckt;  oh  jemand  mit  eigner  Hand  todtet  oder 
einem  Andern  zu  tüdten  bcliehlt  oder  auch  nur  dem  Tiidten  mit 
Wohlgefallen  zusiebt,  —  das  ist  alles  gleich  sehr  verboten."  — 
„Das  vornehmste  aller  Verbote  ist  die  Todtung  eines  Wesens,  und 
Schonung  alles  Lebeoden  ist  die  heiligste  der  250  Pflichten  eines 
Geistlichen;  der  Mensch  bedenke,  dass  er  sich  selbst  nicht  t<idten 


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58ä 


darf,  und  das«  andere  Wc8cn  ebendo  ihr  Danein  haben,  wie  er  das 
scliiigc.  Nichttudtcn  wird  vergolten  roü  einem  lai^^en  Lebes« 
Tödten  aber  mit  einem  kuneen.  Tödtet  maD  ein  Thier ,  um  eiieo 
Gast  damit  tn  bewirtben,  ao  ist  die  Sflade  danim  nicht  geringer.^ 

Der  mSchtige  Künig  A^lia  nabm  daa  Verbot^  Tbiere  sv  tfidten» 
untor  die  Staatagesetse  auf;  das  anf  eine  Sitile  ebigegrabeiie  Edict 
Ist  noeh  vorbanden.  ^)  —  Seibat  !m  eUneaiachen  Bvddfaiaraw  gelten 
INIcüfiJcbcu,  welche  auch  nur  die  geringsten  Thiere,  z.  B.  Krebse, 
zum  Schlachten  verkaufen,  aU  „Menschen  der  Holle;'*»*)  —  und 
oligleidi  die  Seideri/:ucht  in  China  eine  der  am  hiichsten  trechrtcn 
üc*>chiiftigungen  ist,  lehren  die  chine-sisrhcn  Buddhatfchriften: 
Buddha  untersagte  i»eiuen  Schülern,  sich  in  seidene  Stoffe  la 
kleiden  und  Schuhe  oder  Sandalen  aus  Leder  zu  tragen,  weil  man 
diess  not  duicb  Tddtnng  lebender  Wesen  erbAlf»*)  —  Nach  der 
Sage  warf  sich  Bnddba  einer  bnngernden  Tigerin  vor,  und  da  aie 
KU  matt  war,  Iba  an  aerreiaaen,  rias  er  sich  aelbat  die  Hant  aaf, 
lieas  aie  daa  BInt  lecken  md  sich  dann  von  Ihr  xeitelaaen;  dies« 
Beispiel  fand  Nacbabmung.  Ein  anderes  Mal  Hess  er  aftch,  in  einen 
Fuchs  verwandelt,  «la.s  Fell  lebendig  abziehen,  um  dem  Jäger  die 
Sunden  des  Mordes  zu  ersparen.^*)  Ferner  erziiiilt  die  S;igp,  dass 
er  ein.Ht  im  Winter  eine  Laus  in  Seide  eingehüllt  und  in  rim  ni 
hohlen  Baume  verborgen  und  sie  ernlihrt  habe;  „er  filtrirte  das 
Wasser  au  wiederholten  Malen,  um  nicht  ein  Insekt  zn  ver- 
schlocbea;  so  mitleidsvoll  war  sein  Uerz  für  alle  Wesen.  ***^)  — 
Man  mnas  ein  brennendes  Licht  so  halten,  dasa  kein  Insekt  in  die 
Flamme  Iiiegen  kaan.**)  —  Ja  die  spätere  FMmmigfceit  wHI,  mit 
Besag  auf  die  Seelenwaaderang,  auch  die  Thiere  in  die  SeMgkcit 
fiihren;  ,,es  ist  meine  Pflicht,  ebenso  Ar  BefreHrog  der  Thiere  alt 
der  Menschen  zu  sorgen;  so  oft  ich  tbierischen  Mitweseu,  sei  e« 
Vou,cl  «»der  Säugethier  oder  Wurm,  begegne,  soll  ich  Amita  [ein 
Bodhisattra]  wiederholt  anrufen,  und  den  Wanach  daran  knüpfen, 
dass  alle  diese  ficschnpfe  durch  mich  hinubcrgefShrt  uerd^n 
mögen; ^'20^  vind  wenn  sich  ein  Seid^nzüchter  seines  Generbe^ 
nicht  EU  enthalten  vermag,  so  soll  er  wenigstena  renig  den  Wunsch 
avaspredien,  alle  von  ihm  getöteten  Raupen  abist  au  erlösen. 
—  Die  Schonnng  gegen  die  Natnr  geht  so  weit,  dann  man  anf  kein 
abgelSillenea  Blatt  treten  darf,  aondern  ea  bei  Seite  legen  mass.*") 
Die  strengeren  Geaetae  flbr  die  Geistll ch en ,  also  fttr  die  eigeot- 
lieben  Bnddhajfinger ,  heroben  wesentKcb  'anf  dem  €ledanken  der 
VVeltentsagung,  sind  die  modilicirtc  brahnianischc  Askese.  Der 
Gcistlirhe  darf  mircrcdie,  bau  I  ne  Kleider  (rügen,  mitkcioer  thierischeti 
Wolle  vermischt,  weil  kein  Xhier  gctüdtct  werden  dar^  darf  keiuem 


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»88__ 

8ciuiu«piel  und  Tiaiiz  beiwohnen,  weder  Würfel  nuch  6cliacli  spie- 
len;  Meine  Bettstelle  darf  nur  acht  Zoll  hoch  sein,  und  von  unaoge- 
stricbenein  Holz  und  ohne  Zierde  und  Sehnitzwerk ;  seidme  Decken 
4aiCer  nicbt  brnvehen;  nadi  Mittag  darf  er  oieto  mehr  eeseo,  «ad 
aberbanpt  nur  eine  MaUaeit  halten.  Diene  Voraeiiriften  fttr  daa 
Lehen  der  GeiatÜcheo  werden  in  weitlSafigen  Schriften  hin  in  die 
l^leh>liehate  Elnaellieit  angegeben;  jede  Bewegung  ist  dnrch  daa 
Gesetz  bestimmt,  der  Freiheit  nichts  überlassen;  z.  B.  ein  Scbfi* 
Icr  darf  sich  nicht  auf  den  Stuhl  des  Lclii  er<6  setzen,  und  ihm  auch 
dann  ni<  ht  w  sprce  hen,  wenn  dieser  etwas  Falsches  sasjt;  heim 
Abtragt  11  oiiio.s  riricies  yull  er  nidit  in  denselben  liineiiiselien ,  s«dl 
tttcb  in  Gegenwart  des  Lehrers  nicht  an  die  Wand  lehnen;  wenn  er 
mü  aeinem  I«ehrer  ausgeht»  soll  er  weder  nach  rechts  nuch  nach 
lioks  sehen»  aondem  daa  Haupt  zur  Erde  hevgen.  Ein  Geistlicher 
aoU  nicht  ana  der  Feme  nit  Jeaund  laut  reden,  soll  beim  Waschen 
"  nicht  an  viel  Wasaer  gehiaachen,  aoU  l>eim  Ansapneken  aich  In  Acht 
nehmen,  daaa  er  niemand  anapneirt,  aoU  nicht  die  Naae  au  laut 
schnXusen,  und  wenn  er  gähnt,  soll  er  sich  den  Ärmel  vor  den 
Mund  halten,  bei  Tisch  sich  nicht  den  Kopf  kratzen,  nicht  mit 
vollem  Munde  sprechen,  soll  eine  im  Essen  mitgekoehte  Fliege 
nicht  dem  Nachbar  zeigen,  nieht  von  einein  Sit?;  aal  <len  andern 
rücken,  nicbt  zu  schnell  und  nicht  zu  langsam  kauen  u.  s.  f.;  er 
soll  auf  der  Strasse  nicht  müssig  gatlen,  nacht  die  Weiber  anbliu> 
sein,  bei  SclMUspielereien  gleichgültig  vor€bergeben ,  In  keine 
Pfiitae  treten,  nur  in  NotbljÜlen  reiten »  daan  aber  daa  Pferd  nicht 
peitadwn;  und  viele  andere  wohlgemeinte,  aber  konische  Anatanda- 
regeln.  M) 

0  Kstiduianw  der  Sduunancn«  G«Mts  l  —  lO*,  Foe>K..-K.  p.  104;  8ifr> 
twld,  Hip^poD,  I,  171.  ^   ')  Bumool,  I,  p.  a39;  LMten,  II,  S.  ^ 

