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Deutschen Staats- und Rechtsgeschichte
herausgegeben
zur
Untersucht! ngen
von
Dr. Otto Gierke
Pr»rc»*«ur der Krchtc »n der (JulrernltK l«rlin
63. Heft
Die Geschichte
des deutschen Deichrechts
(I. Teil)
von
Dr. Julius Gierke
Privntdoecnt an der UrtiversitKt Güttingen
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Breslau
Verlapr von M. & H. Marcus
IHM
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Untersuchungen
zur
Deutschen Staats- und Rechtsgeschichte
herausgegeben
Dr. Otto Gierke
Professor der Rechte an der UniTemltlt Berlin
03. Heft
Die Geschichte
des deutschen Deichrechts
(I. Teil)
Dr. Julius Gierke
Privatdocent an der Universität Göttingen
Breslau
Verlag von M. & H. Marcus
1U01
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Die Geschichte
des
tschen Deichrecht
(I. Teil)
von
Dr. Julius Gierk& — -
Privatdocent an der Universität Göttingen
Breslau
Verlag von M. & H. Marcus
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Special Fund 1919
KV
Us'
v. Li
Vorwort.
Wie das Wasserrecht überhaupt, so ist insbesondere das
Deichreeht in dogmatischer und historischer Hinsicht von der
Wissenschaft bisher recht stiefmütterlich behandelt worden.
Das deutsche Deichrecht hat in dogmatischer Beziehung über-
haupt erst einmal eine umfassende Bearbeitung gefunden. Im
Jahre 1(590 veröffentlichte Jodocus Hackmann zu Stade eine
Darstellung des zu seinen Zeiten in Deutschland geltenden
Deichrechts, der er nur einzelne und zum Teil völlig wertlose
historische Erörterungen einflocht. Seit diesen Tagen sind schon
über 200 Jahre ins Land gegangen, ohne dass ein Schriftsteller
sich an die Schilderung des geltenden gemeinen deutschen Deich-
rechts auf grösserer Grundlage gemacht hätte. Die Ursache
hiervon ist nur zum Teil darin zu suchen, dass einer frucht-
baren Lösung der Aufgabe die partikuläre Zersplitterung des
Deichrechts erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Zuiu grössten
Teil trägt vielmehr an der Vernachlässigung der Umstand Schuld,
dass es an einer grundlegenden Arbeit über die Geschichte des
deutschen Deichrechts fehlt. Denn gerade beim Deichrecht
zeigt sich die Unentbehrlichkeit historischer Forschung im
hellsten Licht. Sind doch die geltenden Deichordnungen von
der modernen Gesetzgebung nicht als neugeartete Wesen in die
Welt gesetzt, sondern Kinder einer mehr als tausendjährigen
Entwicklung. Hat doch jede Deichordnung eine mehr oder
minder grosse Zahl von Vorstufen, auf denen sie sich aufbaut, ohne
deren Kenntnis sie nicht gründlich verstanden werden kann.
Zudem reicht manches geltende Deichrecht unmittelbar in eine
längst entschwundene Zeit zurück und kann so nur durch ein
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VI
Zurückgehen auf die jene Zeit beherrschenden Rechtsanschauungen
richtig gewürdigt werden. Kann so eine Darstellung der
Geschichte des deutschen Deichrechts eine Bearbeitung des
geltenden Deichrechts überhaupt erst ermöglichen, so trügt
sie, abgesehen von dieser praktischen Bedeutung, wie jede
historische Forschung, ihren Zweck und ihren Wert in sich
selbst. Auch wenn es heute keine Deiche mehr gäbe, würde
eine historische Schilderung des Deichrechts nicht unangebracht
sein. Den Germanisten aber muss der Stoff ganz besonders
reizen, da das Deichrecht, eine Fülle deutscher Rechtsgedanken
bergend, sich gegen den Einfluss der Reception mannhaft gewehrt
und eine grosse Anzahl deutscher Rechtsinstitute und Rechts-
begriffe eigenartig beleuchtet oder zur kraftvollen Ausgestaltung
gebracht hat
Der Darstellung der Geschichte des deutschen Deichrechts
stehen freilich die erheblichsten Schwierigkeiten entgegen. Es
fehlt zwar nicht an kleineren Ausführungen, die gute Finger-
zeige geben; doch betrachten sie mehr oder weniger die Ge-
schichte des Deichrechts von einem ganz bestimmten Gesichts-
punkt aus; auch entbehren sie einer vollständigen Berücksichtigung
des umfassenden Quellenmaterials. Solche Abhandlungen aber,
die sich genauer mit der Geschichte des Deichrechts eines be-
stimmten kleineren Landgebiets beschäftigen, sind nur sehr
spärlich vorhanden. Dies macht sich um so fühlbarer, als es
auch an einer grösseren Anzahl brauchbarer dogmatischer Dar-
stellungen dieses oder jenes partikulären Deichrechts gebricht.
Zu diesen Schwierigkeiten gesellen sich andere Momente,
welche einer historischen Schilderung des Deichrechts wenigstens
zur Zeit grosse Hindernisse bereiten. Zu ihnen gehört namentlich
der Umstand, dass das deichrechtliche Quellenmaterial so sehr
zerstreut ist. Wennschon es in dieser Hinsicht mit den
holländischen Quellen besser steht, so ist es doch mit dem
spezifisch deutschen recht übel bestellt. Dazu kommt, dass an sich
zu einer genauen Interpretation aller Quellen die weitgehendsten
geographischen und topographischen Studien nötig sind.
Man bedürfte eigentlich zu jedem Quellenkreis eines ganz
detaillierten Plans der betreffenden Gebiete, ein Wunsch, der
freilich für viele Gebietsteile wegen der vielfachen Veränderung
durch Meereseinbruch und Wasserflut als unerfüllbar bezeichnet
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vn
werden muss. In den umfangreicheren Deichländem steht ferner
die Entwicklung des Deichrechts mit der Entwicklung der
Staatsverfassnng im engsten Zusammenhang und kann ohne eine
genaue Kenntnis der letzteren nicht richtig gewürdigt werden.
Andrerseits basiert das Deichrecht auf den Siedlungs- und
Agrarverhältnissen, ein Umstand, der von juristischer Seite
teils ganz übersehen, teils nicht ausgiebig genug verwertet ist
Schliesslich ist eine gewisse Vertrautheit mit der Deichtechnik
unentbehrlich, wennschon sie lange nicht die Rolle spielt, die
man ihr zuzuschreiben anfangs sehr leicht geneigt ist.
Je weiter ich mich mit den Vorarbeiten für eine solche
Darstellung beschäftigte, um so mehr erschien mir eine Zu-
sammenstellung des zerstreuten Quellenmaterials als eine un-
bedingte Notwendigkeit. Da es sich bei der Geschichte des
deutschen Deichrechts um die Entwicklung eines durch Ab-
straktion gefundenen gemeinen deutschen Sonderrechts handelt, so
war einmal ohne solche Zusammenstellung eine Lösung der Aufgabe
überhaupt unmöglich ; sodann aber musste dem partikulären Forscher
eine Handhabe zur Verfolgung der Sonderrichtungen im Deichrecht
gewährt werden, da ja die Darstellung nur das gemeine Deich-
recht enthält. Nur gedruckte und, wenn ich nicht besonders
darauf hingewiesen habe, von mir durchgerarbeitete Quellen
sind zusammengestellt worden; manche Quellen sind in Zeit-
schriften so verborgen, dass ich kaum hoffen kann, aller
habhaft geworden zu sein. Nicht vollständig ist jedenfalls die
Zusammenstellung der holländischen Quellen, da mir verschiedene
nicht zugänglich waren. Sie ist auch nur für Deutsche zur
Orientierung und Weiterforschung bestimmt. Dem Holländer
stehen holländische Quellen in reichlicherem Masse zur Ver-
fügung, und er bedarf keiner Orientierung. Die Wichtigkeit,
die ich so der Quellenzusammenstellung zuschreiben muss, hat
mich auch veranlasst, sie dem Werke nicht als Anhang beizu-
geben, sondern sie in die Einleitung zu stellen, selbst auf die
Gefahr hin, das dies den Leser als trocken und langweilig
anmutet.
Der vorliegende Teil enthält ausser der Einleitung die
beiden ersten Abschnitte der ersten Periode, welche „Die Anlage
von Deichen“ und „Die Deichverbände“ behandeln. Ein zweiter
Teil wird die Darstellung der ersten Periode beendigen und
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vm
„Die Deichlast“ (Abschnitt I FI), „Die sonstigen Rechtsverhältnisse
an den Deichen“ (Abschnitt IV) und „Die Deichverwaltung“
(Abschnitt V) erörtern; mit der Schilderung der zweiten Periode
wird er schliessen. Der zweite Teil wird den ersten an
Umfang nicht wesentlich übersteigen.
In dem Abschnitt über „Die Anlage von Deichen“ musste
vieles erörtert werden, was auf den ersten Blick nur lose, in
Wahrheit aber sehr eng mit dem Thema in Zusammenhang
steht. Manches wird erst der zweite Teil bestätigen können.
Göttingen, im Mai 1901.
Julius (aierke.
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Inhaltsverzeichnis.
(Die in Klammern beigefügten Ziffern bedeuten die Seitenzahlen.)
Einleitung. SeilB
§ 1. Die Deiche.
I. Bei friß' de« Deiclm (8) — Oleiehbedeutende Ausdrücke (4) . 8
II. Der Deichbau bei den Römern (5) — den Deutschen (6)
— Plinius (6) — Cäsar (7) — Tacitus (7) — Alter der
Deiche in Deutschland (9) 5
III. „ Erfindung “ des Deichbaus (9) — Der Deichbau von den
Niederländern in den nordöstlicheren Gegenden Deutsch-
lands nicht neu eingofübrt (10); dies beweisen 1. für Nord-
friesland und die Mündungsgebiete der Elbe und Weser
Saxo Grammatikus' Geschichtswerk (10); 2. für die Um-
gegend Bremens die dortigen Kolonisation vertrage (11);
3. für die Altmark die Chronik Helmolds (12) — Aber
umfassende Deichbauten durch Niederländer in Deutsch-
land (12) — Ihre Deichbaufertigkeit (13) 9
IV. Bedeutuiii) der Deiche (13) Aberglaube und Sagen in den
Deichlanden (14) 13
§ 2. Die Geschichte des deutschen Deiehrechts.
I. AUyemeinex. 1, Begriff des Deiehrechts — Pertinenzen ( 161
2. Grenzen des deutschen Deiehrechts (16) 3. Grenzen der
Geschichte (17) 16
II. l'critMleiieiiiteilmiy (17) — Schwierigkeiten verdeutlicht 1. an
der Wiedereinführung des Koinmuuionfuases (17) — 2. an
der Entstehung des Aussendeichsregals (18) — Vorsprung
des holländischen Deichrechts (IS). — Trotzdem möglich
Zerlegung in zwei Perioden — Die erste reicht bis in die
erste Hälfte des 16. Jahrhunderts (18) — Einschiebuug des
römischen Deiehrechts (18) 17
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X
Belt«
§ 3. LItteratur.
T. Deutsche (19) Mangel eine» zusaramenfassenden Werks (19)
— 1. Einzelne Erörterungen in dogmatischen Abhandlungen
— a. Aeltere Schriftsteller (19) — b. Neuere (20). —
2. Rechtshistorische Einzeldarstellungen (20). 3. Historische
Schriften (21) 19
II. Niederländische Litteratur 22
(Anmerkung 12: Schriften Uber Kultur- und Agrargeschichte,
Beschreibungen der Wasserfluten, Werke über die Technik
des Deichwesens).
§ 4. Quellen.
Deutsche und niederländische 24
§ 4a. Die deutschen Quellen.
I. Preussen (24) — A. Hannover (26) — a) Ostfriesland und
Harlingerland (25) b) Die Lüneburgischen Landesteile (27)
c) Lauenburgische Teile (28) d) Herzogtümer Bremen und
Verden (28) e) Hadeln (32) — B. Schleswig- Holstein (33)
a) für ganz Schleswig- Holstein (33) — Entstehungsgeschichte
des Spadelandsrechts (33) b) Oktrois (39) c) Ditmarschen
(39) d) Wilster- und Kremper-Marsch (42) e) Die Länder
des Herzogtums Schleswig (44) — C. Die Provinz Sachsen
(46) a) Die alte Mark (46) b) Herzogtum Sachsen (48)
c) Knrsachsen (48) d) Saaldeiche (48) — D. Die Provinz
Brandenburg (49) — E. Westpreussen (49) — F. Üstpreussen
(62) — G. Schlesien (53) — H. Nieinprovinz (63) — I. West-
falen (64) 24
II. A usserpreus8ische Gebiete (54) — A. Bremen (55) — B. Ham-
burg (56) — C. Oldenburg (58) — D. Baden (60) ... 54
§ 4b. Die niederländischen Quellen.
I. Allgemeines (60) — Lex Salica — Ewa Chamavorum (61) 60
II. Groninger Omtnelande 61
III. Westerlamcersehes Friesland 63
IV. Obergssei (64) — a) Salland (64) — b) Mastenbroek (65) . 64
V. Gelderland (66) — a) Veluve (66) — b) Betuve (67) —
c) Land von Maas en Waal (67) — d) Tieler en Bommeler
Waardeu (67) 66
VI. Utrecht (68) — Scheidung gegen Holland (68) — Die einzelnen
Deiche (68) 68
VII. Holland und Seeland (70) - Gemeinsame Quellen (70) . . 70
VIII. Holland (71) A. Zuid-Holland (71) a) Allgemeineres (71)
b) Groote Waard (71) c) Anhängsel (72) d) Rieder-
Waard (72) e) Anhängsel (73) f) Alblasser-Waard (73)
g) Krimpenrewaard (74) h) Swijndrechtsclie Waard (75) —
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XI
Seile
B. Land van Arkel, Heusden, Voorne, Patten, Gouda (76)
— C. Schieland (77) — D. Delfland (77) — E. Khynland
(78) — F. Amstelland (78) — G. Kennemerland (79) —
H. Westfriesland (80) — I. Waterland und Oostzaunen (Hl) 71
IX. Seeland 82
X. Flandern 83
Die erste Periode.
Erster Abschnitt.
Die Anlage von Deichen
§ 1. Allgemeines.
Beschaffenheit der Deichländer (87) — Die Marschländer (87)
— Ihre Bewohnbarkeit (88) — Wurtdürfer (88) — Andere
Deichländer (89) 87
§ 2. Die älteste Zeit,
I. Deichanlagen um unbesiedelten Boden (90) — Siedlung
und Eindeichung waren eins (90) — Siedlungsgedanke (91)
— Kein spekulatives Unternehmen (92) — Ansiedlungs-
genossenschaften (9z) — Die Deichbanpflicht zunächst per-
sönlich, aber enthaltend einen dinglichen Kern (93) —
Sommerdeiche, Winterdeiche (94) — Bestimmung der Wohn-
plätze und Grundbesitzverteilung (94) — Kleinere Ge-
meindebezirke (94) — Gemeine Marken (94) — Parzelle
blockartig (94) — Zusammenfassung (9D) — Drei Arten
von Siedlungen (9&) a) Inselsiedlungen (95) b) Randland-
siedlungen (93) c) Anstosslandsiedlungen (96) 90
2. Deichanlagen auf den bereits vor der Eindeichung be-
siedelten Deichlanden (96) — Wurtdürfer (96) — Alles auf
Viehzucht abgestellt (96) — Mit Verbreitung eines inten-
siveren Ackerbaus Deichanlagen um das gesamte Areal,
weil Wechsel zwischen Acker- und Weideland (97) —
Zunächst Sommerdeiche, verstärkt zu Winterdeichen (97) —
Blockartige Parzellen (98) — Gründer der Deichanlagen
schon bestehende Gemeinden, Veranlassung zu ihnen Ver-
änderung des Wirtschaftsbetriebs (98) — Deichbaulast
dinglich (98) — Jede Gemeinde für sich, ausnahmsweise
Deichbausozietäten (98) — Verwerfung der Ansichten
a) Wildas, der eine Vereinigung von Individuen (99)
b) Auhagens, der eine Einigung von Gemeinden (100) an-
nimmt 96
Richtigkeit der Ergebnisse (101) — Verwerfung der falschen
Meinung, dass zunächst der einzelne sein Grundstück ein-
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XII
8*ite
deichte (103) und der Lehre, das» lediglich dag Bedrängtsein
durch die Fluten und die »tute gefährliche Ungicherlieit. die
Deichanlagen ins Lehen rief (104) 101
$ .‘V IUe spätere Entwicklung.
I. Allgemeines über die späteren Deichanlagen — Au.ssendeich.s-
la nd — N icht-Aussendeickslan d , . . . . . . . . IM
II. Xruen Prinzip: Anknüpfung an eine herrschaftliche Gewalt.
(ti>51 — Kolonisatorische Unternehmungen (105) — Ver -
schiebung der wirtschaftlichen und rechtlichen Verhält -
nisse (105) 105
1, Veränderung der rechtlichen Natnr der nubesiedelten nn-
eingedeichten Marschstriche, die kein Anssendeichsland ( Hifi)
— Aneignnngsrecht des Kiinigs an herrenlosem Land (1071
— üebergang auf die Grossen (107) — Fälschungen,
Streitigkeiten, gewaltsame Aneignungen (108) — Grund -
herrlicher Einfluss (109) — Anwachs fl 1 01 IQfi
2, Rechtliche Natnr des Aussendeichslands (HO) -
Neuerungen ;ll2): a) dnrcli Deichanlagcn von Herrschaften
h) infolge der Vergahungcn, c.) infolge <I<-r Entstehung einer
Herrschaft über einem Gemeindedeichverhand. d) innerhalb
der Gemeindedeichverbftnde — a) Häutig das Vorland immer
mehr als Zubehör des Deiches betrachtet — ( Konsequenzen
i (113) — g) Bildung von Anssendeichsinteressentenschaften
(Hü) — el Das landesherrliche Aussendeichsregal Ql7> -
Inanspruchnahme (1 1 H) — Berufung aui verschiedene rechtliche
Gesichtspunkte (II*) — Wirkungen ( I an) — Vergabungen t 1 äo)
— Verwirrung und Rechtsunsicherheit; keine Klärung der
Frage' 121) — Aufkommen des Erfordernisses der Besitznahme
hei Anschwemmungen (122) — Angehen des Landesherrn
vor der Bedeichung (128) — Entwicklung landesherrlicher
Hoheitsrechte (122): Erlaubnis, Befehl zum Eindeichen (124) . 1 10
III. Veni<ibuvtie)i zier KhnleirhuiHi ( 124) — Stufenleiter von
Gründern (124) — Zuerst in den Niederlanden (124) —
A eiteste Urkunde für Bremen (124) — Sonstige Quellen | 12ö)
— Drei Gruppen von Personen (126) 124
1, Die l'ov/n/nr 1 I2U) — Selbständige Vergäbet', privilegirte
Vergaher Q27) - Unterschiede (127) — .Stellung der Ver -
gaber zu den Landstrichen (180) — Das Ausgeben (121) —
Oeffentlichrechtliehe Verträge (181) — Verkauf (121) . . I2fi
2, Die Mittelspersonen ( 182) — Mission und Herrschaftsrechte
(138) — Vergleich mit den privilegierten Vergaben» (184)
— Zehntherrlichkeit (184) — Gerichtsbarkeit (185) —
Bussen ;13fi) — Zehnten iKlfil Jahresahgahe (127) —
Verwaltimgsrechtliche Befugnisse (127) — Ewiges Ein -
deichnngsrecht (127) — Besondere Gerechtigkeiten (138) —
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XI LI
Seite
Froijahro (188) — Verhältnis derselben zu den Zehnten
(139) — Beginn der Freijahre (140) — Stellung zum Land
(140) — Gemeinsames Merkmal ( 1 4 1 ) — Mehrere Mittels-
personen (142) — Neue Mittelspersonen durch Vermittlung
der ersten (142) — Beitritt und Eintritt (143) — Frist für
die Bedeichung (144) . . . • 133
3. Die Ansiedler (145) — Freiheit und Unfreiheit (145) —
Gerichtsbarkeit (146) — Anstellung von Beamten und
Deichbeamten (147) — Die Ansiedler als Gemeinden —
Verquickung — Einfügung — Die Ansiedler nur Deich-
verbandsgenossen (147) — Begünstigungen (148) — Recht-
liche Stellung des Ansiedlers zu seiner Parzelle (148) —
Die Parzelle selbst (151. — Marschhufe — Regelmässige
und unregelmässige Siedlungen — Die Inselsiedlungen 1 1 6 1 )
— Anlage der Deiche von allen gemeinschaftlich (152) —
Deichbaulast dinglich (153) — Vergabungen zu Teilmasseu
einer Hufe (153) — Inhalt der DeichhauverpÜichtung (154) 145
4. Veranlassung zu den Deichaulagen (155) — Kultivierung:
Wiesen, Acker-, Mourkultur (155) — Veranlassung zur
Kultivierung (156) 155
IV. Die Deichanlagcn der De'uhbauherm (156) — Sie beruhon
auf keiner Vergabung zur Eindeichung (157) — Deich-
anlagen zum Zweck der Landgewinnung (157) — Die
ältesten von Seiten der Klöster (157) — Unterschiede
gegenüber den Deichanlagen auf Grund von Vergabungen zur
Eindeichung (158) — Persönliches uud dingliches — herr-
schaftliches und genossenschaftliches Moment (158) — Un-
durchsichtigkeit der (Quellen (159) — Sonstige Doichanlagen
der Deichbauherrn (159) 156
V Die späteren Deichanlagen der freien Gemeinden und bäuer-
lichen Deichverbände (159) — Neue Eindeichungen (159) —
Freies Schalten bei Insel- und Randlaudsiedlungen (160) —
Vermutungen (160) — Toehterdeichgemeindeu — Mutter-
deiebgemeindeu — Deichlandschaften (160) — Zurücktreten
dos Ausiedlungsgedankens, Streben nach Reichtum (161) —
Aufkommen der Verpflichtung des Gemeindeglieds gegenüber
der Gemeinde sich au der Eindeichung zu beteiligen (161)
— Bedeichungen von Landschaften, Kirchspielen, lSauer-
schaften (162) — Verträge von Ortschaften als Gesamthänder
zu deichen (163) — Eindeichungen von Deichgenosseu-
schaften (163) — Einwirkungen des landesherrlichen Aussen-
deichsregals (164) — Erlaubnis (164) — Befehl (165) —
Deichbauten von Gemeinden und Doichvurbäuden zum Schutz
des Distrikts (166) — Dingliche Verpflichtung des Mit-
glieds (167) 159
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xrv
Seite
VT. Eindeichungen der Aussendeichsinteressentenschaften (166) —
Zusammenschluss von aussen (166) — Beispiele (167) —
Naturalwirtschaftlicher Betrieb (167) — Geldwirtschaftlicher
(168) — Dinglichkeit der Eindeichungspflieht (168) . . . 1G6
VII. Durchschlagen oder Überschlägen von Strömen und Ge-
tciissern (169) — Allgemeinere Beihülfe (169) — Sluth-
massliche Quelle für die Beteiligung ganzer Landschaften
(169) — Sonstige Durchschlagungen (170) — Einwirkung
des Landesherm (170) 169
VIII. Die EntstehungsgeschiclUe der obrigkeitlichen Erlaubnis zum
Deichbau (171) — Begriffliche Abgrenzung (171) — Ein-
wirkung der Herrschaft (172 ) — Die landesherrliche Gewalt
(172) — 1. Erlaubnis beim Aussendeichslaud (172) — 2. Er-
laubnis zu Deichbauten in Strömon (175) 171
IX. Der Zwang zu Deichanlagen (175) — Vereinzelte Ausbildung
einer Unterthanenpflicht zu neuen Deichanlagen (175); sie
findet sich nur beim Aussendeichsland und trägt einen agrar-
und finanzpolitischen Charakter (177) 175
X. Deichanlagen, die für andere schädlich sind (178) — Mangel
au besonderen Rechtssätzen ; aber als widerrechtlich galten
Deichbauten, die grosse Ueberschwemmungen oder Be-
hinderung der Schiffahrt herbeiführten (178) 178
XI. Die Enteignung bei neuen Deichanlagen (178) — Verschiedene
Arten (179) — 1. Enteignung zur Verschaffung des Deich-
grundes (179) — Gründe für ihr spätes und vereinzeltes
Vorkommen (179) — Auftauchen derselben aber sofort mit
der gegebenen Möglichkeit (180) — Beispiele (180) —
2. Enteignung dinglicher Weidenutzungsrechte auf dem Be-
doichungsterrain (181) — Verwerfung der Ansicht Georg
Meyers (182) 178
Zweiter Abschnitt.
Die Deichverbände.
Allgemeines.
Zwei Gegensätze: 1. Gemeindedeich verbände — Deich ver-
bände im engeren Sinn.
2. Genossenschaftliche Freiheit — Herrschaft. . 183
§ 1. Die Entstehung der Deichverbände.
I Die ältesten Deiehverbände (184) — Die freien Deichverbäude
sind älter als die herrschaftlichen Deichverbände. Die Ge-
meiudodeichverbände sind älter als die Deichverbände im
engeren Sinn — Dies beweisen: 1. Quellen Friedlands,
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XV
Sei««
welche vor der Zeit liegen, in welcher zum ersten Male ein
besonderer Deichbeamter erwähnt wird, indem nach ihnen
a) jeder Schulze mit seinen Asegen die Deichverwaltung
austtbte (186) — b) die Gemeinde flir den unvermögenden
Deichhalter eintrat (186) — 2. Spätere Quellen (187) —
Frieslands (188) — Wurstens (190) — Flanderns (191) —
Hollands (191) — Ditmarschens (193) — Schleswigs (194)
— Hadelns (194) — Altendorfs, des Biilwärders, des
Hammerbroks, Sandhofens (196) 184
II. Die Entstehung der freien Gemeindedeichverbände (196) —
1. Die ältesten fallen mit der ersten Anlage von Deichen
in einem Gebiet zusammen (196) — 2. Entstehung kleinerer
Gemeindedeichverbände innerhalb grösserer durch eine Ver-
teilung des Deichs nach Schlägen (196) — 3. Durch neue
Ansiedlungen (197) — 4. Durch Einweisungen (198) —
5. Durch andere Umstände (198) — 6. Entstehung von
Samtgemeindedeichverbänden (198) 196
HI. Die herrschaftlichen Deichverbände (200) — Herrschaftliche
Deichverbände im engsten Sinn (201) — Herrschaftliche
Gemeindedeichverbände entstanden: 1. Durch Vergabungen
(201) — Vergabungen zur Wiederbedeichung (202) —
2. Dadurch, dass ein Herr über einen Gemeindedeichverbaud
trat (202) — 3. Herrschaftliche Samtgemeiudedeichverbände
(203) 200
IV. Entstehung der Deichverbände im engeren Sinn (203) —
1. Auf Grund neuer Ansiedlungen (203) — Samtdeichver-
bände im engeren Sinn (206) — 2. Innerhalb eines Ge-
meindeverbandes durch Einweisung einzelner Dörfer oder
einzelner Bauern in den Deich (207) — 3. Innerhalb eines
Gemeindedeichverbandes durch Verschiebungen dor Voraus-
setzungen für die Mitgliedschaft (209) — 4. Durch das
Eingroifen von Schleusenverbänden (209) — 5. Infolge der
Rechtsanschauung, dass alles durch eineu Deich geschützte
Gebiet deichpilichtig sei (211) — a) Einweisung Dritter
(213) — b) Gegenseitige Beihülfe (216) — 6. Bei späteren
Aussenlandsbedeichungen (217) — 7. Entstehung von Samt-
deichverbänden im engeren Siun infolge politischer Unter-
lagen und freien Einungen (219) — 8. Kleinere Deichver-
bände innerhalb der Deichverbände — Höfterverbäude (224)
— Verwaltungsrechtliche Abgrenzungen (.227) — Herrschaft-
liche Deichverbände im engeren Sinn (227) 203
V. Die freie Einung und ilie Deichverbänite (227) — Die Mehr-
zahl der Schriftsteller erblickt in der freien Einung nach-
barlicher Grundbesitzer die älteste oder einzige Quelle der
Deichverbände — Unhaltbarkeit dieser Ansichten (227) —
Auch später spielte die freie Einung von Interessenten
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XVI
keine bedeutendere Rolle (228) — Nicht zu verwechseln ist
die freie Einung von Interessenten mit der freien Einung
überhaupt. Diese rief namentlich die Siedlungs- und Tochter-
gemeinden und Kolonien ins Leben. Sie war aber eine
Einung z u Interessenten, nicht der Interessenten (222) .
§ 2. Die Zusammensetzung der Delehverbäude.
1 Allgemeines (280) — Ausgangspunkt von den Gemeindedeich-
verbänden — Ausscheiden der herrschaftlichen Deichverbände
im engsten Sinn — Ausscheiden der Gliedstellungen von
Verbänden
II. Die Mitgliedschaft vom Standpunkt des Individuums aus
(231) — 1. Ihre Vor aussei Zungen (231) — a) Die persön-
lichen Voraussetzungen zum Vollgenossen (232) — Aus-
märker (282) — Wohnsitz (233) — Frauen (234) — Kinder
und Minderjährige (235) — Ungeteilte Erben (235) — Auf-
nahme (236) — Spatenziehen (236)
b) Die dinglichen Voraussetzungen zum Vollgenossen (237)
— Grundbesitz — a) Ursprüngliche Zustände — Ausschluss
der mittelbaren Genossen, der Grundbesitzlosen und Nicht-
Vollhufenleute (237) — ß) Aufsteigen der mittelbaren Ge-
nossen — Deichpflicht — Teilnahme au der Deichverwaltung
(238) — Nicht mehr volle Hufe massgebend — Oft Spaltung
der Basis der Deichlast und der Teilnahme an der Deich-
Verwaltung (238) — Hinsichtlich der Deichlast entweder
Hofbesitzer oder Landbesitzer pflichtig (238) — Regelmässig
Aekergrundstücke belastet — Anfangs keine bestimmte
Grösse; Grundbesitzlose ausgeschlossen — Später Ab-
weichungen (239) — Deichlast untrennbar vom Grundstück
(240) — Möglichkeit der Harmonie der Basis der Deicblast
mit derjenigen der Gumeindelast (240) — Erfordernis eines
schutzbedürftigeu Grundstücks — Aufnahme von Grund-
stücken (240) — Hinsichtlich der Teilnahme an der Deich-
verwallung übereinstimmende Basis mit Gemeinderecht und
Deichlast oder Disharmonie — Höfe — Aekergrundstücke
(bestimmte Grösse) (240) — 8) Heranziehung Dritter
dinglich Berechtigter, die uicht im Besitz des Grundstücks
U-’H)
c) Verlust der Mitgliedschaft (241) — Veräusseruug (241)
et) Austritt (242) — ß) Ausschluss (243) — Verlust des
mittelbaren Genossenrechts (245)
2. Inhalt der Mitgliedschaft (245) — a) Rechte des Voll-
geuossen, des Nichtvollgenossen (246) — b) Pflichten des
Vollgeuossen, des Nichtvollgouossen (247)
3. Umfang der Mitgliedschaft (247) — Ursprüngliche Gleich-
heit, spätere Verschiedenheit — a) Verhältnis der Vollge-
Sfllte
227
230
231
237
231
245
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XVII
Seit«
nossen zu einander (247) — Verschiedenheit der Deichpflicht
infolge dinglicher und persönlicher Momente (248) — Ver-
schiedenheit in Bezug auf sonstige Pflichten (249) — Unter-
schiede hinsichtlich der Beeilte auf dinglicher Basis oder
aus persönlichen Gründen (250) — Besondere Genossen-
klassen als Gliederverbände (250) — b) Unterschiede zwischen
Vollgenossen und Schutzgenossen (251) — Ursprünglich
war der Unterschied ein qualitativer; er uäberte sich aber
einem quantitativen (251) 247
III. Herrschaftliche Deichverbände im engsten Sinn (251) — Zu-
gehörigkeit bestimmt durch ein persönliches Verhältnis zum
Herrn; dabei oft dingliche Basis; Pflichten und Rechte des
Unterthanen, Umfang, Austritt und Ausschluss (252) . . 251
IV. Gliedstellung von Verbänden (252) — 1. Herrschaftliche Ver-
bände im engHten Sinn (252) — 2. Genossenschaften (253)
— Allmähliche Entwicklung von Gliedstellungen auf Grund
von Verteilungen des Deiches, von Eintrittspflichten, Ein-
weisungen in den Deich (253) — Besondere Rechte und
Pflichten von Genossenschaften (254) — Gliedstellung von
Deichverbänden in Samtdeichverbänden (255) — 3. Ge-
mischte Verbände (255) . . . 252
§ 8. Die Organe der Deich verbände.
I. Die Mitgliederversammlung (256) — Anfangs nur die sicht-
bare Erscheinung des Verbandes — Allmähliche Entwicklung
zum Organ — 1. Willensakt der Gesamtheit ursprünglich
nur durch Einstimmigkeit aller; später die Nichterschienenen
ausgeschlossen; Einführung des Majoritätsprinzips (256) —
Zur Teilnahme oft bestimmte Grundstücksgrösse oder ver-
hältnismässig grosser Grundbesitz erforderlich; sogar Mehr-
heit der am meisten Begüterten ausschlaggebend (267) —
2. Einstimmiger Beschluss bei Sonderrechten und Sonder-
pflichten; Beispiele für Sonderrechte und Sonderpflichten
(258) — 3. Zusammentritt und Thätigkeit; Anlässe zur
Versammlung; Zeit; Ort; Thätigkeitsbereich; Veränderungen
infolge des Einflusses von öffentlichen Gewalten und anderen
Verbandsorganen (258) ..... 256
II. Die Deichbeamten (261) — Allgemeines: Ursprünglich
waren alle Beamte gewöhnliche Gemcindebeamto; später
kamen besondere Deichbeamte auf. — Diese Deichbeamteu
waren uur Gemeindebeamte oder nur Beamte dos Spezial-
verbandes oder beides zugleich. Der älteste besondere
Deicbbeamtc war nur Gemeindebeamter. In Deichverbänden
im engeren Sinn auch gewöhnliche Uemeindcbeamte; regel-
mässig besondere Deichbeamte; diese sind zuerst zugleich
Gemoindebeamte, später nur Spezialbeamte (261). — Recht-
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XVIII
Saito
liehe Stellung bestimmt durch den Gegensatz zwischen Ge-
nossenschaft und Herrschaft; herrschaftliche Deichverbände
im engsten Sinn; herrschaftlicher Einfluss auch bei be-
sonderen Deichbeainten; herrschaftliche und genossenschaft-
liche Zwischenstufen; nicht immer herrschaftlicher Eingriff,
sondern von vornherein bei der Entstehung Herrschaftsmacht
vorhanden (262) — Allmähliche Entwicklung der besonderen
Deichbeainten; zuerst untergeordnetes, dann höheres, schliess-
lich subalternes Beamtentum; nicht jeder Deichverbaud hat
diese Entwicklung durch gemacht; Uebernahme des ent-
wickelten Deichbeamtentums auf neu entstehende Deich-
verbände. Von dem ausgeprägten Deichbeamtentum des
Mittelalter« ist auszugehen (263) — Einteilung (263). . . 261
1. Deichgrafen (264) — Erstes Auftreten (264) — a) Be-
rufung zum Amt (265) — Verschiedenheiten, vermittelnde
Systeme — Eidesleistung (269) — Amtsdaner (269) — Er-
fordernisse (269) — b, Pflichten und Hechte (271) -
c) Verhältnis zu anderen Deichbeainten (271) -- Ueber-
ordnung, Nebenordnung, Unterordnung (271). — d) Ver-
hältnis zu der gewöhnlichen Landesverwaltnng — Ueber-,
Neben-, Unterordnung (273) 264
2. Die übrigen Deichriehter und Deichgeschworenen (275) —
Aehnlichkeiteu mit den Deichgrafen — Allmähliche Ent-
wicklung des Deichriehter- und Deichgeschworeuenamts —
a) Deichrichter- und Deichgeschworenenkollegien niederer
Ordnung (276) — o) Anstellung (276) — Verschieden-
heiten (277) — Herrschaftlicher Eiufluss in Holland: Ent-
ziehung der von den Verbänden ausgeilbten Anstellung (278)
— Vermittelnde Systeme (279) — Eidesleistung (260) —
Erfordernisse zum Amt (231) — Zwang zur Annahme des
Amts (282) — Gastereien (283) — Amtsdauer — Ur-
sprünglich ein Jahr — Spätere Modifikationen (284) —
ß) Pflichten und liechte (285) — y) Gemeinsames Kollegium
mehrerer Deichverbäude — Wirksamkeit desselben (287) —
Führer innerhalb eines Kollegiums (287) — 'l'hätigkeit uud
Arten (288) — b) Deichriehter- und Deichgeschworeneu-
kollegien höherer Orduung — Kollegium der Führer in den
Ommelanden (288) — Dessen Thätigkeit (289) 275
3. Subalternbeamte (289) — Boten — Schütter, Wallge-
schworeue — Schleusengeschworene — Deich-, Hoeft-, Siel-
meister — Deichgerichtsschreiber (289) 289
§ 4. Die DeichverbUnde als Gesamtheiten.
I. Die ältesten Deichverbände waren Genossenschaften des ulten
Hechts; später bildeten sich viele zu Körperschaften oder
Gemeinschaftsverhältnissen zur gesamten Hand aus (291) —
Meist keine scharfe Ausgestaltung — Verhältnis zu
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XIX
Seite
Sozietäten — Erkenntnis der Verbandspersönlichkeit (292)
— Herrschaftliche Deichverbände empfangen anstaltlichen
Charakter '293) 291
II. Die Deichverbände unter dem Gesichtspunkt der Genoaaen-
schaft (293) — 1 . Der Deichverband als ö/fentlichrechtlicher
Verband (293) — Nach innen — Nach aussen (293) —
2. Der Deichvorband im Privat recht (296) — Deichpflicht
(296) — a) Gesamtdeichpflicht nach aussen (297) — b ) nach
innen (297) — a) Dingliche Grundlage — ß) persönliche
(297) — c) Gesumtdeichpflicht nach aussen und innen (298)
— Andere Gesamtpflichten (298) 293
III. Die Deichverbände unter dem Gesichtspunkt der Herrschaft
(299) — Getetzgebuug — Sorge für das Beamtenwesen —
Anteil an Brüchen und Strafen — Ansprüche auf das Vor-
land und den Deich — Erlaubnis zu grösseren Werken —
Herrschaftlicher Frieden, herrschaftliches Geleit — Deich-
pflicht als Unterthanenpflicht — Uebergang der Gesamt-
deichpflicht auf die Herrschaft, — Schutz durch die ge-
wöhnlichen Beamten — Erlass von Abgaben (299) . . . 299
IV. Die Samtdeichverbände als Gesamtheiten von Verbänden oder
Individuen (301) — Einfluss auf die Beitragspflicht (301) . 301
V. Bezeichnungen der Deichverbände (301) — Ursprünglich mit
dem Namen der Gemeinde (301) — Besondere Bezeich-
nungen bei den Deichverbänden im engeren Sinn (302) —
l. Nach dem Deich — 2. Nach der Gemeinde mit Zusätzen
3. Nach dem Eindeichungs- oder Iuundationsgebiet — 4. Nach
der Behauung — 5. Nach den besonderen Deichbeamteu —
6. Nach der Siel oder Schleuseugemeinsekaft — 7. „Deich-
baud“ 301
§ 5. Die Endigung der Deiehverbilnde.
Untergang von Deich und Land (305) — Abzug aller Ge-
nossen — Auflösung von Deichverhändon durch Eliminierung
des Dcichweseus (305) — Ursprünglich hierzu Einstimmig-
keit aber keine höhere Erlaubnis erforderlich (306) — Später
herrschaftliche Erlaubnis notwendig und teilweise von Ein-
stimmigkeit abgesehen (306) 305
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Berichtigungen.
Zu S. 9, A. 27. Z. 9 v. o.: 1. „Auhagen“ statt „Auhagen“.
Zu S. 12 Text Z. 4 v. o.: DerGrund für das Schweigen der Urkunden
scheint doch nicht in den angegebenen Umständen zu liegen. Vielmehr ist
die Ursache dafür wohl die, dass man den Deichbau längst kannte und an-
wandte, ihn daher als selbstverständlich voraussetzte, während der Schleusen-
bau noch weniger bekannt und ausgebildet war.
Zu S 23: Der agrargeschichtlichen Litteratur ist namentlich hinzuzu-
fügen Meitzen, Siedlung und Agrarwesen der Westgermanen und der
Ostgermanen, der Kelten, Korner, Finnen und Slawon 1895, 3. Kd. und
Altlas.
Zu S. 29 Text letzte Z.: 1. „49b“ statt „49“.
Zu S. 3t Text Z. 2 v. u.: 1. „1692“ statt 1892.
Zu S. 49: Für Westpreussen ist nachzutragen: Die Urkunde
Winrichs von Kniprode betreffend das Kloster Oliva von 1376 (bei Voigt
„Codex Diplomatie!» Prussicus“ I, S. 166). die Regulierung des Domkapitels
zu Marienwerdor für das Stiftdorf Rosenau von 1381 (a. a. O. S. 196),
„Littera de aggere et capitibus servandis in Villa Walcz von Konrad von
Jungungen a. 1894 (a. a. O. V, 65). Das Privileg von 1378 (Anm. 214)
findet sich vollständig in der „Preussischen Sammlung“ III, S. 95. —
Schliesslich sind in dor Abhandlung von M. Toppen „Historisch-cboro
graphische Kemorkuugeu über die frische Nehrung und den grossen Werder“
(„PreUBsische Provinzialblätter“, Neue Folge I, 1852) wertvolle Excerpte
ungedruckter Quellen eingestreut.
Zu S. 53: Für Schlesien ist uachzutrageu der Vertrag des Bischofs
Thomas' I. von Breslau mit dem Domkapitel von Glogau von 1253 (Tz schoppe
und Stouzel „Urkundenbuch“ S. 331).
Zu S. 53 Text: I. statt „G. Die Rheiuprovinz“ „H. Die Rheinproviuz.“
Zu S. 54 Text: 1. „I“ statt H.
Zu S 55: Für Bremen sind die Kolonisationsurkundeu heranzuziehen.
Siehe die Augabeu auf S. 124 ff. ■
Zu S. 56 Text: Für Hamburg sind die Austhuungsurkundeu für die
Uarschinseln heranzuziehen. Siehe die Angaben auf S. 124 ff.
Zu S. 57 Text Z. 8 v. o.: zu streichen ist „die spätere von 1772“.
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XXI
Zu S. 57. A. 225: 1. „diese gilt noch heute“ statt „Dreyer S. 5“.
Zu S. 58: einzutragen ist A. 293a; diese lautet: .Betreffs der neueren
Deicbordnungen Hamburgs siehe Wulff .Hamburgische Gesetze und Ver-
ordnungen“ S. 210 ff.
Zu S. 59 Text Z. 3 T. u.: 1. „Instruktion“ statt „Instruktion“.
Zu S. 62 A. 337: 1. „Verhandelingen* statt „Verbandelingen“.
Zu S. 79: für Kenuemerland kommt auch in Betracht das Landrecht
yon 1292 (Bergh II, 816J.
Zu S. 82: Für Seeland siehe auch dieKeure von 1258 (Bergh II, 40j.
Zu S. 122 A. 69 Z. 8 v. o.: 1. „IV. Auflage“ statt „II. Auflage“.
Zu S. 186 Z. 7 v. n. : I. „liude“ statt „linde*.
Zu S. 222 A. 178: 1. „Schwarzenberg II“ statt „Schwartzen -
berg I“.
Zu S. 223 A. 181: 1. „Schwarzenberg II* statt „Schwartzen-
berg I“.
Zu S. 288 Z. 3 v. o.: 1. „tiuchga* statt „tincbga“.
/
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Einleitung.
J, Üierke, Gcachicbte des deuUcheu Deichrecbu.
1
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§ 1 .
Die Deiche.
I. Deich [(niederd. dik; nierderl. dijk, angels. die, engl,
dike, inittelhochd. tich, teicli l ) lat. agger-)] hängt seinem Ursprung
nach mit Teich =pisciua zusammen. Beides bedeutet etwas
Aufgegrabenes, beides hat mit dikan, dican, dyken = graben die-
selbe Wurzel. *) Der gleiche Klang und die gleiche Schreibweise 4 )
von Deich und Teich sollen zu manchen Verwechslungen Veran-
lassung gegeben haben.'’) Das Hochdeutsche hat unter nieder-
deutschem Einfluss sich bei dein Deich für das D entschieden,
') Andere Schreibarten sind folgende: dyc, dyk, dyck, dieck.
*) Andere lateinische Bezeichnungen bei Hackmann «De jure aggerum“
K 1. S. 13—16, denen hinzuzuliigcu ist dicus u. obstructiv).
3 ) Heber ältere Versuche es von Tetyos oder dem hebräischen Daajeck
herzuleiten ('.) vergl. Freose, „Ostl'riesland und Harlingerlaud* S. 235.
*) Vgl. Ssp. 2, 2«.
®) Die Fama erzählt, dass in einem Streit über Deiche ein Gerichtshof
Kecht sprach hinsichtlich von Fischteichen (Keitmann «Dissertatio de
accessionibus memorabilibus“ Amstelodami 1691, S. 56); dass in einem
Prozess, in welchem um das Eigentum au einem Deich gestritten wurde, die
Prozesspartei, welche sich energisch gegen die Uebernahme des Deiches
sträubte, von dem Kichter, der meinte, dass es sich um einen Teich handelte,
darauf aufmorksam gemacht wurde, sie solle doch nicht so sehr gegen ihren
eigenen Vorteil verfahren. (Hackmann S. 99). Die Sage berichtet sogar,
dass der Herzog von Wtirtemberg. wie ihm sein Schwager König Georg
Christian klagte, was für ungeheure Ausgaben ihm die Deiche seines Landes
verursachten, ihm geantwortet haben soll: Er wundere sich gewaltig
darüber, denn sonst pflegten doch Teiche ihren Eigentümern einen recht
beträchtlichen Nutzen zu bringen (Feltraann a. a. U.)
1 *
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4
während es bei dem Teich an dem mittelhochdeutschen T fest-
gehalten hat. 1 *)
Der Deich, welcher dem Deichrecht unterliegt,
ist eine aufgeworfene Erderhöhung, w’elehe Länder-
strecken gegen Uebersch wemmung schützen soll. 7 )
Es giebt Erderhöhungen, die auch mit Deich bezeichnet werden,
aber einen ganz anderen Zweck verfolgen. Sie werden z. B.
errichtet, um das Wasser zu einer Mühle abzuleiten 8 ) oder um
Fische zu fangen. 9 ) Diese Deiche unterliegen dem Deichrecht
nicht. Oft wird auch der Ausdruck „Damm“ (Tamm) für
Deich gebraucht. 1 ") Streng genommen bezeichnet man mit Damm
eine Erderhöhung, welche einem anderen Zweck dient, die das
Wasser ableiten, „Reisenden eine bequeme Fahrt verschalten,
den hinderlichen Zufluss des Wassers bei Grundbauten verhüten
oder dazu dienen soll, das Wasser bequemer auszuschöpfen“. 11 )
*) Gegen diese Entscheidung wehrte sich gegen Ende des vorigen
Jahrhuuderts krampfhaft ein gewisses H'duert. „Er konnte nicht begreifen,
warum mau Deich nicht Teich schreiben soll, nicht einsehen, warum mau
den Fischbehältern ein T. gönnet, die Deiche aber mit D abfertigt“. Vgl.
Freese a. a. 0. A.
7 ) Diese kurze Defiuition begreift alles Nötige in sich. Andere bei
Hackmanu S. IT und lieineken „Tentamina juris aggeralis Hei publicae
Bremcusis § 1. — Betreffs dos Unterschiedes zwischen Deich und Wurth
vergl. unten A. 20.
B ) Vergl. Grimm „Woistiimer“ I. S. 327 (Lörrach) 14; Lateinisch
heisst der Mühlendeich agger; vergl. Leges terrae Scaniae a Woldemaro I.
a. 1163 sancitae Lib. XII, cap. 1 bei Westphalen „Mouum. ined.“ IV
S. 2076, ferner siehe die Urkunde über den Kauf einer Mühle nebst so viel
Landes als zur Unterhaltung des Mühlendeiches nötig, bei Westphalen
a. a. O. II. S. 46.
9 ) Vergl. Bremer Bursprake (1498) bei Fufcudorf „Observationes*
II. S. 117. art. 93. „Ock en schal me neue Staken schlau ofte Dike in
de Wessor diken, Negen ogen edder ander Fische to fangen“. Diese
Fischdeiche wurden also in das Wasser gesetzt und behinderten den
Stromlauf. Vergl. Urkunde von 1503 bei Michelsen „Altditmarsche
Rechtsquellen“ S. 264: „Nernant schal den auwstrom thoedyken elfte tho-
weren uppe twyntich voteu na, so dat dat watker schol hebben synen
fryeu gank“ . . . Auch diese Deiche heissen lateinisch aggeres, siehe die
Gesetze Woldemars (1163) a. a. 0. (A. 8). Vergl. auch unten A. 14.
10 ) z. B. Ssp. II, 56, Bergh. II. Anhang No. 63 (a. 1280).
u ) Vergl. Silborschlag „Hydrotechnik“ I. § 345. — Ein Beispiel,
wo Damm nur einen Weg darstellt, bei Riedel „Codex Diplomaticus
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Ebenso wie man sich hüten muss, diese verschiedener Arten
von Dämmen zu verwechseln, 12 ) muss man auch die „Wehren“,
welche Deiche sind, 11 ) von den Wehren, die nicht dieselben
Zwecke verfolgen, 14 ) genau unterscheiden. 15 )
II. Der Deichbau war den antiken Kulturvölkern bekannt.
Einer sehr alten Zeit gehören die Nildeiche in Aegypten an,
deren Schutz später die Römer sich angedeihen Hessen. 18 ) Im
Braudenburgensis“ V. S. 144 (a. 1488); cia Heispiel für einen Mühlendamm
im Jütschen Low I. c. 57. § 1: .Jdt mach neinant van nyes np Mühlen
bnwen, he hebbe den den Dam unde de Damstede.“
I2 ) Sie verwechselt mitunter Hackmann. — Vergl. auch das Gut-
achten der Kieler-Juristenfakultät vom Jahre 1752 (Schleswig-
Holsteinische Anzeigen 1752 Stück 20. sub III). Hier wird jeder Unter-
schied zwischen Deichen und Dämmen verworfen. Man sage zwar „Teich
und Damm“ (z. B. .Mit Dyken unde Damen moet mene Friesland er-
holdcn“); aber dies sei ein Pleonasmus. Dies Gutachten wurde sogleich in
denselben Anzeigen Stück 38 bekämpft. Es sei ein Unterschied, man
schliesse nicht unnötig beide in Kirchengebete und Eide ein. Dämme
stauten das Binnenwasser oder dienten zu Wegen durch tiefe Oerter. (Die
Schleswig-Holsteinische Landgerichtsordnung behandle sie bei den Wegen).
Beide Erörterungen schiessen über das Ziel hinaus, es besteht manchmal
ein Unterschied, manchmal keiner. Der Ausdruck .Deich und Damm“ ist
häutig pleonastisch zu nehmen.
,s ) z. B. Oesterreichische Weistümer I, S. 326.
14 ) Vergl. a. a. 0. VI, 147 (Fischfang); I, 14 (Mühlenwehre, wöhr
ains schliffstains). Siehe ferner Hamburger Landrecht (1603) art. 76.
„Dewiele ock dorch vele Wehre un Bühnen de in der Elve un Billen liüpig
gesettet. der Dupc des Elvestromes un der Billen groten Schaden werd
thogcföget, so schulen ock alle solche Wehre un Bühnen gatitz afgeschaffet.
und nemand desiilven tho gebrucken heruamals tbogelaten werden.“ Vergl.
auch oben A. 9. Urkunde von 1503, fernerRiedel I. S. 380 (Fischwohr). —
Vor einer Verwechslung der Wehreu, welche gegen Ueberschwemmung
schützen sollen, mit den Wehren, welche als Befestigungswerke gegen
menschliche Feinde dienen, braucht wohl nicht gewarnt zu werden.
’ 5 ) Selten findet sich für Deich der Ausdruck Wall. In dieser Be-
deutung steht das Wort bei Driessen „Monumenta Grouingana“ II
S. 284 (in dem lateinischen Text der Urkunde heisst es agger; den ent-
sprechenden lateinischen Ausdruck gebraucht Saxo, vergl. unten A. 33.
"*) Vergl. 1. 10 D. de extr. crim. 47, *11; 1. un. C. de Nili agger.
9, 38. — Wer Lust hat, die langweiligen Erörterungen Hackmauns über
Deiche vor oder nach der Sündtlut, über die Deiche der Semiramis, der
Babylonier, Phönicier und Griechen zu lesen, der findet sie in seinem Deich-
recht am Anfang des dritten Kapitels.
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(5
übrigen sind die Nach richten der römischen Schriftsteller 17 ) und
die Bestimmungen des römischen Rechts rücksichtlich der Deiche IM )
so spärlich, dass von einem entwickelten römischen Deichwesen
nicht die Rede gewesen sein kann. Den Deutschen blieb es
Vorbehalten, das Deichwesen seiner Blüte zuzuführen. Dass es
freilich eine Zeit gegeben hat, in welcher keine Deiche in
Deutschland existierten, obwohl seine Bewohner in Sitte, Recht
und Kultur schon auf einer höheren Stufe standen, ist sicher.
Plinius, Cäsar und Tacitns wissen von Deichen in Deutschland
nichts zu berichten. Die Schilderung bei Plinius über die
Chauken an der Nordseeküste giebt uns ein stimmungsvolles
Bild, wie man sich teilweise gegen das Ungestüm des Meeres
in der ältesten Zeit sicherte. Eine armselige Bevölkerung
wohnt auf Hügeln oder Erhöhungen, die sie sich selbst auf-
geworfen hat, und die bei Wassersnot, von den Fluten unbedeckt,
einen sicheren Aufenthalt gewähren. 1 ") Eine Uebertreibung ist
es nun zwar, wenn man die ganzen Marschlande mit solchen
Worthen bedeckt sein lässt, wenn man meint, dass grosse
Dörfer sgn. Worthgenossenschaften längs der ganzen Nordsee
auf Hügeln angelegt waren.'-’") Plinius redet nur von einem
17 ) Cicero de off. II. 4. Virgil Aen. II. 496, 497.
1B ) I’eber das römische Recht vergl. unten Buch II.
’*) Plinius „Histor. nat.“ üb. 16 c. 1: „Sunt vcro in septcmtrione
visae nobis Chaucorum, qui inajores minoresque appellantur. Vasto ibi
ueatu bis diernm noctiumqne singularum intervallis effusus in iminensum
agitur Oceanus, aeternam operiens rerum naturae controversiam, dubiumque
terrae sit an parte in maris. Illic misera gens tumulos obtinet altos aut
tribunalia structa manibus ad experimenta altissimi aesttis casis ita im-
positis, navigantibusque sitniles. quum integant aquae circumdata, naufragis
vero, qnum neccesserint. fugientesque cum mari pisces circa tuguria venan-
tur.“ Vergl. auch die Auslegung Auhagens „Grundlagen der Marsch-
wirtschaft“ § 3. u. unten A. 21.
*) A. M. Auhagen a. a. 0. — lieber diese Worthen, Wurthen,
Warfen. Worpen (holl, terpen. wieren) vergl. Acker Strathing „Aloude
Staat en Geschiedenes des Vaterlands“ I. S. 190—237. — Der Unter-
schied zwischen Deich und Wurth besteht darin, dass erstcrer Landstreckeu
schützt; die Wurth erfüllt diesen Zweck nicht, sie dient seihst als
Schutzort, — Es sei bemerkt, dass man öfters diese Wurthen (daher übrigens der
Name des Landes Würgten: vergl. Pratje „Altes und Neues aus den
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1
Teil der Nordseeküste und übertreibt sicherlich in seiner Schil-
derung. 21 ) Immerhin kann man für einen gewissen Teil der
Marschlande den erwähnten Zustand annehmen. Im übrigen
aber ist zu sagen, dass sich die Bewohner der Nordsee vor
Errichtung von Deichen in respektvoller Entfernung von dem
Meer gehalten haben. Man liess sich auf der hohen Geest
nieder, errichtete wohl auch künstliche Erhöhungen, um beim
Herannahen des Meeres sich auf sie zu flüchten, ohne dass man
beständig auf ihnen gewohnt hätte. Während nun auch die
Schilderungen Cäsars keine Anhaltspunkte für das Vorhanden-
sein von Deichen in Deutschland ergeben können, glaubt man
bei Tacitus die Existenz eines — allerdings von Römern an-
gelegten — Deiches in Deutschlands entdeckt zu haben. Auf
taciteischen Bericht gestützt behauptet man, dass Drusus begonnen
habe einen Deich längs des Rheines im Lande der Bataver zu
errichten: Paulinus Pompejus ihn vollendet, Claudius Civilis ihn
aber durchstochen habe. 22 )
Herzogtümern Bremen und Verden“ IV, S. 367) mit Deichen verwechselt
Nur so ist cs verständlich, wenn man für König Adgill die Anlage von
Deichen in Anspruch nimmt (wie Gittermann in der „Allgem. Encyklop.
von Ersch u. Gruber“ Leipzig 1832. I. 23. S. 328). Er habe, heisst es,
„veel hoechten in Vrieslant laten maecken, dieinen terpen tot dien tyt
nomde om in thyt van noedt die beesten ende oock menschen daer op te
verbergen.“ Vergl. Auhagen S. 647 A. 7 u. S. 741 A., der aber von
seinem Standpunkt aus mit Unrecht diese Stelle als l’seudoindizie für das
Vorhandensein von Deichen bezeichnet. Da dieser Schriftsteller nämlich
ein ständiges sicheres Wohnen auf Torpen vor Anlage von Deichen an-
nimmt, und die Gefahr des Wassers für die Ifarschleute erst nach Verlassen
der Wortheu und der Anlage der Deiche cintreten lässt, würden allerdings
die genannten Worthen für das Vorhandensein von Deichen sprechen.
Denn nur für die Zeit der Not werden die Worthen gebaut, man wohnte
schon ohne solche Erhöhungen. — Von meinem Standpunkt aus ist die Stelle
freilich als Indizie für das Vorhandensein von Deichen nicht verwertbar.
Vergl. unten Buch L
2I ) Dies giebt in gewisser Beziehung Auhagen zu. Vergl. Halsem a
in den „ Verbandelingen“ der Groninger Genossenschaft „pro excoleudo jure
patrio“ II. S. 487 : „Deze afbeelding van’t Land gelijkt eeuigzins naar eene
schooue opgesmukte rede, en moet in geenen deele na de letter opgevat
worden.“
a ) Tacitus anual. lib. 33 c. 63. „Paulinus Pompejus et L. Vetus
ea tempestaie exercitui praeerant. Ne tarnen segnem militem attinereut,
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8
Allein der von Tacitus erwähnte agger war kein Deich,
der gegen Ueberschwemmung sichern sollte, sondern ein Quer-
damm, der dem Rhein seinen ganzen Ausfluss durch den Waal
nahm, ihn trocken legte und damit die Verbindung zur Bata-
vischen Insel von gallischer Seite herstellte. 23 ) Civilis durchstach
später bei seiner Flucht diesen Damm, und der Rhein stürzte
wieder nach der gallischen Seite hinüber und zwar so heftig,
dass sein Flussbett zwischen der Insel der Bataver und Germa-
nien. welches sich infolge des Querdammes stark erweitert
hatte, ein sehr schmales wurde. 24 )
ille inchoatum ante tres et sexagiuta anuos a Druso aggerem coercendo
Rheno absolvit.“
Hist. V, 19.
(Civilis) . . diruit molem a Druso Germanico factam, Rhenumque prono
aiveo in Galliam ruentem disjectis quae niorabantur, effudit. Sic velut
abacto amne, tenuis alveus insulam inter Germanosque continentium
terrarum speciem fecerat.“
a ) .coercendo Rheno“ ist zu übersetzen mit .zur Zwängnng des
Rheins.“ (Auhagen).
2< ) Die Stellen des Tacitus werden richtig interpretiert von Acker
Stratingh und Auhagen S. 642. A. 1). — Allerdings bleibt bei dieser
Interpretation immer auffällig, dass es heisst „sic velut abacto amne“, da
doch der Fluss sein altes Bett wieder zurückerhielt. Allein es müssen
sachliche Gründe den Ausschlag geben. Als einen solchen kann man aber doch
nicht gelten lassen, wenn Auhagen sagt: „Dass es sich hier aber nur um
(einen Querdamm) handeln kann, ergiebt schon die sachliche Ucberlegung,
dass zur Erbauung eines Längsdeichs, der sich viele Meilen weit erstrecken
musste, die Kräfte des Drusus mit denen des Paulinus nicht entfernt aus-
gereicht hätten.“ Mir scheint vielmehr folgendes unbedingt für die Inter-
pretation Auhagens zu sprechen: Die Römer befinden sich in einem Lande,
das sich erst vor kurzem unterworfen hatte; ein so umfassendes Werk der
Kultur, wie einen Längsdeich zum Schutz gegen Ueberschwemmungon an-
zulegen, konnte ihnen nicht in den Sinn kommeu. Es handelt sich vielmehr
um ein Kriegswerk, einen Querdamm, der die Bataver unter Botmässigkeit
zu halten bestimmt war, indem er das trennende Flussbett entfernte und
die batavische Insel mit Gallien verband. — Die Ansichten sind freilich
sehr geteilt. Für einen Deich sprechen sich aus: Hackmanu, Heineken,
Wilda, Anschütz, Snouek Hurgronje, „Speeimen hist, jurid. inaugur. de
iure circa aggeruni aquarumque curain in insula Walacria coustituto".
Utrecht 1837. S. 10. Scbayes „Les Pays-Bas avant et durant la domination
romaine'*. Brüssel 1837, 38 II. S. 348.
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9
Genau das Alter der Deiche int alten Deutschland zu
bestimmen, ist unmöglich. 25 ) Die ältesten Deiche, auf deren
Vorhandensein einigermassen sicher geschlossen werden kann,
sind an den Ufern der Linge und unteren Maas, und im Hama-
land zu suchen. Sie bestanden jedenfalls im 8. Jahrhundert. 26 )
Die ersten Nachrichten über Anlegung von Deichen stammen
aus dem Anfang des 9. Jahrhunderts. 27 )
III. Nichts ist thörichter, als einem Volk die „Er-
findung“ von Deichanlagen zuschreiben zu wollen, das dann
den anderen Völkern die Deichbankunde, wie Prometheus den
Menschen das Feuer, gebracht habe. Das Deichen haben
weder die Römer von den Aegyptcrn, 28 ) noch Bataver und
**) Ueber Deiche in Brittannien siebe Dreyer „Miscellaneen“ I A. 1.
— Ueber Deiche in Frankreich: Capitulare von 821 (II. G. L. L. I. S.230)
„De aggeribus juxta Ligerim faciendia, ut bonus missus eidem operi prae-
ponatur“ ; und Block, diet, de l'adm. fran^aise“ s. v. Syndicats de travaux
n. 3 u. s. v. endignement.
M ) Ans Heda „Hist. Episcop. Ultraj.“ Ultraj. 1642. S. 55 ergiebt
sich, dass im 9. Jahrhundert die Utrechter wegen Uebersckweminungen des
Rheins, der infolge von Meerstürmen zurückgetrieben wurde, den Strom
durch Deiche südlich von der Stadt (bei Wich) in deu Leck geleitet haben.
Hieraus wird mit Recht von Acker Stratingk a. a. O. S. ICO ff. und
Auhagen a. a. O. S. 645 ff. geschlossen, dass die Linge und auch die
Maas in dortiger Gegend bereits mit Deichen verseheu waren. Betreffs des
Hamalandes vergl. unten § 4 A. 326.
w ) Vergl. A. 26 und die Urkunde von 1165 bei van den Bergh I.
' No. 145; (unten § 4. A. 392). Betreffs der frühsten Spuren von Doichen
in Flandern, Holland und den Marschen des heutigen Norddeutschlands,
vergl. Anhagen a. a. 0. und die dort Citierten. Auf manche von ihm an-
geführte Quelle ist später — nameutlich bei Darstellung des alten Deich-
rechts — zurückzukommen. Nach ihm (S. 655) waren die erwähnten Ge-
biote im 11. Jahrhundert bedeicht. Vergl. hinsichtlich der niederländischen
Kolonien des 12. und 13. Jahrhunderts unten sub III. Siebe ferner § 4
und von holländischen Schriftstellern auch Nibbelink „Handvesten en
Oorkonden betrekkelyk de Rogtsgeschiedenis von den Zwyndrechtschen
Waard“ (de Wal), Leiden 1860 S. VIII u. die dort Citierten. Wenn
Nibbelink sagt „dat onder de piaatsnameu. die or.s uit de XII eeuw fae-
kend siju, naauwelijks e£n eukel inet zekerheid kan aangewczeu, die op den
uitgang dyk eindigde“, so ist dies nicht richtig. Schon 1147 wird Wol-
faartsdyk in einer durchaus zuverlässigen Urkunde erwähnt (Bergh I,
127). — Die uns überlieferten Nachrichten legen die Vermutung nahe, dass
die Flussdeiche älter sind als die Meerdeiche.
“) So Hackmaun K. III.
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10
Friesen von den Römern gelernt. 2 ”) Weder verdanken die
Friesen die Kenntnis des Deichbaus den Normannen,'*') noch
haben die Niederländer 31 ) den nordöstlich von ihn woh-
nenden Völkern die ersten Deichanlagen gelehrt. Die nieder-
ländischen Kolonisten des 12. und 13. Jahrhunderts haben in
den Kolonisationsgebieten keineswegs den Deichbau neu ein-
geführt. 32 )
1. Von dem Geschichtsschreiber der Dänen, Saxo Gram*
maticus, (f I20t>) ist in Bezug auf Nordfriesland das Vor-
handensein einer grossen längs dem Meere hinlaufenden Deich-
linie für die Mitte des 1 2. Jahrhunderts bezeugt.- 8 ) Die
Entstehungszeit dieses starken Meerdeiches liegt jedenfalls vor
dem 12. Jahrhundert, also vor der Zeit des ersten nieder*
2# ) Hack mann a. a. O. Heineken § 2. Von Neueren Thünen
„Geschichtliche und rechtliche Begründung der deiehrechtlichen Zustände
in der Herrschnft Jever“ S. it.
*) So v. Wicht „Ostfriesisches Landrecht“ A. 1 beim Deichrecht.
sl ) I). h. Flamen, Holländer. Friesen.
Ueber diese niederländischen Kolonien vergl. die Citate in
Schroeders .Deutscher Rechtsgeschichte“ § 38. A. 12. Hinzngefiigt
kann werden Auhagen „Anhang“, und Schumacher Bremisch. Jahrh.
III. 19«. Den ersten Anstoss zu der jetzt überreichen Litteratur gab
Ke Iking durch seine Göttinger Dissertation „De Belgis, sec. XII. in
Germanjam advenis. variisijue institutis atque juribng ex eorum adventu
ortis.“ 1770. — Es kann hier auf die im einzelnen bestrittenen Fragen
hinsichtlich Veranlassung, Grösse, Wirkungen der Kolonisation nicht ein-
gegangen werden. Je nach der verschiedenen Grundauffassung müssen die
Schriftsteller auch hinsichtlich der Anlage von Deichen zu verschiedenen
Resultaten gelaugen. Teilweise benutzt man wunderbare Beweismittel,
z. B. I’ratje, (Käsezubereitnng nach holländischer Art im Lande Wursten
IV, 370) oder Borchgrave (vergl. A. 35).
■ts) Saxo Grammaticus „Gcsta Danorum* (Ausgabe vou Holder,
Strassburg 1886. S. 464) üb. 14. „Ceterum confinis Oceauo patet humilis,
ita ut ejus interdum cstibus eluatur. Qui ne irrumpant, vallo üttus
oinne percingitur; quod si forte perfregerint, inuudant campos, vicos et sata
demergunt“. — Es ist das Verdienst Auhagens S. 651 ff. auf diese
wichtige Stelle zum ersten Male und mit Nachdruck hiugewiesen zu haben.
Wenn er aber S. 651 A. 2. meint, dass die 10 . friesische Küre hinsichtlich
des Ursprungs der Deiche bisher keine Beiiieksiehtigung erfahren habe,
so ist das ein Irrtum. Vergl. z. B. Thünen S. 13. Uebrigens übersieht
Auhagen die 12. Küre, die vom Deichfrieden handelt, also das Vorhanden-
sein von Deichen direkt bestätigt.
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11
J
ländischen Kolonisationsvertrages, den der Erzbischof Friedrich
von Bremen im Jahre 110(1 mit Holländern schloss. War
aber vor dieser Zeit das entlegene Nordfriesland mit Deichen
umgeben, so wird man das Gleiche für die südlich gelegeneren
Gebiete der niederländischen Kolonisation an den Mündungen
der Weser und Elbe, also für die Umgegend von Bremen,
Wursten, Hadeln, Kelulingeu und das alte Land annehmen
müssen, insbesondere auch deshalb weil alle Anzeichen dafür
sprechen, dass die erwähnten Landstrecken bereits in früherer
Zeit kultivirt waren. 14 ) Die Ansicht, dass die Weser- und
Ellnnarschen erst durch die Niederländer der Kultur gewonnen
sind und vorher daselbst von Eindeichungen und Entwässerungen
nicht die Rede war, ist keineswegs begründet. 8S )
2. Dass insbesondere in der Gegend bei Bremen, wo
Holländer angesiedclt wurden, Deiche vorhanden gewesen sind,
ergiebt eine unbefangene Würdigung der Kolonisationsverträge.
Während den Ansiedlern gestattet wird, Wege mul Wasser-
gänge nach Gutbefinden der Geschworenen anzulegen, thun die
Urkunden der Errichtung von Deichen keine Erwähnung.- 16 )
34 ) Man vergl- die Nachweise bei Auhagen 742 ft’.
®) A. M. Vor allem Borcbgrave „Histoire des Colonies Beiges en
Allemagne“ 1865. S. 7:iU. Dieser Schriftsteller ist nicht frei von starken
Uebertreibungen, weist auch z. T. eine geringe Sachkenntnis auf (Kehdingen
sei ein Deichgerielit in Holstein!) und operiert mit Beweismitteln, die mit-
unter auch nicht den Schatten eines Beweises für seine Behauptungen ab-
gehen. Das Buch hat trotzdem grosse Verdienste. [Vergl. Schumacher
a. a O., der es kritisch beleuchtet, sich den Resultaten aber anschliesst ;
ferner Schroeder „Die niederländischen Kolonien in Norddeutschland z. Z.
des Mittelalters" 1880 . Anm. ^„Das beste, wenn auch nicht immer ganz
kritische Werk über die n. K.“): absprechend Rudolph „Die nieder-
ländischen Kolonien der Altmark im 12. Jahrh * 1889 S. 5 („ein Panegyrikus
überschwenglicher Art“) und Auhagen S. 739 ff.] — Auch Schroeder
geht in seiner angeführten Abhaudlung und in seiner Rechtsgeschiclite hin-
sichtlich der Kultivierung der Elb- und Wesermarschen durch diese Kolonien
zu weit.
M j Die Verse in der Chronic Renners S. 13:
„Der Elve und der Weser floth
Sind dusser Ticdt geworden grot,
Und hebhrn grodten Schaden dahu.
Darup mau is tbo Knude gähn,
Det mau den Wesser diek geleckt.“
in Verbindung mit den Worten seiner uugedruckten Bremischen Chronik:
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12
Mit Unrecht sucht man den Grund für dieses Schweigen darin,
dass man „das ganze Unternehmen der Bedeichung für so ge-
wagt und schwer“ angesehen habe, „dass man es durch keine
Vorschriften einschränken wollte.“ 17 ) Die Ursache ist viel-
mehr die, dass thatsfichlich die erforderlichen Deichanlagen
schon vorhanden waren, und es sich nicht so sehr um Ein-
deichuug von Marschland als um Entwässerung von Bruch-
gegenden zwischen Moor- und Marschland handelte, ein Unter-
nehmen, das nur dann glücken konnte, wenn Deiche bereits
existierten.® 1 )
3. Der sicherste Beweis in der angeregten Frage kann
für die Altmark geführt werden. Helmold berichtet nämlich
bei seiner Schilderung der niederländischen Kolonien in der
Altmark von einem Teil des Kolonisationsgebietes, dass es einst
zur Zeit der Ottonen die Sachsen bewohnt haben sollen, „wie
man das an den alten Deichen sehen kann, welche an
den Elbufern im Sutnpflande der Balsemer aufgeführt
waren/®) Helmold lebte zur Zeit dieser Ansiedlungen in
der Altmark. Seine Darstellung mag im übrigen vielfach über-
trieben und tendenziös gefärbt sein, hinsichtlich des Vorhanden-
seins der Elbdeiche vor Ankunft der Niederländer verdient sie
vollen Glauben.
Mit den vorstehenden Ausführungen soll keineswegs ge-
leugnet werden, dass in vielen Kolonisationsgebieten auch von
„An. 1020 schienede, dat de Elve unde Wesser indt Norden branden
3 Dago langk In der Tiedt festede man den Pieck tbo Bremen
umme der Fiende Anlop willen“.
hat man (z. II. Pratje IV. S. 3GS. Heineken $ 3.) auf den Weser-
deich bezogen und damit Deiche gefunden, die vor Ankunft der Holländer
vorhanden waren. Renner hat auch sicherlich den Weserdeich im Auge
(die Feinde sitid die Gewässer), aber Adam von Bremen, auf den er sich stützt
missverstanden, da dieser von dem städtischen Riugwall redet. Vcrgl. A.
v. Wersebe „Uebcr niederländische Kolonien im nördlichen Deutschland“,
Hannover 1M15. Auhagen S. 054. A. 1. Die abweichende Ansicht von
Borchgrave S. 317 ist nicht zu verstehen.
XT ) So von Ende „Vermischte Juristische Abhandlungen“ 4. § 3. A. S.
•'*) Vergl. Auhagen S. 654. — Heineken § 3. „nee nggeribus hos
(locos) plane destitutos fuisse, apparet ex iis, quae de via regia, aquaeducti-
bus atque juratis ibi reperiuntur“.
*) Uelmold „Chrou. Slav“. I, sw.
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13
den Niederländern Deiche errichtet worden sind — nur lokale
Untersuchungen könnten bestimmte Resultate für die einzelnen
Deichanlagen ergeben — noch soll ihnen der Ruhm bestritten
werden, durch ihre ausgebildetere Technik im Deichbau die
Entwicklung des Deichwesens in den fremden Ländern stark
gefördert zu haben. 40 ) Waren doch Holländer und Friesen
schon früh gesuchte Deicharbeiter und ihre vollendete Aus-
bildung in Deich- und Entwässerungssachen bekannt. Nach
der ältesten grossen Chronik von Flandern (aus dem 13. Jahr-
hundert) verdankt die Stadt Damm der Eindeichungskunst von
Holländern und Seeländern, die der Graf von Holland im Jahre
1180 kommen Hess, ihre Entstehung. 41 ) Und bei der Kolo-
nisation in der Altmark suchte man insbesondere deshalb
gerade Niederländer, „weil sie am Ocean wohnten und vom
Ungestüm des Meeres zu leiden hatten“ 42 ) — oder anders aus-
gedrückt, weil sie in Deich-, Siel- und Schleusensachen sehr
bewandert waren. Einen wie grossen Anteil man ihnen ferner
an der Errichtung der Elbdeiche bei Seehausen und Werben
zuschreiben muss, gebt aus der Chronik Korners (circa 1402
bis 1437) hervor, die sich an die Helm old s anschliesst, den
alten Sachsendeich aber nicht erwähnt, sondern die Gründung
der Deiche daselbst ganz allgemein den Holländern zuspricht. 411 )
IV. Auf der Erhaltung der Deiche beruht das Glück und
die Wohlfahrt eines grossen Teiles der Menschheit. Und dass
ihre Erhaltung am Ende von den Beschlüssen einer höheren
Macht abhängig ist, gegen welche der schwache Mensch nichts
auszurichten vermag, dieser Gedanke hat die Bewohner der
40 ) Man vergl. Heineken § 3, „attuleruut nisi prirnos aggercs,
tameu solidam aggerandi artein“; Beiking a. a. 0. S. 25 „indigenae
neque culturae, quae in terris paludosis adhiberi debet, neque rationis
aggeruni construendorum ita gnari t'ueruut ae Hollandi“; doch schreibt er
das öleiste ebenso wie Pratje den Holländern zu. — Ganz verfehlt
ist es, alle Deiche auf Kolonien zuriickzufUbren, wie dies Thiinen
S. 11. thut.
41 ) Vergl. Warnkönig „Flandrische Kecbtsgesehichtc". 11. Urkunde t03.
**) Helmold a. a. O.
u ) Korner. Chronik bei n. li. Eccard, Corp. Hist. ined. aevi II,
697 ff.
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14
Deichlando vun jeher beseelt. Dahingestellt mag bleiben, ob
man in heidnischer Zeit besondere Deichgottheiten verehrt 44 ) und
eigentümliche Rufe als Gebete gegen Wind und Wellen ge-
braucht 4 ') hat. In christlicher Zeit erkor man sich besondere
Schutzheilige, 41 ) gelobte Kreuzgänge, 47 ) machte Wallfahrten.* 1 )
Deiche und Dämme fanden Eingang in die Kirchengebete, 4 '') bei
Beschädigungen veranstaltete man öffentliche Fürbitten, nach
Vollendung dör Reparatur Danksagungen in der Kirche.'")
Zur Wahrung des Deichfriedens und Förderung des Werkes
ordnete man das Singen geistlicher Lieder bei der Deicharbeit
an. 51 ) — Kein Wunder ist es auch, dass in den Deich-
landen sich so mancher eigenartige Aberglaube, so manche
Sage gebildet haben. In grauer Vorzeit sollen gefährliche
Einbrüche durch das Blut unschuldiger Kinder gestopft sein. 52 )
Die sagenhafte Schilderung von der Gründung Damms er-
wähnt, dass ein Strudel schliesslich nur dadurch ausgefüllt
werden konnte, dass die Holländischen Deicher einen Hund,
der auf einem Hügel lag und schrecklich heulte und kläffte,
in das Loch versenkten und dann Erde nachschütteten. 5 ' 1 )
Der Aberglaube, dass eine Deichschlucht wirksam nur zuge-
dauimt werden könne, wenn ein Hund oder ein erhandeltes
Kind oder allgemein „was Lebigcs“ zuvor hineinverseukt
worden sei, hat sich besonders in Schleswig-Holstein lange
erhalten. 54 ) Interessant und weniger bekannt ist es, dass sich
auch im Nordosten Deutschlands eine ähnliche Sage findet.
Zu einem Dammbruch im Marienburger Werder im Jahre
44 ) Nach Freose S. 247. -i. B. den Stavo.
*•>) Nach Froese a. a. O. „Othe. Jeduthe, do Wei un de Wuh”.
*>) Pie Ostfriesen den Nikolaus (a. a. 0.)
4! ) arg. Oesterr. Weistümer IV, 185.
4!< ) Hammerbrüeker Hecht (Hiihhej art. 34.
49 } Vergl. oben A. 12.
M ) Hadeler Schleusenordnung 1682. art. 1.
“) a. a. 0.
w ) Freose a. a. O.
f>3 ) Vergl. A. 41.
“*) Vergl. die bekannte Novelle Theodor Storrns „Per Sehiiumol-
reiter“; u. Detlefsen „Geschichte der holsteinischen Klbmarscheu" II-
S. 432. 30.
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15
wird nämlich folgendes .berichtet: „Es ist eine gemeine Rede
im Werder, dass die Bauern einen Bettler sollen besauft, an
das Loch geführt und in den Bruch gestürzt haben, davon der
Bruch hernach hat können gefüllet und befestigt werden. Und
das hätten sie auf Anrathen eines frembden Mannes gethan, der
sich einmahl bey ihren Ratschlägen soll eingefunden haben“/ 11 )
v> ) Vergl. Hart wich „Landesbeschreibung derer dreyen in I’ohluischen
Preussen liegenden Werdern“ Königsberg S. 491.
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Die Geschichte des deutschen Deichrechts.
I. Die Geschichte des Deutschen Deichrechts,
die im folgenden beschrieben werden soll, befasst sich mit dem
Werdegang des Deutschen Deichrechts von seinen Anfängen
bis zu der Zeit, wo das heute geltende Deichrecht einsetzt.
1. Das Deich re cht lässt sich bestimmen als der Inbegriff
von Rechtssätzen, die für die Anlegung, Erhaltung und Benutzung
von Deichen massgebeud sind. Es ist ein Sonderrecht, das dem
Wasserrecht untersteht und sich dem Ufer- und Strom-Baurecht
eingliedert. Zum Deichrecht gehören streng genommen :
a. Der Inbegriff von Rechtssätzen, die für die Anlegung
und Unterhaltung von solchen Ul'erbauwerken bestimmend sind,
welche zum Schutz oder zur Miterreichung des Endzwecks der
Deiche errichtet werden;
b. Das Schleusenrecht, insoweit als es sich um Rechts-
sätze handelt, welche die Anlegung und Erhaltung von Schleusen
in Deichen regeln.
Meistens sieht man mit Recht aber von einer völligen
Hineinziehung dieser Rechte in die Darstellung des geltenden
Deichrechts ab. Die Geschichte des Deichrechts beschäftigt
sich mit diesen Pertinenzen des Deichrechts ebenfalls nicht in
umfassender Weise.
2. Bei der Geschichte des Deutschen Deichrechts treten
uaturgemäss die Gebiete des heutigen Deutschen Reiches in den
Vordergrund. Das Deichrecht der heutigen Niederlande wird
hauptsächlich nur in Bezug auf die ältere Zeit berücksichtigt.
Bestimmend für diese Abgrenzung ist der Umstand, dass das
Niederländische Deichrecht nur in früherer Zeit dem Deutschen
Deichrecht eingegliedert ist, während es später den Charakter
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eines selbständigen Rechtes annimmt, das dem Deutschen
Deichrecht lediglich als verwandt erscheint. Diese Verwandt-
schaft aber verliert um desswillen an einer tiefer gehenden
Bedeutung, w r eil später im Gegensatz zu früher die heimischen
deichrechtlichen Quellen im engsten Sinne so überaus reichlich
tiiessen, dass ein Seitenblick auf Holland belehrend und
interessant keineswegs aber notwendig ist.
3. Die Geschichte des Deutschen Deichrechts macht an
dem heute geltenden Deichrecht Halt; sie zieht es nur kurz als
vorläufigen Abschluss der Entwicklung in ihren Bereich. Das
moderne Deichrecht aber beginnt mit dem Anfang, besonders
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.
II. Bei einem Versuche, die Geschichte des Deutschen
Deichrechts in Perioden einzuteilen, stösst man aus dem Grunde
auf erhebliche Schwierigkeiten, weil die Entwicklung in den
einzelnen Gebieten bald rascher bald langsamer fortgeschritten
ist. Nichts kann dies besser verdeutlichen als eine Frage nach
der Zeit der Einführung des Communion i'usses und eine
Betrachtung, zu welcher Zeit die Landesherrn zuerst Ansprüche
auf das Aus send eichsland erhoben.
1. Wir werden sehen, dass die Deichunterhaltung in aller-
erster Zeit überall in Communion betrieben wurde, dass aber
sehr bald an sehr vielen Orten die sgn. Pfanddeichung ein-
geführt worden ist, und dass heute wiederum die Communion-
deichung die Regel bildet. Sprechen wir von der Einführung
des Commnnionfusses, so müsste es genauer „Wiedereinführung“
heissen. Wann ist nun der Communionfuss in den einzelnen
Gebieten wieder eingeführt? Die älteste diesbezügliche Nach-
richt weist auf Seeland und stammt aus dem Jahre 1376; 1 ) die
nächste Urkunde bezieht sich auf das heutige Westfriesland
und datiert von 1492. 2 ) In Schleswig wird 1612, ') in Wursten
16(5 1 4 ) die Einführung versucht, in Cleve sie 1767’) prinzipiell
') Mi er is „Groot Chart erboek der graaven von Holland, von Zeeland
en Herren van Vriesland" 111, S. 320.
„Handvesteu . . . der Stadt Enchuisen . . .“ 1007. S. 44.
s ) „Corpus Statutorum Slesvicensimn“ I, S. 243.
4 ) Schlich t borst. „Beiträge“ II. S. 207.
®) Deichordnung von 1707.
J. Qierke, Ueachiohtc des deutschen Deichrechts. 2
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18
angeordnet. Schon diese ganz oberflächliche Betrachtung zeigt
die Unmöglichkeit einer ganz scharfen Antwort auf die an-
geregte Frage.
2. Die Ansprüche der Landesherrn auf das Aussendeichs-
land stehen mit ihren Ansprüchen auf Beteiligung an der Deich-
verwaltung oft in engem Zusammenhang. Während Wilhelm II.
von Holland schon 1247 die incrementa terrarum dem princeps
zuspricht, 8 ) finden wir derartige Aussprüche in Süderditmarschen
erst 1671, ') in Schleswig etwas früher nämlich 1612. 8 )
Trotz alledem aber, trotzdem insbesondere das Holländische
Deichrecht dem Deutschen Deichrecht im engeren Sinn fast
immer um etliche Pferdelängen voraus ist, sind doch ver-
schiedene Punkte vorhanden, die es gestatten, die Ent-
wickelungsgeschichte des gesammten Deutschen Deichrechts in
zwei Perioden zu zerlegen, die im grossen und ganzen einen
anderen Charakter tragen. Im einzelnen muss auf die Dar-
stellung selbst verwiesen werden. Allgemein kann man sagen,
dass die zweite Periode sich von der ersten unterscheidet durch
das verstärkte Hervortreten staatlicher Fürsorge, durch ge-
waltsame Eingriffe der Landesherrn in die Rechte der
Deichverbände, durch die innerhalb der Deichgenossenschaft
eingerissenen Missstände, durch die Fortschritte der Deichbau-
technik, und die Entwicklung einer Deichrechtswissenschaft.
Die zweite Periode beginnt ungefähr in der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts. Da in den Beginn dieser Periode
die Vollendung der Reception des römischen Rechts fällt, so
wird füglich vor der Darstellung dieser zweiten Periode auf
die Bestimmungen des römischen Rechts hinsichtlich der
Deiche eingegangen werden.
*) Vau deu’Bergb „Oorkomlenboek vau Holland en Seeland“ I Xo. 441.
^ Corpus Statutorum Holsat. II, ä. S. 930.
b ) Corpus Stat. Scblesv. I, S. 236.
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§ 3.
Litteratur.
I. In der Deutschen Litteratur existiert kein Werk,
das die Geschichte des Deutschen Deichrechts znsammenfassend
schildert.
1. Einzelne historische Erörterungen finden sich in den
Darstellungen, die entweder das Deichrecht überhaupt oder
einzelne deichrechtliche Fragen dogmatisch behandeln.
a) Von älteren Schriftstellern, deren Werke teilweise
später bei Schilderung der Entwicklung der Deichrechts-
wissenschaft kritisiert werden sollen, sind zu nennen:
Jodoc. Hackmann „de jure aggerum“, Stade 1690 —
von Rohr „Haushaltungsrecht“, Leipzig 1738 S. 1060 ff.
Daniel Vircho „Die Teich- und Schlick-Rechte derer dreyen
hiesigen Werder“ Danzig 1764 (Kgl. Bibliothek zu Berlin). —
Georg Daniel Pettit, alias Petiscus „Elementa juris aggeralis
theoretico-practica“ Zelle 1767 (auf der Kgl. Bibliothek zu
Göttingen). — J. W. A. Hunrich „Entwurf des jetzigen
Deichrechts in den Marschländern der Grafschaften Oldenburg
und Delmenhorst“ Bremen 1768. — Christian Abraham
Heineken „Tentamina juris aggeralis Rei publicae Bremensis“,
Göttingen (diss.) 1774 (auf der Kgl. Bibliothek zu Göttingen).
— J. Mellmann „Einleitung in das gemeine und Schleswig-
Holsteinische Damm-, Deich-, Siel- und Schleusenrecht“, Altona
und Leipzig 1795. — C. Schräder „Systematische Uebersicht
des Deichrechts“, Kiel 1805. — E. A. Dämmert „Das Deich-
nnd Strom baurecht“, Hannover 1816. — Carl J ulius Rousseau
„Beiträge zur Deich- und Flussbaupolizeigesetzgebung“, Nürn-
berg 1820.
2 *
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20
von Selchow „Anfangsgrtinde des Braunschweig-Lttue-
burgischen Privatrechts“, Göttingen 170U. S. 446 ff. — von
Berg „Polizeirecht“ 2. Aufl. 1803. S. '.»5. — Runde
„Deutsches Privatrecht“ 8. Aull. 1824 § 113 ff.
F. C. de la Roche-Gallichon „Rechtliche Abhandlung
betreffend die C'onkurrence nach Teichmaasse oder Ruthen-
und Fusszahl, wonach zu den aut eine Xothülfe verwandten
Kosten zu conkurrieren“, GUickstadt 1705 (auf der Kgl. Uni-
versitätsbibliothek zu Kiel). — Pu feil dort „observationes juris
universi“, Hannover 1787.
b) Von neueren Schriftstellern sind zu erwähnen:
Dan z, Eichhorn, Hillebrand, Mittermaier, Bluntschli,
Gengier, Stobbe, Beseler, Gerber-Cosack in ihren Lehr-
und Handbüchern dos Deutschen Privatrechts. — Edgar Loe-
ning und Georg Meyer in ihren Lehrbüchern des Deutschen
Verwaltungsrechts. — Spangenberg in Erscli und Grubers
Encyclop. s. v. Deichrecht. — Hermes in Stengels Wörter-
buch des Deutschen Verwaltungsrechts s. v. Deich wesen. —
Gierke in Holtzendorffs Rechtslexikon s. v. Deichverbände. —
Frank in dem „Handwörterbuch der Staatswissenschaften“
(1. Aufl.) s. v. Deichwesen. — Hagemann „Handbuch des
Landwirtschaftsrechts“ § 169 ff. — Lette und v. Rönne
„Landeskulturgesetzgebung“ II. S. 670 ff. — Xieberding
„Wasserrecht und Wasserpolizei im Preussisclien Staate“,
(2. Aufl. von Frank) Breslau 1889.
2. Besonders hervorzuheben sind die Darstellungen von
Ende, 1 ) Wilda, 2 ) Gierke-') und Anschütz 4 ) Sie betrachten
im wesentlichen die geschichtliche Entwicklung der Deich-
genossenschaft. Sehr verdienstlich ist die interessante Arbeit
von Auhagen „Grundlagen der Marschwirtschaft“, “) der in ihr
>) .Vermischte Juristische Abhandlungen", Celle 1802 . No. 4.
2 ) in Weiskes Rechtslexikon 11. III. S. 280.
3 ) „Das deutsche Genossenschaftarecht“, Berlin 1808. B I. 8. 013 ff.
u. 8. 770 ff.
*) in dein „Handwörterbuch der Stautswissenschalten“ 2. Aufl. s. v.
Deichwesen.
6 ) in den „Landwirtschaftlichen Jahrbüchern“ 1890. 11. XXV. 8. 619 ff.,
auch als Sonderabdruck, Berlin 1890 (Paul Parey).
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21
auch eine Rechtsgeschichtc der Deichpflicht bietet. Lenthe**)
beleuchtet hauptsächlich den Zusammenhang des Braunschweig-
LUneburgischen Deichwesens mit der Verfassungsgeschichte.
Friedrich von Thiinen 7 ) giebt eine Schilderung der Ent-
wicklung des Deichrechts in der Herrschaft Jever, wobei er
versucht den Nachweis zu erbringen, dass die Deichlast in
ihrem Wesen nur eine persönliche, nicht ein für alle Mal fest-
begrenzte Verpflichtung sei. Zum Deichrecht vom Hammer-
brok liefert Wilhelm Hiibbe 9 ) anregende Anmerkungen.
Einzelfragen aus dem Deichrecht behandeln Bojunga 9 ) und
Griebel. 1 ") Jener verfolgt die Eigentumsfrage an den Deichen
in ihrer geschichtlichen Entwicklung; dieser untersucht die
Geschichte der Rechtsverhältnisse an den Aussendeichen im
Norderditmarschen. Schliesslich giebt Heck 11 ) einen Einblick
in die Geschichte der älteren friesischen Deichgerichte.
:S. Von Wert sind auch die verschiedenen historischen
Werke, die über die Entwicklung der einzelnen Deichlande
Auskunft geben — von den alten Chroniken bis zu den
modernen Geschichtswerken. Nur ganz beispielsweise seien
erwähnt v. Halem „Geschichte des Herzogtums Oldenburg“
Oldenburg 17 !> 4 , Johann Conrad Freese „Ostfriesland und
Harlingerland“ Aurich 1790 , Otto Klopp „Geschichte Ost-
frieslands“ 1854 — 1858 , Anton Heimreich „Nordfriesische
Chronik“ Schleswig 1 000 , 1 008 . — Abraham Hartwich
r ') Archiv fiir Geschichte und Verfassung des Fürstentums Lüneburg'
B. VI, Celle 1858. S. 405 ff.
') „Geschichtliche und rechtliche Begründung der deichrechtlichen Zu-
stände in der Herrschaft Jever“ Oldenburg ix47.
8 ) „Das Hammerbröker Recht", Hamburg 1813. Vgl, auch für das
holsteinsche alte Deichrecht Detlefsen „Geschichte der holsteinischen
Elbniarschen“ 1891. I, S. 328 und für das Kirchspiel Osten: Hahn im
„Archiv des Vereins für Geschichte und Altertümer der Herzogtümer Bremen
und Verden“, Heft XI.
*) „Neues Magazin für hannoversches Recht“ 11. V. 18ti4 No. 4.
I0 ) „Bemerkungen über die Ausseudeicho im Norderditmarschen und die
behauptete Regalität derselben“, Heide 1841 (auf der Kgl. Bibliothek
zu Kiel).
n ) „Altfriesische Gerichtsverfassung“ Weimar 1894, S. 42, 96 ff., 104,
112 ff, 364 ff.
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22
„Landesbesclireibuug derer Dreyer in Pohlnischen Preussen
liegenden Werder“ Königsberg 1720.
II. Aus der Niederländischen Litteratur mögen ge-
nannt sein:
G. Acker Stratingh „Aloude Staat en Gesehiedenis des
Yaderlands“ Groningen 1847. — Snouck Hurgronje „specimen
bist, jurid. inaugur. de jure circa aggerum aquarumque curam
in insula Walacriae constituto“ Utrecht 1837. — Meylink
„Gesehiedenis van het Hoogheemradschap en der lagere
Waterschappen van Delfland“. — Wcggeman Guldemont,
diss. „de aggerum et aquarum curatorum collegio atque de
historia tractus de Kriropenrewaard“, Lugdini Batarorum 1837.
— Dirk Willem Nibbelink in der „Inleiding“ zu den
„Handvesten en Oorkonden betrekkelyk de regtgeschiedenis van
den Swyndrechtschen Waard“ (J. de Wal) Leiden 1860.
Letzterer geht ein auf das Amt des Deichgrafen und das
Recht hinsichtlich der Deicherde. Bei ihm sind in § 1 andere
Schriftsteller citiert, bei denen über das Deichrecht
Hollands etwas zu finden ist. — Für Südholland sind zu
einem Ueberblick heranzuziehen J. von Oudenhoven Be-
schrijvinghe van Zuyt-Hollandt (1654) und J. van der Eyck
„Corte beschrijvinghe mitsgaders handvesten . . . van dem
lande van Zuyt-Hollandt (1628). Die Entwicklung der
Deichverbände in den Groninger Omuielanden schildert F. J.
Halsema in den „Verhandelingen“ der Groninger Genossen-
schaft „pro excolendo jure patrio“ B. II. Groningen 1778.
S. 481 ff. — Einiges findet man auch bei Hugo de Groot
„Inleiding tot de Hollandsche Rechts-Geleertheyt“ Rotterdam
1 63 1 - 12 )
,s ) Erwähnenswert ist noch Gerh. Feltmanni, Dissertatio de ae-
cessionibus memorabilibus, Amstelodami 109t; gewisse Auskunft findet man
auch bei Holländischen Chronisten. Einige ältere deichrochtliche Werke
(Christiau Heinrich Troz „de iure agrario“, Franecker 1751, Bongart „de
jure aggerum et cataractarum“ Utrecht 1741, Koch „de jure aggerum“,
Franecker 1747) scheinen verloren gegangen. Vergl. Dreyer § 6 u. Vor-
rede zu B. I. (ebenso Hartmaun „von Deichen und Dämmen und ihren Go-
richtigkeiten“ Jona'?). Besonders zu bedauern ist dies (oder die grosse
Seltenheit'#) hinsichtlich der Abhandluug Gerh. Antous von Halem
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23
„de jure eliminatorum (vulgo dem Ausgedeichten) eorumque indemnisatione,
aequitati et juri magis consentanea“, Havn 1770. — Vergl. ferner die
IJtteraturangaben in § 1 A. 32 u. 35.
Für die Geschichte des Deichrechts sind von Interesse die Werke,
welche über die Kultur- und Agrargeschichte der Deichlande Aus-
kunft gehen z. B. Teteus „Reisen in die Marschländer an der Nordsee zur
Beobachtung des Deichbaus“ Leipzig 1788— Hermann Allmers „Marschen-
buch. Land- und Volksbilder aus den Marschen der Weser und Elbe“ 3. Aufl.
Oldenburg und Leipzig 1891 — Detlef sen „Geschichte der holsteinischen
Elbmarschen“ Glückstadt 1891,92 — Arends „Beschreibung der Land-
wirtschaft in Ostfriesland und Jever“ Emden 1818 ff. — Hanssen Agrar-
historische Abhandlungen“ — Auhagen a. a. 0. § 2 und Abhandlung II.
Herangezogen werden können auch die Beschreibungen der Wasser-
fluten z. B. Gabbema „Nederlandse Watervloeden“ Gouda 1703. — Outhofs
„Verhaal van alle hooge Watervloeden, Emden 1720 — Clement „Lebens-
und Leidensgeschichte der Friesen“ Kiel 1845 — Culemann „Denkmal der
Wasserfluten“ Wüster 1728. — Cronhelm .Bericht von der am 11. Sept. 1751
in den Herzogthümern Schleswig-Holstein erfolgten Wasser-Flut“, Glück-
stadt 1751 u. s. w.
Wichtiger sind die Werke, welche über die Technik des Deich-
wesens Aufschluss geben z. Brahms „Anfangsgründe der Deich und
W'asserbaukuust“ Aurieh 1754; Silberschlag „Hydrotechnik“ Leipzig
1772, 1773; Kirchmann „Anleitung zur Deich-Schleusen-, und Stak- Bau-
Kunst“ 1786; A. G. von Munnich „Unterredung von Deichsachen, in-
sonderheit vom Deichbau“ Oldenburg 1720; J. W. Hunrich, Praktische
Anweisung zum Deich-, Sielen und Schiengenbau“ Bremen 1770, 1771 ;
Wolters „Allgemeinen Grundsätze zum ordnungsmässigen Verfahren in
Deich- und Bewässerungssachen in den deutschen Marschprovinzeu“. Mit
Zusätzen von Weltmann und Erläuterungen von J. G. Koch, Glückstadt
1795; Benzler „Lexikon der beim Deich- und Wasserbau, auch beim
Deich- und Dammrecht vorkommenden fremden und einheimischen Kunst-
wörter und Ausdrücke“ Leipzig 1792 — Hagen „Handbuch der Wasser-
baukunst“ Berlin 1863 III. Teil. I. B.; das amtliche Werk „Preussens
landwirtschaftliche Verwaltung in den Jahren 1875 — 1877“; Storni Buy sing
„Handleiding tot de kennis der Waterbouvkunde“ Breda 1844/45.
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§ 4 .
Quelle n. 1 )
Eine Uebersicht über die Quellen des früheren Deich-
rechts soll die Quellen der Gebiete des heutigen Deutsch-
lands und der Niederlande getrennt behandeln. Für ein
grösseres Gebiet, das heute zum Teil deutsch und zum Teil
niederländisch ist, kommt eine alte und wenig ergiebige Quelle
n Betracht, das sind die 17 friesischen Küren, von denen
die io. und 12. in das Deichrecht einschlagen.-)
§ 4a.
Die deutschen Quellen.
I. Die Deutschen deichrechtlichen Quellen wurzeln
zu einem grossen Teil in Gebieten, die heute zu Preussen
gehören. Innerhalb Preusscns betrachten wir die Quellen
einer jeder Provinz für sich. Zuvörderst aber ist einer
der ältesten Quellen zu gedenken, welche über das Deichrecht
Deutschlands im Mittelalter Aufschluss giebt nämlich des
Sachsenspiegels,' 1 ) dem der Schwabenspiegel 4 ) folgt.
*) Eine ausführlichere Zusammenstellung von älteren deicbrecht-
licheu Quellen tindet mau nur bei Dreyer in seinem „Versuch einer An-
leitung zur Kenntnis der Deichgesetze“ ..Jlisccllaueen“ Lübeck 17«4 Abh. I).
Sie ist sehr unvollständig und nicht fehlerfrei ; sie kann heute nur als
Orundlage für eine neue Zusammenstellung teilweise dienen. — Für des
19. Jahrhundert vergl. Neubauer „Zusammenstellungen des in Deutschland
galtenden Rechts betreffend verschiedene Rechtsmaterien“ S. 11G ff.; eine
kurze Uebersicht giebt Anschiitz a, a. 0. am Eude sub I!. Anschütz
übersieht aber die Oldenburger Deiehorduung von 1S55. Ueberhaupt ist
es unverständlich, warum er das Oldenburger Deiehrecht völlig aus dem
Spiel lässt. Nicht einmal Hunriclis bekanntes Deichrecht ist hei der
l.itteratur angegeben. (Ebenso wie Anschütz freilich schon Frank in der
I. Auflage).
-) von Kichthofen „Friesische Rechtsquellen" S. 17 u. 21.
:l ) II, 56.
*) art. 215.
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25
A. Die Provinz Hannover. 5 * )
a) Ostfriesland und Harlingorland.
oc) Einzelne Bestimmungen finden sich zerstreut im
Brokmerbrief,*) in dem Emsiger Pfennigschuldbuch 7 8 * * )
(13. Jahrh.) und dem Ostfriesischen Landrecht von 1515.*)
Jä) Deichrechte.
1. Ein altes ostfriesisches Deichrecht soll „durch
Prälaten, Häuptlinge und die Stände der Lande mit Bewilligung
der ganzen Gemeinde errichtet und gemachet“ sein; es würde
also spätestens in das 15. Jahrhundert zu setzen sein.*) Von
seiner Entstehung und seinem Inhalt wird berichtet in dem
I. Kapitel des „Ostfriesichen Deich- und Sielrechts“ d. h.
einer Zusammenstellung ostfriesischer Deich- und Sielrechte,
welche wahrscheinlich kurz nach 1608 gemacht, jedenfalls
1653 im Druck erschienen ist. 1 ") Dieses Referat über das
alte ostfriesische Deichrecht, wie es genannt werden kann, ist
daher mit Vorsicht zu benutzen. 11 ) Für einen Paragraphen
weiden wir später den Nachweis erbringen, dass sein Inhalt
zu der Zeit; aus welcher er stammen soll, nicht gegolten hat.
2. Die Verordnungen Ulrichs I. und der Gräfin Theda,
über welche im II. und III. Kapitel des „Ostfriesischen Deich-
und Sielrechts“ ebenfalls berichtet wird.
5 ) Für Hannover einige Angaben bei Grefe „Hannovers Recht“,
Hannover 1861, 11. II. S. 81 ff. für die spätere Zeit und auch hei
C. H. C. Schulze „Sammlung der Wasserbaugesetze für das Kgr. Hannover
V. 16’2 1 — 1858“ Celle 1859.
“) Richthofen S. 151. §§ 90 u. 93.
•) Richthofen S. 194. §§ 0. 9. 68. 74 — 76.
8 ) Herausgegeben von von Wicht 1746; über es Stobbe „Reclits-
quellen“ II, S. 345 ff.
*) Ebenso Anschütz S. 146.
in ) Zu finden bei Brenneisen „Ostfriesische Historie“ II. S. 236 ft',
und besser bei von Wicht „Ostfriesisches Landrecht“ am Schluss nebst
einer hochdeutschen Uebersetzung. Vergl. Stob be a. a. S.277, Grefe S. 84.
") Schon Brenneisen traut dieser Vorrede nicht, sie „schmecke“
nach dem seiner Ansicht nach „falschen Priticipio von der Erwehlung des
Landesherrn“ a. a. O. S. 235.
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3. Die Deichordnung Edzards I, die im IV. Kapitel der
genannten Zusammenstellung steht.
4. 1530. Die Deichordnung Enno II: über sie referiert
Kap. V, Des „Ostfr. D. u. S.-Rs.“
5. 1541 u. 1542. Die Verfügungen Johanns des Aelteren
(Kap. VI. a. a. O.)
6 . 1556. Die Deichordnung der Gräfin Anna (K. VII.
a. a. 0 .)
7. 1608. Die „Confirmierte Ostfries. Emsige Teichordnung“
von Enno III. 1 -)
8 . Die Deichordnungen Ennos III. von 1625, Rudolf
Christians von 1626 und Ulrichs II. von 1628 für das Har-
lingerland. 1 ' 1 )
9. 1629. Die Esener „Kluftordnug“ Ulrichs II. 14 )
10. 1630. Deich Verordnung Ulrichs II. 15 )
11 . 1632. Die Esener „Communionordnung“ Ulrichs II. 16 )
12 . 1647 soll Herzog Friedrich eine Deichordnung erlassen
haben ; sie ist nicht gedruckt. 17 )
13. Enno Ludwigs Befehle vom 18. Juli 1651 und
11 . August 1651 für Esens. 18 )
14. 1670. „Fürstlich Ostfriesische Teich- und Syl-Ordnung
der Herrschaft Esens“. 19 )
15. 1700. Neue Esener Deichordnung. 2 ")
16. 1730. Die verbesserte Deich- und Siel-Ordnung für
das Harlingerland von Georg Albrecht. 21 )
7 ) Einiges in die Gravamina der Stände, den Fürstlichen
Erklärungen und Landtagsschlüssen des 17. Jahrhunderts
'*) In Kap. VIII des Deichreelits und bei Hackmaun Nu. V.
**) Bei Hackmann im Anhang.
M ) Vergl. Freose S. 259.
]li ) Bei Hack mann im Anhang.
“) a. a. 0.
17 ) Vergl. Schulze in der IJebersicht für Ostfriosland und Härtens
in den „Annalen der Braunschweig-Limoburgischcn Chnrlande“ IV. S. 909.
IS ) Bei Hack man n im Anhang.
Bei Hackmanu No. X.
a ') Nach Freese S. 2 ß 8 .
21 J Grefe S. 85.
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27
z. B. dem Osterhuisischen Accord vom 21. Mai 1611,' a ) dem
Landtagsschluss zu Emden vom 11. September 1618, der
hierauf ergangenen Staatischen Resolution, 2 ’) dem Haagischen
und Emdisohen Vergleich von 1662, dem Finalrecess von
1663. 24 )
6) Die Oktrois und Vergleiche der Landesherrschalt wegen
des An wachses z. B. von 1613 und 1705. 2 ’’)
b) Die Lüneburgischen Landesteile. 36 )
ct) Deichrechte.
1. 1564. Deichordnung von den Herzogen Heinrich und
Wilhelm*}
2. 1664. „Fürstlich Braunschweig-Lüneburgische Teich-
Ordnung in den Marschländern an der Elbe“ von Christian
Ludwig. 28 )
3. 1694. Deichordnung Georg Wilhelms, die nicht Gesetz
wurde. 2 ®)
4. 1748. „Erneute Elbteichordnung für Lüneburg von
Georg dem Anderen.'’ 0 )
ß) Deiehgericlite.
1. 1537/38 im Amte Winsen. 31 )
2. 1563 im Amte Bleckede. 32 )
2J ) Teil VI. §§ 28, 29, 32. Teil XI. § 81 bei Brenneisen a. a. 0.
a ) Brenneisen S. 618 fl.
s ‘) a. a. O. S. 802 ff.
a ) Ihrem Inhalt nach zu finden bei Freese S 380, 384 ff. — Die
jüngste Deichordnung für Ostfriesland ist v. 12. Juii 1853 nebst Ges. v.
5. Januar 1864. Siehe auch unten Anm 88 und 256.
“) Eine ausgezeichnete Geschichte der Lüneburgischen Deichordnnngen
liefert v. Lenthe im „Archiv für Geschichte und Verfassung des Fürsten-
tums Lüneburg“ B. VI. S. 405 ff.
*) Bei Lenthe S. 428.
®) Bei Hackmann im Anhang, bei Schulze S. 29, Kohr ..Haus-
haltungsrecht" S. 1093 ff.
Bei Lenthe a. a. O.
®) Bei Schulze S. 79 n. Spangenberg „Sammlung der Gesetze
und Ausschreiben, welche für sämtliche Provinzen des liannov. Staats er-
gangen sind“ B. I. S. 165; sie bestätigt die Deiehorduung von 1664.