»)  T»ing-tu-uen,  b.  Schott,  252.  —  *)  Kat  d.  Scham.  S.  18.  —  *)  Ebcnd.  10.  — 
•)  Sutra  der  42  Sfttze,  v.  S,  hf-  fncr,  a.  a.  O.  p.  69.  72.  —  ')  Ebend.  p.  72.  — 
•)  Kat.  il.  Sch.  S.  22.  23.  —  *)  Bam,  252.  —  ' ")  Lassen,  Ind.  Alt.  II,  240.  2S8  cto. 
—  »')  Chines.  Sutra,  b.  Schölt,  176.  —  '*)  Sutra  der  42  Sfltze,  v.  Schicfncr, 
rt.  i».  O.  69.  —  »»)  Kat.  d.  Scham.  S.  13.  —  '*)  Schott,  17«..  —  ' Burn,  335.  — 
»•)  Yvttu,  im  Ausland,  1846,  692  Ii.  —  •  ^)  ßiuu.  403  S;  vgl.  Lassen,  U,  270.  — 

«")  Kat.  d.  Scham.  8.  13.  —  »•)  Taing- tu- urni,  b.  Schott,  246  OrBch, 

Rehe,  n,  19.  »  **)  TsiDg-tn-nea,  bei  Schott,  S45.  —  **)  Ebend«  269.  _ 
Sehnidt,  Fomh.  184.  189.;  Foe-K.-K.  ^  50.  74.  75;  Bnmouf,  I,  159.— 
•«>  KaL  d.  Sehn.  8. 19.  ^  *•)  Ebend.  41.  —  T^ing-tanien,  b.  Sehott,  357.  — 
tt)  Eboid.  989.  —  *•)  Kit.  d.  Sek  41.  —  *•)  Kat.  d.  Soh.  8.  35.  3«.  88. 30.  — 
s«)  Ebeod.  S.39.-64. 

§  178. 

Die  Clie  ist  dcMii  r:;cistUc1ien  liaddhajünger  versagt;  Dasein 
efxeogtiiiti,  Ut  t»ie  ihrem  Weseu  nach  vom  Übel,  bie  iai  bei  dem 


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584 


Laien,  wie  das  ganze  Laienthum,  mir  geduldet,  und  hat  darum 
auch  keinen  aus  dem  buddhisLi&cheu  Staudpunkte  etwa  iliesseu- 
den  eigenthü  in  lieben  Charakter;  sie  richtet  sich  nach  brahma- 
nischcu  und  chinesischen  Begriffen.  Ein  wirkliches  Interesse 
für  das  Familienleben  kann  bei  der  maasslosen  Veracbtnng  alles 
Wirklichen  nicht  vorhanden  sein;  wo  dem  Frommep  Gattin. 
Tochter,  Matter  grade  so  viel  gelten  soll  wie  eine  Bure, >)  da 
Ist  die  Familienliebe  ohne  Gmndlage;  an  die  Stelle  wahrer  kind» 
liehen  Liebe  tritt  nur  der  mehr  den  Charakter  der  Selbstrcr^ 
lengnnug  tragende  anbedingte  Gehorsam  gegen  die  Eitern.*) 
Die  iMilde  des  ganzen  Charakters  lässt  aber  den  Maugei  des 
FaiuiUeubcwussU>eius  ^\  cniger  fühlbar  hervortreten. 

y,Der  Esstrieb  und  dot  Geä.chlcchtstrieb  sind  die  beiden  groisseo 
Gelüste  des  Menschen;  wer  beide  in  dem  Grade  bewältigen  kano, 
dass  sie  für  ihn  gar  nicht  vorhanden  sind,  der  ist  ein  Heiliger;  wer 
sie  zügeln  kann,  ist  weise." ,^Die  Gesetze  für  die  (veiatÜchea 
vcrbleteo  geschlechtliche  Begierden  gimdicfa;  der  geriagsta  Ver< 
kehr  des  einen  Geschlechts  mit  dem  andern  ist  dn  Brach  der  6e- 
setse."*)  Indess  wird  vor  fanatiseher  Obertreihang  gewarnt;  als 
ein  Mann,  der  seine  Leidenschaft  nicht  bSndigen  kannte,  sich  est- 
nuinnte,  sprach  Buddha  zu  ihm;  Besser  ist  es  seine  Gedanken  zu 
entfernen  als  sein  oiännHches  Vermögen ;  ist  der  Geist,  welcher  Herr 
ist,  gebändigt,  so  werden  auch  seine  Diener  von  selbst  abgehalten 
werden;  was  hilft  es,  wenn  das  männliche  VermugCD«  nicht  aber 
der  verkehrte  Sinn  beseitigt  wird. 

Das  Weib  hat  «war  eine  höhere  Stellung  als  bei  des  ficah- 
manen,  and  hat  an  dem  geistlichen  Leben  eiseo  viel  bedettteaderes 
Antheü  als  bei  diesen;  indessen  ist  die  Achtnng  der  Weiblichkeit 
doch  inuDer  noch  gering;  „den  Worten  Baddha*s  geaiiss  kosunt 
die  Seele  dessen,  der  sinnlichen  Lfiaten  ergeben  war»  in  eisen 
weiblichen  Korper  das  Weib  steht  also  ihrem  Wesen  nach  sitt- 
lici)  iiiedriger  als  der  Mann. 

Vielweiberei  ist  dem  Laien  natürlich  gestattet;  indef»c»  be- 
gnügt man  sich  gewohnlich  mit  einer  Frau.  —  Trennung  der  Ehe 
ist  ganz  leicht,  und  die  Willkür  ist  wenig  beschränkt.  —  iSeltsafli 
ist  die  in  Ulassa  seit  200  Jahren  eingeführte  Sitte,  dass  die  Fraasn 
auf  der  Strasse  nicht  anders  erscheisen  dürfen  als  ait  schwaia  as« 
geflirbtes  Gesichtern,  damit  sie  nicht  zu  rebend  aussebes«^) 

')  Born.  5Mw  —  Lassen«  II,  8SB;  Bnrn.  ^  0  TMna-tn-aan,  h,  ScM» 
jVs.  —  «)  Kat  d.  Sch.  S.  16.  ^  Sutm  der  4S  filtee,  a.  a.  O.  74. ^  Ttiss-Si» 
ucd;  b«i  Scbott,  S67.  —    Hne  v.  Gäbet,  uu  Auahuid,  1850, 8.  638. 


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585 


Vierter  Absciiiiill. 
Der  St«  a  t. 

§179. 

Zum  Staate  wethäH  sieh  die  bnddliiaiieche  Wellaaecliaiiiiitg 
ebenso  wie  aar  Ehe,  sie  adilieast  in  ihier  Coeeeqneaa  beide  aaa. 
ist  ee  ftr  jeden  Meaeebea  Pflkh«,  sicli  yrni  der  Welt  TSlIig  aa- 

rückzuziehen,  in  einsamer  Entsagung  zu  leben,  so  kann  es  keinen 
Staat  geben.  Der  .Staat  schafft  ja  eine  geistige  Wirklichkeit  in 
die  natürliche,  der  iluddhist  aber  erkennt  huv  das  Nichtsein  als 
die  Wahrheit  an.  Der  T^iiü!;  dieser  Weltanschauung  geht  aus  dein 
Slaa taleben  hinaus;  derFroiniue  kann  sich  nül  dem  weltliclien 
Treiben  nicht  befassen;  rfihmend  Mrifd  es  darum  erwähnt,  wenn 
ein  König  die  Regiening  niederlegt  und  sich  in  die  Einsamkeit 
aaifleiniehl;  es  ist  also  das  Ziel  der  Weisheit^  den  Torbandenen 
Staat  aafimlOaen»  aiebt  aber  einen  neuen  an  eraeogen«  Es  giebt 
keinen  wabrball  Imddhisliseben  Staat 

Aber  aneh  hier  ist  in  der  praktischen  Wirklichkeit  die  reine 
Idee  vitli'ach  abgeschwächt  worden;  gab  es  einmal  ausser  den 
wirkliche)]  Frommen  auch  noch  Laien,  gab  es  Ehe  und  Besitz, 
hatte  einmal  die  inüchttge  Strömung  der  p^rossen  Idee  an  ihren 
Ufern  eine  breite  Sumpfniederung  erzeugt,  so  erwuchsen  aus 
dieaer  sofort  viele  Gewächse,  welche  der  eigentliche  Strom  in 
nch  nicht  daldete,  ond  auch  ein  Staatsleben  erwuchs  oder  blieb. 
Der  Staat  baddhistiscber  Völker  nrass,  obgleieh  er  nicht  aus  der 
Idee  ist,  doch  von  ihr  getrinkt  sein  vnd  aioh  VielfiMsh  anders 
zeigen  ids  der  brahmanisehe. 