Zu ihr vergl. Lenthe S. 444, 417. 450.
3I ) Bei Pnfendorf „Observationen“ B. II. S 584.
M ) Bei Lenthe S. 427.
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IJ Verfügungen der Behörden z. B. von 1093,") 1758 und
1766, 34 ) 1803 und 1805, c ’) die Rechtsbelehrung von 161 5, • -w )
die Zeugenaussage von 1 6 1 0 , 3T ) die Urkunde von 1342 be-
züglich des Streites der Eingesessenen von Boltersen und
Wittorf — :w ) abgesehen vom Sachsenspiegel die älteste deich-
rechtliche Quelle im Lüneburgischen, die bisher gefunden ist —
und die Erkenntnisse der ordentlichen Gerichte aus dem
18. Jahrhundert/*)
c) Die Lauenbnrgischen Teile.
n) Aeltere unvollkommene Deichverordnungen von 1599 für
das Amt Neuhaus von Herzog Franz, von 1628 für das Amt
Lauenburg von Herzog August und von 1656 für ebendasselbe
von Herzog Julius Heinrich. 4 ")
'}) 1752. Die Elbdeichordnung Georgs II., welche die
lüneburgischen Deichordnungen von 1664 und 1 7 4S enthält,
von § 32 ab einige neue Bestimmungen hinzugefügt. 41 )
d) Die Gebiete des Herzogtums Bremen und Verden.
«) Von kleineren deichrechtlichen Quellen kommen in
Betracht :
1. Eine Urkunde von 1217, in welcher Land auf Kirch-
werder an das Bistum Verden übertragen wird. 41 ")
2. „Dat Diekrecht to Nienkerken und in Osterstade von
1500 und etliche.“ 4 -)
**) Bei Dämmert Erört. VI. A. 5.
*) Dämmert Erört. II.
iv ) Schulze S. 69".
*) Lenthe § 3. Ans v. Hodenberg ..Historische Nachrichten über
das Amt nnd Schloss Bleckede“ B. II. M. S.
**) Lenthe a. a. O.
**) a. a. 0. S. 405.
®) Zerstreut iti den Erörterungen Dämmert s; vgl. auch .Jurist. Zeitung.
1827 I, S. S. II. S. 70.
*’) Dreyer 8. 8.
“) Bei Spangenberg I, S. 27« u. Schulze S. s7. — Heute gilt für
die Lüneburgischeri und vormals Iinuenburgischen Harschdistrikte die Deich-
ordnung vom 15. April 1862. Siehe auch unten Anm. 8s u. 25«.
4U J Bei 1’. Hasse „Sehleswig-Holsteiu-Lauenburgische Regesten und
Urkunden I, 338.
*-) Bei l’ufendorf III Obs 135. § IV Huden sich Bruchstücke.
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2f>
3. Deichgesetze von Osterstade von 1644. 43 )
4. Hinsichtlich des Bülkau-Neuhäusischen Schleuseuver*
bandes die Vereinbarung von 1764. 44 ) die Verfügungen von
178t; und 1808. 4 ’)
5. Für das Deichwesen an der Oste die Verfügungen von
1775, 1790, 1791 und 1797. 4 *)
t5. Für die Lunemarsch das Erkenntnis von 1Ö81. 45 )
7. Für Kehdingen die Verordnungen vom 2. Dez. 1 7 2 B 4t *)
und 7. Febr. 1 7 44. 4! ')
8. Im Amte Hagen (an der Drepte) die Bauernwillkür
von Büttel und die von Wurthflet (161 3), welche eiuige deich-
rechtlichen Bestimmungen enthalten, 41 “)
3) Höchst interessant für das deutsche Deichrecht ist die
Entwicklung im Kirchspiel Osten. Hier gilt das s. g. Deich-
recht der Altendorfer Schauung. Es ist dies eine in mittel-
niederdeutscher Sprache um 1580 geschriebene Aufzeichnung
des in der Bauerschaft Altendorf geltenden Deichrechts, welche
am Schluss die Erkenntnisse des Deichgerichts aus der letzten
Zeit wiedergiebt und teilweise auch das Deichrecht der beiden
anderen Bauernschalten des Kirchspiels Osten (Isensee und
Hüll) darstellt. Später sind zwei hochdeutsche Stellen ein-
geschoben, welche aber nichts Neues enthalten. Angelegt
wurde insbesondere der Vergleich der Oberleute mit KirchddVf
und Deich-Reege von 1G89. 411 )
«j Vergl. A. 42.
**) Bei Wo 1 f f „Bremen- und Vcrdensc'üe Jliscellen“ III. Stade
IS 10. S. 07.
») a. a. 0. S SO ff.
*) a. a. ü. S. So ff. Siehe auch unten sub ,3.
47 ) Bei Hackmann S. 283 ff.
w ) Bei Schulze S. 78.
4! >) a. a. 0. S. 53.
4l “) „Archiv des Vereins für Geschichte und Altertümer der Herzogtümer
Bremen und Verden und des Landes Hadeln“ Stade 1884. Heft 10. S. 107 ff.
4 ' Jb ) Es ist das Verdienst Dietrich Hahns dieses Deichrecht der Alten-
dorfer Schauung aufgefunden und veröffentlicht zu haben. Es ist gedruckt
im „Archiv des Vereins _für Geschichte und Altertümer der Herzogtümer
Bremen und Verden" Heft XI. Hahn versieht os mit einer Einleitung,
die über die Zeit der Aufzeichnung u. s. w. Auskunft giebt und eine
Schilderung des Deiciirechts enthüll, das sich auf Grund der publizierten
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30
Y) Besonders zu betrachten ist das Land Wursten, für
das hervorzuheben sind:
1. Einzelne Bestimmungen der Quellen, welche für ganz
Rüstringen Geltung hatten. 50 )
2. 1565. Der auf die Beschwerden der Wurster*“) er-
gehende Recess des Erzbischofs Georg. 51 )
3. Das Deichrecht des Alten Landes Wursten, welches
von Erzbischof Johann Friedrich im Jahre 1621 bestätigt sein
soll. Es ist nicht 1568 errichtet; seine Entstehung lässt sich
nicht genau feststellen. 52 )
4. 1618. Der Vertrag des Erzbischofs Johann Friedrich
und der Stände mit den Wurstern, welcher 1649 und 1713
bestätigt wurde. 53 )
5. 1618. Der Revers des Erzbistums Bremen gegenüber
Hamburg wegen Ritzbüttels. M )
6. 1620. Die Kappeier Kirchspielsartikel, welche teil-
weise in das Deichrecht einschlagen. 55 )
7. 1625. Das ältere Deichgeschworenen-Recht. 56 )
8. 1651. Das neue Deichgeschworenen-Recht. 57 )
9. 1661. Der Vergleich der neun Kirchspiele. 58 )
Quelle ergiobt. In einem Nachtrag erörtert Halm die Existenz einer Hü 11 er
Deichordnung, welche nach 1598 zu setzen sei. — Auf Hahns juristische
Hegriffsbestimmungen wird später eiuzugehen sein.
M ) Vergl. unten sub III. C.
“*) Pufendorf III. S. 123.
äI ) Bei Pufendorf III S. 127 u. Stern „Historische Nachrichten
von dem Laude Wursten" S. 57.
M ) Bei Pratje B. X. S. 97, in der „Juristischen Zeitung für das
Königreich Hannover“ Jahrg. 1853 S. 161 u. bei Schulze S. 14. Vergl.
hinsichtlich des im Text Bemerkten Grefe S. 82 insbesondere A. f.
**) Bei Pratje B. V. S. 325 ff.
M ) a. a. O. Vergl. auch wegen der Eindeichung des neuen Feldes
„Archiv des Vereins für Geschichte und Alterthümer der Herzogtümer
Bremen unh Verden u. des Landes Hodeln“ Heft VI. S. 158 Amn.
“) Pratje a. a. 0 S. 320.
M ) Bei Pratje B. X. S. 110 u. Jur. Zeitung 1853. S. 178.
w ) Bei Pratje S. 120, Jur. Zeitung S. 187, 193, Schulze S. 21.
Bei Schlichthorst „Beiträge zur Erläuterung der älteren und
neueren Geschichte der Herzogtümer Bremen und Verdeu“. (1797)
II. S. 297.
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31
10. 1697. Der Wisinarische Vertrag.'®)
11. Spätere Verordnungen von 1708, 60 ) 18. Jan. 1748,
26. April 1748, 61 ) 1755,«'-) 1780, «) 1687 «)
8) Im Alten Lande finden sich deichrechtliclie Be-
stimmungen in „Des olden Landes Ordenuuge und Rechte
Bock von 1517,*) für es gilt des Alten-Landes Deichrecht, das
aus 15 Artikel besteht, welchen das Spadelandsrecht an-
gefügt ist. 6 *) Die 15 Artikel sind eine Privatarbeit, 6 ") die erst
unter schwedischer Herrschaft 68 ) gemacht ist. Der Schreiber
hing ihr das Spadelandsrecht mit den Noten Heimreichs an, 68 )
da sich dieses des Ansehens einer subsidiären Deichrechtsquelle
schon damals an vielen Orten erfreute."") Von Erkenntnissen
der Land- und Deichgerichte enthalten einige „Flucht- Ordele
des Jorker Landgreftings als Schüppenstühls“ deichrechtliche
Entscheidungen. Ganz besonders aber sind hervorzuheben die
Deichgerichte vom Jahre 1571, von denen eins teilweise bereits
von Hackmann „de jure aggerum“ S. 458 abgedruckt ist. Sie
finden sich alle im Archiv des Vereins für Geschichte und
Alterthümer der Herzogtümer Bremen und Verden und des
Landes Hadeln, Heft IX. S. 106 ff. (No. 3, 4, 86, 96, 119,
120, 121, 122, 123, 124). Neuere gerichtliche Erkenntnisse
sind in den Erörterungen Dammerts eingestreut.
8) Am 20. Juli 1892 erging für das ganze Herzogtum
eine allgemeine Deichordnung, 71 ) die durch die Deichordnung
*») Pratje B. V. S. 337.
®) Schulze S. 102 .
**) Schulze S. 83. Jur. Zeit. 1849. I. S. 65.
®) Jur. Zeit. S. 69.
**) Spangenberg III. S. 3.
M ) Schulze S. 99. Jur. Zeit. a. a. O.
“) Bei Pufendorf IV. S. 48 ff. Besser im „Archiv des Vereins für
Geschichte und Altertümer der Herzogtümer Bremeu und Verden“.
IX. S. 97 ff.
*•) Bei Hackmann No. I u. II und in der Jur. Zeit 1842. 1. S. 143.
161, 177.
a ) Dreyer S. 10.
m ) Grefe S. 83 u. Jur. Zeit. a. a. O. S. 177.
®) Vergl. unten suh B. a.
™) Vergl. die diesbezügliche Frage in der Jur. Zeit. a. a. 0. S. 182
n. die dort Citierten.
n ) Bremen- und Verd. Gesetzb. I. S. 71.
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32
vom 29. Juli 1743 revidiert wurde. 72 ) Die letzte erfreute sieh
bei den Schriftstellern des 18. Jahrhundert eines ausgezeichneten
Rufes. Dreyer sagt von ihr. 7 ') „Sie ist eine wahre Encyclo-
jiädie des Deicbrechts und macht aut den Ruhm der voll-
ständigsten Deichsordnung die gegründetste Ansprache.“ Nach
ihr sind die älteren speziellen Deichrechte hülfsweise au-
zuwenden, 74 ) wie überhaupt auch später die einzelnen Marsch-
länder besondere Deichgesetze aufweisen. 75 ) Von allgemeinen
Verordnungen mögen noch Erwähnung finden das halb vergessene
Kgl. Schwedische Rescript für das Herzogtum Bremen von
1686, 75 *) das Regierungsausschreiben vom 12. September 1749, 76 )
die Erklärung der Deichordnung vom 29. Juni 1753, 77 ) die
Verordnung v. 29. Dez. l?73. 7t< )
c) Hadeln.
1. Von älteren deichrechtlichen Quellen 71 ') sind zu erwähnen
einige Bestimmungen der „Rechte von Alteubruch, LUdingwort
und Nordleda“ von 1 439, * ) ) der Vertrag Hadelns mit Bremen
von 1574.* 1 ) der Bericht des Schulzen wegen der Deiche vom
20. Juli 1580, der wohl wegen der Codilikation des Hadeler
Landrechts eingefordert wurde,"-) der II. und III. Titel des
vierten Teils des Hadeler Landrechts von 1 583, Ki ) und § ltj
der Polzeiordnung des Herzogs Franz von 1597.* 4 )
77 ) a. a. O. II, S. 196 u. Schulze S. 38.
7S ) a. a. O. S. 13. A. 13.
74 ) Grefe S. 83.
Vergl. oben unter il. a. 6.
75 *) Bei Rohr „Haushaltungsrecht“ S. 1078.
7ü ) Schulze S. 13.
71 ) Schulze S. 70, Spangenberg I, S. 349.
7e ) Schulze S. 99. Betreffs der Neuzeit siehe unten a. 88 u. 256.
79 ) Vergl. auch die älteste Urkunde, welche auf Deiche schliesseu
lässt, vom 22. Juni 1219, hei Spangenberg IV. Abt. III, S. 1.
M ) Bei Urinnn „Weistiiiner“ B. IV. S. 703.
BI ) Bei Spangenberg a. a. O. S. 43; ältere Verträge, die jedoch
wenig ergiebig, ebenda S. 4, 32, 39.
**) Bei Spaugenberg a. a. O. S. 52.
Ki ) Bei l’ufendorf I, App. 1. S. 48.
Bei Spangeuberg a. a. O. S. 136.
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33
2. Aus späterer Zeit sind zu nennen die Schleusenordnung
von 1682 85 ) und der Attestat des ersten und zweiten Standes
vom 2. November 1745;*) schliesslich die Bekanntmachungen
vom 9. u. 26. Oktober 1816.* 7 )*)
B. Die Provinz Schleswig-Holstein.
a) Für ganz Schleswig-Holstein sind anzuiuhreu das
sgn. Spadelandsrecht,*) der V. Titel des I. Teils
des Schleswig - Holsteinschen Landgerichtsordnung
von (1572) 1636,”") das Patent, betr. die einzuführende
Aufsicht über die Deiche der sämmtlichen Marschkom-
rniinen . . in den Herzogtümern Schleswig- Holstein vom
2lt. Jan. 1800, 91 ) und das Allgemeine Deichreglement vom
6. April 1803. 92 )
Näher einzugehen ist auf das Spadelaudsrecht. Es
besteht aus 20 Artikeln, von denen 18 mit Noten versehen
sind. Diese Anmerkungen enthalten gerichtliche Entscheidungen
und landesherrliche Konstitutionen bis auf das Jahr 1652. Ein
Grund die Wahrheit der Angaben der Anmerkungen anzu-
zweifeln, ist nicht vorhanden. Uebcr die Entstehungsgeschichte
der Artikel selbst herrscht viel Streit; er begann bereits im
18. Jahrhundert.
**) a. a. O. S. 520 u. Schulze S. 35.
**) Schulze S. 84.
w ) a. a. O. S. 121, 120. — Bei Spangellberg finden sich S. 341
eine Hadelnsche Provisioualteioli-Orduung vom 16. Mai 17is und S. 343
eine Verfügung wegen Reparation des herrenlosen Deichs vom 25. August
1721 angeführt. Für die „älteren Provinzen“ (vergl. Grefe I. Einleitung
S. VII) kommt in Betracht das Edikt vom 23. Juni 1711 (Corpus Const.
LUneb. c. 1. S. 1007 u. c. 2. S. 044 ferner Corpus Const. Calenberg. S. s45).
*) Für Hoya ist zu eiwähnon die Verordnung vom 2‘J. Sept. 1775
(bei Schulze S. 110) [Für Hoya und Diepholz Ges. v. 22. Jan. 1864] —
Für das l‘J. Jahrhundert vergleiche für ganze Hannover Grefe II. S. sä
und bezüglich der Veränderungen nach Einverleibung in Preussen unten
A. 256.
8 “) Bei Hackmann im Anhang No. II und im Corpus Statutorum
Schl es w. T. S. 390.
“) Vergl. aucli art. 22. der Siider-Ditmarscher D. O. v. 1643.
,J1 ) Ch. S. 1801. S. 4.
"*) Ch. S. 1804. S. 17.
J. Giorke, Geschichte des deutschen DeicUrechts. ;)
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1. Daniel Petiskus erklärte das Spadelandsrecbt im
Jahre 1767 für die Arbeit eines Privatmannes, der sich die
mündlich fortgepflanzten und bewährt gefundenen Deiehregelu
aufgezeichnet habe. Die in den Anmerkungen angeführten ge-
richtlichen Entscheidungen hätten sämmtlich den Stoff für es
hergegebeu. Es sei ein „elendes Gewerke“, dem die auctoritas
publica fehle. 9 ®)
2. Gegen Petiskus wandte sich mit der grössten Schrolfheit
Heinrich Dreyer in seinen Miseellaneen: „Ein solcher dreister
Schriftsteller, der in wenigen Zeilen so viele historische und
litterarische Sünden gehäuft, und sich bei der Auftischung
seines Ragouts das Ansehen giebt, dass er, ich weiss nicht
was für einen grossen Vogel abgeschossen habe, ist mir nicht
leichte vorgekomnien.' 4 ) Nach Dreyer wurden 1556 der Staller
Hinrich Heute, die 5 Hardesräthe, die Deiehvoigte und die
16 Männer im Nordstrand von Christian III. mit Anfertigung
des Spadelandsrechts betraut. Im Jahre 1557 sei es von ihnen
vollendet, später von Anton Heimreich mit Anmerkungen ver-
sehen, auch der hochdeutschen Uebersetzung des Nordstrander
Landrechts beigefügt worden. 95 )
3. Etwas anders lautet die Schilderung, welche Heimreich
selbst in seiner nordfriesischen Chronik (III. c. V.) giebt: „Wie
dem König Christianus III. nebeust seinen Herrn Brüdern die
erfahrensten und in Teichsachen geübtesten Männer anno 1 557 aus
allen Marschländern in Husum zusainmengefordert, dass sie ein
besonder Teichrecht mochten verfassen ; die dann das sogenannte
Spade- Landes -Recht beliebet und verordnet: Welches dem
Nordstrandischen Landrechte anno 1572 ist adjungieret und
noch in wichtigen Sachen wird gebraucht“.
4. Falck gedenkt in seinem Handbuch des Schleswig-
Holsteinschen Privatrechts*) dieser Ansichten nicht. Er sagt
vom Spadelandsrecht nur, dass seine Geschichte „höchst un-
gewiss und zweifelhaft“ sei; es „soll“ aber „zu den Zeiten
“') Georg Daniel Petit! al. l’etiscus „Elemeuta juris agg.“ 8. 150
M ) Dreyer a. a. O. S. is. A. 7.
*>) a. a. O. u. S. 15. 1«.
*>) 11 I. § 140.
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35
Adolphs VIII., also vor 1459 ans alten Gewohnheiten und
Behebungen für die Landschaften Eiderstädt und Nordstrand
gesammelt seyn“.
Die letzte Vermutung gründet sich auf die Anmerkung,
welche sich dem Art. I. des Spadelandsrechts beigegeben findet
und lautet: „Diese bey Herz. Adolfs des letzten aus dem
Schauenburgischen Stamme Zeiten von 18 Männern aus dem
Strande und Eyderstädt, getroffene Vergleichung, ist anno 1517
von den 5 Hardesräthen bey voller Macht gefunden, und ist auch
dergleichen Ausspruch anno 1520 von F. G. Rathen geschehen,
damit auch der Dreyer, als Pilwormer, Lithbnlliug- und
Edomsharde Räthe überein gekommen, wie auch anno 1534 da-
nach ist entschieden worden“. Schon der Wortlaut dieser An-
merkung ergiebt aber, dass sie das nicht sagt, was Falck an-
nimmt. Sie bezieht sich augenscheinlich nicht auf das Spade-
landsrecht im ganzen, sondern lediglich auf den ersten Artikel;
das beweist zur Genüge der Ausdruck „Ausspruch“. Allein
die Vermutung, welche sich bei Falck findet ist auch sonst
gänzlich haltlos. Denn es wäre ganz unbegreiflich, wie im
Jahre 1534 die 5 Hardes-Räthe erkennen konnten: „dass in
diesem Laude niemals geschehen sey, dass mau ausgeworfen
Land hätte bezahlet“, obwohl der ja angeblich vor 1459 fest-
gestellte Artikel IX des Spadelandsrechts lautet: „Wenn
es sich begiebt, dass ein Stück Landes notwendig wird aus-
geworfen, sollen die Kogeseigner desselbigen Koges, denen das
Land abgehet, was ihnen davon eignet, Erstattung bekommen“. 1 ' 7 )
Noch unbegründeter ist aber die Meinung Dreyers. Es ist
unmöglich, dass das Spadelandsrecht von der von ihm ange-
gebenen Commission im Jahre 1557 zusammengestellt worden
ist, da es sonst eine ganz andere Gestalt haben müsste. Einer-
seits müsste sehr vieles, was jetzt in den Anmerkungen steht,
im Spadelandsrecht mit enthalten sein. Beispielsweise soll im
Jahre 1534 über die Bezahlung von Deicherde Streit vorgefallen
sein; Art. II des Spadelandsrechts sagt darüber aber nichts,
<B ) Auch spricht das Spadelandsrecht selbst nur von den Einwohnern
.vorn Strande", kann also nicht durch Behebung mit dem Lande Eyderstädt
entstanden sein. Vergl. unten A. 100.
S*
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3fi
obwohl er von der Deicherde handelt und eine Entscheidung
von 1534 vorlag. Artikel VIII des Spadelandsreehts schildert
ausführlich das Spatenstechen der Richter im Fall des Un-
gehorsams des Deichhalters, thut aber des Spatenstechens des
unvermögenden Deichhalters keiue Erwähnung, obschon 1525
die 5 Harden darüber erkannt hatten. — Andrerseits müsste
Vieles, was jetzt in den Anmerkungen steht, an Stelle der
diesbezüglichen Vorschriften des Spadelandsreehts stehen. In
Artikel XIV wird z. B. bestimmt, dass bei einem streitigen
Deich die Deichhalter gepfändet und der Deich gemessen werden
solle, worauf der Unterliegende den Deich annehmen und Brüche
zahlen müsse. Wie kann aber dieser Artikel im Jahre 1557
festgestellj; sein, wenn 1534 erkannt worden ist, dass bei grosser
Not zunächst Hülfe geschehen solle und 1535 publiziert wurde,
„dass der streitige Deich erst solle zum vollen See-Deich ge-
machet werden und dann die Maasse ergehen ?“ Wie können
diese praktisch durchgebildeteren Rechtssätze, die sich, im ein-
zelnen mit Abweichungen, in allen späteren schleswigschen Deich-
ordnungen finden,*) 1557 übersehen worden sein?
Dies ist auch hinsichtlich des Berichtos von Heimreich
geltend zu machen. Im übrigen klingt dessen ganze Erzählung von
der Zusammenberufung der deichkundigsten Männer aus allen (? 1)
Marschlanden so unwahrscheinlich, dass sie auf Glauben keinen
Anspruch machen kann. Die Nachricht Heimreichs ist vielleicht
durch eine Notiz veranlasst, die er auf seinem Exemplar des
Spadelandsreehts vorfand ; sie erklärt sich leicht aus dem ge-
setzlichen Ansehen, das es später überall genoss. Auch kann
Heimreich selbst in dieser Anschauung nicht allzu sehr ge-
wurzelt gewesen sein; denn er") notiert zu Art. II: „Dem-
nach Streit vorgelälleu ob Späteland zu bezahlen? als ist
darauf anno 1534 .. . erkannt“.
Gegen alle aber, die eine offizielle Errichtung und Pu-
blikation des Spadelandsreehts sei es vor 145'.), sei es 1556
oder 1557 annehmen, spricht die Art und Weise, wie das
,J8 ) V«rgl. Eyilerstädt. 1). O. 1695. art. 7. Stapelliolui. 1). O. 1625.
art. 12.
") Vergl. unten A, 113,
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37
Nordstrander Landrecht von 1572 1 "") auf das nordstrandische
Deichrecht Bezug nimmt. Hätte man dann in diesem nur bei
einer deichrechtlichen Bestimmung (III, 21) auf das verwiesen,
was „ein Deichrecht vermag und mitbringt“?
Zu einer befriedigenden Lösung der Frage nach der Ent-
stehung des Spadelandsrechts kann man nur gelangen, wenn
man den Gedanken an eine Rechtssammlung von offiziellen
Commissionen oder an einen Vergleich verschiedener Land-
schaften aufgiebt. Es kann sich m. E. nur um die Aufzeichnung
eines Privatmannes handeln. Insoweit ist Petiskus beizustimmen;
im übrigen 101 ) aber ist zu sagen: Im Nordstrander Gebiet existierten
gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts viele deich-
rechtliche Beliebungen und Erkenntnisse älterer und neuerer
Zeit. 1 “ 11 ) Die Behebungen waren z. T. auch mit umwohnenden
Landschaften eingegangen. Kt! ) Um das Jahr 1500 ,w ) sammelte
sie ein Privatmann nnd fügte das hinzu, was seiner Ansicht
nach gewohnheitsrechtlich galt oder gelten musste. Insbesondere
giebt Art. IX einen Rechtssatz wieder, der nicht auf einem
Erkenntnis oder einer Behebung beruht, sondern der höchst
wahrscheinlich hier wie anderwärts sehr umstritten war. 105 )
Die Zusammenstellung war jedenfalls nur für das nordstrander
Gebiet zugeschnitten. 108 ) Man gebrauchte sie bald als Aus-
kunftsmittel in deichrechtlichen Fragen. Ein bestimmter Zeit-
punkt, wann sie in Gebrauch kam, lässt sich schwer angeben.
Geschah es vor 1534, so würde das Erkenntnis dieses Jahres 107 )
zeigen, dass man sie durchaus nicht als bindendes Rechtstatut
betrachtete. Auch das Nordstrander Landrecht von 1572 giebt
,m ) Corp. St. Schlesw. I S. 4»0 ff.
"") Ich gehe auf eine Widerlegung der übrigen Behauptungen dieses
ganz unfähigen Schriftstellers gar nicht ein. Verwiesen sei auf Dreyer
a. a. 0., dem natürlich nur teilweise beizustiinmeu ist.
1<u ) Vergl. unten sub c.
»*>) z. II. art. I. A.
,w ) Das ergiebt der Umstand, dass das wichtige Erkenntnis von 1525
(A. zu art. VIII) nicht aufgenommen ist.
1(C ) Vergl. die Note Heimreichs.
,,)6 ) art. XVIII: „Alle Einwohner im Strande die Land ge-
brauchen . .
1OT ) A. zu Art. II.
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38
keinen sicheren Aufschluss. 1 '") Gegen Ende des 16. Jahr-
hunderts aber muss sie bereits ein gesetzähnliches Ansehen
genossen haben. Sie erhielt die Bezeichnung „Spadelandsrecht“.
Diese wurde wohl dem Art. VIII entnommnn, nach welchem
die Deichrichter „nach altem Spade-Landes-Reclite“ den Spaten
stechen. Spadelandsrecht bedeutet nichts anderes als das Recht
des Landes, das der Spaten erwarb und beschützt d. h. das
Recht des Deichlandes. Einen so allgemeinen Inhalt daher
auch der Ausdruck „Spadelandsrecht“ hat, so ist, was die
älteren 1 " 1 *) (Quellen anlangt, unter ihm stets das nordstrandische
zu verstehen. Im Anfang des 17. Jahrhunderts steht die
Geltung und Verbreitung des Spadelandsreclits in Schleswig-
Holstein ausser Zweifel. Herzog Friedrich verweist 1625
(sogar im Widerspruch zu dem Erkenntnis von 1534), u0 ) und
1654 ni ) auf es; die Eyderstädtische Deichordnung von 1595,
die Stapelholmische von 1625, die Süderditmarsche von 1643
nehmen auf es Bezug. 11 -) Es ward das allgemeine Deichrecht
Schleswig-Holsteins und blieb hier stets subsidiär in Geltung.
— Da es für Nordstrand die einzige geschriebene Deichrechts-
tiuelle blieb, fügte man es schon früh dem Landrecht von 1572
an; eine solche Zusammenstellung lag Heimreich vor; er ver-
sah das Land- und Deichrecht mit Noten und gab sie 1670 in
einer hochdeutschen Uebcrsetzung heraus. 111 ) Auch ausserhalb
m ) Bass es gegen eine offizielle Anfertigung ilos Spadelandsreehts vor
seiner Emanation spricht, ist bemerkt. Inhaltlich galt das Spadelandsrecht
damals jedenfalls. Das Xordstrander Landrecht enthalt ihm gegenüber eine
Weiterbildung in Bezug auf die Hitteldeiche: alt. XX. Sp. L. K. verbietet
„sie unter den Pflug zu legen oder zu besäen“. Das Xordstrander L. R.
(III, 10) untersagt auch das Reiten.
m») Vergl. aber Urem. D. O. von 174.1. c. 18.
Il ») Sp. L. R. art. II. A.
1M ) Dreyer S. lü.
,w ) Eyderst. art. !), Stapelholm. art. 20, Süder-Ditm. art. 7.
n3 ) Dass die Xoten von Hciinreich herrübren ist kaum anzuzweifelu,
Urspr. ist das Spadelandsrecht in plattdeutscher Sprache geschrieben.
Dieser Text existiert nur in einer Rundschrift auf der Kieler Universitäts-
bibliothek. — Xicht deutlich erhellt, ob Heimreich in seiner Chronik meint,
dass das Spadelandsrecht dem Xordstrander Landrecht gleich bei dessen
Emanation angefügt worden ist. Natürlich würde hiergegen die Art der
Bezugnahme des letzteren auf das Deichrecht sprechen.
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39
Schleswig-Holsteins gelangte das Spadelandsrecht zur Geltung, 114 )
und so manche spätere Deichordnung verweist auf es als sub-
sidiäre Bechtsquelle oder ist von seinem Geist durchweht.
b) In grosser Anzahl sind in Schleswig -Holstein sgn.
Oktrois ergangen. Man versteht darunter Freiheitsbriefe,
welche von dem Landesherrn in Bezug auf neu einzudeichende
Ländereien an bestimmte Personen gegeben werden. Bei
Falck findet sich eine Zusammenstellung der Oktrois, welche
dem neuen Koog eigene Gerichtsbarkeit gewähren. 11 ') Bei
Dreyer sind auch andere angegeben. 11 '*) Zu einem grossen
Teil sind sie nur handschriftlich vorhanden. In den wesent-
lichsten Punkten stimmen sie überein. Als Vorbild diente den
meisten insbesondere die Oktroi, welche Herzog Friedrich
einigen Niederländern zur Bedeichung des Nordstrands am
8. 18. Juli 1652 verliehen hatte, und die sich in holländischer
und deutscher Sprache im Corpus Constit. Schlesw. I. S.
560 ff. abgedruckt findet. Die Oktroi für den Hedewigs-Koog
steht in Anton Vietens „Beschreibung des Landes Dit-
marsclien“ S. 61. Hervorheben möchte ich, weil sie die älteste
mir bekannte in Schleswig ist, die Urkunde von 1497, die bei
Lass in der „Fortsetzung der Husumcr Nachrichten“ 1718,
S. 96 gedruckt ist. Im übrigen werden die auf Eindeichungen
sich beziehenden Verordnungen u. s. w. bei der Quellen-
übersicht der einzelneu Gebietsteile angegeben werden.
c) Ditmarschen. 111 )
Die für das Deichrecht wichtigen Satzungen, Verordnungen,
Urteile und Urkunden sind chronologisch geordnet in der Haupt-
sache folgende :
U4 ) Vergl. hinsichtlich des alten Landes oben sub A. d. s.
,lr ‘) Falck a. a. 0. I. § 21.
lle ) Dreyer S. 20. A. 12. Vergl. für Xorderditraarseheu noch die
Angaben bei Griebel 8. i> ff.
"') Besonders ungenau sind für Ditmarschen die Angaben von Dreyer
S. 9. Im Text ist die grosse Süderditmarsche Deiehordnuug von 1643 gar
nicht erwähnt. Die A. ti, welche die Stellen angiebt. wo sie zu finden ist,
bezieht sich auf eine mir unbekannte Verordnung Friedrichs vom 28. Sept. 1709.
Wenn auch Dreyer ein gut Teil der von uns angegebenen Quellen nicht
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40
1. Einige Sätze des ältesten Ditmarscher Landrechts (1447
bis 1467)“*)
2. Einige Bestimmungen des neueren Landrechts (vor
1480).“*)
3. 1453 Das alte Deichrecht von Büsum. 140 )
4. 1493 Das neue Deichrecht von Büsum. 141 )
5. 1 532 Das Deichrecht von Kettesbnttel, das Bruchstücke
aus dem Jahre 1320 enthält. 152 )
ti. 1560 Rat und Bedenken derDitmarsischen Abgeordneten 113 )
7. 1500 Befehl an die Land vügte. 124 )
8. 1300 Schreiben des Königs Friedrich. 14 ')
0. 1502. Supplik der Bauerschaft Ostermoor. 14 *)
10. 1502 Einige Bestimmungen des Rechtstages zu Rends-
burg.“ 7 )
11. 1502 Gesuch des Kirchspiels Eddelack. 148 )
12. 1503 Gesuch der Kirchspiele Brunsbüttel und Eddelack. 14 ")
13. 1507 das neue Ditmarsische Landrecht in Art. 80 und
1 06 . ls# )
14. 1573 Biisumer Kirchspielsschluss. 1 * 1 )
nnfilbren konnte, weil er sie nicht kannte, so hätte er jedenfalls die
wichtige Verordnung für Siiderditmarschen wegen der Aussendeiche vom
30. Dezember 1071, da sie sich im Corpus Stat. Hols. befindet, kennen und
unfUhren müssen. — Beiläufig sei auch hingewiesen auf die grosse Unge-
nauigkeit Dreyers in A. 4 S. 12. (hauptsächlich wohl Druckfehler): Statt
der Verordnung vom 29. Juli 1073 muss es heissen 1074; statt der vom
22. Sept. 1723, vom 18 . Sept. 1727 ; statt der von 1583, von 1553.
I,H ) Bei Westphalcn „llonumentn inedita“ 111, S. 1743 u. Michclsen
-Altditmarsche Rechtsquelleu“.
"") Michclsen a. a. 0. S. 141.
la P a. a. ü. S. 247 und bei Griebel, Anhang I.
,51 ) Michclsen S. 248.
■-) a. a. ü. S. 249 ff.
Isl ) Michelsten »Urkunden buch zur Geschichte des Landes Dit-
marschen“ Altona 1834, S. 235.
124 J a. a. 0. S. 239.
a. a. O. S. 232.
VJK j a. a. U. S. 207.
•*) a. a. (). 8. 269.
1St ) a. a. O. 8. 279.
'*') Bei Hackmann im Anhang.
lsl ) Vergl. Griebel S. 37.
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41
15. 1573 Schreiben des Amtmanns von Steinberg. 135 )
lti. 1377 Gesuch der Eingesessenen von Marne. 13 *)
17. 1577 Schreiben des Königs Friedricli an Herzog
Johann. 134 )
18. 1585 Verordnung des Herzogs Adolf für ganz Dit-
marscheu. 136 )
ist. 1(101 Urteil für den Siiderdeich in Norderditmarsehen. 13 “)
20. 1618 Deichrecht für Weslingburen. 1 * 7 )
21. 1615 Verordnung Herzogs Adolf lür die Büsumer. 18 *)
22. 1624 Resolution auf die Gravomina. 13 *)
23. 1624 n. 1631 Obergerichtsurteile fürNorderditmarschen. 1 “ 1 )
24. 1635 Die Verabscheidung für Süderditmarschen. 141 )
25. 1641 Erneuertes Deichrecht .für Büsum. 14 *)
26. 1643 Die Deichordnung tur Süderditmarschen. 143 )
27. 1671 Die Verordnung wegen der Aussendeiche in Süder-
ditmarschen. 144 )
28. 1690 Verordnung für Süderditmarschen. 116 )
29. 1692 Gesuch des Kirchspiels Eddelack. 146 )
30. 1697 Herzogliche Rescripte für die Büsumer. 147 )
31. 1705 (6. Aug.) Deichordnung für Norderditmarsehen;
sie ist nicht gedruckt. 14 *)
132 ) Michelaen „l'rkumlenbnch“ S. 31G.
,ss ) a. a. O. S. 324.
lM ) a. a. O. S. 320.
13r ’) a. a. O. S. 359 u Griebel S. 43.
>ai ) Griebel. Anhang II.
,3? ) Nach Drcyer S. 9.
,:|R ) a. a. 0. III.
13SI ) Miclielsen „Urkumlenbuch“ 8. 403.
'*') Griebel, Anhang IV, V.
,41 ) Corpus Stat. Hols. II, S. 909.
14 -) Nach Dreyer 8. 9.
,43 ) Bei Hackmauii im Anhang, im C. Stat. Hols. II S. 911 u. in
Hohr „Haushaltungsrecht 1 ' S. 1277.
144 ) Corpus Star. Hols. II, S. 930.
145 ) a. a. 0. S. 920.
14r >) a. a. 0. S. 921.
14 ‘) Griebel, Anhang VI, VII.
14s ) Vergl. Dreyer. S. 12 A. 5.
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4 ?
32. 1723 und 1736 Verordnungen für Süderditmarschen. 14 “)
d) DieWilster- und Kremper-Marsch Holsteins. 150 )
n) Auf das materielle Deichrecht haben Bezug:
1. 1237 Die Entscheidung des Grafen für einige Dorf-
schaften der Kremper-Marsch. 1 ' 1 )
2. 1438 Der sgn. Spadelandlirief Herzogs Adolfs VIII. das
Teichwesen der Wilstermarsch betreffend. 1 '*)
3. 1553 Die Verkündigung König Christians, in der auf
einen Brief des Grafen Adolfs von 1360 Bezug genommen
wird. (Krempermarsch). ,M )
4. 1616 Mandat an die vom Adel von Christian IV. für
die Wilstermarsch. 154 )
ufl ) Corpus Stnt. Hols. II, S. 022, 930. — Dreyer führt S. 9 noch
an Verordnungen v. 20. III. 1650, von 1701, 1707, 28. Sept. 1709 Siider-
ditmnrsehen). Ueber Gebräuche bei der Deichschau, Pfändung n. s. w. in
Ditmarschen vergleiche unten Amu. 101 am Kode.
l.v») Vergl. im Allgemeinen I)et leisen „Geschichte der holsteinischen
Elbmarschen" 1891 ; insbesondere bezüglich des Deichrechts H. I. Kap. XIV.
II. II. Kap. XV ff.
,M ) „Schleswig - Holstein - Lauenburgisehe Kegesten und Erkunden"
(herausgegeb. v. P. Hasse), Hamburg 1886 — 90. I. 501.
,sa ) Er ist gedruckt zuerst von Westphnleu „Mon. ined.“ II, 417 ff.,
später im Corpus Constitutionum Holsaticarum II, 209 ff. Beide Drucke
weichen etwas von einander ab; neuerdings hat ihm Detlefsen a. a. U.
I. Anhang I. nach einer selbständigen Abschrift der ursprünglichen Urkunde
mit Verbesserungen ans den beiden frühereu Drucken und Anführungen,
die sich bei Culomann „Deukmahl der 'Wasserfluten" finden, heraus-
gegeben. — Die Urkunde war 1438 nur in einem Exemplar ausgefertigt
worden, welches dem Kloster Bordesholm übergeben wurde, damit dieses es
für den Grafen Adolf und die Kirchspielleute zu beiden Seiten der Wilster
verwahren sollte („de besegelde bref schal liggeti hi dem kloster* tont bordes-
liolroe, [uns unde] den Karspelluden tor Wilster an beiden siden to truwer
hand"). Detlefsen behauptet S. 349 auf Grund dieser Stelle, dass die
Urkunde „in drei Exemplaren, deren eins im Kloster Bordesholm . . . ,
eins im gräflichen Archiv, eins in Wilster lag" ausgefertigt sei; ja mau
könne „den Wortlaut selbst so verstehen, dass für beide Seiten des Kirch-
spiels Wilster je ein Exemplar ausgefertigt" war". Wie ersichtlich, hat
Detlefsen die Stelle ganz falsch verstanden, insbesondere die Worte „to
truwer hand" gar nicht berücksichtigt.
,r<) ) Corpus Constitutionen! Holsaticarum II. S. 290.
a . a. O. 8. 282.
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4.3
5. 1635 (19. Jan. u. 30. Juli) Befehle an den Amtmann
von Steinberg. (Wilstermarsch). 155 )
6. 1715 und 1716 Deich Verfügungen. 1 “)
7. 1720 Verordnung wegen des Margarethendeichs (Wüster-
marsch). 157 )
8. 1727 Verordnung für die Krempermarsch. 15 *)
9. 1746 Confirmation eines Vergleiches dreier Kirchspiele
und Kampens in der Wilstermarsch, der 1542 geschlossen und
in diesem Jahre, 1553 und 1731 bestätigt wurde. 1 ™)
3) Mehr auf das formelle Deichrecht sind zugeschnitten
die Sammlungen und Aufzeichnungen der Schauungsgebräuche,
Hegungsformeln und anderer Gebräuche des Deichgerichts
oder Deich Verbandes.
1. Der Wevelsflether Hovetmann Liibbeke machte in seinem
1599 geschriebenen Gedenkbuch einige Aufzeichnungen überdas
Deichrecht. Es handelt von den Gebräuchen bei der Deich-
schau, der Verspätung des Deichlandes, dem Geschworenen-
gelage, der Pfändung und der höchsten Wedde. 1 *“) Seine
Schilderungen geben ein sehr anschauliches Bild.
2. In einer Sammlung von „Verordnungen fürnemlich die
Kremp- und Wilstermarsch betreffend“, die sich handschriftlich
auf der Kieler Universitätsbibliothek (S. H. 555. B.) befindet,
ist auf F. 259 ff. ein Schriftstück enthalten, das berichtet von
„Dat hügeste Wedde in der Land- oder Dikseliwaren-Keeht“,
„Vann dem Schauende“ und „Wo mann einen panden schall“.
Dieses Stück ist mit einer Umstellung seiner drei Teile (der
erste Teil steht zuletzt) im Jahre 1725 unter dem Titel: „Ab-
druck der Holsten Gebräuche bey Beziehung oder Beschauung
der so wohl in Dithmarschen als Cremper- und Wilster-Marsch
belegenen Teiche und Dämme“ zu Glückstadt gedruckt worden
,m ) a. a. 0.
,M ) a. a. O. S. 288, 289.
ir ’ 7 ) a. a. O. S. 229. Vergl. auch die Verfügung v. 3. Mai 1722 hei
Detlefs eu II. S. 40.
>») C. C. Hols. II, S. 280.
la) j a. a. O. S. 293. — Für die Wilstermarsch vergl. auch die Urkunde
von 1473 bei Westpkaleu II, 8. 438.
,a> ) Abgedruckt bei Detlefscn I. Anhang lf.
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44
Das Büchlein, das sich ebenfalls auf der Kieler Bibliothek be-
findet, ist Detlefsen, welcher das Stück nach der Handschrift
abdruckt, entgangen."’ 1 )
3) Sancke überliefert in seiner um 1700 geschriebenen
Hertzhornischen Chronik die Herzhorner Schauungsformeln. 182 )
4) Der Deichgraf Claus Früchtnieht zeichnete im Jahre
liiH.i die Hegungsformeln des Rauer Deichgerichts auf. 1 *'),
e. Die Länder des Herzogthums Schleswig.
a) Zunächst ist auf die Beliebungen, Entscheidungen und
Verordnungen hinzuweisen, die Heimreich in seinen Noten zum
Sjiadelandsrecht angiebt. 184 ) Die älteste Beliebung stammt aus
der Zeit Adolfs VIII. und bezieht sich auf Nordstrand und
Eyderstädt. 185 ) Von der ältesten Beliebung der Lande Eyder-
städt, Everschop und Utholm berichten Heimreich und West-
" 11 ) Es ist gedruckt a. a. O. Anhang III. Dass Detlefsen den
Druck von 1725 übersehen hat, ist um so bedauerlicher, als dieser ihm für
die Herstellung des Textes (der Text der Handschrift ist sehr verderbt)
Nutzen gebracht haben würde. Detlefsen hat den Tetxt meistens richtig
und in l’ebereiustimmung mit dem Druck von 1725 verbessert wiedergegeben.
Aber nicht immer; z. B. S. 805 unter Nr. 12 ergänzt er vor „hiiden".
„Wenn nu de Diekgräf”; es ist aber nur „Wenn“ zu ergänzen und
statt, „hiiden" zu lesen „he den“ (also „wenn er daun . . .“). Gar
keinen Sinn ergiebt, wenn Detlefsen bei dem Verfall des Pfand-
objekts an den Deiebgrafen S. 867 unter Nr. 20 „gelehnet“ druckt.
Das Pfand soll dem Deichgrafen zugehören, gleich als wenn es ihm sein
Vater als Erbe hinterlassen und „gelehnet“ hätte? Den einzigen richtigen
Text zeigt der Druck von 1725: „gelick als wann idt uns unser (bei der
Geschworenenantwort: juw juwor) Vater geervet und geleveret liefft'
(Als wenn es ihm sein Vater als Erbe hinterlassen und überliefert hätte.)
Im übrigen bemerke ich, dass auch der Druck von 1725 nicht ganz fehler-
frei ist. z. B. steht auch hier „Kop“ statt Kor (vergl. Detlefsen S. 360.
A. 2.) — Interessant und bedeutsam ist, dass der Druck von 1725 den
Hövetmanu bei der höchsten Wedde auch als Deichgraf bezeichnet. (An
der Stelle, die Detlefsen S. 304 mit Nr. 4 bezeichnet, stellt vor „Will“:
„De Dickgreve“.) Ausserdem ist zu bemerken, dass nach der Ueberschrift
des Druckes von 1725 diese Gebräuche auch in Ditinarschen galten.
Ica ) Gedruckt bei Detlefsen Anhang IV.
los ) Gedruckt a. a. 0. Anhang V.
"“) Vergl. oben B. a.
lel ) Note zu art. I. Sp. L. Rs.
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phalen; sie fällt in das Jahr 1446 und hat „das Gewehr, den
Haus-, Teich- und Pflug- Frieden“ zum Gegenstand. 1 *')
3) Einzelne Bestimmungen finden sich
1. im alten Eyderstädter Landrecht von 1572 (Tit. 81), 167 )
im neuen von 1591 (II, 18), in der ihm angefügten Polizei-
verordnung ,(H. 18 § 1 u. 2), 168 ) im Nordstrander Landrecht
von 1572 (I, 1; III, 19, 20, 21, 26), le!l )
2. in den Stadtrechten von Garding 1590 (Tit. XI), 17 ") von
Tönning 1590 (Tit. 11, 18), 171 ) Husum 1608 (III, 47), ,72 )
Friedrichsstadt 1633 (Tit. 39, 10; Tit. 74). 17 ''
7) Deich Ordnungen.
1. 1595 Deichordnung für die Landschaften Eyderstädt,
Everscliop und Utholm. 174 )
2. 1619 Friedrichs Deichordnung für das Amt Tündern. 17 ’)
3. 1625 Stopelholmische Deichordnung. I7K )
4. 1702 Soerkerkoogs Deichordnung von Friedrich IV. 177 )
5. 1711 Pellwormer Deichordnung. 17 *)
6. Von Verordnungen und Verfügungen, die sich auf das
Deichrecht beziehen, seien genannt:
1. 1572 Kescript Herzogs Adolfs für Eyderstädt. 17 ’*)
2. 1597 Dekret zwischen Eyderstädt und den Städten
Tönning und Garding. 180 )
lco ) Heimreich, Chrou. lLc.II. Wegtphalen, „Men. ineil. “ IV', S.J1651.
,,>7 ) üebereinstimmend mit dem Ditmarscher Landrecht; vergl. oben
A. 130.
Corpus Stat. Slesw. I. 8. I.
'*>) a. a. O. I, S. 431.
17 ") a. a. O. III S. 112.
,71 ) a. a. 0. S. 10 .
17ä ) a. a. O. II, 035.
,w ) a. a. O. III, I. nebst der Verfügung vou 1633. S. 590.
17 0 Bei Hackmaun im Anbaug und Corp. .Stat. Slesw. 1.
,!i ) a. a. U. I, S. 397.
m ) Bei Hack manu a. a. Ü. und Corp. Stat. Slesw. 1, 8. 025, ferner
Hohr 8. 1203.
m ) Corp. Stat. Slesw. I. 8. 63o.
™) a. a. 0. S. 40«.
I79 ) Bei Bohr S. 1006.
Is “) Corp. Stat. Slesw. 1, S 221.
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3. 1611 Zusage des Herzogs au Eyderstädt. 181 )
4. 161 2 Resolution für Eyderstädt wegen des Anwachses. 1 * 1 )
5. 1616 Verordnung für Eyderstädt. 183 )
6. 1617 „Teichsverteiluugs-Recess“ in Eyderstädt. 181 )
7. Die Verordnungen von 1626, 1630, 1638, 1640, 1651,
1654, 1655, 1671, 1680, 1698, 1711 für Eyderstädt.'“)
8. Die Verordnungen von 1595, 1623, 1633, 1647 für
Nordstrand. 18 *)
9. 1703 Reglement für die Deich- und Koops-Bedieuten
des Amtes Tündern. 187 )
10. 1738 Resolution für Pellworm. 1 * 8 )
C. Die Provinz Sachsen,
a) Die alte Mark.
a) Über das Deichreelit iu der alten Mark geben einige
Urkunden Auskunft, von denen einige in eine sehr frühe
Periode zurückreichen.
1. Die älteste ist die Schenkungsurkunde des Markgrafen
Albrechts II. an die Kirche zu Havelberg vom Jahre 1209.
Abgesehen von den Quellen der Nordseeküste ist sie das älteste
deichrechtliche Denkmal des heutigen Deutschlands. 189 ) Aus
dem in der Einleitung erwähnten Bericht Helmolds ergiebt sich
nur das Vorhandensein von Deichen im 12. Jahrhundert in
der Altmark. 19 *) An die Urkunde von 1209 reiht sich die von
,M ) a. a. O. S. 236, Westphalen 11, 8. 1670.
1,a } Corp. St. 81. 1, S. 336.
Ita ) a. u. O. 8. 337.
]W ) a. a. (). S. 343.
16i ) a. a. O. S. 349, 351, 363, 363, 364, 373, 2«0, 3S1, 291, 309, 329, 353.
lö ®) a. a. O. S, 540, 547, 554, 558.
'«) a. a. 0. S. 420.
"*) a. a. O. S. 418. — Vergl. auch die Peter Struck-Stiftung a. a.
O. 111, 2 . S. 108 . — Betreffs der neueren Entwicklung in Schleswig-Holstein
siehe unten A. 256.
1W, J Zuerst gedruckt bei Oelrich „Abhandlung vom Botting und
Ledding* Berlin S. 7; dunu bei Hiedcl „Codex diplomaticus brandeu-
burgensis“ III, S. 89. — vergl. oben A. 191.
m ) Oben §. 1. 111. 3.
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1310, iu der Woldemar der Grosse Güter an das Kloster
A melungsbor n überträgt. 1 *')
2. Aus späterer Zeit seien hervorgehoben die Urkunden von
1426, 1473 '**) und 1521. m )
ß) Deichordnungen.
1. 1436 Der Vertrag, den „Manne und Stede des olden
Marke und alle die to den Dyken gehören und in der Drenke
sitten“ in Gegenwart des Markgrafen Johann errichteten wegen
der Schauung. 1 " 4 )
2. 1476 Deichordnung von Albrecht Achilles.'* 5 ,)
3. Einige Zusätze zu dieser Deichordnung stammen ans
der Zeit des Kurfürsten Johann. 1 **)
4. 1506 Deichordnung Joachims I. ,u: )
5. 1539 Deichordnung Joachims II.; sie bezieht sich auf
den Hänertschen Deich. 1 " 8 )
6. 1695 „Neu revidierte und contirmirte Teichordnuug in
der Alten Mark, zusambt den Teichrollen in beyden Schauen. 1 "")
Sie wurde auf Veranlassung des Kurfürsten Friedrichs III. von
dem Landeshauptmann Achatz von der Schulenburg und den
dazu gehörigen Interessenten beratschlagt. Die Fortsetzung
lul ) Bei Oelrich a. a. 0. 8. 9. Diese Urkunde behandelt „aggerem
Owloseu" d. h. den Deich bei dem heutigen Auslosen iu der Altmark. Ein
Vergleich dieser Urkunde mit der von 1209 zeigt dass es sich bei letzterer
ebenfalls um Ländereien in der Altmark (nicht im Mavelbergischcn Gebiet)
bandelt. Es sind Ackerstücke in der „Wische“ oder „Drenke“.
,!ö ) Riedel V, 2. S. 363, 373.
la3 ) v. Raumer „Codex diplom. brandenb. continuatus“ II, S. 207.
,w ) zu finden bei Gerckeu „Codex diplom. brandenb." VIII. 8. 291
und besser bei Riedel a. a. O. V. 2. S. 494 ff. — Es ist daher falsch,
wenn Anschütz S. 147 als die „ersten" brandenbnrgischen Doichordnungeu
die von 1470 und 1006 anführt.
>*>) von Raumer II. 3. 20. Das Original befindet sich auf dem
Stadtarchiv zu Seehausen. — Rornhak „Geschichte des preussischen Ver-
waltungsrechts“ 1. 8. 162 schreibt sic versehentlich Johann zu.
1! “) Sie stehen am Ende der Deichordnuug von 1470.
197 ) von Raumer II, 8. 234.
ne) R iedel 1,6 8. 191. (Rornhak a. a. O. führt für sie zweimal fälsch-
lich das Jahr 15.07 an.)
m ) Mylius „Corpus Constitutionum Marchicarum“ (C. C. M ) IV,
2. c. 4. S. 255. Nr. 8.
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leiteten Thomas von dem Knesebeck und Curdt Gottfried von
Uchteritzen. s#0 )
7. 1776 „Revidierte, Deichordnung in der Altmark“, die
die Ordnung von 1695 bestätigt und einige neue Bestimmungen
trilft.- 0 ')
b) Im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Sachsen ist
schon 1619 eine Deichordnung lür die Dämme an der Oberelbe
ergangen. Unter dem 11. Juni 1655 erneuerte sie Herzog
August. 402 ) Hackmann nennt sie die „Sächsisch - Hallische
Teichordnung“. Sie hat aber mit Halle nur in sofern etwas zu
thun, als sie daselbst bei Christof Sallelten zuerst gedruckt
worden ist. 4 "' 1 ) Aus dem ls. Jahrhundert ist für dies Gebiet
anzuführen die Verordnung vom 28. April 1720. 4 “ 4 )
e) Auf ehemals kursächsisch es Land, nämlich die Elb-
strecke südlich von Wittenberg bezieht sich die „Ordnung, wie
und welcher Gestalt die Dämme an der Elbe, die man aus alter
Gewohnheit Teiche nennet, bestellet, und gegen Übergiessung
der Elbe gehalten werden sollen, nebst Churfürstens Augusti
zu Sachsen Confirmation darüber“ vom 12 . Juni 1558; 905 ) zu
erwähnen ist ferner der Befehl von 1712 betreffend die Deich-
lastlieiheit der Priester. 20 “)
d) Für die „Saaldeiche, bey Laubliugeu, Poplitz, Beese-
dau, Kustema und in der Pfuhlschen Aue“ kommt der Vertrag
'■*•*) Verg! Einleitung der D. O. v. 1605.
.Novum Corpus Coustitutionnm“ (N. C. 0.) VI, S. 200 . — Die
neuste Deiohordnnng für di« Altmark ist vom 1. Juli 1859. Siehe auch
unteu A. 250.
**) Enthalten in den „Sämtlichen Fürst! Magdeburgisehen Ordnungen
und veranlassten Mandaten, welche Herzog Augustus, postulierter Ad-
ministrator des Erzstifts Magdeburg Zeit seiner Erzstiftisciien Regierung in
Kirchen-Polizey-Uerichts-Sucheu von Zeiten zu Zeiten publiziert und in
öffentlichen Druck gehen lassen“ Magdeb. 1073 S. 0‘JU ff. u. in Abasverus
Fritschens ,jus Üuviaticum" § III. S. 79 ff. — Auszüge hei Hackmaun
im Text und bei Rohr.
3B) Verg! Dreye r S. 14 Auru. ls.
M ) Vergl. Parey „Das Deichbuch, Samm! der wichtigsten auf das
Deichweseu bezüglichen Bestimmungen' 1 IST!
Zu finden in Düuigs „Codex Augusteus" II, S. 059.
*“) a. a. 0. S. 098.
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zwischen Preussen, Anhalt Beinburg, den adligen Häusern Poplitz
und Beesedau vom 27. April 1779 in Betracht. 407 )
I). Die Provinz Brandenburg.
Hier kommen nur Quellen aus dem 18. Jahrhundert in
Betracht und zwar
1. 1716 Friedrich Wilhelms „Teich- und Ufer-Ordnung für
Lebus und andere Niederungen an der Oder“. 40 *)
2. 1717 Deren Revision. 400 )
3. 1737 Reglement, wie die Priegnitzsche Elbbulnien-Arbeit
zu verrichten. 210 )
4. 14. Dez. 1770 „Deich-, Ufer- und Graben-Ordnung für
das Ober- und Nieder-Netz-Bruch“. 411 )
5. 1769 Deich- und Ufer-Ordnung in dem auf beiden Seiten
der Oder, zwischen Zellin und Oderberg belegenen neu bewaldeten
und urbar gemachten Niederbruch.* 1 *)
E. Die Provinz Westpreussen.
a) Hinsichtlich der Bedeichung des Grossen, kleinen und
des Elbinger Werders überliefert eine alte Chronik zum Jahre
1294 folgendes: „zu dieser Zeit was ein Graf von Querfurt
Meinard genannt; dieser war der dreyzehnte Land-Meister in
Preussen. Dieser betämmete erst den Nogath au beyden Seiten.
Bis zu seiner Zeit was das kleine und grosse Werder ein
M ) N. C. C. (Jlylius) VI. S. 1535. — Kür die Neuzeit in der Provinz
Sachsen vergl. unten A. 266.
*») C. C. 11, IV. 2. c. 4. S. 294.
*■) a. a. O. S. 303.
* w ) a. a. 0. S. 347.
4 ") N. C. C. VI. S. 1631 ff.
***) N. C. C. IV. S. 5121. — Unrichtig ist es, wenn Bornhak a. a. O.
S. 164 die Schreiben Johann Georgs von 1584 (C. C. Jl. IV, 2. Cai). IV.
Nr. 5 Beil. 1 und 2.J als (Quellen für das Deichrecht heranzieht. Es handelt
sich hier nicht um einen Deich, sondern um einen Damm, der eine bequeme
Eahrt den Reisenden verschaffen soll. Es lieist in diesem Schreiben, dass
der Damm in Ordnung zn halten sei. „weil wir nächstens durchreisen," also
nicht zum Schutz gegen Ueherschwemmung. Vergl. oben § 1. I. Für die
Neuzeit vergl. unten A. 256.
J. Q i e r k c , Geschichte des deutschen Deicbrechts. 1
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Gesumpff, und waren überall nur fünf Dörfler, do es so getämmet
ward und die Werder treuge worden. Do gab er den Panren
fünf gantze Jahre frey, dass sie nicht dorffen schossen noch
schorwerken. Do baueten die Pauren gewaltig, und gruben tieffe
Graben mit Schliesen, dass sie das Wasser fingen. Dieser Meister
legte auch die Tkämme bey der Lahmen Hand nach dem
Elbinger, liess sie schütten und machen. Hiess Meinardt von
Querford. Er was ein Graf von Querford von einem Schlosse
leit zwischen Halle und Magdeburg“. 2 ' 8 )
b) Von anderen deichrechtlichen Quellen, die sich auf die
Marienburger Werder, den Elbinger, Stübelauer Werder und
den Marienwerderschen Kreis beziehen, sind bei chronologischer
Ordnung folgende zu nennen:
1. 1378 Privileg Winrichs von Kniprode an den Elbinger
Werder. 214 )
2. 1387 Privileg des Hochmeisters Konrad von Rotenstein,
dass die Plebanen von der Thammarbeit frei sein sollen ; es ist
1525 vou Siegismund I. und 1700 von August II. bestätigt
(Marienburger Werder). 215 )
3. 1407 Ausspruch des Vogtes und der Teichgeschworeuen
unter Konrad von Jungiugen. 2 " 1 )
4. 1423 Ausspruch unter Paul von Russdorf; Verfertigung
der „Landtafel“. 217 )
5. 1425 Handfeste lür das Dorf Hochzeit, erteilt an Gerhard
vou der Becke von Paul von Russdorf. 218 )
fi. 1458 Casimirs Verordnung betrefts der Freiheit ver-
sandeter Hufen; 1507 von Siegismund bestätigt (Marienburger
Werder). 21 »)
**•) Dieser Bericht befindet sich in Abraham Hartwichs „Landes-
beschreibung derer Dreyen in Pohlnischen Preussen liegende Werdern“,
Königsberg. S. 0.
3M ) Dem Inhalt nach bei Hart wich S. 320.
m ) (iedruekt bei Hartwich S. 357 ff. Vergl. auch Beyers Chronik
zu 1383 bei Hartwich 8. 489.
***) Bei Daniel Vircho „Die Deich- und Schlick-Rechte derer Dreyen
hiesigen Werder“, Danzig 17i>4. § 1.
217 ) a. a. O. Nach einem 1527 gemachten Auszug.
m ) a. a. O. S. 32, 33.
~' 9 ) Hart wich S. 501) (inhaltlich).
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P»1
7. 1461 „Eine aide Stattuth der Teichgreben und Ge-
schworener“; 1583 von Siegismund bestätigt (Grosse 31.
Werder).« 0 )
8. 1472 Privilegium wegen des Holzes zur Thämmung« 1 )
(Marienburger Werder).
'J. 1526 Confirmation der Aussprüche von 1407 u. 1423
durch Siegismund.« 4 )
10. 1552 Aehnliche Confirmation von Siegismund August.'« 8 )
11. 1560 Vergleich zwischen den Bischofsdiirfern und Gut-
ländern.« 4 )
12. 1564 Entscheidung des Reichstages zu Warschau be-
treffs des Streites „zwischen den Teichgeschworenen des grossen
Werders und Elbinger, Tiegenhöfer“.'« 5 )
13. 1564 Privilegium Siegismunds Augusts betreffs der
Deichfreiheit: 1614 von Siegismund III. bestätigt.« 0 )
14. 1583 Befehl der kgl. Räthe des Landes Preusseu an
die Stübelauischen Deichgeschworenen u. Deichgrafen.«')
15. 1585 Befehl Stephans an die „Teichgreber“ und Deich-
halter des Stübelauer Werders; 1676 von Johannes III. be-
stätigt. 348 )
1 6 . 1 60 1 Entscheidung des Danziger Bürgermeisters Johann
von der Linde.«®)
17. 1605 „Der Teichgeschworenen-Ordnung wegen der Eis-
wacht“ für den Stübelauer Werder. 330 )
18. 1612 Vertrag der Deichgeschworenen mit den adlichen
Gütern Hochzeit und Neuuhubeu; erneut 1641. 531 )
19. 161!» Privileg Siegismunds III. 333
fc-’ 1 ) Vircbo S. 140.
m ) Hartwich S. 356 (inhaltlich).
±£!) Virclio S. 14.
iii) Vircbo S. 15.
-f) Vircbo S. 21.
**) Vircbo S. 20.
2 “) Hartwich 8. 350 (inhaltlich).
an ) Vircbo S. 15.
:SB ) Vircbo S. 1«.
■ui») Vircbo S. 163.
>30) vircbo S. 149.
i “ 1 ) Vircho S. 154.
xa ) Hartwich S. 350 (inhaltlich).
4 *
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20. 163« Verordnung wegen der Deiehgesdiworenen dos
Stübelauer Werders.* 33 )
21. 1637 Verordnung des Danziger Bürgermeisters Johann
Czierenbergk. 234 )
22. 1676 „Revidirte Ordnung wegen der Eysswacht“ (Marien-
burger Werder). 53 ’’)
23. 1676 Dekret der Commissarien der MarienburgerWerder. 23 *)
24. 1676 „Ordnung für Teichgräfen und Teichgescliworene“
(Marienb. W.). 237 )
25. 1691 u. 1695 Verordnung wegen Holzankaufes. 233 )
26. 1711 Vergleich zwischen Gutländern und Deichge-
schworenen. 2 **)
27. 1773 Reglement wegen der Justizverwaltung im grossen
Marienburger Werder. 240 )
Für den Marien werderschen Kreis:
28. 15. Dez. 1713 „Kgl. Preussische Deichordnung, wie es
mit der Reparation und Unterhaltung des Weichsel-Dammes bey
der Marienwerder Niederung zu halten“.- 41 )
29. 30. März 1755 Erneuerte und verbesserte Dammordnung
zur Unterhaltung der Weichseldämme in der Marienwerder
Niederung. 242 )
F. Die Provinz Ostpreussen.
1. 12. April 1787 „Damm- und Ufer-Ordnung für Ost-
preussen und Litthauen. 243 )
■i33) Vircho S. 31.
m ) Vircho S. 165.
235 ) Hartwich S. 507.
Hartwich S. 50S.
ä37 ) Hartwich fi. 50‘J.
• 2 »<) Hartwich 8. 356 (inhaltlich).
239j Vircho S. 39.
**) N. C. 0. V. 2 S. 149.
241 ) Grube „Corpus Constitutionum Prutenicarum“ 111. n. 286.
24i ) N. C. C. I. S. 787. — Hinsichtlich des 19. Jahrhuuderts vergl.
Parey „Das Deichhuch' 1 (Verordn, von 1848 für Weichsel und Nogat, v.
25. Jan. 1830 für Danzig) und unten A. 25C.
»') N. C. 0. VIII S. 903.
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53
2 . 14. April 18üf> „Allgemeine Strohm-Deich- und Ufer-
Ordnung für Ostpreussen und Litthauen“.- 44 )
G. Die Provinz Schlesien.
Hier sind nur kleine Verordnungen aus dem 18. Jahr-
hundert zu erwähnen:
1. Verordnungen von 1763. 345 )
2 . Die Verordnung von 1784. 246 )
3. Verordnung von 1786. 24 ')
G. Die Rheinprovinz.
1. 1343 Das Deichprivilegium des Herrn von Cranenburg. 248 )
2 . 7. Juli 1475 Deichordnung von Herzog Johann für
Hissigh, Hassen, Aspel, Rees, Hatten, Einblick.- 49 )
3. 1575 „Herzogs Wilhelms D.vken-Ordnung“ '*') ltif«4 be-
stätigt.-’ 1 )
4. 1708 Verordnung wegen der Erbentage. 13 *)
5. 1725 Edikt wegen der Deichschau.® 8 )
C. 17G3 Verordnung wegen der Deichschau. ' J54 )
244 ) X. C. C. XTI. 2 S. 1 . — Für die spätere Zeit vgl. A. 256.
a * r ’) „Sammlung aller in dem souveränen Herzogtum Schlesien
(1752 — 1700) ergangenen Ordnungen und Edikte“ Breslau 15. VII. S. 424
431, 436.
*•*) a. a. 0. B. XVIIL S. 158.
* w ) a. a. O. S. 489. — Fiir die spätere Zeit: Verordn, v. 24. April
und 22. Juni 1830. Vgl. auch A. 256.
248 ) Gedruckt im Codex Diplomatieus der „Annales Cliviae, Juliae,
Montium, llarcae, Westphalicae, Kuvensbergae. Geldriae et Zutphaniae“
herausgegeb. von Tescheumacher, Frankfurt und Leipzig 1721. Nr. 25.
— Mau findet es öfters unter einem ganz unzutreffenden Titel citiert
z. B. bei Kamptz „Provinzialrechte“. — Eine Bestimmung hinsichtlich des
Deichreehts findet sich auch in dem Stadtrecht von Cleve (tit. 182); vgl.
Kamptz a. a. O. III. S. 40.
J4!l ) Sie ist angeführt bei Kamptz III. S. 90.
aw ) Scotti .Saminl. der Verordn, für Cleve und Mark“. I, S. 162 ff.
asl ) Scotti S. 426.
*“) Scotti II. S. 755.
**) Scotti II. S. 1034.
*'■*.) N. C. C. III. S 329.
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54
7. 24. Febr. 1767 „Erneuertes Deich-Schau-Graben- und
Schleusen-Reglement in dem Herzog Cleve“. 255 )
H. Die Provinz Westfalen.
Hier kommen für die Grafschaft Mark die bei der Rhein-
provinz angegebenen Deichordnungen von 1708, 1768 u. 1767
in Betracht. 258 )
IT. Von ausserpreussischen Gebieten des heutigen
Deutschland ist nur auf Bremer. H a m bürg e r , Olden-
b arge r und Badenser Gebiet einzngehen. In den übrigen
deutschen Staaten kann von einer frühzeitigeren Entwicklung des
Deichrechts wohl kaum die Rede sein. Wenigstens haben wir
keine Quellen dafür. Erst das neunzehnte Jahrhundert hat in
dieser Beziehung Wandlung geschaffen. Jetzt haben wir auch
sonsten Deich- und Dammordnungen, welche meist die neusten
Quellen der Deichlande, in denen das Deichrecht auf eine lange
Geschichte zurückblicken kann, sich zum Muster genommen
haben.-'*’)
**) Scotti ITT, S. 1812; auch bei Gegel .Verordnungen und
Rescripte“ I, S. 40s ff. u. N. (’. C. IV S. 690 ff. — Vergl. auch die Ver-
ordnung für den Rhein von 1713 (Scotti II. 7»9). Andere Verordnungen,
die Dreye r 8. 23. 24 angiebt, beziehen sieb nicht auf Deiche, sondern nur
auf Grüben, Schleusen u. s. w. — Neuere Verordnungen vom 16. Des. 1811
u. 7. Mai 1838 ; vgl. ferner A. 266.
fc*) Nach Abschluss der Quellenübersicht für l’reussen muss noch er-
wähnt werden, dass auch im Preussischen Landrecht II, 15 § 63— CG sich
deichrechtliche Bestimmungen finden, von denen § 66 noch heute gilt. Hin-
sichtlich des 19. Jahrhunderts vergl. vor allem Parey „Das Deichbuch,
Samiul. der wichtigsten auf das Deichwesen bezüglichen Bestimmungen''
1871. Besonders hervorzuheben ist das bekannte Gesetz vom 26. Jan. 1848
und der Kgl. Erlass v. 14. Nov. 1853. Das Gesetz von 1848 ist durch
Gesetz v. 11. April 1872 auf Hannover u. Schleswig-Holstein mit Ausnahme
der dortigen Marschdistrikte ausgedehnt. Es gilt ferner nicht in Hessen-
Nassau (hier Ges. v. 31. XLI. 18241 und Hoheuzolleru. Vergl. die über-
sichtliche Darstellung bei Anschütz S. 14« ff.
->’) Nur für Elsass-Lothringen ist eine Ausnahme zu machen. Bis
zur Einverleibung galt hier das französische Gesetz v. 10. Sept. 1807.
Dasselbe hat durch das reichsländische Gesetz v. 2. Juli 1891 tiefgreifende
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A. Bremen.
1. Die älteste 2 '*) Urkunde, die, wie wir später sehen werden,
auf das Deickrecht Bezug hat, obsehon ihr Wortlaut an sich
eine solche Beziehung nicht erkennen lässt, stammt aus dem
Jahre 1381 und hat zum Rechtsgebiet das Bremer Viehland. 259 )
2. Die nächste Auskunft geben dann 2 Excerpta ex Libro
Memoriali Amplissimi Senatus hinsichtlich der Jahre 1410 u.
143 7. 200 )
3. 25. Febr. 1440 das Deichrecht in den Bremischen vier
Gohen. 281 )
3. 1440 Des Kapitels und des Rates Verordnung für die
vier Lande.' 2 * 12 )
4. Ein neueres Deichrecht in den vier Gohen, dessen Ent-
stehungsjahr nicht genau bekannt ist.' 281 )
5. 1545 Der sgn. „ Landesbrief“ . 2 * 54 )
0. 1638 Das Gemeine Gutsherrenrecht in den vier Gohen, 2 *“)
welches aber eine Privatarbeit ist.' 21 * 5 )
7. Zu erwähnen sind ferner eine Anzahl wichtiger Deich-
gerichte, besonders aus den Jahren loöl, 28 ') 1568, 1569, 268 )
1500, a») 1639, 27 °) 1 660. 2 ' 1 )
Aenderungen erfahren. Vergl. Uber das ältere und neuere Deichrecht Eisass-
Lothringens An schütz S. 157 ff. Im übrigen vergl. tür Bayern; die Ge-
setze v. -28. Mai 1852, für Sachsen: das Mandat vom 7. Ang. 1819, für
Hessen: das Gesetz v. 80. Juli 1887.
**) Vergl. auch oben § 1. A. 30.
* 5B ) Cassel „Urkunden Bremens“ 1768. S. 71.
:a0 ) Xu finden bei Heineken „Tentamina Juris Aggeralls Keipublicae
Bremens«“ Gott. 1774. Anhang Nr. 1 und II.
**) Bei Pufendorf „Observationes“ IV. App. S. 56; besser bei
Oolrich „Sammlung Bremischer Gesetzbücher“ Bremen 1771 S. 567 und
l'ratje „Altes und Neues aus den Herzogtümern und Verden“ ß. VIII. S. 258.
m ) Pu'fendorf IV. App. S. 61, Oelrich S. 575 ff. Pratje S. 264.
i63 ) Heineken, Anhang Nr. III.
“•) Oelrich S. 579, Pratje S. 207.
a ® 1 ) Pufendorf S. 71. Pratje a. a. 0.
Vgl. Stobbo „Rechtsquellen“ II, S. 338.
m ) Bei Oelrich S. 602.
**1 Bei Pufendorf S. 63, 67.
***) Bei Oelrich S. 599.
m ) Bei Heinekeu, Anhang Nr. V, VI, VII
,,i71 J Bei Oelrich S. 000.
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56
8. Schliesslich sind zu nennen die Verordnung vom 30. Nov.
172 m 272 ) und das Conclusuui der Domini directi von 1754. 273 )
B. Hamburg.
a) Der Billwärder.
1. Einige deiehrechtliche Bestimmungen enthält das älteste
Billwärder Landrecht, das in seinem Grundstock schon in
die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts gehört.-* 74 ) Im Jahre
1498 wurde ein neuer deichrechtlicher Artikel beliebt-* 7 ') und
1603 bei der Neuredaktion nur weniges geändert. 27 '*)
2. 14. Jan. 1612 der Recess wegen der Deichschauung im
Billwärder. 277 )
3. 24. Juli 1639 Billwärder Land- und Deichordnung. 278 )
b) Das Amt Ritzbüttel. 27 ")
1. 27. Mai 1661 Döser Deichordnung. 28 ")
2. 166« Neufelder revidierte Deichordnung. 281 )
c) Die vier Lande.
l. Aus dem 17. Jahrhundert sind einige Deichverordnungen
von 1624, 1657, 1666, 1673 und 1682 zu erwähnen, welche die
m ) In der „Sammlung verschiedener Verordnungen für Bremen' 1
1751 S. 380.
J7S ) Heineken, Anhang Sr. VIII.
m ) Das älteste Billwärder Landrecht ist heransgegeben von Lappen-
herg in den „Hainburgischen Rechtsaltertümern" S. 323 ff. Betreffs der
Abfassungszeit a. n. 0. S. CLXI. In Betracht kommen die Artikel 2, 3
4, 6, 12, 13, 58, 81.
**) a. a. O. art. 83.
m ) Vergl. Klefeker „Samml. der Hainburgischen Gesetze und Ver-
fassungen“ XI. S. 411 und andere Abdrucke, (art. 2, 3, 4, 6, 8, 11, 12.
13, 53, 70, 78, 79, 80, 81). .
-’ 77 ) „Hamburger Mamlateu-Samnilung“ I. S. 14 ff.
arw J Bei Klefeker „Samml. der Hamb. Gesetze und Verfassungen"
5. 696 und in der Hamburgischeii Statuten-Sammlung von 1771 S. 89 ff.
Eine neuere Deichordunug ist vom 21. Dez. 1660; auf sie wird in dem an-
geführten Band der Maudaten-Sammlung verwiesen.
Von Hackmaun wird ein älteres Kitzbiitteler Deichrecht von 1635
Öfters citiert.
**) Klefeker S. 825 ff.
*> l ) a. a. 0. S. 830 ff.
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Öl
Deicherde, die Vertauschung der Deiche und die Privilegien
für das Deichgeld zum Gegenstand haben.*®) Eine Deich-
ordnung für die vier Lande stammt schon aus dem Jahre
1665.*®)
2. Von den Quellen des 18. Jahrhunderts sind zu nennen:
a) Für das Städtchen Bergedorf „Beyder Hochlöblicher
Städte Lübeck und Hamburg verordnete Deichordnung” von
1 725, S84 ) die spätere von 1772.***)
r fi) Für die vier Lande die Deichordnung von 1741'“*) und
vor allem deren Revision vom 3. Mai 1772.' i8: )
d) Der Hammerbrok.“*)
1. Von älteren Quellen kommen namentlich in Betracht die
Urkunden von 1319, 2 **) 1375 a ”°) und 1 3'.(7. 4B1 )
2. Von den Findungen des Deichgerichts vor dem Jahre
148(1 sind uns 15 überliefert. In dem genannten Jahre beschloss
die Gemeinde die Aufzeichnung aller Findungen von Jahr zu
Jahr. 4 **) Wenn wir trotzdem nicht alle Findungen der
folgenden Zeit besitzen, so erklärt sich dies aus dem Fehlen
von Protokollbüchern. Erst 1 »; 4 wurde ein Dykdingsprotokoll
eingefTihit. 29 *) Nachdem ein Jahr vorher eine Revision der
Deichrolle vorgenommen war, wurden am 5. März 1(145 die
neuen Hammerbröker Artikel beliebt. Im wesentlichen ent-
halten sie nichts Neues: sie bestätigen vielmehr das alte
Dreyer ..Vorrede“.
**) Dreyer 8. 6.
’ M ) Klefeker S. 309.
*'•) Dreyer S. 5.
**) Einleitung der Deichorduung von 1772.
■•*') Bei Schulze S. 689. Für die vier Lande und das Städtchen
Bergedorf im besonderen vergl. K lefeker ,. Bergedorfer Landesverfassungen''.
Siehe ferner die hei Dreyer in der Vorrede angegebenen Verordnungen
vom 10. Juni und 4. Aug. 1783.
Zinn folgenden vergleiche Wilhelm Hübbe „Das Hummel brüker
liecht“, Hamburg 1843.
M ') Hübbe S. 174.
«•) Hübbe S. 187.
2I, J Hübbe S. 22 (Sannnl. Hamb. V.“ X. S. 104).
2U ) Vergl. art. 10.
“) Hübbe S. 41.
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58
Deichrecht und fassen das sich aus den zerstreuten Findungen
ergebende Resultat in zweckmässiger Weise zusammen. ** :! »)
C. Oldenburg.
a) Die ältesten deichrechtlichen Bestimmungen für Ge-
bietsteile des heutigen Oldenburgs finden sich in den Quellen des
alten Rüstringen, insbesondere den alten R üst ringer Küren, 294 )
den Rüstringer Rcchtssatzungen 2 *’) und dem sgn. Recht
der Rüstringer.**')
b) Wenig ergiebig sind die Budjadinger Küren von
1479,'**') das revidierte Budjadinger Landrecht von lfi64 ,29S ) und
das Wiirder Landrecht von lö74.- w )
c) Für Btediugeu fliessen die Quellen reichlicher.
Erwähnt müssen werden:
1. 1444 Das „Dickrecht im Stedinger Lande“. 1 "')
2. 144« Der Vertrag des Erzbischofs von Bremen Nikolaus,
des Kapitels der Kirchen, der Bürgermeister und Rathmaunen
von Bremen und der gemeinen Erlesen des Stedingerlandes.-*")
aw ) Wenigstens in dem plattdeutschen Text, dem sgn. Wurster Land-
recht (Pufendorf III. S. 70 fl.); dieses schiebt niimlich in der 13. Küre
hinter Oldernmnn ein „offt dickschware*. Vgl. Richthofen ..Rechtsquellen"
S. 116. A. 7.
**) Richthofen „Rechtsquellen" S. 122 , 3 u 124, 10. Im Wurster
Landrecht findet sich nur die erste Stelle (Pufendorf S. 84). Betreffs des
Alters der Quelle vergl. Rieht liefen „Untersuchungen“ I, S. 73.
*•) Richthofen „Rechtsquellen“ S. 536. $ 43 u. 46. Vergl. auch
, .Untersuchungen“ a. a. O.
***) Richthofen „Rcchtsquellen“ S. 546. 3.
2 * 1 ) Oetken „Corpus Uonst. Oldenburg“. 1722 III. S. 99. § 27.
*") a. a. O. S. 87. § 3. § 6.
sno ) Bei Heineken im Anhang Xo. IV. 4.
*") In Oelrichs „Sammlung Bremischer Gesetzbücher“ Bremen 1771.
S. 687 und bei Grimm „Weistümer* III. S. 215. — Orimm bemerkt
dazu: „Ich weiss nicht, wie ausgedehnt hier Stedingerland zu nehmen ist,
in keinem Fall wird das friesische, sondern das sächsische gemeint sein, auf
der linken Seite der Weser zwischen Bremen. Elsflet und weiter hinab“. Ueber
Klsfiet geht aber das Stedingerland nicht hinaus.
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59
3. 1525 Die Bestätigung dieses Vertrages nebst Zusätzen
von „Herrn Friedrich, Electus und Confirmatus der Korken to
Münster“. 1 " 2 )
8. 1579 Der Vergleich Johanns und Antons, Grafen von
Oldenburg, und des Rats zu Bremen über das Deich- und
Spadenrecht im Stedinger-Land“. :,<! )
d) In der Grafschaft Oldenburg soll schon 1424 ein
geschriebenes Deichrecht existirt haben. * 04 ) Am 12. April 1(507
publizierte Anton Günther eine Deich* und Siel-Ordnung,“’"') die
anscheinend verloren gegangen ist. Sie wurde im Jahre 1658
erneuert.“*’) Bald darauf, im Jahre 1681, erging von König
Christian V. eine neue Deichordnung.“’")
e) Von späteren Verordnungen sind anzuführen:
1. Die Verordnung vom 17. März 1685 betreffs einer Deich-
kasse und die Kundmachung vom 7. April 16sS betreffs der
Deichfreien. :>IS )
2. Die Verordnung vom 13. Dez. 168(5.“'')
3. Die Verordnung vom 24. März 1(504. !l ")
4. Die Verordnungen von 1719 wegen des Ausserlandesgehen
und von 1720 wegen des Proviantes bei der gemeinen Deich*
arbeit. 311 )
5. Die Instruktion für die Deichgeschworenen vom 3. Febr.
1757 31 J ) und die Verordnung betreffs der Deicharbeiter vom
12. November 1759. 31 ')
aa ) Bei Oe) rieh S. 592 und Oetken S. 114.
Bei Cassel „Urkunden Bremens“ S. 59 fl - .
2114 ) Hamei man „Oldcnbnrgische Chronik“ S. 8s‘J.
“'■) Sibbcrn „Itibliotbeca Hiotoria Dano Norwegen“ Hamburg 1716
S. 281, Tbünen S. 101.
■■**>) Gedruckt nur bei Hackmann im Anhang.
M ) Bei Oetken II. S. 256.
Oetken II. S. 26s li.
**’) Oetken a. a. O.
31 ") Supplement I. zu Oetken S. 26.
*") Oetken II. S. 27», 275.
Supplement III zu Oetken Xo. 49.
5,:1 j a. a. 0. S. 222.
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CO
6. Das Regieruugskanzleireseript vom 26. Jan. 1778, 314 ) die
Landesherrlichen Rescriptevom 9. Jan. 1783’ ,1:> ) und 8. Mai 1794 ’ 16 )
7. Die Verordnung vom 12. Dezember 1804 :!|7 ) und die
Instruktion vom (i. Mai 1809. :i,!< )
f. In Bezug auf die Herrschaft Jever ist hinzuweisen
auf das Minser Deiehbuch, ;|!< *) die Gravamina von 1604, 3W )
1667, die Beschwerden von 1743, die Resolution von 1690,°“)
den Vergleich vom 9. Okt. 1689 321 und die Verordnung über die
Errichtung einer Holzschlagungskommnniou vom 2. Mai 1725. :K2 )
D. Baden.
1. Ans älterer Zeit ist mir nur eine deichrechtliche Quelle
bekannt, das ist das Weistum von Sandhofen (bei Mannheim)
aus dein Jahre 1527. 323 )
2. Die Markgräflieli- Badische Rhein -Deich -Ordnung von
Carl Friedrich aus dem Jahre 1779. :: - 4 )
§ 4 b.
Die niederländischen Quellen.
T. Was die n i e d e r 1 ä n d i s c h e n Quellen anlangt,
SM ) Verzeichnis der Oldenb. Verordn. 1775 — 179H) No. 0.
;:,r ’) a. a. 0. No. 8.
"•<») Yerzeiclinis der Oldenb. Verordn. (1794 — 1802) No. 2.
31 ‘) Verzeichnis der Oldenb. Verordn. (1802—1811) No. 14.
3,s ) a. a. O. No. 121.
ai8 *) Auszüge bei Thünen.
:l >») Thünen S. 84.
8J "j a. a. 0. S. 100, los.
i“ 1 ) a. a. O. S. 124.
a. a. O. S. 158 ff. — Die neuste Oldenburger Deichordnung ist
vom s. Juni ih55.
Grimm „Weistiimer“ I, 400.
■- 1 ) Sie ist gedruckt bei Bergius ..Sammlung auserlesener Landes-
gesetze, welche das Polizey- und Kameralwesen zum Gegenstand haben“,
fortgesetzt von Beckmann, Frankfurt 1785 IV. S. 1 ff. — Für die
neuste Zeit vergl. Ges. die Benutzung und Unterhaltung der Gewässer oetr.
v. 25. Allg. 1870.
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61
so kommen hauptsächlich nur die Quellen der ältesten Periode
in Betracht. Nur hier mul da wird auch auf spätere Quellen
eingegangen werden können. Für sie wird oft nur eine Angabe,
wo sie gedruckt zu linden sind, erfolgen.
Allgemein zu bemerken ist, dass die Lex Saliea für das
Deichrecht nichts enthält, 3 -’) dass aber die Frage, ob in der
Ewa Chamavorum § 38 von einer Deichschleuse die Rede
ist, in bejahendem Sinn entschieden werden muss. 3 *)
II. Hinsichtlich der G r o n i n g e r Ommelaude ist
folgendes zu sagen:
1. Einzelne Bestimmungen, die für das Deichrecht wichtig
sind, linden sich in den Fivelgoer Busstaxen, 3,7 dem
Hun singoer Oberrecht, 328 ) dem Landrecht für Fivelgo,
Hunsingo und die Stadt Groningen von 1448 , den
**) Lex Saliea tit. 29 handelt voll Mühlenwehren. Vergl. Auhagen
S. 30. A. 7. Dort die abweichenden Ansichten. Vegl. auch oben § t. I.
3ä “) Uebereiustimmend Snouck Hurgonje a. a. O. S. 16. und
Nibbelink a. a. 0. § 2. A. M. Auhagen a. a. 0. Die Stelle lautet:
Si qnis sclusam dimiserit, quaudo suus comes ei conunendat facere, in
fredo solidos 4 compouere faeiat. (piando rumpit et eam emendare
voluerit soilidos 4 in dominico compouere faeiat". Wenn man den letzten
Satz mit Snouck Hurgronje auf das frevelhafte Zerbrechen einer Deich-
schleuse bezieht, so ist der Einwand Auhagens, dass es Wunder nehmen
muss, dass dies sonst mit den schwersten Strafen belegte Delikt hier an
sich gar nicht, geahndet werde, allerdings zutreffend. Die Stelle handelt
aber von der gemeinsamen .Schleusenarbeit Wer sich ihr entzieht, von ihr
fortläuft, wird mit 4 Solidi bestraft. Wer bei ihr an der Deichschleuse
fehlerhaft arbeitet, so dass sie teilweise zerbricht, zerfällt in die gleiche
Strafe, wenn er den Schaden nicht sofort reparirt. — Mit der Bemerkung
Auhagens: „sclusa hat hier . . . zweifelsohne eine ganz andere Bedeutung,
wenn ich auch nicht enträtseln kann, welche“, kommt man jedenfalls nicht
weiter. Folgt man unserer Interpretation, so ergiebt die Stelle, dass bereits
im 8. Jahrhundert im Mamaland (wahrscheinlich an der Yssel) Deiche
existierten. Vergl. oben § 1 II. S. 9.
ä* 7 ) Richthofen Rq. S. 307, 31 ff. im sgn. Asega-Rccht, das sieh
vollständig abgedruckt findet in Richthofons „Untersuchungen“ II. 1. S.
486. A. 1. (vergl. insbesondere No. 14); ferner Richthofen, Rq. S. 308, l ff.
**) a. a. O. S. 348 § 6.
ä“) a. a. O. S. 315. II. § JO.
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62
Lau gewolder Küren von 1250 330 ) und 1282, 33 *) dem Wester-
wolder Landrecht von 1470, :ö2 ) und den Küren der Oster-
nnd Westerhammerick bei Groningen von 1386. 332 *)
2. Mehr oder nur auf das Deichrecht zngeschnitten sind:
a) Die Sander Satzungen von 1295 333 ) und 1317 ; 3H ) das
Deichrecht von Feld wer th von 1803; 331 ) ein sehr altes Deich-
recht von Humsterland; 336 ) Bruchstücke aus einem neueren
Deichrecht von Humsterland. 3 * 7 )
b) Die Entscheidungen der Schiedsgerichte von 1219 338 )
und 1 301.*®)
c) Der Eiulassuugsbrief der drei Delfsiele für die Kirch-
spiele Engelbert und Middelbert. **’)
d) Die Verordnungen von 1386 341 ) und 1396. 3 * 2 )
3. Erwähnt seien schliesslich die Winsumer Sielbriefe von
1371, 1436, 1464; 343 ) die Adewarter Sielbriefe von 1 31 3, 344 )
a. a. O. S. 300 § 31.
*») a. a. O. 8. 36*J § 25.
:CÖ ) a. a. ü. S. 258 XII. § 7.
»**■) a. a. O. S. 520 §§ 8, 9.
:s33j Driessen „llonumenla Groningiana“. (1822) 8 55.
***) Richthofe n Rij. 8. 290.
Bei Haan Hetleina „Het Fivelingoiir en Oldampster Landregt"
Dokkum 1841. 8. 170. Er verlegt es fälschlich in das Jahr 1318. Vcrgl.
ltichthofen „Untersuchungen“ I. 8. 129.
**) Richthofen Ri|. S. 203.
s®) Bruchstücke bei Halseina in den „Verbandelingen" der Groningor
Genossenschaft „pro nxcolendo jure patrio" II i. B. 8. 511, 533, 535.
:ö ") Kino „Worumensium Chronikon“ M. G. 88. XXIII. 8. 490 ff.
Driesseu S. 02.
■* u ) Dri essen 8. 201 ff
M1 ) Rieht liefen R<|. 8. 308.
***) Driessen 8 479.
m ) Bruchstücke hei Halseina; vegl. ferner den Einlassungsbrief von
1408 (Driessen 8 . 208) und Driessen 8 . 281.
Driessen 8. 72.
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63
1382, 1430. :lw ) Die Sielrechte der drei Del fsiele von 1 3 1 7, ;s47 >
1445 a48 > und die Übereinkunft verschiedener Siel vesten von 1332. :U8 )
III. Für das wester lau ersehe Friesland
sind auzufüliren:
1. Einzelne Bestimmungen in dem älteren* 5 ") und jün-
geren 351 ) Schulzenrecht; zu beachten sind die Eidesformeln
aus Wimbritzeradeel, 352 ) erwähnenswert die Willkür des
Tollegrietmauns von Pingjum von 1 öOl. 35 -*)
2. Deichrechte aus dem 15. Jahrhundert:
a) Deichrecht des neuen Landes bei Sneek vom
2. Mai 1427. 354 );
b) Akkord zwischen dem Abt von Gerkeskloster und
Eingesessenen von Kollum und Utpost hinsichtlich eines Deiches
bei Kollum vom 1. März 1453. 355 )
c) Das Deichrecht der Hemmen vom 21. Juni 1453. 356 )
d) Das Isbrechtumer Deiclirecht vom 23. August 1473. 347 )
Driesseu S. 356, 767.
Bruchstücke bei llalsema; siehe ferner den Vertrag von 1430 u.
den Einlassungsbrief von 1435 (Driesseu S. 278, 279).
“t) Richthofen Rq. S. 290. Driessen 8. «3.
ä* 1 ) ferner siehe Driessen S. 261, 271, 274, 376, 384.
**•) Driesseu S. 111; vegl. auch für das Müdester Siel S. 249, für
das Schouworsiel S. 289, S. 296, für die Acht Sielvesten S. 62, 240, 384.
Richthofen Rq. S. 387. §§ 2, 4, 17.
r, i) Richthofen Rq. S. 410 §§ 13, 14—20, 38. Richthofen be-
zeichnet es als „Stück vom Wergeide“. Heber die im Text gebrauchte
Bezeichnung, die passender ist, vgl. Heck S. 12.
3!d ) Richthofen Rq. 488.
**) Haan Hettema „Oude Frieseln; Wetten“ II (1847) S. 325.
s84 ) G. F. v. Sch wartz on ber g „Charterboek von Friesland“, Lce-
warden 1768 ff. I. S. 471.
3“) a. a. 0. S. 644.
**) a. a. 0. S. 545 u. Richtlinien Rq. S. 504.
*’) Schwarzenberg I, S. 656.
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3. Von Deichrecliten aus dem lfi. Jahrhundert:
Die Artikel der Gemeinde Biperahem von 1522- ßw ) die
Deichordnung für die Vyfdeels-Deiche von 1547. “'"i verschiedene
Artikel für verschiedene Deichverbände aus dem Jahre 1 574, :4a *’)
und die Ordonnanzen von 1503, 1504, :Wl ) 1510,'“'-’) 1526, 303 )
1 587 ;<H4 > u. s. w.
4. Die Beschlüsse auf den Landtagen zu Leuwarden
von 1503, ;iMS ) 1 525, :Wri ) 1 527, 1529 m ) u. s. W. :wi )
IV. In Overyssel kommen die Deichrechte von
Sali and und Mastenbroek in Betracht.
a» Sali and.
Eine Sammlung der Deichrechte Sallands bis auf das Jahr
1573 findet sich bei Pufendort in seinen Observationen IV.
Appendix S. 403 ff. Sie ist überschrieben: Dat geheele Dyckrecht
des Landes van Salland mit allen olden ende nyen Copicn,
Beformationen enn Auerdrachten, daertoe behoirende, sanipt
die Taefell (Inhaltsverzeichnis) daer voer geuoegett. Sie besteht
aus 1 0(> Artikeln und zerfällt in folgende Abschnitte:
1. Zunächst enthält sie den sgn. Ghven-Brief. Dieses
ist ein Deichrecht, welches der Bischof von Utrecht Ghyen im
Jahre 1308 mit Bat des Burggrafen und anderer guter Leute
crliess.* 70 ) Es besteht aus einer Vorrede und 40 Artikeln.
:t> ) a. a. (>. II. S. 429.
:ra ) a. a. O. III. S. 117.
*») a. a. O. S. 767, S. 077, S. 981.
*') a. a. O. II. S. 226, 240, 241.
a. a. 0. S. 74.
*“) a. a. O. S. 512.
:iw ) a. a. 0. III. S. 681.
a. a. O. II. S. 30, 226.
**J a. a. O. 8. 154, 485.
* l7 j a. a. <). S. 179.
**) a. a. O. S. 181, 189.
*") Andere Verträge, Verfügungen, Gesuche u. s. w. findet man bei
Schwarzenberg.
au ) Ks wird oft als das älteste uns bekannte lleichrecht bezeichnet.
Wie sich bald zeigen wird mit Unrecht.
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65
Erbalten ist dieses Deichrecht uns nur dadurch, dass der
Bischof Friedrich von Blaukenheim ungefähr um 1400 das
Original neu abschreiben liess. 1171 ) Er versah diese Abschrift
mit einer Vorrede und einem Schlusswort (Art 41). Die Vorrede
giebt die Gründe für die Erneuerung an. Der Ghycnbrief drohte
infolge seines Alters unleserlich zu werden, das Papier zu
verfallen; es existierten zwar Abschriften, aber es war zu
befürchten, dass die Schreiber nachlässig gewesen waren, wodurch
„somwylens moegen verwandelt wesen in sonimige woerden, daer
den sinn rnedde verduystert ofte verändert mach wesen, datt
twydracht offte onraidt inbringen mochte.“
2. Daun folgt ein Übereinkommen des Bischofs Friedrichs
von Blankenheim mit den gemeinen Leuten von Salland (Art.
42 — 48) :{? -’)
3. Den dritten Abschnitt bildet: „Eine nye Reformatie
Bisscop David van Burgondyen Bisscop toe Utricht, op den
Sallandtschen Dyckrechte.“ 1485 (Art. 49 — 5t».)
4. Nun folgen neue Übereinkommen insbesondere betreffs
der Häupter und der herrenlosen Deiche von 1493 (Art 57—83)
5. Art. 84 u. 86 enthalten Bestätigungen des Deichrechts j 373 )
Art 85 eine Behebung.
6. Einige neue Bestimmungen stammen aus dem Jahre
1533 (Art. 87—99).
7. Art. 100 (1537), 101 (1535), 102, 103, 104 (1532), 105
betreffen die Unterhaltung der Häupter (105 auch das Deichgeld).
8. Den Schluss bilden die Artikel von 1572 (106) und 1573.
Bemerkt mag noch werden, dass jeder Artikel eine Überschrift
trägt, die jedenfalls von dem Sammler herrührt.
b.) Mastenbroek. Eine Sammlung der Deichrechte
des Landes Mastenbroek findet sich ebenfalls in Pufendorfs
S71 ) Das Jalir lässt sich nicht genau angeben. Es heisst zwar am
Schluss in Art. 41: „Gegeuen toe Swolle int Jaer onscs Heren als bauen“;
aber oben ist kein Jahr angegeben. Es ist dies wahrscheinlich ein Ver-
sehen Pufendorfs.
m ) Da es direkt hinter der Abschrift des Ghjenbriefes steht, so
nehme ich an, dass mit dem „G. Here von Utricht“ Friedrich gemeint ist.
s 73 ) Die Jahreszahl 1400 in art. 86 ist falsch. Vgl. art. 84. wo der-
selbe kaiserliche Statthalter iin Jalire 1532 eine Bestätigung giebt.
J. Gier ko, Geschichte dos deutschen Deichrechts. 5
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«6
Observationen IV. App. S. 458 abgedruckt. Sie ist überschrieben :
„Dat geheele Dyckrecht des Landes van Mastenbroeck, met
alle Reformatien onde Auerdrachten, daer toe behoirende, sampt
einer Tacfel daer voeran gheuaegett.“ Im Gegensatz zu der
Sammlung der Deichrechte von Salland ist sie zunächst nicht
chronologisch, sondern systematisch angeordnet. Am Schluss
herrscht in jeder Beziehung ein buntes Durcheinander. Die
einzelnen Artikel werden meist als Auerdrachten bezeichnet.
Einige werden Ordelle genannt. Diese zerfallen in Fragen und
Antworten (Art. 10 — 16). Die Auerdrachten sind entweder
Beliebungen des Bischofs, der Städte, der Deichbeamten und
der Erffgenaemen (vgl. die Vorrede), oder Beliebungen der
Erffgenaemen auf der Gerichtsstätte, (vgl. Art. 2, 42, 44) oder
Beliebungen des Bischofs und der Erffgenaemen, (vgl. Art. 47)
oder Beliebungen der Erffgenaemen nebst den Rentmeistern
(vgl. Art. 87) oder schliesslich Beliebungen der Erffgenaemen
nnter Beirat der Städte (vgl. Art 113, 120, 123). Der Inhalt
ist kurz folgender:
1. Art. 1 — 46 enthalten Beliebungen aus den Jahren 1390,
1439, 1441, 1453 und beziehen sich auf das Deichrecht.
2. Art. 47 - 66 haben Wege und Wetteringe zum Gegenstand.
(Behebung von 1483).
3. Art. 67 — 84 betreffen das Briickenrecht. (Behebungen
von 1407, 1439, 1443, 1450.)
4. Art. 95 — 128 handeln insbesondere von den Schleusen,
dem Deichschutz, der Pfändung und den Deichbeamten (Behe-
bungen von 1408, 1445, 1453, 1445, 1474, 1468.)
V. In Gelderland linden sich deichrechtliche
Quellen für die Gebiete Veluwe, Betuwe, das Land van
Maasen Waal und die Tieler- en Bommeler-Waarden.
a) Für Veluwe sind anzuführen:
1. 1356. „Der Deichbrief vou Erkemeden“, eine
Behebung Rynolds III. und der Erbgesessenen von Putten und
Nykerk. 374 )
**) Groot Gelder« Plaeaet-Boek, door W. von Loon, vcrvolgd door
II. Cannegieter (1701 — 1710) I. app. S. 138.
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«7
2. 1370. Der Deiclibrief für Veluve liiusichtlicli der Kirch-
spiele Terwoldo, Nieuwbroek, Oenen, Heerden, Forchten.* 7 *)
3. 1403 u. 1414. Deiclirechtliehe Bestimmungen für
Erkemede. 378 )
4. 1470. Ein neuer Deiclibrief für Veluwe. 377 )
b.) In Bezug auf Betuwe ist hinzuweisen auf einzelne
deichrechtliche Bestimmungen des Landbriefes von Over eu
Keder- Betuwe von 1327, s,s ) des Landbriefes von Over-Betuwe
von 13 83, 37 °) der Landbriefe für Neder-Betuwe von 1410 3SO )
u. 1439.* 81 ;
c) In ähnlicher Weise kommen für das Land van Maas
en Waal die Landbriefe von 1321, 1 1828 383 ) und 1423 :w )
in Betraclit.
d) Hinsichtlich der Tieler en Bommeler Waarden
sind zu nennen, abgesehen von einer Bestimmung in der
„Handvest voor de Tieler en Bommeler- Waarden“ von 1325 1 385 )
1. 1390. Das Deichrecht für die Tieler- Waard; 386 )
2. 1409. Ein neues Deichrecht für die Tieler- Waard; 387 )
3. 1409. Das Deichrecht für die Bo mmeler Waardt, 388 )
welches übereinstimmt mit den angeführten Deichrechten für
die Tieler- Waard.
:!7S ) a. a. 0. S. 153 und bei Nyhoff „Gedenkwaardiglieden uit de
gesckiedenis vau Gelderland*' (1S30 — 1875) II, 257.
■ ji «) Vergl. Groot Gelder» Placaet-Boek a. a. Ü. S. 161, 162.
m ) a. a. 0. S. 156.
a - »• 0- S. 27.
m ) a. a. 0. S. 30.
*°) a. a. 0. S. 46.
*») a. a. O. S. 48.
*“) a. a. 0. S. 8.
*3) a. a. 0. S. 11.
**) a. a. 0. S. 15.
*“) a. a. O. S. 70,
*») a. a. ü. S. 61.
3n ) a. a. 0. S. 66.
**) a. a. 0. S. 93.
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4. 1414. Deichbrief für die Stadt Bommel und verschiedene
Dörfer; 388 )
5. 1447. Deichrecht für Tiel und Sandwich. 390 )
VI. Eine ganz reinliche Scheidung der Deichrechte
Utrechts und Hollands zu geben, ist unmöglich, weil an
verschiedenen beide Gebiete Anteil haben. Sie sind daher
mitunter Verträge beider. Im allgemeinen folgen wir im
folgenden der Zusammenstellung, welche sich in J. van de
Waters „Groot Utrechtsch Placaatboek“ II für Utrecht findet.
Nur der Diemer Seedeich gehört mehr nach Amstclland
(Goiland). Von Verträgen sei gesondert genannt der Vertrag
zwischen Utrecht und Holland von 1322 betreffs der Wehlen
bei Nieuwerwaard. 381 ) Einzelne deichrechtliche Bestimmungen
finden sich auch in denVerträgen von 1 105 m ) und von 1226. 393 )
Im übrigen unterscheiden wir in Utrecht die Keelits-
quellen der einzelnen Deichstrocken:
a) der „Spakenburgse, Buuschoter Veen-en
Velden-dyck“.
1. Zu erwähnen sind die Beurkundungen der Utrechter
Bischöfe aus den Jahren 1409, 1433, 1435 394 )
2. Das Zeugnis einiger Geerfden betreffs ihrer llutenzahlen
aus den Jahren 1450. 385 )
3. Der Compromissentscheid von acht Scggers und einem
Overmann aus dem Jahre 1467; konfirmiert von den Städten
m ) a. a. 0. S. 99.
*») a. a. 0. S. 58. Es ist dies das Deichrecbt, auf welches Dreyer
S. 28 hinweist. — Dreyer führt S. 28 an: „Water en Dyck-Recht, waar
naer een yder in het Fürstendoein Geldern ende Grafschap Zuthphen zick
vorlaeu zal hehben to regeleren“. Arnheim 1682, 1715, 1767. 4.
Fr. van Hieris „Groot Cbarterboek der graaven van Uollaud,
van Zeelaud en Heeren van Vriesland“ II. S. 280.
■ m ) Bergli I. Nr. 145. Beteiligt ist ferner Geldern und Kleve; es
handelt sich um deu Deich bei Wyc (vergl. oben § 1. A. 26, 27). Betreffs
der obstructio Rheni apud Swadebnrg vgl. unten. A. 411.
m ) a. a. ü. Nr. 294.
* I4 J G. Ut.r. Plac. II. S. 49, 50.
s») a. a. 0. S. 51.
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09
Amersfort, Bunschotten, Utrecht und dem Bischof von Utrecht. 396 )
4. Der Vertrag der Landgenossen von 1501; beurkundet
von den drei genannten Städten. 397 )
5. Die Schaubriefe von 1531 und 26. Mai 1533, nebst den
Verordnungen vom 18. Okt. 1533, und 1535. 398 )
b) Der Leckdeich „boven Damms“.
1. 1323 Johann von Utrechts Deichbrief für die Leck-
deiche; erlassen vom Bischof, der Kirche, den geistlichen Leuten
und der Stadt Utrecht mit Rat Wilhelms von Holland. 399 )
2. 1493 Der Deichbrief Davids von Burgundien; 499 )
3. 1532 und 1537 sehr ausführliche Deichordnungen. 491 )
c) der Leckdeich in der Marsche.
Für ihn kommt besonders der Brief Karls V. von 1530 in
Betracht. In ihm ist ein älterer Brief aus dem Jahre 1491
enthalten. 402 )
d) der Leckdeich „beneden den Nieuwen Dam“
— „Loppikker weerd“.
1. 1328 Deichbrief Johanns von Diest. 498 )
2. 1336 Vertrag des Bischofs mit dem Grafen und den
A mbachtsh erren. 404 )
*») a. a. O. S. 52.
»») a. a. O. S. 63.
***) a. a. O. S. 55, 50, 58. — Für die spätere Zeit giebt Auskunft
das Placaatboek.
*») G. Utr. Plac. II. S. 63 u. Jlieris II S. 333.
*°) (t. Utr. Plac. II. S. 64.
m ) a. a. 0. S. 65, 69. — Aus dem 17. Jahrhundert sind hervor-
zuhebeu die Schiercedulle von 1645 (S. 79) die Artikel von 1650 (S. 82).
Andere Quellen im Placaatboek. Für das 18. Jahrhundert vergl. die Fort-
setzung des Placaatboeks von C. W. Moorres und P. J. Vermeiden (1856—60)
II. S. 14 ff.
««) Gr. Utr. Plac. II. S. 96 ff.
,os ) a. a. 0. S. 106 u. Jlieris II, S. 400.
4W ) Jlieris II. S. 564. Für Logik vergl. auch die Urkunde von 1155
(Bergh I. Nr. 132; Kluit „Historia comitatus Hollandiae et Zelandiae - *
II S. 166), die sich auf den Ysseldeich bezieht; und die Urkunde von 1287
(Bergh IT, 628).
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“ft
3. 1405 Deichbrief Friedrichs von Blankenheim. 405 )
4. 1434 Deichbrief Rudolfs von Diepholt. 4 " 0 )
5. 1440 Ordonanz Rudolfs. 407 )
6. 10. August 1 454 Neuer Deichbrief Rudolfs von Diepholt :
gemacht mit Rat des Herzogs von Burgund für Lopickerweert
(Yssel- und Leckdeich). Es ist eine überaus vollständige und
die anderen weit überragende Deichordnuug des 15. Jahr-
hunderts.**)
e) Der neue Eemdeich.
Für ihn ist massgebend der Schaubrief, der 1393 von
Florens von Wevelichoven, dem Bischof von Utrecht, Herrn
von Abkoude, der Stadt Amersfort und den Landgenossen er-
lassen wurde. 400 ) Er ist 1598 410 ) und 1667 erneut. 411 )
VII. Für Holland und Seeland seien ganz all-
gemein genannt die vorhin bei Utrecht erwähnten Verträge, 412 )
die Urkunden von 1 247 413 ) und 1251, 414 ) welche hinsichtlich
«*) Mieris IV. S. 15. G. Utr. Plac. II. S. 107.
«*) Mieris IV. S. 1042. G. Utr. Plac. II. S. 108.
«i) a. a. 0. S. 108.
m ) a. a. O. S. 109. — Für das 17. Jahrhundert vergl. das Placaat-
boek S. 114 ff. auch S. 1533 ff.
«*) a. a. 0. S. 186.
«•>) a. a. 0. S. 188.
4U ) a. a. O. S. 189. — Im Plaenatbock sind nocli folgende Quellen
aus dem 17. u. 18. Jahrhundert enthalten: 1. Hinsichtlich des Grebben-
deichs PI. S. 98. Ordonnanzen vou 1637, 1663, 1714. 2. Hinsichtlich des
Ysseldeichs .streckende van de Haastrechter Weere af, tot den Yssel-
dannn toe“(Pl.S. 122) die Beschwerde von 1637, die Ordonnanzen von 1649, 1676,
1701. 3. In Bezug auf den „Slaperdyk“ verschiedene Quellen aus dem
17. und 18. Jahrh. (PI. S. 138). — Schliesslich stehen hier auch die
Satzungen fiir die Waterschap von Heycop (PI. S. 129 ff.) und für die
AVaterschap von Byleveld (Pi. S. 138). Für die spätere Zeit ist stets
heranzuzieheu die A. 401 erwähnte Fortsetzung des Placaatboeks.
4,s ) Vergl. oben sub IX. — Die Urkunde von 1165 (Bergh I. 145)
handelt vou einer obstructio Rheni apud Swadeburg. Es ist dies die Gegend
von Swainmerdam, welches zwischen Deydeu und AVoerden am Rhein liegt.
Hierzu sind heranzuziehen die Urkunden von 1204 (Bergh I, 197, 199).
<l3 ) Bergh I, 441.
«») Bergh I, 541.
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71
des Anwachses von Interesse sind, der Deichbrief Frau
Jakobas an die Bauern von Hettersen vom 7. März 1 4 1 7, 415 >
die Deichordnung Wilhelms für den Deichband zwischen Honte
und Hinkele von 1323, 415 *) und die Verordnungen an die Be-
amten Nordhollands von 1321. 4W ) Im übrigen verteilen wir die
Quellen getrennt auf Hollaud und Seeland.
VI II. In Holland unterscheiden wir kleinere Gebiete.
A. Zuid-Hollaud.
a) Gesondert sind zu nennen die Deichordnung des
Grafen Floris für die Lande zwischen Merwede und Leck von
1281 417 ) und das Privilegium an Dordrecht von 1‘270. 418 )
b) die Groote Waard.
1. Die älteste deichrechtliche Urkunde stammt aus dem
Jahre 1275. 419 )
2. 1314 Privileg Wilhelms. 420 )
3. 1375 Verleihung von Freiheiten an die Groote
Waard. 421 )
4. 1375 Einsetzung eines Stellvertreters in der Grooten
Waard durch Albrecht. 422 )
5. 1375 Deichordnung Albrechts mit Rat guter Leute, der
Ritter, Knechte, Dordrechts, Gertaudenbergs, der Ambachts-
herrn und der Gemeenten. 423 )
«5) Mieris IV, S. 470.
4I5 *) Mieris II. S. 312.
4,c ) Mieris II, S. 263.
4H ) Bergh II, Anhang Nr. 05. Bezieht sich nur auf die Alb-
lusserwaard - ?
418 ) Bergh II, 208. Andere Privilegien der Stadt Dordrecht werdeu
den Quellen der einzelnen Waardeti eingereilit.
419 ) Bergh II, 300.
42 °) Bei Oudenhoven „Beschryvinge van Znyt-Hollandt“ (1654) und
Mieris II. S. 139.
«“) Mieris III, S. 309.
422 ) a. a. O. S. 315.
423 ) a. a. 0. S. 310.
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6. 1375 Eine Deichverordnung betreffend das Auslegen
von Deichgeld. 424 )
7. 1400 und 1401 Verordnungen wegen der Deich-
beamten. 425 )
8. 1410 Beschluss Wilhelms, der Städte und gemeinen
Laude betreffs eines neuen Deichs. 435 )
9. 1410 Streitschlichtung durch Wilhelm hinsichtlich der
Bruchbussen. 427 )
10. 1410 Verkündigung Wilhelms hinsichtlich des Streites
zwischen drei Dörfern und dem Herrn von Südwinde. 428 )
11. 1423 Deichverordnung Johanns. 429 )
12. 1425 Die Erklärung Philipps. 4 '' 5 ")
c) Anhängsel der Grooten Waard.
1. Für die Th ysselings-Waard kommen in Betracht
das Privileg Floris’ V. v. 1282 4U ) und der Vertrag Johanns mit
Dordrecht von 1421 . 4ü )
2. Für die Grafschaft Strien die Deich Verordnung Albrechts
von 1394 433 ) und der Vertrag zwischen Johann, Dordrecht, den
Geschworenen der Grooten Waard und Jakob von Gaasbek von
1423 betreffend das Bedeichen der Lande vor Strien. 414 )
d) die Rieder-Waard.
1. 1288 Handrest Floris’ an die „mannen ende luyden van
Rieder-Waard, die binnen onse schonve leggen“. 455 )
2. 1292 Erkenntnis der Heemraden von Rieder-Waard. 456 )
«*) a. a. 0. S. 317.
425 ) a. a. O. S. 732,
42t ’) Mieris IV, S. 129.
427 ) a. a. O. S. 144.
4 “) a. a. 0. S. 148.
**) a. a. 0. S. 671.
43n ) a. a. 0. S. 804.
431 ) Bergh II, 463.
432 J Mieris IV, S. 626. Ouilenliovou S. 193, Eyck .Corte be-
schryviaghe roitsgaders hamlvesteu enz. van den lande van Zuyt-llollandt“
(1628) S. 155, „Groot l’lacaatboek van Holland en Zeelaud* II, 1567.
43S ) Mieris III, S. 614, Ondenhoven S. 201.
4S4 ) Mieris IV, S. 671.
435 ) Bergh II, 630.
43 °) Bergh II, 814.
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73
3. 1374 Deichordnung Albrechts. 437 )
4. 1394 Privilegien an die Rieder- Waard. 438 )
5 . 1403 Deichordnung Albrechts.** 1 )
(i. 1423/24 Befehl Johanns. 440 )
7. 1426 Privileg an die Bürger von Dordrecht. 441 )
8. 1429 Vergabung Philipps; 1430 bestätigt. 44 -)
9. 1446 Deichverordnung für die Riederambacht. 443 )
e) Anhängsel der Rieder-Waard.
1. Für Ysselmonde kommt insbesondere der Vertrag
zwischen Ysselmonde und Nieuw Riederwaert von 1446 in
Betr-acht. 444 )
2. Für Bavendrecht ist zu erwähnen der Vertrag
zwischen Bavendrecht nebst Carnisse und der Riedorwaard
von 1483. 4 *’)
f) die Alblasser-Waard. 440 )
1. 1277 „Handt-vest, roerende het Dyck-recht van den
Ablasser-Waert“ von Graf Floris. 447 )
437 ) Mieris III, S. 287.
**) a. a. 0. S. 643.
439 ) Oudenhoven S. 253; Mieris III, S. 786.
**>) Mieris IV, S, 703.
**') Mieris IV, 8. 874. Ondenhoven S. 255; Eyck S. 280 vgl. auch
das Privileg von 1442 (Eyck S. 278).
***) Oudenkoven S. 256 ff.
“0 a. a. O. S. 258.
o*) Ondenhoven S. 268; Eyck S. 282.
os) Oudenhoven S. 277, Eyck S. 286.
♦“) hie Deichrechte der Alblasser-Waard sind öfters gesammelt und
gedruckt. Es existieren: 1. Handvesten, Privilegien, Keurcn ende Regle-
menten aengaende den Dykrechte van den Alblasser-Waard. Dordrecht
1678. 8. 2. Handvesteu, Privilegien, Keuren eu Dyk-Reglementen, aan-
gaande den Alblasser-Waard. Zo voor als na den Jaare 1720 geformeerd.
Gorinchen 1765. 8. 3. Oudenhoven 8. 322 ff. Eyck S. 289. 4. Bei
Dreyer S. 27 sind noch angeführt: May -Keuren by Dykgraef ende hooge
Dik-Heeinraden van Alblassen Waert in der Tyt wesende to versheyden
weysen gemaeckt. — Die unter Nr. 1 genannte Ausgabe befindet sich auch
auf der Kgl. Universität zu Kiel. Sie beginnt mit einer kurzen Be-
schreibung der Waard, ihrer Deiche uud des Deichgerichts. Die im Text
angegebenen Quellen sind sämtlichst in ihr enthalten.
** 7 ) Sie ist in der A. 444 sub 1 angeführten Sammlung in nieder-
ländischer, bei Bcrgh II. 331 in lateinischer Sprache gedruckt.
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74
2. 1375 Deichordnung Albreclits. 446 )
3. 1383 Weisung des Deichgerichts. 449 )
4. 1413 (1412) Verordnung Wilhelms. 450 )
5. 1421 Deichordnung Johanns. 451 )
6. 1483 Die Verordnung Maximilians und Philipps.
7. 1578 „Acte van Commissarissen der Heeren Staten
van Hollandt ende West - Vrieslandt, ende Dyckgraef ende
Hoogedyck-Heemraden van den Alblasserwaert, tot herdycking
van den selben Waert“. 452 )
g) die Krimpenrewaard.
1. 1287 Handvest Floris V. an Ouderkerk. 456 )
2. 1289 Vertrag zwischen Floris und dem Herrn van der
Lecke; bestätigt 1329. 454 )
3. 1422 Edikte Johanns von Bayern und Margarethes von
Burgund. 455 )
4. 1423 Ordre der Margarethe von Burgund. 4 " 16 )
5. 1423/24 Verordnung Johanns. 457 )
ti. 1429 Deichordnung, 4 '*) 1430 bestätigt. 459 )
448 ) Auch hei Mieris III, S. 308.
M0 ) Nur bei Mieris III, S. 401.
,a> ) Auch bei Mieris IV. 8. 243. — Daselbst findet sich auf 8. 209
eine mit der Verordnung von 1413 wörtlich übereinstimmende Ordnung ab-
gedruckt aus dem Jahre 1412. • Beide Urkunden haben den 26. Juli zum
Ausstellungstag.
“O Auch bei Mieris IV. 8. 593.
4r,J ) Für das 17. Jahrh. sind noch anzufUhren : das Provisionei Kogl,
v. 2. Mai 1647, dieMaikeuren von 1623 und die Deichordnung vom 17. Sept.
1661. — Betreffs der Alblasserwaard vergl. auch obeu A. 417; ferner die
Urkunde von 1413 (Mieris IV, S. 243). Siebe auch bezüglich des Dyf-
deiches unten A. 476.
Bergh II, 611 entscheidet sich hinsichtlich dieser Handfeste für
das Jahr 1287; Acker Stratingh hatte sie nach Mieris in das Jahr
1097 verlegt; P. II. van der Wall vor das Jahr 1277, Vergl. hierüber
Nibbelink § 3.
“‘J Mieris II, S. 482.
v*) Mieris IV, S. 656.
4i4i ) Mieris IV, S. 073.
4r ' 7 ) Mieris IV, S. 716.
488 ) Mieris IV, 942.
v») Vergl. auch für die spätere Zeit die Quellenangaben bei Güldeinont
„diss. de jur agg. . . .“ 1837. (1656 Reglement; 1759 Ordination von den
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h) die Swjjndrechtsche Waard.
Die sämtlichen Urkunden, welche sich auf diese Waard
beziehen, sind von Nibbelink (,T. de Wal) zusammengestellt.
Natürlich haben nicht alle für das Deichrecht Interesse. Nur
die deichrechtlichen, welche wichtig sind, werden im folgenden
aufgeführt. 460 )
1. 16. Mai 1325 Vertrag Wilhelms mit Heinrich von
Brederode 401 ) nebst seinem Versprechen vom 14. Scpt. 13 2 5*. 402 )
2. 19. Nov. 1331 Verkündigung Wilhelms. 403 )
3. 18. März 1331 Verordnung Wilhelms. 404 )
4. 16. Aug. 1332 Deichordnung Wilhelms. 400 )
5. 8. April 1333. Wilhelm schlichtet den Streit zwischen
Riederambacht und Zwyndrecht. 400 )
6. 28. Sept. 1335. Deichrechte, gegeben von Wilhelm. 407 )
7. 12. Nov. 1337 Vorrechte und Handvesten. 408 )
8. 2. April 1374 Ordonnanien ter Gelegenheid van bet
overstroomen der landen van den Rieder waaret en den Zwynd-
rechtschen Waard* 409 )
9. 1386* und 1387* Beilegung der Streitigkeiten um Erde
und Soden mit benachbarten Landen. 470 )
10. 1430*, 1435*, 31. Dez. 1440* Ucbertragungen der
Deichgrafschaft. 471 )
Städten 1762 Neues Reglement von den Ständen der Provinz Holland; 1805
Deichverordnung).
t 00 ) Dabei werden die in gedachter Sammlung zuerst gedruckten mit
einem Stern versehen.
461 ) Mieris II, S. 361. Nibbelink Nr. 6.
4<a ) Nibbelink Nr. 7.
Mieris II. S. 507. Eyck 266. Oudenhoven S. 240. Nibbelink
Nr. 10.
t 64 ) Mieris II, S. 611. Nibbelink Nr. 11.
<®) Mieris II, S. 534, Eyck S. 269, Oudenhoven S. 242.
Nibbelink Nr. 12.
4W ) Mieris II, S. 540. Nibbelink Nr. 16.
*&) Mieris II, S. 573. Nibbelink Nr. 23.
4e8 ) Mieris II, S. 601. Nibbelink Nr. 30.
4CB ) Nibbelink Nr. 66.
47 °) a. a. 0. Nr. 80. 84.
47 >) a. a. 0. Nr. 146, 154, 162, 163.
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11. 1438*, 18. Okt. 1440*, 20. Nov. 1440* Privilegien
betreffend die Anstellung von Deichbeamten. 478 )
12. 8. Aug. 1484* Verordnung betreffend eine gleiche
Verteilung der Deichlast. 478 )
13. 21. Aug. 1563. Philipp „beleent aan de stad Dord-
recht voor zeschonderd guldens het regt tot het aanstellen van
eenen Dyckgraal in den Zwyndrechtschen Waard, wanneer de
Ambachtsheeren wegen de verkiezing, onderling niet kunnen
overeenkomen“. 474 )
14. 15. Mai 1564 Ausspruch betreffend das Anstellen eines
Deichgrafen*. 4 ”)
B. L a n d van A r k e 1, Land van H e n s d e n,
Land van V o o r n e, Land van Putten, Gouda.
1. Für Arkel führen wir vor allem die Deiclircgeln Johanns
von Arkel für den Dieffdyk von 1284 an. 478 )
2. Für Heusden kommt der Vertrag zwischen Herrn
von Heusden und Graf Floris betreffend die Behauung über den
Hoofdyk von 1273 in Betracht. 477 ) Erwähnenswert ist auch
der Vertrag mit Herrn von Heesben von 12 7 7. 478 )
3. Für Voor ne sind heranzuziehen die Schenkungsurkunde
von 1220, 47 *) die Ordnung der Abtei Does von 1237, 4 '* 1 ’) das
47ä ) a. a. 0. Nr. 156, 160, 161 .
473 ) a. a. O. Nr. 168.
474 ) P. H. van de Wall .Handvesten der stad Dordrccht“ S. 1268 ,
Nibbelink Nr. 181.
47r >) Nibbelink Nr. 182. — Nr. 189 giebt die Formel einer Scliau-
liegung. — Für das 17. und 18 . Jahrhundert vergl. die Urkunden Nr. 204
(auch bei de Wall S. 1084), 206», 207 (de Wall S. 1899), 208», 210*, 211 *.
476 ) Uergh II, 498. Es ist dies wohl der Diefdeich der Alblasser-
waard in seiner Fortsetzung. Vergl. oben A. 452. — Vergl. auch die
Urkunde von 1397 (Mieris III, S. 660). — Nach Dreyer S. 27 Nr. IX.
giebt es eine Sammlung der Deichrechte unter dem Titel: Jtay-Keuren van
Dykgraf ende booge Heemraden vau dem Laude van Arkel.
477 1 Bergh II, 248.
47B ) a. a. O. 335. Vergl. auch Bergh II, 843.
479 ) Bergh I, 269.
4SI ) Bergh I, 362.
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i (
Privileg Heinrichs von Voorne an seine Lehnsleute von 1255, 4 * 1 )
die Urkunde von 1413 betreffend die Eindeichung von Goorsen. 48 ')
4. Was deichrechtliche Verordnungen des Herrn von Putten
aulangt, so sind insbesondere die von 1315 4sa ) und 1412 m )
erwähnenswert.
5. Für Gouda vergleiche die Verordnung von 1413 und
das Privilegium aus demselben Jahre. 4 *')
Im Uebrigen sind die Herren dieser Länder und die Stadt
Gouda bei verschiedenen Deichen oder Waarden Südhollands
beteiligt, und es beziehen sich viele für Südholland angeführten
Deichordnungeu auch auf sie.
C. S c h i e 1 a n d.
1. 1281 Verordnung des Grafen Floris betreffend die
Deiche zwischen Schie und Gouwe. 48 *)
2. 129!) Schutzbrief des Grafen Johanns für die Heemraden
von Scliieland. 4 * 7 )
3. 1395/96 Verordnung für Schieland betreffend die Deich-
beamten. 4 * 8 )
D. D e 1 f 1 a n d.
1. 1348 Befehl Wilhelms an die Heemraden von Defland. 48 *)
2. 1379 Verordnung an die Heemraden von Delfland 4 ** ***) )
betreffend das verspätete Land.
3. 1386 Verordnung an die Heemraden betreffend die
Ersatzwahl für einen verstorbenen Heemrad. 4 ’")
**) Bergh 1. 609.
Mieris IV. S. 223.
**>) Mieris II. S. 151.
***) Mieris IV. S. 221.
, * e6 ) Mieris IV. S. 224. 225. Das letzte Privileg gehört in das
Gebiet von Gauderack und Haestrecht.
•"“l Bergh II, 422.
«w) Bergh II, 1060.
***) Mieris III, S. 639. — Vergl. Dreyer S. 27, Nr. V. „Keuren
ende Ordonantien van t’ Heetnradchai> van Schieland mit der Gevolge van
Dyken“. Rotterdam 1623, 1044, 1690, 1730.
**“) Mieris H, S. 750.
<**) Mieris III, S. 354.
m ) a. a. O. S. 441.
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78
4. 1391 Neue Verordnung betreffend die Deichbeauiteu. 498 )
E, R h y n 1 a n d.
1. 1251 Erlaubnis Wilhelms II. betreffend die Eindeichung
des Abtes von Rjjndsburg. 493 )
2. 1253 u. 1255 Urkunden betreffend den Sparendamm. 494 )
3. 1285 Deichordnung Floris für den Sparendamm. *•*)
4. 1361 Bestätigung der Privilegien der Heemradschaft
von Rhjjnland; 49 ®) ebenso 14U7 49? )
F. Amstelland.
a) Der Diemer Zeedyk.
1. 1307 Verordnung des Bischofs von Utrecht für Am-
stelland. 4flS )
2. 1423 Verordnung Johanns 49 ®)
3. 1436 Aussprache und Ordonnanz Hugos von Lenoy.* 4 ")
4. 1446 Herzog Philipps Verordnung betreffend das
„Seventuyg' 4 .** 1 )
5. 1452 Die Verpflichtung Philipps.' 198 )
6. 1466 u. 1467 Verordnungen betreffend das Paalwerk.' 93 )
492 ) a. a. O. 8. 584. — Vergl. ferner Bergh I, 388; Mieris 111,
S. 503, 566.
*») Ilergh I. 534.
4!M .) Bergh 1, 8. 306, 330.
«*) Bergh H, Nr. 583.
4 “) Mieris III. S. 135.
4W ) Mieris IV, S. 65. — Vergl. ferner Mieris II. S. 086; UI, S. 139,
500, 793. — Fiir die neuere Zeit: Keuren ende Ordonnantien van t' Heem-
radschap van Kynland, ghemaokt by Diickgrave ende Hooghe Heemraden
desselfs Landts; Graven Hagiie 1596, 1610, 1629, 1667. Die Ausgabe von
1629 ist auf der Kgl. Bibliothek zu Berlin hinter Eycks „Beschryvingke
van Zuyt-Holland* geheftet.
4S8 ) G. Utr. Placaatboek. II, S. 1. Mieris II, 8 . 65.
49 ») Mieris IV, S. 687; Gr. Utr. Bl. II, 8. 1.
M0 ) a. a. O. S. 2.
■KJ a. a. Ü. S. 5.
»“) a. a. 0. 8. 7.
m ) a. a. 0. S. 7. 8.
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79
7. 1485 Verordnung Maximilians und Philipps. 50 *)
8. 1509 Verordnung Maximilians und Karls. 5 "-')
b) Die Verordnung des Ritters Coen van Oosterwyk
betreffend einen Sommerdeich bei Amsterdam. 508 )
G. Kennemerland.
1. 1212 Schenkung Wilhelms I. bezüglich der Slikken vor
dem Deich zwischen Alkmaar und Bergen. 507 )
2. 1250 Abt von Egmont giebt Deichländer in Erbpacht. 508 )
3. 1251 Abt von Egmont ordnet die Rechtsverhältnisse
der Erbpächter bei Popswoude. 500 )
4. 1288 Deichordnung des Baljus von Kennemerland und
Wilhelms von Harlem betreffend den Deich zwischen Outgotskoghe
und Linnen. 510 )
5. 1357 Handvestandie„inKrommenyerdaragelandzyn“. 5U )
6. 1357 Befehl Wilhelms an die unter dem Krom-
menyerdam. 51 *)
7. 1395 Befreiung der Leute von Ouddorp. 513 )
8. 1401 Albrechts Privileg an die von Grode. 514 )
“*) a. a. 0. S. st.
**) a. a. 0. S. 11. Vergl. ferner die Verordnungen von 1591 (a. a. 0.
S. 15) die Resolutionen von 1686 (a. a. 0. S. 16). lieber uytboesinige
siehe die Conventionen und Verhandlungen der Jahro 1790 und 1721
(S. 17 ff.) In B. II. der Fortsetzung des l’lacaetboeks linden sich noch
Beschlüsse und Proteste von 1683, Resolutionen von 1697, 1704, 1715, 1755,
die Instruktion von 1714. — Vergl. auch das 1711 gemachte Deichregister
im Placaatboek S. 26 ff. Das Zeugnis des Deicligrafcu und der Deich-
schöffen von 1509 (S. 12) und die Deichscheidung von 1450 (S. 6).
a *) Mieris III. 8. 734. Vergl ferner die Urkunden von 1388
(Mieris I1L 8 . 500), 1387,88 (Mieris 111 8 . 484), 1390 (8. 565), 1399
(S. 712), 1423 (Mieris IV. S. 613).
507 ) Bergh I. 227.
50e ) Bergh I. 533.
Bergh I. 545.
61 °) Bergh II. 641.
6n ) Mieris III. 8. 30.
B12 ) Mieris III. S. 36; Oroot Placaatboek für Holland II. 1631.
51S ) Mieris III. 8. 704.
5H ) Mieris III. S. 737.
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80
9. 1401 Verordnung für Schoorle.® 1 *)
10. 1407 Ordonnanz an die Heemradeu.® 1 ®*)
11. 1414/15 Wilhelm verpachtet seine Vronlande an die
Bauern von Koedyk.® 1 ")
12. 1422 Verordnungen betreffend den Hugendeich.® 17 )
13. 1422 Ordnung lur den Schorelsehen Deich.® 18 )
14. 1422 Verordnung und Ordonnanz für Kcunemerland.® 19 )
H. Westfriesland.
a) In Betracht kommen allgemein das Laudrecht von
1299®“) und die Befehle von 1321, ® 51 ) 1323® 48 ) und 1326®”)
b) Drechterland.
1. Verordnung von 1298.® 24 )
2. 1366 Privileg an die Drechterländer.* 2 ®)
3. 1380 Privileg an Drechterland.® 4 ®)
4. 1381 Verordnung Albrechts, die mit der Verordnung
vou 1380 für Euchuyzen übereinstimmt. ® iJ )
5. 1387 Verordnung für Drechterland. ® ss )
® 15 ) Mieria III. S. 73S.
® 15 *) Groot riacaetboek für Holland II. 1038.
51 «) Mieria IV. S. 320.
H7 ) Mieria IV. S. 613.
MB ) Mieria IV. S. 635.
® 10 ) Mieria IV. S. 645. — Vergl. ferner daa Landrecht von 1292
(Bergh II. 816) und die Urkunden von 1280 (Bergli II. Anhang 63),
1328 (Mieria II. S. 470), 1387 (Mieria III. S. 465), 1413/14 (Mieria IV.
S. 278), 1422 (S. 667), 1424 (S. 743). — Für Alkmar kommen in Betracht
die Handveaten von 1455 und die Verordnung von 1558 (Haudveaten enz.
der Stadt Enchuiaen. 1667. S. 26, 49.
i4 °) Bergh II. 1098.
m ) Mieria II. S. 264.
522 ) Mieria II. S. 311.
m ) Mieria II. S. 394.
M ) Bergh. II. 1048: Haudveaten enz. der Stadt Enchuiaen enz. S. 49b.
m ) Mieria III. S. 190.
® äli ) Mieria III. S. 369; Haudvesteu ... S. 52b.
® 27 ) Mieria III. S. 378.
w ) Mieria UI. S. 480.
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81
6. 1401 und 1402 Deichrecht von Dreckterland. 5 **)
7. 1440 Erlaubnis zum Eindeichen der Groote Ness. MU )
c) 1330 Deichverordnung für Wieringerland. 531 )
d) Medemblik, Enchuizen, Horn.
1. In Betracht kommen die Handvesten von 1359, S3i )
1380, 533 ) 1382, 534 ) die Privilegien und Verordnungen von
1397, 53Ä ) 1401, 538 ) 1404, 537 ) 1412, 1423. 588 )
2. Hervorzuheben ist die Handveste Maximilians für die
Oostei-Dyekgraefscliap by Medenblick vom 14. Febr. 1492, 53 ®)
die neue Dcichordnuug Maximilians von 1495 wo ) und die Deicli-
ordonnauzen von 1497 und 1499. 541 )
I. W a t e r 1 a n d und Oostzaanen.
Anzuführen sind die Verordnung des Rates von Holland
für den Deich bei Oostzaanen von 1408, 542 ) die Schlichtungen
der Streite zwischen Watcrland und Oostzaanen von 1407 und
1410. 543 ) Das Deichrecht für den Oostzaaner Schinkeldeich
Mieris Ili. S. 750.
“"J Handvesteu . . . S 50 b.
Ml ) Mieris 11. S. 502. Yergl. ferner das Oktroi für Wieriugen von
1507 (Groot l’laeaetboek für Holland 1L, 1692).
**•) Mieris 111 8. 91; llaudvesteu ... 8. 14.
sas ) Mieris 111 . S. 364; Handvesten ... 8. 15.
!iU ) Mieris ILI. 8. 3S4; llaudvesteu ... S. 15.
636 ) Mieris 111. S. 654; Handvosteu ... 8. 16.
630 ) Mieris 111 S. 751; llaudvesteu . . . S. 18.
M7 ) Mieris IV. 8. 8; Handvesten . . . S. 18.
MB ) Handvesten ... 8. 19, 21.
*•) Handvesten . . . S. 44.
“**) Handvesten . . . S. 49.
M1 ) a. a. O. 8. 55 ff. — Für die spätere Zeit sind insbesondere an-
zuführen dio Aussprachen von 1640 (a. a 0. 8. 109. 8. 111). Die Verträge
von 1650 und der Akkord vou 1561. Für Medenblick vergl. auch die
Handveste von 1404 (S. I3 b ) u. Mieris III. 8. 369, 756; für Enchuizen
Mieris II. 8. 386 und Mieris IV 7 , 8. 667; für Hooru Mieris IV, 8. 197;
für alle drei Städto die Verordnungen von 1422 (Mieris IV, S. 630). —
■* l ) Mieris IV, 8. 113, üroot PI. für Holland II, 1646.
54S ) Groot Placaatbock für Holland II, 1646. Mieris IV, 152.
J. Q i e r k e , Geschieht« des deutschen Deicbrecbt«. 6
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82
von 1414 * 44 ) und das Deichrecbt ffir Ydoren in Waterland von
1422.* 4 *)
IX. Von deichrechtlichen Quellen Seelands sind bei
chronologischer Anordnung folgende zu nennen:
1. 1147 Deichanordnung für Südbeveland. 646 )
2. 1290 Einzelne deichrechtliche Bestimmungen in den
Landrechten für Seeland.* 47 )
3. 1291 Bestätigung einer Deichmessung auf Walcheren
von Floris.* 48 )
4. 1291 Weisung für Schouwen.* 41 ’)
5. 1325 Pachtvertrag bezüglich des Neulandes bei Voor-
trappen.** 0 )
6. 1327 Deichrecht für Nordbeveland.** 1 )
7. 1331 Verordnung für Middelburg. 4 **)
8. 1340 Deichverordnung für Nordbeveland.***)
9. 1358 Erlaubnis Albrechts betreffend eine neue Be-
deichung auf Nordbeveland.** 4 )
10. 1374 Urkunden betreffs Neueindeiclmng auf Seeland.***)
11. 1376 Ordonnanz für Westcinde von Borselen (Middel-
burg).** 8 )
12. 1400/1401 Befehl zur Eindeichung auf Seeland. 657 )
64 t) (iroot Piacaatboek für Holland II, 1647.
**) Mieris IV, S. 613. — Im übrigen siebe Mieris II, S. 470,
Mieris III S. 712 (Amstellaud und Waterland), IV, S. 227 und 630 ff. —
Betreffs der neueren holländischen Quellen vergl. A. 363.
M# ) Bergh I, 127.
UT ) Bergh II, 747, 748.
**“) Bergh II. 761.
M!> ) Bergh II, 762. Die neueren Keure von 1327 bei Mioris II,
S. 418; die neuste von 1493.
““J Mieris II, 8. 368.
““J Mieris 11. S. 420.
*“) Mieris II. S. 517.
™) Mieris II. S. 634.
«*) Mieris Ul, S. 67.
***) Mieris III, S. 291.
***) Mieris III, S. 320.
“ 7 , Mieris UI, S. 733.
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83
13. 1410 Oktroi für das Gebiet nördlich von Tholen. 888 )
14. 1411 Deichverordnung für Walcheren.**®)
15. 1413 Anstellung eines Deiehgrafen auf Walcheren."® 0 )
16. 1417 18 Vidiuius der Stadt Middelburg.* 91 )
17. 1421/22 Bewilligung an den Ambachtsherrn von
Vosmer. 8 ®*)
18. 1423 Deichordnung für Schouwen.*® 3 )
X. Ueber das alte Deichrecht in Flandern geben
Auskunft:
1. Der Keurbrief der Chatelenie von Brügge von 1190
§ 19.*®*)
2. Die Erteilung einer Wassergerechtigkeit von 1239.*®*)
3. Die Kenre der vier Ambachten von 1242 Titel XXIII
u. XXI V.*® 9 )
4. Das Privileg an die Stadt Ardenburg von 12 7 9.* 67 )
0®) Mieris IV. S. 156.
“•l Mieris IV, S. 188.
<») Mieris IV, S. 225.
MI ) Mieris IV, S. 479.
Mieris IV, S. 613.
563 ) Mieris IV, S. 698. — Für die neuere Zeit ist hinsichtlich Hollands
nud Seelands hiuzuweisen auf die Verordnung von 1516 (Groot l’lacaatboek
für Holland II. 2966), die Surcheantie in Dykagien in Holland (a. a. O.
II, 2978), die Ordre teegeus abuiseen van de Dykagie in Walcheren von
1561 (a. a. O. II, 1824), die Ordre für Walcheren von 1561 (a a. O. II.
1825), die Ordre tot vorderinge van de Dykagie in de Sype von 1565
(a. a. O. II, 1653), die Missive van de Finantie op de reparatie der
Dyken (a. a. 0. II, 1820), das Placaat op de reparatie van Dyken von
1570 (a. a. 0. II, 1817). Aus dem 16. Jahrhundert sind Oktrois aus den
Jahren 1593 (a. a. O. II, 1848), 1595 (a. a. 0. II, 1857, 1860), 1596
(a. a. O. II, 1673, 1685) 1597 (a. a. O. II, 1597), 1598 (a. a. 0. II, 1793,
1868) anzuführen. Für die neuste Zeit siehe Cau en Scheltus „Groot
Placatboek van Holland en Zceland“ (1658—1796) insbesondere dl. II.
***) Warnkönig „Flandrische Staats- und Rcchtsgesehichte“ II, 1
Urkundenbuch S. 86.
598 ) a. a. O. III, Urkundenbuch Nr. 85.
m ) a. a. 0. II. 2. Urkundenbuch S. 196.
597 ) a. a. 0. Nr. 145.
6 *
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5. Die Schlichtung des Streites zwischen Brügge, Dam und
einigen Grundeigentümern von Remboudswerf im Jahre 1288. 8 " 8 )
a®) a. a, 0. II. 2. S. 15. — Vergl. ferner a. a. O. III S. 77 (Schenkung
des Habbekines Polder 1218). Auf das Schleusen- und Siel-Recht nehmen
Bezug die Keure vou Waes von 1241 (a. a. O. II, 2 Nr. 220, § 32) und
die Keure von Eeclo und Caprike von 1240 (a. a. O. Nr. 232 §§ 9, 10).
Für die neuere Zeit findet sich einiges in den Costumen von dem Lande
vou den Freien (art. 8. 61 bei van den Hane „Costuymen van Vlaendem“
Gent 1664 I. S. 131, 171) und in den Costumen von Broucburgh von 1587
(a. a. 0. II, S. 669; Tit. 17 art. 5 u. Tit. 18, art. 6).
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Die erste Periode.
Erster Abschnitt.
Die Anlage von Deichen.
§ i.
Allgemeines.
Die Frage, wer die ältesten Deiche erbaut hat und was
die Veranlassung zu ihrer Anlage gewesen ist, kann nur richtig
beantwortet werden, wenn man sich eine ungefähre Vorstellung
von der Beschaffenheit der Gebiete macht, welche mit Deichen
eingefasst wurden. Auch für eine Betrachtung der späteren
Deichanlagen, ist dies erforderlich. Die ältesten und wichtigsten
Deichländer sind die Marschländer. Diese Marschländer sind
erdige Anschwemmungen, welche von Flüssen oder Meeren oder
von beiden gemeinschaftlich gebildet werden und einen land-
wirtschaftlichen Nutzen versprechen. 1 ) Verfolgt man diese all-
mähliche Aufschlickung, so lassen sich, wenn von einer Ein-
deichung abgesehen wird, zwei Stadien unterscheiden, die in
Bezug auf eine landwirtschaftliche Verwertung von Wichtigkeit
sind. Liegt die Marschfläche dem Flutwechsel ausgesetzt, weit
unter der ordinären Fluthöhe, so giebt sie entweder gar keinen
Nutzen ab oder gewährt nur Schilf und Gras. Zur eigentlichen
Viehweide ist sie untauglich, da das Vieh auf solch über-
schwemmten Weiden ohne Nachteil für seine Gesundheit nicht
weiden kann. Hat die Marschfläche die Höhe der ordinären
Flut erreicht oder überstiegen, so eignet sie sich vortrefflich
zur Viehweide, wenn schon von Ackerbau kaum die Rede sein
*) Tergi. Auhagen § 1. — Man muss sich hüten, den höchsten
Wassers tand zum Massstab für den Unterschied zwischen Marsch und Geest
zu machen. Ueber die friesischen Marschen und den Charakter des Marsch-
bodens siehe Meitzen II. S. 2 ff 8 ff.
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kann.' 2 ) An ein Bewohnen der Flächen erst gedachter Art
darf nicht im entferntesten gedacht werden. Etwa sich dar-
bietende Sandbänke oder natürliche Hügel sicherten nicht ge-
nügend gegen die Flut und einen besonderen Reiz konnte das
Wohnen inmitten des unergiebigen Landes nicht ausüben.
Anders stand es bei den höheren Weidemarschstrichen, den
reifen Harschflächen. Bei ihnen war ein Wohnen auf natür-
lichen oder künstlichen Hügeln nicht ausgeschlossen. Dass ein
solches teilweise vor der ersten Eindeichung stattgefnnden hat,
beweist die Schilderung des Plinius, die bereits oben besprochen
ist. 3 ) Ihre Entstehung verdanken diese Wurtdorfer der Nord-
seeküste hauptsächlich der Ansiedlung auf Viehtrankstätten. 4 )
Die ersten Ansiedler, welche sich unzweifelhaft auf dem trockenen
Geeststreifen zwischen der Harsch und den Hochmooren nieder-
gelassen hatten, benutzten die Geest zum Ackerbau, die Weide-
marschstriche zur Viehweide. Da nun aber die Heerden auf
der Harsch des Trink wassers entbehrten und auch den Ueber-
schwemmungen stark ausgesetzt waren, so errichtete man Kreis-
dämme, deren Inneres zum Sammeln des Regenwassers diente
und auf deren Böschungen das Vieh flüchten konnte. Allmählich
verlegte man auf diese Dämme auch die Wohnsitze, es ent-
standen auf ihnen ganze Ortschaften/') Neben diesen An-
siedlungen auf Trankstätten gab es vor der Eindeichung auch
Besiedlungen künstlicher Erhöhungen, die nicht des Viehs wegen,
sondern gleich zur Bewohnung für Henschen angelegt waren.
Auch an ein Niederlassen auf natürlichen Erhebungen und
Flächen die besonders geschützt lagen, darf gedacht werden.
Auf alle Fälle hat man sich die Besiedlung der Harschen vor der
Eindeichung als äusserst gering vorzustellen. 8 ) Auch waren es
2 ) Vergl. W. C. Hübbe „Erläuterungen zur historisch-topographischen
Ausbildung des Elbstroms und der llarschinseln bei Hamburg“ 1869 S. 10.
— Zwischen beiden Stadien giebt es natürlich sehr viele Zwischenstufen.
3 ) Siehe Einleitung § 1 II.
4 ) Vergl. zu folgendem Meitzen II. S. 36. 37.
6 ) Meitzen H. S. 37; III. S. 268; Atlas. Anlage 87. Hier ist das
auf einer Trankstätte erbaute Dorf Itysurn bei Emden dargestellt.
°) Vergl. Meitzen II. S. 7 u. 37. Freilich findet sich bei Meitzen
hier ein Widerspruch; S. 7 sagt er: .Jede Vorstellung von den Zuständen
der vorkaroliugischen und überhaupt der ältesten Zeiten muss indess notwendig
davon ausgehen, dass die Marschen uneingedeicht dalagen. Solange deshalb
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Ö9
keine Wohnsitze, die gegen Ueberschwemmungen ganz gesichert
waren, sondern Plätze, die der Wassersgefahr, wenn auch in
beschränktem Masse ausgesetzt blieben. 7 ) Es giebt ausserdem
Deichländer, die keine Marschländer sind. Dahin gehören
Landstrecken und Suinpfländer längs der Ströme, die mit einer
Anschwemmung nichts zu thun haben. Die Frage, ob sie be-
wohnbar und bewohnt waren, lässt sich nicht allgemein beant-
worten. Dahin gehören die Moore, deren Kultur oft der Anlage
von Deichen bedarf. 8 ) Die Deichländer der ersten Periode aber
sind hauptsächlich die Marschländer und unter jenem Namen
diese vorzugsweise zu begreifen. 9 )
die Flutli an Mangel solchen Schutzes die Marschfläche unberechenbar über-
schwemmen konnte, war nur die Geest bewohnbar“ — und S. 37 heisst es :
es „ist anznnehmen, dass es auch schon vor der Vollendung der Seedeiche
Sitte wurde, Orte auf solche Hohen in dio Marschen hinauszubauen. Schon
Plinius berichtet dies von den Chnuken“.
7 ) A. M. Auhagen §§ 3. 4.
8 ) Siehe Meitzen S. 33. Mitunter lagert unter Moorbodon Marsch-
boden. z. B. in Hadeln. Vergl. Auhagen Abh. II. A. III. a. E
9 ) Im Gegensatz zu den vorstehenden Ausführungen stehen die Dar-
stellungen der juristischen Schriftsteller, indem in ilmew das, was sich für
uns als Ausnahme ergab, zur Regel gestempelt wird, ja sogar zur Regel
ohne Ausnahme, nämlich das Wohnen auf den Deichlanden vor der ersten
Anlage von Deichen. Meistens nimmt mau dies als ganz selbstverständlich
an; mitunter wird es zwar nicht direkt ausgesprochen, liegt aber dem
Gedankengang der Schriftsteller zu Grunde. Ganz deutlich spricht sich
Anschiitz S. 142 aus: „Wer war es nun, der diese ältesten Deiche erbaut
und unterhalten hat? Sind sie freier Privatthätigkeit der Einzelnen zu
verdanken, die. jeder für sich darauf bedacht waren, durch Aufschütttung
des Dammes ihr Erb und Eigen (!) vor der Flut zu schirmen? Gewiss nur
selten und ausnahmsweise der Regelfall ist vielmehr der Deichbau
durch vereinte Kraft und Thätigkeit, durch das planmässige Zusammenwirken
aller, die in einer und derselben Niederung ansässig waren, (!) also gemeinsam
den Schutz des Deiches genossen*. Das Nähere wird sich in § 2 ergeben.
An ein Wohnen auf den Deichlanden in umfangreicher Weise ist aber nur
dann zu denken, wenn man, wie dies Auhagen thut, die ganze Nordseeküste
mit Warfen Ubersät. Gegen eine solche Annahme vergl. oben Einleitung
§ 1 II, ferner Meitzen II. S. 7, 37., Hübbe a. a. O. Es ist auch
namentlich zu beachten, dass eine sehr grosse Anzahl derWurten erst nach
der Eindeichung entstand. (Meitzen S. 37).
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Die älteste Zeit.
Handelt es sich somit in der ältesten Zeit bei den Deich-
anlagen meistens um noch nicht besiedelte Landstrecken, so
sind doch auch die Eindeichungen solcher Flächen zu beachten,
die vor ihnen bereits besiedelt waren. Schon aber ist klar,
dass die Deichanlagen um unbesiedeltem und besiedeltem
Boden in einem gewissen Gegensatz stehen müssen.
1. Ursprünglich war die rechtliche Beschaffenheit aller
Marschländer derart, dass sie unbewohnt entweder als herren-
loses Land galten oder den Marken grösserer oder kleinerer
politischer Verbände gleichstanden. Somit stellt sich jede Be-
siedlung vor der Eindeichung, wie sie als möglich und that-
sächlich geschehen geschildert wurde, 1 ) als Besitznahme herren-
losen Landes oder als Landnahme in der Mark dar, ausgehend
von einer Genossenschaft von Ansiedlern, die sich räumlich
von einer älteren Siedlung ausserhalb des eigentlichen Deich-
landes trennte. In ganz analoger Weise fand später in den
vor einer Eindeichung uubesiedelten Deichlanden eine Besiedlung
statt, nur dass hier zugleich mit der Ansiedlung die Bedeichung
ins Werk gesetzt wurde. Hier bedeuteten die Deichanlagen ein
Siedlungswerk, Siedlung und Eindeichung waren eins.
Diese Eindeichungssiedluugen gingen aus von kleineren oder
grösseren Genossenschaften, die sich von solchen Verbänden ab-
trennten, welche ausserhalb der Deichländer fest angesiedelt waren.
Es waren sich abspaltende Siedlungen in Neuland, aber keine
') Vergl. § l.
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«II
Ansiedlungen von Verbänden wandernder Volksstämme. 2 ) Es
waren Genossenschaften, die zur Landnahme zwecks Ansiedlung
auszogen. Die in den ersten Jahrhunderten nach der dauernden
Sesshaftigkeit der Stämme um sich greifende Volksvermehrung
trieb zur Ansiedlung. Der Gedanke an Siedlung beseelte diese
Gemeinschaften, man wollte Haus, Hof und Feld gewinnen,
man wollte an sich gar nicht deichen, man vereinigte sich nicht
zu Deichgenossenschaften im späteren Sinn, sondern man deichte,
weil man sich ansiedeln wollte. Man ging jetzt sicherer und
zweckmässiger vor als früher, wo man einfach Hügel, Wurten
oder geschütztere Erhebungen zu Wohnsitzen wählte. Jene
alten Besiedlungen hatten den Nachteil, dass sie keinen allzu
grossen Schutz gewährten, vor allem war bei ihnen der Ackerbau
nur im beschränktem Masse möglich 3 ) und ein grösseres ge-
schütztes Areal nicht gegeben. Da wo der Marschboden hoch
aufgeschlickt war, lag der Gedanke an eine Einfassung des-
selben durch Dämme sehr nahe und war, weil die Deiche eben
wegen der Höhe der Deichländer keiner allzu grossen Höhe
bedurften, 4 ) nicht schwer zu verwirklichen. Durch solche
Deichanlagen konnte man grosse Flächen geschützten Landes
gewinnen und in umfassender Weise Ackerbau treiben, an den
man an den alten Siedlungsplätzen, von denen man auszog,
gewöhnt war. In Friesland hat man auch die Absicht, sich in
gleicher Weise anznsiedeln, wie früher auf der Geest, nämlich
in Einzelhöfen, 5 ) dabei mitgewirkt, dass man die den An-
schauungen der Bevölkerung widerstrebende Niederlassung in
geschlossenen Wurtdörfern aufgab und Deiche errichtete, welche
eine Besiedlung nach vereinzelten Gehöften erst ermöglichten. 6 )
Hier und da mag auch die Erkenntnis der grossen Ergiebigkeit
des Marschbodens in Bezug auf eine intensivere Getreidewirtschaft
s ) Die Bemerkungen Inama Sterneggs .Deutsche Wirtschafts-
geschichte“ B. I. S. 82 dürften daher in Bezug auf .Deiche“ und .Dämme“
nicht zutreffend sein.
3 ) Wenigstens vor der Ziehung von Deichen; vergl. nuten sub. 2.
*) Uebcr die Niedrigkeit der Deiche am Dollart im Jahr 1277 vergl.
.Tcgenwordiger Staat der Niederlanden“ IV. 22.
s ) Darüber siehe Jleitzou II. S. 3a.
6 ) Siehe Meitzen a. a. O.
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eine Rolle gespielt haben. Allein der Gedanke an ein speku-
latives Unternehmen lag den Siedlungsgenossenschaften fern. 7 )
Was sie wollten, war nicht blinkendes Gold, verschafft durch
den Absatz ergiebiger Marschprodukte, was sie wollten, war
eine Heimstätte. Ebenso wenig darf an eine Landnahme durch
den einzelnen allein zur Vergrösserung seines alten Eigen
gedacht werden. Eine Analogie würde bei dieser Annahme die
Kultivierung der Moore in Ostfriesland gewähren. Da torfte
jeder Eigentümer, der an ein Moor grenzte, in der Breite seines
Grundstücks das Moor aus, bis er auf den Kultivierer stiess,
der von der entgegengesetzten Seite ausging. 8 ) Bei den Marsch-
ländern lag die Sache aber anders. Hier stiess der einzelne
nicht an Marschboden direkt an, und eine Eindeichung von
seiten des einzelnen war deshalb unmöglich, weil sie, wenn sie
Erfolg haben sollte, seine Kräfte erheblich überstieg. 1 ’) Diese
Siedlungsgenossenschaften waren freie Genossenschaften. Selbst-
ständig bildeten sie sich aus der Bevölkerung heraus, ein Zwang
zum Anschluss fand nicht statt. Wer wollte, mochte sich dein
Wagnis anschliessen, denn ein Wagnis war es, aber kein ge-
schäftlich spekulatives Wagnis, sondern ein Kampf um ein neues
Dasein. Wo das Marschland freilich zur Mark gezählt wurde,
wird ein Beschluss des Markverbandes erforderlich gewesen
sein, um eine Neusiedlung zu gestatten. Handelte es sich um
das Marschland, das man, weil der menschlichen Herrschaft
anscheinend ununterwcrfbar oder für wirtschaftliche Bedürfnisse
kaum nutzbar, als herrenlos betrachtete, so fiel ein solcher
Siedlungsbeschluss der Muttergemeinden fort. In beiden Fällen
war es ein Werk des Friedens, in beiden Fällen war es
gleichsam ein Kriegswerk. Eine Gemeinschaft machte einen
Heereszug, nicht um andere Völkerschaften aus ihren Wolin-
7 ) Zweifelnd Meitze u S. 46: „Das Risiko bei allen Kulturarbeiten ist
zu gross, der Erfolg in seiner Dauer zu zweifelhaft, als dass niebt alle
grösseren Meliorationen als Unternehmen behandelt werden mussten, an denen
die Beteiligung freiwilliger Entschluss, und der Gewiun lediglich nach dem
Maassstab der Leistung bemesseu war. Üb auch schon die ältesten Ein-
deichungen und Kooge so entstanden sind, wird sich schwer entscheiden lassen“.
e ) Meitzen S. 31.
Auhagen S. 038.
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sitzen zu verdrängen, sondern um Siedluugsland abzuringeu den
Elementen. Darum vergleichen die Friesen die Erhaltung der
Deiche mit den Fehden gegen die Normannen,"') darum sind
Spaten und Gabel ihnen die Waffen gegen die salzige See, 11 )
darum gehören Spaten und Forke zum Heergewede 1 *) und der
Deich selbst erscheint als Festung gegen einen Feind, als
Seeburg. 13 ) Wer sich dem Zuge angeschlossen hatte, war der
genossenschaftlichen Gewalt unterworfen. 14 ) An Vorstehern
der Genossenschaft kann es nicht gefehlt haben. 15 ) Sie waren
Heerführer und Leiter sich bildender Gemeinden. Mau Hess
sich zunächst provisorisch auf Hiigelu oder geschützteren Orten
nieder. Dann schritt man zuerst zur Anlage der Deiche und
nahm dann erst eiue Verteilung des Grundbesitzes vor. 18 ) Ehe
nämlich der Deich errichtet war, konnte man in damaliger Zeit
an eine Regelung der Grundbesitzverhältnisse nicht denken, weil
man die Richtung dos Deiches erst ausprobieren musste; zudem
trat der Deichbau deshalb in den Vordergrund, weil Be-
schleunigung geboten war, indem eine Flut die Arbeit von Tagen
und Monaten zerstören konnte. 17 ) Zum Deichbau verpflichtet
war jeder Genosse, der sich dem Zuge angeschlossen hatte. Die
Deichbaupflicht war eine genossenschaftliche; man
deichte als Gesamthänder ; jeder hatte nach Massgabe seiner
persönlichen Arbeitskraft Dienste zu leisten. Wer nicht wollte
deichen, musste weichen, d. h. er konnte sich nicht mit ansiedeln.
So war die Deiehbaulast zunächst eine persönliche Ver-
pflichtung; sie enthielt aber schon einen dinglichen Kern. Mit der
Deichziehung nämlich hatte die Gesamtheit Besitz von dem Lande
10 ) Küre X. bei Richthofen S. 19: „sa mugu wi behnlda use lonil and
usa liode, with thot lief and with thene northbiri, ief us god helpa wili*.
Vergl. auch „Gesetze der RUstringer“ a. a. 0. S. 122, 25.
u ) Richthofen S. 388, IG. 44t, 2 t.
Jä ) Siehe Pufendorf III, app. S. 6 u. 21 (Amt Hagen).
’ 3 ) Vergl. die Ci täte in Richthofens „Wörterbuch“ unter „seburch“
u ) Vergl. auch Lamprecbt „Deutsche Geschichte“ B. Hi. S. 325 ft'.
Aehuliches können wir ebenfalls für die ältesten Deichanlageu aunebmen.
,5 ) Es waren dies aber noch nicht die Heetnraden oder Geschworenen
(Lamp recht a. a. O. S. 326). die erst später auftreteu.
16 ) Uebereinstimmend v. ThUuen S. 11. Siehe oben A. 18.
17 ) Vergl. auch Meitzen a. a. 0. S. 6.
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ergriffen und der einzelne besass einen noch unausgeschiedcnen
Auteil am Land. Und als solch dinglich Berechtigter war er
dinglich zum Deichbau verpflichtet. 18 ) Wahrscheinlich ist es, dass
man zuerst die reifen Marschflächen einzudeichen begann. Hier
waren wegen ihrer Höhe nur kleinere Deiche aufzuwerfen. Sie
waren dann so gross, wie die durchschnittlichen Sommerdeiche.
Näherten sich die Marschflächen den unreifen Marschstricheu,
und fing man an, sie zu bedeichen, so waren grössere Deiche,
Winterdeiche, erforderlich. Letztere bedurfte man insbesondere
dann, wenn die Ansiedlungsgenossenschaft die Wintersaaten
kannte und an wenden wollte. War dies nicht der Fall und
gewährten Höhen der Fläche geschützte Plätze für die Gründungen
der Dörfer, so konnte man sich mit Sommerdeichen begnügen. 19 )
Nach der Eindeichung ging man an eine definitive Bestimmung
der Wohnplätze und eine Verteilung des Grundbesitzes. Nun
spalteten sich aus der Ansiedlungsgenossenschaft regelmässig
mehrere kleinere Gemeindebezirke oder Dörfer ab. Eine gemeine
Mark konnte bestehen bleiben oder den kleineren Bezirken
eigene Marken ausgeschieden werden. Die Grundstücke, welche
die einzelnen Genossen zugeteilt erhielten, waren ganz unregel-
mässiger Natur. Man verteilte den Boden nicht streifenförmig,
sondern blockartig. 20 ) Die Gräben, welche die einzelnen Par-
'*) Daher nicht richtig Tliiinen S. 11. Er hält die Deichbaulast
für eine persönliche Verpflichtung und übersieht ihren dinglichen Kern.
Z. X. kommt dies daher, dass Tliiinen meint, dass auch eine Besitznahme des
Landes vor der Deichanlage uiekt möglich gewesen sei. Allein die Gesamtheit
hatte doch Besitz. Sichtig ist, dass die Verteilung des Landes erst nach
der Bedeichung geschah. Siehe oben A. 11.
19 ) Ausgeschlossen ist auch nicht die vorherige Errichtung künstlicher
Hügel. — Sommerdeiche gewähren gewöhnlich den Wintersaaten keinen
Schutz: allein oft wird ein Sommerdeich doch diesen Zweck erfüllen, wenn
das Marschland sehr hoch liegt, z. B. werden die Deiche am Dollart im
Jahre 1277, welche Sommerdeiche waren, Winterfrucht geschützt haben.
Vergl. oben A. 4.
®) Vergl. Meitze u S. 30. Wir finden diese blockartige Aufteilung
in Ost-, Westfriesland und Holland in weitester Verbreitung (a. a. 0.
S. 38 ff.). Sie ist jedenfalls der Rest der älteren Ansiedlungeii. Keines-
wegs aber hat sie nur bei den vor der Eindeichung bereits besiedelten
Landstrichen stattgefnnden. Auch bei diesen trat sie erst nach Anlage der
Deiche ein, indem vorher alles Land als Weideland gemeinsam benutzt
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zellen trennten, zog man eben durchaus im Anschluss an die
zufällige natürliche Abdachung des Landes und au die ursprünglich
vorhandenen Wasserläufe. 21 ) Dabei ergab sich, dass die eine
Parzelle an den Deich stiess, die andere nicht. 22 ) So bedeichte
also der einzelne nicht sein Grundstück, 23 ) auch erdeichte cs
nicht der einzelne, 24 ) sondern jeder einzelne erdeichte als
Mitglied der Ansiedluugsgenossenschaft mit eine Ge-
samtfläche, in der sein Grundstück liegen sollte. Im
Hinblick auf die spätere Entwicklung ist es wichtig, drei ver-
schiedene Arten von Siedlungen zu unterscheiden:
a) Inselsiedlungen sind solche Siedlungen, bei denen
sich Genossenschaften auf Inseln niederliessen, indem sie
sie mit Deichen umzogen. Gewöhnlich ging man hier von der
Mitte der Insel aus, weil sie häufig der höchste und trockenste
Punkt war. 25 ) So entstanden Inselgemeinden.
b) Randlandsiedlungen sind solche Siedlungen, bei
denen die Genossenschaft sich lediglich am Rando einer Deich-
landsfläche niederliess, und ein Teil der Marsch zwischen dem
anderen Land (der Geest) und dem besiedelten Strich als un-
besiedeltes Marsch- und Sumpfland liegen blieb. Die Auf-
schlicknng des unbesiedelten Striches zu reifem Marschland
wurde natürlich da, wo dieser Prozess noch nicht vor sich ge-
wurde. Ein Grund, diese Einteilung bei den Siedluugsdoichanlagen (§ 2
sub. 1) nicht auzuuehmen, ist um so weniger vorhanden, als man eher diesen
als den Gemeindedeichaulagen (§ 2 sub. 2) diu Priorität zuerkenueu muss.
Vergl. unten A. 45. Auch in den holsteinischen Marschen sind als die
ältesten Fluraufteiluugeu die ganz unregelmässigen Parzellen erkannt. Siehe
Detlefseu I. S. 61, der mit Recht bei ihnen das Vorhandensein von
Deichen und Sielen voraussetzt, aber den Grad der Kultur iu den Marschen
um diese Zeit zu gering veranschlagt.
2I ) Detlefsen a. a. O.
**) vergl. die oben § 1 A. 5 erwähnte Karte.
23 J Auf die vielfach vertretene Meinung, dass dies der Fall war, wird
später genauer eingegangen werden
24 J Unter „erdeichen“ verstehen wir die Gewinnung einer Landstrecko
zur Kultur im weitesten Sinn durch Anlage von Deichen.
*) So war es bei den ehemaligen drei Inseln der Landschaft Eiderstedt
der Fall. Vergl. Sach „Die deutsche Heiinath“ Halle IS. So S. 235,
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gange» war, durch die Anlegung dor Randdeiche gehemmt,
meist für immer verhindert. Diese Siedlungen werden oft Fluss-
ufcrsiedlungen gewesen sein.'-®)
c) Anstosslandsiedlu ngen sind solche Siedlungen,
bei denen sich die Genossenschaft auf einer an besiedeltes Land
direkt anstossenden Fläche niederliess.
2. Was die Deichanlagen auf den bereits vor der
Eindeichung besiedelten Deichlanden anlangt, so
kommen hauptsächlich die Deichbauten der Wurtdörfer in
Betracht. Diese Wurtdörfer waren sicher die älteste Be-
siedlung der Marschländer und stellten sich als Abspaltungen
der Geestgenieinden dar. Sie waren — mochten sie
nun aus ehemaligen Viehtrankstätten hervorgegangen oder
gleich als Wohnplätze für Menschen angelegt sein- 77 ) — ganz
auf Viehzucht angewiesen. Ob dem einzelnen Wurtdorf eigenes
Weideland zustand, oder ob die Weidemarschstriche als gemeine
Marken einer grösseren Gesamtheit benutzt wurden, wird sich
nicht sicher entscheiden lassen. 28 ) Vielleicht ist es hier so und
dort anders gewesen. Da alles auf Viehzucht abgcstollt war,
so ward Ackerbau so gut wie gar nicht betrieben. Vielleicht
säte man an den Abhängen der Wurten etwas Getreide. Die
weiteren Bedürfnisse hinsichtlich der Körnerfrucht deckte mau
durch Kauf oder Tausch mit den Bewohnern der Geest. 29 )
,JU ) In dieser Weise gestalteten sich die ältesten Siedlungen in den
holsteinischen Elbmarschen. Vergl. Detlefson I. S. 30.
*) Vergl. oben § 1.
,Jg ) Siehe Auhagen S. 634.
*) Abweichend Auhagen, der Getreidebau auch auf der Marschfläche
und dessen Schutz durch Sommerdeiche annimmt. Allein wenn wir den
Zustand auf den Halligen analog anweuden, vielleicht einen etwas grösseren
Grad von Viehzucht zugeben, kann von solchem Getreidebau, wie ihn
Auhagen angiebt, nicht die Rede gewesen sein. Dieser Schriftsteller
glaubt ihn daraus folgern zu müssen, weil die Wurtbewohner sonst des
Getreides eutbehrt batten, während die Halligleute es sich durch Einkauf
auf dem Festlandc verschaffen. Warum sollen aber nicht die Wurtbewohner
es sich von den Geestleuteu erhandelt haben ? Dass der ganze Wirtschafts-
betrieb auf Viehzucht abgestellt war, beweisen die gewaltigen Schichten
üist, welche die Wurten enthalten.
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<17
Mit der Verbreitung eines intensiveren Ackerbaus kam mau
allmählich dazu eine Veränderung des Wirtschaftssystems vor-
zunehmen. Man legte sich nun nicht bloss auf Viehzucht,
sondern vermittelte zwischen Vieh- und Ackerbanwirtschaft:
Man gelangte zur Wechsel- oder Koppelwirtschaft. An eine
Durchführung derselben war nur dann zu denken, wenn man
um das gesamte benutzte Areal Deiche zog."') Dabei hatte
mau zugleich den Vorzug eines Schutzes des weidenden Viehs
und einer grösseren Sicherheit der Wohnplätze. 31 ) Man umgab
das Areal zunächst mit Sommerdeichen und verstärkte sie später
zu Winterdeichen. 32 ) Das Weideland, wie es kurz vor der
30 ) Eben wegen des Wechsels zwischen Weide- und Ackerland, obwohl
an sich letzteres nur ganz notwendig der Deiche bedarf.
31 ) Hiergegen namentlich Auhagen S. 636 ff. Nach ihm führten die
Wurtbewuhner vor der Eindeichung ein gegen dio Fluten ganz gesichertes
Dasein. Die Anlage der Deiche bezweckte nicht Schutz der Wohnplätze,
auch nicht Schutz der Weiden. Allein es haben diese Momente bei
der Errichtung der Deiche mitgewirkt, wenn sie auch nicht die Haupt-
veranlassung waren. Es wird dies in den einzelnen Gegenden verschiedeu
gewesen sein, in wie weit diese Nebenmomente hervortreten.
Ganz anderer Meinung ist Auhagen. Nach ihm existierten vor
den grösseren Eindeichungen bereits Sommerdeiche, welche ein kleines Areal
schützten. Winterdeiche habe man in der Absicht angelegt, um Winter-
getreide zu bauen ; dazu habe man grösserer Flächen bedurft. Eine Ver-
stärkung der Sommerdeiche zu Winterdeichen habe daher nicht stattgefuuden,
indem ja die Winterdeiche an ganz anderen Plätzen angelegt werden mussten
als die in der Nähe der Wurthen befindlichen Soramerdciche. An eine
„allmähliche“ Verstärkung sei auch um desswillen nicht zu denken, weil
ein Deich, welcher eine Höhe zwischen Sommer- und Winterdeich habe,
schlechter sei, als ein Sommerdeich und ganz unfruchtbar. Allein es ist
daran festzuhalten, dass man die Sommerdeiche nicht um kleine Bezirke
legte sondern das ganze Arneal der Wurt. mit ihnen umgab, als man von
der blossen Weidewirtschaft zur Weckseiwirtschaft überging. Somit erfolgte
der Uebergang zu Winterdeichen thatsächlick durch Verstärkung der Sommer-
deiche. Als Beweis hierfür kann man eine im Jahre 1766 erschienene Ab-
handlung verwerten, in welcher berichtet wird, dass damals au der Unter-
weser Winterdeicbe bestanden, dass aber nach Aussage alter Leute noch
vor 150 Jahren nur Somraerdeiche existierten und im Jahre 1695 ein Deich-
gericht die Erhöhung der Deiche beschlossen habe. (Vergl. „Hannoverisches
Magazin“ Jahrg. 1766, 38. Stück. § 7.) Ist dies nun zwar ein Zeugnis aus
einer viel späteren Zeit, so geht aus ihm doch hervor, dass eine Erhöhung
von Sommer- zu Winterdeichen stattgehabt hat, und der Schluss, dass dies
J. Giorke, Geschichte des deutschen Deiohrecht*. 7
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Eindeichung bestand, war Gesamteigentum einer kleineren
oder grösseren Gemeinde. Erfolgte danach eine Grundbesitz-
verteilung zur Bebauung an den einzelnen, so waren es wieder
blockartige Parzellen, die er erhielt. So ging hier die Be-
deichung von einer schon bestehenden Gemeinde aus, einer
Genossenschaft, die bereits auf dem Deichlande ansässig war, einer
Gesamtheit, die eine Heimstätte hatte, die kein neues Dasein
gründen wollte, sondern nur beabsichtigte ihren Wirtschafts-
betrieb zu verändern und dabei sicherer und glücklicher zu
w'ohnen. 33 ) Eine bereits erprobte Gemeindegewalt zwang das
Gemeindeglied zum Deichbau. Wer nicht wollte deichen, der
musste weichen, d. h. er wurde von Haus und Hofstätte ver-
trieben. So bedeichte also nicht der einzelne sein Grundstück, 114 )
auch erdeichte es nicht der einzelne, auch erdeichte nicht jeder
einzelne als Mitglied einer Genossenschaft mit eine Gesamtfläche,
sondern jeder einzelne bedeichte mit seinen Genossen eine
Landfläche, die bereits im Eigentum und in Benutzung
der Genossenschaft stand. Die Deichbaulast des einzelnen
Genossen war eine dingliche. Regelmässig deichte jede engere
oder weitere Gemeinde für sich. Ausnahmsweise mögen Ver-
einbarungen mit anderen Gemeinden vorgekommen sein. Es
waren dann aber immer nur Verträge gleichzeitig .deichen zu
wollen, es waren Deichbausozietäten; nicht als Gesamtbänder
deichten die Gemeinden und nie erhob sich aus mehreren Ge-
such früher und iu den ältesten Zeiten geschehen ist. muss als annehmbar
bezeichnet werden. Freilich darf man meistens nicht an eine „allmähliche“
Verstärkung denken (wie Wiedemanu in der „Festschrift des l’rovinzial-
Landwirtschaftsvereins zn Bremervörde“ Stade 1885 S. 34 35.). Vielmehr
war der Uebergang von Sommer- zu Winterdeichen regelmässig ein sprung-
weiser. Hierin ist An ha gen beizustimmon.
**) Auch nach Auhagen ist die Eindeichung veranlasst durch eine Ver
änderung des Wirtschaftsbetriebes. Für ihn bedeutet sie den Uebergang
von Weidewirtschaft und beschränkter Ackerbuuknltur zur intensiven Acker-
banwirtschaft, Unter der letzteren versteht er den Bau von Wintergetreide.
Die Eindeichung ist ihm ein „umfangreiches, planmässiges, einheitliches
Werk“, um Wintergetreide zu bauen. In dieser Hinsicht ist ihm nicht
beizustimmeu. Die Eindeichung trat vielmehr sofort mit dem Uebergang
zur Wcchselwirtschaft ins Leben und zwar iu Gestalt umfassender Sommer
deiche.
Siehe oben A. 23.
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meinden, die nicht ein wirtschaftliches oder rechtliches Band
zu einer Einheit verkörperte, eine Deichbaugeuossenschaft. Im
Gegensatz zu den vorigen Ausführungen stehen etliche Schrift-
steller, welche die ersten Deichanlagen sich bildenden Deich-
baugenossenschaften zuschreiben. Dabei waltet eine Verschieden-
heit, indem einige eine Vereinigung von Individuen, Auhagen
dagegen eine Einigung von Gemeinden annehmen.
a) Nach Wilda waren es die neben einander wohnen-
den Interessenten, welche Verträge schlossen, um einen Deich
zu bauen, und eine Deichgenossenschaft gründeten mit dem
einzigen wirtschaftlichen Zweck, sich gegen Ueberschwemmnngen
zu schützen. 35 ) Abgesehen von anderen Irrtümern liegt dieser
Meinung die falsche Vorstellung zu Grunde, dass die Deich-
länder vor der Eindeichung in gleicher Weise wirtschaftlich
eingerichtet waren, wie andere Landstriche, insbesondere jedes
Gemeindeglied eine reell ausgeschiedene Parzelle zum Ackerbau
besass. Allein auch aus anderen Gründen ist sie unhaltbar.
Eine besondere Deichgenossenschaft, die die Interessenten eines
Bezirkes, der mit einem Gemeindebezirk nicht zusammenfällt,
kann nur existieren, wenn sie besondere Organe und besondere
Versammlungen hat. Fänden wir nun in den ältesten Quellen
Deichrichter, Deichgrafen, Deichgeschworene, fänden wir gemeine
Schauungen derselben oder besondere Deichgerichte, so wäre
gegen eine solche Ansicht nichts einzuwenden. Allein die
ältesten Rechte zeigen uns ein durchaus anderes Bild. Sie
wissen nichts von besonderen Deichbeamten,- 38 ) wir hören nichts
von besonderen Deichgerichten, 37 ) eine oberste Spitze, der Deich-
graf, existiert nicht. 38 ) Es ist überhaupt keine Deichgenossen-
schaft im engeren Sinne vorhanden, sondern die Gemeinde hat
die Direktion des Deichwesens inne, ihre Beamten sind die
Deichbeamten, 38 ) der Deich ist ein Teil ihres Vermögens. 30 )
Erst in späterer Zeit kommen besondere Deichbediente :)8 ) vor,
erst in späterer Zeit bildet sich ein besonderes Deichgericht, 37 )
®) Wilda S. 281 .
3e ) Sielio unten Abschnitt II.
S7 ) Siehe unten Abschnitt V.
Siehe unten Abschnitt II.
®) Siehe uDten Abschnitt II.
") Siehe unten Abschnitt IV
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ohne dass ein solches in allen Gegenden das ordentliche Gericht
von seinem Platz ausschliessen konnte. Ist man nun der ge-
schilderten Ansicht, so ist man gezwungen, folgendes zu sagen:
In alter Zeit gab es eine besondere Deichgenossenschaft mit
besonderen Beamten. Später ward sie von der Gemeinde unter-
jocht, die Beamten der Gemeinde oktroierte man dem Deicli-
verbande auf, die ordentliche Rechtspflege vernichtete die be-
sonderen Deichgerichte, die Gemeinde beaufsichtigte den fremden,
der Deichgenossenschaft gehörigen Deich. Aber bald taucht
alles Alte wieder auf; besondere Deichbeamte ziehen ein, Deich-
gerichte tagen wie in alter Zeit. Allein ein Nachweis solcher
Zickzackbewegung ist aus den Quellen nicht zu erbringen.
Ueberhaupt wird man keine Genossenschaft finden können, die
in alter Zeit von der Gemeinde ihrer Selbständigkeit beraubt
wurde, wie dieses später von seiten des Staates geschah.
b) Nach Auhagen wurden die Winterdeiche, was die
nordwestdeutschen Marschen anlangt, von freien Vereinigungen
von Gemeinden angelegt. Die einzelnen Wurthgenossenschaften
hätten sich zu Deichbauverbänden zusammengethan. Die er-
forderliche Eindeichung habe die Kräfte der einzelnen Gemeinde
überschritten, der Vorteil einer möglichst umfassenden Ein-
deichung habe zu klar auf der Hand gelegen, als dass mau
nicht dringend die Mitwirkung von anderen erstrebte. Ins-
besondere sei eine Verständigung der am Strande liegenden
Ortschaften mit dem Hinterlande nötig gewesen. Sehr wohl
möglich sei es auch, dass die Gemeinde zum Beitritt zu einer
solchen Vereinigung durch die politische Landschaft gezwungen
werden konnte. 41 ) Hiergegen ist geltend zu machen, dass eine
so starke Besiedlung der Marsch vor der Eindeichung, wie sie
Auhagen annimmt, nicht stattfand. 42 ) Vor allem besteht aber
die „Vereinigung“, wie es Auhagen nennt, nach ihm in einer
Genossenschaft. Und dagegen ist auf das Fehlen besonderer
Deichbeamten in der ältesten Zeit hinzuweisen. Gerade die
Kreierung von besonderen Vorständen wäre bei dieser Ent-
wicklung notwendig gewesen, da ja die Deichverbände die
**) Auhagen a. a. 0.
,i ) Vergl. oben § 1.
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101
grösseren Gemeindeverbände durchkreuzen mussten. Im übrigeii,
liegt der Gedanke der freien Einung zu einem Spezialwerk der
alten Zeit fern. Aber auch eine Vereinigung, als Gesamt-
händer deichen zu wollen, kann unter den Gemeinden nicht statt-
gefunden haben. Denn dann konnte man sich nicht begnügen
den Deichbau gemeinschaftlich zu regeln, sondern musste auch
die Unterhaltung des Deiches entweder durch Statuiernng ge-
meinschaftlicher Schauungen 4 -’*) oder durch gegenseitige Straf-
stipulationen läb ) sichern, wovon wir für die älteste Zeit nichts
finden. 43 ) — An einen Zwang zum Anschluss, der auf die ein-
zelne Gemeinde geübt sein soll, darf schliesslich nicht im ent-
ferntesten gedacht werden, um so weniger, wenn man sich auf
den Standpunkt Auhagens stellt, dass es lediglich die Absicht,
Wintergetreide zu bauen, gewesen ist, die die grösseren Deiche
ins Leben rief. 44 )
Die Gründe, welche wir gegen die Gegner angeführt haben,
ergeben zugleich die Richtigkeit unserer Auffassung von den
4a ") Vergl. Schwartzenberg I, 544 (a. 1463).
«*) a. a. 0. S 471 (a. 1427).
43 ) Es müssten m. E. dann in ältesten Quellen gemeinschaftliche
Schauungen von Schulzen Vorkommen, ferner Verpflichtungen einer Gemeinde
gegenüber einer andern den Deich zu unterhalten.
44 ) Verständlich wäre eiu solcher, wenn die Bedrängnis durch die
Wassersgefahr den alleinigen Anstoss zu deu Deichanlagen gegeben hätte.
— Auch E. Loening scheint Genossenschaften, die sich in einem bewohnten
Bezirk bilden, für die Gründer der ersten Doichanlageu zu halten und auf
dem Standpunkt Wildas zu stehen. Zunächst lässt er dem einzelnen die
Erkenntnis kommen, dass er allein zu schwach sei. Vergl. E Loening
„Verwaltungsrecht“ S. 089. — Ebenso neigt sich Anschütz der Ansicht
Wildas zu. Er lässt nämlich (S. 143) die Streitfrage, ob die ältesten
Deichverbände aus freier Einung (Wilda) oder aus Abzweigung von Ge-
meindeverbändeu (Gierke) entstanden seien, unentschieden. Da er aber
allgemein eine Besiedlung der Deichländer vor der Eindeichung anuimmt
(vergl. oben § 1 A. 9) und die ältesten Deiche durch Genossenschafts-
bildung entstanden sein lässt, so kann es nach ihm nicht die Gemeinde
gewesen sein, die die ersten Deiche anlegte, da ja diese Genossenschaft vor
der Eindeichung bereits gebildet war, sondern nur eine sich aus der Ge-
meinde berausbildende Genossenschaft. Auf dem richtigen Standpunkt —
aber einseitig, weil sie die vor der Eindeichung unbesiedelten Deichländer
nicht beachten — stehen Biilow und Hagem ann a. a. 0. sub 12 (zuerst
Sommerdeiche um gewisse Ortschaften).
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102
ältesten Deichbauten. Wird insbesondere berücksichtigt, dass
die ältesten Quellen die Gemeinde als Deichverband kennen,
und das, was über eine Besiedlung der Deichländer vor der
Eindeichung gesagt ist, so sind die Gründer, die Veranlassung:
und die Art der ersten Deichanlagen so gewesen, wie sie ge-
schildert sind. Die weitere Frage, ob vielleicht den Siedlungs-
anlagen oder den Gemeindeanlagen eine gewisse Priorität zuzu-
erkennen ist, dürfte vielleicht eher zu Gunsten der ersteren
beantwortet werden. 44 ) Da die meisten Schriftsteller von einer
Besiedlung der Deichländer vor der Eindeichung ausgehen, so
werden die Siedlungsdeichanlagen nicht genügend beachtet. 40 )
In Zusammenhang damit stehen zwei weit verbreitete falsche
Ansichten über die Gründer und die Veranlassung der ersten
Deichanlagen, Ansichten, die freilich auch auf einer unrichtigen
Betrachtung der Zustände auf den bereits vor den Deichbanten
besiedelten Landstrichen beruhen. Hau schreibt nämlich dem
einzelnen Individuum die ersten Deichbauten 'zu, zaubert vor
den Blick eine Zeit, in der ein jeder nach Gutdünken seine
*) Dafür spricht namentlich, dass die Deichanlagen bei den Gemeinden
eine gänzliche Aeuderung des Wirtschaftsbetriebes bezwecken, die inan besser
erst auf Grund des Vorbildes, das die sich bildenden Gemeinden gegeben
hatten, anuimmt. Zur Aeuderung der Wirtschaft entschlossen sich Bauern-
gemeinden nur schwer und langsam, am liebsten erst, wenn sie die günstigen
Folgen einer solchen bei anderen sehen. Bei den Siedlungsdeichanlagen
waren aber die Deichanlagen nicht das Mittel filr eine Wirtschaftsneueruug,
sondern im Gegenteil die notwendigen Vorkehrungen zur Erhaltung der
altgewohnten Wirtschaftsweise d. h. eines ausgedehnten Ackerbaubetriebeg.
**) Vergl. Anschütz (oben § 1. A. 9), Auhagen (a. a. O.),
E. Loeniug (oben A. 44) Wilda (a. a. O.), Bülow' und Hagemanu
(a. a. 0.), Dämmert S 23, Wiedemann S. 34, Bojunga S. 40,
G. Meyer »Das Hecht der Expropriation“ Leipzig 1868. S. 73. Graf von
Bernstorff „Lüneburgisches Deichrecht“ Gütt. Diss. 1896 S. 4. Mitter-
maier „Deutsches Privatrecht“ I. § 224 Ende „Vermischte Abhandlungen“
Nr. 4. Alle diese Schriftsteller stehen mehr oder minder auf dem im Text
angegebenen einseitigen Standpunkt. — Tliünen S. 10 schreibt die Ein-
deichungen in der Herrschaft Jever zwar friesischen Kolonien zu; er trennt diese
Siedlungsanlagen aber nicht von den Gemeindeanlageu, sondern nimmt eine
Verquickung der Kolonien mit den bisherigen Besitzern an. Letztere
wohnten nach ihm, vom Wasser bedrängt, auf Wurthen und nahmen die
einwanderuden Friesen mit Freuden auf, mit denen sie sich zu einer Ge-
meinde und Landschaft verbanden.
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103
Anstalten traf, ohne auf seinen Nachbarn Rücksicht zu nehmen,
leugnet ein zusammenhängendes System und schildert einen
Zustand der natürlichen schrankenlosesten Freiheit. 47 ). Ein jeder
deichte für sich sein Grundstück ein, so meint man. 48 ) Manche
lassen den einzelnen nur vergebliche Versuche machen, 4 ®) andere
lassen ihn nur Sommerdeiche zu Stande bringen, 50 ) andere
wieder schreiben ihm sogar die Errichtung von Winterdeichen
zu. 51 ) Alle Gründe, die man hierfür anführt, sind unhaltbar. 5 *)
47 ) Vergl. namentlich Ende a. a. O. § 3 ff.
^ Siehe G. Meyer a. a. 0. Bernstorff a. a. O.
49 ) E. Loening a. a. O.
M ) Wilda S. 281.
51 ) Dämmert a. a. 0. Bojunga a. a. 0.
**) Uebereinstiinmeud Auhagen a. a. 0. — Man beruft sich darauf,
dass die Deiche in so wunderlichen Krümmungen gehen, was bei der An-
nahme ursprünglich genossenschaftlicher Anlage unmöglich sei. Allein auch
bei genossenschaftlicher Anlage kann der anfänglich schnurgerade Deich
infolge von Einlagen, Hinauslagen u. s. w. sich später in Krümmungen
hinziehen. Als Hauptargument benutzt man das „Gutsherren -Recht in den
vier Gohen und Gerichten nm der Stadt Bremen.“ (Bei Pufendorf IV.
app. S. 71). Dort werde in art. 13 die Freiheit zum Deichbau sanktioniert
und in art. 2 die Gründung der nachbarlichen Deichsozietät geschildert. Es
ist nun allerdings richtig, dass man dem art. 13 entnehmen kaun, dass es
einstmals einen Zustand der natürlichen, schrankenlosesten Freiheit gegeben
hat, es ist allerdings richtig, dass § 2 es deutlich zum Ausdruck bringt,
dass der einzelne seinen Deich zunächst anlegte und erst durch die zwingende
Notwendigkeit in die nachbarliche Deichgemeinschaft gedrängt wurde (ab-
weichend Auhagen A. ). Allein dieses Gutslierreurecht ist, wie art. 5
bezeugt, nach 1631 abgetasst, ist eine Privatarbeit (vergl. oben S. 55 sub 6),
von römischem Recht umsponueu und nur für einen kleinen Teil des Erz-
stifts Bremen zugeschnitten. Nie und nimmer aber können die Vermutungen
eines mittelmässigen Juristen des 17. Jahrhunderts ausschlaggebende An-
haltspunkte gewähren für die Art und Weise, wie in der ältesten Zeit
Deiche angelegt worden sind. Sie haben keinen grösseren Wert als die
Betrachtungen späterer Schriftsteller, die auf ihnen fussen. — Diese indi-
vidualiste Auffassung geht selbstverständlich davon aus, dass der einzelne
vor der Eindeichung seine eigene Ackerparzelle besass. Allein selbst wenn
wir von der Unrichtigkeit diesor Annahme absehen, erscheint sie unglaublich,
wenn wir die Kräfte des einzelnen abschätzen und den gewaltigen Bau der
Seedeiche betrachten. Selbst die Anlage von Sommerdeichen konnte von
dem einzelnen kleinen Grundbesitzer allein nicht zweckmässig durchgeführt
werden, da in Anbetracht der geringen Grösse seines Grundstücks — denn
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1(4
Ebenso unhaltbar ist weiter die Meinung, dass lediglich das
stete Bedrängtsein durch die Fluten und die gefährliche Un-
sicherheit notwendig die Erbauung der Deiche ins Leben riefen. 53 )
Es ist hohe Zeit, dass solche Märchen aus den Darstellungen
der ersten Deichbauten verschwinden. 54 )
dies müssen die Gegner annehmen — ein völliges Hindern der sommerlichen
Ueberschwemmungen selbst bei krummer Anlage des Deichs infolge des
Wasserandrangs von den Seiten kaum so erreicht werden konnte.
“) Die meisten Schriftsteller wurzeln in dieser Anschauung. Allerdings
drücken sie sich meist ganz allgemein aus. Passen könnte diese Ansicht
natürlich nur für die bereits vor der Eindeichung besiedelten Landstriche.
Hier aber sind die Hauptveranlassung zu den Deichanlagen nicht Not und
Bedrängnis gewesen, sondern Veränderungen des Wirtschaftsbetriebs. Zu
weit geht in dieser Hinsicht Auhagen. Vergl. oben A. 31. — Wir haben
unsere Auffassung im Text genügend klargelegt. Vergl. übrigens auch
Hackmann K. V. Dieser Schriftsteller nennt als Gruud für die Anlage
von Deichen die necessitas und dio utilitas. Die Not erzeugte Kunst-
fertigkeit, es galt die Hände zu rühreu, man konnte kein interdictum unde
vi gegen das barbarische Element anstrengen. Der Nutzen des Deichbaus
aber liegt für ihn ganz allgemein in dem Schutz gegen Ueberschwemmungen.
M ) So bedurfte es in der ältesten Zeit keiner Erlaubnis einer
höherou obrigkeitlichen Gewalt zum Deichbau. Manchmal war eine Er-
laubnis nötig, aber dies war nur eine Erlaubnis zur allgemeinen Ansiedlung
in der grossen Mark (siehe obeu sub 1), keine Erlaubnis zum deichen. So
fand ein Zwaug zum Deichbau nur innerhalb einer Genossenschaft, die
entweder eine sich bildende Gemeinde oder eine Gemeinde war, statt. Die
Genossenschaft selbst war zum Deichbau nicht verpflichtet, es sei denn,
dass eine kleinere Gemeinde infolge gemeinschaftlichen Grundbesitzes mit
anderen Gemeinden auf Grund eines Beschlusses aller Gemeinden zum
Deichbau genötigt war. üb zum Schaden von Nach bärge meinden gedeicht
werden konnte, wenn der Deich der Gemeinde, die ihn anlegte, Nutzen
brachte, hünnen wir nicht entscheiden. Im allgemeinen galten in dieser
Hinsicht keine besonderen Rechtssätze. Man war auf Vereinbarungen an-
gewiesen. Der Lauf der Flüsse durfte bei Gemeiudedeichaulagen einseitig
weder gehindert noch verändert werden. Denn die Flüsse und Bäche sollten
stehen bleiben, „wie sie Gott geschaffen, aller Welt zum Nutzen“ (Rüstringer
Rechtssatzungen, Richthofen S. 122.) Von einer Expropriation konnte
bei den ältesten' Deichaulagen natürlich keine Rede sein. Siehe unten
§ 3. sub
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§ 3 .
Die spätere Entwicklung.
I. Die Deichanlagen der späteren Zeit stellen sich ent-
weder als Eindeichungen von Anssendeichsland oder als Be-
deichungen von solchen Landstrichen dar, die im wesentlichen
unbesiedelt und unkultiviert und kein Aussendeichsland
waren. Daneben sind solche Deichanlagen zu berücksichtigen,
die in einem stärker besiedelten, eingedeichten oder unein-
gedeichten, mehr oder weniger kultivierten Gebiet oder für ein
solches errichtet wurden. Unter Aussendeichsland (Vorland,
Uterland, Uterteich, Utdic, Slykland, Vorrschland, Groode,
Goorse, Scorren, Nesse, Polder, Aussenteich, Butendyk) 1 ) versteht
man alles Land, welches zwischen dem Deich und den Ufern
liegt. Nicht Aussendeichsland sind natürlich solche Landstriche,
in deren Umgebung überhaupt keine Aussendeiche existieren
also uneingedeichte Inseln und Werder, sumpfige Brüche und
Moore, die durch keine Dämme der Ueberschwemmung der
Gewässer entrückt sind. Ebenfalls kein Aussendeichsland sind
die Marschstriche, welche infolge der erwähnten Bandland-
siedlungen entstehen und zwischen dem Geestland und dem
eingedeichten Bandlaud liegen. Sie bedürfen zur Kultivierung
der Bedeichung der durch sie hinfliessenden Ströme und Bäche
und des Deichschutzes gegen das von der Geest herabrinnende
Wasser.
II. Die Deichanlagen der späteren Zeit werden zu
einem grossen Teil von einem neuen Prinzip beherrscht, das sich
') Vergl. Hacktnanu K. VIT, Warnkönig „Flandrische Hechts-
geschichte“ I, 235, Heineken § 12.
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10Ü
früher gar nicht oder nur selten geltend gemacht hatte. Die
älteren Deichanlagen sind Kauten selbstherrlicher Genossen-
schaften, die meisten späteren knüpfen an eine herrschaftliche
Gewalt an. Dabei war diese sehr verschiedenartig nicht nur
hinsichtlich der Art ihres Subjekts, sondern auch hinsichtlich ihrer
Stärke. Teilweise schon mit den Gemeinden konkurrierend, seit
dem Endeder Karolingerzeit mehr hervortretend, im elften, besonders
aber im zwölften und dreizehnten Jahrhundert mächtig wirkend,
sind geistliche und weltliche Herrn, Kirchen, Klöster und
Städte neben den Gemeinden, deren emsige Deichbauthätig-
keit andauert, die hervorragendsten Gründer von Deichanlagen
gewesen. Die Deichanlagen der Herrn, Kirchen nndKlöster stehen
meist im Zusammenhang mit den grossen kolonisatorischen
Unternehmungen, welche bereits unter Karl dem Grossen
beginnen, unaufhaltsam vom Westen nach dem Osten fortschreiten
und schliesslich im preussischen Ordenslande ihren Abschluss
finden. Die Deichanlagen bestehender Gemeinden und Deich-
verbände, einige der Städte und der bereits erwähnten
Gründer haben dagegen mit einer Kolonisation entweder gar
nichts oder zunächst nichts zu thun. Die Mannigfaltigkeit der
Gründer, die Mannigfaltigkeit der Veranlassungen, welche die
Deichanlagen hervorgerufen haben, kennzeichnen die spätere
Entwicklung. Alle Kreise des Mittelalters nehmen daran mehr
oder minder Teil; Landesherrn und kleinere Herrn, Lehnsherrn
und Vasallen, Knappen und Ritter, Aebte und Mönche, Bürger
und Bauern, Freie und Hörige. Edle und unedle Motive treiben
zu den Deichanlagen; hier veranlasst sie landesväterliche Für-
sorge, dort die Sucht nach Gewinn, hier treibt zu ihnen der
Mangel an Korn, dort die Sehnsucht nach Sicherheit und der
Drang zur Ansiedlung. Zu verstehen ist dieser Gegensatz zu
früher nur, wenn man beachtet, dass eine völlige Verschiebuug
der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse eingetreten ist,
und dass neue Rechtsgrundsätze nach Anerkennung ringen oder
sich schon Bahn gebrochen haben.
1. Die rechtliche Natur der unbesiedelten uneingc-
deichten Marschstriche, die kein Aussendeichsland
bildeten, hatte im Lauf der Zeit meistens eine grosse Veränderung
erfahren. Während diese früher allgemein als herrenlos galten oder
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107
als Volksland oder Gemeindeland 2 ) betrachtet wurden, nahmen sie
nun gewöhnlich weltliche und geistliche Grosse kraft Herrschafts-
reclit in Anspruch. Ermöglicht wurde dies bei den herrenlosen
Strichen vermöge des den fränkischen Königen zustehenden
Aneignnngsrechts an herrenlosem Land, das später auf die
Fürsten und Grafen überging. Bei dem Volks- oder Gemeinland
ganzer Landschaften aber erschien der weltliche oder geistliche
Herr als Vertreter der Gesamtheit; und während er zunächst
bei den Landyergabungen aus der Fülle dieser unkultivierten
Gebiete neben dieser Gesamtheit thätig war,®) trat er sehr
bald über dieselbe, indem nach einer Zustimmung des Volkes
nicht mehr gefragt wurde. 1 ) Dazu wurden ihnen solche Deich-
länder von seiten der Krone oft ausdrücklich bei Belehnung
mit ihren Territorien verliehen;®) schliesslich hat es auch nicht
an ganz unrechtmässigen Aneignungen gefehlt, indem man
®) Oben § 1 sub 1 b.
3 ) Sehr bezeichnend sind in dieser Hinsicht die Schenkungen an das
Kloster NeumünBter in der Wilstermarsch. Vergl. Hasse I, 72; 73; 74; 88.
Westphalen „Monumenta inedita“ II. S. 20. Eine Bestätigsurknnde
Heinrichs des Löwen von 1140 redet von den Marschstrichen, „die vom
Grafen Adolf und allen Holsaten derselben Kirche übertragen seien“, and
sie ist unterzeichnet: „Bestätigt ist diese Schenkung durch die Gunst und
Zustimmung des ganzen Heeres, welches dort im Lager versammelt war.
Ebenso spricht das Neumünstcrscbe Güterverzeichnis (Hasse I, 222) von
diesem Gebiet als einem „Geschenk des Grafen Adolf und der ganzen
Provinz“. Sehr richtig sagt Detlefsen I. S. 99: „Daraus darf man doch
wohl den Schluss ziehen, dass jene Marschbezirke ursprünglich als ein Ge-
meinbesitz des Landes angesehen wurden, den der Graf iu Uebereinstiimnung
mit der Landgemeinde vergeben konnte.“
4 ) Vergl. z. B. den Kolonisationsvertrag des Erzbischofs Friedrich
von 1106 (Ehmck und v. Bippen „Bremer Urkundenbuch“ Kr. 27) und
die Vergabung des Lewenbrooks an Ansiedler von Herzog Otto aus dein
Jahre 1296 (Grupen „Origines Germaniae II S. 166; v. Wersebe „Nieder-
ländische Kolonien“ S. 1075). Wo aus den Händen der Landesherrn die
Marschslriche zur Benutzung an Herrn, Ministerialen, Klöster u. s. w. ge-
kommen waren, bedurfte es deren Abfindung oder Zustimmung. Vergl. den
Kolonisationsvertrag des Erzbischofs Adalbero von 1142 für Niederviehlaud
(Anhalter Urkundenbuch I 292) und die Kolonisationsurkundeu Hartwigs
von 1149 (Hamburger Urkundenbuch Kr. 189) und Siegfrieds von 1181
(Bremer Urkundenbuch Kr. 56).
'■) Vergl. für l’reusseu z. B. Schroeder „Rechtsgeschichte“ S. 427.
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die ursprünglichen Verleihungsurkunden durch Hinzufügung der
früher weniger beachteten Sumpf- und Moorländer fälschte.®)
Dabei gerieten weltliche und geistliche Fürsten mit ihren An-
sprüchen oft hart an einander. 7 ) Man machte diesen Streitig-
keiten durch gütliche Vereinbarungen ein Ende, 8 ) behielt die
Striche entweder in Gesamteigentum*) oder zog bestimmte
Gebietsgrenzen; auch an gewaltsamer Besitznahme von seiten
der Landesherrn hat es nicht gefehlt. 10 ) Aus den Händen dieser
gelangten die Deichländer in die Gewalt kleinerer Herrn oder
Ministerialen,”) in den Besitz von Klöstern, Kirchen 1 *) und
8 ) So waren die Elbmarschen in der ursprünglichen Stiftungsurkunde
des Bistums Hamburg von 834 (Hasse I, 4j nicht erwähnt, sondern erst
in einer nm 1122 gefälschten Fassung derselben aufgenommen (anch in der
Bestätigungsurkunde Kaiser Friedrichs I von 1168 ). Ueber die Fälschung
vergl. Dehio „Geschichte des Erzbistums Hamburg- Bremen“ H. S. 38 ff.
7 ) Für die holsteinischen Elbmarscben vergl. Detlefsen I. S. 95 ff
S. 100; für die Marschinseln bei Hamburg siehe namentlich W. C. Hübbe
a. a. 0. S. 14 ff.
8 ) Vergl. den Ausgleich zwischen Ratzeburg und Verden von 1158
(Hamburger Urkundonbuch I Nr. 2151. Ueber den Ausgleich mit Hamburg
siehe Hiibbe a. a. 0.
*) Bei der Kolonisierung des Niedcrviehlandcs im Jahre 1 142 wird ein
bestimmtes Sumpfland zwischen dem Erzbischof Adalbero einer — der
Herzogin Gertrud und deren Sohn Heinrich, dem Herzog von Sachsen,
andererseits zu gleichen Teilen geteilt (nos et domina ducissa Gertrudis et
filius suus Ueinricus puer, dux Saxonum paludem australem
equa inter nos porcione divisimusl, stand also bisher in deren Gesammt-
eigentum (Anhalter Urkundenbuch I 892.)
10 ) W. C. Hübbe S. 14.
n ) z. B. Hamburger Urkundenbuch Nr. 189: „paludem quandem . . .
ministerialibus admodum paucis pertinentem“. Anhalter Urkundenbuch:
„paludem .... ab omni tarn nobiliuni quam ministerialium scu ruricolaruiu
appellationc liberam factam.“ Vermutlich sind in Holland in früherer Zeit
von dem Grafen Marschstriche verschenkt worden an Herren, ohne dass
man dabei an eine Eindeichung dachte. Der Besitz von cingedeichten
Ländereien, den wir später bei Herrn und Vasallen in grosser Anzahl vor-
findeu (vergl. z. B. Bergh I 269 [Herr von Voorne], 346 [Herr von Altena])
beweist natürlich dies nicht strikt. Allein, es ist immerhin dadurch wahr-
scheinlich gemacht, dass wir eine so weit gehende Thütigkeit der Landesherru
hinsichtlich der Eindeichungen in der früheren Zeit durchaus nicht an-
nehmen dürfen. — Ueber die zahlreichen Vergabungen zur Eindeichung in
späterer Zeit wird später gesprochen werden.
12 ) Z. B. Hamburger Urkundenbuch a. a. O.: „paludem .... partem
preposito et fratri majoris ecclesiae Bremensis pertinentem“ ; siehe feruor die
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109
Städten 13 ) und schliesslich an Ansiedlungsgemeinden, die ent-
weder von den Landesherrn selbst, den Herrn, Kirchen, Klöstern
nud Städten herbeigezogen wurden. 11 ) Daneben blieben kleinere
Marschstriche als Allmenden von Gemeinden liegen, und als
solche in freieren Gegenden von grundherrlichem Einfluss un-
berührt 15 ) oder an anderen Orten ihm mehr oder minder ver-
Bcstätiguugsurkunde Konrads II. von 1028 (Mieris I. 63; Bondam
.Charterb. der Hert. van Gelderl. 105), nach der von Bischof Adelbold an
das Kloster zu Hohorst geschenkt war .unus locus, qui vooatur Swynd-
recht — were, habens in longitudinem et latitudinem decem miliaria et
dimidium“ (vergl. auch die Urkunde von 1006 bei Mieris I, 57 und
Bondam 88 nebst der Bemerkung des letzteren zu den mansos „inter
villas Hese et Soys.“); vergl. weiter Bergh I 31, wo die Kirche von
Utrecht 948/943 bestätigt erhält alles, was sie von Wyck bis zum Meer
hat .et in insulis ceterisque mari contiguis provinciis“, Bergh I 33 (a. 960)
[insulae der St. Martenskirche). — Eine Verleihuug vom Reich findet sich
bei Bergh I. 39, wo Otto der Grosse 966 an das Kloster S. Pantaleon die
Hälfte des Eilandes Urk schenkt. Siehe auch Bergh I 17 (a. 855) und
Bergh I, 3 (726); hier, im Testament Willehrords, heisst es: „Et Heribaldus
clericus mihi condonabat et tradidit ecclesiam aliam in pago Marsum, ubi
Mosa intrat in mare cum appendiciis suis et mariscum linde berbices
nascuntur“. Der Kirche war wohl dieses Marschland mit bei der Gründung
verliehen.
13 ) So wurde z. B. ein Teil des grossen Werders im Jahre 1246 an
Elbing vom Orden verschenkt.
u ) Diese Ansiedlnngsgemeindcn erhielten grösstenteils freilich den
Besitz zum Behuf der Eindeichung, Die Fäden der von den obersten
Spitzen des Volkes ausgehenden Verleihungen, die teilweise ohne den Zweck
der Bedeichung geschehen, teilweise — wie später gezeigt wird — die
Eindeichung voraussetzten, hatten ihr gewöhnliches Ende bei diesou An-
siedlungsgemeinden. Und hier trat eben fast immer die Verleihung als
Vergabung zur Eindeichung auf. Doch finden sich auch Vergabungen
von Marschstrichen, die nicht Aussendeichsland waren, an Ansiedler,
die nicht direkt zur Eindeichung an sie ausgethan wurden. Vergl.
Hamburger Urkundenbuch No. 189 (oben A. 11), der die Rechtsamen
der ruricolae d. h Bauern, die in der Nähe bereits früher angesiedelt waren,
für abgelöst erklärt, eine Vergabung an diese also zur Voraussetzung hat.
— Natürlich kamen die Marschländer auch von Herrn an Klöstern oder von
Klöstern an Herrn u. s. w.
“) Wie der zu Hamm gehörige Hammerbrok bei Hamburg. Vergl.
Hübbe S. 11 (dort sind andere Brttcho, die im Besitz von Dörfern
waren, aufgezählt.) —
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1 10
fallen. 1 ®) Die Deichländer, welche vor einer Eindeichung bereits
mit Dörfern besiedelt waren, kamen ebenfalls meist unter eine
herrschaftliche Gewalt. 17 ) Wo neuer Anwachs sich dem Marsch-
lande zugesellte, gehörte er nach deutschrechtlichen Grundsätzen
dem Eigentümer des anstossenden Landes und zwar bedurfte
es regelmässig keiner Besitznahme. Denn bei dem steten
Anschlickeu von Marschland wäre eine solche nicht allein täglich
oder stündlich, sondern jode Sekunde notwendig gewesen. Nur
bei grösseren Landungen konnte sie stattfindeu und auch hier
ward ihr strenges Erfordern erst geboten, nachdem sich ein
Zwiespalt in der Rechtsanschauung ergeben hatte, und man
an dem Anwachsungsrecht des Eigentümers nicht mehr überall
festhielt. Allein der Anwachs hat seine Hauptrolle als Aussen-
deichsland oder bei und an diesem gespielt. So wird die teil-
weise Aenderung im Alluvionsrecht erst bei Betrachtung der
rechtlichen Natur des Aussendeichslands besprochen werden. 18 )
2. Bei der ersten Anlage von Deichen hatte man gewöhnlich
einen Strich Landes ausserhalb des Deiches liegen lassen und
gebrauchte ihn zur Unterhaltung des Deichs. Mitunter hatte
man diese in technischer Hinsicht allein richtige Massnahme
versäumt und den Deich direkt dem Wasser entgegengestellt.
I ®) Es bildeto sich ferner eine besondere Genossenschaft, die Eigen-
tümerin des ehemaligen Dorfmarschstriches war, ebenso wie beim Ausscn-
deichsland eine Aussendeichsinteresseuschaft und wie überhaupt bei den
meisten Almenden eine .Markgenossenschaft, die mit der Gemeinde nicht
zusammenfiel.
,7 ) Oder blieben, wenn von einer herrschaftlichen Gewalt angesiedelt,
unter dieser; so waren auf dem grossen Werder (ZantirJ vor der Ein-
deichung fünf Dörfer angesiedelt, welche dem Orden Frolwdienste zu leisten
hatten. Vergl. oben § 4 und Tüppen in den „Preussischcn Provinzial-
blätteru- Neue Folge I. S. 187 ff.
18 ) Man kann bei vielen holländischen Quellen ohne ganz genaue Landes-
kunde nicht sicher entscheiden, ob es sich um Anwachs handelt, der Aussen-
deichsland ist oder nicht. Auch wird sich oft Genaues wegen der vielen
Veränderungen, die Holland durch die Mceroseinbrüche erlitten hat, nicht
mehr feststellen lassen. Allgemein kann man sagen, dass die Urkunden
vom 12. Jahrhundert ab, wenn sie von Anwachs reden, Ausseudeichsland
meinen. — Bei Betrachtung des Alluvionsrechts im engeren Sinn wird auch
der „bedeckten Gründe“ und der „nicht fest verbundenen Eilande“ gedacht
werden.
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111
Allein auch hier entstand bald durch Anschlickung sogenanntes
Neuland. Das Aussendeichsland, welches bei der Deichlegung
ausserhalb liegen geblieben war, befand sich im Gesamteigentum
der Deichgemeiude. Zuvörderst fiel daher in das Eigentum
dieser auch der Anwachs. War der Deich hart am Ufer
errichtet, so landete der Anwachs an dem Deich, und da dieser
und der Grund und Boden, auf dem er ruhte, der Deichgemeinde
gehörten, so ward auch die Deichgemeinde Eigentümerin des
Anwachses. 19 ) Und zwar war in beiden Fällen die Gemeinde
unbeschränkte Eigentümerin des Aussendeichslandes, insoweit
sie selbst nicht ihre Rechte durch Belastungen beschränkte.
Dies geschah zuerst dadurch, dass man die Unterhaltung des
Deiches unter die verschiedenen in der Deichgemeinde ent-
haltenen Dorfschaften nach Schlägen verteilte und ihnen das
vor ihren Deichkabeln liegende Aussendeiehslaud zur Nutzung
für den Deich überwies. 90 ) In analoger Weise ward später bei
einer Deichaufteilung unter die einzelnen Bauern das dies-
bezügliche Vorland in gewissem Umfang zu Gunsten jedes
einzelnen Deichhalters zur Entnahme der Deicherde belastet. 21 )
Auch ward bei den Deichbauten der späteren Zeit ein solches
Aussendeichsstück für den einzelnen Kabelhalter schon vor der
eigentlichen Errichtung des Deiches ausgeschieden, bestimmt,
oder ergab sich von selbst. 22 ) Die nähere Erörterung dieser
ln } Die Unterscheidung, ob die Allnvion vorhandenem Vorlande sich
zugesellte oder direkt dem Deich, ist daher für die älteste Zeit allerdings
belanglos. Sie wird aber später wichtig, insbesondere in der II. Periode.
Ebenso kommt in der ältesten Zeit die Frage, ob die Alluviou dem Eigen-
tümer des Deichkörpers oder dem Eigentümer des Deichgrundes zugehöre,
deshalb nicht in Betracht, weil Deich und Deichgrund den gleichen Eigen-
tümer hatten. Auch sie wird aber später wichtig. Eine Erörterung dieser
Rechtsverhältnisse musste daher schon in der älteston Zeit angedeutet
werden. Dass oine solche nicht bereits im § stattfand, erklärt sich daraus,
dass das Ausseudeichsland begrifflich einen angelegten Deich voraussetzt
und im § 2 nur die erste Anlage von Deichen besprochen worden ist.
“) Vergl. Griebel S. 27 ff.; auch Ssp. II, 50. (Jedes Dorf hat seinen
Schlag Deiches zu unterhalten, muss also einen bestimmten Bezirk des
Aussendeichslandes dazu benutzt haben).
S1 ) Vergl unten Abschnitt IV.
B ) Vergl. vorläufig die Austhuungsurkunde Herzogs Otto von 1200
bezüglich des Lewenbrooks an ihrem Schluss (Grupen II, 166 .)
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112
Rechtsverhältnisse versparen wir auf später. Hier interessiert
das Vorland hinsichtlich seiner Neubedeichung nicht hinsichtlich
der Entnahme von Deicherde. Es gehörte also in der ältesten
Zeit der Deichgemeiude, die sich mit der politischen Gemeinde
deckte, es gehörte ihr, frei von staatlicher oder herrschaftlicher
' Gewalt, ebenso wie die gemeine Mark der Markgemeinde. In der
Folgezeit traten mannigfache Äenderungen und Neuerungen ein.
a» Legten Landesherrn, Herren, Kirchen, Klöster,
Städte selbst Deiche auf eigenem Gebiet an, so gehörte das
vorhandene oder zukünftige Aussendeichsland den gedachten
Personen, insoweit nicht andere gleich zu erörternde Modi-
ficationen eingriffen; es unterlag an sich ihrer freien Verfügung.
b) Wurde uneingedeiebtes Land zur Eindeichung aus-
gegeben, so konnte das Aussendeichsland, das sich bildete,
entweder mit verliehen werden oder nicht. 23 ) Imerstercn
Fall entstanden an ihm ein geteiltes Eigentum oder ein Eigentum
nebst anderen begrenzten dinglichen Nutzungsrechten. Das
Gleiche ist zu sagen hinsichtlich der Besiedlungen von bereits
bedeichten Gebieten, die Landesherrn oder andere Personen
ins Weik setzten. 24 ) Zu beachten ist auch hier, dass, insofern
der Landesherr noch nicht direckt beteiligt war, eine Beteiligung
seinerseits auf andere Weise Platz greifen konnte.
c) Kamen Genieindedeichverbände unter herr-
schaftliche Gewalt, so musste sich diese Gewalt auch be-
züglich des Aussendeichlandes äussern. 25 )
d) Innerhalb der Gemeindedeichverbände vollzog
sich — wenn von dem Einfluss von oben abgesehen wird — oft
eine hinsichtlich der rechtlichen Natur des Aussendeichslandes
wirksame Veränderung zwar in verschiedenster Weise, aber
stets auf einer zwiefachen Grundlage.
^ Für jenes sieho Hieris IV, 479; für dieses Mieris II 05 tbier
10 Hmen lür diu Deicbuuterhaltuug) und II, 308.
24 ) Vergl. namentlich den Erbpachtvertrag des Abtes von Egniouil
von 1250 (Bergh I, 533), siehe ferner Bergh I. 362, 545.
*) Vielleicht war es so bei dem Aussendeichsland des Herrn ven
Hartensdeich gewesen. Siehe llieris III S. 243.
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113
i. Man betrachtete immer mehr das Vorland als Zu-
behör des Deiches. Hatte man zunächst das Vorland für den
Deich benutzt, und war die politische Gemeinde als Eigentümerin
und Nutzerin des Deichs auch Eigentümerin und Nutzerin des
Vorlandes gewesen, 26 ) so konnte leicht bei einer Veränderung des
Subjekts des Vorlandsnutzers auch eine Veränderung in der
rechtlichen Beschaffenheit des Objekts, d. h. des Vorlandes,
eintreten. Eine solche erfolgte auch thatsäclilich häufig da, wo
eine grössere Gemeinde an kleinere Gemeinden den Deich zur
Unterhaltung und Nutzung nebst dem Vorland austeilte.* 7 ) Denn
obschon zunächst die grössere Gemeinde Eigentümerin des
ganzen Deiches und des ganzen Vorlandes blieb und hinsichtlich
dieser nur Unterhaltungspflichten und Nutzungsrechte vergabt
hatte, 28 ) kamen mit der Zeit die kleineren Gemeinden in die
Stellung von Eigentümern ihrer Deichschläge und ihrer Vor-
länder, 29 ) und von dem ehemaligen Eigentum der grösseren
Gemeinde blieb entweder gar nichts oder nur ein Oberaulsichts-
recht übrig. Aehnlichcs konnte stattfinden, wenn neue Gemeinden
zur Unterhaltung des Deiches eingewiesen wurden. 60 ) In diesem
Fall aber trat auch da, wo das Eigentum am Vorland nicht an
die kleineren Unterhaltungsgemeinden zerstückelt wurde, eine
Veränderung in den Eigentumsverhältnissen insofern ein, als
die Gesamtheit der Kabelhalter und nicht die politische
Gemeinde, welche den Deich errichtet hatte, als Eigentümerin
des Vorlandes betrachtet wurde. Dies muss überhaupt häufig
33) Siehe oben S. 111.