1.  Der  Staat  kann  hier  keinen  natttrlichen  Unterschied  der 
Meiisclicii  an  Recht  und  Rang  anci kennen;  es  giebt  keine  Ka- 
sten mehr,  alle  Menschen  sind  gleieh berechtigt  [§  165];  damit 
ist  das  Wesen  des  brahmaiiischen  Staates  vernichtet,  die  ganze 
NaturgÜederung  mit  der  Verschiedenheit  der  Hechte  und  der 
PiUehten  durch  die  Verschiedenheit  der  Gebort  ist  aufgehoben; 
die  Baddhisten  kennen  keine  Hochgebome  und  Niedriggeb orne« 

t.  Ans  der  Gleiehbereebtigang  aller  Mensehen  in  Beaie« 
^hang  anf  ftre  Geburt  folgt  ÜHrner  die  Aufhebung  der  P^ationa- 
litftti  der  baddhiatisehe  Staat  ist  kebi  Natleiial -Staat;  da  gilt 
kein  hdier  nnd  kein  Ghteese,  kein  Mongole  und  kein  Tftbetaner« 
sondern  alle  können  kommen  und  iheW  nehmen  an  Boddha's 
geistigem  Reiche.  Wer  die  \\  ahrheit  erkennt,  gehört  dem 
Buddha- Volke  an;  dieses  hat  also  keine  naturüohe,  sondeca 


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eine  ideelle  Bedeutung;  der  chinesische  Staat  kann  nur  iuCbioa 
sein»  uod  der  brahmanische  nur  in  Indien ;  der  buddhistische  kuui 
öberalL  sein,  wo  der  Gedanke  der  Nichtigkeit  alles  Daseins  er- 
fimt  ist  Gleiebgüitig  gegen  die  natArlichen  ünterselnede  der 
V5lker»  kann  der  Staat  aneh  wenig  Werth  legen  anf  eine  be* 
sliinnite  nationale  Staatsform;  der  Baddbismns  sduniegt  sieh  ge- 
fügig jeder  beliebigen  StaatsbUdnng  an,  so  lange  nur  nlclrt  seine 
wesentlichen  Grundsätze  über  das  Wesen  des  Menschen  und 
seiiiei'  Pllichten  angetastet  werden;  cv  lügt  sich,  nicht  weil  er 
Interesse  am  Staate  hat,  sonileni  atis  (rleichgültis^keit;  es  liegt 
ihm  wenis?  daran,  ob  der  Staat  so  oder  s(t  ist,  es  ist  doch  «ilie« 
eitel.  l>ie  Buddhisten  machen  keine  Hcvolution.  lassen  sich 
Bmtk  eine  fremdartige  Regierung  gefallen .  sie  hetheiligen  sich 
aber  aueh  selbst  nicht  dabei,  sie  sind  die  Stillen  im  Lande^  die 
sieh  um  das  Treiben  der  Welt  nieht  kfimmem. 

8.  bnddhistisehe  Staat  ist  daldsam  gegen  alle  fuem- 
den  Elemente,  auch  gegen  die  Uaglinbigen. >)  Freilich  sollen 
alle  Menschen  die  Wahrheit  erkennen ,  aber  da  Aese  Wahrbeil 
vernein  eil  der  Art  ist,  nichts  scliairt  äondtrii  aufhebt,  so  ist  kein 
Grund  zur  Verfolgung  der  Nicht- Erkennenden.  Intolerant  ist 
jodp  Idee,  welche  eine  geschichtliche  Wirklichkeit  scliafit, 
ivclche  einen  Staat  und  eine  wirkliche  Kirche  bildet,  denn  da 
stdrt  jedes  fremde  Element  das  Leben  des  Ganzen;  jedes  Le- 
bendige scheidet  naturgemäss  alles  Fremdartige  ans  sich  aoSi 
«ad  ist  in  krankhaftem  Zustande,  so  lange  diess  niohl  geaehehMU 
Der  blosse  CUanbe  reifolgt  nieht,  sonden  die  reala  Gestaltmg 
desselben  im  Volke,  die  eine  weltHehe  Maehl  gewardstt,  ako 
Staateeharakter  bat;  eine  verfolgende  Klrohe  hat  das  Elemcat 
dc$  Staates  in  sich;  und  eigentlich  ist  es  nur  der  Staat,  welcher 
verfolgt.  Der  Buddhismus  aber  schafft  weder  einen  wirkiiciieii 
Staat  nocli  eine  wirkliche  Kirche;  das  thatsächliche  Auftreteu 
beider  ist  sclioi»  ninc  Abscliwächung  der  Idee;  er  kann  aiso  auch 
seinem  Wesen  nach  nicht  verfolgen.  Ausserdem  ist  es  ja  die 
höchste  Pütcht  jedes  Frommen ,  den  Sdunerz  des  Dasefas  nicht 
s«  vergrOssem;  aneh  der  UngiAabige  ist,  ohne  daas  ^  es  recht 
eikennt,  von  dem  allgemeinen  Elend  nmlangen;  —  sollte  der 
Fromme  ihm  nooh  mdir  Elend  bereiten,  nmr  daaMi  ,er  es  eribense? 
Die  Bnddhislen  sfaid  aneh  nodi  jelst  iberans  Mdsam  gegm 
fremden  Glauben,  und  nehmen  christliche  Missionäre  mit  Im* 
Ucher  l  rcuiidiichkeit  bei  bicii  auf. 

4.  Die  einzige  aus  der,  wiewohl  bereits  abs^e.schwacbten 
Idee  des  Buddiüsmus  entspringende  Form  des  Staaten  ist  <he 


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'  587 


tirilige  fifniieft  toq  KHtAie  und  Staat»  der  geiatHoli«  Staat 
Sollen  alle  Mensdien  fromme  „Bettier**  sein  und  der  Welt  alK 
sagen,  so  kann  es  aneh  kein  staatliehes  Leben  neben  dem  geist- 

liehen  geben;  und  lebten  die  Frommen  nicht  mehr  in  völliger 
Einsamkeit  o<ler  aLs  wandernde  Bettler,  schaarten  sie  sich  in 
Klöster,  in  geistliche  Coloiuecn,  mussten  sie  also  naturgemäss 
Kicli  aticli  äiisserlich  organisiren,  so  war  der  Staat  fcrtip::,  der 
alierii  von  selbst  aus  der  Buddhnlehre  entspringen  konnte,  aber 
nicht  musste,  —  ein  Klosterstaat.  Dieser  freilich  sehr  ideelle 
Staat,  aanftchst  auf  blosse  Gemeinden  bescbrftnkt,  und  auf  der 
allgemeinen  l^leichheh  der  Meneehen  beruhend,  eraohtanbo 
nraprlngtlck  als  Vielheit,  deren  Einheit  nur  sehr  looker  In  den 
Goncilien  sieb  darstellte,  In  welehen  sieh  die  republikaniaohe 
Gnuidansohaanng  der  gansen  Bnddhalehre  anssfHrielrt.  Aber 
mit  allen  diesen  Dinsen  konnte  es  nicht  rechter  Ernst  werden; 
der  fromme  Bettlei  aiusste  sich  von  jedem  stärkereu  Auftreten 
der  Susserlichen  CJestaltniig  eines  Kirchenstaates  zunickziehen; 
die  grössere  Ausbreitiin«};  *ler  T.ehre  machte  allgemeine  Goncilien 
unmöglich,  das  überwiegende  Klernent  des  Laienstandes  hob 
auch  thatsächlich  die  völlige  Gleichberechtigong  der  Gläubigen 
und  die  reine  Erscheinung  der  Idee  auf;  der  geistliche  Staat 
artete  in  eine  verweltliehle  Hierarchie  ans;  der  Staat  de« 
Dalai*Lama  in  Tflbet  kann  schlechtetdingB  nnr  als  eine  Vemrll^ 
derung  des  reinen  Bnddlia-Bewnaatielns  betraditet  werden.  £• 
Hegt  aber  Im  Weeen  der  Saehe,  daae,  wo  fai  Ba4dha*V(llkem 
oidi  ein  wirk  11  eh  es  Staatsleben  bildet,  j«ser  refai  ide^e  Klo- 
stei&taat  aufgehoben  werden  muss. 