*) Siehe oben S. 111.
Griebel S. 28.
“J Griebel S. 29 meint, das Recht des Kirchspiels sei in den Hintergrund
getreten und nur von einem Eigentum der Bauernschaft die Rede gewesen.
Dann wären die Eindeichungen der Bauerschaften auf eigene Faust (Gr io bol
a. a. O.) widerrechtlich gewesen. Dies ist nicht anzunehmon. Wir werdon
bei Betrachtung der rechtlichen Natur des Deiches (unten Abschnitt IV)
sehen, wie leicht ein Nutzungsrecht oder cino Unterhaltungspllicht hin-
sichtlich eines Stückes Deiches zum Eigentum hinführen konnte, und wie
auch das Rechtsbewusstsein ein solches Eigentum durchaus anerkannte.
3°) Unten Abschnitt II.
J. Gierke, Gesobichto des deutsche!! ÜeiclireeUta. g
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114
bei jeder Trennung des Deichverbandes vom Gemeindeverband
eingetreten sein. 81 ) 3 *)
91 ) .So gehörte das Schilfland am Houdeich in Amstelland und Wnter-
land den „Bauern, welche dem Uoudeich zubehürten“. Mieris III 712
(a. 1399). Vor allem aber ist hier hinzuweisen auf das Deichrecht von
Kettesbüttel (Eiul. § 4a. A. 122). Es sind uns leidet - nur Bruchstücke ent-
halten, und der Sinn ist teilweise dunkel. So viel aber kann man aus ihnen
mit Sicherheit schliessen, dass ein Deichverband existierte, der mit einer poli
tischen Gemeinde nicht zusammenfiel. Dies beweist § 6, wo es heisst „do queme
wy eutalligen aucr ein mit unsen gautzen burscoupe, alze Kettelsbüttel uud
Hagenwunden, und den gestmannen dede erue unde gutli in unser feltmarcke
hehben“. Diesem Deichverband stand auch das Eigentum am Aussendeich zu
und nur die Deichgenossen hatten ursprünglich kraft Genossenrechts Nutzungs-
rechte. Vergl. §§ 5, 10. Man pflegte diese Nutzungsrechte zu verheuern. Ab-
tretung der Nutzungsrechte als solche fand ursprünglich nicht statt; dass sie
später zugelassen wurde, beweist § 6. Darüber vergl. unten A. 33. Dass aber in
alter Zeit die politische Gemeinde Kettesbiittel und der Deichverband Kettes-
büttel zusammenfielen, dürfte nicht, zu bestreiten sein, da sich in dein
Deichrecht insofern Reminiscenzen daran finden, als im Gegensatz zu § 5
der Deichverband einfach mit Bauerschaft Kettesbüttel gleichgestellt wird
(§§ 3, 10, 12). Die Sache lag daher so, dass bei der Trennung des Deich-
verbandes von der politischen Gemeinde das Eigentum am Aussendeich dem
ersteren znfiel und die Nutzungsrechte aus Rechtsamen von Geraeindebürgern
zu Rechtsamen von Deichgenossen, die hier zugleich MarkgeDossen waren,
wurden. — Nirgends zeigt sich auch die Eigenschaft des Aussenlandes als
Zubehör des Deiches deutlicher als in dem gedacnten Deichrecht. Denn der
am Aussendeich Nutzungsberechtigte war auf Grund dieses Rechtes deich-
pflichtig, abgesehen von seiner Deichpflichtigkeit auf Grund seines binnen-
ländischen Eigentums. Vergl. §§ l, 2, 4, 0. — Auch bei dem Sander Deich-
verband dürfen wir einen Akt der Verschiebung der Eigentumsverhältnisse
am Aussendeich mit der Bildung der Deichgeuossenschaft aus dem Ge-
ineindedeichverband annehmen. Die Quellen sprechen durchaus dafür, dass in
älterer Zeit das Kirchspiel Sand als solches Eigentümerin des Deiches und des
•Vorlandes gewesen ist. Die Deichsatzungen von 1295 und 1317 (Einl. § 4b
A. 331 u. 334) zeigen, dass das Kirchspiel die am meisten beteiligte Person
gewesen ist und lassen den Schluss zu, dass von ihm der Deich angelegt worden
ist, und später Edle, Klöster und Ausmärker erst in den Gemeindedeich-
verbaud eingetreten sind und damit eine Vernichtung desselben und
die Entstehung einer Deichgenossenschaft, die mit. der Gemeinde
nicht zusammenfiel, herbeigeführt habeu. Vergl. auch unten Abschnitt II.
Hier interessiert nun, dass die Satzung von 1317 ein Gesamteigentum der
neuen Deichgenossenschaft am Aussendeichsland ergiebt, also unter Voraus-
setzung der Richtigkeit des bisher Bemerkten die Ueberwälzung des Eigen-
tums am Vorland von dem Kirchspiel auf die Deichgeuossenschaft bestätigt.
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115
ß. Bereits in dieser Periode finden wir Bauern als Eigen-
tümer von Aussendeichsland, welche zusammen weder eine
Gemeinde, noch einen Deichverband bildeten. Wir dürfen daher
schon für diese Periode das Vorhandensein von Aussendeicbs-
interessentenschaften annehmen. Dies Eigentum der ge-
dachten Bauern an grösseren Strecken Aussendeichslandes ist her-
vorgegangen aus Anteilsrechten, die deu einzelnen als Mitgliedern
einer Gemeinde oder eines Deichverbandes zustanden. Bei
grossen Flächen Aussendeichslatides war der Gedanke an sein
Zubehör zum Deich zurückgedrängt worden. Es erschien als
gemeines Weideland und gemeines zukünftiges Ackerland. Dem
Gemeindebaner stand als Gemeindeglied ein Anteilsrecht an dem
der Gemeinde gehörigen Aussendeichsland zu und dem Deich-
genossen ein gleiches da, wo das Vorland im Gesamteigentum
des Deichverbandes stand. Es war ursprünglich ein ideeller
Anteil, da das Vorland vorzugsweise als Viehweide gebraucht
wurde. Trat aber der Gedanke an eine Eindeichung näher, so
erschien das Aussenland als werdendes Ackerland und eine
Realteilung nicht unangebracht. Mit dem Eindringen der freien
Veräusserlichkeit dieser Anteile, also ihrer Emanzipation von
Es geht nämlich aas ihr hervor, dass am Neuland, dessen Eiudeichung ins
Werk gesetzt wurde, beteiligt sind, in der Hauptsache die Parochie, ferner
aber Menardus von Utbusum, Popeko Syerda, Folkerianon, die Mönche von
Eeldwirth und das Kloster Werten, Von den letztgedachten Personen heisst
es „qui non essent de parochia et partein haberent in novalibns.“ Es sind
das dieselben, welche die Satzung von 1295 im Hiublick auf ihr binnen-
ländisches Eigen neben der „Oemeente van den Karspelen up den Sande"
bezeichnet als „al die geile die laudeu hebbeu de in bedycket sinnen.“ —
Im Zusammenhang ist schon hier weiter darauf hinzuweiseu, dass die Auf-
fassung, dass das Vorland Zubehör des Deiches und der Uesaratheit der
Deichhalter rechtlich zugehörig sei, in den landesherrlichen Privilegien,
welche die Erlaubnis zur Eindeichung geben, dadurch zum Ausdruck gebracht
wird, dass die Erlaubnis hinzugefügt wird, deu alten Deich mit zu ge-
brauchen. Vergl, Mieris IV, 197, -wt und unten. — Insoweit das Vorland
aur Entnahme von Deicherde und als Stütze des Deichs in Betracht kommt,
ist die Zubehöreigenschaft sehr leicht erklärlich. Nötig ist sie aber auch
hier keineswegs. Vergl. unten Abschnitt IV.
32 ) Es konnte freilich auch der letztere das Eigentum behalten und der
Deichverbund nur die Nutzung haben
#*
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' 11 «
dem Gemeindebürgerrecht und Deichgenossenreelit. waren die
Voraussetzungen für die Entstehung besonderer Aussendeichs-
interessentenschaften gegeben. Zn beachten ist freilich, dass
das Eigentum am Vorland der Gemeinde oder dem Deichverband
auch bei Bildung einer besonderer Aussendeiehsinteressentenscliaft
verbleiben konnte, und die Mitglieder der letzteren nur dingliche
Nutzungsrechte haben konnten. 33 ) Auch war es sehr wohl
möglich, dass eine solche Verselbständigung der Anteile bei
realer Aufteilung entstand, und aus dem Gesaroteigentum ein
Einzeleigentum der Mitglieder wurde. Beispiele für solche
Interessentenschaften bieten einige holländische Quellen. Ins-
besondere lässt die Urkunde von 132*2, in welcher die Bedeichung
eines Marschstriches nördlich von Enkhuysen anbefohlen wurde,
keinen Zweifel, indem die Eindeichung denen aufgetragen wird,
welche daselbst Eigentum haben. 34 ) Auch die Handveste von
1357 ergieht für ein Aussendeichsland in Kennemerland den
35 j Einen solchen Rechtszustaml nehme ich für Kettesbüttel (siehe
oben A 81) an. indem daselbst später die Abtretung des Nutzungsrechts
allein gestattet war nnd so in die Gesamtheit der Nutzungsberechtigten,
wenu von den Houerleuten abgesehen wird, solche Leute Eingang fanden,
die weder zur Gemeinde Ketieshüttel, noch zu den eigentlicheu Trägern
des Deichverbandes gehörten. Träger des Deichveibandes waren nämlich
nur die Markgenossen (§ ö); zur Unteihaltung des Deiches war aber auch
das Aussenland verpflichtet; somit war der Erwerber eines Aussendeichs-
anteils. der nicht Markgenosse war, dem Deichverband als Verpflichteter
zwar in gewisser Hinsicht eingegliedert wordun, stand aber, was das Deich-
genossenreeht anlangt, durchaus nicht anders als derjenige, der vom Mark-
genossen einen Anteil zur Heuer genommen hatte. Beide werden deshalb
auch einander gleichgestellt. Dies ergieht § 6 . welcher zugleich bestätigt,
dass in der Timt das Nutzungsrecht am Ausscndeich als solches zur
Deichunterhaltung verpflichtete und nebst dein zuhörigen Deichstücli allein
aufgegeben werden konnte. Aus letzterer Tlmtsache aber folgt, die selb
ständige Vcräus»erlicbkeit des Anteils, also die Möglichkeit der Abtrennung
des Anteilsrechtes vom Markgenossenrecht. Gleichwohl blieben diese Anteils-
rechte nur Nutzungsrechte. Das Eigentum gehörte nach wie vor dem
Deichverband (§ ö, § IO). Der herangezogene § u lautet: „Weret sake, dat
dar ene dyckc makede umnie de grassinge, edder hadde se (d. b. die Grasung)
ter büre und wolde se upseggen, so schal he dat don up lichtmissen dach “
Dazu ist zu vergleichen § I „Dat dejenne de syuc dycke wyl los slan . .
so schal he de grassinge losslau und uppseggen up lechlmossen dach.“
Mieris II, 2«ü.
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Bestand einer besonderen Aussendeichsinteressentensehaft. welche
das Eigentum an dem einzudeichenden Lande besass. 35 ) Ebenso
zeigt die Schlichtung des Streites zwischen Waterland und
Oostzaanen im Jahre 1410, dass sich das Aussendeichsland in
den Händen einzelner befand, die in keinem Zusammenhang
mit den beiden Deichverbänden standen. 30 ) Das Privileg des
Ritters Coen van Oosterwyck vom Jahre 1401 schliesslich ist
gerichtet an die Leute, die „geerft ende gelandt“ sind in dem ein-
zudeichenden Aussendeich. 36 *) 37 )
e) Haben sich die zuletzt geschilderten Veränderungen
in der rechtlichen Natur des Aussendeichslandes in ländlicher
Stille und Abgeschiedenheit abgespielt und ist ihnen deshalb eine
grosse Undurchsichtigkeit eigen, so tritt zu ihnen in den schroffsten
Gegensatz die Aenderung, welche die landesherrliche Gewalt
auf die Natur des Vorlandes ausgeübt hat, eine Aenderung, die
®) a a. O. III. S. 30.
M ) a. a. O. IV. 162 Hier »ollen rieben, die Aussendeichsland besitzen,
den Deich verteilen. Hieraus allein könnte freilich eine Aussendeich-
interessenstenebaft, die mit dem Deichverband nichts zu tbun hat, nicht ge-
folgert werden. Berücksichtigt man aber, dass die sieben als Schiedsmänner
fungieren, dass sie daher vermutlich wie es in anderen Quellen heisst „Ausser-
koogesleute“ sein sollen, so kann mau wohl aunelnneu, dass die Besitzer
von Ausscndeichsland den Deich verbänden nicht angehörten.
*0*) Mieris III 734. — Vergi. ferner das bei Borcligrave „Hist, des
colonies beiges“ S. 3B8 f. mitgeteilte Schriftstück aus dem Jahre 1527, das
ebenfalls besondere Aussendeiebsiuteressentenschaften voraussetzt.
w ) Der neue Auwachs fiel den Eigentümern des Vorlandes an, inso-
weit nicht Störungen von oben dazwischentraten. — Wie aber, wenn eine
Gemeinde einen Deich angelegt hatte, ohne Ausseiuleicbslaud liegen zu
lassen, und infolge der Abspaltung oder Bildung einer Deichgeuossenscbaft,
die mit der Gemeinde nicht zusammenüel, oder infolge der Verteilung des
Deichs unter kleinere Gemeinden das Eigentum am Deicn sich von der alten
Gemeinde abwälzte und sich jetzt erst durch Anschwemmung Aussendeichs-
land bildete — gehörte dies der alten Gemeinde, die den Deich angelegt
batte oder den verschiedenen neuen Eigentümern des Deichs. Fasste man
den Anwachs als Deichzubehör auf, so war das letztere der Fall. Allein
auch auf Grund des Alluviousrechtes ergab sich das gleiche Resultat. Der
Deichgrnnd, an den der Anwuchs landete, war eben auch nicht im Eigentum
der alten Gemeinde geblieben, sondern hatte die Eigentumsverschiebnngen
mit durchgemacht Belege aus den Quellen fehlen.
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118
allerdings auch sich den zuletzt besprochenen Veränderungen
beigesellen konnte und beigesellt hat. Diese Aenderung ist auf
die späteren Deichanlagen von dem allergrössten Einfluss ge-
wesen, sie hat den mächtigsten Umschwung in der Geschichte
des Deichrechts herbeigeführt; sie ging ans vom Westen und
zog gen Osten; langsam schritt sie vorwärts und ist in der
ersten Periode kraftvoll nur in Flandern und Holland zu spüren,
wennschon auch die östlicheren Gegenden teilweise von ihr er-
griffen worden sind: Der Landesherr machte Ansprüche auf das
Aussendeichsland. Diese Ansprüche lassen sich bezeichnen als
Inanspruchnahme des Aussendeichsregals. Allerdings ist
der Ausdruck „Aussendeichsregal“ in einem weiteren Sinn zu
nehmen; er umfasst nicht nur das, was die heutige Doktrin als
Aussendeichsregal benennt (d. h. das landesherrliche Recht auf
das Vorland selbst, 38 ) sondern er begreift überhaupt alle herr-
schaftlichen Rechte in sich, die sich auf das Aussenland beziehen
(also auch die regalia majora sive majestatis). Zu beachten ist
aber, dass hier nur das Aussendeichsland im Hinblick auf seine
Eindeichung in Frage steht. 38 ) •
Der Landesherr eignete sich das Aussenland an, indem er
sich den sich bildenden Anwachs zuschrieb. 40 ) Dabei stützte
er sich auf verschiedene rechtliche Gesichtspunkte. Insoweit
Anschwemmungen erfolgten, welche als unreife Marschflächen
der täglichen Flut noch ausgesetzt waren und von den Holländern
als „noch bedeckte Gründe“ bezeichnet werden, 41 ) lag die An-
nahme der Herrenlosigkeit des Anwachses nahe. Vermöge des
®) Vergl. z. Ii. Griebel, der zu dem Resultat kommt, dass in Norder-
ditmarschen kein Aussendeiehsregal existiere, gleichwohl aber das landes-
herrliche Recht, die Bedeichung des Aussendeichslandes anzubefehlen, aner-
kennt; den im Text gewählten Sprachgebrauch rechtfertigt die historische
Entwicklung der Regalien, insbesondere auch die Ausdrucksweise der mittel-
alterlichen Doktrin.
®) Die Aeusserungcn des Regals, die sich auf Entnahme von Deich-
erde aus dem Vorland beziehen, werden daher hier nicht berücksichtigt.
Ueber sie vergl. unteu Abschnitt IV.
**) Die Veränderungen hinsichtlich des Alluvionsrechtes haben auch
in Bezug auf solchen Anwachs zu gelten, welcher nicht Aussendeichsland
wurde. Vergl, oben sub 1 a. E. und A 18 .
41 ) Vergl. Hugo ürotius „Inloydingh“ S. 55 ff.
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Aneignungsrechtes an herrenlosem Gut war daher der Landes-
herr in die Lage versetzt, das Neuland in seine Gewere zu
nehmen. In der That geht die älteste Urkunde, welche den
Anwachs dem Landesherrn zuschreibt, von solchen Erwägungen
aus. In der Urkunde des Grafen von Flandern von 1171
nämlich werden erwähnt „terrae novae, quas mare foras ejecit,
et quas saisiri praecepimus et in nostram redigi possessionem“. 4 *)
Bei höher aufgeschlicktem Anwachs aber brachte der Landes-
herr den Satz zur Geltung, dass das Ufer des Meeres dem
princeps gehöre, somit die incremen ta ebenfalls in seine Gewalt
kommen müssten. Daher heisst es in der Schenkungsurkunde
Wilhelms II. von 1247 : „Cum ripa maris et incrementa terrarum
que ripe per alluvionem aqnarum accrescunt, ex antiqua et,
approbata consuetudine dinoscantur ad terre principem perti-
nere“. 4 *) Schliesslich aber benutzte der Landesherr auch die
Rechtsanschauung, welche das Aussenland als Zubehör des
Deiches auffasste und brachte sie da zur Anwendung, wo auf
seine Kosten der Deich zum Wohl der Angesesessenen angelegt
worden war. So sagt daher Wilhelm I. im Jahre 1212 hin-
sichtlich des Vorlandes am Deich zwischen Bergen und Aik-
maar, der zur Zeit seines Bruders begonnen, auf seine Kosten
aber vollendet war: „quidquid sub aquarum alluvione latuerat,
si ad cultum perveniret, nostre proprietati mancipatum erat“. 44 )
Ebenso w r ie das Alluvionsrecht bei den noch bedeckten Gründen
zu dem Recht an herrenlosem Land hinüberspielte, war es auch
bei den Eilanden der Fall, welche nur in die Nähe des Fest-
landes geführt waren, ohne mit ihm fest verwachsen zu sein.
Die Holländer nennen sie die „unangeführten“ Eilande. 45 ) Bei
ihnen überwog aber doch der Gedanke der Herrenlosigkeit und
ei öffnete damit dem Landesherrn eine wirksamere Grundlage zur
Aneignung, wie andrerseits die Notwendigkeit einer besonderen
Besitznahme in den Vordergrund treten musste. Konnte der
Landesherr bei den Eilauden, den noch bedeckten Gründen und
**) Siehe Warnküuig I {J. J3S 39.
* 3 ) liergli I, 4tl; ebenso im Jahre 1 251 (a. a. O. 541).
**) Bergh I, ‘ 22 :.
**) (jrotius a. a. O.
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dem neuen Anwachs, der sich gerade kurz vor der Zeit der
Inanspruchnahme gebildet hatte, leichter mit seinen Ansprüchen
durchdringen, so war es für ihn am schwierigsten, sie bei
solchem Vorland siegreich geltend zu machen, welches sich lange
im Besitz anderer Personen befand. Dort war es mehr die
Entziehung des Aneignungsreehtes, hier die Wegnahme eines
Objekts, das den Unterthanen gehörte. Einen untrüglichen
Beweis, dass eine solche gewaltsame Wegnahme von Aussen-
deichsland erfolgreich stattfand, liefert eine Urkunde von 1246: 4B )
in anderen Fällen war der Landesherr weniger glücklich. 47 )
Mitunter räumten ihm Gemeinden von selbst das Recht auf den
Anwachs ein und Hessen dadurch erkennen, dass an sich dieses
Recht ihnen selbst zufiel. 1 *)
Infolge der Vermischung von privatrechtlichen und öffentlich-
rechtlichen Gesichtspunkten erscheinen die Landesherrn da, wo
sie ihre Ansprüche durchsetzten, entweder als Eigentümer des
Vorlandes oder als kraft Herrschaftsrechtes Verfügungsberech-
tigte oder schliesslich als Träger bestimmter landesherrlicher
Hoheitsrechte in Bezug auf den Aussendeich. Keineswegs aber
erhellt aus ihren Handlungen eine von den angedeuteten recht-
lichen Stellungen stets mit voller Bestimmtheit, vielmehr sind
sie häufig mit einander verquickt und basieren teilweise auf dem
Missglücken der Inanspruchnahme der einen oder der andern, oder
auf der Furcht der Unterthanen vor einer solchen Inanspruchnahme.
In Holland hat sich in manchen Gegenden das Recht des Laudes-
herrn auf das Vorland in der schroffsten Weise schon in dieser
Periode durchgesetzt, indem derselbe dort das Aussenland ver-
kaufte oder verschenkte, 49 ) oder indem er hinsichtlich des zu-
*>) Vcrgl. Bergh I 422. Hier wird Aussendeichsland = Scor von
Edlen auf Mitten eines Abtes verkauft, wobei erwähnt wird, dass es früher
lange im Besitz der Kirche gewesen war, Graf Wilhelm aber es sieh vindi-
ziert und au die EUelleute verkauft hatte.
17 ) Vergl. Mieris III, 712. Schwarzenberg II S. 67 (a. 1506).
*e) Ein Beispiel gewährt die Behebung der Nordstrandischen Harden
von 1519. Vergl. Falek .Handbuch“ 3 b S. 425 A. 51 (überliefert durch
Heimreichs Anmerkung zum Nordstrander Landrecht).
«) Vergl. z. B. Bergh I, 14«, 227, 400, 441; Mieris IV, 221. Wir
sehen vou den Verkäufen zur Eindeichung hier ab.
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künftigen Anwackses den Zehnten verlieh. 50 ) So kam hier das
Aussendeichsland aus den Händen der Landesherrn in den Besitz
von Kirchen, Klöstern und Herrn 51 ) und gelangte schliesslich
in die Gewere von Ansiedlungsgenossenschaften. 5 *) Bei der
Vergabung des Vorlandes konnte der Landesherr entweder nur
das vorhandene austhun oder auch das zukünftige mitverleihen. 53 )
Wurde von ihm Aussenland mit bestimmten Grenzen vergeben,
so blieb ihm der zukünftige Anwachs Vorbehalten. 51 ) Mitunter
kam das Anssendeichsland auch in die Hände derer, denen es
der alten Anschauung nach gehören musste; dies war dann der
Fall, wenn der Landesherr einem Deichverband das Aussen-
deichsland schenkte, das an dessen Deich lag; 55 ) doch trug die
modernere Rechtsanscbaunng auch hier insoweit Consequenzen,
.als nur das vorhandene, aber nicht das zukünftige Vorland
verschenkt ward. 50 ) Diese Ansprüche der Landesherren auf den
Anwachs und das Aussendeichsland, die jedenfalls der volks-
tümlichen Denkweise unberechtigt erschienen, mussten notwendig
teilweise eine grosse Verwirrung hervorrufen. 57 ) Zu einer voll-
ständigen allgemeinen Klärung der Frage ist es nicht gekommen. 58 )
“) Bergh I, 227, 414, 441.
61 ) Bergh I, 148, 227, 441, 416, Mieris IV, 221.
52 ) Siehe auch oben sub b.
M ) Bergh I, 148, 414 II. 1007.
M ) Vergl. auch H. Grotius a. a. 0.
») Bergh II 1007.
M ) Bergh II 1007. Hier schenkt iin Jahre 1227 Johanu I. dem
Kloster Leeuwenhorst den Ausscndeich, der nun gegen dessen Land liegt.
6 ‘) Schon für diese Periode kann mau die Worte von Hugo Grotius
verwerten, die (a. a. O.) lauten: „In Hollant ende West-Vrieslant wert van
weghen de Graeflickheyt gheseyt, dat do aenwassen als gevolgh van de
wateren de Graeflickheydt toekomen. Anderen ontkennen sulcks, ende
desen aengaeude wat voor recht moet werden gehouden, is metde ver-
scheydenbeyt van ghewoonten ende gewesen vonnisseu vry onseker“.
m ) Die „noch bedeckten Gründe“ und „uuangefiihrten Eilande“ kann
man — was Holland anlangt — vielleicht am ehesten allgemein dem Grafen
zospreclien. Er konnte natürlich dies Recht auf sie verleihen. So besassen
nach Grotius die Herren von Egraont auf Grund gräflicher Verleihung das
Recht auf die Gründe, die die meiste Zeit des Jahres mit Wasser bedeckt
waren, und auf die Eilande, die noch nicht fest an dem Lande waren. Die
von Aechtendijck aber besassen zwar das Recht auf allen Amvachs, jedoch
nicht die eben erwähnten Rechte Egmonts.
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Allem Vermuten nacli aber sind es diese landesherrlichen An-
sprüche gewesen, die die Rechtsanschauung hervorgerufen haben,
dass eine Besitznahme des angeschwemmten Landes erforderlich
sei. 59 ) Ihre ferneren Consequenzen sind aber die gewesen, dass
H> ) Gauz falsch ist die Behauptung Hackmauns S. 22 0, dass stets
eine Besitznahme erforderlich sei, auch für die spätere Zeit. Das Erfordernis
einer Besitznahme ist nicht allgemein durchgedrnngen. In alter Zeit fehlte
es ganz. Vergl. oben sub. 1. Unrichtig Stobbe „Privatrecht“ 2. Aufl. II.
S. li>4. der meint, dass gerade in alter Zeit nach deutschem Hecht eine
Bositzuahmo nötig gewesen sei, was sich erst später geändert habe.
Eoenso Stobbe-Lehmanu II. 1. S. £>30 sub I V.l Stobbe stützt
sich lediglich auf die Niederschreihung des kleviscben Alluvionsrechtes
von 1541, die sich in Grimms „Rechtsalteitiimern“ (jetzt II. Aufl.
vou Ueusler und R. Hühner B. I. S. 25ä ff.) gedruckt findet. Hier wird
eine feierliche Besitznahme vonseiten des Eigentümers, der dem Fluss anliegt,
durch Befahren mit einem schwer geladenen Mistwagen gefordert. Allein
diese Urkunde beweist doch nichts für die alte Zeit, um so mehr, wenn
man bedenkt, wie lange die ersten Eingriffe der Landosherru in Holland
hinsichtlich des Anwachses zurückreichen Im übrigen handelt es sich hei
dem Anwachs der Urkunde von 1541 weder um Aussendeichsland noch um
Land, das später eingedeicht werden sollte. Das Befahren mit einem Wagen,
welches zugleich die Haltbarkeit der Anschwemmung erproben sollte tGriram
S. 257), passt für Deichländer gar nicht. Bei ihnen wird vielmehr die
Haltbarkeit des Grundes meistens erst durch die Eindeichung hergestellt.
Selbst wenu man daher der Form der Urkuude von 1541 einen ganz alten
Charakter beilegen wollte, so würde sie — ganz abgesehen von der durchaus
unzulässigen Verallgemeinerung Stobbes — für den Anwachs, der das
Deichrecht interessiert, kaum in Betracht kommen. — Die alten holländischen
Quellen, welche des Anwachsen gedenken, gehen sicher davon aus, dass die
Anschwemmung ipso jure anfällt; denn nirgends wird irgendwie des Er-
fordernisses der Besitznahme gedacht. Nur in der Urkunde von 1171 (oben
A. 42) schreibt der Graf eine Besitznahme für sich vor; dies erklärt sich
aber daraus, dass er in die alten Rechtsauschauungen, dass der Auwacbs
dem Eigentümer des anstossenden Landes gehöre, gewaltsam eingriff und
seine neue Recutsanschauung gewissermassen ad oculos demonstrieren musste.
Beachtenswert ist namentlich, dass Hugo Grotius eine Besitznahme nicht
fordert, dass also Haekmaun zu ihm in direktem Gegensatz steht. Freilich
findet sich bei Grotius eine Bemerkung, die zu dem Erfordernis einer
Besitznahme hinüberspielt. Nach ihm ist es nämlich im Lande Putten eine
alle Gewohnheit, dass derjenige, welcher das Recht auf den Anwachs hat,
auch das Recht auf die unangerührten Eilande besitzt, die dem Lande so
nahe kommen, dass er sie vou dem Laude aus zu Fuss mit seinem Schwert
erreichen kann. Danach ist also ein Berühren mit dem Schwert nicht er-
forderlich. allein man wird es angewendet haben. Es ist ja überhaupt, das
Wahrscheinliche, dass bei diesen „Platten” das Erfordernis der Besitznahme
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man, ehe man an eine Bedeichung des Aussenlandes schritt,
sich an den Landesherrn wandte, um ganz sicher zu gehen,
dass man nicht ein Gebiet urbar machte, welches der Landes-
herr als sein Eigen betrachten wollte. 80 ) In dieser Hinsicht
spielten freilich andere Momente eine gewichtigere Bolle, auf
welche später eingegangen wird, deren Hauptgrundlage aber
schon hier angedeutet werden muss, insoweit dabei die rechtliche
Natur des Aussendeichslands in Betracht kommt. Ebenso wie
der Aussendeich regelmässig als nicht deichpflichtig betrachtet
wurde,® 1 ) sah man ihn auch als frei von Landabgaben an.®*)
Nur der Acker binnen Deichs wurde als vollwertiges Land der
Unterthanen herangezogen, alles was buten Deichs lag, war
von Staatslasten im allgemeinen frei. 63 ) Mit der Bedeichung
aber rückte das Aussenland in die Stellung des Binnenlandes
ein, war also an sich iu demselben Masse zu den Abgaben
heranzuziehen, wie alles übrige Land. Allein die geringe Er-
tragsfähigkeit des eingedeichten Vorlandes in den ersten Jahren
und die durch die Bedeichung hervorgerufene Kostenlast drängten
nach einer weiteren Andauer einer Sonderstellung der einge-
deichten Groeden. 04 ) Auf dieser Basis entwickelten sich teil-
weise landesherrliche Hoheitsrechte über das uneingedeichte
Aussenland, die seine rechtliche Natur insofern veränderten, als
zuerst auftaucbte. Einen besseren Qrund für diese Aunderung im Alluvions-
recbt als den von uns angegebenen (d. h die durch die Eingriffe der Landes-
herrn hervorgerufeno Notwendigkeit feierlicher Dokumeutierung des Eigen-
tums) wird man schwerlich Anden können Wie gesagt beginnt diese Aen-
derung schon in dieser Periode; es sind daher die Formalitäten, welch«
Hackmann a. a. 0. anführt, abgesehen von den durch das römische Recht
hervorgernfenen, teilweise scheu für diese Zeit partikulär anzunehmen.
**) Siehe unten sub VIII. 1.
61 ) Mieris III. 152 („alsoo uyt dyckslant selve geen dyck en hout‘):
Ausnahme oben A. 31.
**) Siebe namentlich Griebel S. 36.
ra ) Allerdings gab das Aussendeichsland mitunter Zehnten, wie wir ja
die Vergabungen solcher Zehnten bereits kennen gelernt haben. Es waren
dies Zehnten von Weideland Sie fallen mit den Staatsabgaben nicht zu-
sammen; auch ist zu beachten, dass die Vergabung von Zehnten an zu-
künftigem Anwachs die stillschweigende Voraussetzung einer .Bedeichung oft
in sich barg. Siehe unten sub III
M ) Vergl. vorläuAg als ältestes Dokument dafür Berg h I. 127 (a. 1117.
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124
die Eigentümer desselben seine Benutzung zur Bedeichung
hier ohne landesherrliche Erlaubnis nicht vornehmen konnten,
dort aber auf landesherrlichen Befehl vornehmen uiussteu. 65 )
III. Charakteristisch für die meisten Deiclianlagen der
späteren Entwicklung ist der Umstand, dass ihre Entstehung
nicht auf einzelne Gründer zurückzuführen ist, soudern dass an
ihnen eine Reihe von Einzelpersonen und Verbandspersonen
nacheinander mittelbar oder unmittelbar Teil genommen haben.
Während früher eine sich bildende Gemeinde oder eine bereits
vorhandene Gemeinde die alleinigen Gründerinnen von Deich-
anlagen gewesen sind, entsteht jetzt zu einem grossen Teil eine
ganze Stufenleiter von Gründern, ausgehend von den
höchsten Spitzen der Menschheit, endigend bei den untersten
Ständen des Volks. In einfachen Schenkungen und Vergabungen
von Marschstrichen, die von den Landesherrn ausgingen und
von denen bereits gesprochen ist, kann freilich ein Anstoss zur
Errichtung von Deichen nicht erblickt werden. Der Kausal-
zusammenhang ist vielmehr erst dann vorhanden, wenn Land-
gebiete, deren Kultivierung der Deichanlagen bedarf, von ihnen
ausgethan werden mit der Bestimmung, dass diese kultiviert
und besiedelt werden. Solche Vergabungen finden sich nicht
nur von seiten der Landesherrn, sondern auch von seiten von
kleineren Herrn, Kirchen, Klöstern und Städten, ohne
in irgend einer Verbindung mit dem Landesherrn zu stehn. Sie
sind unzweifelhaft zuerst in den Niederlanden vorgekommen.
Es ist freilich ein eigentümliches Schicksal, dass die älteste
Austhuungsurkunde, die mit Deichanlagen in Verbindung ge-
bracht werden muss, uns nicht für Flandern und Holland über-
liefert ist, sondern für die Umgegend von Bremen. Der be-
rühmte Vertrag, den Erzbischof Friedrich von Bremen im
Jahre 1106 mit Holländern! schloss, ist das älteste Beispiel
einer Austhuung von Land zur Bedeichung. 8 “) Wir haben
m ) Siehe darüber unten sub VIH
**) Ueber ihn siehe Schreeder .Niederländische Kolonien“ S. 1 ff.,
von Schwind .Zur Eutstohung der freien Erbleihen“ in öierkes .Unter-
suchungen“ Heft 35 S. 125 ff und die dort Citierteu. Ferner siehe nament-
lich Meitzen „Siedlung und Agrarweseu“ II. S. 314 ff. und III. Anlage 86.
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in diesem Kolonisationsvertrag den bestimmten Hinweis auf
holländische Gebräuche 87 ) und finden in einem Anklang an die
holländischen Austhuungsurkunden der späteren Zeit. So giebt
die Urkunde von 1106 — auch wenn hier vielleicht die Ent-
wässerungsanlagen gegenüber den Deichbauten in den Vorder-
grund traten 68 ) — ein beredtes Zeugnis dafür, dass in früherer
Zeit solche Austhuungen zur Eindeichung in Holland statt-
gefunden haben, und dass sie in ähnlicher Weise ausgestaltet
worden sind. Allerdings walteten zwischen den alten holländischen
Vergabungen und der von 1106 grosse Unterschiede. Hier war
es eine Gruppe von Ansiedlern, die der Landesherr aus fernen
Landen herbeizog, dort waren die Deicher hervorgegangen aus
der heimischen Bevölkerung; hier unterhandelt der Landesherr
mit den Ansiedlern oder deren Vertretern selbst, dort waren
es vermutlich die verschiedensten Mittelspersonen, die zwischen
dem Landesherrn und den Deichern standen. Solche Mittels-
personen kommen ebenfalls in den deutschen Gebieten vor; es
lässt sich hierin kein einschneidender Gegensatz zwischen
Deutschland und den Niederlanden finden. Bei diesen Aus-
thunngen, die sich von Flandern bis an die preussischen Werder
erstrecken, waltete eine mehr oder minder grössere Ausführlich-
keit, im ganzen die bunteste Verschiedenheit. Am genausten
sind wir über die holländischen Vergabungen und Austhuungen
in den Wesermarschen orientiert. Spärlich fliessen die Quellen
über die Austhuungen in den nördlichen Elbmarschcn. Völlig
ins Dunkel gehüllt sind die Vergabungen in der Altmark, in
Schlesien und auf den preussischen Werdern. 69 ) Von denAus-
tbuungsurkunden dieser Periode, die heule auf deutsches Gebiet
sich beziehen, enthalten nur zw r ei einen direkten Hinweis auf
z. B. beim Fruchtzehnt die elfte statt der zehnten Garbe.
Siehe oben Einleitung § 1 sub. II. b und das unter den „ Berich-
tigungen" zu iS 12 Gesagte
m ) Dass sie stattfanden beweisen spätere Quellen. Fiir die Altmark
siche die Schenkungsurkunde von 1208 (oben Einleitung § 4a A. 1S9); fiir
Schlesien vergl. Tzscboppe und Steuzei „Urkundenbueh“ S. 331 und
Wutke „Die Schlesische Oderschifffahrt" IS96 S. 3 und 32; für Preussen
siehe die Quellen bei Töppon S. IS". Ueber die Kolonisationsverträge in
diesen Gebieten, die mit Deichanlagen nichts zu tbnn haben, orientiert am
besten Schwind S. 149, 152.
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12 «
Deichanlagen. 7 ") Mau kann diese Austliuungeu nur verstehen,
wenn man einmal tfon eiuer Hineiuzwängung römischrechtlicher
Begriffe, sodann von einer Hineintraguug moderner Rechts-
gestaltungen absieht. Vor allem ist zu berücksichtigen, dass
der schroffe und spröde Eigentumsbegriff der Römer dem
deutschen Recht gänzlich fremd ist. Es muss daher als ver-
fehlt bezeichnet werden, wenn bei einer Construktiou der ding-
lichen Rechte, die an dem auszuthuenden Lande bestehen oder ent-
stehen, von ihm ausgegangen wird. 71 ) Zu unterscheiden sind drei
Gruppen von Personen: Die Vergaber, die Mittelspersonen
und die Ansiedler. Vergaber sind diejenigen, welche Land
zum ersten Male mit der Bestimmung der Kultivierung durch
Deichanlagen ausgeben. Mittelspersonen sind diejenigen,
denen Landstriche zur Kultivierung und Besiedlung ausgegeben
werden derart, dass sie zwischen den Vergabern und Ansiedlern
stehen. Ansiedler schliesslich sind diejenigen, an welche
Teile des Neulandes vor der Bedeichung und rücksichtlich der
Bedeichung zu wirtschaftlichem Selbstbetrieb vergeben werden.
1. Die Vergaber geben Land zum ersten Male mit der
Eindeichungsbestimmung aus. Auch die Mittelspersonen geben
das Land aus, nämlich an die Ansiedler (oder vorher an andere
Mittelspersonen). Sie geben es aber nicht zum ersten Male
aus, denn zum ersten Male ist es an sie ausgegeben worden.
DieVergaber geben Land aus. Das Ausgeben kennzeichnet
ihren Begriff. Personen, die zu den Deichanlagen in anderer
Beziehung stehen — mag auch diese Beziehung einem Aus-
geben sehr ähnlich seiu, können nicht Vergaber sein. Je
nachdem dies Ausgebeu auf Grund unbeschränkter Selbständig-
keit oder erst auf Grund von Genehmigungen, Privilegien und
Eindämmungen der Selbstherrlichkeit von seiten dritter erfolgte,
™) Nämlich die Urkunde Herzogs Ottos vou 1206 hinsichtlich des
l.ewenhrooks (Grupeu II, 1 66) und die Bestätigungsurkunde der Austhuung
des Herrn vou Craneuburg (bei Cleve) von 1343 (oben Einleitung § 4a
Amn. 248).
, 71 ) In diesen Fehler verfällt Schwind a. a. 0. S. 170. — Geht
mau vom römischen Eigentumsbegriff aus. so wird man bei den freien
Laudleihen zu dem Resultat kommen, dass die Kolonistenhufen in niemandes
Eigentum standen.
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scheiden sich die selbständigen Vergaber von den privi-
legierten Vergabern. Die selbständigen Vergaber sind keines-
wegs blos die Laudesherrn, der Begriff schliesst die Abhängigkeit
von anderen Personen keineswegs aus : die Selbständigkeit muss nur
hinsichtlich des Vergabungsaktes existieren, in jeder anderen Be-
ziehungkann sie fehlen. DieKlasse der privilegierten Vergaber
ist dadurch entstanden, dass ein Angehen geistlicher oder weltlicher
Landesherrn rätiich, ja mitunter erforderlich war. Man begehrte
von den Landesherrn, ja sogar vom Reichsoberhaupt, Bestätigungen
und Gestattungen der Vergabungen, teils um das Unternehmen
glücklicher zu Ende zu führen, um Privilegien für sich und die
Ansiedler zu gewinnen, teils in Anerkennung der landesherrlichen
oder lehnsherrlichen Oberhoheit. Aus deutschem Gebiet sind
in dieser Hinsicht die Privilegien des Herzogs Heinrichs des
Löwen, 7 *) des Erzbischofs Siegfrieds von Bremen, 78 ) und Kaiser
Friedrichs I. 74 ) für die Besiedlung der Sumpfländereien in der
Nähe der Abtei Machtenstedt anzufüliren. Hierzu in Parallele
stehen die holländischen Urkunden, die eine Erlaubnis zur Ein-
deichung vonseiten der Landesherrn enthalten. Die technische
Bezeichnung für dieses Erlaubniserteilen ist „oirlof gheven“. 75 )
Gleichbedeutend ist „macht gheven“ 7 ®) und „macht ende oerlof
gheven“ 77 ) oder „gunnen“, „consentieren“. 78 ) Es ist juristisch
durchaus von dem „Ausgeben“ verschieden. Der Charakter des
Fortgebens, der Veräusserung im weitesten Sinn, fehlt dem Er-
laubniserteilen. Schon ein oberflächlicher Blick zeigt dies dadurch,
dass bei der Erlaubnis eine bestimmte Person von vornherein ge-
geben ist, der gegenüber der Rechtsakt vorgenommen wird, bei dem
Ausgeben dagegen jede beliebige Person als Gegenüber in Betracht
kommen kann. Freilich kommen im Endresultat beide ver-
schiedene Rechtsakte scheinbar auf dasselbe hinaus. Da nämlich
auch bei der Erlaubnis die rechtliche Stellung und die Rechts-
’ 7 *) Hamburger Urkundenbnch 238. (a. 1X70.)
**) a. a. O. 200. (a. 1181—1183).
u ) a. a. 0. 20t*. (a. 1158.)
n ) llieris III. 74, 126, 580; IV, 671.
7e ) llieris IV, 1069.
7I ) llieris III. 220, IV 129.
7e ) llieris IV, 129, 165, 1008; Schwarzenberg II, 558.
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128
Verhältnisse dessen, dem erlaubt wird, und der Ansiedler oft geregelt
werden, so erscheinen vom Standpunkt der Landesherrn die Privi-
legierten fast als Mittelspersonen. In Wahrheit aber sind sie doch
die eigentlichen Vergaber und die Landesherrn nur die Begünstiger
und Genehmiger. Und bei genauer Durchforschung der Quellen
stellt sich heraus, dass der landesherrliche Einfluss auf die
Kultivierung des Neulandes und die Stellung des Landesherrn
in Rücksicht der Rechtsverhältnisse des neuen Bezirks bei der
Erlaubnis eine viel schwächere ist, als bei der landes-
herrlichen Vergabung. Auch zeigen sich hier Momente,
die dort durchaus fehlen. 79 ) Zu berücksichtigen ist freilich,
dass das Ansgeben dann im Endresultat dem Erlaubniserteilen
sehr nahe kommen muss, wenn es schenkungsweise geschieht. 80 )
Die privilegierten Vergaber können zugleich die Stellung von
Mittelspersonen einnehmen; dies ist dann der Fall, wenn durch
einen Vertrag einer Person hinsichtlich von Landstrichen, die
ihr zugehören, die Erlaubnis erteilt wird, und an sie vom
Landesherrn fremde Neuländer ausgegeben werden. 81 ) Auch
kann der privilegierte Vergaber bei Gelegenheit des Erlaubnis-
erteilens in eine Sozietät mit dem Privilegieuerteiler hinsichtlich
der Bedeichung von Landstrichen, die beiden zugehören, treten. 82 )
Die privilegierten Vergaber unterscheiden sich praktisch von
den selbständigen Vergabe™ dadurch, dass ihnen meist in Bezug
auf die Vergabung in gewisser Hinsicht die Hände gebunden
sind. Frei und selbstherrlich schaltet der selbständige Vergaber,
ihm zieht nur der Wille der Mittelspersonen und Ansiedler eine
Grenze. Eingeengt und beschränkt giebt der privilegierte Ver-
79 ) Vergl. outen sub 2.
®°) Ist der privilegierte Vergaber ein Deichverband, der unter landes-
herrlicher Verwaltung, steht wie die Groote Waard in Südholland, so steht
im Resultat eine Vergabung des Deichverbandes der landesherrlichen Ver-
gabung sehr nahe. Vergl. Mieris IV, 140. (a. 1410.)
“*) Vergl. Mieris IV 1068. Philipp sagt hier 1435: „guunen ende
uytghevon mits desen brieve te bedyckcn . . . alle die . . . uytterlanden . . .,
die toebehooren Floris voorseyt . . . ende sommige andere aldaer streckende*.
Floris ist zugleich Vergaber (ihm wird erlaubt seine Groeden zu bedoichen:
.gunneu ... die toebehooren) und Mittelsperson (ihm wird „ausgc-
gebon“ Land: uytgheven . . . sommige andere“.
82 ) Mieris IV, 221. (a. 1412.)
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12 !)
gaber die Groeden meist aus: ihn hindert an einer freien Ent-
faltung eine Reehtsnonn, die der Landesherr für seine Vergabung
festgestellt hat. Allerdings giebt es privilegierte Vergaber, bei
denen die Erlaubnis eine einfache Form ist, ohne mit materiell-
rechtlichen Wirkungen verknüpft zu sein. Die Fesseln, welche
den privilegierten Vergaber beengten, waren gewöhnlich Be-
stimmungen über die Freiheit der Ansiedler von landesherrlichen
Abgaben und Diensten in den nächsten Jahren. 83 ) Da nämlich
das Land selbst als frei betrachtet wurde, so war damit für jedes
Grundstück eine diesbezügliche Freiheit geschaffen, die ihm der
privilegierte Vergaber nicht nehmen konnte. Allerdings be-
zogen sich die Froijahre auch auf die Vergaber und waren
Freiheiten für sie. Allein die Freiheit des Landes konnte für
sie hinderlich sein, falls ihr übriges Land gegebenen Falls für
die Tragung der landesherrlichen Abgaben zu schwach war.
An das Neuland konnten sie eben nicht heran: jede Bestimmung
in ihren Vergabungsurkunden, die ihnen das Recht zur Ein-
forderung der landesherrlichen Abgaben verliehen hätte, wäre
nichtig gewesen. Die Vergaber waren bei ihren Vergabungen
ferner daun gebunden, wenn die Landesherrn das dingliche
Recht der Ansiedler hinsichtlich ihrer Neulandsparzellen fest
bestimmten, 84 ) wenn Reglungen hinsichtlich der Anlage vou
Hofstätten getroffen waren, 84 *) wenn eine feste Zahl Morgen für
Dritte zur Moorknltur frei zu deichen und im Hinblick darauf
von den Deiehern Sicherheit zu leisten war. 848 ) Die privilegierten
Vergaber waren beengt, wenn den Deiehern jährlich die Zahlung
83 ) Mieris III, 126 (a. 1 361) „ende si ende ilie ghene, diet dykeu
sullen, of besitten, zullen 't van allen scoten, van beden, ende beervaerden
vry hebbeu die eersten seven jare“.
Mieri s IV, 220 (a. 1412): „glieven wi den gbeuen, diet bedyken zullen,
den eygbendoem van den erve. dattet inbedyct wert, behouden ons des jairs
pachts van ses groten van der morglien voirscreven“. Die Ansiedler er-
halten hier ein Untereigentum, das der Erbpacht an die Seite zu stellen ist.
M *) Mieris IV, 140 (a. 1410.)
84b ) Mieris IV, 670 (a. 1423.)
„Voert sullen die ghene, die dit voirsz. land sulleu bediken, goede
voirvaerde, endo wisheit doen dose vierhondert morgen metten tliien
morgen moers , te houdeu vry van dykingen ende van anderen onraet det
dyckaedsen . . . .*
J. Üierke, Geschichte des deutschen Doichrcr.hts. y
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einer bestimmten Summe vom Gemete an den Landesherrn aufer-
legt wurde. 8 '’’) Die stärkste Gebundenheit wurde ihnen zu Teil,
wenn ihnen eine Frist zur Fertigstellung der Eindeichung unter
Androhung von Strafen gesetzt, 86 ) oder wenn die Deich-
verwaltung genau geregelt wurde. 87 ) Diese Fesseln entbehren
aber oft eines Zwangscharakters und stellen sich als Ver-
pflichtungen auf Grund freiwilliger vertragsmässiger Ueber-
nahme dar. 88 )
Als Vergäbet - (selbständige oder privilegierte) figurierten
die Landesherrn, 89 ) Kirchen und Klöster, 911 ) kleinere Herrn, 91 )
Deichverbände 92 ) und Städte.* 1 ) Am Ende der Periode tritt
eine grosse Landschaft als Vergäbet - auf. 94 ) Ihre Stellung zu
den Landstrichen, die sie ausgaben, war eine Mischung öffent-
lichrechtlicher und privatrechtlicher Befugnisse. Und zwar war
es gleichgültig, ob ihnen das Land seit unvordenklicher Zeit
gehörte, oder ob sie es sich durch Kauf oder Schenkung er-
worben hatten, oder ob sie sich es oder eine Verfügung über es
kraft Land- oder Lehnrechts zuschrieben. Die Vergaber hatten
ein öffentliches Herrschaftsrecht und ein privatrechtliches Eigen-
tum, die nach mittelalterlicher Anschauung mit einander ver-
quickt waren. Ueber ihnen konnten sich andere Herrschafts-
rechte, andere Privatrechte wölben. Aus der Gesamtheit der
Rechte, die sie besassen — mochte sie nun klein oder gross
sein — konnten sie bei den Vergabungen etwas fortgeben und
etwas zurückbehalten. Es ist ohne weiteres einleuchtend, dass
die Vergaber einen um so grösseren Umfang von Herrschafts-
85 ) Vergl. A. 84.
*) Mieris HI, 74.
a ) Mieris IV, 140.
®) a. a. O.
*®) Die älteste landesherrliche Austliuungsurkunde ist der oben A. 66
erwähnte Vertrag von 1106.
Als ältestes Beispiel siehe Bergh I, 127. (a. 1147.)
91 ) Vergl. namentlich das Privileg von 1343 (oben A. 70).
“) Mieris IV, 140 siehe oben A. 80.
,J3 ) Vor allem Elbing. Siehe die ältesten Quellen bei T ü pp en „l’rcuss.
Trov. Bl.“ N. L S. 302.
M ) Schwarzenberg II. S. 243. Die Vereinbarung betreffend die
Bedeichung der Bildlande von 1505.
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rechten im allgemeinen bei sich zurückbehielten, je mehr sie
mit den Ansiedlern selbst in Berührung kommen. Je ange-
sehenere, mächtigere und mit eigenen Herrschaftsrechten aus-
gestattete Mittelspersonen existierten, je notwendiger war die
Abspaltung von Herrschaftsrechten und eine Uebertragung dieser
von seiten der Vergaber auf die Mittelspersonen. Allerdings
ist zu berücksichtigen, dass auch bei einem gänzlichen Fehlen
von Mittelspersonen infolge der freien und selbständigen Stellung,
die man oft den Ansiedlern zu geben bestrebt war, Herrschafts-
rechte in gewissem Sinn auf die Gesamtheit der Kolonen über-
gehen konnten.
Das Ausgeben bezeichnen die Quellen als ein „gheven“ 95 )
[„uytgeven“, 96 ) „verkofen ende uytgbeven“ 97 )], tedycken jofte doen
dyken, als ein „dare“ („tradere“, „vendere“, „concedere“) ad
excolendam (al. terram). w ) Die Vergabung konnte eine zeit-
weise Ueberlassung sein") oder die Gewähr der Dauer in sich
tragen. 1 ") Sie konnte mehr Herrschaftsrechte in Bezug auf
das Land oder das Land selbst betreffen. Sie konnte sich als
Verkauf 101 ) oder Schenkung 102 ) darstellen oder den Charakter
eines Auftrags oder eines Landleihevertrages in den ver-
schiedensten Formen annehmen. Immer waren diese Verträge
zugleich öffentlichrechtlicher Natur; immer handelte es sich
um Verträge, um Rechtsgeschäfte, die dem Belieben der beteiligten
Personen unterstellt waren. Stand ein Verkauf in Frage, so
wurde dabei nicht die gesamte Fülle der Rechte des Vergabers
verkauft, sondern Splitter dieser Rechte, Splitter des Herrschafts-
rechts, Splitter des Eigentums, oder das Eigentum. Eine solche
Vergabung aber, bei der das ganze Herrscbaftsrechts in seiner
Totalität übertragen, uud die Eindeichung etwa als Ver-
“) Mieris II, 161; III, 249; IV, 474, 479, 981, 1045.
,J6 ) Mieris III, 277, 291.
m ) Mieris III, 291, 156, 197.
“*) Vergl. die Austliuungsurkunden für die Umgegend von Hamburg
und Bremen.
") Schwarzenberg II, 245.
10 °) So die meisten.
101 J Mieris III, 291, — IV, 156, 223, 569.
Iu2 ) Mieris IV. 479.
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tragsbedingung ausgemacht wurde, findet sieh nirgends. Ver-
käufe fanden nur bei Vorhandensein von Mittelspersonen statt. 1 ®)
Die Mittelspersonen zahlten in diesem Fall einen Kaufpreis.
In den holländischen Urkunden wird daher stets dann, wenn
von einem Verkauf die Rede gewesen ist. des Kaufpreises ge-
dacht. Der Kaufpreis konnte hinsichtlich seiner Höhe ganz
bestimmt ausgemacht und bezahlt werden. Dann enthalten die
Urkunden eine diesbezügliche Bestätigung, entweder, dass der
Käufer „van desen coep wittelike end wel betaelt ende voldaen
lieeft“ 104 ) oder dass er bezahlt hätte „den lesten penning mitten
ersten“. 10 *) Berechnete man den Kaufpreis genau nach Mass-
gabe der Morgen, die eingedeicht werden sollten, und war in
Bezug auf die Grösse der Eindeichung dem Käufer ein freier
Spielraum gelassen, so stellte man den Kaufpreis in der Weise
fest, dass man für jedes „Gemete“ ein Fixum vereinbarte, eine
diesbezügliche Anzahlung ausmachte, und hinsichtlich der Be-
träge, die sich iufolge der Gewinnung einer grösseren Menge
von „Gemeten“ als der bei der Anzahlung angenommenen,
ergab, einen Zahlungstermin nach der Eindeichung bestimmte. 1 "’’)
W3\ \viu passt hierzu .Wremer Urkundenbuch“ No. 56? Da fehlen
Mittelspersonen (vergl. Schwind S. 139), und es heisst doch „vendere“.
Sonst ist bei Vergabungen an Ansiedler direkt von feiten der Vergaber
von einem concedere (Bremer Urkb. 27) oder „durc“ (Anhalter Urkunclb.
1 2921 die Hede. Das „vendere“ in der eratgedachten Urkunde bedeutet daher
keineswegs Verkaufen im technischen Sinn, sondern Ausgeben. Würde mau
sich übrigens der Interpretation von Schwind 8. 1 4<i anschliesseu, so
Würde man iu den .viris et ministerialibus“ Mittelspersonen finden können.
Allein die. vorgeschlagene Auslegung .Sehwinds ist nicht annehmbar. Er
zieht „viris weis et ministerialibus“ zu vendidi; siehe aber Anhalt. Urk.
I. 292; Hamburg. Urk. lx'J.
IM ) Vergl. Mieris III 281.
,ui ) Mieris IV S. 106 (a. 1410); „Voirt so belyen wi otis van den coop
van den lande ende Heerlichede mitten puutou ende voirwairden voirsz. van
onsen getruwen Kaden, ende vrienden voirgenoemt vol, ende al betailt te
wesen den lesten penning mitten eersten ende bekennen, dat ouse getruwe
Tresorier, . . . tot. ouser behoif dair of outfangen beeft, ende in onsen
oirbair gebracht twee dusent gouden (ielresche gülden, alzo dat wy voir
ous ende onsen uaeomeliugen onsen getruwen Rade ende vrienden voirsz.
ende hören nacomelingen ende erven dair of vri ende quyt Beeiden tot
ewigen dagen".
106 ) Mieris IV (a. 1413) S. 226 „dat Peter endeUeryt voirsz ons daer
toe geveu suileu voer elckeu gemete bedyets lauts eenen gouden Eugelschen
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133
Mail konnte auch sicli mit der Vereinbarung eines geringen
Kaufpreises und dessen Begleichung begnügen, eine Summe aber
als ewige Rente auf das Neuland legen, eventuell auch eine
Erhöhung dieser Summe nach vollendeter Bedeichung ver-
einbaren. 1 " 7 )
2. Allen Mittelspersonen, so verschieden sie auch sein
mochten, ist gemeinsam, dass sie durch die Vergabungen von
seiten der Vergaber eine Mission erhalten. Die Erfüllung dieser
Mission konnte mehr oder minder in das Belieben der Mittels-
person gestellt seiu. Doch wurden regelmässig an die Erfüllung
die Vorteile und Rechtssamen, die man den Mittelspersonen in
Aussicht stellte, geknüpft, und die Austhuungsnrkunden gehen
alle von dem Gesichtspunkt der Erfüllung aus. Dass der Ver-
gaber der Mittelsperson Land ausgab und ihr lediglich die
Heranziehung von Ansiedlern und die Oberleitung der Ein-
deichung übertrug, ohne ihr Herrschaftsrechte irgend welcher
Art in Bezug auf das Neuland in Aussicht zu stellen, ist sehr
selten. 1 ®) Nicht hierher gehört der Fall, dass ein Landesherr
seinem Beamten das Ausgeben von Land befiehlt. Der Beamte
ist dann keineswegs Mittelsperson, an ihn wird nichts ausgegeben,
und er steht dem Vergaber nicht als freie und unabhängige
Person gegenüber, welche mit dem Vergaber kontrahiert —
sondern ihm wird befohlen und er muss gehorchen. 1 ®) Regel-
nobel, daer sy ons of betailt hebben sess ende tsestich Eugelsche noblen.
Ende van des sy meer bedyckeu sullen, daer sal die dach van betalingen of
wesen tot Bamisso naistcomeude*.
107 ) Hieris IV (a. 1420/21) S. 561'. Auch hier heisst es, dass dio
Käufer den letzten Pfenning bezahlt hätten mit dem ersten; die Vereinbarung
der Rente ist daran sofort angekuüpft durch die Worte „beboudelic“.
,08 ) In der Kolonisationsurkunde von 1149 betreffend die Kolonien-
gründung im Stedinger Land (Hamburg. Urkb. 189) wird das Land ansgethau
an Johann und Simon; aber nur Jobanu erhält den Distrikt jure beneficiali.
Simon hatte daher nach der Besiedlung keine Herrschaftsrechte. Dass er
eine Parzelle sich vorbehielt, ist wahrscheinlich, aber nicht nötig; damit
würde er auch nur die Stellung eines Ansiedlers haben und keine öffeutlich-
recktliche Gewalt Uber das Neuland.
toi) Vergl.Mieris 111, 733 (a. 1400/1): „Aelbreclit . . . doen eout . . .
dat wy bevoleu ende gemaditiget hebben . . . onseu Rentemeestes . . .
dat hi van onser wegen utghbven sal te diken . . .“
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1 34
mässig finden wir, dass den Mittelspersonen Herrschaftsrechte
und andere Rechte, die mehr einen privatrechtlichen Charakter
tragen, hinsichtlich des gesamten einzudeichenden Landes über-
tragen werden. Im Vergleich zu den privilegierten Ver-
gabern ist allerdings ihre Stellung eine abhängigere und un-
vorteilhaftere. Die privilegirten Vergaber haben immer den
Zehnten, die Mittelspersonen entbehren seiner oft. Die privi-
legierten Vergaber deichen nie Gemete für den Landesherrn
frei, nie erdeichen sie diesem Ambacht und Ambachtsgevolgh,
nie Bruchteile der Gerichtsbussen. Bei den Mittelspersonen
ist dies oder jenes der Fall. 110 ) Für die blosse Uebertragung der
Zehntherrlichkeit hinsichtlich der einzudeichenden Strecke 111 )
sind uns zwei Beispiele überlielert, von denen das eine nach
Seeland, das andere nach den holsteinischen Marschen weist.
Bei jenem figuriert als Vergaber ein Kloster und die Mittels-
personen sind zwei Edle. Bei diesem ist der Vergaber ein
Landesherr und die Mittelsperson ein Kloster. Bei jenem wird
der Zehnt nur in Erbpacht gegeben und nur eine Zehntherrlichkeit
zur gesamten Hand mit dein Vergaber eingeräumt, bei diesem
wird der Zehnt ganz überlassen und damit eine Uebertragung
vorgenommen, die einer Landübertragung ziemlich gleichstand. 112 )
Im Jahre 1147 giebt nämlich das Kloster St. Peter zu Utrecht
Zehnten zu Wohlfahrtsdijk in Erbpacht an Bodin und Balduin
von Skinga und überträgt ihnen die Hälfte der Zehnten hin-
sichtlich der Landstriche des Klostergebiets auf Südbeveland,
die sie selbst oder die Ihrigen erdeichen und kultivieren würden
in der Weise, dass die Zehnten gemeinschaftlich eingetrieben
und dann erst verteilt werden sollen. 110 ) Und im Jahre 1139
uo ) Bei den Mittelspersonen überwiegt ferner ein Ansthun des Landes
mit bestimmten Grenzen. Bei der Erlaubnis an die privilegierten Vergaber
wird eher die Grösse des einzudeichenden Landes diesen überlassen.
lu ) Die Uebertragung von Zehnten an Slikken und Marschland ist
keine Vergabung zur Eindeichung. Zu einer solchen gehört eine Bezug-
nahme auf eine Bedeichung oder Kultivierung.
us ) Vergl. Bergh I, 227, 441 (hier handelt es sich aber nicht um eine
Vergabung zur Eindeichung).
'“) Bergh 1, 127 (a. 1147): „De cetero quoque etiarn haec praedictis fratri-
bus eorumque successoribus hereditariis indulsimus, ut quidquid ipsi terrarum
infra terminos sancti Petri in Üuthbevelande suo vel suorurn labore vallo
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135
schenkt Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen dem Kloster
zu Neumünster den Zehnten in der Wüster- und Breitenberger
Marsch und dehnt ihn auf alles Land aus, welches die Kloster-
leute oder ihre Anbauer dort erarbeiten würden (quae vel per
se vel per colonos suos usque quaque elaboraverint). Demselben
Kloster werden in der Bestätigungsurkunde des Bischofs
Hartwigs von 1104 alle Neubrüche, die urbar gemacht werden
sollen, zu rechtmässigem Besitz überlassen. 114 ) Am häufigsten
erhielten die Mittelspersonen die Gerichtsbarkeit in Bezug auf
das Neuland übertragen. Freilich behielten die Vergaber einen
Teil derselben sich selbst in irgend einerWeise vor. In Holland
erhalten die Mittelspersonen meist die Ambacht und das Ambachts-
gevolgh in Aussicht gestellt. 115 ) Man überträgt ihnen dies zu
Lehn. 116 ) Dabei gebrauchte man oft die Vorsicht, dass man
eine Belehnung erst nach vollendeter Eindeichung versprach. 117 )
In Deutschland erhielt die Mittelsperson regelmässig die Stellung
des Richters oder Schnltheissen. 116 ) Die hohe Gerichtsbarkeit
cinxerint, hominumque culturae subjecer/int, poot tres primos annos
quos pro labore fossoribus addiximus, ex bis aequa portione nobis cum siugulis
annis decimis partiantur in liunc moduin: in campo decimas nos et ipsi una
colligemus, collectas similiter ad propria defereinus, delatas tum deinuui
manipulatim inter nos aequis portionibus partiemur“. — Es ist dies nicht
allein die Älteste Vergabungsurkunde Hollands, sondern auch die erste
holländische Urkunde, die auf Deiche Bezug nimmt,
m ) Hasse I. 75, 77, 118. Dass das „elaboraro“ gleichbedeutend ist
mit »erdeichen“, ergiebt ein Vergleich mit der Urkunde von ll47(Aum. 113)
u0 ) Abweichungen finden sich davon insofern, als der Vergaber sich
die Ambacht vorbehielt (Mieris III, 275) oder die Hälfte der Ambacht re-
servierte (Mieris Hl, 249).
»«) Mieris III, 249, 291; IV, 156, 197, 479, 569.
117 ) Mieris IV, 156 (a 1410): .Ende als dese voirsz. lande bedyet syn, so
snllcn wi onsen getrnwen Kaden ende vruuden voirsz. ende den genen, die
hem die helpen bediken, ende hören erven na dat si dair in deilen zullen
ende elken bysonder, als wy des van hem vermaent werden, die voirsz.
Heerlicheden, ende ambachten verlien, ende verlovcn te houden von ons ende
van onsen nacomelingen tot ene onversterfeliken leen, in eersten lede niet
te versterven, te verheergewaden, alst mit recht verschynt, mit enen pair
Witter hantschoen . . .“
118 ) Hamb. U. B. 209. Schwind S. 166. Schroeder „Rechts-
geschichte“ 3. Aufl. S. 429.
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13 «
Verblieb dem Vergaber, insoweit er sie besass. 1111 ) Man übertrug
nur die niedere Gerichtsbarkeit 1 '^) oder nahm bestimmte wich-
tigere Fälle aus. 121 ) Die Verteilung der Bussen konnte mit der
Verteilung der Gerichtsbarkeit harmonieren oder in der Weise
geregelt werden, dass die Mittelsperson die Gefälle nur bis zu >
einer gewissen Grenze erhielt 122 ) oder von einer gewissen Grenze
ab mit dem Vergaber zu teilen hatte, 133 ) oder dass die Mittels-
person die Bussen der ihr zugewiesenen Gerichtsbarkeit ganz,
die übrigen nur teilweise bekam. 13 '*) Die Mittelsperson konnte
auch alle Zehnten übertragen erhalten 124 ) oder keine 125 ) oder
nur einen gewissen Prozentsatz 126 ) oder schliesslich alle mit
Ausnahme derjenigen, welche auf dem Lande vor der Eindeichung
bereits lasteten, mochten sie dem Vergaber zulallen 127 ) oder
n9 ) Der privilegierte Vergaber brauchte sie nicht au besitzen. Vergl.
Mieris IV, 129.
lw > Dies ist bei einfacher Uebertragung der Arabacht anznuehmen.
Die Vergaber behalten sich auch hier meist ausdrücklich die „hohe Ge-
rechtigkeit“ oder „hohe Herrlichkeit“ vor.
121 ) Nach der Vergabung von 1233 haben die Mittelspersonen die Ge-
richtsbarkeit „exeeptis judiciis que spectaut ad dainnationem capituin et
collorum et de furtis et mancturis et quidqui I fructuum inde vcncrit, inde
incdietfts mea (des Vergabers) erit et super hoc ego ad judicinm residebo.“
(Bergh I, 348). Nach der Vergabungsurkunde von 1410 (Mieris IV, 158)
richten sie „het si van dieftcn. van dootslagen, van leemten, af anders,
utgeset, ende behoudelic aeu ons, ende aeu ouse nacomelinge, dootslagen
binnen vredeu, ende zoeuen, moirt, reeroeff ende vrouwen vercraft ende
zeevoude.“
m j Mieris III 291 (Graf von Blois). Bussen bis 10 Pfund incl.
12S ) Mieris IV 569. Bussen bis zu sieben Schillinge, dann geteilt.
l23 *) Siehe Bergh I, 346 oben A. 121.
vu ) Das Zehntrecht ist in dem Ambachtsrecht enthalten, wenn es nicht
besonders ausgenommen wird.
m ) Mieris IV. 225, 1085, Bergh I, 348.
12e ) So bei Mieris IV 291 (Graf von Blois) allen Zehnten ausser
einem gewissen Naturalzehnt. Nach der Kolonisationsurkunde von 1201 von
Hartwig II. (Hamb. Urkundenbuch 332) erhielten die Mittelspersonen
Heinrich und Hermann den Zehnten jeder Zehnten Hufe.
m ) Bei Mieris IV, 479 behält sich der Vergaber vor „sulcke reuten, als
wy nu ter tyt jaerlycx daer ut hebbeu“. Vorgl. auch Mieris IV, 981.
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137
Dritten. 128 ) Auch verpflichtete man sie zu einer Jahresabgabe,
die nach der Anzahl der eingedeichten tiemete bestimmt war. 129 )
Diese Jahresabgabe war von ihnen zu entrichten, es war dies
keine Verpflichtung der künftigen Ansiedler gegenüber dem
Vergaber. Mochte die Mittelsperson sich an diesen erholen,
entweder die gleiche Abgabe fordern oder zu ihrem eigenen
Profit eine höhere. 130 ) Oft ward den Mittelspersonen auferlegt,
für die Eintreibung des Zehnten und des Zinses, insoweit er
ihnen nicht zufiel, zu sorgen. 131 ) Auch Befugnisse mehr ver-
waltungsrechtlicher N atur wurden ihnen ausdrücklich einge-
räumt. Man konzessionierte ihnen die Anstellung von Beamten 132 )
und Deichbeamten, ,:u ) überliess ihnen die Deichschauung mit ihren
Bussen, 13 *) gestaud ihnen das Recht zu, Keuren zu machen. 135 )
Man gewährleistete ihnen, da, wo man den alteu Deich nicht
mit vergabte, das „Festmachen“ des neuen Deiches an dem
alten, gab ihnen in Bezug auf die Grösse der Eindeichung freien
Spielraum, 1 *) gestattete ihnen die Bestimmung, wozu das
Deichland benutzt werden sollte. 137 ) Schliesslich gewährte man
ihnen, beiConsens der Beamten das Recht, Wateringe, Schleusen,
Siele nach Gutdünken anzulegen, 1 *) koncedierte ihnen eine Be-
fugnis, die sich als ewigesEindeichungsrecht bezeichnen lässt.
Bei grossen Ueberschwemmungen und Einbrüchen konnte nämlich
das Land mit Wasser so stark und solange bedeckt werden,
dass juristisch der Gedanke an einen Landverlust sehr nahe
'*) Mieris III. 249: „End waerd dat yemaent wäre, die höre tienden
vermocht hedden . . . dat lii met ousen boekeu betoeghen mochte, die zoude
ziuen tiende behoudcn.“
I29 ) Mieris III. 291. Die Mittelsperson soll 0 Pfennige vom Gemet
ehrlich zahlen. Mieris IV, 479 ('/ a von den gewöhnlichen Abgaben.)
13u ) Zu schliesson aus Mieris IV, 479 und 981.
131 ) Schroeder a. a. O.
13ä ) Mieris IV, 197, 479, 569, Borgh II 340.
133 ) a. a. O. u. 1086.
'*•) Mieris II, 151.
,3r> ) Mieris IV, 479 n. a
ias ) z. B. Mieris IV, 569.
137 ) Also Korn-, Wiesen- oder Moorland. Hinsichtlieh des Moorlandes
ergab sich allerdings di<^ Benutzung von selbst.
136 ) Mieris IV, 156.
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138
lag. War aber das Land teilweise verloren, so konnten später,
wenn die Wasser zurüekgingen, indem das alte Land als Anwachs
angesehwemmt erschien, infolge des Aussendeichsregals Momente
geltend gemacht werden, die einer freien unabhängigen Neu-
bedeichung nach Art der alten von seiten der ursprünglichen
Mittelsperson hinderlich im Wege standen. Bei gänzlichem
Landverlust aber fehlte der Mittelsperson überhaupt jedes Recht
auf das alte Neuland. Um alles dies zu verhindern, fügte man
den Vergabungsurkunden die Bestimmung ein, dass die Mittels-
personen bei solchem Sachverhalt das Land stets wieder in
Besitz nehmen und bedeichen könnten. Dies ewige Eindeichungs-
recht wird in einer Austhuungsurkunde von 1413 139 ) folgender-
massen gewährleistet:
„Ende waert dat saicke, dat dit voirsz. land rampte, of
inbraecke van den watere, nae dattet gedyct wäre, soe sullen
Peter ende Geryt voirsz. (die Mittelspersonen) of haer erven
dit voirseyde landt weder mögen aenwaerden als hair eygen
goede, ende dycken, of sy willen tot hoeren schoensten, ende
daer en sullen wy, noch yemant jegens seggen.“
Die Mittelspersonen erhielten in dem neuen Gebiet auch
besondere Gerechtigkeiten — wenn sie einfache Freie
waren und bei kleinen Dorfansiedlungen : Backofen-, Schank-,
Schmiedegerechtigkeiten 140 ) — bei grösseren Eindeichungen, wo
Edle und Herren Mittelspersonen waren, wie vornehmlich in
Holland: „vogelye vischerie, wint, brant, exechynze, veeren,
ghiften van Kerken“, 141 ) Gerechtigkeiten, die regelmässig einem
Ambachtsherrn zufielen. Vor allem aber wurden die Mittels-
personen'jin Bezug auf die ersten Jahre der Urbarmachung privile-
giert. Sie erhielten gewisse Jahre frei von Diensten und
Abgaben. In Holland hat sich die Anzahl der Jahre mit bei-
nahe ausschliesslicher Regelmässigkeit auf sieben belaufen.
Nur die älteste Austhuungsurkunde von 1147 14 ' 2 ) und die Ver-
gabung des Herrn von Putte von 1315 1 * 1 ) setzten drei Jahre
13S >) Mieris IV, 225.
,4Ü ) Schroedcr a. a. O.
,4i ) Mieris IV, 156.
»*) Bergh 1, 127.
1W ) Mieris II, 151.
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139
fest; sonst stösst man bis 1436, wo bei einer Vergabung 10 Frei-
jahre gewährt werden, 144 ) nur anf die Anzahl sieben. Diese Frei-
jahre bezogen sich zu einem grossen Teil auf die Ansiedler mit.
Die Quellen drücken die Privilegierung ungefähr in folgender Weise
aus: „Ende dit selve Nieuwlant sal vry wesen van allen beden,
sclioot, ende heervaerden, diensten ende andere onraeden, die vallen
mögen in onsen Lande (van Seeland).“ 145 ) Die Mittelspersonen
waren daher nicht in der Lage, die Ansiedler mit solchen Lasten
zu beschweren. Wohl aber war ihnen das Recht belassen,
innerhalb der Freijahre von dem eingedeichten Lande Abgaben
einznfordern, welche nicht zu den erwähnten gehörten. Es muss
insbesondere betont werden, dass dann, wenn sie das Recht
auf den Zehnten mit verliehen bekommen hatten, es durchaus
bei ihnen stand, die neuen Hufen mit Zehnten zu belasten. 146 )
Sie waren auch hinsichtlich der Einforderung von Pacht- oder
Zinsgeldern, die sie mit den Ansiedlern vereinbaren konnten,
keineswegs beschränkt. Die Abgaben, von denen das Land
selbst und damit zugleich Mittelspersonen und Ansiedler gefreit
waren, waren Lasten, die dem Landesherrn zu leisten waren,
sie wurden auferlegt kraft landesherrlicher Gewalt. Die Zehnten
dagegen waren Zubehör der Ambachtsherrlichkeit, d. h. einer
Gewalt, die unter der landesherrlichen stand. Zinsen und
Pachtgelder hatten einen privatrechtlichen Charakter und wurden
kraft grundherrlicher Eigenwirtschaft erhoben. In Bezug auf
sie hatten die Mittelspersonen rechtlich freien Spielraum, wenn
nicht ausdrücklich bei der Vergabung die Freijahre auf die
Zehnten erstreckt waren. Letzteres war z. B. der Fall bei der
Vergabung von Zehnten von seiten des Klosters St. Peter zu
Utrecht im Jahre 1147. 147 ) Allein auch da, wo die Freijahre
von seiten der Vergaber nicht auf Zehnt und Zins ausgedehnt
waren, wurden die Ansiedler thatsächlich auch in Bezug auf
sie durch die Mittelspersonen regelmässig gefreit. Allerdings
ist uns keine Austhuungsurkunde einer Mittelsperson an An-
14i ) Mieris IV, 1086.
I4f ') Mi er 18 IV, 156.
14# ) Dies ergiebt namentlich Mieris IV, 1086, wo ausdrücklich die
Zehuten mitgenannt werden.
147 ) Bergh I, 127. Siehe oben A. 113.
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140
Siedler erhalten. Allein wir finden da, wo der Vergaber sich
den Zehnten bei einer Austhuung an die Mittelsperson vorbehielt,
stets die Freijahre dem Lande auch hinsichtlich der Zehnten
gewährleistet. 148 ) So werden praktisch die Mittelspersonen
während der Freijahre mit den Zehnten nur insofern etwas zu
thun gehabt haben, als es sich uni Zehnten handelte, die bereits
auf dem uneingedeichten Neuland lasteten. 14 “) Denn dass diese
regelmässig bestehen blieben, beweisen die holländischen Ur-
kunden, welche sie erwähnen. ,M ) Wo Freijahre ausgemacht
wurden, war der Termin für ihren Anfang in zweierlei Weise
verschieden bestimmt. Entweder datierten die Freijahre von
der Zeit ab, da das Land gedeicht war, 1 ® 1 ) oder von der Zeit
ab, da man Korn gewann und mit Nutzen säen konnte. 155 )
Die Mittelspersonen kamen durch die Vergabung zu dem Land
in eine Stellung, die regelmässig zeitlich nicht beschränkt
war. War ihnen allerdings lediglich die Besiedlung anvertraut,
ohne dass ihnen eine Macht nach der Bedeichung in Aussicht
gestellt war, so hatte nach der Bedeichung es mit einer Be-
fugnis ihrerseits über das Neuland ein Ende. Eine merk-
würdige Vergabung auf eine festbegrenzte Zeit enthält auch
die Uebereinkunft mit einigen holländischen Edlen betreffend
die Bedeichung der Bildlando aus dem Jahre 1505. Hiernach
kamen diese Landstriche auf elf Jahre in die Hände der Edlen,
welche sie gebrauchen und verpachten konnten, nach dem zweiten
Jahr von jedem vierten Morgen, der gebraucht wurde, 5 Gulden
jährlich zu zahlen hatten und in Bezug auf die Verwaltung
eine Oberaufsicht erhielten. 154 ) Diese Edle erscheinen somit
als Pächter, die zugleich eine gewisse öffentlichrechtliche Stellung
einnahmen. Ueberhanpt wird sich als gemeinsames Merkmal
aller Mittelpersonen nur sagen lassen, dass sie eine öffentlich-
'«) Mieris IV, 225, 1086.
,4 “) Mieris IV, 249, 479.
16 °) Mieris IV, 981 ergiebt vor allem, dass diese Zehnten auch schon
vor Ablauf der Kreijahre zu zahlen waren.
“*) Mieris III, 291: IV, 225.
165 ) Mieris III, 249, IV, 156, 197, 479, 569, 1085.
163 ) Hamburger Urkundenbuch 189 in Bezug auf die Mittelsperson Simon.
1M ) Schwarzenberg II, 218.
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141
rechtliche, herrschaftliche Stellung in Bezug auf das Land
erhielten. Im übrigen ist es kaum möglich, sogar die Stellung
einer bestimmten Mittelsperson nach heutigen juristischen Be-
griffen scharf zu kennzeichnen. Da auch die Herrschaftsrechte
als Privatrechte behandelt und übertragen wurden, so erhalten
die Mittelspersonen zum Teil die Stellung von Erbpächtern der
Herrschaftsrechte. 155 ) Infolge der in Holland üblichen Belehnung
mit der Ambacht und dem Ambachtsgevolgh werden die Mittels-
personen teilweise Vasallen. 15a ) Hierbei konnte die Mittelsperson
in Bezug auf das Land selbst als Eigentümer erscheinen. So
bekommt Geryt von Buschusen im Jahre 1420/21 die Ambacht
zu Lehn, das Land aber „tot enen vryen eyghen erflic end
ewelic te hebben“. 157 ) Es lag überhaupt dann, wenn der Ver-
gabung ein Verkauf oder eine Schenkung zu Grunde lagen, die
Hervorhebung, dass die Mittelsperson Eigentümer sein solle,
sehr nahe. Sie findet sich z. B. am deutlichsten bei der Ver-
gabung des Herzogs Johann von 1413, wo es heisst: „Dat sal
hoirs vry gront eygen landt ende goet wesen ende haeren erven
erven, haeren vryen wille mede te doen“. ,äB ) Durch das
Herrschaftsrecht, welches die Mittelsperson innehatte, erhielt
das Eigentum jo nach der Art des Herrschaftsrechtes eine ge-
wisse Färbung, die es von dem vollen Eigentum trennte.
Hierdurch und infolge der mittelalterlichen Anschauung, dass
in dem freien Eigen an sich öffentlichrechtliche Elemente ent-
halten seien, erschienen die Mittelspersonen auch als Eigentümer
als Herrschaftsberechtigte. Man kann sagen: Je mehr die
Zehnten und Abgaben von den Hufen, die der Vergaber sich
vorbehielt, den Charakter von Landesabgaben und Steuern be-
kamen, die dem Landesherrn kraft öffentlichen Hechts zufielen,
uud je mehr der Vorbehalt der „Herrlichkeit“ von seiten der
Vergaber als Vorbehalt der Landeshoheit erschien, um so mehr
waren die Mittelspersonen gegenüber den Vergabe™ in der
15A j Bergh I, 127. Vergl. auch Jlieris IV. 1008.
15u ) Jlieris IV, 156, 107, 470, 560. Zu unterscheiden ist die L'ebur-
t ragung des Ambacht zu Lehn von der Belehnung mit dem Land selbst.
Vergl. unten A. 160 a.
yj! ) Jlieris IV, 560.
158 ) Jlieris IV. 225; sie war natürlich nicht notwendig; Jlieris III, 201
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142
Stellung von Eigentümern; und je mehr der Gedanke der
Herrscliaft über das Land bei den Mittelspersonen wieder gegen-
über den Ansiedlern losgelöst von privatrechtlichen Grundlagen
zum Vorschein kam, um so mehr biissten die Mittelspersonen
gegenüber den Ansiedlern die privatrechtliche Stellung von
Eigentümern zu deren Gunsten ein. Selbst da, wo die Mittels-
person zum Richter oder Schulzen vom Vergaber eingesetzt
wurde, hatte sie insofern einen Teil des Eigentums am Land, als
in dem übertragenen richterlichen und polizeilichen Herrschafts-
recht eine Ausscheidung aus der öffentlichrechtlichen und
privatrechtlichen Gewalt des Vergabers zu erblicken ist und
öffentliche Herrschaftsbefugniss und privatrechtliche sachen-
rechtliche Macht mit einander verquickt w f aren. ,s# ) Allerdings
überwiegt hier ebenso wie bei dem blossen Auftrag zur Be-
siedlung der öffentlichrechtliche Gesichtspunkt. Das privat-
rechtliche Element tritt dann wieder mehr dem öffentlichrecht-
lichen zur Seite, wenn der Distrikt der Mittelsperson als beneficium
übertragen ward, 1 ® 0 ) oder diese das Land zu Lehn erhielt. 18 ®*)
Die Mission, welche den Mittelspersonen zu Teil ward,
bestand darin, das Land zu bedeichen oder bedeichen zu lasseu, 181 )
cs zu kultiviren und weiter auszugeben. ,ai ) Häufig wird das Land
von dem Vergaber an zwei oder mehrere Mittelspersonen
zugleich ausgegeben. Diese Mittelspersonen hatten dann regel-
mässig eine gleichartige Stellung. 183 ) Anders war es, wenn erst
durch Vermittelung der Mittelsperson eine Person als
zweite Mittelsperson hinzutrat. Dann ergab sich eine Ab-
hängigkeit der zweiten Mittelsperson von der ersten. Zu unter-
scheiden ist dieser Beitritt von dem Eintritt einer neuen
Mittelsperson an Stelle der alten, bei welchem die letztere in
“•) A. 31. Scliwiud. S. 107; wenn auch nicht ganz entschieden.
160 j Hamburg. Urkb. 189 „Districtum .... Johanni . . . jure beneflciali
concessi,“
i0i») Bergh I, 346. Vergl. oben A. 156.
181 ) „te dyckeu of te doen bedyckeu“, wie die holländischen Urkunden
sagen. Manche setzen hinzu „to haeren schoensten“ oder „to hören besten
oirbaer eud profite“ u. s. w.
lü2 ) „ad excolendam et vendendam“ wie die deutschen Urkunden sagen.
1 ® 3 ) Mieris IV, 569, 1068. Bergh I, 127 u. a.
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143
Bezug auf das von ihr ausgegebene Land aus dem Zusammen-
hang ganz ausschied. Auf beide Fälle ward in den Vergabungs-
urkunden Rücksicht genommen. Man versprach, den Beitretenden
oder Eiutretenden in Uebereinstimmung mit der Stellung der
ersten Mittelsperson mit dem Land zu belehnen, in dessen Besitz
und Eigentum zu belassen u. s. w. 1 “ 4 ) Der E intritt vollzog sich
durch Uebertragung aller Rechte, welche der ersten Mittelsperson
an dem Land, das sie ausgab, zustanden. E s konnte sich um
das ganze Land handeln, welches an die Mittelsperson von dem
Vergaber ausgethan war, oder um einen Teil desselben, das
war gleichgültig. Ein Beispiel eines solchen Eintritts gewährt
der Verkauf der Herzogin Margarethe an Florens von Borsselen
im Jahre 1430, mit dem Margarethe aufhörte und Florens anling,
Mittelsperson zu sein. 1 *'') Der Beitritt dagegen vollzog sich
dadurch, dass die Mittelsperson einer neuen M i ttelsperson einen
Teil ihrer Rechte am Land vergabte. Diese neuen Mittels-
personen nennt die Vergabungsurkunde Herzogs Philipps von 1435
„mededeelders“. "“O Die mededeelders kommen in Deutschland
nicht vor. Sie finden sich naturgemäss bei grosse len Vergabungen.
Sie stehen zwischen Vergaber und Ansiedlern und zwischen
Mittelsperson und Ansiedlern. In welcher Weise solche Ver-
gabungen an mededeelders geschahen, darüber belehr t die Aus-
thuung der Herzogin Margarethe von 143 0 au| JFlorens von
Borsselen, ,e7 J die allerdings nicht zur Ausführu ng kam. 168 ) Die
164 ) Mieris IV, 479. „Euil wuert saecke dat imant di t voorsz. nieuwland
ofte de Heerlyckheden, ende Ainbachten voorsz. van ons er liever Viouwe
ende Moeder mit coepe ofte anders naermaels vercrc gen, boe, oflte in wat
scyn dat geschien, offte comen mochte, die geloove wyse dan voort te verlien,
offte doeu verleenen .... tot glücken recht ... als wy't onser liever Vrouwe
. . . doen sullen.* Mieris IV, 1085: »Ende wairt dat sake, dat yemant
dese . . . sliclanden .... van onsen gemynden .... mit cope .... ver-
engen .... dien geloven wy, dat voirt vor ons . . . him . . dair in te
houden ende te laten besitten ende te gebruken ende te laten te gebruken
endo te besitten tot sulkeu recht, ende eygendom, ende in olre manieren,
als wyt onsen ghemynden . . gegonnet, ende gegeven hebben.“
IS6 ) Mieris IV, 983.
lm ) Mieris IV, 1068.
i«) Mieris IV, 981.
1BB ) Denn später verkaufte sie den ganzen Aussendeich an Florens.
Aus dem ursprünglich geplanten Beitritt wurde ein Eintritt. Mieris IV, 983.
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144
Herzogin vergabt liier 50 Gemete des ihr 1417/18 geschenkten
Aussendeichs; 1 “®) die alten Renten, welche das ganze Neuland
zu dieser Zeit belasteten und daher auch während der Freijahre
fortliefen, sollen „mede mode ghelic“ von den 50 Gemeten
proportionaler an die Gräflichkeit bezahlt werden. Nach den
Freijahren soll Florens von jedem Gemäss die Hälfte von den
üblichen Jahrgeldern begleichen, während die Herzogin 1417/18
nur ein Drittel davon an den Grafen abzuführen hatte. Sonach
blieb die Herzogin mit dem Lande, insoweit sie es übertrug,
insofern in Zusammenhang, als sie die Hälfte der üblichen Ab-
gaben erhielt, ein Drittel abgab, also ein Sechstel profitierte.
Ist dies auch die einzige Austhunngsurkunde von einer Mittels-
person an eine andere leitende Mittelsperson, die uns überliefert
ist, so lässt sie doch den Schluss zu, dass die Austhuungen an
die mcdedeelders stets in analoger Weise stattfanden. Eine Ans-
thuungsurkundo einer Mittelsperson an die Ansiedler
ist nicht erhalten. Die Austhuung erfolgte in dem durch die Ver-
gabung bestimmten Rahmen, und, insoweit dieser es zuliess, in
freier Weise. Auf die Bedeichung und Besiedlung selbst gehen
wir später ein. Hier ist noch zu bemerken, dass eine bestimmte
Frist für die Bewerkstelliguug der Kultivierung den Mittels-
personen nicht gesetzt wurde. War ihnen das Land zeitweise
überlassen, so musste nicht einmal innerhalb dieser Zeit die
Bedeichung vollendet sein. 17 *') Die möglichst schnelle Anlage
von Deichen stand zu sehr im Interesse der Mittelspersonen,
als dass es einer rechtlichen Fixierung eines Zeitpunktes, einer
Strate u. s. w. bedurft hätte. Nur in einer Vergabungsurkunde
wird ein Termin gestellt, nämlich in der Vergabungsurkunde
von 1436, 1T1 ) wo 16 Jahre ausgemacht werden. Allein da auch
hier nach 16 Jahren die Mittelspersonen ihre alten Rechte
weiterbehalten, falls die Bedeichung nicht vollendet ist, so stellt
sich dieser Termin mehr als ein Wink von oben dar, der klar-
lcgen sollte, wenn mau das Ende des Werks erwartete.
**) Mieris IV, 47>J.
17 °) Schwarzenberg II. 248.
I71 j Mieris IV, 10S5.
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145
So figurierten als Mittelpersonen Landesherru, 175 ) Städte, 173 )
Klöster und Kirchen, 174 ) Edle und Knappen, kleinere Herrn 17 ')
und Freie (locatores). 170 ) In Bezug auf die locatores ist noch
zu bemerken, dass sie von denjenigen Personen zu unterscheiden
sind, welche Stellvertreter der Ansiedler nur beim Vertrags-
Schluss sind. Diesen Stellvertretern fehlt jegliche Mission, sie
sind keine Mittelspersonen.
3. Zu den Ansiedlern, die hier in Betracht kommen, ge-
hören nur diejenigen, welche Teile des Neulandes vor der Be-
deichung zum wirtschaftlichen Eigenbetrieb erhalten. Sie sind
von den Personen zu unterscheiden, welche in einem bereits
bedeichten Gebiet angesiedelt werden. 177 ) Die Ansiedler waren
entweder von denVergabern oder Mittelspersonen herangezogen,
oder sie selbst traten diesen gegenüber als eine Gesamtheit, die
zu einer Gemeinde werden wollte, der aber dazu nur die ding-
liche Unterlage fehlte. 178 ) Die Ansiedler W'aren entweder
Heimische oder Ausländer, 179 ) Freie oder Unfreie. Den Aus-
ländern beliess man häufig ihr heimisches Recht. 180 ) Die Unter-
schiede zwischen Freiheit und Unfreiheit hatten sich im Mittel-
alter sehr abgeschwächt. So giebt es Austhuungsurkunden, die
eine Begabung in Unfreiheit voraussetzen, 181 ) und andere, welche
172 ) z. B. Mieris IV, 479.
17S ) Das einzige mir bekannte Beispiel ist die Vergabung au die Stadt
Sevenberg aus dem Jahre 1430 (Mieris IV, 974), die zugleich interessante
Einblicke in das „Moordeichreckt“ gewährt.
i«) Hasse 1, 75, 77.
m ) Bergh I, 127, Mieris II, 151 u. s. w.
m ) Hamburg. Urkb. 189.
,77 ) Ueber sie vergl. unten sub IV. Hier nur die vorläufige Bemerkung,
dass die Quellen uns oft im unklaren lassen, ob Ansiedler dieser oder
jener Art vorliegen.
178 ) Bei den Koloneu, mit denen der Vertrag von 1106 abgeschlossen
wurde, ist letzteres der Fall; für ersteres passt mehr die Austhuung des
Lewenbroks im Jahre 1296 (Grupen II, 166), wo es heisst: „Quicunque ad
terram hujus Lewenwordher dictam spe fortuue melioris confluxerint.“
179) Vergl. oben Einleitung § 1 HI.
18 °) Vergl. den Vertrag von 1106; in den holsteinischen Elbmarschen
galt teilweise höllisches Recht. Siehe C. Coust. Hols. II, 57.
***) Auhalter Urkb. I. 292.
J. Oierke, Geschichte des deutschen Deichrechts. 10
ilie Freiheit an eine bestimmte Aufenthaltszeit in der Kolonie
knüpfen. Iia ) Die Gemeinden, welche so entstanden, erhalten
eine freie und vorteilhafte Stellung. Sie bildeten teilweise einen
abgeschlossenen Bezirk, welcher dem übrigen Land als privi-
legierte Enklave gegenüberstand. Auf alle einzelnen mehr oder
minder verschiedenen Vorrechte einzugehen, ist hier überflüssig.
Aus dem, was soeben über die Vergaber und Mittelspersonen
gesagt ist, ergiebt sich bereits ein ungefähres Bild der Stellung
der Ansiedler. Zudem wird bei der Darstellung der Struktur
der Deichverbände auf manches zurückzukommen sein, was in
diesem Zusammenhang bereits eine Andeutung erfahren soll.
Es genügt daher folgendes zu bemerken: Der Gesamtheit der
Ansiedler wurde da, wo keine Mittelspersonen waren, mitunter
die niedere Gerichtsbarkeit und ein Teil der Bussen übertragen. 183 )
Es handelte sich nicht allein um die weltliche Gerichtsbarkeit,
sondern auch um die geistliche. 181 ) Die hohe Gerichtsbarkeit
erhalten die Ansiedler nie. In geistlichen Gebieten findet sich
für besonders wichtige Fälle, auch wenn sie an sich der niederen
Gerichtsbarkeit zugehörten, der Ausweg der laudesherrlichen
amlieiitia vorgesehen. Der Vertrag von 1106 nämlich bestimmt,
dass die Ansiedler Judicia rerum, si ipsi inter se diffinire re-
quirent, ad episcopi audientiam referrent, eumque secum ad
causam diffiniendam ducentes, inibi quam diu moraretur, de suo
ipsimet procurarent.“ Diese episcopalis audientia findet sich
iu sonstigen Austhuungsurkunden nicht. Sie begegnet aber
praktisch in der Altendorfer Schauuug. Hier wendet sich
nämlich im Jahre 1 53t» das Kirchspiel bei einem Streit über
die Wiederherstellung eines Deichbruches an den Erzbischof,
der zur Entscheidung Beamte, Deichgrafen und Deichgesch woreue
aus der Umgegend sendet. 18 ') Mitunter ward auch den An-
***) Grupeii 11, 100: „Si aliquis a dominio alterins prineipis ad terram
liam: inhabitator venerit et per annum perseveraverit habitando licet proprins
fuerit, reputahitur esse über“.
,8 *) Bremer llrkb. 27. (irupen a. a. 0. llieria III, 277.
1M ) Bremer Urkb. 27.
lsa ) Deichrecht der Altendorfer Schaumig („Archiv des Vereins für
Geschichte und Altertümer der Herzogtümer Bremen und Verden und des
Landes Hudeln“ Heft 11) sub XXXI.
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147
Siedlern die Anstellung des Beamten überlassen. So gestattet
Otto der Strenge im Jahre ritte den Bedeicbern des Lewen-
broks die Wahl des judex.”“*) Teilweise war der Richter, auch
wenn ihn der Vergäbet' oder die Mittelsperson austeilte, doch
eigentlich Angestellter der Ansiedler. Dies war dann der Fall,
wenn die Ansiedler vor der Austhuung bereits einen Vorsteher
erkoren hatten, und dieser sich dem Vergäbet - oder der Mittels-
person als Mittelsperson näherte und bei der Austhuung die
Stellung eines Richters erhielt oder besser bestätigt erhielt. 187 )
Die Wahl der Geschworenen, Hecmraden, Waarschappen,
Schöffen, Deichgeschworenen tt. s. w. konnte ebenfalls in den
Händen der Ansiedler liegen. 188 ) War dies nicht der Fall, so
war der Wahlberechtigte an eine Auswahl unter den Ansiedlern
gebunden. ,8# ) Das Gleiche fand statt, wenn bei späteren Aus-
tluiungen ein Deichgraf gewählt wurde. 190 ) Auch war es
möglich, dass die Ansiedler das Recht hatten, die Entsetzung
des unfähigen Beamten zu verlangen 1B1 ) oder für den nachlässigen
Vorkehrungsmassregeln zu treffen. 192 ) Die Ansiedler wurden
als neue ganz selbständige Gemeinde dem Landesorganismus
eingefügt oder mit anderen zu einer politischen Gemeinde ver-
bunden, sie wurden auch zwar politisch als Gemeinde begrenzt
aber in Bezug auf Deichanlagen mit Angehörigen anderer Ge-
meinden verquickt, oder sie wurden politisch anderen Gemeinden
angegliedert, erhielten aber in Bezug auf Deich- und Sielsachen
freie Selbstverwaltung. Begünstigt waren sic durch die Frei-
jahre, von denen bereits genauer gesprochen ist, I9:t ) oder durch
m ) Grupen a. a. ü.
Is ") Vergi. Lainpreclu „Deutsche Geschichte“ III. S. 326.
"*) Craneuburger Austbuungsurkundu von 1343; Bremer Urkunden -
buch 56; siehe auch Lainprecht a. a. U. u. Miuris 111, 277. Das Nähere
unten Abschnitt II. Die späteren Quellen, welche Deichrechte bestehender
Gemeinden sind, haben diese Wahl der Ansiedler und lassen, wenn iu den
diesbezüglichen Gebieten Auathnuugeu zu vermuten sind, deu Schluss zu.
dass dieses Wahlrecht den Ansiedlern hei der Austhuung gewährt war.
lwl ) Craneuburger Austhuungsurkuude von 1343.
19 °) a. a. 0.
19 >) a. a. O.
IM ) Z. B. .Schaumig der Geschworenen ohne deu nachlässigen Schulzen.
18S ) oben sub 2.
10 *
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148
die Gewährung einer dauernden Sonderstellung. In letzterer
Beziehung ist darauf hinzuweisen, dass die Ansiedler häufig für
frei von der Heerfahrt, von Frohnen und Steuern erklärt
wurden. 194 ) Regelmässig aber waren sie entweder sogleich oder
nach Ablauf der Freijahre trotz aller sonstigen Befreiungen
ganz oder teilweise heerbannpflichtig. 1 **) Ausser den Jahres-
abgaben, die sie zahlten, wurden den Ansiedlern Zehnten aufer-
legt, die sie entweder an die Yergaber oder die Mittelspersonen
oder an Dritte zu entrichten hatten. Ihre Parzelle erhielten
sie entweder als Zinsgut oder als Pachtgut, oder als Erbpacht-
grundstück oder als Eigentum. Der Zins bestand häufig nur
in einem Anerkennungszins, 1B “) durch dessen Begleichung sie
m ) Vergl. die bei Hoffmann .Geschichte Magdeburgs 1847. II.
S. 408 gedruckte Austhuungsurkunde des Erzbischofs Wichmanu für das
Dorf Krakau (1161?), wo den Ansiedlern gewährt wird .ut ab omni an-
garicioue et peticione et vara et expeditione sint libere, ut tantummodo
fossatis ad restringeudam aquam vacent.“ Bei Mieris IV, 569 „von allen
vroen end jairscote tot ewigen dagen vry“ (von Heerfahrt nur die sieben
Freijahre); bei Mieris III 277 stetige Freiheit von Heerfahrt, aber stetige
Frohnpflicht. Vergl. auch Lamprecht a. a. O. siehe aber dazu unten A. 195.
m ) Vergl. namentlich Bergh 1, 179 „et ipsi omnem juris tenorem
Selandensium obtineaut. ut nec ulla super ipsam lerram fiat petitio nisi in
expeditione“ (a. 1199), Riodel III, 89 „patriam si communis necessitas
exegerit, simul cum inhabitantibus defendant . . . . (a. 1209), Hasse I 338
„Exeipiiuus ab hoc geueralitato volentes, ut coloui praedictorum mansorum
et agrorum ad justitiam aggeris qui dik vulgariter appellatur, nec non ad
defensionem terrae que lantwer dicitur teneantur et ad sollempnia placita
ter in anno veniant“ (a. 1217). Siehe ferner Hasse III, 550 (a. 1325)
684 (a. 132 9). — Wo Freijahre sich auf die Heerfahrt bezogen, waren die
Ansiedler nach Ablauf derselben regelmässig ganz heerbannpflichtig. Was
Laiuprecht S. 327 sagt, ist daher nicht zutreffend. Dort heisst es: „So
scheinen die Moorsiedler insgemein frei geworden zu sein von den Lasten
gräflicher Heerfahrt und damit auch von der Auflage gräflicher Steuer.“
Es stimmt dies weder tiir die Privilegierung der Ansiedler bei der Aus-
thuung selbst noch für spätere Privilegienerteilungen. In letzterer Beziehung
siehe namentlich Bergh I. 603 (a. 1254), wo Wilhelm von Holland den
Leuten zu Moordrecht wegen Deiclibrücheu alle Abgaben uud Beden erlässt
aber so, dass sio ihm jährlich 13 Pfund entrichten und ihn bei Heerfahrten
mit einem Schiff von 19 Mann Besatzung begleiten sollen.
1 ' JU ) Meitzen II 346, Schroeder „Niederl. Kolonien* S. 39 Lam prech t
S. 326, der aber fehl geht, wenn er die Ansiedlung zu Zinsrecht, wobei der
Zins nur Anerkennungszius ist, als die alleinige binstellt.
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149
erklärten, dass das Gut nicht ihr echtes Eigen, sondern ihr
Zinseigen sei. 19 ’) Der Zins war regelmässig der Mittelsperson
zu entrichten, wenn eine solche vorhanden war; sie hatte jo
nach der Austhnungsurkunde ihn dem Vergaber abzuliefern oder
das Recht, ihn für sich zu behalten. Als einfache Pächter
traten die Ansiedler selten auf. Wir finden sie in dieser Stellung
bei der Austhuung der Bildlande. Hier sind sie sogar After-
pächter. Sie pachten von den Pächtern ihre Hufen auf 1 1 Jahre,
nach deren Ablauf es in ihrem Belieben steht, ob sie zu altem
Recht bleiben oder unter Ersatz der Verbesserungen abziehen
wollen. 198 ) Sehr verbreitet ist das Austhun der Hufen zu Erb-
pacht. 199 ) Die Erbpächter, Pächter und Zinsleute erhielten oft
eine Befreiung von den Abgaben gewährleistet für den Fall,
dass „per inundationes aquarum terra inarabilis fiat vel per
ruptiones aggerum segetes omnino in aquis remaneant.- 0 ") Erb-
pächter und Zinsleute stehen den Eigentümern sehr nahe, sie
haben nach mittelalterlicher Anschauung auch ein „eigen“ aber
kein volles eigen, 201 ) sondern ein abgeleitetes, das man später
w ) Anhalter Urkb. I. 292 „a possessoribus . . . (lenarii . . , persol-
vantur, quo predinm non suum, sed ecclesiae et nostrnm esse profiteautur.“
19B ) Schwarzenberg II, 248.
1S9 ) Mieris II, 368. Siehe auch Bergh I, 533.
20 °) Bergh I 540.
m ) Vergl. die Glosse zu art. 79 des II. Buches des Ssp. Lr.: „Zins-
gut ist weder eigen, erbe, noch lehen . . . Zinsgut ist aber darumb kein
Eigen, das der Herr darauf! einen zins hat . . . denn eigen hat mau on
allen zins. Es ist auch darumb kein erbe, das es der richter nicht aufgeben
mag. Es ist auch kein Lehen, das man davon zins giebt.“ Diese Stelle ist
so zu verstehen, dass Zinsgut kein echtes Eigen ist. Damit soll keineswegs
gesagt sein, dass es nicht ein Eigen minderer Art sein kann. Mau be-
trachtete es vielmehr im Mittelalter durchaus als Eigen, die (Quellen reden
von Zinsoigen. Schwind stützt sich S. 165 hauptsächlich auf diese Stelle,
indem er behauptet, dass das bäuerliche liecht die Universalitätstendenz
des romanistisch-modernen Eigentumsbegriffs nicht gehabt habe. Er meint,
dass dies dieser Stelle gegenüber nicht weggeleugnet werden könne. Eigen-
tum im römischen Sinn batten die Kolonisten allerdings nicht, sie hatten
auch nicht das volle deutsche Eigentum, aber sie hatten eine Art des
deutschen Eigentums. Dass dies nicht der Fall war, beweist die Glosse
keineswegs. Auch die meisten Schriftsteller, welche das Hecht der Kolonisten
als Eigentum bezeichnen, meinen damit nicht das echte und volle Eigentum.
Dies wäro allerdings grundfalsch. Ganz zu verwerfen ist daher die Ansicht
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als Untereigeutnm bezeiclmete. Sie haben kein volles Eigen,
weil sie Pacht oder Zins zahlen. Fiel aber die Zahlung dieser
privatrechtlichen Abgaben fort, und blieb, was bei Leistung des
Anerkennungszinses materiell auch schon der Fall war, nur die
Verpflichtung zur Tragung des Zehnten und anderer öffentlich-
rechtlicher Lasten bestehen, so kann man in privatrechtlicher
Hinsicht von einem vollen Eigentum der Ansiedler sprechen. 402 )
Zu beachten ist eben nur, dass das volle Eigentum nach mittel-
alterlicher Anschauung auch öffentliche Herrschaftsrechte ent-
hielt., und dass diese dem einzelnen Ansiedler fehlten und dem
Vergaben oder der Mittelsperson zustanden. Es erschien daher
auch das privatrechtliche volle Eigentum des Ansiedlers in dieser
Hinsicht als ein abgeleitetes. — Mitunter waren die Ansiedler
verpflichtet für den Vergaben Morgen frei zu deichen. 403 ) Privi-
legiert wurden die Ansiedler unter anderem auch dadurch, dass
ihnen entweder bestimmte Flächen vor dem zukünftigen Deich 404 )
oder sonstige Gorsen 405 ) zur Entnahme von Deicherde zuge-
wiesen wurden.
Stendels „Geschichte Schlesiens“ I. S. 213, der den Vorbehalt jeglichen
Ohereigcntums auf Seiten der Grundherrschaft für die ältere Zeit leugnet.
Meine Auffassung steht am nächsten der von Runde, Sommer, „Ge-
schichtliche und dogmatische Entwicklung der bäuerlichen Rechtsverhältnisse
in Deutschland“ I § 63 und Schroeder „Niederländische Kolonien“ S. 39
und „Deutsche Rechtsgeschichte“ S. 447. Im übrigen vergl. Schwind
S. 159 ff., dessen Ausführungen von dem von ihm eingenommenen Stand-
pnukt immerhin richtig sein mögen, einer Nachprüfung aber nicht bedürfen,
da soin Standpunkt als verfehlt erscheint.
***) Dies ist der Fall nach der Austhuungsurkunde für den Lewen-
brok von 1296. Siehe ferner Mieris III 220 „Voort gheven wi den glienen,
diet bedyken sullen, den eyghendom van den erve, datter in bedyct wort,
behouden ons des jairs pachts van ses groten van der marghen“. Siehe
auch Mieris IV. 129.