Die  Sache  steht  also  so:  eigentlich  gar  kein  Staat;  —  dann, 
wenn  einmal  eine  äusserliche  Erscheinung,  ein  rein  geistlicher 
Staat  in  der  Weise  der  klösterlichen  Coloniecn,  —  endlich, 
wenn  denn  doch  um  des  Bestehens  der  Gläubigen  willen  ein 
wirklicher,  machtvoller  Staat  sein  muss,  ein  gleichgültiges 
Ergreifen  jeder  grade  sich  darbietenden  Staatsform,  ein  gednl- 
digea  UaCorwerfen  nnter  eine  sieh  yotfindende  Staatsmachl, 
die  eben  nur  von  der  Buddha- Idee  eine  eigenthimUehe  FAr- 
b«ng 'erhält. 

•      5.  Der  eigenthümliche  Geist,  mit  weldmn  die  Bnddha- 

Idee  die  ihr  eigentlich  ireniden  Staatsformen  durchdringt,  ist 
der  Geist  der  Milde  und  Menschlichkeit.  Der  Buddhismus 
macht  zwar  keine  Frommen  zu  Fürsten,  aber  die  Fürsten  zu 
Frommen;  und  haben  auch  aus  naheliegenden  Gründen  nur  we- 
nige „erkenu^de'^  FfirsteusiobzuderUölieaulgesobwiiBgen,  die 


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ÖS8 


Krone  mit  dem  Betüergewand  za  vertauschen,  und  gestattet  die 
Abschwäohuiig  der  Idee  danu  auch  den  Fürsten  den  Throii,  wie 
den  übrigen  Laien  das  £hebeU|  -so  haben  doch  alle  die  Ver* 
pflichtung,  die  Grundsätze  der  ams  dem  tiefsten  Mitleiden  hervor* 
gehenden  Milde  za  beobaehten.  Der  Ffirst  ia  ewem  buddbisti* 
sehen  Lande  jel»  den  Greaa-Lama.ansgenoinnten,  freilich  sieht 
Herr  der  Kirche,  aondern  nnr  primos  inter  pares,  aber  alt 
eoleher  der  erste  Schnfsherr  des  Glanbeos,  nad  ist  ▼erpffiehiet 
zum  fronnnen  Leben.  Sein  ganzes  Streben  muss  darauf  gerich- 
tet sein,  den  Schmerz  des  Daseins  zu  mildern,  als  ein  Vater 
über  alle  .seine  LI nterthanen  zu  walten,  sie  zur  Tngend  und  /.ur 
Erkcnntni.ss  zu  führen,  ancli  in  der  Gerechtigkeit  die  raügiichste 
Müde  zu  zeigen,  alle  grausamen  Strafen,  auch  die  Todesstrafe 
abtnschaffen,  wi^thätige  Anstalten,  wie  Herbergen ,  Hospüft' 
1er  etc.  zu  errichten,  jeden  Krieg  sa  Tenneiden,  es  sei  denn  sur 


A^oka  [263^i26  vor  Chr.],  eio  michtiger  K5n^  ha  nMfidai 
lodies,  ist  der  gefeierteste  Herrscher  der  BuddMsten.  Er  trat 
tu  der  neaeo  Lehre  über,  und  zeigte  grossen  Eüer  in  ihrer  Aw- 

breitung  und  Anwendung.  Oa»  Oh'ick  seines  Volkes  in  jeder  Be- 
ziehung zu  Pirdern,  ^var  .sein  (irund.sat/.  „F.s  giebt,  so  sa«jt  plr»c 
seiner  Inscbrirten.  keiiu;  höhere  Pflicht  als  das  Heil  dei  eanzeri  Weit. 
Mein  ganzes  Bestrehen  ist,  dass  ich  die  Schuld  gegen  die  Gc- 
schupfe  abtrage  und  siehienieden  glücklich  mnchc,  und  dass  sie  jen« 
■  seits  den  Himmel  sich  gew  innen."  Seine  Käthe  durften  zu  jeder  Zeit 
vsd  an  jedem  Ort  ihm  iu  Regiemogsssgelegenheites  Vertrag  hailea. 
Er  erliess  keine  Verordoung,  die  sieht  vorher  im  filiaistenatbe  er- 
wogen irar;  er  sorgte  daflir,  dass  die  Gesetze  tfberali  gehStig  ver- 
kfisdigt  würdes,  and  steHte  in  des  DOrfera  beeosdere  Beamte  an» 
die  von  allen  An^elecenheiten  des  Volkes  genaue  Kenntoiss  seit« 
nien  und  ihm  inif  Hnth  iind  Mahnung  heistehen  sollten.  Auf  die 
Bekanntmachun<4  lit  r  <h  setze  durch  Vcrkffndiffer  und  Inschriften 
wird  ein  sehr  hoher  W  oi Iii  i^ele^t;  das  Buddha-Volk  ist  ein  [iricstcr- 
liches»  es  soll  nicht  mehr  von  einer  besonderen  Kaste  geistlich  ver- 
treten werden,  sondern  soll  mit  Bewusstsein  bandeln.  A^oka  lie«8 
die  Wege  mit  schattenreichen  und  mit  fruchttra inenden  Bäumen  be- 
litaasen,  Brnonen  graben  und  Herhergen  füt  Thiere  and  MessdM» 
errichten.  Er  betrachtete  sieh  als  Vater  seines  Volkes;  „Jeder  gste 
M easch  Ist  meb  Sohn«<*  Sehie  Unterthaaea  aad  seise  Febde  be- 
handelte er  sehr  müd;  er  schaffe  die  Todesstrafe  fär  diemeistcs 
Verbrechen  ah;  und  hei  jedem  tler  seltnen  TodesurtheHe  mswls 
die  VuUfitreckuDg  drei  Tage  verzögert  werden,  walircnd  derer  gc- 


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98» 


wöhuiich  die  Üegoadiguug  erfolgte;  die  Hegnadigteo  mussten  ein 
asketisches  JUeben  filiren.  Seine  grosse  Freigebigkieit  gegen  die 
Geistlichen  wurde  seht  geriihnit ;  ja  er  schenkte  ihnen  sein  gantet 
Reidi  und  ktefte  et  ihteii  wieder  ab.  Darin  liegt  eigettlieh  der 
Gedanke»  data  der  von  der  fürehe  getrennte  Staat  naberecbtiget 
tei.*)* —  Ein  Kteig  anf  Geylen  erricbteie  aditiehn  KraiAen» 
bospitaler.  •*) 

Wiilkarherrschafl  gilt  als  hoher  Frevel,  und  Fürsten  und  ihre 
Diener,  vi-elche  ihre  Gewalt  missbranchen.  werden  nr»<  Ii  ihrem  Tode 
als  !^!e<»ruugeheuer  wiedergeboren,  in  deren  lioili  eine  Menge  Wflr- 
iner  nagen.  ^)  Ua  aber  die  Verpflichtung  des  Königs  zu  einer  mil- 
den  und  gerechten  Regierung  eine  rein  moraliKebe  ist  und  von  kei- 
oem  machtvollen  Prieeterttande  rTnferKtatxt  and  geleitet  wird,  so 
hat  Sick,  in  €e3rion  wetigstens«  die  Föitteninaebt  oft  genng  in  fet- 
telioter  Wilftar  bewegt.«) 

Der  Krieg  wird  nur  dann  gerechtfertigt,  wenn  er  aar  Verthei- 
digung  geführt  witd;  nnter  Buddhisten  ist  er  natttrlieh  nnerianbt. — 
Als  ein  Konig  auf  Ceylon  einen  Gegner  besiegte,  zeigte  er  grosse 
BetrObniss,  das«  m<»  viele  Menschen  auf  feindlicher  Seite  getodtet 
seien;  die  C«eib'tli< lien  trüsteten  ihn  damit,  dass  die  €refalleiien  ja 
keine  Buddhisten  seien.'') 

*)  Bumoiif,  I,  p.  49S.  —  *)  LaMea,  H,  S,  S6S.  —  *)  Bumonf  p.  365  ete.; 
IiMBen,  Ind.  Alt  ,  II,  S.  214  etc. 223.  240.  255  etc. —  *) Lassen,  II,p.  419.  — ■)D8aig* 
Lm  [tObeliMhJ  b.  Scbstt,  175.  —  *)8lii«gel,  im  AMluid,  lt46»  &  607.  —  ^Lmmd, 
11,418, 


Fünfier  Abscbniit. 
Die  Gesehietite. 

§  180. 