*9) Mieris III, 291: „dat wy ende onse nacomelingen hebben sullen
dat vyfte gemet landts“. Mieris III, 733 „soc sullen die gkene, die dit
voirsz. iant diken sullen, ons ende onsen nacomelingen, dat auhtevste gemet
"vry diken voer onse vrouen tot ewigen dagen toe“.
fc“) Mieris II, 151 (zehn Ruten) Grupen II, 166 (der ganze Ausscn-
ileich). —
ä“ 5 ) Mieris III, 291; besonders Mieris III, 733: „Voirt soe oirloveu
wy allen den goedeu luden, die dit voirsz. Iant diken sullen, dat sy soden,
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151
Die Parzelle, welche der einzelne Ansiedler erhielt,
wurde meist vor der eigentlichen Deichlegnng fest be-
stimmt. War dies nicht möglich, weil das Wasser zunächst
durch eine Deichlegung zurückgedrängt werden musste, so wurde
dem Ansiedler ein Recht auf eine solche Parzelle eingeräumt.
Die Parzelle, welche der Ansiedler erhielt war die sog. Marse h-
hufe. 206 ) Wir sahen, dass die ältesten Marschgrundstücke eine
unregelmässige blockartige Gestalt hatten. Die Marschstufe
dagegen zeichnet sich durch eine grössere Regelmässigkeit aus.
Sie ist meist ein auf zwei Seiten von Gräben eingeschlossenes
Viereck. Die Grösse ist in den einzelnen Gegenden verschieden
gewesen. Bezeichnungen für die Marschhufe sind „hoeve“,
„Ham“, „Fenne“, „Vehne“, „ein Stück Land“, „land“, „mansus“,
„terra“. Die rege] massigsten Deichansiedlungen sind diejenigen,
bei denen jeder Ansiedler eine Hufe erhielt, die mit einer
schmalen Seite an den Hauptdeich anstiess. Die Siedlung war
dann ein Rechteck, das mit Parallelen zur Längsseite durch-
schnitten war. Unregelmässiger war die Form, wenn Keile
oder Gehren gebildet werden mussten, die spitzwinklich an den
Deich anstiessen. Ganz unregelmässig war die Form, wenn
nur einige Hufen an den Deich anstiessen, andere ganz bunt
im Ansiedlungsgebiet (sehr häutig als Rechtecke) durcheinander
lagen. Die Untersuchungen W. C. Hiibbes haben für die ham-
burgischen Marschinseln ergeben, dass sich die Eindeichung und
Besiedlung daselbst in der ersten Periode auf zweierlei Weise
vollzogen haben. 207 ) Wenn die Insel nicht sehr breit war, wählte
man eine längere Seite zur Anlage des Hausdeiches und die
andere zur Errichtung des Achterdeiches. Zwischen beiden
lagen die Marschhufen. Die letzten Marschhufen grenzten an
ende dycwarc haben stillen binnen den voirsz. lande, ofdair buten aenliggende,
sonder euich begrip van yemende; ende wairt dat’s dair niet geuoeeh eil
wäre te lieben totten luden profyt, ende des gheraeens lants, soe bebben wy
bim vorder geoerloeft zoden, ende dyckwerk te haben opten gorss van
Bommenee, onde over alle, dair ment vinden mach buten dyeks binnen
onsen lande van Zeelant, als costumelic is“.
Vergl. Landan „Territorien* S. 24 ff.. Meitzen II S. 348. III.
Anlage 118 nebst Karte.
m ) Hiibbe a. a. O. S. 18.
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152
die Abschlussdeiche, welche die kürzeren Seiten der Insel ein-
fassten. War dagegen die Insel sehr breit, so teilte man sie
durch eine Landscheide in zwei Seiten, so dass die Marschhufen
zwischen dem Hauptdeich, zu dem sie gehörten, und der Land-
scheide lagen. Hierdurch erklären sich die verschiedenen
„Seiten“, welche in den Quellen Vorkommen, z. B. „Norderseite“
und „Süderseite“, „Elbseite“ und „Billseite“. Der Gedanke,
dass der einzelne Hufenbesitzer verpflichtet war, die Anlage
der Deichstücke, die seine Hufe begrenzten, zu bewerkstelligen,
liegt bei den ganz regelmässigen Deichansiedlungen sehr nahe,
um so mehr, als es sicher ist, dass ihm in späterer Zeit — ob
nun gleich nach Errichtung des Deiches oder erst nach einer
Zeitspanne nach dieser ist hier gleichgültig — deren Unter-
haltung anheimfiel. Und doch scheint es nicht richtig zu sagen,
dass der einzelne verpflichtet war, sein Grundstück mit Deichen
zu umgeben, weil diese fest begrenzte Deichverpflichtung erst,
die Folge einer weiteren, allgemeineren Deichverpflichtung ge-
wesen ist. Dem Kern der Sache wird man schon durch die
einfache Betrachtung näher geführt, dass die Bedeichung der
einzelnen Hufe, wenn sie Erfolg haben sollte, zugleich ein
planmässiges Mitdeichen mit den anderen Hufenbesitzern in sich
schliessen musste. Bei den Inselbesiedlungen ferner, von denen
eben gesprochen ist, und bei denen meist die ganz regelmässige
Form herauskam, mussten die Abschlussdeiche von der Gesamt-
heit der Ansiedler (die übrigens aus mehreren sich bildenden
Gemeinden bestand, an die gleichzeitig vergabt wurde) hergestellt
werden, denn sie befinden sich später in deren Händen zur
Unterhaltung. Aus gleichem Grunde sind die Siet wenden von
einer Gesamtheit von Ansiedlern angelegt worden. Auch er-
folgte die Beschaffung von Erde, Holz und sonstigen Materialien
auf gemeinsame Rechnung. Vor allem aber war bei Vorhanden-
sein von Geren und bei ganz unregelmässigen Siedlungsformen
eine Verpflichtung der Hufenbesitzer, die den Anschot an die
Deichlinie hatten, zur Bedeichung ihrer Grundstücke eine Un-
gerechtigkeit gegenüber den übrigen Ansiedlern. Gerade dieses
Moment ergiebt für die nicht ganz regelmässigen Deichsiedlungen
eine Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Errichtung der Deiche
von den Ansiedlern. Und dieses Resultat muss bei Berück-
sichtigung der Momente, die soeben bei den ganz regelmässigen
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153
Deichsiedlungen geltend gemacht wurden, und der Erwägung,
dass stets der Gedanke der Urbarmachung aller Hufen alle An-
siedler beseelen musste, da eine alleinige Urbarmachung einer
Hufe unmöglich war, dazu führen, dass auch bei den ganz
regelmässigen Hufensiedlungen es zunächst nur eine Verpflichtung
aller gab, gemeinschaftlich die erforderlichen Deiche zu errichten.
Ueberall deichte so der Ansiedler mit, um das ganze Ansied-
lungsterrain zu bedeichen. Er war zur Bedeichung insoweit
verpflichtet, als sich bei einer Verteilung der Deichbaulast unter
die Hufengenossen für ihn eine Teilverpflichtung ergab. Auf
Grund dieser Verteilung konnte bei ganz regelmässigen Deich-
siedlungen sich eine V erpflichtnng des einzelnen zur Anlage der
Deichstücke ergeben, die sein Grundstück begrenzten. Es er-
giebt sich somit als Regel, dass der Ansiedler eine Fläche mit
bedeichte, in der seine fest begrenzte Hufe lag. 208 ) Waren die
Hufen vor der Deichanlage nicht auszumessen, so erdeichte oder
bedeichte er mit eine Gesamtfläche, in der seine Hufe später
liegen musste. 20 ®) Wer nicht wollte deichen, verlor seine be-
stimmte Hufe oder seinen nnausgeschiedenen Hufenteil. Die
Deichbaulast war dinglich. 2091 *) Ob der weichende Ansiedler
Ersatz des eventuellen Kaufpreises oder der gemachten Auslagen
verlangen konnte, wissen wir nicht. Vermuten lässt sich aber,
dass er hierauf kein Recht hatte. 210 )
Neben die Vergabung zu vollen Hufen ist später eine Aus-
thuung getreten, die das Land nach Teilmassen einer Marsch-
hufe ausgab. Diese Art der Vergabung ist veranlasst infolge
des Umstandes, dass bei den älteren Hufen Vergabungen später
von den Besitzern selbst Teilungen vorgenommen wurden, und
so nicht der Besitz einer vollen Hufe, sondern der Besitz einer
halben , viertel Hufe oder mehrerer Morgen , Diemathen,
**) Vergl. oben § 2 sub 2.
**) Vergl. oben S. 95.
ä* 9 *) Vergl. auch A. 213.
Dies ergiebt einmal eine lietrachtung des Spatenrechts und sodann
die rigorose Behandlung der Eigentümer von Ausaendeicbsländereien, trotzdem
ein Befehl oder oino an andern erteilte Erlaubnis sie dazu verpflichtete. Der
Ansiedler konnte sein Recht frei veräussern, insoweit nicht eine Zustimmung
der Genossen oder des Grundherrn dazu nötig war.
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Grasen u. s. w. die Regel bildete. Daraus, dass die Aus-
tlimingsurkunden die Abgaben nach Gemethen, Morgen u. s. w.
bestimmen, lässt sich mit völliger Sicherheit die andere Ver-
gabungsart. nicht schliessen, da diese Reglung in Rücksicht auf
die späteren Teilungen durch die Besitzer selbst vorgenommen
sein könnten. Wohl aber ist die Vergabungsurkunde der Grooten
Waard in Südholland von 1410 ein untrügliches Zeugnis. Hier
wird nämlich denjenigen, die 50 Morgen oder mehr Neuland
durch die Bedeichung erhalten, gestattet, einen Morgen zur
Errichtung einer Hofstätte zu verwenden. Denjenigen aber,
welche weniger als 50 Morgen haben, ist dieses nicht erlaubt,
sondern sie müssen nach Gutdünken des Deichgrafen wohnen. 210 “)
Da 50 Morgen ungefähr eine Marschhufe darstellen, so wurde
das Land auch zu Teilmassen einer Marschhufe vergeben und
zwar nach Morgen.
Die Deichbaulast bestand in der Verpflichtung zu Hand-
und Spanndiensten und Geldzahlungen. Man kann die Ver-
pflichtung zu persönlichen Diensten für die ältere Zeit annehmen ;
später wird die Dienstleistung durch besoldete Arbeiter und
Knechte genügt haben. Eine Bedeichung auf gemeinsame
Kosten, indem die Gesamtheit Arbeiter mietete und die Aus-
gaben auf die Ansiedler verteilte, kann ebenfalls vorgekommen
sein. Wir sind über die ganze Art und Weise, wie die Deich-
baulast zu erfüllen war, nicht unterrichtet. Das Schriftstück
aus dem Jahre 1527, welches Borchgrave 211 ; mitteilt, bezieht
sich auf eine Bedeichung von seiten einer Aussendeichs-
interessentenschaft und nicht auf eine Bedeichung auf Grund
einer Vergabung. Eine analoge Anwendung auf die letztere
kann nur mit grosser Vorsicht gemacht werden.* 1 *) Eine
holländische Vergabungsurkunde von 1400,01 zeigt aber, dass
die Lasten met met gleich verteilt wurden, und diese Verteilung
der „Unkosten“ kann man schon auf die Verteilung der ersten
Unkosten, die die Ansiedler traf, beziehen d. h. der Deichbau-
aa *) Hier! a IV, 140.
2 ") a. a. ü. S. 368 ff.
Ich kann daher Detlefseu I S. 3)4 ff. nicht beistimmen, wenn er
dieses Schriftstück für die Bedeichung der Wilstormarsch zn Grunde legt.
Die Bedeichung erfolgte hier durch Vergabungen an Ansiedler. Unrichtig
auch Borchgrave S. 208 ff.
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1 55
kosten.* 13 ) Dieselbe Urkunde enthält die Androhung von Frei-
heitsstrafen für den Ansiedler, der Streit erregt: Es scheint
unbedenklich, dies auch schon auf den deichenden Ansiedler zu
beziehen, sodass darin eine Bestimmung für die Aufrechterhaltung
der Ordnung beim Deichbau erblickt werden kann.* 14 )
4. Die Veranlassung zu den Deichanlagen, welche auf
Grund von den Vergabungen entstanden, ist daher regelmässig
die gewesen, dass man den diesbezüglichen Landstrich kultivieren
wollte. Es konnte sich auch um bewohnte Striche handeln,* 1 ’’)
dann erstrebte man eine bessere Kultur. Es konnte ein Land-
strich sein, der nur geringen Zehnt abwarl',* 16 ) dann wollte man
seine Ertragsfähigkeit erhöhen. Es konnte ganz unergiebiges
Land sein,* 17 ) dann wollte man es der menschlichen Kultur
unterwerfen. Diese Kultur konnte auf dreierlei Weise erfolgen,
je nach der Beschaffenheit des Bodens und des Willens der
Beteiligten. Sie konnte nur in dieser oder jener Weise ge-
schehen oder zwei oder alle mit einander verbinden. Wiesen-,
Acker-, Moorkultur standen zur Auswahl.* 18 ) Ueberwiegend
kultivierte man Ackerland; die meisten holländischen Quellen
haben bei der Bedeichung die Gewinnung von Kornland im
Auge. Bei Moorkulturen finden wir besondere Vorschriften be-
züglich der Tiefe des Austorfens.* 10 ) Nach der Austorfung
konnte das Land zur Wiese oder als Acker benützt werden,
- 13 ) Vergl. Mieris III, 733 „End allen oncost, die in dit voirsz. lant
v rillen mach, salmen gelden, ketalen, ende rekennen bi onseti dienstluden,
met met gelyc, end dat salmen intvinneu ende inpanden . . .*
214 ) Mieris a. a. O. „Ende soe wie in dit voirz. lant vechtelic roert
of maect, of ongestuer bedryft, die sal ouse Rentemeester voirsz. of die ghene,
dien hy't van onser wegen beveelt, aentasten, ende vnngen, ende brengeuse
in onse slot van . . . ende aldair houden liggende ter tyt toe des sy uat
gebetert sullen hebben . . .“
** 5 ) Hoffmaun „Geschichte Magdeburgs“ II. S. 40S: Die Austhuung
Wichmanns.
t 16 ) z. B. Mieris III, 249.
217 J z. B. Mieris IV, 1085.
***) Mieris III, 249, 291 IV löß, 225, 479: Komland; Mieris IV,
197, 569 Korn oder Moorland Mieris IV, 1085 Korn und Weyland. Mieris
IV, 974 Moorland.
m ) Mieris IV, 974.
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löfi
da häufig unter dem Moorboden Marschboden lagerte. — Die
Veranlassung zur Kultivierung ist bei den einzelnen Personen
verschieden gewesen. Die Vergaben wollten ihre Einkünfte
vermehren, 4 “) Renten, Gerichtssporteln, Abgaben, Land und
Leute gewinnen; daneben zeigt sich bei ihnen eine landesväter-
liche Fürsorge, die um den Ausbau des Landes, die Hebung
seiner wirtschaftlichen und politischen Wohlfahrt bedacht war.
Die Mittelspersonen trieb wohl lediglich die Sucht nach Gewinn,
nach Amt, Land und Geld. Die Ansiedler wollten eine Heimat
sich erwerben, in günstigere, freiere Leiheverhältnisse treten,
ein glücklicheres Leben führen** 1 ) mitunter im fremden Lande,
da das Vaterland es ihnen nicht zu bieten vermochte. 444 ) —
Nur vereinzelt macht sich bei den Vergabungen zur Eindeichung
das Motiv geltend, dass das bereits bedeichte Land durch den
neuen Deich gestärkt und geschützter werden sollte. 448 )
IV. Von Landesherrn, kleineren Herrn, Städten,
Kirchen und Klöstern sind nun ferner Deiche angelegt
m) Anlialter Urkb. I 292 «melius et utilius estimantes colonos inibi
locari et ex eorum nobis labore fructum provenire quam iucultam et pene
inutilem eam permanere“. Mieris IV. 1086. «Welke v. laude vy iu der
wairlieit kebben doeu ondertasten ende verneinen, dat ons ter gheenre
nutscippe, noch profiten van enigen reuten off anders tot dosen daghe toe
gecoinen en syn, noch voir die hnnt, körnen eu souden möge, overmits dattie
binnen costen jaren noch diepe syn geweest, ten waer dat wy die yeiuaude
wtgaveu te bedycken, om als dan die tienden dair of te mögen hebben . . .*
®) Orupen II, 160.
a4 ) Daher heisst es in dem flämischen Volks-Lied:
«Naer Oostland willen wy ryden,
Naer Oostland willen wy mee,
Al ovor die groene heiden,
Frisch over die heiden,
Daer isser en betere stce.“
(Hoffmann von Fallersleben «Niederl. Volkslieder“ 106).
iaa ) Die A. 220 angeführte holländische Vergabungsurkunde fährt fort :
„ende oick angesien dat ouse voirn. laut von Texell groteliken mitten v.
bedycteu nyewelanden dair mede gestarket, gebetert ende gemeret wesen
soude, wairt dattie by yemande aldus bedyct ende toogebrecht worden
mochten, ende den ouden dvck ... tot ewigen dagen dair mede versekert
waer, ende daer sese mede ontlast wesen“. Siehe ferner Mieris IV
140, 071.
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157
worden, die auf keiner Vergabung zur Eindeichung be-
ruhen. Mit den Deichanlagen, welche auf Grund von Land-
vergabungen entstanden, sind am nächsten diejenigen verwandt,
welche die gedachten Personen selbst vornehmen, um Land für
sich zu gewinnen und dann eventuell an Ansiedler auszuthun.
Mitunter sind diese beiden Arten von Deichanlagen schwer zu
trennen. Vom juristischen Standpunkt aus, sind sie aber zu
unterscheiden. Wir bezeichnen diejenigen, welche Deiche er-
richten, um das von ihnen gewonnene Land an Ansiedler
eventuell auszuthun oder selbst als grosse Gutsherrn zu be-
wirtschaften als Deichbauherrn. Die ältesten sind ver-
mutlich die Klöster gewesen. 234 ) Die Klöster errichteten
durch die Klosterbrüder und ihre Knechte Deichanlageu, um
Land der Kultur zu gewinnen. Nach Errichtung der Deiche
konnte das Kloster seinen Hörigen Parzellen des eingedeichten
Landes zuweisen, ihnen auch die Unterhaltung des Deiches
aufbürden. In ähnlicher Weise errichteten wohl grössere welt-
liche Grundherrn Deiche, indem sie Hörige zum Deichbau ver-
wandten und ihnen später Land zuteilten. 225 ) Es entwickelten
sich aber jedenfalls auch bei den Besiedlungen der eingedeichten
Ländereien die freieren Landleiheformeu, die wir bei den Ver-
gabungen zur Eindeichung kennen gelernt haben. 220 ) So kommt
es, dass nach Anlegung der Deiche die Stellung der Ansiedler
gegenüber dem Bauherrn der Stellung der Ansiedler gegenüber
234 ) NachTroz und Heinekeu §2, der jenem folgt, sind die inonaclii
diejenigen gewesen, welche den von den Römern übernommenen Deichbau
zuerst pflegten. Nach Heinekeu ist dies im 7. und S. Jahrhundert so ge-
wesen. In diesen Bemerkungen ist der richtige Kern enthalten, dass Klöster
früh Deiche aulegten. Die Uemeiudeanlageu sind aber m. £. älter. Dazu
passt besser, dass wir über die Deiclianlagen aus der ältesteu Zeit keinu
Kunde besitzen. Wären Mouche schon sehr früh Deichgriinder gewesen
und zwar in umfassender Weise, so hätte ein chronikschreibender Mönch
sicher ihrer gedacht. Auf keinen Fall haben die Laien erst von den Möuchen
das Deichen gelernt, wie Heineken meint, wenn er sagt: „Sic a Romanis
tradita, et clericorum Studio et iabore perfectionem perductu ars aggeraudi
ad laicos Belgicos Frisiosque perveuit*.
m ) Vergl. namentlich den Vertrag zwischen Holland und Utrecht von
1220 . Bergh I, 204.
22 °) Vergl. Bergli I, 533, 362, 540, 545.
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dem Vergabe! - völlig gleichen kann.**’) Verschieden sind sie
aber bei und vor der Anlage der Deiche. Bei den Vergabungen
zur Eindeichung sind alle Deicher zugleich Ansiedler, die
Deicher der Deichherrn brauchten keine Ansiedler zu sein. Die
Ansiedler der Vergaber haben schon vor der Deichanlage eine
ausgeschiedene Hufe oder einen unausgeschiedenen Anteil am
Land. 21 ") Die Leute der Deichbauherm haben vor den Deich-
anlagen keinen Grundbesitz im Neuland, sie erhalten höchstens
ein Recht auf Zuweisung einer Parzelle nach der Bedeichung
eingeräumt. Die Verpflichtung zum Deichbau ist bei den An-
siedlern der Vergaber eine dingliche, bei den Deichern der
Deichbauherrn eine persönliche. Mit diesem Unterschied läuft
der andere parallel, dass die Verpflichtung zum Deichbau bei
den Ansiedlern der Vergaber eine genossenschaftliche war,
während sie bei den Deichern der Bauherrn sich als herr-
schaftliche kennzeichnet. Der Deichbauherr war der Herr,
der Deicher sein Knecht. Er war Knecht durch Geburt oder
Unterwerfung oder als Arbeiter auf Grund eines Mietsvertrages.
Der Herr forderte den Deichbau als Frohndienst, 320 ) bediente
sich der Hörigen 230 ) oder zog freie Arbeiter heran. Das Arbeiten
Mir den Herrn stand im Vordergrund. Die Deicher beseelte nicht
der Gedanke an Landgewinnung Mir sich oder an die Vorteile, die
die Deichanlagen nach ihrer Vollendung bringen konnten; um
den Vorteil des Herrn bandelte es sich, für ihn arbeitete man
gezwungen oder gedungen. Von ihm empfing man Geld oder
Land 231 ) als Gegenleistung für den erwiesenen Dienst. Zum
Unterschied von den Deichanlagen, welche auf Grund von Ver-
gabungen zur Eindeichung entstanden, heisst es in den Quellen,
dass der Deich von dem Kloster, der Kirche, dem Herrn u. s. w.
***) Es konnte auch den Ansiedlern im bedeiebteu Land Neuland zur
Eindeichung vergabt werden. Bergli I 533.
***) Siehe oben sub III 3.
'■ eö ) Nach der oben Einleitung § 4 a erwähnten Chronik war dies bei
dun üeichanlagen des Ordens auf den Werdern der Fall. Vgl. v. Tre i tschke
.Historische uud politische Aufsätze“ II. S. 41.
■ au ) Bcrgh I, 3114.
2m ) Bergh 1, 533. Ein gewisser Hugo wird wegen Deicharbeit mit
Land entschädigt.
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„propriis expeusis et laboribus“ erbaut sei. 5 “ 5 ) Im übrigen sind
die (Quellen deshalb undurchsichtig, weil sie sich meist, mit einer
Reglung der Rechtsverhältnisse der Ansiedler beschäftigen, ohne
einen scharfen Hinweis auf die Anlage der Deiche zu ent-
halten. 53 “) Wenn es aber heisst, dass Höfe ausgegeben worden
sind für eine Jahresabgabe von drei Schillingen und mit der
Verpflichtung den Deich zu unterhalten, 534 ) so liegt doch wohl
die Vermutung, dass hier ein Deichbauherr figurierte, sehr nahe.
Die Personen, welche wir Deichbauherrn genannt haben,
legten nun auch Deiche an, ohne dass es sich dabei um Land-
gewinnung im engeren Sinn handelte. Ihre Deichanlagen, die
sie auf ihre Kosten errichteten, konnten die Abdämmung von
Gewässern bezwecken, nrn die Erbauung von Städten zu er-
möglichen; 5 ““) sie konnten den Schutz eines besiedelten Land-
striches erstreben. 5 “®) In letzter Beziehung berühren sich die
herrschaftlichen Deichanlagen mit den Deichanlagen, welche
von Gemeinden erbaut wurden, bei denen ein Beamter als Herr
und Haupt der Gemeinde die Leitung des Deichbaus betrieb. 5 ““)
V. Die freien Gemeinden, welche in der ältesten Zeit
sich durch Deichung angesiedelt hatten, dehnten ihr Gebiet im
m ) Beryll I. 533. — Hcrgh I. 227 Der Deich war zur Zeit des
Bruders des Grafen Wilhelms I. „deliberaco consilio virorum prudentuur*
begumieu. — Ebenso legten die Grafen vou Holstein im 14. Jahrhundert
den Biltwärder Ausschlag an. bauten darauf ein Vorwerk und eine Wurth.
Vergl. W. C Hübbe S. 25 und Wilhelm llübhe „Das llamuierbroker Keelit-
S. 22. Von einem ähnlichen Werk ist bei Bergh 1, 145 die Bede; die
Urkunde nennt es .dausura“. Wenn ein Landesherr „zu seinem Profyt“ Ein-
deichungen macht, wie es im Jahre 150(5 dur Herzog von Sachsen im
westerlauwerischen Kriesland versuchte (Schwartzenberg 11, S. (57) ist eben-
falls eine Eindeichung zur Vergabung und keine Vergabung zur Eindeichung
zu vermuten.
w ) Siehe die A. 22(> angeführten Urkunden.
2;M ) Vergl. Bergh H, 869 (a 1293?)
m ) So ist die Stadt Damm in Flandern im Jahre 1180 entstanden.
Vergl. Warnkönig II. Kap. V. S. 2 u. Urkunde 103.
*•) Vergl. Bergh I. 227. Die Deiche werden angelegt „ad exeludendas
iojuas que induebant et agriculturam acredine fossorum ductuum minus
fertilem reddebant“.
-“•) Ueber Deiehherru, die keine Deichbauherrn waren, siehe Ab-
schnitt II. § I. sub 111.
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Laufe der Zeit durch neue Eindeichuugeu aus. Am freisten
und ungebundensten schalteten die Gemeinden, welche wir als
Inselsiedlungen und Anstosslandsiedl ungen bezeichnet hatten.
Bei den Randlandsiedlungen hat sich die Macht des Landes-
herrn in Bezug auf das zwischen Geest und Randland liegende
Gebiet am meisten fühlbar gemacht, und eine Gebietserweiterung
der Randlandsiedlung von aussen nach innen geriet sehr bald
ins Stocken, indem die Landesherrn diese Strecken nach ihrem
Gutbefinden vergabteu. So bezogen sich die Deichanlagen der
Siedlungsdeich-Gemeinden vorzugsweise auf das Aussendeichs-
land. Auch die Gemeinden, welche die ersten Deichanlagen in
dem von ihnen bereits besiedelten Gebiet errichtet hatten, waren
auf Bedeichung ihrer Aussendeichsländereien aus. Die That-
saclie, dass solche Eindeichungen von freien Gemeinden unter-
nommen und unbeengt durch irgendwelche landesherrliche oder
herrschaftliche Einflüsse ausgeführt wurden, ist nicht zu be-
streiten. Ungemein schwierig aber ist es die Art und Weise
der Ausführung und die treibenden Momente zu beleuchten.
Bei den ältesten Gemeindedeichanlagen war es möglich, infolge
der einfachen wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse einen
ungefähren sicheren Einblick zu gewinnen. Und trotzdem bei
diesen direkte Quellenzeugnisse gänzlich fehlen, für jene aber
etliche existieren, ist eine Vorstellung dort leichter zu geben als
hier; Unklarheit, lakonische Kürze der Quellen, die Schwierig-
keit genauer lokaler Kenntnisse sind daran Schuld. Wir
sind so sehr auf Vermutungen angewiesen. Da scheint es nun
in hohem Grade wahrscheinlich, dass die ältesten Bedeichungen
von Aussendeichen von seiten freier Gemeinden noch von dem
Ansiedlungsgedanken beherrscht waren. Und zwar ist dies auch
für die Eindeichungen der Gemeinden anzunehmen, die die
ersten Deiche um ein von ihnen besiedeltes Gebiet zur Ge-
winnung von Getreide angelegt hatten. Es ist an die Gründung
von Tochterdeichgemeinden von seiten der Mutterdeichgemeinden
zu denken. So blieben die neuen Deichgemeinden mit den alten
in politischem Zusammenhang, so entstanden grosse Deichland-
schaften. Eine zweite Art der Entstehung solcher Landschaften
fand bei den Inselsiedlungen statt, indem von verschiedenen
bereits bedeichteu Inseln Bedeichungen der Aussenländer vor-
genommen wurden, und die Inseln so miteinander verwuchsen
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Ißt
und ein Land bildeten. Da aber die einzelnen Deichgemeinden,
trotzdem sie eine Landschaft ausmachten, sich ziemlich abschlossen,
und die Reglung der Deichangelegenheiten meistens Sache der
kleineren Kommunen blieb, so waren die Eindeichungen, die
später vorgenommen wurden, meistens Sache der Kommunen
und nicht der Landschaften. Es trat aber nun der Ansiedlungs-
gedanke ganz zurück und machte dem Streben nach Reichtum
und Gewinnst Platz. Dass die Gemeinden bei den Bedeichungen
aus Sucht nach Ackerland viel zu weit gegangen sind und zum
Schaden der Enkel vorschnell gedeicht haben, unterliegt keinem
Zweifel. 237 ) Diese Verschiebung in den Motiven zur Eindeichung
aber hat m. E. eine durchschlagende Aenderung der Rechts-
verhältnisse bei den Eindeichungen zu Folge gehabt. Es ent-
stand nämlich damit die Verpflichtung des Gemeinde-
glieds gegenüber der Gemeinde, sich an der Ein-
deichung zu beteiligen. Früher war die Teilnahme in das
Belieben des einzelnen gestellt, solange der Siedlungscharakter
überwog, jetzt ward das Miteindeichen eine dingliche Last.
Zeuge datür — d. h. für den späteren Zustand, nicht für die
von mir vermutete Entwicklung — ist das Spadelandsrecht: Es
heisst daselbst in art. X, dass die Eindeichung „Demath Demaths
gleich“ geschehen soll, und dieser Verteilung liegen nicht die
Aussendeiche, sondern das Binnenland zu Grunde. 238 ) Aller-
m ) Siebe auch v. d. Horst in der „Juristischen Zeitung“ 1853 S. 7:
„Damals dachten die Grundbesitzer der Marschen nicht daran, dass es genug
sei, reichlich feistes Weidevieh zu haben, um dafür leicht alles übrige zu
erhalten“. Man deichte aus Gewinnsucht auch Strecken ein, die bei für-
sorglicher Oekonomie noch einige Zeit unbedeicht gelassen worden wären.
Artikel X lautet wörtlich: „Wenn ein Stück Landes eingedeichet
wird, soll geschehen mit Hülfe und Zuthun des ganzen Landes, Demath
Demaths gleich: und wenn der Kog durch göttliche Hülfe erobert, soll das
neue Land im argen und guten einem jeden auf sein Störtewerk zugeteilt
werden“. M. El. ist hiernach an der Eindeichung das ganze Land als Ein-
deichungsberechtigter beteiligt, und die Landbesitzer des ganzen Landes
haben Demath Demaths gleich beizutragen und bekommen nach demselben
Verhältnis einen Teil des Neulandes. An sich Hesse sich auch eine
andere Interpretation denken, nach der das Stück Landes einer Aussen-
deichsinteressentenschaft gehört, und das ganze Land ebenso wie bei Wehlen
(art. VH) bei Errichtung der Deichanlagen nur Beihülfe leistet. Man würde
J. Gierke, Geschichte des deutschen Deichrechts. H
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dings war gemäss dem Spadelandsrecbt die Eindeichung Sache
des ganzen Landes. 239 ) In Norderditmarschen aber ist die
Eindeichung Sache kleinerer Gemeinschaften, nämlich der Kirch-
spiele, gewesen. Ein Kirchspielsschluss war ihre notwendige
Voraussetzung 2 * 1 ) Noch im Jahre 1573 beschliessen die Bü-
sumer als freie Laudgenossen „de Gave Gottes, so ebne tho
Norden so riklich gegeven, nicht tho verachten, sonder mit
williger Hand anthonehmen.“ 241 ) Man wählte Männer, w r elche
die Aufsicht führen sollten und vereidigte sie. 242 ) Die Ein-
gesessenen waren verpflichtet, sich an der Eindeichung zu be-
teiligen und zwar entweder nach Morgenzahl oder nach Bauer-
schaftsgerechtigkeiten. Nach demselben Massstab verteilte man
das eingedeichte Land. 243 ) Nach dem Spadelandsrecht w T ar das
ganze Land Dcmath Demaths gleich zur Eindeichung verpflichtet,
und jeder Landbesitzer erhielt nach dem gleichen Massstab seine
Parzelle im Neuland angowiesen. 244 ) Neben diesen Eindeichungen
von Landschaften und Kirchspielen finden sich Eindeichungen
von einzelnen Bauernschaften. 245 ) Wir haben oben bereits ge-
sehen, wie an manchen Orten die Entwicklung die war, dass
das Aussenland als Zubehör der Dorfdeichschläge und bald als
Eigentum des Dorfes erschien. 2 * 1 ) So kam es, dass sich Bauern-
schaften von der Herrschaft der Kirchspiele emanzipierten und
dann „Demath Demaths gleich“ auf die Parzellen der Aussendeiehsinteressenten
im Ausseudoich beziehen können. Allein Artikel X spricht von einer „Er-
oberung“ des Kogs, er setzt also ein Abringen des Landes gegenüber der
Flut voraus und lässt an eine Verteilung des Aussendeichs vor der Ein-
deichung nach Deuiathen nicht denken. Das „Demath Demath gleich“
könnte auch auf die Verteilung der Beihülfe des ganzen Landes bezogen
werden. Eine solche Interpretation hat aber die Wahrscheinlichkeit der
Richtigkeit gegen sich, da die Beihülfe wohl nur in Leistung von
Arbeitskräften bestanden haben würde, indem die Beider für Material u. s. w.
von deu Interessenten hätten beglichen werden müssen (vergl. art. VII), und
art. X hierüber schweigt.
*») Vergl. A. 238.
,m ) (xriebel S. 27.
M1 ) a. a. 0. 37.
Sö ) a. a. O.
m ) a. a. 0. S. 27.
*<) Vgl. A. 238.
,J46 ) Vergl. Griebel S. 29.
**) Vorg] oben sub III 2 d. a.
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1«3
auf Grund eigener Beschlüsse selbständig ihren Aussendeich
bedeichten. Diese Verselbständigung der Dörfer führte aber
weiter zu einer Verbindung mehrerer Dörfer, die nicht zu ein
und derselben politischen Gemeinde gehörten, um gemeinschaftlich
das Aussenland zu bedeichen. Einen solchen Vertrag schlossen
einige Ortschaften des westerlauwerschen Frieslands im Jahre
1427 . 347 ) Sie wurden Deichbaugesamthänder: „So scholla
wy mit malcorem bevestighe een nya Dyck.“ Trotzdem blieb
jede Ortschaft in vieler Beziehung selbständig, sowohl in Bezug
auf den Deichbau, wie hinsichtlich der Deichunterhaltung,
Jedenfalls war die Eindeichungspflicht des einzelnen Bauern
auf Grund dieses Vertrages eine Gemeindegliedspflicht. Er
deichte mit, w r eil seine Ortschaft ihn als ihr Glied dazu zwang.
Die Ortschaften selbst verpflichteten sich erst gegenseitig zu
deichen. Die Eindeichungspflicht des Bauern war eine ding-
liche Genossenpflicht, die sich ipso jure aus der allgemeineren
Gemeindebürgerpflicht ergab, die Eindeichungspflicht der Ort-
schaften war eine vertragsmässige, neu geschaffene, eine per-
sönliche Schuld, für die die Ortschaft selbst haftete, bei deren
Nichterfüllung die Ortschaft Bussen und Strafen zu zahlen
hatte. 348 ) Bei der Betrachtung der Veränderungen der recht-
lichen Natur des Aussendeichslands ist darauf hingewiesen, dass
das Aussenland bei Entstehung einer Deichgenossenschaft, die
sich mit der alten Deichgemeinde nicht deckte, aus dem Eigen-
tum dieser in das jener übergehen konnte.-’ 48 ) Die Berechtigung
zur Eindeichung glitt dann mit auf die abgespaltene Deich-
genossenschaft über, und die Deichgenossenschaft unternahm die
Eindeichung. Da aber in späterer Zeit der Zusammenhang der
Deichgeuossenschaften arg durchbrochen wurde durch die selb-
ständige Verwaltung einzelner Deichstücke von seiten von
Herrschaften, Klöstern, kleineren Deichgeuossenschaften, so Hess
man es an einem Eindeichungsbeschluss nicht genügen, sondern
ordnete Bürgenstellungen der Herrn, Klöster und Vorsteher an. 350 )
®* 7 ) Vergl. Schwartzenberg I. S. 471.
248 ) Siehe ferner den Akkord vom 1. März 1453 a. a. O. I S. 544.
**) Oben sub LLI 2. d. a.
Sander-Deiehsatzuugen von 1317 § 2. Vergl. oben A. 31. — Es
handelt sich bei diesen Sauder-Deiohsatzungon nicht um einen Vertrag des
11 *
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164
Ebenso wie die Kirchspiele bei Neueindeichungen besondere
Geschworene wählten, so wählten auch die Deichgenossenschaften
Geschworene, welche das Werk leiten, die Ausgaben verteilen
und die Streitigkeiten entscheiden sollten. 251 ) Ausserdem stellte
man die Strafen fest, welche bei Verletzungen und Tötungen
der Beamten oder Arbeiter, während der Deicharbeit zu zahlen
waren 252 ) und ordnete überhaupt die Rechtsverhältnisse des
neuen Kogs. Die Eindeichungspfiicht war hier ebenfalls eine
dingliche Last, die auf den binnenländischen Grundstücken der
Deichgenossen lastete.
In diese freien bäuerlichen Eindeichungen kamen neue
Momente herein infolge des landesherrlichen Aussendeichsregals.
Es spielen natürlich hier nur die Aeusserungen desselben eine
Rolle, welche den Gemeinden und Deicbgenossenschaften die
Eindeichung nicht entziehen. Es handelt sich um die landes-
herrliche Erlaubnis und den landesherrlichen Befehl zum
Eindeichen. Ueber die Entstehung dieser Rechte wird später
gehandelt, hier betrachten wir nur kurz ihren Einfluss. Die
landesherrliche Erlaubnis, welche von den Gemeinden ihres
Vorteils wegen nachgesucht wurde, ohne erforderlich zu sein,
gehört nicht zum Aussendeiclisregal, da sie kein Recht des
Landesherrn ist. Die landesherrliche Erlaubnis, welche ein-
geholt werden musste, ehe Gemeinden und Deichverbände zur
Eindeichung von Aussendeichsland schreiten konnten, begegnet
in Deutschland zum ersten Mal im Spadelandsrecht. Hier heisst
es in Art. X, dass die Eindeichung geschehen solle „mit gnä-
digem Vorwissen und Willen der hohen Obrigkeit“. Sonach
bedurfte das Land der Zustimmung der Obrigkeit. Es konnte
die Eindeichung beschliessen, aber ausführbar war sie erst nach
Kirchspiels mit den anderen in § 2 genannten Personen. Schon die älteren
Deichsatzungen von 1295 ergaben Deichgenossen, die nicht zur Parochie
gehören. Vergl. A. 31. Es heisst auch, dass die Eindeichung „ange-
ordnet“ worden ist, (§ 1) die Bürgerstellung der Leute, die nicht zur l’arochie
gehören, wird ebenfalls „angeordnet* (§ 2). Es handelt sich also nicht
um einen Vertrag von mehreren Aussendeichsinteressenten, die keine Deich
genossenschaft bilden.
%1 ) Sander-Deichsatzungen § 1.
'*“) a. a. O. §§ 3. 4. 5.
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eingeholter Conzession. In Holland hat die Erlaubnis an bäuer-
liche Gemeinden darum keine grosse Rolle gespielt, weil sich
die Erlaubnis meist an den A mbachtsherrn richtete, und dieser
das Land nach Gutdünken vergeben konnte. Ein Beispiel, wo
auch in Holland die landesherrliche Erlaubnis (und zwar m. E.
die notwendige) an eine bäuerliche Gemeinschaft selbst gerichtet
ist, bietet die Urkunde von 1417 , in welcher die Jacoba von
Holland den Bauern von Hettersen erlaubt, einen Sommerdeich
zu schagen. Zu diesem Behuf dürfen sie vier Geschworene
wählen, welche mit dem Schulzen den Deichbau leiten. Zugleich
wird die Schauung, die Unterhaltung des Deichs u. s. w. geregelt,
und den Geschworenen auch der alte Ostdeich anvertraut. So
wird hier infolge der landesherrlichen Erlaubnis zugleich ein
Teil der Deichgesetzgebung vom Landesherrn in Anspruch
genommen, und seine Befugnis, die Deichverwaltung seinerseits
zu regeln, nicht allein hinsichtlich des neuen Kogs, sondern
auch hinsichtlich des alten siegreich gehandhabt. Die landes-
herrliche Erlaubnis vermag allein die Eindeichung nicht ins
Leben zu rufen; dazu gehört ein Beschluss der Gemeinde oder
des Deichverbandes, wie ihn die Bauern von Hettersen sicherlich
gefasst haben. Anders ist es beim landesherrlichen Befehl zum
Eindeichen. Da kommt es auf einen Beschluss der Gemeinde
nicht an, sondern sie haben zu gehorchen. Der einzige mir
bekannte landesherrliche Befehl aus dieser Periode ist die Ver-
ordnung Herzogs Friedrichs für die Kirchspiele Hatstede und
Schobüll bei Husum aus dem Jahre 1497 . 253 ) Hier wird diesen
Gemeinden die Bedeichung von Aussendeichsland anbefohlen;
ja sogar jedem, der mitdeichen will, die Beteiligung freigegeben.
Wir können aber daraus, wie die Herzoge von Holstein die
ersten Jahrzehnte nach der Eroberung Ditmarschens ( 1559 ) in
Bezug auf Eindeichungen verfahren sind, schliessen, dass die-
selben Grundsätze auch anderswo und, wo die landesherrliche
Gewalt bereits länger bestand, schon früher gegolten haben. 254 )
M ) Gedruckt bei Lass .Fortsetzung der Husumer Nachrichten“. S. 96.
,£>i ) Denn die Herzoge behandelten die Ditmarscher wegen ihrer Tapfer-
keit auf das glimpflichste (vergl. Falck .Handbuch I. S. 306) und traten
keineswegs so auf, dass man hier einen schärferen Hinfluss der Landesherrn
vermuten künnte.
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lfiß
Danach erfolgte der Befehl von seiten des Landesherrn, die
eigentliche Ausführung lag bei den Gemeinden, eine Kontrolle
und Ueberwachung hatten die landesherrlichen Beamten. 255 )
Als Mitglied einer Gemeinde oder eines bäuerlichen Deich-
verbandes war der einzelne Bauer, wenn wir von einer Bedeichung
von Aussendeichsländereien absehen, zu solchen Deichbauten
verpflichtet, welche die Gemeinde oder der Deichverband zum
Schutz des Distrikts beschlossen. Diese Deichbauten erfolgten in
den verschiedensten Weisen, je nachdem überhaupt die von einer
Gemeinde zu verrichtenden öffentlichen Arbeiten unter die
Gemeindeglieder verteilt wurden. Gewöhnlich lag der Verteilung
als Massstab der Grundbesitz des einzelnen zu Grunde. Es
konnte dann die Verteilung in Rücksicht auf die Grösse des
Ackers erfolgen. Dies war nach dem Spadelandbrief für die
Wilstermarsch von 1438 der Fall, welcher bestimmte: „Ock so
scholen beide siden, de ene Morgen gelik den andern de
Störe unde den moer helfen bedicken und wo ein water
schaden mach“. 255 *)
VI. Die Aussendeichsinteressentenschaften, welche
in dieser Periode zum Deichbau schritten, bedurften dazu immer
eines Zusammenschlusses von aussen. Wenigstens ist uns keine
Kunde von einer Aussendeichsinteressentenschaft erhalten, die
einfach die Eindeichung beschloss uud durch Organe, die sie an-
stellte, leitete. Auf einen Beschluss der Interessenten weist
allerdings das Privileg des Ritters Coen van Oosterwyck aus
dom Jahre 1401 hin; 258 ) denn er erlaubt als Ambachtsherr denen,
die im Aussendeieh geerfd und gelandt sind, die Eindeichung:
damit wird doch stillschweigend ein Eindeichungsbeschluss der
2a ’) Vorgl. Griebel S. 42 ff.
iV “J Einleitung § 4a, A. 162.
Im übrigen ist ein Eingeben auf die Verteilung der Deiebbaulast
überflüssig. Vergl. noch Hahn im Archiv des Vereins für Geschichte und
Altertümer der Herz. Bremen nnd Verden". Heft 11. S. 21. Siehe auch
die Bauernwillkür von Wurtfleth sub 14 (oben Einl. § 4a, A. 49a).
*®) Mieris 111 734.
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1«7
Geerfden vorausgesetzt. Die Leitung der Eindeichung aber lag
bei Schöffen, von denen der Rat von Amsterdam drei anstellte,
und bei einem Schulzen, den der Ritter Coen ordinierte. Und
während die drei Schöffen des Rats im Aussendeich gelandt
sein mussten, war dies bei dem Schulzen nicht der Pall. Das
Ordinationsrecht des Ritters war nur auf die drei Schöffen eines
Dorfes beschränkt. 387 ) So waren die Beamten nicht lediglich
Interessenten und nicht eigene Organe einer Genossenschaft,
sondern behördliche Aufsichtspersonen. Die Aussendeichs-
interessentenschaft konnte auch einem Deichverband angegliedert
sein. Der Eindeichungsbeschluss erfolgte dann vonseiten des
Deich verbandes. Die Leitung und Verwaltung des neuen Kogs
lag in den Händen der Organe oder einiger Organe des Deich-
verbandes, die, wo eine landesherrliche Erlaubnis erteilt wurde,
der Landesherr bestimmte. 258 ) Beschluss und Leitung konnten
ganz beim Landesherrn sein. So befiehlt im Jahre 1322
Wilhelm von Holland den Eigentümern des Aussendeichs nördlich
von Enkhuysen die Eindeichung und überträgt das Werk dem
Schulzen. 259 ) Umgekehrt ergiebt das Schriftstück des Rates
Jacques de Blazere von 1527, 280 ) dass’ ein Zusammenschluss der
Interessenten infolge der Erlaubnis stattfaud, die an einige erteilt
war, und die anderen zum Mitdeichen nötigte-, aber das Werk
durch einen „meentenare“, der wohl Beauftragter der Eigentümer
ist, ausgeführt wurde. Die Eindeichungspflicht war somit eine
dingliche Last der Aussendeichsgrundstücke der Interessenten.
Die Eindeichung wurde durch die Eigentümer in mehr natural-
wirtschaftlicher oder in mehr geld wirtschaftlicher Weise betrieben.
Erstere bestand in der Leistung von „Kost und Arbeit“, 281 ) d. h.
von Hand- und Spanndiensten und von einzelnen Geldzahlungen.
*») a. a. 0
**) Dies ist m. E. der Fall gewesen, bei der Eindeichung, die in der
Handveste an die in Kromuienyerdara von 1357 (Mieris III, 30) vorkommt.
Organe sind nicht neugewählte iloemraden, sondern einzelne der alten.
“») Mieris II, 2Sii.
Borchgrave S. 3ti8.
261 ) Mieris II, 2SG. Hier nehmen neben den Eigentümern auch andero
Personen Teil; insoweit das Aussenland bestimmten Eigentümern nicht ge-
hörte. betrachtete es der Landesherr als sein Eigentum.
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168
Bei letzterer schossen die Eigentümer lediglich Geld vor und
Hessen die Bedeichung durch einen Deichmeister („meentenare“)
vornehmen, der Arbeiter mietete. 282 ) Diese Arbeiter („nemers“)
waren auf Grund eines Arbeitsvertrages zur Eindeichung gegen-
über dem meentenare verpflichtet. Sie waren also nur persön-
liche Schuldner; deshalb war es üblich, dass der meentenare sich
von ihnen eine Kaution für die gute Vollendung der Bedeichung
stellen Hess. Diese Kaution war meist so, dass alle nemers
sich zur gesamten Hand verbürgten. 283 ) Diejenigen, welche
Geld vorschossen, hiessen in den Niederlanden „legghers“. 264 )
Bei dem geldwirtschaftlichen System der legghers war es eher
möglich, die Güte der einzelnen Grundstücke in Bezug auf die
Eiudeichungspflicht zu berücksichtigen, als bei dem natural-
wirtschaftlichen. So bürgerte sich dort die Sitte ein, den
Vorschuss der Gelder, der, wie mir scheint, nach der Grund-
stücksgrösse auferlegt wurde, nur als provisorische Massnahme
zu betrachten und nach vollendeter Eindeichung eine Aus-
gleichung nach der Güte der Grundstücke eintreten zu lassen. 265 )
Die dingliche Wirkung der Eindeichungspflicht zeigt sich vor
allem darin, dass derjenige, der sich an der Eindeichung nicht
beteiligte, sein Eigentum verlor. Ob hier und da vorher noch
andere Zwangsmassregeln zunächst versucht wurden, vermögen
wir nicht zu erkennen. Sicher ist, dass das Schriftstück von
1527 bei der Weigerung des Eigentümers, mitzudeichen, sofort
den Verlust des Eigens statuiert, und dass der Befehl Wilhelms
von 1322 ebenfalls dem unwilligen Interessenten sein Land
entzieht. 266 ) Es scheint aber, dass nach dem Schriftstück von
Siehe das Schriftstück von 1527 (Borchgrave S. 368.)
*“3) a. a. 0.
aM ) Borchgrave betrachtet S. 299 die legghers als Arboiter. Dies
sind aber die nemers. Uehereinstinunend Detlefsen I. S. 313. A. 5.
’“*) ln dem Schriftstück von 1527 heisst es: „Es ist auch Sitte, eine
Ausgleichung zu machen, das heisst, jedem Mass Landes wird nach ange-
stellter Untersuchung eine bestimmte Zahl nach der Güte des Landes
auferlegt. Und da setzen sie oft 3, 4 oder 5 unfruchtbare Masse Ackers
gegen ein fruchtbares, und danach geschieht die Beisteuer zu den Deich-
kosten.* Die Ausgleichung heisst „eveniughe“.
*•*) Mieris II, 286. Im Jahre 1323 kommen die alten Besitzer, die
in Friesland das Land nicht bedeicht hatten wieder und wollten das Land
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. 169
1527 diejenigen, welche Vorgänger der sich weigernden Eigen-
tümer gewesen waren, ein Eintrittsrecht für letztere hatten. 267 )
Dieses Eintrittsrecht würde in Parallele stehen zu der Eintritts-
pflicht des alten Eigentümers für den Eigentümer, der wegen
Nichterfüllung der Deich(unterhaltungs)last sein Eigen verliert. 268 )
VII. Die schwierigsten Deichbauten haben in dem
„Durchschlagen“ oder „Ueberschlagen“ von Strömen be-
standen. Diese Deichanlagen setzen notwendig eine Vereinigung
mehrerer Gemeinschaften, die an die Ströme anstiessen, voraus.
Sie machen Deichbauten ganzer Landschaften wahr-
scheinlich und geben den Anlass zu einer stärkeren Ein-
wirkung der Landesherrn auf den Deichbau.
Thünen 269 ) meint, dass, soweit die Nachrichten reichen,
sich eine solche „allgemeinere Beihülfe“ überall vorfinde. Von
mutmasslichen Quellen, die solche allgemeinen Deichbauten statu-
ieren, ist mir aber nur das Privileg des Grafen von Holland in
Bezug auf Nordbeveland aus dem Jahre 1358 270 ) bekannt. Hier
beschliessen eine Gemeinde und einige Deichhalter (ob beide
einen Deichverband bilden, ist nicht klar) einen Stromeinschnitt
(Wael) zu überdeichen. Der Graf giebt ihnen die Erlaubnis
dazu und gewährt ihnen gemäss ihrem Beschluss, dass ganz
Nordbeveland an dem Deichbau sich beteiligen soll: „Die Last
soll fest gemacht werden an Nordbeveland“, „es sollen deichen
und Geld zahlen alle diejenigen, die da Land haben, sie seien
anfassen. Der Graf erklärt aber, dass dies jetzt zu spät sei. (Hierie
II, 311.)
M7 ) Es heisst daselbst, dass mit denen, die den octroy vom Pürsten
haben „alle zngcl&ssen werden, die früher dort Land gehabt haben, wenn
sie die Gelder zuschiessen.“ Man könnte unter den alten Eigentümern die-
jenigen verstehen, welche einstmals Land daselbst gehabt haben, das zur
Zeit der Bedeichung aber nicht mehr in ihrem Eigentum steht, weil es die
Fluten abgebrochen hatten. Diese Auslegung passt aber nicht zu dem
sonstigen Inhalt des Schriftstücks. Es hätte dann notwendig erklärt werden
müssen, welcher Anteil am Neuland ihnen gewährt wurde, und wie sie sich
mit den anderen Eigentümern auseinander zu setzen hatten.
268 ) Hierüber das Nähero bei der Darstellung des Spatenrechts.
m ) a. a. O. S. 17.
m ) Mieris HI 67.
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geistlich oder weltlich oder Städter, wer es auch sei, die einen
neben den anderen' 271 ) in Rücksicht auf solches Gut, das sie in
Nordbeveland haben.“ Hiermit ist allerdings eine dingliche
Pflicht jedes Landbesitzers der Landschaft, sich an einer von
dem Landesherrn genehmigten Durchschlagung eines Stromes
zu beteiligen, statuiert. Doch besteht diese Verpflichtung nur,
wenn von den am meisten beteiligten Land- und Deichbesitzern
die Durchschlagung beschlossen ist. So können wir für andere
Gegenden vielleicht ähnliche und vielleicht noch umfassendere
Deichbauten der Landschaften annehmen. Ueberall aber sind
die Durchschlagnngen von Strömen keineswegs durch Land-
schaften bewerkstelligt worden. Dies beweist die Ueberdeichung
der Speme in Rijnland, die Graf Floris im Jahre 1285 gestattete. 272 )
Hier sind bei der Bedeichung nur die beteiligten Deichverbände
thätig und nicht alle Landbesitzer Rijnlands. Auch bei der
Ueberdeichung der Paute auf den preussischen Werdern im
Jahre 1348 273 ) sind nur mehrere Dörfer beteiligt und nicht
sämmtliche Landbesitzer. Die Durchschlagung der Speme wird
beschlossen von allen, die wohnten „oven Zydwinde ende Zwaen-
denborgherdam ende (den) Sparendaui“. Die Durchdämmung
der Paute vereinbaren Elbing und der Orden.
Die Einwirkung des Landesherrn zeigt sich bei der
Durchschlagung des Wael 274 ) und der Sperne 275 ) in schärfster
Weise. Von der Erteilung der landesherrlichen Erlaubnis wird
später gesprochen, hier soll sie nur konstatiert werden. Vor
allem aber liess der Graf von Holland den Deichbau durch eine
von ihm dazu beauftragte Person leiten. Bei der Durchdeichung
des Wael ist es ein gewisser Heinrich, der die „dikaedse“ be-
treiben soll, bei der Ueberschlagung der Sperne ist der Balju
von Rijnland der Deichbaumeister. Beide erhalten auch die
Schaumig über die betreffenden Deiche übertragen. Im übrigen
wird von dem Landesherrn bei diesen Deichbauten die Deich-
271 J „syn si gheestlic, of waerlye of poerteren, of wie sie syn, den enen
neffens den anderen.“
Bergh II, r>83.
' m ) Siehe M Toppen S. 202 und unten A. 276.
Mieris III, 67.
' m ) Bergh II. 583.
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171
Verwaltung näher geregelt. Im Gegensatz zu diesen Ueber-
deichungen steht die Dnrchdämmung der Paute. Sie hat ins-
besondere uni deswillen einen anderen Charakter, weil sie von
zwei Landeshoheiten (dem Hochmeister und der Stadt Elbing)
vereinbart und von einigen diesen nnterthanen Dörfern ausgeführt
wurde. Die Elbiuger Bauern werden der Gewalt des Hoch-
meisters unterstellt, aber nur während des Deichbaus. Ist
dieser vollendet, so gehören sie nicht mehr zur „Kore“ des
grossen Werders. Somit werden die Elbiuger Bauern mit
Bauern des grossen Werders zu keinem Deichverband, sondern
lediglich zu einem Deichbauverband vereinigt. 278 )
VIII. Wir haben bereits öfters erwähnt, dass in der spä-
teren Entwicklung bei der Anlage von Deichen die Einholung
einer obrigkeitlichen Erlaubnis zum Deichbau hie und
da notwendig geworden war; jetzt ist darzustellen, auf welchen
Grundlagen sich diese Verpflichtung entwickelt, und welche
Ausdehnung sie angenommen hat. Iu jeder Vergabung von
Deichländern zur Ansiedlung steckt in gewisser Hinsicht auch
eine Erlaubnis zum Deichbau. Doch wird hier diese Erlaubnis
zum Deichbau durch die Erlaubnis zur Ansiedlung zurück-
gedrängt. Wir sprechen hier von der Notwendigkeit einer Er-
laubnis zur Ansiedlung, nicht von der Notwendigkeit einer Er-
laubnis zum Deichbau. 277 ) Die Erlaubnis zum Deichbau im
engern Sinn ist mit einer Vergabung nicht verquickt. 278 ) Die
’ m ) Die Einigung des Tresslers von Marienburg mit den Elbingom ent-
hielt unter anderem folgendes: .die vorgenanten gebaren »allen anevan
eynen tarn uf den unserrn mul suln den vurn und machin 5fi zeyle laue bis
an die aide Paute und vor bas di selbe aide Paute czu vortemmene und
dar obir vyr Seyl uf der stat guto; die vorgenau te lenge czu haidine nach
nnsir und nach ir bequemekeyt beydir seytin; alz wir das unsir machin alzo
sullin sy ach das yre machin.“ Der Meister soll Gewalt haben, sie zu
zwingen. Erde dürfen sie auf dem Ordensgebiet nehmen; „ach sullen dy
selbin geburo unvorbundin sin mit andir Tbiehen adir Thainmen alzo das
man sy in keyne andir köre wyse den do sy gethamet habeu.“
s”) So in der ersten Zeit der Deichanlagen; siehe oben § 2 A. 04.
m ) Dass sie zufällig neben einander Vorkommen können, ist erwähnt
worden, siehe oben S. 128; ebenso, dass erstere Hinweise und Reglungcu
für letztere enthalten kann (S. 127).
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Einholung dieser Erlaubnis ist zunächst dadurch notwendig ge-
worden, dass bereits angesiedelte Leute innerhalb ihres Gebietes
zum Deichbau schreiten wollten, aber unter einer Herrschaft
standen. Wie die neuere Entwicklung von der ältesten Zeit
durch das Aufkommen der Herrschaft sich überhaupt unter-
scheidet, 279 ) so tritt auch später die Notwendigkeit der Ein-
holung einer Erlaubnis zum Deichbau infolge der Gewalt der
Herrschaft auf. Wir vermuten sie im Hofverband, 280 ) im kleineren
Lehnsverband, 281 ) bei abhängigen bäuerlichen Gemeinden. 282 )
Die grösste Rolle hat aber die Notwendigkeit der Erlaubnis
der landesherrlichen Gewalt gespielt. Sie hat sich ent-
wickelt beim Aussendeichsland und bei den Deichbauten
in Strömen. In letzterer Hinsicht war die landesherrliche
Gewalt teilweise Erbin der Reichsgewalt.
1. Es lag beim Aussendeicbsland in vieler Beziehung
im Interesse der freien Gemeinden, der Deichverbände, Klöster
und Herrn, welche zu einer Bedeichung schreiten wollten, sich
an den Landesherrn vorher zu wenden. Die Inanspruchnahme
des Vorlandes als solches vonseiten der Landesherrn hatte eine
grosse Rechtsunsicherheit hervorgerufen. 283 ) Man konnte oft
nicht wissen, ob man nicht Land bedeichte, das der Landesherr
schon Willens war, sich anzueignen; man konnte nicht ermessen,
ob man nicht grosse Mühe nnd Kosten zur Bedeichung von
Ländereien verausgabte, die in späterer Zeit der Landesherr
sich einfach zuschreiben würde, womöglich ohne den Bedeichern
ihre Kosten zu ersetzen. 284 ) Wollte man Gewissheit, so musste
man sich au den Landesherrn wenden. Die Furcht vor seinen
Uebergriffen wies zu ihm, vor dem man sich fürchtete. Erteilte
m ) Siebe oben S. 106
' JH0 ) Vergl. Bergh I, 533 (a. 1250); man kann diese Urkunde in
dieser Hinsicht verwerten, wenn man den Vergabungscharakter in Bezug
auf das Neuland streicht.
**) Vergl. Bergb I, 609 (a, 1255) Heinrich von Vorne erlaubt, dass
alles Lehn von drei Lehnsleuten bedeioht, mit Graben durchzogen wird u. s. w.
„sive sit recens sive salva, aggerata vel non aggerata.“
m ) Vergl. Mieris IV, 470 (a. 1417/18) Frau Jakoba erscheint hier
allerdings mehr als Landesherrin (siehe oben S. 165).
,2B3 ) Siehe oben S. 121.
284 ) Siehe oben S. 118 ff.
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der Landesherr seine Einwilligung schlechthin, so barg sie,
wenn auch verschleiert, die Gewährleistung in sich, dass er
weder jetzt noch später das Deichland als ihm gehörig ansprechen
wollte. Verweigerte er sie, so wusste man, was die Uhr ge-
schlagen hatte und musste nun sehen, ob man trotzdem den
Deichbau vornehmen oder noch einmal sein Heil probieren
wollte.' 285 ) Gewährte der Landesherr schliesslich seine vorläufige
Einwilligung, so konnte man ihn billiger Weise zu dem Ver-
sprechen bringen, bei Wegnahme des Deichlandes die Deich-
kosten zu ersetzen. 288 ) Es war nun ferner möglich, durch den
Landesherrn Privilegien für die Bedeichung zu erhalten; ins-
besondere musste die Möglichkeit der Erzielung von Freijahren
den stärksten Anreiz ansüben, den Landesherrn anzugehen. 287 )
Schliesslich durfte man hoffen, durch seinen Machtspruch zu
erreichen, dass Nutzungsrechte Dritter, die eine Bedeichung
hinderten, deren Ablösung im Wege des Vertrages aber nicht
geglückt war, aufgehoben würden. 288 ) Auch konnten in ähnlicher
Weise Teilhaber von Aussendeichsinteressentenscbaften erwarten,
dass durch ein Angehen an den Landesherrn eine Bedeichung
erzielt werden könnte, die an dem Widerstand anderer Teilhaber
bisher immer gescheitert war. 289 )
Diese Vorteile, die ein Angehen des Landesherrn ver-
sprachen, mussten dazu führen, dass man den Landesherrn sehr
häufig um seine Einwilligung ersuchte. Doch hätte die Häu-
figkeit solcher Gesuche allein ein Recht der Landesherrn auf
sie nirgends erzeugen können, wenn nicht hier und da Momente
® 6 ) Siehe die Worte des Abtes von Gerkeskloster (unten A. 295) aus
dem Jahre 1529. Da war allerdings das Recht des Landesherrn schon
anerkannt.
®s) Schwartzenberg II 556. Dem Abt von Gerkeskloster wird
1529 konsentiert Cterland zu bedeichen „te weten dat sulcken bedyckinge,
den Keyser oen zyue gerechticheyt, die hy tot denselben landen pretendeert,
te hebben, nyet schadclyck sal wesen, ende indyen naemaels den Keyser
deselue landen mit rechte toegewesen worden“, soll seine Majestät dem Abt
die Kosten der Bedeichung ersetzen. — Auf eine frühere Zeit angewandt,
ergiebt diese Urkunde den im Text geschilderten Ausgang.
*») Siehe oben S. 129, 138.
**) Vergl. Bergh I, 534 (a. 1152) und unten sub XI.
s*) Siehe das Schriftstück bei Borchgrave S. 368. Vergl. auch
tyieris IV, 1068 und unten sub XI.
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auf seiner Seite wirksam gewesen wären, die diesen Prozess
nur begünstigen konnten An vielen Orten war es im Lauf der
Zeit unmöglich geworden, jeden Zusammenhang des Landesherrn
mit deui Aussendeichsland zu leugnen. Vielleicht wirkte in
manchen Gegenden der Gedanke ein, dass man ihm eine Ober-
hoheit über die Küste uicht absprechen könne. 290 ) Denn Neu-
eindeichungeu stellen sich auch als Regulierungen des Küsten-
saumes dar, somit lag ein Recht des Landesherrn, dass zu diesen
seine Erlaubnis erforderlich sein müsse, nahe. Vermöge der
Landeshoheit, die ihm zustand, war er an einer Feststellung
der Landabgaben des Neulandes lebhaft interessiert; 291 ) auch
stellte sich manche Bedeichung direkt als Gebietserweiterung
dar, von der man schwerlich sagen konnte, dass sie ihn gar
nichts anginge. Mit den kleineren Herrn war der Landesherr
zudem durch das Lehnswesen aufs engste verbunden. Die
Erlaubnis zur Eindeichung nahm hier meist von selbst den
Charakter einer notwendigen Vorbedingung für die Belehnung
mit der Gerichtsherrlichkeit im neuen Lande an. 292 ) In benach-
barten Gegenden hatte der Landesherr womöglich erfolgreich
das Aussenland selbst sich zugeeignet. Die Anerkennung der
Notwendigkeit der landesherrlichen Erlaubnis war demgegenüber
nur eine geringe Conzession. So mochte sich die Einräumung
dieses Rechtes oft darstellen als ein Compromiss zwischen der
landesherrlichen Auffassung, die sich den Anwachs und das
Aussendeichslaud als solche aneignen wollte und der volks-
tümlichen Denkweise, die die Alluvion und das Vorland den
Gemeinden, Deichverbänden, Herrschaften u. s. w. zuschne^ 29 *)
Schliesslich aber erschien bereits in dieser Periode, besonders
in Holland, der Landesherr als Verwalter des Deichwosens. 294 )
Vermöge des Zusammenwirkens aller dieser Umstände oder
des stärkeren Hervortreten des einen oder des andern ist es
dahin gekommen, dass an vielen Orten ein Recht des Landesherrn
s “) VergL Bergh 1, 441 (a. 1247), 541 (a. 1251), ferner üaek-
uiann S. 02.
m ) Spadelandsrecht art. X.
ai2 ) Siehe Mieris III, 220, IV, 120.
fflS ; Siehe oben S. 121.
m ) Darüber wird später zu sprechen sein.
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175
auf ein Nachsuchen der Unterthanen zur Bewilligung der Neu-
eindeichung entstand.’ 05 ) Ueberall aber bat es sich nicht durch-
gesetzt; insbesondere blieben oft Gesuche, um die landesherrliche
Einwilligung von dem Gedanken der Notwendigkeit dieser Ein-
willigung unberührt uud sind oft für die Behauptung der Existenz
eines solchen Rechtes des Landesherrn nicht verwertbar. *•*)
2. Die Notwendigkeit der Erlaubnis zum Deichbau
in Strömen wurzelt im Stromregal. Durch solche Deiche
wird der Lauf des Stromes entweder verändert oder gestört.
Infolgedessen waren die deutschen Könige im Mittelalter ver-
möge des Stromregals, das sie sich zuschrieben, an der Ueber-
wachung dieser Deichbauten interessiert. Nur eine Urkunde
freilich zeigt uns ein Eingreifen der Könige, aber sie genügt,
um allgemeinere Schlüsse zu ziehn. Iui Jahre 1165 genehmigte
auf Bitten Utrechts, Hollands, Gelderns und Cleves Kaiser
Friedrich den Deich bei Wijc und befahl einen anderen Deich
bei Steckede, welchen der Graf von Holland „injuste et violenter“
errichtet hätte, zu zerstören.** 7 ) Es ist hier von der Not-
286 > In Holland ist dies Recht sehr verbreitet gewesen. Wenn Hugo
Grotius a. a. 0. es nicht erwähnt, so beruht dies auf einem Versehen,
tianz deutlich ist es im Spadelaudsrecht art. X zum Ausdruck gebracht.
Im westerlauwerschen Friesland war es gleichfalls anerkannt. Man vergl.
namentlich die. Worte dos Abtes von Gcrkeskloster, die er 1259 gebraucht
(Schwartzenberg II, S. 558), uud die auch für die Entstehung dieses
Rechtes von grösstem Interesse sind. Es heisst da: «Dal alzoe wy laugen
tyt veuolcht ende menichwcrff gesuppliceert liebben gehadt aen den
Houe van Vrieslandt, om te maeghen bedyeken de Uyterlaudeu, liggendi
buyten Colmerdyck, t’ welck ons nyet alleeulyck geweygert, maer dat meer
is, expresselyck geinterdicecrt, is geweest, uyt orisaioke, als wy wel
ouerleggen können, ende oick genouch verstaen bchben, dat de Pro-
cureur Generaei van weghen Keyaelyeke Mayesteyt tot denzeluen Uyter-
lauden, als tot alluuyen ofte aenwassen gereehticlieyt wilt preteuderen,
ende lioewel als voirsz. is, onse beglieerte ons vaccke afgeslageu ende ge-
weygert is, hebben des nyet te min de saicke ouvervolcht nyet gelaeten,
ende nu onlaucx oirloff ende consent van den voirsz. Houe von Vrieslandt
verworven“. Uebor die Art der Erlaubnisverteiluug siehe oben Anm. 286.
aw ) Vergl. auch Griebel S. 37 ff., der fiir Norclerditmarachen das
Recht des Landesherni leugnet trotz Gesuchen von Kirchspielen im 16. Jahr-
hundert.
xn ) Bergb I, 145 „Praetcrea obstruetiouem illam Rheni, quae vulgo
dicitur dam, propo villam sive in villa quae appellatur Wijc, que ad re-
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Wendigkeit einer Erlaubnis zum Deichbau an sich nicht direkt
die Rede, sie wird aber vorausgesetzt. „Unberechtigter und
gewaltsamer Weise“ hat der Graf von Holland den Deich er-
richtet, d. h. er hatte nicht die Erlaubnis des Königs zum
Deichbau eingeholt. Er wird nun angewiesen, den Deich zu
zerstören, zumal dieser den Untergang vieler Menschen und
Flecken herbeigeführt hatte. 28 *) Auch der Deich bei Wijk ist
ohne königliche Erlaubnis angelegt; sie wird aber jetzt nach-
träglich eingeholt („pro petitione . . .“), worauf der vollendete
Deichbau in feierlicher Weise ausdrücklich vom Kaiser genehmigt
wird. Als sich später das Stromregal in den Händen von
Landesherrn befand, 290 ) musste zu Stromdeichbauten die Erlaubnis
des Landesherrn eingeholt werden. Das beweisen die Urkunden
von 1285 und 1358, in welchen die Grafen von Holland die
Durcbschlagung von Wassern gestatten. 300 ) In letzterer Hinsicht
soll freilich nicht verkannt werden, dass die holländischen Grafen
zugleich als oberste Verwalter des Deichwesens fungierten. 1 ® 1 )
IX. In der späteren Entwicklung dieser Periode fand ein
Z wang zurAnlage von Deichen im allgemeinen nur im Rahmen
der Gemeinden, Deichverbände, herrschaftlichen Verbände u. s. w.
statt.® 2 ) Eine Verpflichtung der Unterthanen gegenüber dem
Landesherrn, neue Deiche anzulegon, hat sich nur ganz ver-
einzelt ausgebildet. Sie findet sich nur in Bezug auf das
movendam tarn gravem aqnarum pernitiem antiquitus facta est, nos pro
petitione predictornm principum et pro fideli servitio hominum illorum,
qui generali malo aquarum participabant, rat am habemus et nostro im-
periali edicto confirmamua et, ut eternaliter inconcuaaa in eodem statu per-
maneat et conservetur, praesenti jussione decrevimus. Aliain quoqne ob-
structionem Rheni, quam comes Hollandie in loco qui dicitur Steckede sive
Swadeburg injuste et violenter erexerat et fecerat, per quam etiam in-
numerabilium hominum et locorum submersiones frequenter evenerunt, nos
ex judicio curie nostre cassavimus et penibus destrui precepimus Btatuentes
et imperiali jussione firmantes, quatenus predicta clausura destructa Rhenus
libera et regia strata sine omni obstaculo fluat*.
Siehe unten sub X.
**) Vergl. darüber Schroeder R. (1. 3. Aufl. S. 528.
*°J Bergh H, 583. Mieris III, 67.
ao1 ) Siehe oben A. 294.
*“) Vergl. auch Lenthe § 1.
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Aussendeichsland und trägt einen agrar- und finanz-
politischen Charakter. Diese Thatsache ist für die ganze
Geschichte des Deichrechts im höchsten Grade bezeichnend.
Ein helles Streiflicht fällt dadurch auf die Frage nach dem
Grund der Anlage von Deichen. Würde dieser überwiegend
in der Furcht vor Ueberschwemmungen, die Leib und Gut
bereits angesiedelter Unterthanen bedrohten, zu suchen sein, so
wäre ein so vereinzeltes Anftauchen dieser Unterthanenpflicht
ganz unerklärlich. Dies um so mehr, als es feststeht, dass man
die Erhaltung des Deiches bei Sturm und Einbruch, und die
Wiederherstellung zerstörter Deiche der Landesverteidigung
gleichzustelleu liebte.® 03 ) — Ein Recht des Landesherrn auf
Bedeichung von Aussendeichsland hat sich hier und da infolge
des Umstandes entwickelt, dass das Vorland vor seiner Be-
deichung keine Abgaben trug, während bedeichte Groeden zu
den Abgaben herangezogen wurden. 304 ) Eiue Eindeichung be-
deutete so für den Landesherrn eine Vermehrung seiner
Einkünfte; eine geflissentliche Nichtbedeichung vonseiten
der Unterthanen bedeutete so ein Nichtaufkommenlassen von
Landabgaben. Infolge der Erstarkung der laudesherrlichen
Gewalt und dem Aufkommen einer gewissen staatlichen Bevor-
mundung bäuerlicher Gemeinden vermochte der Landesherr
unter dem Banner seiner Finanzhoheit an manchen Orten im
späteren Mittelalter es durchzusetzen, dass er den Termin für
die Inangriffnahme der Eindeichung bestimmen, dass er den
Deichbau befehlen konnte. 305 ) In Hollend finden wir einen
Befehl zur Eindeichung schon im Jahre 1322; als Grund für
ihn wird angegeben, dass es an Korn- und Saatland fehle. 300 )
**) Siehe oben S. 148. A. 195, ferner Richtbofen Rq. S. 388. § 2.
Mt ) Siehe oben S. 123.
ä® 5 ) Vergl. Griebel S. 42 ff. Nach ihm war in Norderditmarschen
nach seiner Unterwerfung (1559) dies landesherrliche Recht anerkennt. Da
nach der Unterworfungsakte (Griebel S. 31) es mit den Aussendeichen
ebenso gehalten werden sollte, wie in der Wüster und Cremper-Marsch,
so kann man für diese schliessen, dass dort schon früher ein solcher Rechts-
zustand war. Vergl. auch oben A. 254.
3Wi ) Mieris H, 286.
J. Gierke, ÖeBobichte des deutschen Deicbreohte. 12
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So wirkten auch Gesichtspunkte allgemeinerer landesherrlicher
Fürsorge bei der Entstehung dieses Rechtes mit. Verschleiert
birgt einen landesherrlichen Zwang zur Anlage von Deichen
mitunter die Erlaubnis des Landesherrn zum Deichbau in sich
So waren, wenn einige Teilhaber einer Aussendeichsinteressen-
schalt die Erlaubnis zum deichen erlangt hatten, kraft dieser
Erlaubnis die übrigen Teilhaber zum Deichbau bei Verlust ihres
Eigentums verpflichtet. c# ’)
X. Besondere Rechtssätze, welche bestimmten, ob zum
Schaden anderer gedeicht werden konnte, wenn der Deich
dem Deicher selbst Nutzen brachte, haben sich später® 08 ) nur in
sehr geringem Umfang in dieser Periode ausgebildet. Immerhin
kann man sagen, dass Deichanlagen, welche für andere grosse
schädliche Ueberschwemmungen erzeugten, als widerrechtlich
empfunden wurden. 800 ) Sodann aber waren Deichbauten, welche
die Schiffahrt beeinträchtigten, nicht gestattet. 3 1# )
XI. Bei den ältesten Deichanlagen konnte sich aus nahe-
liegenden Gründen eine Enteignung nicht finden 311 ): Der
m ) Siehe das Schriftstück von 1527 bei Borchgravo a. a. O.
**) Für die älteste Zeit siehe oben § 2 A. 54.
**) Siehe die Urkunde von 1165 (oben A. 297), wo der Deich des
Grafen von Holland anch deshalb kassiert wurde, weil durch ihn „innu-
merabilium hominuin et locorum submersiones frequenter evenerunt,“
31 °) Vergl. Hasse HI, 634 (a. 1328). Hier gewährt Adolf von
Holstein die Niederlegung des Deiches am Ochsenwerder. Der Doich hatte
Schaden verursacht und die Schiffahrt behindert. Hamburg hatte um seine
Zerstörung gebeten. Der Graf ordnet sie an. sicherlich dem Rechts -
bewusstsein der Zeit Rechuung tragend, und nicht aus Freundlichkeit
gegen Hamburg. Siehe ferner die Urkunde von 1165 (oben A. 297), wo
die Niederreissung des Deiches ungeordnet wird, weil er ein .obstaculum"
war, der Rhein aber eine freie und königliche Strasse sein sollte. —
Infolge der Regalität der Ströme konnte allerdings ein Deich, der die
Schiffahrt hinderte, zu Recht bestehend sein, wenn seine Anlage erlaubt
war. Eine solche Erlaubnis aber widersprach den eigenen Interessen des
Rcgalherrn. — Bei Privatgewässern bedurfte es zur Veränderung oder
Hemmung des Flusslaufes einer Vereinbarung der Interessenten.
3U ) Darauf haben wir schon oben § 2 A. 64 kurz hingewieseu.
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Grund und Boden, der bedeieht wurde, stand im Gesamt-
eigentum der Gemeindegenossen, die zum Deichbau schritten,
ohne dass reale Anteile vorhanden waren, und Deicherde
existierte in llebei-fluss. 318 ) In späterer Zeit aber kommt bei
neuen Deichanlagen die Expropriation wiederholt vor. 318 )
Sie bezieht sich auf Verschaffung des Deichgrundes d. h. des
Grund und Bodens, auf dem der Deich ruhen sollte, auf Ver-
schaffung von Deiciierde und auf eine Ermöglichung der
Eindeichung als solcher; die Enteignung in Bezug auf die
Deicherde wird erst später dargestellt werden. 814 ) Eine Ent-
eignung von Land zum Gebrauch als Deichgrund werden wir
später noch bei der Einlage kennen lernen. 815 )
1. Die Expropriation zur Verschaffung des Deich-
grundes bei neuen Deichanlagen würde sich in dieser
Periode später sicherlich sehr häufig finden, wenn nicht auch
jetzt noch die grösste Anzahl aller Deichbauten im Siedlungs-
wesen wurzelte. Das Siedlungsland, das vergabt wurde, ge-
hörte der Gesamtheit der Ansiedler zu, und die Feststellung des
Deichgrundes ging der Einweisung der einzelnen Ansiedler in
ihre Parzellen vorauf. 3,a ) Für eine Expropriation von Land
zum Deichgrund war kein Platz, es war niemand da, den man
enteignen konnte und wollte. Aehnlich verhielt es sich bei den
Bedeichungen von Aussenland durch Gemeinden und Deich-
Der Grund, den G. Meyer S. 75 anführt, dass in der ältesten
Zeit der einzelne Grundeigentümer selbst sein Land einzudeichen pflegte,
ist ganz unhaltbar. Siehe oben § 2.
3IS ) A. M. G. Meyer a. a. O. Seit dem 12. Jahrhundert hätten die
Deichbauten durch Genossenschaften begonnen. Jetzt sei eine Anwendungs-
sphäre für das Expropriationsrecht gegeben gewesen. Es sei aber nicht
gesetzlich geregelt worden. Eine gesetzliche Regelung begönne erst die
ostfriesische Deichordnung Ennos II. aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. —
Die Grundbesitzer hätten früher die notwendigen Grundstücke freiwillig
abgetreten. Möglich sei auch in einzelnen Fällen ein zwangsweises Vor-
gehen gewesen, aber nicht unter Berufung auf gesetzliche Vorschriften
sondern unter Berufung auf einen Notstand.
* M ) Siehe unten Abschnitt IV.
***) Siehe Abschnitt III
***) Siehe oben S. 151 ff.
12 *
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180
verbände, indem hier regelmässig das Aussendeichslaud im Ge-
samteigentun) der Gemeinde- oder Deichverbandsgenossen zu
ideellen Anteilen stand. 815 ) Nahm der Deichbauverband hier
Land zum Deichgrund, so bestimmte er dazu sein eigenes Gut,
ohne jemanden zu schädigen. Zudem musste der Deichgrund
oft dem Meer erst abgerungen werden, hier erschien nur das
Meer als Enteigneter, dem man Land unter so mannigfachem
Tribut an Geld und Kraft gewaltsam entzog. Eine Aenderung
konnte nur eintreten, wenn an dem Neuland entweder Einzel-
eigentum mehrerer Personen oder Gesamteigentum zu realen
Nutzteilen aufkamen. 818 ) Und hier, wo die Expropriation möglich
war, trat sie auch auf. Iu überraschender Deutlichkeit wird
sie in der Handveste an die, welche „in Krommenyerdam geland
zyn“ von 1357 :,]B ) angeordnet. Ein neuer Deich soll gelegt
werden nach Gutdünken der Heemraden, wo es ihnen nützlich
dünkt, und „wat landen geslagen worden in den dyck voorseydt, 820 )
ende dat landt, daer men den dyck op leggen sal, dat
salmen gelden totten Heemraets schattinge.“ Zu dem
gleichen Resultat führt das Schriftstück von Jacques de Blazore
von 1527. Den Deichgrund mussten hier jedenfalls die Eigen-
tümer hergeben, die der meentenare bestimmte. Da man aber
nach vollendeter Bedeichung eine „Ausgleichung“ behufs der
Beisteuer der einzelnen nach ihrer Grundstücksgüte machte, ist
der Schluss gerechtfertigt, dass man hierbei auch den Verlust
in Betracht zog, den einige durch die Abgabe des Deichgrundes
erlitten hatten. 821 ) Schliesslich kann man die Bestimmung
eines jüngeren Humsterlauder Deichrechts, nach welcher die
Deichrichter verpflichtet sind mit der gemeente zusammen, unter
anderem „landt te copen, die Dijcken daer op te leggen“ nicht
nur auf Einlagen, 822 ) sondern auch auf Neudeiche beziehen und
3,, j Sieho oben 8. 113, U5.
318 ) Siehe oben S. 115.
319) Mieris III, 30.
33°) Dies bezieht sich wohl auf Deicherde; denn die Deichverpflichtung
wird in der Urkunde noch besonders festgestellt.
3!il ) Siehe oben S. 168.
3a2 ) Von denen gerade vorher die Rode ist.
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darin die Vorschrift einer Expropriation auch in dieser Hinsicht
erblicken. 348 ) 854 )
2. Wenn auf einem Deichland Weidenutzungsrechte Dritter
lasteten, so war eine Eindeichung zu einem Kornland nicht
möglich, ohne dass diese Nutzungsrechte, die ja eine Bedeichung
vereitelten, aufgehoben wurden. Konnte Derjenige, welcher die
Bedeichung ins Werk zu setzen wünschte, auf dem Wege des
Vertrages diese Rechte nicht ablösen, 345 ) und lag die Eindeichung
im öffentlichen Interesse, so vermochte nur eine Expropriation
abzuhelfen. Eine solche verfügte auch in gedachtem Fall
Wilhelm II. im Jahre 1251. 84 ®) Er gestattet der Aebtin von
Rijndsburg ihr Neuland einzudeichen und weist seinen Bruder
a3 ) Die betreffende Stelle des Deichreclits findet sich bei Halse ma
S. 553.
*“) Häberliu bemerkt im Archiv für civilistische Praxis 11. XXXIX.
S. 33 folgendes: «Merkwürdigerweise* ist in den Deichordnungen von
Zwangsenteignnngen des Grund und Bodens, auf dem der Deich ruhen solle,
nicht die Rede «wohl desshalb, weil die Deichlast den durch den Deich
geschützten Grundeigentümern obliegt, und jeder nach Verhältnis seines
deichpflichtigen Landes darau participiert und zwar nach dem Prinzip der
Pfanddeichung jeder den vor seinom Lande liegenden Deich erbauen und
unterhalten muss. Es versteht sich von selbst, dass er nicht nur die Arbeit
leisten, sondern auch die Materialien zum Deichbau hergeben muss, da ja
zunächst jeder einzelne in seinem Interesse den Deich auf seinen Grund
und Boden baut, er also den Grund und Boden eigentlich gar nicht au den
Deichband abtritt, sondern ibn eben selbst bebaut, so dass von einer
zwangsweisen Abtretung des Grund und Bodens zur Aulage der Deiche
gegen Entschädigung nicht die Rede sein kann “ Diesen Erörterungen liegt
eine ganz falsche Auffassung über den Grund und die Ausführung der
meisten Deichbauten zu Grunde. Ausserdem besteht das System der Pfand-
deichung nicht darin, dass jeder den vor seinem Land liegenden Deich er-
halten muss, sondern einfach in einer Aufteilung des Deiches zur Unter-
haltung nach Pfändern unter die Deickpflichtigen, die keineswegs mit ihren
Grundstücken au den Deich anstosseu miisson. Letzteres kann Vor-
kommen (siehe oben S. 151), bildet aber durchaus nicht die Regel. Selbst
wenn es aber vorkommt, gehört der Deichgrund dem Deichverband; es ge-
hören nicht die Bodenstrocken der verschiedenen Kabeln den einzelnen
Deichhaltern. Sein Grundstück bebaut daher der einzelne Kabolhaltcr nie.
325 ) Eine solche vertragsuiässige Ablösung siehe im Anhalter Urkunden-
bucli I, 292 (oben S. 108. A. 11).
328 1 Bergh I, 534
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oder den Balju an, sie zu beschirmen. Dann fährt er fort: „Si
vero aliquis per sepedictam abbatissain ex eo gravainen vel
dampnum se asserat pertulisse, vos eum nostro conspectui citetis,
qualiter inde dampnum sustineat ostensurum et nos ipsi faciemus
justicie complementum“. 327 )
Aus alledem können wir den Schluss ziehn, dass die Be-
hauptung Georg Meyers, 358 ) dass „im älteren deutschen Recht
nach keiner Seite hin auch nur irgend ein Ansatz eines Expro-
priationsrechtes zu erblicken ist“, durchaus unzutreffend ist. 32 ®)
Im Gegenteil ist zu bemerken, dass bei neuen Deichanlagen ein
Enteignungsrecht sich in der ersten Periode des Deichrechts
durchaus sogleich vorfindet , sobald seine Anwendungssphäre
gegeben war.
*) Das öffentliche Interesse dabei lag in der Erhöhung der Kultur
und der Wohlfahrt des Landes,
a») a. a. O. S. 76.
s 2 *) Vergl. auch Stob he D Pr. R. II. 2. Aufl. S. 169. A. 12 (ebenso
Stobbe-Lehmann).
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Zweiter Abschnitt.
Die Deiehverbände.
Allgemeines.
Die Rechtsgeschichte der Deich verbände wird von zwei
Gegensätzen beherrscht.
1. Den Gemeindedeichverbänden stehen die Deich-
verbände im engeren Sinn gegenüber. Gemeindedeichver-
bände sind solche Verbände, bei denen sich der Deich verband
mit einem Gemeinde verband deckt. Deich verbände im engeren
Sinn sind Verbände, deren Gemeinschaftssphäre in Bezug auf
den Deich und seine Pertinenzen der alleinige Ausfluss des Ver-
bundenseins ist.
2. Der Gegensatz zwischen genossenschaftlicher
Freiheit und Herrschaft giebt den Deichverbänden weiter
ein verschiedenes Gepräge. Der freie Deichverband scheidet
sich von dem herrschaftlichen Deichverband. Der freie Deich-
verband kann entweder ein Gemeindedeichverband oder ein
Deichverband im engeren Sinn sein. Ein herrschaftlicher Deich-
verband im engsten Sinn liegt vor, wenn der Herr als alleiniger
Träger des Deichverbandes erscheint. Die übrigen herrschaft-
lichen Deichverbände sind entweder herrschaftliche Gemeinde-
deichverbände oder herrschaftliche Deichverbände im engeren Sinn.
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Die Entstehung der Deichverbände.
I. Die ältesten Deich verbände sind die freien Ge-
meindedeichverbände. Die freien Deichverbände sind älter
als die herrschaftlichen Deichverbände. Diese können sich
nur finden bei Entwicklung einer Grossgrundherrschaft, die
über eine beträchtliche Zahl Höriger verfügte oder bei dem
mächtigeren Hervortreten einer starken landesherrlichen Gewalt.
In den freien Gegenden Nordwestdeutschlands war für sie
zunächst kein Platz. 1 ) Die Gerne in de deich verbände sind älter
als die Deichverbände im engeren Sinn.' 2 ) Hierbei tritt der
Unterschied zwischen freien und herrschaftlichen Deichverbänden
zurück.
1. Das Auftreten besonderer Deichbeamte legt die Ver-
mutung der Existenz von Deichgenossenschaften und Deich-
gesamthänderschaften (Deichverbänden im engeren Sinn) nahe.
Obschon diese Vermutung täuschen kann, 8 ) so gehen wir doch
insofern zunächst von ihr aus, als wir für den Beweis der
Priorität der Gemeindedeichverbände vorläufig nur Quellen be-
nutzen wollen, die uns ein Recht wiedergeben, das vor der Zeit
*) Betreffs der Klöster siehe oben S. 157. A. 224. Vergl. ferner die
Ausführungen unten »uh III.
2 ) Vergl. Gierke .Genossenschaftsrecht“ I. S. 613, der von den
Deichverbänden sagt : .Sie fielen anfänglich mit den politischen Orts- und
Bezirksgemeiuden zusammen“. Siehe ferner Heck S. 104. 365 ff. Nach
seiner Ansicht fielen regelmässig und ursprünglich die Deichgerichte mit
den ordentlichen Gerichten zusammen. Dio Mehrzahl der Schriftsteller ist
abweichender Ansicht. Vergl. oben Abschnitt I. § 2. 2.
3 J Vergl. unten sub 2.
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liegt, die zum ersten Mal einen Deichbeamten vermuten lässt.
Die Schenkungsurkunde des Bischofs von Utrecht von 1155
erwähnt zum ersten Mal eine Person, die, wie spätere Quellen
ergeben, regelmässig ein besonderer Deichbeamter gewesen ist,
den Heimrat. 4 5 * ) Indem wir bei Fixierung des gedachten Zeit-
punktes diese Quelle zu Grunde legen, bemerken wir, dass
hierin unseren Gegnern gegenüber insofern eine grosse Konzession
liegt, als das holländische Deichrecht in seiner Entwicklung
stets einen gewissen Vorsprung hat, und der Heimat erst wieder
im Jahre 1243 erwähnt wird.") Es sind nur ein paar Quellen-
stellen, die uns über das Deichrecht des 11. und des Anfangs
des 12. Jahrhunderts Aufschluss geben, sie genügen aber, um
unsere Behauptung zu beweisen.
a. Im 11. Jahrhundert übte in Friesland jeder Schulze
mit seinen Asegen die Deichverwaltung aus. Die Hegungs-
fragen des Schulzen an den Asega vor Eröffnung des Dinges,
welche eine Fivelgoer Rechtshandschrift aus dem 15. Jahr-
hundert wiedergeben, die aber das Recht des 11. Jahrhunderts
überliefern,®) zeigen, dass die Unterhaltung und Wiederherstellung
der Deiche unter der Aufsicht des Schulzen und des Asega
standen, wobei der Gemeinde eine gewisse Selbstverwaltung
überlassen war. 7 ) Nach ihnen unterlagen ferner Deichstreitig-
4 ) Bergh I, 132. Niemand soll sieh unterstehen, die neue Wetteriuge
„praeter conjuratos, quos heimrat vocant, obstruere aliqno vallo". Not-
wendig ist es nicht, hier einen Deichgescliworenen anzunehmen, da die
Heemraden nicht unbedingt Deichgeschworeue sein müssen. Es ergiebt sich
dies namentlich aus der Bezeichnung „ Dijck-Ueemraede", die in tmlländischon
Quellen (z. B. Keure für die Alblasserwaard von 1376) vorkonmit; allein
regelmässig ist der Heemrad der Deichgeschworene, was auch für die Ur-
kunde von 1156 anzunehmen sein dürfte.
5 ) Bergh I, 400.
*) Richthofen .Untersuchungen“ II, 1 S. 485 meint, die Uandschrift
gebe erst das Recht aus dem Ende des XII Jahrhunderts wiedor. Allein
gegen eine frühere Datierung erheben sich nicht die geringsten Bedenken.
*_) Auf die Frage des Schulzen: .Was haben Wir mehr zu thunV“
entgegnet der Asega: „Silan to hlidiane, and thorpe-maran to remane,
herewegan and hemeswegan to stiftane, di kan and dominan and
grundiete to slane bi euon-nachte euen hach erthe, bi sumeresnacht
a fulla rhine riwat and buta uppe lizet, bi middesumera an fulla wirke
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186
keiten dem ordentlichen Gericht des Schulzen. 8 ) Nach dem
älteren Schulzenrecht, das ebenfalls für das 11. Jahrhundert
massgebend ist,*) handhabte der Schulze mit den Asegeu die
Deichschauung in seinem Bezirk. 10 ) Bildete somit jeder Schulzen-
bezirk einen abgeschlossenen Deichbezirk, und fand keine ge-
meinschaftliche Deichverwaltung mehrerer Schulzen statt, und
fehlten besondere Deichboamte, so können keine Deichgenossen-
schaften oder Deichgesamthänderschaften bestanden haben, welche
mehrere Schulzensprengel umfassten. Weder mehrere Sch ul z en-
ge meinden als solche, noch einzelne Mitglieder mehrerer
Schulzengemeinden können Deichgenossen oder Deichgesamt-
händer gewesen sein.
b. Für das 11. Jahrhundert ist uns für Fivelgo bezeugt,
dass die Gemeinde für den unvermögenden Deichhalter eintrat:
„An hoekere hämmere sa thet is thet tha linde hiara ayne
dyc nout makia ne mugen, sa schein thia riuchteran, ther sen
in ther hämmere thene elmetha alder to thwinga, thet liiane
makie; end alsa hi makat is, so schelma tha monne wither
iewa ther hine acht“.”)
Wäre nun damals innerhalb der Gemeinde eine Deich-
genossenschaft oder Deichgesamthänderschaft vorhanden gewesen,
wrocht; hit ne se, thet hit tha liude er kiasa, sa ist thera liude kere ther
bifara thes asega dome“. Mit Recht vermutet Richthofen, dass .to slano“
mit „festzumachen“ zu übersetzen ist. Es handelt sich keineswegs hier uni
das Schlagen neuer Deiche. Nur Unterhaltung und Wiederherstellung
standen in Frage. — Ueber die Selbstverwaltung der Gemeinde wird später
gesprochen werden.
8 ) „Bitigeth er him thet thetther bebbe miserit, misscherit, mis-
doinmat, mitditset . . ."
9 ) Siebe Heck S. 14. A. 13.
10 ) Ricbthofeu Rq. 390 § 17: .Dit is riuebt. dat. die fria Fresa
Bchel dine onir, deer hi bi banne wareth toeienst dyne salta see, toe sinte
Benedictus missa wrocht liabba, iefta mith tuaem Schillingen aldus wr
nacht beta toienst dine scelta . .“ Dass der Asega dabei war, ergiebt
(abgesehen von den Zeugnissen des jüngeren Schulzenrechts) die Analogie
der Sielschau. Vergl. a. a O. § >9: .Dit is riuebt, ieff do schelta deer
wr dyu syl dae ban lath wanwirke schowat dyn syl mit des Koninges or-
kenen ende mitta aesglia . . .“
M ) Fivclgoer Busstaxen (a. a. 0. S. 308). Vergl. oben A. 4.
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so würde man doch den Eintritt dieser bestimmt haben. Das
Eintreten der Gemeinde zeigt, dass einzelne Mitglieder ein
und derselben Gemeinde keine Deichgenossenschaft oder
Deichgesamthänderschaft bildeten, sondern dass alle Gemeinde-
glieder Deichgenossen waren. 1 *)
2. Spätere Quellen ergeben entweder das gleiche Resultat
oder lassen dementsprechende Rückschlüsse für die ältere Zeit
zu. Die Deichverwaltung steckt mehr oder minder in der Ge-
meindeverwaltung. 13 )
,2 ) Aus derselben Stelle ist auch zu schliessen, dass der Deichverband
nicht einzelne Personen mehrerer Schulzenbezirke umfasste. Es ist ferner
darauf hinzuweisen, dass nach ihr der ordentliche Richter die Gemeinde
zwingt. In Bezug auf die ältere Zeit ist schliesslich die 12. Küre heran-
zuziehen, nach welcher der Schulze bei Verletzung des Deichfriedens 21
Schillinge erhielt. Siehe auch die folgende Anmerkung.
13 ) Wir führen im folgenden einige Quellenbelege aus verschiedenen
Ländern au, ohne stets den Beweis uuserer Behauptung in derselben Weise
zu prämieren wie oben sub. 1. Es würde dies in vielen Fällen überhaupt
nicht möglich sein. Vorangeschickt muss aber folgendes werden:
1. Ergiebt sich aus den frühsteu Quellen eines Gebietes, dass nur
die ordentlichen Gemeindebeamten Leiter der Deichverwaltung ihrer Bezirke
sind, ohne dabei in anderer Weise als durch die Einordnung in die gewöhn-
liche Behördenorganisation beschränkt und verbunden zu seiu, so ist anzu-
nehmen, dass jedenfalls ehemals Gemeindedeichverbände existiert haben und
keine Deichverbände im engeren Sinn. Letztere hätten, wenn sie mehrere
Gemeinden als Glieder (Auhagen) oder einzelne Personen mehrerer Gemeinden
(teilweise Wilda) umfassten, zu besonderen Deichbeamten fuhren oder auf
alle Fälle ein Verbundensein der einzelnen Gemeinden im Widerspruch zu
der gewöhnlichen Landesorgauisation und diese durchkreuzend burvorrufeu
müssen. (Vergl. oben 8. 99 ff.) Auch kann innerhalb einer Gemeinde kein
Deichverband i. e. S. anfänglich bestanden haben. Denn es ist für die ältere
Zeit undenkbar, insbesondere die Bildung einer Deichgenossenschaft innerhalb
einer Gemeinde sich in der Weise vorzustellen, dass sie alle ordentlichen
Gemeindebeamten zu ihren Organen erkürte. [Bei meiner Ausführung gegen
Wilda (oben S. 99) habe ich darauf schon hingewiesen; das dort Gesagte
bezog sich selbstverständlich nur aut dio erste Existenz einer Deichgenossen-
schaft (oder besser auf eine Deichgenossenschaft ohne Verbandsvorleben) in
der ältesten Zeit; dass später sich eine Deicbgenossenschaft (insbesondere
auf Grund einer Abspaltung aus einem Gemeindedeichverband) linden kann,
deren Organe die ordentlichen Gemeindebeamten des beti eilenden Bezirks
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188
Ebenso wie nach Fivelgoer Recht hat nach dem Hunsingoer
Oberrecht der ordentliche Richter die Gemeinde anzuhalten,
dem unvermögenden Deichhalter beizustehen. 14 ) Die filteren
Langewolder Küren (1204 oder 1250) befehlen die Schaltung
den Richtern des Landes. 16 ) In Rüstringen hat der buraldiomon
das Zeugnis über die Ausführung aller Gemeindearbeiten und
zugleich das Zeugnis betreffs der Deiche und Dämme, während
die eigentliche Deichverwaltung bei den Schulzen und den Asegen
lag. 1 *) Es wird hier schon sehr früh ein dikaldiomon erwähnt; 17 )
es ist dies aber kein besonderer Deichbeamter, sondern der
sind, wird nicht geleugnet]. Somit würde die im Text sub t a angeführten
Rechtszustände schon allein die Priorität des Oemeindedeichverbandes darthun.
2. Ergiebt sich derselbe Rechtszustand (wie eben sub. 1) mit dem
Unterschied, dass Deichgeschworene Vorkommen (sei es unter, sei es
ohne Mitwirkung der ordentlichen Geschworenen), so ist der gleiche Schluss
zu ziehen, wenn die Deichbeamten Gemeindebeamten sind.
3. Fällt der herrenlose oder verwirkte Deich an eine politische
Gemeinde (oder an eine Person, die als politische Gemeinde bezeichnet wird),
so kann in ihr früher kein Deichverband i. e. S. existiert haben.
4. Bei der Beweisführung muss der Unterschied zwischen Siedlungs-
deichanlagen und Gemeindedeichanlngen etwas zurücktreten. Denn auch
bei den Siedlungsdeichanlagen kann ein von der Siedlungsgemeinde ver-
schiedener Deichverband im engeren Sinn bestehen. In Bezug auf Ver-
gabungen zur Eindeichung, die uns urkundlich bezeugt sind, verweise ich
aber auf die Quellen in Abschnitt II, § 3, bei denen der Gemeindedeich-
verband durchaus die Regel bildet.
14 ) Richthofen Rq. S. 348 § 0.
,6 ) a. a. O. S. 308 § 31: „De dyck by den velde beveletmen unses
landes richteren, datse den ummer schouwet hebn to vulleu w'ercke by
hilligen missedach.“ Diese und die oben Anm. 14 angegebene Stelle ist
besonders wertvoll, weil gerade in den Ommelauden schon früh besondere
Deichricbtor Vorkommen (Humsterlander Deichrecht § 6), und hier sich
Deichgenossenschafteu sehr früh gebildet haben.
16 ) „Alle thet da buraldirmon behliat umbe hiara hamreke, nmbe
dika and uinb doinina, umbe wega and umbe watirlesna, hwasane undsettho
with hia to unriucte, thi brecht tian reilmerk, aud ther to hach hiarn thi
redieua and thi hodere to hilpande“n. a. 0. S. 530 § 43; der buraldirmon
war aber kein Richter, wie Richthofeu meint, sondern Amtszeuge. Siehe
Heck S. 90.
17 ) Richthofen Rq. S. 124.
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18«
buraldiomon. 18 ) Das jüngere Schulzenrecht ergiebt, dass die
Deichschau von dem Schulzen meistens unter Teilnahme des
Asegen ,B ) verrichtet wurde.* 0 ) Das Verfahren gegen den Un-
gehorsamen erfolgt Schritt für Schritt im Rahmen des ordent-
lichen Prozesses auf Grund von Asegaurteilen.* 1 ) Das ver-
spadote Land fällt an keinen Deichverband sondern halb an die
ordentliche Gerichtsgemeinde und halb an den Landesherrn.**)
In gleicher Weise ist ein Asegaurteil notwendig zu einer Ein-
ziehung des Deichs.**) Allerdings finden wir im jüngeren
Schulzenrecht besondere Deichbeamte, die „dyckatthen“.**) Allein
ihre Funktionen übten ursprünglich die gewöhnlichen Amtszeugeu
aus, und sie sind Sonderorgane der Gemeinden;’ 5 ) sie sind
Deichbeamte, aber Gemeindedeichbeamte.*'’) In gleicherweise
wie der Schulze hat der spätere mit ihm identische gre etmann
die Deichverwaltung.* 7 ) Nach dem Deichrecht der Hemmen
(1453) liegt die Deichverwaltung bei den ordentlichen Richtern,
den ordentlichen Geschworenen und Deichgeschworenen.* 8 ) Es
1S J Richthofeu „Wörterbuch“ sub voce „aldirmon“. Ebenso Auhagen
S. 665 A., A. M. Heck a a. 0.
19 ) Richthofen Rq. S. 419 § 38.
*) a. a. O. S. 416 ff. § 18, 19.
a ) a. a. O. S. 417 § 19.
**) a. a 0. am Ende
B ) a. a. O. S 416 § 16. Ungenau redet Heck S. 104 hier von einer
Eutbiudung der Eingesessenen von der Pflicht der Deichhaltuug.
Richthofen a. a. 0. S. 419 § 68.
*) Vcrgl. Heck S. 365, der dies mit vollstem Recht aus deu Eides-
formeln von Wimbritzeradeel folgert. Da findet sich ein Dyckatthaeid und
doch ist die Verpflichtung zur Sorge für Deich und Damm iu dem Eid der
gewöhnlichen Amtszeugeu enthalten. Vergl. Richthofen Rq. S. 490, 8;
S. 491, 21. Ueber die Identität von attha und toleva siehe Heck S. 94 ff.
26 ) Mithin braucht bei ihrem Vorhandensein noch kein Deichverband
im engeren Sinn vorhanden zu sein. Selbst wenn er aber vorhanden ist,
so ist der Rückschluss gerechtfertigt, dass ehemals und zuerst ein Uemeiude-
duichverband existierte. Siehe oben Amn. 13, 2.
”) Heck S. 366.
*) Richthofen Rq. S. 504 § 1. Gierke a. a. 0. 8. 613 A. 91 nimmt
an, dass nach diesem Deichrecht die gewöhnlichen Richter über die Deiche
verfügen. Doch sind die in ihm erwähnten atthen Deichgeschworene. Vergl.
Heck S. 95 A, 17. Man gebrauchte später im westorlauwerschen Friesland
für die Deichgesrhworenen einfach den Ausdruck attheu. Vergl. schon das
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ist von mehreren Dorfgemeinden, die eine Gesamtgemeinde
bilden, gemacht. 5 *) Das verwirkte Land fällt halb an die Ge-
samtgemeinde, halb an die diesbezügliche Dorfgemeinde.* 0 ) Bei-
hülfe erfolgt von der Gesamtgomeinde bis zu einem gewissen
Grade, von da ab von der diesbezüglichen Dorfgemeinde.* 1 )
Nach dem alten ostfriesischen Deichrecht bildet jedes Kirchspiel
einen Deichverband, es hat für den herrenlosen Deich einzu-
stehen,**) es hat bei Wehlen zu helfen. 83 ) Von ihm werden Deich-
schauer oder Deichrichter gewählt. 84 ) Diese sind also Ge-
meindebeamte, woraus das Gleiche für die Deichrichter des
Emsiger Pfenningschuldbuchs zu folgern ist. 85 ) Aus letzterem
ergiebt sich ebenfalls, dass die Gemeinde den herrenlosen Deich
unterhalten und dem Unvermögenden helfen musste; denn be-
sondere Einkünfte der Gemeinde waren bestimmt zu „beyterie
domma and dikar, ther tha mene mente tokumptto haldene“. 38 )
In Wursten wird es 1625 als ein „uralt Teichrecht“ be-
zeichnet, dass Deichverband und Kirchspielverband zusammen-
lällen :
„So weit jeder Kirchspiele Teichgeschworene Mark und
Mahl auf Wege und Stege haben, erstrecken sich der Kirch-
spiele Grenzen und Scheidung, danach auch alle Teich- und
Sielschätze gefordert werden sollen“. 87 )
Die Deichgeschworenen sind Gemeindebeamte, sie haben
nicht allein die Controlle über Weg-, Steg- und Schleusenunter -
jüngere Schulzenrecht (Richtbofen Rq. S. 417 § 19 in Verbindung mit. S. 419
§ 38). Siehe aber unten A. 31.
20 ) Gierke a. a. O.
®) Richthofen Rq. S. 305 § 4.
31 ) a a. O. § 7. Aua alledem ist zu schließen, dass die Deich-
geschworenen Gemeindebeamte waren.
M ) Ostfriesisches Deichrecht § 12.
®) a. a. O. § 15
a. a. 0. § 1. Sie sind erst durch das Deichrecht eingeführt.
®) Rieht holen Rq. 210, 33. — Mit Recht nimmt Heck an, dass
diese nur Amtszengen waren (a. a. O. S 305).
3®) Richthofen S. 210 § 08. Auf diese Stelle macht Gierke a. a O.
aufmerksam. Mau darf aus ihr nicht schliessen, dass die Gemeinde alle
Deiche selbst uuterhielt; sonst wäre ja auch der Relativsatz überflüssig.
3I ) Deichgeschworeuenrecht von 1025 art. 2.
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haltung, sondern auch die Aufsicht über Ellen, Pfunde, Kannen,
Gewichte, Masse, Brod-, Bierpreise und die Sonntagsruhe. 88 )
Nach derKeure der vier Ambachten von 1242 stehen
der Deichverwaltung vor die Schöffen und der Amman; sie
bilden das Deichgericht, 8 “) sie erkennen über Einlagen und
Hinauslagen des Deichs, 40 ) sie entscheiden über den ungehor-
samen Deichhalter, sie halten die Deichschauung ab. 41 ) Mittelbar
und bei ausserordentlichen Fällen sind an der Deichverwaltung
beteiligt der Graf und der Kastellan. 48 ) Bei einem Deichbruch
Laben die Kossäthen des betreffenden Officiums mitzu-
arbeiten. 48 ) Nach dem Keurebrief der Chatelonie von Brügge
von 1190 § 19 haben die Schöffen dem Uebelthäter die Zer-
störung des Deichs zu beweisen. Bei der Erteilung eiuer
VVassergerechtigkeit im Jahre 1239 werden die „scabini et probi
viri veteris Hevinae“ (d. h. des Hevendeichs) auch als „scabini
et probi viri officii de Oostborgh“ bezeichnet. 44 )
Wie erwähnt, kommen zuerst in Holland Deichgeschworene
vor (a. 1155 u. a. 12 43). 45 ) Diese älteren holländischen Heem-
raden sind als Sonderorgane der Gemeinden für die Deichver-
waltung aufzufässen. Sie setzen eine ältere Zeit voraus, in der
die ordentlichen Geschworenen die Deichverwaltung mit aus-
übten. 49 ) Dies wird dadurch bestätigt, dass die Heemraden dem
ordentlichen Richter unterstehen. Denn nach dem Landreclit
M ) Altes Deichrecht des Landes Wursten art. 20. — Die Kirchspiele
bilden znsammeu eine Deichgenossenschaft, die aber jelenfalls junger ist
als die Gemeindodeichverbämle.
s») Keure XX III, 63.
*°) a. a. 0. Falsch deutet Warnkönig hier die Worte „huutzeten.
inseten“; diese bezeichnen nicht .Umpfahlungen“, wie dieser Schriftsteller
„Flandrische Rechtsgescbichte“ II S. 136 meint; ebenso falsch ist es aber,
wenn derselbe Schriftsteller a. a. O. Urkundenteil S. ;90 A. 3 sie inter-
pretiert als „Ausdeichen und Eindeichen, einen Deich im Grundeigentum
oder ausserhalb desselben setzen“!,?) Richtig übersetzt Auhagen a. a. 0.
41 ) Keure a. a ü. 64.
* 2 ) a. a. 0. u. 63.
**) a. a. O. XXIV, 69. Vergl. übrigens XXIII, 67.
M ) Hierauf macht Auhagen a. a. O. aufmerksam.
v ‘) Siehe oben sub. 1.
49 ) Uebereinstimmend Heck S. 112.
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von Kennemerland von 1292 schauen die Richter mit den Heem-
raden. 4 ’) Namentlich aber zeigt die Keure von Floris an Seeland
aus dem Jahre 1258 ein Nebeneinander wirken der Schöffen und
Deichschöffen unter dem Schulzen. 48 ) Auch wurden die Heim-
raten der Altmark, welche sicherlich die Holländer hier heimisch
gemacht haben, 49 ) von den Gemeinden gewählt.“) Die Geschwo-
renen in den Kolonisationsgebieten Bremens sind ferner durchaus
Gemeindebeamte.* 1 ) Jedenfalls ist bis gegen Ende des 13.
Jahrhunderts der ordentlicho Richter stets Deichrichter. Noch
nach dem Landrecht von Seeland aus dem Jahre 1290 lag die
Deichverwaltung bei den Schulzen und Schöffen unter Ober-
aufsicht des Baljus.**) Zum ersten Mal lässt eine Urkunde von
1275 einen Deichgrafen vermuten;“) erst in der Handveste für
die Alblasserwaard von 1277 scheint Floris einen Deichgrafen
einzusetzen.* 4 ) So darf man den Deichgrafen in der Keure für
Seeland Bewesterschelde von 1290 als eine Neuerung betrachten
und in Ermanglung eines anderen dem Schulzen in früherer
Zeit die Funktionen zuschreiben, die nach der Keure dem
Deichgrafen oblagen.**) Die Schenkungsurkunde des Herrn von
Voorne ergiebt, dass in Mittelland bis zum Jahre 1220 dessen
Schulzen und Schöffen als Deichbeamte thätig waren.* 6 ) Auf
Grund der Urkunde vou 1287* 7 ) ist mit vollster Sicherheit an-
zunehmen, dass das officium Oudekerk einen Deichverband
bildete: Alle Leute in dem Officium sind deichpflichtig;
der Fremde, welcher Grundstücke in dem Officium
47 ) Bergh H, 816.
•) Bergh II, 40.
49 ) Ebenso Auhagen S. 686 A. 4.
*°) Boruhak „Preussisches Verwaltungsrecht“ I S. 163.
5I ) Vergl. Heineken §§ 21, 22.
M ) Bergh H, 747.
ss) Bergh II, 300.
M ) Bergh II, 331.
®) Bergh II, 748. — Beachtenswert ist ferner, (lass von holländischen
Austhuungsurkunden erst die von 1367 (Slieris III, 220) des Deichgrafen
gedenkt. Die älteste Vergabuugsurkunde, die seiner erwähnt, ist die
Kranenburgsche von 1343.
**) Bergh I, 269.
67 ) Bergh II, 611.
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erbt, muss im Verhältnis zu seiner Erbportion die
Deichlast übernehmen; will er infolgedessen die Erb-
schaft nicht antreten, so fällt das Gut nebst der Deich-
last an die Einwohner des Officiums.* 8 ) Die Deich-
schauung übt der Schulze des Herrn von Lecka aus.
Mit anderen Gemeinden oder Deichverbänden steht das Officium
nicht in Berührung. Auch die Ambacht Pendrecht bildete zu
Ausgaug des 12. Jahrhunderts einen Deichverband, denn Dirk
VII. sagt im Jahre 1199 bei ihrem Verkauf in Bezug auf die
Ambachtsleute: „Tales aggeres ipsi componemus quod nos per
eos terram nostram innndatione aquae non amittamus. 89 ) Wenn
ferner im Jahre 1254 den Leuten des Amtes Moordrecht Be-
freiungen wegen Deichbrüche erteilt weiden, so ergiebt dies, dass
das officium und der Deichverband sich deckten. <10 )* 1 )
Die ältesten Quellen Ditmarschens zeigen, dass regel-
mässig die Deichverwaltung bei einem Kirchspiel lag. Das
Kirchspiel zerfiel in Peltmarken oder Bauerschaflten. Ein jeder
hatte seine Deiche da, wo seine Feltmark war. 68 ) Das Büsumer
Deichrecht von 1455 (1472) ist eiu Kirchspielsschluss. Es ist
gefunden von 16 Männern. Am Schluss heisst es: „Desse
vorscreuen sösteyn man hebbe ick Johannes Plüne Kerkhere
to Büsen ghestauet ouer sünte Clementis scryn, unde eren
eed entfanghen van volbort des ghantzen Kerspels to
M ) „si alicui homini extra dominium de Leka manentium aliqua bona
in officio de O. hereditario jure contingat succedere. null um inde pcrcipiat
portionem, nisi onus recipiat cum profectu in opero aggerandi. Si vero
dicto modo kereditatem suam adire spreverit, dicta hereditas parocbianis
et incolis dicti offici debet succodere modo debito aggeranda . . .*
») Bergb I, 179.
*) Bergh I, 603. Wilhelm sagt daselbst weiter von den Leuten
dos Amtes: „Volumus etiarn nt omnes aggeres, qui ad nos in eodem officio
pertinent vel qualicumque causa devolventur ad nos, ipsi nomine uostro
recipiaut et teneant, ac ipsos repararo proeurent“.
61 ) Für Holland ist auch noch anzuführen, dass die Hofgemeinden
und freieren Erbpächtergemeinden keine besonderen Deichbeamten haben.
Die Deichverwaltung hat der villicus (Bergh I, 362, 633, II, 336). — In
der Riederwaard hatte in ältester Zeit die Ambacht dem unvermögenden
Deichhalter Beihülfe zu leisten (Bergh II, 630 a. 1280 ).
®) Vergl. Ditmarser Landrecht (oben Einleitung § 4a A. 118. § 133;
A. 119. § 156; A. 130. art. 86. § 3).
J. Qierke, Geschichte des deutschen DelohrecbU. 13
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Büsen“.* 8 ) Noch im 16. Jahrhundert bildet regelmässig ein
Kirchspiel einen geschlossenen Deichverband. Die Deiche eines
Kirchspiels liegen „in euer Sehebank“.**)
Die Deichordnung für die Lande Eyderstede, Everschop
und Utholm von 1595 ergiebt, dass ursprünglich jedes Kirch-
spiel einen Deichverband für sich bildete;* 4 ) dass lässt auch
der Deichverteilungsrezess von 1617 erkennen.®*)
Nach dem Recht der Hadelschen Kirchspiele Altenbruch
Lüdingworth und Nordleda von 1439 schaut der Schulze mit
den Schöffen.* 7 ) Die Deichgeschworenen , die sich daneben
finden, sind Gemeindebeamte.® 8 ) Die Bauern Willküren von
Büttel und Wurthfleth im Amte Hagen enthalten Be-
stimmungen über das Deichrecht.®") In Büttel schauen Bauern-
schaftsgeschworene, 70 ) in Wurthfleth „legen“ die drei Bauer-
meister den Deich „in Kühr“; 7 ') die Beihülfe ist ein „Bawren-
K ) Michelsen S. 247.
M ) Vergl. die Supplik der Bauemhaft Ostermoor von !5C2 (a. a. O.
S. 267), wo über ungleiche Verteilung der Deicldast im Kirchspiel Bruns-
büttel geklagt wird, und es dann lieisst, dass es in anderen Sehebanken anders
sei. Allerdings wird schon im nächsten Jahre anerkannt, dass die beiden
Kirchspiele Brunsbüttel und Eddelack in einer Seebank liegen (a. a. 0.
S. 264). Umgekehrt erlangten schon früh einzelne Bauernschaften und Eelt-
marken eine selbständige Deichverwaltung. Vergl. oben S. 113; siehe
überhaupt Griebel S. 27.
“) Die Deichschauung erfolgt in jedem Kirchspiel getrennt (art. 2);
ein jeder soll in dem Kirchspiel, da sein Land gelegen, seinen Deich
halten und machen (art. 11); da ausdrücklich bestimmt wird, dass jedes
Kirchspiel vier Personen aus seinem Spiel zu Lehnsleuten präsentiert, von
denen der Staller einen wählt, so ist für die „Edinger und anderen Dick-
Richter“ auzunehmen, dass sie das Kirchspiel frei wählt. Sie sind also
Gemeindebeamte. — Das Kirchspiel hilft bei Wehlen (art. 14) u. s. w.
“) C. St. 8L I, S. 243.
”) Grimm IV, 703.
® e ) Vergl. Hadeler Landrecht 1583 Teil IV. Tit. 12.
") Siehe oben Einleitung § 4a. A. 49a.
™) Dabei ist herrschaftlicher Einfluss vorhanden. Es heisst in art. 1 :
.Unsere Dorfschaft so woll in Stifts als in würdischen daher auch, was von
wegen .... Teiche .... Dämme belanget und in beeden Herrschaften
jedoch in unser eigener und Begriffener Baue rschaftsgesch worene
Beschaut, die säumhaftigen und Nach Lässigen nach alten Beeden Landen
üblichen Horkommen bestrafen“.
7i ) art. 14.
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wahr“. 7 *) Höchst belehrend ist auch das Deichrecht der
Altendorfer Schauung, 78 ) das wichtige Rückschlüsse zulässt.
Denn es heisst in ihm: , De Oldendorper schowing gehöret
denn geschlechten im carspei thor Osden“. 74 ) Da die
Geschlechter einst die Kirchspielsgemeinde bildeten, so unter-
stand ihr der Deich. 78 ) Die späteren Deichbeamten sind Ge-
meindebeamte. 7# ) Im Billwärder und Hammerbrok stehen
Vogt und Geschworene an der Spitze der Deichverwaltung.
Die Geschworenen wurden von den Grundeigentümern gewählt. 77 )
Im Hammerbrok war das Deichgericht (Dykding, bannum
aggeris) zugleich ordentliches Gericht. Es vertrat ferner
„die Stelle einer Landesversammlung, in welcher die Angelegen-
heiten des Landes beraten wurden“. 78 ) Schliesslich ist nach
dem Weistum von Sandhofen (1527) 7 *) die Gemeinde Ver-
walterin des Deiches. Zwar unterhält die Herrschaft ein Stück
Deich, aber die Gemeinde giebt ihr dafür drei „Schläge Gras
an der Allmende“. 80 ) Die Gemeinde schaut den Deich alle
Jahre, die Gemeinde treibt die Bussen für den Deich ein. 81 )
ra ) „Woll syn Bawrenwahr nicht recht deiht, brickt ein vull varendel
Beere, iss es auch bei Sielen, Dicken, Dämmen tho der nodt unde deiht
syn warschaft nich recht mit Perden, Schieden (Schlitten) unde Lüe den
brickt eine Tonne Beers*.
73 ) Siehe oben Einleitung § 4a. A. 49b.
74 ) Deichrecht snb XXX.
n ) Mit Recht versteht Hahn S. 31 ff. unter dem .geschlechten“ die
Besitzer der ganzen und halben Hofe. — Da ehemals nur ganze Höfe
existierten, und die Gesamtheit dieser die Gemeinde bildete, so ist der im
Text gemachte Schluss richtig.
76 ) Wenigstens ursprünglich. Später verwischte sich dies. Die einzelnen
Bauernschaften wurden in gewisser Hinsicht selbständige Deich verbände.
Doch blieb der alte Zusammenhang gewahrt durch das gemeinsame Deich-
gericht, das sich übrigens direkt an das ordentliche Gericht anschloss.
v ) Billwärder Landrecht art. 2. Hammerbroker Deichrecht art. 2, 26.
w) Vergl. W. HUbbe S. 27 ff.
79 ) Grimm I, 460.
M ) „Auch geit die gemeine den herren fünff schiege grass an der
almende, der werden in die drey darumb, dass sie sollent denn
teiche in bawe halten, ob herab bitz an Robans hauss, das der gemein
kein schade geschee.
81 ) „von wem aber der teich geergert wurde als man dan zu einer
Zeiten in dem jar besehen mag, denn mag die gemeinde allen Tag
pfonden . .
13 *
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15)6
II. Die freien Gemeindedeich verbände sind auf ver-
schiedene Weisen ins Leben getreten.
1. Die ältesten Entstehungsformen sind diejenigen, welche
mit der ersten Anlage von Deichen in einem Gebiet zu-
sammenfallen. Dabei sind die Gemeindedcichverbäude, bei
welchen die Entstehung der Gemeinde mit der Entstehung des
Deichverbandes zur gleichen Zeit erfolgt, 82 ) von denen zu unter-
scheiden, bei welchen die Entstehung des Gemeindeverbandes
der Entstehung des Deichverbandes geraume Zeit vorangeht. 8 ®)
Der Unterschied liegt vor allem darin, dass man juristisch genau
bei letzteren überhaupt nicht von einer „Entstehung“ eines
Deichverbandes sprechen kann. Bei ihnen entsteht kein Ver-
band durch den Deichbau, sondern ein bestehender Verband
nimmt als neue Seite seiner Thätigkeit Deichanlagen und Deich-
verwaltung auf. 84 )
2. Innerhalb dieser Gemeinden bestanden häufig
kleinere Gemeinden. 85 ) Wie bei der Markgemeinde 8 *) bildeten
aber in ältester Zeit alle Gemeindegenossen und nicht die ein-
zelnen Gemeinden die Mitglieder. Dies änderte sich daun,
wenn man den Deich unter die einzelnen Gemeinden nach
Schlägen verteilte. 87 ) Hierdurch entstanden zwar noch keine
kleineren Gemeindedeichverbände, sondern es existierten nur
grössere Gemeindedeichverbände, die sich aus Gemeinden zu-
sammensetzten. Wie man nämlich bei einer Markgemeinde
infolge der Aufteilung der Mark unter mehrere Gemeinden von
der Entstehung kleinerer Markgemeinden nicht sprechen kann,
wenn die Aufteilung lediglich die Zuteilung eines bestimmten
Markstückes zur Nutzung bedeutet, und der alte Zusammenhang
völlig gewahrt blieb, indem keine kleineren Markverwaltungen
Siebe oben Abschnitt I § 2 sub 1.
**) a. a. 0. sub 2.
B4 ) Ist man sich dessen bewusst, so ist nichts dagegen einzuwenden,
wenn man auch bei ihnen von einer Entstehung des Deichverbandes spricht.
®) Oben Seite 94, 98.
**) Qierke „Genossenschaftsrecht“ I. S. 587 A. 10.
g! ) Siehe oben S. 111.
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ins Leben traten, so stellten sich die gedachten kleineren Ge-
meinden zuvörderst nicht als eigentliche Gemeindedeichverbände
dar, indem sie lediglich noch als Glieder eines grossen Ge-
meindedeichverbandes erschienen und in Ermangelung einer ge-
wissen eigenen Deichverwaltung (die mit der politischen Selbst-
verwaltung Hand in Hand ging) der Legitimation eines wahren
Gemeidedeichverbandes entbehrten. Im Laufe der Zeit, ohne
dass der Augenblick stets nachweisbar wäre, erhob sich aber
manche kleinere Gemeinde zum Range eines echten Gemeinde-
deichverbands. Sie wurde aus einem blossen Glied und Mit-
träger eines Deichverbandes, oft unter gleichzeitiger Aufrecht-
erhaltung der alten Stellung oder bleibenden Reminiscenzen an
sie, zu einem eigenen Deichverbandsorganismus, der mit einem
politischen Verband zusammenfiel, sie wurde zum selbständigen
und alleinigen Träger eines Gemeindedeichverbands. 88 )
3. Neue Gemeindedeich verbände bildeten sich ferner durch
neue Ansiedlungen, die von den alten ausgingen. Sie be-
zogen sich entweder auf das Aussendeichsland oder auf das
Land zwischen Geest und Randland 89 ) oder auf gemeine Marken,
die bereits völlig durch vorhandene Deiche geschützt waren. 99 )
In den beiden ersten Fällen entstanden Gemeindedeichverbände
infolge von Ansiedlungen und Deichanlagen, 91 ) im letzten Fall
dagegen durch Ansiedlung und Einweisung in den alten Deich. 99 )
<*) Verdeutlichen kann das Gesagte der Hinweis darauf, dass, wenn
später Gemeinden bei Ausbildung der Pfanddeichung s. g. gemeine Schläge
haben (z. B. infolge des Eintritts für den herrenlosen Deich), wir in Bezug
auf dies kleine Deichstück, das zufällig einer Gemeinde gebürt, nicht von
einem Gemeindedeichverband sprechen können. In dieser Hinsicht existiert
kein Deichverband sondern nur ein Gemeindeverband. Die Gemeinde als
solche ist rücksichtlich dieses Schlages Glied eines Deicbverbandes, aber
kein Deichverband (vielleicht kann sie diesen in Bezug auf die Gesamtheit
der Pfänder bilden).
“) Sieho oben S. 160 ff.
°°) Siehe oben S. 94.
91 ) Siehe oben S. 105 sub L
M ) Eine solche Einweisung konnte bei den Siedlungen zwischen Rand-
und Geestland ebenfalls eintreten, wenn die neue Gemeinde zu ihren eigenen
neuen Deichanlagen einen Schlag im alten Deich zu erhielt. Dabei konnte
sie in letzterer Beziehung nur als Glied des alten Deichverbandes oder als
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198
Die neuen Gemeinden waren Gemeindedeichverbände, wenn ihnen
eigenes Deichverbandsleben innewohnte. Dies konnte nicht
allein bei einer völligen Trennung von den alten Gemeinden in
deichrechtlicher Beziehung der Fall sein, sondern auch, wenn
eine gewisse Deichzusammengehörigkeit zwischen ihnen bestehen
blieb. 93 )
4. Vermöge des Rechtssatzes der nach Anerkennung rang,
dass jedes geschützte Gebiet zur Deichunterhaltung verpflichtet
sei, und auf Grund einer öfters geleisteten Beihülfe 94 ) wurden
Gemeinden, die ausserhalb des alten Gemeindedeichverbandes
lagen, in den Deich einbezogen und konnten als Gemeinde-
deichverbände auftreten. 96 ) Andrerseits konnten auf Grund der
Anschauung, dass nur die geschützte Gemeinde deichpflichtig
sei, innerhalb eines grösseren Gemeindedeichverbandes der bisher
in Communion von allen Gliedern der grossen Gemeinde unter-
haltene Deich nur einer oder mehreren kleineren Gemeinden
eingewiesen werden und so Gemeindedeich verbände entstehen. 94 )
5. Durch Abspaltungen, Scheidungen, Zusammenlegungen,
Grenzziehungen, Einbeziehungen, Vereinigungen u. s. w. — sei
es in politischer, sei es in deichwirtschaftlicher Hinsicht —
traten später in mannigfachster Weise neue Gemeindedeich-
verbände ins Leben. Alle Möglichkeiten zu erschöpfen, ist un-
möglich, aber auch unwesentlich. Wie oft spielte hierbei der
Zufall allein die ausschlaggebende Rolle!
6. Auf eins ist aber mit der grössten Entschiedenheit hin-
zuweisen, das ist die Entstehung der Samtgemeindedeich-
verbände. Ein Samtgemeindedeichverband ist vorhanden, wenn
eigener Gemeindedeichverband erscheinen. Umgekehrt konnte bei den Sied-
lungen anf dem Anssendeich die alte Gemeinde ein Stück Deiches erhalten,
entweder als Glied einos Deichverbandes oder als eigener Deichverband.
Vergl. unten sub IV.
M ) Ueber die Entstehung von Samtgemeindedeichverbänden durch solche
Ansiedlungen vergl. unten sub 6a. Betreffs der Deichgenossenschaften, die
durch dieselben Umstände hervorgerufen wurden, siehe unten sub IV. 1.
M ) Vergl. Lenthe § 1.
*’) Siehe die Belege unten sub IV. 5.
Vergl. unten sub IV. 2.
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mehrere Gemeindedeichverbände zusammen eine Einheit bilden, die
sich zugleich als Gemeinde und als Deichverband darstellt. Diese
Einheit ist eben zugleich Samtgemeinde und Samtdeichverband.® 7 )
Der Samtgemeindedeichverband ist erst im Laufe derZeit nach
den ersten Deichanlagen entstanden. Betreffs der verschiedenen
Entstehungsformen ist dies zu bemerken:
a) Wir haben oben gesehen, wie neue Gemeindedeichver-
bände durch Ansiedlungen entstanden, die von einer Urgemeinde
ausgingen. Wir bemerkten schon, dass dabei die alten und
neuen Gemeindedeichverbäude in deichrechtlichem Zusammenhang
bleiben konnten. 99 ) War dies der Fall und bildeten die alte
und neue Gemeinde eine politische Einheit oder einen höheren
Gemeindedeichverband, so entstand ein Samtgemeindedeich-
verband. Diese Entwicklung vollzog sich bei den Ansiedlungen
auf dem Ausseudeieh, auf dem Land zwischen Rand- und Geest-
land und auf den bereits ganz geschützten Marken. Infolge der
Bedeichungen von Aussendeichsländereien entstanden, wie wir
gesehen haben, politische Landschaften. 99 ) So konnten hierdurch
grosse Samtgemeiudedeichverbände ins Leben treten, welche
nicht nur mehrere Gemeindedeichverbände sondern auch mehrere
Samtgemeindedeichverbände als kleinere Einheiten umfassten.
b) Indem innerhalb eines Gemeindedeichverbandes die
kleineren Gemeinden aus blossen Gliedern zu eigenen Deich-
verbänden wurden, ,0# ) erwuchs ein Samtgemeindeverband, der
die ehemaligen Gemeinden als Gemeindedeichverbände umspannte.
c) Infolge politischer Einigung mehrerer Gemeinden, die
Gemeindedeichverbände waren, trat mit dem höhereren politischen
Verband ein höherer Deich verband ins Leben, der ein Samt-
gemeindedeichverband war. Auch auf stillschweigendem Wege
konnte sich dies vollziehen. Zu denken ist dabei namentlich
® 7 ) Unter (len Begriff fällt daher nicht ein Verband mehrerer Gemeinde-
deichverbände, bei dem die Gemeinden zusammen keine politische Einheit
bilden.
Siehe oben sub 3.
Siehe oben S. 160.
I09 ) Siehe oben sub 2.
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200
an den Zusammenschluss verschiedener Inseln durch fort-
schreitende Bedeichungen. 101 )
Der Samtgemeindedeichverband stellt ebenso wie der
Gemeindedeichverband politische und deichrechtliche Beziehungen
zwischen seinen Gliedern her. Immer muss alle Genossen das
Gefühl der politischen und deichwirtschafüichen Zusammen-
gehörigkeit beseelen. Allerdings kann das Gefühl der deich-
rechtlichen Zusammengehörigkeit ein so minimales sein, dass es
sich nur in ganz kümmerlichen Aeusserungen bethätigt. 105 )
III. Der herrschaftliche Verband an sich ist eben so
alt, wie die freie Genossenschaft. 103 ) Allein der herrschaft-
liche Deichverband ist jünger als der freie genossenschaft-
liche Deichverband. Der alte freie Gemeindedeichverband setzte
sich allerdings aus vielen herrschaftlichen Verbänden oder aus
kleineren Gemeinden, in denen herrschaftliche Verbände enthalten
waren, zusammen. Allein diese herrschaftlichen Verbände, die
die Hausherrn und Familienväter repräsentierten, waren keine
Deichverbände. Die freien Gemeindeglieder waren sowohl beim
Deichbau wie bei der nächsten Deichunterhaltung so ganz
Glieder des Gemeindedeichverbandes, dass sie in Bezug auf ihre
familia vollständig eigenen Deichverbandslebens entbehrten.
Auf lange Zeit steckte jeder Grundherrenverband so intensiv
in dem Gemeindedeich verband, dass selbst bei einer Verteilung
des Deiches unter die einzelnen Grundbesitzer zunächst keine
herrschaftlichen Deichverbände entstanden. Es ist überhaupt
mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass die ersten herrschaft-
lichen Deichverbände nicht im Rahmen der alten Gemeinde-
deichanlagen ins Leben traten, sondern infolge eigener Deich-
anlagen. Die Gründer von neuen Deichen, die wir als Deich-
101 ) Yergl. oben S. 160.
1(ö ) Darüber wird später zu sprechen sein. — Als Samtgemeindedeich-
verbände führe ich an: DieGemeinden der Hemmen (1453), dio Landschaften
Rüstringen, Oestringeu, Wangerlaud (vergl. Thünen S. 27), die Land-
schaft Eyderstedt in der ältostcu Zoit.
los ) Gierke a. a. 0. S. 85.
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201
bauherrn bezeichnet haben, 104 ) bildeten die ältesten herrschaft-
lichen Deichverbände nnd zwar herrschaftliche Deich ver-
bände im engsten Sinn. Denn sie und nur sie allein sind
anfangs die Träger des Deichverbandes gewesen. Sie waren
die Deichbauherrn, die Deicher bildeten unter ihnen keinen
Deichverband. Aber freilich musste sich dies sehr bald ändern,
wenn es auf Landgewinnung bei diesen herrschaftlichen Deich-
bauten abgesehen war. Indem man nämlich Ansiedler in das be-
deichteLand hineinsetzte, entwickelten sichDeichhofgemeinden, 101 ')
nnd unter den herrschaftlichen Deichverband im engsten Sinn
trat ein Gemeindedeichverband. Wir können die Bildung
herrschaftlicher Deichverbände im engsten Sinn auch auf Grund
von Aufteilungen eines freien genossenschaftlichen Gemeinde-
deichs oder Einweisungen in einen solchen annehmen. 10 *) Aller-
dings lagerten bei diesen herrschaftlichen Verbänden meistens
im Untergrund Deichhofgemeinden. Dies führt uns auf die Ent-
stehung der herrschaftlichen Gemeindedeichverbände.
Da ist nun ganz im allgemeinen zu sagen, dass sie dadurch ins
Leben traten, dass über einen Gemeindedeichverband ein Herr
als Deichherr trat, oder dass eine Gemeinde zur Zeit, wo sie
ein Gemeindedeichverband wurde, unter einem Herrn stand.
Im einzelnen ist folgendes hervorzuheben:
1. Indem Vergaber Land zur Eindeichung ausgaben, er-
wuchsen herrschaftliche Gemeindedeichverbände. Und zwar
konnte bei Vergabungen an Mittelspersonen eine Stufenleiter
von Herren entstehen, oder mehrere Herrn nebeneinander über
dem Gemeindedeichverband walten. 10 ’) Nahe verwandt mit
diesen herrschaftlichen Deichverbänden sind diejenigen, welche
sich dadurch bildeten, dass Herrn in einem bereits von ihnen
bedeichten Gebiet Gemeinden ansiedelten. 108 ) Hinzu weisen ist
ferner darauf, dass in Holland neue herrschaftliche Gemeinde-
deichverbände dadurch entstanden, dass der Landesherr zur
104 ) Siehe oben S. 156 ff.
106 J Mitunter schon gleich nach Fertigstellung der Deichbauten.
m ) Vergl. Lenthe § 1.
1<B ) Vergl. oben S. 124 ff.
'*) Siehe oben S. 166 ff.
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202
Wiederbedeiehung von Landstrecken verordnete, dass mit
der Bedeichnug eines bestimmten Teils des Landes als Minimum
eine Ambacht ins Leben treten sollte, die der Unternehmer als
Ambaehtsherr erhielt. Dabei wurden dann zugleich ähnliche
Privilegien erteilt, wie bei den Vergabungen von bisher un-
bedeichten Marschstrichen. 108 ) Schliesslich waren alle Gemeinde-
deichverbände, die auf Grund herrschaftlicher Erlaubnis zu
Deichanlagen entstanden, 110 ) herrschaftliche Gemeindedeichver-
bände. Einen besonderen Platz nehmen hier die landesherrlichen
Gemeindedeichverbände ein, da bei ihnen zwischen Landesherrn
und Gemeinden andere Herrn stehen konnten. 111 )
2. Herrschaftliche Gemeindedeichverbände traten ferner
dann auf, wenn über einen Gemeindedeich verband ein Herr
trat. 11 *) Sie bildeten sich weiter, wenn innerhalb eines
Gemeindeichverbandes eine Grossgrundherrschaft mit ihrer Hof-
gemeinde aus einem blossen Glied eines Gemeindedeich verbandes 11S )
nach erfolgter Aufteilung des Deichs zu einem eigenen Deich-
verband wurde. 114 ) Endlich zog mau herrschaftliche Gemeinden
in den Deich ein, indem man sie als mitbeschützt vom Deich
betrachtete. Auch freiwillige Uebernahme eines Deichstückes
m ) Siehe namentlich die Verkündigung Wilhelms von Holland betreffs
die Wiederbedeichung der Zwijndrechtschen Waard vom 19. Nov. 1331
(oben Einleitung § 4b A. 403). Hier heisst es: „Voort, wie een sestien-
dendeel of me er neemt, van allo den lande, dien aalt ambacht volghe
met den gheluyde van den lande ende metten multere van alsoe vele als
hy t' neemt. Ende dit ambacht sal half vry wesen, ende die ander helft
sal dieneu in die herevaert, ende binnen den eersten seven jareu en sal
menre gheen herevaert of varen“. Nibbelink bemerkt dazu S. 13 A. 0:
, Vau hier do oorsprong van do ambachten Hecrjansdam, de Liudt, Kyfboek,
Heer-Oudelants-ambacht, Schobbe-lants-ambachts, die elk voor */, der be-
dijkte landen gerekend werden. Rysoord ‘/ lu , Strevelsboek äandelingh '/»,
Hendrick- Ido- Ambacht */s enz“.
uo ) Siehe oben S. 172.
m ) Siehe oben S. 171 ff. u. S. 127 ff.
m ) Es konnten auch mehrere Herrn oder der Landesherr sein. Siehe
oben A. 70.
1IS ) Siehe oben S. 200.
lu ) (irossgrundherrschaften bildeten sich innerhalb eines bereits be-
deichteu Uemeindcbezirks durch Landnahme in der Allmende (siehe oben A. 88)
und durch Auftragungen. Vergl. auch Sander-Dcichsatzungen von 1317 §2
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203
vonseiten von Herrschaften mag vorgekommen sein." 8 ) Sie
bildeten einen eigenen Deichverband, wenn den' herrschaftlichen
Gemeindedeich verband eigenes Deichverbandsleben’durchströmte.
3. Es entwickelten sich auch herrschaftliche Samt-
gemeindedeichverbände, sei es dadurch, dass ein Herr durch
fortlaufende Vergabungen Gemeindedeichverbände ansiedelte, die
zu einer Samtgemeinde und einem Samtdeichverband zusammen-
gefasst wurden, 118 ) sei es dadurch, dass ein Herr über einen
Samtgemeindedeichverband trat. Ja, es erwuchsen nicht nur
Samtgemeindedeichverbände, die unter einander über- und unter-
geordneten Herren standen, sondern auch solche, die einer
Gesamthänderschaft von Herrn unterworfen waren. 117 )
IV. Schon die Betrachtung der Entstehung der späteren
Gemeindedeichverbände ergiebt implicite ein Bild von einigen
Entstehungsformen der Deichverbände im engeren Sinn.
Ging doch oft mit der Bildung eines neuen Gemeindedeichver-
bandes die Entstehung eines Deichverbandes im engeren Sinn
Hand in Hand, und waren es doch andrerseits dieselben Grund-
sätze, die die Entstehung beider hervorgerufen haben. Die
Deichverbände im engeren Sinn sind nun im wesentlichen 118 )
auf folgende Weisen ins Leben getreten:
1. Bei den neuen Besiedlungen des Aussenlandes
konnten die neuen und alten Gemeinden in Bezug auf den neuen
Deich in vollkommener Deichgemeinschaft sein. Die alte Ge-
meinde verwaltete dann für sich nur den Mitteldeich; sie bildete
mit der neuen Gemeinde hinsichtlich des Seedeiches dann einen
Deichverband im engeren Sinn, wenn sie beide zusammen keine
höhere politische Gemeinde ausmachten. 11 *) War der alte Deich
iw) Lenthe § 1.
,16 ) Siehe oben S. 152.
117 ) Vergl. Mieris II, 151.
118 ) Alle Entstehungsformen anzufiihren, ist bei ihrer Mannigfaltigkeit
nicht möglich. Wir beschränken uns auf die wesentlichen und versuchen,
ein Bild der Entwicklung im grossen und ganzen zu entwerfen.
1I9 I War das Gegenteil der Fall, so bildete sich, wenn die neue Ge-
meinde einen Deichverband darstellte, ein Samtgemeindedeichverband (siehe
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204
bereits nach Schlägen unter kleinere Gemeinden verteilt, so
musste oft der Gedanke aufkommen, dass nur die Schläge,
welche durch den neuen Deich beschützt wurden, zur Unter-
haltung des letzteren mitverpflichtet seien. Infolgedessen Hess
man nur die betreffende engere Gemeinde, deren Schlag den
Schutz genoss, mit der neuen Gemeinde eine engere Deich-
gemeinschaft bezüglich des neuen Deiches bilden. War der alte
Deich auch bereits innerhalb der Schläge an die einzelnen
Genossen nach Kabeln verteilt, so kam es nun dahin, dass man
nur die Kabelhalter, deren Kabeln von dem neuen Deich
beschützt wurden, Deichmasse in dem neuen Deich annehmen
Hess. Es ist ersichtlich, dass sich auf diese Weise Deichver-
bände bilden mussten, die sich mit Gemeindeverbänden nicht
deckten. 1 * 0 ) Ebenso verhielt es sich bei den Ansiedlungen auf
dem Land zwischen Randland und Geest und bei den
Tochtergemeinden, die auf der gemeinen Mark angesiedelt
wurden, welche bereits durch Deiche genügend geschützt
war. Hier entstanden Deichverbände im engeren Sinn, wenn
die neue Gemeinde in den alten Deich eingewiesen wurde
und zwischen der alten und neuen Gemeinde Deichzusammen-
gehörigkeit bestand, ohne dass sie zusammen eine höhere politische
Gemeinde bildeten. 1 *') Ja, auch bei Vorhandensein einer höheren
politischen Einheit trat ein Deichverband im engeren Sinn dann
zu Tage, wenn nur ein Teil der neuen Gemeinde als deich-
oben II sub 6). War die neue Gemeinde kein eigener Deichverband, so
handelte es sich nur um eine Ausdehnung des alten Gemeindedeichverbands.
— Betreffs der Entstehung eines Samtdeichverbandes im engeren Sinne
siehe unten S. 206.
m ) Vergl. für diese Entwicklung Spadelandsrecht art. XI, wo es heisst :
.Wenn der neue Deich des eroberten neuen Koges, zu einem vollen See-
deich gemachet, sollen diejenigen, denen ihre Deiche abgedeichet,
so viel in dem neuen Deich ausfassen, dass sie, gleich dem neuen Lande,
volle Maasse bekommen, nach Erkenntnis der 16 Deichrichter“. Wenn das
alte Land keinen Teil am neuen Deich haben sollte, hob man dies bei den
Vergabungen besonders hervor. Vergl. Mieris H, 151. (Hier wird aller-
dings ein Samtdeichverband zwischen altem und neuem Land begründet,
aber eine Einweisung der alten Landbesitzer in dem neuen Deich ausdrücklich
ausgeschlossen).
m ) Siehe oben A. 92.
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205
pflichtig angesehen wurde — etwa weil der übrige Teil den
Schutz des Deiches so gut wie gar nicht genoss — und man
nur ihn in die Deichgemeinschaft mit dem alten Gemeindedeich-
verband einwies. 1 ® 4 ) Auch entkeimte dem alten Gemeinde-
deichverband dann ein eigener Deichverband im engeren Sinn,
wenn die neue Gemeinde mangels politischer Selbständigkeit
einen Teil der alten Gemeinde ausmachte, aber von einer Unter-
haltung bezüglich des alten Deichs befreit wurde.
Auf Grund neuer Ansiedlungen sind auch herrschaftliche
Deich verbände im engeren Sinn ins Leben getreten. Bei
den Vergabungen, zur Eindeichung war hinsichtlich der Deich-
anlagen und der späteren Unterhaltung oft eine Verquickung
der einzelnen Gemeinden erforderlich. 148 ) So bildeten sich,
indem man Gemeinden ansiedelte, gleichzeitig Deichverbände,
deren Genossen verschiedenen Gemeinden angehörten. Ja, in
späterer Zeit, wie sich die freie Struktur des Deichverbandes
im engeren Sinn herausgebildet hatte, siedelte man Deich -
verbände im engeren Sinn selbst an und schob sie in die
allgemeine Landesverwaltung als Selbstverwaltungskörper in
Deich- und Sielsachen ein. 144 ) Schliesslich wurden bei den
Gemeindegründungen einzelne Personen 148 ) oder kleinere Ge-
meinden von der Deichunterhaltung eximiert, 148 ) so dass kein
]4S ) Vergl unten sub 2.
13S ) Siehe oben S. 147.
m ) Der Deichverband der Herren von Cranenburg gehört hierher. Im
Jahre 1343 erklärt ein Herr von Cranenburg (siehe aber Einleitung § 4a
A. 248), es seien von seinen Vorfahren Hufen ausgegeben worden an Leute
xu solchem Recht, „dat sy einen Dyckgreff hebbeu sullen, die sullen doen
dycken und alle water keeren, dat in dese voorge. Lande und koyven
kommen möge, bet sy van boven, het sy van beneden, bet sy van binnen
den Lande, het sy van boven den Lande, bet sy van allen Sieden dat hem
die waeteren toe körnen mögen UDd Weteringen und Leygraven und andere
G raven, Rynden und bruggeu, Schluysen und Schuklaken doen rnaken und
doen gelden und Erffliken doen haldon daer sy vinden dat dem Lande nuth
sy und den Erven daer die Heymraet op wieset“. In Bezug auf sonstige
Angelegenheiten unterstanden die Ausiedler den ordentlichen Beamten des
Landes (vergl. das Ende des Privilegs) und bildeten keine Gemeinde
ias ) Zunächst konnte in der Gewährung von Freihufen an die Mittels-
personen eine Befreiung von der Deichpflicht enthalten sein.
**•) Vergl. unten Anm. 129 ff.
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206
vollkommener, alle Gemeiudegenossen berechtigender und ver-
pflichtender Deichverband entstand.
Infolge dieser Ansiedlungen haben sich unu in mannigfaltiger
Weise Samtdeich verbände im engeren Sinn gebildet.
Unter einem Samtdeichverband im engeren Sinn versteheu wir
einen Deichverband im engeren Sinn, der sich aus mehreren
Deichverbänden zusammensetzt. IJ7 ) Die Deichverbände, welche
Glieder dieses Samtdeichverbandes sind, können Gemeindedeich-
verbände oder Deichverbände im engeren Sinn sein. Das
deichrechtliche Band der Zusamengehörigkeit kann zwischen
ihnen nur sehr lose geknüpft erscheinen. Die einfachste Form
der Entstehung eines Samtdeichverbandes im engeren Sinn auf
Grund von Ansiedlungen ist die gewesen, dass die Tochter-
gemeinde einen eigenen Deichverband bildete bei Vorhandensein
einer deichrechtlichen Zusammengehörigkeit zwischen alter und
neuer Gemeinde und dem Fehlen einer höheren Gemeinde, die
nur beide umfasste. Verdeutlichen kann die Entstehung eines
Samtdeichverbandes auf Grund von Ansiedlungen die Vergabung
des Herrn von Putte in Bezug auf Neuland in Katendrecht ans
dem Jahre 131ft. ,S8 ) In der Austhuungsurkunde heisst es:
„Dat dat nycuwe land geenen cost doen en sal
motten oude land, noch int oude land, het ne waren in
opene walen, ende desgelycke sullen doen die geene,
die in’t oude land woonen.“
Hiernach besteht zwischen dem alten und dem neuen Land
ein Samtdeichverband im engeren Sinn, der durch die gegen-
seitige Verpflichtung zur Beihülfe bei Wehlen gekuüpft ist.
In anderer Weise ist auf dem grossen Werder, insoweit er
dem Orden im 14. Jahrhundert gehörte, ein Samtdeichverband
im engeren Sinn infolge der Ansiedlungen entstanden. Voraus-
gesetzt wird dabei, dass das einzelne Dammdorf auf dem Werder
eiuen Deichverband bildet. Dann ist der Entstehungsgrund für
den Samtdeichverband im engeren Sinn hier der gewesen, dass
der Orden verschiedene Werderdörfer oder verschiedene Hufen
in einzelnen Dörfern von der Deichpflicht eximierte. Aus-
127 ) Vergl. aber unten § 1*.
•*) ilieris II, 151 .
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207
genommen wurden nämlich namentlich die Gärtnerhufen, welche
einen höheren Zins trugen,'* 9 ) und die Waldhufen.’ 30 ) Die
Exemption von ganzen Dörfern fand entweder unter gleich-
zeitiger Befreiung von allen Scharwerksdiensten 131 ) oder unter
Auferlegung der letzteren statt.' 34 ) So erwuchs ein Samtdeich-
verband, der sich nur aus einigen Dörfern des Ordens
zusammensetzte. l33 )
2. Innerhalb eines Gemeindedeich verbandes bildeten
sich, wenn von Ansiedlungen abgesehen wird, Deichverbände
iiu engeren Sinn, wenn einigen Gemeindegliedern die Unter-
haltung des Deiches auferlegt wurde, die keine Gemeinde
zusammen ausmachten.
Dies geschah von Seiten einer weiteren Gemeinde, indem
sie nur die am Wasser liegenden Dörfer in den Deich einwies.' 34 )
Hier erhielt also nicht jede engere Gemeinde eiuen Schlag
Deiches, sondern nur einige engere Gemeinden. I8S ) Der Grund
hierfür ist darin zu suchen, dass man darnach trachtete, sich
,!9 ) Verschreibung für Ladekopp (a. 1341.): Jeder Gärtner erhält
'/, Hufe gegen Zins von 4 M. .und mit dem so sollen sie frei sein von
derselben halben hüben tycbeus und tempnens und alles ungeldes und allerle
dienstes odir arbait, dy man uf ander hüben setzet, in welchem namen man
sie genemen mag.“ (Bei Toppen a. a. 0.)
13 °) Verschreibung für Tiege (a. 1345); .Von der hüben, da man
achteholb mark Zinss von gebit und von den dreyzehn hüben Waldes sollen
die inwoner desselbin dorfis von der herrschaft keiner laude dienste thun
wedir zu herfarten noch zu herrenbete noch zu scharwerk Temmen, noch
zu teichen oder wie man das genemen mag.“ (Toppen a. a. O.)
131 1 Neukirch (a. 1351) Wydow (a. 13S4): .Durch der geburge willen
des cinses lasse wir sie ledig alles senarwerks teminens oder teichens uud
aller gebuerlicher Arbeit.“
13ä ) Eichwalde (d. 1351): „Auch sollen sie au andern dingen thun
gleich andern dörffern in dem wordor, a n e tempnens sollens sie ledig sein
und los.“ (Toppen).
133 ) Znm ersten Mal in der Geschichte tritt dieser Samtdeichverband
in Erscheinung im Jahre 1373. (Preussische Sammlung III, U5.)
134 ) Vergl. Sachsenspiegel II. 56: „Swelke dorp bi watere liget
und enen dam hebbet, die sie vor der vlut bewaret, iewelk dorp sal sinen
deil des dämmen vestenen vor der vlut.“
136 } Aelter und solider ist die Entwicklung, dass jede Gemeinde
einen Schlag erhält. Siehe oben S. 111.
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208
der Deichpflicht zu entziehe»; teilweise war aber wohl hierbei
auch der Grundsatz massgebend, der hier und da aufkam, dass
nur das der Flut ausgesetzte Gebiet den Deich zu unterhalten
habe. Die Gesamtheit der Genossen dieser engeren Gemeinden
konnte dann einen Deichverband im engeren Sinn bilden.
Es war aber auch möglich, dass ein Samtdeich verband im
engeren Sinn entstand, indem jede engere Gemeinde für sich
einen Deichverband bildete, aber die natürliche Zusammen-
gehörigkeit zu einem Deich sie auch zu einem deichrechtlichen
Band verknüpfte. 13 *)
Auch innerhalb eines kleineren Gemeindedeichver-
bandes bildeten sich so Deichverbäude im engeren Sinn, indem
man nur einigen Grundeigentümern die Deichunterhaltung
aufbürdete. Oft wies man die an den Deich auschiessenden
Grundeigentümer ein. 13 ’) So konnte ein Gomeindedeichverband,
wenn die verschiedenen zur Gemeinde gehörigen Deiche an ver-
schiedene Gemeinschaften zngeteilt wurden, aus Deich verbänden
im engeren Sinn bestehen; doch war dies Verhältnis meistens
getrübt, weil diese Gemeinschaften nicht zusammen die Gemeinde
ausmachten, indem entweder Angehörige fremder Gemeinden be-
teiligt waren oder etliche Grundeigentümer der Hauptgemeinde
unbeteiligt blieben.
13B ) Ich vermute, dass so der Samtdeichverband des Sachsenspiegels
sich hier und da gebildet hat. Vergl. A. 131. Jedenfalls ist bei der Stelle
II, 56 an einen Saintdeichverbaud im engeren Sinn zu denken. Vergl. unten
§ 2. Eine andere Erklärung für die Entstehung dieses Deichverbandes siehe
unten A. 161.
“t) Vergl das Deichrecht von Salland art. 38, nach welchem „die
van Baerle, die bei dem water geseeten sint“, deichpflichtig sind. — Nach
dem Deichrecht der Altendorfer Schauung waren die an den Ostedeich an-
schiessenden Grundeigentümer, das sgn. „Deicbfcld“ zur Unterhaltung des
Ostedeichs eingewiesen. Das Deichfeld ist das Land zwischen dem Deich
und dem Landwege. Deichrecht XVI, 6: „den dat landt oder acker de sick
strecket vam landtwege beth thom diecke, macket dem dieck allene“; XXil,
23: „don de acker vam wege beth thom diecke dem gehöret allene tho
diecken, und tho macken den Oten dieck“. — Die übrigen Grundeigentümer
trugen in Bezug auf den Ostedeich keine Deichlasten mit Ausnahme der
Scbleusekabeln. Siehe Uahn S. 23. Später änderte sich dies etwas. Vergl.
Hahn S. 26.
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209
3. Innerhalb eines Gemeindedeichverbandes spaltete
sich ein Deichverband schon jetzt dadurch ab, dass die Mitglied-
schaft bei diesem an andere Voraussetzungen geknüpft ward,
als bei jenem. Auch hier kam freilich der Deichverband
i. e. S. oft noch nicht rein zur Erscheinung, so dass man besser
meist nur von einer Trübung des Gemeindedeichverbandes sprechen
wird. Eine solche trat auch infolge des Umstandes ein. dass
sich viele Glieder eines Gemeindedeichverbandes von der Deich-
last zu befreien wussten. Hierüber wird aber besser bei der
Darstellung der Mitgliedschaft im Deichverband gehandelt
werden. 189 )
4. Deichverbände im engeren Sinn bildeten sich auch durch
das Eingreifen von Schleusenverbänden in den Deich-
verband.
Infolge der Legung von Schleusen in einen Deich bildeten
sich Rechtssätze aus, wonach der Schleusenverband gewisse
Deichstrecken mitsamt den Schleusen entweder stets 180 ) oder
eine bestimmte Zeit hindurch 140 ) zu unterhalten hatte. Bei
138 ) Siehe unten § 2 und Abschnitt III.
IS9 ) Siehe die flandrische Urkunde von 1239 (oben Einleitung § 4b
A. 665): „Scieudum etiam quod Bi forte dikum maris in aliquo contingerit
pejorari vel infringi : ad ipsum reparandum vel meliorandum probi viri veteris
Hevinae in nullo custu debent obligari; hoc excepto, quod dicum supra
slusias suas firmum conservare debent et illaesum“. — Einlassungsbrief der
drei Delfsiele hinsichtlich der Kirchspiele Engelbert und Middelbert
(Driessen II, 261): Die Gemeinden haben in dem Burgwall eine Schleuse
zu legen und zu unterhalten „an beyde syden een roede dyckes in de Burg-
walle, die gcmeenlyk genoemd woord een Jarfal (Jerdfal)“. Deichrecht der
Altendorfer Schauung XV, 13: „Up einer jederm sheiise gehöret den bilr-
schoppen twe rode dieckes Iho macken, achte eilen up einer jedem sidt,
vehr eilen baven up de hövet sehluso“. Diese Stelle ist auf fortwährende
Unterhaltung zu beziehen; keineswegs sind damit die Kabeln gemeint,
welche bei Schleusenbauten eine Zeitlang dem Sckleusenvcrband zur Last
fielen. Uebereinstimmend wolil Hahn S. 26 Vergl. die folgende Anm.
l4 °) Das Deichrecht der Altendorfer Schauung fährt in der A. 139
angegebenen Stelle so fort: „Und is gemen werck, so lange dat de schlüse
oder grundtwerck uthgonamen und gegraven sin. Alsz den gehöret sick
de wedder gedemppede und gemackede dieck, zu vollen werck zu machen,
und also jahr und dagh gcholdenn, na jahr und dage alsz den den
dieck so tho vollem wercke dem gruudtherrn, wedder mit rechte tho
J. Oierke, Geschichte des deutschen Deichrechts. 14
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210
Herausnahme der Schleuse musste die Frage beantwortet werden,
wer in Bezug auf das entstandene Loch deichpflichtig sei.
Eine offenbare Ungerechtigkeit wäre es gewesen, wenn man
einfach die alten diesbezüglichen Deichhalter dafür in Anspruch
genommen hätte. Infolgedessen kam man dazu, dem alten
Schleusenverband entweder nur die Wiederherstellung des
früheren Zustandes' 41 ) oder diese und eine Unterhaltung während
einer bestimmten Zeit 14 *) oder gar die ständige Unterhaltung
dieses Deichstückes 143 ) aufzuerlegen.
kennen und vindeu Indien, so ferne der mon den dieck nicht mit willen,
will annehmen, sonsten hieve idt. gemen werck“. Dieser Satz bezieht sich
auf die Inanspruchnahme benachbarter Kabeln bei .Schleusenbauten. Sie
blieben jedenfalls Jahr und Tag bei dem Schleusen verband (genauer dein
Schleusenherstelluugsverband). Danach konnten die Schleusen halter ver-
langen, dass die alten Kabelhalter sie wieder übernahmen Wenn diese
nicht freiwillig wollten, wurden sie durch Gerichtserkeuntnis dazu ge-
zwungen. Das Gericht entschied daun zugleich auch darüber, ob die Kabeln
in ihrem früheren Zustand seien. Die Kabeln blieben bei dem Schleusen-
verband, wenn dieser sie behalten wollte, oder, weil sie noch nicht in ihrem
alten Zustand waren, behalten musste. — Halm nimmt auf S. zti unrichtiger
Weise an. dass es in dem Belieben der Kabelbaiter gestanden hätte, die
Kabeln wieder anzunehmen. Auf S. 43 bemerkt er, dass das Deichgericht
den Kabelhaltern die Kabeln hätte wieder zuerkennen müssen. Wozu aber
ein Gerichtsbeschluss, der nur ergehen konnte, wenn die Kabelhalter Willens
waren, die Kabeln anzunehmen?
141 ) Vergl. die Stelle, welche Heineken § 30 aus Bührens Denkel-
bock anfübrt und lautet: „De syel der Wetteringe licht by mynen Danneis
dycke un de ghink uth, unde nam mynen dyck mede, sa hape ick des dickes
ock vrig to biivende, so lange he buten und bynnen. so gud wedder
is, alss he to vorne was er he uth ghyughk“.
142 ) Deichreeht des Alten Landes art. VI: „Wor gemeine Pfeiffen,
Sielen und Schleussen im Teiche liegen, müssen dieselbige machen, die dazu
wassern. Wenn sie aber wieder ausgenommen werden, muss der Teich
Jahr und Tag in gemein gehalten und dem vorigen possessori mit der
Erde wieder überantwortet werden“.
143 ) Bührens Deukelbock (Heineken § 30): „Item A. 1540 do mosten
de Erffexen in der Womsyden eynen Syel leggen, in eynen dyck der Kerk-
schwaren tor Horst: unde de Erffexen mosten en besegelde breve geheven
den dick namals sunder schaden to bohlende“ . — „Item desgelickeu holden
de Gröpelinger bure eynen Dyck, dede plaeh to hörende Alberde Grauen
darumme dat se enen zuel darinne haddeu gelecht dede wecbghuuck“.
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211
Da die Schleusen verbände häufig in mannigfachster Weise
die verschiedenen Gemeinden durchkreuzten,' 44 ) so wirkte der
vorhandene oder ehemalige Schleusenverband, wenn er Kabel-
halter war, und man alle Kabelhalter in gewisser Beziehung
als Deichverband betrachtete, an der Entstehung eines Deich-
verbandes i. e. S. mit. Ja, wenn der Schleusenverband nicht
bloss als Glied des betreffenden Deichverbandes, sondern in Bezug
auf" diese Pfänder als eigener Deichverband, ähnlich wie hin-
sichtlich seiner Schleusen, erschien, so wurde er zu einem
Deichverband im engeren Sinn.
Immerhin konnte solch Schleusendeichverband auch ein
Gemeindedeichverband sein, da ein Schleusenverband sich mit-
unter ebenfalls mit einem Gemeindeverband deckte. Ueberhaupt
kein neuer Deich verband trat ins Leben, wenn ein bereits be-
stehender Deichverband in den Deich eines anderen eine Schleuse
legte und diesbezügliche Deichpfänder unter selbständiger Ver-
waltung annahm. Denn hier erhielt ein Deichverband nur eine
neue Deichstrecke zu seinen alten. ’ 4S )
5. Die immer weiter um sich greifende Rechtsanschauung,
dass alles durch einen Deich geschützte Gebiet deichpflichtig
sei, hat in verschiedener Hinsicht Deichverbände im engeren
Sinn erzeugt. Hier ist aber der Einfluss dieser Rechtsanschauung
nur insoweit in Betracht zu ziehen, als er sich nicht auf den
innerhalb eines Gemeindedeichverbands liegenden Bezirk be-
zieht. 146 ) In dem Gedanken, dass alle Lande, die vom Wasser
Schaden nehmen können, zur Deichpflicht heranzuziehen seien,
schlummert die Expansivkraft des Gemeindedeichverbandes. I47 )
144 ) Siehe z. B. Hahn S. 137 ff.
145 ) Vergl. Mieris II, 540.
146 ) In letzterer Hinsicht ist sein Einfluss bereit» oben sub 2 berührt.
Er spielt aber auch bei der oben sub 3 angedeuteten Entwicklung eine
grosse Rolle. Trotzdem diese Veränderungen oder Neuerungen auf ein und
derselben Kechtsbasis beruhen, empfiehlt sich doch ihre getrennte Be-
handlung.
147 ) Vergl. auch Auhagen S. 665: „Mehr und mehr aber brach sich
die Anschauung Bahn, dass der Deich nicht Institution der Gemeinde sein
dürfe, da von dem Bestände der ihr zugewiesenen Deichstrecke nicht nur
ihr Wohl, sondern das der gesamten, durch einen gemeinsamen Hauptdeich
geschützten Gemeinden abhäugig war“. Siehe aber unten A. 149.
14 *
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Freilich konnte sich dieser Gedanke nur allmählich, ja voll-
ständig in dieser Periode überhaupt nicht, durchsetzen. 148 ) Die
Ausdehnung machte mehr oder minder an den Grenzen grosser
politischer Verbände Halt. 14 ®) Dies Trachten nach Herein-
ziehung anderer in den Kreis der Deichpflichtigen konnte auf
zwei verschiedene Resultate hinauslaufen. Es konnte dadurch
einmal eine Einweisung in den Deich, sodann aber nnr eine
Rechtspflicht zur Bei hülfe bei droheuder Gefahr erzeugt werden.
!«) Vergl. Keure der vier Ambachten von 1242 § 67: „ad ... re-
parandnm . . . diken auxilium praestare tenetur quaecumque terra infra
idem officium recipit commodum et inundationis relevanten". — Sachsen-
spiegel II, 56: Kumt aver die vlut unde briet sie den dam, unde ladet man
mit deine gerUchte darto, die binnen deme dämme geseten sien, svelk ir
nicht ne hilpt bäten den dam, die hevet verworcht sogetan erve als he
binnen deme dämme bevet“. — Bergh II. Anhang 63 (a. 1280) den Deich
sollen halten alle „die daronder gelant zijn gbeheel off ongequetst" —
Mieris II, 460 (a. 1328); 463 (a. 1328): Es sollen alle Lande heran-
gezogen werden „mergen mergens gelyck in allen maniereu als ter gelegen
is '. Mieris II, 602 (a. 1330): Auch die „Overland" haben sollen deichen.
— Deichbrief für Lopikerweert von 1454 (oben Einleitung § 4b A. 408)
art. 25: Ysselsteiu ist mit deichpflichtig, da es mit „bevloyt“ wird — Be-
schreibung Emos für 1219 (siehe unten A. 161). — Altes Ostfriesisches
Deichrecht § 2: „alle lande, die van den Water schaden nemen können". —
Altmärkische Deichordnnng von 1476: „alle die in der Drencke und unther
den bösen dyken beseten“ — Deichordnung von 1539: „aus Ursachen, das
sie mit Irem acker wischenn und anderm unter dem teicbe und desselbigen
teichs ferligkeit liegen“. — Spadelandbrief von 1438 art. 17: „deme dat
water unde de vloet schaden don kan, de schal sik des wateres weren unde
belpen“. — Spadelandsrecht art. 1: „all das Land, da die grosse Fluth
übergegangen ist“. — Oldenburgische Deicbordnung von 1681 art. 1. —
149 ) Vergl. Deichrecht von Salland art. 55 (a. 1485): „Die Schouwene
in Sallandt offte in Mastenbrock en sullen in den Dyck nyett begheucn
ennige Landen, dye auer dye Issele, offte op den Lande van Vollenhoe mitt
synen toebehoiren gelegen sint, ende oeck daer nyett toegeslaegen en sint.
Noch en Balmen wedderomme uth den Lande van Oueryssel, noch op die
Laude van Vollenhoe gelegen, nyet gheuen in Sallandt noch in Mastenbroeck.
Ditt artykell heft die Stadt van Swolle wedderroepen endo nyett belieuen
willen". Siehe ferner betreffs der westerlauwerscben Landschaften unten
A. 175. Vergl. auch Auhagen a. a. O. Die Unterscheidung zwischen
natürlicher und bürgerlicher Deicbacht ist aber zu vermeiden. Einmal
herrscht Uber diese Begriffsbestimmungen keine Einigkeit und sodanu ist
jedenfalls die Begriffsbestimmung, die Auhagen vom bürgerlichen Deich-
verband giebt, falsch. Siehe unten A. 158.
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Für die Deichverbände im engeren Sinn ist die Einweisung
immer von konstitutiver Bedeutung gewesen, 1 “) die Beihülfe
dagegen nur dann, wenn sie eine gegenseitige war.
a) Die Einweisung erfolgte, indem man andere Ge-
meinden von vorneherein nötigte, eine Deicbstrecke zur Unter-
haltung zu übernehmen. IS1 ) Sehr häufig entwickelte sich aus
15 °) Wenigstens war sie immer der Anstoss zur Entstehung eines
Deichverbaudes im eugeu Sinn, wenn auch die Entstehung nicht sofort mit
der Einweisung einzutreten brauchte.
161 ) Als Beleg dient namentlich Hasse I, 561 (a. 1237): ..Adolfus
dei gracia comes holtsacie omnibus hanc litteram inspecturis. in perpetuum.
Noverint nniversi tarn presentes quam futuri quod cives de grevencop.
nienbroke et redwisch, in judicio quod grafding vulgariter appellatur. coram
nobis conquerendo propos n erunt. quod ad custodiam et eraen-
dacionem aggerum iuxta hole contra justiciam cogebantur.
unde in sentencia requirebant si per aliquam aquam quam lieydep seu
woltwater vocant. aggerem aliquem facere tenerentur. et data sentencia
diffinitum est eos aliquatenus non teneri. Sic itaqne de consensu
nostro factum est quod aqueductu quem slusc vocant. in fluvio crimpe
destructo. aggerem qui hovedic nuncupatur iuxta crimpam ob-
servabunt“. Ueber die Lage der Ortschaften orientiert Detlefsen S. 186 ff,
und die seinem ersten Bande beigefügte Karte. Insoweit sich die Inter-
pretation Detlefsens auf die Befreiung der drei Ortschaften von der Unter-
haltung der Schleuse in der Kreinpau und der Schlagung des zu ihr ge-
hörigen Deiches ("per aquam . . . heydep seu woltwater) bezieht (S. 193),
kann man ihr beistimmen. Im übrigen müssen wir sie als verfehlt be-
zeichnen. Detlefsen nimmt an, dass die Hauern der drei Dörfer Grevenkop,
Neuenbrok und Rethwisch in dem Elbdeich bei Bole Deichstücke zu unter-
halten hatten, dass sio im Jahre 1237 versuchten, im Grafending die Be-
freiung von dieser Deichlast zu erlangen, dass sie aber ihre Absicht nicht
erreicht hätten. Detlefsen kommt zu dieser Auslegung dadurch, dass er
„eos aliquatenus non teneri“ übersetzt „dass sie bis zu einem gewissen
Punkte nicht dazu gehalten seien“. Er meint, dass die godacliten Bauern
in Bezug auf ihre andere Anliegen (Schleuse und Deich beim Woltwater)
Befreiung erzielt hätten, hinsichtlich des „Punktes“ betreffend die Unter-
haltung des Elbdeichs aber als verpflichtet bezeichnet würden. Eine unge-
zwungene Auslegung muss jedoch zu dem Resultat kommen, dass die
Bauern allo ihro Wünsche bei dem Gericht durchsetzen: „eos aliquatenus
non teneri" ist doch einfach zu übersetzen, „dass sie in keiner Weise ver-
pflichtet seien". Das Grafonding spricht sie also jedenfalls von der Deich-
pflicht hinsichtlich des Elbdeichs frei. Die Urkunde ergiebt nun aber, dass
es sich nicht um die Befreiung von bestimmten Deichstücken, die den Bauern
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einer öfter geleisteten Beihülfe von seiten anderer Gemeinden,
bereits oblagen, handelt., sondern um eine Konstatierung ihrer Deichfreibeit,
die sie bis jetzt besessen. Die an der Elbe gelegenen Gemeinden wollten
sie in die Unterhaltung des Elbdeichs heroinziehen, sie wollten sie dazu
zwingen auf Grund des Hechtssatzes, dass auch sie den Vorteil des Deiches
genössen Gegen diese Zumutung wehrten sich die Bauern, indem sie sich
vom Grafengericht ihre Freiheit bestätigen Hessen. Die Richtigkeit unserer
Interpretation ergiebt sich daraus, dass in dein Urteil sicherlich ein grösserer
Nachdruck auf die Freiheit dor Bauern bezüglich des Elbdeiches gelegt
wäre, wenn sie schon bestimmte Stücke des Deiches unterhalten hätten.
Vor allem aber wird unsere Meinung durch ein Privileg des Grafen Adolf
von 1360 bestätigt, das in der Verkündigung König Christians von 1553
(C. St. Hols. II, S. 290) teilweise enthalten ist. Danach wurden die Ort-
schaften Neuenbrok. Grcvenkop, Süderau und Eltersdorf in Bezug auf den
Elbdeich für frei erklärt, sie sollten sein „gantz und gar bofriet, tho
keinen diecken anthotasten, efte Itülpe tho doncnde. mer alse ehr eygen
Diek“. Detlefsen meint S. 188, dass erst jetzt Neueubrok und Grevenkop
von der Deichpflicht bezüglich des Elbdeiches für frei erklärt seien. Diese
Behnuptung steht sicherlich zu der Urkunde von 1237 im Widerspruch, denn
schon die ältere Urkunde ergab, wie wir sahen, ihre Freiheit. Wenn nun
aber iui Jahre 1300 Neueubrok und Grevenkop nochmals für frei be-
züglich der Elbdeiche erklärt wurden, so zeigt dies, dass es sich wieder um
einen Versuch der an der Elbe liegenden Gemeinden handelte, die binnen-
ländischun Gemeinden in die Unterhaltung des Deiches hereiuzuziehen.
Dieser Versuch wird wieder dadurch vereitelt, dass sich die Dörfer ihre
Freiheit vom Grafen bestätigen Hessen. Vielleicht hat die Urkunde von
1360 einen Hinweis auf die von 1237 enthalten. (Vergl. auch Bergh II.
463. a. 1282, wo Floris V. die Tiesselinswaard für frei erklärt von allen
„dyckinge des ghetneeus lants* und bestätigt, dass sie keinen Deich zu be-
wahren noch zu deichen hätten als ihren gesetzten „hofftdijek“. Der Aus-
druck hofftdijek findet sich auch in der Urkunde von 1237. Er bezeichnet
den vor den Höfen liegenden Deich. Die Interpretation Detlefseus S. 193:
Hovedic — ovedic = oudik = audik halte ich für unrichtig.)
So zeigen die Urkunden von 1237 und 1360 nur den missglückten
Versuch von Gemeindedeichverbänden andere in die Unterhaltung des Deiches
einznbeziehen. Oft muss aber ein solcher Versuch auch geglückt sein.
Dies bestätigt uns eine spätere Urkunde (aus dem Jahre 1553.) Hier geht
die Inanspruchnahme einer Entscheidung von seiten derer aus, die herein-
ziehen wollen, nicht wie 1237 von seiten derer, die hereingezogen werden
sollen. Die Bauerschaft Borsfleth beklagt sich bei König Christian über zu
drückende East bei den Elbdeichen und will die im Jahre 1360 für frei be-
stätigten vier Dorfschaften hereinzieheu. Diese berufen sich auf die Ur-
kunde von 1360, doch gelingt es auf gütlichem Wege, sie zu oiner Ueber-
nahme zu bewegen. Jeder Interessent der vier Dorfschaften nimmt auf
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Herrschaften und Städten 18 ®) schliesslich eine Unterhaltungs-
pflicht dieser in Bezug auf ein bestimmtes Deichstück. 153 )
Wurden sie in den alten Gemeindedeichverband eingegliedert,
ohne selbständige Deichverbände zu bilden, so entstand ein
Deichverband im engeren Sinn. Stellten sie selbst Deichver-
bände dar, so erwuchsen Sanitdeichverbände im engeren Sinn.
Auch die Einweisung einzelner Bauern benachbarter Gemeinden
dürfen wir annehmen.
b) Der Gedanke, dass alle durch einen Deich Be-
schützten eine gewisse deichrechtliche Zusammengehörigkeit
vereinen müsse, führte bei den Gemeindedeichverbänden,
die allein für sich dastanden — sei es infolge der ersten im
Rahmen geschlossener Gemeinden vor sich gegangenen Deich-
anlagen, 184 ) sei es infolge einer gänzlichen Abschliessung zwischen
Tochterdeichgemeinden und Mutterdeichgemeinden, 155 ) sei es
infolge der völligen Verselbständigung kleinerer Gemeindedeich-
verbände, 15B ) — zu einer gegenseitigen Annäherung. Die Er-
vier Morgen eine Ruthe Elbdeich »tho ewigen Tiden“, aber es soll ihnen
der nächstgelegene Deichstrich und die Ruten .strax na einander“ ange-
wiesen werden. — Vergl. anch die altmärkische Deichordnung von 1539.
m ) So hat die Stadt Lüneburg Deichkaheln erhalten. Freilich nahm
sie diese auch infolge des Umstandes an, dass sie Pfandgläubigerin war
(Lenthe § 1) oder meierpflichtige Leute in den Deichlanden besass (Bern-
storff S. 26).
1 s 3 ) Vergl. Lenthe § l. Siehe die Urkunden bezüglich des Spaken
burgschen - Bunschoter Veen und Velden-Deichs von 1409, 1433. 1435,
1460 u. a. (oben Einleitung § 4b, A. 394 ff), aus denen sich ergiebt, dass
gewisse Ortschaften zunächst nur Beihülfe geleistet haben, dass sie aber
trotz der Erklärungen, sie seien von Deichlasten frei, später als deich-
pflichtig erscheinen. — Siehe ferner den Vergleich von 1642 (enthalten in
der Konfirmation von 1746. C. Stat. Hols. II, 293), der zwischen drei Kirch-
spielen und Kämpen dahin geschlossen wurde; dass letzteres 120 Ruthen
Elbdeichs zu sich nimmt; vermutlich auch auf Grund öfters geleisteter
Beihilfe. — Hiermit in Zusammenhang steht das so häufige Vorkommen
von Erklärungen, dass die geleistete Beihülfe nur aus Freundschaft und
Liebe nicht aber von Rechtswegen erfolgt sei. Als älteste Quelle siehe
Bergh II 635 (a. 1288).
184 ) Siehe oben S. 90 ff., S. 196 sub 1.
156 ) Siehe obeu S. 160, 197 sub 3.
166 ) Siehe oben S. 196 sub 2 .
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kenntnis, dass ihr „vordorfft unde wolfahrt“ unter einem Deich
„belegen“ sei, 157 ) Hess zwischen mehreren Gemeindedeichver-
bänden das Rechtsbewusstsein des Verbundenseins entstehen,
das sie oft unmerklich zu einem Samtdeichverband im engeren
Sinn vereinte. Die anfänglich aus Freundschaft und Liebe ge-
leistete Beihülfe bei drohender Gefahr wurde zum Rechts-
prinzip erhoben und die Grundlage eines gemeinsamen
Verbandslebons. Ein gemeinsames Verbandsleben und ein
Samtdeichverband lagen nicht vor, wenn die Beihülfe nur ein-
seitig zu leisten war. 158 ) Nicht ohne Kampf hat sich mitunter
die Anerkennung gegenseitiger Beihülfe durchgesetzt. Prozesse
wurden geführt, 159 ) Landesherrn griffen ein, 180 ) ja sogar die
Waffen erhob man, um dem erkannten Rechtssatz Geltung zu
verschaffen und einen Samtdeichverband zu «begründen. 1 “ 1 )
lr ' 7 ) Vergl. das Gesuch von Eddelack von 1502 (Michelseu S. 279), wo
es heisst, dass Brunsbüttel und Eddelake deshalb eine .Seebank“ bilden,
weil ihr „vordorfft unde wolfahrt under sodannen vorliken Dyke belegem“.
’*) Siehe Bergh II, 269 (a. 1220). Hier gelobt Herr von Voorne
der Abtei Does in Bezug auf das ihr geschenkte Mittelland Beihülfe: „Quod
si rupto diko terram mon&chorum inaris inundatio cepit occupare, ego cum
Omnibus meis et hominum meorurn tenebor ad illam rupturam reparandam
juvameu iiupendere". — Aus diesem Grunde ist auch der Begriff, den
Auhagen S. 665 vom bürgerlichen Deichverband im Gegensatz zum natür-
lichen giebt, unannehmbar.
*») Siehe Anm. 161.
nw) Vergl. Bergh II, 853 (422); teilweise richtig Ende § 8.
Bojuuga S. 41 ff.
lö1 ) Siehe namentlich den Bericht Emos zum Jahre 1219 (Werumensium
Chronicon“ M. G. SS. XXIII. S. 490 f.): „In illa inaris inundatione accidit,
cum hinc iude aggeres dissipasset. et quasi irrecuperabiliter destruxisset
seeus Emesam circa terminos fratrum, et multi depauperati decessi9sent de
finibus illis, qnorurn erat reparare, quod mare crebro ascendit pristinos
terminos reposcens et facta est querela ab incolis sex villarutn, quorum
patres (Ehrentraut „Friesisches Archiv“ Oldenburg 1B49 — 54 B. II.
S. 393 ff. liest hier „partes“) immunes erant operis illius, ut Fratres floridi
horti ex parte sororum suarum et alii pauci ad reparationem compellerentur.
Et circumvencrunt consules illius auni, et contra responsum est omnes ad
onus teneri, qnia quorum erat reparare urgente necessitate rocesserant, et
ideo agros fratrum et aliorum quorundam non debere immoderate onerari,
vel etiam magis. quam singulos sex villarum, quod esset frateruae com-
passionis et publicae utilitatis. Unde factum est, ut cum viderent per
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6. Bei den Bedeichungen des Aussenlandes war die
Grundlage für die Entstehung von Deichverbänden im engeren
fratres impediri graviter minati sint, et communitatem eundi et ducendi per
via8 etiam publicas auferre conati sunt. Cum ergo tanto periculo fratres
se exposuissent factum est mirabiliter, quod majores de septem villis mari
conterminis statuerunt. convenire, et convenieutibus eis eontiuue elegerunt
.laratos. qui pro utilitate et necessitate instantia perieuli justam dictarent
sententiam, nam jam conrules anni dissimulabant tale negotium diftinire et
partibua citatis taiem dederunt sententiam: Quod oinnea agri aequo onere
propter necessitatem in reparatione aggerum respondere debereut. Qui
volentes efficacem fore sententiam, quoniatu pars altera nondum eonaensit,
collecti in unutn spoliavcrntit rcbelles. Qui sequent.es spolium vulneraverunt
unum letaliter peccatum cumuiautes danuo. Et sie fratres per gratiain Dei
cum triumpbantibus triumpharent“.
Eine ältere Auffassung (Wiarda „Landtag der Friesen“ S. 86; Runde
„Oldenburger Chronik“ II. Ausg. Oldenburg 1831 S. 12) glaubte in don
consules anni die Richter von ganz Fivelgo und in den majores de septem
villis die Richter von IJpstallsbom zu erblicken und kam zu dem Resultat,
dass bei Upstallbom der Grundsatz des Deichrechts festgestellt sei, dass
nachbarliche Dorfschaften wegen dringender Gefahr vereint die gleiche Last,
der Seedeiche tragen müssen. Diese Meinung ist in Bezug auf äussere
Vorgänge von Ebrentraut a. a. O. unter zutreffender Begründung abgelehut
worden (consules anni sind die Richter des Distrikts; septem villi können
unmöglich die sieben Seelande sein). Allein den Kernpunkt hatte die ältere
Ansicht durchaus erkannt. Festgestellt wurde in der That, dass Deich-
verbände, die gemeinsam den Schutz des Deiches genossen, sich gegenseitig
BeihUlfe zu gewähren hätten, und dass sie so einen Samtdeichverhnud
bildeten. Die Einwohuer von sechs Ortschaften verlangten von den Ein-
wohnern einer anderen Ortschaft, die infolge des Fortgangs vieler stark
entvölkert war, und dem Kloster Floridus Uortus die Herstellung ihrer
Deiehstrecke. Die Einwohner der sechs Ortschaften waren bisher zu einer
Beihülfe dazu nicht verpflichtet gewesen („quorum patres [partes] innuuues
erant operis illius“, „ihre Vorfahren [Gebietsteile] waren bis jetzt von jenem
Werk frei gewesen“). Sie wenden sich an die Richter des Distrikts. Diese
entscheiden, dass bei dringendem Notstände alle Bedrohten zuzutreten halten.
Die Kläger waren mit dieser Entscheidung aufs höchste unzufrieden und
sperrten die öffentlichen Wege; die Richter waren machtlos. Da ver-
sammelten sich die A ngesehensten von sieben anderen Ortschaften, die au
der Herstellung des Deiches auch interessiert waren, und wählten Ge-
schworene, die die Sache entscheiden sollten. Diese Schiedsrichter erklärten
das erste Urteil für richtig. Als die Gegenpartei sich auch hiergegen
wehrte, schritt man mit Waffengewalt gegen sie ein. (Im wesentlichen
übereinstimmend Ehrentraut a. a. O.; nur scheint er anzunehmen, dass
die majores de septem villis die Angesehensten der sieben Ortschaften waren,
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Sinn ferner dann gegeben, wenn der Ansiedlungsgedanke ver-
schwand und die Bedeichungen durch das Streben, Ackerland
zu gewinnen, hervorgerufen wurden. 182 ) Zwar traten zuvörderst
infolge des Umstandes, dass anfangs Kirchspiele, Bauernschaften
um deren Deiche es sich handelte). — Anders wird die Stelle von Auhagen
S. 665. A. 8 interpretiert. Kr meint, dass .von den Einwohnern aus 6 be-
teiligten Dörfern die Forderung erhoben“ sei, .dass ilire sonst von der
Deichlast befreiten Priester in erster Linie anstatt der Verarmten eintreten
Rollten*. Die Dorfrichter hätten aber entschieden, .dass kein Acker mehr
als der andere belastet werden sollte“. Die Gerichte (?) von 7 an der See
liegenden Ortschaften, die in ihrer Flanke durch den Emsdeich geschützt
waren, hätten sich, da keine Herstellung erfolgt sei, versammelt und Ge-
schworene ernannt. Auch diese seien zu dem Schluss gekommen, „dass alle
Aecker gleichmiissig beizutragen hätten“, — Auhagen übersetzt also „quorum
patres immunes erant oporis illius“ mit „deren Priester deichfrei waren“.
Hauptsächlich hierdurch gelangt er zu einer Interpretation, die das Wesent-
liche ganz übersieht. Gewiss wird in den Urteilen auch ausgesprochen,
dass die statuierte Deichlast gleiclunässig zu verteilen sei. Das ist doch
aber nicht der Kern der Sache. Das Wesentliche und Bahnbrechende ist
vielmehr dies, dass urgente nccessitato nicht der einzelne Deichstrecken-
verband nnmässig beschwert, sondern von allen Grundstücken der mit-
leidenden Nachbar-Dorfsehaften unterstützt werden solle. Die Klosterleute
waren bisher durchaus deichpflicbtig gewesen. Was Auhagen über die
deichfreien Priester sagt, ist unhaltbar. Einmal besteht doch das Kloster
nicht aus lauter „Priestern“, sodann wäre die Zumutung, dass bisher deich-
freie Personen allein Deichbrüche herstellen sollen, geradezu unerhört. Die
Priester hätten doch für ihre Deichfreiheit kämpfen müssen. Wie können
sie am Schluss triumphieren, wenn sie dieser — wenn auch nicht so stark
wie die Gegner wollen — beraubt werden! Zudem heisst es ausdrücklich,
dass an sich eine unverhältnismässige Belastung der Aecker der Brüder
infolge des Abzugs vieler Einwohner eingetreten sei. Endlich Schweigt
Auhagen völlig über die „alii pauci“, welche mit den Brüdern den Deich
hersteilen sollten. Wer waren nach Auhagen diese alii. wieso kam man
dazu, an sie ein solches Verlangen zu stellen? Waren sie auch Deich-
freie? —
Es ist nicht unmöglich auch Sachsenspiegel II, 56 hierher zn
ziehen und darin den Rechtssatz ausgesprochen finden, dass Dörfer, die ein
Deich beschützt, sich gegenseitig Beihülfe zu leisten haben. Dann wäre
hierdurch der Samtdeichverband des Sachsenspiegels entstanden. Siehe auch
oben S. 208 A. 136. Auf die in. E. teilweise unrichtige Interpretation von
Anschütz S. 114 und Beseler „Deutsches Privatrecht" §201, A. 20 wird
später eingegangen werden. — Vergl. auch Hasse 111, 761 (a. 1331),
,<B ) Siehe oben S. 161.
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und Landschaften auch diese Eindeichungen unternahmen und
jeder Bauer Neulandsparzellen erhielt,"' 3 ) überhaupt keine neuen
Deichverbände ins Leben, sondern nur Erweiterungen bestehen-
der; allein, wenn sich durch Veräusserung der Parzellen eine
eigene Interessentenschaft entwickelte und jeder Kog als ein
Deichband angesehen wurde, 1 " 4 ) entsprosste bald ein Verband,
den nur Deich- und Agrargemeinschaft knüpfte. Später entstand
ein solcher Deichverband mitunter auch gleich bei der Deich-
legung, wenn der Landesherr die Beteiligung an der Bedeichung
allgemein freigab: 185 ) namentlich aber dann, wenn Aussen-
deichsinteressentensehaften zur Bedeichung schritten oder
schreiten mussten. 1 " 8 )
7. Es giebt Samtdeichverbände im engeren Sinn,
deren Entstehung im wesentlichen auf politische Unterlagen
oder auf freie Einigungen zurückzuführen ist.
a) Nicht allein der Gedanke, dass alle durch einen
Deich geschützten Personen deichpflichtig seien, führte zu einer
Verbindung mehrerer Deichverbände, 1 " 1 ) sondern auch das Gefühl
der politischen Zusammengehörigkeit, das sich geltend machte
ganz unabhängig davon, ob die Wassersgefahr für alle durch
einen bestimmten Deich abgewendet wurde oder nicht. Der
politische Zusammenhang knüpfte ein deichrechtliches Band.
Die Deichverbände eines politischen Bezirks wurden zum Samt-
deichverband, der sich mit dem politischen Verband nicht deckte,
wohl aber von ihm erzeugt war. 1 " 8 ) Die Gemeinschaftssphäre
lia ) Siete oben 8. 163.
lw ) Vergl. F. C de la Roche Gallichon § 4. — Spadelandsrecht art. 1.
165 ) Siehe die Verordnung des Herzogs Friedrich von 1497 bei Lass
„Fortsetzung der Husuiner Nachrichten' 1 8. 96,
la ") Siehe oben S. 166 ff.
167 ) Siehe oben sub 5.
1IB ) Diese Entwicklung ist wohl auzunehmen für das Alte Land. Hier
umfasste ein Samtdeichverband die als drei Meilen bezeichneton Deich-
verbünde (an sich bildet die Meile einen politischen Verband). Siehe auch
Auhagen a. a. 0. Auch das Land Wursten ist wohl hierher zu rechnen.
Vergl. Pratje „Altes und Neues" V. S. 303. — In Hadeln ging dagegen
die Entwicklung von einer grossen Markgenossenschaft aus. Vergl.
Auhagen. Abhandlung II. § 1.
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bestand in einer gegenseitigen Beihülfepflicht 16 ®) oder in der
Schaffung einer gewissen, alle Deichverbände znsammenfassenden
Oberleitungsinstanz. ,7# ) Nicht irre machen darf, wenn der
Samtdeichverband mit dem Namen des politischen Verbandes
bezeichnet wird; 171 ) denn es handelt sich hier um die Bezeich-
nung, nicht um das Wesen der Sache. Mitunter rangen die
politischen Verbände eines höheren politischen Verbands um die
Schaffung eines Samtdeichverbandes, der ihre Deichverbände mit-
einander verknüpfen sollte: Der ärmere und gefährdetere strebte
ihr zu, der reichere und sichere wollte nichts von ihr wissen. 174 )
Häufiger vollzog sich die Kreirung von selbst in aller Stille. 17 *)
"•) Deichrecht des alten Landes art. V.
,7 °) In Wursten bildeten die Landteichgeschworenen in Deichsaeheu
die zweite Instanz. Siehe den Recess von 1565 (oben Einleitung § 4 a,
A. 51).
nt) Vergl. A. 168.
m ) Vergl. namentlich die Verhandlungen auf den Landtagen dos
westerlauwersehen Erieslands. Z. B. 1525: .Dan die van Oosterghae syn
die van Westerghae affgetreden, offerende lienre dycken, zyelen ende
sluysen soo te reparieren ende lneten inaecken, dat die van Westergae,
noch nyemant anders by gebreke van dyen, beschädiget sonde werden, ende
begeerden, dat die van Westergae oick in Westergae sulci souden doen.
die van Westerghae hebben geseght ende begeert, dat gemerct. die dycken
in Westergae ende gebrtkeu van dyen, veel grooter ende swarer waeren
dan in Oostergae, ende dat sy sonder hnlpc ende assistentie heure dycken
nyet konsten gemaecken, dat die van Oestergae, Westergae ende Seueu-
woolden, voor dese reyse malckauderer souden hulpeu ende bystaen, dat
d' Lant wel bedyckt mechte werden, ter cont.raryen die van Üstergae
hebben gesustineert, dat sy nyet schuldich en waeren andere dycken, dan
de heure, te repareren ende onderholden“. (Schwarzenberg II, 485'. — Auf
dem Landtag von 1529 wollen die von Ostergho „gheen ghemenschap noch
last annemen mit die van Westergho“; ebenso die Binncndyckster und
Butendyckster in Westergoe. Die Ostcrgoer bewilligen schliesslich eine
dreijähre Steuer, wobei einige ihrer Dorfschaften unbeschwert bleiben sollen,
mit den Worten: Dass sie es bewilligen „deur sonderlinghe Hefte ende
nffectie, die zie hebben tot myn tlhenedyghen Heere .Stadholder, ende tot
zyn Uhenade vrundlycke ende eernstyghe begheerten“. Die von Westergo
müssen aber einen Brief geben, in dem sie auf das liecht, das sie bean-
spruchen, d. h. die Mitverpflichtung der Ostcrgoer zur Deichunterhaltuug
verzichten, wenn sie es nicht innerhalb von drei Jahreu durchkümpfeu.
(Schwarzenberg II, 181).
17S ) Siehe auch die Chronik Emos (oben A. 161), wo die Richter die
Beihülfe erkennen, „quod esset .... puhlicae utilitatis“.
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221
b) Eine Anzahl von Samtdeichverbänden im engeren
Sinn ist auf dem Wege freier Einung entstanden. Schwierig-
keiten in Bezug auf diese Entstehungsformen ergeben sich
daraus, dass sie nicht leicht von zwei anderen rechtlichen Vor-
gängen zu trennen sind.
a) Einmal nämlich erweckt ein Akt, der nur eine straffere
Zusammenfassung mehrerer Deichverbände innerhalb eines
bereits bestehenden Samtdeichverbandes darstellt, den An-
schein der Entstehung eines Samtdeichverbandes. Es ist dies
insbesondere dann der Pall, wenn verschiedene Herrschaften
über verschiedene Stücke eines Deiches oder verschiedene Deiche
eines Deichbezirkes bisher getrennt von einander die Schauung
ausgeübt haben 174 ) und sich nun zu „einer Schau“ vereinigen. 175 )
Liegt dieser Einigung nur eine Ordnung der Deichverwaltung
(Schau, Bussen, Beamtenanstellung) zu Grunde, 178 ) so handelt
es sich nicht um die Entstehung eines Deichverbandes, sondern
um die Herstellung einer einheitlichen Deichverw’altung. Ja,
auch wenn das materielle Deichrecht hereingezogen wurde, ist
daraus noch nicht auf die Entstehung eines Deichverbandes zu
schliessen. Der Zusammenhang zwischen einzelnen Deichver-
bänden war mitunter infolge der selbständigen Deichverwaltung
arg durchbrochen, aber im Rechtsbewusstsein lebte doch das
Gefühl der Zusammengehörigkeit fort. Zu untersuchen ist daher
immer, ob das Verbundensein, wie es uns vor die Augen tritt,
als ein neues, frei erkorenes oder als ein kraft eines nie ganz
eingeschlummerten Rechtsbewusstseins notwendig vorhandenes
erscheint. Dabei darf man sich nicht von dem ersten Eindruck
1M ) Vergl. z. B. oben A. 169.
m ) Bergh II. 24S (a. 1273): „Ego Johanuos dominus de Huesdeue
not um facio . . . quod ego circumspectioneiu qne vulg&riter scouwinghe
nnncupatur, qne mihi conti ngit super nobili viri Florentiuo . . .
mecurn habendem in commune contuli sub conditione subseqnente. Jlieris
IV, 656 (a. 1422). In der (Jrimpenrewaard waren bisher 5 Schauen, jetzt
sollte eine Scbau sein. Siehe dazu auch IV, 942 (1428/29), IV, 976,
982 (1430).
178 J So verhält es sich bei Bergh II 248. Es handelt sich hier um
eine Deichordnung, ebenso wie in Bergh II 498 (a. 1284) und Bergh II
331 (a. 1277).
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bestechen lassen: selbst das Verbundensein, das zunächst fast
nur als eine Wiedererweckung früheren Verbundenseins erscheint,
stellt sich bei genauerer Betrachtung als ein nie völlig ver-
nichtetes dar. 177 ) Analoges ist zu sagen, wenn in den Quellen
Eindeichungen Vorkommen, die von mehreren Deichverbänden
ausgehen. 17 “) Auch hier bedarf es einer genaueu Prüfung, ob
die einzelneu Verbände nicht schon einen Samtdeichverband
bilden oder ob ein Samtdeichverband erst durch die Eindeichung
entsteht. Zu der letzteren Annahme dürfen Bestimmungen über
die Wahl gemeinschaftlicher Deich beamten oder gegenseitiger
Bürgenstellungen allein nicht verführen. 17 “)
177 ) llan wird bei Würdigung des im Text Gesagten zu dem Resultat
kommen, dass es sieb bei den Einigungen und Verordnungen hinsichtlich der
Crimpenrewaard v. 1422, 1430 nicht um die Entstehung eines Samtdeich-
verbandes handelt, sondern um die Herstellung einer gesicherten einheit-
lichen Grundlage und einheitlichen Verwaltung eines bereits bestehenden
Samtdeichverbandes, Im Kechtsbewusstsein lebte das Gefühl der Zu-
sammengehörigkeit. Auf Kitten der Städte wird 1422 eingegriffen. Als
der Graf von Nassau seine Schauung nicht niederlegen will, wird sein Recht
nicht respektiert (Mieris IV, 6731 Siehe auch Guidemont S. 40/41.
Dieser nimmt bis 1422 fünf „diversa aggerum regimiua“ an, von da ab ein
„Collegium generale'.
,re ) Vergl Sander-Deichsatzungen von 1317; ferner Sch wartz en berg
I, 544, 571.
179 ) Nach den Sander-Deichsatzungen von 1317 entsteht kein Samt-
deichverband, sondern ein alter deicht ein. Die Anregung zur Eindeichung
giebt das Kirchspiel. Vergl. oben S. 114. A. 31 u. S. 163. A. 250. — Die
Anstellung von neuen Beamten bei einer Eindeichung findet sich auch daun,
wenn diese von einer Gemeinde ausgeht. Vergl. oben S. 162 u. Mieris
IV. 470.
Man kann daher daraus, dass mehrere Deichverbände zwecks Ein-
deichung Deichbeamte wählen, nicht schliesson, dass ein Samtdeichverband
erst entsteht; dies um so weniger, weil es der Natur des Samtdeichverbandes
nicht widerspricht, wenn gemeinschaftliche Beamte fehlen und weil infolge
der Durchbrechungen der Zusammengehörigkeit das Bedürfnis nach ge-
meinsamen Beamten bei grösseren gemeinschaftlichen Unternehmungen sich
ungemein regeu musste (vergl. nun Sander- Deichsatzungen von 1317 §1). —
Die Vorschrift jährlicher gegenseitiger Bürgenstellungen findet sich bei
Deich-(Sielj verbänden, die unzweifelhaft einen Samtverband bilden (vergl.
Sielrecht der drei Delfsiele von 1317 § 17). Daher ist daraus, dass mehrere
Deicnverbäude bei einer Neueindeichung sich gegenseitig Bürgen stellen,
auf eine Entstehung eines Samtdeichverbandes gelegentlich einer Eindeichung
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ß) Bei einem Vertrage, den ein umfassender Samtdeich-
verband mit einem kleineren Deichverband (der auch ein Sarnt-
deichverbaud sein kann, wenn auch in beschränkterem Masse)
zwecks eines Verbundenseins in Deichsachen abschliesst, kann
es mitunter zweifelhaft sein, ob es sich nur um die Auf-
nahme eines Gliedes in den grösseren Samtdeich verband, oder
um Entstehung eines neuen Samtdeichverbandes handelt.
Allgemeine Regeln, die für die eine oder andere Annahme aus-
schlaggebend sind, lassen sich nicht aufstellen. Man kann aber
sagen, dass in diesen Fällen ein neuer Samtdeichverband dann
entsteht, wenn die Vertragsparteien sich auch später als Ein-
heiten gegenüberstehen und dem kleineren Deichverband eine
andere Stellung eingeräumt wird, als sie die in dem grösseren
Samtdeich verband bereits enthaltenen Deichverbände haben. 180 )
Die Entstehung von Samtdeichverbänden im engeren Sinn
auf Grund freier Einung ist entweder auf die Vornahme einer
gemeinschaftlichen Eindeichung zurückzuführen 181 ) oder ohne
eine solche zu Stande gekommen. 182 ) Bei jenen kann es sich
lediglich um die Begründung eiues Deichbauverbandes handeln. 183 )
Doch ist eine solche deshalb selten erfolgt, weil den sich so ver-
bindenden Verbänden regelmässig auch eine Vergemeinschaftung
dieser oder jener Art nach Errichtung der Deiche am Herzen
liegen musste. 184 ) Die Samtdeich verbände vermittelt durch Be-
deichungen unterscheiden sich in Bezug auf ihre Entstehung
nicht ohne weiteres zu scliliessen. Bei Samtdeichverbämlen ist der Zu-
sammenhang eben oft so lose, dass die Anordnung einer Bürgenstellung bei
neuen gemeinschaftlichen Werken ebenso notwendig erschien, wie hier und
da eine jährliche. (Vergl. nun Sander-Deicbsatzungeu von 1317 § 2.)
18 °) Vergl. den Einlassuugsbrief der drei Delfsiele betreffend die Kirch-
spiele Engelbert und Middelbert (Driessen II, 261) und die „Elbingische
Handfeste über etliche Dörfer zu Dammrecht“ von 137S (Preussische
Sammlung III, 95). Ich nehme hier die Entstehung eines Samtdeichver-
bandes an.
Mi) Vergl. Sch wartzenberg I, 471 (a 1427), 544 (a. 1453).
,8a ) Vergl. Mieris, 614 (a. 1394), Oudenhoven S. 268 (a. 1446)
S. 277 (a. 1483); Sielrecht der drei Delfsielo von 1317. Adewarter Siel-
brief von 1382. Ferner die oben A. 179 angegebenen Quellen.
183 ) Also um die Vereinbarung mit gesamter Hand einen Deich schlagen
zu wollen. Betreffs der Deichbausozietäten siehe unten § 4.
1 84 ) Vergl. auch oben S. 98, 100.
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von den übrigen dadurch, dass bei jenen das sachliche Substrat,
an welches die Vergemeinschaftung anknüpft, erst geschaffen
werden muss, während es bei diesen bereits vorhanden ist. Die
Entstehung der Sanitdeichverbände, welche mit einer Eindeichung
nichts zu schaffen hat, ist auf verschiedene Motive zurückzu-
führen. Man strebte zu einander, um die Vorteile einer ein-
heitlichen Organisation zu geniessen, um sich gegenseitig zur
Beihülfe bei Deichbrüchen zu verpflichten, oder um einen Schutz-
und Trutzverband nach aussen herzustellen gegen so mannig-
fache Behinderungen und Schädigungen. 184 ) Zu dem Zusammen-
schluss zwang kein Rechtssatz, dass Rechtsbewusstsein der
Zusammengehörigkeit verknüpfte die Vertragschliessenden im
wesentlichen nicht; sie beherrschte mehr der Gedanke der
Zweckmässigkeit und praktischen Vorzüge einer Vereinigung.
Freilich konnte sich die freie Einung dem festeren Zusammen-
schluss eines verfallenen oder stark zerbröckelten Samtdeich-
verbandes ungemein annähern. 188 ) Andererseits fiel häufig ein
Schimmer rechtlicher Zusammengehörigkeit durch, wenn die
Verbindung mehr zwecks gegenseitiger Beihülfe geschlossen
wurde.
8. Innerhalb der Deichverbände bildeten sich infolge be-
sonderer Umstände kleinere Deichgemeinschaften. Erwähnens-
wert sind in dieser Beziehung namentlich die Höfterver-
bände. 187 ) Ausführlicher unterrichtet über sie das Deichrecht
von Salland. In älterer Zeit durfte derjenige, dessen Land
ausserhalb des Deichs soweit abgebrochen w r ar, dass das Schar 188 )
186 ) Bald tritt das eine, bald das andere Motiv mehr hervor; mitunter
vermischen sie sich. In Bezug auf den Schutz nach aussen vergl. Rieht -
hofen Rq. S. 308; Halsema S. 550 ff. Driessen III, S. 479. — Das
Streben nach gemeinsamer Organisation übet wiegt beim Adewerter Sielbrief
von 1389. Das Streben nach Beihülfe liegt meist nur auf der schwächeren
Seite. Siehe die (Quellen in A. 182.
ist»} Der Adetvarter Sielbrief von 1.382 (Richthofen Rq. S. 345) § 1
nennt den Siel, an den sich die Einung anschliesst „desen . . . ziil, den wy
tezamen leggheude hebben“. Andrerseits aber wird im § 17 gesagt, dass
die Vorschriften nur drei Jahre gelten sollen.
187 ) Höfter sind in das Watt oder den Strom hinaus gebaute Anlagen.
ie8 ) Schar ist die „Scheuer- oder Bruchstelle“.
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so nahe an den Deich herankam, dass er den Schardeich nicht
länger halten konnte, eine Einlage begehren; 18 ®) eine solche war
ihm nicht abzuschlagen, wenn er mit zwei Landgenossen schwur,
„dat die wilde wykinge die van Ouerlandt koemett, syn erue
buyten synen Dyck, soe seer en wech gebroeken helft, ende toe
schoirt, soe dattet schaer soe nae synen Dyck gaett, dat hy
die nederste zoede mitter ouerster noch die ouerste zoede mitter
nederster langer nyett geholden en kan“, 1 ® 0 ) oder wenn er, wie
es im jüngeren Schulzenrecht heisst, mit den übrigen Schar-
deichsleuten den Schwur leistete, „datse deer dine bannena dyck
naet längere ne halda ne möge mit höre ende mit holte, mit
eerda ende mit eke“. 1 ® 1 ) Später suchte man die Einlagen nach
Möglichkeit einzuschränken. 1 "®) Man half sich bei Schardeichen
mit der Anlage besonderer Befestigungswerke. Die Errichtung
eines „Hoefts“ konnte verlangt werden, wenn das Schar sich
auf drei Ruten dem Deich genähert hatte. 1 ® 3 ) Alle Schardeichs-
leute mussten sich dann auf einem bestimmten, angesagten Tag
auf dem Deich unter dem Vorsitz des Deichgrafen und der
Heemraden versammeln, und vier Leute erküren, die mit den
Deichbeamten die Höhe und Breite des Hoefts bestimmen
sollten. 194 ) Alsdann erwählten Deichgraf und Heemraden aus
den Schardeichserffgenaemen einen Hoeftmeister, 1 ® 5 ) welcher von
den Schardeichsleuten die Materialkosten 1 " <1 ) für das Werk nach
Deichrutenzahl zu empfangen hatte. 1 ® 7 ) Die übrigen Kosten
hatte das Kirchspiel, darin der Deich, vor dem man „hoefden“
musste, gelegen war, zu begleichen. 1 ® 8 ) War das Hoeft „zu Deich-
le8 ) Deichrecht von Sallaud art. 2. — Der Mann soll bei der ersten
Schauung auf dem Deich stehen und sagen: .Herr Doiehgraf, ich bitte Euch
um einen Vorsprecher und dass Ihr absitzet und richtet, als Ihr zu thuu
schuldig seid*. Der bestellte Vorsprecber begehrt dann im Nainou des
Schardeichmannes die Einlage.
I3 °) Deichrecht von Sallaud art. 2, 4.
ul ) Richthofen Rq. S. 416 § 16.
18ä ) Vergl. unten Abschnitt III.
im) Wenigstens nach dem Deichrecht von Salland art. 59.
*•*) a. a. O. art. 59, 60.
195 J a. a. 0. art. 81.
196 ) Zu bezahlen sind „palen, holt eude alle Ruwaer* (art. 62).
m ) a. a. O. art. 62.
'*) a. a. O. art. 64. Das Kirchspiel verteilt die Kosten nach
J. Olerke, Geschichte dea deuteeben Deiohreohte. 16
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grafen und Heemraden Lobe“ gemacht, so sollten „die Erff-
genaemen op den Schaire met hairen Dyken gelegen, dat hoeuet.
op oire kost schouwfry holdenn“. 1 ®*)
Was die Entstehung dieser Schardeichs- oder Hoefterver-
bände anlangt, so wird in den späteren Quellen Sallands
namentlich betont, dass dann, wenn ein Schardeichsbesitzer aut
der ersten Behauung* 00 ) die Errichtung eines Hoefts nicht be-
gehrt, die Deichbeamten von selbst einschreiten und die be-
treffenden Geerfden versammeln können.* 01 ) Auch tritt das
Wahlrecht der Schardeichsleute bezüglich der vier Vertreter
gegenüber einer Berechtigung der Deichbeamten zur Anstellung
dieser zurück* 0 ’) und der Einfluss der Städte bei Errichtung
der Höfter stark hervor.* 08 )
Sehr verwickelt werden die Verhältnisse, wenn bei der
Legung der Höfter mehrere Gemeinden und Deichverbände be-
teiligt sind. Dabei ergeben die Quellen mitunter nicht ganz
deutlich, ob die Gesamtheit der Erbauer identisch ist mit der
Gesamtheit der Unterhalter, oder ob gewisse Gemeinschaften
nur eine einmalige Beihülfe zur Errichtung gewähren, oder ob
zwar eine besondere Unterhaltungsgemeinschaft entsteht, aber
eine weitere Höftergemeinschaft für den Fall der Zerstörung
des Hoefts (nach Massgabe der erstmaligen Kontributionen) be-
stehen bleibt. Das Vorkommen dieser verschiedenen Möglich-
keiten dürfen wir annehmen.* 04 )
„waertael", worüber später zu bandeln ist. Diese Kosten bestanden haupt-
sächlich im Arbeitslohn.
109 ) a. a. O. art. 65.
*°°) Die erste Schauung heisst „Aenuanck“.
“O a. a. O. art. 91.
»“) a. a. O.
*“) art. 91: .Ende daer beneffens van den dreen Steden scriffteiyken
begheren, oire geschickte Kaidesfrunden daermedde by te hebben, die des
nyett weygerern Bullen, ommc met hem to helpen raeden, enn kentenisse te
draegen, offtet nutte ende profitelik sali wesen, aldaer te hoeffden . . .“
**) Vergl. betreffs dieser interessanten Rechtsverhältnisse namentlich
art. 104 des Deiclirecbts von Salland, der freilich schon in die zweite
Periode hineinragt. Eine ganz genaue Interpretation kann nur auf Grund
lokaler Untersuchungen erfolgen. Zu bemerken ist folgendes: Es handelt
sich um die Errichtung von drei Hoeften:
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Hinzuzufügen ist noch, dass sich innerhalb grösserer Deich-
verbände auf Grund verwaltungsrechtlicher Abgrenzungen Ge-
meinschaften bildeten, die hinsichtlich bestimmter Strecken des
Deiches bei Wassersnot, Deichbrüchen und Einlagen als Bei-
hülfe- oder Not verbünde erschienen. 406 )
Herrschaftliche Deichverbände im engeren Sinn
traten schliesslich nicht mir auf Grund neuer Ansiedlungen, 40 *)
sondern überhaupt in analoger Weise wie herrschaftliche Ge-
meindedeichverbände ins Leben. 407 ) Sie bildeten sich also, wenn
über einen bestehenden Deichverband im engeren Sinn ein
Deichherr trat, oder wenn die Entstehung eines Deichverbandes
im engeren Sinn sich unter herrschaftlicher Gewalt vollzog.
V. Die Mehrzahl der Schriftsteller stellt sich den
Hergang bei der Entstehung der Deichverbände in falscher
Weise vor. So erblickt man die älteste Quelle der Deich-
verbände in freien Einungen nachbarlicher Grund-
besitzer. Dabei lässt man den Deich verbaud entweder als
Einung zum ersten Deichbau oder als Einung zur Unterhaltung
1) Das eine soll errichtet werden bei Jan Laessens Camp. Bezahlen
sollen dies die von Vortmann. es sollen ihnen aber zu Hülfe kommen die
Georffden des Kirchspiels von Ölst, die von dem Wasser überlaufen werden
können, mit einem Drittel des Arbeitslohnes und der Kosten des eventuell
auswärts zu beschaffenden Heizmaterials.
2) Das andere Hoeft soll errichtet werden auf Unterwykes Kamp.
Hierzu sollen kontribuieren die Hälfte die Kirchspielsleute von Ölst, '/, „die
gedycken van Vortmer hecke aff hent tott wyer vcerstall toe“, */« aber die
Kirchspielsleute von Wye.
3) Das dritte Hoeft soll gelegt werden bei Juffer van Dornix Camp
Dazu sollen die eine Hälfte gewisse Gedeichte, die andere Hälfte die Erff-
genamen des Kirchspiels Wye bezahlen.
Zur weiteren Verdeutlichung des im Text Gesagten ist zu bemerken,
dass nach art. 104 zwei Hoefte von denen „aufgemacht“ werden sollen,
„dien datt medde beroert ende angaet“ und dass nach art. 06 bei Wegbruch
des Hoefts die Wiederherstellung auf dieselbo Weiso erfolgen soll, wie
seine erstmalige Errichtung.
**) Vergl. art. 37 des Deichrechts von Sallaud. Die Abgrenzungen
werden daselbst „Landscheidungen* genannt.
a06 ) Siehe oben S. 206 ff.
Vergl. oben S. 201.
15 *
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resp. Verstärkung der zunächst von einzelnen aufgeworfenen
Dämme ins Leben treten.* 1 “) Manche lassen überhaupt als
einzigen Entstehungsgrund nur die freie Einung zu. 509 ) Diese
Ansichten sind aus dem Bestreben hervorgegangen, eine Er-
klärung lür das Vorhandensein der von uns sgn. Deichverbände
im engeren Sinn zu finden. Sie konnten sich nur dadurch
bilden, dass man die natürliche Beschaffenheit der Deichländer, 210 )
die Quellenzeugnisse, welche als ältesten Deichverband den
Gemeindedeichverband kennen 911 ) und das die Geschichte des
Deichrechts beherrschende Zwangsmoment 91 *) gar nicht oder
nicht genügend beachtet hat. Ebensowenig aber darf mau
sagen, dass in späterer Zeit die freie Einung der nachbarlichen
Grundbesitzer (der Interessenten) bei der Entstehung von Deich-
verbänden im engeren Sinn eine bedeutendere Rolle gespielt hat.
'■**) Vergl. Wilda a. a. 0. S. 282 ff., v. Ende §§ 6. 7. Nach letzterem
führte die Einsicht, dass der einzelne gegenüber dem durch die ersten von
ihm ausgeführten Deichanlagen reissender werdenden Strom machtlos sei,
zu gesellschaftlichen Vereinigungen, die sich zu grösseren Deich verbänden
auswuchsen. — Siehe weiter Dämmert S. 23, Georg Meyer S. 75,
Edgar Loening S. 689, Graf von Bernstorff S. 4. Näheres teilweise
auch oben Abschnitt I. § 2. A. 44 ff. Betreffs der Sondermeinung
Auhagens siehe oben S. 100. — Gegen Wilda erklärt sich namentlich
Gierke I. 614. A. 101. Gierke sagt mit Recht, dass die Deichgenossen-
schaften ursprünglich mit den politischen Gemeinden zusammenfielen; nach
seiner Ansicht lösten sich allmählich besondere Deichverbände ganz ähnlich
wie anderswo Markgemeinden ab (a. a. 0. S. 613); allein es wirkten bei
der Entstehung von Deichverbänden im engeren Sinn, wie wir sahen, auch
noch andere Momente mit als bei der Entstehung von Markverbänden. —
Was die spätere Zeit anlangt, so nimmt Gierke (S. 614) die Entstehung
von Deichverbäuden im engeren Sinn auf Grund freier Einung in gewisser
Hinsicht an. Vergl. hierüber unten A. 214. — Anschütz (S. 143) lässt
die Frage, ob die ältesten Deichverbände im engeren Sinn infolge von Ab-
spaltungen von Gemeinden oder auf Grund freier Einung entstanden seien,
unentschieden.
*“) Siehe Georg Meyer a. a. O. auch Graf von Bernstorff a. a. 0.
Bezüglich der Meinungen Wildas und von Endes siebe oben Abschnitt I.