Alle  Entwickclung  des  Lebens  geht  abwärts,  alles  Leben 
ist  ein  Sterben»  ein  Hineilen  zum  Tode,  so  auch  die  Geschichte 
des  Buddhismus.  ]>ie  neue  Lehre  theilt  das  Schicksal  der 
Menscbheit  tberhaapt.  Bei  den  actiteii  Vdlkeni  geht  die  Ge- 
scUdite  aufwärts 9  bei  den  Cldnesen  steht  sie  still,  bei  den  Bnd* 
dhlsten  gelit  sie  abwirts;  llire  Perioden  aeigen  das  Waehstham 
der  Aasartong.  Die  erste,  bis  an  der  leisten  der  Tier  grossen 
Sjmoden  in  der  Mitte  des  ersten  Jahrh.  nach  Chr.  reichend, 
ist  die  der  geschichtlichen  Begründung  des  neuen  Bevvusstsoins, 
und  zugleich  der  reinen  Gestaltung:  die  Lehre  und  die  Ver- 
fittsong  wurden  festgestellt;  der  Glanzpunkt  ist  die  Regierung 


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Af  okft'«,  ien  mimi  Firsten,  der  sieh  flBr  des  BwUttenis 

erklärte.  Iiidei  /.weiten  Periode,  bis  in  unser  Mittelalter  i  eichend, 
gewinnt  dcrBuddlusmiis  innerlich  iiml  äusserlicli  au  Ltreite.  aber 
nicht  an  Tiefe;  die  heiligen  Schriften  werden  erläuternd  veri»eicii- 
tet,  die  neue  Lehre  weithin  verbreite:,  besonders  in  China,  aber 
m  hartem  Kampfe  von  den  Braluuaueu  aus  Indien  selbst  fast 
ganz  verdrängt.  In  der  dritten  Periode  verkumniert  die  idee 
aus  Mangel  innerer  GeisteakcalOt  und  durch  VerwftdbniBg  mit 
vielen  firemdartigeii  Elementen;  die  HäUe  iat  geblieben,  der 
Geiat  gewiehen$  der  Buddhiemna  iat  jetat  eine  Mnmie. 

^IcfanittBi  soll  nach  cUnesiacheo  Berichten  selbst  diese  ab- 
wKrtsgehende  Gesebidite  vorausverktlndigt  haben;  „%venn  icb  in 
das  Nirvana  eingegangen  bin,  wird  die  voUkoininene  Religion 
öüü  Jahro  (l  uiern,  die  folgende  scheinbare  1000,  und  (ii«'  let/te 
i^eriode  3U00  Jahre.'^'^)  Aiifanirs  liirlt  sich  der  Buddliisniij>  im 
nurdlicheo  Indie»;  vier  Synoden,  von  •denen  die  letzte  in  kagmira 
gehalten  wurde,  klärten  und  befestigten  die  neue  Idee.  A^oka,  aus 
deni  mächtigsten  der  damals  in  Moid-iDdien  regierenden  Herrscher- 
geacblecbter,  breitete»  259  aa  der  peueoLebre  beicefart»  dieselbe  mit 
grossem  Eifer,  aber  nur  In  friedlicher  Weise  ava,  nsd  orgaaisirte 
die  Kirche.')  Nach  seinem  Tode  serfielseln  Reich  in  mehrere  klei- 
nere. Auf  der  aweilen  Synode,  im  Jahre  246»  war  die  AnssendaRg 
von  MissionSroB  beschlossen  worden ,  und  seitdem  verbreitete  sich 
schnell  die  Lelire  nach  iNaiden,  Osten  ujui  iSiidcn.  Schon  iui  zwei- 
ten Jahrb.  vor  Chr.  landen  tlie  ChincsrMr  in  Mittelasien  den  Buddhis- 
mus überall  verbreitet.*)  Ceylon  nurdo  seit  der  Mitte  des  zweiten 
Jahrh.  vor  Chr.  der  Mittelpunkt  de»  südlichen  Buddhismus,  der  von 
hier  nach  Hinter -Indien  gelangte.  Aber  schon  im  zweiten  Jahih. 
hatte  der  Buddhismus  Un  nurdlicheu  Indien  eiae  harte  Verlbl|piBg 
durch  einen  Farsten  su  erdulden;  Kloster  wurden  aenitiirt,  as4 
Geistliche  ermordet') 

Die  Buddhisten  erschienen  sam  ersten  Male  ia  Cbiaa  aater  der 
Regieraag  des  Schi-boang-ti^  217  vor  Chr.,  wurden  aber  aarüflligs- 
wiesen;  hundert  Jahre  spitter  finden  sich  bereits  vereinzelte  Spams 
von  Buddhismus  in  China;  int  Jahre  (')1  nach  Chr.  aber  Hess  ein 
x:hinesischer  Kaiser  buddhistische  Priester  aus  Indien  kommen  und 
gestaltete  den  buddhislist  Ikm)  KultUiS  in  Cbina.6)  P>  breitete  sicli 
bald  iilier  das  ganze  Land  uuf»,  und  im  fünften  Jahrh.  hatte  fast  j«^ 
de^  Dorf  errt  buddhistisches  Heiligthum.'')  Oft  verfolgtt  werde  «1er 
Buddhismus  nicht  auHgerottet.  und  zu  andern  Zeiten  wurde  er  wieder 
sehr  begünstigt  [{  27].»)  In  China  aber  bUdet  der  BuddbissHü 
kerne  Cleacbicbte,  soadera  geht  *m  die  cbiaeeisebe  ehi;  er  tslwr 


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891 

als  Religion,  nicht  als  Staat,  und  selbst  jene  erscheint  imr  in  ge- 
trübter uiid  «ekbter  Ge«taU  «od  obue  bedeutoiide  bierarchUche 
GliederoQg. 

In  JapaOf  wobio  der  Baddbianitt«  im  sedwtea  Jabrbnodert 
dnngf  Ist  d«r«elbe  fiberua  verflacht  und  mit  vielea  frevulea»  be- 
aondcra  biabmaaiacbea  Etcneateo  veroiiacbt  [S.  223]. 

Id  seiner  ftuaaerlichea  Geataltung,     eben  dam»  aber  nicht 

•  In  seinem  Wesen  —  hat  der  Buddhismus  seinen  vollen  Glans  la 
Tübet  erreicht.  Hier  trat  er  als  eine  holie  geistige  Maclit  lic^valti- 
gcnd  irj  oiii  iiuch  rohes  Vollc^  utiii  wurde  für  dasselbe  der  Anfang  und 
die  Quelle  alier  geistigen  und  sittlichen  liildung.  Die  frenuien  Send- 
boten %varcn  für  die  Tfibetaner  eine  höhere  Auctorität,  und  nir- 
gends hat  «ich  darum  so  scharf  die  Souderung  der  Geistlichen  vom 
Volke  beraiiageblldety  and  so  hoch  der  erateren  Macht  erbeben  ala 
bTflbet  Ea  erinnert  dieaeEntiriekeInng  an  die'Stellai^  der  Geiat- 
lidiea  In  Mitteleurapa  bn  früheren  Mittelalter,  Ea  gewinnt  hier  der 
Bttddhiamna  einen  K9rper,  und  verhält  sich  au  seiner  ursprang- 
liehen  Gestalt  etwa  wie  die  epische  Gestalt  der  Brahma-Religion  an 
der  veilischeii.  Durch  Tschiugijskhau's  Enkel  KuUilai  wurden  12G0 
die  obern  Lama  zu  w  irklichen  Herrschern  eingesetzt  und  in  ihrer 
Macht  iiefcstiget,  und  die  clilne.sischen  Kaiser,  unter  deren  AhhSn- 
gigkeitTübet  nachher  kam,  bestätigten  diese  geistliche  Herrschaft.®) 
^'ach  einigen,  durch  die  Schwäche  der  chinesischen  Kaiser  hervorge- 
rufenen Schwankungen  wurde  die  eine  Zeit  lang  bei  Seite  gedrängte 
geistliche  Macht  der  beiden  höchsten  Lama  1754  wieder  bestätigt, 
aber  bald  durch  chlnealache  Statthalter  bedeutend  geschmälert; 
gegenwärtig  Ist  alle  wirkliche  Regierungsgewalt  in  den  Händen  der 
letatereo.io) 

Zu  den  Mongolen  kam  der  Buddhismus  bald  nach  Tscbingiskhan ; 
dieser  selbjst  wuUte  nichts  da\<jti  wissen:  ..die  Ilo-scliaui;  [LamaJ 
und  Tao-tse,  sagte  er,  sind  /u  nichts  nütze;  sie  wiegeln  vielmehr 
das  Volk  auf;  alle  sollen  des  Landes  verwiesen  n  erden.  '  Aber 
ein  Enkel  desselben  nahm  die  Buddhalehre  un ;  Kubilai  •  Kbao 
begünstigte  sie,  und  setzte  selbst  in  Tübet  geistliche  Regenten 
ein.  Aber  mit  dem  Fall  der  Macht  der  Moogoleo  verwilderte 
auch  ihre  Reiigien  wieder,  und  erat  in  der  aweiten  Räifte  dea 
aechasehoten  Jabdmnderts  gewann  der  Bnddbiamua  unter  den 
Mengolen  durch  Sendboten  aus  Tfibet  wieder  ein  neues  und  rege- 
res Leben. 