§ 2 sub 2.
al “) Siehe oben S. 87 ff. 103.
au ) Siehe oben S. 184 ff.
aa ) Man beachte namentlich den weitgehenden Zwang, der die Ent-
stehung der aus Anssendeichsinterusseuteuschaften hervorgehenden Deich-
verbände beherrscht; siehe obon Abschnitt I. § 3 sub VI.
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Denn nur bei der Schaffung von Samtdeichverbänden im engeren
Sinn wirkte sie in ganz bescheidener Weise mit, indem mit-
unter Deichgenossenschaften sich zu Samtdeichverbänden frei
einten 418 ) und nach deutscher Auffassung jeder dieser kleineren
Deichverbände zugleich als Einheit und Vielheit erschien. 414 )
Nicht zu verwechseln ist mit dem eben Besprochenen die Frage,
in wie weit die Deichverbände durch freieEinungüberhauptins
Leben gerufen sind. Die Beantwortung dieser Frage muss ver-
schieden ausfallen, je nachdem man die Siedlungs- und Tochter-
gemeinden in mehr oder minder starkerWeise auf freie Einungen
der sich Abschichtenden znrückführt. Wir meinen, dass schon von
Anfang an die freie Einung hier ein ausschlaggebender Faktor
gewesen ist; 416 ) hinsichtlich der Kolonien der späteren Zeit kann
dies jedenfalls nicht bestritten werden. Bei diesen freien
Einungen aber handelte es sich nun nicht um Vereinigungen
der nachbarlichen Grundbesitzer, sondern um freie Einungen
zur Erwerbung nachbarlichen Grundbesitzes — oder um eine
schärfere Formulierung anzu wenden: nicht um Einigungen der
Interessenten, sondern um Einungen zu Interessenten. 416 )
21S ) Siehe oben snb IV.
214 ) Siehe unten § 4. — Man muss daher in der Ablehnung des Moments
der freien Eiuung bezüglich der Entstehung von Deichverbänden noch weiter
gehen als Gierke. Dieser sagt S. 614: „Neben den aus den Gemeinde-
Verhältnissen allmählich abgelösten Genossenschaften dieser Art (den Deicb-
verbänden i. e. S.) mochten auch freie Einungen zur Anlegung und Unter-
haltung von Deichen und Sielen Vorkommen.“ —
a6 ) Vergl. oben S. 92.
2, °) Wir sehen hierbei davon ab, dass bei den Siedlungsgemeinden die
späteren Deichgenossen vor dem Unternehmen der Eindeichung dann schon
in gewisser Hinsicht Interessenten gewesen sind, wenn es sich um Be-
deichungen vou Strecken, die zur gemeinen Mark gehörten, durch einzelne
sieb abschichteude Markgenossen handelte.
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Die Zusammensetzung der Deichverbände.
I. Eine Betrachtung der Zusammensetzung der Deich-
verbände hat von den Gemeindedeichverbänden auszugehen
und daran eine Schilderung der Mitgliedschaftsverhältnisse bei
den Deichverbänden im engeren Sinn anzuknüpfen. Die
Zugehörigkeit zu einem herrschaftlichen Deich verband im
engsten Sinn als solchem wird später kurz berührt werden.
Die Gemeindedeichverbände und Deichverbände im engeren
Sinn setzen sich aus Individuen oder Verbänden zusammen.
Da aber nach alter Auffassung einerseits die Genossen-
schaft zugleich als Vielheit von Individuen andrerseits der
herrschaftliche Verbandsträger zugleich als Individuum erschien,')
lässt sich eine schroffe Scheidung zwischen der Mitgliedschaft
von Individuen und Verbänden nicht machen. Immerhin ist
aber zunächst davon auszugehen, als ob sich die gedachten
Deichverbände ans Individuen zusammensetzen. Es wird dies
namentlich dadurch gerechtfertigt, dass innerhalb grösserer
Deichgenossenschaften ursprünglich nicht die kleineren Deich-
genossenschaften, sondern die Individuen als solche als Deich-
genossen auftreten.*)*) Einige Worte über die Gliedstellung
‘) Siehe CHerke II, 43.
s ) Siehe unten sub IV, 2. Betreffs der Markgemeinde vergl. Gierke I,
587, A. 10. II, 340.
s ) Es spielen daher die herrschaftlichen Deichverbände im engsten
Sinn insofern auch zunächst schon in die Darstellung hinein, als diese
herrschaftlichen Verbände Glieder eines grösseren Deichverbandeg sind,
indem der Herr als Träger des Verbandes zugleich als Individuum inner-
halb des umfassenderen Deichverbandes in Betracht kommt und gegebenen
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von Verbänden (sei es herrschaftlichen Verbänden im engsten
Sinn, sei es Gemeinden, sei es Deichverbänden irgend welcher
Art), werden später hinzugefügt werden.*)
II. Indem wir so von den herrschaftlichen Deichverbänden
im engsten Sinn in gewisser Hinsicht absehen, betrachten wir
die Mitgliedschaft im Deich verband vom Standpunkt des
Individuums aus hinsichtlich ihrer Voraussetzungen, ihres
Inhalts und ihres Umfangs.
1. Da sich in der ältesten Zeit jeder Deichverband mit
dem Gemeindeverband deckte, so war die Mitgliedschaft im
Deich verband an dieselben Voraussetzungen geknüpft, wie
die Mitgliedschaft im Gemeindeverband. Bei den Siedlungs-
deichgemeinden bedingten sich beide Mitgliedschaften derartig,
dass sie beide als gegenseitige Ausflüsse erschienen; bei den
übrigen Gemeindedeichverbänden dagegen stellte sich die Mit-
gliedschaft im Deichverband dar als notwendiger Ausfluss der
Gemeindemitgliedschaft. ft ) Bei allen Gemeindedeichverbänden,
mochten sie nun freie oder herrschaftliche sein, bestimmte so
die Gemeindezugehörigkeit die Deichverbandszugehörigkeit. Dies
änderte sich als Deichverbände im engeren Sinn ins Leben traten
und der Gemeindedeichverband eine Trübung nach der Seite
eines Deichverbandes im engeren Sinn erfuhr. Die Mitglied-
schaft bei einem Deichverband im engereu Sinn nämlich be-
stimmte, wenn er die Hülle des Gemeindeverbandes völlig
abgestreift hatte, nicht die Gemeinde- sondern die Deich-
zugehörigkeit. Dieser Satz erlitt insofern eine Einschränkung,
als es sich um Deichverbände im engeren Sinn handelte, die
aus mehreren Gemeinden bestanden.
Falls die Angehörigen des herrschaftlichen Verbandes in gewisser Hinsicht
an der Mitgliedschaft im höheren Deichverband selbständig Teil haben
können. — Analoges ist zu sagen bei der Qliedstellung von herrschaftlichen
Verbänden im engsten Sinn, die keine Deich verbände sind.
4 ) Siehe unten sub IV.
6 ) Die Ausdrucksweise im Texte empfiehlt sich wegen der späteren
Entwicklung. Dass genau genommen weder von verschiedenen Mitglied-
schaften noch von verschiedenen Verbänden gesprochen werden darf, ist
klar: Es existiert ja nur ein Verband, der Gemeindedeichverband.
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a. Die persönlichen Voraussetzungen um Vollgenosse
zu sein, wären anfänglich Geburt mit hinzutretender Selbst-
ständigkeit oder Aufnahme innerhalb des Verbandes. 9 ) Jemehr
der Schwerpunkt der Deichverbandsmitgliedschaft in der ding-
lichen Grundlage gesehen wurde und ihr Inhalt von einer auf
dinglicher Basis ruhenden Pflicht beherrscht ward, um so mehr
traten die persönlichen Voraussetzungen zurück, ohne dass sie
je ganz verschwunden wären. In gewissem Zusammenhang
steht diese Entwicklung mit der Entstehung von Deichverbänden
im engeren Sinn. Doch darf man hierin keinen prinzipiellen
Gegensatz zwischen Gemeindedeichverbäuden und Deichverbänden
im engeren Sinn erblicken. Wurde doch die Notwendigkeit der
persönlichen Voraussetzungen bei vielen Gemeinden und damit
implicite bei den Gemeindedeichverbäuden erheblich modifiziert. 7 )
Das ist freilich zu bemerken, dass die Ablehnung eines per-
sönlichen Moments für die Befähigung zur Deichpflicht und
Deichverwaltung im Gegensatz zur Qualifikation zum Gemeinde-
genossen innerhalb eines Gemeindedeichverbands einen Deich-
verband im engeren Sinn ins Leben rufen konnte. 8 )
Daher waren die Ausmärker keine vollen Deichgenossen.
Im Laufe der Zeit rückten sie freilich in demselben Mass zu
einer ähnlichen Stellung empor, wie sie sich vollen Gemeinde-
genossen näherten.*) Ja, sie wurden auch im Gegensatz zur
Gemeindemitgliedschaft immer mehr der vollen Deichverbands-
mitgliedschaft teilhaftig, und je nach der Stärke dieses Gegen-
satzes erfuhr durch sie der Gemeindedeichverband eine mehr
oder minder starke Trübung nach der Seite eines Deichverbandes
im engeren Sinn, die schliesslich zur Entstehung eines solchen
führen konnte. 10 ) Man würde freilich fehl gehen, wenn man
6 ) Im allgemeinen vergl. öiorke I, 693 ff. II. 2G8 ff.
t) Gierke II, 274.
8 ) Dies war namentlich der Fall, wenn der Ansmärker als voller Deich-
genosse anerkannt wurde, aber nicht voller Oemeindegenosse war. Vergl.
das Deichrecht von Kettesbilttel (oben Einleitung § 4a A. 122). — Be-
günstigt wurde die Entwicklung da, wo jedem Grundstück eine bestimmte
Strecke Deichs zur Unterhaltung zngewieseu war.
®) Siehe Berghll, 611.
**) Siehe Anm. 8.
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dem Deichverband im engeren Sinn den Begriff des Ausmärkers
absprechen wollte. Da nämlich eine Gruppe von Gemeinden
einen Deichverband im engeren Sinn bilden konnte, so waren
die innerhalb der Gemeinden vorhandenen Ausmärker zunächst
auch Ausmärker eines Deichverbandes im engeren Sinn. Aller-
dings kann man annehmen, dass gerade in diesen Fällen die
Ausmärker sich sehr bald zu vollen Deichgenossen erhoben. 11 )
Die Brücke, welche für den Ausmärker von der Position eines
Ungenossen zur Stellung eines Vollgenossen hinüberführte, war
die, dass man von ihm die Ernennung von Stellvertretern,
Bürgen, Bauerwahrsmännern forderte. 13 ) Man bezweckte damit
freilich zunächst nur, eine ordentliche Pflichterfüllung des Aus-
märkers und eine Sicherstellung des Verbandes zu erreichen.
Doch ward bald da, wo insbesondere infolge der Verdinglichung
der Gemeinde- oder Deich verbandsämter oder infolge des
Rechtssatzes, dass der Kabelhalter die Gräsung seines Deich-
schlages geniessen dürfe, eine Vertretung für den Ausmärker
billig erschien, die Anschauung angebahnt, dass der Ausmärker
vollerDeichgenos.se sei, aber hinsichtlich der Ausübung seiner
Rechte und Pflichten eines für ihn haftenden Stellvertreters
bedürfe. Schon früh kam man andrerseits dahin, den Ausmärker
unter der Bedingung zuzulassen, dass er in dem Gebiete wohne;
hier entfiel dann die Notwendigkeit einer Vertretungsbestellung,
ja man könnte dabei vielleicht an eine Aufnahme des Fremden
denken. 13 )
Das Wohnen im Gebiet war in den Deichländern von
grosser Wichtigkeit; es kam nicht nur bei der Regelung der
rechtlichen Stellung der Ausmärker, die wohl grössten Teils
ausserhalb wohnten, in Betracht, sondern für jeden Deichgenossen.
Ursprünglich musste jeder Deichgenosse im Bezirk wohnen;
u ) Vergl. das Deicbrecht für Bavendreckt u. s. w. von 1488 (oben Ein-
leitung § 4b. A. 446).
,s ) Neueres Deichrecht in den vier Gohen art. 19 (Ansmärker haben
Bürgen oder Bauerwahrsmänner zu stellen); Uinnebecker Bauer-Willkür
von 1748 [bei Auhagen S. 671 A. 6] (derjenige, der Land possediert, aber
im Dorf nicht wohnt, mnss einen Bauerwahrsmanu bestellen).
,3 J Bergh I, 646 (der Fremde, der Grundstücke erbt, muss im Gebiet
wohnen oder verkaufen oder carere).
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später gestattete man das Wohnen ausserhalb des Bezirks unter
der Bedingung der Ernennung eines Vertreters. 14 ) Namentlich
sah man da, wo die Erffgemannen einen höheren Deichverband
über ihren Meyern und Kolonen bildeten, von dem Erfordernis
binnenländischen Wohnens für die Erbexen ab. 15 ) Auch wurde
jedenfalls derjenige, welcher als mittelbarer Genosse dem Ver-
bände zunächst haftpflichtig erschien, ohne weiteres als ge-
nügender Vertreter angesehen. 15 ) Ingleichen war bei der Bildung
kleinerer Deichverbände innerhalb grösserer 17 ) nur das Wohnen
in dem Gebiet des letzteren erforderlich. Zum Vollgenossen
gehörte anfänglich auch das passive Wahlrecht zum Deich-
beamten. Es ist daher sehr bezeichnend, wenn der Wohnsitz
im Gebiet lange Zeit Voraussetzung der Wählbarkeit war. 18 )
Wenn man später sich hiergegen wehrte oder von ihr absah,
aber das Erfordernis des Begüt ortseins binnen der Schau be-
stehen liess, 1 ®) so zeigt dies, dass man nicht mehr in alter Weise
daran festbielt, dass nur das Wohnen im Bezirk die Qualifikation
eines vollen Deichgenossen gewährte.
In späterer Zeit, die nur noch teilweise in die erste
Periode gehört, wurde dem Fremden die Mitgliedschaft mitunter
geradezu versagt. Der Begriff des Fremden wurde dann je
nach dem Gebiet, für welches der Rechtssatz gelten sollte, ent-
weder im Sinn des Gemeindefremden s# ) oder des Landes-(Staats-)
Fremden* 1 ) genommen. Der Grund für diesen Ausschluss lag
namentlich darin, dass die persönliche Haftung des Ausländers
sei es in Frage gestellt, sei es schwer realisierbar sein konnte.
Mangels wirtschaftlicher oder rechtlicher Selbständigkeit
waren die Frauen keine vollen Deichgenossen. Ganz abgesehen
I4 ) Siehe A. 11.
16 ) Vergl. das Deichgericht von 1569 bei Pnfendorf IV S. 67.
I6 ) Siehe unten sub b.
17 j Vergl. die Deichordnung für Cleve von 1575 (oben Einleitung § 4a
A. 260).
“) Vergl. Nyhoff „(Jedenkw.* II. S. '75 (a. 1370), Keure von See-
land V. 1495 I, 41 und unten § 3.
**) Vergl. Gtuldemont S. 41, 47.
*•) Haiamerbroker Deichrecht art. 103.
n ) Lünebnrgische Deichordnnng von 1564. § 12 .
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von ihrer Unfähigkeit zu den gewöhnlichen Deichbeamtenstellen
finden sich Reste dieser Anschauung in späterer Zeit darin,
dass man ihnen die Ausübung der auf ihren Grundstücken
ruhenden Rechte und Pflichten entweder ganz oder in gewissen
Beziehungen versagte. Nach dem Hammerbroker Deichrecht
vertritt die Frau ein Deichgeschworener;**) nach dem Deichbrief
für Niederbetuve von 1410 kann sie die Pflichten eines Busen-
landgebers („Siebeners“ nur in Gemeinschaft mit einem „momber“
(Vormund) erfüllen.* 8 ) Doch gestattete man der Frau in anderen
Gegenden auch die Ausübung des Deichgenossenrechts in mancher
Hinsicht. 84 )
Ebenso waren Kinder und Minderjährige keine vollen
Deichgenossen. Schon der Erbpachtbrief des Abtes von Egmont
für Popswoude aus dem Jahre 1251 erklärte, dass Minderjährige
kein Deichgeld zu zahlen hätten.* 5 ) Mangels wirtschaftlicher
Selbständigkeit erscheinen ferner die ungeteilten Erben nicht
**) Hammerbroker Deichrecht art. 32 (a. 1523): „Weiter Wedeve, de
dar Land beft im Hammerbrake, de schall enen van den olden Dykswaren
darto bewilligen, de erentbalben datzenne deit, gelik elfte deaulve Wewede
enen eheliken Man hadde de dat sulven mochte dohn“.
**) Plakaetbuch fdr Gelderland S 46: Busenlandgeber soll sein „geen
wyf, sy en sal eerst eenen Momber hebben ende werwen nae onsen Land-
recht“, dann soll sie „mit oeren Momber t' samen sweeren ende geven voer
eenen man, als een ander recht soevende, sonder arch“. Busenlandgeber
nennen wir denjenigen, der bei der Busenlandsuche thätig ist. Das Institut
der Busenlandsuche heisst holländisch „Bozeming“. Ueber es wird später
zu sprechen sein. Die beste Wiedergabe des holländischen Bozeming scheint
mir Busenlandsuche zu sein. Sie findet dann statt, wenn ein Deichgenosse
seine Deicbpllicht nicht erfüllen kann oder will. Alsdann wird gewisser-
massen der Stammbaum des Landes verfolgt und soweit es nötig ist, alles
Land, dass demselben „Busen“ angehört als deichpflichtig und eintritts-
pflichtig betrachtet. Die Landgenossen, welche bei der Busenlandsuche zum
Suchen verpflichtet sind, heissen Busenlandgeber oder Siebener. VergL vor-
läufig Hugo Grotius S. 39.
**) Deichrecht von Mastenbroek art. 12: „Off daer ennich vrouwen
naeme weer, off sy wall gheuen mechte (als Busenlandgeber tbätig|sein
könne)? Bin vrouwe mach geuen gelyck een Man“.
*) Bergh I. 545. — Später vertrat sie der Vormund. Siehe Deich-
recht von Mastenbroek art. 13: „Ofte daer onmendinge kinder wairen, wie
daer voer gheuen solde (d. h. als Busenlandgeber)? Die oldeshe Manspersoeue
vander zweert sytt, die daer ein Momber toe is“.
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als mehrere Deichgenossen, sondern repräsentierten nur eine
Mitgliedschaft. 5 ®)
Was die Aufnahme in den Verband anlangt, so sind wir
darüber durch deichrechtliche Quellen wenig unterrichtet. Es
handelt sich hier zunächst nur um die Aufnahme der Persön-
lich keit.* 7 ) Dass über sie die Quellen schweigen, ist daraus
zu erklären, dass die Deichverbände noch stark mit den Ge-
meinden in Verquickung standen, so dass eine Aufnahme in den
Gemeindeverband genügte. Wir können dies bei den Deich-
verbänden im engeren Sinn, die sich aus Gemeinden zusammen-
setzten, mit Sicherheit vermuten. Auch bei den kleineren Deich-
verbänden innerhalb eines Gemeindedeichverbandes war die Auf-
nahme in den grösseren Gemeindedeichverband genügend. Die
Modifikationen, welche die Aufnahme bei der Markgemeinde
namentlich dadurch erfuhr, dass eine Aufnahme nach Jahr und
Tag stillschweigend als erfolgt galt, 5 ®) zeigt sich in den deich-
rechtlichen Quellen insofern, als später mitunter zur Qualifikation
eines Deichbeamten oder Busenlandgebers der Besitz des Erbes
während Jahr und Tag gefordert war. 5 ®) Die Frage, ob eine
Aufnahme der Person stattfinden musste, bedurfte aber in deich-
rechtlichen Quellen dann einer Beantwortung, wenn es sich um
die Erwerbsart eines Grundstückes handelte, welche dem Deich-
recht eigentümlich ist, nämlich dem Grundstückserwerb durch
Spatenziehen. Da aber die Entwicklung des Spatenrechts
es mit sich brachte, dass lange Zeit das Spatenziehen als Näher-
pflicht bezw. Näherrecht der Sippe oder der Rentner aufgefasst
®) Deichbrief für Niederbetuve von 1410 (oben A. 23): Die „t’samen
seten in gemeyneu budel, die uiet jaer ende dagh gescheyden bebben ge-
weest“, sollen nur einen Busenlandgeber stellen. — Handveste für Medem-
blick von 1404 (oben Einleitung § 4b A. 537): Die Witwe und der Witwer,
die mit Kindern zusammen und „unverschieden gelandt“ sind, zahlen nur
eine Buss.e. — Siebe aber Bergh II, 24S (a 1273), wo die Bannbusse des
einzelnen 5 Solidi beträgt, aber die Busso mehrerer, die ein Deichteil ge-
meinsam haben, auf 20 Solidi berechnet wird.
w ) Ueber die Aufnahme von Grundstücken siehe unten sub b.
■®) G.ierke I, 594; II, 274.
“) Deicbbriof für Niederbetuve v. 1410 (oben A. 23): „Soe en sal
niemant soevende off gever wesen van dyck off van onraede der dyck, by
en beeft synen eygen erve beseten jaer ende dagh“.
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wurde, 80 ) andererseits in vielen Gebieten das Spatenziehen wegen
des Instituts der Busenlandsuche 81 ) fortfiel, so findet sich die
Vorschrift einer Aufnahme spät und selten. Bezeugt ist sie im
Deichrecht des Alten Landes, wo 88 ) bei der Verspätung gefragt
wird: „Ob jemand sey, der das Guth annehmen, entsetzen und
beteichen wollte? Und ob auch der, so sich dazu erbeut, der
Meile tüchtig und genughaft sei anzunehmen?“ Bezeugt ist sie
ferner in einer Lüneburgischen Deichfindung von 1537, wo die
Landleute erklären, dass beim Spatenziehen derjenige näher ist,
der die meiste Schuld im Gute hat, „indeme idt der Herschop
und den Landtluden beleuet und bequeme ist“. 88 )
Zu bemerken ist noch, dass streng genommen zu den
persönlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft alle die persön-
lichen Voraussetzungen zu zählen sind, die man insbesondere
später an die Wählbarkeit zum Deichbeamten knüpfte. 84 ) Schliess-
lich muss umgekehrt erwähnt werden, dass gewisse Personen
nicht Vollgenossen sein konnten, da sie aus Gründen, die in
ihrer Person lagen, von der Deichpflicht befreit wurden. 85 )
b) Die dinglichen Voraussetzungen, um Vollgenosse zu
sein, knüpfen alle an das Erfordernis von Grundbesitz an.
a) Ursprünglich forderte man hinsichtlich der Art des
Grundbesitzes eine dem betreffenden Verband entsprechende
Gewere 88 ) und den Besitz einer vollen Hufe. 87 )
*) Siehe z. B. Altes Deichrecht vou Humsterlaud (Rieht holen Rq.
S. 364 § 12); Neueres Deiehrecht von Hamsterland (a. a. 0. S. 365 A. 3).
— Emsiger Pfenningschuldbuch (a. a. 0. S. 210 ) § 75. — Ostfriesisches
Land rocht II. cap. 263. Näheres bei der Darstellung des Spatenrechts.
3I ) Siehe oben A. 23.
**) art. 14.
®) Siehe Pufendorf II S. 5ö4. Der im Text in Anführungszeichen
gesetzte Satz bedeutet, „wenn die Landleute und die Herrschaft ihn als
Deichgenossen aufnehmen wollen“. Es soll uicht etwa die Bedeutuug haben,
„weil die Landleute und die Herrschaft die Geltung des gefundenen Rechts-
satzes wollen* **) .
M ) Siehe unten § 3.
®) Vergl. Abschnitt III.
®) Gierke II, 274.
* 1 ) a. a. 0. 276.
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238
Infolgedessen waren alle Grundbesitzer, welche ihren Besitz
erst von einem Vollgenossen ableiteten, nur mittelbare Ge-
nossen. Ferner waren alle Grundbesitzlosen und diejenigen,
welche keine volle Hufe besassen, keine vollen Deichgeuossen.
ß) Im Laufe der Zeit wurden die mittelbaren Ge-
nossen, welche ihren Grundbesitz von einem Vollgenossen ab-
leiteten, insofern Vollgenossen angenähert, als sie gegenüber
dem Deichverband als deichpflichtig erschienen. Dabei konnte
die Deichpflicht in verschiedenster Weise auf mittelbare und
volle Genossen verteilt werden. 88 ) Diese mittelbaren Genossen
erwarben sich ferner häufig als Sonderverband unter dem Voll-
genossenverband Anteil an der Deichverwaltung. Dieser Anteil
konnte sogar soweit gehen, dass ihm nur dadurch eine Schranke
gezogen war, dass den mittelbaren Genossen eine Verfügung
oder Findung über das Eigen und Erbe nicht zukam. 89 )
In späterer Zeit ist die volle Verbandsmitgliedschaft
regelmässig nicht mehr an den Besitz einer vollen Hufe
geknüpft. Oft entbehrt sogar die Verbandsmitgliedschaft einer
einheitlichen Grundlage, indem die Basis der Deichlast und
der Teilnahme an der Deichverwaltung eine verschiedeneist.
Was die Deichpflicht anlangt, so war die Entwicklung
eine andere, je nachdem man von der Anschauung ausging, dass
®) Vergl. betreffs der Kolonen, Pächter, Meyer u. s. w. unten Ab-
schnitt HI. — Siehe vorläufig z. B. Alte Ostfriesische Deichordnung § 18.
Des Kapitels und des Kates von Bremen Verordnung für die vier Lande
v. 1449 (oben Einleitung § 4a A. 261) § 18; Deichrecht vonSalland art 102.
— Der mittelbare Genosse wurde insoweit dem Vollgenossen angenähert,
als er dem Verband gegenüber deichpflichtig wurde; gleichgültig ist die
Deichpflicht des mittelbaren Genossen, welche ihm nur gegenüber seinem
Vollgenossen oblag; umgekehrt ist es gleichgültig, ob der Vollgenosse dem
mittelbaren Genossen dessen Auslagen an den Verband zu ersetzen ver-
pflichtet war.
*>) Vergl. das Deichgericht von 1669 zu Arsten (Pufendorf IV. App.
8. 67): „Wanner idt eine sacke sy. so Grass, Weide, Grauen, flöte und der-
gelicken bedrepe, so foligede minneste dem meisten, dewile auerst dat eine
sacke were, so de Gutheren und Erffexen belangeede, so befohlede sick dat
Land beschweret, eine willköre darup tho finden“. Die Gutsherrn belangt
aber alles was Erbe und Gut betrifft. Ueber die Art und Weise der Kabel-
verteilung finden die Landleute.
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239
die Hofbesitzer oder die Landbesitzer deichpflichtig seien. 40 )
Es finden sich Quellen, welche die einzelneu Höfe mit der
Deichlast beschweren. 4 ') Und zwar konnten hierbei nur die
altberechtigten Ehehofsstätten dem Deichverband gegenüber 45 )
verpflichtet erscheinen oder überhaupt alle Höfe, also auch die
neu sich abschichtenden. Allein alles dies waren Ausnahmen.
Im allgemeinen siegte die Rechtsanschauung, dass die Deichlast
eine Last der Ackergrundstücke sei. Dies steht damit in
Zusammenhang, dass die späteren Eindeichungen auf das Streben,
Ackerland zu gewinnen, zurückzuführen sind und dass man
immer mehr alles Land, das den Schutz des Deiches genoss,
als deichpflichtig betrachtete. Wo dieser Entwicklungsgang
stattfand, forderte man ursprünglich keine bestimmte Grösse der
Ackerparcelle. 48 ) Allein ein ganz minimaler Grundbesitz, der
keinen landwirtschaftlichen Nutzen abgab, 44 ) kann als solcher
nicht deichpflichtig gewesen sein. Die Grundbesitzlosen waren
anfangs von der Deichpflicht prinzipiell ausgeschlossen. Wo
sie deichen, erhalten sie dafür besondere Vergütungen. 48 ) Später
kamen teilweise Abweichungen vor. So machte man in manchen
Gegenden die Teilnahme an der Deichlast von dem Besitz einer
bestimmten Grundstücksgrösse abhängig. 46 ) Auch begann man
in gewisser Hinneigung zu dem System, das die Höfe belastete,
*°) Näheres unten Abschnitt III.
u ) Vergl. Hackmann S. 283. Heineken § 33.
a ) Betreffs eines Regresses an Parcellengrundbesitzer siehe Hack-
mann a. a. O.
**) Vergl. die oben S. 212 A. 148 angeführten Quellenstellen und
Bergh II 611 (hierzu siehe oben 8. 132).
44 J Z. B. Landbesitz, der eines Kampfschildes Breite und eines Schaftes
Länge hat; dieser gab in Eiderstädt das Vollgenossenrecht in der Gemeinde
(Richthofen Rq. 565. § 6). Dazu siehe Qierke S. 276, A. 43.
tt ) Siehe Keure der vier Ambachten von 1242 § 69: „Si destrncto
littore mare terras inundaverit, debent Cosati. id est, qui in eodem officio
terram non habent, cum fossoriis suis tribus diebus in expensis propriis
laborare et amplius si opportunum fuerit, in expensis terram ibidem hnbentium
et hoc debent singulis annis. Qna propter debent habere aliquos Com-
uiunes ad pisturas et herstraten ad pasturas, quod terram babentibus
non licet“.
M ) Deichbrief für Lopickerweert von 1464 (oben Einleitung § 4b
A. 408) art. 15.
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Häuser mit kleinerem Grundbesitz als deichpflichtig anzusehen. 47 )
Und schliesslich kommen auch gewisse selbständige Deichver-
pflichtungen von Grundbesitzlosen vor. 48 )
So stand prinzipiell die Deichpflicht mit dem Hof oder
Ackerland in unzertrennlicher Berührung. Eine Verlegung der
Deichverbandsmitgliedschaft in die von dieser dinglichen Unter-
lage getrennte Deichlast war nach den ältesten Quellen un-
möglich. 4 *) Später kamen hiervon ganz vereinzelte Ausnahmen
vor; sie waren aber immer nur Ausnahmen innerhalb des im
allgemeinen auf alten Grundsätzen aufgebauten Verbandes; einen
Deich verband nach Analogie der Rechtsame- oder Nutzungs-
gemeinden 60 ) hat es nicht gegeben. 61 )
Es ist klar, dass sich die Basis der Deichlast gegebenen
Falls mit der Basis einer Gemeindelast 61 ) decken konnte. Es
konnte aber auch eine Verschiedenheit obwalten, welche eine
Herausschälung von Deichverbänden im engeren Sinn aus Ge-
meindedeichverbänden hervorrief. Besonders häufig war dies
dann der Fall, wenn die Basis der Deichlast nicht allein in dem
Besitz eines Grundstücks, sondern in dem Besitz eines schutz-
bedürftigen Grundstücks gefunden wurde. Auf diesem Moment
beruht die Hereinziehung von Grundstücken, die bisher ausser-
halb des Verbandes lagen. Von der einen Seite stellt sich diese
Hereinziehung als Aufnahme von Grundstücken in den
Verband dar; von der anderen Seite war sie die Bildnerin eines
Deichverbandes im engeren Sinn. 68 )
Die Grundlage der Teilnahme an der Deichverwaltung
konnte durchaus mit der Basis der Teilnahme an der Gemeinde-
verwaltung harmonieren. 54 ) Sie konnte sich dabei mit der Basis
i7 ) Altes Ostfriesisches Doichrocht § 21 : Es sollen auf die Warfen
Deiche gelegt werden, wenn sie mit Häusern bebaut sind.
“) Vergl. Abschnitt Hl.
43 ) •Dyc ende lond beert togader". (Richthofen Rq. S. 308).
M ) lieber sie Gierke I, 604, II, 279.
M ) Wohl aber konnte eine JJutzungsgemeinde als AuBsendeichs-
interessentschaft zu einem Deiehverband werden. Siehe oben S. 115, 166, 219.
M ) Hierüber vergl. Gierke I. 602 ff., H. 278 ff.
Siehe oben § 1 sub 5a.
M ) Deichrecht der Altendorfer Schauung sub XXX.
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der Deichlast decken. Sie konnte auch mit letzterer dishar-
monieren, indem die Deichverwaltung auf die Höfe und die
Deichlast auf die Ackergrundstücke gelegt war“) oder umge-
kehrt. Wo die Grundstücke die Basis bildeten, verlangte man
im Laufe der Zeit eine bestimmte (erheblichere) Grundstücks-
grösse. Dies Erfordernis sollte nicht nicht nur beim passiven **)
und aktiven Wahlrecht, 67 ) sondern überhaupt hinsichtlich der
Teilnahme an der Mitgliederversammlung in Betracht kommen. 68 ) 5 ®)
y) Ursprünglich Stauden Dritte, welche an deichpflichtigen
Grundstücken begrenzte dingliche Rechte hatten, ohne dass sie
im Besitz der Grundstücke waren, ganz ausserhalb des Deich-
verbandes. Später gliederte man sie hinsichtlich der Deichpflicht
dem Verbände in gewisser Beziehung ein. Hierher gehören
namentlich die Rentner; bei ihnen wurde mitunter eine sub-
sidiäre Deichpflicht allgemein statuiert; *°) oder man bestimmte
für sie ein Eintrittsrecht oder eine Eintrittspflicht im Fall der
Verspätung. 61 )
c) Verloren wurde die Mitgliedschaft des Vollgenossen,
insofern ihr Verlust nicht infolge der Veräusserung des deich-
pflichtigen Grundstücks (nach Zustimmung der Genossen oder
nach herrschaftlicher Genehmigung) eintrat, durch förmlichen
Austritt oder förmlichen Ausschluss. Beide hatten den
Verlust des Gutes des Genossen zur Folge, insoweit als es
gemäss der in Frage kommenden Rechtsanschauung von der
Mitgliedschaft umspannt wurde. 61 “)
“) Deichrecht des Alten Landes art. VH. I.
M ) Vergl. unten § 3.
67 ) Vergl. Deichrecht von Bavendrccht von 1483 (oben Einleitung § 4a
A. 446): „Voort so eu sal niem&nt Heemraet kiesen, noch kenren geven,
hy en sal geerfft wesen in ’t Ambackt, daer hy kiesen sal tot drie Mergen
Landts, of daer boven“.
®) Siehe unten § 3.
*) Von dem herrschaftlichen Einfluss, der den Genossen die Deichver-
waltung teilweise entzog, sehen wir hier ab.
*•) Siehe Abschnitt HI.
61 ) Vergl. z. B. Neueres Deichrecht von Humsterland bei Richthofen
Rq. S. 366 A. 3. — Deichrecht des Alten Landes art. 15.
61 “) Hierüber siehe unten Abschnitt HL
J. Gierke, Geschichte des deutschen DelchreohU. 16
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#) Der Austritt vollzog sich durch feierliche Erklärung
vor dem Verband. Wo der Deich unter die Genossen nach
Pfändern verteilt war, geschah es in der Weise, dass der Deich-
halter vor versammelter Gemeine einen Spaten in seine Kabel
steckte.“) Hier und da kamen auch andere Formalitäten vor. 9 *)
In einigen Gegenden genügte das Spatenstechen; in anderen
verlangte man ausserdem einen Schwur des Deichgenossen und
zwar nach einigen Quellen dahin, dass er den Deich nicht länger
halten könne* 4 ) und nach anderen Quellen dahin, dass er all
sein Gut aufgebe mit Ausnahme der wenigen Kleidungsstücke,
die er bei der Austrittserklärung tragen durfte.*') Anderswo
®) Deichrecht von Salland art. 21. Spadelandsrecht art. VII. Note.
In der Altmärkischen Deichordnung v. 1476 heisst es, weil das Spatenstechen
den Verlust des Landes nach sich zog dass der Deichhalter das Gut auf
den Deich stecken solle.
••) In Humsterland wurde Forke und Spaten in den Deich gestossen
(§ 12). Nach dem Emsiger Pfenningsschuldbuch § 76 waren 3 Rasenstücke
in das Deichloch zu werfen. Nach der alten Ostfriesischeu Deichordnung
§ 14 waren die Forke auf den Deich zu setzen und dann mit dem Spaten
drei Soden zu stechen. Nach dem Ostfriesischen Landrecht II, cap. 263
waren drei Rasen zu stechen. — Die ganze Rechtssitte erinnert an die-
jenige, nach welcher ein Bauer, der sein Gut aufgab, einen Zweig in den
Zaun stecken musste.
64 ) Vergl. die in A. 63 aufgeführten Quellen.
“) Deichrecht von Salland art. 21: »Als eyn Man synen Dyck mit
Rechte opgeuen will, die sali komen voer den Dyckgreue enn voer die
Heemraeden opteu Dyck, in een heempt, in een neddercleet, gegordet mit
eine lyne ende eine spaede voer hem steckende in den Dyck, die eine krucke
heefft, ende leggen syne handt dacrop. Ende sweoren dan ton hilligen, dat
hy anders gien guedt en heefft danmen an hem tasten mach ende ansien.
Ende als hy datt ghedaenu helft, watt guedt datt hy daernae don winnet,
vaerende guedt offte Erue datt in den Dyck nyett en hoirt, daeraff en darff
(braucht) hy nümmer den Dyck maekenn“. — Deichbrief für Veluve v. 1370
(oben Einleitung § 4b A. 375): Nyemant en sal sijneu dijk op uioegen
geven, off laeten drijven, hy en sal komen opten dijek by den Heymraet in
cnen bloten rocke, bloets hoefts, ind barvoets mit enen stro zele gegordet,
hebbende oneu spaden in sinre handt, ind sweren dair ten Heyligeu, dat hy
binnen alle den landen, dair die dijk gelegen is, geen gued en heeft noch
en beholt, hy en gevet mit den dijek op.“
Aus diesen beiden Quellen ergiebt sich, dass der Schwur des Deich-
genossen nicht dahin geht, dass er den Deich nicht länger halten könne,
sondern dahin, dass er thatsächlich all sein Gut aufgebe, insbesondere
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forderte man zwar keinen Schwur, aber eine Erfüllung der
Deiclipflicht: Der Deich musste „ins Loft“ gebracht werden. 6 ®)
Ohne solchen förmlichen Austritt blieb der abziehende Genosse
dem Verbände verhaftet. 67 )
ß) Der Ausschluss vollzog sich ursprünglich durch Ver-
stossung aus dem Verbände, ohne dass man eine besondere
deichrechtliche Form anwandte. Später kam bei dem System
der Pfanddeichung im Fall der Nichterfüllung der Deiclipflicht
meist die Form auf, dass ein Deichbeamter den Spaten in die
nichts heimlich bei Seite gebracht habe. Dag Eigentum verlor der Deich-
genosse mit dem Spatenstecken. — Die Behauptnng Auhagens S. 69, dass
der Deichhalter „einen feierlichen Eid leisten musste, dass es ihm durchaus
an allen Mitteln gebräche, den Deich länger zu halten“ ist daher in ihrer
Allgemeinheit unrichtig; sie beweist nicht art. 21 des Deichrecbts vou
Salland, wie Auhagen meint. Gegen sie siehe ferner die Quellen in A. 62
nnd 66.
“) Altmärkische Deichordnung von 1476: Hedde ock Jemant Jenigh
gudt dar qnade Dyke tho legen und wolde he dat sulven gudt myt dem
Dyke avergeven und dat up den Dyke steken, de scal to dem ersten sodanen
synen Dick In loff maken und mach denne sodane gut up den dick stecken
alse dicks recht is mit allem gude, dat he in dem gerichte und In der
Schouwingo heft, ydt sy tegedon, Tynse, pechte, denste, effte gerichte mit
aller gerechticheit, neynerleye buten bescheyden und dese sulven schal dat
denne den dickschouvern titlyken to voren vor der drudden und lasten
Scouwynge toseggen, dat be unsen mannen und Steden de in der Scouwynge
und under Drencke boseten synt, alse dem Bade to Sehnsen unde to Werben
und dem gantze lande de dartho vorpflichtet gyntb bey towesende, en sulkes
wytlyck don, dat so seen und hören dat sodans Jo to ga alse dikes recht
is und dat up recht mit aller tobohoryngen alse vorscreven is*.
•*) Deichrecht von Salland art. 20; .Off een Man hadde een Erve
liggen an den Dyck, die soe verarmett weer, dat hy den vaeren wolde
laeten, den soldemen tasten alle syn roerende guedt, en hadde hy anders
ghien Erve. Vuer hy oeck uth den Lando eno wyle ende Wonne guedt,
oeck woet hem toequeeme, hett waer Erve offte roerende guedt. Ende der
wylen datt hy uth dem Lande weer den Dyck die syne wass, ende ander
luyden gedykett hadden, die daer mit Rechte toe gewysctt wesen. Ende
queome hy wedder int Landt, ende brechte hy guedt, soe weer die Dyck-
greve schuldich den genen die den Dyck gedykett hadden daer toe helpen,
datt sy an datt gnedt oiren schaeden verhoelden“. Siehe hierzu Auhagen
a. a. 0.
16 *
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betreffende Deichkabel steckte.* 8 ) Und zwar fand diese Prozedur
nicht nur bei hartnäckiger Nachlässigkeit, sondern auch beim
Unvermögen des Deichhalters statt.*®) Auch finden sich Quellen,
aus denen hervorgeht, dass der Genosse im Fall des Unver-
mögens den Spaten selbst stecken musste. 70 ) Im übrigen 71 )
statuieren die Quellen den Ausschluss des Verbandsgenossen
einfach in der Weise, dass sie ihm sein Grundstück absprechen. 7 ®)
®) Vergl. Spadelandsrecht art. 11. Deichrecht in den Bremischen Vier-
gohen von 1449 art. 16 (Pufendorf IV, 59), Deichgericht von 1568 (a.a. O.
S. 63), u. 1569 (a. a. 0. S. 67), Neueres Deichrecht in den vier Gohen (Heineken
Anhang sub III art. 14), Deichgerichte von 1551 (oben Einleitung § 4a A. 267)
1660 (Oelrich S. 606), Deichordnungen Ihr Stedingen (oben S. 58 sub c) —
Deichrecht des Alten Landes art. 14, dazu das Weistum von 1571 (oben
S. 31) — Liibbekes Aufzeichnung vom Deicbrecht (oben Einleitung § 4a
A. 160).
* 8 ) Abweichend Auhagen a. a. O.
70 ) Altmärkische Deichordnung von 1476 (oben Einleitung § 4a, A. 195),
Spadelandsrecht Note art. 11. Lünoburgische Deichordnung von 1564 art. 13.
Eechtsbelehrung von 1615 (oben Einleitung § 4a A. 36). Ganz abweichend
Auhagen a. a. O. Siehe aber unten Abschnitt III.
71 ) Also bei der Communiondeichung, bei vielen Pfanddeiclinngen im
Kall der Nichterfüllung der Deichpflicht und stets bei sonstigen Vergehen
gegenüber dem Verband. Siehe die folg. A.
7ä ) Vergl. Keure der vier Ambachten von 1242 XXIII, 64. Alt-
märkische Deichordnung von 1436 (oben Einleitung § 4a A. 195). Neueres
Schulzenrecht § 19 (Richthofen Rq. S. 417), Deichrecht der Hemmen
§ 4 (a. a. 0. S. 505), Mieris II, 333 (a. 1323). Sachsenspiegel II, 56.
Schwabenspiegel art. 15. — Keurebrief der Chathelenie von Brügge a. 1190
(oben Einleitung § 4b A. 564), § 19. [Wer den Deich des Meeres zerstört
verliert sein Gut und seine rechte Hand]; Lüneburger Deichordnung von
1564 § 12, Neueres Deichrecht in den vier Gohen (a. a. 0. A. § 4a 263) (Wer
Land, das er an Ausländische versetzt hat, binnen 2 Jahren nicht einlöst,
verliert cs]; Spadelandsrecht art. 13: »So aber unter den Deichrichter einer
oder mehr befunden, die aus Nachlässigkeit ihrem Amt nicht treulich vor-
stehen und durch ihre Versäumnis dem Koge Schaden widerführe und be-
gegnete, desselben Güter sollen an I. F. Gnaden verbrochen seyn, und er
als ein Meineidiger gestrafft werden“. Siehe auch Spadelandsrecht art. 15,
dazu Stapelholmsche Doicbordnung von 1625 art. 1 (anders Eyderstädter
Deichordnung von 1595 art. 11). — Betreffs des Ausschlusses aus einer
Aussendeichsinteressentenschaft bei Nichterfüllung der Deichbaupflicht in-
folge des Verlustes des Landes siebe oben Abschnitt I § 3 sub VI. Betreffs
des Ausschlusses aus einem Deichbauverband vergl. das oben S. 93, 98. 153
Bemerkte.
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245
Was den Verlust des mittelbaren Genossenreclits anlangt,
so erfolgte er entweder durch Aufsage zwischen mittelbarem
und unmittelbarem Genossen 78 ) oder durch die Verspadung. 74 )
2. Der Inhalt der Mitgliedschaft setzte sich aus ver-
schiedenen Rechten und Pflichten zusammen. In der ältesten
Zeit waren alle Rechte und Pflichten des Genossen, welche
sich auf den Deich bezogen, Anhängsel der Gemeindemitglied-
schaft. Mit dem allmählichen Auftauchen von Deichverbänden
im engeren Sinn verselbständigten sich diese Deichrechte und
Deichpflichten; freilich trugen sie in dieser oder jener Beziehung
meistens noch ein Stück der älteren Epoche an sich. In oder
ohne Zusammenhang mit dieser Entwicklung steht das Teil-
73 ) Die Aufsage musste meist zu bestimmten Zeiten, in bestimmten
Formen geschehen. Vergl. Bergh I, 362, Stedinger Deichrecht von 1525
(1579), des Kapitels und des Rates von Bremen Verordnung von 1449 (oben
Einl. § 4a A. 262) art. 12 [Will der Landherr dem Meyer oder der
Meyer dem Landherrn kündigen in den heiligen zwölf Mächten zu Weih-
nachten, so soll er zwei Nachbarn als Zeugen dazu nehmen, einen von oben
und einen von unten, oder wenn keine Nachbarn da, zwei andere Landleute in
der Geriehtsmarkung]; Landbrief in den vier Gohen von 1545 (a. a. 0.
A. 263) sub 7 : „Offt enig Landheer sinen Meyer wolde upseggen Iahten,
da man deme thosende den edigen Schwären im Dorp, das datt Gutt ge-
legen, de schall darmede hennegahn by sinem Ede, dat anhören und daer
Tuchenisse, wanneer idt nobtig is van geven und schall een Verndeel Beers
darvor hebben, und so de Schwären krank, offte nicht einheimisch wehren,
magh de Gogreffe synen Dener darby senden“. Deichrecbt von Kettes-
bilttel von 1532 (a. a. 0. A. 122) §§ 1, 6 ff., Altes Ostfriesisches Deich-
recht § 7. Vergl. auch Heineken § 26. Siehe ferner unten sub III.
u ) Vergl. Deichrecht in den 4 Gohen von 1449 art. 12 ff. Neueres
Deichrecht art. 12. Stedinger Deickrecht von 1525, 1579. (Betreffs dieser
Quellen vergl. oben A. 68.) Vergl. ferner Heineken § 41 f. — Durch
jede vollendete Verspadung wurden auch die dem Verband sonst Einge-
gliederten von ihrer Teilnahme an der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Vergl.
namentlich Deichrecht des Alten Landes art. 14, Altländiscbes Weistum
von 1571, Deichgericht von 1537 im Amte Winsen (Pufendorf H, S. 584),
Deichgericht von 1444 (Streit zwischen dem Probst von Bremen und einem
Senator): „Wor ein Gudt vorspadet werd, an dem gude wertt verspadet
Eigendom, Tins, uud alle Reehtigkeit, na rechte zede und Wahrheit“ bei
Heineken g 43.
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24C
-nehmen der Schutz- und Ungenossen an einzelnen Rechten und
Pflichten, welche der Verbandssphäre entkeimten.™)
a) In dem Vollgenossenrecht waren anfangs von Rechten
namentlich enthalten das Stimmrecht, das passive Wahlrecht,
das Recht auf den Deichfrieden, das Recht auf Schutz gegen
Angriffe von aussen, das Recht auf Beihülfe und Nothülfe, die
verschieden gearteten Rechte auf Deicherde, die Teilnahme an
den Gesamtrechten des Verbandes n. a. m. In späterer Zeit
beschränkte oder vernichtete häufig herrschaftlicher Einfluss
dieses oder jenes der genannten Rechte für alle Verbands-
genossen z. B. das im Stimmrecht enthaltene aktive Wahlrecht
zum Deichbeamten. 7 “)
Wer nicht Vollgenosse war, nahm anfangs an diesen Deich-
rechten nur in sehr beschränktem Masse Teil. Mit der Zeit
errang sich aber der Nichtvollgenosse dieses oder jenos von
ihnen, zum Teil neben dem Voligenossen, 77 ) zum Teil ihn ein-
schränkend. 7 *) Am umfassendsten war das Recht auf den
Deichfrieden. Dies besassen die mittelbaren Genossen, überhaupt
jeder, der auf dem Deich zu thun hatte. 78 )
75 j Die folgende Darstellung im Text soll nur einen ganz allgemeinen
Einblick in den Inhalt der Mitgliedschaft gewähren. Die Belege im
einzelnen ergeben die früheren Schilderungen und die späteren Abschnitte.
7 *) Auch kamen liechte für alle Verbandsgeuossen infolge Veränderungen
des inneren Reclitslebeus in manchen Deichverbäudou in Fortfall, z. U. das
Wahlrecht zum Deichbeamten da wo das Amt von Hof zu Hof oder von
Land zu Land umging. Siehe unten § 3.
77 1 Z B. das Recht auf den Deichfrieden, auf Schutz gegen aussen.
78 ) Z. B. Nutzungsrechte am Deiehkiirper und Vorland; namentlich
wurde das Vollgenossenrecht daun erheblich beschränkt, wenn die mittel-
baren Genossen unter dem Vollgenosseuverband einen Sonderverband
bildeten, der einen Teil der Deichverwaltuug hatte. — Auch ist zu be-
merken, dass da, wo mittelbare Genossen in stärkerem oder schwächerem
Grade deichpflichtig wurden, dieser Pflicht in verschiedenerWeise ein Recht
auf Unterstützung durch den diesbezüglichen Voligenossen entsprach — und
zwar ein Recht, das dem Verbaudsleben entkeimte. — Zu beachten ist auch,
dass nicht allein Schutzgenossen den Vollgenossen sich assimilierten, sondern
auch ehemalige Voligenossen infolge der Verschärfung der Voraussetzungen
für Voligenossen ihr altes Vollrecht verloren.
79 ) Vergl. Richthofen, Rq. 122, 12: .Alsa tbi iurosta to tha dike
cuintb, sa hagere alsa gratene fretho opa tha dike, alsare oua tha wilasa
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247
b) Was die Pflichten angeht, dio die volle Mitgliedschaft
herbeiführte, so bestanden sie in der Deichlast, 1 "*) oft in Ver-
waltungspflichten, wie der Notwendigkeit der Thätigkeit als
Deichbeamter oder dem Zwang „Busenlandgeber“ zu sein, in
der Schaupflicht, der Gerichtspflicht, der Pflicht zur Hergabe
von Deicherde, Deichgrund, Deichbaumaterial, in der Gehorsams-
und Anstandspflicht, in der Pflicht den Deichfrieden zu wahren
und den Genossen gegen Angriffe von aussen zu schützen.
Wer nicht Vollgenosse war, nahm an einigen dieser Pflichten
überhaupt nicht Teil. Andere erhielt er im Laufe der Zeit.
Namentlich wurde der mittelbare Genosse, der Grundstücks-
nutzer war, meist deichpflichtig, scliaupflichtig, gerichtspflichtig;
und zwar trat er entweder neben den Vollgenossen 80 ) oder an
dessen Stelle. 81 )
3. Während ursprünglich der Umfang der Mitgliedschaft
innerhalb eines Deichverbandes bei den einzelnen Genossen an-
nähernd gleich war, wurde er im Lauf der Zeit bei ihnen sehr
verschieden.
a) Was das Verhältnis der Vollgenossen unter ein-
ander anlangt, so war meist dieser oder jener in höherem Masse
werpe. ond alsare ona tha wcida atherckhoui“. Dazu Rq. 315 II. § 10.
Sander-Deichsatzungen von 1317 §§ 5. 0 ff., Sielrecht der drei Delfsiele
von 1317 §§ 10 . 11. Adewarter Sielbrief von 1382 § 14. Deichrccht von
Feldwehrt von 1303 § 2. Einsinger Pfenningsschuldbuch § 76. Altes Ost-
friesisches Deichrecht § 25. Neueres Ditmarser Landrecht §151. Ditmarser
Landrecht von 1667 art. 86 § 7. art. 106. Siehe unten § 4 sub II und
Abschnitt V.
t**) Infolge der Radizierung der Deichlast auf Grundstücke erhielt die
Deichlast noch eino andere Grundlage. Sie entsprang nicht nur der Mit-
gliedschaft, sondern wurde zur Sonderpflicht. Siehe Giorkc II, S. 884 und
unten § 3 sub 1.
“) So bei dor Deichpflicht; hierdurch wurde dio Deichpflicht des Voll-
genosseu modifiziert.. Es wurde eben das Verhältnis zwischen Vollgenossen
und mittelbaren Genossen bezüglich der Verteilung der Doichlast teils
zwingend, teils für das Verhältnis beider zum Verband geregelt. Siehe
auch unten A. 108.
81 ) So bei der Schaupflicht. Vergl. z. B. Deichordnung für Cleve
von 1575,
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248
deichpflichtig als der andere. Dies kam infolge dinglicher
oder persönlicher Momente.
Wo die Deichlast nach Höfen verteilt war, konnte einer
mehrere Höfe besitzen, infolgedessen eine grössere Deichstrecke
zu unterhalten haben wie die übrigen. 81 ) Wo die Deichlast
nach Ackermassen 88 ) und hierbei womöglich schon unter Be-
rücksichtigung der Güte des Landes 84 ) oder nach dem Anschott 85 )
verteilt war, ergaben sich bei der Ungleichheit des Grund-
besitzes“) ebenfalls Verschiedenheiten.
Infolge persönlicher Gründe waren einzelne Genossen,
namentlich Herren, Adliche und Geistliche, hinsichtlich der
Deichpflicht bevorzugt, 88 *) indem sie teilweise überhaupt nicht, 8 ’)
®*) Vergl. namentlich das Deichgericht auf dem Alkerdeich von 1602
(bei fieineken Anhang Nr. Vj: „Dass aber der Alker etzliche mehr den
einen Schlag in ihrem Deiche haben, sey die Ursache, dass derselbe gemeiner
Deich nach üiiven ansgetheilet worden, als nämlich wehr mohr den einen
Hoff hat, derselbe habe auch mehr denn einen Schlag.*
®) Sieho oben S. 239.
**) Vergl. Alte Ostfriesische Deichordnung § 2: Geest- und Moorland
ist als Halbland zu rechnen. Keure der vier Ambachten von 1242 § 67.
(Jedes Land ist deichpflichtig, „proportionaliter tarnen de novis terris secundum
valorem terrae*), dazu siehe Deichrecht des Alten Landes art. 2 : „Soviel
mau aus der Haupt-Theilung judizieren ktinnen, so haben die Teich-Richter-
schaffteu, die mit ihrem Lande vor dem Teiche her belegen, mehr Teiches
als die oberwerts liegen. Ob nuu solches wegen Bonität und Unterscheid
des Landes in alten Zeiten geschehen, kann mau nicht wissen.*
Vergl. unten Abschnitt UI.
®) Auch infolge von Einlagen entstand Ungleichheit des Grundbesitzes
und damit Ungleichheit der Deichlast. Vergl. Deichrecht des Alten Landes
art 2: „Regulariter hat ein Stück Landes in einer Teich-, Richter- oder
Schwarenschaft gleich viel Teiches, es wäre denn, dass ein Hoff deswegen
vor einem andern beschweret wäre, dass ein Teil seines Landes ausgeteichet
worden.*
*•) Prinzipiell galt der Grundsatz, dass kein Land frei von der Deich-
pflicht sein solle, „es sei geistlich oder weltlich, edel oder unedel“; doch
kamen vielfache Durchbrechungen vor, auf deren Grundlage später einzu-
gehen ist.
tn ) Vergl. Hackmann S. 275. C. St. Hols. II. S. 282 ff. Thiinen
S. 71. Miclielsen, Altditmarsche Rechtsijuellen S. 359. Groot Placaat
boek für Utrecht II. S. 108 (a. 1440), Osterhusischer Akkord (oben Ein-
leitung § 4a, A. 22) VI. § 28. Hunrich art. 1. Bergh II, 248 (Herr
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249
teilweise in weniger unbequemer Weise““) teilweise mit ge-
ringerem Risiko 88 ) deichpflichtig waren. *°) 9 "*)
In Bezug auf sonstige Pflichten finden sieh in den
Quellen Unterschiede, indem einige Genossen im Gegensatz zu
den anderen die Wahl zum Deichbeamten nicht anzunehmen
brauchten, oder indem einige nicht in gleicher Weise gerichts-
pflichtig waren, wie die übrigen. Für die vier Lande ward
z. B. im Jahr 1449 bestimmt, dass Pfaffen und Bürger, welche
in die Schwarenschaft fallen, aber nicht Geschworene sein wollen,
einen guten besitzenden Landmann als Vertreter schicken sollen. 91 )
Andrerseits gewährte z. B. GrafFloris im Jahre 1270 der Stadt
Dordrecht die Vergünstigung, dass einem Bürge keine Deichlast
von Heusden hat & Hufen frei). Siehe betreffs der Freihafen auch oben
S. 150. A. 203. Näheres unten Abschnitt III.
®) Namentlich ward bei Geistlichen oder Edlen die Deichlast in einen
Geldbeitrag umgewaudelt. Vergl Hunrich art, 1 (Deichfreiengeld), ferner
das Privileg Konrads von Rotenstein von 1387 „dass ciu jeder Pleban drei
Mark bahres Geld geben soll“, wodurch er von aller Dammarbeit frei sein
solle ewiglich. Ueber die Entstehungsgeschichte dieser Freiheit siehe unten
Abschnitt III.
*) Siehe Mieris IV, 243 (25. Juli 1413). Wilhelm giebt die
Ländereien zweier Herrn an Ambaclitsherrn mit der Klausel: „Ende hebben
den selven Heeren ende Ambachts Heeren voirder alsulke gracie gegeven,
waert dat hem hier namals verongelycte, ende sy den dyck niet houden en
konden off en wouden, dat zy dan die Goeden, Heerlicheden ende den dyck
voirsz. weder overgeven mögen, behoudeliken hem hoiren anderen Heer-
licheden ende de goeden, die zy nu hebben, off hier namaels krygen moegen
onbebyndert ende belast van den voirsz. dyck te wesen ende te blyven tot
eewigen dagen“., (Ebenso Mieris a. a. 0. 13. Juli 1413). — Siehe ferner
Glosse zu Ssp. II, 56, wo die Ausnahmestellung des Lehngutea mit dem
Satze: „Lehn ist des Ritters Sold“ gerechtfertigt wird.
90 ) Umgekehrt gab es z. B. aus persönlichen Gründen Erhöhungen der
Deichpflicht, wie die Pflicht des Herrn, das Spadengut zu übernehmen.
Hier ist freilich dor Unterschied zu den Übrigen Gliedern ein qualitativer
und entspringt mehr der Verbandsspbäre des Herrn als seiuer Individual-
sphäre.
80 *) Hierher gehören natürlich nicht die Befreiungen von der Deich-
last, welche rechtlich jedem Vollgenossen unter bestimmten Voraussetzungen
zustanden, wie die Freiheit der Deichbeamten, die Sechswochenfreiheit des
Hofbesitzers, dessen Frau im Kindbett war, die Jabresfreiheit während der
Zeit des Weinkaufs (hierzu siehe Tliünen S. 69).
91 ) Des Kapitels und des Rates Verordnung von 1449 art. 13.
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250
auferlegt werden kann, wenn die Heemraden sie nicht den
Stadtschöffen glaubhaft machen; wird dies nicht glaubhaft
gemacht, so ist zur Entscheidung vom Balju ein Schiedsgericht
einzusetzen, das aus zwei Städtern und zwei Nichtstädtern
besteht.“)
Hinsichtlich der Rechte ergaben sich auf dinglicher
Basis Unterschiede, indem zum Teil die Kabelverteilung aus-
schlaggebend für die Nutzungsrechte am Deich war, 93 ) und
indem dingliche Momente die Teilnahme an der Deichverwaltung
bestimmten. 94 ) Eine Erweiterung der Rechte aus persönlichen
Gründen trat namentlich für Adliche und Städter ein. So be-
durften Adliche in der Altendorfer Schauung keine Erlaubnis
zur Anlegung von Stausielen 93 ) und die Städter wurden namentlich
in Holland bevorzugt, indem z. B. entweder der Deichgraf 93 )
oder der grösste Teil der Heemraden 97 ) Bürger der in Betracht
kommenden Städte sein musste. 9 *)
Es erwuchsen infolge persönlicher Unterschiede häufig
!ta ) Bcrgli II, 208. Ebenso Bergh II, 522 (a. 1284).
93 ) Vergl. z. B. Spadelamlsrecht art. 3.
M ) Siehe oben S. 241; ferner Hamlvesten der Stadt Euchnysen S. 59b
(a. 1440: die sieben reichsten wählen Deicjibeamte), Deichordnung für die
Osterdijkgraefschap by Medemblick von 1495 (oben Einl. § 4b A. 540):
„Dat die rijckdom van de drie Coggen alle .laren kiesen sallen“.
®) Deichrecht der Altendorfer Schanung VIII.
% ) Siehe die Kenre für die Alblasserwaard von 1483: »Dat een dijc-
graeff van den selven waert gegoet wesen zal binnen den waert voorsz. an
goede off an lande totter somme van borniert pond groton vlaemsch of daer
honen ende porter sal zijn binnen der siede van Dordrecht.“ Privileg
Herzog Johanns von Bayern v. 1418 für Südholland (Oudonhoven S. 101):
„dat niemant binnen onsen lande geen dyensten (js le weten die
baylinscop die dijcgreuescapp ) off onse tollen t' Dordrecht vuoren
en sal, hi en si poirter Tordrecht ende wonachtig mit siinre alingen
woenstat “
Privileg für die Riederward v. 1442 (oben Einleitung § 4b A. 441).
"S) Siehe auch die Deichordnung Johanns von 1421 für die Alblasser-
waard (oben Einleitung § 4b A. 451) und llieris II, 333 (Geistliche). Siebe
ferner bezüglich der Bevorzugung der Vornehmen, Edlen, Ritter im Hinblick
auf die Teilnahme an der Deichverwalt.ung Eydorstädter Deichordnung von
1595 art. 3. Mieris III, 316; Plncaatb. f. Utrecht II. S. 65.
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251
innerhalb der Deichverbände als Gliederverbände besondere Ge-
nossenklassen. 9 ®)
b) Der Unterschied zwischen Vollgenossen und Schutz-
genossen bezog sich anfangs auf den Inhalt der Mitglied-
schaft, er war ein qualitativer. Da aber im Laufe der Zeit
die Schutzgenossen deichpflichtig wurden, und die Deichpflicht
bekanntlich bei den Deichverbänden im Mittelpunkt des Ver-
bandslebens stand, so ward namentlich der Unterschied zwischen
Vollgenossenpflicht und der Pflicht des mittelbaren Genossen zu
einem quantitativen gestempelt. Der mittelbare Genosse ward
in geringerem Umfang deichpflichtig als der Vollgenosse. Der
mittelbare Genosse erschien im Gewände eines wahren Deich-
genossen, der nur in kleinerem Massstab zu deichen hatte als
der Vollgenosse. Immer aber erschien er nur im Gewansde
eines Deichgenossen, der Wesensunterschied, der juristische,
der qualitative Unterschied zwischen beiden Genossen blieb
gewahrt, indem die Deichverwaltung mit ihren Rechten und
Pflichten den mittelbaren Genossen nie völlig zu Teil wurde. 100 )
III. In den herrschaftlichen Deichverbänden im
engsten Sinn, die, wie bereits öfters bemerkt, selten vorge-
kommen sind, 101 ) war die Zugehörigkeit zum Verband immer
durch ein persönliches Verhältnis zum Herrn bestimmt, das sehr
verschieden sein konnte. Es konnte auf Knechtschaft, Hörig-
*•) Diese Gliederverbände brauchten keine besonderen Deichverbände
zu sein.
10 °) Dies tritt namentlich dann hervor, wenn ein Sonderverband der
mittelbaren Genossen unter den ehemaligen Voligenossen existiert. Denn
die höhere Verwaltung ruht dann immer noch bei letzteren, wennschon sie
einen Teil der Verwaltung einbüssen. Vergl. oben S. 238 A. 3a. — Inner-
halb solcher Sonderverbände waren Rechte und Pflichten der mittelbaren
Genossen zu einander natürlich in mannigfacher Weise quantitativ ver-
schieden.
10t ) Siehe oben S. 157 ff. S. 200. — Darin, dass sie thatsächlich vor-
gekommen sind, darf man nicht zweifeln. Wir können uns freilich ein Bild
von ihnen nur durch Rückschlüsse von solchen Deichverbänden entwerfen,
bei denen dor herrschaftliche Charakter sehr stark ausgeprägt ist. Hierher
ist namentlich zu rechnen Bergh II, 302.
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252
keit 102 ) oder Vertrag 103 ) beruhen. Häufig wurzelte die Zu-
gehörigkeit zugleich auf dinglicher Basis. Ihr entsprangen
Deichpflichten und Deichrechte. Die Deichpflicht wurde als
Prohn- oder Scharwerksdienst 104 ) geschuldet, oder sie war
Ausfluss- eines Arbeits- oder Pachtvertrages. 103 ) Dem Unter-
thanen konnten auch Nutzungsrechte am Deich und Vorland
eingeräumt sein. An der Deichverwaltung nahm er keinen
Anteil. Der Umfang der Rechte und Pflichten war bei den
einzelnen Leuten des Verbandes erheblich verschieden. Nament-
lich war die Deichpflicht, wo sie zu den Frohndiensten ge-
rechnet wurde ungleich verteilt, indem auf die sonst zu leistenden
Abgaben und Dienste Rücksicht genommen wurde. 108 ) Austritt
und Ausschluss vollzogen sich, insoweit sie möglich waren,
durch gegenseitige Aufsage zwischen Herrn und Unterthan.
In wie weit eine solche nur zu bestimmten Zeiten oder in be-
stimmten Fristen erfolgen konnte, regelte das Verbandsrecht. 107 )
IV. In den Deichverbänden konnten nun aber nicht nur
Individuen, sondern auch Verbände mehr oder minder eine
Gliedstellung einnehmen.
1. Wenn ein Herr Mitglied eines Deicliverbandes war und
als alleiniger Träger eines Verbandes figurierte, war zugleich
mit dem Individuum ein Verband Glied des Deichverbandes.
Ein Verband hatte Rechte und Pflichten. 108 )
1<a ) Bergh I, 294 siehe ferner oben S. 16M. A. 229.
103 J Bergh I, 362.
104 ) Siehe die Quellen bei Töppen &. a. O.
m ) Bergh VI, 362, Jiieris II, 368.
10<i ) Vergl. Verschreibung für Carwese von 1339 (bei Töppen):
.Enpyndeu wir von allen gebuerlichen arbeiten genannt gemeinlichen Schar-
werk, sunder Temme zcuhuften, das man gemeinlich heiset Teichen und
Temmen wellen wir si als ander ynwoner des werders syn vorbunden“.
ia! ) Siehe oben A. 73.
10B j Dor Verband war insbesondere deicbpflichtig. Im Lauf der Zeit
trat aber in Bezug auf seine Deichpflicbt eine Acnderung ein, indem die
durch ihn bisher vertretenen Genossen dem Deichverband gegenüber deich-
pflichtig wurden. Hierdurch bekam seinu Deichpflicbt teilweise einen mehr
subsidiären Charakter. Jedenfalls ward dadurch das Verhältnis zu seinen
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2. Auch Genossenschaften konnten eine Gliedstellung
in Deichverbänden einnehmen.
Eine solche wurde angebahnt, wenn man die Genossen
eines Deichverbandes nach kleineren Verbänden z. B. Dörfern
gruppierte. Namentlich bildete sich mit der Verteilung des
Deiches unter einzelne Dörfer zuerst eine Gliedstellung von
Genossenschaften aus. 10 ”) Am sichtbarsten trat sie hervor, wenn
man die Dörfer nicht von ihrer vielheitlichen, sondern von ihrer
einheitlichen Seite betrachtete, also bei der Verteilung der
Unterhaltung des Deiches 110 ) oder einer Gesamtpflicht des
Deichverbandes 111 ) nicht nach Individuen sondern nach Dörfern
rechnete. Ebenso verhielt es sich, wenn die Wahl der Beamten
des Deichverbandes nicht bei der Gesamtheit seiner Individuen
lag, sondern kleinere Genossenschaften für sich Beamte wählten,
welche vereinigt teilweise das Beamtentum des höheren Deich-
verbandes darstellten. n *)
Es erwuchsen ferner Gliedstellungen von Verbänden infolge
besonderer Eintrittspflichten, die man Genossenschaften für ihre
Angehörigen auferlegte, 113 ) und infolge von Einweisungen von
Angehörigen bezüglich der dem Verband obliegenden Deichlast kraft höherer
Verbands Verfassung normiert. Diese Normierung konnte nun nur für das
Verhältnis zum Deichverhand bestimuieud seiu oder zugleich auch für das
gegenseitige Verhältnis von Verband uud Angehörigen.
100 ) Siehe oben S. 113.
uo ) Dies fand namentlich dann statt, weun der Deich au jedes Dorf
nach Massgabe seines an den Deich anschliessenden Landes verteilt ward.
Im übrigen siehe Ssp. II, 56. Kursächsische Deichordnung von 1568 (oben
Einl. § 4a. A. 205), Mieris IV, 113. Griebel S. 28, auch die Ver-
schreibungen für die preussischen Dörfer beiTöppen undHeineken § 37.
ul ) Deichrecht für Salland art. 103. Bergh II, 867. Anders war es
wenn bei der Verteilung unter Dörfer die Anzahl der in jedem Dorf vor-
handenen Hufen oder Höfe zu Grunde gelegt wurde. Siehe in letzter
Hinsicht Deicbrecht für Salland art. 7.
m ) Vergl. Deichordnung für Medemblick von 1492 ; Deichorduung für
die Altmark von 1539, Mieris III, 480, (HI, 30); Pratje V, 307.
lls ) Sei es, dass die Genossenschaft den verspadeton oder herrenloson
Deich übernehmen musste und infolgedessen deichpflichtig wurde, sei es,
dass sie Beihülfe zu leisten hatte. Daher flndeu wir sgn. Kirchspiels-,
Bauerschafts- und Stadtdeiche (Deichorduung für Kleve von 1575 § 11);
daher haben Ambachten Deichbrüche zu zahlen (Bergh H, 498). Diese neben
die Individuen tretenden Genossenschaften hatten oft hinsichtlich ihrer Deich-
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254
Gemeinden in den Deich eines Deich verbandes. 114 ) Viele
Schleusenverbände wurden zu Gliedern von Deichverbänden und
deichpflichtig. 118 ) Man verpflichtete kleinere Verbände zur
gegenseitigen Unterstützung, 118 ) und gab schliesslich einzelnen
Genossenschaften besondere Rechte hinsichtlich der Anstellung
von Deichbeamten. 117 ) 118 )
Pflicht eine Sonderstellung. Z . B. wird in der Deichordnung Rudolfs von
Diepholz von 1434 (oben Einleitung § 4b, A. 406) verordnet, dass bei der
vollendeten aber nicht ausreichenden Buseniandsuche die durch das Buseuland
nicht gedeckten Kosten des Deichgrafen vom gemeinen Land bezahlt werden
sollen; gehört aber das eigentlich pflichtige Land Dörfern oder Kirchspielen
zu, so haben diese zunächst die Kosten zn ersetzen. Siehe ferner die unten
angeführte Quelle bei Mieris III. 317. — Betreffs der Beihülfe vergl.
Borgh II, 630, 49S und die unten § 4, suh. II. angegebenen Quellen für
die Beihülfe kleinerer Deichverbände. Es ist ferner auf die Eintrittspflicht
von Genossenschaften aufmerksam zu machen, welche darin besteht, dass
sie das Geld, welches für ihre Angehörigen ausgelegt worden ist, zu er-
setzen haben. Vergl. Mieris IV, 942 (a. 1428/29): Für die unwilligen
Poorter logt der Herr aus „up alle der medepoirteren coste wt dier stede
dair die onwillige geseten wair ende mede in vorsz Weert gelant waren
ende dat sal die Heere dan verbalen an hoire also laut van der stede, dair
die onwillicheit of geviele.* Es haben Genossenschaften auch insofern eine
Eintrittspflicht gehabt, als sie Geld für ihre Angehörigen ausznlegen haben,
das sie freilich wieder einpfänden konnten; vergl. Mieris III. 317 (a. 1375).
Hier bestimmt Albrecht, dass er bis zu einer Summe von 3000 alten Schilden
Geld auslege, dass daun aber für den Poorter die Stadt, für den Landmanu
der Ambachtsherr auslegen müsse. Zum Schluss heisst es; „En zullen wi,
onse stede ende Ambaclitsheren niet meer Verliesen moeghen mitten lande,
dat oens aencoemt mit onsen uytlegghen, dan dat land, das ous daer mede
aenghecomen waere, of daer scade van dycrechte op quame.“ — Es ergiebt
sich also, dass nicht allein solche Genossenschaften, bei denen alle Glieder
Verbaudsgenossen waren, sondern auch solche, welche nur mit einem Teil
ihrer Angehörigen beteiligt waren, eino gewisse Gliedstellung im Deich-
verband hatten.
U4 ) Siehe oben S. 213.
116 j Siehe oben S. 209 ff.
nt ) Siehe Ostfriesische Deichordnung § 15. Spadelandsrecht art. 4. —
Es waren diese kleineren Verbände meist Deichverbände.
117 ) Vergl. namentlich die Deichordnung für den Veen- und Velden-
deich von 1533 (Utrechts Placaatboeck H. S. 56), nach der ein Turnus
zwischen Gemeinden bezüglich der Anstellung eines Heemrads stattfindet.
In gewisser Hinsicht gehören hierher die zahlreichen Rechte auf An-
stellungen von Deichbeamten, welche Städte, Mannen, Ritterschaften und
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255
Vor allem entwickelte sich eine Gliedstellung von Deich-
verbänden innerhalb grösserer Deichverbände. Kleinere Deich-
verbände bildeten Samtdeichverbäude, Samtdeichverbände höhere
Samtdeichverbände. 111 ') Da nun aber die eingeschalteten Deich-
verbände neben ihrer Erscheinung als Einheiten sich zugleich
als Vielheiten darstellten, war für diese oder jene Fälle eine
Auffassung durchaus möglich, welche den Samtdeichverband nur
aus Individuen bestehen Hess.’* 0 )
3. Waren gemischte Verbände Glieder eines Deichver-
bandes, so konnte der Schwerpunkt der Gliedstelluug auf die
herrschaftliche oder genossenschaftliche Seite fallen m ) oder
zwischen beiden eine Vermittlung herbeigeführt sein. 1 ")
Kapitel (Kirchen) hatten. Freilich nehmen diese mehr den Charakter von
Herrschaften an, welche den Deickverband regieren. Im übrigen vergl.
auch Mieris III, 704.
lls ) Eine Genossenschaft konnte auch als Glied ein Näherrecht bei der
Verspätung des Gutes haben. So z. B. das Kirchspiel nach Spadelandsr. art. 7.
ns ) Hierüber vergl. unten § 4 snb II.
jao ) Vergl. unten § 4 sub IV.
m ) Also z. B. entweder der Herr oder die Genossenschaft das Spaden-
gut annehmen oder die Deichbeamten anstellen.
122 ) Siehe z. B. Ondenhovcn S. 277, wo die Genossenschaft zu Deich-
beamten präsentiert, der Herr wählt.
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Die Organe der Deichverbände.
1. In den Gemeiudedeichverbänden und Deichverbänden im
engeren Sinn bildete anfangs die Versammlung aller Glieder
nur die sichbare Erscheinung des Verbandes. Die Versammlung
und die Genossenschaft war identisch. Die Genossenschaft
wollte und handelte als Versammlung aller Glieder. 1 ) Allmählich
entwickelte sich die Mitgliederversammlung zum Ver-
bandsorgan. 1 )
1. Ursprünglich konnte nur auf Grund eines einstimmigen
Beschlusses aller Genossen ein Willensakt der Gesamtheit
erzeugt werden. 8 ) Später berücksichtigte man nur die Er-
schienenen 4 ) und führte für die Beschlüsse, welche die Verbands-
sphäre betrafen das Majoritätsprinzip ein. Gerade dies machte
die Mitgliederversammlung zum Organ. 5 ) Das Majoritäts-
prinzip brach sich in der Weise Bahn, dass man die Minder-
heit der Mehrheit folgen liess, um zu einem äusserlich ein-
’) Vergl. Giorko II. § 18. S. 475 ff. S. 485 ff. Siehe unten § 4,
aub II.
*) Gierke II, S. 883, S. 904.
8 ) Siehe A. 1.
4 ) Deichordnung für Cleve von 1575 § 1. Schaubrief für den Emdeich
von 1493 (oben Einl. § 4b, A. 409), Deichbrief für Lopikenveert von 1454
(oben Einl. § 4a, A. 408), art. 14 (bei Einlagen) art. 19 (bei Rechnungs-
legung vor Landgenosaen, .die dabei kommen wollen und die das angeht“),
Mieris LU, 786 (a. 1403).
5 ) Gierke II, S. 478 ff.
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stimmigen Beschluss zu gelangen.®) Bald aber, insbesondere
in Holland., erklärte man die Mehrheit einfach für ausreichend. 7 )
Infolge der ungemein starken V erdinglichung der Mitgliedschaft
wurde in vielen Gegenden nicht nur dio Teilnahme an der
Mitgliederversammlung überhaupt oder an gewissen Willpns-
akten derselben von einer bestimmten Grundstücksgrösse ") oder
einem verhältnismässig grossen Grundbesitz®) abhängig gemacht,
sondern in der Mitgliederversammlung entschied sogar die Mehr-
heit der am meisten Begüterten. 10 )
6 ) Siebe oben § 2. A. 39. Namentlich siebe die Altmärkische Deich-
ordnung von 1476, wo es beiaat: .Wertst, ock dat amptlude und man und
Rede uth unseu Steden Sehusen und werben erkenne den vor de» lande» beste
dat man etlyke de Krancke und böse dyke liedden und der nicht woll niaken
künde, wolde liulpe don, myt auferende, dat denne villichte etlyken entbieten
wer dat meynede t ho werende unde darto nicht helpen wühlen, war denne
de iney8te dele hen volgeden, de In der Scouwynge boseteu »ynt. dar
scal dat mynre deel myt Involgen und belpen anweren bey unsen
gewedde und Ungnaden edder ein sulkes dulden dat de unsen darup von
Urakeu settende werden.“ Siehe auch die folgende Anm.
7 ) Mieris IV, 613 (a. 1422): Die Genossenschaft wählt Heemradon
„bei dem meesten Gefolge“. Mieris 734 (a. 1401): Der meiste Teil von den
Leuten, die den meisten Teil von den Landen in der Deiohacht haben,
wählt Schöffen, bestimmt über die Deichleguug und die Eliminierung des
Deichwesens aus dem Verbandslebuu (über letzteres siehe unten § 5 a. E.)
Deiebhrief für die Lopikerwaard von 1456 (siehe oben A. 4): Die meisten
Stimmen entscheiden über eine Einlage. Deichordnung für Cleve von 1575
§ S: Nach den meisten Stimmen werden die Wahlen vorgenommen. Allgemein
spricht das Majoritätsprinzip aus, die bei Halsoma S. 553 ff. angeführte
Quelle für Vredewold: .Ofte enich huren, offtc merendeel der buyren ver-
droegen enige punton off te doen datt desse vors, punten an roert als wegen
te machen, .... dijeken offte andere zaecken de daeranne roeren moegen.
Ende waer daer dan enich woderspannich weer, soe moegen de Rechters
schrijven bij pene soe hoge ende alsoe lange als so willen dat he doon als
een ander buirmon nabner gelijken“. Siehe auch den letzton Satz in der
Stelle der Altmärkischen Deichordnung von 1476, die iu der vorigen Aum.
wiedergegoben ist.
8 ) Siehe oben § 2, A. 58, ferner Mieris HI, 786 (a. 1403): Alle die
5 Morgen haben, sollen Heemraden wählen.
*) Handfesten fiirEnchuyzen S. 49, a. 1495 („dat die rijedom von de
drie Coggen .... alle Jaren kiesen sullen . . seven van de rijekste ende
notabelste Personen van heure Coggen“), S. 59b, (a. 1440): Die sieben
Reichsten wählen die Deichbeamten.
l0 ) Mieris HI, 784 (oben A. 7).
J. Glerke, Geschichte de« deutschen Deichrecht«. 17
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268
2. So wollte und handelte oft schon in dieser Periode der
Verband durch die Mitgliederversammlung als sein Organ. Und
diese Organstelluug blieb durchaus gewahrt, auch wenn ein
einstimmiger Beschluss der Versammlung erforderlich war. 11 )
Ein solcher war namentlich dann nötig, wenn es sich um Sonder-
rechte und Sonderpflichten der Glieder handelte. Im Deichver-
band, der auf der Deichlast aufgebaut ist, kommen namentlich
die Sonderpflichten in Betracht. Vor allem war in vielen
Verbänden die Deichlast selbst eine Sonderpflicht d. h. sie war
nicht allein ein Ausfluss der Mitgliedschaft sondern wurzelte
zugleich in der Sondersphäre des Glieds. Dies war da der
Fall, wo die Deichlast als Reallast auf ein konkretes Grund-
eigentum gelegt war. 1 *) Diese Sonderpflicht war in gewisser
Hinsicht einem Majoritätsbeschluss entzogen.' 3 ) Ihr entsprach
teilweise ein Sonderrecht bezüglich der Deich- und Vorland-
nutzung. 14 ) Es gab auch Sonderrechte, die zugleich Sonder-
pflichten waren, wie die Beschwerung von Grundstücken mit
Deichämtern. 15 ) Auch Verbände hatten innerhalb grösserer
Deichverbände Sonderrechte und Sonderpflichten. 18 )
3. Zusammentritt und Thätigkeit der Mitgliederversammlung
waren bei den einzelnen Deichverbänden sehr verschieden ge-
staltet. Wir finden sie zusammentreten zu Schauungen, Ge-
“) Gierke II, S. 884.
**) Gierke II, 921. Siehe die folgende Anm.
w ) Es wird nuten im Abschnitt III, der über die Deichlast handelt,
der Charakter der Deichlast als Sonderpflicht besprochen und festgestellt
werden, in wie weit sic einer Majorisierung entrückt war.
14 ) Hierüber unten Abschnitt IV.
,6 ) Z. B. war das Deichgrafenamt in Hüll auf den Klosterhof gelegt,
in den Ommelanden ging das Deichricbtcramt von Heerd zu Heerd, iu
Isensee von Hof zu Hof um. Siehe unten sub II.
16 ) Die Deichlast, die ein kleinerer Verband im grösseren Verband
trug, war, wenn sie auf dinglicher Grundlage ruhte, eine Sondcrpfliclit. Es
setzten sich auch Gesamtdeiclipflichteu von Deichverbändeu aus einer Vielheit
von Sonderpflichten der Glieder zusammen. Siehe unten § 4 sub II, 2. —
Ein Sonderrecht hatte z. B. Oudekerk in der Crimpenrewaard, welches be-
sondere Deichschauungsbussen innerhalb des Samtdeichvorbandes verfassuugs-
mässig hatte. Siehe die Deichordnung von 1430 (oben Einleitung § 4b,
A. 450).
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richtssitzungen, Ptändungen, zur gemeinsamen Deicharbeit, zu
Trinkgelagen, beim Austritt und Ausschluss von Genossen, zu
Beamtenwahlen, zu sonstigen wichtigeren Beschlüssen, mochten
sie nun die Verbandssatzung oder ciue augenblickliche deich-
rechtliche, deichwirtschaftliche oder deichtechnische Massregel
betreffen. 1 ") Wer unentschuldbar nicht erschien, namentlich zur
Schauung und zum Deichgericht, hatte Strafgelder zu zahlen. 18 )
Die Versammlungen waren entweder ungebotene oder gebotene.
Fest bestimmt waren sie namentlich für die Schauungen und
Beamtenwahlen. 19 ) Der Ort der Versammlung war bei letzteren,
bei Deicharbeiten, bei Deichgerichten vorwiegend der Deich, 20 )
bei Beamtenwahlen häufig eine Stadtkirche.'- 1 ) Die Mitglieder-
versammlug setzte und wies das Recht; wählte und vereidigte
die Beamten, ordnete die Deicharbeit an und war überhaupt
das beschliessendc Organ des Verbandes. In späterer Zeit
erscheinen bei vielen Deichverbänden diese Funktionen infolge
des Einflusses von Landesherrn und anderen Inhabern öffent-
licher Gewalten, sowie infolge der Thätigkeit anderer Ver-
bandsorgane vernichtet oder beschränkt. Um aus der überaus
reichen Fülle nur Etliches hervorzuheben, so ging der Mit-
gliederversammlung meist die Satzungsgewalt in grösserem
oder geringerem Umfang verloren, indem sie teils an Heemraden
oder sonstige Ausschüsse fiel, teils von dem Landesherrn ent-
weder für sich allein oder zur gemeinsamen Ausübung mit
Städten, Kirchen, Kapiteln, Herrschaften, Edlen, Rittern unter
allmählicher Entfernung der Gemeinen Erffexen oder des Ge-
meinen Landes augeeignet wurde. 22 ) In Bezug auf die Urteil s-
17 ) Ueber die Einzelheiten wird in Abschnitt V gehandelt. Siehe auch
unten § 4 sub II,
“*) Deichrecht der Alteudorfer Schanung sub X, sub XVII. Deich-
ordnung für Cleve von 1575. Ueber die später zulässige Vertretung siehe
unten Abschnitt V.
10 ) Dieselben fielen häufig auf Et. Peters Tag; siehe Privilog des Herrn
von Kranenburg von 1343. Richthofen Kq. 521, § 8. Des Kapitels und
des Rates von Bremen Verordnung von 1449. — Es hängt dies damit zu-
sammen, dass im Frühjahr die Deicharbeit und die ersten Behauungen
beginnen.
,J0 ) Hierüber siehe Abschnitt V.
a ) Siehe A. 19.
**) Hierüber vergl. Abschnitt V.
17 *
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2B0
findung weicht die Mitgliederversammlung immer mehr den Ge-
schworenen. ,s ) So wird in der Altendorfer Acht die Schauungs-
gemeinde nur noch bei zweifelhaften Fällen um Rat gefragt.
Betreffs der Finanzgewalt erlitt die Mitgliederversammlung
starke Einbussen, indem teils der Staat oder Landesherr die
nötigen Summen bestimmte, 84 ) teils die Beamten einen rechts-
gültigen Besteuerungsbeschluss fassen konnten. 56 ) Zu vielen
Beschlüssen wurde schliesslich landesherrliche Erlaubnis er-
forderlich. 5 *) Trotz alledem erhielt sich in Bezug auf viele
Fällo, in der einen Gegend mehr in der anderen weniger, die
Mitgliederversammlung die entscheidende Stimme. 57 )
**) Vcrgl. z.B. MierisII, 333, 111,205, 584; ßerghll, 248. Privileg
für Krauenburg von 1343. Deicborduung für Ulevo von 1575, Deichrecht für
Stediugen von 144Ö. Sander-Deiclisatzungeu von 1317, § 1. Adewarter
Sielbrief von 1382, § 2 u. s. w.
M ) Bergh II, 762, 867; Mieris II, 280; III, 317; IV, 645. —
Schwarzenberg II, 154, 179; III, 864.
*) Deichrecht des Hammerbroks, art. 23.
M ) Siebe namentlich oben S. 171 ff.
‘ Z! ) Vergl. Mieris III, 734, IV. 470. Schwarzenberg 11,429, Deicb-
ordnuug für Cleve von 1675, für die Alte Mark von 1476. Eiderstiidter
Deichordnung von 1595 art. 9, 10, 11; Deichrecht der Altendorfer Schauung
II, 1. Deichgericht von 1537 bei Pufendorl' II, 67 und andere Deich-
gerichte (sieho oben Eiul. § 4a, A. 267 ff.). Siehe auch Neues Deichrecht von
Humsterland (.Hai sein a S. 553): In den eersteu nije zijlen te maeken, item
zijltochten ofte maeren te graveu, item nije tillen to macken item Dijcken
in te leggen, item laud te copen, die Dijcken daor op te leggen, ofte vau
te maecken; in eenige Steden binnen Dijcks, ofte buiteu Dijcks; item dijcken
te hoogen, offte te dickeu, item dio olde Dijckbrieven in eenige stedeu te
vernijeu, item Dijcken te beschrijveu dio onbescbreveu sijn .... wes hijer
vors, alles in te doeu is, zoe zullen die Dijckrechters in de Ziilvestinge,
daer dan des te doen is, alle Eijgen arffden, die in de Zijlvestingo woouagtig
zijn, ofte die daar anders ock rnede gearvet mögen wesen te hoope laeteu
daegen op den Zijl ofte Dijck, ofte op dat Landt ende stede daer dat von
nooden is, die sullen setten uit heu allen vier of rneer goede standhafftigo
mannen, die mede raeden, zullen mit dat Dijckrechte wat best in eenigen
van allen desen articulon gedaau is. Diese Vorschrift ist deshalb von
besonderem Interesse, woil sie zwischen Deickbeamten und Mitgliederver-
sammlung vermittelt. — Betreffs der Entziehung der organisatorischen
Thätigkeit der Deichverwaltung siehe snb II. — Hingewiesen sei noch auf
die Spaltung dor Mitgliederversammlung, wenn die ehemals mittelbaren Ge-
nossen einen Verband bilden. Siehe oben S. 238, A. 39.
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261
II. Anfangs waren alle Beamten der Deichverbände ge-
wöhnliche Gemeindebeamte. 28 ) In späterer Zeit kommen
besondere Deichbeamte vor, das sind die Deichbeamten im
technischen Sinn.
Diese Deichbeamten waren entweder nur Gemeinde-
beamte oder nur Beamte eines Spczialverbandes oder
zugleich Gemeindebeamte und Beamte eines Spezialverbandes.
Der erste Deichbeamte im technischen Sinn war nur Gemeinde-
beamter. In den Gemeindedeichverbänden übertrug man eine
gewisse Thätigkeit in Deichsachen einem Sonderbeamten. 19 )
Diese Entwicklung fand nun aber statt, auch wenn sich noch
kein Deichverband im engeren Sinn aus dem Gemeindedeich-
verband herausgeschält hatte. Somit war der Sonderbeamte nur
Gemeindebearoter und nicht Beamter eines Spezialverbandes.
Mit der Entstehung von Deichverbänden im engeren Sinn treten
besondere Deichbeamte auf, wclcho Beamte des Spezialverbandes
waren. Man darf freilich nicht meinen, dass der Begriff des be-
sonderen Deichbeamten dem Deich verband i. e. S. irgendwie wesent-
lich wäre. Allerdings finden sich regelmässig und zwar insbesondere
da, wo der Deichverband den Charakter der Körperschaft hat,
in ihm besondere Deichbeamte; doch giebt es Deichverbände
im engeren Sinn, bei denen namentlich die obersten Beamten
gewöhnliche Gemeindebeamte sind. Die besonderen Deich-
beamten der Deichverbände im engeren Sinn waren anfänglich
*) Siehe obon S. 184 ff.
s*) Ans der Bezeichnung Deichbeamter ist ohne weiteres noch nicht
auf ein Sonderorgan zu schliessen. Denn es kann diese Bezeichnung in den
Quellen für den gewöhnlichen Gemeiudobeamten gewählt sein im Hinblick
auf die spezielle Thätigkeit, von welcher gerade geredet wird. So ist der
dikaldirmon, dor in den Rüstringer Rechtssatzungen (Richthofen. Rq.
124, 19) erwähnt wird, kein besonderer Deichbeamter, sondern der gewöhn-
liche Gemeindegeschworene, der buraldirmon. Das Gegenteil, das zwar mit
der Entwicklung im allgemeinen nicht im Widorspruch stehen würde, nimmt
Heck S. 90 an. Entscheidend ist aber, dass die Rechtshandschrift, von
1827, welche jünger ist als die Rüstringer Recht, ssatznngen, dem buraldirmon
das Aussagen und Zeugnis (hliene) in Deichsachen zuspricht (Kq. 041, 33),
ohne des dikaldirmons zu gedenken, dem die ältere Quelle diese Funktion
zuteilt. Siehe oben S. 189, A. 18.
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zugloich Gemeindoboamte. Später, bei der reinen Ausbildung
der Deichverbände im engeren Sinn, linden sich bei ihnen be-
sondere Deichbeamto, lediglicli als Beamte des Spezialverbandes,
indem sie mit einer Gemeinde in keiner Weise zusammenhingen.
Und auch da, wo bei genauer Feststellung die betreffenden
Deichbeamten zugleich Gemeindebeamte waren, verblasste ihr
Charakter als Gemeindebeamte und liess sie in viel deutlicher
Weise als Beamte des Spezialverbaudes erscheinen.
Die rechtliche Stellung der besonderen Deichbcamten
beherrschte aber noch ein anderer Gegensatz, nämlich der
zwischen Herrschaft und Genossenschaft. In den herr-
schaftlichen Deich verbänden im engsten Sinn fiel er
freilich fort. In diesen hat es zunächst ebenfalls keine be-
sonderen Deichbeamte gegeben : Der gewöhnliche Beamte des
Herrn war der Deichbeamte. 3U ) Später kamen auch in ihnen
besondere Deichbeamte vor. 81 ) Bei den übrigen Deichverbänden
aber traten Herrschaft und Genossenschaft hinsichtlich der
Deichbeamten meist schon in dieser Periode als Rivalen gegen-
über. Denn nicht allein die Deichbeamten, welche gewöhnliche
Gemeindebeamte waren, empfingen herrschaftlichen Anstrich, nicht
allein die gewöhnlichen herrschaftlichen Beamten oder der Herr
selbst wurden neben oder über genossenschaftlichen Organen
zu Deichbeamten, sondern auch die besonderen Deichbeamten
mussten herrschaftlichen Einfluss spüren. Viele Deichverbände
blieben freilich in dieser Periode hiervon noch unberührt; allein
die grosse Masse der unter herrschaftlicher Gewalt angesiedelten
Deichverbände war ihr auch bezüglich der besonderen Deich-
beamten unterworfen; und mancher Herr, der über einen bereits
bestehenden Deichverband trat, liess seiue Herrenmacht über
den Deichbeamten walten. Zudem stempelten viele Herrn
durch ihre Gewalt Uber Gemeinden infolge der Verquickung
und Ineinderschachtelung von Gemeinde und Spezialverband
viele besondere Deichbeamte zu herrschaftlichen. Dazu kam,
dass die besonderen Deichbeamten der Städte häufig mehr als
herrschattliche wie als Gemeindebeamte erschienen. Schliesslich
“I Siehe Bergh I, 533.
31 ) Siche Bergh I, 362.
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2R3
■breitete die landesherrliche Gewalt, stetig wachsend und die
selbstherrliche Sphäre der Deichverbände verdunkelnd, ihre
Schwingen aus und nahm die besonderen Deichbeamten unter
ihre Fittige. So traten die herrschaftlichen besonderen
Deichbeamten den genossenschaftlichen gegenüber. Doch
gab es auch hier meist Zwischengebilde, die gewissermassen
auf einem Compromiss zwischen Herr und Genossenschaft be-
ruhen. Bei der ganzen Entwicklung handelt es sich nicht
immer um einen Eingriff des Herrschaftsverbandes in be-
stehende genossenschaftliche Deichverbände; denn bei vielen
Deichverbänden stand der herrschaftliche Einfluss sofort bei
ihrer Entstehung fest. Auch abgesehen hiervon muss man sich
hüten, den Eingriff der Herrschaft stets als einen Akt brutaler
mittelalterlicher Herrengewalt aufzufassen. Es wäre dies ebenso
falsch, als wenn man, wie dies so vielfach geschieht, 88 ) sich
alle Deichverbände des Mittelalters als freie und autonome
Körperschaften vorstellt, die unbeeinflusst von Herrenmacht
und Herrenrecht nur ihre eigenen genossenschaftlichen Deich-
beamten gehabt hätten.
Das besondere Deichbeamtentum hat sich in vielen Deich-
verbänden ganz allmählich entwickelt. Zuerst kommen Beamte
untergeordneter Natur vor. 38 ) Dann treten höhere Deichbeamte
auf, 84 ) schliesslich bildet sich ein subalternes besonderes Be-
amtentum aus. Allein ebenso wenig wie jeder Deichverband
im engeren Sinn sich aus einem Gemeindedeichverband heraus-
geschält hat, ebenso wenig hat jeder Deichverband erst diese
allmähliche Entwicklung in seinem Beamtentum durchgemacht.
Denn es veränderten sich nicht nur die vorhandenen
Deichverbände, sondern es entstanden auch neue. Diese
neuen aber nahmen sofort mit ihrer Entstehung den mehr
oder minder ausgestalteten Deichbeamtenorganismus an. Von
dem entwickelteren besonderen Deichbeamtentum muss auch
eine Betrachtung der Deichbeamten ausgehen. Die ausgeprägten
Siehe z B. Anschiitz S. 143.
**) Siehe Heck S. 864 ff. (betreffs des Deichaldirmons in Rustringen
siehe aber eben A. 29). Betreffs Hollands vergl. vorläufig Heck S. 112.
Genaueres siehe unten sub 2.
**) Siehe unten sub l, auch Heck S. 365.
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Deichverbände des Mittelalters stehen vor uns. 8 *) Wir be-
schäftigen uns nur mit den besonderen Deichbeamten. Die
übrigen Beamten (Herrn) kommen nur insoweit in Betracht als
sie die Stellung jener berühren.
Es ist am zweckmässigsten zunächst die Deichgrafen, so-
dann die übrigen Deichrichter und die Deichgeschworenen
und schliesslich die Deichbeamten ganz subalterner Natur
zu betrachten.
1. Was die Deichgrafen (Teichgrefen, Teichgreben, Dijck-
graeven, chomarchi, wateringraven, watergraven) anlangt, so ist
ein solcher zum ersten Male für Seeland Bewesterschelde be-
zeugt. 8 *) Doch wird schon im Jahre 1275 ein „provisor“ der
Grooten Waard erwähnt, 87 ) und die Handveste für die Alblasser-
waard von 1277 lässt die Einsetzung eines Deichgrafen ver-
muten. 88 ) Was die Gebiete betrifft, die heute zu Deutschland
gehören, so ist die älteste Urkunde, die hier einen Deichgrafen
kennt, das Privileg des Herrn von Cranenburg von 1343. 8 *)
Es ist aber in der Wahl des Grafen von Delmenhorst von 1381
zum Gohgrafen des Viehlandes, welche der Rat von Bremen,
die Geschworenen und das gemeine Land vollzogen, die Wahl
“) Es wird selbstverständlich das Erforderliche in historischer Be-
ziehung bemerkt werden.
x ) Bergh II, 748. Dies übersieht Nibbelink S. X, der als erste
Urkunde, die einen Deichgrafen bezeugt, das Privileg Johanns von Henne-
gauen von 1303 bezeichnet. In dem Vertrage Johanns von Heusden und
GrafFloris von 1273 kam kein Doicligraf vor; zwar steht in der holländischen
Handschrift dieses Vertrages (Mieris I, 361) .Dyckgrave“; allein in dem
lateinischen (Bergh II, 248) Original heisst es nur Comes, womit Graf
FlorU bezeichnet wird; der .Deichgraf“ der erstgedachten Handschrift ist
infolge eines Versehens des Schreibers hereingekommen, der statt .dictus
Comes“ „dici Comes“ las (da or nicht .Dyckgrave voersz.“, sondern lediglich
.Dyckgrave“ übersetzte). Siehe die zutreffende Darstellung von Nibbel i n k
S. IX ff.
37 ) Bergh II, 300.
*) Bergh H, 331.
®) Sieho oben Einleitung § 4a, A. 248. Es ist unrichtig, wenn
J. M. Lajppenberg .Die Elbkarte des Melchior Lorichs vom Jahre 1568“
Hamburg 1847, 109 unter dem Comes der oben S. 213, A. 151 interpretierten
Urkunde von 1237 einen Deichgrafen versteht Richtig Detlefsen S. 329.
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eines Deichgrafen zu erblicken. 40 ) Es kennt weiter der Spade-
landbrief für die Wilstermarsch von 1438 einen Deicligrafen
und das Stedinger Dcichrecht von 1446 ordnet die Einsetzung
von Deichgrafen an. 41 )
a) Der Deichgraf wurde auf die verschiedensten
Weisen zu seinem Amt berufen.
In manchen Deichverbänden wählten ihn die Deich-
genossen, 42 ) in manchen die Geschworenen oder Heemraden. 43 )
Hier setzte ihn der Ambachtsherr, 44 ) oder die Gesamtheit der
Herrschaften, 45 ) dort der alte Deichgraf 45 ») ein. ln vielen
Deichverbänden ernannte der Landesherr den Deichgrafen, 49 )
“) Siehe oben Einleitung § 4a, A. 269.
41 ) Grimm III, S. 215.
42 ) Vorgl. Heineken § 18 Detlefsen 8. 331. Anachätz S. 144.
Mieris II, 420 (1327): Die Gemoenen Mannen wollen 2 Deicligrafen haben,
können sich auf einen nicht einigen. Siebo ferner die Quellen unten in
Anm. 45a, 48, 49. In der Grooten Keas in Drechterlaud wählen ihn dio
sieben Reichsten (Hand Testen für Enchuizen S. 59b, A. 1440).
a ) Mieris IV, 666 (a. 1422) nach Stimmenmehrheit.
**) Siehe Mieris III, 580 (a. 1391), III, 220 (a. 1367) Oudenhoyen
S. 266 (a. 1429/30), S. 277 (a. 1483 Deichrecht für Baveudrecht).
®) Vergl. Mieris IV, 129, (a. 129).
“*) Deichrecht der Altendorfer Schauung.
* 6 ) Mieris II, 28 (a. 1303): „Men sol hebben in elkon Waert eenen
Dijckgrave, die in dieu Waert gegoet is tot drie koudert Fond Hollandts
of daer boeven“ (Privil. Johanns für Südholland). Mieris II, 307 (a. 1323
für Walcheren), „Wi (Willem van Henegouwen hebben) enen wateringrave
gheset ende bevolen . . de vyf ambachte in W. te bedriven als van hären
diken . . .* Mieris II, 313 (a. 1323). Privileg Reinalds II. für das Land
zwischen Maas und Waal von 1321 (Plakaatboek für Geldern II. App. S. 8.)
„Wy hebben ornme beyde oirber endo bebouff ons Laut voorschreveu gesät
gesworen Dyck-grevo ende Heeinraeden in dit voersebreven Lant, die op oer
eede die sy gesworen hebben, ende sweeren sulleu die Dyck-Greve ende
Heemraede nae hem sullen wesen, sullen weteringe leyden ende doon graven,
sluysen sydtwynden ende bruggen doen maicken ende leggeu in't gemeyne
Lant ende in olck deel des Lants den oversten endo den uedersten gelyck
daer ’t hem dnnckt ende dunckeu sal den Lande uut ende oorberlyck.“ —
Deichrecht an die Bommler und Tieler Waard von 1325 a. a. 0. S. 70.
Deichrecbt für die Tieler Waard von 1409 (a. a. 0. S. 66). — Deichrecht
für Leckendeich boven Damms von 1532. (oben Einl. § 4b, A. 401). Siehe
auch Mieris IV, 976 (1430). — Vergl. ferner Keure für die Alblasserwaard
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auch übertrug er ihm das Amt zum Lehn. 47 ) In anderen Be-
zirken war das Deichgrafenamt auf die einzelnen Höfe gelegt
und ging von Hof zu Hof um, 4S ) oder es war mit einem be-
stimmten Hof 49 ) oder mit einem Amt' 10 ) verknüpft. Zuweilen
gehörte es als Erbdeichgrafenamt gewissen Familien zu, denen
es entweder durch landesherrliche Vergabung oder durch einen
Beschluss der Deichgenossen übertragen worden war. 51 )
In zahlreichen Verbänden galten gemischte Wahlsysteme.
Dabei wurde in buntester Weise zwischen einer Anstellung
von seiten der Deichgenossen, der Deichbeamten selbst, der
Herrn und Landesherrn und anderer öffentlicher Gewalten ver-
mittelt. Was das Verhältnis der Genossen und der Deich-
beamten angeht, so ist namentlich der sgn. Deichbrief von
Erkemeden von 1356 von grösstem Interesse, in welchem
Reinhold III. für Putten und Nijkerk verordnete, dass man
einen Deichgrafen und drei Heemraden haben sollte, zwei aus
Putten und zwei aus Nijkerk. Diese vier Deichbeamten sollten
acht Leute aus Putten und acht aus Nijkerk wählen. Diese
sechzehn Männer sollten das nächste Jahr den Deichgraf und
die Heemraden kiesen; alsdann sollten Deichgraf und Heem-
raden wieder 16 Bauern wählen, welche das nächste Jahr
Deichgraf und Heemraden zu erküren hätten. Wären aber
von 1277 (Bergh II, 331). Deichordnung Edzards von 1515 (Wicht II,
8. 9<>ß, 17). — Siehe ferner Mieris IV. 10G2 (der Caatellan setzt den Deich-
grafen', Schwarzenberg II, 239 (a. 1509) und Warukönig II, 2. S. 137.
47 ) Mieris III, 482. Siche auch Hickmauh S. 375 ff.
48 1 Deichrecht der Altendorfer Schauung sub XXX (in Isensee).
«) a. a. O. (in Hüll).
“) So ist der Maarschalk von Eemland Deichgraf für den Veen- und
Veitdeich. (Siehe die Deiehordnuug von 1532 oben Einl. § 4b, A. 298), so
sind die Bnljus von Dclfland, Rbijnland, Ainstelland Deichgrafen [vergl.
Mi eris III, 584 und Placaathoek für Utrecht, S. 11 (a 1509)]. — Vergl. ferner
Landbrief an Ober- und Niedorbetuve v. 1327 (oben Einl. § 4b, A. 378),
nach dem 2 Richter zugleich Deichgrafen sind; Mieris IV, 224 (Schulz
von Gouda), Schwarzenberg II, 382 (a. 1519): Abt von Gorkeskloster
erhält die Stellung eines Deichgrafen ; siehe auch II. 062 (a. 1535). — Auch
Städte konnten Deichgrafen sein; a. a. 0. S. 490 (a. 1525).
6I ) Siehe Mieris IV, 15 (a. 1405 Herr von Monfoerde wird zum Erb-
deichgraf von dem Bischof von Utrecht eingesetzt). Clevische Deichordnung
von 1575 (die Erbdeichgrafeu sind beizubehalten). Heineken § 19.
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die sechzehn nicht einig 1 , so sollte das, worüber sich die
Majorität mit dem alten Deichgrafen und den alten Heem-
raden einigte, entscheidend sein.**) In Bezug auf das
Verhältnis zwischen Deichgenossen und Herrn, Landesherrn
und öffentlichen Gewalten ist darauf hinzuweisen, dass mit-
unter zwar die Deichgenossen wählten, aber der Herr oder
der Landesherr bestätigte und vereidigte* 3 ) oder sogar bei
Meinungsverschiedenheiten der Verbandsgenossen auf Grund
einer Präsentation dieser einen Deichgrafen ernannte,* 3 ) dass**)
s*) Plcaetboek für Gelderland App. S. 158: „Voerts soe sullen s y hebben
enen Dieckgreve und drie Hemelraden, twee ut hat Kerspel van Putten urd
twee ut bet Kerspel van Nykerke, die vyr sullen nu ten eersten op liaereu ect
kiesen agt goeder Knapon die geerft sijn toe Putten, ind agt diergelijeken die
geerft sijn ter Nykerk, welcko sestien des naesten jaers dacr nae op boeren
kiesen rnoegen off sy willen, euen anderen Dieckgreve. ind drie andere Hemelraeden
als voorschreven is, ende die uye Dieckgreve endo die nye Hemelraeden sullen
öfter op liaeren eedt oft hem goet dunckt. sestiene ander kiesen geerfter
luyden uytten tween kerspelen als voorseit is, dieu den Dieckgreve ind die
Hemelraeden des jaers daer nae vorsetten ende kiesen moegen oft hem
orberlick dunct, te wesen, ind aldus soe sullen alle jaer die Dijck-greve ende
die Hemelraeden ende die sestiene vorschreven verset wurden, ind die aude
Dieckgreve sal den nien eeden wanneer hy gekoeren is, Ind die nye Dieck-
greve sal voirt die nye Hemelraeden, ende wie van den voersclireveu sestienen
niet en quetuon alle jaer up Sunt Peters dach ad Cathedram, als vur-
schr^ven is, ind als dat gekündigt is in dor kerckon, dien mecht mon peynden
des anderen daeges voer vyf Schillingen kleyne, ind alsoe voerth ses daogen
alomme hent ter tyt dat sy daer by quemen, Ind gevyelt dat dese sestiene
niet over - een en draegen, soe waer don die meeste hoop mitten Dieck-
greve ende mit den Hemelraeden heme draegen, dat sonde voert gaen.“
M J Deichordnung fiir Cleve von 1575 § ß. Siehe auch Heineken § 19.
M ) Reglement für die Vyfdeels Deiche von 1547 (Schwarzenberg III,
1171: Alle zwei Jahre ist ein Deichgraf von deu Deichgenossen oder ihren
Bevollmächtigten zu wählen; .-ie können auch den alten bestätigen. Wenn
sie sich nicht einigen können, sollen sie, falls der alte Deiehgraf noch am
Leben ist, zwei, sonst drei Personen nominieren, von denen der Hof einen
nimmt.
“J Als charakteristisches Merkmal setze ich dio folgende Quellenstelle
wörtlich hierher, die in diesor oder jener Wendung oino grosse Reihe
holländischer Urkunden durchzieht, uud zugleich die Thätigkeit des Deich-
grafen beleuchtet : „Wie .... makon coml . ., dat wi . . . . bevolcn hebben
ende bevelen mit desen brieve on?e Dycgravescip .... toe bedriven, ende
te verwaren van onsen weghen t' onser eren, ende tote des ghemeens lands
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ferner der Landesherr mit Willkür der Landgenossen an
jemanden die Deichgrafschaft befahl. Eine Berührung
landesherrlicher Anstellung mit einer Einsetzung seitens Herr-
schaften, öffentlicher Gewalten und Verbandsgenossen fand
dadurch statt, dass mitunter die Wahl prinzipiell bei den
Ambachtsherrn lag, allein bei Nichteinstimmigkeit derselben
der Landesherr das Amt besetzte, 5 “) oder Landesherr, Stadt und
Kirche jeder einen Deichgrafen einsetzte. 67 ) Dass öffentliche
Gewalten, Deichbeamte und Deichgenossen gemeinsam einen
Deichgrafen wählten, ergiebt die bereits erwähnte Wahl des
Grafen von Delmenhorst von 1381. 6S ) Auch in anderer Weise
standen sie untereinander in Beziehung, indem mitunter zwar
prinzipiell der alte Deichgraf den neuen ernannte, aber, wenn
er dem nicht innerhalb eines Monats nachkam, das Wahlrecht
auf Städte und den Deichverband überging. 5 *) Auch war da,
wo der Herr den Deichgrafen einsetzte, sein Recht insofern
zuweilen beschränkt, dass er jeden Deichgrafen, den die Heem-
raden für untauglich erklärten, absetzen musste.“ 0 )
Schliesslich ist zu erwähnen, dass den Heemraden an
vielen Orten das Recht gegeben ward an Stelle des säumigen
orbaer. Ende ghevcn hem macht van onsen weghen Ghesuoerne te mähen,
of, ende on te doene alst tem orbaer denken aal, ghebot te legghen, te be-
drivene dike. wattering, wege, endo die te berecbten mit einen gesuoernen,
onse ghelt doen in legghen alst te doene es, ende weder in te panden vier-
scat hi sinen ghesuoernen na den rechte van den lande, vrede te vermanen
ende wie hem vrede wederseyde, die verboirdo GO pond Tornoys jeghens ons,
ende die ander helfte jeghens hem ende sine ghesworne, jof manne die dair
mit hem körnen. Ende omme dat onse ghemene manne dit ghewilcoirt
hcbben, so ontbieden wi allen . . (Mioris II, 312 a. 1323). Siehe ferner
Mieris IV, 225 (a. 1413).
M ) Privileg für die Swijndrechtsche Waard von 1331 (oben Einl. § 4b,
A. 463): „Dit lont sol men bedryven met. eenen Dyckgrave, die den ghe-
rneenen Ambachts Heeren van Svindrecbt kiesen sullen. Ende ist dat de
Ambaehts Heeren niet ovoreen cn draghen jaerlyck een Dyckgrave te setten
die binnen den lande ghegoet is, so mechten wy hen gheven, die wy wilden.“
Dazu siehe auch Mieris II, 151.
M ) So in Stedingen; Grimm III. 315.
*) Oben A. 40.
Hl ) Deichreciit für die Crimpenrewanrd von 1430.
60 ) Privileg des Herrn von Cranenburg von 1343.
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Deichgrafen aus ihrem Collegium heraus für den Einzelfall
einen Stellvertreter zu wählen." 1 )
Die Anstellung selbst erfolgte meist auf Grund einer
Eidesleistung. Den Eid nahmen entweder der alte Deich-
graf,® 2 ) der Herr oder Beamte des Herrn® 3 ) oder andere
Inhaber öffentlicher Gewalten 94 ) ab.
In Bezug auf die Amtsdauer galten sehr verschiedene
Rechtssätze. Entweder war der Deiehgraf auf Lebenszeit be-
stellt,®*) oder auf ein Jahr 80 ) oder mehrere Jahre.“ 7 ) Ausserdem
aber konnte der Untaugliche meist jederzeit abgesetzt werden. 98 )
Die Erfordernisse, welchen der zu wählende Deich-
graf genügen musste, bestanden vor allem in eiu Begütert-
sein binnen der Schau. 811 ) Häufig musste er ein Grundstück
von einer bestimmten Grösse 78 ) oder von einem bestimmten
Mindestweite 78 *) besitzen. Ausserdem musste der Deiehgraf in
81 ) Mieris IV, 584 (a. 1391 für Delflantl), Mieris IV, 639 (1395/96
für Schiel and). Ebenso 1399 für Kijuland; Nibbeliuk S. XIII. Siehe
ferner die in A. 59 angegebene (Quelle und Deichbrief für Uber- Betuve
von 1383.
e2 ) Siehe oben A. 53.
ra ) Deichordnung für Cleve von 1575, Cranenburger Privileg von 1343,
Stedinger Deichrecht von 1446, Dcichorduung für dio Vyfdeelsdeiche von 1547.
**) Oudenhoveu 8. 10 ff. (der Deichgraf schwört in die Hand des Bürge r-
tueisters von Dordrecht.) Hnudveston von Encliuizen S. 21 (a. 1423)
®) Heineken § 19.
*■) Siehe oben A. 52.
67 ) Deichrecht in Thielreweert von 1399 (2 Jahre), Deichrecht für
Leckendeich hoveu dauinis von 1532 (4, 5 Jahre).
“) Deiehrecht von Sallaud art. 34.
<*) Deichrecbt für die ISoemelre Waart von 1325, Stedinger Deichrecht
von 1446. Verordnung für die Groote Waard v. 1374 (Van de Wall 1, 309).
70 ) Deichrecht von 1370 Mir verschiedene Kirchspiele in Geldern
(Nyhoff II, 257) [10. Morgen], Bommelsche Landrecht von 1409 (40 M.)
Deichrechte für das Land zwischen Maas uud Waal von 1328. 1423 (50 M.)
Kcure von Seeland von 1445 (20 Gernete), Deichrecht für Tielrewaart von
1399 (40 M.) Deichbrief für Veluve von 1370 (10 M.), Deichrecht für die
Riederwaard von 1403 (10 BL), Deiehrecht für Bavendrecht von 1483 (10 M.),
Privileg von Cranenburg von 1343 (■/, Hufe.)
™*) Deichordnung für die Criuipeurewaard von 1430. Siehe auch
Mioris IV, 942. — Auch begnügte man sich mit dom Nachweis eines be-
stimmten Vermögens überhaupt. Siehe Handfest für die Alblasserwaard
von 1483.
r
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270
der Waard wohnen. 11 ) Später kamen hiervon Abweichungen
vor. Er konnte bei Konsens der Mehrheit der Eingesessenen
in den benachbarten Städten wohnen. 13 ) Oder er musste sogar
seinen Wohnsitz in einer Stadt haben. 1 ®) Dies hängt damit
zusammen, dass er in manchen Gegenden infolge städtischer
Machtentfaltnng Stadtbürger sein musste. 1 *) Mitunter konnte
nur ein ehemaliger Deichgeschworener Deichgraf werden. 15 )
Andere Erfordernisse waren, allgemein Tauglichkeit zum Amte, 1 ®)
zuweilen eheliche Geburt, 71 ) Besitz des Grundstücks während
Jahr und Tag, 78 ) Schildbürtigkeit 1 *) und ein bestimmtes Lebens-
alter.*“)
71 ) Deicbbrief für Veluve von 1370, Deichreeht für die Critnpenrewaard
vdu 1430. Keure für Seeland von' 1443 („woeneu binnen der Versehe, daer
by Dyckgraefschap bedienen sal“).
n ) Guidemont S. 47 ff.
7S ) Privileg Johanna von Bayern für Südbolland von 1418 (Oudeu-
boveu S.101 ff.): „Dnt niement binnen ousen lande von Zwt hollant binnen
steden jof dair buten geeu dyensten (is te weten die bayliuscapp, die diic-
grovescapp, ilie rentmeesterscapp aldair offt scontscapp) off onse tollen
t’ Dordrecht vueren en sal hi en si poirter Tordreebt ende wouacbtig
mit siiure alinger woenstat.“
7< ) Siehe A. 73, ferner Keure für die Alblasserwaard von 1483 : „Dat
een dijcgraeff van den selven waert gegoet wesen zal binnen den waert
voorsz an gaede off an lande totter summe van hondcrt pond groten
vlaerascb of daer boven ende porter sal zijn binnen der stede van Dordrecht“.
Ueber das Erfordernis des Bürgertums in der Alblasserwaard kam es
später zu lebhaftem Streit. Im Jahre 1563 ward ein Deichgraf angestellt,
der kein Bürger war. Dordrecht protestierte dagegen und berief sich einmal
auf das Privileg Johanns von 1118 (oben A. 73) und auf die Keure von 1483.
In letzterer stand in einer Abschrift statt „endo“ „ofte porter“. Die Stadt
bekam liecht. Nibbeiiuk S. XVIII.
75 ) Deichrecht der Altondorfer Behauung. II.
70 ) Keure von Seeland von 1446: „by en sal dartoe vroet ende uut
wesen“.
77 ) Privileg Johanns von Bayern von 1418 (Oudenhoven S. 101 ff'.):
„(er) sii witliieke geboren onde van cnen getrnweden bedde“.
,8 ) Deichrecht für die Thielerwaard von 1399.
n ) Deichrecht für das Land zwischen Maas und Wael von 1433.
*°) Deichrecht für Leckendoich boven Damms von 1532.
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271
b) Die Pflichten 81 ) des Deichgrafen bestanden in der
Leitung der Schaumig, der Vorsteherschaft des Schwaren-
kollegiums, der Entscheidung über wichtigere Angelegenheiten,
der Verpflichtung in gewissen Fällen Geld auszulegen ; er hatte
ferner die Leitung der Exekution und des Deichgerichts ; er
hatte Rechnung zu legen ; er war überhaupt der Genossenschaft
oder der Herrschaft verantwortlich ; ausserdem war ihm die
Sorge für Siele, Schleusen, Graben, Wege, Stege und Brücken
anvertrant. .
Seinen Pflichten standen weitgehende Rechte 83 ) gegen-
über. Er genoss einen erhöhten Frieden, er hatte eine An-
teilnahme an den Bussen und Brüchen, sa ) er konnte sein aus-
gelegtes Geld in mehrfachem Betrage einpfänden ; 84 ) häufig fiel
an ihn ein Teil des verspadeten Guts ; 8,v ) ausserdem hatte er
sein Gut ganz oder teilweise deichfrei. 8 ®) Schliesslich stand
ihm das Recht zu auf des Säumigen Kosten zu zehren. 87 ) Mit
dem Ablauf der ersten Periode kommen in Holland auch schon
feste Besoldungen des Deichgrafen vor. 88 )
c) Das Verhältnis des Deichgrafen zu anderen Deich-
beamten war meist ein übergeordnetes. Ganz abgesehen
8I ) Sielio namentlich oben A. 56. liu einzelnen werilen die Pflichten
sich in dem Abschnitt V über die Deichvcrwaltuug ergeben. I)a sie aber
dort nicht zusammenhängend dargestellt werden, ist liier eine kurze Zu-
sammenfassung gegeben.
“) Auch hierüber ist Abschnitt V zu Kate zu ziehen.
fö ) Siehe z. B. Deichrecht von Sallaud art. 10, (*/, aller Bussen)
Mieris II, 333, Ueineken § 20 ff., ('/„ aller Bussen). Siehe auch Hahn
S. 30. Handvesteu für Euchuizen S. 40. Placatboek für Utrecht, S. 2.
S. 100. art. 20. 28. Deichrecht für diu Krimpeurewaard von 1430 art. 14.
Siehe oben A. 55. Placatboek für Utrecht S. 69. art. 19.
*) Ueineken § 20.
m ) Sieho Utrechts Placaetboek S. 108 (a. 1440), Hieris III, 287.
OT ) Hahn S. 30, wo andere Einkünfte der Deichbeamten orwähut
sind. Diese waren mit dem Deichgrafen zu repartieren.
®) Deichordnung für Lekcndeich boven dams von 1532 (siehe oben
Einl. § 4b A. 401): Die Deichgrafen erhalten 32 Gulden jedes Jahr; ausserdem
erhalten sie bei Wasser- und Eisnot, wenn sie Schautage abhalteu, Tage-
gelder. Daneben haben sie in gewissen Fällen noch Hechte auf Bussen
(art. 9, art. 25). — Siehe auch Deichordnung von 1537 (Utrechts Placaet-
boek S. 69) art. VIII.
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272
von dem subalternen Deichbeamtentnm unterstanden ihm
namentlich die Deichgeschworenen. Sie bildeten regelmässig
das urteilende Collegium, während er die Stellung des deutschen
Richters hatte. Allein häufig erscheint der Deichgraf doch
nur mehr als der erste der Geschworenen, als primus inter
pares. 89 ) Hierdurch wird das Collegium des Deichgrafen und
der Deichgeschworenen den später zu besprechenden Deich-
richterkollegien und selbständigen Geschworenenkollegien un-
gemein angenähert. Andrerseits aber erhält der Deichgraf da,
wo er infolge herrschaftlichen Einflusses in einen ausgebildeten
Deichverband mit Geschworenenkollegium hiueingesetzt wurde,
mehr die Stellung eines Aufsichtsbeamten. 90 )
In eine Nebenordnung zu anderen Deichbeamten trat
der einzelne Deichgraf dadurch, dass er mit anderen Deich-
grafen zusammen tliätig sein musste. Dies war natürlich bei
Samtdeichverbänden der Fall. Wir finden so in der Alten-
dorfer Schauung die Deichgrafen von Isensee, Hüll und Alten-
dorf zusammen sich zum Deichgericht versammeln. 91 ) In
Stediugen sollen womöglich alle, zum mindesten aber zwei
Deichgrafen dabei sein, wenn die Schwären schauen und
pfänden. 93 ). Mit einander waren die Deichgrafen verschiedener
Verbände tliätig, wenn es sich um die Erfüllung gewisser
(nicht aller) gemeinschaftlicher Aufgaben handelte, wie die
Verstopfung einer Welile, 98 ) den gemeinsamen Ankauf von
Erde 94 ) u. a.
In eine Unterordnung unter besondere Deichbeamte sind
die Deichgrafen nur selten gekommen. Immerhin finden wir
sie im Spadelandsbrief von 1438 einem Hauptmann unter-
geordnet. Diesen setzt der Graf um des Kirchspiels und des
Landes Besten und giebt ihm Schwären zur Seite. Es wird
eine Oberaufsichtsbehörde für den Deichgrafen geschaffen,
welche sich an der Deichsehauung beteiligen soll, darauf zu
**) Siehe z. B. die oben A. 62 angofilbrte Deiehoriluung.
w ) Stedinger Deichrecht von 1146.
B1 ) Deichrecht der Altendorfer Schauung. XVII.
n ) Grimm III. 215.
") Deichrecht für Ysselmonde 1446 (Oudenhoven S. 268).
84 ) Deichrecht für Baveudrccht von 1483 (a. a. 0. S. 277).
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273
sehen hat, dass der Deichgraf, Schwären und alle Deich-
genossen ihre Deiche machen, und entscheiden soll, wenn der
Deichgraf mit seinen Schwären uneinig ist." 5 ) Man kam weiter
dahin einen „Oberdeichgrafen“ anzustellen" 6 ) und den Landes-
herrn selbst als Oberdeichgrafen zu bezeichnen." 7 ) Scliliesslich
unterstand der Deichgraf in manchen Gegenden den vom
Staate zur Kontrollierung des Deichwesens für den Einzelfall
ernannten Commissarien." 6 )
d) Schon die letzten Bemerkungen führen zu dem
Verhältnis des Deichgrafen zu der gewöhnlichen Landes-
verwaltung hinüber. Auch in dieser Beziehung findet sich
eine Ueber-, Neben- und Unterordnung des Deichgrafen. Dies
ergiebt schon die einfache Erwägung, dass die Träger der
gewöhnlichen Landesverwaltung Deichgrafen einsetzten"* •*) ) und
dass gewöhnliche Beamte Stellung und Bezeichnung von Deich-
grafen erhielten. 190 ) Im übrigen ist folgendes hervorzuheben :
Der Deichgraf stand auch da, wo er nicht zugleich ge-
wöhnlicher Landesbeamter war, mit seinen Geschworenen häufig
über Beamten der allgemeinen Landesorganisation. Ihm unter-
standen die Schulzen der Land- und Stadtgemeinden, die Am-
bachtsherm und deren Richter in vielen grösseren Deichver-
bänden. 101 ) Dies hängt zum Teil wieder damit zusammen, dass
der Deichgraf als dem Landesherr untergeordnet erschien.
*) Spadelandbrief §§ 9, 13, 14. Hier verhielt sich die Sache folgender
Masson : Bis zum Jahre 1438 funktionierten Deichgraf und Deichgeschworoue
und daneben zwei Hauptleute mit Geschworenen für Entwässorungssachen
(§ 9). Diese Hauptleute waren dem Deichgrafeu nicht übergeordnet. Im
Jahre 1438 aber setzt der Graf einen Hauptmann aus der Stadt ein und
giebt ihm Schwären zur Seite, unter welchen sich auch die beiden alten
Hauptleute für Entwässernngssachen befinden (§ 13). Diese als Hülfsleute
bczeichneten Beamten stehen über dem Deichgrafen (§ 14). Zum Teil ganz
abweichender Meinung Detlefsen S. 331 f.
•*) Schwarzenberg H, 198 (a. 1530).
w ) a. a. 0. S. 662 (a. 1535).
° 8 ) Siehe Schwarzenberg III S. 117. — Auch don Geschworenen
unterstand er in gewisser Hinsicht. Siehe Bergh II, 748 sub. XUI.
") Siehe oben S. 265.
10 °) Siehe oben A. 50.
101 ) Keure für die Alblasserwaard von 1277, 1375. PI. für Utrecht.
S. 65 (a. 15321 §§ 19. S, 109 (a. 1454) § 15. Deichrecht für die Krimpen
rewaard von 1430 § 14 Deichrecht von Salland art. 34.
J. üierke, Geschichte de« deutschen Deiohreohta. 18
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274
Neben dem Deichgrafen waren Landesbeamto namentlich
zu dessen Unterstützung thätig, sei es dass man sie ihm bei
wichtigeren Deichangelegenheiten als Ratgeber und Mitanordner
zu Seite stellte, 10 *) sei es dass man sie verpflichtete dem Deich-
grafen zu seinem Rechte zu verhelfen. 10 “)
Der Deichgraf war allen gewöhnlichen Landesbeamteu
untergeordnet, welche bei seiner Anstellung in Thätigkeit
traten; also namentlich dem Landosherrn. Es ist aber nach-
drücklich darauf hinzuweisen, dass der Landesherr nirgends
einem Deichverband das Recht auf Anstellung gewaltsam ent-
zogen hat. Vielmehr tritt überall da, wo wir eine Anstellung
von seiten des Landesherrn finden, zum ersten Male ein Deich-
graf in Erscheinung. Wohl war es hier und da ein Eingriff in
die genossenschaftliche Freiheit des Verbandes, aber es war
keine Vertreibung eines bestimmten genossenschaftlichen Beamten.
Es war ein Bruch mit dem Satze, dass eine Genossenschaft selbst-
herrlich ihre Organe anstelle. Je nach der Stärke dieses Bruches
war der Landesherr an der Anstellung beteiligt. Auf Schonung
der genossenschaftlichen Freiheit beruhen die vermittelnden An-
stellungssysteme. Allein auch bei der für die Genossenschaft
günstigsten Regelung erfuhr im Laufe der Zeit der Deichgraf
in seiner Stellung selbst grössere herrschaftliche Ueberordnnng,
und auch der frei gekorene Deichgraf bekam mehr oder minder
den Anstrich eines landesherrlichen Beamten. Der Landesherr
setzte ihm andere Beamte vor, 104 ) er bestrafte ihn wenn er sich
102 j Deichrecht der Altendorfer Schaumig sub. XX. (Die gewöhnlichen
Richter sind bei der Deichzuinessung zugegen). Mieris II, 264 (a. 264) :
Balju, Deichgraf und Heeiuradeu solleu das ungeherde Land auf das ge-
meine Kirchspiel setzen, da es drunter liegt. — Befehle hinsichtlich des
Hugeudeichs von 1422 (Mioris IV, 620). — Vergl. auch Mieris IV, 188
(a. 1411).
1CB ) Siehe Mieris II, 263. (Dem Balju, Schulzen und Richter von
Nordhollaud wird aubel'ohlon, dem Deichgrafeu bei Eintreibung der Deich-
kosten behilflich zu sein). Privileg des Herrn von Cranenburg von 1343:
.Und wehrt dat die Dyckgreff onser hulpc van doen hedde in einiger haud
manieren dat in den Heymraet droegc, so bevelen wy onseu Richter tho
Crauenborgh die nu is, off ter tyt wesen sali, dat hy hem helpe und
Btercke . .*
104 ) z. B. Mieris H, 470; III, 480. IV, 188. Siehe ferner Deicb-
orduung für die Vyfdeelsdeiche von 1647.
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verging, 108 ) er nahm ihn unter seinen Schutz. 108 *) Am aller-
schroflsten erscheint der Deichgraf in einer Unterordnung unter
den Landesherrn, wenn er zugleich als Ersatzmann des ordent-
lichen Beamten diente. 108 )
2. Einer Betrachtung der übrigen Deichrichter und der
Deichgeschworenen ist voranzuschicken, dass in den Quellen
Deichbeamte Vorkommen, deren Stellung der des Deichgrafen
sehr ähnlich ist. Es ist dies namentlich der Fall bei gewissen
als Deichrichter bezeichneten Personen, die als Einzelvorsteher
das Amt eines deutschen Richters bekleiden und denen Schwären
als Urteiler zur Seite stehen. 107 ) Eine gewisse Verwandtschaft
mit ihm weisen auch die Häupter der Deichrichter- und Ge-
schworenenkollegien auf. Diese Deichrichter- und Geschworenen-
kollegien gruppieren sich in solche niederer und höherer
Ordnung. Bekanntlich waren die ersten besonderen Deich-
beamten die Deichgeschworenen (atthen, dyckatten, toleven,
heemraden, dyckbeemraden, Eydiger, Schwären, Geswoorens,
sijlriuchters, dijckriuchters). 108 ) Sie hatten ursprünglich nur eine
beschränkte Zeugnispflicht und Rügefunktion in bescheidenem
Umfange; sie waren in die allgemeine Landesverwaltung ein-
geschoben und standen unter dem Schulzen und den Asegen
resp. später den Schöffen. 100 ) Allmählich erlangten sie zum Teil
erweiterte Funktionen, indem sie namentlich das Rocht zur
Pfandnahme bekamen und zu Urteilfindern wurden. 110 ) Die
106 ) z. B. Mieris III, 732.
I06 *) Deichorduung für die Krimpcnrewaard von 1423; ferner Jiieris II,
312, (a. 1323.)
m ) Vergl. Bergh II 748 (a. 1290) sub I. XIII. XII.
Kn ) Doichrecht des alten Landes art. 7. Siehe auchliettema „Oude
friesehe wetten“ II S. 325, wo (a. 1504) ein Deichgretmanu erwähnt wird.
”*) Siehe oben sub I.
10 °) Sioho Richthofen Rq. S. 417 § 19, S. 419, § 38. Grimm IV,
703 (a. 1439). liier schauen Graf, Schöffen und Schwären. Doichrecht der
Hemmen von 1453: Grietuaun, Atten (d. h. Doichatten) und Tollen
schauen.
uo ) Siehe Vordrag over de ondorhuudiugo van de Ysbrechthumer dyk,
tnsschon Oosterzyl en Dyksterbuuren v. 1473 (Schwarzenberg I, 656),
Artikel der Gemeinde Riperahem von 1522 (a. a. O. II, 429). Hadeler
Laudrecht von 1583. Ueber das Hinaufriicken dor atthen iin allgemeinen
zu Urteilern siehe Heck S. 346 ff.
18 *
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Deichgeschworenen verdrängten die Asegen. 111 ) Schliesslich
bildeten sie mitunter ein selbständiges richterliches und
urteilendes Collegium. 11 *) In Samtdeichverbänden erwuchs
aus solchen Collegien der Gliederverbände ein gemeinsames
Collegium. m ) Innerhalb der erwähnten selbständigen kleineren
Deichrichterkollegien traten nun aber teilweise wieder Führer
auf ; 1U ) und die Gesamtheit dieser Führer bildete bei Samt-
deichverbänden ein höheres Collegium. 115 ) Es war somit dann
in diesen Samtdeichverbänden ein getrenntes oder vereinigtes
Handeln der niederen und höheren Collegien möglich. Da
nun die Entwicklung bald auf dieser oder jener Stufe stehen
blieb, und andrerseits die Organisation bei neuen Deich-
verbänden in dieser oder joner Form übernommen wurde,
findet sich die bunteste Mauuichfaltigkeit, wenn wir die Ge-
samtheit der Deichländer überblicken. Hieraus erklärt sich,
dass wir die Geschworenen teils als selbständig regierendes, 11 *)
teils als urteilendes Collegium, sei es des Deichgrafen, 117 ) sei
es eines gewöhnlichen Landesbeamten 117 *) finden. Immerhin
heben sich die Deichrichterkollegien, welche aus den Führern
kleinerer Deichrichtorkollegieu bestehen, als höhere von den
übrigen ab.
a) Wir betrachten zuvörderst die Deichrichter- oder Deich-
geschworonen-Kollegien niederer Ordnung.
a) Was die Anstellung dieser anlangt, so wurden sie
ursprünglich von den Genossen des Gemeinde- oder Deich-
verbandes gewählt. 118 ) In vielen Deichverbänden hielt mau
m ) Vergl. Richthofen Rq. 8. 419, § 38.
m ) Sander-Deichsatzungen von 1295.
m ) Sielrecht der drei Delfgiele von 1317, § 10 ff.
m ) Siehe vorläufig Heck S. 367.
llä ) Siehe vorläufig Richthofen Rq. S. 298, § 12.
ue ) z. B. Sielrecht der drei Delfsiele von 1317.
m ) z. B. Cranenburger Privileg von 1343.
n7 *) z. B. Mierig IV, 470.
ns ) Vergl. Sander-Deichsatzungen von 1295. Altes Ostfricsisches
Deichrecht § 1. Billwardor Laudrecht art. 2. Hammer broker Doichrecht
art. 26. Privileg des Herrn von Craueuburg von 1343. — Bremer Urkuudeu-
bnch 56. — Richthofen Rq. S. 521. § 8. Sander-Deicbsatzungen von
1317 § 1 Siehe auch Halsema S. 524, Heck S. 367.
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auch später hieran fest. In anderen gingen die Aemter nach
Bauernschaften uui und innerhalb der letzteren nach Heerden; 11 *)
oder es hatte jede Bauernschaft einen Geschworenen zu be-
stellen, wobei jeder überlassen blieb, ob sie die Kosten für
einen solchen jedesmal auf ihre Glieder verteilen oder die
einzelnen Morgen zu einer Anstellung in jährlichem Turnus
verpflichten wollte. ,9# ) In manchen Deichverbänden ging das
Amt nach Höfen um 1 * 1 ) oder unter den Besitzern einer be-
stimmten Morgenzahl, wobei die Besitzer kleinerer Grund-
stücke zu einer Gruppe vereinigt wurden. 19 ®) Mitunter erkor
zwar der Deichgraf die Schwären, aber er sollte wählen, „wem
es gebührte nach alter Sitte und an niemandem vorbeigehn.“ 1 ® 8 )
In anderen Gegenden hatte der Deichgraf ein freieres Wahl-
recht, 194 ) in manchen war er an den Rat der alten Schwären
gebunden. 195 ) Mitunter lag die Wahl bei den Deichgeschworenen
selbst und zwar nicht nur insofern als sie bei lebenslänglicher
m ) Htliems a. a. O., Heck a. a. 0.
130 ) So in Kehdingen. Vergl. Pratje IV, S. 278 ff. Vergl. auch die
Altmärkische Deicbordmmg von 1539, siehe ferner Bornhak a. a. O.
Mieris IV, 704 (a. 1395.)
la ) Deichrecht des Alten Landes art. 6.
122 ) Siehe den Bericht des Schnlzen wegen der Teiche von den
Kirchspielen Altenbrock, Lüdingwohrt und Nordleda von 1580 (oben Einl.
§ 4a, A. 82), sub 8: Schepen- und Schwarenschop geit von Jahren tho
Jahren um und halt jeder deel f&rliken eenen Schwären und eenen Schepen ;
wenn eener een Jahr lang de schepen oder schwarenschop bedenet hefft,
damit sie gantz üuth — in dem Dehl entferret, wenn er up iedern Dohl
thom Ende gekommen, fanget man von ersten wedder an. De vcer Morgen
hefft und daraver, muth een Schep- oder Schwären holden, de darunde
hebben, den wehret een oder mehr tho bedann, bet de 4 Morgen full waren.“
Siehe dazu Landrecht von 1583 IV, 2. — Vergl. auch das Deichrecht von
1457 für den Deich bei Oxwerdersiel : „Voortan soo sullen daer wesen vijff
rechteren . . . ende we daer meest op gelandet is, de sal eerst anzweeren,
eude de kleijnen solen twe ofte drie toe gader eene maken.“ (Halsema
S. 524.)
123 ) Bremisches Deichrecht von 1449 (oben Einl. § 4a, A. 261), art. 1.
Dazu siehe auch Heineken § 18.
124 ) Deichrecht der Altendorfer Schonung sub I. Mieris II, 312
(a. 1323) Mieris II, 534 (a. 1332).
126 ) Deichrecht für Stedingen v. 1446.
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Anstellung das Collegium selbst ergänzen konnten, 129 ) sondern
auch indem sie bei jährlichem Wechsel zur Neuwahl berechtigt
waren. 127 ) Zuweilen erkoren Deichgrafen und Heemraden die
neuen Geschworenen, 128 ) oder es fand eine eigentümliche Ver-
mittelung zwischen einer Anstellung seitens der Deichbeamten
und der Deichgenossen statt. 128 ) Das Wahlrecht der Deich-
genossen erfuhr dadurch eine Aenderung, dass es von einem
erheblichen Grundbesitz 180 ) oder einer bestimmten Grnndstücks-
grösse 181 ) abhängig gemacht wurde. In Samtdeichverbänden
wählte jeder kleinere Deichverband eine bestimmte Anzahl von
Deichrichtern für ein gemeinsames Collegium. 182 )
Während aber auf deutschen Gebieten die Deichrichter
regelmässig nach wie vor unberührt von herrschaftlichem Ein-
fluss angestellt wurden, 183 ) machte sich in Holland herrschaftliche,
landesherrliche und städtische Macht in dieser Beziehung ent-
scheidend geltend. Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass die
Landesherrn den Deichverbänden die von ihnen ausgeübte
Anstellung von Deichrichtern (im Gegensatz zum Deichgrafen-
amt) entzogen : Die Handveste Herzog Albrechts an Amstel-
land und Goiland von 1388 134 ) erklärt: Die von Altamstel und
Neuamstel sollen die Asinge und Heemraden abschaffen und
sollen Schöffen haben gleichwie die anderen Dörfer in den
vorerwähnten Ländern. Und den Deich sollen drei Schöffen
besichtigen, einer von Neuamstel, einer von Amsterdamm und
™) Berjgh II, Mieris III, 584, 0:19; IV, 470 (127). Deichrecht für Ydoren
von 1422 (Mioris IV, 620): Zum ersten Mal wurden hier die Heemraden
von der Majorität der Bauern gewählt. Ebenso Küre der Ooester und
Westerhammerick bei dreiiingen von 1386, Richthofen Rq. 521 § 2.
Aderwerter Sielbricf von 1382 § 3.
1K ) Deichrecht in der Tielorwaard von 1399.
lae ) Landbrief für dos Land zwischen Maas und Wael v. 1328.
12a ) Brief von Erkemedou v. 1356 (oben A. 62).
iao ) Handvesten für Enchuizen . . . S. 49b (a. 1440).
m ) Deichrecht der Rieder-Waard von 1403 (alle die 5 Morgen haben).
m ) Siehe Adewerter Sielbrief von 1382, Bergh II, 248, 498.
Driessen II, 261; Plakaetboek für Utrecht S. 51, 53. Oudenhoven
S. 268.
l33 ) Siehe aber Stedinger Deichrecht v. 1446.
“*) Mieris III, 486.
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einer von Eeteweek gleichwie die Heemraden es zu thun pflegen
ohne Unkost davon zu haben. Dies bedeutet „eine Beseitigung
der erwählten Urteiler zu Gunsten der ernannten“ 189 ) und eine
Beseitigung der gewählten Deichgeschworenen zu Gunsten der
ernannten. Und ebenso charakterisieren sich die Verordnungen,
welche Albrecht im Jahre 1401 an die von Grode und an die
von Schoorle giebt, und in denen es heisst, dass Schoflen als
Heemraden fungieren sollen. 13 ®) Es setzten ferner Landes-
herin 187 ) und Ambachtsherrn 188 ) Geschworene ein. Mitunter
hatten ihnen die Deichgenossen 18 ") oder die ehemals selbst-
herrlich anstellenden Verbände 140 ) etliche Personen zu prä-
sentieren, aus denen die Herrn die geeigneten auswählten.
Schliesslich waren infolge der stetig um sich greifenden Macht
der Städte, Kirchen, Geistlichen, Gerichtsherrn, Edlen und
Ritterschaften die verschiedensten Elemente bei der Bildung
eines Heemradenkollegiums jedes zu einem gewissen Teil thätig.
So setzten z. B. nach dem Deichbrief Johanns von Utrecht
für die Leckdeiche von 1323 der Bischof drei, die Kirche und
die Stadt je zwei, endlich die geistlichen Leute und das ge-
meine Land ebenfalls je zwei Heemraden 141 ) — eine Regelung,
die im Jahre 1532 nur insofern eine Aendcrung erfuhr, als
an Stelle des gemeinen Landes die Edlen und die Ritterschaft
trat 148 ) — so setzten nach dem Deichrecht für die Lopikerwaard
von 1454 der Landesherr zwei, die Stadt Utrecht, das Kapitel
zu St. Marien, der Herr von Ysselstein, der Gerichtsinhaber
von Langerack und der Gerichtsinhaber von Jaasvelt jeder
einen Heemraden. 148 ) 144 )
189 ) So sehr richtig betreffs der Asinge Ueck S. 117.
'*) Mieris III, 737, 738 (Wir setzen die Schöffen); (Siehe auch
Mieris H, 291, III, 734).
187 ) Landbrief fiir das Land zwischen Maas und Wael von 1321.
138 ) Mieris III, 287. Ondeuhoven S. 256 (a. 1429, 1430).
Iae ) Deichrecht fiir llavendrecht von 1483.
14 °) Deichrecht fiir den Veen- und Veldendeich von 1531. (PI. fiir
Utrecht S. 55).
m ) Mieris HI, 333, PI. fiir Utrecht. S. 63.
14ä ) PI. für Utrecht 8 . 65.
148 ) PI. fiir Utrecht S. 109.
144 ) Siehe ferner Mieris III, 732 (Städte und Ambachtsherrn)
Mieris Hl, 30 (die Schöffen der beteiligten Ambachten). Schaubrief für
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Die Anstellung selbst geschah stets auf Grund einer
Eidesleistung; doch katn man schon früh dahin, von dem-
jenigen, der schon einmal Geschworener gewesen war, nur
eine Berufung auf seinen alten Eid zu verlangen. 145 ) Die Ab-
nahme des Eides erfolgte entweder durch den Deichverband, 14fi )
den Deichgrafen, 147 ) den Grafen, 148 ) den Schulzen 149 ) oder einen
Bürgermeister. 150 ) Sie schwuren unparteiisch zu richten, ohne
Ansehen der Person, den Reichen ebenso wie den Armen, den
Freund ebenso wie den Feind. 151 ) An manchen Orten schwuren
deu Eemdeich von 1393 (Stadt, Herr und Landgenosseu). Siehe auch PI.
für Utrecht S. 63 (a. 1501). Deichrecht der Krimpenrewaard von 1430
(Städte jo 2, Deichgraf 1 ; wenn sie nicht innerhalb 8 Tagen anstellen,
fällt das Wahlrecht au die Ueemraden).
,<6 ) Siehe die Aufzeichnung Lübbeckes (oben Einl. § 4a, A. 160),
sub 1: »Wen de dyckgrovo mit synen schwären schouwen will unde de erste
wyse up de schouwyng tucht unde de schouwyng ersten anfangen wyll, so
fracht he syne schwären, yfft dar ock wol myt ys, de synen edt noch nycht
gedan helft. De den vorhen nenen edt gedan hefft, de moten den dem
dyekgreven de forsten beyden fynger yn der fordern handt up dat spedt
leggen unde schweren, dat se den frunden rechten wyllen alse den fromdcu
und den rycken alse den armen, unde de ehrmals geschwaren hebben, de
treden wedder yn ehren olden edt.“ — Siehe auch Pratje IV, S. 278 ff.
14a ) Sander-Deichsatzungen von 1317, Küre der Oster- und Wester-
hammerik bei Groningen von 1386, § 9. Adewerter Sielbrief von 1382 § 3
Hadeler Landrecht TV. 2.
u7 ) Mieris III, 732, Keure für die Alblasserwaard von 1483, Deich-
recht der Altendorfer Schauung II, 1. Lübbeko sub 1 (obon A. 145), Raer
Hegeformelu (Detlefsen S. 374). Bremisches Viergohendeichrecht von 1449
art. 1. Des Kapitels und des Rates Verordnung 1.
148 ) Bergh II, 583, Mieris III, 441 (a. 1386).
149 ) Mieris IV, 470. Vogt: Hamburger Landrecht art. 3. (Bill-
wärder art. 3), Hamraerbroker Deichrecht art. 26, Klefeker, „Samrnl. der
Hamb. Gesetze u. Verf.“ XI. S. 260. Deichordnung des alten Landes
Wursten art. 7 (Vogt und Pastor).
15 °) PI. für Utrecht S. 53.
1M ) Siehe oben A. 146. Vergl. ferner der .Teichgeschworenen Recht
und Eid“ von 1651 für Wursten; Raer Hegungsformel am Ende (Detlefsen
a. a. 0.). Sehr alt ist auch die Eidosformel, die sich bei Klefeker a. a. 0.
für die jährlichen Geschworenen findet. Danach ging am Petri Tage der
Vogt mit den Geschworenen auf den Deich hinaus und sprach vor:
„Heute ist der Dag
Dat ick Dickschwaar warren mag
Aver Dieck und Damm, Elw, Vetter, Siel und Graben;
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281
sie auch kein Deichgeld zu unterschlagen 18 *) und in Wahl-
verbänden schliesslich, dass sie ihr Amt durch keine Be-
stechung erlangt hätten. 183 ) Der Eid wurde in der Form
geleistet, dass der Deichrichter seinen Fuss auf den Deich
setzte 184 ) oder auf dem Damm kniete 188 ) oder seine Finger
auf ein Schwert, 188 ) einen Stock 187 ) oder einen Spaten 188 ) legte.
Die Erfordernisse, welchen die Deichrichter genügen
mussten, waren sehr verschiedener Art. Vor allem mussten für
die zu wählenden Deichgeschworenen besondere Bedingungen
aufgestellt werden. Diese mussten namentlich in der Schau 180 )
oder später zum mindesten in der Nähe 180 ) wohnen, sie mussten
eine bestimmte Grnndstücksgrösse 181 ) oder ein bestimmtes sicheres
Und will dohn den Fröndt, als den Fremden,
Den Frömden als den Fröndt.
Kehn uth Fröndschop verschonen
Oder uth Feudschaft straffen.
Hadt ehn jeder dat verstahn, so legt de beyden f'drsten Finger in der
Rechten Hand obt Schwert un segt my nach :
Was mir heute ist vorgehalten
Und ich wohl verstanden hab,
Demselben will ich treulich nachkommen.
So viel es mir möglich ist
So wahr als mir Gott helfen soll und sein heiliges Wort.“
***) Richthofen Rq. 490, 16.
“*) Deichrecht der Krimpenrewaard von 1568: „Datse ome Heemrad
te wesen niet gebeden en hebben noch doen bidden gelt noch niet daervon
gheloeft en hebben; noch doen gheven noch doen loven.“
,M ) Oldenburger Deichordnung von 1658 art. 2. Hackmann S. 893.
158 ) Daniel Vircho S. 29.
m ) Siehe oben A. 153.
m ) Halsema S. 530.
“*) Siehe oben S. 145.
158 ) Deicbrecht für die Krimpenrewaard von 1430: „woonachtig geerfr,
off gogoet binnen der Schouwe tot hondert Wilhelmus Hollandsche schellingen
toe*. Ueber den Streit, dor sich später an diese Worte knüpfte, indem die
einen sie disjunktiv, die andern sie kopulativ auffassten, siehe Guidemont
S. 41 ff. — Siehe ferner Mieris III, 584.
180 ) Deichbrief für die Lopikerwaard von 1454 („in ofte op eene myl
na omtrent der schouwe geseten“).
161 ) Deichrecht für Bavendrecht von 1483 (5 Morgen) Landbrief für
das Land zwischen Maas und Wael von 1328 (20 Morgen), Deichrecht in
der Tielerwaart von 1399 (20 Morgen; Jahr und Tag), Deichbrief für
r
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Vermögen 1 ®“) besitzen; dies verlangte man auch da, wo das
Amt nach Heerden umging. 1 ® 3 ) Als selbstverständlich wird
häufig hinzugefügt, dass sie gute, bequeme und friedfertige
Leute sein müssten. 1 ® 4 ) In manchen Verbänden musste der
grösste Teil des Heemradenkolleginms Städter sein, 18 ®) in
anderen durfte das Geschworenenamt mit dem Schulzenamt
nicht verknüpft sein. 1 ®*) 1 ® 7 )
Wer zum Deichrichteramt berufen wurde, musste sich
ihm unterziehen. Wollte jemand das Amt nicht annehmen,
Veluve von 1370 (8 Morgen), Deichorilnnng für den Veen- und Veldendeich
v. 1531 (10 Demat), PI. für Utrecht S. 09a. 1637 (1 Hufe oder 60 Gulden
jährlich) Deichbrief fiir Lopikerwnard von 1454 (1 Hufe) — Mieris III,
584 (a. 1391): 60 Morgen. Allgemein Mieris IV, 470, Oranenburger
Privileg von 1343 (*/, Hufe).
182 ) Gr. PI. für Utrecht S. 09 (a. 1537): 50 Gulden an Erbrenteu
jährlich oder 1 Hufe. Mieris III, 039 (a. 1395/90): Au liegendem Gut
oder Kenten IOOO Pfund Hollands, Deichrecht fiir die Krimpenrewaard von
1430 (siehe oben A. 159).
,IB ) Siehe Halsema S. 530: „Dat ne ghene man sal rechter wesen
bie en hebbe eijgen hemijng und huys ende theijn grase landes die sijn
egbeu sint. Ende des gclijkes salt oick wesen van Uijckrechters.“ Win-
sumer Zijl Briew von 1404: „Eigen koen, ens een eigen peerdt toe rijden
ende alzoo rijck, dat he zijn gelag mag betalen.
1M ) Gr PI. fiir Utrecht S. 107 (a. 1405) S. 109 (a. 1464) Mieris IV,
470 („dien zy mit eeren kiezen moichten“. Mieris III, 732 („van goeden
naemen*) Altes Deichrecht des Landes Wursten art. 1 („Ehrliche u. fried-
fertige Teichgeschworene - ).
165 ) Eick S. 278 (a. 1422). Mitunter war auch sonst die Zugehörigkeit
zu einer bestimmten Klasse von Personen insofern gefordert, als bei An-
stellungen von einzelnen Verbänden die Deichgeschworenen den diesbezüg-
lichen Verbänden angehöien mussten. Siehe Keure für die Alblasserwaard
von 1277, Deichbrief für die Lopickerwaard von 1454 u. a.
,W1 ) Deichordnung für die Krimpenrewaard von 1408: „En sal gheen
Scheut in den Waert voornoemt alilaer gheen hoogh Heemraedt mögen
wesen, nech geenen Heemreedt en sal acn dat Scliout Ambacht deelen.*
m ) B’rauen konnten nie Deichgeschworene sein. Siebe oben S. 235.
— Teilweise ward ein bestimmtes Alter gefordert (siebe Deichordnung für
den Leckendeich von 1632 und 1537 art. 1), mitunter eheliche Geburt (siehe
Michelsen „Archiv fiir Staats- und Kirchengeschichte der Herz. Schleswig-
Holstein und Lauenburg I. 81, wo König Christian im Jahre 1465 einen
Unehelichen vergönnt „im Deichrecht mit zu schauen“).
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so wurde er entweder bruchfällig, 168 ) oder es wurde auf seine
Kosten ein Gelage veranstaltet. 188 ) Dieses Verfahren wieder-
holte sich in gewissen Abständen, bis schliesslich der Säumige
seine Wohnung oder sein Erbe einbiisste. 1 ""*) Wenn infolge der
Verdinglichung des Amtes Ausländer der Billigkeit entsprechend
für sehwarenpflichtig erklärt wurden, gestattete man ihnen
einen Stellvertreter zu stellen. ,,u ) Auch wurden Geistliche und
Bürger von einer persönlichen Ausübung des Amtes zum Teil
befreit. 171 ) Sie hatten aber einen Stellvertreter innerhalb einer
bestimmten Zeit zu schicken, widrigenfalls die Geschworenen
und die Landleuto auf Kosten der Nachlässigen ein Gelage
veranstalten konnten. 178 )
In einigen Gegenden bekam der neue Geschworene von
den Landleuten eine Tonne Biers und Speisen spendiert. 178 )
Später wurde von jedem neuen Geschworenen ein Eintritts-
geld erhoben, das man Schwären- oder Hensegeld nannte, und
von dem die Gasterei bestritten wurde. 174 )
,88 j Adewerter Sielbrief von 1382, § 3. Küren der Oster- und Wester -
hainmerik bei Groningen von 1381! § 8 (.ende wie gekozen word, die sal
dyckrechter wesen by euer ame wyns toe broke“). Hamburger Landrecht
art. 2. Aeltestes Billwärder Recht art. 2.
10 °) Deichrecht der Altendorfer Schauung sub II.
Adewerter Sielbrief von 1382. § 3. Deicbrecht der Altendorfer
Scbauung sub II. Nach letzterem batte der Deichverband vorher die Ent-
scheidung ob er den vom Deicbgrafen ernannten Deichgcschworeneu fahren
lassen wollte oder nicht.
17 °) Bremisches Viergohendeiehrecht von 1449 art. 2 : .Dar feilet siek
ock, dat ein Uthmann, he were geistlich offte weltliek, van eines Landes
wegen, Schwären scholde wesen, un in de Schwarenschup feile, de schall
ein l^andtmann dartho vermögen, und in sine stede schäften und hebben
sinetwegen tho gelcke einen andern Landtmanne, wat ehme behöret tho
dolinde“.
171 ) Des Kapitels und Rates von Bremen Verordnung von 1449 art. 13.
lra ) A. a. 0. art. 14: »Wenn de veer Wecken kahmen sind, schicke
den se ebne den kenen Schwären, so mögen se dorby fahren und nptheren,
alse ein Oltsede uud Landrecht is. •
1T3 ) Siebe Heineken § 21.
174 ) Des Kapitels und des Rates von Bremen Verordnung von 1449
art. 7: Wer in die Schwarenschaft fällt, und ist noch nicht Geschworener
gewesen, der soll dem Grafen und den Schwären 8 Groschen geben .tho
hense“. Wer in die beiden Schwarenschafteu fällt, soll jeder 4 geben und
wer einmal gehenset hat, der soll der Hense frei sein.
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Ursprünglich wurden die Deichgeschworenen und Deich-
richter auf ein Jahr bestellt. Das passte für einfachere
Verhältnisse und blieb auch in der Folgezeit namentlich bei
kleineren Deich verbänden bestehen.” 5 ) In anderen Deich-
verbänden erwies sich diese Regelung als unzweckmässig in-
dem einerseits derjenige, welcher sich eben erst in das Amt
hineingearbeitet hatte, von ihm scheiden musste, andrerseits
die neuen Deichrichter vielleicht ganz unerfahren einer neuen
Aufgabe ratlos gegenüberstanden. Nur dem ersteren Uebel
half man ab, wenn man die Zeit der Amtsdauer verlängerte,
wie es vielfach geschehen ist.”*) Alle gerügten Missstände
beseitigte man, wenn man die Deichheemraden lebenslänglich
anstellte oder in gewissen Zeitabschnitten nur einen Teil des
Collegiums abkiesen Hess. Hier wählte man diesen,” 7 ) dort
jenen” 8 ) Weg. Häutig blieb ein jederzeitiges Absetzungsrecht
im Fall der Untauglichkeit gewahrt.”“)
176 ) Crauenbnrger Privileg von 1343, Bremer Viergohendeichrecht von
1449; Billwärder Deicbrecht art. I, Deicbrecht des Haromerbrobs art. 26.
Stedinger Deicbrecht von 1446, Hadeler Landrecht von 1583. IV. 2, 'dazu
den Bericht des Schulzen von 1580). Deichrecht des Alten Landes art. 7.
— Küren der Oster- und Westerhammerik bei Groningen von 1386 § 8.
Adewerter Siolbrief von 1383 § 3. Deicbrecht für Ydoren von 1422 Mieris
IV, 62Ö, Deichrecht für die Riederwaard von 1403, Deicbrecht für die
Krimpenrewaard von 1430; Landbrief für das Land zwischen Maas und
Waal von 1328, Deichbrief für Erkemeden v. 1356. Gr. PI für Utrecht
S. 53. Deichbrief für die Lopikerwaard von 1454, Deicbordnnng für den
Eemdeich von 1393.
««) Gr. PI. für Utrecht S. 65.
177 ) Siehe Deichrecht für die Krimpenrewaard von 1468. Deicbrecht
für die Thielerwaard von 1399 (7. Heemraden; ein Jahr 4, das nächste 3
abgesetzt), Deichbrief für Veluven von 1370, Deichordnung für den Veen-
und Veldendeich von 1531.
17S ) Streng durchgeführt bei Bergh II, 683 (a. 1285), Mieris III,
639; Wenn ein Heemrad stirbt, wählen die Heemraden einen neuen wenu
ein Heemrad nur verbannt oder ausser Landes, treten die anderen für ihn
ein. Nach Mieris HI, 584 ist das Geschworenenamt lebenslänglich, doch
kann derjenige entlassen werden, der einen Eid leistet, dass er nicht, mehr
tauglich sei. Nach Mieris III, 441 und Mieris IV, 470 können die Ge-
schworenen eineu anderen wählen, wenn einer stirbt oder ausserhalb der
Schau wohnt.
”•) Mieris III, 732 (1400/01) Mieris IV, 15 (1405).
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ß) Die Pflichten der Deichgeschworenen waren zu den
einzelnen Zeiten und in den einzelnen Verbänden mannichfach
verschieden. Ursprünglich hatten sie eine Rügefunktion, ,8 °)
später fluden wir sie nicht allein zur Pfandnahme berechtigt,
sondern auch als Urteilsfindor des Deichgrafen, 181 ) des Deicb-
richters, 18 *) des gewöhnlichen Landesbeamten ; 183 ) schliesslich
bildeten sie ein mehr oder minder selbständiges recht-
sprechendes oder regierendes Organ. 184 ) Allen gemeinsam ist,
dass sie bei der Schauung thötig sind. Meist handelten sie
als kollegiale Behörde. Doch hatte schon sehr früh, zum Teil
auch der einzelne, seinen Wirkungskreis für sich. 188 ) Der
einzelne beaufsichtigte die Deicharbeiten seines Bezirkes, 18 *)
er sammelte in ihm den Deichschott ein 187 ) und pfändete in
ihm um die Bruchgelder; 188 ) schliesslich bekam der einzelne
mitunter auch eine geringe Jurisdiktion. 188 ) Insoweit sie als
Kollegium auftrateu, ward ursprünglich hinsichtlich ihrer
Beschlüsse, ihrer Weisungen, ihrer Wahlhandlungen Ein-
stimmigkeit gefordert. Später war eine solche meist nur in
bestimmten Fällen nötig. 180 ) Im allgemeinen brach sich das
Majoritätspriuzip Bahn. Namentlich kehren in grösseren
18 °) Hock S. 634, Richthofou Rq. 410 § 38.
wl ) Siehe z. B. Mieris II, 333.
,tB ) Deichrocht des alten Landes art. 10.
183 ) Siehe z. B. Bergh H, 583. 641, Mieris IV, 470 Schwarzen-
berg I, 656.
1S4 ) Siehe z. B. Adewerter Sielbrief von 1382. Die Selbständigkeit
kounte durch Landesbeamte oder Deichgrafon beschrankt sein.
“) A. M. Heck S. 367.
I86 ) Siehe Sielrecht der drei Delfsiele von 1317, § 2: ,Et ubi unus
iudex, duo vel tres, causa laboris aqueductus advenerint, et si tune aliquis
dyaboiico instinctu occisus fuerit, solvetur pccuuia praetaxata.“
ist) Adewerter Sielbrief von 1382. § 5 (er haftete auch für seine Be-
zahlung). Winsumer Sielbrief von 1464.
"*) Adewerter Sielbrief von 1382 § 15 (zunächst fiel der Sielrichter
in Busse, dor nicht genug Arbeitsleute bei gemeinsamen Werken da hatte;
or konnte diese Busse aber in doppeltem Betrage von dem Säumigen ein-
pfänden).
188 ) Winsumer Sielbrief von 1464: „Item elk Sijlregter in zijn wagen-
reede mag keeden zijne meeute by einen olden mark ten eersten maale“.
19 °) Mieris IV, 613.
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holländischen Deichordnungen die Sätze wieder: „Wat die
meeste partye wyst, dat zel recht bliven“; 191 ) „waer die
meeste meny waer, daer zoude die Kiese ghaen.“ 10 *) Bei
Stimmengleichheit entschied mitunter der Landesherr. 108 ) Wo
sie deichpflichtig waren, wurde eine Nachlässigkeit ihrerseits
schwerer geahndet, als bei anderen Verbandsgenossen. 104 ) Zur
Erfüllung ihrer Pflichten wurden sie durch Androhung von
Strafgeldern oder des Vorlustes von Amt, Leib und Gut an-
gehalten. 101 ') Verantwortlich waren sie dem Verband, den
Beamten oder dem Landesherr». 10 *) Es stand ihnen aber
auch eine Kontrolle der Thätigkeit des Deichgrafen oder des
ihnen Vorgesetzten Landesbeamten zu. 107 ) Erwähnt mag noch
werden, dass die Deichgeschworenen oft auch eino Thätigkeit
ausübten, die an und für sich nur Beamten der gewöhnlichen
Landesverwaltung zufiel. 108 )
191 ) Mieris II, 333. Deichrocht von Sallaud art. 106. Deichrecht
für die Tielorwaard von 1399. (Es sind 7 Hcemraden; was einer weist mit
(iefolg von drei, dag gilt), Deichordnuug für den Leckeudeicli von 1533.
Doichordnung für den Eemdeich von 1393.
102 ) Mierig III. 584.
103 ) a. a. 0. — Nach Bergh II. 348 (a. 1273) sollten bei Meinungs-
verschiedenheit im Heemradenkollegium, das aus sechs Hcemradcu von
Holland, vier von Heusden und zwei von Althena bestand, hiusichtlich der
Höhe, Breite und Grösse des Deiches die sechs von Holland den Ausschlag
gebe«.
,M ) Altes Ostfriesisches Deichrecht § 23. Deichgericht von 1537 bei
I’ufeudorf II, 584, Spadelandsrecht art. XI.
10ti ) Iu Samtdeichverbänden verpflichteten sich die Deichrichter gegen-
seitig durch Bürgenstellungon. Siehe Sielrecht der drei Delfsielo von 1317
§§ 13- 18.
Vergl. Altes Ostfriesisches Deichrecht §§ 22, 23, Doichrocht für
die Krimpenrewaard von 1430 sub 15. Deichrecht für die Lopikcrwaard
von 1405, Mieris II, 750; HI, 354; III, 364, 732, 734; IV, 141.
197 ) Siehe Bergh H, 583 (a. 1285): „Waer dat sake, dat dese voirs.
baliu ghemaent van tween hiemraderen worde ene werwe ende audor werwe
bi orkonde goeder lüde, ende derde werwe slap ghevonden worde ofte tracck
tot dier scowe te bedrijveu, so willen wi dat, dat hi dat onghelde also vele
alse ous ende den hiemraderen goed duncket“. Bergh II, 748 sub XIH.
Vergl. auch Deichrecht für die Krimpenrewaard von 1440 sub 16.
,m ) So die Wurstor Teichgeschworeuen. Vergl. oben S. 190 f. und
Handvesten für Enohuyzeu S. 49 (für Alkmaar) a. 1559. (Dio Heemraden
haben auch die Aufsicht über dio Wassermühlen).
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Von besonderen, mit dem Amt verbundenen Rechten sind
zu erwähnen der erhöhte Schutz ihrer Persönlichkeit,'“") das
Recht auf einen Teil der Schau- und Strafbrüche, 2 " 0 ) das
Recht auf Zehrung bei bestimmten Gelegenheiten und die
Deichfreiheit ihres Gutes, die sich freilich nicht überall und
nicht immer in vollem Umfange findet. 201 ) 101 )
f) Die Deichrichter- oder Deichgeschworenkollegieu
eines Deichverbandes konnten mit denen eines anderen Deich-
verbandes ein gemeinsames Collegium bilden. Dies General-
kollegium konnte überhaupt die höhere Leitung des Samtdeich-
verbandes in Händen haben 208 ) oder nur als Berufungsinstanz
dienen. 104 )
Unter den Deichgeschworenen eines Kollegiums gab es
Führer in hervorragender Stellung, welche das Kollegium in
dieser oder jener Hinsicht leiteten oder vertraten. In den
Sielrocht der drei Delfsiele von 1317, §§ t ff. Sander-Deich-
satzungen § 3 ff. Deichrecht von Feldwerth von 1303 art. 2 Spadelaud-
brief art. 16. Drieson II, 479.
200 ) Dabei konnte die verschiedenste Verteilung zwischen Deichgraf,
Beamten, Landesherr und Heeraraden stattiindon. Siehe Bergh II, 298.
498, Sielrecht der drei Delfsiele von 1317, § 5 ff. Sander -Deichsatzungeu
von 1317, § 3 ff. Mieris U, 333, IV, 144, 470. Deichrecht für die
Krimpenrewaard von 1430; Deichbrief für den Eemdeich von 1393. Deich-
recht von Salland art. 19. Altes Ostfriesisches Deichrecht § 4 ff. Deich-
recht für Stedingen von 1446, Lüneburger Deichordnung von 1564, Bill-
wärder Landrecht, art. 5. Hammerbroker Deichrecht, art. 2. Siehe auch
Hahn S. 39, Thünen S. 67.
”>) Borgh II, 248; Hadlor Landrecht von 1583 IV, 2. Deichrecht
fürStodiugen von 1446; Bremenser Schatzregister von 1544 (Thünen S. 67)
Mieris HI, 287. Siehe auch Thünen S. 67, 68 und Halscma S. 533 ff.
***) Ueber andere Einnahmen der Deichgeschworeneu siehe z. B. Hahn
S. 39. — Eine feste Besoldung findet sich ganz ausnahmsweise schon bei
Mieris IH, 369 (a. 1380): 4 Pfund jährlich; sodann aber in den Deich-
ordnuugen für den Leckdeich von 1532 ff.
*“) Sielrecht der drei Delfsiele von 1317, §§ 10, 11, 13. Schwarzen-
berg I. 471. Deichrecht von Feldwerth von 1303, art. 4, art. 8.
“*) So in Wursten. Siehe den Recess von 1565 (oben Einleitung,
§ 4a, A. 51).
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Ommelanden 204 ) kommen namentlich Deichrichter vor, welche
mit den Namen „atheman“, 208 ) „skepperan“, 205 ) „edictores“ 208 )
oder „tiuchga“ 2 *' 1 ) bezeichnet werden. Sie wurden von den
Deichgeschworenen gewählt ; 210 ) wo es sich um ein Collegium
handelte, das sich aus kleineren Collegien zusammensetzte,
musste häufig der Führer abwechselnd dem einen oder dem
anderen Sonderkollegium angeboren. 211 ) Hervorzuheben ist noch,
dass sich infolge der urteilenden Thätigkeit der Deichrichter
als einzelner eine Berufung von ihnen an die genannten Führer
ausbildete. 312 ) Eine höhere Stellung unter den Deichgeschworenen
nehmen auch die Rechensleute und Vorsprecher der Bremer
Deichgebiete ein. 21 *) Sie werden vom Deichgrafen eingesetzt ; 214 )
die Rechensleute hatten namentlich über die Ausgaben bei der
Zehrung zu wachen; der älteste stach bei der Verspadung den
Spaten. 218 )
b) Die soeben erwähnten Führer der Deichrichterkollegien
in den Ommelanden bildeten bei grösseren Samtdeichverbänden
wieder ein eigenes Kollegium. Sie konnten als solches
entweder iu Gemeinschaft mit dem Geschworenenkollegium des
Samtdeich verbandes, aus dessen Rahmen sie herausgefallen
waren, 218 ) oder allein thätig sein. In letzterer Hinsicht be-
gegnen wir sie bereits im Jahre 1317. Nach dem Sielrecht
20S ) Ausführliche Darstellung bei Halseina 8. 512 ff. Siehe auch
Heck a. a. 0.
aw ) Sander- Deich Satzungen von 1317 § 4.
a0 ) Sielrecht der drei Delfsiele von 1317, § 14.
**) Deichrecht von Feldwerth, art. 9. Sielrecht der drei Dellsiele.
aü0 ) Sander-Deichsatzuugen von 1317 § 2.
21 °) Halsema S. 527.
2U ) Deichrecht von Feldwerth art. 9: „Item etlictor eornin uno anno
erit apud orientales, altero apud alios.“
214 ) Halsema S. 536.
21 *) Siehe Heineken § 21.
2U ) Des Kapitels und des Rates Verordnung vou 1449 art. 2.
***) Siehe das Deichgericht von 156S im Viehlande (oben Eiul.
§ 4a, A. 268).
21s ) Vergl. Sander-Deichsatzungen von 1317 § 7. Dazu auch § 1. —
Sie konnten auch durchaus noch in dem tleschworenenkollegiuin des Samt-
deichverbandes enthalten sein. So wohl in dem Sielrecht der drei Delfsiele vou
1317 §§ 10, 11, 12.
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der drei Delfsiele habe der Abt von Werum und die sechs Ediktoren
d. h. die Skepperan die Entscheidung über alle Sachen, welche
nicht schriftlich festgelegt sind;* 17 ) sie haben ferner die Be-
stimmung darüber, wo sich die Deichkasse befinden soll.* 18 )
Es erklärt sich daher leicht, dass wir später in Samtdeich-
verbänden, wo die Berufung nicht von einem Collegium eines
kleineren Deichverbandes an das andere ging, 118 ) das ganze
Collegium aller Scheppers als höchste Berufungsinstanz finden. **°)
Und ebenso verständlich ist, dass unter diesen Scheppern einer
eine führende Bolle einnahm, welcher als dominus** 1 ) oder
oberster Schepper***) bezeichnet wird.
3. Nur geringes Interesse beanspruchen die zahlreichen
Subalternbeamten, welche sich in den Deich verbänden vor-
finden. Zu ihnen gehören namentlich die Boten des Deich-
grafen und der Heemraden, welche zu laden hatten,** 8 ) die
Schütter, welche das Vieh auf dem Deich pfändeten,’**) die
Wallgeschworenen,** 8 ) welche Achterdeiche zu beschauen hatten,
und die Schleusengeschworenen,***) denen die Erhebung von
Pachtgeldern, Ladungen und Ansagungen von Versammlungen
oblagen. Wenn es sich mehr um die Erledigung besonderer
technischer Arbeiten handelte, wurden Deich-, Hoeft- oder
*”) a. a. O. § 18.
21 8 ) a. a. O. — Siehe auch Sander-Deichsatzungen von 1317, §§ 9, 10.
***) Halsema S. 543. Winsumer Sielbrief von 1464.
** > ) Halsema a. a. O. Sielrecht der drei Delfsiele von 1445.
aal ) Sielrecht der drei Delfsiele von 1317. §§ 14. 18.
*“) Halsema S. 638 ff.
aas ) Privileg des Herrn von Cranenburg von 1343. Adewerther Sielbrief
von 1382 § 10. Küre der Oster- und Westerhammerik von 1386, § 9.
Altes Ostfriesisches Deichrecht §§ 24, 27, 28. Sielrecht der drei Delfsiele
von 1317. § 7. Hieris III, 584, Halsema S. 548.
*“) Mieris III, 224. Deichordnung für den Veen- uud Veldendeich
von 1635.
*») Pratje V, S. 303 ff.
*“) Siebe Hahn S. 33.
J. Gierke, Geschieht« de« deutschen Deich recht*. 19
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290
Sielmeister eingesetzt. 5 * 7 ) Ein Deichgerichtsschreiber begegnet
erst zu Ende dieser Periode.** 8 )
• a7 ) Siehe llandveeteu von Knchuizen S. 44. Deichrecht von Salland
art. 61 ff. Groot l’lacaatbek für Utrecht S. 96. Halseuia S. 547.
**) Deichrecht von Salland art. 69. Deichordnnng für Cleve von
1575. Halsema S. 547.
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§ 4 .
Die Deichverbände als Gesamtheiten.
I. Die ältesten Deich verbände, die Gemeindedeich-
verbände, und die späteren Deichverbände im engeren Sinn
waren anfangs Genossenschaften des alten Rechts. 1 )
Sie stellten sich dar als Einheiten und Vielheiten zugleich,
welche in der sichtbaren Versammlung aller Glieder zur Er-
scheinung kamen. 1 *) Schon in dieser Periode aber bildeten
sich im Laufe der Zeit viele Gemeindedeichverbände und
Deichverbände im engeren Sinn zu Körperschaften aus, 2 )
während einige Deichverbände im engeren Sinn sich als Ge-
meinschaftsverhältnisse zur gesamten Hand 8 ) darstellten.
*) Ueber den Begriff siehe Gierke „Das deutsche Genossonschafts-
recht“ B. II. § 8 ff.
u ) A. a. 0. S. 46 ff. Siehe auch die Bezeichnungen derDeichverbände
im engeren Sinn unten sub V.
*) Siehe Gierke a. a. 0. B. I. S. 613. Deber den Begriff der Körper-
schaft und die Unterschiede zwischen ihr und der alten Genossenschaft
siehe Gierke a. a. O. B. II, § 32. Diese Körperschaften scheiden sich in
Gemeindedeichverbände und Deichgenossenschaften. A. a. O. §§ 34, 35.
*) A. a. 0. § 36. Gesamtbänderschaften liegen m. E. vor bei den
kleineren Gemeinden in der Altendorfer Schauung. Siehe oben S. 208,
A. 37 und Hahn S. 139, der aber diese Verbände juristisch falsch auffasst.
Namentlich ist es auch durchaus verkehrt, für das Deichfeld anzunobmen,
dass dessen Grundstücksbesitzer von jeher Einzeleigentum an ihrer Kabeln
hatten. Gesamthänderschaften bilden ferner die Deichverbände, welche
sich bei Schwarzenberg II, S. 471 (a. 1427), S. 544 (a. 1453) finden.
Siehe oben S. 163. Auch die Höfterverbände sind grössten Teils Gemein-
schaften zur gesamten Hand. Siehe über sie oben S. 224 ff. Es sind
ferner manche kleineren Kooge in Schleswig mehr Gesamthänderschaften als
Deicbgenossenschaften. Darüber, dass die ältesteu Deichbauverbände keine
Deichgesamthänderschaften waren, siehe oben S. 98.
19»
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Noch bleibt es freilich bei vielen Deichverbäuden höchst
zweifelhaft, ob wir in ihnen Genossenschaften des alten
Rechts, Körperschaften oder Rechtsgemeinschaften zur ge-
samten Hand erblicken sollen. Und ebenso w'enig scharf hebt
sich der Unterschied dieser Verbände von blossen Sozietäten
ab. 4 ) Deichgesellschaften hat es jedenfalls sehr wenige ge-
geben ; sie konnten sich aus den Deichbausozietäten entwickeln,
d. h. aus Vertragsverhältnissen, die nur ein gleichzeitiges
Deichen, aber kein Deichen zur gesamten Hand zum Inhalt
hatten. 4 ) Am schärfsten finden wir in dieser Periode einige
Korporationen ausgebildet, wie ja überhaupt die Entwicklung
im allgemeinen mehr der Korporation als der Gesamthänderschaft
zustrebt. Bei manchen Deichverbänden, namentlich denjenigen,
die auf grösserer territorialer Grundlage beruhen, oder die
politische Verbände darstellen, ist die Einheit als reale, sinnlich
nicht wahrnehmbare Person erkannt und, soweit dies für den
Begriff der Korporation erforderlich ist, die Einheit von der
Vielheit gelöst.*)
4 ) a. a. 0. S. 924 ff.
6 ) Siehe oben S. 98, 228.
*) Dies geschah dorch die Bildung von Organen im technischen Sinn,
durch den Sieg des Majoritätsprinzips in der Mitgliederversammlung,
durch die (iründung besonderer Deichkassen u. s. w. Was die Erfassung
der juristischen Person aulangt. so vergl. namentlich Deichrecht des Alten
Landes art. 14 („Der Soeburg Erkenntnis“) und die bei Gierke a. a. 0.
S. 449 A. 163; S. 464 A. 179; S. 465 A. 184 angeführten deichrechtlicben
Quellen. — Anderer Ansicht ist Heusler „Institutionen“ I. S. 297. Nach
ihm sind die mittelalterlichen Deichverbäude als juristische Personen er-
kannt und aufgefasst wordeu. Hierbei ist einmal übersehen, dass viele
Deichverbände den Charakter von Gesamthänderschaften haben; andrerseits
geht Heusler fehl, wenn er dem Mittelalter die abstrakte Erkenntnis der
juristischen Person allgemein von vornherein imputiert, anstatt sie langsam
und, namentlich in den bäuerlichen Verbänden, sporadisch sich entwickeln zu
lassen, infulgodesseu leugnet Heusler den Begriff der deutschen Körper
schaft, bei welchem sich Einheits- und Vielheitsrecht verwebt und für
Sonderrechte und Sonderpllichten Raum bleibt, nnd nimmt bei Fixierung
der letzteren Stiftungen an. Damit würde der grösste Teil der Deich-
verbände zu Stiftungen gestempelt! — Vergl. übrigens gegen die Aus-
führungen Hcuslcrs, in denen er vergeblich die Lehre Gierkes bekämpft,
die unten sub V. aufgeführten Benennungen der Deichverbände im engeren
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Ein grosser Teil der Deichverbände trägt nun aber nicht
bloss einen genossenschaftlichen, sondern auch einen herr-
schaftlichen Charakter. Und indem der herrschaftliche Ver-
bandsbegriff in dieserer Periode bereits durch das Eindringen
des Gedankens der Obrigkeit eine Läuterung zu Gunsten des
Anstaltsbegriffes erfährt, 7 ) empfangen viele mehr korporative
Deichverbände einen korporativ anstaltlichen Charakter. 8 ) Da-
gegen ist der Anstaltsbegriff bei den herrschaftlichen Deich-
verbänden im engsten Sinn nicht ausgestaltet worden. 9 )
Wir betrachten nun die Deichverbände als Gesamtheiten
zunächst unter dem Gesichtspunkt der Genossenschaft, um
sodann von dem Einfluss der Herrschaft auf das Verbands-
leben zu handeln.
II. Der Deichverband erscheint als Gesamtheit im öffent-
lichen Recht und im Privatrecht.
1. Der Deichverband als Gesamtheit war ein öffentlich-
rechtlicher Verband. 10 ) Bei den Gemeindedeichverbänden ver-
steht sich dies von selbst. Bei den Deichverbänden im engeren
Sinn findet es dadurch seine Erklärung, dass sie zum Teil aus
Gemeindeverbänden hervorgegangen sind, zum Teil sich aus
ihnen zusammen setzen und infolge ihrer territorialen Grund-
lage den Gemeinden stets nahe stehen. Bei kleineren Deich-
gemeinschaften, die keine selbständige Organisation haben und
sich mehr den Rechtsgemeinschaften zur gesamten Hand nähern,
verblasst freilich der öffentlichrechtliche Charakter. Anfangs
handhabte die Gesamtheit in ihrer sichtbaren Erscheinung
Frieden und Recht nach innen. Der Friede nahm seinen
Ausgang von einer Sache, dem Deich. Er war und blieb in
den Gemeindedeichverbänden einer der vielen Sonderfrieden,
Sinn. — Dass bei den Deichverbänden kein blosses Miteigentum vorliegt,
wird von Heusler sehr richtig angenommen (a. a. O. S. 298). Ueber das
Eigentum am Deich siehe näheres unten Abschnitt IV.
7 ) Qierke II, 980.
8 ) Dies ergiebt die Darstellung sub III.
9 ) Natürlich konnten sich auch herrschaftliche Deichgesamthänder-
schaften bilden.
10 ) Anschüta S. 143. Amira .Grundriss“ S. 77.
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Welche das deutsche Recht von gewissen Sachen ansgehen
lässt: Er steht dem Hausfrieden und dem Frieden des Kirch-
hofs gleich. 11 ) In den Deich verbänden im engeren Sinn wurde
der Deichfriede der Genossenschaftsfriede. Wer ihn bricht,
zahlt in geringeren Fällen Busse an die Gesamtheit, 12 ) in
schwereren wird er verstümmelt 1 *) oder getötet 14 ) oder von
der Gesamtheit friedlos gelegt. 15 ) Die Gesamtheit übt die
übrige Kriminalgerichtsbarkeit, die Gesamtheit fällt die Civil-
urteile, die Gesamtheit findet das Recht, die Gesamtheit voll-
streckt; 1 *) sie versammelt sich, sie erkürt sich einen Vorsteher,
sie fasst die Verbandsbeschlüsse ; sie übt die Deichverwaltung, 17 )
an sie fallen die Brüche, 18 ) an sie das herrenlose und verspadete
•<) Küre 12.
“) Küre 12.
IS ) Keure der Oliatclenie von Brügge von 1190.
'*) Siehe das Deichgericht von 1637 bei Pnfendorf II. S. 684 und
Ommelander Landreeht B. VII. art, 53.
,6 ) Vergl. A. 14. — Näheres nnten in Abschnitt V.
,e ) Zahlreiche Belege bieten die deichrechtlichen Quellen, indem sie
teils den geschilderten Zustand ergeben, teils Rückschlüsse für die ältere
Zeit zulassen. Vergl. z. B. Weistum für Sandhofen von 1527 (oben S. 195,
A. 81), Kappeier Kirchspiclsartikcl von 1620 sub 3 (Pratje V, S. 320),
Deichordnuug der Altmark von 1436; Neueres Deichrecht in den vier Gobeu
§ 13. — Sander-Deichsatzungen von 1295, 1317. Deichgericht von 1637
(oben A. 14) Richthofon Rq. 417, § 19 u. s. w.
,7 ) Siehe die Hegungsfragen des Schulzen oben S. 186. A. 7. Hiernach
hatte die Gemeinde das Recht einen früheren Asegaspruch hinsichtlich gewisser
Deichverwaltungssachen umzustossen. Der Asega hatte die Urteils-
findung, allein die Gemeine brauchte sich an sie in konkreten Fällen nicht
zu kehren, sondern konnte von ihr abgehen. Der Grund scheint mir darin
zu liegen, dass der Asega bei der Ausübung der Deichverwaltung nicht
immer dabei war (Richthofen Rq. S. 419 § 38), aber im gegebenen Fall oin
abändernder, die Arbeit beschleunigender oder aufschiebender Beschluss des
Deichverbandes erforderlich war. Es ist dies ein Rest der älteren Zeit.
In dieser fasste die Gemeinde alle Beschlüsse und sie fand die Urteile.
Später war der Asega regelmässig der Urteilfinder. Dies beweist die an-
gegebene, von Heck hierfür sehr richtig verwertete Quelle. (Siehe Heck
S. 87; betreffs der verschiedenen Ansichten über die Urteilsfindung der
Asegen sieho Heck S. 3). — Siehe ferner Deichrecht der Altendorfer
Schauung sub XIV, Weistum für Sandhofen (oben S. 195).
ie ) Deichrecht der Altendorfer Schauung XX, X, 4.
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Land, 19 ) sie hilft dem nn vermögenden Deichhalter, 90 ) sie ver-
anstaltet Trinkgelage. 91 ) Und diese Versammlung ward dar-
gcstellt durch die sinnlich wahrnehmbare Versammlung aller
Glieder. Dies änderte sich dadurch, dass die Mitglieder-
versammlung zum Organ der Gesamtheit wurde, 89 ) und sich
andere Organe bildeten, welche verfassungsmässig für die Ge-
samtheit wollten und handelten. 93 ) Es änderte sich dies aber
ferner dadurch, dass aus einem Deichverband ein Samtdeich-
verband wurde oder mehrere Deichverbände zu Samtdeich-
verbänden verwuchsen. Freilich blieben die Gemeindedeich-
verbände in der allgemeinen Landesverwaltung stecken, während
die Deichverbände im engeren Sinn sich mehr oder minder von
ihr emanzipierten und zu eigenen Verwaltungskörpern wurden. 94 )
Auch nach aussen trat die Gesamtheit als öffentlichrechtlicher
Verband auf. Ein Verband hilft dem anderen. In Samtdeich-
verbänden beteiligen sich die kleineren Deichverbände an der
gemeinsamen Deichverwaltung 93 ) und leisten sich gegenseitig
l9 ) Richthofen Rq. S. 210, § G8. — Deichrecht der Hemmen von
1463 a. a. O. S. 605, §4. Richthofen Rq. S. 417 § 19. Spadelandsrecht
art. 7. Weistum des Alten Landes von 1571. Bergb II, ßll u. s. w.
30 ) Siehe oben S. 19G sub b; Spadelandsrecht art. VII. Ssp. II, 56.
Der Deicbhalter war häufig ein Gliedverband.
2I ) Sander-Deichsatzungen von 1317 § 6, Deichr. Altendorfer Schauung
XX, X, 4. Heineken § 21. Borchgraves S. 317 nimmt au, da9s der im
Lande Wursten heute gebräuchliche Trinkspruch: .Gott bewahre Dam uu
Dyken — Syl un Bollwerk un derglicken — darto — unse Land un God —
un en ehrlich wurster Blöd!“ ein gelegentlich der Deichachtsversammlungen
abgesuugenes Choriied gewesen sei. Hiergegen wendet sich Auhagen
Abh. II. (Separatabdr.) S. 122. Allein warnm sollen wir nicht vermuten,
dass die Deichgenossen bei ihren Trinkgelagen auch Trink- und Deicblieder
hatten, um so mehr, wenn wir einen ausgebildeten Kneipkoment (.beerbrucke
recht“! finden (Lübbekes Aufzeichnung von Deichrecht sub 3 und 4), wenn
wir später auf Befehle stossen, die das Absingen geistlicher Lieder bei der
Deicharbeit anordnen'?
®) Siehe oben § 3 sub L
M ) a. a. 0. sub II.
M ) Siehe vorläufig statt aller weiteren Belege Deichrecht von Feld-
wert von 1303 art. 5; „Nec cousules terrae nec X jurati uec aliqui judices
intromittant so de iuredictione ipsorum (d. h. der Deichrichter) ac emenda*.
Näheres unten Abschnitt V.
®) Schwarzenberg H, 471 (a. 1427), Sielrecht der drei Delfsiele
§ 11 ff., Adewerter Sielbrief von 1382.
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Beihülfe.® 6 *) Die Gesamtheit bildet eine Schutzgenossenschaft,
mehrere Deichverbände werden zu Wehrgenossenschaften gegen
äussere Angriffe; 2 ®) alle stehen für einen, einer für alle; die
Gesamtheit führt Krieg und schliesst Frieden.®’) So bilden die
grösseren Deich verbände einen Staat im Staat. 88 )
2. Von mehr privatrechtlichen Gesichtspunkten aus hatte
' die Gesamtheit mannichfache Rechte und Pflichten. Der Ge-
samtheit stand ein Gesamtrecht am Deich und Vorland zu. 2 ®)
Die Gesamtheit hatte eine Deichkasse oder mehrere,* 0 ) die Ge-
samtheit hatte Deichbücher. 81 ) Namentlich aber war die Ge-
samtheitdeichpflichtig. Diese Deichpflicht der Gesamtheit
bestand entweder nach innen d. h. im Verhältnis der Gesamtheit
*•) Z. B. Deichrecht des Alten Landes art. 4.
“) Schwarzenberg II, 471 (a. 1427): „Yefta disse voersz. Dycken
enighe deelfte, yefta gaet mecket (löcherig macht) wy dat mit disse voersz.
Riouchten alheelic mit oren ty keren, ende dat eene ryocht dat oren thi
holpe ty kommen, als ment byierin is.“ Sch warzenberg II, 644 (a. 1453):
.Item offtet daer ymment were, daer ons daer an bebenderen woelde und
ons dat verbeden wolde, dat wy onse dyke und syle nycht legghen moesten,
daer ze ons und den Lande nuttest tho holden sent, dat zullen wy ende
meyne Lande, tho samene myt recht oft mytter band keren . .“ — Ade-
werter Sielbrief von 1382. § 13. — Deichverordnung von 1396 (Driessen
III, 479): „Vortiner is dar enych man buten lande, he se wat he se, de
dese vorscreven puncten wyl behynderen. ende wesen den lande scadelycb,
dat sal man keren myt male anderen, myt lyf ende myt guede“.
®) Verodnung von 1385 (Richthofen Rq. S. 308): „Sa reka wy vry
orloff alle lyudum, ther in disse londum seten sendt, ryk ende erm, haudingum
and menete, the duren ende mughen an hiera honda reppa, wellath an duren
disse vor scriwena lyndum, thet ys tha Tkriantum and hiera helperen, wider
scada to dwan to hoker wys alsa ma mey . . .*
28 ) Halsema S. 652: „Quatenus jure belli ac pacis gaudeant nullius
jurisditioni, neque Principi, neque ordinibus Provinciae, neqne Camerae
Hovetmannorum, vel cuique alii subjaceant*.
®) Hierüber unten Abschnitt IV.
*•) Siebe Bergh I, 546, Sander-Deichsatzungen von 1317. § 1. Ade-
werter Sielbrief von 1382, § 5; ferner Richthofen Rq. S. 521, 35. Eyder-
städter Deichordnung von 1695 art. 11. Hammerbroker Deichrecht art. 84.
Privileg Konrads von Rotenstein von 1387 (oben Einl. § 4a, A. 215).
a ) Spadelandsrecht art. 16. Deichrecht für Kettesbüttel von 1632,
§ 9. (Dazu Hichelsen „Urkundenbuch“ S. 235.) Deichordnung für den
Leckendeich von 1493 (obeu Einl. § 4b, A. 400), Oudenhoven S. 258.
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zu ihren Gliedern oder nach aussen d. h. dritten gegenüber oder
sie war eine Gesamtpflicht nach aussen und innen.
a) Nach aussen existierte eine Gesamtdeichpflicht
namentlich dann, wenn ein Deichverband verpflichtet war einem
anderen, der nicht sein Glied war, Beihülfe zu leisten. Diese
Gesamtpflicht konnte nur für den einzelnen Fall auf Grund
eines Vertrages festgelegt sein**) oder ein für alle Mal bestimmt
sein und hierdurch den Ausfluss der Verfassung eines Samt-
deichverbandes bilden.*®) Diese Gesamtpflicht war Einheits- und
Vielheitspflicht zugleich und konnte je nach der Hervorkehrung
dieser oder jener Seite eine verschiedene Gestalt annehmen.
Meistens erschien sie aber insofern mehr als Vielheitspflicht,
als sie von vornherein auf die Glieder nach Morgenzahl ver-
teilt war, und insbesondere da, wo sie der Ausfluss einer Samt-
deichverbands -Verfassung war, der Samtdeichverband jedes Glied
zu der auf es fallende Leistung zwingen konnte.
b) Nach innen existierte eine Gesamtdeichpflicht auf
einer doppelten Basis:
a) Der Verband hatte eine Gesamtdeichpflicht auf rein
dinglicher Grundlage hinsichtlich der Grundstücke die im
Gesamteigentum des Verbandes standen. Hierher gehört ein-
mal die Almende, die teilweise deichpflichtig war, 34 ) sodann
aber die Grundstücke, welche wegen Nichterfüllung der Deich-
pflicht eines Gliedes an den Verband gefallen waren. 35 )
®) Vergl. Omlenhoven S. 193 (a. 1421); Schwarzenberg II, 181;
Mieris IV, 693 (u. 1423).
33 ) Altes Ostfriesisches Deichrecht § 15. — Vom Standpunkt des
kleineren Verbandes gehören aber anch hierher alle Beihiilfefälle von Sarat-
deicbverbänden nach innen, insoweit sie nicht nur die Interessen des kleineren
Verbandes berühren.
M ) Deichrecht von Salland art. 17 : .Item voert werett saeke, datt een
Sandtbroess die nu voer gienen Dyck licht, en wech braeke mit waeter,
ofte mit winde, ende daer gieu landt achter an den berch en laeghe, then
sy dergemeender Marke, datt sali dat gemeyne Harke dyken“.
®) Siehe A. 19.
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2fl8
ß) Der Deichverband liatte nun aber weiter eine Ge-
saintdeichpflicht, die mehr dem persönlichen Verbandsnexus
und öffentlichrechtlichen Anschauungen entsprang. Der Deich-
verband musste nämlich häufig herrenlose Deiche übernehmen, 38 )
er hatte ferner den Deich, insoweit er nicht verteilt war (und
in manchen Deichverbänden war er überhaupt nicht nach Kabeln
verteilt, sondern kommun) zu unterhalten.“ 7 ) Der Verband hatte
schliesslich seinen Gliedern Beihülfe und Nothülfe zu leisten. SB )
Diese Gesamtdeichpflicht stellt sich auch als Einheits- und
Vielheitspflicht dar. Die Einheitspflicht kann sich aus einer
Vielheit von Pflichten von Individuen oder Verbänden, in Samt-
deichverbänden ans einer Vielheit von Pflichten von Individuen,
Verbänden oder Deichverbänden zusanimensetzen. 3 *) Sie ge-
staltet sich da, wo die Deichlast zu einer Sonderpflicht wurde,
zu einer Einheitspflicht, die aus einer Vielheit von Sonder-
pflichten besteht. 40 ) Schliesslich kann sich in Samtdeich-
verbänden infolge derselben Ursache eine Gesamtdeichpflicht
des weiteren Verbandes neben einer Gesamtdeichpflicht des
engeren finden. 41 )
c) Der Deichverband konnte endlich auch eine Gesamt-
deichpflicht nach aussen wie nach innen haben. Dies war dann
der Fall, wenn ein Deichverband als Gliedverband eines Samt-
deichverbandes zur Erfüllung seiner Gesamtdeichpflicht nach
innen verpflichtet war.
Ausser den Deichpflichten gab es die verschiedensten Ge-
samtpflichten von Deichverbänden. So ist z. B. die Ver-
“) Siehe oben S. ISO.
w ) Siehe Altes Ostfriesisches Deichrecht § 21. Deichordnung für
Kleve von 1575. Emsiger Pfenningsschuldbuch 68, Heineken § 30.
®) Siehe oben A. 20; ferner Oudenhoven S. 268 (a. 1446), S. 277
(a. 1485). Deichrecht der Hemmen von 1453 § 4. Deichrecht des Alteu
Landes art. IV. Alte Ostfriesische Deichorduung §15. Eyderstädter Deich-
ordnung von 1595 § 14. Borgh II, 630, Keure für die Alblasserwaard
von 1277.
®) Vergl. unten sub IV.
w ) Siehe die Ausführungen bei Gierke II. S.
41 ) Deichrecht der Hemmen § 7. Deichrecht des Alten Landes art. IV.
Eyderstädter Deichordnung § 15.
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pfliclitung des Deichverbandes, das verspadete Land anzunehmen,
eine Gesamtpflicht, ebenso die Verpflichtung dem Deichgrafen
seine Auslagen zu ersetzen. 42 ) Der Verband konnnte sich ferner
durch die verschiedensten Verträge berechtigen und verpflichten.
So schliesst die Deichacht der Riederwaard im Jahre 1442 mit
Dordrecht einen Vertrag dahin ab, dass sie all ihr Korn auf
den dortigen Markt bringen will ; 43 ) so bezahlt nicht nur der
Altendorfer Deichverband den Käthner, der den Seedamm
unterhält, 44 ) mit drei Moorblöcken, sondern der Deichverband
zu Sandhofen giebt der Herrschaft drei Schläge Gras an der
Allmende für die Unterhaltung eines Deichstückes. 41 ')
III. In ungleicher Weise und in verschiedener Zeitfolge
machte sich herrschaftlicher Einfluss bei den einzelnen
Deichverbänden geltend.
So gab der Landesherr mit, neben oder Uber der Ge-
nossenschaft Gesetze; andere Herrschaften waren in gleicher
Weise oder neben dem Landesherrn thätig. 411 ) Hier übertrugen
die Landesherrn gewöhnlichen Landesbeamten die Sorge für die
Deichverwaltung, 47 ) dort entsandten sie oder andere Herrschaften
für die Schauungen eigene Aufsichtspersonen, 48 ) dort stellten sie
allein oder in Verbindung mit anderen Deichgrafen oder Deich-
geschworene an. 40 ) Sie bekamen Anteil an den Brüchen und
Strafgeldern. 80 ) Sie machten Ansprüche auf das Vorland 81 ) und
a ) Placaatboek für Utrecht II, IOC.
43 ) Oudenhoven S. 101 ff.
**) Deichrecht (1er Altendorfer Schauung sub XXIII.
45 ) Siehe oben S. 195. Vergl. auch Mieris IV, 148.
m ) Siehe oben S. 259 und unten Abschnitt V.
47 ) Altmärkische Deichordnuugen von 150G und 1539; Bergh II, 041;
Mieris II, 311, 470, IV, 188, IV, 278. Spadelandsrecht. art. 4, 5.
**) Altmärkische Deichordnungen von 1436 u. 1476. Bergh II, 628
u. s. w.
,n ) Siehe oben § 3.
M ) z. B. Dcichrecht der Altendorfer Schauung sub XIV; Deichrecht des
Alten Landes art. X. Mieris II, 312, 333, 418 IV, 144 Blaecatboek für
Utrecht S. 55.
61 ) Siehe oben S. 117 ff.
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300
den Deich selbst. 54 ) Von ihrer Erlaubnis hingen die Aus-
führungen grösserer Werke, namentlich von Einlagen 58 ) und
Neubedeichungen 54 ) ab.
Ueber den Deich verbänden breitete sich ein Frieden, der
von den Herrschaften seinen Ausgang nahm. Die Deich-
genossen und namentlich die Deichbeamten standen unter
herrschaftlichem Schutz und herrschaftlichem Geleit. 55 )
Die Erfüllung der Deichpflicht erschien immer mehr als
Unterthanenpflicht; die holländischen Grafen betrachteten den-
jenigen, der ihr nicht nachkam, als einen solchen, der ihre
Herrlichkeit vermindern wollte. 55 ) Von diesem Gesichtspunkt
aus Hessen sich die mannichfachsten Einmischungen in die
Sphäre der Genossenschaften rechtfertigen. Namentlich wird
es dadurch verständlich, dass der Landesherr unwillige Deicher
gefangen nehmen Hess”) und Beihülfe verschiedener Deich-
verbände anordnen konnte. 58 )
Zum Teil ging die Gesamtdeichpflicht des Deichverbandes,
welche auf Grund einer Verspadung entstand, auf die Herrschaft
über: An den Herrn fiel das Spadengut. 5 *) Doch hatte er in
Holland häufig als Aequivalent dafür das Recht auf den „nakoop“,
auf Grund dessen ihm bei Verkäufen von Häusern oder Grund-
stücken in seinem Bezirk eine bestimmte Abgabe zu zahlen war. 50 )
Zu erwähnen ist ferner, dass die Landesherrn den Schutz
der Deichverbände den Organen der gewöhnlichen Landes-
verwaltung anbefehlen, 51 ) und dass sie die Bezahlung von
“) Siehe unten Abschnitt IV.
tB ) Deichrecht für die Crimpenrewaard von 1430.
M ) Siehe oben S. 171 ff.
») Bergh II, 248, 843. Mieris IV, 656; 976
M ) Mieris III, 287, Bergh I, 179.
w ) Mieris IV, 141, 635.
“) Bergh II, 422, Oudenhoven S. 193.
*) Bergh II, 814. Placaetboek für Geldern S. 8. Mieris IV, 243
Siehe auch Mieris III, 354.
<“) Mieris II, S. 482. Mieris IV, 942 Deichordnung für die Orimpen-
rewaard von 1468. Siehe überhaupt Guidemont S. 59 f.
el ) Deicbrecht für die Riederwaard von 1403. Privileg für Crauenburg
von 1343. Mieris II, 263.
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Zinsen, Renten, Abgaben, Bussen den Deichgenossen erliessen
oder stundeten. 8 *)® 3 )
IV. Ob man bei den Samtdeichverbänden von der
Anschauung ansging, dass sie aus mehreren Verbänden be-
ständen, oder man sie so auffasste, als ob sie sich aus einzelnen
Individuen zusammensetzten, war insbesondere für die Bei-
tragspflicht der einzelnen von grosser Wichtigkeit. Im
ersteren Pall ward die betreffende Leistungsgesamtheit unter
die Verbände und dann innerhalb dieser unter die Genossen
verteilt, im letzteren dagegen wurde sie von vorneherein auf
die Genossen umgelegt. Ein Beispiel für die eine Alternative
giebt der Adewerter Sielbrief von 1382, nach welchem jeder
der drei Verbände, die den Samtdeichverband bilden, ’/s der
Deichkosten trägt. 61 ) Beispiele für die zweite Alternative geben
zahlreiche holländische Urkunden, nach denen im Samtdeich-
verband die Samt -Lasten Morgen Morgens gleich repartiert
wurden. 65 ) Es kommen auch Samtdeichverbände vor, bei denen
sich beide Anschauungsweisen verquicken. 68 ) Andererseits gab
es Sam tdeieli verbände, bei denen die kleineren Verbände in
ungleicher Weise als Einheiten an der Samtsphäre teilnahmen. 87 )
Analoges fand übrigens bei der Wahl von Deichbeamten im
Samtdeichverdand statt. 68 )
V. Entsprechend der historischen Entwicklung werden
die ältesten Deich verbände mit den Namen der betreffenden
•*) Deichrecht für die Riederwaard von 1403. Bergh 1, 603, llieris
III, 288, 309. IV, 153.
M ) Im übrigen wird der herrschaftliche Einfluss namentlich bei der
Betrachtung der Deichverwaltung zur Sprache kommen.
M ) Vergl. Richthofen Rq. S. 345 § 1.
“) Vergl. z. B. Eyck S. 286. Siehe auch Spadelandsrecht art. VII.
m ) Siehe Eyck S. 82.
m ) Deichbriet für die Lopikerwaard von 1454: Ysselsteim nimmt bei
Einlagen u. s. w. den dritten Toil.
®) Siehe Adewerter Sielbrief von 1382 § 2. (Jeder Verband wählt
3 Sielrichter). Driessen I, 55, III, 479. (Die gemoine Meente wählt die
Richter).
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802
Gemeinden belegt. 6 *) Als Deichverbände im engeren Sinn ins
Leben treten, behielt man öfter auch den Namen der Gemeinde
oder des politischen Verbandes für den Deich verband im engeren
Sinn bei. 70 ) Die herrschaftlichen Deichverbände im engsten
Sinn bezeichnete mau mit dem Namen der Herrn. Für die
Deichverbäude im engeren Sinn bediente man sich später
besonderer Ausdrucksweison. Sehen wir von den Zu-
sätzen oder Benennungen, die herrschaftlicher Einfluss hervor-
rief, ab, so sind folgende Verschiedenheiten hervorzuheben :
1. Man benannte den Deichverband nach dem Deich. Man
sprach von „allen die einem Deich Zubehören“, 71 ) von „allen,
die zu den Deichen gehören“, 7 *) von „den guten Leuten eines
Deichs“ ; 73 ) später bezeichnete man den Verband als „Seeburg“. 74 )
2. Man behielt den Namen von der Gemeinde bei, fügte
ihm aber einen entsprechenden Zusatz an. So stellte die
„Gemeente eines Kirchspiels mit allen die mit einbedeichet
sind“, 7 *) einen Deichverband dar. 79 )
3. Am häufigsten wählte man eine Bezeichnung, die dem
Eindeichungsgebiet oder dem Inundationsgebiet entlehnt
war. So bildeten einen Deichverband „alle die in der Dyckagie
beseten sind“, 77 ) „alle die binnen dem Deich geseten sind,“ 78 )
•) Vergl. Bergh I, 179, 269, 603, 640; II, 611, 876, 877. Siehe
ferner die Quellen oben in § 1 sub I.
70 ) Vergl. Deichrecht des Alton Landes art. V.
n ) Siehe Borgh II, 583, Mieris III, 712.
n ) Altmärkische Deichordnung von 1436
ra ) Siehe oben Einleitung § 4b, A. 565 („probi viri veteris Hevinae“).
Vergl. übrigens Bergh H, 422.
71 ) Deichrecht des Alten Landes art. 14.
75 ) Sander-Deichsatzungen von 1295.
76 ) Siehe ferner die Ausdrücke „eeniuge van Thuyl“, .eeniuge van
Deyl“ im Deichbrief von 1409 (oben Einl. § 4b, A. 387). Placaatboek für
Utrecht II, S. 8 (a. 1467): »Die Unterthanen der Dykagie van Diemen“.
T! ) Keure für die Alblasserwaard von 1413. Deichordnung Philipps
für den Diemer Seedeich von 1440 (PI. für Utrecht S. 5). — Deich-
gericht zu Walle von 1551 (Ueineken § 44. Oelrich S 602). Siehe auch
die in A. 8 an letzter Stelle angeführte Quelle.
7ö ) Sachsenspiegel II, 56.
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303
„alle binnen dem Deich gelegenen Ambachten“, 79 ) „die ge-
meinen Poldern“, 89 ) „die Koogeseigner“, 81 ) ein „Kog ‘ (Koog,
Keegh, Kogg, Koch), 8 *) alle „die unter dem Deich gelandt
sind“, 88 ) „die in dem Seeryhm liegen“, 81 ) „die in einer Sehebank
beseten sind“, 85 ) „die in der Drenke (Wische) sitzen“, 88 ) „die
vom Wasser belaufen werden können“, 87 ) „alles Land, da die
grosse Flut iibergegaugen ist“, 88 ) „alle die beflutet werden“, 89 )
„alles Land, dem das Wasser schaden kann“, 99 ) „alle, die unter
der Fährlichkeit des Deiches liegen“. 91 )
4, Eine andere Bezeichnung entnahm man der häufigsten
Verwaltungsthätigkeit innerhalb des Verbandes, der Schauung.
So bildeten einen Deichverband alle „die binnen der Schau ge-
sessen waren,“ 92 ) alle „unter der Schau“ 98 ) eines bestimmten
Deichs, und als Deichverband erscheint „die ganze Schau“. 94 )
ä, Auch Namen der besonderen Deichbeamten beein-
flussten die Bezeichnung des Deichverbandes im engeren Sinn.
Ganz abgesehen davon, dass mau die Deichbeamten neben dem
Verband nannte um die Gesamtheit auszudrücken, gab man
79 ) Bergh II, 867.
®°) Bergh II, 498 (a. 1284).
fj) Spadelandsrecht art. 3 („Koogesleute“ art. 7).
®) Siebe Handveaten für Enchuyzen vou 1381, 1492 (oben Einl. § 4b,
A. 539); Mieris' UI, 464, II, 286; Spadelandsrecht art. L 4, 7, 8,
9, 10, 13.
®) Borgh n, Anhang 63, Mieris UI, 30.
M ) Heineken § 23 (a. 1556).
®) Siehe oben S. 213 A. 157.
®) Altmärkische Deichordnung von 1476 mit dem Zusatz „und unter
den boesen Dyken“.
OT ) Deichrecht von Salland art. 104.
®) Spadelandsrecht art. L
®) Deichbrief für Lopikerwaart von 1454 (oben Einl. § 4b, A. 408)
art. 25,
Altes Ostfriesisches Deichrecht art. 2, Spadelandbrief art. 12,
91 ) Altmärkische Deichordnung von 1539.
“) Bergh U, 630, Mieris III, 205.
^ Mieris III, 500.
w ) Deichbrief für Veluve vou 1370 (oben Einl. § 4b, 375), Klevische
Deichordnung von 1575 art. L
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Deichverbänden die Benennung nur nach dem Beamtentum.
So sprach man von „Dijckgraefschap“, 85 ) „Teichrichterschaft“,
Schwarenschaft“, 88 ) vom gemeinen Land in der Heemradschap, 87 )
von allen „die innerhalb des Bannes der Heemradschap ge-
sessen sind“, 88 ) von den „Erffgemanen, die binnen dem heymraet
geerft sind“. 88 )
fL Wo die Siel- und Schleussengemeinschaft überwog,
gab diese den Sondernamen für den Deichverband mit ab. 100 )
L. Nur ganz vereinzelt kommt der Ausdruck „Deichband“
vor ml) io«)
“) Handvesten Maximilians für die Ooster-Dijkgraefschap bei Medem-
blick von 1492 und 1495.
®) Deichrecht des Alten Landes art. L
w ) Mieris III, 354.
”) Mieris III, 500.
®) Privileg des Herrn von Cranenburg von 1343.
1W> ) Adowerter Sielbrief von 1382, hier steht für die kleineren Verbände
„zijlvesten“ § 1 ff.; für den Samtverband „meenre zylvestene“, „de ziil-
vestene* „de ziilvestene alghemeenlike“ §§ 2. 13. 11L
101 ) Mieris II, 312 (a. 1323). Deichrecht des Hammerbroks art. 103.
(a. 1557).
I(a l Natürlich finden sich auch allgemeine Ausdrücke wie die „geheele
geineente“, das „gemeene Landt“, das „ganze Land“, „tota terra“, „tota
communitas“, „das Land“, „die Landleute* u. s. w.
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§ 5.
Die Endigung der Deichverbände.
Wenn die See siegreich ihr ehemaliges Eigen zurück-
fordert, wenn sich gewaltige Meereseinrisse bilden, wie im
Jahre 1277 der Dollart, 1 ) wenn Deich und Land völlig ein
Raub der Fluten werden, endigen die Deichverbände von selbst
auf natürlichem Wege. Die Deichverbände endigten ferner,
wenn alle Verbandsgenossen das eingedeichte Land im Stich
Hessen und von dannen zogen. Es war dabei gleichgiltig, ob
diesem Abzug ein dementsprechender Beschluss vorangegangen
war oder nicht. Der Fortgang vieler oder der meisten löste
den Verband noch nicht. 2 ) Vielmehr fiel das Genossenrecht der
Abziehenden und die dementsprechenden Pflichten den Zurück-
gebliebenen 3 ) oder in herrschaftlichen Deichverbänden der Herr-
schaft 4 ) an. Eine Auflösung des Deichverbandes, ohne dass
völliger Landverlust eintrat, und der Deichverband in keinem
anderen Verband fortlebte, ist kaum vorgekommen. Rechtlich
war sie zulässig, insoweit nicht die Gesamtheit als solche sei
es gegenüber anderen Verbänden, sei es gegenüber Herrn zur
Deichhaltung verpflichtet war. Wohl aber haben sich vielfach
Deichverbände dadurch aufgelöst, dass sie aus dem Verbands-
leben das Deichwesen eliminierten, jedoch als Verbände weiter
fortbestanden. Es ist sicher vielfach vorgekommen, dass Ge-
meindedeichverbände, sei es mehr der Not gehorchend, sei es
') Siehe oben S. 97. Ä. 4.
s ) Vergl. den Bericht Emos zum Jahre 1219 oben S. 216, A. 161.
8 ) a. a. 0.
4 ) Vergl. Mieris II, 311 und 511.
J. Gierke, Geschichte des deutschen Delchreohts. 20
r
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mehr aus Zweckmässigkeitsrücksichten, zwar den Deich, aber
nicht das eingedeichte Land fahren Hessen, und so aus Ge-
meindedeichverbänden zu reinen Gemeindeverbänden wurden.
Eine solche Niederlegung oder eine Nichtwiedererrichtung des
Deiches konnte in ältester Zeit zwar ohne besondere Erlaubnis,
aber nur bei Einstimmigkeit der Verbandsgenossen erfolgen.*)
Im Laufe der Zeit äncferte sich dies dadurch, dass die Er-
haltung der Deiche als Pflicht gegenüber Herrn oder Landes-
herrn betrachtet wurde; während man die erstmalige Anlage
von Deichen regelmässig in dieser Periode als keine Unter-
thanenpflicht auffasste, erschien die Erhaltung und Wieder-
herstellung einmal errichteter Deiche als Pflicht gegenüber dem
Herrn,*) deren Versäumnis den Verlust des Landes herbeiführte.
Eine Befreiung von ihr bedurfte herrschaftlicher Erlaubnis. 7 )
Daher kommt es, dass wir in einigen Quellen die Deichgenossen
oder deren Vorsteher dadurch privilegiert finden, dass sie ohne
besondere Erlaubnis, sei es aus Zweckmässigkeitsrücksichten, sei es
aus Not den Deich für immer einreissen können oder den zerstörten
nicht wieder herzustellen brauchen, ohne dass sie dadurch ihr
Land verlieren. 8 ) Bei den Genossenschaften hielt man ferner
6 ) Auch durfte anderen Verbänden dadurch kein Nachteil geschehen.
War die Bedeichung infolge gegenseitigen Vertrages erfolgt, so lag eine
beiderseitige Verpflichtung den Deich nicht aufzugeben, nahe. Deshalb wird
später in solchen Verträgen (Mieris IV, 221, a. 1412) ausgemacht, dass ein
Verband seine Deiche bei Meereseinbruch nicht neu wiederherzustellen braucht.
6 ) Siehe oben S. 300.
7 ) Durch einen Beschluss, vom Deiche abselien zu wollen, konnte ja der
Herr beträchtliche Einbussen au Land und Landabgaben, sodann auch
an sonstigen Einnahmen (Deichschauungsbrüchen) haben. Vergl. auch
Bergh I. 179.
*) Vergl. namentlich Mieris III, 734 (a. 1401): „Ende waer’t saecke
dattet ineesten deel van den luyden, die daer ghelandt zyn end’t meesten
deel van den landen hebben, hier naemals tot eeniger tydt ende schowinge
van den somerdyck voorsz. verdragen ende los wilde wesen, so sullen die
luyden gkemeylyck ende alle die gene die daer inne geerft zyn, vry, quyt
ende onbecommert wesen van den keuren end schonven voorsz“. Mieris
IV, 470 (a. 1417/18), Mieris IV, 613 (Deichrecht für Ydoren a. 1422). Es
enthalten ferner die Bestimmungen, welche das ewige Eindeichnngsrecht ge-
währen (siehe oben S. 137 ff. und Mieris IV, 129) für die Fälle, wo das
Land nicht völlig herrenlos geworden ist, zugleich das Privileg, das die
Deiclier nicht wieder neue Deiche schlagen müssen.
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3<>7
an der Notwendigkeit eines einstimmigen Beschlusses der Ver-
bandsgenossen zur Eliminierung des Deichwesens ausnahmsweise
nicht mehr fest. Dies ergiebt sich daraus, dass einige Quellen,
welche von der Notwendigkeit herrschaftlicher Erlaubnis dis-
pensieren, entweder die Majorität des Verbandes und zwar
mitunter sogar, wie die Urkunde des Ritters Coen van Ooster-
vyk von 1401 bezeugt, „dat meeste deel van den luyden die’t
meesten deel van den landen daer in hebben“,®) oder die Ge-
schworenen 10 ) entscheiden lassen. 11 )
9 ) Siehe A. 8
,0 ) Siehe Mieris IV, 470.
>i) Siehe aber Mieris IV, 613 (Deiclir. für Ydoreu a. 1422).
20 *
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Druck von Otto H il I igcr in Altwasser.
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YD 12982
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Verlag von M. & H. Marcus in Breslau
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