Während  sich  der  Huddbisnius  nach  allen  Seiten  hin  siegreich 
aasbreitete,  hatte  er  in  meiner  Heiinath  einen  harten  Kampf  zu  be* 
aleiieak   Das  brabmarusche  \  ulk  war  bivh  bewusst  gewordeo,  dass 


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die        Lehre  «ein  lonersles  Weeeii  angriffe;  was  laaeiMeli  est* 

gemMigesetzt  war,  musste  auch  geschichtlich  sich  scheiden.  Der 
buddhisnius  gehört  nicht  einem  Volke,  sondern  der  IVIcnscbheit  aji, 
hat  tiiclif  ein  Land,  sondern  d*H'  Frde /nr  licimath;  das  Brahmaneo- 
tbum  aber  ist  an  den  indischen  Boden  gclcssclt.  In  diesem  Kampfe 
koDDte  die  EotseheidaDg  nicht  zweifelhaflt  sein.  Blieben  die  Bod* 
dhisten  im  Lande,  so  masste  das  brahinanische  Leben  nntergeheo, 
wSlirend  jene  aasser  Landes  ilberaU  eine  Heimath  fanden.  Die 
Brabmanen  gebranchten  das  Haosrecbt,  am  ihr  Dasein  ztt  retfes; 
die  HeioatUesen  werden  aas  Indiens  Grinsen  Yerdfiogt  bn 
filnften  Jabrbundert  begann  der  gewaltige«  zam  Tbeil  Mutige 
Kampf,  und  zog  sich ,  nachdem  er  bald  zu  Gunsten  der  Brabmanen 
sich  wendete,  in  .späten  Nachnehen  bis  ins  vierzehnte  Jahrhundert 
Der  Vedanta-Philosriph  Sankara  selbst  |  S.  23^"]  war  ein  llaupt- 
gegner  der  neuenLehre  und  ein  eifriger Betorderer  ihrer  \  erlolgnn^. 
Nur  am  Fuss  des  Uimalaja,  in  Nepal,  erhielt  sieb  der  Buddiusmos.^) 

BarMid;  I,  p.  &85.— *)  Nemnum  b.  Dlgcn,  III,  2,  120.  ISO. — *)  L«»en,  M 
Alt.  n.  S.  Si4  etc.;  44S.  —  *)  Nenmaiin  b.  Illgen,  IH,  8, 188.  —  *)  Burooiir,  I, 
p.  4S0.  ~  *)  Foe-Kone-Ki,  v.  Abel-Banmat,  p.  41. 44.  —  ^  De  Maffla,  fai«L  gw. 
V,  48.— ')Bbtlid.     50;  Vi,  488;  686  n.  oft.  ~  •) Sehott,  184;  ll•n1llSnll^  bn  AmL 

1846,  S.  51.  ^  Schott,  187.  188;  Neumann,  a.  a.0.  52.  56;  Hac  u.  Gäbet,  ebeod. 
1850.  6.19.  —  Schott,  193.  194.  —  ")  Schott,  195,  —  >*)  Abel-B^nmt,  Mel«- 
get  Asiat  l,  125;  Büro.  5a&;  T^aiuact.  I,  550.  558. 


8  e  b  1 1 8  8. 

§  181. 

In  dem  indischen  Geiste  ist  die  objective  Weltanscbanong 
zu  ihrem  Gipfelpnnkt  gelangt;  aber  dieser  Gipfel  ragt  in  awei  Spi- 
tzen empor*  Beide  Erscbeinangen  des  faidisehen  Geistes  gflhMn 
zu  einander  als  die  zwei  Seiten  eines  lebendigen  Gänsen.  Dcf 
Brahmane  legt  den  Haoptton  anf  das  Sein,  der  Buddbist  mS 
das  Nichtsein;  jener  erfasst  die  Einheit,  dieser  die  !^cbrankcn- 
losc  Vielheit;  die  brahmanische  Idee  ist  positiv,  die  buddhi- 
stisclic  negativ;  dort  dehnt  sich  das  Centrum  des  Alls  in  wei- 
terhin immer  mehr  abnehmender  Kraft  zur  VVeltperipheric  aas 
nnd  zieht  dieselbe  wieder  in  sich  hinein;  hier  ist  das  Centnini 
ganz  und  gar  in  die  Peripherie  übergegangen ,  hat  aidi  voll- 
ständig ausgebreitet;  jene  ist  centripedal,  diese  centrifi^iai* 
Die  Brahmanenlehre  yerlierC  die  Welt,  behält  bloas  die  Gott- 
heit, ^  die  Bnddhalebre  verliert  die  Gottheit,  nnd  behtitbhwf 
die  Welt,  4ie  ihr  aber  aneh  unter  den  Hiiiden  wieder  w 


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BcbwinMf  4it  endlose  Umkreis  zerstiebt.  Dort  ist  das  wahv0 
Mn  jensails  to  Weit,  Mer  iit  alles  Sein  in  der  Welt,  aber 
das  Sein  Ist  nieht  daa  Walire.  Der  Bnlnnane  will  ans  der  Weit 
den  Seheina  in  daa  eine  Sein  snriek»  dar  Buddhist  will  ans  d4r 
aalenden  Wek  in  das  KIcbtMin  anrAck;  beide  aber  ftblen  sieh 
in  der  wirklichen  Welt  unbefriedigt.  Jener  will  sicli  und  die 
Weh  in  und  aas  dem  einen  Sein  erfassen  und  begreifen,  dieser 
will  sich  aus  dem  Dasein  erN^sen;  jener  erfasst  denkend  das 
Sein,  dieser  wird  von  dem  nichtigen  Wesen  des  Alls  erfasst, 
nnd  empfindet  den  Schmerz  des  Daseins;  jener  feradit  und 
sehant,  dieser  föhlt;  die  Imhnianlselie  Weltanschauungisiepiseb, 
die  bnddMatiaehe  Ijriaeh,  Jene  mabr  nlnnlinb,  diese  meba 
welbticli.  Der  Bnbnane  bat  ea  dielir  mit  Gatt  zn  1km  ala  mil  aieh 
•nd  mit  dar  Welt ,  der  Bnddblat  bal  ea  narndt  aieh  nad  der  Wall 
xn  tbmi,  nicht  mit  Gott;  jener  ist  mehr  theoretisch,  dieser  meha 
praktisch,  jener  mehr  do<;maliäcii,  dieser  mehr  moralisch.  Der 
Brahmane  eriasst  die  Welt  als  eine  Entäusserung,  eine  £rnie- 
driguug  Gottes,  der  Boddhistals  eine  Überhebunc^.  als  eine  An- 
massung  der  Dinge,  sein  zu  wollen,  bei  beiden  aber  ist  sie  vnm 
Cbel.  Jenem  ist  sie  einentfolteter  Keim,  diesem  eine  einheitslose 
Vielheit;  dort  ist  eine  organische  Verzweigung,  hier  ein  Zer- 
miebcn  daa  Seina  bi  Atome«  Dia  WeHanachannag  daa  Brak« 
manen  iai  atreng  monarebiaeb,  Gatt  ist  Allan  in  Allem;  die  de$ 
Baddbiatan  ist  damekratfaich ,  die  Menge  Wt  daa  ekisig  Wakra;  ^  - 
dart  kommt  alles  Gate  und  Grosse  tou  oben  herab;  die  Gfltter 
werden  menschliche  Helden;  hier  steigt  alles  von  uulen  auf ;  die 
menschlichen  Helden  werden  Gottesmächte. 

Die  brahmanische  Welt  ist  ihrem  Ursprung  nach  gut,  ihrer 
Wirklichkeit  nach  böse;  die  buddhistische  ist  ihrer  Wirklichkeit 
nach  auch  bOse,  aber  ihre  Wahrheit  rubt  in  Uirem  Ziele,  in 
Ikrer  Anflftanng  in  niabtai  daa  brahmaniaeha  Bewusstsein  wirft 
daher  nrit  Vailiabe  «af  den  Anfimg,  daa  bnddkistiscba  anf 
daa  Ende;  jenen  liebt  die  Kosmogonie,  diaaea  die  Eaohatelegie» 
BaMa  Tori^eilbn  daa  Dasefo;  der  Brakmane  TemcbteC  ea,  weB 
er  es  an  dem  höheren  Sein  Brahma's  misst;  der  Bnddkkt  he- 
tnvert  es,  weil  er  die  Dichtigkeit  als  ihr  Wesen  erkennt;  jener 
findet  in  allem  Dasein  Gott,  und  wirfl  jenes  als  die  leere  Schaale 
fort,  dieser  findet  in  allem  Dasein  das  Nichts,  und  mag  das  In- 
haltsleere nicht.  Der  Brahmane  ist  Idealist,  und  verwid't  das 
Reale,  weil  es  nicht  die  Idee  ist;  der  Buddhist  ist  Realist,  und 
aerwirft  trotadem  das  Reale,  weU  ea  eben  nicht  wahrhaft  real  ist. 
'  im  Bmkmaoenthnm  aneidil  das  okfeetive  Haidantknas  den 
n.  as 

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Höhepunkt  seines  aufsteigenden  Lebens;  im  BaddMsmtia  kommt 
es  zur  Zersetzung:  Volk,  Staat,  Sprache  lösen  sich  auf:  di« 
nationale  Begränzung  wird  in  den  Univeraalismus  aufgehobeo, 
aber  das  ist  ein  Universalismaa  der  Verzweiflung.  —  Das  Brafah 
laaiienthiim  mtnä  der  Buddhisnas  Inhalten  ifich.  äibBKch  aa  •» 
ander  wie  das  Jadentbiini .  anm  Ghifatenthinn.  -  Die  Btahauuieft 
wie  dieHebrier  betraehfeen  aicbiids  daa  anatebHeasliebe  Volk 
Gottes;  der  Beddbismiis  and  das  Gbrisleatlinni  oaifadsea  die 
Menschheit;  — jene  beiden  haben  ein  bestimmtes  Priesterthain 
und  strenge  priesterliehc  Formen,  un<I  das  Priesterthum  herrscht 
über  das  Volk;  bei  den  andern  beiden  ixt  ein  iirieskriiches  \  olk. 
uufl  (1(  r  Kult  ist  nielir  innerlich  als  iiusserlich;  bei  flen  ersien 
beiden  beherrscht  eine  starre  Gesetzliclikeit  das  ganze  Leboi, 
tfnd  das  Gebot  ist  iMirt  und  drohend »  bier  henicbt  nüdeJM» 
and  die  Berabigvag  det  Vergebung» 

Ersdiemt  so  der  Baddbismas  als  4er.  reine  Gegensata  an 
Beabaanentbum,  ao  aeigt  er  sich  andrerseits  als  die  klare  ÜNh 
sequeaa  der  brabaiantscben  Idee.  Der  Brainnane  aelat  ia  dM 
an  sieh  vöUi«;  leere  Brahma  einen  Lebensprocess,  ohne  für  die* 
sen  irgend* einen  Grund  aufzeigen  zu  können^  n  cslialb  die  eon- 
secjuoiitere  Vcdenta  die  entschiedene  Richtung  lümnu,  diese 
ganze  Entlaltung  fiir  eine  Täuschung  zu  erklären.  Die  Kiifirfba- 
iehre  geht  klarer  auf  die  Sachlage  ein;  sie.  ninunt  die  wiricliclie 
*Welt  der  Vielbek,  weil  sie  sich,  unmittelbar  darbietet,  als 
wirklicb  an,  iSsat  aber  jenen  Uigruad^  im  weteben  der  Bnb* 
mane  die  Emtwiekeinng  aar . Vielheit-  aaeli  jnur'etni^Btey  sink 
durch  sie  wirklich  begründen  konnte,  ala.eiMi  dtefWirldiflb* 
keit  nii^  eeklirenden  ganz  fallen  ^  lAssi jenen' müsri^sb  Bllte^ 
grund  fort.  Weil  der  Ihahnianc  aus  Brahma  die  Weltesel 
nicht  l>e£!,r eifen  konnte,  und  sie  daher  in  der  tieferen  Eat« 
Wickelung  des  Gedankens  leugnete,  so  hält  der  liuddhist  lieber 
an  der  zu  erklärenden  Welt  fest,  und  weisi  jenen  nichtis^en 
Grnnd  zurück.  Der  Brahmane  hat  den  Grund  ohne  \^ei^ 
der  Buddhist  die  Weit  ohne  Gnnid.  Wo  der  Brahmane  da« 
Brabna  sieh  wirkkoh  aar  Wck  entlUten  lissl,  dasgsschieht  es 
aar  so»  dass  in  das  Bratnaa  die  Ge^easlUae  Lebens  scbos 
bineingesetzt,  das  Weltlkshe:  In  das  Obenvmlflkhe  eiatd<gij 
das  rekie  UrKcbt  dureh  die  Beimwebnnf  tob  ÜKtersebiedea  ga* 
trübt  wird.  Der  Buddhisnnis  nmcht  diese  paitielle  Verfissterniig 
nur  total,  erfasst  den  veiu titlichten,  in  das  Bereich  der  D«ti^ 
lieben  Lebeiis(  lUwirkoluno;  von  Sein,  Werden  und  Auniören 
hineiageaogenea  Gott  £o»%eriGktiger  als  die  Wek  selbst,  und  ver- 


Digiii^ca  by  ..c 


schmäht  den  Schein  eines  begründenden  UrseinSy  welohflt 
BMhta  begrto^at  Der  Buddhiamiis  hat  daher  elM  gmadlose 
Weit,  ^  wid  ditse»  Ohanikter  der  GnmdlosigkeH  fBkgi  etAv- 
lieh  und  waoker  dorofa.  Die  Web  hat  kainen  Gimd,  und  danim 
kd»  Baolity  sl^  sdll  nidrt  «ein$  imd  weil  m  dennoch  ist,  so  ist 
sie  vom  Übel,  ist  ein  Dasein  des  Elendes,  und  meine  Aufgabe 
ist  es,  mich  verachtend  von  ihr  abzuwenden.  Das  \at  eine  edle, 
'  fiiitlicbc  Sprache,  ein  muthiges  Fortgehen  in  der  erfassten  Idee, 
unendlich  erhaben  über  die  gemeine  Gesinnung  der  matenaU$ti< 
ndiea  Weltanschaumig,  die  den  geistigen  Grund  der  Weit 
Ifivgnety  die  Welt  nioht  TemänIUg  begreifen  will,  aber  doch  in 
das  naniitlelbafe  Dasein  geniessend  sieh  versenkt,  darin  die 
WaMMk  an  liaken  ¥efnMuiend. 

Sekea  wir  ans  den^Gnadonterseiited  der  beideD  Indiseheii 
AnfTassongsweisen  genauer  an,  das  Urseln  derBratnaaMa  aad 
das  Lr nichts  der  Buddhisten,  so  verschwindet  uns  derselbe 
grade  in  seiner  tiefsten  ^  uizel.  Das  völlig  bestimmun^slose, 
reine  Sein  der  BrnliTnanen  und  das  ebenso  bestininiun^blose 
reine  Nichts  der  Buddhisten  fallen  in  dem  schärferen  Gedanken 
Töllig  zusammen;  und  grade  je  tiefer  die  Brahinanenidee  ver- 
folgt wird,  um  so  kiarcr  tritt  der  Punkt  hervor ,  wo  das  reine 
Brataa  in  das  Niehts  der  Bnddlialelire  naischUlgt*  Das  leere 
MaristdasNiehts. 

Das-eUnesisehe  vnd  das  indisehe  Geistesleben  ididen  eSnen 
aduivfen  G&egensata,  der  nnf  der  Grandlage  des  dibesisdien 
Dualismus  und  des  indischen  Monismus  erwachsen  ist.  Die 
chinesische  Weltanschauung;  ist  verstiindig,  die  indische  ist  ver^ 
itiinftig;  jene  hält  die  Wirküclikf  it  nis  das  schlechterdings  Wahre 
und  Rechtmässige  fest,  und  kommt  nicht  über  dieselbe  hinaus 
zu  einem  einigen  Urgtonde;  diese  erbebt  sieh  üher  die  Wirk* 
iiolilMit  zu  ihrem  Grunde  und  Wesen;  «dber  anOihig  den  Grund 
deaf  Sfeinä  als  Geist  an  eitosen»  vermag  sie  «aeh  die  WkkUk* 
keH'idtitt  als  begrOadet  aa:begrelftn  and- verwirft  die  letaler^ 
nie  aMbeieahtigt.  Der  ChlneBe  ist  piakclacb,  ddr  Mtor  speoa« 
lativ;  jener  ist  tifiiditem  radonaKstfSch,  dieeermystls<di|  jcaar 
begreift  nur  das  Hand<2;reifliche,  dieser  erfasst  nur  das  Ideale. 
Der  Chinese  lebt  in  voller  H(;frie(liti;ung  in  den  wirklichen  Zu- 
standen, der  Indier  Avcndet  sich  grollend  von  ihnen  ab;  jener 
greift  rastlos  thätig  in  das  bewegte  Leben  mitwirkend  ein ,  die- 
ser aneht  sich  in  die  Wälder  oder  ins  Kloster  zurück;  jener  rich^ 
tet  sieh  auf  der  firde  behaglich  euiv  dieser  stösst  das  Irdisclie  m 
eüeni  ümaatk  va«  sieb,  and  ringt  aar  naefa  denifiw%en;  jaaar 


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will  den  irdischen  Genuss,  dieser  die  Wahrheit;  jener  ist  an* 
ermüdlich  beschäftigt,  (xenusaund  Besitz  und  Rang  zu  erlaogen, 
dietifT  entsagt  der  Welt  und  ihrem  Glänze;  jener  schaut Uig 
uud  berechnend  um  sich^  dieser  sinnend  in  sich  hinein. 

Im  uidi»oli60  Bewusstsein  aber  vollzieht  4er  Buddhismus  die 
leiste  CoDHeqnelis  4es|enigen  Heidenlfaums,  welches  dnsGdtt- 
liehe  in  der  JNatar  <^bliokl$  und  er  nohreilet  wak  eülUeiier  WIW 
len^Erall  bin  a«  dem  Pnnkte  Tor  9  wo     liogiende  Geilt  eikeuMi 
nnee:  leb  liabe  allen  verloren  1  wen  ieli  Terainfiig  nn  boritifln, 
nn  begreifen  elrebCe.  hn  BnddUerann  ist  daher  der  Obergang  zn 
ein^r  höheren  Stufe  gegeben.  In  der  objectiven  Weltanschnnang 
vei senkt  sich  der  Mensch  in  die  gegeuständliche  Welt,  lindel 
in  ihr  das  allein  Wahre.    Die  Arbeit  des  menschlichen  Geiites 
ist  aber  auf  folire richtigem  Wesre  dahin  *!;elans^t,  wa  die  einsei- 
tige Kichtuug  von  selbst  umbiegt,  um  in  die  eatgef^eDgesetite 
aroaneeblagen.   Indem  der  Geist  sich  in  das  gegenstindliche 
Daaeitt  vertieft»  and  In  der  Natur  das  Göttliobe  anabte»  bat  sich 
Um'  dieeea  Daaebi  aelbat  an%elBat,  aiaeiaer  inneni  Unwebibdt 
gerieigit.  Weil  er  eben  daa  Natnreein  einantig  nur  flbr  sicher 
faaste»  konnte  er  nicbt  nn  den  Plinkte gelangen,  von  wo  an» er 
dasselbe  in  seiner  Wahrheit  und  Berechtigung  ergreifen  könnte, 
und  es  muss  ihm  als  in  sicli  völlig  grundlos  und  unberechtigt 
erscheinen.  —  In  der  gegenständlichen  Welt  suchte  der  ^lenscli 
die  Wahrheit  und  das  Heil,  und  vor  seinem  suchenden  Blicke 
zerfälirt  das  Bild  in  nichts;  er  wähnte  eine  Göttin  zu  umariuen, 
und  eine  Wolke  nniDlngi  seine  Braat*  Die  heidniache  Geistes* 
arbeil  kenwit  an  dem  entgegengesetzten  Ende  demen  an,  tob 
wo  ale  nnogegangen  war»  Der  Menaeb  veraenkte  aiob  aafiMh* 
nend  und  geaseaaead  in  die  Bbitar,  aber  er  werde  dabei  dts 
Genaftaea  nlobl  firob,  Domen •  «nd  Diatebi  tiiig  ibn  der  Acker^ 
Ünn,  der  da  meinte,  im  Paradiese  die'Fmcbt  dce  Lebens  ge- 
messen zu  künnen.    Die  Welt  verbleicht  dem  sie  sehnsfichtig 
Umfangenden   zu  immer  matteren  Zügen,    und  der  Mensch 
kommt  zuletzt  bei  dem  reinsten  (TOG-entlicile  alles  frohen  Lebens- 
genusses an,  wo  ihm  alle  Freude  am  Dasein  verargt,  wo  ihm 
alles  Tersagt  wird,  was  dem  lebensfrischen  Herzen  lieb  mid 
thcner  ist.  Statt  des  frohen  JEvgreiDens  der  lebendigen  Wirklich- 
keil.oio  webaiAthigea  Entsagen  f  atott  der  Fronde  am  Dasein  dei 
Sobmem  der  Niobtigkett.  Im  Bnddbiemna  aobUlgt  die  fk» 
religioB  in  Unnnlnr  nm,  ui  daa  klare  Gegenibeil  ebieo  in  dieltatar 
«ob  veremilBendetty  von  ihr  getragenen  Lebenai  alloe  Natflr* 
Uebe  »Ida  vom  Übel»  istUnrecht,  ist  zu  verachten,  anfliebfln« 


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Dfts  Datda,  dem  der  Mensch  sidi  Ungegeben»  atAsst  flm 
seUbsl  Ton  lieli  lorflek;  je  baetiger  mid  lilstenier  er  nacli  ihm 

hascht,  am  so  weiter  flieht  es  vor  ihm  zarfick,  und  er  hat  zaletzt 
um  sich  nichts  als  die  Ode  Leere.  Die  Welt  weist  selbst  den 
Menschen  von  ihr  ab,  weist  ihn  auf  sein  eigenes  Bewnsstsein  hin; 
er  findet  ili  ihr  nichts  von  dem,  was  er  suchte;  er  wird  auf  sich 
selbst  zurückgewiesen;  —  der  erste  Anfang  eines  erwachenden 
Selbeibewusstseins  mht  darin,  dass  der  Mensch  den  Blick 
▼on  dem  ebjectiTen  JDaaein  abwendet  Und  dieaea  ist  im  Bud- 
dbianma  emingen;  in  ihm  iat  der  Gipfel  etreiehl»  wo  der  bocb- 
atdgende  Gedanke  aicb  «nwendet,  nnd  eine  neue  fUoihtnng  sieb 
Bahn  Inricbl.  Dranssen  in  der  Anssenwelt  hat  der  Mensch  nicbta 
mehr  zu  suchen;  trauernd  verlässt  der  ia  seiner  Ei  vvartung  gc- 
t&nschte  Mensch  die  ihm  ungetreue  Natur,  and  sucht  eine  neue 
Heiniatb,  in  der  der  Geist  mit  neuer,  frischer  Kraft  seine  Arbeit 
wieder  beginnen  kann.  Bettelarm  fühlt  sich  der  Geist  auf 
der  Stufe  des  Buddbismnai  —  daa  ganze  Leben  dea  Buddhisten 
prftgl  diese  Demüthigong  ana»  nnd  aein  Bettlergewand  verkün- 
det die  Iroatloae  £nttänacbmig  in  der  Verfolgnng  dner  ebiaeiti- 
gen  Ideei  das  neue  Amerüca  taacfat  aber  dem  aebnafichtigen 
Blicke  dea  weltentsagenden,  von  der  Heimath  geschiedenen 
Bnddiiajüngers  noch  nicht  auf;  noch  fährt  das  Fahrzeug  auf  dem 
gränzenlosen  Meere;  hinter  ihm  ist  die  alte  Welt  versunken, 
und  vor  ihm  zeigt  sich  nur  das  leere  Nichts.  Die  alten  (lötter 
sind  untergeg:aiigen,  die  alte  Freude  am  Dasein  verschwunden, 
aber  die  neue  Welt  des  freien  persönlichen  Geistes  harrt 
noch  in  mibewiiaatem  Schlummer. 


Dmck  vvn  C  U.  Storch  b  Cwmp.  in  BmlM. 


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